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Full text of "Joseph Kardinal Hergenröther's Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte"

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Getty  Research  Institute 


https://archive.org/details/josephkardinalhe01herg 


Jfplogifdic  SiMiotStl 


Sofepl)  toiiinal  flergmötljer’B 
Jjumbfiucf;  ber 

affgemcinen  ^irdjengefdjncfjfe. 


Vierte  Auflage,  neu  bearbeitet  non 


Dr.  3.  ü|$.  $trfdj, 

Sßäpftt.  ©ebeimJämmcvet,  *profcffor  an  bet  Uniberfitat  greifmrg  t.  b.  @d)tD. 


Irtttmra  int  §umm. 

§  e  r  b  e  r  f  dj  e  93erlag§l)anblung. 

gtoeigniebertaftungen  in  Sßien,  ©traüburg,  SDtitndjen  uitb  ©t.  8oui§,  9Jto. 


3o(ci)li  tnrbinnt  $erßcitriifljer’§ 

^pttnbbud)  kr 

allgemeinen  firdiengefdjidjte. 


Vierte  Auflage,  neu  bearbeitet  bon 

Dr.  <3.  %  $trfd), 

ßjapftl.  ©eljettitfammerer,  'profeffot  ait  ber  Umbexfttat  greibitrg  i.  b.  ©djto. 


grficr  |5$<ntb: 

$te  ßtvtfje  in  ber  antifett  Shiltnrtoelt. 


9Jitt  einer  ftartc:  Orbis  christianns  saec.  I— TI. 


f  mburg  ti  greissau. 

£)  e  r  b  e  r  f  d)  e  S3ertag§^anblung. 

1902. 

3toeignieberlaffungen  in  Sßien,  ©trapurg,  tDtünefjen  unb  ©i.  8oui3,  90to. 


Imprimatur. 

Friburgi  Brisgoviae,  die  6.  Decembris  1901. 


Me  Üiecfjte  borbefj alten. 


Thomas,  Archiepps. 


äJudjbrucIem  bet  §etberf(^en  SöerlagäfjanMung  in  gtetburg. 


$  o  r  to  o  r  t 


2)a§  „fpanbbudf  ber  allgemeinen  $ircbengefd)icbte"  de»  beworbenen  $ar= 
binals  Sofepb  tpergenrötber 1,  beffen  brüte  Auflage  in  bie  Satire  1884 — 1886 
3uriidreid)t,  erfdjeint  mm  in  bierter,  bötüg  neubearbeiteter  Auflage.  Da§  aud) 
nad)  bem  Urteile  proteftantifdfer  Dtejenfenten  bon  erftauntidjer  ©etebrfamteit 
jeugenbe  2Berf  bon  £)ergenrött)er  ift  ba§  einzige  größere  §anbbud)  ber  SHrdfem 
gefd)id)te,  metdfeS  in  ber  letzten  3«*  bon  Eat^olifc^er  ©eite  in  Deutfcbtanb  er= 
fdfienen  mar.  9lu§  biefem  ©runde  rechtfertigt  fid)  eine  neue  Auflage  bon  felbft. 
Sft  bod)  311  mieberf)otten  Zitaten  unb  bon  berfc^iebener  ©eite  ba§  23ebtirfni§ 
betont  morben  nad)  einem  fotdjen  größeren  2Ber!e,  in  meinem  bie  53egeben= 
feiten  felbft  in  ausführlicherer  SBeife  bargefteHt  unb  bie  Duetten  mit  ber  mid)= 
tigeren  Sitteratur  bottftänbiger  bezeichnet  mären,  als  dies  in  ben  trefflichen 
Heineren  Kompendien,  bie  mir  befipen,  möglich  ift.  ferner  mürbe  barauf  bim 
gemiefen,  mie  in  einer  foldfen  größeren  Darftetlung  ber  firddicben  töergangem 
beit  ber  ©toff  fo  ju  orbnen  fei,  bab  bie  Entmidlung  im  Sebeit  unb  in  ber 
Setjre  ber  Kirche  ftar  tjerbortrete  unb  jugteid)  ein  überfid)tlid)es  23ilb  ber  tird)= 
lieben  3ufiänbe  in  ben  einzelnen  3eitabfd)nitten  gemonnen  merbe.  Dies  finb 
bie  ©efidftSpunHe ,  melche  mich  bei  ber  Neubearbeitung  be»  §ergenrötberfd)en 
f)anbbud)§  leiteten. 

Um  ben  angegebenen  3>^ed  31t  erreichen,  habe  ich,  maS  bie  Nnorbnung 
beS  ©toffeS  betrifft,  bie  fd)ematifd)e  Einteilung,  nach  melcber  innerhalb 
grofer  Perioden  jebeSmal  in  brei  Kapiteln:  Rubere  ©efd)id)te;  fpärefien  unb 
boginatifcbe  Entmidlung;  23erfaffung,  Kultus  unb  Sitteratur  —  bie  Ereigniffe 
gefd)ilbert  mürben,  aufgegeben,  $ür  für3ere  Sehrbücher ,  in  melden  ber  ©toff 
auf  einer  berhältniSmäbig  Heinen  ©eitensaht  bebanbett  mirb,  tann  fid)  eine 
derartige  Darftetlung  empfehlen;  allein  bei  einem  gröberen  §anbbucb  gebt  babei 
bie  iiberfidft  berloren.  Deshalb  mürbe  bie  Materie  in  fingere  Slbfdjnitte  ge= 
teilt,  bon  denen  jeder  einen  burd)  ebarafteriftifdie  DNerfmale  getenn3eid)neten 
Heineren  3eiüamn  umfabt.  Diefe  Nbfcbnitte  reiben  fid)  chronologifd)  aneinander, 

1  ®arb.  §ergenri)tber  fiarb  am  3.  Dftober  1890  im  ßifiercienferftofter  9Jtet)rerau 
am  23obenfee;  er  mar  geboren  am  15.  ©eptember  1824  311  2Bür3burg.  ©.  ben  Dtefrolog 
in  ben  „§iftor.=po!it.  *81."  CVI  (1890),  721  ff. 


VI 


Söortoort. 


unb  in  ben  ÜberfSriften  mürben  bie  befonbern  fJRerfmale  beS  tirSliSen  Sebent 
fomoßl  ßier  mie  bet  ben  größeren  Slbteilungen ,  benen  ftc£)  jene  unterorbnen, 
tjerborgeßoben.  Sn  ber  Qarfteüung  mürben  bann  jebeSmal  bie  mistigeren  fragen 
ber  äußeren  ©efSiSte  mie  ber  ^ärejien  unb  ber  Seßrentmicflung ,  melSe  bie 
ganje  ^irdje  betreffen,  junäSfi  betjanbett;  bann  folgt,  je  naS  33ebürfniS,  eine 
©Silberung  beS  tirSliSen  SebenS  in  ben  ßauptfäSIiSen  gentren;  unb  on 
biefe  fSließt  ftS  bie  23eljanblung  ber  ißerfaffung,  beS  Klerus,  ber  Siturgie, 
ber  SDiSjiülin,  beS  religiöfen  unb  fittliSen  SebenS.  5luf  biefe  Söeife  tritt  bie 
IjifiorifSe  ©ntmicflung  in  ben  einjelnen  geitabfSnitten,  treten  auS  bie  §af= 
toren,  metSe  biefelbe  bebingten,  Harer  tjerüor,  unb  eS  läßt  fiS  mit  SeiStigfeit 
ein  ooüftänbigeS  23ilb  ber  gefamten  firSliSen  3uflänbe  in  einer  befthnmten 
Seit  geminnen.  ©in  33Iidt  auf  baS  „SnßaltSberjeiSniS"  jeigt,  in  rnelSer  SBeife 
biefer  $Ian  jur  QurSfüßrung  gelangte. 

2BaS  bie  Quellen  unb  bie  Sitter atur  angeljt,  fo  ging  mein  Seftreben 
batjin,  bie  mistigeren  Oon  biefen  Hilfsmitteln  mögliSft  bollftänbig  31t  ber= 
jeiSnen.  (Sitte  abfolute  SSolIftanbigfeit  mar  felbftOerftänbliS  auSgefSloffen ,  eS 
muffte  auS  in  ber  neueren  Sitteratur  noS  eine  Slusmaßl  getroffen  merben. 
QoS  glaube  iS  biejenigett  Söerfe,  melSe  für  bie  einzelnen  fragen  mirtliS  bon 
2öiStig!eit  finb,  jiemliS  alle  angegeben  3U  ßaben.  S)ie  Quellen  mie  bie  Sit= 
teratur  erfjielten  ißren  5ßlaß  an  ber  ©pi|e  ber  einzelnen  ^aragraßßen ,  maS 
noS  ben  Vorteil  braSte,  baff  biele  Slnmerfungen  megfielen  unb  fo  IRaunt  er= 
fpart  merben  lonnte. 

3luS  bejügliS  be§  SnßaltS  ber  Qarftellung  mürben  manSe  ?tnbe= 
rungen  borgenommen.  ©injelne  Seile  mürben  meljr  ober  meniger  gefürjt,  fo 
bie  23el)anblung  ber  bor=  unb  außerSriftliSen  ^Religionen  beS  OftenS;  ferner 
OerfSiebene  ßiftorifSe  ßontroberfett ,  melSe  bei  bem  früheren  (SrfSeinen  beS 
§anbbuS§  befonberS  altuell  marett  unb  eS  b;eute  niSt  meljr  in  gleiSem  9Raße 
finb;  bann  längere,  meljr  bem  ©ebiet  ber  Qogmatil  unb  ber  2l{mlogetif  als 
bemjenigen  ber  ©efSiSle  angeßörenbe  SluSfüßrungen ,  bie  man  moljl  !aum  in 
einem  H<mbbuS  ber  $irSengefSiSte  fuSen  mürbe.  Hingegen  mürbe  baS  Seben 
unb  bie  Sßätigfeit  ßerborragenber  23ifSöfe  unb  firSliSer  Seßrer  ber  einzelnen 
Sänber  etmaS  eingeßenber  beßanbelt.  ©S  erfSien  unjutreffenb,  baß  jebe  fleinfte 
ßäretifSe  53emegung  jur  Qarfteüung  gelangte,  mäßrenb  lirSliSe  Männer,  melSe 
baS  Seben  ber  ©laubigen  felbft  in  befonberer  Söeife  förberten,  faum  alle  bem 
bauten  naS  borfamen.  33ieüeiSt  märe  fogar  in  biefer  Söejießung,  mit  0iü<f= 
fiSt  auf  bie  genetifSe  ©ntmidlung ,  noS  nteßr  ju  bieten;  allein  ber  Umfang 
beS  SöerfeS  märe  baburS  ju  ftarl  beeinflußt  morben. 

Sn  ber  britten  Auflage  mar  im  erften  23anbe  noS  bie  erfte,  bis  $arl  b.  ©r. 
reiSenbe  5ßeriobe  beS  ÜRittelalterS  beljanbelt  morben.  Su  ber  neuen  Auflage 
mürbe  ber  erfte  Seil  für  alle  Sänber  einljeitliS  bis  gegen  ©nbe  beS  7.  Saßt= 
ljunberts  burSgefiißrt ,  fo  baß  ber  erfte  Sanb  bloß  bie  Qarftellung  ber  ©e= 
fSiSte  ber  $irSe  im  iRaßmen  ber  antifen  ^ulturmelt  enthält.  QaburS  fiel 


SSoitoort. 


VII 


jugleid)  ein  großer  Steil  beS  Inhalts  jener  früheren  erften  Sßeriobe  in  biefen 
33anb.  ®enn  in  bcr  3e>t  bom  5.  bis  7.  Safjrhunbert  übten  bie  germctnifdjen 
Vötfer  noch  feinen  ©inftuß  auf  bie  ©eftattung  beS  firchtichen  SebenS  auS; 
letzteres  bewegte  fid)  noch  böttig  im  bisherigen  ©teife  ber  antifen  Kultur.  2>ie 
©djitberung  ber  totalen  firdjtidjen  93er^ältniffe  in  ben  Sänbern  beS  3tbenblanbe§ 
fomie  ber  Infänge  fattjotifdjer  VliffionSttjätigfeit  unter  ben  ©ermanen  gehören 
beSIjalb  in  ben  erften  Seit  ber  ^irdjengefdjidjte  in  gleicher  2Beife  wie  ber  Ur^ 
fprung  beS  Sstam.  ©rft  mit  ber  Verbinbung  swifdjen  9tom  unb  bem  granfen= 
reid»  im  8.  Safjrljunbert  mürbe  bie  ©runbtage  gefdjaffen ,  auf  welcher  neue 
firchtidje  Verljältniffe  fid»  entwidetten. 

Sebem  Vanbe  wirb  eine  $arte  beigegeben,  welche  bie  geograüfjifdje  5tuS= 
breitung  ber  $ird)e  in  ben  fwuptfächlichften  ^erioben  geigen  unb  bie  wichtigeren 
3entren  firchtichen  SebenS  enthalten  fott.  2)ie  in  biefem  Vanbe  befinbtiche 
$arte  bietet  baS  römifche  9tei<h  unb  bie  um  baSfelbe  fefjtjaften  Vötfer  nach 
bem  ©tanbe  im  Anfang  beS  4.  SatjrtjunbertS;  bie  ^robinjialeinteitung  beS 
'JtötnerreicbS  ift  biejenige  StioftetianS.  2öo  burd)  fpätere  weitere  Steilung  bon 
s$roüin3en  neue  politifdje  Greife  gefchaffen  mürben,  bie  fid)  ebenfalls  ju  firdj= 
Uc£)en  ^robinjen  auSbitbeten,  ift  bie  tpauptftabt  biefer  neuen  ^ßrobing  ebenfalls 
als  ©i|  eines  ©rjbifchofS  gezeichnet.  ferner  finb  auch  folche  VifdjofSfitje  an= 
gegeben,  welche  erft  in  ber  3£ü  bom  4.  bis  jum  7.  Sahrfjunbert  entftanben 
finb.  3eber  einzelne  Vanb  enthält  fein  eigenes  9t  e  giftet.  ®ie  fabelten 
bleiben  jeboch  beffer  für  ben  ©d)tuß  beS  brüten  VanbeS  aufgefpart,  welcher 
auch  3llfä|e  unb  ^Berichtigungen  fowie  Nachträge  über  Sitteratur  ju 
alten  brei  Vänben  bringen  wirb. 

ÜJtöge  auch  biefe  neue  Auflage  beS  §ergenrötf)erfd)en  „§anbbudjS"  in 
weiteren  Greifen  jur  Vertiefung  ber  firdjenhiftorifchen  ©tubien  beitragen! 

greiburg  i.  b.  ©djweiz,  am  $efte  beS  t)f-  VnbreaS  1901. 


3.  $irfcfj. 


. 


$n(ialt3ucr3citfjiü& 


©ette 

3}  o  r  to  o  r  t .  v — vn 

©inteitung .  1—37 

1.  Säegriff  unb  Stufgabe  ber  ßirdjengefdjidjte .  1—6 

2.  Duetten  unb  Hilfsmittel  ber  ßinbengefdfjidjte  ...  6 — 17 

3.  £>iftorif<f)e  ©nttoicftung  ber  ^ird^engefdE»id^te .  17—32 

4.  ©inteitung  ber  ßirdjengefdjiiijte .  32—37 


Gcrfte§  33  ud). 

©rünbung,  Ausbreitung  unb  innere  Auggeftaltung  ber  $irdfe  int  ßarabfe 
mit  beut  ^eibnifd§=ri)mifcfjen  «Staat. 

©  r  ft  e  r  2tbfdjnitt. 

pte  refigiöfen  pufiänbe  unb  Pnfdfauungeu  ßei  ben  Reiben  unb  ben  £uben 
jur  peil  ber  fntgefjung  bes  glfriftcntums. 


1.  Sie  griedjifd)=römif(f)e  £>eibenttielt .  38—54 

2.  Sa3  jübift^e  Söolt .  54 — 65 

3.  Sie  SBorbereitung  ber  ÜJienfdj^eit  auf  bie  Stntunft  ©prifti  .  .  65—67 


3  to  e  i  t  e  r  2t  b  f  dj  n  i  1 1. 

Pie  g>rünbung  unb  crße  .Ausbreitung  ber  <Äir^e.  (Pas  apofiorif^e  pcitafter.) 


1.  Sie  «Stiftung  ber  ßirdje  burd  SfefuS  Gf)rifiu§ .  68—71 

2.  Sie  Urgemeinbe  in  ^ierufatem .  71 — 76 

3.  Sie  apoftoliftfie  Spätigteit  be§  pt.  Paulus.  Ser  2tpoftetfonoent  .  76—85 

4.  Ser  f)I.  3)etru$.  Sie  römifdje  ©fjriftengemeinbe  unb  bie  Sieronifdie 

23erfotgung .  85—89 

5.  Sie  Störung  non  Serufatem  unb  bie  Sd^icffale  ber  jubendjrifilidjen 

Urgemeinbe .  89 — 92 

6.  Ser  f)I.  3of)anne§  unb  bie  übrigen  3tf»oftet.  2tu§gang  beS  apoftolifdjen 

3eitatter§ .  92—96 

7.  Sie  gotte§bienftlidjcn  «öerfammtungen  unb  ba§  retigiöfe  Ceben  in  ben 

©priftengemeinben  ber  apoftolifdpen  3e^ . 96—100 

8.  Sie  33erfaffung  ber  erften  ©priftengemeinben ;  Urfprung  beS  ©pi= 

ffopateS . 101 — 106 

9.  Sie  JJrrtepren  im  apoftolifdjen  3^italter . 106 — 112 


X 


3fnhaItSüerjeicl)niS. 


©eite 

S  r  i  1 1  e  r  21 b  f  d)  n  i  1 1. 

|>te  IJcrßmlung  ber  C<tird)c  in  ben  ^Sttfefmecrfanbern  nnb  bie  .Äusgcffaftung 

bcs  ßirdffidjett  Heßens. 

1.  Sie  Ausbreitung  beS  S^iifientumg  in  ben  berf liebelten  ßänbern  .  113—117 

2.  Sie  allgemeine  Sage  ber  ßirdje  gegenüber  ber  J)eibnifd£)en  Söelt  .  117 — 121 

3.  Sie  Verfolgung  ber  ßfjrifien  burd)  bie  bcibttifd)=römif<fie  ©taatSgetoalt  121—128 

4.  Sie  Vefämbfung  beS  ©hrifieutumS  burd)  bie  ^eibnifdie  Pjilofobhte  .  128 — 131 

5.  Sie  Verteibiguug  beS  S^rifientumg  burd)  bie  Apologeten  .  .  .  131—136 

6.  (Sfjriftentum  tinb  3fubentum.  Sie  ungläubigen  Siuben;  bie  $ubend)riften 

unb  bie  jubaiftifd)en  §ärefien . 136 — 144 

7.  Ser  ©nofticiSmuS . 144 — 183 

I.  Ser  ©nofticiSmuS  im  allgemeinen . 145 — 148 

II.  Sie  einseinen  gnoftifdfen  ©pfterne : 

A.  Sie  fhrifd)en  ©noftifer . 148 — 152 

(1.  ©aturniluS  ©.  149 — 150.  2.  Sie  ©imonianer  unb 
fOIenanbrianer  ©.  150 — 152.) 

B.  Sie  Deitert  unb  bereit  Abneigungen . 152 — 160 

C.  Sie  alejjanbrinifdje  ©nofis . 160—176 

(1.  VafitibeS  ©.  160—165.  2.  Sufiinus  ©.  166—167. 

3.  ßarpofrateS  6.  167—168.  4.  Valentin  ©.  168—172. 

5.  Sie  ©d)üler  Valentins  ©.  172 — 176.) 

D.  Sie  Vlarcioniten . 176 — 179 

E.  Sie  Soleten  unb  ©nfratiten . 179 — 181 

III.  Sie  Vebeutung  beS  ©nofticiSmuS  unb  bie  Aealtion  ber  Äird)e 

gegen  benfelben . 181 — 183 

8.  Ser  VlonianiSmuS . 183 — 188 

9.  Ser  ßampf  ber  $ird)e  gegen  bie  §ärefiett.  ^eilige  Schrift  unb  Über= 

lieferuttg;  ©laubenSregel  unb  SaufbefenntniS . 188 — 194 

10.  Sie  römifcbe  ßirdje  unb  bie  anbern  §auptfird)en.  §erüorragenbe 

Vifdjöfe  unb  Iird)lid)e  Setjrer .  194—203 

11.  Sie  2Infänge  ber  fird)lid)en  SS^eoIogie .  203—211 

12.  Sie  !ircf)lid)e  Verfaffung  unb  bie  Hierarchie . 211—216 

13.  Sie  Saufe  unb  bie  eudiariftifdje  fjeier . 216—222 

14.  Sie  heiligen  unb  Sage.  Ser  -Dfterfeierftreit  ....  222 — 226 

15.  Sie  fird)Iid)e  VuBbiSjipIin  im  2.  3tctb)x^unbert .  226 — 229 

16.  SaS  religiöfe  unb  fittlid)e  ßeben  beS  d)rifilid)en  Volles  .  .  .  229—235 

Vierter  Abfdinitt. 

pie  gnttmcßfung  «nb  bie  §3ft ife  ber  ßtrdjfidjen  ^ßcofogtc. 

1.  Sie  Kirche  unb  ber  heibnifd)=römifd)e  ©taat  in  ber  erften  Hälfte  beS 

3.  3aßrf|unbert§ .  235 — 239 

2.  Ser  AeuplatoniSmuS  unb  beffen  Verhältnis  jum  ©hrtflentum  •  •  239—242 

3.  Allgemeines  über  bie  lird)Iid)  =  theologifdje  SBiffenfchaft  im  2.  unb 

3.  Qahrhunbert .  242—244 

4.  Sie  römifcbe  ßircbe  unb  bie  trinitarifd)en  ©treitigleiten  .  .  .  245—251 

5.  Sie  ßirche  in  beit  norbafrifanifdjen  ißroöinjen.  Sertuttian  .  .  251—253 

6.  Sie  ßatedjetenfdiule  in  Alepanbrien.  Clemens  unb  DrigeneS  .  .  253 — 259 

7.  Sie  Äirchen  im  Orient .  259 — 262 

8.  Ser  ßleruS  unb  bie  lird)li<be  Verfaffung.  Sie  nieberen  ßleriler; 

Vletropolen  unb  ©tjnobett ;  Vrimat  ber  römifd)en  $ird)e  .  .  .  262 — 267 


Snbaltgberjeidbnig. 


XI 


Seite 

fünfter  21b  f  d)  n  i  1 1. 

?ie  groben  ^erfofgungen  unb  ber  £icg  bcs  ©fjrilienfmns. 

1.  Sie  fijftematifcfje  S3e!ämpfung  ber  ^ircfie  burdj  ben  b>eibnifd^=römtf(f)en 


Staat .  268—276 

2.  Sie  2tu§breüung  ber  ßird)e  am  2tnfang  beg  4.  3faf)rl)unbertg  .  .  276—280 

3.  Sie  römifebe  ßirdje  unb  bie  ßirdjeit  ber  afriJanifc^en  ^robin^en. 

©pprian;  ber  Sufjftreit  unb  bag  ©d)igma  beg  Sftobatian;  ber  ße|er= 

taufftreit  . .  280—288 

4.  Sie  ßirtfie  in  2tgppten.  Sionpftug  non  2llej:anbrien ;  trinitarifdje  unb 

d)iliafttf(^e  ©treitigfeiten ;  bag  aMetianifdje  ©ebigma  .  .  .  289—293 

5.  Sie  fiircbe  im  Orient.  £>ärefie  beg  ifkulug  non  ©amofata  über  bie 

Trinität .  293—297 

6.  Ser  9Jlani(ijäigmug . .  297 — 302 

7.  Ser  ©ottegbienft.  Saufe  unb  Äatedjumenat ;  2trfanbi§jiblin;  ©u<f)a= 

riftie  unb  anbere  fiultpanblungen ;  f^eftlreiS .  302—308 

8.  Sie  d&riftlidjen  ßultuggebäube  unb  ©ömeterien .  308 — 313 

9.  Sie  ©ntmicflung  beg  Sufftoefeng  unb  ber  tirdjlidjen  Sigjipliit  .  .  313 — 316 

10.  Sie  djriftlicfje  ©itte.  2tgfeten  unb  gottgemeibte  Jungfrauen  .  .  316 — 319 


3 weites  33ttd). 

Die  Sfirdje  in  enger  9krfcinbung  mit  beut  djriftlicf)cn  9iömerreid). 

©burafter  ber  ifkriobe .  320 — 322 


6  r  ft  e  r  2t  b  f  dj  n  i  1 1. 

|)as  ftcgreid)e  Vorbringen  ber  ^Äirdie  im  gWtnerreicß  unb  ber  ^Stampf 
gegen  bie  arianifdjc  «ÄSrcfle. 


1.  Sie  ßirdie  unb  ber  römifebe  ©taat  im  4.  3fabrf|unbert  .  .  .  322—337 

A.  ßonftantin  unb  feine  ©öbne  .  .  .  .  .  .  322 — 326 

B.  Sie  beibnifdie  fRealtion  unter  Julian .  326 — 332 

C.  ÜDtafjregeln  ber  ßaifer  bon  Sobian  bis  Speobofütg  I.  gegen  bie 

Reiben;  2tbfterben  beg  ipeibentumS .  332 — 337 

2.  Sie  beibnifdje  ^olemif  unb  bie  cbriftlidje  2tpoIogetit  .  .  .  338 — 343 

3.  Sie  Sage  ber  Äircbe  in  ben  Sänbern  öftlidj  unb  füblidj  bom  fRömerreicb  343—348 

A.  «Perfien .  343-345 

B.  2trmenien .  345—346 

C.  2trabien  unb  2tbeffinieit .  347—348 

4.  Ser  2triani§mu§ .  348 — 384 

A.  2lriu§  unb  feine  Sfrrlebre .  349 — 352 

JL  -Sag  erfte  allgemeine  Äonjil  ju  fRicäa  (325)  ....  352—356 

C.  Sie  arianifdben  Söirren  big  prn  Sobe  ßonftanting  b.  ©r.  .  .  356 — 361 

D.  Ser  2lriani§mu§  big  jur  ©bnobe  bon  fDiailanb  (355)  .  .  361—372 

E.  Sie  Spaltungen  unter  ben  ©egnern  beg  nicänifcben  ßonjilg  .  372—378 

F.  2ttlmäblid)er  Untergang  beg  2trianigmug  im  römiftfjen  9ieid)e  .  379 — 384 

5.  Sie  SJiacebonianer  unb  bie  2tpollinariften.  Sag  3meite  allgemeine 

ßonjil  in  ßonftantinopel  (381) .  384—391 

6.  Sie  ßireben  unb  bie  firdjlidjcn  ßefjrer  im  Orient  mäljrenb  beg  aria= 

tüfdjen  ©treiteg.  Sag  ©ebigma  in  2tntiocbien;  totale  bäretifdje  6r= 
febeinungen .  391 — 400 

7.  Sie  ßirebe  in  fRorn  unb  Italien  im  4.  ^aprljunbcrt.  Sag  Suciferia= 

nifdje  ©<f)igma .  400—407 

8.  Sie  ßirdje  in  2tfrita.  Ser  Sonatigmug .  407 — 417 

9.  Sic  Äird)e  in  Spanien  unb  ©aüien.  Ser  ißrigcillianigmug  .  417—422 


XII 


Ofnßaltgberjeicßnig. 


©eite 

10.  Sie  redjtlidße  Sage  ber  ßircße  im  cßriftlicßen  fftomerreicße  .  .  .  423 — 431 

11.  Sie  2lugbitbung  ber  fircßlicßen  SSerfaffung .  432 — 446 

A.  Sie  Sißjefe .  432 — 438 

B.  Sie  Sßatriardßen  imb  ßJtetroßoliten .  438—443 

C.  Ser  rßmifeße  Primat .  443 — 444 

D.  Sie  ©ßnoben .  445 — 446 

12.  Ser  $Ieru§ .  447—451 

13.  Urfprung  unb  erfte  ©nttoicftung  beg  ßJtßnßßtumg  .  .  .  452—460 

A.  Sag  orientalifcße  Sßlßnßßtum .  452—458 

B.  Sag  abenblänbifdje  ßftßncßtum .  458 — 460 

14.  Ser  firdßlicße  ©ottegbienft  im  4.  Saßrßunbert .  461—473 

A.  Saufe  unb  ßatedßumenat .  461 — 463 

B.  Sie  eucßariftifcße  freier .  463 — 471 

C.  Sag  fireßlidße  ©tunbengebet .  471—472 

D.  Ser  Sircßengefang .  472 — 473 

15.  Sag  ßirtßenjaßr ;  Sfefte  beg  §errn  unb  ber  ^eiligen  ....  473—478 

16.  Sie  fircßlicße  Sigjiplin.  Sie  6ße;  bag  üBujjtoefeu  ....  479—482 

17.  Sie  cßrifttiißen  ßultuggebäube  unb  iöegräbnigftatten  ....  482 — 486 

18.  Sag  religißg=fittlicße  Seben  ber  ©ßriften .  486 — 489 

3m  eit  er  2Ibfd)nitt. 

|>ie  d)ri(lofogtfcf)ett  ttnb  anffjropofogifdfcn  güreifigfieifcn ;  SSegiuu  ber  .Sottber- 
enfwicftCmtg  ber  <£ir(ße  im  @pten  unb  im  Reffen. 

1.  Sie  aleranbrinifeße  unb  bie  antiotßenifcße  ©Aule.  Sßeobor  ßon  9)tob= 

fueftia .  489 — 495 

2.  Ser  erfte  Drigeniftenfireit.  ©ßißßaniug  unb  Soßanneg  ©ßrßfoftomug; 

§ieronßmug  unb  fftufinug .  495 — 504 

3.  Ser  Dleftorianigmug.  ©ßriß  bon  21Iejanbrien ;  bag  brüte  aßgemeine 

Äonäil  p  ©ßßefug  (431) .  504 — 518 

4.  Sie  Strleßre  beg  ©utßdßeg.  SBeginn  ber  monopßßfitifißen  ©treitig= 

feiten;  bag  bierte  aßgemeine  ßonjil  p  ©ßalcebon  (451)  .  .  .  518 — 530 

5.  Sie  abenbtänbifeße  Sßeologie.  Ser  ßl.  2lugufiinug  ....  531 — 535 

6.  Ser  ifJelagianigmug  unb  bie  ©nabenleßre  beg  ßl.  Sfuguftinug  .  .  535—551 

A.  Ser  ßelagianifcße  ©treit .  535—542 

B.  Sie  pelagianifcße  Srrleßre .  543 — 546 

C.  Sie  ©nabenleßre  beg  ßf.  2Iuguftimtg .  546 — 551 

7.  greunbe  unb  ©egner  ber  auguftinifeßen  ©nabenleßre.  Ser  fogenannte 

©emißelagianigmug .  551 — 559 

8.  2tgfefe  unb  2Jtßftif .  559—562 

9.  Sie  rßmifeße  i?ircße  big  put  Untergang  beg  mefirßmifcßen  Dleicßeg; 

bie  paßftlidjen  Söifariate  in  Sßeffalonicß  unb  Slrleg  ....  562 — 568 

Sritter  2Ibf<ßnitt. 

pic  itirdic  Cci  ber  Aufföfttttg  ber  römifd)en  iiuftureinßeit. 

1.  Sie  äußere  Sage  ber  ßireße  naeß  ber  91uflßfung  beg  meftrßm.  iReicßeg  568 — 584 

A.  Sie  SBßlfermanberung  unb  bag  cßriftlicße  Slbenblanb  .  .  .  568 — 578 

B.  Sie  ßinße  in  ben  Säubern  beg  Drientg .  578 — 584 

2.  Sie  monoßßßfitiftßen  Söhren  big  pr  fftegierung  ßaifer  $uftiniang  I.  584—597 

A.  2tcaciug  unb  bag  acacianifdje  ©cßigma .  584 — 595 

B.  Ser  ißeopagcßitifcße  ©treit .  596 — 597 

3.  Sie  bogmatifdjen  ©treitigfeiten  unter  Sfuftinian  I.  Sag  fünfte  aß= 

gemeine  ßoitjil  p  ßonftantinoßel  (553) .  597—612 

A.  3fortfetpng  ber  monoßßßfitifdßen  Söirren .  597 — 600 

B.  Ser  erneuerte  ßrigemftenftreit .  600—601 


^nfjaltgöcrjeicfimi. 


XIII 


C.  Ser  Sreifapitelftreit . 

D.  Sa§  fünfte  allgemeine  ßonjil . 

4.  Sie  Verbreitung  beS  9teftoriani3mu§  unb  beö  VtonopfypfitiSmui  unb 

bie  Spaltungen  unter  ben  2Ronopl)t)fiten . 

A.  Ser  9tefioriani3mu3  itt  Werften . 

B.  Ser  2Jtonopfjt)fiti§muS  int  btjjantinifdjen  9teitf) ,  itt  Slbeffinien, 

Serien  unb  Slrmenien . 

C.  Sie  Spaltungen  unter  ben  9Jlonopf)pfiten . 

5.  Ser  SDtonottjeletiSmuS  unb  ba3  fedjfte  allgemeine  ßonjil  ju  $onftan= 

tinopel  (680 — 681) . 

A.  Urfprung  be3  9ttonotl)eleti3mu3 . 

B.  Sie  ßepre  ber  5Dtonotl)eleten.  Sortierung  ber  Streitigfeiten 

C.  Sa§  fed^fte  allgemeine  ßonäil . 

6.  Ser  3§Iam . 

7.  Sie  ßird)e  in  Vom  unb  Italien  jur  3eit  ber  gotifdjen  unb  ber  bp3an= 

tinifdfjen  £>errfü)aft  in  Italien . 

8.  Sie  firäilicfjen  3»fiänbe  in  ben  germanifd)  =  romanifdjen  Veidjen  in 

©aHien  unb  Spanien  . . 

A.  Sie  ßircfje  unb  bie  germanifclien  Völler . 

B.  Sag  Sranfenreict) . 

C.  Sa§  meftgotifdje  Dteicf)  in  Spanien . 

9.  Sie  ©nttoidlung  beS  Vtöndjitumg  im  Slbenblanbe  .... 

10.  Sie  Verbreitung  be§  ©IjriftentumS  auf  ben  britifdjen  Sfnfeln 

11.  Sie  erften  Vtiffionen  unter  ben  peibnifdfjen  ©ermanen  in  ben  heutigen 

©ebieten . 

12.  Sie  ©nttoicflung  ber  fircfjlid^ett  Verfaffung . 

A.  Ser  Primat  ber  römifdjen  $ircl)e . 

B.  Sie  orientalifdjen  EPatriardjen  unb  Vtetropoüten  .... 

C.  Sie  üftetropoliten  beö  9tbenblanbe§ . 

D.  Sie  Siöjefen . 

13.  Ser  tircfjlidje  ßultui  unb  bie  SSufebiS^ipIin . 

A.  Sie  eucfiariftifclje  Siturgie . 

B.  Sa§  ßir^enjapr . 

C.  Vefonbere  !ird)licf)e  ©ebraucpe . 

D.  Sie  Vuf?e  unb  bie  letzte  Ölung  ....... 

E.  Sie  Iiturgifd)e  ßleibung . 

SRüdblicf . 

9t  e  g  i  ft  e  r . 


©eite 

601—608 

608—612 

613—621 

613—614 

615—617 

618—621 

621— 639 

622— 628 
628—638 
633—639 
640—647 

648—655 

655— 664 

656— 657 

657— 660 
661-664 
664—670 
670—677 

677—682 
682—691 
682—684 
684—687 
6S7— 690 

690— 691 

691— 704 

692— 696 
696—699 
699—701 
701—703 

703— 704 

704— 705 

707—722 


(£ i u I  c i  t  illi  g 


1.  begriff  ttttb  JtufgaGc  t>cr  $ircf;ettgefdjid)fe. 

ßitteratur.  —  1.  $iftorif$e  2ftett)obi!  im  allgemeinen:  3t.  2ö. 
ü.  §umboIbt,  Über  bie  3lufgat>e  be§  ©efä)tc£|ticl)raf>er3.  SSerlin  1822.  Spbet,  ©e= 
fetje  be3  ^iftorifciien  2öifi'en§.  23onn  1864.  Serntjeim,  ßefjrfiucf)  ber  Ijiftor.  5IRetl)obe. 

2.  3tuft.  ßeipgtg  1894.  De  Smedt  S.  J.,  Principes  de  la  critique  historique.  Paris  1883. 
J.  Moeller,  Traitd  des  dtudes  historiques ,  publie  par  Ch.  Moeller.  Louvain  1887. 
Ch.  V.  Langlois  et  Ch.  Seignohos,  Introduction  aux  etudes  historiques.  Paris  1898; 
■Jteubrucf  1899.  —  2.  tßropäbeutif  ber  Äird^engefd^idjte:  De  Smedt,  Intro- 
ductio  generalis  ad  historiam  ecclesiasticam  critice  tractandam.  Gandavi  1876. 

3.  Dtirfdjt,  tpropäbeutif  ber  ^irdEjertgefd^id^te.  Sülaing  1887.  D.  3öcfter,  ©inleitung 
in  bie  Ipfiorifdje  Sbfjeotogie  unb  allgemeine  ^?irdf)engef(^id£)te  (pauötmd)  ber  tfjeot. 
SOöiffentd).  II,  1 — 198).  Dlörblingen  1889.  p.  ^  i  f>  n ,  ©ncpflopöbie  unb  SJlet^oboIogie 
ber  Süjeologie  (SEl)eoI.  Sibtiotfjef.  3freiburg  1892)  S.  289 — 382.  3-  ©•  2J  er  me  ulen, 
3ur  ©inleitung  in  bie  ßird)engefd)ic[)te.  9tegen§burg  1900.  —  3.  ißrinjipielle 
fragen:  31.  ßnöpfter,  2Bcrt  unb  t&ebentung  be€  StubiumS  ber  $ird)engeic£jid)te 
(iReftoratärebc).  üülündien  1894  (bagu  SdjrörS,  piftor.  SabtbudE)  1894,  ©.  133 — 145). 
3t.  @t)rf)arb,  (Stellung  unb  3tufgabe  ber  Äirdjengefdjidjte  in  ber  ©egentoart  (3lntrittö= 
rebe).  Stuttgart  1898. 

1.  2)ie  $irdjengefd)i<I)te  i(i  bie  Sßiffenfdjaft  bon  ber  jeittictien  ©nttoidtung 
ber  bon  ©fjriftuS  bem  £)errn  geflifteten  unb  bom  ^eiligen  ©eifte  geleiteten 
fieilSanftalt  für  bie  SDfenfcfjljeit. 

2)ie  <®efd)id£)te  überhaupt  jeigt  bie  SSeränbenmgen  an  ben  Gingen  in  itjrer 
genetifcben  ©ntmicflung.  Stfre  23ebingung  ift  bie  23eränberlid)feit  beS  ©egen= 
ftanbcS;  tno  feine  2Seränberung ,  ba  ift  feine  ©efd)id)te.  2öaS  oermöge  feines 
jeiträumlictjcn  SDafeinS  tßeränberungen  unterliegt,  inSbefonbere  Seränberungen, 
bie  grojie  geiftige  Sntereffen  berühren,  bor  allem  ber  9Jienfdj,  ift  ©egenftanb 
ber  ©efd)icf)te.  3n  fo  biete  ©ebiete  aber  bas  Seben  ber  9)tenfd)en  fict)  teilt, 
in  fo  bielfadjen  Sejiebungen  f)at  eS  aucf)  feine  ©efd)id)te.  Obfeftib  ift  bie 
©efdpcbte  bie  ©ntmicftung  beS  menfd)Ii(f)en  ©eifteS  unb  CebenS  in  itfren  ber= 
fcpiebenen  23erl)ättniffen,  bargeftettt  in  einer  9teif)e  bon  ©efdjetjniffen  unb  Spaten, 
fubjeftib  bie  S)arftettung  biefer  ©ntmicftung.  31IS  $unft  ift  fie  bie  ibeate 
EReprobuftion  unb  ERepräfentation  berfetben,  als  2Biffcnfd)aft  ipr  fpffematifcp 
bargetegteS  EßerftcinbniS. 

3>n  ber  ©efcpicpte  ber  ÜRenfdppeit  nimmt  ben  Iferborragenbften  ^3Ia^  bie 
9feügionSgefd)icf)te  ein,  b.  f).  bie  ©eftpiepte  ber  tpeoretifdpen  ©otteS= 
erfenntniS  unb  ber  praftifdjen  ©otteSbereprung ,  mie  fie  fidp  unter  ben  ber= 

£ergenr6tl)er,  ffird)engefciji$n.  I.  4.  Stuft.  1 


2 


Einleitung. 


fdjiebenen  Söllern  geftattet  unb  auSgebilbet  hat.  Söährenb  faftifd)  biete  unb 
berfcf)iebene  Religionen  befielen ,  geigt  bie  Sernunft,  baff  nur  eine  eingige  bie 
maljre  fein  fann;  bie  bogtnatifdje  Geologie  aber  liefert  beit  SemeiS,  baff  biefe 
nur  bie  djriftlidje  ift,  unb  gtoar,  ba  auch  berfdjiebene  djrifttiche  SetigionS= 
Parteien  fidj  finben,  biejenige,  metdje  als  bie  römifd)  =  tatf)oIifd)e  begegnet 
toirb ,  toie  fie  ihre  fonfrete  ©rfd)einung  in  ber  römifd)=tatf)oIifd)en  Kirche  ge= 
funben  hat.  ©in  Seit,  aber  ber  ebelfte  Seit  ber  allgemeinen  SetigionSgefdiicbte, 
ift  bie  ©efd)id)te  ber  chrifttichen  Birdie,  bie  erft  für  alte  anbern  Religionen  baS 
SerfiänbniS  eröffnet. 

Sßenn  überhaupt  bie  ©emcinfamfeit  bie  fdjleththin  notmenbige  $orm  unb 
Sebingung  beS  SebenS  als  eines  fpegififd)  menfd)Iid)en,  b.  i.  eines  fitttidjen  ift, 
fo  gilt  bieS  natürlich  im  alterftrengften  «Sinne  bont  retigiöfen  Seben;  alte  Re= 
tigion  ift  ihrem  innersten  Sßefen  nad)  gemeinfdjaftbitbenb ,  um  fo  mehr  baS 
©hriftentum  atS  bie  bottfommenfte  Seligion.  Sie  (Sefchichte  ber  Religion  ift 
barum  gugteid)  eine  ©efdpcbte  ber  RetigionSgenoff enfdjaften.  ©ine 
breifache  ©ntmidlung  fetten  mir  in  bem  ©ntftefjen  retigiöfer  (Senoffenf  (haften: 
1)  £)eibnifd)e  SetigionSgemeinfchaf ten,  enge  gufammenlföngenb ,  ja 
berfdjmotgen  mit  bem  Staate,  partifutariftifd)  gleich  biefem,  bon  Srrtümern 
beftedt,  ohne  eigenes  fetbftänbigeS  Seben;  iebeS  Sott  fiat  feine  eigenen  ©ötter; 
bie  Setigion  ift  befchränft  burd)  bie  Rationalität  unb  betferrfdit  bon  bem  natür= 
litten  nationalen  Semufjtfein.  2)  Sie  fübifdje  Spttagoge,  enge  berbunben 
mit  bem  ttjeofratifcben  Staatsmefen,  ebenfalls  partifutariftifch ,  aber  auS  Se= 
bürfniS  unb  gur  Sbmetjr  feinbfetiger  ©temente,  auf  ein  Solf  befchränft,  jebo«b 
Srögerin  ber  göttlichen  Offenbarung  (Söm.  3,  1  ff.)  inmitten  ber  beibnifdfen 
ginfterniS,  mit  einem  fpmbotiftben,  bebeutungSreichen  Kultus,  reiner  unb  ebter 
als  jene  beibnifdfen  (Senoffenfchaften,  aber  päbagogifc©  borbereitenb  (®at.  3,  24) 
auf  eine  b»öf)ere  ©ntmidlung.  3)  SaS  ©briftentum,  uniberfett,  tebenbiger 
unb  erhabener  als  bie  Spnagoge,  mit  ©rfüllung  ber  atten  Sorbitber,  mit  bem 
(Seifte  ber  Siebe  als  höchftem  ifkingip,  berfdiieben  bon  jeber  anbern,  aud)  ber 
ftaatlichen  Drbnuttg,  frei  unb  unabhängig,  bie  $ülle  ber  Söahrheit  in  fidf>  be= 
fd)Iief$enb,  ber  gröfjte  unb  herrtic£)fte  aller  Sereine,  bie  je  bie  Söett  gefehen. 
SaS  emige  Sicht  ber  SBahrljeit  fchimmerte  fchmad)  in  ben  £;eibnifd>en  Üteligionen, 
faft  gang  übermättigt  bon  bem  Suntet  beS  SrrtumS  unb  beS  SbergtaubenS ; 
heiter  flammte  eS  auf  in  ber  Spnagoge  beS  auSermäljlten  SotfeS,  ohne  aber 
bie  Sd)atten=  unb  Rebetgebitbe  berfcheudien,  ohne  gegenüber  ber  ginfterniS  ber 
^eibenmett  burdibringen  gu  fönnen;  erft  bann  erfdjien  eS  atS  ^eüe  Sonnem 
flamme,  als  ber  Sohn  (SotteS  fetbft  bom  glimmet  hentieberftieg,  baS  Sidit,  baS 
ba  jeben  Stenfdjen  erleuchtet,  ber  in  biefe  2Bett  fommt  (Sol).  1,  9).  Snfofern 
bon  Stnfang  an  eine  göttliche  Offenbarung  beftanb  unb  baS  ©hriftentum  eine 
SBieberherftettung  beS  urfprünglidjen  QuftanbeS  ift,  hat  man  bie  ©efd)id)te  ber 
Birdie  in  meiterem  Sinne  bon  Stbam  an  begonnen;  infofern  aber  erft  ©hriftuS 
bie  Kirche  in  engerem  Sinne  atS  eine  bon  ber  potitiftpen  unb  häuslichen  ©e= 
fetlfdiaft  berfdjiebene,  burdjauS  fetbfiänbige  Snftatt  gegrünbet  £;at,  bie  (Semein= 
gut  alter  Sötfer  merben  füllte ,  hat  fie  erft  mit  ©hriftuS  ihren  Anfang,  menn 
fie  auch  bie  borchrifttidje  $eit  als  borbereitenb  unb  baS  attfeitige  SerftänbniS 
erlcicfjternb  in  ihre  ^Betrachtung  gu  giehen  hat. 


1.  23egriff  unb  Aufgabe  bet  ßirdjengefchidjte. 


3 


OaS  ©hriftentum  finbet  nun  feine  äußere  gefd)id)tttd)e  ©rfcheinung  als 
AeligionSgefdlfchaft  ber  Vefenner  ©hrifti  in  her  Kirche.  Otefe  ift  bie  bon 
6^ri[tu§,  bem  ©offne  ©otteS,  geftiftete  ^>eil§anftatt  jur  Vermirfftdfung  beS 
9?eid?e§  ©otteS  auf  ©eben  in  einem  felbftänbigen  unb  bon  ©ott  geleiteten 
Organismus  —  eine  irbifdfe  Anftaft  mit  übertrbifdjem  3^1 »  bie  ^°rtfefebng 
beS  ©döfungSmerfeS  unb  ber  Heiligung  ber  9Jfenfd)heit*  1.  Otefe  $ird)e  Ijat 
ein  boppefteS  ©lern ent:  ein  göttliches,  toe(d)eS  altes  baS  cinfchfiept, 
maS  ihr  bon  ihrem  göttlichen  Stifter  unb  bon  feinem  fie  forttoährenb  leitenben 
^eiligen  ©eift  aus  jufommt,  unb  ein  menfcf)Iid)eS,  meldjeS  fie  als  eine  aus 
föienfdjen  befteffenbe  ©emeinfdjaft  uotmenbig  an  fid)  trägt,  in  ber  baS  ©ött= 
Iid)e  unter  üftitmirfung  beS  freien  mettfchlichen  SöittenS  jur  ©eftaltung  unb 
Ausprägung  Kommen  fotl.  2öärc  fie  ein  rein  göttliches  Snftitut,  fo  läge  fie 
außerhalb  ber  ©efd)ichte;  bermöge  ihrer  menfchtichen  ©eite  aber  (mt  fie  ihre 
Veränberungen ,  ihren  ©ntmidfungSgang ,  bamit  ihre  ©efchichte.  ©otd)e  Ver= 
änberungett  geigen  fid):  1)  Aach  aufjen  tnirb  bie  ®ird)e  in  ihrer  Ausbreitung 
oft  befchränft  unb  gehemmt,  fie  toirb  bon  feinblid)en  fUiäcpten  befehbet  unb 
berfolgt,  bon  anbern  ©efeKfchaften ,  inSbefonbere  bon  ben  Aeicpen  ber  Söelt, 
unterbrüdt;  ju  anbern  3 eiten  unb  an  anbern  Orten  fallen  biefe  §emmniffe, 
unb  günftige  Umftänbe  beförbern  ihre  Puffere  Verbreitung  toie  ihre  innere  ©nt; 
toidlung.  2)  Sm  Snnern  ftören  fie  VerftanbeSber!e£)rtheit  unb  |)erjenS= 
unlauterfeit  biefer  9JlitgIieber ;  oft  ift  ber  Mangel  an  äußeren  Viittefn,  oft 
beren  Überffup  bon  Aadjteil;  batb  h^t  fid),  halb  finit  toieber  bie  fittlidje 
$raft  in  ben  ©injelnen.  Oie  Sehre  ber  $ird)e  ift  mof)l  an  fid)  (materiell) 
unberänberfid),  aber  auch  hier  seigt  fid)  (formell)  eine  ©ntmidlung :  ein  2Bad)S= 
tum  in  ber  ©rflärung,  Formulierung  unb  SDarfteßung  ber  refigiöfen  V3ahr= 
heiten;  bie  firthlid)e  Sehre  jeigt  fid)  in  berfchiebener  ©eftaft  atS  ©egenftanb  beS 
©laubenS  unb  beS  SBiffenS,  als  febenb  unb  mirfenb  im  d)riftfid)en  Voffe,  als 


1  $aS  Söort  äxxXyaia  fornrnt  bon  ixxaXsiv,  evocare  (Aorift  ixxXrjaac,  Subft. 
ixxXijaig),  unb  bebeutet  coetus,  concio,  evocata  multitudo,  bei  ben  ßejifographen  auvodog, 
7r avrjyupcg;  bei  ben  ßlaffifern  ( Thucyd .  I,  32.  Polyb.Y,  74.  Plutarch.,  In  Phocione) 
lefeit  toir :  ixxX yaiav  noisiv,  diaXeysiv.  3n  ber  LXX  toirb  Vnj>  unb  njrr  Vnp  batb 
mit  ixxXrjma  (5  Atof.  18,  16;  23,  1.  2)  batb  mit  auvayioyy  überfept.  Cyrill.  Hier., 
Cat.  18,  24 :  ixxX rjaia  xaXsiTai  <pepcuv6p(ug  ocd  t<)  navrag  ixxaXsicrüeu  xai  6 p.oü  aovdye.iv. 
3m  Aeuen  Seftament  ftef)t  auvaycoyrj  fettener  (3af.  2,  2.  §ebr.  10,  25),  aber  häufig 

ixxX rjaia  für  ißerfammtung  (£>cbr.  2,  12  nad)  Af.  21,  23.  Apg.  19,  32.  39).  töatb 

fteljt  e§  für  einzelne  ©emeinben  (Apg.  8,  1 ;  13,  1.  Offb.  2,  1  ff.  $ot.  4,  15) ,  bann 
aud)  int  tpiural,  batb  für  bie  ©efamttjeit  alter  ©laubigen  (Atattf).  16,  18.  Apg.  9,  31. 

©ph-  1,  22  ff.  $ot.  1,  18),  unb  fo  nur  im  Singular  ( Passaglia ,  De  Eccl.  Chr. 

I  [Ratisb.  1853],  7  sq.).  Sehr  oft  ift  e$  ber  Ort  ber  SSerfammtung ;  ba§  griedfjifc^e 
xupiaxx)  seil,  olxla  toie  ba§  feltifche  cyrck,  cylcli  beziehen  fidf)  gteidjmäfjig  auf  benfetben. 
2de  romanifhen  33ötfer  haben  baö  Söort  ecclesia  beibehalten  (bglise,  chiesa,  iglesia), 
toührenb  bie  germanifd)en  unb  flatoifd)en  Aamcn  ($t)r<h,  Ähda,  $t)d  Church,  Zyrkew, 
Zerkow,  Zerkiew)  an  xupiaxij  olxia  erinnern,  bon  bem  bie  meiften  ben  Aameu  i?  i  r  d)  e 
ableiten,  toührenb  anbere  (£>.  Seo,  ßurij)  bie  Ableitung  bom  ßettifchen  boraiehen 
(Loebbe ,  De  origine  voc.  Kirche.  Altenb.  1855.  3-  ©rimnt,  S)eutfd)e  ©rammatif. 

3.  AuSg.).  ®ie  Ableitung  bes)  Sßorteä  „Äirche"  bon  „tiiren"  (Sepp,  Seben  ©hdfti 
II,  151)  hot  feine  fefte  Stütje.  Kirche  ift  nur  eine  bon  ©ott  bem  £>errn  (ßprioi) 
gegriiubete  SfteligionSgenoffenfchoft- 


1* 


4 


Einleitung. 


ausgeprägt  im  Kultus,  in  ber  OiSjipIin,  in  ber  SBerfaffung.  Aeue  33ebürfniffe 
rufen  neue  ©efeße,  neue  SebenSformen,  neue  Organe  perbor;  bic  fircplidpe  $unft 
mie  bie  firdplicpe  5Biffenfcpaft  unterliegen  ben  allgemeinen  ©efetjen  menfdjlidper 
Entmidlung. 

Alle  biefc  33eränberungen ,  bie  nidjt  baS  2Befen  änbern,  aber  bon  meit= 
greifenber  33ebeutung  finb,  §eigt  bie  ^irdpengefcpicßte  auf,  bie  in  bie  äußere 
unb  innere  fiep  teilt.  Oie  äußere  $irdpengefdpidpte  entmidelt  a)  bie 
räumlic£)=3eitlid)e  Ausbreitung  unb  Aefcßränfung  ber  $irdpe  in  ben  Oerfdpiebenen 
ßänbern  (At  i  f  f  i  o  n  S  g  e  f  dp  i  cp  t  e) ;  b)  ipr  33erpäItniS  ju  ben  Oerfdpiebenen 
Staaten  unb  anbern  politifdpen  ober  religiöfen  ©efellfdpaften  (©efdjidpe  ber 
lirdplicpen  5ßolitit  unb  beS  Kampfes  gegen  bie  Ipärefie  unb  bie 
n i eff t dp r i ft I i d) e n  ÜteligionSgefellfcpaften).  Oie  innere  $irdpen= 
gefdpidpte  bepanbelt  bie  Entfaltung  ber  lirdplicpen  Sepre  in  Opeorie  unb  ^rajiS 
(©efdpdpte  ber  lirdplicpen  Opeologie  unb  beS  OogmaS),  beS  Kultus  in 
feinen  berfepiebenen  formen  (©efdpidpte  ber  Siturgie  unb  ber  bamit  ju= 
fammenpängenben  firdplidjen  $unft),  ber  33erfaffung  (33  er  f  a  f  f  u  n  g  S= 
g  e  f  dp  i  dp  t  e)  unb  ber  OiSjiplin  (©efdpicpte  ber  dp r i ft I i cp e n  Sitte;  religiöfe 
Kultur  gef  dp  id)te).  Oer  gtoed  biefer  Oarftellung  ift  eine  etpifdpe  unb  teleo= 
Iogifd)e  ÄMtrbigung  biefeS  EnttoidlungSgangeS ,  eine  genaue  ErlenntniS  ber 
Entfaltung  ber  einzelnen  !ird)lidpen  Snftitute,  eine  Orientierung  auf  bem  ge* 
famten  ©ebiete,  baS  bie  ®ircpe  mit  iprem  aüfeitigen  SBirfen  umfaßt. 

2.  Oie  Aufgabe  ber  ^irdpengefdpidpte  ift  fomit  bie  Erforfdjung  unb  Oar= 
ftellung  beS  ßebenS  ber  ^irdje  in  allen  feinen  berfepiebenen  Äußerungen  mäprenb 
ber  ganjen  $eit  ipreS  33eftepen§  unb  bei  allen  Oeilen  ber  Atenfdppeit,  ju  tnelcpen 
bie  |)eilSbotfd)aft  Oom  ©lauben  an  EpriftuS  gelangt  ift. 

Um  biefer  Aufgabe  gereept  ju  merben,  pat  ber  ^irdpenpiftorifer  1)  bie 
Opatfadpen  auf  ©runb  einer  genauen  Kenntnis  unb  fritifdpen  tßepanblung 
ber  Ouetlen  unb  einer  objeftiben,  befonnenen  unb  unparteiifdpen  Interpretation 
berfelben  genau  f  e  ft  ju  ft  eilen.  Oie  metpobifdpe  Anleitung  baju  geben  bie 
piftorifdpen  EinleitungSmiffenfdjaften  (ißaläograppie,  Oiplomatif,  $ritil).  Er 
muß  2)  burdp  genetifdpe  Ergrünbung  ber  Opatfadjen  bie  einzelnen 
33egebenpeiten  nadp  iprem  inneren  unb  äußeren  gufammenpange,  nadp  ipren 
33eranlaffungen ,  Urfacpen  unb  3ßirlungen,  nadp  iprer  faufalen  33erfettung  er= 
faffen  unb  entmideln. 

Oiefe  Seite  ber  firdpenpiftorifdpen  gorfdpung  ift  bon  befonberer  33Mcptigfeit. 
3ur  ritptigen  unb  boüftänbigen  ^Beurteilung  ber  Opatfacpen  genügt  es  nidpt, 
an  ber  Oberfläcpe  fiepen  ju  bleiben,  bie  junädjft  unb  offen  baliegenben  gaf= 
toren  ju  berüdfidptigen,  fonbern  eS  gilt,  bie  treibenben  Kräfte  aufjubeden  unb 
bie  ttnrflicpen  Urfacpen  ber  in  bie  äußere  Erfcpeinung  tretenben  Ereigniffe  ju 
ertennen  unb  bloßjulegen. 

3Bie  in  ber  ppßfifcpen  3®elt  eine  Erfcpeinung  bie  anbere  erzeugt,  fo  finbet 
fiep  audp  in  ber  moralifepen  Söelt  feine  bebeutenbe  Opatfacpe,  bie  niept  in  einer 
anbern  ipren  ©runb  finbet  unb  rnieber  anbere  jur  $o!ge  pat.  ©leid)  jener  ift 
biefe  in  bem  bertoidelten  33erfdplttngenfein  iprer  Erfdjcinungen  in  leßter  Siiftanj 
nicptS  anbereS  als  bie  33erroirllicpung  unb  Entmidlung  beftimmter  geiftiger  Sbeen 
unter  ber  fonfreten  $orm  äußerer  Opatfacpen.  5Bie  bieS  beim  Einzelnen  ber  gaH 


1.  ^Begriff  unb  Stufgabe  her  ßirdjengefdjidjte. 


5 


ift,  fo  bei  gattjen  SSölfern,  fo  bei  größeren  unb  Heineren  ©rupfen  unb  ©(piepten 
ber  fötenfcppeit.  5Hle  Snbioibuen  unb  23ölfer  finb  nur  bie  ©lieber  beS  ein 
geiftige»  ©anje  bilbenben,  mit  einer  über  baS  ©rbenleben  pinauSreicpenben  53e= 
fiimmung  er^djaffenen  ©efcplecpteS  unb  paben  neben  ber  ipnett  geworbenen  be= 
fonbern  Aufgabe  an  ber  beS  ©anjen  mitjuwirfen  unb  ju  arbeiten.  Sie  ©efcpicpte 
nun  foll  unS  einfüf>ren  in  bie  innere  Stöerfftätte  beS  geiftigen  SebenS  beS  ©injetnen 
unb  beS  ©anjen,  foll  unS  ein  beutlidfeS  33ilb  berfcpaffen  bon  ber  Bewegung 
unb  (Entfaltung  ber  3'been. 

Sie  $ircpe  pat  als  einigen  3lDe<f  bon  iprem  «Stifter  erhalten,  ben  gött= 
fiepen  Söeltplan  ju  betWirHicpen  fotoo^I  in  93ejug  auf  ben  einzelnen  fDlenfcpen 
wie  in  Sejug  auf  bie  ganje  fDtenfdjpeit  unb  beten  einzelne  ©ruppen.  SiefeS 
Sbeal  ift  in  üerfcf)iebenen  3e'*en  aud)  in  ungleicher  SBeife  tpatfäcplicp  erftrebt 
worben.  53ebeutenbe  perfönlicpteiten  haben  bisweilen  mächtig  eingegriffen  in 
bie  duffere  SBerwirflidjung  ber  ben  fDtenfcpen  bon  (E^riftuS  übertragenen  f$ort= 
fepung  feines  gottmenfcplicpen  2öerteS.  Sann  haben  aud)  allgemeine  ffaftoren 
religiöfer,  politifcpet  unb  fojialer  fftatur  ihren  ftarfen  ©influp  geltenb  gemacht 
auf  bie  ©ntwidlung  ber  (Ereigniffe,  inbem  fie,  für  ben  ©injelnen  meift  in  un= 
bewupter  Söeife,  auch  bie  moralifd)  freien  SßiHenSäuferungen  ber  Snbibibuen 
unb  bamit  ber  größeren  unb  Heineren  ©ruppen  beranlapten.  Sie  wiffenfcpafH 
lidje  ^ircpengefcpicpte  mup  fowopl  jene  inbibibueHen  als  biefe  allgemein  fultureflen 
ffattoren  bei  ber  (Erforfdjung  ber  tieferen  Urfadjen  einzelner  nach  aupett  perbot= 
tretcnber  ©rfcpeinungen  beriidficptigen. 

3.  Saju  fommt,  bap  bie  ßird)engefd)icpte  pragtnatifd)  fein  mup,  unb 
jwar  genügt  nicpt  ber  ppilofoppifdje  Pragmatismus ,  ber  bom  ©tanbpunft  ber 
ppilofoppie  ber  ©efcpicpte  auS  bie  ©enefiS  ber  einzelnen  (Steigniffe  berfolgt  unb 
bie  3been  auffucpt,  bie  fiep  in  ipnen  berförpern  ober  ihnen  ju  ©runbe  liegen, 
fonbem  es  mup  baju  ber  tpeologifdje  Pragmatismus  tommen,  ber,  auf  bent 
©tanbpunft  ber  geoffenbarten  Söaprpeit  ftepenb,  baS  tiefere,  berborgene  Söalten 
©otteS  unb  feiner  23orfepung  ju  erfennen  fuept  unb  überall  ben  in  ber  3e'i 
fid)  entfaltenben  ewigen  SBeltpIan  ©otteS  erforfept.  Sespalb  mup  ber  fatho= 
lifdje  ßirepenpiftorifer  auSgepen  bon  bem  göttlichen  Urfprung  ber  Birdie,  baS 
übernatürliche  SSefen  iprer  Sepren,  S3orfd)riften  unb  (Einrichtungen,  infoweit  bie= 
felben  auf  ber  Offenbarung  beruhen,  feftpalten  unb  ipre  ftetige  Seitung  burep 
ben  ^eiligen  ©eift  anertennen.  Siefe  ißorauSfepungen  finb  für  feben  fatpo= 
lifdjen  fforföper  objeftibe  Söirflicpfeit  unb  tpatfäcplicpe,  unumftöplicpe  SBaprpeit. 
©ie  allein  begrünben  ben  wapren  wiffenfd)aftlichen  Pragmatismus  ber  $ird)en= 
gefd)icfjte,  opne  bap  baburep  irgenbwie  bie  in  ihrem  richtigen  ©inne  berftanbene 
fritifcp=wiffenfd)aftlid)e  gorfdjung  unb  Sarfteüung  beeinträchtigt  wäre. 

Offenbart  fid)  in  ber  ©efd)icpte  überhaupt  bie  allgemeine  üßorfepung  unb 
^Regierung  ©otteS,  fo  jeigt  fid)  in  ber  ©efd)id)tc  ber  $ircpe  noch  feine  befonbere 
Seitung  unb  liebebolle  gürforge.  S>emt  ber  ßirepe  gab  ipr  ©tifter  bie  33er= 
peipung  feines  immerwäprenben  53eiftanbeS  unb  ber  Unüberwinblidjfeit ;  fie 
Wirb  in  ber  ©eprift  bargeftetlt  als  baS  Himmelreich  (fötattp.  3,  2),  baS  9teid) 
©otteS  («Karl.  1,  14.  Suf.  22,  16.  18),  baS  9teicp  ©prifti  (SDtattp.  20,  21. 
$op.  18,  36),  als  bie  ©tabt  ©otteS  (SWattp.  5,  14.  §ebr.  12,  22),  als 
Haus  ©otteS  (1  Sim.  3,  15.  Het)r-  10,  21.  1  Sßetr.  4>  17)>  aI§  Tempel 


6 


©inleitung. 


(1  Slot.  3,  16.  17.  2  $or.  6,  16),  all  Seit»  <Sfjrifii  (1  ®or.  12,  27. 
@pf).  1,  23;  4,  12;  5,  23).  ©ie  er  fd)  eint  all  ein  ©djiff,  bal  bebroljt  ift 
non  ben  Söogen,  aber  nicht  untergeht  ODtattl).  8,  23  ff.  fDtarf.  4,  35  ff. 
ßuf.  8,  23  ff.),  felbft  Wenn  ber  §err  ju  fdjlafen  fcfjeint  unb  bie  ©einigen  ber= 
jagen,  all  bie  Arche  bei  Aoe,  in  ber  allein  bie  Rettung  fid)  finbet  (1  fpetr. 
3,  20  f.).  ©ie  ift  ber  Ader,  auf  bern  ber  ^immlifdje  ©ame  gebeizt,  Wenn 
auch  Unfraut  neben  bem  Söeijen  Wäd)ft;  gleich  bcm  ©enfforn  geftaltet  fie  fid) 
jum  mächtigen  Saume,  gleid)  bem  ©auerteige  burd)bringt  fie  bie  ganje  Ai  affe 
ODlattf).  13,  18  ff.  31  ff.),  ©ie  ift  aul  fleinen  Anfängen  bie  erhabenfte  unb 
größte  Anftalt  ber  2Belt  gemorben  unb  fd)reitet  unter  fortmährenben  äußeren 
Kämpfen  fort  in  ihrer  ©ntwidlung ;  aul  ber  ftreitenben  füll  fie  fid)  jur  triunu 
Phierenben  geftalten.  ©teil  im  Aßefen  fid)  gleid),  geigt  fie  burd)  bie  3ahr= 
hunberte  ihre  Einheit  unb  Apoftolijität,  aber  ebenfo  ihre  ^eiligfeit  unb  ®atho= 
lijität,  roeldje  im  ©taube  ber  ©lorie  in  ihrer  aKfeitigen  Sollenbung  erfcfjeinen. 

damit  bie  pragmatifdje  Seljanblung  eine  objeftibe  unb  wahre  fei,  barf 
man  nicht  üon  ©efidjtlpunften  aulgehen,  bie  außerhalb  ber  $irdje  liegen, 
fonbern  man  muff  mit  bem  in  ber  ©adje  felbft  liegenben  fDtafjftabe  aüel  be= 
meffen,  bie  ©rfcheinungen  bei  ©hriftentum!  aud)  mit  bem  d)rifttid)en  (Seifte 
beurteilen.  daher  ergiebt  fid)  auch  bal  wahre  Serftänbnil  ber  bont  fpiftorifer 
geforberten  Unparteilichtei t.  diefe  beftet)t  in  bem  greifein  bon  perfön= 
liehen  unb  innerlich  ^altlofen  Vorurteilen,  in  ber  Unbefangenheit  einel  reblidjen 
©trebenl,  bie  ©adje  nicht  anberl  barjuftetlen,  all  fie  Wirtlid)  ift1,  nicht  aber 
in  ber  ©ntbtöfiung  üon  allen  religiöfen  ©efühlen  unb  Überjeugungen,  in  ber 
Abfiraftion  bont  ©tauben,  in  ber  bötligen  Voraulfe|ungllofigfeit.  Se^terel 
fßoftulat  ift  bie  gorberung  einer  Unmöglichteit;  benn.niemanb  tann  feine  9te= 
ligion  auljief)en,  nodj  barf  er  bon  ihr  abftrahieren ;  ber  Ungläubige  mit  feinen 
Antipathien  gegen  bie  Religion  trägt  nur  eine  erheuchelte  Unparteilid)feit  jur 
©thau.  diejenigen,  welche  ber  fatholifdjen  ©efdjid)t§forfthung  ihre  S3oraul= 
fetjungen  juut  Vorwurf  machen,  erfüllen  felbft  biefe  gorberuttg  nicht,  ba  fie  ohne 
jeben  Vewei!  bon  bem  rein  menfd)Iid)en  ©^aratter  ber  Kirche  aulgehen.  Objeftiü 
getreue,  burd)  feine  Aebenrüdfid)ten  entftcltte  darlegung  bei  unbefangen  geprüften 
Shatbeftanbe!  ift  bon  bem  fnftorifer  geforbert;  fonft  aber  muh  el  ihm  unbe= 
nommen  bleiben,  feine  fird)lid)en  ißrinjipien  jur  lebenbigen  Aulprägung  ju  bringen. 

2.  Duetten  itttb  $tffswtfW  bet  ^trchengefchicfftc. 

ßitteratur.  —  ©.  oben  ©.  1,  ßitteratur  unter  1.  unb  2.  ®aju:  Ch.  V.  Langlois, 
Manuel  de  bibliograpkie  kistorique.  I.  Instruments  bibliograpkiques.  Paris  1896. 
©.  SSratfe,  SBegtoeifer  ju  ben  ^Quellen  unb  ber  ßitteratur  ber  ßinhengefdjichte.  ©otpa 
1890.  SB.  SBattenbach,  Seutfhlanbs  ©efd)ic£)t§quetten  im  Alittelalter  big  jur  Atitte 
beg  13.  Stafjrhunbertg.  6.  Stuft.  SJerltn  1894.  £).  ßorenj,  Seutf<hlanb§  ©efchichtS- 
quellen  im  Alittelalter  feit  ber  Atitte  beg  13.  Siabrbunbertg.  3.  Aufl.  SBerlin  1886. 


1  Movy  fhniov  rg  älrjüeia,  st  ng  ierroptav  ypäiptuv  toi  ( Lucian .,  11  mg  Sei  Itrropiav 
ouYYpdpetv  I,  39).  Ne  quid  falsi  dicere  audeat,  ne  quid  veri  dicere  non  audeat 
(Cic.,  Orat.  II,  9,  15).  ®er  fnftorifer  ift  nicht  ©rfinber,  fonbern  Aöädjter  unb  Interpret 
ber  Shatfaihen,  Wie  auch  ©etteca  (Ep.  95)  bie  ©rammatifer  non  inventores  vocum, 
sed  custodes  nennt. 


2.  Duetten  unb  Hilfsmittel  ber  ßirpengefpipte. 


7 


Ä.  Duetten. 

Hllle§,  ma§  baju  bient,  bie  ©efcpicpte  ber  ®trd)e  burd)  glaubhaftes  3eu3ni§ 
feftjußellen ,  ju  berbürgeit  unb  ju  erläutern,  h^h*  Quelle  berfelben.  Qemt 
piftorifcpe  Quellen  finb  „Gefultate  menfcplicper  Getpätigungen,  naeldje  jur  ©r= 
fenntniS  unb  jum  9tad)roei§  gefcptcbtltcbet  SEfjatfadicn  entmeber  urfprünglid) 
Beftirmnt  ober  bocf)  oermöge  ihrer  ©jiftenj,  ©ntftehung  unb  fonftiger  Gerhält= 
niffe  üorjugSmeife  geeignet  finb"  (Gernhetm).  2Ba§  ben  Urffmmg  ber  Quellen 
angeljt,  fo  roerben  bie  lirchengefchtchtltchen  Quellen  eingeteilt  in  göttliche  (bie 
lanouifcpen  unb  heiligen  Schriften)  unb  menfd)lid)e.  3hrer  Statur  nach  merben 
bie  Quellen  gebilbet  1)  burd)  Überrefte,  unb  jmar  Überrefte  im  engeren 
©tune,  mie  $ultu§ge6räud)e,  Sitten,  firchliche  Snftitutionen,  Gßerfe  ber  Sedjnil, 
Hilten  ber  ^ßäpfte  unb  53ifd£)öfe,  ber  ^onjilien  u.  f.  m.,  unb  Qentmäler,  melche 
hergefteüt  mürben  in  ber  Hlbficht,  Gegebenheiten  für  bie  ©rimterung  auf- 
jubemahren;  unb  2)  burd)  bie  SErabition,  nämlich  bie  miinblichen  Über= 
Ueferungen,  ©agen  unb  Segenben,  ©emälbe,  ©tatuen,  ©chriftroerfe  einzelner 
Gerfaffer.  Öffentliche  Quellen  finb  bie  bon  einer  amtlichen  ißerfon  ober  Gepörbe 
auSgehenben,  mie  päpftliche  Güllen  unb  Greben,  ^onjilienbefrete,  Hirtenbriefe, 
liturgifche  Gücher,  QrbenSregeln ,  ©taatSgefepe,  Gerträge  jmifchen  Kirche  unb 
©taat,  Üteid)§tag§abf(hiebe  u.  f.  f.  ißribate  finb  jene,  bie  bon  ißribatperfonen 
ober  auch  bon  HlmtSperfonen ,  aber  in  pribater  ©igenfepaft  berühren,  mie 
bie  SBerfe  ber  ^ircpenfchriftfieller ,  bie  Giographieit  ber  Heiligen,  berühmter 
Gtänner  u.  f.  f.  3m  ©egenfape  ju  ben  einpeimifchen  (bon  ©priften  perrüprenben) 
heilen  frembe  Quellen  jene,  bie  bon  Hticptchriften ,  He^>en/  Suben  ober  fonft 
fyeinben  ber  föircpe,  ftamnten.  Gei  ben  Überreften  fommt  eS  in  ber  Üiegel  unb 
bor  allem  auf  ^eftftellung  ber  Hlutpentie  unb  Integrität  an,  roährenb  bei 
ben  ©cpriftmerlen  auep  bie  ©lau&mürbigfeit  beS  GerfafferS  fepärfer  geprüft 
merben  mujj. 

Qie  Quellen  ber  berfepiebenen  ©attungen  finb  burep  bie  miffenfcpaftlicpe 
ShätigJeit  japlreicper  gorfeper  gefammelt,  fritifcp  unterfuept  unb  in  ©efamt= 
auSgaben  jugänglid)  gemaept  morben. 

I.  Übcm|lf. 

1.  Sammlungen  djriftlicper  Snfdpriften. 

De  Eossi,  Inscriptiones  christianae  urbis  Roraae  septimo  saeculo  antiquiores. 
Vol.  1.  Romae  1857;  vol.  2,  pars  1.  Ibid.  1887.  Le  Blaut,  Inscriptions  chrbtiennes 
de  la  Gaule.  8  vols.  Paris  1856 — 1892.  Hübner,  Inscriptiones  Hispaniae  christianae. 
Berol.  1871,  unb  Supplementen.  1900;  Inscriptiones  Britanniae  christianae.  Berol. 
et  Lond.  1876.  ÄrauS,  Sie  priftlipen  3tnfpriften  ber  9W)einIanbe.  3  33be.  ffrreiburg 
1890 — 1894.  ©gli,  ©priftlidpe  3nfpriften  ber  ©ptoeij.  3ürip  1895.  —  Sie  priftlipen 
Snfpriftcn  mit  StuSnapme  berjenigen  öon  iftom,  ©allien,  (Spanien  unb  ^Britannien  finb 
ebenfalls  aufgenommen  in  ba§  Corpus  inscriptionum  latinarum,  perauSgegeben  Don  ber 
^Berliner  Sllabemie;  ebenfo  bie  griepifpen  Sejte  bei  Böc/ch,  Corpus  inscriptionum  grae- 
carum.  4  voll.  Berol.  1829—1877.  2tup  in  mehreren  (Sammlungen  ber  Snfpriften 
einjelner  Stäbte  unb  ßänber  finben  fip  priftlipe  Sejte.  Sffiiptig  finb  befonberS:  Le  Bas 
et  Waddington,  Voyage  archeologique  en  Grece  et  en  Asie  Mineure.  2e  partie:  In¬ 
scriptions  grecques  et  latines.  3  vols.  Paris  1847 — 1876.  Bulic,  Inscript,  quae  in 
museo  archaeol.  Salonitano  Spalati  asservantur.  Spalati  1886  (mit  2  2lu!tarien,  bis 
1894).  —  ÜSiptigere  ältere  Sammeltoerfe:  Apianus  et  Amantius,  Inscriptiones  sacro- 


8 


Einleitung. 


sanctae  vetustatis.  Ingoist.  1534.  Gruter,  Inscr.  antiquae  totius  orbis  Romani  in 
corpus  redactae.  fol.  Heidelbergae  1603;  ed.  2  cura  Graevii.  4  voll.  Amstelod.  1707. 
Fleetwood,  Inscriptionuni  antiq.  Sylloge.  Lond.  1691.  Fabretti,  Inscript,  antiq.  quae 
in  aedibus  paternis  adservantur  explicatio  et  additamentum.  Romae  1699 — 1702. 
Muratori ,  Novus  tkesaurus  veter.  inscriptionum.  4  voll.  fol.  Mediol.  1739 — 1742. 
Donati ,  Supplementum.  Lucae  1764.  Maffei,  Museum  Veronense.  Verona  1749; 
Graecorum  siglae  lapidariae.  Ibid.  1746 ;  Ars  critica  lapidar.  Ibid.  1775.  Lupi, 
Severae  martyris  epitapliium.  Panormi  1734.  Morcelli,  De  stylo  inscript.  lat.  Romae 
1781.  Marini  bei  A.  Mai,  Scriptorum  vet.  nova  collectio.  Vol.  5,  pars  1.  Romae  1831. 
Gazzera,  Iscrizioni  cristiane  antiche  del  Piemonte.  Torino  1849. 

2.  fDtonuntente  (^atafomben,  $ultu§geMuöe,  SBerfe  ber  Maleret  unb 
©fulptur). 

Bosio,  Roma  sotterranea.  Roma  1632;  lateinifclj  bon  Aringhi,  Roma  subterranea. 
Romae  1651.  De  Rossi,  La  Roma  sotterranea  cristiana.  3  voll.  Roma  1864 — 1877; 
Bullettino  di  Archeologia  cristiana.  Ibid.  1863—1894,  mit  ber  Sfortfetjung  Nuovo 
Bullettino  di  Arcbeol.  crist.  1895  ss.  Perret,  Les  catacombes  de  Rome.  6  vols.  fol. 
Paris  1851 — 1855.  Roller,  Les  catacombes  de  Rome.  2  vols.  Paris  1882.  Garrucci, 
Storia  dell’  arte  cristiana.  6  voll.  Prato  1872  sgg.  Bottari,  Sculture  e  pitture  sacre 
estratte  dai  cimiteri  di  Roma.  3  voll.  Roma  1737 — 1754.  Ciampini,  Vetera  monu- 
menta  unb  De  sacris  aedificiis  a  Constantino  M.  exstructis ;  neue  Sluggabe ,  3  33be., 
9tom  1747  ff.  tpübfcf),  Sie  attdjriftlidjen  ßirdjien  nadf  beit  33attbenfmalen  unb  älteren 
föefdjreibungen.  ßarlgrulfe  1862.  ©.  S  elf  io  unb  ©.  b.  SBe^oIb,  Sie  fird^Iic^e  33au= 
lunft  beg  Slbenblanbeg  (mit  Sltlag).  Stuttgart  1884  ff.  (33gl.  audj  unten:  9lrd)äologie.) 

3.  Situr giert  unb  9titu  alten. 

I.  A.  Assemani,  Codex  liturgicus  eccles.  univers.  13  voll.  Romae  1749.  Eus. 
Renaudot ,  Liturg.  Orient,  collectio.  2  voll.  Par.  1716.  Goar,  Eucbologion  sive 
Rituale  Graecorum.  Par.  1647.  Is.  Hubert,  Apytepanxov  seu  über  pontificialis  eccles. 
graecae.  Par.  1675.  Mabillon ,  De  liturgia  gallicana  11.  3.  4°.  Par.  1685.  1729. 
Pinius,  De  liturgia  antiqua  bispanica.  2  voll.  Romae  1749  sq.  Muratori,  Liturgia 
rom.  vetus.  2  voll.  fol.  Venet.  1748.  Daniel,  Codex  liturg.  ecclesiae  univ.  4  voll. 
Lips.  1847 — 1853.  Denzinger,  Ritus  Orientalium.  2  voll.  8°.  Wirceb.  1863  sq. 
fftajetoSli,  ©udjologiott  ber  ort^obo£=f atfjoIifdCjen  ßirdje.  3  Sie.  SSien  1861  f.  Bona, 
Rerum  üturgic.  11.  2.  Romae  1671.  Durandi,  Rationale  divinorum  officiorum.  Lugd. 
Batav.  1605;  Neap.  1866.  Martine,  De  antiquis  eccles.  ritibus  11.  3;  ed.  aucta. 
4  voll.  Antwerp.  1736.  Swainson,  The  Greek  Liturgies.  London  1884.  Brightman, 
Liturgies  Eastern  and  Western.  Vol.  1:  Eastern.  London  1896.  N.  Nilles  S.  J., 
Kalendarium  manuale  utriusque  ecclesiae  orientalis  et  occidentalis.  2  voll.  ed.  2. 
Oenip.  1896 — 1897.  Ul.  Chevalier,  Bibliotheque  liturgique,  big  jetit  7  33änbe.  Paris 
1893  ss.  Auctarium  Solesmense.  Series  liturgica.  Vol.  1.  Solesmes  1900. 

4.  fpäpftlidfe  Sitten  ft ü  de. 

Epistolae  Romanorum  Pontificum,  ed.  Coustant.  Par.  1721;  ed.  Schoenemann. 
Gotting.  1796;  ed.  Thiel.  Brunsberg.  1867,  an  toelcfie  fidf  bie  ÜSriefe  Seog  b.  ©r. 
unb  ©regorg  b.  ©r.  in  bereit  Sfierfen  anfdjliejjen ;  bann  bie  33uöarien:  Bullarium  sive 
Collectio  diversarum  constitutionum  multorum  Pontificum,  ed.  L.  Cherubim.  Romae 
1586;  ed.  alt.  bon  31.  3Jt.  ©I)erubini.  Romae  1634 — 1638.  Bullarium  Romanum, 
ed.  C.  Cocquelines.  28  partes.  Romae  1733 — 1758;  f^ortfe^ung  bon  33arberi, 
©ftetia  unb  ©egreti.  19  voll.  Romae  1835 — 1857.  ffteue,  bermefjrte  3lu§gabe  in 
24  33bn.  Aug.  Taurin.  1857 — 1872;  Qfortfe^ung  (93b.  1)  Neap.  1885.  Sie  fftegefteit  ber 
ifläbfte  big  1198  gab  lßl)ilibb  3affe  Iferaug,  Berol.  1851;  neue  Stuft.  Lips.  1881  sq., 
eine  2rortfe|img  big  1304  91.  ipottljaft,  Berol.  1872  sq.;  baju  f.  ©tualb,  Sie  5Paf>ft= 
briefe  ber  britifdjen  ©ammlung,  im  Dleuen  9Ircbib  33b.  V.  33erlin  1880.  flteue  ©amm= 
lungen:  Rodenberg,  Epistolae  Romanorum  Pontificum.  3  voll.  Berol.  1887 — 1894. 


2.  Quellen  unb  Hilfsmittel  ber  ßirdjengefdjidjte. 


9 


S.  Löwenfeld,  Epistolae  Roman.  Pontificum  inedita.  Lips.  1885.  J.  v.  Pßugk-Harttung, 
Acta  Roman.  Pontif.  inedita.  3  voll.  Tubing.  1881  sqq.  Sie  Regeften  ber  ißäfjfte 
beS  13.  3(al)rt)unberi§  IjerauSgeg.  bon  ber  Ecole  fran^aise  de  Rome.  Paris,  feit  1883. 
—  Liber  diurnus  ber  fräpftlidjen  $anälei  (ein  fyormelbudj),  ed.  de  Roziüre.  Paris  1869; 
ed.  Sichel.  Vindob.  1889. 

5.  ßonjiI§aften. 

«Sammlungen  tunt  Sitten  ber  Konsilien  lieferten erlin,  $  o  b  e  r  i  u  8 ,  ©  r  a  b  b  e, 
SuriuS,  SJollani,  Sirmonb  im  16.  unb  17.  3af)rfjunbert ;  reid^^nltiger  finb  bie 
Collectio  regia,  37  voll.,  Par.  1644  sqq.,  unb  bie  bon  ßabbe  unb  ©off  art,  18  voll., 
Par.  1672  sqq.,  befonberS  aber  bie  bon  Ha*'bouin,  11  voll.  (vol.  6  in  2  part.).  Par. 
1715  sqq.,  unb  bie  bon  3.  S.  SDtanfi,  31  voll.,  Flor,  et  Venet.  1759  sqq. ;  Rem 
brucf  Par.  1900  sqq. ;  eine  ©rgänjuitg  bon  neueren  Stynoben  giebt  bie  Collectio  Lacensis. 
7  voll.  4°.  Frib.  Brisg.  1870  sqq. 

6.  ©tymbole  unb  öfferttXid)e  ©loubenSbetenntniffe. 

C.  W.  F.  Walch,  Bibliotheca  symbolica  vetus.  Lemgo  1770.  §  a  1)  tt,  SBibliotlfef  ber 
Symbole  unb  ©laubenSregeln  ber  aboftolifdHatljoI.  $irdje.  S3reslau  1842;  3.  2lufl.  1897. 
Denzinger,  Enchiridion  symbolorum  et  definitionum.  Wirceb.  1853 ;  4.  ed.  1865  ; 

7.  ed.  1894.  Ph.  Schaff,  Bibliotheca  symbolica  ecclesiae  universalis.  3  voll.  Neo- 
Eboraci  1884;  bejüglidf  ber  gried)ifd)en  ßirdje  fiefje  6.  3-  Äimmel,  Sena  1843. 
N.  Nilles,  Symbolae  ad  illustr.  hist,  eccles.  Orient.  2  voll.  Oeniponte  1885;  betr.  ber 
ßutljeraner  bgl.  21.  Redjenberg,  Seip^ig  1677.1756;  ©.  SR.  9ßfaff,  Tübingen  1730; 
©.  21.  Höfe,  Seipgig  1827;  $.  21.  91t ü Iler,  Stuttgart  1848;  betr.  ber  Reformierten 
bgl.  6.  2Ö.  Slugufti,  ©Iberfelb  1828,  unb  §.  51-  Riem  et)  er,  ßeipjig  1840. 

7.  OrbenSr eg  ein. 

Luc.  Holstein,  Codex  regularum  monast.  et  canon.  4  voll.  Romae  1661 ;  aux. 
M.  Brockie.  6  voll.  Aug.  Yindel.  1759;  baj$u  bie  ^Bearbeitungen  ber  OrbenSgefdjidjte 
bon:  Helyot,  Ordres  monastiques  et  milit.  8  vols.  Paris  1714 — 1719.  Henrion,  Hist, 
des  ordres  religieux.  8  vols.;  iiberfeijt  bon  Sehr.  2  ÜBbe.  Tübingen  1845.  Mont- 
alenibert ,  Les  moines  d’Occident.  7  vols.  Paris  1860  ss. ;  beutfd)  bon  SBranbeö, 
RegenSburg  1860  ff. 

8.  ^onlorbate  unb  fird)licf)e  ©efeije. 

6.  9Ründ),  RoHftänbige  Sammlung  aller  älteren  unb  neueren  ßonforbatc.  2  23be. 
ßeibjig  1831.  V.  Nussi,  Conventiones  de  rebus  ecclesiasticis  inter  s.  sedem  et  civilem 
potestatem.  Mogunt.  1871.  A.  Theiner,  Codex  diplomaticus  dominii  temporalis  s.  sedis. 

3  voll.  Romae  1861.  —  Corpus  iuris  canonici,  ed.  A.  Richter.  Lips.  1833;  ed.  Fried¬ 
berg.  2  voll.  Lips.  1876 — 1881. 

9.  ©taatägefei^e. 

Codex  Theodosianus  cum  commentariis  I.  Gothofredi,  ed.  Ritter.  6  voll.  Lips. 
1737 — 1745.  Corpus  iuris  civil.  Iustin.,  ed.  Goihofredus.  6  voll.  Lugd.  1589;  edd. 
Mommsen,  Krüger  et  Schöll.  3  voll.  Berol.  1892—1895;  bie  fpäteren  ber  griedjifdjen 
fiaifer  bei  Leuenclavius,  Ius  graeco-romanum.  2  voll.  Francof.  1596  sq.  Zachariae, 
Collectio  librorum  iuris  graeco-romani.  Lips.  1852 ;  Delineatio  iuris  graeco-romani. 

4  partes.  Ibid.  1856 — 1865.  Heimbach,  Basilicorum  11.  60.  5  voll,  cum  Supplem. 
Lips.  1830—1850.  ©eiftlidje  unb  toeltlid)e  SSerorbnungen  in  Äirdjettfadfen  geben  ba§  ju 
2ltf)en  1852 — 1859  in  6  Dltabbänben  erfdjienenc  luvrayga  bon  Rljalli  unb  ifJotli 
unb  baS  Sßerf  besä  ßarbinalg  *(3  i  t  r  a :  Iuris  eccles.  Graecorum  historia  et  monumenta. 
2  voll.  4°.  Romae  1864—1868  (bi8  jum  9.  Saljrljunbert).  Srfir  bie  3<nt  ber  Karolinger 
unb  ber  rümifd)=beutfc£)en  Kaifer :  Capitularium  regum  Francorum  collectio,  ed.  Baluze. 
Par.  1677 ;  cur.  de  Chiniac.  2  voll.  fol.  Par.  1780.  Monum.  Germ,  liistor. :  Capitu- 
laria  regum  Francorum.  2  voll.  Hannov.  1883 — 1897 ;  Formulae  Merowingici  et 


10 


©inleitung. 


Karolini  aevi.  1  vol.  Ibid.  1886.  Collectio  consuetudinum  et  legum  imperialium, 
stud.  Goldasti.  3  voll.  Francof.  1713.  Böhmer,  Regesta  chrono-diplom.  regum  atque 
imperat.  Roman.  911 — 1313.  Francof.  1831;  Regesta  Carolorum.  Ibid.  1833;  Regesta 
imperii  1198 — 1254.  Ibid.  1847 — 1849.  Pertz ,  Monumenta  Germaniae  histor.,  9tbt. 
Leges.  5  voll.  fol.  Hannov.  1835 — 1889.  De  Mar  ca ,  De  concordia  sacerdotii  et 
imperii,  ed.  Baluze.  Par.  1633;  ed.  Böhmer,  Lips.  1708.  Walter,  Fontes  iuris  eccles. 
Bonnae  1861.  Canciani,  Barbarorum  leges.  5  voll.  Yenet.  1781 — 1792. 

II.  Sdjriftmcrlic. 

1.  5ßapftbiograj)I)ien. 

Liber  pontificalis,  ed.  Duchesne.  2  voll.  Par.  1886 — 1892;  ed.  Mommsen  (Mon. 
Germ.  hist.).  Berol.  1898  sqq.  Yitae  pontificum  Romanorum  ab  ex.  saec.  IX  usque 
ad  finem  saec.  XIII,  ed.  Watterich.  2  voll.  Lips.  1862. 

2.  SJlarttyroIogien,  2J?  ärti)rera  ften  urtb  Heiligenleben. 

Martyrologium  Hieronymianum,  ed.  I.  B.  de  Bossi  et  L.  Duchesne  (Acta  Sanct., 
Novembr.  t.  2).  Brux.  1894.  ©prifcheS  ÜRarttjroIo  ginnt,  hetaitSgeg.  bon  Sßrigbt;  f.  ©gli, 
31Itd)riftl.  ©tubien  (3üricE)  1886)  <5.  5  ff.  Calendarium  africanum  vetus,  ed.  Mabillon, 
Vetera  analecta  III,  398  sqq.  Martyrologium  Augiense,  ed.  A.  Holder  (fftönt.  Quartal* 
fdjrift  1889,  ©.  204 — 251).  Martyrologium  Romanum,  ed.  Romae  1873;  Ratisb.  1874. 
—  Ruinart ,  Acta  primorum  martyrum  sincera  et  selecta.  Par.  1689;  Amstelod.  1713; 
Aug.  Yindel.  1802;  Ratisb.  1859.  Assemani,  Acta  ss.  martyrum  Orient,  et  occid. 
2  voll.  Romae  1748.  Surius,  De  probatis  vitis  Sanctorum.  6  voll.  Coloniae  1570  sqq. ; 
ed.  3,  ibid.  1617  sq.  SS  o  II  an  b  u.  ©en.,  Acta  Sanctorum,  quotquot  toto  orbe 
coluntur.  Antwerp.  1643  sqq.  (neu  abgebrucft  Par.  1854  sqq.) ;  Öhrtfeijung  beS  ntit 
53  (54)  Sroliobänben  bis  in  ben  SJlonat  2lobember  (SSb.  2)  gelieferten  SßerleS  Brux. 
1845  sqq.  ©0311  Analecta  Bollandiana,  Par.  et  Brux.,  feit  1882.  Acta  Sanctorum 
ord.  S.  Benedicti,  ed.  Mabillon.  9  voll.  Par.  1668 — 1701.  Acta  sanctorum  et  mar¬ 
tyrum  syriace,  ed.  P.  Bedjan.  7  voll.  Lips.  1890 — 1897.  Passiones  vitaeque  sanc¬ 
torum  aevi  Merowingici,  ed.  Krusch  (Mon.  Germ.  bist.  Script,  rer.  Merow.  III). 
Hannov.  1896.  Acta  Sanctorum  Hiberniae ,  ex  codice  Salmanticensi  nunc  primum 
int.  ed.  op.  C.  de  Smedt  et  I.  de  Bacher.  Edinburgi  1888.  3l't  ßritit  f.  •§>.  21  cf)  el iS, 
®ie  ÜJlarttjroIogien,  ifjre  ©eftfiichte  unb  il)r  SBert  (©öttinger  9lbt)anbl. ,  27.  HI,  3). 
©öttingen  1900.  Dufourcq,  Etüde  sur  les  Gesta  martyrum  romains  (Bibliotheque 
des  Ecoles  fran9_  d’Athenes  et  de  Rome,  fase.  83).  Paris  1900.  SBibIiograpf)ifif)eg : 
Bibliotheca  hagiographica  graeca.  Brux.  1894.  Bibliotheca  liagiographica  latina 
antiquae  et  mediae  aetatis,  ed.  socii  Bollandiani.  Brux.,  in  ßieferungen  feit  1898. 

3.  SBerfe  bet  ^irefjenf  djtiftfteller. 

Bibliotheca  maxima  vet.  Patrum.  28  voll.  fol.  Lugd.  1677  sqq.,  mit  2  fftegifter* 
bänben  (bie  ©riedhen  nur  in  lat.  Überfettung) ;  ben  griecf)ifdhen  ®ejt  gab  bie  SSäter= 
bibliottyef  bon  21.  ©allanbi  (14  voll.  Yenet.  1756  sqq.),  unb  bie  meiften  töäter  höben 
einßelne  treffliche  ©bitoren  gefunben.  2lm  bollftänbigften  ift  bie  Patrologia  completa 
bon  3.  *p.  9üi  i  g  n  e  (f  1875),  Par.  1843  sqq.,  bie  ßateiner  bis  3nnocen3  IH.  einfef)!.  in 
217,  bie  ©riechen  bis  jum  ßon3il  bon  ^lorenj  in  162  Quartbänben,  letztere  mit  bielen 
©rgän3ungen,  enthaltenb.  §ier  finb  nidfjt  blof)  bie  älteren  2)ubIifationen  bon  ©om= 
befiS,  SHontfaucon,  21t  ab  illon  unb  fo  bielen  anbern,  fonbern  aud)  biete  neue 
bon  iöoiffonabe,  2)1  ai,  2Htta  u.  a.  benutst,  auch  neue  ßeSarten  bon  -Holte  u.  a. 
gefammelt.  A.  Mai,  Scriptorum  veterum  nova  collectio.  10  voll.  Romae  1825 — 1838; 
Spicilegium  Romanum.  10  voll.  Ibid.  1839 — 1844;  Ss.  Patrum  nova  Bibliotheca, 
fortgefeiR  bon  ©033a  =  ßu3i.  9  voll.  Ibid.  1852—1888.  I.  B.  Pitra,  Spicilegium 
Solesmense.  4  voll.  Par.  1852—1858 ;  Analecta  sacra  Spicilegio  Solesmensi  parata. 
4  voll.  Ibid.  1876—1883 ;  Analecta  novissima.  2  voll.  Ibid.  1885- — 1888.  —  Corpus 
scriptorum  ecclesiast.  latinorum,  ed.  cons.  Academiae  Vindobonensis.  Vindob.  1866  sqq. 


2.  Duetten  unb  Hilfsmittel  ber  fHrdjengeftbtdjte. 


11 


Mon.  Germ,  hist.:  Auctores  antiquissimi.  18  voll.  Berol.  1877 — 1898.  Sie  griedji* 
fdjen  ttiriftlicEien  ©d^riftftetter  ber  erftett  brei  Salirljunberte,  IjerauSgeg.  bon  ber  Stlabemie 
ju  SBerlin.  ßeipjig  1887  ff.  Patrologia  Syriaca,  ed.  Graffin.  Vol.  1.  Par.  1894.  Biblio- 
theca  Casinensis,  bi§  1894  5  33be.  Spicilegium  Casinense.  Tom.  1.  Montecasino  1898. 

4.  $ir<f)engefä)icljtlid)e  2öerfe.  Qiefelben  Ifaben  für  bie  3eit,  tu 
»reicher  bie  IBerfaffer  fdjrieben,  gleichfalls  bie  Sebeutung  fcbriftlictier  Quellen; 
beriete.  ©iefie  unten:  ^)tftorifd)e  ©nhoiiflung  ber  tQird)engefd)id)te. 

III.  Santiiulmrrke  uerfdjiclinur  litfcrarifrticr  (Quellen  für  cinjeliie  Ciinkr. 

1.  Seutfdjlanb:  Monumenta  Germaniae  historica,  inde  ab  a.  Chr.  500  usque  ad 
annum  1500.  Hannov.  et  Berol.  1826  sqq.  —  2.  ^ranfreittj:  Recueil  des  historiens 
des  Gaules  et  de  la  France.  Nouv.  4d.  publiee  sous  la  direction  de  L.  Delisle.  Paris 
1869  ss.  —  3.  Italien:  Muratori,  Antiquitates  italicae  medii  aevi.  6  voll.  Mediol. 
1738 — 1742.  Sa^u :  Battaglino  et  CaJligaris,  Indices  chronologici  ad  Antiq.  medii 
aevi.  Aug.  Taurin.  1888  sqq.  Muratori,  Rerum  italicarum  scriptores.  25  voll.  Mediol. 
1723 — 1751;  Historiae  patriae  monumenta  edita  iussu  regis  Caroli  Alberti  (für  5}lie= 
mont).  17  voll.  Aug.  Taurin.  1836 — 1884.  —  4.  Öfterreidj:  Fontes  rerum  Austria¬ 
carum.  Scriptores.  8  voll.  Vindob.  1855 — 1875;  Diplomataria  et  acta.  47  voll.  Ibid. 
1849 — 1892.  —  5.  Ungarn:  Theiner,  Vetera  monumenta  Hungariam  sacram  illu¬ 
strantia.  Romae  1859;  Monumenta  Vaticana  historiam  regni  Hungariae  illustrantia. 
Budap.  1884  sqq.  (bi§  jeijt  8  SSbe.) ;  Monumenta  Hungariae  historica.  Scriptores. 
Ibid.  1857  sqq.  —  6.  ©latoifdjie  Satt  ber:  Theiner,  Vetera  monumenta  Polouiae 
et  Lithuaniae  gentiumque  finitimarum  historiam  illustrantia.  4  voll.  Romae  1860 
ad  1864;  Vetera  monumenta  Slavorum  meridionalium  historiam  illustrantia.  Ibid. 
1863.  Bielowski,  Monumenta  Poloniae  historica.  2  voll.  Leopoli  1864 — 1872 ;  $ort= 
feijuttg  bon  ber  Slfabemie  bon  Tralau,  23be.  III — VI.  Cracoviae  1878 — 1893;  Scrip¬ 
tores  rerum  Polonicarum.  Ibid.  1873  sqq.  (bis  je|t  16  S3be.) ;  Monumenta  medii  aevi 
historica  res  gestas  Poloniae  illustrantia.  Ibid.  1874  sqq.  (bi§  je|l  15  S9be.) ;  Acta 
historica  res  gestas  Polon.  illustr.  Ibid.  1878  sqq.  (bi§  jept  12  21be.).  —  7.  ©ng= 
lanb:  Rerum  Britannicarum  medii  aevi  scriptores.  98  2Ie.  Lond.  1858  — 1893. 
Theiner,  Vetera  monumenta  Hibernorum  atque  Scotorum  historiam  illustrantia. 
Romae  1864.  —  8.  Orient:  Corpus  scriptorum  historiae  Byzantinae.  50  voll. 
Bonnae  1829 — 1897. 


B.  Hilfsmittel. 

Um  bie  Quellen  richtig  ju  berftehen  unb  ju  gebrauten,  finb  bie  buffen; 
fchaftlichen  Hilfsmittel,  bie  allgemeinen  fomolfl  als  bie  befonbern,  an= 
jumenben.  ®a  bie  ^irdiengefd)id)te  in  engfter  53ejiel)ung  einerfeitS  jur  Geologie, 
anberfeitS  ju  anbern  l)iftorifd)en  QiSjiplinen  ft  elf  t ,  fo  finb  im  allgemeinen  bie 
tl)eologifd)en  unb  ^iftorifdien  SBiffenfchaftcn  bon  nöten.  Qie  ©ichtung  unb 
richtige  53enut^ung  ber  Quellen  lehren  bie  f)iftorifd)en  ^ilf^tütffenfcHaften  fomie 
biefenigen  QiS^linen,  meld)e  foldie  Watcrien  jum  ©egenftanbe  Haben,  bie  für 
ben  $ird)cnf)iftorifer  ben  ß^arafter  bon  ©rlenntniSquellen  Haben. 

3nt  einzelnen  fommeit  befonberS  in  33etradft : 

1.  Qi e  Kenntnis  ber  ©praßen,  in  melden  bie  litterarifcfjen  Quellen 
berfafit  finb.  Hier  finb  in  ber  bie  ©loffarien  ju  benutzen,  meldie 

bie  einjelnen  5(uSbrücfe  unb  bereu  33cbeutung  in  einer  beftitnmten  3eü  erflären. 

Suicer,  Thesaurus  eccles.  e  PP.  graecis.  Ed.  2.  Amstelod.  1728.  1746.  2)aju 
Nothnagel,  Spec.  suppl.  in  Suiceri  thes.  Norimb.  1821.  Du  Fresne  du  Cange,  Glos¬ 
sarium  ad  scriptores  mediae  et  infimae  graecitatis.  2  voll.  fol.  Lugdun.  1688,  unb 
Glossarium  mediae  et  inf.  latinitatis.  6  voll.  fol.  Par.  1733 — 4736;  Venet.  1737; 


12 


©inteitung. 


ed.  Henschel,  7  voll.  fol.  Par.  1840 — 1850;  ed.  Favre,  10  voll.  Par.  1882 — 1887. 
Carpentier,  Glossarium  novum.  4  voll.  fol.  Par.  1676.  Adelung,  Glossarium  manuale. 
6  voll.  Halis  1772 — 1784.  Suidae  Lexicon  graece  et  latine,  ed.  Bernhardy.  2  voll.  4°. 
Halis  1834—1853. 

2.  5ßaläograpl)ie,  bie  Einleitung  jum  richtigen  Se[en  bet  Quellen: 
fünften  (Urlunben  unb  ©djrifttoerfe). 

Mabillon ,  De  re  diplomatica.  Par.  1681;  2.  ed.  1709.  Montfaucon ,  Palaeo- 
graphia  graeca.  Par.  1708.  (Toustain  et  Tassain)  Nouveau  traite  de  diplomatique. 
6  vols.  Paris  1750  (beutfd)  ©rfurt  1759  ff.).  De  Wailly,  Elements  de  Paleographie. 
2  vols.  Paris  1838.  Silvestre,  Paleographie  universelle.  2  vols.  Paris  1841. 
2Ö.  SBattenbad),  SMeitung  pr  griedj.  (ßeipjig  1867)  unb  pr  latein.  ißatäograpbie. 
©bb.  1869;  $a§  ©djrifttoefen  im  SDtittetatter.  ©bb.  1871.  ©icfel,  Urlunbentetjre. 
2  24e.  23ien  1869.  5.  211  ap,  Spaläograpfite ,  23udjtoefen  unb  §anbfcfiriftenlunbe ,  in 
3HüIIerS  &anbbudj  ber  flaffifdjen  Stttertumgtoiffenfd).  I.  2.  Stuft.  9Jlünd)en  1892. 
M.  Prou,  Manuel  de  paleographie  latine  et  framjaise  du  6e  au  17e  sieele.  2e  ed. 
Paris  1892.  E.  Reusens,  Elements  de  paleographie.  Louvain  1899.  C.  Paoli,  Pro- 
gramrna  scolastico  di  paleografia  latina  e  diplomatica.  3  voll.  Firenze  1888 — 1900 
(beutfd)  tum  ßotjmakjer.  StnnSbrucE  1899  f.).  3)ap  bie  Derfd)iebenen  (Sammlungen  Don 
©djrifttafetn  pr  Übung  im  ßefen. 

3.  Oiplomatif.  Qiefclbe  lefjrt  bie  Kriterien  jut  Prüfung  bet  @d)tl)eit, 
jum  richtigen  5ßerftänbni§  unb  gut  metljobifdjen  SSermertung  bet  Urlunben. 

§.  21  rehtau,  tpaubbud)  bet  ttrfunbentet)re  für  2)eutfd)Ianb  unb  Italien.  21b.  I. 
ßeippj  1889.  A.  Ging,  Manuel  de  diplomatique.  Paris  1894.  3n  beiben  SBerten 
ftnbet  fitf)  bie  ältere  ßitteratur;  f.  audj  unter  i|)ataograpf)ie. 

4.  6f)tonologie:  Slmueifung  gut  rilligen  geftftellung  ber  in  ben 
Quellen  aller  EXrt  borfommenben  3e^nn[ö^e. 

I.  Scaliger,  De  emendatione  temporum.  lenae  1629  sq.  Dion.  Petavius  S.  J., 
Rationarium  temporum.  Lugd.  Batav.  1624;  De  doctrina  temporum.  Antwerp.  1703 
u.  b.  (Clemencet)  L’art  de  verifier  les  dates  des  faits  hist.  3  voll.  Paris  1750. 
1783.  1818—1820.  3  bei  er,  ^anbbud)  ber  mattem,  unb  tedjn.  ©Jjronotogie.  2  23be. 
23ertin  1825  u.  1883.  ßrufd),  Stubien  pr  djriftlid)  mittetattertidjen  ©fjronotogie  beö 
84jäf)rigen  Dfterct)!Iu3.  ßeipgig  1880.  ©rotefenb,  §anbtmd)  ber  tjiftor.  ©tirono= 
logte  be§  beutfdfen  SDhittelalterS  unb  ber  ffleujeit.  ^annooer  1872;  Dottftänbig  neu 
bearbeitete  Auflage  in  2  21bn.  ©6b.  1891 — 1898.  ©.  2Jrinfmeier,  fpraftifdjeä 

£>anb6ud)  ber  piftor.  ©fjronologie  alter  3etteu  unb  21ölter,  befonberä  be3  SDUttetatterS. 
2.  Stuft.  Säerlin  1882.  2tüt)I,  ©fironologie  be§  5DtitteIalter§  unb  ber  ffteujeit.  SSerlin 
1897.  21t.  ßerfcf),  ©inleitung  in  bie  ©Ijronologie.  2.  Stuft,  ^reiburg  i.  Sr.  1899. 
De  Mas  Latrie ,  Tresor  de  Chronologie,  d'liistoire  et  de  geographie  pour  l’etude  et 
l’emploi  des  documents  du  moyen-age.  fol.  Paris  1889  (fe£)r  reichhaltiges  tird£)eit= 
t)iftorifcfje§  Dtadjfdjtagetoerf). 

$ür  bie  C££?ronoIogie  lommen  DefonberS  bie  öerfd)iebenen  Zeitted)  nun  gen 
($tren)  in  33etrad)t :  bie  bet  ©riechen  nad)  Olpmpiaben  unb  ber  Iftömer  nad) 
©rbauung  9tom§  753 — 754  b.  6l)r.,  fotoie  nad)  fö'onfulaten;  bann  bie  uralte 
unb  fdjon  im  Eliten  SXefiament  gebrauchte  nad)  DtegierungSjafiren  geiftlicher  unb 
weltlicher  Stegenten,  im  Mittelalter  befonbet§  nad)  3al)ten  ber  köpfte  unb  ber 
^aifer ;  bie  3at)re  ber  letzteren  brauchten  früher  aud)  bie  ßpäpfte.  Qaran  reiht 
fid)  bie  Stedptung  nad)  bem  fogen.  julianifd)en  Satire.  'nichtiger  ift  bie 

nach  ©tfdjaffung  ber  ÜBelt  (be§  Menfcfyen),  jumal  hei  ben  Orientalen  Derbreitet, 
ohfd)on  [ie  in  ben  Zeitangaben  nicht  übereinftimmen,  bie  Etra  Stbraljamä  unb 


2.  Duetten  tntb  Hilfsmittel  ber  Äird£»engef(f)i(^te. 


13 


bie  befonber»  in  Utfunben  häufige  nad)  Snbifttonen.  3(m  meiften  tn  ber  f^äteren 
3eit  angemenbct  ift  bie  d)riftlid)e  ober  bionßfifdje  Sra,  in  Italien  um  526 
burd)  beit  9tbt  SMonpfiuS  ©£tguu§  eingefüprt,  in  $tanftetdj  feit  bem  7.  Saljr= 
^unbert  berbreitet,  nad)  unb  nach  allgemein  petrfchenb  getnorben,  obfdjon  fie 
bie  ©eburt  ©ßrifii  um  einige  $al)te  jn  fpät  anfe|t.  3® eit  geringere  Sebeutung 
für  bie  $irdjengefd)id)te  haben  bie  befonbern  3eitred)nnngen  einzelner  fiänber, 
metdje  mehr  auf  Snfcßriften  unb  in  einzelnen  ©djnftftüden  borfotnmen. 

3lud)  bie  Seredjnung  ber  ÜRonate  ift  fefjt  berfcpteben  bei  ben  Dtömcrn, 
©ried)ett,  Hebräern,  ägßptern.  SDie  2a ge  mürben  bielfad),  regelmäßig  in 
päpfilidjen  Süden,  nad)  bem  römifdjen  .Qalenber  (Kalendae,  Non.,  Idus) 
angegeben,  baneben  feit  ©regor  I.  unb  ^önig  ©htlbebert  nach  unferem  ßalenber. 
Oft  merben  bon  ßirdjenfdjriftfteüern  unb  ©proniften  bloß  bie  firdjlidjen  gef© 
tage,  fomopl  bie  bemeglid)en  als  bie  unbemeglid)en ,  gefeßt.  Sefanntfdjaft  mit 
bem  $ird)enfalenber  ift  barum  auch  bem  ^irdjenlfiftorifer  unentbehrlich. 

Sßidjtigfte  3eÜred)nungen: 

1)  Sie  Dlpmpiabe  ift  ein  Zeitraum  bon  üier  fahren,  fo  benannt  bon  ben  alle 
bier  Slafjre  ju  ©hren  beS  3enS  'DlpmpioS  gehaltenen  3eftfpielen.  Ser  roirftidpe  ülnfang 
biefer  9tra  ift  ftreitig ;  in  ber  ©pronotogie  ift  als  21uSgangSpunft  baS  23.  ober  24.  3a£)r 
bor  ©rbauung  3RomS  (777 — 778  b.  ©f)r.)  angenommen;  ©hriftuS  märe  fo  Olymp.  194 
(195),  1  geboren.  Sie  9Ira  beginnt  im  ©ommerfolfiitium.  Serfetben  bebienen  fid)  u.  a. 
3uIiuS  2lfricanuS  unb  ©ufebiuS  in  ihren  ©pronilen,  in  34anlreicb  noch  ßönig  *Phdißb  I- 
1102.  —  3uüuS  SlfricanuS  läßt  bom  DluS-mge  ber  33raelitcn  aus  ägtjpten  bis  jur  erften 
Olpmpiabe  1020  Safjre  berfließen  unb  feßt  ©prifii  Sob  Olymp.  202,  4;  ebenfo  baS 
Chronicon  paschale. 

2)  Sie  3eitre(bnung  nad)  ßonfnlatSjapren  finbet  fid)  auf  bielen  djriftlidjen 
3nfd)riften ,  in  SuftinianS  ©efeßbiidjern ,  bei  ben  ißäpfien  bon  ©iriciuS  bis  SigiliuS 
(385 — 546).  3m  gried)ifcßen  tReidje  rechnete  man  bis  ins  9.  3abrf}unbert  nad)  ßon= 
fulaten,  im  ßccibent  bis  ins  6.  ^aßrßunbert.  Sfür  bie  Jperftettung  ber  Fasti  consulares 
haben  in  neuerer  3eü  SSorgßefi  unb  31  o f f i  fiep  biele  Serbienfte  ertoorben. 

3)  fRad)  ben  fftegierungSjaßren  ber  ßaifer  red;nen  biele  cfjriftlid^e  ©l)ro= 
nifteu.  Sie  Sapfte  bon  SigitiuS  bis  Habrian  I.  (550—772)  nehmen  bie  3apre  ber 
gried)ifd)eu  $aifer,  bann  bon  ßeo  III.  bis  Clemens  II.  (802—1047)  mit  Unterbrechungen 
bie  ber  abenblänbifdjen  ßaifer,  feit  Habriau  I.  (781)  bie  3al)re  ihrer  eigenen  ^Regierung, 
unb  biefe  berbanb  ßeo  III.  bis  800  mit  benen  beS  Königs  ßarl.  Sei  ©rlebigung  beS 
ßaifertumS  mürben  in  päpftlidjen  ©rlaffen  bloß  bie  3«!)«  beS  ifUmtififateS  gefegt,  fonft 
biefe  meiftenS  mit  ben  3af)ren  ber  fiaifer  berbunben;  bon  1049  an  erfd)einen,  mit 
äuSnahme  bon  1111,  mo  nur  bie  3<U)re  beS  ^aiferS  gefcßt  finb,  allein  bie  Statjre  beS 
ißontififateS. 

4)  SaS  fogen.  julianifdje  3aßr  rührt  bon  ©.  3uIiuS  ©äfar  p»er ,  ber  baS 
©onnenjaßr  ftatt  beS  9Jtonbjat)reS  annaßm  unb  eS  auf  365  Sage  6  ©tunben  mit  ben 
©djalttagen  feftfeßte.  ©S  begann  mit  bem  1.  3anuar  45  bor  unferer  d)riftlichen  3eü= 
red)nung  (709  U.  C.,  Olymp.  183,  4,  Caesare  IV  et  Marco  Lepido  Coss.). 

5)  3ür  bie  91ra  nad)  ©rfdjaffung  ber  ttßelt  notieren  fdion  bie  älteren  eine 
breifad)e  3ähhtng.  Sach  ber  erften  bon  SQnoboruS,  einem  äghptifdjen  3D7önd)e,  ben 
©eorg  ©ßnccttuS  bor  fid)  hatte,  mare  ©hriftuS  im  3apre  ber  SCßelt  5493  geboren ;  nach 
ber  jmeiten,  melchcr  ©eorg  ©ßncettuS,  9Iilepl)oi-uS  unb  SheophaneS  folgen,  5500 — 5501 ; 
nach  ber  britten,  melcße  bie  alepanbrinifche  Cfterchronif  bertritt ,  5508.  ßeßtere  (aera 
Constantinopolitana) ,  beginnenb  mit  1.  ©eptember  5508 ,  blieb  im  griedjifdjen  ßaifer= 
reiche  henfchenb  unb  marb  bei  ben  fRuffen  erft  im  hörigen  Saßrljunbert  abgefchafft.  Sie 
Dccibentalcn  batierett  bie  3atue  ber  Söelt  gemöhnlid)  3943  b.  ©ht-  —  ®ie  ära  2lbra= 
ha  ms  jählt  ihr  3ahr  2017  bom  1.  Oltober  beS  erften  Jahres  unferer  chriftlichen  3ed= 
rechnung  (bei  ©ufebiuS  unb  SbatiuS  in  ihren  ©hronilen). 


14 


Einleitung. 


6)  Ser  EpfluS  ber  3nbiftionen  umfaßte  einen  fic^  immer  toieberpolenben 

ßreiS  toon  je  15  ^tafjren ;  er  patte  feinen  tarnen  bon  ben  jäprlicpen  Steuergaplungen 
(beutfd; :  IftömerginSgapI)  itnb  marb  feit  ßonftantin  b.  @r.  ober  EonftanS  eingefttprt. 
Es  mürben  nur  bie  ber  laufenbett  Snbiftion  gejäplt,  nidpt  bie  ^nbiftionen  felbft; 

man  begann  fie  gemeinhin  mit  312  n.  Epr.  ober  313,  314,  315.  ES  gab  breierlei 
Snbiftionen:  a)  Indictio  Constantinopolitana ,  mit  bem  1.  (September  beginnenb ,  im 
griecpifcpen  ßaifertum ,  in  Italien  (bei  beit  Zapften  üon  ißelagiuS  II.  bis  Siftor  III. 
584 — 1087),  geittoeife  aucp  in  Sfranfreicp  gebraucht.  —  b)  Indictio  Caesarea  s.  Con- 
stantiniana,  mit  bem  24.  September  312  anfangenb,  in  Seutfcplanb,  Englaub  uub  jJranD 
reicp  iiblicp.  —  c)  Indictio  Pontificia  s.  Romana,  Oom  25.  Segember,  bann  meift  üom 
1.  Sanuar  (3  0.  Epr.)  anfangenb.  Sie  beiben  lefeteren  fornmen  bei  ben  köpften  Oon 
1088  an  mit  ber  erfteren  öfter  oor;  gmifcpen  Urban  II.  unb  Eöleftin  III.  finb  ißäpfte, 
bie  halb  ber  einen  halb  ber  anbern  folgen,  ©emeinpin  mirb  baS  erfte  (gapr  unferer 
2lra  in  bie  oierte  Snbiftion  gefegt.  Erft  feit  bem  16.  Saprpunbert  mürbe  bie  Ölecpnung 
nadp  Snbiftionen  feltener  gebraucpt.  —  Sie  Sefiimmung  beS  gu  leiftenben  ßanonS  an 
Dtaturalien  unb  ©elb  piefe  ixtvi/j-qmg ;  bie  ©riedpen  3ogen  aber  baS  lateinifcpe  Ivdixziwv 
bor.  Safe  15  3'apre  genommen  mürben,  leitet  ijlagi  Don  ben  sollemnitates  quinquen- 
nales,  decennales  unb  vicennales  ber  ßaifer  per,  bei  melcpen  bie  Sribute  neu  geregelt 
unb  oft  ermäfeigt  mürben.  Einige  (Chron.  Pasch,  p.  187)  laffeit  bie  Onbiftionen  Oon 
Julius  Eafar  eingefttprt  merben ,  attbere  Oon  2luguftuS  ( Photius ,  Amphilochia  q.  134, 
c.  1,  ed.  Migne,  Patr.  gr.  t.  CI.  Cod.  Coislin.  177  bei  Montfaucon,  Bibliotheca 
Coisliniana  p.  610,  mo  ber  9tame  mit  äptf  <p6pou  erflärt  mirb).  Otacp  2lmbrofiuS 
(De  Noe  et  arca :  quia  etsi  a  Sept.  mense  annus  videatur  incipere,  sicut  indictionum 
praesentium  usus  ostendit)  fcpeinen  fie  aber  im  4.  $aprpunbert  als  etmaS  nidpt  fepr 
2llteS  betracptet  morben  3U  fein,  im  Codex  Theodos.  finben  fie  fiep  unter  EonftantiuS. 
2)gl.  Tillemont,  Hist,  des  empereurs,  t.  IV:  Constantin,  art.  30.  Morcelli ,  Kalen¬ 
darium  eccles.  Constantinopolitanae.  Vol.  1.  Romae  1788.  Sabignp,  SÜermifcpte 
Scpriften  II,  130  ff.  fütommfen,  Slbpanblungen  ber  pift.=ppil.  ßl.  ber  fädpf.  ©efedfep. 
ber  Söiffenfcp.  II,  578  ff.  $-ttr  Sluffinbung  ber  Snbiftioiten  pat  man  biefRegel:  Si  tribus 
adiunctis  Domini  diviseris  annos  ter  tibi  per  quinos,  indictio  certa  patebit,  g.  lö. 

750  j.  jjer  3  gieDt  pier  bie  britte  3fnbiftion. 

15 

7)  $n  ber  bionpfifdpen  3eiiredpnung  gab  eS  berfepiebene  Seredpnungen: 
a)  Anni  incarnationis  vulgares,  bie  mit  bem  25.  Segember  (fpäter  am  1.  3anuar)  be= 
gannen;  b)  Anni  incarn.  Pisani,  bie  9  TRonaie  bor  Eprifti  ©eburt  anfingen,  fo  bafe  3.  S. 
baS  3apr  1000  oom  25.  -Karg  999  bis  24.  SDTärg  1000  gegäplt  marb;  c)  Anni  incarn. 
Florentini,  bie  3  TRonate  nadp  ber  ©eburt  beS  tperrn  anfingen,  fo  bafe  baS  Sfapr  1000 
bom  25.  ttRärg  1000  bis  24.  DJlärj  1001  gefdprieben  mürbe.  Sie  fRecpnung  nadp  3aprett 
ber  ©nabe  ift  bei  ben  Zapften  bis  auf  SRifoIauS  II.  noep  feiten;  Oon  968  bis  1088 
fdpeinen  bie  Anni  vulgares  gebraucpt;  nur  OliloIauS  II.  fefete  bismeilen  bie  florentinifdpen 
bei;  bon  Urban  II.  bis  SuciuS  II.  (1088 — 1145)  erfdpeiuen  alle  brei  Slrten  Oermifcpt; 
oon  Eugen  III.  an  treten  bie  florentinifdpen  in  ben  SBorbergrunb,  menigftenS  in  Sutten 
unb  Siplomen,  mäprenb  bie  gemöpnlicpen  SBriefe  bis  3U  Urban  III.  1187  gar  fein  $n= 
bicium  ber  $aprgapl  pabett.  9lucp  nadpbem  Könige  in  Urfunbeit  bie  djriftlicpe  $aprgapl 
gebrauepten  (juerft  ßarl  b.  ©r.),  blieb  noep  lange  ber  SfapreSanfang  fdpmanfenb.  Siele 
begannen  baS  Sfapr  mit  Sftern ;  in  Ofranfreidp  erfolgte  erft  1565  ein  föniglicper  Sefepl, 
baS  bttrgerlicpe  $apr  mit  bem  1.  3anuar  3U  beginnen,  bem  bie  Sorbonne  fofort,  baS 
ißarifer  tßarlament  erft  fpäter  naepfam;  überpaupt  marb  bieS  erft  im  16.  Saprputtbert 
attgemein.  Sie  S5egeid)nung  ber  dpriftlicpen  Slra  mar  gemöpnlidp :  $apr  beS  £>errn  (ber 
©nabe,  ber  ©eburt,  ber  TRenfdjmerbung  Eprifti).  ,2fn  Spanien  bauerte  bie  Sitte,  bas 
3apr  mit  Sftern  3U  beginnen,  bis  1575;  in  Englanb,  mo  man  feit  bem  14.  (jiaprpunbert 
mit  bem  25.  TRärg  (Annunc.)  baS  $apr  begann,  bei  StaatSOerpanblungen  fogar  bis 
1752;  in  Senebig  begann  man  baS  $apr  mit  bem  1.  SJlärg ;  ben  1.  Sfanuar  als  3apreS= 
anfang  beftimmte  i)3apft  3nnoceng  XII.  —  Sermanbt  mit  biefer  2tra  ift  bie  im  12.  3apr= 
punbert  gebräudplidpe  secundum  certiorem  evangelii  probationem,  bie  um  23  Sopts 
ber  gemöpnlicpen  2lra  boraitgept  (cf.  Sigebertus  Gemblac.,  Chron.  a.  532.  1076. 


2.  Duetten  unb  Hilfsmittel  ber  Kircpengefcpiipte. 


15 


Marianus  Scotus ,  Chron.  a.  582),  fotoie  bie  Stra  nacp  Ofapren  beS  ßeibettS  beS  Herrn 
88,  34  ober  aud)  32  nad;  ©prifti  ©eburt  (bei  Hievon.,  De  viris  illustr.,  u.  a.) ;  enbticp 
bie  Komputation  nacp  anni  recensionis,  anfangenb  mit  39  n.  ©pr.  (cf.  Chron.  Pasch., 
ed.  Du  Cange,  Praef.  n.  32  sq.  Migne,  Patr.  gr.  XCII,  43  sq.  952  sq.). 

8)  3eitred)nungen  ei nä ein  er  ß an ber  unb  ^roöinjen:  a)  Sie  fpa= 
nifcpe  5t r a  beginnt  mit  bem  1.  Januar  716  U.  C.  Appio  Claudio  Pulchro  et  Nor- 
hano  Flacco  Coss.  (38  b.  ßpr.),  bon  ber  llntertoerfung  (Spaniens  unter  StuguftuS;  fie 
tuarb  in  Spanien  erft  im  14.  3aprpunbert,  in  ^Portugal  erft  1415  mit  unferer  gemöpn= 
licken  öertaufipt.  SaS  Sfafjr  ber  Aera  hisp.  finbei  man ,  menn  man  ju  ben  3apren 
unferer  Stra  38  3apre  pinjureepnet.  —  b)  Sie  mauretanifdje  5t ra,  in  Stfrita  ge= 
braudpt,  mit  40—41  it.  ©pr.  beginnenb.  Sie  Slfrifaner  teilten  bas  3apr  in  3toei  Hälften 
ante  unb  post  mortem  Domini  unb  begannen  e§  mit  bem  25.  Sitars  als  bem  SobeStage 
beS  Herrn.  —  c)  Sie  Stra  ber  Seleuciben  (aud)  ber  ©riedfen  ober  SttejanberS, 
aud)  aera  contractionum)  begann  mit  bem  1.  Dftober  312  (5t.  311)  b.  ©bi’»  toarb  im 
Orient  öorperrfcpenb  unb  firtbet  fict»  nod)  bei  ben  fprifcpen  (SEjriften.  —  d)  Sie  b  i  o= 
Itetianifdpe  ober  30t ä r t p r e r  =  St r a  begann  mit  bem  9tegierungSanfange  beS  KaiferS 
Siottetian  (25.  ober  29.  Stuguft  284  n.  ©pr.),  fdjtop  fidb  bem  ägpptifcpen  Katenber  an 
unb  blieb  bei  ben  Kopten  im  ©ebraud).  Slucp  im  8.  3aprpunbert  trug  fie  nodp  ben 
9lamen  ber  bioftetianifepeu  Stra,  toie  ein  Stein  bon  707  geigt  (Corpus  inscript.  graec. 
IV,  n.  9134).  —  e)  Sie  Stra  ber  5t r meiner  fam  erft  im  6.  cprifttidjen  3aprpunbert 
unter  Stuftinian  I.  unb  bem  KatpotifoS  SDtofeS  auf  unb  beginnt  am  9.  (St.  11)  3uti  552. 
—  f)  Sie  Stra  bon  SpruS  beginnt  mit  125  b.  ©pr.,  fo  bafj  ipr  127.  3apr  mit  bem 
1.  Dftober  1  n.  ©pr.  ben  Slnfang  nimmt.  33eifpiete  in  orientatifepen  Spnoben,  3.  3}.  bon 
SpruS  September  518  (aer.  Tyr.  643).  —  g)  Sie  *f3erfer  patten  ipre  3eitred)nung 
bon  König  SSbegerb  III. ,  bem  testen  Saffaniben ,  beffen  Spronbefteigung  auf  ben 
16.  3uni  632  n.  ©pr.  fällt.  Siefe  Stra  patte  bis  1075  Sapre  bon  365  Sagen.  3Son 
ba  an  toarb  baS  jultanifdpe  3apr  mit  5  Sdjatttagen  am  Sdjtuffe  beS  3apreS  unter  ben 
Selbfcpucffdpen  Sitrfen  burcp  Sultan  Sfcpelalebbin  90tateff(pap  eingefitpri  (matateifepe 
Stra).  Sie  3dtopammebaner  begannen  ipre  Seitredjnung  (Hegira,  Hebfdjra)  mit  bem 
Sage  ber  3Iud)t  ipreS  3ßrop»£)eten  bon  SOteffa  nacp  30tebina,  16.  3uti  622,  unb  gäptten 
ffltonbjapre  bon  burdpfepnitttiep  354  Sagen,  Stßitt  man  bie  3apre  ber  eprifitiepen  5tra 
in  bie  ber  Hegira  übertragen,  fo  giept  man  621  bon  ber  gegebenen  SapreSjapt  ab, 
bibibiert  ben  Ifteft  burdp  32  unb  gäptt  ben  Duotienten  ju  bem  Stefte. 

Sie  SKonate  ber  iftömer  ftnb  bie  bis  jept  immer  noep  übtiepeu;  fie  finben 
fiep  in  ben  firdpengefepiepttidjen  Urfunben  alter  3eiten  mieber.  Sie  Sigppter  patten 
12  39tonate  bon  je  30  Sagen:  Spotp  (September),  Sppoppi,  Sttppr,  ©poeaf,  Spbi, 
30te(pir,  3ßpamenotp,  i|3parmutpi,  ipatpon ,  tßauni,  ©pippi,  SEJtefori ,  unb  5  ©rgänjungS* 
tage  (©pagomenen).  Sie  finben  fiep  päufig,  oft  berfepteben  gefeprieben ,  bei  SttpanafiuS 
unb  anbern  Sltejanbrinern. 

5.  ©pigrappif ,  Einleitung  jurn  luffucpen,  ßefen  unb  richtigen  ©ebrauep 
ber  cpriftlicpen  Snfcpriften. 

SlttgemeineS:  2ß.  ßarfetb,  ©riecpifdie  ©pigrappif;  6.  Hübner,  9tömifd)e 
©pigrappif,  beibe  in  3.  SUlütterS  H<mbbucp  ber  ftaff.  SlltertumStoiff.  I  (2.  Stuft.),  359  ff. 
626  ff.  S.  Reinach ,  Traite  d’epigraphie  grecque.  Paris  1886.  R.  Cagnat,  Cours 
d’äpigraphie  latine.  3e  äd.  Paris  1898.  —  ©prifttiepc  ©pigrappif:  Slrtifet 
„Snfcpriften"  in  K  r  a  u  S ,  iReatencpftopäbie  ber  dpriftt.  Stttertümer.  2  39be.  ghetburg  i.  33r. 
1882  ff.  I.  B.  de  Rossi,  Introductio  ju  33b.  I  ber  Inscriptiones  christ.  urbis  Romae. 
Le  Blant,  L’äpigraphie  chretienne  en  Gaule  et  dans  l’Afrique  romaine.  Paiis  1890 ; 
Paläographie  des  inscriptions  latines  de  la  fin  du  IIIe  ä  la  fin  du  YIIe  siede.  Ibid. 
1898.  H.  Grisar,  Le  iscrizioni  cristiane  di  Roma  negli  inizi  del  medio  evo,  in 
Analecta  Romana  (Roma  1899)  p.  77 — 194. 

6.  ©priftlicpe  Elrcfjüologie  unb  $un[tgef  (piepte  ftnb  bie  beiben 
SBiffenfcpaften,  melcpe  bie  -Denfmüier  ber  tterfepiebenfien  Elrt,  bie  unter  bem  ©in= 
fluffe  be§  (Spriftentunis  entftanben  ftnb,  jum  ©egenftembe  paben. 


16 


Einleitung. 


3f.  X.  kraus,  (Sefd^idEite  ber  chriftlichen  kunft.  3  23be.  $reiburg  i.  3Sr.  1896  ff. 
31.  kühn,  3Ißgemeine  kunftgefcfiicbte.  3  33be.  ©infiebeln  1891  ff.  33.  ©<hul|e, 
Slrdjäologie  ber  altd^riftlicfien  kunft.  9Günd)en  1895.  M.  Armellini,  Lezioni  di  archeo- 
logia  cristiana.  Roma  1898.  0.  Marucchi ,  Elements  d’arcbeologie  chretienne  (auf 

3  35be.  beregnet,  2  erfdjienen).  Rome  1899  et  1900.  Bibliotheque  de  l’enseignement 
des  Beaux-arts  publide  sous  la  direction  de  J.  Comte,  Paris  o.  3.  (enthält  eine  grofje 
Slnjahl  tüchtiger  931onograbl)ien  jur  kunftgefdjiidbte).  ®ie  ältere  reiche  Sitteratur  finbet 
fid)  in  ben  angegebenen  SBerfen  unb  bei  k  r  a  u  §  ,  fRealenctjflopäbie  ber  chriftlichen  21Iter= 
tümer,  2lrt.  „Archäologie".  fjiir  bie  djriftliche  StrchäoKogie  ift  biefe  9teaIenct)tIopäbie  ba§ 
toidjtigfte  Hilfsmittel.  H-  ß  1 1  e ,  Hanbbutb  ber  firchlichen  kunftardjäologie  be§  beutfdfen 
SJtittetalterS.  5.  Stuft.  2  3Sbe.  1883—1884.  @.  gran|,  ©efd)ichte  ber  cljriftlidjen 
Gtaterei.  3  23be.  3reiburg  i.  33r.  1887 — 1894.  Gib  er,  ©inteitung  in  bie  monumen= 
täte  Slfjeotogxe.  23erlin  1867. 

7.  fftutnt  Srnatif,  bie  Seifte  Don  ben  Gtünjeti  ber  berfcfjtebenen  Golfer 
unb  geitoi- 

Banduri,  Numismata  imperatorum  Roman,  a  Traiano  Decio  ad  Palaeologos 
Aug.  2  voll.  Par.  1718.  Eckhel,  Doctrina  nummorum  veterum.  8  voll.  Viennae 
1792  sqq.  Bonanni,  Numismata  pontif.  Rom.  3  voll.  Romae  1699.  Olearius,  Pro- 
dromus  hagiol.  numism.  in  Biblioth.  scriptorum  eccles.  Ienae  1711.  E  a  p  p  e ,  Gtünjen 
ber  beutfdfcn  kaifer.  3  Seile.  Sregben  1848  ff.  Cohen,  Description  histor.  des  mon- 
naies  frappäes  sous  l’empire  romain.  5  vols.  Paris  et  Londres  1857  ss.  Sabatier, 
Description  generale  des  monnaies  byzantines.  2  vols.  Paris  1862.  Cavedoni, 
Ricerche  critiche  intorno  alle  medaglie  di  Costantino  Magno.  Modena  1858.  Promis, 
Brunengo  S.  J.,  L.  Pizzamiglio,  Studii  stör,  intorno  ad  alcune  prime  monete  papali. 
Roma  1876.  H-  Sanneberg,  ©runbjüge  ber  Glünäfunbe.  Seip^ig  1891.  S.  A.  Blanchet, 
Numismatique  du  moyen-äge  et  moderne.  2  vols.  Paris  1890.  Engel  et  Serrure, 
Traite  de  numismatique  du  moyen-äge.  (23i3  jetjt  2  33be.)  Paris  1891  ss. ;  Traitö  de 
numismatique  moderne  et  contemporaine.  (23i§  jetjt  1  33b.)  Ibid.  1897. 

8.  ©tegelfunbe  (©pfjragiftif)  lel)rt  bie  Kenntnis  ber  Güllen  unb 
ber  (Siegel. 

Heineccius,  De  veteribus  Germanorum  aliarumque  nationum  sigillis.  Francof. 
1719.  ©rotefenb,  Über  <Spf)ragtftit.  33re§Iau  1875.  e  f  f  n  e  r ,  Sie  beutfdfen 
kaifer=  unb  königSfiegel.  2Bürjburg  1875.  ©iet)e  befonberS  bie  §anbbüct)er  ber  Siplo= 
matit  bon  23  re  ff  lau,  I,  kaf>.  19,  unb  ©irt),  ©•  624  ff.  (oben  ©.  12,  Gr.  3). 

9.  Höafjpenfunbe  (£>eralbif),  toeldje  bie  ©djtlbjeichen  ber  geifHidfen 
unb  weltlichen  dürften  unb  sperren  be»  Gtittelaltcr§  unb  ber  fReujeit  jurn 
©egenftanbe  hat. 

C.  F.  Menestrier,  Nouvelle  methode  du  blason.  Lyon  1696  unb  oft  neu  gebrudt. 
@.  b.  ©aden,  katediiSmuS  ber  Heralbif.  5.  Stuft.  Seipgig  1893.  Gourdon  de  Genouillac, 
L’art  heraldique.  Paris  (ohne  3Qhr). 

10.  ©eo graf) fixe  unb  ©tatiftif;  erftere  lelfrt  bie  Örtlichfeiten  ber 
fird)engefd)id)tlicf)en  Gegebenheiten  fennen,  unb  letztere  [teilt  bie  ©ntwidlung  ber 
Kirche  unb  ihrer  Snftitutionen  in  Überfichten  jitfarmnen. 

E.  Schelstrate ,  Antiquitates  eccles.  illustr.  t.  II.  Antwerp.  1678.  Miraeus, 
Notitia  episcopatuum  orbis  clirist.  Antw.  1613  sq.  Carol.  a  S.  Paulo,  Geograpliia 
sacra  cur.  Clerici.  Amstelod.  1703  sq.  Nie.  Sansonis,  Atlas  antiquus  sacer  et  prof. 
coli,  ex  tab.  geogr.  emend.  Clericus.  Amstelod.  1705  sq.  Spanhemius ,  Geograpbia 
sacra  et  eccles.  Opp.  tom.  I.  fol.  Lugd.  1701.  Le  Quien  0.  S.  D.,  Oriens  ckristianus. 
3  voll.  fol.  Par.  1740.  ©täublin,  kirchliche  ©eographie  unb  ©tatiftit.  2  33be. 
Sübingen  1804.  3EßiggerS,  kirchliche  ©tatiftif.  2  33be.  Hamburg  1841  ff.  karl 
b.  h-  3IIot)§  (Carmel.),  ©tatiftifc^eg  ^af)rbudO  ber  kirdje.  GegenSburg  1860 ff.  Geher, 


3.  |>ifiorifd)e  ©nthndtung  ber  ßirchengefd)id)te. 


17 


ßirdjtidie  ©eograptjie  unb  ©tatiftif.  2  S3be.  SlegenSburg  1864  f.  Wiltsch,  Atlas  sacer 
sive  ecclesiasticus.  Gothae  1842 ;  §anbbud)  ber  lirdjlidjett  ©eograplfie  unb  ©tatiftif. 
2  ©be.  ©erlitt  1846.  ©über  nagt,  ©erfaffung  itnb  gegenwärtiger  ©eftanb  fämt= 
lieber  ßirdien  beS  Orients,  Sanbäfjut  1865.  SR.  ©r  unb  ent  amt,  SIEgemeiner  3RiffionS= 
SlttaA  ©otf)a  1867  ff.  P.  Gams,  Series  episcoporum  ecclesiae  catholicae.  Ratisbonae 
1873  (mit  Supplement  1879  unb  1886).  C.  Rubel,  Hierarcliia  catholica  medii  aevi. 
Yol.  1.  Monast.  1898.  D.  ©ferner,  ßatf)olifcf)er  $ird;en=Sttla3.  Okeiburg  i.  ©r. 
1888;  fiatholifcher  3Riffion§=Sttta3.  2.  Stuft.  ©bb.  1885.  £>.  Deftertet),  §iftorifd)= 
geographifdjcä  ©Jörterbud)  beS  beutfdjen  SRittetalterS.  ©otfja  1883.  —  fffür  Oüanf  reich 
ift  ba§  toicfitigfte  ÜRadjfditagetoerf  aud)  für  fircptiche  ©eograpf)ie  ber  Dictionnaire  topo- 
graphique  de  la  France,  in  welchem  jebem  Departement  ein  ©anb  jugewiefen  ift. 
§iftorifd)e  Stttaffe:  bon  Stopfen,  ©ielefelb  unb  Seidig  1886,  unb  öon  ©pruner= 
©leide,  3.  Stuft.,  ©ottja  1880  (SRittetalter) ;  1894  (Atlas  antiquus,  bon  Siegt  in). 

11.  33tbItograf)f)te;  fie  giebt  bie  ^raltifcbcrt  Wittel  an  bie  £)anb,  um 
fid)  über  bie  Sitteratur  eines  fird)engefd)id)tüd)en  ©egenftanbeS  rafdj  unb  öotf= 
ftänbig  ju  orientieren. 

a)  ©ibliograpbifdje  ©J  e  r  f  e :  A.  Potthast,  Bibliotlieca  historica  medii  aevi. 
©Icgweifcr  burd)  bie  ©efdjid)t§toerfe  beS  europäifdjen  SOlittelalterä  big  1500.  2.  Stuft. 
2  ©be.  ©ertin  1896.  Ul.  Chevalier,  Repertoire  des  sources  kistoriques  du  moyen-äge. 
Bio-Bibliographie,  Paris  1877 — 1888;  Topo-Bibliographie,  Paris  1886  ss.  H.  Hurt  er, 
Nomenclator  literarius  recentioris  tkeologiae  catholicae,  theologos  exhibens  qui  inde 
a  concilio  Tridentino  floruerunt.  2.  ed.  3  voll.  Oenip.  1890 — 1894;  baju  vol.  IV: 
Tkeologia  catholica  tempore  medii  aevi  (1109 — 1563).  Ibid.  1899.  Sommervogel, 
Bibliotkeque  de  la  Compagnie  de  Jdsus.  Nouv.  ed.  9  vols.  Bruxelles  1890 — 1900. 
Saf)tmaun  =  2Baits,  GueEenfunbe  ber  beutfd;en  ©efdjidjte.  5.  Stuft,  ©öttingen  1883. 
G.  Monod,  Bibliographie  de  l’histoire  de  France.  Paris  1888.  —  h)  ©eriobifcpe 
©ibtiograppien:  Sf)eoIogifc(ier3af)re§t>etid)t,  erfd).  feit  1880.  3  a  h  r  e  §= 
berichte  ber  ©efdjidjtSWiffenfdjaft,  wetdje  ebenfalls  bie  firdjengefd)id;itliä)e 
Sitteratur  enthalten,  feit  1878.  tp  i  ft  o  r  i  f  d)  e  g  Sahrbud)  im  Stuftrage  ber  ©örreg= 
gefeEfdjaft,  enthält  in  ber  „3eitfd)riftenfd)au"  unb  in  ber  „SRobitätenfcpau"  alte  Wid)= 
tigeren  firchenhiftorifdien  Slrtitet  ttnb  Stöerfe.  ©ine  boEftänbige  ©ibtiograpt)ie  ber  Äird)en= 
gefd)id|te  bringt  bie  feit  1900  erfdjeinenbe  Revue  d’histoire  ecclesiastique ,  publiäe  par 
A.  Cauchie  et  P.  Ladeuze.  Louvain. 

12.  j£fjeoIogtfd)e(5nct)llof)äbien,  meldje  in  einzelnen  2Irtifeln  unter 
beffimmten  ©tidjroörtern  baS  gefaulte  ©ebiet  ber  Sfjeotogie  befjanbeln,  fomit 
ebenfalls  bie  firdiengefdjidfitlidjen  ©egenftänbe,  jugteid)  mit  Eingabe  ber  miditigeren 
Sitteratur. 

3®  e  |  e  r  unb  ©}  e  1 1  e  ’  §  ^irdientepifon  ober  ©ncpftopäbie  ber  fathotifdjen  Speotogie 
unb  ihrer  §itfgmiffenfd)aften.  2.  Stuft.,  begonnen  Oon  $.  ©arb.  fpergenröttjer,  fort» 
gefegt  hon  fffr.  bauten.  12  ©be.  fjreiburg  i.  ©r. ,  Sperber,  1882 — 1901.  SReat= 
encpftopäbie  für  proteftantifdje  SSfjeoIogie  unb  ßirdje,  begrünbet  bon  0.  !$.  erjag, 
in  3.  Stuft.  hercmSgegeben  bon  St.  fpaucf.  Seipjig,  £>inrid)§,  1896  ff.  (bis  1901  erfcpien 
Sb.  IX).  Dictionnaire  de  tkeologie  catholique  puhlie  par  Vacant.  Paris  (feit  1899). 
—  Ofi'tr  bie  ßircf)engef(bid)te  ber  adjt  erften  3(af)rf)unberte :  Smith  and  Wace,  Dictionary 
of  Christian  biography,  litterature,  sects  and  doctrins  during  the  first  eight  centuries. 
4  vols.  London“  1877— 1887. 

3.  ^tflortfdjc  gutimcfifung  ber 

Sitteratur.  —  $.  Ob  erbe  cf,  Über  bie  Stnfänge  ber  ßirdjettgefcpiditfdjreibung. 
©afet  1892.  fff.  ©tjr.  ©aur,  Die  ©pod)cn  ber  firdüidjen  ©efdjiähtfcbreibung.  Tübingen 
1852.  Stang,  Historiograph! a  ecclesiastica.  Frih.  Brisg.  1897.  ©fe^er  u.  SÖette’S 
^irdjcntejnfon  VII  (2.  Stuft.),  529—577:  Strt.  $irdjengefd)id)te  (bon  ß n ö p f I er).  Daju 
bie  oben  ©.  1  unter  2  angeführten  ©Jerfe. 

^crgentö ttjcx,  Ätrdjeugetcfiicpte.  I.  4.  Stuft. 


2 


18 


Einleitung. 


I.  2)aS  Ebriftentum  trat  in  einer  Seit  in  bie  2Bett,  bie  fid)  einer  hoben  Kultur 
erfreute,  t)i(torifd)en  ©inn  befafj  unb  bebeutenbe  ©efd)id)tfd)reiber  aufjttweifen  batte. 
2Bar  baburd)  ber  Sermirrung  borgebeugt,  welche  für  bie  ältefte  ©efdfidjte  ber  D)lenfd)= 
beit  auS  bcn  fagenbaften  unb  mt;tf)oIogifcf)en  Erzählungen  unb  Überlieferungen  fo 
bieter  Sölfer  fid)  ergiebt,  fo  war  bod)  in  ben  erften  Seiten  ber  J?ird)e  wenig  Dtnlaf) 
Zu  biftorifd)en  ®ctrfteHungen.  Dlad)  ben  Ebangetien  unb  ber  Slpoftelgefd^idEjte  beS 
Dteuen  SreffamentS  begegnen  wir  berfcdjiebenen  9tufzeid)nungen  unb  Überlieferungen 
bon  fmrtifularer  Sebeutung  (9tbofteIgefd)i<bten  unb  DJtärtgreratten).  Su  biefen  fommen 
bie  Dlufjeichnungen  beS  ^3  a  p  i  a  §  über  5luSfprted)e  beS  §errn  unb  bereu  Erläuterungen, 
.  fowie  baS  SBert  be§  3ubend)riftcn  §  e  g  e  f  i  b  b  u  S  (150).  2Bie  bon  Kelteren,  fo  befi^en 
wir  aud)  blof)  bon  ben  ©brauten  beS$utiuS  DtfricanuS  unb  beS  §>ip4oolt;tu§ 
mehr  ober  weniger  umfangreiche  Fragmente  \ 

9ttS  Skater  ber  J?irdbengefd)id)te  wirb  mit  91ed)t  betrachtet  EufebiuS,  Sifd)of 
bon  Eäfarea  in  ipaläftina  (t  340).  Er  berfafjte  nicht  nur  eine  Ebronif,  welche  in 
jwei  Süd)ern  eine  turje  ©efd)id)te  bom  DInfange  ber  üßete  bi§  ju  feiner  Seit  entbiete 
unb  baubtfädbtecb  bie  Ebronologie  genau  beftimmen  fottte  (im  Urtext  bis  auf  Fragmente 
berloren),  fonbern  audb  eine  zehn  Süd)er  umfaffenbe,  bis  324  binaufreidjenbe  „$ird)en= 
gefd)id)te",  bie  fowot)t  burd)  bie  Einfd)attung  bieter  Srud)ftücfe  auS  älteren  Autoren 
fowie  widriger  Urfunben  atS  burd)  eine  wahrhaft  biftorifdje  Stuffaffung  böd)ft  wert» 
bolt  ift,  wenn  fie  auch  burd)  DJlanget  an  Orbnung  unb  Uritif  nicht  böllig  tabetfrei 
erfd)eint.  ©)aS  Unternehmen  beS  EufebiuS,  ber  aufierbem  nodb  über  bie  -Härterer 
ißalüfiinaS  unb  über  ba§  Seben  beS  Honfiantin  (hier  Süd)er,  nur  ju  banegt)rifd) 
gehalten)  fdjrieb,  fanb  bielfachen  Dtnftang  unb  erhielt  feit  bem  5.  ^ahrhunbert  mehrere 
gortfei)ungen :  1.  burdb  © o  fr a t e S ,  Sachwalter  in ßonftantinopet  unter  StbeobofiuS  II., 
beffen  $ird)engefd)id)te  in  fieben  Süd)ern  bie  Seit  bon  305 — 439  umfafft;  2.  bureb 
IpermiaS  ©ozomenuS,  ebenfalls  Sachwalter,  ber  in  neun  Stechern  gleichseitig 
bie  Seit  bon  324 — 423  barftettte;  3.  burd)  Slheoboret,  Sifd)of  bon  Ebi'uS  (f  458), 
ber  in  fünf  Stechern  bie  Dlrbeit  bc§  EufebiuS  bon  320—428  fortfübrte,  aujjerbent 
nod)  für  bie  9Jiönd)S=  unb  $etsergefd)id)te  te)ätig  war;  4.  burd)  SEbeoboruS 
Settor  im  6.  Sal)rl)unbert,  for  juerft  einen  DtuSgug  au§  biefen  brei  §i[torifem, 
bann  eine  g?ortfe|ung  be§  ©ofrateS  bis  jurn  Stöbe  beS  ßaiferS  Suftin  I.  (f  527), 
beibe  in  zwei  Stechern,  berfaffte;  bon  leiderem  SBerte  befit;en  mir  nur  bie  bon  91ife= 
ÜboruS  JMlifii  gemachten  2Iu§siige ;  5.  bur<h  ben  antiod)enifd)en  ©d)otaftifu§  Eba= 
griuS,  ber  fecb§  Süd)er,  bie  Seit  bon  431 — 594  barftettenb,  fnutertief).  Sertoren, 
wie  baS  Sßerf  be§  SDiafonuS  ißbitibb  °on  ©ibe,  ift  aud)  bie  gnoötf  Stecher  unb 
bie  Seit  bon  320—423  umfaffenbe  $ird)engefd)id)te  beS  fappabofifdhen  EunomianerS 
SbttoftorgiuS,  ber  barin  ben  DlrianiSmuS  red)tfertigen  wollte;  nur  bie  bei 
SbotiuS  u.  a.  borfinbtichen  Srud)ftiide  finb  nod)  übrig.  Son  anbern  bäretifdben 
$ird)enbiftorifern  hoben  fid)  gleichfalls  nur  Fragmente  ert)atteu,  fo  bon  ben  9Jlono= 
hbbftten  SobauneS  bon  91  gä  unb  Sad)ariaS  91  betör,  Sifd)of  bon  DJMitene 
(ca.  540).  Dlufjer  biefen  ©arfteltungen  ber  gefamten  $ird)engefd)id)te  finb  zu  erwähnen 
bie  btofiotogifdfen  Sterte  beS  t) l-  EbibhooiuS  (f  403),  beS  SEbeoboret,  beS 
SeontiuS;  bie  bis  628  reidbenbe  ale£anbrinifd)e  (£)fter=)El)ronit,  SebenSbefd)reibungen 
bon  ^eiligen  unb  bie  btjsantinifchen  Ebroniften,  bie  mit  ber  Sebanblung  ber  poti= 
tifdfen  Ereigniffe  aud)  bie  ber  fird)tid)en  berbinben.  ©)ie  fird)Iid)e  ©tatiftif  förberte 
$  o  S  m  a  S  ber  3nbienfal)rer  burd)  feine  d)rtftlid)e  Stodograbbte1  2- 


1  93gl.  9t.  §arnad,  ©efchichte  ber  ated)rifitid)en  Sitteratur  bi§  EufebiuS.  Sb.  I: 
®ie  Überlieferung  unb  ber  Sefianb.  Seidig  1893. 

2  9tuSgaben  unb  Sitteratur  finb  beräeidjnet  bei  Sarbenbetoer,  ifJatrologie 

(Sreiburg  i.  Sr.  1894)  230  ff.  (EufebiuS),  351  ff.  («PbttihbuS  ©ibeteS, 


3.  §iftorifd)e  ©nttoidlung  ber  ßirdjengef<f>icpte. 


19 


53ei  ben  Syrern  ber  älteften  3eit  finben  tuir  in  ihrer  ©pracpe  39lärttprcr= 
alten  unb  ©ebidfte  auf  Zeitige  unb  3eitcreigniffc,  bie  im  6.  3af)rf)unbert  auS  uralten 
Ouelleu  gefertigte  (££)rouif  bon  ©beffa,  bann  bie  bentfelBen  Sa^rfiunbert  angepörige 
Kird)engefd)id)te  bcS  3l)?;o n o p£j t) fiten  3opanneS  bon  ©ppefuS,  bie  bou  Späteren 
biel  Benutzt  warb,  fowie  bie  Überfettung  ber  gtiedpifcpen  Kird)engefcpid)te  beS  3ad)aria§ 
9i^etor;  au§  ©ufeBiuS,  ©ofrateS,  3op.  bon  ©ppefuS  fertigte  am  ©nbe  beS  8.  3af)r= 
punbertS  2)ionpfiuS  !Selmad)rcn[iS  feine  Annalen  Bis  jum  Sapre  775'. 
2)ie  Armenier  £)atten  teils  Überfettungen  grieepifeper  unb  fprifeper  2Berfe,  teils 
nationale  ©pronifen.  ©o  pat  fiep  Bie  (SfjroniJ  beS  ©ufeBiuS  in  armenifdjem  $ejte 
erhalten.  SOI  o  f  e  S  (£  £)  o  r  e  n  e  n  f  i  §  fdprieB  bie  erfte  armenifepe  ©efcpidjte* 1  2. 

3m  2IBenbIanbe  !am  eS  erft  biel  fpäter  als  Bei  ben  ©riedien  gu  einer  felB= 
ftänbigen  firdjlüpen  §ifioriograppie ;  man  Begann  mit  Überfettungen  unb  Kompilationen 
auS  gried)ifd)en  Söerfen.  2Bie  §ieronpmuS  bie  ©pronif  beS  ©ufeBiuS  in  baS 
Sateinifcpe  übertrug  unb  Bis  378  fortfeijte,  fo  üBerfepte  SiufinuS  um  400  beffen 
Kircpengefcpicpte,  wobei  er  bie  jepn  SBücper  in  neun  gufammenbrängte,  aber  autB  eine 
gortfepung  in  gwei  tßiicpern  Bis  395  lieferte,  bie  eine  freilich  giemlid)  ungenaue 
©efdficpte  beS  SÜrianiSutuS  gab.  2ln  ÖieronpmuS  fcploffen  fid)  mehrere  ©Broniften 
an,  wie  ißrofper,  3baciuS,  9)1  a reell iuuS,  an  ißrofper  wieber  Sßiftor 
bon  Sununum  unb  ÜRariuS,  an  SSiftor  Sfibor  unb  $8eba3.  ®er  bem 


ißpiloftorgiuS,  ©olrateS,  ©ogomenuS),  347  f.  (Speoboret  bon  ©pru§), 
513  f.  (SpeoboruS  Settor,  3adjaria3  IRBietor) ,  515  (©bagriuS  ©cpoIafticuS). 
S3gt.  ebb.  ©.  515  ff.  über  ©Broniften  be§  6.  unb  7.  SaprpunbertS,  fowie  über  bie  Sopo= 
grappie  be§  KoSmaS.  SßoUftänbige  SluSgabe  bon  ©ufebiuS  bei  Migne,  Patr.  gr. 
t,  XIX— XXFV ;  Kirdjengefd)id)te  ebiert  bon  £>  e  i  n  i  d)  e  n  (Lips.  1827  sq. ;  2.  ed. 
3  voll.  1868  sqq.),  Sur  ton  (Oxon.  1838),  ©djWegler  (Tubing.  1852),  Saemmer 
(©dpaffpaufen  1859  ff.).  Sie  C^ortfe^er  beS  ©ufebiuS  ebierte  Wie  biefen  felbft  §enri 
be  SlaloiS  (mit  2Inmertungen.  93ariS  1659  ff.  u.  1677),  nadlet  ifteabing  (3  voll, 
fol.  Cantabr.  1720).  33ei  Olligne  ftebjen  ©olrateS  unb  ©ogomenuS  t.  LXYII, 
Speoboret  t.  LXXXII,  S  p  e  o  b  o  r  Seltor  unb  ©bagriuS  t.  LXXXYI,  Sfl  f)  i  t  o= 
ftorgiuS  t.  LXV.  Chronicon  pascliale  s.  Alexandrin.,  ed .  Dindorf.  2  voll.  Bonnae 
1832 ;  Migne ,  Patr.  gr.  t.  XCII.  Epiphanius,  ibid.  t.  XLI — XLIII.  Leontius,  ibid. 
t.  LXXXVI.  teuere  llnierfucpungen :  Srieber,  Sur  Kritit  bes  ©ufebioS  (fermes 
1894,  ©.  123—142).  ^altnel,  Sie  ©ntfiepung  ber  KirdpengefcpicBte  be§  ©ufebiitS  bon 
©äfarea.  ©ffen  1896.  Eusebius’  Ecclesiastical  history  in  syriac,  ed.  TT.  Wright  and 
Mc  Lean,  London  1898.  SDtommfen,  Sie  urmenifepen  §anbfcpriften  ber  ©bronit 
bcS  ©ufebiuS  (§erme§  1895,  §eft  3).  21.  ©dp ö ne,  Sie  Sßeltcpronit  beS  ©ufebiuS  in 
ihrer  ^Bearbeitung  bitrcp  JpieronpntuS.  ^Berlin  1900.  ©eppert,  Sie  'Duellen  bes 
KircpenpifioriterS  ©ocrateS  ©cpo[.  (©tubien  gur  ©efdücpte  ber  Speologie  M  [1899],  4). 
Batiffol,  Sozombne  et  Sabinos  (SSpjant.  Seitfdjr.  1898,  ©.  265—284) ;  Fragmente  ber 
Kird)engefd)id;te  beS  Spfjiloftorgiuö  (9töm.  Duartatfdjr.  1889,  ©.252 — 289).  ©ülben= 
penning,  Sie  Kirepengefdjicpte  beS  Speoboret  bon  KproS.  §>alle  1889.  3eep,  Dueüen= 
unterfmpungen  ju  ben  griedjifcpen  Kirdienpiftorilern.  Seipjig  1884. 

1  R.  Duval ,  La  litterature  syriaque  (Anciennes  littdratures  ehret.  II  [Paris 
1899],  120  ss.  187  ss.).  Chronicon  Edessen.  bei  Assemani,  Biblioth.  Orient.  I,  394  sq. 
Kird)engefd)id)te  beS  3op.  bon  ©ppcfuS,  ed.  Cureton.  Loud.  1859;  englifd)  bon  tpapne 
©mitp,  Djforb  1860;  beutfd)  bon  ©dpönfelber,  SOlündjen  1862.  SJgl.  Sanb, 
3op.  bon  ©ppefuS.  Seiben  1857. 

2  Quadro  della  storia  letteraria  di  Armenia  per  Msgr.  Blae.  SuJcias  Somal, 
arcivesc.  di  Siunia.  Venezia  1829.  Victor  Langlois,  Collection  des  historiens  anciens 
et  modernes  de  l’Armenie.  Vol.  I  Paris  1867 ;  vol.  II  ibid.  1869. 

3  Hieron.  Opp.  ed.  Vallarsi  II,  821 — 936 ;  De  viris  illustr.  cum  vers.  Sophron. 
(ibid.  VIII,  785 — 820).  Euseb.  Chronicon,  bei  Migne ,  Patr.  gr.  t.  XIX;  ed.  Schoene. 

2* 


20 


©inleitung. 


Jftufirtu§  gteid)5eitige  ©utpiciuS  ©eheru§  fcf)rieb  403  feine  Historia  (and) 
Chronica)  sacra  in  jtüei  33iid)ern  hont  3lnfange  ber  Sßett  bi§  ca.  400;  er  fdfrteb 
aufferbem  ein  Seben  be§  t)t.  Martin  non  $our§  ©efd)id)t§merf  be§  Spaniers 

0rofiu§  oerbreitete  fid)  auf  3lugufiin§  SBeranfaffung  über  bie  2Bettbegebent)eiten 
hon  ber  ©ünbftut  bi§  416,  um  barin  ben  l)eibnifd)en  SSorttmrf  ju  entfräften,  al§ 
fei  ba§  ©tjriftentum  an  ben  batnaligen  Unglüd§fätten  fd)ulb  2.  M.  31.  (k  a  f  f  i  o= 
boru§  (f  nad)  562)  berfdimotj  bie  non  bem  ©d)olaftifu§  @pipt)aniu§  in§  Sateinifdje 
übertragenen  SBerfe  non  ©ofrate§,  ©ojomenuS  unb  2;f)eoboret  gu  einem  (Sanken  mit 
nerfdjiebenen  3tbfür5ungen.  ®a§  unter  bem  9iamen  ber  Historia  tripartita  befannte 
SDBert  war  für  ba§  SDlittelalter  eine  Spauptquette  ber  3?ird)engcfd)id)te 3.  33on  I)erüor= 
ragenber  33ebeutung  tnar  nod)  bie  fränfifdje  ©efd)id)te  be§  35ifd)of§  ©regor  non 
Stour§  (t  595) 4 ;  ferner  ift  ju  ermähnen  Iordanis,  De  rebus  Geticis  (ÜHitte  be§ 
6.  3af)rf)unbert§). 

II.  ®a§  Mittelalter  l)at  weit  metjr  für  @pej$ialgefd)id)te  al§  für  allgemeine 
$ird)engefd)id)te  geleiftet,  rnepr  ©tjronifen  geliefert  at§  nodenbete  ©efd)id)t§merfe.  35on 
ben  ©ried)en  tjaben  mir,  abgefefien  non  bem  nerlorenen  2Bcrfe  be§  ©onfeffor  ©  e  r= 
g  i  u  §  unb  ben  tnefir  ber  ißrofangefd)id)te  angepörigen  ©d)riften,  bie  ©pronograppie 
be§  StpeoppaneS  $faaciu§  (bi§  in§  9.  Saptpunbert)  mit  japtreicpen  §ort= 
fepungen,  bie  ©pronifett  non  ©eorg  ©pnceltu?  (Fragmente),  ©eorg  f)amar= 
totu§,  bem  ißatriaripen  ^JtifepporuS,  bie  ©efd)id)t§merfe  non  2eo  ®iafonu§ 
(10.  3afirf)unbert),  31nna  Somnena,  3onara§,  ©ebrettu§  unb  nieten  anbern 
(11.  unb  12. Saprpunbert) ;  reicppattig  finb  unter  ben  Späteren  9H  f  e  t  a  §  ©  p  o  n  i  a  t  e  §, 
©eorg  ißacppnterei,  ^ifepporuS  ©regora§,  $opattne§  ^antafugenush 
9liIepporu§  ßattifti  (f  nad)  1341)  fompilierte  au§  älteren  Arbeiten  eine  au§= 
füprticpe  ^ircf)cngefdOi(f)te  non  ©priftu§  bi§  610  in  acptjepn  Sägern,  ©onft  ift  bie 
$ird)engefd)icpte  bei  ben  ©ried)en  meiften§  mit  ber  ©efd)id)te  ipre§  9teid)e§  ner= 
fipmopien 5. 

Unter  ben  übrigen  Orientalen  fdjrieb  ber  atepanbrinifcpe  ißatriarcp  ©utp= 
cpiu§  ($bn  3ßatrif,  f  940),  in  arabifd)er  ©pracpe  unb  in  giemticp  unfritifdjer  2Mfe, 
eine  ©efcpid)te  non  ©rfcpaffung  ber  Sßett  bi§  937  6,  ber  fafobitifcpe  iprima§  Oriente 
©re gor  3Ibutpparagiu§  (t  1286)  eine  fprifcpe  ©pronif,  beren  erfter  Steil  bie 


2  voll.  Berol.  1866  et  1875.  Rufin.,  Hist,  eccles.  11.  XI,  ed.  P.  Th.  Cacciari.  2  voll.  4°. 
Romae  1740;  Migne,  Patr.  lat.  t.  XXI.  Prosperi  Chronicon  (bi§  455,  non  379  an 
feI6ftänbig),  Opp.  (ed.  Par.  1711)  p.  685 — 756. 

1  Sulpicius  Sever.,  ed.  Hier,  de  Prato.  2  voll.  4°.  Yeron.  1741 — 1754;  Gallandi, 
Biblioth.  veter.  Patrum  VIII,  355  sq. ;  Migne,  Patr.  lat.  t.  XX ;  Halm,  Yindob.  1866. 

2  Orosius,  Historiarum  adv.  paganos  11.  VII,  ed.  Haverlcamp.  Lugd.  1738.  1767 ; 
Migne,  Patr.  lat.  t.  XXXI;  ed.  Zangemeister,  Yindob.  1882. 

3  Cassiodor.,  Hist,  eccles.  tripartita  11.  XII,  ed.  Beatus  Rhenanus.  Basil.  1523; 
inter  Opp.  Cassiod.  ed.  Garetius  0.  S.  B.  2  voll.  Rothomag.  1679;  Migne,  Patr.  lat. 
t.  LXIX.  LXX. 

4  Gregor.  Turon.,  Hist.  Franc.  11.  X,  ed.  Ruinart.  Par.  1699;  Bouquet,  Scrip- 
tores  rer.  Gail.  t.  II.  Par.  1739;  Guadet  et  Taranne.  Par.  1836;  Migne,  Patr.  lat. 
t.  LXXI;  Mon.  Germ.  hist.  Script,  rer.  Merowing.  I.  Hannov.  1885. 

5  (SergiuS  bei  Photius,  Biblioth.  cod.  67 ;  Corp.  hist,  byzant.  Bonnae  1828  sq. 
Georgius  Hamartol. ,  Chron. ,  ed.  E.  de  Muralto.  Petropoli  1859;  Migne,  Patr.  gr. 
t.  CX  (ber  aud)  bie  meiften  SSpjantiner  in  feine  Sammlung  aufnapm,  t.  CVIII  sqq.). 
Niceph.  Callisti ,  Hist,  eccles.,  ed.  Fronto  Ducaeus.  2  voll.  Par.  1630  sq.;  Migne, 
Patr.  gr.  t.  CXLV. 

6  Alexandrinae  ecclesiae  origines  s.  Eutychii  Annales  arabice  et  latine,  ed. 
Pococke.  2  voll.  4°.  Oxon.  1658;  lat.  Muratori,  Rerum  ital.  Scriptores  II,  pars  2. 


3.  £>ifiorifdje  ©ntmid'lung  ber  Hirchengefdjichte. 


21 


politifdje  ©efd)id)te  k^anbelt,  ber  jmeite  bie  antiod^cnifdjeu  5ßatriarcf)en ,  bcr  brüte 
bie  ©räbifdmfe  t)on  ©eleucia  unb  Primaten  be§  Orients  pnt  ©egenfianbe  hat '. 

3m  3lbenblanbe  Ijakn  mir  ein  fcl)r  reichhaltiges  Material,  aber  menig  eigentliche 
©efd)id)t§merfe.  2Bie  ©regor  Don  Oour§  SBater  ber  fräufifdjen,  fo  marb  33  e  b  a  ber 
©hrmürbige  (f  735)  33ater  ber  englifdjen  ©efdfidjte,  bie  er  bis  731  fc^rieb ; 
ebenso  Derbanfen  mir  eine  longobarbifdfe  ©efd)id)te  (bis  773)  bem  Paulus  Oia= 
fonuS  (f  799),  bie  nad)her  bezüglich  33eneDcnt§  ©rdjembert  (bis  889)  fortfe^te 2. 
©ine  5?ir<^engefd)icf)te  beS  ffanbinaDifd)en  9iorben§  boit  788—1076  gab  3lbam 
oon33remen,  mälfrenb  fpäter,  1500,  eine  foldje  für  ben  beutfdfeu  Dtorben  3Hbert 
©rang  (780 — 1500)  geliefert  fjat 3 4.  Oie  ©pejialgefd)id)te  beS  ©rjbiStumS  9leim§ 
bis  948  lieferte  3  I  o  b  o  a  r  b ,  ©eiftlid)er  biefer  $ird)c  (f  966)  \  3m  9.  3a^rl)unbert 
machte  33ifd)of  ipat)mo  Don  ^alberftabt  ben  33erfud),  bie  ^ird)engefd;idt)te  ber  Dier 
erften  3al)rf)unberte,  nteift  nad)  SRufinuS,  ju  bearbeiten;  nad)  if»m  [teilte  ber  römifd)e 
3lbt  3lnaftafinS  ans  ben  Überfettungen  non  ©eorg  ©pnceEuS,  DlifepporuS  unb 
befonberS  0!öeopl)aneS  mit  eigenen  3ufät;en  eine  ßird)engefchid)te  bis  inS  9.  3al)r= 
hunbert  jufammen  5 6.  ©ine  3?ird)engefc^id)te  bis  ju  feiner  3eit  lieferte  um  1140  ber 
3lbt  OrbericuS  33italiS  in  ber  ÜRortnanbie,  13  33iid)er  umfaffettb,  eine  nod) 
umfangreichere  in  24  33üd)ern  bis  jum  3at)re  1312  ber  Oominifaner  33artI)o= 
lomäuS  Don  Succa,  and)  5ßtoIomäu§  be  giabonibuS  genannt  (t  1327) G.  33incenj 
Don  33eauDaiS  l;at  in  ben  31  33üd)ern  feines  ,,©efd)id)t§fpiegel§"  (bis  1244)  Diel 
älteres  unb  neueres  Material  äufatnmcngetragen ,  barunter  freilid)  Diel  3abelt)afte§ 
unb  UngefidjteteS.  3Iuf)erbem  ift  bie  3^1)1  ber  beutfdjen,  franjöfifd)en ,  italienifd)en 
©l)roni!en  unb  2Ronograpfuen  fel)r  beträchtlich-  Oie  üarolingerjeit  hatte  jahlreiche 
gute  $Iofierannalen  geliefert;  gegen  ©nbe  beS  9.  3ahrf)l*nbertS  mürben  fie  bürftiger; 
nad)  ber  DJJitte  beS  10.  3ai)rfiunbertS  geigt  fid)  mieber  mehr  £eben;  im  11.  3af)r= 


1  iöon  23arl)ebräuS  hQnbelt  Assemani,  Biblioth.  Orient.  11,  309 — 313.  ®en  erften 
Oeil  ber  6t)ronil  gab  ißococle  ju  ögforb  1663  als  Hist,  compend.  dynastiarum  in 
einem  arabifd)en,  Don  23arf)ebräu3  felbft  herrührenben  Slugjug  heraus,  ben  ftjrifchen  $ejt 
beSfelben  if).  3-  23run§  unb  ©.  Äirfd).  ßeipjig  1789;  ben  3lnfang  beS  brüten  2eil§ 
Ooerbecf  (S.  Ephr.  Opp.  sei.  p.  414).  3)ollfiänbtge  SluSgabe  Don  ben  belgifdjen  ©e= 
lehrten  3-  ©•  31bbelooS  unb  $£!)■  3of-  Samt):  Gregorii  Barhebraei  Cbronicon 
eccles.,  quod  e  codd.  Musei  Brit.  descriptum,  coniuncta  opera  ed.,  latinitate  donarunt 
annotationibusque  .  .  .  illustrarunt  etc.  2  voll.  Lovanii,  Peeters,  1872 — 1877. 

2  Beda  Vener.,  Hist,  eccles.  Anglorum,  ed.  Smith,  Cantabr.  1722  sq. ;  Stevenson, 
Lond.  1838;  Opp.,  ed.  Giles ,  4  voll.  Lond.  1843  sqq. ;  ed.  Hussey,  Oxon.  1846; 
beutfch  Don  2Ö  1 1  b  e  n.  ©djaffhaufen  1866;  Migne ,  Patr.  lat.  t.  CXIY  sq.  Paulus 
Diac.  et  Erchemp.  bei  Muratori,  Rer.  ital.  Scriptores  I,  2 ;  Mon.  Germ.  hist.  Script, 
rer.  Longobard.  et  Ital.  Hannov.  1878;  Script,  ed.  Pertz.  fol.  III,  240  ss. 

3  Adam.  Brem.,  Hist,  eccles.  ecclesiarum  Hamburgern  et  Bremen.,  ed.  Fabricius. 
Hamb.  1706;  beutfd)  Don  ©arften  IDtifegäS.  ^Bremen  1825.  Mon.  Germ.  bist. 
Script.  VII,  267  sqq.  SSgl.  Asmussen ,  De  fontibus  Adami  Brem.  Kiliae  1834. 
A.  Krantz,  Metropolis  sive  Historia  eccles.  Saxoniae.  Basil.  1548;  Viteberg.  1576. 

4  Flodoard.,  Hist,  eccles.  Rhem.,  ed.  Sirmond,  Par.  1611;  Colvenar,  Duaci 
1617 ;  Migne,  Patr.  lat.  t.  CXXXV. 

5  Haymo,  De  rerum  Christ,  memoria  11.  X,  ed.  Gallesini.  Romae  1564;  ed. 
I.  Mader,  Heimst.  1671;  Migne,  Patr.  lat.  t.  CXVI  sq.  Anastasius,  Hist,  eccles. 

s.  Chronographia  tripartita  in  ed.  Theophan.  vol.  II,  ed.  Bekker,  Corpus  hist,  byzant. 
Bonnae  1841 ;  Migne,  Patr.  gr.  t.  CVII1. 

6  Ordericus  Vitalis,  Hist,  eccles.  ed.  Duchesne,  Script,  hist.  Norman.  (Par. 
1619  sq.)  p.  319  sq. ;  ed.  Le  PrSvost.  5  voll.  Par.  1838 — 1855;  Migne,  Patr.  lat. 

t.  CLXXXVIII.  Ptolomaeus  de  Fiadonibus,  Hist,  eccles.,  bei  Muratori,  Rer.  ital. 
Script.  XI,  751  sqq. 


22 


(Einleitung. 


fjunbert  ragen  §  ermann  (Eontractit§  unb  Sambert  üon  £>er3fetb,  im 
12.  3al)rl)unbert  Otto  üon  f^retfing  unb  SB ü beim  üon  SttjruS  Ijerüor. 
®a§  größte  unb  üerhältni§mäßig  tiicfitigfte  ©efd)td)t§merf  be§  9JtitteIaIter§  lieferte  ber 
§1.  Slntonin,  (Erjfnfdjof  üon  glorenj  (t  1459),  eine  SBeIt=  unb  $ird)engefd)id)te, 
bie  bi§  auf  feine  3eit  t)erabge^t  \ 

III.  Sn  ber  üleujeit  nahm  bie  firdfjlidje  ©efd)id)tfd)reibung  einen  neuen  Sluffdjtüung 
burd)  ba§  rege  (Streben  nad)  t)umaniftif(^er  SBilbung,  ba§  meit  üerbreitete  Stubium 
ber  gried)ifd)ett  Sitteratur,  bie  (Erftnbung  ber  33ud)bruderfunft  unb  bie  neu  angeregten 
religiöfen  Ifontroberfen.  SBarb  aud)  bie  ©efdjichte  ütelfadh  ein  SBerfjeug  ber  fird)Iid)en 
Sßotcmit,  fo  mürbe  bod)  ein  großartiger  gortfdjritt  in  berfelben  angebahnt  unb  erreicht. 
3II§  fDI.  $Iaciu§  $IIbricu§  in  33erbinbung  mit  Subej  u.  a.  ein  im  Sntereffe 
be§  2utf)ertum§  gearbeitetes  ©efcf)id)t§mert  in  breijeßn  ebenfo  üiete  Salmhunberte  um» 
faffenben  Folianten  ßerauSgab  (SOtagbeburger  (Eenturiatoren)1 2,  trat  ihnen 
neben  anbern  ©egnern  ber  Oratorianer  (bann  ^arbinal)  ßäfar  33aroniu§  mit 
feinen  firdjlidjen  Slnnaten  entgegen,  bie  er  bis  1198  unter  (Einfügung  ber  midjtigften 
Oofumente  fortführte,  mehrmals  noch  bereicherte  unb  üerbefferte.  (ES  mar  mirftid) 
eine  epodjemachenbe  Seiftung,  an  bie  fidh  bann  üiele  SluSjüge,  fftadjbrude  unb 
Q-ortfeßungen  anfdjloffen 3.  giir  faft  ein  Saßrljunbert  blieben  bie  „(Eenturiatoren" 
für  bie  Eproteflanten,  bie  Slnnaten  beS  SSaroniuS  für  bie  $aff)olifen  baS  Strfenal  für 
fird}engefd)id)tiid)e  ßontroüerfen  mie  bie  gunbgrube  für  hifiorißhe  Stubien.  Stoch 
mar  bie  Sßrofangefd)ichte  menig  fultiüiert  unb  hotte  nid)tS  3if)nlid)e§  aufjumeifen. 


1  Antonin.  Flor.,  Summa  historialis.  Norimb.  1484;  ed.  loh.  de  Gradibus,  fol. 
Ludg.  1512.  1527.  1587;  Opp.  vol.  I,  ed.  Flor.  1741  sq. 

2  Ecclesiastica  historia  integram  ecclesiae  Christi  ideam  complectens ,  con- 
gesta  per  aliquot  studiosos  et  pios  viros  in  urbe  Magdeburgica.  13  voll.  fol.  Basil. 
1559 — 1574  (bie  üon  Sßieganb  bearbeiteten  Centuriae  XIV — XVI  mürben  nicht  ge= 
brueft).  Smeite  SluSgabe,  ju  ©unfien  ber  ßalüiniften  üeranbert,  üon  ßuciuS.  6  voll, 
fol.  Basil.  1624  sq.;  eine  britte  üon  1757  blieb  unüottenbet;  aud)  mißglücken  bie  93er= 
fudje,  bie  ©enturien  fortsufefsen  (ügt.  Smefien,  301.  fflaciuS  SttpricuS.  Säerlin  1844). 
SluSjug  barauS  üon  ßuc.  Ofianber.  9  Säbe.  4°.  Tübingen  1592 — 1604.  $.  SB. 
Schulte,  Säeiträge  jur  6ntftef)ungSgef(hi<hte  ber  30lagbeburger  ©enturien.  Steiße  1877. 

3  Caes.  Baronius ,  Annales  ecclesiastici.  12  voll.  fol.  Romae  1588 — 1607; 
Mogunt.  1601 — 1605;  Antwerp.  1610;  Venet.  1738.  Q'Ortfeßungen ;  1)  üon  Slbral). 
SäjoüiuS  0.  S.  D.  8  voll,  fol.,  üon  1198 — 1572  reidjenb.  Romae  1616  sq.;  2)  üon 
bem  flonüertiten  unb  nachherigen  Säifdjof  üon  (JäamierS  Jpenri  ©ponbe  (©ponbanuS). 
Par.  1640  sq.;  Lugd.  Batav.  1678,  fürger  unb  big  1646  gepenb  (üon  ihm  auch  ein 
StuSjug  aus  SäaroniuS);  3)  üon  bem  Oratorianer  DbericuS  SlapnalbuS.  Romae 
1649—1677 ;  Colon.  1693  sq.  SDiefe  befte  ber  $ortfe|ungen  in  9  ^rotiobänben  beginnt 
ba,  mo  SäaroniuS  aufhörte,  unb  geht  big  1566,  t.  XIII— XXI  mit  Säeirechnung  beS 
SäaroniuS.  Sin  Stahnalb  fd)Iießen  fidh  an  bie  beiben  Oratorianer :  4)  3  a  f  o  b  ß  a= 
ber  dpi,  ber  bie  Stnnalen  bis  1571  in  3  Säanben  (t.  XXII — XXIV)  fortführte,  unb 
5)  31.  S£l)  einer,  ber  in  3  fyoliobänben  (Romae  1856  sqq.)  bis  1585  fam  unb  auch 
eine  neue  SluSgabe  beS  SäaroniuS  begann.  9tacf)bem  ißroteftanten  mie  ©afanbonuS 
in  feinen  Exercitationes  unb  ©.  SäaSnage  in  feinen  Annales  manches  an  SäaroniuS 
31t  beffern  gefudjt  hatten,  gab  baju  Sin  ton  ißagi  0.  S.  F.  (f  1699)  zahlreiche,  be= 
fonberS  cprottotogifche  Säerichtigungen,  bie  fein  Steffe  f^rans  5ßagi  üottftänbig  heraus» 
gab :  Critica  historico-chronologica  in  universos  Caes.  Baronii  annales.  4  voll.  Ant¬ 
werp.  1705  sq. ;  nov.  ed.  ibid.  1724.  Oiefe  ßritif  marb  ben  Slnnaten  in  ber  SluSgabe 
üon  ©rsbifihof  SDtanfi  nebft  neuen  3ugaben  angefügt  (38  voll.  Lucae  1738—1759); 
neue  SluSgabe  mit  alten  fjortfeßungen  (unüottenbet)  3äar=te=®uc  unb  *ßariS  1864—1883 
(37  Säbe.). 


3.  Hiftorifcpe  ©ntwicflung  ber  ßircpengefchidjte. 


23 


5Jacf)f)er  waren  e§  borjug§wetfe  granjofen,  namentlid)  Mauritier,  Domini* 
faner,  Oratorianer  unb  Sefuiten,  welche  bie  ftrcpenhiftorifdjen  ©tubien  pdrlidfer 
Blüte  erhoben.  ©ie  wetteiferten  in  Verausgabe  unb  Dejtfritif  ber  Duellen,  in  $ör= 
berung  ber  t)iftorifd)en  §ilf§wiffenfd)aften,  in  eingepenben  Detailuntcrfud)ungen ,  wie 
aud;  in  ber  Bearbeitung  ber  gefatnten  $ircpengcfd)id)te.  Sn  letzterer  Begießung  haben 
fid)  Berbienfte  erworben:  2tnton  ©obeait,  Bifdjof  non  Bence  *;  fRoel  2llejanbte 
(fJJataliS  ülleEanber  0.  S.  D.),  ein  gemäßigter  ©aEifaner,  ber  }u  ben  einzelnen  Saßr* 
punberten,  bie  er  in  perfcpiebenen  Kapiteln  barftcKte,  reichhaltige  Bbpcmblungen  an= 
fügte1  2 ;  Klaube  § I e u r h ,  Bri°r  öon  ^Irgenteuil,  ber  in  hunbert  Büdfern  bie  ©e= 
fcpicpte  ber  IHrdfe  non  Kprifti  Himmelfahrt  bis  1414  für  ba§  gefamte  gebilbete 
Bublifum  einfad;  unb  nicpt  ohne  Klegang  barfteüte,  aber  non  ©aHifant§mu§  nicht 
frei  blieb,  währenb  ihn  fein  $ortfe|er,  ber  Oratorianer  Klaube  $abre,  ber  bis 
1595  fam,  an  Schroffheit  beS  ©tanbpunfte§  iiberbot,  an  Bnmut  unb  Begabung  nicht 
entfernt  erreichte 3 * ;  ©ebaftian  2e  Bain  be  Stillemont,  ju  ben  Sanfeniften 
htnneigenb,  gciftreidfer  OueHenforfcher  (f  1698)  *  •  Bifchof  Boffuet,  ber  in  feiner 
ftberfid)t  über  bie  allgemeine  ©efcpicpte  (Bis  auf  ß'arl  ben  ©roßen)  ben  tpeologifcpen 
if)ragmati§mu§  nertrat  unb  ben  5ßroteftanti§mu§  in  feinen  SBanblungen  in  einer 
eigenen  ©<hrift  analhfierte 5.  Biinber  Bebeutenbe§  leiftcten  $ran§  Stirn oleon 
be  Khoifp,  ber  Sanfenift  Bona  Den tura  Bacine,  ber  firdjlicp  gefinnte  $ano= 
nifu§  Ducreuj,  bann  V B a c i u t h  ©raDefon,  ber  in  Italien  fcprieb,  ber  Dom* 
ßerr  B  e  r  a  u  1 1  =  B  e  r  c  a  ft  e  1 6. 


1  A.  Godeau ,  Hist,  de  l’eglise  depuis  le  commencement  da  monde  jusqu’ä  la 
fin  du  IXe  siede.  5  vols.  Paris  1657  ss. ;  4e  ed.  ibid.  1672;  italienifd)  überfeßt  Don 
©Dero ui,  beutfd)  Don  Hßper  unb  ©roote.  38  Bbe.  8°.  Sluggburg  1768 — 1796. 

2  Natalis  Alex.,  Selecta  hist,  eccles.  capita.  30  voll.  8°.  Par.  1676  sqq.  (1684 
ouf  ben  Snbep  gefeßt) ,  baßer  2.  2tufl.  8  voll.  fol.  Par.  1699,  mit  Scpolien  pr  Ber* 
teibigung  beg  Berfafferg  gegen  feine  ©enforen;  neue  Slugg.  Par.  1714.  1730.  Bon* 
caglia  gab  1734  ju  ßucca  in  9  Sfoliobänben  eine  Sluggabe,  bie  ben  Sejjt  beibehielt, 
aber  bericptigenbe  älnmerlungen  unb  Stbhanblungen  beifügte  unb  fo  allgemein  erlaubt 
Warb,  ©ine  neue  Sluggabe  mit  weiteren  Sufäßen  beforgte  ©rjbifdjof  Blanfi  Don  ßucca 
(9  voll.  fol.  Lucae  1749  sqq.).  2Ibbrücfe:  Beliebig  1778  ff.;  Bingen  am  Bpein  1784  ff. 
18  Bbe.  4°  mit  2  Bbn.  Supplement. 

3  Claude  Flev/ry,  Histoire  ecdesiastique.  20  vols.  4°.  Paris  1691  — 1720;  con- 
tinuäe  par  CI.  Fahre.  16  vols.  4°  (vols.  21 — 39).  Paris  1722 — 1737.  Bonbet 
lieferte  baju  einen  neuen  (37.)  Ouartbanb ,  eine  Table  gendrale  des  matieres.  Paris 

1754.  Über  bie  fpäteren  Buggaben  unb  ben  entbecften  ©ntwurf  einer  gortfeßung  fiepe 
§efcle  in  ber  Sübiitger  Speol.  Quartalfäjrift  1845,  ©.  331 — 347,  unb  Beiträge  pr 
ßircpengefcpichte  II,  89  ff. 

*  Sebast.  Le  Nain  de  Tillemont,  Memoires  pour  servir  ä  l’histoire  ecdesiastique 
des  dix  premiers  siecles.  16  vols.  4°.  Paris  1693  ss.  S)a§  2ßcr!  ift  eine  luuftrciche 
SJlofaif  au§  Ouettenftetten  unb  giebt  Blonograppien  über  einjelne  Betonen,  Selten, 
Sßnoben  u.  f.  f.,  ähnlich  feinem  BJerle  über  bie  ©efdpicpte  ber  römifcpeit  ßaifer  (6  vols.  4°. 
Paris  1690  ss.). 

6  J.  B.  Bossnet,  Discours  sur  l’histoire  universelle.  Paris  1681  u.  ö.  (beutfep 
2.  Sluög.  Blüräburg  1832.  2)ie  fjortfeßung  [big  1532]  Don  bem  Broteftanten  Kramer 
[7  Seile.  ßeipäig  1751—1786]  ift  weit  bott  Boffuetg  ©eift  entfernt);  Histoire  des 
variations  des  bglises  protest.  2  vols.  4°.  Paris  1688;  4  vols.  1734  (beutfep  Don 
DJtaßer.  4  Bbe.  SDPüttcpen  1825  ff.);  baju:  Döfense  de  l’Histoire  des  vax-iations. 
Paris  1691. 

G  Fr.  T.  de  Choisy,  Histoire  de  l’dglise  (big  iitg  18.  Sahrpunbert).  11  vols.  4°. 
Paris  1706 — 1713.  (Racine)  Abrege  de  l’histoire  ecdesiastique.  13  vols.  4°.  Cologne 
(Paris)  1762 — -1767.  Ducreux,  Les  siecles  chrätiens.  10  vols.  8°.  Paris  1785  (auf 


24 


©inleitung. 


Sn  Statten  Wüßten  oor  allem  ardfäologifdje  tmb  ff)e3ialgefd)id)tli$e  ©tubien ; 
um  bie  ßird)engefd)id)te  machten  fiel)  befonberS  tierbient  bie  ßarbinäle  ©  o  r  i  S, 
©ona,  ^ßallati icint,  ber  päpftlidje  ©ibliotfiefar  3acagni,  gerb.  Ug bellt, 
©oncaglia,  ©rgbifdwf  ©tanfi,  bie  ©rüber  ©allerini,  21.  ©allanbi, 
3-  ©  i  a  n  d)  i  n  i ,  ©  r  o  m  a  t  o ,  %  e  m  p  e  ft  i ,  ©orbara,  3  a  c  c  a  r  i  a  ,  ©  c  i  f>  i  o 
©laffei,  2.  21.  ©luratori,  ber  Sitterartjiftorifer  StiraboScffi,  bie  in  ©ont 
gebilbeten  Orientalen  2eo  2lllatiuS  tmb  bie  2lffemani  tt.  f.  f.*  1  ©ine  $ird)en= 
gefd)idjte  ber  fed)S  erften  Saljrljunberte  lieferte  ber  Oominifaner  unb  $arbinal 
3-  2t.  Orfi  in  trefflidjer  Oiftion ;  fein  OrbenSgenoffe  ©f).  21-  ©ecdjetti  fe|te 
biefelbe  fort.  Oer  Oratorianer  $afbar  ©accaretli  fdbrieb  eine  $ird)engefd)id)te 
bis  1185,  ber  2Iuguftiner  2aurentiuS  ©erti  ein  gutes  ßornftenbium  mit  ge= 
fd)äfsten  Oiffertationen ,  21.  ©igonio  ein  mehr  ber  Sonn  als  beS  Spaltes  wegen 
geachtetes  lateinifd)eS  2Berf,  toäbrenb  3  o  1  a  in  ©abia  im  ©inne  ber  neuen  21ufflärung 
§u  febjr  fidj  an  bie  ©roteftanten  anfdjlofj 2.  OeS  ©aroniuS  Sortfe^er,  O.  ©a  rin  alb, 
überragt  an  bjiftorifcfjem  Oafte  bie  meiften  anbern. 

©ei  bett  anbern  -Kationen  gefdfab  bis  jur  ©litte  beS  18.  3af)rljunbertS  weit 
weniger  für  bie  allgemeine  ßirdjengefdjidjte,  wenn  auch  allentbjalben  bebeutenbe  Quellen* 
werfe  erfdjienen.  Oie  ©roteftanten  legten  ebenfalls  nur  in  ©ftejialwerfen  be= 
beutenbere  Ouedenftubien  an  ben  Oag,  unb  bis  inS  18.  Satwtjunbert  waren  ben 
2utf)eranern  auf  biefem  ©ebiete  bie  Reformierten  überlegen.  Unter  ben  letzteren  gab 
Yiottinger  eine  ^ird)engefd)icf)te  bis  ©nbe  beS  16.  SafpunbertS  heraus,  weldje 
glübenben  Jpaft  gegen  ben  ßaUwlijiSmuS  geigte.  Safob  ©aSnage  rid)tete  fid) 
borgiiglid)  gegen  ©offttet,  wie  ©amuel  ©aSnage  gegen  ©aroniuS.  ©aoe  fdjrieb 
eine  Sitterärgefd;id)te ;  ©in gl) am,  ©rabe,  ©eüeribge,  ©Ion bei,  Oaüle, 
©aumaife,  Ufl)er,  ©earfon,  Oobwelt,  ©lericuS,  ©eattfobre,  2en= 
fant,  3.  ©laube,  21ubertin  ba^en  fp  einen  bebeutenben  ©amen  erworben. 
Oann  fd;rieben  nod)  ©pan  beim,  ©enema,  Ourretin,  SablonSfi  unb 
©iilner  fird)engefd)id^tlid)e  Sßerfe 3. 


Rauten  ft  raudjS  Reranlaffurtg  überfebt  oon  §eijeratf).  9  23be.  2öien  1777  ff. ; 
überfebt  Oon  fjifdfer.  10  ©be.  ©Men  unb  ßanbsbut  1781 — 1790).  Graveson,  Hist, 
eccles.  Vet.  et  Nov.  Test,  (bis  1721).  12  voll.  Romae  1717.  Berault- Bercastel, 
Histoire  de  l’eglise.  24  vols.  Paris  1778 — 1790;  fortgefeijt  Oon  ßanonifuS  ©elier 
be  la  ©roij  (18  33be.  ©ent  1829 — 1833),  Oon  Robiano  (16  ©be.  S^ou  unb 
©ari§  1842)  unb  Oon  §enrioit  (in  4  Dftaobänben;  Don  biefem  aucb  neu  ebiert  famt 
Sortfebung  in  13  ©bn.  8°.  ©ari§  1844).  Xeutfdfe  Überfettung  in  24  SSbd^rt.  2Bien 
1784;  beutfdjer  Rüstig.  RugSburg  1821  ff.  unb  SnnSbrucf  1841 — 1844;  leidere  2tu§= 
gäbe  fortgefebt  Oon  ©.  ©am  3.  3  ©be.  u.  1  ©ubR.  SmtSbrucf  1854—1860. 

1  Rgl.  ©t)ilianeum  1864  17,  154.  156  ff.  159  ff.  (bie  tf)eologifd)e  ßitteratur 
Stalieng). 

2  G.  A.  Orsi  0.  S.  D.,  Storia  eccles.  20  voll.  4°.  Roma  1746 — 1761;  fortgefebt 
Oon  SSecdjetti.  17  voll.  4°.  Roma  1770  sgg.  (2.  Sortfebung  in  12  S3bn.  mit  bem 
Xitel:  Storia  degli  Ultimi  quatro  secoli  della  Chiesa.  Roma  1788  sgg.  Reue  2tuSgabe 
bon  SSenebig  1822  unb  Rom  1838).  C.  Saccarelli,  Hist,  eccles.  per  annos  digesta 
variisque  observatiouibus  illustrata.  25  voll.  4°.  Romae  1770  sq.  Berti ,  Breviarium 
hist,  eccles.  post  ed.  Yenet.  Aug.  1761.  1768,  Viennae  1774,  Aug.  Yindel.  1782;  Dissert. 
hist.  3  voll.  4°.  Florent.  1753;  4  voll.  8°.  Aug.  Vindel.  1761 ;  Com.  Stephan  0.  Cist. 

3  voll.  8°.  Pragae  1778.  Sigonio,  Historiarum  eccles.  11.  XIV  (bis  311).  2  voll.  8°. 
Mediol.  1758.  Zola,  Proleg.  comment.  de  rebus  Christ.  Ticini  1779  ;  Comment.  de 
rebus  Christ,  ante  Constant.  M.  3  voll.  4°.  Ticini  1780  sq. 

3  I.  H.  Hottinger,  Hist,  eccles.  Nov.  Test.  9  voll.  Hann,  et  Tigur.  1655 — 1667. 
J.  Basnage,  Hist,  de  l’eglise  depuis  Jesus-Christ  jusqu’ä  present.  Rotterd.  1699.  Sam. 
Basnage,  Annales  politico-eccles.  3  voll.  Roterod.  1706.  Frid.  Spanhem.,  Hist,  eccles. 


3.  (piftorifcfie  ©ntwicflung  ber  ßird)engefchtd)te. 


25 


Unter  ben  2utt)eranern,  bie  im  17.  3fahrf)unbert  ein  Diel  gebraustes»  $om= 
penbium  oon  ©edenborf  unb  ©oder  erhielten,  griff  ber  ©ietift  unb  ©tyftifer  ©ott= 
frieb  Slrnolb  (f  1714)  fotnof)!  bie  fatl)oIifd)e  ßirdfe  al§  bie  IutTf)erifcf)e  Ortl)obo£ie 
an,  fo  baff  aud)  ©roteftanten  gegen  ifjn  fid)  erhoben,  wie  ber  ruhigere  Tübinger 
©rofefjor  SB  etf;  m  an  rt  (f  1747)  L  §atten  ©.  (£  a  I  i  £  t ,  R  o  r  t  h  o  1 1 ,  ©edenborf, 
3 1 ti g  u.  a.  in  ihren  ©pejialwerfett  fid)  mehr  an  bie  Quellen  gehalten,  fo  öerfudjte 
bie§  für  bie  gange  ^?irdjengefdf)iebte  mit  nod)  größerem  Erfolge  ber  ©öttinger  ßanjler 
2.  füto§heim  (f  1755),  mährenb  ber  Tübinger  Mangler  ©faff  u.  a.  um  biefelbe 
3cit  ebenfalls  ben  ©efdjmad  in  ber  fird^üc£;en  (53efd^id)tfd)rcibung  läuterten.  Fol)- 
©eorg  SBalcf)  in  Feim  hdte  eine  ausführliche  ©efdjidjte  ber  SteligionSftreitigfeiten 
groifdfen  ßatljolifen ,  2utheranern  unb  anbern  Parteien  gefdfrieben ;  fein  ©ol)n 
©l)r.  2B i I h-  Frang  SB a Ich  in  ©öttingen  gab  eine  umfangreiche  $etserf)iftorie  unb 
anbere  tirdfengcfdfidftlidfe  SBerfe  heraus* 1  2.  QaS  bodftänbigfte  SBerf  unter  ben  ©roteftanten 
gab  SJtoSheimS  ©djiiler,  ©rofeffor  F.  SltatthiaS  ©djrödl)  in  SBittenberg  (f  1808), 
heraus ,  fet;r  gelehrt ,  aber  aUgu  breit 3.  Fngwifdjen  hatte  ber  SvationatiSmuS  loeit 
um  fith  gegriffen;  Sol),  ©atomo  ©emler  in  §aöe  (t  1791)  ertoieS  fid)  als 
burdjauS  ungläubigen  ^tjperfritifer,  unb  biefer  ©id)tung  fdjloffen  fid)  mehr  ober 
weniger  bie  meiften  3eitgenoffen  an;  bie  $ird)cngefd)id)te  warb  mehr  unb  mehr  in 
eine  ©fanbaldfronif  Derwanbelt.  ©mittler  unb  tpenfe  fanben  überall  2lber= 
glauben,  Fanatismus,  SLhorljett,  menfd)lid)e  2eibenfd)aft.  ©effere  Slrbeiten  wie  bie 
beS  religiös  gefinnten  Tübinger  ©rofefforS  F  o  h-  Sr-  6  o  1 1  a  würben  in  ben  §>inter= 
grunb  gebrängt4. 


Lugd.  Bat.  1701 ;  Introductio  ad  bist,  et  antiq.  sacr.  cum  perpetuis  castigationibus 
annalium  Baronii.  Ibid.  1687.  H.  Venema,  Institut,  bist,  eccles.  Nov.  Test.  5  voll. 
Lugd.  Batav.  1777.  Turrettini,  Hist,  eccles.  compendium  Genev.  ex  ed.  1.  Simonis. 
Halis  1750.  Jabionski,  Institut,  bist,  eccles.  2  voll.  Francof.  ad  Yiadr.  1753;  Port 
©  t  o  f  d)  unb  4?ifebanj,  Halis  1767 — 1786.  Milner  (f  1797),  History  of  tbe  Cburcb. 
Sleue  21u3gabe.  4  vols.  London  1834;  beutfd)  Don  SOlortimer.  Seidig  1803; 
©nabau  1819. 

1  Compendium  bist,  eccles.  in  usurn  Gymnasii  Gotbani  ex  SS.  literis  et 
optimis  .  .  .  auctoribus  compositum.  Pars  I  Gothae  1670,  pars  II  1676;  Lips.  1703. 
1705;  Gothae  1723  mit  einer  Fortfetjung  Don  ©hbrian.  ©ottfrieb  SlrnoIbS 
Unpartetifd)e  ßiräjen*  unb  ßctierbiftorie  (bis  1688).  2  ©be.  Fd-  3ürid)  1699;  ber= 
mehrte  Stuögabe.  3  ©be.  ©djaffhaufen  1740  f.  Eberli.  Weifsmann,  Introductio  in 
memorabilia  eccles.  hist,  sacrae  Nov.  Test.  12  voll.  4°.  Tubing.  1718,  Halis  1745. 

2  I.  L.  Mosheim  (cf.  Lücke,  Narratio  de  L.  Moshemio.  Gott.  1837),  Institutionum 

bistoriae  eccles.  ant.  et  rec.  11.  IY.  4°.  Heimst.  1755;  Commentarius  de  rebus 
christianorum  ante  Constantinum  M.  4°.  Heimst.  1753.  ©rftereg  Sßerf  Warb  beutfd) 
überfeijt  unb  fortgefe^t :  1)  Don  3t.  21.  6  h-  Don  ©inem.  9  ©be.  Seidig  1769  ff.; 
2)  beffer  Don  3f-  9h  ©djlegel.  7  ©be.  £>eilbronn  1770  ff.  Pfaff,  Institutiones 
bist,  eccles.  8°.  Tubing.  1721.  ©aumgarten,  2Iu3jug  ber  ßird)engefd)ichte.  3  ©be. 
.fjmtle  1743  ff.  ©ertfd),  ©erfud)  einer  3Hrd)engefd)id)te.  5  ©be.  4°.  ßeipgig  1736  ff. 
I.  G.  Walch,  Hist,  eccles.  Nov.  Test,  variis  observat.  illustrata  (bii  inä  4.  3)al)thunbert). 
Ienae  1774.  ©f).  SB.  F-  Söald),  ©nt Wurf  einer  Oodftänbigen  §iftorie  ber  feiger, 

©Haltungen  jc.  11  ©be.  Seibgig  1762  ff. ;  Deuefte  9teligionggefd)id)te.  9  ©be.  (3  Weitere 
Donlßtancf).  Semgo  1771  ff. ;  §iftorie  ber  fiird)enDerfammIungen.  Seidig  1759;  £>iftorie 
ber  römifchen  ©äpfte.  ©öttingen  1758. 

3  3.  9J1.  ©d)r  ö  d  t)  ä  ©hriftlidje  ßtrdjengefdjidjte  big  gur  ^Reformation.  35  ©be.  8°. 
Seidig  1768—1803;  $ird)engeid)id)te  feit  ber  Deformation.  10  ©be.  (bie  beiben  letzteren 
Don  §>.  ©.  31  jfdhirner).  Seidig  1804—1812. 

4  Seniler,  Historiae  eccles.  selecta  capita.  3  voll.  Halis  1767  sq. ;  ©erfud)  eines) 
fruchtbaren  2lu3pgg  ber  ßird)engefd)id)te.  3  3de.  £>alle  1778;  ©erfud)  djrtftlidjer  3tal)r= 


26 


(Einleitung. 


Sfucp  bie  beutfcpen  3?atpoIifen  mürben  non  biefem  ©eiffe  angeftecft,  jumal 
unter  bem  ©influffe  ber  Don  Sofepp  H.  geegten  9ieform|)Iäne,  ber  perrfdpenben  Seit» 
hpilofoppie  unb  ber  Vnfcpauungen  §ontpeim§.  Vad)  einem  lateinifdfjen  $omf>enbium 
©d)rödp§,  naep  meinem  naepper  fogar  ber  Venebiftiner  ©ottfrieb  Sumper 
arbeitete,  mürbe  in  üffiien  1780—1788  bie  $irdpengefcpicpte  oorgetragen,  bi§  ©annen» 
maper§  beffere§,  boc^  anti|)ä:pfiliöpe§  2eprbucp  eingefiiprt  rnarb.  9lopfo,  ber  in 
©raj,  bann  in  Sßrag  ^ird£)engefcf)ic£)te  lehrte,  ftettte  jebe  Dtücffidpt  auf  bie  tpierardpie 
beifeite  unb  erwarb  fiep  ba§  2ob  be§  ißroteftanten  f)enfe.  ©meiner  polemifierte 
gegen  bie  ©efretalen  ffßfeubo  =  3fibor§  al§  Quelle  ber  faäfsftücfien  ©emalt;  SBolf 
erlaubte  fiep  bie  robjeften  ©dpmeipungen ;  nidpt  minber  oherffädplicp  unb  triüial  mar 
33b  i  cp  I  in  2anb§put ;  etma§  anftänbiger,  aber  geiftig  unbebeutenb  mar  ber  Vugufiiner» 
©remit  unb  fraget  Sßrofeffor  ©dpmalfu§;  ©töger,  33 e cf e r  unb  ©ubenuS 
waren  ebenfo  üon  feiepter  Vuffläntng  ergriffen  K  „©ine  firdplicpe  fnftoriograppie  im 
böseren  ©ittne  be§  2Borte§  gab  e§  in  bem  bamaligen  fatf)o!ifcf;en  ©eutfepfanb  nicht; 
ba§  33effere ,  ma§  im  fircpengefdpidptlicpett  gaepe  geleiftet  mürbe,  gehörte  ber  quellen» 
funbigen  ©etailforfdpung  ber  beutfdpfircplibpen  Vergangenheit  an.  ©ie  barauf  ge= 
riepteten  Vcftrebungen  mürben  inbe§  bitrch  bie  jofeppinifepen  Älofteraufpehungen  unb 
burep  bie  nacpfolgenben  ©äfularifaiionen  ber  beutfcpen  ©tifter  unb  Abteien  gemaltfam 
abgebrochen"  ($.  SB  er  n  er,  ©efepiepte  ber  fatpolifdpen  ©peologie  in  ©eutfcplanb 
[Vtüncpen  1866]  ©.  222  f.). 

IV.  ©rft  im  19.  Saprpunbert  begann  eine  beffere  3eit.  ©ie  feit  ber  fran» 
jöfifepen  Vebolution  gemalten  ©rfapritngen,  bie  ibealere  SRicptung  in  ber  Sitteratur  unb 
ißpilofoppie,  bie  Steubelebung  be§  patriotifdpen  unb  religiöfen  ©ifer§  unb  ber  ©rang  naep 
Objeftioität  auf  ben  öerfdpiebenen  ©ebieten  be§  2Biffen§  füprte  auep  31t  einer  gerechteren 
Sluffaffung  ber  fatpolifdpen  Vorzeit,  felbft  bei  ben  Vroteftanten.  ©.  $.  planet 
(t  1832),  ©pr.  ©  dpmibt  (t  1831),  ©täublin  (+  1825)  unb  Vtarpeinecfe 
jeigten  weit  mepr  Unbefangenheit  unb  miffenfcpaftlicpen  ©inn  al§  ipre  Vorgänger* 1  2. 


biieper.  2  ©Ie.  §alte  1782.  ©aju  bie  Praefatio  ad  illustrandam  originem  ecclesiae 
cath.  in  feiner  Paraphrasis  ep.  II  Petri  et  Iudae.  Halis  1784.  Spittler,  ©runbrip 
ber  ©efepiepte  ber  cpriftlicpen  $!irdpe.  ©bttingen  1782  (5.  Stuft,  fortgef.  Oon  ©.  3-  Spiancf. 
©öttingen  1812.  Spittlers  äßerfe.  Vb.  II.  Stuttgart  1827).  fpenfe,  SWgemeine  ©e= 
fdpidpte  ber  dprifilicpen  ßirdpe.  8  Vbe.  Vruunfcptoeig  1788  ff.;  4.  Stuft.  6  93be.  (bis  1773). 
@bb.  1800  ff. ;  neu  perauSgegeben  unb  öielfadp  üeränbert  bon  3f.  S.  Vater.  9  ©eile, 
©bb.  1S24.  ßotta,  Verfucp  einer  auSfitprlicpen  ßirdpenpiftorie  be§  Sleuen  ©eftamentS. 
3  23be.  (bie  brei  erften  Sfaprpunberte).  8°.  ©übingen  1768 — 1773. 

1  G.  Dumper,  Institutiones  bist,  eccles.  Aug.  Vindel.  1790.  Dannenmayer, 
Institutiones  hist,  eccles.  Nov.  Test.  2  voll.  Vindob.  1788.  1806;  Seitfaben  ber 
llirdpengefdpicpte  (naep  Hottegienpeften).  4  ©Ie.  SBien  1790.  Votttoeil  1826  ff.  Royko, 
Synopsis  bist,  relig.  et  eccles.  ebrist.  Pragae  1785  (beutfep  ebb.  1789);  §iftorie  ber 
ßircpenberfammlung  j$u  ßonftanj.  4  ©Ie.  (feidpter  al§  bie  be§  ©alüiniften  Senfant). 
©raj  unb  Vrag  1781—1785.  Gmeiner,  Epitome  hist,  eccles.  Nov.  Test.  2  voll. 
Graecii  1787—1803.  Söolf,  ©efdpidpte  ber  dpriftliipen  Veligion  unb  ßirdpe.  2  Vbe. 
3itricp  1792;  ©efepidpte  ber  rötnifepen  fatpolifdpen  ßirdpe  unter  ber  Regierung  ViuS’  VI. 
7  S8be.  3brtcp  unb  ßeipjig  1793 — 1802.  931  i  cpl,  ©priftlidpe  ßircpengefcptdpte.  2  Vbe. 
9JtÜncpen  1811.  Schmalfufs,  Historia  relig.  et  eccles.  Christ.  6  voll.  Pragae  1793  sq. 
Stöger,  Introductio  in  bist,  eccles.  Nov.  Test,  ad  usum  suorum  auditorum.  Vindob. 
1776  (beutfep  1786).  Becker,  Hist,  eccles.  practica  11.  VII  (saec.  I — XV).  Monast. 
1782  sq. ;  ßirdpengefdpidpte  be§  16.  unb  17.  3aprpunbertS.  Vtünfter  1791.  3fr.  b.  ©u= 
benu§,  ©efepidpte  beS  erften  cpriftlicpen  SaprpunbertS.  Sßüräburg  1783;  ©efepiepte  beä 
jmeiten  3aprpunbert§.  ©bb.  1787. 

2  ©.3.  Vtond*  ©efepiepte  ber  dpriftlidp=firiplidpen  ©efeltfdpaftgberfaffung.  5  33be. 
Jpannooer  1803  ff. ;  ©efdpidpte  ber  ©ntftepung,  ber  Veränberung  unb  ber  SBilbung  unfereä 


3.  guftorifdje  ©nttoicftung  ber  ßirdjengefcfiidjte. 


27 


Stands  ©c^iiler  31  u cg u ft  S^eanber  (t  1850)  ift  weit  tüchtiger  an  (Seift  unb 
©etehrfamfeit,  ftetjt  aber  unter  bem  ©inftuffe  ber  (SefüijISt^eoIogie  bon  ©cf)teiermacher. 
Stn  fJleanber,  ber  aber  bie  fReformationSjeit  nicht  mehr  bearbeitet  fjatte,  fdjliejjt  fid) 
©ueriefe  an,  in  ber  33el)anblung  ber  brei  lebten  ^a^rfiunberte  jeigt  er  fid)  als 
ftrengen  Sltttutheraner ;  and)  3  a  c  o  b  i  unb  ©  d)  a  f  f  bjulbigen  übertoiegenb  ber  fRidjtuug 
fJteanberS  *.  9lad)  bem  Vorgänge  bon  SDanj  lieferte  3-  2.  ©iefeler  in  ©öt= 

tingen  (t  1854)  ein  Sefjrbud)  mit  äufjerft  gebrängter  ©efdjichtSerjählung,  aber  reid)= 
faltigen,  bisweilen  jebod)  aud)  tenbenjiöS  abgcfiirjten  OueffenauSpgen  in  zahlreichen 
bloten,  bie  im  ganzen  grofje  Selcfenheit  unb  fcfiarfe  ßritif  ju  erfennen  geben,  ©epr 
nd)ig  gehalten,  bielfad)  an  ©djrödl)  fid)  anfäjtiefjenb,  ift  ba§  ^anbbud)  bon  Grngelfjarbt 
(t  1853).  ©.  §afe  in  $ena  lieferte  ein  feljr  gefdjmacfbolleS  $ompenbium  unb  trat 
aud)  al§  gewanbter,  obfd)on  einfeitiger  fßolemifer  gegen  bie  fatholifdje  $ird)e  auf. 
ÜRinber  bebeutenb,  ohne  einheitliche  ©cfidftSpunlte  ift  baS  2Berf  bon  6^r.  SB.  fJliebner 
(t  1865);  trefflicher,  namentlich  burd)  feine  praftifdje  Slntage,  baS  bau  3 oh-  §einr. 
$uri).  ©treng  lutherifd)  gefinnt  geigte  fid)  auch  SBiU).  Sruno  Sinbner,  un= 
befangener  ^arl  9tub.  §affe  (t  1862).  itberfichtlid)  ift  ber  „Slbrifj  ber  gefamten 
ßird)engef<hid)te"  bon  3-  £>•  t)er3°9  'n  Erlangen* 1 2 3. 

Sind)  auf  ber  bon  3-  ©.  ©emler  betretenen  Sahn  fdjritt  man  weiter,  be= 
fonberS  unter  bem  ©influffe  ber  pantheiftifdjen  5ßhtf°fDP^e  £>cgetS.  ©iner  berwegenen 
$ritif  würben  bie  neuteftamentlid)en  ©djriften,  fobann  and)  bie  SBerfe  ber  älteften 
$ird)enfd)riftfteHer  unterworfen,  bie  Urgefd)id)te  ber  $ird)c  auS  rein  natürlichen  Urfad)en 
ohne  Singreifen  ©otteS  erflärt,  gleid)  ber  ebangelifdjen  mpthifiert,  bie  ©inpeit  beS 
ltrd)riftentumS  gerfdfnitten ,  bie  ganze  ©ntwicflung  beS  ShriPen*uwS  ju  einem  bialef= 


proteftantifdjen  SefjrbegriffS  bon  2tnfang  ber  Sleformation  bis  3ur  fionforbienformet. 
6  SBbe.  ßeipgig  1791 — 1800.  3-  ©•  ©f)r.  ©djmibt,  hanbbud)  ber  djrifitidjen  fiird)en= 
gefegte.  6  2te.  (bis  1216).  ©iefcen  1800—1820;  3.  Stuft,  ©6b.  1827—1834;  $ort= 
fetjung  bon  ißettberg.  7  S3be.  ©bb.  1834.  ©täublin,  ltniberfalgefchichte  ber  d)rift= 
lidjen  Hird)e.  §annober  1806;  5.  StuSg.  bon  ^oljhaufen  1833.  Start)  ei  nede, 
ilniberfalhiftorie  beS  ©fjrifientumS.  ©rtangen  1806. 

1  Slug.  Die  an  ber,  Stttgemeine  ©efd)id)te  ber  djrifttidjen  ^Religion  unb  ßirdje. 
5  23be.  Hamburg  1825—1845;  6.  S9b.  1852.  S3gt.  IUI  man  nS  S3orrebe  jur  3.  Stuft. 

2  SBbe.  4°  in  4  Slbtgn.  ©ott)a  1856.  £>agenbadj,  9leanberS  SSerbienfte  um  bie 
ßirdjengefdjichte,  in  ©tubien  unb  ßritifen  1851,  §eft  2  u.  3.  äßet)  er  unb  SB  eite  ’S 
$ird)entej:ifott  IX  (2.  Stuft.),  70  f. :  Slrt.  Dleanber  (bon  3funf). 

2  §.  ©.  3-  ©ueriefe,  £>anbbud)  ber  t?ircf)engefd)ichte.  fmtte  1833;  9.  Stuft. 

3  IBbe.  Seipjig  1865 — 1867.  3acobi,  ßeprbud)  ber  $ircf)engefd)idjte-  Sb.  I  (bis  590). 
Serlin  1850.  ©chaff  (in  Stmerifa) ,  ©efdjidjte  ber  alten  Hirdje  bon  ©hrifti  ©eburt 
bis  ©nbe  beS  6.  SafjrtjunbertS.  3  24e.  Seipjig  1867;  History  of  the  Christian  Church. 
New  ed.  New  York  and  Edinburgh  1882  ff.  ®ait3,  Set)rbud)  ber  ßird)engefd)id)te. 

2  SSbe.  3ena  1818 — 1826.  ©iefeler,  Sehrbuch  ber  ßirdjengefchichte.  5  S3be.  Sonn 

1824 — 1857  (33b.  VI  Warb  1867  auS  ©iefelerS  9lad)tafi  bon  Siebepenning  ber= 
öffentlicht).  ©ngelljarbt,  §anbbud)  ber  ßtrehengefehidde-  3  SSbe.  ©rlangett  1832  ff. 
(23b.  IV  [ebb.  1834]  giebt  Oueffemtadjtoeife,  Sitteratur  unb  3ufü|h-  §afe;  ßehrbud^ 
ber  ßirchengefchidde.  Seip3ig  1834;  letjte  Stuft,  ebb.  1897  f. ;  2heoIogifd)e  ©treitfdjriften. 
Seipsig  1836;  fjanbbud)  ber  proteftantifdien  tpotemi!  gegen  bie  römifcHathotifdje  Kirche. 
3.  tauft.  Seip3ig  1871.  91  i ebner,  ©efd|id)te  ber  djriftlichen  &ird)e.  Seip3ig  1846; 
iteuefte  StuSgabe  SSertin  1866.  Äurij,  ßebrbuih  ber  ßtTdjengefdjidite.  99litau  1849; 
13.  Stuft.  1899;  £>anbbud)  ber  allgemeinen  ßirdjengefdjidjte.  6bb.  1853  ff.;  Slbrih  ber 
$irdjengefd)id)te.  8.  Stuft.  6bb.  1875.  Sinbner,  Sehrbuch  ber  Hinhengefdjicljtc.  3  SSbe. 
Seipsig  1848 — 1854.  §>affe,  ßir<hengefdd<hte ,  hcrauSgeg.  bon  Höt)Ier.  3  Stbtgn. 
Seipsig  1864;  2.  Stuft,  ebb.  1872.  §  er  30  g,  Stbrifs  ber  gefamten  ßirdjengefdjidjte. 

3  SSbe.  erlangen  1876  f. ;  2.  Stuft,  ebb.  1890—1892. 


28 


©inteitung. 


tifdjen  Sßrogc^  geftaltet.  3u  biefer  SGßcife  arbeitete  bie  fogen.  Dteit=Sfüf>inger  ©dfule. 
2Bie  2)aüib  ©traufj  ba§  Sehen  Sefu,  jo  heljanbelten  g.  ©t)r.  23aur  (f  1860) 
unb  21.  ©djwcgler  bie  apofiolifdje  unb  nadjapoftolifdje  Seit;  berfelben  3xicf)tung 
pulbigten  2llbrecf)t  Diitfdfl,  23runo  23  au  er,  Setter,  ßöftlin,  teilroeife 
aud)  Di  Diotpe  unb  (ber  nad)t)er  jur  fatfjolifdjen  $ird)e  übergetretene)  ©frörer, 
ber  graben  ©djarffinn,  aber  ebenfo  großen  §ang  ju  Wittfürlidfen  unb  gewagten 
tptypottjefen  an  ben  SEag  legte  K  UDiefe  DUcfjtung  würbe  jwar  uielfacf)  non  proteftan* 
iifdfeu  ©eleljrten  befämpft1 2;  allein  burd)  Dt.  21.  2ipfiu§,  fiilgenfelb,  2ß  e  i  3= 
fei  der  unb  befonber§  21  b.  f)arnad  unb  beren  ©djüler  ift  fie  tjeute  im  proteftan= 
tifdjeu  S)eutfd)lanb  bie  oorperrfepenbe  geworben.  2)a§  fpauptgebiet  biefer  ©cpule  ift 
bie  2)ogmengefcpi(pte  unb  bie  bamit  pfamtnenpängenbe  altdjriftlicpe  Sitteraturgefcpicpte. 
®ie  .Rircpe ,  beren  Sepre  unb  Sßerfaffung  erfdjeint  Ijier  al§  ein  tpelleuifierungSprojeß 
be§  non  SpriftuS  gewollten  ©prifientum§ ;  babei  oerflüeptigt  fiep  ber  pofitioe  d^riftlid^e 
©taube  immer  ntepr.  3n  gemäßigter  Sßeife  bringt  biefe  Dtitptung  jum  2lu§brud  ba§ 
formell  unb  metpobifd)  fef)r  tiicfjtige  Seprbucp  ber  J?ircpengefcpid)te  non  DDt  ö  1 1  e  r 
(t  1892)  3.  ©inen  mepr  pofitioeu  ©tanbpunft  Oertritt  21).  3apn. 

Ungleiep  weniger  al§  üon  ben  Sutperanern  ift  in  neuefter  Seit  oon  ben  Dtefor» 
mierten  geleiftet  worben,  felbft  wenn  wir  bie  poMubifdpen  unb  frangöfifefjen  Dtefor= 
mierten  ju  ben  beutfepeu  pinjuretpnen.  2II§  einer  ber  bebeutenbften  proteftantifdjen 
$mpeupiftorifer  tonnte  aber  §agenbad)  in  23afel  (f  1874)  betrad)tet  werben4. 


1  ©pr.  Baur,  Sa§  ©priftentum  unb  bic  djriftticpe  ^ir<f)C  ber  brei  erften 
Saprpuuberte.  Tübingen  1853;  8.  Stuft.  1863;  Sie  eprifttiepe  ßirdje  Oom  4.— 6.  3apr= 
punbert.  ©bb.  1859;  Sie  cfjriftlidje  ßirtpe  be§  9Jtittelatter§.  ©bb.  1861;  Sie  neuere 
Seit.  3  Bbe.  @bb.  1861—1863;  piautuS,  ber  2tpoftel  Sefu  ©prifti.  Stuttgart  1845; 
Ser  Urfprung  beä  ©piffopated  ©bb.  1838,  u.  a.  m.  21.  ©epto  egler,  Sa§  naefp 
apoftofifcje  Seitalter.  Sübingen  1846;  Ser  9Jtontanis>mug.  ©bb.  1841.  fR  i  t  f  dj  I ,  Sie 
©ntfte jung  ber  aftfat jofifejen  ßtrepe.  Bonn  1850.  2lnbere  in  ben  Speotogifcpen  3apr= 
büdjern  Oon  Baur  unb  Setter,  bef.  1850  ff.  fftotpe,  Sie  2tnfänge  ber  djrifttidjen 
ßird;e.  §eibetberg  1837  (nadf  ipm  fott  bic  tat  jotifdie  ^irdje  ca.  70  aus  ber  Bereinigung 
Oon  Betrinern  unb  fpaitlinern  entftanben  fein),  ©fror er,  ßritifdje  ©efepiepte  be§ 
Urcpriftentumg.  3  Bbe.  (Stuttgart  1888;  Stlfgemeinc  Äirc^jengefdjicjte.  4  Bbe.  ©bb.  1841  ff. 
Srautmann,  Sie  apoftolifcje  ßirepe.  ßeipäig  1848. 

2  Über  biefe  fRidjtung  Ogt.  ©brarb,  Sßiffenfcpaftl.  ßritif  ber  ebangetifepen  ©e= 
fepidpte.  2.  Stuft,  ©rtangen  1851.  ©.  fß.  ße cp  t  er ,  Sa§  apoftotifdje  unb  nadjapoftotifdje 
Seitalter.  §aarlem  1851.  Sie  je  I.  Hergenröther,  De  cathol.  ecclesiae  primordiis  recen- 
tiorum  Protestantium  systemata  expenduntur.  Ratisb.  1851. 

3  2Ö.  5016 II  er,  Seprbucp  ber  ßird)engefcpid)te.  3  Bbe.  (ber  III.  Bb.  oon  ßaWerau 
jerau§gegeben).  ffreiburg  t.  Br.  1889 — 1894  (noch  unOoltenbet) ;  Bb.  I  in  2.  2tuft.  oon 
©diubert.  ©bb.  1897  ff. 

4  Sfipm,  ^iftorifdpe  ©nttoidtung  ber  Sdjidfate  ber  flireje  © jrifti.  2  Bbe.  Berlin 
1800  ff.  DJtünfcjer,  ßeprbud)  ber  djrifttidjen  itircpengefipicpte.  Blarburg  1801;  3.  2tuft. 
1826.  fyr.  ©  d;  lei  e r m  a  d;  e r  ,  ©efcjidjte  ber  djrifttidjen  ßircje,  perauggegebeit  Oon 
Bonnelt.  Berlin  1840  (Bb.  I  ber  Sßettgefd;.).  Hofstede  de  Groot,  Institutiones  hist, 
eccles.  Groning.  1835.  Royacirds,  Compendium  hist,  eccles.  clirist.  Trai.  ad  Rhen. 
1841  sq.  W.  I.  Matter,  Hist,  du  christianisme  et  de  la  societe  cliretienne.  4  vols. 
Strasbourg  1829 ;  2e  ed.  Paris  1838.  Pressense,  Hist,  des  trois  premiers  siecles  de 
l’eglise  ehret.  6  vols.  Paris  1858— 1867 ;  beutfdj  Oon  S-abariu§.  4  Bbe.  ßeipjig 
1862 — 1867;  britte  ©erie  1869,  Oierte  (La  vie  ecclesiastique ,  relig.  et  morale  des 
chretiens  aux  2e  et  3e  siecles)  Paris  1877.  ©brarb,  §>anbbud)  ber  ßird)en=  unb 
Sogmengefdjidite.  4  Bbe.  ©rtangen  1865  ff.  Merle  d'Aubigne,  Hist,  de  la  reform.  du 
16e  siede.  Paris  1831  s. ;  beutfdj  5  Bbe.  Stuttgart  1848  ff.  §agenbacb,  ßird)en= 
gefdjidjte  Oon  ber  älteften  Seit  big  pm  19.  Daljrbunbert.  7  Bbe.  ßeipsig  1869 — 1872; 


3.  f?iftorifd)e  gntwicftung  ber  $irdiengefd)id)te. 


29 


3fu  ©n  glaub  wirb  bcfonber§  bie  ©rforfdjung  ber  altdjriftlidjen  Sitteratur  mit 
großem  (Sifer  betrieben;  bod)  finb  tjier  wie  aud)  in  Borbamerifa  mehrere  aü= 
gemeine  Bearbeitungen  ber  $ircbengefd)id)te  erfdjienen  bon  feiten  ber  Bnglifaner  wie 
ber  ffkoteftantcn ;  latere  fdjliefjeit  fiel)  l)auptfäd)lid)  an  bie  beutfd)e  gorfcf;img  an. 

^lucf)  bei  ben  Ü?att)oIifen  bejeid^net  ber  Anfang  be§  Verflogenen  Sal)rf)unbert§ 
einen  Bßenbepunft  jurn  Befferen.  Der  geiftreid)e  üonbertit  $  r.  2.  <55  r  a  f  3  u  ©  1 0 1= 
berg  (f  1819)  führte  feine  bon  firdflidfetit  ©eifte  getragene,  au§  ben  Duellen  gc= 
arbeitete,  nur  oft  31t  falbung§reid)e  ©efd)id)te  ber  ßirdfe  blofs  bi§  430  fort;  an  fie 
fdjloffen  fid)  bie  $ortfejjungen  bon  %x.  b.  5?  e  r  3  wtb  Brifdfar.  Der  mit  ©tolberg 
befrcunbete  Df)eobor  ßaterfamp  (f  1834)  lieferte  eine  burd)  Diefe  ber  Buffaffung 
unb  gefdfmacfbolle  DarffeHung  au§ge3eid)nete  $ird)engefd)id)te  bi§  1153,  bie  eben 
Wegen  ber  fdjarf  ausgeprägten  ©igentümlidjfeit  be§  BerfafferS  feinen  $ortfet;er  fanb. 
Bünber  bebeutenb  ift  ba§  nid)t  fel)r  fritifdfe,  bon  ©cbröd'b  abhängige,  bi§  1073 
reidfenbc  2öerf  bon  2  oberer  (t  1837),  wäbrenb  ba§  be§  Bpoftaten  9ieidjlin= 
Bie  1b egg  (bis  324)  eine  ©d)mäl)fd)rift  gegen  bie  fircf;Iid;e  Bergangenbeit  bitbet  ’. 
DaS  bortrefflid)  begonnene  2©erf  bon  3.  Ottmar  bon  9t au fd) er  (f  1875  als 
ß'arbinal  unb  gürfte^bifdfof  bon  Söien)  fam  nicht  über  bie  brei  erften  3'al)rbunöerte 
hinaus.  Iportig  lieferte  ein  braudfbareS,  aber  ebenfalls  nid)t  boIIenbeteS  $ompeti= 
biunt;  fein  Badffolger  im  2cbramt  unb  $ortfeijer  $.  Dö  Hing  er  (f  1890)  iiber= 
traf  ibn  au  ßritif  unb  ©elefjrfamfeit  bei  weitem  unb  madfte  fid)  um  bie  $ird)en= 
gefdjidjte  bodjberbient ;  er  ift  in  ein3elnen  Steilen  berfelben  tjeute  nod)  unübertroffen, 
Wenn  er  aud)  feinc§  ber  begonnenen  fird)enf)iftorifdien  SCöcrfe  bodenbet  unb  jule^t 
feinen  gan3en  früheren  fird)Iid)en  ©tanbpunft  berleugnet  l)at.  ©rojieS  leiftete  3of). 
91b.  Bi ö  1)1  er  (t  1838)  fowo£)l  burd)  treffliche  Bionograpbien  unb  Bbbanblungeu 
als  burd)  feine  anregenben  fird)enl)iftorifd)en  Borlefungen,  bie  nad)  feinem  Stöbe 
P.  SßiuS  ©atnS  auS  ^oüegien^efteu  unb  ©djriften  mübfam  3ufammengefteHt  unb 
mit  eigenen  8ufä|en  berfeljeu  bat-  Beben  Bi ö b I e r  wtb  Dötting  er  haben  gemirft 
$art  Sofepb  ö.  §>efete  (t  1893)  burd)  bielfad)e  geiftige  Anregung  unb  burcb 
eine  Dteibe  bon  ©griffen,  äumal  burd)  bie  einen  beträchtlichen  Seil  beS  fird)en= 
bifiorifdfen  DJiaterialS  mnfaffenbe  5?ongiIiengefdhidhte,  bann  ber  fpäter  311111  erften  ^ar= 
binalardfibar  ber  römifdjen  $ird)e  erhobene  $of.  §ergenrötber  (t  1890),  beffen 
eine  erftauntidje  ©elet)rfamfeit  bef'unbenbeS  2ebrbud)  ber  J?ircbengefd)id)te  1884  in 
3.  Auflage  erfcbien 2.  Beben  ben  Iateinifd)en  ß'ompenbieu  bon  R 1  e  i  n ,  B  u  1 1  e  n= 


neue  BuSgabe  bon  Bippotb,  93b.  I— III,  ebb.  1885 — 1887  (baS  2Berf  war  borher  in 
einjelnen  2lbtcituugen  erfdjienen) ;  ßebrbud)  ber  Sogmengefdjidjte.  2  Bbe.  ßetpjig  1840; 
6.  Stuft.  1888.  B.  Botbe,  Borlefungen  über  ßirdjengefdiiibte,  berauSgeg.  bon  2Sein= 
garten.  2  93be.  §eibelberg  1875  f. 

1  ©totberg,  ©efdt)i<f)te  ber  BeUgton  Sefu  ©bbifti-  15  Bbe.  Hamburg  unb  2öien 
1807 — 1818;  Sortierung  bon  Her 3  ,  Bb.  XYI— XLYI  (bis  jutn  britten  ßrcu33ug  einfcfjt-). 
Blaitt3  1824  ff.,  unb  bon  Brifchar,  Bb.  XL VII— LIII  (bis  1245);  Begifter  bisBb.  XV 
lieferten  1825  Btorif),  bon  Bb.  XVI— XXIII  Sr.  ©aufen  1884.  Äaterfamp, 
$ird)engefcbid)te.  5  Bbe.  Blünfter  1823 — 1834  (bgl.  Stüb.  Sbe°l-  Ouartalfdjr.  1823, 
6.484;  1825,  6.486;  1831,  6.  519).  ßodjerer,  ©efdjidjte  ber  dhrifttid;cn  fRetigion 
unb  ßirdje.  9  Bbe.  BabenSburg  1824 — 1834.  B  ei  dj  1 1 11  =  Bi  e l b  e g  g  ,  ©efd)icf)te  beS 
©briftentumS.  Bb.  I  in  2  Stbtlgn.  greiburg  i.  Br.  1830. 

2  Baufdfer,  ©efcbi<ble  ber  d)rifilid)en  ßird)e.  2  Bbe.  6uljbad)  1829.  §ortig, 
-hanbbmb  ber  dhriftticfien  &ird)cngcfd)id)te.  2  Bbe.  ßanbSbut  1826  f. ;  Bb.  III  (bie  ©efd)id)te 
bon  1517  ab  bis  äur  neueften  3eü)  bearbeitete  3.  ®  öllinger,  ebb.  1828.  SCtS  §ortig§ 
2ßerf  bergrtffeit  war,  lieferte  biefer  ba§  §anbbud)  ber  d)riftlid)en  ßird)engefd)icbte.  Bb.  I 
in  2  2lbtlgn.  (bis  680).  ßanbSbut  1833;  barauf  baS  ßebrbud)  ber  ßird)engefd)icbte. 
Bb.  I  unb  bon  Bb.  II  2tbt.  1  (nur  in  ber  tßapftgefd)icf|te  bis  1517  reidjenb).  BegenS= 


30 


©inteitung. 


ftocf  unb  Kt)  er  vier1  erfdpienen  bie  beutfdpen  Don  Tüjog  (t  1878)  rmb  Dtitter 
(f  1857),  woüoit  jene§  ben  fftuptn  größerer  TMftänbigfeit ,  biejeS  ba§  Soft  flarer 
unb  überfidjtlidjer  SDarftclhmg  erlangt  I)at.  ß.  jRiffel  in  (Sieben,  bann  in  TRainä, 
pat  fiel)  burd)  feine  ©djriften  ebenfalls  ben  9iuf  eine§  bebeutenben  ßird)enpiftorifer§ 
erworben2 3.  gn  neuefter  Seit  paben  g.  X.  $rau§,  23riid,  jept  23ifd)of  üon  TRains, 
g.  X.  Sun!,  51 1.  ßnöpfler  tiidjtige ,  teilweife  fid)  ergän^enbe  ßompenbiett  üer= 
öffentlidjt  l  ©pattien ,  grantreid) ,  Italien ,  Belgien  unb  Kngtanb  paben  einzelne 
pöcpff  üerbienftlid)e  üßerfe,  im  ganzen  aber  weit  weniger  2eiftungen  aufjuweifen ;  bod) 
pat  in  graufreid)  in  jüngfter  Seit  ein  pöd)ft  erfreulidjer  21itffd)Wung  auf  bem  ©e= 
biete  ber  ßirdjengefcpicpte  fid)  geltenb  gemaept,  pauptfädjlid;  unter  bem  Kinftuffe  üon 
2.  ®ud)e§ne,  ber  p  ben  größten  ßirepenpifioritern  unferer  Seit  p  reepnen  ift. 
Gcin  iprobuft  biefer  neuen  IRidjtung  ift  bie  in  gornt  üon  XRonograppien  erfepeinenbe 
Bibliotheque  de  Renseignement  de  l’histoire  ecclesiastique,  üon  Weld)er  bi§  jept 
üier  SSänbe  üeröffentlid)t  finb.  ©)a§  ©leiepe  gilt  üon  Selgien,  wo  bie  53oIIan= 
biften  ipren  ©ip  paben,  wo  .ß  u  r  t  p  in  2üttid)  bie  djriftlidje  ßulturgefd)id)te  mit 
größtem  Krfolge  bearbeitet,  unb  wo  in  2öwen  burd)  51.  Kaucpie  unb  3ß.  2abcup 
im  gapre  1900  eine  tücptige  Bevue  d’histoire  ecclesiastique  itt§  2eben  gerufen 
würbe.  S)er  gewaltige  Sluffcpwuug  be§  fritifd)en  piftorifipen  ©tubiumS  in  lepter  Seit 
fommt  ber  ßirdjengefdjidjte  in  perüorragenbent  SRape  zugute 4. 


bürg  1836  ff.;  2.  2Iuft.  1843.  Sann  erfepim  Sßttingerg  Ouettenwert:  Sie  ^Reformation, 
ipre  ©nttoidlung  unb  ipre  Söirfungen  im  Umfang  beg  lutp.  S3e!enntniffeg.  3  S9be.  9tegeng= 
bürg  1846  ff.  (Später  napm  er  nod)  eine  großartig  angelegte  ßircpengefdjicpte  in  Stngriff, 
woüon  bie  „SSorpatte"  (£>eibentum  unb  gubentum)  Dtegengburg  1857,  ber  Anfang  ber 
erften  2ßeriobe  (©priftentum  unb  ßirepe  in  ber  Seit  ber  ©runblcgung) ,  ebb.  1860,  in 
^weiter,  jeboep  ftpoit  mepr  in  unfatpolifipem  (Sinn  umgeänberter  Auflage  1868  erfipien. 
S.  2t.  9015  pl  er  (ügl.  beffen  Seben  Don  ©amg,  iRegengburg  1866)  lieferte  eine  SCRono= 
grappie  über  2ltpanafiu§  unb  gaplreicpe  wertbotte  2tuffape;  feine  ßiripengefcptipte,  perau§= 
gegeben  Don  Sp.  ©  a  m  g ,  erfipien  3tegen§burg  1867 — 1868  in  3  58bn.  §  e  f  e  I  e ,  ßon$ilien= 
gefipiipte.  7  23be.  greiburg  1855 — 1874.  2SgI.  auep  unten  <S.  32. 

]  Klein,  Historia  eccles.  2  voll.  Graecii  1827.  Ruttenstock,  Institutiones  hist, 
eccles.  3  voll.  Viennae  1832—1834.  Cherrier,  Institut,  hist,  eccles.  Nov.  Test. 
4  voll.  Pestini  1840  sq. ;  2Xu§äug:  Viennae  1854. 

2  21 1 3  o  g ,  UniDerfalgefcpicpte  ber  cprifilicpen  ßirdje.  3ERain0  1840;  4.  2tuft.  1846; 

5.  21uft.  1850;  9.  21uft.  1872;  10.  21uft.  naep  beg  23erfaffer§  Sob  Don  g.  X.  ßraug 
1882;  ©runbrip  ber  ßirepengefepiepte.  ©bb.  1868.  SR  i  1 1  e  r ,  ipanbbudj  ber  $inpen= 
gefdpid)te.  3  23be.  Sonn  1830;  3.  2tuft.  1846;  6.  2tuft.  burcp  ©nnen  1861.  (Über 
beibe  2Berte  fiepe  Sübinger  Speol.  Guartalfcpr.  1836,  339.  664;  1841,  (S.  335; 

1844,  <S.  102;  1847,  S.  507).  SRiffel,  ßirtpengefepiepte  ber  neueren  unb  neueften  Seit, 
Dom  Anfang  ber  großen  ©taubengfpaltüng  beg  16.  gaprp.  big  auf  unfere  Sage.  3  33be. 
XRainj  1841 — 1846;  ©efcpicptlicpe  Sarftettung  beg  SSerpättniffeg  jwifepeu  $it<pe  unb 
(Staat,  ©bb.  1836. 

3  §einr.  Srücf,  Seprbud)  ber  ßinpengefepiepte.  TRain^  1872—1874;  7.  21uft. 
1898.  g.  X.  ßraug,  Seprbucp  ber  ßinpengefepiepte.  Seit  I — IV.  Srier  1874— 1876; 
4.  2tuft.  1896.  gunf,  Seprbuip  ber  Üird)engefd)üpte.  3.  2tuft.  ißaberborn  1898. 
Änöpfler,  Seprbucp  ber  ßircpengefipidjite.  2.  2luft.  greiburg  i.  58r.  1898.  —  ßir(pen= 
gefcpicpttidie  (Stubien,  perauggeg.  Don  ßnöpfler,  ©iprörg  unb  (Sbralel,  fDlünfter 
i.  2ß.  (feit  1891). 

4  S3on  auperbeutfepen  Scpriften  feien  pier  erWäpnt:  a)  gür  (Spanien:  Florez, 
Espana  sagrada.  Madrid  1747  sg. ;  fortgef.  Don  5R  ig  c  o  ,  TR  er  ino  ,  ©  ana  I.  46  23be.; 
Hist,  de  la  Iglesia  en  sus  primos  siglos  hasta  el  triunfo  de  la  Madre  de  Dios  en  el 
Concilio  de  Efeso  el  ano  431  por  D.  Juan  Manuel  de  Berriozabal,  marques  de  Casa- 
jara.  vol.  I — IV.  Madrid  1867.  Amat ,  Hist,  eccles.  o  tratado  de  la  Iglesia  de 


3.  ^iftorifdje  Gmttoicftung  ber  ßirchengefdjidjte. 


31 


Dfücfbficf  unb  2Iu?bficf.  Überbficfen  wir  ben  grofien  DJeid)tum  ber  fird)cn= 
gcfd)id)tM)en  Sitteratur,  fo  ntüffen  mir  fiautten  über  bie  ©röjic  unb  güEe  be?  bereit? 
©eleifieten;  Je  metjr  wir  aber  in  ba?  ©injelne  be?  großen  fird;ent)iftorifdE)en  Stoff? 
einbringen,  bcfto  mehr  fetjen  wir,  wie  nie!  nod)  in  iSufunft  gefdjehen  muff,  wie 
namentüd)  nod)  au?gebef)ute  ©ebiete  eine  monographifd)e  Veffanbfung  erwarten  unb 
wie  erft  nad)  nöEiger  ©rforfdjung  unb  5tu§nutjung  be?  2)etaif?  eine  aEfcitige  unb 
tiefgreifeube  ©arfteHung  ber  UnioerfaIgefd)id)te  ber  $ird)e  gewonnen  werben  fann. 
©in  fortmiihrenbe?  Düngen  non  nieten  nad)  immer  noEcnbeterem  2lu?bau  ber= 
fetben  ift  ebenfo  tobnenb  af?  oerbienftfid).  21Ee  fyriie^te  unb  Vorteile,  wetd)e  bie 
©cfd)id)te  überhaupt  gewährt,  bietet  aud)  bie  $ird)engefd)idjte ;  aber  fte  hat  af?  beren 
ebelfter  Steil  nod)  ihren  befonbern  2Bert.  Offne  fie  giebt  e§  feine  noEftänbige  wiffen= 
fd)aftlid)e  ©rfenntui?  be?  ©hriftentum?  nod)  ber  aEgemeinen  fDlenfdjheitagefdjidjte, 
in  beren  Viittefpunft  fie  gefteEt  ift.  2ft§  ©lieber  unb  ©öffne  ber  $ird)e  müffen  mir 
au  ihren  «Sdfidfalcn  fdfon  non  fefbft  ein  f)Ot)e?  gntereffe  haben;  bie  ©rfebniffe  unferer 
SDtutter  finb  unfere  ©rfebniffe,  bie  in  ber  firdjfidjen  Vorzeit  tf)ätigcn  tperfonen  finb 
unfere  Väter  unb  Vrüber,  mit  un?  geiftig  nerbunben  burd)  bie  ©emeinfdjaft  ber 
^eiligen.  Sn?befonbere  foE  aber  ber  Stheofoge  im  ftanbe  fein,  jebem,  ber  if)n 
befragt,  Died)enfd)aft  abjufegen  über  bie  Vergangenheit  feiner  $ird>e,  unb  ba?  um 
fo  mehr,  af?  biefe  oftmal?  entfteEt  unb  bi?  gur  Ungeftalt  nerjerrt  worben  ift  unb 


Jesu  Cristo.  12  voll.  Madrid  1793 — 1803. —  b)  [für  3 tat  ten  :  Delsignore,  Institut, 
hist,  eccles.,  ed.  Tizzani.  4  voll.  Romae  1837 — 1846.  Pahna,  Praelectiones  hist, 
eccles.  4  voll.  Roruae  1838 — 1846.  Giov.  Prezziner ,  Storia  della  Chiesa  dalla 
promulgazione  del  Vangelo  fin  all’  anno  1818.  9  voll.  Firenze  1822  sgg.  Tosti 
0.  S.  B.,  Proleg.  alla  storia  nnivers.  della  Chiesa.  Firenze  1861.  Ignazio  Mozzoni, 
Tavole  cronologiche  critiche  della  storia  della  Chiesa  universale.  Fascic.  I — YII 
(mit  pracfftooEer  artiftifdjer  2Iu§ftattung ,  nad)  beS  Verfaffer?  Stob  fortgefetjt  in  (Rom). 
Venezia  1856  sg.  ©.  23.  be  (ft o f f t  in  feinen  ard)äofogifd)cn  Sßerfen.  Cesare  Cantu, 
Storia  universale;  beutfd)  non  23rüI)I,  20ßeij),  SBitt.  ©d)aff häufen  1848  ff.  Taglia- 
latela,  Lezioui  di  storia  ecclesiastica  e  di  archeol.  crist.  4  voll.  Napoli  1897.  —  c)  girr 
granfreid):  Blanc,  Cours  d'histoire  ecclesiastique.  Paris  1841  s.  Beceveur,  Histoire 
de  l’eglise.  Paris  1841  s.  Jager,  Histoire  de  l’eglise  catholique  de  France  d’apres 
les  documents  les  plus  authentiques  depuis  son  origine  jusqu’au  concordat  de  Pie  VII. 
19  vols.  Paris  1862 — 1873.  Darras,  Histoire  gönerale  de  l’eglise.  40  vols.  3e  öd. 
Paris  1857  ss.  unb  oft  neu  ebiert  (f)öd)ft  unfritifd)).  Capefigue,  Les  quatre  premiers 
sidcles  de  l’öglise.  2  vols.  Paris  1850;  L’öglise  au  moyen-äge.  2  vols.  Ibid.  1852; 
L’dglise  pendant  les  quatre  derniers  siecles.  4  vols.  Ibid.  1854.  Rohrbacher  (f  1856), 
Histoire  universelle  de  l’öglise  catholique.  29  vols.  8°.  Nancy  1842 — 1849;  2e  ed.  Paris 
1849 — 1853;  nad)  ber  3.  Stuft,  beutfd)  non  §>ül?famp  u.  «Rump,  ©djaffhaufen  1858  ff., 
bann  SCftünfter  1860 — 1886.  Henrion,  Histoire  eccldsiastique  publiee  par  l’abbö 
Migne.  Paris  1856  ss.  —  Bibliotheque  de  l’enseignement  de  l’histoire  ecclösiastique. 
93iS  jetjt  liegen  bor:  P.  Ällard ,  Le  christianisme  et  l’cmpire  romain.  4°  ed.  Paris 
1898.  P.  Batiffol ,  Anciennes  litteratures  chrdtiennes,  la  litterature  grecque.  Ibid. 
1897.  R.  Dural,  La  littörature  syriaque  (mit  Suppldment).  Ibid.  1899.  L.  Salerhbier, 
Le  grand  schisme  d’Orient.  Ibid.  1900.  —  d)  girr  (Belgien:  Wouters,  Compendium 
trist,  eccles.  3  voll.  Lovanii  1847 ;  4.  ed.  Ibid.  1863 ;  Capita  selecta  hist,  eccles.  Ibid. 
1869.  C.  de  Stnedt  S.  J.,  Dissertationes  selectae  in  primam  aetatem  hist,  eccles. 
Lovanii  1876.  Jungmann  (!)5rof.  ttt  Söwen,  Seutfdjcr) ,  Dissertationes  selectae  in 
hist,  eccles.  7  voll.  Ratisb.  1880—1887.  —  e)  girr  ©ngfanb:  J.  Lingard,  The 
History  and  Antiquities  of  the  Anglo-Saxon  Church.  2  vols.  London  1806;  History 
of  England.  6  vols.  Ibid.  1819-1825;  beutfd)  15  23be.  granffurt  1828—1833.  — 
f)  giir  (Portugal:  Sousa  Amado,  Historia  da  Egreja  catholica  em  Portugal,  no 
Brasil  e  uas  Possessoes  Portuguezas.  5  voll.  Lisboa  1870. 


32 


Einleitung. 


nod>  beute  mirb.  2öie  ber  §iftorifer  ^^eoioge,  fo  mufj  aud)  ber  %  Geologe 
§iftorifer  fein,  ©obamt  fann  feiner  über  bie  Gegenwart  ber  ®ird)e  ridjtig 
urteilen,  ber  nicpt  ihre  frühere  Entmicflung,  roenigftenS  in  ben  ipauptjügen ,  genau 
erfaßt  bat.  ©abei  ift  oor  adern  bie  genetifdje  SBetradjtungStoeife  im  einzelnen  mie 
im  ganzen  feftp^aften.  ©sie  firdjenbiftorifdje  Söiffenfdjaft  muff  ben  SBurjeln  ber 
uerfdjiebenett  gefdjidjtlidjen  Erfd)einungen  nad^gefjen,  bie  Sßirffamfeit  ber  fuliureden 
^aftoren  ber  üerfdjiebenften  2Irt  aufbeden,  um  fo  ju  bem  tieferen  23erftänbni§  ber 
Gcrfcfyeinungen  ju  gelangen.  ©abei  ift  ber  ontologifd^e  fjaftor  nidjt  augjufdpiefjen ; 
bie  göttlidje  SSorfefmng  bilbet  in  ben  2Iugen  be§  fatbolifdjen  $ircbenbiftorifer§  ebenfo 
unb  in  f)öf)erem  fJUafe  einen  gaftor  ber  ©efdjidjte  mie  bie  dtatur  unb  ber  fDienfd) 
in  ihrem  SBirfen.  Eine  grofe  Apologie  ber  3?ird)e  unb  ihrer  Sehre  liegt  in  ifjrer 
©efdjidjte ,  ber  gtänjenbfte  23emei§,  bafj  fie  eine  göttlidje  Stiftung,  immer  alt  unb 
immer  jung,  ftet§  bie  23raut  be§  §errn  ift.  ©o  bringt  au§  biefem  ©tubium,  roenn 
e§  mit  Ernft  unb  Siebe  betrieben  mirb,  ein  belebenber  fpaud)  für  unfer  Sßiffen  unb 
Sehen,  ber  un§  nicf)t  in  toten  unb  leeren  formen  berfümmern  läfjt,  fonbern  ben 
(Seift  un§  erfdjliefjt,  ber  ade  Seben§freife  befeelen  unb  ju  grofjen  unb  mürbigen 
$^aten  un§  attfpornen  fod. 

4t.  gittfeifttttg  bet  Jtttdpettgeftfiidifc. 

ßitteratur.  —  tp.  Sßolff,  3ue  3eiteinteilung  ber  ßirdjengefdjidjte  (geitfdjr. 
für  firdjl.  SBiffenfdj.  1887,  6.  381 — 390).  ß.  Stulle  r,  ®ie  ©renje  gtoifc^en  Altertum 
unb  Stittelalter  (fReuf).  SaljrBüdjer  1887,  <5.  257 — 278). 

I.  ©et  getbaltige  unb  btelfacf)  feljr  üermidelte  ©toff,  melier  ber  gorfdjung 
in  bem  gefamten  SebenSprojep  ber  Strebe  borliegt,  bat  feit  langer  3eit  Jur  2lu§- 
bilbung  ber  fpej teilen  ®irdjengefd)icbte  neben  ber  allgemeinen  geführt. 
3ene  pat  fidj  in  jrnei  tpauptriditungen  entmidelt:  nach  einer  geograpf)ifd)en 
©lieberung,  inbent  enger  begrenzte  ©ebiete  (Sönber,  ©iöjefen),  einzelne  Snftitute 
(SHöfiet ,  Pfarreien)  ober  befonbere  ißerfönlidjfeiten  eigene  be^anbelt  mürben; 
unb  nad)  einer  fadflidjen  ©lieberung  burd)  Erforfdjmtg  unb  ©arftedung  be= 
fonberer  ©eile  ait§  bem  ganzen  ©toff  (©efdjidjte  be§  ißapfttumP,  ber  ^onjilien, 
ber  ^eiligen,  beP  9Dtöndj§mefen§,  ber  fDiiffionen ;  ißairologie  unb  ©efdjidjte  ber 
tljeologifcben  Sitteratur,  ©ogmengefdjicbte ,  ®ultu§=  unb  23erfaffung§gefcbicf)te, 
religiöfe  $ulturgefdjid)te  finb  al§  bie  fjauptfädflicbfien  fner  nennen). 

1.  tpapftgefdjidjte:  B.  Platina ,  Opus  de  vitis  ac  gestis  summorum  ponti- 

ficum  ad  Sixtum  IY.  Pont.  Max.  perductum.  Yenet.  1479.  0.  Pcmvinius ,  Romani 

pontifiees  et  cardinales  S.  R.  E.  a  Leone  IX.  ad  Paulum  IV.  creati.  Venet.  1557. 
A.  Ciacconius ,  Vitae  et  res  gestae  Pontificum  Romanorum  et  S.  R.  E.  cardinalium 
ab  A.  Aldoino  recognitae.  3  voll.  Romae  1676  sqq.  G.  de  Novaes,  Element!  della 
storia  de’  sommi  pontefici.  ed.  3.  17  vol.  Roma  1821  sgg.  J .  Fevre,  Histoire  apolo- 
getique  de  la  Papautö  depuis  St.  Pierre  jusqu’ä  Pie  IX.  7  vols.  Paris  1878  ss. 
21.  23  omer,  Unparteiifdje  £>iftorie  ber  römifdjen  tpäpfte.  2lu3  bem  Englifdjen  bau 
3-  3.  91  am  Bad).  10  SSbe.  Seidig  1751  ff.  3.  $.  91  am  Bad),  ©efdjidjte  ber  röm. 
tpöpfte  feit  ber  dteformation.  2  23be.  ßeipjig  1779.  ß.  n.  tftanfe,  ©efdiidjte  ber  röm. 
9ßäpfte.  3  SSbe.  7.  9luft.  1878.  3.  ßangeit,  ©efdjidjte  ber  röm.  ßirdje.  4  SSbe.  (Bis 
fjnnoceuä  III.).  Sonn  1881—1893.  §.  ©rifar,  ©efdjidjte  9tom§  unb  ber  tpäpfte 
im  dJtiitelalter.  25b.  I.  ffreiBurg  i.  23r.  1901.  ß.  tpaftor,  ©efdjidjte  ber  tpäpfte  feit 
bem  2lu§gang  be§  SPlittelalterS ,  Bi§  je^t  3  SSbe.  in  2.  Be;$to.  3.  u.  4.  2lufl.  ffreiBurg 
i.  Sr.  1891  ff. 

2.  Jtottjsiliengefdiidite:  3.  0.  §efele,  ßonjiliengefi^idite ,  Sb.  I— VI 

in  2.  2Iufl.  bon  §efele  unb  Sb.  VII  bon  21.  Änöpfler;  ffortf.  Sb.  VIII  u.  IX  öon 


4.  (Einteilung  ber  Kircbengefcbicbte. 


33 


3f.  £>er  genrötber.  fjreiburg  i.  33r.  1873  ff.  Sort  33b.  I  (2.  Stuft.) ,  ©.  79  ff.  bie 
Sitteratur  über  bie  Konäilien  einjetner  Sänber  mie  über  bie  Konäiliengefcfiicbte  überbauet. 

3.  ©  e  f  d)  i  d)  t  e  ber  ^eiligen:  Butler,  The  lives  of  the  Fathers ,  Martyrs 
and  otlier  principal  Saints.  Seutfd)  bon  9täfj  unb  2ßei§.  23  33be.  fDtainä  1821 — 1827. 
P.  Guerin,  Les  petits  Bollandistes.  Yies  des  Saints.  7"  ed.  17  vols.  Paris  1882. 
M.  Ch.  Barthelemy,  Les  vies  de  tous  les  saints  de  France.  10  vols.  Paris  1860  ss. 
(Sammlung  bon  f>eiIigettbiograpf)ien :  „Les  saints“.  Collection  publiee  sous  la  direction 
de  Henri  Joly.  Paris,  Lecoffre,  feit  1897. 

4.  © e f dj i djj t e  ber  9Jtöncb§orben:  Helyot,  Histoire  des  ordres  monastiques 
et  militaires.  8  vols.  Paris  1714  ss.;  beutfd)  ßeip^ig  1753  ff.  G.  Masson,  Histoire 
des  ordres  monastiques.  4  vols.  Berlin  1751.  Henrion,  Histoire  des  ordres  religieux. 
8  vols.  Paris  1835;  beutfd)  bon  2ref>r.  2  23be.  Tübingen  1845.  SQL  §  eint  buch  er, 
Sie  Orben  unb  Kongregationen  ber  tatljol.  Kirdje.  2  33be.  ißaberborn  1896—1897.  — 
3rür  bie  baubtfädjtidjften  Orben  im  einzelnen :  I.  Mabillon,  Annales  ordinis  S.  Benedicti, 
fortgefe|t  bon  a | f u e t  unb  SDtartene.  7  vols.  Paris  1703  ss.  L.  Wadding, 
Annales  Minorum  seu  trium  ordinum  a  s.  Francisco  institutorum ,  Don  Perfcfjicbenen 
fortgefetjt.  26  voll.  Lugdun.,  Romae,  Quaracchi  1625  sqq.  Th.  M.  Mamachi,  Annales 
ordinis  Praedicatorum.  5  voll.  Romae  1754  sqq.  Sie  Sitteratur  über  bie  einjelnen 
Orben  ift  angegeben  bei  §eimbud)er  a.  a.  D. 

5.  ©efcfjidjte  ber  SJtiffionen:  §enrion,  Stltgemeine  ©efcbidjte  ber  3Jlif= 

fionen  bis  auf  bie  neuefte  Seit.  2tuS  bem  Sranjöfifcben  überfetst.  4  33be.  ©cbaffbaufen 
1845 — 1852.  iß.  Söittmann,  Stttgem.  ©efdj.  ber  tattjot.  SUtiffionen  oom  13.  3)at)r= 
bunbert  an.  2  S3be.  StugSburg  1846 — 1847.  §abn,  ©efcf).  ber  fatbol.  9Jtiffionen. 

5  Sbe.  Köln  1857 — 1865.  ©b-  €>•  Katfar,  ©efd).  ber  röm.tfaibot.  TTtiffionen.  SluS 
bem  Sänifcben  überfetjt.  ©Hangen  1867.  S3on  3citf«$riften  befonberS  bie  Annales 
de  la  propagation  de  la  foi  (feit  1822)  unb  Les  missions  catholiques  (feit  1868) ; 
beutftf» :  Sie  tatbolifdjen  üftiffionen.  ^reiburg  i.  33r.  feit  1873. 

6.  ©  e  f  d)  i  4)  t  e  ber  c^riftlitfjen  Sitteratur:  Hieronymus,  De  viris  illustri- 
bus,  mit  feinen  Sfortfetjern  (Ogi.  baju  bie  in  ben  „Kircbengefcbidjtticben  ©tubien"  er= 
fibienenen  fDtonograpbien  bon  b.  ©  t)  cf)  o  to  §  f  i ,  33.  ©  3  a  p  l  a  unb  ©.  b.  S 3 i a 1 0 10 3 1 i). 

10.  Trithemius,  De  scriptoribus  ecclesiasticis.  1494.  B.  Bellarmin,  De  scriptoribus 
ecclesiasticis  lib.  unus.  Romae  1613.  L.  E.  Dupin,  Nouvelle  Bibliotheque  des  auteurs 
ecclesiastiques.  Paris  1686  ss.  B.  Ceillier,  Histoire  generale  des  auteurs  sacres  et 
ecclösiastiques.  23  vols.  Paris  1729  ss.  I.  Fessler,  Institutiones  Patrologiae ,  neue 
Stuägabe  bon  33.  Sungmann.  2  voll.  Oenip.  1890  sqq.  O.  33arben beb) er,  ißatro= 
togie.  greiburg  i.  33r.  1894;  2.  Stuft,  ebb.  1901.  St.  £>arnacf,  ©efibidjte  ber  att= 
cbrifttict;en  Sitteratur  bi§  ©ufebiuS.  I.  Sie  Überlieferung  unb  ber  33eftanb;  II.  Sie 
©bronotogie.  1.  25i§  SrenäuS.  Seipjig  1893 — 1897.  fßeriobifibeSpublifationen: 
Se^te  unb  Unterf Übungen  pr  ©eftfjidüte  ber  attdjriftt.  Sitteratur  bon  O.  b.  ©ebbarbt 
unb  St.  §  a  r  n  a  cf.  Texts  and  Studies  bon  J.  A.  Robinson,  ©tubien  jur  ©efd^id^te  ber 
Sbeotogie  unb  ber  Kird^e  bon  91.  33  0  n  10  e  t  f  d)  unb  fft.  ©  e  e  b  e  r  g.  ^orfcfjungen  jur 
cbriftlicben  Sitteratur=  unb  Sogmengefcbicbte  bon  St.  ©brbarb  unb  S-  ^P-  Kirfdj- 
Strdiib  für  Sitteratur=  unb  Kirt^engeftfjid^te  beS  SDüttetalterS  bon  §.  Senifte  unb 
gf.  6  b  1 1  e-  —  SSibtiograbble:  21.  ©brbarb,  Sie  alttfiriftlid^e  Sitteratur  unb  ihre 
©rforfdfung  feit  1880.  fjreiburg  i.  33r.,  S3b.  I  1894,  33b.  II  1900. 

7.  Sogmengefd)i<bte:  Petavius ,  Opus  de  theologicis  dogmatibus.  4  voll. 
Par.  1644 — 1650.  Thomassinus,  Dissertationes,  commentarii,  notae  in  concilia  gene- 
ralia  et  particularia.  Par.  1667.  3t.  ©d)toane,  Sogmengefcbicbte.  4  33be.  (I.  unb 

11.  33b.  in  2.  Stuft.)  Sfreiburg  i.  33r.  1882  ff.  —  §agenbad),  Sogmengefcbicbte. 
5.  Stuft.  1867.  Sf.  ©br.  SSaur,  33ortefungcn.  4  33be.  Seidig  1865.  SbomafiuS, 
Sie  grifft.  Sogmengefcbicbte  als  ©ntmicflungSgang  beS  tircbticben  SebrbegriffS,  2.  Stuft, 
bon  91.  33  0  n  )o  e  t  f  <b  unb  9t.  ©  e  e  b  e  r  g.  ©rtangen  1886  ff.  St.  §  a  r  n  a  dt ,  Sebrbucb  ber 
Sogmengefcbicbte.  3  33be.  3.  Stuft,  ftreiburg  i.  33r.  1886  ff.  9t.  ©eeberg,  Sebrbud)  ber 
Sogmengefcbicbte.  2  33be.  Seipjig  1897 — 1898.  H.  C.  Sheldon,  History  of  Christian 
doctrine.  2  vols.  New  York  1886. 

£>etgeni:ötf)ei\  ßircf)cngefd)id)te.  1.  4.  Slufl. 


3 


34 


Einleitung. 


8.  ©efdfjichte  beg  djri  ft  liehen  ÄuItuS,  ber  SSerfaffung  unb  ber 
§  i  e  r  a  r  cf)  i  e.  fpierfjer  gehören  bie  älteren  ©efamtbarfteEungen  über  d(j  r  i  ft  t  i  cf)  e  21 1 1  e  r= 
tümer:  Mamachi,  Origines  et  antiquitates  christianae.  5  voll.  Romae  1749 — 1752; 
neue  21uggabe  tion  9Jt  a  t  r  n  n  g  a.  6  voll.  Ibicl.  1841  sqq.  Selvaggio ,  Antiquitatum 
christianarum  institutiones.  6  voll.  Yercellis  1778.  Pellicia,  De  clirist.  ecclesiae 
primae,  mediae  et  novissimae  antiquitatis  Politia.  4  voll.  Yercellis  1780;  neue  21uggabe 
itt  2  voll.  Colon.  1829 — 1838.  J.  Bingham,  Origines  antiquit.  ecclesiasticae,  lüteinifdb 
tton  ©rifdjob.  10  voll.  Halis  1724.  3-  SB.  21ugufti,  ®en!toürbigleiten  aug  ber 
dfjriftl.  Slrdiäologte.  12  SSbe.  Seidig  1816  ff.  3.  SSinterim,  SBenfmürbigleiten  ber 
djrifMatljoIifdien  Äircbe.  17  SSbe.  Sftainj  1825  ff.  —  ßultuggefcfjichte:  SS. 

f)  o  f  er ,  §anbfmcf)  ber  fat^ol.  Siturgif.  2  SSbe.  (I.  33b.,  1.  216t.  in  2.  2lufl.  bon  21.  ©b  n  er.) 
3reif>urg  i.  S3r.  1883  ff. ;  in  ber  ©Ölleitung  eine  ausführliche  SSelfanblung  ber  Sitteratur 
be§  ©egenfianbeg.  21.  ©bner,  Quellen  unb  ^orfdEjungen  pr  ©efdhidjte  beg  Missale 
Romanum  im  SJtittelalter.  fjreiburg  i.  SSr.  1896.  3-  r  o  b  ft ,  Siturgie  ber  brei  erften 
d£»riftl.  3af)rt)unberte.  Tübingen  1870;  ©aframente  unb  ©aframentalien.  ©bb.  1872; 
©aframentarien  unb  QrbineS.  SDtiinfter  1892;  ®ie  Siturgie  beg  4.  ^aljrhunbertS.  ©bb. 
1893;  Sie  abenblänbifdfje  SDSeffe.  ©bb.  1896.  Duchesne,  Origines  du  culte  claretien.  2e  äd. 
Paris  1898.  Sb-  §arnacf,  Sljeorie  unb  ©efdbidfjte  beg  fiultug.  2  SSbe.  1877.  §.21. 
ßöftlin,  ©efd£)i(f)te  beg  d)riftl.  ©otteSbienfteS.  3reifmrg  i.  SSr.  1887.  Fr.  Magani, 
L’antica  liturgia  romana.  3  voll.  Milano  1900.  —  SSerfaffung  unb  ßirdtjenrectit: 
©.  3-  ißland,  ©efcf)id£)te  ber  djriftlidljdirdljl.  ©efeEfdbaftgüerfaffung.  5  SSbe.  §annober 
1803  ff.  3-  SB.  SS i cf  e 1 1 ,  ©efdfidjjte  beS  ßirdbenrec£)tg.  ©iefeeit  1843  ff.  3-  SOI  a  affen, 
©efcbid£)te  ber  Quellen  unb  ber  Sitteratur  beS  fanonifdjen  9ted&t§  im  21benblanbe  big 
prn  Sluggang  beS  Eftittelalterg.  ©raj  1870—1871.  3-  3-  <5 d) ulte,  ©efdbidjte  ber 
GueEen  unb  ber  Sitteratur  beS  fanonifcfjen  fftedfitS  bon  ©ratian  big  auf  bie  ©egentoart. 
3  SSbe.  Stuttgart  1875  ff.  ©efamtbarfteEungen  beS  ßircbenred&tg  bon  Eßbillifig 
(Stegengburg  1845  ff.),  SS e ring  (2.  2lufl.,  3«iburg  i.  SSr.  1881),  §infdfjiug  (SBerlin 
1864  ff.),  ©oljm,  itircbenredbt ,  33b.  I:  ®ie  gefdfjicbtltdben  ©runblagen.  Seidig  1892. 
Über  bie  neuere  Sitteratur  betreffenb  bie  2tufänge  beg  ©piftopateS  f.  ©t.  b.  ®unin= 
S3orlotbgti  S.  J.,  Sie  neueren  3orfcbungen  über  ben  Slnfang  beg  ©piftopateS.  3tei= 
bürg  i.  23r.  1900. 

9.  ©  e  f  cf)  i  cf)  t  e  ber  djriftlidjen  ßultur:  G.  Kurth ,  Les  origines  de  la 
civilisation  moderne.  2  vols.  4e  ed.  Paris  1898.  Digby,  Mores  catholici  or  Ages  of 
Faith.  4  vols.  New  York  1888  ff.  (beutfdfje  SSearbeitung  bon  ßober,  ßatbol.  Seben 
im  Btittelalter.  3nn§brucf  1887  ff.).  ©.  ©  r  u  p  p ,  ©pftem  unb  ©efdfidfite  ber  Äultur. 
2  SSbe.  Stuttgart  1894  f.  ©.  Staging  er,  ©efd£)idf)tc  ber  firdfjl.  Slrmenpflege.  2.  2lufl. 
3reiburg  i.  SSr.  1884.  P.  Allard,  Les  esclaves  chretiens.  3C  ed.  Paris  1900. 
S.  9t  ul  an  b,  Sie  ©efdfidfjte  ber  firdblfffffn  Seichenfeier.  Ctegengburg  1900. 

2Iuf  biefen  Sinjelgebieten  gilt  e§,  bie  gorfdiung  fo  intenfib  al§  möglich 
ju  betreiben,  bamit  tjier  bie  berfd)iebenen  ©eiten  be§  fitcblidjen  2eben§  in  ber 
oben  ongebeuteten,  ftreng  miffenfchaftlichen  Söeife  erfannt  unb  bargcftellt  rnerben. 

II.  2)ie  Uniberf  affitdjengef  chidjte  bilbet  au§  all  biefen  ^arjellen, 
bie  ii)r  al§  Vorarbeiten  bienen  miiffen,  ein  ©anje§,  bemächtigt  ficb  ber  zeitlichen 
(Sntmidtung  aüe§  beffen,  ma§  innerhalb  ber  Kirche  zur  ©rfcheinung  fommt,  [obalb 
e§  ju  einem  ber  ^Betrachtung  einen  fftuhefmnft  gemäf)renben  9Ib[ct)Iu^  gebieten  ift. 
SDabei  ift  aber  toohl  zu  beachten,  bafi  bie  ltniberfafgefd)icbte  bireft  unb  in  crfter 
Sinie  bie  eine  mahre  fatholifdie  Kirche  in  ba§  5luge  zu  faffen  hat,  erft  in 
jmeiter  Sinie  bie  anbern  religiöfett  ®enoffenfd)aften ,  bie  ebenfalls  barauf  5In= 
fpruch  erheben,  bie  mahre  Birdie  ©hrifti  Su  fein.  SDertn  e§  fann  bernunftgemäjz 
nur  eine  mahre  ^ird)e  ©hrifti  geben,  unb  ihre  notmenbigen  Attribute  finben 
fich  nur  in  ber  römifdpfatholifdjen  ©euteinfdiaft;  alle  anbern  finb  nur  enR 
ftanben  burd)  5lbfafl  unb  Trennung  bon  ihr.  üßan  fann  biefe  oerfd)iebenen 


4.  ©inteilung  ber  Äir<f)engefcbtif)te. 


35 


fogen.  3?ird)eit  nic^t  als  Seile  eines  großen  ©anjen,  nic^t  als  bereinjelte  35er= 
fuc^e  unb  ©jperimente  bezüglich  beftimmter  Sehren ,  ©efetje  unb  ©inrid)tungen 
auffaffen,  nidjt  als  Sßorftufen  einer  er[t  ju  begrünbenben  3ufunftSfird)e,  ba  ba= 
burd)  bie  $ird)e  als  ©otteS  Stiftung  geleugnet  unb  bem  Söefen  ber  d)rifiüd)en 
Offenbarung  entgegengetreten  wirb *.  ©S  ftnb  aber  in  ^weiter  Sirtie  biefe 
cpriftlidjen  DleligionSgefeKfdjaften  ju  beriidfidjtigen,  nidjt  blop  1)  weil  i(jre  menfdj= 
lidjen  Urheber  bon  ber  Birdie  äufjerlidj  auSgingen,  obfdjon  fie  nid)t  innerlich 
ju  ifjr  gehörten,  fonbern  audj  2)  weil  fie  oft  wie  bie  erbittertften  geinbe  gerabe 
bie  berlaffene  unb  berratene  ßirdje  berfolgten  unb  bebrängten,  3)  weil  fie  biel= 
fad)  in  ber  SBelt  ©influfj  erlangten,  in  einzelnen  3^eigen  audj  biel  görbernbeS 
unb  an  fidj  ©uteS  teils  angeregt  teils  geleiftet  ^aben,  jumal  auf  bem  ©ebiete 
ber  SQßiffenfdjaft  unb  ber  Kultur.  SBäfjrenb  aber  alle  wichtigeren  ©rfdjeinungen 
menfdjlidjer  Kultur  feit  ©IjriftuS  auf  baS  ©Ijriftentum  gurüdfüljren ,  barf  nidjt 
auper  adjt  gelaffen  Werben,  baff  bie  Kirche  nicht  etwa  blop  ben  Vienfdjen  ju 
cibilifieren,  fonbern  iljn  audj  jurn  übernatürlichen  Seben  3 u  er= 
heben  Ijßt;  letzteres  ift  baS  3^  alles  anbere  ift  blop  Mittel  junt  3toed. 

gür  bie  ©efdjidjtfchreibuug  ift  eS  Wefentlidj  geforbert,  in  jwedma^iger 
Söeife  bie  fachliche  Orbnung  ber  ©egenftünbe  mit  ber  d)ronologi= 
fcpen  ju  berbinben.  Oabei  ift  aber  in  erfter  Sinie  bie  djronologifdje  Orbnung 
mapgebenb ,  weil  eS  fidj  um  eine  b)tftorifd)e  Sßiffenfdjaft  Ijanbelt.  Oie  ©in= 
teilung  in  3eiträume  mufj  fidj  auf  innere,  in  ber  ©ntwidlung  ber  Kirche  felbft 
beruljenbe  ©rünbe  fiüpen;  ein  neuer  geraum  tritt  bann  ein,  wenn  in  ber 
Äirdje  neue  SebenSformen  bon  burchgreifenber,  uniberfaler  Vebeutung  ju  Sage 
treten,  weldje  lange  3ed  hin*>ur($  ^em  firdjlidjen  SebenSprojefj  ein  befonbereS 
©epräge  aufbrüden. 

Oie  fjauptjeitalter  ber  $irdjengefdjid)te  finb : 

©rfteS  3e^a^er:  Oie  3eit  ber  ©ntwidlung  unb  AuSgeftaltung  beS 
firdjlidjen  SebenS  31t  feften  formen  im  Nahmen  ber  griedjifdj=römifd)en  ©ibili= 
fation.  —  Anfänglich  Vefämpfung  ber  Kirche  burd)  baS  römifepe  StaatSwefen, 
fpäter  enge  Verbinbung  jwifdhen  Staat  unb  $ird)e;  bie  3?irdje  ift  geograpljtfd) 
im  wefentlidjen  befdjränft  auf  bie  um  baS  Vtittelmeer  gelegenen  Sänber. 

3weiteS  3eilaIter*  S>ie  SXuSgeftaltung  beS  firc^Iicpen  SebenS  unter 
bem  ©tnfluffe  einer  engen  Verbinbung  ber  $irdje  mit  ben  Staatswefen  ber 
romanifdjen,  germanifdjen  unb  einzelner  flawifdjen  Böller  ©uropaS.  —  2Badj= 
fenbe  3entralifierung  ber  firdplidhen  Verwaltung  burd)  baS  ^ßapfttum ;  Srennung 
ber  griecbifchwrientalifchen  bon  ber  lateinifchmbenblänbifchen  ©fjriftenljeit  unb 
wefentlidje  Vefdjränfung  beS  firdjlidjen  ©influffeS  auf  ©uropa;  twdjfte  ©nt= 
widlung  ber  Birdie  als  poIUifdj=[o3ialer  2öeltmad)t,  unb  gegen  ©nbe  ber  Sßetiobe 
barauS  folgenbe  Verweltlichung  unb  Verfladjung  beS  firdjlidjen  SebenS  auf 
manchen  ©ebieten. 

OritteS  3  eit  alt  er:  Oie  innere  geftigung  ber  Kirche  als  geiftiger  unb 
religiöfer  Vtadjt  unb  ipre  Ausbreitung  in  ben  öftlidjen  ©ebieten  AfienS  wie  in 
ben  neuentbedten  weftlidjen  ©rbteilen.  —  SoSlöfung  beS  nationalen  unb  ftaat= 


1  2)te  Don  ber  wahren  ßirdje  getrennten  ©enoffenphaften  hat  Söttinger  tut 
erften  2eile  ber  Schrift  „ßirdje  unb  ßtrdjen"  (Atündjen  1861)  treffenb  beleuchtet. 

3* 


36 


©inleitung. 


liefen  Sebeitg  ber  Sßölfer  bon  bem  firtplitpen  ttniberfaligmug ;  ©influp  beg 
§umanigmug  unb  ber  betau»  fiep  entwidelnben  fultureHen  ©eiftegritptung  auf 
bag  Hrcplitpe  Seben;  3XbfaH  japlreicper  33ölfer  borwiegenb  germanifcpen  ©tammeg 
in  VtitteH  unb  Votbeuropa  jur  ^ärefie,  unb  Vefämpfung  ber  $irtpe  burtp 
biefe  $ärefie  unb  ben  baraug  fiep  entmiefetnben  Unglauben. 

Sie  großen  Söenbepunfte  in  ber  ©ntwidlung  be§  firtplitpen  Sebeng  treten 
naturgemäß  nicpt  auf  einmal  unb  unbemittelt  in  bie  ©efdE)i(f)te  ein.  6»  giebt 
jWifdjen  ben  3eitaltern  afg  Har  auggeprägten  Sßenbepunften  ber  $ird)engefcpi(pte 
längere  über  fürgere  Überganggperioben.  (Sine  folcpe  ift  jwiftpen  bem  erften 
unb  jmeiten  3e^aHer  bie  ^ßeriobe  beg  7.  unb  8.  Saprpunbertg,  in  welcper  bie 
germanifcpen  ©tämme  in  3entral=  unb  SBefteuropa  gröptenteilg  ftpon  für  bie 
^irtpe  gewonnen  waren,  wäprenb  bag  ganje  fircplicpe  Seben  fiep  notp  in  ben 
SRapmen  ber  borpergepenben  ©potpe  bewegte,  ferner  jwifepen  bem  ^weiten  unb 
britten  geitalter  bie  ^periobe  beg  15.  unb  beginnenben  16.  ^aprpunbertg,  wo 
bag  fpejififtpe  firtplicpe  Seben  ber  borpergepenben  3eü  bereits  berfäKt  unb  neue 
gaftoren  fiep  geltenb  matpen,  weltpe  ben  neuen  SBenbepunft  perbeifüpren.  Saper 
fommt  eg,  bap  über  bie  genauen  ©nbpunfte  beg  epriffliepen  Altertumg  unb  beg 
Vtittelalterg  fowie  über  bie  3apl  unb  Sauer  ber  innerpalb  biefer  brei  $eit= 
räume  liegenben  Sßerioben  niept  alle  ©eleprten  übereinftimmen.  Sarüber  beftept 
feine  ®ontroberfe,  baff  bie  brei  erften  cpriftlicpen  Saprpunberte  als  bie  3eü  ber 
Verfolgung  unb  ber  Vtärtprer  ipren  eigentümliepen  ©parafter  paben  unb  bie 
ftaatli(pe  Anerfennung  ber  ß’irtpe  feit  $onftantin  b.  ©r.  eine  neue  5ßeriobe 
eröffnet;  biefe  paben  einige  (Aeanber,  Sacobi,  Vaur)  big  $u  ©tegor  b.  ©r. 
590,  anbere  (Solling er,  $ur|)  big  jutn  fecpften  allgemeinen  $onjil  680 
ober  big  jur  trutlanifcpen  ©pnobe  692  (51  Igo g),  wieber  anbere  (Ütitter)  big 
ju  ©t.  Vonifaj  719  ober  big  ju  beffen  Sob  755  (Aiebner)  ober  big  jnm 
Veginn  beg  Vilberftreiteg  722  (©iefeler)  ober  big  ju  Sopanneg  bon  Samagfug 
(Vtöpler),  anbere  (§efele,  ^afe,  Vkingarten)  big  ju  $arl  b.  ©r. 
erftredt.  ©itper  paben  alle  biefe  ^erfönlicpfeiten  unb  ©reigniffe  ipre  pope 
Vebeutung;  aber  nitpt  minber  paben  fie  bie  erfte  burtp  Aeftorianigmug  itnb 
Vtonopppfitigmug  perbeigefüprte  Hirtpcnfpaltung  im  Orient  unb  bag  erobernbe 
Auftreten  beg  ^glamg ;  fobann  fragt  fiep,  ob  nidjt  bie  erfte  Vefeprung  ber  ©er= 
manen  ganj  bon  ber  ©ntwidlung  ber  grieepifep^römifepen  ©priftenpeit  ju  trennen, 
einem  eigenen  Abftpnitte  jujuweifen  unb  für  Occibent  unb  Orient  eine  ber= 
fdjiebene  3eit  al3  ©nbpunft  beg  cprifilitpen  Altertumg  anjunepmen  ift,  wie  bieg 
neuerbingg  autp  ($raug)  gefcpap.  3m  ^weiten  3eitaHer  felbft  werben  gemein= 
pitx  bie  einzelnen  ^erioben  burtp  bie  5|3etfonen  beg  gropen  $arl,  ber  ^äpfte 
©regor  VII.  unb  Vonifaj  VIII.,  bann  burcp  ben  Veginn  ber  abenblänbiftpen 
$ir<penfpaltung  bon  1517  begrenzt;  ficper  bilben  bie  Vliitejeit  unb  ber  Verfall 
ber  beiben  ©ewalten  ijkpfttum  unb  $aifertum  ipre  ©potpen;  aber  pier  fönnte 
bie  Obmacpt  ber  $aifer  über  bie  5ßapfte,  wie  fie  bon  962  big  1073,  teilweife 
big  1122  perbortritt,  unb  ber  $ampf  beg  dfriftlitpen  Abenblanbeg  gegen  bie 
mopammebaniftpe  Söeltmacpt  bieHeidjt  nitpt  ipre  bolle  VKtrbigung  erfapren,  unb 
wag  ben  Auggang  biefeg  3eitaltcrg  betrifft,  liepe  fiep  barüber  ftreiten,  ob  niept 
ber  Veginn  beg  ißroteftantigmug  in  feinem  23efen  ftpon  auf  VMclef  unb  £)ug, 
jum  Seil  autp  auf  bie  neuen  litterarifcpen  Anregungen  unb  Veftrebungen  beg 


4.  ©inteitung  ber  ßirdjengefdjidjte. 


37 


15.  SaprpunbertS,  auf  bie  ütenaiffance,  äurüdpfüpren,  unb  ob  nicht  bte  ©nt= 
bedung  51merilaS,  toeil  eS  fidj  nicht  um  beutfcbe,  fonbern  um  allgemeine  $irdjett= 
gefd)id)te  panbelt,  pier  bebeutenbec  ift  als  baS  9Infcplagen  ber  SEpefeit  SutperS 
am  31.  Oltober  1517.  2lber  oor  allem  ift  barauf  hinjureeifen ,  baff  in  ber 
Kirche  felbft  bie  neuen  gefd)id)tlid)en  Kräfte,  reelcpe  baS  britte  Qeitalter  be= 
hingen,  erft  feit  bem  ßonjil  oon  Orient  ju  boHer  Geltung  fommen,  reeldjeS 
bie  ganje  innerürddidje  dsntreidlung  feitfjer  beperrfcpt. 

2ßir  entfcpeiben  uns  für  bie  folgenbe  Abteilung : 

dürftet  3eitalter:  93on  ber  ©rünbung  ber  $itd)e  bis  jur  truüanifcpen 
©tjnobe  692. 

3toeiteS  3e^a^er:  23on  ber  33erbinbung  ber  ^'irdje  mit  ben  germa= 
nifcpen  unb  romanifcpen  Reichen  bis  jum  allgemeinen  ^onjil  Oon  Srient. 

drittes  3eitfllter:  ®om  ^onjil  bon  Orient  bis  jur  Septjeit. 

3n  ber  SDarftellung  merben  mir  innerhalb  biefer  großen  3edräume  ben 
(Stoff  möglicpft  cpronologifd) ,  in  fixeren  unb  leicht  überfehbaren  tKbfdjnitten 
gruppieren,  opne  ftreng  fcpematifcp  bie  obigen  Unterabteilungen  ber  dufferen 
unb  inneren  ^ircpengefdjicpte  (©.  4)  burdjjufüpren.  SeptereS  empfiehlt  fiep 
jroar  für  für^ere  Seprbiidier,  roeldpe  als  ©runblage  für  93orIefnngen  gebaept 
finb ;  in  einem  ausführlichen  §anbbud)  ift  eS  aber  gereift  borjujiehen,  bei  bem 
bielgeftaltigen  Seben  ber  $ircpe  biefeS  in  fachlich  unb  cpronologifd)  einheitlichen 
fürjeren  3eitabfchnitten  ju  fd)ilbern,  fo  bafs  bie  treibenben  galtoren  unb  bie 
genetifdje  dsntreidlung  llarer  perbortreten.  2BaS  bann  bie  ÜbergangSperioben 
betrifft,  fo  reirb  eS  baS  befie  fein,  biejenigen  33erpältniffe,  reelcpe  reefentlid)  bem 
borpergepenben  3eitraum  angepören,  bis  jurn  ßnbe  jener  ^erioben  ju  berfolgen, 
bagegen  bie  neuen  gefdjidjtlidjen  gaftoren,  reelcpe  ben  SBenbepunft  bebingen, 
beim  beginne  beS  neuen  3eitabfd)nitteS  ju  bepanbeln,  fotoeit  biefelben  eine  cin= 
fdjneibenbe  SBirfung  auf  bie  piftorifepe  Sntreidlung  geigen. 


($r  ft  er  £etl 

®tc  fttrrfjc  in  ber  untifen  fultnrtiieü. 

(Hon  btt  ©tfwnSmng  S»ev  gtivdje  Me  jwm  ^uegang  Me  7.  galjtljuMMMe.) 


(Sr  ft  eg  33  u  cf). 

©riinbnng,  5in§öreitnng  itnb  innere  3iu3geftaitnng  bet*  Stirdje 
im  ^nntbfe  mit  bem  fjeibnifdKöntifdjen  6tnnt 

(Hettt  1.  Me  jum  gUtfaitg  Me  4.  geMljmtMMe.) 

Sitteratur.  —  $.  © f) r.  Saur,  3)aS  ©fjrifientum  urtb  bie  c^rifttid^e  ßirdje 
ber  brei  erften  3af)rf|unberte.  2.  Stuf!.  Tübingen  1860.  2t.  Sitfcfjt,  ®ie  ©ntfieljung 
ber  attfatfjot.  ßircEie.  2.  2luft.  Sonn  1857.  2t.  Steif),  Sie  @ntftef)ung  be§  ©Triften» 
tumS  (auS  „2tpotogie"  Sb.  III).  ^reiburg  i.  Sr.  1891.  E.  de  Pressense,  Histoire  des 
trois  premiers  siecles  de  l’Eglise  chretienne.  6  vols.  Paris  1858  ss. ;  2e  bd.  1889  ss. 
E.  Benan,  Histoire  des  origines  du  cliristianisme.  7  vols.  mit  1  vol.  Index.  Paris 
1867 — 1883.  L.  Duchesne,  Les  origines  ckrbtiennes  (litfjogr.).  2e  bd.  Paris  (ohne  5fal)r). 
Pli.  Schaff,  History  of  the  Christian  church.  New  ed.  I.  Apostoiic  christi anity ; 
H.  Ante-Nicene  christianity.  New  York  1882 — 1883.  —  iß.  Stellt) orn,  2tu8  ben 
Quellen  ber  $ircf)engefcl)i<f)te.  §eft  1  (bis  ßonftantin).  Sertin  1894. 

(Sr  ft  er  31  b  f  d)  n  1 1 1 . 

Dir  rcltgtöfrn  Duftättin  ittti)  ^lifdjamtngrn  bei  öen  $cii>nt  mtii  i>nt  3»i>rit 
jut  3nt  bet*  (Entftdjitng  bcs  Cl)n(ientnm0. 

1.  2)ie  finecfjifäj'riilttifäje  ^eibentoelt. 

Sitteratur.  —  Söttinger,  §eibentum  unb  Subentum.  Sorfjatle  jur  ©e= 
fdjicljte  beS  ©briftentumS.  Segensburg  1857.  ©ebb,  ®a3  §eibentum  unb  beffen  Sor= 
bebeutung  für  baS  ©brifteutum.  3  Sbe.  Segensburg  1853.  ©tiefetbagen,  tljeotogie 
beS  §eibentum§.  DtegenSburg  1858.  $.  Sfafobs,  §eibentum  unb  ©firifterttum  (Ser= 
mifc£)te  ©djriften.  VI).  Seifgig  1837.  fjrifdjer,  £>eibentum  unb  Offenbarung.  Staing 
1878.  $.  2trnetb,  ®a3  Haffifdje  -fpeibentum  unb  bie  c^iriftlid^e  Steligion.  2  Sbe. 
Söien  1895.  3für  bie  einzelnen  Sötfer  fiefje  bie  ©ammtung:  ©arftellungen  aus  bem 
©ebiete  ber  nicbtdjriftticben  3tetigionSgefebid)te.  SDtünfter  1890  ff.  —  ©.  3 etter,  Sie 
Sbilofabbie  ber  ©rieten  in  ihrer  gefcbidjttidjen  ©nttoieftung.  3  Sie.  in  6  Sbn.  3. — 5.  2tuft. 
Seidig  1880 — 1892.  Übertoeg,  ©runbrif)  ber  ©efdjid^te  ber  Sbit°f°bbie.  8.  2tufl. 
oon  33t.  §  ein  je.  3  Ste.  in  4  Sbn.  Serlin  1894. 

SDa§  §eil  ber  Sßelt  ging  au§  bon  3itbäa.  3lber  at§  ber  <f)eilanb  in  bie 
2BeIt  fam,  mar  ba§  Sanb  ber  Suben  politifd)  aufgegangen  in  bem  fftömerreid), 


1.  ®ie  gried)if(b=römijihe  £eibentoelt. 


39 


ba§  ade  um  ba§  Wittelmeer  anfäfftgen  Kulturbölfer  ju  einem  gemaltigen 
©taat§wefen  bereinigt  I)atte.  Sie  materiede  Kultur  ^atte  eine  bedeutende  f)öf)e 
erreicht.  9ldcrbau,  Raubet  unb  ©ewerbe  blühten;  ein  großes  92eß  bort  bor= 
trefflidfen  Kunftftraßen  bebecfte  bie  ^robinjen  unb  erfeidjterte  ben  Sertelfr  bi§ 
in  bie  entlegenfien  ©egenden.  Sn  ben  jahlreidfen  ^probinjialftäbten  f)errfd)te 
gried)ifd)=römifcf)e§  Kulturleben  mie  in  ber  ^anptftabt  felbft.  Zwar  hoten  bie 
jahllofcn  93ölf  erfiämme ,  weldje  in  ben  ^robinjen  als  Urbebötferung  anfäffig 
waren,  ein  feljr  bunte§  ©emifd)  bar,  wa§  ©itte  unb  Sprache  angel)t ;  ba§ 
Solf  Ijatte  feine  Wutterfprache  beibehalten  unb  bebiente  fid)  i^rer  im  Serfelfr. 
Mein  in  ben  Städten  fpracf)  man  griecbifd)  nnb  lateinifd).  Surd)  Mäander  b.  ©r. 
waren  Kleinafien,  ©prien  unb  ^Xgppten  bem  (Sinflup  ber  griedpfdjen  ©ibilifation 
eröffnet  worben,  obgleid)  ba§  9teid)  be§  Wacebonier§  felbft  nur  bon  früher  Sauer 
gewefen  war.  Sie  9tömer  fanben  bei  ber  Eroberung  biefer  ©ebiete  überall 
l;eHenifd)e§  Söefen  bor.  ©ried)ifd)e  Sitteratur,  Kunft  unb  Silbung  würben, 
Wenn  aud)  in  berfdpebenen  Mftufungen ,  ba§  £)auptelement  ber  Kultur  im 
gewaltigen  diömerreid).  Wit  3lu§nat)me  ber  Suben  waren  ade  Sölfer  be§ 
9teid)e§  einem  bielgeftaltigen  Heidentum  ergeben,  ba§  aber,  wenigften§  in  ber 
9lnfd)auung  ber  großen  Waffe  ber  ©ebilbeten,  nur  noch  als  eine  Summe  bon 
offiziellen  religiöfen  Zeremonien  fortlebte.  Sa§  Heidentum  war  eigentlich  fcf)on 
mit  ber  21bfel)r  bon  ©ott  gegeben;  als  Sielgötterei  (^3oIptf)eiSmuS)  entwidelte 
e§  fid)  nad)  unb  nad)  bei  bem  Schwinden  ber  9tefte  ber  alten  Überlieferungen, 
bei  immer  tieferem  ©id)berfenfen  in  bie  fidjtbare  dtatur.  Ser  gefallene  Wenfd) 
tarn  giriert  bafjin ,  baff  er  alles  anbere  anbetete,  nur  nicht  ben  allein  wahren 
©ott  (233eiSf).  13,  1  ff.  9töm.  1,  23.  25).  Sn  ben  bielfältigen  Kräften  unb 
(Srfdjeinungen  ber  dtatur  fud)te  man  ba§  Rohere  unb  ©öttlidie,  in  einer  ben 
flimatifd)en,  örtlichen  unb  fonfiigen  Serljättniffen,  bor  adern  bem  höheren  ober 
geringeren  ^Bildungsgrade  unb  bem  diationaldfarafter  entfpred£)enben  2Beife.  Sie 
Sbee  ber  £)eiligteit  unb  ber  9ldmad)t  be§  höc£)flen  SBefenS  ging  berloren,  bie 
©otteSberelfrung  warb  eine  rein  äußerliche,  bon  fittlidjen  ^Beweggründen  ent= 
blößte;  bie  UBiirbe  be§  Wenfdjen  felbft  warb  bertannt  unb  geopfert. 

2M)I  war  fomit  ba§  Ipeibentum  eine  traurige  Verirrung  ber  Wenfd)l)eit, 
eine  f^olge  ber  ©ünbe,  aber  ©otteS  ©rbarmen  ließ  nod)  bie  Kräfte  unb  Keime 
beS  ©uten  jurüd ;  bie  ^eilige  «Schrift  nennt  mol)!  bie  heibnifcben  ©open 
Sämonen,  aber  baß  an  ben  Reiben  ade§  bämonifd)  fei,  fagt  fie  nicht,  belobt 
bielmeßr  ba§  ©ute  aud)  an  ben  Reiben,  unb  bie  Kirche  hat  ben  ©aß  ber= 
bammt,  ade  28erfe  ber  Reiben  feien  ©iinben.  £)eben  mehrere  KircßenfcbrifP 
fteder  (Satian,  Sertudian,  SactantiuS,  9lrnobiu§)  bie  bämonifchc  unb  abftoßenbe 
©eite  beS  tpeibcntum»  hei'bor,  fo  finben  anbere  (Suftin,  SheoPßÜ11^  OrigeneS 
unb  Klemens  bon  Slepanbrien,  33afiIiuS,  ©regor  bon  dtazianj,  61)rt)foftomu§, 
SluguftinuS)  in  il)m  aud)  bie  tiefen  5ll)nungen  be§  ©öttlidjen,  ©amenförner 
beS  2ogo§,  jerftreute  Strahlen  ber  Wahrheit,  eblere  unb  beffere  ©ebanlen,  9ln= 
tnüpfungSpunftc  an  bie  dfriftlichen  Sbeen,  an  bie  ben  Suben  aiwertrauten  gött= 
lidhen  MSfprücße  (9töm.  3,  1.  2),  bie  teilweife  benutzt  worben  feien. 

1.  Sei  ben  alten  Kulturböltern  2tfienS  wie  bei  ben  ©tänunen  KleinafienS, 
mit  benen  bie  ©riechen  in  Seritljrung  tarnen,  fanben  biefelben  bie  berfd)ieben= 
artigften  gönnen  beS  ^ßoIptheiSmuS  bor. 


40 


SaS  religiöfe  Seben  ber  Reiben  unb  Suben. 


3ußabranba  in  Äaricit  (Gleina fielt)  mürbe  ber©ott9ften  als  rnannmeiblicpeS 
2Befen  mit  25art  unb  meiblicpen  Prüften,  umtoicMt  mit  Sinben  unb  berfepen  mit  ber 
Soppelajt,  bereprt;  3U  SCRtilafa  ein  3iu§  Ofogo  mit  bem  Sreisacf  (^Jofeibon) ,  bem 
tarier,  Stjbier  unb  iDlpfier  gemeinfcOaftlidje  Opfer  barbracpten.  Sn  ißbrtjgien  fierrfdOte 
ber  Sienft  ber  „großen  fülutter",  ber  ßpbele,  ber  bas  Opfer  Ber  ©elbftentmannung 
bargebradjt  mürbe,  mie  bieg  ipr  Siener  unb  Siebling,  ber  gleidjfattS  bereprte  2UtiS, 
getpan  paben  fott.  Sie  briefterlidfjen  ©unucpen ,  bie  bei  ben  heften  orgiaftifd^e  $änje 
auffüprten,  piepen  ©allen,  ©benfo  mar  ber  ßult  beS  ^bjrijgifdOert  @ct)u^gotte§  ©  a= 
b  a  3  i  u  3  ein  mübfinnlidjer  üftaturbienfi.  3lucp  in  23itppnien,  ßpfien  unb  Spfaonien  mar 
ber  Äult  ber  ßpbele  unb  beS  3UtiS  perrfcpenb ,  moju  nod)  anbere  ßulte  {'amen.  Sn 
ßappabocien  unb  im  SßontuS  mar  bie  §auptgöttin  9fta,  gleict;  ber  fölplitta  unb  ber 
SInaitiS,  bie  in  Werften  unb  Strmenien  als  ©bttin  ber  fjortpffanjung  bie  pöcpften  ©bien 
genop.  3n  ßomana  unb  ©aruS  beftanben  Stempel  biefeg  ßuIteS;  fJJten  ober  SunuS 
(SCRonbgott)  marb  in  ßabira  mie  ju  ßarrä  in  fütefopotamien  bereprt.  3n  3eln  im 
ißontuS  unb  anbertoärtS  marb  aud)  ber  perfifcpc  fyeuerbienfi  geübt.  Sie  ganj  bermeid)= 
liebten  Spbier  bereprten  ebenfo  bie  ßpbele  (2Jta),  PefonberS  ju  ©arbe§,  bann  ben  ©onnen= 
gott  ©anbon  (ben  grieepifepen  iperafleS),  bie  halb  friegerifepe  palb  meicplicpe  Omppale. 
Sie  grieepifepe  £>errfcpaft  unb  ßotonifation  brachte  neue  ßulte  unb  manepe  3Inberungen, 
ohne  bie  fä)mäpüd)en  ©ötterbienfte  ber  früheren  3eü  3U  befeitigen. 

Sn  ©prien  unb  Sßbönigien  bereprte  man  ben  25a al,  ben  Sonnengott,  früher 
PitbloS;  fpäter  fap  fein  25ilb  auf  ©tieren  unb  mürbe  üon  gapllofen  ifJrieftern  bebient. 
3) er  fanaanitifepe  9Jb  0 1 0  cf)  (fIMed)  =  ßönig)  mar  ber  23aal  nach  feiner  ^ürnenben, 
jerftörenben  ©eite,  bie  ©lutfonne,  Oerebrt  mit  fftäuepermerf  unb  ben  Opfern  Don  ©tieren 
unb  aud)  ßinbern,  bie  in  ben  glüpenben  ©djop  beS  metallenen  SboIS  unter  raufepenber 
Sdtufif  binabgeloorfen  mürben,  ©ine  anbere  Sorm  beg  25aal  mar  SDtelfartp,  ©tabt= 
fönig  üon  SpruS,  ber  ppönisifepe  iperfuIeS.  Sem  25aal  fiept  äur  ©eite  bie  SCRonbfönigin 
31  ft  arte,  ©cpupgöttin  bon  ©ibon,  S3aaltig  in  25pbIuS,  Urania  in  2lSfaIon,  aud)  Sffcpera, 
Stftarotb  (4  fiön.  21,  7;  23,  6);  ba§  ipr  gebrachte  Opfer  beftanb  in  ber  ißreiSgebung 
ber  2Beiber;  bie  SBottuft  mar  ©otteSbienft.  Sm  fprifepen  ipierapoliS  patte  biefe  9tatur= 
göttin  einen  ber  präcptigften  Sernpet,  31t  ©ntefa  marb  ber  Sonnengott  ©lagabaluS 
burep  fßriefter  in  Söeibertracpt  ebenfo  obfcön  bereprt.  31  b  0  n  i  S  ober  S  p  a  m  m  u  §  patte 
feine  §auptftätte  in  23pbIuS,  mo  fein  25egräbniS  unb  feine  SBieberauffinbung  mit  Srauem 
unb  Sreubentagen  gefeiert  marb.  Sn  ben  ppiliftäifcpcn  Stabten  mar  Sagon  (1  ßön. 
5,  3  ff.)  bie  §auptgottpeit ,  bargeftettt  burep  einen  $ifd)förper  mit  ültenfcpenpönben  unb 
Sftenfcpenfopf,  bem  babplonifcpen  Obafon  äpnlid);  neben  ipm  bereprte  man  bie  Serteto, 
oben  SCÖeib,  unten  Sufd).  ©ie  maren  SDteereSgötter,  mäprenb  StftarnaS  als  2BitterungS= 
gott  bei  Sürre  unb  Srocfenpeit  angerufen  mürbe. 

Sn  25abpIon  maren  25 el  unb  ÜJlpIitta  (3en§  unb  9tpea)  §>auptgottpeiten ; 
leptere  mar  ibentifcp  mit  2lftarte,  ber  §immellfönigin ,  ber  ©öttin  ber  ©eburt  unb  ber 
Sortpftanjung.  SSel  (ppönij.  Sßaal)  mar  ©ott  beg  §immel§,  beS  Sid)teS  unb  beg  SeuerS, 
erft  in  fpäterer  3^4  nI§  ©onnengott  unb  äpnlid)  bem  Saturn  gebaept.  Ser  ßuItuS  mar 
urfprüngtiep  ©abäiSmuS  (Sei-  8,  2).  Ser  23el§tempel  biente  aud)  al§  ©ternmarte; 
2tftrouomie  unb  2lftrotogie  maren  3U  einer  mit  ber  ^Religion  im  engften  3ufnmmenpange 
ftepenben,  bon  ben  Sßrieftern  (©palbäern)  gepflegten  SBiffenfcpaft  auggebilbet ;  beibe  be= 
rupten  auf  ber  Slnnapme  einer  smifepen  ber  ©rbe  unb  ben  ©lernen  beftepenben  2ßecpfe{= 
mirtung  unb  ©pmpatpie.  Sie  ©eftirne  mürben  als  ©cpicffalSmäcpte  befragt,  3lmulette 
unb  SEJlagie  maren  attentpalben  in  ©ebramp.  3t ff prien  erpielt  ben  ©ternenbienft  bon 
25abpIon,  ben  2lboni§bienft  bon  ©prien;  bie  Sifdjgöttin  Ser  feto,  2Uergati§,  marb  als 
©cpupgöttin  beg  SteicpeS  gebadet;  ipr  SUtribut  mar  bie  peilig  gehaltene  Saube.  3Iucp 
anbere  ©ottpeiten  fomie  ein  PöfeS  ißrinsip  fannte  biefer  Kultus. 

2lud)  bie  3lraber  patten  fiberifepe  ßulte:  ©onne,  fOtonb  unb  ©lerne  mürben 
bereprt.  Sb  SSaif  marb  bie  ©öttin  2U I  a  t ,  SUilat,  fJRonbgöttin,  in  ©eftalt  eines  bier= 
ecügen  meinen  ©teinS  bereprt,  bom  ©tamme  ber  ©atafan  U3  3a  (bie  §ocpmäd)tige)  in 
©eftatt  eines  3{fa3ienbaumS,  bon  anbern  Stämmen  im  23übe  eines  2BeibeS,  3U  9)tebina 
bie  ©öttin  301  a n a t.  Sm  fteinigen  2trabien  marSufareS  (Urotal,  SionpfoS)  ©onnen= 
gott,  in  9Re!fa  PefonberS  §ubal,  abgebilbet  mit  fieben  Pfeilen  in  ber  §anb. 


1.  ®ie  griedpifd)=römifdpe  £>eiöentoett. 


41 


ßartpago,  eine  Kolonie  bei-  S3pönigier,  patte  bie  ppönigifdpeu  ©ötter  Saal, 
fDl  o  t  o  dp ,  2t  ft  a  r  t  e ,  beten  ßult  fidj  gleich  bet  punifcpen  ©pradpe  audp  unter  bet  römi= 
fdöcn  £>errfd)aft  forterpiett.  SJtenfdpem  unb  gumat  ßinberopfer  toaren  üblich,  ePenfo  bet 
unfittticpe  Sienft  ber  Stftarte,  pier  ©öteftis  genannt. 

Sie  2tgppter  fetten  am  gäpeften  an  itjrer  alten  Stetigion  feft,  bie  alte  8ePenS= 
berpättniffe  Peperrfdjte  unb  burdp  toadpfame  fjtriefter  befjütet  toar;  fie  Ratten  Oiet  toeniger 
auSgebitbete  SJlptpen  als  bie  ©rieten;  eine  ©ötterregierung  ftanb  an  ber  ©pipe  ber 
©efdpicpte.  Srei  ©ötterfreife  (®pnaftien)  loetben  ertoäpnt :  bie  erfte  mit  bem  9tationat= 
Sonnengott  Sta  an  ber  ©pipe  patte  fiebert  pödpfte  ©ötter,  bie  gtoeite  gtoötf  ©ötter,  bie 
britte  breifeig  Halbgötter.  SaS  ©ottermefen  ertoitdpS  aus  einzelnen  Sofatfutteu,  toobei 
SJlemppiS  für  Slieber=,  ®p eben  für  Oberägppten  ben  gröfeten  ©inftufe  patten.  ©onnen= 
bienft  toar  in  beiben  Greifen  bie  ©runbtage;  jebe  ßanbfdpaft  bepiett  nod)  ipren  ©pegial= 
gott  bei,  bem  in  ber  Sieget  eine  toeibticpe  ©eite  gugeteitt  toar.  ®er  ©ott  Stmmon 
toarb  erft  burdp  bie  ©rpebung  SpebenS  gu  poperer  23ebeutung  gebradpt  unb  atS  Jupiter 
gefafet.  3«  SSlemppiS  toar  ipptpap  Hauptgott,  tßater  ber  ©ötter  (bon  ben  ©riecpen 
für  $>eppäfto§  gepalten),  in  ©pemmiS  ober  ifSanopoIiS  tourbe  ßpem  (bei  ben  ©riecpen 
Ißan)  Dereprt,  auf  ber  Stufet  ippitä,  batb  aber  in  gang  2tgppten,  bie  ©öttin  3fiS,  atS 
paffiöe  SDtaterie,  ungertrennlidp  berbunben  mit  OfiriS,  bem  geugenben  Sßringip.  2tit 
beibe  tniipfte  fiep  ein  toeit  auSgebreiteter  SJlptpuS.  Sieben  OfiriS  galt  Spotp  atS  gött= 
tidper  ttrpeber  menfdptidper  SSitbung ,  inSbefonbere  ber  ©rfinbungen  unb  fünfte.  ®ie 
Siere  gatten  als  Organe  ber  ©ottpeit  unb  göttlichen  Kräfte;  an  berfdpiebenen  Orten 
tourben  berfdpiebene  Siere  bereprt,  nicpt  btofe  Slinber  unb  ©dpafe,  fonbern  audp  SLöötfe, 
ßrotobite,  ©dptangen;  bie  Sötuttg  eines  peiügen  SiereS  galt  als  tobeStoürbiger  Srrebet 
unb  füprte  oft  gu  blutigen  Kriegen.  ®en  erften  Slang  napmen  bie  Stiere  ein:  in 
fDtcmppiS  2lpi§,  ber  toieberauflebenbe  Sßptpap,  in  ^etiopotiS  SJlnebiS,  bie  toieber= 
auftebenbe  ©onne,  bie  im  gangen  Stittanbe  bereprt  tourbe.  STtit  bem  fraffen  Sierfutt 
tontraftiert  eS  fettfam,  bafe  bie  tßorfteltungen  über  bie  Untertoett  unb  ben  3uftanb  nad) 
bem  Sobe  bis  ins  eingetne  unb  in  einer  SBeife  auSgebitbet  toaren,  toie  bei  feinem  anbern 
bordprifttidpcn  SSotfc.  SSlan  glaubte,  bafe  bie  ©eeten  berftorbener  SJlenfcpen  3000  Sjapre 
lang  burdp  Sierförper  pinburdjgepen  müffen,  um  bann  toicber  in  menfdilidpe  Seiber  ein= 
gitgepen.  DfiriS  galt  als  ®otenricpter ;  beftanb  ber  SSerftorbene  bor  ipm,  fo  füprte  er 
ein  ®oppetteben :  einmal  blieb  bie  ©eete  in  forttoäprenber  ffiegiepung  gu  iprem  irbifdpeu 
Seibe,  ber  barum  aucp  burdp  bie  forgfättigfte  ©inbatfamierung  gereinigt,  unbertoeStidp 
unb  bauerpaft  gemadjt  tourbe,  um  einft  toieber  begogen  toerben  gu  fönnen;  fobann  ging 
fie  burdp  SBanberungen  pinburdp ,  bei  benen  fie  audp  ber  pppfifcpen  Slaprung  toie  im 
irbifcpen  Seben  beburfte;  in  ber  ©etigfeit  fetbft  fottten  bie  irbifcpen  Sefdpäftigungen  fort= 
gefept  toerben.  ©epr  grofe  toar  bie  3npt  ber  peitigen  Seiten  gu  ©prett  beS  ©onnengotteS, 
beS  Stils,  ber  ©cburtöftätte  ber  ©ötter.  ®ie  ißriefterfdjaft  toar  in  Diele  Siangftufen  ge= 
teilt,  ipre  ®ienftteiftungen  bis  ins  fteinfte  geregelt,  namentlich  betreffs  ber  StuStoapt  ber 
Opfer;  gugteidp  toar  fie  im  Sefip  einer  ©epeimtepre,  bie  fie  forgfam  oerborgen  piett. 
Sie  perfifdpe,  griedpifcpe  unb  römifcpe  Herrfdpaft  bracpte  rnandpe  tßeranberung ,  unb  bie 
Slgppter  getoöpnten  fiep ,  neben  ben  überlieferten  Slatiouatgöttern  aud;  ipre  toten  unb 
tebenben  Könige,  fo  fremb  unb  unrein  fie  ipnen  toaren,  götttidp  gu  Oerepren. 

2.  2)a»  begabtefte  S3oIf  ber  alten  Söelt,  bie  ©rieten,  bitbeten  ba§  bon 
anbern  Göttern  ©mpfangette  weiter  au»,  e»  fünftterijd)  gejtaltenb.  Seteger 
unb  tarier,  bie  mit  ben  lettenen  jpäter  öerjdfmoläen,  SEpratier  unb  ^3ela§ger 
toaren  Präger  ber  einzelnen  93e[tanbteite,  au§  bereu  fBerfduneljung  ba§  griecpijcpe 
9letigion§toefen  fiep  entioidette.  ®ie  ^eta»ger,  bie  an  bem  Orafel  ju  SDobona 
einen  fDtittelpunft  ipre»  $ultu&  Ratten,  bereprten  foSmifdje,  geifterhaft  gebadfte 
©ernatten,  Elemente  unb  ©eftirne,  in§befonbere  einen  §immet§gott  (3eu3= 
Uranu»)  unb  eine  ©rbgiittin  (©aia),  mit  jenem  halb  at§  fDtutter  batb  at§ 
©emaptin  berbunben.  2)aju  tarnen  ber  ©onnengott  (^>etio§),  ber  ©ott  ber 
^Befruchtung  (§erme»),  bie  fjeitergöttin  (§e[tia),  bann  bie  uuterirbijdpen  itltädfte, 


42 


Sag  religiöfe  ßeben  ber  Reiben  urtb  Stuben. 


ber  ®önig  ber  ©cpattenwelt,  5liboneu§,  gepaart  mit  fßerfeppone,  ber  ^Bürgerin, 
bie  $abiren,  bie  oberften  Saturmäcpte.  Sei  ben  Hellenen,  für  bie  Homer  unb 
Hefiob  Seprer  ber  Üteligion  waren,  mürben  bie  ropen  Saturgottpeiten  menfdülid) 
geftaltet,  aber  aud)  allen  menfd)lid)en  Seibenf cpafien  unb  Saftern,  fomie  bem 
blinben  Serpängnis  unterworfen.  ©er  griedpifdüe  Olpmp,  wie  er  allgemein 
anerfannt  war,  uinfapte  jwölf  Gottheiten.  3eu§,  ber  ©onner=  unb  2Botfen= 
gott,  erfcpien  al§  ber  oberfte  unb  mäcptigfte,  ber  fßater  ber  Götter;  biefer  mono; 
tpeiftifdüe  3lt9  üoarb  über  gefdüWächt  burcp  bie  Stptpen,  welche  Ewigleit,  Sltlmacht 
unb  ©rpabenheit  über  bie  2öelt  ihm  abfpracpen.  ©a-ju  tarnen  eine  üteipe  bon 
geringeren  Gottheiten,  Halbgöttern,  Heroen,  ©ämonen,  Spmppen  u.  f.  f.,  bie 
Horen,  Ghariten  (Grazien),  Stufen,  Stoiren  (©cpidfal§göttinnen,  f^ar-jen), 
Erinnpen,  fßerfonififationen  abftrafter  Segriffe  (©pd)e,  ©pemi§,  SemefiS). 

Sie  griecpifcpe  füttptpofogie  mar  fo  ppantaftifcp  auggeftaftet,  baff  japfreicper  2Cßiber= 
fprudp  unb  attfeitige  Vermirruug  im  ©ötterbienfte  Peftanb,  mogegen  ber  ©taat  nur  in 
feiner  Söfütejeit  einige  Vbpiffe  511  treffen  bermodjte.  Sie  ©taaten,  bie  ©tämme  unb  ©e= 
fdpfecpter  patten  ipre  ßefonberen  ©ottpeiten,  bie  beibepatten  mürben,  menn  aucp  oft  bei 
geänberter  füticptung  unb  ßebenSmeife  mit  Umgeftaltung  ber  älteren  Vebeutung  unb  beS 
Sienfieg.  ©epr  reicp  mar  ber  Opferfuftug  auggefcpmiicft ,  bie  ©ötterfefte  maren  aucp 
Voffgfefte.  Siefe  Volfgrefigion  mit  iprer  übermiegenben  ©innenluft,  iprer  ppantaftifipen 
unb  unfittfidpeu  Slptpofogie ,  mit  ipren  unmürbigen  Vorftetfungen  bon  ber  ©ottpeit 
tonnte  batb  ben  tiefer  Sentenben  niipt  mepr  genügen;  biete  gaben  fie  auf  atg  leeren, 
btofj  jur  Vänbigmtg  ber  ropen  füllaffe  beftimmten  2lbergtauben  unb  befaunten  fidp,  eine 
efoterifcpe  ßepre  ber  ejoterifipen  be§  Volfeg  gegenüberftettenb,  jum  ©ott  ber  SCöeifert,  ber 
nur  biefen  ertennbar  fei,  atg  bem  pödpfteit  Urmefen. 

2ludp  bie  Stpfl erien,  bon  benen  bie  efeufinifdpen  bie  berüpmteften  toaren,  tonnten 
feine  augreicpenbe  Vefriebiguitg  berfcpaffen;  eg  gab  pier  feinen  beteprenben  Unterricpt, 
fonbern  nur  fpmbotifcpe  fjanbfungen,  Reinigungen,  Opfer,  tpeatrafifdje  ©jenen  aug  ben 
fütptpen  ber  ©ötter,  nädptlid^e  Umjüge;  oft  pffanjlen  fiep  in  ipnen  bie  ßutte  unter= 
brüctter  ©tämme  fort.  Siefe  fpmbotifcpen  §anbtungen  fiefjen  ben  Vermutungen  unb 
Seutungen  ber  Stenfdpen  freien  ©piefraunt,  unb  erft  burcp  biefe  entftanben  eigene  Speorien 
über  biefetben.  Sie  erteucptetften  ©eifter  legten  ipneit  feinen  popen  2ßert  bei.  füteben 
ben  öffentlichen  gab  eg  aucp  fpribatmpfterien ;  in  beiben  tarnen  meifteng  grobe  2tug= 
fdpmeifungen  bor.  3pr  fReij  tag  in  bem  obfipon  büunen  ©Cpteier  beg  ©epeimniffeg ,  in 
bem  burcp  bramatifdje  Sarfteftung  bemirften  Sßecpfet  ber  ©mpfinbungen ,  in  bem  3u= 
fammenmirfeu  ber  fünfte  unb  fünftterifcpen  ©enüffe,  in  ber  tebpaften  ©rregung  unb 
©rgöftung,  in  ber  Verpeifsung  eineg  fetigeren  guftanbeg  audp  nacp  bem  Sobe  für  bie  in 
biefetben  ©ingemeipten. 

Vergeben»  bemühte  fiep  bie  bie  Stängel  ber  Solf§religion 

ju  erfepen;  fie  tonnte  wopl  bei  einzelnen  fcpöne  f^riidüte  tragen,  manche  Sor= 
urteile  jerftören,  bei  bielen  bie  SoIf§religion  in  Stijjfrebit  bringen,  aber  pofitio 
für  bie  Stenge  nichts  Seffere§  jum  Erfap  bieten;  ja  fie  glaubte,  e§  fei  um 
möglich,  allen  bie  Gottheit  befannt  ju  machen,  bie  Stenge  fönne  nicht  ppilo= 
foppifch  fein. 

©ie  gried)ifd)e  fßpilofoppie  begann  mit  ber  Saturppilofoppie  junädüft 
in  ber  burch  ©pale§  au§  Stilet  (um  600  b.  Epr.)  begrünbeten  jonifepen 
©cp  ule.  fßpthagoraa  au§  ©amo§  (525  b.  Epr.),  mit  matpematifdüen 
©tubien  befepäftigt,  grünbete  ju  Proton  in  Unteritalien  eine  a§fetifd)=ppilo= 
foppifepe  ©düble,  bie  befonber§  Statpematit  unb  Stufif  pflegte  unb  bamit  eine 
eigentümliche  religiöfe  2eben§meife  berbanb.  ©ie  fßptpagoreer  fapten  ba§  gaplem 


1.  $ie  griedjifdj=tömtf($e  ^eibeittoett. 


43 


fpfient  als  baS  Urbilb  unb  ben  lebenbigen  ©runb  aller  Singe,  baS  unentfaltete 
©ins  (StonaS)  als  bie  göttliche  Itrfubftanj ,  baS  Uniberfum  als  eine  große, 
aus  3aßl  unb  Staß  ficf)  erbauenbe  Harmonie,  eine  einzige  ge[c£)loffene  Hügel  mit 
bem  ^entralfeuer  in  ber  Stitte,  non  mo  aus  bie  Hßeltfeele  (StonaS)  atle§  burcf^ 
bringt.  (Sin  £)auptpunft  beS  ©pftemS  mar  bie  Sehre  tmn  ber  ©eelenroattberung. 
(Sitten  Schrofferen  ©egenfaß  gegen  bie  VolfSreligiott  füllte  bie  eleatifdje  ©cßule 
bar,  begrünbet  (ca.  536)  bttrih  36enopßaneS  bon  Holopßon,  ber  bie  ©inßeit 
©otteS  ßerborßob,  aber  pantßeiftifch  fie  nur  als  (Sinheit  ber  Söelt  faßte,  mährenb 
fein  (Schüler  IßarmenibeS  baS  reine,  fcf)Iec£)tf)in  einfache  ©ein  an  bie  ©piße 
Stellte ,  in  bent  baS  Settfen  unb  baS  ©ebacßte  jufammenfättt  —  eine  2ltt= 
fcbautingSmeife,  ber  aucf)3ebo  unb  SteliffuS,  bie  testen  (Staaten,  ^ulbigten. 
©nt  peb  olleS  (492 — 432  0.  ©ßr.)  fucßte  bie  jonifcße,  pptßagoreifcße  unb 
eleatifcße  Sichtung  ju  fombinieren  in  einem  großartigen  5)3antßeiSmuS ,  faßte 
bie  emige  fugelförntige  Söett  (©pßäroS)  al§  bcfeelteS,  göttliches,  um  ficf)  felber 
freifenbeS  Söefett,  in  bem  Siebe  unb  Ipaß  ©runbfräfte  ftnb,  bie  außerhalb  beS= 
felben  bie  fichtbare  2öelt  beS  233eü)fef§  ßerborbracßten  unb  beeinflußten,  bertrat 
bie  ©eelentnanberung  unb  forberte  ißr  gemäß  ©cßonung  beS  SierlebenS  unb 
(Snthaltung  botn  ffleifcßgenuß.  Sagegen  fucßten  SemofrituS  Don  Sbbera 
(geb.  460)  unb  mit  if)tn  bie  atomiftifche  ©cßule  jebe  anbere  Hraft  als  bie 
ber  Materie  überflüffig  ju  machen,  erflärten  bie  Söelt  für  ben  Inbegriff  ber 
berbuttbenett,  jufatnmettgeorbttetcn  2ltome,  bie  ©eete  für  ein  Aggregat  bott  runben 
f$eueratomen,  baS,  ein  jmeiter  feinerer  Seib,  ben  ficßtbaren  bicfett  umzieht  unb 
bemegt.  -  3m  5.  3ößtßunbert  b.  ©ßr.  traten  befonberS  in  2ltßen  bie  ©opßiften 
auf,  bie  burch  rebnerifdfje  ©etoanbfßeit  unb  ©cßmeichelei  gegen  bie  ßerrfcßenben 
Vorurteile  biele  ©cßüler  fanben,  aber  jebe  objeftioe  SBaßrßeit  unb  SBirflicßfeit, 
bon  berfcßiebenen  ©pftcmett  attSgeßenb,  in  $rage  fteflten  unb  ben  StaterialiSmuS 
unb  SltßeiSmuS  tbeitßin  berbreiteten. 

©ine  Seaftion  bagegen  mar  bie  etßifcße  tßßilofopßie,  bie  borjüglicß 
©ofrateS  bertritt,  eine  auch  bei  ben  genialen  ©riechen  lebßaft  bemuttberte, 
großartige  ©rfcheinung.  @r  brang  bor  allem  auf  ©elbfterfenntni§,  berfthmolj  bie 
3bee  ber  ^3ßilofopßie  mit  ber  ber  Sugettb,  forberte  ©ntßaltfamfeit  unb  ©elbft= 
itbetminbung  unb  füßrte  perfönlicß  ein  tabellofeS  Seben.  ©r  ßatte  tiefe  2lßnttngen 
beS  ©öttlichen  unb  bemieS  am  ©nbe  feines  SebenS  eine  fonft  bei  ben  Reiben 
unerßörte  §ochßcrjigfeit.  ©cßoit  mar  ber  alte  ©öttermptßuS  bielen  anftößig 
gemorbett,  unb  begabte  Stänner,  mie  ^eraflit,  SßeageneS  bott  Sßegium,  TO?etro= 
boruS  bon  SampfahtS,  fucßten  mit  aUegorifcßer  Deutung  ber  ©ebicßte  Römers 
unb  fpefiobS  abjußelfeu,  mäßrenb  anbere  (j.  23.  SfofrateS)  biefc  Sichter  offen 
toegen  Verleumbung  ber  ©ötter  anflagten,  bie  jur  23efcßönigung  bieler  ffrebel 
füßre.  2luch  ber  Sichter  1)3  inbar  ßielt  manche  Stptßen  für  entftellt  burcß 
Schlechte  ©efittnung;  ber  fonft  fo  gläubige  tperobot  übte  an  einzelnen  Stptßen 
Hritif,  mäßrenb  SßufpbibeS  jmar  eine  göttliche  Seitung  ber  menfchlicßen 
©cßicffale  anerfennt,  aber  bocß  übermiegenb  bie  menfchlicßen  Sriebfebern  unb 
freien  ©ntfchlüffe  ßerborßebt.  3m  religiöfett  23emußtfein  mie  in  ber  2ßoefie  geigt 
fich  ein  fteteS  ©chmattfen  gmifdten  einem  alles  beßerrfcßcnben  2Beltgefeß  ober 
©chicffal  unb  jmifdjen  ber  perföttlicßen  unb  freien  ©elbftbeftimmung  unb  Stacht 
ber  ©ötter.  Sie  3been  bom  ©üttbenfalle  ber  Stenfcßen  unb  bon  ber  Unfterb= 


44 


2>a§  religiöse  ßeben  ber  Reiben  unb  Hubert. 


tidjfeit  tönen  ats  Stadjftönge  früherer  Überlieferungen  nod)  bielfad)  fort,  aber 
oft  nur  teife  unb  faurn  bernetjmbar. 

Oen  (Seift  beS  ©ofrateS  fafjte  ber  hochbegabte,  mit  ben  borauSgegangenen 
5ß^iIofo^en  mofjt  bertraute,  burd)  Reifen  in  Oigt)pten  unb  ©ijilien  mit  reichen 
Erfahrungen  auSgerüftete  5p ta ton  aus  5ttt)en  (429 — 348  b.  Ef)r.).  ©eine 
tpauptlet)ren  finb  folgenbe:  1)  (Sott  ift  feinem  Söefen  nach  unerfennbar,  muff 
geiftig  erfaßt  merben;  bie  9Jtenge  !ann  ifm  nur  in  einer  Leitung,  in  ber 
9J?annigfaItigfeit  ber  Erfdjeinungen,  nicht  in  ber  (Sefamt^eit  feinet  SöefenS  be= 
greifen ;  bem  23otfe  gehört  baS  ^ontrete,  ber  religiöfe  ©taube  (ober  Meinung  — 
0O£a),  bem  SBeifen  baS  SXbftratte ,  bie  Söiffenfdjaft.  2)  Oer  f)öd)fte  (Sott  ift 
ein  intelligenter,  freier,  rneifer  unb  gerechter  (Seift,  erhaben  über  anbere  inner= 
meltlidje  (Sötter  (monotf>eiftifct)er  3l>g).  Er  ift  93 i  Ibner  ber  233 e 1 1  (Oentiurg), 
nicht  ihr  ©cpöpfer;  ihm  fleht  eine  präejiftente  Materie  gegenüber  (buatiftifcher 
3ug);  biefe  rnirb  mögtichft  eigenfdjaftStoS  gebacht,  ift  nur  birtueü,  nicht  aftuett 
Körper;  Körper  entftet)en  erft  auS  ber  (Seftaltung  beS  Urftop.  Oiefe  erfte 
iDtaterie  mar  in  einem  regettofen,  chaotifchen  3uftanb,  in  bem  bie  Elemente 
^medtoS  burcheinanber  mogten;  baS  ^rinjip  biefer  tBemegung  mar  eine  bem 
EljaoS  innemohnenbe,  bon  blinber  9totmenbig!eit  beherrfchte,  bernunfttofe  ©eete. 
3n  biefert  chaotifchen  3uftanb  brachte  erft  bie  göttliche  Vernunft  (ber  mittetft 
einer  Entfaltung  feines  SöefenS  auS  ©ott  emanierte  ©ei ft)  ©eftalt  unb  0rb= 
nung,  iitbem  fie  nad)  bem  Urbitb  ber  cmigen  3been  bie  ÜRaterie  organifierte. 
3)  Oie  Sbeen  finb  ein  iDtittelbing  jmifdjen  ©ott  unb  Materie,  bie  göttlichen 
Slnfcpauungen  unb  ©ebanten,  nad)  benen  als  Oppen  ©ott  bie  Oinge  ber  SBett 
als  Slntitppen  fchafft,  ober  richtiger  bie  Objette  ber  göttlichen  ©ebanten.  ©ie 
finb  ber  einzig  fefte  unb  mürbige  ©egenftanb  menfchlid)en  OenfenS  unb  Er= 
tennenS ;  benn  fie  finb  unmanbetbar  unb  emig  unb  epftieren  nur  in  fid)  fetbft, 
aber  getrennt  bon  allen  Oingen  unb  inbibibuetl,  mährenb  ihre  bielfättigen  5Ib= 
bitber,  bie  finntich  mahrnet)mbaren  Oinge,  beränberüch  unb  bergänglid)  finb. 
3ene  hüben  matjrfjafteS  ©ein,  biefe  nur  ben  ©chatten  beS  OafeittS  unb  jmar 
nur  burc£)  eine  gemiffe  Teilnahme  an  ihren  Urbilbern.  2BaS  ben  5ßpthagoreent 
bie  3ahlen,  finb  ben  tßtatonitern  bie  Sbeen.  ©ie  finb  in  ©ott  begrünbet,  unb 
biefer  ift  bie  atlumfaffenbe  3bee.  Oie  pöchfie  3bee  ift  bie  beS  ©Uten,  faum 
menfd)tid)em  Erfennen  erreichbar,  unerläßlich  jebod)  für  baSfetbe,  Urfadje  atteS 
mahrl)aften  ©eins,  lepter  ©runb  ber  Sbeatmett.  4)  OaS  erfte,  maS  ©ott 
bitbete,  mar  bie  SBettfeete;  bie  im  EpaoS  mohnenbe,  bernunfttofe  ©eete, 
bie  nicht  bertoanbelt  nod)  jerftört  merben  tonnte,  mürbe  burd)  bie  göttlidje  93er= 
nunft  gebönbigt,  mit  bem  göttlichen  9tuS  berbunben  unb  gemifcht;  bie  2Belt= 
feete  ift  burch  ben  ganzen  Söettraum  berbreitet,  unfterbtich,  benfenb.  9ltS  ©ott 
bie  Materie  teilte  unb  $u  Einjettörpern  organifierte,  ba  teilte  er  auch  bie  feelifdje 
©ubftanj  unb  bitbete  eine  tBietpeit  bon  ©eeten,  benen  er  mehr  ober  meniger 
bon  feinem  ©eifte  einflößte.  MeS,  maS  bon  Sntettigenj  in  ber  Söett  ift,  bis 
herab  jum  ÜJtenfdjen,  gehört  jur  göttlichen  ©ubftanj  (pantheiftifcher  3ug).  Oer 
SBett  gab  ©ott  bie  botttommenfte  (fphärifche)  ©eftalt  unb  bie  treisförmige  S3e- 
megung,  machte  fie  ju  einem  aus  ©eete  unb  Selb  jufammengefefpn  bernünftigen 
Oiere,  ju  bem  bottfommenften  unter  ben  gemorbenen  ©öttern,  unb  geugte  ein 
ganzes  ©efd)Ied)t  bon  ©öttern,  gunächft  bie  ©terngötter,  bann  niebere  ©ötter  — 


1.  ®ie  griec!£)tfc£)=r5mifd£)e  .^eibenaelt. 


45 


Dämonen  unb  ©enien  —  (bie  ©öfter  ber  SßoffSreligion).  Ten  ©terngöttern 
übergab  ©ott  bie  bernünftigen  ©eefenfeime,  mit  betten  fie  S8ergänglic£)e§  p= 
)ammenfügen  unb  fo  in  Stacpapntung  feiner  eigenen  ©cpöpferfraft  lebertbe  üffiefett 
bilbett  foßten.  5)  Tamit  entftanb  ber  Sßtenftp,  beffett  ©eefe  bie  SGßeltfeele  im 
fleineit  barfteßt  unb  aus  berfelben  ©eefenfubftang  mie  biefe  gebilbet  ift  na  cf» 
berfelben  3bee  beS  ©uten.  ©S  finb  aber  brei  ©eefenmefen  im  SJtenfcpen:  a)  eitt 
unfterblidje» ,  bie  Vernunft,  baS  ©öttücpe  itt  ipnt;  b)  baS  beffere,  mänrtlidje, 
mutige  (iraScibfe);  c)  baS  fcf)Iecf)tere,  meibficpe,  finnlitpe  (concupiScible)  ©fement, 
beibc  teuere  fterbftcp  unb  erft  bei  ber  Jßerbinbung  beS  ©eifteS  mit  bent  Körper 
pinpfomntenb ,  jenes  im  §erjen,  biefeS  in  ber  Seber  mopnenb,  mäprenb  bas 
©öttfidje  im  Raupte  feinen  ©i|  pat.  SBaprer  33eruf  ber  unfterbfitpen  ©eefe 
ift  ©rfennen  unb  SBiffen,  äße  Tugenb  beftept  im  SHMffen,  aße  Safter  berupen 
auf  Irrtum  unb  Unmiffenpeit.  TaS  SCßapre  faßt  mit  beut  ©uten  pfamntcn, 
baS  ©ute  mit  bent  ©cpönen.  Tie  ntenftpfitpen  ©eefen  paben  ftpon  bor  ber 
©eburt  in  biefer  2öett  borjeitfitp  epiftiert  unb  paben  bort  fiep  berfiinbigt,  fei 
es  burep  Mangel  an  $raft,  burcf)  Unfäpigfeit,  baS  ©öttlicpe  p  erfennett  unb 
feftppaften  (fo  im  „^ßpäbroS"),  fei  es  bttrep  eine  berfeprte  Söapf  unter  ben  ber= 
fepiebenen  SebenSlofen  (fo  im  SBerfe  „SSont  Staate").  6)  Tie  ©ünbe  beS  ÜJtenftpen 
ift  unfreimitlig;  benn  baS  ©cpönfte  in  uns,  bie  ©eefe,  fann  nitpt  baS 
^äpfitpe,  baS  Unretpt,  in  fiep  aufnepmen;  bie  Ungeretptigfeit  ift  eine  ©eefen= 
franfpeit,  bie  man  gfeicp  ben  $ratifpeiten  beS  SeibeS  nitpt  freimißig  aufnimmt. 
2Ber  baS  53öfe  miß,  irrt  nur  im  Urteil,  unb  baS  ift  tein  91  ft  beS  freien  SöiflenS, 
fonbern  pfptpifdjeS  Seiben.  gragt  man,  mie  bie  ©ünbe,  mettn  unfreimißig 
begangen,  beftraft  merben  fann,  fo  ift  p  ermibern :  es  geftpepe,  bamit  man  fiep 
fo  fipneß  als  möglicp  botn  S13öfen  lostrenne;  fobann  fei  Strafe  erleiben  niepts 
93öfeS,  fonbern  etmaS  ©uteS,  meil  pr  Söitterung  Dom  ©Öfen  bienettb;  aucp 
foßen  bamit  anbere  abgeftpreeft  merben,  auf  bap  nitpt  autp  fie  fitp  üerfüpren 
taffen.  SluSbriidfitp  mirb  berneittt,  bap  ©ott  ber  Urpeber  beS  93öfen  fei.  £)ier 
mie  fonft  mirb  bie  menftplitpe  SöißenSfreipeit  Oerfannt ;  ber  ©inffufj  ber  $örper= 
befdjaffenpeit  unb  ber  ©rppung,  beS  Temperaments  unb  ber  äupertt  Umgebung 
auf  bie  Sntcßigettj  ber  ©eefe  mirb  nebft  bent  ftpon  auS  bent  früperen  Tafein 
mitgebratpten  (Sparatter  fo  potp  attgeftpfagett,  bap  an  ©teße  ber  greipeit  bie 
Stotroenbigfeit  tritt  unb  ber  ßftenftp  entmeber  unfepfbar  tugenbpaft,  meil  geiftig 
gefunb,  ober  uttabmenbbar  lafterpaft,  meit  frattf  ift.  3 ft  and)  baS  SSerpängniS 
eine  pöpere  Orbnung  unb  SBorfepung,  ift  and)  neben  ber  präftabifierten  9tot= 
menbigfeit  eine  greipeit  beS  ©injelnen  in  gemiffen  ©renjen  anerfannt,  fo  ift 
boep  ber  TeterminiSmuS  nitpt  übermunben;  für  ©ott  felbft  unb  baS  ©ute 
überpaupt  ift  bie  Staturnotroenbigfeit  niept  p  befeitigen ;  abfotuteS  greifein  oom 
93öfen  fann  ber  ©eefe  nie  pfomtnen.  7)  TaS  gegenmärtige  Seben  ift  nidjt  bfop 
grud)t  eines  früperen,  fonbern  autp  $eint  eitteS  fpäteren  SebenS.  Tie  ©eefe 
ift  unfterbfitp,  meil  fie  Seben,  meil  fie  eittfatp,  unjerfförbar  ift,  mäprettb  ber 
Körper  nur  als  ipr  Werfer  erftpeint.  ©S  giebt  einen  SJtittelpftanb  jmiftpen 
emiger  ©efigfeit  unb  Unfefigfeit,  ben  3uPan^  ber  Suffe  unb  Steinigung  ttad) 
bent  Tobe;  aber  ba  autp  bie  geläuterten  ©eefett  mieber  in  bie  finntiepe  2Beft 
perabfinfett  unb  fo  ber  erneuerten  Steinigung  berfaßen  föntten,  fann  es  eigent= 
fid)  feine  ©eefe  p  ganj  unbergänglicper  ©lürffeligfeit  bringen,  unb  eS  bemegt 


46 


Sa§  religtöfe  Selben  ber  Reiben  imb  Sfuben. 


fid)  bie  VMtorbnung  in  einem  etoigen  Kreislauf.  8)  2ßie  bie  ©chulb  eigentlid) 
nur  ein  Mangel  geiftiger  Kraft,  fo  ift  audj  bie  ©rlöfung  eigentlich  nur  ein 
3u=ft<^=yeIbft:;fommen,  ein  ©id)=felbfUerfaffen  beS  an  ber  Seiler  ber  himmlifdfen 
3been  auffieigenben  ©eifieS,  unb  nur  ber  befdjränften  3a^  ber  ©eifteSmenfchen 
OPhilofoppen,  ^neumatifer)  befd)ieben,  bie  fid)  jum  himmlifcpen  ©ein  empor= 
fcbmingen,  ber  Vernunft  ben  ©ieg  über  ben  Seib  berfdjaffen,  baS  ©innenleben 
gleidjfam  ertöten,  ©arge  unb  Vorbereitung  für  ben  ©ob  foll  baS  Seben  beS 
Vöeifen  fein.  ©er  mapre  pfilofopp  ift  jugleid)  aud)  ber  ©ugenbpafte;  bie  ©u= 
genben  finb  bie  bicr  moralifcpen,  benen  Übermaß  unb  VZangel  entgegensetzen, 
©ie  £)errfdjaft  ber  Vernunft  über  bie  nieberen  Triebe  unb  Vegierben,  bie  auf 
Söiffen  beruht,  führt  jur  ©lüdfeligfeit,  b.  i.  jur  größtmöglichen  Verähnlichung 
mit  ©ott.  ©ie  3bee  beS  pödjfien  ©uteS  fotl,  rnie  ben  einzelnen  VZenfcpen,  fo 
audj  bie  menfdjlidje  ©efeüfcpaft,  ben  ©taat,  burdjbringen,  ber  burch  eine  3trifto= 
fratie  ber  VMffenfcpaft  regiert  merben  foll.  —  ißlaton  hot  apnungSboHe  Vlide 
in  bie  gufunft  geworfen,  erhabene  ©ebanfen  itt  reicher  gütle  auSgeftreut ;  aber 
auch  et  ift  bem  ©chidfale  beS  fich  felbft  überlaffenen  VZenfcpengeifteS  erlegen 
unb  fonnte  bon  Srrtümern  fich  nicht  freihalten,  toie  benn  aud)  in  feinem 
Sbealftaat  bie  Sßeibergemeinfchaft,  bie  ©ienftbarfeit  beS  britten  ©tanbeS,  baS 
3luSfepen  ober  ©öten  Mppelpafter  Kinber  geforbert  unb  bie  ^äberaftie  ge= 
ftattet  mirb. 

^latonS  ©djüler  unb  9tad)folger,  bie  3t t ab emi! er,  mad)ten  Diele  feiner 
Vermutungen  ju  Seprfäpen,  micpen  auch  in  manchen  Sehren  Don  ihm  ab. 

©er  größte  ©djüler  ^latonS,  aber  aud)  fein  größter  ©egner,  ber  uni= 
DerfeUfte  ©eift  beS  3lltertumS,  mar  3lriftoteleS  aus  ©tagira  (384 — 322  b.  ©pr.), 
ber  Vegriinber  ber  ßerißatetif chen  ©chule  unb  ber  bialeftifcpen  5ppilo= 
foppie.  ^laton  mar  borjugSmeife  poetifdj,  ibealiftifch ,  fpefulatib,  SlrifioteleS 
bagegen  matt)ematifch  nüchtern  unb  präjiS,  realiftifch,  fritifd).  ©er  ©tagirit 
mar  ippilofopp  he»  VerftanbeS,  ©pftematifer :  er  [teilte  bie  ©enfgefepe  beS  menfch= 
liehen  ©eifteS  jufammen  (Organon).  3IuSgepenb  bon  bem  Unterfchieb  jmifchen 
©ubftanj  (Ufia)  unb  SlccibenS  (©pmbebefo»),  gäplt  er  geßn  Kategorien  auf 
(2öefenheit,  Quantität,  Dualität,  ^Relation,  Ort,  3eit,  gage,  §aben,  ©pun, 
Selben),  entmidelt  bie  Sehre  bon  ben  Urteilen  (©äpen),  ©cplüffen,  ©rugfcplüffen, 
VetoeiSfüprungen.  Von  bem  3tllgemeinen  get)t  er  ju  bem  Vefonbern  unb 
©injelnen  über;  er  begnügt  fid)  borperrfchenb  mit  ben  bon  ber  ©nblicpfeit  ab= 
drapierten  Vegriffen  unb  fept  bie  tonfrete  2ßirflid)leit  als  bie  böUig  reale  Sbee. 
©ie  Vatur  betrachtet  er  nach  Vtaterie,  gorm  unb  ^ßribation  unb  unterfcheibet 
ba§  3rbifcpe  unb  ba§  §immlifd)e.  3ln  ißlaton  befämpfte  er  bie  Sbeenlepre, 
bie  ^ßtäepiftenj  ber  ©eelen,  bie  ©eelentoanberung,  fomie  ben  ©ap,  bap  niemanb 
freimiüig  böfe  fei.  ©ott  mirb  bei  ipm  nicht  als  ©cpöpfer  ober  auch  nur  als 
Söeltbilbner,  fonbern  als  ©nbjiel  (^inalgrunb)  gebacht,  als  uniberfelter  ©egen= 
ftanb  beS  Verlangens  unb  ber  Siebe,  als  reine  Snteltigeng  opne  Kraft,  tpötig 
im  ©enfett  ihrer  felbft.  ©ie  ©eele  epiftiert  nach  it)m  nur  oI§  Seib 

Vefeetenbe;  fie  ift  baS  ifkinjip,  baS  ben  Seib  geftaltet,  bemegt  unb  entmidelt, 
bie  ©ufiftanj ,  bie  nur  in  bem  bon  ihr  geftalteten  unb  burdjbrungenen  Selbe 
jur  ©rfdjeinung  fommt  (©nteledjie).  ©ie  ©eele  fann  nicht  ohne  ben  Seib  gebacht 
merben  unb  umgelehrt.  3ln  ber  ©eele  merben  bie  ernäljrenbe,  bie  empfinbenbe 


1.  Sie  giietf)ijc£j=römtf<f)e  §eibentoelt. 


47 


unb  bie  benfenbe  kraft  unterschieben ;  letztere  ifi  teil!  leibenb  int  Aufnehmen 
ber  ©inbrüde  (33erftanb),  teil»  ttjätig  im  iperboröringen  (Vernunft);  bie  93er= 
nunft  ift  unfterbtidj ,  mäfjrenb  alte»  übrige  ber  ©eete  mit  bent  Seibe  in  ba! 
Sticht!  jurüdfinft.  Sie  Srrtümer  bei  Ariftotete!  befielen  in  ber  Seugnung 
(eigenttid)  SBieberauftjebung)  ber  (fonft  behaupteten)  Einheit  ber  ©eete,  in  ber 
Annahme  ber  ©migfeit  ber  Söett  unb  ber  ©ötttidjfeit  ber  ©eftirne,  in  ber  93er= 
fennuttg  ber  göttlichen  33orfet)ung  unb  ber  235illen§frei£)eit ,  in  ber  nicht  biet 
über  eine  höhnte  ktugtjeitltehre  fpuaulfommenben,  nur  auf  ba!  Söohtbefinben 
gerichteten  SJtorat.  2ßäljrenb  auch  er  bie  ©taatlfunft  (tßolitif)  mit  ber  ©tf)if 
in  bie  engfte  33erbinbung  bringt  unb  biet  Srefftiche!  über  3med:  unb  ©inridjtung 
be»  «Staate»  bortrögt,  empfiehlt  er  £afc  unb  9ta<hfud)t,  Au!fe|en  unb  Säten 
fdjmädjticher  kinber,  Abtreibung  ber  2eibe!frud)t  unb  berteibigt  bie  ©Haberei, 
tuobei  er  fogar  ben  ©Haben  bie  bernünftige  ©eete  abfpricpt. 

Sie  tph^0f°Phen  nach  Ariftotete!  tonnten  nod)  meit  meniger  bie  heibnifdje 
Söett  erheben  unb  läutern,  ja  fie  trugen  nur  bei  ju  einem  noch  größeren  SSer= 
fall.  Sie  ^eripatetifer  entfernten  fid)  bon  ihrem  SJteifter  burd)  eine  mehr 
materiatiftifdje  Stidjtung  unb  ba!  33eftreben,  nur  phpfifalifdje  Urfadjen  gelten 
ju  taffen;  ber  3'ueifet  an  altem  trat  mächtig  herbol:  unb  fdjritt  bis  jur 2eug= 
nung  alter  objeftiben  Söahrtjeit  unb  ©emiffheit,  mäfjrenb  fidh  bei  bem  Abgang 
phitofoptjifdjer  iprobuftibitöt  eine  ba!  3ufagenbe  au!  ben  älteren  ©pftemen  be= 
nutjenbe  (ettef tif  dje)  Aidjtung  bitbete.  Siefe  hatte  eine  boppette  ©trömung : 
bie  eine  mottte  eine  engere  Sßerbinbung  mit  ber  mieber  lebhaft  jum  23ebiirfni! 
getüorbenett  SßotlSretigion  anbahnen,  bie  anbere  biefetbe  böttig  aulrotten;  erftereS 
mar  ba!  ©treben  ber  ©toiter,  letztere!  ba!  ber  ©pitureer.  3eno  au! 
©ittium  (340 — 260  b.  ©tp:.),  *)er  biet  mit  ©tjnifern  bertehrt  hatte  unb  bon 
bormiegenb  praftifdjen  Sntereffen  geleitet  mar,  ift  ber  Söegrünber  ber  ftoifdjen 
©d)ule,  ber  nad)  ihm  kteantt)e!,  bann  ber  föharf finnige  ©tjrpfippu! 
au!  ©oti  borftanb.  Sn  ftarrer  Abfchliepung  unb  mit  hoffärtigem  Sünfet 
mürben  bie  nicht  ber  ©djute  Angehörigen  mie  Barbaren  unb  ©Haben  betrachtet; 
bie  2öettanfid)t  mar  burd)  au!  materiatiftifch :  nur  bie  Materie,  ba!  körperliche 
ift  mirftich ;  ©ott  ift  nad)  feiner  ptjrjfifdjen  ©eite  bie  alles  burd)bringenbe  2eben!= 
roärtne,  ba!  Söettfeuer,  jugteidj  bie  in  ber  Sßett  mattenbe  Stotmenbigfeit,  meta= 
Phhfifch  ein  fetigel,  bottfommene! ,  emige!  Sßefen,  bie  für  atteS  borforgenbe 
Söettbernunft,  ethifch  ber  Urheber  bei  ©ittengefe^eS,  ber  loljnenbe  ober  ftrafenbe 
9tid)ter.  Attcl  ift  bon  ©migfeit  borherbeftimmt,  unabänbertid).  Aitel  ift  bie 
©ottpeit  fetbft  ober  eine  bon  ihr  angenommene  ©eftalt;  ber  Altgott  ift  fomoht 
in  feiner  ©inheit  all  in  feinen  Seilen  (©eftirnen,  SJteeren  u.  f.  f.  all  ©öttern) 
ju  berehren,  menn  aud)  biefe  mieber  in  bie  ©inheit  fid)  auftöfen.  Aud)  bal 
Sööfe  ift  notmenbig  jur  Sarftettung  ber  SBettharmonie,  unb  ohne  balfetbe  fänbe 
fid)  nicht!  ©ute».  Sie  Freiheit  bei  SJtenfdjen  fott  gemährt  merben,  aber  e!  ift 
biefetbe  Hoffe  ©pontaneität ;  bah  ber  SJtenfdj  frei  fo  ober  fo  mitt,  ift  ebenfall! 
borherbeftimmt,  ba!  innere,  menn  auch  erfotgtofe  SBiberftreben  bteibt  beim 
SJtenfdjen.  Sie  ©ötter  finb  all  tSejeidjnungen  ber  berfdjiebenen  23erförperungen 
bei  einen  UBeltgotte!  ju  faffen,  bie  SJtpttjen  attegorifdpphhfifalifd)  ju  elitären, 
unb  bie  Anbetung  bergötterter  SJtenfdjen  ift  baburcp  gerechtfertigt ,  baff  jebe 
fDtenfcpenfeete  ein  Seit  ber  ©ottt)eit  ift.  Sa  bie  göttliche  kraft  in  ber  gaujcn 


48 


Sa§  religiöse  Seben  ber  Reiben  unb  3fitben. 


2öelt  berBreitet  ift,  firtb  Orafel,  3ei<ße©  träume  u.  f.  f.  jugleid)  natürlich  unb 
bocß  attcO  göttlidj.  Sie  Sugenb,  baS  ßöcßfte  ©ut,  befielt  junacßft  in  ber  $lug= 
ßeit  ($ßronefi§),  in  bem  naturgemäßen  Verßalten.  Ser  2Beife  muß  feine  Sriebe 
unb  Seibenfcßaften  ber  Vernunft  unterorbnen  unb  boHfommene  Utuße  (5Itarajie 
unb  5lpatßie)  unb  BebürfniSlofigfeit,  ©elbfigenügfamfeit  f51utarfie)  geminnen. 
Iber,  ba  bod)  biefeS  2>beal  nic£)t  moßl  ju  erreichen  ift,  barf  er  ben  llmftänben 
fid)  anbequemen,  mie  aud)  ©ott  ju  nieberen  SafeinSformen  fid)  ßerabläßt. 
©elbftmorb,  Süge,  $nabenliebe,  gemerbSmäßige  Unjucßt  unb  anbere  Safter 
tmtrben  fo  erlaubt. 

Ser  mit  3eno  gleicßjeitige  ©pifur,  nacßßer  bon  feinen  Slnßängern 
entßufiaftifcß  öereßrt,  [teilte  ebenfalls  bie  ©tßif  in  ben  Vorbergrunb  unb  fanb 
als  ßöcßfteS  3^1  bie  unbebingte  9tuße  unb  ©orglofigfeit ,  ging  aber  bon  bem 
mit  bem  möblierten  SKtomiSmitS  beS  SemofrituS  berbunbenert  cprenäifdjen 
©ubaimoniSmuS  aus.  ©innenmaßrneßmung  ift  ißrn  baS  einige  tßeoretifcße, 
Suft  ober  Unluft  baS  einzige  praftifcße  ^ßringip  ber  ©rfenntniS.  Sie  SBelt 
mar  ißrn  eine  bttrcß  3uffld  nuS  ^>em  3ufammen©mmen  ber  5ltome  gebilbete 
unb  immer  rnieber  aufgejogene  Vtafcßine,  bie  ©eete  ein  aus  ben  feinften,  runben 
unb  feurigen  Atomen  jufammengefeßter,  mit  bem  Seibe  untergeßenber  Körper, 
bie  ©ötter  nur  in  ungeftörter  9tuße  oßne  Arbeit  unb  ©efcßäfte  tebenbe,  auS 
Atomen  befteßenbe  2Befen,  bie  fid)  nicßtS  um  bie  ÜJienfcßen  betümmern,  bie 
biefe  barum  aud)  fo  menig  ju  fürcßten  ßaben  als  baS  VerßängniS  ober  ben 
Sob.  ©erecßtigfeit  unb  Ungerecßtigfeit  finb  nur  ßergebratßte  begriffe;  bie 
geiftige  unb  finnlicße  Suft,  fern  öon  adern  ©cßmerj,  baS  Mittel  jur  fetigen 
©emütSruße,  mobei  mit  oerniinftiger  Berechnung  alles  ©törenbe,  Unangeneßme 
üermieben  mirb.  SiefeS  ©ßftem  fanb,  obfcßon  es  auf  Ütetigiofität  unb  ©itt= 
licßfeit  ßödjft  gerftörenb  mirfte,  bocß  Oon  allen  bie  meitefte  Verbreitung.  Sie 
Suft  (fpebone)  mürbe  bon  einzelnen  ©pifureern  batb  meßr  als  finnlicße  SöoKuft 
halb  meßr  als  geiftiger  ©enuß  gefaßt,  aber  aud)  unter  leßterem  marb  ßäufig 
nur  bie  ©rinnerung  an  fritßere  ©innengenüffe  gebaißt. 

3m  ©egenfaße  ju  ben  Sogmatifern,  bie  pofitibe  Seßrfäße  bertraten, 
erflärten  bie  ©feptif  er,  eS  fei  auf  feinem  ber  biSßer  betretenen  SBege  ©eifteS= 
ruße  unb  SebenSglitd  ju  finben,  bielmeßr  nur  ltnruße,  Vermirrung  unb  Qual, 
alles  fei  jmeifelßaft.  3m  5lnfdjluffc  an  ^pprrßon  bon  ©liS  (325  b.  ©ßr.) 
unb  beffen  ©cßüler  Simon  leßrte  5lrfefilauS  (318 — 244  b.  ©ßr.),  ber 
©tifter  ber  j  m  e  i  t  e  n  51  f  a  b  e  m  i  e ,  bie  Unmöglicßfeit  eines  pßilofopßiftßen 
28iffenS  überhaupt  unb  bie  Votmenbigfeit ,  ficß  mit  einer  2Baßrfd)einlicßfeit  ju 
begnügen. 

HarneabeS  (215 — 130  b.  ©ßr.),  ©tifter  ber  brüten  5lfabemie, 
naßrn  berfcßiebene,  bon  ber  Sßiffenfcßaft  31t  erörternbe  ©rabe  ber  SBaßrfdjeinlidjfeit 
an  unb  manbte  ficß  bem  ©flefticiSmuS  ju,  inbem  er  an  bem  ftoifcßen  ©ßfteme 
eine  fcßarfe  Shitif  übte,  bie  aber  meit  über  beffen  ©renjen  ßiuauSging  unb 
jeben  religiöfen  ©lauben  befämpfte.  3mmer  größere  5lbfpannung  trat  ein,  leere 
5lbftraftionen  unb  formen  mürben  aufgefteHt,  bie  Sßßilofopßie  berjmeifelte  nicßt 
bloß  an  ber  Religion,  fonbern  aucß  an  fid)  felbft.  3m  Seben  jeigte  fid)  ber 
tieffte  ©ittenberfaü ;  Sreulofigfeit ,  Unfittlicßfeit  jeber  5trt,  maßlofe  Hoffart, 
5Dtenfcßenßaß  unb  ©elbftmorb  mucßerten  üppig  empor. 


1.  Sie  gried^if(f)=röinifcf)e  §>etbentoelt. 


49 


3.  Sie  römifcpe  Religion  bilbete  fid),  ben  gemifdjten  (Elementen  ber 
VeDötferung  entfprcd)enb,  au§  berfcpiebenen  Etationalfulten.  Sic  ältcflen  S3eftanb= 
teile  beuteten  auf  3ldferbau  unb  ^irtenleben ;  ^ßicu§,  fyaunu§,  2upercu§,  Ster® 
cuttu§,  s$ale§  unb  anbere  ©ottpeiten  ftanben  ben  hierher  gehörigen  Verrichtungen 
Dor;  bie  £)erbgöttin  93effa  mar  ben  gried)i[c£)=ttaltfdöen  Völfern  gemeinfatn,  mährettb 
Ouirinu3  unb  Sancu§  (fabinifdjer  $önig)  urfprüngltcf)  nur  non  ben  «Sabinern 
Dereprt  mürben.  ^  n  p  i  t  e  r ,  Suno,  Vt  inerb a,  Sann»  (ttrfpriinglid) 
Sonnengott),  SaturnuS,  Op§,  $Rar»  unb  Siana  mürben  berel)rt;  aber 
bie  Dtömer  Ratten  feine  ber  gried)ifdjen  ähnliche  Vtptl)ologie,  mie  aud)  feinen 
f)omer  unb  §efiob,  feinen  iperoenfult.  Siefe  ^>auptgötter  maren,  beoor  bie 
griedjifdjen  ©infliiffe  mächtiger  mürben,  aßgemeine  Aaturmöipte  ober  biofee 
Elbftraftionen  menfd)lid)er  guftönbe.  Sie  bem  Volfe  borentpaltenen  priefterlidjen 
5öiicf)er  enthielten  nur  trodene  ^atnenaberjeicfmiffe  ber  ©ötter,  ihre»  2Bitfung§= 
freife§  unb  ber  Vefonberpeiten  il)re§  Sienfte».  Sööprenb  man  mehr,  al§  fonft 
gefchah,  an  ber  Sbee  eine§  pödjften  ©ottc§  (Jupiter  Cpt.  Vtaj.)  feftpielt,  ging 
man  in  ber  ^erfonififation  einjelner  Kräfte,  Sljätigfeiten,  ©igeitfipaften,  Qiu 
ftänbe  meiter  al§  irgenb  ein  anbere§  Volf;  für  aße»  bi§  in§  fleinfte  gab  e» 
eigene  ©ottpeiten,  fo  bafe  faum  ein  Ütörner  aud)  nur  bie  tarnen  Oon  aßen 
fannte.  Unter  bielen  formen  efjrte  man  bie  Sd)idfal§göttin  Fortuna;  Unter® 
mett»gottpeiten  gab  e§  mehrere,  ebenfo  gürten®  unb  ©artengötter  (Sea  Sia, 
^>ale§,  gßora,  Vertumnu§,  Eßomona).  $mmer  entftanben  neue  ©ottpeiten,  ba 
aud)  bie  ©ötter  bcfiegter  Stabte  aufgenommen  mürben.  Sie  bielfadfen  Opfer 
unb  3cremonien  mürben  mit  peinlicher  ©enauigfeit  nad)  priefterlidjer  Einleitung 
OoHjogen.  ©tru§fifcpe  unb  griecpifdje  ©inmirfungen ,  leptere  befonberS  bon 
©umä  au§,  brachten  biele  Veränbcrungen;  ftatt  bc§  bilblofen  Kultus  famen 
©öfeenbilber  bon  £)olj  unb  Spon  auf,  unb  bie  fibpßinifdjcn  Vüiper  brachten 
gried)ifcpe  $ulte  nad)  Utom,  ben  be§  Apoßo,  ber  Satona,  be§  Ekfulap,  ber 
©crc§,  ber  ^pbele.  Sa§  Capitol  mar  religiöfer  Vtittelpunft,  in  bem  nach  unb 
nad)  bie  Vilbniffc  aßer  ©ötter  aufgefteßt  mürben.  Sie  bielen  Siege  ber  Vömer 
nährten  bicfen  ©ötterglauben.  Vßar  aber  früher  bis  ca.  300  b.  ©pr.  ba§ 
ganjc  5ßrieftertum  nur  ben  ^ßatrijicrn  eigen,  fo  erhielten  baSfelbe  nachher  auch 
bie  Plebejer.  33ergebenS  fuditen  patriotifd)  ©efinnte  ben  peimifcpen  ©ötterfult 
ju  maf)ren  unb  ba§  ©inbringen  gried)ifd)er  ©ebräudje  ju  bcrl)inbern;  bie  ge® 
banfenarme  römifcpe  Religion  fonnte  fid)  gegen  ben  3flll^er  ber  peßenifdjen 
©öttcrmelt  nicht  behaupten;  e§  mel)rte  fid)  bei  ben  ©ebilbeten  bie  Vertrautheit 
mit  ber  grieepifdjen  Sitteratur  unb  $unft,  mie  bie  Anjapl  gried)ifcper  SHaben 
unb  bie  Sroppäen  au§  Spraf'uS,  Korinth  unb  anbern  Stabten.  Sa§  Verlangen 
nad)  fremben  ©öttern  mudj§,  bie  3eit  ber  hinfterbenben  SRepuPIif  mar  aud) 
eine  3eit  be§  religiöfen  Verfaßt.  Aberglaube  unb  Unglaube  nahmen  mädßig 
überpanb;  auf  ber  einen  Seite  fam  man  jur  Vergötterung  nod)  lebenber 
2Jtenfcpen  (mie  ©äfar),  auf  ber  anbern  liefe  man  Diele  alte  ßuItuSftätten  unter® 
gehen  unb  mit  ihnen  manche  lang  geübte  $ulte.  Varro,  ber  ba»  Verlorene 
erfe|en  unb  bie  jerftüdten  ©lieber  mieber  jufammenfügen  moßte,  unterfepieb 
mit  mehreren  Stoifern  unb  5CRuciu§  ScäDola  eine  breifache  Spcologie :  bie 
mptpifepe  ber  Sitpter,  bie  bürgcrlidje  be»  in  ben  Stabten  angenommenen 
Kultus,  bie  biele»  Don  jener  aufgenommen,  unb  bie  pppfifepe  ber  ^pilofoppen, 

§ergeitr&tI)eT,  ßin§cngcfd)icl)te.  I.  4.  Stuft.  4 


50 


®aS  religiöfe  Sehen  öer  §eibeu  unb  Suben. 


meldje  jener  ju  £)ilfe  fommen  ntüffe ,  namentlich  burcf)  fQmboIifcEje  (Srflärung 
ber  ÜRpttjen  im  9tnfd)tuffe  an  baS  ftoifdEje  ©Aftern;  toofern  baS  nid)t  gelinge, 
fei  eS  bod^  bem  Sßolfe  nicht  gut,  alte»  Sßaljre  ju  miffen,  unb  beni  ©enteinmefen 
fogar  zuträglich,  menn  e§  biet  galfdjeS  für  maßr  halte. 

tpödjft  gahlreich  maren  bte  trieft  er,  teils  einzelne,  teils  KoEegien,  bonehtanber 
jietnlicf)  unabhängig,  leinet  meltlichen  S8ef)örbe  öeranttoortlicf)-  ©pater  befleibeten  bie 
Katfer  mehrere  Priefteramter ,  mären  3ugleicf)  Oberpriefier  unb  befeßten  bie  meifteit 
©teilen  in  ben  .Kollegien.  ®ie  Pontifices  führten  bie  Sluffidjt  über  alle  öffentlichen 
unb  prtBaten  ©otteSbienfte,  bemahrten  bie  ÜtechiStunbe,  ftellten  ben  Kalenber  feft,  übten 
©ericljtsbarfeit ,  3umal  bei  ©afrilegien  unb  Snceften,  mobei  fie  felbft  bie  SmbeSftrafe 
auSfprecßen  tonnten.  Pon  bem  oberften  berfelben  mit  Peirat  feines  KoEegS  unb  ber 
Sluguren  marb  ber  jur  Sftepublifaeit  mit  bem  Parnen  beS  Königs  geehrte  Priefter  er= 
nannt,  ber  bie  ehemals  Bon  ben  Königen  Berricf)teten  heiligen  §anblungen  unter  35ei= 
ftanb  feiner  ©emahlin  (Opfertönigiu)  3U  beforgeit  hatte,  fonft  aber  ohne  allen  ©influß, 
auch  auf  religiöfem  ©ebiete,  mar.  S)ie  15  fylamineS  (brei  öornehmere  aus  ben 
Patrijiern  für  Jupiter,  ERarS  unb  GuirinuS,  jmölf  Heinere,  bie  auch  aus  ben  Plebejern 
gemählt  merben  tonnten)  hatte«  bie  ftrengften  SebenSBorfchrtften  unb  befonbere  93orrecf)te. 
Priefter  beS  in  Pom  ho<h  geehrten  SRars  maren  bie  in  Pfaffen  tanjenben  ©alier,  in 
jmei  KoEegien  geteilt.  SBährenb  bie  in  brei  KoEegien  geteilten  alten  ßuperci  megen 
llnanftänbigteit  beS  S>ienfteS  mehr  unb  mehr  bie  Sichtung  üerloren,  behaupteten  bie 
lebenslänglich  ernannten  arbalifchen  P rüber  ihr  Stnfehen.  3«r  lluterfiüßung  ber 
Pontifices  bei  ben  oerfchmenberifchen  Dpfermablseiten  mürben  196  b.  ©hr.  bie  ©pu tonen 
eingefeßt ;  bie  K  u  r  i  o  n  e  n  (30)  maren  geiftlicije  Peamte  ber  Kurien ;  für  ben  Bergötterten 
SluguftuS  mürben  14  n.  ©hr.  25  ©obaleS  SluguftaleS  geftiftet,  mie  baS  auch  nacß= 
her  für  apotheofierte  Kaifer  gefcOah-  Prie ft e rinnen  hatten  bie  [Römer  nicht  außer 
ben  auSlänbifcßen  ber  ©ereS  unb  ben  (erft  Bier,  batm  fecßS)  P  eftat  innen,  benen  bie 
Peloaßrung  ber  herltgf±en  llnterpfänber  beS  ©taateS,  ber  Opferbienft  unb  bie  pflege  beS 
heiligen  SeuerS  ber  Pefta,  bie  [Bereitung  beS  ©pferfcßroteS  unb  ©helofigteit  mährenb 
eines  breißigjährigett  SienfteS  oblag ,  beiten  aber  bebeutenbe  6()ren  unb  Slt^eicßnungen 
bei  einem  fonft  freien  unb  genußreichen  Sehen  gu  teil  mürben,  ©ie  nahmen  auch  teil 
an  ben  Opfern  ber  Po  na  ®ea  (freunblicße  ©öttin,  beren  eigentlicher  Paine  unbefannt 
bleiben  foEte)  unb  aitberer  ©ötter  unb  mürben  oft  3U  außerorbentlichen  Opfern  unb 
©ebeten  berufen.  ®ic  Sluguren  hatten  junächft  ben  göttlichen  SöiEen  ju  erforfcßen 
unb  befannt  3U  geben ,  aber  auch  einzelne  Opferhanblungen  gu  üerrichten.  ©ie  befaßen 
ben  bebeutenbften  ©influß  auf  öffentliche  Slngefegenheiten.  S)ie  nach  bem  ©tur^e  beS 
Königtums  eingefeßteit  IparufpiceS  befichtigten  bie  Snereiitgemeibe  uub  beuteten 
munberbare  ©rfcheinungen  auf  Pefrageit  beS  ©enateS;  ihre  perfönlicfie  Sichtung  loar  ge= 
ringer  als  bie  ber  Sluguren.  ®ie  ^ecialen  bienten  bei  ben  Zeremonien,  bie  bezüglich 
ber  ausmärtigen  Stngetegenheiten,  Püttbniffe,  ©efanbtfchaften,  KriegSertlärungen  u.  f.  f. 
ju  beobachten  maren. 

©ie  [Religion  marb  borjüglid)  baju  geübt,  bie  ©ötter  menjd)Iid)en  gmedeit 
bieuftbar  ju  machen ;  beim  ©ebet  tarn  alles  auf  bie  Söorte  an,  nid)t  auf  baS 
Jperj;  ein  Verfloß  in  ben  Söorten,  eine  PuSlaffung,  ein  3ufa|  machte  eS 
mirlungSloS,  ebenfo  jebe  ©törung,  jeber  Saut  übler  33orbebeutung ,  meStjalb 
auch  ber  53etenbe  fid)  bte  Ohren  berljüllte.  Oie  ©ebetSformeln  maren  genau 
nach  bem  [Range  ber  ©ötter  abgefaßt,  mürben  zu  beftimmten  9RaIen  miebert)oIt, 
bezogen  fid)  fämtlid)  nur  auf  irbifdje  ©üter.  (Strenge  mar  auf  ©rfüHung  ber 
©elübbe  gefeiten ,  in  beren  $olge  biete  Pltäre  unb  Oentpel  errichtet,  geftfpiele, 
Sibationen,  UBallfaljrten  gehalten  mürben,  ©ie  maren  teils  pribate  teils  öffent= 
liehe;  letztere  gefchahen  für  baS  2öol)l,  bie  glüdlid)e  §)eimfef)r,  ben  ©ieg  ber 
3elbl)erren,  bann  ber  kaifer.  Oie  Opfer,  bie  bei  ben  berfdjiebenften  Slnläffen 
in  (großer  SRenge  bargebradft  mürben,  fofteten  bebeutenbe  ©ummen,  bie  bielen 


1.  ®ie  griecpifcp=römifcpe  £>eibenWelt. 


51 


©üpnopfer  würben  für  nicpt  wenige  öuperft  brüdenb,  unb  bie  Bereitung  ber 
Opfermnpläetten  warb  ju  einer  eigenen  Jhmft.  9lher  aucf)  fDIenfcpenobfer  tarnen 
bor,  ohfcpon  man  [pater  fj3uf)|)cn  an  beren  ©teile  fetjte,  wie  bei  ben  Opfern 
für  ©aturn,  für  bie  Ootengöttin  ÜJiania;  wenngleich  ber  ©enat  95  b.  ©pr. 
biefelben  förmlid)  unterfagtc,  fo  tarnen  biefetben  bocp  noch  immer  bei  anf$er= 
orbentlicpen  ©etegenpeiten  bor,  nnb  jährlich  warb  ba»  33ilb  be§  Jupiter  2atiari§ 
mit  fDfenfcpenbtut  begoffen  bis  in  ba§  3.  cprtftliche  Saprpunbert 1.  Oie  äapl= 
reichen  ©üpnungen  unb  Reinigungen,  oon  benen  biete  bon  Staat»  wegen  bor= 
genommen  würben,  j.  33.  beim  ©enfu§,  beim  RuSjuge  be§  £>eere§,  patten  auf 
33erebtung  ber  ©efinnung  feinen  (Sinftup;  man  tonnte  mit  botlem  3ßorbebad)t 
§anbtungen  begehen,  welche  bie  ©ottpeit  bedeuten,  Wenn  man  nttr  bie  ©üpnung 
nachfolgen  ober  auch  borauägepen  tiep.  Oie  Ootenbienfte  unb  gfefte  waren  eine 
fettfame  9Rifcpung  berw'trrter  unb  wiberfpreihenber  33orfteHungen.  9)ian  gab 
bie  toten  53erwanbten  für  ©ötter  au§,  fuchte  fie  aber  mit  Opfern  unb  ©peifen 
ju  befd)Wicptigen  unb  bon  fiep  ferne  ju  palten ;  jebe  33erüprung  ber  öeiepname 
war  beftedenb  unb  greuetpaft.  Oie  gefte  füllten  einen  Oritteit  be§  Sapre§  au§ 
unb  Würben  meiften§  mit  Spielen  unb  3Iu»fd)Weifungen  begangen. 

Racpbem  man  früher  flop}  bie  g  r  i  e  cp  i  f  cp  e  ^j3^xtofopt)ie  jurüctgetoiefen  hatte, 
fanb  bie  ©efanbtfcpaft  ber  Bpilofoppen  ßarneabeg,  ©iogeneg  unb  ßritolaug  155  ü.  ©pr. 
2tufnapme,  obfepon  alle  ©(pulen  bamalg  geiftig  unb  fittlicp  perabgefommen,  ihre  Vertreter 
burep  ftabfuept,  ©itelleit,  gehäffige  Rebenbuhlerei  unb  leere  ©piijfinbigteiten  beräcptlicp 
Waren.  Rur  bie  auf  bag  Rraftifipe  gerichteten  ©(pulen  fanben  in  Rom  fefteren  Boben, 
befonberg  bie  neuere  Stfabemie,  bie  ©toa,  ber  ©pilureigmug.  $n  ber  Sitteratur  hatte 
Sucretiug  burep  fein  Seprgebicpt  bie  Sehre  ©pifurg  berperrlicpt  unb  bie  Bolfgrcligion 
befixmpft;  boep  fanben  bie  ©toifer  bei  Weitem  größeren  Stnllang.  2Jt.  ®ulliug  ©icero, 
ber  mit  ben  §auptricptungen  ber  grietpifepen  5PhiIofophte  toopl  belannt  war,  fuepte  alg 
ffeptifeper  ©flefttf er ,  ber  nur  eine  Bkprfcpeinliipfeit  für  erreichbar  hielt,  bie  ©rgebniffe 
ber  grieepifepen  ffrorfepung  feinen  Sanbgleuten  in  ebler  pform  nutzbar  ju  maepen,  bag 
Bernunftgemäpe,  allen  Blenfcpen  ©emeinfame,  Raturrecptlicpe  junt  Bewuptfein  ju  bringen, 
opne  babei  ber  ©ötterlepre  ju  Wiberfprecpen,  aber  auep  opne  eine  tiefere  religtöfe  ©runb= 
läge  für  feine  Spflicptenlepre  ju  finben.  3w  dnfeplup  an  Platon  bemüpte  er  fiep,  bie 
fffortbauer  ber  ©eele  naep  bem  ®obe  ju  begrünben;  alg  ©taatgmann  hielt  auch  er  bie 
Säiufcpung  ber  Btenge  für  erlaubt.  21ucp  Cut  i  n  t  u  §  ©  e  j  t  i  u  g ,  ©  o  t  i  o  n  unb  beffett 
©cpüler  ©eneca  pulbigten  einer  praltifcp=moraIifierenben  Richtung,  wäprenb  bie  Reu= 
pptpagoreer,  Reuplatonifer  unb  Dleuperipatetifer  in  ber  ©rflärung  biefer  ©pfteme  Weit 
augeinanber  gingen.  3U  ©enecaS  Seit  ftrebte  man  naep  bem  greifbar  SBirllicpen ,  im 
Seben  Brauchbaren ,  öereinfaepte  bie  an  BJiberfprücpen  fo  reiepe,  aber  bem  rßmifepen 
©tolje  fcpmeicpelnbe  ftoifepe  Sepre.  ÜBenn  ©eneca  auf  ber  einen  ©eite  jeben  fütenfepen 
©ott  in  fiep  tragen,  ja  ©ott  gleich  fein  läpt,  fo  weip  er  auf  ber  anbern  bie  allgemeine 
Safterpaftigleit  nur  burep  ben  allgemeinen  Söapnfimt  ber  Btenfcpen  ju  erflüren;  greift 
er  ©otteg  Borfepung  alg  pöcpfte  Sntelligenj,  fo  maept  er  für  bie  Srübfale  ber  ©uten 
unb  bag  SCßopIergepen  ber  Böfen  boep  Wieber  bie  Unberänberliipfeit  ber  feinegwegg  ganj 
3u  bewältigenben  fütaterie  berantWortlicp.  BJäprenb  ©eneca  bie  perrfepenbe  Religion 
heftig  angriff,  beuteten  fie  anbere  ©toifer  pphfifcp=allegorif<p.  Blufoniug  fap  in  ber 
Bpilofoppie  nur  eine  allen  notwenbige  unb  allein  pelfenbe  Sütgcnblepre.  ©ein  ©cpüler 
©piftet,  ein  auf  bem  ©ebiete  be§  inneren  ©eelenlebeng  erfahrener  ©cnler,  fapte  alg 
ülnfang  ber  Söcigpeit  bie  ©rfenntnig  ber  eigenen  Dpttmacpt  unb  BerWorfenpeit  unb  bag 


1  Lactant.,  Instit.  div.  I,  21:  Latiaris  Iupiter  etiam  nunc  sanguine  colitur 
huntano.  Minuc.  Felix,  Octavius  c.  21.  30.  Firm.  Matern,  c.  26.  Porphyr.,  De 
abstin.  carn.  II,  56. 


4* 


52 


Sa§  religiöfe  Sehen  ber  §eiben  unb  Fitben. 


©mfeorftreben  3U  ©ott,  badete  aber  bodj  nur  art  ben  ©ott  ober  Sämon  im  Vtenfdfen, 
bie  eigene  Vernunft,  bie  bon  ©emütSbetoegung,  auch  Siebe  unb  Vtitleib,  böllig  frei  fei, 
unb  liefe  bie  Sftenfcfeenfeele  nach  bem  Sobe  in  bie  ifer  bertoanbten  ©lemente  ber  2öelt= 
feele  3urücffef)ren ,  toie  benn  bie  meiften  ©toifer  berfelben  nur  bis  sum  allgemeinen 
üßeltbranb  eine  Fortbauer  3ugeftanben  haben.  9JI a r f  Slurel,  erfüllt  bon  fatter  Ve= 
fignation,  betonte  bie  Vidjtigfeit  ber  menfthlicfeen  Singe,  fam  aber  gleich  anbern  3U 
feinem  fefteu  ©lauben  an  bie  SOßillenöfrei^eit  unb  bie  feerfönlidje  ltnfterfelichfeit,  für  bie 
überhäufet  feilt  ifelafe  mar,  fofange  man  bie  ©eele  entmeber  als  förfeerlidj  ober  als  Seil 
ber  ©ottfeeit  badete.  Sßeit  mehr  hatte  ifelutard)  (geb.  50  b.  ©fee.)  bie  llnfterblidifeit 
neben  ber  allgemeinen  ©ünbfeaftigfeit  feftguhalten  gefudjt,  mährenb  er  als  ©fleftifer  ben 
finfenben  ©öttergfauben  3U  ftüfeen,  abergläubifcfie  ©ebräudfe  31t  befeitigen,  3toifd)en 
Sichtern,  SPhilofofe^ett  unb  ©efefegebern  3U  bermitteln  firebte.  6r  nahm  einen  Ijöchften 
©ott  an,  aber  ohne  ©influfe  auf  bie  Sßelt  unb  feingeftetlt  neben  bie  fötaterie  unb  bie 
böfe  SBeltfeele.  Ser  ältere  ifeliniuS,  ber  bie  nicht  einmal  bon  ben  römifdjen  Sichtern 
mit  ernfilicfeem  ©lauben  berehrte  ©öttermenge  aus  ber  Vergötterung  ber  fftatur  unb  ber 
berftorbenen  ÜÜenfdien  erflärte,  mar  ifeantfeeifi,  unb  ber  ^iftorifer  SacituS,  boü  bon 
Srauer  über  ben  Verfall  beS  ffteid^eS  —  ein  iferofefeet  beS  Unterganges,  nicht  beS  neuen 
VufgangeS  — ,  blieb  fdjtoanfenb ,  ob  bie  menfcfelichett  ©efdjicfc  burdf  einen  blinben  3U= 
fall  ober  aber  burch  ein  unabänberlicheS  Verhängnis  befjerrfclit  feien.  Sßäferenb  bie 
©riechen  burd)  Ütiicffefer  3U  ^fethagoraS  unb  Platon  im  erften  Faferfeunbert  unferer  2lra 
fidj  mieber  ber  Saft  beS  Fatalismus  3U  entlebigeit  fugten,  gerieten  bie  Utömer  noch  tiefer 
unter  beffen  Fod). 

2ßof)l  gab  es  bei  ben  fRömern  noch  eine  gemiffe  bürgerliche  SEugenb,  bie 
ihnen  ihre  feolitifche  ©rohe  berfdjaffte,  aber  fie  loar  nur  auf  baS  Srbifche  be= 
rechnet,  nur  ber  fftufinu  unb  Selbftfucht  bienftbar,  gebaut  auf  baS  ißrinjife  beS 
§ochtnut§  1.  Ratten  bie  fRömer  int  ©egenfafee  ju  ben  ©riechen,  bie  baS  äfihetifcb 
Schöne  erfüllte,  bor  allem  in  ben  ©ebanfen  beS  jRedjtS  fid)  bertieft  unb  fRedjt 
unb  ©erechtigteit  jur  ^errfdjaft  ju  bringen  fich  bemüht,  fo  mären  fie  julefet 
bahnt  gefommen,  burch  Unterjochung  ber  übrigen  23ölfer  bie  eigene  gjerrfdjaft 
ju  begritnben  unb  ju  bereinigen.  3tm  ÜRenfchen  galt  nur  ber  Staatsbürger ; 
ber  Staat  mar  höd)[te§  3iel,  bie  Religion  nur  Sßerfjeug  ber  Sßolitif.  ®aS 
feolitifch  ©rohartige,  bem  Staate  fRüfeliche  gab  überall  ben  SluSfchlag.  51  ber 
felbft  biefe  äufeerüdie,  mehr  fdjeinhare  als  mirfliche  Sugenb  ging  immer  mehr 
unter  mit  bem  Sinfen  ber  alten  fRefeuölif ;  bie  alte  $euf<hheit,  SBaJjrhaftigfeit, 
Siebe  jur  ©erechtigteit  unb  jum  93aterlanbe,  bie  einfachen  alten  Sitten,  ber 
SebenSernft  —  baS  alles  fchmattb  immer  mehr,  je  mehr  mit  ben  fReidjtümern 
ber  befiegten  ^Rationen  ihr  SujuS  unb  ihre  ©ntartung,  je  mehr  mit  ber  ge= 
ftiegenen  9RacE)t  ber  Übermut  unb  bie  innere  3ecrhttung ,  je  mehr  mit  bem 
SSerluft  ber  alten  FxüfRÜ  baS  ©©eben  nach  anbermeitigem  ©rfaj;  burch  $e= 
friebigung  aller  Süfte  ©ingang  fanb.  Sie  33iirgerhriege  ha©cn  hie  flttlichen 
Kräfte  bebeutenb  gefchmächt;  baS  üaifertum  berfferad)  Sicherheit  gegen  foldje 
Unorbnungen,  mehrte  aber  baS  fittliche  Serberben.  Schon  5luguftuS  roarb  in 
ben  Sßrobinjen  als  ©ott  bereit ,  obfchon  er  noch  bie  alten  refemblifanifcben 
Formen  fortbeftehen  liefe;  feine  Nachfolger ,  bie  biefe  abfchafften,  gingen  barin 
noch  meiter,  unb  ihre  Statuen  mürben  heiliger  gehalten  als  bie  aller  anbern 


1  Über  bie  natürlichen  Sugenben  ber  alten  Vömer:  August..,  De  civ.  Dei  I,  19; 
V,  15 — 18.  (Msgr.  Capri)  Des  causes  de  la  grandeur  de  Rome  paienne.  Par  un 
Prelat  Romain.  Paris  1880.  Mirabelli ,  Storia  del  pensiero  Romano.  4  voll. 
Napoli  1882. 


1.  Sie  gried)ifdj=römifdje  §eibentuelt. 


53 


©otter.  Hlud)  grauen  be§  faiferlicben  §aufe§  mürben  bergötteri,  felbft  be= 
rüdjtigten  33uf)lerinnen  Heiligtümer  errietet.  9Ud)t  blof;  bie  ©ntjmeiung  be§ 
©eifte§  mit  ber  retigiöfen  Überlieferung  infolge  fortgefdjrittcner  HMlbuug,  fonbern 
and)  ba§  33eifpiel  ber  ^»errfcber,  ber  ©influfj  bet  in  ben  Hftittelpunft  bea  s«Reicbe§ 
jufammenftrömenben  fremben  ©ötterbicnfte,  bie  ©ntartung  aller  älteren  ©taat§= 
einrid)tungen  unb  bie  allenthalben  Beförberte  3roeifeI[uä)t  führten  jur  tiefften 
©ntfittlidfung.  ®ie  im  Stempel  angebeteten,  im  Beater  berljöljnten  ©ötter 
tourben  jum  ^inberfpott  ober  bienten  jur  (Sntfchulbigung  für  alle  greüel;  ©otte§= 
furcht  mar  nur  bie  Hlngft  üor  ber  brolfenben  HJtadft  launifdjer  unb  befpotifd)er, 
burd)  Beftänbigen  3eretnonienbienft  ju  Begiitigenber  höherer  SBefen ;  toafire  unb 
aBergläuBifdje  Dteligiofität  mar  nicht  meljr  moBl  31t  unterfcbeiben ,  nadjbem  in 
ber  ^aiferjeit  ba§  Vertrauen  bes  SBoIfeS  auf  bie  alten  ©ötter  gefdpmmben 
unb  fremben,  meift  geheimnisvollen  Kulten,  mie  bem  ber  tfeilertben  3fia,  ju= 
gemenbet  mar.  2)er  fraffefte  Hlberglaube  ber  HOtengc  geigte  fid)  in  ber  33erel)rung 
ber  ©ö^enbilbet,  al§  mären  fie  bie  ©ötter  felbft,  in  ber  angeblichen  ®unft,  bie 
©ottheiten  in  bie  93ilbfäulen  ju  Bannen  (31)eopöie),  in  ber  grofen  gurdjt  Oor 
Permitnfdfurtgen  unb  9tad)egebeten ,  in  ber  Hingabe  an  bie  2äufd)ungen  ber 
fremben  priefter,  ber  Hlfirologen,  Siraumbeutet  unb  ©aufler  aller  Hirt  (©oeten), 
an  bie  motlüftigen  HHZpfterien,  an  bie  Amulette,  2ali§mane  u.  f.  f.,  in  ben  biel= 
facben3aubermitteln,  £otenbefd)mörungen,Orafeln  unb  tljeurgifdjen  ©inmeil)ungcn. 
SDcm  Hlberglauben  ftanb  al§  beffen  $e£)rfeite  gegenüber  ber  Unglaube,  junia! 
bei  ben  ©cbilbeten  1. 

®abei  maren  bie  fojialen  3uftänbe  mahrhaft  grauenerregenb.  5Die  ©flaberei 
hatte  eine  furdjtbare  Hlu^befmung;  ber  ©Habe  mar  red)tlo§  unb  bod)  oft  ber 
©rjietfer  ber  bornelpneren  Sugenb,  bie  er  bem  ©ittenöerberbniä  entgegenführte. 
SDaa  meiblidje  ©efd)lecf)t  mar  entmürbigt,  bie  ©l)efd)eibung  ebenfo  leicht  als 
ber  ©hebrud)  häufig  ;  33erl)inberungen  ber  ©eburten,  HluSftpen  ber  Hteugeborenen, 
urtbefd)tänfte  üüterlidje  ©emalt  über  bie  $inber,  baju  $nabenliebe  unb  alle 
Hirten  unnatürlicher  HBoHuft,  HanS  Jur  ©rauf amfeit,  genährt  burd)  bie  leiben= 
fdjaftlid)  begehrten  SLierljetjen  unb  ©labiatorenfämpfe,  33erad)tung  ber  Hitmut 
gegenüber  einem  gefteigerten ,  bem  HMfiggange  ergebenen  Proletariat  in  ben 
©täbtcn,  Untergang  ber  alten  freien  adcrbautreibenben  öebölferuttg  auf  bem 
Sanbe,  H3efted)lid)feit  ber  9tid)ter,  HluSfaugung  beS  H3olfe§  burd)  bie  Beamten, 
ltnfütlichleit  im  ©otteSbienfte  mie  in  ben  ©dfaufpielen  unb  Pantomimen,  2ob= 
preifung  unb  immer  fteigenbe  53ermel)rung  be§  ©elbftmorbe§  —  ba§  aHe§  geigt 
una  bie  ©ibilifation  beS  $aiferreid)ä  in  il)rem  grellen  Sichte,  ©o  fam  ber 
ältere  piiniua  bal)in,  in  ber  menfd)Iidjen  Htatur  einen  unauflöslichen  2Biber= 
fprud)  ju  finben,  bie  gröfte  ©chmäche  geeint  mit  ungemeffenen  HBünfdjen,  ben 
HJtenfdfen  als  ba§  tl)örid)tefte  unb  unglüdfeligfte  aller  HBefen  ju  erflären,  beffen 
93orgug  eben  nur  in  ber  gälfigfeit  beffelje,  biefem  elenben  Seben  felbft  ein  ©nbe 
madjen  ju  fönnen. 

®ie  in  9tom  l)errfd)enben  Safter  behüten  fid)  nicht  nur  auf  bie  proöinjen 
au§,  fonbern  and)  auf  bie  barbarifd)en  Pölfer,  bie  mit  ben  Ütömern  in  töe= 

1  Über  bie  ©oeten  unb  Slftrologen  Tacit.,  Hist.  I,  22:  genus  hominum  poten- 
tibus  infidum,  sperantibus  fallax,  quod  in  civitate  nostra  et  vetabitur  semper  et 
retinebitur. 


54 


®aS  religiöfe  Seben  ber  Reiben  unb  Suben. 


rüprung  tarnen,  aucp  menn  fie  nod)  einfacheren  Bitten  £;ulbigten.  Sn  ©allten 
arbeiteten  bie  $aifer  an  ber  SluSrottung  ber  alten  Dntibenpterardjie,  bie  baS 
pödjfte  Slnfepen  beim  33olfe  f>atte,  Verboten  nid)t  blofj  bie  graufamen  ÜDtenfcpem 
Opfer,  fonbern  aucf)  bie  einfachen  ©ebräuäfe  bei  DobeSftrafe  unb  gmangen  bem 
33olfe,  ba§  nodp  an  feinen  alten  ©ottpeiten  (fpefuS,  DaraniS  =  Donnergott, 
DeutateS  =  SDterfur,  ©amuluS  =  SDtarS,  SelenuS  =  SIpollo,  Selifana  =  9Jti= 
nerba,  Slrbuinna  =  Diana)  feftpielt,  ben  $utt  ber  ^aifergottpeiten  auf,  benen 
Dempel  errietet  m erben  mußten.  SWentpalben,  mo  römifcpe  Segionen  ftanben, 
mürben  römifdje  33äber,  Dpeater  unb  fonftige  ©inritijtungen  eingefüprt;  mit 
bem  ÖupuS  brang  baS  ©ittenberberbniS  ein.  Stuti)  bei  ben  ©crmanen  ent= 
becften  bie  Ütömer  if>re  ©ötter:  in  Söoban  ben  9Jter!ur  ober  ©ol,  in  Dpunaer 
ben  SDtarS  ober  Sultan,  in  gut  ben  §erfuteS  ober  SDtarS ;  fie  fanben  bei  ipnen 
menige  Dempel,  ba  fie  meift  in  peiligen  Rainen  fiep  berfammelten,  meniger 
Opfer  an  Dieren  unb  Sftenfcpen,  größere  Stiftung  ber  grauen,  aber  aucp  Steigung 
gu  ©piel,  Drunf  unb  blutigen  ffepben.  ©ie  lernten  bie  Dapferteit  ber  (S5er= 
manen  fürcpten  unb  fucpten  fie  baper  teils  für  ben  Dienft  ipres  SteicpeS  ju 
geminnen,  teils  fie  gu  unterjochen  unb  gu  oermeicplicpen.  ©S  gelang  bieS  um 
fo  mepr,  je  finnbetpörenber  StomS  CBIang  auf  biefe  ropen  Sölferfcpaften  eim 
mirfte,  je  mepr  ber  Ipang  gur  Untpätigteit  aucp  bei  ipnen  mäcptig  mar.  gür 
einen  freien  Staun  gatten  tpanbarbeit  unb  ©emerbe  in  ber  gangen  alten  Sßelt 
für  fcpintpflicp;  fie  maren  attentpalben  als  ©acpe  ber  üeracpteten  ©flaoen  be= 
tracptet.  Stnmer  mepr  oerfieten  aucp  bie  ©ermatten  bem  StomanifierungSprogefj, 
ber  in  Drier,  Sftaing,  ®öln,  SugSburg,  Stargau,  ©pur  feine  fefien  ©i|e  patte. 

2.  Da§  jübtfcpe  Solf. 

ßitteratur.  —  ©toatb,  ©efdncpte  beS  S5oIfe§  SfSraet.  58b.  IV — VII.  3.  Stuft, 
©öitirtgen  1864 — 1868.  28  e  ber  unb  £>  0  I P nt  a n n ,  ©efcpiäjte  beS  SßoXJeS  S§raet  unb 
ber  ©ntftetjung  beS  ßpriftentumS.  2  Sbe.  Seipgig  1867.  ©rüp,  ©efdpicfjte  ber  Sfuben 
Oon  ben  ältefien  3eiten  6i§  auf  bie  ©egentoart.  SSb.  III  u.  IV.  2.  Stuft.  Seipjig  1865 
bis  1876.  Sangen,  SaS  3fubentum  in  SpatcLftina  gur  3eü  ©prifti.  Sretburg  t.  Sr. 
1866.  ©djürer,  ©efcfiidpte  beS  jübifdjen  Sattes  int  3eüdier  Qefu  ©prifti.  33b.  I. 
Seipgig  1890;  Sb.  II  u.  III  (3.  Stuft.)  ebb.  1898.  £>.  ©utfje,  ©efcpidpte  beS  SolfeS 
Israel.  fyreiburg  i.  Sr.  1899.  E.  Beurlier,  Le  monde  juif  au  temps  de  Jdsus-Ckrist 
et  des  Apotres.  2  vols.  Paris  1900. 

1.  2öar  es  Aufgabe  ber  ©riecpen,  mit  freiem  ©eifte  SBiffenfcpaft  unb 
$unft  auSgubilben ,  ber  Utömer,  bie  potitifcpe  unb  recptlicpe  Orbnung  burcp= 
gufüpren,  fo  liegt  bie  meltgefcpicptlicpe  SSebeutung  beS  iSraelitifdjen  35otteS  in 
ber  ipm  anoertrauten  33emaprung  ber  göttlichen  Offenbarung.  Der  tiefen  Um 
miffenpeit  unb  33erfunfenpeit  ber  peibnifcpen  Stationen  gegenüber  geicpnet  fiep 
biefeS  mt  in  religiöfer  Segiepung  auf  munberbare  Söeife  auS;  in  ipm  lebte 
am  reinften  bie  Urtrabition  fort;  ipm  marb  eine  befonbere  Offenbarung,  eine 
religiöfe,  liturgifcpe  unb  politifdpe  ©efepgebung  bon  ©ott  gu  teil,  ipm  ©eper, 
öeprer  unb  Befreier  gefenbet,  ipm  bie  IBerpeijjung  ber  ©rlöfung  immer  beftimmter 
entpüHt.  ©ott  mäplte  fiep  biefeS  SSolf  aus,  um  in  feiner  befonbern  güprung 
feine  tßorfepung  glängenb  gu  betpätigen,  an  feinen  ©cpidfalen  feine  gerechte  33er= 
geltung  gu  offenbaren,  es  üor  bem  ©reuel  beS  ©öpenbienfteS  gu  bemapren,  ber 
§)eibenmelt  an  ipm  eine  Seucpte  gu  geben,  feinen  i)eilsplan  an  ipm  ftufenmeife 


2.  SaS  fübifdfe  Voll. 


51t  bemirflicfjen.  gür  bie  ©egemoart  mirfte  er  in  ifjm  butd)  fein  ©efcjg, 
für  bie  ßufunft  burd)  feine  3?erhetfuing.  ®iefe§  SSolf  befafj  bie  älteften 
gefd)id)ttid)en  llrfunben  in  feinem  ^entateud),  ber  jugleid)  bie  Befriebigenbfien 
9tuffd)Iüffc  über  bie  im  |)eibentum  nnerlebigt  gebliebenen  fragen  über  ©ott  unb 
SBelt,  über  ©ünbe  nnb  ©nabe  erteilte  unb  an  ben  fid)  eine  reichhaltige  heilige 
Sitteratur  im  Saufe  ber  Sahrhunbcrte  anfdjlof?.' 

infolge  ber  ©roberung  ipaläftinaS  burd)  ben  babpIonifCpen  ßönig  Vebulabnegar, 
ber  Serufalem  famt  feinem  Sempel  gerftörte  unb  bie  öornehmfien  gramiliett  nad)  Vabplon 
bringen  liefe,  begannen  bie  3uben  fid)  in  anbere  Sänber  gu  gerftreuen.  Viele  flüd^teten 
fid)  nad)  Slgppten;  nur  bie  Sanbbetoopner  blieben  in  ihren  Sßopnfifeen.  Sie  in  ©efangen= 
fepaft  lebenben  $uben  hielten  fid)  immer  noch  an  ifer  altes  ©efefe,  fogar  beffer  als  in 
gli'tcflidfen  Sagen,  unb  fanben  in  iferer  tiefen  Srauer  (ipf.  137)  nur  Sroft  in  if)m  unb 
in  ber  göttlichen  Verpeifeung.  SiefeS  babpIonifCpe  ©jil  toar  bie  pärtefie  3&d)tigung 
fotoic  eine  grofee  ©laubenSprobe  be§  SSoIf eö,  gugleid)  ein  Stnlafe  gur  Verbreitung  mono= 
tpeifiifCper  Sbeen  im  Innern  2lfien3  unb  jur  Steigerung  ber  ©epnfuCpt  nach  bem  bon 
©ott  berpeifeenen  Befreier. 

Ser  iperferfönig  ©pruS  geftattete  536  b.  ©pr.  ben  Verbannten  bie  Vitcffepr; 
43  360  SttenfCpen,  barunter  4280  ^riefter  unb  7000  ©Haben,  traten  bie  §eimreife  an, 
faft  alle  bon  ben  ©tämmen  3fuba  unb  Venjamin,  toeSpalb  baS  Volt  ben  Vamen  3 üben 
erhielt  unb  ber  9iame  ber  QSraeliten  nad)  unb  nad)  erlofd).  OfngtoifCpen  enttoidelte  fid) 
bei  bem  früher  pauptfäCplid)  bem  Sltferbau  ergebenen  Volte  ber  in  ber  fffrembe  genährte 
§>anbel3geift,  ber  e§  immer  mehr  31t  Viebertaffungen  in  anbern  Sänbern  forttrieb. 

9113  baS  foerfifefje  IReid)  burih  bie  ©roberungen  211  e  pan  ber  3  b.  ©r.  anfgelöft 
morben  toar,  ftanben  bie  Sfuben  unter  ber  toeCpfelnben  Dbergetoalt  ber  iptolemäer  in 
2’(gppteu  unb  ber  ©eleufiben  in  ©prien;  ihr  Sanb  toar  baS  ©d)lad)tfetb  beiber  VtäCpte. 
3uerft  ftanben  fie  unter  Ägppten;  iptolemäuS  I.  Sagi  führte  an  200  000  $ubeit  nad) 
2lgppten,  toofelbft  fie  im  gangen  ein  günftigeS  ©dficffal  fanben.  9lber  gulefet  fiel  3ubäa 
bem  fprifCpen  Veicfee  gu,  baS  Sanb  toarb  mit  fprifCpen  unb  griediifd^en  ßoloniften 
angefitCtt  unb  immer  mehr  ber  Verfud)  gemadjt,  es  bötlig  gu  hettenifieren.  ©eleucuS 
ippilopator  fanbte  bereits  ben  §elioboruS  gur  ipiünberung  beS  Sempelfd)afee3  nach  $eru= 
falem;  2lntiod)u3  ©pippaneS  befdjlofe  (ca.  170  0.  ©hr.)  fogar,  ben  Sempel  bem  olputpifCpen 
3en3  gu  toeihen  unb  jübifepe  Veligion  unb  ©itte  gang  auSgurotten;  bereits  gab  eS  oiele 
betn  ©riedjentum  gang  ergebene,  00m  ©efefee  abgefallene  Suben,  felbft  unter  ben  iprieftern ; 
3afon ,  ber  Vruber  beS  §openpriefter3  öniaS  III. ,  erfaufte  fid)  Oom  Könige  bie  hope= 
prieftertidje  2ßürbc  unb  errid)tete  ein  griedjifcfjeö  ©pmnaftum  in  ber  heiligen  ©tabt,  bie 
nachher  unter  VlenelaoS  in  eine  gang  peibnifepe  ©tabt  oertoanbclt  toarb.  Sa  ertoadjte 
bie  Siebe  gur  bäterliCpen  Üieligion  unb  gur  nationalen  ©itte  mit  aller  20tad)t;  2X1  a  t= 
tatpiaS,  ein  ©prbfeling  beS  priefterlidjen  ©efd)Ied)te3  ber  fpaStnoitäer,  organifierte  bie 
©rhebtmg ,  unb  feine  fünf  ©ohne  touren  nad)einanber  bie  2lnfüprer  im  Kampfe  gegen 
©prien.  Unter  ihnen  glängte  bcfonberS  3uba3  VlalfabäuS,  ber  164  b.  ©f)r.  3(eru= 
falem  eroberte,  ben  Sempel  reinigte  unb  ben  unterbrochenen  ©otteSbienft  toieberperfiellte ; 
er  fiel  aber  nad)per  in  ber  ©dplaCpt.  Sie  ©prer  nahmen  Oerufalem  toieber  ein,  unb 
ßöuig  SemetriuS  ernannte  ben  2lltimu§,  ba§  ipaupt  ber  gried)if(h=heibnifd)en  ^Partei, 
gum  §ohenpriefter,  ben  nur  ber  Sob  (159  o.  ©hr.)  öerffinberte,  bie  Vlauer  im  Sempel 
niebergureifeen,  toeldfe  ben  Vorpof  ber  Reiben  bon  bem  ber  S^raeliten  fipieb.  9lbcr  eS 
behaupteten  fiep  immer  nod)  bie  Vrüber  beS  gefallenen  SubaS,  Sfonath««  unb  nad) 
ihm  ©imon;  lefeterer  nahm  (141  b.  ©pr.)  bie  Vurg  ©ion  ein,  unb  baS  banfbare  Voll 
übertrug  ipm  bie  erblidje  ^ürften=  unb  §ohcnprieftertoürbe,  „bis  ©ott  ihnen  einen  redjtert 
^Propheten  fenben  toürbe"  (1  DJlaü.  14,  41).  Sie  3uben  bilbeten  nun  unter  ben  9Dfla!ta= 
b&erftlrften  toieber  einen  unabhängigen  ©taat;  bei  ber  bebeutenben  ©djtoäipung  beS 
fprifepen  VeidpeS  patte  SemetriuS  Vifanor  bie  ©rpebuttg  anertennen  rnüffen,  unb  bie 
©räcijteruttg  SiubäaS  toar  böüig  gefipeitert. 

©imon  regierte  toeife  unb  glücflid),  toarb  aber  135  0.  ©pr.  treulos  ermorbet. 
Spin  folgte  3fopanneS  ^prfattuS  I.,  ber  in  mehrfachen  ©iegen  baS  Vcid)  ertoeiterte, 


56 


SaS  religiöfe  Scheit  ber  Reiben  unb  Stuben. 


bie  Sfbumäer  utttertoarf,  bte  (Samariter  güdjtigte ,  aber  nidjt  mehr  beit  religiöfen  ©eift 
feiner  Vorgänger  befafe  unb  engere  ShmbeSgenoffenfcpaft  mit  ben  fdEjon  früher  Derhünbeten 
fRömern  fud)te.  Stuf  bie  großartige  ©rpebung  ber  Sfuben  folgte  ein  rafdfer  unb  tiefer 
Satt,  f?prfanS  ältefter  Sopn,  StriftobuIuS  I.  (feit  106— 105  0.  ©pr.),  ber  fiep  juerft 
ben  HönigStitel  beilegte ,  toütete  in  feiner  eigenen  Sramilie  unb  ftarb ,  gefoltert  Don  ©e= 
miffenSbiffen,  fdfon  nad)  einem  Srapre,  mäprenb  baS  ifearteimefen  im  Slolfe  immer  mehr 
3unaf)m.  Sein  ffiruber  Sllejanber  SfanttäuS  (105 — 79  D.  ©pr.)  mar  graufam  unb 
befpotifcp;  nad)  ihm  regierte  feine  Stöittne  Salome  Sllejanbra,  bie  fid)  an  bie 
^Rechtgläubigen  anfcplofe.  SllS  aber  naöp  ihrem  Sobe  (70  D.  ©pr.)  ihre  beiben  Söhne 
fpprfan  II-  uitb  SlriftohuIuS  II.  fid)  befriegten  unb  bie  iRömer  herbeiriefen,  er= 
oberte  tfeompejuS  63  ü.  ©pr.  Sferufalem,  entloeipte  feinen  Sempel  unb  jmang  §prlan  II. 
jur  SInerlennung  ber  römifdpen  Oberherrftfiaft.  Siefer,  ein  Sdjattenlönig,  mar  ganä  Don 
bem  perrfd)füd)tigen  Sfbumäer  Sintipater  geleitet,  ber  fitf)  unb  feinem  Sohne  §>erobeS 
ben  üßeg  gum  ©prone  bahnte;  bie  Stuben  trugen  jefet  ein  boppelteS  Sf°<h-  ®ie  lebten 
£>aSmonäer  mürben  gemaltfam  befeitigt;  SIntigonuS,  ber  Sopn  SlriftohuIuS’  II.,  ber  fich 
für  einige  3ett  in  ben  23efitj  ber  StRaöpt  fepte,  toarb  auf  tBefepI  beS  StntoniuS  unb  2Be= 
trieb  beS  IperobeS  enthauptet,  unb  letzterer  marb  nach  einer  neuen  ^Belagerung  3eru= 
falemS  als  Honig  üon  3ubäa  burd)  bie  Stömer  eingefefet.  SaS  Scepter  mar  jefet  Don 
Sfuba  genommen  (1  SRof.  49,  10);  ein  fyrembling  herrfchte  in  bem  Sanbe  ber  tBerpeifeung. 

§erobeS,  üon  Sdpmeidpleru  „ber  ©rofee"  genannt,  regierte  37  3apre  (40 — 3  D.  ©hm) 
als  SflaDe  ber  fRömer  unb  als  SBebrücfer  beS  SloIfeS.  ©r  liefe  mit  jübifdiem  ©elbe 
peibnifcpe  Spiele  gu  ©hren  beS  HaiferS  feiern,  erbaute  ©äfarea  StratoniS  als  ganj  f)eib= 
nifdie  Stabt,  mütete  gegen  feine  eigene  Familie,  fcpmädpte  ben  ©itiflufe  beS  ifJrieftertumS, 
liefe  ben  Tempel  SerubabelS  gröfeer  unb  prädjtiger  mieber  aufbauen,  an  bem  §aupt= 
eingang  einen  golbenen  römifcpen  Stbler  befeftigen ,  beffen  gemaltfame  SSefeitigung  bie 
jübifcpen  ©iferer  mit  bem  ©obe  büßen  ntufeten.  Dbfcpon  bie  Stuben  nad)  feinem  Stöbe 
ben  Hatfer  SluguftuS  baten,  fie  Don  ber  ©praunei  ber  Sfbumäer  ju  befreien,  teilte  biefer 
hoch  feine  Sänber  unter  feine  Söhne:  SIrcpelauS  erhielt  Sfubäa,  Stbumäa  unb  Samaria 
al§  ©thnardj,  Sintipater  ©aliläa  unb  IfJeräa,  Philipp  tBatanaa,  3turäa  unb  ©radponitiS 
als  ©etrarcpen.  SIrcpelauS,  ber  gan3  feinem  SSater  folgte,  marb  infolge  gehäufter  31n= 
ftagen  enblid)  (6  it.  ©hr.)  nach  ©allien  Derbannt;  baS  Sanb  marb  ju  Sprien  gefdjlagen, 
jebod)  burd)  eigene  ißrofuratoren  (Sanbpfleger)  regiert;  bie  Sänber  beS  tfepilippuS  (f  34 
n.  ©pr.)  erpielt  fpäter  §erobeS  SlntipaS,  ber  halb  ebenfalls  nad)  ©allien  Dertoiefen  marb. 
3m  Stapre  41  n.  ©hr.  erhob  Haifer  HlaubiuS  ben  £>erobeS  Slgrippa,  ©nie!  beS 
älteren  §erobeS,  jurn  Honig  Don  ganj  ifealäftina;  ba  aber  biefer  fdfon  im  3apre  44  ftarb, 
trat  mieberum  bie  iöertoaltung  burcp  rötnifepe  iferoluratoren  ein.  Siefe  herrfd)ten  meiftenS 
fepr  rüc£fid)tSloS ,  liefecn  ämar  bem  Spnebrium  bie  ©ntfdfeibung  in  religiöfen  Singen, 
nötigten  aber  oft  bie  §openpriefter  gur  Slbbanlung  unb  brachten  ber  utüermorfenen 
Station  immer  brücfenber  ipre  Dpnmad)!  gum  Bemufetfein ,  bie  burd)  inneren  3®iefpalt 
fortmährenb  geiuacpfen  mar. 

2.  Sn  ben  3e'ten  ber  TOdfabäerfätnpfe  tnar  unter  ben  Suben  bie  gartet 
ber  ß^afibint  (frommen,  ©otte§fürd)tigen)  entftnnben,  bie  nid)t  eigentlich 
öer[cf)ieben  üon  ben  ©opl)erim  (@efe^e§tunbigen,  ©ct)riftgelet)rten),  aber  bnrd) 
befonbere  ©trenge  in  ber  Beobachtung  be§  ©efe|e§  unb  ber  e§  erläuternben 
Borfchriften  berühmt  mar.  SDer  ft)ri)d)e  getbherr  $acd)ibea  tiefe  60  üon  ihnen 
hinrichten;  fie  feptoffen  fid)  ber  Erhebung  be§  fDtattatt)ia§  an,  ftanben  fpäter  au§ 
Ehrfurcht  öor  bem  ©efddedfte  Baron»  auf  feiten  be§  treutofen  BttimuP,  toaren 
bann  unter  Sonatpan  unb  ©imon  bebeutenb  an  ©inftufe  gefunfen.  ©ie  patten 
tpeoretifcp  unb  praftifd)  bie  Bbfonberung  oon  altem  fpellenifd)en  Vertreten,  ba§ 
bei  einem  ju  freierer  Bemegung  pinneigenben  ©eite  ber  Station  oietfad)  Eingang 
gefunben  patte.  Bu§  biefen  jmei  entgegenftepenben  ©trömungen,  ber  baP  |)et= 
lenifdie  abmeprenben  unb  ber  bon  ihm  ungezogenen,  e»  aufnepmenben,  fd)einen 
bie  grofeen  Parteien  ber  ^parifäer  unb  ber  ©abbueäer  perbotgegangen 


2.  Sa3  jübifche  Söolf. 


57 


ju  fein.  Ce^tere  merben  guerft  unter  Sonatpan  (159 — 144  o.  ©pr.)  ernannt 
unb  erfd) einen  als  eine  ber  3eUhdoegung  fiep  anbequemenbe  Schule  öon  Steifen, 
©eöilbeten ,  (Staatsmännern ,  bie  baS  ©efep  leineStoegS  mie  bie  früheren  5lb= 
trünnigen  bon  fid)  fließen,  bielmepr  eS  anerlannten,  aber  es  fiep  burd)  freiere 
©rllärung  leichter  ju  machen  fucpten,  jumal  im  Vnfcplufi  an  bie  epifureifdje 
^3f)ilofopf)ie.  Sie  maren  bie  Dtationaliften  jener  öerbunben  burd)  gemein= 
fame  Sf)ätigfeit,  bcn  jebeSmaligen  ©emaltpabern,  fomeit  tpunlicp,  ergeben,  bon 
geringem  ©influfi  auf  baS  Voll,  burd)  beffen  übermiegenb  religiöfe  ©efinuung 
aber  ju  größerer  Mäßigung  genötigt  als  bie  früheren,  bom  ©efepe  abgefallenen 
ipeHeniften.  Sie  neigten  jit  einem  in  Materialismus  übergefjenben  SeiSmuS, 
jur  Seugnung  alles  Metapppfifcpen  ^rn ;  bie  Schöpfung  fcpeinen  fie  nicpt  ge= 
leugnet  $u  haben,  tnoljl  aber  bie  fortbauernbe  ©inmirlung  ©otteS  auf  bie  SBelt ; 
fie  betonten  fcparf  bie  menfcplitpe  Freiheit  unb  beftritten  jebeS  Verhängnis,  bie 
Vorperbeftimmung ;  fie  !amen  jur  Seugnung  beS  Seelenlebens  nad)  bem  Sobe, 
ber  Üluferfteljung ,  beS  Satans  mie  ber  ©ngel.  Sie  hielten  fid)  bor  allem  an 
baS  ©efep,  bermarfen  leineSmegS  bie  Propheten,  roenn  auch  einige  biefe  ben 
fünf  Vücpern  MofiS  nadjfeijten,  beftritten  aber  bie  Überlieferung,  bie  baS  ©efep 
umgäunte.  Sie  ?ßharif^er  bagegen  maren  bie  rechtgläubigen  3uben,  bie 
2öäd)ter  beS  ©efepeS,  bie  Vemapret  ber  münblidjen  Überlieferung,  jene  ben  reli= 
giöfen  Singen  borjugSmeife  jugemanbten  Männer,  bie  baS  im  Volle  perrfepenbe 
Vemufstfein  am  lebenbigften  auSfprachen  unb  burd)  eine  georbnete  Sepre  unb 
fcpulmäjjige  Interpretation  ber  heiligen  Vücper  ju  begrünben  ftrebten.  3U  <hnen 
gehörten  faft  alle  ißriefter,  alle  Sopperim,  bie  Meprjapl  beS  Volles,  baper  fie 
ntepr  als  eine  gemöpnlidje  Partei  maren,  als  meld)e  ipre  peftigfteu  ©egner,  bie 
Sabbucäer,  fie  barjufteüen  fud)ten.  Sie  maren  gugleicp  bie  Patrioten,  91atio= 
nalen,  ©egner  ber  grembperrfdjaft,  bie  als  ein  unerllärlicpeS  Mifsgefdjid,  jumal 
nad)  bem  Vbfterben  beS  £)angS  jum  ©öpenbienfte,  ben  meiften  3uben  erfdjien, 
barum  auch  am  meiften  bon  ben  fremben  §errfd)ern  berfolgt.  3»  ihnen  fanben 
fid)  bie  Sich©  unb  Schattenfeiten  beS  ganzen  Volles 1. 

Ser  Kampf  ber  ^ßparifäer  mit  ben  Sabbucäerrt  mar  feit  SopanncS  £)pr= 
fanuS  I.  fepr  erbittert  gemorben.  liefern  patte  einer  ber  erfteren,  (Sleagar,  meil 
feine  Mutter  einmal  eine  ©efangene  gemefen  fei,  ben  Verzicht  auf  baS  §ope= 
prieftertum  angefonnen  unb  bafür  eine  in  ben  5lugen  beS  beleibigten  dürften 
allju  milbe  Strafe  bon  ben  anbern  fpparifäern  erpalten.  Ser  gürft  brach  nun 
mit  ihnen  unb  befehle  bie  mieptigften  Vmter  mit  Sabbucäern.  Sagegeu  mürben 
bie  ^ßparifäer  rnieber  inäd)tig  unter  Vlejanber  SanttäuS  unb  ftiepen  bie  ©egner 
aus  bem  $open  ^Rate ;  allein  halb  manbte  ber  ftürft  fiep  biefen  ju,  pöpnte  ben 

1  Ser  9lame  ©abbueäer  toirb  abgeleitet:  a)  bom  fjebrätfdhen  Zedek,  Zadik 
(gerecht);  b)  bon  ©abof,  einem  ©djüler  be§  Stntigonuö  bon  ©od)o  (300 — 240  ober 
291—260  b.  6tjr.).  Ser  9lame  fpparifäer  toirb  abgeleitet:  a)  bon  paruscli  («ns), 
separare,  9lbgefonberter ,  Sluäertoäplter ,  dycopta/iivos  (Epiph. ,  Haer.  16,  1.  Suidas, 
Rabbi  Nathan,  R.  Elias.  Cf.  Talmud  Babylon.  Chagiga  fol.  18,  6) ;  b)  bon  porescli 
(w-ys),  Seprer,  Erttärer  (9)1  ö hier,  ßircpengefcbicbtc  I,  101).  Erjtere  91bleitung  tjat 
biel  mepr  für  fid).  9tid)t  umoahrfcheinüd)  ift ,  bajj  fie  ben  bon  ihren  Sreinbcn  juerft 
erhaltenen  9!amen  alö  einen  Ehrentitel  beibehielten,  ©ie  merben  toohl  au§  9lccommo= 
bation  an  bie  ©riedjen  unb  IRömer  bon  3ofepf)u3  (Amtiq.  XVIII,  1,  2)  al3  ppilo= 
foppifepe  ©d)nle  ober  ©eite  bejeiepnet. 


58 


®ci§  religiöfc  Selben  ber  §eiben  unb  Hubert. 


pparifäifcpen  9tituS  öffentlich  unb  berfolgte  beffen  Anhänger,  beren  Vufftanb  er 
blutig  beftrafte.  Vlejanbra  ©alome  brachte  nach  beut  State  if>re§  fterbenben 
©emapIS  mieber  bie  ?ß^arifäer  pr  ^errfdpaft ;  $uba  Ven  Sabbai  unb  ©irnon 
Ven  ©cpetad)  mürben  bie  SieberperfteKer  beS  alten  ©efepeS  unb  feiner  (Sr= 
ttärung.  Unter  IperobeS  tneigerten  fiep  mehr  als  6000  5pf>artj'äer ,  ihm  unb 
ben  Römern  ben  ©ib  ber  2reue  p  leiften,  unb  mürben  baher  mit  ©elbftrafen 
belegt.  Überhaupt  hatten  bie  ißhatifäer  im  Anfänge  groffe  Verbienfte  um  bie 
Steinerhaltung  beS  mofaiftpen  ©laubenS  unb  bie  Vemaprung  beS  SubentumS 
bor  Vermifcpung  mit  bem  ^eibentum;  aber  bei  bem  ©treben  nach  ©influfj, 
nach  ©ic£)erung  beS  ©efepeS  bor  frember  ^Beeinträchtigung ,  nach  fcpüpenben 
3öunen  beSfelben  arteten  fie  bielfach  au§.  ®ie  als  3aun  beS  ©efepeS  biefent 
beigegebene  ©rflärung  erhielt  ebenfo,  ja  noch  mehr  berpflicptenbeS  SInfehen  mie 
baS  ©efep  felbft,  unb  bie  gefeplicpe  3?afuiftif,  in  fleinlicpen  2)ingen  befangen, 
Derlor  piept  ganj  ben  ©eift  be§  ©efepeS.  $a  baS  £)ebräifcpe  feit  ©SbraS 
3eiten  für  bie  SOtenge  eine  tote  ©pradje  mar  unb  fo  baS  ©efep  ber  ©rflärer 
beburfte,  bertraten  bie  ^parifäer  als  eigentlicher  Seprftanb  bie  au»  ber  (bon 
ben  ©abbucäern  bermorfenen)  Überlieferung  gefcpöpfte  Auslegung  unb  gaben 
bie  ©loffen  311m  ©efeti  (SDeuterofeiS  —  Vtifcpna).  ©ie  maren  ganj  ben  3ere= 
monien,  häufigem  haften,  berbietfältigten  Safebungen,  ber  ftrengften  ©abbatS= 
feier  ergeben,  bie  fie  peucblerifcb  unb  prahlfücptig  pr  ©dpau  trugen,  obfdjon 
eS  immer  noch  ebte  ÜDtänner  unter  ihnen  gab.  ©ie  lehrten  entfcpieben  bie  Un= 
fterblicpfeit  ber  ©eele,  bie  jenfeitige  Vergeltung,  baS  SDafein  ber  ©ngel,  bie 
©inmirlung  ©otteS  auf  bie  Seit  unb  feine  Votfepung  ohne  ^Beeinträchtigung 
ber  menfchlichen  SiKenSfreipeit ;  jeboch  fallen  fpätere  tpparifäer  ein  an  ben 
Sauf  ber  ©eftirne  gebunbeneS  Verhängnis  angenommen  haben.  Saprfcpeinlid) 
glaubten  fie  and)  an  bie  Vuferftepung  ber  Seiber;  ber  Sube  glabiuS  SofeppuS 
fteüte  fie  mohl  nur  im  ©emanbe  ber  griecbifcpen  ©eelenmanberungSlepre  bar. 

3.  ©emiffermafen  in  ber  Vtitte  jmifcpen  ben  beiben  Parteien  ftehenb  unb 
bielleicht  auch  au§  einer  bermittelnben  Stichtung  perborgegangen  finb  bie  ©ffäer 
ober  (Offener,  bie  felbft  bon  VtofeS  abftammen  mollten,  aber  faum  bor  ber 
SJtitte  beS  jmeiten  borchriftlichen  SaprpunbertS  entftanben  finb.  ©ie  erscheinen 
als  Vtpftifer  unb  VSfeten,  aber  orphifch^ppthagoreifchen  Sehren  ergeben  unb 
babei  mehr  unb  mepr  bom  Subentum  abmeicpenb.  ©ie  bermarfen  bie  2uer= 
Opfer  unb  mahlten  eigene  ißriefter,  maren  in  ber  ©abbatfeier  ftrenger  als  bie 
pjarifäer,  blieben  aber  bom  SempelfultuS  ferne.  Vn  ber  Sepre  bon  bem  einen 
pöcbften  ©otte  hielten  fie  ftrenge  feft,  bie  Säfterung  beS  SJtofeS  bestraften  fie 
mit  bem  2obe,  bereprten  aber  auch  bie  ©onne  poch  fomie  bie  ©ngel,  beren 
Vamen  gepeim  gepalten  merbett  mufften.  Spr  ganjeS  Seben  marb  burdj  bie 
VorfteKung  bon  ber  Sieinpeit  unb  Unreinheit  gemiffer  SDinge  beperrfcpt,  bie 
ihren  Verfepr  erfcpmerte;  jebe  Saplgeit  mar  ein  Dpfermapl,  ÜJlaprung  unb 
Reibung  aber  auf  baS  Siotmenbigfte  befcpränft.  ©ie  bilbeten  eine  2lrt  bon 
Orben,  ber  meiftenS  aus  unberpeirateten  Vtännern  beftanb,  opne  bajf  jeboch 
bie  grauen  auSgefcploffen  maren;  bie  ©pe  mieben  fie,  menigftenS  in  ben  pöperen 
©raben,  meil  fie  bie  Seiber  für  treulos  hielten,  bermarfen  fie  aber  nicht  au 
fiep.  ©ine  klaffe  bon  ipnen  berepelicpte  fiep,  aber  erft  nach  breijäpriger  Prüfung 
ber  Vraut.  ©ie  erjogen  gerne  frembe  H'inber,  machten  ifkofelpten,  bie  erft 


2.  ®a§  jübtfdje  Voll. 


59 


nad)  breijäl)rigcm  Aotnjiat  Aufnahme  in  ben  Vunb  fanben,  lebten  in  ©iiter= 
gemeinfdjaft  uitb  in  ftrengem  ©eljorfam,  berboten  baS  Verfertigen  üon  Stöaffen, 
bie  ©Haberei  fomie  ben  (Sib ,  aufjet  bei  ber  Aufnahme  in  ben  93  unb.  ©nt= 
haltfamfeit  mar  ihnen  bie  tmchfte  Sugenb,  ihre  ^ilofo^ie  Vtoral.  Aach  Art 
ber  ^tljagoreer  falfen  fie  im  Seibe  eine  geffel  ber  au§  bem  feinften  Äther 
hertmrgegangenen  ©eele.  $fm  Urfit)  fcbeint  in  ben  abgefdnebenen  ©egenben  am 
Soten  Ateere  gemefen  gu  fein;  nadfher  gingen  bon  fjier  Kolonien  aus,  unb 
eS  lebten  an  4000  jerftreut  in  berfctjiebenen  ©tobten,  mo  bie  urfprünglicbe 
©trenge  mehr  jurüdtrat.  ©ie  fonberten  fiel)  überbauet  nicht  räumlich  bon  ben 
übrigen  3'uben  ab,  führten  ein  H)ätigeS,  arbeitfameS  Seben,  trieben  berfchiebene 
©emerbe  unb  übten  bie  ^eilfunft1. 

Sagegen  gaben  fid)  bie  äghbtifdjen  Sfjeraf)euten,  bie  fid)  bon  ©täbten 
ferne  hielten  unb  in  ber  Umgebung  bon  Alejmnbrien  in  Keinen,  bürftigen  ©e= 
bäuben  lebten,  ganj  bem  befchaulichen  Seben  unb  bem  Vibellefen  hi«-  3ebeS 
£>au§  hfltte  feinen  heiligen  Ort  (©emneon,  fütonafterion) ,  too  fie  einzeln  ber 
^Betrachtung  oblagen;  nur  am  ©abbat  tarnen  fie,  nad)  ©efd)led)tern  in  jmei 
Abteilungen  gefcfjieben,  in  einem  gemeinfamen  tpeiligtume  jufammen,  mo  ein 
Ältefter  eine  9iebe  hielt,  ©ie  beuteten  bie  Vibel  allegorifd),  hatten  heilige  AM)le 
mit  religiöfcn  ©efprächen,  ©efängen  unb  aud)  feftlid)en  Sänjen;  Söeiit  unb 
^leifchgenufi  mar  berboten.  Aud)  fie  bilbeten  eine  ©efetlfdfaft  jübifcher  Asteten, 
bie  fid)  bon  ber  ©emeinfchaft  ber  anbern  Suben  meber  trennen  moHte  noch 
bon  ihr  ait§gefd)loffen  marb.  Ob  fie  unter  bem  ©influffe  ber  platonifdjen  ^hü°= 
fobhie  ftanben  unb  inmiemeit  fie  mit  ben  ©ffenern  ^aläftinaS  äitfammenhingen, 
ift  bielfach  ftreitig.  Sie  Vefdfreibung,  bie  ber  3>ube  Pfilo  bon  ihnen  entmarf, 
hat  man  nachher  ganj  auf  bie  chriftlidjen  Asteten  paffenb  gefunben2. 

1  $er  Aame  ber  Sffener  toirb  abgeleitet:  a)  bom  fhrifdjen  non,  fjeilen  (me- 
dicus  animae  et  corporis  peritus  [Ioseph. ,  Antiq.  XVIII,  1,  6]);  b)  bon  'DN,  Un= 
fall,  3urücffet)ung  erbulben;  c)  bon  Chasidim,  kleine,  ^eilige.  *PbUb  hot  ’ Eoaaloi , 
3ofepf)u§  auch  ’EcroTjvoi.  SSgl.  Veiler  mann,  ©efd0icf)tli<^e  Aad)richten  über  ©ffener 
unb  Therapeuten.  Verlin  1821.  Sauer,  De  Essenis  et  Therapeutis.  Vratisl.  1829. 
Harnischmacher,  De  Essenorum  apud  Iudaeos  societate.  Bonnae  1866  (ber  ben  Aamen 
©ffener  bom  (Stamme  iaarjv  ableitet  unb  ihn  mit  Aüdficht  auf  mehrere  bcrioanbte  Verba 
als  bie  (Starten,  bie  Tugenbhelben  erflärt).  Sauer,  ®ie  Sffäer  unb  ihr  Verhältnis 
jur  Spnagoge  unb  ßirdje.  VBien  1869.  31.  Dple,  $ie  ®ffäer  beS  ipijilo  (Veiträge  gur 
ßirdhengefdhidhte  33b.  I).  Verlin  1888.  31.  ^ilgenfelb,  Tie  ©ffäer  *Phit°ä,(3citf^r- 
für  bnffenfdjaftl.  Tfjeol.  1888,  S.  49—72).  A.  Arrighi ,  Les  Essänieus.  Etüde  sur 
l'origine  de  leur  nom  et  de  leur  secte.  Toulouse  1887.  ®.  geller,  3ur  Vorgefähid^te 
beS  ßhriftentumS :  ©ffener  unb  Orphifer  (3eitfd)r.  für  miffenfchaftl.  Theol.  1899,  <S.  197 
bis  269).  —  Quellennadirichtcn:  Plinius,  Hist.  nat.  V,  15.  Ioseph.,  De  hello 
lud.  II ,  8 ;  Antiq.  XVIII ,  4.  Philo ,  Quod  omnis  probus  über  sit.  Euseb. ,  Prae- 
paratio  evang.  VII,  8. 

2  Quelle:  Tie  Schrift  iPhüoä  De  vita  contemplativa.  SMhrenb  einige  ben 
Therapeuten  bie  Priorität  bor  ben  ©ffenern  jufdjreiben  unb  le^tere  als  eine  paläftinifche 
Aachbilbung  ber  erfteren  faffen,  benfen  anbere  umgelchrt  bie  (Offener  al§  ba§  Urbilb  ber 
Therapeuten.  2)  ö  Hing  er  bagegen  (Jpeibentum  unb  Sfubentum  S.  760)  leugnet  eine 
nähere  Vermanbtfihaft  ber  Therapeuten  ÄgpptenS  mit  ben  ©ffenern  tpaläftinaS  unb  ben 
(Einflufj  ber  griedfifdieu  tp^tlofoplfre  auf  erftere;  bejüglidh  be§  erfteren  Vun!te§  ftimmt 
Valoiö  ju  Euseb.,  Hist,  eccles.  II,  17  boKfommett  ju.  Sangen  bagegen  (Ta§ 
Subentum  in  Valäftina  gur  3eit  Gljrifti  ©•  195,  Ar.  24)  glaubt,  in  Stgppten  habe  man 
platonifche  ßlemcnte  mit  ber  ppthagoreifchen  VrajiS  berbuubeu,  in  ißaläftina  aber  habe 


60 


SaS  religiöse  Seiten  ber  §eiben  unb  Stuben. 


4.  (Gegenüber  beit  3uben  ißatäfiinaS  tntbeten  halb  bie  in  ber  3e*= 
ftreuung  (SD i a [ p o r a)  lebenben  eine  grofje  3Q^/  bie  meifienS  in  regem 
33erfet)r  mit  ©erufatem  blieben,  bie  Stempetfteuer  (SDibracpma)  entridjteten,  öfters 
Opfergaben  fanbten  unb  fetbft  jum  Stempel  wattfafirteten,  menn  and)  bei  bieten 
bie  alte  2lnf)änglid)feit  an  ben  ftttittetpunft  tprer  Nation  unb  ipreS  Kultus 
nad)liep.  SSiele  Suben  maren  in  Sabpton  juriidgebtieben ,  bon  mo  aus  fie 
ficf)  weiter  nad)  Often  berbreiteten.  9tber  nod)  mehrere  ftrömten  bem  ©üben 
31t;  bie  Könige  ber  ^omeriten  in  ©Übarabien  nahmen  um  100  b.  ©fjr.  baS 
Subentum  an.  3n  ^tgppten  Ijatte  itjnen  fdjon  2ttejanber  ber  ©rofie  bie 
Stnfiebtung  in  ber  neuen  ©tobt  Sttejanbrien  geftattet ;  unter  sptotemäuS  Sagi 
mar  itjre  3a^  beträchtlich  geftiegen;  ju  ^tjitoS  3eüert  bitbeten  fie  Ijier  jmei 
günfteite  ber  Semopner  ber  tpauptfiabt  unb  patten  eine  fepr  günftige  Sage. 
Unter  potemäuS  II.  SfßpitabetppuS  (284 — 247  b.  6pr.)  warb  abteilungSmeife 
bie  töibet  in  baS  ©ried)ifd)e  überfept  (©eptuaginta) ,  moburcp  baS  fdjon  ber= 
minberte  SSerftänbniS  beS  §ebrtiifcpen  unb  ©tjatbäifdjen  nocp  mepr  jur  ©eitern 
peit  unb  ber  Slnfdjtufj  an  bie  retigiö§=ppitofoppifcpe  ^Bewegung  ber  pettenifcpen 
Sßett  geförbert  mürbe;  patten  bod)  bie  Überfeper  abftraftere  StuSbrudSWeifen 
unb  genauere  metapppfifcpe  begriffe  ju  gewinnen  unb  bie  SlntpropomorppiSmen 
311  befeitigen  fiep  bemüpt;  tag  bod)  ber  ©ebanfe  fepr  nape,  bie  ©rieten  mit 
bem  -DtofaiSmuS  3U  befreunben  unb  biefen  mit  iprer  ißpitofoppie  fobiet  als 
mögtiep  in  ©inftang  31t  bringen.  fßtotemäuS  ijlpitopator  gab  152  b.  ©pr. 
bem  OniaS,  einem  ©opne  beS  ermorbeten  §openpriefter§  OniaS  III.  bon  $eru= 
fatem,  bie  ©rtautmiS,  einen  3erfattenen  peibnifdpen  Stempel  bei  SeontopotiS  in 
einen  Stempel  feines  ©otteS  311  bermanbetn.  Dbfdjon  bieS  in  bie  3^  ber 
fßrofanation  beS  Stempels  3U  ©erufatem  fiel  unb  eine  SoSfagung  bon  biefem 
nidjt  beabfieptigt  mürbe,  fapen  es  bocp  bie  ©üben  ^ßatüftinaS  fepr  ungern,  ba 
eS  gegen  baS  ©efep  berftiep ;  fie  mufften  fiep  aber  bem  Unterfangen  fügen,  baS 
mit  bem  einft  bem  Sanbe  ^tgppten  berpeipenen  ©egen  (3f.  19,  21 — 25)  ge= 
rechtfertigt  warb,  unb  fo  patte  ber  Stempel  3U  SeontopotiS  bis  auf  SßefpafianS 
3eiten  Sßriefter ,  Sebiten  unb  reidje  ©infünfte.  ©e  mepr  grieepifepe  ©pradje 
unb  Sitteratur  auf  bie  ägpptifcpen  ©üben  einmirtten,  befto  mepr  mufften  fie 
fid>  bon  bem  attjübifdjen  nationalen  ©eifte  entfernen* 1. 

fiep  ber  tpptpagoreiSmuS  reiner  ausgeprägt,  ber  llrfprung  biefer  gangen  91iiptung  fei  in 
3'lgppten  31t  fuepen.  Ser  9tame  Sperapeuten  entfpridjt  opnepin  bem  ÜJtamen  ber  Offener  1 
in  ber  erften  ber  angeführten  Ableitungen  gang  genau.  ÜJlatpSitciuS  (Sie  Sperapeuten 
unb  if>re  ©tettung  in  ber  ©efepiepte  ber  ÜtSfefe.  ©trafjburg  1880)  fott  bie  bem  fßpito  | 
gugefepriebene  ©dprift  De  vita  contemplativa  erft  in  ben  testen  ©aprgepnten  Oor  bem 
fie  citierenben  ©ufebiuS  entftanben  fein ,  toaS  fieper  gubiel  Pepauptet  ift.  Stgl.  über  bie  : 
gange  ©rage:  Diirfcpl,  Sie  Sperapeuten  (au§  bem  „Äatpolit").  Sdtaing  1890. 
iß.  Sßenblanb,  Sie  Sperapeuten  unb  bie  pptlonifcpe  ©dprift  bom  Pefcpaulicpen  Seben 
(22.  ©upplementbanb  ber  ©aprb.  für  ftaff.  fflpilotogie  ©.  698 — 772).  Massebieau,  Le 
traite  de  la  Vie  contemplative  et  la  question  des  Therapeutes  (Revue  de  l’histoire 
des  religions  1887,  p.  170  ss.  280  ss.  284  ss.). 

1  Ioseph.,  Antiq.  XV,  3,  1;  XII,  2,4;  3,  1;  XIII,  3,  2;  De  bello  lud.  II,  36; 
VII,  3,  3.  Philo ,  In  Flaccum  p.  971.  973.  Sie  alepanbrinifdje  föiPelüberfepung  Pe= 
traepteten  bie  ftrengen  ©üben  at§  ein  fo  grofjeS  Ungtücf ,  bap  fie  ben  Sag  ipreS  $u=  j. 
ftanbetommenS  mit  bem  Sage  ber  Anbetung  beS  golbenen  ßalbeS  gleicpfepten  (Tract.  !. 
Sopherim.  1  Meg.  Taquith.  fol.  50,  c.  2). 


2.  SaS  jübifcfje  Votf. 


61 


Sie  jübifch  =  atejanbrinif(he  ffteligionSp^tlofob^te  begann  in  ber 
crften  §ätfte  bes  2.  StaprhunbertS  b.  ©hr.  mit  bem  aus  ^riefterlid^errt  ©efdjtecht  ent= 
fproffenen  ißcritmtetifer  StriftobutuS,  Sefjrer  beS  ßönigS  VtotemäuS  ippitometor,  ber 
in  einem  griecpifd)  öerfafften  23>erfe  bic  S3cf anntfdjaft  ber  griedjiftfien  Sinter  unb  ipt)ito= 
foppen  mit  ben  Sehren  beS  VtofeS  unb  eine  bietfad)e  Übercinftimmung  beiber  nocp3U= 
meifen  fucpte.  ©r  führte  ju  biefem  Vepufe  biele,  loopt  bon  früheren  gebilbeteit  Suben 
berfafjte  Verfe  an,  bie  als  orpheifcpe,  hefiobifcpe,  pomerifcbe  galten,  behauptete  ein  3U= 
fammcntreffen  beS  DrppcuS  mit  Vtofes,  beS  ipptpagoraS  mit  ©chütern  beS  Jeremias  in 
'Ägtjpten,  unb  benutzte  bie  griechifcpen  2tutoreu  in  giemlitf)  auSgebepntem  DJlafec Sßeiter 
ging  ber  gelehrte  h  i  1 0  (geb.  25  b.  Spr.,  geft.  39  n.  ßtjr.) ,  ber  bie  ptatonifcpen  unb 
ftoifcpen  ippitofoppeme  in  berborgetter  SBeife  fcpon  bei  VtofeS ,  bem  Vater  alter  VhiIo= 
foppie,  mittetft  ber  IXnterfc^eibimg  ftoifchen  ©eift  unb  Vud)ftaben  unb  mittetft  attegorifcber 
©rftärung  beS  tpentateuchs  finben  unb  mit  ihr  ben  tieferen,  mähren  ©inn  ber  bon  ©ott 
infpirierten,  unerfcpöpftich  gebanfeitreidjen,  aber  erft  bon  ihrer  ttmhüttung  to§3ufchätenben 
Vibetmorte  feftftetten  mottte.  ©r  trug  in  biefetben  baS  hinein ,  ma§  er  au§  griec^ifdier 
Vitbung  gefcpöpft  hatte,  fo  fehr  er  bon  Siebe  für  fein  Volt  unb  beffen  hohen  Veruf  er= 
füllt  mar.  ©ein  ©pftem  beruht  auf  fotgenben  ©ätsen:  1)  3toifd)en  ©ott  unb  ber  Vielt 
ift  ein  unenbtidjer  Stbftanb ;  ©ott  ift  über  atteS  unenbtid)  erhaben ,  eigenfdjaftS=  unb 
namenlos,  ber  ©eienbe,  bem  gegenüber  atteS  anbere  ©ein  mie  Vichtfein  ift;  er  ift  per= 
föntid),  abfotut  fetig  unb  ftetS  mirtfam.  2)  ©6  giebt  eine  mirfenbe  Urfadje  —  ©ott  — 
unb  einen  teibenbeu  ©toff  —  bie  feetentofe,  au§  fiep  unbetoeglidje,  aber  bitbfame  Vtaterie  — , 
aus  metipem  fid)  bie  ltnboüfommenheiten  bes  ©nbticpen  ertlären  taffen,  ©tatt  ber 
©djöpfung  aus  Vicpt§  ift  hier  mit  ben  iptatonitern  eine  ipräejiftenj  ber  Vtaterie  gefetjt. 
3)  Sa  ©ott  feinem  eigentlichen  Sßefen  nach  atter  Verübrung  mit  ber  Vtaterie  unb  ber 
SEßctt  entrüdt  ift ,  fo  bebiente  er  fid)  3ur  Vleltbitbung  ber  3been ,  feiner  untörperlicpen 
ßräfte,  unb  geftattete  burd)  fie  (bie  3been,  bie  moht  fd^on  tmr  ^ppito  bie  ateEanbrinifd)en 
Stuben  au$  iptaton  angenommen  hatten)  bie  Vtaterie.  4)  Sie  $been  jufammen  bitben 
bie  intettigible  SGöett  (ßoSmoS  noetoS)  unb  finb  fötufterbitber  ber  ©innenmett  (ßoSmoS 
aiftpetoS).  Ser  Urheber  ber  Sfbealmett,  mit  bem  aber  biefe  jufammenfättt,  ift  ber  gött= 
liehe  SogoS.  5)  Sie  $been  finb  einerfeitS  Vlobctte,  Urbitber,  nach  benen  ©ott  fdjafft, 
bie  ©ieget,  bie  er  ben  Singen  aufbriteft,  anberfeits  bie  mirfenben  ltrfad)en  ober  bienenben 
ßräfte  (Spnameis),  burd)  bie  er  feinen  ©cpöpfungSptan  ausführt,  göttliche  Sbätigfeitcn 
an  ber  SSett,  benen  eine  gemiffe  ©etbftänbigteit  jufommt  (mie  ©nget,  baher  oft  perfön= 
tid)  gebacht).  6)  Ser  göttliche  SogoS  ift  bie  fjödhfte  Vernunft,  bie  teils  als  biofee  un= 
perföntiepe,  im  göttlichen  SBefen  befcploffene  ©igenfdhaft  betrachtet  mirb  (SogoS  enbiatpetoS), 
teils  aber  aud)  unb  üorjugSmeife  atS  burd)  baS  götttidje  ©pred)en  auS  bem  ©d)of)e  ber 
©ottheit  perauStretenb  unb  fofort  in  perföntidjer  Verfduebenpeit  tion  ©ott  für  fid)  be= 
ftefjenb  erfdheint  (SogoS  prophoritoS).  ©r  ift  bie  Dottenbetfie  Offenbarung  ©otteS,  ber 
Inbegriff  alter  göttlichen  ßräfte  unb  ßunbgebungen,  Vermittler  3mifd)en  ©ott  unb  Vielt, 
Slbbilb  bes  Vaters,  ©ot)n  ©otteS,  ber  jmeite  ©ott,  ©rjenget,  VJeiSpeit.  (SaS  ©d)manten 
in  ben  VuSbrüdten  erttärt  fid)  moht  barauS,  baf)  iPhito  einerfeitS  baS  innige  Verhältnis 
beS  SogoS  gu  ©ott  bem  Vater  ahnte,  anbcrfeitS  bie  $bce  beS  einen  ©otteS  aufjugeben 
unb  bem  VaiptheiSmuS  31t  Oerfatten  befürchtete.)  7)  ©nget,  Sämonen,  ©eeten  bebeuten 
baSfetbe;  ihre  3apl  ift  unenbtid),  ihre  Sßohnung  bie  Suft.  ©in  Seit  ber  ©eeten  (pla= 
tonifch  gefaxt)  ift  bon  ber  Suft  jur  ©rbe  herabgefallen,  11m  fich  mit  fterblid;en  Seibern 
ju  berbinben  (1  Vtof.  6,  1  ff.) ;  biete  gehen  in  ber  ©innlidjteit  unter,  anbere  ringen  mit 
ihr,  um  mieber  empor  3U  fommen ;  bie  Safterhaftcn  gehen  mit  ber  3erftörung  beS  SeibeS 
unter.  2tud)  bie  ©eftirne  haben  ©eeten.  8)  SGöottuft  ift  tprin3ip  unb  ©ip  ber  ©ünbe; 
ihr  entgegen  ift  ©ntpattfamfeit,  Unterbriicfung  unb  Vefd)rönfung  ber  ©innticfif eit  nötig. 
(VieteS  ftoifd),  nur  mit  Vetonung  ber  Votmenbigteit  ber  götttidjen  ©nabe.)  Sugenb  ift, 
atteS  auS  Vüdficht  auf  ©ott  3U  thun ,  unb  ©taube  ift  mal)re  Sßeisheit.  Ser  3"ftanb 
ber  Volttommenen  ift  bie  ©fftafe,  bie  in  ber  meffianifchcn  3eit  eine  attgemeine  merben 
mirb.  —  tphito  mar  in  ber  Spat  ber  Vteifter  ber  ji'tbifih=theofophifchen  ©d)ule  unb  hat 


1  Aristobulus  bei  Euseb.,  Praep.  ev.  VII,  14;  VIII,  10;  XIII,  12.  Valclcenctcr, 
De  Aristobulo  lud.  Lugd.  Batav.  1806. 


62 


®aS  retigiöfe  ßeben  ber  §eiben  unb  Stuben. 


auf  öicte  Sfaßrßunberte  ßinauä  ben  größten  ©inftuß  geübt.  Sin  ißn  fcßtießen  fid)  fotooßt 
großartige  neue  ©ebanfen  als  aucß  gefährliche  StuStoücßfe  be§  menfcßticßen  ®enfen§  an  ‘. 

$n  biefen  jübifcß=ale£anbrinifd)en  Greifen  entftanben  aber  aucß  nocß  ©Triften  üon 
toeittragenber  töebeutung ,  bie  nacäßßer  im  ßanon  ber  $ird)e  ißlaß  gefunben  ßaben  unb 
ben  Übergang  Dom  Sitten  gum  9teuen  ®eftamente  Oermittetn.  ©o  inSßefonbere  baS  58ud) 
ber  „SBeiSßeit",  in  bem  fid)  ein  burdßaug  pßüofopßifcßer  ©eift,  öon  ber  göttlichen 
Offenbarung  erleuchtet  unb  bor  ber  58er irr ung  menfdjticßer  Meinungen  gefiebert,  über  bie 
tieferßabenften  fragen  berbreitet,  toeiterbauenb  auf  ben  in  ben  ©prüfen  ©alomonS  unb 
in  bem  58ud)e  be§  ©iraciben  gegebenen  ©runbtagen,  unb  baS  in  einer  enge  an  bie 

griecßifdje  ißßitofopßie  fid)  anfeßtießenben  SluSbrudStoeife  mit  großer  geinßeit  ber  ®ar= 
ftettung.  ®a  erfeßeint  bie  göttliche  Söeisßeit  in  Sßeiterfüßrung  ber  fonft  (Stob  28,  24—28. 
©pr.  8,  22—31)  auSgefßrodjenen  ©ebanfen  als  §aucß  ber  Kraft  ©otteS,  ein  lauterer 
StuSftuß  feiner  ^»errtießfeit ,  ber  Slbglang  be§  etoigen  ßüßte§,  ber  ftecfenlofe  ©pieget  ber 
SBirffamfeit  ©otteS  unb  baS  58itb  feiner  ©üte  (SBeigß.  7,  25  ff. ;  8,  4;  9,  4).  Stud) 
in  bem  3  m  eiten  23ucße  ber  SUtaffabäer,  baS  auf  Sfafon  öon  ©ßrene  bertoeift 

(2,  23) ,  finbet  fid)  reichhaltiger  Sehrftoff ,  befonberS  über  ba§  jenfeitige  ßeßen  unb  bie 

Sluferfteßung  (7,  9  ff.).  St»  benfetben  Greifen  fd)einen  aud)  anbere  ©cßriften  entftanben 
ju  fein,  bie  nicht  beSfetben  StnfeßenS  fid)  bauernb  erfreuten,  toie  ältere  Steile  ber 

nacßßer  bon  ©ßriften  tueitergefüßrten  fibßttinifcßen  58ücßer,  ba§  britte  SDtaffaMertmd) 
u.  a.  m. 

316er  atteß  außer  dgßßten  maren  bie  3 üben  feßr  berbreitet,  jumat  in  ben 
Sagen  beS  9IuguftuS.  9tacß  9t am  ßatte  ißompejuS  bie  elften  berfelben  als 
Kriegsgefangene  gebracht ;  SutiuS  (Säfar  erlaubte  ißnen,  ©ßtragogen  einjurießten; 
fie  moßnten  in  einer  eigenen  9tegion  fenfeitS  ber  Siber;  (Säfar  unb  SluguftuS 
begünftigten  fie.  fJticßt  rnenige  Silben,  felbft  in  tßalaftina  erlogene  unb  tebenbe, 
fcßloffen  fich  ber  römifeßen  Sßettanfcßauung  an;  fo  ber  geleßrte  f3ßarifäer  3ßr 
feßßuS,  ein  ©ßrößting  ßriefterlidfen  (S5efd)Iedht§ ,  ber  ju  (Sßren  beS  Befßafian 
unb  SEituS  ben  Flamen  gtabiuS  annaßm  unb  bureß  bas  Büßten  um  bie  ©unft 
ber  9tömer  fotuie  bureß  baS  Beftreben,  in  feinen  ©cßriften  alle§ ,  maS  biefen 
etma  anftößig  fein  tonnte,  jn  milbern,  bei  feinen  ftrengeren  Sanbsteuten  großen 
Stnftoß  erregte  (geft.  93  it.  (Sßr.).  3Cber  anberfeit§  übten  aud)  bie  3uben  eine 
große  9tnKeßungSfraft  auf  bie  9tömer  aus,  jutnal  bei  ber  ßerrfeßenben  Steigung 
51t  fremben  Kutten,  befonberS  bei  ben  grauen;  fie  ertoarben  felbft  in  Ütotn 
fSrofetßten1 2.  SDiefe  maren  teils  ißrofelßten  ber  ©ereeßtigf eit,  bie  fid) 
aud)  bie  Befcßneibung  gefallen  ließen  unb  fo  botlfommen  guben  mürben,  teils 
9ßrofetßten  beS  SßoreS,  bie  fid)  bloß  gur  Beobachtung  ber  noachifdjen 


1  Philo,  Opp.  ed.  Francof.  1691  sq. ;  ed.  Mangey,  Lond.  1742  sq. ;  vol.  2,  ed. 
Pfeiffer,  Erlang.  1785  sq.  1820  sq.  Biblioth.  S.  PP.  lat.,  ed.  Richter,  Lips.  1828  sq. 
Philonea  inedita  altera,  altera  nunc  denium  recte  e  vet.  scriptura  eruta,  ed.  C.  Tischen- 
dorf,  Lips.  1868.  - —  Euseb.,  Praep.  ev.  VII,  21;  VIII,  6.  7.  11 — 13.  Grofsmann, 
Quaestiones  Philonicae.  Lips.  1829.  ©fröret,  tßßito  unb  bie  atejanbr.  ®ßeofopßie. 
(Stuttgart  1831.  ®aßne,  ©efd)icßttid)e  ®arftettung  ber  jübifcß  =  atejanbrinifdßen  SÜeIi= 
gtondpßilofopßie.  33b.  I.  £aüe  1834.  6.  ©iegfrieb,  flßilo  öon  Stlepanbrien.  Siena 
1875.  K I  a  f  e  n ,  ®ie  altteftamentlicße  SSeigßeit  unb  ber  ßogo§  ber  iübifd)--alej;anbrittifd)en 
üßilofopßte.  Sreiburg  1878.  St.  Stall,  ©efeßießte  ber  ßogoSibee  in  ber  grieeßifeßen 
tßßitofopßie.  ßeipgig  1896. 

2  Suben  in  3tom :  Tacit. ,  Ann.  II ,  85 ;  Hist.  V,  5.  Horat. ,  Sat.  I,  9,  69  sq. 
Iuvenal.,  Sat.  VI,  643;  XIV,  96  sq.  Seneca  bei  August.,  De  civ.  Dei  VI,  11.  Philo, 
De  leg.  ad  Caium  p.  1014.  1035  sq.  Ioseph.,  Antiq.  XIV,  10,  2—8;  XVIII,  3,  5; 
XIX,  5,  3.  @.  ©cßüter,  ®ie  ©emeinbeöerfaffung  ber  Stuben  in  9tom  in  ber  Kaifer= 
3eit  nad)  Snfcßriften  bargeftettt.  ßeipjig  1879. 


2.  Sag  jübifdfje  SSoIf. 


63 


(SJebote  berpflic^teten,  bie  Sefdjneibung  aber  nicht  annahmen.  8e|teren,  bie  bicl 
5af)Ireic£)er  waren,  gab  bie  milbere  Schule  be§  ipillel  Anteil  am  füteffiaSreidje, 
währenb  bie  ftrengere  Schule  be§  Schammai,  bie  aud)  jener  gegenüber  bie  @fje= 
Reibung  (5  Stof.  24,  1)  blojj  megen  Unpdjt,  nicht  megen  jeber  mißfälligen 
ipanblung  geftattet  toiffen  wollte,  fte  babon  auSfchlojj,  ba  nad)  [treng  jübifcher 
3lnf<hauung  fein  §eibe  wahrhaft  Sohn  9lbraf)am§  werben  fonnte.  Seibe  SEeile 
beriefen  fid)  auf  5ßf.  9,  18:  „©§  füllen  bie  Sölfer  untergehen,  bie  (Sott  ber= 
geffen."  Sei  ben  weiften  Reiben  würben  biefe  ^ßrofelßten  unb  bie  3uben  felbft 
berachtet  unb  gehaßt.  3Ißerfeit§  wollten  bie  Suben  ftet»  einen  unbebingten 
Sorrang  bor  ben  belehrten  Reiben  behaupten1. 

9tad)  unb  nad)  war  fo  bie  Sdjeibewanb  gefallen,  Welche  bie  Suben  bon 
ben  anbern  Sölfern  abfc£)loß ;  fie  gaben  biefen  bieleg  unb  empfingen  mieber 
bon  ihnen;  fie  ftreuten  beffere  religiöfe  Sbeen  au§  unb  nahmen  frembe  Silbung§= 
elemente  in  fid)  auf.  9tid)t  einmal  in  fßaläftina  felbft  fonnten  fie  bem  @in= 
bringen  ber  leßteren  wiberftefjen,  fo  fel)r  man  fid)  auch  bemühte,  burd)  ba§  in 
ber  ber  Staffabaerfämpfe  in  Sßalüftina  pr  Sefämpfung  be§  £)eüeni§mu§ 
berfaßte  Sud)  £)enod)2,  burd)  ba§  nad)  63  b.  ©l)r.  gefcßriebene  Ißfalterium 
Salomong  unb  anbere  (Schriften  fie  abpweljten  ober  unfdjäblidj  p  machen. 
9fud)  h^r  war  ba§  £)ebräifd)e  nid)t  mehr  Solfgfprache ;  auch  hier  hflüe  man 
ba§  Sebürfni§,  bie  heiligen  Schriften  p  überfein,  unb  hierfür  bienten  be= 
fonber§  bie  Sargumim,  wobon  ba§  ältefte  pr  21)orn  (bon  Onfelo§)  au§  ber 
erften  Hälfte  be§  erften  d)riftlid)en  3ahrf)unbert§  ftammt3.  ®er  fernere  Srud 
ber  grembljerrfchaft ,  überhaupt  bie  politifcpen  Serljältniffe  führten  ebenfo  p 
einem  ftarren  gehalten  an  bem  Sucbftaben  be§  (Sefepeg  al§  pr  Seräuper= 
Ii<hung  ber  uralten  SfeffiaShoffttung.  Sei  tiefem  fittlidjem  SerfaH  wollte  man 
einen  Sefreier  bon  ber  grembljerrfchaft,  einen  bie  ^eibenüölfer  überwinbenben 
$önig  beg  augerwählten  Solfeg,  ben  man  um  fo  mehr  bon  (Sott  erhoffen  p 
bürfen  glaubte,  alg  man  big  in§  fleinfte  bie  Snforberungen  be§  mofaifdjett 
(Sefetjeg  p  erfüllen  unb  bannt  wahre  Dledjtfertigung  p  erlangen  beftrebt  war. 
3)a§  pjarifäertum  in  feiner  Entartung  beförberte  biefe  Sichtung  beg  jübifcpen 
Solfggeifteg,  währenb  bie  Sabbucäer  auf  biefen  nur  jerfeßenb  unb  jcrftörenb, 
bie  Offener,  fcpon  weniger  phireich,  bloß  in  einzelnen  Greifen  unb  and)  ba 
nicht  im  Sinne  eines  geiftigen  SuffcpwungS  ber  Stoffe  einpwirfen  bermodjten. 
Sille  formen  ber  Safterlpftigfeit  unb  Sogljeit  fanben  fid)  bei  ben  3uben  ber 
römifchen  ^aiferpit  bor  ( Ioseph De  bello  lud.  VII,  8,  1). 


1  Sie  5jkofeÜÜen  beg  Stjoreg  (ny-in  -na)  fommen  im  9ieuen  Sefiamente  üor  als 
<poßou;xsvoi  ober  asßogsvot  tov  &eov;  fie  hielten  nur  bie  noadjifcfjen  ©ebote  (1  Stof. 
9,  4  ff.  3  Stof.  17,  8  ff.  2  Stof.  20,  10.  5  Stof.  5,  14)  im  ©egenfap  ju  ben  *ßro- 
felpten  ber  ©eredjtigleit,  pps.n  -na  (ober  rvnsn).  —  Tacit.,  Hist.  V,  5.  Immal.,  Sat. 
XIV,  96  sq.  L.  Geiger,  Quid  de  Iudaeorum  moribus  atque  institutis  scriptoribus 
Romanis  persuasum  fuerit.  Berol.  1870. 

2  Über  ba§  Sud)  §enod)  f.  Sillmann,  Sag  23udh  §enod).  Seidig  1853. 

3  Söolt,  9lrt.  Sbargumim  in  er  jogg  dteatencpflopöbie  XY  (2.  Slufl.),  365  ff. 
Schön fetber,  Onlelog  unb  i|tefd)ittl)o.  Sttincljen  1869.  Sigm.  Stal) bäum,  Sie 
21ntf)ropomorpb«n  unb  21ntl)rof)opatt)ien  bei  önfelog  unb  ben  fpäteren  Sargumira. 
Sreglau  1870. 


64 


Sa§  retigiöfe  Sebcn  ber  Reiben  unb  Stuben. 


5.  Söüprenb  bie  Hubert  in  3ßerfien  fiep  japtreid)  bem  ^JarfiSmuS  anjc^Ioffert, 
anbere  ein  eigenes  jübiyd)=perfif(f)e§  ©Aftern  auSbilbeten,  waren  bie  nädjften 
Sadfharn  fßatäftinaS,  bie  ©amariter,  bon  ihnen  fortmäprenb  getrennt.  SDiefeS 
ÜRifcpbotf  (2  5?ön.  17,  24  ff.  2  5ßar.  31,  1  ff.),  bon  ben  peibnifcpen  $oto= 
niften  (ber  TOehrjapt)  auch  ^utpaer  genannt,  behauptete,  obfcpon  bem  §eiben= 
tum  ergeben  unb  barum  bom  2empetbau  auSgefditoffcn,  ben  Anfprud)  auf  feine 
iSraetitifcpe  Abftammung.  ©urcp  ben  auSgeftopenen  jübifcpen  ^ßriefter  Stanaffe 
erhielten  fie  (nad)  einigen  410,  nach  anbern  332  b.  ©pr.)  ipten  eigenen 
Stempel  auf  bem  Serge  ©arijitn  (5  üftof.  17,  4)  bei  ©icpem  unb  ein  eigenes 
^ßrieftertum.  SDiefer  Tempel  warb  (109  b.  ©pr.)  burcp  Johannes  f)prfanuS  I. 
jerftört,  was  ben  tpap  gwifcpen  Suben  unb  ©amaritern  noch  bermehrte,  bie 
fid)  beiberfeitig  mie  ©cpiSmatifer  mieben  Qsop.  4,  9  ff.),  ©etbft  nad)  Ägppten 
berpftanjte  fid)  biefer  £)af$  burd)  bie  borthin  gefcpidten  ©olbaten  auS  ©amaria. 
Son  ber  Zeitigen  ©d)rift  nahmen  fie  nur  bie  fünf  Sücper  IRofiS  an,  bie  fie 
in  einer  eigenen  Überfettung  patten.  Aud)  fie  ergaben  fid)  bem  ©inftuffe  ber 
gried)ifd)=ale£anbrinifd)en  Sitbung.  SDie  ©runbjüge  ihrer  Setigion,  mie  fie  fid) 
fpäter  entmidelte,  finb:  1)  geftpatten  am  fütonotpeiSmuS ;  2)  ©d)eu  bor  aller 
Übertragung  beS  üftenfcpticpen  auf  bie  ©ottpeit  (AntpropomorppiSmen) ;  3)  8eug= 
nung  ober  bod)  Stipacptung  ber  jübifd)en  Sehre  bon  ben  ©ngetn,  bie  als  blope 
Kräfte  galten;  4)  Serperrtidjung  ber  fünf  Südjer  WofiS  mit  Sermerfung  ber 
fpöteren  ©d)riften;  5)  ©abbatfeier  unb  Sefcpneibung  als  SunbeSunterpfänber ; 
6)  Stempetfutt  auf  ©arijim  (ftatt  tpebat);  7)  Hoffnung  auf  ben  SteffiaS  atS 
Sßieberperftelter ,  unb  jmar  in  minber  partifulariftifcper  Raffung  als  bei  ben 
Suben;  8)  ©tauben  an  eine  gemiffe,  Wenn  aud)  empfinbungStofe  gortbauer  ber 
©eeten  in  ber  Unterwelt  (©cpeot).  SofeppuS  mad)t  ipnen  jum  Sormurf,  bap 
fie  im  ©lüde  fid)  für  3uben  auSgaben,  Wie  unter  Atepanber  bem  ©ropen,  im 
Ungtiide  aber,  namentlich  bei  AntiocpuS  ©pippaneS,  bem  fie  ihren  Stempel  als 
SEempet  beS  pettenifcpen  $euS  opne  ßuItuSönberung  bejeidmeten,  für  ©ibonier. 
Aus  biefen  ©amaritanern  gingen  nachher  einige  d)riftlicpe  (?)  ©eftenftifter 
(©ofitpeuS,  ©imon,  IRenanber)  perbor1. 

1  Ioseph.,  Antiq.  XI,  7,  2;  8,  2  sq. ;  XII,  1,  1 ;  5  sq.  Sylv.  de  Sacy,  Mein, 
sur  l’etat  actuel  des  Samaritains.  Paris  1812.  ( Sieffert )  Progr.  de  temp.  scliism. 

eccles.  Iudaeos  inter  et  Samaritanos  oborti.  Regiom.  1824.  §erjogä  tftealenctjltopdbie 
XIII,  359  ff.  ©rimm,  Sie  ©amariter.  SHtüncljen  1854.  ßopn,  ©amarit.  ©tubiert. 
33re§tau  1876.  Appel,  Quaestiones  de  rebus  Samarit.  Vratisl.  1874.  Sßeper  unb 
Söelte’s  ßirdjenlejifon  X  (2.  Auft.) ,  1645  ff. :  Art.  ©amaritaner  (bon  5 eil).  — 
Alanaffe  Wirb  bon  einigen  in  bie  $0*  be§  Sariu§  ßobomannuS  gefept,  ben  Atejmnber 
b.  ©r.  befiegte,  bon  anbern  in  bie  be§  SariuS  AotpuS,  fo  bap  3ofePhu§  (Antiq.  XI,  7; 
XII,  1)  hierin  irrte.  Sie  ÄircfjenfdhriftfteHer  führen  bie  ©amariter  gewöhnlich  unter  ben 
Jpärefien  an  ( Philastr De  baeres.  c.  7.  Epiph.,  Haer.  c.  9.  Leont.,  De  sectis  c.  8). 
Aach  Pbilosophumena  IX,  29  fanben  bie  ©abbucäer  in  ©amaria  gropen  Anhang.  Sie 
famaritanifche  ttberfepung  be§  Sei,tateuih^  Warb  guerft  1627  in  ber  Aarifer  ^PoItjQlotte 
l)erau§gegeben  (cf.  Gesen.,  De  Pentateuchi  Samar.  origine,  indole  et  auctore.  Halis 
1815;  Progr.  de  Samar.  theol.  ex  fontibus  ineditis.  Ibid.  1822;  Carm.  Samar.  e 
codd.  Lond.  et  Goth.  Lips.  1824.  SB e per  unb  Sßette’3  ßirchenlegifon  IX  [1.  Auft.], 
605  ff.).  Ser  AleffiaS  h£ipt  nn;in  ober  annn,  reductor,  conversor,  Sefeprer,  worin  bie 
praftifcpe  ©eite  be§  prophetifcpen  93erufeS  herborgepoben  ift.  ©inige  glauben,  bie  fama= 
ritanifcpe  SAeffiaSibee  fei  ber  echten  biel  näper  gewefen  als  bie  jübifdpe  (Ab.  Alaier  in 
SBeper  unb  Söelte’S  flirdhenlegilon  IX  [1.  Auft.],  605). 


3.  S)ic  Vorbereitung  ber  tOlenfcppcit  auf  bte  Slnfunft  ©prifii. 


65 


@o  podj  aud)  in  refigiöfer  unb  fittlidEjer  SBegiel^ung  baS  iSraelitifcpe  Volf 
über  beit  Hcibeimölfern  ftanb,  fo  erhabene  Sd)äpe  es  in  feinen  peifigen  Vücpern, 
in  feinen  gotteSbienftlidjen  unb  päuSIid)en  ©inrieptungen  bemaprte,  fo  tnaren 
bod)  aud}  bie  Suben  in  ber  römifd)en  ^aiferjeit  tief  gefunfen  burd)  eine  än^er= 
Iid)e  Vuffaffung  ber  ^Religion  unb  jügelfofen  Fanatismus,  burd)  iprett  unbän= 
bigen  Vationalftoh  unb  ipren  Haff  gegen  bie  Reiben ,  burd)  fütfidje  Unlauter^ 
feit  unb  öerfteefte  Sünbe,  burd)  innere  Srcmh'fldft  unb  iparteiung.  Selbft  bas 
Hopepricftcrtum  mar  erniebrigt  teils  burd)  (Streitigfeiten  feiner  Fnpaber  mit  ben 
übrigen  Angehörigen  beS  geiftlidfen  StanbeS,  mie  5.  53.  über  Verteilung  ber 
3cpntcn,  teifS  burd)  bie  millfürlidjen  ©im  unb  Abfe^ungen  (in  108  fahren 
28  ^oheprieffer,  öon  benen  einige,  mie  InaniaS  [52]  unb  fein  Sopn  VttanuS 
[61],  Sabbncäer  maren,  unb  bon  benen  mand)e,  mie  in  ber  testen  3ert  beS 
Staates  am  ftörfften  gefd)ah,  ihre  DJcitbemerber  mit  befotbeteu  53anben  befriegten). 
33ei  ber  etnb f) e r r f d) a f t  ging  bie  fonft  fo  febenbig  feftgepaltenc  3bee  beS  ÜReffiaS 
in  bie  ©rmartung  eines  po!itifd)en  VefreierS  über,  unb  nur  menige  auSermäplte 
Seelen  pielten  fic  in  ihrer  Aeinheit  unb  SBaprpeit,  mie  fie  bei  ben  ißroppeten 
ausgeprägt  mar,  aufrecht  unb  fiepten  ju  ©ott,  b afj  bie  Himmel  ben  ©eredjtcn 
tauen  mötpten  (Sf.  45,  8).  Oer  fcplagenbftc  VemeiS  ber  ©ntartung  beS  jübifd)en 
VoffeS  liegt  barin,  baff  es  jebem  fatfd)en  ÜReffiaS  in  ber  Folge  fid)  anfdflop, 
ber  feinen  irbifepen  Hoffnungen  fdjmeidjelte,  mäprcnb  eS  in  feiner  entfdjicbenen 
SReprjapI  ben  mirffitpen  ÜReffiaS  bermarf 1. 

B.  Sie  Vorbereitung  ber  9Jtenfdjpeit  auf  bie  Anfunft  ßprifti. 

fRatp  apoftoliftpetn  VuSbrud  (©al.  4,  4)  mar  eS  bie  „Fülle  ber  3 e i t " » 
in  ber  bie  bon  ©ott  borperPeftimmte  unb  üerpeifiene  ©rlöfung  eintrat.  Oie 
gried)ifd)=römifd)e  Sßelt  mar  gealtert,  ber  Vklterlöfer  foüte  fie  berjüngen ;  fie 
patte  ipre  Aufgabe  erfd)öpft,  gegeigt,  maS  bie  9Renfd)peit  aus  eigenen  Kräften 
bermöge,  baS  ©rlöfungSPcbiirfniS  mar  ipr  jutn  Vcmuptfein  gebrad)t  unb  sugleid) 
ber  Vobcn  für  bie  Vufnapme  beS  ©rretterS  bereitet.  Oie  Trennung  ber  gebil= 
beten  Völfcr  ber  alten  2BeIt  marb  burd)  bie  ©inpeit  beS  römifepen  AeidjeS,  burep 
bie  jurn  allgemeinen  VerftänbigungSmittel  gemorbene  gried)ifd)e  Spradje,  burd) 
bie  5Rif(pung  ber  ^Rationen  unb  iprer  leitenben  Sbeeit,  burd)  bie  getneinfame 
Sepnfud)t  nad)  pimmlifdiem  Veiftanb,  nad)  einem  Vetter  unb  Vefreicr,  in  ber 
Art  berminbert,  bap  eine  ©inigutig  berfelben  unb  mit  ipr  eine  ©rpebung  bor= 
bereitet  mar,  jumal  bei  äuperer  Aupe,  bei  junepmenber  Vefdjäftigung  mit  ben 
burd)  feine  ©infdpläferung  beS  ©emiffenS  mepr  in  ben  Hintergrunb  ju  brängenben 
religiöfen  Flogen.  Oer  Sinn  für  baS  ©emaltige  unb  ©rpabene,  mie  ipn  bie 
Orientalen  bormaltenb  geigten,  ber  Sinn  für  baS  aftpetifcp  Sdjöne,  mie  ipn  bie 
©riecpen  auSgebilbet,  für  baS  bürgerfid)  fRüplicpe,  für  üfeept  unb  ©ered)tigfeit, 

1  3u  ben  tpfeubomeffiaffen  gepören:  2pcubn3  (Apg.  5,36),  SubaS  ©alilättS  (ebb. 
V.  37.  Ioseph. ,  Antiq.  XX,  5,  1),  ein  aus  Ägypten  gefommener  foppet  unter  Ae ro 
um  55  n.  6pr.  [Ioseph.,  De  bello  lud.  II,  13,  5),  ein  Vctriiger  ca.  60  n.  6pr.  {Ioseph., 
Antiq.  XX,  8,  10).  Vgl.  3uf<plag,  SpeubaS,  Slnfüprer  eines  750  R.  itt  Valäftina 
erregten  SlufftanbeS.  Gaffel  1849.  3eHer»  Xpeol.  JJaprbfidjer  X  (1851),  270  ff.;  Dgl. 
VIII  (1849),  65  f. 

§ergenrßttjer,  ftitdjcngcfdjidUc.  I.  4.  Stuft. 


5 


66 


®a§  religiöfe  ßeben  ber  Reiben  unb  3’uben. 


wie  ilpt  bie  Utömer  gepflegt,  foüte  feine  Verfförung  finben  in  bem  wahrhaft 
^eiligen,  ber  alle  nnb  atfe§  ^eiligen,  entfiinbigen  unb  über  baS  3rbifd)e  empor= 
lieben  tonnte.  Sn  ben  Sagen  beS  3(uguftuS  neigten  SanielS  SapreSWodjen 
tprem  Qsnbe  31t  (San.  9,  24  ff.);  ber  jorobabelifcpe  Sempel  harrte  auf  ben,  beffen 
Stnfunft  ihn  niepr  berperrlicpen  füllte,  als  einft  bie  fRauchwoIte  ben  Sempel 
©alomonS  geabelt  (3lgg.  2,  4  ff.  9DM.  3,  1  ff.) ;  bie  Hoffnung  auf  itjn  war, 
wenn  aucf)  entfteflt  unb  öergerrt ,  bocp  lebhafter  unb  brennenber  als  je.  23ier 
Saprtaufenbe  waren  üergangen,  feit  ber  erfte  3lbam  ber  ©tammbater  beS 
fünbigen  ©efcpled)teS  geworben  war;  nun  erft  füllte  ber  jWeite  3Ibam,  ber  gött= 
lidje  SogoS,  eintreteu  in  biefe  SBelt,  um  fie  mit  ©ott  311  berföpnen  unb  il)r 
neues  Seben  311  berleipen  1. 

Vßarunt  tarn  ber  ©rlöfer  fo  fpät,  erft  nac^»  Saufenben  bon  Sapren? 
Vßautm  lieg  er  fid)  fo  lange  mit  fdfmer^lichem  ©eptien  bon  ben  befferen  unb 
ebleren  Vtenfcpen  erwarten?  SaS  ift  eine  grage,  bie  frühzeitig  an  bie  ©priften 
gerichtet  unb  bielfad)  bon  ihnen  beantwortet  warb.  1)  ©tpon  ein  altcpriftlidfer 
©d)riftfteüer  unbefannten  DtamenS  (Vrief  an  Siognet  c.  9)  antwortet :  Sie 
Vtenfchpeit  foüte  erft  jur  boüen  ©rfenntniS  ihres  ©lenbeS  unb  ihrer  ©rlöfungS= 
bebiirftigteit  fommen.  Sie  feiten  ber  fcpmeren  Verirrungen  unb  ©iirtben  famt 
beren  fcpredlidjen  folgen  füllten  ihr  bariiber  bie  3lugen  öffnen,  in  welken  316= 
grunb  fie  geftürjt  war,  welches  ©lenb  fie  fid)  jugejogen;  ber  berlorene  ©opn 
foüte  erft  baS  Vaterhaus  fud)en  lernen  (Suf.  15,  17  ff.),  ©ott  hatte  fein  2öopl= 
gefaüen  an  ben  ©ünben;  aber  er  bulbete  fie  aus  Sangmut  unb  bilbete  erft  in 
ben  Vtenfdjen  ben  ©inn  für  ©erecptigfeit  heraus,  barnit,  nacpbem  wir  auS 
unfern  eigenen  SVerfen  bie  Überzeugung  gefd)öpft,  bah  ü)ir  beS  SebenS  unwitrbig 
feien,  afsbann  erft  ©otteS  ©üte  uttS  baSfelbe  berleipe  unb,  nacpbem  wir  an 
uns  geoffenbart,  bah  Wir  auS  eigenen  Prüften  baS  9feid)  ©otteS  nicht  erlangen 
föniten,  uns  bie  9DiögIid)feit  baju  burd)  ©otteS  DJtacpt  unb  ©rohe  gegeben 
Werbe.  3ÜS  baS  DJtah  boü  war  unb  bie  VoSpeit  ihren  f)öd)ften  ©ipfel  erreicht 
hatte,  als  bie  Vtenfdjpeit  reif  fehlen  für  baS  ©eridjt  unb  ben  Sob:  ba  trat 
bie  göttlidje  Siebe  in  ihrer  ganzen  pimmliftpen  ©röpe  perbor  in  ber  ©rlöfung 
beS  berlorenen  ©efd)led)teS  burd)  ben  eingeborenen  ©opn  ©otteS,  unb  wo  bie 
©ünbe  grop  War,  ba  War  bie  ©nabe  noch  größer  (9töm.  5,  20). 
2)  ©otteS  Spaten  finb  nid)t  unbermittelt;  nic^t  unborbereitet  unb  plöplid)  treten 
fie  herbor,  fonberti  nad)  einem  popen  unb  erhabenen  fßlane  entwideln  fie  fid) 
ftufenmeife  unb  burd)  menfcplidje  SBerfjeuge  in  ber  geit.  Sie  ganze  borchrift= 
lid)e  ©efepitpte  war  eine  nähere  ober  entferntere  Vorbereitung  auf  ©priftuS,  *>>e 
fid)  fowopl  in  bem  ©ntwidlungSgang  beS  jübifd)en  VolfeS  üott  feiner  3Ibfonbe= 
rung  bis  ju  feiner  31nnäherung  an  bie  Ijeibnifdjen  Völfer  als  in  bem  Vingen 
unb  ©treben  ber  letzteren  unb  inSbefonbere  ihrer  ebelften  ©eifier  jeigt.  ©S 
foüte  nun  aber  baS  neue  £)eil,  baS  im  Subentum  für  bie  DJtenfcppeit  bor= 
bereitet  würbe,  wie  im  fpeibentitm  bie  Vlenfipen  für  baSfelbe  bereitet  würben, 
biefen  nicht  gewaltfam  aufgenötigt,  fonbern  in  freier  Spätigfeit  bon  iptien  er= 
griffen  werben ;  barum  muhten  fie  für  baSfelbe  äupere  unb  innere  3lnfnüpfungS= 
punfte  borfinben.  Sm  9D?ofaiSmuS  war  ber  göttlidje  ©toff  unb  Snpalt  in  feinen 


1  §efefe,  Vetträge  zur  $tr<pengefd)icE)te  I  (Tübingen  1864),  1  ff. 


3.  Sie  Slorbereitung  ber  SJtenfdjtjeit  auf  bie  Stnfunft  ©fjrifii.  67 

©runbjügen  gegeben;  baS  tpeibentum  lieferte  baju  bie  menfdjtidje  gönn  unb 
bie  weltlichen  görberungS=  unb  SBilbungSmittel.  3)  übrigens  hatten  bie  befferen 
unb  ebleren  3Dfenf<hen  ber  botdjrifttidjen  geit  feinen  abfotuten  9?ad)teit  non  ber 
berfpäteten  ©rfdjeinuttg  beS  ©rtöfcrS.  ®enn  ber  ©taube  an  ben  jufünftigen 
SBetterretter  war  für  fie  baSfetbc,  was  für  fpatere  ©efd)ted)ter  ber  ©taube  an 
ben  erfdjienenen;  aud)  fie  tonnten  nur  in  unb  burd)  ©hriftuS  bas  £>eil 
erlangen,  ©elbft  abgefefjen  non  ben  frommen  guben  gab  eS  5Dtenfd)en,  wetdje 
baS  in  ihr  tperj  gepflanzte  (natürtidje)  ©efep  beobadjteten  (3töm.  2,  14). 
„3n>at  gab  eS  fein  anbereS  tßolf,"  fagt  Sluguftin1,  „baS  in  Söatjrljeit 
23olf  ©otteS  genannt  tnurbe,  als  baS  iSraetitifdje;  aber  fetbft  bie  guben  fönnen 
nicht  leugnen,  baff  eS  einige  9Jtenfd)en  auch  unter  anbern  tßötfern  gab,  bie 
Zwar  nicht  in  ber  irbifdjen,  aber  bod)  in  ber  hnnmlifdjen  ©emeinfdjaft  gu 
ben  wahren  gSraetiten  gehörten,  wie  fchon  baS  33eifpict  beS  gbumäerS  gob 
geigt,  gd)  jweifte  nicht,  baff  ©ott  uorgeforgt  f>at ,  bah  'oir  «n  biefent  einen 
fehen  fönnen,  wie  aud)  unter  anbern  33ötfern  Sttenfdjen  fein  fonnteu,  bie  ein 
gottgefälliges  Seien  führten  unb  fo  jum  geiftigen  gerufatem  gehörten.  2)aS 
warb ,  wie  ju  glauben  ift ,  niemanben  oerliehen ,  anher  wem  tum  ©ott  ber 
eine  SJiittler  ©otteS  unb  ber  2Jfenfd)en,  ber  fötenfch  ©hriftuS  gcfuS,  geoffenbart 
würbe,  ber  atS  im  gteifdje  fommcnb  ben  alten  ^eiligen  ebenfo  Oort)er0er= 
fünbigt  warb,  wie  er  uns  als  ©rfdjieneuer  oerfünbigt  würbe,  auf  bah  ein 
unb  berfetbc  ©taube  burd)  if)n  alte  jur  «Stabt ,  zum  tpaufe,  jum  Stempel 
©otteS  5tuSerwähtten  ju  ©ott  hinführe."  gm  5lngefid)te  ber  ©wigfeit  aber, 
Oor  ©ott,  bem  taufenb  gahre  wie  ein  Stag  finb,  ber  alles,  aud)  baS  gnnere 
ber  föfenfchenherjen  üorauSficf)t,  wie  berfetbe  ^irdjenbater  ausführt2,  ift  wof)I 
bie  grage  nach  ber  berfpäteten  ©rtöfung  ebenfo  nid)tig  wie  bie  grage  nach 
bet  berfpäteten  ©rfdjaffung  beS  SJienfchen3. 


3 weiter  3fbfd)nitt. 

Die  (öniniutug  ttttii  elfte  ^Utsbmttutg  öer  ßiidje. 

(S>ae  nvö|l«»UrH|*  5*ltrtltcf.) 

ßitteratur.  —  Sleanber,  ©efdjidjte  ber  tßftanjung  unb  Seitung  ber  djrifttidjen 
fiird|e  burd)  bie  Stpoftel.  4.  Stuft.  2  23be.  Hamburg  1847;  5.  Stuft,  ©ottja  1890. 
Sechter,  Sa§  afioftolifdje  unb  nadjaboftotifdje  geitaltcr.  3.  Stuft,  ßartöruhe  1885. 
Dtotfje,  Sie  Stnfiinge  ber  djrifttidjen  ßircbe.  Sßittenberg  1837.  g.  Solling  er, 
©hriftentum  unb  Äirdje  in  ber  geit  ber  ©runbtegung.  iRegeitSburg  1860;  2.  Stuft.  1868. 
tpfteiberer,  SaS  llrchriftentum,  feine  <5djriften  unb  8et)ren.  ISerlin  1887.  6.  2B e i 3= 
fäcter,  SaS  afooftolifdfje  geitattcr  ber  djrifttidjcn  ßirdje.  2.  Stuft,  greiburg  i.  93r.  1892. 
0  £>oltnnann,  Steuteftameuttidje  geitgefdjicbte  (©runbrifc  ber  tfjeot.  Söiffenfd).  II,  2). 
greiburg  i.  23r.  1895.  Le  Camus,  Origines  du  christianisme.  L’oeuvre  des  apotres. 
Paris  1891.  IL  Lesetre,  La  sainte  Eglise  au  siede  des  apotres.  Paris  1896. 
G.  Semeria ,  Venticinque  anni  di  storia  del  cristianesimo  nascente.  Roma  1900. 


'  De  dv.  Dei  XVIII,  47.  2  Ibid.  XII,  12,  27. 

3  Cf.  August.,  De  civ.  Dei  VII,  32;  X,  25;  XVI,  1.  Orig.,  C.  Cels.  IV,  7.  8. 
Greg.  Naz.,  I11  Maccab.  or.  15,  n.  1,  cd.  Clemencet  p.  387.  Cyrill.  Alex.,  C.  Iulian. 
11.  III  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXVI,  664  sq.). 


5* 


68 


$ie  ©rünbung  unb  erfte  SluSbreitung  ber  Äird^e. 


W.  M.  Ramsay,  The  Church  in  the  Roman  Empire  before  a.  D.  170.  4th  ed. 
London  1895.  J.  V.  Bartl  et ,  The  apostolic  age.  Its  life,  doctrine,  worship  and 
polity.  Edinburgh  1900. 

1.  2)ie  Stiftung  ber  ßirtfje  burd)  3efu§  ©btüftuS. 

ß'ettt  unb  fDiittelpunft  ber  gefamten  ©efdjidjte,  tebenbigeS  pcf)fte§  tpaubt 
ber  ganzen  Birdie  ift  ber  ©ottntenfd)  gefuS  ©b^  ift  US.  $aS  2 eben  gefu 
(bereits  ju  einer  eigenen  tbeotogifdien  ©iSjiptin  geftaltet)  ift  fo  großartig,  fo 
reicbbattig  unb  meltumfaffenb,  baji  bie  £?ird)engefd)icbte  barauf  belichten  muh,  eS 
31t  bebanbetn.  23Iofi  eine  grage  muff  f)ier  erörtert  merbcn,  nämticb :  2BaS  ent= 
flotten  bie  2ebren  unb  bie  Sfjaten  beS  iperrn  in  23ejug  auf  bie  ©emeiufdfaft  ber 
•Dtitgfieber  beS  ©otteSreidjeS,  baS  burd)  ifjn  in  bie  Sföelt  gefomtnen  mar?  gefuS 
fefbft  untertuarf  ficb  für  feine  ^erfon  bofl  unb  ganj  bem  mofaifcben  ©efeg. 
3fudi  feine  gerfönticbe  S^ätigfeit  in  ber  23erfiinbigung  beS  ffteicbeS  ©otteS  galt 
bfof?  bem  auSermäblten  tßoffe,  aus  metcbem  er  feiner  menfd)tid)en  Slbftammung 
nad)  Ijeröorgegangen  mar.  Allein  baS  fpeil,  melcfieS  er  auf  bie  2Belt  brachte, 
mar  beftimmt  für  affe  iDtenfdien  aller  3dten,  unb  bie  £)eitSbotfd)aft  fotfte  ber 
ganjen  fOtenfdi^eit  berfiinbigt  merben.  9Jtit  biefer  Aufgabe  betraute  3efuS  jmöff 
•JJlänner,  metcbe  er  au»  ber  3ab*  berfenigen,  bie  an  it)n  als  ben  9)leffiaS  glaubten 
unb  bie  33otfd)üft  beS  ©otteSreidfeS  angenommen  hatten ,  auSermäbtte.  ©er 
engere  3llfflmmenf$iuf3  aller  berjenigen  aus  bem  gubenbolfe,  mefdie  an  bie 
©enbung  gefu  glaubten,  bebingte  bereits  eine  äufgere  ©etneinfd)aft  ber  9JieffiaS= 
gtäubigen  in  gSraet,  metd)e  beftimmt  mar,  bie  nationalen  ©rennen  ju  burd)= 
brechen  unb  affe  fßöffer  ju  umfaffen.  ©arin  liegt  bie  ©rünbung  ber 
^ird)e  als  einer  ciugertid)  fidjtbaren  ©efeöfdiaft.  ©iefe  ©rünbung  boffgog 
ficb  fomit  in  fofgeitben  ©b^'S^üen :  1)  gefuS  bereinigte  um  fid)  jünger  unb 
3fnbänger,  einen  meiteren  $reiS  bon  frommen  grauen  unb  fonftigen  ©etreuen, 
einen  engeren  bon  72  Jüngern  (2uf.  10,  1  ff.)  unb  einen  engften  bon  jmötf 
auSerlefenen  ©d)ütern,  bie  er  ?fpoftef  nannte  (got).  1,  37  ff.  2uf.  6,  13  ff. 
fDtattb.  4,  18  ff.).  2)  ©r  belehrte  unb  unterrichtete  feine  2tnbünger  mit  un= 

erfd)öpffid)er  ©ebufb;  am  boüftänbigftcn  jebod)  teilte  er  ben  tMgofietn  feine  2ebre 
mit,  bie  er  ju  9Jienfd)enfifd)ern  tnadjen  tnoHte  (2ut.  5,  1 — 11).  3)  ©en 

3tpofteln  übertrug  er  aud)  fojiafe  ©emaften,  fie  bebotfmächtigenb  jur  Seitung 
ber  ©laubigen  unb  jur  3tuSfgenbung  ber  ©ebeitnniffe  beS  §eit».  2Bie  er  bom 
tBater  gefanbt  mar,  fo  fanbte  er  fie  aus  (gob.  20,  21);  bon  ihm  batten  fie 
ihre  3fuSermäbIung,  nicht  er  bon  ihnen  (ebb.  15,  16).  ©o  foHte  alle  @ntmid= 
lung  feines  ^Reiches  bon  oben  nad)  unten  geben,  alles  an  febenbige  bebotf= 
mächtigte  ^ßerföntid)feiten  gefnügft,  eine  aus  2ebrenben  unb  2ernenben,  ütegie= 
renben  unb  ^Regierten  beftebenbe,  barum  ungleiche  ©efettfd)aft  erridjtet  fein.  ©ie 
3mölfjabf  ber  3tgofiel  bertrat  bie  gmöff  ©tämtne  gSraetS.  5lIIe  gmölf  tflpoftel 
maren  aitS  nieberen  ©tänben  unb  ohne  böbere  33itbung ;  benn  nicht  menfcblicbe, 
fonbern  götttidfe  Rraft  fotfte  an  ihnen  ficb  offenbaren  unb  burd)  fie  mirfen; 
ihnen,  feinen  ©efanbten,  bert)iej3  er  ben  ©eift  ber  2M)rbeit  unb  feinen  immer- 
mäbrenben  iBeiftanb,  ihnen  erteilte  er  bie  Sßunbergabe,  baS  2ebrantt,  bie  ©e= 
matt  ju  binben  unb  ju  töfen,  ©ünbeit  ju  bergeben  unb  511  behalten,  ju  feinem 
9lnbenfcn  baS  bon  ihm  eingefegte  heilige  ÜRabt  51t  feiern,  ja  bie  |)errtid)feit, 


1.  2He  Stiftung  ber  &ird)e  burdj  Sefug  ©Ejriftuö. 


69 


bie  ihm  ber  33atec  gegeben,  teilte  er  ihnen  mit  (Sof).  17,  22);  fie  füllten 
an  feine  Stelle  treten,  in  ifjnen  moffte  er  fefbft  gehört  unb  berefjrt  fein  (Suf. 
10,  16)  i. 

Somit  aber  ein  (Sinfjeitsjmnft  für  bie  ?lpoftef  and)  ttad)  betn  Scheiben  be§ 
fperrit  non  biefer  ©töe  gegeben  fei,  bamit  fein  9teid)  fo  fortbeftefje,  mie  er  e»  af§ 
£mupt  unb  Seiter  begrünbet,  fetjte  er  einen  fidjtbaren  Stefloertreter  ein  in  ber 
iflerfon  be»  Simon,  bem  er  ben  Hainen  $ebha§  ©ef§)  bcigelegt  hatte  (3of).  1,  42). 
Siefer  Simon  ^etru§  erhielt  bon  if>m  nad)  abgelegtem  23ef'enntni§  feinet 
©tauben»,  baf)  fein  fDteifter  Sohn  be»  febenbigen  ©otte§  fei,  junt  Sofjn  bie 
SBerfjeifsung,  baji  er  auf  ifjn,  ben  Reifen,  feine  Birdie  bauen  unb  ifjrn  bie  Sdjliiffel 
be§  £)immelreid)e§,  bie  f)öd)fte  ©ematt  ber  $ird)c,  übergeben  toerbe;  er  erhielt 
nach  breimaligem  33efenntni§  feiner  Siebe  ben  Auftrag,  bie  Sommer  unb  Schafe, 
bie  gefamte  |)erbe  be§  £)errrt  atä  fteffbertretenber  £)irte  jit  meiben;  für  ifjn, 
ben  ber  Satan  oerfudjen  füllte,  merrb  befonber§  bon  ©htiftuS  gebetet,  auf  bap 
fein  ©taube  nidjt  toanfe,  unb  bie  Pflicht  ifjrn  auferlegt,  feine  Sritber  ju  be= 
ftarfen1  2.  Unb  obfdjon  5f3etru§  au§  menfd)lid)er  Scbtüäcbe ,  aber  feine»meg§ 
au§  fDtanget  an  innerem  ©tauben,  ben  fperrn  breimal  berfeugnete,  mie  biefer 
borau§gefeheit,  formte  ba»  feinem  erhabenen,  erft  nad)  bem  Umgang  be§  9Jteifter§ 
anjutretenben  Berufe  nicht  fdjaben ;  er  füfjnte  ben  gaff  mit  Shränen  ber  33uf)e 
unb  mit  bem  erneuerten  23efenntni»  ber  Siebe  unb  trat  fofort  nad)  bem  Sobe 
be»  göttlichen  Sefjrer§  in  biefeS  ihm  unberbriidjlid)  jugefidjerte  ©rbe  ein,  in  ben 
©üangetien  anerfannt  at»  ber  erfte  ber  9lpofiet,  in  ber  d)rifttid)en  fJiadjmett 


1  Sßährenb  fcie  gramen  ber  smöff  Sfpoftef  (fDlatth-  10,  2  ff.  Suf.  6,  13 — 16.  2fpg. 
1,  13)  genau  beqeuhnet  fiub,  hoben  bie  älteren  Urfunbeu  fein  9}erjei(f)ni§  ber  70  ober 
72  Sänger;  ©ufebiug  (Hist,  eccles.  I,  12)  fannte  feines,  er  ermähnt  nur  afg  baju  ge= 
hörig  ffiarnabag,  ©oftheneg,  SUlatthiag,  £habbäug  unb$epf)ag;  au§  fpäterer  Seit  befi^ext 
toir  fofehe  im  Chronicon  Alex,  unb  bei  Sorotffeug  bott  Siprug  ( Migne ,  Patr.  gr.  XCII, 
521  sq.  544  sq.  1060  sq.).  Cf.  De  vita  et  morte  Mosis  1.  3,  ed.  I.  A.  Fabricius,  App. 

2  2)ie  DBorte  SDtatth-  16,  16 — 19  mit  ßafoin  (Inst.  IV,  6)  u.  a.  auf  ©hriftug 
fefbft  31t  beziehen,  ift  gan3  unftatthaft  nach  bem  Siebte,  ba  im  'Original  3toeimaf  ßepfjag 
ftanb,  ber  Sufammenhang  ber  Diebe  geftört  unb  ba§  oorauggehertbe  et  ego  dico  tibi 
gan3  uniüih  mürbe.  ®ie  Diäter  beziehen  bie  Döorte  auf  SßetrxxS  ober  beffeit  ©fauben 
unb  nennen  ihn  fchfechttoeg  petra  ecclesiae.  ©0  Tertull.,  De  praescr.  c.  21.  Cypr., 
De  unit.  eccles.  c.  4  (super  unum  aedificat  ecclesiam).  Hippol.,  In  S.  Theophan. 
n.  9.  Orig,  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  YI,  25;  In  Exod.  liom.  5,  n.  4  {Migne,  Patr.  gr. 
XII,  329 :  magnum  ecclesiae  fundamentum  et  petra  solidissima,  super  quam  Christus 
fundavit  ecclesiam) ;  In  Is.  hom.  7  ( Migne  1.  c.  XIII,  247 :  Petrum ,  cui  portae  in- 
feri  non  invalescent).  Basil.,  C.  Eunom.  1.  2,  c.  4,  ed.  Maur.  p.  240.  Greg.  Naz., 
Or.  28,  n.  19,  ed.  Maur.  p.  510;  Or.  32,  n.  18,  p.  591 :  itdvTiuv  (Xpiarob  gadyrtöv)  bxrwv 
b<frrjXwv  ...  5  [j'sv  r.izpa  xaAelrai  xac  zobq  ÜEtjsXiouq  zfjg  ixxArjacag  mcrzsbszou.  August., 
In  Ps.  69 ;  Serm.  29  de  Sanctis ;  C.  Gaudent.  episc.  1.  2 ,  c.  23 ;  De  unico  bapt. 
1.  2,  c.  1.  ©onft  ift  tpetrug  noch  axxSge^eidhxxet  babimh ,  bafs  1)  ©hriftug  ihn  mit  fid) 
auf  bem  SDleere  manbeln  fiep  (fOtattf).  14,  28  ff.);  2)  bafe  er  gerabe  bag  ©epiff  beS 
betrug  beflieg  unb  ingbefonbere  ihm  ben  munberbaren  Sifch3ug  gemährte  (Sof).  21,  2  ff. 
Suf.  5 ,  3  ff.) ;  3)  baf;  er  für  fid)  unb  betrug  bie  Sempeffteuer  entrichtete  (ÜDlattl). 
17,  24 — 27).  Sn  affen  SBerjeidjniff en  ber  DIpoftef  fteht  fjlctrug  an  erfter  ©teile ;  eg 
heifet  auch:  fpetrug  unb  bie  ©ff  (3lpg.  2,  14),  ober:  ffletrug  unb  bie  mit  ihm  maren 
(Suf.  8,  45;  9,  32);  bei  SJlattf).  10,  2  h^ifet  er  itpturoq ,  obfehon  er  ber  ^Berufung  nach 
nicht  ber  erfte  mar. 


70 


Sie  ©rfinbuttg  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßirdje. 


gepriesen  als  ipr  Sßorfte^er ,  als  ©aupt,  ©rttnb,  ©dftein  ber  $ircpe  tt)te  als 
Setter  bet  gesamten  2Bett. 

©ierburtp  mar  bem  Aeicpe  ©prifti,  ber  Birdie,  jene  ©inpeit  geftdfjert, 
melcpe  für  ade  3e^en  als  ein  fprecpenber  SemeiS  für  bie  göttliche  ©enbung 
Sefu  ©prifti  bienen  füllte  Qop.  17,  20  f.).  Oie  ©rpaltung  biefer  ©inpeit 
forberte  bie  Übereinstimmung  aller  ©laubigen  mit  ©priftuS  unb  ben  üon  ipm 
eingefepten  Oberen,  ^ßetruS  unb  ben  Ap  oft  ein,  fomie  bie  AuSfdpeibung  aller 
tniberftreitenben  Ceprert.  Oiefe  Oberen  ber  $ir<pe  füllten  geheiligt  fein  in  ber 
Waprpeit  (3op.  17,  17.  19),  bie  $irdje  baftepen  p eilig  unb  mafelloS 
(©pp.  5,  25  ff.),  getragen  bom  ©elbengeifte  ber  Siebe,  erfüllt  bon  bem  ©treben 
nacp  33oHfommenpeit,  mie  ber  pimmliftpe  Aater  boKfommen  ift  (Wattp.  5,  48). 
3itr  Sßertbirllicpung  ber  Allgemein!)  eit  muffte  fortmäprenb  für  bie  AuS= 
breitung  ber  göttlichen  Sepre  geforgt  unb  beSpalb  aud)  bie  Aacpfolge  in  bem 
©irtenamte  ber  Apoftel  bis  pr  SBoßenbung  ber  irbifdpen  Aufgabe  (©pp.  4,  11  ff.) 
gefiebert  fein,  ©o  marb  baS  Aeicp  ©prifti  bom  ©opne  ©otteS,  niept  bott  ber 
Welt  Qop.  18,  36),  tnopl  aber  in  ber  Welt  unb  für  bie  Welt  gegrünbet, 
bie  eine  fatpolifdje  $ircpe,  in  ber  fiep  allein  bie  WeiSfagungett  ber 
iproppeten  über  baS  bleibenbe  Aeicp  beS  WeffiaS  (3f.  2,  2 ;  9,  6 ;  49,  6 ;  51,  4. 
Oan.  2,  44.  Wal.  1,  11)  erfüllten.  • 

©ntfcpeibenb  für  bie  ganje  Auffaffung  ber  (SpriftuSgläubigen  unb  für  baS 
Auftreten  ber  Apoftel  als  ber  bon  ipm  auSgefanbten  Soten  mürbe  bie  Opatfadje 
bon  ber  Auferftepung  beS  ©errn.  Oer  ©etreujigte  erftanb,  mie  er  eS 
borauSgefagt,  aus  bem  ©rabe  am  britten  Sage  unb  lieferte  bamit  ben  23emeiS 
für  bie  bon  ipm  beanfprudjte  Würbe.  Am  Sage  ber  Auferftepung  felbft  erfepien 
er  ber  Waria  Wagbalena,  bann  bem  ®eppa§,  ben  jmei  Jüngern  auf  bem  Wege 
nacp  ©mmauS,  unb  fpiit  nad)ts  ben  berfammelten  Apofteln,  bie  !aum  ipren 
©innen  trauten,  ©eine  ©rfepeinungen  famen  bon  ba  an  meift  in  ©alilaa  bor, 
mo  biele  ©läubige  maren  unb  mopin  bie  Apoftel  fid)  auf  fein  ©epeiff  nacp 
beenbigtem  Ofterfefte  begeben  patten,  ©ier  fapen  ipn  juerft  fieben  jünger  am 
©ee  Liberia»,  bann  über  fünfpunbert.  Aicpt  lange  bor  bem  ^fingftfefte  jogen 
bie  Apoftel  auf  feinen  Aefepl  mieber  nadj  Serufalem ;  3efuS  erfepien  ipnen  ju 
mieberpolten  Walen  unb  geigte  ipnen  feinen  mapten  menfdjltdpen  Seib,  aber  im 
guftanbe  ber  Aetflärung.  Alle  3toeifel  ber  ©einen  mufften  berftummen ;  felbft 
OpomaS,  ber  langer  ungläubig  mar,  überzeugte  fid)  boüfommen  bon  ber  Wapr= 
peit  ber  Auferftepung  unb  befannte  Sefum  als  feinen  ©errn  unb  ©ott  (Sop. 
20,  24  ff.),  ©r,  ber  ©err  fcplecptpin,  toeilte  nad)  ber  Auferftepung  noep 
bierjig  Sage  bei  ben  ©einen,  erteilte  ipnen  nod)  meitere  Aufträge  unb  18e= 
leprungen  für  bie  Ausbreitung  unb  (Entfaltung  feines  AeidjeS,  gebot  ipnen,  bie 
AuSgiepung  beS  göttlicpen  ©eifteS  in  Serufalem  p  ermarten,  unb  fupr  bann 
bom  Ölberg  aus,  mo  fein  Seiben  begonnen,  bon  Wollen  getragen  in  ben  ©immel 
empor,  um  bon  bort  mieberpfommen  als  Aicpter  ber  Sebenbigen  unb  ber 
Ooten  (War!.  16,  19.  Suf.  24,  51.  Apg.  1,  9). 

©o  fammelte  fiep  in  ©aliläa  mie  in  Serufalem  bie  ©epar  ber  ©läubigen 
nidjt  nur  in  gemeinfcpaftlicper  ©rinnerung  an  ben  Weifter  unb  an  beffen  Sepren, 
fonbern  bor  allem  um  ben  miebererftanbenen ,  lebenben  unb  berührten  ©errn 
felbft.  3pr  3ufammenfcpluf5  mürbe  enger  als  je  pbor ;  ade  pielten  in  feftern 


2.  Sie  Urgemeinbe  in  3erufalcm. 


71 


©lauben  311  3efu§  al§  bem  ©ofme  ©otte§  unb  bem  9J?effia§,  ben  38rael  fo 
lange  ermattet  Ifatte  unb  ber  nad}  feiner  9tuferfief)ung  f>i§  311  feiner  §hnmel= 
fal)rt  lebettbig  unter  if;nen  gemeitt  t;atte.  SDiefe  um  bie  SIpoftel  al§  bie  berufenen 
unb  autoritatiöen  beugen  3efu  bereinigte  ©enoffenfdjaft  bilbet  ben  $eim,  au» 
meld)em  bie  ®ird)e  I)ert)orgemacf)fen  ift. 

2.  Sie  llrgeiiteinbc  in  3«ufatcm. 

Sitter  atu  r.  —  C.  Fouard,  Les  origines  de  l’Eglise.  Saint  Pierre  et  les  pre- 
mieres  anndes  du  cbristianisme.  3e  ed.  Paris  1893.  J.  Thomas,  La  question  juive 
dans  l’eglise  ä  l’äge  apostolique  (Revue  des  quest.  histor.,  Octobre  1889,  p.  400 — 460; 
Avril  1890,  p.  353 — 407).  E.  Beurlier,  Les  Juifs  et  l’dglise  de  Jerusalem  (Revue 
d’hist.  et  de  littbr.  religieuses  1897,  p.  1 — 16).  W.  M.  Taylor,  Peter  the  apostle. 
New  ed.  by  Burnet  and  Ishister.  London  1900. 

1.  33ei  ber  £nmmelfal)rt  be»  £)crrn  gät^tte  feine  Kirche  fiinftfunbert  23rüber 
in  ©aliläa,  unb  in  Serufaletn  f)unbertunb3man3ig  ^erfonen  mit  ©tnfd)Iufi  ber 
Wpoftel.  3?on  ben  ©dfidfalen  ber  ©laubigen  in  ©aliläa  erfahren  mir  nid)t§;  ba§ 
gan3e  Sntereffe  ber  Queüenfdjriften  fonsentriert  fid)  auf  bie  ©emeinbe  ber  ©I)riftu§= 
gläubigen  in  3SemfaIetu.  £>ier  Ratten  bie  illpoftel  3unäd)ft  it)r  Kollegium  auf 
Eintrag  be§  ißetru»  ergän3t,  inbetn  fie  für  bie  ©teile  be§  Verräter»  unb  ©elbft= 
mörber§  3uba»  3tuei  fDtänner,  3ofepl)  23arfaba§  unb  WattffiaS ,  aufftelltcn, 
bon  benen  letzterer  burd)  ba§  2o§  ermaßt  marb.  Sann  trat  jene§  ©reigni§ 
ein,  meldje»  ben  meiteften  Greifen  paläfiinenfifd)er  mie  I)eHeniftifd)er  Suben  ba§ 
33cftet)en  ber  an  3efu§  glaubenben  ©enoffcnfdmft  offenbarte  unb  jugleid)  bie 
23eranlaffuug  tmtrbe  für  ben  erften  unter  beit  5lpofteln,  bie  bon  ©IjriftuS  biefen 
übertragene  ©enbung  nu§3uitben.  gefpt  ~a3e  nach  ber  5Iuffa§rt  be§  iperrn, 
am  jübtfdjen  ^ßfingftfefte,  erfolgte  bie  berffeifiene  Ausgießung  be§  ^eiligen  ©eifte§, 
ber  unter  gemaltigem  2öinbe§braufen  in  ©eftalt  feuriger  jungen  auf  bie  Apoftel 
unb  bie  berfammelten  jünger  f)erabfam  unb  biefe  3U  munberbarem  jungem 
rcben  begeifterte  K  Sie  frühere  gagfjaftigfeit  ber  jünger  mid)  einem  begcifterten 
männüdien  iDtute.  Auf  bie  ergreifenbe  ^ßrebigt  be§  $ßetru§  ließen  fid)  brei= 
taufenb  ^erfonen,  bie  au»  öetfdjiebenen  ©egcnben  3um  gefte  nad)  Serufatem 
gefommen  maren,  bie  Saufe  erteilen. 

infolge  mieberffolter  ^ßrebigten  unb  großer  SBunber  (Apg.  2,  43),  namcnU 
lieh  ber  Auffd)en  erregenbcn  Teilung  be§  2aI)mgeborenen  an  ber  Sempelpforte 


1  2JgI.  9t33g.  2,  1  ff.  Sie  nähere  2lrt  ber  ©prachengabe  ift  nicf)t  befiimmt  auSgefagt; 
bocf)  ift  toafjrfdjeinlid^ ,  baß  fie  mit  bem  3ungcttreben  1  $or.  Haß.  14  jufammenfällt. 
©nttoeber  formte  jeber  bie  31pofteI  in  ber  ©pradje  Ijören,  bie  er  fpracf)  (fo  ©djnecfen* 
burger),  ober  bie  Stpoftel  tonnten  nadjeinanber  berfdiiebene  Sprachen  fpredfen  (fo 
Solling  er);  festeres  ift  toahrfdfeinlidjer.  August.,  Serm.  175  de  verb.  Apost.  1  Tim. 
c.  1 :  Loquebatur  tune  unus  homo  omnibus  linguis,  quia  locutura  erat  unitas  eccle- 
siae  in  omnibus  linguis ;  Serm.  266  in  vigil.  Pentec.  n.  2  :  Futura  ecclesia  in  om¬ 
nibus  linguis  praenuntiabatur.  Unus  homo  signurn  erat  unitatis ,  omnes  linguae  in 
uno  homine  —  omnes  gentes  in  unitate.  Sind)  ©regor  bon  Aaäianj  (Or.  41,  n.  15, 
ed.  Maur.  p.  743)  giebt  mit  tBejug  auf  2tpg.  2,  13  ber  21nnaf)me  ben  93orjug,  baß  ba$ 
SBunber  in  ben  (Spredjenbcn ,  nicht  in  ben  §örcnbeit  gefdjah;  ähnlich  (S^rtjfoftomuä 
(Hom.  35  in  1  Cor.  c.  14,  n.  1 ;  In  Act.  hom.  4,  n.  2  [Migne,  Patr.  gr.  LXI,  296; 
LX,  45]).  Cf.  Order.  Vital  ,  Hist,  eccles.  I,  17;  II,  1,  ed.  Duchesne  p.  65.  202. 


72 


5)ie  ©rßnbwtg  unb  erfie  Slugbreitung  bet  ßirdje. 


(ebb.  3,  1  ff.)/  ff>e3  3°pi  ber  ©laubigen  halb  auf  fünftaufenb  (ebb.  4,  4). 
Ser  Snpatt  biefer  erften  apoftolifcbjen  Sßrebigt  mar,  ben  Verpältniffen  ber  Ur= 
gemeinbe  eutfpredjenb,  fcptidjt  unb  einfad).  Sie  Stpoftet  berfünbeten  Sefu§  at§ 
ben  bon  3§rael  erwarteten  SJieffiaa,  ber  nac&  ben  Sorten  ber  Sßroppeten  ge= 
litten  patte  unb  geftorben  war,  inbem  bie  Subett  au§  Unmiffenpeit  ipn  bem 
Sobe  überliefert  patten.  Sen  |)auptbemei§  für  bie  meffianifcpe  Sürbe  ©prifti 
bitbete  feine  Stuferftepung ,  at§  beren  3eu3en  bie  Stpoftet  auftraten.  Siefea 
Vefenntnia  ©prifti  at§  be§  Sopneä  ©otte§  unb  be§  9Jteffia§  war  bie  eine  S3e= 
bingung  be§  §eite§.  Saju  tarn  bie  Stnnapme  unb  bie  Ausübung  ber  Sehren 
Sefu  burdj  innere  itmwanbtung  unb  burdj  ftreng  fittlicf)e§  Seben.  Siefe§  würbe 
begrünbet  bunt)  bie  Sitnbenbergebung  in  ber  peitigen  Saufe,  welche  mit  ber 
StuSgiejjung  be§  tpeitigen  ©eifteS  berbunbett  war  unb  ben  feierlichen  Slufnapme= 
aft  in  bie  ©emeinfcpaft  ber  ©priftu§gtäubigen  bitbete.  Sie  Vefeprten  lebten 
wie  eine  gamitie  äufamnten;  opne  alten  3mang  Ratten  fie  eine  ©ütergemeinfdjaft 
eitigefitprt,  bie  auf  einer  ©emeintaffe  beruhte,  wetcpe  bie  Beiträge  ber  begüterten 
©lieber  füllten  (Slpg.  2,  44  ff. ;  4,  32.  34  ff.),  Strenge  warb  auf  SReinpeit 
unb  Saprpaftigfeit  gefebjen ;  ata  3tnania§  unb  feine  grau  Sapppira  mit  bem 
greife  eine§  oertauften  Stder§  fic£)  einen  betrug  ertaubten  unb  ben  Stpoftet  SßetruS 
mit  Süge  ju  pintergepen  fucpten,  ereilte  fie  ptöptidjer  Sob  auf  ba§  Strafmort 
be§  §aupte§  ber  $ircpe  (Stpg.  5,  1  ff.).  Stt§  bei  bem  ftarten  Stnwacpfen  ber 
©emeinbe  Etagen  über  £)intanfepung  ber  SBitwen  bon  petteniftifcpen  Suben 
gegen  bie  ber  ©ingeborenen  taut  würben,  festen  bie  Stpoftet  auf  Vorfcptag  unb 
SBapt  ber  oerfammetten  23rüber  fieben  SVöttner  ein,  junäcpft  um  bie  Strmen= 
pflege  unb  bie  CiebeSmapte  burcp  fie  beforgen  ju  taffen  unb  baburtp  fetbft  für 
bie  Sprebigt  unb  ipr  pöpereä  SBirten  ungepinberte  Bewegung  ju  erpatten.  Siefe 
Siatonen  waren  SDiänner  bott  be3  ^eiligen  ©eiftea  unb  baper  befäpigt,  and) 
in  wichtigeren  Verrichtungen ,  menigftenS  teilweife,  bie  Stpoftet  ju  bertreten. 
Safj  ipr  'Stmt  in  ber  Spat  ein  peiligeS  war,  5eigt  fcpon  ber  bei  iprer  Stuf= 
ftettung  beobachtete  DtituS  ber  ipanbauflegung  fowie  bie  halb  nachher  bon  iptten 
geübten  gunftionen  be§  Saufen!  unb  öeprena.  Stile  fircplicpe  ©ewatt  war  bi§ 
bapin  in  ben  Stpoftetn  fonjentriert  gewefen;  attmäptid)  fottte  beren  ©tieberung 
unb  Stbftufung  eingefüprt  werben.  Saju  war  bie  ©infepung  ber  Siatonen 
(Stpg.  6,  1—6)  ber  erfte  Schritt.  Spren  befonbern  Stuabrud  fanb  bie  ©e= 
meinfdjaft  ber  ©laubigen  in  ben  eigenen  Versammlungen,  welche  fie  regelmäßig 
in  spribatwopnungen  pietten.  Siefer  fpejififcp  djriftticpe  ©otteSbienft  beftanb  im 
„Vrotbrecpen"  jur  ©rinnerung  an  3efu§  unb  feinen  ©rIöfung§tob,  im  geinein- 
famen  ©ebet  unb  in  ber  apoftolifcpen  sprebigt.  So  bitbeten  bie  cpriftuSgläubigen 
Suben  innerhalb  be§  Zolles  iprer  Stammesgenoffen  eine  eigene  ©emeinbe. 

Stttein  bie  SSerbinbung  mit  ber  jübifcpen  Spnagoge  tonnte  nicht  fofort 
abgebrodjen  werben,  ba  fonft  bie  übrigen  Suben  bon  bornperein  ber  Kirche 
entfrembet  worben  wären,  unb  ba  ber  Sempet,  ben  ber  ^eilanb  fetber  burcp 
feine  ©egenwart  geeprt,  nocp  ftanb,  ber  alte  tebitifcpe  Kultus  nocp  nicht  bon 
©ott  böttig  aufgepoben,  bie  Verwerfung  bea  alten  Vuube§botfea  nocp  nicht 
tpatfäcptidp  auSgefprodjen  war.  Vicpt§  Urptöpticpe§  unb  UnbermittetteS  fottte 
gefcpepen;  ber  Veite  SB  unb  warb  um  fo  ftärter,  je  mepr  ber  Sitte  fant;  ber 
tebitifcpe  Kultus  ftarb  nacp  unb  nacp  ab,  unb  ebenfo  attmäptid)  entwicfette  fiep 


2.  Sie  Urgemeiube  in  Serufcüem. 


73 


bie  ©etbftänbigteit  ber  cprifttidjen  $ircpe.  Oie  3tpofteI  tote  bie  erfteit  Triften 
hörten  nidjt  auf,  frommgtäubige  Silben  ju  fein,  ©je  befudjten  ben  Ocmpet 
jur  $e\t  ber  Opfer  unb  ber  ©ebete,  napmeit  teil  an  ben  heften  unb  benupten 
bie  ©etegenpeit  ber  93erfamntlung  iprer  ©tanrmeagenoffen  in  ben  fallen  be§ 
Oempet§,  um  ipnen  Sefua  at§  ben  9Jteffiaa  ju  öerfiinben.  2öie  an  ben  Sempe© 
befud;,  fo  tonnten  fiep  bie  9tpoftet  bem  33eifpiete  bea  §errn  gernäp  unb  jur  9(uf= 
red)tpattung  beä  3lIfamme©tan3e§  mit  bem  mitten  Oeftamente  unb  au§  Siebe 
ju  ipten  ©tamme§genoffen  and)  ben  ©pnagogeti  anfcpliepen,  mo  fie  leidjt  bie 
frope  33otfdjaft  bon  bem  (Srlöfer  Öerfiinben  tonnten,  anfnitpfenb  an  bie  9Iu§= 
tegung  be§  ©efepe§  unb  ber  ifkoppeten. 

9tud)  ba§  fiibifdje  gmnmmatgefep  beobachteten  bie  erften  ju  bem  ©rtöfer 
befeprten  Suben;  fie  blieben,  bi§  ©ottea  iRatfeplüffe  fid)  weiter  unb  ttarer  ent= 
toidelt  paben  mürben,  3§imetiten  im  botten  ©inne,  nur  burd)  ben  ©tauben  an 
ben  gefonunenen  99teffia§  berfepieben.  SprerfeitS  burften  bie  9tpoftet  niepta  tpun, 
ma§  ben  gropert,  bon  ber  jübifepen  Nation  immer  nodj  nidjt  enbgiittig  auf= 
gegebenen  33eruf,  Oräger  unb  Söerfjeug  bea  99teffiaareid)ea  ju  werben,  pentmen 
tonnte;  nod)  war  bie  ipr  bafür  bergönnte  grifi  nicht  abgetaufen.  Snbent  fie 
beftrebt  fein  mufften,  atte§  ju  meiben,  ma§  bie  Waffe  ber  Suben  bon  ber  ©e= 
meinfehaft  ber  an  ©priftua  ©taubenben  opne  9tot  jurüdflopen  tonnte,  fupren 
fie  felbft  fort,  ba§  ©efep  ju  beobachten,  unb  billigten  beffen  23eibepattung  in 
ber  erften  ©emeinbe  ber  Subencpriften.  ©rft  bann  mupte  jeber  33erbattb  ber 
$ird)e  mit  ber  ©pnagoge  aufpören,  wenn  eine  göttliche  Spat  ober  eine  abfolute 
Unmögtidjfeit  fiep  funbgegeben,  wenn  bie  9Jtaffe  ber  Suben  ben  erpabenen  33eruf 
böttig  berfchergt,  wenn  bie  nod)  geachtete  Autorität  ber  ©pnagoge  mit  bottenbeter 
geinbfetigfeit  beparrtidj  ba§  §eit  bon  fid)  gewiefen,  fid)  felbft  bon  allen  9ln= 
fprüdjen  auf  53eriidfid)tigung  to§gefagt  patte. 

2.  Anfangs  befiimmerte  fid)  ber  jiibifcpe  |)ope  9tat,  in  wetepem  bie  ©abbu= 
cäer  perrfdjten,  nicht  um  baa  fdmette  2öad)atum  ber  neuen  ©emeinbe;  fd)ien 
bod)  mit  ber  33efeitigung  Sefu  feiner  ©aepe,  für  bie  bamat§  feine  Sünger 
nicht  eingeftonben  waren,  bie  ©pipe  abgebroipen ;  bie  neue  ©efte  (9tpg.  24,  5 ; 
28,  22)  fchien  51t  unbebeutenb,  beim  geftpatten  an  bem  alten  9titu§  gefahrlos, 
bia  fie  bie  ©t'iftenj  ber  anbern  bebropte ;  bei  ber  ©unft  ber  Wenge  (9tpg.  2, 
47)  war  e§  auep  nicht  geraten,  fie  opne  9tot  ju  bebrängeti.  9lt§  aber  ^etru§ 
nicpt  nur  im  Snnern  beS  Stempels  prebigte,  fonbern  aud)  pierbei  Sefum  als 
ben  ^eiligen  unb  ©ereepten,  ben  Urpeber  be§  2eben§  begeichnete,  beffen  Oötung 
ein  fernerer  grebet  beS  93otfeS  gewefen  fei,  ba  tiep  man  ipn  mit  feinem  $e= 
gleiter  SopanneS  ergreifen  unb  tags  barauf  bor  ben  §)open  9iat  fupren. 
erflärte  ^ßetru» ,  in  bem  bon  ber  ©ptiagoge  bermorfenen  SefuS  fei  allein  ba§ 
$eil;  man  tonnte  baS  gewirfte  SBunber  nicht  beftreiten  unb  begnügte  fid)  mit 
bem  Verbote  ber  ferneren  ^3rebigt  in  jenem  berpapten  9t amen,  wetepem  Verbote 
aber  bie  9tpoftet  unter  Berufung  auf  ben  göttlichen  Söitten  nicpt  naeptommen  ju 
tonnen  freimütig  erflärten.  99tit  wunberbarer  Greift  unb  gropetn  ©rfotge  gaben 
bie  9Ipoftel  nad)  einer  neuen  9luagiepung  bea  ^eiligen  ©eifteS  3eugni§  bon  ber 
9lufcrftepung  ipreS  9Jteifter§.  Wie  ^etruS  überall  ata  ipaupt  peroorragte,  fo 
übte  er  aud)  bie  ©abe  ber  Leitungen  im  oottften  Wape.  3lim  gweitenmat 
auf  93efepl  beS  ipopenprieftera  eingefertert,  würben  bie  9tpoftet  bon  einem  ©ngel 


74 


$ie  ©rtinbung  utib  erfie  3tu§bmtung  ber  ßirdje. 


befreit,  morauf  fie  abermals  im  Sempet  lehrten.  SluS  biefeut  toieber  bor  ben 
Robert  Stat  gerufen,  fpracben  fie  mit  ber  gleiten  geftigfeit  auS,  man  müffe 
©ott  mehr  gehorchen  atS  ben  Sttenfcpen.  ©cpon  badjte  man,  fie  bem  Sobe  p 
überliefern;  bod)  ber  Stat  beS  ^3^arifäer§  ©amatiet,  man  fotte  abmarten,  ob 
ficf)  biefe  ©ad)e  als  ©otteS  ©ad)e  bemähre,  unb  einftmeiten  fcponenb  berfafiren, 
brang  burd).  Ser  £mf)e  Stat  entließ  bte  ©efangenen  mit  ber  ©träfe  ber 
©eifjetung  unb  ber  ©rnetterung  feines  Verbotes;  biefem  fügten  fie  fid)  nid)t, 
freuten  ficf)  bietmefir  ber  um  3>efu  mitten  erlittenen  ©d)mad).  bereits  traten 
aud)  ^ßriefter  p  ihnen  über  (Stpg.  4,  1  ff.;  5,  12  ff.;  6,  7). 

©o  genofs  bie  dfrifttidje  ©emeinbe  in  Serufatem  in  ben  erften  3at)ren 
ihres  SeftelfenS  im  ganzen  Stube  unb  ^rieben  bott  feiten  ber  jiibifdjen  Obrig= 
feit.  Siefe  Sutbung  mürbe  geftört  burd)  baS  Auftreten  beS  ht.  ©tephanuS, 
ber  in  träftigen  Stehen  baS  3Iuft)ören  beS  Sitten  SunbeS  im  Steuen,  bie  f)errtid)= 
feit  3efu  bei  ©ott  bem  SSater  unb  bie  Serfiodtpeit  ber  Silben  enthüllte  unb 
befonberS  burd)  feine  Ce^re,  baf)  im  ©otteSreicpe  beS  SlteffiaS  ber  Sempet  feinen 
5ßta|  met)r  hübe,  großen  Söiberfprud)  in  ben  ©pnagogen  herüorgerufen  patte.  ©S 
entftanb  ein  SotfSauftauf  gegen  ©tephanuS ;  er  mürbe  ber  Säfterung  gegen  ben 
Sempet  unb  gegen  SDtofeS  angeftagt,  Don  bem  |mpen  State  pm  Sobe  ber= 
urteilt  unb  gefteinigt.  3e|t  entftanb  eine  allgemeine  Serfotgung  gegen  bie 
©prüften  ber  Urgemeinbe.  ^pfjartfäer  unb  ©abbucäer  einigten  fid)  pr  2Iu§= 
rottung  ber  neuen  Sehre  in  Serufatem;  biete  ihrer  Sefenner  jerftreuten  fid)  in 
Subäa  unb  ©amaria,  ja  bis  nad)  ^Spönipn,  ©ppern  unb  ©prien,  mährenb 
bie  Slpoftet  in  ber  £)auptftabt  priidbliebett ,  ohne  bafj  ihnen  etmaS  SöibrigeS 
begegnet  märe,  ©erabe  biefe  gerftreuung  führte  p  neuen  ^Belehrungen.  Sei 
ben  ©amaritern  mirfte  ber  Sialon  5ßhtlippu§,  ber  aud)  einen  ätpiopifdjen  ^ßro= 
fetpten  beS  SporeS,  ben  Kämmerer  ber  Königin  bon  Weroe,  taufte;  natf)^cr 
famen  borübergepenb  SßetruS  unb  SotjanneS  nad)  ©amaria,  um  ben  bereits 
bon  SßpitippuS  ©etauften  bie  StuSgiefpng  beS  Zeitigen  ©eifteS  p  berteihen, 
bie  mit  äußerlich  fid)tbaren  3e^en  berfnüpft  mar.  Sie  SBirfungen  maren 
fo  auffattenb,  bap  ber  SJtagier  ©imon  bie  gleiche  (mie  er  glaubte)  magifdje 
©ematt  um  ©etb  erlaufen  mottte,  mofür  itm  ^etruS  ftrafenb  priidmieS.  SJtit 
ben  ^Belehrungen  in  ©amaria  maren  perft  bie  ©dmanten  ber  jübifcpen  Statio= 
nalität  bon  ben  Sefennern  ©prifti  überfdjritten.  Ser  göttliche  Statfdjtufj  be= 
jügtid)  ber  ^Berufung  ber  Reiben  mar  ben  Slpofteln  mopt  befannt;  aber  nod) 
mar  nichts  entfchieben  über  bie  $eit  unb  bie  Sebingungen  berfetben,  namentlich 
barüber,  ob  bie  im  Sitten  Sunbe  borgefchriebene  Sefdjneibung  unb  maS  iiber= 
paupt  bon  ben  belehrten  tpeiben  5U  forbern  fei;  noch  toar  ber  ©inbrud  beS 
Sitten  ©efetjeS  unb  namentlich  bie  Unterfcpeibung  bon  Steinern  unb  Unreinem 
fef;r  mächtig.  infolge  einer  bem  Petrus  gemorbenen  Sifion  marb  aber  ber 
fmuptmann  Cornelius,  ein  ^rofetpt  beS  SporeS,  mit  feiner  gamitie  getauft 
unb  bie  anfängliche  Unpfriebenpeit  ber  jerufatemitifchen  ©täubigen  burd)  ben 
ipinmeiS  auf  bie  erhaltene  Offenbarung  unb  auf  bie  über  biefe  Reiben  nod) 
bor  ber  Saufe  herabgefommenen  ©eifteSgaben  befch)bid)tigt. 

3.  Stttein  bie  Sebenfen  gegen  eine  birelte  unb  boügüttige  Slufnahme  bon 
Reiben  in  bie  Kirche  maren  baburch  bei  ben  Subencpriften  in  $erufatem 
nicht  befeitigt  rnorben.  fpier  erfuhr  man,  bah  ©läubige  bon  ©ppern  unb 


2.  Sie  Urgemeiitbe  tu  Serufalem. 


75 


(Sirene  nach  Antiochien  gelommen  tonten,  Port  bett  Reiben  bie  2ef)re  Dott 
©hriftuS  Derfünbigt  unb  jn^Iteidte  Velehrungen  unter  ihnen  gemacht  hatten, 
daraufhin  fnnbte  bie  ©emeinbe  bon  Serufalem  eines  i£jrer  ^erbotrngenbcn 
©lieber,  beit  Sebiten  VarnabaS,  ber  auS  ©t)pern  flammte,  und)  Antiochien,  um 
biefe  Sache  311  unterfingen.  VarnabaS  billigte  baS  Vorgehen  ber  ©laubigen 
gegenüber  ben  Reiben  boöftänbig ;  er  hotte  beit  itgmifdten  belehrten  ißauInS 
bon  SEarfuS  nach  Antiochien,  unb  bcibe  mirften  gemeinfcbaftlicb  3111-  Verbreitung 
beS  djrifttidjen  ©laubenS  auch  unter  ben  Reiben. 

(£0  entftanb  Iper  in  ber  ^aubtftabt  beS  rötnifcben  Orients  eine  ©emeinbe 
beW)tter  Reiben,  bie  jmeite  Vtutterürdje  ber  ©hriften,  meldjer  Aame  f)ter 
3uerft  auffam  (Apg.  11,  26) 1.  VarnabaS  unb  Paulus  begaben  fid)  fpäter 
jur  Überbringung  einer  SiebeSgabe  an  bie  bitrd)  eine  Hungersnot  ^eimgefuchten 
Vriiber  abermals  nach  Serufaletn.  Oort  hatten  bie  ©laubigen  eine  3^iüang 
Antje  genoffen,  ba  ber  ^>o^eprtefter  unb  ber  Hohe  Aat  bcS  VlutbanneS  beraubt 
unb  fonft  in  (Spannung  gehalten  rnaren,  namentlich  burd)  ben  V3ed)fel  ber 
Hohenpriester  unb  bie  ©iferfucpt  smifdjen  $harÜäern  unb  ©abbucäern.  Attn 
aber  hatte  Kaifer  KlaubiuS  ben  Her°t>e§  Agrippa  I.  (41 — 44)  als  Völlig  öon 
Subäa  unb  Samaria  eingefe^t ,  fo  baf?  jetjt  für  eine  furje  3eit  baS  jübifdfe 
Königreich,  roenn  auch  in  Abhängigleit  Don  ben  Aömern,  in  feiner  (Einheit 
mieber  her9efteüt  tnurbe.  Agrippa,  ber  bie  VolfSgunft  3U  geminnen  beftrebt 
mar,  gab  bie  ©ht#en  bem  Haffe  ^rieflet  unb  beS  Volles  preis  unb  rief 
eine  graeite  Verfolgung  herbor.  3n  biefer  mürbe  ber  Apoftel  SafobuS  ber 
Ältere,  ber  Vruber  beS  SoffanneS,  hingeridhtet.  Auch  ißetruS,  baS  Hai,lü, 
marb  eingeferlert  unb  füllte  am  Schluffe  beS  OfierfeffeS  ebenfalls  jum  Opfer 
fallen.  Ohne  Unterlaß  betete  für  ihn  bie  ©emeinbe.  Oitrd)  einen  ©ngel 
marb  er  aus  bem  ©efättgniffe  befreit  unb  erfdjien  in  ihrer  Verfammlung.  Valb 
•banad)  berliefj  er  mit  ben  übrigen  Apofteln  3erufaletn ,  rno  nur  SafobuS  ber 
Alphäibe  als  Vorftetjer  gurüdlblieb  2  unb  mit  einer  Anzahl  Don  Älteften  (npea- 
ßorepoi)  bie  fubenchriftlidje  Itrgeineinbe  leitete. 

3  a  1 0  b  u  S 3  tljat  alles ,  um  bie  Hcr3en  her  Derftodten  $uben  3U  rühren 
unb  fie  für  bie  frohe  Votfdfaft  beS  Veiten  VunbeS  31t  geminnen.  Seine  auch 


1  Ser  Aame  Christiani  fott  juerft  tion  ber  beibttifd&en  Veböllerung,  unb  jtoar 
Don  bem  ßatein  fpredjenben  Seil  berfelben,  beit  fonft  ©aliläer  ober  Aajarener  genannten 
©laubigen  beigelegt  toorben  fein  (Solling er,  ©briftentum  unb  Kirche  in  ber  3ßit 
ber  ©runblegung  ©.  51.  Vgl.  aud)  ßipfiuö,  Über  ben  Urfprung  unb  älteften  ©e= 
brauch  be$  ©l)riftennamen§.  3fena  1873.  3f.  Vlap,  Xpij<ma>o(-Xp«mavo£  [IgermtS  1895, 
S.  465—470]). 

2  Aach  einer  alten  Srabitioit  ( Apollon .  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  V,  18.  Clem. 
Alex.,  Strom.  VI,  5)  halte  S^riftuö  ben  Apofteln  befohlen ,  erft  nad)  jtoölf  fahren  fid) 
in  alle  SBelt  ju  jerftreuen  (Festum  divisionis  Apost.  am  15.  Siuli).  Vgl.  §arnacf, 
©efd)id)tc  ber  altd)riftlid)en  ßitteratur  bi8  ©ufebiui  Vb.  II,  Abt.  1,  ©.  243  f.  Sic  ®in= 
fetjung  bcä  3tafobu8  Alinor  al3  Vifdjof  bon  Serufalem  burd)  bie  Apoftel  berichtet 
fiegefipp  (bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  II,  23),  bie  burd)  fPetruS ,  £falobu8  Atajor  unb 
3johanne8  $Iemen§  bon  Alej.  (bei  Euseb.  1.  c.  IT,  1);  über  ben  Sob  be8  §erobe8 
3tofepf)u8  (bei  Euseb.  1.  c.  II,  10). 

3  Alan  hat  barübcr  geftritten,  ob  ber  Apoftel  3a!obu8  ber  Alphäibe  eine  Vei'fon 
fei  mit  bem  ©al.  1,  19  genannten  Vruber  be8  Ferrit  unb  Vifcf)of  bon  Dferufalem.  ©ine 
Verfdjicbenbeit  beibcr  nehmen  nach  ben  Constitut.  apost.  II,  55;  VI,  16;  VIII,  46 


76 


Sie  ©rüttbung  unb  erfte  Stugbreüung  ber  fHrdje. 


nach  ftreng  jübifdien  Gegriffen  unantaftfiare  StSfefe,  feine  großartige  ©ett)ft= 
aufoßferung  unb  munöerbare  ^eiligfeit  flößten  fogar  ben  erbittertften  3uben 
|md)ad)tung  ein;  er  tnar  fftafiräer,  faftete  ftrenge,  ßieß  „ber  ©ered)te"  unb 
befd)ämte  in  feinem  SBanbet  aud)  bie  ?ߣ)arifäer,  mätfrenb  er  ben  Subendfriften 
ein  Ieud)tenbe§  tDhifter  mar.  ©ein  an  bie  jmölf  ©tümme  in  ber  3erfireuuttS^ 
bie  außerßal!)  5ßatäftina§  lebenben  3ubend)riften,  gerid)tete§  ©enbfcpreiben,  ebenfo 
reid)  an  fcßönen  Silbern  at§  großartigen,  an  bie  Sergrebe  3efu  fid)  anfdftießenben 
©ebanfen,  befämpfte  bie  tUiipberftänbniffe  in  ber  Setjre  bon  ber  9ted)tfertigung 
burd)  ben  ©tauben,  at§  ob  biefer,  für  fid)  allein  genommen,  ot)ne  bie  ent= 
fprecßenbe  ©tjat  ba§  tpeit  üerfdjaffe.  SDte  fdimere  ©dfutb  feines  SoHe§,  ba§ 
ben  maßren  ©rtöfer  bermorfen  ^atte,  bemog  itm  ju  fteten  ©ebeten  für  baSfelbe ; 
obfdjon  gläubiger  ©t)rift,  mar  er  bon  ganger  ©eete  3§taelit,  mit  allen  Söurjetn 
feiner  grömmigfeit  in  bie  attteftamentticße  ^ortn  f)inein  bermad)fen  unb  be= 
maßrte  ben  innigen  Seben^ufammenlfang  mit  bem  Sitten  Sunbe  bi§  an  bie 
äußerfte  ©renge.  SDennod)  mußte  er  in  Serufatem  ben  iDtartertob  erteiben.  ©r 
fottte  ©briftum  berteugnen  unb  bie  $rage  beantmorten,  ma§  bie  ©ettung  unb 
Sebeutung  beS  getreusten  3efu§  ober  ma§  ber  ©ingang  pnt  emigen  Seben 
fei;  feine  Stntmort:  ,,©r  fitst  jur  9ted)ten  ©otteS  be§  Sater§  unb  fommt  micber 
in  ben  SBotten  be§  §immet§",  erregte  bie  äußerfte  ©ntriiftung.  ©r  marb  bon 
ber  2empe4inne  fjera&geftürgt  unb  unten  gefteinigt;  atS  er  gteicßmot)!  nod)  lebte 
unb  für  feine  SJtörber  betete,  tötete  itjn  ein  Söatter  mit  feinem  ^otje* 1.  2tucß 
anbere  ©ffriften  tieß  ber  ^opeßriefter  Stnanu»  fteinigen,  bis  er  burd)  £)erobe§ 
Stgriüpa  II.  eutfeßt  marb.  97ad)  bem  Stöbe  beS  3atot>u§  mürbe  beffen  Sruber 
©imeon  Sorftetfer  ber  jubendjriftticßen  llrgemeinbe  in  Serufatem. 

3.  $ie  apoftolifdje  ©tjätigfeit  beS  tjl.  ipaulug.  ®er  Stpoftetfonbent. 

Sitter  atu  r.  —  Vidal,  St.  Paul,  sa  vie  et  ses  oeuvres.  2  vols.  Paris  1863. 
C.  Fouard,  St.  Paul.  Ses  Missions.  5e  ed.  Paris  1898;  St.  Paul.  Ses  dernieres 
annees.  2e  dd.  Paris  1899.  ©  t)  r.  2J  a  u  r ,  ißaulug,  ber  Stpoftel  3tefu  ©prifti.  6tutt= 


unb  anbern  Slßofrppßen  titele  ©ried)en  an,  bann  ber  iöollanbift  tp  e  n  f  d)  e  n ,  ßf 1  o  r  e  u  t  i  n  i, 
©ombefig,  tUtajoccpi,  3aC(:arra  (Diss.  de  rebus  ad  Hist,  eccles.  pertin.  t.  I. 
Diss.  1:  de  tribus  Iacobis),  iftotpe  (Sie  SInfänge  ber  cpriftl.  ßtrdje  ©.  264,  9tr.  134), 
Sinbner  (Seprb.  ber  ßircpengefcpicpte  I,  21),  iBincensi  (Lucubrationes  biblicae  II 
[Romae  1872],  159  sq.) ,  ©cp  egg  (3ta!obud,  ber  iöruber  beg  tperrn.  DJtündjen  1882). 
Sagegen  fiepen  ißarontug,  ißetaüiug,  ipearfon,  Sotelier,  iltatalig  3ltej= 
an  ber,  ©afinu§,  S  i  1 1  e  m  o  n  t ,  ©arbegbogcpi,  O  r  f  i ,  §  u  g ,  6  dp  I  e  ß  e  r 
(Seiifdpr.  für  bie  ©eiftlicpfeit  beg  ©räbigt.  [fretburg,  £>eft  4,  ©.  11—65),  ©ueriäe 
(©int.  in  bag  Diene  Seftament  ©.  483  ff.),  Sßinbif  cpmann  (©alaterbrief  ©.  31  ff.), 
Solling  er  (©priftentum  unb  ßirdpe  in  ber  Seit  ber  ©runblegung  @.  104  f.)  u.  a. 
für  bie  $bentität  ein.  über  bie  grönunigleit  be§  SafobuS  Ogi.  Hegesipp.  bei  Euseb., 
Hist,  eccles.  II ,  23.  SalobuS  piefj  dUaiog  gerabep  fotoie  ©(pußmauer  be§  Stolles), 
’ß,5//ag,  cs  Vcs,  -spio'/yj  roü  /l aoü  xal  ouaiomErj.  fju  ber  [frage :  zig  rj  rh'jpa  'Irjtroü ; 
toirb  dupa  geiüöpnlicp  mit  -is®  (rabbin.  ©cpäßung,  ©ettung)  crflärt. 

1  Über  bie  Sobeäart  Ogi.  Clem.  Alex,  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  II,  1.  Stadp  So= 
feppuä  (Antiq.  XX,  9,  1)  fiele  fein  Sobeäjapr  62—63,  nad)  bem  Sobe  bei  [JeftuS  unb 
Oor  Slntunft  feineg  -Jtadjfolgerg  Sltbinug;  nad)  ©ufebiug  (1.  c.  III,  11)  fitrs  oor  3eru= 
falemg  S^'ftörung ,  etloa  69.  ißgl.  Kössing,  De  anno ,  quo  mortem  obierit  Iacobus 
frater  Domini.  Heidelb.  1857. 


3.  Sie  apoftolifdje  2:f)ätigfeit  be§  f(L  Paulus.  Ser  SIpoftellonbent.  77 

gart  1845;  2.  Stuft.  Dort  3 e 1 1 e r ,  Seidig  1866  f.  freutet,  Paulus,  ßeipgig  1869. 
§auSratf),  Ser  SIpoftel  ißaulug.  ^eibclberg  1872.  tpftetbercr,  Ser  tßauliniämu§. 
ßeipgig  1873;  2.  Stuft,  ebb.  1890.  A.  Sabotier,  L’apötre  Paul.  3e  ed.  Paris  1897. 
W.  AI.  Ramsay,  St.  Paul  the  traveller  and  the  Roman  Citizen.  3rd  ed.  London  1897. 
Conybeare  and  Howson,  The  Life  and  Epistles  of  St.  Paul.  2  vols.  3rd  ed.  London 
1864.  @.  bie  ßitteratur  in  ber  !ReaIenct)ttopäbte  für  proteft.  2l)eol.  XI  (2.  Stuft.),  356. 

3ur  ©Ifronologie  bc§  ßeben§  tpauti:  §arnacf,  ©efdjidjte  ber  altdjriftl. 
ßitteratur  II,  1,  253  ff.  Saju  ©djürer  in  3eüfü)r.  für  txüffenfdi.  Stfieotogie  1898, 
©.  21  ff.  Stberte,  3ur  S^ronotogie  ber  ©efangenfd)aft  ißauli  (Süb.  Sf)e°t-  ßuartalfdjr. 
1883,  £>eft  4).  3.  »elfer,  3ur  ©fjronologie  be§  tßautuS  (ebb.  1898,  ©.353—379); 
Paulus  in  Stttjen  ©ommer  50  (ebb.  1899,  ©.  63 — 88).  ©.  2B  anbei,  3ur  ©fjronologie 
beS  ßebenö  tpauti  (3«tfd)r.  für  firdjl.  Sßiffenfdj.  1887,  ©.  433  ff.  489  ff.).  3.  Söeifj, 
Sie  ©bronotogie  ber  ißaulinifiben  Sriefe  (37f)eot.  ©tubieit  u.  ßritifen  1895,  ©.  252—296). 
6rbe§,  Sie  SobeStage  ber  Sipofiel  5petruö  unb  tpautuS  unb  ihre  römifdjen  Sentmäler 
(Sejde  unb  Unterfudjungen,  91.  5.  IV,  1).  ßeipgig  1899. 

1.  Ourd)  bie  iprebigt  ber  dfriftlidjen  2et)re  unter  ben  Reiben  in  An= 
tiodjien  mar  ber  erfte  midjtigc  ©djritt  gefdjefien,  um  ba§  ©firifientum  au§  ber 
engen  föerbinbung  mit  bem  Subentum  Io§gulöfen  unb  fo  ber  Ausbreitung  beS= 
fetben  aud)  außerhalb  be»  i§raelitifcf)en  33otte§  bie  2Bcge  gu  ebnen.  Oie  ©enbung, 
ber  t)eflenifiifd)en  SBett  ba§  ©bangetium  gu  bermittetn,  marb  bem  f)I.  ißautuS  in 
erfter  Sinie  gu  teil 1. 

©autuS,  nachher  fßautuS  genannt,  aus  OarfuS  in  $Uifien  gebürtig, 
mar  fßl)arifäer,  aber  bertraut  mit  ^elleniftifcfier  33ilbung.  ©djiiter  be§  ©amaliet, 
fjatte  er  in  Serufatem  bei  ber  ©teinigung  be§  ©tepIjanuS  feinen  ©efetgeSeifer 
bemiefen  unb  bie  föetenner  $efu  nid)t  btojg  in  ^erufatem,  fonbern  aud)  an 
anbern  Orten  bet)uf§  it)rer  33eftrafung  al»  Abtrünnige  aufgefud)t.  AIS  er 
aber  mit  2Mmad)ten  be»  tpoljenpriefterS  gu  biefem  S^ede  nad)  OamaSluS 
reifte,  moI)in  bas  ©tgriftentum  bereit»  getaugt  mar,  marb  er  burd)  ein  au§= 
gegeidjneteS  2öunber  ber  göttlidjert  ©nabe,  burd)  eine  ©rfcpeinung  unb  eine 
Anfpradje  bc§  Auferftanbenen  felbft,  bötlig  umgcmanbett.  Äufferlid)  mit  58Iinb= 
£>eit  gefdftagen,  aber  innertid)  erleuchtet,  erhielt  er  nad)  brei  Sagen  burd)  ben 
jünger  AnaniaS  ba§  ©efidgt  mieber  unb  lief)  fid)  taufen,  morauf  er  lurge  3cit 
in  ben  ©tjnagogen  bon  OamaSfu»  3efum  als  ben  ©ot)n  ©otteS  berfiinbigte 
(35  ober  32  n.  ©f)r.).  föon  ba  ging  er  nad)  Arabien,  um  fid)  in  ber  ©iit= 
famfeit  gu  fammetu  unb  auf  feinen  erhabenen  33eruf  borguberciten ,  ber  itjm 
bom  tperrn  geoffeubart  marb,  ber  if)n  felbft  untcrrid)tete  unb  leitete.  Aad) 
OamaSfu»  guriidgefehrt,  faf)  er  fein  Ceben  burd)  bie  Anfd)Iäge  ber  erbitterten 
Suben  bebrolgt;  bie  ©laubigen  bert)atfen  if)m  in  ber  Aadjt  gur  gtudjt.  Setgt 
ging  er,  ba§  erfte  fötal  feit  feiner  ^Belehrung,  nad)  Serufalem,  um  mit  bem 
Raupte  ber  Apoftet  ficb  gu  befpredgen,  eingeführt  burd)  ben  ©t)prier  SarnabaS 
(38  ober  35).  Aach  fiinfgeljntägigem  Aufenthalt  begab  er  fiep  nad)  Sarfu§, 
feiner  tpeimat,  batauf  bon  33arnaba§  gerufen  nad)  Antiod)ien2. 


1  Sie  3at)ve3baten,  toeldie  id)  anfiibre,  finb  biejenigeit  Oon  Seifer  (Süb.  Sf)eot. 
■Duartalfdir.  1898). 

2  ©d  ift  uumögltd) ,  mit  3.  Simon,  ©.  ©  i  d)  b  o  r  n ,  §  e  g  e  I ,  §  e  i  n  r  i  d)  3 

u.  a.  bie  ©rfdjeittung  3eÜ<  unb  bie  Scfefjrung  beS  ©auIuS  natürlich  ju  erfläreu;  bie 
Apoftelgefdiihte  unb  bie  Sriefe  tpanti  felbft  (1  ftor.  9,  1 ;  15,  8)  fpredjett  31t  laut  bagegen 
(3.  S.  ^etnfett,  Ser  Slpoftel  Saulu§  [©öttingen  1830]  ©.  13  ff.).  Ser  9tame  Paulus 


78 


Sie  ©rüitbuttg  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßirepe. 


Anfänglich  hatte  ißautul  in  ber  Kirche  non  Antiochien  eine  untergcorbnete 
Stellung;  er  trat  öor  ben  anbern  ^ßroppeten  unb  Sehern,  mie  Varnabai, 
Simon  Aiger ,  Suciul  non  ©prene ,  Vtanapen,  in  ben  £)intergrunb.  Aber  er 
mar  gu  Roherem ,  gur  Vßürbe  bei  ApoftotateS ,  gum  SBöIferlehrer  beftinnnt, 
mogu  er  fomopl  burd)  feine  ©efepeltunbe  all  burd)  feine  pelteniftifdje  Vitbung, 
ferner  burd)  feine  phiIofop£)if(he  Begabung  mie  burd)  feine  reiche  Sebenlerfaprung 
unb  bie  fprechenbe  SE£;atfache  feiner  ptö|tiepen  Umtoanblung,  gang  befonberl 
aber  burd)  auperorbenttidje  ©naben  berufen  mar.  ©r  befap  bie  Seprgabe  im 
boKften  SDZape,  natürliche  Vßiffenfepaft  unb  übernatürliche  SBeilpeit  maren  in  ipm 
bereint;  er  mar  ein  befonberel  Söertgeug  ber  Vulcrmäptuug.  infolge  höherer 
Offenbarung  mürben  fßautul  unb  Varnabai  burd)  ©ebet  unb  tpanbauflegung 
mit  alten  Vottmaepten  gur  SSertünbigung  bei  ©nangetiuml  aulgerüftet.  3m 
Tempel  gu  Serufalent  patte  ^autul  bie  Offenbarung,  bap  er  gang  befonberl 
gur  Vefeprung  ber  Reiben  berufen  fei,  morin  ipm  Varnabai  beigefetlt  marb. 
Ood)  manbten  fiep  beibe  ftetl  in  Vuertennung  bei  erften  Steeptl  ber  3uben 
gunäepft  an  bie  Spnagogen,  in  benen  au  cp  niete  fßrofelpten  bei  Oporel  fiep 
fanben,  bie  bal  ©nangelium  ben  Reiben  übermitteln  tonnten. 

5ßautul  unb  Varnabai  unternapmen  gum  Antritt  iprel  ApoftotateS  mit 
gropent  ©rfotge  eine  SOiiffionlreife  naep  ©ppern,  mo  ber  Stattpatter  Sergiul 
t|]autus  befeprt  marb,  bann  nad)  ^perge  in  tfßamppptien ,  mo  ipr  ©efäprte 
3opanne§  Vtartul  fid)  non  ipnen  trennte,  um  nad)  Serufatem  gurüefgutepren, 
barauf  naep  pfibien  unb  Spfaonien,  mo  bie  ungläubigen  Suben  fie  üerfotgten, 
bie  Reiben  infolge  einer  munberbaren  Leitung  fie  mie  ©ötter  anfapen. 

2.  AI§  bie  beiben  Apoftet  nad)  Antiocpien  §urücf feprten,  brach  ber  fogen. 
Segatienftreit  aus,  berStreit  über  bie  $rage,  ob  bie  beteprten  f)eiben  fiep 
bem  mofaifepen  ©efepe,  inlbefonbere  ber  Vefcpneibung,  gu  fügen  pätten,  ob  fie 
pofetpten  ber  ©ereeptigfeit  merben  müpten.  Oie  9Iufnapme  bei  Cornelius 
mar  ein  nereingetter  Vulnapmefatt,  bem  burd)  bie  munberbare  ©eiftelmitteitung 
bal  Siegel  götttieper  Veftätigung  aufgebriidt  mar;  aber  als  fept  gange  Reibern 
djrifiengemeinben  fiep  bitbeten  opne  alte  Diüdficpt  auf  bal  ©efep,  erfepien  bal 
ben  jubeneprifttiepen  ©iferern  aul  Sßatäftina,  bie  ipre  filbifepen  Vorurteile  noep 
nicht  abgelegt  patten,  ats  nöttig  unannepmbar.  AtS  biefe  ©iferer  nad)  Antiochien 
tarnen,  forberten  fie  non  ben  |)eibenepriften  bie  Vefcpneibung  all  notmenbig  gur 
Setigteit  unb  bie  notte  Veobaeptung  bei  IRitualgefepel.  Oarüber  entftanb  grope 
Verminung,  melpatb  ^pautuS  unb  Varnabai  nebft  bem  beteprten  ©rieepen 
Oitul  unb  einigen  anbern  naep  Serufalem  gu  ben  Apoftetn  reiften  (49).  Auf 
bie  Vorträge  non  ifktrul  unb  Safobul  befeptop  bie  Verfammtung  ber  Apoftet, 
ber  pelbpter  unb  ber  ©emeinbe,  bap  Veftpneibung  unb  ©efep  ben  aul  bem 
£)eibentum  Vefeprten  nid)t  aufgutegen,  für  fie  nur  bie  Oeitnapme  an  peibnifepen 
Opfermaptgeiten ,  ber  ©enup  non  Vtut  unb  ©rftidtetn,  fomie  bie  (ben  tpeiben 
gang  gemöpntid)  gemorbene)  Unguept  nerboten  fei.  3n  einer  pinatunterrebung 
mit  ben  Apoftetn  patte  pulul  fein  Verfapren  bargelegt,  bamit  el  non  ipnen 


erfepeint  als  eine  pelteniftifcpe  Sonn  für  Saut  ober  Saulus.  Stnbere  nepmen  an,  fpautuS 
pabe  fid)  fo  genannt  nad)  bem  boit  ipm  beteprten  Stattpatter  Sergius  tpautuS  (2lpg. 
13,  7  ff.),  ben  9tamen  nad)  ber  Sitte  ber  fftabbinen  unb  bem  Veifpiete  tpetri  änbernb. 


3.  Sie  apofioltfdje  2d)ätigfeit  beS  f)t.  fpcutluö.  Ser  Stpoftelfonüent.  79 

befräftigt  ioerbe  (obfdmn  er  aus  göttlicher  Eingebung  hobelte).  ®ie  Slpoftel 
billigten  eS  mtb  fcßloffen  mit  iljtn  einen  Sruberbunb;  er  füllte  borjugSmeife 
für  bie  Reiben  mirfen,  mie  Petrus  unb  SalobuS  für  bic  3 üben x. 

betreffs  ber  Subencßriften  mar  in  bent  Slpoftelbetret  nichts  feftgefeßt,  unb 
fo  beftanb  bie  Sdjmierigfeit  fort,  mie  ein  brüberlicheS  gufammenleben  gmifdjen 
23efd)nittenen  unb  Unbefcßnittenen  möglich  merbe.  StiUfchmeigenb  fdfien  bor= 
auSgefetft  ju  fein,  baß  bie  Subendfriften  unb  bie  Slpoftel  felbft  ber  ^Beobachtung 
beS  ©efeßeS  fich  ferner  unterziehen  mürben;  aber  bann  tonnten  leicht  bic  ©e= 
müter  beunruhigt  merben,  jumal  ba  bcn  Israeliten  and)  getaufte  Reiben  für 
unrein  galten  unb  bie  SÜfchgemeinfdjaft  mit  ihnen  für  29eflecfung  gehalten  mürbe. 
Sicher  glaubten  bie  SIpoftel  ber  S3ruberliebe  beit  IBorjug  bor  bem  Uiitualgefeße 
geben  ju  müffen;  in  Subäa  aber,  mo  eS  nur  3uben<hriften  gab,  fehlte  ber 
Stnlaß,  bieS  tijatfächlid)  ju  geigen.  511S  aber  nachher  SßetruS  (benn  ber  Sipofiel, 
nicht  ein  jünger  biefeS  StamenS  ift  ber  üon  ^auluS  genannte  $ept)aS)  nad) 
Antiochien  laut,  mo  baS  jübifcße  ©efeß  nicht  mehr  SanbeSgefeß  mar,  bot  fid) 
baju  ©elegenheit;  ohne  Siebenten  pflog  er  mit  ben  ^eibencßtiften  ©emeinfchaft 
beS  Kaufes  unb  beS  2ifd)eS.  fRun  tarnen  aber  Subencßriften  aus  Serufalem 
bon  ber  ©emeinbc  beS  SafobuS  an ;  ba  glaubte  er  jur  SSermeibung  beS  Ärger= 
niffeS  unb  jur  2öaf)rung  feiner  SBirffamfeit  unter  bcn  Suben  SßaläftinaS  fid) 
bon  ber  ©emeinfchaft  ber  ^eibendjriften  juriidjichen  ju  füllen,  melcßem  33eifpiele 
bie  Subenchriften  Antiochiens  unb  felbft  33arnabaS  folgten.  ©S  mar  bieS  feine 
SSecIehung  beS  in  Serufalem  gefaxten  IBefcßluffeS ,  benn  biefer  hatte  über  bie 
borroürfige  grage  nichts  entfdjiebcn;  fein  SJtangel  an  fittlichem  9Rut,  biefen 
hatte  er  oft  genug  bemiefen,  fonbern  eine  Öfonomie,  eine  3tüdficßt  aus  michtigen 
©riinben.  ®enn  für  ihn,  ber  befonberS  bie  ^Belehrung  ber  Suben  ins  Auge 
faßte,  fchien  baS  Sichäurüdjiehen  bon  ben  tpeibendjriften  baS  geringere  Ärgernis, 
baS  geringere  Übel;  jubem  mar  baS  jübifdje  ©efeß  Siationalgefeß  für  alle 
Bürger  unb  Angehörigen  beS  jübifdjen  SanbeS. 

SDennod)  tabelte  ihn  ^auIuS  entfehieben,  bejeießnete  fein  Verfahren  als 
ein  hfbd)lerifd)eS,  meil  feine  eigene  ©rtlärung  auf  bem  Apoftelfongil,  baS  ©efeß 
fei  felbft  für  bic  Suben  ein  unerträgliches  Sod),  fein  bisheriges  Verfahren,  baS 
er  plößlid)  aufgab,  gegen  ihn  zeugten;  bann  meil  feine  Stellung  in  ber  Kirche 
ben  ^eibeneßriften  einen  moralifcßen  ßrnang  jur  ©efeßeSbeobacßtung  aufjulegen 
fcljien  unb  biefeS  SBeifpiel  bon  ben  pßarifäifdjen  ©efeßeSeiferern  mißbraucht  merben 
tonnte.  ®ie  Slntmort  beS  fßetruS  ift  nicht  überliefert.  ^jßauluS  berfocht  nur 
baS  borjugSmeife  bon  ihm  bertretene  ^rinjip,  baß  bie  Reiben  burch  Sinnahme 
beS  ©ßriftcntumS  gerechtfertigt  unb  baßer  gereinigt  feien,  melcheS  and)  5ßctruS 
bertrat.  Stur  §og  fßauluS  für  baS  Verhalten  in  einer  ßeibenchriftlidßen  ©e= 
nteinbe  außerhalb  ^3aläftinaS  bie  meitere  Folgerung,  baß  auch  bie  Subendjriften 
hier  bie  burch  baS  mofaifche  ©efeß  gejogetien  Scßranten  aufgeben  müßten.  ®ie 


1  @rfte  Atiffionöreife  Ißcmli  2tpg.  ßap.  13.  14;  Segalienfireit  ebb.  15,  1  ff-  21gl- 
SS.  ©djen},  §ifiorifd)=eEegeti}ihe  9tbhanblung  über  bag  erfte  allgemeine  ßonjil  in  3eru= 
falem.  IRegengburg  1869.  £).  fßfleiberer,  ipautinifeße  ©tubien.  2.  Ser  31pofteI= 

tonbent  (3faf)rb.  für  proteft.  Sßeol.  1883,  ©.  78  ff.  241  ff.).  21.  £>arnacf,  Sag  2lpofteI* 
befrei  unb  bie  S3tuf5fd)c  §t)potljefe  (aug  beit  ©ißungiber.  ber  ^Berliner  2lfabemte  ber 
SSBiffenfd).).  S3erltit  1899. 


80 


Sie  ©ritnbung  unb  erfte  2Iu8bratung  ber  ßircpe. 


9[Ri^eIltg!eit  Betraf  feine  Seifte  öe?  ©fauben?,  fonbern  ba?  braftifche  Verhaften ; 
auch  mar  fie  feine  naditjaftige.  fßaulu?  beobachtete  felbft  ba?  ©efe|  bei  23efd)nei= 
bung  be?  Simotheu?  unb  bei  feinem  Dtafiräate  mit  Dtüdficpt  auf  bie  Suben1. 

3.  Salb  nachher  trat  3ßaufu?  mit  ©ita?  feine  jmeite  grojie  9Jtiffion?tetfe 
bon  Antiochien  au?  an  (49 — 52),  mährenb  33arnaba?  mit  feinem  Setter 
Sohanne?  fütarfu?  nach  feiner  £eimat  ©pbern  jog.  ©t  befucf)te  bie  ©e= 
meinben  in  ©ptien,  ^ififien  unb  Spfoonien;  in  Stjfira  naf)m  er  ben  jungen 
Simotfieu?  pm  ©enoffen;  affe  brei  jogen  bann  rneiter  nach  ^3£>rt)gien,  ©afatien 
unb  Sofien.  Salb  fddofi  fich  ihnen  auch  ber  fpätere  ©bangeüft  Sufa?  an. 
Son  Sitoa?  ging  $aufu?,  burch  ein  ©efidft  aufgeforbert ,  ba?  erftemaf  nach 
©uropa  hinüber,  unb  jmar  giterft  nach  Stacebonien.  Sn  pjiübfn  befehrte 
ipaufu»  bie  gamifie  ber  Spbia  fonaie  bie  feine?  ^erfermeifter?,  erbufbete  fernere 
Stihhanbtung ,  fanb  aber  auch  Dielen  ©rfolg.  Sn  Sheffafonid)  brebigte  ber 
Spoftel  in  ber  ©pnagoge  ber  Suben,  befehrte  Diele  Stänner  unb  grauen,  be= 
fonberg  unter  ben  tpeiben,  hotte  aber  bafb  eine  Serfolgung  ju  hefteten,  ähnlich 
erging  e?  in  Seröa,  mo  er  ben  ©ifa?  unb  SEimotheu?  jurüdfie^,  um  nach 
Athen  jtt  reifen.  §uer  il3arb  er  Dielfach  Derfjöhint ;  bod)  madjte  feine  9tebe  bor 
bem  Areobag,  in  ber  er  an  einen  bent  unbefannten  ©ott  gcmibmeten  Altar 
anfnüpfte,  tiefen  ©inbrtid,  unb  e?  belehrten  fich  einige  ^erfonen,  barunter  ber 
Areobagit  ©ionpfiu?,  meldet  erfter  Sifchof  biefer  ©tabt  mürbe,  ©röjict  mar  ber 
©rfolg  in  bem  üppigen  Korinth,  mo  ^ßaulug  im  tpaufc  be?  Sieppichutadjer? 
Aquifa,  eine?  befe^rten  Suben,  lebte.  ®ie  Suben,  bie  it)n  bei  bem  ißrofonful 
©affio  Derffagten ,  mürben  abgemiefen.  Such  bet  ©pnagogenborfteher  ^rifpu? 
mit  feinem  gefamten  tpaufe  marb  befeprt2.  Söährenb  biefe?  Aufenthalte?  in 
Forint!)  erlief)  ^3aulu?  feine  jmei  erften  ©enbfcpreiben ,  bie  an  bie  3:  tq  e  f  f  a= 


1  Sap  ber  Don  Paulus  getabelte  $eppa§  nicht  ber  Stpoftet  fßetrug  fei,  fonbern  ber 

Sänger  $eppa§,  haben  §arbouin,  SJallarfi  (Opp.  S.  Hieron.  VII,  1,  p.  407, 
annot.  d.),  §.  Silber  (Theol.  Wirceb.  t.  I,  disp.  2,  c.  3,  a.  1,  n.  1  sq. ,  inst.  3 
ad  3,  p.  404),  Zaccaria  (Dissert.  su  Cefa  ripreso  da  S.  Paolo,  dissert.  var.  1, 
p.  195.  Roma  1780),  391.  Atolle  nbupr  (Quod  Ceplias  Gal.  2,  11  non  sit  Petrus 
Ap.  Monast.  1803),  21.  $  a  m  c  g  (Dissertations,  oii  il  est  irrefragablement  prouve 

que  St.  Pierre  seul  ddcida  la  question  de  foi  soumise  au  Concile  de  Jerusalem  et 
que  Cephas,  repris  par  St.  Paul  ä  Antioche,  n’est  pas  le  ineme  que  le  prince  des 
Apötres.  Paris  1846),  21.  SHncenjji  (Lucubrationes  biblicae,  pars  2,  p.  87  sq.)  ju 
begrünben  gepiept.  2111ein  biefe  21nficpt  ift  nicht  fticppaltig,  unb  bie  gegenteilige  Ateinung 
pat  bie  Ateprjapl  ber  SSäter  unb  Sheologen  für  fiep,  namentlich  bie  ©jeegeten  feit  §>iero= 
npmus,  ©prpfoftomuS  unb  Speoboret,  mährenb  auip  SrenäuS  (Adv.  haer.  III,  12)  unb 
örigeneS  (In  lo.  tr.  32,  n.  5  [Migne,  Patr.  gr.  XIV,  753])  unter  bem  geiabelten  $eppa§ 
ben  21pofieI  33etru§  Perftepen.  $ür  feine  21nnapme,  ber  Sabel  beg  fPetruS  feiteuS  bcS 
ißaulug  fei  eine  Perabrebete  Dfonomie,  eine  honesta  dispensatio  gemefen,  berief  fiep 
§ieronpmu§  auf  Drigeneg ,  SlpoIIinarig  Pon  Saobicea ,  Sibpmug ,  ©ufebiug  Pon  ©mefa, 
Speobor  Pon  §eraflea.  Sarüber  entfpann  fiep  ein  (Streit  5toifcpen  ipm  unb  2Iuguftin, 
ber  (Ep.  82  ad  Hieron.  ep.  28  unb  ep.  40  ad  eundem;  De  bapt.  c.  Donat.  II,  1; 
Cornm.  in  Gal.  c.  2)  naep  bem  Vorgänge  ©ppriang  (Ep.  71  ad  Quint.,  Opp.  ed.  Hartei, 
pars  2,  p.  773,  c.  3),  beS  3ofimug  pon  Speraffa  auf  ber  ©pnobe  Pon  256  (ibid.  pars  1, 
p.  454),  be§  2lmbrofiug  (In  Pauli  ep.  ad  Galatas  II,  11 — -14  [Migne,  Patr.  lat.  XVII, 
349 — 350])  biefe  21mtapme  Pertnarf.  21itguftin§  2Infi<pt  blieb  Porperrfcpenb. 

2  21pg.  15,  36  big  18,  17.  Cf.  E.  Beurlier,  St.  Paul  et  l’Ardopage  (Revue 
d’hist.  et  de  litter.  religieuses  1896,  p.  344 — 366). 


3.  Sie  apofiotifpe  Spätigfeit  bes  pl.  ^auluä.  Ser  onöent.  81 

I  o  n  i  cf»  e  r.  Siefe  fjatten  georbnete  fircfjlicfje  Quftänbe;  aber  ber  ©ebanfe  an 
bie  jtoeitc  Erfcpeinung  Eprifü ,  bie  fie  als  fcf;r  nafje  Peborftepenb  unb  ben 
©eftorbenen  minber  günftig  als  ben  Sebenben  anfapen,  bekräftigte  fie  fo  Ieb= 
paft,  bap  fie  barüber  ifjre  S3ernf§t^ätigfeit  teils  ganz  aufgaben  teils  bernacp= 
läffigten.  Siefe  33ermirrung  befäntpfte  ißauluS  im  erften  ber  beiben  Briefe, 
unb  als  injtüifcfjen  in  Speffalonicp  ein  erbicpteter  33rief  beSfelbett  jur  SBeftätigung 
jener  Ermattung  berbreitet  mürbe,  fucfjte  er  in  betn  jmeiten  Briefe  bie  auf= 
geregten  ©etnüter  noch  mehr  zu  einer  rufjigen  itnb  befonnenen  (Stimmung  jurüd= 
3ufüt)ren,  inbem  er  and)  bie  3cid)en  pcrbotpob,  bie  ber  Aßieberlunft  ©£>rifti 
öorangepen  müßten. 

Äad)  anbertpalbjährigem  Aufenthalte  betliejj  Paulus  $orintp  unb  ging 
über  EppefuS  nacp  Serufalem  zur  (Erfüllung  eines  ©elitbbeS.  Aur  furz  be= 
grüßte  er  hart  bie  fDtutterfircpe ,  befucpte  Antiochien  unb  bie  ©emeinben  ©a- 
latienS ;  barauf  meitte  er  längere  3eit  in  EppefuS.  §ier  patte  ^et  berebte 
alejanbrinifcpe  $ube  Apollo,  juerft  nur  bon  SopanneSfüngern  unterrichtet,  bie 
meitere  Belehrung  burdp  bie  greunbe  beS  ^ßauluS,  Aquila  unb  ißriScißa,  er= 
halten;  mit  Empfehlungsbriefen  berfehen,  ging  er  nach  Korinth,  mo  er  mit 
großem  Erfolge  lehrte;  fpäter  traf  er  toieber  in  EphefuS  mit  SßauluS  311= 
fammen,  ber  bort  an  jmölf  SopanneSjünger  halte  taufen  taffen,  bei  benen  bie 
©aben  beS  ^eiligen  ©eifteS  mieberum  fid)  äußerten.  Safelbft  belehrten  fiep 
biele,  bie  fiep  bisher  mit  ßauberfünften  befepäftigt  hatten;  aber  anbere,  bie  bon 
bem  ©öpenbieuft ,  namentlich  bon  bem  berühmten  Sianatempel,  reichen  Unter= 
palt  bezogen,  fuepten  einen  BolfSauflauf  zu  erregen,  ber  inbeffen  befdpoieptigt 
roarb.  23on  EppefuS  aus  feprieb  ißauluS  einen  Brief  an  bie  ©alater  fornie 
ben  erften  an  bie  $orintper.  Sie  bon  ipm  in  ©alatien  geftifteten  ©e= 
meinben  beftanben  meift  aus  Reibern,  zum  Seit  aber  and)  aus  Subencpriften. 
Subaiftifcpe  Seprer  richteten  pier  Bermirrung  an,  inbem  fie  biete  ©laubige  be= 
mögen,  fid)  ber  Sefdjneibung  unb  anbern  jiibifcpen  ©ebräuepen  zu  unterziehen. 
Aicpt  aus  Söiberfprud)  gegen  ben  Apoftelbefcplufj ,  fonbern  aus  ©rünben  ber 
Sicherheit,  ba  unbefepnittene  Epriften  ebenfo  bon  ben  Reiben  mie  bon  ben 
$uben  berfolgt  mürben,  bie  befepnittenen  als  Suben  aber  größere  9f upe  ge= 
noffen,  fornie  aus  ©rünben  ber  religiöfen  Bereprung  gegen  bie  §auptapoftel 
in  $ubäa,  pje  baS  ©efep  beobachteten ,  meSpalb  biefe  Beobachtung  als  etmaS 
©ott  SBoplgefälligeS ,  BerbienftlicpeS ,  BoflfommeneteS  angefepen  merben  miiffe 
(®al.  6,  12.  13),  wollten  fie  jmar  niept  baS  ganze  ©efep,  aber  bod)  einige 
feiner  Borfcpriften  im  Seben  burd)füpren,  inbem  fie  gugleicp  baS  apoftolifd)e 
Amt  beS  Paulus  berbäeptigten ,  ber  niept  gleid)  ben  ßmölf  in  Sefu  Aäpe 
gelebt,  fonbern  erft  fpäter  bie  ißrebigt  beS  EbangeliumS  auf  fid)  genommen 
pabe.  Siefen  gegenüber  mad)te  ^auluS  geltenb:  1)  feine  unmittelbare  Bc= 
rufung  311m  Apoftolate  unb  bie  ©öttlicpfeit  feiner  Sepre,  2)  bie  ebangelifcpe 
Freiheit,  bie  niefjt  mit  ber  ^necptfcpaft  beS  ©efepeS  311  bertaufepen  fei,  3)  bie 
©eifteSgaben ,  bie  niept  bttrep  ©efepeSmerfe ,  fonbern  burep  ben  ©lauben  ben 
33eleprten  31t  teil  gemorben  feien1.  Aidjt  meniger  napmen  bie  Spatfraft  beS 


1  Über  ben  ©alaterbrief  f.  SJ.  2Beber,  Sie  ©alaterfrage  (3eitf<pr.  für  fatpol. 
Speol.  1898,  ©.  304—330);  Sie  Abreffaten  beS  ©alatcrbriefeS.  9taben3burg  1900; 
§ergenrötijer,  RirdjengeJdjttiÜe-  I.  4.  Stuft.  6 


82 


®ie  ©rütibuiig  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßircpe. 


SöeltapoftelS  bie  Vorfälle  in  Forint!}  in  Anfprud),  mo  fiep  betriebene  ^ar^ 
teien  gebilbet  Ratten,  inbetn  fid)  Anhänger  beS  ^eppaS,  beS  ^aulu§,  beS  Apollo 
unb  fo!d)e  Dorfanben,  bie  fid)  an  GpriftuS  allein,  ben  ipnen  perfönlid)  befannt 
gemorbenen,  galten  Sollten,  Oiefen  Mangel  an  fird)tid)er  ©inpeit,  ber  nid)t 
auf  baS  ©laubenSgebiet  fid)  erftredte,  rügte  ber  Apoffel  mit  großem  9tad)brud. 
©egen  bie  Anhänger  beS  mit  ^ßaulu§  innig  befreunbeten  Apollo,  rneldfe  fiep  mit 
beffen  ©eleprfamfeit  unb  Ütebegemanbtpeit ,  bie  auf  ppilofoppifd)e  Seprfäpe  ein= 
ging,  brüfteten,  gegen  bie  bilblicpe  Oeutung  ber  AuferftepungSlepre  unb  gegen  bie 
Überfettung  menfd)tid)er  SBeiSpeit  überhaupt,  bann  gegen  bie  in  ber  üppigen 
(Stabt  noep  päufigen  ^teifctjeSfünben,  befonberS  Slutfcpanbe,  gegen  baS  ißroseffe= 
führen  Dor  f>eibnifd)en  ©eriepten,  gegen  bie  SEcilnapme  an  peibnifepen  0pfer= 
mapheiten  fomie  gegen  bie  aus  feinen  Sobfprüdjen  auf  baS  jungfräuliche  Seben 
mit  ltnred)t  gefolgerte  iütipadüung  ber  @pe  hatte  ipauluS  fid)  teils  tabelnb  unb 
ftrafenb  teils  berieptigenb  unb  beleprenb  pier  auSjufpredjen. 

4.  3n  ©ppefuS  Dielfad)  bebropt,  ging  Paulus  über  SEroaS  naep  iöiace- 
bonien  jum  93efucpe  ber  bortigen  ©emeinben  (52).  Oie  Don  SEituS  ipm  ge= 
bradjten  9tad)rid)ten  über  bie  Aufnapme  feines  erften  Briefes  an  bie  ^orintper 
oeranlapten  ipn  ju  einem  jmeiten  Schreiben  an  biefelben,  baS  er  in  ©emeim 
ftpaft  mit  XimotpeuS  erlief),  um  jugleicp  ju  SiebeSgaben  für  bie  armen  (Spriften 
in  Serufalem  aufjuforbern.  Sjubaifiifcpe  3rrteprer  patten  and)  pier  feine  apofto= 
liftpc  SBürbe  angegriffen  unb  baS  Vertrauen  auf  ipn  gu  erfepüttern  gefud)t. 
©egen  fie  patte  er  fein  Amt  unb  feine  ^erfon  ju  Derteibigen ;  er  forberte  unter 
Berufung  auf  feine  Anftrengungen  unb  Seiben  mie  auf  bie  ipm  ju  teil  ge= 
morbeneu  ©naben  unb  Offenbarungen  Dolle  Anerfennung  feiner  apoftolifepen 
Autorität.  Salb  nad)  ©rlap  biefeS  ©tpreibenS  reifte  ißauluS,  ber  feine  5Epätig= 
feit  bereits  bis  an  bie  lüften  beS  Abriatifepen  9JteereS  auSgebepnt  patte,  jur 
Dölligen  Unterbrüdung  ber  bortigen  Söirren  mieber  nad)  ^'orintp.  £)ier  unb 
in  £>ellaS  überhaupt  Dermeilte  er  brei  9)tonate;  bamalS  feprieb  er  feinen  Srief 
an  bie  ©laubigen  in  9t  o  m.  3n  biefer  A3eltpauptftabt  mar  er  felbft  nod)  nicht 
gemefen;  er  ftprieb  pier  jum  erftenmal  an  eine  ipm  perfönlicp  frembe,  Don 
anbern  gegrünbete,  aber  bod)  fd)on  fepr  blüpenbe  (9töm.  1,  8)  ©emeinbe  Don 
Reibern  unb  3ubend)riften ,  in  ber  er  jtebotp  Diele  greunbe  patte,  mie  Aquila 
unb  ißriScilla.  3n  ber  tieffinnigften  ©ebanlenentmidlung  Derbreitete  er  fiep  über 
bie  allgemeine  ©ünbpaftigfeit  unb  über  ben  mapren  2öeg  beS  IpeileS,  inbem  er 
babei  bie  Ißerftodtpeit  ber  meiften  Suben  fdjmcrjlid)  bebauerte* 1. 

23on  ®orintp  aus  begab  fid)  Paulus  über  ißpilippi,  mo  er  mit  SulaS 
äufammentraf ,  nad)  SEroaS,  mo  er  SimotpeuS  unb  anbere  Don  ipm  beftimmte 
Üteifegefäprten  fanb.  3n  50tilet  napin  er  Abfcpieb  Don  ben  IBorftepern  ber 
Dorberafiatifcpen  ©etneinben,  bie  er  nicht  ntepr  fepen  merbe,  fünbigte  ipnen  baS 
nape  Auftreten  Don  ^rrleprern  aud)  aus  iprer  9)titte  fomie  bie  feiner  felbft 
parrenben  SErübfale  an,  bie  aud)  in  ©äfarea  ber  foppet  AgabuS  meiSfagte, 
unb  tarn  bann  jurn  fünftenmol  nad)  Serufalem,  eine  ^irdjenfteuer  ju  über= 


S)te  Abfaffung  beS  ©ataterbriefcs  Dor  Dem  Apofietfonjil.  ©bb.  1900.  D.  3ö öfter, 
2Bo  tag  baS  biblifdje  ©atatien?  (2peot.  ©tubien  u.  ßritifen  1895,  <5.  51 — 102.) 

1  Apg.  18,  18  bis  19,  40. 


3.  ®te  apoftolifdje  2l)ätigfeit  be§  Ijl.  Paulus.  Ser  2tpofteIforWent.  83 

bringen  (57).  Obfdjon  er  hier  nad)  bem  Bäte  beS  SafobuS  jur  Söiberlegitng 
beS  Borwurfs  ber  ©efe|eSberad)tung  im  Sentpel  erfdjien,  um  an  bem  Beini= 
guttgSopfer  non  uielen  armen  ©emeinbegliebertt  fid)  ju  beteiligen,  fo  erregten 
bod)  fleinafiatifdje  Subeit,  nor  benen  er  fc£)on  früher  gewarnt  worben  war, 
gegen  ihn  einen  heftigen  Aufruhr;  bie  römifdje  Sempelwache  entriß  ihn  ben 
ipänben  ber  tobenben  Btenge;  feine  Bebe  an  biefetbe  erregte  netten  ©türm, 
als  er  nad)  ©djilberung  feiner  Belehrung  bie  it)tn  geworbene  ©enbung  ju  ben 
£)eibcn0ölfern  erwähnte,  bie  bem  iübifdjen  ©tolje  unerträglid)  war;  man  for= 
bette  feinen  Sob.  Ser  ihm  bom  römifd)en  Befehlshaber  jugebadjten  göltet 
entging  er  bttrd)  bie  Berufung  auf  fein  römifcheS  Bürgerrecht.  Badjbem  bei 
feiner  BerteibigungSrebe  bor  bem  fwljen  Bäte,  in  ber  er  befonberS  bie  bott 
it)nt  fo  nad)brüdtid)  bertretene  AuferftehungSlefjte  herUorljob,  bie  ^ß^arifäer  unb 
©abbueäer  unter  fid)  in  ©treit  geraten  waren,  lief;  ihn  ber  Befehlshaber  SpfiaS, 
bon  ber  gegen  ihn  unter  ben  Suben  angezettelten  Berfd)Wörung  unterrichtet, 
unter  ftarfer  Bebedung  nad)  ©äfarea  ju  bem  ^rofurator  gelij:  bringen.  |)ier 
trat  ber  §oI)epriefter  AnaniaS  mit  mehreren  ©liebem  beS  ©pnebriumS  als 
Attflägcr  gegen  ihn  auf ;  aber  ber  5)3rofurator  f^elig  wie  aud)  fein  Badjfolger 
fyeftuS  wollten  ihn  nicht  bem  .fpaffe  ber  Silben  überliefern;  ber  Hoffnung,  er¬ 
werbe  mit  (Selb  fid)  lostaufen,  entfprad)  ber  Apoftel  nicht.  BergebcnS  fud)te 
er  bett  auf  Befud)  anwefenben  Zottig  Agrippa  II.  31t  belehren,  ber  nur  feiner 
Sdebegewanbtheit  unb  feinem  ©harafter  ein  ehrenbeS  geugniS  gab.  ®a  ^auluS 
an  ben  $aifet  appelliert  hatte,  warb  er  nach  zweijähriger  £wft  in  ©äfarea 
als  ©efattgener  nad)  Bom  gefanbt1. 

5.  Bad)  einer  höchft  gefahrboüen  ©eereife  unb  einem  Aufenthalte  auf 
Blalta  lanbete  Paulus  (ittt  griifjjahre  60)  an  ber  Mfie  StalienS.  Sie  rö= 
mifdjen  ©hriften  zagen  ihm  bis  ju  ben  „brei  Sabernen",  in  ber  Bähe  beS 
heutigen  ©ifterna  in  ben  ^pontinifdjen  ©ümpfen,  entgegen.  Sn  Bom  warb  er 
in  einem  5ßriöatC;aufe  gefangen  gehalten,  burfte  aber  Befudje  empfangen.  Sie 
jübifd)en  Anfläger  jögerten  immer  mit  ihrem  ©rfdjeinen,  unb  bie  Unterfud)ung 
Zog  fid)  in  bie  Sänge.  SufaS,  SimotljeuS,  Spd)ifuS,  5BarfuS,  SernaS  um= 
gaben  il)tt  unb  feine  DBitgefangenen ,  bie  z'aei  Blacebonier  AriffarchuS  unb 
©paphraS.  Sn  biefer  zweijährigen  §aft  fdjrieb  ^auluS  an  ^httemon,  f iir= 
bittenb  für  ben  entlaufenen  ©flauen  OnefitnuS,  fobann  an  bie  Uon  ©papl)raS 
gegriinbete  ©emeinbe  Uon  ^oloffü,  bereit  ©laubenSreinheit  burd)  jubaiftifdje 
©iferer  unb  anbere  3rrlel)rer  bebroht  war ,  fowie  an  bie  ©  p  h  e  f  e  r  ober 
eigentlid)  an  mehrere  öorberafiatifche  Kirchen,  benen  er  bie  ©röfje  ber  göttlichen 
©naben,  bie  ©infjeit  ber  $ird)e,  bie  Bebeutung  feines  ApoftelainteS  unb  bie 
erhabenen  Sßflidjten  ber  ©läubigen  lebhaft  bor  Augen  ftetlte.  2ßäl)renb  biefer 
©efangenfdjaft  fanbte  bie  erfte  ber  uon  ihm  in  ©uropa  gegrünbeten  ©emeinben, 
bie  uon  h  1 1 r p> i ,  feine  „greube  unb  feine  $rone",  bem  Apoftel  burch  ib;ven 
Borftehcr  ©papijrobituS  eine  ©elbunterftüpung.  ^auluS  antwortete  mit  ber 
wärmften  Siebe  unb  warnte  uor  feinen  jubaiftifdjen  ©cgnern  unb  fonftigen 
Berführern.  Safj  Paulus  aus  biefer  erften  römifdjen  ©efangenfdjaft  wieber 
frei  würbe,  ift  eine  alte,  uielfach  betätigte  Überlieferung.  Sie  Apoftelgefd)id)te 


1  Slug.  ßap.  20—26. 


6 


84 


Sie  ©rünbttng  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßircpe. 


beS  SulaS  6rid)t  pter  ab;  fie  erjäplt  nur,  baf$  bie  ©efangenfepaft  jmei  Sapre 
bauerte,  alfo  ein  ©nbe  patte ;  märe  letzteres  burdj  ben  tob  beS  ApoftetS  erfolgt, 
fo  hätte  fein  treuer  Begleiter  bieS  fieser  niept  öerfepmiegett.  ©teper  fonnten  bie 
Suben,  toenn  fie  überhaupt  in  Vom  ihre  Auflage  öerfolgten,  bem  Paulus  fein 
tobeSmiirbigeS  Verbrechen  naepmeifen,  mie  fepon  $eli£  unb  SeftuS  in  fßaläftina 
erfannten.  $n  Vom  mar  eS  bem  Apoftel  gelungen,  fogar  Bemopner  beS  ®aifer= 
palafteS  jn  belehren  (5phtl.  1,  13;  4,  22) 1. 

Oie  in  ber  Apoftefgefcpicpte  ermähnte  ©efangenfepaft  beS  hl-  ^auluS  in 
Vom  enbete  fomit  pöcpft  maptfcpeinlicp  nicht  mit  bem  Stöbe ,  fonbern  mit  ber 
$reifpred)itng  beS  VöIferapoftelS 2.  Über  bie  leisten  SebenSjapre  Sßauli  miffeit 
mir  jeboep  fepr  menig  ©injelpeiten. 

Oer  grofje  Völferteprer  mar  in  feinem  rafttofen  ©ifer  fofort  nach  ber  Be= 
freiung  aus  ber  §aft  (62)  mieber  auf  Veifen  gegangen;  maprfcpeinlid)  pat  er 
feinem  früheren  Söunfcpe  gemäf;  (Vom.  15,  24.  28)  Spanien  befuept,  mo  in 
allen  größeren  ^üftenftäbten  jübifipe  fßrofelpten  maren;  er  mar  bann  nad) 
(SppefuS,  mo  fiep  Srrleprer  fanben,  halb  barauf  nach  Vtacebonien  unb  nach 
$reta  gegangen,  mo  er  ben  OituS  jurüdltejj.  liefern  fomopl  als  bem  Ointo= 
tpeuS  in  ©ppefuS  gab  er  Belehrungen  unb  Vorfdjrifien  über  bie  Rührung  be§ 
bifcpöflicpen  Amtes  unb  bie  Befämpfung  ber  auftretenben  Srrleprer.  (Sr  meilte 
an  berfeptebenen  Orten ,  bis  er  abermals  ergriffen  unb  nach  Vom  gebracht 
marb.  Von  biefer  jmeiten  römifepen  ©efangenfepaft  beS  ApoftelS  giebt  fein 
gmeiter  Brief  an  OimotpeuS  $unbe;  fie  mar  meit  härter  als  bie  erfte,  fein 
Verfepr  bepinbert ;  er  mar  gefeffelt  unb  mie  ein  Verbreeper  bepanbelt;  er  mupte, 
baf;  er  bem  tobe  entgegengehe  unb  fein  irbifeper  Sauf  balb  OoKenbet  fei;  er 
feprieb  f)ier  gleicpfatn  fein  teftament3. 

Oer  3eit  naep  ber  erften  ©efangenfepaft  beS  pl.  ^ßctuluS  in  Vom  gepört 
ber  ^ebräerbrief  an.  Oer  burep  bie  geinbfeligfeit  ber  unbeleprten  3 üben 
unb  bie  ^urept  beS  AuSfcpluffeS  bom  Oempel  eingeriffenen  Veigung  ber  jüngeren 
©cneration  junt  Abfall  ftellte  Paulus  bie  ©rpabenpeit  beS  neuteftamentlicpen 
Opfers  unb  fßrieffertumS  bor  bem  borbilblicpen  beS  Alten  BunbeS  entgegen 


1  Apg.  ßap.  27 — 28.  Sen  Brief  an  bie  ©ppefer  führte  Alarcion  als  Brief  an 
bie  ßaobicener  an,  unb  fepon  bie  Alten  toupten,  bap  er  mehreren  ©emeinbeit  heftimmt 
toar  ( Tertull .,  C.  Marc.  V,  11.  17.  Basil.,  C.  Eunom.  1.  1,  n.  19  [Migne,  Patr.  gr. 
XXIX,  612]).  Betreffs  ber  Reihenfolge  ber  paulinifcpen  Briefe  ogt.  ©.  Ateift er,  ßri= 
iifepe  ©rmittetung  ber  AbfaffungSjeit  ber  Briefe  beS  pt.  AmtluS.  RegenSburg  1875. 

2  Siefe  Anfiept  pat  hebeutenb  ftärfere  ©rünbe  für  fiep  als  bie  gegenteilige,  nach 
meteper  nämlich  VautuS  hiS  äum  Beginn  ber  Reronifcpen  Berfotgung  in  ber  §aft  getoefen 
unb  unter  ben  Opfern  biefer  Berfotgung  gleich  P  Anfang  ben  Atartertob  geftorhen  fei. 
Sie  gut  bezeugte  Raepriept,  bap  VoutuS  eine  AliffionSreife  naep  Spanien  unternommen 
hat,  forbert  bie  fjfreifpreepung  beS  ApoftetS  nach  ber  erften  römifepen  ©efangenfepaft. 
3ur  ganjen  Sfrage  ügt.  R.  Stein  mep,  Sie  jtoeite  römifepe  ©efangenfepaft  beS  ApoftetS 
ißautuS.  Seipäig  1897. 

3  Sie  Reife  beS  VcmtuS  naep  (Spanien  mirb  erfeptoffen  auS  Rom.  15,  24;  dem. 
Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  c.  5 ;  Fragm.  Muratori  (Rel.  sacr.  IV,  4) ;  Theodor.,  In  Ps.  116, 
v.  1  (Migne,  Patr.  gr.  LXXX,  1805:  xai  eig  2itav(av  ä<pix.s.To).  Bgt.  ©amS,  Sie 
Sirepengefepiepte  öon  Spanien  1 ,  1 ,  29  ff.  fjr.  SBernerin  Öfterr.  BiertetjaprSfepr. 
für  fatpot.  Speot.  1863,  S.  320  ff. 


4.  Ser  pt.  ißetruS.  Sie  rönt.  ßprifiengemeinbe  unb  bie  Dletonifipe  Verfolgung.  85 

unb  mapnte  ju  feftem  9Iu§patren  unb  jum  ©eporfam  gegen  bie  Sorgefepten, 
auf  ben  perrticpen  Sopn  im  beffeten  SenfeitS  öermeifenb.  Oie  ©ebanfen  finb 
burcpmeg  bie  be§  5tpoftet§ ,  trenn  er  fid)  and)  eine*  anbern  als  Interpreten 
bebiente 1. 

4.  2er  pl.  fßetruS.  Oie  römifcQe  (Üpriftcngenieinbc  unb  bie  91eronifdjc 

SBerfoIgung. 

Sitteratur.  —  a)  tpetruä:  Foggini,  De  romano  D.  Petri  itinere  et  episco- 
patu.  Flor.  1741.  Fouard  unb  Taylor  f.  oben  ©.71.  3t-  ©cpmib,  *}}etru§  in  Vom 
ober  Novae  vindiciae  Petrinae.  Sujern  1892.  2ß.  ©ff er,  Se3  pl.  5f5etru§  2lufentpalt, 
©piflopat  unb  Sob  in  Vom.  VreSlau  1889.  M.  Leder,  De  Romano  S.  Petri  episco- 
patu.  Dissert.  hist.  Lovanii  1888.  Birks,  Studies  of  tlie  life  and  character  of 
St.  Peter.  London  1887.  A.  S.  Barnes,  St.  Peter  in  Rome  and  his  tomb  on  the 
Yatican  Hill.  London  1900.  Liglitfoot,  St.  Peter  in  Rome  (Apostolic  Fathers 
[2nd  ed.]  P.  I,  vol.  I,  p.  481  ff.).  —  b)  Vömifcpe  ©emeinbe:  Sangen,  ©efdpicpte 
ber  römifcpen  ^irdpe  bis  Seo  I.  Vonn  1881.  ©djtoarjlofe,  ©efdpicpte  ber  römifcpen 
©priftengemeinbe  im  1.  Saprp.  ©rfurt  1892.  —  c)  Veronifdpe  Verfolgung: 
©.  3f.  2lrnolb,  Sie  Veronifdje  ©priftenüerfolgung.  Seipjig  1888.  ß.  ßneller,  ©pa= 
rafter  ber  jmei  erften  ©priftenöerfolgungen  (Stimmen  aus  2Jlaria=Saa(p  1887,  I,  6.  35  ff. 
306  ff.  407  ff.).  C.  Douais ,  La  persecution  des  chretiens  de  Rome  en  l’annöe  64 
(Revue  des  quest.  histor.  1885,  p.  337 — 397).  @.  geller,  Sa3  „odium  generis 

liumani“  ber  ©priften,  Tac.,  Hist.  SY,  44  (Seitfdpr.  für  toiffenfd).  Speol.  1891,  <5.  356 
bi§  367).  ©iepe  aud)  bie  Sitteratur  über  bie  Verfolgungen  im  allgemeinen  unten  im 
3.  Slbfäjn. 

1.  Oie  9tpoftetgefd)id)te  fdjmeigt  über  ißetri  ©cpidfate  feit  ber  Saufe  be§ 
Cornelius  bi§  ju  feiner  ©efangennapme  burcp  §erobe§  9lgrippa  (9Ipg.  11,  18; 
12,  3),  tüofür  etma  brei  Sapre  3toifcPenäe't  angenommen  m erben  fömten,  unb 
ermäpnt  nad)  feiner  Befreiung  feine  fHbreife  an  einen  anbern  Ort  (ebb.  12,  17), 
um  nur  nod)  einmal  feine  Slnmefenpeit  beim  2Ipoftetfonjil  ju  berieten  (ebb. 
15,  7  ff.).  ^etru§  patte  nad)  feiner  ttmnberbaren  Befreiung  au§  bem  Werfer 
fiep  bon  $erufalem  junäcpft  mopt,  rnie  früper,  auf  23ifitation§reifen  in  anbere 
©emeinben  begeben ;  er  ftanb  ber  jubendpriftticpen  ©emeinbe  in  fHntiocpien  längere 
3eit  Oor,  bie  in  ipm  ben  erften  Segrünber  ipre§  ©taubenS  eprte2. 

Sn  ber  3eit  uacp  ber  Befreiung  au§  bem  Werfer  in  Serufalem  ift  ber 
pt.  5ßetru§  naip  9tom  gefommen ,  too  er  fein  apoftotifcpcS  9tmt  ausübte  unb 
burd)  ben  fDlartertob  fein  Ceben  befcplop.  S3on  mein  ber  d)riftli(pe  ©taube  juerft 
in  bie  |)auptftabt  be§  9teid)e§  gebrad)t  mürbe,  miffen  mir  ebenfomenig,  at§ 
un§  befannt  ift,  mer  in  9tntiocpien  ober  Oama§fu§  juerft  ba§  ©bangeliunt  ber= 
fünbete.  Seim  jübifcpen  ^ßfingftfefle,  an  melcpem  bie  9lu§giefjung  bc§  ^eiligen 
©eifteS  ftattfanb,  toaren  römifdje  Suben  ober  ^rofetpten  in  Serufatem  jugegen 
(9lpg.  2,  10).  fUtöglicpermeife  befanben  fid)  unter  ben  ©rftlingen  ber  Sefeprten 
fotcpe  9Infömmltnge  au§  Ütom,  bie  bortpin  jurüdfeprten.  ^ebenfalls  ift  Ieid)t 
benfbar,  bajj,  al§  bei  ber  Serfotgung,  meldier  ©teppanuä  jum  Opfer  fiel,  bie 


1  2113  Verfaffer  bes  £>ebräerbriefe3  bejeicpnet  Sertuüian  (De  pudic.  c.  20)  ben 
VarnabaS,  DrigeneS  (bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  VI,  25)  unb  §ieronpmu3  (Cat.  c.  5)  ben 
©öangelifteu  SutaS. 

2  SBetreffS  beS  anüodpenifcpen  ©piftopateS  be3  21poftel3  fiepe  Euseb.,  Chron.  1.  2, 
ed.  Schöne  (Berol.  1866)  p.  152;  Hist,  eccles.  III,  36,  Ogi.  mit  c.  22. 


86 


Sie  ©rßnbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßircbe. 


©emetnbe  jerftreut  unb  ber  ©hriftenglauk  in  ben  $üftcnftäbten  am  9JiitteImeer 
berbrettet  mürbe,  infolge  ber  bielcn  Vegieljungen  jmifchen  biefen  ©egenben 
unb  Vom  fet;r  früh  ©laubige  nad)  ber  gmuptftabt  fommen  !onnten.  ©ine 
alte  Überlieferung,  meld;e  feit  bem  3.  ^afirfjunbert  bezeugt  ift,  fcpreibt  bem 
[)I.  fßetru§  einen  25  jäfjrigen  Aufenthalt  in  Vom  ju;  barau§  fdjlofj  man 
fdfon  im  4.  Sahrffunbert  bielfad),  bafj  ba§  Ipaupt  ber  Apoftel  unter  ber 
^Regierung  be§  $aifer§  ßlaubiu§  nad)  Vom  gefommen  fei.  2Bir  t)aben  feine 
älteren  Quellen,  bitrd)  meldje  fid)  jene  Überlieferung  öom  25jäl)rigen  ©piffo= 
pate  be»  f)l.  SßetruS  in  Vom  unb  bie  bamit  jufammenfiängenbe  djronologifdje 
$rage  über  bie  ber  erften  Anfunft  be§  Apoftelfürften  in  ber  §auptftabt 
ertneifen  liepe1.  ©§  ftef)t  nicpt§  im  2öege,  bie  Vadjricht  be§  ©ueton,  baf$ 
$Iaubiu§  gegen  ©nbe  feiner  Vegierung  bie  $uben  megen  beftänbigen,  auf  51n= 
ftiften  be§  ©f)reftu»  entftanbenen  51ufrul)r§  untereinanber  au§  ber  ©tabt  ber- 
trieb,  bon  ©treitigfeiten  ju  berftef)en,  bie  infolge  ber  Verbreitung  be§  ©l)riffen= 
tum»  in  ber  jübifdjen  Kolonie  ju  Vom  entfianben  maren.  Qer  Vrief  beS 
hl.  5ßaulu§  an  bie  Vömer,  mit  meinem  mir  auf  fieberen  f)iftorifchen  Voben 
fommen,  fetR  eine  feft  organifierte,  zahlreiche,  au§  f)eiben=  unb  fubendiriftlicpen 
©lementen  beftef)enbe  ©emeinbe  borau».  511»  ber  Völferapoftel  al§  ©efangener 
nad;  Vom  gefommen  mar,  geftattete  if)m  bie  grofje  Freiheit,  meldje  ihm  bie 
^pribatfiaft  fiep,  für  Verbreitung  be§  6f)riftentum§  in  ber  fmuptftabt  ju  mirfen. 
©r  hatte  babei,  mie  faft  überall,  bon  ber  Qppofition,  meldje  if)m  bie  extremen 
Subencbriften  bereiteten,  mand)e§  ju  leiben. 

Völlig  unabhängig  bon  ben  fragen,  mann  ber  hl-  ^3etru§  nad)  Vom  ge= 
fommen  ift  unb  mie  lange  geit  er  bort  t|ätig  mar,  ift  bie  ffiftorifd)  abfolut  feft= 
ftel)enbe  Sf)atfad)e,  bop  ba§  §aupt  ber  Apoftel  in  ber  tpauptftabt  feine  apoftolifd)e 
Vßirffamfeit  ausübte  unb  bort  fein  Seben,  mie  ber  fR-  ^aulu§,  burd)  ben 
Vtärtprertob  befd^lofs.  Vom  $orintl)erbrief  be§  fR-  Clemens  bon  Vorn  au§  bem 
©nbe  be»  1.  SahrfRinbertä  unb  bem  Vömerbtief  be§  IR-  3gnatiu§  au3  ber 
Vegierung»5eit  SrajanS  an  ha&en  mir  bi§  jurn  Veginne  be»  3.  $af)rhunbertä 
eine  foldje  Veilfe  bon  pofitiben  ;3eugniffen  au§  allen  Seilen  ber  ßirdje,  baf$ 
über  jene  Shü^ai^e  fein  3raeÜe^  ßeftetjen  fann.  Unb  ma§  ba§  ©emid)t  biefer 
übereinftimmenben  geugniffe  nod)  erhöht,  ift  ber  Umftanb,  bap  niemals  in  ber= 


1  Von  tfJetri  3tntoefenf»eit  in  Vom  unter  ßlaubiuS  b«nbeln:  Euseb.,  Chron.  1.  2, 
ed.  Schöne  (Berol.  1866)  p.  152.  Hieron. ,  De  vir.  ill.  c.  1.  Oros. ,  Hist.  1.  VII, 
c.  4.  6.  Chrys.,  In  Rom.  1,  8  hom.  2,  n.  1  ( Migne ,  Patr.  gr.  LX,  602).  Sie  SBorte 
beS  SactantiuS  (De  mortibus  persecut.  c.  2)  über  bie  ätoeite  Antoefenf)eit  ißetri  fdRiefjen 
bie  erfte  nicht  aus  (bgl.  Ipunbbaufen,  SaS  erfte  iRontifiMfd;reiben  beS  ApofteD 
fürften  VetruS  [SDRains  1873]  ©.  16  ff.  21  ff.),  VablRott  (1  Vetr.  5,  13)  ift  nidpt  Va= 
bplon  am  ©upbrat,  nid£)t  Veubabblcm,  ©eleucia  am  SigriS,  nicht  SSabpIon  in  Ägppten 
untoeit  SDlempbiS ,  nicht  3erufalem ,  fonbern  eine  figürliche  Veäeidhnung  bon  Vom ,  toie 
fd)on  VmnaS  (Euseb.,  Hist,  eccles.  II,  14)  auS  alter  Srabition  bezeugt  unb  toie  bie 
übrigen  Väter  teils  lehren  teils  anbeitten  ( Tertull Adv.  lud.  c.  9;  C.  Marc.  1.  3, 
c.  13.  August.,  De  civ.  Dei  XVIII,  2,  1.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  1;  Ep.  46, 
al.  17;  Adv.  Iovin.  1.  2.  Beda,  Oecumenius,  Theo2)hylakt  u.  a.).  (Sicher  beifü  Vom 
fo  £>ffb.  17,  5.  18  unb  Orac.  Sibyll.  V.  143.  158  sq. ;  eine  fold)e  Ve3eichnung  ber 
SDBeltftabi  toar  an  fid;  paffenb  (cf.  Tacit.,  Annal.  XV,  44),  befonberS  aber  im  Vlunbe 
ber  Sütben. 


4.  3>er  pl.  ißetruS.  ®te  röm.  ©priftcngemeinbe  unb  bie  Veronifepe  Verfolgung.  87 

felben  3«t  eine  ctnbere  $?ird)e  ben  Vnfyrudj  madjte,  bet»  ©rab  be§  f)l.  ^3etru§ 
ju  beftfjen,  auffer  Vom. 

Unter  bem  ©influfj  be»  1)1.  $etru»  fdjrteb  Vcarfu»  für  bie  römtfdje  ©e= 
meinbe  fein  ©oangelium,  inbem  er  fid)  meiftenS  an  bie  33jatfadjen,  unb  jmar 
mit  bem  Auftreten  be§  $äufer§  Soljanne»  beginnertb,  fjielt  unb  überall  junäepft 
bie  befristen  Reiben  berücffidjtigte.  Serfelbe  9Varfu§  fam  bon  Vom  au§  nad) 
SUejanbrien,  mo  halb  eine  blüffenbe  Birdie  entftanb,  bie  fid)  burd)  benfelben 
ber  Stbftammung  bon  5ßetru§  rühmte.  V3äf)renb  Vfarfu§  bei  ^etru§  meilte, 
feprieb  biefer  bon  Vom  au§  an  berfdjiebene,  übermiegenb  tjeibendEjriftlicfje  @e= 
meinben  in  SßontuS,  ^appabocien,  ©alatien,  Elften  unb  SBitppnien,  bie  3 um 
größeren  Seil  bon  $aulu§  gegriinbet  rnaren,  feinen  erften  53rief  boü  perrlicper 
©ebanfen,  um  fie  jur  ©tanbpaftigfeit  unb  VuSbauet  in  ben  auSgebrodjenen 
unb  nod)  beborftepenben  Verfolgungen  ju  ermapnen.  ©eraume  3eit  fpäter  ridjtete 
er  einen  jroetten  Vrtef  an  biefelben,  um  bor  ben  einbringenben  Sttlepterit  ju 
toarnen  unb  bon  ipnen  in  Vorahnung  feine»  napen  2obe§  Vbfcpteb  ju  nepmen. 
Sie  früperen  ©cpwanfungeu  in  biefen  ©emeinben,  bie  $aulu§  befämpft  patte, 
waren  längft  befeitigt ;  aKentpalben  perrfdjte  ©intraept  unter  ben  Stpofteln ;  bon 
einer  ©paltung  jmtfdjett  ^ctrinern  unb  Sßaulinern  finbet  fiep  feine  ©pur1, 
©ieper  pat  auep  $etru§  auSgebepnte  apoftolifcpe  Reifen  unternommen.  Saf;  er 
in  ^orintp  geprebigt  pabe,  bejeugt  im  2.  Suprpunbert  ber  bortige  Vifdjof 
Siont)fiu§,  wäprenb  fdjon  au§  bem  erften  $orintperbrief  be§  pl.  fßauluS  (1,  12; 
3,  22)  perborgept,  bap  man  ipn  bort  perfönlicp  fannte.  VMe  in  Vom,  fo 
patten  beibe  auep  anbermärtS  gufammen  gemirft. 

2.  'Sie  Vertreibung  ber  Suben  bitrcp  $Iaubiu§  patte  für  bie  cpriftlitpe 
©emeinbe  Vom§  feine  nad)paltige  ©törung  311t  golge  gepabt ;  blop  bie  $uben= 
epriften  mären  babon  mitgetroffen.  Vucf)  mürbe  bie  Vtapregel  burd)  Vero,  ben 


1  Sie  angebliche  bogmatifdpe  Sifferenj  ^toiftpen  Vetrinern  unb  ijk'tlinern  toiber» 
legt  fiip :  a)  aus  ber  toecpfelfeitigen  3lnerfennung  ber  Slpoftet  ®at.  2,9,  bie  bei  ber 
bogmatifdpen  (Strenge  berfetbeu  (®at.  1,  8)  opne  Übereinftimmung  im  ©tauben  nidpt 
möglich  getoefen  märe.  2öie  VautuS  ben  VetruS  unb  bie  anbern  Sipo  fiel  anerlannte 
(1  ßor.  15,  7 — 9.  2  ßor.  8,  23;  11,  22  f.),  fo  erfennt  ißetruä  (2  Ve*i‘-  3,  15  f.)  ben 
teuerften  SlmtSgenoffen  an,  unb  alten  Parteiungen  traten  bie  Slpoftet  fietS  entgegen; 
b)  ait§  ber  Übereinftimmung  beS  Seprftoffs  fomopt  ber  in  ber  2lpoftetgefcpicpte  entpattenen 
Dieben  beiber  Slpoftet  at§  ber  Don  beibett  berfajjten  SSricfe.  c)  SBie  bie  Slpoftet  nicptS 
Don  jtoei  ßirepen  (ber  Vefdpnittenen  unb  ber  Unbefcpnittenen)  miffen,  fonbern  nur  bon 
einer  fiircpe,  bon  einem  Volte  ©otteS,  einem  Ölbaum  (9löm.  11,  24),  fo  Weif?  auep 
bie  Srabition  nichts  bon  einer  fotepen  Trennung;  um  150,  too  boep  nodp  Spuren  ber= 
felben  patten  erfennbar  fein  müffen,  fanb  §egefippu§  in  alten  bon  ipm  befudpten  ßirdpen 
bie  gröjjte  Übereinftimmung  ( Euseb Hist,  eccles.  IV,  22).  2frcnciu§  unb  bie  fotgenben 
Väter  tonnten  fogar  bie  ftets  in  ber  ßirepe  borpanbene  ©inpeit  riipmen.  d)  Ser  ganje 
Unterfdpieb  jmifdpen  3fuben=  unb  .^eibendpriften  befdpränft  fiep  barauf,  bafe  erftere,  fotange 
baS  jübifepe  3tetigionö=  unb  StaatStoefen  nodp  beftanb,  baö  Vationatgefep  hielten ,  mäp= 
reub  teptere  babou  frei  toaren.  ®ie  Scpeibung  beä  3uben=  unb  §eibenapoftolate§  mar 
feine  abfolute,  fonbern  eine  junäepft  bortäufige  Leitung  ber  DIrbeit  unb  Stöirffamteit  opne 
Stuöfiptiefetidpfeit.  2ßie  V^truä  ben  erften  tpeiben  in  bie  ßirdpe  aufnapm  unb  fpäter 
nodp  au  peibeneprifttiepe  ©emeinben  fdprieb,  audp  naepper  noep  §eiben  befeprte,  fo  toirfte 
Paulus,  obfdpoit  borperrfepenb  für  Reiben  tpätig,  auep  bei  ben  Suben  unb  toarb  ipnen 
tuie  ein  überhaupt  alten  altes  (1  ßor.  9,  20  f.). 


88 


Sie  ©rurtbung  uttb  erfte  2lugbreitung  ber  ßirdie. 


ÜZadjfoIger  be§  ®laubiu§,  nicht  aufredjt  erhalten.  ©leid)  nad)  bem  beginn  ber 
Regierung  be§  Veto  finben  mir  bie  3uben  in  9fiom  mieber  in  beleihen  ©tellung 
mie  jubor.  Vei  ber  Vntünft  be»  fy.  Sßaulu»  genof  bie  römifdie  ©emeinbe  boKen 
^rieben,  ber  bis  3 um  Satire  64  mof)l  ununterbrochen  anbauerte  unb  e§  ber 
©emeinbe  gefiattete ,  fidj  nad)  innen  mie  nad)  aupen  ju  entmideln  unb  gu 
fräftigen.  Sn  betn  genannten  Sahre  brach  ober  eine  furchtbare  Prüfung  über  bie 
römifdjen  ©hriften  herein :  bie  erfte  grofe  Verfolgung  unter  Vero.  Siefer  $aifer 
lieh  bie  furchtbare,  bon  it)m  felbft  angeftifteie  geuer§brunft  ber  (Stabt  Vom,  in 
ber  er  ein  Vilb  be§  brennenben  Srofa  fefien  mottte,  ben  bon  ben  Silben  unb 
Reiben  bielfad)  angefeinbeten  ©haften  jur  Saft  legen.  Sa§  geuer  (19.  Suli  64) 
mütete  fed)§  Sage  unb  fieben  Vcic£)te,  unb  bon  bierjefjn  Legionen  blieben  nur 
hier  unberfefirt.  furchtbar  mar  bie  2But  ber  Vtenge  unb  bie  ©raufamfeit  ber 
Vef)örben.  Viele  ©hriften  mürben,  in  bie  £>aut  bon  milben  Sieren  genäht, 
bon  Ipunben  geraffen,  anbere  in  ben  Siber  gemorfen,  nod)  anbere  in  f]3ed)  ge= 
micfelt  an  ben  ©trafeneden  gut  ©rl)ellung  ber  Vad)t  berbrannt.  ©djreden 
erfüllte  aKe§. 

SDiefer  Verfolgung  fielen  aud)  bie  beiben  Vpoftelfürften  ^etru§  unb  5ßaulu* 
gum  Opfer1.  ^ßaulu§  als  tömifdjer  Vürger  marb  auf  bem  Sßege  nad)  Oftia 
enthauptet,  ^etru§  bagegen,  unb  §mat  nad)  feinem  eigenen  bemütigen  2Bunfd)e, 
mit  gur  ©rbe  gefenftem  §aupte  gefreugigt.  ^3etru§  mürbe  an  ber  Vorbfeite  ber 
Via  ©ornelia  am  Sufe  be§  Vatifanifcpen  §ügel§,  gegenüber  bem  Veronifdfen 
3irfu§,  fßaulu§  an  ber  Via  0ftienfi§  in  ber  ©bene  gmifcfen  ber  ©träfe  unb 
bem  Siber  begraben2.  Sie  feften  d>ronologifd)en  ©rennen  für  bie  geit  be§ 
Vtartprtobel  ber  beiben  Vpofiel  finb  ber  Veginn  ber  Veronifcpen  Verfolgung 
im  Soli  64  unb  ber  Sob  be£  $aifer§  Vnfang  68.  ©in  genaues  Saturn 
innerhalb  biefer  geit  läft  fich  nicht  mit  üoüer  ©id)erf)eit  feftfteüen,  ebenfomenig 


1  Verfolgung  Verog  bei:  Tacit.,  Annal.  XV,  44.  Sueton.,  In  Nerone  c.  16. 
Sulp.  Sever.,  Chron.  II,  28  sq.,  ed.  Halm  p.  82  sq.  Oros.,  Hist.  VII,  7.  304  ö  I)  I  e  r= 
©amg,  ^ircfieitgefihithte  I,  226  f.  —  Vom  304 artertobe  ber  2lpoftel:  Clem. 
Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  c.  5.  Iren.,  Adv.  haer.  III,  3.  Dionysius  Cor.  unb  Caius  bei 
Euseb.,  Hist,  eccles.  II,  24.  25.  Tertull.,  De  praescript.  c.  36;  C.  Marc.  IV,  5; 
Scorp.  c.  13 :  Tune  Petrus  ab  altero  cingitur,  cum  cruci  adstringitur.  Orig.,  In  Gen. 
t.  III,  bei  Euseb.  1.  c.  III,  1  (Migne ,  Patr.  gr.  XII,  92).  Euseb.  1.  c.  IH,  1.  31. 
Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  1.  Stuf  bie  SBeigfagung  Sol).  21,  18  f.  tnarb  oft  Vegug  genommen. 
2lud)  bie  grope  9Jtehrpt)l  ber  proteftantifdjen  §iftorifer  erfennt  ben  römifdjen  Aufenthalt 
unb  bag  bortige  SQtartbrium  beg  Veiru§  art  ©im  Slugnafme  machte  in  ber  leisten  3eit 
hauptfädllid)  9t.  21.  Sipfiug).  9t  e  an  ber  (2UIgem.  ©efdjidjte  ber  chrifilidjen  9teIigion 
unb  Äirdje  I,  317)  fagt:  ,,©g  ift  tpbpertritit ,  bie  burd)  bie  iibereinftimmenben  34ach= 
richten  beg  djriftlichen  2Utertumg  betoät)rie  Überlieferung ,  bap  5]Mtug  p  Vorn  geioefen, 
in  3ü>eifel  p  sieben."  ©ueriefe  (fpanbbuch  ber  ßircbengefdjiibte  I  [9.  2lufl.] ,  59): 
„Sie  iueite  Verbreitung  biefer  9tad)rid)t  (bom  römifdjen  9Jtartl)rium  Vetri)  fdjon  im 
2.  Sahrpunbert ,  noch  bor  ber  3eü  römifdj=bietardjifdjer  Senbengfdjreiberei ,  erflart  fid) 
ungefiinftelt  nur  bnrdj  3u9abe  beg  gfaltumg."  Ser  neuefte  Verfudj  oonförbeg  (3eitfdjr. 
für  ßirdjengefd).  1901,  ©.  1  ff.),  ben  Sob  beg  fl.  betrug  nad)  Serufalem  p  berlegen, 
ift  böKig  mißlungen. 

2  Über  bie  ©rabftätten  ber  2©oftel  Dgl.  3  ift  er  er,  Sie  2lf)oftelgräber  nad)  ©ajug 
(Süb.  Speol.  -Duartalfdjr.  1892,  ©.  121 — 132).  H.  Grisar,  Le  tombe  apostolicke  di 
Roma  (Analecta  Roinana  I  [1899],  259 — 306).  ©rbeg  (citiert <&.  89,  2lnm.  1).  Varueg 
(f.  oben  <5.  85,  Sitteratur). 


5.  Sie  Störung  Dort  3erufalem  unb  bie  ©djicffale  ber  jubenctjriftt.  ttrgemeinbe.  89 

tt>ie  ber  5£ag,  an  meldjem  [ie  ftarheu.  ®ie  im  2.  Sahrljunbert  bezeugte  Ü6er= 
liefcrung  fetjt  ben  SEoö  beiber  ungefähr  in  biefelbe  geit 1.  S3eibe  Stpoftel  mürben 
al§  ©rünber  ber  römifcben  $ird>e  im  Altertum  l)ocf)  bereit,  ihre  Reliquien 
hod)gef)alten  unb  mic  Srop^äen  gezeigt. 

5.  $ie  ßcrftörung  wo«  3crufalent  unb  bie  ©djidfalc  ber  iubendjriftlidjcit 

Itrgemeinbe. 

Quellen.  —  Flav.  Ioseph. ,  De  bello  Iudaico,  bef.  II,  17  sqq. ;  V;  YI;  VII 
(ed.  Dinctorf).  Tacit. ,  Hist.  Y,  1 — 13.  Sueton.,  Vita  Titi.  Euseb.,  Hist,  eccles. 
III,  5 — 8.  Sulpicius  Sever.,  Cbronicon  II,  30  (ed.  Halm  p.  85). 

Sitteratur.  —  Feuerlein,  De  christianorum  migratione  in  oppidum  Pellam. 
Ienae  1694.  Sie  oben  ©.  54  ermähnten  ©djriften.  Saju :  Reichardt,  Tire  relation 
of  the  Jerv-Christians  to  the  Jews  in  the  first  and  second  Century.  London  1884. 
V.  Ermoni,  Les  bglises  de  Palestine  aux  deux  premiers  siecles  (Revue  d’liistoire 
ecclesiastique  1901,  p.  15 — 32). 

©eit  ber  Einrichtung  be§  33ifchof§  Satobu§  mar  bie  Stellung  ber  ©tjriften 
in  Serufalent  immer  fcbmietiger  gemorben ;  e§  fcpien  bie  ber  jübifdjcn  Diation 
jur  Sefetjrung  gemährte  grift  batb  ihrem  ©nbe  nahe,  ba§  pbqarifctijdie  ^totem 
tum  nahm  überljanb.  ®ie  ftrengen  Suben  faxten  ben  2Rofai§mu§  al§  ba§  einig 
Sleibenbe  auf,  unb  felbft  mand)e  Subendjriften  mod)ten  nod)  nicht  h'nlänglid) 
über  bie  üorübergehenbe  öebeutung  be§  (55efe^e§  im  ftaren  fein.  (Srft  bann, 
at§  gemattige,  burd)  bie  33orfet)ung  h^^ifl^führte  CSreigniffe  biefe  laut  beur= 
lunbeten,  tonnten  bie  ererbten  Vorurteile  befchtnid)tigt  unb  bie  böllige  2o§= 
trennung  ber  (Shriften  bon  ben  Suben  burchgefiihrt  metben.  SDaju  bot  aber 
©harafter  unb  (pottung  ber  jübifdjen  Nation  in  ihrer  größeren  Mehrheit  non 
felbft  ben  erften  3lnlaji. 

Unter  ber  römifcben  |m’tfdmft  hotte  ba»  bon  ben  Sanbpflegern  an§gefaugte 
unb  bebrücfte  Voll,  ohnehin  in  feinen  fmiligften  ©efühlen  unb  in  feinem  ©tolje 


1  2113  ba3  3ahr  b  e  g  2  ob  eg  nahmen  ßaäe,  Su  tpin,  SCßiefeler  64,  ißagi, 
(Softanji,  ©djelftrate,  bie  iöottaubifteu  (mit  Berufung  auf  ben  Catal.  Liber.),  Sittemont, 
ßfoggini  ( fic^  ftü^enb  auf  Sfnbhaiüuä  unb  ©ufebiuä)  66,  bagegen  23aroniu§,  6omhefi§, 
bie  Söerfaffer  ber  Art  de  verifier  les  dates,  ißetaDiug,  ipatrip  67,  ttRa^occbi,  Dtitter  u.  a. 
68  an.  fjür  bag  3al)r  67  fpredjeu:  a)  Sie  Slpoftel  ftarben,  als  9Iero  Don  9tom  ab= 
toefenb  toar,  unter  ben  „9Jlad)thahern"  ( Clem .  Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  c.  5);  bag  mar 
67  ber  3att,  mo  Dlero  in  2Xd;aja  meitte,  Don  mo  er  erft  Stnfang  68  nad)  9Iom 
juriicftehrte ;  b)  §>ieronV)mu§  (De  vir.  ill.  c.  12)  fagt  Don  ©eneca:  Hic  ante 
biennium ,  quam  Petrus  et  Paulus  coronarentur  martyrio,  a  Nerone  interfectus  est. 
9Iad)  S  a  c  i  t  u  §  (Annal.  XV,  88)  ftarb  ©eneca  Silio  Nerva  et  Attico  Vestino  coss., 
b.  i.  65,  bie  2lfmftel  alfo  67.  c)  9lad)  @ufebiu3  unb  §ieront)mug  ftarben  bie  9lpofteI 
im  lebten,  im  14.  3af)re  Sfterog,  b.  i.  67—68.  3ät)It  man  9Ierog  3at)re  nidfi  Dom 
13.  Dftober,  fonbern  Dom  1.  Januar  54  an,  fo  fällt  67  ins  14.  Sahr.  d)  Stad;  £>iero= 
nhmui  jählte  man  ein  25jährige§  ©piffopat  ißetri  in  9tom  unb  batierte  eg  Dom  ätociten 
3at)re  bei  ßlaubiug  an,  Don  42 ;  eg  muffte  alfo  67  enben.  Sod)  finb  bieg  blofe  fpätere 
23ered)nungcn,  auggehenb  Dom  25jährigen  (Spiftopat  beg  hl.  Petrus.  Sßeitere  Sitteratur 
bei  ©amg  (Sag  $ühr  beg  fDIarttjrtobeg  ber  2lpoftel.  9tegengburg  1867),  ber  aber  nur 
ben  iJJauIug  67,  ben  betrug  fdjon  65  fterben  läfjt.  ©ine  neue  Sheorie  Derteibigt,  jebodj 
mit  menig  ftidjhaltigen  21rgumenten:  6rbeg,  Sie  Sobegtage  ber  2lfmftcl  betrug  unb 
fPaulug  unb  ihre  römifcben  Sentnuiter  (Sejte  unb  Itnterfuchungen.  9Ieue  fjolge  IV,  1. 
JBeipjig  1899). 


90 


Sie  ©rfinbung  uttb  erfte  2lu§f>reihmg  bev  $irc£)e. 


berieft,  fi©  bet  geringen  Vnläffen  jur  ©tnpörung  geneigt  gegeigt ;  bur©  SubaS 
ben  ©aulonäer  unb  ben  tpharifäer  ©abof  war  bie  Partei  ber  Eiferet  (geloten) 
gegrünbet  worben,  wel©e  ben  ©runbfatj  aufftellte,  nur  ©ott  allein  bürfe  ba§ 
^eilige  Volf  beherrschen,  für  biefe»  falle  nur  ba§  mofatf©e  ©efeij  (Geltung  haben ; 
alleä,  ©ut  unb  Vlut,  fei  baran  ju  fetjen,  ba§  römif©e  3>o©  ju  befämpfen,  wobei 
ftcher  auf  göttlichen  Veiftanb  ju  rechnen  fei.  Valb  nahmen  alle  ©ewaltafte  bie 
garbe  be§  9feligion»eifer§  an ;  eine  Verhöhnung  ber  3 üben  bur©  bie  heibnifd^e 
SentpelWa©e  unb  bie  Verbrennung  einer  ©efe|e§rolle  bur©  einen  ©olbaten 
brachte  unter  bem  Sßrofurator  ©umanuS  heftige  Tumulte  ffetbor  unb  beranlafjte 
ttadf  einem  Eingriff  ber  Suben  auf  bie  ©amaritaner  ein  gräfelid)e§  Vlutbab  unter 
ben  entrüfteten  ©iferern.  Vtit  Vti©e  hatten  bie  Subett  unter  ^ilatu§  ermirtt, 
bah  bie  bem  Siberiu§  geweihten  ©(hübe,  bie  guerft  im  Tempel  ju  ^erufalem 
hatten  aufgehängt  werben  fallen,  in  einen  Siberiu§tempel  ju  ©äfarea  gebracht 
würben.  Ser  Vefehl  be§  ©aligula,  feine  Vilbfäule  im  Sernpel  aufjuftellen, 
berurfadite  ©©reden  unb  Vufruljr  unter  ben  Sitben ;  nur  be§  ®aifer§  Sob 
hinberte  ben  Vollzug  be§  VefefilS  unb  bamit  ben  9lu§bru©  eines  9teligion»= 
SriegeS.  Sen  9Jteffia§  buchte  man  fi©  immer  mehr  als  9fö©er  ber  erlittenen 
Unbilben,  Überwinber  ber  ho©faf)renben  Reiben,  Vöieberherfteller  be»  Sf)rone§ 
SDaöibS,  ber  bie  ©efe|e§treue  feines  Volte»  mit  allen  irbifdfen  ©ütern  belohne. 
Sie  ftrenge  Partei  ©©arnrnai»  bef)errf©te  bie  Vielzahl  beS  VolfeS,  bie  immer 
mehr  bur©  bie  planmäßige  |)ärte,  ©raufamfeit  unb  ©rpreffiutg  ber  Sanbpfleger, 
bie  felbft  ben  Sempelf©ap  plitnberten,  gur  Verzweiflung  getrieben  Warb.  Vlle 
Vorgänger  übertraf  ber  tpramtif©e  ©effiuS  $loru§,  ber  ©ünftling  9tero§ ;  unter 
ihm  brach  baper  (66)  ber  Vufftanb  au§,  ju  bem  bie  Suben  no©  eine  Vieber= 
läge  ber  faiferli©en  Sruppen  unter  ©efiiu§  ©afluS  fowie  bie  bon  ben  ©oeten 
berheißerte  ©rfdfeinung  be§  hüumlifchen  Vefreier»  ermutigten. 

Sie  Suben  begannen  ben  ungleichen  $ampf  ohne  9tüdfi©t  auf  ©re  phhfifdje 
wie  ©re  moralif©e  ©d)toö©e  mit  li©nem  ganati§mu§.  ©ie  hatten  feine  regel= 
redüe  Vrmee,  feine  Vunbe§genoffen,  bielmehr  waren  fie  ©ren  Va©barbölfern 
berhafst ;  fie  waren  bon  unlauterer  ©efinnung  erfüllt  unb  litten  tto©  baju  an 
innerer  3ttüetra©t.  Vero  ernannte  ben  Vefpafian  jum  gelblferrn  in  3©bäa; 
biefer  riidte  67  mit  einem  ftarfen  §>eere  in  ©aliläa  ein  unb  nahm  na©  hartem 
Vöiberftanbe  bon  biergig  Sagen  beffen  ftärffte  fyeftung  Sotapata.  Vtt  biergigtaufenb 
Suben  würben  erf©lagen;  ^labiuS  Sofephu»  entfant.  ©anj  ©aliläa  mußte 
fi©  ergeben;  biele  flii©teten  na©  Serufalem,  Wo  hier  Parteien  einanber  ger= 
fleif©ten  unb  bie  aufgefpei©erten  Vorräte  aufzehrten.  Sie  9fömer  warteten 
flugerweife  ju.  5fl§  bann  Vefpafian  $aifer  geworben  war  unb  beffen  ältefter 
©ohn  Situ»  feine  Segionen  bor  bie  jübifdfe  §)auptftabt  führte  (70),  herrf©te 
bort  grenjenlofe  Verwirrung  unb  eine  wahre  ©©rwfen»herrf©aft.  Sie  ©haften 
waren,  bur©  CShvifti  2Bei§fagung  unb  Vfahnung  (Vtat©.  24,  15  ff.)  belehrt,  bon 
bort  weggejogen  unb  hatten  fi©  in  ber  grie©if©en  H'olonieffabt  ißella  in  ^ßeräa 
niebergelaffett,  Wo  fie  böllig  gefi©ert  waren.  Vkgen  be§  OfterfefleS  hatte  fi© 
bie  3at)t  ber  Suben  in  Serufalem  no©  bertnehrt;  bie  £mnger§not  warb,  al» 
Situ§  bie  ©tabt  mit  einem  2öatl  umf©loß,  no©  fur©tbarer;  ein  Seil  na© 
bem  anbern  warb  bon  ben  Vömern  mit  ©türm  genommen,  wälfrenb  bie  Suben 
felbft  nod)  burd)  Vforb  ihr  Heiligtum  entweihten.  3fm  17.  Suli  70  hörte  ba» 


5.  2)ie  3erftörung  toott  Serufafem  unb  bie  @cf)icffale  bei'  jubendjriftl.  ttrgemeinbe.  9 1 

tägliche  Opfer  auf;  ant  10.  5Xuguft  marb  ber  Tempel  erftürmt  unb,  obfdjon 
Titus  ihn  fjatte  fronen  mollen,  burd)  eine  bon  einem  ©olbaten  htneingeroorfene 
Branbfacfel  in  Bfcpe  gelegt;  am  2.  September  fiel  cuidj  bie  obere  (Stabt.  BKeS 
marb  ber  ©rbe  gteid)  gemacht;  nur  brei  Türme  unb  menige  Käufer  blieben 
flehen.  SofeppuS  fchäpt  bie  3<*hl  b«  mäbrenb  ber  Belagerung  burd)  junger, 
©djmert  unb  Reiter  umgefommenen  Btenfdjen  auf  eine  Btillion;  au  97  000 
mürben  gefangen  fortgeführt  unb  meiftenS  als  ©Haben  berfauft  ober  in  bie 
Bergmerfe  unb  Bniphitpeater  berteilt.  Bei  ben  Kanipffpielen  ju  ©äfarea  licp 
TituS  an  einem  Sage  2500  Suben  fidh  morben,  unb  bei  feinem  Triumphjuge 
in  Botn  mürben  bie  Tempelgefäpe ,  ber  golbene  Tifdj,  ber  Kronleuchter  unb 
bie  ©efepeSroEe  mitgetragen.  Ter  Triumphbogen  beS  TituS  in  Botn  erinnert 
nod)  heute  an  bie  Kataftroppe  beS  jübifdjen  BolfeS. 

$ür  bie  Suben  mar  bie  Sage  furchtbar,  ©ie  hatten  fein  Opfer,  feinen 
BItar  mepr;  fie  mufften  bie  frühere  Tempelfteuer  an  bie  Reiben  (an  baS  Kapitol) 
bejahten.  Btit  ber  Berbrennung  ber  fonft  fo  hoehgehaltenen  ©efd)led)tSregifter 
mar  „bie  Kraft  ber  SBeifen  gebrochen,  ihrer  Bugen  Sicht  in  fyinfterni§  ber= 
manbelt" ;  fie  mürben  noch  mehr  jerftreut  unb  nod)  mehr  gepapt  als  jubor. 
Biefe  ©chriftgelehrten  unb  (Eiferer  fuchten  bergebenS  bie  Hoffnung  ju  nähren, 
©ott  fteffe  ben  Tempel  burd)  ein  SBunber  mieber  her.  Sn  ^3aläftina  enbete 
72  -  bie  Befapung  bon  Btafaba  burch  ©elbftmorb;  aber  eine  ©cpar  bon 
fübifchen  9Beud)lern  enttarn  nach  Bgppten  unb  organifierte  bort  einen  neuen 
Subenattffianb.  Tie  §ofge  mar  nur  eine  Buslieferung  biefer  Bnftifter  an  bie 
römifchen  Behörben  burch  ägpptifche  Suben ,  ein  Bfutbab  unter  ben  übrigen, 
unb  ber  Befehl  beS  Befpafian,  ben  OniaStempel  ju  Seontopolis  ju  fcpliepen, 
moburd)  bie  3uben  auch  ben  lebten  religiöfen  Btittelpuuft  berfoten.  (Sin  Buf= 
ftanb  in  ber  ©prenaifa  burd)  ben  3el°len  Sonatpan  unter  Berpeipung  bon 
SB unbern  fanb  fein  ©nbe  burd)  ein  Biebermepeln  ber  Bethörten  unb  bie  Ber= 
brennung  beS  BnftifterS  in  Born.  Tic  ©mpörungSluft  ber  Suben  mar  gleich^ 
mohf  nicht  gebrod)en;  baS  Babbinentum  bifbete  fiep  immer  mehr  auS ;  in 
Samnia  fammefte  fich  mieber  ein  ©pnebrium  mit  einem  allgemeinen  Sefjrct 
(Babban)  an  ber  ©pipe.  Tie  ©ebete  füllten  jept  bie  Opfer  erfepen ;  ängftfid) 
marb  bie  ©efepeSbeutung  gepflegt  unb  bie  SBeffiaSfjoffnung  rege  erhalten.  Tie 
Oerblenbeten  Suben,  bie  nicht  ber  Berfchmäpung  beS  mirflichen  BteffiaS  unb 
ihrem  eigenen  Bufe  (Btattp.  27,  25),  fonbern  bem  Biangel  an  ©efepeSeifer 
ipr  Unglüd  jufd)rieben,  hielten  uod)  an  ben  alten  Borrechten  unb  Borjügen 
feft,  bie  fie  Don  Bbraham  ererbt,  unb  maren  boE  £ap  unb  Bachgier  gegen  alle 
Hnbefchnittenen. 

giir  bie  (5T;riften  mar  ber  Untergang  beS  Tempels  ebenfalls  ein  ©rcigniS 
bon  entfd)eibcnber  Bebeutung.  Tie  Beobachtung  beS  BitualgefepeS  in  feinen 
mefentlidjen  Beftanbteilen  mar  jur  Unmöglichfeit  gemorben;  nicht  blop  rechtlich, 
fonbern  auch  tf)atfäd)lid)  mar  jept  ber  Blte  Butib  aufgehoben,  baS  Opfermefen 
unb  baS  aaronitifdje  ißrieftertum  maren  gefallen.  TaS  erfannten  auch  bie  Subcn= 
chriftcn  fepr  mopl,  unb  beSpalb  teilten  fie  feineSmegS  bie  Hoffnung  auf  eine 
Tcmpelerneueriuig  burd)  ein  SBunber;  fic  fapen  bie  bon  ben  Propheten  oft  an= 
gebropte  Berftopung  beS  auSermäl)lten  BolfeS  boEjogen,  bie  SBeiSfagung  ©l)r>fH 
über  ben  ftaE  SerufalemS  erfüllt.  Sängft  burd)  ben  £)ap  ber  unbelebten  Suben 


92 


®ie  ©riinbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßiripe. 


prüdgeftopen,  tu  ^ßeKci  mit  Heibempriften  perft  in  nähere  23erüprung  gebracht, 
burd)  ©otteS  ©inftpreiten  felbft  bom  nationatpolitifipen  ©emeinmefen  ber  Silben 
entbunben,  baS  fie  böüig  öernid)tet  fapen,  mürben  fie  je|t  —  einzelne  fyancitifer 
ausgenommen,  bie  fiep  abfd)loffen  unb  piept  in  ihrer  Abgefcploffenpeit  in 
einigen  ©eiten  berfümmerten  —  mcpr  unb  ntepr  p  ben  ^eiben^riften  pin= 
gezogen  unb  pr  Söerftpmelpng  mit  ipnen  getrieben,  ©o  marb  bie  cpriftlicpe 
^ird)e  immer  me£;r  bon  ben  33anbeit  ber  ©pnagoge  befreit,  mop  aud)  bie  über= 
miegenbe  ber  p  ©priftuS  belehrten  Reiben  mefentlicp  beitrug. 

Ad)t  Monate  bor  ber  ga'prung  beS  jiibifcpen  Stempels  mar  (19.  ©ejember 
69)  im  23ütgerltiege  pnfdjen  ben  Anhängern  be»  AiteHiuS  unb  beS  Aefpafian, 
bon  römifcper  §mnb  angepnbet,  baS  Capitol  mit  ben  pod)bereprten  Heiligtümern 
be»  Supiter,  ber  Suno  unb  ber  9JUnerba  in  flammen  aufgegangen,  maS  einem 
©acituS  al§  baS  fd)mad)botIfte  ©reigniS  feit  ©rünbung  ber  emigen  ©tabt  unb 
als  f^olge  beS  3Dtne»  ber  ©ötter  über  ipre  SBerbredjen  erfcpien.  ©o  gingen 
bie  berüpmteften  ^ultuSftätten  beS  HeibentumS  unb  beS  SubentumS  burd)  3euer 
unter,  mie  pm  3ePen/  baf?  beibe  einer  reineren  ©oiteSbereprung  ben  ißlap 
räumen  fotlten. 

6.  ©er  pl.  SopaitneS  unb  btc  übrigen  Apoftcl.  AuSgang  be§  apoftoltfcljen 

3citalter§. 

Sitterat itr.  —  ßeppler,  ®aö  SohanneSebangelium  unb  baS  ©nbe  be§  erften 
djriftl.  SaprljunbertS.  Ütottenburg  1883.  ß  r  e  n  t  e  t ,  3)er  Stpoftet  SofianneS.  Berlin  1871. 
©d) ölten,  Ser  3lpofteI  Sopannes  in  fileinafien.  Serlitt  1872.  —  Über  bie  abotrpphen 
2Xp)oftergeyc6i(J)tert :  Acta  apostolorum  apocrypha,  post  C.  Tischendorf  denuo  edd. 
R.  A.  Lipsius  et  M.  Bonnet.  Vol.  I  (öon  SipfiuS),  Lips.  1891;  vol.  II,  pars  1 
(öon  Sonnet),  ibid.  1898.  9t.  31.  Sipfiuä,  Sie  apolrppben  Apoftelgefdjidjten  unb 
Apoflellegenben.  2  23be.  mit  1  ©rgänäungSpeft.  Sraunpptoeig  1883 — 1890. 

1.  Über  bie  Söirlfamleit  ber  Apoftel  auper  ißetruS  unb  ißauluS  ift  menig 
©enaueS  befannt.  ©ie  ©teHung  beS  SalobuS  in  ber  Urgemeinbe  in  Serufalem 
unb  bie  Aacpriipten,  meltpe  mir  anläßlich  ber  öerfcdjiebenen  lurjen  Aufenthalte 
beS  1)1.  Paulus  in  ber  jübifcpen  HauPpibt  erfahren,  laffen  leinen  3ü>eifel 
barüber  beftepen,  bap  etma  bom  Anfänge  ber  bierjiger  S&pre  an  feiner  bon 
ben  3tbölfen  auper  SalobuS  bafelbft  meilte.  Sn  melcpen  ©egenben  fie  ipr 
apoftoIifipeS  Amt  auSübten,  erfahren  mir  mit  ©icperpeit,  einige  menige  AuS= 
napmen  abgerechnet,  nicpt.  S'ubaS  ©pabbäuS,  aud)  SebbäuS  genannt, 
Aruber  beS  jüngeren  SafobuS,  fiprieb  maprfcpeinlidj  nach  bent  ©obe  beS  ißetruS 
unb  Paulus  einen  furzen  33rief  an  bie  lleinafiatifcpett  ©emeinben;  ber  ©e= 
brauch  jmeier  apofrppper  ©ipriften  (23ud)  Henocp  unb  Auffaprt  beS  DJtofeS)  er= 
regte  SSebenlen  gegen  ben  fonft  bon  ben  $ird)enfd)riftftellern  beglaubigten  23rief. 
bereits  mar  für  genaueren  Unterricht  unb  für  Aefämpfung  ber  falfcpen  33or= 
ftellungen  über  baS  Seben  unb  baS  Söerl  Sefu  mehrfach  geforgt  motben.  ©er 
Apoftel  iDiattpäuS,  friiper  3olleinnepmer  am  @ee  ©iberiaS,  aud)  Sebi  ge= 
nannt  (ÜJlarl.  2,  14.  2uf.  5,  27),  patte  pnüd)ft  für  bie  Subencfjriften  gemirtt 
unb  nach  früheren,  namen=  unb  erfolglofen  Aerfuipen  (öuf.  1,  1- — 4)  für  bie 
©laubigen  ißaläftinaS  baS  ©bangelium  ©prifti  in  aramäifcper  ©prad)e  ge= 
fdjrieben,  beffen  grtecpifipe  Überfettung  aber  in  ber  $ircpe  halb  borperrfcpenb 
gebraud)t  marb.  Snbem  er  bie  ungläubigen  Suben  borpglid)  iprer  SSerblenbung 


6.  Ser  f)t.  3of)amte3  unb  bie  übrigen  2tpoftet.  SCuSgang  be§  apoftot.  3eitatter3.  93 

überführen  unb  bie  SoStrennung  ber  gläubig  ©emorbenen  Don  ihnen  red)t= 
fertigen  toollte,  hob  er  mit  fRachbrud  bie  9Jteffia§mürbe  3efu  unb  bert  engen 
3ufatnmenhang  feine§  Seben§  mit  ben  2öei§fagungen  be§  5llten  53unbe§  herö0l'< 
mehr  ber  (Sache  al§  ber  3eitfoIge  nach  bie  ©reigniffe  orbnenb  unb  ausführlicher 
in  ber  Dütfjeidjnung  ber  Dtcben  beS  £)crrn  als  in  bem  Berichte  über  feine 
Späten 1.  SiefeS  erften  gefchriebenen  ©öangeliumS  bebienten  fid)  aud)  anbere 
5lpofieI,  namentlid)  33artholomäu§  ober  9tatf)anael  (Sol).  1,45)  aus  $ana 
in  ©altläa,  ber  eS  mit  in  baS  fitblid)e  5lrabien  („Snbten")  brachte,  mo  es 
hunbert  $af)re  fpäter  ber  alejanbrinifche  ©eiehrte  unb  fJRiffioncir  ^ßantänuS 
borfanb2.  5lnberfeitS  fjatte  SufaS,  ber  treue  ©efährte  beS  Paulus,  für 
einen  ©hriften  Sheobhdus  baS  ©bangelium  gefchrieben,  an  baS  fid)  feine  2XpofteI= 
gefehlte  als  f^ortfe^ung  anfchlof);  er  berüdfichtigt  junädjft  bie  borjüglid)  bon 
^auluS  bertretene  tpeibenberufung  unb  berhält  fid)  ju  biefem  mie  ÜRarfuS 
ju  betrug3. 

Ser  2Ipoftel  ^h^ibfuS  auS  33etl)faiba  (berfchieben  bon  bem  gleidp 
namigen  Siafon,  ber  in  ©ctfarca  lebte)  befchlofi  feine  Sage  ju  ^nerapoliS  in 
iphth9’en-  fotoie  feine  brei  Söd)ter,  bon  benen  jmei  Jungfrauen  blieben, 
rnaren  in  ^leinafien  lange  in  gefegnetem  Slnbenfen 4.  Ser  Sruber  b eS  ißetruS, 
5lnbreaS,  ebenfalls  au»  53etl)faiba,  borl)er  jünger  beS  SüuferS,  foH  in  Kappas 
bocien,  ©alatien,  33itl)l)nien  geprebigt  haben;  fpät,  erft  nad)  ber  Übertragung 
feiner  ^Reliquien,  brachte  man  ihn  mit  St^anj  in  $erbinbung 5.  Sl)oma§, 
auch  Sibt)tnu§  genannt6,  Simon  ber  ©iferer  unb  ÜRattlfiaS  foHert  in  ber= 
fchiebenen  Sanbern  geprebigt  haben;  bon  letzterem  ift  uns  nur  ein  2luSfprud) 

1  Über  UDtattbäuS  unb  fein  ©bangelium  bgt.  Iren.,  Adv.  haer.  III,  1.  Clem.  Alex., 
Paedag.  II,  1.  Papias  bet  Euseb. ,  Hist.  eccl.  III,  39.  Pantaenus  ibid.  V,  10. 
Origenes  ibid.  YI,  25.  Euseb.,  Hist.  eccl.  III.  24;  Y,  8.  Epiphan.,  Haer.  XXX,  3. 
Hieron. ,  In  Matth,  praef.  Ambros.,  In  Ps.  45.  Isid.  Eispal.,  De  sanctis  c.  77. 
Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  II,  41. 

2  Sem  23artf)oIomäu§  toeift  ©olrateS  (Hist.  eccl.  I,  19)  ba§  SÜbiopieit  bettad)= 
barte  Sfnbien  p;  nach  Uticepboruä  Salti  ft  i  (Hist.  eccl.  II,  39)  prebigte  er  eine 
3cittang  mit  ißbilippuä  in  Ußbrpgien  unb  toarb  ju  itranopotiS  in  ßitifien  getreujigt. 
Cf.  Rufin.,  Hist.  eccl.  I,  9.  Philost.,  Hist.  eccl.  II,  6. 

3  23etreff§  be3  Sufa3  f.  2  Sim.  4,  11.  Iren.  1.  c.  Euseb.  1.  c.  III,  4;  V,  8. 
©regor  bon  Uta 3.  (Or.  33,  n.  11,  ed.  Maurin,  p.  611)  loeift  it)m  ülchaja  3U,  mie 
bem  5Dtarfu3  Siatien. 

*  Polycr.  Ephes.  bei  Euseb.  1.  c.  V,  24.  Papias  ibid.  III,  39;  cf.  c.  33.  Theodor., 
In  Ps.  116,  1  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXX,  1008). 

5  Orig,  bei  Euseb.  1.  c.  III ,  3.  Theodor.  1.  c. :  5  ■dsoTzemo?  ’Avdp.  rgv  'ElXdoa 
rat?  zr,g  dsoyxuxnag  dxzlatv  xaTTjüyaasv.  Niceph.  Call.  1.  c.  Greg.  Naz.  1.  c.  (nennt 

©piru$). 

6  Sljomag  (3>of).  11,  16;  20,  24;  21,  2)  fott  in  tpartpien  {Orig,  bei  Euseb.  1.  c. 
ni,  1.  Ps.-Clem.  Rom..,  Recogn.  IX,  29.  Socr.,  Hist.  eccl.  I,  19),  Sfnbien  {Greg.  Naz. 
L  c.)  unb  Äthiopien  geprebigt  buben  {Niceph.  Call.  1.  c.  II,  40.  Paulin.  Nolan.,  Car- 
mina  natal.  11:  Parthia  Matthaeum  complectitur ,  India  Thomam.  Cf.  Hieron., 
Ep.  148.  Ambros.,  In  Ps.  45,  10).  Utad)  UticepboruS  Satt,  ftarb  er  auf  Saprobane  in 
3tnbien,  bon  Sonett  burchbobrt.  Utad)  ©pbräm  bem  Sprer  {G.  Bicheil,  S.  Eplir.  Car- 
mina  Nisibena  [Lips.  1866],  carm.  42 ,  init. ,  p.  163)  ftarb  er  in  $nbien ,  feine  ©c= 
beine  aber  tarnen  nachher  bitreh  einen  Kaufmann  nach  ©beffa.  ©brpfoftomug  (In  Hebr. 
hont.  26,  n.  2  [Migne,  Patr.  gr.  LXIII,  179])  bemerft,  nur  bie  ©räber  bon  ißetruö, 
Paulus,  3obanne3  unb  Sbomaö  feien  betanut,  nicht  fo  bie  ber  übrigen  Jlpoftet. 


94 


SDie  ©rfinbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßirdje. 


über  bie  Abtötung  beS  gleifdje» 1  aufbetoa^ct.  VarnabaS  aus  (Eppern  mirfte 
gunädjft  nad)  ber  Trennung  bon  IßauluS  in  feiner  Jpeimat,  mo  er  aud)  ftarb 
unb  lno  man  feine  irbifd)en  Überrefte  fanb ;  fiepet  pat  er  feine  apoftolifcpe 
Söirffamfeit  nicht  auf  bie  3nfel  befcbrönft,  fonbern  bon  ba  aus  noch  manche 
Steifen  gemacht2. 

2Bir  miffen  fomit  überhaupt  nur  fet)r  tnenig  bon  ben  Apofteln  unb  ihren 
(Sefäprten,  unb  bie  zahlreiche  Apofrpphenlitteratur  fann  uns  ben  Stängel  be= 
gtaubigter  9tad)tid)ten  nicht  erfeßen.  A3aS  uns  bon  ^3etru§  unb  Paulus  ficper 
überliefert  ift,  bürfen  mir  auch  bon  ben  übrigen  annehmen;  ihre  (Sefchicpte  mar 
eine  Üteipe  bon  ißrebigten  unb  SBunbern,  bon  Smgenben  unb  SEriibfalen.  ©o 
erfahren  mir  auch  nichts  AähetcS  über  bie  ©cpidfale  ber  heiligen  grauen,  bie 
um  SefuS  maren,  ja  nicht  einmal  über  baS  £)infcheiben  feiner  hod)begnabigten 
SDtutter  üJtaria,  bie  nach  ihrer  SBeiSfagung  (Suf.  1,  48)  ftetS  in  ber  Kirche 
in  hohen  ©pren  gehalten  marb3. 

2.  gilt  bie  auf  bie  3erftörung  SerufaletnS  junächft  folgenben  breißig  Ssapre 
tritt  in  ben  Votbcrgrunb  ber  jüngfte,  bie  übrigen  itberlebenbe  Apoftel,  ber 
jungfräuliche  Johannes,  ©opn  beS  gebebäus  unb  Vrubet  beS  längft  mit 
bem  ÜJtartertobe  gefrönten  SafobuS  b.  Sllt. ,  mit  bem  er  ben  Ütamen  Oonner= 
fol)n  (VoanergeS,  5Jtntf.  3,  17)  geteilt  hotte.  (Er  mar  nad)  bem  SEobe  beS 
Iperrn  Vefcpütjet  ber  heiligen  Jungfrau,  unb  erfcpeint  in  ber  Urgemeinbe  in 
engfter  Verbinbung  mit  ^ßetru§ ,  mit  melcpem  er  in  ^jerufalem  gefangen  mar; 
nad)her  (etma  58)  lebte  er  größtenteils  in  ^leinafien  unb  hotte  feinen  ©i| 
ju  (EppefuS.  £)ier  bilbete  er  ©djiiler,  mie  IßapiaS  (SSifdjof  bon  IpierapoliS), 
ißolpfarp  (Vifdjof  bon  ©ntprna),  bie  ihm,  bem  Augenzeugen  ber  Spaten  beS 
§errn,  treu  ergeben  blieben,  längere  3eit  leitete  er  bie  borberafiatifd)en  Kirchen, 
bi§  er  unter  $aifer  Domitian  (81 — 96)  nad)  ütom  gebracht  marb.  Oiefer 
Inifer,  ber  fid)  „§err  unb  (Sott"  nennen  ließ,  berfolgte  baS  (Epriftentum  als 
eine  93tifd)ung  bon  Unglauben  unb  jübifcpem  Aberglauben ,  pauptfächlid)  auch 
aus  politifcpem  Argmopn  mögen  ber  entfteUt  ihm  befannt  gemorbenen  ÜAeffiaS= 
ermartungen,  fomie  aus  §abfud)t,  bie  in  ber  (Einziehung  ber  ©üter  bon  Am 
gefragten  Vefriebigung  fud)te.  ©cpon  maren  biele  angefel)ene  unb  reidje  ^erfonen 
in  machfenber  Anzahl  Zur  djriftlichen  Öepre  übergetreten;  unter  ihnen  befanben 
fid)  ber  bem  Ä'aifer  bermanbte  frühere  ß'onful  %.  glabiuS  Clemens  unb 
beffen  ©emaplin  glaöia  Oomitilla;  jener  marb  hingerichtet,  biefe  berbannt. 
gerner  fDtaniuS  AciliuS  © l ab rio,  ber  ebenfalls  $onful  gemefen  mar,  unb 
in  beffen  gamilie  fid)  baS  (Epriftentum  erhielt.  Ütod)  biele  anbere  in  Ütom  unb 
in  ben  Sßrobinzen  mürben  Opfer  biefer  Verfolgung;  in  ^leinafiett  befonberS 


1  33ei  Clem.  Alex.,  Strom.  III,  4  (ed.  Paris,  p.  436). 

2  SSarnabaS  toar  nicht  blop  in  toeiterem ,  fonbern  in  engerem  ©inne  Apoftel. 
®cr  ihm  beigelegte  SBrief  hat  einen  Alepanbritter  beS  2.  fffatirhunbertS  zutn  Aerfaffer 
(ßitteratur  beitBarbenheloer,  S^atrologie  [2.  Auft]  6.  20  ff.).  Sögt.  Duchesne,  Saint 
Barnabe  (Melanges  Jean-Bapt.  de  Rossi  [Paris  1892]  p.  41-— 71). 

3  Über  bie  2rrage  betreffenb  baS  )pau§  unb  bag  ©rab  ber  ©otteSmutter  ügl. 
6.  Atommert,  ®ie  Dormitio  unb  baS  öeutfd)e  ©runbftüd  auf  bem  trabitionellen  3ion. 
ßeipzig  1900.  Air  fehl,  ®aS  E?auS  unb  baS  ©rab  ber  hü  Sungfrau  Alaria. 
Alains  1900. 


6.  Ser  pl.  SopanneS  unb  bie  übrigen  SX^oftel.  2Iu§gang  beä  afjoftol.  3eitalter§.  95 

3lntipa§  su  tpergamuS  (Op.  2,  13).  Oer  argmöpnifde  Oprann  liefj  fid  zmei 
Oaöibiben  (©nfet  be»  3uba§  Opeabetppos)  au§  Sßaläftina  üorfüpren,  bie  ipn 
aber  burd  ipre  bau  fernerer  gelbarbett  genarbten  tpänbe  Don  if)rer  Ungefäpr= 
lidfeit  überzeugten ;  anbere  ©lieber  be§  ^)aufe§  Oabib  tiefi  er  ermorben1.  Oer 
Stpoftel  $opanne§  foü  ju  9tom  in  fiebenbe§  Öl  getauctjt,  unb  at§  er  unberfeprt 
blieb,  nad)  ber  Snfet  SßatmoS  berbannt  tnorben  fein  (95) 2. 

tpier  auf  tpatmoS  fd)rieb  SoIjanneS  feine  geheime  Opnbarung  (ca.  96) 
unter  bent  ©inbrud  ber  gegenwärtigen  unb  in  ber  Vorau»fidt  ber  künftigen, 
uod)  größeren  Verfolgungen;  er  befdrieb  bie  9Jtad)t  be§  getöteten  SammeS,  bie 
Oriibfate  feiner  ©laubigen,  ba§  Strafgericht  über  bie  Verfolger  unb  ben  enb= 
Höhen  Oriumpp  ber  ftreitenben  Birdie  tneift  mit  ben  bon  ben  5ßroppeten  be§ 
eilten  Vunbe»  gebrauchten  Vitbern.  Oie  fieben  im  ©ingange  be§  VudjeS 
ftepenben  Vriefe  an  ebenfo  biete  fteinafiatifde  $ird)en  fditbern  ©efaprett  unb 
3uftänbe  berfelben  unb  ihrer  Vifdöfe;  bie  fotgenben  Vifionen  jeidjnen  bie  Seiben 
ber  Hirtpe  auf  ©rbett  mit  ftetem  £)inmei§  auf  ben  ©tanz  ber  triutnphierenben. 
Vtit  fpmbolifchen  3<ipten  rnerben  brei  3ötrüume  in  ber  ©ntmidtung  be§  Veid)e§ 
©otte»  unb  be§  ©erid)te»  über  bie  Verfolger  unterfdjieben :  1)  bie  peibnifden 
Verfolgungen,  melde  borübergehen  ( V 1/2  Sapre,  halbierte  Stebenzapt);  2)  3öt 
be§  äußeren  Siegel  ©prifti,  weil  ber  Satan  gebunben  unb  fein  ftnfepcn  über 
bie  perrfdenbe  V3ettmad)t  gebroden  ift  (taufenbfäprigeS  tfteid));  3)  bie  tepte 
3eit,  in  ber  Satan  mit  neuer  9Jlad)t  perborbridjt  unb  bie  fepige  SBeltorbnung 
fid  auftöft.  Oen  bebrängten  3eil9en  ©prifti,  benen  in  ber  gotge  nod  biete 
anbere  nadfotgen  füllten,  eröffnet  ber  peitige  Seper  ben  5tu§btid  auf  ba§  pintim 
tifde  Serufatem,  bie  gfanzgefdmüdte  Vraut  be§  iperrn,  bie  triumppierenbe  $ird)e, 
in  ber  fein  Vßepe  unb  fein  Sdmerj  mepr  ift,  melde  bie  ©laubigen  erfepnen 
(ogt.  §ebr.  13,  14).  Oa»  proppetifde  Vud,  ba§  ben  Vbfdtuji  unfereS  Veuen 
OeffamenteS  bitbet,  ift  eine  in  Vitbern  berpüttte,  erft  am  ©nbe  ber  Oinge  bötlig 
ju  erfaffenbe  ©efcpidte  ber  ^irde  3>efu  ©prifti 3. 

211»  nad  bem  Oobe  OomitianS  unter  91er  ba  (96 — 98)  bie  Stiften  be§= 
fetben  refcinbiert,  bie  Verbannten  zurüdgerufen  mürben,  feprte  3opanne§  nad 
©ppefu§  zurü<f,  bereit»  in  popem  SJllter ;  er  ftarb  erft  unter  Orajan  100  ober 
101.  ©ntfdieben  fömpfte  er  gegen  ben  Srrteprer  ©erintpuS,  mit  metdem  at§ 
einem  f^einbe  ber  Sßaprpeit  er  nidt  einmal  unter  einem  Oadje  auf  furze  3eit 
Zufammen  fein  rnoKte.  ©egen  biefen  befottber§,  aber  aud  Zltr  Verboftftänbigung 


1  SomitianS  felbftbefoplene  Vbotpeofe  ift  befugt  bei  Sueton.,  In  Domit.  c.  13.  18. 

PI  in.,  Panegyr.  c.  33.  52.  Seine  Verfolgung  bei  Xiphilin.,  Epit.  Dionis  Cass.  67,  14. 

Tertull.,  Apol.  c.  4.  5.  Eusch.,  Cliron.  1.  2,  Olymp.  218;  Hist.  eccl.  III,  17  sq.  Oros., 
Hist.  VII,  10.  Hier.,  Ep.  96,  al.  27.  Über  bie  nad)  Vom  gefanbten  Saöibiben  fiepe 
Heges.  bei  Euseb.  1.  c.  IH,  12.  19.  20. 

2  Über  bie  Sßirffamfeit  be§  3opamte§  in  6ppefu§  f-  Polycr.  Ephes.  bei  Euseb., 

Hist.  eccl.  V,  21.  Iren.,  Adv.  liaer.  HI,  3,  4.  Euseb.  1.  c.  III,  23.  Sie  @rjäf)tung 
über  ba§  SDtartprium  beS  3iopanne§  in  tRom  f.  bei  Tertull.,  De  praescr.  c.  36.  Hier., 
Adv.  Iovin.  I,  26 ;  Comment.  in  Matth.  XX,  22. 

3  Iren.,  Adv.  haer.  V,  30,  3.  Sulpic.  Sev.,  Chron.  II,  31  (ed.  Halm  p.  85): 

Quo  tempore  (Domitianus)  Ioaunem  Apostolum  atque  Evangelistam  in  Patmurn  in- 
sulam  relegavit,  ubi  ille  arcanis  sibi  mysteriis  revelatis  librum  sacrae  Apocalypsis, 
qui  quidem  a  plerisque  aut  stulte  aut  impie  non  recipitur,  conscriptum  edidit. 


96 


Sie  ©rünburtg  unb  erfie  2tu§breitung  ber  ßirche. 


ber  älteren  Berichte,  beröffentlichte  er  um  97  gu  (Spfje[u§  jein  ©bangelium,  ba§ 
bieüeicfjt  fdjon  früher  teilioeife  bon  ihm  gur  Vufgeidjnung  gebracht  rnorben  mar. 
©r  fehle  offenbar  bie  brei  anbern  ©bangeliett  borau§,  befiimmte  bie  geitfolge 
genauer,  legte  mehr  Sebenbigfeit  an  bett  Sag,  f)ob  bie  Vorträge  be§  §errn  in 
ber  iitbijdjen  fpauptftabt  ^erbor  unb  [teilte  bor  allem  bie  ©ottfieit  Seju  in  ben 
Vorbergrunb.  Sn  [einem  erhabenen  ©ingang,  ben  man  frühzeitig  mit  bem 
f^Iuge  be§  2XbIer§  berglid)en  ^at,  berfünbet  er  bie  Selfre  bon  bem  2öorte,  ba» 
bei  ©ott  unb  ©ott  jelbft  mar,  ba§  aber  gleifth  mürbe  unb  unter  ben  Vlenfcben 
moljnte;  im  SSerlauf  ber  ©rjählung  geigt  er  ben  ©opn  be§  einigen  Vater§, 
ber  mit  bem  Vater  ein§  i[t,  ber  Sehen  fpenbet  unb  alles  richtet,  in  [einer  ganzen 
erhabenen  ©röjje  unb  Vtajeftät.  Unb  er  fonnte  alte§  al3  5lugen=  unb  C^ren= 
Zeuge  berichten,  3euSn^  ablegen  bon  bem,  ma§  bon  Anfang  mar,  ma§  er  mit 
anbern  gehört,  gefeiten,  mahrgenommen  mit  ben  ©innen,  bon  bem  emigen  Sehen, 
ba§  bei  bem  Vater  mar  unb  ben  Vienfchen  erfdpen,  mie  er  in  [einem  93egleit= 
fdjreiben  (1  Soff  1,  1 — 3)  an  bie  ©emeinben  jagte,  bie  er  bor  ben  Srrlefjrern 
at§  SBiberdhriften  marnte.  5ll§  ber  letzte  ber  Vpoftel  fchrieb  er  einen  jmeiten 
Vrief  an  eine  ©emeinbe,  bie  „5lu§ermöhlte",  beren  ©lieber  in  ber  SBahrtjeit 
manbelten,  bie  er  aber  in  ber  Siebe  befeftigen  unb  bor  Verführern  marnen 
loollte,  melche  bie  Vnfunft  ©hrifti  ™  ^Iei[d)e  leugneten.  Sn  einem  britten 
Vriefe  an  ©aju§,  ber  in  ber  Vkljrheit  [ejtjtanb,  freute  er  jicf)  biefer  ©Iauben§= 
treue,  belobte  ba§  bon  ihm  ©emirtte,  rügte  einen  ihm  feinbfeligen  Vifdjof  ®io= 
trehhe§,  ber  nicht  blof  bie  bom  Vpoftel  gejanbten  Vrüber  nicht  aujgenommen, 
fonbern  auch  ihre  Aufnahme  anbern  bei  ©träfe  be§  Vu^fchluffe»  au§  ber  Kirche 
unterjagt  hatte,  unb  ttinbigte  an,  er  merbe  nun  jelbft  in  biefer  ©emeinbe  er= 
[cheinen.  Ser  5tpofteI  hatte  in  ^leinafien  bereits  biele  Kirchen  georbnet  unb 
Zahlreiche  Vifd)öfe  einge[e|t.  ©r  nahm  boKfommen  ben  guten  tpirten,  [einen 
Vteifter,  jutn  Vorbilb,  eilte  berirrten  ©djafen  nad),  mie  namentlich  einem  Süng= 
ling,  ber  nach  [einer  Saufe  Anführer  einer  Väuberbanbe  gemorben  mar,  ben 
er  aber  mit  ber  $raft  [einer  Siebe  jurüdführte.  Siebe  —  ba§  mar  ber  im 
fperjett  unb  im  Vtitnbe  be§  SiebeSfüngerS  borI)err[d)enbe  ©ebante,  unb  als  er 
bor  5llter§fd)mäd)e  nicht  mehr  prebigen  fonnte,  mieberholte  er  ba§  Sßort:  ,,^inb= 
lein,  liebet  einanber",  al§  ba3  ©ebot  be§  tperrn,  ba§  alles  in  [ich  fddiefe.  $u 
@phe[u§  marb  noch  lange  ba§  ©rab  be§  grofeit  5(po[tel§,  ©bangelijten  unb 

Propheten  bon  ben  ©laubigen  berehrt,  bejjen  Sßimber,  unter  anberetn  bie  ©r= 

toedung  eines  Sotcn,  ebenfo  [trahlten  mie  [eine  bom  ©eifte  ©otteS  infpirierten 
©chriften  1. 

7.  Süc  gotte§bien[tlidjen  Verfantntlungen  unb  ba§  religiöfe  Sehen  in  ben 
©fjriftengenteinben  ber  apoftolifdjcn  3^it. 

Sitteratur.  —  3r.  r o b ft ,  ßiturgie  ber  brei  erftert  hrifti.  3iabrf>unberte. 
Sübitigen  1870.  L.  Duchesne,  Origines  da  culte  chretien.  2e  ed.  Paris  1898. 

Vicfell,  SOteffe  unb  tpafcfjab-  Tftainj  1872.  Warren,  The  liturgy  and  ritual  of  the 

1  Polycarp.  hei  Iren.,  Adv.  haer.  III,  8,  4.  Iren.  1.  c.  II,  22,  5.  Clem.  Alex., 
Quis  dives  salvetur  c.  42.  Euseb. ,  Hist.  eccl.  III,  28.  Epiphern.,  Haer.  XXX,  24 
(too  ftatt  ©erinth  ©hion  fleht) ;  LI,  12;  LXIX,  23;  LXXI1I,  7  sq.  Euseb.  1.  c.  III, 
24.  28;  IY,  14;  V,  8;  VI,  14.  Fragm.  Murat.  Hieron.,  Comment.  in  Matth,  praef. ; 
Comment.  in  Gal.  c.  6. 


7.  ©otteSbicnftl.  SSerfammlungert  unb  relig.  Sehen  in  ber  apoftol.  3eit-  97 


ante-Nicene  Cliurcli.  London  1897.  Sf).  .'parnacf,  Ser  djriftl.  ©emeinbegotteäbienfi 
im  apoftol.  unb  nadjapoftol.  3eitalter.  Erlangen  1854.  E.  Gibson,  On  the  relation  of 
Christian  to  Jewish  worship  (Expositor  1890,  II,  22 — 35).  21.  ^tlgenfelb,  Sie 
urdjriftl.  Saufe  (3eitfdjr.  f.  toiffenfdjaftl.  Sfjeol.  1885,  <5.  448—462).  Sf).  3  ab«, 
©efd)i(f)te  beS  ©onntagS.  §annoüer  1878. 

Sie  ©laubigen,  meiere  baS  3eugniS  ber  ^Xpoftel  angenommen  hatten  unb 
an  3efuS  al§  ben  99?effia§  glaubten,  bilbeten  aud)  äußerlich  bon  Anfang  an 
eine  befonbere  ©emeinfebaft,  fomof)!  in  Serufalem  als  in  ben  ©täbten  aufier= 
halb  ^ßaläftinaS.  Sie  Dlufna^me  in  bie  ©emeinfebaft  gefcbalj  burd)  bie  heilige 
Saufe  im  tarnen  beS  SßaterS,  beS  ©offnes  unb  beS  ^eiligen  ©eifteS.  3n 
ber  9fcgel  mürbe  bie  Saufe  gefpenbet  in  ber  $orm  eines  IßabeS;  bod)  bezeugt 
bie  Sibacbe,  baff  gegen  ©nbe  beS  1.  SafjrhunbertS  aud)  bie  ©penbung  bureb 
Slufgie^en  Pon  Söaffer  ober  burd)  Sefptengung  mit  foldjem  guläffig  mar.  Sie 
Aufnahme  in  bie  djriftlicbe  ©emeinfebaft  mar  bebingt  bureb  ben  ©lauben  an 
©ott  unb  an  3efuS  61)riftuS,  ben  ©rlöfer,  melier  ber  ©rftgeborene  ber  neuen 
©djöpfung  mar,  ber  bureb  feinen  Sob  bie  ©ünbe  getilgt  unb  ein  iibernatür= 
liebes  Sehen  in  bie  SBelt  gebrad)t  ^atte.  SeibeS,  bie  Vergebung  ber  ©ünben 
unb  bie  ©inpflanjung  beS  übernatürlieben  Sehens  in  ©briftuS,  mürbe  ben 
©laubigen  bureb  bie  heilige  Saufe  ju  teil.  SarauS  folgte  für  fie  bie  fittlidje 
Pflicht,  ber  ©ünbe,  bem  §eibentum  unb  allem,  maS  baSfelbe  enthielt,  gu  ent= 
fagen.  ©ie  erhielten  bie  fefte  Slnmartfdjaft  auf  bie  Seilnahmc  an  ber  §err= 
lidjfeit  ©brifti  im  jenfeitigen,  bimmlifdjen  ©otteSreid). 

SaS  religiöfe  Sehen  äußerte  fid)  bor  allem  in  ben  gemeinfcbaftlieben 
gottesbien  ft  lieben  SSerfammI ungen.  Sie  Subendjriften  ber  llrgemeinbe 
in  Serufalem  fuhren  gmar  fort,  ben  Sempel  ju  befuebett  unb  an  bem  gangen 
jübifdfen  ©otteSbienft  teilgunef)men ;  allein  baneben  hielten  fie  ihre  eigenen  $u= 
fammenfünfte  in  ben  Käufern  einzelner  ©emeinbeglieber  ab.  3n  ber  erften 
3eit  fanbeti  biefe  23erfammlungen  täglich  ftatt  als  ^ujjerung  ber  engen  93cr= 
binbung  im  ©lauben  an  ©fjriftuS  unb  in  ber  Seilnahme  an  feinem  Dteid). 
Sie  Sipofiel  belehrten  bie  Serfammelten  über  ©briftu§  unb  baS  ©otteSreid) ;  es 
fanben  gemeinfame  ©ebete  ftatt ;  gugleieb  mürbe  ein  gemeinfdjaftlidjeS  9)M)l 
gehalten,  an  baS  ficb  bie  „33rotbred)ung",  ber  ©enup  beS  euebariftifeben  23roteS 
unb  SßeineS,  anfdjlofj  in  (Erfüllung  beffen,  maS  ber  ^eilanb  beim  lebten  21benb= 
mahl  ben  Stpofteln  aufgetragen  hotte1.  Sn  ber  fpäteren  3eit,  als  bie  3al)I 
ber  ©laubigen  in  Serufaletn  fehr  grob  gemorben  mar,  merben  laum  alle  an 
biefen  täglidjen  Ißerfammlungen,  menn  biefelben  fid)  überhaupt  meiter  erhielten, 
teilgenommen  haben ;  man  mirb  aud)  hier,  mie  es  in  ben  aufjerpaläftinenftfcben 
©etneinben  gefefjah ,  ben  ©onntag  als  ben  Sag  für  bie  gotteSbienftlidjen  3U- 
fammenfünfte  feftgehalten  haben. 

5htd)  außerhalb  ^aläftinaS  bilbeten  bie  burd)  bie  ^ßrebigt  ber  SIpoftel 
löefehrten  eine  eigene  ©emeinfd)aft;  eS  beftanb  fein  mefentlidjer  Unterfcbieb 
jmifeben  ben  jubenebriftlieben  unb  ben  heibenebriftlieben  ©emeinben  in  33egug 
auf  baS  diriftlicb=religiöfe  Sehen.  Sie  Sipofiel  rid)teten  bei  ihrer  SInfunft  in 
einer  ©labt  beS  DförnerreidjeS  ihre  ^ßrebigt  juerft  an  bie  ©emeittbe  ber  Suben, 


1  3lpg.  2,  42  ff. 

•§ergenr5tl)cr,  ßirtfjcitgefcfjidpe.  I.  4.  Slufl. 


7 


98 


$ie  ©rünbung  unb  elfte  Ausbreitung  ber  $ircpe. 


metdje  ihren  religiöfert  SJlittetpunft  in  ber  Spnagoge  fjatten.  diejenigen,  metcpe 
auf  bie  apofiolifche  ^3rebigt  f)in  glaubten,  bitbeten  eine  befonbere  ©emeinfcpaft, 
ju  ber  in  gleicher  SBeife  bie  Belehrten  Reiben  gehörten.  ®a  regelmäßig  nach 
furjer  3eü  bie  ©hrtftu§gläubigen  au§  bcm  3  üben  tum  Don  ber  Spnagoge  au§= 
gefcploffen  mürben,  fo  bitbeten  halb  bie  non  ben  Subendjriften  unb  ben  tpeibem 
Triften  gemeinfchafttich  abgehaltenen  SSerfammtungen  bie  einzige  Äußerung  be§ 
retigiöfen  ©emeinbeteBenS.  SiefetBen  fanben  regelmäßig  am  erften  SBocpentage, 
bem  (Sonntage,  fiatt  unb  hotten  einen  bobbeiten  ©harafter.  3n  einem  Seite 
ber  geier  fdjtoffen  fich  bie  ©hriften  enge  an  ben  ©otteSbienft  ber  Spnagoge 
an.  ©3  mürben  Stetten  au§  ben  heiligen  tBücpern  be§  Sitten  S3unbe§  getefen, 
ju  benen  halb  bie  ©Dangetien,  bie  Sriefe  ber  Apoftet,  überhaubt  bie  neu= 
teftamenttidjen  Schriften  hinsufamen.  Saran  fdjtoß  fich  bie  burd)  einen  Sor= 
fteper  ber  ©etneinbe  an  bie  tßerfammetten  gerichtete  Belehrung.  Serner  mürben 
spfalmen  gefungen  unb  gemeinfchafttiche  ©ebete  gefbrochen.  Siefe  Verrichtungen 
erhielten  fich;  fie  blieben  bie  ©runbtage  für  bie  fbätere  ©ntmidtung  be§  erften 
Seite§  ber  liturgifchen  Seiet.  3n  ber  apoftolifchen  3eit  finben  mir  jebod)  bei 
ber  Verfammtung  noch  ein  anbereS  ©tement :  ba»  Auftreten  ber  mit  befonbern 
©Zarismen  burd)  ben  ^eiligen  ©ei ft  begabten  ©laubigen 1.  £»er  rebeten  bie 
Propheten,  bie  mit  ber  ©toffotatie,  mit  bcm  ©t)ari§ma  be§  2Borte§  unb  ber 
Auslegung  begabten  ju  ben  Verfammetten,  melche  fich  unter  bem  ©inbrud  ber 
unmittelbaren  ©inmirfung  be»  ^eiligen  ©eifteS  befanben,  mie  fich  biefetbe  burch 
baS  Auftreten  ber  bon  ißm  in  berfdjiebenet  Art  Snfpirierten  äußerte.  Siefe 
©pati§men ,  metche  jur  Seftigung  beS  ©laubenS  unb  ber  Hoffnung  auf  ben 
©rtöfer  in  ben  erften  Seiten  in  ber  $trdje  oorhanben  maren,  berfdjmanben  im 
Anfänge  ber  nachapoftotifchen  3?©  nad)bem  burch  bie  Söirffamfeit  ber  Apoftet 
unb  ißrer  Schüler  bie  Kirche  feft  gegrünbet  mar. 


1  ©.  befonberS  1  $or.  ßap.  14;  Doctrina  duodecim  apostolorum  c.  10  sqq.  ®ie 
©pariSnten  finb  übernatürliche,  nicht  bloß  burch  Eintoirtung  beS  ^eiligen  ©eifteS  gefteigerte 
Sfäpigteiien  t  fonbern  auch  bie  ©(pranten  beS  gewöhnlichen  ÄaturtaufS  burchbrechenbe 
Söunberträfte.  Engtmann  (Aon  ben  ©parismen  [AegenSburg  1842]  ©.  90  f.  272  ff.) 
teilt  bie  ©pari§men  ein  in  fotcpe,  bie  junäcpft  unb  unmittelbar  ba§  tinplicpe  Sßopt  nach 
innen  förbern  unb  ben  Empfänger  ju  einem  Amte  ober  Sienfte  in  ber  Kirche  befähigen, 
unb  in  folche,  bie  baS  tircptiihe  SCÖo^I  in  entfernterer  SBeife,  borjügticp  in  ber  Aicptung  nach 
außen,  beförbern.  3ur  erfteren  tttaffe  rechnet  er  bie  gum  Apoftotat  unb  bann  311  ben 
barauS  fich  abgliebernben  Ämtern  befähigenden  ©oben.  ®ie  Apoftet  hatten  ein  eigenes 
©parisma  ber  Sehre  (1  ßor.  12,  28.  ©pt).  4,  11),  ebenfo  bie  ©oangetiften,  bie  umper= 
jiepenb  bie  erfte  Stiftung  Don  ©emeiuben  betrieben ;  bie  Seprer  brauchten  ipre  ©abe  in 
ruhiger,  begriffsmäßiger  Erörterung,  wäprenb  bie  Propheten,  bon  ©ott  begeiftert,  bie 
in  SHfionen  unb  efftatifepen  ©tnbrüden  erhaltenen  Offenbarungen  tebenbig,  aber  mit 
bottem  Sewußtfein  bertiinbigten.  ®ie  Unterfcheibung  ber  ©eifter  beftanb  in  ber  Aul= 
fepeibung  ber  Wapren  bon  ben  fatfepen  Propheten  unb  fßroppetien.  3ur  Seprgabe  tarnen 
bie  ©aben  ber  Söeispeit  unb  ber  ErtenntniS  (©nofiS).  ®ie  Wirten  patten  bie  ©abe  ber 
Aegierung  unb  Seitung  (ßpbernefiS  unb  AntitepfiS);  erftere  ift  ypdvrjmg,  i-urrfjßrj  täv 
Tr pavroßivwv,  prudentia,  consilium  bei  ben  Alten.  3ur  jtoeiten  ßtaffe  werben  gerechnet 
ber  küyog  morewg  (peroifepe  3uberficpt  beS  unbebingten  ©ottbertrauens),  bie  Leitungen 
unb  Sßunberwirfungen,  bann  baS  3ungettreben  (©toffotatie),  ein  Aeben  in  berfepiebenen, 
niept  in  neugef  cp  offenen  (be  SBette,  Aoßtäufcper),  fonbern  in  objeftiö  oorpanbeneu  Sprachen 
(nor/TodaTtais  yXunreraig,  Iren,  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  V,  7),  baju  bie  ©rttärung  beS 
atfo  Aorgetragenen  (1  ßor.  14,  6.  13.  28). 


7.  ©otteäbienftt.  Berfantmlungeit  utib  relig.  Sehen  in  ber  afioftoK.  3eü-  99 

Sem  au3  bev  «Synagoge  übernommenen  Seile  bei  gotteSbienfttidjen  Ber= 
fammlung  fonnten  and)  Ungläubige  beiroohnen ;  f)iei  mürbe  jo  burch  bie 
Sefung  unb  bnrd)  bie  ißrebigt  Gelegenheit  geboten,  GtfriftuS  unb  fein  fftcidj 
fennen  ju  lernen.  Mein  an  bem  nun  fotgenben,  mit  bem  Genuffc  be§  eudja= 
riftifdjen  Brotes  unb  2Beine§  oerbuubeneu  Btal)le  burften  nur  bie  Getauften 
teilnehmen.  Siefe  freier  beftanb  nämtid)  aud)  bei  bert  he>bend)rifttid)en  Ge= 
tneinben  aus  einem  gemeinfamen  Btahlc,  511  bem  bie  einzelnen  Gläubigen  bie 
©peifcn  mitgebrad)t  hatten;  bei  fd-  ^autuS  rügt  in  bem  elften  Briefe  an  bie 
Korinther  fdjarf  bie  Btif$bräucbe ,  metdje  fid)  babei  eingefd)Iid)en  hotten,  inbem 
reiche  Ghrifien  babei  in  üppiger  Söeife  afjen  unb  tränten,  mährenb  bie  armen 
beinahe  nidjtS  hotten,  fo  jmar,  baf;  bie  einen  bctrunten  maren,  bie  anbern 
aber  hungerten.  Ser  Wpoflel  mift  biefem  gemeinfamen  BM)te  ben  Gfjotoftcr 
eine§  retigiöfen  SiebeSmafdeS  gemährt  miffen,  ba  ja  bie  ©h^iften  ju  £mufe  ihre 
gemöhntidjen  Btatdäeiteu  einnchmeit  tonnen.  Biit  bem  Btafde  mar  ber  Genufj 
beS  heiügen  BroteS  unb  B3eineS,  über  toelche  ber  Borfietjer  baS  eudjariftifcbe 
Gebet  gefprod^en  hcitte ,  öerbunben;  unb  biefeS  mar  feine  gemöhntid)e  ©peife 
mehr,  fonbern  baS  gteifd)  unb  baS  Btut  3efu  Ghrifti,  mie  ^autuS  im  $o= 
rintherbrief  auSbrüdtid)  herborljebt.  Ser  Genufi  be§  eudjarifiifdjeu  BMjleS  mar 
mit  bcfonbern  Gebeten  begleitet,  bon  benen  bie  Sibadje  brei  Formulare  mit= 
teilt  K  3n  ber  nad)apoftotifd)en  3eit,  mit  bem  Btimacbfen  ber  Ghrift<mgcmeinben, 
fiel  baS  gcmeinfd)afttid)e  Btaljt  meg,  unb  eS  blieb  nur  bie  an  ben  elften  Seit 
ber  freier  fid)  anfdjtieffenbe  Gud)ariftie  übrig,  Solange  bie  Bereinigung  beiber 
beftanb,  fanb  bie  Berfammtung  gegen  2Ibenb  ftatt,  51t  ber  3eit,  mo  man  bei 
ben  Gried)en  unb  ben  ^Römern  bie  £)auptmahtäeit  genofj1 2.  BIS  baS  Siebe§= 
mahl  aufhörte,  hieß  man  bie  eud)ariftifd)e  freier  in  ben  ©tunbeit  beS  Bor= 
mittageS  ab. 

©ehr  früh  ging  ber  eigenttidjen  eud)ariftifd)en  Berfammtung  eine  bem 
elften  Seite  berfetben  nad)gebitbete,  jur  Grbauung  beftimmte  freier  borauS, 
metdje  bor  SageSanbrud)  ftattfanb.  B3ir  finben  biefetbe  itad)  bem  Beridjte 
beS  ^ptinius  in  Bithhnien  ju  Bnfang  beS  2.  ^ahirhiunberts  Oor;  aber  offenbar 
reid)t  bereu  Urfprung  höher  hinauf 3.  2öie  meit  biefer  Gebrauch  verbreitet  mar, 
miffen  mir  nicht. 

Sie  Gläubigen  maren  untcreinanber  auf»  engfte  öerbunben  burch  ihre 
BuSerroähtung  jum  Beidje  Gotte»,  burch  ben  Glauben  an  SefuS  Ghriftu§  ben 
©ohn  Gottes,  ber  bon  ben  Soten  auferftanben  mar  unb  an  beffen  £ierrlid)feit 
fie  teilnehmen  merben,  burd)  bie  Siebe,  bie  fie  füreinanbet  hegten  unb  bie  be= 
mirfte,  bah  fie  fid)  nt»  „Briiber"  bejeichneten.  ©ie  gaben  fid)  gegenfeitig  bei 
ben  gemeinfd)aft!id)en  Berfammlungen  ben  Brubertufj.  Getrennt  bon  ben  ber= 
ftoeften  Suben,  meldje  baS  ihnen  gebotene  §eil  nicht  annehmen  mottten,  befreit 
bon  ber  ltnmiffenheit  unb  ber  Safterhaftigfeit  beS  |)eibentumS,  fanbeit  fie  in 


1  Doctrina  apostolorum  c.  9.  10. 

2  3>ieä  geht  beröor  aus  ber  ©rjäfdung  in  ber  Stpoftelgefdj.  Äap.  20. 

8  Brief  beö  5piiniu§  (Ep.  X,  97)  an  Srajan:  Adfirmabant  .  .  .  quod  essent 
soliti  stato  die  ante  lucem  convenire  carmenque  Christo  quasi  Deo  dicere  secum , 
invicem  .  .  . ;  quibus  peractis ,  morem  sibi  discedendi  fuisse  rursusque  coeundi  ad 
capiendum  cibum,  promiseuum  tarnen  et  innoxium. 


100 


Sie  ©rünbung  mtb  erfte  2lu§breitung  ber  ßirdfe. 


ber  Sclfre  ber  ülfmftel  unb  in  ben  bon  ben  ©bangeliften  aufgejeid^neten  3Iu§= 
fprüdjen  be§  |)eilanbe§  felbfl  bie  9tid)tfd)nur  eine§  neuen  2eben§.  2öol)l  famen 
aud)  einzelne  traurige  SBeifpiele  moralifdfen  galleg  bor;  allein  bie  gtofje  9M)t= 
(feit  ber  ©laubigen  fffelt  fid)  treu  an  bie  3?orfd)riften  be§  dfriftlidfen  ©efe|e§, 
wie  e§  butdj  ba§  Söort  unb  ba§  23ei[f»iel  ©Ijrifti  unb  feiner  31ffoftel  il)nen  bor 
31ugen  gehalten  mürbe.  ©§  tnar  mirflid)  ein  neue»,  bi§  bafjin  ber  Söelt  un= 
be!annte§  Seben,  ba§  in  biefen  erften  ©ffriftengemeinben  leimte;  ein  neuer  (Seift, 
ber  fid)  in  allem  geigte  unb  ber  aud)  jene  au§  ber  ©ünagoge  unb  bem  3uben= 
tum  entlehnten  formen  mit  einem  l)öl)eren  Snlfalt  erfüllte.  ®ie  ©laubigen 
merben  mit  bem  tarnen  „fpeilige"  genannt,  meil  fie  mirflid)  ben  ©ott  ge= 
meisten  Steil  ber  9Jtenfd)l)eit  bilbeten.  ©>a§  3>ntereffe  berfelben  longentrierte  fid) 
um  fo  melfr  auf  bie  religiöfen  ®inge,  al§  fie  bielfad)  bie  balbige  Sßieberfunft 
©Ifrifti  in  feiner  Iperrliddeit  ermatteten.  SSefonbers  bie  ^Briefe  be§  1)1.  Mailing 
geigen,  eine  toie  ljohe  3Iuffaffung  bei  ben  erften  ©läubigen  über  ihre  ©tellung 
l)errfd)te;  fie  maren  bie  neue  ©dföpfung,  gu  einem  f)öl)eren  geiftigen  öeben 
loiebergeboren ;  barum  taaren  fie  befreit  bon  ber  $ned)tfd)aft  be§  jübifdjen  ©e= 
fe|e§  unb  hatten  bie  greilfeit  ber  £inber  ©otte§  erlangt;  bon  ber  S3eflecfnng 
mit  allem,  mag  l)eibnifd),  gö|enbienerifd) ,  unfittlid)  mar,  hielten  fie  fid)  bügel¬ 
frei,  unb  ihr  gangeg  Seben  füllte  geregelt  fein  burd)  bie  33egielfungen ,  bie  fie 
gu  ben  SBrübern  Ratten1. 

©ie  ©emeinfchaft  ber  ©läubigen  äußerte  fid)  befonberg  burd)  bie  311= 
mofen,  mit  benen  fie  in  berfdüebener  gönn  Unterftütgungen  gemäl)rten. 
ber  ltrgemeinbe  bon  Serufalem  hatte  artfänglidf  eine  gemiffe  ©emeinfdjaft  beg 
23efit)eg  gel)errfd)t.  ®en  bon  if)m  gegrünbeten  ffeibendjrifilidfen  ©emeinben  gegen= 
über  legt  ^3aulu§  gtofjeg  ©emidü  auf  bie  ©ammlungen  gu  ©unften  ber  3Irmeit 
unter  ben  „^eiligen"  in  Serufalem.  SDanrt  finben  mir  frülfgeitig  eine  regel= 
mäßige  35ermaltung  bon  Dpfergaben  ber  ©läubigen,  beren  (Erträge  für  bie 
3Irmen  in  ben  ©emeinben  unb  gum  Unterhalt  ber  d)rifilid)en  2ef)ret  unb  3JUf= 
fionäre  bermenbet  mürben2.  ®ie  ©läubigen  trennten  fich  im  gamilienleben 
unb  im  gefeUfdjaftlicben  SBerfeffr  grnar  nid)t  bon  ihren  33ermanbten  unb  9Jlit= 
bürgern;  allein  fie  bilbeten  bod)  infolge  ilfteg  djriftlichen  Sebeng,  bag  fie  bon 
ber  SEeilnalfme  an  allem,  mag  Ifeibnifd)  mar,  fernhielt ,  eine  aud)  nad)  biefer 
©eite  eng  in  fid)  gefdjloffene  befonbere  ©emeinfdjaft;  bedangt  bod)  5ßaulu§, 
baff  fie  fogar  fftedügftreitigfeiten  nid)t  bor  heibnifche  fftidffer  bringen,  fonbern 
33riibern  gut  ^Beilegung  anbertrauen  foKen 3.  ®af  bie  ©griffen  gal)Iteidfen  31n= 
feinbungen  auggefejjt  maren,  fclbft  abgefefjen  bon  bem  SSorgelfen  ber  Ifeibnifcffen 
©taatgobrigfeiten  gegen  fie,  erfelfen  mit  aug  berfdfiebenen  3eugniffen  ber  affo= 
ftolifd)en  3e't4;  allein  bieg  fonnte  nur  gut  golge  Ifaben,  baff  fie  fid)  um  fo 
enger  aneinanbcr  fd)loffen  unb  baf  hälfet  bie  gange  ©ntmidlung  beg  djriftlidfen 
Sebeng  um  fo  meniger  bon  auferdfriftlidien  gattoren  beeinflußt  marb. 


1  <5.  befonberg  bie  jtoei  Briefe  an  bie  ßorintffer,  ben  SSrief  an  bie  ©afater  nnb 
ben  IRömerbrief. 

2  IBgt.  31öm.  12,  13.  Spijil.  4 ,  18.  2  ßor.  9,  12 — 15.  Doctrina  apost.  c.  11.  13. 

3  1  £or.  6,  1  ff. 

4  aSgL  3.  SS.  2©g.  16,  16  ff.;  19,  23  ff.  1  2,  14  ff. 


8.  Sie  Söerfaffung  ber  erften  Sprtftengemeinben ;  Ursprung  beö  ©piffopate?.  101 


8.  Qic  a^erfnffnng  ber  erften  ©priftengetneinben ;  Itrfpruitg  bc§  ©piffopnte3. 

Qu  eilen.  —  SllJoftelgefcfjidOte  Oon  ßap.  11  an  saplreidjie  ©teilen.  5J3pil.  1,  1. 
1  Sim.  3,  1  ff. ;  4,  14.  Sit.  1,  5  ff.  Doctrina  duodecim  apostolorum  c.  14.  15. 
Cleni.  Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  c.  42 — 44.  Ignat.,  Epistolae,  an  japlreidjen  ©teilen. 

ßitteratur.  —  Über  bie  reidje  ßitteratur  aug  ber  lebten  3^it  Ogi.  <3 1.  0.  S  u  n  i  n= 
SBorlotuiti  S.  J.,  Sic  neueren  fyorfdjuitgen  über  bie  Slnfange  öeg  ©piftopatg  (77.  ©r= 
ganjunggljeft  ju  ben  Stimmen  aitg  fütaria  =  Saad).  ftreiburg  i.  $ßr.  1900).  §eroar= 
3ul)eben  finb :  S.  ©obfotogli,  ©piffopat  unb  5)Jregbpternt  in  ben  erften  äjriftlidjen 
3aprl)unberten.  Sßürjburg  1893.  Ch.  de  Smedt,  L’organisation  des  eglises  clire- 
tiennes  jusqu’au  milieu  du  3e  siede  (Revue  des  questions  historiques,  1888  Octobre, 
p.  329 — 384).  P.  Batiffol,  Les  institutions  hiörarchiques  de  l’Eglise  (Revue  biblique 
1895,  p.  473  ss.).  V.  Ermoni,  Les  origines  historiques  de  l’episcopat  monarchique 
(Revue  des  quest.  histor.  LXVIII  [1900],  337 — 363).  L.  Gobet,  De  l’origine  divine 
de  l’episcopat.  Fribourg  en  Suisse  1898.  A.  Mich iels,  De  origine  episcopatus  dissert. 
(in  frang.  Sprache).  Louvain  1900  (Bibliographie  p.  xi.  xm).  6.  Söning,  Sie 
©emeinöeöerfaffung  beg  Urdjriftentumg.  §atle  1889.  E.  Hatch,  Organisation  of  the 
early  Christian  churches.  3rd  ed.  London  1888;  beutfd)  Oon  91.  §arnaö£,  Sie  ©e= 
fellfdjaftgüerfaffung  ber  djriftlidjen  ßtrdjen  im  9tltertum.  ©iepen  1883.  Soofg,  Sie 
urdOriftlidlje  ©emeinbeoerfaffung  mit  fpejieller  SJejiebung  auf  Söning  unb  §arnacf  (Speol. 
©tubien  unb  ßritilen  1890,  ©.  619—658).  91.  tilgen felb,  3utn  Urfprung  be§ 
©piffopatg  u.  f.  ln.  (3eitfd)V.  für  tniffenfd).  Speologie  1886,  ©.  1 — 26.  456 — 473); 
Sie  SBerfaffung  ber  djuftl.  Urgemeinbe  u.  f.  ln.  (ebb.  1890,  ©.  98 — 115.  223 — 245.  303 
big  314).  J.  RMlle,  Les  origines  de  l’episcopat.  Paris  1894.  J.  W.  Falconer,  From 
Apostle  to  Priest.  A study  of  early  church  Organisation.  Edinburgh  1900.  3’.  £>.  ©ei bl, 
Ser  Siafonat  in  ber  91pofteIgefd)id)te  unb  in  ben  paulinifdjen  SBriefen  (ßatpolil  1883, 
1,586  ff. ;  II,  40  ff.).  £).  3  5  cf  l  er,  Siafotten  unb  ©nangeliften  (töiblifdje  unb  fird)en= 
biftorifd)e  ©tubieu.  2.  tpeft.  9Mndieu  1893). 

2>ie  Don  iprem  göttlidjen  Stifter  ber  ßirdje  gegebene  unb  für  bie  ganje 
®auer  berfelben  beftinuute  Skrfaffung  muffte  im  Saufe  ber  $eit  immer  mepr 
entmidett  perbortreten ;  je  met)r  bie  gapl  ber  ©lieber  mud)»,  je  mepr  ben  5tn= 
griffen  ber  Srrleprer  unb  bem  ©eifte  ber  Spaltung  gegenüber  ©inpeit  unb 
Orbnung  geforbert  mären,  muffte  fie  al§  eine  moplgeorbnete  unb  nad)  aßen 
Seiten  pin  bollfommenc  ©efellfdfaft,  al§  ein  Seib  mit  Dielen  ©liebem  fid)  funb= 
geben.  ©3  ift  nid)t  leicht,  bie  ©ntmidlung  be3  fird)lid)en  33 o r ft ef) er a m t e §  mäprenb 
ber  apoftolifdjen  3eit  unb  bi»  in  ben  Anfang  bes  2.  Saprpunbert»  piuein 
genau  im  einzelnen  ju  Derfolgen,  ba  mir  bloff  menige  gelegentlid)e  Pufferungen 
in  ben  Quellen  befipen  unb  ba  ber  Spradfgebraud)  jur  tBejeidjunng  ber  33or= 
fteper  niept  fijiert  mar. 

2öie  bie  cßriftu§gläubigen  Subeu  in  Seiüfolem  fid)  Don  Anfang  an  ju 
einer  eigenen  ©ruppe  abgefonbert  unb  eine  gefd)loffene  ©emeinfepaft  gebilbet 
patten,  fo  bereinigten  fid)  aud)  in  ben  anbern  Stabten  bie  ©priften  ju  eigenen 
©enoffenfepaften.  Qie  lufnapme  ber  £eibempriften  in  bie  ^irdje,  Derbuitbcn 
mit  beut  Umftanb,  bap  bie  befeprten  3ubett  überall  fepr  halb  Don  ben  Sßna= 
gogen  au»gcfd)loffeu  mürben,  förberte  bie  23ilbung  befonberer  ©priftengemeinben 
gleid)  bei  ber  tßertünbigung  ber  £)eil»botfd)aft  auperpalb  fßaläftina3.  ©etrennt 
Don  bau  |>eibentum  unb  lo§gelöft  Don  bem  ungläubigen  Subentum,  patten  bie 
©emcinbcit  ipr  eigene»  religiöfe»  Seben  unb  ipre  befonbere  innere  Crganifation, 
menn  biefe  auip  nid)t  fo  !lar  peroortritt.  2öie  in  jeher  georbneten  ©efedfdjaft, 
fo  gab  c§  aud)  in  ben  ©priftengemeinben  Untcrfd)iebe  in  ber  Stellung  ber 


102 


Sie  ©rünbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  ßircbe. 


©injefnen  innerhalb  ber  ©emeinfdjaft.  Aidjt  alle  formten  5Ipoftet ,  Propheten 
unb  Server  fein,  nid)t  alle  bie  gleichen  ©eifte§gaben  befipen ;  bie  §anb  ober 
ber  $ujr  am  Serbe  burfte  nicht  Auge  fein  motten  (1  ®or.  12,  28.  29. 
14  ff.).  ©§  gtebt  fo  Sefjrenbe  unb  Seruenbe,  Aegierenbe  unb  Regierte  in  ber 

Kirche,  Uterus  unb  Säten,  mte  bie  fpäter  ftefjenb  gemorbenetr  53ejeid)= 
nuugen  tauten  U 

Abgefefjen  öorr  ben  Zarismen,  bie  alle  ©laubigen  hoben  formten,  be= 
ftanben  firdjlidje  Ämter,  bie  mofft  mit  jenen  au§geftattet,  aber  nicht  bon  ihnen 
untrennbar  maren  unb  aud)  nach  ihrem  attmät)tid)en  ©djminben  fortbeftetjen 
mußten.  Solange  freilich  biefe  ©nabengaben  in  güfle  tmrfjanben  maren,  traten 
bie  Ämter  als  fotdje  meniger  tjerbor  mit  Aufnahme  be§  apoftolifcbert,  ba§  alte 
anbern  at§  Quelle  unb  ©ipfelpunft  überragte.  A3a§  junäd)ft  bie  Urgemeinbe 
in  Serufatem  betrifft,  fo  tag  naturgemäß  bie  Seitung  berfetben  in  ben 
©änben  ber  jmölf  Apoftel,  ^3etru§  an  ihrer  Spi|e,  fotange  bie  Apoftet  bafetbft 
bereinigt  maren.  Aach  beren  Abreife  erfdjeint  3afobu§,  ber  Aermanbte  be§ 
|)errn,  at§  ber  anerfannte  Aorftetjer  ber  Urgemeinbe.  3hm  läßt  ^3etru§  feine 
munberbare  Befreiung  au§  benr  ©efängni»  metben  (Apg.  12,  17);  er  ergreift 
nach  ^3etru§  ba»  Sßort  beim  Apoftetfonbent  (Apg.  15,  13 — 21);  bei  ihm 
ftettt  fiep  ^3aulu§  bor,  al§  er  nach  Serufatem  fatn  (Apg.  21,  18);  bie  bon 
Serufalem  au§gel)enben  Subendjriften  roerbetr  einfad)  bejeidjnet  al§  „bie  bon 
3afobu§"  (©at.  2,  12).  3n  ißm  Ratten  bie  ©laubigen  ber  Urgemeinbe  ihr 


1  Sa§  2üort  xXxjpog  toirb  üerfdhiebeu  gebraucht,  tote  im  lateinifcben  ordo.  ©emeinbitt 
bebeutet  e§  zd&g,  fReibe,  iRang  (Oracula  Sibyll.  VIII,  138.  Testamenta  duodecim 
Patriarch.,  Levi  c.  8.  Iren.,  Adv.  haer.  I,  27.  Clem.  Alex.,  Strom.  V,  1,  10.  Euseb., 
Hist.  eccl.  IV,  5  fin. ;  Y,  1.  Constitut.  apost.  YIII,  5,  46;  Dgl.  Apg.  1,  17.  25: 
x.Xypog  zrjg  dtaxovlag.  1  iftetr.  5,  3:  tüv  xXppaiv).  33ei  Tertull.,  De  monog.  c.  11; 
De  exhortat.  cast.  c.  7  ;  De  idolol.  c.  7 ;  Ad  uxorem  I,  7  lefen  toir :  ordo  ecclesia- 
sticus,  sacerdotalis,  viduarum.  Sögt.  Hieron.,  In  Ierem.  c.  12 :  Quid  enim  eos  iuvare 
poterit  episcopi  nomen  et  presbyteri  vel  reliquus  ordo  ecclesiasticus?  Itrfprüngticb 
fdjeint  fotool)!  clerus  als  ordo  mit  einer  näheren  töeftimmung  gebraucht  toorben  ju  fein, 
bann  abfotut  für  ben  geiftfi(f)en  ©taub.  Aber  e§  ftef)t  aud)  xXgpog  nach  5  9Jtof.  10,9; 
18,  2.  4  9Rof.  18,  20  f.  <pf.  15  (16),  5  für  sors  (Anteil,  Sog,  ©rbe).  Hieron.,  Ep.  52 
ad  Nepot. :  Propterea  vocantur  clerici,  vel  quia  de  Sorte  sunt  Domini,  vel  quia  ipse 
Dominus  sors,  i.  e.  pars  clericorum  est.  August.,  In  Ps.  67,  19 :  Nam  et  cleros  et 
clericos  hinc  appellatos  puto ,  qui  sunt  in  ecclesiastici  ministerii  gradibus  ordinati, 
quia  Matthias  Sorte  electus  est,  quem  primum  per  Apostolos  legimus  ordinatum. 
Chrysost.,  In  Act.  hom.  3,  n.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  LX,  37) :  ö  ß-sog  aurbv  ixXrjpwo-azo, 
xad-dzzep  roug  Asu'lrag.  ©o  Iren.,  Adv.  haer.  III,  3,  3 :  sortitur  episcopatum  ( xXppoürai 
TTjv  ämaxozzTjv).  Clem.  Alex.,  Quis  dives  salv.  c.  42:  x)rjp<p  sxa  t£  rrxa  xAppiimuiv 
tö>x  bztb  zo5  meupazog  (rgpaivopeviov.  Euseb.  1.  c.  V,  28 :  ixiaxonog  xXrjpwüijvat  (al. 
xX rj^fj'xat).  ©o  ftnb  xXppoüpexoi  aud)  bie  burd)  ©otteg  Rügung  Attgerforenen  (©uericfe, 
Ardjäol.  §  7,  ©.  21),  toie  d<pu)pi<yps.xoi  («Röttt.  1,  1.  Apg.  13,  2).  Canon,  apost.  64: 
ei'  reg  xXrj pexdg  Xaixög  x.  r.  Ä  unb  fonft.  Aad)  Constitut.  apost.  III,  3  folt  ber  ffiifcpof 
Uorforgen ,  wg  gydk  Xaixog  xarö-pav  b.cpipy.  &  er  tu  II  i  an  (De  exhortat.  cast.  c.  7; 
De  monog.  c.  12  unb  fonft)  argumentiert  (bereits  al§  SCRontanift)  nicht  t>on  ber  3ü)at= 
fad;e  auf  baS  fRecEjt,  fonbern  umgetehrt  üon  bem  üermeintlicheu  3ted)te  ber  tpneumatifchen 
auf  bie  $haUathe;  als  .Hatpolif  hatte  er  (De  praescript.  c.  41)  au  ben  tpäretifern  ihre 
ordinationes  temerariae,  leves  et  inconstantes  getabelt,  fotoie  baß  fie  et  laicis  sacer- 
dotalia  munera  iniungunt  (®BIIinger,  tpippolptug  ©.  346 — 351). 


8.  Sie  33erfaffung  ber  elften  Efjrifiengemeinbcn ;  Ursprung  be§  ©piffopateä.  103 

allgemein  anerfannteS  Ipaupt.  Veben  Safo6u§  er f feinen  furj  nadj  ber  ferneren 
3eit  ber  Verfolgung,  melier  SteppanuS  jum  Opfer  fiel,  mehrere  ^reSbptcr, 
bie  eine  befonbere  Stellung  in  ber  ©emeinbe  innepatten.  Sie  nehmen  bie 
©aben  in  ©tnpfang,  weltpe  ^auluS  unb  SilaS  nach  Serufalem  brachten 
(Vpg.  11,  30);  beim  Vpoftelfonbent  foraie  bei  ber  SInfunft  bcS  1)1.  Paulus 
in  ^erufatem  werben  fie  befonberS  perborgepoben  (2lpg.  15,  2  ff.;  21,  18). 
Von  ben  fieben  Vtännern,  Weltpe  für  ben  Sifdjbienft  unb  bie  Vermattung  ber 
VImofen  gewählt  morben  waren,  erfahren  wir  nach  ber  erften  Verfolgung  in 
3erufaletn  nichts  mehr;  blofj  einer,  5ßpilippuS,  Wirb  noch  erwähnt,  aber  er 
lebte  nicht  mehr  in  ber  jiibifcpen  fwuptftabt  (Vpg.  21,  8).  Vtöglicperweife 
ging  ber  mefentltcpe  Seit  ihrer  VmtSbefugniffe,  bie  Vermattung  ber  5Irmen= 
pflege,  in  bie  §änbe  ber  ^3reSbpter  über;  an  biefe  übergaben,  wie  wir  bemerft 
haben,  Paulus  unb  SilaS  ihre  Vlmofen.  ©S  ift  aber  auch  möglich,  baff  für 
ben  Sifcpbienft  unb  bie  Verteilung  ber  Vtmofen  fpäter  wieber  befonbere  Vtänner 
aufgeftettt  würben,  unb  baS  2Imt  ber  erften  fieben  Oiafonen  in  ber  Urgemeinbe 
fiep  erhielt.  Oie  Stellung  ber  3ßreSbpter  war  Wohl  eine  ähnliche,  wie  fie  bie 
TtpeoßoTepoi  in  ben  jübifcpett  ©emeinfdjaften  ber  Spnagogen  innehatten;  in 
biefen  letzteren  fann  man  am  heften  baS  Vorbitb  für  bie  ^ßreSbpter  ber  ©hviften- 
gemeinbe  in  Serufaletn  erblitfen. 

Vei  ben  üormiegenb  fjeibenchriftlidhen  ©emeinben  in  ben  öer= 
fcpiebenen  römifdjen  ^ßrobinjen  außerhalb  5ßaläftinaS  ift  im  Anfang  ber  apofto= 
lifcpen  Sßirffamfeit ,  befonberS  beS  pl.  ^auluS,  eine  Organifation  blop  in 
einigen  Umriffen  erfennbar.  3m  erften  Vrief  an  bie  Speffalonicper  (5,  12.  13), 
ben  Paulus  auf  feiner  ^weiten  Steife  Dort  Forint!)  aus  fcprieb,  fpritpt  er  Don 
foldjen,  bie  unter  ben  ©täubigcn  jener  Stabt  arbeiten  unb  ihnen  im  tperrn 
üorftehen  unb  fie  ermahnen.  OieS  weift  offenbar  auf  irgenb  eine  Vrt  Don 
religiöS=fird)li(per  Vorfteperfcpaft  hin,  Wenn  auch  jebe  nähere  ©parafteriftif  ber= 
felben  fet)tt.  Unter  ben  ©aben  beS  ©eifteS,  welche  im  erften  $orintperbrief 
(12,  28)  Dom  Vpoftel  aufgejäplt  Werben,  finben  fiep  aud)  bie  ©aben  ber 
Verpflegung  unb  ber  Regierung  (dvrtM]<p£iQ,  xußepvyaeig),  bic  mopl  mit  betn 
Vorfteheramte  in  Ve^iepung  gebracht  werben  lönnen.  Oeutlidjer  ift  einige  3ahre 
fpäter  ber  §inweis  auf  beftimmte  Vorfteper  ber  ©emeinbe  Don  ^ßpilippi,  inbent 
Paulus  feinen  Vrief  Don  Vom  aus  ridjtet  „an  bie  ^eiligen  ©prifti,  weldje  in 
^ßpilippi  finb  mit  ben  ©piflopett  unb  ben  Oiafonen"  (1,  1).  3tt  ^leinafien  finben 
Wir  in  ben  ©priftengemeinben  ^ßreSbpter,  welche  gleichfalls  mit  einer  befonbertt 
Autorität  auSgeftattet  waren  unb  ipre  Spätigfeit  bem  religiöfen  2öople  unb  ber 
Ceitung  ber  übrigen  ©läubigen  mibtneten.  Oer  pl.  SßetruS  fprid)t  Dort  ihnen  in 
feinem  erften  Vriefe  (5,  1—5),  unb  in  ber  Vpoftelgcfdpcpte  wirb  berichtet,  baff 
^auluS  unb  VarnabaS  auf  ihrer  erften  Steife  foldje  einfePten  (Vpg.  14,  22),  fowie 
bap  Paulus  fpäter,  auf  feiner  lepten  Üteife  rtad)  Serufaletn,  bie  ^resbpter  Don 
©ppefuS  naep  Vtilet  lommen  liep.  3n  ber  SlbfchiebSrcbe ,  wclcpe  SufaS  bem 
Vpoftel  in  ben  Vtunb  legt,  betont  biefer,  bie  ^ßreSbpter  feien  ju  Vuffepern 
( l-ioxo-ot )  Dom  ^eiligen  ©eifte  beftellt,  um  bie  $ircpe  ©otteS  ju  leiten 
(Vpg.  20,  17—35).  3U  ben  Obliegenheiten,  Don  betten  ber  Völferapoftcl 
feinen  beiben  Schillern  unb  Vegleitcrn  SituS  unb  SimotpeuS  in  ben  an  fie 
gerichteten  Vriefen  fpriept,  gehört  auch  bie,  ©piffopen  unb  ^reSbpter  aufjuftellen 


104 


Sie  ©rünbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  kircpe. 


(1  34m.  3,  1—10;  34t.  1,  5 — 9).  9Iucp  in  ben  ©emeinben,  an  meltpe  ber 
pl.  SafobuS  fein  Senbfdjreiben  richtete ,  inaren  ?pre§bQter ,  bie  eine  befonbere 
Stellung  über  ben  anbern  ©laubigen  einnapmen  (3a!.  5,  14). 

©ine  größere  Sebeutung  Ratten  im  Anfang  ber  apoftolifdfen  geit  menigfienS 
bie  „SIpoftel"  unb  „öefjrer",  b.  p.  nicpt  blop  bie  gmölfe,  fonbern  gaplreidje 
anbere  SJtänner,  bie  Dom  ^eiligen  (Seifte  berufen  ober  bon  ben  eigentlidjen 
5lpofteln  auSermäpIt  morben  maren,  um  baS  9teicp  ©otteS  §u  berbreiten.  Sie 
luaren  in  größerem  üftape  tpätig  in  ber  Skrtünbigung  ber  fronen  93otfd)aft, 
bie  il;ren  eigentlicpen  SebenSberuf  bilbete,  unb  ipre  Autorität  mar  eine  meitere 
unb  pöpere  als  biejenige  ber  ©piftopen  unb  ^SreSb^ter ,  meil  fie  an  ber 
apoftolifcpen  Senbung  im  engeren  Sinne  gleitpfam  Anteil  Ratten.  2Bie  jebocp 
felbft  für  biefe  bie  §mölf  bon  bem  §errn  ermäfjltert  Apoftel  ber  Wittelpuntt 
maren,  bon  bem  ifjre  3pätig!eit  auSging  —  felbft  für  Paulus  mar  bieS  ja  in 
einem  gemiffen  ©rabe  ber  galt  — ,  fo  ift  fein  3töeifel,  bap  au<p  bie  ©piffopen 
unb  ißreSbpter  fomie  bie  Oiafoneu  ib>re  Autorität  unb  ipre  Stellung  innerhalb 
ber  ©emeinben  bireft  ober  inbireft  bon  ben  Apofteln  (im  engeren  unb  im  meiteren 
Sinne)  erhielten.  ©S  mirb  in  ber  ©ntmidlung  beS  23orfteperamteS  ein  llnter= 
fcpieb  §mifcf)en  ben  einzelnen  ©emeinben  gemefen  fein,  je  nacpbem  biefetben 
mepr  ober  meniger  unter  ber  bireften  Seitnng  eines  ApoftelS  ftanben. 

3n  ©rmägung  ber  Umftänbe  ber  berf epiebenen  juben=  unb  peibencpriftlicpen 
©emeinben  gaben  bie  Apofiel  biefen  nad)  unb  nad)  pöpere  unb  niebere  Beamte 
unb  festen  als  ipre  9tad)folger  im  öepratnte,  in  ber  Regierung  unb  in  ber 
AuSfpenbung  ber  peiligen  ©epeimniffe  93orfteper  ein.  2Bie  ißauluS  unb  SarnabaS 
fepon  auf  iprer  erften  ÜRiffionSreife  mittetft  ber  Ipanbauflegung  (©peirotonie) 
für  jebe  einzelne  $irdje  Ältefte  eingefept  patten,  fo  mürben  für  ßreta  3ituS  mit 
ber  53efugniS,  ebenfoltpe  ju  befiellen  (3it.  1,  5  f. ;  2,  15),  für  ©ppefuS 
3imotpeuS  mit  berfelben  Befugnis  mie  auep  mit  Obergemalt  über  fie  bon 
Paulus  ernannt  (1  34m.  3,  1  ff. ;  5,  19  .  22  .  2  34m.  1,  6);  maS  fie  bom 
Apoftel  gepört,  baS  füllten  fie  anbern  tauglichen  Bannern  anbertrauen,  bie 
mieberum  anbere  unterriepten  unb  fo  bie  apoftoüfepe  Sepre  fortp flanken  füllten 
(2  34m.  2,  2).  Oer  Apoftel  SopanneS  orbnete  nad)  feiner  ütüdfepr  bon 
ißatmos  bie  $ircpen,  napm  bie  bom  ^eiligen  ©eifte  SSejeicpneten  in  ben  Klerus 
auf  unb  meipte  SBifdpöfe ,  mie  für  Smprna  ben  ^olpfarp  1.  Überpaupt  fagt 
uns  ber  Apoftelfcpüler  Clemens  bon  9tom,  baff  bie  Apofiel  in  ber  23or= 
auSficpt,  bap  über  ben  tarnen  ber  Auffid)t  (©piffopat)  Streit  fein  merbe, 
^irepenborfteper  auffteHten  unb  ipnen  baS  Aecpt  ber  Atitregierung  gaben,  auf 
baff,  menn  fie  felbft  entfcplafen  fein  mürben,  anbere  erprobte  fDtänner  ipr  Amt 
übernepmen  füllten;  biefe  bon  ipnen  felbft  ober  nacpper  bon  ben  burep  fie  ©r= 
probten  aufgefteKten  Akänner,  bie  mit  guftimmung  ber  ganzen  ®ircpe  tabelloS 
unb  mit  aller  Anerfennung  gemirft  patten,  tönne  man  niept  opne  33erlepung 
ber  ©eredptigfeit  ipreS  Amtes  entfepen. 


1  Über  bie  bon  SopanneS  befteüten  IBifcpöfe  bgt.  Clem.  Alex.,  Quis  dives  salv., 
bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  23.  Tertull.,  De  praescript.  c.  31 — 33;  bgt.  Adv.  Marc. 
IY,  5 :  Etsi  Apocalypsim  (Ioaniiis)  Marcion  respuit ,  ordo  tarnen  episcoporum  ad 
originem  recensus  in  Ioannem  stabit  auctorem. 


8.  ®ie  SSerfaffung  ber  erften  ©priftengemeinben;  Ursprung  beS  ©piffopateS.  105 

Solange  bie  5lpoftel  in  boller  $raft  ipre  SEpätigfeit  auSübtett,  unterftüpt 
Don  atibern  3lpofteln  unb  Don  Seprern,  bedielten  fie  bie  Seitung  bcr  bon  ipnett 
gegrünbeten  unb  bielfadj  nod)  Wenig  enttuicfelten  ©emeinben  bei.  ©S  ift  habet 
jebod)  waprfcpeinlicp,  bafe  fdjott  bamalS  bie  ©piffopen  unb  ißresbptcr  ber  ein= 
gellten  ©emetnben  einett  SSorfte^er  Ratten,  weil  fid)  eine  georbnete  Vermattung 
tticpt  gut  attberS  benfett  läjjt;  bloß  traten  biefe  Vorfteper  anfänglid^  wenig 
perbor.  ©egen  ©nbe  ber  apoftolifcpen  3e't  jebod)  festen  bie  Vpoftel,  toie  mir 
eS  oben  bon  IßauluS  unb  bon  SopanneS  auSbrüdlicp  bezeugt  fanbett,  mit 
Rotieren  Vefugniffett  auSgeftattete  Sd)iiler  als  Vorfteper  ber  übrigen  ©piffopen 
unb  5]3re§bpter  ein;  unb  wenn  bie  Kollegien  biefer  bereits  Vorfipenbe  Ratten, 
mußten  biefetben  mit  bem  9lnmad)fen  unb  ber  fefteren  Drganifation  ber  ©e= 
meinbett,  fowie  mit  bem  3uriidtreten  ber  djariSmatifcpcn  ©eifteSgaben  unb  ber 
bom  Zeitigen  ©eifte  berufenen  Seprer  einen  immer  größeren  ©ittfluB  gewinnen 
unb  ihnen  burdj  bie  2lpoftel  eine  pöpere  Stellung  guerfannt  werben.  5luf 
biefe  Vßeife  bilbete  fid)  int  VuSgang  ber  apoftolifd)en  3eü  unb  auf  ber  ®runb= 
tage  ber  apoftotifdien  Autorität  ber  tnonardjifcpe  ©piffopat,  baS  2lmt  ber  Vi= 
fcpöfe,  weldpe  Sriiger  ber  Senbung  unb  ber  Autorität  ber  5lpofteI  würben. 
Sie  dpriftticpe  Sitteratur  in  ber  erften  £)iilftc  beS  2.  3aprpunbert§  fennt  feine 
anbere  Verfaffung  ber  ©enteittben  als  ben  auf  bie  5tpofteI  gurüdgepenben 
monarcpifcpen  ©piffopat.  Vom  Slnfang  beS  2.  2saprpunberts  an  fepte  fid)  immer 
mepr  als  ftepenbe  Vegeidpnuttg  für  ben  alleinigen  oberften  Vorfteper  ber  ©e= 
nteinbe  ber  9IuSbrud  Episcopus  feft,  wöprenb  mit  Presbyteri  bie  feinen  9tat 
bilbenbeit  ©epilfen  in  ber  Seitung  ber  ©laubigen  begeidmet  Würben. 

3nt  Anfang  ber  apoftolifcpen  3e't  /  ePe  ber  monarepifepe  ©piffopat 
beftanb,  war  bie  Stellung  ber  ijkeSbpter  bielfad)  berfd)ieben  bon  berjettigett, 
Wcldpe  biefe  fpäter  innepatten.  ^erfönlidjer  ©influp  bei  ber  erften  Verfüttbigung 
beS  ©priftentumS,  freie»  Söhlen  je  rtad)  ipren  gäpigfeiten  gur  Vefeftigung  ber 
©emeinben,  ©rweifen  bon  Sßopltpaten  an  bie  ©laubigen,  bielfacp  attd)  ber 
Umftanb,  baf3  fie  bie  ©rftlinge  ber  Vefeprten  waren,  gaben  ipnett  eine  befonbere 
©prenftellung ,  bie  felbftoerftanblid)  nid)t  auSfd)lof),  bap  einzelne  au»  ipnett 
enttueber  als  ©piffopett  ober  neben  bett  bon  ipnett  berfepiebenen  ©piffopen  an 
ber  Ceitung  ber  ©emeinbe  tpiitigen  Vnteil  patten  unb  bei  ber  cucparifiifd)en 
freier  ben  Vorfit)  fiiprten. 

SlnberS  ift  eS  mit  bem  9lmte  ber  ®ia!o nett,  welcpe,  abgefepen  bon  ben 
fiebett  bcr  Urgenteinbe  in  $erufalem,  guerft  in  ber  Sfttrebe  beS  IppilipperbriefeS 
erwäpnt  werben,  Sie  erftpeinen  im  erften  SEimotpeuSbriefe  als  bie  ©epilfen 
ber  ©piffopen  in  ber  Vermattung,  welcpe  ben  Vorftepern  ber  ©priftengemeinben 
oblag  (1  SEint.  3,  12.  13),  unb  bie  glcidje  Stellung  paben  fie  in  ben  Ouellcn  ber 
unmittelbar  naepapoftolifepen  3ett-  @»  waren  ber  SDienft  bei  bem  euepariftifepen 
Vtaple  unb  ben  bamit  berburtbenen  Slgapen,  bie  Verwaltung  ber  ©laben  für 
bie  Slrnten  unter  ber  Leitung  ber  obern  Vorfteper  unb  überpanpt  bie  Scifiungett 
int  SDienfte  ber  lepteren,  weld)e  ben  2)iafonen  oblagen. 

So  bilbete  fid)  bis  guttt  ©nbe  ber  apoftolifd)en  3e^  eine  breifadje 
©lieberung  itt  ber  fircplicpen  Vorfteperfcpaft  auS:  ein  einziger  oberfter  Setter 
ber  ©emeinbe  (©piffopat),  eine  Slngapl  bon  Vatgeberit  unb  Mitarbeitern  beS 
oberften  VorfteperS,  bie  gugleid)  eine  eigene  ©prenftellung  einnapmen  ©ßreSbptcrat), 


106 


®ie  ©rünbung  unb  erfte  2tu§hreitung  bei-  ßirdje. 


unb  mehrere,  befonber§  bem  33ifd)of  jit  ©ienften  fteffenbe  ©ef)ilfen  $ut  pra!tifd)cn 
Ausübung  ber  5$ermaltung  (Siafonat).  51  Ile  biefe  5Imter  gelten  in  intern 
Utfprung  unb  in  iffrer  mefentlid)en  ©runblage  auf  bie  5Ipoftel  giivürf. 

SBopt  ift  mehrfach  unb  in  berfchiebener  Form  behauptet  toorben,  eg  fei  erfl  lange 
itad)  ben  2(poftetn  im  2.  Fahrtjunbert  burd)  SSerbrängung  älterer  bemofratifdjer  Formen, 
burd)  Unterjodfung  ber  früher  ganj  gleichen  Sltteften  (Skegbbteri)  bie  bifdjöftiche  ©emalt 
aufgeriditet  toorben,  eg  habe  ficO  bie  ©piffopatgetoatt  über  bie  uranfängtid)  gleichberechtigte 
5ßregbt)terialbefugnig  erhoben  burd)  Ufurpatiott  unb  Umgeftaltung  ber  älteren  tßerfaffung. 
Sittein  biefe  2lnnaf)tne  ertueift  fid)  als  sättig  haltlos.  ©ie  tbiberfprid)t  1)  bem  ©tjarafter 
ber  erften  ©hriftcn ,  bie  an  bem  Überlieferten  feftpietten  unb  fid)  nimmer  bie  urfprüng= 
tilgen  fird)ti(hen  @inrid)tungcn  hätten  ent^ietjen  taffen.  2)  ©in  fotd)er  itmfditag  hätte 
nicht  ohne  bie  größten  unb  Ifeftigften  Kämpfe  bor  fid)  gefjen  tönnen;  bon  foId)ett  fiämpfen 
finben  mir  aber  feine  ©pur  —  aud)  nicht  in  ben  forintl)ifd)en  ttßirren  — ,  unb  minbeftenS 
teife  ©puren  müfjteu  fid)  babon  bod)  auffinben  taffen.  3)  Unmöglich  hätte  eine  fotd)e 
Umgeftaltung  an  alten  Orten  gu  gleich  fid)  burchführen  taffen;  irgenbtoo  müftte  noch 
bie  atte  SBerfaffung  fich  länger  erhalten  haben,  unb  fRegierungSformett,  bie  man  toeihfelt, 
geftatten  fich  bei  berfcpiebenen  SSölfern  berfdjiebett.  4)  ®iefe  ^»tipJotOefe  unterbricht  alten 
inneren  Sufammcnhang  ätoifchen  ber  fanonifchcn  unb  patriftifcfjen  ßitteratur,  jtoifchen 
ber  2lpoftetgefd)ichte  unb  ben  apoftolifdjen  Briefen  einerfeitS  unb  ben  3eiI3nÜfe>t  ber 
ätteften  ßirdjenbäter  anberfeitg,  bereit  Fufammenhang  fo  innig  ift,  bajj  bie  ©egner  nur 
burch  bie  Umbeutung  unb  Slertoerfung  oieter  berfelben,  inSbefonbere  burd)  bie  hatttofe 
SJoraugfefjung  ber  Unechtheit  ber  pautinifchen  ^Paftoratbriefe ,  einen  ©d)ein  oott  t8e= 
grünbung  3U  getoinnen  bermochten.  5)  ®ie  älteren  S3ifd)ofSfatatoge,  auf  metche  fid)  bie 
SSäter  mit  großem  fRachbrucf  berufen,  tnären  ficher  nicht  borfjanben,  hätte  eg  nicht  bon 
Stnfang  an  S3ifcl)öfe  gegeben ;  ja  bie  ^Reihenfolge  ber  23ifd)öfe  ift  mit  bem  ganjen 
FrabitionSbetoeife  aufs  innigfte  berfnüpft,  unb  aus  ihr  at§  einer  unbeftreitbaren  ®l)at= 
fache  jiehen  bie  SBäter  Folgerungen  bon  höc^fter  Sebeututtg.  tttie  marb  ihnen  bon  ben 
Frrtel)rern  entgegnet,  bie  Slpoftet  hätten  gar  feine  SSifdjöfe  eingefetjt,  noch  befolgten  fie 
eine  berartige  ©ntgegnuug.  Fa  bie  ©noftifer  unb  anbere  ©eften  fugten  toomöglich 
fetbft  eine  bifchöftidje  ©ucceffion  für  fid)  ju  getoinnen. 

9.  $ie  ^rrle^ren  im  apofiolifrfjcn  Zeitalter. 

Sitteratur.  - —  ©h-  SB.  F-  SB a Ich,  ©nttourf  einer  ©efchichte  ber  ßetjereien. 
11  23be.  ßeijig  1762— 1785.  §itgenfetb,  Setjergefdiichte  beö  Urd)riftentumS.  ßeipjig 
1884;  Fubentum  unb  ©hriftentum.  6bb.  1886.  tßräfde,  ßeben  unb  ßehre  ©imonS 
be§  ttRagierS  nach  ben  pfeuboftementinifhen  ftomitien.  Ülatseburg  1895.  ß.  ©  e  e  f  e= 
mann,  Sie  ÜRifotaiten.  ©in  S3eitrag  3ur  älteren  ftärefiologie  (®f)eol.  ©tubien  unb 
ßritifen  1893,  ©.  47—82).  ®.  S3ötter,  ©erinth  in  ber  2lpofatt)pfc  (Theol.  Tijdschr. 
1891,  p.  259—292).  ß.  ßange,  ®ie  ©bioniten  unb  tRifotaiten.  ßeipjig  1828. 
F.  Chr.  Baur,  De  Ebionitarum  origine  et  doctrina.  (Sßrogr.)  Tubing.  1831.  Ermoni, 
L’bbionitisme  dans  l’bglise  naissante  (Revue  des  questions  liistoriques  LXYI  [1899], 
481  ss.).  Sßirtt)  Mütter,  ®ie  tttajaräer.  fRegengburg  1864.  fR.  Freplin,  ®ie 
©ffetierquetten  getnürbigt  tc.  (®he°t.  ©tubien  unb  ßritifen  LXXIII  [1900],  28 — 92). 

©leidfmie  5trgerniffe  in  ber  2BeIt  unbermeiblid)  finb  (fDlattl).  18,  7),  fo 
finb  aud)  Frrlelfren,  falfdfe  Meinungen  im  d)riftlid)en  ©emeintoefen,  ba§  gleid) 
feinem  «Stifter  ein  Reichen  mar,  bem  miberfprodfen  merben  füllte  (Suf.  2,  34), 
betmöge  ber  menfdflidjen  2>erfe!)rtf)eit  unbermeiblid)  unb  in  getbiffem  fDtape 
nottoenbig,  auf  bafi  bie  S3emäl)rten  offenbar  tuerben  (1  51or.  11,  19).  ®urd) 
bie  ©rfd)einung  be§  ©otte§fofme§  auf  @rben  tnarb  eine  gemaltige  ©ärung  im 
Genien  ber  9)lenfd)f)eit  l)erbeigefül;rt,  unb  faft  gefäf)rlicber  nod)  al§  bie  äußeren 
geinbe  foöten  ber  $ird)e  bie  inneren  merben,  fDlenfdjcn,  bie  in  fie  eintraten, 
offne  bem  (Seifte  nad)  ju  iljr  ju  gehören  (1  3of).  2,  19  f.  2  Fof).  5).  9),  bie 


9.  $ie  grrlepren  im  apoftolifdjen  Seitalter. 


107 


©efteit  intb  -fpürefien  (2  Sßetr.  2,  1  ff.)  bcgriinbeten,  unb  inbem  fie  beit  ©laubett 
an  ©prifluS,  ben  fie  blop  äuperlid)  ober  nicfit  mit  böHiger  Eingabe  erfaßt,  mit 
tiorpergepegten,  iptn  aber  frembartigen  jübifcpett  ober  peibnifdjen  Sepren  in  93er= 
binbung  ju  bringen  trachteten,  ber  apoftolifcpen  Sepre  entgegentraten  ober  bod) 
fie  bebeutetib  berfälfdjten.  Oie  SSriefe  ber  Apofiel  Johannes,  SßetruS  unb  5fßaulu§ 
toie  auch  bie  in  ber  Offenbarung  beS  erfteren  enthaltenen  ©enbfdjreiben  beuten 
beftimmt  auf  frühzeitig  entftanbene,  bas  ©tiangelium  entftellenbe,  es  mit  aitfjer= 
fird)lid)cn  retigiöfen  unb  ppilofoppifcpcti  gbeen  bermifcpenbe,  bon  einer  fätfd)ti(h 
fo  genannten  ©rfenntniS  (©nofiS,  1  Oim.  6,  20)  auSgepenbe  Irrlehren  pitt, 
berett  gortentmidlung  in  ber  golgezeit  immer  flater  fid)  zeigte. 

1.  gn  ber  apoftolifcpen  treten  befonberS  z^ei  tpauptformen  bon  grr= 
lehren  auf.  gn  ber  einen  machte  fid)  ber  jitbifdje  ^artifulariSmuS 
gcttenb,  ber  unter  berfd)iebenett  gönnen  bie  Anpänglichfeit  an  baS  tnofaifche 
©efep  als  etmaS  BleibenbeS  zur  g3flicf)t  mndjte  unb  bie  Aad)fommett  AbrapatttS 
als  bor  ben  §eiben  batternb  beborjugt  anfah ;  in  ber  attbern  zeigte  fid)  eine 
freche  Auflehnung  toiber  jebeS  ©efep  (AntinomiStnuS),  nerbunbett  mit 
fittlicper  AuSgelaffenpeit.  Beibe  üiid)tungett  tnaren  bielfach  mit  phctntaftifd)en 
©pefulationen  bermifdjt.  gm  eigetttlidfen  gubentum  toar  z'nar  für  (entere 
toeniger  Boben,  aber  bie  pelleniftifd)ctt  guben  marett  bafiir  fepr  cmpfänglid). 
2öopl  patte  baS  Anfepen  ber  Apoftel  nod)  größere  ©paltungen  berpütet;  aber 
bie  Meinte  zu  bielen  Verirrungen  fanbett  fid)  fd)on  zu  ihrer  Seit,  unb  fpäter 
traten  fie  noch  weit  ftürfer  perbor.  gtt  ßoloffä  befämpfte  ^auIuS  gubendjrifien, 
bie  an  beut  ©efepe  unb  ber  Befdjnetbung  fefthielten,  bie  Beobachtung  ber 
ntofaifd)en  ©peifegefepe,  gefte,  Aeumonbe  unb  ©abbate  forberten  unb  bamit 
eine  gegen  ben  Seib  als  Werfer  ber  ©eele  tnaploS  ftrenge  ASfefe  fomie  einen 
aberglättbifdjen ,  auf  fatfdjer  Oemut  beruhettben  ©ngelbienft  berbanbett.  Oie 
©ngel  buchten  fie  als  Biittelmefen  jmifchen  bem  unnahbaren  ©ott  unb  ben 
Btetifd)eit  nach  Art  ber  Reiben,  festen  bie  Vßürbe  ©prifti  herab,  ber  ala  blofjer 
Sßroppet  gefaxt  mürbe,  bem  fid)  nur  ein  ©ngel  nieberer  Orbnung  geoffenbart 
habe,  ©ie  fcpöpften  aus  einer  auf  heibnifchem  Bobett  ermacpfenett  ^pilofoppie 
(ftol.  2,  8).  Attd)  in  ©ppefuS  gab  eS  jitbifcpe  ©ttoftifer  mit  efoterifdjer  Sepre, 
bie  ifZauluS  in  bett  ^aftoralbriefen  befämpfte.  ©ie  befcpüftigten  fich  mit  Bfptpen 
(1  Stirn.  4,  7)  unb  enblofen  ©ettealogictt  (1  Stirn.  1,  4  —  toopl  bie  fpätercit 
^tottenreipen)  mit  ganz  miHfitrlidjcr  Begrenzung,  bie  fie  aus  einem  mit  peib= 
nifcpcr  ©pefulation  befruchteten  gubentum  gefcfjöpft  (Stit.  1,  14).  ©ie  verboten 
bie  ©pe  unb  ben  ©ent©  geroiffer  (befonberS  gleifdj=)  ©pcifett  (1  Stirn.  4,  3). 
3mei  biefer  grrleprer,  £)t)menäuS  unb  Alejanber,  behaupteten,  bie  Auf= 
erfteputtg  (bie  geiftig  zu  faffen  unb  auf  baa  zeitliche  Oafein  zu  beziehen)  fei 
bereits  gefcpepen  (maprfd)eittlich  mit  bem  ©intritt  in  bie  ©rfenntniS  eines 
früheren  pöperen  OafeinS  unb  ber  erpabettett  Beftimmung  beS  Bfenfdjen).  ©egen 
bie  AufcrftepungSlepre  erpoben  fid)  fotoopt  bie  ©abbticäer  als  bie  Reiben ;  auch 
in  ßorintp  marb  gegen  fie  Sßiberftanb  erregt,  unb  zt°ar  bis  zu  bem  ©rabe, 
bap  bamit  jebe  Vergeltung  im  fenfeitigen  Oebett  geleugnet  marb  (1  $or.  15,  32). 
Oamit  ftanb  eine  fepr  freie  ©pefulation  in  ber  ©itteitlcpre  in  Verbinbuttg, 
meld)e  bie  cpriftlicpe  greipeit  in  3ügellofigfeit  öerfeprte.  Oie  im  jmeiten  Briefe 
beS  'fZetruS  unb  in  bettt  beS  gttbaS  befämpften  grrleprer  mären  ber  gleifcpeSluft 


108 


Sie  ©rünbung  unb  erfte  Ausbreitung  ber  Äircfje. 


ergeben,  beracfjteten  jebeS  ©efetj  unter  bem  SSormanbe  ber  Freiheit  unb  be[tritten 
bie  Aßiebertunft  ©hrifti  unb  ben  SMtuntergang.  Sie  in  ber  Apotalppfe  beS 
SohanneS  befämpften  Aifotaiten  in  ©phefuS,  $ergamum  unb  anbern  ©täbten 
Ä'teinafienS  rnaren  ganj  jo  gefinnt;  fie  bequernten  fid)  bem  heibnifhen  ©ö|em 
bienfle  an,  gelten  ben  ©eimf)  Don  ©ötjenopfern  für  gleichgültig  unb  fd)ritten 
bis  jur  Aöeibergemeinfdjaft  bor;  für  ihren  ©tifter  gaben  fie,  mahrfdjeintid)  mit 
Unrecht,  ben  AifotauS,  einen  ber  erfien  fiebert  Siatonen  bon  Serufatem,  auS  *. 

2.  Ser  Apoftet  Johannes  befämpft  in  feinen  Briefen  $5rrlel)rer,  metdje  bie 
Sbentität  bon  3efuS  unb  ©  I)  r  i  ft  u  S  fomie  bie  matjre  fDlenfdjmerftung 
ganj  in  ber  Aßeife  ber  fpäteren  ©noftifer  leugneten;  fie  gaben  bem  £>errn  nur 
einen  ©heinteib,  maren  baljer  eigentliche  Sofeten.  ©anj  biefelben  ipäretifer 
hat  fpäter  SgnatiuS  bon  Antiochien  im  Auge,  unb  feine  Filterungen  fhliefjen 
fid)  enge  an  bie  beS  ApoftelS  an1 2.  Aietteid)t  ging  ber  Irrtum  auS  ber  SJieinung 
herbor,  bie  ©ünbetofigfeit  beS  §errn  taffe  fid)  ttiht  gut  mit  ber  Seibticftfeit 
bereinigen.  Siefelbe  ©heibung  bon  3efu§  unb  ©hriftuS,  aber  ohne  bat  erfterem 
ber  mirftidje  9Aenfd)enteib  abgefprohen  morben  märe,  bertrat  ber  mit  atepanbr© 
nifher  23ilbung  auSgeftattete  $ube  ©erintlfuS.  Shm  mar  3efuS  ein  bloter 
Aftenfh ,  ©ohn  ber  SJtaria  unb  beS  Sofeph,  nur  gerehter  unb  meifer  atS  bie 
gemöhnlihen  fDienfhen.  33ei  ber  Saufe  fam  über  ihn  ©hriftuS  (ber  ©cift 
©otteS)  fjerab ,  in  beffen  $raft  er  Aßunber  mirfte,  ber  ihn  aber  beim  Seiften 
mieber  berliet,  meit  er  felbft  teibenSunfäfng  unb  rein  geiftig  mar.  Aad)  pf)ito= 
nifher  Auffaffung  mar  bem  ©erintfmS  bie  fmhfte  ©ottheit  über  alles  erhaben, 
unfihtbar  unb  unnennbar,  bon  ber  irbifdjen  Aßelt  burh  eine  unenbtihe  ®luft 
getrennt,  ©ie  tonnte  niht  bereu  Urheberin  fein,  fonbern  nur  eine  meit  bon 
ihr  berfhiebene,  fie  niht  einmal  ertennenbe  ^raft,  ein  ©ngel,  ber  Aöettbitbner 
(Semiurg),  ber  biefe  Aßelt  auSgeftattete  unb  baS  mofaifdje  ©efet)  gab.  Siefem 
fott  ©erinthuS  tro|  ber  tperabfe|ung  feines  UrfprungS  gteicftmohl  eine  teitmeife 
3Serbinbtihfeit  jugefhrieben,  bas  ©bangetium  nah  Matthäus  gebraud)t,  bie 
©d)riften  bon  ^autuS  unb  3ohanneS,  ber  nod)  felbft  gegen  ihn  auftrat,  ber= 
morfen  haben.  Sie  SSorfteHung  bon  einem  taufenbfährigen  Aeihe  beS  mieber= 
febrenben  ©hriftuS  auf  ©rben  mirb  ihm  bezüglich  jugefhrieben ,  obfhon  fie 
bielfad)  in  geläuterter  ©eftalt  (im  Anfhluffe  an  Offb.  20,  2 — 6)  auh  bei 
5)3üpiaS,  SuftiuuS  unb  3renäuS  fid)  finbet 3. 

3.  AIS  ©tammbater  ber  ^»ärefie  mirb  bon  ben  Alten  gemeinhin  ber 
Aftagier  ©imon  aus  ©ittI)on  in  ©amaria  genannt,  ber  aber,  obfhon  er 


1  Sie  tSifeamiten  ober  SSalaamiten  (Dp.  2,  14.  3fub.  58.  11.  2  Ae*r.  2,  15) 
bezeichnet  Solling  er  (©briftentum  unb  Hirche  ©.  131)  als  berfcfjieben  bon  ben  Aifo= 
lailen.  Allein  eS  finb  1)  bon  jenen  feine  berfcfiiebenen  Aterfmafe  aufzutoeifen,  bie  Sehren 
biefmehr  ganz  biefelben;  2)  ber  Aame  Aifofaiten  ftimmt  ganz  genau  mit  bem  ber 
ffiifeamiten  überein  ( vr/.g l»  rdv  Xa.6v  c?  sAa  [ Buxtorf ,  Lex.  rabb.]);  3)  auf  töifeam 

(4  Atof.  22,  5  ff.)  als  Verführer  ber  ©laubigen  fonnte  man  ben  Aifofaiten  gegenüber 
paffenb  bertoeifen.  ©o  nimmt  bie  Atebrzaf)!  ber  ©etefjrten  mit  ©runb  beibe  für  ibentifcfj. 

3  1  Sjof).  4,  2 — 3.  2  3ob-  33.  7.  Ignat.,  Ad  Smyrn.  c.  2;  Ad  Troll,  c.  9.  10; 
Ad  Eplies.  c.  7 — 18. 

3  Duellen  über  ©erintf):  Iren.,  Adv.  kaer.  I,  26,  1;  III,  3,  4.  Pkilo- 
sopkumena  VII,  38.  Epiph.,  Haer.  XXVIII,  1  sqq. 


9.  Sie  SUrleßren  im  a^joftolifc^en  3eita(ter. 


109 


burdj  ben  ®iafon  5ߧili|)J>u§  fid)  taufen  lief;,  meniger  cßtiffltdjer  ^ärctiter  als 
falfdjer  fJJlefftaS  genannt  ju  tnerben  tierbient,  ©r  Ifatte  in  feinem  |)eimattanbe 
burd)  feine  ©aufeleiett,  bie  er,  roabrfdjemltdj  mit  mannen  pbßfifalifdjen  Kennt= 
niffen  ausgerüstet,  blenbertb  ju  machen  mußte,  ben  größten  Dlnßang  für  fic^ 
geroonnen;  er  gab  fidj  für  eine  „große  Kraft  ©otteS"  auS,  unb  nur  bie  ©röße 
ber  bon  ben  Sefennern  ber  Seljre  3efu  gemirften  Sßunber  brachte  ihn  baf)in, 
jur  ©rlanguitg  noch  größerer  ©rfolge  ihnen  ficb  anjufdjliefsen.  ©r  bot  ben 
Slpofteln  ißetruS  unb  3obanne§  ©etb  an,  menn  fie  ihm  bie  fUfadjt,  ben  ^eiligen 
©eift  initjuteiten,  Oerleiben  moKten,  marb  aber  bon  spetrus  in  ftrafenber  Diebe 
juritdgemiefen.  3m  2.  ^a^r^urtbert  erfd)eint  eine  gnoftifdje  ©eite,  bie  ©imo= 
nianer,  meldje  ©imon  ben  DJlagier  als  ihren  Urheber  anfaß.  ©incr  Dfadjridjt 
beS  bl-  3uftinuS  jufolge,  bie  aber  auf  uitfidjerer  39afiS  beruht,  foll  berfelbe 
aud)  nad)  9tom  getommen  fein.  3n  ben  5pfeubo=KIementinen  mirb  ihm  eine 
Hauptrolle  jugeteilt,  inbem  er  als  ber  ©egner  beS  DIpoftelS  Petrus  erfdjeint; 
febod)  bat  biefe  $arfteüung  nicht  bie  minbefte  btftorifdbe  ©runblage 1.  ©iefer 
„©rjbater  ber  Härefie"  foH  ein  tragifdjeS  ©nbe  gefunben  haben.  Dfadj  bem 
einen  Seridjt  lief)  er  fidj,  nadjbem  er  feine  in  brei  Sagen  erfolgenbe  91uf= 
erftebung  berßeifien  batte,  ein  ©rab  bereiten,  aber  bon  einem  HÖiebererfdjeinen 
jeigte  fich  feine  ©pur  (pjilofopßuntena)  5  nad)  bem  anbern  gab  er  bor,  fidj 
in  ben  Himmel  emporpbeben ,  ftürjte  aber  herab  unb  ftarb  eines  fämmer= 
lieben  SobeS2. 

4.  3m  Kreife  ber  3ubaiften  bauerte  nod)  tangere  3cü  ber  Söiberftanb 
gegen  ben  fird)lid)ett  UniberfaliStnuS  unb  baS  gehalten  an  ererbten  93orurteiten 
fort.  Dlacß  HeflefippuS  berbarb  ein  gemiffer  SßebutßiS  aus  SXrget  barüber, 
baß  er  nach  bem  Sobe  beS  bl.  3afobuS  nid)t  33ifd)of  bon  3erufatem  marb, 
biefe  bis  bat)in  unbefledte  Kirche  unb  bitbete  eine  Partei,  bie  gegen  ben  jtoeiten 


1  3tit  neuerer  Seit  fiat  man  oft  bie  ©siftenj  bed  Simon  unb  feiner  Seite  an= 

gefodjten  (j.  93.  93aur,  Sie  djriftl.  ©nofid  S.  310.  ^ilgenfelb,  Sie  flement.  94e= 

fognitionen  unb  §omilien  [Setta  1848]  S.  817  ff.);  allein  au  ber  Süfotfartje,  baß  Simon 
ejüftiert  hat,  ift  nicht  p  jmeifeln,  unb  ehenfo  fidler  ift,  baß  im  2.  Saßrßunbert  eine 
gnoftifiße  Sette  beftanb,  toelthe  ben  Sftamen  „Simonianer"  trug  unb  ihren  Urfprung  auf 
Simon  ben  ßßagier  prüctfüßrie.  Über  ben  SJlagier  f.  folgenbe  Duellen:  Ioseph., 

Antiq.  XX,  7,  1.  2.  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  n.  120;  Apol.  I,  26.  56,  bei  Euseb., 

Hist.  eccl.  II,  3.  Hegesipp.  bei  Euseb.  1.  c.  IV,  22.  Iren.,  Adv.  haer.  I,  23,  1.  2; 
27,  1;  IV,  6,  4;  33,  3;  II,  9,  2;  31,  1;  cf.  Praef.  in  1.  2  et  in  1.  3.  Philosophum. 

VI,  7  sq.  (ed.  Miller  p.  160  sq.).  Sie  Sarfteßung  bed  SßftemS  gehört  in  ben  Stbfcßnitt 

über  ben  ©nofticidmud.  —  Sic  Dlachridjt,  baß  Simon  nad)  ßiont  getommen  fei,  beruht 
auf  bem  Seugniffe  bed  Suftinud  (p  c.)  f  p0n  metd)em  ed  bie  anbern  alten  Sihriftfteltcr 
übernommen  hQben.  Unb  Smftinud  teilt  enttoeber  eine  unter  bem  cßriftlichen  93oIte 
Dtomd  berbreitete  Slnficßt  mit ,  meldje  an  eine  angeblich  auf  ber  Siberinfel  aufgefteftte 
Statue  bed  Simon  mit  einer  ißm  getoeihten  Snfdirift  anfnüpfte,  ober  Suftinud  fetbft 

fdjloß  feine  Slnfidjt  aud  bem  93orhanbenfein  biejer  Statue,  ©d  ift  jebod)  nicht  p  be- 

ätoeifcln ,  baß  bie  angebliche  Statue  bed  SOtagierd  bem  alten  fabinifchen  ©ott  Semo 
Sancud  getoeißt  mar;  bamit  faßt  bie  ©runblage  für  bie  ßiftorifeße  ©laubtoürbigfeit  bed 
Seugniffed  3mftind  über  bad  Auftreten  Simond  in  fftorn  baßin.  Cf.  P.  Lugano,  Le 
memorie  leggendarie  di  Simon  Mago  e  della  sua  volata  (Nuovo  Bullettino  di  Archeol. 
crist.  1900,  p.  29 — 66). 

2  Simond  Sob  in  ben  Philosophumena  VI,  20  ganj  oerfeßieben  oon  . Ai-nob ., 
Adv.  nat.  II,  12  li.  a. 


110 


Sie  ©rfinbung  mib  erfie  Ausbreitung  ber  ßirche. 


tßifdjof  Simeon  fid)  erhob  nnb  ilm  oerfolgte.  53eibe  Seile  tarnen  bor  ber  $er= 
ftörung  Serufalein*  nach  $ella  unb  in  bie  Sefafmli§,  unb  bie  Abgefchloffenhcit 
ber  Seftierer  Ijinberte  tool)l  nicht,  bafi  fie  Oon  ben  ©ffenern  biefer  ©egenben 
mond)c§  annaljmen.  Sie  Anhänger  be§  S’hebuihiS  blieben  in  adern,  fomeit  e§ 
anging ,  Silben ,  nur  bafi  fie  Sefum  al§  ben  9Deffia§  anerfannten  1.  Sie  er= 
hielten  ben  Damen  ber  ©bioniten  (Arme)  mol)l  toegen  geiftiger  unb  leiblicher 
Armut  ^gleich,  bielleidü  and)  toeil  Shebut'hi»  al§  arm  bejeid)net  tuarb  ober 
fid)  ©bion  nannte2.  Siefelben  toerben  Oon  3menäu»  als  tpäretiter  angeführt, 
bie  blofi  ba§  9Datthäu»ebangelium  gebrauchten,  ben  Afioftel  ^aulu§  al§  Ab= 
trünnigen  be§  ©cfetjeg  Oermarfen,  bie  ^roplieten  miHfürlicf)  beuteten,  am 
mofaifdfen  Düu§,  felbft  an  ber  33efd)neibung,  feftfjielten  unb  Serufalem  al§  ba§ 
|>au§  ©otte§  bereisten.  £)rigene§  (unb  nad)  il)in  ©ufebiug  unb  Sljeoboret) 
jäljlen  jmei  klaffen  Oon  ©bioniten  auf:  a)  bie  einen  erflören  Sefum  für  einen 
geioöl)nlid)en  Dtenfdjen,  ben  Soljn  3ofeph§  unb  ber  Dtaria,  b)  bie  anbern 
gaben  feine  munberbare  ©eburt  au§  ber  Sungfrau  ju;  beibe  Seile  erfannten 
bie  ©ottljeit  Sefu  nicht  an.  Sie  jmeite  klaffe  mar  entroeber  bem  3renäu§  unb 
Sertullian  unbelannt,  ober  fie  l;at  fid)  erft  fpöter  l^erau§gebilbet ;  bie  elftere 
Anficht  fcheint  bie  urffirünglid)  ebionitifdje  ju  fein.  Sie  nahm  mal)rfcheinlid) 
an,  $efu§  fei  burch  feine  ©efe^eSerfüüung  gerecht  gemorben,  £;abe  bei  ber  Saufe 
bie  meffianifdfe  SBeilje  erhalten  unb  merbe  bei  feiner  jmeiten  Antunft  glorreich 
erfdjeinen,  ähnlich  mie  ©erintl)u§  lehrte.  33eibe  Dichtungen  tarnen  in  ber  23eob= 
ad)tung  be§  mofaifchen  ©efe|e§,  in  ber  Dermerfung  be§  ^ßaulu§  unb  feiner 
Schriften  fornie  in  ber  alleinigen  Annahme  be§  aramäifchen  ©bangelium§  nach 
DtattljäuS  überein.  Sie  milberen  ©bioniten,  toelche  bie  jungfräuliche  ©eburt 
Sefu  jugaben,  finb  Oon  einigen  al§  bie  fpäter  unter  bem  Damen  ber  Dajaräer 
belannt  gemorbenen  Sefmratiften ,  üon  anbern  aber  als  üon  biefeit  oerfdjieben 
bcjeidjiiet  morben3. 


1  Hegesipp.  bei  Euseb.  1.  c.  IV,  22;  Ogi.  mit  III,  32.  South,  Reliq.  sacr. 
I,  238  sq. 

2  Ser  Dame  ber  ©bioniten  c’:Oqs  toirb  üerfchieben  gebeutet:  a)  Arme,  b.  i.  au 
irbifcfjen  ©üteru  Alangel  ßeibenbe  {Clem.  Alex.,  Hom.  XV,  7—9),  Angehörige  ber  armen 
jerufalemifchen  ©emeinbe.  b)  Arme  bem  ©eifte  nach  {Orig.,  De  princ.  IV,  n.  22: 
~Tur/oi  rg  diavoia )  toegen  beS  bürftigen  ©tanbpunfteS  beS  Oon  ihnen  feftgehaltenen  ©e= 
fetseS  (C.  Cels.  II,  1)  ober  toegen  ihrer  ärmlichen  Anficht  über  ©hriftuS  (In  Matth, 
tr.  16,  n.  12;  Migne ,  Patr.  gr.  XIII,  1413:  -Tto'/euujv  nspi  rrjv  sig  ’JgooDv  tziotiv. 
Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  27.  Epiph.,  Haer.  XXX,  7).  c)  Aach  anbern  fomrnt  ber  Aame 
Oon  ben  Sfuben,  melcEje  juerft  ihn  ben  ©hrifieu  toegen  ber  äußerlich  armen  ißefchaffenheit 
ihrer  ©emeinbe  gaben,  fie  als  Döbel  (3toh.  7,  49)  betrachteten,  d)  §aneberg  (S3ibl.  ßffen= 
barung  <S.  511)  leitet  ihn  ab  Oon  aba,  xay,  bem  groben  Meibe  ber  iöettelmönche. 
e)  Anbere  benlen  au  Aabbi  Sfaba  ober  Abun  (nach  Tract.  Soma  nnb  Sohar).  f)  Sßieber 
anbere  faffen  ©bion  als  biftorifdje  Derfon  auf  mit  ^Berufung  auf  Tert.,  De  praescript. 
c.  10.  33;  De  virgin.  vel.  c.  6;  De  carne  Chr.  c.  14.  Orig.,  In  Rom.  1.  3,  n.  11 
{Migne,  Patr.  gr.  XIV,  957 :  Hoc  et  Ebion  facit,  sc.  nt  Marcion.).  Hier.,  Adv.  Lucif. 
c.  23  (too  ©bion  als  Aachfolger  beS  ßerintb  erscheint).  Epiph.,  Haer.  XXX,  24  (too 
©bion  mit  ©erintt)  Dertoechfelt  toirb);  n.  1.  2  (too  ber  Aame  überhäufet  üon  einem 
DAanne  abgeleitet  toirb).  Philosophum.  VII,  35  (Oon  ber  (Schule  be§  ©erinth  unb 
beS  ©bion).  Pacian.,  Ep.  1  ad  Sympron. 

3  Quellen:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  26,  2;  II,  21,  1;  IV,  33,  4;  V,  1,  3;  III, 
25,  1  sq.  Philosophum.  VII,  34  (ed.  Miller  p.  257.  258).  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  27. 


9.  ®ie  Sfrrleljren  im  a^oftoliftijen  3citalter. 


111 


©ufebiuä  (Hist.  eccl.  III,  27)  fagt  Don  6 eibett  Klaffen,  baf;  fie  btofe  ba£  £>ebräer= 
ebatigelium  feftt>ielten  mit  ©eringfcfjä^nng  ber  anbern  Schriften  (be§  Steuen  ®eftamenfeg), 
toahrenb  3 r e n ä u S  (Adv. haer. I,  26,  2)  bom 9Jtatthäu§ebangeIium  f^ric^t.  ®f)eoboret 
(Haer.  fab.  H,  1)  fagt,  baff  bie  ©egner  ber  jungfräulichen  ©eburt  be§  £>ebräerebangeliumS 
fi<h  bebienten,  bie  milberen  ©bioniten,  bie  neben  bem  ©abbat  auch  ben  ©onntag  feierten, 
beS  ©bangeliumS  nach  3Dlattt)äu3.  ®iefe  berfdjiebenen  Slnfichten  finb  toof)l  am  beften  fo 
ju  bereinigen,  baf]  ber  aramäifche  3DIattI)äu8,  auch  ©bangelium  xatf  'Eßpatoug  genannt, 
in  gmeifacher  ©eftalt  ejiftierte,  bei  jeber  ber  beiben  Parteien  mit  eigentümlichen  3ufä|en, 
nicht  unberänbert,  aber  in  ber  §auf>tfache  bem  fanonifchen  ®ejte  fonform.  3n  ber  ©eftalt, 
bie  es  bei  ben  milberen  Stubencfjrifien  (Slajaräern)  fjatte,  fdjrieb  c§  £>ieront)mu§  ab  unb 
überfefste  eg;  mehrfach  teilte  er  Stetten  baraug  mit.  Slug  ber  ebionitifchen  iftecenfion  ftammt 
tbohl  ber  ban  Origeneg  (In  Io.  tr.  2,  n.  6;  cf.  In  Ier.  hom.  15,  n.  4  [Migne,  Patr.  gr. 
XIV,  132  sq. ;  XIII,  433])  aug  bem  ^ebräerebangelium  angeführte  ©atc :  „SOleine  SJtutter, 
ber  ^eilige  ©eift,  nahm  mid)  an  einem  meiner  §aare  unb  trug  mich  fort  auf  ben  großen 
93erg  ®habor."  ©ie  toar  eg  tooht  auch,  bie  ©hmmadhuä,  ber  bebeutenbfie  ber  ©bioniten 
(anbere  nennen  ihn  ©amaritaner :  Epiph.,  De  pond.  et  mens.  c.  16.  Pseudo -Äthan. 
bei  Migne,  Patr.  gr.  XXVIII,  433  sq.  Phot.,  Amphil.  q.  154,  ed.  Par.  p.  820  sq.), 
nach  bem  fogar  ber  9tame  ©hmmadjianer  auffam  (Pseudo -Ambros.,  Prooem.  in 
Gal.  August.,  C.  Crescon.  I,  31),  ber  Söerfaffer  einer  neuen  griechifdjen  Überfe|ung  beg 
Sitten  ®eftamenteg,  aufrecht  erhalten  toollte,  als  er  baS  in  ber  Kirche  gebrauchte  griecfjifdje 
3D4atthäu§ebangeIium  befämfifte  (Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  17).  ®ag  bon  ißafiiag  benutzte 
ipebräerebangelium  fott  bie  ©efdjichte  bon  ber  toegen  bieler  ©ünbeit  bor  ©hriftug  an= 
gefragten  ffrau  enthalten  hoben  (Euseb.  1.  c.  III,  39  fin.).  Ob  an  $of).  8,  3  ff.  ober 
ßuf.  7,  39  ober  an  eine  anbere  ©teile  zu  benfen,  ift  zweifelhaft-  ®ie  ©bioniten  hotten 
noch  bie  Periodi  Petri,  angeblich  bon  Klemeng,  beSgleidhen  eine  bcfonbere  Styoftel» 
gef(hid)te  (Epiph.,  Haer.  XXX,  n.  15.  16). 

5.  ®te  fRojaräer  toaren  mahrfdjeiultch  Slbfömmltnge  ber  nach  ^ella  ge= 
flüchteten  unb  großenteils  am  2oten  füteere  angefiebelten  Subendjrtflen,  bie  in 
ihrer  31bgefd)loffenl)eit  ber  fird)Iid>en  ©ntmidlung  ganj  entfrembet  mürben.  (Sie 
hatten  nur  ihren  hefjröifdjen  (ft)ro=chalbcufchen)  SJZatthäuS,  ertannten  ben  ^ßauluS 
als  f)eibenaf>oftel  an,  beobachteten  aber  für  ficf)  ba§  mofaifdje  ©efe|  einfd)ließ= 
lid)  ber  Sefchneibung;  fie  belannten  ©hrifti  jungfräuliche  ©eburt,  $ob  unb 
3luferftef)ung  fomie  feine  Söürbe  als  ©otteS  Sohn.  Sie  behielten  ben  itr[prüng= 
lieh  allen  ©triften  gegebenen  tarnen  (31hg-  24,  5)  bei,  roaren  reine  3}uben= 
chriften,  bie  ben  Reiben  nicht  ba§  Subentum  aufbrängen  moöten,  mogegen  fchon 
ber  hl-  3gnatiu§  (33rief  an  bie  SphilGbelßhier  $a|3.  6)  eiferte.  ^uftinuS  unter= 


Epiph.,  Haer.  XXX.  Orig.,  In  Matth,  tract.  11,  n.  12  (Migne,  Patr.  gr.  XIII,  940: 
dMym  Sk  SiacpipovTsg  rtvv  Ioudaiwv  ’Eßtcovaioi) ;  In  Gen.  hom.  3,  n.  3  (ibid.  XII,  179 : 
nonnulli  ex  iis ,  qui  Christi  nomen  videntur  suscepisse,  et  tarnen  carnalem  circum- 
cisionem  suscipiendam  putant,  ut  Ebionitae);  Commentar.  series  in  Matth,  n.  79 
(ibid.  XIII,  1728:  ber  falle  in  ben  ©bioititigmug,  ber  nach  ©hrifti  SSeifpiel  Dftern  more 
iudaico  feiern  3U  müffen  glaubt) ;  In  Ier.  hom.  18 ,  n.  12  (ibid.  p.  485  sq.  Oon  ber 
Säftcrung  beg  Paulus) ;  »gl.  C.  Cels.  VI,  65.  Hier.,  In  Matth.  12.  2.  3toei  Klaffen 
hon  ©bioniten  bei  Orig.,  C.  Cels.  V,  61.  65;  ln  Matth,  tr.  16,  n.  12  (Migne,  Patr. 
gr.  XIII,  1412).  ©etoöhnlidh  bezeichnet  er  bie  ©egner  ber  jungfräulichen  ©eburt  alg 
©bioniten  fchledjthia  (In  Luc.  hom.  17  [ibid.  XIII,  1844].  In  Ep.  ad  Tit.  [ibid.  XIV, 
1304]).  3toei  Klaffen  auch  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  27.  Theodoret. ,  Haer.  fabul. 
II,  1.  ®afj  Iren.,  Adv.  haer.  I,  26,  2  nicht  non.  similiter  ut  Cerinthus  etc.,  fonbern 
nach  ©robe  consimiliter  gelefen  toerben  muf},  zeigt  nebft  ber  Argumentation  bafelbft 
(IV,  33,  4)  ber  ganz  entfprechenbe ,  aus  SlrenäuS  herübergenommene  ®ejt  in  ben 
Philosophum.  VII,  34:  öpocuig  tw  K.  S8gl.  Theodoret.,  Dial.  II  (Opp.  IV,  129, 
ed.  Schuhe). 


112 


Sie  ©riirtburtg  unb  erfte  2tu3breitung  ber  ßirdpe. 


fcpteb  jmet  klaffen  üon  ^ubendjriftert :  folc£)e ,  bie  ba§  ©efetj  beobachten  mit 
33et)au.ptung  feiner  fftotmenbigfeit  jurn  ßeite  unb  mit  gleirfjer  ütnforberung  an 
bie  belehrten  Reiben,  fotuie  fotdje,  metdje  e»  für  fid)  beobad)ten,  aber  bie§ 
nicpt  bon  anbern  forbern,  noch  ba»  ©efet)  at§  unerläßliche  fBebingung  bei 
Reitel  betrachten.  ®ie  erfteren  erfennt  er  nicht  an,  bie  letzteren  läßt  er  all 
wahre  ©Triften  gelten.  Origenel  unterfdjeibet  bret  klaffen:  1)  fotcbe,  bie  ben 
Sflofailmul  böllig  aufgegeben  unb  mit  ben  §eibend»riften  beffen  ©ebote  ttipifd) 
erftären;  2)  fotcbe,  bie  ben  mßfiifch  =  tßpifchen  ©inn  bei  ©efetfel  mit  bent 
bucbftäbticben  berbinben  motten,  bal  ©efeß  für  fich  beobachten,  ohne  beffen 
abfotute  ©ettung  ju  behaupten  (entfpredjenb  ben  fftajaräern) ;  3)  fotcbe,  bie 
ben  mpftifdjen  ©inn  ganj  bermerfen,  bei  bem  33ud)ftaben  bei  ©efeße§  fleßen 
bleiben  gleich  ben  fteifdjlicben  3uben  unb  ben  befd)ränften  ©tauben  an  $eful 
mit  bctn  gepalten  an  bem  fDtofailmul  §u  berbinben  fid)  bemühen  (bie 
©bionitett).  33on  feiten  ber  rechtgläubigen  tpeibendfriften  mürben  meiftenl  bie 
jubaifierenbett  Parteien  ignoriert,  bie  Ie|teren  mie  Suben  angefepen.  2öir 
tonnen  ßeutjutage  ben  ©ntmidtunglgang  biefer  Parteien  nicht  mehr  genau 
befiimmen  unb  namentlich  nicht  mehr  entfcheiben,  ob  bie  fftajaräer  früher 
bon  Anfang  an  balfetbe  lehrten  unb  annahmen,  mal  fpäter  ©piphanittl  unb 
§ieronpmu§  bon  ihnen  berid)teten. 

Speoboret  (Haer.  fab.  II,  2)  fagt :  „Sie  Stcgaräet  gebrauchen  ba§  Evang. 
secundum  Petrum  unb  hotten  ©prifium  für  einen  Hoffen  SOlenfcpen."  Slttein  fidler  toar 
fcieronpmuS  (bgt.  De  vir.  ill.  c.  33)  beffer  über  fie  unterrichtet.  ©r  bemerft  (Ep.  74, 
al.  89  ad  Aug.) :  Credunt  in  Christum  Filium  Dei,  natum  de  Yirgine  Maria,  et  eum 
dicunt  esse,  qui  sub  Pilato  passus  est  et  resurrexit,  in  quem  et  nos  credimus,  unb 
führt  toeiter  an ,  bah  fie  Suben  unb  ©tjriften  jngteidh  fein  motten ,  ba§  ©efetc  nicht  ben 
§eiben  aufbrängen  (In  Is.  1,  12) ,  nid)t  ben  2tpoftet  tpautitS  paffen  (ibid.  9,  1) ,  ba§ 
fprocpalbäifcije  ©bangetium  nah  HlattpauS  gebrauten  (C.  Pelag.  III,  2).  ©pippaniuS 
(Haer.  XXIX,  9)  fagt,  baff  fie  tu  xarä  Marßatov  ebayyiXiov  TiXrjpioraTov  kßpdirrd  haben, 
Bietteicpt  (toa§  bod)  untoaprfcbeittticäh)  ohne  bie  ©eneatogie  am  2lnfange;  fo  toenig  als 
ihre  ©priftotogie  (ibid.  n.  9)  bannte  er  it)r  ©Bangetium  genauer ;  ipm  tag  looht  bie 
ebionitifcpe  Hecenfion  Bor,  inie  bem  §ieronpmu§  (In  Ezech.  24,  7;  In  Matth.  12,  13; 
23,  35)  bie  najaraifcpe.  $n  bem  ebionitifcpen  ©pemptar  toar  aber  hoch,  fobiet  gremb= 
artige§  e§  enthielt,  ber  echte  HtattpäuS  (Bon  ßap.  3  an)  noch  erfennbar  ( Epiph .  1.  c. 
XXX,  13  sq.).  ipegefippuS  (bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IY,  22)  führte  meprereä  an  ix  rs 
toü  xaif  Eßpaiouq  sbayysXtou  xal  toü  oupiaxod ,  barunter  auch  SUtattp.  13,  16  ( Steph . 
Gobctr.  bei  Phot..,  Cod.  232,  ed.  Becher  p.  288).  §ieronpmu§  (In  Is.  11,  1)  giebt  bie 
©tette:  Descendit  super  eum  omnis  fons  Spiritus  Sancti  (cf.  Epiph.  1.  c.  XXX,  13),  fotoie 
(C.  Pelag.  III,  2)  bie  anbere  Bon  ber  Saufe:  Quid  peccavi,  ut  vadam  et  haptizer  ab  eo? 
Nisi  forte  hoc  ipsum  quod  dixi  ignorantia  est.  ©r  bemerft  ju  Htattp.  12,  13:  ber 
homo  habens  manum  aridam  (ebb.  2}.  10)  fei  in  bem  bon  it)m  überfeinen  pebrdifcpen 
©Bangetium  coementarius.  Sie  SÜöorte  ©prifti :  Aöxcpot  TpanstßiTai  ylveer&s  311  Htattp. 
25,  27  toerbeit  Orig.,  In  Io.  tr.  19,  n.  2  ( Migne ,  Patr.  gr.  XIV,  540),  unb  CI  ent.  Alex., 
Strom.  I,  28,  ed.  Polter  p.  355;  II,  4,  p.  365;  VI,  10,  p.  655;  VII,  15,  p.  754,  über= 
paupt  Bon  Bieten  2llten  angeführt  (Bgt.  Apell.  bei  Epiph,.  1.  c.  XLFV,  2.  Socr.,  Hist.  eccl. 
III,  16.  Nicephor.  Call.,  Hist.  eccl.  X,  26),  Bon  SionpfiuS  211  e  p  a  n  b  r.  (bei  Euseb. 

I.  c.  VII,  7)  als  apoftolifcp,  Bon  ©prittuS  Bon  2ttepanbrien  (In  Is.  1,  22;  3,  3)  at$ 
pautinifcp  (bgt.  1  Speff.  5,  21).  91acp  Uff  er  (Proleg.  in  ep.  Ignat.  c.  8)  u.  a.  flammen 
biefc  Bietgebraucpten  SBorte  aus  bem  §ebräereOangeliunt.  Über  bie  Subencprifien  Bgt. 
Iustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  47,  bet  bie  ©taubenSeinpeit  fdpörf  perBorpebt  unb  bie  3Uedpt= 
gläubigen  Bon  ben  ßepern  genau  unterfcpeibet  (c.  63.  80.  116).  Sögt.  Orig.,  C.  Cels. 

II,  3;  In  Gen.  hom.  3,  n.  5. 


dritter  Abfdjn.  1.  ®ie  Ausbreitung  beS  Spriftent.  in  ben  berfcp.  Säubern.  H3 


dritter  Abfdjnitt. 

Die  Dcibrcitmtg  kr  fitrdje  in  kn  Jltttdmcfrlättknt  mti>  bie 
iXnsgiftaUmtij  ks  liirdjltdjrn  Gebens. 

(Vom  Auotjotto,  l>eo  1.  bie  gegen  ffinlie  Iure  2.  Hal)tljnnt>eet0.) 

1.  Qie  Ausbreitung  bc§  ©IjriftentumS  in  bett  bcrfdjiebcnen  Säubern. 

ßitterotur.  —  Batiffol,  L’extension  geograpliique  de  l’Eglise  (Revue  biblique 
1895,  p.  137  ss.).  Duchesne,  Fastes  episcopaux  de  l’ancienne  Gaule.  Vol.  I.  Paris 
1894.  Morcelli,  Africa  cliristiana.  Vol.  II.  Brixiae  1817.  Le  Quien,  Oriens  clinstiarms. 
8  voll.  fol.  Paris  1740. 

Qie  <55efd)id)te  ber  9JliffionSthätigfeit  ber  ^Xpoftel  bat  gezeigt,  in  iveldjen 
©egenben  fie  perfönlid)  bie  Selfre  beS  fpeileg  berfiinbet  itnb  dpriftlidtje  ©euteinben 
geftiftet  haben.  3n  berfelbcn  3eit  mar  jebod)  in  jahlreidien  anbern  (Stabten 
baS  ©hriftentum  bereits  befannt  gemorben  burep  bie  Süiätigfeit  Don  ©laubeng= 
boten,  über  bie  ung  feine  Quelle  berichtet  hat.  2ßenn  mir  ba§  ©ebiet  iiber= 
bliden,  auf  mefepem  ftd)  gegen  Auggang  be§  1.  3af)rhunbert§  georbnete  (5htiften= 
gemeinben  öorfinben,  fo  tnüffen  mir  ftaunen  über  bie  grojie  räumlithe  Au g= 
behnung  beg  ©hrifientumS,  meldje  mir  feftfteHen.  Qiefe  Verbreitung  bauerte  im 
Saufe  bes  2.  3af)rhunbertS  in  bem  gleiten  SAajjftabe  fort.  gmar  erfahren 
mir  feiten  ober  nie,  burdj  mefdje  ©laubengboten  juerft  in  biefer  ober  jener 
Stabt  baS  ©bangelium  berfünbet  morben  ift.  Aur  ganj  jufäüig,  bei  irgenb 
einer  gerichtlichen  Veranlaffung,  treten  uns  boHftänbig  organifierte  Ghriflen= 
gemeinben  entgegen,  greifen  in  bie  hiftorifche  ©ntmidlung  ein  unb  offenbaren 
bag  in  ihnen  pulfierenbe  firchlicbe  Seben.  Qie  3ufammenfteHung  biefer  Aad)= 
rid)ten  über  bie  ©hFiftengemcinbert  berfdjiebener  Sauber  bietet  uns  ein  menn 
aud)  notmenbigermeife  unooHftänbigeg  Vilb  ber  Augbreitung  ber  ^irdje  big 
gegen  Auggang  beg  2.  Safjrhunbertg. 

Am  fpärlicpften  fließen  bie  fidjeren  Quellen  für  bie  meiften  römifdjen 
^robinäen  be§  AbenblonbeS.  Abgefehen  bon  Aorn,  mo  bie  ©hdftengemeinbe 
bon  ber  apofiolifdjen  3e>t  an  m  hekm  Sichte  ftral)lt,  miffen  mir  über  bie 
Kirchen  3talien§  fe^r  menig.  Alg  ber  1)1-  $aulug  auf  bem  Vobett  Italiens 
lanbete,  fanb  er  in  ißuteoli  eine  ©emeinbe  cbriftlidjer  Vrüber,  bei  benen  er 
fieben  Sage  bermeilte  (Apg.  28,  13).  Sn  Pompeji  hat  man,  mie  eg  fdjeint, 
flüchtige  ©puren  beg  ©hriftentumg  gefunben1.  2Benn  nun  in  biefen  beiben 
©tobten  bag  ßfjriftentum  fo  früh  ©ingang  gefunben  hatte,  fo  ift  nicht  ju  be= 
jmeifeln,  baf;  in  bebeutenben  ^afenftäbten  ©übitalienS  unb  ©ijilieng,  bie  in 
fo  regem  Verfepr  mit  bem  Orient  ftanben,  mie  in  Aeapel,  Vrinbifi,  9Aeffina, 
©prafug,  fiep  ebenfalls  fdpon  djriftlidpe  ©emeinben  gebilbet  hatten.  3mar  rühmen 
fid)  mehrere  ©täbte  in  Sftittefc  unb  Aorbitalien,  mie  Sßifa,  Succa,  Aabenna, 
Aiailanb,  Aquileja,  bon  Schülern  ber  Apoftel  bag  ©bangelium  erhalten  ju  haben; 
allein  bie  Segenben,  meldje  bieg  berichten,  fomie  bie  Atartpraften,  bie  bon 
Vlutjeugen  biefer  ©täbte  aug  ber  Aeronifcpen  Verfolgung  fpreepen,  fönnen  feine 
hiftorifdie  ©Iaubmürbigfeit  beanfpruepen.  ©idjer  ift  jebod),  bap  eg  gegen  Aug- 


1  De  Rossi ,  Bullett.  di  Archeol.  crist.  1864,  p.  69 — 72.  92 — 93. 

§etgenrötl)er,  ßirdjengef(f|icl)te.  I.  4.  Stuft.  8 


114  iöerbreitung  unb  AuSgeftaftung  ber  $ird)e  im  2.  Sahrpunbert. 

gang  bei  2.  Sahrtfunbert!  Vifdjöfe  in  mehreren  Stäbten  Italiens  gab ;  in  ber 
Angelegenheit  bei  Ofterfeierftreitel  berfammette  Sßapff  Viftor  eine  Spnobe  in 
Vom,  beren  fDlitglieber  ohne  3^^  tßifcpöfe  italienifdjer  ©emeinben  waren1. 
Unb  nach  bem,  wa!  wir  über  bie  anbern  Sänber  bei  fftömerreichel  wiffert,  be= 
ftanben  biefe  ©hriftengemeinben  borwiegenb  in  ben  tpauptftäbten  ber  tpatbinfet. 
Von  Vom  au!  ifi  offenbar  ber  djrifttidje  ©taube  in  bie  übrigen  Stäbte  Italien! 
gebracht  worben. 

3n  Dalmatien  hat  ein  Sßautulf  chüter,  ber  hl-  Situ!,  ge  wirft  (2  Sim. 
4,  10);  bie  monumentalen  gunbe  auf  bem  altcbriftlichen  ©ömeterium  bon 
Satona  taffen  feinen  3tt)eifel  über  ba!  Vefteljen  ber  bortigen  ©hriftengemeinbe 
im  2.  Sahrtfunbert  übrig2. 

3n  ©atlieu  hat  bietleicht  ebenfalls  ein  Apoftetfhüter  feine  93iiffion§= 
thätigfeit  aulgeübt,  nämlich  ©relcert!,  ber  nach  einer  bttrd)  bebeutenbe  §anb= 
fdjriften  geflitzten  Selart  bom  hl-  ^autul  elg  FaMtau  gefanbt  würbe3.  3m 
jüböfttichen  Seite  bei  Sanbel  beftanben  im  2.  Sahrhunbert  blüljenbe  Kirchen; 
in  Sßienne  in  ber  ^robinj  Aarbonnenfi!  unb  in  Spon,  ber  tpauptftabt  ber 
^robinj  Sugbunenfil,  haften  bie  ©laubigen  bie  furchtbare  Verfolgung  bei 
Sahrel  177  au!,  ber  auch  ber  greife  Vifdfof  33otf)inul  bon  Spott  jum  Opfer 
fiet;  fein  Aachfolger  würbe  ber  fp-  Srenäul.  Siefer  fpricht  im  allgemeinen 
bon  ber  Verbreitung  bei  ©hriftentum!  bei  ben  ©ermatten,  ben  betten  unb  ben 
Sberertt4  unb  bezeugt  baburcf)  iebenfattl  bal  Vorbringen  bei  djriftlichen  ©tau- 
benl  in  bie  ©egenben  bei  mittleren  unb  öfttidjen  ©aüienl5,  fetbft  wenn  feine 
2Borte  wie  bie  ähnlichen  Aulbrüde  bei  Seriuttian6  nicht  urgiert  werben 
bürfen.  (Schon  bal  Vorbringen  bei  ©nofticilmul  im  fübtichen  ©attien,  ben 
Srettüul  in  feiner  Schrift  befämpft,  beweift  bie  Aulbreitung  bei  ©hriftentum! ; 
Stabte  wie  Vfarfeitte  unb  Artel  hatten  iebenfattl  im  2.  Safwhunbert  ihre 
Vifhoflfiije. 

Über  Vritannien  haben  wir  blojj  ein  attgemeinel  3eugnil  Ser  tut 
tiattl7,  aul  bem  nicht!  anbere!  gefcptoffen  werben  fattrt,  at!  bafj  e!  bort 
©hrifien  gab.  Sie  Segenbe  bon  ber  Vefefjrung  bei  britifdjen  Zottig!  Suciu! 
jur  3£tt  bei  5ßapfte!  ©teutljeru!  hat  feinen  htftorifdjen  2ßert8. 

Sie  Shatfache ,  baff  ber  fd-  ^ßautu!  feine  im  Aömerbrief  (15,  24)  au!= 
gefprochene  Abficht,  nach  Spanien  ju  reifen,  fehr  wahrfheintih  üerwirfticht 
hat,  haben  Wir  bereit!  früher  erwähnt,  ©injetheiten  über  bie  Aulbreitung 
bei  ©tauben!  auf  ber  iberiftben  ^atbinfet  erfahren  wir  jebod)  feine  in  biefer 
ganzen  3ett;  nur  im  allgemeinen  bezeugen  Seriuttian  unb  Stettäul,  baff  e! 
bort  im  2.  3ahrt)unbert  ©haften  gab,  unb  biefe!  3euÖnig  tft  ftdter  at!  hiftorifh 
anjunehmen. 


1  Euscb.,  Hist,  eccles.  V,  26. 

2  S  e  1  i  <S ,  ®a§  ©ömeterium  oon  SJtanafiirine  (9iöm.  Guartalfcpr.  1891,  <B.  10  ff. 
105  ff.  266  ff.). 

s  2  Sim.  4,  10.  Anbere  &anbfcpriften  paben:  dg  Falaztav.  Cf.  Duchesne, 
Fastes  episcopaux  I,  151  s. 

4  Iren.,  Adv.  haer.  I,  2.  6  Cf.  Duchesne,  Fastes  episcopaux  I,  40  s. 

6  Adv.  Iudaeos  c.  7.  7  Ibid. 

8  Duchesne,  Liber  Pontificalis  I,  Introduction. 


1.  $ie  Ausbreitung  beS  ©briftentumS  in  beit  berfcbiebencn  Säubern. 


115 


Aad)  ben  lateinifdjen  Sprobinjen  9iorbafrifa§  i[t  ber  d£>riftlid;e  ©laubc 
ohne  gtüeifel  bott  9tom  au§  gebracht  toorbcn,  jumal  bet  bent  lebhaften  iBerfcijr, 
tüeldjer  ämifdjen  bet  fmuptftabt  be§  Aeidjeä  unb  Karthago,  bet  mid)tigfien  ©tabt 
ber  brei  ^tobinjen  Afrifa,  ÜRumibia  unb  9)2auretania ,  f)errfd)te.  ^ebenfalls 
tuar  bort  gut  3£it  StertullianS  bie  3aljf  bet  ©Ijriften  fdjon  feljr  beträd)tlid) ;  betm 
menn  and)  bet  feinett  ©d)ilberungen  bie  rljetorifcben  Übertreibungen  in  92ed)nung 
gebrad)t  tberben  miiffen,  fo  ift  bod)  ba»  ftolje  Semufdfein,  mit  melchetn  er  in 
feinen  apologetifdjen  ©djriften1  bett  tpeibett  bie  grofje  3al)l  ber  Triften  bor 
Augen  hält,  ein  33emei§  bafiir,  bafj  e§  jaljlreicbe  (Gläubige  in  jenen  bliiljenben 
^robinjen  gab.  ©eine  Angaben  tnerben  beftätigt  burd)  ein  fpätcre§  3euQbi§ 
be§  t)t.  ©pprian,  bag  einer  feiner  Vorgänger  auf  betn  bifd)öflid)en  ©tuljle  bon 
$artf)ago,  Agrippiitu»  (Anfang  be§  3.  3aljrhunbert§),  eine  ©pttobe  bon  ja^l= 
reifen  (plurimi)  33ifd)öfett  au§  Afrifa  um  fid)  berfammelt  hatte2.  93on  Am 
fang  an  erfdjeint  Karthago  al§  ba»  3eiltrum  be»  firdjlidjen  2eben§  in  biefen 
^Irobinjen;  bon  bort  au§  ftnb  jebenfatte  bie  anbern  ©Ijriftengemeinben  fetter 
Sänber  organifiert  morbett. 

sDfebr  ©inäelljeiten  l)infid)tüd)  ber  Ausbeutung,  meldje  ba§  ©Ijrifientnm 
in  biefer  ^ßeriobe  getnonnen  hatte,  befreit  mir  über  bie  orientalifdjen  ^]ro- 
binjen.  SDic  §auptftabt  ÄgpptenS,  Alejmnbrien,  mar  ba§  3cnttaut,  bon 
bem  au»  ber  d)tifilid)e  ©taube  in  biefem  uralten  ^ulturlanb  fid)  berbreitete. 
©ufebiuS  l)at  feiner  $ird)engefd)idjte  ba§  alte  33erjeid)tti»  ber  alej:anbrinifd)en 
33ifd)öfe  einberleibt.  2Bir  jät)Ien  bort  16  33ifdjöfe  bor  ^onftantin  b.  ©r.  (bis 
junt  f)I.  ipetruS  bon  Alejmnbrien  einfdjliejilid)),  unb  bie  3ett  ber  fedjs  lebten 
fapt  fiep  burd)  anbere  Quellen  feftftetlen.  SDafs  bie  bortige  ©briftengemeinbe 
im  1.  3a()rbunbert  entftanben  ift,  unterliegt  feinem  3^eifet;  mir  haben  feinen 
f)iftorifd)en  ©runb,  bie  alte  Srabition  ber  alej:anbrinifd)en  ^ird)e  abjumeifen,  nadj 
meldjer  ber  f)l.  9ftarfitS  ba§  ©baugelium  bort  berfünbet  unb  eine  d)rifitid)e  ©e= 
tneinbe  gegrünbet  f)at;  bielleidjt  ift  ber  Anfang  bcrfelben  nod)  früher  anättfe^en. 
Oer  $aifer  ^abrian  fpridjt  in  feinem  Briefe  an  ©erbianu»  bont  Saljte  131 
bon  ben  ©briften  AlejanbrienS 3.  3bre  9r°Be  S3ebeutung  erhielt  bie  bortige 
$itd)e  burd)  bie  $ated)etenfd)ule  unb  bereit  Sefjrer  Kiemen»  unb  Origene». 

ipaläftina,  bie  SBiege  beS  ©IjriftentumS  unb  ber  ©cbauplatj  ber  21)ätig= 
feit  $efu  ©btifii  fetbft,  ^atte  burd)  bie  beiben  Kriege  unter  Sßefpafian  unb  unter 
tpabrian  furchtbar  gelitten.  Subäa  mar  fein  jübifdjeS  Sanb  mef)r,  fonbern  eine 
röntifche  ^robittj  mit  betleniftifdjer  Kultur,  melche  befonberS  in  ben  ©täbten 
am  ÜQfeere,  in  ©äfarea  ©tratoni»,  ber  ipauptftabt,  in  Soppe,  ©aja,  bann  in 
AeapoliS,  ©ebafte  unb  anbern  ihren  fUlittelpunft  batte;  an  bie  ©teile  ber  f)ei= 
ligctt  ©tabt  ber  jubelt  mar  Äfta  ©apitolina  gegrünbet  toorbcn.  Alle  biefc 
©täbte  unb  genüg  jablreiche  anbere,  auch  bie  ßüftenftäbte  ^3  h  ö  n  i §  i  e n § ,  $pru§, 
©ibott,  93ert)tu§,  umfd)loffcn  d)riftlidjc  ©emeinbeit. 

Söeiter  nörblid)  crreid)eit  mir  Antiodjien,  bie  bebeutenbe  Ipauptftabt 
be»  Orient»,  unb  bie  ^ßrobinj  ©priem  SDortljin  maren  bie  erften  ©f)riftu§= 
gläubigen  gefommen,  melche  burd)  bie  jübifcbe  SSerfolgung  au§  Serufalem  ber= 

1  Apolog.  c.  37 ;  Ad  Scapulam  c.  15.  2  Cypr.,  Ep.  LSXIII,  3. 

s  Vopiscus,  Vita  Saturniui  c.  8  ( Müller ,  Fragm.  hist.  gr.  III,  6241. 

8* 


116  Verbreitung  unb  SluSgeftaltung  ber  fltrdfe  im  2.  3aprpurtbert. 

trieben  morben  mären.  ©ufebiuS  pat  uns  ebenfalls  bie  Stfie  ber  Vifdpöfe  bon 
2tntiod)ien  aitfbetoaprt;  unter  ipnen  ragt  in  biefer  ißetiobe  befonberS  ber  pei= 
lige  üfiärtprer  SgnatiuS  perbot.  Von  Vntiocpien  auSgepenb,  überfdpritt  baS 
©priftentum  pier  im  Offen  früpjeitig  bie  (Brennen  beS  VömerreicpeS.  ©S  fanb 
©ingang  in  bie  Sanbfcpaft  DSrpoene  mit  ber  |)auptftabt  ©beffa,  mo  mir 
©nbe  beS  2.  ^ab)r^unbert§  ben  d)riftlid)en  dürften  Vbgar  Var  Vtanu  treffen. 
Die  früp  entftanbene  Segenbe  bon  bem  Vriefmecpfet  ©prifti  mit  bem  $önig 
Vbgat  (^önigSname)  bon  (Sbeffa 1  bezeugt  bie  Verbreitung  be§  ©priftentumS 
in  biefen  ©egenben.  5tucp  anbere  ©täbte  beS  großen  VeicpeS  ber  fßartper  am 
©upprat  unb  SigriS  patten  bereits  ©priftengemeinben  in  biefer  3eü. 

Unter  ben  §af)IreidE)en  ^robinjen  $IeinafienS  gab  eS  in  biefer  ^erU 
obe  mopt  feine  mept,  in  ber  nid)t  djriftlicpe  ©emeinben  beftanben  patten.  Die 
Spätigfeit  ber  Vpoftet  ^autuS  unb  SopanneS  in  biefen  (Bebieten  paben  mir 
befprocpen.  3tn  bie  ©laubigen  in  ^ontuS,  ©atatien,  ^appabocien,  Vfien  unb 
Vitppnien  ift  ber  erfte  ^etruSbrief  geridjtet.  §ür  bie  beiben  nörbticpften  ^5ro= 
binnen  Vitppnien  unb  ^3ontuS  paben  mir  baS  micptige  3engniS  im  Vriefe  beS 
piniuS  an  Srajan  aus  bem  Sapre  112,  nad)  metcpem  ber  cpriftticpe  ©taube 
bereits  unter  ber  Sanbbebötferung  ©ingang  gefunben  patte ;  fcpon  finb  bie  £;eib= 
nifcpen  Stempel  bertaffen,  bie  feierlichen  Opfer  unterbleiben ,  feiten  mirb  nocp 
Opferfteifd)  gefauft.  3sn  ben  Vtiefen  beS  VifcpofS  DionpfiuS  bon  ^orintp 
merben  bie  beiben  $ird)en  bon  Vifomebien  unb  VmaftriS  (unter  bem  $aifer 
9Jtarf  Vuret)  ermäpnt.  ^appabocien,  ©atatien  unb  tßapptagonien  treten  meniger 
perbor  in  biefer  3eÜ ;  bocp  finben  mir  aucp  pier  bie  $ircpen  bon  ©äfarea  unb 
bon  VmaftriS.  ©in  btiipenbeS  djriftticpeS  Seben  bagegen  perrfdjte  in  ben  po= 
binnen  ber  2Beft=  unb  ©übfüfte ,  befonberS  in  Slfia,  bem  reicpften  unter  biefen 
©ebieten.  Durcp  bie  Vriefe  beS  pt.  SgnatiuS  erfapren  mir,  baff  in  ©ppefuS, 
ÜJlagnefia,  Stalles,  ^pilabetppia,  ©mprna  ©priftengemeinben  beftanben,  jebe  mit 
iprem  Vifcpof,  ipren  pieftetn  unb  Diafonen.  Oie  Duetten  über  bie  ©efcpicpte 
beS  pt.  ptpfarp,  über  ben  VtontaniSmuS  unb  ben  Dfterfeierftreit  teprcn  unS 
anbere  ^ircpen  fennen :  pitometium,  fnerapotiS,  ©arbeS,  tpieropotiS,  ©pnnaba, 
Romane  unb  ppn^a;  prgamum  unb  Sppatira  paben  ipre  Vlutgeugen  in 
biefer  3eü-  Oie  Vacpricpten  beS  ©ufebiuS  über  bie  cpriftlicpen  ©ipriftfteller 
jener  ©egenben  taffen  bie  pope  Vebeutung  biefer  ©emeiitben  ftar  perbortreten. 
Oie  beiben  Snfetn  ©ppern  unb  $reta  maren  feit  ber  apoftotifdjen  3eÜ  in 
ben  $reiS  ber  cprifttidfen  VtiffionStpatigfeit  gezogen  morben.  Unter  ben  Vriefen 
beS  Vifdjof»  DionpfiuS  bon  ^orintp,  metd)e  bem  ©ufebiuS  borlagen,  gab  es 
aucp  folcpe  an  bie  Vifcpöfe  bon  ©ortpna  unb  bon  $noffuS  auf  ber  Snfet  $reta. 

Oie  hier  peüenifiifdjen  pobinjen  ber  Vatfanpalbinfet:  Sprafien,  Vtacc= 
bonien,  ©piruS  unb  Vcpaja,  maren  jum  Seit  längere  ber  ©dfauptatj  ber 
Spätigfeit  beS  pt.  putuS  getoefen.  Oie  ©täbte  Vp^anj,  2lnd)iatuS,  OebettuS 
in  Sprafien  merben  getegentlicp  atS  ©i|e  dftijilicper  ©eineinben  ermäpnt2. 


1  Tixeront,  Les  origines  de  l’eglise  d’Edesse  et  la  tagende  d’ Abgar.  Paris  1888. 

6.  o.  Sobfcpülj,  Ser  Vrieftoec^fet  jtoifcpen  Stbgar  unb  ^efug  (Seitfdpr.  für  toifjenfdj. 
Sfjeol.  1900,  422  ff.). 

2  Euseb.,  Hist,  eccles.  V,  19.  Tillemont,  Memoires  II,  315. 


2.  2)ie  allgemeine  Sage  ber  ßirdje  gegenüber  ber  ^eibnif^en  5Mt.  117 

3n  Vtacebonien  befielt  ©heffolonid)  feine  33ebeutnng  al»  Zentrum  be§  djrift- 
lidjen  Seben§;  an  bie  fatferlidjen  Beamten  biefer  ©tabt  mar  unter  anberem 
ba§  ©^reiben  be§  $aifer§  Vntoninu§  $ßiu§  ju  ©unften  ber  ©Triften  gerietet, 
bon  melchem  Vtelito  bon  ©arbe§  in  feiner  Apologie  fpricht1.  Unter  ben  ©e= 
meinben  ©ried)enlanb§  befielt  Forint!)  bie  erfte  ©teile ;  an  biefe  $ird)e 
ift  ba§  Schreiben  ber  römifdjen  Birdie  btird)  Clemens  gerichtet;  tj^r  mirfte 
unter  Vtarf  Vurel  ber  berühmte  Vifdfof  ©ionpfiuS,  bon  beffen  Sßaftoralfdjreiben 
an  berfd^iiebene  ©emeinben,  barunter  biejenigen  bon  Safebämonien  unb  Vttfen 
in  Vdjaja,  ©ufebiu§  eine  ©ammlung  befafi. 

©»  ift  fomit  ein  gewaltige^  ©ebiet,  über  roelcheS  [ich  ba»  ©hriftentum  im 
Saufe  bon  etma  150  fahren  au§gebreitet  hotte-  Vlan  tonn  fogen,  baß  gegen 
©nbe  be§  2.  gahrfmnbert»  alte  um  ba§  Vtittelmeer  gelegenen  Sänbcr  ihre 
djriftlidhen  ©emeinben  in  größerer  ober  geringerer  3.lnjaI)I  befaßen.  ©ie  ©e= 
fdjidjte  biefer  Ausbreitung  beS  ©bangeliumS  im  einzelnen  entjieljt  fid)  böttig 
unferer  Kenntnis.  V3ir  miffen,  abgefehen  bon  einzelnen  ©täbten,  in  benen  ber 
hl.  tpauIuS  bie  apoftolifche  Sehre  berliinbete,  bon  feiner  ber  zahlreichen  ©emeinben, 
mer  fie  gegrünbet  hot ;  nur  bon  menigcn  fennett  mir  bie  tarnen  ber  firdjlichen 
SSorfteher,  ber  Vifdjöfe,  in  biefer  geit.  3lud)  über  bie  Art  ber  9Viffion»tf)ötig- 
feit  hoben  mir  bloß  Vnbeutungen.  ©icher  gab  e§  ftets  eifrige  ©laubige,  meld)e 
bem  SBeifpiele  ber  Vpoftel  folgten  unb  bie  Verbreitung  be§  ©hriftentum§  ju 
ihrer  Seben§aufgabe  machten;  bie  ©ibadje  bezeugt  e»  menigfien»  für  bie  ©egenb, 
mo  fie  entftanben  ift.  (S^rifilidhie  ißhilofophen,  meldje  nach  ihrer  Vefetfrung  ihre 
öffentliche  Sehrthätigfeit  in  ben  ©täbten  fortfe|ten,  bie  ber  Vtittelpunft  beS 
geiftigen  Sehen»  maren,  merben  manche  unter  ben  ©ebifbeteren  jum  ©tauben 
an  ©hriftuö  gebracht  hoben,  ©er  ©influß  reicher  unb  üornef)mer  Vefenner  beS 
djriftlichen  ©Iauben§,  nicht  nur  in  Vom,  fonbern  auch  in  anberrt  ©täbten  beS 
Veid)e§,  mirfte  auf  beren  Umgebung  unb  ben  zahlreichen  Anhang  oott  ©Haben 
unb  Klienten,  ©er  rege  fpanbel§öerfehr  zroifdjen  ben  fpauptffäbten  be»  AeicheS 
unter  fid),  befonber»  zmifdjcn  ben  großen  tpafenftäbten ,  mar  ein  fpauptmittel 
Zur  Verbreitung  beS  mähren  ©Iauben§.  ©aburd)  erflärt  e»  fid),  mie  nicht  bloß 
in  Vom,  fonbern  auch  in  ©übgallien  bie  gried)ifche  ©brache  unter  ben  ©hriften 
in  biefer  ©poche  borherrfdjenb  mar.  Seber  einzelne  ©läubige ,  mochte  er  in 
feiner  Vaterftabt  fein  ober  in  ber  gerne  meilen,  mürbe  gleichfam  ein  VUffionär 
für  feine  Umgebung,  fchon  burd)  fein  Sehen,  ba§  fid)  fo  feljr  bon  bem  feiner 
ijeibnifchen  VHtbürger  unterfcßieb,  unb  ba§  bie  Vufmerffamfeit  auf  bie  neue 
Vetigion,  ber  er  angehörte,  tenfen  mußte. 

2.  ©ie  allgemeine  Sage  ber  ftirdje  gegenüber  ber  hcibnifdjett  SIMt. 

Sitteratur.  —  gf.  £>.  b.  Slrnetf),  S)a3  Haffifche  £eibcntum  unb  bie  d)riftl. 
Veligion.  2  SSbe.  flöten  1895.  E.  Hatch ,  The  iufluence  of  greek  ideas  and  usages 
upon  the  Christian  church.  London  1890;  beutfdf)  Don  6.  fpreufdfjen,  ©riecfjentum 
unb  ©hUftentum.  fjreiburg  i.  f8r.  1892. 

1.  ©ie  rafche  Verbreitung  be»  ©hriftentumS  über  ba»  gemaltige  Sättber- 
gebiet  beS  Vömerreicße»  unb  im  Offen,  über  bie  ©renzen  biefe»  Veid)e§  h'nou», 


1  Euseb.  1.  c.  IV,  83. 


118 


Jßertreituitg  unb  AuSgeftaltung  ber  ßirdje  im  2.  3aßrßunbert. 


geigt,  baf;  manche  gattoren  in  ber  ßeibnifcßen  SBelt  borßanben  waren,  welcße 
bie  gute  Aitfnaßme  ber  cßriftlicßen  Sßaßrßeit  bebingten.  3n  ber  Sßat,  ab= 
gefeiert  bon  ben  rein  äufjerlicßen  Umftänben,  welcße  bie  Sßätigteit  ber  cßriftlicßen 
©laubenSboten  förberten,  al§ :  Erleichterung  beS  BerteßrS  burcß  bie  Bereinigung 
fo  großer  ©ebiete  gu  einem  einzigen  Beicße,  weite  Berbreitung  ber  gricdE)ijch= 
helteniftifchen  Spracße  unb  Kultur,  zahlreiche  Begießungen  gwifchen  weit  au§= 
einanber  liegenben  Stabten  unb  Säubern,  barg  ba»  ßßriftentum  in  fich  unb 
offenbarte  in  feiner  Erfcheinung  gaßlreicße  AngießungSpunfte  für  bie  fo  biet= 
fach  religio»  jerrüttete  unb  boch  nach  retigiöfer  Befriebigung  bürftcnbe  3eü- 
Sa§  war  bor  allem  bie  innere  ©ewalt  ber  im  ©ßriftentum  gebotenen  Söaßrßeit 
felbft,  bann  ber  pofitibe  ©eßalt  unb  bie  AEgemeinberftänblicßfeit  ber  Sehre. 
Sagu  tarnen  bie  Erweife  göttlicher  Shaft  in  ben  Söunbern  unb  (SßariSmen. 
Sie  fittlicße  $raft  ber  cßriftlicßen  Bkßrßeit  geigte  fich  in  bem  reinen  Seben  ber 
©laubigen,  beren  (Sitten  ber  Spiegel  ihrer  Sehre  waren:  in  ihrer  Bruberliebe, 
ihrer  £?euf<ßßeit.  3m  ©ßriftentum  ertannte  ber  Bienfcß  feine  waßre,  ßoße 
menfcßlicße  Sßürbe;  namentlich  erßielt  bie  grau  ißre  richtige  gefeüfcßaftlicße 
Stellung  gurücf,  unb  bie  burcß  bie  Sflaberei  bebingten  fogialen  Abffänbe  würben 
burcß  ben  Bruberfinn  ber  ©ßriften  unb  burcß  bie  Seßre  üon  ber  cßriftlicßen 
Siebe  feßr  gemilbert.  Sie  ©laubenSfreubigteit  unb  ber  §  elbenmut  ber  Blärtprer 
macßten  auf  biele  geugen  biefe§  eigenartigen,  nur  auf  ber  innern  Übergeugung 
bon  ber  SBaßrßeit  berußenben  |)erot§mu§  tiefen  ©inbrucf.  Sann  offenbarte 
ba§  ©ßriftentum  einen  über  allen  nationalen  SßartifulariSmuS  unb  über  äußere 
gönnen  erßabcnen  ©ßarafter,  ber  eS  befähigte,  in  alle  gormen  ber  ©efellfcßaft 
eingugeßen,  bie  SSelt  umgugeftalten  unb  gu  Oerebeln,  alle  Bebürfniffe  be§  ©eifteS 
unb  be§  §)ergen§  gu  beliebigen.  Sem  gegenüber  befanb  fich  ber  IßoIßtßeiSmuS 
einerfeit§  in  einem  ^ßrogeß  ber  3«fetjung,  welcher  ba§  Berlangen  anregte  nacß 
einem  über  bie  Trübungen  ber  Sinnenwelt  erßabenen  göttlichen  Seben  unb  ber 
fich  bielfach  offenbarte  in  einer  trantßaften  Hinneigung  gu  fremben  Kulten. 
AnberfeitS  aber  ßatte  in  mancßen  gebilbeten  Greifen  ber  5ßoIt)tßei§mu§  fich  burcß 
monotßeiftifcße  unb  reinere  fittlicße  3been  geläutert,  Wogu  namentlicß  bie  befferen 
Bßilofopßen  beigetragen  ßatten.  3nßfrei<ße  AnfnüpfungSpunfte  bot  ber  ge= 
fcßid)tlicße  3ufammenßang  mit  bem  BiofaiSmuS :  bei  ben  ^rofelpten  be§  Sßore» 
unb  bei  einzelnen  ßeöeniftifdjen  3'uben  war  bem  djriftlicßen  ©lauben  burcß 
bie  reinere  ©otteSerfenntniS  unb  bie  ßößere  Bioral  ber  Boben  trefflich  borbereitet 
worben.  3m  Berlaufe  be§  2.  3aßrßunbert§  gewann  ba§  ©ßrifientum  eine 
Beiße  pßilofopßifcß  gebilbeter  Betenner,  welcße  burcß  Söort  unb  Schrift  beftrebt 
waren,  bie  Borurteile  gegen  ben  ©ßriftenglauben  unb  beffen  Betenner  gu  ger= 
ftreuen,  unb  bie  ©rßabenßeit  ber  ©laubenSteßren  wie  ber  Sittengefeße  be§ 
(SbangeliumS  gegenüber  bem  3ßolptßei§mu§  unb  ber  ßeibnifcßen  Sßßilofopßie  gu 
fcßilbern.  ift  nicht  gu  begweifeln,  baß  biefe  Sarftedungen  ber  cßriftlicßen 
Apologeten  auf  rnancße  ©ebilbete  Einbrucf  ntadjiten  unb  fie  ber  ®ircße  gufüßrten. 

2.  Aber  gegenüber  biefen  förbernben  Biomenten  Waren  bie  bem  Eßriften= 
tum  feinblichen  Kräfte  faum  geringer.  3a^re>^e  Hinberniffe  ftanben  ber  Ber= 
breitung  ber  cßriftlicßen  Seßre  entgegen.  Sie  Biacßt  tief  eingewurgetter  Bor= 
urteile  unb  beS  ßartnädigen  Unglaubens,  ba§  Abfcßredenbe  ber  bie  Bernunft 
überfteigenben  ©eßeimnisleßren  unb  ber  geforberten  Selbftoerleugnung,  ber  An= 


2.  ®ie  attgemeine  Sage  ber  ßircfie  gegenüber  ber  peibnifdjen  3öett. 


119 


ftop  an  bem,  mie  e§  fd)icn ,  ftreng  geforberten  „btinben  ©tauben",  bie  ©nt= 
ftetlimg  einjetner  cpriftticpen  Oogmen  lärmten  bie  Opötigfeit  ber  ©taubenSboten. 
Spren  SBunbergaben  ftettte  man  einerfeits  bie  angeblichen  peibniftpen  Söunber  unb 
Drafet  gegenüber,  anberfeitS  fnc£)tc  man  fie  burd)  magtfcpe  fünfte  31t  elitären ; 
uon  näherer  Prüfung  napm  man  Stbftanb,  inbem  man  fcpon  an  ber  einfachen 
fcpliöpten  gönn ,  in  ber  baS  (Sfjriftentum  auftrat,  ftdj  ärgerte  unb  altes  burd) 
©oetentum  unb  leeren  2Bapn  31t  elitären  fucpte.  ©egen  baS  reine  geben  ber 
©giften  jeigten  fid)  biete  abgeftumpft ;  man  piett  ben  ©läubigen  bie  ©cpänblid)= 
feiten  einjetner  gnoftifcpen  ©eften  entgegen  unb  urgierte  bie  Parteiungen  unter 
ben  ©griffen,  mipbeutete  bie  ebetften  ipanbtungen,  menigftenS  in  i^ren  33emeg= 
grünben;  jubem  fjiett  gerabe  bie  gurept  bor  einer  ftrengen  ÜJtoral  biete  bom 
©tauben  ferne.  SBäprenb  man  einerfeits  ben  ÜRärtprern  bie  ©tanbpaftigfeit 
ber  ^pitofoppen,  befottberS  ber  ©toifer,  entgegenpielt,  bertäfterte  man  anberfeitS 
baS  Sftartprium  atS  ©ebtbärmerei  unb  btinbe  OobeSberacptung ;  bie  pöbelmut 
entbrannte  noch  peftiger  beim  3tnbtid  i^rer  Opfer,  unb  bie  ben  ©enupfüdjtigen 
eigene  ©d)eu  bor  jeber  ©efapr  unb  Serfotgung  30g  bon  ber  Serüprung  mit 
ben  ©priften  unb  bon  ber  3lnnaptne,  ja  ber  btopen  Prüfung  iprer  2epre  ab. 
Oie  abgeftumpfte  ©inntiepfeit  unb  ber  feine  ©fepticiSmuS  beS  ^eibenhmtS,  baS 
materielle  Sntereffe  ganjer  ©tänbe,  inSbefonbere  baS  ber  ©öpenpriefter ,  ber 
Zünftler,  namenttid)  ber  Sitbpauer,  ber  Uaufteute  unb  tpanbmerfer,  baS  ganje 
bom  tßotptpeiSmuS  burd)fäiterte  pribatteben  ber  Reiben  legten  ber  (priftlicpen 
Prebigt  bie  größten  £)inbernifje  in  ben  2ßeg.  Oem  cpriftticpen  UniberfatiSmuS 
trat  bie  partifulariftifdje  Üiidjtitng  unter  Suben,  ©rieepett  unb  Körnern,  ber 
Sarbarenpap  ber  alten  2ßett  entgegen;  biefe  Söett  rnottte  ipr  fetbftfüdjtigeS, 
mibergöttlicpeS  Söefen  mit  altem  Kacpbrud  behaupten;  bie  ^Religion  beS  ^reujeS, 
ben  3uben  ein  Ärgernis,  ben  Reiben  eine  Oporpeit  (1  ®or.  1,  23),  fam  in 
$antpf  mit  ber  pertfdjenben  Oenfmeife  unb  ©itte;  man  fonnte  nidjt  begreifen, 
bap  bie  Stenge  „ppitofoppieren"  fönne,  bap  StuSmftrtigen,  Hngebitbeten,  ©Haben 
biefetbe  retigiöfe  ©rfetmtnis  jufomme  mie  ben  SanbSleuten,  ben  ©ebitbeten, 
ben  freien.  Sßarcn  bie  ©Ijriften  anfangs  als  jübifdje  ©efte  unbeachtet  ge= 
blieben,  fo  fefjabete  ihrer  ©aepe  bie  SSeradhtung ,  mit  ber  man  über  ben  bar= 
barifepen  unb  jübifdjen  Urfprung,  über  bie  5Irmut  unb  geringe  Sitbung  bieter 
ber  erften  Sefenner  perabfap  bermöge  be§  SitbungSariftofratiSmuS  ber  alten 
Söett.  2öopt  brachte  bie  KeicpSeinpeit  biete  Sorteite;  aber  bamit  toar  auch  im 
römifepen  ©taate  eine  tßermifepung  beS  Keligiöfcn  unb  beS  potitifepen  gegeben. 
Oie  ©taatSretigion ,  bamit  ber  ©taat  fetbft,  fepien  gefäprbet,  bie  Serfotgung 
ber  ©priften  geredjtfertigt,  ja  geforbert.  Ktit  ber  Verbreitung  ber  grieepifepen 
©praepe  mar  auep  ber  üerberbtiepe  ©inftup  ber  peibnifdjen  Sitteratur  genieprt, 
befonberS  in  ber  ©rjiepung.  9tid)t  btop  bie  fittlicpe  Kopeit,  fonbern  and)  bie 
berfeinerte  pantpeiftifdpe  unb  materiatiftifdje  Vilbung  ber  alten  SBelt,  ipre  Stptpo= 
togie,  ipre  ©taatSfunft,  alte  SBiffenfdjaften  unb  fünfte  ftanben  bem  ©priftentuni 
gteidpmäpig  fern,  ja  entgegen ;  bie  unerfdjöpftidje  ©oppiftif  ber  geibenfdjaft  mar 
gegen  baSfelbe  erregt.  Sei  alter  retigiöfen  3«rüttung  imponierte  bod)  nidjt  menigen 
ber  ©tanj  beS  potptpeiftifdjen  $uttuS,  ber  Oempet  unb  Altäre,  ber  fid)tbaren 
©ötter,  fo  bap  man  ben  ©priften  jurtef:  „3eigi  uns  euern  ©ott!"  SBäprenb 
aber  ber  Kbergtaube  biete  ©emiiter  erfüllte,  patte  anbere  böttiger  Unglaube  unb 


120  23er Breitung  unb  AuSgeftaltung  ber  ßirdje  im  2.  SaUjrljunbert. 

bie  9cad)t  ber  Vergmeiflttng  übermannt;  fpäter  fchrteb  man  biefeS  ©lenb  gerabe 
ber  neuen  Religion  gu.  ©er  Hinneigung  üieler  3eitgenoffen  ju  ben  sacra 
peregrina  ftanb  bie  Anhänglid)feit  anberer  an  bie  ererbte  üteligion  entgegen, 
bie  einft  baS  römifdje  ©taatsmefen  fo  gehoben,  gehegt  bom  Aberglauben ,  ban 
bem  argmöhnifdjen  (Sfjarafter  beS  ©efpotiSmuS  famt  allen  Verirrungen  ber 
©djmärrnerei,  geftörft  burd)  ©igenfinn  unb  Hartnftdigfeit.  Söährenb  aber 
attbere  $ulte  fiep  bem  beftetjenben  t)eimifd)en  anfchmiegten ,  tropte  ihm  ber 
dfriftliche  mit  bem  „unbutbfamen"  Anfprud),  ber  einzig  maljre,  ber  einzig 
berechtigte  gu  fein,  ©erabe  baburd)  ferner,  baff  bie  heibnifdje  ^Religion  geläutert 
marb,  fdjien  baS  VebürfniS  nad)  einer  neuen  berminbert;  man  glaubte  bei  ben 
Vhüofophen  beS  Altertums  baSfelbe  VBapre  unb  ©ute  gu  finben,  noch  bagu  in 
fd)önerer  gorm;  ja  man  behauptete,  aus  ihnen  fjätten  ©£>riftu§  unb  feine 
Sänger  gefcpöpft.  Überhaupt  mar  ber  iphüofophenftolj  unb  ber  HanS  äu 
irbifcpem  Söohlleben  äufjerft  ferner  gu  befiegen.  Vei  ben  Silben  ftanb  bie 
herrfcpenbe  Sbee  bon  bem  Sübifcpen  als  bem  abfolut  SBalfren  unb  ©migen,  bie 
gefälfdjte  VteffiaSibce,  ber  ißarteihap,  ber  3orn  über  bie  Aufnahme  ber  (Sama¬ 
riter,  enblich  ber  AabbiniSmuS  ber  diriftlidjen  HeitSbotfchaft  mächtig  entgegen; 
bie  träumerifdjen  unb  phantaftifchen  ©pefulationen  ber  Heüeniften  unter  ihnen 
brohten  ber  Aeinljeit  beS  ©laubenS  ©efahr.  Snbem  baS  ©hriftentum  grauen 
unb  ©Haben  angog  unb  emporhob,  bilbete  fid)  bie  Meinung,  nur  geifteS= 
fchmacpe,  berächtlidje ,  ungebilbete  Vtenfcpen  fdjlöffen  fid)  ihm  an,  eS  führe  gu 
einer  gefährlichen  Ummälgung,  gefährbe  bie  rötnifdje  2Belt!)errfd)aft.  ©ie  An= 
fdjulbigungen  beS  Atheismus,  beS  HodfberratS,  ber  ©cpmärmerei,  ber  thpefteifdjen 
iötaljlgeiten ,  ber  Vlutfcpanbe,  ber  Anftiftung  afleS  Unheils,  ber  Anbetung  beS 
SheugeS,  eines  ©fets  u.  f.  f.  toaren  in  meiten  Greifen  berbreitet.  üftan  glaubte 
um  fo  mehr  baran,  als  ber  cbriftlicbe  Kultus  forgfältig  bor  ben  Augen  ber 
tpeiben  berborgen  gehalten  marb.  @o  ©reffIid)eS  auch  biefen  Anfcbulbigungen 
gegenüber  bie  Apologeten  leifteten,  fie  fanben  bod)  nur  bei  gang  borurteitSfreien 
©emiitern  ©ingang,  bie  ben  gauberbann  ber  Öiige  burcpbradjen ;  benn  bie  heib= 
nifchen  ©eiehrten  machten  bie  bebeutenbften  Anftrcngungen ,  baS  ©hriftentum 
teils  miffenfcbaftlicb  teils  mit  ©pott  unb  Hohn  gu  betämpfen,  unb  mären  hierin 
bon  bielen  äußeren  Mitteln,  namentlich  bon  ber  ©unft  ber  ©ropen,  unterftüpt. 
©ie  SAacpt  aller  menfd)lidjen  Seibenfdjaften  ftanb  ihnen  gur  ©eite;  man  hafte 
an  ben  ©hrifien  bie  3Ö a h ^ £) e 1 1  (lustin.,  Apol.  I,  24—28). 

3.  Vei  biefer  Stellungnahme  beS  HeibentumS  bem  ©hriftentum  gegenüber 
unb  angefidjts  beS  fo  tief  einfthneibenben  ©egenfapeS  gmifcpen  bem  cpriftlidfen 
©tauben  unb  bem  gefaulten  ^aganiSmuS  ift  eine  birefte  Veeinfluffung  ber 
©ntmidlung  djrifttichen  Sehens  burd)  heibnifdje  Snftitutionen  unb  Anfdjauungen 
auSgufd)liepen.  ©aS  gange  Heibentum  als  Aeligion  mit  feinen  berfdjiebenen 
©inrichtungen  mar  ben  ©hriften  eine  Verirrung,  ein  ©reuel,  unb  bie  He>ben 
fahen  ihrerfeitS  baS  ©hriftentum  als  eine  oernunftmibrige  unb  unmürbige 
Aeligion  an.  ©ah er  ift  nicht  angunehmmt,  bap  bie  ©hriften  heibnifche  ©lemente 
bei  ber  AuSbilbung  ihres  HultuS,  ihrer  Organifation ,  ihrer  firdflidjen  ©in= 
Achtungen  überhaupt  übernommen  ober  baff  hribnifdje  Anfdjauungen  einen 
pofitiöen  ©influp  auSgeübt  hätten.  Vei  ber  Veurteilnng  üon  äußerlich  ähnlichen 
Snftitutionen  im  ©hriftentum  unb  im  Heidentum  ift  bal)er  bie  größte  Vor= 


3.  Sie  Verfolgung  ber  ©Triften  burd)  bie  l)eibuifd)=rötnifihe  ©taatggettmlt.  121 

fidjt  anjutoenben;  unb  eS  ift  befonberS  ju  berücfftcfjttgen ,  maS  nicht  immer 
gefcbefjen  ift ,  baß  baS  allgemein  menfchlithe  Senten  unb  fühlen,  fomie  ber 
natürliche  Verbanb  §tr>ifdien  ben  2Jtenf<hen  auf  religiöfem  ©ebiet  äf>nlid)e  Er= 
fdjeittungen  beiuirft,  ohne  baß  bie  ©runbanfdjauung  biefelbe  ift  unb  ohne  baß  eine 
birefte  Veeinfluffung  beS  EhriftentumS  burd)  baS  Ipeibentum  anjunehmen  märe. 

Vergleichen  mir  ferner  alle  bie  angeführten  gaftoren  miteinanber,  fo  ftetlt 
fid)  ttar  heraus,  baß  ohne  befonbern  göttlichen  Veiftanb  bie  Kirche  unterlegen 
märe  unb  nie  ben  Sieg  errungen  hätte,  ben  fie  mirflid)  errang.  Unb  fdjon 
bie  ältere  3e>t  fanb  in  biefer  munöerbar  großartigen  Entfaltung  ber  Kirche 
einen  beutlichen  53emei§  ihrer  göttlichen  Stiftung,  einen  überreichen  Inbegriff 
Don  ©rünben  ber  ©laubmitrbigfeit;  bie  unermeßliche  $Iuft  jmifthen  ben  (menfdjlich 
betrachtet)  fo  ungenügenben  unb  geringen  Mitteln  unb  ben  ftaunenSroerten  Er= 
folgen  ihrer  Vertreter  fönnen  rein  natürlidje  Urfadjen  niemals  überbrüden  ober 
ausfüllen.  2BaS  ben  Untergang  ju  bringen  fdjien  —  bie  blutige  Verfolgung  — , 
baS  führte  gerabe  bie  bolle  Vlüte  herbei.  Sie  übernatürliche  Greift,  bie  roelU 
überminbenbe  Starte  beS  ©taubenS  tritt  uns  in  ben  3euSen  unb  Vefennern 
$efu  entgegen.  Von  ihnen  tonnte  man  fagen:  „2öaS  bie  Seele  im  Seibe, 
baS  finb  bie  Ehriften  tn  ber  SBelt.  Sie  Seele  ift  über  alle  ©lieber  berbreitet, 
fo  bie  Ehriften  über  alle  Stäbte  ber  Erbe.  Sie  Seele  mohnt  jmar  im  Seibe, 
aber  fie  ift  nicht  bom  Seibe;  ebenfo  mohnen  bie  Ehriften  in  ber  Vßelt,  aber 
fie  finb  nicht  bon  ber  2Belt.  Unfichtbar  mirb  bie  Seele  im  Seibe  bermahrt, 
unb  bie  Ehriften  merben  erfannt,  inbem  fie  in  ber  2öelt  bleiben,  aber  ihre 
©otteSberehrung  bleibt  unfichtbar.  SaS  gleifdj  haßt  unb  betriegt  bie  Seele, 
bie  iljm  feine  Unbill  gufügt ,  meil  fie  ben  finnlichcn  Süßten  gu  fröhnen  mehrt, 
unb  bie  SB  eit  haßt  bie  Ehriften,  obfdjon  fie  ihr  nichts  ÜbleS  jufügen,  meil  fie 
ihren  Vegierben  miberftreben.  Sie  Seele  liebt  baS  gleifdj ,  baS  ihr  fyeinb  ift, 
unb  bie  ©lieber,  unb  bie  Ehriften  lieben  ihre  Seinbe.  Sie  Seele  ift  jmar 
bom  Seibe  eingefdjloffen ,  hält  aber  ben  Seib  jufammen,  unb  bie  Ehriften 
merben  jmar  mie  in  einem  ©efängniffe  in  ber  V3elt  feftgehatten,  fie  felbft  aber 
halten  bie  SBelt  jufammen.  Unfterblid)  mohnt  bie  Seele  in  fterblicher  fpüKe, 
unb  bie  Ehriften  mohnen  im  Vergänglichen,  bie  Unöergänglid)feit  im  §immel 
erl)arrenb.  §art  gehalten  in  Speife  unb  Sranf  mirb  bie  Seele  boüfommener, 
unb  bie  Ehriften,  tagtäglich  gepeinigt,  nehmen  immer  mehr  ju.  3n  biefe 
Stellung  hat  fie  ©ott  gefeßt,  unb  biefer  bürfen  fie  fid)  nidjt  entgehen"  (Vrief 
an  Siognet  c.  6). 

3.  Sie  Verfolgung  ber  Ehriften  burd)  bie  hetbnifdprflimfche  Staatsgewalt. 

Quellen.  —  Vrieflrechfel  atoifdjen  *piiniuä  unb  ßaifer  Srajati,  bei  Light- 
foot,  Apostolic  Fathers  P.  II,  vol.  I  (2nd  ed.),  p.  50  tf.  3teffript  beg  ßaiferg  §abriatt 
an  Vtinuciug  3funbanug  (bei  lustin.,  Apol.  I,  69.  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  9); 
Ogi.  3funf,  ßird)engefd)id)tl.  Stbßanblungen  I,  830 — 345.  3ieflript  beg  StntoninuS 
$iug  an  bag  Kotvöv  Oon  Slfien  {Otto,  Corpus  apologetarum  I  [ed.  2],  244  sqq.) ; 
Ogi.  31.  ^tarnaef,  Sejte  unb  Unterfudjungen  XIII,  4.  ßeipgig  1895;  V.  ©djttlße, 
Steue  Siafirbücher  für  beutfdje  3ü)eol.  1893,  <5.  131  ff.  SDtärtprer  alten:  ißolpfarp 
{Funk,  Patrura  apostol.  opera  I,  282  sqq.),  ©arpttg,  ißapplug  unb  3lgatf)onice  (£>  a  r  n  a  cf, 
Sejte  unb  llnterfiicfjungerx  III,  3 — 4),  Suftimjg  {Otto,  Corpus  apologetarum  II  [ed.  2], 
266  sqq.),  ißotf)imtS  Oou  Spott  unb  feine  ©enoffen  {Euseb,  Hist,  eccles.  V,  1  sqq.), 


122  Verbreitung  unb  2lu§geftaltung  ber  ßircfje  int  2.  ^atjrfjunbert. 

2If>offoniu§  (Analecta  Bollandiana  1895,  p.  284 — 294.  Klette,  $e£te  unb  Unter* 
fudfungeu  XV,  2.  1897),  Vlärttjrer  bon  Scili  ( Usener ,  Index  scholar.  Bonnae  1881. 
Robinson,  Texts  and  Studies  I,  2).  23rtef  be§  3  g  n  a  1 1  u  §  bon  3Xntiod^iert  an  bie  fftömer 
{Funk,  Patr.  apost.  opp.  I,  212  sqq.).  Sdjubf Triften  ber  berfct)iebenen  2If)  o  t  o  g  et  en 
(fie^e  unten).  Verfd)tebene  Slngaben  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  1.  III — V. 

Sitteratur.  —  3b  @.  2öei§,  ßfjriftenberfolgungeu.  ©efd^i(f)te  ihrer  Urfadjen 
im  Vömerreidje.  9Jtüncf)en  1899;  bort  bie  neuere  Sitteratur  über  ben  ©^aralter  ber 
©briftenberfolgungen.  $b-  Vtommfen,  Ser  VeligionSfrebel  nad)  römifdjem  Vedji 
(§iftorifd)e  Feitfdjrift  1890,  S.  389—429).  S.  21.  ßneller  S.  J. ,  £>at  ber  römifdje 
Staat  ba§  (Sbriftentum  berfolgt  ?  (Stimmen  au§  Vlaria=Saad)  LY  [1898],  1  ff.  122  ff. 
276  ff.  849  ff.)  Dberbect,  Stubien  3ur  ©efdjidüe  ber  alten  ßircfje  I  (1875),  98 
biS  157.  E.  Le  Blant ,  Sur  les  bases  juridiques  des  poursuites  dirigdes  contre  les 
martyrs  (Comptes-rendus  de  l’Academie  des  Inscr.  1866 ,  p.  358—877) ;  Les  sen- 
tences  rendues  contre  les  martyrs  (Melanges  J.-B.  de  Rossi  [Paris]  1892,  p.  29 — 40). 
P.  Ällarcl,  La  Situation  legale  des  chretiens  pendant  les  deux  premiers  siecles  (Revue 
des  questions  historiques  LIX  [1896],  5 — 43).  —  $.  3-  91  eu mann,  ®er  römifc£)e 
Staat  unb  bie  allgemeine  ßircfje  bi§  auf  ®iof!etian.  23b.  I.  Seifgig  1890.  E.  G.  Hctrchj, 
Cliristianity  and  the  roman  government.  London  1894.  P.  Allard,  Le  cbristianisme 
et  l’empire  romain.  4e  ed.  Paris  1898.  Le  Blant,  Les  persdcuteurs  et  les  martyrs 
aux  premiers  siecles  de  notre  ere.  Paris  1893.  ©.  Pt  J)  I  b)  o  r  rt ,  Ser  ßamfü  beS 

(Ebiriftentumg  mit  bem  §eibentum.  5.  2IufI.  Stuttgart  1889.  P.  Allard,  Histoire  des 
persecutions  pendant  les  deux  premiers  siecles.  2e  ed.  Paris  1892.  Aube,  Histoire 
des  persecutions  de  l’bglise  jusqu’ä  la  fin  des  Antonins.  2  vols.  Paris  1875 — 1878. 

1.  3)aS  (Sfytiftentinn  crfchien  bei  feinem  erften  Auftreten  ber  römifcfjen 
©taatSgemalt  als  ein  3toeig,  eine  ©efte  beS  FubentutnS.  Sange  3fit  ^inburc^ 
beftanb  biefe  ?tnficf)t  bei  ben  römifcben  Sefiörben;  unb  banf  ben  ^ßribilegien, 
roelcbe  bie  Fuben  für  bie  Ausübung  ihres  Kultus  befaßen,  fonnten  bie  <hrift= 
lieben  ©emeinben  in  ben  ©ebieten  beS  [Reiches  gegrünbet  unb  eingerichtet  merben. 
©egen  ©nbe  beS  1.  SabrljunbettS  febod),  bieüeicbt  anläßlich  ber  ©rlfebungen 
für  bie  bon  ben  Fubcn  geforberte  Sembelfteuer ,  bie  jefst  für  ben  Semmel  beS 
Fufüter  ©afntolinuS  eingetrieben  tnurbe,  [teilte  [ich  ber  ltnterfebieb  jmifdjen  ben 
Suben  unb  ben  bon  biefen  gebauten  unb  berleugnetett  ©briften  benmS.  SDie 
®ulbung,  toeldje  bem  jiibifchen  UteligionSmefen  im  IRömerreicbe  ju  teil  mürbe, 
ging  nun  aber  nicht  auf  baS  ©b1#^11™  über;  biefe§  mürbe  bielmefjr  red)t= 
lieh  al§  eine  berbotene  IMigionSgemeinfcbaft  betrachtet  unb  bebanbelt.  SDer 
beibnifche  Staat  fannte  feine  allgemeinen  fDteufchenrechte,  feine  ©emiffenSfreibeit, 
fab  in  ber  DMigion  bloß  eine  «StaatSeiurichtung,  berbot,  frembe  $ulte  ol)tte  feine 
©enebmigung  einjufübren  fomie  ißrofelt)ten  ju  machen,  fab  in  ber  Kirche 
eine  berbotene  93erbinbung,  in  ber  Steigerung  ber  Anbetung  ber  ©taatSgötter 
eine  bottnäefige  ©ottlofigfeit ,  im  Fernbleiben  bon  ben  ^eftlichfeiten  ju  ©bren 
ber  bergöttlichten  Inifer  eine  bmhberräterifcbe  ©efinttung.  2Sol)l  b°tte  man 
ißoIfSgötter  gebulbet,  aber  nur  für  bie  ^Ungehörigen  befiegter  Nationen  ober 
fraft  eine»  ©enatSbefcbluffeS,  unb  auch  biefe  nur,  menn  fie  nicht  auSfcbliejilicb 
berrfchen  mo'Hten.  ©aju  mitterte  ber  Slrgmobn  mehrerer  faiferlichen  ®ef[mten 
überall  boütifcbe  3tDßcfe ;  ihre  §abfucbt  trieb  fie  ju  ©emalttnafiregeln  gegen 
SSerbächtige,  it)r  Fanatismus  jur  Unterbrücfung  ber  Gerächter  ihrer  geträumten 
©ottl)eit.  ©benfo  äußerte  fid)  oft  bie  blinbe  2But  eines  fanatifierten  Röbels1, 


1  Tertull.,  Ad  Scap.  c.  3 ;  Apol.  c.  40.  Orig.,  C.  Gels.  III,  15 ;  Comment.  ser. 

in  Matth,  n.  39  {Migne,  Patr.  gr.  XIII,  1654). 


3.  Sie  Verfolgung  ber  ©Triften  burd)  bie  f)eibnifdE)=römifdEje  ©taatägetoalt.  123 

Per  in  feinem  Slbetglauben  alle  UnglüdSfätle  im  9teid)e  auf  bie  berhaßten  Vc= 
fennet  ber  neuen  Sehre  jurüdEfii^rte  unb  biefefben  ben  beteiöigten  ©öttcrn  jur 
©üljne  geopfert  rniffen  modte.  3m  erften  djriftfichen  Sahrljunbert  gab  eS 
nod)  fein  befonbereS  ©efe|  gegen  bie  griffen,  bie  unter  ®IaubiuS  nod)  nicht 
bon  ben  3'uben  unterfdjieben,  unter  Veto  Dorjiiglicf)  megen  angeblicher  93ranb= 
ftiftung  in  Vom  unb  geheimer  Verfdjmörung  berfotgt  rnorben  maren.  Unter 
©omitian  laftete  auf  ihnen  bie  Stnftage  ber  ©ottlofigfeit  unb  ber  jübifchen 
©ebräudie,  melche  mieberum  ber  milbere  Verba  berbot.  ©et  bon  ben  Subcn 
unter  Vefpafian  unb  ©ituS  mit  ©trenge  eingeforberte  Seibjoff  für  ben  ©ernpef 
beS  Jupiter  mürbe  bamals  auch  bon  ben  ©hriften  eingetrieben x. 

2.  Sei  ber  f^eftfteHung  ber  Verfdjiebenheit  beS  ©htiftentumS  bon  bem  Suben= 
tum  mar  menigftenS  für  bie  5ßrajiS  ber  Ved)iSfa|  geltenb  gemorbett,  baß  bas 
©hriftentum  berboten  fei  (christianos  esse  non  licet) ;  bie  (Ujriften  erfdjienen 
afS  ein  ftaatSfeinblicßeS,  bie  öffentliche  Orbnung  geföfjrbenbeS  ©lement.  Unter 
©rajan  (98 — 117)  finben  mir  juerft  ein  richterliches  Vorgehen  gegen  bie 
©hriften  um  ihrer  Vetigion  mitten.  ©aß  bie  diriftlichen  Vefennet  thatfödjlid) 
als  ©hriften,  b.  h-  als  Anhänger  beS  ©hriftengtauben§,  unb  nicht  als  ber  ihnen 
bom  fjeibnifdjcn  ^ßöbel  borgeroorfcnen  gemeinen  Vetbtedjen  ©djulbige  berurteitt 
mürben,  ergiebt  fich  mit  ©id)erf)eit  aus  ben  echten  VMrtpreraften  unb  aus  ben 
9fuSfüf)tungen  ber  Vpotogeten  beS  2.  SatuhunbertS.  5ln  ©rajan  manbte  fich 
ber  (Statthalter  bon  Vithpnien,  ber  jüngere  piniuS,  mit  ber  Anfrage,  maS 
gegen  bie  in  feiner  tprobinj  befonberS  zahlreichen  ©hrifteu  gefcheheit  fotte,  an 
benen  er  fein  grobes  Verbrechen,  mof)l  aber  einen  übermäßigen  Vbergfattben 
gefunben  fmbe.  ©er  ^aifer  antmortete,  eS  fei  im  allgemeinen  feine  fefte  Vegcl 
ju  geben;  et  finbe  für  gut,  bie  @hrißen  nicht  aufjufuchen;  mürben  fie  aber 
angcffagt,  fo  feien  fie,  im  $ade  fie  Übermiefen  mürben,  ju  beftrafen,  jebocE)  fo, 
baß  bie,  metdje  ben  chriftfichen  ©tauben  bcrteugnen  unb  burch  bie  ©hat  Ü3) 
al§  Verehret  ber  ©ötter  zeigen,  für  baS  Vergangene  Verzeihung  erhalten 
füllten,  ©ic  Vrt  ber  Vefftafung  mirb  nicht  angegeben ;  allein  aus  ber  Vezug= 
nähme  auf  ben  Vrief  beS  fjßliniuS  burd)  ben  $aifer  geht  fjetbor,  baß  bie  poena 
capitalis  gemeint  ift.  ©o  feßr  biefe  ©ntfdjeibung  botn  fittlichen  ©tanbpunft 
auS  bermerflid)  mar1 2,  fo  moltte  ber  $aifer  eben  bon  feinem  poIitif<h=ted)tlicben 
©tanbpunft  aus  bie  öffentliche  Viißadjtung  ber  ©taatSreligion  ferner  beftraft 
miffen.  ©S  maren  bamit  bie  ©hrifien  ber  VMdfüt  ber  Veljörben  unb  bem  fpaffe 
ihrer  Vnfläger  preisgegeben,  ©er  benihmtcfte  Vlutzeuge  aus  ber  3eit  ©rajanS 


1  Xi  philin. ,  Epit.  Dion.  Cass.  68,  1.  Tertull. ,  Apol.  c.  5.  Lact.,  De  mort. 
persec.  c.  3.  Euseb.,  Hist.  eccl.  HI,  20  fin.  Sie  ben  Suben  getoäljrte  Sulbung  ( Ioseph ., 
Antiq.  XIX,  5,  3)  fdjlof)  ©trafgefeße  gegen  ben  Übertritt  römifeßer  Bürger  junt  Subentum 
( Tacit .,  Annal.  II,  85)  nid)t  au§. 

2  Sie  SBriefe  ( Plin .  iun. ,  Ep.  X,  n.  97.  98;  ed.  Keil  p.  231  sq.)  mürben  oon 
©ibbon,  ©etnler,  ©orrobi,  §elb  u.  a.  bepoeifclt,  bagegen  bon  £>aberfaat,  ©ierig,  ©iefeler, 
Veanber  u.  a.  berteibigt;  bie  Übereinftimmung  in  ben  £>anbfd)riften,  bie  3eu9>üffe  bon 
Sertulliari  (Apol.  c.  2)  unb  ©ufebiuS  (Hist.  eccl.  III,  33)  fotoie  innere  ©riinbe 
fbrecfien  für  bie  ©djtbeit.  3ur  Beurteilung  beS  Borgefjeng  burd)  bie  Slpologeten  fiebe 
Tertull.  1.  c.  Über  bie  Verfolgung  burd)  ipiiniuö  f.  ©.  Q.  SIrnolb,  ©tubien  jur  ©c= 
fcbid)te  ber  plinianifibeu  ©Iniftenberfolgung  (Stjeol.  ©tubien  unb  6fi3jen  au§  Dftpreufjen. 
§eft  5.  1887). 


124  älerfireitung  urtb  2tuSgef±aIturtg  ber  ßircpe  im  2.  Saprpunbert. 

ift  ber  pt.  Ignatius,  Sifdpof  üon  9lnttocpien ,  bet-  in  fyeffeln  gelegt  unb 
nad)  9fom  gesteppt  mürbe ,  mo  er  bon  mitben  Sömen  im  ßotoffeum  §erriffett 
marb.  füllt  Zeitiger  ©tanbpaftigfeit  ftarb  ber  grope  ftllann,  ber  bon  ber  9letfe 
aus  fieben  ^Briefe  getrieben  unb  bie  9tömer  inSbefonbere  gebeten  patte,  nicptS 
für  feine  ^Befreiung  ju  tpun,  ba  er  fiep  freue,  ats  $orn  <35otte§  burcp  bie  3dpne 
ber  Sucre  gemapten  511  merben,  bamit  er  als  reineg  23rot  befunben  merbe1. 
©Penfo  mürbe  in  ^aläftina  auf  Stnftiften  ber  Swben  ber  pt.  ©pmeon,  jmeiter 
SBifcpof  bon  Serufalem,  120  $apre  alt,  gefreujigt2.  3n  9t om  fanben  ÜlereuS 
unb  StdfitteuS  pödpft  maprfcpeinlidp  um  biefe  3eü  ben  fDlartertob  3. 

Unter  §abrian  (117 — 138),  ber,  menn  er  aucp  nicpt  bem  religiöfen 
©pnfretiSmuS  pulbigte,  bocp  anfangs  ben  ©priften  geneigt  erfcpien4,  fteigerte 
fiep  ber  $afj  ber  Reiben  gegen  bie  ©priften  fo,  bap  bei  öffentlidpen  geften  burcp 
mütenbeS  Stoben  bie  Obrigfeiten  genötigt  mürben,  biefelben  opne  meitere  Unter= 
fudpung  pinriepten  51t  taffen,  darüber  entrüftet,  mad)te  ©erenniuS  ©ranianuS, 
fßrofonfitl  bon  Stfien,  beim  $aifer  Stn^eige  unb  23orfteIIung.  Sn  ber  an  beffen 
fftadpfotger  SÜlinuciuS  gunbanuS  gerichteten  9tntmort  berbot  ber  $aifer,  bie 
©priften  auf  blofieS  ^öbetgefeprei  pin  §u  berurteilen;  nur  megen  ermiefener 
93erbrecpen,  nämlidp  megen  beS  ftanbpaften  33etenntniffeS  beS  dprifttidpen  ©taubenS, 
füllten  biefelben,  aujjerbem  aber  aud)  bie  fatfdpen  9tnftäger  bestraft  merben5 6. 

5lntoninuS  ißiuS  (138 — 161)  pob  nicht  nur  baS  ben  3 üben  fo  ber= 
pafete  Verbot  ber  23efcpneibung  mieber  auf,  fonbern  ermieS  fidp  aucp  milb  gegen 
bie  ©prüften ,  bie  ber  peibnifepe  ißöbel  aus  Dtnlap  eines  ©rbbebenS  in  9tfien 
unb  auf  9tpobuS  fomie  anberer  UnglüdSfalte  üerfotgte.  Spm  reidpten  5lriftibeS 
unb  ber  5 um  ©priftentum  befeprte  fßpilofopp  SuftinuS  auS  gtabia  9teapotiS 
(bem  alten  ©idpem)  ©d)u|fcpriften  für  bie  ©priften  ein,  bie  artdp  günftige  2luf= 
napine  gefunben  ju  paben  fepeinen;  menigftenS  erlieg  StntoninuS  meprere  Sefepte 
SU  ©unften  ber  pari  Sebropten  an  berfdpiebene  ©täbte  ©riedpentanbS e.  bereits 


1  3>en  $ob  be§  pl.  Ignatius  ( Euseb . ;  Hist,  eccles.  III ,  26.  32.  36)  fepen  bie 
einen  auf  115 — 116,  anbere  auf  107,  Sorgpefi  (Ann.  archeol.  XVII,  331),  9X03301« 
(Sec.  II,  not.  3)  auf  114.  ©.  iparnaef,  ©efdp.  ber  altdpriftl.  Sitt.’ll,  1,  ©.  381  ff. 

2  ©t.  ©pmeon  ( Hegesipp .  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  III,  32.  Acta  SS.  18.  Febr., 
c.  107). 

3  Xereu§  unb  Slcpitteug  (ßrau§,  Roma  sotter.  ©.  42  f.  74). 

4  ®em  Beugniffe  beä  ßampribiuS  (In  Alex.  Sev.  c.  43)  über  ben  ifRan  §abriait§, 

©priftum  unter  bie  ©ötter  aufjunepmen,  ftept  ©partianuS  (In  Hadr.  c.  22:  sacra  Ro- 
mana  diligentissime  curavit,  peregrina  contempsit)  entgegen.  ®a£  ©priftentum  be= 
rüprte  er  fonft  nur  alg  ein  ©lement  alejanbrinifdper  XeligionSmengerei  (Ep.  ad  Serv. 
Cos.  Yopisc.  c.  8).  Sn  beit  ©ibpffen  peifjt  er  aber  navdpKrcoq  dvrjp. 

6  ®ag  ©bifi  an  Sütin.  $unbanu§  bei  lustin.,  Apol.  I,  69.  Euseb.,  Hist,  eccles. 
IY,  9.  SBaprfdjeinlicp  ift  ber  lateinifCpe  $ejt  bei  Rufin.,  Hist,  eccles.  IV,  9  Original 
ber  griedjifcpen  Überfetjung.  Sulpic.  Sever.,  Chron.  II,  31;  ed.  Halm  p.  86:  Quarta 
sub  Adriano  persecutio  fuit,  quam  tarnen  postea  exerceri  proliibuit,  iniustum  esse 
pronuntians,  ut  quisquam  sine  crimine  reus  constitueretnr.  Cf.  Oros. ,  Hist.  adv. 
pagan.  VII,  13.  ®ag  an  fiip  jiemtiep  unbeftimmte  ©bitt  toanbten  bie  ©tattpalter  üer= 
fdjieben  an,  meprere  aucp  3ur  Xettung  ber  ©priften  (Ogi.  Tertull.,  Ad  Scap.  c.  5). 
SDtecflin,  .*pabrian§  Xeflript  an  Xtinucius  fjunbanus.  (®iff.)  Seip3ig  1900. 

6  lul.  Capitol.,  Vita  Antonini  Pii  c.  9.  Über  baä  ©bift  r:pbq  r b  xotvdv  rgg  14 mag 
im  Slnpange  bon  lustin.,  Apol.  I,  70,  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  13,  fälfdpid)  bem 
Xadjfolger  Xntoning  beigelegt,  f.  bie  oben  ©.  121  citierten  Xbpanblungen. 


3.  $ie  Söerfolgmtg  ber  (Sljriften  burcfj  bie  ^eibnifd^=röntiydC)e  (Staatsgewalt.  125 

warb  alles  aufgeboten,  bie  griffen  oerffapt  unb  lädferlid)  ju  machen;  ber 
©pnifer  ©reScenS,  ber  Sebner  gronto,  bann  ber  ©atirifer  Sudan  wie  ber 
^bilofopb  ©elfuS  regten  immer  mefjr  bie  Staffen  auf  unb  wetteiferten  barin 
mit  ben  Suben  unb  ©oeten,  bon  benen  namentlich  Alepanber  bon  AbonoteidjoS 
als  Aufheber  umperjog  unb  bie  Ausrottung  ber  ©fjriften  betrieb. 

SJiefe  Hoffnungen  ber  erbitterten  Reiben  fchienen  fid)  ju  erfüllen  unter 
bem  Inifer  91t arluS  AureltuS  (161 — 180),  ber  ebenfo  ber  ftoifdjen  5fß^)ilo= 
fopljie  als  ber  (Staatsreligion  ergeben  war  unb  in  ben  ©Triften  nur  ftaatS= 
gefährliche  gmnatifer  f  elfen  wollte 1.  ©S  burften  nicht  nur  bie  Selförben  unb 
bie  Auflager  gegen  bie  ©hrifien  frei  fdfalten,  fonbern  fie  würben  auch  burcp 
faiferliche  Sefelfle  baju  ermächtigt,  fie  aufjufudjen  unb  ju  martern 2.  3n  einer 
biefem  $aifer  eingereichten  ©d)upfd)rift  fprad)  Sifcfwf  Stelito  bon  ©arbeS, 
einer  ber  tüd)tigften  chriftlidjen  ©cpriftftellcr ,  aus,  eS  würben  bon  fdfamlofen 
Angebern  unb  raubluftigen  Stenfdjen  unter  bem  Sorwattbe  ber  netten  ©bitte 
bie  ©Ifriften  £ag  unb  Sacht  auSgeplünbert  unb  gefiept ;  er  bezweifle,  ob  foldjeS 
ber  Inifer  angeorbnet,  aber  biefer  felbft  möge  als  gerechter  Sichter  bon  ber 
©d)ulb  ber  Angeflagten  fiep  überzeugen,  fie  nicht  einer  Selfanblung  preisgeben, 
bie  fid)  nicht  einmal  Barbaren  unb  geinben  gegenüber  gezieme.  ^Betreffs  beS 
©hriftentumS  felbft  bemertt  er:  „®ie  pffilofophifche  <©d)ule,  ber  wir  angehören, 
ift  ;$war  juerft  unter  ben  Sarbaren  aufgetommen,  nachher  «ber,  als  fie  unter 
ben  Sölfern  beineS  SeidfeS  feit  ber  berühmten  Herrfdiaft  beS  AuguftuS,  beitteS 
SorfaprS,  emporgeblüht,  würbe  fie  in  ganz  borjüglichetn  Stape  für  beiit  Seid) 
ein  glüdberpeipenbeS  ©ut ;  benn  bon  ba  att  pat  bie  HopeU  beS  rötnifcheu  SatnenS 
fid)  an  ©röpe  unb  Supin  erweitert.  .  .  .  Slop  Sero  unb  SDomitian  pabcn, 
burd)  iibelwollenbe  Stenfcpen  überrebet,  unfere  Seligion  zu  branbmarten  gefucht ; 
bon  ihnen  finb  falfd)e  ©erüdfte,  bon  ber  leid)tgläubigen  Stenge  ohne  alle  Prüfung 
angenommen,  auch  auf  bie  ©egenwart  perabgefontmen.  2öaS  aber  fette  auS 
Unfunbe  gefehlt,  haben  beine  frommen  Sorfapren  wieber  gutgemad)t,  inbem 
fie  biefenigen,  welche  betreffs  ber  ©puffen  etwas  ju  neuern  wagten,  oftmals 
mit  mehreren  fdfriftlicben  ©rlaffen  rügten.  3u  biefem  ©inne  hat  bein  ©rop= 
bater  Habrian  fowohl  an  anbere  als  auch  an  gunöanuS,  ^ßrofonful  AfienS, 
gefchrieben;  bein  Sater  aber  hat  zu  ber  3eit,  in  ber  btt  mit  if;rtt  bie  Segierung 
füprteft,  ben  ©täbteit  ben  Sefepl  gefanbt,  gegen  uns  feine  Seuerttng  etitzufüpren, 
fo  namentlich  an  bie  Sariffäer,  SPpeffalonicher ,  Athener  unb  an  alle  ©ried)en. 
Son  bir  aber,  ber  bu  nicht  blop  bie  gleiche  Steinung  bon  uns  h«ft ,  fonbern 
nod)  eine  biel  menfcbenfreunblid)erc  unb  ber  SkiSpeit  mehr  cntfpredfetibe,  hegen 
wir  bie  Hoffnung  auf  ©rfütfung  aller  nuferer  Sitten."3 

Aber  Weber  biefe  noch  bie  anbern  SerteibigungSfchriften ,  bie  bantalS 
Zahlreich  eitigereicht  würben  —  bon  bem  Sifdfofe  © l a u b i u S  ApoIIinariuS 
bon  H'^apoIiS,  bon  bem  Athener  AtpenagoraS  u.  a.  m.  — ,  machten  auf 
ben  falten  faiferlidfcn  fppilofopfjen  einen  @ünbrud.  f£)ie  wuitberbare  ©rrettung 

1  J.  Dartigne-Peyron,  Marc-Aurele  dans  ses  rapports  avec  le  christ.  Paris  1897. 

2  -Dlarf  Aurels  Alonologe  dg  kaurm  1.  XI,  3;  XII,  28.  lul.  Capitol.,  Vita 
M.  Aurel,  c.  13.  21.  Epigramme  über  feine  ßpferfd)läd)tercicu  bei  Ammian.  Mar- 
cellin.,  Hist.  rom.  XXV,  4. 

3  Melito  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  26.  Routh,  Rel.  sacr.  I,  109  sq. 


126  Verbreitung  unb  Sluggeftaltung  ber  $ird)e  int  2.  $aprpunbert. 

im  Kampfe  gegen  bie  Vfarfomannen  (174),  bie  nad)  ber  SDarftetlung  ber  cprifH 
Itdjen  Apologeten  bem  $aifer  unb  bem  öeere  burd)  ba»  ©ePet  ber  d)riftlicpen 
Legio  fulminatrix  ertoirft  toorben  lrmr,  mürbe  bon  bem  $aifer  bem  regen= 
fpenbenben  Jupiter  juge^rieben 1.  Vidjt  Plop  mürbe  ba§  altrömifd)e  ©efep,  ba§ 
bon  ©Haben  ©eftänbniffe  gegen  ipre  sperren  ju  erpreffen  berbot,  ben  ©prtfien 
gegenüber  nicpt  geadjtet,  fonbern  e§  mürbe  aud)  ein  neues,  menn  aud)  auf 
biefelben  nicpt  auSfdplieplid) ,  fo  bocp  borjügtid)  PerecpneteS  ©efe|  erlaffen :  eS 
feien  bie  auf  eine  Snfel  31t  berbamten,  „melipe  etrnaS  tpun,  moburcp  ben  bemeg= 
licpen  ©emütern  ber  Vtertfcpen  eine  abergläuPifcpe  gurcpt  bor  ber  ©ottpeit  ein= 
geflößt  merben  fönnte"  2. 

®ie  Verfolgung  miitcte  am  meiften  in  Vom,  bann  in  ^leinafien,  barauf 
in  ©aüien.  Sn  Vom  patte  fid)  eine  grau,  bie  früher  mit  iprem  Vlanne  fefjr 
ausfipmeifenb  gelebt,  jum  ©priftentum  belehrt  unb  fiip  tauge  bergeblicp  bemüht, 
biefen  ju  beffern ;  ba  er  immer  lafterpafter  mürbe,  ein  QufammenlePen  mit  ipm 
opne  fd)mere  ©ünbe  nicpt  möglicp  mar,  berfetbe  in  Alepanbrien  nod)  Ärgeres 
berübte,  trennte  fie  fiep  bon  ipm  mittetft  eine«  ©tpeibebriefeS  ober  machte  biet= 
mepr  bon  einem  ben  ©laubigen  suftepenben  Vecpte  (1  $or.  7,  15)  ©ebrauep. 
Vun  Hagte  fie  ber  ©pemann  als  ©priftin  an;  ber  5proge^  erpielt  einen  Auf= 
fepub,  ba  bie  grau  ein  faiferlicpeS  Veffript  erlangte,  bap  fie  borper  ipr  Ver= 
mögen  unb  ipren  §au»patt  in  Orbnung  bringen  biirfe.  Vun  Hagte  ber  @pe= 
mann  ben  ißtoIemäuS  an,  ber  feine  grau  in  ber  eprifttiepen  Veligion  unterrichtet 
patte ;  biefer  mürbe,  btop  meit  er  fidp  als  ©prifiett  befannte,  bom  ©tabtpräfeften 
D.  SolliuS  UrbicuS  naep  parier  ©efangenfdpaft  jum  ©obe  berurteilt;  als  man 
ipn  jurn  Stöbe  abfüprte,  maepte  ein  anberer  ©prift  VarnenS  SuciuS  bem  ^3rä= 
fetten  Vormiirfe  über  bie  fpinrieptung  eine»  VlanneS,  bem  fein  Verbreepen  nacp= 
gemiefen  fei;  aud)  er  marb,  ba  er  auf  bie  grage  beS  UrbicuS  fiep  at§  ©prift 
befannte,  pingerid)tet ,  beSgleicpen  ein  britter.  SuftinuS,  ber  bie»  in  Vom 
miterlebte  unb  in  feiner  ©epupfeprift  bem  ^aifer  entrüftet  bortrug,  fap  fid)  bon 
ben  Vadjftettungen  beS  ©pniferS  ©reScenS  bebropt,  unb  mirHicp  traf  aud)  ipn 
batb  banaep  mit  mepreren  anbern  ©prüften  bas  StobeSurteil  (163 — 167) 3. 
Viele  anbere  römifepe  ©priften  enbeten  bamals  als  Vtärtprer. 


1  Sie  ©efepiepte  ber  Legio  fülminea  ober  fulminatrix  finbet  fiep  bet  Tertull., 
Apol.  c.  5 ;  Ad  Scap.  c.  4.  Claud.  Apollin.  bet  Euseb.,  Hist,  eccles.  V,  5 ,  unb  im 
toefentlicpen  ftimmen  bie  peibnifepett  Vericpte  über  bie  Spatfacpe,  bap  bie  ©efapr  be§ 
Verfd)macpten§  befeitigt  tourbe,  überein,  fepreiben  biefelbe  aber  bem  ©ebete  be§  ßaiferg 
(lul.  Capitol.,  Vita  M.  Aurel,  c.  24.  Claud.  Apollin.,  In  YI.  cons.  Honorii  carm.  28. 
Themist.,  Oratio  zig  ^  ßaadixwzdzrj  twv  äpszcuv)  ober  bem  ägpptifcpeu  Viagier  Slrnuppig 
( Dio  Cass.,  Hist.  rom.  71,  8)  ju.  ©ine  bem  ßaifer  00m  (Senate  errieptete  Vilbfäule 
fotoie  Vtünäen  feierten  ben  Vtar!  Slurel  alg  ©rretter  feineg  §eereg.  Übrigeng  beftanb 
ber  Varne  legio  fulminatrix,  eigentlich  fulminata,  fepon  lange  ( Dio  Cass.  1.  c.  55,  23) 
unb  tarn  niept  erft  jept  auf,  toie  ©laubiug  3lpollinariug  ober  aud)  ©ufebiug,  ber  biefen 
Oielleidpt  nur  fliicptig  lag,  annapm.  Vgl.  bie  llnterfud)ungen  Oon  31.  |>arn ad 
(©ipunggber.  ber  SItabemie  ber  VJiffenfd).  ju  Verlin  1894,  6.  835 — 882),  Sßeijfäder 
(©inleitung  jur  afabem.  Vreiiberteilung  in  Tübingen  1894),  Vtommfen  (§erme§  1895, 
<S.  90 — 106),  Veterfen  (Dtpein.  Vtufeum  für  !)3piIologie  1895,  <5.  453—474). 

2  Sag  im  Slnpange  bei  lustin.,  Apol.  I,  71  ftepenbe  ©bitt  beg  ßaiferg  ift  uneept. 

3  lustin.,  Apol.  II,  1 — 3.  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  16  sq.  Über  bie  geit  fiepe 
31.  §arnacf,  ©efepiepte  ber  altcpriftlicpen  Sitteratur  big  ©ufebiug  II,  1,  <5.  274  ff. 


3.  Sie  Verfolgung  ber  Triften  öurcfi  bie  beibnif<p=römifche  ©taatggetoalt.  127 

Sn  ei naften  ftarb  unter  ben  Vntoninen  (155  ober  167 — 168)  ber 
hodfherjige  23ifd)of  tßolpfarp  oon  ©mprna,  ©djüler  be»  51pofteI§  Cannes, 
gegen  ben  ber  ^eibnifdje  ipöbct  befonber»  getobt,  auf  betn  ©d)eitcrf)aufcn,  ittbem 
er  freubig  ftd)  at§  Sengen  be§  ^errit  befannte,  bem  er  86  Saljrc  gebient  habe 1. 
3|nt  toaren  bafetbft  attbere  Vfärtprer  Dorangegangen,  toie  ©eriitatiicu§.  Oie 
einfid)tigen  ©laubigen  boten  fid)  nicht  Don  fetbft  ben  9tid)tern  uttb  §äfd)ern  bar, 
toie  ein  $t)ri)gier  DuintuS,  ber  fid)  fetbft  unaufgeforbert  für  einen  (Sftriften 
erftärte,  aber  au§  gurcht  Dor  ben  toitben  Stieren,  benen  er  Dorgetoorfen  toerben 
follte,  opferte  unb  fo  abfiet;  e§  mar  eine  heilige  ^3ftid)t,  ben  ©tauben  Dor  ben 
fragenben  Obrigt'eitcn  nid)t  ju  Derteugnen,  aber  eine  bernteffene  ©cpmörmerei, 
fich  tontiiffn  in  bie  ©efatjr  ju  ftürjen,  ber  man  burd)  bie  f$tud)t  fid)  entjiet)en 
fottnte.  Oer  Oob  be»  Zeitigen  Vifdjof§  !üt)tte  in  ©ittprna  bie  Verfolgung^ 
tont;  aber  aud)  an  Dielen  anbern  Orten  ^teinafiem»  madjte  fie  fid)  gettenb, 
unb  nur  ein  mittjiger  Seit  beffen,  toa§  mirftid)  gefdiat),  ift  gu  itnferer  $ennt= 
ni§  gefommett. 

58efonber§  heftig  mar  bie  Verfolgung  in  ©a Hielt,  pmal  177  in  ber 
$ird)e  Don  Spon  unb  Vienne,  tueldje  barüber  ben  fteinafiatifdjen  $ird)en 
ein  au§führtid)e§  ©djreibett  fatibte.  tpier  toaren  hßibnifd)e  Volf»maffen  unb 
bie  Cbrigfeiten  im  Vunbe;  bie  ©hviften  tourbett,  too  fie  öffenttid)  etfd)iencn, 
befcpimpft,  miphanbett ,  in  ihren  Käufern  geptünbert.  Oantt  tourbett  bie  2tn= 
gefehenften  unter  ihnen  ergriffen  unb  ben  ©tabtbetjörben  Dorgeführt.  Vei  2lb= 
tuefenheit  be§  faiferlidjen  (Statthalter»  murbett  fie  einer  quatootten  £)aft  unter= 
toorfen;  at§  biefer  fam,  tourbe  bie  Unterfud)ung  mit  ber  gotter  begonnen,  um 
fie  unnatürtidjer  Safter  überführen  ju  fönnen.  Oa  nun,  empört  hierüber,  ein 
junger  Vlantt  (Vettiu§  ©pagatl)u§)  Dor  ben  Vel)örben  für  bie  Unfchutb  feiner 
Vrüber  in  (5hriftu§  eintrat  unb  ©el)ör  oerlangte,  mürbe  ihm  bie»  nicht  beroitligt, 
er  Dietmet)r  at§  Verteibiger  ber  (Shriften  eingeferfert.  tpeibnifdje  SttaDen  fügten 
auf  ber  fyolter  Verbredjen  ihrer  d)rifttid)en  ^errett  au»,  tüie  matt  fie  mottte; 
alle  Vtittet  mürben  aufgeboten,  bie  VngeHagten  jur  Verteugnung  be»  ©tauben» 
ju  bringen.  Oer  ueunäigjährige  Vifd)of  $  o  t  h  i  n  u  §  Don  Spott  ftarb  unter 
jahttofen  Vtiphanbtungen ,  ©  a  n  c  t  u  §  ,  Oiafott  Don  Vienne ,  ber  fJteoptjpt 
3Jtaturu§,  Slttalug  Don  fßergamum,  bie  Sftabin  Vtanbina,  ber  $nabe 
ißonttfug  bemiefett  ihren  djrifttidjen  Jpelbenmut,  unb  fetbft  foldje,  bie  au§ 
©djmädje  abgefatten  marett,  befanntett  fid)  nachher  taut  at»  ©hr'ÜetH  um  *hren 
Slbfafl  ju  fühnett.  Viele  ©hriftett  rnarf  man  mitben  Oieren  Dor;  attbere,  bie 
römifche  Vürger  marett,  tourbett  enthauptet,  ©ed)»  Sage  blieben  bie  Ceidjen 
ber  ©etöteten  unbeerbigt;  batttt  Derbrannte  matt  fie  unb  ftreute  bie  Vfdje  in 
bie  9tt)one. 

Oie  Saht  ber  Vtittjcugen  mar  fefjr  bebeutenb  in  ©aKieit.  Oer  ^onfular 
§era!Iiu§  munberte  fid),  baff  in  Slutuit  eitt  junger  ©fn#<  ©pmphorianuS, 
ber  einer  öffenttid)  umhergefahrenen  Vitbfäule  ber  $pbete  feine  Verehrung  be= 
jeigte  unb  als  ©törer  be»  Kultus  erfdjien,  ber  Stufmerffantfeit  ber  Vet)örbcn 


1  Ep.  de  mart.  Polyc.  bei  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  15  unb  in  ber  Stuägabe  ber 
Opera  Patr.  apostol.  Über  ba§  Sobesjafjr  beö  pl.  VHptarp  f-  Lightfoot ,  Apostolic 
Fathers,  Part  2,  vol.  I  (2nii  cd.),  p.  646  ff. 


128 


SSerbreitung  unb  2luggeftattung  bet  ßirdje  im  2.  gabrbunbert. 


entgangen  mar ;  er  lief  benfelben  nad)  feinem  ftanb^aften  53efenntni§,  ju  öem 
feine  2Rutter  ifjit  mahnte,  enthaupten1. 

Unter  ©ommobuS  (180 — 192),  ber  feinem  SSater  fef;r  unähnlich  mar 
unb  lieber  bcn  2Itf)Ieten  at§  ben  5ßh^0lDhhen  fpielte,  mürben  feine  befehle  gegen 
bie  ©hriften  erlaffen;  e§  gab  bereit  mehrere  am  faiferticpen  tpofe,  unb  fogar 
SRarcia,  be§  $atfer§  grau,  gehörte  ju  ihnen  ober  mar  ihnen  bocp  fefjr  günftig2. 
©in  römifdfer  geriefter ,  §pacinthu§,  mar  beren  Pflegevater  gemefen,  unb  fie 
fetbft  ftanb  in  SSejiehungen  ju  bem  römifchen  33ifd)of  Sßiftor.  906er  niete  ©tatt= 
halter  fuhren  nod)  fort,  bie  ©hr’Pen  Su  Verfolgen,  mie  ber  fßrofonful  bon  $Ietn= 
afien,  9lrriu§  9Intoninu»,  unb  itt  Üfom  fetbft  marb  2tpottoniu§  at§  ©fmift 
hingerichtet3,  gum  erftenmat  fl  off  je|t  (180),  nach  2  erfüllt  an4,  ba3  S3Iut 
ber  ©h^iften  aud)  in  9lfrifa.  Dieben  anbern  mürben  ©laubige  au§  ©eilt  in 
fRumibien  burd)  ben  profonfut  5ß.  93igeKiu§  ©aturninuS  in  Karthago  at§ 
©hriften  jum  2obe  verurteilt.  9llletn  im  ganzen  genoff  bie  Kirche  fRupe  unter 
ber  [Regierung  be§  le|ten  $aifer§  aus  ber  gatnilie  ber  9Intonine.  Sie  poti= 
tifd)en  Unruhen  nad)  ber  ©rmorbung  be§  ©ommobu§  unb  bie  tBiirgerfriege 
jmifdien  5ße§cennitt§  -Riger  im  Orient,  ©Iobiu§  9IIbinu§  in  ©allicn  unb  ©ep= 
timiuS  @eberu§  maren  ber  ©adje  ber  ©hrlPen  nerberblicf) ;  e§  mürber,  fortmährenb 
einzelne  SSefenner  be§  d)rifttid)en  ©lauben§  nerbrannt,  gefreujigt  ober  enthauptet 5. 


4.  Sic  Sßef’ämpfung  be§  @brtftetttum8  burdj  bie  Ijetbnifd^e  fßhilofopljte. 

Sitter  atu  r.  —  2lttge  meines:  Sjfcbirner,  galt  beg  £>eibentumg.  Seipgig 
1829.  Seltner,  ipeltenismug  unb  ©briftentum.  ßötn  1866.  £>atfcb  =  ^reufcben 
(f.  oben  ©.  117).  A.  Riville,  La  religion  ä  Rome  sous  les  Severes.  Paris  1886. 

Sie  einzelnen  ißbilolopöen.  —  ©et  fug:  Origenes,  Contra  Celsum,  in 
örigeneä’  üöerten  31b.  I  u.  II,  berauggeg.  öon  3ß.  ß  o  e  t  f  d)  a  n.  Seipgig  1899.  39t  u  1 b ,  Ser 
Äampf  be§  fieibnifdjen  fßbilofopben  Setfug  gegen  bag  ©briftentum.  iütaing  1899.  gunf, 
Sie  geit  beg  „2öaf)ren  SöorteS"  bon  ©eifug  (ßircbengefd).  2lbbanbt.  II  [1899],  152 — 161).  — 
Sucian:  Opp.,  ed.  Lehmann.  Lips.  1822.  ß.  ©.  gatob,  ©tjarattcriftit  Suciang 
bon  ©amofata.  Hamburg  1832.  fßtancf,  Sucian  unb  bag  ©briftentum  (©tubien  unb 
ßrititen  IV  [1851],  826  ff.).  —  ©eneca  unb  bie  ©toifer:  29t.  23aumgarten, 
S.  2t.  ©eiteca  unb  bag  ©briftentum  in  ber  tief  gefunfenen  antifen  SBettgeit.  fRofiocf  1895. 
S.  3ß.  StibbecE,  2t.  ©eneca  ber  ißbUofobb  unb  fein  SSerbättnig  gu  ißlato ,  ©pifur  unb 
bem  ©briftentum.  tpannober  1887.  g.  ßrepber,  S.  2t.  ©eneca  unb  feine  SSejiebungen 
jum  ©briftentum.  SSertin  1887.  S.  Tcilamo,  Le  origini  del  cristianesimo  e  il  pensiero 
stoico  (Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto.  Roma  1887  sgg.).  St)-  3a  bn,  ®er 
©toiter  ©piftet  unb  fein  SSerbättnig  gum  ©briftentum.  ©rtangeu  1896.  A.  Chollet,  La 
morale  sto'icienne  en  face  de  la  morale  chretienne.  Paris  1899.  —  2IpoIIoniug 


1  Ep.  eccles.  Lugdun.  et  Vienn.  bei  Enseb.,  Hist,  eccles.  V,  1  sq.  Routh,  Rel. 
sacr.  I,  267 — 296. 

2  Iren. ,  Adv.  haer.  IV,  80.  Philosophum.  IX ,  12 ;  ed.  Miller  p.  287.  288. 
Dio  Cass.,  Hist.  rom.  72,  4.  SSgt.  Söttinger,  tpippolptug  unb  ßattiftug  ©.  187  f. 
Concubina  biep  aud)  bie  nid)t  ebenbürtige,  mit  ungleichem  tRedjte  getoäblte  grau  (L.  3, 
cod.  V,  27;  1.  144.  Dig.  de  V.  S.;  1.  32.  Dig.  de  donat.). 

3  Über  bie  2tpottoniugaften  f.  bie  neuere  Sitteratur  bei  ©brbarb,  Sie  attd)rifL 
tid)e  Sitteratur  unb  ihre  ©rforfdjung  Oon  1884 — 1900  ©.  587  ff. 

4  Ad  Scap.  c.  2.  3. 

6  Söeitere  2Serfotgungen  bei  Clem.  Alex. ,  Strom.  II ,  20.  Tertull. ,  Ad  Scap. 
c.  2 ;  Apol.  c.  35. 


4.  Sie  Befämpfung  beö  K^riftentmnl  burd)  bie  f)eibnifd;e  $f)iIofopbte.  129 

Dort  $  pacta:  Saur,  Slpottonius  non  Sparta  unb  S^riftuS.  Sübingen  1832.  Reffen, 
SlpoßomuS  bon  Spana  unb  fein  SBiograpt)  tßhiloftratuS.  Hamburg  1885.  ©  ö  1 1= 

fcping,  2lpoHomu$  bon  Spana.  ßeipjig  1889.  —  fceraflit:  ©.  ißfleiberer,  Sie 
ipfjilofoppie  be§  £>eraftit  im  ßidjte  ber  Blpfterienibee.  S3erlin  1886  (bgl.  ^afjrb.  für 
proteftantifcpe  Speologie  1887,  6.  177 — 218). 

B3ie  bie  römifdje  Staatsgemalt,  fo  faf)  fid)  aud)  bie  fjeibnifcEje  Pfilofojdjie 
beranlafjt,  bon  intern  Stanbpunfte  aus  bem  ©^riftentum  gegenüber  (Stellung 
311  nehmen.  Sie  tfjat  eS  in  jmeifacher  £)infid)t.  3uerft  inbem  fie  ber  d)rift= 
licken  Selfre  unb  Sitte  pofitib  feinblich  gegenübertrat  unb  halb  ernfte  halb 
fpottenbe  Eingriffe  gegen  bie  chriftliche  ^Religion,  ihren  Stifter,  feine  Slpoftel, 
feine  Slnljänger  als  SJienfchen  unb  als  Staatsbürger  richtete,  unb  jmar  in  ben 
berfchiebenften  gönnen.  Sann  inbireft  unb  offne  fid)  babei  immer  gefliffentlid) 
auf  baS  ß^riftentum  ju  beziehen,  burd)  pofitibe  Befeftigung,  gbealifierung  unb 
Bergeiftigung,  Steubelebung  unb  Situierung  beS  §eibentumS  mittetft  ber  ^ßt;ilo= 
fopffie,  ber  aflegorifdjen  ©rllärung  ber  ÜRpttfen  unb  aud)  ber  Bermertung 
einzelner  <hriftli<her  gbeen.  ©rftereS  gefd)a^  namentlich  im  2.  gahrljunbert 
burd)  mehrere  bon  ^etbnifdhen  Sßhilofopljen  berfafjte  Schriften,  letzteres  befonberS 
burd)  bie  neupt)thagoreifd)c  unb  neuplatonifdje  Schule. 

2öof)l  bie  bebeutenbfte  Sd&rift  gegen  bie  ©hriften  berfajjte  unter  bem  Sitel 
„2Bal)re  Diebe"  in  jmei  Büchern  ber  Pfübfoph  ©e I f u §  (2.  gahrl).).  Sie 
uitS  noch  auS  ber  247  berfafsten  gebicgenen  SBiberlegung  beS  OrigeneS  be= 
lannte  Schrift  geigt  neben  einer  leibenfdjaftlid)  bittern  Spradje  fdjarffinnige 
Berechnung  unb  gemanbte  Sarfteüung.  Sie  chriftliche  Sehre  ift  für  ©elfuS 
ein  ©emifdj  bon  jübifchem  2Bafjn,  neu  erfonnenen  grrtümern  unb  einigen  guten, 
aber  ben  griechischen  5p^tIofop^en  abgeborgten  Sittenborfdjriften ,  ber  Sßiffem 
fdfaft  mie  bem  Staate  gleid)  gefährlich,  bertreten  bon  einem  Raufen  berblenbeter 
SJienfdjen,  bie  mit  ihren  Slforheiten  in  ber  Siegel  nur  Unmiffenbe,  Safterljafte, 
Sflaben  ober  SBeiber  unb  Hinber  gu  geminnen  imftanbe  finb  unb  felbft  lnieber 
in  Selten  fich  jerfplittern.  ©elfuS  läfjt  guerft  einen  guben  gegen  bie  ©Triften 
fid)  erheben,  ber  in  ©^riftu§  nur  einen  im  (S^ebrud)  erzeugten  fübifchen  ©oeten 
fleht;  bann  tritt  er  als  Sd)iebSrichter  jtDifdjen  guben  unb  ©hriften  auf,  inbem 
er  ben  religiöfen  gnbifferentiSmuS  berteibigt ,  bie  Sehre  bon  ber  allgemeinen 
Dluferftehung  unb  ben  lebten  Singen,  bom  Satan  unb  ben  ©ngeln  belämpft, 
ber  5phitofo^ic  unb  inSbefonbere  bem  IjMatoniSmuS,  ja  auch  bem  ©ötterbienfte 
ben  Borgug  guerfennt.  Sagegen  mar  bem  ©pifureer  Sucian  bon  Samofata 
(120 — 180)  ber  ©ötterglaube  mie  baS  ©fmiftentum  gleich  lächerlich;  er  fpottete 
über  bie  SobeSberadjtung  ber  ©hriftoü  bie  auf  Sräumereien  bon  einem  emigen 
Sebcn  beruhe,  über  ihre  einfältige  Brubcrliebe  unb  il)re  bon  jebem  Betrüger 
auSgcbeutete  ©utmütigfeit ;  im  „BeregrinuS  5ßrotcuS"  ftellt  er  einen  bei  ben 
©haften  trot)  feiner  Berbredjen  l)od)geehrten,  im  ©efängniffc  bon  ihnen  forglid) 
gepflegten  Betrüger  bar,  ber  roegen  beS  ©cnuffeS  einer  bcrbotenen  Speife  auS= 
geftoßen  marb  unb  guletjt  ben  Sob  im  geuer  fudjte.  Stach  einigen  aufgefunbenen 
3ufälligfeiten  finbet  er  im  CS^rifterttum  nur  eine  ber  bieten  Slrten  bon  ©aufelei 
unb  Schmännerei,  mie  fie  bamalS  oft  borfantcn.  Slud)  9Irrf)ian  unb  Btarf 
Shtrcl  fomie  beffen  Sehrer  Sorn.  grortto  hatten  bie  d)riftlid)e  2obeSber= 
adjtung  für  rafenbe  Sdpoärmerei  unb  bloße  ©emohnl)eit.  Sc|terer  glaubte  an 

§ergenrötl)er,  ßirtl)engef(i)id)tc.  I.  i.  Slufl.  9 


130  SSerbreitwtg  uitb  2tu§gefialtung  ber  &trd)e  im  2.  Sfabrljunbert. 

bie  bert  ©jriften  Dorgeworfene  regellofe  Unzucht.  ©r  trat  ebenfalls  pofitiD 
feinblid)  gegen  baS  ©hriftentum  auf,  glett^rote  ber  ©pniter  ©reScenS,  ein 
geiziger  Sßäberaft,  bon  bem  unS  nichts  Weiter  überliefert  ift1.  3luS  ben  9ln= 
fcbauungen  beS  SRarf  Vurel  über  baS  ©hriftentum  unb  aus  ber  geinbfeligfeit 
beS  gronto  gegen  baSfelbe  ergiebt  fid),  baff  bie  ©toifer  in  ihrem  abfto^enben 
©ugenbftolje  baS  djriftliche  53efenntni§  Derachteten.  Unb  bod)  hatte  gerabe  bie 
ftoifdje  SRoral,  toie  ©eneca  unb  ©pittet  beweifen,  mit  ber  d&rifilichen  ©tl)if 
manche  VerübrungSpunfte,  menn  auch  bie  bogmatifdjen  VuSgangSpuntte  beiber 
böKig  berfd)ieben  waren2.  SDaS  Sntereffe  an  ben  religiöfen  fragen  im  öffent¬ 
lichen  wie  im  pribaten  Sehen,  baS  ernfie  ©treben  nad)  natürlicher  Sutgenb, 
bie  Slnerfemtung  eine»  göttlichen  SJtoralgefe|eS  unb  bie  Betonung  ber  5Renfd)en= 
liebe  bei  ben  ©toifern  waren  fünfte,  welche  geeignet  Waren,  eine  Berührung 
mit  bem  ©hriftentum  herbeijuführen.  ©ewih  ift  für  mandjen  ©ebilbeten  ber 
©toicismuS  ber  2Beg  jum  ©^irtftentum  geworben.  Vllein  bie  ganje  9tid)tung 
führte  nicht  jur  ^Religion  Sefu  hin.  Vielmehr  fanben  bie  ©toifer  gerabe  in 
bem  ftoljen  ©elbftbemuhtfein  ihrer  SEugenbljaftigteit  eine  SBefriebignng ,  welche 
fie  abhatten  muffte,  [ich  bem  berachteten  ©hriftentum  ju  nähern. 

®en  SieuppthagoreiSmuS  hatte  im  1.  Sahrpunbert  ber  SJtagier  9Ipol= 
loniuS  bonSXpana  mit  geringem  ©rfotge  ju  berbreiten  gefucht;  in  feiner 
(220 — 230  berf afften)  SebenSbefchreibung  machte  ^httoftratuS  aus  bemfelben 
einen  wunberthötigen  ^Reformator,  einen  Halbgott,  eine  parallele  ju  ©hriftuS, 
baS  Sbeal  eines  ber  ©ottheit  berwanbten  Steifen,  ber  weite  Steifen  unternahm, 
burd)  feine  Sehren  unb  feine  Saaten  bie  f)erjen  gewann  unb  auf  wunberbare 
Söeife  berfchwanb,  fo  bah  ntan  teilt  ©rab  bon  ihm  gU  finben  muffte.  ©S  ift 
feffr  fchwer,  Wenn  nicht  unmöglich,  ben  hiftorifchen  $ern  aus  ber  fagentfaften 
©eftalt  he^auSjufchälen ,  bie  uns  in  ber  VpolloniuSbiographie  beS  5pfntoftratttS 
entgegentritt,  ©ine  gewiffe  Vebeutung  in  ber  görberung  einer  mehr  geiftigen 
Stuffaffung  beS  5fßoXt)theismuS  unb  in  ber  Verbreitung  ftrengerer  ethifd)er  2tn= 
fiepten  muh  er  jebodh  gehabt  haben,  ba  fi<b  fonft  faum  erflären  liehe,  wie  fich 
fein  Vnbenten  im  2.  Saprpunbert  erhalten  hat  unb  wie  gerabe  er  Dom  $aifer 
©eptimiuS  ©eberuS  in  ben  $reiS  ber  Hausgötter  aufgenommen  unb  in  ber 
Umgebung  biefeS  fö'aiferS  fo  hoch  Derehrt  würbe.  Sticht  lange  nach  Slbfaffung 
ber  ebenfo  ber  Spotemif  als  ber  perrfcpenben  fpnfretiftifchen  fRicptung  bienenben 
©chrift  beS  SphtXoftratu§  errichtete  man  bem  jo  ibealifierten  SlpolIoniuS  §eilig= 
tiimer  unb  ©etnpel.  2lber  fein  $ult  tonnte  ebenfo  Wenig  als  bie  ©rneuerung 
ber  alten  SJipfterien  unb  bie  Verquiduttg  ber  ©taatSreligion  mit  orientalifdjen 
©ötterfulten  einen  burchgreifenben  ©influh  auSüben  nod)  bie  Verbreitung  beS 
©hriftentumS  aufhalten.  Sn  ähnlicher  Söeife  wie  baS  Sehen  beS  StpolIoniuS 
warb  nachher  baS  Sehen  beS  VptpagoraS  Don  VorphpriuS  nnb  SamblicpuS 
bearbeitet 3. 


1  Fronto  bei  Minucius  Fel.,  Octavius  c.  9.  31.  —  Über  ßreScenS  Ogt.  Iustin., 
Apol.  II,  3.  Tatian.,  Oratio  adv.  Graec.  c.  19.  Fusel).,  Hist,  eccles.  IV,  16. 

2  Hieron.,  In  Is.  gu  c.  11,  6  sqq.  ( Migne ,  Patr.  lat.  XXIV,  147):  Stoici  nostro 
dogmati  in  plerisque  concordant. 

3  Opp.  Philostrati ,  quae  supersunt,  ed.  G.  Oiearms.  Lips.  1709.  Über  ben 
ßutt  be§  SIpottoniuä  ögl.  Dio  Cassius,  Hist.  rom.  77,  18.  Vopisc.,  In  Aurelian,  c.  24. 


5.  Sie  Söerteibigung  beä  ©priftentumS  burd)  bie  Stpotogeten.  131 

Sine  tiefere  religiöfe  ©efinnung  unter  ben  Reiben  förberten  im  Saufe 
fee»  2.  Saf)rtfunbert§  befonberS  bie  Vertreter  ber  filatonifcpen  ©cpute  burd) 
if>ren  ppilofoppifdjen  9Jtonotpet§muS,  ben  fie  mit  ber  Vielgötterei  ber  Reiben  in 
©intlang  ju  bringen  fugten,  unb  burd)  bie  Vetonung  beS  moralifd)en  SebenS. 
911s  ^auptbertreter  biefer  Stiftung  finb  ju  nennen:  ^lutarcp  bon  ©päronea 
(um  48 — 125),  DlumeniuS  bon  5Ipamea  (um  160),  VtajimuS  bon  SipruS 
(unt  150),  91puleju§  bon  Vtabaura  (um  150).  Vei  ber  Verfd)iebenpeit  ber 
oft  fpntretiftifcpen  ©pfteme  biefer  5ppiIofof>pen  ift  bie  angegebene  ©runbridptung 
^iemlid)  bie  gleidje.  ©o  meprten  fid)  bie  Veftrebungen,  meldje  barauf  pinauS= 
gingen,  eine  mirtlicpe  fReligiofitat  unter  ben  Reiben  ju  tneden  unb  ju  erhalten 
unb  neben  unb  aufjer  bem  ©priftentum  baSjenige  ju  bieten,  maS  beffer  gefinnte 
unb  bon  ber  ßerfepung  be§  SßolptpeiSntuS  abgeftopene  Seelen  in  religiöfer  §in= 
fidjt  fucpten. 

5.  2>te  Vedcibiguttg  fec§  ©priftentumS  burd)  bie  Apologeten. 

©  cp  r  i  f  t  e  n  ber  Slpotogeten.  —  Corpus  apologetarum  christianorum  saec. 
secundi,  ed.  I.  C.  T.  Otto.  9  voll.  Ienae  (3fuftin  in  3.  Stuft.,  1876  ff.;  bie  übrigen  [oon 
Sb.  VI  an]  1851  ff.).  Saju:  IR.  ©ceberg,  Ser  Slpologet  SlriftibeS.  Erlangen  1894. 
Minucius  Felix,  Octavius,  ed.  C.  Halm  (Corp.  script.  eccles.  lat.).  Vindob.  1867. 

Sitteratur.  —  ©.  ©  d)  m  i  1 1 ,  Sie  Slpotogie  ber  brei  erfieit  Saprpunberte  in 
piftorifdp=fpftematifcper  Sarftettung.  SRainj  1890.  Über  bie  einzelnen  ©cpriften  ju  üer= 
gleichen:  Sarbenpetoer,  ^latrotogie  (2.  Stuft.)  ©.  39  ff.;  St.  £>arn ad,  ©efcpidpte 
ber  attdpriftt.  Sitteratur  bi§  ©ufebiug  I,  95 — 114.  246 — 258.  483—496.  Sie  Sitteratur 
bon  1884—1900  bei  St.  ©prparb,  Sie  attdprifttidpe  Sitteratur  unb  ipre  ©rforfcpung 
bon  1884—1900  (Sfreiburg  i.  Sr.  1900)  ©.  198—253.  284—292. 

1.  üDie  $ircpe  mar  feit  iprem  erften  Veftepen  bon  ben  ungläubigen  Suben 
befeinbet  morben,  melcpe  ebenfo  gegen  bie  „iffajaräer"  ifjre  Eingriffe  richteten, 
rnie  fie  es  gegen  3efu§,  ben  ©tifter  ber  $ird)e,  getpan  patten.  ®ie  einzelnen 
©läübigen  ftanben  als  Vtitglieber  ber  cpriftlicpen  IMigionSgemeinfcpaft  unter 
ber  Vefcpulbigung ,  einer  fiaatSgefäprlicpen  unb  gemeinöerbrecperifcpen  ©efte 
anjugepören,  unb  tonnten  jeberjeit  als  foldpe  bor  ben  Üticpterftupl  ber  rö= 
mifcpen  üieicpsbeamten  gezogen  merben,  mo  bie  Verurteilung  jum  2obe  ipnen 
beborftanb,  falls  fie  bei  ipretn  VetenntniS  berparrten.  3m  peibnifepen  Volte 
maren  bie  ungepeuerlid)ften  Antlagen  gegen  bie  ©laubigen  in  Umlauf  unb 
mürben  geglaubt.  SDie  peibnifdje  Vßiffenfcpaft  begann  baS  ©priftentum  als  eine 
©umrne  bon  läcperlicpen  Septett,  bie  ©priften  als  bebauernSmerte  ^anatifer  pin= 
juftellen.  tiefer  ©teüungnapme  beS  SubentumS  unb  beS  ^eibentumS  gcgen= 


Saur,  StpottoniuS  bon  Spana  unb  ©priftuS  (Sübingen  1832)  ©.  132  ff.  Stuf  bie 
tparattele  mit  ©priftul  bejog  fiep  fdpon  ^>ierofIeS,  unb  nur  biefe  toar  eS,  bie  ben  6ufebiu$ 
jur  Sßibertegung  betrog  (repog  rä  und  ihlotrzpaTou  seg  'AnoXXdivtov  tuv  Toavea  diä  ttjv 
’IspnxAei  -apa).rj<p&eiaav  adroö  re  xal  r oü  Xpiaroü  aupxpunv.  Philostr.,  Opp.  I,  428  sq. ; 
Migtie,  Patr.  gr.  XXII,  795  sq.).  Studp  neuere  Ungläubige  fudpten  biefe  tparattele 
tuieber  auf:  ßart  Stount  in  ber  engt.  Überfepung  ber  jtoei  erften  Südper  be§ 
SPitoftratuö  mit  Voten  (Sonbon  1680)  unb  ein  beutfeper  StnonpmuS,  „©etoippeit  ber 
Setoeife  beS  StpottoniSmug"  (gfrantfurt  1787),  gegen  ben  Sübeloatb  ben  „9lnti=§iero!teS" 
(.fpatte  1793)  beröffenttidpte.  Sgt.  audp  Sßietanb,  Stgatpobämon.  B.  Aule,  Hist,  des 
persdeutions  de  l’eglise.  La  polemique  pa'ienne  ä  la  fin  du  2°  siecle.  Paris  18  <8. 

9* 


132  SSertreitung  urtb  2tu§geftattung  ber  ßircfie  im  2.  ^aftr^unbert. 

über  begannen  bereits  bom  erften  Viertel  beS  2.  SatjrhunbertS  an  p^üofoptjifcE) 
gebilbete  Triften,  ihren  ©tauben  unb  beffen  5tnt)änger  zu  üerteibigen  unb  baS 
©tjriftentum  bent  ißaganiSmuS  toic  bern  3ubaiSmuS  gegenüber  als  bie  einzige 
bernunftmürbige  Aetigion  ju  ermeifen.  Sie  berfa^ten  ju  biefem  gmede  teils  für 
bie  $aifer  unb  bie  5tef)örben  teils  für  bie  geitgenoffen  überhaupt  beftimmte 
VerteibigungSfcpriften  (Apologien),  bon  benen  uns  noch  mehrere  erhalten  finb. 
Aicpt  fidier  batieren  läfft  fid)  ber  5fr ief  an  einen  gemiffen  Siognet,  in 
metcbem  berfdjiebene  ©inmürfe  gegen  bie  dirifttidie  Setigion  mit  ebter  ©infad)= 
heit  unb  5Bürbe  prüdgemiefen  merben.  Sie  ättcfte  uns  erhaltene  Apologie, 
metche  fiep  annäfjernb  batieren  täfjt,  ift  bie  beS  5lriftibeS,  metcpe  an  $aifer 
5tntoninuS  $ßiu§  (138 — 161)  gerichtet  ift.  Um  bie  fütitte  unb  in  ber  jmeiten 
,jpätfte  beS  2.  SahrpunbertS  berfa^ten  bann  ihre  Scbuizfchriftett  ber  ^ß^ilofopf) 
3uftinuS,  ber  in  ftarer  unb  geminnenber  Sarftetlung  bie  Sadje  ber  $ird)e 
bor  ben  $aifern  berteibigte;  beffen  Schüler,  ber  nachher  ^äretifdt)  gemorbene 
Satian,  roetiher  jebod)  burch  feine  (nur  noch  bon  einem  gemiffen  §ermiaS 
überbotene)  5titterfeit  bie  Reiben  eher  reifen  atS  überzeugen  muhte;  ferner  ber 
feingebilbete  5lthenagoraS,  zugleich  Verfaffer  einer  gebiegenen  Schrift  über 
bie  Auferftepung,  unb  SE 1)  e  o  fo  1»  1 1  u  §  bon  5tntiod)ien.  Sie  älteften  tateinifcpen 
Apologeten  finb  Ser  tu  Hi  an,  ber  burch  feine  juriftifdMogifche  gebrängte  33e= 
meisfüprung  t)erborragt ,  unb  StinuciuS  getij,  metcher  fich  burch  bie  ele= 
gante  Sdjreibmeife  in  feinem  Siatog  „OctabiuS"  auszeid)net.  5?ertoren  finb  bie 
Apotogien  bon  QuabratuS,  bem  älteften  unter  alten,  bie  ©ufebiuS  in  feiner 
^ircpengefchicbte  ermähnt;  bon  ittiabeS,  ber  „©egen  bie  Seltenen"  mie 
„©egen  bie  Suben"  fcprieb  unb  aujjcrbem  eine  Schujzfcbrift  „5tn  bie  tperrfcper" 
(moht  5tntonin,  Siarf  Auret  unb  VeruS)  richtete1;  bon  fOfetito,  Stifdjof  bon 
SarbeS,  unb  ApottinariS,  Vifdjof  bon  ipierapotiS2.  ©egen  bie  Suben 
richtete  fich  ber  Siatog  gtoifchen  3afon  unb  iftapiScuS,  ben  man  in  fiingfter 
3eit  mieber  heräufie£fen  berfucht  hot;  bann  beS  3 u ft i n u S  Siatog  mit  Srpppon, 
bie  ättefte  bis  jetzt  ficher  befannte  Slpotogie  beS  ©hriftentumS  gegenüber  bem 
SubaiSmuS. 

2.  3n  ihren  Schriften  fuchten  biefe  Apologeten  guerft  bie  ben  ©hriften 
Zugefügten  fDlihpanbtungen  in  ihrer  holten  Ungerecptigfeit  unb  bie  gegen  fie 
erhobenen  5tnttagen  in  ihrer  ganzen  ÜRichtigfeit  zu  feigen.  1)  $eine  Straf= 
tofigteit  megen  ermiefener  Verbrechen  forbern  fie  für  bie  Sprigen,  forbern 
nur,  bap  uran  fie  nicht  blof;  beS  AamenS  megen,  meit  fie  ©hriften  heihett, 
berfotge3.  2)  Sie  zeigen,  bie  Steigerung,  ben  $aifern  ju  opfern,  bei  ihrem 
©eniuS  zu  fchmören,  fei  fein  VemeiS  ber  StaatSgefäprtichfeit  ober  ber  ©m= 
pörung ;  in  alten  erlaubten  Singen  feien  bie  ©hriften  ben  Obrigfeiten  gehorfam, 
gemiffenhaft  in  ©ntrichtung  ihrer  Steuern  unb  Abgaben,  für  baS  2Boht  be§ 
ÄeicbeS  unb  feiner  5teperrfd)er  bem  ©ebete  eifrig  obtiegenb,  oft  mit  Aufopferung 
ihrer  §abe  unb  ihre»  SebenS  auf  bie  Aupe  unb  Sicherheit  ber  ®aifer  bebacpt, 
hierin  ganz  unähnlich  ihren  Anflägern,  bie  oft  gegen  biefelbett  ^errfdjer,  benen 
fie  in  jeber  Steife  gefdjmeichett,  bie  ^tnterli ftigften  Aufruprpläne  gehegt  unb 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  27 ;  V,  17.  2  Ibid.  IY,  33. 

3  Athenag.,  Supplicatio  c.  1 — 3.  Iustin.,  Apol.  I,  7.  Tertull.,  Apol.  c.  2.  7. 


5.  Sie  Verteibigung  beä  ßf)riftentum3  burdj  bie  Stpotogeten.  133 

öUSgefübrt  hätten J.  ©ie  meifen  ferner  3)  nach,  rnie  nur  UnfenntniS  unb  Vo§= 
beit  ben  Vefennern  3>efu  bie  ro^eflen  Verbrechen  jugefcbrieben  haben,  bie  unglaub= 
lidjften  ©erücbte,  aulgeftreut  non  erbitterten  geinben,  Dom  leichtgläubigen  ^ßöbel 
gierig  ergriffen,  bie  Diedjtgläubigen  mit  Srrte^rern  üermechfelt  unb  überall  falfd) 
beurteilt  unb  Dertannt  morben  feien ;  ihre  Unfd^ulb  gebe  fdjott  barauS  ^erüor, 
bafj  man  mit  ber  göltet  fonftige  Verbred)er  jum  ©eftänbniS,  bie  ©griffen  aber 
jur  9lbleugnung  nötigen  motte,  bafj  man  ihnen  feines  ber  gröberen  Verbredjeit 
nadjgemiefen  unb  unmittfürtid)  it)ren  Sugenben  Vemunberung  gesollt  habe1 2. 
4)  stiebt  tönne  man  bie  ber  ©ottlofigfeit  befdjulbigen,  bie  tebtofe  ©ötcenbilber, 
baS  Vöerf  ber  fftienfdjenbänbe ,  nicht  anbeten,  aber  bafür  ben  allein  mabrett 
©ott,  ben  ©djöbfer  oder  Oinge,  auf  eine  feiner  mitrbige  Vrt  berebren  unb 
berberrticben3;  5)  nicht  biefenigen  ber  Vfutfcbanbe,  bie  fo  meit  Don  llnfittlidp 
feit  entfernt  finb,  bah  fie  jebe  ©etegenbeit  (Sbeater,  raufebenbe  gefte  u.  f.  f.) 
ängfttid)  meiben,  metd)e  aud)  nur  teife  ihre  ^erjenSreinbeit  befteden  fönnte,  bie 
in  if)rcr  ßfje  [etbft  einen  feufdjen  Söanbel  führen,  Don  benen  fo  biete  einem 
ganj  entbattfamen ,  jungfräulichen  Seben  fid)  mibmen,  bereu  fMfjigfeit  unb 
Sauterfeit  bie  gerübmteften  unb  beflen  Saaten  ber  ^biIofof)bm  überftrabft  unb 
bie  fdjönfte  SSerteibigung  ber  Verfeumbeten  ift4;  6)  nicht  biejenigen  beS  ©d)lad)tenS 
Don  $inbern,  ber  tbt)efteif<hen  Vfabljeiten ,  bie  fogar  Dom  Snerblut  unb  bom 
©enuffe  beS  ©rftieften  fich  enthalten  müffen,  bie  Don  ben  blutigen  ©tabiatoren= 
fpieten,  Don  Einrichtungen  ber  Verbrecher  fid)  jurüdjieben,  bie  ihre  Vächfien 
lieben  mie  fid)  fetbft,  bie  lieber  fetbft  fterben  als  anbere  töten5.  7)  Verbädjtigt 
man  baS  ©btiftentum  als  etroaS  ÜJfeueS,  fo  rnitb  bingemiefen  auf  feinen  ge^ 
fdjidjtlicben  ^ufammenbang  mit  bem  über  alte  beüenifeben  5pb^0i°P^en  b4nauf= 
reidjenben  ffftofaiSmuS,  auf  bie  im  ©ötjenbienfte  entftellte,  an  mehreren  ©huren 
aber  nod)  erfennbare  Urretigion,  auf  bie  mit  ben  d)rifttid)en  ©laubenSlcbren 
Dielfach  iibereinftimmenben  Sehren  ber  befferen  ^3hiIofo4>hen  foftie  auf  aud) 
Don  ben  Reiben  benutzten  fibt)Htnifcben  unb  anbern  Drafel  unb  fonftige  ältere 
©djriften6.  8)  ©egen  ben  Votmutf,  bie  ©briften  feien  fchutb  an  allen  Un= 
glütfSfällen  beS  ©taateS,  mirb  gezeigt :  eS  habe  auch  öor  ber  Verbreitung  ber 
d)riftlid)en  Üteligion  fotdje  UnglitdSfälle  gegeben,  bie  gegenwärtigen  feien  ge= 
eignet,  bie  Ohnmacht  ber  ©öfter  ju  geigen,  bie  ihre  Oiener  unb  SEembel  nicht 
fchühen  fönnten;  bie  berfetben  fei  aber  burcb  baS  ©btiftentum  beträchtlich 
Derminbert,  teils  meit  burch  baSfelbe  meniger  ©ünben  begangen  mürben,  teils 

1  Tertull. ,  Apol.  c.  80.  83.  35  sq.  42;  Ad  Scap.  c.  2.  Iustin.  1.  c.  c.  17. 
Tatian.,  Oratio  adv.  Graec.  c.  4.  Theophil.,  Ad  Autol.  I,  11.  Athenag.  1.  c.  c.  37. 

2  Athenag.  1.  c.  c.  3.  35.  Minucius  Felix,  Octavius  c.  25.  30.  Tertull.,  Apol. 
c.  1.  6.  7. 

3  Iustin.  1.  c.  I,  6.  9.  Theophil.  1.  c.  I,  1  sq.  Athenag.  1.  c.  c.  4.  10.  Tertull. 

1.  c.  c.  21  sq.  10  sq.  Minucius  Fel.  1.  c.  c.  23. 

4  Athenag.  1.  c.  c.  33.  Iustin.  1.  c.  I,  14  sq.  Tatian.  1.  c.  c.  22.  Tertull., 

Apol.  c.  9.  38;  Ad  Scap.  c.  4.  Minucius  Fel.  1.  c.  c.  31.  Theophil.  1.  c.  III,  15. 

6  Tertull.,  Apol.  c.  9.  Minucius  Fel.  1.  c.  c.  30.  31.  Athenag.  1.  c.  c.  35. 
Theophil.  1.  c. 

6  Iustin.,  Apol.  I,  20.  44.  54.  Coliort.  c.  88.  Theophil.  1.  c.  III,  19  sq.  33 — 36. 
Tatian.  1.  c.  c.  30.  Tertull.,  Apol.  c.  19.  Besungon,  De  l’emploi  que  les  Pbres  de 
l’bglise  ont  fait  des  oracles  Sib.  Paris  1851. 


134  Verbreitung  mtb  3tu§geflaltung  ber  ßirdje  im  2.  3af)rf)unbert. 

tneil  je|t  mehr  gürfßrecher  bei  (Sott  bortianben  feien  unb  bie  göttliche  Varm= 
£)erjigfeit  fid)  biel  gnäbtger  erweife1. 

3.  Von  ber  Sßerteibigung  gegen  ungerechte  Vnflagen  gingen  aber  bie 
Apologeten  auch  Jitm  Angriff  auf  baS  ^eibentmn  über,  ©ie  enthüllten  bie 
Aicptigfeit ,  Sßertoerflicpfeit  unb  ©fjotlfeit  be§  (Söpenbienfte§ ,  bie  Unfittlid)feit 
in  ben  peibnifdien  Kulten,  bie  Vergötterung  ber  ©ünben  unb  Safter  in  ber 
Vtßthologie ,  bie  (Sraufamfeit  unb  Varbarei  in  ben  Vtenfdfenobfern ,  bie  Ver= 
finfterung  beS  (Seiftet  burd)  bie  ©itnbe,  baS  ©atanifche  in  Selfre  unb  Sehen, 
bie  Ungered)tigfeit  ber  gegen  bie  ©hriften  erlaffenen  ©bitte,  bie  Verlegung  aller 
9ted)tSformen  in  beut  gerichtlichen  Verfahren,  bie  VMberfprüche  in  ben  ©efeßen 
toie  in  ber  t)eibnifd)en  ^p^itofoppie 2. 

©ern  Snbentum  gegenüber  würbe  gegeigt ,  wie  in  SefuS  ©ßriftuS  bie 
Vorherfagungen  ber  Propheten  beS  Viten  VunbeS  erfüllt  worben  finb,  unb 
beSßalb  bie  ©haften  bie  Verheißungen  ©otteS  an  fein  Volt  geerbt  haben.  Vuf 
ber  anbern  ©eite  aber  führen  fie  auch  pofitibe  Veweife  für  ben  göttlichen  Ur= 
fprung  beS  ©hriftentumS  unb  für  bie  Votwenbigfeit  feiner  Vnnafwte  an.  ©iefe 
liegen  1)  in  ber  erhabenen  göttlichen  fkrfönlichfeit  feinet  ©tifterS,  ber  baS 
höchfte  Sbeal  ber  Vtenfcßheit  barftellt,  beffen  fdmtachboller  ©ob  gerabe  feinen 
Ütul)m  erhöht,  beffen  wunberbare  ^raft  feine  jünger  über  bie  §urd)t  öor 
einem  ähnlichen  ©cßidfale  erhoben  hat,  ben  ber  Vite  Vunb,  in  ihm  botlftänbig 
erfüllt,  WeiSfagte,  ber  bie  3ufunft  borauSfannte  unb  burd)  feine  Sßunber  fiep 
als  ben  Iperrn  über  bie  ©d)öpfung  erwies ;  2)  in  ber  böKigcn  Umwanblung 
unb  in  ben  ©roßtffaten  feiner  Vpofiel,  bie  bem  (Sefreugigten  fo  biele  treue  Vn= 
hänger  ohne  irbifepe  Vtittel  gewannen;  3)  in  ben  Selfren  unb  ©inrieptungen 
beS  ©hriftentumS ,  bie  alles  ähnliche  ber  alten  Vielt  bei  weitem  überftraßlen, 
burd)auS  ber  pöcpften  ©ottheit  Witrbig,  allen  Vebürfniffen  be»  menfchlidien  ©eifieS 
unb  §)erjenS  entfprecpenb ,  ber  Vatur  beS  Vtenfcßen,  wie  fie  bon  £)auS  aus 
befchaffen  ift,  bötlig  jufagenb,  bon  jebem  Irrtum  weit  entfernt  finb;  4)  in 
ben  V3irfungen  ber  dwiftlichen  Veligion,  welche  fowoßl  ben  einzelnen  Vlenfcßen 
al§  bie  ganje  Vtenfcßheit  pinficptlicp  ber  ©rlennhtiS  unb  beS  praftifepen  SebenS 
umgeftalten,  erneuern,  berebeln3. 

4.  ©ine  befonbere  Vebeutung  erhalten  bie  Vßologeten  unb  beren  ©epriften 
baburd),  baß  fie  guerft  bie  d)riftlid)en ,  überlieferten  ©laubenSleßren  mit  ben 
Viitteln  ber  iphtM0Phte  barjufteöen  unb  ber  menfchlidien  Vernunft  als  ihr  boH= 
fornmen  entfprechenb  borjulegen  fudien.  ©ie  fieÜen  baS  ©hriftentum  als  bie 
wahre  „^httafafhte“  bar  unb  geiepnen  bamit  bie  ©runblinien  einer  wiffen= 
fd»aftIid)=tpeoIogifd)en  Veßanblung  ber  geoffenbarten  unb  burd)  bie  Kirche  ge= 
lehrten  ©laubenSWahrffeiten ,  Wobei  fie  jeboch  ftetS  bon  biefen  als  ber  fieberen 
unb  unberriidbaren  ©runblage  auSgeljen  unb  baran  immer  feftpalten.  Unrichtig 
ift  eS  jeboch,  bie  Vpologeten  als  bie  erften  getigen  ber  petlenifierung  beS 
©hriftentumS ,  ber  ©ureßfeßung  beSfelben  mit  ©runbgebanfen  ber  griechifepen 


1  Tertüll.,  Apol.  c.  40.  41.  Iustin.,  Apol.  II,  7. 

2  Iustin.,  Apol.  I,  9 ;  II,  10.  Tatian.,  Hermias  (passim). 

3  Iustin. ,  Apol.  1 ,  5.  30  sq. ;  Dial.  c.  Trypli.  c.  48  sq.  69  sq.  Athenaff.  1.  c. 
c.  6.  9.  Minucius  Fel.  1.  c.  c.  34.  Theophil.  1.  c.  III,  5  sq. 


5.  Sie  SScrteibigimg  be§  ©briftentumS  burtf)  bie  Apologeten.  135 

Pplofophie  unb  ber  baburd)  ()erbeigefül)rten  me)entltd)en  Umgeftaltung  in  ber 
Auffaf[ung  be§  djriftltdjen  ©tauben»  anjuführen 1.  ©elbft  in  ben  un§  erhaltenen 
©d)u|fcbriften  ber  Apologeten  läfet  [ich  eine  folcfee  Umgeftaltung  be§  @^riften= 
tumS  nid)t  nadjmeifen.  ferner  beftpen  mir  nur  einen  fleinen  Srudjteil  be§ 
litterarifdjen  AadjlaffeS  ber  Apologeten,  unb  jmar  ^aupitfäc^Iid)  bie  Polemiken 
©Triften  gegen  ^eibentum  unb  ^ubentum,  in  melden  an  ffdj  meniger  ©elegen= 
tjeit  geboten  mar,  innertheologifdje  fragen  311  beljanbetn,  als  in  ben  japl- 
reidjeren  übrigen,  befonberS  in  ben  gegen  ben  ©nofticiSmuS  gerichteten  Aßerfen 
berfelben,  melche  berloren  gegangen  finb.  ABtr  lönnen  be§f)fllb  aud)  eine  nur 
unboöfommene  Kenntnis  ber  5Tfeeologie  ber  Apologeten  biefer  ©podje  gcmittnen, 
unb  fdjott  aus  btefern  ©runbe  i[t  eS  unthunlid),  bie  Atdjtung  jener  2heo^9^ 
im  ©egenfatse  511  bcrjenigen  späterer  ©djriftfteHer  als  eine  rationaliftifcpe  ju 
bezeichnen ,  unb  barutn  unhaltbar,  bie  Apologeten  baraufhin  als  bie  görberer 
ber  |)ellenifierung  beS  ©hri[ientum§  ju  djaraftertfieren. 

Über  SuftinuS,  Alelito  üon  ©arbeS  unb  Sertuttian  toirb  fpäter  ausführlicher  ge= 
banbeit.  Sie  (Schrift  be§  älteften  Apologeten  Guabratus  ift  berloren  bis  auf  ein 
Fragment  bei  ©  u  f  e  b  i  u  §  (Hist.  eccl.  IV,  3).  —  SBarbenbetoer,  ipatrologie  (2.  Aufl.) 
©.41.  (parnacf,  ©efdjidjte  ber  altcbriftl.  Sitteratur  I,  95—96;  II,  1,  269 — 271. 
©brbarb,  Sie  altdjriftl.  Sitteratur  unb  ihre  ©rforfdjnng  bon  1884 — 1900  ©.  201 — -202. 

AriftibeS  toar  natfi  ©ufebiuS  (1.  c.  IV,  3.  Hier.,  De  vir.  ill.  c.  19)  5PbiIo= 
fopb  in  2Ctf>en  unb  bat  feine  SSerteibigungSfcbrift  bem  ßaifer  £>abrian  eingereicht.  Sie 
Unterfuchung  beS  neu  aufgefunbenen  Sektes  berfelben  liefe  jebod)  erlernten,  bafe  biefelbe 
an  AntoninuS  tpiuS  gerietet  ift  (fo  bie  tneiftctt  ffrorfdjer  gegen  tRobinfon  unb  §ilgen= 
felb).  Ser  SSerfaffer  teilt  bie  Atenfdjen  in  hier  klaffen:  ©briften,  Stuben,  ©riechen  unb 
S3arbaren,  unb  geigt,  bafe  nur  bie  ©briften  ben  toabren  ©otteSbegriff  haben.  Sf«  arme= 
nifdper  ©pracbe  finb  aufeer  ber  Apologie  noch  eine  |>omtlie  unb  ein  Särieffragment  unter 
bem  Aamen  beS  AriftibeS  überliefert.  —  SBarbenbetoer  a.  a.  O.  ©.  41 — 43.  §  a  r  n  a  cf 
a.  a.  O.  I,  96—99;  II,  1,  271—273.  ©brbarb  a.  a.  O.  ©.  202—212. 

Apollinaris  toar  SBifdjof  Don  §ierapoliS  in  ber  ArctomS  Afia.  ©ufebiuS 
(1.  c.  IV,  21.  26.  27)  ertoäbnt  Oon  ihm  eine  an  Alarf  Aurel  geridptete  Apologie,  fünf 
SBücber  an  bie  ©riechen,  jtoei  33ücber  über  bie  SBaferbeit  unb  antimontaniftifcbe  ©Triften; 
aufecrbetn  toirb  eine  ©cferift  über  baS  Ofterfeft  ertoäbnt.  —  SB  a  r  b  e  n  b  e  to  e  r  a.  a.  O. 
©.  54  f.  £>arnacf  a.  a.  O.  I,  243—246;  H,  1,  358—363. 

Atbenagoras  toar,  nach  ber  Auffdjrift  feiner  Apologie,  Athener  unb  cbrifilidjer 
«Pbüofopb.  Sie  ©diufefdjrift  3U  ©uitften  ber  ©briften  ift  gerichtet  an  Atarf  Aurel  unb 
an  ©ommobuS  unb  läfet  fid)  annäbernb  in  baS  Safer  177  öerlegen.  Aufeer  berfelben 
befifeen  toir  oon  AtfeenagoraS  eine  Abfeanblung  über  bie  Auferfiefeung  ber  Soten.  — 
S3 ar b  enb e toer  a.  a.  O.  ©.  57  f.  § arna  cf  a.  a.  O.  I,  356 — 358;  II,  1,  317 — 319. 
©brljarb  a.  a.  O.  ©.  243—245. 

SfeeopfeiluS,  SBifcfeof  Oon  Antiochien ,  toar  im  AlanneSalter  ©brift  getoorben 
burcb  bie  Settüre  ber  bedigen  ©chriften  ber  blropfeeten.  ©eine  Apologie  bat  er  fürs 
nach  bem  Sabre  180  üerfafet,  ba  er  jur  SBeredmung  beS  SOöeltalterS  ben  Sob  beS  ÄaiferS 
Atart  Aurel  (17.  Atärj  180)  als  AlterSgrenje  anfefet.  Sie  ©cferift  tourbe  üeranlafet 
burch  Unterrebungen  beS  AerfafjerS  mit  einem  feeibnifcfeen  fffreunbe  AutoIfefuS,  an  ben 
fie  gerichtet  ift  (Ad  Autolycum  11.  3);  Oon  ben  brei  SBitcheru  fteben  bie  beiben  crften 
blofe  in  lofem  3nfammenfeang  mit  bem  lefetcn.  Aufeer  ber  Apologie  nennt  ©ufebiuS 
(1.  c.  IV,  24)  al§  SOßerfe  beS  SbeopbiluS:  ©egen  bie  .'pärefie  beS  £>ermogeneS,  fated)etifcfee 
Äücber,  ©egen  Atarcion.  Slnbere  ihm  beigelegte  ©d^riften  finb  jtoeifelbaft.  —  Aarben= 
betoer  a.  a.  O.  ©.58—60.  Jparnacf  a.  a.  O.  I,  496—502;  II,  1,  319 — 320.  ©br= 
barb  a.  a.  O.  ©.  245—249. 


1  £>arnacf,  Sebrbud)  ber  Sogmengefchicbte  I  (3.  Auf!.),  455 — 507. 


136 


Verbreitung  unb  2luggeftaltung  ber  ßirche  im  2.  3a^r^unbert. 


fütiltiabeä,  nach  Sertulfian  (Adv.  Valentin,  c.  5)  ecclesiarum  sopliista, 
faxtet),  toie  ©ufebiug  (1.  c.  V,  17)  berietet,  aujjer  einer  an  ttftarf  2lurel  unb  ßuciug 
Verug  gerichteten  Sdhutjfcbrift  für  bie  (Sänften  gtoei  Sucher  gegen  bie  §>ettenen,  jtoei 
Sitdher  gegen  bie  Stuben  unb  ein  Sßerf  gegen  bie  Stttontaniften.  —  Varbenbetoer 
a.  a.  O.  S.  54.  £arnacf  a.  a.  O.  I,  496— 502;  II,  1,  319— 820.  ©brf)  ar  b  a.  a.  O. 
S.  245—249. 

Ser  SSrief  an  Siognet  non  einem  unbelannten  SSerfaffer  (al§  toeldhen  Soufcet, 
ßihn  unb  Krüger  jebocb  2Iriftibeg  ertoeifen  toottten)  toirb  oft  p  ben  Sdjriften  ber 
„2lpoftoIif<fiett  Väter"  gerechnet,  gehört  jebod)  in  bie  2lpoIogetenIitteratur.  ©g  ift  eine 
febr  fchöne  unb  formbottenbete  Sarftettung  beg  ©bjriftentumö  gegenüber  bem  ißaganiämuä 
unb  3ubaigmu§ ,  toorin  pgletcb  bie  $rage  beanttoortet  toirb ,  toegbalb  bagfelbe  fo  fpät 
in  ber  2Mt  erfdjienen  ift.  —  Varbenbetoer  a.  a.  O.  S.  60  f.  ^»arnacf  a.  a.  O. 

I,  757—758;  II,  1,  513—517.  ©brharb  a.  a.  O.  S.  250—252. 

Satian  ber  2lfft)rer,  einer  ber  bebeutenbften  Sdpler  beg  hl-  Sfuftinug,  ben  er 
in  Vom  hörte,  flammte  nach  Saba  aug  ber  ©egenb  öftlich  bom  Sigriä,  nach  §arnacf 
toar  er  ein  ©riecfje.  äßann  unb  too  er  bag  ©briftentum  annahm,  fteht  nicht  feft.  ©r 
lehrte  bon  Vom  nach  ©tariert  3urücf  unb  toanbte  fich  fpäter  bem  ©nofticigmug  p;  er 
tourbe  ber  Stifter  ober  jebenfattg  ber  bauptfachlübfte  Vorfämpfer  ber  Sefte  ber  ©nfra= 
titen.  Seine  2IpoIogie  „©egen  bie  Seltenen"  fdjrieb  er  bor  feinem  Vrud)  mit  ber  Kirche. 
Später  berfafete  er  noch  öag  „Siateffaron",  eine  nach  ben  Verübten  ber  bier  ©bangeliften 
pfammengefefste  ©bangetienharmonie.  2fnbere  Schriften  finb  berloren.  Seine  Sbätig= 
feit  fällt  in  bie  jtoeite  §älfte  beg  2.  Sabrbunberig.  —  Varbenbetoer  a.  a.  O. 
S.  51—54.  £>arnacf  a.  a.  O.  I,  485—496;  II,  1,  284—289.  ©brharb  a.  a.  O. 
S.  235—242.  ^  i  e  b  i  g ,  3«r  3fxage  nad)  ber  Sigpofition  beg  Aoyos  n pog  ''EMrjva?  beg 
Satian  (3eitfd)r.  für  ffirdjengefcb.  XXI  [1900],  149  ff.),  ßufula,  Satiang  fogen. 
21pologie.  Seipgig  1900. 

§ermiag  „ber  ijlbilofoph"  fdjrieb  eine  für  je  2I6l)anbIung  pr  2fufbecfung  ber 
aOÖiberfpxüdhe  in  ben  Sehren  ber  griecbifdjen  5J}bitofobben  über  bie  menfcfjlicbe  Seele  unb 
bag  Sffiefen  ber  Singe  (um  200,  bietteidjt  aud)  biel  fpäter). —  Varbenbetoer  a.  a.  O. 
S.  61  f.  §axnacf  a.  a.  O.  I,  782—783.  ©brharb  a.  a.  O.  S.  252—253. 

Verfaffer  ber  äftefteu,  aber  nicht  in  ihrer  ursprünglichen  $orm  erhaltenen  2fpofogie 
gegen  bie  Suben  (Sialog  gtoifchen  Safon  unb  Vapi3fu§)  ift  21  rifton  öon  Vetta;  er 
fdjrieb  um  140.  —  Varbenbetoer  a.  a.  Q.  S.  43.  £>arnacf  a.  a.  G.  I,  92 — 95; 

II,  1,  268—269.  ©brharb  a.  a.  O.  S.  212—217. 

SDtinuciug  ^elij  fdjrieb  feine  2lpoIogie  in  ©eftalt  eineg  Sialogg,  toefdjer  nach 
bem  Vamen  beg  djriftlidjen  Spred)erg  ben  Sütel  „Gftaoiug"  trägt.  Sie  fragen,  ob 
biefe  Schrift  älter  ober  jünger  ift  alg  ber  „2fpologetif ug"  Sertuttiang,  ob  einer  bon 
bem  anbern  abbängt  ober  nicht  unb  in  toeldje  Seit  näberbin  ber  Sialog  p  feijen  fei, 
finb  troh  zahlreicher  Unterfuchungen ,  bie  big  in  bie  jüngfte  3eü  unb  bon  betriebenen 
Seiten  heb  geführt  tourben,  noch  immer  nicht  gelöft.  Vebeutenbe  fjorfdher  erfennen  mit 
©tttfdjiebenbeü  bem  Vtinuciug  fjelij  bie  Priorität  p,  toäbrenb  anbere  nicht  minber  be= 
beutenbe  ßritifer  Sertuttian  chronologifdf)  höher  binaufftetten,  unb  eine  brüte  Vteinung 
betbe  2IpoIogien  ungefähr  gleichzeitig  anfetjt  unb  eine  britte  berlorene  Schrift  alg  gemein= 
fame  Guette  beiber  aufpftetten  berfudjt  bat.  So  fdjtoanft  bie  Seit,  toeldjer  ber  „Oftabiug" 
Zugefdjrieben  toirb,  ettoa  gtoifdjen  ber  ttJtitte  beg  2.  unb  ber  SVitte  beg  3.  Sfabrfjunbertg. 
3m  Sialog  bertritt  ber  §eibe  ©äciliug  Vatalig  ben  Stanbpunft  beg  Sfeptictgmug,  ber= 
teibigt  ben  alten  heibnifdhen  ©ötterfult  unb  erbebt  bie  befannten  2lnflagen  gegen  bie 
©hriften.  Ser  ©brift,  Oftabiug  Sfanuariug,  toiberlegt  fßunft  für  ißunft  bie  2lugfitbrungen 
feineg  ©egnerg.  —  Sarbenbetoer  a.  a.  O.  S.  62 — 64.  §arnacf  a.  a.  O.  I,  647. 
©brharb  a.  a.  O.  S.  284—292. 

6.  (Shriftentuiit  unb  Subentutn.  2)ie  ungläubigen  Suben;  bie  3ubentf)riften 

unb  bie  jubaiftifchen  ^ärefien. 

Guellen.  —  3übif(ber  Ärieg:  Bio  Cassius,  Hist.  rom.  66,  4  sqq. ;  68,  32; 
69,  12  sqq.  Spartian.,  In  Hadr.  c.  14.  Euseb.,  Hist,  eccles.  IV,  2,  6.  Sulpic.  Sever., 
Chron.  II,  31.  —  Subenifiriften  unb  jubendhriftl.  ^ärefien:  lustin.,  Dial. 


6.  ©fjriftentum  unb  3ubentum. 


137 


c.  Tryphone  c.  47.  Iren.,  Adv.  haer.  I,  26,  2.  Philosophumena  VII,  34.  Orig., 
C.  Celsum  V,  61.  Ps.-Tertull. ,  Adv.  haeres.  c.  11.  Euseb. ,  Hist,  eccles.  III,  21. 
Philostratus,  Haeres.  c.  37.  Epipli.,  Haeres.  XXX.  —  ©llefaiten:  Philosopliumena 
IX,  13;  X,  29.  Epiph.,  Haer.  XIX,  15;  XXX,  17;  LI,  7.  Theodoret.,  Haeret. 

fab.  II,  7. 

Sitter atur.  —  Sie  Söerte  üoit  ©tu  alb,  ©raf?,  ©diürer  (oben  ©.  54); 
Don  tilgen  fclb  (oben  <5.  106).  Sqju:  A.  Edersheim,  History  of  the  Jewish  nation 
after  the  destruction  of  Jerusalem  by  Titus.  London  1896.  F.  J.  A.  Hort,  Judaistic 
christianity.  A  course  of  lectures.  London  1894.  S.  Sem  me,  Sa§  3fubencf)riftentum 
in  ber  llrf irdfie  unb  ber  SBrief  be§  ßlemeng  Don  (Rom  (9leue  Ofabrbüdjer  für  beutfdje 
2f)eol.  1892,  6.  325—480).  9JI  unter,  Ser  jübifcbe  ßrieg  unter  Srajan  unb  §abrian. 
2Utona  1821. 

1.  ©eit  bem  jübifdjen  Kriege  unb  ber  gerftörung  be§  SetnpelS  bilbete 
^aläftina  eine  eigene  rötnifdje  ^robinj,  meldjc  burd)  faiferlidje  Segaten  ber= 
maltet  mürbe.  3enfeit§  beS  SorbanS  erhielt  fid)  baS  Heine  fübifcpe  3feid> 
5fgrippa§  II.  bis  jum  Sobe  biefeS  ben  Römern  ftetS  ergebenen  dürften  (f  100). 
3n  Scrufalem  felbfi  begann  eine  f)eibnifd)e  33ebölferung  fid)  anjufiebeln.  ©ine 
grofje  91njal)l  $uben,  meld)e  ju  feiner  ber  ejtremen  gelotenparteien  gehört 
Ijatten,  blieben  im  Sanbe.  SSiefe  bon  ifmen  maren  auS  $erufalem  bor  ber  S3e^ 
lagerung  fortgegogen  unb  Ratten  fid)  in  ber  ©bene  am  fDieere,  in  Fabnef)  unb 
Spbba,  niebergelaffen.  ©in  Seif  berfefben  berfiricfte  fid)  noch  rnefjr  als  bisher 
in  bie  engfte  ^Beobachtung  beS  ©efetjeS,  fomeit  innert  biefe  möglich  mar;  artbere 
fud)ten  mel)r  ben  geiftigen  $ern  beS  ©efe|eS  feftgulfalten  unb  betonten  am 
meiften  bie  Üfeinfjeit  beS  (per^enS  unb  bie  tfjätige  Siebe  ju  ben  ©tammeSgenoffen. 
©ie  erhielten  nad)  unb  nach  eine  QIrt  retigiöfer  Organifation ,  ein  geiftlidjeS 
®erid)t,  baS  an  bie  ©teile  beS  alten  ©anfjebrin  trat,  unb  einen  23orftel)er 
(^atriard)).  £)ier  begannen  bie  ©efe|e»Ief)rer ,  bie  Üfabbinen,  iffre  Sfjätigfeit 
in  ber  Auslegung  beS  ©efe|eS;  fie  nannten  jum  Seil  ben  $lat)  beS  alten 
jübifd)en  ^rieftertuniS  ein:  eS  ift  ber  Anfang  beS  talmubifd)en  SubaiSmuS. 

©egen  baS  ©f)rifientum  maren  bie  Suben  allgemein  mit  tiefem  Ipaffe  er= 
füllt.  911S  bie  jubencbriftlidje  ©emeinbe  mit  if>rern  33ifd)of  ©imeon  bon  ^ella 
nad)  Serufalem  gurücfgefetjrt  mar,  mürben  bie  ©fjriftuSgläubigen  bielfad)  bon 
ifjren  ungläubigen  ©tammeSgenoffen  bebrängt.  9iad)  ^>egefippn§ 1  ftarb 
©imeon  unter  Srajan  ben  fCRartertob. 

51ud)  außerhalb  s$aläfiinaS  gab  es  nod)  immer  äaf)lreid)e  Suben,  meldfe 
mit  fanatifd)er  3äf)igfeit  an  iljren  epflufiben  religiöS=politifd)en  5fnfd)auungen 
feftlfietten  unb  bie  Reiben  glülfenb  Ijafjten.  2Bäf)renb  ber  5partf)erfriege  SrajanS 
brad)  in  ber  ©prena'ifa,  in  sÜgt)pten  unb  auf  ber  Snfel  ©t)pcrn  biefer  Fana= 
tiStnuS  in  f urcf)tbarer  Söeife  loS,  inbent  bie  empörten  Suben  biele  Saufenbe 
bon  Reiben  ermorbeten.  SaS  ©trafgerid)t ,  meldjeS  nad)  fRiebermerfung  beS 
9tufftanbeS  (in  tgppten  burd)  ®larciuS  Surbo)  über  bie  ©mpörer  erging,  mar 
nid)t  ntinber  fdmedlid).  51n  biefem  Dfufftanbe  (116 — 117)  fjatten  bie  jübifdjen 
©emeinben  in  ^aläftina  feinen  Anteil  genommen;  allein  aud)  l)ier  glimmte 
ber  jübifdfc  Fanatismus  unter  ber  Slfd^c  meiter  unb  brad)  fed)jef)n  Sapre 
fpäter  loS.  5llS  £>abrian  (131)  bie  33efcpneibung  berbot  unb  eine  ^eibenftabt 
mit  einem  Supitertempel  bort  ju  grünben  befahl,  erfjob  fid)  ein  falfdjer  fDleffiaS, 


1  23ci  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  32. 


138  SBerBrettung  unb  2tu3geftaltung  ber  $ird)e  im  2.  $al)rfiunbert. 

„  ©opn  beS  ©terneS"  genannt  (nach  4  9Rof.  24,  17—19),  unb  marb  bon  bem 
atS  gmeiter  9RofeS  gefeierten  Rabbi  Rfiba  atS  folget  anerfannt,  barauf  in 
ber  geffe  Seliger  (Sittlger)  gum  Könige  gefatbt  unb  gefrönt.  Oie  gange  jübifdge 
Sebötferung  griff  gu  ben  äßaffen;  Serufatem  fam  toieber  borübergefgenb  in 
ihren  Sefitg.  Oer  bom  $aifer  abgefanbte  f^efbfierr  Julius  ©eberuS  befeigte 
guerft  bie  ®üftenftäbte  unb  SanbeSpäffe,  nalgm  bann  Serufaleut  unb  machte 
^ßaläftina  einer  ©inöbe  gteidg.  Rabbi  Rfiba  mürbe  gefangen  unb  fgingericptet ; 
baS  2oS  beS  SetrügerS  53ar=(5oc£)ba ,  felgt  „©ofgn  ber  Süge"  (Sar=©ofiba)  ge= 
nannt,  ift  unbefannt.  ©egen  taufenb  Ortfcpaften  unb  fi'tnfgig  ©täbte  mit 
480  ©tgnagogen  mürben  bon  ben  Römern  gcrftört;  bon  biefem  ©dglage  f)at 
ftdj  baS  gelobte  Sanb  nie  mieber  erholt.  Oer  faiferticpe  ^fan,  eine  §>eiben= 
ftabt  Rtia  ©apitofina  an  bie  ©teile  SetufalentS  gu  felgen,  fam  nun  gur  5luS= 
fülgrung;  Tempel ,  Sweater  unb  Säber  mürben  errietet.  Oen  3uben,  bon 
benen  biele  als  ©Haben  berfauft  mürben,  marb  nidgt  nur  nebft  ber  Abgabe 
an  ben  Jupiter  beS  Capitols  eine  (äftige  ^opffteuer  auferlegt,  fonbern  auch 
baS  betreten  ber  neuen  ©tabt  bei  OobeSftrafe  berboten.  ©rft  nadgmatS  marb 
ipnen  ertaubt,  am  SalgreStage  ber  Sprung  in  ber  Ralfe  ilfrcS  ehemaligen 
Heiligtums  gu  mepeffagen ,  mofür  fie  noch  bie  römifdgen  ©olbaten  begabten 
mußten.  Oennocp  bertoren  bie  Suben  ihr  nationales  SBefen  nicht;  baS  Rabbinern 
tum  behiett  in  ©öfarea  am  Rteere,  in  ©epplgoris  in  ©atitäa  feine  ©itge,  be= 
fonberS  aber  in  OiberiaS,  mo  fpäter  ein  jübifcfger  Patriarch  refibierte,  mätgrenb 
bie  SSraetiten  ber  öfttidgen  Reidge  unter  einem  dürften  ber  ©efangenfcpaft 
ftanben. 

Rber  aud)  bie  hefigen  Orte  ber  ©{griffen,  meldge  bon  ben  Anhängern 
beS  fatfdgen  RteffiaS  auf  baS  fdgmerfte  berfotgt  morben  maren,  mürben  ent= 
meitjt.  Reben  bem  ©rabe  ©Ifrifti  marb  betn  Jupiter,  auf  bem  $albarien= 
berge  ber  SenuS  eine  ©tatue  erridgtet.  Oie  bortigen  3ubendgriften  fotten  nad) 
©imeon  breigefgn  33ifcpöfe  gehabt  haben,  alle  „aus  ber  Sefdgneibung"  entfproffen 
unb  bem  her9ebrad)ten  Rituatgefetge  nodg  gugethan.  ©ufebiuS1  teilt  näm= 
tid)  eine  Sifte  bon  breigehn  jubencpriftlidgen  Sifdgöfen  mit,  metcpe  nach  bem 
Oobe  beS  ©imeon  bis  gum  Rufftanbe  unter  33ar=©ocpba  fiep  in  Serufatem 
gefolgt  mären.  ©S  ift  moht  unbenfbar,  baff  in  einem  fo  furgen  3ei©nnm 
bon  faum  breifgig  fahren  fo  biete  Sifdgöfe  einanber  abgetöft  hätten.  RJan  hat 
einen  Irrtum  bei  ©ufebiuS  augenommen,  inbem  berfelbe  entmeber  mehrere 
Sifdgöfe,  bie  gteidggeitig  jubendgriftlidge  ©emeinben  öfttiep  bom  Sorban,  molgin 
bie  ltrgemeinbe  auSgemanbert  mar,  leiteten,  in  eine  Sifte  gufammengog  ober 
bie  Sifcpöfe  auf  einen  gu  furgen  3eitraum  gufammenbrängte ,  inbem  nodg 
tangere  3eit  tginburdf  in  ^3eHa  eine  fubendgriftlidge  ©enieinbe  mit  ihrem  0ber= 
tgirten  fiep  erhalten  hat-  3n  Rtia  ©apitotina,  ba  jept  fein  3ube  metgr  bie 
neuerftanbene  ©tabt  betreten  burfte ,  erhob  fiep  eine  peibendgrifttidge  ©emeinbe, 
unb  auch  ber  neue  Sifdgof  RtarfuS  mie  bie  folgenben  Sifcpöfe  maren  fgeib= 
nifdfer  Rbfunft;  fie  famen  unter  ben  DRetropotiten  bon  ©äfarea2.  Sntmer 

1  Hist.  eccl.  IY,  5. 

2  lustin.,  Apol.  I,  31.  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  12.  Epiph.,  De  pond.  et  mens, 
c.  14.  15.  Sulpic.  Sever.,  Chron.  II,  31  (ed.  Halm  p.  86).  Über  bie  Stellung  ber 
Hubert  gu  ben  ©(griffen  bgl.  Iustin,,  Dial.  c.  Tryph.  c.  17.  108. 


6.  ßljriftentum  unb  Stubentmn. 


139 


größer  war  bte  ©djeibetoanb  5Wtfd)en  ben  ©fjriften  (Vltmtn  genannt)  unb  ben 
Subcn  geworben ;  teuere  öerwünfditen  erftere  in  ihren  ©tjnagogen 1  unb  [tadelten 
bie  Reiben  tniber  fie  auf.  Von  ben  altchriftfichen  ©chriftfteHern  werben  öiel= 
fad)  bie  berleumberifdjen  Auflagen,  weldje  gegen  bie  (griffen  öerbreitet  waren, 
auf  bie  Subctt  al§  bereu  ltrf)eber  unb  Verbreiter  jurüdgefüt)rt,  wof)I  mit  9ted)t 2. 
3m  Verist  über  ben  Vlarttjrtob  be§  1)1.  ^3oIt)farp  erfefjeinen  bie  3uben  at§ 
bie  eifrigften  tpetjer  gegen  bie  Triften  unb  bereu  greifen  Vifdjof.  Ste  innere 
prinzipielle  Trennung  äwifdjen  getauften  unb  ungetauften  Suben  tnar  immer 
mehr  ju  Sage  getreten.  Vufserhatb  5paläftina§  Ratten  fief)  ohnehin  bie  3uben= 
Triften  leicpter  mit  ben  ,fpeibencf)riften  berfd)moh$en;  nad)  £)egefippu§  (um  150) 
hatten  jene  feinen  bebeutenben  Vlann  mehr  unb  in  ber  d)rifitid)en  Sitteratur 
überhaupt  nur  eine  geringe  Vertretung.  Sie  Sefyrer  ber  Birdie  fuhren  fort  in 
bem  Veftreben,  bie  Suben  bem  ß^riftentum  jujufü^ren  unb  ihre  Vorurteile  ju 
befämbfen 3 * * * * 8. 

2.  Sie  ©efd)id)tc  ber  jubendjriftlidjen  Sem  ein  ben,  welche  nach 
ber  Qerftörung  3erufalem§  in  ben  Säubern  be§  §erobe§  Vgrippa  II.  öfttich 
Dom  3orban  entftanben  waren  unb  fid)  bort  auSgebreitet  batten ,  ift  in 
Dölligeä  Sunfel  gefüllt.  V3ir  wiffen  btof),  bafj  bort  in  Weiteren  Greifen  bie 
ejtrem  jubaiftifdje  fftidjtung,  gegen  bie  ber  f)I-  ^oufu§  fo  fdjarf  aufgetreten 
war,  fid)  feftfetjte  unb  jur  tfpärefie  ber  ©bioniten  führte,  bie  fid)  nod) 
im  9fu§gang  ber  apoftolifdjen  3eü  3ß  bilben  begann  (f.  oben  @.  110  f.). 


1  ®en  Straftat  Birkath  Hamminim  (Vtinäer  =  bie  (Stiften)  fott  ßtabbi  ©amuel 
ber  ßleine  auf  Sßeranlaffung  beö  jüngeren  ©amaliel,  ©nfets  be§  älteren,  gefdjrieben  haben. 

2  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  16  sq.  Theophil.,  Ad  Autol.  III,  17  sq.  ®ie  $ro= 
felt)ten  ber  ©eredjtigfeit  waren  nad)  Sfnftin  bie  heftigften  3feinbe  ber  ©haften.  ©IjriftnS 
Warb  bei  ben  Stuben  in  jeber  üßeife  befdjimfift,  als  im  ©hebrud)  erzeugt  bargefießt  {Orig., 
C.  Cels.  I,  28.  82.  Tract.  Tholedoth  Jeschuach  unb  Midrasch  Coheleth),  loährenb  fie 
noch  oftmals  Vfeubomeffiaffcn  bulbigten  {Orig.  1.  c.  I,  57.  Socrat.,  Hist.  eccl.  VII,  38. 
Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XIV,  40.  Malalas ,  Hist,  chron.  II,  ed.  Bonnae  1831, 
p.  181,  u.  a.  bei  Basnage,  Hist,  des  Juifs).  ©egen  bie  SBegietinng  ber  meffianifd)en 
©teßen  beS  9IIten  ®eftaments  auf  baS  bebräifdie  Söotf  fämßfte  fdjou  DrigeneS  (1.  c.  I, 
54  sq.).  ®ie  IRabbinen  oerbrängten  bie  SSibel  jule^t  burd)  ben  ®almub.  ®iefer  gerfäßt 
in  bie  Mischnah  {dsu-cipwaig ,  Iustinian.,  Novella  146),  angeblid)  um  220  fompüicrt 

(ed.  Gurenhus,  Amstelod.  1698 — 1703),  unb  in  bie  Gemara  Oon  Sterufalem  (6nbe  beS 
3.  unb  4.  StahrßunbertS)  unb  Oon  Sabßlon  (430—521;  ed.  Yenet.  1520;  Yieunae 

1806).  Stßm  warb  (als  ©olb)  höhere  Slnfeßen  beigemeffen  als  bem  ©efe^e  (©über) ; 

bod)  Wiberfetjten  fid)  bie  ßaraiten  (ßaräer)  bem  fanonifd)en  ülnfeßen  bcS  ®almub  unb 
liefen  feine  Überlieferung  gelten.  Sßeitere  SluSlegungen  Würben  oom  2. — 11.  3tahr= 

ßunbert  in  bem  böttig  ungeorbneteu  Midrasch  gufammengefteßt  {Wolf,  Bibi.  hebr.  pars  2, 
p.  979  sq.  ©  r  ä  h ,  ©efdjidjte  ber  Stuben  bis  gum  2lbfd)Iuf)  beS  ®almub.  23erltn  1853. 

3uitg,  ©otteSbienftlidEje  2)orträge  ber  Üuben.  Verlirt  1832.  Srfiber  Sei)  mann,  ®ie 
ßßejfiaSfrage ;  beutfd)  ßJlaing  1870). 

8  3n  ben  ©d^riften  gegen  bie  Stuben  gehören:  StuftinS  ®ia!og  mit  ®rht>hon; 
Tert.,  Adv.  Iudaeos;  ©hßrianS  Testimonia  adversus  lud.  ad  Quirinum  11.  3.  tßerloren 
ift  ber  ®ialog  beS  Slrifton  oon  ißeßa  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  6.  Orig.,  C.  Cels. 
IV,  52.  53.  Maxim.  Conf.,  Schob  in  op.  de  myst.  theol.  c.  1.  Hier.,  Comment. 
in  Gal.  3,  13;  Quaest.  hebr.  in  Gen.  II,  507.  Sion  jubendjrifilidjen  ©d)riften  beS 
2.  StahrhanbertS  finb  befonberS  bie  Testamenta  duodecim  Patriarch,  befannt  {Grabe, 
Spicilegium  ss.  Patrum  I  [Oxon.  1698] ,  145  sq.) ,  bie  DrigeneS  (In  los.  hom.  15 
[Opp.  II,  433,  ed.  Par.])  anführt. 


140  SBerbreitung  unb  SluSgefialtung  ber  ßircpe  im  2.  Saprpunbert. 

©ine  fpefulatibe  gortbitbung  be§  älteren  ©btomtt§mu§  feiert  mir  in  bem 
©IfefaitiSmu^1  unb  in  ben  ßfeuboflementinifcljen  £)omilien2; 
man  fucpt  bort  ben  ®uali§mua  unb  bie  Trennung  be§  2öeltfd)öpfer§  bom 
pöcpften  ©ott  ju  befeitigen,  bie  SSerirrungen  ber  Ifetbmfcpen  ©nofi§,  inSbefonbere 
ber  maräonitifdjen ,  in  ber  ^erfon  be§  bom  SIpoftei  ^3etru§  befämpften  ©rj= 
fe|er§  ©imon  fDtagua  blofijulegen  unb  baa  ©priflentum  möglicpft  enge  an  ba§ 
Subentum  anjuftbtiepen.  SDie  öfflid)  bom  Aoten  füfeere  mopnenben  effenifcpen 
©bioniten  füllen  unter  ^aifer  Srajan  ein  neue§  ^arteipaupt  9iamen§  ©Icpafai 
ober  ©  I  £  a  t  erpalten  £>a6en ,  melcpem  bon  einem  überaus  großen  ©nget  ein 
bom  fpimmel  gefommeneä  33ud)  übergeben  morben  fei.  23on  ©Icpafai  erhielt 
ba^felbe  ein  gemiffer  ©ofnai,  unb  mit  biefem  23ucpe  begab  fiep  um  218  2tl!i= 
biabe§ ,  ber  ju  9Ipamea  in  ©prien  mopnte,  nad)  ßiom,  mo  er  aßen  ©ünben= 
bergebung  betpieji,  bie  an  biefe§  gepeimniSboße  S3ucp  glauben  unb  ber  bon 
©Icpafai  borgefcpriebenen  Aaufe  fiep  unter-pepen  müßten.  Um  in  9iom  ißnpang 
ju  finben ,  füprten  bie  ©tfefaiten  ipre  Ambitionen  auf  ben  Afpoftel  5ßetru§ 
unb  feinen  ©cpiiler  Clemens,  bann  3afoBu§  ben  ©crecpten  jurüd,  bie  in  ber 
pfeuboftementinifcpen  Sitteratur  an  ber  ©pipe  fiepen 3.  ©ie  berroarfen  ben 

1  Stet  ©pippanittg  (Haer.  XIX,  15;  XXX,  17;  LI,  7)  aud)  ber  -Harne  Sapepaloi, 
bicfieicpt  Dort  wjyp,  fjhaxol,  bom  SSeten  gegen  bie  aufgepenbe  ©onne,  nad)  einigen  eine 
klaffe  ber  Offener.  Ser  Diame  ©prai  ober  ©lipafai  loirb  berfcpieben  abgeleitet:  a)  bon 
nDD  duvatuc,  xsxaXußp.Evj)  ( Epiph .  1.  c.  XIX,  2:  Osseni) ;  b)  bon  ßljaiten  =  2tpo= 
ftaten,  ncimlid)  -psnsVN  bon  ons,  negare  (SSaumgarten) ;  c)  bon  bs,  bem  Flamen  ©otteg 
(fßipfd));  d)  bon  -ns-  *sk,  6 i ’Eaaacos  (©caliger);  e)  bom  Rieden  ©Ifefi  in  ©alitäa; 
f)  bon  P’n  lös,  einer  fBe^eicpnung  beg  ©eifteg  ©otteg  (©iefeler) ;  g)  bom  arab.  nds  Vn, 
©uft,  21glet,  9Inad)oret  (Haneberg).  2öie  ber  Sßerfaffer  ber  fßpilofoppumena,  lernte  aud) 
ßrigeneg  (In  Ps.  82,  bei  Euseb. ,  Hist,  eccles.  VI,  38)  erft  jpät  bie  ©eite  lennen; 
beibe  2tngaben  ftimmen  bielfad)  unb  aud)  mit  ©pippaniug  überein,  ber  anbere  ßueßen 
bor  fid)  patte,  ©etbft  bie  Simenfionen  beg  ©ngelg  (ßpriftug)  finb  ganj  biefelben;  ebenfo 
ber  ipn  begteitenbe  Zeitige  ©eift  toeiblid)  (Philosoph.  IX,  13.  Epiph.  1.  c.  XIX,  4). 
Sßeftätigt  toirb  bon  aßen  ©eiten  bie  Dtacpricpt  bei  Epiph.  1.  c.  XXX,  3,  baf)  biele  ®bio= 
niten  fid)  an  ©Ijai  anfd)loffen.  3m  4.  3aprpunbert  foßett  stoei  bon  biefem  abftammenbe 
grauen  fDtartpo  (SQtartpug)  unb  Bßartpana  faft  göttlidje  ©pren  bei  ber  ©eite  genoffen 
paben  [Epiph.  1.  c.  XIX,  2;  LIII,  1.  Formula  renuntiandi  Iudaismo  bei  Cotel., 
Recogn.  I  [ed.  Par.  1672],  54).  ©tjai  fanb  nad)  ©pippaniug  (1.  c.  XIX,  5)  bei  bier 
©eiten  Stullang.  3U  ipnen  foßen  aucp  bie  ßßanbäer  ober  Sabier  (©fabier,  bie  fiep 
Sßafcpenben)  gepören  (S.  ©ptoolfon,  Sie  ©fabier  unb  ber  ©fabäigmuS.  2  23be. 
©t.  fpetergburg  1856).  Sögl.  nod)  £>ilgenfelb,  Sag  ©Igaibucp  im  3.  3aßrpunbert 
(3eitfcpr.  für  toiffenfd).  Speol.  1866,  I). 

2  3a  ber  pfeubollementinifdjen  Sitteratur  gepören :  1)  bie  bon  fftufinug 
überfepten  Recognitiones,  ütnagnorigmen  in  10  Sücpern,  aud)  fprtfcp  borpanben  ( GallancLi , 
Biblioth.  vet.  Patr.  II,  218—327.  Migne,  Patr.  gr.  t.  I;  fpr.  ed.  Lagarde,  Lips.  et 
Lond.  1861);  2)  bie  grieepifdp  erpaltenen,  bem  3npalt  nad)  bertoanbten  Homiliae  20 
( Gallandi  1.  c.  p.  600 — 770.  Migne  1.  c.  t.  II;  ed.  Dressei,  Gotting.  1853;  ed.  La¬ 
garde,  Lips.  1865);  3)  bie  baraug  gefepöpfte  Epitome  (ed.  Turneb.,  Par.  1555;  ed. 
A.  Dressei,  Epitomae  duae.  Lips.  1856).  2ln  bie  ^omilien  fcpliefjen  fi(p  an  ein  Srief 
beg  ßtemeng  unb  einer  beg  fßetrug  an  3atobug  unb  bie  fogen.  Aiagapzupia  (Contestatio). 
Über  bie  Sitteratur  ju  ben  pfeubollementinifcpen  ©epriften  bgl.  föarbenpetoer, 
ißatrologie  (2.  91uft.)  ©.  73  ff.  ©prparb,  ®ie  altcpriftt.  Sitteratur  unb  ipre  ©rforfepung 
bon  1884—1900  ©.  170  ff. 

3  Überaß  treten  fßetrug  unb  ßlemeng  in  ben  ffiorbergrunb ,  3alobug  ift  mit  be= 
fonberer  Autorität  auggeftattet,  ja  ben  anbern  2tpofteIn  oorgefept  (Epist.  Clem.  ad  Iacob., 


6.  ©briftentum  unb  Ofubentum. 


141 


Dlpoftel  SßaulttS  mie  bie  gefoöpnlidjen  (Sbioniten ;  in  ben  ^omtlien  beS  kleinen? 
mirb  berfelbe  in  ber  ^erfon  beS  ©imon  DftaguS  befümpft* 1;  ebenso  roirb  bie 
fanonifdie  Dlpoftelgefdjicpte  bermorfen,  ber  in  ben  falfdjett  Klementinen  ganj 
miberfprecpenbe  Eingaben  entgegengeftellt  finb ;  ja  bom  Sitten  mie  bom  Dienen 
Seftamente  liefen  bie  ©Ifefaiten  nur  ©injelneS  gelten,  möprenb  fie  anbcreS  bon 
fid)  (tiefen 2.  SeSglcicpen  merben  bie  jübifdjen  Opfer  nad)  @ffener-31rt  ganj 
jurüdgetbiefen ,  als  burd)  ©priftuS  aufgepoben  bejeidjuet 3.  Din  bie  ©teile  ber 
Opfer  fott  bie  cpriftlicpc  Saufe  treten,  unb  jtnar  eine  jnm  jmeitenmal  ge= 
fpenbete,  erteilt  im  Di  amen  beS  großen  unb  pöcpften  (Sötte»  unb  im  Diamen 
feines  ©opncS,  beS  großen  Königs.  DDiit  ber  Saufe  fiepen  bie  öfteren  33äber 
unb  Döafcpungen  in  engfiter  Sejiepung,  bie  als  Uniberfalmittel  gegen  ©cplangen= 
bip ,  Kranfpeiten ,  bämonifcpe  guftänbe  u.  f.  f.  angegeben  finb  unb  gleid)  ber 
Saufe  unter  Anrufung  bon  fieben  3eiI9en  Opimmel,  Söaffer,  bie  peiligen 
©elfter,  bie  ©ngel  beS  ©ebeteS,  baS  Öl,  baS  ©alj,  bie  ©rbe)  borgenommen 
merben  füllten.  OaS  SOßaffer  galt  als  befonberS  peilig 4.  DDiit  DIuSnapme  ber 


init.  Recogn.  I,  17.  44.  66.  68.  72;  IY,  35.  Hom.  I,  20).  3}eacpten«toert  ift  auch  bie 
©fette  be«  ©.  DJlariu«  SSittorinu«  3U  ©at.  1,  15  {Mai,  Vet.  script.  nova  coli.  III,  3, 
p.  9) :  Iacobum  apostolum  Symmachiani  faciunt  quasi  duodecimum  et  hunc  sequuntur, 
qui  ad  D.  N.  Iesum  Christum  adiungunt  Iudaismi  observantiam  (cf.  Act.  21,  20),  quam- 
quam  etiam  Iesum  Christum  fatentur;  dicunt  enim  eum  ipsum  Adam  esse  et  esse 
animam  generalem,  et  alia  huiusmodi  blasphema. 

1  Orig,  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  YI,  38 :  rov  AtzootoXov  tsXsov  ä&srsl  (Elcesait.). 
2>ie  tpfeuboltementinen  benupen  nid)t  nur  ben  fpautu«  nicpt,  fonbern  betämpfen  ifjrt  offen 
at«  ©imon.  2tm  ftarfften  ift  bie  ißotemit  in  ber  Ep.  Petri  ad  Iac.  c.  2,  beutlid)  in 
Hom.  XI,  35;  XVII,  13  sq.  16.  19,  leifer  in  ben  Recogn.  (I,  70  sq.  erfcpeint  ber  SSer= 
fotgcr  ©autu«;  feine  SBeteprung  bteibt  unertoöfmt;  ibid.  IV,  35  ift  er  bon  ber  ißrebigt 
be«  Wahren  ©bangetium«  auSgefcbtoffen). 

2  Orig.,  In  Gen.  tom.  I,  n.  14  {Migne,  Patr.  gr.  XII,  85,  too  au«  ben  Uspiodoc 
Ilirpou  ein  ©tfidf  [Recogn.  X,  10  sq.]  angeführt  toirb).  Epiph.,  Haer.  XXX,  15. 
16.  18;  LIII,  1;  XVIII,  1.  lögt,  bie  bon  ©otelier  3U  Recogn.  I,  54  bramä,, 
gebenen  SlnatbematiSmen  für  tonbertierenbe  Suben  (Gallandi,  Biblioth.  II,  329).  33ei 
ben  ©ffenern  !am  Stbnticpe«  bor.  Sn  ben  Hom.  II,  38  sq.  51;  III,  3  sq.  42 — 47.  50  sq.  ; 
XVI,  14;  XVII,  19  loirb  ber  Sßiberfprucp  im  Sitten  ieftamente  fetbft  bcroorgeboben; 
nacp  Epiph.  1.  c.  XXX,  18  bertoarfen  bie  ©bioniten  ben  @Iia§,  ®abib,  ©amfon,  Sfaia«, 
ttäprenb  fie  Stbrabam,  Sfaat,  Satob,  lötofe«  unb  Sefu«  anerfannten. 

3  Epiph.  1.  c.  XIX,  3 ;  XXX,  16,  too  au«  betn  ebionitifdjen  ©bangeliunt  bie  Söorte 

Sefu  angeführt  toerben:  fjX dov  xaraXbaac  ras  duaiaq  xal  idv  pp  Tzauffrjtn'Xs  rou  tfbetv, 
ob  TcaüoeTai  d.<p  bp&v  bpyg.  S3ei  ben  ©ffenern  toar  bie  ©eringfcpttpung  ber  gefep= 
licpen  Opfer  fd)on  angebahnt  ( Ioseph .,  Antiq.  XVIII,  1,  5).  ©«  toerben  Recogn.  I,  36  sq. 
54  sq.  unb  Hom.  III,  45.  52  (bgt.  Constitut.  apost.  VI,  20.  22)  bie  jiibifcpen  Opfer  at« 
borübergehenbe,  tnef>r  gebutbete  als  befohlene  ©inridjtung  bargeftettt,  ja  nad)  Hom.  III,  51 
gehörten  fie  nie  311m  toafjren  ©efep.  SnSbefonbere  toerben  Recogn.  VIII,  48;  IX,  19 
bie  ©erer  bgt.  Orig.,  C.  Cels.  VII,  62—64)  toegen  ihrer  ßeufepbeit  unb  ihrer 

SBertoerfung  ber  Opfer  gepriefen;  Philosophum.  IX,  13  peißt  eS  bon  ©Ijjai:  rauryv 
(ßißXov)  am)  Zrjpüv  ri j?  Ilapdiag  izap£tXr1<pEat  nva  iE  dpa  dixaiov. 

4  ®a«  Slbwafcpen  be«  Seihe«  in  ftiepenbem  SBaffer  abv  r ot?  Iparioi?  ift ,  toie 
Philosoph.  IX,  15,  fo  auch  bei  Epiph.,  Haer.  XXX,  17  als  Heilmittel  angeführt.  Dtacp 
Hom.  XIII,  20  toiirbe  ber  fDlutter  be«  ßtemen«,  fatt«  fie  im  DJtcere  ertrunten  wäre,  biefe« 
Untergeben  3ur  2aufe  geworben  fein.  Sa«  2ßoffcr  erfepeint  at«  gut  unb  heilig,  ba« 
treuer  aber  at«  ©ott  entfrembet  (Recogn.  VI,  8;  VIII,  27,  bgt.  I,  48;  Hom.  XI,  24;  Recogn. 
I,  30;  IX,  7.  10.  Hom.  IX,  4—6.  9).  ®ie  tägtiepen  Sßafipungen  toerben  burep  SBeifpiet 


142  Verbreitung  unb  2lu§gefialtung  ber  ßircfje  int  2.  Sfct^r^unbert. 

bermorfenen  altteftamentlidjen  Vefianbteüe  hielten  bie  ©Ifefaiten  an  bent  nto= 
faifdjett  ©efelj  unb  an  jübifdjer  91§fefe  feft,  einzelne  fogar  an  ber  Vefdjneibung 1. 
©te  nannten  fid)  felbft  ißrognoftifer  (Vorau§erfennertbe)  unb  fjulbigten  namentlich 
ber  Vfirologie;  ben  ©eftirnen  fdjrteben  fie  einen  großen  ©tnflufj  ju2  unb 
forberten  bie  forgfältigfte  ©eljeimfialtung  ihrer  Überlieferung  bor  alten  Un= 
berufenen,  inbetn  fie  auch  Sßerftellimg  bi§  jur  äußeren  Verleugnung  be§ 
©lauben§  gulie^en 3. 

©ie  Sdjrfäije  ber  ©Ifefaiten  finb  fotgenbe:  1)  ©ott  ober  ber  ©eift 
©otte§  f)at  fict)  berfcfjiebentlid)  in  berfefjiebenen  feiten  mit  9Jlenfd)en  bereinigt, 
mit  9tbam,  bent  älteften  ^rop^eten,  bann  mit  ©nod),  Voe,  Slbraljam,  Sfaaf, 
3afob,  9Jlofe§  unb  jute|t  mit  3efu§.  ©er  über  bie  ©ngel  erhabene  ©eift 
©otte§,  ber  höhere  ©tjriftuS ,  mohnte  nämlich  in  berfdjiebenen  auaermäptten 


unb  Sehre  beä  betrug  (Recogn.  IV,  3;  V,  36;  VI,  11;  VIII,  1.  Hom.  VII,  8;  IX,  23; 
X,  1.  26  u.  fortfl)  angelegentlich  empfohlen,  unb  auf  biefen  ülpofiel  beriefen  fid)  auch  bie 
©bioniten  ( Epiph .  1.  c.  XXX,  15.  21).  Sie  bon  §egefippu§  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  22; 
Constitut.  apost.  VI,  6;  Pseudo- Hier. ,  Indicul.  haer.  (bei  Migne ,  Patr.  lat.  XXX); 
Epiph.,  Haer.  XVII,  1  unb  ber  citierten  Formula  renuntiandi  Iudaismo  unter  bent 
Vanten  §>emerobaptiften  erwähnte  Sette  (bietteicht  ibentifd)  mit  ben  Vaptifien  bei 
lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  80)  ftanb  mit  ben  ©bioniten  unb  ©Itefaiten  in  näherem 
3ufammenf)ang.  ©pipl)aniu§  (Indic.  Haer.  tom.  I)  legt  ihnen  ben  Sat?  bei:  prjdiva 
Cojvjg  ruy/ävEtv,  si  ,urj  ti  av  xa$  kxdfrrrjv  ßaitri^otro.  Hom.  II,  23  (bgl.  Epit.  c.  26) 
fjeifjt  ber  Säufer  3cohanneä  ^pspoßanTiargg  (Dgl.  Ioseph.,  Antiq.  XVIII,  5,  2). 
Sie  Diamartyria  c.  1.  2.  4  Weift  febjr  beutlid)  auf  ben  Epiph.,  Haer.  XIX,  1.  2; 
XXX,  17  unb  Philosophumena  IX,  16  befdfriebenen  ebionitifdfen  unb  elfefaitifd)en 
Vraud)  bin»  fid)  täglich  in  einem  jjlujs  ober  in  fliejjenbem  Söaffer  ju  haben  unb  bort 
unter  Anrufung  berfdjiebener  Saugen,  toie  bei  ber  Saufe,  Enthaltung  bon  alter  Sünbe 
ju  geloben. 

1  Philosoph.  IX,  14.  Epiph.,  Haer.  XVIII,  1;  XIX,  5;  LIII,  1.  Sie  Vefchneibung 
toirb  Diamart.  c.  1  unb  Recogn.  I,  33;  VIII,  53  fef)r  empfohlen  unb  für  geborene  $uben 
al§  felbftöerftänblid)  borau§gefef;t.  Recogn.  V,  36  unb  Hom.  X,  26  banft  Vetrug  ©ott 
Hebraeorum  more ;  bie  Enthaltung  bom  f^leifc^e  gilt  für  fef)r  Wid)tig  (Recogn.  VII,  6 ; 
Hom.  VIII,  15.  Epiph.,  Haer.  XXX,  15).  Vad)  Epiph.  1.  c.  n.  2  war  früher  in  biefen 
Greifen  bie  $eufd)heit  in  hohen  @I)ren,  fpäter  nicht  mehr.  $n  her  Ep.  Clem.  ad  Iac. 
c.  7.  8  unb  Hom.  III,  68  (bgl.  Constitut.  apost.  IV,  11.  Epiph.  1.  c.  n.  18)  toarb 
geboten,  bie  jungen  Seute  fo  fd)nelt  al§  möglich  ju  oerheiraten. 

2  Philosoph.  IX,  14;  X,  29.  Theodoret.,  Haer.  fab.  II,  7.  Sie  npö/vwmg  wirb 
unjähtigemal,  befonberä  Hom.  II,  10  sq.  50;  III,  12.  17.  42  sq.  47;  XVII,  14  erwähnt, 
unb  unberfennbar  legen  bie  Klementinen  eine  grope  Verehrung  für  bie  2lftrologie  an 
ben  Sag  (Recogn.  I,  28.  32;  VIII,  45.  Hom.  III,  36).  Sie  ©r3äf)Iung  bon  Vimrob 
(Hom.  IX ,  4)  fetjt  einen  ©tauben  an  ben  ©inftuf)  ber  ©eftirne  boraug ,  ber  ganj  mit 
Philosoph.  IX,  16  (über  bie  böfen  Sterne  unb  tlnglüdstage)  gufammenirifft.  Sie  Sterne 
unb  bie  materiellen  ©lemente  ber  Schöpfung  erfd)einen  alg  belebt  (Recogn.  V,  16.  27; 
VIII,  44—46;  IX,  15);  bie  pt)thagoreifd)e  3ahlenlef)re  übt  ihren  ©influf)  (Hom.  XVIII, 
9  sq.).  2öenn  nun  aud)  jugleid)  mit  ber  Vtagie  eine  falfdje  2lftrologie  betämpft  wirb, 
fo  ifi  bod)  bie  Vo^ntif  ftetö  gegen  bie  ftreng  fataliftifdje  Sheorie  gerichtet,  Welche  bie 
StöiEengfreiheit  böHig  aufhebt;  babei  Wirb  bie  Sad)e  in  fo  eingehenber  VJeife  behanbelt, 
baf)  man  fieht,  toie  nahe  bem  Verfaffer  afirologifd)e  Sehren  lagen. 

3  Philosoph.  IX,  17.  Ep.  Petri  ad  Iac.  c.  3.  Diamart.  c.  4.  Recogn.  I, 
21  sq.  74;  II,  55;  III,  30;  X,  42.  Über  ©eheimtrabition,  Vergeltung  unb  Verleugnung 
Ogi.  Orig.,  C.  Cels.  VII,  62 — 64.  Epiph.,  Haer.  XIX,  1.  3.  Recogn.  I,  65  sq.  unb 
Hom.  II,  37—39;  III,  2;  V,  2  sq. 


6.  ©briftentum  unb  Stubentum. 


143 


9Jienfd)en,  untergielft  fidi  überhaupt  mehreren  ©efmrten,  medffett  bie  gönnen 
unb  bie  Seiber,  manbert  au§  einem  Korber  in  ben  anbern.  ©er  ppre 
©Ijnftus  ift  in  aßen  berfelbe ,  21bam  eigentlich  ibentifcf)  mit  ©piftu3,  überall 
ber  mabre  fßroßpt,  an  ben  äße  glauben  müffen1.  2)  31ße§  bemegt  fi<h  in 
ber  Söelt  in  paaren  (©tagten),  fomolfl  im  üpftfdjen  at§  im  geizigen  ©ebiete. 
2Jlit  bem  fjöpren  ©piftuS  ift  al§  feine  meiblidfe  ©eite  ber  ^eilige  ©eift  üer= 
bunben.  ©§  giebt  eine  hoppelte  ^roßptie,  bie  männliche  unb  bie  meiblidje; 
erftere  ift  gut,  Ie|tere  fdjledjt  unb  Oerfü^rerifcp.  ©ie  fdßedße,  toeiblid)e  Sßro= 
plietie  ge^t  ber  guten  boran  unb  mirb  öon  if)r  übertounben;  fo  ift  ^etru§ 
Vertreter  ber  männlichen,  ©imon  ber  meiMidjen  ^3ropl)etie.  33eibe  finb  in 
ftetem  Kampfe  toie  Irrtum  unb  SBappit,  mie  ber  gegenmättige  unb  ber 
gufünftige  SBeltlauf  (9Ion)2.  3)  3ebe§  ber  beiben  Üteiche  hat  feinen  Seifern 
fdjer;  ber  gute  ©oßn  ©otte§,  ©t)riftu§,  ift  £etrfd)er  be§  jufünftigen,  mie  ber 
©eufet  Set)errfd)er  be§  jetzigen  SBeltlauf»  unb  ffteidje§,  legerer  ^erborgegangen 
au§  ber  Stiftung  fdjlechter  ©lemente 3.  4)  ©ie  Sepe  bon  ©ott  ift  ftreng 

monotheiftifch  gefaxt,  unb  gegen  bie  pibnifdfe  ©nofiä  mirb  baran  feftgelfalten, 
bafg  ber  pc^fte  ©ott  aud;  SMtfdföpfer  ift.  ©ie  SBelt  mirb  al§  ©otte§  Seib 


1  Über  ©briftuS  bgl.  Philosopli.  IX,  14:  noXXaxig  ysvvrjdivTa  xai  ysvvwpsvov  Tiswr,- 
vivai  xai  tpuead-at ,  dXXdaaovza  ys.vias.iq  xa'c  psrsvacapazoupevov  (ppbagoreifd)).  Hom. 
III,  20 :  dzc  äpyrjg  alwvoc  dpa  zoiq  dvop.aoi  poptpdq  dXXdaacjv.  Epiph.,  Haer.  LIII,  1 : 
dst  7TOTS  waivopzvoq.  Philosoph.  X,  29 :  dsi  iv  adpaai  pszayyt&adai  x.  z.  X.  ©S  tüirb 
ber  ävw-  unb  ber  xarw-ßbrifiuS  (Philosoph.  X,  29 ;  Theodoret.,  Haer.  fab.  II,  7)  toie 
aud)  bei  ben  SBalentinianern  (Iren.,  Adv.  haer.  I,  7,  2)  unterfdßeben;  gtoifdjen  beiben 
fdjcint  fein  reeller  ünterfdjieb  gu  befielen,  ber  irbifd)e  ©briftu§  ift  eben  nur  bie  2Jlani= 
feftation  be§  pberen.  Sa  böfjere  SBefen  nur  mittelft  ber  £eiblid)leit  ben  ©innemoefen 
fidjtbar  toerben  (Hom.  XVII,  16),  fo  baß  ©ott  felbft  ber  HJlenfctjen  toegen  eine  leibliche 
©eftalt  ßat  (ibid.  c.  7),  fo  erfdjien  aud)  ber  toape  ißroppt  C£f)riftu§  forttoäbrenb  mit 
einem  Seibe,  unb  gtoar  mit  bem  Seibe  2Ibam§  (Epiph.,  Haer.  LIII,  1,  Ogi.  mit  XXX,  3). 
Sie  2Ibtoeid)ungen  ber  Recogn.  finb  unbebeutenb  unb  geigen  aud)  per  eine  minber  fc^arfe 
Sludprägung  ber  Sehre.  ©in  mehrmaliges  ©rfdfeinen  ßljrifti  ift  aud;  fjier  angenommen 
(Recogn.  H,  22,  bgl.  mit  Hom.  III,  20.  Recogn.  VIII,  59).  Sie  Don  9Ht  fcfil  (Sie 
©ntfteptng  ber  altlatbol.  ßirdje  [33onn  1850]  6.  185)  bemerfte  tßerfd)iebenf;eit  ber  2In= 
fdiauung  in  beiben  ©teilen  ift  ntdjt  nad)toei§bar;  benn  ba§  nos  (Recogn.  II,  22)  gel;t 
offenbar  auf  bie  SJJtenfdjen  überhaupt,  toie  bag  gurüeftoeifenbe  enim  allein  fd)on  geigt,  nid;t 
auf  bie  Stpoftel  unb  bie  ©laubigen.  Sie  Sbentitat  oon  Slbant  unb  ©priftuö ,  toie  fie 
9Jtariu§  I8ittorinu§  hon  ben  ©t)mmad)iauern ,  6pipbaniu§  (1.  c.  XXX,  3)  oon  einem 
Seil  ber  ©bioniten  oertreten  fein  taffen,  ift  gerabegu  au§gefprod)en  Recogn.  I,  45.  47.  60 
unb  Hom.  HI,  20  sq. ;  VIII,  10.  Siefer  ©piftuS  giebt  ben  SIbam  an  unb  toieber  au§, 
um  ibn  bon  neuem  angulegen  je  nach  Umftänben  (Epiph.,  Indic.  Haer.  t.  II,  1.  1). 
21uf  bie  fjrage  bed  ^lernend  über  bad  £ieil  ber  oor  3efu  SInluuft  Serftorbeneu  fagt 
iPetruS  (Recogn.  I,  52) :  Christus,  qui  ab  initio  et  semper  erat,  per  singulas  quasque 
generationes  piis,  latenter  licet,  semper  tarnen  aderat,  bis  praecipue,  a  quibus  ex- 
spectabatur,  quibusque  frequenter  adfuit. 

2  ©pgpgieulebre  Hom.  II,  15—18.  33;  III,  16  sq.  22.  27.  59.  Recogn.  III,  55  sq. 
59.  61;  Vin,  51.  Sem  entfpridjt  bad  Oon  Clemens  oon  Sllep.  (Strom.  III,  9)  an= 
geführte  2öort  aus  bem  in  l)äretifd)en  greifen  gebrauipen  tgptereüangelium:  TjXdov 
xazaXüaai  rd  ipya  Trjq  >9rjXsiaq.  Über  ©briftuS  unb  ben  Ipeiligeu  ©eift  Ogi.  Philosoph. 
IX,  13.  Epiph.,  Haer.  LIII,  1. 

3  Epiph.  1.  c.  XXX,  16.  Recogn.  III,  52 ;  IV,  25 ;  V,  9 ;  VIII,  52 ;  IX,  4.  Hom. 
Vin,  21 ;  XV,  7.  9.  Sgl.  Philosoph.  IX,  16. 


144 


33erbreitung  unb  2tu§geftaltung  ber  Hirdpe  im  2.  3faprpunbert. 


gebaut  unb  mittelbar  bon  ©ott  burdf  feine  2öei§ljeit  al§  mettbitbenbe  §anb 
geftaltet  \  5)  SDa§  ßffriftentum  erfdjeint  al§  bie  im  mefentlidjen  mit  bem 

9J?ofai§mu§  ibentifdje  Urreligion,  bereu  GürfenntniS  ber  malfre  ^ßroppet  ber= 
mittelt;  bie  (SnofiS,  bie  er  fpenbet,  roirb  überall  Ifocfjgefjalten,  otfne  bafj  babei 
bie  D'totmenbigfeit  ber  guten  SBerfe  befeitigt  mirb ,  bie  ber  SDienfdj  mit  freiem 
Söiüen  boKbringen  !ann,  unb  offne  baff  ber  firdflidfen  Autorität  irgenbtnie  ju 
nalfe  getreten  merben  fotl1  2. 

Sn  biefer  ^olemtf  gegen  bie  Ifeibntfdfe  ©nofi§  mirb  nidfft  nur  baran 
f  eftgelfalten ,  baff  ber  SBeltfdföpfer  fein  anberer  ift  al§  ber  f)öd)fte  (Sott  felbft, 
fonbern  überhaupt  bie  Sel)te  9Dtarcion§  ganj  befonberS  befätnpft;  neben  if)r 
finb  auep  anbere  ©pfterne  berüeffidftigt. 

7.  $er  <Snoftici§mu§. 

Duellen  im  allgemeinen:  Iren.,  Adv.  haer.  11.  5.  Hippol.,  Philosophu- 
mena  (Refutatio  omnium  haer.)  11.  10.  Ps.-Tertüll.,  Adv.  omnes  haereses  (3Inpang  | 
3U  Tertull.,  De  praescriptione  haer.).  Tertull.,  De  praescr.  haer.;  De  carne  Christi; 
De  resurrectione  carnis;  De  anima;  baju  gegen  einzelne  ©noftiter:  Adversus  Valen-  > 
tinianos;  Adv.  Marcionem.  3af)lreld)e  ©teilen  in  Älemeng’  bon  21Iejanbrien 
Stromata  unb  DrigeneS’  SBerfen.  Euseb.,  Hist.  eccl.  2 — 4  an  bieten  ©teilen. 
Epiph.,  Panarion  (Adv.  haereses).  Theodoret.,  Haeret.  fabul.  comp.  Adamant.,  Dia- 
logus  de  recta  in  Deum  fide  c.  Marcionitas  (neue  2lu§g.  Seipjig  1901),  gegen  Valentin  j 
unb  fütarcion.  Philastr.  Brix.,  Liber  de  haeresibus  (ed.  Oehler,  Corpus  haereseo- 
logicum  I,  1 — 185).  2}erfcpiebeneg  bei  Oehler,  Corpus  haereseol.  Vol.  I.  Berol.  1856. 

—  ©nofiifcpe  ©djriften:  Sag  S5uc^  Pistis-Sophia  (ed.  Petermann,  Berol.  1851); 
bgl.  31.  §arnad,  Über  bag  gnoftifd£»e  iBud)  Pistis-Sophia  (Sejte  unb  Unterfucpungen  , 
VII,  2.  1891).  ©noftifdje  ©(Triften  in  fopiifdper  ©pradfe  perauggeg.  bon  ©.  ©dfrnibt  i 
(Siebte  unb  Unterf.  VIII,  1 — 2.  1892);  bgl.  C.  Schmidt,  De  codice  Bruciano  seu  de  j 
libris  gnosticis  etc.  Lips.  1872.  ißreufepen,  Sie  apofrpppen  gnoftifdfen  2lbantg=  j 
Triften  au§  bem  2lrtnenifcpen  iiberfe^t  unb  unterfudjt.  ©iefjen  1900.  Ipierper  gehören  j 
ferner  jaljlreidje  apofrpppe  ©bangelien,  2lpoftelgefd)id)ten  unb  21  p  o !  a= 
Ippfen,  bie  in  gnoftifdfen  Greifen  entftanben  finb.  SSgt.  21.  §arnad,  ©efd;id)te  ber 
altcpriftlicpen  Sittera-tur  I,  1 — 181  21.  ©prparb,  Sie  altcpriftlicpe  Sitteratur  unb  ipre  ! 

©rforfdpung  bon  1884 — 1900  ©.  128 — 173.  —  3ufammenfteKung  ber  gnoftifdfen  nnb  ! 

marcionitifcpen  ©dfriften  bei  fparnaef,  ©efdficpte  ber  altcpriftlidfen  Sitteratur  I,  143  j 
bis  231.  Sie  neuere  Sitteratur  bei  ©prparb  a.  a.  D.  ©.  188 — 198.  33gl.  Sipfiug,  I 
Sie  Duellen  ber  älteften  ßepergefdfidfte.  ßeipjig  1873.  2t.  §arnad,  3ur  Duelle  ber  j 
©efdficpte  be§  ©nofticiSmuS.  Seipjig  1873.  I.  Kunze ,  De  histor.  gnosticismi  fontibus.  ■ 
Lips.  1894. 

ßitteratur:  fülöpter,  SSerfucp  über  ben  Urfprung  beg  ©nofticiSmuS  (®e= 
fammelte  ©dfriften  I  [fftegenSburg  1839],  403  ff.).  Saut,  Sie  dfriftlidfe  ©nofi§.  j 

Sübingen  1835.  E.  Amelineau ,  Essai  sur  le  gnosticisme  egyptien.  Paris  1887. 
SB.  21  n  3 ,  3ur  3frage  nad)  bem  Urfprung  beg  ©nofticigmug  (Sejde  unb  Unterf. 
XV,  4).  Seipjig  1897.  §>ilgenfelb,  ßepergefdfidfte  beg  Urdfrifientumg.  ßeipjig  1884. 

31.  §  a  r  n  a  cf ,  Sogmengefdfidfte  I  (3.  2tufl.) ,  211 — 271.  31.  §ilgenfelb,  Ser  ! 

1  Recogn.  I,  17 ;  VI,  7  sq.  Hom.  XVI,  12.  Hom.  III,  32  peifst  ©ott  ö  ra  py  ovra 
sig  rb  ehai  crucmjadpsvog ,  oupaxöv  drjpioupyrjaag  x.  r.  /i. ;  piet  toerben  bie  creatio  ! 
prima  unb  secunda  berbunben.  Sag  xuotpoppdslg  bnb  % eip&v  $sod  (Hom.  1H,  17.  20) 
unb  bie  Sepre  bom  göttlichen  ©beitbilbe  finb  nicht  entfcpeibenb. 

2  Hom.  VIII,  6  sq.  Recogn.  IV,  5,  bgl.  mit  I,  39.  ©nofig:  Hom.  IX,  14.  Recogn. 

H,  69;  V,  4sq.  8;  IX,  31.  ®er  „echte"  Sülofaigmug,  toie  ipn  3.  iö.  bie  dvaßa&pol  laxwßou 
(Epiph.  1.  c.  XXX,  16)  barftellten  (opne  ben  Dpferfultug),  toitl  pier  bom  pparifäifdf= 
jübifdfen,  nicht  effenifdjen  gefdpieben  fein. 


7.  Ser  ©nofticiSmuS. 


145 


©nofticiSmuS  (3eitfd)r.  für  tmffenfdp.  Speot.  1890,  ©.  1—63).  SCÖcitere  Sitteratur  fiepe 
©.  Ärüger,  2trt.  ©nofis,  ©nofticiSmuS  in  ber  SReatcncpftopabie  für  proteft.  SEfjeoI. 
VI  (3.  2luft.),  728. 

I.  Der  ©no|liasmus  im  allgemeinen. 

1.  2Iu§  ben  fefjon  im  1.  Sahrpurtöert  oorljanöenen  ©lementen  entmidelte 
fiep  im  2.  eine  fReipe  bon  Srrlepren,  bie  man  unter  bem  fRamen  ber  falfdjen 
©nofi§  (2öi[fenfd)aft,  ©rfenntnig)  ober  be§  ©noftici§mu§  begreift.  2Bar 
e§  ein  natürlidt)e§  23ebürfni§  für  poper  ©efülbete,  bie  im  ©tauben  angenommene  - 
djriftticbe  Religion  foöiel  als  möglich  mit  ber  Vernunft  ju  erfaffen,  ju  einer 
möglicpft  boflfommenen  VMffenfdfaft  ber  göttlichen  unb  menfcpltdfen  Singe  ju 
gelangen,  fo  führte  ba§  franfpafte  ©treben,  über  bie  9Renge  ber  gemöpnlidien 
©griffen  £>inau§äufe^en,  frembartige  ppilofoppifcpe  ©pfterne  mit  dptifflidjen  2epr= 
fäpen  ju  berfnüpfen ,  foraie  außergemöpnlidie  futtifdfe  ©inrieptungen  unb  fRiten 
unb  frembe  etpiföpe  Sßrinjipien  feftjupalten,  ju  einer  Itnjatjt  Don  Verirrungen  be§ 
©eifte3,  bie  bei  alter  Verfcpiebenpeit  in  ben  gönnen  ba§  ©epräge  ihrer  3©* 
unb  ber  in  it)r  bertretenen  ^Richtungen  an  fiep  tragen,  oft  ineinanber  pinüber= 
fpieten  unb  roie  VMe  an  SBette  fid)  fortbrängen.  ©§  ift  barum  nidjt  leicht, 
ein  fefte§  ©inteitung^prinjip  ju  finben,  gleicpmie  auch  bie  grage  nach  bem  ge= 
fcpidptlicpen  ©ntftepung§grunb  ber  ©nofis  at§  eine  fepr  bermidelte,  bielfach  in 
berfdjiebenem  ©inne  beantmortete  erfepeint1. 


1  Vtöpter  (Söermifipte  ©Triften  I,  406  ff.  Sögt.  ßircpengefcpiipte  I,  279  ff.)  lieg 
bie  fatfipe  ©rtofiö  unmittelbar  au§  bem  ©priftentum  fetbft  entfpringen,  namtiep  aus  bem 
praftifdpen  Srange,  eine  überfpannte  SBeltberacptung  fpefutatib  ju  begrünben,  ben  ©egen= 
faß  gegen  bie  Sffielt  unb  baS  Heibentum  als  einen  rabifaten  unb  unoerföpnticpen  gu  be= 
trachten.  Sagegen  hob  23aur  ( ©nofis  ©.  74  ff.)  pertior :  Sie  gnoftifepe  3bee  beS  23öfen 
toeift  in  bem  SBtaße,  in  bem  fic  fiep  bon  ber  djrifttidpen  entfernt,  in  bie  oonprifttidje  ats 
ipre  Heimat  jurücf;  fie  tonnte,  inbem  fie  ben  fitttidpeu  Söegriff  beS  SSöfen  aufhebt,  un= 
mögtid)  aus  bem  ©hriftentum  perborgepen  unb  nur  gotge  eines  VlißberftänbniffeS  fein, 
beffen  ©ruub  außerhalb  be§  ©priftentumS  31t  fuipen  ift.  23a  ur  fetbft  (a.  a.  O.  ©.  18 ff.) 
finbet  ben  Urfprung  beS  ©nofticiSmuS  in  ber  SBetrad-ktng  unb  Söergteicpung  ber  piftorifd) 
gegebenen  ^Religionen  in  Söerbinbung  mit  ppilofoppinpen  iprinjipien,  bie  ber  sJtetigionS= 
ppitofoppie  Hegels  äpntic^  mären,  fo  baß  bie  ©nofis  SRetigionSgefcpicpte  unb  9teligionS= 
ppitofoppie  über  Heibentum,  gubentum  unb  ©priftentum  umfaßte.  6r  unterfipeibet  ba= 
naep  brei  Hauptformen  (a.  a.  £>.  ©.  114  ff.):  I.  2tnnäpernbeS  SöerpättniS  jlbifcpen  bem 
©priftentum  unb  ben  jtoei  anbern  ^Religionen  (Söalentin,  Oppiten,  23arbefaneS,  ©aturnin, 
SSafitibeS);  II.  2tbftoßenbeS  Söerpättnis  jtoifepen  bem  ©priftentum  unb  attern  23orcprifi= 
liepen  (SDRarcion) ;  III.  gbentität  bon  ©priftentum  unb  gubentum  unb  ftrenger  ©egenfaß 
beiber  3um  Heibentum  (Kerintp  unb  tpfeubottementinen).  SDtepr  ober  meniger  paben 
anbere  proteftantifeße  ßirdpenßiftoriter  baS  ©inteitungSprinjip  23  a  u  r  S  befolgt ,  fo 
fReanber,  ber  ben  Urfprung  ber  ©nofis  in  einem  borßerrfipenb  fpetutatioen  gntereffe 
unb  in  bem  Sebitrfniffe  fiept,  beS  3ufammenpangS  ber  burep  bie  Offenbarung  mitgeteitten 
2ißaprpeiten  mit  bem  fdjon  früper  borpanbenen  geiftigen  23efiß  ber  SOlenfcppeit,  fotoie  beS 
inneren  3ufabmienpangS  ber  dprifttidjen  üßaprpeit  fetbft  ats  eines  organifepen  ©anjen 
fiep  betmißt  3U  toerben,  unb  bann  bie  eigentf idt)  gttoftifdjen  ©etten  einteilt  a)  in  an  baS 
3ubentuin  fiep  anf^tießenbe  (©erintp ,  23afitibeS,  23atentin,  SBarbefaneS)  unb  b)  in  baS 
Stubentum  betämpfenbe,  unb  3toar  a )  mit  Hinneigung  3um  Hcibcntum  (Oppiten,  ßainiten) 
ober  ß)  opne  biefetbc  (fOtarcion).  Sögt.  SReanber,  ßtrcpengefcpiipte  1,216  ff.;  Sogmen= 
gefipiepte  I,  45.  Sie  meiften  (tbie  21 130  g)  paben  bie  ßinteitung  in  petteniftifdje  unb 
fpriftpe  ©noftitcr,  «Pantpeiften  unb  Suatiften  feftgepatten.  Über  bie  neueren  2lnfdpauungen 
betreffenb  ben  Urfprung  beS  ©nofticiSmuS  f.  ßrüger,  2trt.  ©nofis  in  ber  SReatencpfl. 
für  proteft.  Speol.,  3.  2tuft. 

§ergcnriUI)cr,  Äirc^cngeftt)ict)te.  I.  4.  Stuft. 


10 


146  Verbreitung  uitb  AuSgeftaltung  ber  Äiri^e  im  2.  Sahrfjunbert. 

Die  ^irdjenbäter  leiten  ben  ©nofticiSmuS  au»  ber  I)eibnifd)en  ^f)üofo|)^te, 
befonberS  ber  platoutfdjen,  ab,  metdjer  fidler  ein  heröorragenber  Anteil  gebührt, 
mätjtenb  aud>  bie  orientatifdjen  9ietigionS[i)ffeme  tpen  (Sinflu^  übten ,  ja  baS 
§eibentum  in  [einer  gefamten  AuSbitbung,  in  [einer  SDtpthotogie,  [einen  9Jlt)fierien, 
[einer  Aftrotogie,  [einen  5pt)iIo[üü^emen  P  Die  ptatonifdje  tp^iIo[o[)§ie  mar  böKig 
auSgeartet ;  bie  fragen,  metdje  in  ben  Schriften  ?p!ato§  geftettt  unb  betjanbelt 
tnaren,  mürben  niefjt  mehr  burd)  bernün[tige  ©djtujifolgerungen,  [onbern  burdj 
phantaftifche  Träumereien  ber  ©intntbungStraft  p  (Öfen  gefudp;  eS  tnar  mehr 
Tpeogonie  ats  sphilofoppie.  Dap  tarnen  einzelne  au»  bem  ffteuppthagoreiSmuS 
entnommene  aSfetifche  unb  mora!i[d)e  Anfdjauungen ,  [omie  ber  ©taube  an  bie 
mt)[li[d)e  $raft  ber  gatjten.  Die  [ett[amen  ©pfteme ,  bie  barauS  ent[tanben, 
mürben  mit  ben  tjeibnifchen  retigiöfen  Anfdjauungen  berfdimotjen  unb  tierbanben 
[id)  mit  bem  XRpfierienmefen,  baS  burd)  [eine  fRiten  unb  Aßeitjen  ben  AJtenfchen 
in  einen  Pieren  3uftanb  p  ergeben  borgab.  ©ine  meitcre  Duette  für  bie[e 
phitofophifdpmpftifdjen  ©pefutationen  bitbeten  bie  ^oSmogonien  ber  alten  1Reti= 
gionSfpfteme  ber  ©tjatbäer,  Werfer,  Snber  unb  'ötgtjpter,  in  melden  ©manationen, 
Triaben,  ©hpgten,  Theorien  über  Planeten  bie  ©runbtage  bon  [ett[amen  tpo= 
gonifdjen  ©pftemen  bitbeten.  Dabei  mürben  bie  alten  Tepte  unb  SJttjtpn  mit 
(pilfe  ber  lüpften  Allegorien  erftärt  unb  ben  ©pftemen  angepajst.  Daraus 
ftofj  namentlich  ber  Spalt  ber  gnoftifepn  Sehren,  mäljrenb  baS  ©hriftentum  faft 
nur  bie  [form  gab.  Denn  in  ber  pretifd)  =  djriftlidjen  ©nofiS  tarn  p  [enen 
berfdjiebenartigen  tjeibnifchen  ©pftemen,  ARpttjen  unb  Testen  jetp  noch  bie  ^eilige 
©djrift  pnäu/  tuetdie  man  mit  ber  füpften  attegorifdjen  Auslegung  jenen 
bienftbar  p  machen  f  uchte.  Von  [pegififefj  (hrifttichen  Sb  een  i[t  eS  nur  bie  ber 
©rtö[ung,  bie  biefe  ©noftifer,  aber  in  einer  bottftänbigen  33erfta(f)ung  unb  SBer= 
äufjertidjung,  fefthietten;  bie  Sehre  üon  ber  ABeltentftetjung  bagegen  nahm  man 
ganj  aus  bem  (peibentum  in  beffen  betriebenen  Ausgestaltungen  mit.  33or= 
tjerrfdjenb  mar  aber  in  biefem  bie  Vergötterung  beS  Alts  (^antheiSmuS),  bann 
ber  ©egen[a|  §meier  ©runbmefen  (Dualismus),  modjte  man  nun,  mie  .meiftenS 
gefdjalj,  beibe  als  gleich  emig  ober  baS  eine  nad)  bem  anbern  entfianben  benfen; 
im  tepteren  gatte  [ah  man  baS  [pater  entzauberte  (bö[e,  befepräntte)  ^rinjip 
atS  aus  ber  ARaterie  Ijerborgegangen  an.  Die  fragen  nach  bem  Ur[prunge  ber 


1  Orig.,  In  los.  hom.  7,  n.  7  {Migne ,  Patr.  gr.  XII,  863):  Furati  sunt  isti 
(Valentin,  VufitibeS,  Vtarcion)  linguas  aureas  de  Iericlio  et  pliilosophorum  nobis  non 
rectas  in  ecclesias  introducere  conati  sunt  sectas.  Tertull.,  De  anima  c.  23:  Plato 
omnium  haereticorum  condimentarius.  Vgl.  ibid.  c.  17;  De  praescript.  c.  6;  Adv. 
Hermog.  c.  8.  Iren.,  Adv.  haer.  II,  14,  2.  Sn  ben  Plülosophumena  1.  I  tnirb  bie 
Sbee  burpgeführt ,  bajj  bie  Sehren  ber  §äretifer  nidjt  au§  ber  göttlichen  Offenbarung 
flammen ,  fonbern  ix  doypÄTiov  <pt\ooo<poi)p.iv<ov  xal  gucrrgpUuv  i~ exsysepg/xe^mv  xac 
dazpoXöywv  psgßogivuiv  (1.  I,  Prooem.) ,  ja  fogar  bei  ben  einzelnen  ©noftifern  baS 
fpejiette  VhüofoPhein  bezeichnet,  aus  bem  fie  gefdjöpft  haben  fotten.  3fiir  biefen  Aad)meiS 
hat  auch  SOlaffuet  (In  Iren.  c.  Haer.,  ed.  Par.  1712,  diss.  1)  öieteS  geteiftet.  Vgt. 
aud)  Auct.  c.  Artem.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  28  unb  Plotin.,  Ennead.  II,  1.  9, 
toetdjer  bezeugt,  baß  jum  ©hriftentum  übergetretene  ©eiehrte,  bie  fiep  ©noftifer  nannten, 
unter  bem  ©inftuffe  ber  alten  SPhÜofophie  toaren.  S>n  Vorbergrunb  ftanb  meiftenS  bie 
Srage  über  ben  Urfprung  beS  Vöfen,  biefeS  TzoXu^pöilgrov  Zyryga  (Euseb.  1.  c.  V,  27. 
Tertull.,  De  praescr.  c.  7 ;  Adv.  Marc.  I,  2.  Epipb.,  Haer.  XXIV). 


7.  ®er  ©nofticiSmuS. 


147 


fidjtbaren  SBclt,  ber  SDlaterie,  beS  Söfen,  ttad)  bem  Serljältniffe  bon  ©eift  unb 
SDtaterie,  bon  ©hriftentum,  fpeibentum  unb  Subentum  befcpäftigten  lebhaft  bie 
©emiiter;  maren  einmal  bie  biblifdjen  3b een  bon  Schöpfung,  ©ünbenfall  unb 
©rlöfungSgnabe  aufgegeben  ober  entfieKt,  fo  fonnten  nur  miberdjrifttidje  Sel)r= 
formen  fid)  geftalten. 

2.  ©runbjügc  ber  ffäretifdjen  ©nofis  finb:  1)  eine  möglidjft 
abftrafte  3bee  bon  ber  f)öd)fien  ©ottI)eit,  fdjarfe  Betonung  ihrer  DranSfcenbenj 
über  ber  ©rfdjeinungSmelt,  balfer  2)  Trennung  berfelbeit  bon  bem  Urheber  ber 
legieren  (Demturg  —  SBeltbilbner) ,  ber  als  befchränft,  untoiffenb  ober  böfe 
gebadjt  unb  burd)  eine  3teifie  bon  9Jlittelmefen  bon  berfelben  gefdfieben  mirb; 
3)  abfolnter  ©egenfaß  bon  ©eift  unb  Materie,  meldfe  legiere  teils  als  mefenloS, 
ata  ©fjaoS  gebacht,  teils  unb  gemeinhin  mit  bem  Söfen  ibentifijiert  ift ;  barauS 
ergab  fid)  a)  bie  ßeugnung  ber  Seiblidjfeit  unb  magren  9Jtenfd)()eit  beS  ©rlöferS, 
ber  bielmehr  eine  fiö^ere,  übermenfdflidje  Dtatur  in  einem  ©djeinteib  fein  mußte 
(DofetiSmuS),  b)  ßeugnung  ber  9luferftef)ung  beS  fyleifcijeS,  c)  9Jtif$ad)tung  ber 
an  finnlicbe  3e'<^en/  an  materielle  ©egenftänbe  gefnüpften  ©aframente,  d)  53e= 
ftreitung  ber  ertöfenben  $raft  beS  SeibenS  ©hrifti,  beffcn  Aufgabe  nur  in  bie 
Offenbarung  beS  bor  it)m  ben  9Jtenfdhen  unbefannten,  berborgenen,  I)öd)ften 
©otteS  ober  in  bie  3urüdfüf)rung  ber  in  bie  Materie  gefeffeften  ©eelen  in  baS 
Steid)  beSfelben  gefeßt  mirb  1.  4)  ©jtreme  9tid)tung  in  ber  ©tljif :  entmeber 

überfpannte  fdjmärmerifche  9lSfefe  ober  böllige  3ügetfofigfeit  im  9fntinomiSmuS 
mit  Seradftung  ber  guten  Söerfe  bei  alleinigem  perborljeben  ber  ©nofiS2. 
5)  Sinnahme  eines  bon  9taiur  gefegten  UnterfdjiebeS  ber  9Jtenfd)en,  bie  ttad) 
ber  platonifdjen  Dreiteilung  bon  ©eift,  ©eele  unb  Seib  in  bie  ©eifteSmenfdjen 
(ißneumatifer  —  bie  ©noftifer),  ©eelenmenfdjen  (5ßft)d)ifer  —  bie  $atf)oIifen) 
unb  materielle  9Jtcnfd)en  (ftylifer  —  bie  Reiben)  eingeteilt  mürben.  6)  ÜKifs- 
brauch,  falfdje  Deutung  unb  Serftümmelung  ber  ^eiligen  ©djrift,  Berufung 
auf  anbere,  angeblich  fjetltge  Sucher  unb  auf  eine  geheime  (batunt  bon  ber 
öffentlidjen  fird)Iid)en  Perfdjiebene)  Überlieferung 3.  pier  geigt  fid)  eine  Dtcaftion 
beS  im  altheibnifchen  Seben  borf)errfd)enben  SIriftofratiSmuS  ber  Üieligion  unb 
^3^ilofopl)ie  mittelft  ber  efoterifdjen  Öef)re  gegen  baS  ihn  ftürjcnbe  ©f)riftcntum, 
bereinigt  mit  bent  Serfucf) ,  eine  über  ben  allgemeinen  religiöfen  ©lauben  er= 
habene  pfjilofophifdje  ÜteligionSIehre  ju  gemimten  mittelft  platonifd)er  spt)iIofopf>te 
unb  orientatifdjer  Dheofophie,  unb  bieS  im  ©egenfaße  gegen  bie  einfcitig  praftifche 
Dichtung  ber  meiften  ©laubigen,  meldje  bie  ©epeimniffe  beS  ©laubenS  bemütig 
annalpnen,  ohne  fie  begreifen  ju  moüen.  ©S  brel)te  fid)  h'er  ^er  ©treit  nicht 
um  einzelne  Dogmen,  fonbern  um  baS  ©anje  beS  ©hriftentumS,  beffen  pofitiber 

1  ®ie  §ple  ift  ein  platonifcheS  py  ov  ober  bie  Seere  ($enoma),  geftaltlofeS 

ober  auch  baS  33öfe  fchledjthin.  a)  9Iad)  einigen  hatte  ©briftuS  nur  ben  ©djein  (doxyoi?, 
(pdvraffßa)  eines  menfdhlidjen  SeibeS ,  nad)  anberit  einen  Seih  aus  einer  r)immlifdf)= 
ätheriidhen  ©ubftanj,  nach  anbertt  befaß  er  bie  90lad)t,  fidj  eines  frentben  ßörperS  als 
Organ  jeitloeife  ju  hebienen  (ffw,ua  TzaparrraTuov).  b)  SJgl.  Iren.,  Adv.  haer.  I,  22,  1; 
24,  5;  27,  3;  V,  13.  c)  Ibid.  I,  21,  1  sq.  4.  d)  ©nttoeber  ließ  man  nur  ben  9Jlen= 
[eben  Qefus  leiben,  oon  bem  ber  2ton  ©t)rifiuS  toid),  ober  man  [teilte  ben  »irflidjen 
^IreujeStob  ganj  in  3lhrebe. 

2  6.  befonberS  Clern.  Alex.,  Strom.  III,  5,  ed.  Potter  p.  529  sq. 

3  Iren.,  Adv.  haer.  I,  8,  1;  III,  1.  Tertutt.,  De  pracscr.  c.  17. 

10* 


148  SSerbreitung  unb  2tu3geftaltung  ber  ßtrcfje  im  2.  Sappnbert. 

unb  gefchidjttidjer  ©harafter,  beffen  tebenbige  Augprägung  per  ganj  bon  eftef= 
tigern  unb  fpnfretiftifchem  ©ubjeftibigmug  angefodpn  mürbe;  eg  festen  J»ier 
bag  pibentum  mitten  in  bie  d)rifilid)e  $ircf)e  auf  Untmegen  einbringen 
ju  motten. 

Heinegmegg  mottten  bie  ©noftifer  au»  ber  bloßen  Sernunft  it)re  Sehren 
fonftruieren ;  fie  beriefen  ftef)  bietmetjr  inggefamt  auf  bie  popre  göttliche  0ffen= 
barung.  ©ie  bemegten  fid)  meit  met)r  in  Anfcpauungen  unb  Silbern  atg  in 
Segripit  unb  Seprfäpn.  3pre  SLRet^obe  ift  „bie  Intuition  ber  ppantafie= 
boUften  Spftif,  metdje  ©otteg  eigener  ©ntmidtung  jufepen  miü  unb  meiere  ihre 
Sbeen  nic^t  in  einer  togifepen  Segripreipe,  nadj  Art  ber  älteren  ober  neueren 
Occibentaten,  fonbern  mittetft  tebenbiger  ©ebitbe  barftettt.  ©ie  befdjreibt  einen 
tpeogonifcpn  ^roje^,  eine  djrifttidje  DAßtpotogie  in  bett  tupften,  bie  ©efd)id)te 
beg  fnmmetg  unb  ber  ©rbe  umfaffenben  ©ebiepen."  2Bie  fdpon  5f3pito  unb 
anbere  ateßanbrinifepe  3uben  bag  Alte  Stefiament  mittetft  ber  Allegorie  ihren 
befonbern  Anfcpauungen  anbequemt  patten,  fo  gefd)ap  bie»  per  in  nod)  biet 
ftärferem  Stap  mit  betn  Aeuett.  0>ie  au§  alepanbrinifcpen  Greifen  perbor= 
gegangenen  ©noftifer  pflegen  bie  Allegorien  am  auggebepnteften  unb  bertreten 
bie  pant^eiftifd)e  ©manation,  mäprenb  bei  ben  ©ptern  meniger  ppantaftpp  ©e= 
bilbe  unb  ber  biiftere  ©paratter  beg  parftfd)en  ©uatigmug  ipen  ©inftuß  üben. 
Sei  ber  fmttunggtofigfeit  unb  Semegtidjfeit  ber  Sefjrfäpe  tonnten  bie  ©noftifer 
meift  nur  ©eptten,  fetten  ©emeinben  grttnben,  unb  eine  firddidje  Organifation 
tarn  troß  bieter  Semüpngen  bei  ben  menigften  juftanbe.  ptbem  bmttten  bie 
meiften  berfetben  fid)  nid)t  öuprtid)  bon  ber  ^irepe  trennen,  bietmep  atg  ©laubige 
gelten  unb  neben  ber  ^irdjengemeinfdjaft  ipe  befonbern  efoterifcpn  Cepen  mie 
eine  Art  befonberer  Atpfterien  für  bie  ©ingemetpten  behaupten  unb  unter  ben 
„tpfpepifern"  neue  Anpnger  tnerben.  Sei  altem  ©emeittfamen  finben  fid)  große 
Serfcpiebenpeiten  ^untat  betrep  ber  Beugungen  ober  ©ntanationen  ber  pdjften 
©ottpit.  0ie  einen  bauten  biefe  atg  ganj  bon  bem  natürlichen  ©ebiete  ber 
9Aenfd)enmett  entfernt,  meber  männlich  noch  meibtiep ;  anbere  bagegen  fapen  fie 
atg  mannmeibtiep ,  beibe  ©efcplccpter  jugleid)  in  fid)  begreifenb;  anbere  fteüten 
fie  fid)  nad)  Art  ber  Atenfdfen  mit  einer  meiblid)en  ©eite  auggeftattet,  in  einer 
Art  ©he  (©ppgie)  mit  biefer  gepaart  bor. 

II.  Die  cttt)clttcn  gtiopifdim  Spcnu. 

2)ie  päretppe  ©nop  fepeint  in  Afien  entftanben  unb  in  Alepanbrien 
reicher  auggebitbet  morben  ju  fein.  ®ie  älteren  famaritanifdjen  ^äretifer,  bie 
Srrteprer  in  $teinafien,  bie  mit  ben  ©noftifern  fe^r  bermanbten  3opanneg= 
d)riften  meifen  barauf  pin.  Septere  nehmen  ein  fetbftänbigeg  Seich  ber 
ginfternig  mit  feinen  eigenen  Stapten  an,  meint  eg  auch  auf  bag  Seich  beg 
Sichteg  feinen  ©inffufj  übt,  fomie  eine  Sermifchung  beiber  Seiche,  bie  burd)  bag 
Sortjaben  eineg  Sicptgeniug,  unabhängig  bon  bem  pöcpften  Urmefen  in  bem 
©haog  eine  Aßett  jit  bitben,  herbeigeführt  marb.  Sach  tpnen  ttwrbe  bie  fiep© 
bare  StBelt  gegrünbet  auf  einem  bem  Seiche  ber  ginfternig  abgemonnenen  Sobeit 
unb  baher  bon  ben  auf  ihre  fperrfdjaft  eiferfiieptigen  9Aäd)ten  biefeg  Seicheg 
fortmäpenb  befämpft.  ®a  ber  ©ettiug  Abatur,  ber  bie  britte  ©tufe  ber 
Sebengentmidtung  bitbet,  fid)  in  ben  finftern  ©emäffern  beg  ©haog  fpiegett, 


7.  Ser  ©nofticiämuä. 


149 


entfielt  aus  feinem  SIbbilbe  in  biefen  ein  unboöfommener  ©eniuS,  §eta  =  |)il, 
beu  in  fid)  Elemente  beiber  9ieid)e  trägt.  ©iefer  mitt  ebenfalls  ©enien  erzeugen 
unb  fdjafft  burd)  fein  2Bort  bie  fieben  ©terngeifter ,  bie  burd)  itfr  2öort  bie 
falfchen  Propheten  begeiftern,  beren  elfter,  bei  ©onnengeift  2Ibonai,  bei  3uben= 
gott  ift.  ©iefe  SohanneSdjriften  ober  3  ab  ier,  benen  Cannes  als 
2lnufd)  ein  infarnierter  21on  ift,  Oerbinben  ben  ©ualiSmuS  unb  ©otctiSmuS; 
iljre  8e[)re  fdjeint,  nach  ihrem  jähen  fyeft^alten  an  ihren  alten  Überlieferungen 
311  fd)ließen,  faum  je  umgeftaltet  morben  311  fein 1. 

A.  Sie  f  p  r  i  f  dj  e  n  ©  n  0  ft  i  t  e  r. 

1.  ©aturnilus. 

Duellen:  lustin .,  Dial.  c.  Tryph.  c.  35.  Hegesipp.  bei  Euseb. ,  Hist.  eccl. 
IV,  22.  Iren.,  Adv.  haer.  I,  24.  Philosophum.  VII,  28  (gebt  auf  Srenäusi  jurücf). 

$en  in  9lfien  oermöge  ber  ©infliiffe  beS  ^arfiSmuS  Oiel  Oerbreiteten 
Dualismus  trug  üor  allem  unter  ®aifer  tpabrian  (um  125)  ©aturnilus2 
im  fprifdjen  31ntiocf)ten  oor  in  folgenben  ©ä|en :  1)  21n  ber  ©pi|e  beS  2id)t= 
reid)eS  ftef)t  baS  Itrloefen,  ber  unbetannte  23 ater,  aus  bem  eine  ffteilje  üon 
©eifiern  (©ngel,  ©rjengel,  Kräfte,  ©emalten)  IferOorgelft.  2Iuf  ber  unterften 
©tufe  fielen  bie  ©eifter  ber  fieben  Planeten  (bie  meltbefierrfdienben  ©ngel). 
2)  ©em  2id)treid)e  fte^t  entgegen  baS  Dteid)  ber  ginfterniS  mit  bem  ©atan  als 
böfem  ^3tinjip  an  ber  ©piüe.  21uf  feinem  ©ebiete  fdbufen  bie  fieben  5ßlanetem 
geifter  (bie  ©lotfitn  ber  3uben)  bie  irbifdje  2BeIt  unb  tuaS  in  il)r  ift;  unter 
ihnen  ift  aud)  ber  fd)toad)e  unb  befdjräntte  Subengott.  ©ie  miiffen  ftets  mit 
bem  ©atan  fämpfen,  ber  baS  Oon  ihnen  ©rbaute  ju  gerflören  fließt.  3)  23on 
bem  Sidjtreid)  maren  bie  fieben  ©eifter  fo  toeit  entfernt,  baf;  nur  auf  turje 
3eit  ein  ©trab)!  feines  ©lanjeS  ju  ihnen  burdjbrang,  ber  fie  mit  ©eljnen  er= 
füllte;  fie  fügten  il)n  aufjufangen,  toaren  aber  ju  fdjtoach  baju.  ©ie  be- 
fdjloffen  nun,  biefen  ßiehtfiraf)!  burd)  ein  nad)  ber  il)nen  Dorfd)toebenben  ßid)t= 
geftalt  entmorfeneS  23ilb  in  il)r  Uteid)  ju  bannen ;  fie  fcfmfen  beSl)alb  ben 
fDleufd)en  nad)  jenem  23ilb  unb  ©teidjniS.  4)  Slllein  ihr  ©efdjöpf  toar  eine 
unbefeelte  $örpermaffe,  bie  fid)  nicht  aufrecht  ergeben  tonnte;  fie  fant  aus 
©d))oöd)e  jur  ©rbe  nieber  unb  frod)  tr ie  ein  2©urm.  ©a  erbarmte  fid)  beS 
©efd)öpfeS  ber  höchfte  ©ott  unb  fanbte  il)m  einen  ßebenSfunfen,  tooburd)  baS= 
felbe  befeelt  unb  fäl)ig  mirb ,  fid)  ju  ergeben,  ©er  göttliche  ßebenSteim  foll 
fid)  in  ben  9Jtenfd)en,  in  bie  er  oerpflanjt  marb,  felbftänbig  entmideln  unb 
juletjt  ju  bem  Urquell  in  baS  ßid)treid)  jurüdteljren,  unb  jmar  allein,  ba  alles 
übrige  bafjin  gel)t,  tool)er  eS  entftanben.  5)  ©iefeit  höheren,  geiftigen  iDtenfdjen 
flehen  biejenigen  böfen  fDtenfdjen  entgegen,  toelcbe  nur  baS  materielle  ©lement 
in  fid)  hoben  unb  Söerfjeuge  beS  DtcidjeS  ber  ginfterniS  finb.  Seils  Dom  ©atan 


1  21gl.  Ps.-Clem.,  Recognit.  I,  54.  60.  Codex  Nazaraeus  über  Adam  appellatus, 
ed.  M.  Norberg,  Lond.  1815.  SJranbt,  Sie  manbäifd)e  SReligion,  ihre  ©ntloicflung 
unb  gefd)icf)tl.  IBebeutung.  Seidig  1889. 

2  laToupvBÜog  ift  ber  richtige  ÜJtame  nach  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  35.  Philo¬ 
soph.  VII,  28.  Theodore t.,  Haer.  fab.  I,  3.  Epiph. ,  Haer.  XXIH.  Sie  lateini-- 
fd)en  Überfehungen  bei  Iren.,  Adv.  haer.  I,  24,  foloie  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  7  hoben 
Saturninuä. 


150  Verbreitung  unb  DluSgeftaltung  ber  Äirdje  int  2.  Olafirhunbert. 

teü§  öon  ben  fpianetengeiftern  rügten  bie  SöeiSfagungen  beS  Ilten  33unbeS 
her;  bie  höfen  fDtenfdjen  Ratten  bon  beiben  ©eiten  SBeiftanb,  obfchon  ber  ©atan 
bem  Subengott  feinbfelig  entgegenftanb ;  bie  bon  Statur  aus  guten  ttmren  bon 
beiben  ©eiten  bebrängt.  6)  Um  nun  fomoljl  baS  fReid)  beS  ©atanS  als  baS 
beS  SubengotteS  p  jerftören  unb  bie  mit  bem  göttlichen  SebenSfunten  auS= 
geftatteten  SQtenfdjen  in  baS  Stdftretd)  p  geleiten,  fanbte  ber  bjödtjfte  ©ott  feinen 
Sion  StuS  ober  EhriftuS  in  einem  ©djeinförper  auf  bie  Erbe,  melcher  biefe 
SJtenfchen  lehrt,  burd)  bie  reihte  ErfenntniS  unb  bie  SlSfefe  (Enthaltung  bon 
ber  Epe,  0001  Äinberjeugen  toie  bom  gleifdjgenup  als  Söerfcn  beS  ©atanS) 
bon  ber  Materie  unb  bom  Subengott  fid)  p  befreien* 1. 

2.  ©ie  ©imonianer  unb  SJtenanbrianer. 

Quellen:  lustin.,  Apol.  I,  c.  26.  56.  Iren.,  Adv.  liaer.  I,  23.  Philosophum. 
VI,  9—20;  X,  12.  Epiph.,  Haer.  XXII. 

©ie  ©imonianer  unb  SDtenanbrtaner  führen  ihren  Urfprung  auf  ©imon 
ben  SStagier  unb  beffen  ©cpiiler  SStenanber  prüd.  Stad)  ben  Berichten  ber 
angeführten  Duellen  gab  fid)  ©imon  für  ben  Erlöfer  (ben  ©tefienben,  tpeftoS, 
5  SJtof.  18,  15)  au§,  bie  bornehmfte  Emanation  ber  ©ottlfeit.  Er  toollte  in 
©atnaria  als  SSater ,  in  $ubäa  als  ©ohn,  unter  ben  ^eibenbölfern  als  $eu 
liger  (Seift  erschienen  fein,  eine  SQtanifeftation  beS  ernigen  llnbergänglichen.  SRit 
ihm  pg  eine  S9uf)Ierin  aus  ©pruS,  Samens  ipelena,  umher,  bie  er  für  ben 
erften  ©ebanlen  (Ennoia)  auSgab,  ben  er  aus  ben  33anben  befreit  haben  toollte, 
bie  Stilmutter ,  burch  bie  er  bie  Engel  erfdjaffen  höbe-  ©eine  ©djitler  toaren 
auSfcpmeifenb  unb  gaben  bie  Unpdjt  für  ooKfommene  Siebe  aus,  trieben  SDtagie 
unb  ©peurgte,  befdjäftigten  fid)  mit  SiebeStränfen,  EporciSmen,  Snfantationen, 
erflärten  ben  ©ö|enbtenft  für  ettoaS  ©Ieid)gültigeS,  baS  toeber  gut  noch  böfe 
fei,  unb  beteten  fetbft  baS  23ilb  ©imonS  in  ber  ©eftalt  beS  $euS,  baS  ber 
tpelena  in  ber  ©eftalt  ber  SUffene  an.  Nichts  mar  ihnen  bon  Statur  aus  gut 
ober  böfe;  nicht  bie  guten  ©Berte ,  fonbern  bie  ©nabe  (EhariS)  füllte  bie 
SDtenfdjen  felig  machen.  53on  ber  Helena  hieben  bie  ©eftierer  auch  £)elenianer. 

du  ben  „tptjUofopfimoenen"  toirb  bem  SJlagier  ©imon  nach  einer  fimonianifcfien 
©d)rift  „©rohe  Verfitnbigung"  ein  fet)r  auSgebilbeteS,  bem  9ßlatoniSmuS  nahe  bertoanbteS, 
baS  balentinianifclje  präformierenbeS  ©pftem  beigelegt,  baS  toohl  erft  fpäter  fo  enttoicfelt 
toorben  ift.  UrfpriingliiheS  unb  ©pätereS  läfjt  fid)  faum  mehr  unterfheiben.  Oanad)  giebt 
eS  ein  etoxgeä ,  üollfommeneS  Urtoefen ,  baS  fffeuer  (5  SDlof.  4,  24),  baS  fein  fichibareS 
unb  fein  unfiditbareS  Element,  fein  Verborgenes  unb  fein  Offenbares  hot.  OaS  Ver= 
borgene  ift  im  Offenbaren  üerborgen,  unb  letzteres  entftanb  auS  erfterem;  beibe  Derfjalten 
fid)  toie  bei  tjllaton  baS  (ptelligible  unb  baS  ©innlidfe.  Von  bem  Urtoefen  (aus  bem 


1  3U  bicfen  einzelnen  ßel)rpun!ten  ift  ju  üergleid)en:  1)  2)  Iren.,  Adv.  liaer. 

I,  24,  1.  2.  3)  Vei  ©rfdjaffung  beS  9Jlenfd)en  füllen  bie  fieben  tpianetengeifter  bie 
Väorte  1  SDtof.  1,  26  gefprodfen  haben.  4)  tu?  mdXijxoq  mapi&vro?  fagen  bie  iPhilo= 
fophumena  (VII,  28)  Oom^ailenfchen.  5)  Oie  ztoei  ßlaffen  bon  SJlenfdien  bejeidinen 
3renäuS  (1.  c.  I,  24,  1)  unb  bie  tphdofoppumena  (VII,  28)  als  bon  ben  ©ngeln  ge= 
fdhaffen;  eS  fdjeint  bieS  bem  ©pftem  ju  toiberfpredjen,  toeShalb  einige  (3.  SB.  (Siefeier) 
bie  ©ad)e  fo  bar  ft  eilen,  baff  ber  ©atan  bie  Vöfen  ben  ßid)tmenfd)en  entgegengefetjt  habe. 
Oie  daißovsg,  bon  benen  nachher  bei  Iren.  1.  c.  n.  2  unb  Philosoph.  1.  c.  bie  Diebe  ift, 
f cheinen  unter  ben  äyysXot  einbegriffen.  6)  ©hrifü'S  toirb  bezeichnet  als  äyivnijTos,  nicf»t 
blof)  alS  daw/xarog  unb  ävsidsog  (bei  Iren.  1.  c.  Philosoph.  1.  c.). 


7.  Ser  ©nofiiciSmttS. 


151 


Verborgenen  beS  $euer§)  emanierten  f  e  cf)  ö  30t  ä  <f)  t  e  (SBurzetn),  paartoeife  üerbunben: 
91  u  3  unb  ©pinoia,  tßpone  uitb  Onoma,  ßogiSmoS  nnb  ©ntppmefiS;  Don 
biefen  paaren  (©ßzßgien)  cntfpretpen  ba§  erfte  bem  §immet  unb  ber  ©rbe  (3f.  1,  1.  2), 
ba§  jtoeitc  ber  ©onne  unb  bem  DJlonbe,  bas  britte  ber  ßuft  unb  bem  Söaffer.  3ftt  biefen 
fedp§  3Jlädpten  liegt  jngleic^  bie  gefamte  unbegrenzte  Sttacpt,  nicht  ber  SOßirflidjlcit,  fonbern 
ber  ipotenj  nach;  biefc  unbegrenzte  30tacf)t  ift  ber  ©tepenbe  (ber  ftanb,  fiept  unb  fiepen 
tnirb),  bie  fiebentc  9Jladpt,  entfprecpenb  bem  fiebenten  Sage  ber  3tupe  (1  9ütof.  2,  2), 
ttrie  bie  fecpg  9Jläcpte  ben  fedpS  ©cpöpfungStagen.  Sie  fiebcnte  SOtacpt  mar  üor  alter  SDÖelt 
(Vf-  109,  8),  ift  ber  über  ben  üßaffern  fcßmebenbe  ©eifi  ©otteS  (1  SJlof.  1,  2).  Vteibt 
fte  bloß  ber  Potenz  nach  in  ben  fecßS  Sßurzetn,  ioetdpe  bie  SSelt  barftetten,  mirb  fie  nidjt 
ausgeprägt  unb  auSgebitbet  in  ber  2öett ,  fo  mup  fie  untergeben;  ift  fie  aber  in  ipr 
auSgebilbet ,  bann  ift  fie  ber  ©acpe ,  ber  ÜDtadjt ,  ©röße  unb  Vottfommenpeit  nacp  bie= 
felbe  mit  ber  unerfdjaffenen  unb  unbegrenzten  99tacpt  be§  UrmefenS  (pantpeiftifcpe  ©ma= 
nation).  3m  SDtenfdjen  ift  ein  SBitb  biefeS  ©eifteS,  ber  fiebenten  30taä^t ,  metcpeS  in 
SOBirftidjfeit  auSgeftattct  merben  fott.  Siefe  festere ,  ber  ©tepenbe,  mürbe  mannmeibticp 
gebadet,  entfprecpenb  ben  Slonetipaaren,  Don  benen  bie  übrigen  beit  Urfprung  gepabt  paben 
falten,  entfpredjenb  bem  unbegreiflichen,  unnennbaren,  im  ißteroma  mopnenben  Urmefen, 
bem  ber  ©ebanfe  (bie  ©ttnoia,  aucp  ©ige  =  ©titlfdjmeigen)  als  SDtutter  ber  2lonen 
Zur  ©eite  fiept.  Sie  meiteren  Saugungen  maren  geringer,  ©rzenget,  Snget,  ber  Semiurg 
unb  3ubengott.  ©3  fcpeint  bie  ©nnoia  burcp  ©iferfudpt  ber  nieberen  ©elfter  in  bie 
Sftenfcpenteiber  gebannt  unb  zur  Sßanberung  aon  einem  meibtidpen  ßörper  in  ben  anbern 
genötigt  morben  zu  fein,  mespatb  bie  „große  straft"  ©imon  zu  iprer  Befreiung  au§= 
gefanbt  marb,  fie  enbtid)  in  ber  ©eete  ber  §etena  entbedte  unb  ipre  ©rtöfung  betoerf= 
ftettigte  baburep,  baß  er  al§  bie  pödpfte  ßraft  ©otteS  mirttid)  erfannt  marb  '. 

fDtit  ben  Stmontanern,  bie  uod)  im  3.  Saßrßunbert  at3  eigene  Sefte 
ejiftierten ,  fledert  bie  ® o f i 1 1) e a n e r  unb  fütenanbrianer  in  engfter 
58erf>inbung ,  nielfad)  al§  2lbjmeigungen  ber  fitnonianifd)en  Sefte  betrachtet. 
Simon  felbft  foH  Schüler,  bann  aber  fogar  fieptet  be§  <£>ofitßeu§  gemefen 
fein,  ber  ebenfalls  Samaritaner  mar  nnb  fid)  als  (5  SDtof.  18,  18)  längft  oer= 
peißenen  ^roßpeten  berfiinbigte.  Spm  mirb  bie  Sßeibepaltung  beS  mofaifdjen 
©efetje§,  bie  fßermerfung  ber  9Ionenlepre  unb  be§  unfittlicpcn  31ntinomi§mu§ 
fomie  bie  fiepre  non  ber  (Smtgfeit  ber  Seit  jugefchrieben.  3n  feinem  (befolge 
maren  breißig  jünger  unb  eine  non  ipm  ßttna  genannte  grau.  91od)  im 
Anfänge  be§  7.  3aprßunbert§  befämßfte  ©ulogiuS  non  fHIejanbrten  ®ofi= 
tpeaner,  melcße  in  2)ofitpeu§  ben  non  9Jto[e§  berfünbigten  ^roßpeten  faßen  unb 
bie  non  ipm  (nach  9lrt  ber  Sabbucäer)  beftrittenen  fiepten  non  ber  Sluferftepung 
unb  non  ben  ©ngeln  leugneten.  ®ofitßeu§  marb  befonber»  burcp  feinen 
tragifeßen  £)ungertob  berüpmt;  einige  feiner  fHnpänger  glaubten  (um  247),  er 


1  Sie  ©teile  ber  psydb]  dnbtpamg  in  ben  Philosophum.  VI,  18.  ©epriften  Oan 
©imon  unb  ßteobiuS  merben  ermapnt  in  Constit.  apost.  VI,  16.  —  21ucp  tpieronp= 
ntuS  (In  Matth,  c.  24  [Opp.  IV,  144,  ed.  Martianay ])  rebet  Don  ©epriften  ©irnonä 
(propriae  scripturae  Simonis  finb  in  Recogn.  II,  38  öorauägefeßt),  morauS  er  bie  ©teile 
anfüprt:  Ego  sum  sermo  Dei,  ego  sum  speciosus,  ego  Paracletus,  ego  omnipotens, 
ego  omnia  Dei.  Vei  Dionys.  Areop. ,  De  divin.  nominibus  c.  6,  n.  2  finb  ryg 
xapai/otag  Sc/icu>og  duTcpfirjTtxoi  Xdyot  ermäpnt.  33on  bem  fprifepen  iöifcpof  SOtofeS  S3ar 
ßeppa  merben  in  feinem  Comment.  de  parad.  1.  3  (ed.  de  la  Bigne,  Biblioth.  vet.  Patr. 
et  antiq.  scriptor.  eccl.  I  [ed.  Paris.  1639],  495  sq.)  bem  ©imon  ©inmenbungen  in  ben 
9Dtunb  gelegt  (gefammett  bei  Grabe,  Spicil.  ss.  Patr.  I,  308  sq.).  9tad)  ber  Praef. 
arab.  in  Conc.  Nie.  patten  bie  ©imonianer  ein  ©Dangelium  unter  bem  Sitet:  Liber 
quattuor  angulorum  et  cardinmn  mnndi.  21  u cf)  baS  in  ber  pfeuboücmentinifcpen  Sitte= 
ratur  beriipmte  Kerygma  Petri  fott  aus  ipren  ilrcifen  peroorgegangen  fein. 


152 


SSerbreitung  tmb  2lu§geftaltung  ber  ßirdpe  im  2.  Saprpunbert. 


fei  nicpt  geftorben,  fonbern  not!)  irgenbtDD  auf  ber  Gürbe  berborgen 1.  ©tmon§ 
Nachfolger  in  ber  Seitung  ber  ©efte  fotl  Ntenanber,  fein  früherer  ©cpüler, 
getoefen  fein,  ber  fiep  aber  halb  über  if)n  ftellte  unb  felbft  ber  Nteffta§  fein 
Wollte.  @r  trieb  Ntagte  wie  ©imon,  lehrte  ebenfalls  bie  SBeltbilbung  burcp 
(Sngel,  toeldfje  bie  ©nnoia  gefanbt,  unb  behauptete,  burd)  feine  Saufe  werbe 
bie  wahre  Nuferfteffung,  Unfterblidffeit  unb  ewige  Sugenb  berliehen.  Nud)  bie 
Nienanbriften  erhielten  fid)  längere  geit  fort.  ©ie  toie  bie  ©ofttheaner  unb 
©imonianer  erwähnt  auch  ber  Subendfrift  lpegefibfm§.  Nienanber  foK  bie 
©noftifer  ©aturnituS  unb  23afileibe§  ju  ©cpülern  gehabt  haben.  ©a§  ©oeten= 
tum  pflanzte  fiep  fort,  wenn  auch  bie  Sehrfpfteme  wedffelten  unb  fid)  reitper 
geftalteten. 

ipegefippuS  (bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  22)  nennt  aujferbem  nodp  ßleobianer 
(ßleobiuS,  Nlitfcpüler  be§  ©imon  bei  SofitpeuS  (Constitut.  apost.  VI,  8.  Cotel. 
ed.  Par.  1672,  21nm.  p  biefer  ©teile),  bann  ©ortpener  (al.  ©orotpener,  ©ortpäaner, 
nadp  Epiph. ,  Haer.  XII;  XX,  8,  ebenfalls  eine  famaritanifdpe  ©eite)  unb  93taSbo= 
tpener  (NtaSbotpeaner).  Sefstere  (Maaßm-daloi)  fdjeinen  fid)  einer  abergläubifdpen 
©abbatSfeier  pingegeben  3U  paben  {Cotel.,  In  Const.  apost.  YI ,  6,  too  fie  Baagwßeot 
peipen)  unb  beftritten  bie  Norfepung  nnb  bie  Uttfterblicpleit  ber  ©eete.  ©ie  finb  toopl 
Ps.-Hier.,  Indicul.  haeres.  bejeidpnet  al§  Marbonei,  bie  ba  fügten :  ipsum  esse  Christum, 
qui  doeuit  illos  in  omni  re  sabbatizare. 

B.  Sie  Oppiten  unb  bereu  2lbgtoeigungen. 

Quellen:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  29 — 81.  Philosophumena  V,  6  sqq. ;  VHI, 
12—15.  Orig.,  C.  Cels.  V,  61.  62;  VI,  24—38.  Epiph.,  Haer.  XXV.  XXVI.  XXXVn. 
XXXVIII.  XXXIX.  XL.  2tu3  biefen  älteren  Quellen  fdpöpfte  Speoboret  (Haer.  fab. 
I,  6—18).  —  Sitteratur:  $.  N.  ©ruber,  Sie  Oppiten.  SBürjburg  1864.  S  i  p  f  i  u  S, 
Über  bie  oppit.  ©pfteme  (£>ilgenf  elbS  3cdf<pr.  für  toiffenfd).  Speol.  1863,  ©.411  ff.; 
1864,  ©.  37  ff.).  21.  Ipönig,  Sie  Oppiten.  SSerlin  1889.  F.  Giraud,  Ophitae.  Diss. 
de  eorum  origine,  placitis  ac  fatis.  Par.  1884. 

©ie  Oppiten  (©cplangenbrüber ,  Naaffener)  paben  ihren  Namen  bon 
ber  ©djlange,  bie  in  iprer  öepre  eine  bebentenbe  Nolle  fpielte,  unb  erfepeinett 
früpjeitig  in  meprere  Parteien  gefpalten2.  Spr  Urprinjip  war  ber  fßptpoS 


1  21lS  ©epilier  be§  SofitpeuS  erfdieint  ©imon  bei  Ps.-Clem.,  Recogn.  I,  57.  72; 
II,  11.  SofitpeuS  erinnert  an  ben  Nabbi  Sufitpai  (Mischnah  Tr.  Orlah.  II,  5)  aus 
Satpom.  Non  iprtt  unb  feinem  Sobe  panbeln:  Orig.,  C.  Cels.  I,  57;  VI,  11;  In  Luc. 
hom.  25  {Migne,  Patr.  gr.  XIII,  1866);  Com.  in  Matth,  n.  33  (ibid.  XIII,  1643); 
In  Io.  t.  13,  n.  27  (ibid.  XIV,  445) ;  De  prine.  IV,  17.  Epiph.,  Haer.  XIII.  Theo- 
doret.,  Haer.  fab.  I,  2.  Ps.-Clem.,  Hom.  II,  24.  —  OrigeneS  (C.  Cels.  1.  c.)  glaubte, 
bafi  bie  Sofitpeaner  nape  bem  Untergange  feien ;  über  fie  bgl.  Eulog.  Alex.,  Orat.  9  fin. 
bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  230. 

2  Sen  Namen  Naaotrrj-^oi  (bon  sih:,  ©dplange;  Philosoph.  V,  6)  lennt  auep  Speo= 
boret  (Haer.  fab.  I,  13;  In  1.  IV  Reg.  q.  49  [Opp.  I,  543,  ed.  Schulze]).  *J5ro= 
fopiuS  bon  ©  a  3  a  (In  IV  Reg.  18,  4  [Migne,  Patr.  gr.  LXXXVII,  1196])  pat  Eo^rjvol 
—  '0<ptzai.  Sen  Namen  giebt  Speoboret  (1.  c.  I,  13)  auep  ben  23arbeIioten  {Iren., 
Adv.  haer.  I,  29),  bie  fidler  mit  ben  Oppiten  jufammenpängen,  ben  Namen  Oppiten  aber 
(ibid.  c.  14)  ben  ©etpianern,  bie  ein  3toeig  berfelben  finb.  Sie  Oppiten  nennt 
DrigeneS  (C.  Cels.  VI,  28)  Bcpiavoi  bon  oyig.  SSgl.  Clem.  Alex.,  Strom.  1.  7,  fin. 
Nacp  Philosoph.  V,  11  nannten  fid)  biefelben  felbft  „©noftiler";  ibid.  VIII,  20  Werben 
bie  ßainiten,  Oppiten  unb  Noadpiten  als  abfidptlicp  übergangen  ertoäpnt,  toobei  Oppiten 
unb  Naaffener  unterfdpieben  fdpeinen.  Söaprfcpeinlid)  ging  ber  Name  einer  Partei  (3.  23. 
ber  ftainiten)  altmäplidp  auf  bie  ganje  ©eite  über.  Serpentini  peilen  fie  auep  bei  ben 


7.  Ser  ©noftici§mu§. 


153 


(Oiefe),  auch  Urlidjt ,  Urmenfd)  genannt,  bie  3bee  ber  Stenfdjheit,  fdflechtmeg 
ber  ton,  bem  eine  etoige  Materie  gegeniiberfle^t.  5Iug  ihm  emanierte  juerft 
ber  erfte  Stenfd),  ©rjmenfd),  5lbamag,  boll  Sicht  itnb  Klarheit,  männlich 
unb  meiblidj  zugleich  (©nnoia,  ©ige);  aug  ihm  ber  310 eite  Stenfdj,  ber 
©ol)n  beg  Stenfdfen,  bann  folgte  eine  britte  meibliche  ©ottlfeit,  ber  Zeitige 
©ei  ft,  bag  erfte  SBeib,  bie  Stutter  ber  Sebenbigen,  bie  obere  ©oplfia  (S3eig= 
heit).  Stit  ifjr  üermählten  fid),  über  ihre  ©djön^eit  entjüdt,  ber  erfte  unb  ber 
jtoeite  Stenfcp  unb  erzeugten  aug  ihr  bie  OoHtomtnene  männliche  Sidftnatur, 
ben  1) i m m I i f d) e n  ©Jfriftug,  fomie  aug  bem,  mag  überftrömte  (ba  mehr 
Sid)t  bort)anben  mar,  alg  bie  Silbuttg  einer  göttlichen  ^ßerfon  beburfte,  aber 
bod)  nicht  für  jmei  hinreichertb) ,  eine  mangelhafte  meibliche  ©eburt,  5f]runü 
fog,  bie  niebere  (Sophia ,  Schamott),  bie  Sin! e  genannt.  Söäljrenb  nun 
(£t)riftu§  mit  bem  ^eiligen  ©eifte  fomie  mit  bem  erften  unb  jmeiten  Stenfdjen 
in  ben  ©dfof?  beg  Sptl)og  Opieroma)  einging  unb  biefe  bie  mahre  unb  heilige 
$ird)e,  eine  heilige  SSierjahl ,  augmad)ten,  ftürjte  bie  niebere  ©opl)ia  in  bag 
©Ijaog,  in  bie  Oiefe  ber  Materie  burd)  bag  Sßaffer,  bie  ginfternig  unb  ben 
Sbgrunb;  fie  mürbe  für  biefe  Oiefe  belebertbeg  unb  orbnenbe»  ^ßrin^ip.  §ier 
erzeugte  fie  ben  Salbabaott)  (©olfn  beg  ©haog),  i>en  Oemiurgen,  ein  be= 
fcpränfteg,  felbftfüd)tigeg  Söefen,  aber  bod)  flug,  mächtig  unb  unfferblich-  ©r 
fannte  feine  Butter  Sdfamotlj  fein*  menig,  bie  im  SBaffer  einen  fcpmeren  unb 
unbequemen  Seib  erhalten,  aber  bod)  nad)  ©rfenntnig  ihrer  Verirrung,  burd) 
©ammlung  ihrer  Kräfte  unb  einen  ©d)eitt  beg  Sid)teg  bon  oben  geftärtt,  fich 
mieber  über  bag  ©haog  erhob ,  enblid)  aud)  ben  Sufthintmel  grünbete,  ben 
SBafferleib  abftreifte  unb  eine  ruhige  unb  felige  Söohnung  in  bem  Orte  ber 
Stitte  erlangte.  Salbabaoth  erzeugte  einen  ©ol)n  Sao,  biefer  einen  anbern, 
ben  großen  ©abaoth,  biefer  ben  3Xboneu§ ;  bon  biefen  ftammten  bann  ©toeug, 
Iporeug,  Sfloplfeug,  bie  eine  Ogboag  bilbeten.  Sieber  biefer  fieben  ©eifter  er= 
richtete  fich  nad)  bem  Seifpiele  beg  Salbabaoth  ein  eigeneg  Seid)  (bie  fieben 
Planeten).  Oie  fperrfd)fud)t  beg  Salbabaotf)  führte  jur  ©mpörung  feiner  ®prö^= 
Unge;  in  feinem  Unmut  barüber  erzeugte  er,  in  bie  finftere  Staterie  f)inab= 
büdenb,  einen  neuen,  gleich  einer  ©ddange  geftalteten  ©ofm  Ophiomot'Ph0^ 
megen  feiner  Sift  au<h  Sug  genannt;  außetbcm  brachte  er  noch  fiele  anbere 
©efdiöpfe  herbor.  Sei  ihrem  Snblid  rief  er  ftolj:  „Sich  bin  ber  Sater ,  ich 
bin  ©ott,  über  mir  ift  niemanb!"  ©eine  Stutter  rief  ihm  aber  31t,  er  foHe 
nicht  lügen,  ber  Sater  aller  Oinge,  ber  erfte  Stcnfd),  unb  ber  ©olfn  beg 
Stenfdjen  feien  h©her  er-  bie  Sufmerffamfeit  ber  ißlanetengeifier  ab= 
julenfen,  fdhlug  ber  Oemiurg  ihnen  bor,  nach  ihrem  Silbe  einen  Stenfdjen  ju 
machen  (1  Stof.  1,  26).  ©ie  fdjufen  unter  ©ingebung  ber  ©oplfia  einen  fepr 
großen  unb  biden  Stenfchen,  ber  aber  nicht  aufrcd)t  flehen  tonnte,  fonbern  mie 


ßateinern ,  3.  fö.  August.,  De  Genesi  c.  Manicli.  II,  39.  2U§  Stifter  nennt  Origeneä 
(1.  c.)  einen  getoiffen  @upE)rate§ ;  benfetben  nennen  bie  Philosoph.  V,  12;  X,  10  als 
(Stifter  ber  ißeratifer  neben  Slbemeä  ober  SltembeS  (al.  ßetbe§).  lögt.  Theodoret.  1.  c. 
I,  17.  Sach  ben  einen  ift  Stjrien,  nach  ben  anbern  2Xgt)pten  bie  £>eimat  ber  Sette,  ©3 
gab  Dphiten  auch  m  ©atatien  (Hier.,  Coium.  in  Gal.  1.  III  [Migne,  Patr.  lat.  XXVI,  382]). 
So<h  428  unb  530  tourbeu  ©efe|e  gegen  biefetben  gegeben  (Cod.  Iustinian.  1.  5,  De 
haer.  1.  5.  18.  19.  21). 


154  SJSerPreitung  unb  2lu§geftaltung  ber  Äircpe  im  2.  Staprpunbert. 

ein  2Burm  feieren  muffte.  Satbabaotp,  Don  feinen  fed)§  ©öpnen  ttad)  bem  Säte 
ber  punifoS  angegangen,  paud)te  if>m  ben  (Seift  be§  Sehens  ein,  entäufferte 
fiep  aber  baburcp  feiner  poperen  Kräfte.  Ser  fötenfcp  patte  nun  33erftanb  unb 
Söitfen  unb  richtete  fiep  in  bie  tpöpe,  er  ertannte  ben  f)öcf)ften  ©ott,  ben  erften 
Stenfcpen,  unb  Derperrtidp  ihn,  offne  auf  feine  erften  ©cpöpfer,  bie  panetem 
geifter,  jn  achten.  Sun  fdjuf  ber  Semiurg  au§  feiner  Segierticpfeit  bie  ©Da, 
um  burd)  fie  ben  Sbarn  feiner  Straft  ju  berauben;  aber  feine  ÜJtutter  bemog 
bie  Panetenfürften,  biefelbe  ju  berfiifjren,  ma§  aud)  gelang;  ©Da  gebar  ihnen 
©ohne,  bie  ©ngel  genannt  mürben  unb  mit  ihnen  in  ihre  Seiche  tarnen.  Sbam 
unb  ©Da  erhielten  bann  Don  Satbabaotp  ein  (Sebot  (1  Stof.  2,  16  f.),  ba§ 
fie  aber,  burcp  ben  Don  ber  punifoS  gefanbten  OppiomorppoS  belehrt,  iiber= 
traten,  roorauf  fie  mit  höherer  ©rtenntniS  erfüllt,  aber  Don  bem  erzürnten  Sal= 
babaoth  aus  bem  prabiefe  geflogen  mürben,  möffrenb  auch  feinen  ©opn,  ben 
©cptangengeift  (ber  fid)  fedpS  ©ohne  äeugte  unb  mit  ihnen  eine  pbbomaS  Don 
Sämonen  in  ber  Untermett  bitbete),  fein  gtudj  traf.  2lber  bie  ©oppia  machte 
über  bie  Stenfdjen,  nährte  unb  ftärfte  fie,  fcpüfte  fie  gegen  Salbabaotp  unb 
ben  ihnen  ebenfo  feinbticpen  ©chtangengeift,  rettete  ben  Soe  unb  bie  ©einigen 
Don  ber  burch  ifjren  ©opn  perDorgebracpten  groffen  $tut.  Siefer  aber  trat 
mit  Sbrapam  unb  bann  mit  StofeS  in  SSerbinbung  unb  gab  baS  ©efe|  (atS 

Subengott).  Salb  fudjten  fid)  auch  bie  Panetenfürften  unter  ben  3uben  ©e= 

fanbte  unb  poppeten  aus.  2öie  ber  Subengott  Satbabaotp  ben  Stofes,  Sofue, 
SmoS,  fpabafut  erfor,  fo  $ao  ben  ©amuet,  Satpan,  SonaS  unb  Sticpäas, 
©abaottf  ben  ©tiaS,  3oet,  3ad)ariaS,  SboneuS  bie  Dier  großen  poppeten  u.  f.  f. 
Sber  bie  ©optfia  rebete  burch  fie  gleichfalls  DieteS  Don  bem  erften  Stenfdjen 
unb  Don  ber  fommenben  ©rtöfung;  fie  manbte  fiep  an  ipre  Stutter,  ben  §ei= 
tigen  ©eift,  unb  erlangte,  baff  ipr  ber  ffimmlifche  ©priftuS,  ipr  Sruber,  jur 
f)itfe  gefenbet  marb.  ©ie  bereitete  injmifchen  auf  ©rben  bie  ©eburt  beS  3o= 
pamteS  Don  ©lifabetp  unb  beS  pfuS  Don  Staria  burd)  ben  nichts  apnenben 
©opn  Dor;  beibe  maren  Dotlfommen,  nur  $efuS  nodj  gerechter  unb  meifer. 
©priftuS  ftieg  burd)  bie  fieben  |)immet  in  ©eftatt  beS  ©ngelS  ©abriet  herab, 
affimitierte  fid)  in  jebem  berfetben  ben  dürften,  jog  bie  göttlichen  Seite  in  bem 
fetben  an  fiep,  Dereinigte  fid)  bann  mit  feiner  ©cpmefter  ©oppia,  ber  er  mie 

ein  Sräutigam  Qop.  3,  29)  erfd)ien,  fupr  bei  ber  Saufe  3efu  nebft  ber 

©oppia  in  ipn  ein,  fo  baff  biefer  feft  3£idKn  unb  Sßunber  mirfte  unb  ben 
unbefannten  Sater  Dertiinbigte.  SefuS  Dereinigte  in  fiep  alte  btei  ©attungen 
ber  Stenfdjen,  bie  geiftigen,  feelifdjen  unb  förpertiepen.  Satbabaotp  unb  bie 
Panetenfürften  miegetten  bie  3uben  gegen  ipn  auf  unb  tiefen  ipn  freudigen. 
£>ier  Dertieffen  ipn  ©priftuS  unb  ©oppia,  um  in  baS  Peroma  juriidjufepren, 
mo  nun  fünf  göttliche  prfonen  finb;  aber  fie  fanbten  eine  Straft  auf  bie 
©rbe,  bie  pfum  in  einem  neuen  pimmtifepen  Seihe  Dom  Sobe  ermedte,  ber 
nun  noch  tangere  3eit  auf  ©rben  blieb  (18  Stonate)  unb  bann  in  ben  tpimmel 
jur  Sed)ten  beS  Satbabaotp  auffuhr  (ber  ipn  aber  nid)t  fepen  fann),  um  pier 
bie  gtäubigen  ©eeten  bem  Sicptreidje  jusufiipren1. 


1  ®er  Sptpoi  jCpeint,  tote  Speoboret  beutlicp  jagt,  eigentlich  ali  SBopnung  bei 
ttrmenfcpen  (2lrdjantpropo§)  gebaept;  bie  ©temente  ber  ÜJtaterie  finb  Söafjer,  fjinfternii, 


7.  Ser  ©nofiiciSmug. 


155 


töiefe  Anbetungen  unb  2Robifi£ationen  finben  ficf)  bei  ben  etnjelnen  o^bjitifcfjett 
gatteten.  Sie  ©Klange  mirb  bon  einigen  als  gut,  als  SSebingung  bet  Sjiftenj  affet 
SOßcfen  gebadet  unb  mir£Iidb  angebetet. 

1.  Sie  51a  affen  er,  toefd^e  mabrfdbeinficb  bie  öftere  Sehre  in  ftoifd^=^antE)eiftif(^em 
Sinne  ltmbifbeten,  toiefen  ihr  bie  IRoffe  ju,  toefdEje  fonft  (bei  3renäu§)  bie  2ld)amotb 
bat,  in  bet  untern  SCÖeft  febenet3eugenb  3U  mirfen.  2lucf)  f)ier  ift  bie  9Renfcbenbergötterung 
(2lntbropofatrie)  auf  baS  fcbärffte  auSgefprodben,  bie  niebere  Sophia  ift  anafog  bet  britten 
©ohnfcpaft  bet  fBafüibianer;  neben  ber  „mabren  unb  beifigcn  ®ir<f)c"  ift  audb  in  nieberen 
©Pbären  eine  brcifadbe  ßircbe  unterf <f)ieben,  bie  auSermäbfte  (engfifcfjc) ,  bie  berufene 
(feefifcbe),  bie  gefangene  (itbifdje).  Ser  Sernar  tritt  überhaupt  allenthalben  berbor,  fo  in 
bem  (mit  ©erpon  öerglidbenen)  ttrmenfdben,  an  bent  baS  ©eiftige,  baS  ©eelifcpe  unb  baS 
materielle  31t  unterfcpeiben  ift,  in  SefuS,  burd)  ben  brei  ©ubftan3en  3U  brei  5Renfdben= 
ffaffen  rebcteti.  Ser  Urfprung  beS  9Qfenfd)enleibeS  mirb  unter  Berufung  auf  oiefe  33öl£er= 
fagen  als  aus  ber  5laturfraft  bon  fefbft  erfolgt  erffärt  (Sfutodptbonen) ;  feine  3eugung 
foff  uncr3äblbar  (3f.  53,  8),  betreffs  ber  Seelen  foff  aber  geftritten  toorben  fein,  ob  fie 
aus  ficf)  fefber  ober  aus  bem  ©paoS  ober  aus  einem  früheren  (etoigen)  ©ein  ftammen. 
Siefefbe  pbantaftifcb=affegorifcbe  StuSfegung,  mit  ber  biefe  5laaffener  bie  SSibef  bepanbelten, 
toanbten  fie  audb  auf  griedpifcbe  SDfptben  unb  Sicbterfteflen  an,  unb  fie  batten  ihre  eigenen 
ipfafmen  unb  §pmnen  mit  butdbauS  gcheimnisboffer  unb  bunffer  ©pradpe,  toie  fie  über= 
baupt  burcb  unoerftänbfidbe  Sßorte  Stiftung  unb  ©djrecfen  eiit3ufföf3en  fugten.  Sie 
gatt3e  Sehre  mar  aus  griecfjifcfien ,  affprifdben  unb  cbialbäifdCjen  ©fementen  gefdjöpft; 
ihre  Söertreter  beriefen  fid)  auf  eine  gemiffe  SRariamne,  bie  oon  3a£obuS,  bem  fßruber 
beS  §errn,  biefe  ©epeimniffe  erfahren  habe,  fomie  auf  baS  ©bangefium  nach  SpornaS 
unb  bem  nach  ben  Agpptern  ‘. 


Slbgrunb,  ©baoS.  ©rfte  SetraS  bei  Iren.  1.  c.  I,  29,  1.  2.  Sie  Sfcpamotb  (ns:h) 
audb  Mrj-rrj  (mit  SSenutjung  ber  griedbifcben  Dllptpen,  Epiph.,  Haer.  XXVI,  16),  ferner 
53runifoS  (meiftenS  als  unreine  Siebe,  ißornie,  Sfbfalf  üoit  ©ott  gebeutet,  bgf.  ibid. 
XXV,  4) ,  bann  Slriftera ,  unb  mar  rnann=meibficb.  Über  fie  unb  ihren  ©obn  3afba= 
baotb  (n*V?  unb  nin:)  bgf.  Iren.  1.  c.  n.  8 — 5.  Sie  ^Reihenfolge  ber  ©ohne  beS 
Sfalbabaotfj  ift  eine  anbere  bei  DrigeneS  (C.  Cels.  VI,  81  sq.)  als  bei  SrenäuS  (1.  c. 
n.  5).  ©ie  beginnt  bon  unten  nadb  oben  mit  Sfbonai  ('bis),  bem  oierten  bei  3renäuS, 
unb  3aIbabaoip,  gebt  bann  über  3U  3ao  (mro),  bem  §ernt  beS  SRonbeS,  sujSabaotp 
(bei  Iren.  1.  c.  I,  30,  5)  unb  fcpfiefjt  mit  SlftappeuS ,  ©focuS,  §oreuS.  Über  ben 
OpbiomorpboS  (auch  ©amaef  unb  micpaef),  aus  bem  SSergeffenfjeit ,  SoSpeit,  5Ieib, 
©treit,  Sob  perborgingen,  bgf.  Iren.  1.  c.  n.  5.  8.  9.  Epiph.  1.  c.  XXXVII,  4.  Theo- 
doret.,  Haer.  fab.  I,  14,  für  baS  übrige  Iren.  1.  c.  n.  6 — 14. 

1  Philosoph.  V,  6.  11,  ed.  Miller  p.  94  sqq.  Sie  ©djlangc  mirb  bargeftefft  als 
feuchte  ©ubftan3,  als  gut,  alles  in  fidb  einfdffiefjenb  mie  im  iporne  beS  einbörnigen  ©tiereS 
(5  5Jlof.  33,  17),  allem  Schönheit  unb  DM3  Oerleipenb.  Sie  ©dpfangenbereprung  bei  biefen 
©eften  ift  3U  erffären:  a)  aus  bem  Slnfcpfuffe  an  bie  beibnifcpen  SRpfterien  unb  ßufte, 
in  benen  bie  ©cbfange  eine  fbmbofifdbe  IBebeutung  batte  (Sö  Hing  er,  £>eibcntum  unb 
3fubentum  ©.  162  f.  523.  625);  b)  aus  ber  föerberrlidpung  beS  ©ünbenfaffS,  3U  bem  bie 
©dpfange  (1  5Rof.  ßap.  3)  reiste,  inbem  fie  höhere  ©rfenntnis  berhiefe.  ^>iev^er  besog  man 
SRattp.  10,  16,  mo  di g  o<pcg  gelefen  marb  (Epiph.,  Haer.  XXXVII,  7),  unb  mieS  auf  bie 
Sßermanbtfdbaft  bon  (Schlange)  unb  vaög  (Sempef)  bin  (Philosoph.  V,  9,  p.  120). 
©ine  Partei  ^ielt  bie  ©cbfange  für  bie  ©opbia  ober  bod)  für  ein  ©pmbol  berfelben 
(Iren.,  Adv.  haer.  I,  30,  15).  Slnbere  ehrten  bie  ©cbfange  als  ©briftuS,  ber  in  biefer 
©eftaft  perabgeftiegen  fei  sur  ©rföfung,  beffert  ©pmbol  bie  eherne  ©dblange  in  ber  SBüfte 
mar  (4  9Rof.  21,  8.  Stob-  3,  14  f.  August.,  De  Genesi  c.  Manich.  II,  26;  De  haeres. 
c.  10),  maS  namentlid)  bon  ben  ©etbianern  unb  fperatif  ent  gilt.  2lnbere  ff  elften  bie 
Solange  über  ©briftuS  als  2lbamaS  ober  als  SSkftfeefe  (Append.  3U  Tertull. ,  De 
praescript.  ©in  ißfalm  ber  Slaaffencr  in  ben  Philosoph.  V,  10).  2lfS  überaus  er= 
pabene  SSortc  rnerben  angeführt:  Kau/.axaü,  laukaoaü,  Ze-goäp-,  fie  foffen  bie  brei 
iPrinaipien  ber  SCßeft  barfteffen:  1)  ben  SlbamaS,  ber  oben  ift;  2)  bie  fterbfidbc  5latur, 
bie  unten  ift;  3)  ben  mann=meiblidben  Sorban ,  ber  aufmärtS  geffoffen  ift.  Ser  grofje 


156  Verbreitung  unb  SluSgeftaltung  ber  Kirche  im  2.  ^ya^r^unbert. 

2.  Sie  ©etfftaner,  fo  genannt,  toeil  fie  in  Slbams  ©ohn  ©etf)  ben  ©tammoater 
ber  Pneumatiler  fafjen,  ber  in  3efuS  auf  Veranlaffung  ber  ©ol>t)ia  toieber  erfchien.  2lud) 
bei  i^nen  tjerrfclft  ber  Sernar.  ©S  giebt  nach  ihnen  brei  Prinjipien  aller  Singe:  oben  ift 
Sicht,  unten  ffinfterniS,  in  ber  ERitte  ber  unberfehrte  ©eift;  jebeS  bon  ben  breien  hat 
unenbliche  Kräfte.  Ser  ©eift  ift  tein  £>aud)  bon  EöinbeStoeljen ,  fonbern  ein  ©erud) 
toie  bon  einer  ©albe  ober  bon  Eßeihraud) ;  bie  fjinfternis  ift  ein  furchtbares,  aber  ber= 
ftänbigeS  Eöaffer,  baS  mit  ERad)t  einen  ©trahl  beS  Siebtes  mit  bem  ©erudjc  beS  ©eifteS 
ju  feiner  Kräftigung  an  fid)  ju  Riehen  fud)t,  toährenb  Sicht  unb  ©eift  ihre  Kräfte  in 
fid)  ju  fonjentrieren  unb  feftguhalten  ftreben.  Eßie  ein  ©iegel  bem  weichen  EÖad)fe  feine 
fjorm  aufbrMt,  fo  entftehen  burd)  ba§  toedjfelfeitige  Eßirfen  unb  [Ringen  (KonturS, 
©hnbrome)  ber  brei  ©runbtoefen  ihnen  ähnliche  ©ebilbe,  juerft  bie  fjwrm  unb  baS  ©iegel 
beS  Rimmels  unb  ber  ©rbe,  bann  bie  unbegrenzte  ERenge  lebenbiger  Eßefen,  in  bie  mit 
bem  Sichte  bon  oben  ber  SBohlgerud)  beS  ©eifteS  fich  berteilt.  @§  tourbe  aus  bem  EBaffer 
baS  erfte  Prinzip  erzeugt,  ein  gewaltiger  Eßinb,  Urfad)e  aEer  3eugung  unb  Vetoegung. 
©r  toühlt  bie  ©etoäffer  auf,  ertoeeft  aus  ihnen  Eöogen,  unb  ihre  Vetoegung  führt  jur 
©ntftehung  beS  ERenfd)ett.  Sft  ber  Ptutterfdhofj  biefer  Eßogen  fruchtbar  gemad)t  unb 
mit  toeiblidjer  gcugungStraft  auSgeftattet ,  fo  erhält  er  ein  bon  oben  eingegoffeneS  Sicht 
mit  bem  Eßol)Igerud)e  beS  ©eifteS,  ben  EtuS.  SiefeS  Sicht  ift  ber  boEfomntene  ©ott,  ber 
aus  bem  unerjeugten  Sicht  bon  oben  unb  bem  ©eifte  in  bie  menfdjliche  Etatur  toie  in 
einen  Semmel  burd;  bie  ERad)t  ber  Etatur  unb  bie  Vetoegung  beS  EßinbeS  herabgetragen 
ift,  geboren  aus  bem  Eßaffer,  bermifdht  mit  ben  Seibern,  toie  ein  ©alz  beS  ©etoorbenen 
unb  baS  Sicht  ber  SfinfierniS,  beftrebt,  frei  ju  werben  bon  ben  Seibern.  SlEe  ©orge  beS 
obern  SidjteS  ift  barauf  gerichtet,  ben  EtuS  bon  bem  Sobe  beS  böfen  unb  finftern  SeibeS 
freizumachen,  bon  bem  untern  Vater,  bem  heftigen  Eßütbe.  Siefer  Eßinb  ift  in  feinem 
3ifd)en  ber  ©djlange  ähnlich.  §at  jener  unreine  ERutterfd)ofj  baS  Sicht  unb  ben  ©eift 
in  fidh  aufgenommen,  bann  geht  ber  Eßinb,  b.  i.  bie  Schlange,  ber  ©rft geborene  ber 
©etoäffer,  hinein  unb  erzeugt  ben  EJtenfdjen.  Saher  mufjte  ber  SogoS  bie  KnechtSgefialt 
ber  ©dhlange  annehmen,  um  bie  Schlange,  ben  Eßinb  ber  fffinftentiS ,  ju  täufdjen  unb 
um  im  ©dwfj  ber  Jungfrau  ben  göttlichen  Sid)tfunfen,  ben  EtuS,  ju  erlöfen.  Sen  Sernar 
finben  bie  ©ethianer  2  EJtof.  10,  22,  bann  im  Parabiefe  (Elbam,  ©öa,  ©djlange),  in  ben 
brei  ©öhnen  beS  Elbam  unb  beS  Etoe,  fotoie  in  ben  brei  Patriarchen  Elbraham,  3faaf, 
3alob ,  in  ben  brei  Sagen  Oor  ©onne  unb  Ptonb ,  in  bem  breifachen  ©efei?e,  bem  t>er= 


3'orban ,  ber  nadj  unten  flofj  unb  bie  ©ohne  QSraelS  am  EtuSzuge  aus  Elgppten,  b.  h- 
an  ber  untern  Vermifdjung  mit  bem  Seibe ,  hinberte,  toarb  Oon  3efuS  umgefehrt  unb 
flofj  nun  nach  oben,  toorin  bie  geiftige  ©enefiS  liegt.  ©piphaniuS  (Haer.  XXV,  4)  beutet 
Saulasau  =  tribulationem  super  tribulatiouem,  Zeesar  =  adbuc  paululum  exspecta. 
SaS  bei  Orig.,  C.  Cels.  VI,  24—38  befprochene  opbitifdje  Siagramma  enthielt  in  ber  einen 
Abteilung  Vilber,  Krcife,  Figuren,  Eiarnen,  brei  [Regionen  barfteEenb:  a)  baS  pieroma, 
bie  „toahre  Kirche",  b)  bie  fieben  pianetengeifter,  c)  bie  untere  ©rbeittoelt,  in  ber  anbern 
©ebete  an  bie  fieben  pianetenfürften,  toeldhe  bie  aus  biefer  ©rbe  fdjeibenben  ©eelen  ruhig 
in  ihre  [Reiche  eintreten  unb  Oon  ba  nach  oben  Riehen  baffen  foEen.  ©S  werben  barin 
nicht  blofe  VtRhoS  mit  Siebe  unb  Seben,  SlbamaS  unb  fein  ©opn,  ber  Zeitige  ©eift  unb 
©hrifiuS,  bann  bie  ©opljia  unb  bie  Vorfehung,  fonbern  auch  bie  fieben  pianetenfürften 
uitb  nach  bem  „3aume  ber  VoSheit"  bie  fed)S  ©ohne  beS  OphiomorpfjoS ,  mit  biefen 
fieben  Eßeltbämonen  angeführt.  ©S  finb  ERichael  (mit  Sötoengefialt) ,  ©uriel  (©tier), 
[Raphael  (fdjlangenförmig) ,  ©abrieb  (2lbber) ,  Stjautabaoth  (Vär) ,  ©rattjaoth  (§unb), 
Shaphaöaoth  ober  Duiel  (©fei),  bie  geinbe  ber  ERenfdjen.  EReljrereS  Übereinftimmenbe 
hat  bei  tiielfadhen  Etbtoeidjungen  Epiph.,  Haer.  XXVI,  10.  Sie  ERetenfomatofe  ift  auch 
hier  auSgefprocfjen  [Orig.  1.  c.  c.  21).  Vgl.  Pistis  Sophia  §  123,  ed.  Petermann 
p.  143.  144.  Über  bie  SRariamne,  oon  ber  aud)  nad)  ©elfuS  (Orig.  1.  c.  V,  62) 
eine  ©ette  hetflammt,  ogl.  Philosoph.  V,  7 ;  X,  9.  Sie  ©bangelien  za&  Ai/unriou?  unb 
xarü  0(upäv  toerben  fpeo  (p-  100  sq.)  erwähnt.  Etad)  ber  Pistis  Sophia  p.  47 — 49  er= 
hielten  bie  Slpoftel  SI)omaS,  Philippus  (eine  ©teEe  aus  Evang.  Pliilippi  bei  Epiph. 
1.  c.  XXVI,  13)  unb  ERattf)äuS  ben  Eluftrag  unb  bie  ©etoalt,  3efu  Sehren  unb  Shaten 
aufzufcfjreiben. 


7.  Ser  ©nofticiStnuS. 


157 


bietenben  (1  SDtof.  2,  16  f.),  erlaubenbett  (ebb.  12,  1)  unb  ftrafenben  (2  SCTlof.  20,  13  ff. 
5  IDtof.  5,  17).  Sie  ßepre,  für  bie  eine  tparapfjrafe  beS  Seth  angeführt  toarb,  fotl 
fiep  auf  bie  peibnifhen  ÜHtjfterien ,  auf  SDtufäuS ,  ßinuS ,  OrppeuS  unb  fmmer  ge= 
ftü|t  höben  *. 

3.  9Baä  für  bie  ©etfjianer  Seth,  ba§  mar  für  bie  Kaintten  Kain,  ber  ßiebling 
ber  Sophia  unb  bon  ihr  mit  ^ö^erer  ©rfennütis  auSgeftattet.  Sie  bauten  fiep  jmei 
Prüfte:  bie  höhere  (Sophia)  unb  bie  niebere  (Ippftera),  mobon  letztere  bie  ficptbare  SBelt 
fihuf.  9lbam  unb  ©ba  mürben  bon  ©ngelit  gefcpaffen;  beibe  höhere  Kräfte  aber  er* 
äeugten  mit  ber  ©ba  jmei  ©ohne ,  bie  höhere  ben  Kain ,  bie  niebere  ben  9lbel ;  ber 
fdhmädjere  Slbet  marb  bon  bem  meit  überlegenen  unb  ftärferen  33ruber  getötet.  Sas 
iBorrecpt  KainS  teilen  nebft  ber  Schlange  ©parn  ,  bie  ©obomiteit,  ©fau,  Kore,  Iura  alle 
im  Sitten  Seftamcnte  ©etabelten,  metepe  ber  SBeltfcpöpfer  megen  ihrer  ©nofiS  pafjte,  bie 
©oppia  «her  liebte.  OiubaS  dfdpfarioth  mar  ihnen  ber  allein  mahre  9Ipoftel,  bon  bem 
fie  ein  ©battgeliutn  höben  motlten,  baS  fie  nebft  ber  „Stuffahrt  beS  Paulus  in  ben  brüten 
Stimmet"  ben  neuteftamentlicpen  Schriften  entgegenftettten.  2luS  £>af)  gegen  ben  Sfuben* 
gott  unb  als  SStittel  jur  ©rlangung  ber  Sugenb  geftatteten  fie  alle  Stuten  bon  ©itnben 
unb  patten  für  jebe§  ßafter  ©nget,  bie  baju  beiftehen  follten;  fie  bermünfepten  Sefum 
als  ben  Pfeifchen  SJteffiaS,  mohl  im  ©egenfape  ju  bem  bon  ber  ©ophra  auSgepenben 
pneumatifhen  ©priftuS,  beffen  echter  Stpoftel  3fubaS  gemefen  fei1  2. 

4.  Sie  geraten  ober  ißeratifer  hQtten  überall  an  ber  Sreiteilung  feft;  bie 
©oüheit,  bie  SQöett  unb  ©priftuS  finb  breigeteilt.  Sie  erfte  Seilung  ber  im  i)lrin3ip 
einen  Sßelt  ift  bie  Sreiheit  (SriaS);  ihr  erfter  Seil  ift  baS  bollenbete  ©ute,  bie  bäter= 
liehe  ©röfje,  ber  streite  Seil  bie  $üHe  bon  unenblichen  Kräften,  ber  britte  bie  befonbere 
Sßeli  (KoSmoS  ibifoS).  Ser  erfte  Seil  ift  unerjeugt,  ber  jtbeite  bon  felbft  gezeugt,  ber 
britte  gejeugt.  ©3  giebt  brei  ©ötter,  brei  ßogoS,  brei  StuS,  brei  SDteufhen  für  bie  brei 
Seile  ber  ÜBelt.  Sie  britte  Sßelt ,  baS  ißrinjip  beS  SSergängticpen ,  muf?  enblich  unter* 
gehen  unb  bem  erften  unb  gmeiten  Staum  geben;  ber  Untergang  ift  im  Söaffer,  in  bem 
alle  Unmiffenben  (bie  Stg^pter)  ben  Sob  finben ;  aus  Stgtjften  Riehen  peifst  ben  ßeib  ber* 
laffen.  93on  ben  srnei  obern  Sßelten  mürbe  aber  in  unfere  (britte)  2ßelt  allerlei  ©amen 
bon  Kräften  gelegt.  3n  ben  Sagen  be§  IperobeS  laut  nun  bon  bem  erften  Seile  ber 
Sßelt  ein  SJtcnfdp,  ©priftuS,  ber  in  fiih  brei  Staturen ,  brei  Körper  unb  brei  Kräfte  ber* 
einigte  unb  bamit  bie  Srütle  ber  ©ottpeit  (Kol.  2,  9)  hotte,  in  bie  untere  Söelt  herab, 
bamit  alles  Sreigeteilte  baS  £>cil  erlangen  möchte;  benn  maS  bon  oben  berabgelomtnen 
ift,  fteigt  burch  ihn  mieber  hinauf;  maS  aber  biefetn  Stacpftellungen  bereitet  höt,  mirb 
beftraft  unb  befeitigt.  2BaS  ©hriftuS  rettet,  finb  bie  jmei  erften  Seile  ber  SGßelt ,  ber 
ungebeugte  unb  ber  felbftgejeugte.  SltteS  befteht  aus  Sater,  Sohn  unb  SDtaterie,  mobon 
jebeS  unenbliche  Kräfte  in  fiep  hQt.  3'Dif<hen  hem  oben  befinblidjen  Sater  unb  ber  unten 


1  Srj&iavot  in  Philosoph.  V,  19 — 21;  X,  11;  Sethoitae  im  Append.  ju  Tertull., 
De  praescr.  c.  2;  Sethiani  bei  ©pippaniuS,  ippilaftriuS.  —  ©pippaniuS  (Haer. 
XXXVII.  XXXIX)  fdjeibet  fie  bon  ben  Dppiten ,  Sheoboret  (Haer.  fab.  I,  14)  nimmt 
fie  ibentifch-  Stach  Epiph.  1.  c.  XXXIX,  3  füllte  baS  reine  ©t'fchlecht  ©elpS  allein  aus 
ber  ©ünbftut  gerettet  merben;  aber  bie  böfen  ©nget,  melche  bie  Slßelt  gebilbet  unb  fiel) 
mit  SJtenfcpcnfinbern  oermifcht  hotten ,  brachten  ben  bon  einer  anbern  Kraft  erzeugten 
©harn  heimlich  in  bie  Sirene  unb  pflanjten  fo  baS  SSbfe  fort,  bis  Scth*ßpriftuS  erfhien. 
Sieben  bem  Seth  jugefhriebene  löücper,  nebft  folcpen  bon  Slbrapam  unb  SItofeS,  merben 
ibid.  n.  5  ermähnt. 

2  Caiani,  Caianistae  bei  Iren.,  Adv.  haer.  I,  31,  1.  2.  Append.  ju  Tertull., 
De  praescr.  c.  2.  Epiph.,  Haer.  XXXVIII,  1  sqq.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  15.  — 
DrigeneS  (C.  Cels.  III,  13)  nennt  fie  jugleih  mit  ben  Dppiten  als  ipäretifer,  Philo¬ 
soph.  VIII,  p.  276  finb  fie  nur  boritbergepeub  neben  ben  Dppiten  unb  3toad)iten  (bie 
maprfheinlih  ben  Stoe  an  SetpS  Stelle  festen)  ermähnt.  SaS  bon  DrigeneS  (1.  c.  VI,  28) 
über  bie  Ulermünfcpung  ©prifti  ©efagte  mirb  nicht  opne  ©runb  auf  bie  Kainiten  bezogen 
(Massuet,  Dissert.  praeviae  in  Irenaei  libros,  diss.  I,  a.  3,  n.  15.  157).  Sßerfdpiebene 
Slnficpten  über  ©priftuS  bei  Epiph.  1.  c.  n.  3. 


158  Verbreitung  unb  2tu§gef±altung  ber  Kirche  im  2.  Sfahrhunbert. 

befinblidjen  9Jlaterie  ftet)t  ber  ©ot)n  i»  ber  2Jlüte,  ber  SogoS,  bie  Solange,  ftet§  fiel) 
bemegenb  jum  unbemeglidjen  Vater  unb  ju  ber  fid)  betuegenben  SDtaterie;  legiere  empfängt 
burd)  ben  ©oljn  bie  3been  be§  Vaterä  eingeprägt.  Ser  ©ohn  ober  bie  ©d)lange  ift 
3eugung3prinjip ,  ber  fjtufe ,  ber  aug  ©ben  floff ,  ba§  bem  Kain  jur  ©idjerung  feines 
SebetiS  aufgebrücfte  3eid£)en,  baS  Urbilb  ber  üon  SDtofeS  errichteten  (Schlange,  baS  grojje 
ißrinjip ,  in  bem  alles  gemorbeu  (3of).  1,  1  ff.),  in  bem  baS  Seben  (bie  ©üa)  mar,  ber 
in  menfdjlidher  ©dfjeingeftalt  unter  §erobcS  Oor  uns  erfdjien.  tpier  jeigt  fidh  eine  mähte 
©chlangenüerehrung 

5.  Sie  Varbelioten  haben  ihren  tarnen  üon  bem  meiblicheit  2lon  Varbelo, 
ber  fDtutter  aller  Sebenbigen ,  meldjer  bie  Offenbarung  beS  unauSfprechlichen  UrüaterS 
ju  teil  toarb.  Ser  ©ebante  üon  ihm  (bie  ©nnoia)  ftanb  üor  ihr  unb  forberte  ba§  Vor£)er= 
miffen  (bie  ^rognofiS).  2llS  biefes  hetborgetreten  mar,  folgten  2lphtf)arfia  (UnPermeS» 
lichJeit)  unb  ba§  emige  Seben  (3oe).  Sarüber  freute  fid)  Varbelo  unb  jeugte  ein  ihr 
ähnliche^  Sid)t,  üon  bem  ©rleudjtung  unb  Beugung  auSgef)t  unb  baS  ber  Urbater  üoll= 
enbete,  inbem  er  eS  mit  feiner  (Sitte  falbte;  biefeS  Sicht  ift  ©hriftuS,  meiner  jum  Veifianb 
ben  9tuS  erhielt.  2luS  bem  SSater  felbft  emanierte  ber  SogoS.  @S  Perbanben  fich  ©nnoia 
unb  SogoS,  Stphtharfia  unb  ©hriftuS,  3oe  unb  Shelema,  9tuS  unb  IfSrognofiS.  Sn  biefen 
paaren  geht  meiftenS  bie  meiblicfje  tpälfte  Poran.  ©nnoia  unb  SogoS  emanierten  ben 
SlutogeneS,  ber  fidh  mit  feiner  ©d)mefier  2Uetf)eia  üerbanb,  Slphtharfia  unb  ©hriftuS  aber 
Pier  Siebter,  bie  ben  SlutogeneS  umgeben,  ebenfo  3oe  unb  Shelema  üier  9Md)te,  bie 
biefen  üier  Sichtern  bienen.  SlutogeneS  brachte  ben  üotlfommenen  9Jlenfd)en  (SlbamaS) 
Iferbor,  unb  sugleid;  bie  üolllommene  ©noftS,  bie  fich  mit  ihm  üerbanb;  aus  ihnen  ent= 
ftanb  ber  Vaum  ber  ©rtenntnis  (1  Sütof.  2,  9).  Ser  erfte  ©ngel,  ber  ben  ©ingeborenen 
(SlutogeneS  heifet  auch  ÜJtonogeneS)  umgab,  eräeugte  ben  ^eiligen  ©eift,  auch  ©oplfia  unb 
'flrunifos  genannt.  Siefe  Vrunifos  fudjte  üergebenS  nad)  einem  ©atten;  enblith  gebar 
fie  ein  SSSerE,  in  bem  Unmiffenljeit  unb  feder  ©tolj  mar,  ben  93roard)en  ober  Semiurg, 
SSater  ber  VoSheit,  beS  SleibeS  u.  f.  f.,  ber  fidh  für  ben  t)öd)ften  ©ott  hielt-  SIlS  er  fich 
©ngel,  Kräfte  unb  9Jtäd)te  bilbete,  eilte  bie  Sophia  in  bie  £>öf)e  unb  üollenbcte  fo  bie 
heilige  OgboaS.  §ier  ift  toohi  unter  bem  ©influjj  anberer  gnoftifdjer  Sehrformen  bie  nod) 
beutlid)  erlennbare  ophüifdhe  Softrin  umgeftaltet.  2ln  Unfittlid)!eit  foden  bie  Varbelioten 
felbft  unter  ben  ©noftilern  ihreSgleidhen  gefudjt  haben1  2. 


1  Sie  ©eite  ber  geraten  ermähnt  Klemens  üon  Sllej.  (Strom.  VII,  17)  unter 
benen ,  bie  ihren  fftamen  dnd  tou  t 6-kou  haben.  Ser  9tame  Ueparat  mirb  aber  baher 
abgeleitet,  baff  fie  allein  burd)  baS  SSerberben  (<pdopd)  hinburd)gehen  (ntpaoeu)  ju  fönitett 
üorgaben,  bem  bie  übrige  SOßelt  üerfaöen  fei.  Stad)  Philosoph.  V,  12  blieb  bie  ©eite 
lange  unbelannt,  unb  bie  SarfteHung  ihrer  Sehre,  in  ber  ebenfo  häufig  mie  bei  anbern 
Ophiten  barbarifche  Stamen  üorfommen,  unterlag  großen  ©d)mierigteiten  (Philosoph. 
V,  12 — 18;  X,  10.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  17.  SSagmann,  Sie  ißhtfofophumena 
unb  bie  geraten  [3eitfd)r.  für  hiftor.  Sljeol.  1860,  II]). 

2  3reitäuS  (Adv.  haer.  I,  29)  hat  Barbeliotae  (Pom  fpr.  Barbelo,  iv  rsrpddc  ßsog), 
Sheoboret  (1.  c.  I,  18)  baneben  Borboriani,  Naassini,  Stratioci,  Phemionitae;  6pi= 
PhaniuS,  ber  fie  als  ©noftifer  xav  igoyjpj  begeidhnet ,  nennt  fie  (Haer.  XXYI,  3)  auch 
Coddiani  (codda  =  paropsis,  catinus)  unb  leitet  ben  9!amen  baher  ab,  bafe  megen  ihrer 
Unreinheit  niemanb  mit  ihnen  aus  einer  ©dpiffel  effen  mollte.  S»  Slgppten  fallen  fie 
©tratiotifer  unb  ißhibioniten  geheimen  haben,  bei  anbern  3a(häet  unb  Jöarbeliten.  9ladh 
©piphanimä  (1.  c.  n.  1.  8)  flammten  fie  üon  ben  Jtifolaiten  ab ,  nach  Sheoboret  üon 
ben  SSalentinianern.  Übte  audh  baS  ©pftem  ber  festeren  einen  ©influff ,  fo  meifen  bodh 
auf  ophitifdhen  Urfprung  ber  Stbamaä,  bem  man  nur  nod)  höhere  SGefen  üoranftellte, 
ber  Saum  beä  SebenS  unb  ber  ©rlenntniS,  bie  Überhebung  be§  gan3  bem  Satbabaoth 
gleichen  Semiurgen,  bie  auch  in  ber  Pistis  Sophia  (ed.  Petermann  p.  34.  78.  81)  üor= 
fommenbe  SSarbelo ,  bie  ffSrunifoS,  bann  bie  barbarifdjen  91  amen  hin,  Don  benen  §iero= 
npmu§  (Ep.  53  al.  20  ad  Theod.  vid.)  fagt:  Nequaquam  suscipiens  Armagil  (Raguel 
s.  Harmogenes) ,  Barhelon,  Baisamum  et  ridiculum  Leusiboram  ceteraque  magis 
portenta  quam  nomina ,  quae  ad  imperitorum  et  muliercularum  animos  concitandos 
et  quasi  de  hebraicis  foutibus  hauriunt,  barbaro  simplices  quoque  terrentes  sono,  ut 


7.  Ser  ©nofticiSmuS. 


159 


6.  Ser  Grober  SÜionoimoS  fudjte  baS  opf)itifd;e  ©pftem  in  ftarf  ausgeprägter 
pantheifiifdjer  ©eftalt  mit  ber  phthagoreifdjen  3af)tenlef)re  ju  üerbinben  unb  mar  gattj 
ber  Stftrotogie  unb  9Iritf)metif  ergeben.  9luS  bem  SDtenfdjen,  melden  er  als  baS  fjöd^fte 
SCßefen  unb  beit  ©runb  alter  Singe  fafjte,  leitete  er  alles  tBefteijenbe  ab,  fo  bafc  ber  33tcnfd9 
itjm  baS  3111  ober  ©ott  toar.  9Jtit  biefem  oerbanb  er  ben  ©opn  beS  3Jtenfd^en  als  eigent= 
lid)en  ©d)öpfer  ber  Sßelt,  bie  aber  nur  aus  einem  Seil  oon  ihm  entftanben  fein  fottte. 
Ser  ÜJlenfd)  ift  bie  Einheit  aller  ©egenfä|e,  ber  ©opn  beS  SJlenfdpen  ift  perfönlicp  nicpt 
üon  ipni  unterfäjieben,  ber  einzelne  SDtenfd)  ift  fid)  felbft  ©ott,  bie  2Mt  ift  nur  Entfaltung 
beS  9Jtenfd)en.  SaS  Sota,  als  3apl  3epn  (SelaS),  ift  Slilb  beS  unfidjtbaren  Urmenfdjen 
unb  bie  perrfd)enbe  3af)I;  ©runb  ber  Einheit,  ber  3ef)näahl  unb  oder  3aplen,  ift  ber 
©oljn  beS  SHenfcpen,  ber  SSater  unb  SDtutter  sugleid)  ift  —  stoei  unfterblidje  Dlamen. 
SBeil  alle  Sohlen  in  biefem  Sota  enthalten  finb,  beSpalb  gefiel  es  ©ott,  bie  ganje  Sülle 
ber  ©ottpeit  (Kol.  1,  19)  in  bem  ©optte  beS  -ülenfthen  mopnen  31t  taffen.  3luS  ber 
Sufammenfetjuug  ber  Sohlen  mit  biefem  einfachen  Sota  finb  förperlicpe  HhPoftafeu  ent= 
ftanben.  Sie  gattse  ©^öpfung  benlt  ficCj  gleicpfam  toie  baS  Erzeugnis  eines  toeiblicpen 
SßefenS  ben  ©oljn,  ben  fie  nicht  lennt;  bunfle  ©traplen  Oon  ipm  näljern  fid)  biefcr  SCßelt, 
haften  ihr  an  unb  regeln  bie  SBeränberung ,  baS  Entfielen.  Sie  Sßelt  toarb  in  feäjS 
Sagen  erfcpaffen,  b.  i.  in  fedjS  Kräften,  toeldje  baS  Sota  enthält ,  ber  fiehente,  ber  9tuf)e= 
tag,  üon  ber  §ehbomaS.  Erbe,  Söaffer,  Seuer,  Suft  fittb  aus  bem  Sota,  ihre  Figuren 
auS  ben  in  bem  Sota  enthaltenen  3Qhlen.  Srür  bie  IBebeutung  beS  Sota  toerben  bie 
3el)u  plagen  StgpptenS,  bie  sehn  ©ebote,  bie  sehn  Kategorien  beS  3triftote!eS  u.  f.  f.  üer= 
loertet.  ©ott ,  ertlärte  SDIonoimoS ,  folle  ber  Sülenfd)  nidjt  aufjer  fid) ,  fonbern  in  fid) 
felbft  fud;en '. 

7.  Sie  91  r djontit er,  bie  fid)  in  iftaläftina  unb  9lrmenien  fanben  unb  mehrere 
falfdje  ^Prophetien  hotten,  nahmen  fiebcn  §immel  an,  toooon  jeber  feinen  Surften  (9lrd)on) 
mit  ihn  nmgebenben  Engeln  hot.  Stn  achten  Himmel  über  ben  fiebcn  anbern  thront 
bie  Üdjtüolle  HJtutter  CSlh°teine) .  Sie  ©teile  beS  Sotbabaotp  als  Subengott  bertrat  pier 
ber  Sprann  beS  fiebenten  Himmels,  ©abaoth,  als  beffeit  ©ol)n  ber  Seufel  gebaäjt  toarb, 
ber  feinem  Stater  miberftrebte  unb  auS  Eoa  fotoohl  ben  Kain  als  ben  9tbel  er3eugte, 
bie  nad)  9lrt  beS  SlaterS  in  HaB  unb  DltiBgunft  entbrannten  unb  toegen  ber  Siebe  3U 
ihrer  ©djtoefter  fich  entstoeiteu.  Ser  toirElid^e  ©ohn  3lbamS  unb  EoaS  toar  ©etp ,  ben 
bie  obere  Kraft  3U  fich  empor  entrüdte,  nährte  unb  hegte  unb  bann  nach  langer  3eit 
mit  ©eift  unb  Seib  3ugleid)  in  biefe  SÖelt  fanbte,  fo  baff  bie  nieberen  Sülädjte  nidjtS 
toiber  ihn  üermocpten.  Er  ertannte  ben  hofften  ©ott  unb  üertoeigerte  bem  Semiurgeit 
bie  3lubetung.  (^>ier  3eigt  fid)  bie  entfdjiebene  SSerluaxtbtfdjaft  mit  ben  ©etl)ianern, 
beren  33itd)er  bie  ©eite  ebenfalls  gebraudjte.)  Sie  ©eelen  ber  ©noftiler,  bie  bem  ©abaoth 
entflohen  finb  toie  feinen  Surften,  bie  forttoäprenb  üon  ben  ©eelen  fid;  nähren  mfiffen, 
erheben  fid)  3U  ben  einseinen  Himmelreichen,  entfdjulbigen  fiep  bei  ben  einseinen  Surften 
mit  ©ebeten  unb  gelangen  fo  sur  obern  Sidjtmutter.  Einige  goffen  auf  baS  Haupt  ber 
93erftorbenen  SBaffer  unb  Öl,  um  fie  fo  ben  feinblidjen  ^Rächten  unfidjtbar  3U  machen.  Sie 
©alramente  ber  Kircpe  mürben  üertoorfen,  toeil  fie  im  Flamen  beS  SubengotteS  ©abaoth 
gefpenbet  mürben.  Sie  SebcnStoeife  toar  bei  einigen  äußerlich  ftreng  aSfetifd).  bei  anbern 
ausfd)toeifenb.  Sie  3luferftel)uitg  mürbe  bloB  ber  ©eele,  nicht  bem  Seibe  suerfannt 2. 

quod  non  intelligunt,  plus  mirentur,  enblid)  auch  bie  Oon  ihnen  gebrauchten,  fidjer 
opl)itifcben  29üd)er ,  mie  Nwpia  (angcblidie  Srau  beS  9toe,  ügl.  Epiph.  1.  c.  11.  1),  baS 
Eoangeliitm  ber  Eba  (ibid.  n.  2.  3),  bie  fyragen  dJtariä  unb  bie  unter  bem  Dcamen  be§ 
©eth  t»cr breiteten,  bie  Offenbarungen  9tbamS  (ibid.  n.  8),  bie  ylv^a  Mapiag  (ibid.  n.  12), 
baS  Eüangelium  nach  tppilippuS  (ibid.  n.  13). 

1  Philosoph.  VIII,  12—15  (ed.  Miller  p.  269—273);  X,  17  (p.  325  sq.).  Theo¬ 
dorei.,  Haer.  fab.  I,  18.  SSrief  beS  SDlouoimoS  an  SpeoppraftuS  in  Philosoph.  VIII,  15. 

2  Epiph.,  Haer.  XL.  Theodoret.  1.  c.  I,  11.  Elfterer  führt  als  bie  üon  ber  ©efte 
gebrauchten  tBiicper  an:  a)  bie  grofje  unb  bie  Heine  „©pmphonie" ;  b)  bie  „9ll!ogcneiS" 
(n.  2.  7  angeblich  üon  ben  ©öpnen  ©etpS);  c)  töüd)cr  Don  ©etp;  d)  baS  Slnabatifon 
beS  Propheten  SfoiaS.  91IS  ^Propheten  galten  auch  SDIartiabeS  unb  SRartianuS,  bie  auf 
brei  Sage  in  ben  Himmel  entrüdt  gemefen  fein  follen. 


160 


SSerbreitung  unb  StuSgeftattung  ber  &ird)e  im  2.  Saprpunbcrt. 


3n  ber  toptifdj  erhaltenen  „ißiftis  Sophia"  tritt  un§  ein  auf  oppitifpen 
©runbtagen  toeitergebitbeter  pantpeiftifcper  ©manatiSmuS  mit  nahe  an  ben  jpäteren 
ÜJlanicbäigmuS  anftreifenben  Veitoerfen  in  breiter  Sarftettung  unb  bietfadjer  Stuäfdjmücfung 
entgegen,  toorin  bie  Sdjicffate  ber  Sophia  mit  bieten  ßlagegefängen  u.  f.  f.  bon  bem 
auferftanbenen  $efu§  erjähtt  toerben,  ber  nod)  elf  Sapre  nach  ber  Stuferftepung  unter 
feinen  3'üngern  gelehrt  haben  fott '. 

C.  Sie  atepanbrinifdje  ©  n  o  f  i  §. 

1.  33  a  f  il i b  e §. 

Quellen:  Iren.,  Adv.  liaer.  I,  24;  II,  16.  Clem.  Alex.,  Strom.  I,  21;  II,  2. 
3.  6.  8.  20;  III,  1;  IY,  12.  24.  26;  V,  1.  11;  VI,  6;  VII,  17.  Philosophum.  VII, 
14  sqq.  Agrippa  Castor  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  7.  Ps.-Tertull.,  Append.  ju  De 
praescript.  c.  1.  Epiph.,  Haer.  XXIV.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  4.  —  Sitte ratur: 
Iacobi,  Basilidis  pbilos.  gnostici  sententiae.  Berol.  1852  (bgt.  3edfdjr.  f.  ^irpengefcp. 
I,  4).  ©.  Uhlhorn,  Sag  bafitib.  Spftem.  ©öttingen  1855.  31.  £>itgenfetb,  Sag 
Spftem  beS  ©noftif erS  Vafitibeg  (Speot.  Sfaprb.  1856,  S.  86  ff. ;  bgt.  geitfdjr.  f.  toiffenfdj. 
Speot.  XXI).  ©unbert  in  3edfpr.  f-  tuther.  Speot.  1855  f.  fj.  X.  3?unf,  S)er 
Vafitibeg  ber  ißhitofophbtmena  tein  ipantpeift  (ßircpengefd).  Stbpanbtungen  I  [ißaberborn 
1897],  358—372). 

33ofüibe§  (33afiteibe§) ,  gebürtig  au§  ©prien,  itmtb  unter  £)abrian§  3fe= 
gierung  (um  133 — 134)  in  Sllepanbrten  ©tifier  einer  meit  berbreiteten  ©efte, 
bie  jtd)  bi§  400  forterpielt.  ©r  fomot)t  al§  fein  ©opn  Sfibor  toaren  ©d)rift= 
fteder,  bie  fid)  auf  bie  2Bei§fagungen  angeblicher  ^ßrop^eten,  auf  einen  gemiffen 
©taufiaP,  SDolmetfcper  be§  3lpoftel§  ^ettu§,  foroie  auf  ben  31poftel  Wattpiaä 
(ober  9Jtattpäu§)  beriefen1 2.  ®a§  Seprfpftein  ber  33afilibianer  tnirb  bon  $temen§ 


1  Pistis  Sophia.  Opus  gnosticum  Valentino  adiudicatum  e  cod.  manuscr.  coptico 
Londinensi  descripsit  et  latine  vertit  M.  G .  Schwartze.  Ed.  I.  H.  Petermann.  Berol.  1851, 
im  älteren  fapibifd)en  Siatette  ettoa  im  3.  Saprpunbert  gefcprieben.  gär  ben  oppitifpen 
Urfprung  zeugen:  1)  bie  bieten  barbarifcpen  Ülamen,  bie  befonberg  ben  Dppiten  eigen 
finb  (p.  323.  325  unb  fonft) ;  2)  bie  ber  Sophia  eigene  Stettung  unb  ipre  Vufjgefänge, 
perdvoLac  (p.  31 — 114);  3)  bie  Vefcpreibung  beg  ©ngetg  mit  bem  Sötoengeficpte,  ganj  toie 
ihn  ©eifug  fannte  unb  loie  er  nadj  Origeneg  (C.  Cels.  VI,  30;  VH,  40)  bei  ben 
Dppiten  fiäj  fanb;  4)  bag  Vorfommen  be§  Statbabaotp ,  ber  audj  pier  „feuriger  ©ott" 
peifjt ,  loie  bei  ben  9taaffenern  in  Philosoph.  V,  7  (p.  104) ;  5)  bie  ©rmäpnung  bon 
3ao ,  Sabaotp ,  SDlicpaet ,  Gppiomorphog  (p.  83.  225.  241  sq.) ;  6)  ber  9Iame  3lbamag 
(p.  88.  89)  bgt.  mit  Philosoph.  V,  6.  7  (p.  94.  104.  114);  7)  ber  häufige  ©ebraud) 
beg  SpmbotS  beg  §>unbeg  unb  beg  ßrofobitS  (p.  161.  200  sq.) ;  8)  bie  Stettung  bei 
Säuferg  Sopanneg  (p.  9.  10.  80  bgt.  mit  Iren.,  Adv.  haer.  I,  30,  12.  Epiph..,  Haer. 
XXVI,  6  sq.)  u.  f.  f.  Dladj  biefem  Vucpe  fanb  3tefu§  bie  Sophia  traurig  unter  bem 
13.  9ton  (24  Slonen  fotten  au§  bem  Urbater  unb  ben  ^mei  breiträftigen  SBefeu  um  ipn 
emaniert  fein),  ihrem  eigentlichen  äfiopnfipe,  in  ben  fie  nicpt  mepr  gelangen  tonnte,  feit 
fie  infolge  ipreg  beim  3lnbticfe  beg  pbperen  £id)teg  entftanbenen  fÜlipbergnügeng  unb 
beg  babitrd)  erregten  3orneg  ber  unbern  Strcponten  getäufcpt  unb  berftofjen  in  bag 
©paog  pinabgefunfeit  toar.  9tad)  unb  nad)  befreite  ©priftug  bie  bietfacp ,  aud)  bon  ber 
Siptange  berfotgte  Sophia ,  brachte  fie  toieber  in  bie  üläpe  ipreS  Sßopnfipeg ,  bann  in 
biefen  fetbft.  Sie  Vupgefänge  ber  Soppia,  meift  iparapprafen  bon  ipfatmen,  geben  eine 
fitttip=reinere  Seprc  bon  Sünbe,  tReue,  ©nabe  unb  Vergeltung,  alg  anbere  3toeige  biefer 
©ruppe  fie  aufjeigen. 

2  Über  bie  3eü  be§  BatrdslSijg  bgt.  Clem.  Alex.,  Strom.  VII,  17.  Euseb.,  Hist.  eccl. 
IV,  7.  Serfetbe  fcprieb  24  Vitcper  ©pegetifa  (Fragmente  aug  33ud)  13  bei  Acta  disput. 
Archelai  et  Manetis  c.  55  [Migne,  Patr.  gr.  X,  1524],  au§  Vud)  24  bei  Clem.  Alex. 


7.  Ser  ©nofticiSmuS. 


161 


bon  9IIe£anbrien  uttb  in  ben  ^fnlofopffumenen  fottrie  bon  Srenäuä  unb  @pi= 
pf)aniu§  betfd)teben  bargefieüt,  offne  bafi  jebod)  bieffeitige  33erüf)tung§pitnfte  au§= 
gcfd)Ioffen  tnären ;  jedenfalls  fiat  e§  mandje  Umgeftaltungen  erfahren. 

a)  SSafitibianifcpeS  ©pftem  nacp  ^renäuS  (©pippaniuS  unb  Speoboret):  1)  Ser 
unergeugte  SS  ater  aber  Singe  ift  nnbegreiftid)  unb  unauSfpredßid).  StuS  ipm  ent= 
ftanb  ber  91  u§,  aus  bem  91uS  ber  SogoS,  aus  biefent  bie  «ppronefis,  au§  ipr 
bie  ©oppia  unb  SpnamtS,  ans  biefen  bte  iperrfcpaften  unb  ©etoatten  unb  bie 
(erften)  ©nget.  Siefe  teueren  fdjufen  ben  erften  §immet‘.  2)  3n  fortgepenber  ©nt= 
toicftung  emanierten  toeitere  ©nget  geringerer  Orbnung,  bie  fid)  ebenfalls  einen  eigenen, 
bem  erften  äpnlidjen  Ipimmel  fcpufen,  unb  fo  ging  eS  fort  bis  jur  $apt  bon  365  ©eifter= 
reichen  ober  §immetn,  toeSpatb  and)  baS  $apr  fo  biete  Sage  bat* 1 2.  3)  Ser  Inbegriff 
aller  biefer  ©eifterreicpe,  toobon  jebeS  folgenbe  ein  immer  minber  botlfommener  Slbbrucf 
beS  borpergepenben  ift,  tbirb  bejeiepnet  mit  bem  mpftifcpen  (attagpptifcpen  3auber=) 
91amen  Stbrafaj  ober  StbrapaS,  beffen  35ucpftaben  nacp  ber  3a^Ibebeutung  eben 
365  ergeben 3.  4)  Sie  ben  unterften  £>immel  betoopnenben  ©nget  bauten  unfere  ficptbare 
SBett  unb  teilten  unter  fiep  bie  ©rbe  unb  bie  auf  Ufr  befinbtidjen  SSötfer.  Ser  erfte 
biefer  ©nget,  ber  3'ubengott,  tooßte  feinem  33otfe ,  ben  3uben,  äße  anbern  SSötfer 
untertoerfen.  Sie  anbern  ©nget  miberftanben  ipm  uttb  fo  atub  bie  übrigen  SSötfer 


1.  c.  IV,  12),  gegen  toeldpe  Slgrippa  ©aftor  einen  vEXsy/og  oerfafete  ( Euseb .  1.  c.). 
Safe  er  aucp  ein  eigenes  ©Oattgelium  gepabt,  tooßte  man  aus  Orig.,  In  Luc.  liom.  1 
(Migne ,  Patr.  gr.  XIII,  1803:  Ausus  fuit  et  Basilides  Evangelium  scrihere  et  suo 
illud  nomine  titulare) ;  Ambros.,  Prooem.  in  Luc. ;  Hier.,  Praef.  in  Matth. ;  Macar., 
Or.  in  Luc.  (auS  Orig.,  Opp.  III,  981,  ed.  de  la  Rue)  erfcpliefeen,  toaS  jebod)  nidpt 
aufeer  aßem  Steifet  ift.  Sfibor  fdprieb:  1)  über  bie  angetoacpfene  Seele  (nspl  npog- 
<pooüg  iporf?) ;  2)  Ethica;  3)  Comment.  exeg.  in  prophetam  Parchor  1.  1  et  2.  SSon 
erfterer  ©cprift  giebt  Clem.  Alex.,  Strom.  II,  20  (ed.  Par.  p.  409),  uou  ber  ätoeiteu 
ibid.  III,  1,  p.  427  (ebettfo  Epiph.,  Haer.  XXXII,  4),  bon  ber  britten  ibid.  YI,  6  fin., 
p.  641  sq.  einzelne  ©teßen.  Slgrippa  ©aftor  nennt  bie  ißroppeten  SSarfabbaS  unb  33ar= 
fopp;  eS  ift  fraglich,  ob  SSarfopp  unb  Sßardor  berfdjieben  finb.  SItS  tocitere  ©etoäprS= 
männer  beS  SSafitibeS  nennt  Clemens  bon  Sltep.  (Strom.  VII,  17,  p.  765)  ben  ©taufiaS, 
p.  767  ben  ßltattpiaS  (bgt.  Philosoph.  VII,  20). 

1  StuS  Sophia  unb  SpuamiS  täfet  $renäu§  virtutes  et  principes  et  angelos 
pcrborgepen.  Sie  91amett  DgboaS  unb  §>ebbomaS  fommett  pier  ttid)t  regetmäfeig  bor, 
aucp  nicpt  bie  gapt  bon  je  fieben  duvdpscg.  Stn  ©oppia  unb  SpttamiS  reipett  meprere 
bie  duouotruvy  unb  dprjvr]  an,  bon  benen  bei  Clem.  Alex.,  Strom.  IV,  25  (ed.  Sylburg 
p.  231)  bie  Sfufeerung  beS  SSafilibeS  angefüprt  toirb :  duawouvrjv  ds  xal  rry  tiuyaripa 
auTrjq  rrjv  slprj'xTjv  iv  öydoddi  fiiveiv  ixdiarsrayisvaq.  (jirenäuS  (Adv.  haer.  II,  16,  4) 
ertoäpnt  oorübergepenb  bie  DgboaS  (toobon  Philosoph.  VII,  25  sq.). 

2  9tad)  Iren.,  Adv.  haer.  II,  16,  2  leprt  SSafitibeS  eine  immensa  successio  eorum, 
quae  ex  invicem  facta  sunt,  unb  ibid.  V,  35,  1  tbirb  gejeigt,  bafe  berfefbc  einen  pro- 
gressus  in  infinitum  aunepmen  müffe. 

8  Aßparrdq  paben  bie  griecpifdpen  Sepie,  toaS  toirflid)  365  giebt,  toäprenb  bie 
tateinifcpen  abgefüi'ät  Abraxas  paben.  Sen  91amen  erflaren  iPfeubo  =  Sertultian 
unb  §icrottpmuS  (In  Arnos  c.  3)  für  ben  91amen  beS  pödfften  ©otteS  felbft.  3fnfo= 
fern  eben  aßc  ©eiftcrreid)e  jufammen  biefen,  fotoeit  er  fid)  offenbart,  beäeidjnen,  ift  bieS 
ricptig.  ©o  erfcpeint  Slbrafap  als  princeps  ober  Strdjon  ber  SSafitibianer  (Philosoph. 
Vn,  26,  p.  240  ift  eS  ber  9Same  beS  grofeeu  Strcpon,  ber  ben  übrigen  fReidpeu  boran= 
gefteßt  toirb).  Über  bie  SlbrajaSgemtnen  f.  Io.  Macarms,  Abraxas  s.  de  gemmis  Basil. 
disquis. ,  ed.  Io.  Chiflet.  Antwerp.  1657.  SS  e  1 1  e  r  m  a  tt  n  ,  Uber  bie  ©emmen  ber 
Sitten  mit  bem  SlbrapaSbitbe.  «Berlin  1817  ff.  firauS,  ffteatencpflopübie  ber  djrifL 
tidicn  Stttertümer,  Slrt.  StbrapaS.  ©S  ift  jebod)  jtoeifelpaft ,  ob  bie  Stbrapasgemmen 
bafitibianifdp  fitib. 

§ergeitrötpev,  Sircbengeicbi^te.  I.  4.  Stufl. 


11 


162 


Verbreitung  utxb  SluSgeftattung  ber  $ird)e  im  2.  Zahrtjunbert. 


feinem  Slolfe,  fo  bafj  ßampf  bie  Vielt  erfüllte 5)  Sa  fanbte  ber  ungebeugte  unb  un= 
nennbare  Vater  feinen  ©rftgeborenen,  ben  91  u  § ,  ber  aud)  ©hriftuS  Reifet,  um  biejenigen, 
metdje  glauben  motten,  ju  retten  unb  Don  ber  fDladjt  ber  toeltbilbenben  ©nget  ju  befreien. 
6)  Siefer  erfdjien  unter  ben  SOlenfd^en,  litt  aber  nur  gurn  ©d)eine;  ©imon  Don  ©prene 
trug  baS  ßreuj  unb  toarb  gefreujigt,  Don  ben  Zuben  für  ZefuS  gehalten,  toäljrenb  biefer 
bie  ©eftalt  ©imonS  annaJ^m  unb  bie  Stuben  Derp^nte,  bann  p  feinem  Vater  empor= 
flieg.  7)  Saljer  mufs  man  nicpt  an  ben  ©elreujigten  glauben,  fonbern  an  ben  Dom 
Vater  ©efanbten,  ben  bie  Stuben  fätfdjtich  für  gefreujigt  hielten;  bie  Verleugnung  beS 
©etreujigten  ift  nicpt  nur  ertaubt ,  fonbern  aud)  ein  VetoeiS  ber  Befreiung  Don  ben 
©itgeln,  metd)e  bie  Seiber  bitbeten,  unb  ber  ©rfettntniS  beS  pd§ften  Vaters1 2.  8)  Vier 
atte  ©ngel  unb  ihre  llrfacpen  fennt ,  mirb  mit  ipen  unfidjtbar  unb  unbegreiflich  für 
atle,  fennt  alte,  ohne  Don  ipen  gefannt  p  fein.  9lber  nicht  Diele  fönnen  biefe  Vcpfterien 
Duffen,  aus  Saufenben  einer  ober  aus  Sß^^tQDifenbeit  3toei.  9)  9tur  bie  ©eete  erlangt 
baS  £>eit;  ber  Seib  ift  Don  9tatur  Dergänglich  unb  ftep  nicht  auf.  10)  Sie  Prophetien 
beS  Sitten  VunbeS  ftammen  Don  ben  toeltbilbenben  ©ngetn,  baS  ©efep  bom  Stubengott, 
bem  Slrcpon,  ber  bie  Stuben  aus  ägppten  befreit  hat 3-  H)  Slufeerbem  erfahren  toir 
Don  ben  Vafilibiattern,  bafj  fie  a)  ihren  Anhängern  nad)  P)ihagoreerart  ein  längeres,  ja 
fünfjähriges  ©tittfchtoeigen  auferlegten,  ß)  baff  fie  fid)  magifdjer  fünfte,  ber  Slnrufungen 
unb  befonberer  Zauberformeln,  fotoie  y)  barbarifcher  9tamen  Don  Fimmeln,  ©ngetn  unb 
Propheten  bebienten,  d)  ben  ©enufj  ber  ben  ©bttern  geopferten  ©peifen  für  ertaubt  unb 
äußere  tpanblungen  überhaupt  für  gleichgültig  hielten,  s)  bafj  fie  bas  3feft  ber  Saufe 
Zefu  feierlich  am  11.  Spi  (6.  Stanuar,  ©piphanie)  begingen4. 

b)  9lad)  ben  ppilofophumena5:  1)  SaS  pöd)fte  Vlefen  ift  über  allen  Vegriff 
erhaben,  nichts  Don  fonfreten  Singen,  baS  reine,  beftimmungStofe  ©ein,  eine  seitlich  nicht 
feienbe  ©ottpeit,  über  jeben  9lameit  erhaben,  ber  ba  genannt  toerben  fönnte;  es  fehlen 
bafür  alte  Vegelcpnungen.  2)  SiefeS  unauSfp rechliche  llrtoefen,  baS  eigentlich 
Vicht  fein  ift,  toarf,  um  bie  Vielt  p  paffen,  ben  Vlettfamen  aus,  ber  Dergtichen 
toerben  fann  mit  bem  ©amenforn,  baS  in  fiel)  (im  Meinte)  fchon  Vlurjet,  Ztoeige,  Vtätter 
enthält,  unb  mit  bem  9pfauenei,  in  bem  ber  Poteng  nach  fd)on  alle  Farben  beS  Pfauen= 


1  Stuf  bie  über  bie  Voller  perrfd)enben  ©uget  (©tohitn)  besag  mau  5  Ptof.  82,  48. 
DrigeneS  (In  Ier.  hom.  10,  c.  5  [ Migne ,  Patr.  gr.  XXIII,  364])  rechnet  ben  VafitibeS 
nebft  Valentin  unb  Ptarcion  3U  benen,  bie  ben  ©djöpfer  täftern. 

2  Iren. ,  Adv.  haer.  1 ,  24 ,  4.  Epiph. ,  Haer.  XXIV,  5.  Agrippa  Castor  bei 
Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  7.  SaS  Ptartprium  galt  aber  Dielen  Vafilibianertt  als  merttoS, 
tDeit  eS  eine  ©träfe  ber  ©ünben  fei  ( Clem .  Alex.,  Strom.  IV,  12,  ed.  Sglb.  p.  216  sq. 
Orig.,  In  Matth,  comment.  ser.  n.  38  [Migne,  Patr.  gr.  XIII,  1652  sq.]).  ©ie  fdjeinen 
auch  bie  ©ünbtofigfeit  Zefu  beftritten  31t  haben  (Clem.  Alex.  1.  c.  p.  217 :  Uwg  dk  obx 
aßzoq,  #£tä£tuv  p.ev  rbv  diaßoXov ,  avd-puiizov  dz  äpapTgrixov  rod/rpag  elnstv  r ov  xupcov 
Sie  ©teile  toirb  übrigens  uerfchieben  erftärt,  unb  ber  ©alt ,  niemanb  erteibe  ein  unber= 
bienteS  Übet,  tonnte  in  bem  Don  SfrenäuS  bargeftettten  ©pftem  faum  eine  9lntoenbung 
auf  ZefuS  ftnben,  ber  ja  nach  bemfetben  gar  nicht  gelitten  hat. 

3  Iren.  1.  c.  n.  5.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  4. 

4  a)  Agrippa  Castor  1.  c.  Iren.  1.  c.  n.  6.  ß )  Iren.  1.  c.  n.  5.  Epiph.  1.  c.  n.  2. 
y)  Agrippa  Castor  1.  c.  Epiph.  1.  c.  VefonberS  toirb  baS  auch  bei  anbern  ©noftifern 
Dorfommenbe  üöort  xauXaxab  (auS  Zf.  28,  10  entlehnt)  ermähnt,  nad)  ©piphaniuS  9tame 
eines  2lrd)on,  nach  Sheoboret  9lame  beS  ©rtoferS,  mofür  auch  I ren •  1-  c.  n.  6  fpricht, 
mährenb  nach  einer  bunften  ©fette  (n.  5)  einige  baS  Vlort  auf  bie  Vielt  beziehen.  Sie 
Sitten  erftären  eS  Derfdjieben:  Epiph.,  Haer.  XXV,  4:  ßautafauf  =  i-lds  in  iXnldc; 
anbere :  linea  ad  lineam ,  regula  ad  regulam.  d)  Iren.  1.  c.  n.  5.  Theodoret.  1.  c. 
e)  Clem.  Alex.,  Strom.  I,  21. 

5  Philosoph.  VII,  14  sq.  (ed.  Miller  p.  225  sqq.)  mirb  ba§  ©hftem  atS  gatt3  aus 
VriftoteteS  gefdjöpft  begeiepnet,  barauf  bie  peripatetifd)e  ppilofoppie  bargefteltt;  c.  20 — 27, 
p.  231  sq.  bie  £epre  beS  VafitibeS  felbft  Oorgeführt  in  einer  bietfad)  bem  fpäteren  9Jtani= 
epäiSmuS  Dermanbten  Raffung. 


7.  Ser  ©nofiiciSmuS. 


163 


fdjtoeifeS  liegen,  baS  in  fic6  biete  ©eftatten  unb  äßefenpeiten  befcfjließt  unb  gang  bem 
ariftotetifcpen  ©attungSbegriff  (©enuS)  entfpridjt,  ber  in  unenbtid)  niete  2lrt=  unb  ginget* 
begriffe  gertegt  »erben  fann.  3)  Sn  biefem  Söeltfeim  unb  211t  f  amen  (tfkmfpermia) 
toar  eine  breigeteilte  ©opnfdjaft,  bem  nid^t  feienben  2tbfotuten  gleidjtoefenttich, 
au§  bem  abfoluten  IXrgrunbe  erzeugt,  tüon  biefer  ©ohnfdjaft  (§pioteS)  bcftanb  baS 
eine  aus  gang  feinen  Seilten,  baS  attbere  aus  bitten  unb  groben,  toäprenb  anbereS 
ber  Säuterung  beburfte,  gang  toie  (BottfommeneS ,  »eniger  (BottfommeneS  unb  Unbett* 
fommeneS,  toie  ©attung,  2trt,  ©ingeltoefen  \  4)  SaS  «Subtilere  erhob  fidC)  fofort  beim 
erften  StuStoerfen  beS  SßettfamenS  bon  ber  Siefe  in  bic  §öpe  mit  tounberbarer  Scfjnettig= 
feit  »ie  pflüget  ober  ©ebanfen  unb  fam  gu  bem  Stidjtfeienben  (bem  Urtoefen),  nad)  beffen 
£>errtid)feit  atte  SBefeit  fid)  (ebnen,  jebeS  in  feiner  2lrt.  5)  Sic  anbere  SofjnfdEjaft,  bie 
fcpon  aus  gröberen  Seiten  beftanb,  btieb  noch,  obfdjon  auch  fie  emporgutommen  unb  jene 
nadjguapmen  fudjte,  im  2tttfamen  gurücf ,  ba  fie  fid)  nicht  gu  erbeben  bermodjte.  ©ie 
erhielt  nun  einen  Zeitiger  ©eift  genannt,  bon  bem  fie  emporgetragen  toarb, 

fo  baß  fie  in  bie  Stäbe  ber  erften  ©opnfdjaft  unb  bes  UrtoefenS  gelangte.  Sittein  biefer 
©eift  toar  nicpt  gleichen  SßefenS 1  2  mit  jener,  baS  f)öd£)fte  ttßefen  toar  außer  feiner  Statur, 
toie  eine  reine  unb  fcparfe  Suft  ben  ffifdjen  gegen  bie  Statur  gebt.  Saper  fonnte  bie 
3toeite  ©ohnfdjaft,  bie  bisher  bom  ©eifte  geförbert  toarb,  toie  fie  auch  ihn  unterfiüßte, 
benfetben  nicht  bei  fid)  behalten,  fonbern  ließ  ihn  gurücf  in  ber  Stäbe  jener  fetigen 
(Räume,  nicht  gang  bertaffen  noch  böttig  getrennt,  inbem  er  noch  ben  (ffiopfgerud)  ber 
©opnfdjaft  einigermaßen  betoatjrte  unb  berbreitete.  @r  bitbete  als  ©renggeift  nun  bie 
©rengfdjeibe  gtoifdjen  bem  Übertoetttichen  (§hperfoSmifdjen)  unb  ber  Söett,  toährenb  bie 
3toeite  ©opnfdjaft  toeiter  emporftrebte.  6)  Sie  britte,  ertöfungSbebürftige  ©opnfdjaft 
btieb  noch  in  bem  Raufen  bes  SlttfamenS,  tböopttpaten  fpenbenb  unb  empfangenb.  7)  2tuS 
bem  ttßettfamen  ging  ber  große  Slrdjon,  baS  §aupt  ber  Söett ,  herbor,  bon  un= 
auSfprecpIidjer  ©djönheit,  ©röße  unb  (tBeiSpeit3;  er  erhob  fidj  bis  3um  Firmament,  baS 
3toifchen  bem  Übertoetttichen  unb  ber  Söett  ift,  toußte  aber  nichts  bon  bem  Übertoetttichen 
unb  glaubte,  baß  über  fein  Firmament  hinaus  burdjauB  nichts  fei;  er  toar  eben  nur 
größer  unb  toeifer  als  altes,  toaS  in  ber  Söett  ift,  bem  Übertoetttichen  aber  nicht  31t 
begleichen,  auch  nicht  ber  im  Slttfamen  noch  gurücfgebtiebenen  ©opnfdjaft.  8)  ©ich  für 
ben  abfoluten  ©ebieter  unb  einen  toeifen  (Baitmeifier  fjaltenb ,  unternahm  er  bie  ginget* 
fdjöpfung  ber  Söett.  Suerft  toottte  er  nicht  allein  fein,  fonbern  ergeugte  fi<h  aus  bem 
borhatibenen  ©toffe  einen  ©oh«,  ber  biet  beffer  unb  toeifer  toar  atS  er  fetbft.  SaS 
altes  toußte  ber  pödjfte  ©ott  beim  SluStoerfen  beS  SlttfamenS  üorauS  unb  beftimmte  eS 
atfo.  ©einen  ©opn  liebte  ber  große  Strdjon  fehr  unb  ließ  ihn  gu  feiner  (Redjten  fißen. 
SaS  (Reich,  in  bem  ber  Slrdjon  toohnt,  heißt  DgboaS  (Sldjtgapl).  Sie  ättjerifdje  ©djöpfung 
bottbrachte  ber  große  Slrdjon  unter  bem  (Beifianbe  feines  noch  biet  »eiferen  ©otjneS,  ber 
ihn  leiten  fott,  toie  bie  ariftotetifche  ©ntetechie  ben  fieib  —  bie  ©cpöpfung  nämtidj  bon 
altem,  toaS  bis  gum  3Ronb  geht,  batjin,  too  bie  Suft  bom  Süßer  fid)  fdjeibet.  9)  SltS 
biefc  (Räume  auSgefdjmücft  toaren,  erhob  fid)  aus  bem  Slttfamen  ein  3  to  e  i  t  e  r  3t  r  d)  0  n, 
größer  atS  alles,  toaS  unten  toar,  mit  SluSuapme  ber  gurüefgetaffenen  brüten  ©ohnfehaft, 
bem  erften  2trchon  nachftehenb,  aber  aud)  er  „unauSfprechtich"  genannt,  ©ein  (Reich  ift 
bie  £>ebbontaS  (©iebengapl),  unb  er  ift  (Bilbner  altes  beffen,  toaS  barunter  liegt.  2ludj 
er  fdjuf  fid)  einen  an  dßeisljeit  ipn  übertreffenben  ©ohn  aus  bem  3tttfamen.  2Ba§  in 
biefem  (Raum  fidj  finbet,  ift  ber  übrige  2tttfamen;  nach  ber  Statur  toirb,  toaS  ba  toirb, 
bon  bem,  ber  baS  ijuffinftige  ertoog,  toaun,  toie  unb  mit  tocldjer  (Sefdj Offenheit  es  »erben 
fott.  10)  2ttS  nun  fotootjt  baS  Übertoeltlidje  atS  bie  Söett  botttommen  auSgeftattet 
toaren ,  richtete  fiep  auch  bie  britte  3urüctgetaffene  ©ohnfehaft  nad)  oben ,  ba  auch  fie 
geoffenbart  unb  toiebertjergefiettt  »erben  fottte ,  in  bie  £>öpe  oberhalb  beS  ©rcnggeificS. 


1  Stou  ber  rpcpspyj?  utorrjs  (i.  e.  ~p‘XV  ötypijttevi})  lüQr  eine  Asiz ropepes,  baS 
anbere  izayupspiq,  baS  anbere  äizoxaftapaiox;  dzupsvov. 

2  SaS  Söort  bpoooaiov  ift  hier  fdjon  ein  tedjnifdjeS  Söort. 

3  Ser  große  2trcpon  heißt  ebenfalls  äpfa ros,  barunt  ber  pöd;fte  ©ott  to  äpprr 

TOTEpOV. 

11* 


164  Verbreitung  ttnb  Sluggeftaltung  ber  ßircfje  im  2.  (jafjrhunbert. 

Sa'fjin  gehört  Vom.  8,  19.  22  K  ©öffne  ©otteg  finb  bie  ©eiftegmeufdjen ,  bie  ^ienieben 
3urüdgelaffen  finb,  um  bie  ©eelen,  bie  nadj  ihrer  Vatur  in  biefem  Vaume  bleiben  fotlen, 
aug3itfdjmücfen ,  ju  geftalten,  31t  beffern  unb  3U  bottenben.  11)  Von  21bam  big  Vtofeg 
f>errf(f)te  bie  ©ünbe  (bgl.  Vom.  5,  18.  14),  b.  i.  ber  grofse  2lrd)on,  ber  feine  ©renje  am 
Firmament  f)atte  unb  fid)  allein  für  ben  einzigen  unb  fjödjften  ©ott  hielt,  ba  adeg  in 
Oerborgenent  ©djtoeigen  befdjloffen  toar.  Sag  ift  bag  ben  früheren  ©efchledjtern  nicht 
belannt  getoorbene  ©efjeimnig  (ßol.  2,  3;  1,  26  f.);  in  jener  Seit  fdjieit  ber  grofje  Slrdjon, 
bie  Ogboag ,  ßönig  unb  fperr  aller  Singe,  ßönig  unb  fperr  mar  auch  bie  §>ebbomag ; 
biefe  ift  nicht  gleich  ber  Ogboag  unaugfpredjlidj.  21rd)on  ber  §ebboma§  fpradj  3U 
•Utofeg :  3fdj  bin  ber  ©ott  Stbrafjamg,  Sfaafg  unb  $afobg,  unb  ben  Vamen  ©otteg  (b.  i.  beg 
Slrdjon  ber  Ogboag)  habe  ich  if)nett  oid)t  geoffenbart  (2  Vtof.  3,  6;  6,  2.  3).  2llle 
Vropfjeten  Oor  bem  ©rlbfer  hatten  Oon  baljer  (bon  ber  fpebbontag)  ihre  Sßeigfagungen. 
12)  Sa  eg  aber  nötig  mar,  bafj  bie  ßinber  ©otteg,  nach  benen  bie  ©Köpfung  in  ©eburtg= 
meheu  feufjte  (Vom.  8,  20 — 22),  offenbar  mürben,  fam  bag  ©oangelium  in  bie  Vielt 
unb  ging  burdj  alle  Vtädjte,  ©etoalten  unb  tperrfdjaften  unb  alle  Vamen,  bie  ba  genannt 
merben,  fjinburdj.  Von  ber  über  ber  ©rensfdjeibe  befinblidpen  ©ohnfchaft  fam  eg  311  bem 
©ohne  beg  großen  Slrdjon  unb  burd)  biefen  31t  ihm  felbft.  ©r  erfuhr,  baff  er  nicht  ber 
hödjfte  ©ott  unb  nod)  bieleö  über  ihm  fei ;  er  ging  in  fid;  unb  fing  an  fich  3U  fürchten ; 
baher  bie  Vierte:  Stnfang  ber  SBeiShmt  ift  bie  furcht  beg  §errn  (©pr.  1,  7).  @r  begann 
meife  3U  merben ,  unterrichtet  Oon  ©fjriftug ,  unb  lernte ,  mag  ber  Vidjtfeienbe ,  mag  bie 

©ohnfdjaft,  mag  ber  §eilige  ©eift,  mag  bie  Einrichtung  unb  ber  Sluggang  beg  2111  ift. 

Sag  ift  bie  berborgette  Vfeigfjeit  (1  ßor.  2,  13).  ©r  befannte  bie  ©ünbe  feiner  ©elbft= 

Überhebung  (nach  Vf-  31,  5).  Vtit  ihm  marb  bie  gan3e  Ogboag  befehrt.  13)  ©benfo 

aber  auch  bie  fpebbomag.  Sem  ©ohne  iljreg  Slrdjon  teilte  ber  ©of)n  beg  großen  2lrcf)on 
bag  Sidjt  mit,  bag  er  aug  ber  §öfje  Oon  ber  ©ohnfd;aft  hatte;  er  belehrte  feinen  Vater, 
aud;  biefer  fürchtete  unb  belehrte  fich ;  fo  marb  bie  gaipje  ftebbomag  erleuchtet,  unb  fo 
bie  folgenben  ©eifterreid^e,  9Väd)te,  Kräfte,  ©emalten,  bie  365  ipimmel.  14)  @g  mußte 
aber  auch  bie  in  ber  ©eftaltlofigfeit  gitrücEgelaffene  ©ohnfdjaft  erleuchtet  merben.  Sag 
£id)t,  meldjeg  bon  ber  Ogboag  auf  ben  ©opn  ber  §ebbomag  herabgefommen  mar,  ftieg 
Oon  biefer  nieber  auf  3efug,  ben  ©ofjn  ber  Vtaria;  er  marb  3ugleid)  mit  bem  Sidjte, 
bag  auf  if;n  leuchtete,  entflammt.  Saljin  gehört  Suf.  1,  35.  Ser  §  eilige  ©eift  ift  ber, 
meldjer  bon  ber  ©ohnfdjaft  burch  ben  ©ren3geift  auf  bie  Ogboag  unb  bie  §ebbotnag 
fjinburdjging  big  31t  SVaria ;  bie  ßraft  beg  §ödjften  ift  bie  .Kraft  ber  ©albung  (21ug= 
fdheibung)  bon  ber  I;öd)ften  ©pitje  (Ogboag)  bon  oben  burch  ben  Semiurgen  big  31er 
©djöpfung,  b.  i.  big  311m  ©ohne.  $efug  fott  bie  ©eelen  in  ber  ©eftaltlofigfeit  leiten 
unb  bie  3urücf gelaff ene  ©ofjnfdjaft  emporgehoben  merben.  15)  ©g  litt  an  ihm  fein  förper= 
lidjer  Seil;  mag  3m:  geftaltlofen  SVaterie  gehörte,  fehrte  mieber  in  biefe  surücf;  eg  ftanb 
fein  feelifcljer  Seil  auf,  ber  oon  ber  fpebbomag  mar,  unb  fam  3urücf  311  ihr;  mag  bom 
grofjen  21rd;onten  ber  Ogboag  berührte,  fam  3urücf  3U  biefem;  mag  bem  ©ren3geifte 
gehörte,  trug  er  empor,  unb  eg  blieb  bei  biefem.  Sie  brüte  ©ohnfchaft  marb  gereinigt 
unb  erhob  fich  enblid)  3ur  feligen  ©ohnfdjaft  empor.  Sie  ©djeibung  ber  borfjer  ber= 
mifdjten  Elemente  begann  mit  Sefug,  ihr  biente  fein  Seiben.  16)  Sag  ©oangelium 
ift  nidjtg  aubereg  alg  bie  ©rfenntnig  ber  übermeltlidjen  Singe.  Ser  gan3e  Vib3^B  f)ü 
brei  ©tabien:  a )  bie  Vermifdjttng  beg  Sllffameng  im  ©ljaog,  ß)  bie  Slugfdjeibitng  ber 
bermifdjten  Seile,  y)  bie  2Sieberl;erftellung  berfelben,  Vßiebereinfejjung  in  bie  frühere 
Statur1 2.  Se^tere  befiehl  barin,  bafj  ©ott  bie  grofje  llnmiffenheit  einführt,  fo  bajj  fein 


1  Sie  ©teile  Vom.  8,  20  ff.  marb  überhaupt  bon  ben  ©uoftifern  biel  gebrnudjt 
{Orig.,  In  Io.  tr.  1,  n.  24).  ©pr.  1,  7  toirb  bei  Clem.  Alex.,  Strom.  II,  8  (ed.  Sylb. 
p.  161  sq.)  bem  grofjen  Slrdjon  ebenfalfg  beim  Vernehmen  beg  ©Oangeliumg  beigelegt. 

2  Srei  ©tufen  finb  unterschieben :  a)  auyyumg  zrjg  -avanzpp.iag.  Vgl.  Clem.  Alex., 
Strom.  II,  20,  p.  176:  o-üyyoatg  äpyixy.  Acta  disp.  Archel.  et  Manet,  c.  55:  com- 
mixtio.  Vaur,  Sie  djriftliche  ©nofig  ©.  212  ff.  Sie  Seibenfcfjaften  fjeijjen  nadj  Clem. 
Alex.  1.  c.  xpogapTTjrj.aTa ,  Slnpängfel,  ber  bernünftigen  ©eele  burd;  bie  urfprünglicfje 
Vermifdjung  angehängt,  attgemadjfen  (Stfiborg  oben  ©.  160  2tnm.  2  genannte  ©cfjrift), 
fo  baß  3mei  ©eelen ,  eine  bernünftige  unb  eine  tierifche ,  böfe  im  Vtenfdjen  finb.  Vleit 


7.  Ser  ©nofticiSmua. 


1G5 


HBcfeu  etwas»  über  jeine  Statur  §inau§liegenbe§  begehrt,  eine  frembe  Statur  gu  erlangen 
fud)t,  wie  wenn  ein  3fifd)  auf  ben  ffiergen  mit  ben  Strafen  wciben  Wollte,  tlngerftörbar 
ift  alle§,  wa§  in  feinem  ©ebiete  bleibt,  jerftörbar,  Wa§  baritber  hinauSgeben  will.  Sie 
9lrd)ontcn  ber  jpebbomaä  unb  ber  Ggboag  werben  burd)  biefe  llnwiffenbeit,  welche  über 
fie  fommt,  frei  Oon  ©chmerj  unb  unftittbarer  ©ehnfudft.  2Me§  aber  bat  feine  3eit 
Oob-  2,  4) ;  aud)  für  3efu8  war  unter  ben  befiimmten  (Sternen  unb  ©tunben  S3ort)er= 
beftimmung  getroffen. 

©idjer  nahm  SSafilibeS  eine  pautl)eiftifd)e  ©ntanation  an  fomie  eine  S3er= 
mifd)ung  beS  ©öttlidjen  unb  Ungöttlid)en,  moburd)  eine  Disharmonie  entftanb, 
bie  tnieber  gut  Harmonie  gurüdgefiif)tt  merben  muhte.  Diefe  S3ermifd)ung  fd)eint 
aber  nid)t  einem  Singriffe  eines  felbftänbigen  9teid)eS  beS  S3öfen  auf  baS  2id)t= 
reid),  fonbern  einem  §erabfallen  ber  göttlichen  SebenSteime  in  baS  ©füoS  gu= 
gefdfrieben  merben  gu  ntüffen.  Diefelbe  biente  gut  fBerherrlicfiung  beS  l)öd)ftcn 
©otieS,  ber  gule|t  altes  mieber  in  feine  ©d)tanlen  juriieföringt.  Wie  bem 
©tfen  ber  Stoft  fid)  Don  aufsen  her  anfetjt,  fo  Hebt  bem  hinabgefallenen  2ebenS= 
teime  ginfierniS  unb  Dob,  bem  ©öttlidjen  baS  Ungöttliche  an,  ohne  bah  jebod) 
baS  utfprünglidjc  Wefen  baburd)  bernid)tet  merben  fönnte,  eS  muh  nur  nad) 
unb  nad)  bon  bem  grembartigen  fid)  reinigen,  um  mieber  gu  feinem  ©lange 
gu  gelangen.  Der  gange  Weltlauf  hienieben  ift  ein  SäuteruugSprogeh  gu  biefent 
23el)ufe.  Staturnotmenbigfeit  unb  Willensfreiheit  finb  aber  nicht  bermittelt; 
einige  SSafilibiancr  nahmen  beSl)al6  bie  pl)tl)agoreifd)e  ©eelenmanberungSlel)re 
an.  Die  Stegierenben  ber  nieberen  £)immel  finb  aud)  miber  Wiffen  unb  Willen 
bem  ©efetje  beS  l)öd)ften  WefenS  untermorfen,  bon  bem  baS  ber  Statur  aller 
Wefen  cingepflaugte  ©ntroidlungSgefeh  herftümmt.  Stur  in  Wrbinbung  mit  einer- 
höheren  SebenSlraft  tonnte  baS  ©öttlidfe  in  ber  menfd)lid)eti  Statur  mahrhaft 
feine  Freiheit  erlangen.  War  aud)  bie  ©ittcnlehre  bon  ber  3bee  über  ben  Ur= 
fprung  ber  Welt  abhängig,  fo  enthielt  fie  bod)  manche  33cftanbteile ,  bie  eine 
beffere  ©eifteSrid)tung  angeigett,  als  fie  bei  bielcn  fpäteren  ©noftitern  fid)  finbet. 
Das  eljelofe  Sehen  mar  geachtet  als  Wittel,  fid)  ungeftörter  bem  Steidfe  ©otteS 
gu  mibmen,  aber  bie  ©l)e  gugeftauben  als  Wittel,  fid)  ben  beftänbigen  finnlid)eit 
Slnfeditungen  gu  entgiehen.  Der  ©taube  marb  fehr  hoch  gcftellt ;  er  füllte  aber, 
mic  aud)  bie  ©rmä'hlung,  feber  ber  berfd)iebenen  ©tufen  ber  ©eiftermclt  ent= 
fpredjenb  fein  unb  ber  übernatürlichen  SluSermählung  gemäfj  ber  ©laube  jeber 
Statur  erfolgen,  ©id)  felbft  (bie  ber  göttlichen  ©ol)nfd)aft  Singehörigen)  fal)en 
bie  33afilibianer  als  Don  Statur  aus  gur  ©eligteit  beftimmt  an,  fo  bah  ho 
nimmer  gu  ©runbe  gehen  fönuten,  mäl)renb  anbere  notmenbig  gu  ©runbe 
gehen  mühten* 1. 


verbreitet  war  bie  tPorftelluug,  baß  Sämonen  im  3Slenfd)cn  Wohnen  {Orig.,  In  los. 
hom.  15,  n.  5  [Migne ,  Patr.  gr.  XII,  902]).  ß)  Sie  tpdoxpCymg ,  Woher  bie  aoepia 
(püoy.ptvrjTtxr)  xai  dtaxptrtxi ?  ( Clem .  Alex.  1.  c.  II,  8,  init.) .  y)  Sie  dTzox.ard/naaig  rwv 
myxs^upsvw/  slg  r d  olxsia. 

1  Über  bie  ©eelenwauberungSlefjre  intereffante  ©teile  bei  Orig.,  In  Rom.  1.  V, 
n.  1  (Opp.  ed.  Lommatzsch  VI,  336  sqq.),  3U  fftöm.  7,  9.  Clem.  Alex.  1.  c.  IV,  12, 
p.  217.  Über  bie  ©he  ibid.  III,  1,  p.  183.  Über  ©tauben  unb  SluSerWählung  ibid. 
II,  3,  p.  156;  c.  6,  p.  160;  IV,  c.  26,  p.  231:  bie  Seele  be§  ©noftiferö  habe  ßsvrjv  rgv 
ixi.oyryx  toü  xdapou  erhalten,  wg  dv  i/Tzepxoerpiox  tpuazi  ouaav.  Über  bie  ©eligteit  ber 
Sluserwählten  Orig.  1.  c.  1.  8 ,  n.  11 ,  p.  037.  Clem.  Alex.  I.  c.  V,  1 ,  p.  233:  nvdg 
xai  tpuazi  izkttoö  xai  ix/.zxroü  iivrog. 


166 


Verbreitung  unb  SluSgeftaltung  ber  ßirdje  im  2.  Sfahrhunbert. 


2.  3ufttnu§. 

du  eile:  Philosophum.  V,  23 — 27;  X,  15. 

Vertoanbt,  bod)  nur  in  eiitgelnen  3ügen,  mit  bem  (in  ben  ipf)iIofobf|umena  ge= 
fdjilberten)  bafilibianifchen  ©Aftern  ift  baS  (nur  in  biefen  enthaltene)  eines  getoiffeu 
SuftiituS.  ®iefer  nahm  brei  mterfcfjaffene  ©runbtoefen  an,  3toei  männliche  unb  ein 
toeibIicf)eS.  ®aS  erfte  männliche  ißrinjip  f>ei^t  ber  ©ute  (SlgatljoS,  auch  VriapoS),  baS 
jtoeite  ©loeim  (©lohim),  ber  Vater  alles  ©etoorbenen,  baS  toeibtidje  ©bem  ober  Israel 
(Vbli'träung  3fel),  oben  Jungfrau,  unten  ©erlange,  zornig,  3toei3üngig.  ®ur<h  biefe  brei 
Vrinjipien  ift  alles  getoorben.  ©loeim  Dermählte  ficfj  mit  ©bem  (UranoS  unb  ©aia)  unb 
erzeugte  mit  ihr  jtoölf  büterltcfje  unb  jtoölf  mütterliche  ©ngel,  toooon  erftere  bem  ttßitten 
beS  Vaters,  letztere  bem  ber  Vtutter  folgen.  Von  ihnen  toirb  baS  (1  ttftof.  2,  8  ff.)  über 
bie  Väume  beS  VarabiefeS  ©efagte  gebeutet.  ®ie  Däterlidjen  ©ngel  (Vtidjael,  2tmen, 
Varud) ,  ©abriel  u.  f.  f.)  fdjufen  aus  bem  fdjönen  obern  Seile  ber  Vtutter  (©rbe)  bie 
Vlenfchen,  aus  bem  untern  fdjledjteren  bie  Stere.  ®er  Vtenfch  foüte  ©tjrnbol  ber  ©intfeit 
unb  ber  ehelichen  ©intracht  fein,  2lbam  unb  6oa  jum  ©ebädjtniS  ber  ©he  bon  ©loeim 
uttb  ©bem  bienen,  ©rfterer  gab  ihnen  ben  ©eift,  letztere  bie  ©eele.  ®aS  erfte  Vtenf<hen= 
paar  fotlte  fidj  fo  berbreiten  unb  bie  ©rbe  (©bem)  befifeen  (1  Sfflof.  1,  28).  ®ie  jtoölf 
mütterlichen  ©ngel  teilten  fitf)  in  hier  £>errfcl)aften ,  bie  in  ben  f^lüffen  beS  VarabiefeS 
(1  Vlof.  2,  10  ff.)  bargeftettt  finb;  fie  toedjfeln  ihre  ipiä|e,  unb  je  nach  ihrer  ^perrfdjaft 
änbern  fitf)  bie  Seiten,  fo  bafe  es  halb  ©lenb  unb  Vot  giebt,  halb  ©ebeifjen  unb  ©egen. 
Vad)  ber  Sßeltfdiöpfung  toottte  nun  ©loeim  Ijinauffteigen  in  bie  oberen  Seile  feines 
Rimmels,  um  ju  fefjen,  ob  bort  nicht  ettuaS  unbottenbet  fei.  ©r  nahm  feine  (bäter= 
lidjen)  ©ngel  mit  unb  Derliefe  bie  ©bem,  bie  ihm  nicht  nadjfolgen  toottte,  toeil  fie  ebeufo 
nach  unten  toie  ©loeim  nach  oben  firebt.  21IS  aber  ©loeim  in  bie  oberen  Vegionen 
hinauftam,  fah  er  ein  beffereS  Sicht,  als  er  fclbft  gefdjaffen ;  er  erftaunte  unb  rief :  „Öffnet 
mir  bie  Pforten,  bamit  ich  in  fie  eintrete  unb  ben  §errn  belenne  (Vf-  117,  19);  benn 
ich  glaubte,  bafe  ich  ber  §err  fei."  ©ine  ©timme  aus  bem  Sichte  erfd)ott:  „®aS  ift  bie 
Vforte  beS  §errn;  bie  ©erecfjten  treten  burch  fie  ein"  (ebb.  V.  20).  ®ie  Vforte  öffnete 
fiel),  ©loeim  tarn  (ohne  feine  ©ngel)  ju  bem  SlgatljoS,  bem  hödhften  ©ott,  unb  fah,  toaS 
lein  2Iuge  gefehen,  fein  £tt)r  gehört  u.  f.  f.  (1  $or.  2,  9).  ®er  gute  ©ott  lub  ihn  ein, 
31t  feiner  Rechten  ju  fiüen  (Vf-  109,  1);  nach  furjem  ttöiberftanbe  toegeit  feiner  ©emahliu 
unb  befonberS  toeil  er  feinen  ben  ttftenfchen  gegebenen  ©eift  3urücfnehmen  toottte,  folgte 
©loeint  unb  blieb.  2llS  ©bem  fid)  Don  ihm  Derlaffen  fah,  toar  fie  betrübt;  Don  ihren 
©ngeln  umgeben,  fd)mücfie  fie  fid)  herrlich,  um  ben  ©loeim  toieber  ju  fich  herab3U3iehen; 
als  baS  nichts  half,  befahl  fie  bem  erften  ihrer  ©ngel,  Vabel  (auch  Vphrobite),  unter 
ben  Vtenfdjen  ©hebruch  unb  ©hefdjeibung  einjuführen,  bem  brüten  berfelbett,  VaaS 
(Solange),  trug  fie  auf,  ben  Don  ©loeim  ftammenben  ©eift  in  ben  Vienfdjen  auf  jebe 
Söeife  31t  betrüben  unb  31t  beftrafen;  fo  toottte  fie  fich  an  bem  treulofen  ©atten  rächen, 
©loeim,  ber  bieS  atteS  bon  ber  §öf)e  fah,  fanbte  ben  brüten  feiner  ©ngel,  Varuch,  bem 
©eifte  in  ben  ttttenfehen  3U  Jpilfe.  ® iefer  gab  baS  ©ebot,  Don  atten  Väumen  beS  VarabiefeS 
füllten  fie  effen,  nur  nicht  Dom  Vaume  ber  ©rfenntniS  beS  ©Uten  unb  beS  Vöfen  (1  ttttof. 
2,  17),  b.  h-  allen  anbern  elf  ©ngeln  ber  ©bem  gehorchen,  nur  nicht  ber  ©djlange,  toeldje 
nicht  toie  bie  anbern  biofee  Seibenfdjaften,  fonbern  auch  Dottenbete  VoSheit  in  fich  hatte. 
2lber  bie  ©chlange  (9iaaS)  täufchte  bie  ©Da  unb  brachte  fie  3um  ©hebruch;  ebenfo  ber= 
führte  fie  ben  2lbam.  ©hebruch,  ßnabenfdjänberei  unb  bamit  alles  Vöfe  griff  jefet  unter 
ben  Vtenfchen  um  fich-  tttadjher  toarb  Varuch  3U  VtofeS  gefanbt,  um  bie  Ssraeliten  311 
bem  guten  ©ott  3U  belehren;  aber  9laaS,  ber  in  ber  Don  ©bem  ftammenben  ©eele  beS 
VlofeS  toar,  Derbunlelte  bie  ©ebote  unb  liefe  feine  eigenen  bafür  hören,  ©treit  unb 
Stoiefpalt  blieb  im  Vlenfchen  3toifchen  ©eele  unb  ©eift,  ©bem  unb  ©loeim.  ®ann  toarb 
Varuch  3U  ben  V^opheten  gefanbt;  aber  baS  Auftreten  beS  tttaaS  Dereitelte  auch  biefe 
©enbitng.  Vun  toafelte  ©loeim  aus  ben  Reiben  einen  VDOphüen ,  ben  §erlu!eS,  um  bie 
3toölf  ©ngel  ber  ©bem  3U  belämpfen  (bie  3toölf  Arbeiten  beS  £>erfuIeS).  ©r  befiegte  fie 
alle,  nur  Don  Vabel  (Slphrobite,  Dmphale)  roarb  er  übertounben.  2ßie  baS  Subentum 
ber  VoSheit  (ttiaaS) ,  fo  unterlag  baS  §eibentum  ber  Söottuft.  ©nblid)  fanbte  ©loeim 
ben  Varuch  nach  S^agareth  31t  Sefus,  bem  ©ohne  Don  jjofepl)  unb  Vtaria,  einem  jtoölf» 


7.  Ser  ©nofticiSmuS. 


167 


jät)vigen  ßnaben,  ber  bie  «Schafe  meibete ,  unb  liefe  biefem  üerfiinbigen,  toa§  gefdjehen 
toar  unb  nod)  gefdjehen  foüte,  fotoie  it)n  toarnen,  nid)t  gleid^  ben  anbent  5ßrofef)eten  fid) 
«erführen  ju  taffen.  SfefuS  blieb  bem  Sarud)  treu  unb  prebigte,  toa§  ihm  aufgetragen 
toar.  2118  nidjtg  gegen  if)n  au§gerid)tet  tourbe  unb  5ftaa§  if)n  Oergeblid)  berfudjt  hatte, 
tiefe  biefer  it)n  freudigen,  ©r  aber  tiefe  ben  ßeib  öon  ber  ©bem  mit  ben  SBorten: 
„2Beib,  feier  feaft  bu  beinen  ©offn'  (3ofe.  19,  26)  am  ßreu^e  jurüct  —  b.  i.  ben 
pfhd)ifd)en  unb  irbifdjen  materiellen  9Jlenfd)en  — ,  feinen  ©eift  aber  empfahl  er  bem  guten 
©ott  unb  ftieg  3U  if)tn  empor.  Sur<h  it)n  unb  nad)  feinem  Sorgange  tonnen  bie 
Slenfdjengeifter ,  frei  getoorben  bon  ben  irbifdjen  ©eloatten,  fid)  eben  bafein  ergeben. 
Sen  2Beg  311m  (Siege  geigt  ba§  Sud)  Sarud) ,  auf  toetdjeä  fid^  $uftinu§  beruft.  205er 
ben  im  erften  Suche  Sarud)  enthaltenen  ©ib  fcbjtoört ,  ben  guerft  ©toeim  beim  guten 
©ott  gefdjtooren  (^3f.  109,  4)  unb  toorin  er  fid)  3ur  ©efeeimhattung  biefer  Sefere  ber= 
pftidjten  mufe,  gefet  ein  3um  ©uten  unb  trinft  bom  lebcitbigen  SBaffer.  Sa§  ©anse 
erfd^eint  at8  ein  an  bibtifdje  ©teilen  angetnüpfter  mptljotogifdjer  iftoman,  bem  tpeiben» 
tum  fefer  nafeeftetjenb,  brei  ©ötterftufen  entfjattcnb,  mit  ftarl  antijubaiflifd^er  9tid)tung, 
niefet  ol)ne  tiefere  $been,  bie  im  §eibentum  gtänjen  tonnten,  im  £id)te  be§  ©feriftentumä 
aber  at§  grobe  ptjantaftifdie  ©ntftettungen  fid)  geigen.  9tod)  gröfeer  atS  bie  Sertoanbtfd)aft 
mit  ber  Sefere  be§  Safilibeg  ift  aber  bie  mit  bem  ©pftem  ber  Dpfjiten1. 

3.  $arpofrate§. 

Duetten:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  25.  Clem.  Alex.,  Strom.  III,  2.  Philosophum. 
VII,  32.  Epiph.,  Haer.  XXVII.  LII.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  16.  —  Fuldner,  De 
Carpocratianis.  Lips.  1824. 

©inen  ööllig  I)eibnifd)cn  unb  unfittlidjen  tüie  ontijübtfcfjen  (fhorafter  hotte 
bie  Sehre  be§  5l!ej:aubtincr§  $arpofrate§,  eine»  3e>tgenof[en  be§  S3afi= 
ltbe§,  ber  burdjauö  ^ßlatontfer  mar.  3h111  toar  bie  fDiona»,  ber  Silloater,  bie 
Duelle  aller  Dinge  unb  bie  föerfenfung  be§  (Steiftet  in  biefelfie  ber  2öeg  jut 
(Seligfeit.  $lu§  ber  Wona§  mar  eine  ffteihe  bon  ©eiftern  herborgegangen,  bie 
fid)  empörten  unb  bie  fidjtbare  Sßelt  fchufen  (raeltbilbenbe  CSngcI) ;  bon  ihnen 
fiamtnen  aud)  bie  berfdjiebenen  S5oll§religionen  mit  ©ittfd)luh  ber  jübifd)ett. 
Die  au§  einem  f)öheren  ®afein  herabgefuntene  51ienfd)enfeele  fotl  toieber  in  bie 


1  ifkiapoS  =  6  ~pb  zc  shai  zcoirjcrag,  og  inpeemoerjae  zä  Tcdxza,  Tipoyvuxrrrjg  zü>v 
oltov,  bagegen  ©toeim  dTzpoyvmazng  xac  ayvuxrzog,  tote  aud)  ©bem,  bie  p.i£onap&ivog,  tu 
xazio  i'/tdxa.  ©toeim  ift  nod)  fein  tief  unten  ftetjenber  Semiurg,  fonbern  §err  unb  Sater 
ber  ©nget,  obfdjon  unloiffenb.  Sie  Sreifjeit  ber  SntHipien  entfpriefit  ber  neuptatonifd)en 
(oben  ©.  44).  Sie  ©ngetnamen  be§  ©efoIgeS  ber  ©bem,  toie  Sabel,  2td)amot!)  (häufig 
bei  anbern  ©noftifern,  oben  ©.  153),  9taad  (sins),  Set,  Seliad,  ©atan,  Shai'ao,  finb 
fid)er  ber  Sibet  entnommen  unb  biete  ©dfriftffetten  benufet,  toie  3f.  1,  2.  3  (fjimmet 
unb  ©rbe  ftetten  ©eift  unb  ©eete  im  9Jteufd)en  bar) ;  baä  Israel  me  non  cognovit  toirb 
erftärt:  £>ätte  ©bem  geioufet,  bafe  ich  beim  2lgatt)o§  bin,  fic  hätte  nicht  ba3  Sneuina  im 
9Dtenfd)eu  toegen  ber  Umoiffenheit  be§  Saterg  (©toeim)  beftraft.  Df.  1,  2  loirb  erläutert: 
ixT.opvtüazt.  Tj  Edkp.  är.u  toü  'EXioslp.  ©benfo  fjatte  aber  Sjuftin  heibnifdjc  Scfjriftftetter 
bor  2tugen,  befonberS  Herodot.,  Hist.  IV,  8—10;  er  benutzte  nicht  blofe  bie  §erafte8= 
mpttjen,  fonbern  aud)  bie  loeifereu  bom  ©dhtoaue  ber  Seba,  bom  ©otbe  ber  Sanae,  bon 
©anfemebeg  unb  bem  2tbter  (2lbam  unb  9taa§).  Philosoph.  V,  c.  27  (ed.  Miller  p.  159) : 
obdsvl  Todzui  xax<p  ysipovi  ivizu^ox.  SDIit  bem  bafilibianifdjen  ©hfteme  ber  tpt)tto= 
fophnmena  geigt  fid)  Ser!oanbtfd)aft :  1)  in  ber  pantt)eiftifd)en  ©manation  beö  21113;  2)  in 
bem  ©cfjutbbefenntnhS  beS  grofeen  2trd)on  (hier  ©toeim) ;  3)  in  ber  ©d)eibitng  be3  ©e= 
bieteö  glnifdCjeu  bem  t)öd)ften  unb  bem  nieberen  ©ott ;  4)  in  ber  2lufgabe  3ef'h  bie  pneu= 
matifdhen  91aturen  3U  befreien;  5)  in  ber  Sarftctlung  feined  ßeibeui,  bei  bem  feine 
irbifdje  Seibtidhfeit  in  bie  Slatcric  gurüeffehrt ;  6)  in  ber  ©rfotgtofigfeit  ber  Seftrebungen 
be§  SlofaiSmug;  7)  in  ber  Serpfticfetung  sur  ©ef)eimhaltung  ber  Sehre. 


168  SGerbreitung  unb  3lu§geftattung  ber  ßircpe  im  2.  3aprpunbert. 

ÜJlonaS  gurücffe^iren  mittels  ber  2öiebererinnerung  an  iljren  früheren  3uftanb 
unb  ber  23eracptung  alter  bon  ben  Dämonen  perrüprenben  ©efepe.  Sen  2Beg 
ber  magren  ©nofiS  betraten  tpptpagoraS,  ißtato,  MiftoteteS  unb  ^efu§ ,  ber 
©opn  bon  $ofepp  unb  fDtaria,  ein  fepr  ebter  SDtenfcp;  benfetben  Sßeg  fönnen 
alle  anbern  betreten.  Sie  Sugenb  fotl  frei  fein,  jebeS  ©efep  aufpören,  benn 
nidjtS  ift  bon  fttatnr  auS  gut  ober  böfe,  fonbern  alles  bitrd)  bie  Meinung  ber 
9Jtenf(pen;  alles,  maS  bie  ©rbe  trägt  unb  bem  Hflenfcpen  jum  ©enuffe  bient, 
fotl  gemeinfcfjafttid)  fein.  KarpofrateS  (ber  Uratjne  beS  mobernen  Kommunis¬ 
mus)  übte  Speurgie,  tnar  ©cpriftfteller  unb  tebte  burtpauS  unfittticp.  Sie 
SiebeSmapte  mürben  mit  fcpänbticpen  ÜtuSfcpmeifungen  befdjtoffen.  3n  ipren 
Heiligtümern  patten  bie  Karpofratianer  Silber  3efu  unb  ber  grietpifipen  ^>pito= 
foppen;  fie  trugen  am  redeten  Opre  befonbere  Kennjeicpen  eingebrannt.  Stuf 
ber  $nfel  Keppatonia  berbreitete  beS  KarpofrateS  ©opn  ©pippaneS  beffen 
Sepren,  füprte  Sßeibergemeinfcpaft  ein  unb  erpiett  bafelbft,  nacpbem  er  als 
fiebenjepufapriger  Süngting  berftorben  mar,  einen  Stempel  Sie  ©efte  ber= 
breitete  fiep  auep  in  fJtgppten,  unb  in  9tom  fudjte  unter  ^ßapft  Stnicet  (161) 
eine  gemiffe  fDtarcettina  ipr  Mpänger  ju  geminnen.  5tn  bie  Karpofratianer 
fd)toffen  fitp  an:  1)  bie  fJtntitaften,  beren  ©ott  alten  unbefannt  unb  burcp= 
auS  gut,  auep  ©cpßpfer  mar,  beffen  rebeüifcper  ©opn  aber  bei  ben  DJtenjcpen 
Söiberftanb  unb  9tad)e  finben  fotlte  burdp  SSeraeptung  alter  ©ebote;  2)  bie 
fßrobteianer,  bon  fßrobicuS,  ben  Speoboret  ben  ©tifter  ber  Stbamiten 
nennt,  meüpe  Söeibergemeinfipaft  unb  bie  fcpänbticpfien  MSftpmeifungen  pflegten, 
ja  fogar  bie  llngucpt  öffenttiep  getrieben  miffen  mottten.  Me  biefe  Parteien 
napmen  ben  ftotgen  tarnen  ©noftifer  in  ütnfpnup. 

4.  Valentin. 

Qu  eilen:  Iren.,  Adv.  haer.  T,  1  sqq. ;  III,  4.  Euseb.,  Chronic,  ad  a.  141; 
Hist.  eccl.  IV,  7.  Philosophum.  VI,  20 — 37.  Tertull.,  Adv.  Valentin.;  De  prae- 
script.  Epiph.,  Haer.  XXXI.  Theodore t.,  Haer.  fab.  I,  7.  —  Sitteratur:  Jpein= 
riet,  Sie  oatentin.  ©nofiS  unb  bie  Zeitige  ©djrift.  Söerliu  1871.  ift.  31.  SipfiuS, 
SJalentinuS  unb  leine  ©dfute  (Sfaprb.  f.  proteft.  kpeot.  1887,  ©.  585—658). 

Sie  japtreiepfte  gnoftiftpe  ©efte  unb  bie  am  meiften  ptatonifierenbe  griin= 
bete  latent inuS,  3eitgenoffe  beS  KarpofrateS,  maprfepeintiep  in  5ttejanbricn 
geboren,  ber  feine  Sepre  in  $gppten  unb  2tfien  berbreitete,  bann  unter  HpginuS 
(136 — 140)  naep  Ütom  ging,  bort  längere  3eit  blieb,  enbtitp  entbedt  unb  auS 
ber  Kircpe  geftopen  marb,  barauf  nad)  ©ppern  flop,  mo  er  gegen  161  ge= 
ftorben  ju  fein  fepeint.  Obftpon  er  feine  Sepre  bon  SpeubaS,  einem  ©cpüter 
beS  5tpoftet§  ißautuS,  erpalten  paben  mottte,  fo  fepöpfte  er  botp  borjugSmeife 
auS  ber  pettenifd)en,  befonberS  pptpagoreifepen  unb  ptatonifepen  fßpitofoppie  unb 
benupte  mopt  auep  bie  Sepren  ber  ©imonianer1.  Sie  Sepren  beS  33alentinuS 

1  SSatentinug  fotl  fjmretifer  getoorben  fein,  toeit  er  niept  Söiftpof  marb  {Tertull., 
Adv.  Valentin,  c.  4).  Um  140  toar  feine  Sepre  fepon  ^iemtiip  toeit  oerbreitet,  gleitp  benen 
be§  S3afitibe§  unb  ©aturnituS  {lustin.,  Dial.  c.  Trypb.  c.  35).  33on  feinen  ©epriften  toerben 
genannt:  1)  meprere  93riefe,  barunter  einer  ad  Agatbopodem  {Clern.  Mex.,  Strom.  III, 
7,  ed.  Sylb.  p.  193),  foloie  anbere  (ibid.  II,  8.  20,  p.  162.  176);  2)  |>omiIien,  befonberS 
eine  über  bie  fjreunbfcpaft  (ibid.  IV,  13;  VI,  6);  3)  tpfatmen  (Philosoph.  VI,  37. 
Tertull.,  De  carne  Christi  c.  20) ;  4)  De  origine  mali,  Fragment  im  Dial.  de  Marcionitis 


7.  S)er  ©nofticiSmuS. 


169 


[inb  folgenbe :  1)  ®a§  Urmefen  (33t)tljo§,  ^ßropator,  ^roardjon)  ift  bie  l)öd)[te 
unb  alleinige  bolle  ©ottljeit  unb  ©runb  alle»  ©ein§,  üknieid)  unb  mel)r  megen 
feiner  überfdfmenglidjen  Scbensfülle  als  megen  feiner  abfoint  cinfadien  Einheit 
aller  begrifflichen  Suffaffung  entrüdt.  Sei  il)m  liegt  bas  ©elbpemufdfein  im 
©djmeigen  (©ige).  Sefetere»  (bie  ©ige,  Entmia,  El)ari§)  ift  mit  iffnt  als  ©e= 
noffin  (©t)jt)go»)  berbunben,  unb  nur  in  einer  3teil)e  bon  folgen  paaren  tritt 
bas  in  bem  23l)tl)Os  befdjloffcne  Seben  l)erbor x.  2)  Su§  biefer  Elfe  gelten  bann 
bie  Ifölferen  ©eifier  als  Entfaltungen  unb  Kräfte  lferbor,  bie  Ifölferen  Sonett, 
gemi ff ermaßen  fterfonifijierte  Momente  be§  fid)  jur  (Snblidjfcit  entfaltenben  unb 
in  fid)  felbft  mieber  jufammenfaffenben  Sbfoluten.  Su§  23t)tl)o§  unb  ©ige 
emanieren  unmittelbar  ber  Eingeborene  (9Jtonogene§)  ober  9tu§,  ber  erffabenfte 
Son,  Snfang  aller  Singe,  ber  allein  ben  llrbater  fd)aut,  unb  bie  Söalfrlfeit 
(Sletlfeia),  feine  Ergänzung.  0iefe  hier  bilben  bie  oberftc  fßierffeit  (2etraS). 
Sber  9tus  unb  Sletlfeia  brachten  jmei  anbere  Sotten  l)eröor :  2ogo§  unb  3°e/ 
biefe  miebet  jmei  anbere:  Sntliropos  (ÜRenfd))  unb  Efflefia  ($ird)e).  ©o  mar 
bie  Sierjaf)!  jur  Sd)tjal)l  erhoben  (bie  erfte  felige  Cgboag)2-  3)  Sogos  unb  Qoc 
jeugen  mieberutn  fünf,  Sntbropoä  unb  Efflefia  aber  fedf3  ©eifterpaare;  fo  fittben 
[ich  breifsig  Sonett,  fünfzehn  männliche  unb  fünfjefm  meiblid)e.  3e  toeiter  fid) 
biefe  Sotten  Dom  93t)tl)o§  entfernen,  befto  meljr  nimmt  ba§  ©öttlidfe  in  ihnen 
ab.  2)ie  teilte  gtbölfjal)!  (®obefa§)  mar  fchmäther  als  bie  §ehn  Sonen  (SDetas), 
biefe  fd)tnäd)er  al§  bie  oberfte  0gboa§.  ©ie  bilbett  gufatttmen  ba§  ^lerotna 
(f^iille),  bem  ein  mefenlofeS  ElfaoS  al»  $enoma  (Seere),  auch  £)t)fterema,  gegett- 
überftelft3.  4)  Süe  Sonett  mollteit  bett  53t)tlfos  erfaffen  unb  marett  barunt 


(Orig.,  Opp.  I,  840  sq. ,  ed.  de  la  Rue).  ©in  neues  ©oangelium  brachten  erft  feine 
Snfjänger  auf,  bie  auch  mandjeS  unter  feinem  Samen  gefdjrieben  haben  foüen ,  fo  baS 
Eragntent  Oon  ber  Sonenlehre  (Epipli.,  Haer.  XXXI,  5.  6.  Massud,  In  Iren.  c.  Haer. 
[Par.  1712],  diss.  I,  p.  352  sq.). 

1  ®ie  abfohtte  Uraufcenbettä  beS  höd)ften  ©otteS  ift  fetjr  fdjarf  betont  bei  Iren. 
I.  c.  I,  1.  Philosoph.  VI,  9.  Tertüll.,  Adv.  Valentin,  c.  7.  9tad)  Iren.  1.  c.  1,  11,  1 
na^m  SlalentinuS  felbft  bie  ©ige  als  ©tjähgoS  beS  SJtjtboS  an  unb  ftellte  eine  dodg 
d>om>/xa(TTog  bon  beiben  auf.  3n  feiner  ©d)ule  gab  es  aber  oerfdfiebene  Snfid)ten 
(Iren.  1.  c.  I,  2,  4 ;  11,  5.  Philosoph.  IV,  29;  X,  13):  a)  ber  $Bt)tl)oS  ift  tueber 
tnännlidj  nod)  tueiblid);  b)  er  ift  manmtoeiblidf ;  c)  er  bat  bie  ©ige  jur  ©emahlin. 
•öaur  ($ie  d)riftl.  ©nofis  ©.  148)  fudjt  bie  brei  SorfteEungen  alfo  ju  Oereinigen:  ®er 
18t)tt)oS  ift  gefchledjtsloS,  infofern  er  abftraft  als  Urtoefen  gefaßt  unb  3tuifchen  $erfon  unb 
©ubftant  unterfd)ieben  toirb  (ogl.  TertullA.  c.);  tjter  ift  er  ergaben  über  ben  Unterfdiieb 
ber  ©efdjledjter  (Iren.  1.  c.  I,  2,  4).  ©r  ift  maumtoeiblid) ,  infofern  ber  nodj  in  ber 
tiefften  ©tiEe  feines  SBcfenS  öerfdjloffene  ©ebanfe,  feine  felige  SloEfommcnfjeit  (©fjariS), 
in  ber  aber  bie  f)öd)fte  SoEfomment)cit  fd)on  als  eine  mitjuteilenbe  gebaut  ift,  Oon  ihm 
felbft  uuterfd)ieben  toirb.  ©r  ift  ettblid)  männlid)  unb  ©atte  ber  ©ige  als  fonfrete 
ißerfon  gefaxt. 

2  2)ie  Sonen  finb  aud)  Kräfte  (duvdgsi?),  toie  fie  fonft  erfdjeinen ,  Sffeftionen 
(dta&sastg),  aEe  itber3eitlid)en  ©ntfaltungen  beS  göttlichen  SöefenS  (mimen  bei  Euseb., 
Praep.  ev.  XI,  10),  bie  Kategorien,  unter  benen  man  letzteres  3U  benfen  hat,  hh^oftafierte 
Sbeen,  Urbilber  aEeS  natürlichen  unb  geiftigen  SebettS.  Philosoph.  VI,  20  toirb  barauf 
bingetoiefen,  baß  baSfelbe,  toaS  bei  Slalentin  voög,  dMj&eia  unb  bie  folgetiben  oier  Sotten 
finb,  bei  ©itnon  bie  fed)S  SSurjeltt  oorfteüen. 

8  Sad)  Philosoph.  VI,  29  emanieren  bie  seljn  Sotten  nod)  oon  91  uS  unb  3Uctf)eia, 
bie  jtoölf  Oon  SogoS  unb  3°c-  Sber  3fr  enäuS  (1.  c.  I,  1,  2;  11,  1)  unb  %  er  t  u  1 1  i  an 


170  Slerbreitung  unb  31u§gefialtung  ber  ßircpe  im  2.  Ofaprpunbert. 

bem  9tu§  neibifd) ,  ber  iljnen  gerne  jeine  ©rfenntni§  mitgeteilt  £>aben  mürbe, 
fjätte  bie  ©tge  nid)t  abgemeljrt.  91m  [iärffien  mar  ber  ©rang  nad)  ©rf  affen 
be§  Urb  ater  3  in  bem  unterften  meiblidien  5ion ,  ber  ©ofdjia,  bermäljlt  mit 
5E^eIeto§ ;  [ie  berfcpmäljte  ilfren  (Satten,  moHte  iljre  ©djranlen  burdjbredjen,  bie 
©röfie  be§  33t)t^o§  erfaffen ,  ma§  iljr  unmöglid)  mar;  fie  märe  unfehlbar  ju 
©runbe  gegangen,  fjätte  nid)t  $oro§  (ber  ©eniu§  ber  Segrenjung),  ber  einer: 
feit»  abmeljrt ,  anberfeit§  bejejiigt,  ein  bom  Später  emanierter  9lon,  ber  and) 
©tauroa  (^reuj)  Reifet,  fie  in  iljre  urffirünglidjen  ©djranfen  jurüdgemiefen. 
3ur  2Bieberf)erfteHung  ber  geftörten  Harmonie  im  ißleroma  erzeugten  9tu§  unb 
9ttetl)eia  ben  ©ljriftu§  unb  ben  ^eiligen  ©eift;  ©fjriftua  Härte  bie  51onen  über 
if)r  33erfjältni§  ju  53t)tfjoa  unb  9tu§  auf;  bie  Dionen  Briefen  nun  ben  llrbater 
unb  erzeugten  au§  bem  ©fünften,  maa  fie  Ratten,  ben  9lon  3eju§,  bie  „ge= 
meinfatne  $rud)t  be§  ißleroma",  ber  ba§  göttliche  Seben  aufjerfjalf)  beSfelben 
berbreiten  unb  für  bie  niebere  Söett  ba§  merben  füllte,  ma§  ber  eingeborene 
9?u§  für  bie  fjöljere  mar A  5)  3n  ifjrem  früheren  franffjaften  ©eignen  fjatte  bie 
©o-pfjia  eine  unreife  ©eburt  Ijerborgebradjt,  bie  niebere  2Bei§l)cit,  Dlcpamotf), 
ein  ben  Seibcnfdjaften  untermorfene§  ©efdmpf.  ©a  ber  f)oro§  biefe  nidjt  mit 
ifjrer  Butter  in  ba§  Peroma  einlief;,  fo  fiürjte  fid)  biefelbe  in  ba§  ©l)ao§, 
bermifdjte  fid)  mit  ifjm  itnb  empfanb  ba  alle  ©efiiljle  unb  3uftänbe  eine§  bon 
©ott  entfrembeten  ©eifte§.  ©ie  erfjielt  burd)  (5f)tiftu§  unb  £mro§  töeiftanb, 
fo  baf;  fie  au§  bem  ©ljao§  befreit  unb  in  eine  unbollfommenere,  an  ba§  ?ßle= 
roma  grenjenbe  Söclt  (ben  Ort  ber  iDtitte)  berfe|t  marb,  aud)  einigen  ©erud) 
ber  ltnfterblid)teit  unb  einige  ^enntnia  erlangte,  febod)  in  ba»  Peroma  nic^t 
gelangen  fonnte,  bon  bem  fie  iporo§  jurüdmie§* 1 2.  6)  5Iu§  ben  berfdjiebeneit 

(1.  c.  c.  5)  öerbienert  tjier  mopl  ben  ißorgug.  33eibc  (entere  (Iren.  1.  c.  1,  1  sq.  Tertull. 
1.  c.  c.  7.  8)  gäOten  big  f)ier£)er  30  31onen,  bie  5p0ilofo^0umerta  28;  leidere  gäpten  23ptpo§ 
unb  ©ige  ^ter  nidjt  mit,  ttmbei  bann  bie  galjl  30  erft  burcp  ba§  §>inptreten  bon  ©priftuS 
unb  iftneuma  erreicht  mirb  (bgt.  Iren.  1.  c.  n.  3).  ®ie  3apl  30  mirb  auf  2Jtattp.  20,  1  ff. 
geftüpt,  ba  1,  3,  6,  9,  11  pfammen  fie  ergeben,  bann  auf  bie  30  $apre  be§  berborgenen 
Sehens  ©prifti.  ©inige  SJatentinianer  leiten  aud)  birett  bom  91u§  ben  SlntpropoS  unb 
bie  ©ftlefia  ab  unb  bon  biefen  erft  Sogos  unb  3oe  (Epiph.,  Haer.  XXXI,  5.  Iren. 
1.  c.  I,  12,  3). 

1  ®ie  Slngabe  ber  Philosoph.  YI,  30,  bie  ©oppia  pabe  ben  33ptpo§  ttacpapmen  unb 
für  fid)  allein  dr/a  toü  m^byou  äeugen  toollen,  pafjt  p  ber  Slnficpt  berjenigen,  bie  bem 
SSptpoS  {eine  ©emaptin  geben.  @3  gab  aber  aud)  fonft  berfdjiebene  Süleinungen  in  ber 
Sette  (Iren.  1.  c.  I,  2,  3.  Tertull.  1.  c.  c.  9.  10).  9tad)  ber  einen  märe  bie  ©oppia  in 
iprem  tpöridpen  Streben  faft  aufgelöft  unb  abforbiert  morben,  patte  nicpt  tporoS  (aucp 
©tauroS,  SOletocpeuS)  fie  gu  fid)  fetbft  gebrad)t  unb  bemirtt ,  bafe  fie  iprem  Ieibenfd)aft= 
ticpen  ©treben  (©ntppmefiS  unb  ißatpoS)  entfagte.  9tacp  ber  anbern  braute  fie  bie  geftalt- 
lofe  ©ubftanj  ber  Slcpamotp  pr  2öelt  (fo  aud)  Philosoph.);  beibeö  läfjt  fid)  mopl  ner= 
einigen.  3pr  früheres  ©ebnen  bradjte  ben  3lbortuS  (Sftroma)  perbor,  ben  fie  bon  fiip 
auSfdjieb,  als  fie  in  baS  (ßteroma  gurüdfeprte. 

2  ®ie  ©eftpidite  ber  ©oppia  fanben  bie  Sßalentinianer  borgebilbet  in  ben  biblifipen 
3mölfjaplen,  ba  fie  ber  gmölfte  3lon  ber  ®obefa§  mar,  in  3fubaS,  bem  gmbtften  Stpoftel, 
im  Seiben  Sprifti  im  gmölften  OJlonat  (ba  fie  ipm  nur  ein  3apr  öffentlidjen  SßirfenS 
gufcprieben),  in  ber  blutflüffigen  ^rau  (iOlarf.  5,  31  ff.  Iren.  1.  c.  I,  3,  3;  II,  20,  1). 
®er  §aroS  mar  maprfdjeinlicp  (Iren.  1.  c.  I,  11,  1)  ein  boppelter:  1)  gmifcpen  33ptpuS 
unb  bem  ifHeroma;  2)  jmifcpen  bem  iflleroma  unb  ber  niebern  ©oppia  (^  y.aTU)  Zopta, 
iv&u/irjcns ,  Prunicos ,  Achamoth  —  OftenauS;  obaia  äßoppog,  uXrj ,  itd&os,  dpoppov 
xürpia  ■ —  ®peobnret). 


7.  Ser  ©nofticiSmuS. 


171 


Ulffeftionen  ber  91djamotp  finb  bie  üerfcptebenen  Subftanjett  ber  unteren  Söelt 
entftanben1;  fie  teilte  ber  flftaterie  SebenSfeime  mit  unb  gebar  ben  Semiurgen, 
ber  au§  einem  pfpd)ifd)en  unb  pppfifepen  (Stoffe  befielt,  feine  Butter  niept  fennt 
unb  fid)  fetbft  für  ben  pöcpften  (Sott  peilt.  Siefer  grünbete  bie  niebere  SBelt, 
bie  ein  51bbitb  ber  flöteten  ©eiftertnelt  ift,  unter  bem  tpin  unbetannten  @in= 
fluffe  ber  5Jtutter  unb  be§  3ton  Sefua.  Uubemufft  bient  er  ber  poperen  SGßeIt= 
orbnung2.  Ser  Semiurg  ftept  fieben  fptmmeln  bon  Engeln  bor  (§ebboma§), 
ber  $o§mofrator  (Söettperrfcper,  Satan,  Seetjebub)  aber  ber  unterften  pplifepen 
2SeIt,  obfepon  öfter  ata  ©efepöpf  be3  pfpepifepen  Semiurgen,  bod)  meifer  als 
biefer  gebaept.  7)  Ser  Semiurg  rnirb  tnieber  Schöpfer  einer  britten  Söelt, 
rnorin  ber  SDfenfd)  bie  erfte  Stelle  einnimmt,  Setter  fd)uf  biefen  au§  ber  Materie 
unb  hauste  iptn  bie  Seele  ein;  aber  ohne  baff  jener  e§  apnte,  ging  auf  biefen 
burd)  bie  Sophia  ein  höheres  öebenSprinjip  über,  ber  (Seift  (ißneuma).  Surd) 
biefen  erhob  fid)  ber  fDtenfcp  über  ben  befdjrünften  Semiurgen;  beftürst  barüber 
»erbot  ihm  biefer,  botn  Saunte  ber  (SrfenntniS  ju  effen.  Ser  fUtettfcp  übertrat 
ba§  ©ebot,  toarb  au§  bem  iparabiefe  in  bie  grobe  materielle  2Mt  pinabgeftoffen 
unb  in  einen  groben  materiellen  Seib  gebannt.  91ur  5td)amotp  öerpinberte,  baff 
er  ganj  ber  fDtaterie  unterlag.  8)  Sa§  ©efep  unb  bie  Propheten  rebeten  faft 
nur  Oom  Semittrgen;  alle  Propheten  üor  ©priftua  toaren  fRäuber  unb  Siebe 
(Sop.  10,  8).  Ser  Semiurg  öerpieff  ben  Hubert  einen  pfpcpifdjett  9Jteffia§,  unb 
biefer  erfepien  in  bem  mit  einem  ätperifdjen  Seibe  auSgeftatteten  SefuS  Don 
SZajareth,  ber  nid)t§  bon  SDZaria  annahm,  fonbern  rnie  Söaffer  burd)  eine  iRöpre 
burd)  fie  pinburd)ging.  Sa  aber  atteS  ^neumatifepe  befreit  unb  mit  bem  ^3Ie= 
rotna  mieberbereinigt  merben  fottte,  fo  bereinigte  fid)  mit  biefem  pftjcpifdjen 
TlJZeffiaS  bei  feiner  Saufe  burd)  SfopanneS,  ben  Stepräfentanten  beS  Sentiurgen, 
ber  erpabenc  91on  Sefu§  Soter  unb  mirlte  burd)  ipn,  §og  aber  beim  Selben 
feine  $raft  mieber  jurüd.  Surd)  ipn  erhielten  fotoopl  bie  30Zenfcf)en  al§  ber 
Semiurg  bie  ©rfenntniS  ber  pöpereit  Söettorbuuug 3.  9)  Ser  ©rtöfer  3efuS 


1  Iren.  1.  c.  I,  4,  2;  II,  10,  3.  Sie  9lffefte  finb  nad)  Philosoph.  VI,  32:  pößog, 
Xijicrj,  ÜTropia,  'Xsrjmg,  imorpenpi f,  'ixsrsca.  Tertull.,  Adv.  Valentin,  c.  17 :  Facta  est  trinitas 
generum  ex  trinitate  causarum :  unum  materiale,  quod  ex  passione,  aliud  animale, 
quod  ex  conversione,  tertium  spirituale,  quod  ex  imaginatione.  Iren.  1.  c.  I,  5,  1  : 
aus  bem  xdftog  bie  £>ple,  aus  ber  iraenpoyr)  ba£  i|3fpd)ifd)e,  baS  ipneumatifepe  aber  au§ 
bem ,  toa§  fie  (beim  ©rfcpcinen  bei  Soter  mit  feinen  Grngeln)  a(§  eine  geiftige,  engeP 
äpnlicpe  fffrudpt  gebar. 

2  Ser  Semiurg  {Iren.  1.  c.  Tertull.  1.  c.  c.  21.  Philosoph.  VI,  33)  begiinftigte, 
optte  fiep  tRecpenfdjaft  geben  ju  tonnen,  bie  mit  bem  pneumatifepen  Samen  bon  ber 
ülcpamotp  auSgeftatteten  Seelen,  maepte  einige  ju  ^roppeten,  ißrieftern  unb  Königen; 
bon  erfteren  fpradjett  biele  burcp  bie  Soppia  unb  ben  Soter  $efu§,  anbertoeitig  toaren 
fie  aud)  oom  Sentiurgen  infpiriert. 

s  ©s  fommett  brei  (Philosoph.  VI,  36,  ed.  Miller  p.  196),  ja  fogar  {Iren.  1.  c. 
I,  9,  2)  oier  ober  fünf  ©prifti  öor:  1)  ber  ÜRonogeneä  (5Ru§);  2)  ber  hon  biefem  ab= 
ftammenbe  Sogoä;  3)  bie  gemeinfame  fffruept  ber  9’tonen,  3efu§=Soter;  4)  ber  mit  bem 
^eiligen  (Seifte  bermüplte,  emaniert  jur  föerftellung  ber  Harmonie  beS  ißleroma;  5)  SefttS, 
ber  Sopn  2Rarienö.  Setjterer  bereinigt  aber  in  fiep:  a)  eine  pfptpifdpe  ÜRatur  bom 
Semiurgen,  b)  eine  fomatiftpe,  bie  er  ber  Dfonomie  toegen  annapnt,  c)  eine  pneumatifdje 
bon  ber  9ldpantotp,  d)  nad)  ber  Saufe  aud)  bie  gemeinfame  8frud)t  be§  ifJIeroma.  Siefe 
bier  löeftanbteite  finb  ein  SppuS  ber  oberfteti  SetraftpS. 


172  Verbreitung  unb  2tuSgeftaltung  ber  ßtrd)e  im  2.  3at)rt)unbert. 

mirb  (Satte  ber  5Xd)amotf)  unb  füt;rt  fie  famt  ben  ©eifte§menfd)en  in  ba§  5ßte= 
roma  ein.  ©inb  legiere  reif  gum  ©ingang  in  baSfetbe ,  ja  tritt  bie  bolle  ©r= 
löfung  ein;  bie  üft)d)ifd)en  Naturen  fommen  in  ben  Ort  ber  DJlitte ,  in  ba§ 
3ieid)  bes  Oemiurgen,  bie  materiellen  gelten  ganj  unter.  10)  ©§  giebt  nämtid) 
brei  DXrten  bon  DJlenfcben :  fleifd)Iid)e,  feetifdje,  geiftige.  Oer  35ud)[iabe  ber  Sefjre 
3efu  ift  für  bie  ißftidiif'er  (^attfoliten) ,  bie  allein  gute  Sßerte  nötig  tjaben; 
ber  (S  e  i ft  aber,  ben  ber  ©oter  in  bie  £et)re  3efu  fnneinlegte,  ift  für  bie  ißnem 
inatifer,  bie  unfehlbar  fdjon  traft  ifirer  fftatur  fetig  merben.  ;3ule|t  tnirb  bie 
DJlaterie  bon  einem  au§  ber  SLiefe  ^erborbred>enben  geuer  berjetjrt.  33orau§ 
get)t  bie  ©djeibung  jmifdien  allen  materiellen,  pft)d)tfd)en  unb  pneumatifdjen 
©lementen,  unb  bie  Befreiung  ber  ?ßft)d)ifer  bon  ber  ©emalt  be§  ©atan»,  ber 
ifJneumatifer  bom  Oemiurgen1.  11)  Oie  DJloral  ber  23alentinianer  mar  feljr 
berberbt,  ber  ©enufg  bon  ©öbenopfern  gleidfgültig,  bie  @rtenntni§  (©nofi§)  al§ 
ba§  ©igentümlidfe  ber  £)öl;er  ftetjenben  ©eifMmenfdjen  marb  bei  meitem  bem 
©tauben  (5ßifti§)  borgejogen,  ber  nur  ©ad)e  ber  feelifdjen  9Jtenfd)en  fei;  ben 
erfteren,  als  bem  ©alje  ber  ©tbe,  tonnten  audj  Ipanblungen  nidit  fdiaben,  bie 
teueren  berboten  unb  berberbtid)  maren.  Überall  geigt  fid)  ber  ^eibnifdie  $f)ilo= 
fop£)enftoIg,  ber  in  biefem  bom  orientatifd)en  Ouali§mu§  freien,  bttrd)au§  pan= 
ttjeiftifdjen,  borjiiglicb  auf  f)f»t£)agoreifc^e  unb  ptatonifdje  ©lemente  toie  auf  bie 
attegorifdje  ©djrifterflörung  gefügten  ©t)ftem  fid)  au§ürügt2. 

5.  Oie  ©djüler  Valentin». 

Duetten:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  6,  11.  14 — 21.  27.  Philosopbum.  IV,  13;  VI, 
5.  85.  38  sqq.  Epiph.,  Haer.  XXXIII.  XXXIV.  LVI. 

Oie  jünger  beä  33alentinu§  mid)en  in  bem  ©treben  rtad)  Originalität 
bielfad)  bon  ben  Sefjren  be§  DJleifterS  ab,  bie  fie  teils  ermeiterten  teils  be^ 
fdjräntten.  ©§  unterfd)ieben  fid)  befonberS  jmei  ©d>ulen  ber  fßalentinianer : 
1)  bie  italifdje,  naä)  meld)er  ber  f)eitanb  beS  Oemiurgen  einen  üft)d)ifd)en 
Seib  I)ütte,  ba  er  leinen  l)t)lifd)en  l)aben  tonnte,  unb  ber  ©eift  erft  bei  ber  Oaufe 
auf  ifm  Iferabfam  unb  itjn  bann  bom  Oobe  ermedte;  2)  bie  anatolifdje 
(morgenlänbifdie) ,  meldje  it)m  einen  fmeumatifdien  Seib  jugeftefien  gu  tonnen 
glaubte,  meit  ber  Zeitige  ©eift,  mie  bie  ©oÜ)ia  ebenfalls  t)iefi,  auf  ilfn  ^erab= 


1  Iren.  1.  c.  I,  7,  1  sq.  5.  ®en  Sefn'fat;,  baff  einige  <puas.i  ix  xaraffxsuijs  fetig 
toerben,  anbere  ebenfo  gu  ©ntnbe  gelfen,  ertoäfmt  Dri genes  (C.  Cels.  VI,  61)  all 
bon  ber  ßirdje  berbammt. 

2  Über  bie  pl)tf)agomfd)en  unb  ptatonifcOen  ©temente  f.  Philosoph.  VI,  27.  37, 
p.  177  sq.  196  sq.  ®aS  5ptatonifd)e  geigt  fid)  befonberS:  a)  in  ber  2tonentef)re  (ogt. 
Tertull.,  De  anima  c.  18;  bie  Ü.onen  £)iefeen  aucf)  ©älter,  obfcfion  im  befdfrantten  ©inne 
ber  Steuptatoniter) ;  b)  in  ber  $bee  be§  ©ntfietfenS  ber  enbtidjen  2öett  burd)  einen  Slbfatt 
im  ©eifierreidje;  c)  in  bem  ©egenfafje  beS  Sbeaten  unb  tReaten  unb  in  ber  Sluffaffung 
i£)re§  gegenfeitigen  33ert)ctItniffeS ,  toonact)  bie  Urbitber  beS  in  ber  ftdftbaren  Sßett  91or= 
tjanbenen  in  ber  oberen  Sbeatmelt  fid)  finben;  d)  in  ber  Stellung  beS  ÜJtuS;  e)  in  ber 
Shidjotonue  bon  Seib ,  Seele  unb  ©eift;  f)  in  ber  Dreiteilung  ber  fidjtbaren,  mitt= 
teren  unb  unfidftbaren  SDüett.  Dabei  finb  bie  pt)tt)agoreifd)en  3al)leJrmt)f±erien  auf  baS 
mannigfattigfte  gebraudft.  SBeifpiele  batentinifdfer  Sd)rifterftärung  bei  Iren.  1.  c.  I,  3,  6; 
8,  1  sq. 


7.  ©et  ©nofticigmug. 


173 


gefontmen  fei.  gut  italifdjen  Sdfule  gehörten  ^eralteon,  öelannt  butcf) 
ej-egetifcf)e  Setfiungen,  tri  betten  er  fef)t  Diele  aüegotifdje  ©rflärungen  gab,  ob: 
fdjott  DrigeneS  an  tf)tn  tabelte,  baß  er  31t  feljr  atn  33udjftabeit  hänge  unb  ben 
anagogifdjen  Sinn  berfemte1;  ferner  ^tolemäuS,  ber  als  ber  geleljrtefte 
Sßalentinianer  baS  Stiftern  noch  weiter  auSbilbete,  in  betn  mofaifdjen  ©efeße  Der= 
fd)iebette  53eftanbteile  (Dott  ©ott,  Don  DJZofe»,  Don  ben  fiebenjig  Steften)  unter: 
fdjieb  unb  tnieber  ja^Ireic^e  Schüler  Ijatte2;  SefuttbitS,  ber  fid)  jebod)  Wenig, 
faft  nur  itt  bloßen  Sorten  bon  feinem  Seifter  unterfcßieb3,  aber  nod)  größere 
fittlidfe  9luSgelaffenl)eit  beförberte.  gu  ber  morgenl änbif djen  Schule  gehörten 
9lj:iontifuS  ober  5t£ionifuS  in  3lntiod)ien,  ber  nad)  Sertuüian  bie  urfprüng= 
lidje  Sel)re  beS  SMentinuS  im  3.  ^al;r£;unbert  ttod)  feftfjielt. 

3u  biefer  ©rttßße  fann  man  ebenfalls  ben  23arbefaneS  red) nett,  einen 
©elel)rten  in  ©beffa,  ber  öfter  feine  Seinen  gewedjfelt  ju  haben  fdjeint.  0iefer, 
eigentlid)  53ar  ®aifan  (Sohn  beS  ®aifan),  lehrte  eine  einige  Satcrie,  aber 
lein  böfeS  Urwefen,  bielmehr  ließ  er  erft  aus  ber  ÜUlaterie  bett  (Satan  Verbot: 
gehen.  ©r  bad)te  fid)  eine  hoppelte  Siebenmal)!  bon  ßionett ,  eilte  obere  unb 
eine  untere,  tuobon  bie  elftere  ibr  Slbbilb  in  ben  fteben  Sterngeiftern  bat.  Sßott 
biefett  füllten  bie  Seelen  flammen ,  tbie  bie  Seiber  bon  ber  Saterie.  Sen 
StjtljuS  ber  Sfjamotf)  fdjeint  er  in  ber  Seife  ber  OpCjiten  feftgepalten  ju 
ßaben;  baS  ©nbe  be§  ©rlöfungSWerteS  feßte  er  in  bie  23ermäf)lung  ber  2£d)a= 
ntotl)  mit  (bem  bofetifd)  gefaßten)  ©IjrifittS  unb  ber  ßneumatifdjert  Naturen 
mit  ben  ©ttgeln,  weldje  er  unter  bem  Silbe  eines  ©afimafjlS  barftetlte.  0er 
in  ben  geiftigen  Staturen  enthaltene  Same  beS  Sid)teS  mirb  geläutert  unb  er: 
hoben,  mährenb  ber  materielle  Seib  untergeht.  Sie  $lage  ber  in  ber  Seit  ge: 
fangenen,  nad)  ©rlöfung  feufjettben  üldjamoth  marb  in  Siebern  auSgebritdt, 


1  §eratleong  Stagmente  31t  Sufag  unb  ^ofjanneg  au§  filemeng  unb  Drigeneg 
gefammelt  bet  Massuet,  In  Opp.  Iren.  (Par.  1712)  p.  362 — 376.  2öa§  Drigeneg 
(In  Io.  tom.  XIII,  ed.  de  la  Rue  p.  233)  non  ifjm  jagt:  r^g  Xigsuig  sßstve  ny  olö/xsvog 
auTrjv  äväyzaüai ,  wiberlegen  öieXe  angeführte  ©rtlärungen  begfelbeu,  3.  S.  tom.  XIII, 
p.  235  31:  Sotj.  4,  28.  Set  3'oh-  F  3  erflärte  er,  31:  bett  TraVra  bürften  nicht  ber  al6v 
ober  za.  iv  Ttjj  alüvi  gerechnet  tuerben,  unb  3U  obdk  Sv  erginge  er:  z&v  iv  zw  zöo/iw 
xal  iv  zrj  xzcasc. 

2  Son  ißtolemäug  teilt  utig  ©piphaniitg  (Haer.  XXXIII,  3 — 7)  ben  SSrief 
an  Slora  mit  (bgl.  Stieren,  De  Ptolemaei  Gnost.  ep.  ad  Flor.  Ienae  1843) ,  toorin 
auSgefi'thrt  toirb,  bag  mofaifdje  ©cfeß  laffe  fid)  loeber  auf  ©ott  noch  auf  bie  ©ämoneu 
allein  jurüctfüßren ,  fei  überhaupt  nicht  bag  2öerf  ein  eg  ©efeßgeberg,  foubern  a)  ein 
©eil  fei  Don  ©ott,  bem  ©emiurgen  in  ber  DJtitte,  in  biefem  bie  reine  ©efeßgebung  beg 
©etalogg,  bann  ©eredjteg  unb  Ungeredjteg  in  ben  Sorfd)riften,  befonberg  ben  praecepta 
mdicialia  Oermifcßt,  ba3it  ©tjpen  unb  ©pmbole,  bie  im  ©rlöfer  erfüllt  feien;  b)  ein  ©eil 
Don  SDtofeö  tuegen  ber  ^erjenghärte  ber  3uben  beigefeßt;  c)  ein  britter  bon  ben  fiebensig 
3tlteften  (©euterofeig).  ®ie  Sdjitler  beg  ißtolemäug  gaben  bem  St)tl)og  3tuei  ©hP)Ö’eu 
(2lffettionen) :  ©nnonia  unb  ©ßelefig,  Serftanb  unb  ©Billen,  ©lug  ihrer  Sermifdjung 
entftanben  fWIonognteg  unb  2IIetf)ia.  ®ie  ©nnonia  tonnte  ihr  ©ebacfjteS  erft  bann  ber= 
Wirtlichen,  alg  ber  2Bille  hin3utam  {Iren.  1.  c.  I,  12,  1.  Tertull.  1.  c.  c.  33.  Philo¬ 
soph.  VI,  38). 

3  ©efunbuS  teilte  bie  erfte  OgboaS  in  3Wei  Setraben,  bie  redjte  unb  bie  linfe, 
leßterc  ft-infternig,  erfterc  Sicht  genannt,  unb  trennte  bie  niebere  Sophia  bot:  ben  breifeig 
Slonen,  inbem  er  fie  nur  für  einen  niebern  ©ngel  auggab  {Iren.  1.  c.  I,  11,2.  Philo¬ 
soph.  1.  c.  Tertull.  1.  c.  c.  88.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  8). 


174  iöerbreitung  xutb  2tuSgefialtung  ber  Äirdje  im  2.  Fafnhunbert. 

bie  ben  Sufihfalmen  nadfgebilbet  traten,  ©otoolfl  3ktbefane§  al§  fein  ©ofjn 
§armoniu§  tnaren  al§  §t)mnenbtcf)tet  gefeiert1. 

dJiit  ^ptolemäus  fielen  ttoc£)  ztttet  anbere  SMentinianer  in  SSerbinbung: 
$o!orbafu§  nnb  9JJarfu§,  bon  denen  leitetet  bet  ©dfüler  be§  elfteren 
getnefen  fein  fob.  $p!orbafu§  hatte  folgenbe  befonbere  Seiten:  1)  ®ie  erfte 
DgboaS  bezeichnet  nicht  ad)t  berfhiebene  ^erfonen  ober  ©ubftanjen,  fonbern 
nur  einen  s)ton,  ben  Später,  mit  berfchtebenen  tarnen.  Sähet  tourben  alte  acht 
klonen  zugleich  unb  auf  einmal  emittiert.  Sa§  Urtoefen  befchlofi,  mit  feinem 
©ebattfen  ju  zeugen,  inatb  toalfrfiaft  ^Bater,  htej3  barurn  bie  Söahrheit  (5tle= 
tfteia),  unb  at§  e§  fidj  offenbaren  toodte,  tOtenfd).  2)  2ogo§  unb  $oe  ftammen 
bon  2tntt)robo§  unb  ©fflefia  ab,  nicht  umgeteffrt.  SBont  (Srtöfer  hotte11  bie 
ß'otorbafianer  berfchiebene  5tnfichten.  9tad)  einigen  trat  er  au§  bem  3ufatnmen= 
tbirfen  alter  breiig  Sonett,  nach  anbern  au3  ben  zefm  2tonert,  bie  bon  2ogo§ 
unb  3oe,  nach  toieber  anbern  bon  ben  gtüötf,  bie  bon  9tntt)robo§  unb  ©fftefia 


1  2Go  Philosoph.  1.  c.  Apdr^mdvpg  ftefjt,  ift  2JarbefaneS  31t  lefen.  23arbefaneS  (Fbit 
Saifan,  bgl.  Abulfeda,  Hist,  anteislamica,  ed.  Fleischer  p.  108)  foll  unter  bem  dürften 
2lbgar  Säen  9Jlaattu  unb  unter  9Itarf  2lurel  ( Euseb .,  Hist.  eccl.  IV,  30.  Epiph.,  Haer. 
LVI,  1.  Theodoret.  1.  c.)  gelebt,  nah  4Sorphbriu3-  9JlofeS  bon  ©horene  unb  bem  Chronicon 
Edess.  nod)  baS  ätoeite  $ejennium  beS  3.  FahrffunbertS  überfcpritten  haben,  ©r  fc^rieli 
aujfer  ben  oon  ifim  (unb  feinem  ©ohne)  berfafften  §hmnen  {Euseb.  1.  c.  Sozom.,  Hist, 
eccl.  III,  16)  ein  nur  aus  arntenifdfen  Fragmenten  befannteS  ©ef(^ic£)tärDerf ,  eine  ©dfrift 
gegen  Sharcion,  ein  Stöert  gegen  baS  Fatum.  (Streitig  ift,  ob  ihm  bie  ©djrift  Ihpl  rijg 
Btpappiv t]s  angel)brt,  Oon  ber  ©ufebiuS  (Praej).  evang.  VI,  10)  griechifcf)  ein  23ru<h= 
ftücf  gab.  2lucp  Sbbeoboret  fannte  eine  griecpifche  Überfetjung  ber  ©d)rift,  tbelcpe  man  in 
bem  bon  ©ureton  (Spicil.  Syriac.  Lond.  1855)  ebierten  „S3ucp  ber  ©efepe  ber  Sänber" 
tniebergefunben  gu  haben  glaubte;  eS  foll  bielmehr  biefeS  Such  feinem  ©dfüler  tphilippus 
aitgehören  ( G .  Bickell,  Conspectus  rei  Syror.  liter.  [Monast.  1881]  p.  36).  Findet  man 
aber  hoch  barin  mit  21.  991  arj  (ISarbefaueS  bon  ©beffa.  £>alle  1863)  eine  ®arftellung 
ber  Sehre  beS  23arbefaneS,  fo  ift  biefer  nicht  tbof)I  als  SDualift,  fonbern  als  töalentinianer 
ober  hoch  als  biefen  nahe  bertoanbt  gu  betrachten;  bielleicht  toarb  baS  ursprüngliche 
©hftem  im  ©inne  beS  pellenifdfen  93antf)eiämuS  umgebilbet.  Sei  ©phrürn  bem  ©prer 
(Opp.  Syr.  lat.  II,  437.  553.  555),  ber  als  bie  guberläffigfte  Quelle  erfdjeint,  fott  neben 
ber  Seugnung  ber  2Iuferftehung  nnb  ber  Verleitung  ber  Seiber  bom  Teufel  gerabe  baS 
aftrologifcfje  Fatum  herbortreten  {G.  Bickell,  S.  Ephr.  Syri  carmina  Nisibena  [Lips.  1866] 
p.  46.  51  sq. ;  bgl.  Indicul.  rer.  ib.  p.  233).  2UIein  im  ©ebid)t  felbft  fommt  ber  9tame 
beS  SarbefaneS  gar  nicht  bor,  unb  ©phram  tonnte  ebenfo  gut  anbere  Väretifer  im  2luge 
haben,  ©benfo  ift  ftreitig,  ob  auS  bem  Dialogus  de  recta  in  Deum  fide  {Orig.,  Opp., 
ed.  de  la  Rue  I,  803—872;  bgl.  befonberS  p.  835),  too  aud)  ein  Sarbefianer  9)tarinuS 
bortommt,  ber  bie  ©rfchaffuug  beS  Teufels  bon  ©ott,  bie  ©eburt  ©hrifti  bom  Sßeibe 
unb  bie  21uferftel)ung  beS  Fteifcheö  leugnet,  bie  tuahre  Sehre  be§  SarbefaneS  3U  entnehmen 
ift;  es  fann  leicht  eine  bem  fpäteren  99tanichäiSmuS  entfbrcchenbe  llmgeftaltung  tßlatj 
gegriffen  haben.  9tad)  ©ufebiuS  (1.  c.)  lehrte  SarbefaneS  bon  ber  balentinianifdfen 
§ärefie  gur  ßirche  gurüd,  nad)  ©pihhaniu§  (Haer.  LVI,  1)  trat  er  aus  ber  ßircpe 
aus  unb  311  biefer  Frrleffre  über.  91  e  an  ber  (©euet.  ©nttuidlung  ber  bornel)mften 
gnoft.  ©pfteme  ©.  192)  möchte  ihn  bom  töalentinaniSmuS  freigefprodfen  miffen;  ©ruber 
(®ie  Ophden  ©.  177  ff.)  rechnet  ihn  3U  bett  ßpf)iten-  9lach  ®hcoboret  fagte  man  bon 
ihm ,  er  habe  ttoMu  rfjg  BaXsvzivou  p.w%Xoyiag  angenommen.  2luS  ber  bie  ©ad)e  noch 
nicht  3um  befriebigenben  2lbf(hluf)  bringenben  Sitteratur  finb  herborguheben :  A.  Hahn, 
Bardesanes  gnosticus,  Syror.  primus  hymnologus.  Lips.  1819.  C.  Kuehner,  Astro- 
nomiae  et  astrologiae  in  doctrinis  Gnost.  vestigia.  Partie.  I.  Bardes.  Gnost.  numina. 
Hildburgh.  1833.  tpilgenfclb  ,  SarbefaneS,  ber  lepte  ©noftifer.  Seipgig  1864. 


7.  Ser  ©nofticigmug. 


175 


aöftammten,  nad)  ortbern  au»  ©f»riftu§  unb  bem  ^eiligen  ©eifte1.  9iod)  be= 
rüd)tigter  mürbe  9Jlarlu§,  bon  feinen  ßauberfünfien  ber  fDiagier  genannt, 
beffen  2lnf)änger  (fDlarlofier)  bi§  nad)  ©allien  unb  Spanien  tarnen.  (Sr  be= 
biente  fidj  ber  5Wegorie  bon  S3udE)flaben,  Silben  unb  3af)len,  fafjte  ba§  ganje 
fßleroma  al»  einen  Manien,  bie  Sietraben,  bie  Sefa§  unb  0göoa»  al§  Silben, 
bie  einzelnen  klonen  al»  S3ud)ftaben,  unb  trug  feine  ©elieim  (elften,  bie  ipm  bie 
felige  $etra§  in  meiblidfer  ©eftalt  geoffenbart  ljaben  füllte,  in  fpmbolifdppoetifdfer 
§orm,  in  einem  ©ebid)te  bor.  Ser  Ijödjfte,  gefcpledjtlofe,  unau§fpred)Ii(^e  SBater 
moöte  fein  Unau§fpred)Iid)e§  jum  2lu§fpred)Iidfen,  fein  llnfid)tbare§  jum  Sidjt= 
baren  madjen.  ©r  brachte  alfo  ein  ifjm  äfjnlidjeS  Sßort  |erbor  unb  fprad)  öa» 
erfte  2ßort  feines  fJiameng  au»,  mobon  bie  erfte  unb  §meite  Silbe  je  hier,  bie 
britte  jeljn,  bie  bierte  jmölf  5ßud)ftaben  tjat,  jufammen  breifug  Ciionen).  Sie 
23u(^ftabenfpmboIif  toarb  bis  in»  tteinfte  burdfgefüfjrt  unb  babei  bie  Seifte  be§ 
SBalentinuS  meiterentmidclt.  fDlarlu»  übte  gauberei  and)  mit  ben  religiöfen 
©epeimniffcn ,  befonberS  mit  bem  eucpariftifcpen  $eld)e,  unb  tief?  grauen  lon= 
fefrieren ,  bie  er  berfiiprte.  Sie  ^ionentepre  erfupr  in  33aIentinS  Sd)ule  öftere 
Umbilbungen.  Sie  einem  ©pippanes  jugefcpriebene  Seifte  felgte  afä  erfteS 
5ßrinjip  bie  unerfafdicpe  unb  namenlofe  5Uleinpeit  (9}lonote§)  unb  als  ipr 
gteicpepiftierenb  bie  ©inpeit  (£)enote§),  beibe  mefentlidj  eins.  Siefe  „emanieren 
opite  ©manation"  ba»  ^ßrinjip  für  alles  ©eiftige,  Unerjeugte,  Unficptbare,  ba§ 
(fonfret)  IDlonaä  peipt  unb  mit  bem  gleidjmefentlidfen  ©inen  berbunben  ift. 
3luS  biefer  SSierpeit  flammen  bann  bie  übrigen  klonen2,  ©bertfo  ftellte  eine 
3lbjtoeigung  biefer  Partei  eine  tßierpeit  (Setra»)  an  bie  Spipe :  fßroardfe  (ür= 
prinjip),  3Inennoeto§,  SlrrpetoS,  StoratoS ;  au§  erfterer  liefen  fie  an  erfter  unb 
fünfter  Stelle  ba§  Sßrinjip  (bie  5lrcpe) ,  au§  bem  jmeiten  an  jmeiter  unb 
fecpfter  Stelle  ben  9l!atateptoS  (Unerfaplicpen),  au§  bem  SlrrpetoS  (Unau§fptedf- 
lidfen)  an  britter  unb  fiebenter  Stelle  ben  2lnonomafto§  (Unnennbaren),  au§ 
bem  Dlorato»  (Unfidftbaren)  an  bierter  unb  aöpter  Stelle  ben  9lgenueto§  (Un= 
erzeugten)  perborgepen.  Siefe»  ^leroma  bon  adjt  klonen  mürbe  fogar  bem 


1  ßolorbafug  ift  (Philosoph.  VI,  5.  55,  ed.  Miller  p.  233.  345)  enge  mit  SJtarfug 
berbunben,  unb  bon  ipm  peifjt  eg  (ibid.  IV,  13,  p.  72):  diä  pirptov  xal  äp&pGjv  ix- 
r iftsenHai  TTjv  duatrsßscax  im%etpet.  2Ba§  3  r  e  n  ä  u  3  (1.  c.  1 ,  12 ,  3)  opnc  Slugabe  be§ 
©eftennamen§  atg  Sepre  einiger  Sßalentinianer  anfuprt,  toirb  bon  Speoborct  (1.  c. 
I,  12)  unb  ©pippaniug  (Haer.  XXXV,  1  sq.)  bem  ßolorbafug  gugefdprieben  (bgl. 
Tertull.,  Adv.  Valentin,  c.  36).  teuere  tooüten,  ßolorbafuä  fei  ein  blofeeS  ßunftloort, 
fobiel  alg  bie  Setrag  bcg  SJlarfug  (23  o  II  mar,  Sie  ßoIorbafu§=@nofis  [3eitfdpr.  für 
piftor.  Speol.  23b.  IV.  1855]). 

2  Philosoph.  VI,  38:  äXXog  di  reg  'Ext/pavi]?  deddmalng  aurütv.  Iren.  1.  c.  I,  11,  3: 
alius  vero  quidam,  qui  et  clarus  est  magister  ipsorum.  Tertull.  1.  c.  c.  37 :  insignioris 
apud  eos  magistri.  @g  fragt  fitp  nun ,  ob  imtpavqs  nomen  proprium  toar ,  toofür  eg 
©pippaniug  (Haer.  XXXII,  1)  napm;  ber  lateinifepe  Uberfeper  beg  Srenaug  iönnte 
fiep  leidpt  geirrt  paben.  IDtan  bepiett  ben  Dlamen  ©pippaneg  bei,  toenn  eg  aud)  gtoeifeU 
paft  ift,  ob  ein  foldper  ©pippaneg  lebte  unb  ob  barunter  ber  ©opn  beg  ßarpolrateg  ber= 
ftanben  tuerben  taitn  ( Massuet ,  Diss.  in  ed.  opp.  Iren.  n.  80,  p.  xlvii),  ber  bon  ßle= 
meng  (Strom.  III,  2)  alg  §aupt  unb  Urpeber  ber  povadcxT]  yvwmg  genannt  toirb.  Sie 
ratfelpaften  2Bortc  izporjxavro  py  xpostpsvai  ( Tertull. :  non  proferentes  protulernnt) 
fdpeinen  bag  prolatum  alg  duvapig  dw-roararog  gu  begeidjueit  (Iren.  1.  c.  n.  4.  Epiph. 
1.  c.  n.  5.  Tertull.  1.  c.). 


176  SSerbreitung  unb  3tu§geftaltung  ber  ßirdje  im  2.  Sfahrbunbert. 

53t)t()o§  unb  ber  ©ige  öorartgefteHt ,  um  nur  bie  Äluft  ämifdjen  ber  nieberen 
2öelt  unb  bern  f)öd)ften  2Befen  nod)  größer  ju  machen1.  (Sttblidj  rnerben  noch 
Julius  ©affianu§  unb  $^eobotu§  al§  fßalentinianer  genannt,  ©rfteren 
nennt  Clemens  non  5tlejanbrien  ben  Anführer  be§  Oofeti§mu§ 2. 

D.  ® i e  SSJtarcioniten. 

öu  eilen.  Über  ©er bon:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  27;  III,  4.  Philosoph. 
VII,  27.  Ps.-Tertull. ,  C.  haer.  50.  Epiph.,  Haer.  XLI.  Philastr.,  De  haeres.  44. 
—  Über  351  a  r  c  i  o  n :  lustin.,  Apol.  I,  26.  58.  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  11.  14. 
Iren.  1.  c.  I,  27;  III,  3.  4.  Philosoph.  VII,  29  sqq. ;  X,  19.  Clem.  Alex.,  Strom. 
II,  8;  III,  3.  4;  IV,  7.  8;  V,  1.  Tertull.,  Adv.  Marc.  11.  5.  Epiph.,  Haer.  XL1I. 
Theodoret. ,  Haer.  fab.  I,  24.  Adamant. ,  Dialogus  de  recta  in  Deum  fide  c.  Mar- 
cionitas.  —  Sitte ratur:  Hahn,  Antitheses  Marcionis  gnostici.  Regiomonti  1823; 
De  canone  Marcionis.  Lips.  1824;  2>a§  ©bangelium  SJlarcionS  in  feiner  urfpritnglicl)en 
©eftalt.  Seipjig  1824.  9titfcf)I,  ®a§  ©bangelium  DJtarcionS.  Sübingen  1846.  SS o I f = 
mar,  ®a§  ©bangelium  9Jtarcion§.  Seipjig  1852.  §ilgenfelb,  95tarcion§  SIpoftolilon 
(geitfcffr.  f.  ttuffenfdj.  Sfieol.  1855,  ©.  426  ff.).  31.  £>arnacf,  Beiträge  -jur  ©efdüdlte 
ber  marcion.  ßirtfien  (ebb.  1876,  ©.  80  ff.).  3«bn,  ©efil)itbte  be§  neuteft.  Kanons 
1,  585—718. 

Söeit  nüchterner  afä  bie  balentinifche  unb  opt)itifd)e  ©nofi§  unb  bem 
pofitiben  3nl)alt  be§  ©f)riftentum§  mehr  äugemenbet  mar  bie  Sehre  fDtarcionS. 
Oiefer,  ©ohn  eineä  Sifdmf»  ju  ©inope  im  f]ontu3,  opferte  fein  Sßermögen  im 
erften  ©Iauben§eifer  firdüichen  gtoeden  unb  lebte  (treng  a§fetifd),  fiel  aber  bon 
einem  %trem  in  ba»  anbere,  fo  bafi  er  fogar  bon  feinem  Sater  megen  eine» 
3deifd)e§bergcl)en§  au§  ber  Kirche  geftoffen  marb.  (Sr  tarn  unter  tßapft  5Inicet 
nad)  9tom,  mo  er  bergehen§  feine  2Bieberaufnaf)me  in  bie  ^ird)e  burd)5ufe|en 
fuchte  unb  fid)  an  ben  fprifdfeit  ©noftifer  (Serben  anfd)lof?,  ber  fd)on  feit  tßapft 
§pginu§  bort  meilte  unb  feinen  Irrtum,  bap  ber  (Sott  be§  ©efetse§  unb  ber 
tßropheten  nicht  ber  fßater  3efu  ©hrifti  fei,  balb  abfchmor  halb  mieber  peimlid) 
berfitnbete.  Oiefe  Selfre  bilbete  fDtarcion  meiter  au»  unb  berfcpaffte  ihr  eine 
grofe  fßerbreitung  in  ben  berfcpiebenften  Säubern.  3hm  erfcpien  ba§  ©hriftem 
tum  al§  etma»  abfotut  9teue§  in  ber  Söelt,  al§  etma»  p  allem  33orchriftlid)en 
in  botlftänbigem  ©egenfat)  ©tel)enbe§,  alleinige  Offenbarung  be§  maf)ren  ©otte§ 
ber  Siebe.  Oa§  Stlte  unb  9teue  Oeftament  finb  bon  berfd)iebenen  Urhebern : 
bort  ber  (Sott  ber  ©eredjtigfeit ,  ber  fogar  untniffenb  unb  befchränft  ift;  hier 
ber  (Sjott  ber  Siebe,  ber  bie  ©einen  erlöfi  unb  befetigt;  ©eredftigfeit  unb  ©üte 
erfd)eiuen  al»  unbereinbar.  Oer  ©ott  be»  5IIten  Sunbe§,  ber  ©cpöpfer  biefer 
Söelt,  hatte  ftrenge  ©erechtigteit  unb  (SefepUcpfeit  eingeführt,  bie  Übertretung 
feine§  ©et>ote§  mit  Ipärte  beftraft,  ba§  mofaifche  ©efe|  gegeben,  ba§  aud)  fein 
Siehlingsbolf,  bie  3uben,  nicht  erfüllen  tonnte,  mährenb  er  bie  anbern  33ölfer 


1  SDiejenigen,  bie  nod)  oor  $8t)tho§  unb  ©ige  eine  £>gboa§  fc^eit,  finb  bei  Epiph. 
1.  c.  n.  7  als  ©äjüler  beg  ©pipfjaneg  angeführt  {Iren.  1.  c.  Tertull.  1.  c.  c.  35.  Philo¬ 
soph.  VI,  38,  ed.  Miller  p.  199). 

2  Theodoret.  1.  c.  I,  8.  SSon  Saffian  giebt  $1  emenS  bon  Sllej.  (Strom.  III,  13  sq.) 
Fragmente  über  ben  etjelofen  ©tanb,  loorin  er  eine  ©teile  au§  bem  ©bangelium  nach 
ben  31gt)ptern  anführt;  bon  ihm  heiflt  eS  auSbrücHid)  (p.  200):  6  d't/.  rijg  OdaXevrlvoo 
i$sa>oizyj(rs  ayoPrig,  unb  borlfer :  <5  zijg  rloxrjirswg  Egdpyiov.  (Bon  ®heobotu§  rühren  toahr= 
fcheinlicb  bie  Eclogae  propheticae  unter  ben  Slßerfen  be§  ßlemenä  bon  Sllej.  her. 


7.  ®er  ©nofticiSmuä. 


177 


bem  SerberPen  überließ.  Ser  gute  ©ott  war  botlftänbig  unbelannt,  bis  er  fiep 
felbft  bcr  DJienftpen  erbarmte  unb  ipnen  ben  ©rlöjer  fanbte.  ©priftuS  ersten 
in  menftplicpet  ©cpeingeftalt  plöplid)  unb  unbemittelt,  opne  Don  Siaria  etwas 
angenommen  $u  paben,  in  ßapparnaum,  gab  fid)  aus  Stnbequemung  an  bie 
perrfepenben  Sßorurteile  anfangs  für  ben  Don  bem  Semiurgen  berpeipenen  jü= 
bifepen  SleffiaS  aus,  berfünbigte  aber  ben  guten  ©ott,  trat  in  fiepren  unb  ©c= 
boten  bem  Semiurgen  unb  ben  Don  ipm  perftammenben  jübiftpen  ©inrieptungen 
entgegen.  Saper  foHte  er  auf  2tnftiften  beS  SubengotteS  gefreujigt  Werben ; 
er  litt  aber  nur  jum  ©epeine,  flieg  pirtab  in  bie  Untermelt,  um  alle  ipm 
gläubig  3ueilenben,  auep  ben  $ain,  bie  ©obomiter,  Sgppter  unb  alle  Reiben, 
51t  erlöfen.  Sei  feinem  ©epeintobe  jerrip  ber  Subengott  aus  3om  ben  Sempel= 
Dorpang,  Derbunfelte  bie  ©onne  unb  füllte  bie  Söelt  in  ginfterniS;  aber  er 
warb  in  ber  Unterwelt  befiegt  unb  jur  Unterwerfung  genötigt.  ^auluS  war 
ber  eigentliche  Spoftel  ©prifti,  ber  bie  ©ünbenDergebung  burd)  bie  freie  ©nabe 
lefjrte ;  Don  ipm  napm  Starcion  j^epn  Sriefe  an  nebft  bem  Derftümmelten  ©Dam 
gelium  beS  fiulaS,  Wäprenb  er  bie  altteftamentlicpen  ©epriften  üerwarf.  sDtif$= 
beutete  ©teilen  beS  5ßauluS  bienten  il)tn  als  ©rweife  feiner  fiepte;  in  feinen 
„Sntitpefen"  pob  er  bie  Unterfcpiebe  jwifepen  bem  Riten  unb  bem  Reuen  Sefta= 
mente  unb  bie  angeblidpen  ÜEßiberfprücpe  beS  erfteren  perDor.  ©r  forberte  Dor 
allem  ben  ©laubeit  an  ben  guten  unb  peiligen  ©ott,  ben  juerft  ©priftuS  ber= 
fünbigt,  unb  fioSreiffung  Don  ben  Sanben  ber  Rtaterie,  baper  ©ntpaltung  Don 
ber  ©pe,  Dom  gleifdjgenujj,  fowie  ftrengeS  haften.  Sie  ^atpolifen  erfepienen  ipm 
wie  in  baS  3ubentum  3urüdgefallcne,  bie  ben  neuen  SBein  in  alte  ©epläutpe 
giefeen  wollten  (Sttattp.  9,  17).  Slarcion  unterfdjeibet  fiep  Don  anbern  ©no= 
ftifern  baburep,  bafs  er  lein  ^leroma ,  leine  ©pjpgien,  leine  ©oppia,  leine 
etpnifierenbe  ^oSmogonic  lennt,  nitpt  einer  fpeluIatiD=ppantaftif<pen  Raturppilo= 
foppie,  fonbern  burcpauS  bem  ©ittlid)=^3raftifd)en  jugemenbet  ift,  ben  ©egenfap 
jwifdjen  ©lauben  unb  SCßiffen  (fßiftiS  unb  ©nofis),  ^neumatilern  unb  ^3fpd)ifern 
milbert,  ben  ©lauben  an  ©priftuS  allein  unb  fittlicpeS  fieben  als  bie  Sebingung 
ber  ©eligfeit  forbert,  bie  bmpftäblidpe  Auslegung  ber  biblifcpen  Siidper  im 
©egenfape  jur  aüegorifdien  feftpält,  ben  menftplitpen  freien  SBiüen  unb  bie 
©rpabenpeit  ber  Don  ©priftuS  gefpenbeten  ©nabe  allentpatben  perborpebt.  Rber 
bie  fioSrcipung  ber  cpriftlidpen  Religion  Don  allem  gefipidjtlicpen  3ufammeti' 
pang,  bie  bem  ©rlöfer  jugefipriebene ,  feiner  unwürbige  Rccommobation ,  baS 
willlürlicpe  Serfapren  mit  ben  neuteftamentlicpen  ©(priften,  bie  fieugnung  bcr 
Ruferftepung  unb  Dieter  anbern  Sogmen,  bie  fperabmiirbigung  ber  ©rlöfungS= 
tpat  ju  einem  biogen  ©cpcin  —  bieS  unb  DieleS  anbere  finb  fdpwere  Slößen 
feiner  neuen  unb  Diclbefämpften  fiepre1. 


1  ©parafteriftifcp  finb  befonberS  bie  Rufferungen  bei  Tertull.,  Adv.  Marc.  I,  1: 
Quis  enim  tarn  castrator  carnis  castor,  quam  qui  nuptias  abstulit?  Quis  tarn 
comesor  mus  Pouticus ,  quam  qui  Evangelia  corrosit  ?  Marcion  Deum ,  quem  in¬ 
venerat,  exstincto  lumine  fidei  suae  amisit.  Ibid.  c.  13:  Separatio  Legis  et  Evangelii 
proprium  et  principale  est.  opus  Marcionis.  SlJlcrccion  Wirb  ooit  Dielen  Rroteftanten 
als  Reformator,  ßritifer,  Vertreter  ber  pauliniftpen  Speotogie  unb  eepter  IjSroteftant 
gefeiert  (Dgl.  ©  cp  t»  cgi  er,  S>aS  nadpapoftolifdpe  Seitalter  I,  261.  Reanber,  ßirepen-- 
gefepiepte  1,  253). 

£>cr gen rö t tj er,  mrci)engefcf)t(t)te.  I.  4.  Stuft. 


12 


178  Perbreitung  unb  Sluggeftaltung  ber  Äircbe  im  2.  Sabrbunbert. 

Oer  urforüngtiche  OuatiSmuS  9Karcion§  tonnte  auf  bie  Oauer  nicht  auf= 
recht  erhalten  merben.  Oemt  fein  gerechter  ©ott  (im  ©egenfatje  jurn  guten), 
ber  Oemiurg,  tonnte  bod)  nicht  mit  bem  böfen  ©ott  (Satan)  ganj  auf  eine 
Sinie  gefteüt  fein,  abgefetjen  bon  ber  Stellung,  metche  bie  Materie  einnahm. 
Oatjer  fdjeint  SKarcion  felbft  fpäter  gtüifc^en  bem  gerechten  unb  bem  böfen  ©ott 
unterfcßieben  ju  haben,  unb  unter  feinen  Schülern  gab  eS  be§h>afb  öerfchiebene 
Parteien,  fo  bah  biete  jule^t  ben  guten  ©ott,  ben  gerechten,  ben  böfen,  bie 
Materie,  manche  auch  (5(»riftu§ ,  fomit  brei  bis  fünf  ^ßringipien  annatjmen. 
2ltS  Vertreter  beS  urfprünglichen  tDtarcionitiSmuS ,  ber  nur  jmei  ©runbtoefen 
gelten  lieh,  erfreuten  ißotituS  unb  33afitituS,  als  Vertreter  ber  brei  ©runb- 
toefen  (böfer,  gerechter,  guter  ©ott)  ber  2Ifft)rer  tßrejion  fomie  St)neroS, 
als  §aupt  biefer  Dichtung  bezeichnet.  SSier  Prinzipien  nahm  bagegen  Speltes 
an,  ben  guten,  ben  gerechten,  ben  feurigen  unb  ben  böfen  ©ott;  ba  er  aber 
toahrfcheintict)  bie  brei  testen  mepr  als  ©nget  bachte  unb  fie  mit  biefem  tarnen 

bejeichnete,  fo  tonnte  man  auch  fugen,  er  taffe  nur  ein  ^ßrinjip  gelten1.  5Ka<h 

5tpette§  foK  ©hriftuS  fein  g-teifch  auS  ber  SBettfubfianj  genommen,  ©efet)  unb 
Propheten  nur  Cügen  unb  fabeln  öerfünbigt  haben,  ©ine  gemiffe  Sph^umena 
hielt  er  für  eine  Prophetin,  beren  „Offenbarung"  er  empfahl;  er  fchrieb  mehrere 
töüdjer  gegen  baS  5ttte  Oeftament  unb  fmtbigte  auch  einem  retigiöfen  3tt= 

bifferentiSmuS 2.  ©in  gemiffer  SufanuS  ober  ßucianuS  lehrte,  altes  ißft)d)ifche 

fei  Vergänglich ,  nur  baS  ^neumatifche  unfterblicf) ,  ber  Oemiurg,  ber  ©erechte 
unb  dichter,  fei  berfdjieben  bom  guten  mie  bom  böfen  ©ott;  er  berftümmette 
ebenfalls  nad)  DKarcionS  Söeife  baS  unter  bem  tarnen  beS  tßautuS  anerfannte 
SufaSebangetium,  fomie  bie  SBriefe  biefeS  StpoftetS3. 

Oie  Sette  ber  9Jtarcioniten  mar  firchlich  organifiert,  hatte  ihre  ©emeinben 
mit  SBifdjöfen  unb  ^rieftern,  mahrenb  anbere  gnoftifche  Parteien  eS  nur  ju 
Schuten  brachten.  Obfdjon  bielfach  gefpatten,  erhielt  fie  fid)  bis  inS  6.  $a£)r= 
hunbert.  Oie  meiften  $ird)enfd)riftftetter  haßen  gegen  fie  gefämpft;  fie  fanb 
fid)  in  Italien,  in  ^igppten,  ^atäftina,  ©ppern,  ®Ieinaften  unb  Sßerften.  3>hre 
nur  im  -Kamen  ©hrifti  gefpenbete  Oaufe  matb  in  ber  ßirdje  als  ungültig 


1  Sie  ßehre  oon  ätoei  Prinzipien  fd^reiben  bem  Ptarcion  zu:  Suftinug  (Apol. 
I,  26),  9t b0b011  (bet  Eicseb.,  Hist.  eccl.  V,  13),  SrenäuS  (1.  c.  I,  27,  2;  III,  12, 
6.  12),  bie  Philofoppumena  (VIII,  29.  31,  ed.  Miller  p.  246.  253,  too  biefeg  Spftem  auf 
©mpebotleg  zurüdgefüprt  toirb) ,  Sertullian  (Adv.  Marc,  passim) ,  Stuguftinug 
(De  liaer.  c.  22),  Prubentiug,  ÜBafiliuS,  §ierontimug  u.  a.  Sagegen  toerben  brei  angeführt : 
Philosoph.  X,  19.  Dionys.  Rom.  bei  Äthan.,  Ep.  de  decr.  Nicaenae  Synodi  c.  26. 
Cyrill.  Hier.,  Catech.  XVI,  7  (aber  ibid.  VI,  16  nur  jinei).  Epiph.,  Haer.  XLII,  3. 
Theodorei. ,  Haer.  fab.  1 ,  24.  Sin  bem  Sialog  De  recta  in  Deum  fide  nimmt  ber 
Ptarcionit  Ptegetbiug  brei  Prinzipien  an ,  ben  9lgatfjog  alg  ©ott  ber  ©haften  -  ben 
Semiurgen  alg  (jubengott,  beit  Ponerog  alg  ©ott  über  bie  §eibeit;  bagegen  ein  anberer 
SOtarcionit  Ptarfug  nur  ein  guteg  unb  ein  böfeg  Prinzip.  Ser  armenifche  S3ifd£)of  ©gnig 
im  5.  (jabt'bunbert  (tjttgeng  3eitfcf)r-  für  biftor.  Sheol.  1834,  £>eft  1)  fepreibt  bem  Ptarcion 
ebenfaüg  bie  Sriard)ie  zu-  Pon  ben  Spaltungen  ber  Ptarcioniten  panbeln  Rhodon  1.  c. 
Philosoph.  X,  19 ;  VIII,  31  (mo  Prepong  Prief  an  Parbefaneg  ermähnt  ift).  August.  1.  c. 

2  Orig.,  C.  Cels.  V,  54.  Rhodon  1.  c.  Philosoph.  X,  20.  Tertull.,  De  praescr. 
c.  6.  30.  Epiph.,  Haer.  XLIV.  Theodoret.  1.  c.  I,  25. 

8  Orig.  1.  c.  II,  7.  Tertull.,  De  resurr.  carn.  2;  Append.  zu  De  praescr.  c.  51. 
Epiph.,  Haer.  XLIII. 


7.  Ser  ©nofticiämuä. 


179 


betrachtet.  3fjr  $ated)umenat  füll  eine  gcitlang  fe£;r  ftreng  getoefen  fein,  ©te 
rühmte  fidh  ihrer  jaljlreidjen  30Zärtt)rer  im  ©egenfat)  ju  anbern  ©eiten,  bie  ba§ 
Wartprtum  flohen,  ©o  mar  biefe  spartet  hoppelt  gefäJjrlidj,  unb  rnenn  and; 
(nad)  Sertutlian)  il)t  ©tifter  fpäter  9teue  empfanb,  fo  fonnte  er  bod),  bom 
Sobe  ereilt,  ba§  bon  ilfm  angeftiftete  Unheil  nicpt  met;r  gutmadfen1. 

Wit  Warcion»  Sehre  bermanbt  ift  bie  be§  bialeltifd)  in  platonifdjer  ©djute 
gefnlbeten  Waler§  £)ermogene§,  ber  im  2.  $a!jrf)unbert  in  ßartfiago  lebte 
unb  bie  ©rfdjaffung  ber  Söett  au§  nichts  beftritt.  ©§  giebt  nad)  iprn  eine 
emige  Waterie,  au§  ber  ©ott  al§  £>err  bie  2Belt  bilbete;  aber  ein  Seil  ber= 
felben  miberftrebte  ber  organifterenben  (panb  ©otte§  unb  lief  fidj  nicht  bon  ipr 
gefallen,  moper  ba§  Mangelhafte  unb  ba§  53öfe  in  ber  2Belt  flammt.  9tad) 
1  Wof.  1,  2  mar  ber  Söeltftoff  fdjon  borper  borpanben,  epe  ©ott  baran  ging, 
biefe  eigenfdjaftslofe  Waffe  teilmeife  unb  nad)  unb  nad)  ju  formen,  ©r  napm 
alfo  jmei  emige  ^ßrinjipien  an:  ©ott  unb  bie  £)ple,  beftritt  aber  aud)  bie 
©manationen  ber  ©noftifer.  Sie  ©eeleit  foH  er  au§  ber  Waterie  abgeleitet 
pabett.  3pm  mirb  and)  bie  Sepauptung  jugeftprieben ,  ©priftuS  pabe  feinen 
Seib  in  ber  ©onne  (nad)  5ßf.  18,  6)  pinterlegt,  bie  Samonen  aber  mürben 
julept  in  bie  Waterie  aufgelöft.  $ermogene§  mar  für  fiep  9tationalift ,  opne 
eine  Partei  ober  ©eite  bilben  ju  fönnen;  feine  Semeiöfüprungen  maren  rein 
bialeftifd)e  ©oppi§men2. 

E.  Sie  Soteten  unb  ©nfratiten. 

Duetten:  Iren.,  Adv.  haer.  I,  28.  Philosoph.  VIII,  8 — -11.  16;  X,  16 — 18. 
Cletn.  Alex.,  Strom.  I,  21.  Epiph.,  Haer.  XLVI.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  20. 

Sen  allgemeinen  ©attungSnamen  Soleten  legen  bie  „^pilofoppuntena" 
einer  befonbern  ©eite  bei,  melcpe  ben  erften  ©ott  mie  ben  ©amen  eine§  $eigen= 
bäumet  baepte,  ganj  gering  an  ©röpe,  aber  ber  Wacpt  nad)  unenblicp,  au§ 

1  Sic  Verbreitung  ber  SOtarcioniten  {Epiph.  1.  c.  XLII,  1)  bezeugt,  bap  fie  fepon 
£>  e  g  e  f  i  p  p  u  £  (bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  22)  ertoäpnt,  bap  fdjon  SfuftinuS  unb  Stpobon, 
Speoppilug  oon  3lntiod)ien,  ^»ippotpt,  )ppitipp  bon  ©ortpna,  DJlobeftuö  unb  biete  anbere 
fie  befämpften  {Euseb.  1.  c.  IV,  11.  24.  25;  V,  13;  VI,  22),  Sionpä  bon  ßorintp  bie 
Ulitouiebier  bor  ipnen  ioarnte  (ibid.  IV,  23),  bie  SUeyanbriner  fttemen§  unb  Drtgeneä 
fie  häufig  berüeffidptigten.  Speoboret  (Ep.  113)  taufte  10  000  fDtarcioniten.  Über  bie 
marcionitifcpe  Saufe  bgt.  üfteanber,  ßircpengefdjidjte  I,  171;  über  bie  fUtärtprer  bei¬ 
seite  Euseb.  1.  c.  V,  16  fin.  3a  ©äfarca  in  ißatäftina  ftarb  unter  Vaterian  eine 
fDlarcionittn ,  unter  DJlajimiuuS  ein  marcionitifcper  Vifcpof  Stsflepiuä  ben  SJIartertob 
{Euseb.  1.  c.  VII,  12;  De  martyr.  Palaest.  c.  10).  Über  SDtarcionä  tepte  ©dpicffate 
bgt.  Tertull.,  De  praescr.  c.  30. 

2  Tertull.,  Adv.  Hermog.  Philosoph.  VIII,  17  (ed.  Miller  p.  273  sq.) ;  X,  28. 
'Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  19.  Boehmer,  Hermogenes  Africanus.  Sundiae  1832.  Leo¬ 
pold,  Hermogenes  de  origine  mundi  sent.  Budiss.  1844.  —  Sertuttian  (De  anima 
c.  1)  beruft  fidp  auf  feine  früpere  ©eprift  De  censu  animae  mit  ben  Sßorten:  De  solo 
censu  animae  congressus  Hermogeni,  quatenus  et  istum  ex  materiae  potius  suggestu, 
quam  ex  Dei  flatu  constitisse  praesumpsit,  nunc  ad  reliquas  conversus  quaestiones  etc. 
Sie  VJorte:  Pingit  illicite,  nubit  assidue  (Adv.  Hermog.  c.  1)  bejiepen  fid)  toopl  auf 
ba$  SJlalen  mptpotogifeper  ©eftalten  unb  bie  öftere  Verheiratung  ober  auf  einen  anti= 
montaniftifepen  ©tanbpunft  bejüglid)  ber  ätoeiten  @pe.  SOQaä  Speoboret  über  feine  Sepre 
bom  Seibe  ©prifti  berichtet,  beftätigen  bie  Philosoph.  1.  c.  unb  bie  Eclogae  propheticae 
n.  56  {Cletn.  Alex.,  Opp.,  cd.  Sylb.  p.  362;  Migne,  Patr.  gr.  IX,  724). 

12* 


180  Serbreitung  unb  SluSgeftattung  ber  Kirche  im  2.  Sahthunbert. 

bem  ber  33aum,  bie  33Iätter  unb  bie  grüßte  (bret  klonen  in  5  fUfof.  5,  22) 
herüorgtngen,  morauS  mieber  anbere  famen  (bie  breifng  Äonen,  aus  ihnen  un= 
jetzige  manmmeihltche  ©eiflet),  bie  ©chöpfttitg  ober  bon  einem  aus  bem  $euer 
enfffanbenen,  feurigen  ©oft  (bem  großen  9Ird)on)  Verleitete,  ber  bie  ©eelen  bet= 
führte,  fo  baff  fie  aus  einem  Sethe  in  ben  anbern  gemorfen  mürben,  meldfer 
©eefentoanberung  erft  ber  ©rlöfer  ©©halt  tl)at,  ber  bon  ben  breiig  Äonen  breiig 
3been  annaf)m  unb  ganz  bem  ^öd)ften  ©otte  gleid)fte£)t ,  nur  baf$  er  gezeugt 
ift,  bof)er  auch  nicht  bon  ben  fütenfehen  gefeiert  merben  fonn  - —  eine  2öeiter= 
bilbung  beS  älteren  SDofeftSmuS  unter  bem  ©tnffuffe  ber  balentinifd£>en  Sehren1. 
S3on  bem  oben  (©.  176)  genannten  ©offion  miffen  mir,  bafi  er  mittels  ber 
3IHegorie  in  baS  5Itte  Seftament  feine  3been  £)irteintrug ,  mie  bieS  nicht  blofi 
biefe  borjugSmeife  loteten  genannten  ^äretifer,  fonbern  bie  ©noftifer  überhaupt 
traten ;  bah  er  1  Sliof.  3,  21  unter  ben  Sierfellen  bie  menfchlichen  Seiber  ber= 
ftanb,  in  5Ibam  ein  ©bmbol  ber  aus  bem  himmlifdien  3uftanbe  herabgefatlenen 
©eelen  fah,  aus  ber  SSerbinbung  mit  ber  Materie  alles  33öfe  ableitete  unb 
ftrenge  ©ntfinnlidiung  forberte,  maS  mit  ber  gefdfilberten  ©effe  bereinbart 
merben  fann,  mährenb  uns  Clemens  bon  Uejanbrien  über  bie  fpefitlafibe  Sehre 
©affianS  feine  meiteren  5Iuffd)füffe  bietet. 

©ehr  nahe  bermanbt  mit  legerem  ift  ber  Slffgter  (©prer)  Saft  an,  früher 
©chüfer  beS  fDfärlprerS  SuftinuS,  SSerfaffer  einer  ©chu|fd)rift  für  bie  ©hriften 
fomie  anberer  ©chriften,  fpäter  Srrlehter.  @r  nahm  mit  Anbetungen  bie  balem 
tinifefje  Aonenlehre  an,  behauptete,  2'tbaut  als  Urheber  ber  ©ünbe  fmbe  nicht 
felig  merben  fönnen,  lehrte  einen  fchtoffen  ©egenfat)  jmifchen  bem  5Ilten  unb 
ffteuen  SEeftament,  erflärte  bie  ©he  mie  febe  Berührung  mit  ber  ÜJiaterie  als 
©i|  beS  SSöfen,  namentlich  aud)  ben  ©enitfe  bon  2Bein  unb  ^leifd)  für  un= 
erlaubt,  ©iefe  legieren  praftifdjen  Sehren  nahmen  bie  ©nfratiten  an,  bie 
beim  9Ibenbmaf)le  nur  SBaffer  gebrauchten  (baher  ^pbroparaftatai,  fKquatier)2. 
©in  grneig  berfelben  maren  bie  ©eber inner,  bon  einem  gemiffen  ©ebetuS 
fo  genannt,  melcpe  bie  paulinifefjen  SSriefe  unb  bie  5lpoftelgefd)ichte  bermarfen3. 
©ie  ©nfratiten  mürben  in  ihrer  SebenSmeife  mit  ben  ©pnifetn  beglichen;  ihr 
fJtame  fepon  foHte  ihre  ©nthaltfamfeit  bezeichnen,  bie  aber  aus  ©eftenhochmut 
herborging4.  SEatianS  ©bangelienhartnonie,  in  ber  bie  ©eneafogie  ©hrifti  bon 

1  Sn  ben  Philosoph.  VIII,  8 — 11;  X,  16  mirb  ber  üftame  Stofeten  mof)t  ironifcf) 
ftatt  bon  doxslv  (fcheinen)  bon  dozög  (Satten)  abgeleitet  (bgl.  SJlattf).  7,  3  f.  Suf.  6,  41  f.). 

2  Stad)  Stheoboret  (Haer.  fab.  I,  20)  märe  Station  ba§  §aupt  ber  ©nfratiten, 
mährenb  ©piphanius  (Haer.  XL VI,  1;  XL VII,  1)  beibe  trennt,  Stach  3)renäu§ 
(Adv.  haer.  1.  c.  unb  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  29)  bliebe  e§  zmeifetfiaft ;  aber  in 
Philosoph.  VIII,  20  ift  Satian  gang  bon  ben  ©nfratiten  gerieben  unb  bon  ben  letzteren 
aitgbrücftid)  berfichert,  baff  fie  bie  toahre  Sehre  bon  ©ott  unb  bon  ©tfriftuS  hatten. 
©ufebtuS  (1.  c.  IV,  28)  ermahnt  nur  atg  ©erücl)t,  baff  Satian  ber  ©tifter  ber 
©nfratiten  fei.  Sen  Srrtum  betreffs  ber  ©etigfeit  SlbantS,  ben  $renäu§  (1.  c.  III,  23) 
miberfegt,  teilten  fie  mit  Satian  (ibid.  I,  28,  1).  —  Sitteratur  über  Station  f.  bei 
Sarbenhemer,  Sftutrologie  (2.  Stuft.)  ©.  51  ff.  ©hrharb,  Sie  attdjrifit.  Sitteratur 
unb  ihre  ©tforfchung  bon  1884 — 1900  ©.  235 — 242. 

3  Über  bie  ©eberianer  bgt.  Euseb.  1.  c.  IV,  29.  Theodoret.  1.  c.  I,  21.  Epiph. 
1.  c.  XLV. 

4  Sen  ©nfratiten  legt  £)rigene§  (C.  Cels.  V,  65)  bie  Sermerfung  ber  pauti= 
uifdfen  SSriefe  bei ;  mahrfdjeintich  finb  aber  hierunter  bie  ©eberianer  ju  berftehen. 


7.  Ser  ©nofticiSmul. 


181 


$aöib  meggelaffen  mar,  mürbe  and)  in  fat^o!ifd)en  Greifen  bi§  in»  4.  3aßr= 
^unbert  benutzt,  nad)  unb  nad)  aber  au§  bent  ©ebraucße  öerbrängt1. 

III.  Die  ßcörntitmj  Des  ©noflirismus  nnö  btr  Hcaktum  iier  fiivdjc  gegen  öenfelbett. 

2)ie  gnoflifdje  Vemegung  trat  glcid)äeitig  mit  ber  Verbreitung  be§  ©ßriftem 
tuin§  außerßatb  3etmfatem§  auf.  SDie  Vpoftet  faßen  fid)  öerantaßt,  in  ben 
öerfd)iebetten  ©egettben,  mo  ©ßriftengemeinbeit  entftanben,  ben  gnoftifdjen  Sem 
benjen  entgegen  -$u  treten  (5lpoftetgefd)id)te,  Vriefe  ber  Vpoftet  $auiu§,  5ßetru§, 
3uba§,  3oßanne§,  ©baitgetium  be§  Soßamteä).  3sn  ber  uaeßapofiotifeßen  geit 
fanben  fid)  ebenfo  SgnatiuS,  ipolßfarp,  3uftinu§,  §erma§  biefer  9tid)tung 
gegenüber  unb  mußten  fie  befantpfen.  Vi§  in  ben  Anfang  be§  2.  3aßrßunbert§ 
geigten  fid)  biefe  falfdjen  gttoftifeßett  ©pefutationen  innerhalb  ber  d)rifttid)en 
©enteittben;  bie  Vnßänger  berfetben  fud)ten  burd)  perfönlicßett  Verfeßr  ©d)üter 
unb  ©enoffen  §u  finben.  Von  bort  an  traten  eingelne  güßrer  in  ber  59e= 
megung  offener  ßerbor.  ©ie  berfaßten  ©cßriften,  in  melden  fie  ilfre  ungefunbe 
unb  grunbfatfeße  Verfdftneläung  ber  pßitofopßifcßmißftifdjen  ©pefutation  mit  ben 
Seßren  be§  ©ßriftentum§  al§  tiefe  SBiffenfcßaft  entmidelten  unb  unruhige,  il)ren 
pßantaftifeßen  ©ßftemen  unb  ©irtmeißungen  gugänglicdie  ©eifter  an  fid)  ju  gieren 
ftrebten.  33efonber§  in  ben  großen  ©täbten  fndften  fie  Ütnßang  31t  gemimten, 
meil  bort  ber  Vobett  bureß  bie  ßeibnifdßen  ißßitofopßenfdjulen  am  befielt  bor= 
bereitet  mar.  Um  meßr  ©inbrud  gu  madfen,  fnüpften  fie  it)re  Ceßren  an  bie 
Überlieferung  bon  Vpoftelfcßütern  an.  Sann  entftanben  itt  biefen  Greifen  ga^I= 
reid)e  apofrßpße  ©d)riften,  fatfeße  ©battgeliett  unb  befonberl  uncd)te  Slpofte© 
gefd)id)ten,  tn  melcßen  bie  gnoftifdien  Vnfid)ten  in  91u§fprüd)e  be§  £)errn  unb 
ber  Vpoftel  gefleibet  uttb  in  ben  erbid)teten  ©c^idfalen  ber  Vpoftel  bie  gtto= 
ftifdjen  ©runbfäße  in  bie  ij3rari§  iiberfe|t  murbett2.  9lucß  jeßt  nod)  ging  ba§ 
Veftreben  baßin,  bie  Seßrett  im  ©ißoße  ber  eßrifttießen  ©cmeinbeit  fetbft  ju  ber= 
breiten ;  äußerlicß  bilbeten  bie  ©noftifer  aufätiglid)  feine  eigenen  retigiöfen  ©e= 
meinfd)aften,  getrennt  öon  ben  ©ßriftengemeinben.  ©o  mar  ber  ©noftici»mu§ 
bie  größte  ©efaßr  für  bie  &ird)e  im  2.  Saßtßunbert ,  um  fo  größer,  at§  bie 
fird)ticße  Sßeotogie  ttod)  menig  entmideft  mar,  unb  bie  ©tifter  ber  gttoftifeßett 
©dptleu  bie  Zeitige  ©cßrift  in  au§giebigfter  SBeife  itt  ißrett  ©pefulationen  ber= 
merteten.  Sebocß  bie  Vorfteßer  ber  ©ßriftengemeinben,  geftiißt  auf  bie  2eßr= 
Überlieferung  ber  Vpoftet,  erfattnten  bie  broßenbe  ©efaßr  unb  fd)toffett  bie 
3-üßrer  in  ber  gnoftifeßeu  Vetoegung  aus  ber  ^irdje  au§.  SDaraufßitt  grünbeten 
einzelne  berfetben,  befonber§  Vtarcion  unb  feine  Vnßäitger,  eigene  ßireßen, 

1  SatianS  ebayyiXtov  diä  zsarrdpwv  bei  Euseb.  1.  c.  Theodoret.  1.  c.  c.  20  fin. 
Epiph.  1.  c.  XL VI,  1.  ferner  ffßrieb  Satian  r.poßtynaza  über  bie  angeblichen  3Biber= 
fpriiehe  im  Stlten  Seftamente ,  bie  fein  fatI)oIifdß  gebliebener  <Sd)üler  tRßobon  miberlegte 
(Euseb.  1.  c.  V,  13),  bann  eine  ©eprift  n epl  zoü  xazd  z <>v  awrrjpa  xazapziop.oij  (Fragment 
bei  dem.  Alex.,  Strom.  III,  12,  ed.  Si/lb.  p.  197),  nach  Euseb.  1.  c.  IV,  29  izhvj&os 
ouyypapfjidziüv.  SSgl.  auch  ©.  X.  ©unf,  3ur  6hr°noIogie  Satianö  (Hird)engefihichtl. 
SIbhanbl.  II,  142—152). 

2  §arnad,  ©efd^icfßte  ber  altdjriftl.  Süteratur  bis  ©ufebiuS  I,  116  ff.  141—231. 
Sipfiuö,  Sic  apofrpphen  2lpofteIge)chichten  unb  3lpofteIlegenben.  2  S3be.  mit  ©uppl. 
iöraunfdhmeig  1883  ff.  Acta  apostolorum  apocrypba,  ed.  Lipsius  et  Bonnet  I,  Lips. 
1891 ;  II,  1,  ibid.  1898. 


182 


SSerbreitung  unb  2lu§gefialtung  ber  ßirdfje  im  2.  Satjrbunberf. 


treidle  fie  ber  allgemeinen  ^irdje  entgegenfteHten ;  fie  fugten  neben  ben  red;t= 
gläubigen  djriftlidjen  ©emeinben  ihre  befonbern  ©enoffenfdiaften  ju  organifieren, 
roaS  am  meiften  ben  9Jtarcioniten  gelang. 

Oaneben  traten  phiM°ÜhÜ$  gebitbete  fircblicfje  ßeljrer  bem  ©nofticiSmuS 
entgegen,  um  beffen  ©pfteme  311  miberlegen.  33on  btefer  ßitteratur,  meldje  in  ber 
3eit  bon  etwa  130 — 190  entftanb,  ift  uns  blofj  bie  ©djrift  beS  f)L  SrenäuS 
„(Segen  bie  fiärefien",  meldje  gleidjfam  ben  fHbfchlufj  berfelben  bilbet,  bollftänbig 
erhalten1.  Oie  ^irdjenfdjriftfteller  befeimpfen  bie  ©noftifer  fomofil  mit  ber 
©djrift  unb  ber  ^ircbenlefjre  als  mit  philofophifcben  ©riinben,  befonberS  auS 
ber  iDfetaphpfif  unb  ber  ÜRoral.  Sie  machen  geltenb :  a)  bie  Übereinstimmung 
ber  fatljolifchen  Selfre  an  allen  Orten  im  ©egenfape  311  ber  Uneinigfeit  unb 
3erriffenf)eit  jener  ©eften;  b)  baS  unfittlidje,  §ügeIIofe  Seben  in  ben  meiften 
berfetben  unb  ifjre  unfittlidjen  ©runbfä|e;  c)  ben  b£ibnif<ben  Sljarafter  unb 
Urfbritng  ihrer  fiepren,  ber  bis  3ur  Entäußerung  alles  ©^rtfHicben  fortfehreitet; 
d)  bie  Unbaltbarfeit  unb  bie  inneren  Söiberfprüdje  in  ihren  ^ringipien,  nament= 
lieb  bie  Trennung  ber  ©djöpfung  bon  bem  hödjften  ©ott,  baS  gurüdfaHen  beS 
SSortnurfS  ber  9Jtangelf)aftigfeit  auf  bie  hödjfte  ©ottfjeit ,  ben  ißrogrejj  bis 
ins  Unenblicpe,  bie  33ertnenf<blicbung  ber  ©ottheit  (31nthropomorp£)iSmuS  unb 
31nthropopatf)iSmuS),  bie  falftbe  Sluffaffung  beS  23erhäItniffeS  §tt)if(ben  ber  Sbeal= 
unb  ber  ©innenmelt,  bie  Entmürbigung  beS  ErlöferS  unb  beS  hödjften  ©otteS 
burch  bie  ihnen  3ugef<briebene  Oäufdjung  ber  5Dtenfd)en  unb  bie  üüccommobation 
an  unmahre  unb  falfd)e  23orftelIungen  unb  Einrichtungen;  e)  bie  fRicptigfeit 
ber  angeführten  33emeife  aus  gaplen  unb  Suchftaben,  aus  mißbeuteten  ©chrifD 
Stellen,  aus  unterfd)obenen  angeblich  ^eiligen  33iid)ern,  aus  einer  nur  menigen 
anbertrauten  geheimen  Überlieferung,  aus  heibnifdjen  93ipthen  u.  f.  f.  Oagegen 
jeigen  fie  pofitib  f)  bie  Übereinstimmung  beiber  Oeftamente,  ben  gmed  unb  bie 
Söirflidjfeit  ber  Snfarnation,  bie  alleinige  ©taubmürbigfeit  ber  in  ber  Kirche 
bettahrten  Urfunben  unb  ihrer  Etblepre,  bie  Erhabenheit  beS  bon  EfjriftuS  an= 
georbneten  Kultus,  befonberS  in  ber  Eucpariftie,  bie  53emeiSfraft  ber  apofto= 
lifdhen  Nachfolge  unb  ber  in  ber  Birdie  fortbauernben  ©nabengaben.  Oer 
falfchen  ©nofiS  Stellen  fie  bie  edjte  auf  bem  ©lauben  beruhenbe  firchlicpe  ©nofiS 
entgegen,  bie  ben  tf)eoretifd)  unb  praftifch  boüfommenen  cbriftlicpen  SBeifen  als 
ben  mapren  ©noftifer  3eigt.  Sebocp  nicht  bloß  in  ©epriften,  fonbern  au<p  in 
bielen  münblicpen  Vorträgen  mürben  bie  gnoftifipen  ^rrtitmer  bon  ben  perbor= 
ragenbften  TOännern  ber  Kirche  befämpft2. 

Oie  33ebeutung,  meldje  ber  ©nofticiSmuS  für  bie  Entmidlung  innerhalb 
ber  $ird)e  felbft  gehabt  hat,  mirb  bielfad)  überfcpä|t  unb  nad)  einem  borher 
angenommenen  ©pftem  über  biefe  Entmidlung  beurteilt.  Sn  bie  religiöfen 


1  @.  oben  ©.  135  f.  bie  befannten  Siitel  ber  (Schriften. 

2  3u  ben  einäelnen  ißunften  Oergleicpe:  a)  Iren.,  Adv.  haer.  11.  5.  Tertull.,  De 
praescr.  b)  SBefonberS  Clem.  Alex.,  Strom,  c)  Philosophumena.  d)  Iren.  1.  c.  II,  1  sq. 
Tertull.,  Adv.  Valentinian. ;  Adv.  Marc.;  De  carne  Christi  unb  jonft.  Origeneg  in 
oielen  §omiIien.  e)  $renäu§,  Origeneg,  Sertuttinn.  f)  Iren.  1.  c.  I,  10;  III,  1  sq. ; 
V,  1  sq.  Clem.  Alex.,  Strom.  VII,  17  sq.  Über  bie  djriftl.  ©nofig  Ogi.  ibid.  I,  20; 
II,  2.  4.  6;  VII,  10.  ©djön  jagt  $renäug  (1.  c.  IV,  33,  8):  $ie  toafjre  ©nofig  ift 
Tj  tüv  d.uocsT6Xa>v  didayjj  xai  tu  äpyacov  Trjg  ixxXrjmag  au<rrrj[j.a. 


8.  Ser  ÜJtontaniStnuä. 


183 


©laubenSanfiditen  bei-  ßirdpe  tote  in  bie  liturgifdhe  prapiS  ber  ©enteinben  ift 
Dom  ©nofticiSntuS  nichts  übergegangen ;  bie  Spefulationen  ber  gnoftifdjen  Selfrer 
mürben  bnrd)  bie  firdblicben  Sdbriftfteüer  Dötlig  abgemiefen1.  5ludj  auf  bie 
©ntmidlung  ber  ^ircpenberfaffung  bat  bie  gnoftifdje  Semegnng  feinen  l?ofitxöen 
©influf;  auSgeübt.  Oie  3lutoritüt  ber  33ifd)öfe  als  fßorfteber  ber  ©enteinben 
unb  al§  Vertreter  ber  apoftolifdjen  2el)rüberlieferung  ift  nicht  erft  ermacpfen 
aus  ber  fföotmenbigfeit,  ficb  gegen  baS  ©inbringen  beS  ©nofticiSntuS  ju  mehren. 
Sic  3I6meifung  ber  iparetifer  erfolgte  Dielmehr  auf  ©runb  ber  beftehenben  unb 
angenommenen  epiffopalen  Autorität  in  ber  ©emeinbe.  Oiefe  «Stellung  ift 
höchftenS  geftärft  morben  infolge  ber  praftifcpen  Folgerungen,  melcpe  bem  ©nofti= 
ciSmuS  gegenüber  barauS  gezogen  mürben.  2öof)l  aber  fahen  fid)  bie  firdblicben 
2$orftef)er  unb  Sebjrer  beranlajjt,  angeficptS  ber  gnoftifdien  Fälfd)ungen  ihre 
Sorgfalt  ber  Feftfteüung  ber  mirflicf)  Don  ben  Dlpofteln  unb  ihren  Schülern 
herrührenben  heiligen  Schriften  ju  mibmen  (®anon  ber  ^eiligen  Schrift). 

8.  Ser  fDtontaniSmuS. 

Quellen.  —  S3rief  ber  ßirde  bon  Spon  unb  58ienne,  bei  Euseb. ,  Hist.  eccl. 
V,  3 — 4.  Sertullian,  mehrere  ©driften  aug  beffen  montaniftifder  Seit  (58  a  r  b  e  n= 
peloer,  tjlatrotogie  [2.  Stuft.]  ©.  157  ff.).  Ps.-Tertull.,  Libellus  adv.  omnes  haereses, 
als  2tppenbi£  5U  De  praescript.  c.  7.  Stntimontaniftifde  ©driften  bei  Euseb.  1.  c. 
V,  14.  16  — 19.  Philosophumena  VIII,  19;  X,  25.  Epiph. ,  Haer.  XL VIII.  XLIX. 
Philastr.,  De  haer.  c.  49.  Eidymus,  De  Trinitate  III,  41  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXIX, 
984  sqq.).  £>.  ©.  58oigt,  ©ine  berfdottene  Urfunbe  beS  antimontanifttfden  Kampfes. 
Seipjig  1891.  ©.  SftotffS,  Urfunben  au§  bem  antimontaniftifden  Kampfe  be§  2tbenb= 
tanbeS  (Sejte  unb  Unterfudungen  XII,  4.  ßeip^ig  1895).  $.  fjriebrid»  Über  bie 
GenoneS  ber  SEJlontanifien  bei  §ieronpmuS  (©itumgSberidt  ber  58aper.  Sttabemie  ju 
tüliinden  1895,  ©.  207 — 251).  3  ift  er  er,  pprpgier  ober  Äatapprpgier  (Süb.  Speot. 
Quartatfdr.  1892,  ©.  475—482). 

Sitteratur.  —  G.  Wernsdorf,  De  Montanistis.  Goth.  1751.  Kirchner,  De 
Montanistis.  Ienae  1831.  ©d  tue  gier,  Ser  ÜDtontaiüSmuS.  Sübingen  1841.  58on= 
toetfd  /  ®ie  ©efd-  beS  SOtontaniSmug.  ©rtangen  1881.  2Ö.  58  et  cf,  ©efd-  be§  2Jtonta= 
nigmuö.  58ertin  1883.  Sie  Sböerte  über  Äetjergefdidte  bon  SBald  unb  £>itgenfetb 
f.  oben  ©.  106.  Sp.  3aPn,  Sie  Gpronotogie  be§  fDIontaniSmug.  fjorfd-  Jur  ©efdidte 
beS  Äanonö  V,  1—57.  2Ö  einet.  Sie  SBirfungen  beg  ©eifteg  unb  ber  ©eifter  im  nad= 
apoft.  3eitalter  big  auf  Srenäug.  ^reiburg  i.  58.  1899. 

1.  3>n  Pbrpgien,  ber  Heimat  beS  föbroärmerifdjen  $t)belebienfteS,  entftanb 
nad)  ber  fDtitte  beS  2.  3aI)rl)unbertS  eine  fanatifcpe,  menn  aud)  Don  fittlicpen 
Sntercffen  angeregte  Partei,  meld)e  bie  Kirche  auf  eine  höhcre  ©tufe  ber  @nt= 
midlung  burd)  praftifcpen  ÜfigoriSniuS  unb  falfdpen  Spiritualismus  ju  erheben 
Dorgab.  fDfontanuS,  ber  früher  l)eibnifd)er  priefter  (ber  $pbele?)  gemefen  fein 
foll,  hQttc  fid)  jum  ©ptiftentum  befel)rt  unb  erfaßte  eS  mit  lebhaftem,  aber 
unerleudptetem  ©ifer.  33alb  glaubte  er  fid)  befonberer  göttlicher  Offenbarungen 
gemürbigt,  Derfiel  in  heftige  ©fftafen  unb  begann  in  23erbinbung  mit  jrnei 
Frauen,  pri  Scilla  (aud)  priSca)  unb  füfajimilla,  bie  er  für  Prophetinnen 


1  2Jlit  llnredt  behauptet  £>arnacf  (Über  ba§  gnoftifde  58ud  Pistis-Sophia  [Sejte 
unb  Unterfudungen  VII,  2],  Seip^ig  1891),  bag  58ud  ber  Pistis-Sophia  pabe  bag 
58upfatrament  eingefüprt  unb  eg  fei  barin  bie  58orgefdidte  be§  fatpolifden  ,,©afra= 
mentiämuä"  3U  erfennen. 


184 


Serbreitung  unb  2lu§geftaltung  ber  tlircpe  im  2.  3af)r^urtbert. 


auSgab,  p  weisfagen  unb  p  lehren ü  Sie  behaupteten,  baS  SBeltenbe  fiepe  nahe 
bebor,  fo  baff  fie  bie  lebten  Propheten  feien;  bie  Böpe  beS  göttlichen  ©ericptS 
üertange  ein  ftrengeS  unb  he^iöe§  Sehen  unb  Erhebung  beS  BeicpeS  ©otteS, 
baS  [ich  üor  ©priftuS  nod)  auf  ber  ©tufe  ber  $inbpeit  befunben,  burcp  ©priftuS 
unb  bie  Slpoftel  baS  Jünglingsalter  erlangt  pabe,  pr  botlen  Steife  beS  männ= 
liefen  SllterS ;  bie  SJtittel  bap  habe  (Sott  burch  SBontanuS  unb  feine  (Gehilfinnen 
befohlen,  bie  fid)  genugfant  bttrcb  bie  in  ber  ©fftafe  üerfünbigten  SBeiSfagungett 
als  feine  Organe  legitimiert  hätten ;  bie  Prophetie  fei  im  Beuen  Bunbe  fo 
nottoenbig  als  im  Sitten,  unb  ihre  nottoenbige  gorm  fei  bie  ©fftafe,  ber  3u= 
ftanb  ber  Bewußtlofigfeit  unb  ber  Betpdung;  eine  weitere  Beglaubigung  ihrer 
©enbung  liege  barm,  baff  fie  am  ©tauben  ber  Kirche  nichts  änberten,  fonbern 
nur  auf  tieferes  BerftänbniS  ber  ^eiligen  ©cprift  unb  auf  ftrengere  Qnfyt  pin= 
gielten.  Oie  letztere,  bie  Bebingung  ber  Erhebung  ber  Kirche  in  baS  Sitter 
ber  SBanneSreife,  beftanb  1)  in  bem  Berbot  ber  jweiten  ©pe,  bie  eine  UnüoH= 
fommenheit  unb  fittlicpe  ©d)Wäd)e  fei;  2)  in  längerem  unb  gefdjärftem  gaften, 
befonberS  in  ber  Befcpränfitng  auf  ben  ©enuff  trocfener  unb  ungelochter  ©peifen 
(Xerophagien)  unb  in  bem  (Gebote ,  bie  früher  meift  freiwillig  übernommenen 
ober  btof  im  ^erfommen  begrünbeten  gaftenjeiten  als  allgemein  üerbinblid)  p 
betrachten  unb  biefelben  bis  an  ben  SIbenb  p  oerlängern ;  3)  in  bem  Berbote 
ber  flucht  in  ber  Berfolgung  unb  ber  allgemein  feftgefteüten  Pflicht  pm  SBar= 
tprium;  4)  in  ber  Behauptung,  bafj  bie  fcpwerereu  ©ünben,  wie  SIbfall,  SBorb 
unb  Unpcpt,  in  ber  Kirche  niemals  eine  bolle  Bacplaffung  finben  lönnten, 
fonbern  mit  beftänbiger  StuSfcpliefpng  bon  ben  §eilSmitteIn  p  beftrafen  feien, 
worin  man  bis  pr  Seugnung  ber  firchlichen  ©cplüffelgewalt  fortfehritt;  5)  in 
ber  Berwerfung  beS  förperlichen  ©chmucfeS  unb  f?u|eS,  prnal  bei  grauen,  ber 
Übernahme  weltlicher  Stmter  fowie  beS  $riegSbienfteS  feitenS  ber  ©priften ,  ber 
SBalerei  unb  Bilbhauerfunft,  ber  profanen  SBiffenfcpaften;  6)  in  ber  gorberung, 
baff  alle  Jungfrauen,  nicht  bloß  bie  befonberS  ©ott  geweihten,  berfcpleiert  ein= 
hergehen  müßten;  7)  überhaupt  in  einem  foppen  dufferen  SBanbel,  wie  ipn  bie 
halb  erwartete  SBieberfunft  ©prifii  unb  baS  angeblid)  beöorfiepenbe  taufenbfährige 
Beid)  beS  §errn  als  jwecfmäfjig  unb  notwenbig  erfepeinen  liefen. 

Oie  Bewegung  breitete  fiep  rafcp  in  bem  pprpgifdjen  SBpfien  unb  ben 
umliegenben  Säubern  aus.  ©injelne  ©läubige,  befangen  in  ber  Erwartung 
ber  nahen  SBieberfunft  ©prifti,  begaben  fiep  p  ben  neuen  Propheten.  Oa 
irbifeper  Befip  angefid)tS  biefer  ©rwartung  faum  nod)  SBert  halte,  überließen 
manche  ipre  §abe  ben  Sßroppeten,  Welche  biefe  Büttel  pr  Berbreitung  ber  neuen 
gSroppetie  benutzten.  Beben  ben  ©tiftern  ber  Partei  erfepeinen  als  perborragenbe 


1  SibpmitS  (De  trin.  1.  VIII,  v.  fin.)  nennt  ben  SJtontanuS  kpsbg  ddwXou, 
§  i  e  r  o  tt  p  nt  u  S  (Ep.  27  ad  Marcell.)  abscissus  et  semivir.  ©cploegler  (Ser 
BtontanidmuS  <5.  243)  wollte  ben  SJlontanul  famt  feinen  Prophetinnen  für  mptpifepe 
Berfonen  erllären,  >oa§  bie  gefcpicptlicpen  geugniffe  gerabeju  umftofjen  peifft.  Über  bie 
geit  be§  erften  Sluftretenä  beS  SJtontanuS  finb  bie  geugniffe  fdjtoanfenb.  Stad)  Euseb., 
Clu'on.  ad  Olymp.  238  ( Migne ,  Patr.  gr.  XIX,  563)  Ware  ba§  gapr  172  anpnepnten, 
nad)  Epiph.,  Haer  LI,  33  ettoa  135  ober  and)  126,  naep  ibid.  XL VIII,  1  aber  157, 
nad)  ibid.  XL VIII,  2  eine  nod)  früpere  geit.  ©id)er  beftanb  ber  iötontani§mu§  fepon 
meprere  gupre  bor  177. 


8.  ®er  9Jtotttani3niu3. 


185 


Btitglieber  ein  gemiffer  Opeobotu§,  ber  eine  befonbere  «Stellung  innepatte 
(imrpoTrog),  ein  Opemifon,  ber  ein  Schreiben  ju  ©unften  ber  fßroppetie  ber= 
fa^te,  ein  Btejanber,  ber  fid)  al§  Btärtprer  au^gab. 

Anfangs  jaulte  man  bie  Bnpänger  be§  BlontanuS  noch  nidjt  ju  ben 
^rrleprern,  jutnal  ba  fte  am  ©lauben  ber  ^ircpe  feftju^alten  fcpienen.  ©ittige 
pielten  ipn  für  geifteSfran!  ober  für  befeffen,  ober  für  einen  fallen  )ßropßeten 
unb  ©djmärnter,  anbere  mürben  betört  ober  in  iprent  Urteil  fcpmanlenb.  Oie 
Bifcpöfe  3otifuä  bon  Montana  unb  Sulian  bon  Bpamea  fomie  ©ota§  Don 
2lncpialu§  mottten  ben  Oämon  au§  ben  beiben  grauen  au  §  treiben  unb  fie 
belehren,  mürben  aber  bon  bereu  Bnpättgern  gepinbert.  Oie  Bifcpöfe  ber  Urm 
gegenb  hielten  bespalb  häufige  3uf ammenliinfte  (bie  erften  ©pnoben)  unb 
bekämpften  fie  in  ©djriften;  bie  meiften  Biropen  faf>en  fie  für  päretifdj  an, 
obfc£)on  bie  äußere  ©ittenftrenge  unb  ba§  Beßarren  bei  ber  ®ircpenleßre  feßr 
ju  ißren  ©unften  fpracp.  2lber  ba  bie  Seite  prinzipiell  bie  Autorität  jebe§ 
efftatifdjen  fßropßeten  feftftetlte,  mar  aud)  für  ©taubenSneuerungen ,  mie  fie 
fpäter  perbortraten,  ber  2öeg  gebapnt.  ©obann  geigte  fiep  aud)  bei  ipnen  ber 
©eftenpoepmut,  inbem  bie  Btontauiften  als  ^3ncumatifer  nad)  2trt  ber  ©noftifer 
fiep  gegen  bie  $ird)e  erpoben,  bie  naep  ipnen  nur  au3  fßfpcßtfetn  beftanb.  ©ie 
entftetlten  aber  aud)  ben  begriff  ber  $ircpe,  inbem  fie  bie  ,,©eifte§!ircpe"  ber 
bom  fßarallet  ©rteud)teten  ber  ^?ircpe,  bie  nur  „eine  3apt  bon  Bifdjöfen"  ift, 
gegeniiberftetlten ,  ba§  firdjlicpe  2Imt  unb  bie  natürliche  (Entfaltung  beSfelben 
mißachteten ,  ben  Saien  priefterlicße  Berricßtungen  guteilten ,  bie  ©eroalt  ber 
©dptüffel  im  Binben  unb  Söfcn  mitlfürlid)  befdjränften ,  bie  5pribatinfpiration 
ber  ©injelnen  als  pöcpfte  Beglaubigung  auSgaben  unb  burdj  eine  ber  Baferei 
napelommenbe  Berjüdung  aHe§  fircplicße  Seben  regeln,  einer  übertriebenen  ©trenge 
bie  Baßtt  ebnen  mollten  *. 

2lud)  im  Bbenbtanbe  erpiett  man  batb  $unbe  bon  ben  neuen  ^ßroppeten 
unb  ipren  Begebungen,  Oie  ©eineinbe  bon  2p on  in  ©allien,  melcpe  enge 
Bedungen  mit  bem  Orient  patte,  fap  fid)  beranlaßt,  ju  ber  ©ad)e  fid)  ju 
äußern,  gerabe  möprenb  bie  Berfolgung  bei  ipr  mietete  (177).  Oie  Be= 
fentier  feprieben  au§  bem  Werter  au  bie  Brüber  in  Bfien  unb  ^ßprpgien ,  unb 
an  ben  Sßapft  ©leutßeru§.  ©päter  fpradpen  fid)  bie  ©prifien  biefer  Kirche  in 
einem  befonbern  ©utaepten,  in  melcßeä  jene  beiben  ©epreiben  aufgenommen 
mürben,  über  bie  montaniftifepen  Beftrebungcn  au§.  ©s  ift  fein  3'beifel,  baß 
fie  biefe  bermarfen,  infofern  biefelben  gegen  bie  lircßücße  2epre  unb  bie  Orbnung 
ber  ©emeinben  gerichtet  maren;  beim  ©ufebiits,  ber  biefe§  Bftcnftüd  fannte, 
nannte  e$  ein  ftuge§  unb  rechtgläubige»  ©epreiben1 2.  3U  ftreng  mürbe  an= 


1  9U§  Sdjriftftelter  gegen  bie  SDlontaniften  traten  auf  BHUiabeS  (nspl  roü  / irj  dslv 
izpoprjTrjv  iv  ixorricrsi  AaAsiv  [ Euseb .,  Hist.  eccl.  V,  17]),  ©laubiuS  2lpoUinari3,  2lpol= 
loniui,  Serapion  öon  Slntiodpien,  ber  römifepe  ^rieftet  ©ajuö,  ein  Ungenannter  {Euseb. 
1.  c.  Y,  16.  18.  19;  VI,  20). 

2  Euseb.  1.  c.  V,  8.  ©8  loirb  oielfacp  behauptet,  bie  Sefenner  bon  Spon  feien 

montaniftifcp  gefinnt  getoefen  unb  patten  fid)  ju  ©unften  be$  2Jlontanu3  unb  feiner  Sin* 
pänger  auägefprodjen.  Stud  ber  ganjen  Sarftetlung  be§  ©ufebiu3  gept  bieä  niept  peroor. 
©per  ift  anjunepmen ,  baß  bie  ©laubigen  in  Spott,  toeil  bie  montaniftifdje  Bewegung 


186 


aSerbreituttg  unb  Sluigeftaltung  ber  ßircfie  im  2.  Qafjr^unbert. 


fängltd)  in  manchen  Greifen  be§  VbenblanbeS  ebenfalls  ber  ÜJJtontamSmuS  nicht 
beurteilt.  Oer  ©hiltaSmuS,  iene  Erwartung  be§  tauj- enb jährigen  9teid)e§  ©hrifti 
auf  ©eben,  f)ier  zahlreiche  Anhänger,  roie  bie  ©Triften  bon  3renäu§, 
£u.ppolt)tu§  unb  OertuHian  heweifen;  ba§  war  ber  Voben,  auf  bem  am  elften 
©t)mpathie  für  bie  neue  ^5ropf)etie  erwachfen  tonnte.  Oie  römifdfen  33ifd)öfe 
nahmen  anfänglich  eine  juritcffjaltenbe  ©tcllung  ein;  als  jebocf)  ber  wahre 
©harafter  ber  montaniftif^en  Bewegung  in  9tom  befannt  würbe,  berurteilte 
ein  ipapft  (Viftor  ober  gephhtin)  btefelbe  unb  fdflofi  bie  Rührer  unb  beren 
2lnf)önger  bon  ber  fitchlichen  ©emeinfchaft  aus *  1.  Oamit  war  baS  ©inbringen 
biefer  ungefunben  ©enbenj  in  bie  Kirche  abgefcbnitten. 

2.  Oie  Sehre  ber  Vtontaniften  erflärt  fid)  fowohl  burch  ben  VolfSdjarafter 
unb  bie  alten  9MigionSgef>röud)e  ber  ^3^rpgier  als  bie  füer  hefonberS  burch 
5ßapia§  genährten  unb  begierig  ergriffenen  Verkeilungen  bon  bem  tanfenbjäprigen 
Reiche  ©f^rifit ;  bann  bitrd)  bie  fortwälfrenbe  VuSficht  auf  fchwere  Verfolgungen 
unb  burd)  baS  reichliche  Vorfianbenfein  ber  ©eifteSgaben  in  ber  erften  $ird)e,  bie 
man  um  feben  ^reiS  fefthalten  wollte,  auch  al§  fte  feltener  ju  werben  anfingen, 
ba  bie  Kirche  ihrer  natürlichen  ©ntfaltung  mehr  unb  ntel)r  überlaffen  warb. 
Oiefelbe  artete  im  Saufe  ber  $eit  immer  mehr  aus,  unb  bie  Vtontanifien  fpal= 
teten  fiel)  betreffs  ber  fird)Iicf)en  Sehre  bon  ber  Oreieinigfeit ,  inbetn  bie  einen 
(Anhänger  beS  Vfd)ineS)  ben  (noetianifdjen)  Irrtum  annahmen,  ©hriftuS  fei 
zugleich  ©olfn  unb  Vater,  bie  anbern  (Anhänger  beS  ißrofluS,  gegen  ben  ber 
römifdje  ifkiefter  ©nfuS  fd)rieb),  bie  ben  $ßaraflet,  ben  bie  Stpoftel  nicht  patten, 
bon  bem  ihnen  berlief)enen  ^eiligen  ©eifte  unterfcpieben  hQöen  follen,  ber  tird)lid)en 
OrinitätSlehre  jugethan  blieben2.  Septerer  pulbigte  auch  ber  geiftreidje  Oer= 
tullian  in  Vfrifa,  ber  (jmifdjen  200  unb  202)  zu  ber  ©efte  übertrat,  ipr  ge= 
wanbtefter  Vnwalt  würbe  unb  bie  Partei  ber  SLertuüianifien  bafelbft  begrünbete, 
beren  le|te  Dtefte  erft  gegen  ©nbe  beS  4.  unb  Vnfang  beS  5.  3ahrhun^ert§  Zur 
Kirche  juriidfehrten.  Oie  Vtontaniften  im  Orient,  auch  Quintillianer,  OaSfo= 
bruggiten,  5lrtott)riten  u.  f.  f.  genannt3,  erhielten  fid)  bis  ins  6.  3afjr= 


erft  im  ©ntftehen  begriffen  War  unb  bie  ©enbeng  berfetben  fiep  niept  fo  flar  gezeigt 
hatte,  einen  Vermittlunggüerfucf)  gemacht  haben;  einen  beftimmten  23eweiS  bafür  haben 
mir  aber  auch  nicht. 

1  ©ertullian  (Adv.  Praxeam  c.  1)  berichtet,  ber  römifepe  Söifcpof  (ei  tann  nur 
S3iftor  ober  gephbrtn  getoefen  fein)  habe  bereiti  bie  ©emeinfehaftsbriefe  für  bie  3Dton= 
taniften  in  Äleinafien  ausgefertigt  gehabt,  ali  ein  2tfiate,  Ißra^eoi,  ihn  über  ben  9Jton= 
taniimui  näher  aufflärte.  Saraufpin  Würben  bie  Voten,  Welche  bie  Vriefe  überbringen 
füllten,  gurüctberufen,  unb  ber  Vapft  oerurteilte  bie  Partei  unb  beren  Slnpänger. 

2  SBai  ißfeubo  =  ©ertunian  (Adv.  haer.,  App.  gu  De  praescript.  c.  7)  über 
bie  Parteien  unter  ißrotlui  unb  2ifcf)ine§  fagt,  wirb  Philosoph.  VIII,  19  unb  Tlieodoret., 
Haer.  fab.  III,  2  beftätigt;  beibe  Vericpte  hängen  überhaupt  enge  gufammen.  ®ai 
©cflWanfen  ber  Üluifagen  über  ben  Snfpirator  ber  Propheten  (batb  ©ott  Vater,  batb 
bai  Sßort,  batb  ber  ©eift)  fpriept  für  eine  mobaliftifche  ©rinitätSIepre. 

3  Vamen  ber  ©efte:  a)  ßataphrpgier  (bon  ber  Heimat);  b)  Quintillianer  bon  ber 
Vrophetin  öuintiüa  ( Epiph Haer.  XLIX,  1);  c)  ©aifobruggiten ,  weil  fie  gum 
3eicben  ber  Slufmerffamfeit  ben  Seigefinger  ( ra<r/.o g)  an  bie  Vafe  (dpoüyyoc)  legten 
(ibid.  XLVIII ,  14) ;  d)  Vrtotpriten ,  weil  fie  Ääfe  (©pioi)  gum  Vrote  auf  ben  Slltar 
brachten  (ibid.  XLIX,  2).  $ie  festeren  Dtamen  bcgeicfjnen  wohl  befonbere  Parteien, 
©piphaniui  (1.  c.  XLIX,  1  sg.)  fcheibet  bie  üuintillianer ,  auch  ipriscittianer  unb 


8.  ®er  DJlontaniSmuS. 


187 


punbert1.  Der  ÜJlittelpunft  berfelben  mar  pepuja  in  ^3£)r^gien,  tno  aud)  ba§  neue 
Serufalem  fidj  perablaffen  follte  (baper  ber  Meinte  pepujianer),  baneben  Dimium. 
Das  Söeltenbe  Pefdpäftigte  bie  Seite,  nicht  n>ie  bie  ©noftifer  ber  ÜBeltanfang. 
3h«  2epre  nannte  fie  bie  „neue  proppetie" ;  fie  baepte  fiep  eine  $ottenbung 
be§  üon  Gpriftu§  begonnenen  burd)  bett  ^eiligen  ©ei ft  (ber  übrigen^  nid)t  mit 
5Dtontanu§  üerroecpfelt  mürbe,  ber  nur  fein  Organ  fein  mollte);  fie  rühmte  fiep 
gteiep  ben  btarcioniten  ihrer  üftärtprer  (befonber»  Dpemifon  unb  blei'anber). 
btontanu§  unb  TOajimiüa  füllen  nach  einem  ©eriiepte,  ba§  ein  alter,  g(eid)= 
jeitiger  Ülutor  mitteilt,  ihr  Seben  mit  bem  ©tride  geenbet  haben;  ihr  baffem 
üermalter  Dpeobotu§  foö,  al§  er  fiep  jutn  §)imtnel  erheben  mollte,  fläglich  ju 
©runbe  gegangen  fein,  befonberä  berühmt  unb  al§  Häupter  montaniftifeper 
Parteien  befannt  mürben  511fibiabe§  unb  pro!lu§.  §abfud)t  unb  ©efallen  an 
irbifepem  Dattb  mirb  ben  Prophetinnen  be3  DJlontanug  üorgemorfen.  Sind)  51t 
Dcrtullian»  3eit  fattb  fi<h  nod)  eine  foldje  proppetin  in  5lfrila,  bie  mei§fagte, 
Heilmittel  angab,  in  bie  Herren  bliefte ,  mit  ben  ©ttgeln  unb  mit  ©priftuS 
üerfeprte  (maprfdjeinlid)  §)ellfeherin ,  Somnambule) 2.  Sen  ©tauben  an  ba§ 
taufcnbiäprige  9tcid)  ©prifli  (©piliaSmuS),  mie  eine  iiibifdje  Dfterfeier,  melcpe 
fcplccptpin  am  14.  9tifan  gepalten  merben  müffe,  patten  bie  üftontaniften  mit 
anbern  Parteien  in  ^leinafien  gemein,  bie  fonft  niept?  bon  ber  „neuen  pro= 
ppetie"  miffen  müßten;  e§  gab  Pejiiglid)  ber  Dfterfeier  fdjon  fritpe  at§  päretifcp 
Pejeicpnete  Ouartob  ecimaner,  bie  heimlich  ba§  Subentum  eiitfüpren  ju 
mollen  fepienen3. 

3.  Die  33ebeutung  be§  2flontani§mu§  liegt  in  ber  Stellung,  meldje  ber 
inbioibuetlen  proppetifdien  Snfpiration  barin  beigelegt  mirb.  ©§  gab  in  ber 
apofioliftpen  unb  ber  unmittelbar  naepapoftolifepen  3c>t  in  einzelnen  ©emeinben 
©laubige,  melcpe  mit  bem  ©pariäma  ber  ptoppelie  au§gerüftet  maren.  2lu§ 
ben  Briefen  be§  pl.  paulu§,  au§  ber  Dibacpe  unb  anbern  Duellen  lernen  mir 
biefe  Propheten  unb  beren  Stellung  in  ber  ©emeinbe  naher  fennen.  3n  ber 
montaniftifepen  öemegung  oerfuepten  nun  einige  angeblich  befonberS  bom  Heiligen 
©eift  Snfpirierte  eigenmädptig,  opne  9tüdfid)t  auf  bie  beftepenbe  Drbnung  unb 
auf  bie  rechtmäßigen  fircplüpen  Sßorfteper ,  in  bie  ©ntmidlung  ber  $ircpe  ein- 
jugreifen  unb  neue,  untontrottierbare  gfaftoren  in  biefelbe  al§  maßgebenb  ein= 
jufüpren.  Die  ©rinnerung  an  bie  früheren  Propheten  unb  bie  eScpatologifcpen 
©rmartungen  boien  ber  SBemegung  anfänglich  bie  günftigen  Sebingungen  31t 
iprer  Ausbreitung.  Aber  bie  fir<plicpen  SBorfteper  erfannten  bie  ©efapr  unb 


iPepujianer ,  Artotpriten  als  xa-a  r iva  zporcox  non  ben  ÜJtontaniften  Derfdfjiebert.  $gl. 
ibid.  XLVIII,  1,  too  üon  einer  beftimmten  ©rfdjeinuttg  ©prifti  bie  Diebe  ift,  bie  man 
fi(p  gleid)  ber  Duintilla  ober  ipriSciüa  üerfepaffeu  fbnne.  Sie  SaSfobruggiten  Oerbinbet 
Speoboret  (Haer.  fab.  I,  9.  10)  mit  ben  SJJlarfofiern. 

1  ©efepe  gegen  bie  DJlontaniften  im  Cod.  Theodos.  De  haer.  1.  34.  40.  48.  57.  65; 
De  pagan.  1.  24.  Cod.  Iustinian.  I.  5,  1.  18 — 21. 

2  Tertidl.,  De  anima  c.  9. 

3  Sie  TsaoapsmaiSsxaztzat  erfdjeinen  bereits  Philosoph.  VIII,  18  (ed.  Miller 
p.  274  sq.)  als  £>äretifer.  Sßgl.  Epiph.  1.  c.  L,  1,  luo  biefelben  als  auS  ben  2Ron= 
taniften  unb  DuintiÜianern  peroorgegangen  bejeiepnet  merben ,  unb  Theodoret. ,  Haer. 
fab.  III,  4. 


188  SJerbreitnng  unb  StuSgeftattung  ber  ßirde  int  2.  fjfahr'hunbert. 

hielten  bie  neue  Diidjtung  Don  ber  $irdje  fern.  2öie  im  Kampfe  gegen  ben 
©nofitct§mu§  bie  miffenfdjaftltdje  ©pefulation,  fo  mürbe  im  Kampfe  gegen  ben 
9Jlontant§mu§  bie  inbibibitelle  $ropf)etenga&e  unter  bie  Kontrolle  ber  firdjlidjen 
SBorfie^er  gefteßt. 

Unter  ben  Dielen  ©egnern  ber  ßRontaniften  gab  e§  foldje,  meldje  in  ent= 
gegengefetße  Güptreme  fielen,  nidit  nur  bie  montaniftifdje  fßropfjetie  unb  alle 
©eiftesgaben  berfelben,  fonbern  aud)  ba§  SSefieljen  foldjet  ©f)ari§men  überhaupt 
in  5tbrebe  fteßten  unb,  ba  fid)  jene  auf  ben  Äpoftel  3ofjanne§  jur  Segriinburtg 
ifjrer  Seifte  Dom  f|3araflet  unb  Dom  taufenbjcßjrigen  Uteidje  beriefen,  fomotd  ba§ 
©Dangeltum  at§  bie  Offenbarung  biefe§  3lpofteI§  Dermatfen  unb  bem  ©erintl)u§ 
jufdirieben.  @d)on  3renäu§  fannte  eine  fotdje  Partei  unb  f)ielt  i!)r  entgegen, 
fie  müffe  aud)  noch  bie  Briefe  be§  9lpoftel§  fßaulu§  bermerfen,  ber  (1  $or.  11, 
4.  5)  bie  ißropffetengabe  ermähnt.  ©ptpf)aniu§  fpridß  Don  ä!)nlid)en  §äretifern 
unb  bezeichnet  fie  mit  bem  fftamett  51 1 o  g  er ;  er  fteflt  fie  al§  ©egner  be»  Sogo§, 
ber  ©ottljeit  (Stfrifti  bar,  mie  er  bemt  aud)  bie  33eftreiter  ber  göttlidjen  SBürbe 
©fjrifti  au§  il)nen  Ijerbotgegangen  fein  läßt 1.  ®od)  ift  nidit  fidjer,  ob  biefelben 
mit  jenen  ©egnern  be§  9!Jlontant§mu§  ibentifd)  finb. 

9.  Set  ßantpf  ber  ßirdje  gegen  bie  ^’rireften.  ^eilige  Sdjrift  unb 
Überlieferung;  ©laitbensregel  unb  Saufbefennini». 

ßitteratur.  —  a)  §  eilige  ©drift:  bauten,  ©inteitung  in  bie  Zeitige 
©drift.  4.  Stuft.  Sa-eiburg  i.  Sr.  1899.  3af)tt,©efd-  be§  neuteftam.  $anong.  5  Sbe. 
©Hangen  1888  ff.  (®agu  §arnacf,  ®a3  9teue  ®eftament  um  ba§  3al)t  200.  5rei= 
bürg  i.  Sr.  1889,  unb  3al)n,  ©inige  Semertungen  ju  iparnacfg  Prüfung  ber  ®efd- 
beg  neuteftum.  ßanong.  ©rtungen  1889).  3abn,  O'orfdungen  pr  ©efd).  beg  neuteftam. 
ftanong  unb  ber  attdriftt.  ßitteratur.  ©rtangeit  1881  ff.  —  b)  Überlieferung: 
93t.  SBintter,  ®er  ®rabitiongbegriff  be§  ©hriftentumg  big  ®ertuttian.  93tünd)en  1897. 
§einrici,  ®ie  urdrifit.  Überlieferung  unb  bag  9teue  ®eftament  (Xfjeol.  Stbljanbl., 
©.  b.  ßßeiäfäcfer  getoibmet,  1893).  Strt.  „®rabition"  Don  SPopte  in  SQJe^er  unb 
SBette’g  ßirdentejülon  XI  (2.  Stuft.),  1933  —  1971.  —  c)  $aufbefenntnig: 
33.  ®ör  fjolt,  ®ag  ®aufft)mbot  ber  alten  ßirde.  I.  ©efd).  ber  ©hmbotforfdung. 
fßaberborn  1898.  S  äu m  e  r ,  ®ag  apoftot.  ©taubengbefenntnig.  ÜJtainj  1893.  Sturne, 
®a§  apoftot.  ©taubengbefenntnig.  fjreiburg  i.  Sr.  1893.  $  a  tt  en  b  uf  d) ,  ®ag  apoftot. 
©tjmbol.  2  Sbe.  ßeipjig  1894 — 1900.  Söeitere  ßitteratur  bei  ©  p  r  1)  nr  b  ,  ®ie  attdriftt. 
ßitteratur  unb  if>re  ©rforfd)ung  bon  1884 — 1900  ©.  499  ff.  Strt.  „Slpoft.  ©ptnbolum" 


1  Iren.,  Adv.  liaer.  III,  11,  9.  Sgl.  Strt.  „Sttoger"  in  SBetjer  u.  SJette’g  ßirden= 
tejifon  I  (2.  Stuft.) ,  576  ff.,  unb  in  ber  Dteatencptt.  f.  proteft.  ®f)eot.  Sb.  I.  3.  Stuft. 
SQJurnt,  ®ie  Sttoger  (fiatpotif  1889,  II,  187 — 202).  Heimchen,  De  Alogis,  Theo- 
dotianis  atque  Artemonitis.  Lips.  1829.  —  Ältere  ©egner  ber  jof)anneifd)en  ©driften 
ertoäfjnt  aud  ®ionpfiug  bon  Sttej.  bei  Euseb. ,  Hist.  eccl.  VII,  25.  ®ö  Hinget 
(tpippotptug  unb  ßattiftug  ©.  292 — 310)  behauptete ,  bie  Sttoger  feien  nidt  Stnti= 
montaniften  getoefen,  hätten  nidt  bie  göttlide  ißerföntidfeit  ©hrifti  bertoorfen ,  fonbern 
nur  ©bangetium  unb  Stpofatppfe  be§  Sfohanneä,  aber  au§  anbern,  tritifden  ©rünben. 
©.  bagegen  Jpefete,  ®ie  Sttoger  unb  ihr  Sertjättniä  31t  ben  93lontaniften  (®üb.  ®hrot. 
Guartatfdr.  1851,  ©.  564  ff.;  1854,©.  361  ff.).  ©piphaniuS  (1.  c.  LI,  1  sq.)  legt 
ihnen  bie  Sertoerfung  ber  jofjanneifden  ©driften  unb  beS  ßogo§  bei,  hebt  befonberg  bie 
Seloeife  für  bie  ©ottheit  ©hrifti  herbot  unb  bejeidnet  (1.  c.  LIV,  1)  ben  ®f)eobotuS 
bon  SpjaitJ  alg  dn6<macr,ua  äx  rrjg  TrposipTjßivqg  äkoyou  alpitrswg  TrjS  dpvoupsvTjg  ro 
xarä  Iiodvvrjv  ebayyiXtov.  Sgt.  Heimchen  1.  c. 


9.  ßampf  ber  ßirdje  gegen  bie  Jpärefien. 


189 


oort  2t.  #arnacf  in  ber  tRealenctjflopcibie  für  proteft.  Süjeol.  I  (3.  2luft.),  741.  — 
3f r t e b I i e t> ,  ©dprift ,  SErabition  unb  f  tnpl.  ©rflärung.  33re§lau  1854.  fiunje, 
©tanbenSrcget,  ^eilige  ©eprift  unb  SEaufbefenntnis.  ßeip^ig  1899. 

1.  Von  brei  ©eiten  per  Ratten  ber  $ircpe  in  ben  erften  150  Satiren  ipre§ 
S3efte^en§  gtofe  ©efapren  gebrot)t:  nott  feiten  be§  extremen  S n b e n d) r i fl e n= 
tum  3,  meines  ba§  jiibifdie  ©efep  al§  integrierenben  Veftanbteit  in  ba§  2tteffta§= 
reid)  mit  herüber  nehmen  tnoHte ;  non  feiten  be§  oietgeftattigen  ©noftici§= 
muS,  ber  mit  ^eibnifdjer  Xpeofoppie  unb  9Jtpfterienpraji§  bie  fird)tid)e  Gepre 
unb  ba§  retigiöfc  Geben  ju  bureptränfen  ftrebte;  unb  non  feiten  be»  90t  on= 
tani§mu§,  meteper  bie  43erfönlid)e  proppetifepe  Snfpiration  be§  ©injelnen  ber 
fireptiepen  Geprübertieferung  tnie  ber  Autorität  ber  firdjlidien  Vorfteper  gegen= 
überfteKte.  liefen  ^äretifdjen  Veftrebungen  gegenüber  bemat)rtc  bie  Birdie  bie 
rnapre  Gepre,  metepe  ©f)tiftii§  fetbfl  unb  burd)  feine  Vpoftet  oertünbet  ^attc, 
unb  fie  bitbetc  ba§  fireptiepe  Geben  nach  alten  ©eiten  au3,  ohne  non  biefer 
feften  ©runbtage  abjuroeidien.  SDen  Sntum  befämpfte  fie  burd)  Slusfcptufi  ber 
Snteprer,  burd)  Vöarnung  ber  ©täubigen  nor  ipnen,  burd)  treuc3  Seftpatteu  an 
ber  auf  bie  Gepre  ber  Stpoftet  gegrünbeten  ©tauben§regct  unb  Geprübertieferung, 
unb  burdb  VOibertegung  ber  fatfdjen  Vepauptungen  unb  feftere  gormutierung 
ihrer  eigenen  Gef)re. 

©d)on  bie  St  p  oft  et  fannten  feine  SDutbung,  feine  Staepficpt  gegen  Srr= 
lebten.  ®ie  ©laubigen  fottten  einen  bäretifdien  SDtenfcpen  nad)  ein=  ober  jmeU 
maliger  OJtapnung  ftiepen  at3  einen,  ber  mit  Vemuptfein  ber  ©cputb  fünbigt 
(3Üt.  3,  10.  11;  ngt.  2  Speff.  3,  14),  ipn  nid)t  aufnepmen  unb  niept  gritfjen 
(2  Sop-  33.  10  f.).  ^Diejenigen,  metd)e  ber  Geprc  bet  Slpoftet  miberfpraepen,  gatten 
al§  gefangen  in  ben  ©triden  ©atan§  (2  SDim.  2,  25.  26)  unb  fottten  au§geftofjen 
unb  üermorfen  fein  (©at.  1,  8.  9);  fie  marert  2Biberd)riften  (Antichristi, 
1  Sop.  2,  18).  ÜJtit  bem  Sanne  betegte  9ßautu3  ben  Stlepanber  unb  f)pmenäu§, 
er  übergab  fie  bem  ©atan,  b.  i.  er  entjog  ipnen  alte  üied)te  unb  ©d)u|mittct 
ber  fitd)Iid)cn  ©cmeinfdjaft,  monüt  fie  mieber  ben  aufjerpalb  ber  ^irepe  maltenben 
bätnonifd)en  ©inftüffen  untermorfen  toaren,  bamit  fie,  alfo  gejüd)tigt,  ju  läftern 
aufpören  (1  2Üm.  1,  19.  20).  „Unb  foüpe  StuSftopung  au§  ber  ^itepe  füllte 
ftet§  gefdiepen ;  benn  ber  Srrtum  in  retigiöfen  Gingen  pat  eine  ,übcrmättigenbe 
$raftmirfung‘  (2  SEpeff.  2,  9 — 11),  gteid)  einem  mäd)tigen  ©ift  ober  einem 
beraufd)enben  Sranf;  unb  bie  Sprigen  bor  biefem  ltnpeil  jit  bemapren,  gepörte  ju 
ben  erften  ißfticptcn,  ju  ben  bringenbften  Stuf  gaben  ber  $ircpe."  S)aper  finben  bie 
alten  Väter  niept  SBorte  genug,  ipren  Stbfepeit  oor  ber  fpärefie  unb 
beit  fpäretifern  au^ubriiden;  patten  ja  ftpon  bie  Slpoftet  bie  Snteprer  bejeid)net 
al3  reifjenbe  SBölfe  (Stpg.  20,  29),  als  Verfätfeper  ber  Saprpeit  (2  ®or.  2,  17). 
©o  feptoffen  auep  bie  Vorfteper  ber  ©priftengemeinben  biejenigen,  metepe  a(§ 
Verbreiter  f atfdjer  Gepren  unb  atS  ©törcr  ber  fircptid)en  ©inpeit  iiberfüprt 
maren,  Don  ber  fird)Iicpen  ©emeinfdjaft  au§;  unb  Don  bem  Stugenblide  an 
gatten  biefetben  niept  mepr  at§  SJfitglieber  be3  ©ofte3rcid)e3 ;  fie  tonnten  an 
ben  ©egnungen  unb  Verpeifjungen ,  metepe  ben  ©ticbcrn  am  Geibc  be§  fperrn 
ju  teil  mürben,  feinen  Stnteit  mepr  paben.  Slber  ftet3  mar  man  bereit,  bufc 
fertige  unb  reumütige  £)örctifcr  micbcr  aufjunepmen,  menn  fie  bie  früper  ge= 
pegten  Srrtümer  miberriefeit  unb  feiertid)  oerbammten.  SSie  bie  Trennung  unb 


190  Berbreitung  unb  2tu3geftaltung  her  ßirche  im  2.  Stahrljunbert. 

Berirruitg  ihrer  ©lieber  ber  Kirche  ben  höchften  @djmerz  bereitete,  fo  braute 
if;r  bie  reuige  9tüdfel)r  ber  Verirrten  bie  l)öd)fte  fyreube ;  [ie  nahm  biefelben 
nach  Beiffnel  unb  Seb;re  if>re§  ©tifterS,  be§  guten  gürten,  mit  aller  Siebe  unb 
barmherziger  Bfilbe  mieber  auf 1. 

©en  3rrlef)rern  gegenüber  mürbe  bie  fird)  liehe  Sehre  nad)  üerfd)iebenen 
©eiten  h*n  beutlid)er  entmidelt,  allfeitiger  begrünbet  unb  präjifer  formuliert, 
©ie  berfdjiebenen  ©infeitigfeiten,  bie  in  ben  ©eften  heröortraten,  fanben  in  ber 
$ird)e  ihre  Berichtigung  unb  trugen  baju  bei,  biefe  in  ihrer  erhabenen  SSiel= 
feitigfeit  unb  noch  erhabeneren  Einheit  bor  ber  SBelt  ju  entfalten,  geft  ftanb 
in  ber  fatholifdjen  Kirche  bie  ©laubenStegel,  gegrünbet  auf  bie  Sehre  ber 
Slpoftel  unb  bie  treue  Überlieferung  berfetben  in  ben  ©emeinben  burd)  bie 
@d)üler  ber  Stpoftel,  meld)e  bon  ihnen  ju  Borgern  eingefe|t  mürben,  unb 
beren  Bachfolger.  ©er  Kirche  Eigentum  unb  nur  il)r  berftänblid)  mar  bie 
©chrift;  ihr  ftanben  alle  SBittel  ju  ©ebote,  bie  Singriffe  ber  §)äretifer  ju  miber= 
legen,  bie  bon  ihnen  gefdjmähten  unb  berfannten  SBahrheiten  ju  rechtfertigen, 
ba§  galfdje  unb  fmltlofe  an  ben  mechfelnben  Meinungen  ber  ©eften  nachjn= 
meifen  unb  fo  bie  Shri8en  öor  Verirrungen  ju  (»ernähren,  fo  baff  fie  nicht  gleich 
Hinbern  umhergetrieben  mürben  bon  febem  Sßinbe  menfchlicher  Sehre  (©Üh-  4,  14) 2. 

2.  ©hriftuS  ha^e  bie  Slpofiet  auSgefanbt,  alle  Böller  ju  lehren  unb 
fie  jur  Beobachtung  alles  beffen,  maS  er  ihnen  aufgetragen,  anzuhalten 
(üftattf).  28,  19).  ©§  ftanb  barum  nicht  bei  betn  einzelnen  ©laubigen,  fidj 

auSzumählen,  ma§  unb  miebiel  er  annehmen  mollte 3.  ©er  ©rlöfer  moKte  feine 
religiöfen  Parteien,  feine  ©d)ulen,  fonbern  eine  Kirche  für  alle,  ©r  hatte  feine 
Slpoftel  nicht  beauftragt  zu  fdjreiben  (obfchon  einzelne  berfelben  bie§  aus  Slntricb 
beS  ^eiligen  ©eiftes  thatcn),  fonbern  münblidj  Zu  lehren.  Blter  als  bie 
©chrift  ift  bie  Überlieferung  (ißarabofiS  nad)  ©al.  1,  8.  2  ©heff-  2,  14.  15), 
unb  ba  ber  ©laube  auS  bem  ipören  ftammt  (9föm.  10,  17.  1  $or.  2,  4  f.), 
mürbe  baS  lebenbige  Söort  in  feiner  Beziehung  entbehrlich,  aud)  nid)t  burd) 

1  Bon  ben  Bätern  Dgl.  Ignat.,  Ad  Trall.  c.  6  sq. ;  Ad  Ephes.  c.  7.  9 ;  Ad  Philad. 
c.  8;  Ad  Smyrn.  c.  4.  7.  Theophil.,  Ad  Autol.  II,  14.  Iren.,  Adv.  liaer.  III,  8,  4; 
4,  2 ;  IV,  26,  3 ,  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  20.  Sa§  Chirograplium  be§  ißrajeaS  bei 
Tertull.,  Adv.  Prax.  c.  1.  Über  bie  BJieberauf nähme  be§  ©erbon  Dgl.  Iren.  1,  c.  III,  4,  3. 

2  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  35.  80.  82.  Tertull.,  De  praescr.  c.  1.  Über  basä 
BefljjältniS  ber  §äretifer  jur  Bibel  Dgl.  ibid.  c.  37. 

3  Acpscrcg  toirb  abgeleitet  Don  alpico,  eligo,  capio.  Tertull.,  De  praescr.  c.  6 : 
Haereses  dictae  graeca  voce  ex  interpretatione  electionis ,  qua  quis  sive  ad  insti- 
tuendas  sive  ad  suscipiendas  eas  utitur.  Ps.-Atlian. ,  Quaest.  in  Nov.  Test.  q.  38 
( Migne ,  Patr.  gr.  XXXVIII,  274):  aipeatg  Xsyszai  d.nb  zou  alpsiadai  zc  l'dtov  xal 
Tourip  i^axokooS-slv.  Bgl.  Hier.,  In  Gal.  c.  6.  Isid.  Hisp.,  Orig.  VIII,  3.  Bei  ben 
Sitten  toar  haeresis  nicht  blofä  SSßat)I ,  fonbern  auch  eine  ertoäl)Ite  Sebenätoeife ,  eine 
3ßarteirt(f)tung  in  potitifcher  toie  in  religiöfer  Beziehung;  fo  bei  Bbdo,  SloDiug  Sofebhui, 
2lf»g-  15,  5;  26,  5;  Dgl.  1  ßor.  11,  19.  ©al.  5,  20.  Sn  ftreng  firdOltcfiem  ©inne 
sectae  perditionis,  alpicrsig  äirwMag,  2  ijletr.  2,  1.  Bei  ßlemenS  Don  Sllej.  (Strom. 
VII,  15)  ftel)en  diazptßai  ber  Kirche  gegenüber.  Sie  §äretifer  heilen  auch  ezspodo- 
^oö'j reg,  kzspodogoi  (entgegengefe^t  za  auzä  dö^avzsg,  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  48) 
bei  Ignat.,  Ad  Smyrn.  c.  6,  kzepodid d dx a/.oi  Heges.  bei  Euseb.  1.  c.  III,  32,  kzspodt- 
da<Txai.oüvzsg  bei  Dio>iys.  Cor.  ibid.  VII,  9.  Sie  9Iid)tberechtigung  ber  $rrlef)rer  jum 
©ebrauche  ber  ©chrift  unb  baS  t)bt)ere  3llter  ber  Srabition  Dor  ber  ©chrift  zeigen 
SrenäuS  (1.  c.  III,  1,  2  sq.)  unb  Sertullian  (De  praescr.  c.  17.  19.  38). 


9.  Kampf  bet  Kircpe  gegen  bie  härefien. 


191 


bic  neutejfamentlicpen  ©Triften,  bie  erft  längft  nacp  ber  ©rünbung  bet  Birdie 
entftanben,  überall  bic  münblicp  erteilte  öeleprung  borau§fe|ten ,  fid)  nur  ge= 
legentlid)  über  etnjelne  Seprpunfte  oerbreiteten ,  treber  ein  tpeologifdjes  ©Aftern 
nocp  ein  ©efepbucp  im  Dollen  ©inne  be§  2Borte§  geben  tuotlten.  ©o  pod)  bie 
Birdie  biefen  maprpaft  göttlichen  ©cpap  aud)  pielt,  fo  fepr  fie  an  bic  bom 
Heiligen  (Seifte  ben  23erfaffertt  gegebene  Snfpiration  glaubte,  fie  hielt  biefe  llr= 
funben  boch  nicht  für  allein  gureicpenb,  um  bie  gange  „Hinterlage  be§  ©lau= 
ben§"  —  ba§  (Depofitum  (1  iim.  6,  20.  2  2im.  3,  14)  —  gu  um= 
fchliefjen.  ®a§felbe  mar  ein  Icbenbige§,  gu  organifcpem  2öacp§tum  befümmtes, 
au§  SEhatfachen,  ifkingipicn,  bogmatifdjen  keimen  unb  'JInbeutungen  beftehenbeS 
SDepofitum,  beffen  Snpalt  nacp  unb  na  cp  entmidelt  merben  füllte,  entfpred)enb 
bent  gefd)id)tlid)en  (Sparafter  ber  d)rifilicpen  Üfeligion.  SDa§  fircplicpe  Semujjtfein 
entmidelte  fiep  im  Kampfe  mit  äußeren  Slnfecptungen  immer  mepr;  fein  ©lauben§= 
fap  tonnte  mepr  öerlorert  gepen,  feine  bem  SDepofitum  miberfprecpenbe  33epauptung 
bie  ©eltung  eines  ©laubensfapeä  erlangen  1. 

©cpon  im  Elften  23unbe  beftanben  ©cprift  unb  Überlieferung  nebeneinanber. 
(SpriftuS  patte  nicht  blofi  bas  ©efep  unb  bie  ^roppeten,  fonbern  aud)  bie 
bogmatifcpe  Srabition  ber  ©pnagoge  anerfannt  unb  nur  bie  93  er  Je  pr  tp  eiten 
einzelner  sperfoncn  unb  ©dpulen  oermorfen.  9lu§  ipr  flofs,  ma§  über  9tuf= 
erftepung,  ©ericpt,  ißarabies  unb  Untermelt,  über  bie  gefallenen  (Saget  geleprt 
marb.  SDiefelbe  ging  gugleid)  mit  ber  ©cprift  als  geiftigc§  Eigentum  in  bie 
$ircpe  über  opne  geroattfamcn  23rud)  unb  opne  förmliche  SoSfagung.  SDie  auf 
rein  natürlicher  unb  göttlicher  ©rttnblage  berupenben  fitttiipen  23orfcpriften 
blieben  in  fortmäprenber  ©eltung,  maprenb  ba§  in  ber  Söaprpeit  erfüllte  9titual= 
gefep  unb  bie  bürgerlicp=politif(pen  ©apungen,  bie  ber  nationalen  Sefcprönftpeit 
angepapt  rnaren,  megfielen2.  3We  bie  93orbiIber  unb  2öei§fagungett  be§  5llten 
iöunbes  fonntc  bie  Üird)e,  inbem  fie  au§  ber  3^1  ber  Erfüllung  auf  bie  3eü 
ber  33orperoerfünbigung  jurücfblidfte  unb  ben  H^plan  ©otte§  flar  erfannte, 
allein  au§reicpenb  erflären;  ben  fleifcplicpen  Suben  blieben  fie  oerpiitlt.  ®en 
atlegorifcpen  (mpftifcpen)  ©inn  be§  3llten  53unbe§  patte  Paulus  nteptfacp  gegeigt 
(®al.  4,  23  f.  1  $or.  10,  1 — 4);  feine  Serecptigung  mar  ftet§  anerfannt 
in  ber  ßircpe;  nur  barüber  mürbe  bei  (Sntftepung  ber  Ideologie  geftritten, 
mie  meit  bie  allegorifcpnnpftifcpe  Auslegung  gu  gepen  pabe,  mie  fie  fid)  gur 
bucpftäblicpen  Oerpalte,  ob  fie  aud)  im  9teuen  ©eftamentc  3lnmenbung  finbe3. 


1  Iren.,  Adv.  haer.  III,  4,  1;  Ogi.  c.  24,  1.  —  Stir  bie  SAabition  fiitben  fiep 
bie  2tu§brÜ(Je :  rj  äita£  napadodeiaa  rocg  äylotg  mang  (3ub.  31.  3),  rä  napadodevra 
(Ep.  ad  Diogn.  c.  11),  <5  i£  dp/fjg  rpitv  -Kapadodslg  Xoyog  ( Polycarp . ,  Ep.  ad  Phil, 
c.  7),  f]  äizXdinjg  Ttapadoaig  toü  änoircoXixoti  xyjpuyuarog,  <5  üyiijg  xavibx  roD  aturrj- 
piou  xrjpuyparog  x.  r.  Clem.  Alex.,  Strom.  VII,  17  fin. :  pia  Tzdxrwv  yeyovs  tojx 
dnoazoXaiv,  w  ent  Ep  SidaaxaXia,  outoj  de  xal  p  Tiapddooig. 

2  Über  bie  ©efepe  beä  Sitten  3)eftamente§  unb  bereit  ©eltung  in  ber  Kircpe  ögt. 
Iren.  1.  c.  IV,  12—17.  Tertull. ,  Adv.  Marc.  I,  20  sq.;  IV,  1  sq.  Orig.,  In  Gen. 
hom.  6,  n.  3  (Opp.  ed.  de  la  Rue  II,  77  sq.).  Iustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  23.  46.  92. 

3  $en  mpftifcpen  ©inn  üertreten  befonberS  ber  33arnaba§brief ,  SuftinuS  (1.  c. 
c.  138  sq.)  unb  bie  Sllejanbriner  (Clem.  Alex.  1.  c.  VI,  15;  Quis  dives  salv.  n.  5). 
Über  baä  3Ilter  ber  atlegorifcpen  ©rflärung  bei  Reiben  unb  3'uben  bgl.  XpomafiuS, 
•Drigenes  ©.  311  ff. 


192  Verbreitung  unb  Auggeftaltung  ber  ftircfje  im  2.  ^afirhunberi. 

3.  5)ie  ©ammlung  ber  altte  ft  am  ent  liefen  ©Triften  war  zur 
3eit  ber  3tpof±eI  nod)  teineSWegS  gefcfjloffert ;  über  bie  $etubtm  (§)agiograpf)a) 
waren  bie  Suben  fel6ft  nicht  einig;  über  bie  Sprichwörter,  über  baS  §ot)dieb, 
ben  (SttlefiafteS  unb  ©fther  warb  noch  nad)  ber  gerftörung  SerufalemS  ge= 
ftritten.  SDie  bloß  griecßifd)  borhanbenen  (beuterofanonifchen)  33üd)er,  wie  bie 
ber  Atattabäer,  ber  AßeiSlfeit  u.  f.  f. ,  Welche  bie  Süde  ausfüllten,  bie  in  ber 
hebrüifdjen  ©ammlung  bon  ifkläftina  ztoifchen  bem  babi^Ionifdiert  @pil  unb  ber 
9tömerl)errfd)aft  befianb,  gingen  mit  ber  alepanbrinifchen  Überfettung,  welche  fo 
niete  für  cpriftlidje  begriffe  baffenbe  griedfifche  33ejeicbnungen  enthielt  unb,  non 
ben  Apofteln  mit  Ausnahme  Weniger  gälte  gebraucht ,  burd)  fpätere ,  meift  in 
jübifdjem  unb  ebionitifdtem  Sntereffe  gefertigte  23erfionen  nicht  nerbrängt  Werben 
tonnte,  fofort  in  bie  ®ird)e  über,  bie  fie  barin  bereits  norfanb  unb  fie  bann 
auch  bielfach  oerwertete.  Überhaupt  war  ber  altteftamentlid) e  $anon  ber 
©pnagoge,  ben  bie  djrifttidfen  ©chriftfteHer  öfters  anführen ,  nicht  ber  ß'anon 
ber  Kirche,  bie  ftd)  frei  über  baS  befeßräntte  Subentum  erhob.  Aßie  biefe 
atejanbrinifche  Überfettung  nach  bem  ißlane  ber  Aorfeßung  baju  gebient  höbe, 
ben  fübifd)en  (Seift  nach  unb  nach  üon  feinen  engen  nationalen  ©thronten  ju 
entfeffetn,  fo  War  fie  wieber  ein  AertnüpfungSpunft  beS  palöftinifchett  |)ebraiSmuS 
mit  ber  (Sntwidlung  ber  uniberfalen  Birdie.  S)ie  Anführungen  beS  Alten 
SeftamentS  im  Aeuen  waren  meift  frei,  nad)  bem  (Sebäcßtnis  unb  mit  ®onv 
bination  t>erfd)iebener  ©teilen;  in  ähnlicher  Aßeife  führten  bie  SSäter  in  ber 
Aegel  ©teilen  beS  ©efe|eS  unb  ber  ^ropßeten  an  1. 

5)er  neuteftamentlidje  ,tanon  ftanb  im  1.  Sahrßunbert  noch  nicht 
feft;  aber  im  Saufe  beS  2.  bilbete  er  fiefj  mit  AuSfcheibung  ber  zahlreichen 
unterfchobenen  unb  berfälfcßten  ©Triften,  währenb  auch  einige  echte  (bielleicht 
jwei  Briefe  beS  Paulus)  berloren  gingen.  55a  bie  einzelnen  Schriften  an= 
fangS  nur  bon  einzelnen  (Semeinben  unb  in  beftimmten  Greifen,  an  bie  fie 
Zunächft  gerichtet  worben  waren  >  aufbewahrt  unb  nicht  gleichmäßig  berbreitet 
würben,  fo  tonnte  eS  über  berfchiebene,  befonberS  bie  Briefe,  manche  Qmeifel 
geben  (A  n  t  i  I  e  g  o  m  e  n  a) ,  wie  j.  33.  über  ben  zweiten  33rief  beS  ^etruS, 
bann  über  bie  Apofalppfe,  bie  febod)  mehr  aus  bogntatifeßen  als  aus  fritifchen 
(Srünben  angefoeßten  warb.  Aber  bis  zum  33eginn  beS  4.  Saßrliunberts  waren 
bie  weiften  biefer  greife!  berftummt,  unb  bie  Übereinftimmung  aller  ^irdjen, 
bie  bezüglich  ber  bier  Sbangelien,  ber  Apoftelgefchichte  unb  ber  weiften  33riefe 
längft  beftanben  hotte,  erftredte  fieß  auch  auf  bie  übrigen  ©enbfehreiben  unb 


1  3im  2.  Statjrßunbert  reifte  Atelito  bon  ©arbeS  nach  Sßaläftina,  um  ben  jübifchen 
^anon  genau  fennen  ju  lernen  (Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  26).  Sie  Verfthiebenßeit  be§ 
jübifchen  bom  fircblidjen  ßanon  bezeugt  DrigeneS  (Prolog,  in  Cantic.  [Opp.  ed. 
de  la  Rue  HI,  86]).  @r  führt  (In  Num.  hom.  27,  n.  1  [Opp.  II,  374])  bei  ber  lectio 
divinorum  voluminnm  ©ftßer ,  Syubitf) ,  Sobiag ,  2ßei§ßeit  an  unb  berteibigt  (Ep.  ad 
Iul.  Afr.  [Gallcindi ,  Biblioth.  II,  841  sq.])  bie  ©efdjichte  ber  ©ufanna,  bie  auch 
3renau§  (Adv.  haer.  IV,  5,  2;  26,  3)  famt  ber  <Sefchtd£»te  be§  58el  al§  tattonifd)  be= 
Zeichnet.  §ochfchäpung  ber  LXX  bei  lustin.,  Apol.  I,  31;  Dial.  c.  Tryph.  c.  71; 
Cohort.  ad  Graec.  c.  13.  Iren.  1.  c.  III,  21,  1.  3.  Clem.  Alex.,  Strom.  I,  22.  Auch 
bie  Epist.  Barnab.  citiert  meiften§  nad;  LXX,  aber  c.  6  $f.  28,  16  unb  c.  15  1  SJtof. 
2,  2  nach  bem  hebräifdjen  Sejte. 


9.  ßampf  öer  ßirdje  gegen  bic  £>ärefien. 


193 


bie  Offenbarung  beS  3opanneS 1.  ©S  mürben  fcpon  in  ben  älteften  3eiten 
©tiirfe  auS  biefen  ©Triften  beim  ©otteSbienfte  borgelefen  unb  biefelben  fotoo^I 
in  münblicpen  Vorträgen  als  in  ©cpriften  näper  erflärt,  bie  jum  großen  SEeil 
burcp  bie  miflfürlitpen  Auslegungen  ber  ^äretifer  beranlapt  mürben.  ©3ie  beim 
Alten  Oeftamente,  fo  faitben  fid)  aucp  fjier  ©djmierigfeiten  ber  Auslegung,  mie 
bie§  öon  ben  ©riefen  beS  Paulus  ftpon  ^etruS  (2  ipetr.  3,  16)  bezeugte. 
©3ie  aber  Paulus  fetbft  feine  ©cpüler  auf  feine  münblid)en  ©eleprungen  ber= 
miefen  (2  SEirn.  2,2),  fo  trat  aud)  fjier  bie  SErabition  erläuternb  unb  er= 
gftnjenb  ein,  unb  im  engften  Anftplup  an  bie  Apoftel  üerfitpren  bie  Apoftolifdjen 
©äter,  bie  fo  eine  lebenbige  $ette  ber  Überlieferung  bitbeten.  ©on  3ol;anneS 
Ratten  ©apiaS,  3guatiuS  unb  ©olpfarpuS  if;re  ßepre,  bon  letzterem  3«uäuS, 
bon  biefent  mieber  ©ajuS  unb  |)ippoIi)tuS. 

4.  Oie  ©ebeutung  ber  fird) ticken  Überlieferung  marb  fdjon  frii£)= 
jeitig  in  ipr  botteS  Sicpt  gefteüt.  ©3ie  bie  Sepre  ber  Apoftel  bie  öepre  ©prifti 
mar  (8uf.  10,  16.  ©lattp.  10,  40.  3op-  13,  20),  fo  mar  bie  Sepre  ber 
$ircpe  bie  Sepre  ber  Apoftel;  benn  biefe  paben  getreu  iprcn  ©acpfolgern  fie 
überliefert,  ben  ©ifdjöfen  mit  iprer  ununterbrochenen  ^Reihenfolge  unb  ihrer 
fteten  Übereinftimmung  an  ben  berfcpiebenften  Orten;  ohne  ben  ©efi|  ber  ©3apr= 
l)eit  märe  eine  folcpe  (Einheit ,  mie  fie  fiep  in  ben  apoftolifdjen  unb  nad)apofto= 
üfepen  ^irepen  jeigt,  nicht  möglid).  Oiefe  Überlieferung  mürbe  in  ber  ^irepe 
gelehrt ;  fie  mürbe  in  einseinen  mefentlidjen  fünften  frühzeitig,  bor  ber  ©litte 
beS  2.  ^aprpunbertS,  aud)  bereits  formuliert  unb  in  fefte  formen  gelleibet, 
unb  bieS  bilbete  bie  ©laubenSregel  (regula  fidei,  regula  veritatis, 
Y.aviov  TrjQ  KioTstoQ,  xo-viov  z?jg  äAvjttecag),  bie  mir  fo  oft  bon  jener  3eit  an 
bon  ben  fird)lid)en  Opeologen  ben  £)örctifern  gegenüber  angeführt  finben.  SDiefe 
boüe  apoftolifepe  ©3aprpeit  finbet  fiep  nad)  ben  ©ätern  nur  in  ber  ^irdje;  fie 
ift  bont  ^eiligen  ©eiftc  geleitet,  bie  Hüterin  ber  SBaprpeit.  ©3er  fie  nicht  jur 
©lütter  pat,  ber  pat  ©ott  niept  jurn  ©ater;  fie  ift  bie  reine  ©raut  ©prifti,  bie 
iprem  pimmlifcpen  ©räutigam  niemals  untreu  merben  tarnt2.  3m  ©egenfape 
ju  ipr  jeigen  alle  3trleprcn  einen  fpöteren  llrfprung  bon  ©lenfepen,  fobann  bie 
größte  ©erfdpebenpeit  unb  bie  bielfacpften  Abmeicpungen  untereinanber ,  aüent= 
palben  bie  größte  ©3iHfür.  Oarunt  ift  aud)  bei  ipnen  baS  |)ei(  niept;  auper 
ber  $ircpe  ift  fein  §eil 3.  Oie  fircplid)e  Überlieferung  ift  öffentlich  unb  fonftant, 

1  Sa§  Aeuc  Seftainent  toirb  getoöpnlid)  eingeteilt  in  Soangelium  unb  ApofteL 
3}gl.  Ignat.,  Ad  Philad.  c.  5.  Iren.  1.  c.  I,  3,  6.  Tertull. ,  Adv.  Prax.  c.  15.  Clem. 
Alex.,  Strom.  V,  5;  VI,  11 ;  VII,  3.  Orig.,  In  Num.  hom.  27,  n.  1 ;  In  Ier.  hom.  19 
(Opp.  III,  264).  Hippol.,  De  Antichr.  n.  58.  Über  bie  Antilegomena  f.  Euseb.  1.  c. 
III,  25;  VI,  14;  bgt.  IV,  22;  VI,  25.  ©epon  Quftin  benupte  unfere  (Süangelien  (©e= 
mifcp,  Sie  apoftol.  Senftmtrbigfeiten  3uftinS.  Hamburg  1848),  fiiprte  bie  Apofalppfe 
al§  2ßert  beä  ApoftelS  3fopanne3  an  (Dial.  c.  Tryph.  c.  81.  Euseb.  1.  c.  IV,  18)  unb 
fannte  aud)  bie  ©riefe  ©auli  (Otto,  De  Iustino  M.  p.  122.  123  not.).  Sie  meiften 
mtferer  neuteftameniliipen  ©epriften  fitprt  nad)  150  baS  Fragmentum  Murator.  an.  Sie 
afrifanifepen  ©pnobeu  üon  393,  397  unb  419  paben  unfern  gangen  ßanon. 

2  Iren.,  Adv.  haer.  I,  10 ;  III,  3.  4.  10.  23  sq.  Tertull.,  De  praescr.  c.  17  sq. 
29  sq.  32  sq.;  Adv.  Prax.  c.  2.  Clem.  Alex.,  Paed.  I,  6;  Strom.  III,  6,  11;  II,  11; 
VII,  5,  17  sq. 

3  Ser  ©ap:  Extra  Ecclesiam  nulla  salus  finbet  fiep  fepon  bei  Iren.  1.  c.  IV, 
26,  2;  33,  7. 

§ergenrßtl)er,  ßird)engefcf)tcf)te.  I.  4.  Stuft. 


13 


194  ajerbreitung  unb  3lu§geftaltung  ber  ßirdje  im  2.  ^aferfeunbert. 

nicf)t  insgeheim  einigen  wenigen  mitgeteilt  unb  örtlich  betrieben.  Sei  ber 
Stufnafeme  in  bie  ®ircfee  Derpfticfeteten  fict)  bie  ©laubigen  jum  ©lauben  an 
bagjenige,  wa§  ifenen  at§  bie  wafere  ßefere  borgetragen  worben  war,  unb  ber= 
fpradien,  i£;r  ßeben  nacfe  biefetn  ©tauben  ju  führen  L  SDarau§  ergab  fid)  früf)= 
jeitig  bie  Slotwenbigfeit ,  bie  ©runbteferen  be§  fird)Iic£)en  ©taubeng  über  ©ott, 
über  ©feriftug  unb  [eine  ©rtöfertfeätigfeit,  über  ben  ^»eiligen  ©eift  unb  über  bie 
ü'irdie  atg  §eitganftatt  für  bie  Sienftfeen  furj  ju  formulieren,  ©o  entflanb 
ba§  ©laubenSbefenninig,  beffen  üttefie  befannte  $orm  ba§  Stpoftotif  dje 
©pmbot  bietet,  weld)eg  in  feinem  ©runbftod  in  ber  nadjapofiotifcfeen  3eit 
in  ber  römifdfen  Birdie  borfeanbett  gewefen  fein  mufe,  ba  eg  bon  bort  ju  ben 
d)rifiticfeen  ©emeinben  nacfe  Stfrifa  tarn  bor  ber  3eit  Sertuttiang.  Sag  ©taubeng= 
befenntnig  ift  ein  Seit  ber  ©taubengreget  unb  beruht  auf  ber  apoftotifcfecn  itber= 
üeferung  in  ber  $ird)e.  Sin  biefer  feielten  bie  firdjticfeen  ßeferer  treu  feft  unb 
bon  it)r  aug  befämpften  fie  in  SSort  unb  ©iferift  bie  tpärefien  unb  begrünbeten 
babei  jugteicfe  mit  ber  Slbwefer  ber  Singriffe  gegen  bie  $ird)e,  ob  biefelben  bon 
Reiben  ober  bon  £)üretifern  auggingen,  bie  fircfeticfee  tfeeotogifdie  2öiffenfd)aft. 

10.  Oie  röntififec  ßirdje  unb  bie  aitbcrn  §auptfird)cn.  ^erborragcitbe  Stfdjöfc 

unb  firtfjtiäje  ßeferer. 

ßitteratur.  —  §>.  §ageraann,  ®ie  römifcfee  ßirdje  unb  ifer  ©iuflufe  auf 
®i3ciplin  unb  Sogma  in  ben  erften  brei  ^aferfeunberteu.  S’reiBurg  i.  $8r.  1864. 
31.  31.  ßipfiug,  Sie  ©feronologie  ber  römtfcfeen  33ifd)öfe.  ßiel  1869.  ©cferöbl, 
©efd).  ber  ißiibfte  unb  ber  rötnifdfen  Äirdje  in  ber  llrjeit  beg  ©ferifteutumg.  Sttainj 
1873.  Sangen,  ©efd).  ber  römifdjen  $ircfee  big  jum  tpontifüat  Seo§  I.  SSonn  1881. 
Duchesne ,  Liber  Pontificalis  I  (Par.  1886),  Introduction.  IparnadE,  ©efd).  ber 
altdjriftl.  ßitteratur  big  ©ufebiug  II,  1  (ßeipgig  1897),  70  ff.  (bie  ätteften  SBifd^ofö= 
liften).  31.  SferenbtS,  Sag  9Serf)ättni§  ber  römifdjen  ßirdje  ju  ben  Üeinafiatifdjen 
bor  bem  Sticän.  ßonäil.  ßeipgig  1898.  J.  Flamion,  Les  anciennes  listes  öpiscopales 
des  quatre  grands  sieges  (Revue  d’bistoire  eccles.  1900,  p.  645 — 678). 

1.  Son  ben  meiftcu  ber  jafetreicfeen  ©feriftengemeinben,  wetcfee  im  2.  3afer= 
I)unbert  beftanben  ober  bamatg  gegriinbet  würben,  befifeen  wir  feine  fftacferidjten. 
Stofe  feie  unb  ba,  infolge  non  eingetretenen  ©treitigfeiten  ober  burcfe  bie  ung 
erfeattenen  Stefte  ber  firdüidjen  ßitteratur  jener  Wirb  biefe§  ©unfet  erfeettt. 
Unter  alten  ©injetfirdien  ragt  bie  römifcfee  ^irdje  am  meiften  feerbor.  ©ie 
Wirb  Dom  fet.  Srenäug  mit  Sftecfet  bejcidmet  atg  bie  gröfete  unb  uralte,  alten 
befatmte  ®ircfee,  bie  Don  ben  glorreichen  Stpoftetn  betrug  unb  fßautug  gegrünbet 
unb  errichtet  würbe.  SDett  §)äretifern  gegenüber  genüge  eg,  fagt  er  Weiter,  bie 
Überlieferung  barjutegen,  bie  fie  Don  ben  Stpoftetn  erfeatten  feabe,  ben  ©lauben, 
ber  ifer  Derfünbigt  würbe  unb  ber  burd)  bie  ©ucceffion  ber  Sifd)öfe  big  auf 
bie  ©egenwart  feerabreidje.  ©enn  mit  biefer  $ircfee  tnufe  Wegen  iferer  Dor= 
jügticfeeren  feofeen  ©tettung  jebe  anbere  &ird)e  äufammenfommen,  b.  fe.  bie 
©laubigen  Don  alten  Orten,  ba  in  biefer  $ird)e  immer  Dor  alten  übrigen  bie 
apofiotifcfee  Überlieferung  bewafert  würbe1 2. 


1  Sieg  ergiebt  fid)  aug  lustin.,  Apol.  I,  61. 

2  Iren.,  Adv.  liaer.  III,  3,  1 — 3.  Über  bie  föebeutung  ber  ©teile:  Ad  haue 
enim  ecclesiam  propter  potiorem  priucipalitatem  necesse  est  omneui  convenire 


10.  Sie  rinn,  $ird)e  u.  bie  anb.  §auptfirhen.  fperPorragenbe  Rifdföfe  u.  tird)t.  ßef)rer.  195 

Rn  bet  2Benbe  be»  1.  jum  2.  Safjrfyunbert  ftnben  mir  als  Söifd^of  bet 
römifcEjen  Birdie  ben  ß  lernen  ä.  Rad)  bet  älteften  unb  unbebingt  ft  durften 
Reihenfolge  bet  tötnifchen  SBifdjöfe,  roeldje  $renäu§  in  bet  gortfetjung  bet  oben 
etto äfinten  ©teile  mitteilt,  mar  er  bet  britte  23tfd)of  nad)  bem  2obe  ber  Rjmftel. 
3hm  t>orau§  gingen  Sinu»  unb  Rnafletu§,  meldje  in  ber  geit  jmifdien 
Rero  unb  ©omitian  bie  römifdje  Kirche  leiteten;  benn  Clemens  mar  53ifd>of 
gegen  (Snbe  ber  Regierung  be3  ©omitian  unb  in  ben  folgenbcn  fahren V 
Clemens,  ein  in  ber  alten  Kirche  hodfigefeierter  ^ßapfl 2,  ben  jahlretdje  Segenben 
oerherrtid)ten ,  ber  als  9Rärtt)rer  laerehrt  marb  unb  unter  beffen  Rauten  eine 
Reihe  bon  af>olrt)t>hen  ©chtiften  berfa^t  mürbe3 4,  erlief  an  bie  $ird)e  bon 
Korinth  in  betreff  einer  bort  ausgebrochenen  Spaltung  (96)  ein  bortrefftidjeS, 
nod)  tange  in  Korinth  unb  in  bieten  attbcrn  Kirchen  borgelefeneS  Rittern 
fdjreiben,  meldjes  nadjbrüdlid)  bie  borgefontmenen  Uttorbnungen  rügte  unb  bie 
$ortfei)ung  beS  altteftamentlidjen  ©otte§reid)e§  in  ber  ®trd)e  (Shrifti  unb  beren 
feftgeglieberte  Orbnung  herbort)* ob i.  Rid)t  lange  nachher  mürbe  ber  greife 


ecclesiam ,  hoc  est  eos  qui  sunt  undique  fideles ,  in  qua  semper  ab  bis  qui  sunt 
undique  conservata  est  ea  quae  est  ab  apostolis  traditio,  Pgl.  Ofunf,  ßird)engefd). 
2lbhanblungen  unb  Unterfud).  I  (Raberborn  1897) ,  12  ff. ,  unb  bie  bort  citierte  £itte= 
ratur.  J.  Chapman,  Le  temoignage  de  S.  Irenee  en  faveur  de  la  primaute  Romaine 
(Revue  bbnddictine  1895,  p.  49 — -64). 

1  Sie  Reihenfolge  Bei  SrenäuS  (Adv.  haer.  III,  8),  ©ufebiuS  (Hist.  eccl. 

III,  4;  Y,  6),  ber  auch  ben  ^egeftppus  nod)  oor  fth  hatte,  £>ieronhmu3  (De  vir.  ül. 
c.  15),  OptatuS  (De  scbism.  Donat.  1.  2,  p.  86,  ed.  Par.  1679),  ©piphaniuS 
(Haer.  XXVII,  6),  2tuguftinu3  (Ep.  165),  ©h  r h  f  0  ft  0  ux u§  (In  2  Tim.  hom.  10, 
c.  4)  ift  ficfjer  berjenigen  Porpäiehen,  toeldfe  Pon  ber  apofrtjpben  Epist.  ad  Iacob.  fotoie 
bon  Sertutlian  (De  praescript.  c.  32)  Pertreten  toirb  unb  toeldje  ben  Siemens  jum 
unmittelbaren  Radjfolger  Retci  macht.  Sener  gegenüber  tönnen  aud)  nicht  bie  2luSgIeid)§= 
Perfuche  beftehen,  bie  nach  Constitut.  apost.  VII,  46  unb  Epiph.  1.  c.  Porgebrad)t  üntrben, 
aud)  nid)t  ber,  baf)  ßinuS  Pon  RauIuS,  Siemens  Pon  RetruS  orbiniert  ober  ernannt 
toorben  fei.  Rah  einigen  foüen  StnuS  unb  ßleiuS  Pon  RetruS  getoeiht  toorben  fein, 
um  ihn  toährenb  feiner  SIntoefenheit  ju  unterftüijen  unb  in  feiner  Stbmefenheit  ju  oer= 
treten;  nah  ihrem  Sobe  fod  RetruS  ben  Siemens  eingefetjt  haben  (Rufin.,  Praef.  in 
Recogn.  Clem.  [Migne,  Patr.  gr.  I,  1207] ;  ähnlich  Reba,  RhabanuS,  §apmo,  ber  Rer= 
f  aff  er  beS  Chronicon  episc.  Metens.),  toährenb  bod)  RetruS  fid)er  Por  ßinuS  ftarb  (Pgt. 
Euseb.  1.  c.  III,  2).  Rgl.  L.  Duchesne ,  Liber  Pontificalis  I  (1886),  Introduction 
p.  1 — xxxii.  lxix — lxxii.  ccxlvi — CCLXH.  Lightfoot,  The  Apostolic  Fathers,  Part  I 
(2n<1  ed.  1890),  201—345.  2t.  §arnacf,  Sie  älteften  h*iftf-  Satierungen  (©ifcung§= 
her.  ber  Rertiner  2ttabemie  1892,  <5.  617  ff.;  ©efhihte  ber  althriftl.  ßitteratur  II,  1, 
©.  70  ff.  filetuS  ober  2tnafletu3  (AviyxXgrog  =  Snnocenj)  finb  toohl  biefelbe  Rerfon, 
ber  erftere  Rame  eine  latetnifhe  2tbfürjung  beS  jtoeiten ;  bie  Unterfd)eibung  beiber  toar 
bem  Srenäud  unb  ©ufebiuS  unbelannt,  unb  ber  fogen.  Catalogus  Liberianus  ift  bis  jutn 
3at)te  230  toenig  3ut>erläffig. 

2  Ron  UlemenS  reben  3renäuS  (Adv.  haer.  III,  3,  3),  DrigeneS  (De  princ. 
H,  3,  6),  §  i  e  r  0  n  l)  m  u  3  (De  vir.  ill.  c.  15);  ber  gleihnamige  2tlejanbriner  nennt 
ihn  2lpoftet  (Strom.  IV,  17,  ed.  Dindorf  H,  377.  Rgl.  noh  Euseb.  1.  c.  II,  15.  38; 

IV,  23). 

3  RufinuS,  Rapft  3ofitou3  (Ep.  ad  Afr.  Pom  3al)re  417,  ed.  Coustant  p.  943)  unb 
baS  ßonyl  Pon  Raifon  442  finb  bie  älteften  3eugen  für  bie  Rerehrung  beS  hl-  ßtemenS 
als  Rlärtprer.  Sie  Rtärtprerlegenbe  über  ben  Sob  beSfetbcn  ift  hiftorifd)  toertloS. 

4  Ser  Rrief  beS  Siemens  bei  Funk,  Patr.  apost.  opera  I.  Tubing.  1887.  Light¬ 
foot,  The  Apostolic  Fathers,  Part  I.  2nd  ed.  London  1890. 


13* 


196  Verbreitung  unb  StuSgeftaltung  ber  Kirche  im  2.  Sabrbunbert. 

S3iftf)of  3gnatiu§  bon  3lntiod)ien  nach  Vom  gebracht,  um  bort,  burch  bie  mÜben 
Stere  jerfleifcht,  einen  glorreichen  VJartertob  ju  fterben.  31uf  Siemens  folgten 
($ b a r t ft u § ,  Stlejanber  I.,  £t)fiu§  (©ipu§  I.),  bann  SeIe§fi^oru§, 
beffen  glorreiches  Vtartgrium  3renäu§  berherrlicht 1 ,  fptyginuS,  f)ßiu§  I., 
31nicet,  unter  bem  ber  ^ubencferift  fpegefipfntS  unb  Vifcfeof  f]ßoIt)farp  in  Vom 
maren,  barauf  ©oter.  3Iud)  er  richtete  ein  Schreiben  an  bie  ^ircfee  bon 
Korinth ,  ba§  hier  gleidj  bem  be»  Sternen?  beriefen  mürbe.  ®a§  Schreiben 
begleitete  eine  ©enbuttg  bon  Siebe§gaben  nach  Korinth,  unb  bie  gemofente 
5ffio^ItI)ätig!eit  ber  römifcben  ®ird)e  in  Unterffütjung  ärmerer  ©emeinben  mirb 
in  ber  31ntmort  beS  forintbifcben  33ifchofS  ©iont)fiu§  hoch  gebriefen.  ©o  ermie§ 
fidh  bie  grof$e  Birdie  ber  Vömer,  beren  ©lauben  fdrnn  ^aulu§  al§  in  ber 
ganzen  2BeIt  berfiinbigt  gerühmt  hatte  (Vom.  1,  8),  auch  als  bie  „Vorfijjenbe 
ber  Siebe",  roie  fie  ber  bl-  5gnatiu§  in  feinem  Vriefe  an  bie  Vömer  nannte2. 

3?iS  auf  ©oter  bezeichnet  3renäu§  bie  römifd)en  Söifdhöfe.  ©ein  9f?ad)= 
folger  mar  ©leittberuS  (ober  (SleutheriuS) ,  ber  frühere  ©iafon  beS  3lnicet 
(C>egeftppuS).  3In  il)n  fanbten  bie  Vfärtgrer  ber  $ird)e  bon  Sgon  ben  bamaligett 
^ßriefter  3renäu§  mit  einem  ausführlichen  ©Treiben  über  bie  bort  mütenbe 
Verfolgung,  in  bem  fie  benfelben  feljr  marm  bem  Zapfte  empfahlen.  Vod) 
unter  biefem  ^3ontifitate  begann  3renätt§  fein  Söerf  jur  Söiberlegung  ber 
©noftifer  in  fünf  Vücfeern,  morin  er  bie  römifdje  Birdie  in  ben  oben  angeführten 
SBorten  al§  bie  hauhtfä(^lid)fte  Hüterin  ber  apoftolifchen  Überlieferung  preift. 

31m  31u»gang  be§  2.  3afirhunbert§  hatte  Viftor  I.,  ein  3lfrifaner,  ben 
römifcben  ©tut)!  inne.  ©r  h^ff  in  Vom  eine  ©l)nobe  betreffs  ber  Ofterfeier 
(f.  unten  ©.  225),  forberte  allenthalben  bie  31bhaltung  folcper  Verfammlungen  unb 
bebrohte  bie  ^leinafiaten  mit  bem  Vanne 3.  ©en  $heobotu§  bon  Vf^an^  fcblof? 
er  bon  ber  Kirche  au§ ;  in  biefer  3eit  begannen  nämlich  ©treitigfeiten  über  bie 
Srinität,  melcfee  bie  römifche  Birdie  eine  ^eitlang  in  31ufregung  berfe|en  foHten. 

©in  ©ittenbilb  ber  römifcfeen  Kirche  au§  ber  erften  fpälfte  be§  2.  3ahr= 
hunbert§  bietet  un§  bie  merfmürbige  ©cprift  „©er  fpirte",  melche  nad)  bem 
ficfeer  anjunehmenben  geugniffe  ^er  römifcben  Quellen  bon  f)erma§,  bem 


1  Iren.,  Adv.  haer.  III,  3,  3.  Hegesipp.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  11.  22. 
Dionys.  Cor.  ibid.  IV,  23.  Vgl.  Hier.,  De  vir.  ill.  c.  22. 

2  Über  bie  SteEe  beS  bl-  SgnatiuS  bgl.  Virfcfel  im  „ßatbolif"  1868,  II,  152  ff. 
Sfunf,  ßircbengefcb.  Slbbanblungen  unb  Unterfucb-  I,  1  ff.  J.  Chapman,  S.  Ignace 
d’Antioche  et  l’dglise  Romaine  (Revue  benödictine  1896,  p.  385 — 400). 

3  Volbüaluä  Bon  ©PfeefuS  erllärte  gegen  Vütor,  matt  muffe  ©ott  mehr  geborgen 
al§  ben  SJtenfcben,  erfannte  alfo  eine  VflidÜ  beS  ©eborfamS  an,  mie  er  and)  ber  2luf= 
forberung  jur  Vbbaltung  einer  ©pnobe  geborgte.  Vittor  bacbte  feineStoegS  blofe  an 
Verfagung  ber  ©emeinfebaft  ber  römifcben  ßird)e,  fonberu  an  9Xu§fd)Iufe  aus  ber  JHrcbe 
Überhaupt  {d.xoivu>vgTOug  Tuhzaq  äpdrjv  zoug  ixscizs  ävaxypuzziov  ädeXtpoug,  fagt  ©ufebiuS, 
unb  SlrenäuS  bQbe  geäiemenb  gemahnt,  <5g  gg  änoxonzot  oXag  ixxAym'ag;  Vboiiuä 
[Biblioth.  cod.  120]  rebet  ebenfo  ft^IedEjitoeg  bon  bem  änox-ypuzzeiv  zgg  kxxkrjmag).  (jtrenciuS 
heftritt  feineStoegS  VütorS  Verecbtigung ,  bie  er  bielmehr  OorauSfefete;  aber  er  hielt  bie 
Ofierfrage  nicht  für  fo  toiebtig,  bafe  bie  ßleinafiaiert  bcSbalb  auSäufdjliefeen  feien,  jumal 
ba  bieS  frühere  Väpfte  nicht  getban.  Vütor  helfet  Pbilosopbum.  IX,  12  gaxapiog  unb 
toirb  al§  milben  perjenS  gefdülberi.  Vgl.  noch  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  23.  24.  28.  3ur 
grage  über  ben  Verfaffer  ber  (Schrift  Adv.  aleatores  f.  S  u  n  1  in  ben  ßircbengefd).  9lb= 
banbl.  unb  Itnterfuch.  H,  209—236. 


10.  Sie  röm.  Äirdje  u.  bie  anb.  £>auptfirchen.  £>erüorragenbe  SSifc^öfe  u.  tird)t.  Seljrer.  197 

Vrubet  beg  Vifdmfg  ^3iu§ ,  in  bei-  jetjt  bortiegenben  ©eftalt  »erfaßt  mürbe1. 
Sn  ber  fforrn  bon  Vifionen  unb  Parabeln  tb erben  ben  ©hriften  ihre  geiler, 
il)t  ganger  moratifdjer  3uftanb  bor  Stugen  gehalten,  unb  immer  miebert)ott  fid) 
bie  einbringtiche  Stufforberung  jur  ©innegänberung  unb  jur  Vuffc.  2Q3ir  feljen 
aug  ber  ©djrift,  baß  bie  folgen  ber  bon  ben  tjeibnifdfen  ©taatgfiehörben  gegen= 
über  bem  ©hriftentum  eingenommenen  Spaltung  fid)  aud)  in  9tom  fühlbar 
macfiten.  Vtandje  ©griffen  maren  fchmad)  getnorben  unb  abgefaflen,  einige 
unter  fefjr  erfdjmerenben  Umftänben;  einzelne  Ratten  fogar  ihre  Vrüber  ber= 
raten,  dagegen  Ratten  aber  aud)  anbere  ftanblfaft  big  jum  2obe  ben  ©tauben 
befannt.  ©inbrittglid)  marnt  Vermag  bor  ber  Vermettlidjung ,  metdjer  manche 
©hriften  berfaüen  maren.  ©r  fennt  auch  betrübenbe  Veifpiele  fitttichen  galleg, 
fetbft  unter  bem  ßterug ,  inbem  ®iafonen  in  ber  Vermattung  beg  firchlichen 
©intommeng,  bag  für  bie  Stirnen  befümmt  mar,  fid)  untreu  gegeigt  unb 
ffkegbtiter  burd)  ungerechte  Urteile  unb  ©^rgeig  Strgernig  erregt  hatten.  ®ag 
maren  immerhin  Slugnahmen;  benn  bie  große  Stenge  ber  römifdjen  ©hriften 
geigte  fid)  treu  in  bem  Verfpred)ert,  bag  fie  bei  ber  Stufnaljme  in  bie  Kirche 
abgelegt  hatte.  Veftimmte  häretifdje  ©pfteme  merben  in  ber  ©djrift  nicht  be= 
fämpft;  biefetbe  fieht  feparatiftifche  Senbenjen  eher  in  fteinen  Greifen,  metdje 
fid)  bon  ber  Waffe  ber  ©laubigen  abjufonbern  unb  ihre  eigenen  ^onbentitet 
ju  beranftalten  fud)teu. 

©tma  ju  berfetben  3£it,  atg  bie  ©chrift  beg  Vermag  bottenbet  mürbe, 
trat  in  9tom  ber  bcbeutenbfte  Seljrer  auf,  meldjen  bie  römifche  £ird)e  im 
2.  Sat)rhunbert  befaß,  ber  d)rifttid)e  fßhitofoph  Suftinug.  ©eboren  um  bag 
Satjr  100  bon  tjeibnifchen  ©ttern  in  ber  Kolonie  gtabia  Steapotig,  bem  alten 
©id)em  in  ^3aläftina,  befuchte  er  auf  ben  Steifen,  metdje  er  in  feiner  Sugenb 
unternahm,  berfd)iebene  fphilofoptjenfdjuten ,  um  bie  Söatjrheit,  nach  metdjer 
fein  ©eift  bertangte,  ju  finben.  ©r  enbete  in  ber  Stnnahme  beg  d)rifttid)en 
©laubeng,  roo  er  mirflidj  fanb,  mag  er  lange  bergebeng  gefügt  hotte.  Stuch  nach 
feinem  ©intritt  in  bie  Kirche  betjiett  er  ben  ^h*M°Phenmantet  ^e*-  Unter 
ber  Stegierung  beg  Stntoninug  fßiug  (138 — 161)  tarn  er  nach  Stom,  mo  er 
öffentlid)  chrifttiche  $htt0f°Ptjie  bortrug,  inbem  er  bie  Söahrtjeiten  beg  ©hriften- 
tumg  in  ihrem  3ufammentjange  mit  ptfilofoplfifchen  Stnfichten  (mot)I  hauptfächlid) 
mit  bem  ^ßtatonigmug)  barlegte.  SDer  tjeibnifchen  5phU°füPljie  gegenüber  geigte 
er  fich,  mie  feine  ©chriften  bemeifen,  fehl  meittjergig.  Vteljrere  ©chüter  fammetten 
fid)  um  ben  berehrten  Seljrer,  metdjer  immer  in  pribater  ©teltung  blieb  unb 
nicht  jum  $lerug  ber  römifdhen  föirdje  gehörte.  §eftig  angefeinbet  marb 
Suftinug  bon  bem  cpnifdjen  pfjilofophen  Grcgceng ;  eg  fcheint,  baß  er  auf  Stnttage 


1  Sa3  Fragmentum  Muratorianum  (um  200)  unb  ber  tpapfttatalog  be§  ‘ßhüolaluS 
fdjreiben  „ben  §irten"  bem  §erma§  311  unb  jagen  beibe,  baö  Such  fei  unter  bem  tßonti= 
fifate  be$  StuS  oerfaßt  »erben.  Somit  ift  oereinbar,  baß  einjetne  Seile  früher  als 
Heinere  (Schriften  ausgegeben  toorben  finb  (S  a  r  b  e  n  h  e  n»  e  r,  tßatrologie  [2.  2luft.] 
6.34—88.  ßrüger,  ©efchidjte  ber  altcfjrifil.  Sitteratur  6.24—29).  Sgl.ehrharb, 
Sic  altcf)riftl.  Sitteratur  unb  ihre  (Erforfdjung  oon  1884 — 1900  6.  100 — 111.  Duchesne, 
Origines  chretiennes  (2e  6d.)  p.  182  ss.  Reville,  La  valeur  du  temoignage  liistorique 
du  Pasteur  d’Hermas.  Paris  1900.  Sölter,  Sie  Sifionen  beS  £>ermaS,  bie  6ibhüe 
unb  Clemens  Oon  fRorn.  Sertin  1900. 


198 


SSerbreitung  unb  9lu§geftaltung  ber  ßirtfje  im  2.  Sfahrljunbert. 


beS  letzteren  f)tn  atS  iBefenner  beS  6fjtifientum§  bor  ben  9tic£)terflu£)I  beS  5ßrä= 
fetten  SuniuS  SftuftifuS  (163 — 167)  gezogen  mürbe.  ©tanbtjaft  blieb  ber 
djrifitiche  Sef>rer  bei  (einem  23efenntni§  beS  ©laubenS  unb  ftarb  fo  ben 
SJtartertob.  ©eine  ©cbriften  maren  fe£)r  jahtreid).  2Bir  befipen  jebod)  blo^ 
feine  beiben  ©cbu|fd)riften  jur  33erteibigung  beS  (5i)tiftentum§ ,  auS  benen  fid) 
bie  prefäre  Sage  ergiebt,  in  ber  fid)  bie  ©laubigen  fftomS  befanben;  ferner 
feinen  für  bie  ©efdjidjte  ber  fachlichen  Geologie  mistigen  „Oiatog  mit  bem 
Suben  SErpphon",  in  metdjem  er  baS  Subentum  unb  beffen  ©efet$  beurteilt 
unb  bie  Erfüllung  ber  SßeiSfagungen  beS  Sitten  SeftamenteS  in  ©|riftu§  er= 
meift.  Oiefe  ©djrift  bietet  am  meiften  SInhattSpunfte  jur  ^Beurteilung  ber 
Sehrmetljobe  beS  djriftlidjen  ^fß^ilofop^en.  Sßertoren  finb  bie  ©djrift  gegen  alle 
tpärefien,  baS  SBerf  gegen  SJtarcion,  jtnei  Slbtfanbtungen  gegen  bie  Reiben 
(Seltenen),  bie  beiben  ©Triften  über  bie  ©intjeit  ©otteS  unb  über  bie  ©eete, 
fomie  ber  inhaltlich  nicht  naher  gu  beftimmenbe  „^ßfatter".  Oiefe  ©driften 
ftammen  fidjer  alte  Dom  f)I.  SufttnuS.  Sn  ber  gotge^eit  mürben  ihm,  ba  er 
im  Slttertum  einen  fo  bebeutenben  Stamen  atS  chrifttidjer  Set)rer  batte,  nod)  eine 
grofje  Stnjahl  Don  SBerfen  unterfd)oben.  ©chon  bieS  bemeift,  baf)  feine  SBerfe 
lange  3eü  tnnburch  gelefert  mürben,  unb  baf  er  feinen  geringen  ©inftuf  auf 
bie  ©ntmidtung  ber  fird)Iid)en  Sh^gie  auSgeübt  fiat1. 

Sn  9tom  f)iett  fid)  aud)  Satian,  ein  ©d)üter  beS  lf(-  SuftinuS,  eine 
3eitfang  auf,  als  er  nod)  jur  fatf)otifd)en  Kirche  gehörte,  ©od)  finb  mir  über 
feine  SebenSumftänbe  fetfr  menig  unterrichtet.  Slud)  9th°bon  mar  atS  djrift- 
tid)er  Sehrer  in  fttom  tf)ätig.  23ietteid)t  ift  ebenfalls  bie  £mmilie,  melche  fpäter 
als  3  m  eit  er  ®IemenSbrief  in  ber  d)riftlid)en  Sitteratur  erfcheint,  in  tftom 
jur  beS  hl-  Suftinus  gehalten  morben2.  2Bir  haben  bereits  gefehen,  mie 
nicht  nur  rechtgläubige,  fonbern  aud)  häretifdfe  Sehrer  in  großer  3ah*  nach 
9tom  famen,  um  bort  ihre  Stnfidften  einsitbürgern ;  fo  bie  ©nofiifer  SSatentin, 
©erbon,  Sttarcion,  bie  Harpofratianerin  SJtarceltina ,  fpäter  fftorinuS,  metdjer 
sfkiefier  ber  römifdjen  $ird)e  toar  unb  jurn  ©nofticiSmuS  abfiel.  Valentin, 
©erbon  unb  Sftarcion  mürben  in  9fom  aus  ber  Kirche  auSgefchloffen.  Sticht 
minber  fud)ten  bie  SJtontaniften  in  bie  römifcpe  Kirche  einjubringen ,  unb  mir 
treffen  fper  felbft  einen  Vertreter  ber  ©Ifefaiten:  SttfibiabeS.  ®ie  römifche 
Kirche  bitbete  im  2.  Sahrtfunbert  bereits  ben  SRittetpunft  beS  fachlichen  SebenS. 

2.  33on  brei  Kirchen  beS  Orients:  Sttepanbrien ,  Serufatem  unb  SIntu 
od)ien,  teilt  ©ufebiuS  in  feiner  ^ird)engefd)id)te  ebenfalls  bie  2Mfd)ofStiffen 
mit;  hoch  befitjen  mir  ju  menig  genaue  Kenntnis  über  biefe  ©emeinben,  um 
beffen  Eingaben  prüfen  ju  fönnen.  Sttepanbr ien,  ein  3eidrum  geiftigen 
SebenS,  tritt  in  biefer  3£d  mehr  heröor  als  eine  Srutftätte  ber  ungefunben 
©pefutation,  metdje  im  ©nofticiSmuS  ihren  StuSbruä  fanb.  tßietteidft  lebte  tpet 
ber  unbefannte  SSerfaffer  beS  fogen.  53arnabaSbriefeS,  ber  f)öcbft  mahr= 


1  Ü6et  Suftittug  unb  bie  auf  if)n  be3ügli(he  ßitteratur  f.  S3arbenhetoer  a.  a.  D. 
S.  43  ff.  §arnacf,  ©efchid)te  ber  alti^riftf.  Sitteratur  I,  99  ff. ;  II,  1,  274  ff.  ®hr= 
h arb  a.  a.  £).  ©.  217  ff. 

2  »arbenhetoer  a.  a.  O.  26.  §arnacf  a.  a.  O.  I,  47  ff.;  II,  1,  438  ff. 
©hrhorb  a.  a.  £).  ©.  78  ff. 


10.  Sie  rönt.  ßirdje  u.  bie  anb.  Hauptfilmen.  HerOorragenbe  33ifcf)öfe  u.  fird)I.  ßeffrer.  199 

fc^cinlid)  im  Anfänge  be§  2.  Snhrhunbert»  entftanb  unb  eine  fdjnrfe  fßofemif 
gegen  ba§  Snbentum  unb  beffen  religiöfe  Snftitntionen  enthält 1.  ©ie  Kirche 
Don  Serufalem  fpielte  in  ber  borfiegenben  ©pod)e  feine  Aotle  im  fird)fid)en 
Sehen.  ©ie  jubenc^riftlidie  Urgemeittbe,  mefche  burd)  bie  jübifdien  Kriege 
befinitiö  au§  ber  ^eiligen  ©tabt  be»  Subai§mu§  entfernt  mar,  lebte  öftlidj 

Dom  Vorbau  meiter,  ^atte  jebotf)  feinen  ©influff  auf  bie  meitere  ©ntmidtung 
ber  ©efatntfirdfe.  ©on  ber  f)eibend)tiftli(f)en  ©emeinbe  in  Seutfafem  felbft  er= 
fahren  mir  nid)t§,  abgcfet)en  Don  ben  kanten  ber  ©ifcpöfe  bei  ©ufebiu».  Au» 
^ßaläflina  ftammte  ber  Snbencbtift  $egefippu§,  mefdjer  unter  Anicet  nach 
Aom  fatn  unb  nod)  unter  ©feutheru»  lebte.  (Sr  Hinterlief?  ein  2ßerf,  ba§ 

mahrfdjeinlid)  ben  ©itef  Yizon^jmza  trug2.  Antiodfien,  bie  Heibend)rift= 

lidje  Urgemeinbe,  Hatte  nad)  ©ufebiu»  al§  erften  93ifd)of  nach  ben  Apoftefn 

ben  ©bobiu»,  beffen  Aadffofger  3gnatiu§  mar.  ©iefer  mttrbe  HocHöerüHmt 
burdj  fein  glorreiche»,  in  9fom  DotXenbete»  ©tartßrium  unb  burd)  bie  ©riefe, 
mefcpe  er  mährenb  feiner  Überführung  Don  Antiod)ien  nach  ber  ifpauptftabt 
fchrieb 3.  ©ein  ©fartertob  fällt  in  bie  9fegierung§jeit  be3  $aifer§  ©rafan 

(98 — 117).  A15  greifet  ©ifdfof  einer  ber  erften  Kirchen  be§  Oriente,  al§ 

©d)iifer  ber  Apoftcf  unb  af§  hetbenmiitiger  ©efennet  be§  ©faubenS  genofi  er 
ba»  größte  Anfcfien.  Sn  Antiochien  felbft  burcb  bie  bortige  SöeHörbe  jutn  ©obe 
„ad  bestias“  Derurteitt,  fam  er  auf  feinem  ©ran§port  in  bie  £)auptftabt  nach 
©mprna,  mo  längere  geit  §alt  gemacht  mürbe.  ©ie§  benutzten  mehrere  um= 
liegettbe  ©emeinben,  um  ihn  burd)  Abgefanbte  begrüßen  ^u  taffen;  bie 

©ifcpöfe  mit  Sßertretern  be§  &1eru§  reiften  ju  ihm  nad)  ©mptna  unb  über= 
brauten  bie  ©rüjie.  3gnatiu§  ergriff  bie  ©etegenf)eit,  um  burd)  ©riefe  für 
biefe  Aufmerffamfeit  ju  banfen,  jugfeicb  bie  ©laubigen  ju  treuem  ©erharren 
im  ©tauben  ju  ermahnen,  Dor  ^äretifern  ju  rnarnen  unb  ben  engften  Anfd)fufi 
an  ben  ©ifd)of  unb  ben  $Ieru§  (f|ke»bt)ter  unb  ©iafonen)  auf  ba§  einbting= 
tiebfte  ju  empfehlen.  Sn  biefem  ©inne  febrieb  er  an  bie  ©emeinben  Don 

©pf)efu§,  ©Jagnefia  unb  ©raffe»,  ©r  hotte  bann  erfahren,  baff  bie  röntifeben 
©Httflen  ©dritte  unternommen  hotten  ober  unternehmen  moöten,  um  feine 
©cgnabigung  ju  ermirfen.  ©ie§  beranfaßte  ihn,  auch  an  bie  römifdfen  ©hriften 
ju  fdjreiben ,  um  fie  Don  biefen  ©d)ritten  abjuhalteu ;  feine  einzige  ©ef)nfud)t 
fei,  burd)  bett  ©?artertob  mit  ©f)riftu§  bereinigt  ju  merben.  Sn  ©roa»  marb 
jum  jmeitenmaf  §aft  gemacht;  Don  bort  fchrieb  er  an  bie  ©emeinben  bon 
^h^nbefphin  unb  ©mprna  unb  in§befonbere  an  ^ofpfarp,  ben  ©ifd)of  Don 
©mprna.  ©a  er  erfahren  hatte ,  baß  bie  ©Verfolgung  in  Antiochien  etfofeben 
mar,  forberte  er  ^olpfarp  auf,  burd)  ©oten  bie  ©rüber  itt  Antiochien  ju  be= 
glüdmiinfchen ,  fo'mie  ju  beranfaffen,  baß  and)  bie  übrigen  ©emeinben  ju  bent 
gleichen  gmede  Abgefanbte  borttjin  fd)iden  füllten.  ©urd)  S«näu§  erfahren 


1  93arbent)ett>er  a.  a.  £>.  ©.  20  ff.  H  a  r  n  a  cf  a.  a.  ß.  I,  58  ff. ;  II,  1,  410  ff. 
Sfjrfjarb  a.  a.  O.  ©.  81  ff.  Sa?u  Ladeuze,  L’epitre  de  Barnabd  (Revue  d’histoire 
ecclbsiastique  I  [1900],  31  ss.  212  ss.). 

2  93  arb  entfern  er  a.  a.  D.  ©.  104.  Hanta  cf  a.  a.  D.  I,  483  ff.;  II,  1,  311  ff. 
@f)rfjarb  a.  a.  O.  ©.  253  ff. 

3  Sie  SQtartpraften  be§  f)I.  SQnatiuS  in  ihren  tterfeffiebenen  fftecenfionen  finb  nicht 
ttor  bem  4.-5.  Safnhunbert  entftanben. 


200  Säerbreitung  unb  Stuägefialtung  ber  Kirche  im  2.  Satirhunbert. 

tötr,  baff  SpotiuS  felbft  in  9iom  bie  fUtarterfrone  erlangte 1.  ©iner  ber  91ad)= 
folget*  beS  hl.  SgnatiuS,  SE^eof)f;tIu§,  mirb  bon  ©ufebittS  xbentifigiert  mit 
bem  fßerfaffer  ber  brei  33üd)er  „ad  Autolycum“ 2. 

Sn  ber  römifdjen  ^robinj  5Ifia  tagen  mehrere  bebeutenbe  ©hriftengemeinben, 
bon  benen  einige  bie  ermähnten  SSriefe  bon  SgnotiuS  erhielten.  2Bir  finben  bort 
bie  $ird)en  bon  @p^e[u§,  ©mtmna,  ©arbcS,  SEratte§ ,  Saobicea,  ^oloffuS,  bie 
jutn  Seit  burd)  ben  2t|)oftet  5ßauluS  gegrünbet  toorben  finb.  Oer  beriif>mtefie 
33ifd)of  biefer  ^robinj  in  ber  bortiegenben  3eit  toar  ^ot^farp,  ber  bereits 
bie  ©emeinbe  bon  ©mt)rna  leitete,  als  SgnatiuS  unter  Orajan  bort  bermeilte. 
©diüler  beS  5l{mftelS  SohanneS,  ber  längere  ;3eit  bon  ©pf»efn§  aus  in  5lfia 
geroirft  hotte,  fepte  er  bie  nacpapoftolifcpe  $eit  in  bie  jmeite  grnlfte  beS 
2.  Saf)rt)unbert§  fort,  ©ein  2ob  fällt  in  baS  Safjr  154 — 155  ober  155 — 156. 
^urj  borlfer  hotte  er  eine  Üteife  rtad)  9tom  unternommen,  mäfmenb  ülnicet  ba= 
fetbft  33ifdf)of  mar,  um  mit  biefern  über  berfcffiebene  fragen,  houptfädjlid)  über 
bie  Ofterfeier,  ju  berhanbeln.  2öät)renb  feines  5lufentf)alteS  in  ber  tpaufüftabt 
bradjte  er  biete  t)äretifcf)e  ©noftifer  baju,  mieber  mit  ber  „Kirche  ©otteS"  ficf) 
ju  bereinigen 3.  ©ein  grofeS  tttnfet^en  betannten,  nad)  bem  edjten  Berichte  ber 
©emeinbe  bon  ©mtjrna  über  fein  glorreiches  fUtarttjrium ,  fetbft  bie  Reiben; 
fie  be^eidmeten  itm  als  „ben  Selfrer  5tfiaS,  ben  Sßater  ber  ©Triften,  ben  f3et'pter 
ber  ©ötter".  ©in  33otfStumutt  gegen  bie  ©ffriften  in  ©mt)rna,  ber  bei  ©e= 
tegenpeit  peibnifctier  gefilidffeiten  auSgebrochen  mar,  bradjte  bem  greifen  33ifd)of 
bie  fötarterfrone,  nadjbem  bor  it)m  elf  anbere  ©Triften  ben  9Jiartertob  geftorben 
mären4.  Oie  apoftolifche  Sptigteit  beS  tjeitigen  53if(^ofS  patte  fiep  niept  auf 
feine  ©emeinbe  befdjränft.  SrenäuS,  fein  ©cpüter ,  ermähnt  33ricfe  bon  i£)m, 
metdfe  er  teils  an  benachbarte  ©emeinben  fanbte,  um  fie  ju  befeftigen,  teils  an 
einzelne  33rüber,  um  fie  ju  belehren  unb  ju  ermähnen5,  ©iner  bon  biefeit 
Briefen  ift  unS  erhalten;  berfetbe  ift  an  bie  ©emeinbe  bon  ißhüUüü  gerieptet 
unb  mürbe  batb  nad)  bem  Oobe  beS  hl-  SgnatiuS  abgefanbt  als  23egteit= 
fepreiben  ju  ben  SgnatiuSbriefen,  bon  benen  bie  ^5h^iPPer  fid)  eine  5lbfd)rift 
erbeten  hotten. 

5ttS  fpäter  ber  5ßapft  Sßiftor  gegen  bie  S9if(pöfe  bon  Stfia  borgehen  mottte, 
meit  fie  eine  anbere  tfkajiS  in  ber  Ofterfeier  beobachteten  atS  bie  übrigen  ©e= 
meinben,  berief  fid)  ber  SSiftpof  ^ßotpfrateS  bon  (£ p p e f u S  in  bem  ©tpreiben 
ber  ©pobe,  bei  melcper  er  ben  SBorfip  geführt  hotte,  für  bie  bei  ihnen  übliche 
tprapS  auf  bie  „groffen  Sichter",  melcpe  in  3tfia  ruf)ten  unb  biefetbe  ©emol)n= 
heit  eingepatten  hotten,  ©r  fiit)rt  an:  ben  9tpoftet  ^ßpilippuS,  brei  bon  beffen 
Oöd)tern,  ben  ütpoftet  SohanneS,  ^olt)farp,  SlprofeaS ,  33ifcpof  unb  TOärtprer 


1  Über  SgnatiuS  unb  feine  Säriefe  f.  2runf,  Slrt.  „SgnatiuS"  in  SBetjer  unb 
Stßelte’S  ßitcbenlepfon  VI  (2.  Stuft.),  581  ff.  Säarbenhemer  a.  a.  D.  <5.  27  ff. 
parnact  a.  a.  £).  I,  75  ff.;  II,  1,  381  ff.  ©brhatb  a.  a.  O.  ®.  90  ff. 

2  Sägl.  Euseb.,  Clironicon  ad  an.  Abr.  2185  et  2193. 

R  Sögt.  be§  Srenüuä  Säriefe  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  14.  20.  Iren.,  Adv.  liaer. 
III,  3,  4. 

4  Martyrium  Polycarpi  (Särief  ber  ©mljrnäer  an  bie  ©emeinbe  in  ißbitometium), 
ed.  Funk,  Patr.  apost.  p.  283  sqq. 

5  Iren.,  Ep.  ad  Florinum,  bet  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  20. 


10.  Sie  rbm.  ßirdje  u.  bie  anb.  §auptfir(hen.  fperborragenbe  Söifd^öfe  u.  f ird)I.  Seprer.  201 

Dort  ©umenea,  ©agari»,  tßifcfiof  unb  !D?ärtt>rer,  bet  in  Saobicea  fdffäft,  ben  fefigen 
tpapiriu§  unb  ben  „©unuchen  fDielito,  ber  in  feinem  ganjen  Söanbel  boll  be§ 
^eiligen  ©eifte§  mar  unb  in  ©arbe§  ruf)t  in  ©rmartung  ber  ^eimfudjung  bom 
Fimmel,  in  ber  er  bon  ben  Soten  auferfief)en  mirb" 1.  33on  biefen  3eugen,  melche 
ipofpfrateS  anführt,  ift  SDtelito,  33ifd£>of  bon  ©arbe§,  un§  burd)  bie  9Jtit= 
teilungen  bon  ©ufebiu§  unb  Sertullian  etma§  näher  belannt.  fyiir  bie  3eit,  in 
melcpe  feine  bifd)öflid)e  unb  fchriftfiellerifdfe  Sfiötigfeit  fällt,  giebt  e§  -poei  5Xnb)alt§= 
punfte:  ©r  ftarb  bor  190,  nämlich  bor  bem  3eitpunft,  mo  ber  Ofterfeierftreit  au§= 
bradj,  mie  fidö  au3  bem  Briefe  be§  ^olt)lrate§  ergiebt;  bann  fiat  berfelbe  feine 
©chrift  über  ba§  Ofterfeft  E)öcf)ft  mahrfdieinlich  etrna  ätnifd)en  160  unb  167  ber= 
faßt2.  9Mito  mar  ein  f)od)gebilbeter  Wann,  ein  d)rifitid)er  ^3f)ilofoph,  ber  in 
feinen  ©djriften  bie  betfdiiebenflen  ©egenftänbe  beljanbelte.  ©ein  ftreng  a§fetifd)e§ 
Seben  (eövou/ia),  bie  propffetifchen  ©hari§men,  mit  benen  er  begabt  mar,  fieberten 
ihm  jene§  hoffe  31nfepen,  meldiie»  in  ben  ^Sorten  be§  5j3olt)frate§  5lu§brud  gefunben 
fiat.  Sn  ben  fird)fid)en  ©treitigfeiten  feiner  3eit  fpielte  er  al§  23erteibiger  ber 
rechtgläubigen  Überlieferung  eine  grope  Stoffe ,  unb  jugfeicb  fudjte  er  in  feinen 
©cpriften  ba§  innerfird)fid|e  Seben  ju  ftärfen  unb  bie  ©läubigen  über  ber= 
fcpiebene  fragen  be§  ©laubenS  unb  ber  SiSjiplin  ju  belefjren.  ©r  hat  eben= 
fall»  eine  ©d)upfd)rift  jur  SSerteibigung  be§  ©briftentnmS  bcrfapt,  au§  meldjer 
©ufebiu§  jtoei  mistige  ©teilen  mitteilt;  ferner  hat  er  fid)  mit  ben  heiligen 
©dfriften  befaßt  unb  über  ben  $anon  be§  Sllten  Seftamente§  gorfepungen  an= 
geftellt.  ©omeit  unfere  $enntni§  reidjt,  mar  er  ber  frueptbarfte  unb  üielfeitigfte 
cpriftlidfe  ©cbriftfteHer  im  2.  Sohepunbert.  SDocf)  finb  oon  allen  feinen  Söerfen 
bloß  einige  Fragmente  auf  un§  gefotnmen 3. 

Unter  ben  53ifd)öfen  ber  ©hriftengemeinben  in  Dfcpaia  mar  bamal§  ber 
beriihmtefte  SionpfiuS,  ber  jur  3£it  be§  Zapfte»  ©oter  bie  ®ird)e  Don 
Korinth  leitete,  ©eine  9fame  mar  meit  über  bie  ©rennen  ©rieepenfanb»  hinnu§ 
befannt,  fo  bap  felbft  au§  bem  ^ßontu§  Infragen  an  ihn  geridftet  mürben. 
©ufebiu§  befap  eine  ©ammlung  bon  Briefen  be§  Sionpfiu»,  au§  benen  er 
acht  furj  anafpfiert.  Sie  ©emeinbe  bon  Korinth  hotte  *eicpe  SUmofen  bon 
ber  römifepen  5?ircpe  erhalten;  in  feinem  Sanfbriefc  an  5papft  ©oter  rühmt 
Sionpfiu»  bie  römifepen  ©pdflcn,  bap  fie  „bon  Anfang  an  bie  ©emopnpeit 
hatten,  allen  33riibern  bie  mannigfachften  Höopltpaten  ju  ermeifen  unb  bielen 
©emeinben  in  ben  berfd)iebenften  ©täbten  Unterfiüpungeu  ju  fdjiden,  unb  auf 
biefe  SBeife  halb  bie  3lrmut  ber  dürftigen  erleichterten,  balb  ben  in  ben  23erg= 
merfen  befinblicpen  Srübern  ben  nötigen  Unterhalt  berfepafften".  31u§  ben 
©riefen  be§  Sionpfiuä  erfahren  mir  einige  ©injelpeiten  über  bie  ©emeinben, 
an  beren  33ifcpöfe  bie  ©dfreiben  gerichtet  maren.  Sie  ßafebämonier  er= 
mahnte  Sionpfiu§  ju  ^rieben  unb  ©intracht  unb  legte  ihnen  bie  rcdjtgläubige 
Sehre  bor.  ©ine  fdjmere  3ed  hotte  bie  Kirche  in  Sfthen  burchgemadjt.  Seren 
33ifd)of  ^ßubliuö  hatte  ben  TOartertob  erlitten,  unb  bie  ©emeinbe,  ihre»  flirten 

1  Euseb.  1.  c.  y,  24.  2  §  am  ad  a.  a.  D.  II,  1,  858  ff. 

3  Sie  ßifte  feiner  SCÖerle  bei  Euseb.  1.  c.  IV,  26 ;  biefelbe  ift,  nach  be3  ®ujebiu§ 
eigenem  3eu9n^/  unboKftänbig.  lögt.  Sarbenhemer  a.  a.  O.  ©.  55  f.  ßrüger, 
©efchi^te  ber  altdjrifil.  Sitteratur  ©.  76  ff.  harnad  a.  a.  0.  I,  246  ff.;  II,  1,  378  ff. 
517  ff.  ©hrharb  a.  a.  ß.  ©.  258  ff. 


202  SöerOreitung  unb  SluSgeftattung  ber  ßixdje  im  2.  ^aOx^uttbert. 

beraubt,  mar  beinahe  böllig  bom  (Stauben  abgefalen.  SDod)  gelang  eg  bem 
neuen  Vifdjof  Ouabratug,  bie  ©emeinbe  mieber  p  fammeln  unb  p  neuem 
©ifer  für  ben  ©tauben  p  entflammen,  ©r  erjäfjlt  aud),  baß  SDionpfiug  ber 
Slreopagite,  ben  ber  fit.  $aulu§  für  ben  cfjriftttdien  ©tauben  getnonnen  hatte, 
ber  erfte  Vifdjof  bon  5Xtb>en  mar.  SDie  Vifomebier  marnte  SDionpfiug  be= 
fonberg  bor  ber  tpärefie  beg  Vtarciou.  Vud)  bie  ©emeinbe  bon  ©ortpna 
unb  bie  anbern  Kirchen  ber  3nfel  $reta  ermahnte  er,  bor  fpäretifern  auf  ber 

§ut  ju  fein;  ben  Vifdjof  ^itippug  bon  ©ortpna  rühmte  er,  meil  feiner  ©e= 

meinbe  bag  3eugnig  großer  grömmigteit  unb  ©tanbpaftigfeit  gegeben  mürbe. 

SDer  Vifdjof  ißinptug  bon  $noffug  auf  ber  Snfel  $reta  übte,  mie  eg  fdjeint, 

p  große  ©trenge  in  ber  fforberung  ber  ©ntljaltfamfeit  bon  feiten  ber  ©laubigen. 
SDionpfiug  erfennt  feinen  ©ifer,  feine  ©infidjt  in  bie  göttlichen  SDinge  unb  feine 
Verebfamteit  an,  marnt  ifn  aber  babor,  ben  Vrübern  p  große  Saft  aufp= 
legen.  Vug  bem  $ontug  Ratten  pei  ©Triften  bem  SBifdtjof  bon  Forint!)  ge= 
fdjrieben,  mafjrfdjeinlid)  um  feine  Vnfidjt  über  ben  ©inn  bon  ©dmiftftellen  p 
erfahren,  SDionpfiug  fdjrieb  nun  an  bie  ©emeinbe  bon  Vmaftrig,  beren 
Vifdjof  ^almag  mar,  unb  an  bie  übrigen  Kirchen  in  ^ontug,  erttärte  ©teilen 
aug  ber  ^eiligen  ©djrift  unb  gab  ©rmalfnungen  über  bie  @f)e  unb  bie  3ung= 
fräuliddeit;  ferner  marnte  er  bor  51t  großer  ©trenge  in  ber  SBieberaufnaljme  bon 
©iinbern  unb  fpäretifern,  bie  fid)  befeljren  mollten,  in  bie  firdjlidje  ©emeinfdjaft. 
Vußerbem  ermähnt  ©ufebiug  nod)  einen  33rief  an  eine  eifrige  ©hriftin,  Vatneng 
©hrpfopljora  1. 

Vefjmen  mir  p  ben  bigljer  ermähnten  fircplidjen  Settern  bie  früher 
(©.  131  ff.)  angeführten  Vpologeten  l^ingu,  fo  ergiebt  fid)  ung  ein  erfreulidjeg 
Vilb  regen  firdjlidjen  Sebeng  unb  eifriger  litterarifdjer  SDfjätigfeit  in  ben  l)e£te= 
niftifdjen  iprobinjen  beg  Orientg.  Vtandjc  aug  biefen  Sänbern  ftammenbe  Seigrer 
tarnen  nad)  bem  Sßeften,  mie  mir  eg  bon  Suftin,  Station,  Vfmbon,  fpegefippug 
miffen,  bie  fid)  in  Vom  niebergetaffen  hotten,  ©in  Vfiate  mar  aud)  ber  be= 
beutenbfte  $irdjenbater,  meldjer  am  Vuggange  beg  2.  3ahrhun^ert§  lebte  unb 
fcbrieb,  ber  hl-  Srenäug.  Söahrfdjeinlicf)  ftammte  berfelbe  aug  ©mprna, 
mo  er  nach  feinem  eigenen  3£ugnig  alg  $nabe  unb  alg  Sitngling  ben  S3ifd)of 
ißolpfarp  gefehen,  beffen  Sehrborträge  gehört  unb  anbere  „^regbpter"  ber  nacp= 
apoftolifcpen  3eit  tennen  gelernt  hatte.  Vucp  mit  ben  ©djriften  ber  fjeibnifdjen 
SDidjter  unb  Sßfjilofophen  machte  er  fid)  befannt.  ©päter  tarn  er  nad)  Vom, 
bielteid)t  um  biefelbe  geit,  ai§  Sfßolptarp  feine  Veife  borthin  unternahm,  unb 
ging  bon  ba  nad)  ©allien,  mo  er  pr  Qeit  ber  Verfolgung  beg  Saljreg  177 
Sfßriefter  ber  Kirche  bon  Spott  mar.  2llg  fotcper  marb  er  bon  bem  $Ierug 
unb  ben  ©laubigen  bon  Spott  mäljrenb  ber  Verfolgung  nad)  Vom  gefanbt, 
um  bem  Zapfte  ©leutljerug  ein  Schreiben  p  überbringen.  Vadj  feiner  Viid= 
fehr  mürbe  ^renättg,  ba  ber  greife  Vifdjof  ^otpinug  ben  Vtartertob  geftorben 
mar,  pm  Vifdjof  bon  Spon  gemählt.  Vtit  größtem  ©ifer  mar  er  nun  be= 
müht,  bie  3ahl  ber  ©lättbigen  311  bermet)ren,  bie  ©fjriffen  p  ftärfen  unb  bie 
©efafjr  ber  gnoftiftfjen  £)ärefie  bon  feiner  ©emeinbe  unb  bon  ben  gatlifchen 
Kirchen  überhaupt  abpmeljren.  SDem  letzteren  3lt,ette  biente  bie  bon  ihm  ber= 


1  Euseb.  1.  c.  IV,  23. 


11.  Sie  Anfänge  ber  fircfjlid^en  Sfjeologie. 


203 


fo^te  ausführliche  Wiberlegung  ber  Balentinianer  unb  fämtlicher  Ipätefien,  bie 
ju  fünf  Büchern  anmudjS.  Buch  non  ben  übrigen  Schriften,  bie  nicht  er= 
halten  finb,  maren  mehrere  gegen  bie  ©noftifer  gerichtet.  $n  bem  batnalS  auS= 
gebrochenen  Dfterfeierftreit  richtete  er  einen  Brief  an  5ßapfi  Biftor  unb  ermahnte 
benfetben  jur  BWbe  gegenüber  ben  afiatifdjen  ©etneinben.  Bad)  einer  im 
5.  ^ahrhunbert  juerft  bezeugten  Überlieferung,  bie  fid)  bielleicht  auf  eine 
liturgifche  Srabition  fiü|t,  ftarb  SrenäuS  als  Btcirtprer.  0b  biefe  Über-- 
lieferung  begrünbet  ift,  läjjt  fich  ni<^)t  mit  Sicherheit  feftftellen  1. 


11.  Sie  Anfänge  ber  firdjlidjen  Sheologie. 

ßitteratur.  ■ —  Ginoulhiac,  Histoire  du  dogme  pendant  les  trois  premiers 
siecles.  3  vols.  2e  ed.  Paris  1855.  3  o  b  l ,  Sogmengefcfjtcljte.  3fnn§brucf  1865. 

©dfloane,  ®ogmengefd)id)te  ber  borntcänifd)en  3ed.  2.  Stuft.  Sfreiburg  i.  SSr.  1892. 
St.  fparnctcE,  2)ogmengefdji<fite  S3b.  I.  3.  Stuft,  ffretburg  t.  Br.  1894.  91.  ©eeberg, 
ßebrbud)  ber  SDogmengefcbicbte  Bb.  I.  ©rlangen  1895.  Sorner,  ©runbrife  berSoguien» 
gefdjicfite.  Berlin  1899. 

1.  Sie  apoftolifche  Sehrüberlieferung  enthielt  Wahrheiten  über  jaf)lreid)e 
Singe,  meldje  auch  fdjon  Don  bet  griedjifdjen  ^ßh^ofop^te  bon  einem  attberrt 
©efidjtSpunfte  aus  in  bie  rein  menfdjlich  =  Vernünftige  Unterfudjung  gezogen 
rnorben  tnaren.  ißhiM0ÜlÜ(h  gebilbete  ©hriften  mürben  bon  felbft  beranlajjt, 
über  berartige  fragen  baS  Wiffen  ber  menfdjlühen  Vernunft  mit  bem  Inhalte 
ber  ©laubensmahrheiten  ju  bergleidjen  unb  fpefulatibe  ©rörterungen  über  leitete 
anjuftelleit.  Bber  and)  foldje  Wahrheiten  ber  ©laubenSregel  unb  ber  firdjlidjen 
Überlieferung,  meldje  nicht  jur  Btaterie  ber  alten  Pjilofophie  gehört  hatten, 
boten  manche  Seiten  bar,  rnelche  ben  forfcfjenben  Berftanb  anregten,  ©runb= 
fä|c  beS  menfchlidien  WiffenS  an  ber  Unterfudjung  berfelben  ju  erproben,  mie 
anberfeits  Singe,  bie  nicht  bireft  bem  chriftlichen  ©laubenSbemuptfein  angehörten, 
burch  religiöfe  Wahrheiten  in  ein  anbereS  Sicht  gerüdt  mürben.  3U  folchen 
fpefulatiüen  Hnterfuchungen  mürben  djriftliche  Selfrer  um  fo  mehr  angeregt, 
als  bie  Berteibigung  beS  ©fjriftentumS  gegen  Eingriffe  feiner  ©egner  unb  ber 
bamit  berbunbene  $ampf  gegen  baS  fpeibentum  ohne  eine  ©rörterung  gcmiffer 
Wahrheiten  Dom  Stanbpunfte  ber  Vernunft  aus  nicht  möglich  mar.  Ser 
©nofticiSntuS  f)fltte  eine  Bereinigung  beS  ©hriftentumS  mit  ber  iphüofophie 
unb  bem  fUipfticiSmuS  beS  §eibentumS  berfudjt,  allein  er  löfte  babei  baS 
©hriftentum  auf.  Sie  fird)lid)c  Sffeologie  hielt  treu  feft  an  bem  boüen  Snljalt 
ber  ©laubenSregel  unb  ber  apoftolifchen  Sehrüberlieferung  unb  fudjte  bon 
biefem  Stanbpunft  aus  eine  Berbinbung  mit  ben  tranfcenbentalen  Sehren 
antifer  ^h^Df°bh'e;  fo  entftanb  bie  !ircf)lid)  =  theoIogifd)e  Wiffenfdjaft. 
Sap  bie  ©ntmidlung  berfelben  befottberS  im  Bnfange  nicht  ohne  manche  Sdjman= 
fungett  fid)  bolljog,  liegt  auf  ber  fpanb ;  allein  biefe  Sdjmanfungen  betrafen  nicht 
bie  Wahrheiten  ber  ©laubenSüberlieferung,  unb  mit  ber  Sehre ,  mclche  als  bie 
apoftolifche  im  ©laubenSbemufitfein  ber  Kirche  lag,  traten  bie  fachlichen  Sehrer 


1  Über  3rcnau$  unb  feine  ©djrifteu  f.  Barbenljetoer  a.  a.  D.  <5.  105  ff. 
ß  r  ü  g  e  r  a.  a.  D.  ©.  90  ff.  §  a  r  n  a  cf  a.  a.  £).  I,  263  ff. ;  II,  1,  320  ff.  324  ff.  517  ff. 
©  £)  r  1)  a  r  b  a.  a.  D.  S.  262  ff. 


204  Verbreitung  unb  Auägeftaltung  ber  ßirdje  im  2.  $aprpunbert. 

nie  in  Söiberfprutp ,  vuenngleid)  bie  fpötere  (Sntmidlung  be§  (Slauben§inpalte§ 
einzelnes  in  ber  golgejeit  al§  gang  ober  teilmeife  unritptig  ertoieä ,  ma§  bie 
älteren  ©peologen  gelehrt  Ratten. 

2>n  ben  ältefien  ©cpriften  ber  nacpapoftolifcpen  3eit,  ber  Apoftellepre,  bern 
0emen§briefe,  ben  Sgnatiuöbriefen  nnb  bem  ©Treiben  be§  ißolpfarp,  inerben 
^tuar  einzelne  dfrifilicpe  2Baprpeiten  bezeugt  unb  eingefcpörft,  befonberä  bon 
3gnatiu§  gegenüber  ben  Jsrrleprern  feiner  $eit;  allein  eine  fpefulatibe  Untere 
futpitng  bon  (Slauben§lepren  finbet  fid)  barin  niipt.  Anfäpen  ju  einer  foltpen 
begegnen  toir  erfl  int  23arnaba§briefe  unb  in  einzelnen  ©teilen  be§  „Ritten"  bon 
£)erma§;  am  meiften  jebocp  bei  ben  Apologeten  unb  antipäretifcpen  ©d>rift= 
ftetlern  be§  2.  3aprpunbert§.  (Sin  bolIftänbige§  53ilb  ber  (Snttoidlung  ber  tircp= 
litpett  Geologie  läpt  fiep  aber  nid)t  gemimten,  tneil  bie  meiften  2Berfe  biefer 
©tpriftfieller  berlorett  finb,  befonberS  biejettigen,  in  toelcpen  fie  (Segenftänbe  ber 
firtplicpen  Sepre  oprte  biretten  polemifcpen  ^med  bepanbelten;  biefe  mären  aber 
gerabe  bie  miiptigften  für  bie  Kenntnis  iprer  tpeologifcpen  Anfcpauungen.  SDocp 
laffen  fid)  über  einzelne  Seprpunfte  bie  Anfidften  ber  firtplicpen  Seprer  au§ 
bereu  erhaltenen  ©Triften  feftfteüen. 

2.  ©>af$  bie  ©jiftenj  (Sottet  au»  ben  (Sefcpöpfen  fd)on  mit  ber 
bloßen  Vernunft  erfannt  merben  fönne,  nahmen  mit  ber  ©djrift  (9töm.  1, 
19  f.  2öei§p.  13,  1  ff.  ^ßf.  18,  2  ff.)  alle  älteren  Seprer  ber  $irdje  an; 
fie  fa^ett  itt  ber  Aerfennung  be§  magren  (Sotte§  bei  ben  Reiben  bie  traurigfte 
Verirrung  be§  menfcplidjen  (Seifte»1.  ®ie  (Sin!) eit  (Sotte§  hielten  fie  ftrenge 
feft  gegenüber  bem  peibniftpen  5ßolptpei§mu§  unb  ber  gnoftifcpen  (5manation§= 
lehre 2.  ©ie  bermarfen  bie  ©eilung  be§  göttlichen  2Befen§  in  berftpiebene  ©ub= 
ftanjen,  bie  Trennung  ber  göttlichen  Attribute,  bie  Trennung  be§  pöcpften  (Sotte§ 
bon  ber  ©Köpfung ,  bie  eben  nur  ba§  2öerf  be§  pöcpften  2Befen§  fein  fann 3. 
©ie  geigten ,  bap  bie  SBelt,  mie  fie  au§  (Sotte§  §änbcn  perborging,  gut,  bie 
9L)taterie  nicht  ber  ©i|  be§  23öfen  mar,  fonbern  ba§  S3öfe  erfl  nacpper  burtp 
ben  Sflifsbraudj  ber  gefcpöpflitpen  2BiIlen§freipeit  entftanb,  baper  autp  nicht 
bon  Aatur  au§  berftpiebene  ültenfipenflaffen  beftepen  föttnen.  5Die  ©cpöpfung 
au§  nitpt»  mar  in  ber  ©cprift  berfünbigt  (2  9Jtaff.  7,  28.  Aöm.  4,  17. 
2iop.  17,  5.  9Aattp.  13,  35  u.  f.  f.),  unb  ebenfo  laut  berfünbigten  fie  bie 
Später.  Autp  ber  ©atan  galt  bon  jeper  al§  bon  (Sott  ttrfpriinglid)  gut  ge= 
fcpaffen4 5.  ©o  fepr  aber  autp  ba§  ©afein  (Sotte§  erfennbar,  fo  unbegreiflid) 
für  ben  SAenfcpen  galt  fein  SBefett.  „(Sott",  fagt  5Ainuciu§  gelij6,  „tann 


1  Theophil.,  Ad  Autol.  I,  5  sq.  24;  II,  10.  Iustin.,  Apol.  II,  6.  Iren.,  Adv. 
haer.  II,  6,  1;  IY,  6,  6.  ©.  ßunpe,  Sie  ©otteSlepre  be§  3renäu§.  Seipjig  1891. 

2  Herrn. ,  Pastor  Mand.  I.  Athenag. ,  Legatio  s.  supplicatio  pro  Christianis 
c.  4.  8.  Ignat.,  Ad  Magn.  c.  8.  ©otoopl  Suftin  alö  ^frenäuä  fchrieben  be§patb  nspl 
govapxiag  ( Euseb .,  Hist.  eccl.  IY,  18;  V,  20).  Über  9lttribute  ©otteä  bgl.  Iren.  1.  c. 
II,  13  sq.;  III,  25. 

3  Iustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  5.  11;  Apol.  I,  20;  II,  6.  Iren.  1.  c.  II,  1.  2. 
Theophil.  1.  c.  I,  3.  5.  Herrn.,  Pastor  Yis.  I,  c.  3.  Iren.  1.  c.  IV,  20,  2. 

4  Über  ben  Itrfbrung  be§  Vöfen  bgl.  Iren.  1.  c.  III,  22 ;  IV,  37 ;  V,  6,  20.  Iustin., 
Apol.  II,  7.  Über  ben  ©atan  bgt.  Athenag.,  Supplicatio  c.  25.  Tatian.,  Oratio  adv. 
Graec.  c.  16.  Iren.  1.  c.  III,  23;  V,  21. 

5  Octav.  c.  18. 


11.  ®ie  Anfänge  bcr  fachlichen  Sfjeologie. 


205 


nidjt  gefeiert  unb  begriffen  toerben,  [ich  felhft  nur  ifi  er  in  feiner  ganzen 
©röße  befannt,  un§  aber  ift  ju  feinem  CSrfaffen  ba§  ^erj  jtt  enge,  unb  fo 
allein  fchäßen  mir  tl)n  miirbig,  menn  mir  ihn  al§  utifdiäßbar  bezeichnen. 
Söer  glaubt,  ©ottc§  ©röße  ju  fennen,  verringert  fie;  mer  fic  nicht  Verringern 
mill,  fennt  fie  nidjt." 1 

93on  befonberem  Sntereffe  ift  bie  Sluffaffung  ber  älteften  $ird>enbäter  von 
ber  Trinität.  Siefelbe  mar  in  ber  Saufformel  (SKatttj.  28,  19)  beftimmt 
auSgefprodjen.  Sie  Sejeidjmtng  Sria§  finbet  fid)  juerft  bei  St)eopt)Uu§;  Ser= 
tuUian  gebraucht  ba§  SBort  Srinita§.  SJtit  ©ott  bemSßater  marb  ber  «Sohn, 
ber  nach  feiner  31u§fage  (Soh-  10,  30)  ein§  ift  mit  ihm,  al§  maljrer  ©ott 
Von  Sohnnne*  (Soh-  1,  1  ff.  1  3of).  4,  14;  5,  5  ff.)  mie  öon  ^autu§ 
(9töm.  9,  5.  5ßh'l-  2,  6 — 8.  ßol.  2,  9.  Sit.  2,  13)  bezeichnet.  Sm  Sitten 
33unbe  mar  fdjon  Vom  göttlichen  Söorte  (2ogo§,  ber  Serminu§  and)  bei  ^ßtjilo) 
ober  Von  ©otte§  233ei§£)eit  bie  Siebe  (©pr.  8,  23  ff.  2Bei§h-  7,  22;  8,  1  ff.). 
Sn  bunfleren  Slnbeutungen  hvtte  ba§  Sitte  Seftament  vom  §  eiligen  ©eifte 
gefprodjett;  erft  ©IjrißnS  ftettte  ihn  bar  al§  tebenbigen  Sröfter,  ber  au§gel)enb 
vom  93ater  ihn  Verherrlicht,  bie  $irdje  in  alle  SBahrljeit  einführt  unb  fo  ba§  in 
ber  SJienfdjroerbung  be§  @ol)ne§  begonnene  SBerf  fortfetjt,  ber  tjomblommt 
auf  bie  SJienfcfjen  unb  in  ihnen  2ßol)nttng  nimmt  (Sol).  $ap.  14 — 16).  Sem 
f)eiligen  ©eifte  marb  Stttmiffenljeit  beigelegt  (1  $or.  2,  10);  at§  ©ott  be= 
Zeichnen  iljn  Sßetru»  (SIpg.  5,  3.  4)  unb  Sßaulu§  (1  ^or.  3,  16.  17).  Sn 
öerfdjiebenen  formen  metben  bie  brei  göttlichen  Sperfoncn  im  Sieuen  Seftament 
jufammen  angeführt  (1  $or.  12,  4 — 7.  2  $or.  13,  13.  1  Sßetr.  1,  2)2. 
Ser  Siame  ©eift  (Spneuma)  mirb  halb  für  ba§  SBefen  ber  ©ottheit  (Sol).  4,  24), 
halb  für  bie  britte  göttliche  ^Jerfon  gebraucht,  auch  bei  ben  älteften  SSätent3. 
Siefe  Verbinben  regelmäßig  bie  brei  Sßerfonen;  fie  belennen  ben  einen  ©ott, 
mie  auch  bie  brei :  Später,  ©ofju  unb  -^eiliger  ©eift,  feben  al§  ©ott 4. 


1  Über  bie  Unbegreiflichfeit  ©otteS  tigt.  Iustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  4.  128 ;  Apol. 

I,  61.  68;  II,  6.  Herrn.,  Pastor  Mand.  I.  Athenag.  1.  c.  c.  10.  Iren.  1.  c.  IY,  19. 

2  HimoeiS  auf  bie  Saufformel  bei  Iustin.,  Apol.  I,  61.  ®aS  Sßort  Trias  bei 

Theophil.,  Ad  Autol.  III,  15,  too  bie  brei  Sage  Bor  ©rfchaffung  beS  Sichtet  als  23ilb 
ber  ®riaS  bezeichnet  toerben.  Trinitas  hflt  ®ertullian  (Adv.  Prax.  c.  3.  4.  12; 
De  pudic.  c.  21).  Über  baS  Sßort  ©otteS  bei  ben  djalbinfcben  3uben  f.  Sücfe,  ßom= 
tnentar  jum  3(obanne§eBangelunn  I,  249  ff-  285.  »gl.  ©.  ».  ©afpari,  Ser  ©taube 
an  bie  Srinität  ©otteS  in  ber  Kirche  beS  1.  2Saf)rf)unbertS.  Seipjig  1894. 

3  Ilveöpa  ftefjt  batb  obouodiöq,  halb  uTrooraTcxiüg.  »gl.  Clern.  Rom.,  Ep.  II  ad  Cor. 

c.  9.  Herrn.,  Past.  Sim.  V,  c.  5  sq.  ©o  gebrauchte  auch  ÄalliftuS  meöpa  Bon  ber 

©ottheit  beS  ©ohne!.  ®  ö  1 1  i  n  g  e  r ,  HippoU)tuS  ©.  237.  £ a g e nt a n n ,  ®ie  römifchc 
ßirdje  ©.  94  f.  98  f.  103.  120.  Stud)  bei  Ignat. ,  Ad  Smyrn.  c.  3;  Ad  Ephes.  c.  7 
bebeutet,  mie  <rdp$  bie  meufcfjliche,  fo  nveü/ia  bie  göttliche  Statur.  ®er  ©eift  all  »erfon 
beifit  bei  UlemenS  Bon  SRont  (Ep.  I  ad  Cor.  c.  46)  ©eift  ber  ©nabe,  fonft  i 9etov  msüpa. 
Iustin.,  Apol.  I,  9.  10.  32.  Tatian.,  Oratio  adv.  Graec.  c.  13.  Athenag.,  Supplicatio 
c.  10.  24.  »gl.  Ignat.,  Ad  Eph.  c.  9.  Herrn.,  Pastor  Sim.  II,  c.  10.  Iren. ,  Adv. 
haer.  III,  17. 

<  3 u ft  in  (1.  c.  I,  59  sq.)  tooUie  fdjon  bei  »lato  bie  Srinität  finben.  Clem. 
Rom.  bei  Basil.,  De  Spir.  S.  c.  29,  n.  72 :  Zfj  ö  Sedg  xac  6  xuptog  ’/.  Xp.  xai  tu  nveüpa 
zd  äyiov.  SgnatiuS  (Ad  Magn.  c.  13)  paraüelifiert  bie  brei  ©tufen  ber  Hierarchie 
mit  ben  brei  göttlichen  »erfonen  (ogl.  Ad  Eph.  c.  9).  Süthen  agoraS  (1.  c.  c.  10) 


206  Verbreitung  urtb  2tuSgeftaltung  ber  ßirdje  im  2.  Sahrtjunbert. 

Über  bie  ©runbfrage  ber  Geologie,  mie  in  (Sott  bie  ©infjeit  mit  ber 
©reitieit  ju  bereinigen  fei  für  bie  ©rfenntniS  beS  menfd)tid)en  SerftanbeS,  bieten 
bie  ©Triften  beS  2.  Sah^nnbertS  oerfdjiebene  Ausführungen.  ©igentümtid) 
ift  bie  Selfre  beS  §erma§  im  „Wirten",  in  ber  ^arabet  bom  Beinberg* 1, 
©er  ^)err  beS  BeinbergeS  ift  ©ott;  ber  ©ot)n  ift  ber  ^eilige  (Seift,  ber  $ned)t 
ift  ber  ©ot)n  ©otteS.  ©en  bor^er  ejiftierenben  ^eiligen  (Seift  hat  (Sott  in 
einem  ffteifdfe  Bohnung  nehmen  taffen,  nnb  biefe§  steifet)  £>at  er  jum  8ot)ne 
für  feinen  tätigen  Banbet  jur  ©etneinfchaft  mit  bem  ^eiligen  ©eifte  erhoben, 
©o  erfdjeint  bie  Unterfdjeibung  gmifdjen  bem  Zeitigen  ©eifte  unb  bem  ©ohne 
©otteS  nur  in  ber  fDtenfd)merbung  begrünbet.  ©ie  Sbentität  beiber  fpridjt 
ÖermaS  in  ber  $bat  bireft  auS 2,  mo  er  bem  Wirten  bie  Borte  in  ben  fDtunb 
legt:  „Sch  toilt  bir  atteS  geigen ,  maS  ber  Zeitige  ©eift  bir  gegeigt  hat  .  . 
beim  jener  ©eift  ift  ber  ©ot)n  ©otte». "  Auch  über  baS  Verhältnis  beS  ©olfneS 
©otte§  jum  ©rjenget  Vticpaet  fprii^t  fid)  Spermas  unbeutlid)  aus  3 4. 

©iefer  finb  bie  Anficpten,  meld)e  ber  hl-  SuftinuS  über  baS  Verhältnis 
beS  ©offnes  unb  beS  ^eiligen  ©eifieS  ju  ©ott  entmidett.  Sn  bem  ©iatog 
mit  ©rpphon  fommt  er  feinem  jübifcpen  ©egner  gegenüber  öfter  auf  ben  8ogoS, 
ben  ©ot)n  ©otteS,  ju  fpred)en.  ©erfetbe  ift  berfdjieben  bom  ©cpöpfer  beS  AttS 
unb  it)m  untergeben;  ein  anberer  ©ott  als  ber  ©dföpfer,  ber  3ahl  nad) 
(numerifdj)  unterfdjieben,  nicht  aber  bem  geiftigen  ©treben  ( yvcofj.? ])  nad).  ©ieS 
bemeift  Suftin  houptfädjtich  burd)  bie  ^eopfjanien  beS  Sitten  VunbeS,  metdje 
er  alte  bem  göttlichen  Bort  jufdjreibt.  ©iefeS  mürbe  bor  alter  Kreatur  bon 
©ott  aus  feinem  eigenen  Befen  gezeugt,  bamit  es  baS  fßrinjtp  alter  Kreatur 
merbe,  bie  ©ott  burd)  baS  Bort  fdjuf.  ©er  gleiche  SogoS,  ebenfalls  ©ott, 
ift  ber  ©ot)n  ©otteS,  fein  ©efanbter,  ber  aus  bem  ©dfope  ber  Sungfrau  ge= 
boren  mürbe.  Sa,  ber  chrifttidje  ff3t)ilofopf)  befämpft  bereits  eine  Anfidjt,  metdje 
ben  SogoS  unb  ©ot)n  mit  bem  ©cpöpfer  beS  Stils  ibentifijieren  miE,  Vorläufer 
beS  fpäteren  ©abettianiSmuS i.  Sn  ber  erften  Apologie  führt  bann  SuftinuS 
neben  bem  ©d)öpfer  unb  neben  6^riftu§  and)  ben  ^eiligen  ©eift  an  als  ©ott, 
ber  bon  ben  ©hriften  angebetet  mirb.  ©r  miberlegt  bie  Anttage,  bie  ©hriften 
feien  ©otteSleugner ,  inbetn  er  barauf  tpnmeift,  baff  biefe  ben  ©d)öpfer  beS 
BeltallS  berefjren  unb  anbeten,  ferner  SefuS  ©hriftuS  als  ©ohn  beS  mat)r= 
paftigen  ©otteS  an  ben  jmeiten  fptatj  feigen,  fomie  ben  prophetifdjen  ©eift  an 
britter  ©teile  nad)  Ütedjt  unb  Vernunft  üeretjren 5.  Über  baS  £>erborget)en  beS 
^eiligen  ©eifteS  fagt  er  nichts;  ebenfo  betont  er  nicht  bie  ©migteit  ber  ßeugung 
beS  SogoS,  fonbern  fagt  nur,  berfetbe  fei  bor  alter  Kreatur,  aud)  bor  ben 
©ngeln,  unb  jmar  aus  bem  Befen  beS  Vaters  gegeugt  morben.  Sn  ähnlicher 


ermähnt  rrj'x  £v  r/j  kvwos.i  Suvapttv  xal  t/jv  £v  zjj  rd^s:  Staipsmv  unb  führt  auS,  baf)  bie 
©häuften  nicht  Msot  fein  fönnen,  bie  ben  Söater,  ben  ©ohn  unb  ben  Jpeitigen  ©eift  ber= 
ftinbigen.  SaSfetbe  fagt  SuftinuS  (Apol.  I,  6.  13). 

1  Sim.  Y,  c.  5.  6;  Sim.  IX,  c.  1.  2  Ibid. 

8  Sim.  VIII,  c.  3;  Sim.  IX,  c.  6.  12.  tßgl.  Heurtier,  Le  dogme  de  la  Trinite 

dans  l’epitre  de  St.  Clement  de  Rome  et  le  pasteur  d’Hermas.  Lyon  1900. 

4  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  56.  127.  128.  J}.  Söffe,  ®er  präejiftente  ©höftu^ 
beS  SuftinuS  St.  ©reifsmatb  1891.  S.  ißaul,  Über  bie  ßogoSlehre  bei  SufünuS  90t. 
{Sahrb.  für  proteft.  $heot.  1886,  ©.  661—690). 

5  Apol.  I,  c.  13;  f.  auch  c.  6. 


11.  Sie  Anfänge  ber  fircblidjen  Sbeologie. 


207 


2ßeife  tute  Sufiin  erflärt  and)  beffen  ©d)iüer  ©atiatx  bie  ßeuguttg  be§ 
2ogo§  al§  einet  loyixrj  dbva[UQ  au§  bent  Söefen  be»  33ater§.  ©er  ©ej:t  ift 
an  biefer  ©teile  leibet  nidjt  gut  überliefert 1 ;  e»  fcf)eint  aber,  baf;  ©atian  ben 
2ogo§  bloh  al»  in  (Bott  luoljnenbe  $raft  ernig  nennt,  unb  bah  er  il)n  burd) 
ben  üßifien  be§  93ater§  I)eröortreten  läfst. 

2öie  biefe  bciben  2el)ter,  fo  fpred)ert  aud)  bie  Apologeten  5t tljenagoraS 
unb  2^eop^itu§2  Don  bem  2ogo§  mehr  bezüglich  ber  STljätigfeit  ben  ©e= 
fcböpfen  gegenüber;  unb  iljre  3Iuffaffung  Dom  .^eiligen  ©eift,  befonbcr»  in  bem 
Don  9Ittjenagora§  gebrauchten  23übe  bom  ©traljl,  ber  jur  ©onne  äurüdfehrt, 
Hingt  nad)  9ftobaIi3mu§  3.  2Bir  haben  in  biefen  Ausführungen  bie  crften  fpe= 
fulatiben  23erfud)e  lirdjlicber  2el)rer  über  baS  ©eheimniS  ber  ©rcifaltigfeit. 
©ah  biefelbett  in  mandjer  |)infid)t  unboltfommen  mären,  barf  uns  nid)t  munbetn. 
®ie  Vertreter  ber  fircfelid)en  2ef)tautoritat  griffen  nicht  ein,  folange  ber  firdj= 
liehe  (Staube  nicht  gefäfjrbet  mar;  erft  als  bie§  ber  galt  mürbe,  entftanben 
trinitarifche  ©treitigfeiten ,  infolge  beren  bie  mal)re  2et)re  ber  Birdie  Har  unb 
feft  jum  AuSbrude  !am,  maS  bann  micber  bie  fpefulatioen  Unterfud)ungen  auf 
einen  fefteren  Soben  fteKte. 

3.  ®ie  3)ienfd)m erbung  beS  2ogoS  ober  ©ofmeS  (SotteS  (3>oI).  1,  14) 
mar  eine§  ber  hetborragenbften  ©eheimttiffe  beS  ©laubenS.  ©er  2ogoS  als 
9Aenfd)  helfet  SefuS  CEh^iftuS ,  ber  <Sötttid)eS  unb  9)tenfd)tid)eS  in  fid)  Oereint; 
fo  ift  3efu§  ©hufiuS  mahrer  (Sott,  ©iefen  ©lauben  ber  ©hrifeen  tannten  felbft 
bie  Reiben ,  mie  ißliuiuS  unb  GelfuS.  ©er  ©ofen  (SotteS  mar  ber  Mittler 
jmifdfen  ©ott  unb  ben  9}ienfd)en  (§ebr.  9,  15.  1  ©im.  2,  5)  burd)  feinen  frei= 
mittig  übernommenen  Opfertob  (3oI).  10,  17  f.  fftöm.  5,  9.  1  $of).  4,  10). 
Gr  leiftete  ebenfo  ber  ©eredjtigfeit  (SotteS  ©etrüge  (9töm.  3,  25),  atS  er  feine 
23armherjigfeit  offenbarte ;  burd)  il)n  marb  ben  9Jtenfd)en  Vergebung  ber  ©iinben 
ju  teil.  ©ötttie^heS  unb  9Jtenfd)lid)eS  hob  bie  ©djrift  an  ©hr>fHiS  hert)or ;  ebenfo 
oerteibigten  bie  Säter  mit  ber  ©ottheit  feine  93ienfd)heit,  feinen  ©ob  unb  feine 
Auferftehung 4.  ©hufeu^  erfdjeint  atS  neuer  ©tammoater ,  als  groeiter  Abant ; 


1  Tatian.,  Oratio  adv.  Graecos  c.  5.  äö.  ©teuer.  Sie  ©otteg*  unb  Sogoglebte 
beg  Station.  ©üterglob  1893. 

2  D.  ©roh,  Sie  ©otteglebre  beg  Sf)copf)du§  bon  Antiodjia.  ©bemnifc  1897. 

3  Atbenagorag  bemeift  (Supplicatio  c.  8,  n.  9)  bie  ©inbeit  ©otteö  unb  fpricf)t 
(ibid.  c.  10)  bom  ßogog  unb  bom  ©eiligen  ©eift:  „2öir  fennen  aiub  ben  ©obn  ©otteg  .  .  . 
©g  ejiftiert  ber  ©obn  ©otte§  alg  2Bort  beg  »aterg  in  ber  Sfbee  unb  Sßirflicbfeit;  beim 
nadb  ibm  unb  burdb  ihn  marb  alleg;  benn  »ater  unb  ©obn  finb  eins.  Sa  aber  ber 
©obn  im  »ater  ift  unb  ber  »ater  im  ©ohne,  in  ber  ©inbeit  unb  ßraft  beg  ©eifteg, 
fo  ift  ber  ©obn  ©otteS  bag  2öort  unb  bie  »ernunft  beg  »aterg.  .  .  .  3lber  mir  befennen 
autb  bon  bem  in  ben  Propheten  roirfenben  ©eiligen  ©eift,  bah  er  augfliehenbeg  »iefen 
©otteg  fei  unb  b<=roorgebe  unb  juritülebre  loie  ein  ©onnenftrabl."  Ser  1)0  3tuftinu§ 
looHte  nidbt,  baff  man  bag  »Ub  bon  ber  ©onne  unb  bem  ©trab!  bom  ©eiligen  ©eifte 
gebrauche.  —  Theophil.,  Ad  Autol.  II,  10.  22. 

4  Stuft  in  (Apol.  II,  8;  I,  5)  bejeidmet  ben  Sogog  alg  ibentifcE)  mit  ©briftug. 
Ep.  ad  Diogn.  c.  7:  ©err  unb  ©dmpfer  aller  Singe.  Iren.,  Adv.  haer.  III,  19:  Deus 
et  Dominus  et  rex  aeternus.  Sojologic  auf  ©briftug  bei  Chm.  Bom.,  Ep.  1  ad  Cor. 
c.  20.  ©briftug  toirb  auherbem  alg  ©ott  beseitfmet,  roo  bom  ßeiben  ©otteg  bie  Aebe  ift. 
9tad)  Apg.  20,  28  fpriebt  Stguatiug  (Ad  Rom.  c.  6)  bom  „Seiben  meineg  ©otteg"; 
ß  lern  eng  bon  Aom  (1.  c.  c.  2)  ermähnt  ~a  r.a^para  Vsoü  (gegen  bie  ßegart  fiaßy- 


208  Söerbreitung  unb  Stuggeftaltung  ber  ßirdfe  im  2.  Safjrhunbert. 

feine  Butter  bem  gleifdje  nad),  bie  Jungfrau  füiarta,  af§  jtneite  ©ba,  bie 
gitrfpredjerin  ber  erften  ©ba,  burd)  beten  ©eporfam  ber  Ungeljorfam  ber  le|teren 
tnieber  gutgemadjt  marb *  1.  91u§  il)r,  ber  Jungfrau,  marb  ©hriftu§  fDtenfd) 2 ; 

fie  marb  bie  itrfache  unfere§  lpeil§ 3. 

©d)on  im  Seiten  SEeftamente  mar  bie  allgemeine  ©ünbljaftigleit  ber  9Jten= 
fdjen  bermöge  ber  bon  31bam  l)er[tammenben  ©cfjulb  (fftöm.  $ap.  5.  7.  ©pf). 
2,  3.  1  $or.  15,  21  ff.)  allenthalben  borauägefefst ;  opne  Störung  ber  natiir= 
lieben  Kräfte  (Otöm.  1,  19  ff.;  2,  14  f.;  7,  7  ff.)  erlitt  bie  9J?enfcf)f)eit  burd) 
bie  ©rbfitnbe  eine  gtofje  ©d)mäcf)ung ,  berlor  ihre  übernatürlichen  ©oben 
unb  jog  fich  ben  geiftigen  unb  leiblichen  5Eob  ju  (®oI.  2,  13.  ©pp.  2,  1. 
9töm.  7,  5).  S)a§  göttUdje  ©benbilb  mar  berbunlelt,  ber  Söille  gefcpmädjt,  e§ 
perrfepten  über  ben  fntenfepen  böfe  Süfte  unb  bie  ®ämonen 4.  51ber  fo  allgemein 
ba3  33erberben  unter  ben  9Jtenfd)en  mar,  fo  allgemein  mar  aud)  bie  ©rlöfung 
burcf)  ©priftu§.  3n  ihm  finbett  alle  ba»  §>eit  burd)  feine  ©nabe,  nicht  burd) 
ihr  23erbienft  ober  ihre  eigenen  Söerfe.  SDie  mit  ber  ©nabe  gemirften  guten 
2Berle,  bie  fjlufjerungen  ber  Siebe,  fomie  ber  ©laube  gehören  nad)  Clemens 
bon  9tom 5  burcpau§  jufammen.  ®er  ©laube  ift  meiften§  al§  bie  göttliche 
©nobenmirfung  unb  bie  entfprecpenbe  menfchlicpe  SEpatigfeit  gefaxt ,  mandmial 
nur  al§  bie  leitete,  ©omie  gmifcfjen  2safobu§,  ber  ^mei  fyaftoren  ber  9tecf)t= 
fertigung  anerfennt,  ben  ©lauben  unb  bie  (burd)  if)n  boHbracpten)  2öerfe, 
unb  jenen  ohne  biefe  als  tot  bezeichnet,  unb  5ßauluS,  ber  beibeS  zufammem 
fafjt,  ben  burd)  bie  Siebe  tljätigen  ©lauben  berlangt  unb  bie  Siebe  über  biefen 
ftellt  (©al.  5,6.  1  $or.  13,  2.  13),  feinerlei  Söiberfprud)  befteht,  fo  ift 

aud)  bei  ben  äfteften  Tätern  lein  foldjer  bemerfbar;  ftetS  heben  fie  ba§  3U- 
fammenmirfen  be§  ©lauben§  unb  ber  Siebe,  bie  guten  2Berfe  als  3rüd)te  be§ 
erfteren,  biefen  als  treibenbeS  unb  belebenbeS  Prinzip  jener  perbor.  ©ie  ber= 
herrlichen  bie  göttlid)e  ©nabe,  ol)ne  bie  ber  fDtenfd)  nichts  ©ute»  zu  boKbringen 
berntag  (Sol).  15,  4f.)6;  aber  bie  menfchlicpe  2Billen§fraf)eit  fleht  ihnen  auch 


para,  f.  Gallandi,  Bibliotti.  Proleg.  t.  I,  c.  1,  sect.  1,  p.  xvm  sq.)  unb  nennt  ©hriftum 
tü  mrj-Tpov  -rTjg  iisyaluxjuvrjq  roü  &e.ou.  ©eine  ©rhabenheit  mirb  ebenfo  tuie  feine  @r= 
niebrigung  (ibid.  c.  16)  befdjrieben  unb  bie  Sffiorte  §ebr.  1,  3  ff.  mieberholt.  SSgt.  Ignat., 
Ad  Eph.  c.  7.  Bar  nab. ,  Epist.  c.  5.  12.  16.  hierher  gehört  auch  ber  bon  31  na  ft  a= 
fing  ©inaita  (Viae  dux  c.  12)  angeführte,  bon  ben  fpäteren  ©ajaniten  gebrauchte 
Slugfprud)  be§  TRetito  bon  ©arbe§ :  ö  ketiov&sv  otm  de$iäg  lapaylmdog,  ber  nad) 
Routh ,  Rel.  sacr.  I,  139  mit  Iren.  1.  c.  V,  17  31t  fombinieren  ift  ( Migne ,  Patr.  gr. 
V,  1221).  Über  bie  mähre  SORenfchbeit  ©hrifti  fmnbeln  Ignat.,  Ad  Magn.  c.  9.  lustin., 
Apol.  1 ,  63.  Iren.  1.  c.  III ,  18  sq. ;  über  bie  ©rlöfung  Clem.  Rom. ,  Ep.  I  ad  Cor. 
c.  7.  12.  21.  49.  Iustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  95  sq.  Iren.  1.  c.  V,  1;  17.  1  sq. 

1  Iren.,  Adv.  haer.  V,  19,  1. 

2  Ibid.  III,  19,  5.  3  Ibid.  III,  20,  3;  22,  4. 

4  Iren.  1.  c.  II,  34;  III,  20,  22,  4;  c.  33;  V,  1,  3;  c.  14,  n.  1  sq.;  c.  16; 
IV,  2,  7 ;  c.  5.  37  sq.  lustin.,  Apol.  I,  61 ;  Dial.  c.  Tryph.  c.  88.  95.  Theophil.,  Ad 
Autol.  II,  17.  25.  27.  Über  bie  imago  Dei  bgl.  Iren.  1.  c.  V,  6,  1  sq.  6.  31  öl bedjen, 

Sie  Sehre  bom  erften  Sülenftfien  bei  ben  cfjriftl.  Seljrern  be§  2.  Syat)rf)urtbert§  (3eitfd)r.  für 
miffenfd).  Sheol.  1885,  ©.  462  ff.). 

5  Ep.  I  ad  Cor.  c.  32.  33;  bgl.  c.  49. 

0  Über  ©nabe  unb  ^Rechtfertigung  pgl.  Ignat.,  Ad  Smyrn.  c.  11.  Iustin.,  Dial. 
c.  Tryph.  c.  7.  119;  Apol.  I,  62.  Iren.  1.  c.  III,  17,  2.  3. 


11.  $ie  2lnfänge  ber  f ird^Iic^en  Süjeologie. 


209 


ncicf)  bem  SünbenfaHe  feft  Dabei  marb  aus  platonifchen  Sätzen ,  für  bie 
aud)  einige  Sdjriftftellen  (j.  53.  Jpcbr.  4,  12)  angeführt  tmirben,  bie  bei  ben 
©noftifern  fo  beliebte  Dreiteilung  (Dricfmtomie)  bon  Seih,  Seele  unb  (Seift  bei 
einigen  $ird)enfd)riftfteHern  angenommen 2 3. 

4.  ©ine  grope  Aofle  fpielen  in  ber  Darftellung  einzelner  Apologeten  über 
baS  Aßirten  ©otteS  gegenüber  ber  9JJenfcp^eit  bie  guten  ©ngel  unb  bie  böfen 
Dämonen.  Ähnlich  ift  eS  fdjon  in  ben  ^eiligen  Schriften  beS  Aeuen  Defta= 
menteS.  Die  ©ngel  finb  bort  ftetS  als  püfferc  ©eifter  gebaut,  auSgerüftet  mit 
göttlidjen  ©naben,  geteilt  in  berfdfiebene  ©rabe  (2  ißetr.  2,  11.  Offb.  1,  1  ff. 
1  Dljeff.  4,  15.  3ub.  53.  6.  9).  Sie  bienen  ©ott  unb  auch  ben  Atenfchen. 
9Jiid)ael  erfdfeint  als  Aorfampfer  ber  Hirdje  (0p.  12,  7);  aber  aud)  bie 
einzelnen  Atenfd)en  haben  ihre  Schutzengel  (fötattfj.  18,  10).  Aßie  bie  guten 
©ngel  ben  Atenfchen  beifteljen,  fo  fliehen  bie  böfen  fie  ju  öerfpren.  An  ihrer 
Spitze  fleht  ber  Satan,  ber  Deufel,  beffen  ABerte  ©hriftuS  jcrftört  (1  Soh-  3,  8), 
ber  nict)t  in  ber  ABahrpeit  beftanb  (3of)-  8,  44)  unb  AJJenfdjenmörber  bon 
Anfang  an  mar,  ber  ffürft  beS  DobeS  (§ebr.  2,  14)  unb  biefer  ABelt  (3oh- 
12,  31;  14,  30).  ©r  unb  feine  Dämonen  herrfc£)ten  im  ^eibentum  (1  $or. 
8,  4 — 6,  bgl.  mit  10,  19  f.),  unb  ftetS  geht  er  umher  gleid)  einem  brüHenben 
Sömen,  fuchenb,  men  er  berfdjlinge  (1  5J3etr.  5,  8).  ©r  ift  ber  beftänbige 
Aßiberfacper  beS  AeidjeS  ©otteS  unb  berfolgt  bie  Angehörigen  beleihen,  aber 
ohne  je  obfiegcn  ju  t'önnen.  Die  gleiche  Auffaffung,  nur  noch  in  meiterer 
Ausführung,  tritt  uns  in  ben  Schriften  ber  Kirchenväter  beS  2.  3ahrJ)unbertS 
entgegen,  unb  bie  Sdpberungen  apotrppher  Schriften,  melche  aud)  in  fatljo= 
lifcpen  greifen  gelefen  mürben,  beftärften  bie  Anfdjauung  bon  ber  auSgebehnten 
Dl)dttgfeit  ber  ©ngel  unb  ber  Dämonen  gegenüber  ben  TOenfdjen  3. 

5.  Am  ©nbe  ber  Dage  mirb  bie  Kirdje  berherrlid)t  unb  erhöht,  nad)= 
bem  fie  einen  lepten  ®ampf  mit  bem  A»tenfd)en  ber  Sünbe  beftanben,  bem 
Anticprift,  meldjer  ber  lepten  entfdjeibenben  Aßiebertef)r  beS  ©rlöferS  borauS= 
gel)t 4.  Diefc  ABieberfunft  marb  ben  ©läubigen  befonberS  eingefdfärft  mit  ber 


1  lustin.,  Apol.  I,  17.  24;  II,  7.  Tlieophil.,  Ad  Autol.  II,  27.  Iren.  1.  c. 
IV,  4,  3;  c.  37  sq.  Athenag.,  Supplicatio  c.  24.  Tertull.,  Adv.  Marc.  II,  5.  7. 

2  ®ie  ptatonifche  ü£ridjotomie  bet  lustin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  6  (bgl.  Otto,  De 
Iustino  M.  p.  150).  Tatian. ,  Or.  adv.  Graec.  c.  12.  13.  dagegen  bertoirft  fie  2er= 
tullian  (De  anima  c.  10);  dienten 8  bon  2t tej.  unterfcfjeibet  Diötocilen ,  aber  nicht 
immer,  Sßfhd)e  unb  Aneuma.  3frenäu8  (1.  c.  V,  6,  1;  9,  1)  berftetjt  unter  ißneuma 
bie  ©nabengabe;  feine  $rid)otomie  ift  eine  moralifcIHbeologifcbe  (bgl.  ibid.  IV,  39). 

3  2lngetologie  unb  Sämonologie  bei  Barnah.,  Epist.  c.  14.  Herrn.,  Pastor  an 
3af)lrei<f)en  ©teilen.  Ignat.,  Ad  Trall.  c.  5 ;  Ad  Smym.  c.  6.  Iustin.,  Dial.  c.  Tryph. 
c.  88.  103.  128.  141;  Apol.  I,  6.  28.  Iren.  1.  c.  ID,  23,  3;  IV,  41,  2;  V,  24,  4. 
Minuc.  Felix,  Octav.  c.  26  sq.  ®ie  iypgyopoi  ober  Vigiles  (f.  2)an.  4,  10.  13  u.  fonft) 
ermähnen  Liber  Henoch  I,  6  unb  Testamentum  duodecim  Patriarch,  c.  1,  §  3.  S3gl. 
J.  Turmei,  Histoire  de  l’angclologie  des  tenips  apostoliques  ä  la  fin  du  5e  siede 
(Revue  d’hist.  et  de  littbr.  relig.  1898,  p.  289  ss.  407  ss.  533  ss.). 

4  2lpbergcr,  ©efchichte  ber  djriftt.  ®8d)atologie  innerhalb  ber  oornicänifdhen  3eit. 
©reiburg  i.  SSr.  1896.  Über  ben  2lnticbrift,  ber  31/*  2fal)re  regieren  fott,  bgl.  Iustin., 
Dial.  c.  Tryph.  c.  32  sq.  49.  110.  Iren.  1.  c.  V,  25—30.  Hippol.,  De  Christo  et 
Antichr.  SB.  So  uff  et,  2>e  r  Antidjrift  in  ber  Überlieferung  beS  3ubentum8,  be8 
Aeuen  2efiamente8  unb  ber  alten  ftirdje.  ©ottingen  1895. 

§crgenrßtl)cr,  S?irdjcngefd)ici)te.  I.  4.  Stuft. 


14 


210  Söerbreitung  unb  Sluägeftaltung  ber  ßircfje  im  2.  Sabrbunbert. 

51ufforberung,  fid)  auf  ben  Sag  beS  £>ernt  bereit  ju  galten,  ba  niemanb  ihn 
borhermiffe.  ©etbft  bie  9fy)ofieI  Ratten  barüber  feine  Offenbarungen,  foitbern 
nur  über  bie  3erftörung  SerufatemS,  bie  als  tßorbilb  ber  jmeiten  Parufie 
beS  §>errn  erfc£)ien  (Sfltattl).  24 ,  24.  36  ff. ;  25 ,  1  ff.).  SDtan  ermartete  in 
ber  apoftolifdjen  unb  ber  nadjapoftolifchen  3eü  in  meiten  chriftticben  Greifen 
eine  bafbige  SBieberfunft  beS  §errn.  ©hriftuS  fefjrt  aber  mieber  als  9tid)ter 
mit  großer  9Jtad)t  unb  tperrlidtfeit  (5tpg.  1,  11.  ÜRattf).  25,  31  ff.  3>of). 
5,  22  f.  27).  ©S  erftefjen  bie  Ooten  au»  ben  ©räbern  (3ofj.  5,  28  f.):  bie 
©uteS  gettjan  Robert,  jur  5Iuferftepng  beS  SebenS  mit  einem  unbergängtidjen, 
berührten  Seibe;  bie  SööfeS  getban,  jur  sÄuferftef)ung  beS  ©erid)te»  mit  einem 
Ceibe ,  ber  it)nen  jur  ©träfe  ebenfalls  unjerftörbar  ift.  ©hrifti  luferftebung 
ift  ba»  Unterpfanb  ber  allgemeinen  Sluferftehung  (1  $or.  15,  20  ff.  Phil. 
3,  10  f.).  ©omobf  bie  ^Belohnungen  ber  ©etigen  im  Stimmet  (Sol).  14,  2. 
1  $or.  15,  40  ff.)  al§  bie  ©trafen  ber  ©ottlofen  in  ber  tpölle  ODtarf. 
9,  42  ff.  iDtattf).  25,  46.  Offb.  21,  8)  bauern  cmig.  Oie  £)öüe  (©eenna, 
9Jtattf).  5,  28  f. ;  18,  9;  10,  28)  ift  ein  immermäbrenbeS  fetter,  ein  §euer= 
ofen  (Sttattt).  13,  50),  ein  5Ibgrunb  (Offb.  9,  1)  bolt  ber  Oualen  (ÜJtarf. 
9,  42  f.),  ein  etoiger  Oob  (Offb.  21,  8).  SSerfcC)ieben  bon  ib)r  ift  bie  Unter= 
melt  (,jpabeS,  ©d)eoI),  in  meldje  ©hriftuS  binabftieg,  ben  tBerfiorbenen  bie  frofje 
Söotfchaft  §u  berfünbigen  (1  petr.  3,  19  f.)1. 

9IuS  biefen  in  ben  heiligen  ©driften  enthaltenen  Sehren  entmidette  fid) 
bie  ©Schatotogie  ber  älteren  $ird)enbüter.  9iad)  ihnen  tbirb  am  ©nbe  ber 
Seiten  bie  5luferftef)ung  erfolgen,  Seih  unb  ©eele  merben  bereinigt,  unb  bann 
tbirb  ©hriftuS  fein  ©eriiht  über  alte  9Jtettfchen  ergehen  laffen2.  Oie  ©ered)ten 
merben  in  bie  iperrlid)feit  beS  Rimmels  eingehen,  baS  9teich  ©otteS  auf  ber 
2Mt  tbirb  in  baS  himmlifdje  9teid)  übergehen;  bie  ©ottlofen  merben  ber  emigen 
©träfe  berfallen3.  2Bie  bieS  gefchetjen  mirb  unb  meld)eS  ber  Snftanb  ber 
©eelen  bis  junt  ©nbgerichte  fein  mirb,  barüber  fittb  bie  Stnfic£)ten  berfdjieben. 
©S  fcheint  jebod),  baff  bereits  im  2.  Safjrhunbert  meift  angenommen  mürbe,  bah 
nur  bie  Patriarchen  unb  bie  ©ered)ten  beS  Stilen  33unbeS,  ferner  bie  SCpoftel 
unb  bie  9Jtärtt)rer  bereits  bor  bem  Sßeltenbe  bie  hnnmtifdien  gäeuben  bei 
©hriftuS  at»  beffen  befonbere  greunbe  genießen,  mährenb  bie  übrigen  ©erechten 
erft  nach  bem  testen  ©erid)t  ju  ©ott  in  ben  Stimmet  fommen  mürben 4.  ©ehr 
Oerbreitet  mar  bann  in  jener  3£ü  bie  3bee  Oon  bem  taufenbjährigen 
9t  ei  che,  bem  iDtUIenium.  2öir  finbett  biefetbe,  nadjbetn  bereits  ber  93arnabaS= 


1  Über  Christi  descensus  ad  inferos  Ogi.  dem.  Alex. ,  Strom.  VI ,  6 ,  ed.  Din- 
dorf  III,  161  sq. 

2  Über  2Iuferftef)ung  unb  ©eridjt  ügl.  Barnab.,  Epist.  c.  19 — 21.  Iustin.,  Dial. 
c.  Tryph.  c.  117.  125;  Apol.  I,  8.  18 — 20.  52.  Athenag.,  De  resurr.  mort.  Iren. 
1.  c.  II,  29,  2;  V,  18 — 15.  82  sq.  Polycarp.,  Ep.  ad  Phil.  c.  7.  Tatian.,  Or.  adv. 
Graec.  c.  6.  A.  Chiapelli,  La  dottrina  della  resurrezione  della  carne  nei  primi  secoli. 
Napoli  1894. 

3  Über  bie  ©toigfeit  ber  §BUenftrafen  ügl.  Ignat.,  Ad  Ephes.  c.  16.  Iustin., 
Apol.  I,  8.  12.  17  sq.  21.  28.  45.  52;  Apol.  II,  1  sq.  7  sq. ;  Dial.  c.  Tryph.  c.  35.  45. 
Iren.  1.  c.  II,  28,  2.  7;  IV,  40,  1. 

4  ßirfdj,  £)ie  Sehre  bon  ber  ©emeinfcbaft  ber  ^eiligen  im  djrifil.  2IItertum. 
SDtainj  1900. 


12.  Sie  fircpliße  Slerfaffung  unb  bie  Hierarchie. 


211 


brief,  ipapiaS  unb  SufünuS  [ie  auSgefprocßen  Ratten,  in  bei  ©djrift  beS  SrenäuS 
pofitiP  Perteibigt 1.  Ser  EßitiaSmuS  i[i  bie  Erwartung  eines  irbifdjen  9JteffiaS= 
reid)eS,  welißeS  öon  EßriftuS  bem  §etrn  bei  einer  zweiten  glorreichen  51nfunft 
aufgericßtet  unb  in  welchem  beu  ©laubigen  reicher  irbifcßer  ©enuß  bereitet 
werben  foll.  SiefeS  9teid)  werbe  taufenb  Saßre  (yjha  1-cq,  baßer  (5£)ilia§tnu§) 
befleißen,  unb  am  ©cßluffe  biefer  'rßeriobe  werbe,  nach  nodpnaliger  Überwinbung 
beS  böfen  ^einbeS  unb  feine»  2lnßangeS,  baS  2BeItenbe  eintreten  mit  ber 
allgemeinen  5luferfteßung,  bem  Enbgerid)te  unb  ber  Umwanblung  beS  Sßeltalls. 
Siefe  2lnfd)auung  entftanb  au»  jübifcßen  apof'alpptifcßen  Erwartungen,  an= 
Inüpfenb  an  bie  Pon  ben  Propheten  über  baS  DtfteffiaSreid)  gebrauchten  Silber; 
fie  fanb  ihre  Nahrung  in  cßriftlicßen  Greifen  in  ber  9luSlegung  einzelner 
©teilen  ber  SoßanneSapofalppfe  unb  in  allegorifd£)er  Seutung  Perfdjiebener 
©teilen  beS  5Ilten  SeftamenteS.  Siefelbe  erhielt  ficß  bei  einzelnen  ©d)rift= 
ftellern  beS  3.  SoßrßunbertS  unb  blieb  naturgemäß  nid)t  oßne  Einfluß  auf 
bie  chriftlid)e  Eschatologie  überhaupt  bei  benjcnigen  fircßlidien  Seßrern,  weldje 
fie  pertreten.  Stn  ©laubenSbewußtfein  beS  djriftlicßen  SolfeS  ftanb  bie  Über¬ 
zeugung  feft,  baß  bie  £)tenieben  lebenben  ©laubigen  burd)  ißt  ©ebet  ben  ab= 
gefcßiebeneit  ©eelen  §ilfe  bon  ©ott  erfleßen  fönnten.  Sie»  bezeugt  bie  un= 
Zweifelhafte  Shatfad^e ,  baß  wir  bereits  im  2.  Saßdßunbert  ben  ©ebraud) 
Porfinben,  ber  ©eelen  ber  5lbgeftorbenen  im  ©ebete  zu  gebenfen 2. 

12.  Sie  fircßlidjc  Serfaffung  unb  bie  Hierardjie. 

Sitteratur. —  Sie  oben  <5. 101  angegebenen  Söerle.  Saju :  Söinterftein,  Ser 
©piffopat  in  ben  erften  cpriftl.  3aptpunberten.  SBien  1886.  $.  X.  Srunf ,  Sie  93if(f)ofö= 
map!  im  cpriftl.  2IItertum  unb  im  2tnfang  beä  SDlittelalterö  (ßircßengefcpicptl.  3Xbpanbl. 
I,  23—39);  Gölibat  unb  $riefterepe  im  cpriftlicpen  SIXtertum  (ebb.  <5.  121—155). 
3.91.  ©ei  bl,  Ser  Siafonat  in  ber  fatpol.  ßirepe.  IRegenäburg  1884.  3-  flolberg, 

58erfaffuitg,  ßultuä  unb  Siäjiplin  ber  cpriftl.  XXircpe  nad)  ben  ©cßriften  Sertuttians. 
JBraunSberg  1886.  Paulowshi,  De  diaconissis  comment.  Ratisbonae  1866.  J.  Reville, 
Le  l'öle  des  veuves  dans  les  communautds  chretiennes  primitives  (Bibliotheque  de 
l’Ecole  des  Lautes  dtudes.  Sciences  religieuses  I  [1890],  231 — 251). 

1.  Sie  ©runblinien  ber  finßlicßen  ©emeinbeperfaffuug  treten  gleich  im  5ln= 
fange  ber  ncußapoftolifdfen  3eit  War  unb  beutlid)  ßerPor.  Ser  1)1-  Clemens  Pon 
9tom,  welcher  im  tarnen  ber  römifeßen  ©emeinbe  einen  Srief  an  bie  ©emeinbe 
Pon  Korinth  eben  wegen  ©treitigfeiten  feßrieb,  bie  in  betreff  beS  SorfteßeramteS 
auSgebrodjen  waren,  betont  bie  Snorbnungen  ber  5lpoftel  in  Sezug  auf  bie 
fird)licße  £»ierard)ie  (Epiffopen  unb  Siafoneit)  unb  fdwßt  bie  ©tcllung  berfelben 
gegen  aufrüßrerifdje  Elemente.  Sn  ber  Spoftelleßre  erfeßeinen  neben  ben  Seßrern 
unb  ben  mit  EßariSmen  begabten  ©laubigen  bie  tircßlidjen  Sorfteßer  als  bie 
regelmäßigen  Organe,  weliße  baS  ganze  religiöfe  Sehen  ber  ©emeinbeit  leiteten. 


1  Iren.  1.  c.  V,  26  sqq. 

2ßirfcß,  Sie  Sepie  t>on  ber  ©emeinfeßaft  ber  Heiligen  im  cpriftl.  SIXtertum 
©.  32  ff.;  Sie  SXccIamationen  unb  ©ebete  ber  attcpriftl.  ©rabfepriften.  fiöln  1 89 / .  33gX. 
Teriv.ll. ,  De  anima  c.  58.  Cypr. ,  Ep.  52.  Clem.  Alex. ,  Strom.  VI ,  14  ( Migne , 
Patr.  gr.  IX,  329);  VII,  6.  12  (ibid.  p.  508).  Orig.,  In  Ier.  hoin.  15,  n.  5sq.;  In 
Exod.  hom.  6;  In  Luc.  hom.  24.  Acta  S.  Perpet.  c.  8  bei  Ruinart,  Acta  sincera 
martyr.  p.  84. 


14* 


212 


Verbreitung  unb  3tu§geftaltung  ber  ßirdje  im  2.  3fabrbunbert. 


Sludj  im  SBrief  beS  fjl.  ißotpfarp  an  bie  $f)ilipber  unb  im  „Hirten"  beS 
HermaS  merbeit  bie  23orftef|er  im  allgemeinen  ermähnt,  Sie  finb  überall  bor= 
ffanben  unb  erlernen  als  bie  bon  ben  Slpoffetn  angeorbneten  Leiter  ber  ©e= 
meinben.  StähereS  über  baS  SBorfte^eramt  erfahren  mir  aus  ben  (etf)§  ^Briefen  beS 
ht.  3gnatiu§  bon  Stntiochien,  metdje  er  an  fünf  ©emeinben  unb  an  Sßotpfarp 
richtete,  ©r  felbft  bezeugt  fid)  atS  ben  oberften  SSorfteher,  ben  S3ifd)of ,  bon 
Stntiochien ,  unb  ftetS  fpridjt  er  bon  einer  breigliebrigen  Hierarchie.  3ebe  ©e= 
meinbe  hat  einen  93ifcf)of ,  metdfer  ber  monarcf)ifc£)e,  oberfte  Seiter  ber  ganjen 
©emeinbe,  ber  SDtittetpunft  ihrer  ©intfeit  ift,  ohne  ben  nichts  gefchehen  barf. 
Unter  ihm,  atS  beffen  Ratgeber  unb  ©ehilfett,  nennt  SgnatiuS  bie  ißreSbpter, 
unb  als  bie  Organe  ber  Oienftteiftung  bei  ber  Siturgie  unb  ber  Sermattung 
bie  Oiafonen.  Söie  fid)  bie  fBorfteffer  in  ihrer  SlmtSbermattung  ben  ©laubigen 
gegenüber  benehmen  fotlen,  führt  ber  t)t-  fßotpfarp  in  feinem  ^aftoratfdhreiben 
an  bie  ?Phi^PPer  (®mp.  5.  6)  näher  aus. 

Oer  monard)ifd)e  ©piffopat  beftanb  nun  gang  fidjer  ju  berfetben  3e't 
in  gleicher  SBeife  bei  ben  übrigen  ©hriftengemeinben,  mie  mir  ihn  in  ben  Wein= 
afiatifcpen  ©emeinben  borfinben.  Stile  Quellen  bis  um  bie  Dritte  beS  2.  3a!)r= 
punbertS,  metd)e  über  bie  chrifttichen  ©emeinben  überhaupt  nähere  9tuffd)Iüffe 
geben,  bezeugen  bie  23ifd)öfe  in  gleicher  Söeife  atS  bie  oberften  33orfteI)er  ber 
©emeinben  l.  Unb  jmar  erfcpeinen  biefetben  nirgenbS  als  eine  Steuerung, 
fonbern  im  ©egenteit  überall  atS  eine  althergebrachte  ©inrichtung,  maS  um  fo 
midpiger  ift  angefidftS  ber  leitenbett  Stellung,  metche  bie  23ifd)öfe  in  ben  ©e= 
meinben  hatten.  3)tan  fannte  bie  Steipenfotge  ber  33ifd)öfe,  unb  HegefippuS 
ift  bereits  um  bie  SJtitte  beS  2.  SahrpunbertS  bemüht,  bie  ©ucceffion  ber  33or= 
fteher  bon  ben  Stpoftetn  an  in  einzelnen  Stircpen  feftjufteüen. 

Oie  Stellung  ber  33ifd)öfe  mürbe  im  Saufe  beS  2.  SaprpunbertS  immer 
mehr  gefräftigt,  meit  fie  ben  berfdftebenen  häretifchen  Semegungen  gegenüber 
als  ber  SDtittetpunft  ber  ©inheit  unb  ©intracht  in  ben  ©emeinben,  atS  bie 
autoritatiben  $eugen  ber  richtigen  Sehrüberlieferung  auftraten,  ©ie  mürben 
atS  fotcpe  bon  ben  ©täubigen,  bie  nicht  bon  ber  apoftotifchen  Sehre  abmeichen 
mottten,  allgemein  anerfannt.  ©cpon  SgnatiuS  bon  Stntiodpen  empfahl  mit 
ben  einbringticpften  SBorten  ben  häretifchen  Stbmeicpungen  gegenüber,  bor  benen 
er  bie  ©täubigen  marnte,  ben  engen  Slnfcptuh  an  ben  föifcpof.  Ourd)  biefe 
fefte  fird)tid)e  Organifatiott  mürben  bie  beiben  fo  gefährlichen  H^mfien  ^ 
©nofticiSmuS  unb  beS  SJtontaniSmuS  abgemiefen  unb  für  bie  Kirche  unfcpäb= 
lieh  gemacht.  Sticht  burd)  ein  auSgebitbeteS  Sehrfpftem,  baS  im  2.  Sapr^ 
hunbert  nicht  borlag  unb  auch  nicht  entmidett  mürbe,  fonbern  burch  bie  an= 
erfannte  Stutorität  ber  SBifcpöfe  trat  bie  Kirche  ben  Steuerungen  gegenüber, 
©obatb  jene  fiep  überzeugt  hatten,  bah  eine  borgetragene  Sehre  nicht  mit  bent 
übereinfiimmte,  maS  atS  ©taubenSreget  angefepett  mürbe,  ober  bah  Seprcr  eine 
bon  ber  ihrigen  unabhängige  Stellung  beanfpruepten ,  fchtoffen  fie  bie  Steuerer 


1  3fn  ben  bon  €ufebiu§  31t  ben  erften  Viechern  (bis  unt  150)  feiner  ttirepen^ 
gefepiebte  benutzten  Quellen  toerben  Vijcpöfe  ermähnt  in  9tom  unb  Spon  im  2lbenblanb, 
in  ben  ifJrobinsen  ßreta,  VontuS,  Stfia  unb  befonberS  noch  für  bie  (Stabte  2lthen,  .Korinth, 
bann  ©rnprna,  ©arbeS,  §ierapoti§  im  Grient. 


12.  2>ie  firdjlicfie  äterfaffung  utib  bie  §ierarcfjte. 


213 


aus  ber  ©emeinbe  aus.  OieS  mürbe  ben  attbeni  $ird)en  mitgeteilt  unb  bon 
bicfen  anerfannt,  unb  bamit  maren  bie  gefährlichen  Elemente  auS  ber  Kirche 
überhaupt  entfernt.  Oie  fo  auSgefd/loffenen  güprer  häretifcEjer  23emegungen 
grünbeten  bann  bielfach  eigene  ©enoffenfcpaften ,  in  benen  fie  ihre  Anhänger 
fammelten,  unb  fud)ten  ihre  ©emeinfchaft  ju  organifieren  nach  bein  Rorbilbe 
ber  rechtgläubigen  Kirche.  (Sie  blieben  eine  ©efapr  für  ben  ©injelnen,  nicht 
aber  für  bie  ©efamtpeit.  AuS  ber  ©efcpicpte  beS  RtontaniSmuS  unb  einzelner 
©noftifer  erfepen  mir  meiter,  bap  bereits  bern  Urteile  beS  römifcpen  33 if  cpof  S 
in  biefer  tBe-pepung  ein  befonbereS  ©eroidjt  beigelegt  mürbe.  ©S  ift  nun  lein 
3meifel,  baf$  jene  Autorität  beS  ©piffopateS  nicht  erft  burch  baS  Vorgehen  gegen 
bie  fpäretifer  gefdjaffen  mürbe,  fonbern  biefeS  fe|t  bieltnept  baS  33eftepen  unb 
bie  Anerfennung  jener  Autorität  in  ihrer  ©runblage  notmenbig  borauS. 

So  finben  mir  thatfüd)lid)  ben  ©piffopat  als  Oräger  ber  apoftolifcpen 
Überlieferung  in  ber  $ird)e  anerlannt;  er  mar  als  folcper  aufgetreten,  epe 
OertuIIian  unb  SrenäuS  unb  fpäter  befonberS  ©pprian  tfjeoretifct)  bie  Unber= 
fälfchtheit  ber  firchlicpen  Sehrüberlieferung,  melche  burd)  bie  ununterbrochene 
Reihenfolge  ber  Sßifcpöfe  bon  ber  Apoftel  3eit  an  berbiirgt  mürbe,  barlegten  \ 
Bon  Anfang  an  mar  ber  Borfilj  bei  ben  liturgifcpen  Berfammlungen,  bie  Ob= 
liegenheit,  bie  ©ebete  borjutragen,  bie  Opfergaben  entgegenjunepmen,  über  bie= 
felben  baS  eucpariftifcpe  ©ebet  ju  fprechen,  baS  eudjariftifthe  Btapl  ju  feiern, 
überhaupt  bie  Bornapme  unb  Seitung  ber  Siturgie  eine  ber  pauptfädjlicpften 
Amtspflichten,  melche  bie  Borfteper  in  ben  chriftlichen  ©emeinben  auSübten.  hierin 
burfte  felbfiberftänblidj ,  mie  ber  pl-  SgnatiuS  auch  auSbrüdlid)  betont,  nichts 
gefdjepen  opne  ben  Bifcpof;  biefer  mar  ber  eigentliche  ifßriefter  ber  ©emeinbe1 2. 
Rieht  minbet  patte  et  ben  einzelnen  ©läubigert  gegenüber  bie  Seelforge  in 
erfter  Sinie  auSjuüben  unb  barum  aud)  bie  lircpliche  OiSjipIin  (Bupmefen)  ju 
panbpaben.  Oie  ©ntmidlung  beS  ©piffopateS  lommt  fomit,  auf  ber  Don  ben 
Apofteln  im  Kirchlichen  Borfteperamt  gefchaffenen  ©runblage,  in  ben  mefentlicpen 
ßitgen  jum  Abfdjluffe  im  Saufe  beS  2.  SaprpunbertS.  Oer  Bifcpof  ift  ber 
ÜJtittelpunft  ber  fird)lid)en  ©inpeit  in  ber  ©emeinbe;  er  ift  ber  Borfteper,  bem 
bie  Berrid)tung  ber  religiöS=liturgifchen  ^eier,  befonberS  aud)  beS  eudjariftifepen 
Opfers,  obliegt;  er  ift  ber  Seiter  ber  ganzen  ©emeinbe,  ber  Söapret  ber  firch= 
licpen  OiSjiplin.  Oie  Bifcpöfe  ftanben  untereinanber  in  regem  Berfepr,  ber 
bann  befonberS  eintrat,  menn  es  fid)  um  Stagen  panbelte,  melche  meprere 
©emeinben  in  gleichem  Btape  intereffierten.  Sie  maren  bie  autoritatiben  3eugen 
ber  mapren  apoftolifcpen  Sepre  unb  fomit  bie  Oräger  beS  SepramteS  in  ber 
ßirepe;  ber  ©piflopat  ift  bie  Sortfepung  beS  Amtes  ber  Apoftel. 

SBenn  nun  bie  Bifdjöfe  Racpfolger  ber  Apoftel  maren,  fo  maren  fie  eS  bod) 
nicht  in  jeber  Bejkpung;  fie  maren  nid)t  gleich  biefen  auperorbentlicpe,  mit 
befonbern  Vollmachten  auSgeftattete  ©efanbte  ©otteS,  noch  unmittelbare  beugen 
ber  Sepre  unb  Auferftepung  ©prifti,  nicht  gleich  ihnen  mit  ber  Obforge  für 
alle  Kirchen  (2  ®or.  11,  28)  betraut.  Bielmepr  erpielt  jeber  bon  ipnen  feinen 
beftimmten  Sprengel,  in  bem  er  als  £irte  unb  Seprer  roirten  feilte,  opne  an 


1  Iren.,  Adv.  haer.  III,  2,  2 ;  3,  1.  Tertull.,  De  praescr.  c.  32. 

2  Jßgl.  Iustin.,  Apol.  I,  65  sqq. 


214  SSerbreitung  unb  2tu§geftaltung  her  ßircpe  im  2.  $aprpunbert. 

fid)  aufierpalb  be§felben  feine  Vefugniffe  auSüben  ju  bürfen.  Sie  Vifcpöfe, 
bereu  halb  feb>r  biele  maren,  folgten  nicpt  einzeln  ben  einzelnen  Slpoftcln  nad), 
fonbern  ipre  ©efamtpeit  bem  Kollegium  ber  Slpoftel;  fie  ftetlten  jufatnmen 
foltbarifd)  ben  ©piftopat  bar.  ©§  bilbeten  fiep  fo  einzelne  gefcpiebene  (Sprengel, 
jetjt  Siöjefen,  epebetn  5ßarocf)ien  genannt,  ©tngeiftrcfjen,  naelt^e  jufamtnen 
bie  ©efamttirdje  bilbeten  unb  mieber  in  ipren  ©inricptungen  biefe  teuere  in 
fid)  au§prägten  unb  roiberfpiegetten 1.  'Sag  bifd)öflid)e  5Xmt  ju  übernehmen, 
mar  ein  gutes  Söert  (1  Sim.  3,  1);  aud)  aftgefepen  bon  ben  Verfolgungen 
mar  e§  ein  Sienft,  eine  ^necptfcpaft  für  alte. 

2Bie  mir  gefepen  paben,  mürben  bie  erften  tircplidfen  Vorfteper  bon  ben 
Slpofteln  felbft  eingefept.  SIber  fcpon  früpjeitig  legte  man  grof$e§  ©emicpt  auf 
ba§  3eugni3  ber  ©emeinben,  unb  fo  30g  man  bie  ©laubigen  bei  ber  21u§mapl 
iprer  Dberpirten  ju  State.  ©3  bilbete  fid)  ber  Vraucp  au§,  bap  bie  nieberen 
©eiftlidjen  einen  au§  iprer  SJtitte  für  einen  erlebigten  Vifcpof§ftupl  au^mäplten, 
über  ben  ba§  Volt  befragt  mürbe;  bie  9tadpbarbifd)öfe  tarnen  jufammen, 
leiteten  ben  SÖaplaft  unb  erteilten  bem  bon  ßleru§  unb  Volt  51u§ertorenen  bie 
Söeipe,  in  ber  Stege!  brei  an  ber  3a^2-  Vknn  bie  Vifcpöfe  aucp  in  Ver= 
maltung  iprer  Sprengel  felbftänbig  maren,  fo  jogen  fie  e§  bocp  päufig  bor, 
mit  ipren  ©eiftlicpen  unb  iprem  Volte  fiep  311  beraten  unb  naep  Slnpörung  aller 
^Beteiligten  ju  entfepeiben 3.  Überpaupt  mürben  bie  Slngelegenpeiten,  melepe  bie 
©emeinbe  unb  beren  religiöfeS  Seben  betrafen,  in  allgemeiner  Verfammlung  be§ 
Vifcpöfe  mit  bem  übrigen  $leru§  in  ©egenmart  be§  VolfeS  beraten,  unb  aud» 
bie  Saien  mürben  gepört,  menngleicp  bie  Vefdjlupfaffung  ben  Vorftepern  juftanb. 
SJtit  ber  gunapme  per  ©laubigen  unb  ben  fiep  naep  unb  naep  fefifepenben 
gönnen  ber  Vermaltung  mürben  fpäter  biele  Singe  burep  ben  $Ieru§  allein 
beraten  unb  entfdiieben  ober  aucp  burep  ben  Vifepof  allein.  Stur  mieptige  Singe 
mürben  fpäter  in  ©egenmart  be§  Saienboltes  öffentliep  berpanbelt.  3m  ein- 

1  Über  bie  töefcpräntung  ber  33ifd)öfe  auf  6eftimmte  Sprengel  ögl.  Iren.  1.  c.  V, 
20,  1:  episcopi,  quibus  Apostoli  tradiderunt  ecclesias;  ibid.  III,  3,  4:  bie  Slpoftel 
maepten  ben  ißolptarp  junt  SBifcpof  iv  tjj  iv  2p.6pvy  ixx-Xycrca.  Cypr.,  Ep.  59,  c.  14, 
ed.  Hartei  pars  II,  p.  683:  singulis  pastoribus  portio  gregis  adscripta,  quam  regat 
unusquisque  atque  gubernet.  3gnatiu<3  (Ad  Magn.  c.  6)  fafft  ben  ©piffopat  al§ 
< juvidpiov  räv  änocrcöXwv.  Cypr.,  De  unit.  Eccl.  c.  5:  Episcopatus  unus  est,  cuius 
a  singulis  in  solidum  pars  tenetur.  @r  toill  fagen:  a)  2)er  ©piffopat  ift  im  einzelnen 
nur  partiell,  inabäquat,  infofern  er  blop  ein  ©lieb  be§  corpus  episcoporum  ift;  episco¬ 
patus  unus  episcoporum  multorum  concordi  numerositate  diffusus  (Ep.  55 ,  c.  24, 
p.  642) ;  b)  ber  ©injelne  pat  ben  ©piffopat  aber  folibarifcp ,  inbem  er  im  folibarifdpen 
3!erbanbe  3U  ®priftu§  unb  ber  ©efamttircpe  ftept  unb  alles,  toaä  bie  bifdpöflitpe  ©etoalt 
einfcpliefft,  gleitp  anbern  SHfcpöfen  auSjuüben  befugt  ift.  —  SSgl.  3t.  Seeberg,  ®er 
SSegriff  ber  cprifil.  $ircpe.  I.  Seil,  ©rlangen  1885. 

2  Über  äifcpofstoaplen  unb  =toeipen  ogl.  Cypr.,  Ep.  67  (al.  68),  ed.  Hartei 
pars  II,  p.  735  sq.,  befonberS  c.  5,  p.  739.  Clem.  Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  c.  44.  Euseb., 
Hist.  eccl.  VI,  43.  Cypr.,  Ep.  38.  39,  p.  579  sq. 

3  Über  bie  Beratung  mit  SIeru§  unb  33olf  fagt  ©pprian  (Ep.  14,  c.  4, 
p.  512):  quando  a  primordio  episcopatus  mei  statuerim,  niliil  sine  consilio  vestro 
et  sine  consensu  plebis  mea  privatim  sententia  gerere.  31ber  ber  Sifipof  mapnf 
unb  befieplt  (ibid.  c.  2,  p.  510),  forbert  tRecpenfcpaft  unb  ftraft  (Ep.  34,  c.  3,  p.  570), 
unb  ©eporfam  gegen  ipn  ift  ftrenge  geforbert  (Ep.  59,  c.  5,  p.  672).  SBgl.  Ep.  3, 
p.  469  sq.  lt.  f.  tu. 


12.  Sie  !tr$lidje  Säerfaffung  unb  bie  .*pierarcf)ie. 


215 


Seinen  läfit  fid)  bie  ©ntmidlung  in  bieder  |)infi<ht  nid)t  verfolgen ;  [ie  mirb  aud> 
nicht  gleidjmäBtg  in  öen  oerfdjiebenen  ©egeuben  berlaufen  fein. 

2.  Oett  Sifd)öfen  zur  ©eite  ftnnbcn  als  ©efiilfen  bie  (ßriefier,  berufen, 
in  ©tedbertretung  berfeI6en  bie  (fertigen  ©eheitnniffe  ju  feiern,  bei  ber  ganzen 
fird;lid)en  Sermaltung  ben  (Rat  berfelben  ju  bilben  unb  fie  ju  unterfiiiljen. 
©ie  batten  bie  Sebodmächtigung  bom  33ifd>ofe  nötig,  unb  ohne  biefelbe  tonnten 
fie  nichts  ©un  1.  Sei  ben  Serfatnmlungen  ber  ©emeinbe  fafien  fie  neben  bem 
oberften  Sorftchcr,  bem  Sifdfofe.  3n  ber  Ausübung  ber  ©eelforge  gegenüber 
ben  einzelnen  ©laubigen,  im  Unterrichte  ber  $ated)umenen  »aren  fie  mit  bem 
Sifdjof  tbötig.  3n  fpäterer  $eit  bat  man  bie  (ßriefter  ebenfo  als  Nachfolger  ber 
fiebjig  ober  jmeiunbfiebjig  gütiger,  mie  bie  Sifdföfe  als  Nachfolger  ber  Npoftel 
bargeftedt2;  allein  bieS  ift  eine  reine  3?onjeftur  ohne  hiftorifdfe  ©runblage. 
Sei  ©rlebigung  beS  bifd)öf(id)en  ©tuf)IeS  beforgten  bie  (ßriefter  gemeinfam  bie 
firdjlichen  ©efdjüfte,  beSgleidfen  auch  bei  Nbrnefenlfeit  beS  SifdjofS,  bem  fie  aber, 
als  ihrem  tpaupte,  Nechenfd)aft  fdfulbig  maren3.  ©ie  orbneten  alles  an  für 
bie  Neumahl  eines  Sifdjofs. 

Nach  ben  fßrieftern  tarnen  bie  Oia tonen,  bie  fchon  frühzeitig  im  9luf= 
trage  beS  SifcfmfS  prebigen  unb  taufen  burften.  ©ie  bermalteten  unter  Nuffidjt 
beS  SifdjofS  baS  ßirchenbertnögen ,  fünbigten  bie  gotteSbienftlichen  Serfamm= 
Jungen  an,  hielten  bie  Orbnung  bei  benfelbeit  aufrecht ,  bienten  bem  Sifchofe 
am  Nltare,  nahmen  bie  Opfergaben  in  ©mpfang  unb  teilten,  nad)bem  biefelben 
gemeiht  maren,  ben  ©laubigen  babon  auS4.  3hre  Sunftionen  fann  man 
befonberS  erfdfliefien  aus  ben  Sugenben ,  meldje  ber  1)1-  ^olpfarp 5  bon 
ihnen  berlangt:  fie  follen  tabelloS  fein  als  Oiener  ©otteS  unb  ©hr'[ti,  nidjt 
ber  Ntenfchen;  nicht  Serieumber,  nicht  doppelzüngige,  nicht  ©einige  fein,  fonbern 
enthaltfam  in  adern,  barmherzig,  fleißig,  nach  ber  SBahrlfeit  beS  (penn  man= 
belnb.  Ntit  ber  ©ntmidlung  ber  bifd)öflid)eit  Sermaltung  nahm  auch  bie  Se= 
beutung  ber  diafonen,  meldje  bie  auSfithrenben  Organe  beS  Sifdfofs  maren,  zu. 

Son  diafoniffen  ift  menig  bie  Nebe  in  ber  uns  borliegenbcn  ©poche. 
Sffiir  erfahren  feboch,  baf$  chriftliche  Sßitmen,  melche  fidh  berpflid)teten ,  feine 
neue  ©l)e  einjugehen,  eine  befonbere  ©tedung  in  ben  ©emeinben  hotten  unb 
beim  Unterrichten  meibticher  $ated)umenen,  bei  ber  5lrmen=  unb  ^ranfenpflege 
dienfte  leifteten6. 

3.  9Nit  großer  ©orgfalt  mürben  bie  ©eiftlidjen  auSgemählt;  fie  fodten 
nicht  Neulinge  im  ©lauben,  nicht  unraiffenb  unb  lafierlfaft,  nicht  anriidpg  bei 


1  Ignat. ,  Ad  Smyrn.  c.  8 :  oux  i£ov  yu>p\q,  toü  l-im6~ou  oure  ßamt^siv  oute 
äydTzrjv  noisiv.  Tertull.,  De  bapt.  c.  17:  Dandi  baptismum  ius  quidem  habet  summus 
sacerdos ,  qui  est  episcopus ,  dehinc  presbyteri  et  diaconi ,  non  tarnen  sine  episcopi 
auctoritate. 

2  Hieron.,  Ep.  42  ad  Fabiol.,  luo  fie  secundi  ordinis  praeceptores  ^eiBen.  Md. 
Hispal.,  In  Exod.  c.  22.  Beda,  In  Luc.  c.  42. 

s  Säriefe  be§  rönt.  Sßre$bl)terium3  sede  vacante  an  ßpprian  ( Cypr .,  Ep.  30.  36, 
ed.  Hartei  p.  549.  572). 

4  Ignat.,  Ad  Trall.  c.  2.  Iustin.,  Apol.  I,  65. 

5  Ad  Philipp,  c.  5. 

6  Über  bie  Siatomffen  f.  (Rom.  16,  1;  1  Sim.  5,  9  f.  Tertull.,  De  virgin.  vel. 
c.  9 ;  Ad  uxor.  I,  7.  Ignat.,  Ad  Smyrn.  c.  12. 


216 


Serbreitung  unb  Sluggeftaltung  ber  $ird)e  im  2.  gaprpunbert. 


bem  Solle  fein1.  Sifdjöfe,  ^ßrtefter  unb  Oiafonen,  felbft  Oiafottiffen,  burften 
nidft  mepr  al?  eine  ©pe  eingepen  (Sit.  1,  6.  1  3iim.  3,  2.  12;  5,  9); 
bei  ber  §ocpfd)ä|ung  ber  2t?fefe  im  Urdjriftentum  !ann  man  mopl  annepmen, 
baji  mancpe  au?  freien  ©tüden  epelo?  blieben  ober  fid)  be?  Umgang?  mit  ipren 
grauen  enthielten.  (Sine  tird)lic£)e  ©efepgebung  betreff?  be?  ©ötibate?  ber  ^teriter 
gab  e?  bamal?  nid£)t.  Siele  ^lerifer,  bie  opne  Sermögen  maren,  lebten  nacp 
apoffoliftpem  Seifpiel  (1  $or.  4,  12;  9,  7  ff.  Spg.  20,  34)  üon  §änbearbeit. 
©?  ift  fein  gmeifet,  baf?  no<p  lange  pinburcp,  befonbet?  in  Heineren  ©e= 
meinben,  bie  Sifcpöfe  unb  bie  übrigen  Stitgtieber  be?  $Ieru?  für  ihren  Unter= 
halt  größtenteils  felbft  forgen  mußten.  Sttein  bie  steriler  erhielten  aucp  al? 
Arbeiter  im  SBeinberge  be?  §errn,  bie  ihre?  Sohne?  rnürbig  maren,  unb  al? 
Wiener  be?  Sttare?,  bie  bom  SHtare  leben  burften  (Sut.  10,  7.  Stattp.  10,  10  f. 
1  $or.  9,  13.  1  Sim.  5,  17  f.),  frühzeitig  Unterftüpungen  bon  ben  ©laubigen, 
befonber?  Obtationen,  ©rftting?frücpte,  aud)  3e^nten  nad)  Snalogie  be?  SIten 
2eftamente?  (3  Stof.  27,  30  ff.  4  Stof.  18,  23  ff.  5  Stof.  14,  22  ff.),  $n 
mehreren  $irdjen  Ratten  gegen  Su?gang  be?  2.  gaprpunbert?  monatlidpe  Ser= 
teüungen  ber  borpanbenen  Stittel  an  bie  ©eiftlicpen  ftatt2;  in  einigen  gab  e? 
fcbon  nicht  unbebeittenbe?  ^ircpenbermögen;  e?  beftanb  eine  au?  freimütigen 
Seiträgen  gebitbete  $ircpentaffe.  Sei  größeren  ©emeinben  ift  baper  mopl  an= 
junepmen,  bap  gegen  (Snbe  biefer  ißeriobe  ber  Sifcpof  unb  bietteidü  aucp  bie 
Oiafonen  ihren  2eben?unterpatt,  fall?  fie  perfönltd)  nidft  bie  notmenbigen  Stittel 
befaßen,  au?  bem  fircptitpen  Sefip  ber  ©emeinbe  erhielten.  Oap  man  aber 
aucp  barauf  hielt,  bap  ^ßriefter  nicpt  burcp  meltliche  Serrid)tungen  ipren  21mt?= 
pflicpten  entzogen  mürben  (2  2im.  2,  4),  geigt  ber  Sefd)Iup  einer  fartpagifdjen 
©pnobe  bor  250,  monacp  einem  ©Triften,  ber  einen  ipriefter  ^um  Sormunb 
feiner  $inber  gegen  ba?  tircpticpe  Serbot  beftimmt  hatte,  fogar  nach  bem  Sobe 
ba?  ^ircpengebet  unb  ba?  Opfer  berfagt  marb 3. 

13.  2)ie  Saufe  unb  bie  eudjartftifdje  geier. 

ßitteratur.  —  Sßerle  bon  Sr  ob  ft,  ®ud)e§ne„  §arnacf,  2p.  SDöarren 
f.  oben  S.  96.  Ißrobft,  ©alramente  unb  ©aframentalien  in  ben  brei  elften  djriftl. 
gaprpunberten.  Tübingen  1872.  %  p  a  1 1)  o  f  e  r ,  .fjanbbucfj  ber  fatfjol.  ßiturgil.  2  S3be. 
greiburg  i.  Sr.  1883  ff.  (I.  Sb.,  1.  21btlg.  in  2.  31  uft.  oon  Ebner,  ebb.  1894);  bort  bie 
ältere  ßitteratur.  £).  Stoe,  Sie  Slpoftellepre  unb  ber  Sefalog  im  Unterricpt  ber  alten 


1  Sie  «Sorgfalt  ber  Epriften  bei  2lu§toapI  iprer  Äircpenbeamten  fanben  aucp  bie 
tpeiben  nacpapmen§toert;  Ogi.  Lamprid.,  In  Alex.  Sev.  c.  45.  29,  baju  Orig.,  C.  Cels. 
VIII,  75  fin.  Som  ßleru§,  befonberg  Oom  Epiflopat,  fällten  au§gepploffen  fein :  a)  bie 
bigami  (1  Sunt.  3,  2.  34t.  1,  6.  Tertull. ,  De  exliort.  cast.  c.  14.  Orig.,  In  Luc. 
hom.  17  [Opp.  III,  953].  Philosophum.  IX,  12.  Sgl.  $  5  Hing  er,  £>ippoIptuä  unb 
ßalliftug  ©.  140  f.) ;  b)  biejenigen,  bie  fid)  felbft  entmannten;  c)  bie  ber  Unjucpt  ober 
fonft  fiptoerer  Serbrecpen  itberfüprten  ( Cypr .,  Ep.  65,  c.  2  sq. ,  ed.  Hartei  p.  723  sq.) ; 

d)  bie  Seopppten  (1  Sim.  3,  6;  über  clinici  f.  aud)  Cypr. ,  Ep.  69,  c.  13,  p.  762); 

e)  bie  Energumenen  ( Euseb .,  Hist.  eccl.  VI,  43). 

2  Iren.,  Adv.  kaer.  IV,  18,  2.  Orig.,  In  los.  hom.  17 ;  In  Prov.  3,  9  ( Migne , 
Patr.  gr.  XII,  910—913;  XIII,  29).  Epprian  (Ep.  1,  c.  1,  p.  466;  Ep.  39,  c.  5, 
p.  584  sq.)  ertoäpnt  sportulae  unb  decimae. 

3  Conc.  Carthag.  bei  Cypr.,  Ep.  1,  ed.  Hartei  p.  465 — 467.  §efele,  £oncilien= 
gefcpicpte  I  (2.  Slufl.),  105. 


13.  Sie  Saufe  unb  bie  cucfjariftifdCje  fyeicr. 


217 


^tirdje.  ©üterSlof)  1896.  £>•  3-  ^»ol^inann,  Sie  Hatedbefe  ber  alten  $ird)e  (Sbeol. 
2tbbanbl.,  6.  t>.  aöeijfäcfer  getoibmet  [1893],  S.  59—110).  Corblet,  Histoire  du  sacre- 
ment  du  Baptbme.  2  vols.  Paris  1882.  $.  S.  9t  eng,  ©pferdjaralter  ber  ®ud)arifiie 
nad)  ber  Sehre  ber  Släter  ber  erften  brei  Sabrbunberte.  $aberborn  1892.  21.  Sfülidjer, 
3ur  ©efdjidjte  ber  2lbenbmabl3feier  in  ber  älteften  ßird)e  (Sbeol.  2tbbanbl.,  6.  b.  äßeij= 
Jäcfer  gemibmet,  S.  215 — 250).  Corblet,  Histoire  du  sacrement  de  1’ Eucharistie. 
2  vols.  Paris  1884.  23gl.  ba§  Sitteraturberjeicbniä  jum  2lrt.  „©utbariftie"  in  ber 

9teaIencbflopäbie  für  proteft.  Sbeol.  Y  (3.  Stuft.),  560. 

1.  Sie  regelmäßige  feierliche  2lufnal)me  in  bie  tirdfe  gefd)al)  burd)  bie 

5E  a  u  f  e ,  bie  baran  fid)  anfdjlteßenbe  Salbung  unb  bie  Seilnaf)me  an  ber 

Qfuchariftie.  Sn  biefer  gönn  erfdfeint  biefelbe  feit  bem  ©nbe  bes  2.  3abr= 
IjunbertS  allgemein  Oerbreitet  unb  mirb  fo  in  ber  9)titte  biefe§  gal)rl)unbertS 
burch  SuftinuS  1  betrieben  (nur  bie  Salbung  hier  nicht  auSbriidlid)  ermähnt) ; 

fie  hot  fid)  mol)l  fchon  in  ber  apoftolifdjen  3eit  in  biefer  gorm  auSgebilbet, 

ba  eS  naße  lag,  ben  9ieugetauften  fogleid)  am  eu<hariftifd)en  5)tal)le  teilnehmen 
ju  laffen.  SaS  SBefentlidfe  mar  bie  Oon  (Sl>riftu§  (Wattf).  28,  19)  bor= 
getriebene  Saufe  im  fftamen  ber  brei  göttlichen  Sßerfonen,  baS  S3ab  ber  Sieben 
gebürt,  meldjeS  bie  3of)anneStaufe  nicht  erfeßen  tonnte,  bal)er  bie  Oon  gobanneS 
getauften  nod)  bie  d)riftlid)e  Saufe  empfangen  mußten  (9lpg.  19,  1 — 7)2. 
Sie  gefd;ah  getoöhnlich  als  förmliches  Sab,  burd)  Untertauchen  ber  ganjeit 
5ßerfon  (^mmerfion),  bie  ein  Spmbol  beS  SegrabenmerbenS  mit  (SlfrifiuS  mar, 
roie  baS  folgenbe  (5mportaud)en  ein  3ei<hen  ber  Sluferftelfung  mit  ipm 
(Dlöm.  6,  4.  toi.  2,  11.  12).  Siefe  Smmerfion  mar  eine  breimalige,  jebeS= 

mal  beim  5luSfpred)en  beS  9iamettS  einer  ber  brei  göttlichen  ^perfonen 3.  S>od) 

mürbe  auch,  namentlich  bei  tränten  (tlinifertaufe 4),  bie  Saufe  burd)  Sfperfion 
unb  gnfufion  erteilt,  melcpe  bereits  bie  2lpofteIlel)re  als  ju  9ied)t  beftelfenbe 


1  lustin.,  Apol.  I,  61.  65. 

2  Sie  Saufe  beißt  bei  ben  Stilen  Tzakiyysvsaia ,  d^aye^aig  (Sol).  3,  3.  5.  Sit. 
3,  5.  Orig.,  In  Io.  tom.  6,  n.  17  [ Migne ,  Patr.  gr.  XIV,  251]),  Xourpöv  (Spb-  5,  26. 
Iustin.,  Apol.  I,  61  sq.  Clem.  Alex.,  Paed.  I,  6),  <pd>Tiapa,  wimtapog  ( Clern .  Alex. 
1.  c.  2}gl.  Iustin.  1.  c.),  riXeiov,  ydptapa  (Clem.  Alex.  1.  c.),  lavacrum  regenerationis 
(Iren.,  Adv.  haer.  V,  15,  3),  sigillum,  acppaylg  rgg  mtrcetug  (Herrn.,  Past.  Sim. 
IX,  16),  TÖ  dtä  üda-oq  Xourpuv  aupßoXov  röyyavov  xatiapmou  (ßuyrjq,  yapiffpdrutv  decaiu 
dpyrj  xal  Trrjyg  (Orig.  1.  c.).  Sie  2lnrufung  ber  brei  göttlidjen  ißerfonen  ift  uotluetibig 
(Iustin.,  Apol.  I,  61.  Orig.,  De  princ.  I,  3,  2;  In  Io.  1.  c.  Tertull. ,  Adv.  Prax. 
c.  26.  Cypr.,  Ep.  73,  c.  18,  ed.  Hartei  p.  791.  Eulog.  bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  280. 
Phot.,  Amphiloch.  q.  43  [Migne,  Patr.  gr.  CI,  301  sq.]). 

3  Über  bie  breimalige  Smmerfion  bgl.  Tertull.  1.  c.  91  ach  Silbern  be<s  3.  3fabr= 
bunbertö  beftanb  in  9tom  ber  SaufrituS  bamali  in  einer  Skrbinbung  ber  Sinunerfion 
(Sieben  im  SBaffer  bis  an  bie  ßnie)  unb  Smfufion  (SSefprengung  be§  §aupteä).  23gl. 
de  Rosst,  Roma  sotterr.  II,  334. 

4  Über  bie  Minifertaufe  bgl.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43.  Cypr.,  Ep.  69  ad  Magn. 
c.  12,  ed.  Hartei  II,  760.  Sie  Sotentaufe  benfen  einige  als  eine  fteübertretenbe  £>anb-- 
lung,  moburd)  fid)  jemaub  für  berftorbene  fjreunbe  unb  Slertuanbte,  bie  fich  batten  taufen 
laffen  tootlen ,  mirflid)  taufen  Heß ,  um  ihnen  bie  !ird)tid)en  Suffragien  ju  berfd)affen 
(2t  b.  SÖtaier,  Kommentar  jum  erften  ßorintberbriefe  6.  318.  Solling  er,  Gbriften* 
tum  unb  ßirdje  ©.  341),  »ofür  aud)  Sertullian  (De  resurr.  carnis  c.  48)  fprid)t, 
ber  aber  bejmeifelt,  ob  e3  bernünftigermeife  gefd)cbe.  ©brbf°ft°mu3  (In  1  tüor. 
hom.  40,  n.  1  [Migne,  Patr.  gr.  LXI,  347  sq.])  ermähnt  einen  folgen  ©ebrauh  bei  ben 
tötarcioniten ,  ertlärt  aber  in  1  ßor.  15,  29  br.kp  vexpiüv  (sc.  rwv  atugärwe)  in  Sejug 


218  Söerbreitung  unb  SluSgeftaltung  ber  ßirche  im  2.  ^a^r^unbert. 

$orm  ber  Saufe  ermähnt.  hierbei  fanb  nur  bie  eigentliche  Saufe  ftatt.  Sem 
Empfang  ber  Saufe  ging  eine  3eit  ber  Belehrung  unb  ber  Prüfung  be§ 
ßanbibaten  tmrauS.  (Sine  folche  ©inrihtung  lag,  ba  bie  grofse  2M)rjahl  ber 
^anbibaten  für  bie  2!ufnaf)me  in  bie  Kirche  au§  belehrten  ermahfenen  Reiben 
beftanb  —  menngleih  auh  bie  $inber  nach  apoftolifcfjer  Überlieferung  bie  Saufe 
erhielten* 1  — ,  in  ber  fftatur  ber  (Sache,  unb  fo  bilbete  fid)  ba§  ^atechumenat 
al»  (Borftufe  herauf.  ©ine  befonbere  Srganifation  be§  $atechumenate§  fennen 
mir  im  2.  ^ahrlfunbert  noch  nicht.  Saf?  jeöoh  zugleich  mit  ber  Belehrung 
ber  5teubelehrten  in  ben  chriftlidhen  UBahrfieiten  unb  Sittenüorfhriften  befonbere 
retigiöfe  Übungen  fhon  fe^r  früh  ftattfanben,  geht  au§  ben  (ffiorten  be§ 
hl.  3uftinu§  2  heröoi::  „2llle  jene,  bie  jur  Überzeugung  gefommen  finb  unb 
glauben,  baff  ba§  mal)r  ift,  ma§  bon  nn§  gelehrt  unb  gefagt  rnirb  (bie§  fe|t 
ben  Unterricht  borau§),  unb  bie  angeloben,  bah  fle  bermögen,  fo  ju  leben 
((Berfprehen  bor  ber  Saufe),  metben  angeleitet  ju  beten  unb  unter  Mafien 
bon  (Sott  bie  (Berjeihung  ihrer  borffer  begangenen  Sünben  ju  erflehen;  babei 
beten  unb  faften  mir  mit  ihnen."  Sertullian  ermähnt  auch  ein  Sünben= 
befenntniS  bor  ©nipfang  ber  Saufe,  unb  bie  9ÜmftelIehre  beutet  an,  bah  nah 
ber  bon  ihr  mitgeteilten  Sehre  „bon  ben  jmei  SBegen"  ba§  chriftliche  Sittern 
gefeij  ben  belehrten  bor  ber  Saufe  eingefchärft  mirb. 

fütit  ber  feierlichen  Saufe  mar,  mie  au§  ben  Shriften  Sertullian§  juerft 
flar  herbDrgeht ,  in  ber  alten  Kirche  bie  girmung  berbunben,  beftehenb  in 
fpänbeauflegung  unb  Salbung  mit  ©hri§ma  burh  ben  (Bifcfmf.  Shon  in  ber 
erften  Qeit  teilten  fo  bie  Slpoftel  ben  bon  anbern  (Setauften  ben  ^eiligen  (Seift 
mit  (5lpg.  8,  14 — 17;  19,  5.  6),  moburh  biefelben  beftärft,  gefalbt,  geflegelt 
mürben  unb  ba§  Unterpfanb  be§  ©eifie§  in  ihren  ^er^en  erhielten  (2  $or.  1, 
21.  22).  Siefe§  „(Siegel  ber  (Sabe  be§  ^eiligen  ©eifte§"  mar  eine  (Botf= 
enbttng  ber  Saufe  unb  gleich)  biefer  unmieberl)olbar,  fpäter  bon  ©t^rian  güicf) 
ihr  Salrament  genannt 3.  ffanb  bie  Saufe  niht  feierlich  burh  ben  (Bifhof 


auf  bie  getauften  (ßerfonen  felbfi.  Sihnlid)  S  h  e  o  b  o  r  e  t  (In  h.  1.  [Migne  1.  c.  LXXXII, 
361]:  sc  ds  vsxpöv  lern  zd  acbp.a  xal  obx  dvcazazac ,  tc  drjirozs  xal  ßanzc^szac ;  ©0  auch 

(BfmtiuS,  £>fumeniu§  ( Migne  1.  c.  CXVIII,  877). 

1  Iren.,  Adv.  haer.  II,  22,  4.  Orig.,  In  Rom.  1.  5,  n.  9  (Migne,  Patr.  gr. 
XIV,  1047):  Pro  hoc  et  ecclesia  ab  Apostolis  traditionem  suscepit,  etiam  parvulis 
baptismum  dare  etc.;  In  Luc.  hom.  14  (ibid.  XIII,  1885):  Et  quia  per  baptismi 
sacramentum  nativitatis  sordes  deponuntur,  propterea  baptizantur  et  parvuli  Oof). 
3,  5).  Sgl.  In  Lev.  bom.  8,  n.  3  (ibid.  XII,  496).  SufiinuS  (Apol.  I,  15)  ermähnt 
foldte,  bie  ix  nacdcuv  äfj.a&yTeuftycrav  tu>  Xpccrzw.  Sine  ©gnobe  unter  ©ggrian  bermarf 
252  bie  31nfid)t  be§  33ifcf)Dfä  ffribuS,  bie  (Neugeborenen  feien  mehrere  Sage  ohne  Saufe 
ju  laffen  ( Cypr .,  Ep.  64  [al.  59],  c.  2,  ed.  Hartei  p.  718  sq.).  ©o  ergänzt  bie  Sra= 
bition  im  Slnfcfiluf;  an  3ob.  3,  5  bie  Slnbeutungen  in  21gg.  2,  39;  16,  15.  33  unb 
1  ßor.  1,  16;  7,  14.  Über  bie  bon  einigen  (ßroteftanten,  auch  bon  (Ne  an  ber,  beftrittene 
(Notmenbigleit  ber  ßinbertaufe  mar  ba§  Altertum  fidjer.  ©egen  ben  21uffchub  ber  Saufe 
bgl.  Cypr.  1.  c.  Euseb. ,  Hist.  eccl.  VI,  43.  W.  Wall,  History  of  infant  baptism. 

London  1900.  2  Apol.  I,  61. 

3  Uber  bie  Firmung  ( atppayig ,  püpov,  ßeßaiuxrcg  zrjg  bpoXoycag,  confirmatio,  per- 
fectio,  chrismatio)  bgl.  Iren.,  Adv.  baer.  IV,  38,  2.  Tertull.,  De  bapt.  c.  7.  8;  De 
resurr.  carnis  c.  8;  Adv.  Marc.  I,  14.  Cypr.,  Ep.  73,  c.  9,  p.  785;  c.  21,  p.  795. 
Sie  ausführliche  ©teile  über  bie  Initiatio  bei  Tertull.,  De  resurr.  carnis  c.  8  lautet: 


13.  Sie  Saufe  unb  bie  eudjariftifche  Seiet. 


219 


ftatt,  fo  mürbe  biefe  gitmung  nad)träg(id)  bon  ißtn  erteilt.  9iad)  ©penbung 
bet  Saufe  uitb  ber  ©albung  mürben  bie  neuen  ©laubigen  jurn  erftenmal  in 
ben  gemeinfatnen  ©otteSbienft  geführt,  mo  ißnen  aud)  baS  5lbenbmaßl  beS 
^errn  gereidjt  marb. 

Sie  regelmäßige  3£ü  für  bie  feierliche  Slufnaßme  ber  ffteubefeßrten  in 
bie  $trd)e  mar  bereits  im  2.  Saßtßunbert  bie  fttaeßt  bor  beut  Ofterfonntag. 
Serttiflian  ermähnt  außerbent  bie  3eÜ  ber  fßentefofte  nach  Oftern  als  für  bie 
©penbung  ber  Initiatio  geeignet;  er  fügt  aber  ßiitju,  baß,  rnenn  bon  ben 
ffeierlicßteiten  abgefeßen  merbe,  feber  ©onntag  unb  feber  Sag  für  bie  Saufe 
geeignet  fei  K 

2.  Ser  regelmäßige  feierliche  $ultatt  ber  cßriftlidien  ©emeinbe  mar  bie 
Sud) ariftie,  melcße  baS  cßriftlicße  3lbenbmaßl  umfcßloß  unb  borjugStoeife 
Siturgie  genannt  mirb.  fJtacß  bem  ©ebote  beS  fperrn  marb  33rot  unb  Söein 
bargebradü  unb  bon  ben  ^rieftern  gefegnet ,  burdj  bie  9)tad)t  ©otteS  aber 
bermanbelt  in  baS  ffleifd)  unb  23Iut  3efu  Sßrifti  unb  fo  bon  ben  ©läubigen 
als  ßimmlifche  ©peife  unb  als  göttlicher  Sranf  genoffen 2.  9Kit  biefer  eudjari- 
ftifdjen  geier  maren  aud)  im  Anfang  ber  nadjapoftolifdjen  3eü  nodj  bie  2iebeS= 
mahle  (Stgapen)  oerbunben,  einfache  fDtaßljeiten ,  an  beneit  alle  Sßriften  oßne 
fRangunterfcßieb  teilnaßmen,  ju  benen  alle  nad)  ißren  Kräften  beifteuerten,  bon 
benen  bie  Überrefte  jur  pflege  ber  Firmen  unb  Uranien  bienten.  Siefe  23er= 
binbung  bon  Sucßariftie  unb  SiebeSmaßl  berußte  auf  bem  Sßarafter  ber  erfteren 
als  33unbeSmaßl,  auf  bem  33eifpiele  ©f)rifti ,  bieüeicßt  aud)  auf  ber  ©itte  ber 
grietßifcßen  ©ßffitien.  33ei  ben  reichen  ©nabengaben  ber  ©läubigen  marb  aud) 
ißr  gefelliger,  bon  froßem  unb  frommem  ©inn  auSgejeidjneter  Sßerfeßr  jum 
©otteSbienfte ;  man  begann  unb  fdjloß  mit  ©ebet;  ber  fßfalmengefang  unb 
ber  cßriftlicße  33ruberfuß  (9töm.  16,  16.  1  $or.  16,  20.  1  fßetr.  5,  14) 
fcßloffen  fieß  baran  an.  9Jtißbräu<ße  tarnen  in  einzelnen  ©emcinben,  j.  33.  in 
$orintß,  feßon  früße  bor  (1  $or.  11,  21  ff.),  unb  biefe  füßrten  aKmäßliiß 


Caro  abluitur,  ut  anima  emaculetur;  caro  ungitur,  ut  anima  consecretur ;  caro  Sig¬ 
natur  ,  ut  et  anima  muniatur ;  caro  manus  impositione  adumbratur ,  ut  et  anima 
spiritu  illuminetur;  caro  corpore  et  sanguine  Christi  vescitur,  ut  et  anima  Deo 
saginetur.  Sßort  Dlobatian  fagt  Kornelius  (bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43),  baß  er 
auf  bem  Kranfenbette  getauft  unb  aud)  nach  feiner  ©enefung  bie  Konfirmation  burcf) 
ben  33ifd)of  niißt  an  ißm  ooltäogen  toarb.  £>ier  ift  ber  SBifd^of  als  ©penber  ber  ©pßragiS 
borauSgefetjt ,  toorait  ber  Dccibent  ftetö  fefthielt,  mäßrenb  im  Orient  unb  in  Stgppten 
gerabefo  audj  bie  ^riefter  firmen  tonnten  (Ps.-Ambros. ,  In  Eph.  c.  4.  Ps.- August., 
Quaest.  Vet.  et  Novi  Test.  q.  101).  2113  mefentlid)  bei  ber  girmung  erfßeint  bie 
fpejieHe,  bei  ber  ©priämation  bor  fid)  geßenbe  Serüßrung  ber  ©injelnen,  eine  toirf lidße 
§>anbauftegung. 

1  Tertull. ,  De  baptismo  c.  19.  —  Über  bie  ber  Saufe  Ootßergeßenben  2tbfd>mö» 
rungen  bgl.  Tertull.,  De  corona  mil.  c.  3. 

2  SaS  SBort  Astroupyla ,  häufig  in  ber  LXX  (bgt.  21pg.  13,  2.  )Phil-  2,  1/. 
fftöm.  15,  16.  §ebr.  8,  6  ff. ;  9,  21 ;  10,  11.  Constitut.  apost.  II,  25.  Can.  apost.  n.  27. 
Testament,  duodecim  Patriarch.,  Levi  c.  3),  marb  bei  ben  ©rießen  fteßenber  2tuSbruct, 
mie  bei  ben  Sateinern  Missa,  ©onft  fteßt  auch  hpoupyla,  ävayopd,  npog<popd ,  guorrj- 
piov,  teXstt},  XstTcwpyia  rrjg  olx.ovop.lag,  ovva&g,  collecta.  ©(hon  KlemenS  bon  «Rom 
(Ep.  I  ad  Cor.  c.  40.  41.  44)  berbinbet  XztTOupyiag  xal  npogtpopüg. 


220  Verbreitung  unb  2lulgeftaltung  ber  ßircpe  im  2.  Saprpunbert. 

jur  Trennung  ber  ßiebeSmapfe  bon  ber  gotteäbienftticpen  freier 1.  ©eit  betn 
Anfänge  be3  2.  3aprpunbert§  pörte  bie  23erbinbung  be§  eud)arifti[d)en  9)tapfe§ 
mit  bet  5fgape  aflmäplicp  auf;  um  bie  SJtitte  biefe§  Saprpunbert»  finben  mir 
feine  ©pur  mepr  babon.  ©ie  ©udfariftie  entmidelte  fiep  nad)  biefer  Trennung 
felbftänbig  unb  napm  rafd)  fefte  formen  an.  Sei  ber  früheren  23erbinbung 
bon  beiben  tarnen  neben  ber  SSerfefung  bott  apoftolifdpen  Briefen  bie  einzelnen 
©etneinbegliebern  berfiepenen  Zarismen  jur  ©eltung,  mie  biefelben  in  ben 
^Briefen  be§  t)I.  ^3aulu§  unb  fpiiter  nocp  in  ber  5Ipofteüepre  betrieben  merben. 
5lucp  biefe  5iuf]erungen  ber  inbibibueüen  Snfpiration  burd)  ben  ^eiligen  (Seift 
Porten  im  Anfänge  be§  2.  Saprpunbertä  auf.  ©em  bom  33orfteper  gefprocpenen 
eucpariftifcpen  ©e6ete  übet  ba§  Srot  unb  ben  SBein  gingen  ßefungen  au§  ben 
peiligen  ©cpriften,  ©efänge  (ißfalmen,  £)pmnen)  unb  gemeinfdjaftficpe  ©ebete 
für  bie  ©laubigen,  bie  £)errfd)er  unb  alte  Iftenfcpen  borau§.  3fuf  ba§  eucpa= 
riftifcpe  ©ebet  folgte  ba§  Srotbrecpen,  unb  bann  genoffen  alle  Inmefenben  ba§ 
peilige  DQtapf  bon  33rot  unb  2Sein  (^ßliniu§  an  Srafan;  bgl.  $of.  3,  16. 

©pp.  5,  19.  1  $or.  14,  26). 

3iemtid)  auäfüprtidje  Üfacpricpten  über  bie  eucpariftifcpe  Seier  befipen  mir 
in  ber  5lpofieIlepre  (£ap.  9,  10  u.  14),  in  ben  Briefen  be§  pf.  3gnatiu§ 

bon  5Intiod)ien2  unb  in  ber  erften  Apologie  be§  pl.  3uftinu§  ($ap.  65, 
66  u.  67).  ©aju  fommt  ba§  ©ebet  im  $femen§brief  an  bie  ^orintper 
(ftap.  59,  60  u.  61),  melcpeS  ungmeifelpaft  3temini§äenäen  au§  ben  ©e^ 
beten  bei  ber  Siturgie  entpält.  2tm  ftarften  briidt  fid)  über  bie  Seiet  felbft 
Suftinu§  au§:  „Dtacpbem  bie  SSerlefuxtg  ber  ©cpriften  ber  ^ßroppeten  unb  ber 
5Ipoftef,  bie  Sfnfpracpe  be§  5Borfteper§  unb  bie  folgenben  ©ebete  beenbigt 

finb,  mirb  bem  tßorfieper  tßrot  unb  mit  SBaffer  gemifcpter  Sßein  gebracht ; 
biefer  nimmt  e»  unb  bringt  2ob  unb  5ßrei§  bem  Sffloater  burcp  ben  bauten 
be§  ©opne»  unb  be§  [peiligen  ©eifte§  bar;  er  fpricpt  bann  eine  $)anffagung 
unb  ©ebete  an§;  ba§  55oIf  antmortet  mit  51  men.  SDie  ©iafonen  ber= 

teilen  ba§  gefegnete  53rot  unb  ben  gefegneten  Söein  an  alle  5fnmefenben  unb 
tragen  fie  ju  ben  3fbmefenben  pin." 3  SDabei  fagt  un§  3uftinu§  beutfid),  ma§ 
er  Don  biefem  gefegneten  33rote  pält.  „2Bir  nennen  biefe  ©peife  ©ucpariftie, 
unb  e»  barf  niemanb  baran  teifneptnen,  ber  nid)t  an  bie  SLÖaprpeit  unferer 
Sepre  glaubt,  oorper  getauft  morben  ift  jur  Vergebung  ber  ©ünben  unb  gut 
Söiebergeburt  unb  fo  lebt,  mie  aucp  ©priftu§  gelebt  pat.  SDenn  nicpt  al§  ge= 
meine»  S3rot  unb  al§  gemeinen  SEranf  nepmen  mir  fie,  fonbern  fomie  3efu§ 

1  Über  ’Aydnac  bgl.  ben  Subalbrief  V.  12.  Tertull.,  Apol.  c.  39.  C.  S.  Schurz¬ 
fleisch,  Dissert.  de  vet.  agaparum  ritu.  Lips.  1691.  L.  A.  Muratori ,  De  agapis 
sublatis  (Anecdota  graeca  [Par.  1700]  p.  241  sq.).  Andr.  Duguet ,  Les  anciennes 
agapes.  Par.  1745.  Drescher,  De  veter.  christ.  Agapis.  Giss.  1824.  SöIIinger, 
ßpriftentum  unb  ßircpe  ©.  850  ff.  ®afelbfi  toirb  aucp  bie  epebem  fo  enge  Verbinbung 
ber  ßiebelmaple  mit  ber  encpariftifdpen  freier  tonftatiert,  bie  nacp  Sluguftinul  (Ep.  118) 
ben  ©cplup  ber  31gape  bilbete,  nad)  anbern  (ßprpfoftomul,  Speoboret,  *pelagiug)  aber 
ipr  boraulging. 

2  Ad  Smyrn.  c.  7 ;  Ad  Ephes.  c.  20. 

3  ®er  Verfud)  §arnacfl  (Srot  unb  SOÖaffer,  bie  Slbenbmaptletemente  bei  Suftin 
[®ejte  unb  Unterfu^.  VII,  2.  ßeipjig  1891]),  all  ©lemente  ber  eudpariftifdpen  Tfeier  bei 
Sufiin  SSrot  unb  SBJaffer  ju  ertoeifen,  ift  mit  iftedpt  allgemein  abgelepnt  toorben. 


13.  Sie  Saufe  unb  bie  eudjariftifäje  freier. 


221 


©priftuS  unfer  tpeilanb  Süifdp  geworben  ift  unb  f^letfd)  unb  29 lut  ju  nuferer 
©rlöfung  angenommen  pat,  fo  glauben  mir  auch,  bap  bie  burd)  baS  ©ebet, 
meüpeS  feine  Sorte  enthält,  gefegnete  ©peife,  burdf)  meldpe  unfer  fyleifrf)  unb 
231ut  burd)  Vermanblung  (fj-tTaßolrj)  genäprt  mirb ,  jenes  fleifdpgemorbenen 
3efu  Sleifdp  unb  23tut  fei.  Oetm  bie  21poftel  paben  in  ben  Oon  ipnen  ber= 
faxten  Oenlroiirbigfeiten,  bie  ©bangelien  peipen,  überliefert,  bap  ipnen  bie§  bon 
ipnt  aufgetragen  morbeu  fei,  als  er  23rot  napm  unb ,  inbem  er  eS  bantfagenb 
fegnete,  fpracp:  ,OaS  tput  ju  meinem  2lnbenfen.‘"  3n  feinem  Oialog  mit 
bern  3uben  Orpppon  bejeidpnet  berfetbe  SuftinuS  bie  ©itcpariftie  als  Opfer, 
rnorin  bie  Seisfagung  9JM.  1,  10  f.  erfüllt  fei,  als  ein  Opfer,  baS  in 
ber  ganzen  Seit  jur  Verperrlicpung  beS  göttlidjen  Samens  bargebradpt  merbe, 
baS  aber  ©ott  bon  niemanb  annepme  als  bon  feinen  ^rieftern.  Oiefelbe 
Sejiepung  ju  ben  Sorten  beS  VtalacpiaS  unb  benfetben  Opferdparafter  beuten 
audp  aitbere  Väter  biefer  3üt  an,  fepr  beftimmt  SrenäuS.  Oie  Birdie  patte 
einen  ben  Oienern  ber  ©tiftspiitte  unzugänglichen  Opferaltar  (£)ebr.  13,  10) *. 

Oie  titurgiftpen  Verfatnmlitngen  mürben  in  ben  gropen  ©älen  ber  ^3ribat= 
päufer  moptpabenber  ©laubigen  abgepalten,  bie  gemip  bielfad)  fcpon  bauernb 
ber  ©emeinbe  für  biefen  3lt)e(f  5ur  Verfügung  geftellt  mürben,  ©igene,  ben 
©emeinben  gepörenbe  Käufer,  meldpe  religiöfen  3meden  auSfcplieplicp  bienten, 
gab  eS  in  biefer  3e<t  nodp  nicpt1 2. 

Seim  feierlichen  ©otteSbienfte  marb  baS  Vbenbtuapl  unter  ben  beiben 
©eftalten  beS  VroteS  unb  beS  Seines  empfangen.  ©S  marb  aber  and)  nur 
unter  ber  einzigen  VrotSgeftalt  gereidpt;  in  biefer  erpielten  eS  bie  ©laubigen, 
befonberS  in  3e^en  ber  Verfolgungen,  mit  nad)  ipaufe;  bie  neugetauften 
ßinber  erpielten  eS  in  ber  ©eftalt  beS  Seines 3.  Vtan  gab  bamals  ben 
©laubigen  bie  ©udjarifiie  in  VrotSgeftalt  in  bie  fpanb  4,  unb  in  biefer  ©eftalt 
fanbten  audp  Vifdpöfe  biefclbe  einanber  jutn  3e^en  ber  ©emeinfdpaft  ju5 6. 
Oeilnapme  an  bem  ©mpfange  ber  ©ucpariftie  mar  baS  Oorjügliepfte  9tedpt  ber 
in  ungetrübter  ©emeinfdjaft  ber  fö'irdje  ftepenben  ©priften,  bie  in  ipr  ben 
pödpften  ©enup,  beit  Vorgefcptnad  ber  pimmlifcpen  ©eligfeit,  baS  llnterpfanb 
ber  Unfterblidjleit  erblidten;  2luSfdpIup  bon  ipr  mar  bie  ©träfe  für  fcpmere 
©cpulb;  nacp  ber  2oSfpred)ung  ber  ©itnber,  nacp  bottjogener  Vupe,  mürbe 
ipnert  bie  Oeilnapme  mieber  gemäprt.  ©in  fepr  mid)tigeS  3ell3™§  entpält 
in  biefer  fpinfidpt  ein  Vrief  beS  VifcpofS  OionpfiuS  bon  Sllepanbrien c.  ©in 


1  lastin.,  Dial.  c.  Trypli.  c.  41.  116.  117.  Iren.,  Adv.  haer.  IV,  17,  5  et  c.  18; 
V,  2,  2.  3. 

2  Äirfdj,  Sie  dfriftlicpen  ßultuggebiiube  im  2Utertum.  fiöln  1893. 

3  Über  bie  Kommunion  unter  einer  ©eftalt  bgl.  Dionys.  Alex,  bei  Euseb.,  Hist, 
eccl.  VI,  44.  Tertull.,  Ad  uxor.  II,  5;  De  orat.  c.  19.  Cypr.,  De  laps.  c.  26.  ed.  Hartei 
p.  256;  Ep.  63  ad  Caecil.  c.  8,  p.  707. 

*  Sa«  empfangen  be«  fonfefrierten  »rote«  mit  ben  §änben  bemeifen  bie  SBorte 
be«  Cornelius  unb  be«  Sionpfiu«  oon  Slleg.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43;  VII,  9, 
fotoie  bie  Stnfcprift  oon  2lutun:  b/ßw  (ben  eucpariftifcpcn  ©priftu«)  i-/u>v  xa.kdp.cu? 
(IJJopl,  Sa«  3d)tpp«monument  oon  2Iutun.  »erlitt  1880). 

3  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  24;  über  ba«  »erbot  be«  ßonjil«  oon  Saobicea  can.  14 
ogt.  §efelc,  ©onciliengef^icpte  I  (2.  2tufl),  760. 

6  »ei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  44. 


222  Verbreitung  unb  Stuägeftaltung  ber  Kirche  im  2.  3a^rt)unbert. 

©rei»,  ber  ein  untabelpafteä  d;riftlic^e§  Seben  geführt  ^atte ,  fiel  in  ber  23er= 
folgung  ab.  ©r  flehte  bergeben»  um  Söieberaufnapme  in  bie  firtf)lid)e  ©emein= 
fcpaft.  2ll§  er  nun  in  eine  fcpmere  ^ranfpeit  fiel,  fcpidte  er  feinen  ©nfel  gum 
ißriefter,  bantit  ipm  biefer  bor  bem  Sobe  bie  2o§fprechung  erteile.  Ser  ^riefter 
felbft  mar  franf  unb  fonnte  nicht  hingegen,  Sa  jebod)  Sionpfiu»  befohlen 
hatte,  reuigen  3lbgefaHenen  bie  SoSfpredpmg  ju  erteilen,  gab  ber  Sßriefter  bem 
Knaben  ein  Seilchen  bom  fonfefrierten  53rote ,  bamit  er  ba§felbe  in  233affer 
tauche  unb  bem  ©reife  reiche.  Sie§  gefchah,  unb  faum  ^atte  ber  franfe  ©reiä 
bie  ©udjariftie  pinuntergejcbludt,  al§  er  ben  ©eift  aufgab.  „Sft  er  nicht  offen= 
bar  fo  lange  aufbemahrt  unb  am  Seben  erhalten  morben,  bi§  er  bie  2o§= 
fprecpung  empfangen  unb  nach  23ergeipung  feiner  ©ünben  ob  ber  bielen  guten 
Söerfe,  bie  er  bollbracbt,  bon  ©priftu§  anerfannt  merben  fonnte?"  ©o  fcfjlie^t 
Sionpfiu§  feinen  (Bericht.  ©chmere  ©ünbe  mar  e§,  ben  Seib  be§  §errn  un= 
mürbig  gu  genießen;  ba§  piep  ba§  ©eridjt  im  ©enuffe  fid)  gujiepen,  baher  eine 
reifliche  ©elbftpriifung  bor  bem  fnngutritt  ju  biefent  erhabenen  ©eheimttiffe  fcpon 
bon  ben  Slpofteln  borgefchrieben  mar  (1  $?or.  11,  27 — 29). 

14.  Sie  heiligen  feiten  unb  Sage.  Ser  Dfterfeierftreit. 

ßitteratur.  —  §.  K e II n e r ,  §eortotogie  ober  ba§  Kirchenjahr  unb  bie  Zeitigem 
fefte  in  ihrer  gefcfjühtl.  ©nttoicftung.  $rei&urg  i.  Vr.  1901  (mit  ßitteraturberjeichniö 
©.  vii — vm).  tprobft,  Kirchliche  SxSciptin  in  ben  brei  erften  chriftl.  Sahrpunberten 
(Tübingen  1873)  ©.  241  ff.  St)-  Saptt/  ©efchicpte  be3  ©onntagg.  §annober  1878. 
ßinfenmaper,  ©nttoicftung  ber  fircht.  3raftenbi§ciplin.  SJtünchen  1877.  gf.  X.  0r « n f. 
Sie  ©nttoicflung  be§  öfterfaftenä  (Kircfjengefdhichtl-  SUtyonbl.  I,  241—278). 

öfterfeierftreit.  Duetten:  Sejte  im  Chronicon  Paschale  ( Migne ,  Patr.  gr. 
XCII,  80).  Euseb.,  Hist.  eccl.  IY,  26;  V,  22.  23.  24.  25.  26.  —  ßitteratur: 
SB  e  i  p  e  t ,  Sie  chriftl.  ißaffahfeier  ber  brei  erften  Sfahrljunberte.  tpforjheim  1848. 
tilgen fetb,  Ser  5ßafdjaftreit  ber  alten  Kirche.  §aHe  1860.  Schürer,  De  contro- 
vers.  paschalibus.  Lips.  1869.  (pefele,  ©oncitiengefcfjichte  I  (2.  Stuft.),  86—101. 

1.  Solange  bie  23erbinbung  gmifchen  ben  ©griffen  unb  ben  3uben  nicht 
abgebrochen  mar,  befuchten  bie  Subendjrifien  am  ©abbat  bie  ©pnagoge,  gleichmie 
bie  ©laubigen  ber  Urgemeinbe  in  Serufalem  am  ©otteSbienfte  im  jübifcpen  Sempel 
teilgenommen  patten.  Saneben  patten  bie  ©prüften  bon  Anfang  an  ipre  befonbere 
gotteabienftlicpe  (Berfammlung,  melcpe  nach  ber  befinitiben  Trennung  ber  ß'ircpe 
bom  3ubai§mu§  allein  übrigblieb  (f.  oben  ©.  97  ff.).  Sene  mürbe  fcpon  feit 
ber  ülpofteljeit  am  erften  SBocpentag,  bem  ©onntag,  gur  ©rinnerung  an  bie 
3luferftepung  be§  §errn  abgepalten.  Serfelbe  mürbe  gefeiert  al§  Sag  be§  ©ebeteS 
unb  heiliger  9fupe  ohne  bie  ängftliche  ©d)eu  ber  Suben,  opne  Saften,  opne 
fnecptifcpe  3lrbeit 1.  Ser  ©onntag  mar  in  ber  alten  $ircpe  ber  eigentliche 
liturgifcpe  Sag.  ©epr  früp  finben  mir,  bap  eine  befonbere  93orbereitung§feier 
(SSigil)  in  ber  fJiacpt  bor  bem  ©onntag  üblich  mar.  Siefelbe  mirb  angebeutet 


1  Stuf  ben  ©onntag  (xvptaxij  seil.  fyj.ipa)  toeifen  bie  ©tetten  Dffh.  1,  10.  Stpg. 
20,  7  f.  1  Kor.  16,  2  Ogt.  mit  SJtatth.  28,  1.  Sot).  20,  26.  Barnab.,  Ep.  c.  15.  Ignat., 
Ad  Magn.  c.  9.  Iustin.,  Apol.  I,  67:  rfj  roü  tjhiou  Xsyopsvg  yjp.spg.  Tertull. ,  De 
orat.  c.  28;  De  corona  mit.  c.  3;  Apol.  c.  16.  iDletito  bon  ©arbeS  fdtrieb  rzspl 
xupiaxvjg.  Sionpfiuä  bon  Korinth  (hei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  23)  ertoapnt  rxjv 
xupiaxijv  äyiav  ppApav. 


14.  Sie  Zeitigen  3eiten  unb  Sage.  Ser  Ofterfeierftreit.  223 

in  bem  Vriefe  beS  SßliniuS  an  Srajan;  bodE)  Mafien  tuir  aus  ber  golgegeit  feine 
genaueren  3cu8niffe  über  biefen  -JtadptgotteSbienft.  Ser  9K  i  1 1  w  o  dp  unb 
greif ag  bagegen,  bic  an  baS  Seiben  beS  §errn  unb  feinen  Sob  erinnerten, 
würben  als  palbe  gafttage  (bi§  mittags  3  Upr,  ©tationentage)  begangen 1.  gn 
einzelnen  $ircpen  fanb  an  biefen  Sagen  bereits  im  2.  gaprpunbert  eine  be- 
fonbere  liturgische  geier  ftatt,  bie  in  Slfrifa  mit  bem  eudpariftifdpen  Opfer  uer= 
bunben  mar,  mie  Sertuüian  bezeugt2;  bie  Vrt  ber  geier  mar  öerfd)ieben. 
©ingelne  ©laubige  betonten  baS  gaften  bis  auf  ben  ©amStag  auS;  biefer  Sag 
mürbe  fpegietl  in  9tom  allgemeiner  gafttag.  Sie  Sage,  an  beneit  man  ben 
Bräutigam  entfernt  baepte  (jDtattp.  9,  15),  waren  Sage  beS  gaftenS3,  ber  Sag 
feiner  Vuferfiepung,  feiner  glorreicpen  ©rfdpeinung,  Sage  ber  greube. 

Vujier  biefer  wöchentlichen  geier  mürbe  in  ber  alten  ßirdpe  jährlich  baS 
Slnbenfen  an  ben  ©rlöfungStob  ©prifti  unb  an  feine  Sluferftepung  feierlich  be= 
gangen.  Ipauptfeft  mar  Öftern,  baS  nad)  bem  Braudpe  ber  ©pnagoge,  aber 
mit  öeränberier  Bebeutung  als  Sage  beS  SeibenS  unb  ber  Sluferftepung  ©prifii 
gefeiert  mürbe.  Sie  fünfzig  Sage  nad)  Dftern  (Pentecoste)  waren  eine  3eü 
ber  greube4.  DrigeneS  beutet  an,  baf$  am  ©djluffe  biefer  greubenjeit ,  am 
5ßfingftfonntag,  baS  Vnbenfen  an  bie  £)erabfunft  beS  ^eiligen  ©eifteS  gefeiert 
mürbe.  Sem  Ofterfefte  ging  eine  längere  Vorbereitung  tioraitS,  bie  bem  gaften 
gemibmet  mar 5.  gn  bem  halb  ju  bepanbelnben  Ofterfeierftreit  bilbet  bie  grage, 
mann  baS  gaften  aufpören  foll,  einen  tpauptpunft.  SiefeS  befonbere  gaften 
üor  Oftern  mar  in  ber  gangen  Birdie  üblich  unb  reicht  nachweisbar  in  bie 
nadfapoftolifche  3«'*  gurüd;  grenäuS  beruft  fiep  für  bie  ^rajis  ber  römifdpen 
Kirche  auf  bie  Rupfte  SeleSpporttS  unb  XpftuS,  welche  bereits  biefclbe  eingehalten 
patten.  Sie  Sauer  unb  bie  2Xrt  beS  gaftenS  waren  jeboep  öerfepieben ;  ebenfo 
bie  Sage,  an  welchen  baSfelbc  gepalten  mürbe 6.  Btit  Dftern  pörte  alles  gaften 
auf,  unb  eS  mürbe  nun  bie  3e^  gefeiert,  in  ber  ©priftuS  fiep  nod)  bei  feinen 
güngern  befanb  (öiergig  Sage  nad)  3lpg.  1,  3),  mit  Vnfdjtufj  ber  folgenben 
jepn  Sage  bis  5ßfingften.  Vujjer  bem  Ofterfefte  mit  bem  ooraufgepenben  gaften 
unb  ber  barauffolgenben  geftjeit  gab  eS  im  2.  gaprpunbert  fein  in  ber  $irdpe 
allgemein  gefeiertes  geft.  gtt  einzelnen  ©emeinben  mürbe  jeboep  baS  Vnbenfen 
an  ben  SobeStag  perOorragenber  Vtärtprer  als  lofaler  gefttag  biefer  ©emeinbe 
gefeiert.  SaS  ältefte  3^ugniS  bafür  bietet  uns  ber  Brief  über  ben  Sob  beS 
pl.  ^olpfarp.  Siefer  ©ebraud),  meldjcr  aus  ber  ©itte  erwadpfen  ift,  am  gapreS= 
tage  beS  SobeS  eines  ©laubigen  überpaupt  beffen  ©ebäcptniS  im  Greife  ber 
Bermanbten  unb  Befannten  ju  begepen ,  beftanb  um  bie  Bütte  beS  2.  gapr= 
punbertS  in  Ütom  unb  im  Vbertblanbe  mopl  nodp  nicht ,  ba  fid)  fonft  faum 

1  Didache  YIII,  1.  Hermas,  Pastor  Sim.  V,  c.  1.  Tertull.,  De  ieiunio  II,  14. 
Clcm.  Alex.,  Strom.  VI,  75.  Orig.,  In  Lev.  hom.  10,  n.  2. 

2  Tertull.,  De  orat.  c.  14. 

3  Tertull.,  De  ieiunio  c.  2. 

4  Tertull.,  De  idololatria  c.  14;  De  baptismo  c.  19;  De  corona  mil.  c.  3:  Die 
dominico  ieiunium  nefas  dneimus  vel  de  geniculis  adorare.  Eadem  immunitate  a 
die  Paschae  in  Pentecosten  usque  gaudemus.  33gl.  Orig.,  C.  Cels.  VIII,  22. 

3  Sie  Cuabragefima  erwätjnt  Orig.,  In  Lev.  hom.  10,  n.  2. 

6  Sßgl.  Iren,  bei  Euseb.  1.  c.  V,  24.  Tertull.,  De  ieiunio  c.  2.  3.  14;  De 
orat.  c.  18. 


224 


iöerbreitung  itrtb  2lu3geftaltung  ber  Kirche  int  2.  3faf>rfiunbert. 


erflären  ließe,  marum  in  ben  älteften  römifdjen  33ei*äeid)rtiffen  ber  5Jlärtßrer= 
fefte  bie  tarnen  beritfjmter  Blutjeugen,  mie  ^ßapft  ©ete§pf)oru§,  Suftinug  u.  a., 
fehlen,  ©egen  @nbe  be§  genannten  3al)r!)unbert§  jebod)  bezeugt  Oertullian  bie 
©itte,  am  3af)«§tage  ber  Berfiorbenen  eine  freier  mit  euchariftifdier  Obtatio 
ju  begehen;  in  ber  ^olgejeit  ttntrbe  bann  in  befonberer  Hßeife  and)  ba§  3tn= 
benfen  an  bie  Btärtprer  an  beren  ©obe§tag  (dies  natalis)  gefeiert. 

2.  Segiiglid)  ber  Oft  er  fei  er  nnb  be§  borauägehenben  $afien§  entftanben 
im  2.  SoWunbert  mehrere  ©treitigfeiten.  Oie  Bfiaten  Ratten  eine  anbere 
ißrajiS  al§  Born  nnb  bie  übrigen  Kirchen;  obfdjon  fonft  ben  ©bioniten  ferne 
ftelfenb,  feierten  fie  mit  biefen  al§  Oobe^tag  ©hriffi  (^ßa§d)a  ©taurofimon)  ben 
14.  Bifan,  auf  melden  2öod)entag  er  and)  fallen  mochte,  bie  Buferftehung  am 
16.  Bifan,  mährenb  man  in  Born  unb  anbermärt§  legiere  ftetS  an  einem 
©onntag,  ben  Oobe§tag  ftet»  an  einem  Freitag  feierte,  unb  rnenn  biefer  nicht 
auf  ben  14.  Bifan  fiel,  an  bem  Freitage  nad)  bemfelben.  Sn  9tom  mar  ber 
Hßodfentag,  in  ber  ißrobinj  Bfien  ber  (hebräifdje)  Btonat^tag  entfdjeibenb.  §ier 
beenbigte  man  ba§  haften  immer  mit  bem  14.  fftifan,  in  9tom  erft  am  Ofter= 
fonntage  (^3a§dm  Slnaftafimon),  ma§  für  reifenbe  ©hriften  mit  bieten  Un^uträg- 
liddeiten  berbunben  mar.  ©ab  ei  mar  aud)  bie  2lrt  be§  gaften§  in  ben  einzelnen 
Kirdfen  berfchieben ,  nid)t  bloß  bie  Oauer *.  2lt§  unter  ißapft  Bnicet  Bifdjof 
ißolpfarp  bon  ©mtjrna  nach  dtom  fam,  marb  über  biefe  Unterfdhiebe  berhanbelt, 
ohne  bah  e’ne  Bereinigung  juftanbe  fam;  e§  ftörte  bie§  aber  bie  ©emeinfdiaft 
nicht,  unb  SInicet  lieh  ben  afiatifdien  Bifdjof  feierlich  ba§  Opfer  barbringen1  2. 
Btehrere  Satire  fpäter,  um  170,  trat  in  ßaobicea  nad)  bem  Biartertobe  be§ 
bortigen  Bifd)of§  ©agari§  eine  Partei  herbor,  meldhe  Oftern  ganj  auf  jübifdte 
unb  ebionitifdie  5Irt  mit  einem  Samme  am  14.  Bifan  feierte  (haretifdie  Ouarto= 
becimaner).  ©ie§  beraulahte  einen  mehrfachen  ©djriftenmechfel,  an  bem  fid) 
Dtelito,  5lpotlinari§  unb  anbere  beteiligten;  menn  auch  bie  ©enannten  al§ 
Bfiaten  ben  Oobe§tag  ©hrifti  am  14.  Bifan  unb  jmar  al§  greubentag  (in 
Born  galt  ber  Karfreitag  al§  Sag  ber  ©rauer)  begingen,  fo  maren  fie  bod) 
bon  einer  jübifdfen  freier  beSfelben  unb  bem  ganzen  jübifd)en  Bitu§  meit 


1  ®a§  SBort  luioya ,  ba§  einige  ©rieten  fogar  üon  rdaysiv  ableiten  tooUten ,  ift 
ba§  t)ebräifd)e  nos,  barau§  smos  (2  SSJlof.  12,  21.  27),  dcaßarypia  {Orig.,  C.  Cels. 
VIII,  22)  unb  toarb  auch  bon  ©hriftu§  at3  Dftertamm  (1  Kor.  5,  7)  gebraucht.  ®a3 
Ttdoya  ävacrrd.mp.ov  unterfdiieben  au  cf)  bie  Kteinafiaten  Dom  oraoptnoigov  ( Suicerus ,  The¬ 
saurus  eccl.  e  Patr.  graecis  I,  304;  II,  621  sq.).  5ßa§d)a  bebeutete  halb  bie  ganje  SeibensG 
(Kar=)tood)e  {kßdopdg  pzydA-g,  sancta) ,  halb  bie  ganje  fjeftfeier ,  halb  nur  einen  ober 
ben  anbern  2Bod)entag.  Sögt.  Tertull.,  De  ieiunio  c.  14;  De  orat.  c.  14.  Euseb.,  Vita 
Const.  III,  18.  Epiph. ,  Haer.  L,  4.  Son  ber  Söerfdjiebenbeit  be§  SaftenS  banbeln 
Iren,  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  24.  Dionys.  Alex.,  Ep.  ad  Basil.  {Eitra,  Iuris  eccl. 
Graecor.  historia  et  monumenta  I,  541 — 545).  2tn  ben  firengen  Safttagen  faftete  man 
bi3  jum  3lbenb  (pleniieiunium),  an  anbern  nur  bis  3  Uhr  (semiieiunium) ;  eine  britte 
2lrt  be§  SaftenS  (bnip&smg,  superpositio) ,  bie  früher  bem  ilßitten  be§  Siit3elnen  über= 
taffen  blieb ,  erttärten  bie  Sütontaniften  für  obligatorifd) ;  öon  ihr  banbeit  aud)  Conc. 
Eliber.  can.  23.  26.  3nr  3«t  be§  Srenäuä  hielten  einige  24,  anbere  40  ©tunben  unb 
noch  länger  ba§  ftrengfte  Saften  ein,  bie  36eropf>agien,  bie  ber  Gccibent  meiftend  nur 
am  Karfreitage  beobachtete. 

2  Iren,  bei  Euseb.  1.  c.  V,  24. 


14.  Sie  tjeiligen  3eiten  unb  Sage.  ,  Ser  Ofterfeierftrcit. 


225 


entfernt1.  Siefelbe  jubaiftifcpe  Bidjtung  fudjte  in  3t  om  ein  ifkiefter  S3faftu§ 
ju  verbreiten 2.  Sie§  mar  e§  mopl  pauptfädjlicp ,  ma§  bie  römifdje  Birdie 
batb  ju  ftrengerem  Stuftreten  gegen  bie  afiatifdje  Ofterfeier  betrog,  bie  ben 
jubaifierenben  Begebungen  Borfcpub  ju  teiften  fd^ien.  5ßapft  Bittor  befahl 
©tjnoben  abjupatten,  um  feftjitftellen ,  mie  eS  in  ben  üerfd)iebenen  Seiten  ber 
$irdje  gehalten  merbe  (196 — 198).  Stile  Bifdjöfe,  mit  SluSnapme  einer  ißrobinj, 
fpradjen  fid)  auf  ipren  3ufatrtmenliirtften  für  ben  römifdjen  ©ebraudj  au§,  fo 
Jahnas  Don  StmaftriS  im  ^ontuS,  fo  bie  Bifdjöfe  bon  Slcpaia,  Slgppten, 
^ßatäftina  unb  ©attien;  fie  erfliirten  eS  für  eine  firdjtidjc  Segel,  bap  ba§  ffeft 
ber  Sluferftepung  blofe  am  ©onntage  gefeiert  merben  bürfe.  Stur  Bifdjof  5|3op 
tratet  bon  ©ppefuS  berteibigte  mit  ben  Bifdjöfett  ber  iprobinj  Stfia  bie  afiatifdje 
SInfidjt,  inbem  er  fid)  auf  bie  Überlieferung  ber  Slpoftet  ''fßtütippuS  unb  SopanneS 
fomie  mehrerer  fteinafiatifcper  Zeitigen,  and)  be§  ^ßotpfarp,  berief,  benen  man 
römifcperfeitS  bie  Srabition  bon  ^etruS  unb  ^ßautuS  entgegent)iett.  ^apft  Bittor 
bebropte  bie  ®teinafiaten  für  ben  galt  meiteren  SBiberftanbeS  mit  ber  Gcjfommu- 
nitation;  bod)  madjte  ipnt  Bifdjof  SrenäuS  bon  Spon  Bestellungen  unter  Be¬ 
rufung  auf  ba§  Benehmen  be§  Stnicet  gegen  ^otpfarp  unb  auf  ben  ©runbfap, 
bafi  bie  Berfcpiebenpeit  ber  Stiten,  in§befonbere  be§  gaftenS,  bie  (Sinpeit  be» 
©laubenS  nidjt  ftöre,  bietmepr  nod)  ftärter  perbortreten  taffe.  Srenäu§,  ber 
fetbft  bent  römifdjen  ©ebraudje  putbigte,  fcpeint  aud)  ©epör  gefunben  ju  paben ; 
alter  SBaprfdjeintidjfeit  nad)  ftanb  Biftor  bon  toeiterem  ©infdjreiten  gegen  ^otp^ 
tratet  unb  bie  ©einen  ab.  (Sinjetne  fteinafiatifdje  Bifdjöfe  folgten  übrigens 
ber  römifdjen  Stnorbnung,  bie  bann  auf  bem  nicänifdjen  ^onjit  325  attgemein 
Dorgcfdjrieben  mürbe,  mie  fie  benn  audj  ber  bei  meitern  größere  Seit  ber  fö'irdje 
fdjon  borper  beobachtete. 

©§  beftanben  aber  ttodj  meitere  Sifferenjen,  bie  mir  pier  im  3ufammen= 
pange  mit  bem  Ofterfeierftreit  bepanbeltt  motten.  Sn  9tom  tonnte  ber  $ar= 
freitag  nie  bor  ben  14.  Stifan  falten,  mopt  aber  mar  bie§  bei  ben  Sttejanbrinern 

ber  galt.  Saju  tarn  bie  ff-rage,  ob  biefer  14.  Stifan  (cd')  bor  ober  nacp  ber 

Sag=  unb  Stadjtgleidje  be§  $rüpting§  anjitfepen  fei.  Sie  alten  Suben  patten 
ipn  immer  am  erften  Botlmonb  nad)  berfelbett  gefeiert,  unb  banacp  mar  audj 
bie  Sluferftepung  ©prifti  nadj  berfelben  anjufepen.  Stad)  ber  3erftörung  Senu 
fatemS  begingen  aber  bie  Suben  benfetben  Sag  fcpon  bor  bem  $riipling§= 
äquinoftium.  ©§  entftanb  nun  bie  (junädjft  aftronomifdje)  Srage,  mie  baS  3)tonb§= 
batum  beS  14.  SageS  be§  erften  jübifcpen  BtonatS  Stifan  mit  bem  ©onnenjapre  in 
Berbinbung  ju  bringen  fei.  Sie  meiftcn  ©priftcn  pielten  an  bem  älteren  fiibifdjen 
Braucpe  fcft 3  unb  ricpteten  fid)  nidjt  mepr  nacp  ben  Suben.  Slnbere  bagegen, 

1  Duartobecimaner  in  Saobicca  ( Euseb .  1.  c.  IV,  26).  Safj  Blelito  burd)  ßlemenS 

bon  Stieg.  befämpft  marb,  ift  bei  Euseb.  1.  c.  Dgl.  mit  VI,  3  nidjt  gejagt,  fonbern  nur, 

bafe  biefer  aus  Stntaf)  ber  ©djrift  9Mito§  über  biefe  Sfrage  fdjrieb ;  audj  ift  mit  nidjten 

ertoiefen,  bap  ©taubiuS  Stpottinariuä  bon  ÜJtelito  abtoid). 

2  ffion  Blaftuä  [Euseb.  1.  c.  V,  15)  peifst  e§  (Append.  p  Tertull.,  De  praescr. 
c.  53):  Blastus,  qui  latenter  vult  Iudaismum  introducere  .  ..  Pascha  enim  dicit 
non  aliter  custodiendnm  esse  nisi  secundum  legem  Moysi  XIVa  mensis.  ©r  toar 
nacp  Pacian.,  Ep.  1  [Gallandi,  Biblioth.  vet.  Patr.  VII,  257),  SJIontanift,  nad)  Theo- 
doret.,  Haer.  fab.  II,  23,  Söalentinianer. 

8  fiippoltjt,  $ionpfiu§  bon  Sllejanbrien. 
bergen rßtfjer,  ßirtfjengeydpidptc.  I.  4.  Sufi. 


15 


226  aSerbrettung  unb  Stuägeftattung  ber  ßirdje  im  2.  3ahrf)unbert. 

wenn  aud)  an  gafil  geringer,  nannten  bie  jübifc^e  9ted)nung  jum  dufter,  fo 
bap  —  gegen  ben  Staud)  ber  übrigen  ©hriftenljeit  - —  iljr  Ofterfeft  aud)  bor 
ba§  grüljlingSäquinoftium  fallen  fonnte;  fie  waren  Seräd)ter  be»  )Üquinoftium§ 
unb  fjiefjen  5ßrotopa§cbiten.  ©ß  würben  nun  bie  berfd)iebenen  Oftercpflen 
angefertigt,  bie  aber  nidjt  allgemeine  9lufnaljme  fanben.  £)ippolt)t  hielt  ben 
18.  fUtärj  für  bie  3eit  be»  $rüi)ling§äquinoltium§,  2lnatoliu§  ben  19.  2ftärj, 
anbere  Dllejanbriner  ben  21.  Sie  ©pnobe  bon  2lrle§  314  berorbnete  can.  1, 
ba§  5pa§d£>a  fei  an  einem  Sage  unb  ju  berfelben  $eit  auf  bem  ganjen  ©rb= 
freife  ju  feiern,  unb  ber  römifd)e  ißapfi  möge  hierüber  nadj  gewohnter  Söeife 
nad)  alten  ©egenben  Briefe  fenben.  Sa  aber  bie  Sllepanbriner  in  jener  3eit 
bie  berühmteren  Stftronomen  befaßen ,  fo  beftimmte  nadjfjer  ba§  nicänifche 
^onjil  325,  e§  fei  bem  SSifd&of  bon  Sllejanbrien  bie  Berechnung  ber  Ofterjeit 
an^eimjugeben  unb  bon  biefern  bem  ^apfte  ju  weiterer  Befanntgabe  mitjuteilen. 
Siefe§  letztere  $onjil  berbot  überhaupt,  Qftern  mit  ben  Silben  ju  feiern,  unb 
berorbnete,  e§  fei  ftet§  am  ©onntag  nach  bem  14.  fJtifan  ju  galten,  welcher 
Sag  immer  nach  ber  §rüf)ling§=Sag=  unb  9tad)tgleiche  angefe|t  werben  müffe, 
fo  bajj  ba§  geft  nicht  zweimal  in  einem  ©oitnenjahre  gefeiert  werbe.  §iel 
ber  14.  9fifan  auf  einen  ©onntag,  fo  war  ba§  Ofterfeft  acht  Sage  fpäter 
•ju  begehen  K 


15.  Sie  Jtrdjlidje  BnfjbtSjipIut  im  2.  Saljdjuttbert. 

ßitteratur.  —  Sranl,  Sie  SSußbiScipIin.  Btaing  1867.  iß ro  16 ft,  <5alra= 
mente  unb  ©alramentalien  (Tübingen  1872)  ©.  244  ff.  5 uni,  Strt.  „tSuBbigciplin" 
in  Sßetjer  unb  Söelte’S  Hirdjenlegilon  II  (2.  Stuft.),  1561  ff.;  3ur  altdjriftl.  Sup= 
biScißlin  (ßircbengef^idbtl.  5t&f)anbl.  I,  155- — 181).  3.  tölöper,  Sie  geheime  ©ünbe 
in  ber  altlirdjl.  SJupbiScipIin  (geitfchr.  für  fathol.  3tf>eoI.  1887,  <S.  488  ff.  593  ff.), 
©ctjang,  Sie  StbfoIutionSgetoatt  in  ber  alten  ßirclje  (Süb.  She°ü  Quartalfihr.  1897, 
<B.  27 — 69).  A.  Boudinhon ,  Sur  l’histoire  de  la  penitence  (Revue  d’histoire  et  de 
litter.  relig.  1897,  p.  306  ss.  496  ss.).  H.  C.  Lea,  A  history  of  auricular  confession 
and  indulgences  in  the  Latin  Church.  3  vols.  Philadelphia  1896  ff.  @.  iß  r  e uf  ch  e n, 
Sertultianä  @d)riften  De  poenitentia  unb  De  pudicitia  mit  3tüc£fid)t  auf  bie  Sufj= 
bisciplin  unterfudjt.  ©iefsen  1890. 

Surd)  ein  feierliches  ©elöbniS  bor  bem  ©mpfang  ber  Saufe  hatte  fid)  ber 
■Jleubelehrte  berpflid)tet ,  bie  Borfcpriften  be§  tpriftlidjen  ©ittengefe|e§  treu  ju 
erfüllen.  91id)t  alle  ©fjriften  blieben  biefern  Besprechen  treu.  ©§  gab  natürlid) 
auch  Unheilige,  bie  in  ifjre  früheren  ©iinben  jttrüdfielen.  ©oldhe  unwürbigen 
©lieber  würben  au§  ber  !ird)lid)en  ©emeinfcpaft  au§gefd)loffen  burd)  ben  fdion 
in  ber  ©pnagoge  geübten  Sann  (©jfommunifation),  bi§  fie  burd)  entfpred)enbe 
©enugthuung  itjre  ©ünbe  gefüljnt  Ratten,  $ür  biefe  in  ©iinben  gefallenen 
©Ijriften  beftanb  bie  Bufjbigjiplin.  ©hriftuß  hatte  ben  Bpofteln  bie  rid)ter= 


1  Hippol.,  Cycl.  pasch,  bei  Migne,  Patr.  gr.  X,  875  sq.  De  Rossi ,  Inscript. 
Christ,  urbis  Romae  I ,  p.  lxx  sq.  lxxx  sq.  Epiph. ,  Haer.  LXX,  12  sq.  Über  baS 
nicänifdfe  Selret  bgl.  Äthan.,  De  decretis  Nicaenae  synodi  c.  5.  Euseb.,  Vita  Const. 
III,  28.  Socr.,  Hist.  eccl.  I,  9.  Theodoret.  1.  c.  I,  10.  ©prilluS  bon  Stlej.  (Prolog, 
pasch.;  bgl.  Petav. ,  Doctrina  temp.  t.  II,  append.  p.  502.  Bücher,  Doctr.  tenip. 
p.  481)  bezeugt  ben  ber  alej;anbrinifd)m  fiir^e  Wegen  ihrer  aftronomifdh  gebilbeten 
©lieber  gegebenen  Stuftrag.  Ser  römifdje  ©tutjl  hatte  ben  ridhtigen  öftertag  attenthatben 
ju  berfünbigen.  SSgt.  Leo  M.,  Ep.  121,  al.  94  (Op.  I,  1228,  ed.  Ballerini). 


15.  Sie  !irtf)Iid)c  SußbiSjißlin  im  2.  ^afjrfjunbert. 


227 


lidje  ©emalt  erteilt,  ©ünben  ju  bemalten  unb  nad^ulaffen  (Sol).  20,  22.  23), 
ju  binben  unb  ju  löfen  (Stattl).  18,  18).  ißetru§  in§6efonbere,  gemiffermaffen 
ber  ipauSbater,  erhielt  in  hödjfier  5potenj  bie  ©djliiffelgemalt  (Statt!).  16,  19), 
ju  öffnen  unb  ju  fdjliefjen.  Salobu§  (5,  16)  ermahnte  jum  Setenntni§  ber 
©ünben ;  bie  erften  ©laubigen  belannten  itjre  einzelnen  ©iinben  bor  ben 
Ulpofteln  (5Xpg.  19,  18).  gür  ben  burd)  3ure(^ttt)etfung  nicht  gebefferten 
(Siinber  hatte  ber  §eilanb  felbft  bie  HluSfdjlieffung  angetünbigt  (Statt!).  18, 
15 — 17);  Paulus  fianb^abte  fie  fomoljl  gegen  Srrlefirer  '(2  Sljeff.  3,  6.  14. 
1  Sint.  1 ,  20)  al§  auch  gegen  bie  fdjmerer  @ittlidjfeit§bergeljen  ©djulbigen, 
loie  gegen  ben  Slutfdjänber  ju  Horintl),  ben  er  (1  Hör.  5,  1  ff.)  beut  «Satan 
übergab  (nach  Sob  Hap.  1  unb  2),  bamit  er  am  Seihe  gepdjtigt,  feine  «Seele 
aber  gerettet  rnerbe,  bann  aber  mieber  (2  Hör.  2,  9 — 11)  begnabigte1.  9tad) 
ben  SBeifungen  ©|rifti  unb  bem  53eifpiele  ber  Spoftel  hanbljabte  aud)  bie  Hirdje 
bie  Si§jip!itt  ber  Suffe2.  ©laubige,  meldje  fid)  eine§  ferneren  Sergel)en§ 
fdjulbig  gemadjt  Ratten,  al§  melcpe  feit  bem  Anfang  be»  3.  Salfrfiunbert» 
hauptfädflid)  ©ötjenbienft  (Dtüdfaü  in§  ^eibentum),  Sotfdjlag  unb  ©Ijebrud) 
(unb  anbere  fdfmere  fleifd)lid)e  ©ünben)  erfdjeinen,  mürben  burd)  ein  Urteil 
be§  SifdjofS  au§  ber  Hirdje  au§gefd)loffen  unb  burften  ben  Serfammlungen 
nicht  mehr  beimofmen.  SDod)  lonnten  fie  burd)  Sefferung  unb  Suffe  ihre 
SBiebcraufnahme  erlangen.  Offene  unb  fdjmere  ©ünben  ber  ©injelnen  maren 
eine  groffe  Seleibigung  ©otte§  unb  ber  Hircpe,  meldje  nach  innen  baburcp 
böfe§  Seifpiel,  nad)  außen  Serluft  ihres  guten  9tamen§  erlitt,  «Sie  lonnten 
biefelben  nur  fühnen  burd)  eine  „mühebolle  Saufe",  ba§  „jmeite  Srett  nad) 
bem  «Scpiffbrud)",  bie  Süße,  meldje  ihnen  bie  SMeberberföIjnung  (IRefonjiliation), 
ben  „^rieben"  berfdjaffte.  Oie  Sujfiibungen  beftanben  in  leiblichen  Sbtötungen 
(haften,  9tad)tmad)en),  in  ©ebeten  unb  in  Anrufung  ber  giirbitte  ber  ©laubigen. 

mar  gleidjfam  eine  2öieberf)olung  ber  ^frobejeit  bor  ber  Saufe,  nur  biel 
ftreitger  unb  mit  fchmeren  (Sntfagungen  berbunben.  Dladjbem  ber  au§gefd)loffene 
©ünber  eine  $eitlang  bie  Suffe  geübt  hatte,  tonnte  er  auf  fein  ©rfudjen  burd) 
ben  Sifdjof  mieber  in  bie  Hirdje  aufgenommen  merben,  inbent  ihm  unter  £)anb= 
auflegung  bie  feierliche  SoSfprechting  erteilt  mürbe3.  Sebod)  tonnte  bie§  nur 


1  Über  ben  Sann  f.  ßober,  Ser  ßirdjenbann  (Sübingen  1857)  @.  1 — 14.  3«ür 
ben  Sann  (excommunicatio,  onh)  fommen  bor:  tradere  Satanae  (1  ßor.  5,  5.  1  Sim. 
1,  20),  necare  gladio  spirituali  ( Cypr Ep.  4  ad  Pomp.  c.  4,  ed.  Hartei  p.  477), 
äväü spa  (®al.  1,  8  f.) ,  Maranatha  (1  $or.  16,  22  =  Dominus  venit,  bon  §iero= 
nßmuä  [Ep.  26  ad  Marcell.]  als)  fyrtfdjeS  2öort  erflcirt,  Bon  6 1)  r  t)  i o  ft  o  m u§  [In 
1  Cor.  hom.  44]  fälfdjlicb  für  hebraifd)  gehalten),  dtpopurpoq  (Can.  apost.  n.  8  u.  öfters). 

2  du  eilen:  Clem.  Rom.,  Ep.  I  ad  Cor.  Hermas,  Pastor,  an  3ahlreid)en  (Stetten. 
Dionysius  Corinth.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  IV,  23.  Iren.,  Adv.  liaer.  IV,  40.  Tertull., 
De  poenitentia.  Sgl.  ftunf,  2lrt.  „SußbiScipIin"  in  Sßeßer  unb  SB  eite’ §  ßirtfien-- 
lejiton  II  (2.  Stuft.),  1561  ff. 

8  2fn  ber  alten  ßirche  hatte  bie  §anbauflegung  eine  mehrfache  Sebeutung.  ßurs 
fagt  Sluguftinuö  (De  bapt.  III ,  16) :  Quid  est  manus  impositio  aliud  quam  oratio 
super  hominem?  So  vielfach  baS  lircblidje  ©ebet  über  einzelne  ißerfonen  loar,  ebenfo 
Bielfadh  mar  auch  bie  ^anbauflegung.  Sie  ©riechen  gebrauchen  xstpo&saia  für  jebe  2lrt 
ber  £>anbauflegung ,  mie  fie  bei  ber  Saufe ,  ber  Süße ,  ber  tftücffehr  au3  ber  .fjmrefie 
u.  f.  m.  bortam  (Constit.  apost.  III,  15;  II,  41.  43;  VII,  39.  44.  Conc.  Nicaen.  c.  8; 

15* 


228  Söerbreitung  unb  SluSgeftaltung  ber  fürdje  im  2.  Sfahrfjunbert. 

einmal  gefcheffen;  mer  nach  ber  SBieöeraufnahme  in  eine  ^apitalfünbe  3urücf= 
fiel,  mürbe  für  immer  bon  ber  ©emeinbe  auSgefdjloffen;  er  fonnte  nur  burdj 
eigene  mähre  Bupgefinnung  unb  beren  Betätigung  SSerjei^ung  bon  ©ott 
erlangen. 

SDie  BuhbiSjiplin  fejjt  notmenbig  baS  BefenntniS  ber  ^apitalfünbe  boraus. 
®ie  Später  marnen  bor  unaufrichtigem  unb  mangelhaftem  BefenntniS,  ba  es 
fieper  nicht  beffer  fei,  berbargen  ju  bleiben  in  ber  BerbammniS  als  befannt  ju 
merben  mit  ber  erteilten  SoSfprechung ;  fie  erinnern  baran,  bah  letztere  eben 
burch  ©otteS  Autorität  gefchieljt  unb  nichts  anbereS  ift  als  eine  fftadjlaffung  ber 
©iinben  bon  feiten  ©otteS,  bie  ben  SJienfchen  burch  9Jtenfd)en  ju  teil  mirb *  1. 
Offenfunbige  Stobfünben,  bie  öffentliches  Ärgernis  erregten,  forberten  eine 
öffentliche  ©elhftanflage ,  unb  eS  fonnte  bem  ©ünber,  ber  ©lieb  ber  Kirche 
bleiben  mollte,  eine  foldje  nebft  ben  geeigneten  Bupmerfen  bom  Bifdfof  auferlegt 
merben.  ®ie  Bupmerfe  füllten  bie  geftörte  Orbnung  ber  chrifilichen  ©emeinbe 
fü'hnen  (binbifatibe) ,  aber  aud)  bor  meiteren  Berfünbigungen  bemahren  (mebi= 
jinale  ©trafen). 

$ein  allgemeines  ^irdfengefep  regelte  noch  im  Anfang  bie  Seiftungen 
ber  Büper;  bie  fföüe  maren  unter  fid)  ju  fehr  üerfd)ieben,  meSf)alf>  bem  ein= 
Seinen  Bifcpof  bie  Beurteilung  berfclben  anheimgeftellt  mar.  3m  allgemeinen 
mar  man  im  2.  Sahrpunbert  fehr  ftreng  gegen  bie  ©höf^t,  melche  fich  einer 
^apitalfünbe  fchulbig  gemacht  hotten.  ©S  fdjeint,  bah  in  jener  Seit  in  ein= 
feinen  Kirchen  auch  biejenigen ,  melche  einmal  eine  ^apitalfünbe  begangen 
hatten,  für  immer  bon  ber  Teilnahme  an  ber  firchfichen  ©emeinfehaft  auS= 
gefdpoffen  mürben.  Allmählich  erft  geftaltete  fid)  eine  geregelte  BupbiSsiplin, 
obfehon  auch  h>er  bem  ©rmeffen  ber  Bifdjöfe  noch  bieleS  anheimgegeben  blieb. 
9Jtan  lieh  in  ber  Begel  ber  SoSfpredjung  beS  ©itnbetS  bie  2ßerfe  ber  ©enug^ 
thuung  borauSgehen,  ju  benen  oft  auch  bie  ©elbftanflage  be§  ©ünberS  bor 
Bifdjof,  Klerus  unb  Bolf  gehörte.  Btan  mollte  nicht  nur  ben  ©ünber  felbft, 
fonbern  auch  anbere  burch  bas  Beifpiel  fchmerer  unb  anpaltenber  Buhübungen 
abfepreden,  mit  £)ap  gegen  bie  ©ünbe  erfüllen,  jugleich  ben  Pönitenten  ©e= 
legenpeit  geben,  fdjon  auf  ©rben  möglichft  botlftanbige  ©enugthuung  ju  leiften. 
Bon  biefer  firdjlithen  BupbiSsiplin  finb  bie  Bupgefinnung  unb  bie  barauS 
herborgehenben  SBerfe  ber  ©enugthuung  für  bie  nicht  ju  ben  ^apitalfünben 
gehörenben  Bergehen  ber  ©laubigen  ju  unterfcheiben.  §ier  trat  fein  2luSfd)lup 


Dgl.  Pitra,  Iuris  eccles.  Graec.  hist,  et  mon.  I,  186.  189.  239.  373.  377.  430) ,  bei 
ber  ßrbtnation  aber  meiftenS  ^sepozovm  ( Pitra  1.  c.  I,  54 — 58),  toefcheS  SOßort  jeboch 
auch  für  2öaf)I  unb  ©infepung  gebraust  toirb. 

1  Orig.,  De  orat.  c.  28.  ÜEertuIlian  hat  in  feiner  ©cfirift  De  poenitentia  noch 
bollftänbig  f atfjolifcfje  ©runbfäpe.  C.  6  fagt  er:  Omnibus  ergo  delictis,  seu  carne  seu 
spiritu,  seu  facto  seu  voluntate  commissis,  qui  poenam  per  iudicium  destinavit, 
idem  et  veniam  per  poenitentiam  spopondit  dicens  ad  populum :  Poenitere  et  salvum 
faciam  te.  ®ie  exomologesis  bor  einem  $iafon,  bie  ©pprian  (Ep.  12,  ed.  Ballerini; 
Ep.  18,  ed.  Härtel)  ermähnt,  beftanb  barin,  bap  in  ®obeSgefafjr  unb  in  Slbloefenfjeit 
eines  IßriefterS  ber  SBiafon,  befonberS  auf  Fürbitten  ber  ßonfefforen,  ben  SluSfdjlup  aus 
ber  Kirche  aufbeben  fonnte,  fo  bap  ber  ßranfe,  ber  hinlänglich  iReue  beseigt  unb  ein 
aufrichtiges  BefenntniS  abgelegt  hatte,  bie  Kommunion  toieber  empfangen  burfte.  S3er= 
manbt  bamit  ift  can.  32  beS  Conc.  Elib. 


16.  Sag  religtöfe  unb  fitttid^e  Sehen  beg  d^riftlid^en  3M!eg.  229 

bon  ber  fird)tidjeit  ©emeinfd)aft  ein,  feine  ©jomotogefig  unb  2o§fpred)ung  burdj 
beit  33ifd)of.  Sutd)  ©ebet,  Sümofen,  freimütiges  haften,  SefenntniS  ber  ©iütben 
bor  ©oft  ober  bor  ben  ^rieftern  unb  onbere  Sßerfe  ber  ©enugtfjuung  toaren 
bie  ©griffen  beftrebt,  fid)  bie  SSerjei^ung  bon  ©oft  ju  berfdjaffen. 

16.  Sa§  religtöfe  ttttb  jittlidjc  Seben  be§  djrifilidjcn  SSolfe». 

Sitter  atu  r.  —  tprohft,  Setjre  unb  ©ebet  in  ben  brei  erften  (fjriftl.  3at)r= 
t)unberten.  Sübingen  1871.  £>.  58  e  ft  mann,  ©efd)id)te  ber  djriftl.  (Sitte.  Otörblingen 
1883  ff.  9t  a Ringer,  ©efd)td)te  ber  firdjl.  Slrmeupftege.  2.  Stuft.  gfreiburg  i.  58r. 
1884.  llf)t£)orn,  Sie  djriftt.  Siebegtf)ätigleit  I.  2.  Stuft.  1884.  F.  H.  Chase,  The 
Lords  Prayer  in  the  early  church  (Texts  and  Studies  I,  3).  Cambridge  1891. 
tL  3 i.  3fun!,  Raubet  unb  ©emerbe  im  dtjriftt.  Stttertum  (^ircE)engefd9icf)tI.  Stbbanbt. 
II,  60—77).  305.  datier,  Sag  ©igentum  im  ©tauben  unb  Sehen  ber  nadjapofiot. 
Äirctie  (St^eol.  ©tubien  unb  ßritifen  1891,  ©.  478—563).  5p.  2B  o  I  f ,  Sie  Stellung 

ber  ©Ip'iften  31t  ben  ©djaufpieten  nad)  Tertull.,  De  spectaculis.  SBien  1897.  3.  303otnt), 
Sag  cfjriftl.  Seben  nad)  bem  bl-  Suftin  b.  SOtärt.  Sßien  1897.  ff.  ©rnefti,  Sie  ©ttjif 
beg  %.  Sri.  ßtemeng  bon  Sttejanbrien  (6.  ©rganäunggljeft  beg  3abrb.  für  tptjitof.  unb 
fpefut.  £t)eol.).  tPaberborn  1900.  P.  Allard,  Les  esclaves  clirdtiens  depuis  les  premiers 
temps  de  l’Eglise  jusqu’ä  la  fin  de  la  domination  romaine  en  Occident.  3e  6d.  Paris 
1900.  ©elfte in,  ©efd)id)tlid)es  über  bie  Slglefig  ber  alten  beibnifdjen  unb  ber  alten 
jiibifdien  3D5ett.  3retburg  i.  5Br.  1862.  3-  99t a t)  er,  Sie  djriftt.  Stäcefe.  3reiburg  i.  Sr. 
1894.  £).  3  ö  dt  er,  Stglefe  unb  9Jt5nd)tum.  fjranffurt  a.  SDP.  1897. 

1.  Sie  liturgifdjen  33erfammlungen  ber  ©fjriffengenteinben  an  ben  ©onn= 
tagen  unb  bie  geier  befonberer  f)eiliger  feiten  unb  Sage  boten  ben  ©laubigen 
©elcgent)eit,  bie  Sßflidjt  ber  ©ottegbereljrung  ju  erfüllen  unb  ba§  übernatürliche 
innerliche  Seben,  51t  bem  fie  burd)  bie  heilige  Saufe  roiebergeboren  maren,  jtt 
nähren.  5tüein  mit  ber  Seilnatjme  an  biefent  gemeinfdjaftlichen  ©otteSbienfi 
maren  bie  retigiöfen  Übungen  ber  ©injelnen  nicht  erfdjöpft.  Sa§  Sbeat  be§ 
d)riftlid)en  CebenS  mar  ein  beftänbiger  tßerfefir  mit  ©ott  im  ©ebet.  2Bir  finben 
bei  ben  ©laubigen  frühzeitig  beit  (Siebrauch,  an  beftimmten  ©tunben  beg  Sage§ 
in  pribater  Söeife  ©ebete  §u  »errichten.  Sie  ©tunben  in  ber  Srüf)e,  bei  Sageg= 
anbrud),  unb  am  Slbenb ,  bei  l)ereinbred)euber  9iad)t,  erfcheinen  al§  bie  ge= 
eignetften  für  biefe  ^riüatgebete;  baju  tarnen  bie  ^auptjeiten  be§  Sage»  (britte, 
fedjfte  unb  neunte  ©tunbe),  nad)  metdjen  bie  SagePjeit  eingeteilt  mar  unb  an 
meldjen,  nad)  ben  33erid)ten  ber  heiligen  ©d)riften,  bie  SIpoftel  bei  befonbern 
Slttläffen  gebetet  hatten1,  ©etjr  häufig  tnar  ber  ©ebraud)  be§  $reuzzeid)en§, 
ba§  auf  bie  ©tirne  gemacht  mürbe  Don  bieten  ©griffen,  ehe  fie  irgenb  etma§ 
unternahmen 2. 

SBie  feftftet)enbe  ©ebetPjeiten,  fo  hatte  man  auch  fefte  ©ebetsformeln. 
Sarunter  mar  bie  mid)tigfte  ba§  bom  ^>eilattb  felbfi  gelehrte  ©ebet  ber  fieben 
Bitten,  bag  tßaterunfer,  ganz  uniberfett,  auf  alte  geiftlidjeit  unb  leiblidjen 
33ebürfttiffe  aller  23ölfer  unb  aller  ©tanbe  berechnet ,  barum  fd)on  frühzeitig 
bon  ben  großen  Sehreru  ber  ß'irdje  mit  befonberer  95orIiebe  erläutert  unb  ber= 
herrlicht ,  fo  bafj  fie  in  if)m  bie  ganze  Ißrebigt  ©t)rifti  mie  in  einem  furzen, 


1  Tertull.,  De  ieiunio  c.  10;  De  orat.  c.  25.  Clem.  Alex.,  Strom.  VII,  40. 

s  Tertull.,  Adv.  Marc.  DL  22;  De  corona  mit.  c.  3.  Sögt,  ßrieg,  Slrt.  „fireu3= 
3eid)en"  hei  $trau§,  9teatenct)flopäbie  ber  djriftt.  SIttertümer  II,  351  ff. 


230  SJerbreitung  unb  SluSgeftaltung  her  ßirdje  im  2.  Sfafithunbert. 

gufammenfaffenben  Inbegriff  mieber  finben,  fo  turg  an  Söorten,  fo  retd^  an 
©ebanfen  —  ein  abgefürgte^  ©bangelium  — ,  fo  mertboü,  tnetl  ba§felbe  bon 
©ott  felbfi  gelehrt,  ihm  bal  angenehmfte  unb  mirfunglreichfte  ift1.  ©agu  Ratten 
bie  ©laubigen  aul  bem  Sitten  33unbe  bie  ißfalmen,  bie  Sobgefänge  ber  (fo  oft 
in  ben  S?atafomben  bargeftellten)  Jünglinge  tm  geuerofen,  bei  ber 

Jungfrau  9Raria,  alle  anregenb  unb  begeifternb  unb  fdjon  bom  Altertum  bei 
feierlichen  SInläffen  gebraust2,  ©ie  (Stellung  ber  ©läubigen  beim  ©ebete  toar 
aufrechte  Spaltung  mit  aulgebreiteten  unb  etma!  erhobenen  Firmen.  3n  biefer 
Gattung  fittb  ftetl  bie  betenben  Figuren  (Oranten)  bom  21ulgang  bei  1.  3ahr= 
hunbert!  an  in  ben  römifchen  ^atafomben  bargeftetlt.  ©a!  retigiöfe  Ceben  ber 
©läubigen  erhielt  eine  hohe  fittliche  SBeilfe  burcf)  ba!  fmufi§e  ©ebet.  ©I  toar 
ein  fpebel  fittlidjer  ©rneuerung  unb  burchgreifenber  ©ibilifation ,  mit  beffen 
SBirfungen  nichts  anbere!  in  Vergleich  gebracht  merben  tonnte.  ©I  mar  ein 
23anb  ber  ©emeinfcbaft  unb  SSerbrüberung,  eine  Übung,  burch  rnelche  Snteüigenj 
unb  2Biüe  einer  ftet!  machfenben  SLRenfchenjahl  in  ©inflang  gefegt  mürben, 
roie  groß  auch  bie  urfprüngliche  Ungleichheit  ber  ©eifteSanlagen  unb  ber  er= 
morbenen  23ilbttng  fein  mochte.  ©I  mar  ein  mirffamel  ÜRittel  bei  ffriebenl  unb 
ber  SBerföhnung,  ein  fortmährenbe!  Gingen  mit  allen  Regungen  ber  ©elbftfudjt 
unb  ber  Habgier,  eine  Duelle  bei  ©roftel  unb  ber  Straft  im  Seiben,  bal  auf 
feben  ©haften  horete,  mie  auch  feine  Religion  eine  Religion  bei  Seiben!  mar, 
bie  Religion  bei  ©efreugigten ,  beffen  jünger  nicht  über  bem  ÜReifter  ftehen 
unb  ben  bon  ihm  getragenen  £)aff  um  feine!  tarnen!  mitten  übernehmen 
mufften  (SWatth-  10,  22.  24). 

2.  ©ie  fittliche  $raft  bei  ©hrifientum!  offenbarte  ft<h  im  Seben  feiner  S3e= 
fenner  in  ber  berfchiebenften  2ßeife.  ©ie  geigte  fich  in  größtem  Rtaffe  in  ber 
Hebung  ber  Söürbe  ber  ffrau  unb  in  ber  Rerbefferung  ber  ehelichen  35 e r= 
hältniffe.  ©ie  ©he,  bie  bei  ben  Reiben  fo  entartet,  bei  ben  Suben  bon  ber 
urfbrünglichen  Reinheit  abgetrieben  mar,  galt  ben  ©hriften  als  ©t)tnbol  ber  3Ser= 
binbung  ©hrifti  ntit  ber  Kirche,  all  ein  groffe!  ©eheimni!  (©bh-  5,  32),  baher 
mieberhergefteHt,  mie  fie  bon  Anfang  an  fein  foCtte  ODtattf).  19,  4  ff.),  all  ein 
mahrhaft  unauflösliches  Ranb  (1  ®or.  7,  10  ff.  Rom.  7,  2.  3),  auch  im 
ffalle  bei  ©hebrud)!  nicht  aufguljeben  (Riarf.  10,  6 — 9.  Suf.  16,  18) 3. 


1  hierher  gehören  bie  trefflichen  (Schriften  De  oratione  öon  Sertullian,  OrigeneS 
unb  ©hbriatt.  SertuIIian  (De  orat.  c.  1)  fagt  über  ba§  SSaterunfer :  Quantum  sub- 
stringitur  verbis,  tantum  diffunditur  sensibus.  Neque  enim  propria  tantum  orationis 
officia  complexa  est,  venerationem  Dei  aut  hominis  petitionem,  sed  omnem  paene 
sermonem  Domini ,  omnem  commemorationem  disciplinae ,  ut  revera  in  oratione 
breviarium  totius  Evangelii  comprehendatur.  ©thöne  ©rmafmung  gum  ©ebete  bei 
Cypr.,  Ep.  11,  ed.  Hartei  p.  495. 

2  Canticum  tri  um  puerorum  (®an.  3,  24  ff.  51  ff.),  bon  ©hfman  (De  dominica 
orat.  c.  8,  ed.  Hartei  p.  271)  al<3  scriptura  divina  angeführt,  iögl.  Orig.,  De 
orat.  c.  13. 

3  $ajf  SDtatth.  5,  32  nnb  19,  9  nopvda  nicht  mit  ber  baüoit  betriebenen  por/eia  gu 
üertnechfeln  ift,  geigt  Ratrigi  (De  interpr.  SS.  Script.  I  [Romae  1844],  169).  2>ie 
Unauftöölichteit  be§  ©hebanbeö  fprechen  au§  Herrn.,  Pastor,  Mand.  4,  c.  1.  Clem. 
Alex.,  Strom.  II,  23.  Tertull.,  Adv.  Marc.  IV,  34;  De  pat.  c.  12;  De  monog.  c.  9. 
Cypr.,  Testimon.  adv.  lud.  III,  90.  Orig.,  In  Matth,  hom.  14,  n.  16  sq.  (Opp.  III, 
636  sq.).  Conc.  Elib.  can.  9. 


16.  2)aS  religtöfe  unb  ßeben  beS  (ßriftlidjen  SBoIfeA  231 

5JJamt  unb  SBeib  erßielten  im  ©ßriftentum  gleiche  9ted)te  (1  $or.  7,  3 — 5.  10); 
ba§  2Bei6  fotlte  nicßt  meßr  ©ftabin  be§  9)tanne§,  fonbcrn  maßre  2eben§= 
gefäfjrtin  feilt.  Oa§  33anb  mürbe  burd)  bie  $ird)e  geheiligt,  fcßoti  in  ältcfter 
3eit  mit  gurateäietjung  be»  33ifd)of§  (fpäter  be»  ißriefter§)  unb  unter  feinem 
©egen  gefd)toffen,  mobci  and)  ba»  Opfer  bargebracßt  marb1.  Oie  jmeite  ©ße, 
bie  ber  9tpoffet  ben  Söitmen  geftattet  ßatte  (1  ßor.  7,  9.  9t öm.  7,  2.  3),  bie 
dJtontaniften  aber  fcßtecßtßin  berboten,  marb  bon  bieten  ftrengen  Seßrern  ber 
$ircße  mißbilligt  at»  gefäßrlidfe  ©cßmätße,  at§  anftänbiger  ©ßebrud)  ober  bod) 
at§  etma§  minber  93odfommene§ 2.  ©ßelicß  fid)  mit  Reiben  ju  berbinben,  miber= 
rieten  unb  berboten  bie  SSäter3;  aber  bie  bor  ber  33efeßrung  abgefd)toffenen 
@ßcn  mürben  aufrecht  gehalten  (1  $or.  7,  12.  14),  mofertt  nur  ber  ttngläu= 
bige  Seit  friebfertig  unb  oßne  ©efäßrbung  be§  ©eetenßeit§  mit  bem  gläubigen 
Sitfammenmoßnen  mottte;  mar  bie§  nicßt  ber  gad,  fo  mürbe  bem  gläubigen 
Oeil  bie  Oreunung  geftattet4. 

3.  ©roß  mar  bie  fitt ließe  Ummanbtung,  bie  ba§  ©ßriftentum  unter 
ben  9Jtenfd)en  bemirftc,  unb  ein  2Beg  be§  2eben§  fanb  fid)  in  feiner  ßeitfatnen, 
auf  alle  93erirrutigen  ßittmeifenbett  3udd  (©pr.  10,  17).  Oie  dteubefeßrten 
btieben  bei  ißren  93etuf§jmeigen  unb  ©efcßäften,  fomcit  fie  mit  ißretn  93elenntni§ 
berträglidt)  maren  unb  oßne  ©efaßr  be§  ©öf)enbienfie§  unb  ber  ©itnbe  beibeßatten 
merben  tonnten;  mo  bie§  nicßt  ber  galt  mar,  jogen  fie  fid)  babon  jurüd. 
©egen  bie  ßeibnifeßen  Obrigteiten  bemiefen  fie  treuen  ©eßorfam  unb  mufler= 
ßafte  ©ebutb,  jaßtten  ißre  Abgaben  unb  erfüllten  ade  ftaatsbürgertidßen  ^ftießten 
auf  ba§  genauefte;  aber  mo  etma§  berlangt  mürbe,  ma§  ißr  ©emiffen  unb  bie 
9teligion  berleßte,  ba  geßoreßten  fie  ©ott  meßr  at§  ben  9)tenf<ßen  (3lpg.  4,  19 ; 
5,  29),  ba  bebienten  fie  fid)  ber  dfrifitidjen  ^reißeit,  bie  fie  befäßigte,  fräftigte 
unb  berechtigte,  in  ©aeßett  be§  ©emiffen»  feinem  anbetn  SCßiden  at»  bem  gött= 
ließen  ju  folgen,  ©erabe  biefe  fitttidße  greißeit  baßnte  admäßltcß  bie  ftaatlicße 
an,  fie  brach  ben  OefpoüSmuS  ber  alten  2öett,  fie  loderte  unb  mitberte  bie 
©ftabenfetten ,  um  fie  fpäter  ganj  ju  befeitigen.  ©injetne  unter  ben  alten 
©ßrifiett  maren  ßier  eßer  geneigt,  ju  biet  at»  ju  menig  ißren  ©tauben  ju  be= 
fcnneti;  manche  gebotene  ^anbtungen  ju  ©ßren  be§  $aifer§,  mamße  übtieße 
3eretnonien  erfchienen  ißnen  unerlaubt;  bie  Sefränjung  ber  ©otbaten  bei  be= 
ftinunten  51ntäffen  erfeßien  ißnen  anftößig;  aud)  nießt  inbireft  modte  man  eine 
Sidigung  be§  ©ößenbienfte§  aulfprecßen.  3Diit  großer  ©cßärfe  befämpfen  bie 
Kirchenväter  bie  ßeibnifeßen  Oßeater,  ©tabiatorenfpiete,  Oänje,  öffentlichen  $eft= 
tidjfeiten.  33i§meiten  ging  bie  ©ittenftrenge  über  ba§  abfotut  bom  ©eifte  be§ 


1  Ignat. ,  Ep.  ad  Polycarp.  c.  5.  Tertull.,  Ad  uxor.  II,  9:  Uude  sufficiamus 
ad  enarrandam  felicitatem  eius  matrimonii ,  quod  Ecclesia  conciliat  et  confirmat 
oblatio  et  obsignat  benedictio ,  angeli  renunciant,  Pater  ratam  habet?  ©egenitber 
ber  gnoftifdj=manid)äif<ßen  SBeracfjtung  ber  ©ße  toarb  ftetS  ißre  §eüigleit  feftgeßalten  natß 
|)e6r.  13,  4.  1  3üm.  4,  1  ff.  Tertull.,  De  anima  c.  11. 

2  Athenag.,  Supplicatio  c.  33  sq.  Clem.  Alex.,  Strom.  II,  23;  III,  11.  Herrn., 
Pastor  1.  c.  n.  4.  Orig.,  In  Luc.  hom.  17.  Tlieophil.,  Ad  Autol.  III,  15. 

3  Tertull.,  Ad  uxor.  II,  3—7 ;  De  monog.  c.  7.  Unter  beit  ©Hüben  ber  ©ßriften 
führt  6  p  p  r  i  a  n  (De  laps.  c.  6,  ed.  Hartei  p.  240)  an :  iungere  cum  infidelibus  vin- 
culum  matrimonii,  prostituere  gentilibus  membra  Christi. 

4  9tad)  1  ßor.  7,  15. 


232  Söerbreitung  urtb  AuSgefialtung  ber  ßirdje  im  2.  Sfabrbunbert. 

©bangeliumS  geforderte  SAafj  t)inau».  $inben  toir  auch  unter  ben  Triften 
einzelne  Safter^nfte,  ferner  Drage  unb  Saue  tüte  auch  nidjt  menige  Abtrünnige, 
fo  ragen  bie  ©giften  biefer  erften  3eit  boch  tnt  allgemeinen  burd)  einen  reinen 
2Banbel  unb  nmtfre  grömmigfeit  in  einer  erljebenben  Söeife  über  alle  3eit= 
genoffen  fferbor  unb  erliefen  fidj  al§  ba§  ©alz  ber  ©rbe,  al§  ba§  Siebt  ber  Söelt1. 

Die  $irdfe  mar  bie  Trägerin  unb  Vermittlerin  einer  f)öl)eren  ©efittung 
unb  Vilbung ;  fie  gab  bem  ©Haben  feine  Vtenfcbenmiirbe  roieber,  fie  abelte  auch 
ba§  fonft  fo  beractjtete  ^anbmerf,  fie  ftetlte  ben  Armen  unb  ben  ©eringen  al§ 
gleichberechtigten  Vruber  bem  Aeidfen  unb  Vornehmen  an  bie  ©eite,  fie  lehrte 
bie  Vorurteile  be§  Sehen»  unb  bie  ©chreden  be§  Dobe§  überminben.  Demut 
unb  ©ntfagung ,  ©ntfialtfamteit  unb  $eufdjh£it  bradjte  fie  zu  @hren ;  fie  fdmf 
unb  erzog  neue  9Aenfd)ert,  gemiffenhafte  Vürger,  treue  (Batten,  liebenbe  $inber, 
bertäffige  Diener,  mahrhaft  grofe  ©hataftere  unter  allen  ©tänben;  fie  bilbete 
an  ihnen  ba§  Sbeal,  toetc^eS  ©hofiu§  barftedte  unb  mitflid}  mar,  immerfort 
nad)beffernb  unb  h£lf£ub,  h£rau§  unb  eröffnete  eine  reich)  ftiefsenbe  Duelle  be§ 
Drofie§  unb  ber  Erhebung  für  alle  ©ebrüdten  unb  Vebrcingten;  fie  erneuerte 
mahrhaft  ba§  Angeficht  ber  ©rbe. 

AI§  ba§  erfte  unb  höchffe  ©ebot  hotte  ©hriftu5  ba§  ©ebot  ber  Siebe  ju 
©ott  unb  bem  Aächften  bezeichnet.  Die  (Erfüllung  biefer  Pflicht  äußerte  fich 
bei  ben  ©hr^en  in  ihrer  großen  Aach  ft  enliebe,  bie  allein  eine  Verfchmeljung 
fo  frembartiger  ©lemente,  mic  ©eiehrte  unb  Ungelehrte,  3uben  unb  Reiben, 
Aeid)e  unb  Arme,  $reie  unb  ©Haben,  ©riechen  unb  Varbaren  bamal»  maren, 
herbeiführen  tonnte.  Aidjt  nur  liebten  bie  ©hl'ift£u  fich  (Hä  Vrüber,  al§  ©ohne 
eine§  Vater§  im  Fimmel  unb  unterftü|ten  einanber  in  jeber  benfbaren  Söeife, 
fonbern  aud)  AnberSgläubige  erfuhren  bie  Vtad)t  ber  Siebe  unb  Aufopferung 
ber  (Shttften,  zumal  bei  berheerenben  ©euchen,  mie  unter  Diont)fiu§  in  Alejam 
brien  unb  ©pprian  in  Karthago.  Die  Armen  unb  Verladenen,  bie  Oranten 
unb  ©efangenen  maren  ber  ©egenftanb  ber  gärtlidjften  gürforge;  mit  Umficht 
mürbe  bie  pflege  ber  Armen  burd)  bie  Diafonen  unb  Diafoniffen  geleitet,  für 
aufjerorbentliche  Vebürfniffe,  z*  33.  für  gefangene  ©hoft£u,  Toiletten  beranftaltet 2. 
Die  Sßerte  ber  Varmherzigteit  mürben  ben  ©laubigen  bei  jebem  Aniah  unb 


1  lustin.,  Apol.  I,  14  sq.  Ep.  ad  Diogn.  c.  5.  Tertull.,  Ad  nat.  I,  4.  Orig., 

C.  Cels.  I,  67 ;  III,  29.  Über  bie  ©d)eu  bor  Serübrung  mit  bem  §eibentum  bgl.  Tertull., 
De  idolol. ;  De  spectaculis;  De  cor.  militis.  Cypr.,  Ep.  2,  p.  467  sq. ;  gegen  §iftrionen 
Minucius  Fel. ,  Octav.  c.  37,  ed.  Halm  p.  58.  De  spectaculis ,  inter  Opp.  Cypr., 
ed.  Hartei  P.  III,  p.  3—13.  Origen e§  (1.  c.  I,  25)  bezeugt,  bah  bie  <£f)riften  lieber 
fterben  mollten ,  als  ©ott  3  e  u  §  nennen ;  ebenfo  rebet  er  (ibid.  YIII ,  65)  üon  bem 
©cbtoören  bei  ber  Fortuna  be§  ßaiferS.  Agl.  Tertull.,  Ad  nat.  I,  17.  Über  ben 
9tigoriSmu§  in  bem  Seben  unb  ben  Anfichten  ber  alten  ©briften  Ogi.  £efele,  ^Beiträge 
jur  ßirc£)engefd)i(hte  I,  16  ff.  Aon  bem  niemals  unbefdjränlten  ©eborfam  gegen  bie 
toeltlicbe  Obrigleit  bonbeln  lustin.  1.  c.  I,  17.  68.  Tatian.,  Orat.  adv.  Graec.  c.  4. 

Iren.  1.  c.  Y,  24,  1  sq.  Tertull.,  De  idol.  c.  15.  Orig.,  C.  Cels.  VIII,  65;  In  Rom. 

1.  IX,  n.  25  sq.  Minucius  Fel.  1.  c.  c.  37,  p.  52. 

2  Tertull.,  Apol.  c.  39.  Dionys.  Cor.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VH,  22.  Cypr., 

De  mortalitate,  ed.  Hartei  p.  297  sq. ;  De  opere  et  eleemos.  p.  373  sq. ;  Ep.  7,  p.  485 ; 
Ep.  62,  p.  698 ;  Ep.  41,  p.  588.  Orig.,  In  Matth.  24,  46  (Opp.  III,  689).  Pontius, 

In  vita  Cypr.  c.  9.  10.  lustin.,  Apol.  I,  67.  Polycarp.,  Ep.  c.  4.  10  sq.  Barnab., 

Epist.  c.  19.  20.  Tertull.,  Ad  uxor.  II,  4  sq. ;  De  fuga  c.  12. 


16.  ®a§  religiöfe  uub  fittlitpe  Scben  be§  dpriftlicpeit  JßolfeS.  233 

mtd)  in  eigenen  ©Triften  empfohlen,  jumal  ba  ©priftuS  baS  als  ipnt  felbfi  ge= 
tpan  betrachte,  toa§  betn  geringsten  feiner  SBrüber  geft^iefpen  fei  (SJiattp.  25,  40). 
TOt  beit  SBerfen  ber  leiblidjen  SSarmperäigfeit  füllten  bie  bei*  geiftlidjcn  enge 
öerbunben  fein,  ba  eben  bie  $ird)e  eine  ©emeinfdjaft  ber  §  eiligen 
mar;  einer  tnirfte  oft  für  oiele;  jur  töeleprung  unb  brüberlicpen  gureeptmeifung 
farnen  Fürbitten  unb  Oerbienftlidfe  2öerfe,  bie  auch  anbern  nüjjen  tonnten1. 

4.  Sn  popem  Anfepen  ftanb  bei  ben  erften  ©prifien  ^  Aslefe:  bie  33e= 
tampfung  ber  fleifdjlitpen  Süfte  (Aörn.  13,  14.  ©al.  5,  17.  24),  bie  3Xb= 
tötung  unb  ©el&ftberleugnung ,  tooburep  fie  ju  einer  popen  ©ittenreinpeit  unb 
ju  pciligem  Söanbel  gelangten  unb  ben  tarnen  „^eilige"  maprpaft  uerbienten. 
Sa§  Söefentlicpe  ber  altdfriftlicpen  ASfefe  beftanb  in  ber  böüigen  ©pelofigfeit,  in 
fteter  Sungfräulicpfeit.  Sie  übrigen  oon  ben  eprifiliepen  Asteten  geübten  ©n© 
fagungen:  Aadptmacpen,  befonbere  Mafien,  toaren  blofe  Mittel  jur  Untermerfung 
be§  ÖeibeS  unter  ben  (Seift.  ©S  gab  dfriftlicpe  Asteten,  bie  nidjt  nur  baS 
burd)  ipr  haften  ©rfparte  ben  Armen  äuioenbeten,  fonbern  aitcp  fepr  lange  alle 
möglidjen  ©ntbeprungen  trugen,  fiep  bom  gefetligen  Seben  äitrüd^ogen.  Snt 
2.  Sdprpunbert  tbeifen  bie  Apologeten  pitt  auf  ©priften,  bie  bis  in  ein  popeS 
Alter  unt  ©prifti  tnillen  ein  folcpeS  entpaltfameS  Seben  gefiiprt,  ftete  tßirginität 
bemaprt  patten,  ©o  fepr  bie  mapre  ASfefe,  bie  auf  ben  ©runbfäpen  beS  ©oan= 
geliuntS  rupte,  gepflegt  toarb,  ebenfofepr  tourbe  bie  falfdje  befätnpft,  bie  auS 
pparifäifcpem  ©tolge  ober  aus  gnoftifdpeffüifcper  fDtiffacptung  materieller  Singe 
ober  ans  übertriebener  Befolgung  ber  jübifepett  Aituaü,  PefonberS  ©peifegefepe 
perüorging,  toonaep  gemiffe  Singe  als  böfe,  fittenöergiftenb  galten,  tuciprettb 
bie  (priftlidfe  AStefe  töefcprünfung  ber  an  fiep  guten  Singe  Oerlangte2 3 * * * *,  ©egen 
mandje  AuStoücpfe  patte  bie  Birdie  ju  fämpfen,  unb  nid)t  alle  faxten  bie  djriftlidfe 
AoIIfommenpeit  (Sltattp.  19,  11).  ©injelne  33ifd)öfe,  mie  ^inptuS  auf  ber  Sufel 
$reta,  gingen  in  bem  Streben,  ipre  ©laubigen  auf  bie  pöd)fte  ©tufe  ber  93oll= 
fotnmenpeit  ju  füpren,  ju  weit  unb  mad)ten  ju  pope  Anforberuttgett  bejitglid)  ber 
$eufcppeit.  SionpfiuS  Oon  Forint!)  inapnte  ipn  baooit  ab,  inbem  er  bie  ©dfmäcpc 
ber  fDienge  ju  berüdfieptigen  riet.  §)opeS  öob  fpenbeten  bie  Leiter  ber  freimütig 
übernommenen  Sungfräulicpfcit ,  toenn  fie  nur  oon  ©elbftüberpebung  freiblieb 
unb  bie  nötigen  Mittel  angemenbet  tourben,  fie  in  iprer  Aeinpeit  ju  erpalten8. 

1  ßirftp,  ®ie  Sepre  Dort  ber  ©emeinfdjaft  ber  Ipeiligen  im  cpriftl.  Altertum. 
SDlaina  1900. 

2  Sen  Aamen  Arteten  erpielten  juerft  bie  Atpleten  {Plato,  De  rep.  1.  III,  ed. 
Stephanus  p.  404.  Arrian.,  Diss.  in  Epictet.  III,  c.  12:  ~£p\  ätrxrjcrswg.  Artemidor., 
Oneirocritica  IV,  33).  ®a§  Altertum  lannte  ärnyzai,  äaxrjzptai,  iyxpazelg,  aaxxocpdpoi, 
trrzoudawi,  äitozaxzixoi ,  beren  Sehen  mau  antonomaftifd)  <pdooo<pia  nannte.  Über  djrift* 
litpc  Arteten  Ogi.  Iustin.,  Apol.  I,  65.  Athenag.,  Supplicatio  c.  28.  33.  Tertull.,  De 
cultu  fern.  c.  11. 

3  Unter  ben  in  ber  Horrefponbeitj  oon  S)iont)fiu6  unb  tpinptuä  ( Euseb .,  Hist, 
eccl.  IY,  23)  erloäpnten  ädeXtpoi  nur  bie  ©eiftlidjcn  ju  oerftepen ,  ift  uuridjtig.  Senn 

1)  piepen  bamalS  alle  ©prifien  ©rüber ;  2)  ®ionpfiu§  mapnt,  bie  äaddeia  züv  tcoXXüjv 

p  berüdfieptigen;  3)  bie  Antloort  beg  Sßinptug  rebet  Oon  ©laubigen  überhaupt  unb 

bejiept  fi<p  auf  ben  bie  abzoü  Xaov.  Über  bie  ©irginität  ügl.  IgncU.,  Ep.  ad  Polycarp.  c.  5. 

Clem.  Alex.,  Strom.  III,  15.  Method. ,  Convivium  decem  virg.  Cxjpr. ,  Ep.  4,  ed. 

Hartei  p.  472  sq.;  De  habitu  virg.  Ps.-Cypr.,  De  bono  pudic.  (Opp.  Cypr.  ed.  Ilartel 
P.  III,  p.  13  sq.). 


234  SSerbreitung  unb  3lu§geftaltung  ber  ßtrdfje  im  2.  Sfaßrßunbert. 

5.  $ie  cßriftlicße  ©ebulb  unb  ©tanbßaftigfeit  geigte  fid)  atn  glänjenbften 
im  fDlartßrium,  betrt  geugniffe  für  ©ßriftu».  2tl§  3eltSen  &mn  er= 
fcßienen  ©tepßan  (2lßg.  22,  20),  2lntipa§  (Op.  2,  13)  unb  biejertigert  über= 
ßaußt,  bie  ißt  23lut  für  ißn  üergoffen,  ma§  al§  ber  ßöcßfte  fftußm  ber  (prüften 
galt,  ©ie  gelten  ftd)  an  ©ßrifti  SBorte:  mer  ißn  niefjt  üor  ben  fntenfdßen  be= 
fenne,  ben  luerbe  er  aud)  nidjt  üor  feinem  SSater  im  §immel  befenneit  (fDlattß. 
10,  32);  baß  nicßt  biejenigen  ju  fürchten  feien,  bie  bloß  ben  Seib  töten  fönnen, 
fonbern  ber,  melier  Seib  unb  ©eele  in  bie  Hotte  ftitrgen  fann  (ebb.  25.  28); 
baß  mer  fein  Seben  um  ©ßrifti  mitten  üertiere,  e§  pben  merbe  (ebb.  25.  39 ;  bgl. 
Soß.  12,  25);  fie  gebauten  ber  2Borte  be§  ^ßauluä  (2  Stirn.  2,  11  f.):  2Benn 
mir  mit  ©ßriftu§  geftorben  finb,  merben  mir  aud)  mit  ißrn  leben;  ßatrett  mir 
mit  ißrn  im  Seibcn  au§,  fo  merben  mir  mit  ißrn  regieren ;  üerleugnen  mir  ißn, 
fo  mirb  aucb  er  un§  üerleugnen;  fie  mußten,  baß  ber  jünger  nid)t  über  ben 
Weiftet  (Sol).  15,  20.  Wattß.  10,  24)  unb  ber  Stob  für  ben  (Beliebten  ber 
ßöcßfte  23emei§  ber  Siebe  ift  Qoß.  3,  16;  10,  11.  17  f.),  baß  nicßt§  fo  feßr 
bie  ilirdje  erßöße  unb  üetßerrlicße  al§  ba§  23Iut  ißrer  ©lieber,  nicßt§  in  gleicher 
2töeife  ju  ißrern  2ö3ad)§tum  unb  ißrer  23tiite  beitrage.  ©§  mar  ber  üottenbetfte 
©egenfaß  gegen  ba§  ^eibentum,  ber  ßiet  fid)  augfptad)  („©in  ©ßrift,"  fagt 
OrigeneS1,  „giebt  für  feinen  ©tauben  eßer  ba§  Seben,  al§  ein  tpeibe  für 
alle  ©ötter  ein  ©tiid  feines  WantelS"),  aber  ebenfo  and)  gegen  bie  ©noftüer, 
meldje  bie  25erteugnung  ©ßrifti  in  ber  25erfotgung  für  erlaubt  ßietten,  ba» 
äußere  23e!enntni§  üon  bem  inneren  fdjieben,  ben  Wartertob  als  ©etbftmorb 
betrachteten,  mäßrenb  bocß  bie  innere  SSerbinbung  mit  ©ßriftuS  üerloren  ging, 
menn  man  ißn  aus  Wenfcßenfurcßt  äußerlich  üerteugnete.  „Sie  ©danach  ber= 
jenigen,  bie  25erfolgung  leiben  um  ber  ©erecßtigfeit  mitten  (Wattß.  5,  10), 
alte  feinen  erbutben  unb  bem  Sobe  fid)  ßingeben  aus  Siebe  ju  ©ott  unb 
megen  beS  23efenntniffeS  feinet  ©oßneS,  ßält  bie  Birdie  allein  in  üotter 
fReinßeit  aus,  oft  gefcßmächt,  aber  fofort  mieber  bie  ©lieber  meßrenb."2  Sßee 
Wärtqrer  maren  üon  anbern  Hingerichteten  meit  üerftßieben;  bie  ©acße,  für 
bie  fie  ftarben,  gab  üor  allem  ben  2luSfd)Iag3.  Wocßte  bie  ßeibnifdje  ©ram 
famfeit  nocß  fo  erfinberifcß  in  neuen  ÜRartermertjeugen  unb  neuen  SobeS= 
quälen  fein:  ©ßriften  üon  jebem  2llter,  ©efcßlecßt  unb  ©tanb  beftanben  in 
bebeutenber  Sfngaßl  biefen  rüßmlidjen  $ampf,  in  ben  fie  fid)  nie  üermegen 
unb  tottlüßn  ftürjen,  bem  fie  momöglicß  ju  entrinnen  fudjen  füllten,  bem  fie 
fid)  aber  aitcß  nicht  entließen  burften ,  mo  er  unauSmeidjlidj ,  mo  nur  jmifdjen 
ißm  unb  ber  25erleugnung  bie  2Baßl  offen  mar4,  ©roß  mar  bie  ©ßre  biefer 


1  C.  Cels.  VII,  39.  2  Iren.,  Adv.  haer.  IV,  33,  9. 

3  Über  üaä  ÜDtarttjrium  fagt  Sertullian  (Apol.  c.  50):  Sanguis  maityrum 

seinen  christianorum.  95gl.  Cypr. ,  Ep.  6 ,  ed.  Hartei  p.  480 ;  Ep.  10 ,  p.  490  sq. ; 
Ep.  31,  p.  559.  Über  ÜJlärttjrer  ber  fmretiter  bgl.  Iustin.,  Apol.  I,  26.  Tertull., 
Scorp.  c.  1.  Cypr.,  Ep.  61,  c.  3,  p.  697:  Neque  enim  persequitur  et  impugnat 
Christi  adversarius  nisi  castra  et  milites  Christi;  haereticos  prostratos  semel  et 
suos  factos  contemnit  et  praeterit;  eos  quaerit  deicere,  quos  videt  stare. 

4  ®obtoelt§  Slnftdjt  (De  paucitate  martyr.  in  Dissertat.  Cypr.  XI.  XII)  tjm 
9t  u  i  u  a  r  t  (Acta  primor.  martyr.,  Prooem.  p.  15,  n.  g)  toiberlegt.  ©egen  fie  ftreiten : 
1)  bie  ÄirdfenfdjriftfieHer  Srenäuä  (Adv.  haer.  IV,  39,  9,  too  bort  ber  multitudo 


®ie  ©nttoidlung  unb  bie  SBIüte  ber  !ird)lid)en  Geologie. 


235 


rufjmboüen  Streiter;  man  nannte  fie  felig,  gebenebeit,  f)öd)ft  getreue  unb  ftart= 
mütige  Kämpen.  Von  ben  eigentltcfjen  fütärtprern ,  bie  mit  bem  Sobe  ifjren 
$ampf  geenbigt,  tnurben  bie  ^onfefforert  ober  Vetenner  unterfcpieben,  bie  otjne 
Verluft  beS  SebenS,  aber  mit  Verluft  bon  ©Ifre  unb  ©ütern  in  SebenSgefapr 
©priftum  befannten,  obfcpon  bismeilen  and)  leptere  Vtärtprer  genannt  mürben 
unb  pie  unb  ba,  meifienS  mit  beftimmter  Selling,  auch  mirtlicpe  Vtärtprer 
Vefenner 


Vierter  Abfdpnitt. 

Die  (Etthmtkhing  ltitö  öic  ßliitc  örr  kirdjlidjrn  ilpcologif. 

(f?»m  ^u*0rt«e  t>e*  2.  bi*  ju»  glitte  fcee  3.  DttljdjUMhcvt*.) 

1.  Sie  ßirepe  unb  ber  tjeibniicfprömifdje  Staat  in  ber  erften  §älfte  beS 

3.  Sflbjrtjunbcrttf. 

Quellen.  —  SJlortprntten  ber  pH.  ^Perpetua  unb  Felicitas  ( Pio  Franchi  de ’ 
Cavalieri,  La  passio  ss.  Perp.  et  Fel.  [9töm.  Quartalfcpr.  5.  €>uppl.=£>eft.  9lom  1896]). 
39eridjte  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  YI,  c.  1 — 7.  Tertull.,  Ad  Scapulam;  De  corona  mi- 
litis.  —  Firmilian. ,  Ep.,  bei  Cypr.,  Ep.  n.  75.  Orig.,  In  Matth.  XXIV,  9  (ed. 
de  la  Eue  III,  857);  De  martyrio  (I,  274  sqq. ;  2lu3g.  ber  ^Berliner  Slfab.  I).  Euseb., 
Hist.  eccl.  YI,  28. 

ßitterntur.  —  P.  Allard,  Vicissitudes  de  la  condition  juridique  de  l’bglise  au 
3'  sibcle  (Revue  des  quest.  histor.  LX  [1896],  369 — 400) ;  Histoire  des  persbeutions 
pendant  la  premiere  moitib  du  3e  siede.  Paris  1886.  Aube ,  Les  chrbtiens  dans 
l’empire  romain  (180 — 249).  Paris  1881.  ®aju  bie  meiften  ber  oben  <5.  122  ge= 
nannten  SBerle. 

3n  allen  ^robinjen  beS  9tömerreicpeS  t)atte  bas  ©priftentum  im  Saufe 
beS  2.  SaprpunbertS  (Eingang  gefunbett,  unb  trop  ber  fo  päufigen  blutigen 
Verfolgungen  gegen  bie  ©laubigen  in  ben  öerfepiebenen  Seilen  beS  9teid)eS  mitd)§ 
bie  3o^l  ber  Vefenner  ber  Sepre  ©prifti  ftetig.  VefonberS  im  Orient,  in  $Iein= 
afien  unb  ©prien  maren  bie  ©Triften  fepr  japlreid).  Über  bie  Steidjggrenjen 
pinauS,  nad)  OSrpoene,  nad)  ©beffa,  maren  bie  d)riftlid)cn  ©laubenSboten  bor= 
gebrungen;  bie  Vifcpöfe  biefeS  SanbeS  Ratten  fid)  auf  bie  Aufforberung  beS 
ißapfteS  Vittor  pitt  in  (Sachen  ber  Ofterfeier  ju  einer  ©pnobe  berfannnelt,  unb 
ju  Anfang  beS  3.  SaprpunbertS  trat  ber  $önig  bon  OSrpoene  felbft  jum  ©priften= 
turn  über* 1 2.  Oie  meitere  Ausbreitung  beS  djriftlicpen  ©laubenS  im  Saufe  beS 
3.  SaprpunbertS  jeigt  fid)  in  ber  ©ritnbung  neuer  ©emeinben  in  ©täbten,  mo 
fold)e  bis  bapin  niept  beftanben  Ratten,  unb  in  ber  immer  madjfenben  3apl 


martyrum  bie  Hiebe  ift) ,  ©  u  f  e  b  i  u  3  (Hist.  eccl.  VIII,  4  sq. ;  De  mart.  Palaest.), 
ßaftantiu§  (De  mort.  persec.  c.  10);  2)  bie  ÜJtartprerfefte  ber  öerfepiebenen  ßirtpen; 
3)  bie  edjten  Atörtpreroften. 

1  Über  Uftärtprer  unb  SBelenner  Ogi.  Cypr.,  Ep.  13,  c.  2 ;  Ep.  16,  c.  1  (ed.  Hartei 
p.  505.  517).  ®ie  unter  ®iof letian  gu  ©beffa  angeftogten  ©prifien  ©amoita3,  ©uria3 
unb  21bibu3  ( Migne ,  Patr.  gr.  CXVI,  128  sq.),  toeld^e  bie  ©laubigen  beftärlten  unb 
nad)  it)rem  Alartertobe  al3  Acidjcr  be3  9Jteineib3  erftbienen,  nannte  man  antonomaftiftp 
^omologeten  al§  inoTrrai  xal  pemrat  bpokoyiüv  (Phot.,  Amphiloch.  q.  246,  p.  1052, 
ed.  Par.). 

2  ©.  unten:  7.  ®ie  Äirdpen  im  Orient. 


236 


$ie  ©nttoicflung  unb  bie  Sölftte  ber  fird^Iic^en  Geologie. 


ber  ©laubigen  in  ben  (Stabten ,  tno  bereit»  organifierte  ©emeinben  borlfanben 
maren.  giir  Rom  traben  mir  ba»  3eugniS  beS  VriefeS  beS  ißapfteS  Cornelius  bom 
gafire  251,  in  Weitem  neben  einer  großen  3ahl  nieberer  ßleriter,  bie  fd)on 
auf  eine  ftarte  ©emeinbe  fcßließen  läßt,  1500  VMtmert  unb  |)ilfsbebürftige 
ermähnt  merben,  „bie  alle  bie  ©nabe  unb  Vienfchenfreunblichfeit  beS  £>errn  er= 
nährt" 1.  VMr  erfefjen  bieS  ferner  aus  ber  großen  2tuSbef)nung  ber  int  Saufe 
be»  3.  gafphunbertS  neu  gefchaffenen  ober  ermeiterten  unterirbifdjm  Vegräbni§= 
ftätten.  gür  21frifa  äeugt  bie  bebeutenbe  Rnjahl  bon  Vifdföfen,  meld)e  ju  ben 
betriebenen  bon  ©pprian  berufenen  ©pnoben  jufammenfamen. 

$iefe  ftete  3unaf)me  ber  Vefenner  beS  djriftlithen  ©laubenS  bofl^og  fid), 
troßbem  bie  Sage  ber  ®irdje  ber  hetbnifdprömifd)en  ©taatSgemalt  gegenüber 
unberänbert  blieb,  ©ingelne  ß’aifer  erliefen  fogar,  ohne  bie  bisher  beftefienben 
Verordnungen ,  fpe^ieß  ba»  trajanifdje  Reffript,  aufjußeben,  befonbere  Ve= 
ftimmungen  gegen  bie  ©hriften.  ©o  ©eptimiuS  ©eberuS  (193—211), 
melier  an  ber  SBenbe  be»  2.  gahrhunbertS  bie  2lHeinl)errfd)aft  im  Reidje 
erlangt  I)atte.  SDerfelbe  mar  anfangs  ben  ©Triften  geneigt;  ein  d)riftlid)er 
©Habe,  SßrofitluS,  Ifatte  il;n  in  einer  ^ranfljeit  geteilt  unb  lebte  in  feinem 
5palafte;  bei  mehreren  21nläffen  nahm  ber  $aifer  c£)ri[tlic^e  Männer  unb  grauen 
in  feinen  ©<huß.  Mein  in  ben  ^robinjen  berfu^ren  einige  ©tatthalter 
graufam  unb  tprannifd),  mie  bie  Verfolgung  in  Rfrifa  bon  197  bemeift,  auf 
bie  2-ertutIian  Ve^ug  nimmt ;  bismeilen  reijte  aud)  unborfid)tiger  ©ifer  einzelner 
©Triften  bie  tpeiben  ju  ©emalttpaten.  Um  202  ober  203  erlief  bann  ber 
Inifer  ein  firengeS  ©efeß,  ba»  bei  fdjmeren  ©trafen  ben  Übertritt  jum  ©t)riften= 
tum  berbot,  nadjbem  furj  borfjer  ebenfalls  bie  2lnnafjme  beS  gubentumS  ber= 
boten  morben  mar2.  35ie  Verfolgung  mittete  in  manchen  ©egenben  fo  heftig, 
bah  man  bie  ©rfcßeinung  beS  2lntidjriftS  für  beborftefjenb  hielt-  9Rit  ber  £)in= 
ricßtung  mar  häufig  bie  ©üterfonfiSfation  berbunben,  unb  außerbem  maren 
bie  ©hriften  fdfmählidjen  ©rpreffungen  preisgegeben.  21m  ftärfften  mar  bie 
Verfolgung  in  21frifa,  mo  bie  heiligen  grauen  Perpetua  unb  gelicita» 
mit  ihren  ©enoffen,  in  Rgßpten ,  mo  SeonibaS,  ber  Vater  beS  gelehrten 
OrigeneS,  bie  Jungfrau  ^otamiana  mit  ihrer  Viutter  911  arcella  unb  biele 
attbere  ben  Vtartertob  rühmlich  auf  fid)  nahmen  unb  bie  Kirche  burdj  glängenbe§ 
Veifpiel  berherrlidjten  unb  erbauten.  9Jfan  fiel)t  aus  ben  Vericßten  über  bie 
Verfolgung,  baß  ©eberuS  bei  feinem  Verbot  beS  Übertritts  jum  ©hriftentum 
fein  neues  Recht  einführte. 

©ünftiger  mürbe  bie  äußere  Sage  ber  ©läubigen  in  ber  golgejeit.  ©ara= 
calla  (211 — 217)  mar  perfönlid)  ben  ©hriften  geneigter,  bod)  bauerte  in 
Rumibien  unb  ^Mauretanien  bie  begonnene  Verfolgung  fort.  VtafrinuS  ber= 
bot  möl)renb  feiner  furjen  Regierung,  jemanben  megen  Veraltung  ber  ©ötter 
51t  berurteilen;  2IbituS  VaffianuS,  ber  fid)  ^eliogabaluS  nannte  (218 
bis  222),  bulbete  alle  Religionen,  meil  er  fie  alle  mit  feinem  fprifdjen  ©onnen= 
bienfte  ju  berfcßmeläen  trachtete.  SDer  ebelgefinnte  2llejanber  ©eberuS 
(222 — 235)  ßulbigte  einem  religiöfen  ©HefticiSmuS  unb  fchäßte  aud)  baS 


1  Epist.  Cornelii  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  45. 

2  Hist.  August,  in  Sever.  c.  17. 


1.  Sie  ßircfie  u.  ber  f)eibttifdE)=vömif(f)e  Staat  in  ber  erften  £>älfte  be§  3.  3fal)rf).  237 

(Sfjriftentum.  ©r  ef)rte  6^riftu§  als  ein  ^öfiere»  2Befen  neben  feinen  ©öttern, 
fteüte  beffen  Vitb  in  feinem  Sararium  neben  bem  beS  2lbral)am,  Orpheus  nnb 
5lpoHoniuS  bon  ©pana  auf,  ließ  bie  Söorte  ©fjrifii  Suf.  6,  31  in  bie  V3änbe 
feines  ißalafteS  eingraben  unb  gab  ben  ©Triften  nteljrfadje  SSeroeife  feines  2Bol)I= 
moüenS.  ©eine  Butter  Sulia  Vtammäa,  bie  großen  ©influß  auf  il;ren  ©obn 
patte,  ließ  in  Vntiocpien  ben  berühmten  OrigeneS  ju  fid)  lotntnen,  ber  fidjer 
bie  ©elegenpeit  benußte,  um  eine  günftige  ©timmung  für  baS  ©priftentum  in  ipr 
ju  nähren 1.  ©o  fe^r  bie  ©teflungnapme  biefer  ^aifer  baS  Vorgepen  ber 
faifertiepen  Beamten  gegen  bie  griffen  einfepränfte,  fo  blieb  bod)  bie  juribifdfe 
Sage  ber  Vefenner  beS  ©priftentumS  unöeränbert.  3n  biefer  3eit  fammelte  ber 
Surift  ©omitiuS  UlpianuS  in  bem  fiebenten  feiner  jepn  Viidfer  „Von  bem 
5lmte  beS  ifkofonfulS"  fogar  bie  faifertiepen  (Stlaffe,  bie  gegen  bie  (griffen  ge= 
geben  maren  ober  bod)  auf  fie  Vntoenbung  finben  fonnten.  ©iefetben  berfielen 
bem  ©efeß  nitpt  bloß  megen  VefenntniS  einer  „unerlaubten  Religion"  unb  tnegen 
©eilnaptne  an  einer  berbotenen  ©enoffenfepaft,  fonbern  fonnten  auch  megen  beS 
VtaieftätSberbrecpenS  unb  megen  ©afrifegS  angeftagt  unb  befonberS  im  lepteren 
gatte  ttad)  VMtlfür  ber  Dticpter  mit  ben  fepmerften  ©trafen  belegt  merben;  in  biefen 
beiben  letzteren  gatten  maren  bie  greien  ben  Unfreien  gleicpgeftetlt ,  ber  gotter 
unb  ben  ^ärteften  ©obeSarten  untermorfen.  Vud)  bie  VnUage  auf  3auberei 
fonnte,  befonberS  bei  munberbaren  ©reigniffen,  berfitdd  merben,  ebenfo  bie  3ln= 
ftage  auf  Vefiß  magifeper  ©djriften,  betten  bie  ^eilirjen  Vüd)er  ber  ©triften  Oott 
feiten  ber  Reiben  nur  ju  leidet  gfeidpgeftetlt  mürben 2. 

VIejanberS  Vtörber  unb  Vacpfolger,  ÜKajiminuS  ©prap  (235 — 238), 
paßte  bie  ©Triften  fepon  als  Vnpänger  feines  Vorgängers,  in  beffen  Umgebung 
(priftlicpe  §ofbeamte  gemeitt  Ratten,  unb  argmöpnte,  baß  fie  biefen  räd)ett 
mürben,  ©aper  braep  eine  neue  Verfolgung  auS,  bie  aber,  rneil  ber  ©pranit 
nid)t  allgemein  anerfannt  mar,  fid)  nicht  auf  alle  ifkobinjen  erftredte.  ©er 
ßaifer  befaßt,  bie  d)rifttid)en  Vorfteper,  Vifd)öfe  uttb  ©eififiepett,  bietteiept  aud) 
bie  Saien  jit  töten.  VotfStumutte  erhoben  fid)  aud)  mieber  gegen  bie  (Sfjrtften, 
benett  bie  ©djutb  att  entftanbenen  ©rbbeben  beigetegt  mürbe.  ©amatS  fd)rieb 
OrigeneS  feine  ©rtnapnung  jutn  Vtartprium  für  feine  fepmer  ^etmgefud;ten 
greunbe,  ben  ©iafon  VmbrofittS  unb  ben  ^rieftcr  ifkotoftetuS  bon  ©äfarea,  bie 
mirflid)  atS  Opfer  fielen.  VefonberS  mittete  ©ereniatt,  ©tattbatter  bon  $appa= 
bociett,  gegen  bie  ©priften.  Vacp  ©rmorbung  beS  VlapiminuS  regierten  ^3upienuS 
unb  VatbinuS  nur  furje  3^^  mie  aud)  bm  ©orbiatte ;  Philippus 
5lrabS  (244 — 249)  toar  ben  ©priften  f°  günftig,  baß  fid)  fogar  bie  Vteinung 
berbreitete ,  er  fei  fetbft  jur  $irtpe  übergetreten 3.  ©ieper  ftanb  OrigeneS  mit 

1  Dio  Cass.,  Hist.  rom.  75,  13;  78,  12.  Ael.  Latnprid.,  In  vita  Heliogab.  c.  3; 
In  Alex.  Sever.  c.  22  (Ckristianos  esse  passus  est).  28.  29.  43  sq.  49.  Euseb.,  Hist, 
eccl.  VI,  21.  28.  Oros.,  Histor.  VII,  18. 

2  ©egen  Collegia  illicita  bgl.  Sueton.,  In  Caes.  c.  62;  Octav.  c.  32.  Digest. 
L.  III,  tit.  IV;  L.  XL VII,  tit.  XXII.  Sott  lllpian  fagt  ÖactantiuS  (Instit.  div.  V, 
11),  er  habe  rescripta  principum  gesammelt,  ut  doceret,  quibus  oportet  eos  poenis 
nffici,  qui  se  cultores  Dei  confiterentur.  Srutpftücfe  Digest.  L.  I,  tit.  XVI;  L.  XVII, 
tit.  II,  3 ;  L.  XLVHI,  tit.  IV,  1 ;  tit.  XIII,  6. 

3  3ltt  bie  Seteprung  beS  ßatfer§  'PPiUfb  {Euseb.  1.  c.  VT,  34.  36.  Hieron., 
Chron.  a.  246)  glaubte  man  im  Slittetalter.  Sgl.  Order.  Vitalis,  Hist,  eccles.  I,  19, 


238  Sie  ©ntmicflung  unb  bie  iötüte  ber  tirc^Ii^en  SL^eotogie. 

ifjm  unb  feiner  (Battin  ©ebera  in  Vriefwedjfel,  unb  unter  feiner  Regierung 
genoffen  bie  (Stiften  bööige  Rulje ;  aber  im  öffentlichen  öeben  lieft  biefer  $aifer 
teine  ©pur  bott  ©bjriftentnm  erfennen.  SDafj  er  in  Anttod)ien  bon  Vtfchof 
VabtüaS  rnegen  nic^t  gegifteter  Vufie  für  frühere  Verbredien  (tbie  bie  ©r= 
morbung  feines  Vorgängers)  bom  ©otteSbienfte  au»gefd)Ioffen  rnorben  fei  unb 
jule|t  fid)  ber  Suffe  unterzogen  haft©  mag  wof)I  eine  flüe  ®a9e  [ein,  a^er 
auch  fautn  mehr  als  eine  ©age. 

3n  biefer  langen  Seit  ber  Ruhe,  bie  nur  burch  SSJlajimtnuS  unterbrochen 
mürbe,  machte  bie  Ausbreitung  beS  ©fjrifientumS  grojze  gbrtfdjritte.  Überall 
touchS  bie  3afd  ber  Vtitgtieber  ber  chrifttidjen  ©emeinben.  Mein  bamit  fanben 
auch  weniger  berufene,  irbifd)  gefinnte  fölenfdjen  in  bie  Kirche  Aufnahme,  unb 
auf  ältere  ©lieber  übte  ber  lange  Triebe  einen  erfdjtaffenben  ©influjj.  ®er 
$hatfache,  menn  auch  nicht  bem  gefdfriebenen  Rechte  nach,  beftanb  bamatS  für 
bie  ©fuiften  Religionsfreiheit.  3mbem  ber  gelehrte  OrigeneS  biefe  SUfatfache 
anerfannte,  fah  er  hoch  neue  Verfolgungen  üorauS,  ba  bie  Reiben  bem  Auf= 
hören  ber  Verfolgungen  bie  Überhanbnahme  ber  ©tuifien  unb  biefer  bie  bieten 
Mfftänbe  unb  Kriege,  überhaupt  baS  Unglüd  beS  Reiches  jugefchrieben  haben 
mottten,  mar  aber  auch  feft  überzeugt,  bajj  bie  Kirche  alle  biefe  ©türme  fieg= 
reich  beftehen  merbe. 

„Sa  bie  ©hl'ifteu,  melche  baS  ©ebot  erhalten  haben,  fic£)  nicht  an  ben  fyeinben  zu 
rächen ,  baS  fanfte  unb  menfdjenfreunbliche  ©efep  beobachteten ,  io  haben  fie  baSjenige, 
toaS  fie  nicht  erreicht  haben  mürben,  felbft  menn  fie  bie  SefugniS  gum  ßriegführen  unb 
noch  bagu  bie  nötige  Stacht  hierfür  gehabt  hätten ,  gleichmofü  Oon  ©ott  empfangen,  ber 
fietS  für  fie  fämpft  unb  zur  rechten  3eU  benen  9tut)e  gebeut,  bie  fi<h  ihnen  entgegenftetten 
unb  fie  auSrotten  motten.  Senn  zur  ©rinnerung  für  fie,  auf  baff  fie  beim  AnbticE  meniger 
«Streiter  für  bie  tftetigion  bemährter  mürben  unb  ben  Sob  Oerachteten,  finb  Oon  3eit  zn 
Seit  Sßentge  unb  leicht  zn  Sähtenbe  für  bie  cfjtiftliche  Otetigion  geftorben,  inbem  ©ott  nicht 
baS  gange  Sott  ber  ©hriften  auSgurotten  geftattete;  bielmehr  mottte  er  baS  33efiet)en 
beSfetben ,  mottte ,  baf?  bie  gange  ©rbe  oon  biefer  heitbringenben  unb  heilig  erhabenen 
Sehre  erfüllt  merbe.  Auf  ber  attbern  ©eite  aber,  bamit  bie  «Schwächeren  au§  ber  SobeS« 
furcht  aufatmen  tonnten,  forgte  ©ott  für  bie  ©laubigen,  inbem  er  burch  feinen  bloffen 
äßitten  alte  Stachftettungen  gegen  fie  gerftreuie,  fo  bap  meber  ßaifer  noch  Statthalter 
noch  S3ott§mengen  meiter  gegen  fie  müten  tonnten.  .  .  .  SBie  ©ottes  Slorfetjung,  ba  fie 
nicht  ferner  ben  jübifdjen  ßuttuS  mit  feinen  Opfern  ausgeübt  haben  mottte,  benfetben 
aufhob,  fo  hat  fie  auch  bie  chrifttiche  ^Religion  fortmährenb  erhöht  unb  ihr  größere  Aus« 
behnung  Oerfcfjafft,  fo  baff  fie  jetjt  frei  Oertünbigt  merben  tann,  obfchon  unzählige  §inber= 
niffe  ihrer  Ausbreitung  entgegenftanben.  Sa  aber  ©ott  es  mar,  meldjer  mottte,  baff 
auch  bie  Reiben  bnrch  bie  Sehre  $efu  gefegnet  merben  fottten,  fo  mürben  alte  menfctjtichm 
Anfcfiläge  gegen  bie  ©triften  gu  (Schanben  gemacht,  unb  je  mehr  ßaifer,  Statthalter  unb 
3Solt§haufen  biefetben  gu  unterbrücten  fugten,  befto  zahlreicher  unb  befto  gemattiger  finb 
fie  gemorben.  .  .  .  Söahrfcheintich  mirb  bie  ben  ©täubigen  gemährte  Utut)e  unb  Ungeftört= 
heit  in  biefem  äußeren  Sehen  halb  ein  ©nbe  nehmen,  ba  bie,  melche  unfere  Sehre  in 
jeber  SSeife  Oerleumbert,  ben  ©runb  ber  jeijigen  Unruhen  unb  Kriege  in  ber  groffen  3af|I 
ber  ©täubigen  unb  barin  finben  motten,  baff  biefe  nicht  mehr  mie  früher  Oon  ben  Statt« 
haltern  Oerfolgt  merben.  Senn  mir  haben  üom  göttlichen  Sßorte  gelernt,  meber  im 


ed.  Duchesne  p.  70 :  Primus  omnium  imperatorum  christiaims  factus  est.  Petr.  Bles., 
Ep.  47  ( Migne ,  Patr.  lat.  CCVII,  139):  Philippus  inter  Rom.  principes  primus  fuit 
fidei  christianae  professor.  3n  ueuefter  3eit  haben  2t  it  b  e  (Les  cliretiens  dans  l’empire 
romain  p.  471)  unb  Stttarb  (Histoire  des  persecutions  II,  215  ss.)  baS  chrifttiche 
JBefenntniS  beS  Philippus  ArabS  als  ficher  ober  fehr  mahrfcheintich  angenommen. 


2.  35er  91eubtatoni§mu§  unb  beffert  58erf|ältni3  311m  g^riftentum.  239 

Stieben  ber  ©rfdjlaffung  un§  hÜHugehen,  nod)  in  ber  töerfotgung  burd)  bie  Sfflett  uu§ 
entmutigen  unb  »on  ber  Siebe  gegen  ben  Sott  aller  3)inge  un3  absiehen  gu  taffen. 
Söenrt  ©ott  bem  Jöerfn^ier  geftattet  unb  itjm  bie  ©ewatt  giebt,  uni  gu  berfotgen,  bann 
werben  wir  »erfolgt.  Söitt  aber  ©ott  un§  ba§  nid)!  erleiben  taffen,  fo  haben  wir  auch 
in  ber  un§  baffenben  Söett  auf  wunberbare  Slßeife  Stieben  unb  hegen  Vertrauen  auf 
ben,  ber  gefagt  hat:  Seib  getroft,  idjrlja&e  bie  SGßelt  befiegt  (geh-  16,  33).  Unb  in 
ber  Süjat  hat  er  bie  SGßelt  befiegt;  bat)er  hat  bie  SGßelt  nur  fo  Weit  ttßadjt,  als  er  eä 
will,  ber  fie  befiegt  hat,  ber  »om  Sßater  bie  SDladjt  erhalten,  fie  gu  überWinben.  Stuf 
feinen  Sieg  »ertrauen  Wir.  SGßitt  er  aber  Wieberum  un$  für  bie  ^Religion  tämpfen  unb 
ftreiten  taffen,  fo  mögen  SGßiberfadjer  fommen,  benen  Wir  fagen  werben:  Sch  »erwäg 
altes  burd)  ben,  ber  mid)  ftärtt,  ©hrifimtt  Sefum  unfern  §errn  (tßhil.  4,  13).  3)ie 
djrifttiche  ^Religion  Wirb  einft  allein  herrfdjen,  ba  bie  göttliche  SGßaljrheit  immer 
mehr  Seelen  gewinnt."  1 

2.  Ser  9teublatoni8ntu§  unb  bcffcn  SScr^altniS  guut  ßljriftentuut. 

Sitteratur.  —  Plotini  Opera  omnia  ed.  Oxon.  1835.  3  voll.  Porphyrii  Opusc., 
ed.  Nauck;  2.  ed.  1866.  Porphyrii  Reliquiae ,  ed.  Wolff,  Berol.  1856.  (Sragntente 
beS  iporphhtiu^  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  19;  Praepar.  evang.  I,  9;  IV,  6;  V,  5; 
X,  9 ;  Demonstr.  evang.  III ,  3 ,  6.)  August. ,  De  civ.  Dei  X ,  26 — 32 ;  XIX ,  23. 
Theodoret.,  Graecar.  affectionum  curatio  XII  (ed.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXII1,  1152). 
Holsten,  De  vita  et  scriptis  Porphyrii.  Romae  1630.  Fabricius ,  Bibi,  graeca  IV, 
207  sqq.  A.  Maius,  Porphyr,  ep.  ad  Marcellam.  Mediol.  1816.  ■ —  3)  äh  ne,  ©efd).  ber 
ßtej:anbr.  DleIigion§bhÜofoübie-  tpatte  1834.  $.  33ogt,  DieuptatoniSmuS  unb  ©htiften» 
tum.  Söertin  1836.  gelter,  ©efd)id)te  ber  griedt).  ?Phif°ToPh)ie-  2.  Slbt.,  3.  33b.  Seipgig 
1896.  21.  g.  ßteffner,  5porbhhnu8/  ber  Sleuptatonifer  unb  ©hriftenfeinb.  ipaberborw 
1896.  ©.  DiothoII,  tptotin  unb  baS  ©htiftentum.  (3)iff.)  Sena  1899.  Sdjmibt,  iptotinS 
Stellung  gum  ©nofticiSmuS  u.  311m  tirdjt.  ©hriftentum  (Siebte  u.  Unterfudj  ungen,  91.  S- 
V,  4).  Seipgig  1900.  SIrt.  „91eublatoniSmuS"  bon  ßteffner  in  Sßejjer  unbSOßette’ö 
&ird)entejiton  IX  (2.  Stuft.),  194—217. 

®ie  2enbeng,  burd)  bie  ^p^ilofop^ie  ba§  ^eibentum  in  feiner  religißfen 
unb  fittlidjen  ©runblage  gu  berebeln  unb  ba§felbe  in  biefer  ben  ©eift  mehr 
befriebigenben  ©eftalt  bem  ©hc©en©m  entgegengufteüen,  trat  im  3.  Saljrhunbert 
immer  mehr  herl)or.  ©§  mar  bor  allem  ber  9ieuf)Iatoni§mu§,  ber  eine 
^Regenerierung  be§  §eibentum§  unternahm  unb  eine  mahre  religiöfe  ©efinnung, 
berbunben  mit  einem  fittlid)en  Sehen,  unter  ben  Reiben  gu  förbern  ftrebte.  3b 
ber  neuplatonifdjen  ©dfule  unb  bereit  SRichtung  raffte  bie  alte  5ßhiM°P§ic  iPre 
le^te  Ä'raft  gufammen,  ba§  geiftig  immer  mehr  fintenbe  fpeibentum  aufreiht 
gu  erhalten;  fie  ftellte  fid)  bie  Aufgabe,  in  ben  berfdfiebenen  hhü°f0P§if^en 
©hftemen  ber  IBorgeit  mie  in  ben  3]olf»religionen  eine  innere  mefentlicbe  ©in= 
heit  bei  aller  $8erfd)iebenheit  ber  dufteren  gönnen  unb  ornamentalen  33eimerfe 
nacbgumeifert ,  gu  geigen,  baft  in  allen  SGßaljrheit  fei,  fie  fid)  gcgenfeitig  er= 
gängten,  feitte§meg§  bie  gegnerifd)erfeit§  barin  gefunbenen  SCßiberfprüche  in  fid) 
trügen,  baf3  alle  h«bnifd)en  $ulte  berfdjiebene  OffenbarungSmeifen  berfelben 
©ottheit,  bie  eine  Pjilofopljm  mit  ber  einen  ^Religion  gu  einem  ©angcit  gu 
»erfcbmelgen  fei.  Sie  Säuterung  be§  oolf§tümIid)en  ©ötterglauben§  füllte  er= 
folgen:  1)  burd)  ^urüdfüljtung  aller  IReligionSfhfteme  auf  bie  allen  gemeim 
jamcn  ©runbmaljrheiten,  2)  burd)  innige  Ißerbinbung  berfelben  mit  ber  ^hito- 

1  Orig.,  C.  Cels.  HI,  8,  ed.  de  la  Rue  p.  452;  bann  VH,  26,  p.  712.  713;  III,  15, 
p.  456 ;  VIII,  68.  70,  p.  793  sq.  Siehe  aud;  bie  Sch  über  ung  bei  Cypr.,  De  laps.  c.  6, 
ed.  Hartei  p.  240  sq. 


240 


Sie  ©nttoicffung  unb  bie  SStüte  ber  fird)lidjett  Sbeofogie. 


fofdjie ,  3)  burcf)  3ttf)ilfenal)me  d)riftlicber  Se^rftoffe ,  4)  burd)  aHegorifd)e 
Deutung  ber  TO^tfien,  bie  al§  btdfterifdie  unb  geiffboüe  §)üHe  öerborgener  2ßat)r= 
feiten  erfdfienert.  2ll§  ©rünber  ber  neuplatonifdjen  ©djule  tn  Stlejanbrien  gilt 
5lmmontu§  ©affa»  (geft.  242),  ber  üom  ßfjriftentum  roteber  abgefatlcn 
fein  foU 1,  in  beffen  ©djule  aud)  Origene§  feine  pljilofopfjifdie  5lu§bilbung  er= 
(fielt.  9lm  meiften  f)ot»  bie  ©djule  beffen  ©etiler  ^lotirtu§,  geb.  um  205 
ju  8t)fopolte  in  Sigbert,  geft.  261,  ber  bie  eigentliche  (Begründung  be§ 
©tyftemä  in  feinen  54  Südfern  (6  ©nneaben)  gab.  Da§felbe  ift  ein  ftrenger 
(Segenfajj  be§  3Rateriati§mu§  unb  ©feptici§mu§,  felbft  be§  (Snoftici§mu§ ,  auf 
einem  ibealifitfdjen  ©tanbfmnft  mit  ©rmeiterung  unb  3Iu§bilbung  ber  |Jla= 
tomfdjen  (ßffilofoplfie. 

©runbpge  beg  ©bftemg  finb :  1)  Sie  finnfidfe  Sßabrnebmung  bat  feine  Söabrbeit 
in  fid£),  fonbern  nur  bag  in  ber  Vernunft  erfannte  Überfinnfidje  ift  toabr.  Siefeg  erfennt 
aber  bie  Vernunft  nicht  burd)  äußere  ©rfabrung ,  nid^t  burdj  (ßegriffgenttoicffung  unb 
©djfufjfofgen ,  fonbern  burcf)  ben  inneren  ©imt,  burd)  unmittelbare  geiffige  Slnfdjauung 
(intuitus  immediatus,  „Sbeoria").  Sag  Qbjeft  toirb  brobnjiert  burcb  bag  Senfen, 
inbem  bie  götifidje  3nteffigenä  (voü g)  bie  ©eefe  erleudjtet,  bie  fidb  fammeft  unb  ju  ihr 
ficb  febrt,  fo  baf?  fie  erhöbt  unb  bereinfadjt  toirb  unb  mit  bem,  toag  fie  fdjaut,  aug  fid) 
felbft  berauätretenb,  in  eins  jufammenffiefjt.  Siefe  unbegreifliche  Sfnfdjauung  fantt  nidjt 
gelehrt  unb  gelernt  toerben;  fie  fommt  oom  ©öttfidjen  felbft  unter  fülittoirfung  ber 
Sfgfefe  unb  ber  Sbeurgie.  Surdj  biefe  2fnfd)auung  erfennt  bte  Jöermtnft  bag  Überfinn= 
fidje  nnb  ©öttfidie.  2)  Sag  bödOfte  abfofute  ©ein,  bie  oberfte  ©ottljeit,  berfet  bag 
©ine,  iffrinp)  affeg  ©eing  unb  Senfeng,  fpotenj  p  aftem,  fein  ©injefneg  unb  nicht 
bie  ©efamtbeit,  ohne  Quantität,  Qualität,  3orm  unb  ©igenfdjaft,  bag  reine  beftimmungg= 
fofe,  abftrafte  ©ein  —  bag  einfach  ©eienbe,  namenfog  unb  unbegreiflidh.  2flfeg  ift  burCh 
biefeg  tranfcenbente  ©ine,  bag  aud)  bag  ©ute  helfet.  @g  ift  nichts ,  fann  aber  affeg 
toerben,  eg  ift  affeg  unb  ift  and)  nichts ,  ift  bie  fjfiitte ,  ja  bie  Überfülle,  bie  aber  nodj 
in  fidj  fefbft  toie  in  einem  fünfte  befdjfofjen  ift.  3)  Stfg  (ßrinaib  beg  ßebeng  mufe  eg 
aber  ettoag  aug  fiCh  erzeugen,  unb  fo  emaniert  aug  ihm  afg  fein  Sfbbilb  ber  ©ei ft 
(voü g) ,  bag  jtoeite  göttfid)e  fprinjib ,  gfeidjfam  eine  ttmfirabfuug ,  bem  bie  ©onne  um= 
gebenben  ©fanje  ähnlich,  bei  bem  biefe  unbetoegfidj  bleibt,  ©r  ift  bag  ISitb  beg  ©inett, 
bag  Slefte  naCh  ihm  nnb  ftetg  mit  ihm  oereint :  auCh  er  bat  ©inbeit,  aber  nidjt  mehr  bie 
abfofute,  fonbern  fChon  eine  getoiffe  föiefbeit;  er  ift  ©inbeit  unb  gtoeibeit;  in  ihm  ruht 
bie  Suplijität  beg  Senfeng  unb  beg  ©eing.  Sag  ©ebadjte  ift  aber  unenbfidj  mannig= 
faftig.  3nbem  ber  91ug  auf  bag  ©ine  binbficft,  toelc^eS  bie  SDtögfidjfeit  affeg  SGBirffichen 
ift,  unb  eg  benft,  toirb  bag  SJtögfidje  beftimmt  unb  begrenzt  nnb  erhält  ©eftaftung;  eg 
entfteben  bie  3b een  (©faegieS,  vo-qrd),  toefChe  afg  einzelne  fid)  boneinanber  unterfdjeiben 
unb  bod)  toieber  in  bemfefben  ©eifte  jur  ©inbeit  pfammengefajjt  finb.  Siefer  3nOegriff 
ber  unenbficben  fDtannigfaftigfeit  beg  ©ebadjten  unb  ©eienben  helfet  nun  bie  3beaf= 
toeft  ( xoff/xo g  vorjrog) ,  bie  ^iitte  ber  3been,  bie  im  peilen  göttlichen  fprinjip  (9tug) 
befChfoffen  liegt.  4)  Sag  britte  göttfidje  ißrinjib  ift  bie  ©eefe  \<puyri  —  Urfeefe), 
SSifb  beg  9htg,  ju  biefem  ftcf)  öerbaftenb  toie  biefer  p  bem  ©inen.  Qfnbem  fiCh  biefe 
affgemeine  Söeftfeefe  betoegt,  entfteben  bie  einzelnen  ©eefen,  bie  afg  2lrten  in  ber  ©attung 
ber  affgetneinen  SCÖeltfeefe  lagen.  Siefe  toirb  nun  bie  SBifbnerin  ber  ©innentoeft 
(zö<t/j.os  alffityrug)  gfeidltoie  ber  91ug  Sßtfbner  ber  ^ybealtoelt  ift  (iJHotinifChe  Srinität). 
Sie  ©innentoeft  ift  Slbbifb  unb  üleffej;  ber  Sbeaftoeft,  ibreg  Ur=  unb  SSorbilbS ;  in  biefer 
finb  bie  Stjpen  ber  ©rfd)einunggtoeft;  toag  in  festerer  ift,  bQt  in  jener  fein  Urbifb. 
5)  Sa  aber  bie  einzelnen  3been  neben  ihrer  ©inbeit  im  9tug  aud)  ihr  befonbereg  Safein 
haben,  fo  toirb  bie  3beaf=  ober  inteffigibfe  Sßeft  auch  afg  ©eifte r reid)  gefafet.  Siefeg 


1  Sem  Sfmmoniug  ©affag  (aud)  ©affobboro^)  foffen  anbere  Sebrer  ooraug= 
gegangen  fein,  nach  ©nibag  ifJotamon  unb  ein  äfterer  Sfmmoniug  unter  fßefpafian.  Über 
feine  ©djufe  ftebe  auch  Phot.,  Biblioth.  cod.  251.  214. 


2.  Ser  VeufdatontSmu§  unb  beffen  S3erljältni8  3um  ©Ijriftentum.  241 

umfaßt:  a)  bie  ©ötter,  unb  jtoar  bie  übertoeltlidjeu,  unfidjtfiaren ,  immateriellen,  rein 
geifiigen,  toie  auch  bie  toeltfcetoofjnenben,  foämifdien,  fidjtbaren,  finttlidjen,  bie  abS  ©tljnardjen 
bie  einzelnen  Seite  ber  2BeIt  regieren  unb  Seitgötter  heißen;  b)  bie  Sämoneit,  gute  unb 
böfe;  c)  bie  (Seelen  ber  SJtenfdjen.  6)  Sie  Sinnentoelt  entfielt  baburd^,  baß  bie  2ßett= 
feele  bie  SSerftanbeSformen  bom  Stu3  aufnimmt  unb  itjrerfeitg  ein  fdjtoädjereS  (Stad^) 
33itb  ( eldcolov )  ber  in  itjrn  geflauten  Sbeen  erzeugt;  ba$  ift  bie  empfinbenbe  unb  toabr= 
nebmenbe  niebere  Seete  (al'vftrims) ;  aus  biefer  lammt  bie  jjeugenbe  Staturfraft ,  ba§ 
ßeben;  barauä  fteigt  bie  Seele  immer  tiefer  ^inab  in  untergeorbneten  ©eftaO 
tungen,  bis  fie  fid)  enbticf)  in  bie  SRaterie  ergießt,  in  ber  fie  bie  3been  äußertidj  bar= 
fteftt.  Sie  SDtaterie  (üXrj)  ift  bie  außerfte  ©renje  biefer  ©nttoicttung ,  ba§  Stegatibe, 
ßeere,  ^ormtofe.  Sie  Seele  toirb  böfe  burd)  baS  ©ingeben  in  bie  SUtaterie,  burd)  baö 
fjerauStreten  aus  bem  Stbfotuten.  Siefe  SSefouberung  unb  tBerenbtidjung  ift  aber  not= 
loenbig  auf  ber  unterften  Stufe  ber  ©ntmidtung.  7)  Ser  Vtenfdj  entftanb  burd)  ein 
£>erabfinfen  ber  Seele  aus  bem  früheren  bottfommeneu  3llftanbe  (ißräejiftenä),  atö  fie 
ettoa?  für  ftd^  fein  unb  bon  ihrem  Urfprung  fid)  unterfdjeiben  toodte.  (Siefer  Stbfad 
toirb  einerfeitö  at§  freimütig,  anberfeitS  bodj  roieber  at$  unfreituittig  betrautet;  es 
fdjeint  aber  bie  freiere  Semegung  nur  ben  äußern  3'bang,  nidjt  bie  innere  Nötigung 
au$3ufd)tießen.)  Xßenbet  fid)  bie  Seele  jur  finntidjen  Statur,  fo  fintt  fie  in  bereu 
Sptjäre  herab.  3m  SJtenfdjen  toirb  eine  ^öf>ere,  bernüitftige  unb  eine  niebere,  pbbfift&e 
Seele  unterfcfjieben.  Seine  iBeftimmung  ift  Stücttetjr  in  ba§  3ntettigible  unb  ©rßebung 
bon  biefem  jum  ©inen;  Sttittet  baju  finb  bie  Sdudjt  aus  bem  ßeibe  unb  §in= 
menben  3um  ©uten  —  Sugenb,  bereit  tjödifte  Stufe  bie  ©fftafe,  bie  mtjfiifdje  Vereinigung 
mit  ©ott  ift. 

^ßerföntid)  roar  ^Biotin  ein  ernfter ,  retigiö§=fittti<her  ©ftarafter ,  ber  in 
feinem  Sebeti  bie  ftrengfte  9t5fefe  übte,  etjeto§  blieb,  nie  ffteifcfe  afe  unb  fid) 
auäfcpliefelidj  ber  p^i!ofopf)ifcf)en  Vetradjtung  pingab.  (Sr  mottle  nid)t  blop 
ttjeoretifcheS  Söiffen  bermitteln,  fonbern  bor  allem  and)  ba§  frttlicpe  Seben  feiner 
©d)iiler  förbern.  S)e»f)alb  genoß  er  ba»  größte  Vnfefjen  unb  bie  t)öd)fte  93er= 
efjrung  in  ben  Greifen  feiner  jafjlreidfen  5M)änger. 

2ßar  bei  ißIotinu§  nod)  feine  geinbfetigfeit  gegen  ba§  (Shriftentum  beab= 
fidptigt ,  fo  mufete  biefetbe  bod)  batb  fjerbortreten ,  fdjon  meit  biefe§  fid)  nicht 
roie  bie  anbern  ^Religionen  bepanbetn  tiefe,  bietmefer  alten  93erf dpmetjung§= 
berfud)en  mit  feinen  Vnfprüdjen  auf  VUeingüItigfeit  entfd)ieben  miberftanb;  Zu¬ 
bern  mürbe  biefe»  pantheiftifd)=mpftifd)e  ©pftem,  je  mefer  e§  fid)  ber  peibnifdpen 
Vielgötterei  anbequemte,  befto  mehr  jur  Vefämpfung  ber  djriftlidjen  ^Religion 
gebrängt.  @d)on  be§  $totinu§  ©djiiter  ^orphferiuS  au§  2t)ru§  (geft.  304 
ju  fRom) ,  obfdfon  bietfad)  bon  dirifttidjen  Ssbeen  erfüllt,  fdprieb  fünfgepn 
Vücper  gegen  bie  griffen.  (Sr  nahm  bie  meiften  feiner  (Sinroenbungen  au§ 
bem  mitten  unb  fReuert  Seftament,  fucpte  SBiberfprüdje  jmifd)en  ben  Vpoftetn 
nat^jumeifen ,  befätnpfte  bie  S)arftettung  be§  Ceben§  3efu  unb  feiner  ttöunber, 
bie  Dogmen  bon  ber  Vuferftefeung  unb  bon  ber  (Smigfeit  ber  ipöttenftrafen. 
Voll  £)afe  gegen  ba§  (Sferiftentum,  bon  bem  er  nad)  Stuguftin  u.  a.  abgefallen 
fein  fott,  fud)te  er  bie  peibnifcpe  (Böttertepre ,  roie  fie  befonberä  in  ben  OrafeI= 
fprücfeen  fid)  fanb,  al§  ber  Vernunft  unb  ber  maferen  ^feitofopfeie  ganj  ent= 
fprecpenb  nacpjumcifen ,  mäferenb  er  bie  Ungereimtheiten  ber  Vtptpen  burd) 
Phhfifalifdje  unb  aüegorifche  Vu§tegungen  au§  bem  Söege  ju  räumen  fudpte. 
Vielen  fReuptatonifern  mar  ©^riftuS  ein  2öeifer  unb  $f)eurg ,  ba§  (Sferiftentum 
aber  eine  Verfälfdpung  feiner  urfprünglicp  mit  ber  platonifdpen  ganj  Übereim 
ftimmenben  Sefere,  metd)e  feine  ©cpütcr  tnifeberftanben  haben  foHen ,  bie  if)n 
fälfdplicp  ju  ©ott  gemacht ;  nur  fott  Sefu»  barin  gefehlt  ha&en,  bafe  er  an  ba§ 

^>evgciivött)er,  ßir(§cngcf(5itStt'.  I.  4.  9luft.  16 


242 


Sie  gnttoitflung  unb  bie  iölüte  ber  !ircf)Ud)en  S^eologie. 


Subentum  anftatt  an  baS  §eibentutn  fidj  anfdjtofj 9to<h  heftiger  unb  fdjmälp 
füdjtiger  ermieS  ficf)  §ierofteS,  Statthalter  öon  S3it^t)nten,  bann  Oon  $gt)pten, 
in  feinen  gtoei  S3üc£)ern  (303)  „SßahrheitStiebenbe  Dieben  an  bie  (Sffrifien", 
morin  er  bie  ißetfon  beS  ©rtöferS  ^erabfe^te  unb  tief  unter  DtpottoniuS  bon 
Spana  fteöte1 2.  5Iuch  ein  Ungenannter  fdjrieb  bamatS  gegen  bie  ©Triften, 
beffen  Such  berloren  ging.  9In  ißtotinuS  unb  5porp^^rius  fdjtof?  ficf)  3  arm 
blicbuS  aus  (ShalfiS  (geft.  333)  an,  an  biefen  mieber  bie  Späteren  Diebner 
unb  Sopt)iften  SibaniuS,  §imeriuS,  3Ujemiftiu§.  DtuS  ben  auch  bon 
3uben  gebrausten  orph)tfcf)en  Schriften  unb  auS  §ernteg  SriSmegiftoS  fuchtelt 
bie  Reiben,  fo  gut  mie  aus  ihren  Orafetn,  39emei§momente  gegen  baS  ©hriftentum 
gu  entnehmen,  mährenb  auch  bie  Schriften  beS  3uben  ptpo  btel  benutzt  mürben. 

Sie  atejanbrinifche  Spefutation  höbe  bebeutenben  ©inftujü  fotnoht  auf  bie 
djrifllichen  Setten  als  aud)  auf  einzelne  chriftliche  8et)rer,  bie  baS  bem  ©tauben 
fyeinbfelige  barauS  gu  entfernen  fudjten.  Ser  DieuptatoniSmuS  mürbe  fo  für 
bie  ©ntmidtung  ber  firdjlichen  Shejü°9te  bon  großer  Sebeutung.  Sein  Softem 
bot  in  bieten  fünften  bie  ©runbtage  für  bie  fpefutatibe  Sehanbtung  ber 
©laubenSmahrheiten  be§  ©h^ftentumS.  gmuptfächtich  beruht  ba§  Sefirfpftem 
beS  großen  DtteranbrinerS  DrigeneS  bietfach  auf  ber  neuptatonifchen  ißhd0:: 
fopf)ie ,  unb  burch  bie  gasreichen  unb  bebeutenben  Schriften  biefeS  tirchtichen 
2e£)rer§ ,  metcher  lange  3eit  huümtü)  bet  Stheotogie  ihre  Dticptung  gab ,  bitbete 
bie  pI)ihofopf)tfcf)e  ©rfenntniS  in  ber  ©eftalt,  toelche  ihr  ber  DieuptatoniSmuS 
gegeben  hatte,  bie  formale  ©runbtage  für  bie  ttfeotogifche  Söiffenfdfaft  im  3. 
unb  aud»  noch  im  4.  ^afmhunbert. 

3.  Stilgemeineg  über  bie  firchlidptheotogifdjc  SBiffenfdjaft  im  2.  unb  3.  3ahr= 

tjunbert. 

Sitteratur.  —  ©tßdl,  ©efc^id^te  ber  djnfil.  tp£)iIofop^te  gur  3eü  ber  ßircben= 
oäter.  SJtainj  1891.  6  d)  in  a  n  e ,  Sogntengefc£)icf)te  ber  bornicänifd^en  Seit-  2.  Stuft. 
Srreiburg  i.  S3r.  1892.  §arnacf,  Sbogmengefcfjic^te.  33b.  I.  3.  Stuft,  ffreiburg  t.  S3r. 
1894.  §atd)  =  Dtreufd)en,  ©rted)entum  unb  ©briftentunt.  gfreitiurg  i.  33r.  1892. 
Seltner,  §etteni§mu§  unb  ©briftentunt.  Sötn  1866. 

3ur  ©rtauterung  unb  33egtünbung  beS  reichen  bogmatifcben  Seljrftop  ber 
Kirche  hatten  bereits  im  2.  Sahrljunbert  bie  chrifttichen  ©eiehrten  ihr  gefatnteS 
PhitofophifcheS  unb  htftarif^e§  SBiffeit  gu  Oermerten  fid)  bemüht  unb  batb  mit 
größerem ,  batb  mit  geringerem  ©rfotge  eS  unternommen,  teils  einzelne  2Bahr= 
heiten  beS  ©tpfüntumS,  teils  beren  ©efamtinhatt  in  einet  ben  miffenfdhafttid)  ge= 
bitbeten  DQiännern  ihrer  ged  gufagenben  Sarftettung  gu  erörtern  (f.  oben  S.  203  ff.). 
Sie  bauten  auf  ben  in  ben  neuteftamenttiepen  Schriften  gegebenen  ©runbtagen 
meiter;  fie  forfchten  fobann  emfig  nach  ber  Überlieferung  ber  älteren  23äter  unb 


1  S)ie  Söiberlegungen  Don  SDletbobiuS ,  @ufebiu§ ,  SlpottinariS  Oon  ßaobicea  unb 
tPhitoftm'giuS  ( Hieron De  vir.  ill.  c.  83;  Ep.  84  ad  Magn. ;  Ep.  44,  al.  65  ad  Pam- 
mach. ;  Praef.  in  Dan.  Philostorg.,  Hist.  eccl.  VIII,  15)  ftnb  unä  ebenfo  berloreit  tote 
bie  fiinfget)n  Studier  be§  tporpbbriuS ,  bie  Später  She°bofiu§  II.  (449)  3unt  3?euer  oer- 
urteitte. 

2  Über  Cpierofleg  f.  Lact.,  De  raort.  persecut.  c.  16;  Inst.  div.  V,  2.  Euseb., 
C.  Hierocl. 


3.  2tttgemeine3  übet  bie  fird)tid)=tpeologifcpe  2ßif|enftf;aft  im  2.  u.  3.  $aprp.  243 

bet  berüpmteften  $ircpen ;  fie  lafert  mit  ©ifer  bie  ©Triften  beS  5Hten  VunbcS, 
in  bem  fie  ben  Sielten  öorgebilbet  fanben,  unb  mären  meit  entfernt,  beffen  bor= 
bereitenbe  unb  erjiepenbe  Vebeutung  ju  betfennen,  mcnn  fie  aucp  bas  neue 
©efep  (na<p  Ser.  31,  31.  Sf-  51,  4)  im  ©priftentum  als  baS  pöpere,  als 
bie  Voücnbung  beS  alten  erfaßten  1.  SBenn  fie  bann  ppilofoppiftpe,  befonberS 
platonifcpe  unb  ppilonifd)e  Sbeett  benutzen,  fo  gefdjap  bieS  meiftenS  nur  in 
Vejug  auf  bieftorm  ber  Sarftcttung,  auf  bie  Terminologie,  auf  bie  bialeftifdje 
Vegrünbung.  (Sinjetne  jmar  napmen  aud)  ben  Snpalt  biefer  sppilofoppeme 
mit  größerer  ober  geringerer  Vollftänbigfcit  in  ficb  auf,  opne  aber  baS,  mag 
auSfcplieplid)  benfelben  angepörte,  barum  jur  allgemeinen  ©eltung  in  ber  $ird)e 
bringen  ju  lönnen,  bie  öfters  fogar  in  ben  ffall  fam,  bie  aus  pellenifcpen  Stn= 
fd)auungert  einzelner  ftanttnenben  Verirrungen  nacpbriidlid)  jurüdsumeifen 2. 

Sn  nocp  größerem  Vtape  mürbe  bie  fircplidptpeologifipe  Söiffenfcpaft  ge= 
pflegt  in  ber  3eit  bom  SluSgang  beS  2.  bis  jur  DJlitte  beS  3.  SaprpunbertS. 
SDiefer  3eüraum  jeigt  uns  bie  pödjfte  Vtüte  ber  2peologie  innerhalb  ber  bor= 
fonftantinifd)en  ©pod)e  ber  $ircpengefd)id)te.  SDie  firdflüpen  Seprer  unb  ©cprifD 
fteller  biefer  3eü  fnüpften  an  bie  fftefultate  ber  ©eifteSarbeit  iprer  Vorgänger 
an,  beren  ©Triften  fie  lafen  unb  benutzen.  Slllein  fie  bepnten  baS  (Gebiet 
ber  Unterfud)ung  meiter  aus,  inbem  fie  neue  fragen  pineinjogen,  unb  fie  ber= 
tieften  bie  miffenfdjaftlicpe  Stuffaffung  ber  überlieferten  ©laubenSmaprpeiten.  Sn 
größerem  Vlafe,  als  eg  borper  ber  ffall  gemefen  mar,  mürben  bie  ppilofoppifcpett 
©runbfäpe  unb  ©rgebniffe,  befonberS  ber  Veuplatoniler  unb  ber  mit  ipneit 
bermanbten  ©deuten,  jur  SDarfletlung  ber  d)riftlid)en  V3aprpeiten  perangejogen. 
®ie  burep  Sppilo,  ben  jübifepen  ippilofoppen  in  Sllepanbrien,  begrünbete  allegoriftpe 
©rflärung  beg  Sllten  2eftamentcS  marb  in  meiteftern  Vtapftabe  in  bie  firdflicpe 
Geologie  periibergenommen,  unb  mit  fpitfe  ber  SMegorie  mürben  bie  einzelnen 
£eprpunfte  ber  cpriftlidjen  ©laubenSmaprpeit  erörtert,  erflart  unb  ber  rniffem 
fcpaftücpeu  ©rfenntniS  näper  gebracht.  ®ie  ©(prüften  beg  £>ippolptuS  bon  Vom 
unb  ber  alejanbrinifdjen  Seprer  Siemens  unb  OrigeneS  jeigen,  in  meldjem 
Vlajje  bie  SIKegorie  in  ber  Vepanblung  ber  peitigen  ©djriften  angemanbt  mürbe. 

Vlafjgebenb  maren  bei  biefen  fpefutatiöen  llnterfudjungen  folgenbe  ©runb= 
fäpe:  1)  S)er  ©laubenSinpalt  ift  etmag  objeftio  ©egebeneS,  baS  burd)  menfd^= 
iiepe  ©eifteStpätigfeit  erfaßt,  angeeignet,  berbeutlid)t,  aber  niept  in  feiner  ©ubftanj 
üermeprt  unb  beröoHfommnet  merben  !ann,  nocp  umgeftaltet  unb  geönbert  merben 
barf.  2)  SDaper  mirb  bie  ©emifpeit  beg  ©laubeng  fomie  fein  Snpalt  niept  burep 
bag  Söiffen  oerftürft  unb  bereiepert,  fonbern  bie  gönn  eine  mepr  entfaltete,  in  ber 
ber  ©laube  bem  menfcplidjeu  ©eift  öcrmittelt  mirb.  3)  2)er  ©laube  ift  feftigenbe 


1  Über  ba§  ßpriftentum  als  nova  lex  bgt.  Iustin.,  Dial.  c.  Trypli.  c.  11  sq.  14. 
18.  67.  Iren.,  Adv.  haer.  IV,  19,  2. 

2  Über  ben  VlolontSmuS  ber  ßirepenoäter  bgl.  Melch.  Canus,  De  locis  theol. 

VII,  2.  Petav.,  De  Trin.  I,  3.  ©egen  ©ouüerain  (Le  Platonisme  ddvoild.  Cologne 
1700,  überf.  Don  Q.  6.  ßöffler.  2.  Stuft.  3ültipau  1792)  ogl.  Baltus,  Defense  des 
Pbres  accusds  de  Platonisme.  4°.  Paris  1711.  Mosheim,  De  turbata  per  rec.  Platon, 
eccl.  Heimst.  1725.  Sitteratur  über  ben  (Streit  bei  Keil,  Opusc.  academ.  p.  439  sq. 
Sögt,  nod)  ßupn,  ©prenrettnng  beä  Sion.  nap  ber  tatpol.  Sluffaffung  ber 

Sogmengefdiipte ,  in  Süb.  Speot.  Guartalfpr.  1850,  ©.  249  ff.  2trt.  „Sptatoniämuä" 
in  SBeper  unb  Sßelte’ö  Hirpenle^ifon  VIII  (1.  Stuft.),  498  ff. 


16* 


244 


Sie  Sntöncflung  unb  bie  SSIüte  ber  fircptiepen  Geologie. 


©runbtage  unb  bericptigenbe  fRorm  beS  SBiffenS;  Dort  ipm  ge^t  bie  fircpticpe 
SBiffenfcpaft  ans  unb  entnimmt  au»  ipm  ipre  feines  meiteren  ißemeifeS  bebiirftigen 
^rin^ipien.  Der  ©taube  i[t  bie  33orbebingung  beS  tt)iffenftf)afllid)en  3krfiönb= 
niffeS,  opne  ©tauben  fein  ißerflänbniS  (3f.  7,  9  nacp  ber  atepanbrinifcpen  Über= 
fepung).  3n  ipm  unb  burd)  ipn  merben  bie  auch  im  ipeibentum  jerflreuten  2id)t= 
ftrapten  ber  SBaprpeit  richtig  gemürbigt  unb  in  ihren  redeten  guftunmenpang  ge= 
bracpt,  fo  bah  eine  wahrhaft  göttlidje  aBiffenjd^aft  an  ber  £)anb  ber  ^eiligen 
©djrift  unb  ber  $ird)entepre  fiep  entmidelt.  4)  Die  DffenbarungSmaprpeit  unb 
bie  natürliche  33ernunfterfenntniS  fönnen  einanber  nicpt  miberftreiten,  ba  fie  aus 
einer  unb  berfetben  Duette,  bem  göttlichen  2ogoS,  entflammen.  Der  Xtnterfcpieb 
jmifcpen  ber  fl3pitofoppie  unb  ber  cpriflticpen  iRetigionSlepre  liegt  a)  im  3>n= 
hatte,  inbem  jene  nur  ein  33rucpteit  ber  SBaprpeit  unb  mit  $rrtümern  ber= 
mifcpt,  biefe  botte  Söaprpeit  ifl ;  b)  in  ber  ^orrn,  inbem  jene  burd)  ihre  fünfl= 
terijche,  nicht  alten  jugängticpe  ©eftattung  nie  ©emeingut  alter  merben  fonnte 
mie  biefe;  c)  in  ben  SBirfungen,  inbem  biefe  eine  SBefferung  unb  Heiligung 
bemirft,  mie  jene  niemals  bermocpte.  DaS  profane  Söiffen  ifl  eben  nur  eine 
SSorftufe  nnb  23orfcpuIe  unb  barf  barum  ebenfomenig  überfcpäpt  atS  untere 
fcpätfl  merben V 

Dabei  entflanben,  inbem  einjetne  berühmte  Seprer  ©cpüler  peran^ogen, 
metcEje  nach  ber  gleichen  2Retpobe  bie  ©taubenSmahrheiten  bepanbetten,  in  ber= 
fcpiebenen  ©tabten,  4;auptfächtich  in  9tom  unb  3Itepanbrien ,  geteprte  ©chuten 
ber  Dpeotogie.  ©tetS  patte  fld)  in  ber  $ird)e  um  geiflbotte  unb  tief  retigiöfe 
Seprer  ein  $reiS  bon  miflbegierigen  ©chütern  gebitbet.  2öie  um  bie  Stpoflet 
flkutuS  unb  ^opanneS,  fo  fammetten  fleh  um  beS  teueren  ©chüter  fl)otpfarp 
eine  9feipe  bon  eifrigen  ÜRännern.  Sn  Sfom  patte  SuflinuS  eine  ©cpute  ge= 
grünbet,  in  ber  unter  anbern  Datian  (bor  feinem  3XbfaII)  ipn  pörte,  an  ben 
barauf  tftpobon  fld)  anfeptofl;  pier  btiipte  borjüglid)  orientalifcp  =  pettenifdje 
tßilbung.  Die  Seprtpätigfeit  beS  pt.  SuflinuS  mar  feineSmeg»  bereinjett.  fReben 
unb  nach  iput  beftanben  ©cputen  püretifeper  (gnoflifeper)  mie  auch  fireptieper 
Seprer  in  ber  ^auptflabt,  bie  fiep  teils  an  bie  iDfetpobe  jenes  berüpmten  ^3pito= 
foppen  pietten,  teils  in  mieptigen  fragen,  befottberS  in  ber  ©rörterung  ber 
DrinitätStepre ,  ju  ipm  in  ©egenfap  traten.  Diefe  römifepen  ©cputen  maren 
rein  pribater  fRatur.  Sn  5ttepanbrien  bagegen  beflanb  eine  unter  Seitung  beS 
33ifd)ofS  flepenbe  ^ateepetenfepute ,  metdje  fiep  früp  ju  einer  btüpenben  ©tätte 
ber  fircptiepen  SBiffenfcpaft  entmidette.  3Iufler  biefen  ©cputen  finben  mir  auep 
einzeln  flepenbe  Seprer  unb  ©epriftfletter,  metepe  mepr  ipre  eigenen  2Bege  gingen 
unb  fiep  niept  fo  eng  an  eine  ©cputtrabition  anfeptoffen,  mie  j.  33.  Dertuttian 
in  3Ifrifa. 


1  2ftöpler,  Sie  (Sinpeit  in  ber  ßirepe  ©.  129  ff. ;  5ßatrotogie  6.  464  ff.  ßupn, 
ißrincip  u.  9DXetpobe  ber  fpecutatitien  Speot.,  in  Süf>.  Speol.  Duartatfdpr.  1841,  ©.  1  ff. 
§auptfä|e  bei  Clem.  Alex.,  Strom.  I,  20;  II,  2.  4.  6;  III,  4;  V,  1  sq. ;  VII,  10. 
Theophil.,  Ad  Autol.  I,  8.  Iren.  1.  c.  I,  3,  6;  10,  1  sq.  Orig.,  De  princ.  Praef. 
et  I,  8,  1  ;  C.  Cels.  I,  9  sq.;  III,  40.  81;  V,  1;  VI,  2.  4.  13;  VII,  46.  59  sq.;  VHI, 
51 ;  In  Lev.  hom.  12,  n.  7 ;  Ep.  ad  Greg.  Tliaum.  (Opp.  I,  30) ;  In  Gen.  hom.  14, 
n.  7 :  Philosophia  neque  in  omnibus  legi  Dei  contraria  est,  neque  in  Omnibus 
consona. 


4.  Sie  römifdje  ftirc^e  unb  bie  trinitarifdfen  «Streitigfetten. 


245 


4.  2>te  römtfdjc  ßirdfe  itnb  bie  trinitarifdjen  ©treitigfeiten. 

Duellen.  —  Philosophumena  VII,  85.  36;  IX,  7 — 12;  X,  23.  24.  Hippol., 
Contra  Noetuin.  Tertull.,  Adv.  Praxeam.  Contra  Artemon.  bei  Euseb. ,  Hist.  eccl. 
V,  28.  Ps. -Tertull.,  Adv.  haer.  c.  8.  Athanas.,  De  decretis  Nicaenae  synodi  c.  26 ; 
Contra  Arianos  or.  IV,  c.  25.  Epiph.,  Haer.  LIV.  LV.  LXII.  Philastr.,  Haer.  L.  LII. 
Theodoret. ,  Haer.  fab.  II,  5.  9.  —  Über  |>ippoIptu§  ton  9t  o  m  unb  bie  Philo- 
sopliumena  Ogi.  23  a  r  b  e  n  f)  e  ln  e  r ,  5PatroIogie  (2.  Sluft.)  ©.  182 — 192.  (£  f)  r  £)  a  r  b ,  Sie 
altdjrifüicfje  Siüeratur  unb  itjre  ©rforfdjung  bon  1884 — 1900  @.375 — 409.  £>arnacf, 
©efd)tcf)te  bei'  altdfriftl.  Sitteratur  I,  605 — 646.  Batiffol,  Anciennes  litteratures  ehret. 
Littdrature  grecque  (Paris  1897)  p.  143  ss.  Dleue  Sluggabe  ber  Opp.  Hippol.  bon 
SSontoetfd)  unb  3ld)elis>.  S8b.  I.  Seipäig  1897.  Shahan,  The  works  of  Hippol ytus 
(Catholic  University  Bulletin,  Washingt.  1900,  p.  63 — 77). 

Sitteratur.  —  SöIIiuger,  §ippo!t)tu§  unb  ßaltiftuS  ober  bie  9tömifcf)e 
ßirdje  in  ber  erften  fpälfte  beg  3.  SabrljunberiS.  9Iegeniburg  1853.  §agemann,  Sie 
römifdje  ßirdfe  unb  if)t  ©influfj  auf  Si§ctplin  unb  Sogma  in  beit  erften  brei  3fafir= 
fjunberten.  fjreiburg  i.  S3r.  1864.  De  Bossi,  Bullettino  di  Archeologia  crist.  1866. 
1881.  1882.  1883.  W.  E.  Taylor,  Hippolytus  and  the  Christian  Church  of  the  third 
Century.  London  1853.  J.  B.  Lightfoot,  The  Apostolic  Fathers.  Part  1 :  S.  Clement 
of  Rome  2,  p.  317 — 477.  6.  3toIffs,  Suä  Srtbulgenjebilt  be§  rbm.  SBifd^ofö  ßaltift 

(Serie  unb  llnterfudj.  XI,  3).  Seidig  1893.  Sorner,  ©nttoicflung  ber  ßebre  bon  ber 
fperfon  ©fjrifti.  2.  Stuft.  SBerlin  1851. 

1.  2öie  mehrere  ©tifter  gnoftifdjer  ©eften  au§  bem  Orient  nad)  9tom  tarnen, 
um  bort  iljre  ©dptlen  einjubiirgern ,  fo  t)abcn  aud)  gegen  ©nbe  be§  2.  $afjr= 
f)unbert3  Sefjrer  au»  ^leinafien  burd)  it)re  5fnfd)auungen  über  bie  ©reifaftigfeit 
Unruhe  in  ber  römifdjen  ßirdje  fjerDorgerufen.  6»  gab  in  fftont  ni(f)t,  mie  j.  33.  in 
SUejanbrien,  eine  bireft  unter  ber  Oberleitung  be§  33ifd)of§  unb  ber  tirdüidjen 
33ef)örben  fteffenbe  tlfcologifcpe  ©dpife;  bie  dfriftfidfen  pfilofopffen  unb  bie 
tffeofogifdjen  Selfrer  erfreuten  f)ier  in  priDater  (Stellung ,  ot)ne  bafj  fie  einen 
offiziellen  Sebjrauftrag  Dom  römifdjen  23ifd)of  erhalten  Ratten,  ©ofange  nid)t 
eine  ©efalfr  für  bie  9ieint)eit  ber  apoftofifdfen  ©fauben»iiberfieferung  Dorffaitbcn 
mar,  griffen  bie  23orffef)er  ber  römifdfen  Birdie  nidjt  ein;  motff  aber  traten 
fie  e§,  fobalb  fie  ertannten,  baff  bie  maffre  Seffre  gefäfjrbet  mürbe.  Oer  be= 
rülfmtefte  römifdje  Sefjrer  be»  2.  Satjrljunbert»  mar  ber  f)I.  3uftinu».  3n 
feinen  9fu§füf)rungen  über  ©ott  unb  ba»  göttlidje  2Befen  unterfdjieb  er,  mie 
mir  fallen,  genau  bett  2ogo»,  ber  jugteidb  ber  ©ot)n  ©otte»  ift,  unb  beit  §ei= 
tigen  ©eift  Dom  33ater,  bem  ©djöpfer  be»  3tü».  ©eine  ©djiifer  fuhren  fort, 
in  bentfelben  ©inne  ju  letjren  unb  bie  ©rinität  in  ©ott  ju  betonen,  mie  er 
es  getfjan  fjatte.  ©etn  trat  eine  attbere  ©c^ute  entgegen,  beren  Sefjre  auf  bie 
2eugnung  ber  Trinität  f)inau§fief.  Oie  Vertreter  biefer  ©d)ule  liefen  nur  ben 
fßater  als  matjren  ©ott  gelten  unb  bauten  fid)  in  bem  ©offne  ©otte§  2>efu§ 
©IjriftttS  einen  bloßen  fDtenfdjen,  menn  aud)  nod)  fo  feljr  begnabigt  unb  er= 
Icudjtet  burd)  eine  Ijöljere  göttlidje  $raft,  ben  Zeitigen  ©eift  (ein  unperfönfidje§ 
Attribut  ©otte»,  meines  baä  ©öttlidjc,  ba»  man  in  ©fjriftuS  allgemein  Oer= 
eljrte,  bilbete),  nad)  Irt  ber  ©bioniten,  be§  ©erintf)  unb  ^arpofrate»,  iiber= 
Ijaupt  ein  bent  93ater  untergeorbnete§  ©efd)öpf  —  bpnamifdje,  fub= 
orbinatianifd)e  Sfntitrinitarier. 

©tiftcr  biefer  ©cpufe  mar  S^eobotu»,  ber  ©erber  au»  23t)zanz,  ber 
um  192  in  fftont  auftrat.  6r  mürbe  Don  ^apft  SSittor  au»  ber  firdflidjen 


246 


®ie  ©nttoicflung  unb  bie  SSIüte  ber  fird^Iid^crt  Speologie. 


(Semeinjcijatt  auSgefcfjloffen,  meil  er  ©fjriftum  in  ganj  ebionitifther  2®eife  einen 
„bloßen  Vfenfdien"  nannte,  obfdjon  er  feine  Vfeffianität ,  feine  n)  unb  erb  a  re 
©eburt  aus  ber  Jungfrau  unb  baS  iperabfommen  einer  göttlichen  $raft  bei 
feiner  Saufe  annahm.  ©r  fott  in  ber  Verfolgung  ©hriftum  berleugnet,  fiep 
aber  bamit  entfdjulbigt  ha£>en,  er  habe  ja  nur  ben  Varnen  eines  Vfenfcpen 
nicht  befannt.  ©r  ftiftete  nach  feinem  5IuSfd)luffe  aus  ber  Kirche  eine  ©efte, 
bie  fich  mehrfach  ^erfptitterte  unb  ariftoteüfche  Siafeftif  unb  Vfatfjematif  eifrig 
betrieb.  ©iner  feiner  ©cpüler  mar  ein  anberer  SfieobotuS,  ber  VßecfjSler,  ©tifter 
ber  Vfeld)ifebed)ianer,  melcpe  ben  Vfeldnfebed)  als  Mittler  ber  ©ngel 
noch  über  ©fjriftuS  festen,  ber  bloper  Vfenfdj,  aber  Vilb  beS  Vfelcbifebed)  mar. 
Sie  ©thule  beS  älteren  SpeobotuS  beftanb  in  Vom  längere  geit  fort.  Ser 
jüngere  SpeobotuS  l,nb  ein  anberer  ©cpüler  beS  älteren,  VsflepiobotuS ,  be= 
mögen  fogar  einen  ^onfeffor  DfataliS ,  baS  5lmt  if»re§  VifcpofS  für  eine 
VfonatSbefofbung  bon  150  Senaren  51t  übernehmen;  biefer  aber,  burd)  mehrere 
nächtliche  ©rfcpeinungen  beunruhigt,  mobei  er  felbft  förderliche  Züchtigung  barch 
einen  ©ngel  erlitten  ju  pa^en  glaubte,  bat  unter  Sprönen  unb  im  Vuf$= 
gemanbe  ben  ißapft  geppprinuS  um  VMeberaufnapme  in  bie  Kirche,  bie  er 
nach  boKbracpter  Vufie  auch  erlangte,  ©in  anbereS  tjpaupt  ber  ©efte  mar 
Vrtemon  ober  VrtemaS.  ©eine  Anhänger  behaupteten  fogar,  ihre  Vnficpt 
über  ©prifiuS  fei  bie  ältefte  unb  bis  auf  ißapft  Viftor  ftetS  in  ber  ^irdje 
gelehrt  morben.  Vber  fofort  marb  bie  füpne  Vepauptung  bon  einem  uns 
unbefannten  Verfaffer  miberlegt  burd)  bie  flare  Sehre  ber  ©cprift,  burth  bie 
SBerfe  ber  Väter  bor  ißapft  Viftor,  mie  ^juftin,  VfiltiabeS,  Vfelito,  Satian, 
SrenäuS,  bttrcp  bie  ©efänge  unb  ipfalmen  ber  Kirche,  bie  ©hriftum  als  ©ott 
berperrlichten,  unb  burth  bie  Verbammung  SpeobotuS’  beS  ©erber».  Sen  Sheo= 
botianern  unb  Vrtemoniten  mirb  barin  Verfälfdiung  ber  ^eiligen  ©cprift, 
foppiftifthe  Verbrehung  ber  ©laubenSmaprpeiten  mit  fpÖogiftifchen  Formeln,  Ve= 
borjugung  ber  255erfe  bon  ©uflibeS,  SpeoppraftuS  unb  VriftoteleS  bor  ben  pei= 
ligen  Vücpern,  beren  ©pemplare  faft  bei  jebent  ihrer  ©lieber  berfdjieben  feien, 
jutn  Vormurfe  gemacht. 

2.  ©tma  gleidljeitig  mit  ben  beiben  SpeobotuS  trat  in  Vom  ein  anberer 
Seprer  auf,  ber  bie  entgegengefepte  Vicptung  einfehlug  unb  eine  ©cpule  griin= 
bete,  melthe  bie  ©inperfönlicpteit  ©otteS  in  ber  Vrt  betonte,  bap  Vater,  ©opn 
unb  ©eift  als  ©rfdjeinungSmefen  berfelben  ©ottpeit  angefepen  mürben  unb  baS 
Seibcn  beS  ©opneS  auf  ben  Vater  übertragen  marb  —  ^ßatripaffianer, 
Vf  0  n  a  r  d)  i  a  n  e  r ,  Vf  0  b  a  I  i  ft  e  n  1. 

Sie  Vertreter  ber  jmeiten  Vidjtung  gingen  ebenfalls  bon  bem  einen 
©ott  aus,  aufjer  bem  fein  anberer  fei  Qf.  45,  5),  unb  fie  fdjloffen:  roenn 
©priftuS  ©ott  fei,  fo  fönne  er  nur  eins  fein  mit  bem  Vater  Qop.  10,  30) 


1  ®ie  gtoei  ^auptricptungen  befcpveibt  Ori genes  (In  Io.  toin.  2,  c.  2  [Opp.  IV,  50, 
ed.  de  la  Rue ])  unb  jagt  bon  beiben ,  bap  fie  fidp  fürchten ,  d6o  ävayopzüaai  dsoö e, 
beutet  aber  ganj  gut  an,  bap  ber  ©opn  bie  ©ottpeit  bom  Sßater  pat,  ber  barum  auTÖdeog 
peipt.  Tertull.,  Adv.  Prax.  c.  2 :  Quasi  non  sic  quoque  unus  sit  omnia,  dum  ex  uno 
omnes,  per  substantiae  seil,  unitatem,  et  nihilominus  custodiatur  oeconomiae  sacra- 
mentum,  quae  unitatem  in  trinitatem  disponit. 


4.  $ie  römifcfje  flirre  unb  bie  trinitarififien  Streitigfeiten. 


247 


rote  bent  2S3efen,  fo  ber  ^terfon  nad) ;  fie  fanbert  bie§  in  ben  Dorten  Qop.  14, 
9  ff.)  beftätigt:  roer  ben  ©opn  fepe,  ber  fepe  aucp  ben  23ater.  ©ic  piepen  im 
Ibenbtanbe  ^$atripaffianer,  bei  ben  ©riecpen  ipi)iopatore§  ober  nad) 
ipren  ^auptbertretern  lo  et  inner  unb  ©abettianer1.  ®er  erfte,  tneldjer 
in  lom  biefe  Sepre  bortrug,  roar  ber  bon  StertuIIian  befämpfte  frühere  $on= 
feffor  5prajea§,  ber  au§  $Ieinafien  nod)  bor  5ßapft  33iftor  nad)  lotn  fant 
unb  ebettfo  gegen  bie  OTontaniften  anftrat,  al§  er  fid)  bemühte,  feinen  Irrtum 
ju  berbreiten.  Sr  lehrte,  e§  gebe  nur  eine  göttliche  ^ßerfon,  bie  ©opn  genannt 
roerbe,  inbem  fie  au§  fid)  felbft  perau§getreten  fei  unb  mit  3efu3,  bem  bon 
Utaria  ©eborenen,  fidf)  bereinigt  pabe.  ln  fid)  unb  at§  93ater  ift  ©ott  ©eift, 
al§  ©opn  aber  ©eift  unb  gteifd);  baburcp,  bap  er  ba§  g-teifd)  (opne  menfd)= 
licfje  ©eete)  annimmt,  toirb  er  ©opn.  SDiefe  öeprc  erregte  in  Ütom  großen 
Diberfprucp ;  ^3rapea§  mupte  roiberrufett  unb  eine  fdjriftlicpe  Srftärung  barüber 
abgeben;  aber  er  ging  nad)  Ifrifa  unb  breitete  nun  bort  feine  3rrlepre  aua. 
^prajreaS  patte  feine  Sepre  roa^rfdjeittlid)  au§  ber  Infdjauung  einea  loetu§  bon 
©mprna  gefd)öpft,  ber  um  biefetbe  3C^  bort  fotgenbe  Sepre  bertrat :  ©iefetbe 
göttlicpe  tßerfon  peipt  later  unb  ©opn,  gezeugt  unb  unerjeugt,  je  nad)  ber  33er= 
fcpiebenpeit  ber  lejiepung,  fidptbar  unb  unficptbar ;  in  Spriftua  roarb  ber  later 
geboren,  litt  uttb  ftarb.  2ll§  bie  $re§bpter  bon  ©mprna  it)n  jur  ledjenfcpaft 
jogen,  berteibigte  er  fid),  inbem  er  fagte:  „Da§  tpue  id)  bentt  löfe§,  roenn  id) 
ßpriftum  berl;errlid)e  ?"  (S).  i.  roenn  id)  ipn  fo  fepr  ata  ©ott  befettne,  bap 
id)  in  ipm  bie  ©ottt)eit  felbft  Itenfcp  getoorbett  benfe.)  Sr  rourbe  au§  ber 
ßirdje  auSgefcploffen.  3roei  feiner  ©cpüter,  SpigonuS  unb  $leomene§, 
tarnen  nad)  lom  unb  festen  bort  bie  monarcpianifcpe  ©cpute  fort.  SDa  e§ 
beim  Kampfe  gegen  biefetbe  bor  attein  barauf  anfam,  ben  tßerfonatunterfdjieb 
jroifdjen  later  unb  ©opn  fdjarf  ttacpjuroeifeu ,  fo  brüdten  fid)  mancpe  le= 
ftreiter  biefer  licptung  bi§roeilen  in  einer  2Beife  au§,  bie  jn  ©unften  bea 
entgegengefepten  3rrtum§,  be§  fuborbinatianifdjen,  gebeutet  roerben  tonnte,  ber 
in  bem  ©opne  ©otteä  ein  btope§  ©efcpöpf  fap. 

Sin  roeiterer  §auptbertreter  ber  antitrinitarifdjen  ©ct)iite  roar  ©abettiuä 
ber  Sibper,  ber  unter  3et>PPr'mi§  nad)  9tom  tont  nttb  nut  ^teomeneS  an 
ber  ©pipe  ber  llonardpaner  ftanb.  Dar  biaper  borjugatoeife  bom  lerpältniffe 
jroifdpen  later  unb  ©o()tt  bie  lebe,  fo  napm  ©abettiu§  aucp  ben  ^eiligen 
©eift  in  feine  letradjtung  auf  unb  befannte  eine  SErinität,  aber  feine  im  gött= 
lidjen  Defen,  fonbern  nur  eine  in  ben  lejiepungen  ©ottea  jur  Dett  begrünbete, 
later,  ©ot)n  unb  ©eift  fitib  ipm  nur  brei  Srfd)einunga=  ober  2Birfung§= 
arten,  brei  Sarben  Oßrofopa)  einer  unb  berfelben  göttlidjen  ^ßerfon;  alte  brei 
bertjatten  fid)  roie  im  SJtenfdjen  Seib,  ©eete,  ©eift,  roie  in  ber  ©onne  bie  er= 
teudjtenbe,  bie  erroärmeitbe  $raft  unb  bie  ^ugelgeftatt ,  brei  einer  ©ubftanj 
angepörige  Dirfung§roeifen.  ©abettiuS  tepnte  fiep  an  bie  ftoifdje  lufcpauung 
bon  ber  ©ottpeit  im  lerpältniffe  jur  SBett  burep  luSbepnen  unb  3ufammen= 
jiepen  an  unb  teprte,  bie  ©ottpeit  fei  eine  burcpau§  unterfepieb^tofe  3Kona§; 

1  Athanas.,  De  decretis  Nicaen.  syn.  c.  7.  Novation.,  De  Trin.  c.  80.  Sie  peipeii 
bei  Tertull. ,  Adv.  Prax. :  vanissimi  Monarchiani.  Sie  rühmten  )itf)  ber  ßta  äp/rj 
(singulare  et  unicum  imperium).  Monarchiam,  inquiunt,  tenenius  (Tertull.  1.  c.  c.  3). 


248 


SDie  (Snttoidlung  unb  bie  Sötüte  ber  fircfjtichen  Geologie. 


inbem  [ie  fid)  auSbefjtte ,  raerbe  ber  fdjmeigenbe  (Sott  ein  rebenber,  ber  paffib 
ruffenbe  ein  aftib  mirffanter;  [ie  bet)ne  fidt)  aus  unb  entfalte  fid)  als  Bater 
in  ber  ©efetjgebung,  als  ©ol)n  in  ber  Btenfdjmerbung ,  als  (Seift  in  ber 
Zeitigung,  [fließe  ficf)  aber  toieber  in  fid)  äitfammen,  inbem  ber  ©of)n  unb 
ber  (Seift ,  nacbbem  ber  ^tned  ihres  IperbortretenS  erfüllt  fei,  mieber  in  bie 
BtonaS  jurüdfehren ,  b.  i.  in  ben  Bater  fid)  auftöfen.  ©abelliuS  ^at  fomit 
bie  Sehre  beS  BoetuS  nod)  meiter  burchjufiihren  gefud)t.  Sn  ähnlicher  Söeife 
behauptete  ber  Bifcpof  BerplluS  bon  Boftra  in  Arabien,  ber  SogoS  ^abe 
bor  ber  Sntarnation  nicht  als  eigene  5ßerfon  (^ppoftafe) ,  fonbern  ununter= 
fdjieben  bom  SSater  fubfiftiert,  ilpn  molfne  lebiglicp  bie  bäterlidje  (Sotttjeit  inne, 
^ßerfou  fei  er  erft  getnorben  bei  ber  Bereinigung  mit  bem  gleifcpe,  melchen 
Irrtum  er  244,  burd)  ben  Blejanbriner  OrigeneS  belehrt,  auf  einer  arabifdjen 
©pnobe  miberrief 1. 

Sie  Bnljünger  biefer  unitarifdjen  9tid)tung  merben  9)lonard)ianer  genannt, 
meil  fie  bie  (Sinheit  (Sottet  (monarchia)  gegenüber  ber  angeblidjen  Leitung 
beS  göttlichen  BkfenS  burd)  bie  trinitarifd)e  ©d)ule  berteibigen  moltten. 

3.  ©er  bebeutenbfte  ©egner  ber  9Jionard)ianer  unb  ber  größte  t£)eologifche 
Selfrer,  ber  bamals  in  3iom  lebte,  mar  ^>ippr»Iptu§.  ©erfelbe  mar  bereits 
unter  5J3apfi  gephprinuS  ^ßriefier  ber  römifd)en  Birdie  unb  ein  überaus  frud)t= 
barer  ©chriftfteller.  2luf  bem  (Sebiete  ber  (Spegefe  (De  antichristo,  ©anieP 
fommentar  erhalten),  ber  ©ogmatif,  Bpologetit  unb  ^olemif  gegen  bie  Suben 
unb  bie  |)äretifer,  ber  ^Ijilofophie  mit  Befämpfung  heibnifd)er  5phiMoPhen, 
ber  fird)lid)en  ©hronotogie  (OfierctdluS)  im*  er  2$erfe  pinterlaffen ,  bie  leiber 
meitauS  -jurn  größten  Seite  berloren  gegangen  finb.  (Sr  ift  mol)!  aud)  ber 
Berfaffer  ber  Philosopliumena ,  burd)  meldje  mir  näheres  über  feine  eigene 
(Stellung  in  bem  trinitarifdjen  Streite  unb  über  bie  (Sntmidlung  beS  Streites 
erfahren.  fpippoIptuS  mar  baS  £)aupt  ber  trinitarifd)en  Schule,  meldje  gegen 
bie  SJtonarchianer  ben  Unterfdjieb  gmifchen  ©ott  bem  Schöpfer  unb  bem  SogoS 
mie  bem  ^eiligen  (Seift  fcharf  herborlfob.  (Sr  Oerfiel  jebod)  bis  ju  einem  gemiffen 
©rabe  in  ben  entgegengefe|ten  Irrtum.  Sn  ähnlicher  SBeife,  mie  früher  bei 
Sufiin,  mar  aud)  nach  tpippolptuS  ber  SogoS  anfänglid)  im  Bater  in  unter= 
fd)iebSlofer  (Sinheit,  als  unauSgefprocheneS  SBort  ©otteS  (Xöyog  ivoiddszog) ; 
bor  ber  Sdjöpfung  trat  bann  ber  SogoS  nach  bem  SBilleu  beS  BaterS  aus  it)tn 
herbor,  als  unb  mie  ber  Bater  es  motlte  (Xö-yog  xpotpopixog).  ©urd)  ihn  erfthuf 
©ott  baS  5111,  burch  il)U  offenbarte  er  [ich  im  Blten  Bunbe,  unb  er  mürbe  fpäter 
Btenfd)  in  (Sl)rifiuS  unb  baburd)  jum  ©ohne  ©otteS,  aber  in  bem  Btafe  nach  bem 
Söillen  ©otteS,  baf?  biefer  auch  ben  Bienfdjen  ftatt  beS  SogoS  ^u  ©ott  hätte  machen 
fönnen.  ©o  lehrt  £)ippolptuS  ftrengen  ©uborbinatianiSmuS,  unb  eS  mürbe  ihm 
mit  einer  gemiffen  Beredpigung  aud)  bon  feinen  ©egnern  ber  Borraurf  beS  ©itl)eis= 
muS  gemad)t.  gur  beS  ^apfteS  3ePh9rin  lebte  auch  ber  firchliche  Selber 
(SaiuS  in  9tom;  mir  miffen  nicht,  melche  ©teüung  er  in  bem  ©treite  einnahm. 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  33.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  60.  Socr.,  Hist.  eccl.  IH,  7. 
Ullniann,  De  Beryllo  Bostr.  eiusque  doctrina  comm.  Hamb.  1835.  Fock,  Diss.  de 
christologia  Berylli.  Kiliae  1843.  $  o  b  e  r ,  Scrplt  oon  Boftra  (2üb.  Süjeol.  Ouartalfipr. 
1848,  §>eft  1). 


4.  Sie  römiffee  Ätrfee  unb  bie  trimtarifefeen  «Streitigf eiten . 


249 


©er  ©treit  ätoifcfeen  beit  beiben  ©d)itlen,  ber  unitarifcfeen  (monartfeianifdjen) 
unb  ber  trinitarifcfeen ,  rnarb  fefer  feeftig  unter  bem  Zapfte  gepfepttnuS 
(198—217).  ©er  Srrtum  ber  dRonarcfeianer  trat  nid)t  fo  flat  feerbor,  bafe 
fid)  ber  $apft  berantafet  gefefeen  feätte,  gteid)  einäufifereitcn,  um  jo  mefer  als 
iprarcaS  einen  SBiberruf  geleiftet  featte,  unb  ata  bie  Stnficfet  beS  £)ippoIgtuS 
unb  (einer  ©cfeute  nicht  ofeite  Siebenten  mar.  ©iefe  jögernbe  Rottung  erregte 
SRifefalten  in  ben  Greifen  ber  Stnfeänger  ber  trinitarifcben  «Richtung  fomofet 
gegen  ben  $apft  mie  gegen  beffen  erften  ©iaton  unb  Ratgeber  ßaltiftuS, 
ber  nad)  bem  ©obe  beS  gepfeferinuS  3um  römifcfeen  S3if<feof  gemäfett  mürbe 
(ßatijt  I. ,  217 — 222).  ©a  auch  ber  neue  ipapft  nicht  gteid)  bem  ©rängen 
beS  IpippoIptuS  nadjgab  unb  bie  SJZonardfeianer  bon  ber  Birdie  auSftfetofe,  fagte 
fid)  biefer  mit  feinen  Stnfeängern  bon  ß'attiftuS  toS  unb  tiefe  fid)  jurn  ©egen= 
bifdjof  aufftetten ;  eS  mar  bas  erfte  ©dfiSma  in  ber  römifcfeen  ^ircfee.  Sn  ben 
„5ßfeilofopfeumena"  mirb  ^altiftuS  fomofet  mie  fein  Vorgänger  heftig  angegriffen. 
Sion  gepfeprin  mirb  behauptet,  er  fei  unmiffcnb  unb  feabfüdfetig  gemefen ;  $at= 
tiftuS  mirb  als  berfcfemifet  unb  lafterfeaft,  als  gerftörer  ber  ©i»giplin  unb 
al§  päretifer  gefdhübert ;  aber  jene  ©d)rift  giebt  uns  fetbft  bie  Mittel  an  bie 
|)anb,  biefe  Stnftagen  auf  iferen  maferen  SBert  äuritdäufüferen.  SBenn  ^altiftuS 
ein  bielfad)  bebrängter  ©ftabe  gemefen  mar,  fo  macfet  eS  ifern  alte  ©fere,  bafe  er 
nid)t  nur  bon  ^ßapft  Siittor  ©etbunterftüfeungen  erhielt  unb  nad)  Stntium  gefd)idt 
marb,  um  ifen  feinen  Sierfolgern  ju  entjiefeeit,  bafe  er  nidjt  nur  bon  5ßapft 
3epfeprinuS  mit  ber  Seitung  beS  Klerus  unb  ber  Siorftanbfcfeaft  beS  grofeen,  batb 
nad)  ihm  benannten  ©ömeteriumS  an  ber  Slppifcfeen  ©trafee  betraut,  fonbern  bafe 
er  aud)  ofene  ben  geringften  Süiberfprud)  bon  bem  römififeen  Uterus  jum  Siifefeof 
ermäfett  unb  in  ber  gangen  ^irdje  als  folcfeer  anerfannt  mürbe.  Sfem  gegen= 
über  fteflt  fid)  ipippotptuS,  inbem  er  ifen  einer  fatfcfeen  ©rinitötStcfere  befdjulbigte 
unb  feine  ÜRilbe  in  ber  töufebiSjiptin  fomie  in  ber  ^ircfeenteitung  heftig  angriff, 
fetbft  ata  ben  red)tmäfeigett  Siifcfeof  bar.  ©S  gefet  aus  ber  Slnttage  ber  „iflfeilo: 
jopfeumena"  (IX,  12)  feerbor,  bafe  SMiftuS  bie  ©infeeit  beS  SogoS  mit  bem 
Siater  lehrte ,  jebotfe  jugteid)  au<fe  ben  ilnterfcfeieb  gmifdhen  beiben  betonte  unb 
bafe  er  ©ferifium  atS  rcaferett  ©ott  mie  als  maferen  SJtenfcfeen  feinfteltte. 

©ie  Sntefere  ber  SRonarcfeianer  trat  in  bem  ©treite  immer  ftarer  feerbor, 
fo  bafe  ^atliftuS  ben  ©abettiuS  unb  feine  Stnfeänger  aus  ber  $irtfee  auSfd)tofe. 
©iefer  teferte  nun  in  ben  Orient  jurüd  unb  fam  fpäter  nad)  Stgppten,  mo  er 
namentlicfe  in  ber  tibpfefeen  s)ßentapoIiS  feine  tpärefie  ausbreitete,  ©r  ftarb  bor 
bem  Safere  260 ;  allein  bie  nad)  ifem  benannte  Srrlefere  ber  ©abettianer  erfeiett 
fich ,  fo  bafe  mir  biefe  ©efte  nod)  am  SluSgange  beS  4.  SaferfeunbertS  fmben. 

©ic  ©rinitätstefere  mar  niefet  ber  einzige  ©runb,  aus  mcldjem  ipippolgtuS 
fid)  gegen  SMiftuS  erfeoben  feattc.  ©r  griff  ebenfo  bie  ÜRitbcrungen  an,  meiefee 
biefer  ^iapft  in  ber  ftrengen  S3ufebiSgiptin  hatte  eintreten  taffen,  fomie  beffen 
Siefiimmungen  über  bie  ©fee.  ß'atliftuS  feattc  nämlich  bie  ©feen  jmifefeen  ©ötifetern 
bon  freien  unb  ©bten  unb  iDMnnern  auS  bem  ©haben ftanbe  ober  ärmeren 
^reigeborenen  ofenc  tRiidfid)t  auf  bie  mettlicfeen  ©efefee  für  botttommen  gültig 
erttärt.  ©ann  tiefe  er  eS  niefet  ju ,  bafe  man  bie  steriler  nieberer  ©rabe  jur 
©feelofigteit  berpfliifetete,  unb  erfeob  fid)  gegen  ben  montaniftififeen  fRigoriSmuS. 
©r  tiefe  aud),  mit  Berufung  auf  bie  ^eilige  ©d)rift,  bie  ber  fdpoerften  5ßer= 


250 


2>ie  Snttoicflung  unb  bie  Vlüte  ber  lircßticßen  Geologie. 


brechen,  feI6ft  be»  VtorbS  unb  beS  316 falls»,  ©djitlbigen  jur  Vuße  ju,  mar 
aud)  gegen  fiinbßafte  Vifdjöfe  ein  milber  Oiicßter,  inbem  er  nidjt  jebe  fd^toere 
Verfünbigung  an  benfelben  mit  Vbfeßung  beftraft  triffen  mollte,  maS  feine 
©egner  ißm  jurn  Vormurf  malten 1.  5lud)  biefe  (Srlaffe  beS  römifcben  VifcßofS 
mürben  bon  tf)ippolßtuS  heftig  befämpft,  ber  hierin  einen  träftigen  VunbeS- 
genoffen  fjatte  an  bem  afritanifcben  ©cßriftftellcr  Sertuüian,  melcßer  ebenfo 
gegen  bie  2Jtonard)ianer  bie  SrinitätSleßre  in  äßnlicßem  ©inne  mie  ^)ippo= 
IßtuS  berteibigte,  al§  er  in  feinem  montaniftifcßen  ©ifer  bie  VZilberungen  in 
ber  VußbiSziptin  angriff. 

SaS  ©djiSrna  beS  £)ippoIßtuS  bauerte  nadj  bem  Sobe  beS  ^aUiftuS 
unter  beffen  Vacßfolgern  UrbanuS  (222 — 230)  unb  ^ßontianuS  (230 
bis  235)  fort;  benn  bie  „^ßilofopßumena",  bie  baS  2Jt  anifeft  ber  fdjiSmatifcßen 
Partei  gegen  bie  große  rechtgläubige  Vteßrßeit  ber  römifcben  ©ßriften  unb  beren 
Vorfteßer  bilben,  finb  erft  entftanben,  nacbbem  $aKiftuS  bereit»  geftorben  mar. 
Sie  Verurteilung  beS  ©abetliuS  unb  ber  füttonarcßianer  burd)  biefen  ^ßapft 
batte  fomit  nid)t  alle  Sifferenjpunfte  befeitigt.  3m  Sabre  235,  infolge  beS 
©rlaffeS  beS  $aiferS  DJtajriminuS  Sßraj  gegen  bie  ©triften,  würbe  ber  römiflße 
Vifcßof  ißontianuS  unb  mit  ißm  zugleich  |)ippoIßtuS  auf  bie  „insula  nociva“ 
©arbinten,  oerbannt.  2lm  28.  ©eptember  entfagte  ^ontian  bem  bifcböflidjen 
3lmte  (discinctus  est),  unb  an  feine  ©teile  mürbe  am  21.  Vobember  beS 
gleichen  SaßreS  VnteruS  gemäblt.  ©ntmeber  furj  üor  ber  Verbannung  ober 
furj  nad)  berfelben  föbnte  fiib  £)ippolßtuS  mit  bem  rechtmäßigen  Vorfteßer  ber 
römifcben  Kirche  auS,  maS  gugleicf)  bie  Viidfeßr  feiner  Partei  jur  tircßlicßen 
©emeinfdjaft  bemirfte.  SaS  ©cßiSma  mar  fomit  öon  furzet  Sauer  unb  blieb 
ohne  Vebeutung,  fo  jmar,  baß  man  baSfelbe  ©nbe  beS  4.  SaßrßunbertS  fcßon  mit 
bem  nobatianifcßen  ©d)iSma  jufammenfsbmolj  (©ebicßt  beS  ^3apfte§  SamafuS 
auf  §nppoIptuS).  5ßontian  ftarb  in  ber  Verbannung  unb  maßrfcßemlicß  tpippo= 
IßtuS  auch-  SaS  geft  beiber  als  Vtärtprer  mürbe  in  Vom  am  13.  Vuguft 
gefeiert,  unb  bieS  erflärt  ficß  am  heften  barauS,  baß  an  btefem  Sage  bie  IeiB= 
lieben  Überrefte  beiber  jugleid)  nad)  Vom  juriidgebradjt  unb  bort  beigefeßt 
mürben :  ^ontian  in  ber  Sßapftfrßpta  ber  ^atatombe  beS  ßaHiftuS,  unb  §ippo= 
IßtuS  in  einer  fortan  nach  ißm  benannten  ^atafombe  an  ber  Siburtinifcßen 
©traße.  Sie  VuSfößnung  mit  ber  $ircße  ließ  ben  Vitßm  |)ippolßtS  als  beS 
berühmten  öeßretS  unb  beS  VerteibigerS  ber  d)rifttid)en  SBaßrßeiten  mieber  auf= 
leben,  moju  noch  bie  ©lorie  beS  VtartßriumS  ßinjufam.  Surcß  eine  ißm  in 
ber  Väße  feiner  ©rabftätte  errichtete  fUtarmorftatue ,  beren  unterer  Seit  auf= 
gefunben  mürbe  unb  bie  mit  ©rgänjung  beS  oberen  Seiles  im  cßriftlicßen  Vtufeum 
beS  Sateran  aufgeftellt  ift,  mürbe  ißm  eine  für  jene  Qeit,  fomeit  mir  miffen, 
einzigartige  VuSjeicßnung  ju  teil.  VnteruS  ßatte  nur  menige  SBodjen  (21.  Vob. 
235  bis  3.  San.  236)  baS  ^ontififat  inne.  2luf  ißn  folgte  gabianuS  (236 
bis  250),  ber  ein  ©cßreiben  gegen  ben  berbreeßerifeßen  Vifcßof  ^ribatuS  erließ 
unb  unter  SeciuS  als  treuer  Vefenner  beS  ©laubenS  ßingerießtet  mürbe2. 

1  Philosophum.  IX,  7sq.  2)  ö  Hing  er,  JpippoltjtuS  unb  ßaEiftug,  befonberä 
S.  115  ff.  ^agemantt,  ®ie  röm.  Äircße  ©.  91  ff.  ^ r a u § ,  Roma  sotten-,  6.  87  ff. 

2  Fabian,  ber  nidßt  ber  römifeßert  ßircfje  angeßörte,  toar  bort  beim  Sobe  be§ 
Slnteru^  unb  ber  SSaßl  feines  VacßfotgerS  jugegen.  @S  fott  fieß  auf  ißn  ptößlicß  eine 


5.  Sie  ßirdje  in  ben  norbafrifanifcpen  ^robin^en.  Sertuttian.  251 

4.  3u  *>eu  fpefulatiöen  Unterfucpungen  über  bie  Srinitat  tm  allgemeinen 
fei  noch  bemerlt,  bajj  Unflarpeiten  unb  Ungenauig!eiten  in  ber  Darstellung  beS 
$rinität§bogma§  erzeugt  unb  begiinftigt  mürben  einerseits  burd)  ben  noch  t>iel= 
fad)  fcproanfenben ,  noch  nicpt  fixierten  (Sprachgebrauch ,  anberfeits  burd)  ben 
31nfd)Iup  an  philofoppifche  unb  ppilonifcpe  Dtebemeifen  unb  fBorftedungen.  3>n 
erfterer  Schiebung  mar  ber  fttame  ber  ifkrfon  fDtifmerftänbniffen  attSgefept. 
DaS  SBort  Ißrofopon  marb  non  ben  Saheüianern  für  3JtaSle,  Saröe  genommen, 
maS  eS  aud)  an  fiep  bebeuten  fonrtte,  baS  2Bort  £)t)poftafiS  bis  jum  bierten 
Saljrhunbert  mit  llfia  (Subffanj,  ©ffenj,  Söefen)  bermed)felt;  31riftoteleS  t;atte 
eine  hoppelte  Ufia  unterfcfjieben :  bie  erfte  (baS  Snbioibuum,  ffkrfon)  unb  bie 
jmeite  (bie  Suhftanj  als  ©attung).  Dem  ftrengeren  unb  fpater  allgemeinen 
Spracpgehrauche  nach  bebeutete  §ppoftafiS  bie  ijkrfon,  Ufia  baS  Sßefen,  bie 
9tatur  (fßphfiS  —  lange  3^1  ebenfalls  fd)manlenb  gebraucht).  2öaS  baS 
leptere  betrifft,  fo  brachte  bie  ppilonifche  Unterfcheibung  üon  bent  im  Innern 
ruljenben  unb  bem  nach  aupett  herbortretenben  SogoS  mand)e  SSermirrung; 
biefelbe  mar  nicht  entfprechenb,  felbft  ment!  fie  im  cpriftlicpen  Sinne  mobifijiert 
mürbe.  Die  23äter  poben  aber  auch  perbor,  ber  SogoS  fei  lein  perborgepenbeS 
unb  berfchminbenbeS  Sßort  mie  baS  menfdjlidje,  fein  nicpt  für  fid)  beftefjenber 
©ebanfe,  unb  burep  baS  §)erborgepen  aus  bem  3?ater  merbe  er  nicht  bon 
biefetn  getrennt  \  ©S  foKten  eben  mit  jenen  3luSbrüden  nur  jmei  berfepiebene 
33eäiepungen  beS  SopneS  bejeiepnet  merben,  einmal  feine  Smmanenj  jum  35ater, 
fein  9tupen  in  ber  ©ottpeit,  fobann  fein  SBirfen  unter  ben  9Jtenfd)en  als 
Schöpfer,  ^Retter  unb  ©rlöfer,  bem  man  auep  bie  ©otteSerfcpeinungen  im  311tcn 
Sunbe  jufeprieb. 

5.  Sic  ßirepe  in  ben  norbafrifanifdjen  ^rouitijen.  Sertuüian. 

Sitteratur.  —  Tertulliani  Opera  omnia ,  ed.  Oehler.  3  voll.  Lips.  1853. 
SSarbenpetoer ,  iflatrologie  (2.  31ufl.)  ©.  157  ff.  §arnad,  ©eftpupte  ber  altdpriftl. 
ßitteratur  I,  667  ff.  ©prparb,  ®ie  altcpriftl.  ßitteratur  unb  ipre  ©rforfepung  bon 
1884 — 1900  ©.  427  ff.  6.  Dlölbecpen,  ®ertullian.  ©otpa  1890.  ©.©cp  ul  je,  @Ie= 
mente  einer  Speobicee  bei  SlertuKian  (3eitfdpr.  für  toiffenfep.  ®peol.  1900,  ©.  62—105). 

31m  3(uSgang  beS  2.  SaprpunbertS  erftanb  in  31frifa  ber  erfte  bebeuteube 
ßircpenfcpriftfieller,  melcper  fid)  ber  lateinifdjen  Spradje  bebiente:  Du.  SeptimiuS 

®aube  perabgelaffen  paben,  toorauf  er  fofort  burep  2lcdamation  getoäplt  toorben  fei. 
lögt.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  29.  Cypr.,  Ep.  59,  c.  10,  ed.  Hartei  p.  677;  Ep.  9, 
p.  488;  Ep.  30,  p.  553;  Ep.  69,  c.  3,  p.  752. 

1  ®ie  2luSbrÜcfe  Xöyog  Ivrhd&srog  unb  koyog  n potpopixdg  nadj  Philo,  De  vita 
Mosis,  ed.  Mangey  ü,  154;  De  confus.  linguarum  I,  142;  bei  Theophil.,  Ad  Autol. 
II,  10.  20.  22.  dem.  Alex.,  Strom.  V,  1.  Sgl.  Lastin.,  Dial.  c.  Tryph.  c.  61.  Tatian., 
Or.  adv.  Graec.  c.  5.  Ps.-Clem.,  Hom.  XI,  22;  XVI,  12.  Epiph. ,  Haer.  LXII. 
Iren.,  Adv.  haer.  II,  28,  4  sq.  2öenn  SltpenagoraS  (Supplicatio  c.  10)  bom  ©opue 
fagt,  er  fei  köyog  roü  nazpbg  Iv  Idia  xal  Ivspysla,  fo  will  er  ebenfo  fein  ßePen  in  ber 
©ottpeit  als  fein  SDöirfert  naep  außen  bejeiepnen.  ®ie  ippilottifdje  2tuSbrucfStoeife  begegnet 
unS  aud)  in  ben  Philosophumena ,  too,  toie  Wir  gefepen  paben,  ber  ßogoS  als  erft  bor 
ber  ©cpöpfung  aus  bem  SSater  perborgegangen,  nidjt  bon  ©tbigfeit  perfönlicp  cjriftierenb, 
bie  Trinität  als  erft  burd)  fucceffibe  SOßißcnSafte  beS  93aterS  gemorben  bargeftettt  erfepeint. 
Sludp  OrigeneS,  ber  pier  weit  weniger  bom  forrelten  2luSbrucf  entfernt  ift,  braud)t  ippilo= 
nifd)e  äfejciipnungen,  j.  18.  <5  ßeuzepog  dsog  (C.  Cels.  V,  39). 


252 


Sie  ©nttoicflung  unb  bie  SSIüte  ber  firdjücbett  S^eologie. 


$toren?  SEertuttianu?.  Um  ba?  Satfr  160  at?  ©ofm  eine§  römtfdjert  i 
©enturio  ju  Karthago  geboten,  mibmete  er  fid)  hauptfächlid)  ben  juriftifctjen 
©tubien,  fannte  jebod)  aud)  bie  gried)ifd)e  ©pradje ,  fo  baff  er  jebenfalt?  ba? 
©tubium  ber  üaffifdjen  ©chriftfteHer  betrieben  hatte.  Sm  reifen  9Jtanne?atter 
mürbe  er  ©hrift,  fpäter,  bereit?  bertjeiratet,  ^ßre§b^ter  ber  $ird)e  in  Karthago, 
©r  fjiett  fidj  eine  geittang  in  Born  auf,  mie  überhaupt  ztoifdjen  ^arttjago  unb 
ber  fpauptftabt  rege  Regierungen  Ijerrfdjten.  Bon  ©parafter  ftreng  unb  ernft, 
oft  beipenb  farfaftifd) ,  in  ber  ©prache  gebrängt  unb  bunfel,  ber  f)eibnifd)en 
^tjitofophie  burebau?  abgeneigt,  mit  bem  römifchen  9ted)te  fetfr  bertraut,  fjat 
er  in  feinen  zahtreidjen  ©djriften  Rebeutenbes  für  bie  ©arfteüung  ber  firdjtidjen 
Sef)re  getriftet,  unb  ungeachtet  feine?  Übertritte?  zu  ben  Btontaniften  betrachteten 
ihn  bie  fpäteren  afritanifdjen  ©djriftfteder ,  aud)  ©pprian,  at?  Btufter  unb 
Selfrer.  ©ertuttian  ift  jebenfatt?  ber  originettfte  unter  allen  bortonftantinifdjen 
djrifttidjen  ©chriftfteltern.  Refeelt  bon  bem  größten  ©ifer  für  bie  Kirche  unb 
fpäter  für  ben  Btontani?mu? ,  hat  er  in  feinen  zahlreichen  Söerfen  bie  ber= 
fd)iebenften  fragen  be?  tird)tid)en  Sehen?  behanbett,  gegen  f)äretifer  (Btarcion, 
tpermogene?,  bie  Ralentinianer,  ^rajea?)  gefämpft,  bogmatifche  Sehren  erörtert 
unb  ba?  ©hriftentum  gegen  bie  Reiben  berteibigt  (Apologeticus,  Ad  Scapulam). 
Sn  feiner  ^otemif  gegen  bie  ©noftifer  benutzte  er  bie  ©d)rift  be?  Srenäu?. 
2öa?  feinen  bogmaüfchen  ©tanbpuntt  in  ber  ©betagte  angeht,  fo  ift  er  mie 
£)ippo©tu?  bon  9tom  ftrenger  ©rinitarier.  (Sr  gebrauchte  guerft  ben  9Iu?brud 
Trinitas  jur  Bezeichnung  be?  Bater?,  be?  Sogo?  unb  be?  ^eiligen  ©eifte? 
(Adv.  Praxeam  c.  2  sqq.) ;  aber  er  hält  bie  engften  Beziehungen  feft  gmifähen 
ben  btei  göttlichen  Be^fonen,  bie  in  ber  Einheit  berbunben  finb  (trinitas  unius 
divinitatis  Pater  et  Filius  et  Spiritus  Sanctus,  in  De  pudicitia  c.  21). 
SDie?  ift  aud)  mid)tig  für  bie  Beurteilung  ber  Sehre  ber  römifdjen  Kirche  über 
bie  Sbreieinigfeit.  ©>en  .Jpäretifern  gegenüber  hat  SrertuHian  bie  2tu?füt)rungen 
be?  t)t-  Srenäu?  über  bie  Überlieferung  ber  mähren  Selfre  in  ber  Kirche  in 
eine  furiftifche  ffortn  gefteibet  in  feiner  ©chrift  De  praescriptione  haer.  ©ie 
©eifter  bodjte  er  fid)  mit  einer  gemiffen  ^örpertidjfeit  umgeben  unb  zog  barau? 
©düujifolgerungen  über  bie  ©eete  unb  beren  g’ortpftangung  (De  anima;  bgt. 
aud)  De  carne  Christi  unb  De  resurrectione  carnis).  5tt?  Btontanift 
berteibigte  Sertuttian  nad)  feinem  Bruch  mit  ber  Kirche  bie  neue  ^fßrop^etie,  bie 
ftrengen  gorberungen  ber  5t?fefe,  bie  Unmögtichteit,  ©haften,  metd)e  eine 
^apitatfiinbe  begangen  hatten,  mieber  in  bie  ©emeinfdmft  ber  ©laubigen  auf= 
Zune’htnen ;  be?t)alb  griff  er  aud)  ben  ©rta|  be?  RapfteS  ^attiftu?  über  bie  Bujje 
auf  ba?  fdjärffte  an.  Sn  feinen  e?d)atologifd)en  Bnfchauungen  ift  er  ©f)iliaft. 

Bbgefehen  bon  einzelnen  Btitteitungen  über  bie  Berfotgung  ber  Kirche  in 
SXfrita  erfahren  mir  au?  ben  ©dpiften  ©ertuttian?  menig  Einzelheiten  über 
bie  ©efd)id)te  ber  afrifanifchen  ©hriftengemeiuben.  Um  fo  met)r  bagegen  lernen 
mir  au?  feinen  ©chriften  über  ba?  religiöfe  Sehen  unb  über  bie  fird)lid)en 
©itten  unb  ©ebräudfe  feiner  geit.  $ür  bie  folgenben  Safmzehute  (ca.  220 
bi?  250)  bi?  zum  ©piffopat  ©t)prian?  fehlen  un?  beinahe  alte  Ütacfiricbten 
über  bie  Kirche  in  Bfrita.  Uiur  burd)  gelegentliche  ^Mitteilungen  in  Briefen 
©pprian?  erfahren  mir,  bap  unter  einem  feiner  Borgänger  auf  bem  Bifdjof= 
ftut)t  bon  Karthago,  Rgrippinuö ,  eine  ©pnobe  bie  bon  £)äretifern  gefpenbete 


6.  Sic  Äateepetenfcfjule  in  SUejanbrieit.  JHemen§  unb  OrtgeneS.  253 

Saufe  für  ungültig  erflärte 1,  eine  9lnfi<pt,  melcpe  SertuHian  ebenfalls  öerteibigt 
fjatte.  Sine  toeitere  borcpprianifcpe  Spnobe  bon  neunzig  afrifanifcpen  Sifcpöfen 
berurteilte  ben  93ifd)of  fßribatuS  bon  SatnbäfiS  megen  §ärefie  unb  entfefete 
iptt  feines  51mteS 2.  Sie  23ifcpöfe  gabianuS  bon  9tom  unb  SDonatuS  bon 
Karthago  erließen  gegen  ißribatuS  ftrenge  Schreiben ;  ieneS  SreigniS  fällt  fomit 
in  bie  3eit  jmifcpen  236  unb  248. 

6.  2>ie  ßatedjctcnfdjule  in  9llepnbricn.  ßlcmenS  unb  Ortgene». 

Du  eilen.  —  Clem.  Alex.,  Opera,  ed.  Hindorf.  4  voll.  Oxon.  1869.  Orig., 
Opera  omnia,  ed.  de  la  Rue.  4  voll.  fol.  Par.  1733 — 1759  (bei  Migne ,  Patr.  gr. 
XI — XVII);  ed.  Lommatzsch.  25  voll.  Berol.  1831 — 1848;  neue  21u§g.  Lips.  1899  sqq. 
(vol.  I — II  ed.  Koetschau,  vol.  III  ed.  Klostermann).  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  10.  11 ; 
VI,  2.  3.  6.  8.  13  sqq.  Greg.  Thaumat.,  Oratio  panegyr.  in  Origenem.  Pampkil., 
Apologia  pro  Origene.  —  ben  ©cpriftert  ber  beiben  SHejonbriner  Dgl.  23arben= 
beiner,  ißatrologie  (2.  2I«ft.)  ©.  114  ff.  (ßlentenS),  ©.  121  ff.  (Drigenes).  §arnacf, 
©efcpicpte  ber  altcpriftl.  Sitteratur  I,  296  ff.  (fHemenä),  6.  332  ff.  (DrigeneS).  ©pr= 
barb,  Sie  altdjrifil.  Sitteratur  unb  ipre  ©rforfpung  Don  1884—1900  ©.  296  ff. 
(Älemenö),  <S.  320  ff.  (Drigencä). 

Sitteratur.  —  Guericlce,  De  scliola  quae  Alexandriae  floruit  catechetica.  2  p. 
Halis  1824  sq.  Hasselbach ,  De  scliola  quae  Alex.  flor.  catechetica.  2  p.  Stetini 
1826 — 1839.  J.  Simon,  Histoire  de  l’ecole  d’Alex.  Paris  1845.  Vacherot,  Histoire 
critique  de  l’ecole  d’Alex.  3  vols.  Paris  1846 — -1851.  Ch.  Bigg,  The  Christian  Pla- 
tonists  of  Alexandria.  Oxford  1886.  J.  B.  Heard,  Alexandrian  and  Carthaginian 
Theology  contrasted.  Edinburgh  1893.  fj.  S  e  p  nt  a  n  n ,  Sie  ßatedjetenfcpule  ju  2Ue£= 
anbrien  fritifdj  Meuptet.  Seipsig  1896.  ßrnefti,  Sie  ©tpif  beö  $1.  ßlemenS  Don 
SUcjanbrien.  tpaberhorn  1900. 

1.  Sn  feiner  Stabt  beS  PtömerreicpeS  maren  bie  33erpältniffe  jur  SnH 
tbidlung  einer  tpeologifipen  Söiffenfdjaft  fo  günftig  toie  in  ber  ^auptftabt 
$gpptenS,  in  üllepanbrien.  Ourcp  bie  33emüpungen  beS  alten  (perrfcper= 
paufeS  ber  ißtolemäer  toaren  bort  reicpe  93ilbungSmittel  gefdjaffen  tootben,  unb 
burcp  ipren  auSgebepnten  §anbel  patte  bie  Stabt  töejiepungen  ju  allen  Seiten 
beS  Diömerreic^eS ,  nad)  Sßeften  mie  nacp  fftorben  unb  Offen.  So  toar  bie 
Stabt  ber  Sammelpunft  ber  berfcpiebenften  ppilofoppifcpen  unb  anberer  ge= 
lehrten  Schulen  getnorben,  mo  nidjt  blojj  bie  Reiben,  fonbern  auch  bie  Suben 
pelleniftifcpe  ©eifteSbilbung  im  Stubium  ber  alten  griecpifcpen  Scpriftftcller 
aller  9Irt  pflegten,  unb  mo  baS  Stlte  Seftament  in  bie  ppilofoppifcpen  Spefu= 
lationen  mit  ^ineinbejogett  mürbe.  fJiirgenbS  §eigte  fiep  auch,  tnie  fepon  ber 
©nofiiciSmuS  bemeift,  in  ben  cpriftlicpen  Greifen  ber  (pang  jur  Spefulation  in 
bemfelben  ÜDiafje,  als  eS  in  ber  alejanbrinifcpen  ßirepe  ber  mar,  bie  Diele 
ppilofoppifd)  gebilbete  ©lieber  jäplte.  Sn  Sllepanbrien  beftanb  nun  früpjeitig 
eine  aus  praftifepen  Sebürfniffen  perborgegangene  ^atecpetenfcpule,  meldfe 
urfpriinglid)  ben  3med  patte,  bie  tpeiben  im  ©priftentume  ju  unterrichten.  Unter 
ber  ©inroirfurtg  beS  regen  ©eifteSlebenS  in  ber  Stabt  cntmidelte  fiep  pier 
friip  eine  Stätte  cpriftlid)er  Söiffenfcpaft,  mie  bieS  in  einem  gentralpunfte  unb 
©mporium  peibnifdjer  ©eleprfamfeit,  ma§  31Iejanbrien  bamalS  mar,  befonberS 


'  Cgpr.,  Ep.  71,  c.  3;  ep.  73,  c.  3,  Opp.  ed.  Hartei  p.  774.  780. 
2  Cgpr.,  Ep.  59,  c.  10,  ed.  Hartei  p.  677. 


254 


Sie  Snttoidlung  uitb  bie  23lüte  ber  fireplicpen  Speologie. 


unter  bem  ©influffe  ber  neuplatonifepen  ^pilofoppie,  nicpt  anberS  ju  erwarten 
mar.  5luep  fept  blieb  bie  Katedfetenfepule  eine  unter  bem  33ifdjofe  fte^enbe 
firepliepe  Slnftalt,  ber  ipren  Vorftanb  ernannte,  ©ie  pflegte  fomopl  bie  peiligen 
at§  bie  profanen  ©tubien,  pulbigte  einer  ftreng  etpifcpen  unb  aSfetifdjen  9tiep= 
tung,  fud)te  auf  ©runblage  beS  PatoniSmuS  eine  SteligionSppilofoppie  511  U- 
griinben,  mobei  freitid)  manepe  ©lieber  atlgiifet;r  pantpeiftifd)en  Slnfepauungen 
fiep  Eingaben,  ©ie  übte  befonberS  bie  mpftiftpe  unb  allegoriftpe  ©epriftauS= 
legung,  niept  feiten  aud)  bis  jum  Übermaß,  ermarb  fid)  aber  boep  für  bie 
biblifepen  ©tubien,  ja  für  bie  gefamte  Geologie  große  unb  bleibenbe  Verbienfte 1. 

2.  ®er  erfte  ttnS  naper  bekannte  Seprer  biefer  ©cpule  ift  IßantänuS, 
früher  ftoifcper  fßpilofopp,  bann  bon  einem  5IpofteIfd)iiIer  unterrid)tet ,  ber  in 
münbliepen  Vorträgen  fomie  in  (uns  berlorenen)  Kommentaren  am  ©nbe  beS 
2.  IgaprpunbertS  bie  peilige  ©eprift  erflärte.  9toep  berühmter  mürbe  fein  ©cpiiler 
SEituS  glabiuS  KlemenS,  ber  ebenfalls  als  £eibe  um  bie  Dritte  beS  2.  3apr= 
punbertS  geboren  unb  in  ber  grieepifcpen  Sitteratur  gut  unterrichtet  mar,  auf 
Steifen  in  ©riedjenlanb ,  Unteritalien,  ißaläftina  unb  ©ßrien  fiep  bielfacpe  ©r= 
faprungen  gefammelt  patte  unb,  naepbem  er  in  Sllejanbrien  burep  ißantänuS 
für  baS  ©priftentum  gemonneit  mar,  als  ijkiefter  unb  Seprer,  als  ©epilfe  unb 
9cad)folger  beS  ißantänuS  in  ber  bortigen  Kateepetenfcpule  Diele  tüchtige  SJtänner 
peranbilbete.  Unter  ber  Verfolgung  beS  ©eüeruS  (202)  berließ  er  5llej:anbrien, 
meilte  in  Kappabocien  unb  ißaläftina  unb  feprte  maprftpeinliep  fpäter  naep 
Vlepatibrien  juritd,  mo  er  noep  Oor  217  ftarb.  Slufier  mepreren  Heineren  ©(prüften 
unb  ben  (berlorenen)  „fpßpotßpofen"  berfafite  er  brei  unter  fid)  enge  Derbunbene 
Söerfe.  3n  ber  „Vtapnrebe"  (ißrotreptifoS)  geigte  er  bie  Vernunftmibrigfeit  beS 
IpeibentumS,  im  „^äbagogen"  mollte  er  3 um  epriftlicpen  Seben  anleiten,  in  ben 
„©tromaten"  (Seppicpen)  jur  Votlenbung  beS  epriftliepen  SebenS  unb  SBiffenS 
pinfitpren  naep  ben  brei  ©tufen  ber  alten  SBeifen,  bem  2ßege  ber  Steinigung, 
ber  ©inmeipung,  ber  Slnfepauung,  ferner  ben  mapren  ©noftifer  als  ben  ebenfo 
gereepten  als  meifen  ©priften  barftellen.  ©eiftDoll  unb  geleprt,  aber  fein  fpfte= 
matifeper  Genfer,  fiel  er,  obfepon  er  im  ©lauben  alle  SBaprpeit  fap  unb 
gmifepen  ipm  unb  bem  Vßiffen  nur  einen  formellen  Unterfcpieb  fepen  moKte, 
bod)  öfters  in  ben  platonifcpen  ©egenfap  gmifepen  ber  „SJteinung  ber  SJtenge" 
unb  ber  burep  bie  üßiffenfepaft  »ermittelten  Steligion  ber  pöper  ©ebilbeten 
guriief  unb  überfcpäpte  mandpnal  bie  altflaffifepe  Sitteratur,  befonberS  bie 
ppilofoppiftpe.  ©r  mifepte  in  feiner  ©pefulation  ber  d)riftticpen  Seprüberlieferung 
mainpe  frembe  ©lemente  bei ,  bie  er  aus  ber  grieepifcpen  ippilofoppie  (©toifer, 
^lato)  unb  auS  ber  jiibifdjen ,  burep  ^3piIo  begrünbeten  unb  mit  pelleniftifeper 


1  Sie  ©epule  peipt  tu  ispöv  dcdaoxaXsiov  rwv  Ispcuv  padr]  p.d.Tu> v  ( Sozom .,  Hist, 
eccl.  III.  15),  tu  rvjq  x.aTTjyrjosaig  ( rwv  Ispcuv  Xöywv)  5idaox.aXs~t.ov  ( Euseb Hist.  eccl. 
V,  10;  VI,  3,  26),  schola  ecclesiastica  (ober  catecheseon ;  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  88.  69). 
Stad)  Euseb.  1.  c.  Y,  10  beftanb  fic  ig  äpyaiou  i&oug.  Hieron.  1.  c.  c.  36 :  iuxta  veterem 
in  Alexandria  consuetudinem ,  ubi  a  Marco  Evangelista  semper  ecclesiastici  fuere 
doctores.  Stad)  5ppüiPPu§  ©ibeieä  (fyragment  bei  Dodwell,  Dissert.  in  Iren.  [Oxon. 
1689]  p.  488  sq.)  märe  Jlttjenagorag  bor  Vantönug  Seprer  ber  ©d)uü  getoefen;  boep  ift 
bie  ©laubtoürbigteit  biefeä  2lutor§  fepr  gering  ( Socrat .,  Hist.  eccl.  VII,  27.  Phot., 
Biblioth.  cod.  35). 


6.  S)ie  $atec£)etenfd()ute  in  Sllejcmbrien.  ßtemertS  unb  Drigeneä. 


255 


Philofoptjie  burchfejjten  ©chrifttheologie  fdjöpfte.  S)aju  Jjielt  er  fidj  um  fo  elfer 
berechtigt,  atg  er  baDon  auggtng,  bie  griedjifchen  phitofoptjen  hätten  bag,  mag 
ihre  ©djriften  cm  SPahrljeit  enthalten,  aug  bent  SHten  Sieftamente  entnommen; 
bie  Philofoptjie  ift  ihm  bie  33orIäuferin  beg  ©fjriftentumg ;  wie  ben  Suben 
burch  bag  ©efeü,  fo  mürbe  ben  Reiben  burd)  bie  Phitofopljie  bcr  2Beg  jur 
©oßenbung  in  ©tjriftug  bereitet.  Obgleich  ber  ©taube  bie  Pottenbung  bcr  ©r= 
!enntni§  ift,  fo  muh  hoch  ber  bottfommcne  (gnoftifche)  ©fjrift  bom  ©tauben  jum 
höheren  SBiffen,  bag  zugleich  Don  einem  tugenbhaften  Seben  begleitet  ift,  empor= 
fteigen,  unb  baju  Dertjitft  bie  Philofoptjie.  Stud)  feine  ©pclulationen  über  bie 
Trinität,  befonberg  über  bag  33erljältnig  beg  Sogog  ju  ©ott  bem  33ater,  unb 
über  bie  ©eiftermelt  ftnb  ftart  beeinflußt  öon  ben  phitofophifchen  ©runbfätjen 
ber  ©riechen.  ©rojje  Stufmerffamfeit  manbte  er  namentlich  ber  ©ittenleljre  zu, 
bie  er  in  Dotter  Steintjeit  barftetten  tootlte;  in  einer  befonbern  Stbhanbtung 
unterfuchte  er  (nach  SDtattlj.  19,  16  ff.)  bie  grage,  mie  unb  unter  welchen 
Pebingungen  ber  Steidje  fetig  Werben  tönne.  ©eine  Dornehmften  ©djüter 
waren  Sltejanber,  Sifdjof  in  ßappabocien,  bann  ßoabjutor  unb  Siadjfotger  beg 
hl.  Starciffug  Don  Serufatem,  fowie  ber  an  Seiftungen  alg  Setjrer  unb  ©djrift= 
fletter  ihn  noch  überragenbe  Origeneg,  unter  welchem  bie  alej-anbrinifdje  ©e= 
tehrtenfchute  ben  £>ötjepuntt  itjreg  ©tanjeg  erreichte. 

3.  Origeneg,  ju  Süejanbrien  185  geboren,  erhielt  Don  feinem  SSater 
Seonibag  eine  Dortrefftiche  ©rzieljung,  hatte  in  ber  ptjitofopljie  erft  feinen  33ater, 
fpäter  beit  Stmmoniug  ©atfag ,  in  ber  $he°tD0te  ben  pantänug  unb  ßtemeng 
ju  Set)rern  unb  bewieg  Don  Sugenb  an  eine  rafttofe  ^hätigfeit  fowie  einen 
gtüt)enben  ©ifer  für  ben  ©tauben,  ©r  wollte  mit  feinem  Pater  ben  9Jtarter= 
tob  teilen ;  burch  eine  Sift  ber  SJtutter  zurüdgeljatten,  befdjmor  er  ihn  fchrifüidj, 
feiner  Familie  wegen  nicht  feinen  ©inn  ju  äitbern,  unb  f  achte  nad)  ber  $on= 
figtation  beg  t»üterlid)en  33ermögeng  burch  ©rteilung  Don  Unterricht  feine 
Ptutter  unb  fe<h§  ©efdimifter  ju  unterhalten.  Stuf  bie  bebeutenben  Stnlagen  unb 
bie  reidjen  $enntniffe  beg  erft  achtzehnjährigen  Süngtingg  aufmertfam  gemacht, 
ernannte  ihn  Pifdjof  Oemetriug  jum  Seljrer  unb  zeitweiligen  33  or  ft  et)  er  ber 
$ated)etenfd)ute,  in  welcher  ©tettung  er  fid)  allgemeine  Sichtung  unb  bie  innige 
Siebe  feiner  jahlreidjen  ©djüter  gewann,  biete  tpeiben  betehrte  unb  zahlreiche 
©thtiften  oerfafte.  Stur  ju  frühe  begann  er  in  feinem  3Sertc  „33on  ben 
Prinzipien"  ben  tühnen  unb  bei  bem  noch  Zu  lebenbigen  ©inbrud  bcr  heib= 
ttifchen  philofophie  nicht  ohne  33erirrung  unternommenen  33erfuch,  bie  djrifitiche 
Oogtnatif  in  fpftematifcher  ®arfteflung  zu  geben.  3n  feinem  SBanbet  Döttig 
tabettog,  wollte  er  and)  jeben  Übeln  ©cheiit  unb  jebe  ©efafjr  einer  33cftedung 
in  ber  SBelt  Dermeiben;  aug  guter  Slbficht  unb  in  SJtijjbeutung  ber  ebangelU 
fdjen  Söorte  Don  ben  ©unudjen,  bie  fid)  fetbft  entmannen  (SJtattf).  19,  12), 
Derftümmelte  er  fid)  fetbft,  wag  ihm  bamatg  Don  feinem  33ifd)ofe  Derwiefen  unb 
fpäter  zum  fdjweren  33erbred)eu  gemacht  würbe,  ©treuger  Stgfefe  ergeben, 
ermieg  er  fid)  furchtlog  unb  begleitete  öfters  bie  SJtärtprer,  worunter  auch 
mehrere  feiner  ©djüter  waren,  zur  3tid)tftättc.  ©egen  212  reifte  er  unter 
Papft  3ept)prinug  nach  9tom,  um  biefe  ältefte  £ird)e  ju  fet)en,  warb  aber 
halb  nach  Sllejanbricn  zurüdberufen.  Söegen  beg  großen  Stnbrangg  Don 
©chülertt  teilte  er  biefe  in  jtoei  klaffen  unb  nahm  für  bie  untere  feinen 


256 


®te  ®nttoic£Iung  unb  bie  SBIiite  ber  firdjlidjen  SUfeoIog«- 


©d)itler  ^eraflaä  311m  ©efjilfen.  Vtit  25  fahren  erlernte  er  bie  Ijdräifdje 
©pradje  im  ^ntereffe  feiner  biblifdjen  ©tubien  unb  begann  fein  grofje§  93ibel= 
merf  (fpejapla).  ®urd)  ben  bon  if)m  belehrten  ©noftifer  Vmbrofiu§  reidflidj 
mit  ©elbmttteln  unterftüjjt  unb  jttr  Vbfaffung  ja^lreidier  ©Triften  auf= 
geforbert,  erhielt  er  jur  ©rleidjterung  non  biefem  t)inreid)enbe  ©dmed-  unb 
©djönfdmeiber  jur  Verfügung.  ©ein  Stuf  brang  in  bie  fernften  ©egenben; 
215  rnarb  er  nach  Arabien  gerufen  jum  Unterricht  eines  bortigen  Vefel)l§= 

1) aber§.  Valb  nad)  feiner  Sfüdfelfr  nad)  Vlejmnbrien  muftte  er  216  bor  ben 
©otbaten  be§  über  bie  ©tabt  erjürnten  ^aiferS  ©aracalla  fliehen ;  er  ging 
nad)  ©äfarea  in  5ßaläftina,  roo  er  eine  effrenbolle  Vufnaffme  fanb  unb,  obfdfon 
noch  Saie,  auf  ©inlabung  ber  Vifcfjöfe  öffentliche  Vorträge  über  bie  ^eilige 
©chrift  in  ben  $irdjen  hielt,  ©ein  Vifdmf  Oemetriu§  mißbilligte  bieS  unb 
forberte  feine  Stüdfeffr.  Origene§  gehorchte ,  marb  aber  halb  bon  ber  Vtutter 
be§  3?aifer§  VIejanber  ©eberu§  nad)  Vntiochien  gerufen,  fpäter  nach  Vdfaia. 
Vei  ber  SDurdmeife  marb  er  31t  ©äfarea  in  ^aläffina  bom  SSifchof  SDjeoftiftuS 
228  jum  5ßriefter  gemeint,  Oiefe  Orbination,  bon  einem  nicht  fompetenten 
SSifchof  an  einem  gremben ,  baju  an  einem  ^aftraten ,  bolßogen,  mar  gegen 
bie  tird)tid)e  Siegel.  ®e§I)atb  orbnete  Vifdfof  OemetriuS,  al§  OrigeneS  über 
©pf)efu§  unb  9(ntiod)ien  nad)  Vlepanbrien  jurüdfet)rte ,  eine  Unterfud)nng  an, 
bor  beren  Vu§gang  0rigene§  bie  ©tabt  bertiejj,  um  bei  bem  befreunbeten 
S3ifdhof  bon  ©äfarea  ju  leben,  ©ine  alejanbrinifdje  ©pnobe  bon  231  fprad) 
feine  Vbfettung  au§.  3n  ©äfarea  eröffnete  Origene§  eine  neue  ©d)ule,  bie 
burd)  ihn  l)of)en  ©tan3  erhielt,  an  ber  ©regor  (ber  2Bunbertf)äter)  unb  beffeit 
Vruber  VtI)enoboru§  feine  ©chüler  mürben.  3n  ber  Verfolgung  be§  5Jiajiminu§ 
floh  er  nach  ^appabocien  31t  Vifdjof  girmilian,  lebte  I)ier  längere  ;3eit  berborgen 
im  |)aufe  einer  ©fjriftin  Suliana,  mit  ber  Vbfaffung  berfd)iebener  ©Triften 
befdjäftigt.  Stad)  bem  ©tur§e  Vtapiminä  nad)  ©äfarea  in  ^aläftina  jurüd= 
gelehrt ,  nahm  er  feine  Sel)rtf)ätigfeit  mieber  auf,  bie  er  mit  einigen  burd) 
Steifen  nach  Arabien  f)erbeigefüf)rten  Unterbrechungen  bi§  31m  Verfolgung  be§ 
0eciu§  fortfeßte ,  bie  er,  in  2pru§  eingeferlert  unb  ferner  gepeinigt,  nicht 
lange  überlebte,  ©r  ftarb  254  3U  SEpru»,  69  3af)re  alt. 

©rof$  unb  gahlreirf)  finb  bie  miffenfdfaftlidjen  Verbienfte  biefeS  Vtanneg. 
Vid)t  nur  trug  er  3m:  gijierung  be§  biblifchen  Kanons  fefjr  bieleS  bei, 
fonbern  er  mar  aud)  burd)  feine  ^)ejapla  in  erfpriefjlichet  Sffieife  für  bie 
SLejtfritif  be§  Viten  2efiamente§  tl)ätig.  ßier  fieöte  er  in  fech§  Kolonnen 
3ufammen:  1)  ben  f)ebräifd)en  unpunltierten  $ejt  mit  Ifebrätfchcn  Vudjftaben, 

2)  ben  f)ebräifd)en  Stept  mit  gried)ifd)en  Settern  nad)  ber  ihm  befannten  Vu§= 
fpracbe,  3)  bie  mortgetreue  Überfettung  be§  Vguila,  4)  bie  be§  ©pmmad)u§, 
5)  bie  alejanbrinifcbe  Verfion  (©eptuaginta) ,  6)  bie  beS  Sheobotion.  V3o 
nur  bie  Kolonnen  3 — 6  beifammen  maren,  hüf>  ba§  ©an3e  Setrapla.  ®a 
ferner  Drigene§  bon  mannen  biblifchen  Vüd)ern  nod)  brei  meitere  gried)ifd)e 
Überfettungen  bon  unbefannten  Verfaffern  borfanb,  fo  erhielten  manche  ©jem= 
plare  acht  bis  neun  Kolonnen  (Oftapia,  ©nneapla).  Oabei  manbte  er  befon= 
bere  Iritifdje  Reichen  an,  ben  ObeluS  für  foldje  ©teilen  ber  ©eptuaginta,  bie 
im  lpebräifd)en  fehlten,  ben  VfteriSfuS  für  foldfe,  beren  bie  ©eptuaginta  en© 
behrte,  unb  feßte  fur3e  Vnmerfungen  (©cholien)  bei.  $a§  großartige ,  nod) 


6.  3)ie  ßatedjetenfdjule  in  3tle£anbrien.  Clemens  unb  DrigeneS. 


257 


bon  $teront)muS  benutzte  2Berf  ift  bis  auf  einzelne  Sörudjftücfe  berloren. 
Sabci  mirlte  OrigeneS  ebenfalls  burd)  ©d)rifterflärungen  nicht  nur  in  feinen 
5af)Ireid)en  §omilien  ,  fonbern  aucE)  in  eigentlichen  Kommentaren  (Sorni)  unb 
burd)  furje  Erläuterungen  ber  fcffmierigen  ©teilen  (©djolien).  Er  faffte  babei 
immer  baS  Verhältnis  ber  einzelnen  ©teilen  im  3ut"ommenhange  beS  Eatijen 
auf  unb  beftrebte  fid),  ben  bud)ftäblid)en  ©inn  feftzuftellen,  mofür  er  giemlid) 
VebeutenbeS  geleiftet  hot,  menn  er  and)  im  ©efdjmade  feiner  3e*t  unb  feiner 
©d)itle  noch  über  ben  bud)ftäblid)en  unb  E;iftorifd;ert  ©inn  h'bauS  einen 
höheren,  geheimniSboden,  auf  baS  fittlid)e  Seben  ober  auf  eine  erhabenere  Er= 
tenntniS  gerichteten  fud)te.  3hm  tft  bie  ^eilige  ©d;rift  im  einzelnen  mie  im 
ganjen,  auch  im  unfcheinbarften  VuSfprud),  ©otteS  3öerf,  bod  ber  tiefften 
©ebanfen;  E;ierin  befteht  für  ihn  fein  Unterfdjieb  jmifd)en  bem  Viten  unb  Veueu 
Sefiament.  Er  unterfdfeibet  1)  ben  fomatifchen  (bud)ftäblid)en ,  E;iftorifd)en), 
2)  ben  pft)d)i[d)en  (moraIifd)en,  tropologifdjen) ,  3)  ben  pneumatifdjen  (mt)fii= 
fd)ert,  anagogifdfen  unb  allegorifdjen)  ©inn.  ©eine  nur  jum  Seil  uns  er- 
haltenen  SBerle  lieferten  auch  für  bie  fyolgejeit  reiche  Vnregung  unb  Velelfrung, 
unb  feine  tgomilien  maren  bie  Vhtfter  für  prattifd)  epegetifcpe  Sehrborträge  in 
ber  Kirche.  Vuperbem  hat  OrigeneS  burd)  feine  aSfetifdjen  ©Triften,  befottberS 
burd)  bie  „Vom  ©ebete",  burd)  feinen  Kampf  gegen  Reiben  unb  ^äretifer  grojje 
unb  bleibenbe  Verbienfte.  Überall  I)at  er  eine  tounberbare  VrbeitSfraft  ent= 
toidelt,  bie  ihm  bie  Veiuamen  „VbamantiuS"  unb  „EhaÜenteroS"  berfd)affte 1. 

Sßenn  er  als  Sogmatifer  einzelne  Sogmen  trefflich  erläuterte  unb  bc= 
grünbete,  fo  ift  fein  Ütuljm  hier  bod)  berbunfelt  burch  feinen  ju  engen  Vnfchlujj 
an  ben  VeupIatoniSmuS,  aus  bem  er  manche  Srrtümer  entnommen  hoben  foll. 
©eine  Sehren  bilbeten  bom  VuSgange  beS  3.  3al)rI)unbertS  an  einen  ©egen= 
ftanb  beS  ©treiteS  unter  ben  Slfeologen,  ber  fich  fpäter  im  fogen.  ©rigeuiftem 
ftreit  am  fcbärfften  jufpi^te.  Von  feinen  ©egnern  mürben  ihm  rnandfe  falfdje 
Vnfid)ten  borgemorfen.  SnSbefonbere  marb  ihm  jur  Saft  gelegt:  a)  bie  Vn- 
nahme  einer  emigen  ©d)öpfung  unb  einer  uncnblichen  2öeltenreif)e,  cntfpred)cnb 
ber  emigen  Sljätigfeit  ©otteS  als  ©d)öpfer ;  b)  bie  Erflärung  beS  Ur- 
fprungS  ber  materiellen  V3e(t  burch  einen  borjeitlidjcn  Vbfad  in  ber  ©eifter= 
melt  unb  bie  Vehauptung  ber  ^räejiftenz  ber  menfd)lid)en  ©eelen;  c)  bie  Sehre 
bon  ber  Körperlichfeit  ber  Engel;  cl)  bie  Seugnung  ber  Emigfeit  ber  £)öllen= 
ftrafen,  ba  alle  ©trafen  VefferungS^  unb  Erziehungsmittel  feien;  e)  baher 
aud)  bie  Vnfidjt  bon  einer  enblichen  Vegnabigung  beS  ©atanS  unb  ber 
Säntonen,  mie  f)  auch  bon  einer  SVieberbringung  (VpofataftafiS)  aller  Singe 
mit  Vernichtung  ber  Körperlichleit;  g)  bie  Veftreitung  ober  bod)  Entfteüung 
ber  Vuferftehung,  ba  eben  aHeS  Körperliche  untergehen  müffe ;  h)  §)erabfetjung 
beS  ©oljneS  ©otteS  unb  Verfennung  feiner  2ßefenSgleid)heit  mit  bem  Vater 
(©uborbinatianiSmuS) ;  i)  |)erabfepung  beS  ^eiligen  ©eifteS  unb  Vefd)ränfung 
feiner  SBirffamfeit  auf  bie  .^eiligen,  mährenb  bie  beS  ©of)neS  fid)  auf  alle 
Vernunftmefen,  bie  beS  Vaters  auf  alles  fd)led)tl)in  fid)  erftreden  folle;  k)  Ver= 

1  ’Adaftdvriog  (ber  URamt  oon  Stabt)  bei  Euseb.  1.  c.  YI,  14.  Hieron.,  De  vir. 
ill.  c.  54;  Ep.  29  ad  Paul.  Epiph.,  Haer.  LXIV,  1.  XaAxivrepoe  (mit  ehernen  6in= 
getneiben)  bei  Hieron.,  Ep.  29  ad  Paul.  Sion  ber  Strahl  feiner  «Sdhriften  foll  er  auch 
bie  Seinamen  «Twraxnys,  avvzaxTtxog ,  tnjuTaxrrjpiog  erhalten  haben. 

(jjergenrötljer,  ßircf)cnge|cl)id)tc.  I.  4.  Slufl. 


17 


258 


Sie  ©nttoicflung  unb  bie  SSIiite  ber  fird^Iic^ert  Sßeologie. 


flüd)tigurtg  beS  SnßaltS  ber  ^eiligen  ©cßrift  burd)  übermäßiges  Slllegortfieren, 
ittSbefonbere  ber  (Srjäßfung  1  fDtof.  ^aß.  3,  in  ber  er  bie  SierfeHe  auf  bie  menfcß= 
licken  Seiber  bezogen  ßaben  foH1.  —  2)ie  Stimmen  über  OrigeneS  blieben 
ftetS  feßr  geteilt.  Söößrenb  33ifd)of  fötetßobiuS  bon  Olßmp,  bann  bon 
SEßtuS,  bie  Seßten  bon  ber  unenbticben  Söeltenreiße ,  bon  ber  ißräejiftenj  ber 
(Seelen,  bon  bem  Körper  als  Werter  ber  Seele  unb  bon  ber  enblicfjen  35er= 
nidjtung  ber  SRaterie  als  mtrfltcß  boit  OrigeneS  borgetragen  befämpfte,  fßen= 
beten  ißm  anbere,  mie  ©regor  bon  ffteucäfarea ,  fßamßßtluS  unb  (SufebiuS 
bon  (Säfarea,  reidjeS  Sob  unb  naßmen  tßn  in  Scßuß  gegen  bie  ßäuftg  getoor= 
benen  Eingriffe 2.  Sdjon  frühzeitig  mürbe  ißerfälfcßung  feiner  Scßriften  burd) 
£)äretiler  behauptet 3,  unb  bei  bem  mangelhaften  gufianbe,  in  bem  gerabe  biele 
feiner  (pauptmerfe  auf  unS  gefommen  finb,  ift  eS  ferner,  mit  Sicßerßeit  über 
alle  einzelnen  Auflagen  ju  entfcßeiben.  £at  er  aber  aucß ,  maS  am  meiften 
begrünbet  fcßeint ,  mirflicß  nach  platonifcßen  Seßren  bie  meiften  jener  Srrtümer 
borgetragen,  fo  mar  er  bocß  nie  bemußter  unb  formeller  Ipäretiler,  ba  er  ber 
^irdjenleßre  ju  folgen  unb  ficß  ißr  ju  untermerfen  bereit  mar 4. 


1  Sie  Srrtümer  beS  OrigeneS  fanb  man  befonberS  in  ben  (berlorenen)  10  iöücfjern 
Stromata  ( Hievon .,  Ep.  61,  al.  38;  Ep.  65,  al.  141),  in  ben  2  83üd)ern  De  resurrectione, 
in  ben  4  (boltftänbig  nur  in  bet  23erfion  beS  3tufinu§  erhaltenen)  ätücßern  Uspl  äpyiöv, 
toorin  einige  ©teilen  über  bie  Trinität,  bie  ÜJlaterie  unb  bie  Sortbauer  geänbert  ttmrben. 
lögt,  de  la  Eue,  Opp.  I,  P.  IV,  p.  44.  SßomafiuS,  OrigeneS  (Nürnberg  1837) 
©.  88  ff.  SSgt.  au  a)  SßontafiuS  a.  a.  O.  ©.  111  f.  287  ff.  (De  princ.  III,  5,  3; 

II,  9,  4,  6 ;  IY,  30;  In  Num.  kom.  4,  n.  1 ;  In  Matth,  tom.  13,  n.  1 ;  tom.  15,  n.  35).  3U 
b)  unb  c)  %  f)  o  tn  a  f  i  u  S  a.  a.  D.  ©.  165  ff.  3U  d)  De  princ.  II,  5,  3 ;  10,  6 ;  C.  Cels. 

III,  75.  78  sq.;  V,  15  sq.;  In  Ezech.  kom.  1,  n.  2 ;  In  Ex.  fragm.  (Opp.  III,  114  sq.). 

3u  e)  De  princ.  I,  8,  3;  III,  6,  5  sq.  Hieron.,  Ep.  ad  Avit.  3U  f)  In  Io.  tom.  32,  n.  3. 

Selecta  in  Psalm,  p.  576.  De  princ.  I,  6,  1  sq. ;  III,  6,  1 ;  C.  Cels.  VIII,  72;  Di 

Rom.  1.  2,  n.  1;  1.  3,  n.  1.  Fragm.  in  Luc.  (Opp.  III,  981).  Sie  Seßre  bon  ber 
2tpolataftafiS  läßt  fid)  aber  in  einem  anbern  (fircßlicßen)  ©inne  erflären.  3u  g)  C.  Cels. 

II,  77.  Selecta  in  Psalm,  p.  532.  535;  In  Mattk.  17,29.  SßomafiuS  ertennt  an,  baß 

nact)  OrigeneS  bie  Seiber  berflärt  unb  bergeiftigt,  mit  2lblegung  ber  SSertoeSlicßleit  unb 
©terblicßfeit  auferfte£)en,  baSfelbe  sldog,  obfcßon  nicßt  baSfelbe  bXtxov  biroxegievov  toieber= 
ßergeftellt  mirb.  2lucß  bür  ift  eine  fircßlicße  ©rllärung  möglicß.  3U  k)  OrigeneS  faßt 
ben  ©oßn  bocß  nur  aunäcßft  als  ratione  principii  bem  iBater  untergeordnet,  ni^t  ratione 
naturae.  Ser  9Sater  ift  aber  in  erfterer  SSeaießung  als  äp'/y  npu/rrj  auch  nach  ben 
nacßnitänifcßen  SSätern  größer  als  ber  ©oßn.  3U  i)  Orig.,  In  Io.  tom.  32,  n.  6 ;  tom.  28, 
n.  13;  C.  Cels.  Y,  1 ;  De  princ.  I,  3.  5  sq. ;  In  Num.  kom.  6,  n.  3 ;  In  Matth,  kom.  12, 

n.  40.  Fragm.  in  Is.  (Opp.  III,  105).  SßomafiuS  a.  a.  O.  ©.  112—151.  278—284. 

3u  k)  C.  Cels.  IV,  40;  In  Io.  tom.  20,  n.  21;  tom.  2,  n.  24;  In  Gen.  kom.  3,  n.  31; 
In  Lev.  kom.  3,  n.  2.  23gl.  Hieron.,  Ep.  61. 

2  Method. ,  llepl  ävaerrdcrscjg ,  bei  Epiph.,  Haer.  LXIV,  12  sq.  Phot.,  Bibliotk. 
cod.  229.  llepl  yevrjTÜv  bei  Phot.  1.  c.  cod.  235  {Migne ,  Patr.  gr.  XVIII).  Greg. 
Thaumat.,  Pamphil.  bei  Migne  1.  c.  X. 

3  Über  SSerfälfcßung  ber  ©cßriften  bgl.  Orig.,  Ep.  ad  amic.  Alex.  (Opp.  I,  5.  6). 
Rufin.,  Prolog,  in  libr.  De  princ. ;  Apologia  ad  Anastasium  episcopum. 

4  Sie  f atljoliftfje  ©efinnung  beS  OrigeneS  aeigen :  1)  feine  allgemeinen  bogmatifdjen 
©runbfäße  (De  princ.  Praef.  n.  2.  Comment.  in  Matth,  ser.  44,  ed.  de  la  Eue 

III,  852);  2)  fein  ©ntfcßulbigungSfdßreiben  an  ißaßft  Fabian  {Hieron.,  Ep.  41,  al.  65); 
3)  bie  Äußerungen  über  baS  Verfaßten  ber  ßeßer  gegenüber  ber  ßirdßenteßre  (In  los. 
kom.  7  [Opp.  II,  414])  unb  über  bie  ißm  Dom  Seufel  broßenben  SüaißfteEungen  unb  ©e= 
faßten  (In  Ezech.  kom.  7  [Opp.  III,  382]). 


7.  Sie  ßirdien  im  ßrieitt. 


259 


9tod}  bem  SBeggange  be§  OrigeneS  Don  2llejanbtien  (tanb  fein  ©d)üfer 
£)erafla§  ber  bortigen  $ated)etenfd)ute  bor,  nad)  beffen  ©rffebung  jum  ©pi-- 
ffopate  aber  Siont)fiu§,  nadfmafS  (feit  248)  ebenfalls  $8ifd)of.  3I)rc  ßefjr= 
meife  fd^eint  nad)  allem,  ma§  mir  miffen,  nidjt  mefentlid)  mm  ber  be3  Drigenc§ 
Derfd)ieben  gemefen  ju  fein,  in  beffen  ©dfute  fie  gebilbet  maren.  3u  ifjnen 
jäf)tt  aud)  ein  gemiffer  9tmmoniu§,  ber  am  ©ttbe  be§  2.  unb  Anfänge  be§ 
3.  Saffrf)unbert§  blitzte,  Sßerfaffer  einer  ©cfjrift  bon  ber  Übereinftimmnng 
ämifdjen  flftofeä  unb  3efu§  fomie  einer  ©bangelienfjarmonie,  bie  jur  ©runbtage 
ben  Sejt  be§  9Jtattt)äu§  nalfm  unb  bie  ^aralfetfietten  au§  ben  anbern  ©ban= 
getiften  beife^te  —  eine  nad)f)er  bon  ©ufebiuS  benutzte  Arbeit 1. 

7.  Sie  Hirdjcit  int  Orient. 

Sitteratur.  —  Le  Quien,  Oriens  christianus.  3  voll.  Paris  1740.  SOI.  Srepp= 
ner,  Ser  tpatriardjat  boit  Stntiodjien  bon  feinem  ©utftefjen  biä  jum  ©pbefinum  431. 
SOßürjburg  1894.  3t.  £>aruacf,  ©efd)id)te  ber  attdjriftt.  Sitteratur  31b.  II,  1.  Seit, 
<5.  70  ff. :  Sie  ätteften  SBiftfiofStiften.  —  Ii.  Duval ,  Histoire  politique  et  religieuse 
d’Edesse  jusqu’a  la  premiere  croisade.  Paris  1892.  J.  Martin,  Les  origines  de 
l’eglise  d’Edesse  et  des  dglises  syriennes.  Paris  1889.  Tixeront ,  Les  origines  de 
l’dglise  d’Edesse  et  la  ldgende  d’Abgar.  Paris  1888.  6.  b.  Sobfcfjütj,  Ser  33rief= 
ttedffet  ätoifcfjen  Stbgar  unb  3efu§  (3eitfcbr.  für  toiffenfd).  Sbeot.  1900,  <B.  422—486). 
C.  Burkitt,  Early  christianity  outside  the  Roman  Empire.  Cambridge  1899.  ©  e  1 3  e  r, 
3ur  3eütieftimmung  ber  griedjifden  Notitiae  episcopatuum  (3al)rb.  für  proteft.  Stjeot. 
1886,  <B.  327  ff.  528  ff.).  S.  Raiter,  Unterfucpungen  über  bie  ebeffenifc£)e  6f)romt 
(Septe  unb  Unterfud).  IX,  1).  Seipjig  1892. 

1.  9Jlit  ber  bollftänbigen  unb  befinitiben  ©inberteibung  ^aläftina§  unb 
ber  nörblid)  unb  öftlid)  angrenjenben  ©ebiete  in  ba§  fRömerreid)  unb  mit  ber 
Organifation  ber  brei  ^robin^en  ^ßnläftina,  ^S^önijien  unb  Arabien  brang  bie 
tömifd)e  Kultur  rafd)  in  biefen  Sänbern  bor ,  unb  ba§  ©t)riftentum  entmidelte 
fid)  in  feinem  fDtutterlanbe  ju  träftiger  S3Iüte.  2öof)l  tjatte  bie  f)eibend^riftlid)e 
$ird)e  in  3erufatem  (Aelia  Capitolina)  nid)t  met)r  bie  Sebeutung,  metdje  in 
ber  erften  3dt  bie  jubend>riftlid)e  ©emeinbe  befeffen  t)atte ;  bod)  blieb  Serufatem 
bie  bereite  (Stabt,  in  meldfer  ber  fpeifattb  gelebt  unb  gelitten  Ifatte.  3m  Anfang 
be§  3.  3of)t^unbert§  finben  mir  bafelbft  $mei  berühmte  23ifd)öfe.  5iarciffu§, 
ber  jur  3e't  be§  ^arfer§  ©ommobu§  ber  bortigen  $ird)e  borftanb,  mar  ein 
ftrenger  5I»fet.  Ourd)  eine  böamiHige  ißerteumbung  fcbmet  berieft  unb  jugleid) 
um  feinem  £)ange  jum  aafetifdjen  ßeben  freier  nad)3Ufommen ,  berlieji  er  bie 
Stabt  unb  berbarg  fid)  in  ber  ©infamfeit.  Sa  er  nid)t  jurüdfetirte  unb  man 
aud)  nid)t§  melfr  bon  iffm  erfuhr,  ermatte  man  il)m  einen  )Rad)fotger,  unb  nad) 
beffen  Sob  nod)  jmei  anbere.  ^ßlö^Iitd)  erfdfien  5Rarciffu§  mieber  inSerufalent; 
aber  jur  ßeitung  be§  bifd)öffid)en  2ttnte§  tief)  er  fid)  nid)t  met)r  bemegen.  3et)t 
fam  ein  gelehrter  unb  Ifeiliger  33ifd)of  au§  $appabocicn,  2IIejanber,  nad) 
3erufatem,  getrieben  bon  bem  2Bunfd)e,  bie  ^eiligen  Orte  ju  befinden.  Sljn 


1  Über  SlmmoniuS  bgt.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  55.  Gallandi,  Biblioth.  vet.  Patr. 
t.  II,  Proleg.  c.  19,  p.  2  sq.  Über  bie  Harmonia  evang.  bgt.  ibid.  p.  531  sq.  Schmetter, 
Ammonii  Alex.,  quae  et  Tatiani  dicitur  harmonia  evangeliorum  in  latinam  linguam 
et  inde  ante  annos  mille  in  francicam  translata.  \  iennae  1841.  Über  bie  vei'sio 
canonica  bgt.  Euseb.,  In  opp.  Hieron.,  ed.  Vallarsi  X,  571 — 682. 


17* 


260  ®ie  ©nttoicftung  unb  bie  Sättite  ber  firdfeltcfeett  Geologie. 

nafem  nun  StarciffuS  ju  feinem  (Berufen,  unb  Stlepanber  leitete  bie  ©emeinbe 
bon  3erufatem,  aud)  nad)  bem  Sobe  be§  9tarciffu§ ,  ber  im  Filter  bon  116 
Sauren  ftarb.  Sllepanber  mar  ein  $reunb  unb  Vefdjüfeer  ber  großen  Öeferer 
bon  Sllepanbrien,  Clemens  unb  OrigeneA  ©r  förberte  bie  tfeeologifdjen  ©tubien 
unb  legte  eine  Vibliotfeef  ber  Sßerfe  fircfelicfeer  ©cferiftfteller  in  Serufalem  an, 
meldje  noch  jur  3eü  be§  ©ufebiuS  im  4.  Saferfeunbert  beftanb.  Sn  ber  ®eci= 
fcfeen  Verfolgung  mürbe  er  in  ben  Werfer  gemorfen,  mo  er  ftarb.  ©r  feinter= 
liefe  eine  ©ammlung  bon  Vriefen,  melcfee  ©ufebiu§  benutzte 1.  ©in  bebeutenbe* 
3entrum  fircfelicfeer  ©eleferfamfeit  mürbe  aud)  ©äfarea,  nadjbetn  fid)  Qrigene» 
bort  niebergelaffert  featte  unb  feine  miffenfcfeaftlicfee  ©feätigfeit  in  Söort  unb 
©djrift  bafelbft  fortfefete. 

Um  biefelbe  3£it  lebte  in  Stifopoli§  in  5ßaläftina  Suliu§  9lfrifanu§, 
ein  fefer  gebilbeter  Saie,  ber  früfeer  im  römifcben  fjeere  gebient  featte  unb  be= 
beutenbe  cferiftlicfee  ©djriften  berfafete.  Vefonber§  berüfemt  mürbe  er  burcfe 
feine  „©feronograpfeia",  in  meldier  er  bie  Qaten  ber  feeiligen  unb  ber  profanen 
©efcfeicfete  zufammenftetlte;  ein  Sßerf,  ba§  bielfacfe  in  ber  gfolgejeit  bon  ben 
d)riftticben  ©efcfeidjtfcfereibent  al§  Quelle  benufet  mürbe,  ©in  merfmürbige» 
Vud)  finb  feine  Keazoi,  in  melcfeem  bie  mannigfaltigften  SDinge  befeanbett 
tnerben.  ©r  unternahm  grofee  Steifen  in  ©ferien  unb  fßaläftina  unb  [taub  in 
Vejiefeungen  mit  Slbgar  VIII.  (Var  Vtanu) ,  bem  cferiftlid)en  Könige  bon 
©beffa.  ©ein  2ob  fällt  nad)  bem  Safere  240 2. 

Unter  ben  Vifcfeöfen  jener  in  ber  ^robinj  Arabien  (Arabia  petraea) 
ift  un§Verfellu§  bon  Voftra  befannt.  Qerfelbe  leferte  in  mobaliftifcfeer  SBeife 
über  bie  Trinität,  nämlicfe  bafe  ber  2ogo§  erft  bei  ber  Vtenfdjmerbung  au§ 
©ott  feerborgetreten,  mäferenb  berfelbe  borfeer  böKig  unterfdjieb§lo§,  als  ba§  un= 
gefprod)ene  Vßort,  im  Vater  gemefen  fei;  aud)  nad)  ber  Vtenfcfemerbung  fönne 
man  nur  bie  bäterlicfee  ©ottfeeit  al§  bem  2ogo§  innemofenenb  anfefeen.  Um 
Verpönt  bon  feinem  Srrtum  ju  überzeugen,  mürbe  OrigeneS  nad)  Arabien 
berufen,  unb  auf  einer  ©pnobe  arabifdjer  Vifcfeöfe  im  Safere  244  miberrief 
jener,  eine§  Vefferen  belefert,  feinen  Strtum 3 4. 

2.  Qie  ^’ircfee  in  Sinti ocfeien  befeielt  ifere  grofee  Vebeutung,  melcfee  fie 
bem  llmftanbe  berbanfte,  bafe  bon  ber  apoftolifdjen  3eit  an  bie  ©lauben§boten 
bon  bort  au§  in  bie  öftlid)en  ^robinjen  be§  9teid)e§  famett,  um  ba§  ©feriftem 
tum  ju  berbreiten.  Unter  ben  Vifdjöfen  in  Slntiodjien  ragt  in  biefer  3e^ 
befonberS  ©er  ap  io  n  feerbor,  bon  beffen  ©cferiften  ©ufebiu§  bie  ifem  belannt 
gemorbenen  anfüfert i,  nämlicfe  eine  ©cferift  an  Qomnu§ ,  melcfeer  jur  3e^  ber 

1  •£>  a  r  n  a  cf ,  ©efdf)ic£)te  ber  altdfertftl.  Sitteratur  I,  505  ff. 

2  Säarbenfeetoer,  Sßatrologie  (‘2.  Stuft.)  <5.  142—144.  £>arnacf  a.  a.  O.  I, 
507  ff.  ©ferfearb,  3>ie  altcferiftt.  Sitteratur  unb  ifere  ©rforfcfeung  t)on  1884—1900 
<&.  868  ff.  ©etjer,  @ejtul  SutiuS  2lfritanu§  unb  bie  bfezantinifcfee  ©feronograpfeie. 
9leue  (S£itet=)2tu§g.  mit  Vacfeträgen.  SeipjiS  1898. 

s  Sägt.  ©cfetoane,  Strt.  „Säerfettuio"  in  SB  e  feer  unb  SBette’S  ßirefeentefeifon  II 
(2.  Stuft.),  498.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  38.  Ullmann,  De  Beryllo  Bostr.  eiusque 
doctrina  conun.  Hamburgi  1835.  Fock,  Diss.  de  christologia  Berylli.  Kiliae  1843. 
ßofeer,  Säerfett  Don  Säoftra  (Säib.  Stfeeot.  Guartatfcfer.  1848,  tpeft  1).  Sorner,  ©nt= 
toicftung  ber  Sefere  Don  ber  ifeerfon  ©ferifti  I,  545  ff. 

4  Euseb.  1.  c.  VI,  12.  Sägt.  §  a  r  n  a  df  a.  a.  £).  I,  503  f. 


7.  Sie  Äircfieit  im  Orient. 


261 


SSerfoIgitng  botit  ©fjriftentum  junt  Subentum  afegefnllen  mar,  mehrere  Briefe, 
barunter  einen  an  5J3ontiu§  unb  ©aricu§  gegen  bie  SDtontaniften ,  unb  eine 
©djrift  über  ba§  apotrpphe  5ßetru§ebangelium ,  an  bie  ©emeinbe  bon  Stpoffug 
in  $ilifien  gerichtet,  mo  einige  ©hriften  burd)  biefe§  ©bangeliuni  auf  irrige 
lehren  berfallen  toaren.  Sn  ber  bon  ©ufebiu§  mitgeteilten  ©teile  beruft  fid) 
©erapion  auf  bie  fird)Iicf)e  Überlieferung  bejüglid)  ber  ©d)riften,  bie  bon  ben 
Slpofteln  herftammtcn. 

3.  Sn  bem  jenfeit§  ber  ©renjen  bes  9tömerreid)e§  gelegenen  0§rf)oene  mit 
ber  fmuptftabt  ©beffa,  gegen  melche§  im  Slnfang  be§  3.  Sal)rl)itnbert§  bie 
Stömer  einen  $rieg  führten,  ber  mit  ber  ©inberleibung  in  ba§  römifdje  Steid) 
enbete,  belehrte  fid)  am  2lu§gang  be§  2.  Sa£?r^urtbert§  ber  ®önig  ?Ibgar  VIII. 
jum  ©hriftentum;  aud)  beffen  ©offn  SXanon  IX.  mürbe  (S^rift,  unb  mit  beiben 
ftanb  Suliu§  9(fritanu§  in  engen  ^Beziehungen.  SDer  Ausbreitung  be§  ©hriften= 
tunt§  tonnte  bie  53efe£;rung  be§  dürften  nur  förberlid)  fein.  Sn  bem  Ofterfeier= 
ftreite  hielten  aud)  bie  33ifd)öfe  biefeS  9teiche§,  auf  ba§  ©cpreiben  be»  süapfie§ 
Slittor  hin,  eine  ©pnobe  ab.  SDie  ©emeinbe  bon  ©beffa  befafj  ein  ©otte3l)au§, 
ba»  bei  einer  großen  Überfdjrnemtnung  im  Sat)te  201  jerftört  mürbe 1.  0er 
©noftiter  S3arbefane§,  ber  in  ©beffa  lebte,  fucpte  feine  Srrlehren  in  OSrpoene 
ju  berbreiten.  2öa£>rfd)einlid)  entftanb  auch  in  biefer  3dt  ber  apotrpphe  S3rief= 
mechfel  jmifdfen  ©f)riftu§  unb  bem  bamaligen  $önig  Abgar,  in  meldjem  Abbai, 
ein  angeblicher  ©cpüler  beS  ApoftelS  2!)oma§,  al§  ber  ©lauben§bote  erfdjeint, 
meld)er  ba§  ©hriftentum  im  9tcid)e  bon  ©beffa  berbreitete 2. 

4.  Sn  $Ieinafien  mirtte  aud)  im  3.  Satmhunbert  ber  9)tontani§mu§ 
nod)  bebeutenb  nad),  befonber§  in  ben  ©egenben  im  Zentrum  ber  ^albinfel. 
0ie  S3ifd)5fe  fallen  fid)  häufig  beranlajjt,  gegen  neue  falfcpe  33ropf;eten,  meldje 
Unruhe  in  ben  ©emcinben  erregten,  aufjutreten.  ©o  gelang  e§  einer  foldjen 
Prophetin,  bie  burd)  ein  ©rbbeben  unb  burd)  bie  Verfolgung  be§  i]3rotonfuI§ 
©erenianu§  aufgeregten  ©laubigen  in  großer  3af)l  ju  betanlaffen,  au§  ihrer 
£)eimat  ^appabocien  fortzujiehen  unb  nad)  Serufalem  au^umanbern.  ©ogar 
ein  ^3riefter  unb  ein  SDiafon  bon  ©äfarea  ließen  fid)  berleiten,  ber  Prophetin 
ju  folgen,  meldje  ben  3lig  führte,  unb  melcpe  felbft  bie  ©ud)ariftie  feierte3. 
Unter  ben  fleinafiatifdjen  23ifd)öfen  ragt  befonber»  Sllejanber  hcrt)or, 
beffen  un§  unbefannter  ©iß  in  ^appabocien  lag,  unb  bei  meldjem  Clemens 
bott  Ale^anbrien  3nflud)t  fud)te.  Alepanbcr  felbft  mürbe  in  ber  Verfolgung 
unter  ©eptinxiuS  ©eberu§  eingetertert ,  jebod)  mieber  freigelaffen,  ©r  unter* 
nahm  bann  eine  Steife  nad)  Setufalem,  mo  er  äunächft  al§  ©el)ilfe  beS  AarciffuS 
unb  banad)  at§  Vifdiof  bon  Serufalem  blieb.  Sn  ©äfarea,  ber  midjtigften 
©Ijrifteugemeinbe  $appabocien§,  finben  mir  um  230  al§  33ifd)of  ben  1)1-  Sit= 
mtlian,  ben  bebeutenbften  unb  angefepenften  unter  ben  tleinafiatifdpen  Vi= 
fcpöfen  in  ber  erftcn  £>älftc  beS  3.  SaprhunbertS ,  ber  fpäter  in  ben  ©treit 
megen  ber  ©ültigteit  ber  ßetjertaufe  eingriff.  Sn  33hrt)gien  lebte  um  bie 
SBenbe  beS  2.  SahrpnnbertS  ber  Vifdjof  AberciuS  bon  ^»ieropolis  (in  ber 


1  Chronicon  Edessenum,  ed.  Assemam,  Bibliotk.  Orient.  I,  389. 

2  6  u  1  e  b  i  u  $  (1.  c.  I,  13)  fannte  bie  »riefe  unb  l)ielt  fie  für  cdjt. 

3  Finnilian.,  Ep.,  bei  Cijpr.,  Ep.  75,  c.  10. 


262  ®ie  ©nttoicflung  unb  bie  SSItite  ber  fachlichen  Theologie. 

91  äße  bon  Spnnaba),  tuelc^er  große  Reifen  unternahm,  bie  ißn  im  Offen  bi» 
nrnf)  DfifibiS ,  im  üßeften  bis  nach  Df om  führten ;  überall  fanb  er  ben 
gleichen  ©lauben  unb  bie  gleichen  Heilmittel  in  ber  Birdie1.  ©§  ift  nicht  ju 
bezweifeln,  baß  in  mehreren  fleinafiatifdjen  ^robinzen  bie  ©haften  um  bie 
ÜDfitte  be§  3. SahrßunbertS  bereits  einen  großen  Skudßteil  ber  Sebölferung  bilbeten. 

8.  Oer  $Ieru§  unb  bie  tinJjUdjc  33erfaffung.  Oie  nieberen  SHerifer; 

DJletropoIeu  unb  Spttoben;  Primat  ber  rötnifcfjen  ßtrcße. 

ßitteratur.  —  ©tef)e  oben  «5.  101  unb  <S.  211.  ©aju:  Ch.  de  Smedt,  L’organi- 
sation  des  eglises  chretiennes  au  3e  siede  (Revue  des  quest.  histor.  L  [1891], 
397 — 429).  21.  §arnacf,  ®ie  Quellen  ber  fogen.  2lpoftoIifd)en  ßirdjenorbnung  nebft 
einer  Unterfucfjung  über  ben  Itrfprung  beS  ßeftoratS  unb  ber  anbern  nieberen  Söeiljen 
(Tejte  unb  llnterfucf).  II,  5).  Seidig  1886.  Söielanb,  ®ie  genetifcfje  ©nttoicflung 
ber  fogen.  Ordines  minores  in  ben  brei  erfien  ^abrljunberten  (SRöm.  Quartalfcfir.  7.  ©uppl.= 
§eft).  9font  1897.  §.  Ifteuter,  ®er  ©ubbiafonat,  feine  biftorifhe  ©nttoicflung  unb 
Iiturgifch=fanonifd)e  IBebeutung.  21ug§burg  1889.  §efele,  ßonziliengefchidjite ,  SSb.  I. 
2.  Stuft.  Oheiburg  i.  23r.  1873.  L.  Duchesne,  Autonomies  ecclesiastiques.  Eglises 
separees  (Paris  1896)  p.  133  ss. :  L’eglise  romaine  avant  Constantin. 

Oie  Organifation  in  ber  Seitung  ber  Birdie  entwicfelte  ficE)  born  2luS= 
gange  be§  2.  bis  jur  DJlitte  beS  3.  SaßrßunbertS  nach  einer  gtoeifadhen  Dficß= 
tung.  gunächft  iu  ben  einzelnen  ©etneinben  burch  bie  ©ntfteßung  ber 
nieberen  Genfer  unb  bereit  (Singlieberung  in  bie  Hierarchie.  Oann  in  ber 
©efamtfirche  burch  SSübung  größerer  ©ruppett  bon  ©etneinben,  bie  auf  einem 
natürlich  begrenzten  Territorium  lagen,  um  eine  Huuptfirche  (9)f etrop ol it an= 
uerfaffung)  unb  bie  bamit  feßr  enge  zufammenßängenbe  ©nttoicflung  ber 
Spnoben  zu  einem  regelmäßigen  Organ  für  bie  firdjtiche  33erwaltung. 

1.  Oie  Ordines  minores. 

«Solange  bie  ©laubigen  ber  einzelnen  ©ßriftengemeinben  noch  meniger 
Zahlreich  waren,  genügten  bie  Oiafonen  zur  ©rfiiüung  be§  OienfteS  bei  ben 
liturgifchen  DJerfammlungen  unb  zur  Seitung  ber  ©efdjäfte  ber  fachlichen  33er= 
maltung.  Sebocß  mit  ber  machfenben  3nßl  ber  ©laubigen,  mit  ber  baburch 
bebingten  ©ntwicflung  ber  Verwaltung  unb  mit  ber  DluSbilbung  ber  liturgifchen 
freier  mußten  anbere  tßerfonen  zu  firchtichen  Oienften  ßerangezogen  werben. 
Oaburch  bilbeten  fich  beftimmte  Dfmter  für  ben  nieberen  ^ircßenbienft ,  fei  eS 
bei  ber  ßiturgie  ober  in  ber  Verwaltung,  unb  bie  ^erfonen,  Welche  mit  biefen 
Ämtern  betraut  würben,  erfcheinen  born  DInfange  beS  3.  3aßrßunbertS  an  als 
DJtitglieber  beS  Klerus.  Sie  bilbeten  bie  nieberen  ^lerifer.  Oie  ©ntwicflung 
war  jeboch  in  biefer  Vezießung  nicht  in  allen  Teilen  ber  Kirche  eine  gleiche. 
9lm  früßeften  boKzog  fie  fich  tut  Dlbenblanb,  fpezieü  in  Dfom.  Von  allen 
nieberen  ^lerifern  finben  Wir  zuerft  ben  öeftor  erwähnt  in  ber  um  200  bon 
TertuHian  berfaßten  Schrift  De  praescriptione  (c.  41).  ©S  ift  fein  Qtueifel, 
baß  fich  bamalS  in  Dfom  ebenfalls  ber  Oienft,  bei  ben  liturgifchen  Verfamm= 


1  §ier  toirb  ber  chrifttiche  ©barafter  ber  ©rabfhrift  beS  2lberciu§  Oorau3gefe|t, 
Welcher  Wohl  mit  Unrecht  heftritten  tourbe.  2}gl.  über  bie  3nf<f)rift  de  Rossi ,  Inscriptiones 
Christ,  urbis  Romae  II,  Introductio,  unb  bie  ßitteratur  betr.  bie  0«rage  ber  ©chheit  bei 
be  ©anctiS,  ®ie  ©rabfchrift  be§  2lberfio3  (Seitfhr.  für  fatbol.  ®he°b  1897,  ©.  673  ff.). 


8.  35er  ßleruS  unb  bie  firdjlidje  SSerfaffung. 


263 


lungen  bie  {»eiligen  ©Triften  Dor^ulefen,  bereits  ju  einem  ftefjenbeit  fircplidjen 
Amt  entwidelt  patte.  Gleichfalls  im  Anfdjluffe  an  bie  liturgifcpe  freier  cnt= 
ftanben  bie  Ämter  ber  SL^ürhüter  (Ostiarii),  tneldje  bie  Pförtner  ber 
föircpengebäube  waren  unb  bei  ben  Verfammlungcn  jum  ©otteSbienfte  auf  bie 
©intrctenben  acht  hatten ,  unb  ber  ©porciften,  bie  bei  ber  Vorbereitung  ber 
$atecpumenen  auf  bie  heilige  Saufe  fomie  bei  ber  ©penbung  biefeS  ©afra= 
menteS  initmirtten.  Vfepr  für  bie  Vebürfniffe  ber  fird)lid)en  Verwaltung,  aber 
auch  jur  Unterftüpung  ber  Oiafonen  bei  ihren  liturgifdjen  Verrichtungen  bilbeten 
fiep  bie  Ämter  ber  ©ubbiafonen  als  ber  Gehilfen  ber  Oiafonen  unb  ber 
Slfolhthen  als  ber  ^Begleiter  höherer  fird)li(per  ißerfonen  unb  pr  Ausführung 
oon  Aufträgen  im  fircplidjen  Oienfte.  Sn  Aom  werben  biefe  fünf  klaffen  bon 
nieberen  ^lerifern  im  Sap££  251  non  $apft  Cornelius  angeführt;  eS  gab  in 
ber  ^auptftabt  bamalS  46  ^riefter,  7  Oiafonen,  7  ©ubbiafonen,  42  Afolptpen, 
52  ©porciften,  Seftoren  unb  Oftiarier  1.  Ilm  biefelbc  3eü  finben  wir  in  ben 
Vriefen  beS  pl.  ©pprian  für  Karthago  ober  anbere  afrifanifche  ©emeinben  bie 
nieberen  ^ircpenämter  alle  erwähnt  mit  Ausnahme  ber  Oftiarier,  woraus  jebod) 
nicht  gefchloffen  werben  barf,  baf$  biefe  nicht  in  Afrifa  beftanben.  ©S  liegt 
auf  ber  £>anb,  bah  biefe  nieberen  $lerifer  nicht  in  gleicher  V3eife  in  allen 
©emeinben  borhanben  waren,  fonbern  blop  in  ben  größeren,  wo  bie  Aotwenbig= 
feit  ber  angeführten  Oienftleiftungen  fid)  erwiefen  hotte.  Sn  fleineren  ©emeinben 
beburfte  man  nur  beS  einen  ober  anbern  fircplicpen  OienerS.  tfür  ben  Orient 
geigen  uns  bie  Duellen  eine  anbere  ©ntwidlung  beS  nieberen  Klerus.  ©S 
werben  wohl  in  biefer  3eÜ  im  allgemeinen  fircplidje  Oienftleiftungen  erwähnt, 
allein  bie  ^ßerfonen,  welche  fie  Derricpteten ,  gehörten  nicht  jum  Klerus,  mit 
Ausnahme  ber  ©ubbiafonen  unb  ber  Seftoren,  welche  fpäter  als  niebere  ^lerifer 
genannt  werben  unb  beren  Amt  fid)  wohl  in  biefer  ©poche  feft  bilbete. 
Oie  nieberen  ^lerifer  erhielten  feboch  auch  fpäter,  unb  fomit  gewip  ebenfalls 
in  ber  3£it  ber  Vifbung  biefer  Oienfte,  nirgenbS  eine  eigentliche  Vßeipe;  fie 
würben  bfop  burd)  einen  ihrer  Verrichtung  entfprechenben  Aft  berufen  unb  er= 
hielten  babei  ben  ©egen  beS  VifcpofS. 

2.  Oie  fircpliche  ©inpeit  unb  bie  ©tellung  ber  römifepen 
$  i  r  d)  e. 

Oer  AuSgangSpunft  jeber  weiteren  ©ntwidlung  ber  fircplidjen  Verfaffung 
wirb  gebilbet  burd)  bie  einjelne  ©emeinbe  mit  ihrem  Vifdjof  als  bem  monarcpU 
ftpen  Cberpaupte  berfelben.  Vei  ber  weiteren  Ausbreitung  beS  ©priftentumS 
ftellte  fid)  als  Aegel  perauS,  baff  jebe  römifepe  civitas  ober  ber  civitas  ent= 
fpreepenbe  ©tabt  mit  ihrem  Serritorium  eine  ©emeinbe  bilbete  unb  einen 
Vifcpof  patte,  in  beffen  Ipanb  bie  fird)lid)e  Verwaltung  in  Vepg  auf  Siturgie 
unb  OiSjiplin  rupte.  Sebocp  war  bie  ßirepe  Don  Anfang  au  nicht  ein  blopeS 
Aggregat  für  fiep  beftepenber  ©emeinben,  fie  muffte  fiep  oielmepr  als  baS  eine 
Aeicp  ©otteS,  als  einen  Seib  mit  Dielen  ©liebem  unter  einem  Raupte, 
©priftuS2.  ©ie  burfte  nicht  ber  3£rfpMenmg  unb  Seilung  anpeimfallen;  fie 


1  Com.  bet  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43. 

2  Cypr.,  De  cath.  Eccl.  unitate,  ed.  Hartei  p.  209  sq. ;  Ep.  69,  c.  2,  p.  750  sq. 
$gt.  «peter 3,  Setjre  beS  pl.  Stjprian  tum  ber  (Sinpeit  ber  fiircpe.  Sujemb.  1880.  Alle 


264 


®ie  ©nthncflung  unb  bie  SBIüte  ber  firdjliChert  SS^eoIogie. 


mutte  ben  3ufammelihan9  aller  ©lieber  forgfältig  maljren.  gürten  fidl)  bod) 
alle  ©laubigen  bereint  in  einem  ©lauben  unb  in  einer  Hoffnung,  unb  er= 
ftredten  ftd)  öod)  bie  Witterungen  ber  djriftlichen  Siebe  auf  alle  33rüber  im 
©lauben.  ©tefe  enge  Serbinbung  fanb  ihren  5ln§brnd  Don  Anfang  an  burch 
bie  ©laubengboten,  Seljrer  unb  5f}rof)f)eten,  meldje  feinen  feften  SBoljnfit}  Ratten, 
fonbern  bon  einer  ©emeinbe  jur  anbern  reiften  unb  für  bie  5lu§breitung  beg 
©Dangeliumg  mirften;  ferner  in  bem  lebhaften  3lugtaufd)  bon  Briefen  ämtfdjen 
einzelnen  ©emeinben  unb  bereu  Sßorfte^ern  bei  befonbern  Dlnläffen.  SBichtige 
ftrdjlidje  Utadjridjten,  befonberg  über  SBifdjofgtoahlen,  über  glorreiche  9Jtärtt)rer, 
über  auftaudjenbe  Srrleljren,  über  berl)ängte  3enfuraV  mürben  anbern  ©e= 
meinben  mitgeteilt,  ©injelne  reifenbe  ©hriften,  aud)  bie  ©eiftlidjen,  Ratten  fich 
über  bie  ungeftörte  $Hrd)engemeinfd)aft  augäutoeifen  unb  beburften  baher  eineg 
bifd)öflidfen  ©djretbeng,  bag  über  fie  eine  Mitteilung  machte,  fie  fremben  S3i= 
fdtöfen  empfahl  unb  fie  and) ,  menn  fie  augmärtg  bleiben  mollten ,  mit  ©hren 
aug  bem  bigfjerigen  $ird)enberf>anbe  entlief}.  9Jtan  nannte  biefe  Briefe  fpäter 
mit  einem  allgemeinen  tJtugbrud  „Formaten"  (litterae  formatae),  unb  im 
4.  3aljrf)unbert  mürben  barüber  befonbere  ißorfdiriften  erlaffen.  3U  ihnen  gehörten 
bie  ©mbfef)lungg=,  bie  griebeng=  unb  ©emeinfcfjaftg:  mie  and)  bie  ©ntlaffungg= 
fdjreiben;  für  fie  tarnen  nadj  unb  nach  beftimmte  gönnen  auf,  um  ihre  ©djt= 
beit  fonftatieren  gn  fönnen *  1.  3U  ^en  nicht  für  einzelne  ißerfonen,  fonbern  für 
ganje  Sinken  beftimmten  Briefen  gehören  bie  ber  Kirche  bon  ©mtyrna  über 
ben  2mb  beg  33olt)farp  an  bie  in  tßhilomelium  unb  anbere,  fotoie  bie  ber 
$itd)e  bon  Stjon  unb  SSienne  an  bie  fleinafiatifchen  ©emeinben. 

©ine  meitere  ©ntpbierung  bon  ©emeinben  um  eine  tpaubtfirdje  trat  in  ber 
erften  £)älfte  beg  2.  gabrfiunbertg  nod)  nicht  herbor,  abgefehen  bon  ber  römifdjen 
Kirche,  bereu  Siebegthätigfeit  unb  tpirtenforge  fid)  auch  über  entlegene  ©emeinben 
erftredte  unb  rnelche  bon  ber  unmittelbar  nadjapoftolifchen  3eit  an  alg  bie  erfte 
Kirche  erfcheint,  bie,  ohne  bat  bon  einer  ©eite  Söiberfprud)  erhoben  tnorben 
märe,  in  aßen  bie  ganje  ßirdje  intereffierenben  Angelegenheiten  bie  leitenbe 
Stellung  einnimmt.  ®er  S3rief  ber  röntifdien  Kirche  an  bie  Korinther,  bag 
Auftreten  ber  römifdjen  S3ifd)öfe  gegenüber  ben  ©noftifern  unb  ben  9)ton= 


einzelnen  ßirChen  3ufammengefaf?t  Ejei^en :  al  xazä  Tzdvra  ronov  rrjg  äylag  xal  xa&oAixYjg 
ixxXrjcrlag  (biefer  SluSbrutf  auch  Igncit.,  Ad  Smyrn.  c.  8.  Clem.  Alex.,  Strom.  YII,  17, 
ed.  Potter  p.  325)  -Rapoixlai  (2luffd)rift  ber  Ep.  Eccl.  Smyrn.  de  mart.  Polyc.,  bei  Migne, 
Patr.  gr.  V,  1029).  3) er  Warne  Ecclesia  catholica  entspricht  fotooht  in  SJepg  auf 
bie  Uniberfalität  in  Seit  unb  Dtaum  als  in  SSejug  auf  bie  organifdje  ©intjeit  im  ©egen= 
fafce  jur  Serfplitterung  ber  ©eften  ben  biblifcheit  Sbeen  in  fDlattf).  28,  19.  Sol).  17,  21. 
SOtarl.  16,  15.  1  ßor.  12,  12.  ©pl).  4,  11—13. 

1  Sion  ben  litterae  communicatoriae,  einfachen  ©emeinfChaftSbriefen  hanbeln  Conc. 
Elib.  can.  25.  58  unb  Arelat.  (314)  can.  9.  Spätere  ©pnoben  toieberholen,  fein  grember 
fei  ohne  SriebenSbriefc  aufjunehmen,  folcpe  feien  Pon  S3ifchöfen,  auch  bon  ©horbifChöfen, 
nid)t  aber  Oon  einfachen  Sanbprieftern  gu  erteilen  (Conc.  Antioch.  [341]  can.  7.  8),  fein 
ßlerifer  fott  ohne  ©mpfehlungSbriefe  feineä  SifdjofS  reifen  ober  Slufnafjme  finben  (Conc. 
Sard.  can.  12.  15.  Carthag.  [343 — 348]  can.  5.  Laodic.  can.  41).  $ie  xoivwvtxd 
ober  ©emeinfchaftSbriefe  an  einen  neuen  58ifd)of  ermähnt  bie  Epist.  Synodi  Antioch. 
bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  30.  SSgt.  Valesius  in  ber  SluSgabe  beS  ©ufebiuS  ju  biefer 
©teile.  Dticfjt  alles  in  ber  fpäteren  gorm  ber  epistola  formata  ift  urfprünglid) ;  im 
4.  Sahrfpjnbert  toar  aber  bie  Sorm  im  toefentliChcn  fChon  feftftehenb. 


8.  Ser  fileruS  unb  bie  ftrd^Iid^e  äkrfaffung. 


265 


taniften  fotrie  in  ber  Angelegenheit  ber  Ofierfeier  haben  un§  gezeigt,  in  welcher 
Aßeifc  bie  £ird)e  9tom3  ifjre  (Stellung  in  ber  ©efamtfirche  auffapte. 

Oie  erften  unb  bornel)mften  unter  ben  Sifdjöfen  waren  fomit  bie  non 
9iom,  allgemein  al§  Aacpfolgcr  ^etri  befannt.  93ei  ben  Sdjriftftellern  um  bie 
Mitte  be»  3.  3aljrljunbert§  erfd)einen  fie  mit  bem  bon  (5t)ri[tu§  bem  Apoftet 
fürften  berliefjenen  Primate  auSgefiattet 1.  Freilich  mären  in  ben  erften  Sal)r= 
ljunberten  noch  nicht  bie  fämtlidjen  Folgerungen  entmidelt,  bie  fid)  au§  ber 
3bec  be§  93rimate§  ergeben;  fie  mufften  mit  ber  3eit  aber  immer  flarer  9«= 
bortreten,  Oie  Sbee  blieb  ftet§  biefelbe;  immer  hatte  bie  ß'irdje,  ber  ©ntmid- 
lung  ihrer  SSerfaffung  entfprecpenb,  in  bem  röntifdjen  Primate  einen  Mittelpunlt 
ihrer  Einheit,  ein  jufammenhaltenbe§,  fefte§  93anb.  So  toenig  un§  auch  bon 
ben  53ifd)öfen  91om§  in  ben  brei  erften  Safirhunberten  überliefert  ift,  ba§ 
Söenige  genügt,  um  ihre  Stellung  unb  ihren  ©influp  in  ber  $ird)e  ju  ermeifen. 

3.  Oie  f i r d)  1  i d) e n  Metropolen. 

23on  ber  jmeiten  Ipcilfte  be»  2.  Fahrljunberts  an  bilbeten  fid)  um  einzelne 
£)auptfird)en  befonbere  ©ruppen,  Weldje  in  ihrer  weiteren  ©ntmidlung  ju  ben 
ßirdjenprobinjen  ober  MetropolitanOerbänben  führten.  ^Diejenigen  $ird)en, 
weldje  anbere  nach  unb  nad)  gegrünbet  hatten,  erfcpienen  ju  biefen  im  25er= 
hältniffe  bon  Mutter=  unb  Stammlirchen  (Metropolen),  unb  ihre  53ifd)öfe  behielten 
eine  gemiffe  Obergewalt  über  bie  burd)  fie  eingefepten  59ifd)öfe  ber  jüngeren 
ober  Tod)tcrfird)en.  Oa  bie  Apoftel  unb  überhaupt  bie  erften  ©Iauben§boten 
bor  allem  bie  ^auptftäbte  ber  ^kobinjen  ju  belehren  fud)ten  unb  hier  junäd)ft 
wirften,  biefe  £)auptftäbte  jubem  bereite  gropen  ©ittflup  auf  bie  Heineren  Aadp 
barftabte  befapen,  fo  fielen  häufig  biefe  Mittlerinnen  mit  ben  po!itifd)en  Metro= 
polen  jufamntcn;  aber  nicht  wegen  ber  bürgerlichen  93ebeutung  ber  Stabt, 
fonbcrn  al»  Mutterlirdjen  unb  wegen  ihrer  religiöfen  93ebeutung  behaupteten 
fie  einen  folcpen  Vorrang 2.  Oie  mit  biefen  £muptlirchen  in  befonberem  23er= 
banbe  ftehenbert  ©emeinben,  welche  in  jener  in  gemiffem  Sinne  einen  lircplidjen 
Mittelpunlt  befapen,  waren  naturgemap  biejenigen  ©emeinben,  weld)e  mit 
jener  in  einem  burd)  natürliche  ©retten  umfchloffencn  Territorium  lagen, 
llnb  ba  bie  römifchen  ^rooinjett  oielfad)  foldje  burd)  bie  Aatur  unb  bie  ©e= 
fd)id)te  oereinigte  Territorien  waren,  fo  bahnte  fid)  früh  eine  Anpaffung  ber 
lird)lichen  (Einteilung  an  bie  politifd)e  an.  Ifpod)  würben  bie  apoftolifchen 
Kirchen  Oerehrt,  befonber»  bie  unmittelbar  apoftolifdjen  (oon  ben  Apofteln  felbft 
gegrünbeten),  wie  9tom,  Antiochien,  ©pf)efu§  unb  anbere3.  3U  äer  Sßerbinbung 


1  Sriir  ©pprian  ift  Fabiani  locus  ber  locus  Petri  (Ep.  55,  c.  8,  ed.  Hartei  p.  630), 
bie  ©emeinfcpaft  mit  9ßapft  Äorneliud  bie  ©emeinfcpaft  mit  ber  fatfjolifchen  ßircpe  (ibid. 
c.  1,  p.  624),  bie  rönii fdtje  kircpe  bie  ecclesia  principalis,  unde  unitas  sacerdotalis  exorta 
est  (Ep.  59,  c.  4,  p.  683),  bie  niatrix  et  radix  Ecclesiae  catbolicae  (Ep.  48,  c.  3, 
p.  607);  bie  ßitcpe  ift  if>m  a  Christo  Domino  super  Petrum  origine  unitatis  et  ratione 
fundata  (Ep.  70,  c.  3,  p.  769). 

2  Thomassin.,  De  vet.  et  nov.  Eccl.  disc.  P.  I,  1. 1,  c.  39  sq.  Bianchi,  Deila  potestä 

e  polizia  della  Cbiesa  tom.  IV.  tpijillipä,  ßircpcnrecpt  n,  25  ff.  Ser  Aame  ßrjzpoizoXi-njz 
(Conc.  Nie.  can.  4;  Dgl.  mit  can.  6.  Conc.  Antioch.  [341]  can.  9)  fetjt  ben  Metropolitan* 
Derbanb  atö  xazä  to>  dp^aiov  xparr^aa^za  ~wv  -azspwv  xavovu  beftepenb  oorau£. 

8  Sertullian  (De  praescr.  c.  31  sq.)  hebt  bie  unmittelbar  apoftolifchen  ßirepen 
perbor  unb  reipt  ipnen  bie  fpäter  gegrünbeten,  pro  cousanguinitate  doctrinae  ebenfalls 


2  66 


Sie  ©nttoicftung  unb  bie  23lüte  ber  fir^Iic^en  Geologie. 


mehrerer  ©emeinben  unter  einem  fmupte,  bem  SSifc&ofe  ber  ©tammfirche, 
Rotten  bie  Apoftel,  bielleicht  im  tpinbücf  auf  bag  jtnifcben  ben  fübifchen  ©ßnebrien 
unb  ben  bon  ihnen  abhängigen  ©pnagogen  beftefienbe  53erhöftnig,  ben  ©runb 
gefegt.  Serufafem  mar  fd)on  anfangg  tpaupP  unb  Mutterfirche  für  3ubäa, 
©antaria  unb  ©aliläa* 1;  nach  ber  bölligen  3erPrung  3erufalem§  berfchmanb 
jeboth  biefer  Sßorrang,  ber  i^r  erft  in  ber  nachfonfiantinifchen  3eit  rnieber  ber= 
liehen  mürbe.  ©nbe  beg  2.  3ahrhunbert§  erfcheint  ber  Sifcpof  bon  ©äfarea 
afg  ber  erfte  unter  ben  Sifthöfen  ber  paläftinenfifchen  ^robinj.  Oie  fprifchen 
Kirchen  ftanben  unter  Antiochien,  mie  bie  ägpptifchen  unter  Alepa nbrien 
afg  Metropolen.  ©o  lonnte  fperaffag  bon  Afepanbrien  (f  247)  ben  Sifcfmf 
Ammoniug  bon  Ohmui§  abfe|en  unb  bort  einen  neuen  23ifcf)of  meihen2,  unb 
ber  33ifchof  ©erapion  bon  Antiochien  in  ber  Angelegenheit  beg  apofrpphen 
5ßetrugebangefiumg  ben  ©laubigen  bon  Ahoffu§  in  ^ilifien  gegenüber  ein= 
greifen.  Oer  ©inffup  ber  Sifchöfe  bon  Afepanbrien  unb  Antiochien  reichte  im 
3.  Saprhunbert  über  bie  ©rennen  ber  engeren  ^robinjen  hinauf  bereu  |)aupt= 
ftäbte  jene  beiben  ©täbte  mären ;  bie  beiben  ©emeinben  maren  burd)  h©orif<he 
tßanbe  mit  anbern,  meiter  entlegenen  Kirchen  berfnüpft.  3m  3en©um  0011 
SHeinafien  erfcheint  ©äfarea  in  ^appabocien  afg  eine  £)auptfirche ,  an 
ber  ©iibfüfte  ©plfefug  in  ber  ißrobinä  Afia.  Oie  lateinifthen  ^ßrobinjen 
Aorbafrifag  (Afrifa,  Aumibien  unb  bie  beiben  Mauretanien)  hatten  ihr  fircfp 
ficheg  3en©um  ©  Karthago,  mo  bie  ©eneralfpnoben  ber  Siphöfe  biefer 
5)3robinjen  unter  bem  Aorfiße  be§  farthagifthen  Oberhirten  abgehalten  mürben, 
mölfrenb  auth  bie  Sifcfmfe  ber  einzelnen  ^robingen  unter  fich  if)te  fBerfanum 
lungen  abhielten.  Um  Aom  bilbete  fich ,  abgefepen  bon  ber  ©teffung  ber 
römifthen  Kirche  ju  ber  ©efamtfirthe,  eine  befonbere  ©ruppierung  ber  23ifcf)öfe 
bon  Mitte©  unb  ©übitalien,  bie  ihre  ©pnoben  im  3.  Safnhunbert  in  Aom 
abhielten.  ©oIcf)e  unter  einem  heröorragenben  fBifcpof  bereinigte  $omplepe  bon 
^irchengemeinben  h'eBen  fpäter  ^robinjen  (©pctrthien) 3 4.  33ig  jum  4.  3apr= 
punbert  mar  bie  Metropolitanberfaffung ,  nach  melther  ber  23if<hof  ber  §aup© 
ftabt  einer  ^3robing  eine  höhere  ©tellung  einnahm,  im  Orient  unb  in  Afrifa 
auggebilbet,  ohne  bap  mir  bie  ©ntmicflung  im  einzelnen  berfolgen  fönnten. 
Ood)  blieben  babei  auch  größere,  an  eine  fpauptfircpe  fich  anfcpliepenbe  ©ruppen 
beftchen,  mefdje  bie  föifcpöfe  mehrerer  ^robinjen  umfapten.  Sn  Afrifa  mar 
ber  33ifcf)of  bon  Karthago  Dbermetropolit  (tprimag) ,  mährenb  bie  ältefteu 
Mfcpöfe  einer  ^ßrobinj  berfelben  afg  Sifchöfe  beg  erften  ©i|eg  borftanben,  fo 
bap  hier  bie  Metropofitangemalt  nicht  an  eine  beftiminte  ©tabt  gefnüpft  mar i. 
Auch  fonft  gab  eg  gröpere  Metropoliten,  bie  nicht  einer,  fonbern  mehreren 
^robin^en  borftanben ,  rnorin  bie  Anfänge  ber  fpäteren  ^atriarcpalberfaffung 
liegen.  Oer  afejanbrinifcpe  $ifd)of  ftanb  auch  ber  Ofiehaig,  ber  ^ßentapolig 


für  aboftolifd)  erachteten  an;  bie  £>äretifer,  bemerft  er,  finben  feine  Aufnahme  ab  ecclesiis 
quoquo  modo  apostolicis. 

1  Über  bie  ©tellung  $erufalem£  ügl.  Hegesipp.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  33. 

2  Phot.,  Collectanea  et  Demonstrationes  ( Migne ,  Patr.  gr.  CIY,  1229). 

3  Enap/ia,  provincia  (Conc.  Nie.  can.  4.  5) ;  napoixia,  Siojefe  (Can.  apost.  n.  14. 
Conc.  Ancyr.  can.  18). 

4  SSgl.  tpefefe,  (Sonciliengefih.  I  (2.  Auft.),  182. 


8.  Ser  ßleruS  unb  bie  firdjlidje  ©erfaffung. 


267 


unb  CtbQen  bor;  fpäter  finben  tuir  tfjn  über  neun  ^robinjen  gefteflt.  Unter 
ben  iBifchöfen,  bie  bem  Staffle  bon  9tntiod)ien  unterworfen  Waren,  [tauben 
nicht  wenige  ganzen  ^robinjen  bor.  SBenn  un§  auch  über  bie  Sitbung  ber 
einzelnen  Metropolen  teine  genauen  fftadjridften  erhalten  finb,  fo  beweift  bod) 
bie  häufige  (Srwftfimtng  berfelben  im  4.  Sahrtfunbert,  ot)ne  baß  ihre  9?eu= 
errichtung  berichtet  Würbe,  ba^  biefelben  fchon  geraume  3eit  borher  beftanben. 

©ine  befonbere  klaffe  bitbeten  bie  2anbhifd)öfe  (Chorepiscopi),  welche 
Zum  Seit  wirtlich  geweihte  33i[<höfe,  jum  Seit  aber  bto^e  Sßriefter  waren,  wie 
e§  benn  auch  für  Sanbgemeinben  eigene  ^riefter  unb  Seßrer  gab1. 

4.  Sie  Sßnoben. 

Mit  ber  2Iu§bitbung  ber  Metropotitanberfaffung  ging  bie  ©ntwidtung 
be§  Spnobatinftitut»  gleichen  Schritt.  2Bie  bem  S3ifd^ofe  ber  9tat  feiner  Sßriefter 
jur  ©eite  ftanb ,  fo  berfammetten  bie  föifdjöfe  ber  §auptfirchen  bie  töorfteher 
ber  unitiegenben  ©emeinben,  um  gemeinfame  Sntereffen  ju  beraten.  Sie§  ift 
bie  ättefte  gorm  ber  Konsilien,  bie  feit  ber  ^weiten  §>ätfte  be§  2.  3ahrf)unbert§ 
jur  33efämpfung  ber  Strteßren  unb  Spaltungen  (Montaniften ,  Ofterftreit) 
immer  häufiger  würben.  (pier  warb  bie  gufammengehörigteit  ber  Kirchen 
unb  ihrer  93ifd)öfe  ftar  junt  9lu§brud  gebracht ,  ben  berberblichen  ©inftüffen 
ber  £)äretifer  2Biberftonb  geteiftet  unb  gemeinfamen  ©egnern  gemeinfame^ 
Söirfen  ber  33if<höfe  entgegengefteüt.  Siefe  bif  (höflichen  3ufammenfünftc  fanbett 
im  3.  3ahrt)unbert  in  manchen  ©egenbeit  bereits  regelmäßig  ftatt  unter  bem 
tBorfitje  be§  93ifcpof§  einer  $auptftabt,  meift  einmal,  bisweilen  auch  jweimat 
be§  3ahre§ 2.  Stuf  bie  ©ntwidtung  ber  Metropotitanberfaffung  hutten  biefe 
regelmäßigen  Sßnoben  ber  23ifd)öfe  beftimmt  begrenzter  Serritorien  großen  ©in= 
fluß.  ©ntfdfeibenbe  Stimme  hotten  nur  bie  Söifchöfe ;  ^riefter  unb  Siafonen 
tonnten  teilnehmen,  teßtere  gewöhnlich  ftelpenb,  währenb  Mfdföfe  unb  fßriefter 
faßen;  auch  Säten  waren  nicht  au§gefd)toffen,  ba  bie  SSerfammtung  öffent= 
tid)  in  bem  titurgifchen  2Serfammtung§ort  ftattfanb.  Sie  Sefcplüffe  ber  Spnoben 
würben  meiftcn§  burd)  9tunbfchreiben  anbern  33ifd)öfen  mitgeteilt.  S9ifd;öfe, 
bie  nicht  perfönlid)  erfcheinen  tonnten,  burften  [ich  burch  attbere  93ifd)öfe  ber= 
treten  taffen,  wie  bie§  256  ju  Karthago  ber  f^att  war.  Sie  ber  Sßnobe  bor= 
fißenben  SBifchöfe  höheren  9tange§,  meift  Metropoliten,  pflegten  bie  58efd)Iüffe  allein 
ZU  unterfdjreiben 3.  2öir  befißen  tion  ben  ätteften  Spnoben,  außer  oon  einigen 
afrifanifchen  unter  ©ßprian  unb  ber  antiodfenifchen  Oon  269,  feine  Elften  mehr. 


1  Sie  Epist.  synod.  Conc.  Antioch.  269  (bet  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  30)  fpritfjt 
Dott  ©ifcpöfen  tü»  öpopujv  äypw v,  Conc.  Neocaes.  814,  can.  14  unb  Ancyr.  can.  13 
üott  ympejitaxoTtot,  mäprenb  SionpfiuS  oon  SlIeEanbrien  (bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  30) 
xpeffßuTspoug  xai  dtdacrxdXoug  rwv  iv  xwp.aig  ddeX<p<bv  nennt.  Sü§  ßonjil  Oon  2tn= 
tiodtjten  341  feßt  Sfjorbifchöfe  mit  bem  ordo  episcopalis  OorauS,  befcpränft  aber  bod) 
ißre  Sßeipegemalt  (can.  10).  ©gl.  Thomassin. ,  De  vet.  et  nova  Eccl.  disc.  P.  I, 
1.  2,  c.  1.  2.  £>efele  a.  a.  D.  I,  140.  231.  250.  515  f. 

2  ©gl.  Euseb.  1.  c.  V,  16.  23.  Tertutt.,  De  ieiunio  c.  13.  Firmilian.,  Ep.,  bei 
Cypr.,  Ep.  75.  Conc.  Nie.  can.  5.  Can.  apost.  n.  36.  Sie  erften  befannten  Spnoben 
finb  bie  oon  ?Ipottinari£  üon  ^)ierapoIi$  unb  SotaS  oon  9lnd)ialu3  gehaltenen. 

3  3n  betreff  ber  Unterfdjriften  fagt  ©olp träte«  oon  SppefuS  (bei  Euseb.  1.  c.  V,  24): 
toürbe  er  bie  ©amen  ber  mit  if)m  oereinigten  ©ifdjöfe  fdjreiben,  fo  märe  ißre  Slnjapl  Diel 
ju  groß.  Sie  maren  alfo  nicht  unterfeßrieben.  So  gefchaß  est  auch  in  SRom  unter  ©ittor  I. 


268 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  her  Sieg  bei  ©briftentumS. 


fünfter  21  b  f  ch  n  i  1 1. 

Dtr  großen  ikrfolguitgnt  ititb  kr  Steg  ks  Chrifletthmte. 

(Stowt  ginijre  250  Ute  »um  gteltv*  313.) 

1.  $ie  fbfteiitatifdfe  23e!ämbfuug  ber  $ird)c  burdj  beit  hetbnifdpriimifdjen  Staat. 

Quellen.  —  5ölartt)ratten  aus  ber  3ed  bon  ®eciuS  bis  Siolletian  bei 
§arnacf,  ©efdjidjte  ber  altdjriftl.  Sitteratur  I,  819—824.  Sagu  Franchi  de’  Cavalieri, 
Gli  atti  dei  ss.  Montano,  Lucio  e  compagni  (8.  <Su4>toI.=^>eft  ber  Vom.  Guartalfdjr.). 
Vom  1898;  S.  Agnese  nella  tradizione  e  nella  leggenda  (10.  SufWlementbeft).  Vom 
1899.  ©injelneS  Veue  in  ben  Analecta  Bollandiana.  Par.  et  Brux.  1882  sqq.  — 
3r.  ßrebS,  ©in  libellus  eines  libellaticus  (SitjungSber.  ber  Verliner  911ab.  1893, 
S.  1007  ff.).  ©tjbrianS  Vriefe  an  jablreidjert  Stetten  (ed.  Hartei,  vol.  II);  De 
lapsis  (vol.  I).  Euseb.,  Hist.  eccl.  1.  VI  sqq.;  De  martyribus  Palaestinae  (berauSgeg. 
als  2lnt)ang  gur  ßircfjengefd).  1.  VIII.  Sa^u  Violet  in  Sejte  unb  Unterfud).  XIV 
[1896],  §eft  4).  Lactant.  (?),  De  mortibus  persecutorum.  Greg.  Nyss.,  Vita  S.  Greg. 
Thaumat.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XL VI,  944  sqq.).  Prudent.,  Peristephanon.  Optat.,  De 
schismate  Donatistarum  1.  I  Damasus,  Epigrammata  (ed.  Ihm).  Sb-  SVommfen, 
3toeifprad)ige  Snfdirift  aus  2lrt)lanba  (2lrd)äo(.=elngrabb-  Vtitteil.  aus  Dfterreid)  1893, 
S.  93—102). 

Sitteratur.  —  P.  Allard,  Les  dernieres  persdeutions  du  3e  sidcle.  Paris  1887 ; 
La  persecution  de  Diocletien  et  le  triomphe  de  l’Eglise.  2  vols.  Paris  1890.  B.  Aubi, 
L’Eglise  et  l’Etat  dans  la  seconde  rnoitie  du  3e  siede.  Paris  1885.  3r.  ©ÖrreS, 
Hirdje  unb  Staat  Oon  SeciuS  bis  jum  VegierungSantritt  SiolletianS  (Sfabrb.  f.  proteft. 
Sbeot.  1890,  S.  454  ff.  594  ff.).  B.  Aube,  Les  faillis  et  les  libellatiques  pendant 
la  persecution  de  Dece  (Revue  historique  1884,  p.  1 — 48).  Massebieau ,  Les  sacri- 
fices  ordonnds  ä  Carthage  au  commencement  de  la  persecution  de  Dece  (Revue  de 
l'hist.  des  religions  1884,  p.  65—84).  A.  F.  Gregg,  The  Decian  persecution.  Edin¬ 
burgh  1897.  2f.  ©örreS,  ßirdje  unb  Staat  öom  VegierungSantritt  SiolletianS  bis 
Sum  fonftantin.  Orientebift  284—324  ($abrb.  f.  proteft.  Sbeol.  1891,  S.  108  ff.  281  ff.). 
Vogel,  Ser  ßaifer  Siofletian.  ©otf>a  1857.  St).  Vernbarbt,  Siottetian  in  feinem 
Verhältnis  ju  ben  ©briften.  Voitn  1862.  §unjiter,  3ur  Vegierung  unb  ©briften= 
berfolgung  SiolletianS  unb  feiner  Vadjfolger.  Seipjig  1868. 

Sn  ber  SJlitte  beS  3.  SalfrhunbertS  nehmen  bie  53e§ießiingen  ber  römifdjen 
Staatsgewalt  jum  ©hriftentum  anbere  rechtliche  formen  an.  23i§  baßin  beftanb 
fein  allgemeine^  3teid)§gefet)  gegen  bie  ©ßriften,  fonbern  man  fueßte  baS  ©ßri[ten= 
tum  mel)t  be^ßalb  ju  unterbrüden,  weit  feine  fDiitgtieber  ben  Kultus  ber  Staats= 
götter  unb  beS  ^aiferS  berweigerien  unb  barunt  als  ein  geföI)did)eS  Element  be= 
trachtet  mürben.  SDurd)  ba§  Üteftript  StrajanS  mar  ba§  93orgeßen,  welches  bie 
Staatsbeamten  in  ben  auf  biefer  S3afiS  geführten  ©hriftenprojeffen  eingufeßtagen 
hatten,  geregelt  worben,  unb  biefer  guftanb  blieb  bis  jum  Sahre  249,  unter 
Inifer  SeciuS,  be  flehen.  Siefer  unternahm  eS,  burdß  befonbere  ©bitte  gegen 
alle  ©ßriften  bas  ©ßrifterttum  auSjurotten,  unb  in  gleicher  ÜBeife  gingen  einzelne 
feiner  9tad)foIger  pofitib  bureß  StaatSgefet)e  gegen  bie  33etenner  beS  fftamenS 
(Sßrifti  bor. 

1.  SeciuS  SrajanuS  (249 — 251)  beflieg  ben  $aifertf)ron  nach  23e= 
fiegung  beS  ^SßilißpuS  SlrabS.  ©r  unternahm  eS,  bie  fDtadji  unb  Söürbe  beS 
DteidjeS  auf  ben  alten  ©runblagen  ju  befeftigen  unb  ju  erhöhen.  fJiun  bratß 
eine  neue  ©hriftenberfolgung  aus,  bie  an  2luSbehnung  wie  au  ©raufamfeit  alle 
früheren  übertraf.  Sie  cßriftlicße  .Religion  erfeßien  bem  $aifer  als  unberträglicß 


1.  $ie  ft)ftematif<pe  SSefämpfung  ber  ßirdjc  bur<p  ben  peibiüppn-ömippen  (Staat.  269 

mit  bem  Veftanbe  beS  UteicpeS  unb  bie  3urit<ffüpDtng  bet  Hlbgefaflenen  jum 
alten  ©ötterbienfte  als  ein  ©ebot  bet  9iottuenbig!eit.  ©in  ©bift,  bas  Hinfang 
Sanuar  250  beröffentlicpt  tuurbe,  forberte,  bap  alle  bie  ©ötter  bereprten;  bie= 
jenigcn,  bie  fid)  tneigerten,  follten  juerft  mit  3ufbtad)en  unb  Qropungett,  bann 
mit  berfd)iebenen  feinen  unb  Qualen  baju  gelungen  merben.  Wan  bcftimmte 
einen  Termin,  an  bent  alle  ©priften  not  ben  OrtSobrigfeiten  erfcpeinen  follten, 
um  ju  opfern;  tuet  borper  aus  ber  £)eimat  flof; ,  ben  traf  Verluft  beS  Ver= 
mögend  unb  Verbot  ber  Htiidfepr  bei  SEobeSftrafe;  bie  fid)  nicpt  freituillig  [teilten, 
tuurben  borgefiiprt,  berpört  unb  bann  gefoltert.  Beamte,  bie  fid)  natplaffig 
jeigten,  tuurben  mit  ben  fcptuerften  ©trafen  bebropt.  ©egen  bie  Vifcpöfc  tuarb 
gleid)  anfangs  bie  SEobeSftrafe  beftimmt;  fie  tuutbe  bolljogen  an  Fabian  bon 
9tom,  VabpIaS  bon  Hlntiodjien,  Hllepanber  bon  Serttfalem,  bem  fprippen  Vifipof 
HlcpatiuS.  ®ie  Vifcpöfe  QionpfiuS  bon  Hllepanbrien,  ©regor  bon  Hieu=©äfarea, 
©ppriatt  bon  ^artpago  retteten  fitf) ,  ben  apoftolifcpen  ©runbfäpen  getreu  unb 
um  bie  Vebrängniffe  iprer  ©emeinben  ju  milbern,  burcp  bie  glucpt.  Wit  er= 
finberifd)er  ©raufamfeit  tuurben  bie  Wärtern  berftpärft.  HBäprenb  biele  ©priften 
ftanbl)aft  in  ben  SEob  gingen,  tuaren  Diele  anbere,  barunter  Vifipöfe  unb  anbere 
$leriler,  fo  fcpmacp,  angefidpS  ber  bropenbett  SEobeSqualert  ipren  ©laubett  ju 
berleugnett  (©efallene,  lapsi),  unb  liefen  fiep  perbei,  jit  opfern  (thurificati,  sacri- 
ficati);  einige  ertauften  fiep  ©epeine  (libelli)  bon  ben  Qbrigfeiten,  bap  fie  ge= 
opfert  ober  boep  bap  fie  ben  ©taatSgefepen  ©enüge  geleiftet  patten  (libellatici), 
ober  fie  liefen  ipre  Hainen  in  baS  amtlicpe  VerjeidjniS  ber  ben  ©efepen  ©epor= 
fanten  eintragen  (acta  facientes).  @S  gab  barin  biele  Verfdpebenpeiten ;  einige 
opferten  gleid)  anfangs,  anbere  gaben  erft  unter  ber  ^ßein  ber  golter  nenp; 
einige  polten  felbft  3eugniffe  bon  ben  Vepörben,  anbere  liepen  fie  abpolen  ober 
napmen  bie  ipnen  bon  greuttben  ertuirften  an.  3U  ben  Opfern  biefer  Ver= 

folgnng  gepören:  OrigetteS,  ber  in  SEpruS  graufam  gefoltert,  im  Werfer  feft= 

gepalten  tuarb  unb  halb  naep  Hlitfpören  ber  Verfolgung  infolge  ber  erlittenen 
Wippanblungcn  ftarb;  ber  15jäprige  QioSforuS  in  Hllejanbrien,  beffen  ©tanb= 
paftigfeit  unter  ben  Wärtern  ben  peibnifdqen  ©tattpalter  fo  jur  Vetuunberung 
pinrip,  bap  er  ipm,  jugleid)  mit  ^»intueis  auf  fein  jugenblicpcS  Hilter,  bie 

ffreipeit  gab;  bie  perfifdjen  ©priften  Hlbbon  unb  ©ennen  ju  9tom,  bie 

Jungfrau  Hlgatpa  ju  ©atania  auf  ©ijilien,  ber  ^3riefter  §elij  ju  Htola, 
HlureliuS  unb  9tu mibiuS  in  Hlfrifa,  ber  ^Sriefter  ^ßioniuS  in  ©mprna. 
Sn  Hllepanbrien  patte  fepott  ein  Sapr  bor  betn  ©rfipeinen  beS  ©biltS  ein  peib= 
nifeper  HBaprfagcr  ben  ißöbel  gegen  bie  ©priften  aufgereijt.  §icr  tuarb  ber 
betagte  WetraS  mippanbelt  unb  gepeinigt,  ebenfo  eine  §rau  Quinta;  bie 
Sungfrau  Hlpollonia,  ber  matt  bie  3äpue  auSfcplng  unb  fonftige  Qualen 
jufügte,  ftarb  ben  geuertob;  ©erapion  tuarb  an  allen  ©liebem  gemartert 
unb  bon  einer  £)öpe  perabgeftürjt.  QoS  ©bift  berurfaepte  nun  um  fo  gröpere 
Veftürjung;  aber  tuäprenb  mantpe  abfielcn,  jeigten  fid)  anbere  um  fo  ftanb= 
pafter,  tuie  namentlitp  Sulian  unb  ßtonion,  bie  öffentlid)  berbrannt  tuurben, 
ber  ©olbat  VefaS,  ber  jene  bor  ben  llnbilbett  beS  Röbels  jn  fd)iipen  gefuept 
patte  unb  mit  bem  Veile  entpauptet  tuarb,  Wafar  ans  Sibpcn,  Operon,  Hlter, 
Sfibor,  ©pimacpuS,  Hllejranber,  bie  ben  geuertob  ftarben.  Htod)  biele  anbere 
Wärtprcr  beiberlei  ©efcpledptS  ertuäpnt  Vifcpof  QionpS  bon  Hllejanbriett.  Oie 


270 


Sie  grofeett  Verfolgungen  unb  ber  Sieg  öe§  ßpriftetttuittS. 


Verfolgung  richtete  tuegen  ber  bebeutenben  $apl  ber  fcpwacpen  Triften,  welcpe  ab= 
fielen,  in  ber  $ircpe  eine  grofee  Verwirrung  an,  bie  not!)  bermeprt  würbe  burcp 
bie  fdjwierige  Stellung,  in  Welipe  bie  fird)li(pen  Verfielet  gegenüber  ben  Ab= 
gefallenen  tarnen  (f.  unten  S.  281  ff.  bie  Streitigfeiten  über  bie  Sufee). 

2.  AIS  Secius  251  im  Stampf  gegen  bie  ©oten  gefallen  war,  liefe  unter 
©alluS  unb  VoIufianuS  (251 — 253)  bie  Verfolgung  einigermafeen  nadj, 
ba  Kriege  unb  Empörungen  bie  Spatigfeit  ber  $aifer  fepr  in  Anfprucp  nahmen; 
bie  Sifcpöfe  unb  ©eiftlicpen  würben  immer  notp  berfotgt,  ©üter  reieper  ©priften 
eingejogen.  ^aifer  Valerien  (253 — 260)  gönnte  ipnen  eine  gelang  Aupe 
unb  bulbete  fie  fogar  in  feinem  ^lalafte;  [pater  liefe  er  fiep  aber  burd)  feinen 
©ünftling,  ben  ägpptifcpen  Speurgen  9Jtafrian,  gegen  biefelben  aus  5ßolitif  unb 
Aberglauben  einnepmen.  Sein  erfteS  Ebift  unterfagte  ipnen  bie  gotteSbienfü 
litpen  gufammenfünfte  unb  ben  Sefuöp  ber  Eömeterien  unb  berorbnete  bie 
Entfernung  ber  Vifd)öfe  unb  Sßriefter  üon  ipren  ©emeinben  (257).  AfS  bieS 
niipts  frueptete,  fprad)  ein  ^Weites  Ebift  (258)  aus,  bie  ©eiftlidjen  feien  pin= 
3urid)ten,  bie  Senatoren  unb  Aitter  iprer  Sßürben  unb  ipreS  Vermögend  gu 
berauben,  unb  Wenn  fie  bennoep  Epriften  blieben,  ebenfalls  ju  entpaupten,  bor= 
nepme  grauen  feien  nadp  Einjiepung  ipreS  Vermögens  ^u  Oerbannen,  bie  im 
Ipofbienfte  befinblicpen  Epriften  mit  Verluft  aller  Ämter  unb  ©üter  gefeffelt 
jur  Arbeit  in  bie  öerfepiebenen  taiferlitpen  ©üter  gu  Oerteilen.  Epprian  Oon 
$artpago,  ber  naep  bem  erften  Ebift  Oor  bem  ifkofonful  AfrifaS  fiep  als  Eprift 
unb  Viftpof  befannt,  aber  bie  Angabe  ber  Aamen  feiner  5ßriefter  oerweigert 
patte,  war  natp  bem  Verbote  ber  gotteSbienftlicpen  Verfammlungen  im  Epil 
tpätig,  würbe  bann  üom  neuen  5ßrofonful  ©aleriuS  AtajimuS  beim  Erftpeinen 
beS  ^weiten  EbifteS  jum  Sobe  burep  baS  Stpwert  üerurteilt,  weldfen  Sprutp  er 
mit  Sanf  gegen  ©ott  annapm  unb,  nadtbent  er  ben  genfer  noep  mit  ©olb  be= 
lopnt  patte,  an  fiep  rupig  boHgiepen  liefe  (14.  Sept.  258).  Serfelbe  5)3rofonfut 
liefe  ju  lltifa  153  Epriften  in  eine  ©rube  bon  ungelöfcptem  ®alf  ftürjen  (baper 
massa  candida  genannt).  3n  Aorn  ftarb  naep  ben  Vifcpöfen  Steppan  unb 
£pftuS  II.,  ber  in  ber  ^atafombe  beS  Sprätejtatu^  ergriffen  würbe,  Wäprenb  er 
bie  Siturgie  feierte,  ber  Siafon  ßaurentiuS,  naepbem  er  bie  ^irepenftpäpe  ben 
Armen  auSgeteilt.  2sn  Spanien  erlitt  ber  Vifcpof  gutftuofuS  üon  Sarracona 
ben  Viartertob;  ju  Eäfarea  in  ^aläftina  Würben  ^riScuS,  9ftal(puS  unb 
Alepanber  ben  wilben  Sieren  üorgeworfen.  SionpS  bon  Alepanbrien  patte 
mit  feinen  ©eifiliepen  bie  Viüpfale  beS  meprfaepen  EpilS  ju  beftepen,  in  bem 
er  aber  für  bie  Ausbreitung  beS  cpriftlidjen  ©laubenS  fegenSreicp  Wirten  unb 
fiep  feiner  iperbe  erpalten  tonnte.  Sie  Verfolgung  War  äufeerft  peftig,  erreichte 
aber  ipr  Enbe,  als  Valerian  bon  ben  Werfern  gefangen  unb  fcpimpflicp  wie 
ein  Sflabe  bon  ipnen  bis  an  fein  Enbe  bepanbelt  Warb. 

ValerianS  Sopn  ©allienuS  (260 — 268),  wollüftig  unb  praiptliebenb, 
in  Sejug  auf  Erpaltitng  ber  Staatsreligion  biel  gleichgültiger ,  aber  auep  ein= 
ficptSüoöer,  liefe  baS  Verfapren  gegen  bie  Epriften  einftellen  unb  ipnen  bie  fon= 
fiSjierten  $ultuS=  unb  SegrabniSpläpe  jurüdgeben,  fo  bafe  jene  wenigftenS  bie 
Stellung,  bie  fie  borper  patten,  wieber  erlangten. 

Sei  ben  grenjenlofen  ÜJtifeftänben  ber  5ßrobinjen  übernaptuen  einzelne  §eer= 
füprer  bie  £)errfcpaft  (bie  fogen.  breifeig  Sprannen).  Von  biefen  fepte  AtafrinuS 


1.  Sie  faftematifdje  Vefämpfung  ber  ^ircEje  burcfj  ben  heibtüfd^töntifcfien  (Staat.  271 

(9Jtafrianu§)  im  Orient  unb  $gppten  bi»  261  bie  Verfolgung  fort;  ein  djrifi= 
lieber  ©olbat  9)larinu§  marb  ju  ©äfarea  in  ^aläftina  megen  feinet  d>rift= 
litten  VefenntniffeS  enthauptet.  Oer  Senator  3lftt)riu§  lieh  ihn  eljrenboll 
begraben.  9)1.  9Iureliu§  glabiu§  $laubiu§  II.  au§  SEprien,  (Sieger  über 
bie  (Boten  bei  91aiffu§  in  Obermöfien  (baljer  ©otifu§  genannt),  toarb  bon 
ber  $eft  ^intoeggerafft ,  al§  er  gegen  bie  Königin  3enobia  bon  ^alntpra, 
SSitme  be§  Obenatf)U§,  ju  gelb  gieren  moKte.  Vucp  unter  ihm  foK  e§  djrift= 
liehe  9)lärtprer  gegeben  fm^n.  91ach  ber  lurjen  Iperrfdjaft  be§  ®laubiu§ 
OuintiUuS ,  Vruber§  be§  hörigen ,  tourbe  ber  friegerifepe  2nciu§  OomitiuS 
9lureliaitu§  erhoben  (270 — 275),  ber  bie  3enobia  befiegte.  ©r  hatte  eben 
eine  neue  Verfolgung  gegen  bie  Triften  befcploffen;  aber  feine  ©rmorbung 
burd)  ba§  ipeer  auf  Vnftiften  feinet  ©efretär§  9Ünefif)eu§  bereitelte  bie  9lu§= 
führung. 

3.  Von  bem  gafjre  275  an  genoffen  bie  Triften  faft  breifjig  gapre  lang 
Utulje,  ba  $aifer  Oiofletian  (feit  284)  au§  Klugheit  unb  9Dlenf<hIid)!eit 
nicht  baran  baepte,  fie  ju  beeinträchtigen;  e§  mürben  fogar  ©hriften  ju  ©tatt= 
haltern  in  ben  ^probinjen  ernannt,  unb  nicht  menige  lebten  unbehelligt  am 
§ofe,  jum  Seil  in  hohen  Ämtern;  an  manchen  Orten  grünbeten  bie  ©hriften 
eigene  ©otte§f)äufcr  unb  bemegten  fid)  ziemlich  frei  unb  forglo»,  berfielen  aber 
aud)  oft  in  fthtoere  gehler.  „91I§  aber  bie  Unfrigen"  —  fagt  ©ufebiuS1, 
menn  aud)  mit  einiger  Übertreibung,  bod)  in  ber  ^auptfadje  richtig  —  „burd) 
jene  aüju  grojje  greiheit  in  Vertoeichlichung  unb  träge  ©djlapeit  berfielen, 
bie  einen  bie  anbern  mit  £>afj  unb  Vefdfimpfungen  überhäuften,  91eib  unb 
Säfterung  bei  ihnen  fid)  geigten  unb  nur  nod)  fo  biel  fehlte,  bah  toir  un§ 
felbft  burd)  un§  felber  mit  Vßorten  tnie  mit  Vßaffen  unb  ©efepoffen  be= 
fämpften,  Vifcpöfe  fid)  mit  Vifthöfen  überm arfen  unb  ©emeinbe  gegen  ©e= 
meinbe  ftanb,  ba  fcpänblidje  Heuchelei  unb  Verkeilung  bi§  jum  pödjften  ©rabe 
ber  Vo§peit  fid)  fteigerte,  ba  begann  aud)  ba§  göttliche  Strafgericht,  mie 
e§  ihm  eigen  ift,  allmählich  unb  fchrittmeife,  mährenb  nod)  immer  firdüiepe 
Verfammlungen  frei  gehalten  mürben,  un§  heimäufudjen,  inbent  bie  Verfolgung 
bon  ben  Vrübern  im  $riegerftanbe  ihren  Anfang  nahm.  Oa  mir  aber  ba= 
burch  in  nicht»  gerührt  mürben  nod)  un§  bemühten,  bie  ergürnte  ©ottl)eit  ju 
berföhnen ,  fonbern  bielmehr  ben  ©ottlofen  gleich  buchten,  ©ott  achte  unb  be= 
ftrafe  unfere  Verbrechen  nid)t,  ba  mir  unfere  ©chlechtigleit  mehrten  unb  ©ünbe 
auf  ©ünbe  häuften,  ba  jene,  bie  unfere  fpirten  ju  fein  fchienen,  mit  Ver= 
adjtung  ber  ©efepe  ber  Üteligion  in  gegenfeitigen  giften  erglühten ,  unb 
mährenb  fie  allein  ©treitigfeiten ,  Oropungen,  ©iferfuept,  ipafj  unb  geinbfd)aft 
nährten  unb  bergröperten ,  feber  nur  nach  feiner  £)errfd)fud)t  forgfältig  feinen 
©prgeij  befriebigte:  ba,  fage  ich,  berbunfelte  ber  £)err  nach  bem  V3orte  feine» 
^Propheten  geremia§  ($Iagel.  2,  1)  ben  ©lang  ber  Oocpter  ©ion,  ftürgte  bie 
|)errlid)feit  3§rael§  bom  Fimmel  auf  bie  ©rbe  herab,  gebaute  nicht  mehr 
feine»  gupfd)emel§  am  Sage  feinet  3orne»-  Unb  nad)  ben  2öei£fagungen  ber 
tpfalmen  (sPf.  88,  40  ff.)  gerfiörte  unb  gerbrach  er  ben  Vunb  feine§  $ned)te§ 
unb  entraeihte  auf  ©rben  burd)  bie  3erftörung  ber  Kirchen  fein  Heiligtum, 


1  Hist.  eccl.  VIII,  1.  2. 


272 


®ie  großen  Verfolgungen  nnb  ber  ©ieg  be§  ©priftentumä. 


rift  nüe  feine  dauern  nieber."  Sie»  alle»  marb  erfüllt  in  ber  Siofletianifcpen 
Verfolgung,  ber  furdCjtbarften  bon  aßen  bisherigen. 

Um  ber  üfegierungSlaft  be§  finlenben  IReitpeS  gemadjfen  ju  fein,  nahm 
Siofletian  285  beit  tapferen  VfapimianuS  £)erfu!iuS  jum  Vtitregenten 
an,  bem  er  286  ben  AuguftuStitel  unb  bie  Verteibigung  beS  AbenblanbeS  itber= 
trug.  3u  beit  betben  ßaifern  famen  noch  feit  292  jmei  Eäfaren ,  mit  jenen 
burep  gamitienbanbe  enge  öerbunben,  E.  ©aleriuS  VfajimianuS  für 
SUpriett,  ßonftantiuS  EploruS  für  Spanien,  ©allien  unb  Vritannien. 
SaS  Aeiep  erhielt  eine  neue  Einteilung  in  ißräfefturen ,  Siöjefen  unb  sf5ro= 
öinjen,  unb  bie  Überrefte  ber  republifaniftpen  formen  berfcpmanben  unter 
bem  ©lanje  eines  afiatifcpen  SefpotiSmuS ,  beffen  VJittelpunft  SiofletianS 
Aefibenj  in  Aifomebien  mar.  Siefer  felbft  fuepte  mopl  bie  peibnifepe  StaatS- 
religion  aufrecpt  ju  erhalten,  jebocp  opne  gemaltfarne  Vfittel.  3U  biefen  neigte 
aber  fein  Sdpoiegerfopn  ©aleriuS ,  aufgeregt  bon  feiner  üftutter  Aomula, 
erfüllt  bon  Aberglauben  unb  £)aft  gegen  bie  bamatS  bon  bem  ppilofoppen 
IßorpppriuS  unb  bem  Statthalter  ^ierofleS  peftig  angegriffenen  Epriften.  Ser 
AuguftuS  SP'lajimian  mar  ein  roper  Solbat,  ber  in  ber  Aegel  SiofletianS 
pöperen  Einfiepten  folgte,  aber  öfter  in  aufmattenbem  3°*ne  3U  ©raufanv 
feiten  fortgeriffen  marb,  mäprenb  ^onftantiuS  EpforuS,  bie  Sugenb  aüent- 
palben  eprenb,  ben  Epriften  fiep  moplroollenb  ermieS.  Vor  allem  tag  ben 
Augnfti  an  ber  unbebingten  Ergebenheit  beS  ipeereS;  biefeS  bon  (priftlicpen 
Elementen  ju  reinigen,  mürben  meprere  Verfuge  gemacht  unb  pierbei  öfter 
cpriftlicpe  Solbaten ,  bie  fiep  ju  opfern  meigerten ,  mit  bem  Sobe  beftraft V 
Ser  im  Aeid)e  immer  häufiger  merbenbe  Abfall  bon  ber  alten  Staatsreligion 
erregte  aud)  bei  Siofletian  Vebenfen,  unb  immer  mepr  lieft  er  fiep  bon  ©aleriuS 
für  beffen  Anfiept  geminnen,  eS  fei  bie  Ausrottung  be§  EpriftentumS  ju  einer 
Aotmenbigfeit  gemorben.  gelbperren  unb  Statthalter,  AecptSgeleprte  unb  ©ö|en= 
priefter,  Crafel  unb  Aufpicien  —  alles  fpraep  bafür.  ©aleriuS  brang  bei 
Siofletian  burep. 

Am  24.  Februar  303  erfepien  in  Aifomebieit  ein  erffeS  Ebift,  baS 
befapl,  alle  cpriftliepen  $ir<pen  feien  bem  Erbboben  gleiepjumaepen,  bie  peiligen 


1  Uber  bie  Verfolgung  im  §eere  Ogi.  Euseb.  1.  c.  VIII,  4.  Über  bie  Legio  Tliebaea 
bei  Agaunum  (©t.  Vtaurice  im  ßanton  SÖalliS),  Don  ber  bie  Vita  S.  Romani,  ©uiperiuS 
Don  Spott,  AoituS  Don  Vienne  unb  ©regor  Don  ®our3  reben,  Dgl.  Ruinart,  Acta  prim, 
martyr.  p.  237.  Acta  SS.  Boiland.  26.  Aug.  V,  794.  April.  II,  212.  Tillemont,  Memoires 
IV,  421.  Vä.  Vraitn,  3lir  ®cfäü(pte  ber  tpeb.  Segion.  Vonn  1855.  A.  §irfcpmann, 
®ie  neuefte  Sitteratur  über  ba§  Vlartprium  ber  tpebäifepen  Segion  (§iftor.  3aprb.  1892, 
©.  783  ff.).  V.  Verg,  ®er  pl.  SAauritiuS  unb  bie  tpebäifcpe  Segion.  £>alle  1895. 
S.  Mathieu,  L’epistula  Eucherii  et  le  martyre  de  la  legion  Theb.  (Museon  XVII. 
Louvain  1898).  Über  ben  cpriftliepen  ©olbaten  SAajumilian  in  Aumibien  bgl.  Ruinart 
1.  c.  p.  262.  Tillemont  1.  c.  IV,  562.  Über  ben  ©enturio  -UtarcettuS  f.  Baronius, 
Annales  ad  an.  288,  n.  1  sq.  Ruinart  1.  c.  p.  264.  ®aft  bie  ©priften  toirflidp  burd) 
eine  Verfcptoörung  gegen  ®pron  unb  Aeitp  bie  Verfolgung  peroorriefen ,  toie  Vurcf= 
parbt  (®ie  geil  ßonftantinl  b.  ©r.)  bepauptete,  ift  böllig  unmapr;  am  toenigften 
toirb  e§  betoiefen  burep  ben  bie  größte  Vorficpt  unb  SAilbe  atmenben  Vrief  be§  alejanbri= 
nifipen  VifcpofS  ®peona$  (282- — 300)  an  ben  Praepositus  cubiculariorum  Sucian  ( Gal - 
landi,  Bibliotb.  IV,  69  sq.  Vgl.  Acta  SS.  Boll.  Aug.  IV,  583  sq.). 


1.  Sic  ftjfieutatifcpe  SSetcimpfung  ber  ßitipe  burep  ben  I)eibnifc^=röntt|(^en  (Staat.  273 

33iicper  ber  ©griffen  gu  betbrennen,  bie  bei  iprer  Religion  SSeparrenben  iprer 
Stürben  ju  entfern  unb  at§  ehrlos  ju  betrauten,  ißribatperfonen  ber  grei= 
peit  ju  berauben,  ©Haben  bon  ber  grcilaffuttg  au§3uf(ptiepen.  ©cpon  tag» 
jubor  tnar  bie  prächtige  ßircpe  in  Sifomebien  nicbergeriffen  tnorben.  (Sitten 
©priften,  ber  baS  ©bift  abrip,  traf  OobeSffrafe.  ©ine  im  faiferticpen  ißatafie  au§= 
gebrochene  geuerSbrunft,  bie  Stitffiänbe  in  ©prien  unb  Armenien  unb  ber  2tiber= 
fianb  einzelner  ©priften  mürben  benutzt,  bie  ©priften  in§gefamt  at§  SSerfcpmörer 
gegen  ba§  Seicp  ju  berbäcptigen  unb  biete  berfelben  auf  bie  göltet  ju  bringen. 
Salb  berorbnete  ein  5 tt) e i t e §  ©bitt  bie  ©inferferuttg  alter  ^ircpenborftcper 
unb  bie  Nötigung  berfelben  jum  Opfern;  ein  britte§  befapt,  bie  (befangenen, 
bie  geopfert  patten,  freijutaffen ,  biejenigctt,  bie  fiep  meigerteit,  mit  alten  ntög= 
liehen  feinen  bis  jum  Sobe  baju  ju  jmingen.  Oag  faifertiepe  £mfgeftnbe 
erpiett  ben  Sefept,  ben  ©Ottern  31t  opfern ;  ^ßriSca  unb  S3ateria,  bie  ©attinnen 
beiber  £terrfcpcr,  mürben  baju  gejmungen,  ftarben  aber  naepper  etenb  in  ber 
S3erbannung.  Unter  ben  |mfbeainten  murbett  OorotpeuS  unb  ©orgoniu§, 
bie  ftch  niept  fügten,  erbroffett,  ^etru§  gegeißelt  unb  tangfam  auf  bem  Sofie 
gebraten.  33ifcpof  Stntpimu§  bon  Sifomebien  toarb  entpauptet;  biete  attbere 
mürben  berbrannt  ober  in  ba§  SJteer  berfenft.  Sn  ben  ^robinjen  erregten 
bie  faiferticpeit  ©rtaffe  ©taunen  unb  ©ntfepen ;  bei  ber  fo  großen  Snjapl  ber 
©priften  tnar  e§  niept  ju  bermitttbern,  bap  biete  in  ber  Sktfolgung  niept 
ftanbpietten.  Slber  ba»  erpabene  Seifpiet  ber  treu  gebliebenen  trat  um  fo 
ftraptenber  perbor.  Sicpt  eiumat  bie  peiligen  ©epriften  lieferte  matt  au§,  unb 
fetbft  megen  biefer  Steigerung  mürben  biete  ^'irepenborfteper  pingerieptet ,  mie 
ber  afrifanifepe  33ifcpof  geti£  ju  Sknufia  30.  Stuguft  303.  diejenigen,  metepe 
fiep  311  biefer  Slualieferung  perbeitiepen,  nannte  man  Orabitoren1. 

Oa  biefe  SSapregeltt  noep  niept  ben  gemünfepten  ©rfotg  patten,  lieg  ein 
bierte§  ©bitt  (304)  ben  ©priften  nur  bie  Stapt  3mif(pen  Stbfatt  unb 
dobesftrafe.  Star  bie  ©raufamteit  fepon  borper  erfinberifcp  gemefen,  ben 
angeblichen  ©tarrfinn  ber  ©priften  3U  befiegen,  fo  metteiferten  bie  taifertiepen 
33epörben  nun  ttoep  mepr  in  iprett  SSemüpungen,  ba§  ©priftentum  3U  ber= 
tilgen.  33ieten  ©priften  mürben  bie  33eitte  3erfcpmettert,  mie  in  ^appabocien; 
anbere  ping  matt  an  ben  giipcn  über  einem  getinben  geuer  auf,  an  beffett 
Saucp  fie  erftieften,  mie  in  SJtefopotamien ;  anbere  fanben  burep  ba§  £)enter= 
beit  ben  Oob,  mie  in  Strabien,  mieber  anbere  burep  SSerftümmetung  unb 
ftufenmcifeä  Stbpacfen  ber  ©lieber,  mie  in  Stgppten,  attbere  burep  39ranb= 
tegung  an  $ircpen  unb  Käufern,  mie  in  ^prpgien.  Oft  ermübeten  bie  genfer 
bei  ber  ttenge  ber  ©eptaeptopfer.  3lt  ©äfarea  in  jfappabocieit  murbett  Ooro= 
tpea  unb  ©eorg  gemartert,  3U  Opru§  in  Sßpön^ien  ägpptifcpe  ©priften  erft 
mitben  Oierett  überliefert  unb ,  atS  biefe  fie  öerfeponten ,  mit  betn  ©cpmerte 
pingerieptet.  ©rop  mar  bie  3apl  ber  Jungfrauen,  bie  fiep  unter  ben  Opfern 
fanben  (SIgne§  in  Sottt,  Sucia  in  ©grafuä,  anbere  in  Slntiocpien) ;  cbenfo 
gab  e§  unter  ipnen  Sorneptne  nttb  Scicpe,  auch  pöpere  93eamte.  Oie  Sömerin 
Stnaftafia  fotoie  bie  „öier  ©etrönten"  gehörten  3U  biefer  3aPl>  in  StugSburg 

1  Über  bie  Srabitoren  ügl.  August.,  De  bapt.  c.  Donat.  \1I,  2;  C.  Crescon.  DI,  27. 
Optat.,  De  schismate  Donat.  I,  15.  Acta  S.  Felicis  Ep.  bei  Ruinart  1.  c.  p.  311. 
£crgenrö  tt)er,  fiirdjengefdjitbte.  I.  4.  Stuft.  18 


274  $ie  großen  Verfolgungen  unb  ber  Sieg  be£  ©priftcntumg. 

erlitt  9lfta  ben  ^euertob  h  -Kur  ©allien,  Spanien,  Britannien  blieben  unter 
$onfiantiu§  ©ploru»  üerfcpont  ober  fapen  pöcpften§  bie  gerftßrung  einiger 
alten  Betpäufer. 

SDiofletian  banfte  am  1.  9Jtai  305  ab,  unb  aud)  Biapimian  folgte 
feinem  Betfpiel.  Bon  be-n  beiben  ©äfaren,  bie  je|t  Bugufti  mürben,  blieb 
$onftantiu§  ©p!oru§  auf  fein  bisheriges  ©ebiet  befcpränft,  mäprenb  ©aleriuS 
alle  übrigen  Sänber  erhielt ;  biefer  beftetlte  al§  ©äfaren  feinen  ©ünftling  ©e= 
beru§  (für  Italien  unb  Bfrifa)  unb  feinen  Beffen  9Jlapiminu§  (für 
Elften) ,  mobei  Btap entiu§ ,  ber  ©opn  beS  Btapimianu»  |)erfuliu§,  unb 
^onftantin,  ©opn  be»  $onfiantiu§,  gauj  übergangen  mürben.  Bber  fd)on 
306  mürben  Btapentiug  in  Born  unb  ^onftantin,  beffen  Bater  geftorben  mar, 
in  Britannien  jutn  Inifer  au§gerufen.  Septeren  erfannte  ©ateriuS  nur  al» 
©äfar  an,  gegen  erfteren  fanbte  er  ben  ©eberu§,  ber  aber  bon  feinem  Ipeere 
berlaffen  unb  ermorbet  mürbe  (307).  Sn  Italien  teilte  Btapentiu§  bie  §err= 
fdjaft  mit  feinem  mieber  in  ba§  öffentliche  Seben  jurüdgetretenen  Bater,  mit 
bem  er  fiep  aber  halb  entjmeite.  ©aleriuS  napm  407  ben  Sicht  iu§  jum 
Btittaifer  an  unb  beauftragte  ipn  mit  bem  Kriege  gegen  B?apentiu§.  3m 
Orient  fepte  © a I e t i u S  bie  ©priftentierfolgung  nod)  heftig  fort;  fein  ©äfar 
BlaptmtnuS  metteiferte  mit  ipm.  ©§  ftarben  ben  BZartertob  bie  Bifcpöfe 
Petrus  non  Blepanbrien,  fppilea»  bon  Stpmui§,  brei  anbere  ägpptifepe  Bifd)öfe, 
§»efhd)iuS ,  fßacppmiu§,  Stpeobor,  bie  ^ßriefter  ^ßeteuS  unb  Bilu§,  bie  ipriefter 
fßamppilug  bon  ©äfarea ,  Sudan  bon  Bntiocpien,  3enobiu§  bon  ©ibon,  ©tl= 
banu§,  Bifcpof  bon  ©mefa,  ber  mit  anbern  ©priften  milben  Stieren  bor= 
gemorfen  mürbe,  Stprannio,  Biftpof  bon  Stpru§,  ©ilüanu§,  Biftpof  bon  ©aja, 
ber  mit  39  anbern  palüftinifcpen  ©priften  enthauptet  marb,  bie  Jungfrauen 
Barbara  ju  £)eliopo!i§  in  sppönigien  unb  ^atparina  in  Blepanbrien,  Btar- 
garetpa  in  pfibien,  bie  Bifd)öfe  Btetpobiu§  bon  Stpru§  unb  BlafiuS  bon 
©ebafte  in  Armenien,  ©egen  ben  cpriftlid)  gemorbetiett  $önig  beS  letzteren 
Sanbe§,  Stiribate§,  begann  BtapiminuS  Oaja  ben  $rieg  (311);  alles  ©prift= 
litpe  mollte  er  auSrotten,  unb  fcpott  früper  (308)  patte  er  alle  ©pmaren  auf 
ben  Btärtten  mit  Opfermein  ober  Opfermaffer  gu  befprengen  befoplen,  um 
fie  für  bie  ©priften  ungeniepbar  ju  macpen.  3n  Italien  unb  5tfrifa  liep  bie 
Berfolgung  unter  ©eüeru§  natp;  Blapentiu§,  erft  ben  ©priften  geneigt,  bann 
feinbfelig,  perrfcpte  als  moKüftiger  Stprann  unb  lieft  in  Born  tneprere  ©ena= 
toren  pinrttpten.  Sn  Bfrifa  befcpränften  fiep  bie  Bepörbert  meiften§  auf  bie 
Böegnapme  dfriftlicper  Biidfer  unb  liepen  e§  fogar  gern  gefdfepett,  tuenn  ipnen 
nur  päretifepe  ©epriften  in  bie  £)änbe  gefpielt  mürben;  manepen  ©priften  30g 
ipr  Übereifer  ben  Stob  ju. 

©rft  eine  fcpeuplicpe  ^ranfpeit,  bie  f^olge  feiner  Bu»fd)meifungen ,  brad) 
im  Sapre  311  ben  parten  ©inn  beS  ©aleriuS  unb  jroang  ipm  ein  SDulbung§= 
ebift  ab.  ©eine  politifepen  glätte  maren  bureptreujt,  nuplo§  ba§  biele  Blut= 

1  3ß.  Söattenbadp,  Über  bie  fiegenbe  bon  ben  pl.  Bier  ©elrönten  (SipungSberiept 
ber  Berlin.  9llab.  1896,  6.  1281  ff.).  Über  bie  pl.  21  f  r  a  Dgl.  .hauet,  itirepengefepiepte 
SeutfcpIanbS  I  (2.  9tufl.) ,  93.  —  Über  bie  pl.  Urfula  unb  ipre  ©efäprtinnen  ügl. 
(Stein,  ®ie  pl.  Urfula  uttb  ipre  ©efellfepaft.  $öln  1879.  91.  fDliiller,  ®a8  9Jlarter= 
tunt  ber  tpebaifepen  Jungfrauen  in  ßöln.  Köln  1896. 


1.  Sie  fhftematifdje  SBefämpfung  ber  ßirdje  burd)  ben  h<üönifd)=römifd)en  Staat.  275 


Dergiefjen;  in  ben  Dualen  feiner  $ranff)eit  glaubte  ber  ©prann  bie  Vad)e 
be3  ©f)riftcngotte§  ju  empfinben.  ©alfer  [teilte  er  bie  Verfolgung  ein  unb 
erflärte  in  einem  ©bift,  es  [ei  Vbfid)t  ber  ß'aifer  gcioefen,  bie  Triften  rnicbet 
jur  Religion  ©rer  Väter  äuriidjufülfren ,  bereit  2Ripad)tung  [ie  ju  eigenen 
mitlfürli©en  ©efe|en  unb  ju  berf©iebenen  ©eftert  geführt  Ratten;  ba  aber 
bod)  bie  nteiften  (Sfjriften  bei  ©rer  ©efinnung  geblieben  [eien,  ben  ©öttern  bie 
[©ulbige  Verehrung  berroeigert  Ratten  unb  nun  aud)  ©ren  ©ott  nid)t  ber= 
eljreit  tonnten,  [0  foüe  bie  gewohnte  ©nabe  ber  $ai[er  aud)  auf  [ie  au§= 
gebeljnt  tuerben;  [ie  füllten  rnieber  ©Triften  [ein  unb  ©re  Verfammlungen 
galten  bürfen,  nur  füllten  [ie  nid)t§  ©taatsgefäl)rlid)e§  unternehmen  unb  für 
ba§  2Bol)l  ber  Inifer  unb  bes  Veid)e§  ju  ihrem  ©ott  beten.  Valb  na©betn  er 
bas  ©bift  erlaffen  hatte,  [tarb  ©ateriuä.  ©ifrig  [teilten  nun  bie  ©hriften  ihren 
©otteSbienft  mieber  h«-  2Jtajiminu§,  ber  bem  Sicinius  bie  £)errf©aft  im 
europäifdfen  Anteil  überlieh  unb  fi©  ben  afiatifdjcn  Dorbehielt,  [udjte  ba§  aud) 
oon  ß'onftantin  unb  Siciniu§  angenommene  ©bift  be§  ©aleriu§  in  [einem 
©ebiete  ju  unterbrüden;  e§  tarn  aber  bod)  meiften§  junt  Völlig  burd)  bie 
Don  bem  fßräfeftu§  5prätorio  ©abinu§  Don  bem  Inhalt  beleihen  Derftänbigten 
(Statthalter ,  bie  nun  bie  ©efängtiiffe  ber  ©hriften  öffneten  unb  ihre  fir©ü©en 
gufammenfiinfte  geftattetcn.  fjjiajiminuS  [elbft  marb  nad)I)er  (314)  Don 
2iciniu§  befiegt  unb  [tarb  auf  ber  flucht  eine§  qualoollen  ©obeS.  Vud)  er 
)nar  einer  ber  miitenbften  ©hriftenoerfolger  unb  tarn  irtsbefonbere  noch  nad) 
bem  ©obe  be§  ©aleriu§  ben  ©tabtobrigfeiten  entgegen,  bie  fid)  bie  ©nabe 
ausbaten,  feine  geinbe  ber  Daterliinbifdjcn  ©ötter  110©  beren  $ultu§  in  ihren 
9Jiauern  bulben  311  müffen,  tooburd)  bie  heibni[d)en  Vtagiftrate  in  Dielen 
afiati[©en  ©täbtett  freie  §anb  gegen  bie  ©hriften  erhielten,  ©ie  letzten  9Mr= 
©rer  biefer  [dpneren  Verfolgung  tuarett  bie  Opfer  be§  £)affe§  be§  ^ai[er§, 
ber  ©tatthalter  unb  ber  9Jtuni3ipalbel)örbcn  1. 

©ie  $aifer  ®onftantin  unb  SiciniuS  erliegen  im  grülpht  312  ein 
nod)  be[©ränfte§  allgemeine^  ©oleransebift2.  ©egen  9JJajentiu§ ,  ber  ihn 
perfönlid)  beleibigt  unb  in  Vom  fid)  äufjcrft  Derffapt  gemadjt  hatte,  30g  $on= 
[tantin  nad)  Italien;  er  erlangte  über  il)n  am  28.  Ottober  312  ben  ©ieg 
bei  bem  Ißons  9Vilbiu3,  ber  Vritde  be§  ©iber,  in  beffen  fluten  VtajentiuS 
umfant,  unb  30g  triumphierenb  in  Vom  ein.  Vad)  [einer  eibli©ett  Ver[i©eruttg 
hatte  er  Dorffer  eine  munberbare  ©rfdjeinung:  er  fal)  ein  $«113  al§  £i©tbilb 
über  ber  ©ottne  mit  ber  ©d)rift:  „©ariti  fiege" ,  unb  in  ber  Vad)t  barauf 
©hriftutn,  ber  ©m  befahl,  na©  bem  I)immli[d)en  Vtufter  eine  gal)ne  (Sabarum) 


1  5Dtit  ginredjnung  be§  SJtasiminug  tonnen  jehn  Sfabre  ber  Verfolgung  gejä^It 
»erben,  303—313,  ober  298—308,  toie  bei  Sulpic.  Sever.,  Ckron.  II,  32 :  acerbissima  .  .  . 
persecutio ,  quae  per  decem  continuos  annos  plebem  Dei  depopulata  est ,  qua  tem- 
pestate  omnis  fere  sacro  martyrum  cruore  orbis  infectus  est ;  quippe  certatim  gloriosa 
in  certaraina  ruebatur,  multoque  avidius  tum  martyria  gloriosis  mortibus  quaere- 
bantur,  quam  nunc  episcopatus  pravis  ambitionibus  appetuntur. 

2  Von  bem  gbift  Don  312  rebet  @ufebiu§  nicht,  bie  Vefdfräntungen  finb  auö  bem 
fpäteren  oon  313  ( Euseb Hist.  eccl.  X,  5.  Lactant.,  De  mort.  persecut.  c.  48)  31t 
entnehmen.  Semnad)  fdfjeint  ber  Übertritt  auö  bem  £>eibentum  in  bie  fiirdje  nod)  unter» 
fagt  unb  ba§  tonfiögierte  $ird)cngut  übergangen  morben  3U  fein. 

18* 


276 


®ie  grofjen  Verfolgungen  unb  ber  «Sieg  be§  (S^riftentumS. 


feinem  £)eere  bortragen  ju  laffen 1.  Vertrauenb  auf  ben  ©ott  ber  ©Ijrtften 
hatte  er  ben  ©ieg  errungen,  ben  fein  Sriumbflbogen  unb  bie  Snfdjrift  öer= 
^errlidjen  füllte :  „SDurd)  biefeS  fieilbringenbe  geicben,  baS  ©innbilb  magrer 
©tärle,  ^abe  ich  eure  ©tabt  botn  3od)e  beS  5£t)rannen  befreit."  ßonftantin, 
nun  allein  $aifer  im  Abenblanbe,  tarn  Anfang  beS  ^alfreS  313  mit  feinem 
ÜRitlaifer  SiciniuS  in  Vtailanb  gufammen;  tfier  bermählte  er  biefem  feine 
©djmefter  $onftantia  unb  erlief  mit  il)m  gemeinfam  ein  ©bilt,  baS  ben 
©ffriften  unb  allen  übrigen  ÜMigionSfearteien  bolle  ^Religionsfreiheit  fomie 
aud)  bie  gurüdgabe  feer  eingejogenen  ©iiter  an  ihre  Kirche  gemährte.  ®amit 
hatte  baS  berfolgte  ©hriftentum  mit  feinen  h°hert  geiftigett  Kräften  ben  feften 
unb  gefieberten  Veftanb  in  bem  ihm  fahrhunbertelang  fo  feinblichen  Vömer- 
reiche  errungen. 

Sie  3at)I  ber  älteren  (Sfjrtfienberfolgmigen  totrb  gemöbnlib  auf  gehn  angegeben; 
allein  biefe  3«hl  tourbe  fonftruiert  nah  2InaIogie  ber  jefen  ißlagen  2Xgt)fJtert§  (2  SDtof. 
ßaf).  7  ff-)  unb  ber  gefen  Körner  be§  afeofalbbtifchen  Siereg  (Offb.  17,  1—14),  worunter 
j$efen  gegen  ba§  ßamm  tamfefenbe,  aber  Don  biefem  befiegte  §errfd)er  Derftanben  tourben. 
3n  ber  Slufgäfelung  toeidjen  2Iuguftin  unb  ©ulfeictuS  ©eDeruS  Doneinanber  ab.  ©rfterer  täfelt 
folgenbe  jeljn  Verfolgungen:  1)  bie  be§  Vero,  2)  unter  Somitian,  3)  unter  SErajan, 
(4.  unter  £>abriatt  bei  ©ulfuciug),  4)  unter  SDlar!  Slurel  (bei  ©ulfeiciu§  5.),  5)  unter 
©efetimiuS  ©eDeru§  (©ulfnciuS  6.),  6)  unter  Vtajiminug  ®feraj  (fehlt  bei  ©ulfeiciug), 
7)  unter  ®eciu§  (hier  ftimmen  beibe  überein),  8)  unter  Valerian,  9)  unter  Aurelian 
(fehlt  bei  ©ulfnciuS),  10)  unter  Sioüetian.  ßaftantiuS  jählt  nur  fedjS  (größere)  Ver= 
folgungen  2. 

2.  $te  Ausbreitung  ber  ®trd)c  nnt  Anfang  beS  4.  SaljrljunbertS. 

ß  i  1 1  e  r  a  t  u  r.  —  £>aufetmerf e  über  bie  einzelnen  ßänber :  Ughelli,  Italia  sacra.  Ed.  2. 
Yenet.  1717  sqq.  F.  Savio,  Gli  antichi  vescovi  d’  Italia  dalle  origini  al  1300  descritti 
per  regioni.  I.  II  Piemonte.  Torino  1898.  Duchesne,  Fastes  episcopaux  de  l'ancienne 
Gaule.  Vol.  I  Paris  1894,  vol.  II  1900  (vol.  III  ftefjt  noch  au§).  3r.  £aucf,  $irchen= 
gefc£)id£)te  S)eutfd;lanbä.  Vb.  I.  2.  Sluft.  ßeifeäig  1898.  ©ant3,  ßirdjengefdjidjte  ©feanieng. 
Vb.  I.  Vegensburg  1862.  J.  H.  CooJce,  Tlie  early  churches  of  Great  Britain  prior 
to  the  coming  of  Augustin.  London  1897.  C.  Murray,  Christianity  in  England  be- 
fore  Augustine.  1900.  Morcelli,  Africa  christiana.  3  voll.  Brixiae  1816  s.  Le  Quien, 
Oriens  christianus.  3  voll.  Paris  1740. 

SBahrljaft  großartig  mar  feie  Verbreitung  ber  Kirche  in  brei  Erbteilen 
unter  ben  berfdjiebenften  Vollem  mitten  unter  Verfolgungen  in  immer  fteigen= 
bem  SRaffe  bis  junt  Anfänge  beS  4.  3ahrhitnbertS.  Von  biefer  allgemeinen 
unb  munberbaren  Ausbreitung  legen  nicht  nur  bie  ^irefjenf cfjriftff etter  auSbrücl= 
lidjeS  3eugrtt§  ab,  fonbern  auch  beren  ©egner,  bie  Reiben;  mir  finben  fie 
meiter  beftätigt  in  ber  ©efd)id)te  ber  Verfolgungen  bon  ©eciuS  bis  auf  ©io= 


1  Über  bie  bem  ßonftantin  getoorbeue  ©rfdjeinung  Dgl.  Lactant.  1.  c.  c.  44.  Fusel., 
Hist.  eccl.  IX,  9;  Vita  Const.  I,  28.  29.  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  2.  Sozom.,  Hist, 
eccl.  I,  3. 

2  August.,  De  civ.  Dei  XVIII,  52.  Sulpic.  Sever.  1.  c.  II,  29 — 30.  ßetjterer 
fagt  (c.  33,  ed.  Halm  p.  87) :  Neque  ulterius  persecutionem  fore  credimus,  nisi  eam 
quam  sub  fine  saeculi  Antichristus  exercebit,  toogegen  fiel)  21  u  g  u  ft  i  n  u  §  (1.  c.  c.  51. 
52)  erhebt.  3G)n  Verfolgungen,  nur  ettoaä  berfchiebeit,  wählen  auch  bie  mittelalterlichen 
©hriftftetter,  3.  V.  ©ottfrieb  Don  Viterbo  in  feinem  Pantheon  1.  XX.  ( Migne ,  Patr.  lat. 
CXCVIII,  1012  sq.). 


2.  Sie  Stuäbreitung  ber  Hiripe  am  Einfang  beä  4.  SaprpunbertS.  277 

Hetian,  in  ber  bebeutenben  3Qf)I  bon  ®ircpenoorftepern  (SBif^öfen),  bie  totr  in 
ben  älteren  Urfunben  üon  2anb  ju  Sanb  berjeidjnet  ftnben,  opne  baff  ein  Potl= 
ftänbige§  löerjeicpniä  berfclPen  auf  un§  gefommen  märe 1. 

2Ba§  junädjft  bie  ^irdjen  Stalien§  betrifft,  fo  erfepeinen  biefelben  befonbers 
japlreid)  im  3entrum  uub  im  ©üben  ber  f)albinfel.  EBeniger  japlreidp  fd)einen  bie 
33ifd)of§fipe  in  ben  nörblicpen  ^Regionen  bi§  ©nbe  be§  3.  Saprpunbert§  getoefen  ju 
fein.  Um  251  fepen  mir  fedpjig  93if(f)öfe  in  Dtotn  bereinigt;  üturelian  muffte,  baff 
e§  mehrere  33ifd^öfe  Stalien§  gab.  ERit  tarnen  merben  314  bie  33ifd)öfe  bon  Elqui= 
leja,  ßapua,  ©prafu§  genannt,  ©)ie  Kirchen  bon  fReapel,  Senebent,  Palermo,  fßifa, 
93erona,  s$abua,  ERailanb,  Stabenna  u.  a.  reidjen  fidjer  in  eine  fepr  alte  3eit  pinauf. 
©rofj  mar  in  Stalien,  befonber§  in  fRorn,  bie  3apl  ber  ERärtprer.  ®ie  Unfein  ©ar= 
binien  unb  ßorfifa,  gu  einer  fßrobittg  bereinigt,  erhielten  bietteid^t  burd;  bapin  bepor= 
tierte  (griffen  ba§  Sicpt  be§  @bangelium§,  obfepon  bie  rope  33ebölferung  in  iprer 
EReprpeit  miberftrebte ;  im  4.  Sapüpunbert  mar  (Eagliari  33ifcpof§fijj 2. 

Sn  ©riecpenlanb  unb  auf  ben  grieepifepen  Snfeln  tjaben  mir  bereits  ©nbe 
be§  2.  Saprpunbert§  gaplreicpe  unb  blüpenbe  itirdjeu  gefunben.  Sn  ERafebonien 
beftanb  bie  ßirepe  bon  Sipeffalonicp  fort,  ebenfo  bie  bon  ißpilippi  unb  33eröa,  in 
Speffalien  Sariffa.  Sfilicp  bon  ERalebonien  lag  Üpralieu  mit  ben  33ifd)of§= 
fijjen  gu  ®ebeltu§,  ElncpiaiuS,  §eraflea ,  5ppÜippopoü§,  mogu  mopl  bor  (Snbe  be§ 
3.  Sapt'punbertS  auep  33pgang  fam  3. 

S)em  aufblüpenben  E3pgaitg  gegenüber  in  ßleinafien  lag  SSitppnien  mit  ber 
ipauptftabt  Etifomebien,  bie  ipren  33ifd)of  5lntpimu§  303  burep  ben  ERartertob  berlor; 
auep  (ipalcebon,  Eiicäa,  ßäfarca,  $rufa,  9lpoEonia§  Ratten  motjl  früp  ipre  bifd)öf= 
lüpen  ßtapen;  fdfien  botp  ftpon  unter  Strajan  bie  3apl  ber  ©Triften  ben  tpeiben 
beforgni§erregenb.  Sn  bem  raupen  unb  ftäbtearmen  Eßapplagonien  mar  ©angra 
bie  £muptfircpe ,  mie  in  bem  füblicper  gelegenen  ©alatien  Elncpra.  Sn  I?appa= 
bocien  blüpte  bie  $ird)e  bon  Säfarea  (ERagaca),  ber  um  233  33ifcpof  girmilian 
borftanb.  3n  Stmafea  im  fßontu§  (§eIenopontu§)  mar  um  240  3ßpäbimu§  53ifdpof, 
ber  ben  ©djüler  be§  Origeneä,  ©regor  (i£paumaturgu§),  al§  SBifdpof  in  Eteu=Säfarea 
einfepte.  ®iefer  pintcrlieff  bei  feinem  SLobe  (bor  270)  niept  nur  bie  früper  über» 
roiegenb  peibniftpe  ©tabt  al§  eine  djriftlicpe  (bei  feiner  Elnfunft  fanb  er  bort  fiebgepn 
Gpriften  unb  bei  feinem  5Lobe  gäplte  man  nur  noip  fo  Diele  Reiben),  fonbern  mirfte 
auep  in  ber  Umgebung  für  bie  ÜJBeiterberbreitung  be§  ©Iauben§;  für  ßornana  fepte 
er  einen  Söifdpof  Ellejanber  ein.  ülud)  3lmaftri§,  ©inope  fomie  ©ebafte,  Stpaua  unb 

1  Sie  toeite  Slerbreitung  beä  ©bangeliumä  unter  allen  ERenicpentlaffen  unb  33öl= 
lern,  in  Stabten ,  auf  bem  Sanbe,  in  ißaläften  unb  Jütten  fcpilbern  befonberS  Iren., 
Adv.  haer.  I,  10,  1.  Tertull.,  Apol.  c.  1.  37;  Adv.  lad.  c.  7.  Orig.,  De  priucip. 

IV,  1;  C.  Cels.  EI,  9.  24.  Lactant.,  De  mort.  persec.  c.  2;  Instit.  div.  IV,  26;  V,  12. 
Arnob.,  C.  gent.  E,  7.  Hier.,  Ep.  35  ad  Eeliod.;  Ep.  57  ad  Laet.  Theodorct., 
Graecar.  affectionum  curatio  1.  9  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXXIII,  1037).  Sanbgemeinben 
ertoäpnt  Orig.,  C.  Cels.  III,  9. 

2  Sluper  Ughelli  unb  Savio  (f.  oben)  bgt.  Selvaggio,  Antiq.  1.  1,  c.  5 — 7  (I,  86  sq., 
ed.  Mogunt.  1787).  Lami,  Delic.  erudit.  vol.  VEI,  Praef.  p.  25  sq.;  vol.  XI,  Praef. 
Über  bie  Spnobe  bon  251  Dgl.  Euseb.,  Bist.  eccl.  VI,  43.  Cypr.,  Ep.  52;  bon  314 
Easeb.  1.  c.  X,  5;  über  2lurelian  ibid.  VII,  30.  SRapr,  3ur  ©efepiepte  ber  älteren 
ßirepe  bon  Sltalta  (^)iftor.  Saprb.  1896,  S.  475  ff.). 

3  Orig.,  In  Rom.  16,  23  {Migne,  Patr.  gr.  XIV,  1289).  Euseb.,  Eist.  eccl. 

V,  19.  Le  Quien,  Oriens  christ.  II,  3  sq. ;  I,  1091  sq.  Sie  beglaubigten  ßataloge 
bon  äSpjanj  beginnen  mit  ERetroppaneS  unter  fionftantin  I.  Slgl.  §ergenrötper, 
ijlpotiuö  I,  5—7.  Duchesne,  Les  anciens  evbchbs  de  la  Grece  (Melanges  d’archeol. 
et  d’hist.  1895,  p.  375  ss.). 


278  ®ie  grojjen  Verfolgungen  imb  ber  ©ieg  be§  ßf)riftentum§. 

fÜMitene  waren  Sifd)ofSfi|e.  Oie  nteift  erfi  üon  ben  Sömern  gegrünbeten  ©täbte  in 
betn  fpäteren  fiontifdjen  ©jarchate  waren  aud)  am  bidjteften  mit  ©hriften  beüölfert  *. 
Sn  ber  üon  ber  Satur  unb  $rtnfi  reidf  gefegneten  röntifdjen  ^robinj  Sfia  war 
ßpfjefu^  „baS  ?htge  SfienS",  eine  ÜRittterfirdje  ber  ©hrifienheit.  Söeitere  berühmte 
$ird)en  waren  bie  üon  ©mprna,  ißergamuS,  ©arbeS,  Ohhatira,  OrafleS,  üRagnefia, 
ißhilabelßfiia ,  $t)3tfuS;  in  fßhrtjgien  bie  üon  £)iera|wIiS ,  Saobicea,  ©pnnaba, 
©umenia,  in  ipamp^Iien  ©ibe,  in  Stjfaonien  Sfottium  unb  Saranba,  in 
Sofien  üßatara,  OthmßuS,  9Rt)ra.  §ier  t)errfd)te  ein  regeS  firdjlid^eS  Seben  wie 
blüfjenber  §anbel;  ein  neuer  Suffd)Wung,  Wenn  aud)  nid)t  üon  aUgu  tanger  Oauer, 
War  im  Bürgerlichen  Seben  eingetreten;  gried)ifd)e  ©itte  unb  ©pradfe  hatte  bie  früheren 
©f)rad)en  unb  ©ebräudfe  öerbrängt.  Sn  ßilifien  war  bie  alte  ©tabt  5£arfuS  eine 
ÜRetrofioIe ;  aud)  SflaüiofwIiS  hatte  einen  tBifdfof.  Sn  Sfaurien  war  ©eteufien 
eine  bebeutenbe  $ird)e,  auf  ber  Snfet  ©tjßern  ©alamiS1 2. 

©  h  r  i  e  n  hatte  feine  fpaufitfirdfe  in  Sntiodfien,  ber  erften  ©tabt  beS  „Orients" ; 
bi§  318  ftanben  äWanjig  33ifd)öfe  biefer  berühmten  3?ird)e  üor.  Sufferbem  blühten 
bie  ©emeinben  üon  Seröa,  ©eteufia,  Sfiantea,  ©amofata,  ©t)ruS.  3u  ©beffa  in 
OSrlfoene  warb  fdjon  228  eine  .prädftige  d)riftlid)e  l?ird)e  erbaut,  nad)bem  202  eine 
anbere  bort  jerftört  worben  War.  Sn  SCRefopotamien  beftanben  bie  ßirdfen  üon 
Sntiba,  $aSfar  unb  DRifibiS.  Sei  ben  ©halbäern  war  bie  ®ird)e  üon  ©eteufia  am 
Tigris  bie  ÜRetrofwle  für  baS  f)artt)ifd)=|)erfi}d)e  Seid)  (©eteufia=$tefif)t)on).  Um  251 
fdfrieb  OionhfiuS  üon  Stejanbrien  an  bie  ©hriften  im  rihnifchen  Armenien  über  bie 
Sufje.  Oie  rönxifche  ißroüinj  Arabien  hatte  im  3.  Sai)r^unbert  ein  SiStum  in 
Softra;  eS  fanben  bafetbft  fd)on  bamatS  bifdföflidje  Serfammtungen  ftatt.  ©in  Se= 
fet)tSt)aber  (fei  eS  ein  ©mir  ober  ein  Statthalter  im  römifdjen  Oeite  beS  SanbeS) 
wünfdjte  üon  bem  gelehrten  OrigeneS  Unterweifung  in  ber  djriftlidjen  Seligion3. 

iß  1)  ö  n  i  f  i  e  n  hatte  eine  blüfjenbe  $ird)e  in  OtjruS,  bann  in  ©ibon,  ißtolentais, 
SertjtuS,  StjbtoS,  OripoliS.  Sn  ißaläftina  hatte  Semfatem  unter  f)eibend)rifttid)en 
Sifdföfen  feit  fmbrian  geringere  Sebeutung;  befto  mef)r  erhob  fid)  bie  $ird)e  üon 
©äfarea  ©tratoniS  atS  eigentliche  Sietropote,  im  3.  Safwhunbert  aud)  burdj  eine  gelehrte 
©djute  unb  üiete  tiidftige  Sifd)öfe  berühmt.  Such  in  ©aja  war  eine  bifdföflidje  ßirche4. 

S  g  h  p  t  e  tt  hatte  feinen  religiöfen  SRittetßunft  in  Slejanbrien,  üon  wo  auS  baS 
©hriftentum  attmähtid)  fid)  weiter  üerbreitete.  Sw  3.  Satwhnnbert  finben  wir  bereits 
SifchofSfitje  in  ißetufium,  SthwuiS,  Srfinoe,  fRifopoliS,  gu  ShfoßoliS  unb  §>ermoßoIiS 
in  ber  $hetwi§,  ju  Serenice  im  pentaßotitanifchen  Sibrjen  erwähnt,  bie  aber  feineS= 
wegS  bie  einzigen  gewefen  fein  tonnen,  wie  fdjon  bie  grofje  Sn^afd  berjenigen  jeigt, 
bie  unS  im  4.  Safwhunbert  entgegentreten.  ©taubenSeifrige  Ipirten  gab  eS  in  großer 
Snjaht,  unb  bie  l?ated)etenfd)ule  wirtte  mit  beftem  ©rfotg.  Such  SßtoIemaiS  unb 
©t)rene,  bebeutenbe  ©täbte,  hatten  eine  3af)treid)e  d)rifttid)e  Seüötferung  5. 

1  Euseb.,  Hist.  eccl.  IY,  23;  VI,  30;  VII,  14.  Greg.  Nyss.,  Vita  S.  Greg. 
Thaumat.  c.  7  sq.  ( Gallandi ,  Biblioth.  III,  439  sq.).  Le  Quien  1.  c.  I,  368  sq. 

2  (Sinäelnes  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  36;  IV,  26;  V,  24;  VI,  19;  VII,  28. 
Le  Quien  1.  c.  p.  663  sq. 

3  Le  Quien  1.  c.  II,  669  sq. :  Patr.  Antioch.  Über  bie  ßirdje  üon  ®t)ruS  ügl. 

Euseb.  1.  c.  V,  25;  X,  4;  ißtoIemaiS  ibid.  V,  25;  ©beffa  Chronicon  Edessen.  bei 

Assemani,  Biblioth.  Orient.  I,  391.  Bardesanes  bet  Euseb.,  Praepar.  evang.  VI,  10 

{Migne,  Patr.  gr.  XXI,  477).  Dionys.  Cor.  bei  Euseb.  1.  c.  VI,  46.  Über  DrigcneS 
in  Srabten  unb  ba§  ViStum  Voftra  ügl.  Euseb.  1.  c.  VI,  19.  33. 

4  Le  Quien  1.  c.  n,  801  sq. ;  III :  Patr.  Hieros. 

5  Le  Quien  1.  c.  H,  329  sq.:  Patr.  Alex.  Vgl.  Euseb.  1.  c.  VI,  40.  42.  46; 
VH,  10.  11.  26;  VIII,  13.  Um  369  erwähnt  SthanafiuS  (Ep.  ad  Afros  n.  10  [Migne, 
Patr.  gr.  XXVI,  1043])  neunzig  ägtjgtifc&e  Vifdjöfe. 


2.  Sie  Sluäbreitung  bcr  ßircpc  ant  2ttifang  beS  4.  Sabt'bunbert§.  279 

Sn  bern  profonfularifdjen  51  f  r  i  f  a  mit  Buntibieit  itnb  Mauretanien  tjatte  ftd; 
baS  ©bnftcutum  rafd)  im  Snnern  beS  SanbeS  bis  ju  bett  feurigen  unb  tobberadptenben 
©etulern  unb  Mauren,  bie  fübtid)  ber  römifdjen  ©rettje  ihre  SBoijnfi^e  bitten,  ber= 
breitet.  Um  202  tonnte  Oertuttian  bereits  non  einer  übermiegenben  Btgabl  bon 
(Stjriften  in  ben  afrifanifdjen  ©tabten  reben,  unb  im  Sabre  256  fetjen  mir  einmal 
einunbfiebjig ,  bann  fiebenunbadjtäig  ^8ifd;öfe  ju  Karthago  berfammett,  bie  teils  in 
größeren  ©täbtcn  teils  aud)  in  Heineren  gtecfen  ihre  ©iße  Ratten,  ©d)on  früher 
maren  jtt  Sambefa  in  Bumibien  neunjig  Bifdjöfe  jufammeugetommen  '. 

Über  Spanien,  bon  ben  Bömern  in  brei  ^robinjen  geteilt  (SarraconenfiS, 
SSätica,  Sufitania)  unb  mit  jabtreidjen  Kolonien  berfet)en,  buben  mir  berbältniSmäßig 
mertig  ^adjricfjten.  Oie  ©täbte,  bie  am  tneifien  römifd)eS  2®efcn  an  fidj  trugen, 
maren  auch  b^r  frühzeitig  BifdjofSfiße,  mte  Scon  (Segio),  ©aragoffa  ((Säfarattgufta), 
Meriba  (©merita  Bugufta),  Oarracona;  neunzehn  fpanifdfe  23ifd)öfe  finben  mir  305 
ober  306  auf  ber  ©pnobe  bon  ©tbira,  metdje  aus  Bntafj  ber  bioHetianifcpen  Ber= 
folgung  gehalten  marb,  in  ber  ©panien  biete  gtorreidje  Märtprer,  aber  aud)  ©e= 
fatlene  zählte1 2. 

Sn  © a II i e tt  breitete  fid)  im  Saufe  beS  3.  SabrbunbertS  baS  ©briftentum  rneitcr 
ltad)  korben  unb  SSeften  auS,  nacbbem  bereits  im  2.  Sabi'bnnbert  Spott,  bie  §aupt= 
ftabt  ber  Gallia  Lugdunensis,  ©iß  einer  btupenben  ©emeinbe  gemorbeu  mar.  Bad) 
einer  bon  ©regor  bon  StourS  berichteten  Überlieferung  fod  um  bie  Mitte  beS  3.  Subr= 
IjunbertS  Sßapft  Fabian  53ifd)öfe  für  pSariS  (OiottpS),  Ooutoufe  (©aturnin),  Barbontte, 
©Icrntont,  OourS,  SimogeS  unb  BrteS  gemeibt  buben;  bodj  flößt  bie  Bad)rid)t  auf 
piftorifdje  ©cbmierigfeiten.  ©ittcn  53ifd;of  bon  BrteS  ermähnt  ©pprian.  3n  BrteS 
maren  314  biete  gattifcpe  Bifdjöfe  berfammett,  barunter  bie  bon  BrteS,  Spon,  Butun, 
BbeimS,  Botten,  Borbcauj,  5tpt,  Marfeiße,  Orange.  Bttbere  gattifcpe  ©täbte,  rnelcbe 
im  Anfänge  beS  4.  SabrbunbertS  eigene  ©firiftengeinetnben  butten,  finb  :  Syrier  (Bifd)of 
BgroccittS  314),  ©enS,  SBienne,  BourgeS3. 

Bud)  in  bent  fernen  Britannien  fafjte  baS  ©briftentum  fd)on  in  ber  bor= 
fonftantinifd)en  Seit  feften  gufj.  Sn  ber  bioftetianifdpen  Berfotgung  mürben  ©t.  Btban 
unb  anbere  ©briftett  getötet.  Su  5lrtcS  fanben  fid)  im  Subre  314  Bifcpöfe  bon  s£)orf, 
Sonbon  unb  Sincotn  ein  4. 

Oie  Btpentänber  bis  an  bie  Oonau  butten  OrufuS  unb  OiberiuS  unter 
bem  Barnen  Bpätia,  Borifuitt  unb  Bunnonien  sunt  römifdpen  Beid)c  gcbradjt;  bie 
Sänber  am  mefttid)en  Bt)einufer  maren  itt  oberes  unb  niebcreS  ©ermattien  geteilt. 
Überall  beftanben  halb  römifd)e  Kolonien ;  eS  erhoben  fiep  btüpenbe  ©täbte  toie  Mainz, 
Köln,  in  ben  Oonau  länbern  BugSburg,  in  ber  ttörblid;eix  ©djroeiz  SBittbifd) 


1  MorcelU,  Africa  christiana.  Brix.  1816.  Munter,  Primordia  ecclesiae  Afri- 
canae.  Hafniae  1829.  De  Rosst,  De  christ.  titulis  Carthag. ,  bei  Pitra ,  Spicil. 
Solesm.  IV.  1858.  Cypr.,  Ep.  55  ad  Cornel. 

2  Cypr.,  Ep.  67.  Conc.  EUber.  bei  giefete,  ©oncitiengefd).  I  (2.  Stuft.),  148  ff.  Sie 
in  ber  fpanifepen  ßiturgie  berichtete  Sage,  baß  ißetruS  unb  BautuS  ben  SorquatuS  unb 
fechö  anbere  ©taubensboten  nad)  ©panien  fanbten,  mirb  mit  9lec§t  be^meifett;  bie  Sage, 
ber  Bpoftet  Safobuü  Major  habe  hier  geprebigt  (bgt.  Acta  SS.  Boll.  1. 1.  April.,  Diatr.; 
t.  VI.  Iul.  Append.)  ift  erft  itn  Mittetatter  entftanben;  nach  ber  ßegenbe  fott  ber 
ßeidjnam  beä  BpoftclS  nach  ©ompoftetta  getommen  fein  ( Notker  Balbul.,  Martyrolog. 
ad  d.  25.  Iul.). 

3  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  1  sq.  Greg.  Turon.,  Hist.  Franc.  I,  28.  Tertull.,  Adv. 
lud.  c.  1.  Cypr.,  Ep.  68  über  Marcian  öon  BrteS.  Conc.  Arel.  bei  Routh ,  Rel. 
sacr.  IV,  93 — 95. 

4  Tertull.,  Adv.  lud.  c.  7 :  Britannorum  inaccessa  Romanis  loca,  Christo  vero 
subdita.  Sögt.  Beda  Ven.,  Hist.  eccl.  gent.  Angl.  I,  4.  6.  7. 


280 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  ©ieg  be§  Gfjriftentutnä. 


(Slargau).  Um  313  unb  314  finben  mir  ben  Vifdjof  Viaternu§  non  ßöln;  bie 
IHrdfen  bon  Viain^,  Tongern,  ©trafjburg  ftnb  fieser  fe^r  alt,  t)ieUeicf)t  üor= 
fonftantinifdjen  Urf|mtiig§.  3u  ^ßetaöio  au  ber  $rau  in  Pannonien  (Vettau  in 
©teiermarf)  erlitt  303  Vifdjof  Viftorinu§  ben  Vlartertob.  ©irmium  am  linfen  Ufer 
ber  ©rau  mar  balb,  mie  ein  bebeutenber  Söaffemplat},  fo  aud)  eine  berühmte  (firiftlirfje 
$ird)e.  Von  l)ier  au§  beftanb  eine  meljrfadje  Verbinbung  mit  bem  römifdjen  unb 
griedjifdjen  SHtjrien ,  mit  ben  ©täbten  öon  Viafebonien  unb  §ella§.  3m  4.  3af)r= 
tjunbert  tritt  ©irmium,  befjen  elfter  Vifdjof  5lnbronifu§  (SRöm.  16,  7)  gemefen  fein  foü, 
at§  ein  bebeutenbe§  ViStum  tjerbor.  ©cifi§cia  (©iffed)  rühmte  fid)  be§  f)I.  Quirinu§ 
at§  VifdjofS.  2H§  ülpofiel  9lorilum§  marb  fütajimilian  berefjrt,  in  Sord^  ©t.  fytorian 
al§  Vtärtijrer '. 

3.  2)te  röutifdje  ßtrdjc  unb  bte  ßtrd)en  bet  afrtfattifdjen  fprobinjeu.  ; 

ber  Vufjftreit  unb  ba§  ©dji§nta  bc§  Vobatian;  ber  ßc^ertaufftrcit. 

Quellen.  —  Vriefe  be§  ©t)prian  unb  an  itjn  gerichtete  ©djreiben  (ed.  Hartei. 
Yol.  II.  Sa^u  91.  tparnad,  Sie  33 riefe  be§  röm.  ßteru§  au§  ber  3eO  ber  ©ebi§= 
üafanä  im  3atjre  250,  in  Stjeol.  Stbfjanbl. ,  ©.  0.  SSJeisfäcter  getoibmet,  ©.  1 — 36). 
Cypr. ,  De  lapsis.  Euseb. ,  Hist.  eccl.  V,  2 ;  VI ,  43 — 46 ;  VII ,  8.  9.  26.  30.  Sie 
©djrift  De  rebaptismate. 

Sitteratur.  —  SJlonograpIjien  über  ©tjprian  bon :  31  e 1 1 b e r g ,  ©Bttingen  1831 ; 
Meters,  3tegen§burg  1877;  Srecf)  trüb,  SDtünfter  1878;  fH  i  t  f  ch  I ,  ©Bttingen  1885; 
S3enfon,  ßonbon  1897.  §efelc,  ©onciliengefdjictite  I  (2.  2luff.) ,  111 — 133  (über 
bie  lapsi  unb  bie  ßetjertaufe).  Schwane,  Controversia  de  valore  baptism.  liaeret. 
Monast.  1860.  9Jlatte8,  Sie  Hetjertaufe  (Süb.  SLfjeoI.  Quartatfdjr.  1849.  1850). 
tp.  ©  r  i  f  a  r  unb  $.  ©  r  n  ft ,  Über  bie  grage  ber  ßefsertaufe  (3eitfd)r.  f.  tatfiol.  Sfjeot. 
1881,  ©.  193—221;  1893,  ©.  79—103;  1894,  6.  473—499;  1895,  ©.  234—272; 
1896,  ©.  364—367;  1900,  ©.  425—462).  ß.  Vtülter,  Sie  Vufjinfiitution  in  £ar= 
ttjago  unter  ©t)f>rian  (3eitfd)r.  f.  ßirdjengefd).  1895,  ©.  1—44.  187 — 219).  ©ruft, 
Sie  ße|ertaufangetegent)eit  in  ber  attdjriftt.  $ird)e  nad)  ©bPrian  (gorfdjungen  äur  diriftl. 
ßitteratur=  u.  Sogmengefd).  II,  4).  Vtainj  1901.  Sie  cf,  Ser  Liber  de  rebaptismate 
unb  bie  Saufe  (ßattjotif  XXI  [1900J ,  40  ff.),  fftombotb,  Über  ben  Verfaffer  ber 
©djrift  Ad  Novatianum  (Süb.  Stjeot.  Quartatfdjr.  1900,  ©.  546  ff.).  Sie  oben  ©.  194 
genannten  ©djriften  über  bie  römifde  ßirdje  bon  ©djrbbt,  §agetnann,  Sangen. 
Vgl.  auch  ©eefelber,  3«r  ©tjronotogie  ber  ipäfofte  ßornetiuS  unb  ßuciu§  (Süb.  Sbeol. 
Quartatfcbr.  1891,  ©.  68 — 94).  Monceaux ,  Chronologie  des  oeuvres  de  S.  Cyprien 
et  des  conciles  africains  de  son  temps  (Revue  de  pliilologie  XXXIV  [1900],  333  s.). 

1.  (§ine§  ber  erften  Opfer,  meldje§  bie  Oecifdje  Verfolgung  geforbert 
batte,  mar  ber  römifdje  Vifdjof  Fabian,  ber  im  Januar  250,  gleidj  nad) 
ber  ^ßubtibation  be§  @bifte§,  enthauptet  mürbe.  Oie  Vermirrung,  meldje  burdj 
bie  Verfolgung  angertdjtet  marb,  berljinberte  ben  römifd)en  0eru§,  einen  neuen 
Vifdjof  ju  mäljlen,  fo  bafj  mäljrenb  bierjeljn  Vionaten  ber  römifepe  ©tuljl  un= 
befept  blieb.  Oa§  )ßre§bt)tertum  ber  römifd)en  ^irdje  leitete  bie  ©emeinbe  unb 


1  Iren.,  Adv.  haer.  I,  18;  III,  4.  Tertull.  1.  c.  Arnob. ,  C.  gent.  I,  6.  7. 
Über  ViftorinuS  Ogt.  Hier.,  Ep.  49  ad  Paulin.;  De  vir.  ill.  c.  74.  Optat.,  De  schism. 
Donat.  I,  9.  Über  ©irmium  f.  ©.  Subit,  2Jtäf)ren§  allgemeine  ©efdjidjte  I  (33rünn 
1860),  187  ff.  Über  ©t.  Florian  ogt.  Acta  SS.  Boll.  Mai.  I,  461.  Über  böä  ©Triften* 
tum  in  ben  9tf)eintanben  f.  §auct,  ßircfjengefdjictite  Seutfdjtanbä  I  (2.  Stuft.),  3 — 86. 
tp.  33artot,  Sie  ätteften  ©puren  beg  ©t)riftentum§  in  ber  mittleren  3ll)ein=  unb 
unteren  ÜJlaingegenb.  grantfurt  a.  9JI.  1894.  30Ö.  Steinen,  Sie  ©infüprung  bes 

©briftentumS  in  ßötn  unb  Umgegenb.  2  Sie.  Äötn  1888—1889.  —  3für  bie  ©cbmeij: 
©gti,  $ircl)engefct)icf)te  ber  ©d)toei3  big  auf  ßart  b.  ©r.  3ürict)  1893. 


3.  Sie  römifdje  ßtrclje  unb  bie  ßtrden  ber  afrilanifc^en  Vrobinsert.  281 

Ijielt  fid)  mit  ben  übrigen  großen  &irden  in  Vesietjung.  Unter  ben  ^re§= 
bptern  ragte  befonberS  Vobatian  tferbor,  ein  ptfitofoplfifd  gebitbeter  fird^ 
lid)er  öetjrer,  ber  fid  bereits  burd)  feine  fd)riftftetlerifde  Slfätigfeit  einen  tarnen 
genmd)t  fjatte.  Sa§  V3erf  De  Trinitate,  eine  bebeuteube  ©drift,  ift  t)ödft 
matfrfdeinlid  bon  if)m  unb  bor  ber  Verfolgung  entftanben;  mätfrenb  biefer  fdrieb 
er  De  cibis  iudaicis.  SDiefe  beiben  ©driften  allein  finb  auf  un§  gefotninen; 
bie  sa^Ireid;en  anbern  bon  ^pierontjmuS  ermähnten  Vblfanbtungen  gingen  ber= 
loren.  Von  ben  Vriefen,  melde  ber  römifde  Uterus  mätjrenb  ber  ©ebiSbafanj 
fcf)rie6 ,  fjabett  mehrere  ifm  jum  Verfaffer 1.  ©eine  ©rtjebuug  jum  ^preSbpter 
ioar  auf  SBiberfprud  geflogen ,  maffrfdehtlid  nid)t  blop  barum,  meil  er  erft 
in  einer  ferneren  $ranff)eit  bie  Saufe  erhalten  ^atte ,  fonbern  aud)  nod)  auS 
anbern  ©riinben. 

Vn  ber  ©pit)e  ber  $ird)e  bon  5? ar t^ ago  ftanb  beim  VuSbrud)  ber 
Verfolgung  ber  I)t.  ©pprian,  eine  ber  ebetficn  ©eftalten  be§  djrifttiden 
Altertums,  ©don  berühmt  als  tüchtiger  Vf)etor,  mar  er  burd)  ben  fartlfagifdjen 
^3riefter  ©äcitiuS  (©äcitianuS)  jum  ©ffriftentum  belehrt  morben;  unb  mie 
ernft  er  fofort  ba§  ©treben  nach  c^rifttii^er  Vottfommenlfeit  ergriff,  gef)t  barauS 
t)erbor,  baff  er  fein  Vermögen  an  bie  Vrmen  berfdenfte.  Vatb  nad  bem 
©mpfangc  ber  Zeitigen  Saufe  mürbe  er  jum  ^ßriefter  gemeint  unb  turj  nad)t)er 
(©nbe  248  ober  Vnfang  249)  jum  Vifd)of  gemötjtt.  Sie  auSbredjenbe  Ver= 
folgung  unb  bie  großen  ©djmierigfeiten,  melde  biefetbe  im  ©efolge  I)atte, 
liefen  ben  ©eeteneifer,  bie  ßluglfeit  unb  bie  Energie  ©pprianS  in  iffrem  botten 
Üidte  ertennen.  ©r  mar  bon  $artf)ago  geflogen,  unb  bon  feinem  Verfted  aus 
leitete  er  burd)  Voten  unb  Vriefe  bie  ©emeiube  in  bem  ©türm  ber  Verfolgung. 
Über  feine  jftudt  maren  in  Vom  böSmiHige  ©erüd)te  berbreitet  morben,  bie 
in  einem  Vriefe  be§  römifdjen  $Ieru§  an  ben  $leru§  bon  cQ’artt)ago  VuSbrud 
fanben;  allein  eS  mar  (S^prinn  nid)t  fdfmer,  feine  fpattung  ju  redjtfertigen. 
©don  im  250,  mätjrenb  nod)  bie  Verfolgung  mütete,  entftanben  in 

Vom  mie  in  Vfrifa  grofje  ©djmierigfeiten  megen  ber  fo  jatjtreiden  lapsi,  bie 
äuffertid  ben  d)rifttid)en  ©tauben  berteugnet  Ratten,  um  baS  Seben  ju  retten, 
bann  aber,  fobalb  bie  ©efatjr  für  fie  boriiber  mar,  mieber  in  bie  firdjlide 
©emeinfdnft  aufgenommen  unb  jur  ©udjatiftie  jugetaffen  merben  mottten.  Sie 
ganje  Vngetegenfjeit  führte  ju  einer  meiteren  ©ntmidtung  be»  fircplictjen  Vuf$= 
mefenS.  ©inige  afrifanifde  Vifdöfe  tjatten  fdon  früher  bie  in  ber  Verfolgung 
(gefallenen  ätjntid  mie  bie  Vtörber  unb  ©fjebred«  bon  ber  Vufje  böüig  auS= 
fdlieffett  motten.  Sagegen  tjatte  ^3apft  3eptjt)rinuS  erflärt ,  ben  ©tjebredjern 
müffe  ber  2öeg  ber  Vuffe  offen  ftetjen;  fein  Vadfotger  $aöiftu§  tjiett  feft  an 
biefer  mitben  ^rajiS  unb  fprad  fid)  nod  fddrfer  bafür  auS,  bap  feine 
©ünbe  bon  ber  Übernahme  ber  ^irdjenbupe  unb  ber  2Bieberaufnat)me  in  bie 
Äirdengemeinfdaft  auSfdjtiefe.  ©egen  it)n  patte  fid)  ipn  Vom  eine  rigoriftifde 
Partei  erhoben,  bie  trot)  einer  auf  biete  ©djeingritnbe  geftüpten  ©pattung  unb 
trot)  ber  tferborragcnben  Vebeutung  ifjreS  Raupte»  ^ippotptuS  nidt  burd= 


1  58arbent)eir>er,  ^Patrologie  (2.  Stuft.)  ©.  192  ff.  £>aruacf,  ($efcf)i(t)te  ber 
attdiriftl.  Sitteratur  I,  652  ff.  ©  t)  r  fj  a  r  b ,  Sie  attdriftt.  Sitteratur  unb  itjre  ©rforfdung 
Don  1884—1900  ©.  417  ff. 


282 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  ©ieg  beä  ®hnftentum§. 


jubringen  bermodjte,  ober  in  ber  ©title  fid)  nod)  forter^otten  fjatte  (f.  oben 
©.  248  ff.)-  Kud)  beim  2'(u§brud)  ber  Secifd)en  ißerfotgung  beftanb  eine  rigorofe 
Partei  unb  neben  it)r  eine  tape,  jmifdfen  melden  bie  richtige  üftitte  bon  ben 
23ifd)öfen  gefucbt  merben  muffte.  ©§  mar  töngft  übtidj,  baff  eifrigen  23üjfern 
infolge  ber  gürbitte  ber  Sonfefforen  unb  DKärtprer  bon  ben  33ifd)öfen  it)re 
tBuffjeit  obgefürjt  unb  ein  Kad)Iaff  ber  nod)  ju  berbüffenben  ^irdjenftrofen 

gemätfrt  mürbe.  ©otd)e  Pönitenten  erhielten  oft  eigene  (Smpfebtungäfcbraben 
(libelli),  infolge  beren  ber  23ifd)of  fie  begnabigen  fottte.  9)üt  biefen  libelli 
marb  nun  in  ^arttfago  matjrenb  ber  Serfotgung  ütliffbraud)  getrieben,  bie 
fircblidje  Orbnung  ferner  berietet,  aud)  in  bie  bifd)öftid)en  33efugniffe  ein= 
gegriffen1.  (Einige  priefter,  barunter  Kobatu§,  nahmen,  ofme  ba§  Urteil  be§ 
33ifd)of§  abättmarten,  bie  lapsi,  metd)e  fotdje  ©mpfebtung§fd)reiben  erhalten 
Ratten,  fofort  mieber  §ur  botlen  fird)Iid)en  ©emeinfdmft  auf.  Unb  at§  (Spprian 
für  bie  2Bat)rung  ber  firdflidjen  ®i»jiptin  eintrat  unb  beftimmte,  baff  nur  bie 
lapsi ,  metdfe  in  fernere  ^ranffieit  fielen ,  auf  ben  libellus  pacis  eine§ 

fDtartprerS  4)in  bie  2o§fpred)ung  ermatten  fottten,  mäfjrenb  bie  übrigen  märten 
mufften,  bi§  nad)  ber  Serfotgung  bie  Angelegenheit  burd)  eine  ©pnobe  ber 
afrifanifdjen  33ifchöfe  unb  in  (Semeinfdjaft  mit  ber  römifcben  $ird>e  geregelt 
fei,  fugten  bie  (Gegner  be§  53ifd)of§  in  ^art^ago  bie  ^onfefforen  fomot)l  roie 
bie  lapsi  gegen  (üpprian  aufjut)e|en.  entftanb  fogar  ein  ©d)i§ma  in  ber 
farttfagifdjen  ^ird)e,  ba§  febod)  offne  meitere  Sebeutung  blieb  unb  nur  bon 
furjer  Sauer  mar.  9M)rere  ©eifttidfe,  befonber§  ber  priefter  Kobatu§  unb  ber 
Siafon  SelicifftmuS ,  trennten  fid)  bon  ber  ©emeinfcbaft  ßpprianä  unb  ftettten 
einen  ©egenbifdjof  $ortunatu§  auf,  beffen  Knertennung  fie,  obfdjon  Vergeblich, 

auch  in  Korn  ju  ermirfen  fucpten.  5ll§  ©pprian,  ber  ben  geticiffimu§  in§= 

befonbere  eptommuniüert  hatte,  nad)  Karthago  jurüdfelfrie,  fd)toff  er  auf  einer 
©pnobe  bie  ©d)i§matifer  bon  ber  Birdie  au§.  (£§  mürben  nun  burd)  bie  afri= 
t'anifd)en  33ifd)öfe  gemeinfdjaftlid)  nähere  Kegeln  für  bie  53ef)anbtung  ber  ©e= 
fattenen  aufgeftettt,  roorin  fie  ganj  ber  Übung  ber  römifcben  Kirche  gemäff  unb 
in  gemeinfamem  Korgelfen  mit  biefer  banbetten.  Ser  priefter  KobatuS  aber 
ging  nach  Kotn  unb  fddoff  fid)  bort  ber  entgegengefe|ten ,  rigoriftifdien  Partei 
an,  beren  ipaupt  jetjt  ber  Priefter  Kobatian  mürbe. 

9tt§  fid)  bie  Kerfotgung  gelegt  batte,  mürbe  im  3at)re  251  in  Korn  ber 
pre§bpter  Cornelius  jum  23ifd)ofe  gemübtt  gegen  eine  Partei,  beren  ^anbibat 
Kobatian  gemefen  mar2.  Kun  trennten  fid)  bie  Anhänger  be§  teueren  bon 
bem  redfimöpig  gemäf)tten  SSifdjof,  ber  trot)  alter  Semübungen  feiner  ©egner 
bon  ber  größten  fDM)rt)eit  ber  anbern  S3tfchöfe  at§  ba§  red)tmäffige  Oberhaupt 
ber  römifcben  $ird)e  anertannt  mürbe,  unb  ftettten  bem  Cornelius  Kobatian 
at§  ©egenbifd)of  entgegen.  Siefer  lieb  fid)  burd)  brei  nad)  Korn  berufene 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  V,  2.  Tertull. ,  De  poenit.  c.  10.  Cyjor. ,  Ep.  15 — 17, 

ed.  Hartei  p.  513  sq.  517  sq. ;  De  lapsis  c.  18,  p.  250.  Sie  bamal§  bon  ben  ßon= 

fefforen  getoäfjtte  $orm :  coramunicet  ille  cum  suis  toar  früher  unerhört;  fie  ging  über 
bie  Fürbitte  hinaus  unb  nahm  feine  tftücfficbt  auf  ben  SSuffeifer  ber  ©ntpfänger. 

2  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43.  47;  VII,  2.  Hier.,  De  vir.  ill.  c.  66.  Cypr., 

Ep.  55  (befonberS  c.  8  u.  9) ,  ed.  Hartei  p.  629.  630;  Ep.  49,  c.  2,  p.  611;  Ep.  44, 

p.  597  sq.;  Ep.  45.  48.  58.  59.  61.  67.  68. 


B.  Sie  römifdje  ßirhe  unb  bie  Zlirhen  ber  afrifanifdEjen  ißrobinzeit.  283 

S3ifd)öfe  Heiner  ©täbte  tüiberrec^tlid)  meinen  unb  fud)te  burd)  Briefe  bie  9ln= 
erfennung  ber  auswärtigen  $irdjen  ju  gewinnen.  Se^tereS  ^atte  feinen  Erfolg ; 
3Mont)ftu§  t>on  Ullejanbrien  mahnte  tf)n:  ba  er  behaupte,  jur  Slnnaljme  be§ 
5ifd)öflid)cn  9lmte§  gezwungen  worben  §u  fein,  fo  liefere  er  bafür  ben  beften 
VemeiS  burd)  freiwillige  fßbbanfung  au§  Siebe  jum  ^rieben  unb  jur  (Schaltung 
ber  fird)lid)en  (Einheit.  ßtohatian  aber  lieb  fid),  Don  Cornelius  auf  einer  ©t)nobe 
bon  fechjig  SBifdjöfen  mit  bem  Sanne  belegt,  bon  feinen  Anhängern  bei  9lu§= 
teilung  ber  Kommunion  fcfjwören,  bajz  fie  nie  jur  ©emeinfdjaft  be§  Cornelius 
übertreten  wollten,  ©eine  Sei) re  war:  ben  (Befallenen  fönne  bie  $ir<hengentein= 
fdjaft  nid)t  wieber  gewährt  Werben,  für  fie  fei  (nad)  £)ebr.  6,  4  ff.)  eine  @r= 
neuerung  burd)  bie  Sujje  unmöglich ,  bie  strebe  fei  befledt  burd)  bie  ©emein= 
fd)aft  ber  ©ilnber,  nur  au§  ganj  Üt einen  biirfe  fie  befielen  (ba^er  bie  9?o= 
batianer  auch  Üteine  =  Katharer  hieben)1.  ®ie  weiteren  ©djidfale  be§ 
ßtobatianuS  finb  unbefannt ;  feine  Anhänger  aber  erhielten  fid)  fort,  berbreiteten 
fid)  nad)  ^onftantinopel  unb  $leinafien,  befonberS  ^pt^r^gten ,  wo  fie  fid)  mit 
ben  Überreften  ber  fDtontaniften  bereinigten,  bie  5lu§fd)lief$ung  aller,  bie  nad) 
ber  Saufe  Sobfünben  begangen  batten,  aus  ber  Birdie  bertraten,  bie  ju  ihnen 
Übertretenben  nod)maI§  tauften,  bie  jweite  ©he  berboten  unb  Oftern  mit  ben 
Guartobecimanern  feierten 2. 

3wifd)en  ben  beiben  (Sjtremen  hielten  bie  Vefcfjlüffe  ber  römiftben  wie 
ber  fartbagifdjen  ©t)nobe  ben  Mittelweg  ein.  ©ie  befdjloffen,  aßen  nid)t  ber= 
flodten  ©ünbern  nad)  geleifteter  (BenugHjuung  bie  So§fpred)ung  ju  erteilen ; 
fie  hielten  baran  feft,  bah  im  9ieid)e  6f)rifii  auf  Gürben  ©ünber  unb  (Beredjte, 
Unfraut  unb  Sßeijen  (ßJtattl).  13,  29.  30)  fid)  fänben,  bie  Unheiligen  burd) 
fortgefet)te  beffernbe  unb  ^eilenbe  Sl)ätigfeit  fobiel  als  möglid)  jur  ^eiligfeit 
ju  führen  feien3.  3U  biefem  Sehufe  würben  bie  Hrd)Iid)en  ©trafen  unb  bie 
Sebingungen  für  bie  2öieberaufnaf)me  ber  9lbgefaIIenen  genau  geregelt. 

©owol)l  Cornelius  in  fftom  wie  (Stßman  in  Karthago  arbeiteten  mit 
aßem  (Sifer  baran,  bie  ©(haben  ber  Verfolgung  ju  heilen.  (Sßprian  fud)te 
DefonberS  auch  burd)  feine  ©djriften,  bie  er  fd)on  bor  bem  9luSbrud)e  ber 


1  Cypr.,  Ep.  41  sq.,  p.  587  sq.;  Ep.  59  (al.  55),  p.  666  sq.  Stoöatian,  !6ei  ben 

©rieten  mit  Stooatui  berwed)felt,  fott  nah  Socrat.,  Hist.  eccl.  IV,  28  unter  Salerian 
all  ÜJlärtqrer  geftorben  fein,  wai  aber  toegen  ber  nooatianifierenben  9tid)tung  biefeä 
Slutori  bezweifelt  Wirb.  93gl.  noh  Cornel.  bei  Euseb.  1.  c.  VI,  43.  Dion.  Alex,  bei 
Euseb.  1.  c.  VI,  45.  3Igl.  ibid.  VI,  44.  46 ;  VII,  8,  foWie  ben  bem  ©hfnan  gleichzeitigen 
ungenannten  93ifh°f  im  Dib.  ad  Novatian.  (Opp.  Cypr.,  ed.  Hartei  HI,  52  sq.),  ber 
ben  fßobatian  gerabeju  als  Jpäretifer  bejeihnet  unb  iljm  oorwirft,  er  lefe  in  ber  ©hrift 
nur,  wai  fid)  auf  ben  3)erlnft  bei  £>eilei,  nid)t  aber,  Wai  fid)  auf  bie  ffiarmherjigfeit 
bejiehe  (c.  9,  p.  59).  ©leih  ben  Ußontaniften  ( Tertull. ,  De  pudic.  c.  20)  beriefen  fih 
bie  ülobatianer  auf  §>ebr.  6,  4  ff. ;  nad)  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  59  beftritt  ©ajui  bei* 
halb  bie  ßanonizität  bei  $ebräerbriefei ,  ber  wegen  ber  (Seite  lange  nidjt  öorgelefen 
Worben  fein  fott  ( Philastr .,  De  haer.  c.  89).  $  a  ei  an  (Ep.  8  ad  Symphron.)  giebt 

bie  Sehre  fo:  Quod  mortale  peccatum  Ecclesia  donare  non  possit,  iramo  quod  ipsa 
pereat  recipiendo  peccantes. 

2  Über  bie  fpäteren  Dtouatiancr,  bie  ßonftantin  b.  ©r.  fhonte  (Cod.  Theod.  XVI, 
5,  2,  a.  326),  Ogi.  Socrat.,  Hist.  eccl.  V,  21.  22. 

3  ©hon  ßaüiftui  I.  führte  bie  SSibelftetten  für  ben  ©ah  an ,  bafz  in  ber  ßirhe 
aud)  Unreine  fein  tonnen  (Philosoph.  IX,  12.  93gl.  Lib.  ad  Novat.  1.  c.  c.  2,  p.  55). 


284 


Sie  geopetx  Verfolgungen  unb  ber  (Sieg  beS  6priftenium§. 


Verfolgung  ju  berßffentlicpen  begonnen  ^atte ,  unter  ben  berfcpiebenen  ©tänben 
feiner  ©emeinbe  ein  mapreS  cpriftlicpeg  Seben  ju  förbern,  bie  fircplicpe  ©inpeit 
ju  mapren,  bie  cpriftlicpen  Sugenben  ju  pflegen  unb  auf  neue  ©efapren  bie 
©laubigen  borjubereiten 1.  ©r  jeigt  fiep  in  feiner  fcpriftftellerifcpen  Spätigfeit 
meniger  al§  fpefulatiben  Geologen  benn  al§  praftifcpen  ©eelenpirten. 

2.  Sie  fftupe,  toeld&e  nad)  be§  Seciu§  Sob  eingetreten  mar,  foHte  für  bie 
römifdje  $ircpe  nicht  bon  langer  Sauer  fein.  ©ipon  252  warb  Cornelius 
bon  $aifer  ©aüu§  nad)  ©ibita  Veccpia  bertoiefen ,  mo  er  al§  -Htärtprer  ftarb 
(14.  ©ept.  253).  Sen  Vacpfolger  be§  Cornelius,  2uciu§  I.,  ber  über  ben 
^irdjenfrieben  für  bie  ©efaüenen  fcprieb 2 ,  traf  254  ebenfalls  Verbannung, 
bann  ber  Vtartertob.  ©teppan  (254 — 257),  borper  römifcper  ^riefter,  be= 
mäprte  nad)  Sionpfiu§  bon  Vlejanbrien  ben  alten  Vuptn  feine»  ©tuple§  in  ber 
©orgfalt  für  bie  geiftlicpen  unb  leiblichen  Vebürfniffe  auch  ber  entfernteren 
^ircpen.  ©r  (teilte  auf  ©pprianä  Vetrieb  burd)  ©ntfepung  be§  fcpi§matif(pen 
Vifcpofä  Vtarcian  ben  ^rieben  ber  ^irdje  bon  2lrle§  mieber  per,  fepte  (nad) 
©pprian  bon  bem  fcplauen  Cibellatifer  getüufcpt)  ben  nach  9iom  eilenben 
fpanifdjen  Vifcpof  Vafilibe§  toieber  in  fein  5lmt  ein  unb  pielt,  inbem  er  fiep  auf 
bie  fjfacpfolge  be§  ^etru§  berief,  bie  römifdje  Überlieferung  gegen  bie  miber= 
ftrebenben  $leinafiaten  unb  Slfrifaner  in  ber  grage  ber  ß'epertaufe  feft.  Surcp 
biefe  tourbe  bie  Harmonie,  toelcpe  bi§pet  in  ben  fdjroierigen  3etten  nacp  ber 
Secifdjen  Verfolgung  jmifepen  ben  afrifanifepen  $ircpen  unb  bem  römifepen 
Vifcpofe  ungetrübt  fiep  erpalten  patte,  auf  für  je  Qeit  geftört. 

3n  bem  $e|ertaufftreit  panbelte  e§  fiep  um  bie  grage,  mie  folcpe, 
bie  burd)  f)äretifer  in  ba§  ©priftentum  aufgenommen  morben  maren,  ju  be= 
panbeln  feien,  menn  fie  fidp  jur  fatpolifepen  $irdje  befeprten  unb  um  Vufnapme 
in  biefelbe  nacpfucpten.  ©§  patte  fiep  eine  hoppelte  ^raji§  gebilbet.  3n  ber 
römifdjen  unb  ben  ineiften  anbern  $irdjen  mürbe  an  folipen  ba§  Saufbab 
niept  erneuert,  fonbern  burd)  ipanbauflegung  be»  Vifepof§  unb  burep  bie  SEeiI= 
naprne  an  ber  euepariftifepen  freier  mürben  fie  in  bie  $ircpe  aufgenommen. 
5lnber§  berfupr  man  in  Vfrifa  unb  in  einigen  ^rotiinjen  $Ieinafien§.  3m 
Anfänge  be§  3.  3aprpunbert§  befcploffen  eine  afrifanifepe  ©pnobe  unter  2lgrip= 
pinu§  unb  naepper  (230 — 235)  jrnei  fleinafiatifcpe  ju  Sfonium  unb  ©pnnaba, 
e§  feien  bie  au§  einer  Ipärefie  jur  $itcpe  gurüdfeprenben ,  bie  bon  ^äretifern 
getauft  feien,  al§  ungetanft  ju  betrachten,  ipnen  baper  bie  Saufe  ju  erteilen, 
©egen  ©nbe  be§  Supre»  254  patte  Spapft  ©teppan  be§palb  bie  Vifcpofe  §elenu§ 
bon  Sarfu§  unb  ^irmilian  bon  ©äfarca  fomie  bie  ber  -Jiacpbarprobinjen  al§ 
Vnabaptiften,  meld)e  bie  bon  £)äretifern  ©etauften  notpmalS  tauften,  mit  bem 
Vanne  bebropt.  Sionpfiu§  bon  Vlejcanbrien  legte  bei  ©teppan  gürbitte  ein 
unb  berpinberte  ben  Vollzug  berSropung;  e§  fepeinen  auep  bie  fleinafiatifcpen 
Vifcpofe  mit  9Iu§napme  be§  g-irmilian  ben  Vnforberungen  9tom§  entfproepen 
ju  paben.  3u  Vfrifa  maren  einige  Vifcpofe  ebenfall»  ber  Vnficpt,  e§  fei  an  ben 
Nepern  bie  Saufe  niept  ju  mieberpolen,  me§palb  18  numibifipe  Vifcpofe  fiep 


1  Varbenpeioer  a.  a.  £).  ©.  167  ff.  §  ar  nad  a.  a.  O.  I,  6B8  ff.  ©prparb 
a.  a.  D.  455  ff. 

2  Lucii  Ep.  De  pace  lapsis  danda,  bei  Cypr.,  Ep.  68. 


3.  Sie  römifdpe  ßircpe  unb  bie  ßirdpen  ber  afrilanifcpen  iprobinaen. 


285 


255  an  bie  ©pnobe  Don  Karthago  mit  einer  Anfrage  manbten.  §ier  erilärten 
31  23ifd)öfe  unter  ©hßrianS  SBorfijj  bie  Don  Sehern  erteilte  Saufe  für  nid^tig, 
unb  in  bemfef6en  ©inne  fprad)  fid)  256  eine  weitere  fatthagifdje  ©pnobe 
Don  71  S3ifd)öfen  au§:  fftiemanb  fönne  außerhalb  ber  Birdie  gültig  getauft 
loerben;  e§  gebe  nur  eine  Saufe,  bie  ber  lattjolifdien  $ird)e;  bie  Srrleljrer 
feien  aufjer  ftanb,  ben  ^eiligen  (Seift  jtt  erteilen;  tner  unrein  fei,  fönne  nid)t 
rein  machen  1.  9Jtit  biefen  unb  ähnlichen  bogmatifdjen  ©riinben  fudjten  ©ßprian 
unb  bie  ihm  gleichgefinnten  Slfrifaner  ihre  9ln  fiept  ju  rechtfertigen ;  gleidjmopl 
meinten  fie,  eine  Sßerfdhieben^eit  ber  Meinungen  in  biefem  fünfte  bürfe  ben 
^rieben  unter  ben  SMfdpöfen  nicht  ftören;  toar  aber  mirflicf)  bie  häretifdje  Saufe 
ungültig,  fo  burfte  man  bie  anbern  nicht  bei  einer  fo  gefährlichen  ©etnohnheit 
beiaffen,  bie  ben  jurüdfehrenbett  ^e|ern  bie  2öof)lthat  ber  Saufe  berfagte. 
Sie  SXfrifaner  gingen  fym  Don  ber  fallen  SorauSfeijung  au§ ,  ba§  Sauf= 
faframent  fei  abhängig  Don  ber  Söürbigfeit  be§  ©penber§.  ©ie  mußten  311= 
geben,  baff  bie  ältere  fachliche  ©etnohnheit  gegen  fie  mar;  aber  fie  meinten, 
biefelbe  müffe  ber  Söafjrheit  toeidjen ,  unb  auf  einer  »eiteren  afrifanifd)en 
©pnobe  Don  87  23ifd)öfen  fudjten  fie  (©eptember  256)  nod)  toeiter  bie  9iot= 
menbigfeit,  ben  Don  Sehern  ©etauften  eine  firdrtidje  Saufe  31t  fpenben,  nadh= 
3umeifen.  ?ll§  ©pprian  bie  Elften  feiner  ©pnobe  nadj  9tom  fanbte,  Dermarf 
$apft  ©tephan  bie  Sefcplüffe,  Dermeigerte  ben  ©efanbten  bie  ©emeinfepaft 
unb  forberte  gefttjalten  an  bem  alten  33raucpe,  baß  ben  §äretifern  bei  ihrer 
Stüdfepr  3ur  Birdie  blof;  bie  Ipanb  3ur  23uße  aufgelegt,  nicht  aber  bie  Don 
ihnen  fdjon  gültig  empfangene  Saufe  mieberholt  merbe.  ©pprian  fanbte  einen 
Siafon  Dtogatian  mit  ^Briefen  an  53ifd)of  girmilian  Don  ©äfarea,  ber  in  feiner 
Slntroort  ipm  Dötlig  heipflidjtete  unb  ipn  nod)  mehr  gegen  5J)apft  ©tephan 
rei3te,  als  f)a&e  biefer  ihn  einen  hintertiftigen  Arbeiter,  falfcpcn  ©hviften  unb 
falfdjen  5lpofteI  genannt,  ©tephan  hatte  bie  große  Sebeutung  ber  $rage  mohl 
erfannt  unb  burfte  fpei:  niept  nachgeben;  Gßprian  Dertrat  feine  unrichtige 
Meinung  mit  großer  (Energie ,  menn  er  fidj  auch  in  jtoei  ©chriftcn  bemühte, 
311  ©ebttlb  unb  fDläfjigung  3U  ermahnen.  Sionp§  Dort  llepanbricn  fudjte  aud) 
hier  31t  Dermitteln.  3>n  Stfrifa  felbft  trat  ein  tüchtiger  ©eleprter  in  ber  ©djrift 
„9Son  ber  SBiebertaufe"  gegen  ©t)prian§  2lnfid)t  auf,  unb  bie  römifdjc  ißrajiS 
fant  allmählich  311  allgemeiner  fHnnapme,  3ttmal  feit  ber  ©pnobe  Don  5lrle§ 


1  Philosoph.  IX,  12.  SB  Hin  8  er,  fcippol.  189  ff.  Über  bie  ©pnobe  be§ 
SlgrißpinuS  ögl.  Cypr.,  Ep.  73,  c.  3,  ed.  Hartei  p.  780;  Ep.  71,  c.  4,  p.  774.  August., 
De  bapt.  II,  7.  f>efele,  ßonciliengcfipicpte  I  (2.  Slufl.) ,  117  ff.  Über  bie  ©pnoben 
öon  ^tonium  unb  ©pnnaba  f.  Dion.  Alex,  bei  Euseb. ,  Hist.  eccl.  VII,  7.  Firm.il., 
Ep.,  bei  Cypr.,  Ep.  n.  75,  c.  7,  p.  815.  2lu<p  S  e  r  t  u  II  i  a  n  (De  bapt.  c.  15 ;  De  praescr. 
c.  12;  De  pudic.  c.  19)  fdjeint  ju  ber  Slnficpt  be$  SIgrippinuS  pittauneigen.  Sßenn 
ß  I  e  nt  e  n  $  oon  üllej.  (Strom.  I,  19)  bie  päretifepe  Saufe  oux  oheiov  xai  yvijmov  Zdwp 
nennt  unb  DrigeneS  (In  Io.  tom.  6,  n.  25)  fagt,  jeber  ©etaufte  unb  ©efirmtc  biirfe 
taufen,  folange  er  ben  ©eift  noep  in  fiep  pabe,  ift  über  bie  ©ültigteit  Damit  niepts  au§= 
gefagt ,  fonbern  nur  über  bie  ©rlaubtpeit.  Über  ba§  SQBeitere  bgl.  Dionys.  Alex,  bei 
Euseb.  1.  c.  VII,  5.  7—9.  Cypr.,  Ep.  69—75,  ed.  Hartei  p.  749  sq.  August.,  De 
bapt.  11.  V  et  VI.  Routh ,  Rel.  sacr.  III,  84 — 107.  Migne ,  Patr.  lat.  III,  1035  sq. 
(ibid.  p.  1183  sq.  bie  Sdprift  De  rebapt. ;  biefelbe  Opp.  Cypr. ,  ed.  Hartei,  Append. 
P.  III,  p.  69  sq.  Sie  Concilia  Cypr.  ebb.  P.  I,  p.  433  sq.). 


286 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  (Sieg  beS  6()riftentumS. 


314  (can.  28).  5luSführltch  mürbe  fie  nachher  öon  2lugufltnu§  Begrünbet 1. 
(Stiprtan  Beftritt  ben  bon  il)m  fonft  anertannten  Primat  leineSmegS,  f)ielt  biel= 
meijr  bem  ©tep^an  baS  23eifjüel  beS  5ßetru§  entgegen,  ber  bent  fpäteren 
5lpoftel  ^ßautuS  nacBgegeben,  unb  mollte  ftatt  ber  Überlieferung  bie  (bermeint= 
liehe)  2öahr£)eit  jur  ^errfdjaft  gebracht  roiffen,  bie  ihm  aus  ber  Sehre  bon  ber 
allein  toafjren  Kirche  unb  bon  ber  SSermerflidfleit  ber  £>ärefie  Har  fid)  ju  er= 
geben  fdjien.  ©teptfan  blieb  unbertgfant  bei  feiner  richtigen  5lnfid)t;  er  ftarb 
257  als  SJMrtprer.  ©ein  Ulachfolger  tt)ar  3c  p  ft it  §  II.,  ber  bie  5Xngelegen£)eit 
ber  ^erlaufe  ruhen  lief)  unb  ben  bon  ©teplian  unterbrochenen  brieflichen 
fßerlefm  mit  ©pprian  unb  ben  afrifanifchen  ISifchöfett  mieber  aufnahm.  91m 
6.  Sluguft  258  fdfjon  ftarb  £i)ftuS  II.  ben  fJJlartertob;  bon  einer  ©d)ar  häb= 
nifcher  ©olbaten  in  ber  ^atafombe  beS  ^räteptatuS  bei  ber  freier  beS  he^Sen 
Opfers  ergriffen,  mürbe  er  auf  feinem  bifchöflichen  ©i|e  enthauptet2.  Ißon 
ba  ab  bis  jum  22.  3uti  259  blieb  ber  römifche  ©tuhl  erlebigt.  ©pprian 
folgte  bem  ißapfte  am  14.  ©eptember  beSfelben  3af)reS  auf  ber  Sahn  beS 
blutigen  SefenntniffeS  nach3. 

3.  3IIS  bie  Salerianifdje  Verfolgung  nachjulaffen  begann,  mürbe  jurn 
römifdien  23ifd)of  ber  ht-  OionpfiuS  (259 — 268)  ermählt,  borher  ^ßriefter 
unb  mit  bem  alejanbrinifchen  Vifdfof  gleichen  DtamenS  befreunbet.  Slber  eben 
biefer  mürbe  bei  if)m  megen  feiner  OrinitätSlehre  angellagt  unb  jur  9techt= 
fertigung  bon  ilpn  aufgeforbert,  bie  ihm  nad)  ben  Serlfanblungen  einer  römi= 
fcheit  ©pnobe  auch  3tt  teil  marb,  als  er  bie  unpaffenben  SuSbrüde  jurüd= 
genommen  hotte.  OaS  päpftlid)e  Sehrfchreibeu  geigt  eine  für  ben  (glauben  unb 
bie  2Biffenfd)aft  gleid)  borteilhafte  Klarheit  unb  Seftimmtheit,  bie  gmifchen  ben 
extremen  Meinungen  bie  red)te  SOlitte  burchauS  einhält.  SDionpfiuS  tröftete  auch 
bie  burch  Sarbareneinfälle  fchmer  heimgefuchten  ©hriften  in  ^appabocien  brief= 
lieh  unb  beauftragte  feine  (gefanbten  mit  SluSlöfung  ber  (gefangenen.  IJloch 
ein  Sahrhunbert  fpäter  bezeugte  SafiliuS,  bah  bie  ^äpfte  ftets  bie  Orientalen 


1  Sah  bie  meiften  Vifc£)öfe  bie  Srage  nicht  als  eine  bogmatifd^e  anfahen,  gebt 
barauS  peroor,  bafj  bie  afrifanifchen  unb  fleinafiatifchen  Vifd)öfe  teine§toeg§  biejenigen  als 
aus  ber  mähren  Kirche  artSgefcfiloffen  anfahen,  melche  bie  ßefsertaufe  als  gültig  anfahen. 
3firmilian  ( Cypr .,  Ep.  75,  c.  7,  p.  814)  gieht  Stephans  Sfufjerung:  haereticos  quoque 
ipsos  in  baptismo  convenire,  unb  ©pprian  (Ep.  74,  c.  1,  p.  799)  bie  breitere:  Si 
qui  ergo  a  quacumque  haeresi  venient  ad  vos ,  nihil  innovetur ,  nisi  quod  traditum 
est,  ut  manus  illis  imponatur  in  poenitentiam,  cum  ipsi  haeretici  proprie  alterutrum 
ad  se  venientes  non  baptizent,  sed  communicent  tantum.  Sa§  proprie  gehört  nicht 
gu  haeretici,  fonbern  p  non  baptizent;  bie  ße|er  nehmen  nach  Stephan  bie  Saufe  ber 
anbern  Parteien  als  bie  allen  genreinfame  an.  August.,  De  bapt.  VI,  25:  Facilius  in- 
yeniuntur  haeretici,  qui  omnino  non  baptizent,  quam  qui  illis  verbis  (im  Samen  ber 
brei  göttlichen  ifSerfonen)  non  baptizent.  fjirmilian  (1.  c.  c.  9,  p.  815)  toirft  ben 
Sömern  bor:  quod  non  putant  quaerendum  esse  ,  quis  sit  ille  qui  baptizaverit ,  eo 
quod  qui  baptizatus  sit  gratiam  consequi  potuerit  invocata  Trinitate  nominum  Patris 
et  Filii  et  Spiritus  Sancti.  Vgl.  Cypr.,  Ep.  69,  c.  8,  p.  756. 

2  Stuf  ben  Sob  SiptuS'  II.  {Cypr.,  Ep.  80,  p.  840),  ben  fßontiuS  (Vita  Cypr. 
c.  14)  bonus  et  pacificus  sacerdos  nennt ,  bezieht  man  mit  Utecht  eine  bon  SamafuS 
gefegte  ^nfcfirift.  Vgl.  ßrauS,  Roma  sott.  S.  143  ff. 

3  Monceaux,  Examen  critique  des  documents  relatifs  au  martyre  de  S.  Cyprien 
(Revue  archeologique,  3e  Serie,  vol.  XXXVIII  [1901],  249  ss.). 


3.  Sie  rötnifdhe  Äirdje  unb  bie  ßirdjen  ber  afrifanifdjen  *Prooin3en.  287 

mit  ihren  ^Briefen  aufgerid)tet  Rattert  unb  baB  bie  $ird)e  non  ©äfarea  jenes 
©^reiben  beS  SionpfiuS  mit  banfbarer  Verehrung  bemalte.  NEenthatben  mar 
eS  befannt,  baB  in  Italien  unb  Nom  ber  Mittelpunft  ber  (5t)ri[tenf)eit  31t 
[ud)ert  mar,  unb  felbft  ber  I)eibnifd)e  $aifer  Aurelian  fprad)  baS  nad)  5lb= 
fe^ung  beS  5j3aulu§  bon  ©amofata  unb  ©infetjung  beS  SomnuS  ftreitige  §auS 
in  Nntiodjien  berjenigcn  Partei  ju,  metd)er  ber  93ifd»of  bon  Nom  unb  bie 
Vifdjöfe  in  Italien  ©emeinfchaftsbriefe  fanbten.  Von  bem  Urteil  über  fßaut 
bon  ©amofata  fjatte  bie  antiodjenifche  ©pnobe  an  SionpfiuS  bon  Nom  unb  bie 
übrigen  S3ifcf)öfe  Mitteilung  gemacht;  als  baS  ©Treiben  nad)  Nom  tarn,  mar 
SionpfiuS  bereite  geworben1;  fein  Nachfolger  $eli£  I.  (269 — 274)  beant= 
roortete  cS  in  einem  ©djreiben,  baS  bie  boEtfommene  ©ottfjeit  unb  Menfchheit 
©hrifti  tferborlfob  unb  mobon  fpöter  ein  Seit  in  bie  Elften  beS  brüten  attge= 
meinen  $onjiIS  aufgenommen  mürbe2,  getij  ftarb  nach  fünfjährigem  5j3onti= 
fifate;  bon  feinen  nädjftett  Nachfolgern  ©utpcpianiiS  (275 — 283)  unb  ©ajuS 
(283 — 296)  ift  auBet  ihren  Namen  nichts  3ul,erläffigeS  befannt. 

Sagegen  ftarb  M  a  r  c  e  1 1  i  n  u  S  in  ber  SioHetianifcpen  Verfolgung  304 
als  Märtyrer;  baB  er  ben  ©open  geopfert  höbe,  mar  eine  fpätere  Süge  ber 
fchiSmatifdjen  Sonatiften,  bie  fofort  als  foldje  bezeichnet  mürbe;  an  fie  lehnte 
fid)  bie  nicht  bor  bem  ©nbe  beS  5.  SaprhunbertS  erbid)tete  ©pnobe  bon  ©inueffa 
an3.  3n  biefer  3eit  ber  Sioftetianifdjen  Verfolgung  gab  eS  auch  in  Nom 
mehrere  ©efattene,  unb  eS  tauchten  unter  ben  Nachfolgern  beS  MarcetlinuS  bie= 
fetben  ©treitfragen  über  bie  Vupe  mieber  auf,  mie  in  ben  Sagen  beS  ^attiftuS 
unb  beS  Cornelius,  ©in  früher  in  ber  3e>t  ber  Nut)e  fclbft  Nbgefatlcner, 
NamenS  ^erafliuS,  mottte  ben  Gefallenen  bie  Vupe  nid)t  geftattet  miffen, 
morüber  heft*9er  ©treit  entbrannte.  MajcntiuS  exilierte  beShatb  ben  nad) 
längerer  ©rtebigung  beS  ©tuhleS  ermäptten  Marcellus  (308—309)  unb 
beffen  Nachfolger  ©  u  f  e  b  i  u  S ,  ber  in  ber  Verbannung  auf  ©ijitien  ftarb 
(309  ober  310);  er  fdjeint  nur  bie  öffentliche  Nupe  im  Nuge  gehabt  ju  hoben, 
ba  er  auch  ben  ©eftierer  §eraf(iuS  berbannte4.  3n  ruhigere  3e'ien  fiet  bie 
Negierung  beS  barauf  ermähnen  ^riefterS  (barnatS  mürben  hönfiflcr  Sßriefter 
als  Siafonen  ermähtt)  MetcpiabeS  ober  MittiabeS  (311 — 314),  ber  be- 
reitS  Siafonen  mit  Vriefen  beS  ^aiferS  unb  beS  ^3räfcftuS  ^ßrätorio  an  ben 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  9.  26.  30.  Afhanas.,  De  syn.  c.  43.  45 ;  De  sent.  Dion, 

c.  13;  De  decr.  Nie.  Syn.  c.  25  sq.  Opp.  I  (ed.  Maur.),  181.  198.  605.  Basil., 

Ep.  70  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXII,  433).  ^agetnann,  Sie  röm.  ßirdje  @.  432  ff. 

2  Felic.  1.  Ep.,  bei  Coustant,  Epist.  Rom.  Pontif.  p.  298;  Mansi ,  Conc.  coli. 
I,  1114. 

s  ©egen  ben  angeblichen  ülbfatt  be§  MarcetlinuS  bgl.  August.,  De  unico  bapt. 

c.  Petil.  c.  16 ;  C.  lit.  Petil.  II,  202.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  2.  Über  bie  Unedjtbeit 

beS  $on3iIS  bon  ©inueffa,  baS  fpäter  mehrere  anführen,  Ogi.  £>efcte,  ©oucitiengefcfiicfjte 
I  (2.  Stuft.),  142  f.  Söttinger,  «Papftfabeln  <5.  48  ff.  Sie  gäbet  fdjeint  einer  äter= 
leumbung  ber  Sonatifteu  ihren  Urfprung  311  Oerbanten.  33 gl.  Al.  Galimberti,  Apologia 
pro  Marcellino  R.  P.  Romae  1876. 

4  Über  bie  Vorgänge  unter  Marcellus  unb  ©ufebiuS  ogl.  stoei  bamafianifche  gn= 
fepriften :  Veridicus  rector  lapsis  quia  crimina  flere,  unb  Heraclius  vetuit  etc.  (ß  r  a  u  S, 
Roma  sotterr.  <S.  167—171).  Sögl.  Tillemont,  Mem.  V,  100.  Acta  SS.  Boll.  t.  III 
August,  p.  166. 


288  Sie  großen  Verfolgungen  unb  bcr  ©ieg  beS  ©hriftentum§. 

©tabtprafeften  fenbert  fonttte,  um  bie  3lirü(fgabe  ber  jur  3eü  ber  Verfolgung 
ber  Kirche  geraubten  ©üter  ju  bemirfen,  unb  am  3.  Oftober  313  mit  elf 
Vifdjöfen  eine  ©pnobe  ^telt x.  ©r  mar  ber  erfte  ber  fßüpfte,  bie  im  Sateram 
palaft  mofmten,  meld)en  ber  erfte  djriftlidje  ßaifer  ber  römifdjen  $ird)e  ge= 
fcfjenft  ^atte.  OaS  djriftlidie  Vom  trat  nun  frei  an  bie  Öffentlidjfeit,  erbaute 
glän^enbe  Vafilifen  unb  ^atte  an  ©plbefter  I.  ein  Oberhaupt,  baS,  f)o& 
gefeiert  in  ber  ©efdjidjte  mie  in  ber  Segenbe 2,  an  ber  ©pi|e  einer  neuen  3eü 
ju  fielen  berufen  mar. 

4.  Über  bie  afrifanifdjen  Kirchen  erfahren  mir  roenige  ©injet^eiten 
nach  bem  2obe  beS  hü  ©pprian.  Sn  ber  Oiofletianifchen  Verfolgung  mar 
VlenfuriuS  Vifdjof  bon  ^artljago;  nacf)  feinem  2mbe  (311)  erfolgte  eine 
ätoiefpältige  53ift^of§maf)I,  meldje  ben  Anfang  beS  Oonatiftifdien  «Streites  bilbete. 
Sn  ber  Verfolgung  rnaren  bie  ©ebäube,  melche  ben  ©tjriftengemeinben  gehörten 
unb  jur  Vbfialtung  ber  liturgifd)en  Verfammlungen  fomie  für  bie  firddidje 
Vermattung  benutzt  mürben,  aud)  in  Vfrifa  bom  fyiSfuS  befdjlagnahmt  unb 
jum  Seil  berfauft  rnorben  3.  ©ufebiuS i  teilt  ben  Sejt  beS  Schreibens  $on= 
ftantinS  an  ben  (Statthalter  VnulimtS  in  Vfrifa  mit,  moburd)  biefer  angemiefen 
mirb,  ben  Kirchen  ihr  früheres  ©igentum  jurücfjugeben.  3m  Anfang  beS 
4.  SahrhunbertS  beröffentlicbjte  VrnobiuS,  ein  belehrter  Vljetor  aus  ©irta  in 
Vumibien,  eine  VerteibigungSfdjrift  beS  ©hriftentumS  (Adv.  nationes  libri  VII), 
in  melier  er  baS  §  ei  b  ent  um  mit  tüchtiger  ^ßolemif  befämpft5.  2luS  Vfrifa 
flammte  ebenfalls  feljr  mafjrfcheinlich  SaftantiuS,  meld)er  fid)  ber  iphüofopljie 
gemibmet  hotte  unb  bor  VuSbrud)  ber  Oiofletianifd)en  Verfolgung  -junt  ©hriften= 
tum  übergetreten  mar.  Schon  £)od)  betagt  mürbe  er  Sefjrer  unb  ©rgieljer  beS 
©äfarS  ©rifpuS,  beS  SohneS  ^onftantinS,  ben  biefer  326  töten  lief).  2Iuf$er 
ben  beiben  9Ibf)anblungen  De  opificio  Dei  unb  De  ira  Dei  fdfrieb  er  baS 
berühmte  2Berf  Divinarum  institutionum  libri  VII,  in  meldjem  er  baS 
|)eibentum  ju  miberlegen  unb  jugleid)  bie  Subfianj  ber  chriftlidjen  2ef)re  bar= 
guftellen  unternahm,  fraglich  ift  bie  Vutorfdjaft  beS  SaftantiuS  bezüglich  beS 
ihm  bielfad)  jugefchriebenen  VudjeS  De  mortibus  persecutorum ,  melcheS  be= 
fonberS  für  bie  Oioffetianifche  Verfolgung  eine  mistige  Quelle  hübet 6. 


1  Über  9JteId|iabe§  bgt.  August.,  Breviculus  collat.  dies  III;  Ad  Donat.  post 
collat.  Opp.  XXXIII  (ed.  Par.  1842),  70  sq.  79—84.  109.  151.  Optat.,  De  schism. 
Donat.  p.  23,  ed.  Antw.  1702.  Constant. ,  Ep.  ad  Aelaf. ,  bei  Mansi  1.  c.  II,  468. 
Euseb.,  Hist.  eccl.  X,  5. 

2  ©ptoefterlegenben  bet  Sßttinger,  ?papftfabeln  <B.  52  ff.  Decret.  Gelas.  495 
ober  496  (Thiel,  Ep.  Rom.  Pont.  p.  460):  Item  actus  B.  Sylvestri,  apostolicae  Sedis 
praesulis,  licet  eius,  qui  conscripsit,  nomen  ignoretur,  a  multis  tarnen  in  urbe  Ro- 
mana  catholicis  legi  cognovimus,  et  pro  antiquo  usu  multae  hoc  imitantur  ecclesiae. 

©benfo  §ormi§ba§  520  (ibid.  p.  935). 

8  ©in  febr  intereffanteS  2Iftenftücf  über  bie  33efd)Iagnal)nte  be§  ©otte§haufe§  Dort 
©irta  ift  in  ben  Sitten  be§  Sonatiömuä  erhalten  ( Migne ,  Patr.  lat.  Vin ,  730  sqq. ; 
XLIII,  793  sqq.).  4  Hist.  eccl.  X,  5. 

5Varbenf)etoer,  Ißatrologie  (2.  Stuft.)  €>.  175  ff.  tparnact,  ©efdjichte  ber 
attdhriftt.  Sitteratur  I,  735.  ©  £)  r  h  a  r  b ,  Sie  attcfiriftt.  Sitteratur  unb  ihre  ©rforfchung 
Don  1884—1900  <5.  481  ff. 

6  Varbenhetoer  a.  a.  O.  ©.  177  ff.  Jparnacf  a.  a.  £).  @.  736  ff.  ®hv= 
harb  a.  a.  £).  ©.  487  ff. 


4.  ®ie  ßinfje  in  Ägypten.  2)iotü)fiuä  üott  Aleganbriert. 


289 


4.  $tc  ttirdjc  in  9tgt)4)ten.  SicmpftuS  öon  Alepanbrtcn;  trinitarifdjc  unb 
c^iltnftifdje  ©treitigfeiten ;  ba§  5UleIetianifrf)c  ©djtStna. 

8 1 1 1  e  r  a  t  u  r.  —  Über  bie  ßatecpeteitfdfjule  f.  oben  6.  253.  —  Th.  Foerster,  De 
doctrina  et  sententiis  Dionysii  M.  episc.  Alexandr.  Berol.  1865;  berf.  in  ber  3ät= 
ftprift  für  bie  piftor.  2peoI.  1871,  <5.  42  ff.  ©ittricp,  Sionpfiug  b.  ©r.  oon  31Ieg= 
anbrien.  fjreiburg  i.  33r.  1867.  P.  I.  Monster,  De  Dionysii  Alex,  circa  Apocal.  Io. 
sententia.  Hafniae  1826.  SBagner,  2)er  ©f)ilia§muä  in  ben  erfien  Sabrpunbei'ten. 
®ittingen  1849.  ©djneibet,  $ie  d^iliaftifd^e  Softrin.  ©djaffpaufert  1859.  Sltjberger, 
©efpicpte  ber  dfriftlidfen  @ädE)atoIogie  innerhalb  ber  bornicänifdjen  3^1-  Steiburg  i.  S5r. 
1896.  A.  Chiapelli,  Le  idee  millenarie  dei  cristiani.  Napoli  1888. 

1.  ©trabe  mäprenb  ber  Regierung  beS  SDeciuS  unb  feiner  nädjften  AadB 
folger  treffen  mir  in  berf  epiebenen  Sänbern  tüdptige  tird)licpe  Oberpirten,  meldje 
berufen  toaren ,  ber  Birdie  über  bie  großen  ©cpmierigfeiten  pinmegjupelfen, 
bon  benen  fie  batnals  bon  innen  mie  bon  außen  bebrängt  mürbe.  Söäprenb 
Gpprian  in  $artpago  baS  biftpöflicpe  Amt  in  fo  trefflicher  Söeife  bermaltete, 
hatte  bie  große  Vtetropole  Alejanbrien  einen  nicpt  minber  tüchtigen  Vifd)of 
in  SionpfiuS,  melcpern  bie  grietpifdjen  SSäter  ben  Beinamen  „ber  ©rolle" 
gegeben  pabett.  ©r  hatte  in  ben  profanen  Sßiffenfcpaften  eine  treffliche  Vil= 
bung  genoffen  unb  in  ber  ©cpule  beS  OrigeneS  fiep  mit  ber  Geologie  nicht 
meniger  grünblich  bertraut  gemadjt.  3m  Snpte  231  ober  232  mürbe  er  jum 
öeprer  ber  IMecpetenfcpufe  ernannt  burep  §erafla§,  als  biefer  jum  Vifdjof 
bon  Alepaubrien  gemäplt  toorben  mar,  unb  im  3apre  247  ober  248  folgte  er 
bemfelben  aud)  im  bifcpöflicpen  Amte  naep.  Als  bie  Secifcpe  Verfolgung  auS= 
brad),  mürbe  gegen  ipn  fofort  ein  Haftbefehl  erlaffen.  Sennocp  blieb  SionpfiuS 
nod)  bier  Sage  in  feinem  Haufe,  opne  ergriffen  ju  merben;  jc|t  flop  er  aus 
ber  ©tobt,  mürbe  feboep  in  ber  Aäpe  beS  ©töbtcpenS  SapofiniS  ergriffen  unb 
in  bas  bortige  ©eföngniS  gebracht ,  aber  burd)  cpriftlidje  Sanbleute  ber  Um= 
gegenb  befreit.  Aun  lebte  er  in  einem  fidjern  Verfted,  bis  baS  ©nbe  ber 
Verfolgung  ipm  erlaubte,  ju  feiner  H^be  suriidjufepren.  Audj  in  Aleimnbrien 
patte  bie  Verfolgung  biete  junt  äußeren  Abfall  bom  ©lauben  gebracht.  ®io= 
npfiuS  nahm  in  bem  Verhalten  ben  lapsi  gegenüber  biefelbe  ©teHung  ein  mie 
Cornelius  in  9tom  unb  ©pprian  in  Karthago  ,  unb  er  fuepte  ben  Aobatian 
jur  Aiidfepr  in  bie  $irdjc  ju  bemegen.  Als  bie§  nicht  gelang,  mar  SDio= 
npfiuS  mit  ©rfolg  bemüpt,  bem  rechtmäßigen  ipapft  Cornelius  bie  3lnerfert= 
nung  burep  bie  orientaliftpen  Vifcpöfe,  befonbcrS  burd)  Fabian  bon  Antiocpien, 
5U  ermirfen. 

3n  ber  Aurelianifdjen  Verfolgung  mürbe  ®ionpfiu§  mit  einem  ißriefter 
unb  brei  Siafoneit  nach  ^eppro  an  bie  ©renje  bon  öibpen  berbartnt.  ©r  patte 
mäprenb  beS  ©pilS  biel  ju  leiben,  maS  ipn  feboep  nicht  pinberte ,  mit  feinen 
fDtitberbannten  für  bie  Ausbreitung  beS  ©priftentumS  in  jener  ©egenb  mit 
©rfolg  ju  mirfen.  Von  bort  mürbe  er  fpäter  naep  $ollutpion  am  ©ee  ViareotiS 
gebraept ,  mo  3aplreid)e  ©priften  im  ©£il  meilten,  unb  bon  mo  aus  er  beffer 
mit  ber  ©emeinbe  bon  Alejrattbrien  in  Verbinbung  fein  lonnte.  28äprenb  beS 
Aufenthaltes  im  ©jil  feprieb  SionpfiuS  an  $apft  ©teppan  megen  ber  $eßer= 
taufe;  obgleich  er  benfelben  ©tanbpunft  einnapm  mie  biefer,  mapnte  er  ipn 
boep,  bie  tirdjlidje  ©emeinfdjaft  mit  ben  Vifcpöfen,  melcpe  bie  burep  Häretifer 

■fcergentötljer,  itirdiengefcljtdite.  I.  4.  Stuft.  19 


290 


®ie  großen  äkvfofgurtgen  unb  bei-  Sieg  beS  SfjriftentumS. 


gefpenb ete  Saufe  bermarfen,  nicpt  ju  brecpen.  3m  3apre  260  ^örte  bie  SSer= 
fotgung  auf,  unb  fo  fonnte  Sionpfiug  nacp  Vtepanbrien  jurüdfepren,  mo 
neue  Srangfate  anbcret  2frt,  2lufrupr,  5|3eft  unb  fmngergnot,  über  bie  Ve= 
mopner  pereingebrocpen  mären,  metcpe  bie  forgenbe  Spätigfeit  beg  33ifc£)of§  in 
Vnfprucp  nahmen. 

gmeimat  mürbe  Sionpfiu»  berantaßt,  in  bogmatifcpe  (Streitigfeiten  ein= 
jugreifen.  Sie  erfte  biefer  Streitigfeiten  betraf  ben  ©pifiagntug.  ©egen  bie 
übliche  attegorifche  2fu§fegung  ber  Schrift  erhoben  fiep  namentlich  bie  bon  ben 
©eteprten  Vlepanbrieng  jurüdgemiefenen  (5b)iliaften ,  bie  aber  aud)  in  ^Xgtjpten 
Stnpang  fanben.  Sngbefonbere  trat  Vifdjof  Vepog  bon  5trfinoe  mit  einer 
„SÖibertegung  ber  Vtlegoriften"  auf,  meinem  Sionpfiug  um  255  feine  jmei 
Vücper  „Von  ben  Verheißungen"  entgegenftetlte.  ©g  bropte  eine  Spaltung; 
bod)  gelang  eg  bem  Sionpfiug  auf  einer  ^onferenj,  biete  ©piliaften,  ingbefom 
bere  ipr  §aupt  ^orafion,  bon  iprer  Meinung  abjubringen.  Sa  im  ©egenfape 
gegen  bie  ©pitiafien  biete  bie  bon  biefen  angeführte  Vpofatppfe  beg  Sopanneg 
bermarfen,  erftärte  Sionpfiug,  er  motte  lieber  annehmen,  bag  Vud)  gehe  über 
feine  gaffunggfräfte  pinaug,  at§  eg  bermerfen,  mie  eg  benn  nid)t  bucpftäbtid) 
ju  berftehen  fei;  er  meinte  aber,  eg  fei  mopl  ein  Sopanneg  ber  Verfaffer,  bod) 
nicht  ber  Vpoftet,  fonbern  ein  anberer  biefeg  Vameng,  ein  borberafiatifcper 
ifßriefter;  ©parafter,  ©tit ,  Öfonomie  biefeg  Vucpeg,  überhaupt  innere  ©riinbe 
fd)ienen  bagegen  ju  fprecpen.  Surd)  bie  Spätigfeit  ber  atejanbrinifcpen  ©e= 
leprten  marb  ber  bon  mehreren  älteren  bertretene  ©pifiagntug  gurüdgebrängt, 
tbenn  er  auch  nad)per  noch  einige  bereinjette  Vertreter  fanb,  mie  Vtetpobiug, 
Saftantiug  unb  2tpottinariug ,  ber  fogar  bie  Schrift  beg  Sionpfiug  „Von  ben 
Verheißungen"  ju  mibertegen  fucpte.  Saß  bie  cpiliaftifcpe  Selfre,  obfcpon  bon 
ißapiag,  Sufiin,  Srenäug,  Sertuttian  u.  a.  bertreten  (f.  oben  S.  211),  bod) 
feine  aug  ber  fircpticpen  Srabition  gefcpöpfte  mar,  geigt  fomopf  bag  ©eftänbnig 
beg  Suflinug,  baß  nicht  alte  red)tgtäubigen  ©priften  feine  Vnficpt  hierin  teilten, 
alg  aud)  bie  Vefäntpfung  berfetben  bitrcp  Vtpenagorag ,  ©ajug,  ^temeng  unb 
Drigeneg  unb  bie  pöcpft  maprfcheintiche  Vbteitung  berfetben  aug  jubaiftifdjen 
Greifen.  @g  mar  fepr  fcpmierig,  bie  cpitiaftifcpen  Vorftettungen  ju  überminben, 
für  bie  fiep  fo  biete  2fnfnüpfunggpunfte  fanben,  teitg  in  ben  Vkigfagungen 
botn  enbticpen  Sriumbpe  beg  ffteicpeg  ©otteg  über  bag  Vöfe,  teil»  in  ber  3bee, 
ber  Scpauptaß  beg  Seibeng  ber  $ird)e  mitffe  aud)  ber  Sdjauptaß  iprer  Ver¬ 
herrlichung  fein,  jumat  ba  ein  neuer  £)immef  unb  eine  neue  ©rbe  (2  ipetr.  3,  13) 
berpeißen  maren,  teitg  in  bem  Vemußtfein,  baß  in  ber  $ird)e  ein  mettumgeftattem 
beg,  allein  ^ur  Vkltperrfipaft  berechtigtes  33ringip  liege.  Sag,  mag  im  ©pilü 
agmug  nid)t  opne  tiefere  Vebeutung  mar,  pat  fiep  aud)  forterpatten ,  mäprenb 
bie  unter  bem  Srud  ber  Verfolgungen  entftanbene  Vteinung,  ber  $ampf  mit 
ber  peibnifdjen  Staatggematt  merbe  big  jur  entfepeibenben  Vßieberfepr  ©prifti 
fortbauern,  fid)  bon  fetbft  berfor.  Vußerbem  trug  noep  bie  Sfnficpt  bei,  ba  bie 
V5ett  in  feepg  Sagen  erfepaffen  fei,  ein  Sapdaufenb  aber  naep  ißf.  89,  4  bor 
©ott  mie  ein  Sag  erfepeine,  betrage  ber  irbifd)e  SBetttauf  fedjgtaufenb  Sapre1, 
bem  ein  bem  Sabbat  entfprecpenbeg  fiebenteg  Sopdaufenb  feüger  9fupe  ju 


1  Barnab.,  Epist.  c.  15. 


4.  ®ie  ßirdje  in  Äghpteit.  Siontjfiuä  üon  Alejcanbrien. 


291 


folgen  habe.  ®aju  übten  ober  and)  bic  Sehnfudjt  nach  ber  batbigen  93ereini= 
gnng  mit  ©hriftuS,  bie  Warnungen  beS  f)eilanbeS  unb  ber  Apoftel,  ftetS  bereit 
ju  fein  auf  ben  Sag  beS  tperrrt,  fomie  baS  ftarre  geftljalten  am  33udjftaben 
ber  Apofalßpfe  nod)  in  fpäteren  feiten  ihren  ©influß  ju  ©unften  biefer  33or= 
fteKung  aus  1. 

Oie  anbere  bogmatifche  (Streitigfeit,  meldje  OionpfiuS  Peranlaßte,  jur  ©af)= 
rung  ber  firddicben  2eJjre  aufjutreten,  mar  eine  antitrinitarifdje  §ärefie. 
Oie  fabellianifche  Srrleljre  begann  nach  ber  ©Ute  beS  3.  SuhrhunbertS  in  ber 
libbfdjen  ißentapoliS  fid)  zu  verbreiten.  OionpfiuS  fudjte  bie  babon  angeftedten 
33ifd)öfe  unb  ©laubigen  bon  ihr  zurüdjuführen,  manbte  fid)  an  ^apft  3tpftu§  II. 
unb  erließ  ein  Schreiben  an  ©upfjranor  unb  Ammon,  morin  er  ben  Unterfdjieb 
jmifdien  SSater  unb  Sohn  unb  ben  Utfprung  beS  letzteren  bom  erfteren  in  fo 
fchatfen  ©orten  Ijerborfiob,  baß  er  bei  vielen  Rechtgläubigen  Anftoß  erregte, 
al§  betrachte  er  ben  Sohn  als  bem  Söater  bem  ©efen  nad)  ungleich) ,  als  ein 
©efdjöpf  beS  RaterS.  23on  bem  Nachfolger  beS  XpftuS ,  OionpfiuS,  ber  eine 
römifd)e  Spnobe  in  biefer  Angelegenheit  abgehalten  h^tte ,  jur  Rerantroortung 
aitfgeforbert ,  berfaßte  er  eine  SßerteibigungSfdjrift  in  hier  Sßücbern,  morin  er 
feine  fdjroffen  AuSbrüde  milbernb  erllärte  unb  feine  Nedjtgläubigfeit  in  be= 
friebigenber  ©eife  nadjroieS.  ©r  befannte  ben  Sof)n  als  ©ott,  gleidjemig  mit 
bem  Später,  Abglanj  beS  emigen  Siebtes,  fomie  bie  Oreieinigfeit :  ,,©ir  ermeitern 
bie  ©onaS  in  bie  OriaS,  ohne  fie  ju  zerteilen,  unb  faffen  bie  SEriaS  mieber 
gufammen  in  bie  ©onaS,  ohne  fie  ju  berminbern." 2  OionpfiuS  ftarb  in  hohem 
Alter  um  baS  Saht  264  ober  265;  er  blieb  ber  bcrübmtefte  bon  allen  alej= 
anbrinifd)en  33ifd)öfen  aus  ber  borfonftantinifchen  3eit3- 

2.  ©er  nach  OionpfiuS,  als  biefer  jutn  Söifdjof  bon  Alejanbrien  ermäfjlt 
morben  mar,  tßorfteher  ber  ^a lech etenfeh ule  mürbe,  miffen  mir  nicht.  33iS 
jum  Anfänge  beS  4.  SahrljunbertS  finben  mir  in  biefem  Amte  ^pietiuS, 
raeldjer  ber  „jmeite  OrigeneS"  genannt  marb,  ber  zahlreiche  Schriften,  befonberS 
eine  über  ben  Propheten  OfeaS,  lieferte  unb  ben  ipamphiluS  bon  ©äfarea  jum 
Sd)üler  hotte,  bann  SE h e 0 Ö n 0 11  s »  ^er  ne^ett  anbern  ©erfen  fieben  SSücher 
„tpppotppofen"  berfaßte.  Oer  ©eljilfe  biefer  beiben  Seljtet  fdjeint  unter  bem 
©piffopate  beS  OhoonaS  ber  nachherige  töifdjof  AdjillaS  gemefen  ju  fein,  ber 
auf  biefem  Stuhle  bem  Söifdjof  i^etruS  folgte,  melchet  in  ber  Oiofletianifchen 
Verfolgung  als  ©ärtprer  geftorben  mar.  ©S  beftanben  ficher,  menn  and)  mel)t= 
fach  gemilbert,  mehrere  Sheologumena  beS  OrigeneS  in  ber  alejanbrinifd)en 


1  ®ionhfiu£  gegen  Repos)  bei  Euseb .,  Hist.  cccl.  VII,  24  sq. ;  ügl.  III,  28.  Epiph., 
Haer.  XVI,  33.  Sögt,  Sorrobi,  ßrttifche  ©efd&ichte  be$  Sbüia§mu§.  3ürid)  1794. 
Klee,  Tentamen  theol.  de  Chil.  Mogunt.  1825.  2Ö  et  g  n  e  r ,  ®er  SljiliaSmuS  in  ben 
erften  3fal)r£)unberien  (Programm).  ®illingen  1849.  Scfjneiber,  ®ie  djialiaft.  ®ottrin. 
Schaffhaufen  1859.  58  o  uff  ei,  Beiträge  aut  ©efd)idf;te  ber  ©ächatologie  (3eitfär.  für 
Äirthcngefh.  XX  [1900],  103  ff.  261  ff.). 

2  3ebn  SärudEjftüde  ber  Schriften  be*3  ®ionbfiu3  auä  Äthan.,  De  sent.  Dionys., 
unb  Basil.,  De  Spiritu  Sancto  c.  29,  bei  Routh,  Rel.  sacr.  III,  194  203;  Migne,  latr. 
gr.  X,  1270  sq. 

»  Über  bie  Schriften  be$  ®iont)fiuä  Ogi.  Sarbenhetner,  Ratrologie  (2.  2lufl.) 
S.  135  ff.  ßrüger,  ©efdjichte  ber  altcfjriftl.  Sitteratur  S.  126  ff.  §arnatf,  ©e= 
fhichte  ber  attdiriftl.  Sitteratur  I,  409  ff. 


19 


292  ®ie  großen  SGerfoIgungen  unb  ber  ©ieg  be§  6^riftentum§. 

©djule  fort,  unb  e§  fdjeint  fogar  barükr  mandjer  ®ampf  im  ©djofie  biefer 
ßirdje  entftanben  p  fein  *. 

©in  anberer  Üllepnbriner ,  5tnatoIiu§,  ber  270  Sifdjof  bon  Saobicea 
mürbe,  berfafite  einen  feljr  gefd)ä|ten  Ofterci)ftu§ ,  ber  19  3af>re  umfaßte  unb 
mit  276  begann.  Serfelbe  berbrängte  ben  acf)tj;äf)rigen  Öfterer)! lu§ ,  meldjen 
früher  Siont)fiu§  au§gearbeitet  fjatte,  mie  benn  überhaupt  an  ben  ©treitigleiten, 
bie  über  bie  Ofterfeier  entftanben  maren,  bie  Süejanbriner  ben  regften  Anteil 
nahmen.  3n  biefen  gmiften,  bie  nidjt  bloj?  gegen  bie  ganj  unb  gar  fubaifieren= 
ben  Quartobecimaner  (oben  ©.  224)  geführt  mürben,  fonbern  aud)  unter  ben 
ßatbolifen,  famen  mehrere  gelehrte  fragen  pr  ©pracbe :  1)  21n  meinem  Sage 
ift  Oftern  p  feiern?  2)  2ßic  lange  l)at  ba§  Ofterfaften  p  bauern?  3)  3 ft 
(Sfjrifti  Sobe§tag  al§  Sag  ber  greube  ober  al§  Srauertag  p  begehen?  4)  §at 
©f)riftu§  am  14.  fJtifan  ober  anticipation§meife  fdfon  am  13.  ba§  Ofterlamm 
genoffen  unb  marb  er  fd)on  üor  bem  gefte  ber  jubelt  gefreugigt?  5)  2Bie  ift 
3of).  18,  28  unb  19,  14  mit  ben  anbern  ©bangelien  in  ©inllang  p  bringen, 
befonber§  mit  9Jtattl).  26,  18  ff.?  6)  3U  tüeld)er  3eit  unb  ©tunbe  ift  ©IfrifiuS 
auferftanben  ?  Sie  ©djriften  be§  Clemens  unb  be§  ^3etru§  über  bie  Ofter= 
feicr  finb  un§  Oertoren;  bie  jmeite  unb  bie  fedjfte  biefer  fragen  erörterte  Sio^ 
npfiu§  in  einem  Briefe  an  93afilibe§ ;  bie  Oierte  Ijatte  (nach  einem  Fragment) 
Clemens  baf)in  beantmortet,  baf;  ©l)riftu§  geftorben  fei,  bebor  ba§  gefet)lid)e 
5ßaffafimat)t  eintrat,  melcbje  3lnficf)t  aud)  |)ippolptu§  bertrat,  ber  für  bie 
römifd)e  $ird)e  einen  fecbjefmjäbrigen  6pllu§  anfertigte1 2.  Sarin  ftimmte  man 
bottfommen  mit  fftom  überein,  baf$  Oftern  nur  nad)  bem  $rüf)Iing§äquinoltium 
p  feiern  fei3. 

©in  meiterer  djrifttidier  ©elefirter  S4gt)pten§ ,  ber  bem  5Iu§gange  be§ 
3.  5abrf)unbert§  angetiört,  mar  §»ierafa§,  ber  in  2eontopoli§  lebte  unb 


1  Über  bie  Dtadjfolger  beS  OrigeneS  bgt.  Euseb.  1.  c.  YI,  3.  15.  26.  29.  31.  35. 

40  sq.:  VII,  1.  4  sq.  20  sq.  32.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  54.  69.  76.  ®er  SebrtbpuS 
beS  DrigeneS  finbet  fid)  bottfommen  bei  beit  fpäteren  2IIejanbrinern  toieber.  a)  Steuer 
batte  ben  ©obn  xzioßa  genannt  nad)  6pr.  8,  22,  too  man  in  ber  LXX  ftatt  beS  burd) 
ben  bebräifd)en  Sejt  (unb  bie  SMgata)  beglaubigten  ba§  SBort  ezrto-s  IaS ;  ben= 

felben  SluSbrucf  brausten  ©ionpfiuS  unb  ®beognoftuS  (Phot.,  Biblioth.  cod.  106  ex  1.  2 
Hypotypos.).  b)  ©bettfo  toarb  an  letsterent  bie  33ebauptung  beS  DrigeneS  gerügt,  zbv 
uiov  zw v  loyixwv  ßovov  iirtozazstv,  beSgleidjen  anbere  Sebren  betreffs  beS  ©eifteS  unb  ber 
©nget  (Phot.  1.  c.).  c)  @o  lehrte  aud)  tpieriuö  bie  ißraejiftenj  ber  (Seelen  nach  DrigeneS 
unb  brauchte  bom  Jpeiligen  ©eifte  2öorte,  bie  ibn  ben  ätoei  anbern  göttlichen  ißerfonen 
naebftettten  (Phot.  1.  c.  cod.  119).  d)  SDBie  DrigeneS  brauet  ißieriuS  baS  SBort  obata 
fdjmanlenb  aud)  für  bie  qjerfon  (Phot.  1.  c.).  tßon  ben  Schülern  beS  DrigeneS  toirb 
noch  $rt)bb°u  als  Sßerfaffer  biblifcper  91bbanblungen  genannt  (Hieron.  1.  c.  c.  57). 

2  Über  2InatoliuS  Dgl.  Euseb.  1.  c.  VII,  32.  Vers.  lat.  cycli  pasch,  bei  Bücher, 
S.  J.,  Doctrina  tempor.  (Antwerp.  1634)  p.  439  sq.  Gallandi,  Biblioth.  III,  545 — 558. 
Clem.  Alex.,  De  paschate.  Euseb.  1.  c.  IV,  26;  VI,  3.  Phot.  1.  c.  cod.  111.  Fragin. 
ex  Chron.  Alex,  bei  Gallandi  1.  c.  II,  153.  Dionys.  Alex.,  Ep.  can.  ad  Basil.,  bei 
Harduin,  Conc.  Coli.  I,  185 ;  Gallandi  1.  c.  III,  501  sq. ;  Routh  1.  c.  II,  385 — 394. 
3!gl.  Euseb.  1.  c.  VII,  20.  Murin.  Alex.,  Fragm.  de  ratione  paschali,  bei  Pitra,  Spicil. 
Solesm.  I,  14. 

3  Über  bie  Schriften  ber  Sllejanbriner  Dgl.  töarbenb einer  a.  a.  D.  <5.  138  ff. 
ßrüger  a.  a.  D.  S.  133  ff.  § a r n a d  a.  a.  D.  I,  427  ff.  ©brburb,  ®ie  altdjriftl. 
Sitteratur  <S.  352  ff. 


5.  Sie  ßirtfje  im  Orient.  £>ürefie  beg  ißaulug  Oon  ©amofata  über  bie  Trinität.  293 

oerfd)iebene  Kommentare  über  biblifdje  33üdt>er  pinterließ,  bie  jebod)  inggefamt 
berioren  finb.  (Sr  lebte  atg  ftrenger  9tgfet,  unb  auch  feine  ©cpüler  mußten 
fid)  betn  agfetifdpen  ßeben  mibmen,  fo  baß  mir  pier  anfdjeinenb  einen  mirfr 
licken  9lgfetenberein  erfennen  tnüffen,  ben  ber  ©eteprte  mit  feiner  Süngerfdpaft 
bitbete.  (Spipßaniug  nennt  ben  §ierata»  unter  ben  £)äretifern.  9iacp  ipm  er= 
Karte  berfelbe  ben  (Speftanb  alg  bloß  betn  5llten  Oeftamente  eigen,  bie  (Spe= 
lofigteit  bagegen  unb  bie  (Sntpaltung  Oon  gleifcp  unb  2Bein  für  notmenbig 
jur  (Seligfeit,  ©eine  9tgfefe  märe  mepr  gnoftifcp  alg  tpriftlid)  gemefen.  (Sr 
Spielt  feft  an  ber  adegoriftfjen  5Iuglcgung  ber  ^eiligen  ©eprift  unb  leugnete 
mittelft  berfelben  bie  9luferftepung  beg  gleifdjeg,  inbem  er  oorgab,  bie  5luf= 
erftepung  fei  bloß  alg  eine  geiftige  ju  faffen ,  ber  Seib  gepe  unter,  ©eine 
©cpüler  nannte  man  £)ierafiten 1. 

3u  Anfang  beg  4.  ^aprpunbertg,  unter  bem  (Spiffopate  beg  aud)  fcprift= 
ftellerifcp  tpätigen  33ifd)ofg  betrug  bon  5tlejanbrien,  entftanb  in  %ppten 
ein  ©d)igma.  fDtetetiug,  föifcpof  bon  Sptopolig  in  ber  Sfpebaig,  mürbe 
ber  litpeber  einer  ©paltung,  bie  nape  an  fecpjig  Sapre  gebauert  pat. 
lernte  fid)  gegen  bie  Obergemalt  beg  betrug  auf,  erteilte  Süßeipen  in  beffen 
Sprengel  unb  gab  aud)  ben  fßorfteHungen  feiner  5lmtggenoffen  fppiteag  bon 
Stpmuig  unb  anberer  33ifd)öfe  niefjt  nacp 2.  SDegpalb  marb  er,  bieler  23erbrecpen 
fcpulbig,  burep  gemeinfamen  33efd)Iuß  ber  ägpptifdpen  33ifd)öfe  entfeßt,  bot  aber 
bem  betrug  mie  aud)  beffen  9tad)foIgern ,  inbem  er  neue  33ifcpöfe  einfeßte, 
ttod)  fortmäprenb  2roß,  auf  eine  Partei  geftüßt,  bie  fiep  fpäter  mit  ben 
Arianern  berfepmotj.  Oer  51bfcpeu  ber  ganzen  Kiripe  laftete  auf  biefer  fcpig= 
matifepen  Partei3. 

5.  Oie  Kirdje  im  Orient.  §arefte  bc§  fßaulug  1,1)11  ©amofata  über  bie  Orinität. 

ß  i  1 1  e  r  a  t  u  r.  —  ©.  oben  ©.  259.  Saju :  II.  A.  Bamsay,  A  study  on  the  early 
history  of  the  Church  (Expositor  1888,  Oct. ,  p.  141 — 167;  Dec. ,  p.  401 — 427). 
3.  ©rnft,  Sie  ©djtbeit  beg  iöriefeg  Oiirmiliang  oon  ©äfarea  über  bie  ßeßertaufc  (3eit= 
fdbrift  für  tatpol.  £f)eol.  1894,  ©.  299—259).  iß.  «5tf$au,  3ur  ßebenggefdbidjte 
©regorg  beg  Sßunbertßäterg  (3eitfäjr.  f.  toiffenfd).  ipeol.  1898,  ©.  211 — 250).  —  Über 
ißaul  öon  ©amofata:  Ehrlich,  De  erroribus  Pauli  Samos.  Lips.  1745.  Feuerlin, 
De  haeresi  Pauli  Samos.  Gotting.  1741.  Schwab,  Diss.  de  Paulo  Samos.  Herbip. 
1839.  Jpefele,  Goncilicngefcbidjte  I  (2.  2tuft.) ,  135—143.  A.  Rfville ,  La  cliristo- 
logie  de  Paul  de  Samosate  (Biblioth.  de  l’Ecole  des  hautes  dtudes.  Sciences  reli- 
gieuses  VII,  189—208).  —  Über  bie  antiodjenifdje  ©eleßrtenfdfjule:  Milnter, 
Progr.  de  schola  Antiochena.  Hafniae  1811  (beutfcJ)  Oon  ©täubtin  in  Säfdjirnerg 
SlrdjiD  für  alte  unb  neue  Äircbengefdjicbte  I,  1).  Hornung,  Schola  Antiochena.  Neo¬ 
stad.  1864.  ßißn,  Sie  iöebeutung  ber  antiodjen.  ©^ule  auf  ejegetifdjem  ©ebiet. 
SBeißenburg  1866.  fßpil.  £>ergenrötber,  Sie  antiodjenifdbe  ©cpule.  JEÖürjburg  1866. 
—  SB.  SRiebel,  Sie  Äir<penre<ptgqueÜen  beg  tpatriard^ats  SUejranbrien.  ßeipjig  1900. 


1  'IspaxiTat  bei  Epiph.,  Haer.  LXYII. 

4  Phileae  Ep.  bei  Maffei,  Osservaz.  letter.  III,  11—18,  in  Opusc.  eccl.  (Veron. 
1738)  p.  254  sq.  Routh,  Rel.  sacr.  ID,  381— 383.  ©dpmibt,  Fragment  einer  ©djrift 
beg  9Jlartt)rerbifcbofg  ißetrug  Oon  3Uej.  (Sejte  unb  Unterfud).  91.  5-  V,  4).  ßeipjig  1900. 

8  Petri  I.  Ep.  bei  Maffei,  Osserv.  lett.  III,  17.  Routh  1.  c.  p.  348—349.  Athan., 
Apol.  c.  Arianos  n.  59  (Migne,  Patr.  gr.  XXV,  356) ;  Ep.  ad  episc.  Africae  et  Libyae 
n.  22  sq.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  I,  8;  Haer.  fab.  IY,  7.  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  6. 
Epiph.,  Haer.  LXVI1I  (aug  fetjr  trüben  Cuetten). 


294 


®ie  großen  SBerfotgungen  unb  ber  @ieg  be§  Gpriftentumg. 


1.  5öie  im  5tbenbtanbe  unb  in  5tgppten,  fo  traf  and)  im  Often  be§ 
9tßnterreicpe»  bie  23erfotgung  be§  Oeciu»  juerft  bie  firt^Itdjen  23orfteper.  Oer 
23ifcpof  5IIe£anber  bon  Serufatem  mürbe  trop  feines  popen  5ttter§  nad) 
©äfarea  bor  ben  iRiipterftupl  be§  ^3rofurator§  geführt,  befannte  ftanbpaft  beit 
©tauben  unb  mürbe  in§  ©efängnis  gemorfen,  mo  er  ftarb.  ©ein  iftacpfotger 
mar  iDtajobaneS;  bodp  traten  meber  er  nocp  bie  fotgenben  Sifcpöfe  bis  in 
ben  Anfang  beS  4.  SaprpunbertS  befonberS  perbor.  5tucp  ber  53ifcpof  23abptaS 
bon  5lniiocpien  mürbe  megen  beS  ©tauben»  eingeferfert  unb  ftarb  im  ©e= 
fängniS,  morauf  gabiuS  sunt  Sifcpof  ber  Metropole  beS  OftenS  aufgeftettt 
mürbe.  Oie  ©reigrtiffe,  metdie  fid)  in  9tom  burcp  bie  Haltung  mehrerer  53e= 
tenner  unb  5tbgefattenen  unb  bie  fcf)i§irtatifc^e  SBapl  beS  9tobatian  abfpietten, 
fanben  ipren  lebhaften  SBiberpatt  im  Orient.  £)ier  maren  biete  S3ifc£)öfe  eper 
ju  ber  ftrengen  5tnfid)t  geneigt,  metdje  9tobatian  nacp  feinem  53rucpe  mit  ber 
$ird)e  bertrat.  9Jtit  ben  Briefen  an  bie  £)auptfinpen  beS  OftenS,  in  metipen 
bie  2öapt  beS  ^ornetiuS  jurn  römifdjen  53ifcpof  mitgeteitt  mürbe,  tarnen  auch 
bie  Briefe  ber  nobatianifdfen  Partei  an,  metd)e  bie  5tften  ber  ©rpebung  beS 
9tobatian  jum  löifdjofe  bon  3tom  enthielten.  23iete  33if<pöfe  maren  fcpmanfenb, 
fo  gabiuS  bon  5(ntiocpien,  ber  mepr  jur  5tnerfennung  beS  9tobatian  pinneigte, 
meit  er  fetbft  bie  ftrenge  ^ßra£iS  gegen  bie  ^gefallenen  bertrat;  bann  OpetpmibreS 
bon  Saobicea,  ütteruzaneS,  33if(pof  in  Slrmenien,  unb  anbere1.  Ourdf  Briefe 
an  biefe  fircplicpett  53orfteper  unb  beren  ©emeittben  fucpte  OionpfiuS  bon  5ttepan= 
briett  feine  5lmtSbrüber  zu  überzeugen,  bap  Cornelius  ber  einzig  recptmäpige 
Sifcpof  bon  9tom  fei,  unb  jugteid)  legte  er  ipnen  feine  5tnficpt  über  bie  53upe 
unb  bie  SBieberattfnapme  ber  5Ibgefattenen  bar.  iDteprere  S3ifd)öfe  ©prienS  unb 
®IeinafienS,  barunter  girmitian  bon  ©äfarea  in  $appaboden,  gietenuS 
bon  OarfuS  in  $ilifien  unb  OpeoftiftuS  bon  ©äfarea  in  ^atäftina  be= 
ftptoffen  nun,  eine  grope  ©pnobe  nad)  5(ntiocpien  ju  berufen,  um  bie  ganze 
grage  gn  itnterfucpen  unb  entfprecpenbe  53efcpütffe  ju  faffen.  5lucp  OionpfiuS 
bon  5t(ej:anbrien  mürbe  jtt  ber  ©pnobe  eingetaben.  5ßir  miffett  ni<pt,  ob  bie= 
fetbe  ju  ftanbe  tarn.  gabiuS  bon  5Intiod)ien,  an  metcpen  ^ornetiuS  über  ben 
9iobatian  auSfüprlitp  berichtet  patte,  inbem  er  ipm  jugteidp  bie  ©pnobatfd)reiben 
ber  in  Italien  unb  in  5tfrifa  abgepattenen  bifdjöfticpen  SSerfammtungen  ju= 
fanbte,  ftarb  bereit»  im  Sapre  252.  ©r  fcpeint  am  meiften  auf  ber  ©eite  beS 
9tobatian  geflartben  ju  paben;  nad)  feinem  Oobe  fanb  bie  altgemeine  51  n= 
ertennung  beS  ß'ornetiuS  als  recptmäpigen  53ifcpof§  bon  9iom  feine  ©ipmierig^ 
feiten  mepr.  Ood)  bitbeten  fiep  in  mepreren  ©täbten  fdpSmatifcpe  ©ruppen, 
mettpe  5tobatian  anerfannten,  fo  bap  bas  ©cpiSma  fiep  bis  in  ba§  4.  3apr= 
punbert  forterpiett. 

5Iucp  ber  ^epertaufftreit  marf  feine  2Betten  bi§  naep  ben  orientatifdjen 
^robinjen.  3u  ßteinafien  unb  maprfipeinticp  aucp  in  5tntioepien  befolgte  man 
meiften§  bie  gteidje  ißraji§  mie  in  5lfrifa :  zur  ^irepe  befeprte  |)äretifer  mürben 
bei  iprer  5tufnapme  mieber  getauft  (f.  oben  ©.  284  f.).  9taip  ber  grofjen  afri= 
fanifepen  ©pnobe,  an  meteper  87  Sifipöfe  teitgenommen  unb  bie  Ungiittigfeit 
ber  ^epertaufe  au§gefproipen  patten,  fanbte  ©pprian  ben  Oiafon  9togatianu§ 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  43.  46. 


5.  Sie  Sirpe  im  Orient.  §ärefie  be§  Paulus  bon  Samofata  über  bie  Srinität.  295 

nap  $leinafiett  mit  ©^reiben  an  bie  23ifpöfe  IpelenuS  bon  ©arfuS  unb  $ir= 
mitian  bon  ©äfarea,  um  ipnen  bie  58efd)Iüffe  mitjuteilen.  girmilian  gehört 
neben  ©pprian  bon  ^artpago  unb  ©ionpfiuS  bon  Alejanbrien  51t  ben  größten 
Söifpöfen  ber  bamatigen  3eit.  Söäprenb  tnepr  als  breipig  Sagten  (um  232 — 264) 
ftanb  er  ber  ßirpe  bon  ©äfarea  bor,  unb  in  ber  Söfung  aller  miptigen 
Stagen,  melpe  bie  $irpe  betrafen,  übte  er  einen  mapgebenben  ©influp  aus. 
3n  bem  $e|ertaufftreite  ftanb  er  auf  ber  ©eite  ©t)prian§  unb  fanbte  biefem 
burp  UiogatianuS  einen  33rief  barüber,  in  meinem  er  fparf  über  ^apft  ©teppan 
urteilte,  ©iefer  patte  aup  ipn  mit  bem  AuSfplup  aus  ber  firplipen  ©etnein= 
fpaft  bebropt;  allein  bie  ©ropung  tarn  nicht  jur  Ausführung. 

Unter  ben  fleinafiatifpen  Sifpöfen  ragte  noch  befonberS  pcrbor  ber 
1)1.  ©regor  ber  SBunbertpäter,  föifpof  feiner  35aterftabt  ffteocäfarea  in 
IßoniuS,  beren  gefeierter  Apoftel  er  mar.  Aapbetn  er  fiep  in  ber  ©(pule  beS 
OrigeneS,  für  ben  er  eine  fepr  intereffante  ©attfrebe  fprieb,  eine  tiieptige  tpeo= 
togifpe  föitbung  angeeignet  patte,  traf  er  bei  ber  Ütücffepr  in  feine  Heimat  bort 
nur  fiebjepn  ©priftcit,  ju  beren  fBifcpof  er  burp  ben  33iftpof  fßpäbimuS  bon 
Amafia  gemeipt  mürbe.  SBäprenb  brei  Saprjepnten  (etma  240 — 270)  mirfte 
er  nun  für  bie  Ausbreitung  beS  ©bangeliumS  in  feiner  93aterftabt;  unb  bei 
feinem  ©obe  gab  eS,  natp  ben  33ericpten  beS  4.  SaprpunbertS,  bort  blop  noep 
fiebjepn  Reiben.  Um  bie  firplipe  ©iSjiplin  feft  ju  geftalten,  berfapte  er  feine 
Epistola  canonica.  Aup  eine  ©rllärung  ber  ©laubenSmaprpeiten  im  An= 
fpluffe  an  baS  ©ptnbol,  ba§  er  beim  Unterrichte  benutzte,  pat  er  pinterlaffen1. 

2.  Aap  bem  ©obe  beS  SabiuS  bon  Antiopien  mürbe  ©emetrianus  jum 
33ifpofe  gemäptt.  Auf  biefen  folgte  im  Sapre  260  Paulus  bon  ©amofata. 
©ialeftifp  gebilbet,  aber  poffärtig,  prapttiebenb  unb  berfpmenberifp ,  bepielt 
er  neben  feinem  bifpöflipen  Amte  notp  baS  meltlipe  eines  ©ucenariuS  (0ber= 
einnepmerS)  bei,  baS  iptn  200  ©eftertien  eintrug,  ©erfelbe  erregte  einen  neuen 
trinitarifpen  ©treit  burep  feine  Srrlepren.  $pm  galt  ©priftuS  ebenfalls  nur 
als  bloper  fJAenfp,  gejeugt  aus  bem  ^eiligen  ©eifte  unb  aus  ber  Jungfrau 
geboren.  3tt  iptn  follte  ber  göttlipe  SogoS,  bie  SöeiSpeit  ©otteS  (unperfönlip 
gebapt),  gemopnt  unb  in  pöperem  9Aape  gemirft  paben  als  in  ben  übrigen 
‘‘fßroppeten.  ©iefe  göttlipe  straft  bereinte  fip  mit  SefuS  nipt  bem  Söefett, 
fonbern  ber  Qualität  nap,  unb  feine  Jöergöttlipung  mar  borperbeftimmt.  ©o 
mar  „ber  8ogoS  gröper  als  ©priftuS ,  ber  SogoS  bon  oben,  ©priftuS  bon  pie= 
nieben ;  ©priftuS  litt  ber  Aatur  nap,  ber  ©nabe  nap  mirfte  er  SBunber". 
©rft  burp  bie  göttlipe  ©nabe  unb  burp  eigenes  SBirfen  marb  ©priftuS  ©ott. 
©ie  Srrlepre  beS  Paulus  erregte  gropeS  Auffepen,  mie  fein  Aßanbel  biele 
Klagen,  ©eit  264  befpäftigten  fip  mit  feiner  Angelegenheit  meprere  ©pnoben, 
an  betten  S^milian  bon  ©äfarea,  ©regor  ber  fffiunbertpäter ,  IpelenuS  bon 


1  SBarbenpetner,  ^atrologie  (2.  Stuft.)  S.  149  ff.  £>arnacf,  ©efpiepte  ber 
altcpriftl.  Sitteratur  I,  428  ff.  ©  pr  p  a  r  b ,  Sie  altpriftl.  Sitteratm*  @.  357  ff.  33  a  r  b  e  n- 
petoer,  Art.  „©regor  b.  SB."  in  SB e per  unb  SBelte’S  ßircpenlejifon  V  (2.  Auf!.), 
1184.  Saucpert,  Sie  ©regoriuS  Spaumaturgus  jugefpriebenen  12  Kapitel  über  ben 
©tauben  (Xüb.  Speol.  Ouartalfpr.  1900,  S.  395  ff.).  £>aibaper,  3«  ben  fcomilien 
beä  ©regoriuö  ooit  Antiopia  unb  be§  ©regor.  Spaumat.  (3eüfpr.  für  fatpol.  Speol. 
1901,  ©.  367  ff.). 


296 


$ie  großen  Berfolgungen  unb  ber  ©ieg  be§  ©hriftentumg. 


SXarfitS,  §)t)menäuS  bon  ^erufolem,  SlfeotefnuS  bon  ©äfarea  in  ^ßatäftina, 
9Jtaj:imuS  bon  SBoftra  mit  bieten  andern  Okrtfirten  teitnaffmen.  ©S  gelang 
anfänglich  ben  berf amtnetten  93ifchöfen  nicht ,  ben  flauen  Sftrtelfrer  ju  über= 
führen,  bis  ber  ^rieftet  9ftatd)ion  auf  ber  ©pnobe  bon  269  feine  5tuSftüd)te 
fiegreid)  gurücffchtng  unb  iffn  böüig  enttarbte.  darauf  tnurbe  er  feines  5lmteS 
entfett  unb  babon  alten  Sifdföfen  Nachricht  gegeben.  SDomnuS  marb  fein 
Nachfolger.  Noch  einige  $eit  f)iett  fich  ^autuS  burd)  bie  ©unft  ber  Königin 
genobia  bon  Sßatmpra,  bie  damals  in  ©prien  tferrfdtte;  als  aber  $aifer 
Nuretian  272  biefe  befiegte,  muffte  er  meinen;  ein  Üteffript  beS  $aiferS  fprad) 
bemfenigen  S3ifchof  baS  „tpauS  ber  Kirche"  bon  Nntiochien  ju,  an  ben  ber 
römifche  33ifd)of  unb  bie  S3ifchöfe  in  Statien  Briefe  fdndten.  ©eine  5tnt)änger, 
$pautianer,  ^autianiften,  ©amofatener  genannt,  erhielten  fich  bis 
an  baS  ©nbe  beS  4.  SaprpunbertS.  £muptfäcpttd)  warb  für  biefe  Sehre  gettenb 
gemacht,  baff  man  fonft  ber  Selfre  bon  jmei  ©öttern  (bem  SDittfeiSmuS)  ber= 
falte,  baff  ©ffriftuS  fetbft  ben  23ater  ben  allein  mapren  ©ott  (3op.  17,  3)  unb 
größer,  atS  er  fetbft  fei  (ebb.  14,  28),  genannt,  am  ^reuje  bie  23erlaff  entfett 
bon  ©ott  (TOatttf.  27,  46)  betlagt,  nacf)  ben  ©bangetien  bon  feiner  fugend 
an  ^genommen  habe  an  ©nabe  (Suf.  2,  52)  u.  f.  f. 1 

3.  SDie  fchriftftetterifche  Süfatigfeit  ber  früheren  Sifdföfe  SüfeopIfituS  unb 
©erapion  bon  5tntiodfien  geigt ,  baff  bie  ttfeotogifcpen  ©tubien  in  ber  5Netro= 
pole  beS  OftenS,  mo  tüchtige  mettlidie  ©cpulen  befianben,  ebenfalls  in  ©tfren 
toaren.  Qmei  ^riefter  biefer  Birdie,  gelehrt  gleich  ihrem  älteren  9tmtSgenoffen 
N2  a  I  ch  i  o  n ,  ber  269  auf  ber  ©pnobe  gegen  ^ßautuS  ©amofatenuS  fich  tfotfen 
tftulfm  etttmrb,  pflegten  am  SluSgange  beS  3.  SatfrtfunbertS  tfier  bor  altem  bie 
bibtifdien  ©tubien  unb  inSbefonbere  bie  tfebräifcpe  ©pradfe.  ©S  mären  ©>oro= 
t h e u S  unb  SucianuS,  bon  benen  teuerer  311 — 312  als  fDZärtprer  ju  Nifo= 
mebien  ftarb.  ©ie  legten  ben  ©runb  ju  ber  antiodfenifdjen  ©etetfrtem 
fcpute:  Sudan  jog  jur  tßerbefferung  ber  ©eptuaginta  ben  tfebräifcpen  $ejt  ju 
IRate  unb  lieferte  eine  tßibctrecenfion ,  bie  in  $Ieinafien  unb  ©riedfentanb  bon 
®onfiantinopet  bis  9Intiod)ien  als  bie  übliche  2IuSgabe  in  ©ebraud)  tarn.  3lfm 
tourbe  fpäter  ein  ©taubenSbefenntniS  beigelegt,  baS  bon  einigen  fattfotifd),  bon 


1  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  27 — 30.  Epiph.,  Haer.  LXV.  Theodoret.,  Haer.  fab. 
II,  8.  Philastr.,  De  haeres.  c.  44.  —  Ducenarius  ift  procurator  ( Sueton In  Claud. 
c.  24.  Cod.  Iust.  X,  19,  1.  Dio  Cass.,  Hist.  rom.  lib.  53,  ed.  Gottifridus,  Pantheon 
[Basil.  1558]  p.  304  sqq.  Vales.  bet  Euseb.  1.  c.  VII,  30).  —  Fragm.  Pauli  bei  Leont. 
Byz.  {Mai,  Nova  Coli.  VII,  1).  Routh ,  Rel.  sacr.  III.  ®ie  antiochenifcbe  ©pnobe 
fott  bag  fd)on  früher,  auch  üott  haretifern  (oben  ©.  163,  2lnm.  2),  gebrauste  Sßort 
<5 poouaiov  bertoorfen  haben.  DJtehrere  (Mehrte  geben  bieg  ju ,  jebocf)  foIX  eg  nur  im 
©inne  beg  *Paulug  gefdjehen  fein,  ber  opoouaiov  gleich  zauroumov  nahm,  baburcf)  bie 
©inheit  ber  ißerfon  unb  ben  ©opn  alg  eine  ©igenfdfcift  beg  Baterg  barftellte,  audh  obma 
für  hppoftafe  fepte  (ogl.  91töhler  =  ©amg,  ßirchengefcf).  I,  321),  mahrenb  anbere  bie 
Stngabe  beftreiten,  ba  bie  fpäteren  Saugen  Sttpanafing  (De  syn.  c.  43),  Bafiliug 
(Ep.  52),  §ilariug  (De  syn.  c.  81  sq.)  leicht  burd)  bie  pöerfichtticf)  auggefprodjene, 
non  ihnen  nicht  tneiter  unterfuchte  Behauptung  ber  halbarianer  ju  2Incpra  Oon  358 
haben  getänfcht  toerben  fönnen.  Berfchiebene  Stnfiepien  f.  bei  Feuerlin,  Diss.  Dei  Filium 
Patri  esse  öftooumov  antiqui  Eccl.  doct.  in  Conc.  Ant.  utrum  negarint."  Gotting.  1755. 
Lib.  Fassonius,  De  voce  öpoouc nw.  Rornae  1755.  hagentann,  ®ie  römifche  Kirche 
©.  463—475. 


6.  Ser  DJlanicfjätämuS. 


297 


anbern  im  Sinne  be§  ^ärctifdjen  ©uborbinatiani§mu§  (2triani§mu§)  gebeutet 
toarb.  ©eine  tpeologifdje  Stiftung  pat  jebcnfatte  auf  ben  finiteren  £)äretifer 
2(riu§,  ber  fein  ©filier  mar,  eingemirft.  Snmiefern  33ifdmf  2Jlet  pobiuS  unb 
ber  Epronograj)!)  SuliuS  2lfrifanu§,  ber  aud)  in  2IIejanbrien  ftubierte, 
3itr  antiodjenifdien  ©djute  geregnet  merben  fönnen,  ift  ftreitig.  grüf^eitig 
mad)tc  fid)  in  biefer  ©d)ule  ein  gemiffer  ©egenfa|  jur  alejanbrinifdien  bemerk 
bar;  c§  mürbe  in  if)r  tmr  altem  bie  grammatifd)=Iogifd)e  53ibetau§Iegung  gepflegt 
unb  in  ber  ^ilofoptjie  metfr  auf  2triftoteIe§  al§  auf  paton  äurüdgegangen. 
Sm  4.  3ab)tf)unbert  traten  biefe  Unterfdjiebe  beuttidjer  fjerbor*  1. 

3n  Ebeffa  blühte  ebenfalls  eine  für  ©prien  mistige  ©d}ute  mit  fmfitib 
praftifcber  9tid)tung,  meiere  biblifdje  ©tubien  betrieb  2 * * S.. 

6.  Ser  9Jlanidjäi8mu§. 

Quellen.  • —  1)  Acta  disputationis  Archelai  episc.  Mesopot.  et  Manetis  haeres. 
(um  276),  bei  Migne,  Patr.  gr.  X,  1429  sqq.  Sie  ©djtfjeit  fjaben  mit  SBeaufobre  (Histoire 
critique  de  Manichde  et  du  Manicheisme.  2  vols.  4°.  Amsterdam  1734  sq.)  einige 
ßrititer  beftritten;  aber  nidjt  bloft  ber  erfte  Herausgeber  3acagni  (9tom  1698),  fonbern 
aucfi  Diele  anbere  ©eleprte  paben  fie  mit  äußeren  unb  inneren  ©rünben  gut  Perteibigt 
(Dgl.  Oblasinshi ,  Acta  disputationis  Archelai  et  Manetis.  Lips.  1874).  2)  Euseb., 
Hist.  eccl.  YH,  31.  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  22.  Hier.,  De  vir  ill.  c.  72.  3)  Titus 
Bostr.,  C.  Manich.  11.  III  {Migne,  Patr.  gr.  XVIII,  1069  sq.).  4)  Alex.  Lycop., 
Tract.  de  placitis  Manich.  (ibid.  p.  411  sq.).  5)  Cyrill.  Hier.,  Catech.  6,  n.  21  sq. 
6)  Epiph.,  Haer.  LXYI.  Theodoret.,  Haer.  fab.  I,  26.  7)  August.,  C.  epist.  fundam. 
unb  in  Dielen  ©d)rifieu  (Opp.  tom.  VIH,  ed.  Maur.).  8)  Phot.,  C.  Manich.  I,  11 — 15, 
too  aufeer  ben  genannten  gried)if(f)en  Slutoren  nod)  (Serapion  Don  Spmuis,  Heratleon 
Don  ©palcebon  (Biblioth.  cod.  85)  unb  ber  Priefier  Srpppon  als  ©dfriftfteßer  gegen  bie 
©efte  genannt  toerben.  9)  Qrientalifdje  Queflen  bei  Herbelot,  Biblioth.  Orient.  Par. 
1697  s. ,  unb  Sylv.  de  Sacy ,  Mdmoires  sur  diverses  antiquites  de  la  Perse.  Paris 
1793.  10)  2lrabifd>er  äieridjt  bei  ©u ft.  Flügel,  ßJiani,  feine  Sepre  nnb  feine  ©djriften. 
2IuS  bem  ^iprift  (987)  beS  3bn  2lbi  3a’  $ub  an  Pabim.  erftenmal  perauSgeg. 

Seißjig  1862.  ©ptpolfon,  Sie  ©fabier.  ©t.  Petersburg  1856. 

Sitteratur.  —  Alticottius,  S.  J. ,  Dissert.  bist.  crit.  de  antiquis  novisque 
Manicbaeis.  Romae  1763.  Tillemont,  Memoires  IV,  367  sq.  23anr,  Sas  manidfciifdje 
PeligionSfpftem.  Sübingen  1831.  Golbiij,  ©ntftelfung  beS  tnanid)äifd)en  PeIigion§= 
fpftemS.  Seipgig  1838.  Sred)fel,  Hanon,  üritif  unb  ©pegefe  ber  9Dtanid)aer.  Slern 
1832.  aSßicner  3abrbü(ber  ber  ßitteratur  1840.  Süb.  Sfjeol.  Duartalfd)r.  1841,  ©.574  ff. 
$.  Äefjler,  Sllani.  3forfd)ungcn  über  bie  manidjäifdje  Üteligion.  I.  Sorunterfudjungen 
unb  Queßen.  SSertin  1889.  Sßetjer  unb  Söelte’S  ßirdfenlejiton  VIH  (2.  Stuft.) , 
604  ff. :  2Irt.  „fölani"  Don  3ejjler. 

1.  ©eine  üppigfte  Entfaltung  fjatte  ber  etpnifierenbe  EnofticiSmu»  int 
2.  3ß^ti)unbert  unb  nod)  im  beginne  beS  3.;  nad)t)er  brad)te  er  (eine  neuen 
©eftaltungen  mel)r  Ijerbor.  2lber  eine  9iad)mirfung  beSfelben  geigt  fid)  in  bem 


1  Über  Sucian  unb  SorotfjeuS  Dgl.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  32;  YHI,  13;  IX,  6. 
Sozom.,  Hist.  eccl.  HI,  5.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  77 ;  In  Paralip.,  Praef. ;  C.  Rufin. 

1.  n.  August.,  De  civ.  Dei  XVHI,  43.  Cbronicon  Alexandr.  ed.  Du  Gange  p.  27/. 

1  Über  fprifdje  Sitteratur  Dgl.  Didascaba  Apost.  syriace,  ed.  de  Lagarde.  Lips. 

1854.  Cureton,  Spicil.  Syriac.  Lond.  1855.  Cureton  and  W right,  Anc.  Syr.  Docu- 

ments.  Lond.  1864.  Anc.  Syr.  martyrolog.,  ed.  Cureton  (Journal  of  Syr.  litt.  1865). 

S.  Dural,  La  litterature  syriaque.  Paris  1899.  Graffin,  Patrol.  syriaca.  I.  Apbraates. 
Par.  1894. 


298 


Sie  großen  SSerfoIgungert  unb  ber  ©ieg  beä  ßpriftentumS. 


St anidpäiSmuS  (ber  fogen.  perfifepen  ©nofiS),  meldper  als  ein  Serfud) 
erfcpeint,  ben  perfifepen  ©ualiStnuS  mit  einem  gnoftifcp  gefaxten  ©priftentum 
ju  einer  Sollsreligion  $u  bereinigen,  meldpe  gunädjft  bem  unter  ben  ©affaniben 
fid)  rnieber  Iräftiger  erpebenben  ^ßerferreidje ,  baS  fo  oft  mit  ben  römifcpen 
Inifern  in  $ampf  bermidett  mar,  bann  aber  aucp  ber  übrigen  Sffiett  geboten 
toerben  fotlte.  Subbpiftifcpe,  altparfifdje  unb  elfefaitifcfje  Sbeen  mirtten  ju= 
fammen,  unb  eine  grope  ©ärung  regte  fiep  unter  ben  ©eiftern  im  Orient, 
entftanben  burdp  bie  Serüprung  mit  ber  Kultur  unb  ben  SeligionSfpftetnen 
beS  SöeftenS.  Über  ben  ©tifter  biefer  neuen  Üteligion  tauten  bie  Sericpte  ber 
©riechen  unb  bie  ber  Storgenlänber  berfepieben;  bodp  tommen  fie  barin 
überein,  bap  berfelbe,  Stani  mit  tarnen,  277  auf  Sefepl  beS  ißetferfönigS 
einen  fdpimpftidpen  ©ob  fanb.  —  91  ach  ben  Sbenblänbern  piep  er  ©ubricuS 
unb  mar  ein  freigelaffener  ©ftabe,  meteper  bier  bon  einem  farajenifdpen  ^auf= 
mann  ©cptpianuS,  einem  geitgenoffen  ber  Spoftel,  perftammenbe  ütetigionSbüdper 
bon  beffen  ©dpüler  unb  ©epreiber  ©erebintpuS  ober  SubbaS  geerbt,  barauf  in 
d$erfien  fiep  StaneS  ober  StanidpäuS  genannt  unb  ben  Snpatt  jener  Sücper 
meiter  auSgeftattet  paben  fotl 1.  5tm  perfifepen  |)ofe  fanb  er  anfangs  beifällige 
5tufnapme ;  als  ipm  aber  bie  ^uberfiiptlid)  übernommene  Teilung  eines  ^rin^en 
miptang,  marb  er  gefeffett  unb  in  ben  Werfer  gemorfen.  tpier  trafen  ipn 
brei  borper  auSgefanbte  jünger,  SbbaS  ober  SubbaS,  f)ermeaS  unb  ©pomaS, 
bie  ipm  beridjteten,  bap  fie  bei  ben  ©priften  am  meiften  SMberftanb  gefunben 
patten,  unb  ipm  nun  bie  Sücper  ber  ©priften  überbraepten ,  morauf  er  bie= 
fetben  emfig  burdpforfepte  unb  bie  ©teilen  bon  bem  berpeipenen  ©röfter  für  fidp 
auSäubeuten  befeptop.  Stit  bietem  ©elbe  beroerffteüigte  er  feine  gtudpt  aus 
bem  ©efängniffe,  enttarn  nadp  Stefopotamien ,  fudpte  burd)  feine  jünger  mie 
burdp  ©epriften  bie  ©priften  für  fid)  ju  geminnen,  marb  aber  genötigt,  mit 
bem  Sifcpof  ©IrdpelauS  bon  $aSfar  ju  biSputieren,  unb  babei  bon  biefem  befiegt. 
Salb  barauf  fiel  er  jebodp  ben  ©olbaten  beS  ißerferfönigS  in  bie  |)änbe,  ber 
ipn  tebenbig  fdpinben  tiep.  —  ©agegen  mar  naep  perfifepen  Sericpten  Stani 
ber  ©pröpting  eines  bornepmen  ©efdptecpteS  ber  Stagier,  jeiepnete  fiep  als 
©eteprter  unb  Stater  auS,  mürbe  ©prift  unb  ^riefter,  jebod)  halb  megen  feiner 
unfird)Iicpen  Snfidüen  auSgefdptoffen.  ©r  tarn  (270)  an  ben  perfifepen  fmf 
unter  ©dpapur  I.  (©apor),  mupte  aber  megen  feiner  retigiöfen  ©treitigteiten 
mit  ben  Magiern  ftiepen,  berbarg  fid)  in  ber  ißrobinj  ©urfiftan,  tno  er  fein 
©bangetium  abfapte  unb  mit  fpmbolifcpen  Silbern  fdjmüdte;  aud)  nadp  Snbien 
unb  ©pina  foü  er  getommen  fein.  9tacp  bem  ©obe  ©cpapurS  I.  (272)  ging 
er  nadp  ißerfien  jurüd,  mo  ®önig  ^ormitj  (|mrmiSbaS)  ipm  geneigt  mar 
unb  ipm  ein  ©eptop  ju  feiner  ©icperpeit  anmieS.  Sbet  atS  biefer  $önig 
nad)  ämeijäpriger  Regierung  ftarb ,  ermieS  fidp  fein  Sadpfotger  Sepram  I. 
(SararaneS)  feinbfelig.  ©r  tiep  ipn  aus  bem  ©dptoffe  ©aSfarrap  (©eSterep 
in  ©ufiana)  unter  bem  Sormanbe  einer  ©iSputation  mit  ben  Stagiern  bor= 
füpren  unb,  ba  er  pier  als  übermunben  erfdjien,  auf  bie  oben  bejeidpnete 
S3eife  pinridpten.  —  9tacp  ben  arabifepen  9taeprid)ten  bon  Stopammeb^eim 
Slebim  im  10.  ^aprpunbert,  bie  aus  ben  eigenen  ©epriften  beS  Stani  gefdpöpft 


1  Sie  SBücper  be3  ßubricu§  pat  (Sptt> ol fort  für  manbaifepe  ©(priften  erftärt. 


6.  Ser  SDtauidjäiSmuS.  299 

fein  foUen,  mar  Want  ©ofjn  beS  Ijeibnifdfen  ^riefterS  gonnaq  (guttaf)  in 
33abplon,  eine§  WanbäerS,  unb  tmtrbc  bon  feinem  Söater  in  ber  Religion  ber 
Wogtafilal)  ((Slfefaiten)  erjogen.  ©in  ©ngel  mahnte  if)n  fdfon  im  12.  3af)te, 
biefe  '«Religion  ju  berlaffen;  erft  atS  in  feinem  24.  Sal)re  ber  ©ngel  jum 
jmeitenmal  erfd)ien,  ge£)ord)te  er  ber  Offenbarung  unb  trat  als  religiöfer 
^Reformator  auf.  Oer  ©egenfat)  Oon  gut  unb  bös,  mie  er  in  ber  alten 
3enb(ef)re  Iferrfcbte,  btieb  Kfm  ©runblehre,  tuenn  er  and)  aus  pantl)eiftifd)en 
©pftemen  nidjt  menigeS  angenommen  I)at.  3m  fpäterer  3eü  marb  fein  Sehen 
legenbenartig  auSgefdpnüdt ;  3oroafteO  Subbfja,  Wani,  ^>e!io§ ,  ©hriftuS 
mürben  ibentifd)  genommen ;  an  beit  ©renjen  bort  ^erfreu  unb  Saftrien  fanben 
fid)  ©puren  beS  bubbt)ifiifcben  Kultus,  bie  ficper  nicht  offne  grofsen  ©influf)  auf 
WaniS  Sehre  geblieben  finb  V 

2.  Oer  WanicbäiStnuS  fteltt  jmei  emige,  gleidhgeorbnete  ©ruubmefen 
unb  ihnen  entfpredjcnbe  Üteidje  auf:  Sid)t  unb  ginfternis,  Ormujb  tmb  91f)riman, 
mit  jafjtreidjen  Dionen  auf  beiben  ©eiten.  Oer  ©ott  beS  2id)teS  ift  gut  unb 
Zeitig,  erfüllt  alles  mit  Siebt  als  mohltl)ätige  ©onne,  mäbrenb  ber  ©ott  ber 
ginfterniS  materiell  unb  böfe  ift  (©atan)  famt  feinen  Oämonen.  OaS  9leid) 
beS  lederen  ha*  fünf  Legionen :  bie  äuperfte  ffinfterniS ,  ben  bicfiteften 
©d)Iamm,  bie  heftigen  SBinbe,  baS  jerftörenbe  Reiter,  ben  finftern  Stand). 
2jn  biefem  Üteidje  b)errfd)t  med)felfeitige  3lü'etr(1ü^  unb  beftänbiger  $rieg. 
3n  biefem  inneren  Kampfe  fefjert  bie  Oämonen  baS  höhere  2id)t,  baS  fie 
an^ieht,  fie  mad)en  Höaffenftiöftanb  untcreinanber  unb  befdüiepen  einen  ©infall 
in  baS  Sidjtreid).  3llr  5tb mehr  eines  folgen  ©infatleS  läfit  ber  gute  ©ott 
eine  $raft  feines  SöefenS  h^öorgehen,  bie  „Wutter  beS  SebenS" ,  bie  höhere 
ÜBeltfeele,  aus  melcher  fid)  ber  Urmenfd)  entfaltet.  Wit  fünf  reineren  ©Ie= 
menten  (Sicht,  geuer,  2Binb,  Söaffer,  ©rbe)  auSgerüftet,  jog  ber  Urmenfd) 
in  ben  $antpf  mit  ber  ginfferniS;  biefe  entrif)  ihm  aber  einen  Oeil  feines 
SidfteS,  melcher  fich  mit  ber  Waterie  üermifdjte  unb  biefe  bilbungSfähig  madjte. 
Oaburd)  trat  eine  Wifdjung  beiber  Sieidje  ein.  Oem  llrmenfd)en  fam  ber 
„lebenbige  ©eift"  ju  §ilfe,  ber  nun  bie  fidjtbare  Söelt  bitbete.  3n  biefer  ift 
ber  Sidjtftoff  als  ©eele  oerbreitet,  ber  ©of)n  ©otteS,  ber  bem  Seiben  untere 
morfene  SefuS,  aus  ben  bon  ber  ginfterniS  geraubten  Sidjtteilen  beftehenb, 
mährenb  bie  geretteten  Oeile  in  ber  ©onne  unb  im  Wonbe  fid)  als  ber  IeibenS= 
unfähige  3efuS  befinben.  Oie  letzteren  (Iesus  impatibilis  —  ber  ©influf)  ber 
©eftirne)  foUen  bie  erfteren  (Iesus  patibilis)  befreien  unb  bie  alte  ©renje 
mieberherftetten.  ©in  SIbbilb  ber  2Belt  ift  ber  Wettfd) ,  melden  ber  ffürft  ber 
ginfterniS  mit  feiner  ©enoffin  (Stebrob)  erzeugte  unb  ber  fomohl  baS  33ilb 
beS  guten  ©otteS,  bie  Sid)tteite,  als  auch  Seftanbteile  ber  Waterie  in  fich 


1  Sem  Sütnni  toerben  fotgenbe  23i'idher  beigelegt:  1)  SaS  23ud)  ber  ©efjeimniffe, 
ftjrtfdb  in  22  2tbfd)nittcu  ( Epiph Haer.  LXV1,  n.  2.  13.  Titus  Bostr.  ed.  de  Lagarde 
I,  14);  2)  baS  Sud)  ber  fmubtftitcfe,  and)  tu  xsydAaiov ;  3)  ba§  (lebenbige)  ©vmttgelium; 
4)  ber  ©d)üb  beS  SebenS  (Fragm.  bei  August.,  De  natura  boni  c.  44;  De  actis  c.  Felice 
Manich.  I,  14.  Evod,,  De  fide  n.  5) ;  baju  mehrere  ^Briefe  ad  Oddam,  ad  filiam  Menoch, 
ad  Zebenem,  Epist.  fundamenti,  ad  Marcellum  {Epiph.  1.  c.  n.  6.  Acta  disput.  Arcli. 
et  Man.  n.  5).  Fragm.  bei  Fabric.,  Bibi,  gr.,  ed.  Harless  VII,  312  sq.  Mai,  Nova 
Coli.  VII,  1.  17.  69. 


300 


Sie  großen  S3erfoIgungen  unb  ber  (Sieg  be§  ©hüftentumA 


trägt,  gmet  Naturen  in  fid)  bereinigt,  fomie  eine  Vernünftige  unb  eine  unber= 
nünftige  ©eefe  hat.  Ser  ffürft  ber  ginfterniS  ^atte  nämlich  beforgt,  bie 
gefangene  öidjtnatur  »erbe  fid)  batb  mieber  frei  machen,  be§halb  feine  ©enoffen 
berebet,  il)m  ihren  Anteil  baran  p  überlaffen,  ihn  berfchlungen  unb  fud)te 
ben  größten  Seil  be»  Staube»  an§  ber  8id)tmelt  in  Stbarn  feftpbannen.  Sann 
erzeugte  er  bie  ©ba  au§  ber  fpple  in  ber  Slbfidü,  ben  Slbam  burd)  SöoKufi 
ju  feffeln,  bie  in  if)m  toofjnenbe  2id)tnatur  p  äerfplittern  unb  i^r  burd)  foldfe 
©dfmächung  bie  Befreiung  unmöglich  p  machen.  Sie  ©inntid)teit  3Ibam§ 
mürbe  aufgeregt,  burd)  geugung  unb  gortpflanpng  bie  gefangene  Sichtnatur 
(SBeltfeele)  immer  mehr  inbibibuatifiert,  burd)  pljllofe  ©efängniffe  (bie  Seiber) 
bie  ßraft  pr  SÖ3iebererf)ebung  gefchmädjt.  Sie  erfte  Begattung  mar  aud)  bie 
erfte  ©ünbe.  Sie  SJtenfdfen  mären  aber  gleidjmofjl  nod)  nicht  berloren;  bie 
Übertretung  be§  Verbote»,  bon  ber  bejeidmeten  grud)t  p  effen,  ging  bon 
ihrer  höhnen  Statur,  bom  guten  (Sott  au§.  Sie  au§  feinem  9teid)e  ftammenbe 
Sidftfeele  tann  nicfd  ganj  ber  SDtaterie  unterliegen  unb  bon  ber  böfen  ©eele 
nicht  bemältigt  merben.  Ser  SJtenfcf)  hat  im  ©egenfa^e  p  ben  übrigen  Söefen 
bie  burd)  bie  ganje  Statur  berbreiteten  2id)tfunfen  fonjentrierter  in  fid),  mirb 
fid)  feines  höheren  llrfprungeä  unb  feiner  Stufgabe  bemufjt,  biefe  Sichtteile 
bielmöglid)  in  fid)  p  bereinigen  unb  fo  auch  bie  Statur  mit  fid)  in  ba§ 
2id)treid)  prüdpfii£)ren.  ©r  fünbigt,  bod)  nicht  eigentlich  er,  fonbern  ber 
ihn  beherrfcpenbe  Werfer  famt  ber  böfen  «Seele ;  ba§  ©ünbigen  ift  blofjeS 
Stadjgeben  au§  ©chmäche,  unb  baffer  mirb  ihm  bei  bloßer  Steue  leicht  9Ser= 
jeihung  p  teil.  Surd)  fid)  felbft  tonnte  bie  gefangene  SidÜfeele  ficf)  nic^t 
mehr  befreien.  Sa'f)er  flieg  ber  in  ber  ©onne  thronenbe  (5 h  r  i ft u S ,  bie  burch 
bie  Sltaterie  nicht  befledte  Sidüfeele,  ber  Iesus  impatibilis,  p  ben  burd) 
^eibentum  unb  Subentum  irregeführten  SStenfdjen  he*ab;  er  hatte  nur  einen 
©djeinförper  unb  litt  auch  nur  fcheinbar;  er  lehrte,  mie  bie  SJtenfchen  immer 
mehr  bon  ber  SStaterie  entfeffelt  merben  unb  mie  fie  einft  in  ihre  himmlifdje 
fpeimat  prüdtef)ren  fönnen.  SIber  fd)on  feine  Slpoftel  (berächtlid)  „©aliläer" 
genannt)  berftanben  feine  Sehre  nicht  red)t;  bie  fpäteren  ©haften  berfälf(hten 
fie  noch  mehr.  SieS  borau§fet)enb ,  hatte  ©£)riftu§,  ber  ©offn  be§  emigen 
2id)te§,  ber  SStenfchenfoffn ,  einen  Sröfter  (ißaratlet)  beleihen ,  ber  nun  in 
sDtani  erfchienen  ift  pr  SBiebertierftellung  feiner  unberfälfd)ten  Steligion.  Sie 
fßotftommenen,  bie  fid)  ber  materiellen  53anben  entlebigt  haben,  tommen  perft 
in  ©onne  unb  SJtonb,  bann  in  ben  botlfommenen  SÜffer  unb  in  ba§  reinfte 
Sidjtreid) ;  bie  übrigen  aber  miiffen  au§  einem  Körper  in  ben  anbern  roanbern, 
in  ipflanjen  unb  Siere.  Stad)  S3eenbigung  beS  2äuteruug§projeffe§  mirb  bie 
fidjtbare  ©d)öpfung  burd)  geuer  ber§ehrt 1- 

Sie  SJtanid)äer  bermarfen  ba§  Sitte  Seftament  gänjüd),  ba§  Steue  galt 
ihnen  teils  für  uned)t,  teils  für  interpoliert;  fie  faf)en  barin  bom  böfen 


1  Fragm.  cit.  KJtani  tnollte  ber  ißaratlet  jein  (Epist.  fundam.  bei  August.,  C.  epist. 
fundam.  c.  5.  23 gl.  Euseb.  1.  c.).  Sid^er  ift  ber  ^eilige  ©eift,  auch  Spiritus  potens 
[August.,  C.  Faust.  XX,  9),  bom  ißaratlet  unterfdjieben.  Über  bie  Aufgabe  be$  SJlenfdjen 
bgl.  Ep.  ad  filiarn  Menoch  bei  August.,  Op.  imperf.  III,  172.  177;  Acta  s.  disput. 
c.  Fortun.  Manich.  II,  21.  Secundin.,  In  ep.  ad  August.  §  2.  ®ie  Sehre  bon  ber  guten, 
unb  ber  böfen  «Seele  hat  aud)  ber  Sßerfer  3trafpa§  bei  Xenoph.,  Cyropaed.  YI,  1.  21. 


6.  35er  iötanichciilmuS. 


301 


Wrcpon  beigemifchteS  Unfrout,  9Iffommobationen  ©hrifti  unb  ber  Sipo  fiel  an  bie 
SSorurteüe  ber  Suben,  yoroie  ÜRi^öerffänbniffe  ber  noch  unreifen  jünger,  Sie 
beriefen  fich  ^ie  unb  ba  auf  Paulus  unb  bie  fanonifcben  ©bangelien,  mehr 
aber  nocf)  auf  bie  apofrppljen;  ber  Slpoftelgefdjichte  beS  SufaS  fteüten  fie  eine 
anbere  bon  SuctuS  ober  SeuciuS  entgegen 1.  ffür  fanonifch  galten  ihnen  bie 
Schriften  SJtaniS.  3n  ber  $olge  mar  bie  inanidjäifc^e  Sitteratur  fef)r  reicf); 
fie  tonnte  bei  ber  inneren  Sermanbtfchaft  auf  bie  Schriften  bieler  ©noftifer 
fich  flitzen,  aus  ihnen  bie  Sermerfung  be§  SubentumS,  bie  Umbeutung  ber 
neuteftamentlichen  Schriften,  bie  9Jtif<hung  ber  beibett  Üteidje  beS  Siebtes  unb 
ber  ginfterniS  ju  begrünben  fuchen.  Sie  Manichäer  lehnten  fich  oft  an  tatho= 
tifche  SluSbrucfSmeifen  über  (5^rifiu§  an;  fie  befannten  bie  brei  göttlichen  ißer= 
fonen,  SSater ,  Sohn  unb  Heiligen  ©eift ,  menn  auch  blof?  äußerlich,  ba  bie 
beiben  heiteren  nnr  als  ©manationen  ber  erfteren  ober  nach  fpäterer  Sluffaffung 
(bei  gauftuS)  alte  brei  nur  als  berfdjiebene  Hainen  erfdjienen,  tuclche  bie  irrt 
höchften  Sichte,  in  Sonne  unb  ÜRonb,  fomie  im  reinen  Slther  Verbreitete  ©ott- 
heit  bejeichneten.  Sie  priefen  noch  mehr  ihren  Sernunftglauben  gegenüber 
beut  tirchlichen  Sehramte,  mährenb  fie  eben  nur  an  beffen  Stelle  bie  Autorität 
ihres  50tani  festen,  beffen  SobeStag  altjährlich  im  SJtärj  als  $eft  beS  Sef)r= 
ftuhtS  ($atf)ebra,  23ema)  gefeiert  marb. 

©anj  ben  ©laubenSfätjen  entfpredjenb  mar  bie  Sitten tet)te  biefer  Sette. 
Hauptaufgabe  beS  Sienfthen  mar  Befreiung  bon  ben  Sanben  ber  SJtaterie,  um 
ber  Sidhtfeete  baS  Übergemicht  über  bie  böfe  Seele  ju  berfchaffen;  Stittel  baS 
breifache  „Sieget  beS  SfunbeS,  ber  Han^'  beS  SchofjeS",  mie  eS 
SefuS  geteert  haben  fottte.  Surd)  baS  Siegel  beS  DlunbeS  mürbe  jebe  Säfte= 
rung,  befonberS  beS  ^3arafteten ,  fomie  ber  ©enufj  bon  gleifcbfpeifen  unb  be= 
raufdjenben  ©etränten  berboten;  bie  Soflfotnmenen  füllten  fich  mit  $elb=  unb 
Söaumfrüchten  begnügen,  nicht  auf  meinen  Seiten,  fonbern  auf  Stroh  unb 
hatten  fdjtafen,  fchtechte  Kleiber  tragen  unb  häufig  faften.  SaS  Siegel  ber 
Hanb  legte  bie  Pflicht  auf,  alles  Sier=  unb  ißflanjenleben  ju  fchonen,  feinen 
^elbbau  noch  fonftige  fnedjtifche  Arbeiten  ju  berrichten,  betn  Sefipe  irbifcher 
©üter  ju  entfagen,  förpertiche  tRupe  jutn  Seljufe  eines  befcpaulichen  SebenS 
ju  pflegen.  SaS  Siegel  beS  SdmfjeS  gebot  ®eufchheit  unb  (Enthaltung  bon 
ber  ©l)e  ober  menigftenS  bom  ^inbererjeugen  unb  $inbergebären.  ©S  mar 
aber  hoch  fleifchlidje  Sermifchung  geftattet,  nur  bie  ©ebitrt  bon  $inbern  füllte 
üerhinbert  merben.  Sie  Saft  biefer  ©ntbehrungen  trugen  aber  nur  bie  5IuS= 
ermählten  ober  Sollfommenen  (©ingemeipte,  perfecti,  electi),  mährenb  bie 
$ated)umenen  ober  Hörer  (auditores)  baboit  frei  blieben.  Septere  burften 


1  ^Betreffs  be$  ßanon§  fagt  jJauftuS  bei  August.,  C.  Faust.  Manich.  5XXII,  9: 
Nobis  Paracletus  ex  Novo  Test,  promissus  perinde  docet ,  quid  accipere  ex  eodern 
debeamus  et  quid  repudiare.  35a§  3T)bina§ebangeIiutu  toat  nach  Cyrill.,  Catech.  IY, 
c.  36  ein  tnanichäifcheS  fHtadjmerf,  noch  VI,  c.  31  bem  2boma3 ,  <SdE)iiIer  be§  2Jtani, 
augehörig.  ®ie  ÜJlanichäer  hatten  ferner  ein  Evangelium  Philippi  ( Timotheus  Presb. 
unb  Leontius  bei  Fabric.,  Cod.  apocr.  Novi  Test.  I,  139.  142.  376  sq.)  unb  Hspiodoi 
tüiv  ä-oorolujv  bon  ßeuciui  (August.,  De  actis  cum  Felice  Manich.  II,  6),  fomie 
Ikptodot  8a >,uä  (August.,  C.  Adimant.  Manich.  c.  17 ;  C.  Faust.  XX,  79.  Fabric.  1.  c. 
I,  819—828). 


302 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  Sieg  beS  ßpriftentumS. 


alle§  tpun,  ma§  -jur  Verpflegung  ber  3lu§ermäplten  biente,  ooit  benen  fie 
bafitr  Vergebung  iprer  ©ünben  erhielten.  Sie  meiften  blieben  fo  lange  al§ 
tnöglidj  fmrer.  Siefe  tnurben  burcp  mpftifcpe  unb  allegorifcpe  Vorträge  Oor= 
bereitet.  Ser  ejoterifcpe  $ult  ttmr  einfach ,  opne  3lltäre  unb  9iiten;  am 
(Sonntag  mürbe  gefaftet.  Ser  efoterifcpe  ©otte§bienft  mürbe  ängftlicp  geheim 
gepalten,  er  marb  mit  milber  3lu§f(pmeifung  begangen.  Sie  Vianiipäer  patten 
oerfdjiebene  ©pmbole  bei  iprer  Vufnapme ,  eine  eigene  Saufe  mit  Öl,  ein 
Vbenbmapl  mit  Vu^fcplufj  be§  2Beine§ ,  baju  befonbere  ©rfennung^eicpen 
unter  fiep  bei  Sarreicpung  ber  reepten  tpanb.  ©§  bilbete  fiep  ein  eigenes 
$ir<pentum  im  ©egenfape  jur  tpriftltcpen  $ircpe  mit  einer  befonbern  §)ierard)ie 
au§.  31  n  ber  ©pipe  fianb  ber  ©rofemeifter  Viani ,  ber  ißaraflet,  ber  jmar 
niept  fofort  nad)  feiner  Einrichtung ,  aber  boep  fpäter  einen  fJiacpfolger  fanb. 
Spn  umgaben  jmölf  Viagifter  ober  Vpoftel,  unter  ipnen  ftanben  bie  Vifcpöfe  (72), 
bann  ißriefter,  Siafonen,  ©Dangeliften,  bie  3lu§ermäplten  iiberpaupt.  Siefe 
gefäprlicpe  ©eite  jog  burtp  ben  ©dfein  iprer  3l»fefe,  burcp  bie  piftorifepe  $orm 
ber  Sarftellung  be§  Unbegreiflicpen,  burd)  ba§  Verfprecpen  pöperer  S33eiSpeit 
unb  ben  3tei§  be§  ©epeimniSboIXen  in  ipren  ©ebräudjen  unb  Sepren  üiele  ju 
fid)  peran  unb  marb  in  ißerfien  mie  im  römifepen  Üteidje  üerbreitet,  mo  man 
fie  als  pöcpft  geföprlid)  erfannte 1.  ©epon  Inifer  Siotletian  erliefe  296  gegen 
biefe  ©efte,  melcpe  Oiel  ©cpänblicpe§  entpalte,  bie  Unjucpt  ber  Werfer  einfüpre 
unb  Unrupen  erzeuge,  ein  ftrengeS  ©bift,  melcpe»  bie  Häupter  famt  allen  ipren 
©epriften  ju  oerbrennen,  ipre  3lnpänger  ju  entpaupten  unb  beren  ©üter  ju 
fonfiSgieren  befapl 2.  Siefem  ©bift,  baä  in  ber  f^olge  anbern  ®epergefepen 
als  Viufter  biente,  fcploffen  fiep  fpäter  noep  anbere  gegen  bie  maniepäiftpen 
3ufammenfünfte  an,  ba  bie  ©efte  fid)  niipt  nur  im  füllen  fortpflanjte,  fonbern 
aud)  noep  in  biele  anbere  ^roüinjen,  namentlid)  in  ba§  profonfulariftpe  3lfrifa, 
fid)  Oerbreitete,  mäprenb  fie  au§  politifepen  ©rünben  im  5ßerferreicpe  ©cpup 
unb  feften  Veftanb  getoann. 

7.  Ser  ©otteSbienft.  Saufe  unb  $atecpumenat;  3lrfanbt8jiplin ;  ©udjariftie 
unb  anbere  fiuttpanblungen;  gcftfrei§. 

ßitteratur.  —  ©.  oben  ©.  216  unb  <S.  222.  ferner:  Dtenj,  Sie  ©efdpidpte 
be§  Sülefeopfer  =  S3egriff§  S3b.  I.  Vlüncpen  1901.  Sfunf,  Sie  HatedpumenatSflaffen  be§ 
(priftl.  2lltertum§  (Äircpengefdp.  Sübpanblungen  I,  209—241 ;  baju  Süb.  Speol.  Quartal» 
feprift  1899,  ©.484—443).  £>.  ttfener,  tMigionSgefcp.  Unterfucpungen.  I.  Sag  2Beip= 
nad)t§feft.  Vonn  1889.  <5.  Väumer,  Sag  fjfcft  ber  ©eburt  beg  §errn  (fiatpolif 

1890,  I,  1 — 25).  V-  be  ßagarbe,  Sllteg  unb  Uleueg  über  ba§  Söeipnacptgfefi  (2JUt= 
teilungen  IV  [1891],  241—323).  Sf.  Sornemann,  Sie  Saufe  ©prifti  burd)  3)o= 
puuneg  in  ber  bogtnatifepen  ^Beurteilung  ber  Speologen  ber  oier  erften  Staprpunberte. 
ßeipjig  1896.  —  Über  bie  SCrfanbiggipIin:  Schelstrate,  De  disciplina  arcani. 
Romae  1685.  G.  Th.  Meier,  De  recondita  veter.  Eccles.  tlieol.  Helmstad.  1670. 
Fromann ,  De  discipl.  arc.  in  vet.  Eccl.  Ienae  1833.  R.  Rothe,  De  discipl.  arc. 
Heidelb.  1841.  Von  »elf  dp,  Söefen,  ©niftepung  unb  Fortgang  ber  Vrfanbigciplin 
(3eitfdpr.  f.  piftor.  Speol.  1873,  II,  203).  Sturidp,  Sag  antife  Tüpfierientoefen  in 


1  August.,  De  kaeres.  ad  Quodvultdeum  c.  46 ;  De  moribus  eccl.  catk.  et  de 
moribus  Manich.  11.  2. 

2  Über  öa§  ©bift  SiofletianS  bgl.  Ambrosiaster,  In  2  Tim.  3,  7.  Hugo,  Ius 
civ.  anteiustin.  II  (Berol.  1815),  1463. 


7.  Ser  ©otteäbienft.  Saufe,  ©udjariftie  unb  anbere  ßultbanblungen.  303 

feinem  ©inftuß  auf  baS  ©brtftentum.  ©ötiittgen  1894.  ©.  Sffiobbermin,  ffteligion§= 
gefdOidOtr.  ©tubien  jur  ftrage  bet  SSeeinffuffung  beS  Urdjriftentmng  burd)  bad  antife 
Slpfierientoefen.  «Berlin  1896. 

ÜHit  ber  machfenbcn  3^1  ber  befehlen  Reiben,  melche  um  Aufnahme  in 
bie  ßtrcfje  nad)fud)ten,  imttbe  bat  H  atedjumenat,  bie  ber  feierlichen  Initiatio 
borautgeljenbe  3«t  ber  Prüfung  unb  bet  Unterrichtet,  fefter  organifiert.  2Ber 
jtd)  bei  bem  Vifchofe  ober  ißriefter  jum  Empfange  ber  Saufe  tnelbete,  toarb 
nad)  Dorgenommener  Prüfung  mit  bem  ^reujjeichen  bezeichnet  unb  einem 
$Ierifer  (doctor  audientium 4) ,  feltener  Saien ,  jum  Unterridjte  jugemiefen. 
Vtan  mar  bemüht,  eine  bußfertige  unb  bemiitige  ©efinnung  in  ben  ®ated)umenen 
heroorzurufen  unb  bie  atlgemeinften  Vkhrljeiten  über  (Sott ,  UBeltfchöpfung, 
©iinbenfall  u.  f.  f.  tief  einzuprägen,  möhrenb  bie  ©eheimnitlehren  ber  letzten 
Dlutbilbung  borbehatten  mürben,  haften  unb  ©ebet  neben  ber  Unterroeifung 
bezeichnete  fchon  2uftinu§  alt  bie  allgemein  übliche  Vorbereitung.  Von  ben 
©laubigen  blieben  bie  $ated)umcnen  nod)  gefonbert,  auch  im  ©ebete,  ba  bat 
£)erz  bet  Ungetauften  nod)  unrein,  2Bof)nung  ber  Sämoiten 2  mar,  methalb  aud) 
bie  ©porcitmen  unb  bie  Vbfdjmörung  bet  Seufelt  für  bie  $ated)umenen  geforbert 
mürben3,  fragen  unb  Vntmorten,  bie  2lbfagung  an  ben  ©atan  unb  bie  lpin= 
gäbe  an  ©hviftut  finb  fidjer  fef)r  alt  (Dgl.  1  ißetr.  3,  21).  Sie  Sauer  biefer 
^rüfungtjeit  mar  unbeftimmt;  et  tonnte  aber  Don  ben  $inhenDorftet)ern  für 
beftimmte  gälte,  Z-  33-  hei  fthmerer  Verfünbigung  ber  ^anbibaten,  eine  längere 
Sauer  angeorbnet  merben,  mie  aud)  bei  gefährlicher  ©rtranfung  eine  türzere; 
in  ©panien  fetjte  bat  Konzil  Don  ©Ibira  (305)  ztuei  3al)re  feft.  ®ated)u= 
menen  burften  bie  gottetbienftlichen  Verfammlungen  befudfen  unb  bie  Vorträge 
anhören,  überhaupt  bem  erften  Seile  ber  Siturgie  (Hated)umenenmeffe  bit  zum 
Offertorium)  anmolfnen,  nad)  mcldfem  bie  auf  bem  Voben  Änieenbett  mit  einem 
befonbern  ©ebete  entlaffen  mürben.  2Bar  bie  Vorbereitung  beenbet  unb  ber 
$anbibat  burd)  ben  ^lerut  zum  ©mpfange  ber  Saufe  zugeiaffen  (electi),  fo 
erhielt  ber  Säufling  bat  apoftolifche  ©taubentbetenntnit  unb  bat  ©ebet  bet 
£)ernt,  bie  er  autmenbig  tuiffen  mußte;  erfteret  hatte  er  Dor  ber  Saufe  öffenü 
lid)  abzulegen 4. 

Sie  feierliche  Saufe  begann  mit  ber  Vbfdpoörung ,  in  melcher  ber 
Säufling  allem  ipeibentuin  entfagte,  unb  mit  bem  Vefenntnit  bet  d)riftlid)cn 

1  Sei  Cyprian.,  Ep.  29.  2  Barnab.,  Ep.  c.  16. 

3  Tertull.,  De  idol.  c.  11;  De  cor.  mil.  c.  3.  11;  De  spectac.  c.  4.  Orig.,  In  los. 
hom.  24,  n.  1  (Migne,  Patr.  gr.  XII,  940).  Constitut.  apost.  VII,  41.  @S  fpract)  ber 
Säufling  nad)  Sßeften  hin :  äizoTdauogai  <joi,  lar avä,  unb  itad)  Dften  hin ;  mvrdaaofjai 
<rot,  Xpnrrs. 

*  Saö  ©hmbolum  toar  getoöbnlid)  ba$  apoftolifche,  in  berfd&iebenen  IRejenfionen 
(römifch,  afritanifcf),  aquitejanifd;  bei  9tufin,  orieitialifd))  Dorbanben.  Sgl.  Iren.,  Adv. 
haer.  I,  10,  1.  Tertull.,  De  praescript.  haer.  c.  13;  Adv.  Praxeam  c.  2;  De  virgin. 
veland.  c.  1.  Orig.,  De  princ.,  Praef.  Greg.  Thaumat.,  Expos,  fidei.  Cyrill.  Hier., 
Catech.  6.  Caesar,  bei  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  8.  Alex.  ibid.  I,  26.  Ant.  bei  Cassian., 
De  incarn.  VI,  1272.  Denzinger,  Enchirid.  (ed.  IV)  p.  1—11.  91nfäße  jum  ©pm* 
bolum  bei  Slattt).  28,  19.  9lpg.  8,  37.  1  Sim.  3,  16;  6,  12.  1  tßetr.  3,  21.  Iren. 
1.  c.  I,  1—3.  Über  ba§  Slbfragcn  beS  ©pmboIumS  ügl.  Tertull.,  De  cor.  mil.  c.  3; 
De  resurr.  carn.  c.  48.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  9.  Cypr.,  Ep.  69,  c.  7,  ed.  Hartei 
p.  756.  ©.  oben  ©.  188  bie  Sitteratur  über  baä  ©pmbolum. 


304 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  @ieg  bei  KpriftentumS. 


©faubenS.  Sind)  ber  Kbfcpmörung  unb  ber  Eingabe  an  ©priftuS  marb  ber 
Täufling  mit  Öl  gefafbt,  bann  mit  Söaffer  getauft 1.  Sie  Keugetauften,  benen 
fdpon  früfigeitig  ißaten 2  gur  ©eite  ftanben,  erhielten  ben  griebenSfufj,  in  einigen 
$ircpen  aucp  9Jtilcp  unb  fponig  gemifcpt.  2öof)l  fonnte  bie  Saufe  an  jebetn 
Orte  borgenommen  merben;  gemöpnlicp  tnarb  fie  feierlief)  in  ber  Küpe  ber 
gotte§bienftIicf)en  Verfammlung  (fpäter  in  eigenen  Sauffapetlen ,  Saptifterien) 
boHgogen,  ba  man  balb  banaep  bie  Keugetauften  gu  ben  berfammelten  ©Iätt= 
bigen  führte.  Sfn  baS  Saufbab  fdpfofj  fid)  bie  mit  ^anbauflegung  üerbunbene, 
burep  ben  Vifcpof  borgenommene  ©albung  (Firmung),  morauf  bie  Keugetauften 
gurn  erftenmal  an  ber  gangen  euepariftifepen  Siturgie  teitnapmen  unb  baS 
eudpariftifepe  fUtapl  empfingen.  Söurbe  bie  Saufe  feierlich  gefpenbet,  fo  gefepap 
eS  in  ber  Kegel  gu  Oftern  (am  ^arfamStag),  fpäter  aud)  um  ^ßfingften  tbie 
(im  Orient)  am  ©pippaniefeft ,  burep  ben  Vifcpof  ober  ißriefter;  rnarb  aber 
im  Kotfalle  getauft,  fo  fonnte  eS  an  jebem  Sage  gefdjepen  unb  aud)  burdp 
anbere  ^erfoneit3. 

Vei  ber  popen  2öicptigfeit  unb  Kotmenbigfeit  beS  SauffaframenteS, 
mefipeS  nur  einen  ©rfap  in  ber  S3Iut§=  ober  VegierbStaufe  fanb4 5,  toar  bie 
$rage  fepr  midptig,  mer  gültig  unb  erfaubterroeife  taufen  fönne.  3m  ©runbe 
genommen  fonnte  jeber  gültig  taufen,  ber  in  ber  reepten  Söeife  natürliipeS 
SBaffer  gebraiupte  unb  bie  gönn  bagu  auSfpracp;  pie  unb  ba  geigten  fiep  aber 
bocp  Vebenfen.  S>aS  ^ongif  bon  ©Ibira  berfangte,  im  Notfälle  füllten  gu= 
näcpft  foldpe  Saien  taufen,  bie  nidjt  gmeitnal  berpeiratet  unb  nidjt  im  ©tanbe 
ber  Sobfünbe  feien;  natürlich  patten  immer  ißriefter  bor  ©iafonen,  biefe  bor 
nieberen  ^lerifern,  ^ferifer  bor  ben  Saien  ben  Vorgug 6. 

2.  2öie  bei  ber  Vorbereitung  gur  Saufe,  forgten  bie  alten  ©priften  bei 
iprer  bebrängten  Sage  iiberpaupt  ber  Söeifung  beS  |)errn  (Vtattp.  7 ,  6) 
gemäfj  eifrigft  bafür,  bap  bie  ©epeimniffe  ber  Keligion  unb  ipre  gotteS= 
bienfiliepen  ©ebräud)e,  befonberS  bie  ©aframente,  nidpt  ber  ©ntmeipung  unb 
bem  ©efpötte  ber  Ungläubigen  preisgegeben  mürben,  ©o  bilbete  fid)  fdpon 
fritpgeitig  bie  ©epeimbtSgiplin,  bie  im  3.  3aprpunbert  als  feftbeftepenbe 
©inridptung  ermäpnt  roirb6;  bie  unffaren  unb  irrigen  ©erüepte  ber  Reiben 
über  baS,  maS  bei  ben  cpriftlicpen  3uf emtmenf ünf ten  borgepe,  bie  in  ben  nidpt 

1  Cypr.,  Ep.  70,  c,  1,  p.  767. 

2  ävdrJo&i,  ystpaywyoi,  sponsores  ,  fideiiussores ,  susceptores,  patrini  ( Tertull ., 
De  bapt.  c.  18). 

3  Über  Ort,  geit  unb  €>penber  ber  Saufe  bgl.  Iustin.,  Apol.  I,  61.  Tertull.  1.  c. 
c.  4.  17.  19. 

4  Über  ben  baptismus  sanguinis  et  flaminis  bgl.  Tertull.  1.  c.  c.  12.  14.  De 
rebaptism.  c.  14  sq.  (Opp.  Cypr.,  ed.  Hartei  P.  III,  p.  87).  Cypr.,  Praef.  de  exhort, 
mart.  ad  Fortun.  c.  4,  p.  319;  Ep.  73,  c.  21.  23,  p.  794.  796;  Ep.  57,  c.  4,  p.  653. 

5  Tertull.  1.  c.  c.  17.  Conc.  Elib.  c.  38.  Ob  „qui  lavacrum  suum  integrum 
habet“  gu  itberfepen  ift:  „ber  fein  Saufbab  niept  (burtp  Stbfatt)  befteeft  pat"  (£efete, 
(Soncitiengefcpitpte  I  [2.  Stuft.],  171),  ober  aber:  „ber  eine  gültige  Saufe  empfangen  pat", 
mag  ftreitig  fein. 

6  Tertull.,  De  praescr.  c.  41;  Apol.  c.  7 ;  Ad  uxor.  II,  5.  Athenag.,  Suppli- 
catio  c.  34.  Clern.  Alex.  (Lumper,  Hist.  crit.  IY,  425 — 440).  Orig.,  C.  Cels.  I,  7  sq. ; 
III,  32;  YI,  6;  VIII,  56;  In  Rom.  1.  5,  n.  8;  In  Lev.  hom.  9,  n.  10;  hom.  13,  n.  3; 
In  Exod.  hom.  8,  n.  4. 


7.  Ser  ©otteSbienft.  Saufe,  ©udiartftie  unb  anbeie  ßulthanblungen.  305 


blöd  öor  ©etauften  gehaltenen  23orträgen  üorfommenben  Minderungen:  ,,©g 
toiffen  eg  bte  ©ingemeihten ,  bie  ©laubigen  fennen  eg,"  fpredfen  für  ben 
Urfprung  biefer  ©inridhtung  in  fefjr  alter  3eit-  fdjmerer  ber  ©egenftanb 
einer  2et;re  unb  einer  tirchlidjen  ^anblung  für  ben  menfd)lid)en  Sßerfianb  er= 
fadbar  war,  befto  iuel;r  muffte  biefe  auch  bei  ben  |)äreti!ern  beobachtete  3urüd= 
haltung  i^r  Utedft  beanfprucpen.  ©in  biretter  ©influd  beg  he^nMd)en  Wpfteriem 
mefeng,  mie  ihn  neuere  proteftantifd)e  $orfd)er  nadjmeifen  motten,  ift  nicht 
anjunehmeu. 

3.  Der  längere  ©ebraud)  in  ber  Darbringung  ber  ©udjariftie  führte  gu 
einer  feft  auggebilbeten  unb  im  mefentlidjen  früh  lonftant  gemorbenen  ^ßraj:i§ 
bei  ber  freier  beg  eudjariftifd)en  Opferg.  Die  ganje  ©ntmidlung  fnüpfte  natur= 
gemäd  an  bie  Übung  an,  rneldje  mir  bereits  in  ber  apoftolifdjen  3eit  in  ihren 
©runblinien  Porgefunben  haben  unb  melche  bie  Quellen  beg  2.  Saljrhunbertg 
ebenfo  beutüd)  bezeugen:  Sefungen  aug  ben  heiligen  33iid)ern  mit  ©efängen  unb 
Fürbitten,  Darbringung  ber  Opfergaben,  bag  eudjariftifdie  ©ebet  beg  93ifd)ofg 
über  bie  Opfergaben  öon  33rot  unb  2Bein,  Brechen  beg  Sroteg  unb  ©enud  beg 
eudjariftifchen  Wahleg  burch  bie  Slnmefenben. 

Durch  SSergleid)  ber  furjen  Stugfiihrungen  in  ber  fprifdjen  Dibagfalia 
(Anfang  beg  3.  Sahrljunbertg)  unb  ber  gelegentlichen  Stnbeutungen  bei  ben 
fird)lid)en  ©djriftfMern  beg  3.  3ahrhunbertg  mit  ber  ung  näher  befannten  gorm 
ber  ßiturgie  um  bie  Witte  beg  4.  Sahrlfunbertg  geminnen  mir  ein  jiemlid)  öoö= 
ftänbigeg  23ilb  ber  euchariftifdjen  Opferfeier  im  3.  ^ahvhunbert 1.  Dabei  ift 
febod)  jit  bemerfen,  bad  bei  Übereinftimmung  im  mefentlidjen  SSerfdjiebenheiten 
im  einzelnen  fich  öorfinben  jmtfchen  ber  römifdj=abenblänbifd)en  unb  ber  oriern 
talifdjen,  ft)rifd)dleinafiatifd)en  $orm  ber  freier ,  metd)e  im  4.  3ahrf)unbert  ju 
feft  auggeprägten  öerfdjiebenen  Sippen  ber  öiturgie  führten.  3uerfi  fanb  bie 
SSerlefuug  altteftamenttidjer  ©tüde  ftatt,  mobei  nach  23erlefung  öon  einzelnen 
Dlbfdjnitten  ein  ißfalm  gefungen  marb;  bann  folgten  Sefefiiide  (Seftionen)  aug 
ber  $lpoftelgefdnd)te  ober  ben  apoftolifdjen  Briefen  (©piftel),  barauf  bag  ©ban= 
gelium,  an  tueld)eg  fid)  eine  burd)  ben  53ifchof  ober  burd)  ^rieftcr  gehaltene 
erbauenbe  unb  belehrenbe  Dlnfpracpe  (giomilie)  anfd)lod-  Darauf  mudtcn  fid) 
bie  ^atechumenen  unb  bie  Siider  entfernen;  bie  $ated)umenenmeffe  mar  ju 
©nbe,  eg  begann  bie  ber  ©läubigen.  ©ie  marb  eröffnet  mit  einem  allgemeinen 
©ebete;  bann  brauten  bie  Diafonen  bie  Opfergaben  jum  Ülltar,  mährenb 
anbere  bie  3htt)e  aufrecht  hielten.  Sööljrenb  ber  freier  marb  ber  griebengfud 
gegeben,  ©g  mürben  ©ebete  gefprochen  für  bie  $ird)e  unb  bie  gefamte  2BeIt, 
für  bie  geiftlidje  unb  meltlidje  Obrigfeit.  Dann  folgte  bie  eigentliche  Opfern 
feier  mit  ©ebeten  beg  33ifd)ofg  unb  Utntmorten  ber  ©emeinbe,  mit  bem  feier= 
tid)en  euchariftifdien  ©ebete  beg  ®ifd)ofg  gefolgt  öom  Srotbredjeu  unb  ber 
Kommunion,  ju  melier  bie  ©injelnen  in  beftimmter  Orbnung  heranfdfritten, 
mährenb  ißfalmen  gefungen  mürben.  Darauf  tarnen  ©d)ludgebete  unb  ber 
feierliche  ©egen.  2Bir  tönncn  bie  ältcften  feftfief)enben  gormularien  nicht  mehr 
im  einjelnen  nad)mcifen;  in  ber  £>auptfad)e  mitffen  fie  aber  bei  ber  Übereim 


1  ©.  ben  Sejt  ber  Sibaäfalia  bei  Nau,  La  Didascalie  .  .  .  traduite  du  syriaque 
pour  la  premiere  fois  (Le  Canoniste  contemporaiu  XXIV.  1901). 

£>ergenrötf)er,  ßir<i)eiigefd(jii$te.  I.  4.  SCufl.  20 


306  Sie  9rof$en  (Berfolgmtgen  urtb  ber  Sieg  bes  ©hriftentumä. 

ftimmung  ber  afcenblänbifdjen  urtb  morgenlänbifdhen  Quellen  in  ein  felfr  fjohe§ 
2llter  f)inaufreid)en,  namentlich  ba§  eudjariftifche  ©ebet  (^räfation  unb  $atton 
unferer  dßeffe).  Oie  einzelnen  $ifd)öfe  tonnten  3llfä|e  machen  unb  fo,  natnenk 
lid)  im  Orient,  bie  3af)l  ber  ©ebete  beträchtlich  ertueitern.  Oie  Oblationen 
brachten  alle  ©laubigen  bar;  bie»  galt  al»  Vorrecht  ber  in  ungefiörter  ©emeim 
fchaft  mit  ber  Kirche  53e[inblid)en.  Sn  ben  ©ebeten  rnarb  fomohl  ber  2eben= 
bigen  al§  ber  äkrftorbeneu  gebacht  (^ommemorationen),  für  meldje  früh  eigene 
(Jiamenregifler  (Oipttychen)  eingeführt  mürben 1. 

4.  Oie  eudjariftifche  freier  bilbete  bie  eigentliche  $ultu§fjanblung  ber 
Kirche,  an  melier  alle  ©laubigen,  melche  in  ber  fird)Iid)en  ©emeinfihaft  maren, 
3lnteil  nahmen.  Oer  (heilige  Sag,  an  melchem  biefelbe  ftattfanb,  mar  ber 
©onntag.  Sn  einzelnen  ©egenben  mürbe  auch  an  ben  möcbentlichen  Safttagen, 
(Diittmod)  unb  Freitag,  bie  eudjariftifc^e  Oblation  gefeiert.  Sm  Saufe  be§ 
3.  Sa^rb)imbert§  entmidelte  fid)  ber  fird)li(he  ^efttreiS,  inbem  neben  bem 
Ofterfefte  jmei  anbere  Sage  zur  ©rtnnerung  an  ben  göttlichen  ^)eilanb  unb 
feine  ©rlöfung§tl)ättg!eit  begangen  mürben:  ber  Sag  ber  ©rfcbeinung  be§ 
Herrn  (im  Orient  ©füühflme  am  6.  Sanuar,  in  9iom  am  25.  Oejember 
gefeiert)  unb  ber  Sag  ber  Himmelfahrt  ©hrifti;  auch  ber  ©onntag,  mit 
meldjem  bie  fünfzigtägige  ^eftjeit  nad)  Oftern  fcf)Ioh  OPf ingften) ,  mürbe  in 
befonberer  Söeife  begangen.  $lar  bezeugt  ftnb  biefe  gefttage  im  4.  Sohr^un^ed, 
fo  bah  ber  Urfprung  berfclben  ohne  34oeifeI  in  bie  Dorf onftantinif ehe  geit  fällt. 
Sn  ©banien  befdjloffen  einige  bie  f^eftfeier  mit  bem  Sag  ber  Himmelfahrt 
©hrifti;  aber  bie  ©tynobe  bon  ©tbira  (305  ober  306)  gebot  can.  43,  bah 
auch  ber  fünfgigfte  Sag  nach  Oftern  (ißfingfien  =  ^ßentefofte)  gefeiert  merben 
müffe2.  Sm  Orient  mürbe  frühzeitig  juerft  ba§  ffefi  ber  ©bibhönie  am 
6.  Sanuar  gefeiert;  ob  §uerft  bon  ben  Safilibianern  ober  bon  ben  $atf)o= 
Iden,  ift  ftreitig;  im  4.  Sahrhunbert  fanb  biefe§  geft  auch  in  ber  abenb= 
länbifdjen  Kirche  ©ingang,  mäl)renb  bie  Orientalen  bon  ihr  ba§  2öeih- 
nad)t§feft  am  25.  Oejember  annahmen;  bie  Olbenblänber  feierten  ©jn= 
bhanie  nicht  al§  ©eburtSfeft ,  fonbern  als  fjeft  ber  ©rfdfjeinung  be§  Herrn, 
als  (Dtanifeftation  beSfelben  bor  ben  He*^tt  (ben  brei  Magiern),  bei  ber 
Saufe  burch  Sohanne§  unb  bei  feinem  erften  un§  bezeugten  SBunber3.  Oiefe 

1  Sie  Söorte  unferer  ißrafation  Sursum  corda  leimt  ©hprian  (De  dom.  orat.  c.  81, 
ed.  Hartei  p.  289).  Über  aboftolifcfje  ©ebräudje  bei  ber  Siturgie  bgl.  Basil.,  De  Spiritu 
Sancto  e.  27.  Chrysost.,  In  1  Cor.  liom.  31;  Hom.  de  incomprehens.  August., 
Ep.  119  ad  Paulin.  Symmach.,  Ep.  11  ad  episc.  Gail.  -Dlancbe  bon  ©britl  bon  Seru= 
falent  in  (einen  mbfiagogifäien  ßateebefen  unb  bon  ben  Slboftolifhen  ßonftitutionen 
ertoahnten  titurgiftfien  ©ebräudje  reifen  ficCjer  in  bie  borlonftantinifdje  Seit  ^uriicl. 

2  3«  Conc.  Elib.  can.  48  bgl.  §efele,  ©onciliengefdüdjte  I  (2.  Stufl.),  174. 

3  S05eihnad)ten  loar  nach  ber  bon  ©hrt)(ofiomu3  am  25.  Sejember  386  in  2lntiod)ien 
gehaltenen  Diebe  (Opp.  II,  355)  bafelbft  (eit  noch  nicht  jeljn  Sahren  gefeiert ,  in  (Rom 
(nach  Ambros.,  De  virg.  III,  1)  (id)er  unter  SiberiuS,  ja  fdjon  biel  langer  nah  aller 
Srabition  {August.,  De  Trin.  IV,  5).  Sie  Sinnahme,  ba§  2Geihnad)tgfeft  (ei  ein  (Surrogat 
(irr  bie  heibnifhen  SSrumalien  (natales  invicti  solis)  getoefen,  benen  bie  Saturnalien 
bom  17. — 24.  Sejember  unb  bie  Sigillarien  am  24.  Sejember  (ein  S3ilber=  unb  puppern 
feft,  bgl.  So  Hing  er,  §eibentum  unb  Subentum  S.  548)  fid)  anfdjloffen,  ift  nirgenbs 
ertoiefen  toorben.  Sie  Söäter  haben  immer  felbftänbig  bie  (Sebeutung  be§  $ird;enfefie§ 
entmicfelt  unb  herborgehoben,  baf)  c§  in  ba§  Söinterfolftitium  falle,  ba  bie  ©eburt  ©hrifti 


7.  Ser  ©otteSbicnft.  Saufe,  Gudjariftie  unb  anbere  ßultbanblungen.  307 

hohen  fjeftc  mürben  meiften§  am  Sorabenb  fdjon  gefeiert  mit  Aadtmaden 
(Sigilien,  5ßannt)dibe§)  1. 

5.  Sieben  bie  eudariftifde  freier  traten  anbere  firdlid  =  liturgifde  93er= 
ridtungen,  melde  au§  betn  religiöfen  Sebett  ber  Birdie  het'borgemadfcn  finb 
unb  fid)  im  3.  Jalfthunbert  feft  au§geftalteten.  2)at)in  gehört  bie  feierliche 
So§fpred)ung  unb  bie  2Bieberaufnal)me  ber  öffentlichen  Süffer  nach  öoll= 
eitbeter  Sufizeit  in  bie  firdjlidje  ©emeinfdaft  burd)  f)anbauflegung  unb  burd 
©ebete  be»  Sifdjof§  in  51nmefenl)eit  ber  öerfammelten  ©laubigen.  ferner  ber 
über  ben  cbrifttidjen  ©Ijebunb  au§gefprodcne  tird)lid)e  ©egen  mit  entfpredem 
ben  ©ebeten.  3U  biefen  auf  ber  fird)lid)en  Überlieferung  feit  ber  apoftolifden 
3eit  beruf)enben  religiöfen  ^anblungen  tarn  im  3.  3al)rl)unbert  eine  neue,  für 
einen  befonbern  ©tanb  im  chrifüichcn  Solf  eingeführte  tirdilide  3eremonie  Ijinju : 
bie  Übergabe  be»  ©dreier»  an  gottgem eiljte  Jungfrauen,  naelche  jur 
3«it  ©t)prian§  unter  befonberen  ©ebeten  in  bent  Serfammlung»ort  ber  ©lau¬ 
bigen  gefdjal). 

6.  $)ie  ©arge  ber  $ird)e  für  ba§  geiftige  2öol)I  ihrer  ^inber  Pufferte 
fid)  in  befonberer  Söeife  im  Augettblide  be§  2obe§  ber  ©laubigen,  mie 
auch  ber  ©influff  ber  religiöfen  Überzeugung,  meld)e  bie  ©Ijriften  burdjbrang, 
in  ber  Sehanblung  ber  leiblichen  Überrefte  ber  Serftorbenen  fich  zeigte* 1 2.  2Bie 
bei  anbern  miditigeren  Sortommniffen  be»  ^3riüat=  ober  Familienleben» ,  fo 
übernahmen  aud)  in  betreff  ber  Seidfenfeier  bie  ©laubigen  jene  ©itten ,  meldje 
fie  borfanben  (Abfd)ieb§rufe,  Straueräufferungen ,  2Bafd)en  unb  Aufbal)ren  ber 
Seide)  mit  Au^fdlufi  aüe§  beffen,  ma»  zum  £)eibentum  unb  ©ö^enbienft  ge= 
hörte.  Sei  bent  ©ebetsleben  ber  alten  Birdie  ift  al§  felbfföerftünblid)  anzrn 
nehmen,  baff  beim  £)infd)eibcn  ber  ©eele  bie  Anmefenbett  ©ott  unb  (Sl)riftu§ 
biefelbe  im  ©ebete  empfahlen ;  zu  ben  Abfdieb§rufen:  Ave,  Vale!  tarnen  2öünfd)e 
mit  d)riftlichem  ©haratter  Ijinzu:  Pax  tecum,  Pax  tibi!  Sertullian  ermähnt 
e§  al§  eine  allgemeine  unb  althergebrachte  ©itte,  baff  ein  ^riefter  beim  ©terbe- 
bette  nor  unb  nad)  bem  ^infdjeiben  ©ebete  Perridftete 3.  Sei  ber  Seidenfeier 
nahmen  bie  Angehörigen,  Frcuttbe  unb  Sefannten  be§  Serftorbenen  im  Sereine 
mit  armen  Srübern  ein  gemeinfame§  Siebenmal)!  ein.  5)azu  tarn  jebenfaH§ 
im  Saufe  be»  2.  JafjrhunbertS  ber  ©ebraud,  eine  oblatio  für  ben  Ser= 
ftorbenen  barzubringen,  melde  ttad  bem  3ufantmenhange  ber  ©teilen  bei  Ser= 
tuüian,  ber  biefelbe  juerft  bezeugt,  unb  nad  ben  ißarallelfieHen  bei  ©pprian4 
nid)t§  anbereS  mar  al§  bie  eudariftifde  Feier,  bie  bon  einem  ^riefter  unter 
Teilnahme  ber  Sermanbten  unb  Sefannten  be§  Serftorbenen  bargebradt,  unb 
bei  meld)er  ber  fpugefdiebenen  ©eele  befonber»  gebadft  mürbe,  ©tatt  ber 


in  ber  3eit  ber  längften  Aädite  (bermöge  be§  berrfdjenben  Unglaubens)  unb  ber  türjeften 
Sage  (hintoeiS  auf  bie  uod)  fditnadie  unb  bämmernbe  ßrfenntniä)  fid)  ereignet  habe 
( Greg .  Nyss.,  Opp.  III,  340.  August.,  Serin.  190,  n.  1). 

1  Tertull.,  Ad  uxor.  II,  4.  Lactant.,  Institut,  div.  VII,  19.  Constitut.  apost.  V,  19. 
Hier.,  In  Matth.  25,  6. 

2  S.  IRuIanb,  ©efd)id)te  ber  firdjl.  Seichenfeier.  AegenSburg  1901. 

8  Tertull.,  De  anima  c.  51. 

4  Tertull.,  De  monogamia  c.  10;  De  corona  c.  3;  De  exhortatione  castitatis 
c.  11.  Cypr.,  Ep.  1;  Ep.  12. 


20* 


308 


Sie  großen  93erfoIgungen  unb  ber  ©ieg  be§  SpriftentumS. 


parentalia  unb  onberer  ©ebüd)tni§tage,  metd)e  ju  ©pren  ber  Watten  ber  35er= 
ftorbenen  bet  ben  Reiben  gefeiert  mürben,  erneuerten  bie  ©Triften  att  beftimmten 
Sagen,  befonber§  am  ’Sapreätage ,  jene  Seiet  ber  oblatio  unb  ber  agape 
funebris,  bie  äujiertid)  mit  ben  parentalia  grofie  iäpnticpfeit  Ratten  unb  biefen 
in  iprent  Urfprunge  offenbar  nacpgebitbet  mürben,  nur  mit  epriftticpem  ©paratter 
unb  int  (Seifte  be§  cprifttidten  ©Iaut>en§  an  ba§  3enfeit§  unb  an  bie  93er= 
peiputtgen  be§  §errtt  in  Sejug  auf  bie  ©etigteit. 

Wenn  biefe  religiöfe  Seier  jum  ©ebädjtni§  ber  SSerftorbenen  am  Segrabni§= 
tage  unb  am  3apre§tage  ber  23eife|ung  einem  Wärter  er  galt,  mar  bie  33e= 
teitigung  ber  cprifiticpen  ©emeinbe  eine  größere,  unb  bie  ©ebete  nahmen  am 
geficpt§  be§  Sriumppe§  be§  SMutjeugert  unb  ber  befonbern  ©tettung  ber  Wär= 
tprer  §u  ©priftu§  im  ftitnmelreicpe  einen  anbern  ©paratter  an,  entfpredjenb  ben 
©efüpten  unb  ©mpfinbungen,  metcpe  ba§  djriftticpe  £terj  babei  empfanb.  Sie§ 
ift  ber  SInfang  ber  befonbern  totalen  f^eftfeier  jur  ©pre  ber  Wärtprer  an  bereit 
Sobe§tag,  metcpe  auf  bie  meitere  ©ntmidtung  ber  Siturgie  bon  großem  ©inftujj 
mttrbe1.  Wir  finbett  im  3.  Saprpunbert  in  alten  Seiten  ber  $ird)e  bie  jäpr= 
tieften  Sefte  ber  Wärtprer  gefeiert  am  3apre§tage  ipre§  Sobe§  als  totale 
Seierticpteit  ber  ©emeinbe,  metcper  ber  SBIutgeuge  angepörte.  Sie  Sei«  beftanb 
ebenfalls  pauptföcptidj  in  ber  Darbringung  be§  eucftariftifeften  0pfer§,  mobei 
jebocp  nieftt  für  ben  SBtutjeugen  gebetet  mürbe,  fonbern  man  tobte  unb  prie§ 
©ott  für  ben  gtorreicpen  ©ieg,  metcpen  er  bem  Wärtprer  bertiepen  patte.  Sie 
agape  funebris  mürbe  ebenfalls  itt  Sor™  eine§  Waples,  an  toetcpem  Wune 
teitnapmen,  abgepatten.  ©regor  ber  Wunbertpäter  ermäpnt  aucp  mettticpe  Seft= 
tidjteiten,  metcpe  er  ben  ©laubigen  feiner  ©etneinbe  an  ben  ©ebacptni§tagen 
ju  feiern  geftattete. 


8.  Sie  cpriftlicpcn  ®ultu§gefiäube  unb  ©öuteterten. 

ßitteratur.  —  $ r a u § ,  ©efepicpte  ber  djrtftl.  ßunft  I,  30  ff.  275  ff.  (mit  reidjen 
ßitteraiurangaben).  95.  ©(pulpe,  3trtpäoIogie  ber  altcprifil.  ßunft.  9Mn<pen  1895. 
3-  iP-  ^irfdp,  Sie  cpriftl.  ßuttuägeböube  im  3IItertum.  ÄBIn  1893;  Sie  cpriftl.  ßultu3= 
gebäube  in  ber  oortouftantinifcpen  3eit  (Seftfcprift  be§  beutfdjen  ©ampo  (Santo  in  IRont 
[1897]  ©.  6 — 20).  —  G.  B.  de  Bossi,  Roma  sotterranea  cristiana.  3  voll.  Roma 
1864 — 1877.  $rau§,  Roma  sotterranea.  2.  2lnfX.  fyreiburg  i.  93r.  1879.  ©(puIpe, 
Sie  ßatafomben.  Seipjig  1882.  Armellini,  Gli  antichi  cimiteri  cristiani  di  Roma  e 
d’Italia.  Roma  1893.  Hör.  Marucchi,  Guide  des  catacombes  romaines  (Arch.  ehret.  II). 
Rome  1900.  3-  3  üb  rer,  3orfcpungen  jur  Sicilia  sotter.  cristiana.  SDtüncpen  1897. 

—  3.  9BiIbert,  Sßrmcipienfragen  ber  cpriftl.  Strdjäologie.  Sreiburg  i.  93r.  1889;  ©in 
©plluä  cprifiologifcper  ©emälbe  aus  ber  ßatalombe  ber  pll.  5fletruä  unb  SOlarcettinui. 
©bb.  1891;  Fractio  panis,  bie  ältefte  Sarfteltung  be§  euepar.  Opfers.  @bb.  1895;  Sie 
Malereien  in  ben  ©acramentsfapellen  in  ber  ßatafombe  be§  pl.  ßattiftuS.  ©bb.  1897. 

—  93ibIiograppie  feit  1900  im  „2tnjeiger  für  cpriftl.  SIrcpäologie"  öon  ßirfcp  in 
ber  iftömijipen  öuartalfcprift. 

1.  Sie  ätteften  $ultftötten  ber  $ird)e  maren  bie  ©öle  eprifttieper 
fßribatpäufer,  in  metcpen  mäprenb  ber  apoftotifepen  ßeit  Wubeteprten 
fiep  jur  eucftariftifeften  S««  berfammelten,  nidjt  btop  in  Serufatem,  fonbern  aud) 
in  ben  ©täbten,  mo  peibempriftlitpe  ©emeinben  entftanbeit  (2tpg.  2,  46;  3,  1; 


1  ßirfd),  Sie  ßepre  oon  ber  ©emeinfepaft  ber  ^eiligen.  SOtains  1900. 


8.  $ie  cEjrifilicEjen  IMtuggeMube  urtb  ©ömeterien. 


309 


12,  12;  22,  7.  Köm.  16,  3—5.  23.  Kol.  4,  5).  SiS  gegen  ©nbe  beS 
2.  SaßrßunbertS  trat  in  biefer  §infid)t  feine  $nberung  ein.  2Bir  t;ctben 
feinen  MßaltSpunft  bafür,  baß  felbft  in  großen  ©täbten  bie  griffen  bis  baßin 
für  bie  religiöfen  tßerfammlungen  unb  als  ©iß  ber  fircßlidjen  Verwaltung  eigene 
©ebäube  gehabt  Ratten,  wie  folcße  bie  Suben  in  if;ren  ©ßnagogen  unb  bie 
ßeibnifcßen  Vereine  in  ißren  Scholae  befaßen.  SBoßl  aber  fonnten  reidje  griffen 
ein  £auS  ober  einen  Seil  eines  folgen  ber  ©emeinbe  jur  Verfügung  [teilen, 
unb  jwar  in  befinitioer  SBeife,  fo  baß  baSfelbe  für  bie  Mßaltung  ber  gotteS= 
bienftticßen  Verfatnmlungen  unb  bie  Vebürfniffe  ber  firdflidfen  Verwaltung 
cingeridjtet  unb  auSfcßließlid)  ju  biefem  3lDede  benußt  werben  formte.  3n 
Heineren  ©emeinben  wirb  aucß  im  3.  ^aßrßunbert  biefer  ©ebraucß  fortgebauert 
ßaben.  Mein  in  größeren  ©emeinben  unb  in  ©egenben,  wo  gegen  MSgang 
beS  3.  SaßrßunbertS  bie  ©ßriften  bereit»  einen  großen  53rucf)teil  ber  Vebölferung 
bifbeten ,  begnügte  man  ficß  nicßt  ineßr  bamit.  ©S  wäre  t^atfädjtid)  aud)  für 
bie  ©Triften  unter  Umftänben  feßr  prcfär  gewefen,  in  33ejug  auf  ißr  ©otteSßauS 
üon  bem  guten  Söillen  eines  pribaten  ©laubigen  abhängig  ju  fein.  Vom 
Mfange  beS  3.  Saßrßunberts  an  ßaben  wir  nun  bie  fidjerften  Veweife  bafür, 
baß  bie  ©griffen  in  manchen  ©täbten  eigene  ©ebäube  befaßen,  bie  nicßt  meßr 
5ßribatbefiß ,  fonbern  ©igentum  ber  ©emeinbe  als  foldjen  waren,  unb  Welche 
regelmäßig  unb  auSftßließlicß  für  bie  KultuSßanblungen  unb  bie  fircßlicße  93er= 
maltung  bienten,  fomit  eigen  t  ließe  Kircßengebäube  waren.  tpippolßtuS 
berichtet,  baß  fid)  bie  geinbe  ber  ©ßriften,  Reiben  unb  3uben,  in  baS  „§auS 
©otteS"  begeben,  Wäßrenb  alle  bort  beten  unb  ©ott  loben,  unb  einige  Oon  ißnen 
ergreifen  unb  wegfüßren 1.  Miß  DrigeneS  Würben  bei  UnglüdSfäHen  bie  Kircßen 
ber  ©ßriften  burd)  ben  ßeibnifdjen  ^ßöbel  überfallen  unb  burcß  $euer  gerftört 2. 
3n  feinem  S3erid;t  über  ben  9)tartertob  beS  5Jlatinu§  in  ©äfarea  in  ^aläftina 
erjäßlt  ©ufebiuS,  baß  ber  33ifd)of  ben  Vefentter  in  bie  Kircße  führte ,  ißn  an 
ben  Mar  ftellte,  auf  weldjem  baS  ©oangelienbud)  lag,  unb  ißn  wäßlen  ßieß 
jwifißen  biefem  unb  feinem  ©djmerte3.  Sie  Kirdje  in  ©beffa  würbe  bei  einer 
großen  Überfdjwemmung  im  3aßre  202  jerftört.  Sen  blüßenben  3ußanb  *>er 
©ßriftcngemeinben  bor  bem  Msbrudje  ber  Siofletianifcßeu  Verfolgung  fdjilbert 
©ufebiuS  al§  Mgenjeuge,  iitbem  er  fagt,  baß  wegen  beS  MwacßfenS  ber  ©e= 
meinben  bie  alten  Vetßäufer  nidjt  meßr  auSreicßten  unb  in  allen  ©täbten 
geräumige  Kirißen  erbaut  werben  mußten.  Vßäßrenb  ber  Verfolgung  würben 
bie  §äufer  ber  ©ßriftengemeinben  befcßlagnaßmt  unb  bie  Kirdfen  üielfad)  Oon 
©runb  aus  gerftört 4.  Siefe  fircßlidjeit  ©ebäube,  als  foldje  bem  ßeibnifdjen 
Volfe  unb  ben  ©taatsbeßörben  befatmt,  waren  nun  im  3.  Saßrßunbert 
WenigftenS  OielerortS  ©igentum  ber  ©emeinben,  unb  in  3c'ten  ber  Soleranj 
gegenüber  bem  ©ßriftentiun  würben  bie  ©emeinben  in  bercn  Vefiß  fogar  burd) 
ben  ©taat  gefdjüßt.  Kaifcr  Mjanbcr  ©ebcruS  entfdjieb  in  einem  ^ßro-jeß, 
ben  bie  röntifcße  ©emeinbe  mit  ber  Korporation  ber  ©djenfwirte  über  ben 


1  §tppoH)tuä,  Sanietfommentar  I,  ßap.  20  (ßerauSgeg.  oon  23ontoetfiß  I,  32). 

2  Orig.,  Comment.  in  Matth.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XIII,  1654). 

8  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  15. 

1  Euseb.  1.  c.  VIII,  1 ;  VII,  30.  32 ;  VHI,  2.  Lactant.,  De  mort.  persec.  c.  12. 


310 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  Sieg  be§  ßfjrifientuutä. 


Vefijj  eines  ©runbftüde§  in  Vom  hatte,  p  ©unften  ber  ©griffen 1.  Oer  $aifer 
Aurelian  befahl,  auf  bie  $Iage  ber  ©emeinbe  üon  Vntiochien  f)in,  mo  ^aulu§ 
üon  ©amofata  ba§  „ipau§  ber  Birdie"  nach  feiner  Vbfeipng  nid)t  räumen 
motlte,  bafj  ba§felbe  bemjenigen  p  übergeben  fei,  an  ben  bie  Vifdföfe  bon 
Vom  unb  Italien  Vriefe  ftbrieben 2.  Vach  ber  Valerianifdjen  Verfolgung 
mürben  bie  fonfiS^ierten  ßirdjengebäube  unb  bie  ©ömeterien  burd)  ©aüienu§ 
ben  Vifdjöfen  prüderftattet ,  nicht  al§  5priüatperfonen,  fonbern  al§  Vorftehern 
ber  ©hriftengemeinben.  Unb  im  Vtailänber  Sioferanjebift  nad)  ber  ®ioffetia= 
nifchen  Verfolgung  mürbe  gleichfalls  ber  $mmobifiarbefi|,  melcher  ber  ,,^örper= 
fdjaft  ber  ©Triften,  nicht  ben  ©meinen"  gehörte,  ben  ©emeinben  mieber  pritd= 
gegeben 3. 

®ie  al§  ftänbiger  VerfammlungSort  für  bie  liturgifche  freier  bienenben 
Väumfichfeiten  maren  in  entfpredjenber  SBeife  eingerichtet.  Oer  Vaum  mar 
länglich;  im  Offen  befanb  fidj  ber  Vftartifd)  mit  bem  throne  be§  Vifd)of§, 
p  beffen  beiben  ©eiten  bie  ißriefter  fi|en  foCften,  mährenb  bie  SDiafoiten  ftanben 4. 
Männer  unb  grauen  hatten  im  ©duffe  getrennte  i©ä|e.  Von  ben  ©läubigen 
maren  bie  ^atedpmenen  unb  bie  Vttper  getrennt.  Vuf  einem  erhöhten  ^3Ia^e 
jmifchen  bem  $Ieru§  unb  ben  Saien  hatte  ber  Settor  bie  Sefeftüde  ber  ^eiligen 
©chrift  p  üerfünben5 6 *. 

2.  Vufier  ben  ©otteSfjäufern  befajjen  bie  ©hriftengemeinben  ihre 
gräbtti§plät;e  (©ömeterien) ,  bie  je  nad)  ©ebraud)  ober  Vefdmffenheit  be3 
Voben§  entmeber  auf  ber  ©rboberffäche  angelegt  maren  ober  au§  unterirbifdien, 
in  ben  gelfen  au§gefiauenen  ©ängen  unb  Kammern  beftanben.  Vuf  jenen 
mürben  bie  Seichname  in  ©ruhen  beigefept,  bie  in  ben  gelfen  angelegt  ober 
in  bie  ©rbe  gegraben  unb  auSgemauert  mürben;  aber  auch  in  üttaufofeen,  in 
bereu  Vifdjen  ©arfophage  aufgefteflt  mürben,  mefdje  bie  leiblichen  Überrefte 
enthielten.  3n  ben  unterirbifdien  ©ömeterien  (^atafomben)  mürben  ebenfalls 
©arfophage  in  ben  au§  bem  gelfen  au§gehauenen  VifdEjen  aufgefteHt;  ober 
man  legte  bie  Seidjname  bireft  in  eine  längliche  ©rabnifche  (loculus)  in  ber 
Söanb  eines  ©ange§  ober  Kammer,  bie  mit  einer  üertifal  befeftigten  glatte  üer= 
fdjfoffen  mürbe,  ober  aud)  in  einen  ©arg,  ber  im  Voben  einer  gemölbten  Vifdje 
auSgetjauen  mar  (arcosolium).  ®ie  einfache  gorm  beS  loculus  finbet  fich  am 
häufigften  bei  ben  ©räbern  in  ben  ^atafomben.  Vei  ber  Veifeipng  ber  Seich= 
name  ihrer  Verdorbenen  üerfchmähten  bie  ©fjriften  üon  Anfang  an  bie  ©Ute 
ber  Seich enüerbrennung.  ©ie  festen  ben  Seidjnam  bei  in  ©ruhen,  bie  in  ben 
Voben  ober  in  gelfen  auSgeljöhft  ober  in  ©rabnifdjen  bon  üerfchiebener  gorm, 


1  Ael.  Lampridius,  Alexander  Severus  c.  49. 

2  Euseb.  1.  c.  VII,  30.  8  Euseb.  1.  c.  VII,  13;  X,  5. 

4  Ser  Vame  ecclesia  für  ©otte§f)öufer  finbet  fich  bei  Clem.  Alex.,  Paed.  III,  11, 

ed.  Potter  p.  110;  Strom.  VII,  6,  p.  303,  unb  bei  Tertull.,  De  idol.  c.  7 ;  De  cor. 

mil.  c.  3 ;  ügl.  Adv.  Valent,  c.  3.  Cypr.,  Ep.  59,  al.  55  ad  Cornel.  c.  18,  ed.  Hartei 
p.  688;  Ep.  57,  c.  2,  p.  652.  ©3  finben  fich  aud)  bie  Vatnen  ß-pr^oxsoaipot  töttoc, 
rpoqsuxrfjpia ,  nposeuyai  (ügl.  Philo,  De  legatione  ad  Caium,  bei  Euseb.,  Hist.  eccl. 
II,  6),  totcos  sb'/rjg,  r b  ywpiov  rrj g  inl  zo  auzb  zwv  moreuö^zajv  ouveXeutJSwq,  bei  Orig., 
De  orat.  c.  31,  lateinifcf)  dominica,  erft  fpater  templa. 

6  33efcfjmbung  einer  Kirche  in  ber  apoftolifcEjen  Didascalia  (bei  f^unf,  Sie 

apoftolifhen  ßonftitutionen  <5.  32  f.). 


8.  Sie  djriftlicfjen  ßultuägebaube  unb  ©ömeterien. 


311 


welche  in  bett  SDänben  unterirbifdjer  Kammern  unb  (Sänge  angelegt  warben 
waren.  2ßie  fie  im  religiöfen  Geben  tjienieben  in  enger  (Semeinfdjaft  bereint 
waren,  fo  wollten  bie  ©laubigen,  baf?  auch  nad)  bem  2obe  ihre  fterblidjen  ltber= 
refte  beifammen  ruhten.  Sie  ©rabgemeinfdjaft  mit  bett  Reiben  üerfdjmähten  fie; 
woljl  aber  finben  wir  im  2.  3al)ri)unbert  neben  d)riftlid)en  ©injelgräbern  unb 
gamiliengrabftätten  auch  bereits  größere  33egröbniSanlagen,  Wo  jatjlreidje  ©läu= 
bige  nebeneinanber  ruhten.  Sie  älteften  33eifpiele  finb  uns  in  9totn  erhalten. 
Sie  ^atafomben  üon  Somitilla  unb  ißriScilla  reidjen  in  ihren  erften  Anfängen 
in  baS  1.  3af)rf)unbert  jurüd.  ©ie  nahmen  in  ber  erften  Hälfte  beS  2.  3nt)r= 
hunbertS  bereits  einen  größeren  Umfang  an,  wälfrenb  anbere  ©rabftätten,  3.  33. 
biejenigen  ber  2IpofteI  ^etruS  (am  33atifan)  unb  ^auluS  (an  ber  Oftienfi|d)en 
©traße)  ifoliert  blieben,  ba  baS  Terrain  fid)  nicht  ju  größeren  Einlagen  eignete. 
3m  2.  Sahrfwnbert  tarnen  mehrere  anbere  ^atafomben  t)inju,  j.  33.  bie  fogen. 
Gucinagruft  bei  ©an  ©allifto,  bie  ^rätejtatfatafombe  an  ber  2lppifd)en  ©traße, 
baS  Coemeterium  Ioi’danorum  unb  baS  Coemeterium  Maxiiui  an  ber 
©alarifdjen  ©traße.  3UIe  biefe  ©rabftätten  waren  5)3riDatbefi| ;  fie  entftanben 
baburd),  baß  reiche  iDtitglieber  ber  ©cmeinbe  (barunter  bie  dwiftlidien  glaoier 
unb  2lcilier,  weldje  bie  ^atafomben  ber  Somitilla  unb  ber  ißriScilla  grünbeten), 
auf  ihrem  ^3ribatbefi^e  eine  ©ruft  für  bie  djriftlichen  ©lieber  ihrer  Familie  an= 
legten  unb  bann  im  2lnfd)luffe  an  biefelbe  ärmeren  ©läubigen  ebenfalls  eine 
©rabftätte  gewährten.  Sie  älteften  Seile  ber  SanuariuSfatafombe  in  Neapel 
reichen  ebenfalls  in  baS  2.  Salfrhunbert  hinauf.  Siefe  ganje  2lnorbnung  ber 
Geidfenbeftattung  war  gefd)ii^t  burcß  baS  römifdje  ©efeß.  Senfelben  prioaten 
©fjaratter  hatten  wahrfdjeinlid)  bie  d)rifilid)en  23egräbniSpläße  ber  anbern  ©e= 
meinben  ebenfalls,  Wie  5.  23.  jene  areae  Christianorum  bei  Karthago,  welche 
jur  3dt  SertulIianS  bott  bem  heibnifdjen  ^ßöbel  berwüftet  würben  1.  2lud)  bie 
23egräbttiSpläße ,  bie  fo  urfprünglid)  auf  bem  ifkibatbefiß  oon  ©läubigen  an= 
gelegt  worben  waren,  würben  im  3.  SahUw^d  in  ben  großen  ©täbten  ©e= 
tneinbebeftß  ber  ©hriften,  gleichwie  bie  ^irdjengebüube.  2Jian  hat  bieS  baburd) 
ju  ertlären  gefudft,  baß  man  annal)in,  bie  ©hriftcn  hätten  fid)  als  23egräbniS= 
Dereine  (collegia  funeraticia)  ber  Staatsgewalt  gegenüber  organifiert  unb  fo 
Salbung  für  ihre  ©ömeterien  gefunben.  2UIein  biefe  £)ppothefe  ift  nicht  not- 
wenbig,  um  ben  ©enteinbebefiß  ber  ©hriften  ju  ertlären;  bie  oon  ben  ßaifern 
ben  ©hriften  gegenüber  auSgeübte  Soleranj  genügte,  um  es  ben  ©emeinben  ju 
ermöglichen,  ß'irchengebäube  unb  ©ömeterien  ju  befißett. 

3>n  ben  großen  ©täbten,  wo  bie  außerhalb  ber  DJtauern  gelegenen  23e= 
gräbnispläße  weit  Dom  3etUrum  ber  ©tabt  entfernt  waren,  richtete  man  im 
Gaufe  beS  3.  SatnhunbertS  eigene  9täumlid)teiten  fyx  (cellae  coemeteriales), 
Welche  jur  9lbhaltung  ber  Geidjenfeier  unb  ber  ©ebäcßtniSfeier  an  ben  3ahreS= 
tagen  ber  33erftorbenen  bienten.  3n  ben  unterirbifd)en  ©rabftätten  gab  eS 
häufig  geräumige  Kammern,  weld;e  51t  bemfelben  3lüetfe  benußt  werben  tonnten 
unb  aud)  benußt  würben. 

21  uf  ben  9Rarmor=  unb  ©teinplatten  fowie  auf  ben  großen  3iegeln ,  mit 
Welchen  bie  ©räber  üerfd)Ioffeit  würben,  bradjte  man  häufig  3nf Triften 


Tertull.,  Ad  Scapulam  c.  3. 


i 


312 


Sie  großen  Serfolgungen  uttb  ber  (Steg  beä  (£^rtftentum§. 


an,  meldje  tarnen,  SebenSbauer,  OobeStag  ber  Serftorbenen  enthalten.  Oft 
mürben  aud)  ©ebete  für  bie  ©eelenrube,  Angaben  über  beffen  Stellung  unb 
SebenSüerbältniffe  u.  bgl.  fiinjugefügt,  fo  baß  bte  altdfriftlicben  ©rabfdjriften 
ein  tt)id)ttge§  OueHeruuaterial  für  bie  ©rforfdjung  beS  religiöfen  CebenS  im 
Sltertum  bieten 1.  $sn  ben  gelten  fdjroerer  Verfolgung  gebrausten  bie  ©Triften 
ju  ihren  gemöbnlidjen  gotteSbienftlidjen  3uf atnmcnJünf ten  unb  §anblungen 
auSnabntSmeife  aud)  biefe  Säume  in  ben  Vegräbni§ftätten. 

3n  ben  unterirbifdjen  ©ängen  unb  Kammern  ber  ^atafomben  finb  un§ 
bie  älteften  ^robutte  ber  Sri  ft  litten  $unft  erbalten,  toelSe  aus  bern  retU 
giöfen  Vetoufstfein  beS  ($f)rtfteuöoIfe§  l^erborgetoaSfen  ift  unb  beffen  d)riftlid)e 
©laubenSauffaffung  in  Se^ug  auf  baS  Öeben  im  SenfeitS  unb  auf  bie  Se= 
Siebungen  ber  btngefdjiebenen  «Seele  ju  ©ott  bem  Vater  unb  ju  ©b*#u§  3um 
SuSbrude  bringt.  VereitS  im  SuSgange  beS  1.  unb  im  Anfänge  beS  2.  3al)r= 
bunbertS  finben  mir  neben  ben  allgemein  üblichen  OeforationSmotiben  f^ejififS 
SriftliSe  Silber,  roelSe  einzelne  ©jenen  auS  ber  ^eiligen  ©djrift  unb  aud) 
fdjon  fpmboIifSe  OarfteHungen  enthalten.  Oie  ©bmbotif  beS  f^ifSbilbeS,  meldje 
mit  bem  Strofticbon  IX&TX  =  ’bjaoüq  Xpcarbg  Osou  "Ytbg  Xojrrjp  jufamtnen= 
bängt,  beftanb  fdjon  in  ben  erften  ^abrjebnten  be§  2.  SabrbunbertS.  Salb 
tarnen  anbere  biblifdje  unb  fpmbolifSe  Silber  l)in5U,  fo  baß  bis  ©nbe  beS  ge= 
nannten  3ab)^^unbert§  fid)  bereits  ein  gemiffer  ©ptluS  dfriftlicber  OarfteHungen 
gebilbet  butte.  SIS  ©innbilber  bienten  außer  bem  f^ifS  ber  Snfer,  baS  Öamm, 
bie  Oattbe,  bie  5ßalme,  ber  Ötjmeig  u.  f.  f.  Oaran  fSloffen  fiS  aHegorifd)e 
Oarftellungen  aus  bem  Slten  unb  Seiten  Oeftamente,  in  betten  teils  bie  £)off= 
nttng  ber  Suferftebung  (SonaS,  SajaruS)  unb  im  gufammenbange  bamtt  bie 
©ebeitnniffe  ber  ^irdje  (eud)ariftifcbeS  Stahl,  ©eridftfjenen  u.  bgl.),  teils  aber 
and)  baS  Seben  beS  (SrlöferS  (Snbetung  ber  Soeifen,  feine  Oaufe  im  Sorban) 
jutn  SuSbrud  tarnen.  ©£;rtftu§  marb  bauptfädjlid)  bargefiellt  als  ber  gute  |)irt 
(3ob-  10,  1  ff.),  ber  bie  ©eelen  ber  Serftorbenen  auf  ben  ©efilben  ber  emigen 
©eligfeit  meibet.  Sud)  Silber  ber  ©otteSmutter ,  ber  Spoftel  ißetruS  unb 
Paulus  fomie  beröorragenber  Stärtprer  finben  fid).  ©ebr  häufig  finb  bie  Oar= 
ftelluttgen  ber  Serftorbenen  in  ber  Haltung  beS  ©ebeteS  (Oranten).  Oie  d)rift= 
lieben  Zünftler  benutzen  naturgemäß  bie  Oetfmit  unb  bie  formen  ber  profanen 
$unft ;  aber  ber  3nf)alt  unb  in  ber  Segel  aud)  bie  ^otnpofition  ber  Silber 
finb  rein  d)riftlid)en  UrfprungS.  Seüorjugt  mar  bie  Stalerei,  mäbrenb  bie 
Sitbbauertunft  feltener  gebrauSt  mar.  ©S  ift  nidjt  ju  bejmeifeln,  baß  autb 
bie  junt  ©otteSbienft  beftimmten  Säume  in  ben  Käufern  ber  Birdie  in  äbn= 
liSer  S3eife  mie  bie  ©rabfammern  unb  ©rabnifdfen  ber  Statafomben  mit  Silber= 
fdftnud  gegiert  maren;  nur  batten  bie  Oarftellungen  einen  anbern,  bem  ;3med 
entfpredjenben  Inhalt2.  ©injelne  ältere  5Hrd)enfd)tiftfieIler  fpradfen  fiS  gegen 

1  ß  i  r  f  cf) ,  Sie  dpriftl.  ©pigrapbit  unb  if)re  SJebeutung  für  bie  firc£)engefd)icl)tl. 
SrorfSung.  fjreifmrg  i.  b.  @d)to.  1898;  Sie  Sccfamationen  unb  ©ebete  ber  aftcfiriftf. 
©rabfdjriften.  ßöfn  1897. 

2  Qrigeneä  (In  los.  hom.  10,  n.  8  [Opp.  ed.  de  la  Eue  II,  423])  fpridjt  bon 
©brifleu,  quorum  fides  hoc  tantummodo  habet,  ut  ad  ecclesiam  veniant  et  inclinent 
caput  suum,  sacerdotibus  officia  exliibeant,  servos  Dei  honorent,  ad  ornatum  quoque 
altaris  vel  ecclesiae  aliquid  conferant,  non  tarnen  adhibeant  Studium,  ut  etiam  mores 
suos  excolant. 


9.  ®ie  ©nttotcflung  beS  SBu^toefeitS  unb  ber  fireplitpen  SJiSgipIin.  313 

bie  Silber  ouS  ,  teils  meif  fie  ©efapren  für  bie  Gläubigen  im  2fuge  Ratten, 
teils  weit  fie  perfönfiep  manepen  Vorurteilen  unb  rigoriftifdjen  ©infeitigfeiten 
pufbigten.  ©ieS  patte  febod)  feinen  ©inffttp  auf  bie  SßrajiS  ber  ©laubigen, 
©er  $anon  36  ber  fpanifdjen  Spnobe  bon  ©fbira,  toefeper  befagt,  es  füllten 
feine  Malereien  in  ben  Kirchen  angcbradjt  fein,  bamit  rtidfjf  ber  ©egenfianb 
ber  Vereprung  unb  Anbetung  auf  ben  Söänben  abgebifbet  tnerbe,  iff  feineSfaffS 
einem  affgemeinen  unb  grunbfäpliepen  Vifberöerbote  gfeiepjuaepten ;  er  warb 
mäprenb  ber  ©ioffetianifepen  Verfolgung  erlaffen,  in  ber  fo  biefe  ®irepeu  jer= 
ftört  unb  profaniert  mürben;  maprfepeinfiep  ift  berfefbe  burcf)  befonbere  Ver= 
päftniffe  in  (Spanien  beranlapt  morben;  in  feinem  ^affe  aber  patte  bie  Ve= 
ftimmung  mepr  als  fofale  Vebeutung  1. 

9.  ©te  ©ntmitflung  bc§  VupmcfenS  unb  ber  firdjfidjen  ©i§3iplin. 

ßitteratur.  —  ©.  oben  ©.  226.  ferner :  $.  SJtütler,  ®te  Supinftitutionen 
itaep  (Spprian  (Seitfepr.  f.  ßirepengefep.  1895,  @.  1 — 44.  187—219).  gunf,  ®te  23ufj* 
ftationen  im  (priftt.  Stttertum  (ßinpengefd).  Slbpanblungen  I,  182 — 209).  §.  ßocp, 
®ie  tBilperentlaffung  in  ber  alten  abenbtänb.  Äirdje  (©üb.  ©peot.  Ouartatfcpr.  1900, 
6.  481—584).  L.  Duchesne,  Le  concile  d’Elvire  et  Ies  „flamines“  chrdtiens  (Biblioth. 
de  l’Ecole  des  hautes  etudes  LXXXIII  [1887],  159 — 174).  Ermoni,  La  penitence 
dans  l’histoire  ä  propos  d’un  ouvrage  rdcent  (Revue  des  quest.  bist.  LXVII  [1900], 
5  ss.).  Roberts ,  A  treatise  on  the  history  of  Confession  until  its  development  into 
Auricular  Confession.  Cambridge  1901. 

©ie  grope  Verbreitung  beS  ©priftentumS  in  affen  ©eilen  ber  Sebölferung 
beS  ÜtömerrcicpS  tüäprenb  beS  3.  SaprpunbertS  bracpte  nottoenbigermeife  eine 
mciterc  SfuSgeftaftuug  ber  firepfiepen  ©iSjipfin  mit  fiep,  inbem  ben  neuen  Ver= 
päftniffen  entfprecpenb  je  naep  VebürfniS  neue  Veftimmungen  gefepaffen  mürben, 
©iefe  ©ntmidfung  boftjog  fiep  niept  blop  burep  bie  ©pätigfeit  einzelner  Vifepöfe 
gegenüber  iprer  ©emeinbe,  fonbertt  in  befonberer  2Beife  auep  burep  bie  Spnoben, 
melcpe  in  manepen  ©egenben  eine  fiepenbe  ©inrieptung  gemorben  marett,  in 
anbern  bei  auperorbentlicpen  Veranlaffungen  abgepalten  mürben  unb  melcpe  bie 
fird)fid)e  ©efepgebung  nad)  ben  berfepiebenften  fRieptungen  pin  auSgeftalteten. 

1.  Vor  allem  trat  in  bem  Vupmefen  im  Saufe  beS  3.  SaprpunbertS 
eine  bebeutenbe  Umgeftaftung  ein.  ViS  sunt  VuSgange  beS  2.  SaprpunbertS 
pieft  man  im  allgemeinen  an  ber  alten  Strenge  feft,  bap  ein  ©prift,  ber 
eine  bon  ben  brei  $apitaffünben  (©pebrud)  unb  Hurerei,  Vlorb,  Slbfatt  bom 
©lauben)  begangen  patte,  nur  auSnapmSmeife  bor  feinem  ©obe  toieber  in  bie 
fird)Iicpe  ©emeinfepaft  aufgenommen  mürbe;  menn  bie  $ird)e  Verjeipuitg  ge= 
rnäprte,  fo  gefepap  eS  in  ber  Siegel  erft,  menn  ber  Siinber,  naepbem  er  fein 
gaujeS  Seben  fang  Vupe  getpan  patte,  auf  bem  ©obbette  lag  (f.  oben  S.  228). 
©iefe  Strenge  mürbe  immer  mepr  gemitbert,  unb  jugfeid)  mürbe  burep  befonbere 
Veftinunungen  über  bie  Vupe  für  bie  einseinen  ffätle  ber  ßapitaffünben  bie 
©iSjipfiu  meiter  auSgeftaltet.  ©aS  erfte  Veifpiel  einer  prinzipiellen  Vlifberung 
finben  mir  in  ber  römifepen  $ird)e,  inbem  ^3apft  ^alliftuS  burep  einen 


1  Über  Conc.  Elib.  can.  36  perrftpen  berfepiebene  SInfiepten;  bgt.  c  f  e  r  e ,  Gon= 
ciliengefepidpte  I  (2.  Stuft.),  170.  tfrauä,  Roma  sotten-,  ©.  181  ff.  &uuf,  $er 
ßanon  36  bon  ©Ibira  (fiircpengefdptcptl.  Slbpanbt.  I,  346 — 352). 


314 


®ie  großen  Verfolgungen  unb  bet  ©ieg  be§  ©jriftentumä. 


©blaff  beftimmte,  baff  bie  Untüchtigen,  nadfbem  fie  eine  längere  3£ü  öffenilit^c 
Suffe  getfjon  Ratten,  bie  SoSfpredjung  erhalten  unb  roieber  in  bie  bolle  fird)= 
liebe  ©emeinfchaft  aufgenommen  merben  füllten.  Um  biefelbe  3eÜ  '»urbe  in 
Sfrifa  unb  mahrfdjeinlid)  and)  in  anbern  Seilen  bet*  $irdje  auf  bie  ©mpfeh= 
lang  bon  Sefennern  beS  ©taubenS  l)in,  bie  ben  Siartertob  erbulbeten,  einzelnen 
©ünbern  bie  SBieberaufnaljme  auf  if)te  Sitte,  unb  nad)bem  fie  geeignete  Sufj= 
loerfe  einige  3eit  ^tnburc^»  betriebet  Ratten,  ebenfalls  gemährt.  $n  intern  Kampfe 
gegen  ben  StontaniSmuS  hült  bie  Kirche  an  biefem  Ißrinjip  feft.  ©ine  meitere 
ÜJUlberung  mürbe  Ijerborgerufen  burd)  bie  Vorgänge,  bie  fiep  an  bie  Secifche 
Verfolgung  anfdfloffen.  Men  ©f)ti[tert ,  meldje  aus  ©chmädje  äufferlid)  bom 
©tauben  abgefallen  maren,  mürbe  bie  SMeberanfnal)me  in  MSficht  gefteHt. 
9luf  ©pnoben  toie  aud)  bon  einzelnen  Sifdjöfen  toarb,  je  nach  ben  Umftänben, 
burd)  bie  ber  Sbfaü  als  leichtere  ober  fdfmerere  ©üttbe  etfdjien,  bie  3eü  unb 
bie  ©dimere  ber  Suffe  für  bie  einzelnen  gälle  beftimmt,  unb  nad)  bolljogener 
Suffe  mürben  bie  Slbgefatlenen  mieber  in  bie  Kirche  aufgenommen.  Mer  auch 
jefd  mürbe  bie  2öieberaufnaf)me  bloff  einmal  gemährt;  mer  nach  berfetben 
jum  jmeitenmal  in  eine  ^apitalfünbe  fiel,  marb  für  immer  auS  ber  Kirche 
auSgefdjloffen. 

Sie  öffentliche  Suffe  blieb  junächft  für  bie  Verbrechen  beS  MfatlS  jum 
©ö|enbienfte ,  beS  StorbS  unb  beS  ©hebruchs  mie  ber  üerfd)iebenen  Sitten  üon 
Unzucht  borgefdjrieben ;  fie  mürbe  für  ©panien  burd)  bas  ®onjil  bon  ©Ibira 
(306)  auf  attbere  fet)r  gel)äffige  ©iinben,  mie  Staub,  V3ud)er,  falfcheS  3euP>§/ 
Steineib  u.  f.  f. ,  auSgebepnt;  aud)  fonft  mürbe  bie  3<üÜ  ber  ®apitalfünben 
etmaS  ermeitert.  2Ber  öffentlich  burd)  feine  ©ünben  Ärgernis  gab,  beut  fonnte 
aud)  bie  Suffe  öffentlich  angefünbigt  unb  auferlegt  merben 1.  ©S  berftanb  fid) 
bon  felbft,  bah  i>er  Süffer  bon  allen  Sufibarfeiten  fid)  fernhalten  muhte;  auch 
beS  ehelichen  Umgangs  füllte  er  fid)  enthalten,  meShalb  ber  Stann  jur  Über= 
nähme  ber  Suffe  ber  ©inmilligung  feiner  ©attin  beburfte.  Sann  erfchienen 
bie  Vüher  aud)  mol)l  in  ber  Verfammlung,  bas  $aupt  mit  Slfche  beftreut,  mit 
abgefdfnittenem  gmare,  in  fd)Ied)tem  ©emetnbe;  bor  ben  ©läubigen  marfen  fie 
fid)  nieber,  ihr  ©ebet  erflet)enb 2.  ®aS  borgefchriebene  haften  mar  fehr  ftrenge, 
bie  ©ebetSübungen  jal)lreid).  ßranf'heit  unb  grober  Suffeifer  führten  oft  jur 
Mfürjung  unb  Stilberung  ber  Suffe,  ja  gegen  bie  fchmer  Uranien  inSbefonbere 
betfuhr  man  mit  ber  größten  Stilbe.  Manche  ©hriften  gelobten  auf  bem 
$ran!enbette  auS  eigenem  Antrieb  bie  Übernahme  einer  öffentlichen  Suffe;  fie 
mürben  nad)  ihrer  SBiebetgcnefung  jur  ©rfüllung  biefeS  ©elübbeS  angehalten. 
Sie  Sicher  blieben  bom  geiftlid)en  ©tanbe  auSgefd)loffen 3.  9tod)  im  3.  3uhr= 

1  $en  Söucfier  betreffenb  bgl.  Conc.  Elib.  can.  20  unb  Arel.  can.  12;  folfd^eö 
3eugniS  bgl.  ibid.  can.  74;  Iftaub  unb  SiebftaC)!  bgl.  Greg.  Thaumat.,  Ep.  can.  c.  2. 
3.  8;  beröotene  @hen,  inSbefonbere  mit  ber  ©djtbefter  ber  berfiorbenen  grau,  bgl.  Conc. 
Elib.  can.  61 ;  Neocaes.  can.  2  unb  Basil.  M.,  Ep.  160,  mit  ber  Stieftochter  bgl.  Conc. 
Elib.  can.  66. 

2  Über  bie  Cpaltung  ber  Sicher  bgl.  Tertull.,  De  pudic.  c.  13.  Euseb.,  Hist, 
eccl.  V,  28. 

3  Über  ben  VuSfchluff  bom  geglichen  ©tanbe  bgl.  Orig.,  C.  Cels.  III,  51 ;  bon 
öffentlichen  Ventern  Thomassin.,  De  vet.  et  nova  Eccl.  disc.  P.  II,  1.  1,  c.  66,  n.  25; 
1.  2,  c.  12,  n.  18.  Mamachi,  Orig,  et  antiq.  clirist.  IV,  187  sq. 


9.  Sie  ©ntmicflung  be§  93ufetoefen§  mtb  ber  lirdjlidjen  Sigaipliit.  315 

Ijunbert  bilbeten  ftch  in  einzelnen  ©egenbert  bc§  Oriente,  befonberg  in  Kletn= 
afien,  berfd)iebene  ©rabe  («Stationen)  ber  SSu^e  heraus :  ber  Ipörenben,  Siegen^ 
ben  uitb  Stehettbert.  Sie  ftörenbert  burften  tuie  bie  Katechumenert  nur  bem 
©otteSbienfte  beimofjnen,  mäfirenb  bie  Vüfjer  ber  fotgenben  klaffe  nod)  ein 
befoubereS  ©ebet  mit  ^anbauflegung  erhielten.  3tt  btefer  jmciten  klaffe  (ber 
öiegettben)  marb  bie  eigentliche  Vufje  berridjtet;  in  ihr  blieben  bie  Vüfjer 
am  längften:  3,  5,  15,  and)  25  3ohl'e  (^onjil  bon  Vncpra  can.  16);  fie 
galt  borjugStteife  al§  ©intritt  in  bie  Vufje.  Sie  Vüfienben  be§  brüten  ©rabeS 
(Stehenbe)  burften  bem  gangen  ©otteSbicnfte  beimofinen ;  nur  maren  fie 
bon  ben  Oblationen  unb  bon  bem  ©ntpfange  ber  Kommunion  nod)  au§= 
gefdjloffen.  3U  liefen  mürben  and)  fold)e  berfe^t,  bie  fid)  felbft  anflagten  unb 
ju  jeber  ©enugtl)uung  bereit  maren,  für  bie  überhaupt  9Jtilberung§grünbe  bor= 
lagen.  3m  4.  3cthvl)unbert  tarn  noch  eine  meitere  klaffe,  bie  ber  Söeinenben 
hinju1.  Vicht  alle  Vüjier  mußten  burdj  bie  bier  Stufen  hinburchgefjen.  3m 
Slbenblanbe  maren  biefe  Klaffen  unbefannt.  Sie  öffentliche  Suffe  mürbe  bem 
Sitnber  für  biefelbe  fernere  Sünbe  nur  einmal  geftattet2.  Ser  Vifdjof  leitete 
bie  Vufjübungen  nteifienS  allein;  feit  ber  Verfolgung  beS  Seciu§  (251)  ftanb 
ihm  hierin  in  einzelnen  Kirdjen  beS  Oriente  ber  Vuffp  rieft  er  (ißönitentiar) 3 
jur  Seite. 

2öa§  bie  ©eift  lieh  eit  betrifft,  fo  roarb  in  ber  Siegel  baSfelbe  Vergehen, 
ba§  an  Saien  mit  Vugfchliefntng  au§  ber  Kirdje  beftraft  marb,  an  ihnen  mit 
2tmt§entfe|ung  geahnbet,  ba  man  biefelbe  Sünbe  nicht  hoppelt  (Val).  1,  9) 


1  Sie  Dier  33ufjgrabe:  npogxkaumg ,  dxpöamg,  önommtumg,  auaramq  bei  Basil., 
Ep.  can.  III,  s.  ep.  217  ad  Ampliil.  c.  75  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXII,  804)  —  für  bie 
brei  erften  Stufen  je  brei,  für  bie  lepte  jmei  Sfahre.  Sie  w pogxkaiovxsg  biegen  and) 
ysipä&vTsg,  hiemantes,  nach  einigen  aud)  xaransv^oOvreg  {Petr.  Alex.,  Ep.  can.  c.  1) ; 
fie  ftanben  allen  Unbilben  ber  SBitterimg  preiggegebett  im  Sorpofe  ber  ßirepe,  hierin 
mie  fonft  ben  ßatecpumenen  naäjgefetjt.  Sie  äxpöamg  erfdjeint  bei  Greg.  Thaumat., 
Ep.  can.  c.  7.  8  {Pitra ,  Iuris  eccles.  Graecor.  historia  et  monumenta  I,  565)  alg 
unterfte  Stufe,  bereu  befonberg  fcpmere  Serbrecper  nicht  einmal  mürbig  fiub.  9llg  weitere 
Stufe  folgen  bie  önomizTovreg  (ibid.  c.  8.  9) ;  anbern  wirb  bagegen  bie  ©ebetggemeinfdjaft 
geftattet,  ganj  ber  mtnaaig  entfpreepenb.  Sie  ßonjilien  Dott  Stncpra  unb  dleucäfarea 
ermähnen  audientes,  substrati,  stantes.  Conc.  Ancyr.  can.  4  forbert:  toer  Jttm  Dpfer= 
maple  gejmungen  marb,  aber  bod;  heiter  baran  teilnahm,  foll  ein  Sfapr  unter  ben 
audientes,  brei  Sfapre  unter  ben  substrati,  jmei  3aprc  unter  ben  consistentes  fein;  mei 
aber  trauernb  unb  ohne  9lnteil  an  ber  fjeftfreube  fid)  bort  befanb,  brei,  fatlg  er  gar 
nid)tg  genofj,  jwei  Qafjre  auf  ber  brüten  Stufe  bleiben  (can.  5).  ©iir  SOtagie  marb 
can.  24  breijährige  substratio  unb  ^meijährige  consistentia  Dorgefcprieben.  ©g  merbeit 
bie  ßaßpoi  ber  39ufse  can.  20.  21.  22,  fomie  bie  yeigd^ov reg  can.  17  ermähnt.  Sag 
Äonjil  Oon  Vicäa  825  (can.  11.  12)  nennt  bie  äxpowpevot,  bnorämovTeg  unb  bie  üierte 
Stufe  unb  bejeidjnet  eg  alg  alteg  unb  fanonifdjeg  ©efetj,  baff  ben  Sterbenbett  bag  93ia= 
tifnm  auch  Dor  öotlenbeter  Suffe  gereicht  merbe;  mofern  foldje  ßranfe  mieber  genefen, 
fallen  fie  in  bie  oberfte  Suffflaffe  gefegt  merben  (can.  13).  ©efadene  Äatedjumenen  foden 
nadj  can.  14  brei  3apre  audientes  fein,  bann  aber  mieber  mit  ben  anbern  beten  biirfen. 

2  Cf.  Herrn.,  Past.  1.  2,  mand.  4.  Tertull.,  De  poenit.  c.  7.  Clem.  Alex.,  Strom. 
II,  13.  Orig.,  In  Lev.  liom.  15,  n.  2. 

8  llpsffßÜTspog  =“£  Trjg  p£~a>otag  ( Socrnt .,  Hist.  eccl.  VI,  9.  Sozom.,  Hist.  eccl. 
VII,  16.  Über  bie  milbere  *)3ra£ig  nach  252  Dgl.  Cypr. ,  Ep.  57,  al.  54,  ed.  Hartei 
p.  650  sq. 


316 


Sie  großen  Verfolgungen  unb  ber  (Sieg  be3  ©hriftentumS. 


beftrafen  tuollte.  ©oldje  (Beifilidje  würben  jurücföerfe^t  in  ben  Saienftanb  K 
Sin  2ßieberl)oIungSfalIe  traf  fie  bann  wirtliche  unb  böllige  NuSfchließung  aus 
aller  ©emeinfchaft ;  t)ier  bunten  [ie  ebenfalls  jur  Vuße  berurteilt  werben.  Sie 
©pnobe  bon  Neucäfarea  beftimmte  (can.  51):  falls  ein  ^riefter  eine  @^e  ein= 
gel;e,  fei  er  feines  NmteS  311  entfetten;  begehe  er  Unjucßt  ober  ($l)ebruch,  gänglid) 
auSjuftojfen  unb  ber  Vuße  ju  unterwerfen,  ©elbft  biejenigen  ©eiftlictjen ,  bie 
fidj  freiwillig  in  ben  $ampf  für  ©briftuS  begaben,  aber  bort  fchwad)  würben, 
nad)  ihrem  gälte  jeboch  wieber  ben  -ßampf  erneuerten,  füllten  nicht  mehr  ben 
heiligen  Sienft  berrichten  bürfen,  wenn  fie  auch  ber  ßirchengemeinfchaft  nicht 
berluftig  würben  (ißetruS  bon  Ntejanbrien  can.  10)1  2. 

2.  SDßeitere  biSjiplinarifche  Veftimmungen  würben  auf  berfchiebenen  ©pnoben 
erlaffen,  befonberS  in  betreff  beS  Uterus.  Unter  bem  Vifdjofe  QlgrippinuS 
bon  Karthago  in  ber  erften  £)älfte  beS  3.  ^afir^unbeutS  berbot  eine  ©pnobe 
bie  VefieHung  eines  ^ßriefterS  jurn  Vormunbe ,  ein  Verbot ,  welches  unter 
(Spprian  auf  einer  tartljagifchen  ©pnobe  erneuert  würbe.  SaS  ^onjil  bon 
©Ibira  (can.  19)  berorbnete,  baß  Vifdjöfe,  Spriefter  unb  Siafonen  nur  inner= 
halb  berjenigen  ^robinj,  in  Welcher  fie  lebten,  £>anbel  treiben  unb  Vtärlte  be= 
fuchen  bürfen.  ©S  begegnete  bamit  einem  Übelftanbe,  über  ben  fdjon  (Spprian3, 
geflagt  hat*e,  baß  nämlich  biele  Vifdjöfe  ihre  Kirchen  berließen,  um  ihrer 
(Befcpäfte  wegen  in  fremben  ^robinjen  bie  Vtärfte  ju  befud)en.  Unter  ben 
^anoneS  beSfelben  ^onjilS  finbet  fid)  auch  baS  erfte  tirdjlidte  (SölibatSgefeß 
für  bie  ^lerifer,  inbem  can.  33  beftimmt,  baß  SBifdhöfe,  ^riefter  unb  Siafonen 
fowie  alle  Siedler,  welche  ben  Slltarbienft  berfahen,  wenn  fie  als  Perljeiratete 
Vtänner  in  ben  Klerus  eintraten ,  ben  ehelichen  Umgang  nicht  fortfeßen  burften, 
bei  ©träfe  ber  5ibfe|ung.  5lud)  über  bie  (gje  unb  ehelichen  Verl)ältniffe  unb 
über  bie  gottgeweihten  Jungfrauen  würben  bereits  auf  ber  ©pnobe 

bon  ©Ibira  befonbere  !ird)lithe  (Befeße  erlaffen. 

- 

10.  Sie  djrifttichc  «Sitte.  Vsfcten  unb  gottgeweihte  Jungfrauen. 

ßitteratur.  - —  S.  oben  S.  229.  Sa^u:  F.  W.  B.  Bornemann,  In  investiganda 
monachatus  origine  quibus  de  causis  ratio  habenda  sit  Origenis.  Gotting.  1885. 
S.  SdfieWiß,  Vorgefd)id)te  beS  9Jtönd)tum§  (Slrdjib  f.  fatf)ol.  $irdjenred)t  1898, 
S.  3 — 23).  J.  Söilpert,  Sie  gottgeWeif)ten  Jungfrauen  in  ben  erften  Jahrßunberten 
ber  ßirc&e.  Jreiburg  i.  93r.  1892.  iß.  SB  e  cf  eff  er,  Sa§  feierlidie  ÄeufcßheitSgelubbe 
ber  gottgeweihten  Jungfrauen  in  ber  alten  ßirche  (3trdjib  f.  tathol.  ^ircßenredjt  1896, 
S.  83  ff.  187  ff.  321  ff.). 

1.  Sie  Schwäche,  welche  beim  VuSbrud)  ber  Secifdjen  Verfolgung  eine 
fo  große  3a£)l  bon  ©hriften  in  allen  (Bemeinben ,  über  bie  wir  Nachrichten 


1  Cypr.,  Ep.  3.  55.  67.  34.  72.  Cornel.  bei  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  42.  Bingham, 
Ant.  XVII,  §  51.  Thomassin. ,  De  vet.  et  nova  Eccl.  disc.  P.  II,  1.  1,  c.  51,  n.  9. 
12.  13;  c.  56,  n.  4.  12—14. 

2  Kßprian  (Ep.  65,  ed.  Hartei  p.  721)  fpridjt  bon  ber  Vuße  ber  SBifc^öfe  unb 
ißriefter,  bie  in  ber  Verfolgung  fieß  fdjwad)  gezeigt;  ihnen  Wirb  bie  fernere  SluSübuug 
ihrer  Junftionen  entzogen.  ©£  Wirb  Ep.  64,  c.  1,  p.  717  Vifdjof  SßerapiuS  bon  Vuüa 
getabelt,  ber  ben  gefallenen  ißriefter  Viftor  oßne  borgäugige  entfpredjenbe  Vuße  Wieber 
aufgenommen  hatte,  ohne  baß  jeboch  feine  Sluorbnung  umgefioßen  warb. 

3  De  lapsis  c.  4. 


10.  Sie  c&riftlicfie  Sitte.  21sfeten  unb  gottgetneifjte  Jungfrauen.  31 7 

befitjen,  gum  Abfall  braute,  ift  ein  VemeiS  bafiir,  baß  mit  ber  gunehmenben 
3at)t  Don  ©läubigen  bie  fittlicpe  Greift  ber  ©ingelnen  nicht  in  gleichem  Vtaße 
mud)S.  ©S  mar  aud)  im  tpinblid  auf  bie  allgemeine  Vlenfchennatur  nicht  anberS 
gu  ermatten,  als  bajj  bei  meiterer  Ausbreitung  beS  (Sbriftentums  menfddidje 
6chmäd)en  unb  menfcplidje  Geibenfehaften  bet  manchen  ©laubigen  gum  Aus¬ 
bruch  famen.  VefonberS  bie  Unruhen,  meldje  in  Karthago,  in  SRom  unb  in 
anbertt  großen  ©täbten  im  Anfdjluffe  an  bie  Verfolgung  ausbrachen,  offen¬ 
barten  auch  unter  beut  Klerus  meltlidj  gefinnte  Viitglieber ,  melche  nicht  bie 
notmenbige  ©elbftgudjt  befaßen,  um  ihren  perfßnlichen  ©hr3^ä  bem  Söotjle  ber 
ganzen  Sirdhe  bintanjuftetteu.  Allein  meitauS  bie  9M)rl)eit  ber  Steriler  geigte 
ftd)  in  ben  ^ßrüfungSgeiten  ber  Verfolgungen  Don  ed)t  firdjlidjem  ©eifte  burd)= 
brungen,  unb  eine  große  3dfÜ  bott  Vifchöfen,  Sßrieflern  unb  ©iafonen  erlitten 
ben  Viartertob  für  ben  ©tauben.  2Jttt  ber  größten  Aufopferung  erfüllten 
bie  meiften  lirchltdjen  Vorfteher  bie  in  jener  3^it  oft  fo  fchmierigen  Pflichten 
ihre»  Amtes.  And)  biete  anbere  ©laubige  aus  allen  ©tänben  beS  djriftlidjen 
Volles  blieben  angefidpS  bes  SobeS  ihrem  djriftlidjen  Vefenntniffe  treu;  unb 
menn  mir  aud)  feine  hinteidjenben  OueHennad)rid)ten  befi|ett,  um  nur  an= 
nähernb  bie  3dfjl  ber  Vliirtprer,  meld)e  bom  Jahre  250  an  bis  gum  ^rieben 
ber  Kirche  im  Jahre  312  für  ben  ©laubett  ftarben,  fo  miffen  mir  bod)  burd) 
bie  gelegentlidhen  Vtitteilungen  unb  bie  fpäteren  Vlürtprerbergeidjniffe,  befottberS 
burch  baS  fogen.  Martyrologium  Hieronymianum ,  baß  bie  3Qfd  eine  fehr 
große  mar1. 

Oie  Vorfteher  unb  bie  Seljrer  ber  Kirche  maren  bemüht,  burdj  Vßort  unb 
©djrift  ein  mahreS  d)riftticheS  Geben  unter  ben  ©laubigen  gu  Derbreiten ,  unb 
bie  ©pnoben  fteüten  firdjlidje  ©efe|e  feft,  um  fdjmere  AuSfcpreitungen  gu  be= 
ftrafen  unb  gu  Derhütett.  Von  ben  bieSbegüglidjen  ©djriften  finb  befonberS  gu 
ermähnen:  ber  „^äbagog"  ( Kaidaycoyog)  beS  Clemens  bon  Aleyanbtien,  in 
meldjem  ein  Vilb  beS  mähren  djriftlidjen  Gebens  nach  bem  ©efeße  ©hr'f^  3e- 
geidjnet  mirb,  baS  bis  in  bie  ©ingelfjeiten  (Aßoljnung,  (äffen  unb  Orinfen, 
©cplaf,  ©rljolung,  Verfeijr  ber  ©efcßtedjter)  ben  ©laubigen  Vorfchriften  giebt. 
Jn  henüdien  Aßorten  mirb  baS  Jbeal  beS  djriftlidjen  Gebens  gefdjilbert:  bie 
maljre  ©djönljeit  befiehl  in  ber  ©rlenntniS  ©otteS  unb  feiner  felbft,  in  ber 
Vefampfung  ber  Seibenßhaften ,  in  ber  Übung  ber  djriftlidjen  Siebe.  Aud)  in 
feiner  Abhanblung:  „Aöeldjer  [Reiche  mirb  baS  §eil  finben  ?"  führt  Siemens 
trefflidje  Gehren  über  ben  ©ebraudj  ber  irbifdjen  ©üter  aus.  Vteljrere  ©djriften 
erbaulid)en  JnhalteS  beröffentlicpte  OrigeneS.  Jn  feiner  „©rmaljnung  gutn 
SJlartprium"  preift  er  in  erhabenen  unb  begeifterten  Aßorten  baS  ©lüd  beS 
©haften ,  ber  für  ©ott  fein  Geben  guin  Opfer  bringt,  mäf)tenb  bie  ©djrift 
„Über  baS  ©ebet"  Doll  bon  herr^lc^cn  ©ebanlen  ift  über  ben  Verfepr  ber 
djriftlidjen  ©eele  mit  ©ott  unb  über  echte  fjrömmigleit.  Am  meiften  pot  jeboih 


1  Martyrologium  Hieronymianum,  edd.  G.  B.  de  Rossi  et  L.  Duchesne ,  Acta 
Sanctorum  Boiland.,  Novembr.  t.  II,  Introductio.  »gl.  §.  2td)cli$,  Sic  DJlarÜ)ro= 
logiett,  ihre  ©efdpchte  unb  ihr  SQJert  (Abpanbl.  ber  ©efettfeh.  ber  aSiffenfcp.  in  ©öttingen. 
Aeue  J-oIgc  IH,  3).  ©öttingen  1900.  Ju  ber  gegenwärtig  bon  Sucres  ne  Unb  ßrufcp 
geführten  ßontroberfe  über  ba§  Martyrol.  Hieronym.  bgl.  be§  leßteren  2luffat) :  Aocfp 
mat§  baö  Martyrol.  Hieronym.  (Aeueö  Slnfjib  XXVI  [1901],  349  ff.). 


318 


®ie  großen  Verfolgungen  unb  ber  (Sieg  be§  ©^rifientumS. 


ber  1)1.  ©pprian  burd)  feine  ©Triften  bie  Übung  ber  djriftlie^en  ©ugenben 
ZU  förbern  gefugt.  (Sr  panbette,  abgefepen  bon  ben  Söerfen,  metcpe  befonbere 
Serpüttniffe  betrafen  (De  habitu  virginum,  De  exhortatione  martyrii), 
über  bag  ©ebet  beg  tperrn  (De  dominica  oratione),  über  bie  3uberfi<pt  in 
ber  3e't  fcpmerer  tpeimfucpung  burd)  bie  5J$eft  (De  mortalitate) ,  über  bie 
Sßfticpt  ber  Söopttpätigfeit  (De  opere  et  eleemosynis) ,  über  bie  ©ebutb 
(De  bono  patientiae),  über  bie  fd)Iimmen  folgen  bon  9Mb  unb  ©iferfudjt 
(De  zelo  et  livore).  5Iug  biefen  Sßerfen  ber  fircptidjen  Seprer  erfepen  mir 
Zugleich,  in  metcper  Söeife  unb  auf  metcper  ©runbtage  bie  Sorfteper  ber  Kircpe 
überhaupt  ipre  feetforgticpe  Aufgabe  auf  faxten  unb  erfüllten.  ©aff  fotcpe  ©r= 
mapnungen  über  bie  Pflichten  ber  ©giften  nicpt  nuptog  rnaren,  erlernten  mir 
au§  bem  perrlidjen  23eifpiele  magrer  cprifitidjer  9iädjftentiebe,  metcpeg  bie  ©täu= 
bigen  bon  Sltepanbrien  zur  3e^  beg  Sifcpofg  ©ionpfiug  mäprenb  einer  furdjt= 
baren  $eft  gaben.  „®ie  meiften  unferer  33rüber",  fdjreibt  ©ionpfiug,  „fdjonten 
au§  übergroßer  Dtäcpftentiebe  ipre  eigene  Werfen  nicpt  unb  hielten  feft  aneinanber. 
gurd)tlo§  befugten  fie  bie  Uranien,  bebienten  fie  forgfältig ,  pflegten  fie  um 
©prifti  mitten  unb  fd)ieben  freubig  mit  ipnen  gugleict)  aug  bem  Seben.  .  .  .  91uf 
biefe  Steife  ftarben  bie  ebelften  unferer  Srüber,  einige  5f5regbpter,  ©iafonen 
unb  poepgefeierte  Männer  au»  bem  Sötte."  1 

2.  Sn  ben  Sterten  ber  tireptidjen  ©epriftftetter  beg  3.  Sdprpunbertg  nimmt 
bie  Sgfefe  eine  bebeutenbe  ©teile  ein.  Sn  ä^nlid)er  Söeife  mie  ber  9teu= 
ptatonigmug  bon  feinem  ^rinjip  ber  Sbentifizierung  ber  Staterie  mit  bem 
Söfen  aug  bie  ^Befreiung  bon  bem  ©itinlicpen  atg  bie  ©runbtage  beg  ©ugenb= 
tebeng  betonte,  paben  bie  Slejanbriner  Ktemeng  unb  Origeneg  bom  cpriftlicpen 
©tanbpuntte  aug  bie  ©ntfagung  atg  bag  notmenbige  Stittet  bezeichnet,  um 
ein  bottfommener  (gnoftifdier)  ©prift  ju  merben.  ®ag  Stefenilicpe  in  ber  <prift= 
tiepen  Sgfefe  blieb  bie  beftänbige  Sungfräuticpteit ;  mit  ipr  berbanb  fiep  bie 
fytuept  ber  Stett,  bie  Befreiung  bon  irbifeper  Sefcpäftigung  unb  bon  metttiepem 
Serfepr,  um  fo  ungeftört  ber  Setracptung  ber  göttlichen  Staprpeiten  obliegen 
ZU  tonnen.  @g  gab  in  alten  ©eiten  ber  Kircpe  zaplreicpe  Sgteten  beibertei  ©e= 
fepteepteg,  mie  mir  aug  ben  beibett  pfeubo=ftementinifcpen  Sriefen  Ad  virgines, 
au»  ben  ©epriften  be»  Origeneg,  ©ertultiang  unb  ©ppriang  erfepen.  Son 
Origeneg  merben  bie  „Jungfrauen"  unb  bie  „©ntpattfamen",  fomit  bie  Sgfeten 
beibertei  ©efcptedjteg,  at§  ein  befonberer  ©eit  beg  cpriftlicpen  Sotteg  angefüprt 2. 
©pprian  bezeichnet  bie  cpriftlicpen  Jungfrauen  atg  bie  augertefene  ©epar  ber 
©laubigen,  metepe  bag  emige  ©ut  beg  £)errn  errungen  paben  unb,  obmopt 
noep  auf  ber  ©rbe  lebenb ,  jur  Familie  ber  ©ngel  gepören 3.  ©er  grofie 
atejanbrinifepe  Seprer  Origeneg  mar  fetbft  ein  boHfommeneS  Stufter  beg 
agfetifepen  Sebeng;  er  tief)  fiep  fogar  burd)  feinen  ©ifer  zu  meit  fortreipen, 
inbem  er  fiep  fetbft  entmannte,  ©ein  fireng  abgetötete»  unb  nur  bem  ©tubium 
unb  ber  Kontemplation  pöperer  Staprpeiten  gemibmeteg  Seben  reizte  meprere 
feiner  ©cpüter  zur  fftacpapmung  an.  Um  ^ieratag,  einen  atejanbrinifepen  Seprer 

1  Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  22. 

2  Orig.,  Hom.  2  in  Num.  10,  19  sq.  (sacerdotes,  diaconi,  virgines,  continentes, 
omnes  qui  in  professione  religionis  videntur) ;  In  ep.  ad  Rom.  VI,  15  sqq. 

3  Cypr.,  De  habitu  virginum,  an  mehreren  Stellen. 


10.  Sie  djtiftlidje  ©Ute.  Stöfeten  unb  gottgetoeif)te  Jungfrauen.  319 

auS  bem  ©nbe  beS  3.  SatjrtjunbertS,  fcfjeint  fief)  bereits  ein  herein  bon  d)rift= 
licken  ASf'eten  gebilbet  §u  tfaben,  bie  eine  Art  gemeinsames  geben  führten. 
SRandje  ©nttjattfame  natjmen  ABotjnung  in  einfam  gelegenen  Käufern  aufjertjatb 
ber  ©täbte,  um  fo  nngefiört  fid)  ber  Abtßtung  unb  ber  Kontemplation  f;in= 
äugeben.  AarciffuS,  AMfdmf  bon  Jerufatein,  bertiefi  feine  ©enteinbe  infolge  böS= 
mittiger  Serteumbungen  unb  f)iett  fid)  biete  Jatfre  in  einfamer  ©egenb  ber= 
borgen,  ba  er,  tbie  ©ufebiuS  fagt,  aud)  fonft  baS  pt)itofoptjifd)e  geben  Heb 
gemonnen  Ejatte 1.  SDer  tj  t.  Sp  a  u  I  u  S  bon  Sieben  (geb.  um  228)  fjatte  nod) 
in  jungen  Satiren  eine  £)öt)te  an  einem  entlegenen  Serge  aufgefud)t  unb  fiitjrte 
t)ier,  burd)  bie  ^almbäume  mit  Kleibung  unb  Aatjrung  berforgt,  neunzig  Satire 
tlinburd)  ein  bem  ©ebet,  ber  A3etrad)tung  unb  AStefe  gemeintes  geben ;  erft  furj 
bor  feinem  Sobe  (340),  als  er  113  Satire  gäl;Ite,  fanb  ifm  ber  ^t.  Antonius 
(geb.  251),  metdjer  ber  Segrünber  beS  ARöndjSlebenS  mürbe,  baS  nadjfjer  in 
ber  djrifttidjen  ABett  eine  fo  gtofje  Ausbreitung  gemonnen  tjat.  Sn  fotzen 
ARännern  feierte  ber  ©eift  über  baS  Steifd),  bie  ©nabe  über  bie  fRatur,  bie 
göttliche  Kraft  beS  ©tjriftentumS  über  bie  ben  gaftern  fröljnenbe  2Bett  ben 
tjerrtidifien  Sriumpt).  3ur  3eü  ©iottetianS  flieg  bie  3af)t  biefer  ©infiebter 
nod)  t)öf)er;  fie  hielten  fid)  üor  altem  an  ben  9tat  beS  §errn  betreffs  ber  frei= 
mittigen  Armut  (ARattf).  19,  21)  unb  übertrafen  tjierin  aud)  bie  berüfmiteften 
ber  um  ifjrer  ©ntfagung  mitten  gefeierten  Ijeibnifdjen  ^t)itofopt)en 2. 

S)ie  gottgemeitjten  Sungfrauen  legten  bereits  im  3.  Satjrtjunbert  tnelfad) 
ein  befonbereS  Serfpred)en  ber  Sungfräulidjfeit  in  bie  £iänbe  beS  SifdjofS  ab 
unb  empfingen  ben  ©djteier,  mit  bem  fie  beim  AuSgefjen  ifjr  §aupt  bertjüttten. 
®ie  fircfdidjen  A3orftef)er  brangen  barauf,  bafj  biefetben  in  itjrer  Kteibung  unb 
in  itjrem  äuperen  Auftreten  befdjeiben  unb  jüdjtig  maren,  unb  betämpften  3Rifs= 
bräudje,  metdje  aus  bem  Sertetjre  berfelben  mit  ARcinneru  fjerbortraten.  St)« 
3?it  fottten  fie  frommen  Übungen  unb  ben  Aßerfen  ber  d)rifttid)en  Atöd)ften= 
liebe  mibmen.  Auch  Aßitmen,  metdje  nad)  furjer  ©tje  iljren  ARann  burd)  ben 
$ob  bertoren  Ijatten  unb  bann  in  it)rem  Aöitmenftanbe  oerljarrten,  genoffen 
eine  befonbere  Ad)tung  unb  ber  gürforge  ber  fird)tid)en  Sorftefier.  ARctfjobiuS 
tjnt  in  feinem  „©pmpofion"  eine  begeifterte  ©diitberung  ber  Snngfräulid)feit 
tjintertaffen 3.  ©o  geigte  fid)  mitten  in  ben  großen  fittlidjen  ©efafjren ,  meld)e 
baS  3afammenteben  mjt  pen  Reiben  bot,  unb  mitten  in  ben  großen  5Drang= 
faten,  metd)e  bie  Kirdje  in  ben  Akrfotgungen  biefer  3e^  ju  leiben  t)atte,  in 
glänjenber  ABeife  bie  gemattige  fitttidje  Kraft  beS  ©fjriftentumS. 


1  Euseb.  1.  c.  VI,  9. 

2  Dionys.  Alex,  bei  Euseb.  1.  c.  VII,  11.  Hier.,  In  vita  S.  Pauli  Erem.  (Opp. 
II,  1 — 14,  ed.  Vallar si ;  IV,  68  sq.,  ed.  Martianay).  Acta  SS.  Bolland.  d.  15.  Iun. 
Chrys.,  In  Act.  hom.  24.  Sozom.,  Hist.  eccl.  I,  13.  Baronius,  Annales  ad  a.  253, 
n.  114.  Pagi,  Critica  liistorico-tlieologica  in  universos  Annales  eccles.  Baronii ,  ad 
ann.  253,  n.  5. 

3  SSarbenljetoer,  tßatrologie  (2.  3Iuft.)  @.  154  ff. 


3toeite3  23ud). 

S)te  SHrtfje  in  enger  $erf)inbnng  mit  bem  (Iriftlitfjen  jÄömerreid), 

(Don  $#n|tawtttt  !«.  ©v.  bt®  jttwt  @*uUttnirrfj*M  gto»tjU,  313—692.) 

Quellen. —  Sie  3rortfe|er  heg  ©ufebiug  unb  bie  übrigen  ßird)enf)iftortfer  biefer 
Seit  (f.  oben  <5.  18  ff.).  3eef),  3m  Überlieferung  öeg  Vhtloftorgiug  (Sexte  unb  Unter* 
fud).  91.  5.  II).  Seidig  1899.  35ourier,  Über  bie  Quellen  ber  erften  14  SJücEjer  be§ 
fjfof).  Sütalalag.  (9Jrogr.)  2  Sie.  9Iug§burg  1899 — -1900.  Lavertujon,  La  chronique  de 
Sulpice  Severe.  Vol.  I  Paris  1896 ;  vol.  II  ibid.  1899.  Theophanis  Chronographia, 
ed.  C.  de  Boor.  2  voll.  Lips.  1885.  Clironicon  Pascüale,  ed.  Dindorf.  2  voll.  Bonnae 
1832  (im  Corp.  script.  bist.  byz.).  Chronica  minora  saec.  IV.  V.  VI.  VII,  ed. 
Mommsen  (Mon.  Germ,  hist.:  Auct.  antiquiss.).  Berol.  1891  ss.  Codex  Theodosianus 
(f.  oben  €>.  9,  9Ir.  9).  Codex  Iustinianeus,  ed.  Krüger,  Berol.  1877.  5päf)filid)e  2Iften= 
ftfxtJe  unb  ßon^ilgallen  (f-  oben  ©•  8—9,  9tr.  4  u.  5);  baju  §efele,  ©onciliengefcf). 
35b.  I — III.  2.  3tufl.  greiburg  i.  S3r.  1873  ff.  Ammian.  Marcellinus,  Rerum  gestarum 
11.  31,  ed.  Gardthausen,  Lips.  1874  sq. 

Sitter  atu  r.  —  Saute,  2öeltgefd)icf)te  Sieil  IV,  9lbt.  1  u.  2.  Seidig  1893. 
Kurth,  Les  origines  de  la  civilisation  moderne.  2  vols.  4e  ed.  Paris  1898.  Histoire 
generale  du  4°  siede  a  nos  jours.  Ouvrage  publie  sous  la  direction  de  Lavisse  et 
Rambaud.  I.  Les  Origines.  Paris  1893.  ©djiller,  ©efd)icl)te  ber  römifcfien  ßaifer* 
jeit.  35b.  II:  3Ion  SioIIetian  big  31m  Sbobe  2heobofiug’  b.  ©r.  ©otlfa  1887.  2JI  e  £)  1= 
fjorn,  2lug  ben  Quellen  ber  ßircbengefcfjidjte  2.  Jpeft  (big  sum  9.  3af)rf).).  35erlin  1899. 
—  SSibliograbbie  über  bie  bt)3antinifcbe  ©efd^ic^ite  unb  bereu  Quellen  in  ber  25i)3an= 
tinifdjen  3tttfd)rift  bon  $  rum  6  ad)  er.  Vlüncfjen  (feit  1892). 

Unaufhaltfam  eilte  im  römifdjen  Veiche  ba§  alte  §eibentum  feinem  Untere 
gange  entgegen;  geiftbofle,  aber  bergeBIidje  Vnftrengungen  ju  feiner  Vufred)t= 
haltung  traten  f)erbor,  einzelne  fftefte  heibnifdjer  (Sitten  unb  ©ebräuche  blieben 
juriiet,  meli^e  bie  Kirche  51t  übertninben  fudöen  mußte.  2)er  ^eibnifdje  !ftömer= 
ftaat  ging  allmählich  in  ben  djrifttichen  über,  eine  neue  bürgerliche  ©efet;= 
gebung  erhob  fid)  auf  ©runblage  ber  alten,  bielfach  burd)  chriftliche  ©temente 
geläutert.  2)ie  Kirche  gemann  an  äußerem  ©lanje,  mußte  aber  aud)  halb  gegen 
bie  ©ingriffe  be§  Staates  in  if;r  ©ebiet  antämbfen.  2Bie  einft  bon  feiten  ber 
heibnifchen  ^aifer  bie  Verfolgung,  fb  bebrängte  fie  mehr  unb  mehr  bon  feiten 
ber  djrifitid)  getnorbenen  §errfd)er  bie  Vebormunbung ;  e§  bilbete  ficf)  allmählich 
ein  5]ßfeubo.poIitici3mu§,  beffen  böttige  theoretifeße  ©ntmidlung  erft  fpäteren  feiten 
borbehalten  mar.  $aum  hatte  bie  meltlidje  9Jtad)t  bie  Kirche  über  bie  brüdem 
ben  Verhältniffe  ber  heibnifchen  Vorjeü  erhoben,  fo  fueßte  fie  auch  feßon  au§ 
bem  neuen  Verbanbe  mit  ihr  ben  größtmöglichen  Vorteil  ju  Reifen  unb  über 
ihre  gefamte  SebenSentfaltung  einen  ^errfebjenben  ©influß  ju  gemimten,  ber  oft= 
mat§  mit  ben  unberäußerlicßen  Vecßten  ber  Vraitt  ©ßrifti  unbereinbar  mar. 
Veftanb  ein  enger  Vunb  be§  cßriftlid)  gemorbenen  Staates  mit  ber  Birdie,  fo 


Sie  ßirdjc  in  enger  SSerbinbung  mit  bent  dfjriftlidjen  Sftömerreid). 


321 


fd)lof$  berfelBe  um  fo  meniger  einen  $ampf  Beiber  ©emalten  aus,  als  jener 
nur  [eiten  in  [einer  Feinheit  erfaßt,  häufiger  entfteüt  unb  mit  großer  9ted)tS= 
Dermirrung  einseitig  entmidelt  marb.  Vielfach  lief;  fid)  bie  meltlidje  ©emalt 
burd)  zahlreiche  Srrleljren  verleiten ,  bie  in  ber  ®irdjengefd)idjte  niemals  ganz 
fehlen ;  fie  mürben  mastiger,  ba  fie  nicht  auf  fid)  allein  angemiefen,  fonbern 
mit  allen  Mitteln  ber  mcltlicben  ©eroalt  unterftüjjt  maren;  um  fo  glönjenber 
mar  ber  Sieg  ber  Kirche,  bie  nun  aud)  eine  neue,  djriftlicfje  VMffenfdjaft  Be= 
grünbete,  bas  ÜBiffen  ber  alten  SDßelt  in  fid)  aufnahm  unb  meiterfüljrte ,  in 
il^ren  allgemeinen  Konzilien  unb  in  ihren  großen  Kirchenlehrern  baS  falfdje 
Sßiffen  unb  bie  SBintetjüge  ber  gefährlidjften  fpätefien  iibermanb,  bie  ihre  ganze 
Entmidlung  6ebrof)ten  unb  bie  fdjmerften  Kämpfe  Ijerbeifiitirten.  Sille  Ve= 
ftrebungen  ber  Vßiffenfdjaft  unb  ber  Kunft,  alle  Elemente  beS  Kultus,  ber 
51Sfefe  unb  ber  OiSzipIin,  meldje  bie  öorige  ißeriobe  aufjeigt ,  mürben  nidjt 
blofj  erhalten,  fonbern  auch  reicher  entfaltet;  bie  Kirdjenüerfaffung  Befeftigte  fid) 
immer  rnefjr  nad)  aufjen ,  trotz  ber  if)r  burd)  menfchlidjen  Ehrgeiz  Bereiteten 
Störungen ;  ber  Einflufj  ber  KirdjcnoBern  flieg,  unb  mächtig  förberten  fie  bie 
allgemeine  Freiheit  mitten  im  OefpotiSmuS  unb  bie  ©efittung  mitten  in  ber 
SSarBarei.  Viel  meiter  ats  bie  iperrfcfjaft  ber  römifdjen  Kaifer  erftredte  fid)  bie 
fperrfdjaft  ber  Kirche,  bie  aud)  ben  Sturz  beS  meftrömifdjen  9teid)eS  unb  bie 
Stürme  ber  Völfermanberung  üBerbauerte  unb  in  ihren  folgen  milberte ;  auf 
frembe,  außerhalb  beS  VerBanbeS  beS  alten  VMtreidjS  fteljenbe  Völfet  üBte  bie 
Kirche  ihren  regenerier enben  Einflufj,  bertrug  fid)  mit  ben  Einrichtungen  aller 
Nationen,  mit  ihren  Sitten  unb  ©efetjen,  inbem  fie  nur  baS  SBibergöttlidje 
barauS  entfernte.  2öäf)renb  fie  aber  burd)  Entfaltung  nach  innen  unb  aujjen 
herrlich  DormärtSfchritt,  marb  fie  guerft  burch  bie  SoSreifjmtg  ganzer  ^robinjen 
bon  ber  Einheit  beS  ©lauBenS,  bann  burd)  ben  croBernben  S^lam  im  Orient 
gefdpnälert  unb  Befchränft.  Oer  Schauplatz  ber  midjtigen  Ereigniffe  menbete 
fid)  immer  mehr  bom  Often  nad)  bem  Vßeften;  bort  trat  bie  Knechtung  unb 
bie  Stagnation  immer  ärger,  h^er  Bie  Freiheit  unb  bie  lebenSfrifdje  Entfaltung 
immer  l)errlid)er  herbor,  unb  bie  2ftad)t  ber  Ohatfad)en  gaB  bem  Stuhle  beS 
hl.  ißetruS  in  9iom  aud)  biejenige  Stellung  nad)  aufjen,  bie  feiner  Veftimmung 
für  bie  ganze  Kirdje  unb  feinet  erhabenen  3bee  entfprid)t. 

Sn  ber  Entmidlung  fönnen  mir  in  biefem  ganzen  Zeitraum  brei  51  B= 
fcfjnitte  unterfdjeiben.  3lierft  würbe  biefelbe  beljerrfcht  bon  bem  [iegr eichen 
Vorbringen  beS  El)riftentumS  im  römifdjen  Veid)e  unb  burd)  bie  gleichzeitig  bie 
Kirche  tief  erfdjütternbe  fpärefie  beS  51rianiSmuS.  Oie  Rührung  auf  bem  ©ebiete 
beS  innerfirdjlid)en  Sehens  (Oljeologie,  Verfaffung,  Vtöndjtum)  lag  im  Orient, 
obgleid)  aud)  baS  5lbenblanb  ftarf  baran  Beteiligt  mar  (4.  ^ahrfjunbert).  Sn  ber 
[folge  traten  bie  großen  d)rifto!ogifd)en  Streitigfeiten  hauptfädjlidj  in  ben  öft= 
liehen,  bie  anthropologifchen  Seljrfämpfe  in  ben  meftlidhen  iprobinjen  in  ben 
Vorbergrunb ;  bie  abenblönbifdje  Ofjeologie  trat  böHig  felbftänbig  auf  unter  [füh= 
rung  beS  hl.  51uguftinuS,  unb  burd)  bie  51uflöfung  beS  abenblänbifchen  9teid)eS 
mürbe  noch  mehr  eine  Sonbercntmidlung  ber  Kirdjc  im  Söeften  unb  im  Often 
eingeleitet  (5.  Sahrfjunbert).  Oie  gortfefcung  ber  djriftologifchen  Streitigfeiten 
im  Orient  führte  ju  ber  Vilbung  oon  häretifchen  ftationalfirchen,  meldje  fich  Don 
ber  römifdjen  Kirche  loSfagten;  juglcid)  loderten  fid)  Dielfad)  bie  Vejiefjungen 

§ ergenrötCjer,  ffiirdjengefdjidjtc.  I.  4.  ?lufl.  21 


322  ©«3  ber  Kirche  im  tRömerreid)  unb  ßampf  gegen  bert  StrianiSmuS. 

jmifchen  Vom  unb  ben  rechtgläubig  gebliebenen  Patriarchen  be§  Oriente,  be= 
fonber§  benjenigen  Don  ^onftantinobel ,  Welche  in  ber  Kirche  be§  griedufchen 
Veid)e§  eine  fül^renbe  (Stellung  erlangt  hatten.  SDie  Verbreitung  be§  3§lam§ 
befchräntte  fchlieftlid)  in  bebeutenbem  SJiajje  bie  djriftliche  Kultur  im  Offen. 
Unter  b  eff  en  bitbeten  [ich  int  Vbenblanbe  auf  ben  Krümmern  be§  VömetreidjeS 
germanifehe  Staaten,  bie  nach  unb  nach  Don  ber  Kirche  für  ben  fatholifchen 
©tauben  getuonnen  mürben.  Oie  <hrifilt<h=römifche  Kultur  bilbete  bie  ©runb= 
Ictge  be§  fitchlichen  Sebent ,  ba§  fich  unter  ber  IraftDoKen  Seitung  9tom§  unb 
ber  päpfie  entmidelte.  3uöte^  breitete  [ich  ba§  ©hriftentum  auf  ben  britifcben 
Snfeln  [omie  auf  bem  fyeftlanbe  weiter  au§;  bie  graulen  fdjufen  ihr  großes 
Veid),  unb  fo  mürbe  bie  ©runblage  gebilbet  für  bie  enge  Verbinbung  jmifdjen 
ber  Uirche  unb  ben  germani[<h=romanif<hen  Staaten  (6. — 7.  gahrhunbert). 

©rfter  Slbfdjnitt. 

Bas  |tfgrctd)c  Uorhingen  kr  £trd)c  im  Kömcrmd)  uttö  kr  üautpf 
gegen  ke  ariantfdje  Üjärcftf. 

(313—395.) 

1.  Sie  ßirdje  unb  ber  röntifdje  Staat  im  4.  gahrhunbert. 

Sitteratur.  —  Ut)t!)orn,  ®er  ßampf  beS  6£)riftentumS  mit  bem  ipeibentum. 
6.  Stuft.  Stuttgart  1899.  ©  hui  he,  ©efdjiäüe  be§  Untergangs  beS  gried)if(h=rijmifcf)en 
£>eibentumS.  2  Söbe.  3ena  1887 — 1892.  See  dt,  ©efchic^te  beS  Untergangs  ber  antifen 
Söett.  2.  Stuft,  Jöertin  1897.  A.  de  Broglie,  L’eglise  et  l’empire  romain  au  48  siede. 
4  vols.  Paris  1856 — 1866.  Boissier,  La  fin  du  paganisme.  2e  4d.  2  vols.  Paris  1898. 
©et  %  er,  SaS  SSerhättniS  Don  Staat  unb  $ird)e  in  SBtjgang  (£>iftor.  Veitfhr.  1900, 
S.  193  ff.).  Ällard ,  Le  diristianisme  et  l’empire  romain  de  Neron  ä  Theodose. 
4°  dd.  Paris  1898.  Crivellucei,  Storia  delle  relazioni  tra  lo  stato  e  la  chiesa. 
2  voll.  Bologna  1887.  Dufourcq,  Comment  dans  l’empire  romain  les  foules  ont-elles 
passees  ...  au  christianisme?  (Revue  d’liist.  et  de  litter.  relig.  [Paris]  1899, 
p.  239 — 269).  Bennett,  Christianity  and  Paganism  in  4th  and  5th  centuries.  London 
1900.  SDräfefe,  3»^  Untergang  beS  ^eibentumS  (3eitfcf)r.  für  miffenfd).  2ü)eot.  1901, 
S.  74 — 86).  Mariano,  La  conversione  del  mondo  pagano  al  cristianesimo  (Scritti 
vari  t.  II).  Firenze  1901. 

A.  fonßantht  unb  feine  Söljne. 

Quellen.  —  Enseb. ,  Vita  Constantini  11.  4 ;  Hist.  eccl.  X ,  8  sqq.  Socrat., 
Hist.  ecd.  I,  3.  18.  39  sqq. ;  II,  5.  25.  32.  46 ;  III,  1  sqq.  Sozom.,  Hist.  ecd.  I,  8 ; 
II,  34;  III,  2;  IV,  7;  V,  1  sqq.  Theodoret.,  Hist.  ecd.  I,  33;  II,  4;  III,  1;  V,  21. 
Eumenius,  Panegyr.  a.  310,  c.  21  (ed.  Baehrens,  Lips.  1874).  Eutropius ,  Breviar. 
bist.  X,  7  (ed.  Droysen ,  Berol.  1878).  Zosimus ,  Hist.  II,  29  (ed.  Mendelssohn, 
Lips.  1887).  Libanius,  Or.  pro  templis.  Aur.  Victor.,  Epitome  41,  16  (ed.  Schröter, 
Lips.  1829 — 1831).  3dt)Ireid^e  ©efetje  im  Codex  Theodosianus  (f.  oben  S.  9,  Sir.  9). 

Sitteratur.  —  SRanfo,  Seben  ßonftantinS  b.  ©r.  SBreStau  1817.  SBurcU 
beerbt,  Sie  Veit  ßonftantinS  b.  ©r.  3.  Stuft.  Seipgig  1898.  gtafd),  ßonftantin  b.  ©r. 
atS  erfter  djrifttid&er  ßaifer.  SEßürgburg  1891.  f^unt,  ßonftantin  b.  ©r.  unb  baS 
©tjriftentum  (ftircbengefcf).  Stbbanbt.  II  [tpaberborn  1899],  1 — 23).  SBerfdfjiebene  3tuf= 
fä|e  bon  ©örreS  über  ßonftantin  b.  ©r.  in  ber  3eitf<br.  für  toiffeufcf).  2f)eoI.  1887, 
S.  343— 377;  1890,  S.  206— 215.  314— 328.  469— 479 ;  1892,  S.  282— 293.  Soefd)e, 
ÄonftantinS  Stetigionäpotiti!  im  Sichte  ber  neueren  gorfdjung.  Seidig  1885.  S  cf)  u  I  h  e, 
3ur  ©efdjicbte  ßouftantinS  b.  ©r.  (3eitfdjr.  für  Äircbengefd).  1885,  S.  343 — 371;  1886, 
S.  517 — 542;  1893,  S.  502 — 555).  Seecf,  Sie  Slnfänge  ßouftantinS  b.  ©r.  (Seutfdje 


1.  Sie  ßirdje  unb  ber  römifdje  ©taat  im  4.  Satjrhunbert. 


323 


Seitfdjr.  für  ©epp.  1892,  ©.  41—107.  189—281;  bgl.  3eitfd^r.  für  ßirdjengefd).  1897, 
©.321—845).  SIntonia bei,  Haifer  Siciniui.  SCTlünc^en  1884.  ©brr ei,  Sie  tMi= 
gionifjoliti!  bei  ßaiferi  fionftantiui  I.  (3eitfd)r.  für  toiffenfdj.  Speol.  1888,  ©.  72—93). 
Sräfefe,  Ser  ©ieg  bei  ©Ijriftentumi  in  ©aja  (Seitf^r.  für  firt^I.  SCBiffenfä).  1888, 
©.  20—40). 

1.  ^onfiantin,  peibnifd)  erlogen,  it>a[)rjd)einlid)  fritier  bem  5Reuptato= 
niSmttS  unb  bem  SpoßofuttuS  ergeben,  aber  burtf)  günftige  ©iitbrüde  ben 
©griffen  moptgefinnt,  beren  Stanbpaftigfeit  er  bemunbern  gelernt,  burd)  feine 
fromme  DJiutter  tpetena  in  biefer  Dteigung  befeftigt,  erfannte  nid)t  btofj,  bap 
baS  ©fjriftentum  feiner  §errfd)aft  nid)t  gefährlich  unb  auch  nicht  mehr  au§ju= 
rotten,  fonbern  aud),  baß  es  mit  feinen  geiftigen  Kräften  ganz  borzügticp  ge^ 
eignet  fei,  feinen  ^3tan  ju  förbern,  baS  alternbe  unb  Ijinfiecfjenbe  ^aiferreid) 
auf  feftere  ©runbtagen  ju  ftü^en.  Surd)  baS  ÜCRailänber  ©bift  bon  313 
(f.  oben  S.  276)  mürbe  bie  boße  ^Religionsfreiheit  für  ©priftentum  unb  Reibern 
tum  feftgefept,  unb  fpätere  ©rlaffe  ^onftantinS  bejmedten,  für  baS  ©priftentum 
biefe  ©teidjfteflung  praftifdp  burdjzufüpren.  Se  mehr  bie  oorteilhaften  2öir= 
fungen  biefer  erften  ©bitte  an  ben  Sag  traten,  je  mehr  ber  $aifet  felbft  mit 
©triften,  inSbefonbere  mit  Sifdpöfen,  oertraut  mürbe,  in  befto  höherem  Stoße 
manbte  er  ber  neuen  ^Religion  feine  Steigung  ju.  Anfangs,  fotange  Siciniu» 
Stitregcnt  ßonftantinS  mar,  oerfuhr  biefer  höcE)ft  bebächtig  unb  pielt  es  für 
gut,  bem  fpeibentume  noch  nid)t  förmlich  Zu  entfagen;  et  behielt  ben  Sitel  eines 
OberpriefterS  (ißontifep  ÜRajimuS)  bei  unb  beobachtete  noch  peibnifcpe  Gebräuche, 
toenn  er  aud)  ben  ©hriftcn  biete  23ergünftigungen  gemährte  unb  immer  offener 
feine  Vorliebe  für  fie  funbgab.  S)aS  tprinjip  ber  ootten  retigiöfen  Sutbung 
für  ©hriflentum  unb  fpeibentum  bon  feiten  beS  Staates  mürbe  in  biefer  3ett 
aufrecht  erhalten,  unb  bie  33egünftigungen ,  metche  ^onftantin  ber  $ircpe  ge= 
mährte,  mie  Befreiung  ber  ^rieftet  bon  ben  munizipalen  Ämtern  (IReffripte 
auS  ben  fahren  313,  319,  320),  gäpigleit,  ju  ©unften  ber  ßitdjen  ju 
teftieren  (321),  ©ebot  ber  «Sonntagsruhe  (321),  mären  fotdpe,  metd)e  baS  Reibern 
tum  fd)on  tängft  befeffeit  hotte.  Sber  im  Orient  bebrüdte  ßiciniuS,  ber  fid) 
auf  bie  Reiben  ftüpte,  bie  ©haften  in  feber  SBeife,  entfernte  fie  bon  öffentlichen 
Ämtern ,  befdjrönfte  ihren  ©otteSbienft ,  ja  ließ  fie  auch  ganz  offen  berfotgen. 
Oer  $ampf ,  ber  jroifchen  beibeit  ^>errfd)ern  auSbrad) ,  marb  ein  eigentlicher 
IRetigionStrieg ;  bem  ßiciniuS,  ber  fid)  mit  SBaprfagern  umgab  unb  bon  ben 
Orafeln  fid)  ©ieg  berpeißen  ließ,  flanb  ^onftantin,  ber  baS  ßeiepen  ©hrifti 
auf  bem  Sännet  unb  bie  Sifcböfc  mit  fid)  im  $etbe  hotte,  gegenüber;  auf  ihn 
hofften  bie  orientatifd)en  ©hriften.  Such  pier  errang  ßonftantin  bei  Spjanz 
323  ben  Sieg;  ein  3apr  fpäter  bertor  ßiciniuS  Seid)  unb  ßeben;  $onftantin 
mar  nun  SBeinperrfcper  im  ganzen  römifd)en  Steicpe.  Seitbem  berfcpmaitben 
bie  peibitifcpen  Spmbote  auf  feinen  ÜRünjen;  ber  $aifer  erflärte  fich,  obfchoit 
et  bie  Saufe,  bie  er  borgebtiep  im  Sorban  empfangen  motlte,  bis  an  baS  ©nbe 
feines  ßebenS  berfepob,  offen  für  baS  ßpriftentum  unb  fprad)  324  ben  SBunfd) 
unb  bie  Hoffnung  aus,  eS  möchten  äße  feine  Untertanen  bem  peibnifepen 
Sbergtauben  entfagen  unb  ben  ©tauben  an  ben  mapren  ©ott  annehmen,  ©r 
befeßte  bie  einflußreicpfien  Staatsämter  mit  ©priften,  ließ  feine  Söpne  dprifttid) 
erziepen,  burd)  ßaftantiuS  feinen  ©opn  ©rifpuS  unterrichten,  biete  prächtige 

21  * 


324  (Sieg  ber  ßird)e  im  Nönterreicf)  unb  ßampf  gegen  ben  2Iriani3mu§. 

Kirchen  erbauen  unb  mit  reichen  (Sinfünften  au§ftatten,  unb  juckte  bie  Reiben 
möglich  ft  für  ba?  (Sfiriftentum  ju  geminnen,  ma?  ihm  bei  bieten  gelang,  aber 
auch  bie  $otge  hatte,  bah  nicht  menige  au?  unlauteren  Bemeggrünben  ber  Birdie 
fid)  anfdjloffen. 

Unter  ^onftantin  marb  ba?  römifche  Neid)  berjüngt,  neue  tpofämter 
mürben  gefdjoffen ,  d)riftlicf)e  (Stemente  tarnen  in  bie  ©efepgebung ,  bie  93er= 
mattung  ber  ^robinjen  marb  neu  geregelt.  Oa?  Neid)  mar  in  hier  ^räfefturen 
eingeteitt,  mobon  jebe  mehrere  Oiöjefen  unter  fid)  begriff:  1)  bie  be§  Orient?, 
moju  ^Umafien,  ^appabocien  unb  ißontu?,  Sprien  Uh*5  Ngppten 

gehörten;  2)  bie  bon  Sttpritum  mit  Ntacebonien  unb  Oacien;  3)  bie  bon 
Italien  (Nom,  Italien,  ba§  mefttidje  Sttprien  un^  ^Ifrifa) ;  4)  bie  bon  ©aöien, 
metche  nebft  biefem  auch  Spanien  unb  Britannien  umfaßte.  (Statt  Nom,  beffen 
alter  Nbet  noch  feft  am  §eibentum  hielt,  mahlte  ^onftantin  ba?  in  herrlicher 
©egenb  am  So?potu?  gelegene  Bilanz,  bon  ihm  $on  ft  antinobel  genannt, 
ju  feinem  ß'aiferfipe;  e?  fottte  ein  „neue?  Nom"  fein,  bem  alten  entfbrechenb 
an  (Sebäuben,  an  Ratten,  ©tanz  unb  Fracht,  aber  auch  burebau?  eine  cfjrift- 
tidje  Stabt ,  gefchmüdt  mit  bröchtigen  Kirchen  unb  übermiegenb  bon  ©hriften 
bemohnt.  Nm  11.  Ntai  330  marb  bie  neue  ^auptftabt  feierlich  eingemeiht. 
Oiefe  Verlegung  be?  ^aiferfi^e?  hatte  mid)tige  folgen :  einerfeit?  tonnte  fo  ber 
römifche  Sßontififat  fich  freier  unb  ungehinberter  entfalten,  anberfeit?  entftanb 
aber  für  ba?  alte  Born  eine  mächtige  Nebenbuhlerin,  unb  bie  im  neuen  Nom 
refibierenben  ß’aifer  mürben  nur  jtt  fehr  in  bie  religiöfen  Kämpfe  ber  Orien= 
taten  hmeingejogen,  bon  ihrem  (Seifte  erfüllt,  bem  Stbenbtanbe  entfrembet,  bem 
afiatifchen  $efpoti?mu?  aber  näher  gebradjt  unb  biefer  im  Oienfte  räntebotter 
Parteien  bermenbet,  mie  fid)  bie?  in?befonbere  fdjon  bei  $onftantin  gegenüber 
ben  Nrianern  gegeigt  hat. 

kräftiger  mürbe  nun  gegen  ben  heibnifdjen  $uttu?  unb  befonber? 
gegen  jene  Oempet  eingefdjritten,  metche  Ungucht?ftätten  maren  ober  jitm  Be= 
trüge  be?  Botte?  au?genu|t  mürben.  Ourdj  hier  Neftripte1  au?  ben  fahren 
319  unb  321  mar  e?  bereit?  ben  ^arufpice?  berboten  morben,  in  ben  ^jßribat= 
häufern  irgenb  metche  |)arufpicien  ju  beranftatten ;  ferner  mürbe  alte  Ntagie 
unterfagt,  bie  gegen  ba?  Seben  unb  bie  Schamfjaftigfeit  gerichtet  mar,  unb  ba? 
Gürgebni?  ber  öffentlichen  §arufpicien  bei  Btipfchtag  mupte  bem  $aifer  fetbft 
berichtet  merben.  Oiefe  Neftripte  mürben  fe|t  auch  auf  ben  Orient  au?gebet)nt. 
llnfitttidje  unb  mit  Betrügereien  begleitete  heibnifepe  $utte  ($utt  ber  Benu?  ju 
Stphata  in  Pfönijien,  be?  N?fulap  ju  %ö,  be?  Nile?  ju  §etiopoti?)  mürben 
berboten.  Oie  ©öpenopfer  fud)te  ber  $aifer  menigften?  ju  befchrönten ;  geheime 
OßribaO)  Opfer,  bie  oft  mit  grebetn  berbunben  maren,  mürben  unterfagt,  bei 
ben  öffentlichen  ben  (Statthaltern  bie  Oeitnatpne  berboten.  Böenn  ^onftantin 
(ma?  fehr  unmahrfepeintid))  ein  abfotute?  Berbot  alter  Opfer  ertiep,  fo  tarn  ba?= 
fetbe  bod)  nicht  in  Bottjug;  benn  noch  maren  bie  Reiben  biet  ju  mächtig.  Nber 
fie  mupten  e?  fid)  gefallen  taffen,  bap  einzelne  Oempet  teil?  gefchtoffen,  teil?  zet= 
ftört,  teil?  in  hrifttiche  Kirchen  umgemanbett,  biete  ©öpenbitber  meggefd)afft  unb 
zertrümmert  mürben,  mäfjrenb  chriflliche  Hirdfen  in  altem  ©tanze  fid)  erhoben, 


1  Cod.  Theodos.  IX,  XYI,  1—4. 


1.  Sie  Äirdje  unb  ber  rßmifdje  Staat  im  4.  3af)rf)unbert. 


325 


bie  bett  ©turz  ber  alten  ©ötter  zu  berhötjnen  fcf)ienen.  Mein  e§  mar  bietfad) 
bie  ütcaftion  be§  djrifttidjen  23olfe§  in  jenen  ©egenben ,  mo  bie  ©tjriften  bie 
jDtetjrzaI)l  ber  23ebötferung  bitbeten,  metdje  fid)  burd)  3erftören  tjeibnijdjer  $ult= 
fiätten  änderte,  befonber§  in  einzelnen  ©töbten,  mo  bie  Senket  unbenußt  unb 
teer  [tanben.  Ser  $aifer  erfannte  im  §eibentunt  bie  tieffte  Skrirrung  ber 
Skenfchheit;  fie  altmähtid)  au»zurotten  fat)  er  at3  bie  bon  ber  tßorfetjung  ihm 
Zugemiefene  Aufgabe  an,  menn  er  auch  nicht  mit  ©ernalt  fie  beseitigen  motlte 
nod)  fonnte.  Sie  ©etetjrten  ber  neuplatonifd^en  ©dfule,  bie  ©ößenpriefter  mit 
ihren  Vorrechten,  biete  bornetjme  atttjeibnifdje  3-amitien,  fotbie  biete  ßtaffen  be§ 
niebern  Votfe»  tjingen  nod)  attjufetjr  ber  ererbten  altrömijdjen  Religion  an. 
Sie  retigiöje  Soleranz  tourbe  bon  Honftantin  bem  [peiöentum  gegenüber  fietS 
feftgehatten. 

@o  auagejeidmet  aud)  nach  bieten  ©eiten  t)iu  ßonftantins  Regierung  ift, 
jo  tjat  fie  bod)  it)re  bebeutenben  unb  nidjt  ju  berfchmeigenben  ©djattenfeiten. 
©r  btieb  bis  an  ba»  ©nbe  [eines  Seben§  außerhalb  ber  Kirche  unb  empfing 
erft  in  feiner  testen  ^ranftjeit,  65  3ot)re  alt,  bie  Saufe  burd)  einen  arianifcpen 
Vifdjof.  ©eine  Seibenfdjaften  btieben  ungezügelt;  er  ließ  nidjt  nur  ben  ©otjn 
be»  CiciniuS,  Sicinian,  fonbern  aud)  feinen  tapfern  ©otpi  erfier  ©t)e,  ©rifpu§, 
bann  feine  zweite  ©ematjtin  fyaufta  töten,  toelcpe  teuere  atterbingS  itjn  biet= 
fad)  zur  ©raufamfeit  gereizt  hatte;  er  mar  jähzornig  unb  ehrgeizig,  fiart  gegen 
einzelne  berbiente  Männer,  bazu  ber  ©dimeidjelei  unb  ben  Sntriguen  zugäng= 
lid),  zumal  in  feinen  letzten  Sauren,  ©r  beeinträchtigte  bielfad) ,  freitid)  oft 
bon  fjäretifdjen  Parteien  (Sonatiften  unb  Slrianern)  baju  getrieben,  bie  §rei= 
heit  ber  $irdje,  ma§  um  fo  gefährlicher  mar,  at§  feine  mirttid)  großen,  un= 
bertfofften  SBotjlthaten  it)tn  bie  Kerzen  ber  ©giften  gemimten  mußten;  babei 
mar  er  offne  fefte  Gattung  in  feiner  retigiöfen  ^ßotitif  unb  badjte  mehrfach  an 
eine  tßerfdjmetzung  alter  Stetigionen ;  fein  fd)manfenbe§  Venetjnten  brachte,  menn 
aud)  gegen  feine  Slbficht,  bem  ©Ijriftentum  biete  Stadjteite.  Snbeffen  t)at  er 
immerhin  in  Stnbetradjt  feiner  heämrragenben  Seiftungen  ben  Veinamen  be§ 
©roßen  berbient  unb  fid)  ben  Sanf  ber  djrifttidjen  Söett  gefidjert;  bei  ben 
©riechen  mirb  er  fogar  atS  ^eiliger  beretjrt.  ©ufebiuS  bon  ©äfarea  hat  itjn 
über  ©ebüfjr  gepriefett,  anbere  ihn  ebenfo  ungeredjt  gefdjmätjt.  ©r  mar  ein 
Monarch  bon  großer  Shatfraft ,  Klugheit  unb  ebletn  ©trcben ,  in  feiner  erften 
9tegierung3zeit  ein  bortrefftidjer  tperrfcher,  fpäter  minber  umfichtig  unb  gerecht. 
Stuf  feinem  ©terbcbette  in  ber  SBorftabt  bon  Stncprona  bei  Stifomebien  fud)te  er 
manche  fehler  mieber  gutzumachen,  geftattete  mehreren  ungeredjt  Verbannten  bie 
Stüdfetjr  unb  madjtc  ben  $ird)en,  befonber»  ber  römifdjen,  bebeutenbe  Segate; 
auch  ftarb  er  nach  guter  Vorbereitung  unb  mit  Sanffagungen  gegen  ©ott 
(22.  ÜRai  337). 

2.  Sie  brei  ©ohne  $onftantinä,  bon  benett  feiner  beim  Sobe  beS  23aterS 
Zugegen  mar,  $onfiantiu§  jebod)  bei  feinem  Vegröbniffe  in  ber  Slpofteltirdje  zu 
Honftantinopct  erfdhien,  teilten  nad)  feiner  Veffimntung  ba§  Steid)  unter  fid)  in 
ber  Strt,  baß  $onftantin  II.  ben  Söeften,  bie  gkäfeftur  bon  ©atlien,  ÄonftanS 
bie  ^räfefturen  bon  Italien  unb  Mpnen,  $on[tantiu§  aber  ben  Orient  erhielt. 
Mehrere  Stnbermanbte  mürben  gemattfam  befeitigt.  Slber  and)  bie  brei  Vriiber 
maren  unter  fid)  nicht  einig,  ©djon  340  bertor  ßonftantin  II.  bei  Stquileja 


326  <Sieg  ber  im  Dlötnerreicf)  unb  ßatnpf  gegen  ben  AriantSmuS. 

$rone  unb  Seben  im  Kampfe  gegen  feinen  Stüber  $onftan?,  bet  nun  ben 
ganjen  Occibent  be^errfdjte.  Die  beiben  $aifer  erliefen  341  ein  ftrenge?  ©efeß 
gegen  bie  ßeibnifcßen  Opfer:  ber  91berglaube  foöte  auf^ören ,  ber  Vkßnfinn 
ber  Opfer  abgefcijafft ,  ba?  ©efeß  ißre?  Vater?  ftrenge  gehalten  merben.  ©e= 
lehrte  ©ßriften  (mie  Suliu?  girmifu?  Vtaternu?)  forberten  bie  $aifer  auf, 
mit  größerer  (Strenge  gegen  ben  unfittlidjen  unb  berbetblidfen  ©ößenbienft  ein= 
gufcfjreiten.  9tod)  immer  hielten  jaf)lreid)e  Reiben  an  biefem  feft.  fftadjbem 
$onftan§  an  ber  ©renje  Spanien?  fein  Seben  burdj  bie  Sotbaten  be?  Ufur= 
pator?  Vtagnentiu?  berloren  ßatte,  biefer  aber  bei  Vturfa  bon  $onftantiu? 
befiegt  rnorben,  mar  letzterer  bon  350  bi?  361  911Ieinl)errfd)er.  ©r  befahl  feit 
353  bie  Schließung  ber  Tempel  unb  bie  Unterlaffung  ber  Opfer  bei  Dobe?= 
ftrafe  unb  brofjte  ben  nacßlaffigen  Veamten  mit  fcßmerer  911)nbung.  Diefe 
ftrengen  Vorfcßriften  mürben  fpäter  erneuert,  offne  allenthalben  jum  Volljug  311 
tommen.  3m  91benblanbe  fomobl  mie  im  Orient  blieben  in  zahlreichen  Stabten 
bie  heibnifchen  Dentpel  offen  unb  bie  ßeibnifdjen  geftlidjfeiten  in  Übung.  Oie 
Verfolgung  gab  bem  abgelebten  £)eibentum  neue  ßraft.  Söäßrenb  ber  ®aifer 
bie  Dempel  teil?  jerftören  ließ  teil?  berfdjenfte,  ßinberte  er  nicht ,  baß  bie  be= 
rüfjmteften  höheren  Sdjulen  unb  bamit  faft  ber  ganje  Unterricht  ber  ßöljeren 
Stänbe  in  ben  |)anben  ber  ßeibnifdjen  Sopfjiften  unb  ber  neuplatonifdjen 
^ßhilofophen  blieb;  auch  befeßte  er  nod)  immer,  infonfeguent  genug,  bie  ßeib= 
nifdjen  9ßriefterfteHen.  Den  Übertritt  jum  3ubentum  berbot  er  357.  Da  fich 
$onftantiu?  in  nod)  biel  größerem  Stoße  al?  fein  Vater  in  tirdjlicße  Dinge 
mifcfjte  unb  ben  91rianern  jutn  Siege  bereifen  moüte,  fo  hatte  er  fid)  ebenfo 
bie  Abneigung  ber  $atf)oIifen  mie  ben  §aß  ber  Reiben  jugejogen.  3n  ben 
Kriegen  mit  ben  fjkrfern  mar  er  meift  unglücflidj;  mehrere  ©egentaifer  marfen 
fich  auf,  mie  Stagnentiu?  in  ©allien  unb  Italien,  Vertranion  in  SEprien, 
Vepotianu?  in  Vom;  jubem  hatte  ftonftantiu?  felbft  feine  Söffnc.  Seine  nädjfien 
Vermanbten  maren  bie  Eteffen  be?  großen  $onftantin,  ©allu?  unb  3utianu?, 
Sößne  be?  3aliu?  ^onftantiu?,  bie  bei  ©rmorbung  ißre?  Vater?  (©allu?  megen 
einer  fcheinbar  löblichen  ^ranfßeit,  Sultanu?  megen  feine?  jarten  91lter?)  ber= 
fchont  geblieben  maren.  Seinen  Vetter  ©allu?  erpob  ^onftantiu?  jutn  ©äfar, 
ließ  il)n  aber  töten,  al?  er  Verrat  bon  iffm  fürchtete ;  ben  jüngeren  Vruber  be?= 
felben  ließ  er  argmößnifd)  bemachen,  machte  ißn  aber  bann  bocß  jum  ©äfar 
unb  fanbte  iljn  nad)  ©allien  gegen  bie  Varbaren.  911?  Sulianu?  einen  Sieg 
errungen  hatte,  rnarb  er  bom  £)eere  al?  91uguftu?  begrüßt,  $onfiantiu?,  ängft= 
ließ  für  fperrfchaft  unb  Seben  beforgt,  ließ  fid)  bon  bem  arianifdjen  Vifcßof 
©ujoiu?  taufen  unb  rüftete  fich  jum  Kriege  miber  Sulian.  91ber  er  ftarb  auf 
bem  Vkge  jmiftßen  $appabocien  unb  $ilifien  an  ben  Duellen  be?  Stopfu? 
am  Schlagfluffe  (3.  Vobember  361)  im  45.  3aßre  be?  Seben?  unb  im  24. 
ber  Regierung. 

B.  Die  Ijeilmifctjc  Reaktion  unter  3ulian. 

Duellen.  —  Iuliani  imp.  quae  supersunt  rec.  Uerilein.  2  voll.  Lips.  1875. 
Iuliani  libr.  contra  christianos  coli.  Neumann.  Lips.  1880.  Bidez  et  Cumont,  Re- 
chercbes  sur  la  tradition  ntanuscr.  des  lettres  de  l’emp.  Julien  (Mdmoires  publids 
par  l’Acad.  de  Belgique.  Vol.  LVII.  Bruxelles  1898).  ASntuS,  Sine  Sncljflifa 
3ulian§  beS  Abtrünnigen  unb  ißre  23orIäufer  (3eitfdf)r.  für  KircEjengefd).  1895,  <B.  45 


1.  Sie  ßircfje  unb  ber  rötnifcfje  Staat  im  4.  Safjrljunbert. 


327 


bi8  71.  220 — 252).  Srambg,  Stubiert  ju  ben  SBerfeit  Julians  be§  3Ipoftatert.  2  Sie. 
©id^ftätt  1897 — 1899.  —  Ammian.  Marcellin. ,  Hist.  11.  16 — 25.  Libanius,  Orat. 
parent.  Eunapins,  Vitae  Sophist.  Zosim.,  Hist.  III,  9.  Greg.  Naz.,  Orationes  in- 
vectivae  contra  Iulian.  I  et  II  (ed.  Maur.,  Or.  4.  5).  Socrat.,  Hist.  eccl.  III,  1  sqq. 
Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  1  sqq.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  III,  2  sqq. 

ßitteratur.  —  Tillemont,  Memoires  pour  servir  ä  l’hist.  eccl.  VII,  322  ss. 
Uleanber,  ßaifer  Sfulian  unb  fein  3eitalter.  Seidig  1812.  HRücfe,  gfl.  ©I.  Sulianui. 
2  58be.  ©otlja  1867 — 1869.  Strauß,  Ser  IRomantifer  auf  bem  S^roue.  ÜRarnibeim 

1847.  IRobe,  ©efdjichte  ber  SReaftion  ßaifer  $ulian§  gegen  bie  $ird)e.  $ena  1877. 

A.  de  Broglie,  L’eglise  et  l’empire  romain  au  4e  siede,  vols.  III  et  IV  (4e  bd.  Paris 

1868).  91uer,  ßaifer  Qulian  ber  SIbtrünnige  im  Kampfe  mit  ben  $ircf)enOätern  feiner 

3eit.  SEßien  1855.  Gardner,  Julian  philosopher  and  emperor.  London  1895.  2Ö.  ftod), 
ßaifer  Sulian  ber  Slbtrünnige.  ßeipjig  1899  (25.  <5uppI.=S8b.  ber  3af)rbücf)er  für  Haff. 
^Philologie  <S.  331 — 448).  Allard,  Julien  l’Apostat.  Vol.  I.  Paris  1900.  Mereshkowski, 
Julian  the  Apostate.  Philadelphia  1900.  Negri,  L’imperatore  Giuliano  l’Apostata. 
Milano  1901. 

3.  51uf  Julian  hatte  bie  heibnifdje  Partei  itire  Hoffnungen  gefegt;  er  tfpii 
alles,  fie  ju  erfüllen  unb  baS  ©hriftentum  ouSjurotten,  bem  er  abtrünnig  ge= 
morben  mar.  ©ein  Abfall  bon  ber  <hri  ft  liehen  ^irdje  ertlärt  fiep  fomotjl 
aus  ber  5trt  unb  9£eife  feiner  ©rjiepung  unb  ben  traurigen  ©rfalfrungen  feiner 
Sugenb  als  aus  feinem  ehrgeizigen  Streben,  baS  bie  eifrigen  heibnifdjen  ©e= 
lehrten  forgfältig  genährt  hatten,  ferner  fotboljl  aus  ben  äufeeren  Umftänben 
feinet  SebenS  als  ben  ©igenfd)aften  feine»  ©harafterS.  ©eine  fUtutter  ©afilina 
mar  fchon  halb  nach  feiner  ©eburt  geftorben,  fein  ©ater  nebft  anbern  ©ermanbten 
auf  ©efehl  beS  $onftantiuS,  toie  man  fagte,  getötet;  er  toarb  nid)t  blofe  bon 
Srcmben,  fonbcrn  aud)  bon  fanatifdjen  H£iben  erlogen,  in§befonbere  bon  bem 
©unucpen  ©larboniuS,  ber  au»  ber  Familie  feiner  ©lütter  flammte  unb  ihn 
cbcnfo  für  bie  ©ötter  Homerl  unb  ^>eftob§  ju  begeiftern  als  ben  3Drn  über 
bie  bon  ben  cpriftlichen  $aifern  feiner  Familie  jugefügten  Unbilben  ju  ent= 
flammen  fudhte.  91uf  ©efeljl  beS  $aiferS  $onftantiuS  inarb  er  auf  bem  ein= 
famen  Sanbgute  ©tafellon  in  ^appabocien  djriftlidj  erlogen;  im  jmanjigflen 
Sapre  befutpte  er,  mährenb  fein  ©ruber  ©alluS  in  ©pfjefuS  Unterricht  erhielt, 
bie  Schule  ju  ^onftantinopel  in  einfachem  bleibe  unter  ber  Seitung  feine» 
ißäbagogen,  beS  berfcpmifeten  ©larboniuS.  Hier  mären  ber  ©rammatiter 
©ilolleS  unb  ber  Soppift  ©feboliuS  feine  erften  Cehrer.  ©in  ©erüd)t  im  ©olle, 
er  fei  fchon  fetjt  jur  '.Regierung  tauglid),  machte  ben  ßonftantiuS  beftürjt,  meS= 
halb  er  ihn  (351)  nach  ©ilotnebien  ju  bem  arianifcpen  ©ifdfof  ©ufebiuS  ju  mei- 
terer  ©uSbilbung  fanbte  mit  bem  Verbote,  ben  batnals  bort  toeilenben  ©ophifien 
ÖibaniuS  ju  hören.  ©her  Julian  las  insgeheim  beffen  ©djriften  unb  pflegte 
Umgang  mit  bem  neuplatonifdjen  Sßhilofophen  ©lasimuS  bon  ©PhefuS.  Sa= 
burd)  roarb  er  bem  ©hriftentumc  nod)  mehr  entfrembet  unb  feine  Herrfipbegierbe 
nodh  gefteigert.  Diu»  $urd)t  bor  ßonftantiuS  Ijeudjelte  er  ben  chriftlidhen  ©lau= 
ben  unb  fod  in  ber  ^ircpe  bon  ©ntiocpien  baS  ©mt  eines  SeltorS  auSgeübt 
haben.  Sein  ©ruber  ©alluS,  ber  ihn  nach  feiner  ©rhebung  jurn  ©äfar  in 
©ilomebien  befuchte,  mahnte  ihn,  ber  (priftlichen  ^Religion,  roie  er  felbft  eS  that, 
ftetS  treu  ju  bleiben ;  feine  SBorte  machten  aber  auf  Julian  leinen  ©inbrud.  ©iS 
©aöuS  354  getötet  tnarb,  liefe  ^onftantiuS  auch  ben  Julian  ftreng  bemalen; 
allein  er  entfloh  feinen  ÜBäcptem.  Sie  ifaiferin  ©ufebia  fpiirte  ihn  in  feinem 


328  ©«9  ber  ^irdje  im  SRönterreid)  unb  ßantpf  gegen  ben  3lrtani§mu§. 


Sßerftede  auf  unb  bermenbete  fid)  für  ißn  mit  folgern  ©tfolge,  baß  er  fogar  bie 
Erlaubnis  erhielt,  in  9Itf)en  ^f)itofopt)ie  ju  ftubieren.  £)ier  maren  23afitiuS  unb 
©regor  bon  ^a^ianä  (beibe  fpäter  berühmte  S3ifcf)öfe)  feine  9Jtitfd)üter.  ©tol5 
fdjritt  er  einher  im  pjilofoptfenmantel;  alle  2Xnf)änger  beS  |)eibentumS  richteten 
bei  ber  ^inbertofigfeit  beS  $aifer§  auf  biefen  ^rinjen  al§  präfumtiben  ©hron= 
folget  i^re  SSIide,  ber  ihnen  auch  in  jeber  Segietfung  ju  gefallen  fudjte  unb  bie 
unter  fid)  gefpattenen  Triften  bor  ihnen  ber^ö^nte.  5tber  ben  ^onftantiuS  mußte 
er  nach  ber  9tü<ffef)t  in  bie  ßaiferftabt  burd)  heud)terifd)e  ©d)mei<hetei  fo  für  fid) 
einjunehmen,  baß  er  357  jum  ©äfar  erhoben  unb  mit  bem  ^ommanbo  gegen 
bie  Fronten  unb  Alemannen  betraut  roarb.  3n  ©attien  machte  fid)  Julian  bei 
ben  ©otbaten  fehr  beliebt  unb  geigte  fid)  als  tüchtigen  gelbherrn,  mät;renb  er 
bie  TOtglieber  feine§  ^riegSrateS  burd)  ©runf  unb  SöoIIuft  ju  entnerben  fud)te, 
um  fid)  bann  bei  $onftantiuS  über  ihre  Xhätigheit  ju  befchmeren.  ©eine  5ßro= 
ftamation  jurn  5tuguftuS  mar  fehr  mahrfcheinlid)  längft  borbereitet ;  er  t£)at  auch 
nichts,  fid)  il)r  ju  miberfeßen,  fonbern  gog  aus  ©attien  meg,  ben  ^onfiantiuS 
ju  befriegen.  ©r  forberte  ein  3eid)en  bon  Jupiter,  unb  biefer  mar  miüfährig; 
nachbem  Futian  borher  bem  ^aifer  ^onftantiuS,  metdjer  Gruppen  gegen  bie 
dorther  forberte,  erftärt  hatte,  ©attien  fönne  nicht  bon  ber  5trmee  entblößt 
toerben,  50g  er  mit  bem  £)eere  fort  gegen  ben  rechtmäßigen  Inifer,  beffen  ©ob 
allein  ben  33ürgerfrieg  berhinberte. 

4.  Se|t  marf  Julian  bie  9JtaSte  beS  chrifttidjen  ©laubenS  ab,  ftettte  bie 
heibnifchen  fyefte  unb  bie  ©ößenbitber  mieber  her  unb  begeidmete  eS 
als  feine  Aufgabe,  ben  altrömifchen  ^uttuS  mieber  ju  feinem  früheren  ©lange 
ju  erheben.  9tm  11.  ©ejember  361  50g  ber  neue  ®aifer  in  $onftantinopet  ein. 
©ent  ©hrtftentum,  baS  er  nur  in  ber  Form  beS  9lrianiSmuS  tennen  gelernt  unb 
nie  unbefangen  gemürbigt  hatte,  begeigte  er  feine  bolle  5ßerad)tung 1,  bem  Reibern 
tum  fein  SJtitleib  über  bie  erlittene  Verfolgung  unb  feine  tiefe  Verehrung;  er 
fudjte  eS  auf  neuplatonifcher  ©runblage  unb  mit  tßeimifdjung  chriftticher  ©lemente 
ju  berebetn,  momit  er  gugleich  ben  moralifdjen  ©inftuß  ber  chriftlichen  Religion 
am  meiften  fdjmäd)en  tonnte.  ©amalS  erhob  fid)  nod)  einmal  ber  tjeibnifdje 
©eift,  inbern  er  feine  le|ten  Kräfte  jufammenr affte;  aber  eS  mar  baS  leiste  3uden 
eines  ©terbenben,  baS  tetste  5Iuftobern  einer  erlöfchenbett  fyadel.  Julian  fudjte 
ben  3uftanb  jur  3ßrt  ©ioftetianS  mieber  herguftellen ;  er  befeitigte  bie  djrift= 
liehen  Fetbjeidjen  beim  §eere  (baS  Sabarum),  entzog  ben  ©eifttichen  unb  ben 
$ird)en  ihre  23orredjte,  betlangte  fogar  3arüderftattung  ber  ihnen  bon  ©empel= 
unb  ©emeinbegütern  gemachten  ©djenfungen  unb  entfernte  fie  nach  Graften  aus 
ben  ©taatsämtern  unb  ber  Strmee;  unter  berfchiebenen  SSormänben  ließ  er  am 
gefeßene  ©tjriften  gefangennehmen  unb  foltern.  3tüai'  mollte  er,  gemarnt  burd) 
bie  früheren  ©rfafjrungen  ber  heibnifchen  ^aifer,  eine  birefte  unb  blutige  33er= 
folgung  bermeiben;  aber  einerfeits  tieß  er  bem  lange  bertjattenen  ©rott  unb 
Fanatismus  ber  Reiben  bie  3üget  fließen  unb  beten  2SutauSbrüdje  ungeatjnbet 


1  )8om  ©^riftentum  jagte  Julian,  bai>  „Veni,  vidi,  vici“  ©äfarä  nacbabmenb: 
Legi,  intellexi,  condemnavi  (äveyvwv ,  Uyviuv ,  xo.Teyvujv),  toorauf  bie  SBifdjöfe  geant= 
toortet  haben  foKen:  Legisti,  sed  non  intellexisti ;  si  enim  intellexisses ,  non  dam- 
nasses  ( Sozorn Hist.  eccl.  V,  18). 


1.  ©ie  ßircfje  unb  ber  römifdfje  (Staat  im  4.  Sahrfjunbert.  329 

t)ingeljen,  befonöer§  in  Blejanbria  unb  S3oftra,  bie  fßräfeften  mitltürtid)  ©Triften 
hinridjten,  inte  in  Born  (3lpronianu§) ,  anberfeitS  machte  er  auch  oft  felbft 
feinem  gerne  burdj  ^inridjtung  einjetner  Suft,  bie  iljn  beleibigt  ober  üert)öhnt 
haben  füllten 1.  Dabei  öerfpottete  er  bie  ©Ijriften  bei  jebem  Stnlafj  in  Briefen 
unb  ©bitten,  moHte  fie  nur  ©alitäer  ober  ©ottlofe  genannt  rniffen  unb  fdjlofj 
fie  üom  Seljtamte  ber  Sitteratur  au§,  um  fie  fo  in  Unmiffenljeit  unb  Sßer= 
adüung  ju  ftürgen,  ma§  felbft  ben  Reiben  al§  31t  ftrenge  unb  berabfdjeuung§= 
mürbig  erfcbictt2,  aber  biele  d)riftlid)e  ©eiftlidje  bemog,  burd)  Stbfaffung  berfd)ie= 
bencr  ©chriften  ihren  ©Iauben§genoffen  ben  9lu§fd)lufi  oon  ber  tlaffifdjcn  Sit= 
teratur  erträglicher  ju  mad)en,  toobei  fie  fich  entfdjieben  für  bereit  Beibehaltung 
au§f|)rad)en.  Die  ©aliläer  —  meinte  ber  ^aifer  —  füllten  fid)  nur  mit  it)rent 
9Jtattt;äu§  unb  Suta§  befd)äftigen,  bie  Autoren  be§  tlaffifdjen  9IItertum§  ihnen 
borenthalten  fein,  ©obann  berhiefj  Sulian  allen  dhriftlidjen  Parteien,  $att)oIiten, 
Boüatianern,  Donatiften,  Brianern  u.  f.  f.,  gleiche  Doleran3,  in  ber  Hoffnung, 
fie  mürben  fid)  in  enblofem  «Streite  felbft  aufreiben;  in  biefer  Bbfidjt  rief  er 
bie  berbannten  Bifdföfe  unb  ©eiftlidjen  3urüd,  aber  er  fud)te  auf  jebe  2Beife 
fie  bertjafjt  unb  lächerlich  3U  mad)en3.  ©einer  Df)ütigteit  gelang  e§,  nicht 
menige  ©djeinchrifien  jum  9tbfaH  3U  bringen.  3n  Dielen  Briefen,  ©bitten, 
Sieben,  Rinnen,  Slbfjanblungen  unb  ©atiren  betämpfte  er  bie  berljajjte  unb 
nid)t  berftanbene  Beligion  be§  ^reujeS;  er  berläfterte  bie  früheren  djriftlichen 
ßaifer,  rächte  fid)  an  ben  fpöttifdien  Bntiodjenern  unb  berfafjte  felbft  eine  Be= 
ftreitung  be§  ©hriftentum§  in  fieben  Büchern. 

5.  Bid)t  blop  mürben  bie  alten  Dentpel  mieber  eröffnet,  ben 
©hriften  3ugefprochene  jurüdtgeforbert ,  fonbern  aud)  bie  ©rridjtung  bon  neuen 
befdjloffen  unb  ber  gange  $ult  mit  größerem  ©lan3e  gefeiert,  toobei  ber 
$aifer  al§  t)öd)fter  Oberpriefter  tfjätig  mar.  9lber  er  mufete  bem  ©hriftentum 
miber  SBilten  eine  |)ulbigung  barbringen,  ba  er  einfalj,  baff  nur  mit  9ladj= 
ahmung  berfdjiebener  chriftlid;er  ©inridjtungen  ba§  abgeftorbene  ipeibentum 
mieber  3U  einem  höheren  Sehen  31t  bringen  fei.  gn  einem  Briefe  an  ben  t)öb= 
nifdjen  Oberpriefter  Brfacius  in  ©attien  gab  er  Borfd)riften  über  ba»  Sehen 


1  SBegen  ber  §>interlift  be§  .ßaiferS  jur  Verführung  ober  Sluärottung  ber  ©hriften 
[Greg.  Naz.,  Or.  4,  11.  62—65,  ed.  Par.  I,  106  sq.)  nennt  ©regor  oon  Bajian}  (Or.  32 
in  S.  Athan.  n.  82,  p.  407)  feine  Verfolgung  bie  graufamfte  Oon  aßen  (ügl.  Or.  42,  n.  3, 
p.  750).  Bad&  ihm  (Or.  4,  n.  93,  p.  127)  hielt  e§  Sfulian  für  feine  bebcutenbe  <Sad)e, 
loenn  bie  £>anb  eines  Ipeiben  jefjn  ©hriften  tötete.  3in  2Intiod)ien  tourben  3)uüentinu3 
unb  VtajimuS  auf  feinen  Vefehl  gemartert  ( Theodoret .  1.  c.  III,  11.  Chrysost.,  Or.  in 
SS.  Mart.  Iuvent.  et  Maxim.;  Migne,  Patr.gr.  L,  571 — 578).  ©er  tpröfeft  SaßuftiuS 
liefe  einen  Jüngling  ©heobor  fdjtocr  peinigen,  loaS  bem  $aifer  aber  hoch  mifefiel,  ber 
fonft  biele  ©raufamfeiten  gefchehen  liefe  ( Theodoret .  1.  c.  c.  3.  7).  2tn  Vom  ftarben 
Johannes  unb  IßauIuS  ( Tillemont ,  Mömoires  VII,  350). 

2  Über  ben  2luSfd)lufe  ber  ©hriften  üom  Sehramte  (ügl.  lulian.,  Ep.  22)  fagt 
ütmmianuS  VtarceUinuS  (Hist.  XXII ,  10) :  Illud  autem  erat  inclemens ,  obruendum 
perenni  silentio ,  quod  arcebat  docere  magistros  rhetoricos  et  grammaticos  ritus 
christiani  cultores.  Vgl.  ibid.  XXV,  4,  mo  biefelben  SBorte  mit  bem  Veifafee  mieber» 
holt  fmb :  ni  transissent  ad  numinum  cultum.  —  Vgl.  auch  August. ,  De  civ.  Dei 
XVHI,  52.  Greg.  Naz.,  Or.  43  (al.  20),  n.  11,  p.  778,  u.  a. 

3  Über  bie*  3urücfberufung  ber  exilierten  Vifdjöfe  ügl.  Ammian.  Marcell.  1.  c. 
XX,  5.  Sozom.  1.  c.  V,  3.  Chrysost.,  De  S.  Babyla  (Migne,  Patr.  gr.  L,  568). 


330  ©ieg  ber  ßirtfie  im  Ulömerreid)  unb  .ßampf  gegen  ben  2Iriam§mu§. 

ber  ißriefter  ganj  nad)  Art  ber  cpriftlicben  Kanone?,  berbot  ihnen  ben  S3efud) 
ber  Sweater  unb  2ßirt?päufer  fomie  jeben  fdfmutügen  ©eminn.  ©r  »erlangte, 
bap  bie  peibnifcpen  ^riefter  —  bi?  bapin  unerhört !  —  aud)  prebigen  füllten, 
unb  äinar  im  ©tnne  be?  Aeuplatoni?mu?  mit  aüegorifiber  unb  ibeatifierter 
©rtlärung  ber  üRptpen;  ferner  fucpte  er  beim  ©ötterbienfte  and)  ben  ©efang 
einjubürgern ,  eine  53u^bi§giplin  ju  organifieren ,  fogar  eine  Art  peibnifcper 
ÜRöncbe  ju  fcpaffen.  ©ine  |)ierardfie,  beren  Oberhaupt  ber  $aifer  felber  mar, 
berbunben  burd)  ©emeinfd)aft?=  unb  ©mpfeplung?briefe,  begabt  mit  bem  Aecpte 
ber  Au?fcplief5ung ,  füllte  in?  ßeben  treten,  unb  fo  ber  dfrifilidfen  Birdie  eine 
peibnifcpe  gegenüberftepen.  Sulian  lief  auferbem  2Bopltpütigfeit?= 
a  n  ft  a  1 1  e  n ,  in?befonbere  3tenobocpien,  auf  ©taat?toften  errichten,  bamit  nictjt 
ferner  bie  ©aliläer  bic  Sereprer  ber  ©ötter  an  Aßopltpätigteit  befcpämen  möchten. 
Aber  bergeblid)  fucpte  er  bie  ©öpenbiener  unb  ba?  Solf  ju  begeiftern;  ber= 
geben?  gab  er  al?  ©dpriftfteller ,  al?  ©efefgeber  unb  al?  ^öd)fter  Oberpriefter 
ba?  eifrigfte  Seifpiel;  bie  religiöfe  Segeifterung  ber  Reiben  mar  unb  blieb  er= 
ftorben,  unb  nur  tünftlicp  pielt  Julian  möprenb  feiner  furzen  ^Regierung  ba? 
au?einanberfallenbe  ©ebäube  be?  ?ßolL)t^ei§mu§  aufreibt.  Oie  Sempel  blieben 
leer,  bie  ^riefter  lafterpaft,  fetbft  bie  Reiben  fpotteten  über  bie  Opferfd)läd)= 
tereien,  über  ben  löcberlidfen  Aberglauben  unb  ben  finbifdfen  ©tolj  ipre?  $aifer?, 
ber  fonft  mopl  alle  gäpigteiten  ju  einem  tücfjtigen  Regenten  patte,  ben  Supu? 
be?  fpofe?  befcpräntte,  rafilo?  arbeitete  unb  alle?  aufbot,  ba?  erfepnte  3^1  einer 
AßieberperfteHung  be?  ^eibentum?  ju  erreichen1. 

3ulian,  ber  burcp  Opfer  unb  Anrufungen  unb  namentlich  mit  33Iut  bie 
Saufe  abjumafdfen  fucpte,  bie  er  einft  empfangen  patte2,  begünftigte  au?  §af 
gegen  bie  (J^riftert  aud)  bie  3 üben  unb  befapl  ihnen,  um  bie  2öei?fagung 
ju  ©cpanben  ju  machen,  ben  ABieberaitfbau  ipre?  Sernpel?  ju  ^erufaletn.  3tnar 
eilten  bie  3uben  au?  allen  ©egenben  I;erbei,  gaben  reichliche  ^Beiträge,  befcpafften 
bie  30? aterialien  jutn  Sau  unb  erhielten  bon  ben  Sepörben  alle  Unterftüfung 
unb  görberung;  aber  e?  mürbe  ergäplt,  baf  ©rbbeben  unb  geuerflammen,  bie 
mieberpolt  au?  ber  ©rbe  perborbraipen  unb  bie  Arbeiter  teil?  berlepten  teil? 
töteten,  ba?  mit  fo  bielen  Opfern  begonnene  S3erf  poffnung?lo?  rcieber  aufju= 
geben  nötigten.  Aud)  füll  ein  ^reu^  am  fpimmel  erfd)ienen  fein  jutn  3ö$en 
be?  ©iege?  ber  ^ircpe.  SDiefer  Sriumpp  mar  um  fo  glönjenber,  al?  Reiben 
unb  Suben  bie  Spatfacpe,  mie  immer  fie  biefelbe  erflären  mod)ten,  nid)t  be= 
ftreiten,  bie  cpriftlid)en  3eügenoffen  aber  im  ganzen  Seicpe  fiep  öffentlich)  barauf 
berufen  tonnten,  opne  irgenb  einen  Aßiberfprucp  ju  finbett 3.  Alle  ißläne  be? 

1  Greg.  Naz. ,  Or.  4,  n.  56  sq.  Socrat.  1.  c.  III,  12.  Sosom.  1.  c.  V,  3.  6. 

Ammian.  Marcell.  1.  c.  XXI,  1  ;  XXV,  4.  Prudent.,  Apotheosis  v.  450  sq.  Iulian., 
Ep.  49.  2  Greg.  Naz.,  Or.  4,  n.  52,  p.  101.  Sozom.  1.  c.  Y,  2. 

3  Uber  ben  SEBieberaufbau  be§  jiibifcEjen  Sbempelä  Ogi.  Ammian.  Marcell.  1.  c.  XXIII,  1. 
Iulian.,  Ep.  25  fragm.  Aabbt  ©ebalja  im  Schalscheleth  hakkabba  f.  89,  2.  Greg. 
Naz.,  Or.  5,  n.  4,  p.  149.  Chrysost.,  Hom.  adv.  lud.,  quod  Christus  sit  Deus  n.  16;  In 
S.  Babyl.  n.  22;  Expos,  in  Ps.  110  n.  4.  5;  In  Matth,  hom.  4,  n.  1 ;  In  Act.  hom.  41, 
n.  3  {Migne,  Patr.  gr.  XLVIII,  835;  L,  568;  LV,  285  sq. ;  LVII,  40  sq.;  LX,  291). 
Ambros.,  Ep.  29  ad  Theod.  Socr.  1.  c.  III,  20.  Sozom.  1.  c.  V,  22.  Theodoret.  1.  c. 
III,  15  (al.  20).  Rufin.,  Hist.  eccl.  X,  37.  Philost.,  Hist.  eccl.  VII,  9.  14  ( Migne 
1.  c.  LXV,  546.  552).  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  X,  32.  33. 


1.  Sie  ßircpe  ltnb  ber  römifdpe  Staat  im  4.  Japrpunbert.  331 

eiteln  unb  jugenbfräftigen  £>errfcperS  fdpeiterten,  was  nur  feine  Erbitterung 
gegen  bie  Elften  fteigerte.  SefonberS  muffte  9Intiodpien  biefe  füllen,  wo 
felbft  bie  ©ebeine  beS  gefeierten  StärtprerS  SabplaS  —  beS  ?tpoIXo  bon  ®appne 
roegen  —  entfernt  merben  mußten,  aber  bem  gepriefenen  (Sott  nur  bon  einem 
einzigen  peibnifdpen  ^priefter  eine  ©ans  bargebraept  marb.  Sei  ber  Translation 
be§  -DfärtprerS  fangen  bie  Epriften  bie  Sßfalmmorte :  „Sefcpämt  füllen  alle 
werben,  bie  gefepnipte  Silber  anbeten"  (5ßf.  96,  7).  Julian  felbft  mupte,  als 
er  bor  einem  fpaufe  ber  ©tabt  borüberging,  bie  SDiafoniffin  ijßubtia  mit  mep= 
reren  Jungfrauen  fingen  pören:  „Tie  ©öpenbilber  ber  Reiben  finb  ©olb  unb 
©Uber,  Söerfe  bon  Stenfcpenpanben.  9lpnlicp  füllen  ipnen  merben,  bie  fie  ber= 
fertigen,  unb  alle,  bie  auf  fie  bertrauen"  (ißf.  113,  12.  16).  Ter  $aifer  be= 
fapl  ipnen,  ju  fdpmeigen;  fie  aber  ftimmten  ben  ipfatm  67  an:  „ES  erpebe 
fiep  ©ott,  unb  feine  fjeinbe  mögen  jerftreut  merben",  worauf  Julian  bie  podp= 
betagte  Patrone  fdpwer  mippanbeln  lief? l.  5lucp  fonft  patten  bie  Epriften  ipren 
Freimut  part  ju  büpen.  Ter  podpbejaprte  unb  erblinbete  Sifcpof  Sftaris  bon 
Epatcebon  nannte  ipn  einen  ©ottlofen  unb  9lpoftaten  unb  entgegnete  auf  beffen 
$rage,  ob  ipn  fein  galiläifdper  ©ott  peilen  werbe:  „Jtp  banfe  ©ott,  bap  er 
tniep  erblinben  Xiep,  bamit  icp  bein  3tngeficpt  nitpt  fepauen  ntup."  Julian,  ber 
ipm  ben  Diupm  eine»  StärtprerS  niept  gönnte,  entliep  ipn  ungepinbert,  um  fiep 
fpäter  an  ipm  ju  räcpen2. 

Salb  baratif  tnupte  er  jum  Kriege  gegen  bie  Werfer  rüften,  unb  um 
baS  nötige  ©elb  aufjubringen,  füllten  alle,  bie  niept  opfern  Wollten,  eine  fepmere 
©elbbupe  erlegen;  bie  Reiben  wüteten  gegen  bie  Epriften,  unb  £)arufpiceS 
füllen  fogar  geraubte  $inber  cpriftlidper  Ettern  gefeptaeptet  paben.  Jn  feinem 
Übermute,  ben  feine  Orafel  unb  Sßaprfager  noep  erpöpten,  unb  in  bem  Sapne, 
HepanberS  beS  ©ropen  ©eete  fei  auf  ipn  übergegangen,  patte  Julian  niept 
blop  bie  perfifepen  ©efanbten  fcpimpflicp  enttaffen,  fonbern  aud)  alte  griebenS= 
anträge  nadp  bem  Seginne  beS  Krieges  jurüdgemiefen.  5tber  er  fanb  fepon 
363  feinen  STob  infolge  einer  erpaltenen  S3unbe  unb  enbete  nad)  einer  niept 
ganz  breifäprigen  ^Regierung.  Über  ben  Stob  JutianS  tarnen  halb  berfdpiebene 
©erüepte  in  Umlauf.  Tie  9tacpricpt,  er  fei  burdp  einen  ©olbaten  aus  feinem 
eigenen  Ipeere  getötet  worben ,  ift  böQig  unbegrünbet.  Ein  üon  d)riftlid)en 
©dpriftfteEtern  beridjteteS  ©erüdpt  melbete,  er  fei  geftorbert  mit  ben  SBortcn: 
„©atitäer,  bu  paft  gefiegt!"  Tie  $ird)e  atmete  wieber  freier  auf:  fie  war 
befreit  twn  Dielen  ttnpeiligen  ©liebem,  mit  neuen  ©laubenSpetben  gejiert,  aber: 
malS  bewäprt  im  $cuer  ber  Serfotgung  unb  attfeitig  gerechtfertigt  gegenüber 
einem  dürften,  ber  in  ppantaftifeper  Segeifterung  für  eine  äuperlicp  glänjenbe 
Äultur  feine  3eü  gänzlidp  mipberftanben  unb  fiep  ein  Döttig  unburcpfiiprbareS 
Unterncpmen  als  SebenSaitfgabe  geftedt  patte. 

JutianS  Regierung  war  befonberS  baburdp  mertwürbig,  bap  er  bie  Epriften  als 
Empörer  unb  Dtebetten  bargufteüen  fudpte.  Er  bemüpte  fidp,  ben  Ehrenbezeigungen 
gegen  ben  ßaifer  ein  SefenntniS  ber  falfcpen  ©ötter  beijumifdpen  unb  beren  Anbetung 


1  Über  bie  33orgdnge  in  Slntiocpien  Dgl.  Theodoret.  1.  c.  III,  6.  14  (al.  9.  17). 
Chrysost.,  In  S.  Babyl.  1.  c.  Philost.  1.  c.  c.  8.  12. 

2  Über  StariS  Don  Epatcebon  Dgl.  Socr.  1.  c.  III,  12. 


332  ©ieg  ber  für(he  im  Siönterretdfj  unb  .Stampf  gegen  ben  Arianismus. 

mit  ben  römifdfen  Siaatlgefeigen  gu  ibentifigieren.  ®iel  hat  befonberl  ©regor  bon 
Aagiang  an  ihm  herborgepoben.  2>en  Vilbntffen  be§  $aiferl  mußten  ©öijenbilber 
angereifit  unb  bie  ©Triften  in  bie  Alternatibe  berfeigt  werben,  entweber  burcp  bie  bar= 
gebrachte  fmlbigung  all  Abtrünnige  bom  ©priftentum  ober  burcf;  beren  Verweigerung 
all  geinbe  bei  ßaiferl  unb  Vtafcftätlöerbredier  grt  erfdjeinen.  ®ie  ©inficptigeren 
fapen  ben  boshaften  Vetrug  ein  unb  büßten  biefe  ($infief)t  mit  ferneren  Aacpteilen 
unter  bem  Vorwanb  ber  Veradftung  bei  $aiferl,  wäprenb  fie  (fagt  ©regor  bon 
Aagiang)  in  ber  Spat  für  ben  wahren  üaifer  unb  für  bie  Dteligion  in  bie  äufferfte 
©efapr  berfejjt  würben.  Aber  biete  Unerfahrene  würben  burcp  biefe  Sift  getäufd)t,  bie 
burcpau!  eine!  großen  Sperrfcperl  unwürbig  unb  an  fid)  fd)on  pinreicpenb  war,  ben 
Flamen  Sulianl  für  immer  gu  branbmarfen.  ©I  war  ein  entwürbigenbel  Scpaufpiel, 
wenn  bor  bem  Angeficpte  bei  ß'aiferl  ©otb,  bann  SBeiprautp  unb  nebenan  geuer 
bem  einfadfen  Solbaten  gegeigt  warb  unb  bie  Umgebung  il)n  brängte,  ben  SBeipraud) 
gu  ©pren  bei  §errfd)er!  angugünben,  um  bafiir  aul  feinen  pulbreicpen  tpänben  ©otb 
gu  empfangen.  All  biefetben  Krieger  nadfper  beim  ©aftmaple  fid)  mit  bem  ßreuge 
begeidmeten  unb  oon  ipren  ittoneraben  befragt  würben,  wie  fie  nad)  ber  boraul= 
gegangenen  Verleugnung  ©prifti  ipn  nod)  anrufen  fönnten,  unb  erfuhren,  baff  jener 
feierlidfe  Aft  bor  bem  $aifer  eine  Verleugnung  gewefen  fei,  ba  tiefen  fie,  bal  2M)t 
berlaffenb,  in  gerechter  ©ntrüftung  burcp  bie  Straffen,  erklärten  fid)  atl  ©priften,  bie 
ipr  ©etöbnil  niemall  Ratten  bredjen  wollen,  beren  §anb  opne  bal  §erg  gefünbigt, 
bie  ber  Staifer  betrogen,  bie  mit  iprem  Vlute  bie  Scpmad)  abwafdfen  wollten.  Vor 
bem  $aifer  warfen  fie  bal  ©otb  weg  mit  ben  SBorten:  „Aßir  paben  feine  ©efcpenfe 
empfangen,  fonbern  ein  Stobelurteil ;  nicpt  gur  ©b>re  finb  wir  gerufen,  fonbern  ber= 
urteilt  worben  gur  Scpanbe."  So  geigte  fid)  eine  waprpaft  d£)riftli(f)e  ©efinnung  im 
£>eere,  bie  nun  aitd)  nad)  Sulianl  Stob  glängenb  perbortrat  \ 

C.  Ütnlsrfgdn  öer  fiittfer  non  Jimiatt  bis  Stpeoöoftns  I.  gegen  bie  fjeiben;  Xbfterben  bes 

ff  eiben tmns. 

Quellen  unb  ßitteratur.  —  Socrat.,  Hist.  eccl.  III,  22  sqq. ;  IY,  5  sqq. 
Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  3.  9;  VH,  15.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  IV,  1  sqq.;  V,  1  sqq. 
Rufin.,  Hist.  eccl.  XI,  1.  22  sqq.  Themist.,  Or.  ad  Iovian.  Ammian.  Marcell.,  Hist. 
XXVI,  10  sqq.;  XXX,  9.  Zosim.,  Hist.  IV,  3.  8.  36;  V,  23.  Codex  Theodos.  IX, 
16,  7;  XVI,  10,  20;  XVI,  7,  12;  10,  7.  10.  12—15;  5,  19.  43.  Codex  Iustin.  I,  11, 
de  pagan.  et  sacr.  —  Stuffken,  Diss.  de  Theodos.  M.  in  rem  Christ,  meritis.  Lugd. 
Batav.  1828.  9t  auf  eben,  $aprbücper  ber  cpriftlid)eu  ßtrdje  unter  bem  ßaifer  $peo= 
bofiul  b.  ©r.  fjreifmrg  i.  33r.  1897.  9tid)ter,  S)a3  toeftromifcpe  9teid)  befonbetS  unter 
ben  Itaifern  ©ratian  k.  SJerlin  1865. 

6.  All  nach  Sulianl  Stob,  mit  bem  bie  gamilie  ^onftantinl  aulgeftorben 
war,  ber  fluge  unb  milbe  Sobian  bom  §eere  gum  $aifer  aulgerufen  würbe, 
erflärte  er  ben  Solbaten,  er  fönne  nid^t  über  fie  perrfcpen,  ba  er  ©prift  fei. 
®a  nun  bie  fDieptgapI  rief:  „Aud)  wir  finb  ©firiften!"  nal)m  er  bie  Söürbe 
an.  3obian  felgte  ben  bon  Julian  begonnenen  ßrieg  gegen  bie  Werfer  fort, 
fd)lofi  fie  ein  unb  gwang  fie,  um  ^rieben  gu  bitten,  ben  er  bann  auf  fünf= 
unbgwangig  Sapre  gewährte.  Obfcpon  eifriger  ©prift,  lief)  er  ben  Reiben 
bod)  SLmlbung  angebeipen  unb  berbot  nur  bie  Zauberei;  pen  ©Triften  gab  er 
mehrere  bon  Sulian  ipnen  entzogene  Vorrechte  gurüd.  Schon  nad)  einigen 
Vtonaten  ereilte  ben  tüditigen  §>errfd)er  ber  $ob  (364).  Sie  Solbaten  Wählten 
barauf  ben  frieglerfahrenen  5pannonier  V  a  I  e  n  t  i  n  i  a  n ,  ber  breiig  Sage 


1  Greg.  Naz.,  Or.  4,  n.  81  sq.  Theodoret.  1.  c.  III,  13  (al.  16  s.  17). 


1.  $ie  Birdie  uttb  ber  römifdje  (Staat  tut  4.  Sfa^rJjunbert. 


333 


fpüter  feinen  33ruber  33alenS  pm  ÜJlitregenten  annahm  unb  ihm  bcn  Orient 
üherlieji.  SSalentinian  I.  (364 — 375),  perfönlid)  ^atholif,  tnanbte  {einerlei 
3mang  in  IReligionSfachen  an.  ©ein  33ruber  33alen§  (364 — 378)  bagegen, 
ein  Arianer,  gab  Reiben  unb  3ttben  bolle  ^Religionsfreiheit,  nur  ben  $atholifen 
nid)t ;  er  Verfolgte  übrigens  Julians  Vertraute,  befonberS  ©ö|enpriefter ,  9tlje= 
toren  unb  ©op^iften ,  anbere  Reiben  lief?  er  in  fRuIje.  ©rauf am  unb  toort= 

brüchig  mar  er  gegen  ben  Ufurpator  fßrofopiuS.  ©in  ftrengeS  Sßerbot  rnarb 

öon  beiben  $aifern  gegen  bie  nädf)tlid)en  ÜRpfterien  unb  SEieropfer  erlaffen, 
für  ffiriechenlanb  aber  mieber  aufgehoben.  Oie  fReihen  ber  Reiben  lichteten 
fich  in  ben  ©täbten  immer  mehr;  fie  lebten  meiftenS  auf  bem  Sanbe  unb  in 
entlegenen  Rieden  (Pagani  —  SßaganiSntuS) 1.  9luf  33alentinian  I. 
folgten  im  2lbenblanbe  feine  ©ohne  ©ratian  (375 — 383)  unb  33a  1cm 
tinian  II.  (375 — 392),  letzterer  gunächft  nur  bem  tarnen  nach,  ba  er  erft 
üier  Saljre  toar.  3US  nach  bem  SEobe  beS  33alenS  378  ©ratian  3lllein= 

herrfdjer  toarb,  nahm  er  ben  tapferen  fpanifchen  ^elbherrn  Ohe°b of  i uS  pm 

3Jtitregenten  an,  ber  feit  379  im  Orient  regierte.  333ül)renb  ber  Kämpfe  mit 
ben  barbarifchen  33ölfern,  befonberS  mit  ben  ©oten,  mürben  bie  Reiben  im 
allgemeinen  gefront;  nur  legte  ©ratian  ben  ©chmud  beS  hödjften  ^ßontifep 
ab  unb  lieh  aus  ber  $urie  beS  römifchen  ©enateS  ben  3lltar  ber  ©iegeS= 
göttin  megnehmen;  er  entpg  ben  heibnifchen  fßrieftern  unb  auch  ben  33efta= 
linnen  bie  ©taatSunterftiilpngen  unb  ihre  33orred)te.  9tad)  ber  ©rmorbung 
©ratianS  (383)  feilte  fich  ber  llfurpator  WajimuS  in  ©allieit  feft  nnb  be= 
brol)te  Oon  ba  aus  33alentinian  II. ,  beffen  iDtutter  3uftina  für  ihn  bie  33or= 
munbfdjaft  führte,  bis  ihn  SEheobofiuS  (388)  befiegte  nnb  bem  jungen  33alen= 
tinian  borläufig  bie  ^errfdjaft  im  35ßeften  fieberte.  33ergebenS  boten  bie  bor= 
nehmen  Reiben  IRontS,  befonberS  ber  ^ßräfeft  ©pmrna d)uS,  in  ©djriften  unb 
©efanbtfchaften  alle  9Rühe  auf,  bort  SBalentinian  bie  3urüdnaf)me  ber  3lnorb= 
nungen  ©ratianS  p  erlangen,  für  beren  3lufred)thaltung  53if<hof  3lmbrofiuS 
bon  DRailattb  fräftig  mirfte2 * * * * * 8. 


1  ®>er  9iaine  pagani  fommt  368  im  Cod.  Theodos.  XVI,  2,  18  offiäictf  bor,  toie 

nadhher  (ibid.  1.  XI)  im  3(af)re  412.  33gl.  August.,  Retract,  II,  43 :  Deorum  falsorum 

cultores ,  quos  usitato  nomine  paganos  vocamus ;  bgl.  De  op.  monach.  c.  2.  Oros., 

Hist.,  Praef. :  qui  alieni  a  civitate  Dei  ex  locorum  agrestium  compitis  et  pagis  pa¬ 
gani  vocantur  sive  gentiles.  33gl.  Marius  Victorin.,  In  Gal.  11.  II.  {Mai,  \et.  Script, 

nova  coli.  III.  II.,  p.  129):  Graeci ,  quos  paganos  vocant;  De  homousio  recipiendo 

c.  1:  Graeci,  quos  Hellenas  vel  paganos  vocant:  mul  tos  deos  dicunt.  2?  ei  Tertull., 
De  cor.  mil.  c.  1 1 :  fidelis  paganus,  unb :  Apud  hunc  (Iesum)  tarn  miles  est  paganus 
fidelis,  quam  paganus  est  miles  infidelis.  @6  toar  eben  früher  paganus  =  non  inili- 
tans,  änoXsfj.05,  ber,  toeldher  nid)t  Jämpfte.  9}gl.  Plin.,  Ep.  1.  VII,  n.  25 ;  1.  X,  n.  18. 
3luf  bcn  ©intoanb ,  baf)  esS  nod)  jet)t  bem  alten  ©ö^etibienfte  unb  ülberglauben  ergebene 

©täbte  gebe,  fagt  ©hrpfoftomnä  (In  S.  Babylam,  bei  Migne,  Patr.  gr.  L,  544),  biefe  feien 
fehr  gering  an  3ahh  fehr  toenige,  bei  biefen  liege  ber  ©runb  in  ber  2)tad)t  ber  reichen, 
bie  ärmeren  tierfüfjrenbett  23ürger,  in  ber  fi{tlid)en  91uögelaffenheit ,  bcn  bielen  2>er= 
gniigungen  bei  2ag  unb  9lad)t,  ben  fReiämitteln  jur  Suft. 

8  A.  Synvmachi  Epist.  et  orat.,  ed.  Mogunt.  1608;  ed.  ( Parei )  Francof.  1642. 
©egen  ©hmmacbuä  (Epist.  X,  54.  56.  61)  bgl.  Ambros.,  Ep.  1/.  18.  Prudent., 
C.  Symm.  II.  2.  ©cf) mieber,  ®e§  ©pmmacbuä  ©rünbe  unb  bc3  Slmbroftuä  ©egem 
grünbe.  hatte  1790. 


334  ©ieg  ber  ßiripe  im  tftömerreicp  unb  ßatnpf  gegen  beit  2triani§mu§. 


7.  Sm  Orient  patte  Opeobofiu§,  ein  entfdjiebener  $atpolif,  ftrenge 
üftapnapmen  jur  Unterbrüdung  be§  §eibentum§  ergriffen.  ©r  entzog  benen, 
bie  bon  ber  Birdie  jurn  £)eibentum  abfielen ,  ba§  Oeftier=  fomie  ba§  @rbrec£)t 
unb  üerbot  feben  5tbfaü  bont  mapren  ©tauben  (381  unb  383);  bie  Opfer 
jur  ©rforfipung  ber  gutunft  mürben  unterfagt.  Stiele  £)etbnifd)e  Oernpet 
mürben  auf  Antrieb  übereifriger  SJtöncpe  gerftört  ober  bon  Stiftpöfen  in  d>rift= 
fiepe  llirepen  umgemanbett;  bie  ©cpupfcprift  be§  Sibaniuä  blieb  opne  ©rfolg; 
ja  386  marb  bie  ©cpliepung  ber  Oempel  in  Stfien  unb  Slgppten  angeorbnet 
unb  391  ber  Oempelbefutp  berfmten  x.  3n  bemfetben  Sapre  mürbe  burcp  Opeo= 
ppilu§  bon  Stle^anbrien  ba§  4arad)tbolIe  ©erapeion  bafetbft  gerftört ,  moju  bie 
Reiben  burd)  blutigen  Stufrupr  ben  Stnlap  gegeben  patten;  392  marb  ber 
©öpenbienft  aller  Strt  mit  ben  ©trafen  be§  2Jtajeftat»berf>recpen§  belegt.  Sn 
biefem  Sapre  mürbe  Opeobofiu§  Stüeinperrfdjer,  ba  Stalentinian  II.,  erft  jmanjig 
Sapre  alt,  bttrd)  bie  Seute  be§  fräntifcpen  Skfepföpaber»  Strbogafi  ermorbet 
roorben  mar.  Oie  Reiben  9tom§  feierten  nocp  einen  tepten  turnen  Oriumpp,  atS 
ber  burcp  Slrbogafi  mit  bem  ^urpur  befteibete  ©ugeniu§  al§  |)errfd)er  au§= 
gerufen  marb,  unter  bem  9tifomad)U§  $Iabianu§  peibnifcpe  ^elbjeicpen  auf= 
pflangte  unb  ben  ©ötterfultu§  mieberperfteltte1  2.  SIBer  bie  ©iege  be§  2peobo= 
fiu§  mad)ten  ber  ©acpe  ein  ©nbe;  OpeobofiuS  ber  ©rope  gog  394  in  Stom 
ein  unb  mapnte  in  Iräftiger  Stebe  ben  ©enat,  bem  fdjänbticpen  ©öpenbienfte 
für  immer  ju  entfagen.  Stiele  Reiben  befeprten  fiep;  feit  Opeobofiu§  mar  ba§ 
©priftentum  ©taat§reIigion  im  römiftpen  Steife,  ©injelne  2lu»Prücpe  feinet  ; 
3orne§  abgerechnet,  mar  biefer  ®aifer  burcpau§  ebel  unb  potpperjig,  ein  treff= 
tieper  ^elbperr  unb  groper  ©efepgeber.  S3ei  feinem  fepon  395  erfolgten  ©obe 
mapnte  er  feine  ©öpne,  unter  bie  er  ba»  Sieiep  teilte,  ju  bollfommener  9Je= 
ligiofität;  benn  „burcp  fie  merbe  ber  Triebe  bemaprt,  ber  $rieg  ju  rafdjem 
©nbe  gebraipt,  ber  $einb  gefeptagen,  ©roppäen  gemonnen  unb  maprpaft  ber 
©ieg  erlangt" 3. 

8.  Oer  Salt  be§  £>eibentum§  im  Stömerreicpe  mar  nun  eine 
botlenbete  ©patfaepe.  SBopt  gab  e§  rtod)  immer  gaptreiepe  Reiben;  allein  einen 
©influp  auf  ba§  ©taat^Ieben  im  fReicpe  übte  ba§  fpeibentum  nicht  mepr  au§. 
Oie  Nachfolger  bc§  ®aifer§  ©peobofiu»  fupren  fort,  bie  SRapregetn,  melepe 
biefer  getroffen  patte,  gegen  bie  ©etnpel  unb  bie  StnBeter  ber  falfepen  ©ötter 
au§jufüpren.  Oie  peibnifepen  $ultu§ftätten  famt  ben  ©öpenbitbern  mürben  ber= 


1  SSifcpof  DJtarceüuS  bon  Slpatnea  tourbe  bei  Serfüüung  eines  Tempels  ju  2IuIon 
Oou  ben  §eibeu  Oerbrannt;  eine  antioepenifepe  ©t)nobe  (388)  Oerbot  feinen  ©öpnen,  ben 
2ob  be§  JBaterS  ju  räcpeti  ( Theodoret Hist.  eccl.  V,  21). 

2  Über  bie  römifdjen  Jpeiben  unter  @ugeniu§  Ogi.  baS  Oon  SeliSle  in  ißari§  auf= 
gefnnbene  ©ebiipt  bei  De  Eossi,  Bullett.  di  ArcheoL  crist.  1868,  p.  49  sq.  SSgl.  Socr., 
Hist.  eccl.  V,  25. 

3  3>ie  Söorte  be§  fterbenben  ©peobofiug  an  feine  ©öpne  ( Theodoret .  1.  c.  V,  25) 
begrünbet  ÜluguftinuS  (De  civ.  Dei  V,  25  sq.) ,  loo  er  an  ^onftantin  unb  SpeobofiuS 
3eigt,  bap  ©ott  toaprpaft  tpriftlicpen  §errfpern  auip  gropen  irbifdfen  ©egen  fpenbet. 
3In  üpeobofing  lobt  er  befonberS  bie  ©-ürforge  für  Slalentinian  H.,  bie  UeinbeSliebe,  bie 
toeife  ©efepgebung,  bie  bemütige  23upe  in  SDtaitanb,  bie  treue  SInpänglicpteit  an  bie  Äinpe 
(cuius  Ecclesiae  se  membrum  esse  magis  quam  in  terris  regnare  gaudebat;  ibid. 


1.  Sie  ßirdje  unb  ber  römifdje  Staat  im  4.  Jafjrhunbert. 


335 


nicfjtct,  mie  e§  in  Karthago  burd)  bie  5vomite§  ©aubentiuS  unb  3obtu§  gefdjal). 
Ood)  füllten  bon  ben  noch  beftehenben  Tempeln  jene  berfdjont  merben,  bie  einen 
höheren  Äunftmert  befaßen 1.  2)ie  burd)  ba§  §ereinfluten  bat&atifdjer  fßöffer 
im  tüeftrömifdjen  SReidje  üecurfad^ten  Söirren  unb  Kämpfe  famen  jmar  bielfad) 
ben  Reiben,  roelt^e  fie  au§  bem  3orn  threr  ©öfter  erflärten,  infofern  ju  gut, 
a(S  fie  bei  foldjett  allgemeinen  2)rangfalen  mehr  gefront  merben  mufften2; 
jubem  mürben  barüber  manche  Seile  be»  9teic^e§  feljr  bernadjfäffigt,  fo  bafe  bie 
faiferlichcn  ©efe^e  nicht  allenthalben  pnt  SßoUjug  famen.  Sfüein  ba§  6>f)riften= 
tum  brang  überall  fiegreid)  bor,  unb  immer  mehr  nahmen  aud)  bie  noch  he^- 
nifd)  gebliebenen  33emof)ner  be§  9teid)e§,  im  Ibenblanbe  bielfad)  burd)  ba§  ®in= 
bringen  ber  Barbaren  baju  getrieben,  ben  djrifttidjen  ©fauben  an.  2>od)  ging 
biefe  ©ntmidlung  nicht  fo  rafd)  bon  ftatten,  al§  man  angefichtö  ber  offiziellen 
Diafjregeln  ber  chriftlid)en  Inifer  im  4.  Jahrljunbert  anzunehmen  geneigt  märe. 
2Benu  2heo^b^u§  II.  423  fidj  in  ber  Sßeife  au§brüdte,  al§  zweifle  er,  ob 
e§  in  feinem  9teid)e  noch  Reiben  gebe3,  fo  barf  man  barau§  feine§meg» 
fchliejjen,  bah  bte§  fidj  mirflidj  fo  berf)ieft;  nur  mar  ihre  3af)I  bebeutenb  ber= 
ringert.  ©egen  bie  Annahme,  im  oftrömifdjen  9t  ei  che  fei  bamal§  ba£ 
§eibentutn  fo  gut  mie  edofdjen  gemefen,  fhredjen  berfdjiebene  Sfjatfachen.  3m 
geheimen  lebte  ba§felbe  noch  an  berfchiebenen  Orten,  zmn  Seil  in  ber  ©eftalt 
bon  «Selten  fort,  zu  meldjen  bie  ^t^pfifiarier  (Verehrer  be§  5lflerhöd)ften) 
in  $apf)abocien  gehörten,  bie  aud)  jiibifdje  ©ebräuche  angenommen  Ijoüen  unb 
ben  afrifanifchen  £)immel§bcrehrern  (Coelicolae)  mie  ben  fDteff afianern 
(ßuphcmiten)  bermanbt  mären4.  Oie  neuplatonifdjc  «Schule  in  Sftljeu 


1  L.  3  Cod.  Iustinian.  I.  11  (Arcad.  et  Hon.):  volumus  publicorum  operum 
ornamenta  servari. 

2  Über  bie  Reiben  in  3tfrita  bgl.  August.,  De  civ.  Dei  XVIII,  54,  1. 

3  Über  baä  ©efefe  bon  428  bgl.  Cod.  Theod.  XVI,  10,  22;  über  baSjenige  »aten= 
üniang  III.  bom  Jahre  425  bgl.  ibid.  5,  68.  Unter  Stjeobofiug  II.  entftanb  bie  Sage 
bon  ben  fieben  jur  Seit  beg  Seciug  (250)  entfdjtafenen  Jünglingen,  bie,  nach  jtbei  Jahr= 
hunberten  ertoacbt,  ben  Sriumpf)  beg  ßreujeg  mit  Staunen  toahrnahmen.  »gt.  Greg.  Tur., 
In  gloria  inartyrum  (Par.  1640)  p.  215.  Reineccius,  De  septem  dormientibus.  Lips. 
1702.  SS.  septem  dormientium  bist.  Romae  1741. 

4  Sie  §  t)  p  f  ift  a rie r ,  »erefjrer  beg  tfso?  ü^iaroq,  auch  hpavürcat,  biptmot,  hotten 
eine  aug  »arfigntug  unb  Jubentum  gemachte  ßehre,  bon  letzterem  bie  Spcifegefefee  unb 
ben  Sabbat.  Siefer  Sette  gehörte  früher  ©regor  bon  Jtaziauz,  ber  »ater  beg  berühmten 
Theologen,  an.  »gl.  Greg.  Naz.,  Or.  18,  n.  5  (ed.  Par.  I,  333),  toonach  fie  rb  nüp 
xa't  za  \i>xva.  berehrten.  »ach  Greg.  Nyss.,  C.  Eunom.  or.  2  ( Migne ,  Patr.  gr.  XLV, 
484)  liefen  fie  ©ott,  fhpurros  ober  TiavToxparuip  genannt,  nicht  als  »ater  gelten,  »gl. 
Boehmer,  De  Hypsistariis.  Berol.  1824.  UUtnann,  De  Hypsistariis.  Heidelb.  1823,  unb 
beffen  Semerfungen  in  ben  fpeibetb.  Jatjrb.  1824.  »öhmer,  ©inige  »emertnngen  311 
ben  3tnfid)ten  über  bie  tpfepfiftarier.  €>amb.  1826.  Sd)ürer,  Sie  Juben  im  bogpora= 
nifdjen  9teid)  unb  bie  ©enoffenfehaften  ber  <rs ßöpevoi  -cov  d-sbv  bafelbft  (aug  ben  Sifeungg* 
ber.  ber  preufe.  2lfab.  »erlin  1897).  Sie  Coelicolae  in  Slfrila,  gegen  bie  §onoriu8 
408  unb  409  ©efefee  erliefe  (Cod.  Theod.  1.  XVI,  tit.  5,  13;  8,  19),  foltert  bon  jübifchen 
»rofelpten  beg  Sljoreg  abftammen,  unb  ihre  Saufe  mar  moI)I  bie  jitbifche  »rofelpten» 
taufe,  »gl.  L.  12  Cod.  Iust.  I.  9.  Basilicor.  1.  I.  1,  42.  Schmidt,  Hist.  Coelicolarum. 
Heimst.  1704.  31u<h  merben  afritanifchc  3t  betonier  genannt  (cV:>-:in  bon  V’Vs  =s, 
Tcarijp  ifyurcoq,  ober  nach  August.,  De  liaeres.  c.  87  bon  3tbel,  nad)  Bochart,  Ueogr. 
S.  II,  16  00m  arabifdfen  theabbala,  Vosn;  ab  uxore  se  continere).  Sie  enthielten  fid) 


336  ©«8  ber  ßir<he  im  Römerreich  unb  ®ampf  gegen  fon  RrianiSmuä. 

marb  er[i  529  auf  Sefeljl  be§  $aifer§  Suftinian  gefdjloffen*  1.  Unter  biefem 
$aifer  tuurben  im  Reiche  rtodf)  Diele  Reiben  entbedt,  unb  ©f.iuren  be»  §eiben= 
tum§  fanben  fid^  fetbft  in  ^onftantinopel 2.  Oie  3CR ainotten  im  ißetoponne§ 
mürben  erft  im  9.  Safirfiunbert  jutn  ©hriftentum  belehrt 3 4.  5sn  Stefopotamien 
blieben  bie  |)arranier  Reiben,  unb  jmar  mit  ber  größten  gäljigfeit ;  at§ 
bet  $alife  fJRamun  830  biefelben  mit  betn  ©obe  bebrotfte,  menn  fie  nicht 
eine  ber  gebulbeten  Religionen  annehmen  moltten,  gaben  fie  fidj  für  ©abier 
au§  (babt)Ionifd)e  Sorfafiren  ber  Stenbaiten),  blieben  aber  ihrem  ©ternenbienfte 
unb  ihren  graufamen  Opfern  ergeben i.  Oie  ©trafgefetje  gegen  ben  RbfatI  jUtn 
^eibentum  fomie  gegen  fjeibnifdje  ©efiräudje,  Opfer  unb  Rugurien  mürben  nicht 
btop  in  bem  ©efetjbudje  be§  Xl^eobofiiiS  II. ,  fonbern  auch  in  bem  be§  $u= 
ftinian,  ber  ben  ©öjjenbienft  mit  ©obe§ftrafe  bebroljte,  ferner  nod)  in  fpäteren 
Red)t§fammtungen ,  fetbft  in  ben  SBafilifen  be§  10.  3ahrhunbert§ ,  beibel)alten 
unb  über  borfomtnenbe  gatte  tjeibnifcher  ©cbrauche  firchlidje  ©ntf Reibungen 
gegeben 5. 

9.  ähnlich  mar  e§  im  Rbenblanbe.  Ruf  ben  Unfein  ©arbinien 
unb  ^orfifa  blieben  biete  Reiben  übrig,  mäljrenb  manche  ©etaufte  rnieber 
in  ben  ©ötjenbienft  jurüdfielen ,  fo  baf$  ©regor  ber  ©rof$e  594  ben  Rb= 
gefallenen  ©arbinienS  (Barbarazini)  Stiffionäre  fanbte  unb  ben  lorfifdjen 
Sifcpof  5ßctru§  597  megen  feiner  erfotgreid)en  Setehrung  ber  Reiben  auf  feiner 
gnfet  belobte6.  Ruf  bem  Serge  ©affinum  in  Unter  Italien  marb  in  einem 
Rpottotempel  fo  tange  geopfert,  bi§  ber  hl-  Senebift  ihn  in  eine  Kapelle  be3 


beS  ©ebraudjl  ber  @pe  ( August .  1.  c.  Praedestinatus  c.  87.  Fabric.,  Cod.  pseudepigr. 
Vet.  Test.  p.  134  sq.  [ed.  vet.]).  3fn  Rpöniäien  gab  e§  deotreßeTg,  bieöeicpt  ©pröfflinge 
eines  älteren  ReligionSfpftemS ,  baS  ben  ©abäiSmuS  bem  RtonotheiSmuS  unterorbnete, 
menn  fie  nicht  aus  einem  fpäteren  ©ftefticiSmuS  perborgingett.  ©prittuS  bon  Riep.  (De 
adorat.  et  cultu,  bei  Migne,  Patr.  gr.  LXVIII,  282)  ermähnt  fie  als  jmifchen  $uben  unb 
•Reiben  ftehenb.  Rath  Epiph.,  Haeres.  L5XX,  1  sq.  gab  eS  f)eibuifcf)e  ©uppemiten, 
bie  ^mar  ©ötter  annahmen,  in  ihren  RroSeutpen  aber  blofe  ben  Rantofrator  bereprten 
unb  bDrt  gerä  nollrjg  Xu^at/'iag  xal  <pü>Tojv  jufammenfamen.  ©ie  orbneten  ihren  Rotp= 
theiSmuS  bem  RtonotpeiSmuS  unter;  mag  mir  tmn  ihnen  miffen,  pajjt  mit  Rusnapme  be§ 
$ubaifieren$  ganj  auf  bie  ^>t)pfiftarier. 

1  Rn  ber  ©cpule  gu  Rtpen  maren  berühmt:  Rlutarcp,  ©prianuS,  §ierofte§,  RrofluS, 
Rtarinus,  3tfibor,  RmetiuS,  DIpmpioboruS  u.  a.  Über  ba§  ©nbe  ber  neuptatonifcpen 
©Cpule  bgl.  Agathias.,  Histor.  II,  30.  Ioan.  Malalas,  Chronographia  II,  63.  82  (ed. 
Ven.  1733).  Theophan.,  Chronographia  p.  153.  Procop.  Caes.,  Hist,  arcana  c.  26 
(ed.  Yen.  p.  377). 

2  Ser  Rlonophpfit  Sfopann  tum  ©ppefuS,  ber  „§eibenborfteper",  marb  bon  Suftinian 
ermächtigt,  Reiben  ju  betepren  ( Assemani ,  Bibi.  Orient.  II,  85).  Unter  SiberiuS  (578 
bis  582)  marb  RnatoliuS  bon  Rntiocpien  megen  ©öpenopferS  in  ßonftantinopel  pin= 
gerichtet  [Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  V,  18). 

3  Über  bie  Rtainotten  ogl.  Const.  Porphyrog .,  De  adm.  imp.  c.  50,  p.  221. 

4  Über  bie  §arranier  bgl.  Procop.  Caes.,  De  bello  pers.  II,  13.  Rgl.  SöIIinger, 
£>eibentum  u.  ^ubentum  ©.  403  f. 

5  Cod.  Iustin.  I.  11,  7  sq.  Phot.,  Nomocan.  IX,  25  ( Pitra ,  Iuris  eccles.  Graecor. 
historia  et  monurn.  II  [Rom.  1864 — 1868],  552  sq.,  mofelbfi  auch  bie  ©teilen  ber  2ßa= 
filifen  bezeichnet  finb). 

6  Über  ©orfica  unb  ©arbinien  bgl.  Greg.  M.,  Ep.  1.  IY,  n.  23  sq. ;  1.  VIII,  n.  1 
(ed.  Maur.  II,  701.  803).  P.  Martini,  Storia  eccl.  di  Sardegna  I  (Cagliari  1839), 
134  sg. 


1.  Sie  ßirdje  unb  ber  römifche  Staat  im  4.  ^ahrpunbert.  337 

1)1.  2J?artinuS  ummanbette 1.  3tt  9iom  beftanben  nod)  im  6.  Sal)rhunbert 
neben  bem  Pantheon,  baS  610  als  c£)rtftlid)e  Kirche  eingemeil)t  marb,  ein 
Sanus=  unb  ein  ^ortunatempel 2.  Sie  (ülabiatorenfpiele  mürben  fjier  404, 
bie  Superfaüen  495  Don  ^ßapft  ©elafiuS  abgefd)afft;  ber  5ßapft  f)atte  nod) 
gegen  bie  Behauptung  beS  Senator»  5Inbromad)uS  unb  anberer  Sftömer  ju 
fämpfen,  biefe  5Xbfc^»affung  fü^re  Kranfl)eiten  unb  befonberS  bie  ißeft  herbei3. 
Schon  mar  baS  mefirömifd)e  Kaifertum  untergegangen  (476);  ein  buntes  ©e= 
mifd)  bon  Göttern  fanb  fid)  in  Italien,  aber  bie  Einmanberer  nahmen  bocp 
jurn  großen  Seil  bie  Sitten  ber  Eingeborenen  unb  bamit  baS  Eljriftentum 
allmählich  an.  9?ur  blieben  auch  lper  &ei  ben  Belehrten  noch  biete  Ijeibnifdje 
©ebräucpe  lange  3eit  t)errfd)enb  4. 

SaS  altflaffifd)e  ^eibentum  tonnte  feine  frühere  2Jlad)t  nie  mieber  er= 
langen;  eS  ging  unter  burd)  feine  innere  £)altlofigfeit,  feine  fittlicpe  Entartung 
unb  feinen  Aberglauben,  burd)  bie  Sf)ätigfeit  bieler  Bifdjöfe  unb  Kirchenlehrer 
(obfdhon  auch  ber  ärgerliche  SBanbel  bieler  Ehriften  bei  ben  Reiben  5lnftoß 
erregte),  burch  bie  3ei'prung  ber  Sempel  unb  baS  3luSfterben  ber  ©ößem 
priefter,  burch  bie  abfchredenben  ©efeße,  benen  biete  äußere  Borteile,  metche 
bie  Ehriften  befaßen,  nod)  mehr  9tacf)brud  gaben.  Stuf  feiten  ber  Et)rifien  ge= 
fchah  manche  ©emaltthat,  mie  bie  Ermorbung  ber  atejanbrinifchen  $p^itofo4)^in 
£)ppatia  415 5.  Ohne  fold)eS  Einfehreiten  eines  ungezügelten  Eifers  märe  ber 
Sieg  über  baS  fpeibentum  bietfach  erfreulicher  gemefen;  eS  hatten  auch  bie  cr= 
teuchtetften  öeffrer  (mie  ©regor  bon  9tajianj,  El)rpfoftomuS  unb  BuguftinuS) 
bie  ©täubigen  babon  abgemahnt,  unb  fdfönere  Blüten  tonnte  bie  Kird)e  überatt 
ba  entfalten,  mo  bie  3hr*9en  ben  Sieg  nicht  burch  ©raufamfeit  unb  Ber= 
gemattigung  ber  SSefiegten  entehrten 6.  Niemals  febod) ,  mie  El)rßfoftomuS  be= 
merfte 7,  erlief  ein  chriftticher  Kaifer  gegen  bie  Reiben  fo  tprannifeße  unb  gram 
fante  Setrete,  mie  fie  bie  Verehrer  ber  Sämonen  gegen  bie  Ehriften  erlaffen 
hatten;  niemals  marb  ben  Reiben  ©leicheS  mit  ©leichem  bergolten.  Ser  Sturz 
beS  §eibentumS  mußte  naturgemäß  erfolgen,  fobalb  nur  baS  Ehriftentum  frei 
atmen  unb  fid)  frei  bemegen  tonnte,  unb  ber  göttlichen  Blacpt  beS  letzteren 
tonnten  bie  menfd)lid)en  Bemühungen  einzelner,  bie  auch  seitliche  unb  phpfifeße 
©emalt  jur  Bnmenbung  brad)ten,  im  großen  unb  ganzen  feinen  Eintrag 
tl)un.  Es  bleibt  ungeadjtet  ber  fpäteren  ©emaltäußerungen  ber  Kaifer  bennoch 
maßr,  baß  bie  Kirdje  ißren  Sieg  nur  burch  bie  ißr  inneroohnenbe  göttliche 
Kraft  errungen  hat. 


1  Greg.  M.,  Dial.  1.  II ;  Ep.  1.  VIII,  n.  18  ad  Sync. 

2  Procop.,  De  bello  goth.  I,  25.  28.  Paul.  Diac.,  Hist.  Longob.  IV,  37.  Salvian., 
De  gubem.  Dei  VI,  2—4.  ©rijar,  ©efdjicbtc  3tomg  u.  ber  Zapfte  I  (greiburg  i.  58. 
1901),  1—26. 

3  Gelas. ,  Tract.  VI,  adv.  Andromach.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  I,  598—607. 

4  Salvian.,  De  gubern.  Dei  II,  8.  Maximus  Taurin.,  Sermones  ( Migne ,  Patr. 
lat.  LVII,  184  sqq.),  an  zahlreichen  ©tetten. 

5  Socr.,  Hist.  eccl.  VII,  14  sq. 

6  Über  eble  ©efinnungen  gegen  bie  befiegten  Reiben  f.  Greg.  Naz.,  Or.  5,  n.  33  sq. 
36,  ed.  Par.  I,  169  sq.  Chrysost.,  In  S.  Babylam  (Migne,  Patr.  gr.  L,  337).  August., 
Serm.  24.  62. 

7  In  S.  Babylam  et  contra  Iulianum  et  gentiles  n.  3. 

§ergcnrötöev,  Äirdjengefcf)ici)te.  I.  4.  Stuft. 


22 


338  ©ieg  ber  ßtrcfje  im  Römerreidj  unb  ßambf  gegen  ben  21riani§mu§. 


2.  2)tc  heibntfche  Volenti!  unb  bie  djriftlic^e  Sf^ologetif. 

ßitteratur.  —  Kellner,  §ettetngntu§  unb  ©Ijriftentum.  ßöln  1866.  SB e r n e r, 
©efct)iä)te  bet  alpologet.  unb  boiem.  ßitteratur.  ©d^aff^aufen  1861 — 1867.  ©eits,  Sie 
Sinologie  beg  ©firtftentum?  bei  ben  ©riedjen  be§  4.  unb  5.  Sfafjrljunberts.  SBiirjburg 
1895.  gaulhaber,  Sie  griedjifäjen  Rbologeten  ber  llalfijctien  Räteräeit.  I.  ©ujebiug 
bon  ©ftfarea.  SBürjburg  1896. 

1.  ©et  $ambf  jmifchen  ben  beiben  Religionen  mar  im  4.  3af)thun= 
bert  ein  ^ampf  auf  Sob  unb  Seben.  ©arum  fudite  auch  baS  untergelfenbe 
§eibentitm  nod)  alle  möglichen  ©treitfräfte  in  baS  gelb  ju  [teilen;  je|t  toar 
eS  ber  angegriffene  ©eil;  aber  eS  mar  ju  ftolg ,  im  Remufftfein  feiner  alten 
(Stöf$e,  fid)  bor  ben  berlfafiten  (griffen  gu  berteibigen;  barttm  fud)te  eS  noch 
fo  lange  als  möglich  bie  Offenfibe  ju  behaupten.  Rm  auSgebefjnteften  fud)te 
Julian  bie  alte  (Sötterreligion  ju  ber£)errti(d)en  unb  baS  ©^riftentum  als  eine 
erbärmliche ,  aus  fübifdien  unb  heibnifchen  Reftanbteilen  jufammengefe|te  ©r= 
finbung,  bie  ungleich  eine  gegen  baS  Reich  gerichtete  Rerfchmörung  fei,  bargu= 
[teilen,  ©t  erhob  fid)  namentlich  guerft  gegen  baS  Rite  Seftament  als  (Stunb; 
läge  beS  Reuen:  baSfelbe  trage  9Rt}tl)en  bor  über  bie  bon  ^laton  meit  richtiger 
entmidelte  Sehre  bon  ber  2öeltentftef)ung  unb  bon  bem  ttrfprung  beS  Rtem 
fd)en ,  eS  habe  bon  (Sott  bie  unmürbigften  Rorfteüungen,  Rnthropomorphi§men, 
lege  it)m  Unmiffenheit,  ißarteilidifeit,  Ohnmacht,  Ungereä)tigfeit  bei,  !önne  teine 
fo  erleuchtete  (Sefeijgebung  aufjeigen,  mie  fie  bie  ©riechen  befeffen,  unb  mit  ben 
Seiftungen  ber  gtiechifchen  ©iepter  unb  ^h^bfbfhen  nicht  entfernt  berglichen 
toerben.  ©obann  griff  er  baS  Reue  Seftament  noch  hefüger  an:  3efuS  h°fte 
burchauS  nichts  (SropeS  borgebracht,  nichts  RufferorbentlicheS  geleiftet,  er  fei  erft 
bom  ©bangeliften  Johannes  bergöttert  morbert;  bem,  maS  biefer  tote  3efuS 
gethan,  ha&e  baS  Rltertum  ganj  anbere  ©tfdieinungen  unb  Rßirfungen  ent= 
gegenjufteüen :  bie  glanjbolle  hellenifche  Sitteratur,  bie  Söeltljerrfchaft  Roms,  bie 
©ntfaltung  eines  erhabenen  Kultus ;  baju  fei  feine  Sehre  unpraftifd),  ftaatS= 
gefährlich ,  antifocial;  mürben  alle  9Renfd)en  ihr  folgen,  fo  mürbe  es  teine 
Käufer  unb  Rerfäufet  mehr  geben,  feine  ©tabt,  fein  Rolf,  feine  Rational 
öfonomie  (mit  Regung  auf  9Rattl).  19,  21);  baS  Seben  ber  ©hriften  fei 
bon  Rnfang  an  fittenloS  unb  thöricht  gemefen,  bie  neueren  feien  Rerfolger  ber 
gläubigen  Reiben  unb  ber  |)äretifer  gemorben,  maS  ihnen  ©hriftuS  unb  ^auIuS 
nicht  befohlen,  bie  freilid)  nicht  ermatteten,  baff  ihre  Rnhänger  je  gut  9Rad)t 
gelangen  fönnten;  fd)on  aus  Paulus  fönne  man  erfehen,  mie  fehlest  bie  erften 
©hriften  gemefen;  bie  altteftamentlichen  SßeiSfagungen  (5  DRof.  18,  18.  1  9Rof. 
49 ,  10)  feien  gemaltfarn  auf  3efuS  gebeutet  morben ;  bie  Genealogien  bei 
RtatthäuS  unb  SufaS  feien  miberfptecbenb,  ja  alle  heiligen  Rüther  ber  ©hriften 
angefüllt  mit  Sßiberfprüchen ;  niemanb  fei  burch  fie  beffer  unb  tüchtiger  ge= 
morben;  alles  fei  bei  ben  ©hriften  boll  ©horhe^:  ihre  Rerehrung  ber  9Rär= 
tt)rer  unb  ber  Gräber  fotoie  beS  ^reu^eS,  il)te  Rerufung  auf  baS  mofaifche 
(Sefe|,  baS  fie  nicht  beobachten,  ihr  eitler  Röafm,  burch  bie  Saufe  bon  ben 
©ünben  freiäumerben ,  il;r  blinber  Glaube  an  bie  ihnen  gemachten  Ror= 
fpiegelungen.  Rebft  feinem  größeren  Söcrfe  gegen  bie  ©hriften  berfafite  Sulian 
noch  eine  ©d)mähfd)tift  (Caesares)  gegen  ^onftantin  I.  unb  ^onftantiuS,  bie 
beren  religiöfen  ©ifer  mie  ihr  ifkibatleben ,  bann  bie  Saufe  unb  Rujie  ber 


2.  2)te  peibnifdje  ißolemil  unb  bie  djriftlidje  Slpologetif.  339 

©priften  täfterte,  fomie  eine  anbere  gegen  bie  Slntioipener  (Misopogon),  bie 
ftd)  eifrige  Triften  ermiefen  unb  ben  faifertitpen  Pjitofoppen  berpöpnt 
Ratten  1. 

3lm  meifien  festen  bie  neuplatonifcpen  $pitofoppen  ben  ^arnpf 
fort.  fRad)  SamblicpuS,  ber  bor  allem  bie  ©peurgie  pflegte  —  bie  $unfi, 
burd)  magiftpe  bittet  mit  ben  ©ötterit  fid)  in  Serfepr  ju  fe|en  unb  bon  ipnen 
pöpere  Kräfte  unb  ßenntniffe  ju  erlangen  — ,  bemühten  fid)  biete  anbere, 
bie  £)eibenroett  ju  ibeatifieren  unb ,  mic  jener  ben  ^ptpagora» ,  anbere  iprer 
©röpen  at§  göttlicp  beglaubigte  unb  gotterfiittte  pöpere  Naturen  barjuftetten. 
©aS  Sud)  „Über  bie  Sttpfterien  ber  ^tgppter",  ba§  einige  bem  SamblitpuS 
fetbft  jufcprieben,  bertritt  benfetben  Stanbpunft  tbie  biefer2.  ©ent  älteren 
«Spötter  Sucian  eiferte  ber  Serfaffer  be§  ©iatogS  „^pitopatriS"  nad), 
ber  bie  djrifttiipe  ©rinitätStepre,  bie  ©aufe,  ben  Spoftet  ißautuS,  ba§  ÜJtöncptum 
unb  ba§  ßeben  ber  ©priften  berfpottete 3.  ©ie  ^euptatonifer  bertraten  ben 
©tauben  ber  gebilbeten  tpeiben  if;rer  Qeit;  fie  patten  ben  alten  groben  5potp- 
tpeiSmuS  aufgegeben,  bie  ©inpeit  beS  pöcpften  SBefenS  mit  ben  bieten  ©öttern, 
©enien,  Heroen  atS  Stittetmefen  ju  bereinigen,  ba§  Stnftöpige  ber  Stptpen 
burd)  bie  Söegorie  ju  beseitigen  unb  bie  Sittentepre,  jum  ©eit  mit  Sermerfung 
be§  Fatalismus,  in  djrifttiipem  Sinne  umjugeftatten  gefucpt.  ©§  macpte  fiep 
unter  ipnen  eine  hoppelte  Strömung  bemerfbar :  bie  einen  mären  abfotut  bem 
©priften  tum  feinbfetig,  tnie  SßroftuS,  ber  bie  SBettfcpöpfung  au§  nitptS  ent= 
fepieben  beftritt4,  mie  bie  iRebner  SibaniuS  unb  firner i u § 5,  bie  ©efd)id)t= 
fdjreiber  ©unaptuS  unb  3  of  intuS6,  bie  teitS  bie  ©priften  iprer  Qeit  unb 
bereit  ipärte  gegen  bie  Reiben,  teils  bie  eprifititpe  Sepre  fetbft  betämpften,  mie 
bie  meiften  ^pitofoppen  Don  Sttejanbricn,  ©ttpen  unb  ^teinafien.  ©ie  aubern 
bagegen  fuepten  nad)  einer  SuSgleidjuttg ,  nad)  einer  äuperen  2Inbequemung, 
moburdp  fie  bie  Unterfcpiebe  jmifipen  neuptatonifepen  unb  tprtftlidjen  Sepren  mög= 
Itcpft  bermifepen,  gmifdpen  beiben  eine  „reepte  ÜJtitte"  attbaptten  mottten ;  biefe 
marett  eigenttiepe  Spnfretiften ;  ju  ipnen  taffen  fiep  ber  Dtebner  ©pemiftiuS 


1  Übet  Julian  f.  oben  6.  331. 

2  Iamblichus,  Vita  Pytliagor. ,  ed.  Kiefsling.  2  voll.  Lips.  1815 — 1816;  Opus 
de  mysteriis  Aegyptiorum,  ed.  Gale,  Oxon.  1768. 

3  Gefsner,  De  aetate  et  auctore  dial.  Luciani  qui  Philopatris  inscribitur.  Gott. 
1748.  9tad)  9tiebupr  (Corp.  bist.  Byz.  Script.  XI  [ed.  Bonnae],  ix)  unb  G.  35.  -j?afe 
(In  Leon.  diac.  hist.  Migne,  Patr.  gr.  t.  CXVII)  foßfe  ber  ®ialog  erft  um  969  oer= 
fafjt  fein,  toaS  Kellner  toiberlegte. 

4  ®a3  ßeben  beä  *Pro!IuS  befprieb  Sltarinuä.  ©eine  18  Gpiperemen  gegen  bie 
Gpriften  toiberlegte  3op.  ißpitoponuä  (De  aeternit.  mundi  11.  XVIII,  cd.  gr.  Venet. 
1535,  lat.  vert.  J.  Mahatius ;  ed.  Lugd.  1557).  Simplieii  uxoßvrjgara,  ed.  Aid.,  Venet. 
1526.  —  Hierocl.  iun.,  De  provid.  et  de  fato  {Phot.,  Biblioth.  cod.  214.  251),  2  voll., 
ed.  Lond.  1673;  De  aureis  Pythagorae  versibus.  Berol.  1853.  Chaignet,  Proclus  le 
philosophe  t.  I.  Paris  1900. 

5  Libanii  Orat.,  ed.  Reiske.  4  voll.  Altenb.  1791  —  1797.  ©ieüerS,  ®aä  ßeben 
be$  ßibnniuA  ätertin  1868.  Himerii  Soph.  Orat.  bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  165.  243. 

6  Eunap.,  Vitae  philosoph.  et  sophist.,  ed.  Boissonade.  Amstelod.  1822;  Chron. 
hist.,  ed.  Dindorf  (Hist,  graec.  min.),  Bonnae  1870;  ed.  Corp.  hist.  Byz.  Script., 
Bonnae  1829.  Zosimus,  Historia,  ed.  Corp.  tust.  Byz.  Script.  Bonnae  1837 ;  ed.  Mendels¬ 
sohn,  Lips.  1887. 


22 


340  ©«8  ber  ßirtpe  im  IRömerreicp  unb  ßampf  gegen  ben  2Iriani§mu3. 


(um  390)  \  ber  ^pilofopp  ©palcibiuS1 2  unb  ber  tpiftorifer  2lmmianuS 
9R  ar  cetli  nuS 3,  bann  auch  ber  unter  Suftinian  tätige  ^ßrofopiuS  bon 
©äfarea4  redmen.  ßepterer  (geft.  nad)  558),  ber  ben  $aifer  Suftinian  im 
©runbe  papte  unb  »erachtete,  aber  äuperlicp  ipm  fd)meid£)elte,  fpracp  als  ©fep= 
tifer  miberfprecpenbe  fHnficpten  aus  unb  putbigte  einem  cprifttid)  gefärbten 
OpeiSmuS,  bem  auper  ber  Mrnadjt  unb  9IItmeiSpeit  ©otteS  alle  anbern  S3e= 
ftimmungen  über  ©otteS  Statur  unb  ©igenfdjaften  atS  nicht  fidler  feftjuftellen 
erfchienen.  ©ine  fpnfretiftifdje  fRicptung  täpt  fid)  auch  bei  manchen  (priftlicpen 
Autoren,  jumal  beS  Orients,  im  5.  unb  6.  Saprpunbert  erfennen,  bie  inbeffen 
feineSmegS  bon  bem  ©tauben  ber  Birdie  fid)  ju  entfernen  heabficptigten 5. 

Oie  borjügftcpften  23emei§grünbe  ber  £>eibntfcl)en  ©eiehrten 
tnaren  fotgenbe:  Oie  ffRannigfaltigfeit  berfRetigionSformen  ift  bon 
©ott  gewollt,  511m  ©ebeihen  ber  mähren  Religion  fetbft  notmenbig;  jur  2öapr= 
heit  führen  berftpiebene  Söege,  unb  ba  man  überbieS  über  baS  ©ötttiepe  nie 
ganj  !tar  merben  fann,  fo  ift  eS  am  beften ,  bei  ber  ererbten  fRetigion  ju  be= 
harren ;  bem  ^ßpilof  oppen  d&er  giemt  eS,  über  alle  biefe  formen  erhaben  ju  fein 
(©pmmacpuS,  ^roftuS).  OaS  ©hrbiftentum  ift  unbulbfam  gegen  anbere 
^Religionen  mie  gegen  bie  Söiffenfipaft ;  feine  Anhänger  müten  gegen  bie  fRicpt: 
diriften  unb  ihre  Stempel,  maS  fogar  gegen  ben  ©eift  ihres  üReifterS  unb  feiner 
SIpoftel  berftöpt,  bie  gmang  in  ©adien  beS  ©taubenS  berboten  (SihaniuS). 
3a  fie  übertreten  ihre  eigenen  IRetigionSgefepe  unb  führen  oft  ein  unfittticpeS 
Seben ;  ihr  eigener  Söanbet  legt  geugniS  ab  gegen  fie.  ©ie  tragen  bie  ©cpulb 
am  Qerf all  beS  römifdjen  fReicpeS;  biefem  paben  bie  ©ötter  ihren 
©d)up  entzogen,  feit  ©priftuS  angebetet  mirb;  immer  höher  ift  fettbem  baS 
©tenb  geftiegen;  fo  pat  fid)  bie  Sehre  ©prifti  al§  berberblich)  für  baS  fReicp 
ermiefen  (©unapiuS  unb  ßofimuS).  ©S  fann  aber  auch  ein  in  ®ned)tSgeftatt 
unb  erft  nad)  Saprtaufenben  feit  ber  Segriinbung  ber  älteften  Staaten  erf<pie= 
nener,  nur  in  einem  Söinfel  ber  ©rbe  perföntid)  thätiger  unb  noch  baju  ge= 
freujigter  ©ott  mie  ©hriftuS  unmöglich  ber  mapre  ©ott  fein.  Sßiel  mür= 
biger  unb  gejietnenber  ift  bie  ben  ©öttern  unb  §eroen  ermiefene  fßereprung 
als  bie  unfinnige  93ereprung  ber  URärtprer  unb  bie  ©prfurept  bor  ipren  9te= 
liquien.  ©ine  göttlitpe  Offenbarung  ift  au  dp  in  ber  alten  IßolfSreligion 
gegeben,  bie  ihre  Orafet,  ihre  bon  ber  ©ottpeit  infpirierten  ©diriften,  ipre 
gottbegeifterten  ©eper,  SBeifen  unb  ^Reformatoren  pat  unb  beren  ©ittentepre 
alles  baS  umfapt,  mas  im  ©priftentum  2BapreS  fiep  borfinbet  (^ierofteS,  ©im= 


1  Themist.,  Orat.,  ed.  Hard.  Par.  1684  sq. 

2  Chalcid. ,  Comm.  in  Platonis  Timaeum,  bei  Fabricius ,  Opp.  S.  Hippol.  t.  II. 
lögt.  Bibi.  lat.  I,  566. 

3  Ammian.  Mar  cell. ,  Rer.  gest.  libri  qui  supersunt,  ex  rec.  Valesio-Gronov. 
Lips.  1773  (11.  14 — 31);  ed.  Eyssenhardt,  Berol.  1871;  ed.  Gardthausen,  Lips.  1874  sq. 
(®ie  13  erften  23ücper,  Bon  ßaifer  ÜRerba  bi§  jum  3fapre  358,  finb  bertoren.)  6r  fpridjt 
mit  Stiftung,  bistoeilen  mit  SBetounberung  bon  ben  ©priften  unb  cpriftlidpen  ©inrieptnngen, 
bexteibigt  aber  Stugurien  unb  91ufpicien  unb  bie  ©ötter,  bie  er  jebocp  gu  pöperen  3been 
umpgeftalten  fudjt. 

4  ®apn,  «ProlopiuS  bon  ©äfarea  (SSerl.  1865),  bef.  <5.  269  ff.  275  ff. 

5  Sn  ßteinafien  patten  ju  Suüanä  $eit  bie  ipiatoniter  eine  ©tpule  p  ißergamum; 
pier  dürften  ber  alte  3lbefiuä,  ©prpfantpiu§,  ©ufebiuä,  9Jlajimu§. 


2.  Sie  fjeibnifcbe  *PoIemif  unb  bie  djrifilidje  Apologetit. 


341 


pticiu§,  ©unapiul).  —  SDie  bem  ©priftentum  feinbfeligen  ©Triften  fottten 
nad)  einem  ©efepe  bon  Vatentinian  III.  unb  ©peobofiu§  II.  au§  bem  Sapre 
449  berbrannt  rnerben;  gteicpmopt  paben  fiep  nod)  mand)e  berfetben  erhalten1. 

2.  liefen  Verfucpen  gut  Verteibigung  unb  Aeubetebung  be§  £)eibentum§ 
gegenüber  entfalteten  bie  cprifttidjen  ©d)riftfteller  eine  ernfige  ©pätigfeit.  ©ie 
maren  beftrebt,  mie  e§  bie  früheren  Apologeten  getpan  Ratten,  bie  Angriffe  ber 
peibnifcpen  ©egner  be§  ©priftentumä  juriidjumeifen  unb  gugleid)  bie  Unhaltbar: 
feit  be§  £)eibentum§  fetbft  barjulegen.  ©o  mürben  ipre  ©dpriften  pgleicp  ein 
Mittel,  bem  djriftlidjen  ©tauben  in  ben  Greifen  ber  ©ebitbeten  ©ingang  ju 
berfcpaffen.  ©er  $ircpengefcpid)tfd)reiber  ©ufebiu§  bon  ©äfarea  mibertegte 
nicpt  nur  bie  ©djriften  be§  tpierofte§  unb  ^3orpppriu§,  fonbern  berfafjte  aucp 
jmei  größere,  unter  fid)  äufammenpiingenbe  SBerte,  mobon  ba§  eine  (Prae- 
paratio  evangelica)  bie  Vielgötterei  unb  bie  peibnifcpen  Aetigionäfpfteme  in 
iprer  Aüptigfeit  barftetlte  unb  bagegen  bie  ©cpönpeit  unb  ©rpabenpeü  be§ 
©priftentum§  ermie§,  ba§  anbere  (Demonstratio  evangelica)  teptere§  au§  bem 
Alten  ©eftamente,  befonber§  au§  ben  ^roppeten,  näper  begrünbete  unb  babei 
feine  Vorzüge  bor  bem  Subentum  entraidette2.  Aud)  ber  grofje  AtpanafiuS 
bon  Atejanbrien  berfafite,  roopt  fcpon  in  feinen  jüngeren  Satiren,  eine  Ver= 
teibigungSfcprift  gegen  bie  Reiben  unb  lieferte  bann  eine  geiftbotte  Abpanbtung 
bon  ber  Vlenfdjmerbung  be§  2ogo§3.  ferner  fdjrieben  bie  beiben  Apotti= 
nari§  bon  Saobicea  gegen  bie  Reiben,  befonber§  gegen  ^orpppriu§ 4.  ©regor 
bon  5^ a 5 i a n §  befämpfte  in  fraftbotten  Sieben  ben  $aifer  Sutian,  beffen 
£>auptraerf  nadjper  burd)  ©  p  r  i  1 1  bon  A I  e  j  a  n  b  r  i  e  n  (f  444)  eine  au§füpr= 
licpe  ©ntgegnung  fanb 5.  ©er  geteprte  Vifdjof  ©peoboret  bon  $pro§  am 
©upprat  (geb.  393,  f  458)  berfapte  um  430  jmötf  Viicper  jur  Verteibigung 
be§  ©priftentumS,  bie  er  „Leitung  ber  geiftigen  ßranfpeiten  ber  Reiben"  iiber= 
fdprieb,  fotoie  ein  anberel  apotogetifdpe§  V3erf  über  bie  Vorfepuug,  ba§  jepn 
Sieben  umfaßte6,  ©egen  ben  bamat§  erhobenen  Vormurf,  bie  cpriftlidje  9ie= 
ligion  fei  burd)  bie  SJiacpt  ber  $aifer  emporgepoben  morben,  erinnerte  er  an 
bie  Verfolgungen  ber  peibnifdjen  ^aifer,  bie  ba§  2Bad)»tutn  be§  bon  ipnen 
geächteten  ©Iauben§  nidpt  berpinbert,  fonbern  geförbert  patten,  foroie  an  bie 
gerabe  bamal§  tjeftigen  ©prifienberfolgungen  im  perfifcpen  Sieidje.  Verfdpiebene 


1  Cod.  Iustinian.  I.  1,  3. 

2  Euseb.,  C.  Porphyr.  (Perl.) ;  Adv.  Hieroclem,  ed.  Par.  1628  sq. ;  Praepar. 
evang.  (15  Sucher),  ed.  Oxon.  1843,  bei  Migne,  Patr.  gr.  t.  XXI;  Demonstr.  evang. 
(20  33üdf)er,  toooon  nur  nod)  10,  unb  3toar  nicht  ßoüfiänbig,  nebft  einem  Öragtn.  bon 
58.  15  erhalten  jtttb),  ed.  Gaisford,  Oxon.  1852;  ed.  Dindorf,  Lips.  1867;  bei  Migne, 
Patr.  gr.  t.  XXII.  S3gl.  Haeneil,  De  Eusebio  Caesariensi  religionis  christianae  de- 
fensore.  Commentatio  ad  apologet.  christ.  historiam  spectans.  Gotting.  1844.  %  a  u  1= 
baber  f.  oben  <&.  338. 

3  Athanas. ,  Aöyo$  xard.  'EXX^uiv,  unb  De  incarnat.  Yerbi,  Opp.  ed  Par.  1698, 
t.  I;  bei  Migne,  Patr.  gr.  XXY,  1  sq. 

4  Über  bie  2IpoHinari§  bgl.  Hieron.,  De  vir.  ilL  c.  104. 

6  Greg.  Naz.,  Or.  c.  4.  5  (al.  c.  3.  4).  Cyrill.,  C.  Iulian.  {Migne,  Patr.  gr. 
LXXVI,  489  sqq.). 

6  Theodoret.,  ’EXXrjvixwv  SspaTzsuTixrj  —a&rjßdzutv,  ed.  Gaisford,  Oxon.  1839;  bei 
Migne,  Patr.  gr.  LXXXIII,  783  sq.  (baf.  p.  555  sq.  nspi  npo^oiag). 


342 


(Sieg  ber  &ir(pe  im  fRömerreicp  uttb  $ampf  gegen  ben  21riani§mu3. 


cingelrte  SSortnürfe  ber  ©eiben  ttnttben  in  befonberen  Sbpanbtungen  befprocf)en ;  in 
einem  ©efpracpe  jmifcpeu  einem  peibnifcpen  ißpilofoppen  3Ipottoniu§  unb  einem 
©priften  3ad)äu§  toarb  ber  ©inmanb  mibertegt,  bap  ber  Sitberbienft  ber  ©eiben 
bon  ben  Triften  um  fo  tneniger  angefocpten  merben  !önne,  al§  biele  bon  ipnen 
ben  Sitbniffen  ber  $aifer  in  äpnlicper  233ei[e  ifjre  ($©rfurtf)t  bezeigten 

3m  Sbenbtanbe  befämpfte  5lmbroftu§  bon  Siaitanb  ba§  ©eibentum 
namentlich  in  feinen  Briefen;  er  fpracp  fiep  gegen  bie  fatfcpe  Snnapme  au§, 
ber  Stenfd)  ©abe  bon  fiep  felbft  au»  bie  2öa©rfieit  ju  finben,  inbem  er  lehrte: 
toie  ber  Stenfcp  fiep  nicht  felbft  ba§  Safein  gebe,  foubern  e§  bon  ©ott  erhalte, 
fo  gebe  er  au<p  nid)t  fid)  felbft  bie  Skprpeit,  fonbern  müffe  fie  bon  ©ott  em= 
pfangen.  Ser  d)riftlid)e  Siebter  SßrubentiuS  fielt te  in  feinen  jmei  23üdh)ern 
gegen  ©pmmacpuS  in  ©e^ametem  ben  fcpünbticpen  llrfprung  unb  bie  ©efepidfte 
be»  ©ö|enbienfte§  bar  —  eine  3trt  bon  bibaftifcp  er<)äptenbem  ©po».  3It§ 
gegen  ©nbe  be§  4,  3öptpunbert§  bie  ©eiben  ben  ©runb  alter  Ungtücföfätte 
unb  Seiben  be§  römifepen  «Reiche»  allgemein  in  ber  Sernacpläffigung  unb  Se= 
fämpfung  ber  ^eibnifeijen  ©ötter  finben  mottten,  fchrieb  ber  fpanifepe  ^ßriefter 
Orofiu§  auf  Serantaffung  be»  großen  S3ifd)of§  3luguftinu§  feine  S3ettgefcpid)te 
in  fieben  Sücpern  mit  borperrfdjenb  apotogetifeper  Senbenj.  Suguftin  felbft 
berfapte  fein  großartigem  Stert  „Son  ber  ©tabt  ©otte§"  (begonnen  413,  bott= 
enbet  427).  Sarin  geigt  er  bie  ©runbtofigfeit  ber  ßeibnifdten  Etagen  unb  bie 
toapren  Urfacpen  be§  Serfatte§  be§  alten  fRcicpe»,  fobann  bie  ©atttofigfeit  unb 
Cpnmacpt  ber  peibnifdpen  tRetigion  unb  fßpilofoppie;  nad)  biefem  apotogetifcp= 
potemifepen  Seite  (Sud)  1 — 10)  folgt  ber  bogmatifdPppitofoppifdje  (Such  11—22), 
tborin  er  ba§  fReicp  ©otte§  unb  ba§  fReid)  ber  2Bett  an  fid),  bann  in  iprem 
Snmacpfen  unb  Fortgang  (Sud)  15 — 18),  eubtiep  in  iprem  3lu§gang  unb  ipren 
testen  ©cpidfalen  (Sutp  19 — 22)  betrachtet.  Stit  groper  ©eteprfamteit  berbinbet 
Sugufiin  einen  ftreng  metpobifepen  ©ang  unb  eine  gelungene  fRacpapmung  ber 
3ttten ;  er  geigt  eine  gerechte  S3ürbigung  be§  natürlich  ©Uten  aud)  bei  ben  ©eiben, 
in»befonbere  ber  attrömifdjen  Siirgertugenb ,  metepe  ©ott  mit  irbifepen  ©ütern 
belohnte,  unb  eine  tiefe  ©infiept  in  ba§  Siefen  ber  IRetigion  mie  in  ben  ©eift 
ber  ©efd)id)te.  Ser  ^ßriefter  ©  at  bianu§  bon  Siarfeitte  (f  484)  rechtfertigte 
in  ben  fieben  Sücpern  „Son  ber  ^Regierung  ©otte»"  bie  Sorfepung  unb  bie 
Sepre  ber  ©priften,  inbem  er  augfüprte,  mie  ba§  ©tenb  be§  römifdjen  tReid»e§ 
betn  ©ittenberfatte  ber  fpäteren  IRömer  unb  bie  bieten  Srangfate,  bie  aud)  über 
bie  ©priften  in  ber  Sötiermanberung  pereinbrad)en,  ber  ©ntartung  berfelben 
gugufepreiben  feien1 2. 

Sie  meiften  biefer  ©epriften  geigen  befonnene  Stäpigung  unb  entmidetn 
bortrefftid)  bie  ©atttofigteit  ber  ©inmenbungen  ber  ©eiben.  Stenn  teptere  ba§ 


1  Consultatio  Zacliaei  christ.  bei  d’Achery,  Spicilegium  I,  1 — 41. 

2  Ambros.,  Ep.  17.  18.  Prudent.,  Libri  duo  c.  Symmachum,  ed.  Arevalo,  Romae 
1788  sq. ;  ed.  Obbarius,  Tubing.  1845.  Oros.,  Hist.  adv.  paganos  11.  7  ( Migne ,  Patr. 
lat.  t.  XXXI) ;  ed.  Zangemeister,  Yindob.  1882.  August.,  De  civ.  Dei,  ed.  Par.  1656 ; 
ed.  Colon.  1852.  2  voll.  8°.  Salvian.,  De  gubernatione  Dei,  Opp.  ed.  Baluze,  Par. 
1684,  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  LIII ;  ed.  Pauly,  Yindob.  1883.  Sorbe npetoer, 
iPotrotogie  (2.  21ufl.)  S.  385  (SlmbrofiuS) ,  «391  ORrubentiuS) ,  449  (Orofiuä) ,  422  u. 
443  f.  (2lugufiinu§),  533  ff.  (SalbiamtS) ;  bort  bie  ©pejiallitteratur. 


3.  Sie  ßctge  ber  ßirdje  in  ben  ßünbern  öftlic^  unb  [üblid)  bom  tRömerreid).  343 

undjrifttiche  Seben  bieler  fRamenchriften  jutn  Vormanb  nahmen,  fo  überfa^en 
fie  gänztid)  ben  tabettofen  Söanbel  fo  Dieter  ^eiligen  ^perforiert ,  befonberS  ber 
SRöndje  unb  ©infiebter ;  toenn  fie  an  ben  Don  einzelnen  Oeriibten  ©emattthaten 
Slnftop  nahmen,  fo  überfat)en  fie  bie  Oielen  Don  ©tjriften  geübten  SBerfe  ber 
Siebe  unb  ber  Vtitbe,  bie  gaf;Ireid)en ,  btoff  burd)  bie  Vtad)t  ber  Überzeugung 
bcroirftett  tpeibenbefet)rungen,  roie  3.  53.  bie  beS  1)1.  ÜJiartin  Don  SourS 1.  ®ie 
fjärefien  unb  inneren  (Streitigfeiten  ber  Triften,  bie  fd)on  in  ben  elften  3at)r= 
bunbertcn  fid)  fanben,  tonnten  ebenfotocnig  bie  Vbmeifuttg  beS  djriftlidfen  ©tarn 
benS  rechtfertigen  atS  bie  fitttidfen  Verirrungen  Dieter  ©f)riftert ,  unb  niemals 
fehlte  e§  bei  gutem  ^Bitten  an  ber  ÜÜJiöglidjfcit,  über  bie  mähre  unb  bie  falfdfe 
Sehre  fid)  ju  Dergemiffern.  ®arin  zeigt  fid)  aber  bor  altem  bie  9Jläf?igung  unb 
Vefonnentfeit  ber  fatt)otifd)en  Kirche,  bafz  fie  überall  baS  natürlich  ©ute,  baS 
allgemein  9JlenfdjIi<he  Dottfommen  in  feiner  23ered)tigung  anerfannt  unb  auch 
ben  Vorwurf  einzelner  engherziger  ©iferer  nicht  gefdfeut  hat,  fie  habe  baS 
2Befen  beS  ©hriftentumS  burch  Aufnahme  heü>nifd)er  ©temente  entftettt.  ®ic 
natürliche  2Birflid)feit  ber  ©djöpfung  in  alten  ihren  ©efe|en  unb  Orbnungen 
blieb  aud)  im  ©ffriftentum  beftehen,  toarb  nur  geläutert  unb  Derebelt;  bie 
©nabe  hob  bie  Statur  nicht  auf;  baS  allgemein  ÜJienfdjliche  beibehattenb  unb 
Derftärenb,  fottte  fie  unter  ben  2Jtenfd)en  mirffam  fein  bis  an  baS  ©nbe  beS 
SBetttaufS. 

3.  Sie  Sage  ber  ßirdje  in  ben  Säubern  öfttitfj  unb  fühltet)  uotn  Vömcrrcidj. 

A.  Pcrfmt. 

Duetten.  —  Euseb.,  Vita  Constant.  III,  7;  IV,  9 — 13.  Theodoret.,  Hist.  eccl. 
I,  24;  V,  38  (39).  Sozomen.,  Hist.  ecd.  II,  9 — 14.  Socrat.,  Hist.  ecd.  VII,  18—21. 
Cyrill.  Scythop.,  Vita  s.  Euthym.  (Analecta  graeca  I  [Paris.  1688],  19).  Assemani, 
Biblioth.  Orient.  I.  Romae  1726.  St.  E.  Assemani,  Acta  ss.  martyrum  Orient,  et 
occident.  2  voll.  Romae  1748.  Bedjan,  Acta  martyr.  syr.  ([.  oben  ©.  10).  ^lagerte, 
©d)te  Sitten  ber  9Jlartt)rer  bei  ÜJtorgentaubel.  2  33be.  Snnlbrucf  1836.  fallier,  Unter» 
[udjuttgen  über  bie  ©beftenifdie  ©hronif.  9Jtit  bem  ft)rifc^en  Sejt  unb  einer  Überlegung 
(Sejte  unb  Unterfud).  IX,  1).  fieipjig  1892.  Lamy,  Le  concile  tenu  k  Sdeucie- 
Ctesiphon  en  410  (Compte  rendn  du  IIP  Congrks  scient.  des  cathol.  Sciences  i-eli- 
gieuses  [Bruxelles  1894]  p.  250 — 276). 

Sitteratur.  —  Duval,  Histoire  politique,  religieuse  et  littdraire  d'Edesse 
jusqu’k  la  premibre  croisade.  Paris  1892.  ©  ö  r  r  e  I ,  Sal  ©briftentum  im  ©affaniben» 
reid)  (3dt[d)r.  f-  toiffenfd).  St)eot.  1888,  ©.  449 — 468) ;  Sie  ©affaniben  bon  ©cfiüpur  II. 
bil  ©fjolroel  II.  (310' — 628)  unb  bal  ©briftentum  (ebb.  1896,  ©.  443 — 457).  Ut)I= 
mann,  Sie  tßerfotgungen  in  ißerfien  im  4.  unb  5.  Sabrbuabert  (9t  i  ebner!  3dtfd)r. 
1861,  ©.  1—362).  Tratte,  Sa§  [ogen.  tRetigionlgefpräd)  am  £>ofe  ber  ©affaniben 
(Sejte  unb  Unterfuh.  91.  5-  HI,  ©cbluBteil;  IV,  3  n.  3b).  ßeip^ig  1899.  »raun, 
Ser  S8riefmed)[et  beS  fiatbolifol  9ßapa  bon  ©etencia  (3eitfd)r.  für  fatfjot.  Sbeol-  1894, 
©.  163—182.  546—565).  Chabot,  L’öcole  de  Nisibe,  son  histoire,  ses  Statuts  (Jour¬ 
nal  asiatique  VIII  [Paris  1896],  43 — 93). 

Oie  geföhrlichften  Nachbarn  beS  tRömerreicbeS  im  Offen  roaren  bie  Werfer, 
toeldje  im  4.  ^ahrtjunbert  baS  ©ebiet  jmifchen  bem  $afpif<hen  9)teet  unb  bem 
©uptjrat,  mit  ©infc&lufj  ber  fiiböftlichen  Ipätfte  Don  Vtefopotamien,  befeüt  hatten. 

1  Über  bie  ^Belehrungen  bei  hl-  99tartin  bgt.  Sidpic.  Sever.,  Vita  S.  Mart.  c.  11  sq., 
ed.  Halm  p.  121  sq. 


344  ©ieg  ber  ßirdfje  im  tftömerreicf)  unb  ^ampf  gegen  ben  2triant§mu§. 


Von  ber  VegierungSäeit  beS  HaiferS  $onftantiuS  an  f)err[c£)te  faft  unaufpörlip 
$rieg  gtotfdjen  ipnen  unb  ben  Römern  beS  öftlipen  ÜteipeS,  unb  biefe  politifpe 
Sage  mar  nid)t  opne  (Sinflu^  auf  baS  Verpalten  ber  perfifpen  gürften  gegen= 
über  ben  Triften,  melpe  jene  ©ebiete  betoopnten.  ^ßerften  patte  tängft  mehrere 
priftlipe  Zirpen,  an  beren  ©pipe  bie  Metropole  bon  ©eleucia  =  $tefippott 
ftanb ;  befonberS  japlreip  maren  bie  ©priften  unter  ber  fprifpen  Veböllerung 
ber  borberperfifpen  ^robin<$en.  5m  5apre  325  fanb  ficb  auf  bem  $on-$il  bon 
9licäa  ein  perfifper  Vifpof  ein,  unb  naipper  empfapl  ^onftantin  b.  ©r.  bie 
priftlipen  ?ßerfer  angelegentlip  bem  ©pupe  ipreS  Königs  ©papur  II.  (©apor, 
309 — 381).  5lber  nipt  lange  nap  ^onftantinS  Dobe  (um  342)  brap  eine 
peftige  Verfolgung  ber  ©priften  in  biefem  Sanbe  auS.  Die  Urfapen  lagen 
teil§  in  bem  religiöfen  fpaffe  ber  Feueranbeter  unb  ben  Vufpepungen  ber  5uben, 
teils  in  bem  politifpen  Vrgmopn,  ber  bei  ben  einpeimifpen  ©priften  eine  ge= 
fäprlipe  Hinneigung  ju  bem  römifpen  3teipe  borauSfepte  unb  nop  pöper  flieg, 
als  Werften  mit  $aifer  $onftantiuS  $rieg  ju  füprett  patte,  ©pon  bei  Veginn 
beS  Krieges  lief?  ©papur  II.  biele  ©priften  einferlern  unb  foltern,  bann  ben 
©r-pifpof  ©imeon  Varfaboe  bon  ©eleucia  mit  punbert  anbern  ©eiftlipen 
pinripten.  Heftig  mütete  bie  Verfolgung  gegen  alle  ©laubigen,  befonberS 
gegen  ©eiftlipe,  Vtönpe  unb  Vonnen ;  an  1 6  000  Viärtprer  mürben  bon  ©ojo= 
menuS  gejaplt.  ©in  greifet-  H°Peam^t  ©upfciatajabeS  (griep.  Uftpa^abeS), 
ber  anfangs  abgefallen  mar,  erbat  fip  als  ©nabe  nur,  bap  öffentlip  belannt 
gemapt  merbe,  er  fei  nipt  als  Verräter,  fonbern  nur  als  ©prift  pingeriptet 
morben.  Dies  ermunterte  biele  jur  ©tanbpaftigfeit;  fonft  bermenbete  man  ab= 
trünnige  ©priften  als  Hen^er  ber  fip  nipt  beugenben  Vefenner.  Die  näpften 
Vapfolger  beS  pl.  ©imeon,  ©ciabuftuS  unb  Varbafcemin,  ftarben  ebenfalls 
nebft  bielen  ©eiftlipen  unb  5ungfrauen  ben  Vtartertob ;  bie  $irpe  bon  ©eleucia 
blieb  jmanjig  5apre  opne  Vifpof.  Die  ©priften  füllten  bie  ©onne  anbeten  unb 
bie  Veligion  beS  „Königs  ber  Könige"  annepmen,  mibrigenfallS  ipren  „2Bapn= 
finn"  mit  ben  fpmerften  Dualen  büpen.  Die  VteprjapI  ber  ©priften  bemieS 
einen  bemunberungSmürbigen  H^benmut;  ipre  Üteipen  maren  fpon  fepr  ge= 
liptet ,  als  in  ber  lepten  OtegierungSjeit  ©papurS  II.  (um  379 — 381)  eine 
milbere  Vepanblung  eintrat.  $önig  5ejbebfperb  I.  (5§begerbeS)  mar  an= 
fangS  ben  ©priften  günftig,  geftattete  ipnen  fogar  auf  Vermenbung  beS  treff= 
lipen  VifpofS  VtarutpaS  bon  Dagrit  in  Vlefopotamien ,  ben  er  ju  Unter: 
panblungen  mit  ßaifer  DpeobofiuS  II.  benupte  unb  ber  ipm  bie  ^unftgriffe 
ber  Viagier  entpüHte,  mieber  freie  SteligionSübung  unb  bie  ©rbauung  bon 
Zirpen;  aber  ber  gemalttpätige  ©ifer  beS  VifpofS  VbbaS  bon  ©ufa,  ber  418 
einen  bem  Drmujb  gemeipten  Dempel  (ißpreion)  anjünbete  unb  ben  2Bieber= 
aufbau  bermeigerte,  rief  eine  neue  Verfolgung  perbor,  melpe  bie  $irpe  in 
Kerpen  faft  böllig  auSrottete.  VbbaS  marb  pingeriptet  unb  mit  ipm  fepr  biele 
©priften.  Vapram  V.  (griep.  VaraneS,  420 — 438)  mar  nop  graufamer  als 
fein  Vorgänger;  er  liep  meprere  ©priften,  barunter  ben  berüpmten  Vtärtprer 
5afob  (©arug,  ben  3^fpbittenen) ,  boüftänbig  jerfägen.  Dreipig  Sapre 
bauerte  biefe  Verfolgung ,  bie  japlreipe  Vlärtprer  lieferte.  Das  ©infpreiten 
beS  $aiferS  DpeobofiuS  II.  brapte  nur  eine  furje  ^fßaufe ;  biele  Eperfer  maren 
auf  oftrömifpeS  ©ebiet  geflopen,  uub  ber  $aifer  meigerte  fip,  biefelben  auS: 


3.  Sie  Sage  ber  ßird)e  in  ben  Sänbent  öftlicp  unb  fiiblid)  Dom  iftömerreid).  345 

juliefern.  ©§  tourbe  422  ber  $rieg  begonnen  unb  427  mit  einem  burd)  bie 
©iege  ber  oftrömiftpen  Gruppen  perbeigefüprteu  ^rieben  befdjloffen.  3n  biefem 
Kriege  faufte  Vifdjof  51caciuS  Don  Vmiba  in  Mefopotamicn  mit  Eingabe 
feiner  foftbaren  $ircpengeräte  7000  perfifcpe  (befangene  lo§  unb  gab  fie  iprer 
£)eimat  jurüdf ;  biefe  podpperjige  Spat  ftimmte  ben  ®önig  milber.  s>od)  porte 
bie  Verfolgung  aucp  unter  Se^bebfcperb  II.  bi§  450  nitpt  gänjlid)  auf,  unb 
nod)  ftarben  japlreitpe  3eu3^  ©priftt. 

2)a§  fird)lid)e  Seben  entmidelte  fiel)  in  engem  51nfd)luffe  an  bie  $irdje 
be§  IRömerreicpe».  SDer  Vifcpof  MarutpaS  brachte  bie  Vefcplitffe  ber  allgemeinen 
$onji!ien  Don  fJticäa  unb  Don  ^onftantinopel  nacp  Mefopotamien,  unb  in  Über- 
einftitnmung  mit  ipm  bereinigte  ber  ©rjbifdmf  Sfaaf  Don  ©eleucia  ein 
$ortjil  in  biefer  ©tabt  ju  Stnfang  be§  3apre§  410,  roeldieg  ein  ©pmbol 
auffteKte  unb  eine  Üteipe  Don  $anone§  über  bie  tird)licpe  ©iSjiplirt  erlief}. 

B.  Armenien. 

Duellen.  —  Euseb.,  Hist.  eccl.  IX,  8.  Sozomen.,  Hist.  eccl.  II,  8.  Agathangeli 
Acta  S.  Gregor.  Illuminat.  (Acta  SS.  Boll.  Sept.  VIII,  321  sqq.).  Moses  Choren ., 
Hist.  Armen.,  ed.  Le  Vaillant  de  Florwal  (artnenifcp  unb  franjöftfdj),  Venet.  1841 
(beutlet)  Don  Sauer,  IRegenSburg  1869).  Saju:  Sagarbe,  SlgatpangeluS  unb  bie 
Sitten  ©regorS  Don  Slrmenien  (aus  ben  2lbpanbl.  ber  CBefeHfdf)-  ber  SBiffenftf).  ju  @öt= 
Hngen).  ©öttingen  1887.  Carriere,  Mo'ise  de  Klioren  et  les  gbnealogies  patriarcales. 
Paris  1893;  Nouvelles  sources  de  Mo'ise  de  Khoren.  (5Dlit  (Supplement.)  Vienne  1893. 
—  Narratio  de  rebus  Armen.  ( Combefis ,  Bibi.  PP.  auctar.  II,  261  sqq.).  Sam.  Amens., 
Chronic.,  ed.  Zohrab ,  Mediol.  1818  (Migne ,  Patr.  gr.  XIX,  661  sqq.).  Langlois, 
Collection  des  historiens  anciens  et  modernes  de  l’Armbnie.  2  vols.  Paris  1867 — 1869. 
©utfdjmib,  kleine  ©djriften,  perauSgeg.  Don  iftüpl,  Sb.  HI,  Seipjig  1892. 

Sitteratur.  —  Aucher,  Vie  de  tous  les  Saints  du  Calendrier  armen.  12  vols. 
Paris  1810 — 1814.  St. -Martin ,  Mdmoires  histor.  et  geogr.  sur  l’Armenie.  2  vols. 
Paris  1818  ss.  Sukias  Somal ,  Quadro  della  storia  letteraria  di  Armenia.  Venezia 
1829.  Tschamtschean ,  Historia  Armen.  4  voll.  Venet.  1784 — 1786.  2öinbifd)= 
mann,  Tftitteil.  aus  ber  armen,  ftirdjengefif).  (Mb.  St)eol.  QuarialfcEjr.  1853,  <5.  3  ff.). 
Samuel j an,  Veteprung  2lnnenienS.  2öien  1844.  ©eljer,  Sie  Slnfänge  ber  armen, 
ßircpe  (Vericpte  ber  f.  fädE)f.  ©efellftp.  ber  SBiffenfcp.  ju  Seipjig  1895,  S.  109—174). 
Ser  Vlifelian,  Sie  armen.  ßirdpe  in  ihren  23eäiepungen  jur  Pp3antuüfd)en  Dom  4. 
bis  jurn  13.  Saprpunbert.  Seipjig  1892.  Clair-Tisdall ,  The  conversion  of  Armenia 
to  the  Christian  faith.  London  1896.  SJJlanabian,  Beiträge  äur  alban.  ©efipicpte. 
(Siff.)  Sena  1897. 

2)a§  armen if cpe  Voll  mar  ba§  erfte,  ba§  al§  folcpe§  ba§  ©priftentum 
annapm.  ©regoriu§,  jubenannt  ber  ©rleucpter  (Illuminator),  au§  bem 
ßönigägefcplecpte  ber  Vrfaciben,  al§  $inb  burd)  feine  Vmrne  bei  einem  Vlut= 
habe  feine§  £)aufe§  gerettet  unb  in  ^appabocien  erjogen,  mürbe  ber  Vpoftel 
feinet  VoIfe§.  bie  £)eitnat  jurüdgefeprt  (286),  mar  er  lange  3eü  in 
fangenfcpaft ;  aber  e§  gelang  ipm  enblicp,  ben  $önig  2iribate§  III.  unb  einen 
beträd)tlid)en  Seil  be§  VoIfe§  für  baä  ©priftentum  ju  geminnen  unb  ju  taufen. 
11m  302  meiste  i^n  ©rjbifdjof  Öeontiu§  Don  (Säfarea  jurn  Metropoliten  für 
Armenien,  meäpalb  ba§  Sanb  in  engfte  Verbinbung  ju  biefer  $ircpe  tarn; 
^riefter  be§  gried)ifd)en  DteicpeS  untersten  ben  eifrigen  ©regor  in  feinem 
Veteprung§merfe.  MajiminuS  begann  311  ben  $rieg  gegen  bie  cpriftlicpen 
Slrmenier,  bie  früper  Vunbe»genoffen  ber  Vörner  gemefett  raaren,  erlitt  aber 
burcp  ba»  tapfere  Volt  meprere  fJlieberlagen.  3)er  pl.  ©regor  grünbetc  ba» 


346  ©ieg  ber  $«<$£  int  Aömerreich  unb  $ampf  gegen  ben  Arianismus. 

ßlofter  Afdjbifdjeb  unb  brachte  feine  lebten  3af)te  in  ber  ©infamfeit  ju *.  ©eine 
Aadjfolger  mürben  in  ber  Aegel  aus  feiner  Familie  gemäht;  eS  maren  feine 
©öffne  ArifiaceS  (AoftaceS)  unb  AertanneS  (AartaneS),  fein  ©nfef  §ufig  (Sufef, 
£>efpd)iu§,  bem  einige  Kataloge  ©regor  II.  boranfteHen).  innere  Kriege  geturnten 
unter  ihnen  bie  meitere  ©ntfaftung  ber  noch  jungen  ^trdje;  eS  gab  aud)  nicht 
menige  Abtrünnige,  bie  fidj  auf  ben  Seiftanb  ber  fßerfer  fiütjten,  mefcfje  feit 
368  immer  mehr  baS  Sanb  ju  unterjochen  fugten.  Aod)  nahm  ber  armenifdje 
©piffopat  363  unb  372  an  ben  midjtigen  Angelegenheiten  ber  ganzen  Kirche  regen 
Anteil.  AafiliuS  bon  ©äfarea  (f  379)  bifitierte  einen  großen  Seit  Armeniens, 
[teilte  ben  ^rieben  unter  ben  Aifdjöfen  mieber  fyx  unb  fudjte  bie  Porljanbenen 
Afifjbräudje  abjuftellen1  2.  Aber  bafb  nachher  marb  bie  Aerbinbung  mit  bem 
Aßeften  immer  loderet-,  mährenb  bie  Aifdjöfe  and)  mit  ben  fcplimmeren  Aad)= 
folgern  beS  Königs  2iribateS  ju  fämpfen  hotten,  @d)on  Sfaaf  ber  ©rofje 
(390 — 440),  ber  Aachfolger  beS  AerfeS  (f  389),  foH  nicht  mehr  in  ©äfarea, 
fonbern  bon  ben  Aifdjöfen  beS  SanbeS  bie  Aßeifje  erhalten  haben,  ©r  brachte 
bie  armenifche  Kirche  mieber  ju  h°^er  Alüte,  obfchon  bie  politifchen  Aßirren 
noch  fortbauerten,  unb  hob  bie  S?ird)enjucht  unb  ben  Unterticht.  SDer  hl.  AteSrop 
(and)  AfieSrob)  erfanb  ben  Armeniern  ein  eigene?  Alphabet  unb  begann  (428) 
bie  ^eilige  ©djrift  in  baS  Armenifche  ju  überfeinen,  moran  fidj  auch  biele  anbere 
beteiligten 3.  Zahlreiche  Schriften  ber  ©riechen  unb  ©prer  mürben  ebenfalls 
übertragen  unb  halb  auch  eine  nationale  ©efdjiehtfdjreibung  burd)  AI of eS  bon 
©fjorene  begrünbet. 

Aach  Sberien  (©eorgiett  unb  ©rufien  am  ^aufafuS)  fam  baS  ©f)rifien= 
tum  unter  ^onftantin  b.  ©r.  um  baS  3apr  326  burd)  eine  fromme  ©efangene 
(©flabin),  Aunia  ober  Aino,  mefche  burch  bie  munberbare  §eüung  eines 
®tnbeS  Anfehen  erlangte,  bann  auch  bie  Königin  beS  SanbeS  heilte  unb  für 
ben  ©lauben  gemann.  23alb  banad)  befeprte  fich  ber  $önig  fJAiräuS,  nachbern 
er  auf  ber  3agb  ben  Aeiftanb  beS  ©otteS  ber  ©Ijriften  erfahren  ju  haben 
glaubte ,  unb  erbat  fich  ©eiftliche  aus  bem  römifd)en  Aeidje 4. 


1  Sie  fpäteren  Armenier  bertreten  bie  ©age,  fd&on  im  1.  Sahrpunbert  fei  bie 
armenifche  ßircpe  geftifiet  toorben,  unb  berufen  fich  auf  bie  Apoftel  SpabbäuS,  35artboIo= 
mäuS  unb  SpornaS.  Sie  Urfunbe  über  baS  Säünbnis  3tuifchen  ißapfi  ©plbefter  unb  ©regor 
Illuminator  leie  jtoifchen  ßonftantin  unb  ßönig  SiribateS  III.  ( Clem.  Galanus ,  Con- 
ciliatio  eccl.  Arm.  cum  Romana  ex  ipsis  Arm.  PP.  et  doctor.  testim.  P.  I  [Romae 
1650],  p.  530.  Giov.  de  Serpos ,  Compendio  storico  della  nazione  Arm.  I  [Venezia 
1786],  200  sq.)  ift  fidjer  unecht  (Senjinger,  Aadjflänge  ber  Sepie  bom  Arimat  bei 
ben  Aefiorianern  unb  ÜAonopppfiten  beS  Örient3,  in  ber  Süb.  Speol.  Quartalfdpr.  1850, 
©.  355  ff.).  Über  bie  tircplicpe  Abhängigleit  Armeniens  bon  ©äfarea  bgl.  Mos.  Choren., 
Hist.  Armen.  (1.  c.  II,  77.  88).  Le  Quien,  Oriens  christ.  I,  1355.  3m  Antiochien  er= 
fchtert  363  Sfafolis  (bieüeicht  3mfef)  bon  ©rofiarmenien  ( Socr .  1.  c.  III,  25) ;  ber  Aame 
3iofa!eS  erfepeint  372  in  ber  Ep.  Orient,  ad  episc.  Italiae  et  Galliae  (Basil.,  Ep.  92, 
al.  69). 

2  Aon  ben  Sriefen  beS  AafiliuS  beziehen  fich  auf  Armenien  Ep.  99  ad  Terent. 
Com.  (372)  c.  4;  Ep.  120—122.  138.  239.  244  (jtoifepen  372  u.  376). 

3  Über  bie  armenifche  Sibelüberfefeung  bgl.  öug,  ©inl.  in  baS  Aeue  Seft.  I 
(3.  Auf!.),  398  ff. 

4  Socr.  1.  c.  I,  20.  Sozom,  1.  c.  II,  7.  Thcodoret.  1.  c.  I,  23.  Rufin.  1.  c.  X,  10. 
Mos.  Choren.  1.  c.  II,  83. 


3.  Sie  Sage  ber  ßirifie  in  ben  Säubern  öftlidj  unb  füblitf)  bom  9tötnerreicE).  347 
C.  Arabien  ttub  Abefliniett. 

Quellen.  —  Philostorg.,  Hist.  eccl.  II,  6;  III,  4.  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  19; 
HI,  25;  IV,  36.  Sozomen.,  Hist.  eccl.  II,  24;  III,  14;  V,  15;  VI,  38.  Rufin.,  Hist, 
eccl.  X  (I),  9.  Theodorct.,  Hist.  eccl.  I,  22.  Athanas.,  Apolog.  ad  Constant.  c.  31 
(Migne,  Patr.  gr.  XXV,  630  sqq.).  Hieron. ,  De  vir.  ill.  c.  102;  Epist.  70  (al.  84) 
ad  Magn. ;  Vita  S.  Hilarionis. 

Sitteratur.  —  Ludolf,  Hist,  aetkiop.  11.  4.  Francof.  1681;  Comment.  ad 
hist,  aethiop.  Ibid.  1691.  Deramey,  Introduction  et  restauration  du  cliristianisme 
en  Abyssinie,  330—480  (Revue  de  l’hist.  des  religions  1895,  p.  131 — 161).  Duchesne, 
Des  missions  ckretiennes  au  sud  de  l’empire  romain  (Eglises  separees  [Paris  1896] 
p.  281—353). 

1.  3m  füblichen  2t ra bien  unter  ben  Ipamjaren  ober  Momenten  mirfte 
ber  Don  $aifer  ^onftantiuS  (§tnifc£)en  350  unb  354)  ju  ihnen  gefanbte  Vifchof 
SE^eopf)iIu§  au§  Siu,  ein  Oftinbier,  ben  ber  arianifdje  Vifdjof  ©ufebiuS  Don 
9iifomebien  unterrichtet  patte  unb  ber  nun  mit  ber  (Stellung  eines  faiferticpen 
©efanbten  betraut  marb.  Viele  2traber  in  Semen  liefen  fiep  taufen;  eS  mürben 
brei  ®ird)en  errietet,  in  ber  ^auptftabt  Sapl)aran,  in  2lben  unb  ^ormuj;  aud) 
ber  ^önig  ber  Ipotneriten  marb  ©hrift.  Ser  2lrianiSmuS  fdjeint  aber  nicf)t  fepr 
lange  geperrfept  ju  haben;  benn  fpäter  finben  mir  bie  Momenten  fatpotifep. 
2lud)  gab  eS  in  Arabien  im  4.  SapFpunbert  fatpolifdpe  Vifcpöfe,  unter  Sulian 
unb  ValenS  ben  SituS  bon  Voftra1.  Sic  große  2Jtad)t  unb  bie  2Jtenge  ber 
Suben  fomie  baS  fftomabenleben  ber  meiften  2lraber  pinberten  bie  böttige 
ßpriftianifierung  beS  SanbeS.  2iid)t  menige  ber  in  ben  V3iiften  mohnenben 
Vtöndfe,  bie  mit  burepftreifenben  fJiomabenhorben  in  Verklarung  tarnen  (j.  23. 
^ilarion),  ermatben  fiep  beren  3uneigung  unb  Verehrung  unb  benußten  bieS 
jur  Verbreitung  beS  ©üangeliumS.  Um  372  erhielt  eine  farajenifepe  ^ürftin 
fDtaubia  beim  griebenSfcpluffe  mit  bem  römifepen  Dteidie  ben  öereprten  Vtöndj 
IRofeS  als  Vifdmf  ipreS  Volte».  Üladtyer  erlangten  ber  Stylit  Simeon 
unb  ber  fromme  fDlöncp  ©uthpmütS  großen  ©inftujj;  lepterer  taufte  baS 
Oberhaupt  eines  mit  ben  Oftrömern  berbünbeten  Stammes  UtamenS  2lSpe= 
b e t p 0 S ,  ber  ben  Dtamen  5ßetru§  annahm  unb  erfter  farajenifeper  2ager= 
bifepof  in  ^ßaläftina  marb,  mährenb  fein  burty  ©uthpmiuS  geheilter  Sohn 
Serebon  bie  f^iiprerfepaft  beS  Stammes  übernahm.  Viel  mirften  and)  bie 
Viöncpe  ber  auf  bem  Verge  Sinai  gegrünbeten  ßlöfter. 

Ser  arianifdje  Vifchof  St)eopl)iIuS  mirtte  aud)  auf  feiner  |)eimatsinfel 
Siu  Sototora  (bei  ben  2llten  SioStoribeninfel),  am  ©ingange  beS  2trabifcpen 
VteerbufenS ,  bie  Diele  fpanbelSDerbittbungen  hotte,  fomie  Don  ba  aus  in  O ft= 
inbien,  mo  eS  fepon  Dor  ihm  ©htiften  gab,  meiften»  belehrte  ^ßerfer.  ^oSmaS, 
erft  Kaufmann,  bann  Vtönd),  Don  feinen  Seefahrten  3nbienftyiffer  QnbifopleufteS) 
genannt,  Verfaffer  einer  d;riftlicpeu  Sopograppie,  unter  Suftinian  I.  unb  Suftin  II. 
blityenb,  fanb  in  fötale  (DieUeicpt  ÜJtalabar),  auf  Saprobane  (©eplon)  unb  ju 
©alliana  (Staltut)  cprifllicpe  Stirdfen,  an  leßterem  Orte  fogar  einen  Vifchof. 
Sie  inbifepen  ©hriften,  aud)  SthomaScpriften  genannt,  mürben  burep  ihre  2lb= 
pängigteit  Don  ber  perfifepen  $ird)e  ber  neftorianifepen  Srrlepre  jugefüprt 2. 

1  Sarbenpeiüer,  ißatrologie  (2.  2lufl.)  ©.  235  f. 

2  Philost.  1.  c.  III,  14.  Cosmas  Indicopl.,  Topograph.  Christ.  (Migne,  Patr.  gr. 
t.  LXXXVIH).  Le  Quien,  Oriens  Christ.  II,  1273  sq. 


348  ©ieg  ber  ^irdje  im  fftönterreidj  unb  Äautpf  gegen  ben  2triani3mu§. 

2.  3rt  Slbeffirtien  ober  bem  apumitifdjen  Äthiopien  (ipabefd))  mürbe 
ba§  ©hriftentum  burcp  §roet  Jünglinge,  grumentiuS  unb  VbefiuS,  unter 
®onftantin  b.  ©r.  Oerbreitet.  Siefelben  maren  mit  einem  ©elel)rten  auS  SpruS 
auf  beffen  ©ntbedungSreife  in  baS  Sanb  gefommen  unb,  mährenb  bie  ganje 
31eifegefeKfd)aft  bon  ben  ©ingeborenen  überfallen  unb  getötet  ttrnrbe,  allein  ber= 
fcpont  unb  an  ben  föniglidjen  £)of  nach  Vpum  (Vupurna)  gebracht  toorben,  [ 
too  fie  bie  ©unft  beS  fpertfdferS  in  Ifolfem  ©rabe  gemannen.  9Jtit  ipofämtern 
betraut  unb  für  frei  erflärt,  blieben  fie  aud)  nad)  bem  Sobe  be§  Königs  auf 
ben  Söunfd)  ber  Söittoe  im  Sanbe,  um  fie  in  ber  Seitung  ber  Dormunbfdjaft= 
lidien  Regierung  unb  in  ber  ©rjieljung  be§  Shronerben  Vijana  ju  unter  ftü|en. 
Sann  ging  $befiu§  nad)  SpruS  jurüd,  mo  er  bie  ^ßrieftertoei^e  erhielt  unb 
too  ihn  fpäter  3htfinu§  Don  Vquileja  tennen  lernte.  ffrumentiuS  aber  begab 
fiep  nad)  5'llepanbrien ,  too  er  bem  neuen  Vifcpof  VtpanafiuS  Vericpt  über  bie 
gortfdjritte  be§  ©priftentumS  erftattete  unb  Don  ihm  328  ober  329  jum  S3ifcf)ofe 
beS  SanbeS  gemeint  toarb.  $rumentiu§  refibierte  nun  in  Vpurn,  taufte  ben 
$önig  Slijana  unb  belehrte  allmählich  einen  großen  Seil  be§  SSolfeS.  $aifer 
$onftantiu§  forberte  ben  ®önig  Stijana  unb  feinen  Vruber  ©ajana  in  einem 
Schreiben  (356)  auf,  ben  fyrumentiuS  jur  Untertoeifung  im  rechten  ©lauben 
ju  bem  arianifdjen  Viftpof  ©eorg  nach  Stlejanbrien  ju  fenben,  unb  rnarnte  Oor 
VtpanafiuS,  ber  bieler  Verbrechen  toegen  abgefeimt  fei;  er  bachte  enttoeber  ben 
abeffinifchen  Vifdjof  ju  ben  Erinnern  pinüberäujiepen  ober  ihn  bei  bem  dürften 
ju  oerbäeptigen  unb  bamit  ju  ftürjen.  Socp  ber  Vnfcplag  mißlang,  unb  ber 
51riani§mu§  fanb  leinen  ©ingang  im  Sanbe.  Unter  ©leSbaan  leifteten  bie 
chriftlichen  Vbeffinier  ben  Momenten  Veifianb ;  ber  Snbienfaprer  $o§ma§  tourte, 
bap  e§  in  Vbeffinien  Kirchen,  Vifcpöfe  unb  Vtöncpe  gab1.  ©§  bilbete  fid) 
allmählich  eine  ätpiopifepe  Sitteratur,  in  ber  neben  ben  Überfettungen  ber  Vibel 
(©ee^fpraepe)  unb  ber  grieepifepen  $ird)enöäter  toie  ber  Siturgien  befonberS 
apolrpppe  ©chriften  unb  $anone§  zahlreich  Oertreten  finb 2.  Sa  bie  ätpiopifepe 
Kirche  eine  Socpter  ber  alejanbrinifdjen  toar  unb  Don  biefer  ihr  geiftlidjeS 
Oberhaupt  (Vbuna)  erhielt,  fo  marb  fie  fpäter  in  bie  monopppfitifepe  Irrlehre 
pineingejogert ,  unb  bei  ber  Utopeit  beS  Volles  trat  halb  eine  bielfacpe  Ver= 
mifchung  ber  chriftlichen  mit  fremben  ©ebräuchen  ein.  ©S  fanben  fich  bie 
©abbatfeier  (neben  bem  ©onntag),  jübifepe  ©peifeüerbote ,  bie  ©itte  ber  Ve= 
fchneibung,  lape  ©pebiSgiplin  unb  ifßolpgamie. 

4.  Ser  9lriam§mu§. 

du  eilen.  —  Arius,  ßaksia  (gragnt.  Bei  Athanas.,  befonber?  De  synodis  c.  15; 
Contra  Arian.  I,  c.  2  sqq. ;  De  sententia  Dionysii  c.  6 ;  Migne,  Patr.  gr.  XXYI,  705 ; 

16  sqq. ;  XXV,  423).  Athanas.,  jablreidje  Sßerfe,  toorin  auch  Diele  2IItenftüc£e  mit» 


1  Cosmas  Indicopl. ,  Topogr.  1.  III  ( Migne  1.  c.  p.  169).  Niceph.  Call.,  Hist, 
eccl.  XVII,  32. 

2  Über  bie  ätbiopifthe  Sitteratur  Dgl.  ßaulen  int  Vonner  Speol.  Sitteraturbl. 
1866,  ©.  175  ff.  W.  Fell,  Canones  apostolorum  aethiopice.  Lips.  1881.  Vteprere 
S)aten  gab  Johann  Don  (Eppefug,  ben  fotuobl  einjelne  ©ried^en ,  toie  Speoppaneg,  al§ 
aud)  ber  ißatriardh  SHonpfiuä  in  feiner  ©Ijronif  benubten.  34gl.  Assemani,  Bibi.  Orient. 
I,  859—386. 


4.  Ser  SlrtcmiSnutä. 


349 


geteilt  toerbetl,  f>efottber§:  Contra  Arianos  11.4;  Apologiae  11.3;  De  decretis  Nicaenae 
synodi ;  De  synodis  Arimini  et  Seleuciae  celebr. ;  Historia  Arianorum  ad  monachos. 
Hilar.,  De  synodis;  De  Trinitate;  Libell.  supplices  ad  Constantium  imp.  Mansi, 
Concil.  Coli.  t.  II  et  III;  baju  §efele,  ©oncilieogefcl).  I  (2.  Stuft.),  252  ff.;  II,  1  ff. 
Euseb.,  Vita  Constantini.  Sie  ßirdjentjiftorifer  ©ofrateä,  ©ojomettuS,  S  h  e  o= 
boret,  !flt)Uoftorgiu§,  fRufinug  an  jahlteidjen  ©teilen.  Epiph.,  Haer.  LXVIII. 
LXIX.  LXXI — LXXIV.  Gelas.  Cyzic.,  Comment.  actor.  conc.  Nicaen.  (bei  Mansi 
1.  c.  II,  759 — 944).  Sie  ©ptnbole  bei  §abn,  Sifdiothef  ber  ©tjmbole.  3.  Stuft. 
SreSIau  1897. 

Sitteratur.  —  Mairnbourg ,  Histoire  de  l'arianisme.  4e  ed.  Paris  1682. 
Sßald),  ße^er^iftorie  II  (Seidig  1764),  385  ff.  ©tat  cf,  SerfucI)  einer  ©efd)icf)te  beä 
2lriani§mu§.  2  Sie.  Serlin  1783 — 1785.  Travasa,  Storia  critica  della  vita  di  Ario. 
Venez.  1746.  Gwcitkin,  Studies  of  Arianism.  2nd  ed.  Cambridge  1900.  ÄöIIing, 
©efd^.  ber  arian.  £)ärefie.  2  33be.  ©itterSlof)  1874—1883  (ganj  t>erfef)It).  ©djtoane, 
Sogmengefd).  ber  patrift.  3eit  (2.  Stuft,  ©reiburg  i.  Sr.  1895)  ©.  83  ff.  §  ar  n  a  cf,  Sef)r= 
bud)  ber  Sogmengefd).  33b.  II.  3.  3IufI.  greiburg  i.  Sr.  1894.  —  Über  3ttfjanafiu§ 
(f.  bie  Sitteratur  bei  33arbenl)etoer,  ißatrologie  [2.  Stuft.]  ©.  229)  Ogi. :  Sttöfjler, 
2ttl)anafiu§  b.  ©r.  2  S3be.  2.  Stuft.  SUIainj  1844.  33öl)ringer,  3ItI)anafiu§  unb  2triu§ 
(Sie  ßirdje  ©Ifrifti  unb  ihre  3eu9en-  2.  Stuft.  Sb.  I,  Slbt.  2.  ©tuttgart  1874).  St 
b  erg  er,  Sie  Sogo§Ief)re  beS  f»I.  Sltf)anafiu§.  3Ölünd)en  1880.  ©tili  den,  2ttl)anafiana 
(Sejte  unb  Unterfud).  91.  Sr.  IV,  4).  Seipjig  1899.  ©trat er,  Sie  ©rlöfunggteljre  be§ 
1)1.  2Itf)anafiug.  Qfreiburg  i.  Sr.  1894.  Saudjert,  Sie  Seljre  be§  1)1.  Sttfianafiuö  b.  ©r. 
Seipjig  1895.  Athanas.,  Opp.  bei  Migne,  Patr.  gr.  t.  XXV — -XXVIII;  fjfeftbriefe,  ed. 
Cureton,  Lond.  1848;  ed.  Larsow  (beutfd)),  Serlin  1852. 

A.  Artus  nnii  feine  3rrlel)re. 

1.  Oie  früheren  Unflarheiten  unb  ©egenfätje  in  ber  Oarftellung  ber  fircf)= 
lid)en  Orinitiit§lehre  mären  im  4.  Sfl^t^unbert  noch  nicht  oöllig  über= 
rounben  unb  führten  §u  einer  großen  3rrlef)re,  bie  erft  ben  Orient,  nachher 
auch  ben  Occibent  tief  erfdjüttert  f)ot.  Oer  fdnoffe  ©egenfat)  gegen  bie  mo= 
baliftifche  Cel)re  be§  ©abelliu5  führte  ju  bem  entgegengefetjten  ©ptrem  im 
3lriani§mu§;  bort  f)err[d)te  ba§  ammenjie^en  (aovaipemq) ,  f)ier  ba3  2(u§= 
einanberreipen  (diatpeaiq),  bort  bie  Seugnung  be§  fßerfonenunterfd)iebe§ ,  t)ier 
ftarfe§  §erborf)eben  be§felben  bi§  jur  2Sernid)tung  ber  2öefen§gleid)ljeit.  ©egen 
bie  ©abeKianer  Ratten  fd)on  früher  manche  Sefjrer  unpaffenbe  9Xu§briicfe  gebraucht, 
burd)  melche  ber  ünterfd)ieb  bon  3?ater  unb  ©opn  bi§  ju  einer  förmlichen 
$luft  ermcitert,  ber  ©opn  borfjerrfdjenb  nad)  feinem  SBerbanbe  mit  ber  gefcfjöpf= 
lieben  2öelt  betrachtet  marb;  fo  unter  bem  ©influffe  ber  ^3^>tIonifci)en  ^f)ilo= 
fopffie  Origene§  unb  anbere  Sllejanbriner.  Oie  Kirche  fmtü  SeÖen  *üe 
feten  bie  mahre  Wenfchheit  gegen  bie  ©bioniten  unb  Ol)eobotianer  feine 

©ottheit,  gegen  bie  ©abellianer  feine  perfönlidje  93erfd)iebenl)eit  botn  93ater, 
jugleid)  gegen  bie  Reiben  ba§  ^rinjip  ber  ©inljeit  (fütonarchie)  feftgeljalten  unb 
eine  gemiffe  ^Reihenfolge  ber  brei  ^ßerfonen  (33ater,  ©ol)n  unb  ©eift)  anertannt, 
toorauS  fich  unter  bem  ©influffe  be§  3ßlatoni§mu§  bei  bem  33erfud)e,  baS  ©e= 
heimni§  ju  begreifen,  leidjt  ein  ©uborbinationsjfhftem  entmideln  lonnte, 
toeld)e§  ba§  ©öttlicpe  in  auf  eine  niebere  ©tufe  ftellte  unb  ihn  felbfl 

in  bie  fReihe  ber  ©efchöpfe  hinabbrängte.  Ourd)  ben  ©influf;  ber  ©djriften 
be»  Origene§  untren  im  Orient  in  roeiten  greifen  fuborbinatianifche  91nfichten 
über  ba§  93erf)ältni§  be§  2ogo§  ju  ©ott  oerbreitet  unb  fo  ber  Soben  gefdjaffen 
für  bie  löermirrung,  meldje  ba§  3luftreten  be§  3lriu§  httborrufen  füllte.  3luch 


350  Sieg  ber  ßitche  Stömerreidj  unb  ßatnbf  gegen  ben  2lriani§tnu§. 

manche  Sfntiochener,  befonber§  ber  ^riefter  Sudan1,  trennten  ben  ©of)n  Dom 
»ater  unb  fegten  irrige  SBorfteKungen  über  ben  Urfptung  be§  ©Df)ne§  unb  ba§ 
gegenseitige  SBer^ftUniS  ber  beiben  fßerfonen.  ©dmfer  be§  Sucian  mar  ber 
afejanbrinifdje  ^riefter  3triu§,  ein  Sibqer,  ber  ©tifter  einer  meitberätneigten 
£)ärefie. 

®ie  Set) re  be§  2lriu§,  mie  fie  nad)  unb  nad)  herbortrat,  mar  folgenbe: 
1)  3) er  Sogo§  fiat  einen  Infang  feine»  3)afein§  gehabt  (erat,  quando  non 
erat)2;  benn  fonft  gäbe  e§  feine  2)ionard)ie ,  fonbern  Sbtjard^ie  (jmei  ?ßrin= 
jipien) ;  fonft  märe  er  nicht  ©ofm;  ber  ©ofm  ift  fa  nicht  ber  Sater.  2)  0er 
Sogo»  ift  nicht  au§  bem  2ßefen  be»  53ater§  gezeugt  —  ma§  ju  einer  gnoftifdien 
Teilung  unb  Trennung  be§  göttlichen  2Befen§  ober  ju  Sinnlichen,  bie  Gottheit 
in  ba§  9Jienfd)Iid)e  hera&jtehenben  Sorftelfungen  führen  mürbe  — ,  fonbern  er 
ift  au§  nichts  gefchaffen  burd)  ben  üßiffen  be»  33ater§  3.  3)  (Sr  hat  j)ttmr  ein 
bormeftficheS  unb  bor^eitficheS,  aber  fein  emigeS  ©afein ;  er  ift  alfo  nicht  mafirer 
(Bott,  fonbern  betn  SDßefen  nad)  berfd)ieben  bon  ©ott  bem  SBater;  er  ift  ©e= 
fdjöpf  (xriofia,  noirjfxa) ,  baffer  auch  bie  ©chrift  fofd)e  ÜfuSbrüde  bon  ihm 
braucht  (?fpg.  2,  36.  §ebr.  3,  2)  unb  ihn  ben  (Srftgeborenen  ($of.  1,  15) 
nennt.  4)  0bfd)on  aber  ber  ©ofm  mefentfid)  ©efd)öf)f  ift,  fo  f)ät  er  bod) 
biefeS  bor  ben  übrigen  ©efchöpfen  borauS,  ja  er  hat  nad)  ©ott  bie  hödjfte 
Söitrbe;  burd)  ihn  hat  ©off  alles,  aud)  bie  geit,  gefchaffen  Opebr.  1,  3)4.  ®a 
nämlich  ber  Sfbftanb  jmifcben  ©ott  (ber  abftraft  in  hfatonifdjer  Sßeife  gebacht 
rnirb)  unb  ber  Söeft  ju  groh  ift,  als  bafs  ©ott  fie  unmittelbar  herborbringen 
fönnte,  fo  erfdjuf  er  juerft  ben  SogoS,  als  fUtittefmefen ,  um  burd)  ihn  bie 
übrige  ©d)öf)fung  heiborjubringen,  als  „Einfang  feiner  SBege"  (©pr.  8,  22) 5. 
3mifd)en  ©ott  unb  bem  SogoS  befiehl  ein  unenblidfer  Unterfd)ieb,  jmifcben  bem 
SogoS  unb  ben  ©efdjöbfen  nur  ein  quantitatiber.  5)  SBirb  ber  ©ohn  gleich* 
mof)f  ©ott  genannt,  fo  ift  bieS  fo  ju  berftehen,  bah  er  burd)  bie  ©nabe,  bie 
Annahme  beS  SSaterS  eS  tnarb;  er  ift  angenommener  ©ohn;  mißbräuchlich 
(fatachreftifd))  unb  in  meiterem  ©inne  heißt  er  ©ott6.  6)  ©ein  SCßiöe  ift  als 
ein  gef d)öf3f lieber  aud)  urfßrüngfid)  ein  manbefbarer,  jum  S3öfen  mie  jum  ©uten 
fähig;  er  ift  nicht  unberänberfid)  (ärpexvoc) ;  nur  burch  ben  ©ebraud)  feines 
freien  SBiflenS  ift  er  fünbfoS  unb  fittlid)  umnanbelbar ;  feine  iperrfid)teit  ift  baS 
SSerbienft  feines  heiligen,  bon  ©ott  borauSgemußten  SebenS  (^ßhü-  2,  9  f.) 7. 


1  Übet  Sucian  f.  oben  ©.  296  f.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  I,  4  sq.  §efete,  ©on= 
citiengefcE)-  I  (2.  Stuft.),  258  f. 

2  VIv  -kots  Sts  obx  ?jv  ( Alexander  Alex.,  Epist.,  bet  Socr.  1.  c.  I,  6). 

8  obx  üvtcdv  yiyovev  6  Xöyog  (Artus  bei  Athan.,  Or.  I,  n.  5).  Sähet  bet  Staute 
©jufontianer  fcljon  bei  Säifdjof  3Hqjanber  (Theodoret.  1.  c.  I,  4). 

4  Athan.,  Or.  II  c.  Arian.  n.  24 ;  Ep.  ad  episc.  Aegypti  et  Libyae  c.  12. 

5  Sie  ©teile  lafen  bie  Sltianet:  6  xuptog  ixTiae  ps  (al.  ixriaaro,  richtig  ixTvjaaro 
naCh  ^ebr.  unb  9}ulg. ,  einige  iitolrjas',  Greg.  Nyss.,  Serrn.  adv.  Arian.  et  Sab.  c.  5. 
Mai,  Nova  Bibi.  PP.  I,  5).  Sögt.  Athan.,  De  decr.  Nie.  Syn.  c.  18.  §  e  r  g  e  n  r  5 1  h  e  r, 
Sie  Sehre  bon  ber  göttt.  Sreieinigfeit  nah  ©regor  bon  Stajianj  (3tegen§b.  1850)  ©.  176. 
SSorte  be§  3triu§  bei  Athan.,  Or.  I  c.  Arian.  n.  5. 

6  Ser  ©ohn  ift  ©ott  ydpiTi,  ßiast,  per oyrj,  xaTaypwcrrixwg  (Alex.,  Ep.  inter  Opp. 
S.  Athan.  I,  397,  ed.  Maur.). 

7  Artus  bei  Athan.,  Or.  I  c.  Arian.  n.  5.  35.  42;  III,  n.  26.  Alex. ,  Ep.  1.  c. 


4.  2>er  9Iriani§muä. 


351 


2.  Striug,  fdjon  frühzeitig  in  ben  atejanbrinifdjen  $Ieru§  aufgenommen, 
mar  megeit  feiner  Parteinahme  für  9Jtctetiu§  ejfommunijiert ,  bann  mieber  311= 
gelaffen  morben,  hatte  bie  prieftermeihe  burd)  Vifdjof  Std)iHa§  erlangt  fomie 
bie  Vorftanbfdjaft  einer  Kirche  Vaufati§  (um  313).  ©roh  unb  ha3er  bon 
©eftalt,  angenehm  im  Umgänge  unb  bod)  ernft,  berebt  unb  gemanbter  ®ia= 
lettifer,  aber  auch  berfdjmipt  unb  ehrgeizig,  berfiigte  er  über  reiche  Vtittel, 
burd)  bie  er  fich  Anhänger  berfchaffen  fonnte.  ©ein  ©paratter  mie  feine 
Schriften  taffen  ein  leichtfertige^,  meidjtid)e§,  getünftette§  Vöefen  moht  ernennen, 
feine§meg»  aber  einen  überlegenen  ©eift,  ber  eine  neue  ©poche  in  ber  bogma= 
tifchen  ©ntmidtung  hätte  heröorrufen  fönnen  unb  fid)  Har  alter  ©rgebniffe 
feiner  Sehre  bemüht  gemefen  märe.  3H§  er  nun  feine  Sehre  in  Sttepanbrien 
nerbreitete  unb  baritber  mit  anberen  ©eifttichen  in  Streit  geriet  (318),  bot 
fein  Vifcpof  Sltejanber  bergeben»  alte»  auf,  ihn  einc§  Vefferen  ju  belehren. 
Striu§,  feinet  irrigen  miffenfd)afttid)en  Überzeugung  fotgenb,  miberfprad)  part- 
nädig  ber  Sehre  feine»  Vifcpofä  boit  ber  emigen  3eugung  bc§  Sopne§  unb 
beffen  2Befen§gIeid)heit  mit  bem  Vater.  5II§  nid)t§  gegen  ihn  fruchtete  unb  in 
bem  bemegtiepen  unb  neuerung§fiid)tigen  Sttepanbrien  fein  Anhang  fid)  mehrte, 
aud)  unter  ben  Tonnen,  pielt  Stlepanber  320  ober  321  gegen  itm  eine  Spnobe 
mit  nahe  an  hundert  Vifcpöfen,  bie  ihn  feine»  9Imte§  entfette  unb  ihn  famt 
feinen  Stnpängern,  morunter  mehrere  ©iatonen  ber  atepanbrinifdjen  Kirche  nnb 
aud)  jmei  ägpptifche  Vifcpöfe,  SefunbuS  bon  ptotemai§  unb  SEpeonaS 
bon  ÜKarmarica,  maren,  au§  ber  t'irdjtidjen  ©emeinfdjaft  au§fd)toh.  3triu§, 
bet  fid)  nid)t  fügte  unb  ©otteäbienft  ju  hatten  fortfuhr,  fud)te  au  einjetneu 
Vifd)öfen  Sprien§  unb  $Ieinafien§,  bon  benen  mehrere  feine  Vlitfcpüter  ge= 
mefen  maren,  mie  ber  einfluhreiche  ©ufebiuS  bon  Stifomebien,  ein  ent= 
fernter  Vermanbter  be§  $aifer§  1,  eine  Stü|e  ju  geroinnett.  Sie  einen  teilten 
feine  Sehre  böttig,  mie  ber  genannte  ©ufebiug;  bie  anberen  befind)  er  burd) 
eine  milbere  Umbeutung  berfetben,  at§  motte  fie  nur  bie  Einnahme  einer  prä= 
epiftenten  Vtaterie,  einer  Leitung  be§  göttlichen  Vkfcn§  u.  f.  f.  au§fd)tiehen ; 
er  gab  bie  ©ottpeit  be§  Sopne§  ju,  aber  btoh  in  einem  meiteren  Sinne, 
begleichen  feine  Unmanbetbarfeit,  aber  mit  bem  Vorbehalte,  bah  fie  feine  ur= 
fpriinglid)e  unb  natürliche,  fonbern  eine  burd)  feinen  freien  SBitten  herbeigeführte 
fei.  Vad)  feiner  Vertreibung  au§  Sttepanbrien  ging  er  nad)  Pntäflina,  fdjrieb 
an  ben  Vifcpof  oon  3ti!omebien,  rnobei  er  ben  Sehrbegriff  unb  ba§  Verfahren 
Stlepanber§  entftettte,  unb  begab  fid)  bann  fetbft  ju  biefent  feinem  Vefdjüper. 
£)ier  oerfahte  er  nebft  einem  höflichen,  eine  fdjeinbare  Vcrftänbigung  bejmedenben 
Vriefe  an  Vifdjof  Sttepanber  fein  £)auptmerf  —  bie  „Spatia"  (©aftmat)!)  — 
teit§  in  profa  teils  in  Verfen,  auherbem  mehrere  Sieber  für  Söanberer,  Sdjiffer, 
Viütler  u.  f.  f.,  burch  bie  er  feine  Sehre  DoIfStümtid)  ju  machen  fuepte2. 
Ser  (Streit  burd)brang  halb  alte  VotfSfdjidjten,  unb  fetbft  bie  Reiben  ber= 
fpotteten  auf  ber  Vüt)ue  bie  fo  geteilten  ©htifien.  Stuf  baS  Urteil  mehrerer 
gleidjgcfinnter  Vifcpöfe  geftüpt,  fct)rte  er  bei  bem  Kampfe  jmifdjen  $onftantin 
unb  SiciniuS  (322—323)  nach  Stlepanbrien  jurüd,  opne  ben  Vifipof  Vtepanber 


1  Amtnian.  Marcell.,  Rer.  gest.  1.  XX,  9. 

2  $ie  äfftiaza  vaurtxä ,  iKip.uJ.ta,  ödontoptxa  ermähnt  JPbitoftorginS  (Hist.  eccl.  II,  1). 


352  ©ieg  ber  ßircfje  im  fftömerreidj  itnb  ßampf  gegen  ben  2Iriani3mu3. 

ju  fürsten,  tiefer  fjatte  in  mehreren  fftunbfdjr  eiben  alle  faüjolifdjen  Vifchöfe 
öor  beffert  Umtrieben  gemarnt  unb  feine  Srrtümer  flar  bargelegt,  inbem  er 
fidj  auf  bie  Übereinftimmung  berfefben  mit  ben  Selfren  beS  SIrtemon,  beS  SßauIuS 
üon  ©amofata  unb  beS  Sudan,  fobann  auf  baS  SohanneSeüangelium  (1,  1  ff.; 
10,  30.  38)  unb  anbere  ©djriftte£te ,  fomie  auf  bie  firdjliche  Orabition  berief 
unb  mehrere  ber  üon  Sirius  mißbrauchten  ©teilen  erflärte.  Oie  VermittIungS= 
üerfudje  ber  bem  SIriuS  geneigten  SSifd^öfe ,  morunter  fich  audj  ber  Einheit: 
Ijiftorifer  ©ufebiuS  üon  ©äfarea  befanb,  roieS  er  als  Verrat  an  ber  2Bafjr= 
ßeit  guriidf. 

^onftantin,  burcf)  SBefiegung  beS  SiciniuS  auch  £>err  beS  Orients  ge= 
morben,  lam  nad)  Vifomebien  unb  erfuhr  üon  Vifdjof  ©ufebiuS  bie  ©treitig= 
leiten  in  Vghfüen.  ©einer  SieblingSibee  gemäß,  alle  feine  Untertanen  in 
einer  Religion  ju  bereinigen,  glaubte  er  fidj  üor  allem  jur  Vermittlung  be= 
rufen.  ©r  fanbte  nod)  324  ben  üon  ißm  feljr  gefd)ä|ten  Vifdjof  §ofiuS 
üon  ©orbuba  in  ©ßanien  nad)  Sllejanbrien  mit  Vriefen  an  Sllejanber  unb 
Sirius,  rneldje  mahrfdjeinlidj  üon  Vifdjof  ©ufebiuS  ifjm  eingegeben  maren,  beffen 
©eift  Har  barauS  ßerüorblidt.  ©r  begeicfjnete  ben  ganzen  ©treit  als  ein  un= 
nütjeS  unb  eitles  SBortgejänf,  baS  ber  eine  nicht  hätte  erheben,  ber  anbere  un= 
beachtet  laffen  fotfen,  unb  forberte,  beibe  füllten  einanber  als  Vrüber  anerfennen, 
ohne  baß  einer  bem  anbern  feine  Überzeugung  aufbränge.  Oie  bogmatifdje 
Vebeutung  ber  aufgetnorfenen  $rage  erlannte  ber  $aifer  nicht;  ihm  mar  es 
nur  um  bie  ©rljaltung  ber  äußeren  fftulje  ju  thun;  baju  mar  er  beeinflußt 
üon  ben  greunben  beS  Sirius,  bie  auch  burdj  bie  ^rinjeffin  ßonflantia  auf 
ißn  einmirften.  §ofiuS  erllärte  fidj  in  SHejanbrien  über  ben  Unterfchieb  ber 
fird)Iid)en  unb  ber  fabeKianifdjen  OrinitätSleljre ,  meldje  beibe  bie  SIrianer  für 
ibentifch  erllärten;  bie  üom  ßaifer  gemünfchte  Vereinigung  ju  ftanbe  ju  bringen, 
ermieS  fich  als  unmöglich.  Vun  üerfudjte  ßonftantin  fomoljl  jur  Veilegung 
biefeS  ©treiteS  als  jur  Vefeitigung  ber  noch  beftehenben  Unterfcßiebe  in  ber 
Ofterfeier,  maljrfcheinlid)  auf  ben  9tat  beS  |)ofiuS  unb  anberer  Vifchöfe,  ein 
anbereS  Vtittel:  er  berief  eine  ©ßnobe  üon  allen  Vifchöfen  feines  SteidjeS  nad) 
Sricäa  in  Vitljt)nien. 


B.  Das  cvflc  allgemeine  Äonjil  ju  Micäa  325. 

Sitteratur.  —  Sluffer  ben  ©.  349  angegebenen  Sffierfen:  Patrum  Nicaenonun 
nomina,  edd.  Geizer,  Rilgenfeld,  Cuntz,  Lips.  1898.  Revillout,  Le  concile  de  Nicee 
d’apres  les  textes  coptes  etc.  Paris  1899.  Braun,  De  sancta  Nicaena  synodo. 
©mUdie  Siebte  (ßirdjengefd).  ©tubien  IV,  3).  SJtünfter  i.  28.  1898.  Lias,  The  Nicene 
Creed.  London  1897.  Säern oulli,  Sa§  ßonjil  hon  Slicäa.  ffreiburg  i.  23r.  1896. 
©eecf,  Unterfudjungen  zur  ©efd).  be§  nicän.  ÄonjilS  (3eitfdjr.  für  ßirdjengefd).  1896, 
1— 71.  319 — 362).  SBoIff,  Sie  npozdpoi  auf  ber  ©l)nobe  ju  Slicäa  (geitfcijt.  für 
ftrcEil.  Söiffenfcfi-  1889,  ©.  137 — 151).  Bayle,  L’arianismo  e  il  concilio  di  Nicea. 
Milano  1884.  )5unt,  ®ie  Säerufung  ber  öfumen.  ©pnoben  be§  3IItertum§  (ßirc|en= 
gefd).  Slbljanbl.  I  _  [«paberborn  1897],  39—86;  hgl.  Süb.  $heoI.  Ouartalfcjr.  1898, 
©.  391  396) ;  Sie  päpftl.  SSeftätigung  ber  acht  erften  allgemeinen  ©hnoben  (ßirchen= 
gefch.  9Ibl)anbI.  I,  87-121). 

3.  Sm  ©ommer  beS  Wahres  325  üerfammelte  fich  in  Sricäa  baS  erfte 
allgemeine  ^onjil.  Oie  galjl  ber  Vifchöfe,  melche  an  bemfelben  teil- 
nahmen,  flieg  auf  318,  üon  benen  naturgemäß  bie  meiften  aus  bem  Orient 


4.  Ser  SlrianiSmuS. 


353 


waren  Oer  $aifer  f;atte  bie  öffentlidjert  Söagett  unb  Safttiere  ben  Vtfdjöfen 
jur  Verfügung  gefteKt  unb  jugleid)  für  bereu  Unterhalt  wäfjrenb  ber  SDauer 
ber  Verfjanbluttgen  freigebig  Vorforge  getroffen,  fo  bafi  bie  Oetlnatfme  aud) 
ärmeren  Vifdjöfen  mögttdj  war.  ©eitbem  würbe  eS  übttd),  ben  SBifd^öfen  bie 
Vfpaltuug  bon  ©pnoben  i>ur(§  faiferlidje  Vergünftigungen  in  jeher  2Beife  ju 
erleichtern. 

OaS  ^onjit  bon  9iicäa  war  eine  überaus  etjrwiirbige  Verfammlung. 
Viele  Vifdjöfe  waren  $onfefforen  unb  trugen  nodj  bie  ©puren  ber  Seiben  an  ftp, 
bie  fie  in  ber  Verfolgung  erbulbet  hatten,  wie  fßotamon  bon  fperaflea  in  Vgpp= 
ten,  SßapfjnutiuS  aus  ber  ObertpebaiS ,  Spaul  bon  Veocäfarea;  anbere  waren 
berühmt  burd)  SSunbergaben ,  wie  3afob  bon  VifibiS,  ©piribion  aus  ©ppern, 
iJiifoIauS  bon  Vtpra,  SeontiuS  bon  ©äfarea;  Wieber  anbere  burd)  SßeiSpeit 
unb  ©elefjrfamfeit  unb  baS  Vnfetjen  ihrer  Kirchen,  wie  VIejanber  bon  VIe= 
janbrien,  ber  bon  feinem  gelehrten  ©tafon  SItfjanafiuS  begleitet  war,  ©uftatpiuS 
bon  Vnttopien,  VtafariuS  bon  Serufafem,  fUiarceüuS  bott  Vncpra.  StttS  Slfrifa 
war  ©äcittan  bon  $artpago,  aus  ©attten  VifafiuS,  aus  Statten  VtarfuS  bon 
Kalabrien,  aus  ber  pprenäifdjen  tpalbinfel  ©ofiuS  bon  ©orbuba  anwefenb1 2. 
ßepterer  bertrat  nebft  jwei  römifcpen  ^rieftern  Vttou  (VituS,  Viftor)  unb  Vin= 
centiuS  bie  ©teile  beS  ^ßapfteS  ©pfbefter  unb  führte  mit  ipnen  ben  eigentlichen 
Vorfip  bei  ben  Verpanblungen,  wäprenb  ßaifer  ^onftantin,  ber  perfönlid)  er= 
fdjien  unb  eine  Vnfpracpe  an  bie  Vifcpöfe  hielt,  baS  ©prenpräfibium  einnapm 3. 
Unter  ben  Vifcpöfett  macpten  fiep  halb  brei  betriebene  Vnficpten  betreffs  ber 
SogoSfepre  pauptfäcplid)  geftenb:  bie  Vgppter  unb  bie  Vbenbtänber  pietten  feft 
an  bem  einen  götttipen  SBefen,  an  ber  boüen  ©ottpeit  beS  SogoS  unb  an 
beffen  Unterfpieb  bom  Vater ;  bie  Vteprpeit  ber  Orientalen,  barunter  ©ufebtuS 
bon  ©äfarea,  glaubten  jwar  an  bie  ©ottpeit  ©prifti,  pegten  aber,  burd)  Ori= 


1  Sie  3«pl  bon  318  SBifpöfen  ift  allgemein  angenommen  nap  Äthan.,  Ep.  ad  Aft. 
c.  2.  Socr.  1.  c.  I,  8;  IY,  12.  Damas.  bei  Theodoret.  1.  c.  II,  17  (al.  22).  Basü., 
Ep.  114.  Hilar.,  De  syn.  n.  86.  Sulp.  Sever.,  Cbron.  II,  35,  ed.  Halm  p.  89.  Zeno 
Imp.  bei  Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  III,  20.  Ambros.,  De  fide  ad  Gratianum  Aug.  I,  1. 
—  Vlepr  als  250  SBifpöfe  nennt  ©ufebiuS  (Vita  Const.  III,  8),  2ltpanafiu§  (Apol.  c.  Arian. 
c.  23.  25;  De  syn.  Arim.  et  Sei.  n.  43;  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  66)  mef)t  als  300,  ©050= 
menuS  (1.  c.  I,  17)  aber  320,  Speoboret  (1.  c.  I,  6  [al.  7])  pat  318,  naepper  (c.  7  [al.  8]) 
toieber  270.  SEßaprfpeinlip  toaren  im  Anfänge  110p  nipt  fo  niete  SSifpöfe  beifammen  loie 
fpäter,  unb  einige  Slltere  geben  eine  runbe  3aPt  ( Anon .  bei  Mai,  Spicil.  Rom.  YI,  608. 
Gelas.  Cyz.,  Hist.  Conc.  Nie.  II,  5). 

2  Über  bie  Seilnepmer  f.  Athan.,  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  12.  Socr.  1.  c.  I,  8. 
Sozom.  1.  c.  I,  17.  Theodoret.  1.  c.  I,  7.  Rufin.  1.  c.  c.  4  sq. ;  über  Safob  bon  fRifibiS 
Assemani,  Bibi.  or.  I,  17  sq.;  über  SeontiuS  bon  ©äfarea,  ber  auf  ber  3teife  nap  SRicäa 
ben  SBater  be§  ©regor  bon  Vajianj  taufte,  Greg.  Naz.,  Or.  18,  n.  12,  ed.  Par.  I,  338. 

3  Über  ben  Söorfip  auf  ber  ©pnobe  f.  fpefele,  ©onciliengefp.  I  (2.  2lufl.),  38  ff. 
300,  unb  bie  Stbpanbtung  bon  SQöolff  (oben  ©.  352).  ^>ierl)er  gepören  1)  Athan.,  Do 
fuga  c.  5.  Theodoret.  1.  c.  II,  15  über  §>ofiuS;  2)  Gelas.  Cyz.  1.  c.  II,  5;  3)  bie  2tuf= 
jöplung  bei  Socr.  1.  c.  I,  13,  toelpe  aup  fonft  bie  fRangorbnung  genau  einpält;  4)  bie 
Unterfpriften  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  U,  692.  697,  aus  Gelas.  ibid.  p.  882.  927 ;  5)  bie 
2lner!ennung  beS  SöorfipeS  ber  SRömer  aup  bei  fpätcren  ©riepen,  3.  SB.  Phot.,  Ep.  1  ad 
Mich.  n.  6  (too  aber  abfipttip  ber  SBifpof  bon  Veurorn  borangeftettt  ift) ;  Ep.  ad  Zacbar. 
Armen,  n.  9  (luo  ©plbefter  alten  SBifpöfen  borangept.  Migne,  Patr.  gr.  CII,  632.  767). 
fIReprere  ©riepen  nennen  mit  ©ofrateS  fälfplip  SutiuS  ftatt  ©plbefter. 

§ergcntötpcr,  fitrdjengefdjidjte.  I.  4.  Stuft.  23 


354  (Sieg  bet  ßirdje  im  Ütömerreich  urtb  Kampf  gegen  ben  2triani§mu§. 


genes  Beeinflußt,  fuborbinatianifc^e  Bnfcpauungen  über  ben  SogoS,  bem  fie  nicpt 
bie  gleiche  göttliche  2Be[enßeit  mit  bem  95ater  zuertannten  (urientati[c^e  9JtitteI= 
Partei) ;  bie  Anhänger  beS  91riuS,  melcpe  gleich  biefern  in  bem  SogoS  ein  blopeS 
©efcpöpf  beS  BaterS  fallen  unb  ben  SBegriff  ber  ©ottßeit  in  Bezug  auf  (5f)riftu§ 
in  uneigentlicpem  ©inne  auffapten.  91riuS  felbft  mar  auf  ber  ©pnobe  antoefenb 
unb  hatte  in  berfcpiebenen  Konferenzen,  bie  bor  ber  9Infunft  beS  KaiferS  unb 
bor  bem  beginn  ber  eigentlichen  ©ipungen  unter  ©eilnapme  bon  ^ßrieftern  unb 
auch  Saien  abgehalten  mürben  unb  bei  benen  5ttßanafiu§  fiep  befonberS  auS= 
Zeichnete,  (Gelegenheit,  feine  ©ad)e  zu  berteibigen.  Biit  großer  ©ntrüftung  hörten 
bie  fatpolifcpen  Bifcpöfe  bie  Säfterungen  beS  9lriuS  an,  mährenb  ztbeiunbzmanzig 
[ich  ihm  günftig  ermiefen 1.  Rührer  ber  arianifierenben  Partei  mar  (Sufebiu§ 
bon  Bifomebien ,  bon  bem  biefe  auch  ben  tarnen  ©ufebianer  erhielt.  Sn 
ben  Berpanblungen  mit  biefer  Partei  überzeugten  fid)  bie  SSäter  halb  bon  ber 
Botmenbigfeit ,  ihren  ©oppiSmen  bie  beftimmteften  unb  unzmeibeutigften  9IuS= 
Prüde  zur  Bezeichnung  ber  Kirchenlehre  entgegenzufteKen.  ©agte  man  gegen= 
über  ber  arianifchen  Behauptung,  bap  ber  ©opn  auS  nichts  fei,  bon  ihm  aus, 
er  fei  aus  bem  Bater,  fo  marb  es  bon  ben  ©ufebianern  in  bem  ©inne 
aufgelegt ,  bap  ja  auS  (Gott  alles  fei  (1  Kor.  8,  6.  2  Kor.  5,  18);  fcplug 
man  ben  91uSbrud  bor:  ber  SogoS  fei  bie  Kraft  (Gottes,  baS  emige  Bitb  beS 
BaterS,  ihm  in  allem  unb  unterfcpiebSloS  ähnlich,  unberänberlich,  fo  marb  bieS 
mieber  unter  9Bipbeutung  bon  Bibelfteüen  mit  bem  |)intergebanfen  annehmbar 
gefunben,  baff  auch  ber  Btenfch  Bilb,  £)errlicpteit,  Kraft  ©otteS  (1  9Bof.  1,  26. 
1  Kor.  11,  7)  genannt,  in  gemiffem  ©inne  als  unmanbelbar  (Böm.  8,  35) 
unb  emig  (2  Kor.  4,  11)  gebacht  rnerbe,  baff  beim  Propheten  (Soel  2,  25) 
fogar  bie  fieufcpreden  eine  Kraft  ©otteS  peipen.  $ur  beutlicpen  ©rflärung 
ber  Söorte  „aus  bem  Bater"  marb  bie  Raffung:  „aus  bem  233 e f e n  ©otteS" 
unb  zur  91bmepr  meiterer  9IuSflücpte  ber  9IuSbrud  „gleicpmefentlicp" 
(< ofioouatoQ ,  consubstantialis)  gemäplt,  über  ben  pöcpft  maprfcpeinliih  £ofiuS 
fcpon  borper  ftch  mit  ißapft  ©plbefter  unb  mit  bem  Bifchof  bon  Blejanbrien 
berftänbigt  patte.  ©erfelbe  entfpracp  ber  mapren  91nfcpauung  über  baS  Ber= 
pältnis  beS  SogoS  zum  Bater,  mie  biefeS  in  Born  unb  im  Bbenblanb  aü= 
gemein  feftgepalten  mürbe.  ©ufebiuS  bon  ©äfarea  fchlug  ein  ©pmbolum  feiner 
Kirche  bor,  morin  eS  bom  ©opne  piep,  er  fei  (Sott  auS  ©ott,  Sicht  aus  Sicht, 
Seben  aus  Seben,  eingeborener  ©opn,  ©rftgeborener  aller  ©cpöpfung,  bor  allen 
Seiten  aus  bem  Bater  gezeugt ;  allein  fo  gut  auch  baS  meifte  baran  mar,  fo  lonnte 
hoch  91riuS  bon  feinem  ©tanbpunfte  auS  fiep  in  bie  Formel  fügen,  zumal  ba 
er  baS  „gezeugt"  im  ©inne  bon  „gef  cp  affen"  nahm.  91m  beftimmteften 
mar  ber  9IuSbrucf  „g  lei  cp  mef  ent  lieh",  für  ben  fiep  zulept  auch  ber  Kaifer 
fepr  lebpaft  intereffierte.  233o£)l  erhoben  fiep  bagegen  bie  offenen  unb  berfteeften 
Sreunbe  beS  9lriuS  mit  ber  Behauptung,  man  folle  leine  in  ber  ©eprift  niept 
enthaltenen  91uSbrüde  (91grappa)  gebrauchen;  aber  bamit  fpraepen  fie  nur  einen 
bötlig  irrigen  ©runbfap  auS ;  beim  ba  bie  biblifcpe  91uSbruclSmeife  einen  ganz 
anbern  3u>ecf  pat  als  bie  bogmatifepe  Formulierung  bon  feiten  ber  Kirche,  ba 


1  91riu§  giinftige  Bifcpöfe  jäplt  qipiloftorgiuS  (1.  c.  ed.  Vales.  p.  539)  ztoanitg, 
BufinuS  (1.  c.  X,  5)  unb  ©elafiug  (1.  c.  II,  7)  nur  fiebjepn. 


4.  2)er  Arianismus. 


355 


ferner  neue  gönnen  beS  SrrtumS  neue  gönnen  beS  ©egenfa|eS  erheifchen,  fo 
tonnte  eS  nur  barauf  anfommen,  ob  ber  burd)  baS  6/uoouatog  bejeidjnete  Se= 
griff  feinem  gnl)atte  nach  aus  ber  Schriftlehre  abgeleitet  rnerben  tönne,  unb 
bieS  mar,  mie  namentlich  AtljanafiuS  nachmieS,  burchauS  ber  gab U  Oie  Stjnobe 
nat)in  in  ihr  St)mbolum  manche»  aus  ber  gormet  oon  ©äfarea  auf,  fet*te  aber 
noch  bei:  „mäht er  (Sott  bom  mähren  ©ott,  gezeugt,  nicht  ge= 
fchaffen,  mefenSgleid)  bem  Sater",  unb  anathematifierte  bie  S3ehauf)= 
tungen  beS  AriuS,  es  ha&e  eine  3eü  gegeben,  mo  ber  Sol)n  ©otteS  nicht  mar ; 
er  fei  nicht  gemefen,  beüor  er  gejeugt  mar;  er  fei  aus  nichts  gefchaffen  ober 
aus  einer  anbern  $erfon  ober  Söefenljeit  als  ber  33ater;  er  fei  ©efchöpf,  ber= 
änberlich  ober  ber  2BanbeIbarfeit  untermorfen.  Oiefer  ftaren  fachlichen  ©nt= 
fcheibung  moHten  anfangs  mehrere  Sifdjöfe  fich  nicht  untermerfen,  barunter 
auch  ©ufebiuS  bon  ©äfarea,  ber  fid)  §ule^t  fügte,  aber  nachher  in  einem 
Schreiben  an  feine  ©emeinbe  in  hödjft  unreblidjer  SBeife  ben  Sinn  ber  Oefi= 
nition  ju  berflachen  fud)te1 2;  fünf  miberftanben  länger:  ©ufebiuS  bon  Ai£o= 
mebien,  ^heogniS  bon  Aicäa,  9JtariS  bon  ©halcebon  unb  bie  jmei  Ägypter 
OljeonaS  unb  SefunbuS,  meldje  beibe,  auch  nachbem  bie  anbern  fid)  gefügt 
hatten,  bie  Unterfdjrift  bermeigerten ;  biefe  beiben  SBifchöfe  mürben  famt  AriuS, 
beffen  Schriften  baS  $onjil  berurteilte  unb  beffen  Anhänger  ^orphprianer  ge= 
nannt  merben  füllten,  mit  bem  Sanne  belegt  unb  bom  $aifer  mit  Serbannung 
beftraft.  Se|tere§  2oS  traf  brei  ÜRonate  nachher  auch  ben  Aifomebier  ©ufebiuS 
unb  ben  SibjeogniS,  meil  fie  trotj  ihrer  Unterfchrift  baS  Urteil  über  AriuS  nicht 
anerfannten,  Arianer  bei  fid)  aufnahmen  unb  ben  Irrtum  fcfthielten.  So  mar 
ber  fitd)lid)e  ©taube  feierlich  beurfunbet  burd)  baS  allgemeine  ßunjit,  beffen 
©ntfdjeibung  allen  ^Rechtgläubigen  als  unfehlbar,  als  AuSfprucf}  beS  ^eiligen 
©eifteS  galt 3. 

Aud)  anbere  Angelegenheiten  befdjäftigten  baS  nicänifcbe  ßonsil:  neben  ber  Öfter» 
frage  inSbefonbere  ba§  meletianifche  Schisma.  OaSfelbe  fudjte  man  baburch  ju  be» 
fettigen,  bah  bent  SJteletiuS  felbft,  obfd)on  anertannt  marb,  bah  er  eine  foühe  @<h0= 
nuttg  nicht  oerbiene,  ber  bifdjöflidje  Oitel  unb  ber  Aufenthalt  ju  2i)fopoIiS  geftattet,  bie 
Ausübung  ber  Söeihegemalt  unb  ber  guriSbiftion  aber  unterfagt  mürbe ;  ben  oon  ihm 
©emeiljten  geftanb  man  baS  Serbleiben  in  ihren  Ämtern  uad)  ©mpfang  einer  neuen 
(retonjüiatorifdjen)  tpanbauflegung  burd)  ben  ©rjbifchof  oon  Alejanbrien  fomie  ben 
jmeiten  Aang  nach  ben  oon  biefem  ®emeil)ten  ju,  aud)  bie  5D?ögIid)feit  beS  ©inriidenS 
in  bie  burd)  ben  Üob  ber  Unteren  erlebigt  merbenben  Stellen.  Oie  Sartei  3ÜhUe/ 
mie  fid)  halb  banach  hrrauSfteüte,  in  Ägypten  neununbjmanjig  Sifdföfe,  in  Alejanbrien 
allein  acht  anbere  ©eiftlidfe;  aber  biefelbe  oereitelte  ben  mol)lmollenben  ^ßlan  berSpnobe, 
gab  bem  ÜJieletiuS  fpäter  einen  Aadffolger  unb  oerbanb  fich  aufs  engfte  mit  ben 
Arianern,  gn  ähnlicher  2Beife  fud)te  man  aud)  bie  Sooatianer  jur  fird)Iid)en  ©inbeit 
jurüctjuführen ,  oon  benen  ber  Sifcpof  AcefiuS  bem  ©laubcnSbefenntniS  ber  Sater 


1  Athan.,  Epist.  ad  episc.  Aegypti  et  Libyae  c.  21. 

*  Athan.  1.  c.  c.  3.  Theodoret.  1.  c.  I,  12.  Eitseb.,  Ep.,  bei  Migne ,  Patr.  gr. 
XX,  1535  sq. 

3  Constantini  Ep.  ad  Alex.,  bei  Socrat.  1.  c.  I,  9.  Euseb.,  Vita  Const.  III,  20. 
Athan.,  Ep.  ad  episc.  Afr.  Ambros.,  Ep.  21.  Basil.,  Ep.  114  (al.  201).  Isid.  Peius., 
Ep.  IV,  n.  99 :  trövodos  &eö&sv  i/xmeoff^staa.  OixoußsvixTy  aöi/odoz  peiht  )ie  bei  Athan., 
De  syn.  n.  5. 


23* 


356  ©ieg  ber  ßirdje  im  Ctömerreicp  mtb  ßampf  gegen  ben  2lriani3mu§. 


böEig  juftimmte;  man  lief)  ihre  ©eiftlidjen  nadj  einer  ahnlidjen  fmnbauflegung  tote 
bie  EJMetianer  in  i^ren  ©teEen  üerbleiben,  fofern  fie  fid)  nur  in  aßen  ©lüden,  auch 
in  ber  Vuj3pra£t§,  ber  fatfjolifdjen  ^ircfje  untertoerfen  rnoEten.  Sn  betreff  ber  2ln= 
(jünger  be§  fßaulu§  üon  ©amofata  (fßaulianifien)  mürbe  bie  Ungültigfeit  ber  Don 
ihnen  erteilten  Saufe  au§gefprodjen ,  toährenb  fonft  bie  ©ültigfeit  ber  (in  gehöriger 
Sonn  erteilten)  ßetjertaufe  anerfannt  ioarb ;  ihre  ©eiftlidjen,  bie  fonft  üöEig  tabeifrei 
feien ,  foEten  nad)  ©rteilung  ber  Saufe  bie  Höeiljen  wieber  erhalten  ’.  Sm  ganzen 
erlief  bie  ©tjnobe  jtoanjig  DiSgipIinarfanonel ,  bie  mit  bem  ©tjmbolum  unb  ben 
angehängten  ElnatfjematiSmen  fomie  einem  ©tjnobalfdjreiben  an  bie  alejranbrinifdje 
ß’itdje  bie  einzigen  Elf  teuft  üde  bilben,  tueldfie  bie  ©tjnobe  un§  Ijinterlaffen  fiat1  2.  IMfer 
ß'onftantin,  ber  mit  einer  glän^euben  SCRabjIgeit  unb  reichen  ©efdjenten  ben  93ifdf)öferi 
feine  fjtocljadjtung  bezeigte,  erfjob  bie  $onjil§befrete  ju  ©efetjen  feines  9ieidje§. 

C.  Die  ariattifdjeit  iüirren  bis  jmn  fobe  ßou(lautins  b.  @r. 

4.  Die  ©ufeb inner  rnaren  ju  mächtig  unb  ju  jafjlretch,  als  baff  fie 
ben  ^ampf  oöüig  aufgegeben  hätten.  3fjr  ©treben  ging  bafjin,  bie  üerlorene 
©unft  beS  $aifer§  tnieber  ju  gewinnen,  ben  ©djein  ber  fRedjtgläubigfeit  burd) 
blenbenbe  2Iu§brüde  ju  mapren,  roenigftenS  inbireft  bie  Definition  Oon  Oiicäa 
ju  befeitigen  unb  bie  ihrer  ©adje  am  meiften  gefährlichen  Vifdjöfe  31t  ftürjen, 
beten  ©teüen  bann  if)re  ©etreuen  einnefjmen  foEten.  ^onftantinS  ©djtoefier 
^onftantia,  be§  SiciniuS  Söitrne,  ftanb  nidjt  nur  mit  arianifierenben  Vi= 
fdjöfen  in  enger  Sßerbinbung,  fonbern  fie  fjatte  and)  ju  intern  geiftlidjen  Süffrer 
einen  arianifdjen  ^rieftet,  ben  fie  bem  Kaifet  auf  bem  ©terbebette  bringenb 
empfahl,  toobei  fie  gugleicf)  um  ©nabe,  für  51riu§  unb  beffen  2Infjänger  bat. 
©0  rnarb  $onfiantin,  ber  otjnefjin  in  ber  firdjlidjen  2el)re  menig  unterrichtet 
unb  manfelmütig  mar,  aEmäfjlid)  umgeftimmt.  ©djon  328  maren  ©ufebiu§ 
unb  SfjeogniS  au§  ber  Verbannung  jurüdgeutfen  unb  felbft  in  ifjre  S3i§tümer 
mieber  eingefept  morben.  ©ie  fonnten  jtoar  noch  nicht  bie  Vefdjlüffe  be§  nicä= 
nifdjen  ^ongibS  umflogen,  mofjl  aber  fugten  fie  ben  2Iriu§  al§  nidjt  üon  beffen 

1  synod.  de  Melet.,  bei  Socr.  1.  c.  I,  9.  Theodoret.  1.  c.  I,  8  (9).  Gelas. 
1.  c.  II,  33.  Athan.,  Apol.  c.  Arian.  n.  71.  Sozom.  1.  c.  I,  24.  C.  8  de  Novat.,  c.  19 
de  Paulicianis.  §ergenrötfjer,  tphotius  II,  335  ff. 

2  Über  bie  nicänifdjen  ßanoneS  überhaupt  Ogi.  Rufin.  1.  c.  X,  6.  Theodoret.  1.  c. 
I,  8.  Gelas.  1.  c.  II,  30  sq.  fpefele  a.  a.  0.  I,  356  ff.  Sie  Slnnafjme,  baff  früher 
mehr  ßanoneS  emittierten,  ift  unertoeisticfj,  toenn  au<b  fpätere  Orientalen  80—84  zahlen. 
S-  23-  iftomanuS  S.  J.  fanb  unter  EHuS  IV.  bei  bem  foptifefjett  ißatriardjen  einen 
arabifäjen  Kobep  mit  80  ßanone§;  biefen  laufte  naäjljer  3f.  ©.  31  f  fern  an  i  unb  über= 
gab  ihn  ber  tßaticana  {Mai,  Nova  Coli.  X,  Praef.  p.  v).  Sie  inä  Sateinifdje  überfeinen, 
bon  Sr.  SurrianuS  reoibierten  ßanone§  nahm  2X r p h o n §  tpifanu§  in  feine  „@e= 
fdjichte  ber  nicänifdjen  ©tjnobe"  Sud)  III  (SiEingen  1572)  auf,  toorauö  fie  in  bie  ßon= 
jilienfammlungen  übergingen,  ©ine  neue,  genauere  Überfettung  mit  Suhdfeuahme  einer 
anbern  fpanbfchrift  gab  Turrianus,  Append.  ad  lat.  vers.  Const.  apost.  Antwerp.  1578. 
Ser  IDIaronit  9Ibr.  ©djellenfig  fanb  biefe  ßanoneS  nodj  bei  anbern  Orientalen  unb 
ebterte  beren  84  (Sejte  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  II,  982 — 1082).  ©patere  ßanoneS  tourben 
überhaupt  häufig  bem  Elicänum  beigelegt.  Verloren  ift  bie  ©efdjidjte  biefeS  ßonjils  Oon 
mcarutha§  Oon  Sagrit  (@nbe  be§  4.  Sahrhunbertg) ;  tiorfjanben  ift  noch  ba§  um  476  Oon 
©elaftuS  ©h^icenuS,  Söifchof  üon  ©afarea  (t)3aläftina),  üerfahte,  aber  nidit  überaE  glaub= 
toiirbige  Zovray/Ja  r div  xar ä  rqv  iu  Nixaia  äyiav  auvodov  npayßivzutv  in  3  tßüdjern,  tOO= 
oon  baS  2.  Such  bie  eigentliche  ©efdjicpte  enthält  {Mansi  1.  c.  II,  754—946.  Migne, 
Patr.  gr.  LXXXV,  1185-1360). 


4.  Ser  2Iriani§mu3. 


357 


$natpem  getroffen,  im  ^)erjen  gonj  bem  magren  ©tauben  ergeben  unb  ber 
faiferlicpen  ©nabe  miirbig  barjuftelten.  Snjiuifdjen  mar  nach  bem  Sobe  beS 
llejanber  ber  träftige  unb  gelehrte  31 tp an afiuS  im  Sunt  328  auf  ben  atep. 
anbrinifdjen  ©tupt  erhoben  morben,  ein  ÜJtann,  ber  bie  arianiföpe  ^»ärefie  bis 
in  bie  gepeimften  ©eptupfminfet  ju  nerfotgen  unb  ipre  SErugfcplüffe  ju  enttarnen 
befähigt  unb  beftimmt  mar.  Um  fid)  eineg  fo  gefäprticpen  ©egnerS  ju  ent= 
tebigen,  foepten  bie  ©ufebianer  bie  üied)tmä^igfeit  feiner  SBa^t  unb  Söeipe  an; 
aber  biefer  erfte  Ingriff  marb  bureb  ein  entfdjiebeneS  3ellgnig  ber  ägpptifdjen 
33ifcpöfe  jutüdgemiefen  1.  9tun  richtete  ber  9tifomebier  feine  Eingriffe  gegen  ben 
antioepenifepen  23ifd)of  (S  u  ft  a  t  f;  i  it  g ,  ber  fomopt  auf  atg  nad)  bem  ^on^il 
non  üRicäa  feinen  ©ifer  gegen  bie  ariartifefje  Srrtepre  befunbet  fjatte  unb  mit 
©ufebiuS  non  Gäfarea  in  ^antpf  geraten  mar.  Oerfelbe  mürbe  330  auf 
einer  non  bem  fftifomebier  Oeranftaltetcn  ©pnobe  non  2tntiocpien  unter  ber 
Dtnflage  beg  ©abettianiSmuS ,  ber  Uneprerbietigfeit  gegen  $onftantinS  TOutter 
unb  ber  Unjucpt,  in  ber  Spat  aber  megen  feine§  $eftpattenS  am  rticanifcpen 
©tauben  abgefept  unb  Oom  ^aifer  nad)  S'ttprien  berbannt.  SBegen  feiner 
^tbfepung  fam  2Intiod)ien  in  Stufrupr;  bie  fatpotifdfe  ober  nicänifcpe  Partei, 
bie  ©uftatpianer ,  erfannte  feinen  ber  meift  arianifd)  gefilmten  9tad)folger 
beSfetben  an  unb  pielt  getrennte  ißerfammtungen.  OaSfetbe  2oS  mie  ben 
©uftatpiuS  traf  bie  33ifcpöfe  2-tSftepaS  bon  ©aja  unb  ©utropiuS  non 
^Cbrianopet. 

9hm  mottte  ber  9hfomebier,  ber  feine  Partei  beträd)tlid)  berftärft  t)atte,  and) 
bie  Dtüdfepr  beg  9triuS  nad)  2ttej:anbrieu  burepfepen.  guerft  nertangte  er 
burd)  Briefe  unb  ©efanbte  bon  9ltpanafiuS  beffen  SBieberaufnapme ;  nad)  ber 
entfipiebenen  Steigerung  beS  58ifc£)ofg  mürbe  ber  $aifer  baju  gebrad)t,  bem  StriuS, 
ber  im  ©runbe  nur  ein  Opfer  perföntieper  Seibenfcpaften  fei,  geneigtes  ©ef)ör 
ju  bemittigen.  3ÜS  Sirius  auf  bie  erfte  ©iutabung,  an  ben  £)of  ju  fotnmen, 
fei  eS  megen  ^ranfpeit,  fei  eS  aus  Dtiptrauen,  nid)t  erfepien,  forberte  iptt  ber 
$aifer  fetbft  in  einem  Briefe  ba^u  auf.  tJtun  fam  Sirius  mit  feinem  greunbe, 
bem  abgefepten  SDiafon  ©ujoiuS ,  in  bie  neue  £nmptftabt  unb  überreichte  bem 
$aifer  ein  in  pöcpft  bagett  unb  attgemeinen,  fatpolifdp  ftingenben  StuSbrüden 
abgefapteS  ©taubenSbefenntniS,  morin  er  fid)  auf  ben  eigentlid)en  ©treitpunft 
—  bie  SöefetiSgleicppeit  beS  ©opneS  mit  bem  Skter  —  gar  niept  eintiep  unb 
ben  $aifer  bat,  er  möge  mit  töefeitigung  unniiper  fragen  bie  ©inpeit  per= 
ftetten,  fo  bap  alle  miteinanber  nereinigt  für  fein  unb  feines  tpaufeS  SBopl  ju 
©ott  fiepen  fönnten2.  Somit  jufriebengeftellt ,  napm  ber  ^aifer  ben  SfriuS 
in  ©naben  auf  unb  nertangte  non  SttpanafiuS  bie  Stufnapme  alter,  bie  fid) 
an  feine  $ircpe  mieber  anfd)tiepen  roottten,  für  ben  galt  beS  SBiberftanbeS  ipnt 
©träfe  anbropenb3.  Slber  ber  poepperjige  33if<pof  erftürte,  feine  £)irtenpflicpt 
nerbiete  ipm,  Snteprer  in  bie  $ird)engemeinfcpaft  aufjunepmen.  Siefe  geftigfeit 
tnaepte  ©inbrud  auf  $onftantin,  fo  bap  er  für  jept  non  feiner  gorberung 

1  Athan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  6  sq.  Socr.  1.  c.  I,  23. 

2  Symbol.  Arii  bei  Socr.  1.  c.  I,  26,  »o  ba3  yeyevij/jevov  Oom  ©opne  gebraucht  ift 
(factum),  ba§  Icid)t  für  ycyevvrjßi^  (natum)  genommen  toerben  tonnte. 

3  Sen  ©cblufe  beö  faiferlicpen  ©cpreibenS  giebt  Athan.,  Apol.  c.  Ar.  c.  59.  2}gt. 
Sosotn.  1.  c.  II,  22.  Socr.  1.  c.  I,  28.  27. 


358  ©ieg  ber  Kirche  im  SKötnerreicf)  unb  Äambf  gegen  ben  9lrtant§mu§. 


abftanb.  SDefto  größer  war  ber  Sorn  be§  ©ufebiu§  bon  9tifomebien,  ber  bie 
SCReletianer  ju  5Infchulbigungen  wiber  5Xt^anafiu§  aufreizte.  ®ie  bon  ihnen 
erfonnene  Slnflage,  berfelbe  habe  in  tgbbten  eigenmächtig  eine  ganz  nette  5Kuf= 
läge,  bie  Sicherung  bon  linnenen  ©ewänbern  an  ben  $leru§,  eingeführt,  würbe 
bon  zwei  alejanbrinif($’en  ©eiftlichen  am  fwflager  bon  TOfomebien  entfräftet ; 
einige  weitere  33ef<hulbigungen  wiberlegte  SttfjanajtuS  felbft  im  3ahre  332,  al§ 
er  an  ben  £wf  berufen  worben  War,  fo  baf$  fttf)  ßonftantin  bon  feiner  Unfdjulb 
überzeugte  unb  ifm  mit  einem  bie  Umtriebe  ber  DUteletianer  tabelnben,  ehrem 
bollen  ©Treiben  an  bie  5Uejanbriner  entliefe  1. 

5.  2lber  bie  fyeinbe  be§  großen  iÖtanne§  gönnten  ifem  feine  lange  9fuf)e; 
bie  9Jteletianer  brachten  halb  neue  Slnflagen  gegen  ihn  bor.  1)  3n  ber 
ju  feinem  ©firengel  gehörigen  2Jtareoti§  war  ein  Saie,  9tamen§  ^ft^feraS ,  bei 
briefterlidfen  gunftionen  betroffen  worben  unb  featte  burcb  ben  bon  SlthanafiuS 
abgeorbneten  ißriefter  2Jtafariu§  bie  SBarnung  erhalten,  nicht  ferner  burcb  folcfee 
Ufurpation  p  frebeln.  SDarauä  warb  bie  $lage  pfammengefe|t ,  SOtafariuS 
fei  auf  Sefebl  be§  2ttfeanafiu§  an  ben  5lltar  gebrungen,  habe  ihn  umgeftürgt, 
ben  heiligen  $el<b  zertrümmert  unb  bie  heiligen  Südfer  berbrannt.  2)  5tthanafiu§ 
foQte  ben  meletianifdj  gefinnten  23if<bof  5lrfeniu§  bon  ^jfefefele  ermorbet  unb 
beffen  abgebauene  §anb  ju  magiftben  fünften  gebraust  haben.  Sßübrenb 
5lrfeniu§  fich  in  einem  SSerftedf  befanb,  um  bem  ©erücbte  bon  feinem  2obe 
©lauben  ju  berfdjaffen,  zeigten  bie  ©egner  be§  5ltf)anafiu§  öffentlich  eine 
iDtenfcbenbanb,  bie  fie  für  bie  be§  2Irfeniu§  au§gaben.  ©er  ^aifer  felbft  liefe 
bie  ©acbe  unterfuchen,  unb  ebenfo  lieh  2lthanafiu§,  zur  SSerteibigung  aufgefor= 
bert,  nach  bem  inzwifchen  gewedjfelten  93erftecf  be§  5lrfeniuS  forfchen ;  e§  fanben 
fich  auch  Sengen,  bie  bor  bem  (Statthalter  in  ^tlejanbrien  eingeftanben ,  bah 
5trfeniu§  noch  am  Seben  fei.  3)  ferner  foüte  ber  berhafete  S3if<bof  einer  Un= 
Zucf)t§fünbe  fchulbig  fein,  ©dfon  rüfteten  fich  bie  ©ufebianer,  ihn  334  auf 
einer  © t) n o b e  zu  ©äfarea  zu  ftürzen;  aber  9ltf)anafiu§  Weigerte  fich,  h^er 
ZU  erfcheinen ,  unb  brachte  ben  $aifer  zur  ©rfenntniS  ber  meletianifcben  Um= 
triebe,  fo  bah  tiefer  ihm  abermals  in  ehrenboüer  SBeife  fdjrieb. 

S)ie  ©ufebianer  ftellten  fortwährenb  bem  $aifer  bie  Abhaltung  einer 
groben  ©fenobe  zur  §erfteHung  ber  ©intracht  unter  ben  SBifchöfen  al§  not= 
Wenbig  bar  unb  hielten  e§  für  wünfchen§wert,  bah  eine  folche  bor  ber  feier= 
liehen  ©inweifmng  ber  bon  ßonftantin  in  Sserufalem  erbauten  5luferftef)ung§= 
firche,  bie  zur  freier  ber  SEricennalien  (ber  breihigjährigen  Regierung)  beSfelben 
anberaumt  war,  in  ber  iJläbe  ber  heiligen  ©labt  ftattfinbe.  ^onftantin  berief 
unter  SSefteHung  eine§  Weltlichen  SßroteltorS  eine  ©tynobe  nach  StyruS, 
Wohin  auch  5lthanafiu§  fich  Zu  begeben  gezwungen  würbe.  ©§  famen  (335) 
auher  ben  ihr  §aupt  begleitenben  achtunbbiergig  ägiptifcben  53if(böfen  an  fechzig 
?ßrälaten  zufammen,  meift  erflärte  f^einbe  be§  2ttt)anafiu§,  wie  bie  beiben  ©ufebii 
(bon  iJtifomebien  unb  ©äfarea),  $heogni§  unb  9Jtari§,  Urfaciu§  bon  ©ingi= 
bunum ,  S3alen§  bon  93turfia ,  5ßatrobhilu§  bon  ©IfethopoliS ,  $heobor  bon 
§era!lea.  3Jtafariu§,  ber  treue  Sßrieffer  be§  3lthanafiu§,  warb  Wegen  be§  an= 
geblichen  ©afrilegiitmS  in  betten  bor  bie  ©tynobe  gefcblehpt;  bie  ÜOteletianer, 


Athan.  1.  c.  c.  60  sq.  Sozom.  1.  c.  Socr.  1.  c.  I,  27. 


4.  Ser  21riani3mu3. 


359 


inSbefonbere  Sfd)praS  unb  ber  abgefepte  Vifcpof  $allinifus  bon  ißelufium, 
maren  mit  einer  Wenge  bon  2lnflagen  jur  Ipanb,  unb  bie  Eufebianer  maren 
als  Siebter  entfcploffen,  um  jeben  ^3rei§  ben  unerfeprodenen  Verteibiger  beS 
nicäniftpett  ©pmbolumS  Su  ftiirjen.  2Bof)l  mürben  bie  Siebter  unb  bie  3ln= 
fläger  bielfacb  befdfämt;  eS  fiel  bie  Vnflage  auf  Unzucht,  ba  bie  fjerbeigefü^rte 
feile  Oirue  jeigte,  baff  fie  ben  2Xt^anafiu§  nicht  einmat  fannte,  inbem  fie  ben 
ißriefter  OimotheuS,  ber  fie  in  ber  Ufolle  beS  53ifd)of§  befragte,  als  ben  ©cpul= 
bigen  bejeiepnete*  1 ;  aud)  ber  totgefagte  2lrfeniuS  mürbe  borgefiiprt  unb  feine  beiben 
.fpänbe  allen  gezeigt;  bie  Vefcpulbigungen  megen  ©emaltthäügfeiten  mürben 
entfräftet.  5Iber  bie  Eufebianer  beffploffen,  burtp  eine  befonbere  ^Deputation 
an  Ort  unb  ©teile  bie  ©adje  beS  WafariuS  unb  beS  SftppraS  unterfutpen 
ju  baffen,  unb  mäblten  ju  beren  Witgliebern  bie  mütenbften  (Gegner  beS  5ltpa= 
nafiuS.  Unter  bem  Veiftanbe  beS  ^räfeften  ipbdagtius  gemannen  biefe  $om= 
miffäre  geugen,  mie  fie  biefelben  haben  mollten,  liefen  $uben,  Reiben  unb 
^ateepumenen  über  bie  Vorgänge  am  Elitäre  VuSfagen  machen,  unb  »erfuhren 
überhaupt  auf  eine  ganj  fortnlofe  Söeife,  mogegen  bie  ©eifilicpen  bon  2llejan= 
brieit  unb  ber  WareotiS  in  mehreren  (Schreiben  Vermaprung  einlegten,  Ebenfo 
proteftierten  bie  ägt)ptif<pen  Vifcpöfe  ju  OpruS  gegen  baS  gan^e  Verfahren; 
UUepanber  bon  Op  eff  a  Ion  ich  marnte  ben  faiferlicpen  ^ontmiffär  Oionp= 
fiuS  bor  ben  Ungerecptigfeiten  ber  eufebianifepen  Partei;  VtpanafiuS  aber  eilte, 
ba  er  fid)  bon  mütenben  gtinben  umgeben  fab,  nad)  ^onftantinopel,  um  bom 
t^aifer  ©<pup  gegen  bie  ©emalttpaten  ber  £)äretifer  ju  erlangen.  Oie 
©pnobe  aber  erflärte  ihn  feines  Zimtes  für  entfept,  teils  megen  beS  VericpteS 
ihrer  ß'ommiffion  unb  megen  angeblid)  ermiefener  Verbredjen,  teils  megen  feiner 
eigenmächtigen  Entfernung,  berbot  ihm  bie  9tiidlel)r  nach  Vlepanbriett,  nahm 
bie  Weletianer  in  bie  ©emeinfdjaft  auf  unb  belohnte  ben  3fd)praS  mit  bem 
ViStum  feines  $ledenS.  Ein  9tunbfcpreiben  forberte  bon  allen  Vifcpöfen  ben 
Slbbrucp  ber  ©emeinfepaft  mit  3ltpanafiuS.  Von  OpruS  sogen  bie  Eufebianer 
nad)  Serufalem,  feierten  bie  $ird)eneinmeil)ung  mit  groper  Fracht  unb 
hielten  eine  neue  ©pnobe,  auf  ber  fie  bie  SBieberaufnahme  ber  Vrianer  in  bie 
Kirche  befcploffen  unb  einen  ^ßrojep  gegen  ben  Vifdfof  WarcelluS  bon  Vncpra 
einleiteten ,  ber  an  biefer  jmeiten  ©pnobe  feinen  Vnteil  nahm  unb  bie  2Ser= 
urteilung  beS  VtpanafiuS  laut  unb  entfepieben  oermarf. 

6.  Itnterbeffen  mar  fMtpanafiuS  nad)  ^onftantütopel  gefomnten  unb 
patte  bem  $aifer,  ber  ilpn  anfangs  fein  ©el)ör  geben  mollte,  feine  Klagen 
borgebrad)t.  Oiefer  fanb  fein  ©efuip,  in  ©egenmart  feiner  $einbe  bie  Un= 
gereeptigfeit  ipreS  Verfahrens  naiptoeifen  ju  bürfen,  begrünbet,  unb  entbot  bie 
in  OpruS  Versammelten  in  feine  §)auptftabt.  Oie  Eufebianer  liepen  mehrere  ber 


1  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  40  sq.  43  sq.  Socr.,  Hist.  eccl.  I,  28  sq.  33.  Sozom., 
Hist.  eccl.  II,  25  sq.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  I,  30  sq.  Rufin.,  Hist.  eccl.  X,  11.  16. 
Äthan.  1.  c.  c.  71  sq.  77  sq.  84  sq. ;  De  synodis  Arimini  et  Seleuciae  celebratis  c.  21  sq. 
Sic  Slnflage  toegett  Unjucpt  unb  ipre  Sffiiberlegung  buben  Rufin.  1.  c.  X,  17.  Theodoret. 

1.  c.  I,  30.  Sozom.  1.  c.  I,  25 ;  ba§  (StiUfcpmeigen  beS  9ltpanafiu§  ift  leiept  unb  um  fo 
mepr  erflärtiep,  als  er  bie  anbern  Klagen  auep  nur  ftüdptig  berührt  (Apol.  c.  Arian. 
c.  72).  Sie  Umfepr  ber  (Srsäplung  bei  Philostorg.,  Hist.  eccl.  II,  11  ift  toopl  gerabe 
au§  ber  IRicptigteit  ber  bon  SRufinuS  erjäplten  Spatfadpen  ju  erflären. 


360  ©ieg  ber  ßir^e  im  9*ömerretc£)  unb  ßampf  gegen  ben  SlrianiSmuS. 


23ifd)öfe  an  t^re  ©itje  prüdfetfren ;  prn  ®aifer  begaben  fid)  nur  bie  Stfdjöfe 
©ufebiuS  bon  5Rifontebien(  GfufebiuS  bon  (Säfarea  in  ^aläftina,  fJJlariS,  fßatrop^iluS, 
StfeogniS,  UrfaciuS  unb  SßalenS.  Stefe  liefen  je|t  bie  früheren  9tnttagen  fallen 
unb  führten  eine  neue  23efd)merbe,  bie  bier  23tfd)öfe  bezeugen  füllten:  2ltt)ana= 
fiuS  habe  gebrotjt,  bie  ©etretbeauSfuf)t  aus  3Hejanbrien  nad)  bem  Bosporus 
p  berfjtnbern.  ß'onftantin,  ber  fid)  gemöljnt  hotte,  in  bem  berfofgten  Sifdjof 
nur  einen  ^riebenSftörer  p  erbliden,  ber  bannte  it)n  jetjt  olpe  meitereS  ©ef)ör 
nad)  Sri  er,  ohne  febod)  bem  Srangen  ber  ©ufebianer  betreffs  ber  9IuffteIIung 
eines  9tacf)fotgerS  in  Sttejanbrien  nadjpgeben.  Siefer  Umftanb,  bann  bie 
fpcitere  Behauptung  ^onftantinS  II.  mie  and)  eine  Pufferung  beS  ütthanafiuS 
fetbft  haben  ber  Annahme  einige  2öaf)rfd)eintid)feit  bertiehen,  ber  $aifer  habe 
benfetben  nur  für  einige  3e*t  weiteren  9tad)ftet(ungen  entplfen  unb  fid)  felber 
9Iuf)e  berfdjaffen  motten.  Übrigens  bad)te  ^onftantin  I.  bis  turj  bor  feinem 
Sobe  nicht  baratt,  ihn  pritdprufen,  unb  bergebenS  maren  in  biefer  Beziehung 
bie  Sitten  beS  fit.  BntoniuS,  beS  Uterus  unb  ber  Jungfrauen  bon  5ttejan- 
brien.  Ser  epilierte  Bifcpof  marb  p  Srier  mit  Rotier  Achtung  bon  bem  Bi= 
fcpofe  BtapimuS  empfangen,  unb  ber  bort  mofinenbe  ßöfar  ^onftantin  forgte 
freigebig  für  feinen  Unterhalt 1.  Sie  ©ufebianer  aber  hielten  noch  335  eine 
meitere  <5  p  n  o  b  e  j  u  ®  o  n  ft  a  n  t  i  it  o  £  e  I ,  auf  ber  fie  beu  Bifdjof  Marcellus 
bon  Bncgra  megen  Itnetjrerbietigfeit  gegen  ben  $aifer  unb  megen  foärefie, 
bie  er  in  feinem  Kampfe  mit  BfteriuS  unb  mit  (SufebiuS  bon  ©äfarea  funb= 
gegeben  habe,  feines  BmteS  entfetten;  an  feine  ©tetle  fam  ein  gemiffer  Bafi= 
liuS 2.  9iun  füllte  aud)  pm  bottcn  Sriumpt)  ber  Partei  Sirius ,  ber  nad) 
Sttepanbrien  gegangen  mar,  aber  megen  ber  baburd)  entftanbenen  Unruhen  bom 
$aifer  nad)  ber  £auptftabt  berufen  mürbe,  feierüd)  in  bie  ^irdje  mieber  ein= 
geführt  merben.  Sem  frommen  Bifcpof  Btepanber  bon  ßonftantinopel 
marb  ber  Befehl  gegeben,  ihn  aufpnepmen.  Siefer  nahmt,  auf  baS  öufserfte 
bebrangt,  feine  guftudjt  pm  ©ebete.  3HS  ülriuS  336  mit  großem  ©efotge 
burd)  bie  «Stabt  pg,  ereilte  itjn  ein  plöt) lieber  2  ob,  ber  bieten  als  ein 


1  Äthan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  86.  87  (ebb.  Const.  II.  epist.) ;  Hist.  Arian.  ad  mon. 
c.  50.  Socr.  1.  c.  I,  85.  Sozom.  1.  c.  II,  28.  Theodoret.  1.  c.  I,  31. 

2  Schmierig  ift  baS  Urteil  über  BtarcelluS  (bgl.  Bettberg,  Marcelliana.  Gotting. 
1794).  ©ünftig  für  ifjn  finb  baS  ßonp  Don  ©arbifa  (unten  ©.  365),  tflapft  Julius  I. 
(©.363),  9ltf)anafiuS  (menigftenS  bis  344).  ®aS  Sluftreten  feines  ©djüterS  tßpotinuS 
toirfte  fef>r  su  feinen  Ungunften.  ©o  finb  »afitiuS,  §>itariuS,  Gfn'bf°ftDnui§,  ©ulpiciuS 
©eüeruS  gegen  itjn;  tßlpOuS  (Collat.  et  demonstr.  q.  1.4.  8)  3äf)0  ihn  ben  §äretifern 
bei.  »gl.  Epiph.,  Haer.  LXXII.  Hier.,  De  vir.  iU.  c.  107.  Socr.  1.  c.  I,  36,  bgl.  mit 
II,  19.  »gl.  §efele  a.  a.  O.  I,  474  ff.  SQJillenborg,  Über  bie  ©rthobojie  beS 
9Jtarcel£u§  bon  Stncpra.  »fünfter  1860.  3af)n,  »tarcelluS  bon  Slncpra.  ©otpa  1867. 
®em  »tarceltuS  haben  einige  bie  Sehre  beS  Paulus  bon  ©amofata  (Socr.  1.  c.  I,  36. 
Sozom.  1.  c.  II,  32)  jur  Saft  gelegt,  infofern  er  bent  SDtenfdjen  JefuS  ben  SogoS  als 
göttliche  ßraft  einmopnen  lieg ,  anbere  aber  bie  Sehre  beS  ©abettiuS ,  infofern  er  bie 
einige  »erfönlidjfeit  beS  SogoS  geleugnet  habe,  ber  erft  bei  ber  Schöpfung  aus  bem  »ater 
herborgegangen  fei.  »eftimmt  fbraep  fid)  fein  ©djüler  *f?hotinuS  (©.  368)  aus.  »gl. 
Sülpic.  Sev. ,  Chron.  II ,  36 :  Sed  de  Photino  dubium  non  erat  merito  fuisse  dam- 
natum ;  in  Marcello  nihil  tum  damnatione  dignurn  repertum  videbatur.  Hoc  ipsum 
Marcellum  gravabat,  quia  Photinus  auditor  eius  fuisse  in  adolescentia  videbatur; 
c.  37  Wirb  aber  ermähnt,  baff  StthanafiuS  naäfher  bie  ©emeinfdhaft  mit  DJtarcettuS  aufgab. 


4.  Ser  91rtant3mu§. 


361 


Urteil  ©otte§  ersten  unb  manche  2Irianer  jur  iRüdfepr  in  bie  fatpolifcpe  Rircpe 
beftimmte1.  SBalb  barauf  ftarb  and)  ber  podjbetagte  33ifcpof  5IIeranber;  bie 
Slrianer  »nähten  ben  meftflitgen  MaceboniuS,  bie  5?atfjoIifen,  bamaf§  nod) 
bie  Meprjapf,  ben  a  u  I  u  § ,  ber  aud)  in  ber  Srencnfirdje  gemeint  marb. 
3fber  bie  ©ufebianer  berbädftigten  ben  ^aufu§  beim  Raifer  unb  befirittcn  bie 
9ted)tmäfngfeit  feiner  2öapf,  bei  ber  bie  9iecpte  be§  Metropoliten  Opeobor  bon 
£)eraflea  fomie  bie  (angeblidjen)  be§  ©ufebiu§  bon  Mfomebien  mipacptet 
toorben  feien,  morauf  ber  Raifer,  opne  ben  Maceboniu§  anäuerfeitnen ,  ben 
33ifd)of  ^aulua  exilierte 2.  33afb  banad)  (337)  ftarb  Ronftantin,  unb  an 
feinem  ©ofme  Ronffantiu§,  ber  im  Orient  perrfd)te,  patten  bie  Arianer 
einen  ipnen  gan^  ergebenen  ^errfcpcr,  ber  nod)  weit  mepr  al§  fein  23ater 
ju  ©inmifdjungen  in  bie  fircplicpen  Stngetegenpeitcn  geneigt  mar  unb  ba§ 
blinbe  2öerfjeug  ber  eufebiantfdjen  fmfpräfaten  unb  ber  einflufjreiipen  ©u= 
nucpen  mürbe3. 

D.  Der  Arianismns  bis  pir  Sijttniie  inut  ütailanti  (355). 

7.  Oie  brei  ©öpne  Ronftantin»,  mefepe  ba§  9teid)  unter  fiep  geteilt 
patten,  befcploffen  bei  iprer  ßufammenfunft  in  Pannonien  bie  guriidberufung  per 
epilierten  33if<pöfe.  2Ste  Marceßu§,  5l§ffepa§  u.  a.,  burfte  aud)  Sftpanaf  iu§, 
bem  Ronftantin  II.  ein  eprentmße»  ©tpreiben  an  bie  5ffepanbriner  borau§fanbte, 
jurüdfepren.  ©o  fam  er,  nadjbetn  er  bem  Raifer  Ronftantiu§  micberpolt  bor= 
geftellt  morbeu  mar,  naep  einem  ©pil  bon  jmei  Sapren  unb  bier  Monaten  am 
23.  ßtobember  338  jur  größten  f^reube  ber  ägpptifcpen  Ratpolifen  an  feinen 
©ip  juriid.  Salb  banaep  pielten  bie  ©ufebianer  in  Ronftantinopel 
eine  ©pnobe,  melcpe  ben  33ifd>of  ^aulu§  abfepte  (mefepen  RonftantiuS  in 
Retten  naep  ©ingara  in  Mefopotamien  beportieren  tiep)  unb  an  feine  ©tefle 
feinen  Verfolger,  ben  pintcrliftigen  ©ufebiu§  bon  Mfontebicn ,  erpob,  ber  jept 
—  mie  jum  tpopne  auf  bie  nicänifcpen  Ranone§  (can.  15)  —  $um  jmeiten= 
mal  (er  mar  juerft  33ifcpof  bon  33erptu§  gemefen)  fein  33i§tum  mit  einem 
anbern  bertaufepte.  ©benfo  mürbe  nad)  bem  340  erfolgten  Oobe  be»  (Rird)en= 
piftorifer§)  ©ufebiu§  bon  ©äfarea  beffen  ©dpitler,  ber  für  ben  5Iriani§mu§ 
fepr  tpätige  3fcaciu§,  auf  biefen  ©tupf  erpoben.  ©ofort  mürben  bie  33er= 
leumbungen  gegen  3Itpanafiu§,  ber  biefe  33if<pöfe  für  ben  nicänifdjen  ©tauben 
gemann,  erneuert  unb  bermeprt ;  für  bie  5frianer  5Itepanbrien»  marb  spiftuS 
jum  23if<pof  befteöt  unb  burip  ©efunbuS  bon  ^ßtofemaiS  gemcipt;  eine  Rlag= 
feprift  gegen  ben  mächtigen  Slerteibigcr  be§  ipomoufioS  marb  nod)  339  ben  brei 
Raifern  jugefanbt  unb  an  ben  römifipen  ©tupf  eine  ©efanbtfdjaft  abgeorbnet, 
um  bie  Wnerfcnnung  be§  ^ßiftuS  ju  ermirfeit  unb  ben  2Itpanafiu§  ju  berbäeptigen, 
ju  meltpem  33cpufe  and)  bie  llnterfuipungSaften  in  ©ad)en  be»  3fcppra§  bor= 
gelegt  mürben.  3ftpanafiu§,  bem  ^apft  3uliu§  I.  eine  3lbfd)rift  ber  Elften 

1  Über  ben  Sob  beä  SlriuS  bgl.  Athan. ,  De  morte  Arii  c.  2  sq. ;  Ep.  ad  episc. 
Aegypti  et  Libyae  c.  19.  Socr.  1.  c.  I,  37  sq.  Sozom.  1.  c.  II ,  29  sq.  Theodoret. 
1.  c.  I,  24.  Rufin.  1.  c.  X,  13. 

2  Atlian.,  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  7.  Socr.  1.  c.  II,  6  sq.  Sozom.  1.  c.  III.  4. 

3  93on  ßonftantiuä  urteilt  91tpanafiu8  (1.  c.  c.  70):  psr  iAew&spoo  a^parog  .  .  . 

(joükog  zwm  k.Xxö'vziuv  au~6v. 


362  8ieg  ber  ßirtpe  int  Dtömerreiip  uttb  ßampf  gegen  ben  2IrtcmiSmu§. 

mitteifte,  fdjtcfte  ©efanbte  fornopt  natp  9tom  als  an  bie  $aifer  unb  piett  notp 
339  eine  ©9 nabe  ju  9Uejanbrien,  auf  ber  nape  an  punbert  SStfd^öfe  bie 
gegen  ipn  erhobenen  firtplicpen  unb  po!itiftf)en  bnftagen  mibertegten.  Sie  fa= 
tpotifcp  gefinnten  5?aifer  ßonftantin  unb  SfonftanS  patten  ben  bnftagen  ber 
©ufebianer  feinen  ©tauben  geftpenft;  aber  ber  bon  biefen  umgarnte  $om 
ftantiuS  mürbigte  bie  berteibigung  be§  9ltpanafiu§  feiner  beatptung,  ja  er  gab 
fogar  340  ben  in9lntio<pien  berfammeften  ©ufebianern  bie  ©rtaubniS,  beim 
fetben  einen  bacpfotger  31t  befteUen,  looju  ber  gematttpütige  ^appabocier  ©re= 
goriuS  gemäht  marb,  ber  fitp  mit  Ipitfe  be§  ipräfeften  ^ßpitagriuS  in  ben 
befip  ber  $irtpen  ju  fepen  toupte  unb  barin  bie  fcpänbtitpften  ©ematttpaten 
gegen  bie  bem  retptmftpigen  ©rsbiftpof  ergebenen  ®atpotifen  berüben  liep.  ©cpon 
bor  beffen  bnfunft  f»atte  btpanafiuS  fomopt  infolge  ber  bom  f)oftager  au§ 
gefontmenen  bacpricpten  als  einer  päpfttidfen  ^Berufung  f^olge  feiftenb  bie  Üteife 
natp  9t  om  angetreten1. 

Short  patte  auf  bie  batpritpt  bon  ber  bnfunft  ber  bebotlmätptigten  beS 
9ItpanafittS  ber  ^riefter  btafariuS,  ber  an  ber  ©pipe  ber  eufebianifcpen  ©e= 
fanbtfcpaft  ftanb,  feiner  ^ranfpeit  ungeadptet  bie  fftucpt  ergriffen,  mäprenb  feine 
Begleiter,  bie  Siafonen  btartpriuS  unb  IpefpcpiuS,  in  iprer  bertegenpeit  eine 
©pnobe  beantragten,  auf  metcper  fie  bie  betneiSfüprung  gegen  btpanafiuS  am 
treten  mofften.  SutiuS  patte  infofgebeffen  bie  Parteien,  bie  beibe  ipn  bamatS 
atS  9tict)ter  anerfannten,  ju  einer  folgen  ©pnobe  burdp  befonbere  Schreiben 
entboten;  natf)  bem  ©intreffen  beS  btpanafiuS  fanbte  er  bie  ^riefter  ©IpibiuS 
unb  ^pitojenuS  natp  9t  nt  io  cp  ien,  um  bie  ©ufebianer  jum  ©rfcpeinen  gegen 
©nbe  beS  SapreS  340  aufjuforbern.  9tber  biefe,  über  bie  Stntoefenpeit  beS 
btpanafiuS  in  9tom  beunruhigt,  pieften  bie  päpftlicpen  ©efanbten  bis  Januar 
341  jurttcf  unb  gaben  ipnen  jutept  ein  giemlicp  gepäffigeS  ©cpreiben  mit,  morin 
fie  bemerften,  ber  bon  Julius  anberaumte  Sennin  fei  üief  ju  furj,  bie  9teife 
nacp  9tom  bermaten  ipnen  umnögticp,  btpanafiuS  fei  fcpon  burcp  fonjiIiarif(i)e§ 
Urteil  entfept,  eine  bHeberaufnapme  feiner  ©adpe  untergrabe  baS  Stnfepen  ber 
Konsilien.  Sie  paretifdpen  berfaffer  beS  briefeS  befdpmerten  ficf)  auperbem, 
baf  ber  fkpft  nur  an  bie  ©itfebianer,  nicpt  an  affe  ju  bntiotpien  berfammeften 
geftprieben  pabe  unb  bie  ©emeinfcpaft  mit  btpanafiuS  unb  bkrcettuS  ber  ©e= 
meinftpaft  mit  ipnen  allen  borjiepe;  fie  beftritten  jept  fogar,  bap  ber  ^ßapft  in 
ber  ©adje  ritpten  fönne,  ba  affe  bifcpöfe  gfeicp  feien;  toopl  fei  bie  römiftpe 
^ircpe  ein  bfopnfip  ber  bpoftel  unb  eine  btetropote  ber  9tefigion  Don  Anfang 
an,  aber  bie  erften  Verbreiter  beS  ©taubenS  feien  ipr  auS  bem  Orient  jm 
gefommen,  beSpalb  braucptcn  bie  Orientalen  nid)t  surütfguftepen,  meif  bie  &'ircpen 
nid)t  burcp  auSgebepnte  ©renjen  unb  japtreitpe  ©lieber  reicp  feien,  fonbern  bor 
allem  burd)  ®raft  unb  geftigfeit  perborragten ;  ipre  borgänger  auf  ben  ©tüpten 
be§  Orients  pätten  autp  nicptS  gegen  bie  ©pfommunifation  beS  bobatian  in 
9tont  gefagt;  ebenfo  möge  SuliuS  baS  Urteil  ber  orientafiftpen  bifdjöfe  am 
neptnen  unb  nitpt  beeinträchtigen.  SiefeS  antnapettbe  ©tpreiben  bepieft  Julius 
tanger  bei  fiep  gurücf,  opne  e§  befannt  j$u  geben,  inbem  er  notp  bie  9lnfunft 


1  Äthan.,  Apol.  c.  Ar.  c.  3 — 19.  87  (epist.  Constantini  II.).  Theodoret.  1.  c. 
II,  2.  Socr.  I.  c.  II,  3.  Sozom.  1.  c.  III,  2. 


4.  $er  2triani§mu3. 


363 


einiger  Orientalen  erwartete,  ©nblid)  f)ielt  er,  nadjbem  9ItljanafiuS  18  Monate 
in  IRom  gewartet  unb  noch  anbere  berfotgte  orientalifdje  S3ifdt)öfe  (M ar celluS 
non  2lnct)ta,  au  luS  Don  Sfonftantinopel ,  5lSflepaS  Don  ©aja,  SuciuS 
Don  Dlbrianopel)  eingetroffen  waren,  im  @pätf)erbfte  341  eine  r  ö tn i  f  d)  e 
©pnobe  mit  fünf jig  33ifd)öfen,  Weldfe  bie  Unfd)ulb  beS  5ltf)anafiuS  unb  Mar = 
celluS  auSfprach  unb  fie  für  in  if»re  Zimier  wieber  eingefetjt  erftärte.  OiefeS 
©rgebnis  fünbigte  ber  ^$apft  ben  ju  5lntiod)ien  Derfammelten  Orientalen 
(OianiuS  Don  ©äfarea,  glacilluS  Don  5lntiodjien  u.  a.)  in  einem  mit  bem  ©e= 
füf)le  ber  Überlegenheit  unb  ber  höheren  SBürbe  gefdjriebcnen  SSriefe  an.  ©r 
rügt  ben  ungejiemenben  Oon  beS  burch  feine  ©efanbten  übermittelten  ©cpreibenS, 
über  ben  bie  in  9tom  bereinigten  23if<höfe  höchlich  erftaunt  gewefen  feien,  bie 
Prahlerei  unb  ©treitfudjt  ber  ©egtter,  ihre  23erle|ung  unb  hintertiftige  Unter= 
briidung  ber  nicänifcpen  33ef<hlüffe,  ihre  SBerfoIgungSWut  gegen  pflichttreue 
Sifdjöfe,  fowie  ihr  wiberfpredjenbeS  Verfahren:  ihre  ©pnobe  Don  StpruS  folle 
unantaftbar  fein,  währenb  fie  bie  Diel  größere  nicänifcpe  abjufchaffen  trachten; 
baS  3Infehen  eines  23ifd)ofS  folle  unabhängig  fein  Don  ber  ©röfje  ber  ©tabt, 
währenb  man  (©ufebiuS),  nicht  gufrieben  mit  Heineren  Bistümern,  in  größere 
fid)  einbränge.  Oer  $apft  wiberlegt  bie  5luSflüd)te  wegen  beS  9fi<hterfd)einenS 
in  9fotn  fowie  bie  9tnflagen  gegen  SltljanafiuS  unb  ÜT?arcellu§  ausführlich  unb 
ermahnt  unter  Hinweis  auf  bie  in  Sigppten  begangenen  ©ewalttljaten  jur  ©e= 
redjtigfeit  unb  5ur  furcht  bor  ©otteS  ©erid)t.  9IuSbrüdlidj  erflärt  er,  bah 
felbft  im  galle  ber  ©djulb  ber  genannten  39ifchöfe  erft  an  ben  römifchen  ©tuhl 
gefchrieben  werben  müffe  nad)  alter  ©ewohnheit  unb  Don  if)m  aus  baS  ©erecpte 
ju  entfcheiben  fei.  OaS  war  feine  ©ntfd)eibung  nach  bem  ©efcpmade  ber 
Slrianer,  wie  aud)  bie  römifche  ©pnobe  ihnen  nicht  entfpradj:  „Oa  war  fein 
faiferlidjer  ©omeS,  feine  ©olbaten  Dor  ben  Spüren ,  ba  würben  nicht  bie  ©e= 
fchäfte  ber  ©pnobe  nach  faiferlichem  befehle  Dollbracht."  1 

Oie  jur  ©inweilfung  ber  Don  $onftantin  b.  ©r.  begonnenen  prächtigen 
Kirche  in  31  nt  io  d)ien  341  Derfammelten  23if<höfe  (über  neunzig)  waren  in  ber 
Mehrjaljl  rechtgläubig  (weshalb  aud)  bie  Don  ihnen  aufgefteüten  25  OiSjiplinar= 
fanoneS  in  ber  f^olge  ben  gültigen  9ted)t§beftimmungen  angereiht  würben,  ju= 
mal  ba  ber  erfte  berfelben  baS  Oefret  ber  „heiligen  unb  groben  ©puobe  Don 
Mcäa"  einfchärfte) ;  aber  fie  waren  beherrfcht  unb  umgarnt  Don  ber  breiften 
arianifdjen  ÜDfinberheit,  welche  DorjugSweife  auf  Seftätigung  ber  über  9Itf)anafiuS 
Derhängten  9lbfetjung  unb  auf  S3erbrängung  beS  nicänifchen  ©pmbolumS  burch 
anbere,  minber  beftimmte  Formeln  hinarbeitete,  ©egen  DltfjanafiuS  füllten  bie 
ÄanoneS  4  unb  12  bienen,  nad)  bencit  ein  burd)  ein  ^otgil  abgefeßter  33ifd)of, 
falls  er  ohne  fjfreifpredjung  burch  eine  gröbere  ©pnobe  bie  Ohren  beS  ßaiferS 
ju  belöftigen  ober  fein  9lmt  wieber  auSäuübcn  wage,  ol)ne  alle  Hoffnung  auf 
SBiebereinfefsung  abgefeimt  bleiben  follte 2 ;  auch  warb  beftimmt  (5?an.  14.  15), 
bei  geteilter  Meinung  über  einen  angeflagten  33ifd)of  feien  Dom  Metropoliten 


1  Äthan.,  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  11.  33gl.  Ep.  Iulii  ad  Ant.,  bei  Äthan.,  Apol. 
c.  Arian.  c.  21 — 35  ( Jaffe ,  Regesta  n.  32).  Socr.  1.  c.  II,  15.  17.  Sozom.  1.  c.  III, 
7.  8.  10. 

2  33gl.  Can.  apost.  n.  29. 


364  Sieg  ber  $ird)e  im  Vömerreicf)  unb  ßantpf  gegen  ben  SlrianiSmui. 


anbere  Vifdjöfe  jur  ©pnobe  31t  Berufen,  Bei  einftimmiger  Verurteilung  aBer 
fein  anbere»  (Bericht  mehr  anjugeljen.  Von  ben  borgelegten  (Slaubensfortneln 
Beftritt  bie  erfte,  bafj  bie  Verfaffer  Mianer  feien,  ba  fie  als  Vifchöfe  feinem 
^Sriefter  folgten,  unb  Befannte  einen  eingeborenen  ©ofm  (Sotte§,  ber  üor  aller 
^eit  unb  mit  bem  Vater,  feinem  ©i^euger,  jufammen  mar,  burd)  ben  alle» 
getoorben,  ber  $önig  unb  (Sott  Bleibe  in  ©migfeit;  ba§  „gleidjmefentlich"  toar 
ftiUfdjmeigenb  befeitigt.  ©in  jroeite§,  bem  jHfärttyrer  Sudan  3ugefcf)riebene§ 
©pmbolum  fprad)  ben  (Segenfat)  gegen  ©abediu»  au§  unb  ben  (Stauben  an 
ben  eingeborenen  (Sott,  (Sott  aus  (Sott,  bodfommen  aus  bem  Voüfommenen, 
unb  berbammte  bie  arianifdje  Vefjauptung ,  ber  ©ofm  fei  gefdjaffen  mie  eines 
ber  (Sefdjöpfe,  e§  habe  eine  geit  gegeben,  Beüor  er  gejeugt  mürbe.  Md)  in 
einer  britten  unb  bierten  gormel  fprad)  fid)  ba»  Veftreben  au§,  an  bie  nicänifd)e 
formet  fidj  fo  eng  als  möglid)  anjufd)Iie^en,  ohne  jebod)  bie  (Steichroefentlichfeit 
beS  ©ofme§  mit  bem  Vater  ju  befennen;  fie  enthielten  nichts  IpäretifdieS,  gaben 
aber  aud)  nicht  bie  ganje  fatfiolifdie  SÖahrtjcit 1. 

8.  Valb  nach  bem  ^onjit  bott  Mtiodiien  ftarb  (342)  (SufebiuS  bon 
$onft antinopet.  $Da§  fatfjolifd^e  Voff  führte  ben  ißautuS  mieber  in  bie 
$ird)e  ein,  mätjrenb  bie  arianifdje  Partei  unter  Seitung  be»  2heobor  bon 
geraffen  unb  be»  Sdjeogni»  bon  Vicäa  ben  9Va ceboniuS  erhob.  ©§  fam 
barüber  in  ber  ^»auptftabt  31t  Vlutbergiefjen ,  jutnal  at§  $onftantiu§  bie  Ver= 
treibung  beS  Paulus  befahl;  ba§  Volf  leiftete  Söiberftanb  unb  ermorbete  fogar 
ben  baju  abgeorbneten  Vefef)I»f)aber  §ermogene§.  SDer  $aifer  felbft  fam  in 
bie  ©tabt,  lief;  ben  Ißaulu»  neuerbingS  bertreiben,  beftätigte  aber  aud)  ben 
9JIaceboniu§  nicht,  erlaubte  ihm  jebod),  in  ber  $irdje,  in  ber  er  gemählt  morben 
mar,  (SotteSbienft  ju  holten.  Mein  finiter  gelangte  9Vaceboniu§  nad)  einem 
neuen  Vlutbab  in  ben  Vefit;  faft  aller  Kirchen.  Sie  ftet»  rührigen  ©ufebianer 
fudjten  injmifdjen  auch  ben  abenblanbifdjen  Reifer  $onftan§  311  geminnen; 
biefer  aber  mie»  if)re  (Sefanbten  ab  unb  berief  im  ©ommer  343  ben  fdjon 
über  brei  Sjaljre  in  Vom  meilenben  Vtljanafiu»  3U  fid)  nad)  Vtailanb.  ©omohl 
^ßapft  3uliu§  als  £mfiu§  bon  ©orbuba  unb  anbere  Vifd)öfe  hatten  bei  $on= 
ftan»  bie  Veranftaltung  einer  größeren  @i)nobe  3ur  Veilegung  ber  obfdjtoebenben 
©treitigfeiten  beantragt,  unb  biefer  fdjrieb  nun  feinem  Vruber  unb  bemog  ihn, 
ber  Vbfjaltung  einer  großen  © pnobe  311  ©arbifa  (im  öftlidjen  Sdpt'ifum, 
in  ber  804itte  be£  großen  9^eid>eS)  beijufiimmen.  Siefe  fam  aud)  im  ©pätjaljre 
343  3U  ftanbe  unb  bauerte  bis  in  ben  Frühling  beS  folgenben  Sat)re§.  ©ie 
hatte  ben  breifadjen  gifed:  1)  bie  ©treitigfeiten  über  bie  Vbfetjung  mehrerer 
Vifd)öfe  3U  entfdjeiben,  2)  bie  an  bieten  (Seiftlidjen  beriibten  (Sematttljaten  3U 
unterfudien,  3)  bie  falfchen  Vichtungen  in  ber  (SlaubenSfef)re  311  befeitigen  unb 
ber  burd)  bie  bielen  ^ormetn  entftanbenen  Verminung  311  begegnen. 


Formula  Antiocli.  1.  bei  Atlian.,  De  syn.  Arim.  et  Sei.  c.  22.  Socr.  1.  c.  II,  10; 

Form.  Antiocli.  II.  bei  Äthan.  1.  c.  c.  23.  Socr.  1.  c.  Hilar. ,  De  syn.  c.  28.  32. 

Sozom.  1.  c.  III,  5,  bon  einigen  bem  Sudan  äugefcCjrieben  (bgl.  VI  ö  hier,  Manafiul 
II,  57  f.) ,  ber  fcE)on  bei  Sebjeiten  fehl  berbädjtig  toar  {Alex.  Ep.  bei  Theodoret.  1.  c. 
I,  4)  unb  nachher  e§  noch  mehr  burd)  feine  Schüler  ( Philostorg .  1.  c.  II,  14)  tourbe; 

Form.  Antiocli.  III.  bei  Äthan.  1.  c. ;  Form.  Antiocli.  IV.  bei  Athan.  1.  c.  c.  25.  Socr. 

1.  c.  II,  18. 


4.  ®er  3lriani§mu3. 


365 


Bei  bcr  Seibenfcpöftlidpfeit  ber  ©ufebianer,  bie  nur  in  geringer  $apl  (gegen 
ac&tjig)  unb  ungern  nad)  ©arbifa  fiep  begaben,  bei  iprem  SDM^trauen  gegen 
bie  Slbenblänber  (über  neunzig) 1 ,  bei  iprer  engen  Berbittbung  mit  ben  Dom 
$aifer  abgeorbneten  Staatsbeamten  BfufonianuS  unb  $efpdpiu§,  bei  ber  pef= 
tigen  Spannung  ber  ©emüter  mar  eine  Bereinigung  äufjerft  fdjnaer ,  ja  nod) 
eine  Berfdjärfung  ber  Spaltung  ju  befürchten,  ©er  ©pnobe  präfibierte  bei  9Ib= 
tnefenpeit  be§  Zapfte«  ber  bon  jrnei  römifcpen  ^rieftern  umgebene  unb  fftornS 
©teile  bcrtretenbe  tpofiitS  bon  (Sorbuba.  ©pater  als  bie  Bbenblänber  trafen 
bie  Orientalen  ein,  bie  fdpon  untermegS  ju  ^pilippopolis  beftimmte  Bbmadumgen 
unter  fid)  bereinbart  patten ;  fie  fteHten  bie  5Inforberung,  BtpanafiuS,  BfarceüuS 
unb  anbere  auf  orientalifcpen  ©pnoben  abgefe|te  Bifcpöfc  bürften  nicpt  unter  ben 
fftidptern  unb  eigentlichen  ÜJIitgliebern  ber  ©pnobe  ipren  ©ifm  pabcn,  mäprenb 
fie  für  fiep  felbft  biefe  Stellung  als  felbftberftcinblidp  borauSfefmten.  ©a  iprem 
Slitfinnen  nidpt  ftattgegeben  mürbe  unb  eine  Einigung  nidpt  erhielt  marb,  ber= 
liefen  bie  ©ufebianer,  benen  auep  Baien»  bon  Bhirfa  unb  UrfaciuS  bon  ©ingi= 
buttum  fiep  anfcploffen,  unter  nichtigen  Bormänben  ©arbifa  unb  begaben  fiep 
naep  SßpilippopoIiS  jurüd,  mo  fie  getrennte  Berfammlungen  pielten,  aber 
bennod)  ben  ©itel  bcr  ©pnobe  bon  ©arbifa  fidp  beilegten.  tpier  (teilten  fie  ein 
bent  bierten  antiodpenifdpen  entfpredpenbeS  ©pmbolum  auf,  bepanbelten  ben  9Itpa= 
nafiuS,  ben  9Jfarcet(u§  fomie  bie  Bifcpöfe  SßauIuS  bon  ^onftantinopel,  5lSfIepaS 
bon  ©aja,  SuciuS  bon  2IbrianopeI  mie  überfüprte  Berbredper,  fünbigten  megen 
iprer  Slnerfennung  bem  Bifdpofe  §mfiuS  unb  bem  ^ßapfte  Julius  bie  ©emein= 
fdpaft  auf,  erflärten  bie  Bbenblänber,  benen  fie  baS  9fcd)t  abfpraepen,  über  bie 
Orientalen  ju  ridpten,  für  nicpt  gepörig  unterrichtet  unb  baju  böHig  pinter= 
gangen.  9kd)  9Ibfaffung  eines  podpfaprenben  unb  lügnerifdpen  fRunbfdpreibenS, 
baS  auep  an  ©onatuS  bon  ^artpago  gefanbt  marb  unb  ben  ©ona- 
tiften  Bitlafj  gab,  fiep  auf  baS  ßonjil  bon  ©arbifa  31t  berufen,  begaben  fie 
fiep  in  ben  Orient  jurüd,  um  pier  noep  mciter  bie  fatpolifepen  Bifdpofe  ju  bc= 
brängen.  Unterbeffen  patte  baS  mirflidpe  ß'onjil  bon  ©arbifa  nad)  eingepenber 
Unterfudpung  bie  9iidptigfeit  ber  Auflagen  gegen  BtpanafiuS,  BtarceKuS  unb 
BsflepaS  neuerbingS  auSgefprodjen,  ipre  feierliche  2ßiebereinfe|ung  unb  bie  9Ib= 
feijung  ber  an  iprer  ©teile  ernannten  arianifdpen  ©egenbifd)öfe  fomie  bie  @p= 
fommunifation  ber  borjüglidpften  Urpeber  ber  ©irren  angeorbnet  unb  eine 
9fcipe  bon  ©iSjipIinargefetjen  feftgeftcHt,  bon  benen  meprere  gegen  bie  Umtriebe 
unb  Blipbräucpe  bcr  päretifdpen  Bifd)öfe  gerid)tet  roaren.  Unter  attberem  marb 
auep  bie  Berufung  bcr  bon  ipren  BmtSgenoffen  abgefeimten  Bifdpofe  an  ben 
römifd)en  ©tupf  bepufS  ber  Bnorbnung  einer  neuen  Unterfud)ung  ben  Erinnern 
gegenüber  als  juläfftg  unb  gerechtfertigt  erflärt.  ©er  Antrag  auf  eine  auS= 
füprlid)ere  ©laubenSbarftetfung  marb  mit  fluger  Bläfjigung  abgelepnt,  meil  baS 
nicänifcpe  ©efret  genüge  unb  ben  ©egnern  (audp  pier  Briomaniten  genannt), 
bie  fo  pciufig  ipre  Formeln  mecpfcltcn,  fein  Bortoanb  geboten  merben  foKe. 
9lud)  marb  jur  Bered)nung  ber  Ofterfeier  für  bie  nädpften  fünfzig  3apre  eine 
Beftitnmung  getroffen  unb  ein  ausführliches  ©pnobalfdjreiben  abgefafjt,  baS 

1  Socr.  1.  c.  II,  12  sq.  16.  Sozom.  1.  c.  DI,  6  sq.  Theophun.,  Clironogr.,  ed. 
Bonnae  p.  64.  Äthan.,  De  syn.  c.  25 ;  Apol.  ad  Const.  c.  4. 


366  ©ieg  ber  Äird^c  im  fRömerreicf)  unb  Hampf  gegen  ben  ArianiSmuä. 

bie  gludjt  ber  ©ufebianet  unb  bie  S^ätigleit  ber  ©l)nobe  beforach  unb  alle 
latl)oIifd)en  Vifd)öfe  jur  Annahme  unb  Unterzeichnung  ber  Vefdflüffe  auf= 
forberte  \  ©icher  erhielt  biefe  ©t)nobe,  bie  noch  Diele  bifchöfliche  Unter jchriften 
fanb  unb  alg  ein  Komplement  ber  nicänifdjen  betrachtet  mürbe,  ein  groffeg  An= 
feigen  in  ber  Kirche,  menn  (ie  auch  ben  öfumenifchen  Konsilien  nicht  beigejä^It 
morben  ift. 

9.  infolge  biefer  Vorgänge  mar  jurn  erftenmal  eine  ©cheibemanb 
jmifchen  Orient  unb  Dccibent  aufgerid)tet ,  eine  firchliche  Trennung 
jmifchen  ©riedjen  unb  ßateinern  gegeben.  Auch  im  Orient  gab  eg  mol)I  noch 
genug  fatholifche  Vifdjöfe,  mie  Afteriug  aug  Arabien  unb  Atatariug 
(Anb.  Ariug)  aug  5paläftina,  bie  zu  ©arbifa  mit  ben  Abenbtänbern  fid)  ber= 
einigten,  aber  bom  ipofe  exiliert  mürben,  mie  ferner  jene  Vifdjöfe  ÄghPttng, 
Spaläfiina§  unb  ©ppernä,  bie  biefer  ©t)nobe  beitraten;  aber  auf  ber  fDtetjrzahl 
laftete  ba§  3od)  ber  (Sufebianer  unb  beg  unter  ihrem  ©influffe  ftepenben  §ofeg, 
fo  baff  jetzt  nur  menige  fid)  fräftiger  gegen  bie  |)ärefie  ju  erheben  magten, 
beren  Vertreter  im  Orient  eine  fchmere  Verfolgung  gegen  bie  Anhänger  beg 
Aicänumg  erregten.  Aur  öorübergefjenb  mar  Konftantiug  günftiger  für  bie 
Katholifen  geftimmt.  Oie  ©efanbtfdjaft  ber  ©tmobe  bon  ©arbifa,  beftehenb  aug 
ben  f)od)betagten  Vifdjöfen  Vincenz  bon  6apua  unb  ©uphrate§  bon 
Köln,  traf  ben  Kaifer  in  Antiochien,  ©ie  foltte  ihn  bitten,  bie  oerbannten 
Vifchöfe  jurüdsurufen  unb  ben  Staatsbeamten  bie  Vergeroaltigung  in  retigiöfen 
Singen  ju  unterfagen.  Konftang  hatte  ben  ©efanbten  einen  Atilitärbeamten 
unb  ein  fräftigeg,  fetbft  Srofjungen  entljaltenbeg  ©mpfehtungSfchreiben  an  feinen 
Vruber  mitgegeben.  (Sin  bogljafter  Anfchlag  beg  arianifchen  Vifcffofg  ©tephan 
Don  Antiochien  gegen  bie  jmei  lateinifdjen  Prälaten  tarn  zu  Sage  unb  patte 
bie  Abfetjung  beg  Anftifterg  jur  golge,  an  beffen  ©teile  ber  ebenfalls  arianifd)e 
Seontiug  tarn.  Konftantiug,  mopl  bemogett  burd)  bie  ©chanbe,  melche  bie  (Snt= 
bedung  ber  arianifchen  Aanfe  unb  Umtriebe  ber  bie  §ärefie  befchü|enben  £mf- 
partei  brachte,  burch  bie  ©ärung  in  Alejanbrien,  infolge  beren  ber  (Sinbring= 
ling  ©regor  (26.  3;uni  345)  ben  Oob  fanb,  bann  auch  burd)  bie  Haltung 
feineg  bent  AtpanafiuS  fepr  geneigten  Vruberg,  lief)  biele  berbannte  (Seift= 
lidje  jurüdtepren,  unterfagte  bie  meitere  Verfolgung  beg  Attfanafiug  fomie  bie 
Aeubefetjung  feineg  ©tuijleg,  ja  er  lub  julept  ben  berfolgten  Prälaten  in  brei 


1  Äthan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  44 — 50.  Hilar.,  Fragm.  hist.  II  (ed.  Verona  1730), 
1283  sq.  —  Über  bag  ©cfjreiben  an  bie  Atejanbriner  bgt.  Äthan.  1.  c.  c.  41 — 43.  37 — 40; 
ba§  (Schreiben  an  3ßabfi  Sfutiug  lateinifd)  bei  Hilar.  1.  c.  p.  1297  unb  in  ber  Collectio 
Crescon.  (Mansi ,  Conc.  Coli.  III,  40  sq.).  ®ie  oft  mit  Unrecht  beanftanbeten  SBorte 
bc§  letzteren  ©cfireibeng  ( Coustant ,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  395) :  Hoc  enim  optimum  et 
valde  congruentissimum  videbitur,  si  ad  caput,  i.  e.  ad  Petri  sedem,  de  singulis  quibus- 
que  provinciis  Domini  referant  sacerdotes,  finben  in  bieten  firdjlichen  Aftenftücfen  ihre 
ÜtttaUelen,  3.  33.  Conc.  Arel.  ep.  ad  Sylv.  P.  ( Coustant  1.  c.  p.  345  sq.),  Conc.  Eph. 
ad  Coelestin.  P.  ( Coelest .,  Ep.  20,  n.  1  [ibid.  p.  1165]:  ineidv)  iXprjv  anavTa.  dg  yvwffiv 
zrjg  trijg  öaioryrog  ävsvs'/d-rjvai  rd  TtapaxoXou&rjoavTa)  ,  Cyrill. ,  Ep.  ad.  Coelest.  (bei 
Coelest.,  Ep.  8,  ibid.  p.  1085).  Sie  relationes  an  ben  ijlapft  toerben  oft  ermähnt: 
Hamas.,  Ep.  3  (ibid.  p.  481.  488).  Siric.,  Ep.  1,  c.  1  (p.  624).  Innoc.  L,  Ep.  29, 
n.  1 ;  Ep.  30,  n.  2  (p.  888.  896) ;  Ep.  37,  n.  1  (p.  910) :  ad  nos  quasi  ad  caput  at- 
que  ad  apicem  episcopatus  referre.  Ähnlich  Avitus  Vienn.,  Ep.  36. 


4.  ®er  9Iriani3mu§. 


367 


Vriefen  an  fein  ^oflager  ein,  um  bon  ba  aus  ihn  mieber  einjufefeett *.  tiefer 
mar  juerft  in  AaifjuS  in  Oacien,  bann  Oftern  345  in  Aquileja  gemefen,  mo= 
hin  ihn  $onftan§  berufen;  biefen  befugte  er  noch  in  ©atlien ,  fam  bon  ba 
nach  Aom,  um  bon  $apfi  SuliuS  Abfdpeb  ju  nehmen,  ber  iffm  ein  f)erjlid>e§ 
©lüdmunfchfchreiben  an  bie  Alejanbriner  mitgab,  unb  traf  bann  in  Antiochien 
mit  ßonftantiuS  jufammen,  ber  ifjm  jmar  nicht  bie  gemünfcfete  (Segenüberfteüung 
mit  feinen  Anflägern,  mohl  aber  Briefe  an  bie  Beamten  Ägyptens  gut  ©i<he= 
rung  feiner  unbehelligten  Ufüdfel)r  gemährte  unb  bie  ^lagfcferiften  gegen  ihn 
bernichten  liefe.  3n  Antiochien  mufete  AtlfanafiuS  mit  ben  ©uftatfeianern  in 
einem  ^ßribatfeaufe  ©otteSbienft  halten,  ba  bie  Arianer  alle  Kirchen  innehatten. 
Als  ihm  ber  $aifer  ben  SBunfcfe  äufeerte,  er  möchte  in  Alejranbrien  ben  Arianern 
bod)  menigftenS  eine  Kirche  einräumen,  ertlärte  er  fid)  bereit,  falls  biefe  baS= 
fetbe  in  Antiochien  ben  ^atljolifen  gemäferen  moKten,  morauf  aber  bie  Arianer 
nicht  eingingen.  Auf  ber  Höeiterreife  befuchte  ber  grofee  Vifdfof  ^erufalem, 
mo  Vifcfeof  Vfa^imuS  eine  ©pnobe  fetelt,  bie  ebenfalls  bie  Alejanbriner 

gur  fRüdfelfr  ihres  Oberhirten  beglüdmünfcfete.  Am  21.  Oftober  346  traf  ber 

Oulber  nach  fechSfähriger  Verbannung  bei  feinen  (Gläubigen  mieber  ein,  bie  ihn 
mit  3ubel  unb  Vegeifierung  empfingen.  (Sr  ftuhte  mit  ©d)onung  unb  Vtilbe 

bie  ihm  Abgeneigten  gu  geminnen  unb  £)ielt  eine  ©pnobe  gur  Vefräftigung 

unb  Verfünbigung  ber  Vefcplüffe  bon  ©atbifa.  Paulus  bon  $onftantinopel, 
ASflepaS  unb  VtarcelluS  fehrten  auf  ihre  ©tülfle  gutüd.  Auch  bie  beiben  arg= 
liftigen  Arianer  UrfaciuS  unb  ValenS,  bie  eine  anbere  ©trömung  gu  erfennen 
glaubten,  nahmen  in  Aom  ihre  Anflagen  gegen  AthanafiuS  gutüd,  reichten  bem 
Zapfte  eine  AetraftationSfchrift  ein  unb  fuchten  bie  ©emeinfchaft  beS  fo  lange 
bon  ihnen  befämpften  AlejanbrinerS  gu  erlangen1  2.  ©in  glüdlicher  Umfchmung 
für  bie  $atl)olifen  fd)ien  eingetreten. 

10.  Oie  Arianer  blieben  ingmifd)en  nicht  tnüfeig.  Oie  auf  ihrer  an= 
tiocfeenifcfeen  ©pnobe  344  entmorfene  „lange  Formel"  (VtafroftichoS), 
motin  fie  fich  gegen  bie  ©abellianer,  ben  VtarcelluS  bon  Ancpra 
unb  feinen  ©cpüler  5ßh°tinuS,  aber  auch  gegen  mehrere  ©äfee  beS  AriuS 
erflärten  unb  ben  ©opn  als  bem  Vater  in  allem  ähnlich  begegneten 3 * * * * 8, 
fanbten  fie  burch  bie  Vifdjöfe  ©ubojiuS  bon  ©ermanicia,  VtaceboniuS ,  9Aar= 
tpriuS  unb  OetnoppiluS  an  bie  345  gu  Vfailanb  berfammelte  abenblänbifche 
©pnobe,  bie  febod)  biefelbe  nicht  annaljm,  fid)  aber  aud)  gegen  IßhotinuS  erflürte, 
maS  347  mieberholt  marb,  mo  man  bie  borpet  gurüdgetttiefenen  ©efuche  bon 
UrfaciuS  unb  ValenS  ber  römifd)en  ©ntfcpcibung  gemäfe  bemiüigte. 


1  Athan.,  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  18 — 25.  28;  Apol.  c.  Arian.  c.  50 — 54.  57  60; 

Apol.  ad  Const.  c.  3  sq.  31.  Theodoret.  1.  c.  II,  9  sq.  Socr.  1.  c.  II,  22  sq.  28. 

Sozom.  1.  c.  IH,  20  sq. ;  IV,  1.  Lucifer  Cal.,  De  S.  Atlian.  I,  35.  ®afi  ©ubprateS  346 
auf  einer  Kölner  ©pnobe  abgefept  marb,  mürbe  gleich  ber  ßchtpeit  ber  ©pnobataften 
beftritten  bon  f>arfepeim,  Sinterim,  fRettberg,  §efete,  aber  Berteibigt  Bon  Siftor  be  Sud  S.  J. 

(Acta  SS.  Boll.  23.  Oct.)  unb  $riebricp  (ßtrcpengefd).  Seutfcplanbs  I,  271  ff.  277  ff. 

295—300).  Sgl.  §aud,  ßircpeugefcf).  ®eutfd)tanb3  I  (2.  Stuft.  Seipjig  1898),  51. 

s  Athan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  58—60.  Hilar.,  Fragm.  II,  1297.  Socr.  1.  c.  II,  24. 

Sozom.  1.  c.  III,  23  sq.  Sulpic.  Sev.  1.  c.  H,  36  (p.  90). 

8  Über  bie  vExd-smg  paxpocru^og  Bgt.  Socr.  1.  c.  II,  19.  20.  Sozom.  1.  c.  III,  11. 
Athan.,  De  syu.  c.  26.  Hilar.,  Fragm.  V,  n.  4  (p.  1331). 


368  ©«g  ber  ßirtfie  im  tRömerreief)  unb  ßampf  gegen  beit  2Irtcmi§mu3. 


5ß  ß  o  t  i  n  u  § ,  Oiafon,  bann  93ijcl;of  bon  ©irmium,  war  ©djüler  be§  3Jtarcedu§ 
non  Stnctjra.  ©r  unterzieh  jtnifc^en  bem  2ogo§  at§  ber  göttlidjen  Vernunft,  einer 
unperföntidfen  ßraft  ©otte§,  unb  bem  ©ohne  al§  ber  ©inwoßnung  beS  2ogo§  in 
bem  fötenfcßen  2fefu§.  Oer  2ogo§  marb  nad)  SIrt  ber  älteren  (©.  206  f.)  einerseits 
at§  in  ©ott  rußenb ,  anberfeits  als  au§  ißm  nad)  außen  jur  SOßeltfd^öpfung  t>erüor= 
tretenb  gebad)t;  bie  befotibere  tßätige  Söirffamfeit  betreiben  (svsp-yeia  Spaaxix^)  nid)t 
etwa  in  bie  bem  Seibe  ©ßrifti  mitgeteilte  SBefeetung,  fonbern  in  ben  erteucßtenben 
©inftuß  be§felbett  auf  ben  au§  «Seele  unb  Seib  befteßenben  ERenfcßen  Sefu§  gefegt, 
ber  burd)  btefe  ©inwirfung  begnabigt,  über  ade  Sßropßeteu  unb  ©ottgefanbten  er= 
hoben,  ©ßriftu§  unb  (abortierter)  ©oßn  ©otte§,  uneigenttid)  aud)  ©ott  heißt.  2Bie 
ber  ©oßn  erft  feit  ber  ©eburt  3efu  au§  EJtaria  ejiftiert,  fo  ßört  aud)  fein  Dteicf) 
auf  burd)  Qurüdgabe  ber  fperrfdjaft  an  ©ott  (1  $or.  15,  24  f.).  Oiefe  2eßre,  bie 
nidEjtS  oon  ber  Öraperföntid)feit  in  ber  ©ottfjeit  weiß,  ift  mit  ber  be§  Sßaulud 
üon  ©amofata  mie  aud)  mit  ber  be§  ©abeEtu§  nat)e  üertoanbt.  $ßhoiinu§,  um  349 
ober  350  oon  ben  in  feiner  23ifd)of§ftabt  üerfammetten  Orientalen  abgefejjt,  fügte  fid) 
um  fo  weniger,  als  er  in  feiner  Kird)e  feiner  ^Srebigten  wegen  feb)r  beliebt  war;  er 
wanbte  fid)  an  ben  l?aifer  unb  beantragte  eine  öffentliche  ®i§putation  mit  feinen 
©egnern.  Oiefelbe  fanb  in  ©egenwart  faiferticßer  ß'ommiffäre  jwifcßen  ißm  unb  bem 
§albarianer  s-8afiliu§  oon  Slncpra  ftatt  unb  würbe  oon  ©d)neEfd)reibern  aufgegeicf)net. 
$ßt)otinu§  Warb  für  befiegt  erflärt,  feine  Slbfeßung  beftätigt  unb  bie  ©träfe  ber  $er= 
bannuttg  ßingugefiigt.  Stuf  ber  fftucßt  fd)rieb  er  jugteid)  griedjifch  unb  tateinifd)  ein 
33ucf)  gegen  alte  fpärefien,  worin  er  feine  eigene  üerteibigte.  ©eine  SBerurteitung 
warb  355  ju  ERaitanb  wieberßott.  Unter  Julian  burfte  er  nad)  ©irmium  jurüd= 
fefiren ;  aber  ß'aifcr  Stalentinian  oertrieb  ißn  abermatd  364;  er  fiarb  366.  ©§  be= 
ftanb  eine  ©efte  ber  fßßotinianer,  bereu  SEaufe  bie  ©tpnobe  oon  Strle§  (443  ober 
452  can.  16)  für  ungültig  erftarte;  biefetbe  fcßeint  fid)  jebod)  nicht  weit  auSgebreitet 
ju  haben  \ 

fJJod)  günftiger  würben  bie  3IuSfichten  ber  fpäretiter,  at§  ^aifer  $onftan§, 
ber  eifrige  Sefcßüßer  be§  fatßotifdien  ©tauben§,  350  burd)  ben  Ufurpator 
9)tagnentiu§  getötet  tuarb.  Seßterer  fucßte  fid)  in  $gt)pten  Stnßang  ju  öer= 
fchaffen ;  9Itßanafiu§  aber,  ben  and)  Sonftantiu§  bamat§  nocß  feines  Söoßü 
tüoüenS  berfidjerte,  befeftigte,  of)ne  ber  erfahrenen  Unbitben  ju  gebenfen,  ba§ 
SSotf  in  ber  SEreue  gegen  ben  rechtmäßigen  $aifer.  ©teießwoßt  fannen  bie 
Striauer  auf  neue  Stnftagen  toiber  ihn.  9ll§  $onfiantiu§  (©eptember  351)  ben 
Ufurpator  3Jtagnentiu§  befiegt  hatte,  feßte  fich  33aIenS  öon  fDlurfa  bei  bem 
cQ'aifer  in  ©unft  unb  nahm  mit  Urfaciu§  gemeinfant  auf  Slnraten  be»  2eontiu§ 
bon  Stntiocßien  fein  früheres  reumütiges  33efcnntni§  jurüd,  ba§  ihnen  nur  bie 
furcht  bor  bem  ^aifer  tf?onfian§  abgepreßt  haben  foßte.  Seibe  berbanben  fich 
mit  2ß)eobor  bon  fperaUea,  9^arciffuS  bon  Eteronia§,  93aftIiuS  bon  Shtcßra, 
©ubojiu§  unb  anbern  fyeinben  beS  nicänifcßen  ß'onäü»1  2.  Sluf  einer  ©ßnobe 
bon  ©irmium  marb  351  bie  SBerurteitung  beS  ^ßh°tinu§  erneuert  unb  ein 


1  Athan.,  De  syn.  c.  26  sq.  Tlieodoret.,  Haer.  fab.  II,  10.  Socr.  1.  c.  II,  30. 
Sozom.  1.  c.  IV,  6.  Hilar.,  De  syn.  c.  38.  Epiph.,  Haer.  LXXI,  1  sq.  (ebb.  n.  2—6 
bie  ®i§putation  mit  S3afiliu§).  Vigil.  Taps.,  Contra  Arianos,  Sabellianos  et  Photin. 
dialogus  (Bibi.  PP.  Lugd.  VIII,  754).  tpefete,  Sonciliengefcf).  I  (2.  Stuft.),  634  ff. 

2  Über  ben  SSrief  be§  ßaiferg  an  Sttfjanafiuä  bgl.  Athan.,  Apol.  ad  Const.  c.  23; 
Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  24.  Über  Sßatenä  unb  UrfaciuS  bgl.  Athan.  1.  c.  c.  28  sq. 
Sulpic.  Sev.,  Chron.  II,  38. 


4.  Ser  SlrianiSmuS. 


369 


fetjc  allgemein  gehaltenes  ©pmbolum  (baS  nierte  antiodjenifetje)  mit  27  Slna= 
thematiSmen  aufgefteHt ;  bie  nicänifdjc  Sehre,  inSbefonberc  baS  ^omoufioS, 
füllte  banach  möglid)ft  fdmnenb  befeitigt,  ber  fd)roffe  SIrianiSmuS  berbammt, 
ber  ltrfprung  beS  ©olpteS  bottt  Söater  nadjbrüdlicE)  hel'borgehoben ,  im  ganzen 
eine  Dermittelnbe  9tid)tung  jnr  ©eltung  gebracht  werben,  wie  [ie  ben  2öiinfd)en 
beS  ben  „%tremen"  abgeneigten  HaiferS  entfprad) 1.  SaS  meifte  baran  war 
rechtgläubig;  aber  bem  Iatl)olifd)en  ©tauben  gefdjah  nicht  ©eniige,  weshalb 
SltfjanafiuS  bie  Formel  entfepieben  oerwarf  (er  fie  f irmif che  Formel). 

ßonfiantiuS  gab  fiep  ganj  ben  mehr  ober  weniger  arianifcp  gefilmten  §of= 
bifepöfen  hin,  bie  ihn  barum  Willig  auch  als  tperrn  in  ber  Birdie  anerfannten, 
währenb  bie  ^atpolifen  bie  ©elbftänbigfeit  ber  Kirche  bertraten  unb  fo  oft 
feinen  tprannifepen  töefeplen  ju  wiberftehen  fid)  genötigt  fahen.  Sn  noch  grof)= 
artigerem  Sllafiftabe  als  früher  betrieben  bie  £)äretifer  ihre  hinterliftigen  ^ßläne ; 
nicht  blofj  neue  Slnflagen  wiber  ihre  ©egner  würben  erfonnen,  fonbern  auch 
falfcpe  ©epriftftüde  auf  bereu  Soften  in  Umlauf  gefetjt2.  Sn  tRom,  wohin 
S?onftantiu§  im  Frühjahr  352  fich  begab,  war  bem  Zapfte  SnliuS  (f  12.  Slpril) 
am  22.  SJtai  SiberiuS  gefolgt.  Shm,  ber  — -  unbeftritten  in  ben  bier  erften 
Sahren  feines  ^ontififateS  —  fid)  fo  warm  unb  entfehieben  für  bie  ©aepe  beS 
SltpanafiuS  erflärte  unb  bie  ©emeinfepaft  mit  ben  ©egnern  beS  nicänifchen 
^onjitS  berniahen  mieb,  bah  er  felbft  ber  ®aifetin  bie  für  bie  Sinnen  9totnS 
beftinunten  Sllmofen  jurüdfatibte,  inbem  er  fie  an  ihre  arianifdfen  SMfcpöfe  ber= 
wies3,  wagte  man  ein  ©chreiben  beijulegen,  worin  er  bem  SltpanafüiS ,  weil 
er  fid)  nicht  bor  il)m  jur  23erantmortung  geftellt,  bie  ©emeinfdpift  auffünbigte 
unb  fie  ben  ©ufebianern  jufidjerte,  was  Ipnunelweit  bon  feinen  ©efinnungeit 
entfernt  war.  v 

©rfolgloS  fuchte  SltpanafiuS  burd)  mehrere  an  ben  $aifer  abgeorb^ 
nete  53ifcpöfe  SlgpptenS  bie  neuen,  wiber  ihn  borgebrachten  Slnflagen  ju  wiber- 
legen;  nach  bem  ©elbftmorb  beS  SllagnentiuS  (Sluguft  353)  war  ßonftantiuS 
ganj  unb  gar  für  feinen  ©turj  gewonnen.  Sie  neuen  Stnflagcn  waren:  ber 
Sllepanbrincr  habe  £)ah  unb  gwietraept  gtx)ifd)cn  ^onftantiuS  unb  feinem  ber= 
ftorbenen  33ruber  angeftiftet,  ben  Ufurpator  SDtaguentiuS  begünftigt  unb  ihm 
ehrerbietig  gefcpriebeit,  in  einer  noch  nicht  geweihten  Kirche  ©otteSbienft  ge= 
halten,  feine  lirdjliche  ©ewatt  über  beren  ©renjett  hinaus  auSgebel)nt  unb  einer 
S3odabuug  beS  ft'aiferS  nicht  fjolge  geleiftet.  Sluf  beit  SBunfd)  beS  ^kipfteS 
SibcriuS,  ber  biefen  Slnflageit  leinen  ©lauben  beimap,  aber  auch  auf  Srängen 
beS  UrfaciuS  unb  beS  SklenS  fant  353  eine  ©pnobe  ju  ftanbe,  nicht  in 
Slquileja,  wie  eS  SibcriuS  beantragte,  fonbern  inSlrleS,  wo  gerabc  ber  ftaifer 
fich  aufhielt.  Sie  Iper  öerfammelten  23ifd)öfe  würben  burch  bie  Sropungen 
unb  ©ewaltthätigfeiten  beS  $aiferS  fo  eingefd)üchtert ,  bah  fü  Snleüt  bie  33er= 


1  Über  bie  ©pnobe  Don  ©irmiutn  351  Ogi.  Äthan.,  De  syn.  c.  27.  Hüar.,  De 
syn.  p.  1174  sq. 

2  Über  bie  tum  Slriancrn  gefölfepten  Sricfe  Ogi.  Äthan.,  Apol.  ad  Const.  c.  6. 

11.  19. 

s  Über  bie  Ipaltung  beä  Siberiuö  in  ber  erften  3eit  Ogi.  Atlian.,  Hist.  Arian.  ad 
mon.  c.  35  sq.  Tlieodoret.,  Hist.  ecel.  II,  16. 

§ergetirötl)cv,  fiirdjetisefdflid&te.  I.  Stuft- 


24 


370  Sieg  ber  ßtrdje  im  JRömermdj  unb  Äatnpf  gegen  beit  3Irtani§mu3. 


urteilung  beS  SttfjanafiuS  unterfc£)rie6en ,  barunter  fogar  ber  päpftlidje  Segat 
Sßtncenä,  33ifd)of  bon  ©apua;  nur  SßaulinuS  bon  Drier  tütberfianb  unb 
marb  beSfjalb  nach  5|3f)rt)gien  bermiefen.  Sßiele  entfdjulbigten  fid)  bamit,  bajj 
fie  nicht  ben  ©lauben,  fonbent  nur  einen  Vtenfdjen  bermorfen  hätten;  aber 
S5ifd)of  Su  cif  et  bon  ©agliari  tbie»  nad),  bnfs  bie  Verfolgung  beS  VtfjanafiuS 
eine  Verfolgung  beS  fatfjolifdjen  ©laubenS  fei.  ^apft  SiberiuS  bermarf  in 
tiefer  VetrübniS  unb  ©ntrüffung  ben  ©djritt  feine»  ©efanbten  unb  machte  bie» 
allen  Vifdjöfen  funb.  @r  beauftragte  bie  Vifd)öfe  Sit  cif  er  unb  ©ufebiuS 
(bon  Vercetli),  in  Verbinbung  mit  ben  bon  ihm  abgeorbtteten  ©eiftlidjen  bie 
Verfammlung  einer  neuen  ©pttobe  bon  bem  Slaifer  ju  ermitfen.  Slm  £ofe 
ging  man  barauf  ein,  meit  man  jeijt  audj  im  Vbenblanbe  ber  arianifdjen  Partei 
bie  Jjperrfdjaft  fiebern  motlte* 1. 

11.  3n  ©egenmart  beS  ttjrannifdjen  $aiferS  marb  355  bie  ©pnobe 
51t  Vtaitanb  gehalten,  auf  ber  über  300  abenblünbifdje  unb  nur  menige 
morgenlänbifdje  Vifdjöfe  etfdjienen.  Vei  ben  erften  Veratungen  in  einer  Svirdhe 
brattg  ©ufebiuS  bon  Vercetli  auf  Unterjeidjnung  ber  nicänifdjen  Definition, 
unb  Vifdjof  DionpfiuS  bon  Vtailanb  mar  baran,  ben  Vnfang  §u  machen; 
aber  V al enS  entriß  ihm  baS  Vlatt  unb  erftärte,  baS  bürfe  in  feiner  SBeife 
gefdjehen.  Das  ©erüdjt  bon  ber  (Befahr  für  ben  fatfjolifdjen  ©tauben  bradjte 
bie  ©tabt  Vtaitanb  in  bie  größte  Aufregung,  meSfjalb  bie  ©itjungen  bon  ber 
Kirche  in  ben  faiferlichen  ißataft  berlegt  mürben,  mo  ^onftanliuS  §uerft  hinter 
einem  Vorhänge  ben  Verhanbtungen  ju^örte,  bann  fetbft  offen  herbortrat.  3ttte 
füllten  ben  VifjanafiuS  berbammen  unb  mit  ben  Vrianern  in  ©emeinfdjaft 
treten.  VlS  bie  fatfjolifdjen  Vifdjöfe  erftärten,  biefeS  Vnfintten  fei  bem  ^ird>en= 
gef  et)  entgegen,  fagte  ^onftantiuS:  „2ÖaS  id)  miU,  rnup  für  ^irdjengefet)  gelten", 
unb  berief  fidj  auf  bie  fprifdjen  Vifdjöfe,  bie  ganj  feinem  SBitten  folgten,  mie 
aujjerbent  auf  feine  SVaffentljaten  unb  auf  einen  bon  ihm  gehabten  Draum; 
er  bebrofjte  bie  Söiberftrebenben  mit  Dob  ober  bodj  Verbannung.  Vichts 
fruchtete  bie  Vtafjmtng,  er  möge  ©otteS  ©eridjt  fürchten,  nidit  ©eiftfidjeS  unb 
SöeltlicpeS  bermengen,  nidjt  bie  arianifdje  ^järefie  in  bie  ®irdje  einführen. 
Sucifer  bon  ©agliari  marb  nach  ©ermanicia  in  ©prien,  ©ufebiuS  bon 
Vercetli  nach  ©fptljopolis  in  ißatäftina,  DionpfiuS  bon  Vfaitanb,  an  beffen 
©teile  ber  arianifdje  $appabocier  VupentiuS  fam,  ber  nicht  einmal  ber 
lateinifdjen  ©pradje  mächtig  mar,  nadj  ^appabociett  berbannt;  ber  römifdje 
Diafon  £)ifariuS  marb  gegeißelt  unb  ebenfalls  editiert.  Die  meiften  Vifdjöfe 
aber,  barunter  and)  g-ortunatian  bon  Vquiteja  unb  ©aturninuS  bon 
3trle§,  baS  §aupt  ber  arianifdjen  Partei  in  ©allien,  gaben  bie  bom  ®aifer 
berlangte  Unterfdjrift.  Der  $aifer  fafj  in  bem  errungenen  Vorteil  einen  gläm 
jenben,  nach  allen  ©eiten  pin  auSjuitupenben  ©ieg.  Das  Veidj  marb  bon 
einer  ganzen  ©cfjar  bon  ©pähern  unb  Veamten  butdjjogen,  biele  Vifdjöfe  an 
baS  ^joftager  befdjieben  unb  bort  mit  Drohungen  bearbeitet,  bis  fie  fid)  fügten; 
bie  ©tanbljaften  traf  bie  Verbannung.  Den  Staatsbeamten  marb  bie  ©etnein= 
fdjaft  mit  Vtljanafianern  unterfagt,  in  Vlejanbrien  bie  bifdjöflidjen  ©infünfte 


1  Über  bie  >s?pnobe  bort  SltfeS  bat.  Äthan.,  Apol.  ad  Const.  c.  27,  Sülpie.  Stv. 

1.  c.  II,  39. 


4.  35er  Arianismus. 


371 


beit  Arianern  jugemiefen  unb  bon  bem  Erjbifdjofe  bic  Entfernung  au§  bcr 
Stabt  geforbert,  ba  man  bie  3tnt)änglid)feit  be»  SßolfeS  an  ilfn  nod)  freute1. 

33or  altem  fudjte  man  ben  römifdjen  33ifd)of  2ibertu§  ju  gemimten 
ober  ju  [türmen2.  ©ie  Strianer  befdjutbigten  ifjit  ber  unredjtmäfsigeu  2ßeif)e, 
ber  ju  meitgefyenben  AuSbetjnung  feiner  Aed)te,  bcr  33efeitigung  einiger  bem 
Atlfanafiuä  ungünstigen  Urfunben  unb  be§  Ungel)orfam§  gegen  ben  ®aifer. 
2e|terer,  beut  fefjr  mofit  ba§  „übermiegenbc  Anfelfen  be§  23ifd)of§  ber  einigen 
Stabt"  betannt  mar,  ber  alte  befiegt  glaubte,  menn  er  ifjn  übermunben,  fanbtc 
ben  bielbermögenben  Eunuchen  Eufebiu§  nad)  9tom ,  um  ben  2iberiu§  burcf) 
©efdfcnfe  unb  ©rofjungen  jitr  Unterfdfrift  gegen  AttjanafiuS  unb  jur  ©ctncim 
fd)aft  mit  ben  Arianern  ju  bcmegen.  Siberiud  rnie»  biefe  Anträge  mie  bie  ©e= 
fdjcnfe  juriid.  ©er  Eunud)  entfernte  fid)  brolfenb  unb  legte  bie  ©efdjenfe  in 
ber  ^eterSfirdje  nieber,  non  mo  fie  bcr  ißapft  tnieber  jurüdjuftetten  befahl,  ©er 
bcteibigtc  Eunud)  ermirfte  burd)  feinen  33erid)t  ben  faiferlidfen  33efct)t  an  ben 
Stabtprafeften,  ben  ißapft  an  bad  Ipoftager  ju  bringen,  nötigenfatt*  mit  ©e= 
matt.  3>n  9iont  mürben  bie  Anhänger  be§  Siberius  fdtjmer  berfotgt  unb  biefer 
felbft  burd)  2öad)en  in  feinem  33erfet)r  befdjränft.  Enblid)  marb  er  aud  gurdjt 
bor  ber  Siebe  be§  römifd)en  33otfe§  nid)t  offne  SRütje  mitten  in  ber  9iad)t  bon 
tRorn  abgefüffrt  unb  bor  bctt  ^aifer  gebracht ,  bem  er  mit  apoftotifdfem  grei= 
mut  fein  fd)mere§  Uttredjt  bördelt,  inbem  er  ftrf)  bereit  erftärte,  lieber  attes 
ju  erleiben ,  'al§  mit  ben  Ariomaniten  fid)  ju  berbinben.  Er  bertcibigte  ben 
nicänifdjen  ©tauben,  bie  Unfd)ttlb  be§  3Üf)anafiu§  unb  bie  Uuabt)ängigteit  ber 
$ird)e,  beren  ©efetje  ipm  f)öf)er  ftetjen  müßten  al§  bie  Heimat,  ©er  $aifcr 
mottte  it)in  erft  33ebettfjeit  geben,  bie  aber  feinen  Sinn  nid)t  äitbern  tonnte; 
barauf  ber  bannte  ifjn  ^onftantiu»  nad)  33  erb  a  in  ©fjrafieit,  mo  er  bon 
alten  33efannten  unb  greimbett  getrennt  mar.  ©ie  ©etbunterftüimng  be§  $aifer» 
unb  ber  ^aiferitt  roie3  er  entfdjieben  jurüd.  3tud)  £)ofiit§  bon  Eorbuba,  ber 
nat)e  an  Ifunbert  Satjre  alt  unb  tneljr  at»  fedjjig  3at)re  33ifd)of  mar,  marb  au 
ba§  £mflager  berufen,  jmar  borcrft  enttaffen,  aber  infolge  neuer  Aufreizungen 
ber  Arianer  unb  eine§  mutigen  Schreibend  an  ben  ^aifer  nad)  Sirmium  ber- 
bannt.  Atfjanafiud,  bem  ber  ©up  Sprianud  berfprodfen  hatte,  bid  jur 
Aiidfetfr  ber  an  ben  $aifer  abgeorbncten  3lte£anbriner  feine  Birdie  nicht  be= 
unruhigen  ju  motten,  marb  bcffenungead)tct  am  9.  Februar  356  in  ber  &ird)c 

1  Socrat.  1.  c.  II ,  36.  Sozom.  1.  c.  IV,  9.  Athan. ,  Hist.  Arian.  ad  mon. 
c.  31 — 34.  76.  Hilar.,  Ad  Constantium  Aug.  I.  I  (Aligne,  Patr.  lat.  X,  563  sq.). 
Sulpic.  Sev.,  Chron.  II,  39,  ed.  Hahn  p.  92  sq.  Lucifer  Calar.,  De  non  conveniendo 
cum  haereticis ;  Moriendum  esse  pro  Filio  Dei  (Bibi.  PP.  max.  IV  [Lugd.],  222  sq.). 

2  55ie  SIrianer  tagten  (bei  Athan-.,  Hist.  Arian.  c.  35) :  d  röv  Aißipiov  n doaipsv, 
~a^sojg  Tzdvrwv  xpavfjao/xsv  (ibid.  c.  35 — 41).  Über  bie  toeiteren  Vorgänge  ögt.  Ammian. 
Marcell.,  Rer.  gest.  1.  XV,  c.  7:  Liberius,  christianae  legis  antistes,  a  Constantio  ad 
comitatum  mitti  praeceptus  est,  tamquam  imperatoris  iussis  et  plurimorum  sui  con- 
sortium  decretis  obsistens  .  .  .  Hunc  (Athan.)  per  subscriptionem  abiicere  sede  sacer- 
dotali  .  .  .  Liberius  monitus  perseveranter  renitebatur,  nec  visum  liominem  nec  au- 
ditum  damnare  nefas  ultimum  saepe  exclamans,  aperte  sc.  recalcitrans  imperatoris 
arbitrio.  Id  enim  ille ,  Athanasio  semper  infestus ,  licet  sciret  impletum ,  tarnen 
auctoritate  quoque ,  qua  potiores  aeternae  urhis  episcopi ,  firmari  desiderio  nitebatur 
ardenti :  quo  non  impetrato  Liberius  aegre  populi  metu ,  qui  eius  amore  flagrabat.. 
com  magna  difficultate  noctis  medio  potuit  asportari. 


24* 


372  ©ieg  ber  ßirdje  Vömerreich  unb  ßarnpf  gegen  ben  SlrianisntuS. 

be§  S^eonaS  bei  einer  Vigilie  überfallen;  ©olbaten  umzingelten  ba§  ©otte§hau§, 
Pfeile  flogen  in  bie  $ir$e,  Wäprenb  er  rul)ig  auf  feinem  Slfrone  fifeen  blieb 
unb  erft  fiir  bie  Sicherheit  ber  ©laubigen  forgen  wollte,  ©rft  nadjbem  ber 
geäffte  Seil  be§  VolfeS  fid)  berlaufen,  gelang  e§  feinen  greunben,  ihn  mit 
©ewalt  fortjufchleppen  unb  ifm  ben  Rauben  ber  £>öfd)er  p  entreißen,  worauf 
er  an  berfdjiebenen  Orten,  prn  Seil  in  ber  Sßüfte,  fid)  oerborgen  hielt.  3?urd)t= 
bar  war  bie  Verfolgung  ber  ägpptifdjen  ^atpolifen;  ben  alesanbrinifdjen  ©tut)! 
erhielt  ber  Vrianer  ©eorg,  ber  mit  Waffengewalt  fid)  in  ben  Vefife  ber  ®ird)en 
felgte  unb  bie  fd)Werften  Trebel  begehen  liefe.  3n  ©allieit  hielt  356  ©aturnin 
bon  21rle§  mit  Urfaciu?  unb  Valetta  eine  ©pnobe  ju  93 e 5 i e r § ;  £ilariu§, 
feit  350  Vifdjof  bon  ißoitiera,  bertrat  bergeblid)  ben  !atl)olifd)en  (glauben  mit 
allem  Vad)brud;  er  warb  bei  bem  ©äfar  Julian  unb  bann  beim  Inifer  felbft 
angellagt  unb  barauf  nad)  ^ferbgien  berwiefen  x.  Oer  arianifdfe  Oefpoti5mu§ 
war  auf  feinem  ©ipfelpunlt  angefotnmen;  ber  fatfeolifcfee  ©laube  fefeien  geführt1 2. 

E.  Die  Spaltungen  unter  ben  ©egttern  lies  nteiinifdjeit  fioitjtls. 

Sitter atur.  —  ©ummer  u§,  Sie  bomönfianii^e  tßartei  big  jurn  Sobe  be3 
$onfiantiu3.  Seipgig  1900. 

12.  SBäferenb  bie  fpärefie  äufeerlid)  triumphierte,  gab  fid)  immer  mefer  ifere 
innere  gerfplitterung  funb.  Oer  fefeon  längft  borfeanbene  ©egenfafe  jwifdien 
ben  ft r engen  Vrianern  —  welche  bie  2Befen§uttäfenIid)!eit  zwifdjen 
Vater  unb  ©ol)n  unb  be§  letzteren  £)erborgegangenfein  au§  nid)t§  behaupteten 
(bafjer  Vnomöer  unb  ©juf  ontianer  genannt)  - —  unb  ben  §) albarianern 
—  weld)e  ber  Wefen§gleid)l)eit  bon  Vater  unb  ©ofen  fid)  wiberfefeten,  aber 
eine  V3efen§ähnlid)leit  (^omoiufie)  gelten  liefeen  unb  babei  wieber  ber= 
fefeiebene  Formeln  feftpielten3  ■ — ,  bie  jum  Seil  burefe  blofee  Vtifeberftänbniffe 
bon  ben  $atI)olifen  getrennt  waren,  trat  immer  mefer  feerbor. 

Oie  ftrengen  Vrianer,  bie  bor  erlangtem  ©iege  fid)  grofeer  guriidlfaltung 
befliffen  halten,  traten  jefet  lüfen  unb  fd)roff  mit  ihrer  eigentlidfen  Sefere  feerbor. 
51n  ihrer  ©pifee  ftanben  Vetiug,  feit  350  Oiafon  unb  ßeferer  in  2lntiod)ien 4, 


1  Äthan.,  Hist.  Arian.  c.  42.  45.  72  sq.  80  sq. ;  De  fuga  c.  24;  Apol.  ad  Const. 
c.  26.  Vgl.  ben  Vorberitf)t  ber  fyeftbriefe  bet  Sarfoto,  Sie  f^efDVriefe  be§  hü  2ttl)a= 
nafiug,  VifdjofS  bon  2XIe$.  6.  35,  Vr.  XXVII  f.  Sozom.  1.  c.  IV,  10. 

2  Äthan.,  Hist.  Arian.  c.  30.  67  sq.  74.  Lucifer  Calar.  1.  c.  (Bibi.  PP.  IV,  247). 
Hilar.,  Ad  Constantium  11.  2;  Contra  Constantium. 

3  Sulpic.  Sev.,  Chron.  II,  40,  p.  93 :  Interea  Ariani  non  occulte,  ut  antea,  sed 
palani  ac  publice  haeresis  piacula  praedicabant;  quin  etiarn  synodum  Nicaenam  pro 
se  interpretantes ,  quam  unius  litterae  adiectione  corruperant ,  caliginem  quandam 
iniecerant  veritati.  Nam  ubi  öpooomov  erat  scriptum,  quod  est  unius  substantiae, 
illi  0/j.oioumov ,  quod  est  similis  substantiae ,  scriptum  esse  dicebant ,  concedentes 
similitudinem,  dum  adimerent  unitatem  (sc.  bie  Hp.idpsioi,  ' OgoiouaiacrcaL ,  bgl.  Epiph., 
Haer.  LXXIII).  Sed  quidarn  ex  bis  ultra  processerant,  dvop.oiouoiav ,  i.  e.  dissimilem 
substantiam  confirmantes  (sc.  bie  Ä vopotoi,  E^ouxuvrtoi,  ‘ Ezspoucnacrzai .  Vgl.  Epiph. 
1.  c.  LXXVI) . 

4  Sletiug,  genannt  <5  ä&eos,  au§  ©ölefpriett,  3lriftoteIifer  ( Socrat .  1.  c.  II,  35;  IV,  7. 
Theodoret,,  Hist.  eccl.  II,  19,  al.  24.  Philostorg.  1.  c.  III,  16.  27.  Sozom.  1.  c.  III,  15 ; 
IV,  12;  VI,  26),  fchrieb  ein  ouvzaypaztov  {Epiph.  1.  c.  LXXVI,  10.  Mai,  Nova  Coli. 
4 II,  1,  p.  71  sq.  202)  unb  mehrere  Vriefe  an  ßonftantiuS. 


4.  Ser  SlrianilntuS. 


373 


fomie  fein  Sdjüler,  ber  ^appabocier  EunomxuS1,  beibe  SDialefttfer,  ©egner 
ber  SlSfefe,  aber  folgerichtiger  als  bie  anbern  Slrianer,  gemanbte  Sopljiften. 
Sa3  ganze  2Befen  beS  El)riftentum3  lag  ihnen  in  ber  93erftanbeSaufflärung, 
in  ber  theoretifcpen  ErfenntniS  ber  göttlichen  Singe;  baS  SGÖefen  ©otteS  füllte 
bem  menfdjlichen  ©eifte  öoKftänbig  erfaßbar  fein;  baS  Un  gezeugt)  ein  beS 
95 ater 3  al3  abfolute  Einfachheit  marb  al3  ba3  2ßef entliehe  ber  ©ott= 
heit  gebaut,  bem  Sol)n  als  ©ejengtem  bie  ©ottpeit  abgefproepen ,  eine  einige 
3eugnng  al3  miberfinnig  bezeichnet  itnb  ber  ganze  Unterfcpieb  jmifchen  bem 
Sohne  unb  ben  ©efchöpfen  barin  gefunben,  baß  ber  93ater  jenen  unmittel= 
bar,  biefe  mittelbar  erfepaffen  habe.  3nbem  EunomiuS  bie  unterfepeibenben 
fDterfmale  ber  jmei  göttlichen  tßerfonen  mit  ihrem  Söefen  gleiipfepte,  folgerte  er 
aus  ber  SSerfcpiebenpeit  jener  bie  SCßefenSungleicppeit  unb  Unäfmlicpleit  beiber, 
bermarf  baper  ba3  ^omoufton  mie  ba3  Ipomoiufion.  Ser  Sohn  mar  aber 
nach  ihm  nicht  auf  bem  2Bege  [ittlicpen  9iingen3,  fonbern  burep  ben  uranfäng= 
liehen  SBitlen  be3  93aterS  jur  göttlichen  Sßürbe  erhoben  unb  and)  ber  öoTI= 
lommenen  ErfenntniS  be3  IBater»  um  fo  mehr  teilhaftig,  als  ja  beffen  Sßefen 
allen  SÄenfdjen  begreifliip  fein  füllte. 

9Beit  jahlreicper  roaren  bagegen  bie  ^albarianer,  meldje  teils  burep 
ben  9luSbrud  „ähnlichen  SöefenS"  (ö/wioumoQ)  bem  Konzil  öon  Slicäa 
möglitpfi  nahefommen,  ben  SabeüianiSmuS  burdjauS  oermeiben,  teils  aber 
öerblümt  ben  arianifepen  SuborbinatianiSmuS  fefthalten  moHten.  Häupter  ber 
.jpalbariancr  maren  bie  93ifd)öfe  93afiliuS  öon  Slnctjra,  ©eorg  öon  Saobicea, 
Sheobor  öon  öeratlea,  SlujentiuS  öon  fülailanb  u.  a.;  fic  mürben  erft  burch 
baS  Piffne  unb  riidfid)tSlofe  Sluftrcten  ber  9lnomöer  ju  energifepen  Sdjritten 
beftimmt.  9luf  ber  jm eiten  Spnobe  ju  Sirmium  357,  auf  ber  93aIenS 
unb  UrfaciuS,  ^otamiuS  non  Siffabon  unb  ©erminiuS  öon  Sirmium  ben 
größten  Einflufj  hatten,  mürben  ju  ©unften  ber  9lnomöer  bie  nicht  in  ber  Schrift 
enthaltenen  9tu3brüde,  inSbefonbere  baS  ipomoufion  unb  baS  .pomoiufion,  öer= 
boten,  ber  Sohn  (nadj  3ol).  14,  28)  als  geringer  beim  ber  93atcr  unb  biefem 
unterroorfen  begeitpnet  —  bie  5ßerfon,  burch  bie  ber  ^eilige  ©eift  fei  — ,  öor 
ber  Sinnahme  öon  jmei  ©öttern  gemarnt  unb  fo  bie  ^»errfepaft  beS  StrianiSmuS 
angebahnt  (jmeitegormel  öon  Sirmium).  SaSfelbe  gefipah  auf  einer 
antioepenifepen  Spnobe  beSfelben  Jahres  unter  bem  bortigen  93ifd>ofe 
EubojiuS,  ben  93if<pöfen  SlcaciitS  öon  Eäfarea  unb  UraniuS  öon  StjruS.  Sa= 
gegen  öerfammelten  fiep  bie  halbarianifdjen  S3ifcpöfe  im  Oltober  ju  9lnct)ra 
unb  öermarfen  in  mehreren  Slnathematismcn  bie  feproffen  Sehren  ber  Slnomöer, 
inSbefonbere  bie  ^Behauptungen,  ber  Sohn  fei  ein  bloße»  ©efepöpf,  bem  9Befen 
nad)  bem  95ater  unähnlich,  inbem  fie  fiep  auf  bie  früheren  Formeln  öon  3ln= 
tioepieu,  ^hilippopoliS  unb  Sirmium  (gegen  P)otinu3)  ftüßten.  9113  9tbgeorb= 


1  ©unomiuS  (f  395) ,  gegen  ben  SBafitiuS  unb  ©regor  öon  Stpfja  eigene  Söerfe 
verfaßten,  oon  bem  auch  bie  Partei  ben  9tamen  ©unomianer  erhielt  ( Pliilostorg .  1.  c. 
VIII,  12.  18.  Thcodoret.  1.  c. ;  Haer.  fab.  IV,  8.  Socrat.  1.  c.  Sozom.  1.  c.  VI,  26), 
fiprieb  eine  'ix&emg  rfjg  marsa/g  unb  einen  Apologeticus  (H.  Valesius,  Nota  in  Socr. 
V,  10.  Fabric.,  Bibliotli.  gr.  VIII,  262),  bann  kdyoi  n spi  zoü  uloö  (Fragrn.  ex  1.  III. 
Mai  1.  c.  VII,  1,  p.  252).  93gl.  ßlofe,  <Sef(p.  unb  Sehre  be3  ©unomiuS.  fiiet  1833. 
pefete,  ©onciliengcfd).  I  (2.  Stuft.),  668  ff. 


374  Sieg  ber  $ir<äf)e  im  Dtömerreidj  uitb  ßampf  gegen  beit  2lriani§mus. 


uete  biefer  ©rmobe  gingen  ©afiliuS  non  5lnct)ta,  ©uftatf)iu§  non  ©ebafte  unb 
©leufiuS  non  6%icu§  nebft  bem  ^>ofgei[tIt(f)en  SeontiuS  mit  einem  ©tynobaU 
fdjreiben  ju  $onftantiu§  unb  gewannen  ifm  für  ifjre  ©adfe  in  ber  9lrt,  bajj  er 
mit  3urüctnat)mc  bereit»  ertaffener  ©riefe  fidj  su  ©ttnften  ber  2Befen§ü^nIic^= 
feit  be§  ©ol)ne§  mit  bem  ©ater  auSfprad)  unb  nod)  ©nbe  358  eine  neue 
(b ritte)  ©ijnobe  non  ©irmiutn  galten  lief),  weldje  bie  Sefjre  ber  ^>alb= 
artaner  nollftanbig  unb  mit  ©erwerfung  be§  ©uomöiSmu»  nerfünbigte:  ber 
@ol)n  fei  ber  ©d)rift  gemäfj  in  allem  bem  ©ater  äfjnlidj;  bod)  follte 
ber  ben  Saien  unüerftcinblidfe ,  unbiblifdje  ©uSbritd  „SBefen"  (oua'ia)  nöllig 
auf  gegeben  werben  (brüte  Formel  non  ©  i  r  m  i  u  m).  ©teurere  ©unomianer 
würben  nerbannt.  ®ie  9lbfd)riften  ber  ^weiten  firtnifdjen  formet  würben  jur 
©ernidjtung  beftimmt;  auf  ©runblage  ber  l)albarianif(f)en  Selfre  feilten  bie 
©ifd)öfe  fid)  nereinigen  1. 

SDaf;  audj  $af)ft  SiberiuS,  ber  Seiben  ber  ©erbanmutg  mitbe  unb  burd) 
bie  ©ebrangniS  feiner  ©ntjünger  bewogen,  biefer  britten  Formel  non  ©irmium 
enblid)  feine  Unterfdfrift  gegeben  unb  bamit  feine  9iüdfel)t  nad)  9tom  erlauft 
Ijabe,  wirb  non  einigen  ©d)riftfiellern  be»  4.  unb  5.  3aljrf)unbert5  mel)t  ober 
weniger  flar  au»gefürod)en 2 ,  wctlfrenb  anbere,  bei  beiten  man  eine  ©Mitteilung 
t)ätte  erwarten  follen,  nidjt»  barüber  enthalten,  unb  Üfufin  (©nbe  be§  4.  3al)r= 
fmrtbert»)  bereits  fagt,  er  l)abe  nid)t§  ©idfere»  barüber  feftftellen  fönnen,  ob 
SiberiuS  wegen  ©adigiebigfeit  gegen  ^onftantiuS  ober  au§  ©üdfidjt  be§  festeren 
gegen  bie  Ütömer  auS  ber  ©erbannung  jurüdgefeljrt  fei 3 4.  3)a§felbe  Urteil  gilt 
auch  Ijeute  nod).  ©tiein  wenn  and) ,  Wa§  am  waf)rfd)einlid)ften  ift ,  SiberiuS 
in  irgenb  einer  SBeife  ben  ©emiarianern  gegenüber  nadjgiebig  war  unb  bie 
britte  firmifdie  Formel  unterjeidjnet  l)at,  fo  Ijat  er  bamit  feine  ©lauben§= 
entfd)eibung  erlaffen,  feine  Srrlefjre  ber  $ird)e  aufgebrängt,  fonbern  blofj  jur 
SöieberfjerfteHung  ber  firdflidjen  ©emeinfdjaft  mit  ben  ©emiarianern,  bie  grofeem 
teils  bem  ©icänum  fel)t  nalfe  ftanben,  ein  ju  weitge^enbeS  ©ntgegenfommen 
gezeigt,  oljne  ben  feften  ©laubeit  an  bie  ©ottljeit  be»  SogoS  in  ^rage  ju  (teilen. 
ßonftantiuS  lief?  ben  ßiberiuS  juriief feeren,  Wäfjrenb  ber  ©egenbifdwf  ^eliy  aus 
ber  ©tabt  Oertrieben  warb.  9lud)  üoit  bem  greifen  |)oftu§  warb  behauptet, 
baff  er  bie  ©erbammung  be§  ^>oirtoufio§  unterfdjrieben  l)abe i. 


1  Äthan.,  De  syn.  c.  28.  Socrat.  1.  c.  II,  30.  Hilar.,  De  syn.  c.  11. 

2  Äthan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  89  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXV,  409);  Hist.  Arian. 
ad  mon.  c.  41  (ibid.  p.  741).  Hilar.,  Contra  Constautium  c.  11  {Migne,  Patr.  lat. 
X,  589).  Philostorg. ,  Hist.  eccl.  IV,  3  [Migne,  Patr.  gr.  LXV,  517).  Faustini  et 
Marcellini  Libellus  precum,  Praefatio  {Migne,  Patr.  lat.  XIII,  81).  Sozom.  1.  c.  IV,  15 
{Migne,  Patr.  gr.  LXVII,  1176). 

3  Rufin.,  Hist.  eccl.  I,  27  {Migne,  Patr.  lat.  XXI,  493). 

4  S3on  §ofiu§  fügt  6utpiciu3  ©eberu3  (Cliron.  II,  40,  p.  93  sq.) :  Osium  quoque 
ab  Hispania  in  eandem  perfidiam  concessisse  opinio  fuit,  quod  eo  mirum  atque 
incredibile  videtur,  quia  omni  fere  aetatis  suae  tempore  constantissimus  nostrarum 
partium  et  Nicaena  synodus  auctore  illo  confecta  habebatur,  nisi  fatiscente  aevo 
(etenim  maior  centenario  fuit)  deli raverat.  Optat.  Milev. ,  C.  Parmenian.  Donat. 
I,  4:  Si  tarnen  Osius  ab  Hispanis  damnatus,  a  Gallis  est  absolutus;  sic  fieri  po- 
tuisse ,  ut  falsis  criminationibus  Hispani  circumventi  et  callida  fraude  insidiarum 
decepti  contra  innocentem  ferrent  sententiam,  et  postea  pacifice  in  liumilitate  chri- 
stiana  cederent  sententiae  collegarum,  quibus  illius  innocentia  comprobata  est.  Sögt. 


4.  Ser  2tnaniämu£>. 


375 


13.  Um  bcn  fyrtcben  urtb  bie  ©intradg  unter  ben  Parteien  im  Orient 
unb  Occibent  ju  befeftigen,  beabfidjtigte  $onfiantiu§  bie  Beranftaltung  einer 
neuen  großen  <©pnobe,  junädjft  ju  9Iicäa,  gegen  mctd)e  ©tobt  aber  Bafitiu» 
non  21ncpra  mar,  bann  ju  9lifomebien ,  ma§  bie  ßerftörung  ber  «Stabt  burd) 
©rbbeben  unb  geuer  am  24-.  2Iuguft  358  nereitette.  3t ad)  neuen  Beratungen 
mürbe,  meit  bie  2Inomöer  eine  Bereinigung  ber  §al;IreicE)en  Orientalinnen  )palb= 
arianer  mit  ben  tat^olifdjen  2tbenbtänbern  befürchteten,  bie  2Ibhattung  jmeier 
getrennter  ©pnoben  befdfloffen:  für  bie  Biorgentänber  ju  ©eteucia  in  gfaurien, 
für  bie  2Ibenbtänber  ju  9t i mini  in  Italien.  Baten§  unb  Utfaciu»,  bie  auf 
biefen  Befchtufi  ben  größten  ©influf)  geübt  fjatten ,  festen  e§  and)  burd), 
baff  borf)er  eine  ber  SDoppetfpnobe  ooräutegenbe  gormet  entmorfen  mürbe,  meine 
ben  ©emiarianern  annehmbar  erfdieinen  foüte,  ohne  bie  ©ad)e  ber  Bnomöer 
ju  beeinträchtigen.  9t ad)  tangeren  Berpanbtungen  tarn  bei  ben  ju  biefem  33e= 
I)ufe  berfammelten  Bifcpöfen  beiber  Seite  am  22.  5Dtai  359  bie  Dort  9Jtarfu§ 
üon  9t  r  et  huf  a  berfafite,  ber  brüten  bermanbte  bierte  firmifd)e  gönnet 
jur  Annahme,  meld)e  ben  ©ot)n  at§  in  altem  bem  Bater  ähnlich  erftärte 
unb  bie  Befeitigung  be»  B3orte§  SBefen  (odoia)  anorbnete.  S>a§  ©anje,  bon 
beibeti  Seiten  berfdjieben  berftanben  (mie  benn  Bafitiu»  bon  2tnct)ra  für  fid) 
herborhob:  bie  9thnlid)feit  be»  ©otjne§  mit  bem  Bater  beziehe  fid)  nicht  btofj 
auf  ba§  Söotten,  fonbern  auch  auf  ba»  ©ein),  bon  ben  £)atbarianern  iiber= 
hau-pt  mit  Btifftrauen  betrachtet,  mar  ein  2öerf  ber  §ofpoIitif,  in  ©egenmart 
be»  $aifer§,  ganj  in  ber  gönn  ber  meltlidjen  9tftenftüde  unb  mit  fotdien 
©nmeineteien  gegen  SlonftantiuS  abgefapt,  bafj  2tthanafiu§  leicht  geigen  tonnte, 
mie  biefe  ^ofttjeotogen  bem  $aifer  guerfanuten,  ma§  fie  ©hrifto  abfpradjen.  gn 
9t  im  in  i  fanben  fich  über  biertjunbert  Bifchöfe  ein,  barunter  9teftitutu§  bon 
Karthago,  fpt)öbabiu§  bon  2tgen,  ©erbatiuS  bon  Songern ;  gegen  adptgig  maren 
arianifd)  gefilmt,  ihre  Häupter  maren  Urfaciu»,  Baten§,  ©erminiu§  unb  9tujen= 
tiu»,  unb  ihnen  ftanb  ber  fßräfeft  Sauru§  gur  ©eite,  bem  für  ben  galt  be» 
©etingen§  ber  faifertidjen  Sßlöne  ba§  Äonfutat  berpeifien  morben  mar.  Baten§ 
unb  feine  ©enoffen  empfahlen  bringenb  bie  2tnnahme  ber  mitgebrachten  firmifdjen 
gormet;  bie  latpotifdjen  Bifdjöfe  aber  forberten  bie  Berbammung  ber  arianifdjen 
grrtepre  unb  beträftigten,  al§  bie  ©egner  nicht  barauf  eingingen,  bie  nicänifdjen 
Befd)tüffe  fomic  ben  ©ebraud)  be»  233orte§  ouota,  inbem  fie  gugteid)  bie  SÖort- 
füprer  ber  tpäretifer  für  abgefept  erftärten.  Beibe  Seite  hielten  nun  getrennte 
3ufammenfiinfte  unb  fartbten  2tbgcorbnete  an  ben  $aifer.  UrfaciuS  unb  Baten» 


©am§,  fiirdengefdidte  Spaniens  II,  137—309.  Über  §ofiu3  mürben  ähnlid&e  ©e= 
rüdjte  mie  über  SiberiuS  Oerbreitet  unb  geglaubt  ( Socrat .  1.  c.  II,  31.  Sozorn.  1.  c. 
IV,  12).  Sie  Stngabe ,  bafj  er  Sßerfaffer  ber  jtoeiten  firmifden  Sformel  toar  {Eilar., 
De  syn.  c.  11),  ift  fidjer  nur  burd  $interlift  oerbreitet  morben.  ßpiphaniuä  (Haer. 
LXXIII,  14)  unb  tppbabiuS  oon  Stgennum  (C.  Arianos  c.  23  [Migne ,  Patr.  lat. 
XX.  30])  fefcen  bie  Oon  $ofiu8  ber  jtoeiten  firmifden  formet  gegebene  Unterfdrift 
OorauS.  3n  ben  ©drifte»  bc§  StthanafiuS  toirb  ba8  Badgeben  be§  $ofiu3  fogar  häufiger 
ermähnt  atä  ba3  bc3  SiberiuS:  Apol.  c.  Arian.  c.  89;  De  fuga  c.  5  helfet  e3,  §ofiu3 
habe  momentan  nadgegeben;  Hist.  Arian.  ad  mon.  c.  45:  §>ofiu§  höbe  fid  Jur  ©e= 
meinfdaft  mit  UrfaciuS  unb  töalenS,  nidt  aber  jnr  Unterfdrift  gegen  SitfjanafiuS  be-- 
toegen  taffen,  in  feinem  Seftamente  bie  ihm  jugefi'tgte  ©etoalt  hcrüorgehoben,  ben  SIrianiS« 
ntu3  aber  feierlid  oerbammt. 


376 


Sieg  her  Ätrdje  im  Üiömerreidj  unb  ßantpf  gegen  beit  Arianismus. 


famen  ben  ©efanbten  ber  fatlfolifden  Vifdöfe  gubor  unb  bemirften,  bafj  ber 
$aifer  biefelben  ntd)t  bortief),  fonbern  ilfnen  in  Abrianopel  31t  warten  befahl, 
big  er  geit  finbe.  ©ie  mürben  bann  burd)  ade  mögtidjen  Mittel  bearbeitet 
unb  bat)in  gebraut,  baj)  fie  gu  Aife  in  Ofjrafien  mit  ben  Arianern  in  ©e= 
meinfdaft  traten  unb  (Oftober  359)  ein  bem  testen  firmifden  gang  äljnlideg 
Formular  itnterfdrieben ,  worin  jebe  Veftimmung  übet  bie  „H  j  i  a"  unterlagt 
unb  ber  ©otfn  af§  „bem  Vater  ä ^ n I i cb  (mit  V3eglaffung  ber  ben  Anotnöern 
unbequemen  SGßorte :  in  altem)  gemäf)  ber  ©cbrift"  begeidnet  warb. 
Oiefeg  Formular  bon  9tife  fotlte  bei  ben  Unerfahrenen  alg  bag  nicänifde 
Vefenntnig  gelten  unb  nun  aud  bon  ben  gu  Aimini  gurüdgeffaltencu  Vifdöfen 
angenommen  Werben.  Oiefe  Waren  über  ipre  Abgeorbneten  fel)r  entriiftet,  ber= 
jagten  i^nen  bie  ©emeinfdaft  unb  bermatfen  jebe  il)nen  atigefonnene  Aad)= 
giebigfeit.  Aber  nad  unb  nad)  warb  dre  $raft  gebroden;  Öaurug  war  gu 
ben  äufjerften  ©ewalttpaten  bereit;  ber  lange  Aufendalt  in  Ütimini  unb  bie 
©efmfudt  nad)  ber  Heimat,  Orofjungen  unb  Vergiftungen  erfdütterten  biele 
Vifdöfe;  bie  Arianer  hielten  ihnen  unauggefetgt  bor,  eg  fei  eine  grope  Ver= 
antWortlid)feit,  wegen  eines  eingigen,  unbiblifden,  bielen  anftöpigen  SCßorteS  ben 
^rieben  gwifden  Orient  unb  Occibent  unmöglid  gu  maden,  ba  bie  Orientalen 
nie  bag  §otnoufiog  anneljmen  würben;  biefe  ^artnädigfeit  allein  ergeuge  bie 
Unruhen  unb  Spaltungen  in  ber  $irde;  eg  fdeine,  bag  Söort  „gleid)Wefent= 
lid"  fteffe  ifinen  l)öf)er  alg  (S-fpriftuS  felbft.  Stande  glaubten  iffr  ©etoiffett  ba= 
mit  befdwidtigen  gu  fönnen,  baf)  bie  Formel  aud)  fatlplifd  berftanben  werben 
fönne.  Oie  3af)l  ber  ftanblfaften  33ifdöfe  benninberte  fid)  auf  gwangig ;  aber 
aud  biefe  würben  nod  burd  bie  2ift  ber  Arianer  hintergangen.  Oa  fie  näm= 
lid  gegen  bie  gröbften  ^rrtümer  beS  Ariug  mit  ^uftinunung  ber  ©egner  Ana= 
tf)ematigmen  berfertigten ,  fd)ob  SSalenS  nod)  ben  rnelft  alg  berfänglidjen  ©ap 
ein,  ber  ©ol)n  ©otteg  fei  fein  ©efdöpf  wie  bie  anbern.  Veibe  Oeile 
glaubten  gefiegt  gu  fjaben  unb  fdidten  gemeinfame  ©efanbte  an  ben  $aifer. 
ißapft  SiberiuS  ^atte  an  biefer  ©pnobe  feinen  Anteil  genommen;  er  berwarf 
fie  entfdieben.  Viele  Vifd)öfe  geftanbert  nad)l)er,  baff  fie  gu  Ütimini  l)inter= 
gangen  Worben  feien.  Oiefe  Verfammlung  fjatte  fein  ©ewidt,  fo  fdrieb  5ßapft 
Oatnafug  an  bie  33ifdöfe  SUprieng,  ba  Weber  bie  ßuftimmung  beg  römifden 
33ifdof§,  beffen  Urteil  man  bor  allem  erfragen  rnufjte,  nod  beg  Vinceng  bon 
©apua,  nod)  anberer  Vifdöfe  erfolgte,  alleg  burd  Orug  unb  ©ewalt  gefdal) 
mit  Verlegung  jeglider  firdlidw  Orbnung1. 

Aod)  größer  war  bie  Verwirrung  auf  ber  Verfammlung  ber  Orientalen  gu 
©eleu eia.  Unter  ben  etwa  fmnbertunbfedgig  Vifdöfen  waren  ljunbertunbfünf 
^albarianer,  barunter  ©eorg  bon  Saobicea,  ©ilbanug  bon  Oarfu§,  ©leufiug  bon 
©pgifug,  gegen  biergig  Anomöer,  bereit  Ipüupter  Acaciug  bon  ©äfarea  Ofkläftina), 
©ubojiug  bon  Antiodien,  ©eorg  bon  Alejanbrien,  Uraniug  bon  Oprug  waren, 
bie  übrigen  (Ägpptcr)  ftreng  fatpolifd  gefinnt.  Aud  ber  nad  ^drpgiert  berbannte 


1  Athan.,  De  syn.  c.  8.  30;  Ep.  ad  Afros  c.  8:  Ep.  de  syn.  Arimini  et  Seleuciae 
celebr.  Socrat.  1.  c.  II,  37.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  II,  21  sq.  Epiph.,  Haer.  LXXIII, 
22.  Sulpic.  Sev. ,  Cliron.  II  41  sq. ,  ed.  Hahn  p.  94  sq.  Mansi,  Conc.  Coli. 
III,  293—335. 


4.  3)er  StCrianiämmS. 


377 


£)itariuS  bon  ^SoitierS  warb  baßin  gefenbet  unb  mit  Stcßtung  aufgenommen. 
9tm  27.  (September  359  marb  unter  Sorfiß  beS  faiferlidjen  ÄotnmiffärS  SeonaS 
unb  im  Seifein  Don  Staren,  metdfe  bie  Pteben  ttieberfdjricben,  bie  erfte  Sißung 
gepalten.  Steßrere  Sifcßöfe  moüten  juerft  baS  Ceben  einjetner  ütngeftagten 
unterfucpt  miffen;  aber  nacp  bem  Sßitten  beS  SeonaS  mußte  sunadpft  bie  ©taubenS= 
facße  jur  Setßanblung  fommen.  Sie  Snßänget  beS  fdproffen  2triani§mu§,  bon 
iprem  Raupte  5tcacianer  genannt,  forberten  offen  Sermerfmtg  beS  Sicänifdjett 
$onjil§  unb  SInnaßme  ber  üierten  firmifcpen  formet,  roaS  biete  Sifcßöfe  empörte. 
SitbanuS  bon  SarfuS  fdjlug  eine  bet  antiocpenifdjen  Formeln  bon  341 
bor,  maS  aucp  bietfacpen  Entlang  fanb.  darüber  entftanb  eine  Srennung; 
bie  SIcacianer  bertießen  bie  Serfammtung.  SagS  barauf  unterftprieben  bie 
|)albariatter  bei  berfdptoffenen  Spüren  ipr  antiodpenifcßeS  Spmbotum.  tttcaciuS 
fudpte  bei  ben  ©einen  eine  anbere,  bon  ipm  oerfaßte  formet  butcßäufeßen, 
beren  Sertefung  er  in  ber  britten  Sißung  (29.  September)  bemirfte.  Sarin 
mürben  bie  SluSbrüde  gleid)en  unb  äpnticpen  SßefenS  als  ber  Zeitigen 
Scprift  frcmb  bermorfen,  baS  2Bort  „unäßnticß"  anatpematifiert  unb  ber  Sopn 
bloß  bem  Sater  üßnlidp  genannt.  ScaciuS  moUte  fo  eine  Stittelpartei 
jmifcßen  Snomöevn  unb  Semiarianern  bilben  (fjomöer,  Scacianer).  Über  ben 
Sinn  ber  formet  marb  in  ber  fotgenben  Sißung  geftritten;  bie  ©emiarianer 
motlten,  ber  Sopn  fei  bem  Sater  bem  Söefen  na  cp  äpnlicp,  bie  Stcacianer 
aber:  bem  SBitten  nad).  (SS  fam  feine  Bereinigung  ju  ftanbc.  SeonaS 
erftärte  bie  Spitobe  für  aufgelöft  unb  motlte  meiteren  Sißungen  nicpt  mepr 
anmopnen.  Sie  Sfeßrjaßt  aber  berfammelte  fiep  mieber  jur  Unterfudpung  per= 
fönlicper  Slnflagen,  tub  ben  SlcaciuS,  ©ubopiuS,  ©eorg  unb  anbere  Sifcßöfe  oor 
unb  fpraep,  als  fie  nidft  erfdßienen,  über  fie  unb  noep  einzelne  Sifcßöfe  bie 
2tbfeßung  aus,  mäptenb  fie  anbere  epfommunigierte.  Statt  beS  ©ubopiuS  marb 
für  Slntiodjieu,  mo  faft  nur  bie  Slsfeten  Siobor  unb  ben  fatpo= 

lifdpeit  (Stauben  aufred)t  pietten,  ber  ^rieftet  SnianuS  51t  Seteucia  gemeipt, 
ben  aber  SeonaS  gefangen  nepmen  ließ  unb  berbannte.  Sei  biefer  ©aeptage 
jerftreuten  fid)  bie  berfammetten  Sifcßöfe,  natpbem  fie  geßn  aus  ipret  Stitte  an 
ben  $aiferpof  abgeorbnet  patten.  SXÜein  aud)  iptten  maren  bie  ©egner  jubor= 
gefommen ;  SlcaciuS  unb  ©ubopiuS  mußten  fid)  bei  ßonftantiuS  ju  rechtfertigen 
unb  festen  eS  im  Sunbe  mit  SatenS  unb  UrfaciuS  bitrd),  baß  bie  Sbgeorb= 
neten  bon  Seteucia  biefetbe  gönnet  unterfdpreiben  mußten ,  metepe  bie  Säter 
bon  Simini  patten  annepmen  müffen.  9Jad)  biefem  Siege  pietten  bie  Scacianer 
360  eine  ©pnobe  in  ^onftantinopet,  metd)c  bie  formet  bon  9Iife  it- 
ftätigte,  ben  StetiuS  atS  Sertrcter  beS  SnomöiSmuS,  aber  aud)  —  unb  jmar 
nicpt  mcgcit  beS  ©taubenS,  fonbern  megen  anberer  Srtflagen  —  biete  femi= 
atianifd)e  Sifd)öfe  abfeßte.  Unter  ben  Sbgefeßten  befanben  fid)  StaceboniuS 
bon  $onftantinopet ,  SafitiuS  bon  Sncpra,  (SteufiuS  bon  ©pgifuS,  ©pritt  bon 
Serufatem,  (SuftatpiuS  bon  Sebafte.  Sen  Stupl  ber  ü'aiferftabt  napm  ber 
ränfebotte  (SubopiuS  ein  (bereits  fein  britteS  SiStum,  ba  er  juerft  Sifcpof 
bon  ©ermanicia,  bann  bon  Stntiocpien  gemefen  mar).  Siefer  gemanbte  ^eudpter 
bemirfte  troß  ber  Sbfeßung  beS  SetiuS,  mit  ber  eS  ipm  nie  ©ruft  mar,  baß 
fein  Sdpüter  ©unomiuS  bas  SiStum  ©p^ifuS  erpiett.  Sie  formet  bon  Sifc 
aber  marb  unter  Snbropung  beS  ©rilS  alten  Sifcpöfen  beS  ftaiferreicßeS  jur 


378  Sieg  ‘5el'  ^U'he  iw  Stömerreid)  unb  Kampf  gegen  ben  Arianismus. 


ltnterfdjrift  gugefaubt.  ©er  $aifer  glaubte,  auf  biefer  ©runblage  ben  $ird)en: 
frtebert  wiebert)ergeftellt  ju  tjaben  *. 

3n  ber  ©hat  war  nur  bie  größte  Verwirrung  über  bie  Birdie  gefommen. 
©ine  SDtenge  ©taubenSformetn  (fünf  antiothenifdje,  hier  firmifcbe,  bie  non  Aife, 
bie  beS  AcaciuS  unb  üon  ßonftantinopel)  waren  aufgefteüt,  non  benen  feine 
genügenbeS  Anfefjen  befajj,  fo  baß  niemanb  recht  wufete,  woran  er  fid)  halten 
füllte,  unb  niete  im  §)erjen  ©leidjgefinnte,  burd)  VfifWerftänbniffe  boneinanber 
getrennt,  fid)  feinblich  gefilmt  waren.  ©ie  §albarianer  würben  non  ben  $atI)o= 
lifen  nicht  51t  ben  ihrigen  gerechnet  unb  bod)  non  ben  Anomöern  berfolgt; 
ihre  Formeln  hatten  burd)  faiferliche  Vefel)le  ba§  Übergewicht  erlangt,  unb 
bod)  waren  fie  ber  Verachtung  preisgegeben  unb  ihre  Urheber  großenteils  ber 
Ungnabe  beS  tpofeS  nerfatlen.  Allenthalben  geigte  fid)  bie  SÖUIfür  ber  wel© 
liehen  (Gewalt,  baS  ©pnobalinftitut  fetbft  tarn  in  Viifdrebit  burd)  bie  gefähr= 
liehe  unb  foftfpielige  Neigung  beS  $aiferS,  immer  neue  ©pnoben  Su  ha^m, 
woburd)  bie  fiaatlidje  ißoft  faft  ju  ©runbe  gerichtet  warb1  2.  ©ie  Verfolger 
ber  $ird)e  waren  jfeßt  feine  äußeren  $einbe,  fonbern  ihre  Angehörige,  ihre 
©lieber,  ©er  offizielle  ©d>ein  war  bem  tljatfächlithen  ©ein  ganz  entgegen: 
„©er  ©rbfreis  wunberte  fid),"  fagt  |)ieront)mu§ ,  „bafs  er  arianifd)  war." 3 
©ie  Arianer  waren  ben  ^atljolifen  an  3ahl  nicht  überlegen;  bie  Aörner  unb 
Alejanbriner  hingen  mit  aller  ©ntfcpiebenheit  bem  nicönifchen  ©lauben  an;  ju 
Aimini  unb  ju  ©eleucia  würben  bie  Vifchöfe  bloß  ju  äußerlicher  3uftimmung 
genötigt;  biete  wiberriefen  nachher;  eine  Tarife r  ©tjnobe  bott  360 — 361 
belegte  bie  arianifchen  Vifchöfe  mit  bem  Anathem;  baS  Volf  bad)te  oft  fatl)olifd), 
and)  wenn  ihm  arianifd)  geßrebigt  warb,  fo  bah  nach  §ilariuS  bie  0£)ren  beS 
Volles  heiliger  waren  als  bie  Iperzen  feiner  ^riefter4 5.  ©aS  Abenblanb  hatte 
berhältniSmäßig  nur  wenige  ©egner  ber  nicänifchen  Sehre,  unb  hier  wie  im 
Orient  fehlte  eS  nicht  an  ausgezeichneten  Verteibigern  betreiben,  ©efto  empören: 
ber  war  bie  ©inmifdjung  eines  charafterlofen  ipofeS;  Aot  unb  Verzweiflung 
brachten  nicht  bloß  ben  heftigen  Sucifer  bon  Gagliari6,  fonbern  and)  einen 
£nIariuS  baßin ,  baff  er  fid)  gegen  ß'onftantiuS  in  ben  füfmften  AuSbrüden 
erhob,  ihn  als  fchänblidjen  ©prannen,  Verführer  unb  genfer  branbmarfte,  ihn 
mit  ben  heibnifdjen  ^aifern  unb  ben  wilben  ©ieren  berglid) 6.  ©in  fo  uu= 
natürlicher  3uftanb  fonnte  nidjt  mehr  lange  anbauern;  mit  bem  ©obe  beS 
föonftantiuS  (3.  Aobember  361)  eilte  ber  ArianiSmuS  immer  mehr  feinem 
Untergang  entgegen. 


1  Äthan.,  De  syn.  c.  12.  Greg.  Naz.,  Or.  21,  n.  22,  ed.  Par.  I,  899.  Socrat. 
1.  c.  II,  39  sq.  Sozom.  1.  c.  IV,  22.  Theodoret.  1.  c.  II,  27.  Sulpic.  Sev.  1.  c.  II, 
42  sq.  45. 

2  Ammian.  Marcell. ,  Rer.  gest.  1.  XXI,  c.  6.  Hilar.,  Fragm.  III,  ex  opere 
Inst.  II,  25. 

3  Hier.,  C.  Luciferanos  n,  19  (ed.  Vallarsi  II  [Venet.  1767],  191). 

4  Hilar.,  C.  Auxeut.  n.  6.  Über  baS  IBarifer  Komil  bat.  Mansi,  Conc.  Coli. 
III,  358. 

5  Lucifer  Calar.:  1)  De  regibus  apostaticis  (358).  2)  Moriendum  esse  pro  Filio 
Dei  (361).  3)  Ad  Constantium  libri  II  (360).  4)  De  non  parcendo  delinquentibus 
in  Deum  (Opp.  Bibi.  PP.  max.  IV,  181  sq. ;  ed.  Coleti,  Venet.  1778  sq.). 

c  Hilar.,  Ad  Constantium  unb  Adversus  Constantium. 


4.  Ser  2lriani$mu3. 


379 


F.  AUmiil)lid)cr  Untergang  öcs  JtrianismKS  im  römifdjen  ttcidic. 

14.  Unter  Sultan,  ber  362  bie  Verbannten  33i[d)öfe  juriidrief  tmb 
allen  ^arteten  gleite  Dulbuttg  Verfiiefi,  mar  ber  «Sieg  ber  Kirche  utn  fo  volI= 
[täitbiger,  als  fte  baju  feines  faiferlidjen  ©d)u|eS  bcburfte,  unb  eS  genügte, 
bafj  ber  ©egttcr  beSfelben  entllcibet  mar.  Die  ^albarianer,  Von  Vielen 
^Rechtgläubigen  fdjon  als  Vrüber  angefeffen,  gingen  mehr  unb  mehr  ju  ben 
$atfjolifett  über,  mälfrenb  bie  Vcaciatter  ober  Ipomöer  mieber  offen  mit 
ben  9Inomöern  fid)  verbanben.  Zahlreiche  S3ifd)öfe  unb  ©emetnbe  marfen 
bie  Saft  ber  Formel  Von  Vife  ab.  VtfjaitafiuS,  nun  aus  ber  Verbannung 
jurüdgefeljrt,  ^ielt  362  eine  ©tynobe  ju  Vlepanbrien,  meldje  betten,  bie 
mit  ber  fatholifdjen  ßirdje  fid)  vereinigen  mollten ,  bie  9tüdfel)r  erleichterte. 
Sette  Vtfdjöfe  unb  ©eiftlichen,  bie  ttidht  Häupter  ber  arianifdjen  Partei  ge= 
rnefen,  bloß  burd)  ©emalt  auf  bie  ©eite  ber  Snleljrer  gebracht  morben  maren 
unb  jetjt  baS  nicänifdje  ©tjmbolum  unterzeichnen  mollten,  mürben  in  bie  ©e= 
meinfchaft  aufgenomnten  unb  int  Klerus  beiaffen.  Da  ferner  in  ber  tf)eo= 
logifdjen  VuSbrudStveife  eine  Verfduebenljeit  beftanb,  inbent  einige,  mie  Vlar= 
ceßuS,  eine  |)t)poftafe,  anbere  brei  in  ber  ©ottf;eit  lehrten,  ba  erftere  §t)po- 
ftafe  =  ©ubftanj,  SBefen  bauten,  letztere,  mie  fpäter  allgemein,  barunter  bie 
Ißerfon  verftanbett,  fo  verftänbigte  matt  fid)  über  bie  von  beibett  ©eilen  feft= 
gehaltene  Selfre  von  ber  gleid)mefentlid)en  Dreieinigfeit  unb  Von  ben  brei  gött= 
lid)en  5j]erfonen.  ©ufebiuS  Von  Verceüi  nnb  VtffanafiuS  maren  bie  ©ecle  ber 
gefaxten  Vefdjlüffe,  bie  aud)  nad)  9Intiod)ien  gefanbt  unb  Von  Sßapft  SiberiuS 
bestätigt  mürben.  Diefe  ©t)nobe  mürbe  von  meittragenber  Vebeutung,  meil 
burd)  tfir  Vorgehen  bie  Vereinigung  ber  Vicäner  mit  ben  zahlreichen,  ber  nicä= 
nifdjett  Definition  fel)r  naffe  ftefjenben  §omöufianern  angebaljnt  mürbe,  meldfe 
erflärten,  ber  SogoS  fei  in  allem  betn  Söefen  nad)  ©ott  beut  Vater  äljnlid). 
©iugerft  fegenSreid)  tvirfte  VtlfanafiuS ;  fogar  unter  SulianS  ^>errfd)aft  traten 
in  SUejanbriett  mehrere  Reiben  gttr  $irche  über.  Snztvifdjen  tvarb  Sulian 
über  ihn  aufgebracht ,  unb  fo  traf  ben  großen  2Ramt  fein  viertel  ©jil.  Sn 
propl)etifd)eni  ©eifte  fagte  er  Voraus,  baS  fei  nur  eine  leidjte  V3olfe,  bie  fid) 
halb  jerftreuen  tverbe.  ©r  enttarn  auf  einem  Vadjen,  entging  burd)  eine  Sift 
bent  il)tn  nadffetjenben  faiferlichett  ©d)iffe  unb  hielt  fid)  btS  jum  ©obe  SnlianS, 
ber  feine  VMdjtigfeit  fannte  unb  felbft  gegen  il)n  Vricfe  fdjrieb ,  teils  in 
Vlepanbrien  teils  attbermärtS  Verborgen.  Sn  ^onfiantinopel  tonnte  ©ubopiuS 
bie  ©ad)e  ber  Vrianer  förbern,  muffte  eS  aber  gefdjehen  taffen,  baff  baS  d)rift= 
liehe  Veuront  tvieber  von  ©ö^ettopfern  befledt  tvarb.  Sulian  mar  ben  SInomöern 
giitiftig,  bcfonberS  betn  VetiuS,  ber  nebft  mehreren  feiner  ©Inhänger  bie  bifd)öf= 
liebe  2Bürbe  erhielt 1. 

15.  Sobian  rief  ben  VthanafiuS  juriid,  lieh  fid)  von  ihm  eine  Dar= 
legung  beS  £fird)englaubenS  fenbett  unb  trot)  ber  Klagen  ber  Vrianer  nicht  irre 
machen,  ^erfönlid)  ber  Kirche  ergeben,  gemährte  er  allen  Parteien  9tcligionS= 


1  Äthan.,  De  syn.  c.  41;  Ep.  ad  Rufinianum;  Tomus  ad  Antiochenos.  Greg. 
Naz.,  Or.  21,  n.  31  'sq.  35.  Basil. ,  Ep.  38.  Rufin.,  Hist.  eccl.  X,  27  sq.  Theo- 
doret.,  Hist.  eccl.  III,  5.  9.  Socrat.  1.  c.  HI,  7.  11.  Sozom.  1.  c.  V.  2.  Ammian. 
Marcell.  1.  c.  1.  XXII,  c.  5.  9.  Iulian.,  Ep.  C.  26.  51.  Philostorg.  1.  c.  VII,  5  sq. ;  IX,  4. 


380  (Sieg  ber  ßirdje  im  fftömerreicf)  unb  Jlampf  gegen  ben  21riam3mu§. 

freifjeit.  Mehrere  ftaatsftuge  fpäretifer  nahmen  jefct  baS  nicänifche  VefenntniS 
an;  auf  einer  antio djenif d) en  Spnobe  unter  VtetetiuS  (363)  tffat  bieS 
auch  StcaciuS  bon  ©äfarea;  jebod)  würbe  f)\tt  bie  abfd)Wä<henbe  ©rflärung  beS 
§omoufton  beigefügi:  ber  Sotm  fei  auS  bem  Stefen  beS  Vaters  geboren  unb 
if)m  bem  Söefen  nad)  ä^nlid).  ©ubopiuS,  ber  Vif^of  ber  Kaiferftabt,  tourbe 
jurütf&attenber  gegen  feine  greunbe  SletiuS  unb  ©unomiuS,  bie  feinen  fanget 
an  Otfatfraft  burd)  eigene^  ©ingreifen  erfe|ett  wollten  unb  mit  ihm  in  gwift 
gerieten,  fo  baf$  fie  i(m  fogar  einen  ©egenbifdjof  SßömeniuS  entgegenfteflten. 
©inen  bebeutenben  ©inftuji  gewann  aber  ©uboriuS,  als  nad)  SwbianS  plöljtid) 
(wof)t  gewaltfam)  erfolgtem  Oobe  (16.  gebruar  364)  ber  neue  Kaifer  35  a  I e n= 
tinian  feinem  Vruber  VatenS  bie  §errfd)aft  im  Orient  übergab  K  ©ubopiuS 
hatte  ben  ValenS  getauft  unb  für  bie  Sad)e  beS  SIrianiSmuS  gewonnen;  er 
trieb  ifm  immer  mefjr  jur  Verfolgung  ber  Katt)oIifen  an.  Oie  in  ber  lebten 
3eit  wieber  mutiger  geworbenen  Semiarianer  gelten  365  unter  ©teufiuS  bon 
©pjifttS  eine  Spnobe  ju  SampfaluS,  Welche  bie  360  in  ber  Kaiferftabt  be= 
fcptoffcne  Slbfejjung  ihrer  Anhänger  unb  bie  bort  gebrauchte  formet  bon  Vife 
berwarf,  baS  antiocpenifcbe  Spmbotum  bon  341  unb  bie  2ßefen§üf)nlid)feit  beS 
SohneS  mit  bem  Vater  billigte  unb  über  ©ubopiuS  unb  ben  wieber  in  ben 
SIrianiSmuS  jurüdgefatlenen  SlcaciuS  bie  Slbfepung  auSfprad).  OaS  Unter= 
nehmen  fanb  biefen  Stnftang,  namentlich  im  fpelleSpont.  Slber  VafenS,  barüber 
erbittert,  forberte  bon  ben  ©efanbten  ber  Spnobe  ju  fperaftea,  baff  fie  mit 
©ubopiuS  ©emeinfdjaft  hoffen,  unb  lief)  fie  auf  ihre  Steigerung  bon  ihren 
Stühlen  bertreiben,  bie  nun  ©ubopianer  erhielten,  ©benfo  erging  eS  anbern 
Semiarianern,  nod)  hört«  ober  ben  Katfwtitett,  bie  man  ihrer  Kirchen  beraubte 
unb  auf  febe  benfbare  Steife  bebrüdte.  VatenS  tief;  366  in  feiner  ©egenwart 
$u  Vifomebien  eine  Spttobe  jur  Kräftigung  beS  SIrianiSmuS  hatten;  tp« 
warb  ©teufiuS  bon  ©ppfuS  burd)  Orotfungen  jur  ©emeinfchaft  mit  ©ubopiuS 
berteitet;  nach  ber  Viidfehr  auf  feinen  Sit;  wollte  er  nach  geleistetem  Stiber= 
rufe  abbanfen;  aber  feine  ©etneinbe  gab  eS  aus  Siebe  ju  ihm  nicht  §u,  unb 
als  if)n  VatenS  bertrieb  unb  ©unomiuS  wiebentm  biefen  Stuhl  einnehmen 
mottte,  nötigte  fie  biefen  gur  Vüdfe'hr  nach  Konfiantinopet1  2. 

Oie  Semiarianer  f affen  fid)  bon  ben  SIcacianern,  bie  fo  fchnelt  ihren 
©tauben  gewedjfett  hatten,  -pmidgefioBen  unb  bon  VatenS  berfolgt;  fie  ber= 
fammetten  fid)  in  Kteinafien  auf  Spnoben  unb  befchtoffen  hier ,  £)ilfe  bei  ben 
Stbenbtänbern  ju  fudfen,  bereit  Kaifer  Vatentinian  I.  tatt)otifd)  war,  unb  an 
bie  röntifcbe  Kird)e  fid)  anäufd)tieBen.  Oie  abgeorbneten  Vifcfwfe  ©uftatt)iuS 
bon  Sebafte,  SitbanuS  bon  OarfuS  unb  OffeopbituS  bon  Kaftabalä  trafen  ben 
nad)  ©attien  abgereiften  Kaifer  nid)t  unb  würben  bon  fßapft  SiberiuS,  ber  fie 
als  Strianer  anfat),  anfangs  nicht  borgetaffen.  3m  Varnen  bon  neununbfünfjig 
Vifd)öfen  überreichten  fie  bem  fpapfte  ein  VetenntniS,  in  welches  baS  nicänifche 
bottfonunen  aufgenommen  unb  worin  baS  fpomoufion  gerechtfertigt  war.  SiberiuS 


1  Socrat.  1.  c.  III,  25.  Theodoret.  1.  c.  IV,  2  sq.  Sozom.  1.  c.  VI,  4.  Fhilostorg. 
1.  c.  VIII,  2;  IX,  3  sq.  Äthan.,  Ep.  ad  Iovianum  de  fide.  Mansi  1.  c.  III,  366  sq.  370. 

2  Theodoret.  1.  c.  IV,  11  sq.  Socrat.  1.  c.  IV,  1  sq.  9.  12.  Sozom.  1.  c.  VI,  7  sq. 
Theojohan.,  Cliron.,  ed.  Boimae  p.  85.  89  sq. 


4.  ®er  2ltani§muä. 


381 


nagm  fie  fegt  in  bte  $ir<hengemeinfchaft  auf  unb  bezeigte  in  einem  ©d)reiben 
an  bie  üon  ignen  betretenen  Orientalen  feine  goge  gfreube  über  it;re  Aüdfegr, 
iitbem  er  fie  anfforberte,  allen  Aecgtgtäubigen  be§  Oriente  babon  Mitteilung 
ju  machen.  Oie  Abgefanbten  hielten  noch  mit  ben  Aifdjöfen  ©ijitien§  eine 
©gnobe  jur  Aefeftigung  be§  nicänifcgen  ©tauben».  9Zacf)  ihrer  Aüdfegr  in  bie 
£>eimat  mürbe  367  eine  ©gnobe  üu  &gana  in  Ä'aggabocien  gehalten,  auf 
metcger  bie  Urfunben  beriefen  unb  bie  Abhaltung  einer  großen  ©gnobe  in  SEarfuS 
befdjtoffen  mürbe,  bie  aber  Aalend  auf  Antrieb  be§  ©ubogiite  berbot.  Aiete 
fatgolifdje  Aifdjöfe  mürben  berbannt,  namentlich  bie  unter  ®onftantiu»  ab= 
gefegten;  e§  gab  mieber  Märtgrer  für  ben  fatgotifcgen  ©tauben,  ittebefonbere 
in  $onftantinoget  unb  Antiochien;  bor  altem  hingen  bie  eifrigen  Möndje  treu 
bem  nicänifcgen  ©tauben  an.  3n  Antiochien  tief;  Aaten§  mehrere  $atgo= 
tifen  im  OronteS  ertränfen  unb  ben  Aifdjof  M  et  et  in  §  betreiben,  be§gteidjen 
bie  Aifcgöfe  ^etagiite  bon  Saobicea  unb  ©ufebiite  bon  ©amofata.  Segterer 
ging  ate  $rieg§tnann  betleibet  in  ©grien  unb  ^ßaläftina  urnger  unb  meigtc 
biete  fatgotifdje  ©eiftticfje,  mägrenb  feine  ©laubigen  um  ign  trauerten  unb  ben 
©ottesbienft  be»  arianifchen  Aifdjof§  ©umeniuS  flogen.  Sn  Ateganbrien  fucgte 
man  ben  AtganafiuS  feftjugatten ;  aber  ©ubojiug  bemirfte  ein  befonbere^ 
Aerbannung§befret  gegen  ign.  ©r  entfernte  ficg  in  alter  ©title  unb  hielt  fid) 
in  feinem  oäterticgen  ©rabtnonumente  berborgen.  AI»  jebod)  bie  Atejanbriner 
brogenb  auftraten,  mürbe  ber  bebenftid)  gemorbene  $aifer  bemogen,  ben  Afganafiite 
au§  feinem  fünften  ©git  fcgon  nach  tier  Monaten  jurüdjurufen.  Aon  ba  an 
ftanb  er  rugig  bi»  ju  feinem  Oobe  (2.  Mai  373)  feiner  Kirche  bor,  nod)  im 
gogen  Atter  eine  ©äute  ber  Aedjtgtäubigfeit  unb  geiftticger  Mittetguntt  ber 
orientatifdjen  ^atgotifen 1. 

©rbbeben,  gäufige  Überfdjmemmungen ,  ber  Anbrang  ber  ©oten,  bie  ©r- 
gebung  be»  5]3rofogiu§  mad)ten  bie  Aegierung^eit  be§  Aaten»  immer  gärter 
unb  gemmten  ign  btemeilen  in  ber  Aerfotgung  ber  ^’atgoliten.  Um  370  mar 
bie  Ogrannei  fo  grog,  bag  adjtjig  fatgotifdje  ©eifttid)e  ju  Aifomebien,  bie  ben 
$aifer  um  fcgonenbere  Aeganbluitg  gebeten,  beSgatb  auf  ein  atte§  ©djiff  ge= 
bradjt  unb  bort  bem  Oobe  burd)  $euer  gretegegeben  mürben.  Aad)  bem  bamat» 
erfolgten  Oobe  be»  ©ubogiu»  liegen  bie  bgäantinifdjen  $atgolifen  burd)  ben 
heimlich  bort  meitenbcn  ©uftatgiu»  üon  Antiod)ien  ben  ©oagriuS  311  igrem 
Aifcgöfe  meigen,  mägrenb  bie  Arianer  unter  bem  ©inftug  be3  ®orotgeu§  Don 
§)eraftea  ben  OemoggituS  üon  Aeröa  ergoben.  Aalette  aber  lieg  ben  @üagriu§ 
mic  ben  ©uftatgiite  üon  ^onftantinoget  megbringen  unb  beren  Angänger  mig- 
ganbetn,  mägrenb  Oetnoggilite  ficg  in  ben  Aefig  biefe»  ©tilgtet  brad)te 2.  Oa= 
mate  beftieg  ben  ©tugt  üon  ©äfarea  in  ^aggabocien  ber  groge  Aafitiu§,  ber 
eifrig  für  ben  tatgotifd)en  ©tauben  mirfte  unb  alten  Sodungen  unb  Orogungen 
fomogt  be§  ^ßräfelten  Mobeftu»  at§  be§  $aifer»  fetbft,  bem  er  (372)  goge  Achtung 
unb  Aemunberung  einflögte,  miberftanb.  Auch  Aafiliu»  fucgte  üom  Abenbtanbe 


1  Socrat.  1.  c.  IV,  9.  12.  18.  16.  Sozom.  1.  c.  VI,  11.  12.  14.  Tlieodoret.  1.  c. 
IV,  12  sq.  24.  Äthan.,  Epist.  encycl.  ad  episc.  c.  3;  Hist.  Arian.  ad  moii.  c.  70  sq. 

2  Basil.,  Ep.  79.  80.  128,  n.  2.  Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  44—53.  Greg.  Ngss., 
C.  Eunomium  1.  I  (Opp.  II,  312  sq.).  Theodoret.  1.  c.  IV,  19. 


382  ©ieg  ber  im  Bömerreidj  unb  ßampf  gegen  beit  BrianiSmuS. 


|)ilfe  unb  Beiftanb.  Bad)  Beratungen  mit  2Xtf>anafiu§  unb  Bteletiug  fanbte 
er  371  ben  Oiafon  Oorotpeug  ju  ißapft  Oamafug  mit  ber  Bitte,  nad)  bem 
Beifpiele  feiner  Borfapren  Segaten  in  ben  Orient  ju  fenben  jur  Bereinigung 
ber  (getrennten  unb  Buffinbung  ber  Bupeftörer.  Bad)  ber  ©enbung  beg  Oiafottg 
(©abinug  mit  einem  ermunternben  ©Treiben  bat  er  um  bie  Bborbnung  mehrerer 
Segaten  (372).  Oa  aber  bie  burd)  ben  ipriefter  Ebagriug  nad)  Born  gefanbten 
©tpriftftüde  ber  bogmatifdjen  (Benauigfeit  Borng  nicpt  entfpradjen,  eg  im  Orient 
an  tauglichen  Biännern  für  bie  ©efanbtfdjaft  nad)  Bant  fehlte,  ber  2Beg  bapin 
fef)r  unfidjer  mar,  bie  Angelegenheit  be§  Bntiocpenerg  SBeletiug  bort  bon 
einem  anbern  ©tanbpunft  aug  beurteilt  mürbe,  fo  jogen  fid)  bie  Berpattblungen 
fehr  in  bie  Sänge;  batb  mar  ber  fappabocifd)e  ($rgbifd)of  mißmutig  nnb  nape 
baratt,  ber  Hoffnung  $u  entfagen,  batb  richtete  er  mieber  fepnfücptige  Btide 
nad)  ben  Bbenblönbern,  bie  Br^te  ber  Oranten  nnb  Seprer  ber  ©efunben  fein 
füllten1.  Oie  Befdjlüffe  ber  römifdjen  ©pnoben  unter  Oamafug  mürben 
im  Orient  nur  fepr  fpät  befannt;  bort  feupte  alleg  unter  erbrüdenber  Oprannei. 
Oer  red)tmäfiige  Bacpfolger  beg  Btpanafiug,  betrug,  muffte  mie  ein  Bettler 
nad)  Born  entfliegen,  mo  er  herzliche  Bufnapme  fanb ;  feine  ©eifilid)en  mürben 
in  bag  Elenb  geftofjen,  mer  Btitleib  mit  ihnen  geigte ,  opne  llnterfdjieb  beg 
Blterg  unb  beg  ©efcpledjtg  gegeißelt.  Oen  alepanbrinifdjen  ©tupt  naptu  ber 
Brian  er  Suciug  ein,  ben  bag  Bolf  nadjper  bertrieb. 

16.  Smmer  mepr  gemann  aber  ber  nicänifdje  ©laitbe  ben  ©ieg.  Er 
hatte  auggejeicpnete  Bertreter  in  ben  brei  grollen  ^appabociern  Bafiliug, 
feinem  Bruber  ©re gor,  (feit  372)  Bifd)of  bon  Bpffa,  feinem  greunbe  ©regor 
bon  Bajians,  an  Bmppilocpiug,  Bifcpof  bon  3fouium,  bem  tppmnem 
bidjter  Eppräm  bem  ©prer,  Bppraateg,  an  ben  Bntiodjenern  ^labian 
unb  Oiobor,  bem  früher  palbarianifcpen  Eprill  bon  Ser ufa lern,  an 
Oibpmug  bem  Blinben  in  Blepanbrien,  an  bie  fich  bann  Epippaniug  bon 
©alamig,  Eprpfoftomug  u.  a.  anftploffen.  3m  Bbenblanbe  erpielt  nad) 
bem  Oobe  beg  fpilariug  bon  5|3oitierg  (366)  bie  ^irdfe  einen  pocpper-dgen 
Borfämpfer  an  Bmbrofiug,  ber  374  nad)  bem  Oobe  beg  für  abgefe|t  er= 
härten,  aber  bon  Baletttinian  I.  auf  feinem  ©tupl  belaffenen  Burentiug  Bifcpof 
bon  Biailanb  marb  unb  burd)  popen  Eifer  für  bie  Beinpeit  beg  ©taubeng 
mie  burcp  feine  Ougenben  fid)  augjeicpnete ;  an  ipn  fcploffen  fid)  fpäter 
Buguftin  unb  feine  ©tpule  an,  beggleicpen  fpieronpmug  unb  bie  römifcpeu 
^ßäpfte.  Söäprenb  aber  bie  fatpolifcpe  Sepre  bortrefflicpe  Bertreter  fanb,  ber= 
loren  bie  Brianer  nad)  unb  nacp  ipre  bornepmften  ©tüpen,  nacp  bem  Bupentiug 
ingbefonbere  ben  Eujoiug  bon  Bniiocpien,  ber  376  ftarb,  julept  378  ben 
^aifer  Baieng,  ber  im  Kampfe  gegen  bie  ©oten  fiel.  Oer  junge  ©ratian 
mar  fatpolifd)  unb  erteilte  allen  Beligiongparteien  mit  Bugfdjluff  ber  Btanicpäer, 
‘ppotinianer  unb  Eunomianer  bolle  fyreipeit ;  aud)  rief  er  bie  berbannten  Bifdjöfe 
gurücf.  Bod)  bermarfen  378  meprere  ©emiarianer  auf  einer  ©pnobe  in  Marien, 


1  Bast l.,  Ep.  66—70.  89—92;  138,  n.  2;  154.  156.  164.  165;  214,  n.  2;  239, 
n.  2;  242.  243.  253  255.  263.  266.  $te  formet  opoto ?  t<Z  narpi  lief;  SafiliuS  mit 
bctn  SSeifape:  dTrapakXdxTwe  (nnterf^iebSloS)  gelten.  ©  r  n ft ,  S5afitiu§’  b.  ©r.  SSerfefjr 
mit  ben  Dccibentalen  (Seitfcfjr.  für  ßiripengefcf).  XVI  [1895],  626—664). 


4.  Ser  2lrianigmu§. 


383 


wie  e4  fcpon  367  gefcf)e^en  war,  ba§  2Bort  öomoufio§  ju  ©unficit  her  233efen»= 
äpnlicpfeit;  aber  anbere  traten  ganj  entfliehen  jur  fatpolifepen  $ircpe  über; 
e§  unterfcpricben  146  orientalifepe  33ifd)öfe  ju  sllntiod)ien  (September  378) 
bie  betrete  ber  römtfdjen  Spnobe  unter  papft  Oantafu§ *  1.  9tad)  Hotp 
ft  an  t  in  Opel  warb  ber  berühmte  ©regor  Don  9Z  a  5  i  a  n  5  379  berufen, 
ber,  ba  er  ba§  ipm  jugewiefene  Bistum  Safitna  nid)t  angetreten,  picr  für  bie 
Ifatpolifen  als  BiStumSberwefer  wirfte  unb  burcf)  feine  perrlicpen  ^prebigten  üiele 
^äretifer  für  bie  Birdie  gewann.  Snjwifcpen  napm  ©ratian  ben  tapferen  unb 
latpolifdjen  OpeobofiuS  jurn  Blitregenten  an.  Oiefer  erlief)  Don  Opeffalonicp 
au§,  wo  ipn  Bifdjof  5lfd)oliua  getauft  patte,  am  28.  «februar  380  fein  be= 
rühmte»  ©bift,  worin  er  feinen  SBiHen  auSfprad),  baj)  alle  feine  Itntertpancn 
ben  nicänifdfen  ©tauben  befenneit  mödften,  wie  ipn  OamafuS  öon  Born  unb 
Petrus  bon  Bleranbrien  bertraten.  2lm  14.  Boüember  380  pielt  er  feinen 
©injug  in  ^onftantinopel,  wo  feit  oierjig  Sauren  bie  3Irianer  bie  perrfepenbe 
Partei  waren.  Oiefe  bereiten  nur  eine  £'ird)e  bor  ben  Sporen,  bie  anberu 
erhielten  bie  ^atpolifen  jurüd,  waprenb  OemoppilttS  weidfen  muffte.  Weitere 
©efepe  befestigten  ben  Befiüftanb  unb  bie  Becpte  ber  £ird)e  unb  berboten  ben 
Nepern  bie  retigiöfen  gufammenfünfte.  ©0  würbe  im  Orient  ber  BrianiSmuS 
burd)  biefetbe  ©ewalt  geftürjt,  bie  ipn  bisher  getragen  unb  groffgejogen  patte. 

17.  Oie  Brianer  erpielten  fiep  übrigens,  wenn  and)  opnmäcptig  unb  geteilt, 
bis  ins  6.  ^aprpunbert.  Oie  ©ubopianer  ober  eigentlidjen  Brianer  waren 
mit  ben  ©unomianern  gerfatten ;  aus  lepteren  gingen  bie  ©unomo=Opeo= 
ppronianer  perbor,  fo  genannt  bon  iprem  Stifter  OpeopproniuS,  fowie 
bie  ©unomo  =  ©utpcpianer,  bie  ipren  Barnen  bon  einem  gewiffen  ©uti)d)iuS 
ju  ^onftantinopel  patten,  ber  bepauptete,  ber  Sopn  wiffe  (nad)  9Barf.  13,  32) 
bie  Stunbe  beS  ©ericpteS  nid)t.  Bon  ben  ©ubojiartern  patte  naep  bem  Oobe 
beS  OcmoppiluS  (386)  BlarinuS  aus  Oprofien  baS  arianifdje  Bistum  ber 
ßaiferftabt  inne,  ber  mit  OorotpeuS  bon  Bntiocpien  über  bie  «frage  in  Streit 
geriet,  ob  ©ott  SSater  genannt  werben  fönne,  bebor  ber  Sopn  fubfiffierte.  Oie 
9K ariniften,  auep  bon  OpeoftiftuS  bon  PfatppropoliS,  bem  fwuptöerteibiger 
iprer  2epre,  Pf atpprianer  genannt,  befapten  biefe  «frage,  bie  Oorotpeaner 
aber  berncinten  fie.  Bber  aud)  unter  ben  Dtariniften  brad)  Streit  auS;  bon 
DBarinuS  trennte  fid)  ber  bon  ipm  jum  arianifepen  Bifd)of  bon  ©ppefuS  ge= 
weipte  BgapiuS.  Unter  OpeobofiuS  II.  warb  bie  ©rwäpnung  ber  ariniften 
unb  Oorotpeaner  treunenben  Streitfragen  berboten,  unb  in  ber  £>auptftabt  tarn 
eine  Bereinigung  berfelben  ju  ftanbe,  wäprenb  anberwdrtS  bie  Parteien  getrennt 
blieben.  Oie  Ufeipen  ber  Brianer  lidfteten  fiep  immer  mepr;  bie  Badjfolgcr 
beS  BarbaS  ober  BarbaS,  ber  407  bem  BtarinuS  in  8930113  gefolgt  war, 
faulen  311  bölliger  BebeutungSlofigfeit  perab.  Unter  BnaftafiuS  (f  518)  erteilte 
ber  arianifdfe  8ifd)of  OeuteriuS  bie  Oaufe  „im  Barnen  beS  BaterS  burd)  ben 
Sopn  im  ^eiligen  ©eifte",  worauf  baS  Bkffer  im  Oaufbrunnen  böüig  ein- 

1  über  bie  ©bitte  üou  ©ratian  unb  Sbeobofiuä  Dgl.  Socrat.  1.  c.  V,  2.  7.  Sozorn. 

1.  c.  YTI,  1.  5.  Theodoret.  1.  c.  V,  1.  Codex  Theodos.  XVI,  1,  2.  3;  5,  6.  Über 
bie  Spitoben  hott  378  ögt.  Socrat.  1.  c.  V,  4.  Sozom.  1.  c.  VI,  2.  Mansi  1.  c.  III, 
461  sq.  511  sq.  Coustant,  Epist,  Rom.  Pont.  p.  489  sq.  Merenda,  Admon.  in  Damas. 
ep.  4.  Theodoret.  1.  c.  V,  11. 


384  ©teg  ber  ßircfje  tut  Sftöinerreidj)  unb  ßantpf  gegen  ben  9lriani<3mu§. 


getrocfrtet  fein  fotl.  3m  ganzen  Ratten  bie  orientaltfcfjen  Arianer  keinerlei  @in= 
flufj  mepr  unb  erhielten  fid)  nur  im  Verborgenen,  bi§  fie  aümäfjlid)  abfiarben 1. 

3n  Viailanb  erhoben  bie  Vrianer  um  385  rnieber  füpn  ba§  £)aupt. 
Sie  ßaiferin  Suftino,  VJuttcr  ValentinianS  II.,  fudjte  biefem  bie  aria= 
nifd)e  Sefire  beijubringen,  ilfren  2M)ängern,  bie  fid)  aud)  unter  ben  Mfiibrern 
ber  gotifdien  £)itf§trup))en  befanben,  ^'ird)en  ju  berfdmffen  unb  bie  ©efte 
mieber  emborju^eben.  Mein  itjre  Vemiifiuugen  fdjeiterten  an  ber  ^eftigfeit 
be§  Vifd)of§  9lmbrofiu§.  tpättc  biefer  nur  in  einem  fünfte  nadjgegeben,  nur 
eine  feiner  Kirchen  ben  Mianern  eingeräumt,  fo  mären  fie  in  ipren  gorbe= 
rungen  immer  meiter  gegangen;  aber  ber  ^eilige  miberftanb  mit  feftem  Vlute. 
Suftina  ernannte  einen  jtoeiten  Mfentiu§  jurn  arianifdjcn  Vifdfof  non  Vlai- 
tanb ;  allein  biefer  tonnte  fid)  nidjt  einmal  eine  $ird)e  Derfdjaffen.  ©agte  man, 
ber  Inifer  pabe  über  alle§  in  feinem  9teid)e  ju  berfügen,  aud)  über  bie  $ird)en, 
fo  entgegnete  5tmbrofiu§,  bie  $ird)en  feien  bem  Vifdjofe,  nid)t  bent  £aifer  am 
oertraut,  ber  ^urpur  madje  jum  ßaifer,  nic£)t  junt  ^riefter.  Ser  leibenbe 
Söiberftanb  be§  grofsen  9)ianne§  fiegte;  bei  bem  Mbringen  be§  Ufurpator» 
ViajimuS  387  mujste  bie  $aiferin  ben  Veiftanb  beleihen  anflepen,  Vatentinian 
felbft  ju  Sfieobofiu§  fließen ;  feine  Vtutter  ftarb  auf  ber  gtucbt,  unb  5tmbrofiu§, 
ber  felbft  ben  mäd)tigen  Sf)eobofiu§  megen  be§  VIutbabe§  in  Sffeffalonid)  ber 
Vuffe  ju  untermerfen  muffte,  regierte  rutfig  bi§  ju  feinem  Sobe  (397)  feine 
®ird)e2.  Vefiegt  unb  feiner  9DIad)t  entfteibet  unter  ber  eintfeimifdjen  Vebötfe= 
rung  be§  meft=  mie  be§  oftrömifdjen  9ieid)e§,  fudjte  ber  3triani§mu§  eine  ©tätte 
unter  ben  germanifd)en  Nationen,  bie  Italien,  ©altien,  ©panien  unb 
Vfrifa  überfluteten.  Vlit  MSnapme  ber  ©neben  unb  Söeftgoten  in  ©panien 
unb  ber  Vanbalen  in  Stfrifa  bemiefen  fid)  aber  biefe ,  befonber§  bie  Oftgoten 
in  Italien,  bulbfam  gegen  bie  ^atpolifen,  unb  mit  bem  6.  Salfrffunbert  traten 
bie  meiften  Vrianer  böllig  jur  $irdje  über  ober  berloren  bie  bis  bat)in  be^au^tete 
§errfd)aft,  fo  baff  bon  ba  an  nur  nod)  unbebeutenbe  ©puren  biefer  einft  fo 
mädjtigen  £)ärefie  ju  entbeden  finb. 

5.  Sie  Vlacebonicuter  unb  bie  Dlpoltittarifteu.  Sa§  jmcite  attgemeine  i^onjil 

in  ßonftantinopel  881. 

du  eilen  unb  Sitteratur.  —  Tüaceboni  alter:  De  fide  adversus  Sabel- 
lium  (oon  @ufebiu§  bon  ©mefa,  bei  Migne,  Patr.  gr.  XXIV,  1047  sqq.).  Atlianas., 
Ep.  4  ad  Serapionem  (Migne,  Patr.  gr.  XXVI,  529  sqq.) ;  Tom.  ad  Antiocheu.  (ibid. 
p.  SOI  sqq.) ;  Ep.  ad  Iovian.  (ibid.  p.  817  sqq.).  Epiph.,  Haer.  LXXIV.  Greg.  Naz., 
Orat.  31.  Basil.  M.,  Liber  de  Spiritu  S.  Sozom.,  Hist.  eccl.  IV,  27.  —  31  p o 1 1 i= 
it driften:  Atlianas.,  Tom.  ad  Antiochen.  c.  7.  8.  Greg.  Naz.,  Orat.  22,  n.  13  sq. 
(Migne,  Patr.  gr.  XXXV,  1145  sqq.);  Epist.  202  (ibid.  XXXVII,  529  sq.);  Epist.  101 
(ibid.  p.  762  sq.).  Greg.  Nyss.,  Autirrhet.  contra  Apoll.  (Migne,  Patr.  gr.  XLV, 
1123  sqq.).  Socrat.,  Hist.  eccl.  II,  46;  III,  16.  Sozom.,  Hist.  eccl.  V,  18;  VI,  25. 


1  Socrat.  1.  c.  V,  23  sq. ;  VII ,  6.  Sozom.  1.  c.  VII,  14.  17.  Philostorg.  1.  c. 
XII,  11.  Tlieodoret.,  Haer.  fab.  IV,  4.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XIV,  13.  17. 
Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  n.  25  (ed.  Val  es.  III,  520). 

Ambros.,  Ep.  20  ad  Marcell. ;  Ep.  21,  n.  5  sq. ;  Serrno  c.  Auxentium  u.  15  sq. 
Bufin.  1.  c.  XI,  15  sq.  Tlieodoret.  1.  c.  IV,  5 — 7;  V,  12  sq.  18.  Socrat.  1.  c.  IV, 
30;  V,  11.  Sozom.  1.  c.  VI,  24;  VII,  12  sq.  August.,  C.  Iulianum  Pelag.  II,  5. 


5.  aJlacebonianer  imb  Slpottinariften.  ®a§  gmeite  allgemeine  fionjil.  385 


Epiph.,  Haer.  LXXYII.  Theodore t.,  Haer.  fab.  IV,  8  sq. ;  Hist.  eccl.  V,  8  sqq. 
Rufin,,  Hist.  eccl.  XI,  20;  De  adulter,  libror.  Origems.  Basil.  Caes.,  Epist.  74. 
Leontim,  Adv.  fraudes  Apoll.  (Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  1947  sqq.).  ®ie  ©djrift 
Contra  Apollinar.  (Ooit  2ltl)anafiu§?  Migne,  Patr.  gr.  XXVI,  1093  sqq.).  —  ®rüfcfe, 
SlpoüinnrioS  Don  Saobtcea.  ©ein  Seben  unb  feine  ©äjriften  (2ejte  unb  Unterbiet).  VH, 
3 — 4).  Seipgig  1892;  ©regotioS  Don  DPagianä  unb  fein  SlerlfältniS  jum  SlpolünartgmuS 
(2l)eoI.  ©tubien  unb  ßritifen  1892,  ©.  473—512).  fBarbenljetoer,  fpattologie 
(2.  Sluft.)  ©.  211  ff.  Voisin,  La  doctrine  trinitaire  d’ Apollinaire  de  Laodicee  (Revue 
d’liistoire  ecclds.  II  [1901],  32 — 55.  239—252) ;  L’Apollinarisme.  Etüde  histor.,  Iitt4r. 
et  dogmat.  sur  le  debut  des  controverses  christologiques  au  4me  siede.  Louvain  1901. 

1.  3n  bem  arianifdien  (Streite  mar  gunädjft  nur  non  bem  Soljne  ©otteS 
gefjanbelt  morben,  nidjt  bireft  non  ber  ißerfon  beS  Zeitigen  (Seifte».  fDtandje 
firdjlidjen  Sefjrer,  mie  namentlich  33afiliu§  non  ©äfarea,  bebienten  fid)  in  biefer 
{frage  einer  getniffen  Öfonomie,  ba  ein  tranfeS  3tuge  nidjt  bas  noltc  Sonnem 
lidjt  ertrage,  ein  fdjioadjer  DJtagen  nidjt  bie  fefte  Speife 1.  Sie  {frage  tandjte 
§uerft  bei  ben  Semiarianern  auf.  Um  360  melbcte  53ifdjof  Serapion  non 
StjmuiS  bem  f)I.  2HCjanafirt§  bie  Dlnfidjt  einer  arianifdjen  ffraftion,  tneldje  ben 
^eiligen  ©eift  für  ein  btojjeS  (Sefdjöpf  erflärte,  unb  biefer  befämpfte  fie  unter 
bem  tarnen  ber  ©eiftcSfeinbe  (ißneum  atomaren).  ©egen  fie  fpradjen  fid) 
bie  a I e £ a n b r i n i f dj e  Spttobe  non  362  unb  baS  Sdjreiben  be»  9ltf)a= 
nafiuS  an  Sooian  aus  unter  bem  auSbriidtid)en  33efenntniS  ber  gleidjmefent= 
lidjen  Sreieinigteit.  £mupter  biefer  Partei  maren  ber  mehrmals  nertriebene 
fjatbarianifdje  Söifdjof  DJtaceboniuS  non  ^onftantinopel ,  bem  niete  Semi- 
arianer  guftimmten,  unb  ber  frühere  Staatsbeamte,  bann  DJtönd)  unb  Siafon 
DJtarathoniuS,  gutetst  S3ifd>of  non  DUfomebien  (batjer  bie  3t amen  DJtace= 
bonianer  unb  DJtar  attjonianer).  Unter  Sutian  tjiclten  fie  gu  3de  >m 
fßontuS  eineSpnobe,  auf  ber  fie  fid)  ebenfo  non  ben  ßatfjolüen  mie  non  ben 
firengen  Arianern  toSfagten  unb  ben  ©eift  für  geringer  erklärten  als  SSater  unb 
Sot)n.  Sie  maren  geneigt,  bie  ©ottfjcit  beS  Sohnes  gugugeben,  aber  nidjt  fo 
bie  beS  ©eifteS.  Sie  nahmen  an,  ber  ©eift  fjabe  baS  Safein  burd)  ben  Sotjn 
Qot).  1,  3.  4),  fdjtoffen  aber  barauS,  bafj  er  ein  ©efdjöpf,  nidjt  aus  ©ott  bem 
Sßater  fei;  fie  nannten  ifjn  einen  nidjt  fd)riftmäfigen  ©ott,  einen  Siener;  fie 
bradjten  nerfdjiebene  Srugfchlüffe  bor:  ©nttneber  fei  ber  ©eift  unergeugt,  bann 
gebe  cS  gluei  Urpringipien,  ober  erzeugt;  in  letzterem  {fatte  fei  er  enttneber  nom 
33ater  gezeugt ,  bann  feien  Sot)n  unb  ©eift  ©rüber,  ober  nom  Sohne,  bann 
fei  er  beS  ©aterS  ©ntet.  Stjnen  traten,  mie  fd)on  anfangs  MjanafiitS ,  fo 
fpäter  ©afiliuS  in  ber  Sdjrift  „S3om  ^eiligen  ©eifte"  (374),  ©regor  non 
Dtagiang  in  ber  fünften  tbjeologifdjen  9tebe,  bann  SibpmuS  in  ben  Söiidjern 
,,©on  ber  Srinitcit"  unb  ,,©om  Zeitigen  ©eifte",  bie  £)ieronpmuS  überfeine, 
unb  DtmbrofiuS  entgegen.  Siefe  fiefjrer  beftritten  nidjt ,  baff  ber  ©eift  burd) 
Den  Sofjn  fei;  aber  fie  geigten,  baff  nad)  ber  Sd)rift  ber  ©eift  nom  ©ater  auS= 
gefje  (Sot).  15,  26),  göttliche  Sßirffamfeit  übe,  ©ott  genannt  tuerbe,  baff  es 
gmifchen  unergeugt  unb  gegeugt  ein  Mittleres  gebe,  baS  furo  ergehen,  baS, 
üerfd)ieben  nom  ©egeugtfein,  eine  anbere  9Irt  beS  UrfprungS  angeige,  bafi  burd) 


1  Greg.  Naz. ,  Or.  31,  n.  2;  Or.  43,  n.  68.  69;  Ep.  26;  Carm.  de  Spiritu  S- 
arc.  3,  v.  16  sq.  Basil.,  Ep.  71.  Phot.,  De  Spiritus  S.  mystagogia  c.  77. 
§etgenrdt$er,  Äird>engefc^tc§te.  I.  4.  Stuft.  25 


386  Sieg  b«  ßirche  im  Nömerreich  unb  ßampf  gegen  beit  StrianiSmu». 

ben  ©otjn  alte»  gemalt  fei,  ma§  gemad)t  fei  (3otj-  1,  3),  born  ©eifte  aber 
nicht  bemiefen  merben  tonne,  bah  er  ju  bem  „©emachten"  gehöre;  fie  ent- 
midetten  ben  uralten  ©tauben  ber  Kirche  an  bie  ©reieinigteit.  liefen  ©tauben 
fprad)  369  auch  ©amafuS  bon  Nom  auf  einer  ©pnobe  aus,  374  bermarf 
er  auf  einer  Weiteren  bie  Sehre  ber  Ntacebonianer ;  baSfetbe  tfjat  375  eine 
ittprifdje  ©pnobe,  bie  ben  ©eift  auSbrüdtid)  als  gteid;en  SBefenS  mit  Nater  unb 
©ot)n  bejeichnete,  unb  um  376  eine  anbere  ju  ^toniurn  unter  NtuphilodnuS, 
bie  fid)  eng  an  bie  Sehre  beS  33afitiuS  anfdjtof;.  3m  3ahre  380  t)iett  ^ßapft 
©arnafuS  eine  römifdje  ©pitobe,  in  ber  bie  bamatigen  3rrteljren  inSgefamt 
berurteitt  mürben,  inSbefonbere  bie  beS  ©abettiuS,  NriuS,  sjßh°tinuS,  ©unomiuS 
unb  ber  Ntctcebonianer  unb  alter,  bie  ba  nicht  befennen  motten,  bah  ©# 
mit  93ater  unb  ©ot)n  bie  gteidje  SBefentjeit  unb  gleiche  Ntadjt  tmt  unb  bah  e 1  n 
©ott  in  brei  5fßerfouen  an^icbeten  ift 1.  ©ie  botte  ©ottljeit  beS  Zeitigen  ©eifteS 
mar  bei  ben  Sateinern  mie  bei  ben  ©riedjen  mehrfad;  auSgefprochen  unb  nadp 
gemiefen  morben2. 

2.  NuS  einer  einfettigen  Nefämpfung  beS  Nriani§muS  ging  ber  Npot= 
linariSmuS  hert,°r,  ber  bas  fßerfjättniS  beS  ©öttlidjen  unb  Ntenfchtichen  in 
©fjriftus  mihtannte  unb  mieberum  ^u  anbern  3rrtehren  (NtonophpfitiSmuS)  Nnlafj 
gab.  NpottinariS  (anbere:  NpottinariuS)  mar  ber  ©ot;n  beS  gleichnamigen 
gelehrten  ©rammatiferS  in  Saobicea,  ber  fid)  in  ber  Sitteratur  fetjr  ausgezeichnet 
hatte,  ©er  Nater,  bon  Nteranbrien  gebürtig,  hatte  in  23erptuS,  bann  in  Saobicea 
geteert  unb  hier  bie  ^3rieftermeit;e  erhalten,  ©er  ©otjn,  ber  Nfjetorif  lehrte,  ge= 
mann  auch  ats  ißhdofobh  unb  ®id)ter  einen  tarnen  (ihm  mirb  eine  metrifche 
^arapfjrafe  ber  Valuten  jugefchrieben) ;  er  mürbe  Settor  ber  Kirche  in  Saobicea. 
©er  töifchof  3:heobotu§  berbot  ihnen  ben  freunbfdjafttidjen  Umgang  mit  bem 
heibnifdjen  ©ophiften  ©piphaniuS,  meit  er  babon  ©efahren  für  ihren  ©tauben 
befürchtete,  ©ntmeber  raegen  Nichtbeachtung  biefeS  NerboteS  ober  bietmehr  megen 
ihrer  feften  9tnf)öngtid)teit  an  ben  nicänifchen  ©tauben  ejtommunijierte  fie  ©eorg, 
ber  arianifche  Nachfolger  be§  SE^eobotuS.  Unter  3utian  behanbetten  bie  beiben 
NpotlinariS  bibtifche  ©egenftänbe  in  poetifcher  fyorm,  um  ben  ©tjriften  0ei‘: 
botene  ©tubium  ber  heibnifchett  ^taffifer  einigermahen  ju  erfe|en 3.  ©d)on  362 
marb  ber  jüngere  NpotlinariS  fetbft  93ifchof  bon  Saobicea,  unb  auch  als  er 
mit  feiner  neuen  Strieme  ^eröortrat ,  bemirtten  feine  früheren  Nerbienfte ,  baff 
itm  bie  Vertreter  ber  Kirche  anfangs  fetjr  fdjonenb  behanbetten.  ©r  mottte 
bie  Nerbinbung  ber  götttidjen  unb  menfdjlidjen  Natur  in  ©fjriftus  mit  matt)e= 
matifcher  ©enauigteit  beftimmen  unb  in  ber  ©rfcheinuttg  ©hrifti  b>e  unmittet 
bare  Offenbarung  ©otteS  fdjarf  herborheben,  ben  btofjen  ©tauben  nicht  gelten 


1  Über  bie  Sptiobe  ju  3ete  bgl.  Basil.,  Ep.  251,  c.  4  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXII, 
937).  $efele,  6onciIiengef<h.  I  (2.  Stuft.) ,  732;  weitere  Spnoben  ebb.  S.  739  ff. 
®ie  iä>t)nobica  be§  $amafu§  (bei  Theodoret.,  Hist.  eccl.  V,  11)  warb  folbotjl  an  ißau- 
Iinu§  bon  2Intiod)ien  als  an  StfcOoIiuS  bon  2öefjatonicf)  gefanbt. 

2  Sateiner  ftfifcien  fid)  befonberä  auf  1  ßor.  2,  10  (bat.  Hilar. ,  De  Trin. 
XII,  55;  II,  29). 

Apollin.  interpret.  Psalmor.  vers.  heroicis.  Par.  1580;  Heidelbergae  1654 
{Migne,  Patr.  gr.  XXXIII,  1313  sq.).  Fragmentum  Apollin.  bei  Gallandi ,  Biblioth. 


5.  SStacebomcmer  unb  Stpoßinariften.  2>a3  ätoeite  allgemeine  flonjtl.  387 

taffen,  fonbern  bariiber  genaue  llnterfudjung  anftellen.  (Sr  mar  befonbers  beut 
OrigeneS  abgeneigt,  bet  ben  ©atj  öfters  borgetragen  fjatte,  bap  (SfjriftuS  unter 
Vermittlung  ber  menfd)Iid)en  «Seele  ben  irbifdjcn  Ceib  angcnüimnen 
Ifabe.  Sagegen  naf)tn  er  im  SStenfd)cn  bie  p!atonifd)=pIotinifd)e  Srid)otomie  an, 
monad)  berfetbe  aus  ©ei ft,  Seele  unb  Seib  ( vouq ,  (oyß,  aäp%)  befiefjt; 
Don  biefen  brei  $onftitutiben  beS  SStenfdjen  fprad)  er  (Sbrifio  nur  bie  Seele 

unb  baS  gleifd)  ju,  inbern  er  behauptete,  bie  ©ottlfeit  habe  in  il)m  bie  ©teile 

beS  meufdjlid)en  ©eificS  (vouc.)  bertreten.  Söäljrenb  bie  Slrianer  ben  freien 
gefchöpflichen  SBiüeit  beS  (SrlöferS  Ijerborfjoben,  erfannte  SlpoIIinariS  biefen  gar 
nicht  in  ifjm  an ;  inbent  er  aber  burdj  Seugnung  ber  berniinftigen  Seele  (Sljrifii 
baS  mefentlidjfie  unb  notmenbigfte  ftouftitutib  ber  menfcfilidjen  Statur  iljm  ab= 

fprad),  gab  er  bie  mirflidie  SJtenfdjmerbung  beS  SogoS  unb  bamit  auch  bie 

botlftänbige  (Srlöfung  auf.  (Sr  ftü|te  fiep  barauf,  bafj  ber  SogoS  gleifd)  ge= 
toorben  fei  ßof).  1,  14),  ferner  barauf,  bap  mit  ber  SInnaIjme  eines  menfd)- 
licpen  ©eifteS  in  (Sfjrifto,  ber  notroenbig  fünbpaft  fei,  fiep  bie  ltnfünblicpfeit  beS 
.perrn  niept  bereinigen  laffe,  bap  jmei  in  iprer  Voliftänbigfeit  berfjarrenbe  Söefen 
fiep  nie  51t  einem  ©attjen  berbinben,  jmei  Verfonen  nidft  eine  auSmadjen, 
ein  (Siujelmefen  niept  aus  ©ottpeit  unb  SStenfdrtfeit  befielen,  niept  jmei  ber= 
fepiebene  Staturen,  jmei  Söpne  angenommen  merben  föttnen.  Ser  SogoS  als 
göttlicher  ©eift,  meinte  er,  tonnte  boüfommen  bie  niebere  animalifdje  Seele  be= 
f)errfd)en  unb  bie  Harmonie  jmifeben  bem  Stieberen  unb  beut  £>öl)eren  in  ber 
menfd)licpen  Statur  perftetlen ;  ber  menfd)Iid)e  ©eift  mar  baju  biel  ju  fepmaep ; 
feine  ©teile  bertrat  in  (SprifluS  ber  uitmanbelbare  göttliche  ©eift,  meSljalb  er 
and)  „ber  pimmlifcpe  SStenfd)"  (1  ^or.  15,  47)  peipt.  Sie  finnlidpe  Statur, 
baS  gleifd),  pat  fiep  menigftenS  nad)  ber  Sluferfteffung  auf  baS  innigfte  mit 
ber  ©ottpeit  bereinigt,  unb  jmar  31t  einer  ^erfon,  unb  fo  marb  baS  gleifd) 
mit  in  ben  f)immel  aufgenommen,  unb  fo  mirb  es  and)  mit  ber  ©ottpeit  an= 
gebetet,  ©ollte  aber  nad)  ber  gegenteiligen  Stnfid)t  ©fjrifiuS  als  ©ott  unb  als 
(boHfommener)  SStenfd)  angebetet  merben,  fo  miipte  man  in  ber  ©ottpeit  niept 
blop  eine  SriaS,  fonbern  eine  SetraS  (23ierpeit)  anneffmen.  ©ieper  baepte  fiep 
SlpoIünariS  baS  ©ein  ©otteS  als  baS  Vefeelenbe  beS  menfcplicpen  SeibeS  3efu; 
ob  er  aber  biefeS  ganje  ©ein  beS  SogoS  mit  bem  ©ötilidjeit  in  ©priftuS  511= 
fammenfallen  liep  ober  ob  er  leptereS  nur  als  eine  gemiffe  (Sinftraplung  beS 
SogoS  in  ben  menfd)Iid)en  Seib  badfte,  ift  ni«pt  ganj  gemip.  ©benfo  ift  niept 
fieper  ermittelt,  ob  nad)  SlpoIIinariS  baS  $Iei|d)  ©prifti  bom  §immel  tarn 
ober  Don  SStaria  ftammte.  ©rftereS  nahmen  Diele  feiner  ©dpitler ,  inSbefonbere 
bie  Ißolemianer,  an;  ber  bon  ben  SJatpolifen  ben  Slpodinariften  gegebene 
Stame  „fyleifepanbetcr"  ift  noch  fein  VemeiS  bafür ,  bap  öieS  bie  urfpriinglicpe 
Sluffaffung  mar,  ba  ja  baS  eng  mit  ber  ©ottpeit  Derbunbene  gleifd)  nadb  biefer 
Sepre  angebetet  merben  füllte.  Sie  SlpoKinariftcu  feprieben  eS  als  eine  ©runb= 
maprpeit  auf  ipre  Käufer,  bap  man  niept  einen  ©ott  tragenben  ßr.ocpöpoc) 
SStenfdjen,  fonbern  einen  fleifdftragenben  ßapxocpöpoQ)  ©ott  anbeten  muffe; 
bie  $atl)0lilen  mürben  bon  ipuen  „SJtenfdjenanbeter"  genannt. 

©d)on  bie  alepanbrinifcpe  ©pnobe  bon  362  erpob  fid)  gegen  biefe 
Srrlepre,  opne  aber  ben  Stauten  ipreS  llrpcberS  311  nennen,  beffen  SIbgeorbnete 
aud)  bie  Verbammung  ber  Slnnaptne  eines  „feeletu  unb  geiftlofen  SeibeS"  unter- 

25* 


388  ©ieg  ■3er  9tömerrei$  unb  Äantpf  gegen  ben  StrianiämuS. 

fdjriebert,  maS  ipret  Sepre  nidjt  juroiber  mar,  bie  ja  eine  menfcptidje  «Seele  in 
(5f»ri[tu§  gelten  liefe  unb  and)  einen  (Seift  ipm  jufcprieb,  ben  göttlichen  SogoS. 
tjßapft  OamafuS  berbammte  auf  einet-  römtfdjen  Spnobe  374  ben  Saturn, 
maS  er  bann  376,  380  unb  382  mieberpolte.  3m  Auftrag  beS  ^apfteS  füllte 
fpieronpmuS  ein  Spmbolum  anfettigen,  baS  bie  prüdfeptenben  Slpoltinariften 
unterfcpreiben  fällten.  (Sine  antiod)enifd)e  Spnobe  bom  Satire  379  erneuerte 
bie  Berbamntung.  Seit  376  hatte  SlpottinariS  erflärt,  er  merbe  mit  niemanb 
in  (Setneinfdiaft  bleiben,  ber  ba  glaube,  ©priftuS  habe  einen  menfdjlicpen  ©eift 
angenommen.  Seine  Bttpünger  piefeen  aud|  Spnufiaften  unb  Otmoirtten; 
ihre  3at)l  mehrte  fiep  rafch,  unb  bereit»  begannen  biele  an  ber  Blenfcpmerbung 
beS  SogoS  überhaupt  ju  jmeifeln 1.  Oie  Schriften  beS  §äretiferS  mürben  gierig 
gelefen  unb  bie  bon  ipm  gebid|teten  Sieber  päufig  ftatt  ber  älteren  $ird)en= 
gefänge  gefungen.  Oerfelbe  meipte  and)  ben  ^rieftet  BitaliS  jum  SSifchof 
bon  Bntiodfien,  mobutcp  er  bie  fird|Iid)e  Bermirrung  bafetbft  nod)  bebeutenb 
bermeprte,  unb  fteltte  an  berfd)iebenen  Orten  Bifdjöfe  auf,  bie  aber  fämtlid) 
abgefept  mürben,  mie  OimotpeuS  bon  BerptuS  burch  Bapft  OamafuS. 

3.  Sm  Satire  381  berief  OpeobofiuS  I.  bie  Bifdjöfe  feines  ffteicpeS  gu 
einem  grofeen  $onjit  nad|  fö'onftantinopel  gur  Befeftigung  beS  nicänifdjen 
(SlaubenS,  gur  Bereinigung  ber  ipalbarianer  mit  ber  Ä'ircpe  unb  gur  ^Regelung 
ber  Befepung  beS  StupleS  ber  £)auptftabt.  ©S  maren  tjier  150  tatpolifcpe 
Bifdjöfe  beS  Orients  bereinigt.  Oie  perborragenbften  bon  ihnen  maren:  Bte= 
letiuS  bon  Bntiodjien,  ber  anfangs  ben  Borfip  führte,  aber  noch  möptenb  beS 
$onjilS  ftarb ;  ©rcgor  bon  fftagtanj,  ber  mit  Befeitigung  beS  ©pniferS  BlapmuS 
als  rechtnxapiger  Bifcpof  ber  ^aiferftabt  anerkannt  marb  unb  nad)  beS  BteletiuS 
Oob  präfibierte,  aber,  feljr  mifeftimmt  über  bie  Haltung  ber  meiften  Bifd)öfe, 
befonberS  in  Sad}en  ber  antiodjenifcpen  Spaltung,  halb  abbantte  unb  an  9teP 
tariuS,  einem  Saien,  einen  Nachfolger  erhielt,  ber  in  ber  letzten  3e^t  ber  Spnobe 
borftanb ;  ©regor  bon  Npffa,  beS  berftorbenen  BafiliuS  Bruber,  ber  auf  BteletiuS 
eine  glängenbe  Seidienrebc  hielt  unb  grofeen  ©influfe  auf  bie  Berpanblungen 
übte;  fein  Bruber  ^etruS  bon  Sebafte,  BmppilodjiuS  bon  Sfonium,  ©elafiuS 
bon  ©öfarea  in  Ifßatäftina,  fein  Opcim  ©pritluS  bon  Sentfatetn,  ipettabiuS,  ber 
Nachfolger  beS  grofeen  BafiliuS  in  ©äfarea,  ©ulogiuS  bon  ©beffa,  Oiobor  bon 
OarfuS,  NcaciuS  bon  Beröa ;  fpäter  tarnen  and)  Ngppter  unb  Süprier,  an  beren 
Spipe  OimotpeuS  bon  Blejeanbrien  unb  BfdjoliitS  bon  Opeffalonicp  ftanben. 
Bon  ben  ebenfalls  eingelabenen  Btacebonianern  maren  etma  fedjSunbbreifeig  ju- 
gegen,  meift  bom  ipelleSpont,  barunter  ©leufiuS  bon  ©pgituS  unb  Btarcian  bon 
SampfafuS.  Slber  bie  Bert)anbtungen  mit  ipnen  führten  bei  ihrem  Bßiberfianbe 
gegen  baS  ^omoufion  gu  feinem  ©rgebniS;  biefelben  berliefecn  bie  Spnobe  unter 
mehrfacher  Bermaprung  unb  fud)ten  in  Briefen  gegen  fie  aufjureijen.  Oie  ber= 
fammelten  Bäter  aber  beftätigten  feierlich  baS  nicänifdje  ©laubenSbefenntniS, 
fpracpen  über  ©ubojianer,  ©unomianer,  Sabellianer,  fßpotinianer,  BpoHinariften 

1  Bei  ©pippaniuä  peiffen  bie  Bpoltinariften  Aipoiplrai,  fonft  atup  Zuvoumatrrai 
('regen  ber  cruvoumcumg  xai  xpämg  rrjg  ftsorrjTog  xai  toü  mupazog).  2luguftinu3  unter* 
fipeibet  brci  Dtidjtimgen:  a)  ©priftuS  pat  gar  Eeine  menfcplicpe  ©eete  gepabt;  b)  er 
patte  bte  (puyrj  Zinnx-q,  nicpt  bie  koyiz-f]  •  c)  feilt  Seit  marb  ein  Seit  feiner  ©ottpeit 
(ißoletnianer). 


5.  Macebouianer  unb  2lpoHinariften.  SaS  jtoeite  allgemeine  ßonjil.  389 

fomie  über  bie  Macebottianer  baS  3lnatl)em  aus  unb  erflärten:  „2öir  glauben 
an  ben  ©eiligen  ©ei ft,  meldjer  fjerrfdjt  unb  lebenbig  macht,  ber  Dom 
93ater  auSgel)t,  ber  jugleid)  mit  SSater  unb  ©ofjn  oeref)rt  unb 
Der f> e r r liebt  mirb,  ber  gefprodfen  l)at  burcf)  bie  Propheten"  — meldjer  $u= 
fa|  nachher  in  ber  Kirche  allgemeine  2Innaf)me  fanb  unb  auf  bem  Dierten 
öhtmenifd)en  ®onjil  mieberum  gutgefjeifien  marb.  9iur  biefe  bogtnatifeben  33c= 
fdjlüffe  —  nidjt  bie  Dier  $anoneS,  bie  fid)  aud)  mit  Fragen  ber  ©terardjifdjen 
©emalt  befdjäftigten  (can.  2.  3)  —  mürben  fpäter  Dom  Dccibent  angenommen. 
3luf  ben  SBunfcf)  ber  ©pnobe  gab  ^Ijeobofius  I.  am  30.  Sitli  381  bie  faifer= 
lid)e  föeftätigung  unb  bebroljte  bie  Höiberfpenftigen  mit  ben  ©trafen  ber  Helfer 1. 
3m  Slbenblanbe  mar  man  mit  mannen  Maßnahmen  anfangs  unjufrieben, 
mic  mit  ber  5l6fetutng  beS  Dom  3llejanbriner  Petrus  eingefe|ten  Maj:imuS 
unb  bem  Verfahren  in  ©ad)en  ber  antiod)enifd)en  ®irdje.  9ll§  bie  meiften  ber 
381  in  Sgjanj  üerfammelten  33ifdjöfe  382  abermals  bort  sufammentraten,  er= 
hielten  fie  ein  ahenblänbifcheS  ©pnobalfditeiben  mit  ber  Einlabung  51t  einer 
großen  ©pnobe  in  9tom.  ©ie  hielten  bie  Entfernung  fo  Dieter  Prälaten  ba= 
mal»  für  gefährlich,  orbneten  bat)er  brei  33ifdjöfe  als  ©efanbte  nadj  IRom  ab 
unb  erflärten  fid)  aud)  gegen  bie  bort  Derbammten  Srrlefjren.  Sßapft  ©amafuS 
foll,  nad)  einer  Mitteilung  beS  5)3£)otiuS,  bie  Sefdjlüffe  bcS  ^onjilS  betätigt 
haben ;  allein  bieS  geht  auS  bem  Siebte  bei  ißfjotiuS  nicht  mit  Sicherheit  herü°r 
unb  ift  aud)  nicht  begrünbet.  Erft  fpäter,  Dom  6.  Saljrhunbert  an,  marb  in 
ber  ftirepe  baS  urfprünglidj  morgenlänbifdjc  ©eneralfonjil  als  baS  5m eite 
allgemeine  anerfannt2.  ©ie  Stnerfennung  begog  fid)  febod)  bloß  auf  bie 
bogmatifdjen  Seftimmungen  ber  ©pnobe. 

©ie  ©rinitätsleljre  mar  bamit  in  ihrer  Formulierung  511  einem  Dorläufigen 
3lf>fdjluffe  gefommen.  Es  ftanb  feft  bie  Sehre  Don  einem  ©ott  in  brei  $er= 
fönen  Don  ganj  gleichem  Söefen,  Stater,  ©ot)n  unb  ©eiliger  ©eift;  eS  mar 
ebenfo  anerfannt,  baß  ber  SSater  baS  $rinjip  (ber  ©einSgrunb)  ber  jmei  anbern 
ißerfonen  ift,  bie  Don  ihm  ben  Urfprung  haben,  baß  bie  Matth-  28,  19  Der= 
zeichnete  Orbnung  ber  brei  ^erfonen  feftjufjalten  ift,  bie  aber  feine  S5erfdhieben= 
heit  ber  Mad)t  unb  ©röße  begrünbet,  fonbern  nur  eine  ^Reihenfolge  in  3ln= 


1  ©efele  a.  a.  £).  II,  1  ff.  Sem  .ftonjil  gehören  nur  oier  HanoneS  an,  bie 
can.  5  u.  6  bem  ißartifularfonjil  001t  382,  can.  7  (ßirdjenpraEiS  bei  ber  2lnfnaf)me  tum 
päretifern)  erft  bem  5.  3abrf)unbert  Sie  2tuthentie  beS  ©hmbotumS  betämpfte  21.  S8in= 
cenji  (De  processione  Spiritus  S.  ex  Patre  Filioque  adv.  Graecos  [Romae  1878] 
p.  78  sq.).  Sie  3ohl  ber  SSifcfjöfe  toirb  auf  150,  Pon  anbern  (mit  ©inredjnung  ber 
Macebonianer)  auf  180  angegeben  (Tlieodoret.  1.  c.  V,  7  sq.  Socrat.  1.  c.  V,  8. 
Sozom.  1.  c.  VII,  7  sq.  Niceph.  Call.  1.  c.  XII,  13.  Marcellinus  Cotnes ,  Chron.  31t 
Prosp.  Aquit.y  Chron.  a.  381.  Conc.  Chalced.  act.  V).  Sie  Sßnobe  ftetfte  fein  eigenes 
©laubenSbefcnntniS  auf;  baS  fogen.  Symbolum  Nicaeno-Constantinopolitanum  finbet 
fid)  ftpon  in  bem  um  374  üerfaßten  Ancoratus  beS  hü  ©pippaniuS.  Slgl.  Äunje,  Saä 
nicänifdh-tonftantinopolttanifdhe  ©hmbolum  (Stubien  pt  ©efep.  ber  Sheot.  unb  ßircfje 
III,  3).  Seipjig  1898;  Martins  ©remita,  ein  neuer  3euge  für  baS  alttircpliche  Sauf-- 
befenntniS.  Seipgig  1895. 

2  Über  bie  ißeftätigung  ber  ©pnobe  burth  <ßapft  SamafuS  Dgl.  Phot.,  Ep.  ad 
Mich.  Bulg.  n.  9.  Über  bie  ©efanbtfdjaft  in  9Iom  für  DteftariuS  Dgl.  Bonifac.  L,  Ep.  15 
ad  Episc.  Maced.  n.  6 ,  ed.  Coustant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  1042  sq.  Über  ben  öfu= 
menifdjeit  ©haratter  beS  ßonjils  non  381  f.  ©efele  a.  a.  D.  II,  30—32. 


390  Sieg  ber  ßirdfe  im  SRömerreid)  unb  Stampf  gegen  beit  9trianigmu§. 


fepung  beS  UrfprungS,  infofern  ber  Sßater  bor  bem  ©opne,  biefer  bor  bem 
(Seifte  gebaut  tt) erben  muff.  Oiefe  nachher  im  fogen.  5ttf>anafianifd)cn  ©puu 
bolum  1  jugleid)  mit  ber  Sei) re  bon  ber  SStenfdjtoerbung  beS  ©opne»  genau  ent= 
miefelte  Sepre  paben  bie  $ird)enbäter  be»  4.  unb  5.  3aprpunbettS  eingepenb 
au»  ber  Offenbarung  mit  gupilfenahme  menfcplicber  fBerbeutlicpungSberfucpe  be^ 
grünbet.  Sm  33ater  fal)  bie  ©dfule  be»  SluguftinuS  baS  göttliche  ©ein  unb 
Seben,  im  ©offne  baS  göttliche  ©rfcnnen  unb  Oenfen,  im  (Seifte  baS  SBoIIen 
unb  Sieben;  im  SStenfdjen  fanb  fie  bie  Slhbifber  ber  göttlichen  Oreieinigfeit. 
SDafj  ber  (Seift  als  Siebe  unb  gemeinfame  ©abe  bom  SSatcr  unb  born  ©offne 
auSgelfe,  marb  im  51benblanbe  flar  erfannt,  im  SJtorgenfanbe  nur  bon  menigen 
beftritten,  ba  bie  Später  meiftenS  lehrten,  er  pabe  baS  ©ein  burd)  ben  ©opn, 
empfange  bon  biefent  baS  Söiffen,  fei  (Seift  beS  ©offne»  ebenfo  tbie  beS  fßaterS. 
Oem  SIpoIIinariSmuS  gegenüber  mürbe  bie  tird)lid)e  Sefjre  bon  ber  Slnnaffme 
ber  ganzen  SJtenfdfennatur  burd)  ©ffriftuS  feftgefteHt. 

4.  Opeobofiu»  I.  unterfagte  388  ben  Slpoflinariften  ba»  Slnftellen 
bon  öifepöfen  unb  ©eiftfiepen,  baS  Sßopnen  in  ben  ©täbten  unb  bie  SIbpaltung 
bon  3uf ammenliinf ten.  2IpoHinariS  ftarb  392  in  I)oI)em  Stfter  unb  erlebte 
nod)  ben  faft  gänjfidfen  Untergang  feiner  in  ©prien  unb  föleinafien  anfangs 
nicht  unbeträchtlichen  Partei.  Hin  426  erbaten  unb  erhielten  einige  Stefte  ber 
©efte  in  Slntiodfien  bon  Söifchof  Offeobotus  bie  SBieberaufnaffme  in  bie  Birdie. 
Einige  füllen  aber  ben  Strtum  insgeheim  beibehalten  unb  nodf  anbere  bafür 
gemonnen  haben ;  fie  berloren  fid)  bann  in  ber  großen  (monopffpfitifdfen)  gartet, 
mefepe  nur  bie  göttliche  Statur  ©prifti  annalfnt,  mit  ber  fid)  ber  menfchliche 
Selb  ju  einem  (Sanken  bereinigt  pabe2. 

©egen  bie  Srrlepre  ber  SlpoIIinariften  malten  bie  $irdfenbäter  befonber» 
fofgenbcS  geltenb:  1)  ©priftuS  pat  baS  angenommen,  maS  er  erlöfen  molfte. 
Oa  er  nun  nicht  bfoff  ben  Seib,  fonbern  aud)  ben  ©eift  beS  SStenfdfen  erlöfen 
wollte,  fo  nahm  er  and)  ben  menfdffidfen  ©eift  an.  3a  opne  bie  Sinnahme 
be»  letzteren  ift  überhaupt  leine  ©rföfung  mehr  benfbar.  2)  ©prifiuS  mar  be= 
trübt  unb  ängftlid);  er  betete;  ba»  tonnte  nicht  ber  $atl  fein,  menn  ihm  ber 
©eift  ober  bie  berniinftige  ©eele  be»  SJtenfdfen  abging.  Ohne  biefe  ift  ©priftuS 
fein  magrer  SJtenfdf,  es  giebt  bann  feine  SJtenfcpmerbung,  feinen  ©ottmenfdfen. 
Söar  ©hriftuS  nicht  boflfommcner  SJtenfdf  mit  einer  bernünftigen  ©eele,  fo  fann 
er  al»  uns  ungleichartig  auch  fein  33orbiIb  beS  heiligen  Seben»  für  uns  fein. 
3)  ©agt  man,  mit  bem  menfdffidfen  (Seifte  fönne  bie  Unfünbfichfeit  ©ffrifti 
nicht  beftepen,  fo  fept  man  bie  ©ünbe  als  etmaS  StotmenbigeS  in  bie  menfd)- 
liipe  Statur,  maS  SJtanicpäiSmuS  ift.  Oie  ©dfrift  feprt  auSbrüdficp,  baff 
©priftuS  in  allem  SJtenfd)  mar  bis  auf  bie  ©ünbe;  nur  bie  ©ünbe  biirfen 


1  Über  öaS  fogen.  2lfpauafianifd)e  Spmholum  Quicumque  bgl.  Opp.  Athan.  bei 
Migne,  Patr.  gr.  XXY1II ,  1567 — 1604,  loofelbft  bie  Derfcpiebenen  Überiepungen  unb 
formen.  3Jtan  finbet  e§  ertodpnt  im  Conc.  Tötet.  IV.  (633)  can.  1.  Überhaupt  foll 
eä  in  Spanien  im  6.  Sfaprpunbert  aufgefommen  fein.  ®ap  eg  längft  bor  794  berfafjt 
tbar,  tonn  niemanb  beftreiten.  fügt.  Bum,  The  Athanasian  Creed  and  its  early  com- 
mentaries.  Cambridge  1896.  Ommaney,  A  critical  dissertation  on  the  Athanasian 
Creed.  Oxford  1897. 

2  Cod.  Theod.  XVI,  5,  14  (a.  888). 


6.  $ie  ßirdjen  im  Orient  tnäprenb  be§  arianifd^en  «Streites. 


391 


wir  auSneptnen ,  nid)t  aber  bte  geifiigen  Vermögen  be§  fDtenfcpen,  bie  ipm  bie 
©d)rift  beilegt,  trenn  [ie  iptt  als  geporfam  bis  jum  Dobe,  als  fürfpredjenb 
für  alle  barflellt. 

6.  Sie  ßirdjett  mtb  bie  ftrcfjlirfjen  Seprer  im  Orient  m’äprenb  be§  arianifrfjen 
Streites.  25  a  8  ©djiSttta  in  Qtntiodjicn;  lofnle  Ijaretifdjc  Grfdjeinnngen. 

2)cr  arianifdje  ©treit,  fo  fcplimtne  fyriidjte  bcrfelbe  aud)  jeitigte,  ift  trot^ 
betn  ein  SemeiS  bafür,  bap  ber  dprifilidpen  Setnegung  in  meiten  Greifen  ein 
tege§  Sntereffe  entgegengebradjt  mürbe.  Derfelbe  beranlapte  bie  Ißerteibiger 
ber  überlieferten  ©laubensmaprpeit,  alle  Energie  unb  alle  ©eifteSfraft  eingufe^en 
jur  9(btoepr  ber  £)ärefie,  unb  bieS  tonnte  auf  baS  tircplidfe  Seben  nur  förbernb 
cinmirten.  Bir  finben  in  ber  Dpat  im  Saufe  beS  4.  SaprpunbertS  eine  grofjc 
3ctl)l  perborragenber  firdtlidjer  IDlänner,  bie  fotoopl  auf  betn  praftifcpen  ©ebiete 
ber  ©eclforge  mie  in  ber  firdjlidjen  Biffenfcpaft  DiicptigeS  leifteten.  Die  meiften 
berfelben  mären  in  ben  arianifcpen  ©treit  berflodjten  unb  finb  in  ber  Dar= 
fteöung  beSfelben  bereits  gemürbigt  roorben.  3ui'  ©rgänjung  beS  bori  ©efagten 
möge  picr  bie  Dpätigfeit  ber  übrigen  nod)  bcleucptet  merbett. 

1.  Unter  ben  töifdjöfen  ^igpptenS1  ragt  bor  allen  anbern  ber 
1)1.  SltpanafiuS  perbor,  ber  geifiige  fyiiprer  ber  rechtgläubigen  ^atpolifen, 
in  beffen  Seben  fiep  bie  ©cpidfale  ber  Ortpoboyie  im  Kampfe  gegen  ben 
SlrianiStnuS  gteidjfam  berförperten.  21ud)  feine  fcpriftfteüerifcpe  Dpätigfeit  ift 
in  erfter  Sinie  ber  53etämpfung  ber  arianifdfen  §ärefie  unb  ber  ©ntmidlung 
ber  Sehre  bon  ber  Trinität  im  Btfcplup  an  bie  SKicänifdpe  Definition  gemibmet. 
3n  feiner  $ugenb  (bor  319)  patte  9ltpanafiuS  längere  3eit  ctl§  mistet  in  ber 
Büfte  unter  Seitung  beS  großen  BiacporetenbaterS  21ntoniuS  jugebradpt.  (§r 
behielt  fein  ganjeS  Seben  pinburcp  eine  grofse  £)od)fdpäpung  für  bie  SJiöncpe 
unb  berfafjte  eine  Siograppie  beS  pl.  5lntoniuS.  Sluperbem  befipen  mir  bon 
iprn  jmei  apologetifdje  Bbpanblungen ,  bie  älteften  unter  feinen  Berten,  fomic 
ejegetifcpe  Draftate  unb  meprere  bon  ben  fyeftbriefcn,  in  melcpcn  er  ben  Söifdjöfen 
feines  99tetropoIitanfprengeIS  jäprlicp  ben  Dag  beS  OftcrfefteS  unb  ben  beginn 
beS  groften  fünftens  mitteilte2.  9tad)foIger  beS  am  2.  9)tai  373  berftorbenen 
BpanafiuS  mürbe  fpetruS  (II.),  ber  nocp  bicl  bon  ben  Slrianern  ju  leiben, 
jebod)  bie  grope  SJIeprpeit  ber  dpriftlidpen  Sebölterung  auf  feiner  ©eite  patte; 
ber  arianifd)e  23ifd)of  SticiuS  tourbe  auS  ber  ©tabt  bertrieben.  DimotpeuS 
(381 — 385)  naptn  am  jmeiten  allgemeinen  ^onjil  in  $onftantinopeI  teil  unb 
bertrat  längere  3eit  bie  ©adpe  feines  SanbStnanneS  ÜJtajimuS,  ber  in  unrecpt- 
mäpiger  Beife  jum  23ifd)of  ber  orientalifdpen  ^pauptftabt  gcmacpt  morben  mar. 
3n  biefer  3eit  begann  baS  33cftrcben  ber  33ifd)öfe  bon  ^onftantinopel,  fid)  bon 
ber  Unterorbnung  gegenüber  beut  aleyanbrinifdjen  Patriarchen  freiäumadpett 
unb,  mit  Unterftüpung  beS  faiferlid)en  £mfeS,  momöglid)  ben  erften  Ütang  unter 
allen  33ifd)öfen  beS  oftrömifepen  9ieid)eS  ju  erlangen,  eine  Spannung  jmifepen 


1  Butcher,  The  story  of  the  cliurch  of  Egypt.  2  vols.  London  1897.  Ermoni, 
Les  evöclies  de  l'Egypte  clirdtienne  (Revue  de  1  Orient  chretien  1900,  p.  637  ss.). 

2  2lußer  ben  oben  S.  349  erttmpnten  SOloitograpIjien  Pgt.  über  bie  titteraxifdpe 
Sbätigteit  beS  pl.  SttpanafiuS  »arbenpewer,  ipatrologie  (2.  Slufl.)  S.  220  ff. 


392  Sieg  ber  ßir<Pe  int  Siöutemidj  unb  ftampf  gegen  ben  2Iriamsmu3. 


Konftantinopet  unb  SHejaubrien  31t  [Raffen,  bie  fpäter  uodj  öfter  fcptimme 
folgen  jeitigte.  ©djon  unter  bem  9iacpfotger  beS  OimotpeuS,  OpeoppituS, 
traten  biefetben  in  bem  Verpalten  perbor,  melcpe»  er  in  bem  Origenifienftreit 
gegenüber  bent  pt.  SopanneS  ©prpfoftomuS  einnapm. 

33orfte£;er  ber  Katedjetenfcpute  in  Vteranbrien  mar  mäprenb  mepr 
al§  ber  ^ftlfte  beS  4.  SdpdpunbertS  OibpmuS  ber  Vtinbe  (geb.  um  310, 
f  um  395).  Von  feinem  vierten  ober  fünften  3apre  an  btinb,  bermocpte  er 
bennocp  fo  auSgebepnte  Kenntniffe  fiep  anjueignen,  bafe  er  Seprer  ber  ^atecpeten= 
ftpule  mürbe  unb  einen  graften  wiffenfcpaftlicpen  9tuf  erlangte,  ber  felbft  5Ibenb= 
tänber  (fneronpmuS,  fftufinuS)  bemog,  feine  ©datier  ju  merben.  ©eine  2epr= 
anfdjauungert  ftanben  gang  unter  bem  ©inftuffe  feine»  großen  Vorgänger» 
OrigeneS,  unb  fo  mar  ber  fpäter  auSbrecpenbe  Kampf  gegen  berftpiebene 
origeniftifepe  2Infi(pten  and)  gegen  ipn  gerietet.  3m  arianiftpen  ©treit  fianb 
er  auf  ber  ©eite  beS  pt.  5ttpanafiu§  unb  berfapte  eine  ©tprift  über  bie  ©rinität 
fomie  eine  SIbpanblung  über  ben  ^eiligen  ©eift.  Vuperbem  fittb  Fragmente 
feiner  gaplreicpen  e^egetifipcn  Kommentare  erhalten  P 

Oie  traurigen  Wirren  beS  StrianiSmuS  riefen  bie  Meinung  perbor ,  es 
fomme  überhaupt  nitpt  auf  bie  ©taubenStepren  an,  fonbern  auf  baS  praftifepe 
(prifiliepe  Sebett  allein,  unb  man  müffe  ©emeinfepaft  palten  mit  allen,  mel(pe 
©priftttS  als  ben  bon  ber  Jungfrau  ©eborenen  anrufen.  ©0  bepanptete 
tJtpetoriuS,  ein  $gppter,  alte  ^äretifer  patten  auf  ipre  Weife  reept;  anbere 
bertraten  bie  ©teiepgüttigfeit  alter  ©taubenSfäpe1  2. 

2.  3n  ißaläftina  gemamt  bie  Kird)e  bon  Serufatem  bon  ber  3eit 
KonftantinS  an  eine  größere  Vebeutung,  feitbem  an  ben  peitigen  ©tätten  praeptige 
Kircpen  gebaut  morben  mären  unb  gaplreitpe  Wöncpe  unb  Tonnen  in  ber  ©tabt 
unb  in  ber  Umgebung  fiep  in  Klaftern  angefiebelt  patten.  2IuS  meiter  gerne 
tarnen  ^ßilger  in  bas  tpeüige  Sanb,  um  bie  burd)  bie  fßroppeten  beS  mitten 
tßunbeS  unb  befonberS  burep  ©priftuS  ben  £>errn  gepeitigten  Orte  gu  befuepen 
unb  gu  öerepten3.  OaS  Kongit  bon  9iicäa  betätigte  bem  Vifcpof  bon  3eru= 
falem  einen  befonbern  Vorrang  ber  ©pre,  mobei  es  jeboep  bie  Wetropolitam 
retpte  beS  VifcpofS  bon  ©äfarea  gemaprt  miffen  motlte4.  Oer  bebeutenbfte 
ißifcpof  bon  Serufatem  in  biefer  3eit  mar  ber  pl.  ©prittuS,  ber  bon  ber 
Witte  beS  4.  gaprpunbertS  an  bis  um  386  bie  bortige  Kircpe  leitete.  5lnfäng= 
tid)  ju  ber  pomöufianifepen  Wittelpartei  gepörenb,  fcplop  er  fid)  mie  fo  biete 
anbere  orientatifepe  Prälaten  ber  nicänifcpen  ©efinition  an  unb  patte  nun  bon 
ben  Vrianern  mancpeS  3U  erbutben;  breimat  mürbe  er  bon  feinem  ©ipe  ber= 
trieben  unb  in  bie  Verbannung  gefiiprt;  bei  biefen  Kämpfen  fpiette  auep  bie 
dtibatität  beS  Wetropotiten  bon  ©äfarea  gegen  gerufatem  eine  fJtotte.  Wir 
befipen  bon  ©prittuS  24  Katecpefen,  bon  benen  bie  19  erften  ber  Vorbereitung 
ber  Katecpumerten  auf  bie  peilige  ©aufe  gemibmet  finb,  mäprenb  bie  fünf  anbern 


1  fßarbertpetoer  a.  a.  £).  <S.  268  ff. 

2  Philastr. ,  De  haer.  c.  91.  August.,  De  haer.  c.  72;  De  praedestin.  c.  72. 
Theodore t.,  Comm.  in  Philipp.  1,  18  (Migne,  Patr.  gr.  LXXXII,  564). 

Itinera  Hierosolymitana  saec.  IV — VIII,  ed.  P.  Geyer  (Corp.  script.  eccl.  lat. 
vol.  XXXIX).  Vindob.  1898. 

4  Can.  7;  Ogi.  pefele,  Gmiciliengefd).  I  (2.  2lufl.),  403  ff. 


6.  Sie  Äircfjen  im  Orient  toäprenb  be3  arianifdjen  Streites. 


393 


(mpftagogifdje)  in  ber  SBocpe  nacfj  Oftern  gehalten  mürben  unb  bie  ©rflärung 
bei*  feierlichen  Slufnapme  in  bie  Kirdje  (Saufe,  Firmung,  ©udjarifiie)  enthalten1. 
Sluf  ©prill  folgte  ipilarion,  beffen  Nachfolger  SopanneS  (f  417)  in  ben 
Drigeniftenftreit  pineingejogen  tourbe. 

Stuf  bem  paläflinenfifdjert  fDJetropolitanfip  ©äfarea  trafen  mir  beim 
SluSbrud)  beS  arianifepen  (Streite»  ©ufebius,  bei*  in  ben  bogmatifepen  Söirren 
bi»  ju  feinem  Sobe  (340)  eine  perborragenbe  Stolle  fpielte,  aber  fiel»  jenen 
■Diauget  an  ©inficht  über  bie  Sragloeite  beS  StrianiSmu»,  jene  ©parafterfcpmäipe 
unb  jenes  Scptoanten  geigte ,  rnelcpe  fid)  bereit»  in  feiner  Spaltung  auf  bem 
Nicänifchen  Konzil  unb  in  bei*  erften  3e^  nach  bemfetben  offenbarten.  Sn 
enger  Söegiehung  ju  Konftantin  b.  ©r.  fiepenb,  genofj  er  bie  ©unft  feines  faifer= 
liehen  greunbe»  in  popent  SJtaße;  et  feinerfeit»  fühlte  fid)  Oerpflicptet ,  bett 
Kaifer  in  feinen  piftoriftpen  ©Triften  fo  ju  fchttbern ,  baj$  mir  ben  Söerfaffer 
in  ben  betreffenben  Partien  mehr  als  fßanegpriter  beim  al»  ©efcpidjtfcpreiber 
beurteilen  müffett.  Sie  §auptbebeutung  beS  ©ufebiuS  als  tirdjlicper  Scpriffc 
fteßer  liegt  auf  bem  ©ebiete  bei*  Kird)engefd)id)te 2.  Slutp  feine  apologetifcpen 
SBerfe  gehören  51t  ben  beften  Scpriften,  mcld)e  bamals  gur  S3erteibigung  beS 
©priftentum»  oerfafjt  mürben;  in  feinen  esegetifepen  Kommentaren  feptofi  er  fid) 
pauptfädplicp  an  OrigeneS  an3.  Sein  Nachfolger  Stearins  mar  Slrianer  unb 
trat  als  foldjer  gegen  ben  1)1.  ©priE  boit  3erufalem  auf,  beffen  fDtetropolit  er 
nad)  bei*  bamaltgen  SBerfaffung  bei*  gried)if<pen  Kircpe  mar. 

3n  ben  ^robinjen  oon  Sprien  unb  Stgppten  breitete  fich  im  4.  3apr= 
hunbert  ber  SJianicpäiSmuS  meiter  au»,  befoitbcr»  in  ben  gebilbeteren  Kretfen, 
meil  biefe  Srrlepre,  bereit  Slnl)ünger  met)r  al»  eine  ©efettfehaft  oon  ©ingemeipten 
auftraten,  ähnlich  mie  früher  bie  ©noftifer,  ber  rationaliftifdjen  Stiftung,  rnelcpe 
Uielfach  in  ben  höheren  Stuten  geförbert  mtirbe,  entgegenfam.  SJteprere  fird)= 
lid)c  SBorftepcr  fapen  fid)  oeranlafjt,  in  eigenen  Schriften  bie  maniipäifdpe  3rr= 
lehre  ju  befäinpfen ;  fo  bie  Söifdjöfe  Serapion  oon  SpmuiS  in  Signiert, 
91  lep  anbei*  Oon  SptopoliS  in  ber  SpebaiS,  Situ»  Oon  23oftra  ittSlrabien4. 

2>n  Str ab ien  tarnen  in  93egng  auf  bie  Söürbe  unb  bie  Stellung  ber 
©otteSmutter  Sltaria  jrnei  entgegengefe|te  falfdje  Stnfid)ten  auf.  SluS  bem 
Kreife  ber  Stpoümariften  foHen  bie  Stntibifomarianiten  perborgegattgen 
fein,  rnelcpe  bie  immermäprenbe  $ungfraufd)aft  fDtarienS  beftritten  unb  bepaup= 
teten,  baB  fic  nad)  ber  ©eburt  3efu  nod)  mit  $ofepp  Kinber  erzeugt  habe, 
©egen  fie  ridjtete  ber  pl.  ©pippaniu»  ein  SBiberlegungSfcpretben.  Siefelben 
fiepen  in  fchroffem  ©egetifape  ju  einem  anbern  ©ptrem ,  ben  Kollpribia= 
n  er  innen,  bie  fid)  ebenfalls  in  Slrabien  fanben.  ©S  maren  grauen,  bie 


1  ÜSarbenpeluer  a.  a.  D.  S.  236  ff.  Cyrill.  Hier.,  Catech. ,  ed.  Touttie, 
Par.  1720  ( Migne ,  Patr.  gr.  t.  XXXIII). 

2  ©.  ginteitung  <B.  18. 

3  Sarbenpeloer  a.  a.  £).  €>.  214  ff.  Euseb.,  Opp. ,  ed.  Migne,  Patr.  gr. 
XIX— XXIV ;  mehrere  SBerfe  feparat,  befonbetä  bie  ßircpengef<f)idf)te. 

4  ©arbenl)  einer  a.  a.  D.  €>.  233  ff.  Alexandri  Lycopolitani  contra  Mani- 
cliaei  opiniones  disputatio.  Ed.  Brinkmann.  Lips.  1895.  SSrinfmarttt,  $ie  ®treit= 
fdjrift  beS  Serapion  bon  SpmuiS  gegen  bie  fülanidpäer  (SipungSber.  ber  preufe.  Stfab. 
ber  SBiff.  in  23erlin  1894,  ©.  479—491). 


394-  ©ieg  ker  ßtrdje  im  Dtömerreid)  unb  ßantpf  gegen  beit  2triam§mu§. 


aus  S^rafien  fanten,  ju  @f)rert  SO?arien§ ,  ber  fie  göttliche  Gehren  ermiefen, 
eigene  Verfammlungen  hielten  unb  fid)  ats  i£;re  ^riefte rinnen  betradjteten.  Vn 
einem  beftimmten  gefttage  trugen  fie  auf  einem  Vkgen,  mie  ihn  bie  Reiben 
bei  ihren  retigiöfen  Umzügen  gebraiic£)ten ,  ber  Vtaria  gemeinte  Vrotfudjen 
(xottupideg,  xo'/lupa,  bat) er  ber  Vame)  I)ernm,  brad)ten  ifjr  fotdje  als  Opfer 
bar  unb  genoffen  fie  bann  fetbft  —  inbent  fie  fo  gemiffermapeit  eine  marianiftpe 
Siturgie  feierten,  bie  aber  ganj  nad)  peibniftper  2Irt  geftaltet  mar  unb  an  bie 
3d)e§mopt)orien  ju  Gehren  ber  ©ereS  erinnerte1.  9iad)  ifjrer  Verurteilung  burd) 
bie  $ird)e,  meldje  bie  innigfte  Verehrung,  aber  nie  bie  Anbetung  ber  Vtutter 
beS  fperrn  geftattete,  gingen  fie  fpurtoS  unter. 

3.  Oie  Snfet  Gfppern,  melcpe  ein  unabhängiger  (autofephater)  Vtetro= 
politanfprenget  mürbe,  hatte  unter  ihren  (Srjbifc^öfen  in  ®onftantia  (©atamiS) 
in  ber  jmeiten  £nilfte  beS  4.  3af)rhunbert§  ben  h  ©  p  i  p  h  a  n  1  u  ®on 
Sugenb  auf  hotte  er  ft<3&  bem  aStetifd)en  Seben  gemibmet  unb  um  335  bei 
feiner  §eimat  GeteutheropotiS  in  ißaläftina  ein  ßlofter  für  Vtöndje  gegrünbet, 
bem  er  bis  jum  Satire  367  borftanb.  Oamt  berantapte  ber  9tuf  feiner  |)eiligfeit 
unb  feiner  ©etehrfamfeit  bie  $ird)e  bon  ^onftantia,  ipn  ju  ihrem  Vifdfof  unb 
baburd)  jum  Metropoliten  bon  Gfppern  ju  mähten,  Gfr  mar  in  feinem  Seben 
ein  ftrenger  Vsfet  unb  ein  mariner  Vefcpüper  ber  9)iönd)e,  in  feiner  tt)eologifd)en 
Vidftung  ein  eifriger  Vertreter  ber  Orthobopie;  hoch  fehlte  eS  ihm,  trop  feiner 
bebeutenben  ^enntniffe,  an  ©d)ärfe  beS  Urteils  unb  an  Klugheit,  fo  bap  er 
fid)  in  ber  Oppofition  gegen  ben  OrigeniSmuS  j$u  ungehörigen  ©dritten  t)'11- 
reipen  tiep.  ©eine  titterarifd)e  Otiütigfeit  mar  hauPtfäd)tid)  ber  Vefämpfung 
ber  §uirefie  gemibmet;  ber  Oartegung  ber  mähren  Sehre  bon  ber  Orinität  ifl 
feine  ©d>rift  „Oer  geftgeanferte"  gemibmet,  mährcnb  er  in  bem  „Vrpeifaften" 
betitelten  SBerfe  eine  Oarfteltung  unb  üöibertegung  bon  80  ipärefien  (baffer 
gemöhnlid)  Haereses  citiert)  bietet.  Vuperbem  befipen  mir  bon  ipm  einige 
Vblfanblungen  ejregetifdjen  Inhalt»2. 

4.  ©d)mer  f)eimgefud)t  bon  ben  arianifcpen  VMrren  mar  bie  alte  fird)lid)e 
Vtetropote  beS  Orients,  9tntiod)ien3.  Oer  Patriarch  GeuftathiuS,  ein 
treuer  Vupönger  unb  ftanbpafter  Verteibiger  ber  nicänifdjen  ©taubenSbefinition, 
mürbe  330  bon  ber  arianifcpen  Partei  ber  ©ufebianer  abgefept  unb  berbannt; 
an  feine  ©teile  marb  ein  Vrianer  auf  ben  bifdföfliipen  ©tupl  erhoben.  VUeiu 
bie  fatpolifdjen  Anhänger  beS  feiner  2Öürbe  entfepten  VifcpofS  bilbeten  in 
Vntiodfien  eine  eigene  ©cmeinbe  unb  hielten  fid)  bon  ben  arianifdjen  Vifcpöfen 
ferne.  2ttS  360  ber  arianifcpe  Vifcpof  GfubopitiS  auf  ben  ©tuhl  bon  Vpjanä 
überging,  marb  nad)  langem  ©treite  VtetetiuS,  bisher  Vifcpof  bon  ©ebafte 
in  Armenien,  bon  ben  Vrianern  auf  ben  antiod)enifd)cn  ©tut)!  erhoben  (361). 
Vber  biefclben  fapen  fid)  getäufdjt,  ba  VteletiuS,  ein  bem  nicänifcpen  VetenntniS 


1  Epiph.,  Haer.  LXXYII,  25  sq. ;  LXXVIII,  1  sq.  23;  LXXIX,  1  sq.  Werns¬ 
dorf,  Diss.  de  Collyr.  secta.  Vitemb.  1745.  Munter,  Comm.  de  Collyr.  (Miscell. 
Hafnens.  II,  fase.  1). 

2  83  at  b  enf)  em  e r  a.  a.  O.  @.  271  ff.  Epiph.,  Opp.  ed .  Dindorf.  5  voll.  Lips. 
1859—1862. 

3  $repbner,  2>a3  ipatriarcfiat  bon  2lntiod)ien  bon  feinem  ©ntftehen  bis  jurn 
ßpbefimun  431.  SXainj  1891. 


6.  Oie  ßivcf)cn  im  Orient  toäfjreub  beS  arianifdjen  Streites. 


395 


naf)efiehenber  §omöufianer ,  ber  an  bie  bolle  ©ottffeit  (fljrifti  tmb  be»  Sogo§ 
glaubte,  ganj  in  fatlplifdfjem  (Sinne  prebigte;  er  mürbe  nach  DJtelitene  in 
Armenien  berbannt,  unb  ber  Dlrianer  (Sttgoiu§  !am  an  feine  Stelle.  Sie 
Guftathioncr  erfannten  beit  Vteletiua,  ber  nadfher  juriicffeljrte ,  nicht  an,  toeil 
er  bon  beit  Erinnern  eingefept  unb  nid)t  fo  entfliehen  aufgetreten  mar,  tnie 
fie  e»  miinfd)ten.  Super  gab  e§  in  5lntiocf)ien  brei  Parteien:  (Suftatl)ianer, 
DJleleti a ner ,  51  r inner.  Seicht  hätten  bie  beiben  er fteren  Parteien  bereinigt 
merbett  fönnen ;  ftatt  beffett  aber  mürbe  bon  Sucifer  bon  ©agliari,  ber  jur 
grieben§bermittlung  gefomnten,  baju  aber  ganj  untauglich  mar,  ber  trieft  er 
tßaulinus  jutn  23ifd)ofe  gemeint  unb  baburd)  bie  Spaltung  bergröpert.  Sie 
5Ilejanbriner  unb  Occibentalen  maren  nt  ei  ft  für  ^anlinuS,  mäl)renb  bie  fat^o= 
lifcben  Orientalen  fid)  für  55Metiit§  ertlärten.  Sie  DJteletianer  lehrten  brei 
^ppoftafeit  in  ber  ©ottljcit,  bie  ©uftatljianer ,  bie  biefes  2Bort  für  „SBcfen, 
Statur"  nahmen,  nur  eine.  3m  Sofjre  378  bereinigten  fid)  bie  beiben  fatho= 
lifchen  Parteien  bahiit,  baff  ber  itberlebenbe,  fei  e§  9Metiu§  ober  ^paulinu?, 
al§  alleiniger  Vifdiof  ber  antiod)enifchen  $atf)olifeu  anertannt  merben  füllte. 
5lllcin  al§  UMetius  381  311  $onftantiitopel  ftarb,  marb  jum  gropett  Verbrup 
be»  ©regor  bon  91ajianä,  ber  bie  Spaltung  fetjnlichft  befeitigt  §u  fepen  münfdfte, 
ber  antiochenifdje  ^rieffer  glabian  bon  ber  meletianifdfeit  Partei  gemailt 
unb  boit  ber  berfammelten  Spttobe  beftötigt.  ©benfo  mahlten  bann  bie  5liv 
hättger  be§  lßaulinu§  nad)  beffen  Sob  388  ben  ©üagriuS  311  ihrem  Vifcpof. 
Sod)  brad)te  e§  glabian  balfin,  bap  bem  ©bagriu§  (f  392)  teilt  Vachfolger 
gegeben  mürbe,  unb  398  erlangte  er  and)  unter  Vermittlung  bc»  3ol)anne§ 
©hrpfoftomu»  unb  be»  Sfjeophilua  bott  5llepanbrien  burch  eine  ©efanbtfchaft 
nad)  Vom,  an  bereu  Spipc  53ifd)of  2lcaciu§  bon  Veröa  ftaitb,  bie  5(nerfenntutg 
be§  röntifd)en  StupleS.  Sennoch  beharrte  ein  Seit  ber  ©uftatpianer  in  ber 
Srennung  bi§  415.  Sa  30g  53ifd)of  Sllcpanber  mit  feiner  ganzen  ©etneittbc 
an  einem  fyefttagc  in  bereit  Kirche  unb  mopnte  ihrem  ©otteabienfte  bei;  alle 
ftimmten  jufainmen  in  ©ebet  unb  ©efatig.  So  marb  enblid)  nad)  einer 
Trennung  bon  85  fahren  bie  ©htpeit  in  ber  antiodieuifdjen  £ird)e  mieber- 
pergeftellt 1. 

Sie  bont  tßriefier  Sudan2  begrünbete  tpeologifdje  Schule  bon  5lntiod)ieit 
erhielt  fid)  im  Saufe  bc§  4.  Saprpunbertg  unb  gemantt  immer  mehr  an  Ve= 
beutung,  tropbem  gerabe  bie  Srinitätalepre  be§  Sucian  einen  £)auptanftop 
5ur  arianifchen  §>ärefie  gegeben  hotte.  -Hieprere  53ifd)öfe  bon  5lntiod)ieit ,  mie 
©uftatpiug,  VMetiua,  glabian,  maren  bor  ihrer  (Erhebung  311  m  ©piffopat  al§ 
Seprer  an  ber  $ated)etendjule  tl)ütig  gemefen.  Sie  Vliitejeit  ber  Schule  begann 
mit  Siobor,  ber  378  31111t  Vifdjof  bon  SarfuS  iit  töilitien  gemeil)t  mürbe, 
naihbem  er  mehrere  Sapre  als  Seprer  in  5ltttiod)icn  gemirft  hotte,  mo  er  houpt= 
fachlich  bie  nüchterne,  grammatifd)4ogifd)e  3nterpretation»meife  in  beit  epegetifdjen 
Stubien  begrünbete.  Sabei  unterfchieb  er  fd)ctrf  3tüifd)en  bem  ©öttlidjen  unb 

1  Socrat.,  Hist.  eccl.  II,  43  sq. ;  HI,  9.  25;  1 ,  5.  9  sq.  15.  Sozotu.,  Hist.  eccl. 
IV,  25;  VII,  8.  10  sq.;  VIII,  3.  PhHostorg.,  Hist.  eccl.  V,  7.  Epiph.,  Haer.  LXXIII, 
n.  28  sq.  Theodor  et.,  Hist.  eccl.  III,  2.  8;  V,  23.  35.  Greg.  IS  uz.,  Carmen  de  vita 
sua,  v.  1590  sqq.  Ambros.,  Ep.  56. 

2  S.  oben  S.  296. 


396 


(Sieg  ber  ßirdje  im  tRömerrcid)  unb  ßamßf  gegen  ben  Strianismu«. 


Vtenfcpticpen  in  ®prifiu§,  fo  bafj  bie  ©inpeit  ber  Sßerfon  be§  ©ottmenfepen 
gefäprbet  trntrbe.  ©eine  berüpmteften  ©cpüter  maren  ©peobor  Don  Vtopfueftia 
unb  Sopannea  ©prßfoftomuS U 

5.  3n  ^teinafien1 2  §atte,  burd)  bie  ©pätigfeit  bea  Vifdfofa  ©ttfebiua 
non  fftitomebien,  bea  eifrigsten  ©egitera  ber  nicänif(f>en  ©laubenSentfdjetbung, 
ber  21riani§mu§  in  feinen  Derfdjiebenen  ©Wattierungen  eine  meite  Verbreitung 
gefunben.  Vber  aud)  pier  trat  feit  ber  Vtitte  be§  4.  $aprpunbert§  eine  be= 
beutenbe  äöenbung  jum  Vefferen  ein,  bie  in  erfter  Sinic  geförbert  mürbe  burd) 
bie  brei  großen  Öeprcr  aus  ^apßabocien,  Vafitiita  Don  ©äfarea,  ©regor  Dort 
Vßffa  unb  ©regor  Don  Vajianj.  V  a  f  i  I  i  u  §  (geb.  um  330)  unb  fein  jüngerer 
Vruber  ©regor  entflammten  einer  gamitie,  in  roeteper  fiep  bie  Überlieferung 
ber  Dorfonfiantinifdpen  geit  burd)  bie  ©roßmutter  Diafrina,  bie  nod)  Dom 
1)1.  ©regor  ©paumaturguS  unterrichtet  morbett  mar,  lebenbig  erpatten  patte. 
Von  ben  Dier  ©öpnen  iprea  ©opne§  Vafitiu§  mürben  brei  Vifdjöfe:  Vafiliu», 
ber  bea  Vaters  -Kamen  trug,  iu  ©äfarea  (370),  ©regor  in  Vpffa  (371)  unb 
Vetrua  in  ©ePafte.  ©ie  beiben  erfteren  mürben  mit  iprem  gemeinfamen  greunb 
©regor  Don  SRagianj  (371  jum  Vifd)of  Don  ©afirna  gemeipt)  bie  perbor= 
ragenbften  Vertreter  ber  ortpoboren  ©peotogie  in  $Ieinafien  jur  geit  bea  ®aifer§ 
Vatena ,  unb  PefottberS  ©regor  Don  Vpffa  patte  Diele  llnbilben  Don  feinen 
arianifdjen  ©egnern  ju  ertragen.  VafitiuS  mirfte  pauptfädptiep  burd)  perfön= 
liehe  ©pätigfeit  in  ber  prattifd)en  Leitung  feiner  ^irepe  unb  bea  Vtetropolitam 
fprengel§  Don  ©äfarea.  Vttein  aud)  ata  tpeologifcper  ©cpriftftelter  jeiepnete  er 
fiep  aua ,  fomopt  burep  feine  Vierte  gegen  bie  Vrianer  („©egen  ©unomiuS", 
„Über  ben  ^eiligen  ©eift")  ata  aud)  burd)  ejegetifepe  ©d)riften.  Um  bie 
obfepmebenben  VtißDerftänbniffe  jmifepen  ben  §omöufianern,  metepe  fiep  bem 
•Kicänutn  anfeptoffen,  unb  ben  ftreng  nicänifcpen  Vbenbtänbern  ju  peben,  trat 
er  mit  ifiapft  ©amafuS  in  ^orrefponbenj.  ©aa  Vtöncptum  patte  an  ipm 
einen  eifrigen  görberer,  unb  burep  feine  a§tetifd)en  ©epriften  griff  er  nad)= 
brudSboIt  in  bie  ©ntmidtung  bea  orientatifdpen  SHoftertebenä  ein  (f  379) 3. 
©ein  Vruber  ©regor  Don  Vpffa  mar  ber  Dietfeitigfte  fird)(id)e  ©dpriftftelter 
jener  3eit  in  ber  gried)ifcpen  $irdje;  bie  größte  Vebeutung  paben  jebodp  feine 
japtreidpen  bogmatifepen  Vbpanbtungcn,  in  roetepen  er  burep  tiefe  ppilofoppifcpe 
©rörterungen  ba§  ©epeimniS  ber  peitigen  ©reifatügfeit  ju  elitären  unb  ba§ 
ridptige  Verftänbnia  ber  lirdptiepen  Sepre  über  baafetPe  ju  Dermittetn  fudpt. 
Vuf  bem  ^onjit  Don  .Qonftantinopet  übte  er  roegett  feiner  großen  ©eleprfamfeit 
einen  mafjgebcnben  ©inftuß  au§.  3n  feinen  meniger  originellen  eyegetifepen 
Arbeiten  jeigt  er  fid)  ftarf  beeinflußt  Don  OrigeneS  unb  ber  alepanbrtnifdjen 

1  töarbentjetoer  a.  a.  Q.  ©.  276  ff.  3>ie  Fragmente  ®tobor3  bet  Migne, 
Patr.  gr.  XXXIII,  1579  sqq. 

2  Ramsay,  Cities  and  bishoprics  of  Phrygia.  Vol.  I.  Oxford  1895. 

3  Varbenpetoer  a.  a.  D.  ©.  239  ff.  Basil.  Caes.,  Opp.  ed.  Migne,  Patr.  gr. 
t.  XXIX — XXXII.  Ällarä,  Saint  Basile  (Collection  „Les  Saints“).  Paris  1899.  3" lt  rt f , 
®ie  jpnei  testen  SBüdper  ber  ©djrift  VafitiuS’  b.  ©r.  gegen  ©itnomiuä  (ßiripengefcptcptl. 
Stbpanbl.  II  [1899],  291—329;  Dgl.  ©.  251—253).  Soofö,  ©uftatpiuS  Don  ©ebafte 
unb  bie  ©pronologie  ber  VafitiuSbriefe.  §atte  1898.  Sfunf,  3nr  ©efdjidjte  ber  jtoei 
leßten  3Bücf;er  ber  Scprift  S8afiliu§’  b.  ©r.  gegen  ©unomtuS  (3dtb.  Stpeol.  Duartatfiipr. 
1901,  ©.  113—117). 


6.  Sie  ßirdjett  im  Orient  tnäJjrenb  beg  nrianifcben  ©treiteg. 


397 


©djutrichtung  (f  nad)  394) 1.  ©regor  bon  9lajtanj,  Sugenbfrcunb  be§ 
hl.  Bafiliu§,  mit  bem  er  jufamtnen  in  Athen  auf  ber  tR^etoren[cf)uIe  mcilte, 
trat  f)auptfäd)Iid)  Verbot  feit  bem  Satire  379,  in  metdjem  er  nad)  Sfonftanti- 
nopet  berufen  mürbe,  um  bie  Seitung  ber  flehten  ©d)ar  bon  rechtgläubigen 
(griffen  ju  übernehmen  unb  für  bie  Orbnung  ber  im  arianifdjen  ©treitc  arg 
jerrütteten  firdßidjen  Bertjättniffe  jn  mirfen.  ®ie  herrlidjen  Dtcben,  metdje  er 
bort  jur  Berteibigung  unb  ©rfläutng  be»  mähren  ©taubenS  über  (Bott  unb 
bie  Strinität  hielt,  trugen  ihm  ben  Beinamen  „ber  S^hbologc"1  ein.  Anfang  381 
übergab  ber  &aifer  SßjeobofiuS  ben  $atholifen  bie  ipauptfirdje  ber  ©tabt,  unb 
ber  ©influfj  ber  Arianer  begann  ju  finfen.  Btan  brang  in  ©regor,  feinen 
bifdiöflidien  ©ifc  bon  ©afirna,  mohin  er  fid)  mot)t  nie  begeben  hatte,  mit  beim 
fenigen  ber  ipauptftabt  51t  bertaufdjen;  aßein  er  miberfeüte  fid)  entfdjieben, 
unb  bie§  benuüte  ein  cpnifdjer  ^hüofafh  au»  Ägppten,  2Jtajimu§,  um  fid) 
heimlich  bon  einigen  Anhängern  5 um  Bifdjofe  mähten  unb  meif)en  ju  taffen 
S)a§  $on§il  bon  ^onftantinopet  381  erftärte  bie  2öaf)I  be»  5Qfapimu§  für 
ungültig  unb  erhob  ©regor  gum  Bifdjof  ber  £mupiftabt.  AIS  bon  feiten  ber 
ägpptifdjen  Bifdjöfe  fpäter  ©inmänbe  bagegen  erhoben  mürben  unb  anbere 
©djmierigfeiten  entftanben,  banfte  ©regor  ab  unb  berlieff  ^onftantinopet.  Bon 
jeßt  an  lebte  er  jurüdgejogen  bei  Btajianj  unb  mibmete  feine  3eit  aSfetifdjen 
Übungen  unb  fd)riftfteßerifd)en  Arbeiten;  befonberS  zahlreiche  ©ebicptc  finb  in 
biefer  $eit  entftanben  (f  389  ober  390).  giir  bie  S)ogmengefd)id)te  midjtig  finb 
feine  gehattboßen  unb  formboßenbeten  tpeotogifcben  Beben2.  ©in  geitgenoffe 
ber  großen  $appabocier,  ber  gteidjfaß»  an  ben  firdßichen  Angelegenheiten  regen 
Anteil  nahm,  mar  ber  Bifdjof  AmphitochiuS  bon  Sfonium  (f  nach  394). 
Außer  einem  ©ßnobatfchreiben  über  ben  Zeitigen  ©eift  ift  feine»  bon  feinen 
titterarifdjen  fßrobuften  erhalten. 

öängere  Qeit  tp11^1^  toar  ber  33afitiuS  in  enger  $reunbfd)aft  ber= 
bunbeit  mit  ©uftattjius,  Bifcßof  bon  ©ebafte  in  ber  römifdjen  ^robinj 
Armenien ;  fpäter  jebod)  berfeinbete  er  fid)  mit  ihm,  als  berfetbe  Rührer  ber 
süneumatomad)en  in  ^teinafien  gemorben  mar.  SDie  engen  Beziehungen  jmifdjen 
ben  beibeit  Btänncrn  maren  ^auptföchtich  baburch  begrünbet  morben,  baß 
©uftathiu»  als  ftrenger  Asfet  lebte  unb  baS  Biöndputn  in  ber  römifdjen 
^probing  Armenien,  in  fßaphtagonien  unb  )f>ontlt§  einführte.  ®ie  ©chüter  be» 
©uftatt)iu§  jebod)  (©uftatf) inner),  menn  nicht  fd)on  biefer  fetbft,  gingen 


1  58arbenbelner  a.  a.  £).  ©.  257  ff.  Greg.  Nyss.,  Opp.  ed.  Migne,  Patr.  gr. 
t.  XLIV — XLVI.  Burkhard,  Greg.  Nyss.  (Nemesii  Emeseni)  Kspl  <p6astoq  dv&pdmou 
über  (Programm  beg  ©pmnafiumg  im  12.  Sejir!  ju  SBien,  1896).  Ateper,  Sie 
©otteglepre  beg  ©regor  bon  Apffa.  Seipjig  1894.  Sietamp,  Sie  ©otteglepre  beö 
hl.  ©regor  bon  Apffa.  DOUtnfler  1896.  58 0 Iler t,  Sie  Sehre  ©regorS  oon  Apffa  bom 
©Uten  unb  58öfen.  Seip^ig  1897.  §.  ßocp,  $al  mpftifhe  ©(Sauen  beim  1)1-  ©regor 
bon  Apffa  (Siib.  Spect.  Cuartatfcpr.  1898,  ©.  397 — 420). 

2  58arbenh einer  a.  a.  £).  ©.  249  ff.  Greg.  Naz.,  Opp.  bei  Migne,  Patr.  gr. 
t.  XXXV— XXXVIII.  21 2  m  u  8 ,  ©regor  bon  Aojianj  unb  fein  58erpäftni§  jurn  Äpni§= 
mu§  (Speol.  ©tubien  u.  ßritifen  1894,  ©.  314-839).  Rümmer,  Ses  pl.  ©regor 
bon  Aajianj  Sepre  bon  ber  ©nabe.  Itemptcn  1890.  Über  bie  58ifcpöfe  bon  ßonftan= 
ünopel  bgl.  Fischer,  De  patriarchar.  Const.  catalogis  et  de  cbronologia  octo  prior. 
patr.  Ienae  1885. 


398  Sieg  ber  ßtttpe  im  Dtötnerreicp  unb  ftampf  gegen  ben  SlrianiSmuS. 


oielfad)  in  ipren  a§fetifcf)en  Sefirebungen  ju  »nett  unb  gefä^rbeten  gerabe^u  bie 
georbnete  lircplicpe  Disziplin.  (Sie  mieben  ben  ©otteSbienft  ber  öerpeirateten 
^rieftet,  ba  fie  bie  ©pe  bermarfen;  [ie  fafietcn  an  ben  Sonntagen,  mäprenb 
fie  bie  firdjlidjen  ^afttngeiten  nicfjt  hielten ;  grauen  füllten  Stännerlleiber  tragen ; 
i^ren  gufantmenfünften  fc^rieben  fie  eine  befonbere  ^eiligfeit  gu,  tneldbe  fie  ben 
fird)Xid)en  gottesbienftlicpen  Serfammlungen  abfpracpen1.  Sn  einzelnen  biefer 
3ln»tt)üchfe  begegneten  fie  fiep  mit  einer  anbern  päretifd)en  23emegung  in  $lein= 
afien ,  ben  21  p  o  ft  o  1  i  f  e  r  it ,  toelcbe  nad)  21rt  ber  ©nfratiten  bie  ©pe  unb 
baS  Eigentum  oermarfen  unb  apolrpppe  ©cpriften  ber  21poftel  21nbrea§  unb 
DpomaS  benutzten2.  ©egen  bie  ©uftatpianer  erlief  bie  Spnobe  üon  ©angra 
(gtoifd)en  360  unb  380)  20  Kanone»,  in  roeldjen  bie  antilircplicpen  21u§mücpfe 
ber  a§f'etifd)en  Sidjtung  jener  Seite  oerurteilt  mürben3. 

©in  früperer  ©efäprte  be»  ©uftatpiuS,  ber  ^prieffer  21  e  r  i  u  §  Oon  Sebaffe, 
ging  jit  bem  ftrengen  21rianiSmu§  über  unb  gerfiel  gtinglicb  mit  feinem  23ifd)of, 
melcper  ju  ben  fmmöufianern  gehörte  unb  fiep  ber  nicönifdjen  Definition  jiemlid) 
augefd)loffen  hatte.  21ucp  gegen  bie  aSfetifcpen  23eftrebungen  be»  23ifcpof»  erhob 
fid)  21eriu»,  ber  eine  Seite  ftiftete  (21  er  inner),  bereu  2(npiinger  ihre  9Ser= 
fammlungen  auf  Sergen  unb  in  Söälbern  abhielten,  bie  23ifd)öfe  unb  ^riefier 
für  üöllig  gleich  erflärten,  bie  Ofterfeier  als  jiibifd)en  2(berglauben  tabelten. 
Sie  oermarfen  bie  Oon  ber  $irdje  Oorgefcpriebenen  Mafien  unb  leugneten,  baß 
burd)  ©ebete  unb  gute  933erfe  ben  Serftorbenen  irgenb  meld)er  Seiftanb  gebradjt 
merben  lönue4. 

Socp  oor  bem  21u§butd)  be»  arianifcpen  Streite»  mareit  in  ^leinafien  jmei 
midjtige  St)noben  abgehalten  morben,  meldje  mehrere  bie  lird)lid)e  Disziplin 
betreffenbe  Kanone»  erliefen :  bie  erfte  in  21ncpra,  ber  ^auptftabt  ©alatienS, 
im  Sapre  314;  bie  anbere  in  Seoeäfarea  in  ^appaboeien  in  ber  3aaif<hen= 
jeit  Oon  jener  Spnobe  bi»  jum  ^onjil  Oon  Sicäa5.  21uper  ben  &’ircpen= 
oerfammlungen,  meldje  fid)  mit  bem  21riani»mu»  befd)äftigten,  fanb  im  4.  3apr= 
hunbert  in  einem  nicht  ndl)er  ju  beftimmenbcn  Sapr  eine  Spnobe  in  Saobicea 
in  ißprpgien  ftatt,  meld)e  60  Kanone»  über  berfdpiebene,  ba»  lircplicpe  Seben 
betreffenbe  Limite  erlief;6. 

6.  3n  ben  ©ebieten  Oon  Sprien  unb  SSefopotamien,  melcpe  jum 
Deil  burd)  ipre  ©inberleibung  in  ba»  römifcpe  Seid)  ber  fjelleniftifdjen  Kultur 
erfd)loffett  morben  rnaren  unb  bereu  djriftlicpe  0rcpen  teilmeife  in  bie  religiöfe 
©ntmidlung  be»  ©priftentumS  im  Sömerreidje  pineingejogen  mürben,  bilbete  fid) 
im  4.  Saprpunbert  eine  tpeologifdje  Sitteratur  in  fprifcper  Spraye,  melcpe  ju 
groper  Slüte  gelangte.  2luper  japlreidjen  Startpr alten,  melcpe  bie  Kampfe 


1  Socrat.  1.  c.  II,  43.  Sozom.  1.  c.  III,  14.  Basil.  Caes.,  Ep.  119.  223.  224. 
Epiph. ,  Haer.  LXXV,  2  sq.  SoofS,  6uftatpiuä  üon  ©e&afte  unb  bie  ©pronologie 
ber  35afiliuö6riefe.  §atle  1898. 

2  Epiph.  1.  c.  LXI. 

3  hefcte,  ©oncitiengefdj.  I  (2.  2tuft.),  777  ff.  SS  raun,  Sie  Slbpaltuitg  ber 
©l)itobe  ßon  ©angra  (hifior.  Saprb.  1895,  ©.  586  f.). 

4  Epiph.  1.  c.  LXXV,  1  sq.  Philastr.,  De  liaer.  c.  73.  August .,  De  haer.  c.  82. 

5  hefeU  a.  a.  O.  ©.  219  ff.  242  ff. 

6  66b.  S.  746  ff.  Boudinhon,  Note  sur  le  concile  de  Laodicee.  St-Dizier  1888. 


6.  $ie  ßtrdjen  im  Orient  toäprenb  beö  arianifcfjen  Streites. 


399 


ber  in  ber  fcpredlidijen  SBerfotgung  gefallenen  ©laubenSpelben  fcpilbern1,  paben 
mir  bie  Slbpanbtungen  beS  „perfifcpen  Söeifen"  SlppraateS,  melcpe  au§  ber 
Seit  bon  337 — 345  flammen.  Sie  «Sammlung  ber  Slbpanblungen  umfaßt 
23  Stummem,  in  roeldjen  fomopl  tpeologifdje  mie  aSfetifcpe  fragen  Be^anbelt 
»erben.  $urj  Dörfer  mar  ba§  ÜRönd)tum  in  iJJtefopotamien  eirtgefü^rt  morben, 
unb  3lppraateS,  felbft  2Jtöncp  unb  fester  tgifdpof,  mar  ein  eifriger  Verbreiter  be§ 
$tofterlebenS  2.  Ser  berüpmtefte  $ircpenbater  ber  Sprer  mürbe  ber  1)1.  ©pprarn, 
ber  bis  jum  Satire  363  in  Vifibis  lebte,  bann  aber,  als  in  biefem  Sapre  bie 
Stabt  bom  Inifer  Sobinian  an  bie  Werfer  abgetreten  mürbe,  mit  japlreicpen 
Triften  nad)  (Sbeffa  ausmanberte,  mo  er  feinen  bleibenben  21ufentpatt  nat)tn. 
©r  mar  pödjft  maprfcpeinlid)  Siaton;  eine  pöpere  fircplidje  SBürbe  pat  er  fitper 
nidjt  betleibet.  Sn  ©beffa  mirfte  ©ppräm  als  Seprer  ber  bärtigen  tpeologifcpen 
Sd)tt(e,  mclcpe  bie  töitbungSftätte  beS  perfifcpen  Klerus  mar  unb  beren  S3Iüte= 
jeit  in  baS  4.  Saprpunbert  fällt.  Siefelbe  ftanb  in  enger  güplung  mit  ber 
antiod)enifd)en  Scpicle,  geigt  aber  bod)  in  mancfjer  Ipinfüpt  ein  eigenes  ©epräge, 
befonberS  barin,  baff  fie  meniger  in  fpefulatiber  als  in  mpftifcp  =  poetifd)er 
SBeife  bie  tbeologifcpen  ©egenftanbe  bepanbelte  unb  eine  jebe  meitere  ©ntmid= 
lung  auSfdjIie^enbc  Stabilität  offenbarte,  ©ppräm  blieb  beren  flaffifcber  Seprer; 
berfelbe  Unterließ  eine  fepr  reidje  unb  mannigfaltige  tpeologifdje  Scpriftem 
fammtung  (f  373) 3. 

Sn  Spriett  unb  ÜJtefopotamien  entftanben  im  4.  Saprpunbert  eigentümliche 
päretifcfje  unb  feparatiftifdje  S3emegungen,  meldje  jum  Seil  aus  irrigen  aSfetü 
fd)en  9fnfdjauungen  perborgingen.  Sie  SOReffalianer  (©udjcten,  ©uppemiten) 
fudjten  bie  Silgung  ber  Sünben  unb  bie  ©rlangung  beS  £)eils  mit  Verachtung 
beS  äußeren  ©otteSbienfteS  nur  in  bem  beftänbigen  ©ebete,  burd)  baS  ber  gött= 
liebe  ©eift  fiep  ber  Seele  bemächtige  unb  fie  abgeftumpft  gegen  alles  äußere, 
IeibenfdjaftS=  unb  fünbloS  mache.  Sie  bilbeten  in  Sprien ,  ^pöngien,  5ßalft= 
ftina  unb  ÜOtefopotamien  pietiftifepe  Vereine,  bie  bietleidjt  au»  bettelnben  VtöndhS= 
banbett  entftanben.  Ser  Vtefopotamier  ÜlbelppiuS  mar  baS  Oberhaupt  biefer 
einem  falfdjen  Spiritualismus  bulbigenben  Sette.  SJiacp  ihrer  Sehre  ftel)t  ber 
'IRenfcp  bon  ber  ©eburt  an  unter  ber  Iperrfdjaft  eines  bon  ben  Voreltern  er= 
erbten  SämonS,  ben  nur  unabläffigeS  ©ebet  austreibt,  nicht  bie  Saufe  ober 
ein  Satrament;  burd)  baS  ©ebet  mirb  bie  Seele  mit  bem  l)immlifd)en  Vräit= 
tigam  fo  berbunben  mie  baS  2öeib  mit  bem  ÜRanne  in  ber  fleifcplicpen  Ver= 
mifdjung;  es  cntfteljt  bie  innigftc  Verbinbung  mit  ©ott,  bie  feine  Siinbe  mepr 
auffommen  lägt,  rnenn  auch  ber  SRenfcp  äuperlid)  ju  fünbigeu  fdjeint;  äußere 
UtSfefe  ift  unnüp,  bie  tpanbarbeit  für  ben  ©eiftcSmenfdjeu  enteprenb.  Sie  be= 


1  Acta  sanctorum  et  martyrum  syriace,  ed.  Bedjan.  7  voll.  Lips.  1890 — 1897. 

2  SBarbenpetoer  a.  a.  O.  <3.  338  ff.  Duval ,  La  litterature  syriaque  (Paris 
1899  [mit  Supplement  1900;  2me  ed.  ibid.  1900])  p.  225  ss.  Aphraates,  Demonstra- 
tiones,  ed.  Graffiti ;  Patrologia  syriaca.  Vol.  I.  Paris  1894.  Über  Strmenien  fiepe 
Nhe,  L'Armenie  chretienne  et  sa  litterature.  Louvain  1886. 

3  iß  a  r  b  e  n  f)  e  m  e  r  a.  a.  O.  3.  340  ff.  Duval  1.  c.  p.  331  sqq.  Ephraemi 
Opp.  ed.  I.  S.  et  St.  E.  Assemani  et  P.  Mobärek.  6  voll.  fol.  Romae  1732—1746. 
®aju  japlreicpe  Otapträge  öou  Sa  mp,  ißoptmann,  SB  i  cf  e  1 1  u.  a. ;  Ogi.  58arben= 
f)  e  to  e  r  a.  a.  O.  3.  344 — 346. 


400  Sieg  ber  fvirdje  im  Dtömerreid)  unb  fiampf  gegen  ben  2triani§mu§. 


trachteten  ba§  $euer  at§  ba§  fdjöpferifdje  ^rinjip)  be§  2öeItaH§  unb  bauten 
fid)  (Sott  förpcrtid).  Sorgfältig  hielten  fie  ihre  Sehre  »erborgen.  23ifdjof  gta»ian 
»on  5(ntiodjieu  entlodte  381  burd)  fßerftellung  bem  5lbelphiu§  nähere  9luf= 
fdpüffe  über  bie  Sehre  ber  ©efte,  bie  fid),  obfdjon  bietfad)  »erfolgt,  bi§  in  ba£ 

6.  Sahrhunbert  erhielt1,  töerwanbt  mit  ben  SJleffatianern  finb  bie  Stubianer 
in  SUtefopotamien ,  bie  einer  fatfchen  2l§fefe  tpübigten  unb  bie  »erwetttichten 
23ifd)5fe  unb  ©eifttidfen  hefämpften.  Itbo  ober  3tubiu§,  ein  fDJefopotamier, 
warb  megcn  feine§  riidfid)t§tofen  ©trafeifer§  »on  ber  Birdie  au§gefd)toffen  unb 
bitbete  mit  mehreren  Mönchen  eine  fd)i§matifd)e  Partei,  bie  aud)  33ifd)öfe  unb 
Sfkiefter  an  fid)  50g.  9Jiit  ben  ^atfeolifen  Wottte  biefe  Partei  feine  ©emeirt= 
fdjaft  hoben,  aud)  nid)t  mit  ihnen  beten,  ©ott  buchten  fie  fid)  mit  Berufung 
auf  1  füfof.  1,  26  in  förpertidjer  unb  menfd)Iid)er  ©eftatt;  ba»  Ofterfeft  feierten 
fie  nad)  3trt  ber  Stuben  unb  ju  berfelbett  3eit  mit  ihnen  gteid)  ben  £)uarto= 
becimanern;  ba§  ^onjit  »on  ffticäa  befdjutbigten  fie  einer  ungerechtfertigten, 
btofe  au§  tRüdfidjt  auf  ben  ^aifer  üorgenommenen  ißeränberung  ber  ^eftjeit. 
S)en  ©ünbern  pflegten  fie  bie  fanonifchen  33ufeen  ju  erlaffen,  inbem  fie  »on 
ihnen  nebft  ber  23eid)te  nur  ba»  |)inburchgehen  äWifdfen  ihren  in  gioei  Raufen 
tiegenben  heiliflen  tBüdhern  üertangten.  Ubo,  fetbft  jum  töifdjof  geweiht,  warb 
at§  ©rei»  nad)  ©fptfeien  »erbannt,  wo  er  unter  ben  ©oten  neue  2lnf)änger 
gewann.  Stad)  ihm  (f  372)  war  UraniuS  £)auptbifd)of  ber  ©efte  in  9Jtefo= 
potamien,  ©it»anu§  bei  ben  ©oten,  beren  Sättig  9tfl)anarid)  aber  biefetben  mit 
ben  anbern  ©hr'[*en  vertrieb2. 

7.  Sie  ßirdje  in  3iom  unb  Italien  im  4.  SftbtfjMttbcrt.  Sa§  Siuiferianifdje 

©djiSrna. 

Sitteratur.  —  3ur  ^PapftgefdOit^te  f.  oben  S.  8,  9tr.  4;  S.  10,  9tr.  1; 
S.  32,  §  4,  1.  ©rifar,  ©efdpid)te  9tom§  unb  ber  tpäpfte  int  TRittetalter.  31b.  I. 
Oweiburg  i.  33r.  1901.  ©regorobiuS,  ©efcpidjte  ber  «Stabt  fRorn  im  SOlittelalter. 
33b.  I.  4.  Stuft.  Stuttgart  1886.  Nobili-Vitelleschi,  Deila  storia  civile  e  politica  del 
Papato  dal  primo  secolo  fino  all’ imperatore  Teodosio.  Bologna  1900.  —  üghelli,  Italia 
sacra.  9  voll.  Romae  1644 — 1662.  Cappelletti,  Le  cliiese  d’Italia  dalla  loro  origine 
sino  ai  nostri  giorni.  21  voll.  Venezia  1844 — 1871.  Savio,  Gli  anticlii  vescovi  d’Italia 
dalle  origini  al  1800  descritti  per  regioni.  II  Piemonte,  vol.  I.  Torino  1898. 


1  Ser  ÜRame  ber  SReffatianer  toirb  abgeleitet  bom  epatb.  tSs,  -p-sxM  San.  6,  11; 
gried).  sd/izat ;  tpre  ßirtpen  hiefeen  7 :poqsuy_ai  (Ogi.  Theodora.,  Hist.  eccl.  IV,  10: 
Haer.  fab.  IV,  11.  Phot.,  Bibliotli.  cod.  52.  Epiph.,  Haer.  LXXX.  Cyrill.  Alex., 
Ep.  82  ad  Ampliif,  bei  Migne,  Patr.  gr.  LXXVII,  376).  Sie  piepen  aud)  fisoosßsis, 
©poreuten,  ©nthufiaften ,  SRarcianiften ,  ßampetianer,  Stbetppianer  ( Timoth .  Consiant., 
De  recip.  haeret. ,  bei  Migne  1.  c.  LXXXVI,  45 — 48).  ©in  Stngepöriger  ber  Sette, 
SampetiuS,  erhob  fiep  gegen  ben  ßirtpengefang  unb  ftprieb  ein  S3ucp  „Seftament",  bag 
nachher  ber  SRonopppfit  SeOerug  3U  toiberlegen  fuepie.  ©ine  Scprift  ber  Sette,  „3t§= 
cetiton",  mürbe  p  ©ppefu§  431 ,  wo  man  fid)  auep  mit  ben  TReffatianern  in  ffeam= 
ppptien  unb  ßptaonien  befdjäftigte,  auatpematifiert.  SGgl.  Mansi,  Conc.  Coli.  IV,  1477. 
Jpefele,  ©onciliengefd).  II  (2.  Stuft.),  212.  Oacobi,  Über  bie  ©mptten  (3eitfcpr. 
für  ßir^engefdp.  IX  [1888],  507—522). 

2  35gt.  Ephrem.  Syr.,  Serin.  24  adv.  haer.  (ed.  Quirin  II,  493).  Theodoret., 
Hist.  eccl.  IV,  10;  Haer.  fab.  IV,  9.  Socrat.  1.  c.  V,  23.  Epiph.  1.  c.  LXX.  §>efele 
a.  a.  D.  I,  338  ff. 


7.  Sie  Äirdje  in  Vom  unb  Italien  im  4.  3faljrb.  Sa§  Suciferianifdje  ©dji§ma.  401 

1.  Den  Stupf  be§  pl.  ^etnte  umgab  feit  öetn  Vufpören  ber  Verfolgungen 
auch  äußerer  ©tanj,  fein  ©influp  entfaltete  fid)  immer  toeiter.  Da  Vom  nicht 
mehr  faiferliche  Vefibenj  mar,  feine  Vifcpöfe  in  allen  ©laubettefragen  bie  ent 
fcpiebenfte  f^eftigfeit  geigten  unb  allen  Verfolgten  tpätigen  Veiftanb  gemährten, 
ba  jubem  meift  attegezeidjnete  Vianner  biefen  (Stuhl  gierten ,  fo  trat  and)  bie 
in  ber  Snftitution  be§  Primates  felbft  liegenbe  Vtacbtfüüe  immer  meniger  be- 
hinbert  nad)  aupen  heibor ;  felbft  Reiben,  mie  Vmmianu»  Vtarceüimte,  erfannten 
fehr  mohl  bie  Vebeutung  ber  irbifcpen  ©pren  unb  ©üter,  mit  benen  bie  Ver- 
ehrung  ber  ©laubigen  unb  ba»  Vnfepen  feiner  3npaber  biefen  erften  Si|  ber 
©priftenpeit  au§geftattet  hatten.  Darum  marb  berfelbe  aud)  frühgeitig  ba§  3tel 
ehrgeiziger  Veftrebungen ;  baher  fudjten  bie  jemeiligen  ©emaltpaber  oor  allem 
auf  feine  Vefepung  ©influp  ju  geminnen.  Wit  ber  fortfdjreitenben  ©ntroidlung 
be§  firchlichen  Sehens  überhaupt  entfaltete  ficb  aud)  ber  Primat  immer  mehr. 
3nt  4.  Saprpunbert  mar  e§  befonbete  ber  atianifcf)e  Streit,  mclcher  bie  Zapfte 
beranlapte,  im  Vbenblanb  mie  im  Orient  mit  bem  Vemuptfein  einer  höhere 
9)tad)tfülle  einjugreifen ;  unb  biefe  tpatfäcpliihe  Vu§itbung  ber  zentralen  Vegie- 
rung§gemalt  in  ber  Kirche  liep  ben  Primat  felbft  flarer  heroortreten. 

Der  s$apft,  melcper  in  ber  fonftantiuifchen  3dt  bie  römifche  Kirche  leitete, 
mar  Splbefter  (314- — 335).  Der  llmfdjmung  in  ber  Sage  ber  Kirche  machte 
fid)  in  ber  alten  ^auptftabt  be§  Veicpe»  in  herborragenbem  9)tape  bemerfbar. 
Der  Sateranpalaft  marb  ©igentum  ber  römifd)en  Kirche,  unb  pöchft  mahrfcf)ein= 
lid)  hot  bereite  Splbefter  bort  feinen  SVopnfip  genommen  unb  einen  gropen 
Saal  be§  5ßalafte§  ziir  cf)rifllic^en  ^ircpe  eingerichtet;  bie  5petru»bafilifa  über 
bem  ©rabe  be§  Vpoffelfürften  im  Vatifan,  bie  ältefte  ©rabbafilifa  be»  pl.  ^oulite 
an  ber  Oftienfifcpen  Strape  mürben  erbaut;  über  ben  ©rabftätten  anberer  be- 
rüpmter  römifchen  Vtärtprer  erhoben  fid)  halb  ©otte»päufer,  fo  über  ber  ^ßrtecilla- 
fatafombe  bie  Vafilifa,  mo  Splbefter  felbft  feine  ©rabftätte  fanb.  Der  djrifi- 
Iid)e  ßultite  unb  ba»  religiöfe  Seben  tonnten  fid)  frei  nad)  aupen  entfalten; 
neben  bem  noch  in  feinem  ©lanze  prangenben  tjeibnifchen  Vom  errnud)»  in 
boller  Freiheit  nun  ein  cprifilid)e§  Vom,  bem  bie  3ltlunft  gehörte.  3n  bem 
Donatiftenftreit  (unten  S.  408)  mie  anläplid)  be»  $onzite  bon  Vicäa  (oben 
S.  353  f.)  patte  Splbefter  ©elcgenpeit,  bie  Stellung  ber  römifchen  Kirche  gegen¬ 
über  anbern  Kirchen  zu  betätigen.  Die  Volteppantafie  brachte  ben  erften  cprift- 
liehen  $aifer  in  biel  engere  Veziepungen  zu  beut  Zapfte,  mcldjer  zuerft  unter 
ben  neuen  Verpältniffen  bie  rötnifd)e  $ird)e  leitete.  Der  meltlidje  Vefip  ber 
römifchen  $ird)e  unb  äupere  ©prenborredfte  ihre»  Vifd)of§  mürben  burd)  fie  auf 
eine  angebliche  Sdjenfung  ^onftantin^1 * * * S  zurüdgefüprt,  unb  ber  erfte  djriftlicpe 
$aifer  Vonte  tonnte  nach  ber  Voltelegcnbe  bon  feinem  anbern  getauft  morben 


1  58gl.  Duchesne,  Liber  Pontificalis  I,  Introduction  p.  oix— cxx.  5  rieb  rieh. 

Sie  tonftantinifhe  ©epenfung.  Vorbringen  1889.  Vtartens,  Sie  fatfe^e  ©eneraL 
fonjeffion  ßonftantinä  b.  ©r.  Vtünhen  1889.  »ruinier  u.  3e unter,  Sie  tonftant. 

©henfung  (©eftgabe  für  9t.  0.  ©neift).  »ertin  1888.  Söning,  Sie  ©ntftefiung  ber 

tonftant.  ©epenfungdurfunbe  (§iftor.  3cttfdhi'ift  1890,  ©.  193 — 239).  ©d)  eff  er* 

S  oi  hör  ft,  Veuere  fjorfepungeu  über  bie  tonftant.  ©epentung  (SJtitteil.  be§  SfnftitutS 
für  öfterr.  ©efep.  1889,  ©.  302—325).  —  Poisnel,  Un  concile  apocrypke  du  pape 
St.  Silvestre  (Melanges  d’arclieol.  et  d’histoire  1886,  p.  3—13). 

£>ergetirMJ)er,  ,CUvcl)C!tgcfdjict)te.  I.  4.  Stuft. 


26 


402  ©ieg  ber  Kirche  im  Aömerreich  unb  ßampf  gegen  ben  Arianismus. 


fein  al§  bom  fßaüfte.  9t  ad)  bem  furjen  tßontififate  beS  99tarfu§  (Januar  bt§ 
Oftober  336)  folgte  3ßapft  Julius  I.  (337 — 352),  an  tnelcfjen  fid)  bie  Arianer 
nod)  früher  toanbten  als  bie  bon  ihnen  abgefeimten  33ifd)öfe,  um  feine  2)a= 
jmifchenfunft  anjurufen  (oben  <5.  361).  Oer  ißapfl  mar  bie  ^auptftüije  ber 
rechtgläubigen  SMfdjöfe.  @in  michtigeS  Oenfmal  für  bie  ©efdfichte  beS  römifchen 
Primates  ift  baS  (Schreiben,  meldjeS  Julius  nadj  bem  römifchen  $ongil  bon 
341  an  bie  föifdjöfe  ber  atianifdjen  Partei  in  Antiochien  richtete,  ferner 
mürbe  auf  bem  ^onjil  bon  Oarbifa  (343)  auSbrücflidh  anerfannt,  baß  in  ber 
©ad)e  eines  jeben  23ifd)ofS,  ber  bon  ber  ©tjnobe  einer  ^irchenprobinj  abgefeimt 
morben  mar,  an  ben  römifcben  ©tuf)I  appelliert  merben  bürfe;  außerbem  er- 
flärte  eS  bie  ©pnobe  als  fmchft  paffenb  (optimum  et  valde  congruentis- 
simum),  baß  bon  ben  berfdjiebenen  SBifcßöfen  an  baS  |)aupt,  b.  fp  an  ^etri 
©iß ,  Bericht  erftattet  mürbe 1.  Unter  Sjßapft  SuliuS  mürben  mehrere  $ird»en= 
bauten  fomobl  in  ber  «Stabt  als  über  ben  (Sömeterien  auSgefül)rt.  Oer  Aachfolger 
beS  Julius,  SiberiuS  (352—366),  erlitt  fernere  Sebrüdung  bon  feiten  ber 
Arianer,  erfuhr  aber  ebenfo  and)  bie  treue  Anhänglichfeit  ber  römifcben  ©friften2. 
Al»  ßonftantiuS  in  9t  om  meilte,  mo  mätjrenb  ber  Sßerbannung  beS  SiberiuS 
eine  Partei  ben  Oiafon  ^elip  jum  SBifdjof  eingefeßt  hatte3 * * * * 8,  berfiigten  fich  bie 


1  Conc.  Sardic.  can.  3  (ipefele,  ©onciltengefd).  I  [2.  Auf!.],  560  ff.).  Mansi, 
Conc.  Coli.  III,  23,  40.  äSgl.  tppillipS,  ^irdjenrctfit  Y,  262  ff. 

2  L.  de  Feis,  Storia  di  Liberio  papa  e  dello  scisma  dei  Semiariani  (Studi  e 
documenti  di  storia  e  diritto,  Saprg.  1891 — 1894).  Über  ba§  bon  be  Aoffi  (Bul- 
lettino  di  archeol.  crist.  1883,  p.  1  sgg.)  auf  SiberiuS  bezogene  anonpme  tpapftelogium 
f.  TJriebricf),  Über  baS  angebliche  Elogium  Liberii  papae  (©ißungSber.  ber  bapr.  Afab. 

ber  Söiffenfö.,  Phil=hifior.  «I.  1891,  ©.87—127);  Sunt,  SaS  ftrittige  tßapftelogium 

be§  Codex  Corbeiensis  (§iftor.  3a()rb.  1891,  ©.  757 — 763;  1892,  ©.  489 — 493); 
De  Rossi,  Dell’  elogio  metrico  attribuito  al  papa  Liberio  (Bullett.  di  archeol.  crist. 

1892,  p.  123 — 140);  SDtommfen,  ®ie  römifcben  Stfdjöfe  SiberiuS  unb  Selig  U. 

(SDeutfdje  Beitfcpr.  für  ©efcp.  1896/97,  ©.  167 — 179);  Sunt,  ©in  ^Japft=  ober  S3ifcf)of§= 

elogium  (ßirchengefcp.  Abpanbl.  I  [1897],  391—420).  ©.  oben  ©.  369  ff.  u.  374. 

8  Ser  ©egenpapft  Selig  toarb ,  ba  baS  tßolf  bie  2ßeibe  in  ben  ßirdpen  nicht  ge= 
ftattete,  im  taiferticpen  Aalafte  bon  ben  arianifchen  SSifchöfen  (worunter  AcaciuS  bon 
©äfarea)  getoeipt,  toaS  AtpanafiuS  (Hist.  Arian.  c.  75;  Migne,  Patr.  gr.  5XV,  784) 
tz apddo&v  xac  äfydwg  ößotwga  r/jg  ’AvTi/piarou  xaxovoiag  nannte.  Sa§  93oII  ftop  bie 
ßircpen,  in  benen  Selig  erfcpien;  aber  ßonftantiuS,  ber  bom  28.  April  bis  29.  fölai  357 
in  9tom  toeilte  (bgl.  Ammian.  Marcell.,  Rer.  gest.  1.  XYI,  c.  10),  napm  ipn  in  ©<hutp 
Aach  ber  Aücffepr  beS  SiberiuS  toarb  Selig  bom  töolfe  bertrieben;  er  lebte  noch  big 
22.  Aob.  365  {Jctffe,  Reg.  Pont.  p.  17).  DptatuS  bon  Alitebe  (C.  Parmen.  1.  II)  unb  Augu= 
fttnuä  (Ep.  165)  tonnten  ben  Selig  nicht  als  tßapft,  unb  bie  meiften  ©eleprten  ftriihen  ipit 
aus  ben  tpapftberjeicpniffen.  Aber  e§  entftanb  bie  ©age,  Selig  fei  auf  aßunfd)  beS  berbann= 
ten  SiberiuS  rechtmäßig  ertoäplt  toorben,  habe  entfcpieben  bie  Drtpobogie,  auch  gegen  ben 
jurücfgeteprten,  ben  ßeßern  berbünbeten  unb  oerfoIgungSfücptigen  SiberiuS,  bertreten  unb 
fei  als  SAärtprer  geftorben.  $m  5.  unb  6.  $aprpunbert  toarb  biefe  ©age  (Lib.  pontif.  in 
Liber,  et  Fel.  iögl.  Duchesne,  Liber  Pontificalis,  Introd.  p.  cxx  sq.)  berbreitet;  fpätere 
ßalenbaricn  nahmen  fie  auf.  Sm  SAittelalter  fanb  fie  Derfcpiebene  AuSfcpmüdungen. 
$och  bemerlte  ©ottfrieb  bon  »iterbo  (Pantheon  P.  XX,  bei  Migne,  Patr.  gr.  C IC VIII, 
1036  sq.) :  Liberio  autem  ab  exilio  .  .  .  reverso  et  in  Papatum  restituto  Felix ,  qui 
ei  viventi  fuerat  subrogatus,  aliae  civitati  praelatus  est.  Quare  autem  idem  F.  in 
catalogo  catholicorum  Apostolicorum  scriptus  sit,  ego  ignoro.  Yos  autem  Romanos 
interrogate,  si  placet.  Snbeffen  tarn  biefer  Selig  in  bie  Aetpe  ber  köpfte,  unb  biele 
Stutoren  fucpten  ipn  bon  ber  SUtafel  ber  Ufurpation  31t  reinigen.  Sögt.  P.  A.  Paoli , 


7.  Sic  Äirdfje  in  Nom  unb  Italien  im  4.  gohrf).  SaS  ßuciferianißhe  Stigma.  403 

üorrtehmen  römifdjeit  grauen  ju  ihm,  um  bie  Quriicfberufung  bei  Stheriul  31t 
erbitten,  ba  bie  [trengen  $athofifen  ben  gelij,  ber,  obfc^on  im  Sperren  nicärrifd) 
gewinnt,  bo<h  mit  ben  Erinnern  ©emeinfchaft  hielt,  in  feiner  Söeife  anerfennen 
motlten.  Auf  ihre  Sitten  ließ  fid)  ber  $aifer  herbei,  ju  geftatten,  bah  Siberiu» 
unb  geli;-  gemeinfam  bie  tömifcfje  Kirche  regierten.  All  biefe  Anorbnung  bem 
Sotfe  im  girful  funbgegeben  marb,  rief  balfelhe  öoH  ©ntrüftung:  „6 in  (Sott, 
ein  ©hriftul,  ein  33if<hof!"  $onftantiu§  ließ  halb  barauf  ben  SiberiuS  jurü(f= 
fehren,  mäfjtenb  gclij  aul  ber  ©tabt  bertrieben  marb.  ®ie  SRömer,  toeldje 
in  Siheriul  ihren  rechtmäßigen  Sifchof  unb  in  gelij:  einen  (Sinbringling  fahen, 
empfingen  ben  gurücf fehrenben  Siheriul  mit  gubet  unb  Segeifterung  gleich  einem 
Triumphator* 1.  Auf  Siheriul  folgte  ber  ©panier  Tamaful  I.  (366 — 384), 
weither  anfangs  (366 — 367)  au  Urfinu!  einen  Nebenbuhler  hotte;  bod)  marb 
biefer  bom  $aifer  (7.  Nobember  367)  nach  ®öln  berbannt,  unb  Tamaful  xeä)t- 
fertigte  fid)  auf  einer  römifcpen  ©pnobe  gegenüber  ben  Anftfjulbiguttgen,  meldje 
bie  Itrfinianer  miber  ihn  erhoben  hotten2,  Tiefer  ^ßopft  erließ  Tefrete  gegen 
bie  Ntacebonianer  unb  Apollinariftert  unb  mährte  mit  $raft  bie  Aed)tc  feinel 
oberften  Primates,  (Sr  forgte  für  Erhaltung  ber  römifdjen  ß'atafomhen,  fertigte 
fetbft  auf  bie  ©räher  ber  Ntärtprer  Snfdjriften,  bie  er  burdj  guriul  Tionpfiul 
^hdofalu§  in  ÜDfarmor  aulführen  ließ,  jeicßnetc  fid)  all  Tidjter  unb  ©eleljrter 
aul  unb  hotte  tangere  3eit  an  bem  1)1-  £)ieront)mul  einen  ©efretär,  meldjer 
ihm  jur  ^Beantwortung  ber  au»  allen  teilen  ber  $ird)e  an  ihn  gelangenbert  An¬ 
fragen  behilftid)  mar 3.  Aul  ben  Briefen  bei  ©ieront)mu§  erfehen  mir,  baß  bic 
äußere  Ntachtftellung  ber  $ird)e  eine  Sermeltlichung  mancher  Ntitglieber  bei 
römifdjen  $Ierul  ^eröeigeführt  hotte,  überhaupt  fjerrfcf)te  in  ben  höheren 


Di  S.  Felice  II.  Papa  e  Martire.  Roma  1790.  Ser  unter  ©regor  XIII.  1582  in  Aom 
gefunbene  Seit»  mit  ber  Steininfchrift:  Corpus  S.  Felicis  Papae  et  Mart.,  qui  con- 
demnavit  Constantiuni,  bie  SSertoechSlung  beS  ©egenpapfteS  mit  einem  älteren  fDlärtprer 
biefeS  Sameng,  ber  am  28.  ober  29.  guli  gefeiert  marb,  fotoie  ber  ©influß  ber  lange 
gebrauchten  ßegenben  trugen  jur  2lufre<htl)altung  beS  Irrtums  bieleS  bei ,  obfdjon  ißn 
im  17.  atahrßunbert  bie  fransöftfehen  unb  im  18.  bie  italienischen  ßritifer  erfannten. 
ßitteratur  bei  Sö Hinget,  Papftfabeln  6.  112 — 128. 

1  Sßilpert  bringt  in  feinem  bemnäcfjft  erfcheinenben  2Bcrfe  über  bie  fiatafombem 
bilber  bie  aus  bem  ©nbe  beS  4.  gaßrhunbertS  ftammenben  Atalereien  eines  Arfofols  in 
einem  römifchen  ßömeterium,  auf  toelchen  ßiberiuS  mit  PetruS,  Paulus,  feijtuS  II.  unb 
anbern  Plärttjrern  auf  eine  ßinie  gefetet  toirb  unb  als  Slboofat  beS  iberftorbenen  bei 
©ßriftuS  erfcheint. 

2  SaS  ©chiSma  beS  UrfinuS  (auch  UtftcinuS)  hängt  mit  ben  Unruhen  jufammen, 
bie  nach  bem  ©jil  beS  ßiberiuS  unb  ber  ©infeüung  beS  ©egenpapfteS  gelip  ausbrachen, 
ßeßterem  fdjloß  fich  bem  geleifteten  ©ibe  äutoiber  ein  Seil  beS  ßleruS  an ;  baß  einer 
biefer  ©eiftlichen  bem  ßiberiuS  nachfolge ,  Wollte  eine  eifrige  Partei  berf)inbern.  Sem 
Don  ber  SDlehrjahl  ertoählten  SamafuS  tnarb  borgetoorfen ,  baß  er  fid)  bem  <yclip  an= 
gefhloffcn  habe,  unb  ihm  UrfinuS,  baS  §aupt  einer  ftrengen ,  bieüeidjt  luciferianifchen 
'Partei,  entgegengeftellt,  tuobei  es  ju  Plutbergießen  fam.  Ammian.  Marcell.,  her.  gest. 
1.  XXVII,  c.  3,  p.  392,  ed.  Lips.  1773.  Faustin.  et  Marcell.,  Libellus  precum 
ad  Iniper.,  Praef.  (Gallandi ,  Biblioth.  vet.  Patr.  VII,  401  sq.).  Rufin.,  Hist.  eccl. 
XI,  10.  Hier,  in  contin.  Chron.  Euseb.  ( Mai ,  Nova  Coli.  \  III ,  404).  De  Rossi , 
Roma  sotterr.  II,  108  sg.  SRabe,  SamafuS  bon  3tom.  greiburg  i.  Sr.  1882. 

3  Daniasi  epist.  bei  Coustant,  Ep.  Rom.  Pont.  p.  535  sq.  594.  Pgl.  Hier., 
Ep.  123  ad  Agerruch.  c.  10.  Rwi,  Damasi  epigrammata.  Lips.  1895. 

26* 


404  ©ieg  ber  $ir<he  im  Aömerreid)  uttb  ßampf  gegen  ben  Arianismus. 


Greifen  ber  ©Triften  AontS  noch  toielfad)  heibnifdje,  tocltlid&e  ©itte,  unb  bte 
Vefirebungen  beS  £)ieronl)muS  jur  görberung  beS  aSletifdjen  Seben»  fiteren  auf 
großen  Söiberftanb.  2)aS  Gefet)  beS  $aiferS  Valentinian  Dom  Safjre  370, 
toeldje»  ben  Mönchen  unb  $lerilern  berbot,  bet  ben  Vßitmen  unb  V3aifen  Ge= 
fcfjenfe  unb  95ermäd)tniffe  ju  erfdjleidjen,  führte  ®amafuS  ftreng  au».  Söäprenb 
feines  römifdjen  Aufenthaltes  begann  §ieronpmuS ,  auf  Antrieb  be»  papfteS, 
feine  großen  Arbeiten  zur  ^erfteKung  eines  guten  SejteS  ber  ^eiligen  ©djrift. 
Unter  SDamafuS,  auf  bem  röntifdjen  Konzil  bon  374,  mürbe  auch  ber  offizielle 
3?anon  ber  heiligen  Viicher  beS  Alten  unb  beS  Aeuen  SeftamenteS  feftgefe|t *. 
3n  bem  betrete,  meldjeS  bei  biefer  Gelegenheit  erlaffen  mürbe,  erflärt  ber 
papft,  bie  römifdje  Kirche  fei  allen  anbern  übergeorbnet,  ber  erfte  ©tul)l  petri; 
ber  zweite  ©tul)l  fei  berjenige  bon  Alejanbrien,  ber  britte  berjenige  bon  An= 
tiodjien.  An  biefer  Aangftufe  ber  orientalifdjen  Patriarchate  hielten  bie  päpfte 
feft  entgegen  ben  Vefirebungen  ber  Vifcpöfe  bon  $onftantinopel. 

$n  Aorn  gab  e»  bamalS  eine  große  Anzahl  bon  Atanicpäern;  ber  be¬ 
lehrte  römifdje  Afjetor  (5.  Aia'riuS  Viltorinu»  (f  370)  trat  litterarifd) 
gegen  fie  auf.  ^aifer  Valentinian  erlief  372  ein  (Sbift  an  ben  präfelten  in 
Aom,  toorin  bie  Verfammlungen  ber  Atanidjäer  berboten,  über  ihre  Käufer  bie 
$onfiSlation  unb  über  ihre  öeprer  ©trafen  berhängt  mürben.  SpeoboftuS  !• 
erllärte  fie  381  für  ehrlos ,  beS  Grb-  unb  SEeftierredjteS  berluftig  unb  orbnete 
ein  geridjtlidjeS  Verfahren  fomie  bie  Aufteilung  bon  „Snquifitoren"  gegen  fie 
an.  £wnoriu»  erllärte  fie  für  ©taatSberbredjer ,  unb  nod)  ftrenger  berfuhr 
Valentinian  III. ;  fie  marett  ber  Abfdjeu  ber  ^atljolilcn  unb  felbft  ber  übrigen 
©eiten1 2,  SDennod)  gelang  e»  ihnen,  im  Verborgenen  fid)  auSjubreiten  unb 
unter  bem  Vorgeben  einer  höheren  geheimen  VMffenfdjaft  talentbolle  junge  Atänner 
an  fidj  ju  ziehen. 

Von  bem  nüdjften  papfte,  ©iriciuS  (384 — 399),  ber  gegen  herfcpiebene 
|)ärefien  lämpfte,  beftjjen  mir  bie  erften  bollftänbigen  päpftlidjen  ©elrctalen, 
beren  Aeilje  bie  an  ben  Vifdjof  £nmeriu§  bon  Sarracona  eröffnet;  fidjer  ift 
aber,  bah  fd>on  bie  früheren  päpfte  foldje  erlaffen  haben,  wie  benn  bon 
©iridu»  „allgemeine  SDelrete"  beS  SiberiuS  ermähnt  merbett,  roeldjc  biefer  in 
bie  probinzen  gefanbt  habe3.  Unter  iljm  mürbe  bie  prächtige  Vafilila  beS 
1)1.  Paulus  an  ber  ©tröffe  nad)  Oftia  erbaut,  melcfje  bi»  zum  3apre  1823 
beftanben  hat,  mo  fie  burd)  eine  geuerSbrunft  zerftört  mürbe.  ©iriciuS  hatte 
Gelegenheit,  feine  Aedjte  als  Atetropolit  beS  abenblänbifcpen  Aömerreiche»  geltenb 
Zit  madjen.  $aifer  SpeobofiuS  bereinigte  bie  präfeltur  bon  ©ft^llprien  (roeldje 
bie  AeidjSbiözefen  Alacebonien  unb  ©acien  umfaßte)  mit  bem  öftlidjen  Aeidje. 
Um  nun  bie  bisherigen  Aed)t»anfpriid)e  als  Metropolit  biefer  probinzen  zu 


1  Thiel,  De  decretali  Gelasii  p.  de  recipiendis  libris.  Brunsb.  1866.  3“ r i e b= 

ridj.  ®rei  unebirte  ©oncilien,  mit  einem  Anfang  über  bas  Decretum  Gelasii.  9lörb= 

üngen  1867;  ©ißungSber.  ber  baßr.  Atab.  ber  SBiffenfdj.,  ptjil.-ljiftor.  ftl.  I  (1888),  54  ff. 

2  Cod.  Theod.  XYI,  5,  1.  3.  5.  7.  9.  11.  18.  20. 

3  ©iriciuS  bei  3 affe  (1.  c.  p.  20  sq.;  Ep.  1  ad  Himer,  n.  2,  p.  625;  n.  20, 

p.  637,  ed.  Coustant )  ertuäf)nt  generalia  decreta  unb  trügt  bem  ipimeriuS  auf,  feine 
Sefrete  zur  Kenntnis  ber  9lad)barbrooin3en  ju  bringen.  SSgl .  Duchesne,  Le  pape  Sirice 
et  le  siege  de  Bostra  (Annales  de  philosophie  ehret.  1885,  p.  280  ss.). 


7.  Sie  ßirdje  in  fRom  unb  Italien  im  4.  Saprp.  Sa§  Suciferianifdje  ©ipiSma.  405 

fepüjjen,  ernannte  StriciuS  ben  Sifdjof  bon  2p  eff afonicp  jum  päp  ft  fiepen 
33ifar  unb  »erlief)  bemfefben  baburd)  eine  befonbere  SJtittefftetfung  jmifcpen 
bem  römifd)en  Stupf  unb  ben  33ifd)öfen  jener  Sänber1. 

2.  Unter  ben  33ifd)öfen  Italiens2  auper  fRotn  traten  in  ber  ©pocpe 
be§  arianifd>en  «Streite»  am  meiften  perbor  ©ufebiu§  öon  93erce£ti  unb 
Sucifer  »ott  6afari§  (SarafiS,  jept  ©agtiari  auf  Sarbinien).  föeibe  mürben 
im  3apre  354  »om  ^apfte  SiberiuS  als  ©efanbte  an  ben  ß'aifer  üonftantiuS 
nad)  ?(rfeS  gefd)idt.  Stuf  ber  iötaifänber  Spnobe  (355)  traten  fie  energifd) 
für  ba§  nicänifcpe  $onjil  unb  ben  f)f.  5ftpanafiu§  ein  unb  mürben  be§paff> 
beibe  in  ben  Orient  »erbannt.  3m  5lnfd)luf5  an  bie  Spnobe  üon  5ffepanbrien 
(362)  befolgte  SufebiuS  (f  371)  bie  üon  5Itpanafiu§  Vertretene  mifbe  ^rapiS 
bejiigfid)  ber  Stnerfennung  folcper  S3ifd)öfe ,  mefcpe  arianifd)e  ©faubenSformefn 
unterfdjrieben  patten;  biefe  berföpnficpe  ffticptung  fanb  bie  ^Billigung  be§  i|3apfteS 
unb  ber  großen  SDteprpeit  ber  abenbfänbifcpen  33ifd)öfe.  Sucifer  jebotp  naprn 
eine  fcproffere  Stellung  ein,  inbem  er  bie  5lbfe|ung  aller  SBifdjöfe  unb  steriler 
forberte,  mefcpe  fiep  in  bem  arianifdjen  «Streite  irgenbmie  »om  üfticänum  ge= 
trennt  patten.  Sr  geriet  baburd)  in  eine  Sonberftelfung  unb  ergriff  Partei 
gegen  feine  biSperigen  greunbe.  SBieffeicpt  trennte  er  fid)  fogar  bon  ber  ©e= 
meinfepaft  ber  naepfieptigen  fßräfaten  unb  glaubte  bie  ftirdje  burd)  bie  5fuf= 
napme  ber  ©efaffenen  entmeipt.  gufept  mit  ben  meiften  $atpofifen  in  Streit, 
jog  er  fid)  auf  feine  Snfef  jurüd,  mo  er  370  ober  371  ftarb.  Seine  9ln= 
pcingcr,  bie  Sucifer  inner,  gegen  bie  £)ieronpmUö  378 — 380  einen  Oiafog 
feprieb,  mofften  allein  bie  mapre  $ir<pe  bifben  unb  pufbigten  äpnficpen  rigo= 
riftifdjen  ©runbfäjjen  mie  bie  91o»atianer  unb  Sonatiften.  Sincr  berfefben,  ber 
römifepe  Oiafon  |)ifariu§,  Serfaffer  »oit  berfepiebenen  (früper  bem  (pieronpmuS 
äugefdpriebenen)  2Berfen,  pieft  bie  Saufe  ber  Slrianet  für  ungültig  unb  beren 
fffiiebertaufe  bei  ber  9tiidfepr  für  notmenbig.  9fud)  marb  mepreren  Suciferianern 
bie  Sepre  jugefcpriebeit ,  bnp  bie  menfd) fiepen  Seelen  ^ugfeitp  mit  ben  Seibern 
bon  ben  Sftern  gezeugt  mcrbeit.  SDiefer  Partei  gepörten  and)  bie  ^ßriefter 
gauftinuS  unb  fBtarcellinuS  an,  bie  383  ober  384  eine  bon  23erfeumbungen 
gegen  fßapft  OamafuS  angefiiffte  SBittfcprift  bei  ben  ß'aifern  einreiepten;  fie 
maren  5lnpänger  beS  ©egenpapfteS  UrfinuS,  ben  eine  rigoriftifd)e  Partei  auf= 
geftefft  patte.  9tad)  unb  nad)  lüpfte  fiep  ber  Fanatismus  ab,  unb  bie  Snci= 
ferianer  berfepminbett  mit  bem  5.  SaJjrpunbert 3 * 5. 


1  Duchesne,  L’Illyricum  ecclesiastique,  in  bem  SBerfe:  Eglises  söparöes  (Paris 
1896)  p.  229  ss.  £um  Seil  gericfjtet  gegen  Sfriebrirf)  (©ipungäber.  ber  bapr.  3tfab. 
ber  SBiffenfcp. ,  ppit.=piftor.  «I.  1891,  ©.  771—887)  unb  gegen  SDlommfcn  (9teueB 
Slrcpio  XVIII,  357  f.). 

2  Über  bie  politifdje  ßinteilung  f.  Sfung,  Drganifation  3taüenS  bon  9tuguftu§ 

fci*  auf  «arl  b.  ©r.  («Dhtteil.  be§  Onftitut«  für  öfterr.  ©efep.,  5.  6rgönj.-5Bb.  1896, 

©.  1—51). 

5  Rufin.,  Hist.  eccl.  X,  20.  27.  30.  Svlpic.  Sever.,  Chron.  H,  45.  Theodor et., 
Hist.  eccl.  in,  4  sq.  Ambros.,  De  excessu  fratris  Satyri  I,  c.  47.  Hieron.,  De  vir. 
ill.  c.  95;  Chron.  ad  an.  374;  Dialogus  adv.  Luciferianos.  Faustin.  et  Marcell., 
Libellus  precum  ( Gallandi ,  Biblioth.  vet.  Patr.  Y,  652).  Über  bie  ißereprung  beä 
Sucifer  f.  Papebroch ,  Acta  Sanct.  Boll.  Maii  V,  197  sq.  Bened.  XIV.,  De  beatific. 


406  ©ieg  ber  ßirdje  im  fftömerretd)  unb  Äcrntpf  gegen  ben  SlrianiSmuä. 


©egen  ben  5lriani?mu?  inte  gegen  bie  batnaligen  Serfucpe,  ba?  £ieibett= 
tum  mieber  gu  beleben,  richtete  and)  ber  Sifdfof  3en0  bon  Serena  (362  bi? 
380)  feine  fircf)Iic£)e  S()ätigfeit ;  er  mar  guglcid)  ein  DJIufter  d)rifilid)er  92äcf)ften= 
liebe  im  Oienfte  ber  Firmen  unb  Oranten* 1,  ißhila [tritt»  öott  Sre?cia  fchrieb 
eine  SBiberlegung  aller  §ärefien2. 

3.  ©egen  SluSgang  be?  4.  3al)rl)unbert?  ragte  bor  allen  Sifdjöfen  in 
Oberitalien,  mo  feit  ber  fonftantinifchen  $eit  gasreiche  neue  Si?tümer  ge= 
grünbet  morbett  maren,  ber  1)1.  3tmbrofiu?  bon  fDIailanb  fferbor.  ©eboren 
um  340  mahrfcbeinlid)  in  Srier,  luo  fein  Sater  al§  Sßräfeft  bon  ©allien  refi= 
bierte,  hatte  er  fid)  bem  ©taatsbienft  geinibmet  unb  tnar  furg  nad)  370  al? 
$onfular  bon  Oberitalien  nach  Stailanb  gefommen.  f)ier  hielt  fid)  ber  Arianer 
Supentiu?,  geftütgt  auf  ben  faiferlicpen  £)of,  al»  Sifdmf  bi?  gu  feinem  ©nbe 
(374).  9Iad)  feinem  Sobe  tnurbe,  auf  einmütigen  SSorfd)lag  be?  djriftlichen 
Sollet,  Smbrofiu?  gum  Sifdjof  gemäf)It,  obgleich  er  noch  nicht  getauft  mar. 
Oiad)  längerem  ©träubeu  nahm  er  fd)ließlid)  bie  2ßal)l  an,  lief)  fid)  bon  einem 
rechtgläubigen  ifkiefter  taufen  unb  empfing  acht  Sage  fpöter  bie  bifcpöflicbe 
SBeihe.  Oie  glängenben  ©igenfdfaften,  meldje  9lmbrofiu?  in  ber  meltlid)en  S>er= 
maltung  belunbet  hatte,  geigte  er  nun  in  noch  fmherem  9)Iaße  in  feiner  bifd)öf= 
liehen  Shätigfeit.  §od)gefd)äßt  gon  pen  <5öl)nen  be?  im  3af)re  375  berftorbenen 
Salentinian  I.,  ben  beiben  ^aifern  ©ratian  unb  Salentinian  II.,  genoß  er 
nicht  mittber  ba?  Vertrauen  be?  großen  Sheobofiu».  ©o  übte  er  auf  bie  fach¬ 
liche  ^ßolitif  biefer  £cerrfd)er  einen  maffgebenben  ©influff  au?.  ©egen  ba?  Se= 
ftreben  ber  heibnifdjen  ©enatorenpartei  in  9tom  unter  Rührung  be?  tüchtigen 
©tabtpräfeften  ©pmmachu?,  bem  Ipeibentum  eine  offizielle  ©teHung  im  offen© 
liehen  öeben  gu  erhalten,  erhob  fid)  Smbrofiu?  mit  aller  ©nergie,  unb  feine 
Sorftellungen  beftimntten  ©ratian,  bie  SMeberherfteEung  be»  im  3al)re  382 
au?  ber  ©enat?furie  entfernten  Siftoria  =  5lItar?  nicht  gu  geftatten.  ©benfo 
miberftanb  er  mit  beftem  ©rfolge,  geftii|t  auf  ba?  fatholifche  23oIf  bon  Stau 
lanb,  ben  Seftrebungen  ber  $aiferin=Stutter  3u[tina,  meldje  bie  5lrianer  be= 
fd)ü|te  unb  in  ben  Salden  385  unb  386  fogar  mit  ©emalt  eine  Kirche  in 
ber  ©tabt  für  ben  arianifd)en  ©otte?bienft  berlangte.  Smbrofiu?  meigerte  fid) 
entfehieben,  eine  fold)e  au?guliefern,  unb  er  blieb  ©ieger  in  bem  ©treite.  2Bie 
menig  baburd)  feine  ©efinttung  gegen  bie  faiferliche  Familie  beeinflußt  mürbe, 
geigt  ber  Umftanb,  bafj  er  gtoeimal  (383 — 384  unb  385 — 387)  auf  Sitten 
ber  $aiferin  al?  ©efanbter  gu  bem  llfurpator  Stapimu?,  bem  Störber  ©ratian?, 
nach  Srier  reifte.  Oie  ^reunbfehaft  gegen  Sfieobofiu?  b.  ©r.  hinberte  fJlmbroftu? 
nicht,  jenem  gegenüber  unerfd)roden  feine  Pflicht  al?  Sifcpof  gu  erfüllen,  mie 
fid)  geigte,  al?  er  nad)  bem  Slutbabe  unter  ben  ©inmof)nern  bon  SI)effailonid) 
(390),  burd)  meld)e?  ber  Storb  mehrerer  faiferlidjen  Seamten  gerächt  morben 
mar,  ben  $aifer  gur  öffentlichen  Süße  berurteilte. 


et  canonizat.  1.  I,  c.  40.  Martini,  Storia  eccles.  di  Sardegna  I  (Cagliari  1839), 
46 — 82.  —  trüget,  ßuetfer,  33ifcfjof  ooit  Solaris,  unb  baS  ©d)i3ma  ber  ßueiferianer. 
ßeipjig  1886. 

1  33arbenf)etoer,  Ißatrologie  (2.  2tuf£.)  ©.  367  f. 

2  @bb.  <S.  378  ff.  Philastrii  ep.  Brixien.  divei'sarum  hereseon  lib.  rec.  F.  Marx, 
Vmdob.  1898. 


8.  $ie  Sirpe  in  2lfrifa.  2)er  Sonatiimui.  407 

Sn  ber  Ausübung  feine§  £)irtenamte§  bemie»  fiep  Sttnbrofiu»  at»  mapren 
23ater  ber  ipm  anbertrauten  iperbe.  ©leid)  beim  Eintritt  feines  ©piffopate» 
oermanbte  er  ben  größten  Seil  feines  bebeutenben  Vermögen?  jur  llnterftiipung 
ber  Sinnen  unb  Uranien.  Sitte  opne  Unterfdjieb  ber  SebenSjMung  patten  ftets 
Zutritt  ju  ipm,  unb  mit  aufopfernber  tpirtentiebe  napm  er  fidj  ber  Singeiegem 
peiten  ber  ©injelnen  an.  3tl§  ^rebiger  mar  er  unermübiicp  tpötig,  nicpt  btof) 
in  SJtailanb,  fonbern  and)  in  anbern  ©täbten  StalienS;  feine  5ßrebigten  ben 
bienen  grojje  SBertfcpäpung  unb  offenbaren  ein  tiicptige§  fRebnertalent.  ©ie  gaben 
ben  lepten  Sinftop  jur  SSefeprung  be§  SiuguftinuS,  ber  bamal§  als  fßrofeffor 
in  Sflailanb  mirfte.  Sa  SlmbrofiuS  in  feiner  Sugenb  fid)  nicpt  mit  tpeo= 
togifcpen  ©tubieu  befcpäftigt  patte,  begann  er  gteicp  beim  Stntritt  be§  bifct)öf= 
licpen  SimteS,  biefe  Siide  au§jufütlen ;  unter  33eipiife  beS  ^ßriefterS  ©implicianuS 
ftubierte  er  bie  Söerfe  ber  gropen  griecpifipen  Speologen  (0rigene§,  SafüiuS, 
Sibpmu§  bon  Süepanbrien)  unb  bor  altem  aucp  bie  [peilige  ©cprift.  ©eine 
^Srebigten  fd)lop  er  meiften§  an  biblifd)e  33ücper  an,  unb  nad)  SMenbung  eine» 
©pftu»  bearbeitete  er  biefetben  in  ^orm  bon  Sibpanbiungen  $u  ber  betreffenben 
bibiifdpen  ©cprift  (5. 58.  Hexaemeron,  De  Paradiso,  De  Cain  et  Abel,  De 
Abraham  u.  f.  m.).  Siucp  bogmatifcpe  SBerie  berfapte  er  51m  33efämpfung 
ber  arianifcpen  £mrefie  (De  fide  ad  Gratianum,  De  Spiritu  Sancto),  fomie 
Sibpanbiungen  jur  pflege  be§  reiigiöfen  2eben§  unter  ben  berfcpiebenen  ©tänben 
feiner  ©emeinbe  (De  officiis  ministrorum,  De  virginitate,  De  virginibus 
u.  a.).  ©0  mar  feine  litterarifcpe  Spätigieit  meniger  burcp  miffenfcpaftlidje 

5Rüdfid)ten  als  burd)  praftifcpe  SSebürfniffe  beftimmt,  mie  er  iiberpaupt  eine 
cd)t=römifcpe,  praftifcpe  Staturanlage  patte.  Stud)  auf  bem  ©ebiete  ber  litur- 
gifcpen  fjeier  griff  er  mit  orbnenber  £>anb  ein,  förberte  ben  fircplicpen  ©cfang 
unb  berfapte  feibft  spinnen,  bie  beim  ©otteSbienfte  gebraudpt  mürben.  Siacp 
einer  in  bie  ©eftpüpte  ber  abenblänbifcpen  Hirdje  tief  eingreifenben  Spätigfeit 
ftarb  Simbrofiu»  am  4.  Stprii  397  b 

8.  Sie  ßirdje  in  Stfrifa.  Ser  Sonati§mu§. 

Duellen.  —  Monumenta  vetera  ad  Donat.  histor.  pertinentia  {Migne ,  Patr. 
lat.  t.  XI).  Optat.  Milev.,  De  schismate  Donat.  (ibid.  XI,  883 — 1104).  Sluguftin, 
japlreidje  ©Triften  (Migne,  Patr.  lat.  t.  XLIII).  SD  e u  t f dp ,  SDrei  Slftenfiücfe  jur  ©e= 
f epidpte  beä  S)onatiimui.  IBerlin  1876.  58  ölt  er,  ®er  Urfprung  bei  Sonatiimui  nad) 
ben  Duellen  unterfupt  unb  bargefiellt.  Srreiburg  i.  58r.  1883.  <Seecf,  Duellen  unb 
Ttvtunben  über  bie  Stnfönge  bei  Sonatiimui  (3eitfcpr.  für  ^irdpengefdp.  X  [1888  1889], 


1  58  a  r  b  e  n  l)  e  to  e  r  o.  a.  D.  ©.  378  ff.  Baunard,  Histoire  de  S.  Ambroise. 
Paris  1871  (beutfdp  Don  Söittl,  0freiburg  i.  58r.  1873).  Oförfter,  3lmbrofiu§,  SBifdpof 
bon  fDIailanb.  §alle  1884.  A.  de  Broglie,  La  politica  di  S.  Ambrogio.  Milano  1888 ; 
St.  Ambroise  („Les  Saints“).  Paris  1899.  Srebei,  Slur.  Stmbrofiui,  „ber  »ater  bei 
^lirdpengefangei"  (58.  <£rg.=§»eft  3U  ben  „(Stimmen  aui  9Jtaria=8aadf)").  Srreiburg  i.  58t. 
1893.  Ambrosiana.  Scritti  vari  pubblicati  nel  XV  ceutenario  della  morte  di  S.  Am¬ 
brogio.  Milano  1897.  Conferenze  Santambrosiane ,  gennaio-febbraio  1897.  Milano 
1897.  5.  Ambrosii  Opera  rec.  C.  Schenkt.  Pars  I,  Yindob.  1896;  pars  II,  ibid.  1897. 
SJtertle,  Sie  ambrofianifpen  2ituli  (5Röm.  Duortalfipr.  X  [1896],  185  ff.).  Über 
bie  ßirdpe  bon  fDlailanb  bgl.  Ratti,  Acta  ecclesiae  Mediolanensis  ab  eius  initiis 
usque  ad  nostram  aetatem.  Sn  Sieferuttgen;  bii  1900  erfdpien  fase.  58. 


408  ©ieg  ber  ßirpe  im  SHömetreiip  unb  ßampf  gegen  ben  ütrianiämus. 


505—568).  Duchesne,  Le  dossier  da  donatisme  (Melanges  d’archeol.  et  d’hist.  1890, 
p.  589—650). 

Sittern  tut.  —  Toulotte,  Geographie  de  l’Afrique  chretienne  proconsulaire. 
Rennes  1892.  Ferrere,  La  Situation  religieuse  de  l’Afrique  romaine  depuis  la  fin  du 
4me  siede  jusqu’ä  l’invasion  des  Yandales.  Paris  1897.  Audollent,  Carthage  romaine 
(146  av.  J.-Chr.  ä  698  apr.  J.-Chr.).  Paris  1900.  Ferrere,  La  Situation  de  l’Afrique 
romaine  entre  la  fin  du  4mc  siede  jusqu’ä  l’invasion  des  barbares  en  429.  Paris  1901. 
©djtnaräe,  Unter fuäjungen  über  bie  äufiere  ©ntttncftung  ber  afritanifcEien  ßtrpe. 
©bttingen  1892.  —  Vales.,  De  schism.  Donat.  (im  Slnfjnng  ju  feiner  31ubgnbe  be§  Euseb., 
Hist,  ecd.)  p.  775  sq.  ©pümmel,  3ur  Beurteilung  be§  ®onati§mu§.  §atte  1893. 
Orunt,  ®ie  geil  ber  erften  ©tinobe  t,on  girfeS  (ßirdjetigefd).  Slfipanbl.  I,  352—358). 
(Ribbed,  ®onatu§  unb  21uguftinu§.  ©Iberfelb  1857.  tpapn,  2pconiu3=6tubien.  ©in 
Beitrag  jur  ßirpem  unb  ©ogmengefpipte  be§  4.  3aprp.  Seipjig  1900.  9tatpufiu§, 
3ur  ßparatterifiif  ber  ßircumcefiionen  beS  4.  unb  5.  $aprp.  in  2lfrifa.  (Unib.=ißrogr.) 
©reifStoalb  1900.  Pallu  de  Lessert ,  De  la  competence  respedive  du  proconsul  et 
du  vicaire  d’Afrique  dans  les  demölbs  donatistes.  Paris  1901  (Extr.  des  Mem.  de 
la  Societe  nat.  des  Antiquaires  de  France  t.  LX). 

1.  ©itrep  bie  neue  Crganifation  be§  Veicpe§  unter  ©iofletian  unb  $om 
[tantin  mar  ber  größte  ©eil  be§  lateinifcpen  Vorbafrifa  jur  ißräfeftur  Italien 
al§  ^ibilbiöjefe  Slftifa  gefommen.  Septere  umfapte  bie  ^robin^en:  Sripolitana, 
33psacium,  3Ifrifa,  Vumibia  ©irtenfi§,  Vumibia  Vtilitana,  Vtauretania  Sitifenfig 
unb  Vtauretania  ©äfarienfig.  ©ie  am  meiften  toefüiep  gelegene  ißrobins  3Jtaure= 
tania  ©ingitana  gehörte  gur  ©iöjefe  (Spanien  unb  bamit  $ur  gaHifepen  )ßrcL 
feftur.  ©er  33i[tf>of  bon  ^artpago  blieb  ber  Vtetropolit  ber  ^irdfen  aller  biefer 
^robin^en,  in  melden  e§  feit  bent  3.  Saprpunbert  japlreiipe  bifcpöfliepe  Sipe 
gab.  ©ie  ©ntmidlung  ber  afrifanifepen  $ird)e  tourbe  in  trauriger  3Beife 
gehemmt  burd)  ba»  bonatiftifepe  Scpi§ma,  meld)e»  furj  nad)  ber  biofle= 
tianifcpen  Verfolgung  au§brad).  ifkrfönliepe  gmiftigfeiten  gaben  ben  3tnlafi  ju 
biefer  Spaltung,  tnelepe  fid)  an  bie  im  ®epertaufftreit  bon  ©pprian  unb  an 
bie  bon  ben  Vobatianern  berfocpteneit  ©runbfcipe  über  bie  ®ird)e  anlel)nte. 
©inige  Vtipbergntigte  in  $artpago  bilbeten  nebft  ben  numibifdien  Vifepöfen 
Sefunbug  bon  ©igifig  unb  ©onatug  bon  ©afä  Vigrä  eine  fßartei  gegen  ben 
fräftigen  ©r^bifdiof  Vtenfuriug,  bem  fie  3luglieferung  ber  peiligen  Viteper  an 
bie  Reiben  (traditio)  in  ber  biofletianifepen  Verfolgung  fotoie  Verlegung  ber 
ben  DJtärtpreru  fd)ulbigen  fRüdficpt  unb  ©prfurept  unb  Vtipadjtung  beg  Vtar= 
tpriumg  bortoarfen.  3Jtenfuriug  patte  bie  peiligen  Viteper  in  Sicperpeit  gcbracpt 
unb  nur  päretifdje  Scpriften  ben  peibnifepen  Vepötben  in  bie  §änbe  fallen 
laffen,  tooinit  fid)  biefe  jufrieben  gaben ;  feine  geinbe  mollten  aber  biefe  9teept= 
fertigung  nid)t  gelten  laffen.  (Sr  patte  ferner  bie  allju  päufigen  unb  in  ganzen 
Scparen  borgenommenen  Vefud)e  ber  gefangenen  ©priften,  melcpe  bei  ben  Reiben 
Unrupe  erregten,  ju  befepränfen  unb  bie  unterfepiebglofe  Vereprung  bon  toapren 
unb  Scpeinmärtprern,  fomie  bag  unbefonnene  unb  fdnoärmerifcpe  Sieppinbtängen 
jum  Vtartertobe  ju  befeitigen  gefucpt.  ©et  fanatifd)e  Sefunbug  bon  ©igifig 
rüpmte  fiep,  bap  er  nid)t  einmal  päretifdie  Scpriften  ben  Solbatett  auggeliefert 
unb  gleid)  ©leajar  jebe  Verkeilung  gemieben  pabe,  bie  anbern  leiept  alg  Veü 
fpiel  beg  3lbfall§  patte  bienen  fönnett,  obfepon  bie  Solbaten  fiep  mit  einigen 
unbrauepbaren  Stüden,  mie  feperifd)en  Scpriften,  befriebigt  erflarten.  311» 
biefer  Setunbu§  305  eine  ^ßrobingialftjnobe  ju  ©irta  in  Vumibien  ab- 
pielt,  erflärte  er,  bie  Vifcpöfe  müßten  fid)  erft  prüfen,  ob  and)  fein  ©rabitor 


8.  Sie  ßirtpe  in  SIfrifa.  Ser  Sonatiämuä. 


409 


unter  ipneit  fei,  ber  bann  als  epfommunßiert  ju  feinem  51mte  untauglich  fein 
mürbe.  Dlacpbem  man  unter  mecpfelfeitigen  Vefcputbigungen  barüber  berpanbelt, 
marb  enblid)  befcploffen,  e§  fei  jur  (Srpaltung  be§  $ird)enfrieben§  ba§  ©ericpt 
über  aüe§  Vergangene  ©ott  anpeimsuftellen 1.  6§  blieb  aber  eine  grofje 
(Spannung  jurüd,  raelepe  ju  einer  offenen  Spaltung  führte,  als  Vlenfuriu§, 
Don  Inifer  2Jtapentiu§  megen  ber  Sadje  eines  ju  jenem  geflüchteten  ©iaton§ 
nach  9iom  berufen  unb  bort  freigefprocpen ,  auf  ber  Dtüdreife  311  ftarb  unb 
fein  bisheriger  5lrcpibiafon  6ftcilianu§  Don  $leru§  unb  Volt  ju  Karthago 
jum  fJiaipfolger  geroäplt  unb  Don  Vtfcpof  getij  Don  21ptunga  fonfefriert  marb. 
3ln  ber  Spipe  ber  (Gegenpartei  ftanb  eine  burcp  SReidptutn  einflußreiche ,  im 
Utufe  grofer  ^römmigfeit  fiepenbe  Söitme  Sucilta,  meld)e  fcbon  früher  über 
©äcilian  erbittert  mar,  ber  ihr ,  piept  unter  91nbropung  Don  ^'ircpenftrafen, 
bie  abergläubische  Verehrung  gemiffer  (Gebeine ,  bie  fie  ohne  Stutorifation  für 
Reliquien  auSgab  unb  in  ber  Kirche  Dor  ber  Kommunion  füßte,  ernftlicp  Der= 
miefen  butte.  2Jtit  ihr  batte  ber  numibifcpe  Vifdiof  ©onatu§  ftpon  Dor  ber 
2BapI  Dergeblicb  ba§  Volt  gegen  ©äcilian  außuregen  gcfucpt,  unb  SetunbuS 
fanbte  (Geiffliche  nad)  Karthago,  bie  in  ihrem  «ßaufe  feparatiftifdje  ^onbentifel 
hielten  unb  einen  probiforifcpen  Vifitator  einfeßten.  Veibe  Vifdjöfe,  bie  febr 
beleibigt  maren,  baß  ber  fartpagifdpe  $Ieru§,  ohne  bie  Slnfunft  ber  numibifcpert 
Prälaten  abjumarten,  jur  2öapl  gefcpritten  mar,  tarnen  halb  nad)  ber  VSeipe 
beS  (Säcilian  in  ber  Stabt  an  unb  nahmen  Vßopnung  bei  ber  SitciKa;  alle 
©egner  beS  2ftenfuriu§  unb  beS  ©äcilian  fcpartert  fid)  um  fie,  befonberS  bie 
ißriefter  Votru§  unb  6öleftiu§,  bie  fiep  felbft  auf  ben  ©piffopat  Hoffnung  ge= 
mad)t  patten.  5ln  fiebjig  numibifepe  Vifdpöfe  hielten  312  in  einem  ^riDatpaufe 
ju  $artpago  ein  $onjil,  baa  fiep  fdpon  anfangs  feinbfelig  gegen  ©iicilian 
ermie§  unb  troß  aller  ffrieben§anerbietungen  beSfelben  ipn  abfeßte,  meil  er  nicht 
bloß  als  9trdjibiaton  gegen  bie  gefangenen  Spriften  fid)  pflieptmibrig  benommen, 
fonbern  auep  bie  ^onfetration  Don  einem  ©rabitor  erpalten  habe,  mie  e§  ffelip 
Don  Slptunga  gemefen  fei.  51n  feine  Stelle  möplten  fie  ben  Settor  Vtajorinu», 
einen  (Günflling  unb  ipauSgenoffen  ber  Sucilla,  jum  Vifdiof,  meldpen  ©onatu§ 
Don  6a fä  fftigrei  orbinierte.  ©ie  afrifanifepen  $atpolifen  fuepten  nun  bei 
ben  au§märtigen  Kirchen  bie  51nerfennung  (SäciliattS  burcpjufepen,  mäprenb  bie 
Scpiamatiter ,  naep  bem  ^onfefrator  mie  nad)  betn  bebeutenberen  Nachfolger 
bea  unbebeutenben  Vtajorimta  (©onatua  b.  ©r.  feit  313)  ©onatiften 
genannt2,  für  bie  ülnerfennung  ipreS  Vifcpofa  mirften  unb  halb  auch  in 
Heineren  Orten,  mo  fie  Anhänger  für  ipre  Partei  ju  gemimten  rauften,  ©egen= 


1  Sie  ©pnobe  Don  ©irta  {August.,  Brevic.  collat.  cum  Donat.  dies  III,  c.  17; 
C.  Crescon.  HI,  17.  30.  §efele,  ©oneiüengefep.  I,  145  ff.)  tuarb  toopl  Dort  ben 
Sonatiften,  bie  alles  ipnen  Ungelegene  leugneten,  für  unterfdjoben  erflärt,  aber  opne 
pinreiepenbe  ©rfmbe,  unb  411  tuarb  bie  Dlicptigfeit  iprer  Sinreben  tlar  ertuiefen. 

2  Sen  9tamen  pars  Donati  gaben  bie  Sonatiften  fiep  felbft ,  obfefjon  fie  fiep  ge= 
tuöpnlidp  „fatpolifdje  ßirdje"  nannten,  ©tpon  au<S  jenem  tarnen  folgerten  bie  ßatpo-- 
lifen  ipren  Slbfall  Don  ber  toapren  ßirepe  {August.,  C.  Crescon.  IV,  7).  3fpr  fpäterer 
©rammatifer  ©reSconiuä  (bei  August.  1.  c.  II,  1.  2)  behauptete,  naep  ber  lateinifepen 
©rammatit  muffe  man  fie  Donatiani,  nidpt  Donatistae  beigen;  fie  tonnten  ipre  ©egner 
ebenfo  Vtenfuriften  unb  ©äcüiatiiften  nennen  (ibid.  IV,  30).  Sie  Flamen  pars  Donati 
unb  Donatistae  blieben  bie  getoöpnlidjen. 


410  ©ieg  bei-  ßirtfje  im  91ömerret<f)  unb  ftampf  gegen  ben  2tricmi§mu§. 


bifdöfe  gegen  bie  fatpolifden  einfepten.  ©en  ©äcifian  roollte  bie  Partei  $ur 
^irdjenbuge  berurteilt  unb  feine  Vßeipe  für  nichtig  erflärt  miffen,  inbem  fie  öon 
ber  VorauSfepung  auSging,  bap  bie  Söirfung  ber  ©aframente  burdi  bie  Ipeilig- 
feit  beS  ©penberS  bebingt  fei. 

2.  Unterbeffen  mar  ^onffantin  b.  ©r.  f)err  öon  Sffrifa  gemorben. 
©r  erfannte  ben  ©äcilian  als  redtmäpigen  Vifdof  an  unb  fdlop  bie  ©ona= 
tiften  bon  ben  ber  fatljolifden  ^ircfje  gemährten  Vergünftigungen  aus.  ©iefeS 
©ingreifen  beS  ^aiferS  regte  ben  ©treit  nod  mefjr  an.  Sie  ©onatiften  be= 
ftagten  fid ,  bap  fie  ungepört  berurteilt  morben  feien,  unb  reiften  313  an 
ben  $aifer  eine  Vefdmerbe=  unb  eine  Vittfdrift  ein,  morin  fie  ben  ©treit 
in  Stfrifa  barüber,  melde  $irde  bie  map  re  fatpolifde  fei,  burd  Stifter  in 
©atlien  (mo  feine  Verfolgung  gemütet  tjatte,  affo  aud)  feine  ©rabitoren  maren) 
entfliehen  miffen  moHten.  ßonftantin  ging  teifmeife  auf  bas  ©efud)  ein  unb 
orbnete  auf  ben  1.  Oftober  313  eine  © t) n o b e  in  3t om  an,  auf  mefdjer 
unter  ^ßapft  9}teld)iabe§  fünfjefm  italifdje  unb  brei  gaHifde  Vifdöfe  bie 
©acfie  unterfudien  unb  bon  jeher  ber  jmei  afrifatiifden  Parteien  je  jepn  23i= 
fdöfe  erfdeinen  fofften.  ©onatuS  bon  ©afä  3tigrä  bertrat  feine  Partei,  ©äcilian 
bie  ^atpolifen.  3tad  breitägiger  Unterfudjung  erffärte  bie  römifdie  ©pnobe 
ben  ©äcilian  für  unfdulbig,  ben  ©onatuS  aber  für  fdiufbig,  meprfad  bie 
©efepe  ber  ^irdje  berlept  ju  paben.  ©od)  marb  ben  Vifdöfen  ber  gartet 
beS  fDtajorinuS  bie  Ipanb  jum  Trieben  geboten.  5fber  biefe  miefen  jebeS  9fn= 
erbieten  jurüd ,  befdulbigten  ben  Vifdof  gelip  fortmäprenb  ber  ©rabitio,  be= 
paupteten,  in  3tom  nidit  boHftänbig  gehört  morben  ju  fein,  unb  forberten  eine 
größere  Verfammlung  bon  Vifdöfen  in  ©atlien.  Um  nun  ipren  Sfnffagen 
jeben  ©dein  bon  33ered)tigung  ju  nehmen,  lie^  ber  $aifer  juerft  in  üffrifa 
fefbft  burd  einen  meftliden  Ütiditer,  ben  5ßrofonfuI  VlianuS,  bie  ©adle  beS 
gefij  unterfudien;  banadj  marb  gelip  für  böffig  unfdulbig  erflärt.  ©obamt 
orbnete  er  eine  japfretde  ©t)nobe  ju  SfrleS  in  ©affien  auf  ben  3Iuguft  314 
an,  mopin  Vifdöfe  aus  ©affien,  ©nglanb,  ©panien  unb  Italien  unb  afS 
Vertreter  beS  fßapfteS  ©plbefter  bie  ißriefter  $laubianuS  unb  VituS  fomie  bie 
©iafonen  ©ugeniuS  unb  ©priafuS  famen.  ©ie  ©pnobe  entfdieb  ganj  mie  bie 
römifdje  gegen  bie  ©onatiften  unb  fudjte  aud)  in  ipren  $anoneS  äpnliden 
Spaltungen  öorjubeugen.  ©ie  fprad  bie  objettibe  ©üftigfeit  ber  im  9tamen 
ber  ©rinität  erteilten  ©aufe  aus  (can.  8),  mieS  bie  2fnf  lagen  auf  traditio, 
bie  nidt  burdj  öffentlidje  Urfunben  bemiefen  merben  fönnten,  jurüd  unb  be= 
ftimmte  für  faffdje  ©Cngeber  lebenSlänglide  SfuSfdKepung  (can.  13.  14).  ©er 
^aifer  banfte  ben  Vifdöfen  für  ipr  geredjteS  Urteil  unb  beffagte  bie  mapn= 
finnige  Verfeprtpeit  ber  IpalSftarrigen 1.  2Bäf>renb  ein  ©eit  ber  ©onatiften  fid) 
untermarf,  blieb  ber  anbere  um  fo  tropiger ;  er  appellierte  jept  an  ben  $aifer 
fefbft,  ben  er  bamit  als  pödften  ütidter  in  ber  £ircpe  anerfannte.  $onftantin 
mar  über  biefe  Sfppeflation  felbft  entrüftet  unb  fpraä)  fid)  barüber  in  einem 
©djreiben  an  bie  fatpolifden  Vifdöfe  auS;  bennod  naprn  er,  obfdon  mit 
einigem  SBibermiHen,  bie  Verufung  an,  bie  ipm  ©runb  gab,  jept  mit  ©trenge 


1  Mansi,  Conc.  Coli.  II,  434  sq.  468  sq.  BoutJi,  Rel.  sacr.  IV,  60 — 99.  Ipefele, 
©onciltengefci).  I  (2.  Stuft.),  201  ff. 


8.  Sie  ßirdje  in  Stfrifa.  Ser  SonatiSmuä. 


411 


gegen  bie  SdjiSmatifer  einjuf freiten.  3m  Vobember  316  hörte  er  beibe 
Parteien  -$u  Vlailanb  an;  aud)  feine  ©ntfdjeibung  rechtfertigte  ben  ©äcilian 
uttb  branbmarfte  beffen  ©egner  als  Verleumber.  Vach  ihren  eigenen  ©rmtb= 
fäpen  hätten  fie  fiep  bem  faiferlidjen  Urteil  unterwerfen  foKen;  aber  fie  ber= 
harrten  in  ihrer  Trennung  unb  in  ihrem  Ungehorfam  gegen  bie  geiftlidhe  unb 
weltliche  ©ewalt;  fie  fibütjten  bor,  ber  fpanifdje  Vifcpof  ifpofiuS,  ber  greunb 
beS  ©äcilian,  habe  ben  $aifer  gegen  fie  eingenommen.  Sähet  erlief;  ^onftantin 
gegen  fie  ftrenge  ©efepe,  ihre  Kirchen  füllten  ihnen  entriffen,  ihr  Vermögen 
eingejogen  werben ;  mehrere  ihrer  Raubtet  traf  bie  Verbannung  1. 

2lber  bie  ftrengen  DVaffregeln,  Weld)e  ber  ©orneS  UrfaciuS  in  taiferlichem 
Auftrag  anwenbete,  berntehrten  nur  bie  ©ärung  unb  ben  Fanatismus  ber 
Partei,  beren  ^weiter  Vifcpof  SonatuS  b.  ©r. ,  feurig  unb  raftloS  tpätig, 
mit  fühnem  Srope  ber  Ausführung  wiberftanb  unb  immer  neue  Vifcpöfe  unb 
©eiftliche  weihte.  Schwere  ©ewattthötigfeiten  gegen  bie  $atf)olifen  würben 
bon  ben  Seftierern  berübt;  fie  erflärten,  nie  mit  bem  Siinber  ßäcüian  in 
©emeinfchaft  treten  ju  fönnen,  unb  forberten  bropenb  bie  3urüdberufung  jjer 
Verbannten.  Valb  änberte  $onftantin  feinen  Sinn:  bie  Schwärmerei, 
meinte  er,  werbe  in  fid)  felbft  ju  ©runbe  gehen;  er  nahm  am  5.  Viai  321 
feine  Strafgefejje  jutüd,  lief;  bie  berbannten  Vifcpöfe  jurüdlehten,  gab  ihnen 
religiöfe  Freiheit  unb  mahnte  bie  fatholifcpen  Vifdpöfe  jur  Vlilbe  unb 
Vacpficpt,  inbem  er  fid)  barauf  berief,  bie  V3ut  ber  Seftierer  fei  bem  göttlichen 
©ericpte  anheimjufteHen.  Aber  bamit  waren  bie  ®atl)olifen  fchuploS,  bie 
Seftierer  nur  ju  neuen  ^rebeln  ermutigt.  Vach  bem  Veifpiele  ihres  VifdpofS 
SonatuS  tauften  fie  alle  nochmals,  bie  freiwillig  ober  gezwungen  ju  ihnen 
übertraten,  nahmen  ben  $atl)olifen  ihre  $irdjen  weg,  fdforen  ben  Vifdjöfen 
baS  §auptl)aar  ab  unb  fließen  fie  unter  bie  Vüper ;  fie  flohen  ben  Umgang  mit 
ben  $atf)olifen  als  bie  größte  Verunreinigung  unb  wufdjen  fogar  ben  Voben 
ab,  auf  bem  ein  ^atlfotif  geftanben.  ©S  bilbeten  fid)  fanatifierte  Raufen  aus 
ben  nieberften  VollSflaffen ,  entftanben  aus  einer  Art  bon  fd)Wärmerifd)en  AS= 
feten,  bie  alle  Arbeit  berfchmäpteu  unb  auf  bem  Sanbe  bettelnb  in  ben  tpiitten 
ber  Vauern  umherftreiften.  Siefe  ftiirjten  fid)  wie  Vafenbe  bem  Sobe  entgegen, 
fuepten  bie  Sache  beS  SonatuS  mit  roher  ©ewalt  ju  bertreten;  aufgeftachelt 
burep  bie  ^3rebigten  ihrer  Vifchöfe,  benen  fie  jum  Seil  als  Seibwacpe  bienten, 
überfielen  fie  jur  Vadjtjeit  bie  tpciufer  ber  ^atpolifen,  jünbeten  fie  an,  bienbeten 
unb  morbeten  bie  Vewopner,  befonberS  bie  ©eiftlicpen.  Viele  mußten  biefert 
£)orben,  §u  benen  aud)  entlaufene  Sflaben  gehörten,  jwangSweife  fid)  artftpliefjen ; 
anbere  pielt  bie  furcht  bei  ihnen  jurüd.  Ser  Abfdjeu  bor  jeber  Verleugnung 
beS  ©laubenS  unb  bie  Vegierbe  jum  Vtartertum  würben  auf  bie  Spipe  ge^ 
trieben,  bis  jum  V3apnfinn ;  burd)  ^atpolifen  ober  Reiben  ben  Sob  ju  finben, 
reichte  junt  Vtartprium  hin ;  fie  reiften  jene,  fie  ju  töten,  ftürjten  fid)  oft  felbft 
in  flammen  ober  in  Abgrünbe;  frembeS  Sehen  fd)onten  fie  um  fo  weniger, 
als  fie  baS  eigene  nicht  ad)teten.  Vtit  ber  Sebife:  „3lt  ®otteS  ©ffre"  0er= 
übten  fie  ihre  ©emaltthaten;  babei  waren  nid)t  nur  Selbfttnorb,  fonbern  aud; 


1  August.,  C.  Crescon.  III,  71;  C.  lit.  Petil.  II,  92;  C.  Parm.  I,  5;  Ep.  43. 
n.  20;  Ep.  88,  u.  3;  Ep.  105,  n.  9. 


412  Sieg  ber  ^irihe  im  Nömerreid)  unb  ßampf  gegen  beit  Siriantämuä. 

Mölleret  unb  Ungudjt  bei  innert  in  Übung.  Den  tarnen  ©ircumcetlionen, 
ben  ihnen  bie  5?ot£>olifen  gaben,  erfannten  fie  nicht  an;  fte  felbft  nannten  fid) 
„Solbaten  ©jrifti",  Kämpfer  (Agonistici),  Söhne  ber  ^eiligen1.  Nl§  fie  in 
Äonftantina  eine  bom  Haifer  ben  $atl)olifen  erbaute  Birdie  nieberriffen ,  tiefe 
fie  berfelbe  auf  feine  Soften  mieber  aufbauen,  ofene  ben  §rebet  ju  apnben,  ja 
ofene  Scf)abenerfa|  ju  »erlangen.  So  mürben  bie  Donatiften  in  fRorbafrifa 
immer  mächtiger;  im  Safere  330  jäfetten  fie  fdjon  270  Sifd)öfe;  unter  bem  Sdju£e 
einer  Doteranj,  bie  in  Ungered)tigfeit  gegen  bie  ^atfeotifen  au§artete,  bermeferten 
fie  fid)  fortmäferenb.  Nufeerfeatb  Norbafrifa§  brachten  fie  nur  jmei  ©emeinben 
ju  ftanbe,  eine  in  Spanien  unb  eine  in  Nom;  feier  aber  tonnten  fte  unter 
ihrem  Sifcfeof  33iftor  nur  fjeimlidh  außerhalb  ber  Stabt  auf  einem  Serge  ju= 
fammentommen  (baher  9Nontenfe§,  Nupiten,  ^ampiten  genannt);  fie  hatten 
hier  einen  „Sifcfeof  ohne  ©emeinbe" 2. 

3.  $aifer  ^onftan§  berfucfete  junädhft  burd)  ©üte  unb  ©efdjenfe,  bie 
er  (um  340)  burd)  Urfaciu§  unb  Seontiu§  »erteilen  tiefe,  bie  Donatiften  ju 
gewinnen,  unb  forberte  in  einem  ©bitte  bie  norbafritanifcfeen  ©feriften  3ur 
Nücffefer  in  bie  ©infeeit  auf,  bereu  greunb  unb  Seförberer  ©feriftuS  fei. 
Nber  ber  Söiberffanb  ber  Donatiften  warb  nur  um  fo  heftiger  unb  rief  be§= 
halb  ftrengere  fOtaferegeln  feerbor;  e§  mürben  ihnen  mehrere  ßirdjen  entriffen, 
wobei  einzelne  ihr  öeben  einbiifeten,  bie  bann  bon  ber  Sette  at§  Ntärtprer 
berehrt  mürben.  2ln  ben  ©omeB  ©regoriu§,  ber  einen  ^weiten  Berfud)  jur 
Bereinigung  maäjte,  fcferieb  Donatu§  einen  Brief  bott  Sd)mähungen.  Dem 
Nachfolger  be§  ©äcilian,  ©rjbifcfeof  ©ratu§,  warb  ebenfo  wie  biefem  febe 
Snerfennung  bermeigert.  Die  SluSfdjWeifungen  ber  ©ircumcettionen  mürben  febod) 
fogar  ben  bonatiftifdjen  Sifdjöfen  unerträglich,  fo  bafe  fie  felbft  345  ben  3?elb= 
herrn  Dautinu§  um  Sbfeitfe  baten;  bie  umfeerfchweifenben  Sanben  wollten 
bie  „Serteibiger  ber  Unterbrüdten"  fein  unb  wüteten  gegen  bie  Neichen  unb 
Ntäcfetigen  (at§  echte  ßommuniften) ;  ihre  Anführer  gafir  unb  Sjib ,  bie  fid) 
„$ül)rer  ber  Söhne  ber  Zeitigen"  nannten,  bebrofeten  ihre  ©täubiger  mit  bem 
Dobe,  wenn  fte  ihnen  bie  Sdjulben  nicht  nacfeliefeen,  unb  erzwangen  ben 
Nachlaß  mit  ©etoatt  ober  mit  Rötung;  bie  Herren  füllten  bie  Stelle  ihrer 
Diener  unb  Sttaben  einnehmen  unb  beren  ©efcfeöfte  »errichten,  ©egen  ben 
Inifer  Würben  bie  nadjteitigften  ©erücfete  berbreitet,  inSbefonbere ,  bafe  er  in 
ben  ^ircfeert  anftatt  ©otte§  fein  Bitb  bereferen  taffen  motte.  Die  ®omniiffäre 
5ßauliiö  unb  3Nafariu§,  urfprüngtich  jur  Verteilung  bon  ltnterftüfeungen  ge= 
fanbt  (bie  aber  Donaüt§  ftotj  jurüdmie§,  inbem  er  fragte:  „2öa§  tjat  ber 
$aifer  mit  ber  ^ircfee  511  fcfeaffen?"),  fanben  fetbft  eine  offene  ©mpörung 
gegen  ben  Inifer  organifiert;  bie  Nebelten,  angefeuert  bom  Sifdjof  Donatul 


1  $te  Gircumcelüonen  befcEjretbt  StuguftinuS  (C.  Gaud.  I,  32)  als  genus  hominum 
otiosum  ab  utilibus  operibus,  crudelissimum  in  mortibus  alienis,  vilissimum  in  suis, 
maxime  in  agris  territans,  ab  agris  vacans  et  victus  sui  causa  villas  circumiens 
rusticorum,  unde  et  Circumcellionum  nomen  accepit.  Über  ihre  Namen  milites 
Christi,  Agonistici  Bgl.  August.,  Enarr.  in  Ps.  132,  n.  6;  C.  Crescon.  III,  46  sq.; 
De  haer.  c.  69.  Optat.  Milev. ,  De  schism.  Donat.  III ,  3  sq.  Theodoret. ,  Haer. 
fab.  IV,  6. 

2  Optat.  Milev.  1.  c.  II,  4. 


8.  $ie  ßirdjc  in  2tfrifa.  $er  Sonatiänuiä. 


413 


ü  on  33  o  g  a  i ,  trugen  anfangs  fogar  beit  ©ieg  babon.  3X6er  balb  erlitten 
fie  eine  Bieberlage,  unb  nun  »erfuhr  BtafariuS  mit  äu^erfter  Strenge.  Oer 
Bifcpof  bon  Bagai  marb  mit  aitberit  Bnftiftern  beS  BufftanbeS  t)ingerid)tet 
unb  atSbalb  bon  beit  Oonatiften  als  Bfärtprer  gcpriefen,  OonatuS  b.  ©r.  bon 
$artf)ago  nebft  anbern  33ifc^öfen  berbannt;  einige  bon  ifjnett  mären  borljer 
entflohen.  BfafariuS  erätoang  bie  Bereinigung  unb  berbot  ben  bonatiftifdjen 
©otteSbienft.  Buperlid)  mar  fo  ber  Triebe  auf  längere  mieberfjergeftcllt. 
©ine  fatl)olifd)e  ©pnobe  311  Karthago  (um  348)  unter  ©rjbifd)of  ©ratuS 
banfte  ©ott  für  bie  (mehr  anfd)eiitenbe  als  mirflidje)  Becnbigung  beS  ©djiSmaS, 
berbot  bie  SBiebertaufe  unb  bie  Bereitung  ber  ©elbfttuörber  als  Btärtprer 
unb  fudfte  bie  bielfad)  in  ben  borauSgegangenett  2Ö irren  geloderte  fird)lid)e 
3ud)t  unter  ©eiftlicpen  unb  Saien  mieberl)erjuftellen. 

BIS  unter  Julian  (362)  bie  Berbannten  3urüdfel)rten,  nahmen  fie  ihre 
frühere  Spaltung  mieber  an,  rächten  fid)  an  ben  $atl)olifen  für  bie  erlittenen 
©trafen  unb  geigten  ihnen  bie  äuperfie  Unbulbfamfeit  an  alten  Orten,  mo  fie 
baS  Übergemid)t  hatten.  Bis  3.  B.  bie  Oonatiften  in  £)ippo  bie  £)errfd)enbc 
Partei  mareit,  burfte  feiner  bon  ihnen  cS  magen,  für  bie  in  ber  9Binbei‘3al)l  be^ 
finblichen  $atf)oliten  Brot  3U  baden 1.  ©ie  nahmen  ben  $atf)oIifcn  bie  £ird)eit 
meg,  itberfiridfen  bann,  meil  bicfelben  als  beftedt  galten,  bie  Bxinbe,  rieben 
bie  Bltäre  ab  ober  marfen  fie  hinaus,  3erfd)metterten  bie  Reiche  unb  anbere 
©efäjje  in  btinber  2öut.  Batb  nad)  Suliait  mehrte  fid)  bie  3°hl  threr  Bifdjöfe 
auf  bierhunbert.  Bber  nun  bradjen  auch  hefüse  ©treitigfeiten  unter  ihnen 
auS;  aus  ber  einen  ©pattung  gingen  neue  ©pattungen  herbor.  Oer  gelehrte 
^armeniait,  ber  Bachfolger  beS  OonatuS  BtagnuS  bon  Karthago  feit  360, 
befämpfte  ben  hochgebitbeten  OpdfoniuS,  meld)er  fetbft  bie  ©rünbe  mibertegte, 
auf  bie  fid)  bie  Oonatiften  ftit^tcn,  biefetbe  Unreinheit,  bie  fie  bei  ben  $atl)o= 
lifen  finbett  roottten,  an  ihnen  nadjmieS,  aber  gleid)tbol)l  bei  ber  ©efte  beharrte, 
iitbem  er  bie  Bereinigung  mit  ber  fatt)olifd)en  $itd)e  nicht  für  notmenbig,  bie 
innere  ©etneinfd)aft  mit  ©IjriftuS  für  I)inreid)enb  erflärte.  Bifcbof  ÜtogatuS 
bon  ^artenna  marb  um  370  ©tifter  einer  eigenen  Partei  (3t ogatiften, 
Bogatianer),  toetche  mitbere  ©runbfä|e  befolgte  als  bie  übrigen  Oonatiften 
unb  baS  Oreiben  ber  ©iratmcellionen  entfd)ieben  tabette;  berfelbcu  ftanben  bie 
$laubianiften  entgegen.  Bad)  bem  Oobe  beS  ^arntenian  (um  392)  marb 
^ritnian  bonatiftifdjer  Bifdjof  bon  Karthago;  gegen  feine  mitbere  tprapiS 
erhoben  fid)  rigoriftifdfe  ©iferer,  an  bereu  ©pi£e  ber  Oiafon  Btajimian 
ftanb.  Se^terer  mürbe  bon  tßrimian  ejlontmun^iert ;  aber  eS  gelang  ihm, 
eine  gro^e  Partei  311  bitben,  3U  ber  aud)  Bifchöfe  gehörten;  auf  einer  ©pnobe 
3U  Karthago  393  fprad)tm  biefe  bie  Bbfefmng  beS  tßrimian  aus  unb  festen 
an  feine  ©teile  ben  ÜBarimian.  Oagegen  entfd)ieb  fid)  eine  ©pnobe  3U  Bagai 
für  Sßrimian  unb  gegen  3Bajitnian.  Oie  Sßrimianiften  oerfolgten  nun  bie 
Bfajimianiften,  bie  3U  elfteren  als  ber  bonatiftifdpen  §auptpartei  in  einem 
äl)nlid)en  Berl)äItniS  ftanben  mie  biefe  3ur  tatf)otifd)en  Kirche.  ©S  bilbeten  fid) 
bis  3UI11  ©nbe  beS  4.  3bl)rhun^er^  imd)  bbbere  ©efteu,  bie,  fo  unbebeutenb  fie 
maren,  hoch  alle  bie  fatt)olifd)e  $tird)e,  unb  smar  auSfchlieplid),  fein  motlten. 

1  August.,  C.  lit.  Petil.  II,  1S4.  Optat.  Milev.  1.  c.  II.  16  sq.  25. 


414  Sieg  ber  ßix'dje  int  Sömerreid)  ttnb  ßampf  gegen  ben  2lriani3tnu3. 


4.  ©ie  ©runblepren  ber  ©onatiften  traten  folgenbe :  a)  Sur  jene 
Birdie  fann  bie  tnapre  fein,  bie  tnenigftenS  feine  offenbaren  ©ünber  in  iprer 
(SJemeinfcfjaft  bttlbet;  alfo  finb  alle  ßirepen,  bie  mit  §eli£  unb  ©äcilian  in 
©emeinfepaft  blieben  unb  baburep  beflecft  unb  unpeüig  gemorben  finb,  non  ber 
magren  ^irepe  auSgefdploffen,  bie  fiep  nur  bei  uns  finbet1.  b)  ©ie  2Birffam= 
feit  ber  ©aframente  pängt  nidjt  blop  non  ber  Secptgläubigfeit  ab  (tnie  ©pprian 
trollte),  fonbern  auch  non  ber  fittlidjen  Seinpeit,  non  ber  perfönlitpen  fpeiligfeit 
beS  ©penberS.  2llfo  finb  alle  non  Unpeiligett,  alle  non  ben  in  ©emeinfepaft 
ber  befteeften  unb  unpeiligett  ^irdpett  ©tepenben  erteilten  ©afratnente  ungültig, 
baper  alle  Übertretenben  aufs  neue  ^u  taufen;  baper  ift  baS  Stepopfer  ber 
^atpolifen  ©öpenbiettfi.  ©ie  ©onatiften  trollten  allein  bie  Seinen  unb  ^eiligen 
fein  im  ©egenfap  ju  ben  „©öpnen  ber  ©rabitoren"  unb  rüpmten  fid)  iprer 
Stärtprer,  liefen  aber,  abtreitpenb  non  ben  Sonatianern,  für  feptrere  ©ünben 
eine  Sitpe  ju.  ©ie  fonnten  ipren  Segriff  non  ber  f)  eiligfeit  ber  $irtpe, 
bem  fie  ben  Segriff  non  ber  Slatpolijität  burcpauS  unterorbneten,  nidptt  ftrengc 
burtpfüpren,  mußten  jugeben,  bap  nerborgene  ©ünber  in  ber  Birdie  fein  fönnten. 
©ie  tniberfepten  fid)  aud)  ben  faiferlicpen  Sefeplen  unb  ben  Obrigfeiten,  trenn 
biefe  fiep  auf  feiten  ber  $atpolifen  ftettten ;  fie  jogen  ben  ©ob  ber  llntertrerfung 
nor,  trie  j.  18.  Sifcpof  ©aubentiuS  non  ©pamugabe  bem  ©ribun  ©ulcitiuS, 
ber  420  bie  faiferlicpen  ©efepe  betreffs  ber  ^onfiSfation  ber  ßirepen  boßgiepen 
trollte,  erflärte,  er  trerbe  fid)  mit  feiner  (Bemeinbe  in  ber  ®ird)e  nerbrennen 
laffen,  unb  bieS  mit  bem  Seifpiele  beS  SpajiS  (SajiaS,  2.  Staff.  14,  37 — 46) 
red)tfertigte ,  ber  beim  Snbrang  ber  ©ruppen  beS  Sifanor  fiep  felbft  in  fein 
©eptoert  ftürjte  unb  einen  pocpperäigett  ©ob  ber  „llntertrerfung  unter  bie 
©ünber"  nor^og. 

5.  ©ie  ©efepe  non  Sa  len  t  in  i  an  (373)  unb  (Bratiait  (377),  bie  ben 
©onatiften  ipre  $ird)en  entzogen  unb  ipre  Serfammlungen  nerboten2,  tnaren 
opne  ©rfolg  geblieben;  ainp  ber  2Beg  ber  Seleprung  patte  tnenig  gefruchtet, 
©egen  370  fdjrieb  Sifcpof  OptatuS  non  Stilebe  fein  reicppaltigeS  Söerf 
über  baS  bonatiftifepe  ©cpiSma ;  unermiiblid)  aber  trirfte  SlitguftinuS,  feit 
393  Ißriefter,  bann  (397)  Sifcpof  ju  £)ippo  ÜtegiuS,  in  Sriefen,  ^ßrebigten, 
©efpräcpen  unb  japlreicpen  ©epriften  fotnopl  jur  Selepruttg  unb  SBarnung  ber 
Unerfaprenen  als  jur  gurüdfüprung  ber  Serirrten  unb  jur  Sefeitigung  ber 
©paltung.  Überzeugt,  bap  bie  ©onatiften  ipre  Srrtümer  leid)t  einfepen  tniirben, 
trenn  fie  fid)  nur  auf  eine  leibenfcpaftSlofe  Prüfung  ber  beiberfeitigen  ©rünbe 
einlaffen  trollten,  glaubte  er  eine  friebütpe  Serftänbigitng  anbapnen  ju  fönnen 
unb  enttrarf  mit  bem  alten  unb  befonnenen  ©onatifienbifepof  ffortuniuS  ben 
^ßlan,  eS  foüe  jeber  nott  ipnen  mit  jepn  ©leicpgefinntett  an  einem  geinifcpten 
Orte,  tro  feine  Partei  eine  $itd)e  befipe,  äufammenfontmen  unb  naep  beiber= 
feitigen  ©ebeten  eine  bis  jur  erhielten  Sereinigung  fortbauentbe  Serpattblung 
beginnen.  ©Iber  eS  mar  feptner,  jepn  folcpe  friebliebenbe  Stänner  ju  finbett, 
unb  bie  ©onatiften  tnaren  boll  Stiptrauen,  ganj  befonberS  über  bie  überlegene 


1  August.,  De  unit.  eccl.  c.  16. 

2  Über  bie  ©efepe  bon  373  unb  377  Ogi.  Cod.  Theod.  XVI,  6,  1.  2.  Optat. 
Milev.  1.  c. 


8.  2>ie  ßircfje  in  2(frifa.  Ser  SonatiSmuä. 


415 


^Dioleftif  9luguftinS,  bie  fdjott  manche  Belehrungen  juwege  gebracht1.  9Jtan 
fuc^te  ben  bonatiftifc^en  ©eiftlidpen  ben  Übertritt  ju  erleichtern.  $aS  $onjil 
üon  §ippo  (393,  can.  27)  lieh  ^war  bie  alte  Siegel  in  $raft,  bie  fcpiSma= 
tifc^en  SHeriler  nur  als  Seien  in  bie  Kirche  aufjunepmen,  machte  aber  hoch  eine 
VuSnaptne  ju  ©unften  berfenigen,  bie  nie  eine  Sßiebertaufe  borgenommen  ober 
bie  zugleich  ihre  ©emeinbe  jur  Kirche  hinübergeführt  hätten,  was  401  noch  er= 
roeitert  warb,  wo  man  aufserbem  bie  SDonatiften  überhaupt  jur  SRüdfepr  in  bie 
®ird)e  einlub,  obfehon  fie  nicht  aufgehört  hatten,  ben  latpolifcpen  ©otteSbienft 
ju  ftören,  wogegen  ^aifer  iponoriuS  398  ein  ©efe|  beröffentlichte.  Snt  Sapre 
403  entwarf  baS  achte  $onjil  bon  Karthago  eine  Formel,  in  weither  alle 
33ifchöfe  ber  SDonatiften  aufgeforbert  würben,  burch  au§gewäl)lte  Slbgeorbnete 
mit  gleichmäßig  erwählten  $atfjoIiten  über  bie  «Streitfragen  ju  berhanbeln; 
aber  jene  wiefen  alle  Einträge  feproff  jurüd,  unb  als  Sluguftin  barin  ein  9ln= 
jeiepen  ihres  WiptrauenS  in  bie  eigene  Sad)e  fanb,  flieg  ihr  3orn  nod)  höh«, 
unb  bie  ©ircumceßionen  erlaubten  fid)  bie  roheften  ©ewalttpaten  gegen  bie 
®atpolifen,  fo  bafj  biefe  404  auf  bem  neunten  ^onjil  bon  $artpago 
ben  ©chup  beS  HaiferS  IponoriuS  nachjufucpen  genötigt  waren.  IponoriuS 
hatte  bereits  ein  Gbift  erlaffen ,  bas  bie  fcpiSmatifdjen  ©eiftlicpen  mit  Ver¬ 
bannung,  bie  Saien  mit  ©elbftrafen  bebropte;  im  gebruar  405  folgten  neue 
©efeße,  welche  bie  SBegnapme  ber  bonatiftifchcn  Kirchen  befahlen.  ©S  erfolgten 
nun  mehrere  Übertritte  jur  Kirche;  ber  $aifer  gewährte  ben  gurüdleprenben 
407  boHe  Verjeihung,  bie  ^alSftarrigen  wollte  er  ftrenge  beftraft  wiffen.  311 S 
aber  £wnotiuS  409  wahrfcheinlid)  wegen  ber  Politiken  ©efahr  StfrifaS  ein 
allgemeines  Xolerangebift  erließ,  baS  auch  bie  SDonatiften  einfcplofj,  machten  bie 
ju  Karthago  im  3uni  410  berfammelten  Bifcpöfe  bagegen  Borfteßungen  unb 
erlangten  auch  bie  guriidnapme2.  SDen  Sßlan  eines  allgemeinen  91eligionS= 
gefprüchS  patten  bie  Bifcpöfe  fortwäprenb  im  Singe  behalten;  feit  410  würben 
bie  SluSfichten  für  baS  3uftanbefommen  beSfelben  günftiger,  als  mehrere  ©ona= 
tiften  erllärten,  fie  fönnten  bie  ©crechtigfeit  ihrer  Sache  wopl  beweifen,  wenn 
man  fie  nur  uipig  anpören  woße,  unb  non  ben  Beamten  beim  ßöorte  ge= 
nommen  würben.  $aifer  §onoriuS  orbnete  bie  ^onferenj  ju  Kartpago 
für  ben  Sommer  411  an  unb  beftimmte  ben  Sribun  BlarceßinuS  jum  Sd)iebs= 
riepter.  ®ie  latpolifcpen  Bifcpöfe  waren  ju  ben  größten  Opfern  bereit ;  Sluguftin 
mahnte  in  Briefen  unb  ^rebigten  $ur  Sd)onung  unb  Sanftmut  gegen  bie  fo 
leidß  erregbaren  SdjiSmatifer3. 

®ie  ^onferenj  laut  wirflid)  ben  1.  3uni  411  —  punbert  3apre  nach 
bem  SluSbrud)  ber  Spaltung  —  ju  ftanbe.  ©S  fanben  fiep  in  $artpago  286 


1  23on  2tuguftinS  «Schriften  gehören  hierher:  1)  Psalmus  contra  partem  Donati, 
eine  2lrt  SfoIMieb,  ©efipichte  unb  Sehren  ber  Partei  euthaltenb;  2)  bie  Oerlorene  Ep. 
contra  partem  Donati  (Retr.  I,  21);  3)  Contra  partem  Donati  11.  II  (Retr.  II,  5), 
ebenfalls  öerloren ;  4)  Contra  Parmen.  ep.  ad  Tyehon.  11.  III ;  5)  De  bapt.  c.  Donat. 
ß.  VII;  6)  Contra  Censur.  Donat.  (Retr.  II,  19),  Oertoren;  7)  C.  lit.  Petil.  11.  DI; 
8)  C.  Crescon.  11.  IV,  c.  406;  9)  fünf  Reinere  oerlorene  «Schriften  nebft  mehreren 

Striefen.  ....  .. 

3  Über  bie  Spnoben  Oon  393—410  ögl.  §efele  a.  a.  £>.  II,  53.  65  ff.  97  ft. 

3  August.,  Ep.  128;  Serm.  357.  358. 


416  «Sieg  ber  ^irdöe  im  Slömermip  unb  ßampf  gegen  ben  SlrianiSmuS. 

fat^olifd^e  unb  279  bonatiftifdje  Vifdjöfe  ein.  Sa  bei  einer  fo  großen  Slnjapl 
Don  Vifcpöfen  eine  ruhige  unb  georbnete  Verpanblung  nicht  leidet  möglich 
f<pien,  forberte  ber  faiferlicpe  ^ommiffär  bie  2Ba^I  eines  für  baS  ©efpräd)  be= 
ftimmten  9IuSf<puffeS ,  ju  betn  üon  jeber  Partei  fieben  getoä^It  »erben  füllten. 
Sie  Sonatifien,  bie  überhaupt  enblofe  DluSflitcpte  juchten,  mollten  anfangs  nidjt 
barauf  eingepen,  mußten  aber  naipgeben.  gmuptfprecper  maren  für  bie  Sona= 
tiften  ißetilian,  5|3rimian  unb  Emeritus,  für  bie  $atpolifen  Sluguftin  unb 
9lureliuS  üon  Karthago.  Sie  jtuei  erften  Sage  üerliefen  mit  Vejeitigung  ber 
bonatiftifipen  Einreben  unb  9luSfIiid)te,  mit  33el;anblitng  bloper  93or=  unb  Utebem 
fragen,  Erft  am  britten  Sage  (8.  3uni)  fam  eS  jur  Erörterung  ber  eigene 
liehen  ^ontroüerfen:  1)  ber  perfönlicpen  unb  ^iftorifd)en  f^rage :  2ßer  mar  Ur= 
peber  ber  (Spaltung?  Sßaren  ffelip  unb  Eäcilian  Srabitoren?  2)  ber  bogma^ 
tiften  fjrage:  Verliert  bie  Kirche  ihren  Eparafter  baburep,  bap  fie  ©ünber 
unb  überhaupt  unmürbige  ©lieber  in  ihrem  ©epope  bulbet,  unb  maS  gehört 
gum  SCßefen  ber  fatpolifdjen  ®ird)e?  ©iegreitp  mürbe  aus  ben  beglaubigten 
Urfunben  bie  Unfdjulb  beS  gelij  unb  beS  Eäcilian  naepgemiefett;  mit  tpeo= 
logiftper  Vteifterfcpaft  miberlegte  üluguftin  ben  enblicp  üorgelefenett  Sluffap  ber 
©egner,  ber  fiep  auf  bie  ©cpriftftellen  üon  ber  |)eiligfeit  ber  Kirche  ftiipte. 
Er  ertlärte,  bie  üon  beiben  Seilen  angeführten  ©cpriftftellen  feien  niept  im 
SBiberfprud) ,  Dielmehr  gang  im  Einflang,  man  habe  nur  ben  gegenmärtigen, 
Seitlichen  unb  ben  jenfeitigen,  einigen  Quftanb  ber  Kirche  (ben  status  viae 
unb  ben  status  gloriae),  bie  ftreitenbe  unb  bie  triumphierenbe  Kirche  gu 
unterfdjeiben ;  im  guftanbe  beS  SriumpheS  fei  in  ber  Kirche  fein  Unheiliger 
mehr,  mol)l  aber  im  guftanbe  ber  ^3ilgerf(haft,  in  bem  fiep  ©preu  unb  SBeigen 
nebeneinanber  befinben.  SaS  ©djlupurteil  beS  VtarceKinuS  fonftatierte  ben  a£(= 
feitigen  ©ieg  ber  ßatpolifen,  benen  bie  Kirchen  ber  Sonatifien  übergeben 
merben  füllten.  Sie  Sonatiften  appellierten  an  ben  $aifer;  biefer  aber  be= 
ftätigte  baS  gefällte  Urteil  unb  erliep  noep  ftrengere  ©efepe  gegen  bie  Sonatiften, 
bie  414  für  bürgerlich  eprloS  ertlärt  mürben.  Spiele  Sonatiften,  auch  33ifcpöfe 
unb  ^ßriefter,  feprten  jept  in  ben  ©epop  ber  $ircpe  gurüd1. 

Eine  fartpagifepe  ©  p  n  o  b  e  non  418  regelte  bie  SBerpältniffe  in  ben 
Siögefen,  bie  gmei  93tppöfe  patten,  einen  früheren  fatpolifipen  unb  einen  Dom  Sona= 
tiSmu§  fonüertierten.  Sluguftin  fupr  fort,  in  oerfepiebenen  ©epriften  bie  9IuSftü<pte  ber 
nod)  üorpanbenen,  übrigens  bebeutenb  berabgefcbmolgenen  ©eftierer,  inSbefonbere  ber 
Vifcpöfe  Emeritus  unb  ©aubentiuS,  git  miberlegen  unb  bie  befferen  Saien  unter  ihnen 
üor  ben  unmapren  ^Behauptungen  ihrer  ©eiftlipen  pt  marnen 2.  Sie  Veleprung  unb 
bie  ©trenge  ber  ©efepe,  meld)e  feit  415  auf  bonatiftifepe  Sufammenfünfte  fogar  bie 
SobeSftrafe  fepten,  mirfteu  gufammen,  bap  bie  einft  fo  mächtige  ©efte  immer  un= 
bebeutenber  mürbe.  Sefto  gröper  mar  aber  ber  Srop  ber  partnädigen  ©ipiSmatifer ; 
nod)  428  mupten  neue  ©trafgefepe  gegen  fie  erlaffen  merben.  Unter  ber  93a nbalen= 
perrfepaft  patten  fie  gleicp  ben  ^atpolifen  manche  Verfolgung  gu  erleiben,  aber  bei 
meitem  niept  in  bem  Vfapc  mie  biefe ;  ja  fie  fonnten  halb  mieber  neue  Kräfte  fam= 


1  Gesta  collat.  Carth.  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  IV,  7  sq.  August.,  Brevic.  collat. 
cum  Donat.  ®aju :  Ad  Donat.  post  collationem. 

Über  ba§  Hongil  üon  418  ogl.  jpefele  a.  a.  £).  II,  116  f.  August.,  De  correct. 
Donat.  ad  Bonif.;  De  gestis  cum  Emerito  (418);  C.  Gaudent.  11.  II  (420). 


9.  Sie  fiirdje  in  ©paniert  nnö  ©allien.  Ser  ^riäcillianiSmug. 


417 


mein,  obfdjon  fie  nid)t  mel)r  bie  frühere  Verbreitung  erlangten,  ©ie  tauften  Saien, 
Aiöndje,  Tonnen  unb  ©eifilidje,  felbft  33ifcl)öfe  mieber,  wogegen  fiel)  eine  römifdje 
©pnobe  (486  —  488)  erprob.  Jhre  Aefte  pflanjten  fid)  fort  bi§  in  ba§  7.  Jahrhunbert. 
©regor  b.  ©r.  Ijatte  nod)  gegen  fie  ju  fämpfen  unb  forberte  ben  ©räbifdjof  2)ominifu§ 
öon  Karthago  p  gleidfem  $|un  auf.  AIS  btefer  auf  einer  ©tinobe  oerorbuete,  bie 
in  ber  Auffudnmg  ber  ^äretifer  nadfläffigen  ß’atfiolifen  feien  mit  Verluft  il)re§  S3er= 
mögend  unb  ifirer  SBürben  ju  beftrafen,  tabette  ber  iflapft  594  biefen  23efd)luf5  al§  ju 
ftrenge,  fo  fein  er  ben  firdjlidjeti  ©ifer  bc§  93ifd)üf§  belobte '.  ©rft  feit  ber  (Eroberung 
AfrifaS  burd)  bie  ©arajenen  öerfdpoiuben  bie  SDonatiften  ööEig  au§  ber  ©efd)id)te. 

6.  Aad)  altem  ©ebraud)  fanb  in  Afrifa  jährlich  ein  Concilium  univer¬ 
sale,  b.  1).  ein  afrifanifdjeS  ©eneralfonjü  ftatt,  meldjeS  fid)  mit  ben  allgemeinen 
fird)Iid)en  Angelegenheiten  befdjäftigte.  Mehrere  öon  biefen  ©pnoben  Ifanbelten 
über  bie  Angelegenheit  be»  ®onati§mu§ ;  allein  aufier  biefer  $rage  mürben 
auf  biefen  mie  aud)  auf  anberen  ©tjnoben  bie  r>erfd)iebenften  fünfte  erörtert 
unb  phlreidje  $anone§  erlaffen,  meld)e  un§  einen  ©ittblid  in  ba§  religiöfe 
Sehen  ber  afrifanifdjen  ©liriften  gemähren.  33efonber§  michtig  mar  bie  ©gttobe 
öon  £)ippo  393,  über  beren  SBer^anblungen  mir  burd)  bie  Alten  be§  britteu 
farthagifdjen  ^onjilS  bon  397  genauer  unterrichtet  finb2.  33eftimmungen  über 
bie  93erfaffung  ber  Kirche  in  Afrifa,  über  ba§  Sehen  ber  steriler,  ber  gott= 
gemeihten  Jungfrauen,  über  bie  ©l)e,  bie  Suffe  unb  anbere  lird)lid)e  fragen 
mürben  aufgeftellt.  ©in  $anon  (36)  jäh'lt  bie  ju  ben  „göttlichen  Schriften" 
gehörigen  33ü<her  auf,  meldje  in  ber  Kirche  gelefen  merben  bürfen;  über  bie 
33eftätigung  biefe§  $auott§  foll  man  jeboch  bie  tran§mariuifd)e  $ird)e  nod) 
befragen.  An  ben  ©eböd)tni§tagen  ber  fDiörtrjrer  bürfen  auch  beren  Alten  öer= 
lefen  merben.  Jn  Karthago  mürben  unter  bem  Slaiffofjate  be§  AureliuS 
öont  Jahre  394  an  (nach  ber  öon  §>tppo  393)  jman^ig  ^onjilien  gehalten, 
bie  fchon  in  alter  geit  eigens  numeriert  maren,  unb  beren  33efd)lüffe  für  bie 
lird)lichc  SDi§äiplin  vielfach  öon  großer  Sebeutung  gemorbett  finb3. 

9.  3)ie  Etrdje  itt  ©pattten  unb  ©alliett.  $er  Ißrt&ctlltattiSmuS. 

ßitteratur.  —  ©am§,  Sie  ßirdjengefdüdite  öon  ©patiien.  58b.  I  u.  II.  5ftegenä= 
bürg  1862—1864.  Vic.  de  la  Fuente,  Hist.  eccl.  de  Espana.  2.  ed.  6  voll.  Madrid 
1878 — 1875.  Duchesne ,  Fastes  Cipiscopaux  de  l’ancienne  Gaule.  Vols.  I  II.  Paris 
1894 — 1900.  Gallia  christiana.  13  voll.  Par.  1715 — 1785;  voll.  XIV  XVI  ibid. 
1856 — 1865;  baju  Albanbs,  Gallia  Christ,  novissima.  Vol.  I.  Montböliard  1895.  Guettie, 
Histoire  de  l’üglise  de  France.  12  voll.  Paris  1847 — 1856.  £>aucf,  ,Üird)engeitf)itf)te 
SeutfddanbS.  58b.  I.  2.  2(ufl.  ßeipjig  1898. 

3um  r  i § c i 1 1 i a n i ä m  li ö.  Quellen:  Priscilliani  quae  supersunt,  maximam 
partem  . .  .  ed.  G.  Schepss  (Corp.  script.  eccl.  lat.  XVIII).  Vindob.  1889;  bagu  ©  d)  e  P  fb 
tPriScitlian ,  ein  neu  aufgefunbener  latein.  ©d)riftfteller  bcS  4.  Jafmb-  SMrjburg  188b. 
©pnobe  öon  ©aragoffa  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  III,  633  sqq.  (£>efcle,  Gonciliengefd). 
I  [2.  Stuft.] ,  744);  anbere  ©pnoben  bei  Jpefele  a.  a.  D.  II,  306  ff.  Sulpic.  Sever., 
Chron.  II,  46—51;  Dialog.  III,  11  sqq.  Orosii  Commonit.  ad  Augustin,  de  erroribus 
Priscill.  et  Origen.,  inter  Opp.  August,  t.  VUI  {Migne ,  I  atr.  lat.  XXXI,  124  sqq.). 
August.,  De  haer.  c.  30;  Ep.  36  ad  Casulan.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  121.  Leo  M., 


»  Conc.  Rom.  sub  Felice  III.  bei  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  261-265.  Greg.  M., 
Ep.  1.  II,  n.  48;  1.  IV,  n.  34;  1.  V,  n.  5. 

2  £>ef  eie  a.  a.  D.  II,  53  ff.  3  ®bb.  II,  65  ff.  passim. 

§ergcnr5tt)ev,  ßird)etigefcfji<J)te.  I.  4.  Stuft. 


27 


418  ©ieg  ber  ^©«pe  im  fftßmerreicE)  unb  ßampf  gegen  ben  2Iriani3mu§. 


Ep.  15  ad  Turribium.  Sierid),  Sie  Duellen  jur  ©efdjidjte  «prigcißianS.  öreSlau 
1897.  —  Sitteratur:  SDtanbernacp,  ©efeßiepte  be§  «Prtgcißianiämuö.  Stier  1851. 
ißaret,  $ri§citlianu§,  ein  ^Reformator  be3  4.  SfaprpunbertS.  Sßürjburg  1890.  tilgen» 
felb,  «PriScißian  unb  jeine  neu  entbeeften  ©Triften  (3eitfcßr.  für  toiffenfep.  Speol.  1892, 
©.  1 — 84).  fßticßael,  «Prigcißian  unb  bie  neuefie  ßriti!  (3eitfcßr.  für  faipol.  Speol. 
1892,  ©.  692 — 706).  Stßerfle,  Ser  ©treit  über  «PriScißtan  (Süb.  Sßeol.  Duartal= 
fcfjrift  1896,  ©.  630—649);  «Prubentiug  unb  «priseißiau  (ebb.  1894,  ©.  77 — 125). 
ftünfile,  ©ine  ©ibliotljeJ  ber  ©ßmbole  unb  ipeolog.  Srattate  pr  SSefämpfung  be§ 
«Pri§cißiamämu4  uttb  toeftgotifdfjen  21riani§mu§  au§  bem  6.  Saprpunbert  Oorfcß.  jur 
cfiriftl.  8itteratur=  unb  Sogmengefdj.  I,  4).  «Dtainj  1900. 

1.  Sie  3afd  ber  ©haften  mar  im  Anfang  beS  4.  2aprpunbertS  in  ben 
ißrobinjen  ber  Sänber  «Spanien  unb  ©allien  meniger  grop  als  in  ben  übrigen 
ftttittetmeertänbern.  33on  ber  Qnt  $onftantin§  an  breitete  fiep  jeboep  in  biefen 
©egenben  baS  ©priftentum  in  ber  erfreutiepften  2öeife  auS.  3n  ©allien  mürben 
im  Saufe  beS  4.  SaprpunbertS  eine  grope  3aPt  neuer  fiifc^öflidjer  Sipe  er= 
rieptet,  bie  ebenfobiete  SJlittelpunfte  für  bie  d)riftlid>e  ÜRiffionStpätigteit  bitbeten; 
baS  ©Ieid)e  gilt  mot)I  aud)  für  «Spanien.  $n  beiben  Sänbern  entmidelte 
fid)  aud)  jejjt  bie  SJietropotitanberfaffung  im  Slnfcptufj  an  bie  Sibilfrobinjen, 
in  metepe  bie  Sänber  eingeteitt  maren.  9tod)  in  ber  borfonftantinifepen  3eit 
mürbe  in  ©Ibira  (306)  ein  fpaitifcpeS  ^onjit  abgepalten ,  an  meinem  neun= 
jepn  Sifcpöfe  auS  alten  ißrobinjen  ber  |)atbinfet  teitnapmen  unb  baS  mehrere 
für  bie  ©ntmidtung  ber  ^irepensuept  mieptige  $anoneS  erlief 1.  Unter  ben 
ißätern  beS  ^onjitS  befanb  fid)  auch  ber  33ifd)of  ipofiuS  bon  ©orbuba  (©or= 
boba),  meltper  im  arianifepen  Streite  fpäter  eine  fitprenbe  9totte  fpiette.  ©r  ift 
ber  bebeutenbfte  unter  ben  fpanifdfen  ^irepenfürften  beS  4.  SaprpunbertS.  Unter 
ber  ^Regierung  beS  ßaijerS  HonftantiuS  mürbe  ber  arianifepe  $ampf  aud)  in 
bie  fpanifdjen  ^irepen  pineingetragen;  ber  arianifepe  58ifd)of  ipotatniuS  bon 
Oüfipo  (Siffabon)  ift  ber  ißerfaffer  ber  jmeiten  firmifcpeit  ©taubenSformet.  Sie 
eptreme  Partei  ber  Suciferianer  fanb  gleichfalls  2Inpang  unter  ben  ©täubigen 
Spaniens;  ber  23ifd)of  ©re gor  bon  ©liberiS  in  ber  ißrobinj  Sätifa  (©Ibira 
bei  ©ranaba)  mar  neben  Sucifer  bon  ©agliari  ber  peroorragenbfte  güprer  jener 
Semegung.  ©egen  bie  fftobatianer  feßrieb  ber  33ifd)of  ijßacianuS  bon  33ar= 
cetona  (um  360 — 390).  31uf  bem  ©ebiete  ber  altdjriftlicpen  Sitteraturgefcpid)te 
pat  Spanien  ben  Ptupm,  bie  bebeutenbften  cpriftlidHateinifcpen  Sicpter  perbor= 
gebraept  ju  paben.  fftaepbem  bereits  SubencuS,  ein  fpanifeper  ^riefter,  um 
330  eine  ©bangetienparmonie  in  pepametern  berfapt  patte2,  erftanb  ©nbc  beS 
4.  SaprpunbertS  ber  erfte  unter  ben  tateinifepen  Sidptern  beS  dßrifttidien  5tbenb- 
lanbeS,  5-turetiuS  ^rubentiuS  (geb.  348  ju  Saragoffa),  metd)er  in  spinnen 
baS  Sob  ©otteS  unb  feiner  fBlutpugen  fang  unb  in  Seprgebicpten  ©egner  beS 
cßriftlicßen  ©taubenS  unb  f^einbe  ber  dßriftlicßen  Sitte  befämpfte 3. 

3n  ©allien,  mo  in  ben  japlreicßen  Stiibten  eine  btüpenbe  römifepe 
Kultur  perrfepte  unb  mo  im  fiiböftlicpen  Seite  beS  SanbeS  befonberS  gaptreiepe 
ISetenner  beS  dprifttiepen  ©taubenS  mopnten,  breitete  fid)  baS  ©priftentum  rafcp 
aus  in  ben  ißrobinjen  beS  3et^rumS  unb  beS  fftorbenS.  ©injetne  §aupt= 
ftäbte ,  roie  5tutun,  Srier,  Hötn ,  DteimS,  i|3ariS,  maren  pier  bereits  in  ber 

1  £>efele,  ©onciltengefip.  I,  148  ff. 

2  Sarbenpetoer,  «Patrotogie  (2.  Stuft.)  ©.  368.  3  ©bb.  ©.  390  ff. 


9.  ®ie  ßirdje  in  ©ganten  unb  ©attien.  2>er  VriScittianiämug. 


419 


üorfonftantinifdjen  geit  ©ipe  cpriftlidjer  Vifdjöfe;  bie  3at)l  ber  Siöjefen  ber= 
mehrte  fid)  mm  in  bebeuteitber  2öeife,  unb  bie  djriftlicpe  Kultur  brang  überall 
fiegreid)  bor.  Sn  ben  arianifdjen  Kämpfen  mar  ber  güprer  in  ber  Verteibigung 
ber  magren  Sepre  in  ©aüien  ber  pl.  §ilariu§,  feit  etma  350  Vifcpof  bon 
^oitier§  (f  366),  meld)er  in  mehreren  ©dfriften  (Hauptmerf  De  Trinitate) 
bie  Definition  be§  nicünifcpen  ^onjit§  berteibigte  unb  bie  gefcpid)tlid)e  2ßapr= 
peit  über  ben  arianifdfen  ©treit  gegen  bie  gälfdjuugen  unb  ©ntftellungen  ber 
Arianer  in  ©d)up  napm.  5lud)  auf  epegetifdjem  ©ebiete  fiat  §ilariu§  in 
ber  abenblänbifd)en  D^eologie  eine  bapnbrecpenbe  Xpätigfeit  entmidelt 1.  ©ein 
Hauptgegner  mar  ©aturnin,  Vifd)of  unb  Metropolit  bon  9lrle§.  Derfelbe 
bemirfte,  bafj  nacp  bem  gallifcpen  ^onjil  Oon  Viterrü  (Vejierä)  im  fjrüfijafjr 
356  |)ilariu§  bon  ^onftantiu»  nad)  ^leinafien  berbannt  mürbe.  Mein  ju 
Einfang  be§  Sapre§  360  marb  ipm  bie  Stüdfcpr  in  feine  Diöjefe  geftattet, 
unb  nun  fonnte  er  auf  bem  gaüifdfen  ^onjil  bon  ^3 a r i §  (361),  bem 
mehrere  ^robinsialfpnoben  borau§gegangen  maren,  faft  ben  gef  amten  ©piffopat 
©allien§  auf  bem  SBoben  ber  nicünifcpen  Definition  bereinigen,  ©aturnin  mürbe 
feiner  SBürbe  entfett,  unb  bie  mapre  firdflicpe  Sepre  ging  fiegreid)  au§  bem 
©treite  perbor. 

9ll§  £ilariu§  au§  ber  Verbannung  jurüdgefeprt  mar,  fam  ju  ipm  nad» 
^oitier§  ein  V§fet,  MartinuS,  ber  au§  Pannonien  ftammte,  juerft  al§ 
©olbat,  bann  biele  3af;re  al§  Slnadforet  gelebt  f;atte  unb  ber  mit  großer  Ver= 
eprung  gegen  ben  Vorfämpfer  für  bie  fircplicpe  Ortpobopie  erfüllt  mar.  2)er- 
felbe  fiebelte  fiep  jmei  ©titnben  bon  ^oitier§  entfernt  auf  einem  fleinen  2anb= 
gut  an  unb  fanb  halb  ©enoffen  feinet  befcpaulicpen  2eben§,  bie  fiep  in  feiner 
9täpe  nieberließen.  5lu§  biefer  Slnad)oretenfolonie  entftanb  ba§  $Iofter  Siguge 
(Locociagense).  5QRartinu§,  beffen  flrenge»  a§fetifcpe§  Seben  ipm  meitpin  ben 
Stuf  großer  ^)eilig!eit  eingebraept  fjatte ,  mürbe  um  372  Vifdmf  bon  2our§ 
unb  ber  Slpoftel  ©aüien§  (f  397  ober  400).  9Iuf  ben  §af)lreid)en  Steifen,  bie 
er  in  firdjlicpen  Slngelegenpeiten  unternahm,  berfitnbete  er  befonberä  unter  ber 
feltifdjen  Sanbbebölferuttg  ba§  ©priftentum  unb  jerftßrte  bie  Heiligtümer  ber 
fjeibnifd»en  ©ottpeiten.  ©ein  SBirfen  mar  mit  bem  größten  ©rfolge  gefegnet, 
unb  int  6.  Sapdmnbert  bejeidtneten  tneprerc  gallifd)e  Vifdjöfe  in  einem  Vriefe 
ipn  al»  einen  bon  ber  göttlidjen  Vorfepung  gefenbeten  unb  mit  ber  apoftolifdpcn 
©nabe  au§geriifteten  ©Iauben§boten 2. 

2.  Sn  ben  lebten  Saprsepnten  be-§  4.  SaprpunbertS  mürben  bie  $ird)en 
in  ©paniett  unb  bett  angrenjenbett  Detlett  ©allien»  in  Aufregung  berfept  burcp 
bie  HörePe  be§  ^ßriScillianiSmuS.  ©in  Sigßpter  Statnen»  Marfu§  au§ 
Memppi§  foQ  in  ©pattien  gnoftifd)-manid)äifd)e  Sepren  au§gebreitet  unb  eine 
bornepnte  ^rau  Slgape  unb  einen  Stpetor  ©lpibiu§  bafür  gemonnen  paben. 
©in  ©diiiler  be§  lepteren  mar  ber  reiepe  unb  gebilbete  SßriSctllian,  ber 
megen  feine»  ftrengen  2eben§  großem  Slttfepen  genof ;  er  mürbe  ba§  Haupt  ber 
nad)  ipm  benannten  ©elfte,  ©eine  Verebfamfeit,  ©emanbtpeit  unb  Sl§fcfe  ber= 

1  (Barbenpetoer  a.  a.  O.  ©.  354  ff. 

2  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  IX,  39.  —  £auptquette:  Sulpic '  Sever'>  Vita  s;  Mar' 

tini,  ed.  Halm ,  Yindob.  1866.  ©.  bie  Sitterntur  in  Söeijer  unb  2Ö eite  ä  ßirtpen- 

leriton  VIII  (2.  Stuft.),  934  (Strt.  „Martin  oon  2our§"  oon  ©djröbl). 

27* 


420  ©ieg  ber  ßirdje  im  IRBmerreidj  urtb  ^ampf  gegen  ben  SlrtcmiämuS. 


fdjafften  it;m  aud)  9lnßänger  unter  ben  ©eiftlidjen ;  ja  fogar  jmei  Vifdjöfe  fcßloffen 
fid)  ißm  an,  3nftantiu§  unb  ©albianu§.  3uerft  erßob  fid)  Vifdmf 
fppginu§  non  ©orbuba  gegen  bie  ©ette,  nadjßer  aud)  bie  Vifdjöfe  gbaciuä 
bon  (Smerita  (V^eriba)  unb  3tßaciu§  bon  Offanoba  (©offuba) ,  leßterer  in 
heftiger  unb  gemalttßätiger  233eife.  Vtan  berief  380  eine  ©pnobe  nad)  ©ara= 
goffa,  tneldje  burdj  Verurteilung  ber  Ipäupter  ber  Weiteren  Verbreitung  ber 
Partei  ju  fteuern  fudjte,  in§befonbere  gläubigen  ißerfonen  ba§  gernbleiben  bon 
l^onbentifeln  gebot,  ba§  gaften  am  ©onntag,  ba§  Umßergeßen  mit  bloßen 
gü^en  unb  ba§  eigenmädjtige  Sehren  feiten§  ber  Saien  unterfagte.  3tßaciu§, 
ber  bie  Vefcßlüffe  befannt  geben  unb  boltyeßen  foüte,  tßat  e§  mit  ungeftüment 
(Sifer.  Sie  i]3ri§cillianiften,  betten  fogar  Vifd)of  §pginu§,  ißr  früherer  ©egner, 
beigetreten  tnar,  untermarfen  fid)  nid)t,  mürben  bielmeßr  nur  ßartnädiger  unb 
festen  ben  ipri§ciflian  al§  Vifcßof  bon  Vbila  ein.  3tßaciu§  manbte  fid)  an 
^aifer  (Sratian  unb  ermirfte  ein  Verbannung§ebift  gegen  5pri§cit(ian  unb  feine 
Vnßänger.  Saburdj  bebrängt,  gingen  bie  §»äupter  ber  Partei  nach  Italien, 
um  burd)  ißapft  Samafu§  unb  5lntbrofiu§  bon  Vtailanb  mie  burcö  Veftedjung 
am  ^aiferßofe  (Sratiati§  @bift  rüdgängig  ju  machen.  Vei  betn  ^apfie  unb 
bei  3Intbrofiu§  festen  fie  nid)i§  burd) ;  befto  rneßr  aber  mirfte  ^ßri§ciüian§  (Selb 
bei  betn  einflußreichen  Vtaceboniuä,  ber  bie  3urüdnaßnte  be§  @bifte§  unb  ben 
Vefeßl  ber  ü^üdgabe  ber  ben  ißriScillianiften  entriffeneit  Kirchen  erlangte,  gtßa- 
ciu§  mußte  fogar  au§  ©Partien  fließen,  unb  bon  Srier  au§  molltc  man  ißn 
bortßin  juritdfüßren,  um  ißn  bor  ©eridjt  ju  fteden.  Vber  burd)  (Sratian§ 
(Srmorbung  unb  bie  fperrfcßaft  be§  Ufurpator§  9J?apintu§  erßielt  bie  ©acße 

383  eine  anbere  VBenbuttg.  3tßaciu§  brachte  in  Syrier  betn  neuen  ^aifer  feine 
$lage  bor,  ber  fie  anitaßnt  unb  ben  Slnlaß  miüfommen  fanb,  ©ifer  für  bie 
9ted)tglöubigfeit  ju  geigen ,  um  fo  bie  Vifdjöfe  ju  geminnen,  roe§ßalb  er  aud) 

384  eine  ©pnobe  ju  Vorbeaup  anorbttete.  3nftantiu§  tnarb  abgefeßt;  ba  ap= 
pedierte  5pri§cidian  an  ben  $aifer.  Sie  ©acße  tarn  an  ben  £)of  ju  Srier, 
mo  beibe  Seile  erfdjeinen  mußten.  3tßaciu§  geigte  fid)  al§  blittben  (Siferer, 
betn  fd)on  anßaltenbe§  ©tubieren  unb  gaften  berbächtig  mar.  SamalS  meilte 
3U  Srier  ber  ßl.  Vt artin,  Vifdjof  bon  Sotträ.  @r  mar  mit  ber  Verßanb= 
Utng  ber  ©ache  bor  einem  meltlichen  Berichte  unjufrieben,  ebenfo  mit  ber  bon 
einem  Vifdjöfe  borgebrachten  peinlichen  Vnflage,  fo  feßr  aud)  er  bie  5pri§ciCtia= 
niften  berabfdjeute;  er  bat  aber  in  feiner  Vtilbe  ben  $aifer,  ba§  Seben  ber 
ltnglüdtidjen  ju  fdjonen,  unb  erlangte  bon  betnfelben  ba§  Verfpredjen,  c§  fode 
tein  Vlut  bergoffen  merben.  Vber  nad)  feiner  Stbreife  marb  Vtapinut,  oßne= 
ßin  nad)  bett  reichen  ©ütern  ber  Vngeflagten  liiftern,  mieber  untgeftimmt;  er 
übertrug  beut  ißräfeftett  ($bobiu§,  einem  Vtanne  bon  unbeugfamer  (Seredjtig- 
feit,  bie  Uttterfuchung,  bie  biefer  ben  befteßenben  (Sefeßen  gemäß  nad)  ber  5ln= 
finge  auf  böfe  gauberfiinfte  (maleficium)  füßrte  unb  bie  ba§  (Srfeniitni§  ber 
©djulb  ber  Vngetlagten  jur  golge  ßatte.  Vtapiniuä  fprad)  barauf  ba§  Sobe§= 
urteil  au§  unb  ließ  e§  an  5pri§ciIIian  unb  einigen  feiner  Vnßänger  mit  bem 
©d)merte  bollftreden  (385),  mäßrettb  ben  3nftantiu§  u.  a.  bie  Verbannung 
traf.  Sa»  Verfahren  ber  bifd)öflid)en  Vntläger  toarb  fd)arf  mißbilligt,  fomoßl 
bom  ßl.  Viartin  al§  bon  3tmbrofiu§  unb  botn  Zapfte  ©iriciu§,  bei  betn  Vtapi= 
mu§  fid)  unter  Überfettbung  ber  Vften  entfcßutbigte;  e§  mar  gegen  bie  gciftlicße 


9.  Sie  ßmpe  in  Spanten  unb  ©attien.  Ser  ^JriöciCtianiSmuS. 


421 


^crjenSmilbe,  auf  ben  Sob  nnberer  pinjuwirfen ,  SobeSurteüe  ju  ^robogieren ; 
ber  gallifcpe  33ifd)of  Speognift  u.  a.  trennten  fid)  barum  bon  ber  ©emeinfdjaft 
beS  StpaciuS.  3war  Billigte  eine  Spnobe  ju  Stier  beffen  SBerfapren  unb 
bewog  ben  Inifer  9KajimuS  ju  weiteren  Schritten  gegen  bie  SßriSciKianiften 
in  «Spanien;  aber  StpaciuS  Würbe  nacpper  (389)  abgefeßt,  wäprenb  SbaciuS 
freiwillig  abbanfte  unb  «DtartinuS,  ber  wieberum  in  Srier  erfcpien,  erwirfte, 
baß  wenigftenS  bon  einem  ferneren  blutigen  ©infdjreiten  in  Spanien  Umgang 
genommen  warb ;  um  bieS  ju  erreichen,  t;atte  er  eine  furge  3eit  mit  ben  Stpa= 
cianern  ©emeinfdjaft  gehalten,  was  er  nachher  bereute.  Unter  ben  23ifcpöfen 
gab  eS  «DleinungSberfcpiebenpeiten  bariiber,  ob  unb  wann  bie  weltliche  ©ewalt 
gegen  $eßer  bie  SobeSftrafe  anguwenben  tjabe. 

Ser  Sob  beS  ^3ri§ciHian  unb  feiner  gtounbe  tonnte  bie  Seite  nid)t  untere 
brüden;  bie  Hingerichteten  würben  als  9Dtartprer  bereit,  barunter  aud)  bie 
bornepme  5lquitanierin  ©udjrotia.  Sn  ©alicia  machte  bie  Partei  große 
fyortfdqritte,  unb  nod)  fpätere  Spnoben  mußten  i^re  SBerbammung  wieberpolcn. 
5luf  ber  Spnobe  gu  Solebo  (400)  lehrten  gwei  33ifd)öfe  ber  IßriScilltaniften, 
SpmppofiuS  unb  SittinniuS,  welch  leiderer  unter  bem  Sitel  „SBage" 
(Libra)  ein  ÜJloralpanbbucp  gefcprieben  hatte,  in  bie  ß'irdje  gurüd;  bie  9J?ehr= 
gapl  aber  blieb  getrennt  unb  bermeprte  fid)  feit  bem  ©inbringen  ber  Sueben 
unb  Ißanbalen  in  Spanien  (410).  Um  415  erbat  ber  ^riefter  OrofiuS  ben 
SSeiftanb  SluguftinS  gu  ihrer  Sefämpfung.  Sn  ben  Sapren  446  unb  447 
würben  nod)  Spnoben  gegen  bie  Seite  gu  Slftorga,  Solebo  unb  in  ©alicia 
abgepalten,  Wie  aud)  ^ßapft  Seo  gegen  fie  gu  fpilfe  gerufen  warb.  Sa  biefe 
fpanifdje  Seite  oft  unter  ber  ÜJJlöndjSaStefe  fid)  b  erb  arg ,  fo  betrachtete  man 
anberwärtS  bie  auS  Spanien  lommcnben  «Dlöncpe  mit  großem  3lrgwopn.  So 
erging  eS  bem  •Dtöndje  33ad)iariuS,  ber  über  ben  ©tauben  unb  bon  ber 
Söieberaufricptung  ber  ©efaHenen  an  SanuariuS  fdjrieb;  ba  man  ipn  in  lein 
SMofter  aufnepmen  wollte,  berfaßte  er  gu  feiner  ^Rechtfertigung  ein  ©IaubenS= 
betenntniS.  Stuf  ber  ^weiten  Spnobe  bon  Söraga  563  würben  fiebgepn  Kanone» 
gegen  bie  Sepren  unb  ©ebräud)e  ber  IßriScitlianifteu  feftgeftellt ;  nacp  berfelben 
fchwinbet  ipr  «ftame  au§  ber  ©efcpidjte. 

3.  Über  bie  Sepre  ber  5ßr i S cillia nifien  beftepen  «DteinungSberfcpieben* 
peilen,  unb  eS  ift  fclbft  nach  ber  Ißublifation  ber  bon  ^riScillian  bcrfaßten 
«Scpriften  nicht  leicht,  bicfelbe  genau  gu  geicpnen.  ©S  fiept  außer  3raeifel  baß 
ben  feparatiftifdjen  Senbengen  ^riScitlianS  unb  feiner  Stnpänger,  welche  getrennt 
bon  ben  übrigen  ©laubigen  ipre  eigenen  ßonbentilel  pielten,  pciretifdje  3ln= 
fcpauungen  gu  ©runbe  lagen.  ©S  waren  bcfonberS  gnoftifd)=bualiftifd)e  Sbeen, 
Weld)e  bie  aSfetifcpe  «Richtung  ber  ^riScillianiften  beeinflußten ;  aud)  bie  aftro= 
logifdjen  'ilnfcpauungen  berfelben  weifen  auf  fotd)c  pin.  5Jlan  begreift  beSpalb 
leicht,  baS  ipre  ©egner  ipneu  gnofüfepe  unb  maniepäifepe  Srrlepren  borwarfen. 
5lacp  ben  ©egenfepriften  ber  Sefämpfer  beS  ^riSciüianiSmuS  leprte  biefer  ein 
Sichtreich,  baS  bon  bem  Urquell  burd)  ©manation  bon  Kräften  (klonen)  in  mepr= 
fachen  Stufen  fiep  entwidelt,  ipm  gegenüber  ein  Dtcicp  ber  ffinfterniS  (©paoS), 
auS  bem  aKe  finftern  IDtäcpte  perborgepen,  ber  Satan  als  böfeS  Urwefen  an 
ber  Spiße;  bon  ipm  ift  bie  niebere  233elt  gebilbet.  Sie  ©ngel  unb  9Jlenfd)en= 
feelett  flammen  aus  ber  göttlichen  Subftanj;  bie  Seelen  würben  bom  2i«pt= 


422  Sieg  ber  fltrdje  im  SRömermcp  itnb  ßantpf  gegen  ben  2Irtam§mu§. 


reich  zur  33efämpfung  ber  finftern  TOädjte  auSgefanbt,  aber  bon  biefen  4)tnab= 
gezogen  unb  in  Seiber  eingefdjloffen,  bie  nach  ben  §tbölf  3eid)en  beS  ©ierfreifeS 
gebilbet  unb  bem  ©influf  ber  gtoölf  ©elfter  unterworfen  finb,  bie  in  ben  groölf 
©eftirnen  wohnen,  liefen  fielen  aber  gtüölf  himmlifche  iDtiicpte  gegenüber, 
bargefteüt  unter  ben  tarnen  ber  jtoölf  ^3atriard)en.  ©ie  finftern  ü>Zäd)te 
bienten  aber  unbewußt  bem  ißlane  ber  ©ottfjeit,  ba  bie  Ijimmlifdjen  ©eelen 
baS  9teid)  ber  ginfterniS  in  feinem  eigenen  ©itje  bernicpten  füllen.  ©er  Senf  cp 
bereinigt  in  fid)  bie  t)öt;ere  unb  bie  niebere  Seit,  Ipimmel  unb  ©rbe,  unb  fteKt 
nach  ©eele  unb  Seib  bie  Seit  im  fteinen  bar.  Vermöge  ber  in  ber  Utatur 
beS  SeibeS  liegenben  3Ibf)ängigfeit  bteibt  er  bem  ©influffe  ber  ©eftirne  unb 
ihrer  Nötigung  unterworfen,  bis  eS  ber  gottentftammten  ©eele  burdf)  bie  ©e= 
meinfdpaft  mit  ber  höheren  Legion  gelingt,  fid)  babon  ju  befreien.  3ur 
freiung  ber  ©eele  erfcpien,  nacpbem  bie  jwölf  Patriarchen  nid)t  auSreicpenb 
Waren,  ber  ©rlöfer  auf  ©rben  mit  einem  f)immlifd)en  Seibe,  ber  bem  gewöfm= 
ticEjen  menfd)Iid)en  fcpeinbar  ähnlich  ift;  er,  ber  pöchfie  3lon,  wirlte  burd)  feine 
Sehre  unb  burd)  fein  ft)mbolifd)eS,  nur  fdjeinbareS  Seiben,  Woburd)  er  ben 
©dpulbbrief  ($oI.  2,  14)  berniditete,  bermöge  beffen  bie  ©eele  bem  fiberifchen 
©influffe  unterteilt  War.  danach  berbarg  fid)  hinter  bem  ethifcbm  ©ualiSmuS 
beS  priScitlian,  ber  ben  fcparfen  ©egenfa|  §wifcf)en  ber  Seit  unb  bem  Reiche 
©otteS  heröorhob,  ein  metaphpfifdjer,  ber  Ztuei  ewige  Prinzipien,  ein  gutes  unb 
ein  böfeS,  jum  2IuSgangSpunft  hbüe-  3Me  ©cpriften  beS  fpäretiferS  laffen  bie 
Söglicpteit  biefer  3luffaffung  zu.  ©urd)  bie  Siebergeburt  foll  nun  ber  innere 
Senfd)  wieber  gur  ©emeinfdmft  ber  göttlichen  ©ubftanz  umgebilbet  werben, 
aus  ber  er  ftammt,  unb  hier  finb  bie  jwölf  hiwmlifdjen  Sädjte  ebenfo  thätig 
Wie  bie  entgegengefetjten  unb  feinblicpen  bei  ber  ©eburt  beS  dufferen  Senfcpen. 
SXUe  „©ohne  ber  33erf)eif$ung"  (IRöm.  9,  8.  ©al.  4,  28)  finb  gleich  ©hriftuS 
bon  Seibern  geboren,  aber  empfangen  bom  ^eiligen  ©eifte.  ©ie  Befreiung 
bon  ber  ^nedjtfdjaft  beS  23öfen  unb  bie  ©rlöfung  gefehlt  burd)  31uSfterben 
beS  Senfd)engefd)led)teS ,  weshalb  jwar  ber  fleifd)lid)e  SSerfe^r  geftattet,  aber 
SSerhinberung  ber  3eugung  geboten  ift;  bie  ©he  unb  ber  gleifdjgenuf  ift 
berboten.  ©aS  3llte  ©eftament  warb  firettg  bom  Uteuen  gefdjieben  unb  alle= 
gorifd)  ertlärt ;  zu  beiben  famen  apofrt)pbe  ©thriften,  j.  33.  ein  Sobgefang  CSfirifti 
bei  bem  ©ange  auf  ben  Ölberg  (Sattf).  26,  30).  31m  SeihnacptSfefte  unb 
am  ©onntage  warb  gefaftet;  bie  Spfterien  würben  mit  3IuSfd)Weifungen  be= 
gangen,  bie  Saterie  berncf)tet  unb  bie  3luferftel)ung  geleugnet.  priScillian  wollte 
Papfl  ©antafuS  gegenüber  mit  ben  herlömmlichen  ©laubenSformeln  feine  Ortpo: 
bojrie  befennen;  allein  feine  ©rinitätSletjre  erinnert  an  ©abeHianiSmuS  unb  feine 
3Iuffajfung  bon  ber  Senfdtwerbung  an  3tpoHinariSmuS.  ©S  warb  eine  efoterifcpe 
unb  eine  epoterifcpe  Sehre  unterfd)ieben ,  unb  eS  galt  für  erlaubt,  erftere  mit 
Süge  unb  Seineib  §u  berbergen,  ben  fatf)olifd)en  ©lauben  zu  heucheln.  ©ine 
Süge  zu  einem  „heiligen"  3i°ed,  wie  zur  Fortpflanzung  ber  ©eheimle'hre,  würbe 
geftattet  unb  nur  ben  „©rleucpteten"  (ben  ©liebem  ber  ©eite)  gegenüber  Saljr= 
haftigfeit  berlangt.  ©a  einige  fatholifd)e  ©eiftlicpe  glaubten,  man  biirfe  fiep 
eine  ähnliche  3>erfteHung  erlauben,  um  ben  priScillianifien  wahre  3luSfagen  über 
ihre  Sel)re  zu  entlüden,  berfafte  3luguftin  395  bagegen  feine  treffliche  ©eprift 
„Über  bie  Süge"  an  ©onfentiuS. 


10.  Sie  redjtltdje  Sage  ber  Kirche  im  chriftlichen  fRömcrreidje. 


423 


10.  Sic  rcdjtlicfje  Sage  ber  ßdrdje  int  djriftlitfjen  SHömcrrcirfjc. 

Quellen.  —  Codex  Theodosianus  cum  commentariis  Gothofredi,  ed.  Ritter. 
6  voll.  Lips.  1737 — 1745.  Corpus  iuris  civil.  Iustinian.,  edd.  Mommsen,  Krüger  et 
Schöll.  3  voll.  Berol.  1892 — 1895.  Pitra,  Iuris  eccles.  Graecorum  historia  et  monu- 
menta.  2  voll.  4°.  Romae  1864 — 1869. 

ßitteratur.  —  Thomassin,  Yetus  et  nova  ecclesiae  disciplina.  3  voll.  Par. 
1688  unb  oft  neu  gebrucft.  iß I and,  ©efd)id)te  ber  djriftlidjdiriihlichcn  ©cfellfdjaft§= 
öerfaffung.  58b.  I.  £annober  1803.  fft  i  f  f  e  1 ,  ©efd)iä)tl.  Sarfteüung  beS  93erf)ältniffeä 
jtoifdjen  ©tnat  unb  ßirdje.  58b.  I.  üftains  1836.  9Hef)ueS,  ©efd)i(f)te  beS  33erhälG 
niffeö  jwifcben  ßaifertum  unb  ißapfttum  im  SDtittelalter.  33b.  I.  2.  21uft.  9Jtünfter  1877. 
ßöning,  ©efcfiicbte  beS  beutfdjen  itirdjenrechtS.  58b.  I:  SaS  ßirchenredjt  in  ©attien  bon 
^onftantin  bis  ©hlotwhed).  ©traßburg  1878. 

1.  ©eit  ber  tßeteßrung  ® o n [t a n t i n § ,  nod)  meßr  aber  feit  Stjeobofiu§ 
bem  ©roßen  ging  ba§  r ö nt i f c£) e  9teid)  nad)  unb  n a dp  in  ein  djrifk 
lid)e§  über;  ba§  Haifertum  unb  ba§  d;rifllic^e  ^ßrieftertum  erfdjienen  nicht  meßr 
toie  früher  al§  unberfößnlicße  ©egenfiiße,  unb  bie  ^ircße  erlangte  bab urd)  große 
unb  bebeutenbe  Vorteile,  ©ie  ßatte  einen  redjtlidj  gefieberten  Seftanb, 
ben  ©d)tiß  ber  Staatsgewalt,  ber  als  eine  ber  wießtigften  Dlufgaben  ber  d)rifi= 
lidjen  Sfaifer  erfd)ien  unb  fid)  auf  bie  ißerfonen  toie  auf  ben  jeittießen  33ejl| 
erftredte 1.  Sie  ©taatSgefeße  erhielten  meßr  unb  rneßr  ein  d)riftlid)eS  ©epräge, 
fie  fd)Ioffen  fid)  ben  Kanone»  inniger  an,  unb  biefe  festeren  würben  and)  Weit 
ließe  ©efeße.  ©S  gingen  beibe  ©ewalten  £>anb  in  £)anb  unb  erfannten  bie 
beiberfeitigen  ©efeße  an.  Sie  ^ird)e  gewann  einen  ßeröorragenben  ©influß 
auf  baS  politifdje  unb  fo^ialeSeben,  weldjer  ßeilfam  unb  oerebelnb 
nad)  ben  Derfcßiebenftcn  fRicßtungen  ßin  Wirtte.  ©ie  tonnte  fo  baS  So»  ber 
©flaben  unb  ber  ©efangenen  mitbern,  auf  bie  33efeitigung  barbarifdjer  Un= 
fitten,  ber  ©labiatorenfcimpfe2,  ber  unfitttid)en  ©djaufpiele,  beS  UluSfeßenS  unb 
SßtenS  ber  $inber 3,  ber  allju  großen  SluSbeßnung  ber  oaterlidfen  ©ewatt,  ber 
graufamen  ©trafarten  fowie  auf  23erbefferungen  im  ©ße-  unb  gamilienred)te 
Einarbeiten,  wenn  aud)  leßtereS  nod)  nießt  alsßalb  ben  d>rifttid)en  Dtnforberungen 
entfpraeß.  ©d)on  ^onftantin  b.  ©r.  fiißrte  Säuberungen  im  ©trafprojeffc  ein, 
öerbot  315  bie  Sranbinarfung  auf  ber  ©tirn  fowie  bie  ©träfe  ber  $reujigung; 
aud)  follten  ben  Oerurteilten  Verbrechern  bie  Seine  nießt  gebrod)en  werben 4.  Sie 


1  Constant.  M. ,  Ep.  ad  Melchiad.  Maxim.,  Ep.  ad  Siricium,  bei  Schönemann, 
Epist.  Rom.  Pont.  (Gotting.  1796)  p.  201.  419  sq. 

2  Cod.  Theod.  XV,  11,  1. 

3  Um  bas  SluSfeßen  unb  Söten  ber  ßinber  ju  Ocrhüten,  WieS  ßouftantin  felbft 
auS  feinem  33ermögeu  ben  Unterhalt  folcßer  ßinber  an  (Cod.  Theod.  XI,  27,  1  de  alim.). 
2luSgefcßte,  überhaupt  Sfinbelfinber  fprad)  ein  ©efeß  oom  19.  fDtärj  412  (Mansi,  Conc. 
Coli.  VI,  458)  bem  ginber  als  Eigentum  au,  Wenn  burd)  3eugen  bie  Dticßtreflamutiou 
erhärtet  unb  bas  3cugniS  oom  58ifd)ofe  unterfeßrieben  warb.  Sltad)  bem  Honjil  hon 
58aifott  (442)  can.  9  foUte  fie  ber  Omtber  nach  8eßn  Sagen  behalten. 

4  58oit  ber  HJUIberung  beS  ©trafprojeffeS  unb  ber  58efd)ränlung  ber  ©trafmittel 
hanbeln  Cod.  Tlieod.  IX,  3,  1  sq.,  tit.  40,  2;  VIII,  15,  1.  Sozom.,  Hist.  eccl.  I,  7.  8. 
3lmbrofiuS  hon  TRailanb  ertoirlte  bon  SljeobofiuS  I.  ein  ©efeß,  baS  ben  33otIjug  ber 
SobeSftrafe  unb  ber  ©üterfonfisfation  bis  a«>n  breifeigften  Sage  nach  gefälltem  Urteil 
ju  üerfeßieben  gebot ,  um  fo  Übereilungen  ju  üerhüten  unb  ber  58cgnabigung  9taum  ju 
taffen,  ©pater  füllte  in  ber  Quabragefima  feine  ßeibesftrafe  mehr  angeioenbet  werben 
(Cod.  Theod.  IX,  35,  1.  4.  5). 


424  ©ieg  ker  Äirdje  im  9Iömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  Strianigmug. 


93ifd)öfe  fonnten  frei  bie  (Befangenen  fiefudjen,  £>efonber§  am  fJJtittmod)  unb  grei= 
tag,  bie  Umgebung  mtnber  belafteter  fBerbredjer  an  firddidjen  gefitagen  ermirfen, 
bei  ben  Ütidjtern  für  bie  (Befangenen  gürffiradie  einlegen,  mie  überhaupt  für 
bie  Ififflofen  ^erfonen,  bie  Söitmen,  2öaifen  unb  Ernten  ©orge  tragen1.  ©ie 
fird)fid)e  9frmenpPege  erhielt  eine  alffeitig  freie  Entfaltung2;  bie  fyreilaffung  ber 
©Haben  in  ben  Kirchen  mürbe  bielfad)  begünftigt  unb  bie  greigelaffenen  unter 
ben  ©djut}  ber  Birdie  gefteüt 3.  ©er  ^einbfetigfeit  ber  3uben  gegen  bie  Efjriften 
mürben  ©djranfen  gefegt  unb  ben  erfteren  berbaten,  djriftlidje  ©Haben  ju  galten, 
ba  bie  bon  Ef)riftu§  Erlöften  nid)t  ben  5ßrapf)eten=  unb  (BotteSmörbern  unten 
ftefien  bürften;  d)tifHid)e  ©tlaben  ber  3 üben  füllten  bie  f^rei^eit  ermatten,  il)re 
33efi|er  aber  mit  (Belb  beftraft  merben4 5.  ©d)on  321  berorbnete  $onftantin  bie 
allgemeine  freier  be§  ©onntag§,  nur  füllten  nod)  ^elbarbeit  unb  bie  Sreilaffung 
ber  ©ftaben  an  biefem  ©age  geftattet  fein;  fnedjtifdje  Arbeiten  aber  mürben 
nad)f)er  ebettfo  mie  gerichtliche  föerfjanblungen  für  ben  ©anntag  berboten6. 
bereit»  ^onftantin  gab  ben  einzelnen  Segionen  dhriftlidhe  (Beiftlidje  mit  einem 
$ultu§äelt 6  unb  madjte  fo  ben  Stnfang  ber  ‘Dtifitärfeefforge. 

2.  2öid)tig  mar  bür  allem  bie  9lnerfennung  ber  bon  jeffer  in  ber  Birdie 
geübten  bifdjöflidjen  (Berid)t§barfeit 7.  ©ie  $ird)e  hielt  an  ber  Siegel 
fefi,  fein  £?atl)ofif  biirfe  bei  ©träfe  be§  S3anne§  feine  Sechsfache  bor  einen 
anber§gläubigen  dichter  bringen  unb  fein  (Beiftlidfer  bei  ©träfe  be»  9HnS= 
berfufte§  einen  anbern  bor  einem  mefttidfen  fftidfter  befangen8.  $?onftantin 
erfannte  nid)t  bfofi  bie  fird)tiche  (BeridhSbarfeit  auf  rein  gciftlicbem  (Bebiete  an, 


1  Sie  Siecfite  ber  23ifd)öfe  ftejügtitf)  ber  ©efangenen  jtnb  nergeid^net  Cod.  Theod. 
tit.  38  de  indulg.  crim.  1.  3.  4.  6 — 8;  XI,  3,  7.  Cod.  Iust.  I.  4,  3.  22.  23,  jene  be= 
3ügtid)  ber  personae  miserabiles  ibid.  I,  4,  22.  27—30.  33. 

2  91  a  ginget,  ©efd)id)te  ber  Hrd)I.  Slrmenpftege  (2.  Stuft.)  ©.  100  ff. 

3  tDtöfjter,  Söernt.  ©d)rifteu  II,  54  ff.  ©cf)on  316  rnarb  3ugeftanben,  bafj  ©Haben 
recf)tggüttig  in  ben  ßirdien  in  ©egenmart  ber  ßinfienborftetfer  freigelaffen  mürben  (Cod. 
Theod.  1Y,  7,  1.  Sozom.  1.  c.  I,  8  sq.).  Sie  23ifd)ofe  Stfrifag  baten  401  ben  ßaifer 
§onoriug,  bie  fjreitaffung  in  ber  ßircfje  aud)  für  Stfrifa  ju  geftatten  (Cod.  eccl.  Afr. 
c.  64.  82.  §efele,  ©oncitiengefd).  II  [2.  Stuft.],  82.84),  mag  nad^er  allgemein  galt. 
Cod.  Iust.  I.  15,  1.  1.  2  de  his  qui  in  eccl.  manumitt.  235er  bie  in  ber  ßirdje  3üei= 
getaffenen  mieber  ber  Freiheit  beraubte,  marb  aud)  firdjticf)  beftraft. 

4  Sag  SSerbot,  baff  ©griffen  ©Haben  ber  Stuben  feien  ( Euseb .,  Vita  Const.  IV,  27. 
Cod.  Theod.  XVI,  8  [9],  1  sq.  [a.  315].  Lex  Honor.  et  Theod.  II  [a.  417]),  fdjärften 
fpäter  biete  ßonjitien  ein,  3.  23.  Aurel.  III.  (538)  can.  13 ;  IV.  can.  30.  Matiscon. 
581  can.  16. 

5  Sag  ©ebot  ber  ©onntaggfeier  Cod.  Theod.  II,  8,  1.  Cod.  Iust.  III,  12,  3. 
Euseb.,  Vita  Const.  IV,  8,  mo  auch  bon  ber  SSereprung  be§  Sreitagg  bie  Siebe  ift. 
Leo  I. ,  L.  11  Cod.  Iust.  III,  12  de  feriis.  Theod.  Lect. ,  L.  I,  c.  14.  23gt.  Cod. 
Theod.  XV,  5,  2  (a.  386);  1.  15  (a.  425).  Cod.  Iust.  1.  c.  1.  11  (a.  469). 

6  Sozom.  1.  c.  I,  8. 

'  §ergenrötljer,  ßatt)otifd)e  ßirdje  unb  d)rifttid)er  ©taat  ©.  511 — 516. 
ß  0  b  e  r ,  Sie  ©efängnigftrafe  gegen  ßlerifer  unb  Tftöndfe  (Süb.  Stjeot.  Quartatfd)r. 
1877,  I,  3  ff.).  ©.  befonberg  Iust.,  Nov.  79.  83.  86.  123,  c.  8.  22  sq.;  137,  c.  1; 
125,  c.  21. 

8  ßterifer  einanber  nid)t  beim  mdttidjen  ©eridjte  belangen,  forbert  fdjon  bie 
©bnobe  bon  §>ippo  393  can.  9.  Spätere  gattifdfe  unb  fpanifdje  tton3iIien  erlichen 
ßanoneä  in  bem  gleiten  ©inne. 


10.  ®ie  rechtliche  Sage  ber  ßirdje  itn  cEiriftlidien  Stömerreiche.  425 

fonbern  beftimmte  aud)  321  burd)  ein  ©efetj,  felbft  nad)  beginn  beS  bürger= 
liehen  9ted)tSftreiteS  forme  baS  toeltliche  ©ericf)t  non  ben  Parteien  Oerlaffen 
unb  baS  bifd)öflid)e  al§  ©d)iebSgerid)t  angerufen  merben;  ja  ein  ©efeij  non 
331  jmang  bie  eine  Partei,  ber  anbern  nor  baS  bifd)öflict)e  ©erid)t  51t  folgen, 
baS  biefe  angerufen.  Vnbere  $aifer  trafen  toieber  anbete  Slnorbnungen ; 
£)onoriuS  unb  VrfabiuS  machten  ben  ^omprontih  ber  Parteien  §itr  Vebingung 
beS  ©infchreitenS  in  ©acpen  ber  Saien  unb  erflärten,  in  religiöfen  Gingen 
hätten  bie  Vifd)öfe  ju  entfcheiben,  in  ineltlidjen  bie  orbentlid)en  9tid)ter.  Sie 
©eifttid)en  blieben  unter  bifdjöflidjer  SuriSbiftion ,  unb  als  ber  Sprann  3o= 
hanneS  fie  ben  meltlichen  Stiditern  unterteilte,  tjoben  S£)eobofiuS  II.  unb 
Valentinian  III.  425  biefe  Verfügung  toieber  auf.  3IIS  letzterer  tnieberum 
452  ben  $ompromih  ber  Parteien  für  bürgerliche  Ved)tSfad)en  ber  $lerifer 
forberte,  nahm  Vlajorian  baS  ©efet)  gnrücf.  Sie  Vifcf)öfe  mären  nad)  ben 
©efet^en  non  ^onftantiuS  unb  Valentinian  I.  nur  betn  ©erid)te  non  if)reS= 
gleichen  unterteilt. 

©ine  fyolge  ber  innigen  Verbinbung  jiüifdjen  Kirche  unb  ©taat  mar  auch 
bie,  baf)  Verbrechen  gegen  erftere,  inSbefonbcre  bielpärefie,  als  Verbredjen 
gegen  bie  bürgerliche  ©efellfcfjaft  erfdjienen.  SaS  römifche  Stecht 
fprad)  bie  ©ä^e  auS:  „2BaS  gegen  bie  göttliche  Stetigion  gefünbigt  mirb,  baS 
gereid)t  allen  jur  Unbill",  unb:  ,,©S  ift  ein  meit  fchmerereS  Verbrechen,  bie 
göttliche  als  bie  irbifdje  Vtajcffcit  31t  beleibigen";  bal)er  marb  bie  $e|erei  bem 
£)od)öerrat  immer  mehr  gleichgefteüt.  Von  biefem  ©tanbpunfte  aus  erliefen 
^onftantin  gegen  bie  Sonatiften  unb  Strianer,  She°Mi1 ll§  ü  9e3en  §äre= 
tifer,  SheobofiuS  II.  gegen  bie  Steftorianer ,  SJtarcian  gegen  bie  Vtonophpfiten 
befonbere  ©trafebifte;  man  brachte  in  Vejug  auf  Srrlehret  ältere  ©efetje  gegen 
Slpoftafie  unb  ©atrilegium  jur  Slntnenbung.  ©cgeniiber  ©eften,  bie,  mic  bie 
SJtanichäer,  als  eine  5ßeft  ber  ganzen  ©efeflfdfaft  erfchienen,  marb  auch  bie  2obeS= 
ftrafe  oerhängt.  Vtandje  Vifdjöfe,  mie  ber  I)  l-  5t  u  g  u  ft  i  n ,  erflärten  fich  gegen 
bie  Veftrafung  ber  ©eftierer  burd)  bie  melttidje  ©ernalt;  aber  Sluguftin  fam 
nad)  mehrfachen  (Erfahrungen  über  bie  ©emalttf)ätigfeiten  ber  ©ircumcetlionen 
unb  bie  Stotmenbigfcit  einer  ftaatlid)en  3urüdmeifung  ber  l)ärctifd)en  Umtriebe 
mie  einer  auSreid)enben  Vefd)irmung  ber  $atf)olifen  ebenfalls  auf  bie  gegen= 
teilige  Überzeugung  feiner  SImtSgenoffen  jurüd.  Sic  Väter  nahmen  gemeinhin 
an,  bah  gerecht  fei,  bie  Verbrechen  gegen  ©ott,  bie  bem  Vtorb  unb  bem  ©1)0= 
bruche  nicht  nad)ftanben  unb  in  ber  ©chrift  mit  ihnen  nerglichen  mürben,  an 
benjenigen  ju  beftrafen,  bie  burd)  bie  Saufe  ©lieber  ber  ßird)c  gctuorben  maren, 
mährenb  fie  an  Ungläubigen  ben  3roang  in  ©achett  beS  ©laubertS  mißbilligten ; 
leßtere  ftanben  außerhalb  ber  ftirdje  (1  $ot.  5,  12),  erftere  maren  Stebellcn 
in  ihrem  ©(hohe,  ©regor  non  Stajiartä  erflärte  fich  nocbbrüdlid)  gegen  bie  ben 
SIpolIinarifien  gemährte  Freiheit  ber  religiöfen  3nfammenfünfte,  beSgleichen  3o= 
hanneS  ®^rt)fo[tomu§.  SluSrottung  ber  £)ärefie  forberten  bie  $ird)enöäter  mü= 
telft  ftrenger  ©efetje,  mährenb  fie  baS  tpinfd)lad)teu  ber  £)ärctifer  in  Vtaffe 
nerurteiltcn  V 


1  Cod.  Theod.  II.  (407)  1.  4.  Cod.  Iust.  I,  5  de  haer. ;  Authentica  de  statu  et 

eens.  3U  lex  19  ebb.,  lotete  Sozom.  1.  c.  VII,  12.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  A ,  16. 


426  ©ieg  her  ßirdje  im  iftömerreicp  unb  Hampf  gegen  ben  2lriani§mu3. 

©in  bcfonbere§  23orred)t  ber  gemeinten  ®ultu§ftätten  mar  ba§  21  fl)  Ire  dpt, 
ba§  jurn  Seil  and)  bie  peibnifdjen  Sempel  befeffen  Ratten 1.  Sa»feIPe  mürbe  burcp 
bie  faiferlidpe  ©efepgebung  anerfannt  unb  bon  ben  93ifcf)öfen ,  namentlich  bon 
©prt)[ofiomu§,  entfdfieben  berteibigt;  ein  bagegen  gerichtete^  ©bift  be§  SXrfabiuS 
bon  398  fam  nid)i  jum  33oITäug ;  [ein  Urheber,  ber  mäd)tige  ©unucp  ©utropiu», 
fap  fid)  jule^t  [elb[t  genötigt,  in  bie  Hirdpe  ju  flüchten.  |mnoriu3  unb  2lrfabiu§ 
betätigten  biefeS  2Ift)lred)t  414  auf  2lnfud)en  ber  23äter  bon  ^artpago;  Speo= 
bofiu§  II.  bel)nte  e§  431  aucp  auf  bie  Umgebungen  ber  ®ircpe  au§.  Sie 
Zapfte  unb  bie  Spnoben  ^teilen  e§  aufreibt,  boten  aber  bie  §anb  ju  peilfamen 
Vefd)ränfungen,  namentlid)  bezüglich  folcper  ^erfonen,  meldje  fiep  einer  33er= 
lepung  ber  ^ircpe  unb  beftimmter  Verbreepen  (£)od)berrat,  Vtorb  u.  f.  f.)  fcpulbig 
gemadjt  batten2,  3m  ganjen  rnirfte  e§  fepr  mopltpätig  unb  fpnberte  oft  ben 
Vollung  übereilter  unb  ungered)ter  Urteile  mie  bie  2lu§brüdpe  perfönlidper  Dtatbe 
unb  blinber  2ßut ;  e§  erpöpte  bie  2ld)tung  bor  ber  ^eiligfeit  ber  ©otte§l)äufer 
unb  bor  ber  Birdie,  bie  ben  Verfolgten  Scpu|  gemährte  unb  eine  milbere  Ve= 
panblung  oerbürgte.  §ier  trat  ben  milb  erregten  Seibenfdjaften  eine  böfiere  fitt= 
licpe  9Jtad)t  entgegen,  bor  ber  fie  fid)  beugen  mufften,  unb  bie  äupere  pf)pfifd)e 
©ernalt  fanb  l)ier  eine  an  eine  ^ö£)ere  Sppäre  mal)nenbe  Sdjranfe. 

Saju  fam,  baff  bie  ©eiftlicf)en  (313 — 320)  bon  ber  Übernahme  ber 
fo  läftigen  Vfuni^ipalämter  fotnie  bon  perfönlicpen  Sienftleifiungen  ent= 
bunben  mürben,  bie  fogen.  ißerfonalimmunität  erhielten,  moju  nad)  unb  nad) 
aud)  bie  menigften§  teilmeife  Steuerfreiheit  fid)  gefeilte3.  ©benbe§palb  fucpte 
aber  aud)  bie  bürgerliche  ©efepgebuttg  ben  ©intritt  in  ben  geiftlicpen  Stanb, 
befonber§  für  bie  reicheren  klaffen,  ju  erfdimeren,  mie  fcpon  feit  ^onftantin  I. 
320  unb  Valcntinian  I.  364  gefdpaip.  Siefe  ^ßraj;i§  mürbe  jebod)  häufig  ber= 
fliehen  gel)anbl)abt.  Sf)eobofiu§  I.  fe|te  al§  Vebingung  ben  Ver^idd  auf  ba§ 
fkibatbermögen ,  bie  Abtretung  ber  ©iiter  ober  «Stellung  eine§  Stellbertreter* 
feft.  3m  5.  Saprhunbert  marb  bie  ^Befreiung  bon  Steuern  auf  ba§  rein  firdp 
liebe  ©infommen  unb  bie  Seftierfreipeit  auf  ba§  ipribatbermögen  befdjränft. 
VUlitärpflidjtige  mürben  bon  betn  ©intritt  in  ben  geiftlicpen  Stanb  auSgefcploffen4. 
^Betreffs  ber  Sflaben  marett  geiftlidhe  unb  meltlidje  ©efepe  bariiber  in  ©inHang, 
bap  fie  nicht  opne  ©rlaubni»  ihrer  Herren  in  $löfter  ober  in  ben  $leru§  auf= 
äutte'pmen  feien5 6.  Sie  9ied)t§nacpteile,  melcpe  bie  römifepen  ©efetje  für  ©ölU 

1  Cod.  Theod.  IX,  45,  1.  1.  2.  4.  6.  August.,  Ep.  115  (al.  280).  113.  250. 
Paulin.,  Vita  Ambros,  n.  34.  Socrat. ,  Hist.  eccl.  VI,  5;  VII,  33.  Sozom.  1.  c. 
VIII,  7.  Chrys.,  Hom.  in  Eutrop.  n.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  LH,  394).  Über  ba3 
Conc.  Carthag.  IV.  bgl.  £efele,  ©oncitiengefcp.  II  (2.  Stuft.),  77. 

-  tpcipft  ©etafiuS  (Fragm.  39,  ed.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pontif.  p.  504)  rebet  bon 
feiner  an  bie  ©ifepöfe  ertaffeneu  iussio,  ut  eos,  qui  ecclesias  violasse  perhibentur, 
accessu  earum  iudicent  esse  indignos  (c.  11,  C.  XVII,  q.  4).  Ibid.  Fragm.  40:  Ab 
ecclesiarum  aditu  arceantur ,  qui  in  ecclesiae  sanctuariis  constitutum  per  vim  abs- 
traxerunt  (ibid.  c.  10).  SSgt.  Fragm.  41—44,  p.  505—507  (c.  32,  C.  XVII,  q.  4). 

3  Uber  bie  Verfonatimmumtöt  beä  Uterus  ogt.  Cod.  Theod.  XVI,  2,  1.  2.  Euseb., 
Hist.  eccl.  X,  7.  Sozom.  1.  c.  I,  9.  Symtnach.,  Ep.  10,  n.  54. 

4  Über  bie  ©erböte  be3  ©inirittS  in  ben  ßterug  für  Uleicpe,  töeamte  unb  9Dtititär= 

pftidltige  bgt.  Cod.  Theod.  XVI,  2,  3.  17.  32.  43;  XIII,  1,  11.  Tust.,  Nov.  123,  c.  17. 

6  Cod.  Theod.  XIV,  3,  11.  Innoc.  I.,  Ep.  2,  n.  14.  Leo  M.,  Ep.  4,  c.  1.  Conc. 
Toi.  I.  (400)  can.  10.  Gelas.,  Ep.  14,  c.  14;  Ep.  20—22,  ed.  Thiel  p.  370  sq.  386  sq. 


10.  Sie  recfetlidje  Sage  ber  fiirdje  im  diriftlichen  ©ömerreidie.  427 

batäre  unb  $inbertofe  beftimmten 1,  Würben  ju  ©unften  beS  fatljolifchen  $IeruS 
fd)on  üon  $onftantin  I.  aufgehoben. 

SDie  Vorteile  ber  Birdie  bejügtich  beS  Vermögensrechtes  waren  fetjr 
bebeutenb.  $onftantin  gab  nicht  nur  ben  ©Triften  bie  früher  toufiSjierten  ©üter 
jurircf ,  fonbern  befcEjentte  fie  auch  mit  neuen,  gab  ihnen  aufeerbem  bie  ©üter  hetb= 
nifdjer  Stempel  unb  liefe  ihnen  reiche  ©etreibeffeenben  jufliefeen2;  bei  Austreibung 
einer  allgemeinen  ©teuer  warb  bie  fatholifefee  $ircfee  baüort  befreit,  nidjt  fo  bie 
heibnifdhen  Stempel  unb  bie  ©etneinben  ber  £>öretiter.  ßonfiantin  geftattete 
ferner  321,  bafe  bie  Kirchen  Vermächtniffe  annehmen  bürften,  unb  erleichterte 
bie  ^eftfteHung  lefetmittiger  Verfügungen  ju  ©unften  frommer  ßmeefe.  ©benfo 
mürben  SEeftamente  unb  Segate  ju  ©unften  ber  ^irefee  bon  ben  fonft  gefefe= 
liehen  Abzügen  befreit3.  SDic  einzelnen  Kirchen  mürben  als  rechtsfähige  ®ub= 
leite  anerfannt 4 5.  ©egen  baS  $ir<hengut  fottte  nur  eine  fefjr  lange  Verjährung 
(30,  40,  100  3ahre)  geltenb  gemacht  werben  fönnen6.  ®en  orbentlidjen  Ab= 
gaben  blieben  aber  auch  in  ber  9tegel  bie  ^irdjengüter  unterworfen;  gegen 
©rbfcbleitfeerei  erliefe  Valentinian  ein  ©efefe6;  feie  unb  ba  traten  Vefcferänfungen 
bet  ©rmerb§=  unb  Verfügungsfreiheit  ber  Kirche  ein,  bie  aber  meift  bon 
untergeorbneter  Vebeutung  waren7.  Vtit  f dimeren  geglichen  unb  weltlichen 
©trafen  würben  biejenigen  belegt,  bie  fromme  Vermächtniffe  nicht  an  bie  Birdie 
ablieferten 8. 

Aufeerbem  genoffen  bie  Vifcfeöfe  baS  gröfete  An  f  elfen  unb  ben  Vor= 
rang  bor  ben  weltlichen  Veamten ;  fie  würben  mit  äufeerem  ©lanje  auSgeftattet 
unb  hoch  geehrt9.  SDem  ®efpotiSmuS  ber  Veamten  tonnten  bie  Vifchöfe  oft 
erfolgreich  entgegenwirten  unb  burd)  ihr  perfönlicfeeS  Anfeljen  befonberS  berehrte 
Vtöndje  aud)  auf  ben  £>of  ©influfe  gewinnen,  ©rfolgrcich  war  oft  bie  Ver= 
wenbung  heroorrngcnber  Vifchöfe,  wie  bie  beS  ^labian  bon  Antiochien  für 
biefe  ©tabt  (387)  bei  SEljeobofiuS  I«  ©>ie  Vifchöfe  waren  frei  bon  bäterlidjer 
©ewalt,  bon  ©ibeSleiftung  unb  geugniSabgabe,  hatten  bie  Vtitauffidfe  über  bie 
Verwaltung  ber  ftäbtifdjen  ©üter,  eine  gewiffe  Kontrolle  über  bie  weltlichen 
Veamten;  fie  tonnten  ben  weltlichen  Arm  gegen  SOßiberfpenftige  anrufen,  wie 


1  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  ‘26.  Sozom.  1.  c.  I,  9. 

2  Euseb.,  Hist.  eccl.  X,  5.  6;  Vita  Const.  I,  41  sq.;  H,  20.  24  sq.  4Ssq.; 

IV,  29.  32.  55.  Lactant. ,  De  mort.  persec.  c.  48.  Theodorei.,  Hist.  eccl.  IV,  4. 

Sozom.  1.  c.  V,  5. 

3  Über  bie  Befreiung  bon  aufjerorbentlidien  ßaften  bgl.  Cod.  Theod.  XI,  1,  1. 

Über  ©ermüd) tniffe  an  bie  ßird)c  unb  Befreiung  Don  ben  Abzügen  ber  Quarta  Falcidia 
unb  Trebelliana  bgl.  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  26.  Cod.  Theod.  XVI,  2,  4.  Cod.  Iust.  I. 
2,  1  de  ss.  eccl.;  1.  49  ibid.  I,  3  de  episc.  et  der.  Nov.  131,  c.  12. 

4  L.  13.  26.  Cod.  Iust.  I.  2;  1.  20.  41.  53—56  ibid.  I,  3;  Nov.  5,  c.  4;  54, 

c.  2;  123,  c.  30.  37;  131,  c.  6.  9. 

5  L.  23  Cod.  Iust.  I.  2  de  ss.  eccl.;  Nov.  9;  111,  c.  1 ;  131,  c.  6.  Gelas.  (494), 

Ep.  17  ad  Episc.  Sicil.,  ed.  Thiel  1.  c.  p.  381  sq. 

6  ©alentinian  T.  (370) :  Ecclesiastici  viduarum  ac  pupillorum  domus  non  adeant. 
1  ©raun,  ®aö  fird)lid)e  ©ermögen  non  ben  älteften  Seiten  bis  auf  Suftinian 

(©iefeen  1860),  bef.  ®.  58  ff. 

8  Honäil  bon  ©aifon  442  can.  4. 

9  Chrys.,  In  Act.  Ap.  honr.  3.  Ambros.,  Ep.  40.  53.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl. 

I,  6.  Theophan.,  Chronogr.  p.  169  sq.  352  sq.,  ed.  Bonnae.  Conc.  AreL  I.  can.  7. 


428  ©ieg  fiircpe  im  Sftömerreicp  unb  ßarnpf  gegen  ben  91rianismu§. 


bie  Spnobe  üon  51qutleja  381  gegen  bie  arianifdpen  S3tfd£)öfe  fßattabiuS  unb 
SelunbianuS,  gegen  bie  fßpotinianer  unb  ben  ©egenpapft  UrfinuS,  ferner  bie 
afrilanifcpen  23ifcpöfe  397  gegen  Sifcpof  ©reSconiuS  traten ,  ber  feine  $irtpe 
üerlaffen  unb  eine  frembe  ufurpiert  patte1 2;  fie  fonnten  and)  gegen  bie  mücp= 
tigften  ^ßerfonen  ©enfuren  berpängen,  mie  folcpe  QtmProfiuS,  SpnefiuS,  ©etafiuS 
unb  SpmmacpuS  auSfpracpeu 8. 

üöie  bie  lircpticpen  ^anoneS  bau  ber  mettticpen  ©efepgebting,  fo  tnurben 
aucp  biete  metttidje  ©efepe  bon  ber  ßircpe  aufgenomnten;  geiftticpeS  unb  inet© 
ticpeS  fRecpt  gingen  tpanb  in  (panb  unb  ergänzten  fidj  bietfacp.  ©S  entfianben 
1)  firdpticpe  IRecptSfammlungen,  juerft  nacp  ber  3eitfoIge,  bann  rtacp 
bem  Snpatt  georbnet,  meldpe  bie  SBefdptüffe  ber  allgemeinen  unb  ber  3ßartifular= 
fpnoben  entpietten,  bann  and)  Oelretaten  ber  fßäpfte  unb  fanonifcpe  Briefe  ber 
Sßäter,  bon  benen  im  üibenbtanbe  bie  Sammlung  beS  2tbteS  OionpfiuS  ©jiguuS 
(f  536)  bie  berbreitetfte  mar;  2)  faifertidje  ©efepe  in  ßirdpenfacpen 
in  ben  metttidfen  UtedptSbüdpern ,  inSbefonbere  im  ©obej  SLpeobofiuS’  II.  440, 
im  ©obep  beS  3uftinian  534  unb  in  ben  japtreidpen  hobelten,  bie  barauf 
folgten;  3)  gemifdpte  Sammlungen  (Nomocanones),  in  metcpen  geifttidpe 
unb  metttidje  ©efepe  in  ^ircpenfacpcn  berfiunben  maren,  mie  eine  folcpe  3o= 
panneS  SdpoIaftifuS  (f  577  als  fBifdjof  bon  $onftantinopet)  um  560  berfapte, 
bie  nacpper  bon  mepreren  überarbeitet  marb.  3m  Orient  patte  baS  laijerticpe 
iftedpt  noep  größeren  ©inftup  als  im  91benbtanbe,  obfdjon  and)  pier  bie  ^irdpe, 
felbft  unter  germanifepen  fperrfdjern,  fiep  beSfelben  bebiente.  SIfrifa,  Spanien, 
©aüien  patten  ipre  befonbern  ^anoneS  meiftenS  auf  Spnoben  feftgeftettt ,  bie 
nad)  unb  naep  aucp  burtp  2'tufnapme  in  beliebte  Sammlungen  meitere  3Ser= 
breitung  unb  31nnapme  fanben;  bie  ©ntfdpeibungen,  metepe  bie  s-ßäpfte,  aud)  im 
Orient  bie  alepanbriniftpen  unb  bann  bie  fonftantinopolitanifcpen  fßatriarcpen 
erliefen,  mürben  ebenfalls  mieptige  fRecptSquetten 3 * * * *. 

3.  Oiefe  enge  tßerbinbung  ber  ^irdje  mit  bem  meltlicpen  fReidpe 
braepte  aber  aucp  rnanepe  unb  bebeutenbe  9t a dp t eite.  51bgefepen  bon  ben  bieten 
Scpeinbefeprten,  bie  alte  am  ^aiferpofe  noep  niept  auSgetitgten  Safter  beS  §eiben= 
tumS  mit  pereinbraepten,  mar  eS  bon  größtem  Scpaben,  bap  baS  Staatsleben 
bietfad)  nur  äupertidp  bom  ©priftentum  burtpbrungen  marb,  bie  altpeibnifcpe 
3bee  bon  ber  ftaattidpen  3tttgematt  mie  bie  Suft  beS  53ietregierenS  fortmäprenb 
tebenbig  blieb,  2Rit  ber  ©rtangung  ber  äuperen  5-reip)eit  bertor  bie  $ircpe  fepr 
biet  an  ffreipeit  ber  33emegung  in  iprem  3nnern  unb  mupte  fepr  meitgepenbe 


1  Über  bie  ©pnobett  bon  381  unb  397  bgt.  §efele  a.  a.  D.  II,  34  f.  67. 

2  Ambros.,  Ep.  51.  Paulin.,  Vita  Ambr.  n.  24.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  V,  17. 
Synes.,  Ep.  58  ad  Episc.  adv.  Andronic.  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXVI,  1400  sq.). 

3  Assemani,  Biblioth.  iur.  or.  civ.  et  can.  5  voll.  Romae  1762  sq.  tppillip§, 
ßirepenreept  IV,  §  168  ff.,  ©.  12  ff.  SOI a affen,  ©efepiepte  ber  Duetten  unb  ber  Sit» 

terntur  beä  fanonifepen  tftecptä  im  SIbenblanbe.  ©raj  1870.  Über  3uftinian§  fircplidje 

©efepe  bgl.  33  r  a  n  b  i§  ,  ®ie  eprifttiepe  ©efettfepaft  I  (1856),  129  ff.  Bohrbacher,  Histoire 
universelle  de  l’eglise  catholique,  beutfep  bon  (Rump  IX,  71 — 74.  ©ine  (Sammlung 
bon  aneinaitber  gereipten  ßanoneä  fept  baS  ßonjit  bon  ©palcebon  borau§  (§efete 

a.  a.  D.  II,  461.  493.  498.  503  f.).  ®a3  Conc.  III.  Tolet.  can.  1  erllärte  auSbrücfticp : 

bie  ®efretalen  tftomS  mit  ben  alten  ßanoneS  fotten  ©iiltigteit  poben.  ßepteren  fcpreibt 

aucp  Iust.,  Nov.  131,  c.  1  ©efepesüraft  ju. 


10.  Sie  recptliipe  Sage  ber  ^ircpe  im  cprifilicpen  Bömerreidje. 


429 


© i tt nt i f d) u n g e n  ber  ©taatigemalt  in  ipr  ©ePiet  erbnlben.  Oaju  trugen 
bieleS  bei :  bie  Oanfbarfeit  ber  bon  bet  Berfolgung  befreiten  ©giften  gegen  bie 
erften  cprifilicpen  ^aifet,  bie  bei  ber  Benpeit  biefeS  BerpältniffeS  oft  eine  iiber= 
fcpmenglicpe  mar;  bie  Berufungen  ber  ©eftierer  an  bie  dürften  unb  bie  $or= 
berungen  beS  ©cpupeS  für  fircplicpe  ^ntereffen ;  ber  ^necptSfinn  unb  bie  ©cpmäcpe 
bieler  fpofbifcpöfe  unb  ber  Orientalen  iiberpaupt;  bie  ber  ^ircpe  freigebig  ge= 
madjten  ©cpenfungen  unb  bie  ipr  gemährten  Borreipte,  wofür  ber  ©taat  wieber 
©egenleiftungen  beanfprucpte;  bie  3lbpängigfeit,  in  toeldje  bie  ©pnoben,  juntal 
in  ber  arianifcpen  3ei^  gerieten.  Oie  ©pnoben,  für  toelc^e  ber  ©taat  bie 
Soften  beftritt,  bie  öffentlichen  ^ßoften  jur  Betfügung  fteHte  unb  für  äußere 
©iiperpeit  forgte,  mürben  weiften»  burd)  bie  ^aifer  berufen ;  biefe  nahmen  bann 
burcp  bebolltnäcptigte  Staatsbeamte  ober  aud)  perfönlicp  baratt  Anteil  unb  be= 
ftätigten  ihre  Befd)Iüffe,  bie  fobann  als  BeicpSgefeße  proflamiert  mürben,  um 
beren  Beobaiptung  ju  fichern.  Oaju  fam  ber  ©influß,  ben  bie  meltlicpen  iperrffßcr 
mit  üerfd)iebenen  Mitteln  frühzeitig  auf  bie  Befeßung  ber  Bistümer  gewannen, 
fo  baß  oft  faiferticbe  Ernennung  an  bie  ©teile  ber  B3apl  burd)  Kletus  unb 
Bolf  trat  ober  aud)  nur  eine  ©cpeinmapl  ftattpatte,  wie  e»  bei  bem  ©tupfe 
Don  ^onftantinopef  unb  ben  widjtigften  Bifcpofsfißen  beS  Orients  gefdiap.  ©S 
waren  jubem  nocp  feine  fcparfen  ©Centimen  jmifd)ett  beiben  ©eroalten  gezogen, 
bie  auf  einmal  nacp  langem  Kampfe  fiep  üerbiinbet  unb  eng  miteinanber  ber= 
fettet  fapen.  Opeoretifcp  erfannten  jmar  bie  ^aifer  bie  Berfd)iebenpeit  ber  beiben 
©emalten  an1,  aber  praftifd)  bergaßen  fie  biefelbe  nur  ju  oft,  ^umal  ba  ber 
£)ang  jurn  Opeologifieren  in  ^onftantinopel  übermächtig  geworben 2  unb  baS 
religiöfe  ^ntereffe  mit  bem  politifcpen  meift  jn  innig  berfniipft  mar.  Oie  ©d)ttß= 
pflidjt  warb  oft  in  ein  BebormunbungSrecpt  umgemanbelt;  ber  „Bifdjof  (Buf= 
feper)  beS  2iußeren" 3  mürbe,  mand)mal  aud)  miber  Sßitlen,  Bifcpof  beS  Snnertt, 
unb  ber  bielen  frommen  $aifetn  gegebene  ©prentitel  eine»  „iß rieftet S  unb 
Königs"4  ju  bielen  Anmaßungen  bon  minber  frommen  fperrfcpetn  mißbraud)t. 
^onftantin  I.  faß  fid)  ju  bielen  ©inmifdmngen  in  ba»  fircßlidfe  ©ebiet,  juerft  bon 
ben  Oonatiften,  bann  bon  ben  Arianern,  aufgeforbert  unb  bewies  eine  feßr 
fcßwanfenbe  §altung,  immer  bebadjt,  ben  äußeren  ^rieben  ju  maßten,  unb 


1  Iust.,  Nov.  6.  Gelas.,  Ep.  8  ad  Anast.  Imp.,  Praef.  (c.  10,  d.  96).  Leo  M. 
(c.  21  C.  XXIII  q.  5). 

2  Greg.  Nyss.,  Or.  de  deitate  Filii  (Opp.  III,  466).  Greg.  Netz.,  Or.  20,  n.  1  sq. ; 
Or.  21,  n.  26;  Or.  27.  33. 

3  Ser  Barne  incoxomg  ~ü)v  ixrög  (bei  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  24)  Wirb  gebeutet: 
1)  twv  ixrug  avß-pdnzwv  in  bem  ©tune,  ber  Äaifer  pabe  für  bag  §>eil  ber  2tußetfircß= 
ließen  ju  forgen,  bamit  aud)  fie  fiep  befepren ;  mer  33ifd)of  ift,  ber  ift  eg  über  s43erfoiteit 
(3BößIer  =  @am§,  ßirdjeugefdp. I,  580.  Bitter,  fmnbbucp  ber  ßirdjeugefcp.  I  [6.  9lufl.J, 
258,  Br.  1);  2)  tü>v  ixrbg  npaygdTwu ,  Wofür  bie  Überfcprift  bei  (Sufcbiug,  bte  ftei- 
litß  gegen  ben  ßontejt  niept  entfdjeibenb  ift,  unb  c.  44  angefiiprt  werben  (211  jog, 
ßirepengefep.  I,  260).  Honftantin  wollte  fein  2lmt  als  Sßäepter,  »efepüper  unb  Berteibiger 
ber  ßtrdje  nad)  außen  anbeuten  unb  fepieb  oon  ben  äußeren  Singen  bte  inneren  (rd 
eldüj  Tijg  ixxkv<nag),  bie  er  alg  ben  eigentlichen  üßirfungöfreig  ber  orbinierten  »ifepöfe, 
feiner  ÜBitfnecpte,  anfap.  S3gl.  Socrat.  1.  c.  I,  9. 

*  'hpsbg  xai  ßaffäsbg  peißt  Speobofiuö  II.  in  ber  ©pnobe  giaüianS  {Mansi,  Conc. 
Coli.  VI,  734)  unb  Blarcian  im  ßonjit  bon  Spatcebon  act.  sess.  VI,  audp  bei  Leo  M., 
Ep.  115,  c.  1;  Ep.  156,  c.  3.  6;  Ep.  162,  c.  1.  ©o  aiup  fpätere  ßaifer. 


430  ©ieg  ber  4?ixä)e  int  9iömerretc(j  unb  Hatnpf  gegen  ben  2lriani3tnu§. 


babei  unbemußteS  Söerfjeug  einer  bermegenen  Partei.  £onffantiuS  unb  SßalenS 
entmidelten  bie  ^ärtefte  Oprannei  ju  ©unften  be§  9ItianiSmuS ;  unter  3lrfabiuS 
fjerrfchte  burd)  ben  ©influß  ber  $aiferin  ©ubopia  ant  bt)jantinifd)en  §ofe  bie 
größte  SßiHtür;  2^eobofiu§  II.  erfannte  jmar  bie  Ütecßte  ber  Kirche,  jujnal  in 
©laubenSfadfen,  im  allgemeinen  an,  aber  er  trat  aud)  oftmals,  mie  in  feinem 
gehalten  an  ber  fftäuberfpnobe ,  ber  firdjiichen  Freiheit  entgegen,  ©pätere 
iperrfcber  erlaubten  fiel)  fogar  ©laubenSgefeße  gu  geben  (©ncpflifon ,  9Xnti= 
encpflifon,  Ipenotifon,  ^uftinianS  ©bitte,  bie  ©ftf)efiS  unb  ber  ©ppuS),  unb 
bie  meltlid)e  ©efeßgebung  erftredte  fid)  im  Orient  halb  auf  alle  tpauptpunfte 
ber  firddidfen  OiSjiplin,  mie  inSbefonbere  auf  bie  23efe|ung  ber  33iStümer,  bie 
3affl  ber  ©eiftlid)en  an  ben  ®ird)ett,  bie  23ebingungen  jutn  ©intritt  in  ben 
IHeruS,  ben  Sßanbel  unb  bie  Sebensmeife  ber  ^lerifer  unb  9Jtöndje.  Oft 
mürben  aud)  im  Orient  mißliebige  23ifd)öfe  gemaltfam  bertrieben  ober  burd) 
©pnoben  üon  miHfafirigen  Prälaten  abgefe|t. 

Slber  niemals  f)ot  bie  ^irdje  foldie  ©ingriffe  ber  meltlichen  ©emalt  in  iffr 
inneres  ©ebiet  als  normal  unb  gerechtfertigt  betrachtet ;  fie  hot  bon  Anfang  an 
bagegen  burd)  ihre  Vertreter  fid)  nachbrüdlid)  bermafjrt.  ©in  |)ofiuS  bon 
©orbuba  rief  bem  $aifer  ®onftantiuS  ju:  „ÜRifche  bid)  nicht  in  firchliche 
Oinge  ein  unb  fenbe  unS  hierüber  feine  SBeifungen  ju,  fonbern  erlerne  fie 
lieber  bon  unS.  ©ir  hot  ©ott  baS  IReid)  berliehen,  uns  bie  3lngelegenl)eiten 
ber  Kirche  anbertraut.  Unb  fomie  ber,  melcher  bir  baS  9teid)  megnimmt,  ber 
3lnorbnung  ©otteS  miberfteht,  fo  fürchte  bu  beinerfeitS,  bid)  eines  fdfmeren  S5er= 
bred)enS  fdjulbig  ju  machen,  menn  bu  bie  ©acßen  ber  Kirche  an  bich  giehft." 
^Desgleichen  fprad)en  fich  9ttljanafiu§  bon  3llejanbrien ,  SiberiuS  bon 
IRom,  £>ilariuS  bon  ^oitierS,  Sucifer  bon  ©agliari  oft  in  ben  fchürfften 
äßorten  gegen  ben  SDefpotiSmuS  biefeS  $aiferS  aus  1.  23afiliuS  bon  ©äfarea 
leiftete  ebenfo  bem  ipramtifchen  SSalenS  Söiberftanb,  unb  ju  ©beffa  fragte  ber 
trieft  er  ©ulogiuS  ben  Sßräfeften  ÜJtobeftuS :  „§at  etma  ber  H’aifer  mit  bem 
$aifertum  zugleich  auch  baS  5)3rieftertum  erhalten?"2  3lmbrofiuS  bon  ÜCftaU 
lanb  bertrat  entfdjieben  bie  firchliche  Freiheit,  machte  felbft  gegen  ©heofrDfiu3  I- 
bie  $ir<hengefe|e  geltenb  unb  erregte  bie  Sßemunberung  biefeS  großen  £)errfd)erS; 
nicht  minber  erhob  er  fich  mit  bifchöflicher  ©tanbhaftigfeit  gegen  bie  23efef)le 
ber  ^aiferin  Suftina 3.  3n  gleicher  2Beife  geigte  Johannes  ©hrpfoftomuS 
gegenüber  bem  oftrömifd)en  ^aiferßofe  bie  geftigfeit,  bie  fein  2lmt  erlfeifdjte. 
Oer  hl.  Sluguftin,  Seo  ber  ©roße  fomie  ber  große  ©regor  fpredjen  eS  oft  auS: 


1  Hosins  bei  Äthan.,  Hist.  Arian.  n.  41.  Äthan.  1.  c.  n.  51.  52.  Episc.  Aeg. 
bei  Äthan.,  Apol.  c.  Arian.  c.  7.  8.  Liberins  bei  Theodor  et. ,  Hist.  eccl.  n,  16. 
Hdar.  Pictav. ,  Lib.  ad  Const. ,  bef.  1,  n.  2.  6,  unb  Lib.  c.  Const.  Lucifer  Calar., 
bef.  Lib.  de  regibus  apostaticis. 

2  Theodoret.  1.  c.  IV,  15.  16  (17.  19).  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XI,  23.  Greg. 
Naz.,  Orat.  43. 

3  Theodoret.  1.  c.  V,  13.  17  sq.  Sozom.  1.  c.  VH,  25.  Rufin.,  Hist.  eccl.  XI,  18. 
Ambros.,  Ep.  20,  n.  19 ;  Ep.  51,  n.  5  sq. ;  De  obitu  Tlieod.  n.  34.  Sind)  bie  fpüterett 
©riehen,  toie  Georg.  H amart. ,  Chron.  p.  476—479.  Niceph.  Call.  1.  c.  XII,  41. 
Georg.  Cedr.,  Synopsis  histor.  I,  559,  beben  nod)  bie  Süjaten  unb  Sßorte  beä  Slmbrofiuä, 
befonberS  ben  ©ai) :  Purpura  imperatores ,  non  sacerdotes  facit  (c.  21 ,  C.  XXTTI, 
q.  8),  herbor. 


10.  SDie  rechtliche  Sage  ber  ßirdje  im  cbriftlicben  tftömerreicbe.  431 

baju  habe  ©ott  ben  $aifern  unb  Königen  bie  ©emalt  gegeben,  baf$  fie  ilpn 
unb  feinem  9iei<he  bienen,  ben  3tüe<f  ber  Kirche  förbern,  fie  befänden  unb 
erhöhen  1.  2llg  Srfabiug  im  Orient  gemaltfam  in  fird)licben  ©treitigfeiten  ein= 
fdjritt,  fabelte  if;rt  fein  Sruber  ^onoriug,  inbem  er  herüorljob :  menn  über  eine 
religiöfe  ©ad)e  unter  ben  Sifdjöfen  3mift  entfielt,  fo  mufs  ein  bifd)öfti<heg  ©e= 
riebt  entfdjeiben;  „biefem  fleht  bie  ©rflärung  ber  religiöfen  Singe  ju,  ung  jiemt 
frommer  ©ehorfam" 2.  51m  befien  erfaßte  Inifer  TOarcian  feine  (Stellung 

jur  &’ird)e;  et  erflärte  alle  ben  5?anoneg  miberfprechenben  faiferlidjen  ©efe^e 
für  ungültig,  unb  auf  ber  ©pnobe  üon  ©palceboit  riefen  bie  33ifä)öfe  unter 
3uftimmung  ber  faiferlitben  $ommiffäre:  „©egen  bie  ®anoneg  barf  fein  melt- 
licbeg  ©efet)  Oßragmatifon)  gelten!"  51ucb  $aifer  Seo  I.  e^rte  bie  firtblicbe 
Autorität  unb  rnollte  in  ihrem  Greife  ihr  nicht  borgreifen ;  er  fanb  barum 
auch  in  ber  Kirche  gleich  TOaräan  bDhe§  2ob,  wie  e§  ficb  autb  gooian,  3SaIen= 
tinian  I.  unb  2be°bofiug  I.  ermarben,  bie  fid)  auf  ibr  ©d)ii|eramt  beftbränfen 
motlten3.  Sälen  tinian  I.  erflärte  375  in  feinem  ©bift  an  bie  Sifdjöfe 
51fieng  jur  Seftätigung  ber  iügrifcben  ©pnobe,  eg  bürfe  niemanb  fagen:  „2Bir 
folgen  ber  Üfeligion  beg  SJaiferg,  ber  bag  Sanb  regiert",  inbem  man  nicht  auf 
benjenigen  achte,  ber  über  bag,  mag  fid)  auf  bag  ©eelenlfeil  begießt,  ung  ©e= 
bote  gegeben,  Dielmelfr  ntüffe  man  nad)  bem  ©bangelium  (ÜJlattl).  22,  21)  beut 
ßaifer  geben,  mag  beg  ^aiferg,  unb  ©ott,  mag  ©otteg  ift;  33ifd)öfe  bürften 
nicht  bie  faiferlicbe  S3ürbe  mißbrauchen,  unb  an  ber  ©d)ulb  berfenigen,  mclthe 
biefe  jum  Sormanb  nehmen,  molle  er  feinen  Seil  hoben 4. 

2Bo  immer  bie  mcltlid)e  ©emalt  etmag  f orberte ,  mag  bem  dfriftlidjen 
©lauben  unb  ©etoiffen  gutoiberlief,  inbem  fie  bamit  weit  über  ihr  ©ebiet  hinauf 
griff,  ba  fanben  fid)  23ifd)öfe,  bie  ib>r  bag  Söort  ber  5lpofiel  entgegenhielten, 
baß  man  ©ott  mehr  gehorchen  müffc  alg  ben  SJfenfdjen.  Ser  ©runbfaß  üon 
ber  Serfdjiebenheit  ber  beiben  ©etoalten  mar  aug  bem  ©cifte  beg  ©brifienlum§ 
herborgegangen ;  fam  er  nicht  ftet§  in  Doller  Feinheit  jur  5tnmenbung,  fo  mar 
bie§  ber  gehler  ber  Sienfdien.  ©leichgültigfeit  gegen  bie  fircblicben  gntereffen 
auf  feiten  ber  meltlichen  tperrfdjer  märe  ebenfo  Shorheit  alg  Sechtgoerletuing 
gemefen ;  bah  ber  ©d)uß  berfelben  oft  in  SeDormunbung  augartete,  mar  nur 
©emaltmißbraud) ,  niemalg  ÜJedjt.  gtn  5lbenblanbe  fonnte  bie  STirdje  ficb 
Diel  freier  entfalten  alg  in  bem  mehr  jentralifierten  unb  mehr  an  ben  Scfpo= 
tigmug  geroöhnten  Orient;  ein  heilfenneg  ©egengemidjt  gegen  bie  ftaatlidje  Ob= 
macht  bilbete  ber  römifd/c  ©tu!)!,  ber  unbeirrt  auch  in  fdjmerer  Sebrätignig 
bie  9fed)te  unb  Pflichten  beg  geiftlichen  SImteg  aufrecht  ^iclt. 


1  Chrys.,  De  verb.  Isai.  6  hom.  5,  n.  1  ( Migne ,  Patr.  gr.  LYI,  68);  In  2  Cor. 
hom.  15,  n.  5;  De  sacerd.  III,  1  ( Migne  1.  c.  LXI,  509;  XLVII1,  641).  Greg.  X az ., 
Or.  17,  n.  8,  ed.  Mater,  p.  822  sq.  August.,  Ep.  185  (al.  50)  ad  Bonif.  n.  19; 
C.  Cresc.  III,  51 ;  De  civ.  Dei  V,  24.  Leo  M.,  Ep.  156,  c.  3;  Ep.  157,  c.  1 ;  Ep.  184, 
c.  1.  Greg.  M.,  Ep.  1.  III,  n.  65. 

2  Honor.,  Ep.  1  ad  Arcad.  tfjnlidj  Conc.  Rom.  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  250. 
Ennod.,  Ep.  1.  IX,  n.  30  ( Gallandi ,  Bibliotli.  XI,  122). 

3  Marcian. ,  In  Leon.  ep.  73.  76.  Conc.  Chalc.  act.  sess.  III.  IV.  \1  (Dgl. 
can.  2.  3  bei  Mansi  1.  c.  VII,  98). 

4  Theodor  et.,  Hist.  eccl.  IV,  7  (8). 


432  ©ieg  öer  ßircpe  im  fRömerreid)  unb  ®ampf  gegen  ben  SIrianigmug. 


11.  Sic  2lu8&ilbung  ber  firdjliäjen  fBerfaffung. 

ßitteratur.  —  Sie  SBerfe  bon  Spontaffin,  Sßland  unb  ßöning  f.  oben 
©.  423.  $ird;enrecpt.  SSb.  II.  iRegengburg  1846;  33b.  Y,  ebb.  1857. 

SR.  b.  @di  er  er,  Hanbbucp  beg  ßircpenredjtg  I  (©raj  1886),  403  ff.  Hinfdpiug,  Sag 
ßird)enred)t  ber  ßatpolifen  unb  ißroteftanten  in  Seutfcplanb.  33b.  I.  SBerlin  1869. 
2R  a  a  fj  e  n ,  Ser  Primat  beg  SSifcpofg  bon  SRom  unb  bie  alten  fpatriardjallircpen. 
33onn  1853.  ß  übe  cf,  fReipgeinteilung  unb  Ürcplidje  Hierarchie  be§  Orientg  big  jitm 
Sluggange  be§  4.  Saprpunbertg  (ßirepengefep.  ©tubien  V,  4).  SRünfter  i.  SB.  1901. 

A.  Die  Oiöjcfc. 

1.  Sie  ©runblage  für  bie  finplidfe  IBerfaffung  blieb  aud)  unter  ber  ber= 
ünberten  äußeren  Sage  ber  ®ird)e  bie  Sio^efe  mit  bem  fßifcpof  al§  bem 
oberften  lirdjlidjen  fßorfteper  berfelben.  Sie  gapl  ber  Siojefen  entfpraep  im 
allgemeinen  berjenigen  ber  römifepen  civitates  unb  ber  entfpredfenöeu  33er= 
maltungSbejirte.  füllte  nur  ein  33ifd)of  in  ieber  «Stabt  fein,  nid)t  aber  in 
flehten  Sorfern  unb  Rieden;  letzteres  Verbot1  mar  in  51frifa  unb  im  Orient 
nid)t  mel)r  burd^ufüpren,  mo  e§  bereit»  Q3ifd)öfe  an  ganj  unbebeutenben  Orten 
gab2.  Mit  iguftimmung  ber  ißrobinjiülftjnübe  fonnte  aber  ein  SBifdjof  feinen 
etma  ju  au§gebepnten  Sprengel  teilen  unb  bie  Metropoliten ,  bor  allen  ber 
Spapft,  neue  33i§tümer  errieten3.  Sie  fBifdjöfe  burften  fid)  ^oabjutoren  an= 
nehmen,  rnie  üluguftin  ^oabjutor  be§  2Saleriu§  oon  §ippo  mar,  MafariuS 
^oabjutor  be§  Ma^imuS  bon  Serufalem ;  aber  fie  burften  fid)  feinen  Mupfolger 
b  eff  eilen 4.  Ser  Übergang  bon  Heineren  auf  größere  33i§tünter  mar  im  aü= 
gemeinen  unterfagt;  boep  mürben  bei  triftigen  ©rünben  Qluänapmen  jugelaffen, 
aüetbingS  oft  aud)  ba»  Verbot  opne  ©rurtb  übertreten,  jumal  im  Orient5, 
©ine  Stabt  fonnte  ben  33ifcpof§fip  aud)  berlieren,  5.  23.  rnegen  Mippanblung 
unb  Sötung  be§  23ifcpof§,  mie  bie»  ^3apft  ©elafiu§  be^üglid)  ber  Stabt  SguiUace 
in  Unteritalien  au§fprad),  mo  nadjeinanber  gmei  23ifcpöfe  getötet  morben  maren 6. 
Traufe  unb  alterSfipmadje  23ifcpöfe  erhielten  entmeber  ©epilfen  au§  iprem  £Ieru» 
(ß'oabjutoren),  ober  fie  füllten  burd)  einen  fftatpbarbifipof  bie  iprem  21mte  eigenen 
§anblungen  berriepten  laffett. 


1  Conc.  Sard.  can.  6. 

2  3u  Conc.  Sard.  cau.  6  bgt.  Leo  M.  (446),  Ep.  12,  c.  10,  ed.  Ballerini  p.  667. 

3  Über  Seilung  ber  Siöjefen  bgl.  Thomassin,  Vet.  et  nova  Eccl.  disc.  I,  c.  54. 
Über  SSefd)ränfung  ber  ©rrieptung  neuer  SSigtiimer  Dgl.  Conc.  Carth.  390  can.  5 ;  407 
can.  4.  5.  Sie  SSertoefung  erlebigter  ©tüple  burd)  einen  aubern  S3ifd)of  (intercessor, 
interventor)  foUte  niept  über  ein  3aPr  bauern  (Conc.  Carth.  VI  [401]  can.  9). 

4  SSetreffg  ber  ßoabjutoren,  aud)  dispensatores  (Greg.  M. ,  Ep.  1.  XI,  n.  47,  ed. 
Maurin.  II,  1135),  Ogt.  Thomassin  1.  c.  II,  2,  c.  55  sq.  Über  bag  SSerbot  an  bie 
Sifipbfe ,  SSertoanbten  bag  S3igtum  ju  pinterlaffen  (Can.  apost.  76 ,  al.  75)  ober  fid) 
einen  Shupfolger  au  beftellen,  bgl.  Conc.  Antioch.  341  can.  23.  Hilar.  Pap.,  Ep.  7.  8, 
ed.  Thiel  p.  140  sq. 

5  Über  bag  SSerbot  ber  Sranglationen  bgl.  Can.  apost.  n.  13.  14.  Conc.  Nicaen. 
can.  15.  Chalced.  can.  5.  Antioch.  can.  21.  Sard.  can.  1.  2.  11.  Innoc.  I. ,  Ep. 
a.  402,  c.  13.  Ililar.,  De  syn.  465  ep.  16,  ed.  Thiel  p.  166.  ßonftantttt  lobte  ben 
©ufebiug  Oon  ©afarea,  atg  er  io  egen  ber  alten  fRegel  bie  SSerfepung  na<p  Slntiocpien 
augfeptug  (Euseb.,  Vita  Const.  III,  61.  62).  3fm  Orient  tourbe  bieg  toenig  beaeptet;  fipon 
©ofrateg  (Hist.  eccl.  VII,  35.  36)  öerteibigte  bie  Sranglationen  mit  Dielen  SSeifpielen. 

6  Gelas.,  Ep.  36-38,  ed.  Thiel  p.  449—452. 


11.  Sie  SluSbilbung  ber  firdjlidjien  Serfaffung. 


433 


®ie  alte  Söahlorbnung  ber  Vifdjöfe  blieb  im  ganzen  befielen:  bie 
2öal)l  burd)  bie  Mitglieber  ber  ©emeinbe  bauerte  noch  längere  3eit  fort;  bocf) 
berlangten  mehrere  ^anoneS  bon  ©pnoben  beS  4.  3faf)rl)uttbertS ,  baji  bei  ber 
mistigen  ipanbtung  eine  größere  Vr^a!)!  bon  Vifd)öfen  jugcgen  fei1.  $iefe 
leiteten  mit  betn  ®IeruS  ber  bafanten  Sbiöjefe  bie  Vornahme  ber  VeubefieHung 
eine§  Oberfjirten.  SDer  2öaf)lmobuS  toar  nicht  einfjeitlid)  geregelt.  ©S  mäl)Iten 
1)  Klerus  unb  Volt  ben  Vifdjof,  meld)en  ber  Metropolit  ober  überhaupt  bie 
Vifchöfe  ber  probinj  nach  fanonifdfer  Prüfung  betätigten,  ober  2)  festere 
fchiugen  brei  Männer  bor,  aus  benen  fie  einen  bon  Klerus  unb  Volt  mäf)len 
tiefen;  biSineilen  3)  präfentierten  mieberum  Volt  unb  ß'leruS  ben  Vifdjöfen 
brei  ©eiftlidje  jur  fJluStoahl2.  Oft  rief  baS  Volt  burd)  Vftlamation  mit  3U= 
ftimmung  beS  Klerus  einen  ©eiftlid)en  jurn  Vifdjof  auS3.  2lber  ba  je|t  baS 
bifd)öflid)e  Vntt  reiche  ©intünfte  unb  ©pren  brachte,  irbifdpe  3ntereffen  oft  jur 
2Bal)l  bon  Unmürbigen  führten  unb  nidjt  feiten  Parteiungen  ausbrachen4,  fo 
tnurbe  allmä^Iid)  ber  ©influt  ber  Saien  bei  ber  2Baf)l  mehrfach  befcpränft,  oft 
nur  ein  ßreiS  bon  h<Aborragenben  ©emeinbegliebern  (Optimaten)  beigejogert 5 ; 
bie  eigentliche  2öa^l  fiel  ftetS  bem  Klerus  ju.  Oft  ernannten  aud)  bie  ©pnoben 
unb  im  Orient  bie  ^aifer  ben  Vifcpof.  3tad)  bem  nicänifchen  $onjil  follteu 
minbeftenS  brei  Vifd)öfe  ber  probinj  mit  fcpriftlidfer  ©inmiHigung  ber  anbern 
bei  ber  2Bal)l  fein  unb  bie  2öeil)e  nadi  ©enepmigung  beS  Metropoliten  bor^ 
nehmen,  bei  lepterer  momöglid)  alle  Vifdpöfe  anmefenb  fein,  (Streitige  Maplen 
entfd)ieb  ber  Metropolit  mit  Veirat  ber  ©pnobe.  Oie  Söeipe  eines  VifcpofS 
füllte  innerhalb  breier  Monate6  burd)  brei  Vifcpöfe  erfolgen7.  Vei  ben  ©efapren 
für  bie  fReinerpaltung  beS  in  ben  Verfolgungen  fo  glönjenb  betuährten  ©pi= 


1  Conc.  Arelat.  (314)  can.  20.  Nicaen.  (325)  can.  4.  Antioch.  (341)  can.  16. 
Laodic.  can.  12. 

2  ©taubenmaier,  ©efchicpte  ber  33ifd)of§tDahlen.  Tübingen  1831.  Sauf,  Sie 
33ifd)ofStoahI  int  djrifil.  Stltertum  unb  im  Anfang  be§  Mittelalters  (ßirdjengefdj.  2lb= 
hanbl.  I,  28  ff.). 

8  33eifpiele  üon  Slfflamationen  bei  ber  üßahl  beS  SlmbrofiitS  (Paulin.,  Vita  S.  Am¬ 
bros.  n.  6)  unb  ©pnefiuS  üon  IßtoIemaiS  ( Synes Ep.  105). 

4  Über  ßeibenfdfaften  bei  ber  2Öal)I  ügl.  Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  28.  37,  ed.  Par. 
p.  793.  799  (in  ©äfarea).  Chrysost.,  De  sacerd.  I,  3;  IV,  1  sq. ;  In  Hebr.  hom.  34. 
Siric.,  Ep.  2,  c.  5.  Leo  M.,  Ep.  12,  c.  5  init. 

5  Über  bie  Sefcpränfung  ber  Seilnapme  beS  »otleS  ügl.  üielleidht  Conc.  Laod. 
can.  13;  ber  $anon  ift  unbeutlid).  Leo  M.,  Ep.  10,  c.  6:  Teneatur  subscriptio  cleri- 
corum,  bonoratorum  testimonium,  ordinis  consensus  et  plebis. 

6  Conc.  Chalced.  can.  25. 

7  Über  Prüfung  unb  SSeftötigung  ber  Mapt  ügl.  Conc.  Nicaen.  can.  4.  Antioch. 
can.  19.  Sard.  can.  6.  Laod.  can.  12.  Sen  can.  4  beS  nicänifchen  ßonjilS  erneuerte 
©iriciuS  (In  Conc.  Rom.  386  can.  2).  Sgl.  Conc.  Arelat.  II.  can.  5.  6.  54. 
lnnoc.  Ep.  ad  Victric.  c.  1.  Cod.  eccl.  Afr.  c.  13.  Conc.  Tolet.  IV.  can.  19.  Sie 
ohne  Seitnapme  beS  Metropoliten  unb  ber  Sroüinabifdjöfc  erfolgte  Mapl  beS  Strmem 
tariuS  für  ©mbrun  tnarb  439  au  fRiej  für  nichtig  erflärt  (fpefele,  ©onciliengefcf).  II 
[2.  Stuft.],  289  f.).  Sen  ßonfenS  beS  Metropoliten  forberte  fpilariuä  (Ep.  16,  ed.  Thiel 
p.  166).  Ohne  ©intoiffigung  beS  iprimaS,  in  Italien  affo  be§  ipapfteS,  füllte  leine 
S3ifd)of§tüeihe  üorgenommen  toerben  (Siric.,  ln  Conc.  Rom.  386  can.  1).  Sgl.  Conc. 
Carth.  387—390  can.  12.  Leo  I.,  Opp.  ffl,  448.  Innoc.  L,  Ep.  ad  Victric.  (Mansi, 
Conc.  Coli.  HI,  1033). 

§ergenvött)er,  iHrdjengefdjidjte.  I.  4.  Slufl. 


28 


434  ©«9  ber  ßirdie  im  Utömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  StrianuSmuS. 

ffopateS,  mte  fie  ber  fJteidjtum  unb  ber  äußere  ©lanj,  bie  SBerlotfungett  ber  £mf= 
einflüffe,  bie  Umtriebe  ber  ^äretifer  unb  bie  Seibenfchaften  ber  9Jtenge  mit  fid) 
brachten,  mar  bie  größte  23orfi<ht  nötig,  um  Unmürbige  üon  bemfelben  auS^u- 
fct)Iief;en,  maS  freilich  nicht  in  aßen  ffctöen  gelang,  fpte  unb  ba  mürbe  auch 
©emalt  angemenbet,  um  miberftrebenbe  ©eiftliche  ju  meihen,  maS  befonberS 
öerboten  merben  mußte l.  Sifchöfe,  bie  il)r  9lmt  nicht  antreten  moüten,  mürben 
ejdommuniäiert ;  fotd)e,  bie  ihre  ©emeinben  nicht  aufnahmen,  fonbern  jurüd^ 
roiefen,  foKten  il)re  ©f)re  unb  if©  9Imt  behalten,  aber  fid)  nicht  in  bie  2Ser= 
maltung  beS  33iStumS  einmifchen,  ba  man  nicht  mit  ©emalt  fie  ben  ©laubigen 
aufnötigen  mollte2. 

®ie  befonbern  gunftionen  beS  53 i f ch o f §  rnaren:  1)  bie  Ausübung 
beS  Sehramts,  namentlich  in  öffentlichen  Vorträgen,  meldie  ißriefter  nur  mit 
feiner  ©rlaubniS  unb  SeboKmächtigung  holten  burften 3 ;  2)  bie  $ornal)me  ber 
2öeif)e,  bie  in  ben  höheren  ©toben  ihm  auSfchliehlich  gufiel 4 ;  3)  bie  53ifitation 
feines  ©prengelS5,  bie  im  5XbenbIanbe  frühseitig  fd)on  mit  ber  4)  ©rteilung 
ber  Firmung  berbunben  mürbe6;  5)  bie  Bereitung  unb  SBeihe  beS  ©hriSmaS7; 
6)  bie  5lufnahme  ber  23üjfer,  bie  nur  in  feiner  SSerhinberung  unb  mit  feiner 
SMmadjt  bon  ben  ^ßriefterrt  borgenommen  merben  burfte 8 ;  7)  bie  53enebi4tion 
ber  Jungfrauen9;  8)  bie  ganje  gefeßgebenbe ,  ritterliche  unb  bolljiehenbe  ©e= 
malt10,  ©t  gab  ben  reifenben  ©eiftlichen  unb  Saien  ©emeinfchaftSbriefe,  be= 
fe|te  bie  geiftlidjen  hinter,  beftrafte  bie  firchlichen  Verbrechen  unb  Vergehen  unb 


1  SBexfpiel  bon  gemaltfamer  Drbination:  33affian,  burd)  Sütemnon  bon  ©bhefn§ 
pm  S3i|c£)of  bon  ©bap  getoeif)t  (Conc.  Chalc.  act.  sess.  XI.  §  ef  eie  a.  a.  £>.  II,  286  f. 
478  f.).  ®a§  erfte  ßonjil  bon  Drange  441  can.  21  beftimmte:  „©oben  jtoei  Söifdjöfe 
einen  britten  toiber  beffen  2öiHen  getneif)!,  fo  finb  fie  ab3ufetsen." 

2  Über  prücfgeloiefene  unb  nicht  pr  2lu§übung  be§  Slmteg  gelangte  33ifd)öfe  bgl. 
Can.  apost.  n.  37  (85)  bei  ipefele  a.  a.  D.  I,  811  f.  Conc.  Antioch.  341  can.  17.  18. 
Sie  ©emeinben  füllten  nicht  äur  9IufnaI)me  gelungen  (Conc.  Aurel.  V.  [549]  can.  11. 
Paris.  III.  [557]  can.  8),  bagegen  ©eiftliche,  bie  in  ein  bafanteS  23i£tum  fid;  eingebrängt, 
auch  toenn  bie  ganje  ©emeinbe  fie  getoäl)lt,  abgefeßt  toerbett,  falls  ihnen  nicht  bie  5Pro= 
bin^ialfrinobe  pr  ©eite  fteht  (Conc.  Antioch.  can.  16). 

3  Hilar. ,  De  Trin.  VI,  2.  Gaudent.  Brix.,  Serm.  16  ( Migne ,  Patr.  lat.  XX, 

955).  Greg.  M. ,  Ep.  1.  I,  n.  34.  Vita  S.  Caesar.  Arel.  c.  2.  13  ( Migne  1.  c. 

LXVII,  1007). 

4  Gelas.  (494),  Ep.  14,  c.  6,  ed.  Thiel  p.  365  sq. 

6  Chrysost.,  In  Tit.  hom.  2;  De  sacerd.  III,  18.  August.,  Ep.  56.  Possidius, 

Vita  S.  Augustini  c.  12.  Sulpic.  Sever.,  Vita  S.  Mart.  c.  11  sq.;  Dial.  II,  3.  9. 

Conc.  Bracar.  II.  (572)  can.  1.  2  (too  bem  bifitierenben  töifdpf  bon  jeher  ßirche  in 

honorem  cathedrae  jtoei  solidi  3U  nehmen  erlaubt  toirb). 

6  Hieron.,  Adv.  Lucif.  c.  9  {Migne,  Patr.  lat.  XXIII,  165). 

7  Gelas.  (494) ,  Ep.  14,  c.  6,  p.  365.  Conc.  Carth.  390  can.  3.  Hippon.  393 
can.  34.  Tolet.  400  can.  20.  97a d)  bem  fionjil  bon  töaifon  442  can.  3  fotlten  ißriefter 
unb  Sialoneit  auf  bem  Sanbe  bon  ihrem  Sifdjofe  bie  getoeiljten  Die  fid)  erbitten  unb 
enttoeber  felbft  abholen  ober  burch  ©ubbiatonen  abholen  laffen. 

8  Conc.  Carth.  390  can.  4.  Hippon.  393  can.  30. 

9  Conc.  Carth.  390  can.  3.  Hippon.  393  can.  34. 

10  Conc.  Antioch.  can.  9.  Chalc.  can.  8.  9.  Basil. ,  Ep.  161,  c.  2;  Ep.  206, 
p.  309.  3u  Conc.  Sard.  can.  11  bgl.  Basil.,  Ep.  139,  c.  3;  Ep.  243,  c.  5,  ed.  Par. 
p.  232.  376.  Conc.  Lugd.  III.  (583)  can.  5,  tnonad)  ber  SSifdjof  2Beif)nad)ten  unb 
Dftern  in  feiner  eigenen  Kirche  feiern  fod. 


11.  Sie  Sluäbilbung  ber  f irdjlid^en  Slerfaffung. 


435 


leitete  bie  gesamte  tird)lid)e  Verwaltung.  3§m  warb  be§f>alb  befonber§  bie 
^flictjt,  bet  feiner  §erbe  ju  Weilen  (fRefibengpflicfjt) ,  eingefcpärft ;  er  füllte  fid) 
nicht  über  brei  Vßodjen  aus  feinem  (Sprengel  entfernen1.  ($3  würben  barum 
auch  bie  Reifen  ber  Vifdjöfe  an  baS  £)oflager  befchränft  unb  bon  ber  ©e= 
nehmigung  ber  p^erett  Obern  abhängig  gemacht ,  in  Italien  bon  ber  beS 
tpapfteS2.  Oiefelben  füllten  fid)  nicht  tauge  in  einer  fremben  Stabt  aufhalten, 
um  nicht  etwa  burd)  ihre  ^ßrebigten  einen  minber  gelehrten  Vifdjof  in  Vtip= 
adjtung  ju  bringen;  Wohl  aber  tonnten  fie,  wenn  ihre  Kirche  in  fremben 
Sprertgeln  ©üter  ^atte ,  jeitweife  (brei  233od)en  lang)  bort  Derweilen3.  geft= 
gehalten  Warb  an  ber  alten  Stege!,  fein  Vifdfof  bürfe  außerhalb  feines  Sprengel© 
21mt3funftionen  bornehmen,  nod)  frernbe  Ulerifer  weihen,  bie  er  nicht  bei  fid) 
aufnehme,  in  weldjetn  gatte  immer  nod)  befragen  ihre©  eigenen  33ifcpof©  er- 
forberlid)  war4.  Vtifibraud)  ber  Vöeil)egewalt  warb  oft  mit  Verluft  be© 
OrbinationSredfteS  beftraft5.  Vom  Vifcpof  warb  bor  allem  mufterpafter  Söanbel 
geforbert;  er  füllte  nidjt  mit  grauen  allein  fein,  überall  gutes  Veifpiel  geben. 
Oie  ihm  erwiefene  (Sl)tfurd)t  äuperte  fid)  in  berfepiebenen  (Sprenbejeigtingen6. 

2.  Unter  ben  bifepöftiepen  Beamten  jur  Verwaltung  ber  Oiösefe  ragte 
namentlid)  ber  Strcpibiafon  perbor,  betn  halb  eine  auSgebehnte  ©erid)t3bar= 
feit,  bie  Dlufficpt  über  bie  nieberen  ^lerifer  unb  bie  Stellbertretung  beS  VifcpofS 
oblag,  Gäcilian  bon  Karthago  warb  bereits  mit  biefem  Stamen  begeidjnet ;  unter 
(Gregor  bon  Stajianj  finben  wir  ben  (SoagriuS  ^3ontituS  fo  genannt.  6prbfo= 
ftomuS  patte  ben  Strcpibiafon  gopanneS  abgefe|t,  ber  nachher  fein  Slnfläger 
würbe.  Serapion,  fpäter  Vifcpof  bon  ^eraflea,  füll  in  biefer  einflupreidjen 
Stellung  burd)  hod)fahrenbeS  Vcnepmett  ben  Vifcpof  bei  Dielen  berpapt  gemaept 
haben,  gn  VIejanbrien  nahm  (SutpaliuS  als  51rd)ibialon  beS  OioSforuS  eine 
perborragenbe  Stelle  im  Klerus  ein7,  öeo  b.  ©r.  nannte  biefeS  2lmt  baS 
bornel)mfte  unb  tabelte  eS  entfepieben,  baß  VnatoliuS  bon  ^onftanünopel  ben 


1  Conc.  Sard.  can.  11.  12. 

2  Conc.  Sard.  can.  7 — 9.  Carth.  397  et  400  can.  12.  Zositn.,  Ep.  1,  n.  4. 
Hilar.,  Ep.  8,  c.  3;  Ep.  7,  n.  3.  Gelas.,  Fragm.  7.  11  —  13,  ed.  Thiel  p.  486.  489  sq. 

8  Conc.  Sard.  can.  11.  12. 

4  Conc.  Antiocli.  can.  13.  22.  Sard.  can.  3.  Carth.  390  can.  11.  Rom.  402 

can.  15.  Innoc.  I.,  Ep.  ad  Victric.  c.  8. 

6  ©impliciud  entjog  475  (Ep.  1,  ed.  Thiel  p.  175)  einem  2Iifd)of  bie  bon  it)m 
mißbrauchte  ffOeipebefugnid  unb  bebropte  482  (Ep.  14,  p.  201  sq.)  ben  6r3bifd)of  3o= 
panned  Oon  fRaüenna,  ber  einen  ißrieficr  feiner  ßirepe  toiber  Sßitten  31cm  SBifdpof  orbiniert, 
mit  berfelbeit  Strafe. 

6  ßprpfoftomud  rebet  bie  23ifd)öfe  an  dkemoza  zigudzaze,  bidtoeiten  aud)  xal  suXa- 
ßkazazs  (Ep.  25—27.  30.  88.  109.  112;  bei  Migne,  Patr.  gr.  LII,  626.  628.  654  sq. 
657.  667.  669).  Vafiliud  ^at :  ääek<pk  zcpiwzazs  (3.  SB.  Ep.  9P  p.  476),  bei  bem 
*ßapfte  Samafud  unb  bei  Sltpanafiud:  zty.twzazs  T.dzsp  (Ep.  66.  70,  p.  424  sq.  433). 
Göleftin  ift  bei  Cyrill.  Alex.,  Ep.  11  [Migne  1.  c.  LXXV11 ,  89)  öoiwzazog  xal  #so- 
<ptXkorazo?  nazrjp,  'flatriard)  Speoppilud  bei  Synes.,  Ep.  67,  ed.  Par.  p.  1429:  azßaa- 
ßtwrarog  7iarrjp. 

7  Über  ben  2Ircpibiafon  bgt.  Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  30;  VIII,  19.  Socrat.,  Hist, 
eccl.  VI,  15.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  33.  33gl.  ©  d)  r  ö  b  e^ ,  Sie  entnucflung 
bed  2Ird)ibia!onatö  bid  3um  11.  ^ahrpunbert.  ülugSburg  1890.  ©ägmüller,  Sie 
©ntmidlung  bed  Strcpipredbpteratd  unb  Siafonatd  bid  3unl  ®nbe  bed  ftarolingerreitped. 
Sübingen  1898. 

28* 


436  ©ieg  ber  im  Stömerreid)  imb  ßantbf  gegen  ben  2Irianigmu§. 


5letiu§  begfelben  entfette  unb  eg  bern  3Inbreag  bertieh;  Slnatoliug  gab  auch 
bern  jum  ^ßriefter  gemeifjten  3tetiug  bag  3Imt  jurücf1.  Überhaupt  moüten 
bie  5Ircf)ibiafonen ,  bie  biel  einflußreicher  unb  geehrter  maren  al§  bie  ^ßriefier, 
nicht  gerne  mit  9iufgeben  biefeg  3Imteg  ficb  ju  ijkieftern  meißen  taffen;  fpäter 
jeboch  tnaren  biete  5trchibiafonen  ^riefter.  33toß  ber  33ifchof  tonnte  fie  abfeßen, 
gemöhntich  nur  in  richterlichem  Verfahren.  Oft  erhielten  fie  auch  bon  höheren 
|)ierar(hen  beftimmte  SMmachten.  5llg  ber  SBifchof  Don  tßotterra  bie  ©üter 
feiner  Kirche  berfc£)Ieuberte ,  übertrug  ^>aßft  ©etafiu»  bem  3trchibiafon  3uftin 
unb  bem  Ocfenfor  gauftug  bie  Obforge  für  biefetben.  9Iuf  Otmoben  bertraten 
bie  3Irc£)ibiafonen  häufe  fe6  33ifchöfe  ober  maren  mit  ber  £)anbf)abung  ber 
©efchäftgorbnung  unb  ben  ©röffnungg=  unb  ©inleitunggaften  betraut,  rnie 
3.  33.  gutgentiug  499  auf  ber  ©ßnobe  be§  ©ßmmachug 2.  Oft  mußte  ben 
Oiafonen  noch  eingefdjärft  merben,  baß  fie  fich  nicht  über  bie  ißriefter  erheben, 
nicht  im  tßregbt)terium  feen,  nicht  ohne  bifdjöfliche  ober  ßrieftertiche  ©rlaubnig 
bie  Saufe  ober  bie  Kommunion  fßenben  bürfen 3. 

2Xrchipre§bt)ter  (bei  beit  ©riechen  ^ßrotopre§bt}ter  unb  tßrotoßaßag) 
hieß  feit  bem  4.  Saljrhunbert  ber  feiner  SBeiße  nach  ättefte  ^riefter,  ber  ben 
33orfiß  im  tpriefterfottegium  hatte  unb  bei  2}erf)inberung  beg  33ijd)ofg  ben  ©otteg= 
bienft  in  ber  ^außtfirche  hielt.  3n  3ttejanbrien  mirb  unter  Sheofeüu§  eüt 
fotcher  ©rjpriefier,  9lameng  betrug,  ermähnt,  in  Sonftantinoßet  unter  ©tuffe- 
ftomug  ber  greife  9lrfaciug,  ber  auch  fein  fftachfotger  (404 — 405)  marb. 
©pater  erhielten  im  Orient  auch  jüngere  3ßriefter  ben  Sitet  bon  ©rjprieftern, 
menn  fie  bebeutenberen  Kirchen  borftanben.  3Iuch  bie  römißhe  Kirche,  mie 
bie  meiften  beg  3tbenbtanbe§,  hatte  ihre  3trdferegbßteri.  $aifer  Suftinian  er= 
mät)nt  fie  jugteich  mit  ben  3trchibiafonen 4.  ©egen  bag  Snftitut  ber  ©hors 
bifcßöfe  marb  namentlich  im  Orient,  jeboch  im  gangen  nicht  mit  großem  ©r= 
folge,  angefämßft;  fie  blieben  fefjr  jahlreicf),  menn  auch  ihre  33efugniffe  bielfach 
befchrönft  mürben.  3n  Stfrifa  finben  fie  fich  nicht,  rnoßt  aber  in  ben  anbern 
Säubern  ber  lateinifchen  Kirche.  Oie  ©ßnobe  bon  iRiej  439  ließ  bem  ab= 
gefegten  33ifchof  bon  ©mbrun  ben  fRang  eineg  ©Iprfefefe  ®ie  33efugniffe 
berfetben  übertrug  man  im  Orient  häufe  ben  iperiobeuten  (SSifitatoren, 
©ircuitoren) ,  bie  alg  fliehe  ^otumiffäre  entfenbet  mürben5.  Oaju  begann 

1  Leo  M.,  Ep.  111—113.  117.  127. 

2  Gelas.,  Fragm.  23,  ed.  Thiel  p.  496  sq.  ©t)nobe  beg  tßapfteg  ©bmtnad)Ug  Jbid. 

р.  641.  Greg.  M.,  Ep.  1.  I,  n.  19—20;  1.  II,  n.  18—20. 

3  Sie  Statuta  eccl.  Afr.  c.  57  ( Ballerini ,  Opp.  Leon.  III,  662) :  Diaconus  ita  se 
presbyteri  ut  episcopi  ministrum  noverit.  33gl.  .ßottg tl  Don  Slngerg  453  can.  2.  Gelas., 
Ep.  14,  c.  7.  8,  p.  366. 

4  Übet  ben  2lrd)ibregbbter  bgl.  Socrat.  1.  c.  VI,  9.  Sozom.  1.  c.  VIII,  12.  Syn. 
ad  Quere,  bei  Phot.,  Bibliotb.  cod.  59.  ßonjil  Dort  Sourg  567  can.  16  (CSrjbriefter 
auf  betn  Sanbe);  Pott  21ujerre  578  can.  20;  bon  ijkrig  615  can.  11.  Iust.,  Nov.  122, 

с.  3  (Strdjibiatonen  unb  5Protopregbt)ter).  Thomassin,  Vet.  et  nova  Eccl.  disc.  I,  II, 
c.  3,  n.  1  sq. ;  c.  4. 

5  Conc.  Nie.  can.  8.  Antioch.  can.  10.  Laod.  can.  57  (ißeriobeuten).  töafiliug 

(Ep.  53.  54,  bei  Migne,  Patr.  gr.  XXXII,  396  sq.  Sgl.  Pitra ,  Iuris  eccl.  Graec. 
historia  et  monum.  I,  607  sq.)  nennt  alle  ihm  untergebenen  SBißböfe  (Sfjorbifdlöfe  (bgl. 
Ep.  142.  290.  291,  bei  Migne  1.  c.  p.  592.  1028  sq.).  @r  batte  im  ganzen  fünfzig  Stifdjöfe 
unter  fid).  Sbeoboret  bon  ferug  (Ep.  113,  bei  Migne  1.  c.  LXXX1II,  1316)  ermähnt 


11.  Sie  Sluäbilbung  ber  fircßlidjen  Söerfafjung. 


437 


man,  für  bie  Sanbgemeinben  eigene  Oßfarr=)  5ß  rieft  er  aufjufteüen ,  bie 
größere  23orrecßte  als  bie  ißriefter  in  ber  58if<ßofSftabt  erhielten,  namentlich) 
regelmäßig  bie  Saufe  unb  anbere  ©aframente  fpenben  burften ;  ißre  $ird)en 
Oßf  arrf  irdjen)  erhielten  eigene»  ©infommen  unb  Ratten  nur  bie  21bßängig= 
feit  üon  ber  bifcßöflicßen  $ircße  teils  burcß  bie  33ermeifung  an  ben  S3ifd)of 
für  einzelne  Munitionen ,  teils  burcß  Beftimmte  Heine  Abgaben  ju  befunben* 1 2 3  4. 

Sie  macßfenben  Sebürfniffe  ber  fircßlicßen  58ermaltung,  befonberS  in  ben 
£>auptftäbten  mit  ißren  jaßlreid)en  $ird)en,  bie  oft  feßr  großes  Vermögen  be= 
faßen  unb  an  melden  feßr  Diele  ^lerifer  angeftetlt  maren,  brachten  feit  bem 
4.  Saßrßunbert  eine  betrüdjtlicße  SBenneßrung  ber  fircß ließen  $mter  mit 
fid),  jumal  im  Orient.  Socß  maren  biefe  fircßtid)en  ^Beamten  oft  feine  ^lerifer, 
unb  biefelben  finben  fid)  bloß  an  ben  bifcßöflicßen  $ird)en  ber  großen  ©täbte. 
Sa  gab  eS  1)  ©9 nee II en,  §auS=  unb  Sifißgenoffen,  Ratgeber  unb  ^an^Ier 
beS  93ifd)ofS,  guerft  nur  beugen  feines  SBanbelS  unb  feiner  ©cßritte,  häufig 
feine  9tacßfolger,  halb  mit  einem  beftimmten  5fmte  betraut.  Ufacßßer  gab  eS 
jmei  unb  meßrerc,  bon  benen  ber  erfte  ißrotofßncelluS  ßieß2.  2)  Öfonotnen 
für  bie  23ermaltung  beS  $ird)enöermögenS,  meift  ^riefier,  feßon  im  4.  3aßr= 
ßunbert  befteüt;  ißre  Sfnftellung  mürbe  burcß  baS  $onjiI  bon  (Sßalcebon 
(can.  26)  allgemein  borgefdjrieben.  Sn  £lonftantinoßel  ftanb  fpäter  einer  mit 
bem  Sitel  „©roßöfonom"  an  ber  ©piße3.  3)  (Sfbifoi,  Sefenforen,  Dlnmälte 
für  fircßlid)e  9tecßtSfad)en ,  aud)  bor  meltlicßen  ©eridjten,  balb  Saien,  halb 
(Üeiftlicße,  öfters  fßriefter,  jugleid)  233aßrer  ber  fird)li(ßen  5priöilegien  ($onferba= 
toren),  bismeilen  aud)  mit  ber  ?luffid)t  über  niebere  Äderifer  beauftragt.  2lud) 
in  9fom  ßatten  bie  Zapfte  Sefenforen,  bie  berfeßiebene  9Imter  berfaßen  unb 
mit  ßommiffionen  unb  ©efanbtfdwften  betraut  mürben4.  ©S  gab  4)  Notare 
(©Eceptoren)  für  ülbfaffung  fircßlidjer  Slftenftüde,  im  Orient  meift  Siafonen, 
beren  23orftanb  ßäufig  ber  5(rd)ibiafon  mar,  aud)  ^ßrimiceriuS  ber  9fotarien 
genannt,  mie  ju  ©ßalcebon  91etiuS5;  ferner  5)  9Ird)ibare  (/apT°<pu Xuxeq), 
melcße  bie  mießtigeren  Urfunben  aufjubemaßren  ßatten,  ebenfalls  ßäufig  Sia= 
fonett;  ein  folcßer  mar  5.  58.  jener  SßontaS  II.  gemefen,  ber  667 — 669 
5|3atriarcß  bon  ^onftantinopel  mar6.  3llr  Slufbemaßrung  unb  Obforge  ber 


adjtjig  iß  nt  unterfteßenbe  7 zapoixtag.  Ob  barunter  ©prengel  bon  ©ßorbifeßöfen  ober  (toa§ 
toaßrfißeinlicßer)  Pfarreien  ju  berfteßen  finb,  ift  ftreitig. 

1  Über  Sanbpfarrer,  parocliiarum  presbyteri,  bgl.  Conc.  Antiock.  can.  8.  Clialc. 
can.  17.  Innoc.  I.,  Ep.  ad  Decent. 

2  luyxMog,  contubernalis.  2lnaftafiuä  toar  ©ßttcettuS  beS  9teftoriito ;  bgl.  Vales., 
In  Evagr.  I,  2.  Über  ©ßnceüen  be§  SioätoruS  bgl.  Mansi,  Conc.  Coli.  VI ,  1019. 
1030  sq.  SSoßanneS  II.  bon  fionftantinopel  toar  ©ßnccttuö  feinet  Sßorgättgerö  Simotßeuä; 
ißm  folgte  520  toieber  fein  ©ßneeü  ©pipßaniuS  (bgl.  Mansi  1.  c.  VIII,  491). 

3  Über  olxovo/ioi  bgl.  Basil.  M.,  Ep.  237  (al.  264),  c.  1,  ed.  Par.  p.  855;  Ep.  285 

(al.  229),  p.  1021. 

<  Über  Uxdaoi  bgl.  Conc.  Chalc.  can.  2.  23.  $n  Dlotn  toar  Sutu§  485  Sefenfor; 
über  Sefenforen  unter  ©regor  f.  Greg.  M.,  Ep.  1.  V,  n.  29;  1.  XI,  n.  38.  39;  1.  VIII, 
n.  14;  1.  X,  n.  10. 

6  Über  vordptoi  bgl.  Euseb.,  Hist.  eccl.  VH,  29.  Yales.,  In  Socr.  V,  22. 

6  Über  xapToptjÄaxsg  bgl.  Beurlier ,  Le  Ckartopkylax  de  la  gründe  dglise  de 
Constantinople  (Compte-rendu  du  3me  Congrbs  scient.  des  catbol.  [Bruxelles  1894], 
Sciences  kistor.  p.  252  ss.). 


438  (Sieg  ber  ßir<he  itn  Dtömerreicf)  unb  .Kampf  gegen  ben  2lriani3mu§. 

^eiligen  (Sefä^e  bienten  6)  bie  SteuophplateS,  Satriftane,  Kuftoben;  fdjon 
unter  Julian  rnirb  ein  priefter  unb  Steuophplap  Sfieobor  bon  5lntiod)ien  am 
geführt ;  biefeS  Ütmt  betleibeten,  bebor  fie  ben  PifdjofSfiuhl  bon  Pppnj  befliegen, 
glabian,  PtaceboniuS  II.  unb  SimotheuS 1.  Permanbt  mar  ba§  erft  fpäter  p 
größerer  Pebeutung  gelangte  unb  au 4)  mit  ©eridjtSbarteit  auSgeftattete  Pmt 
7)  beS  SacellartuS  ober  Scha|meifterS  (SEfjefaurar),  melcheS  an  ber  Haupt= 
tirdje  ber  bppntinifdje  Patriarch  2^oma§  I.  (606 — 610)  bor  feiner  ©rffebung 
betleibete2.  8)  fütanfionare  (proSmonarien)  Ijiefsen  bie  als  Pßädjter  eingelner 
Kirchen  beputierten  Kleriter,  gemöhnlich  priefter3.  Pud)  gab  eS  9)  Kanzler, 
bie  bon  ben  Sgnceüen  berfdjieben  tnaren,  ficper  pr  be§  KaiferS  §era!liu§. 
Überhaupt  mürben  bie  berfdfiebenen  Perridjtungen,  bie  in  ber  alten  Kirche  ben 
priefiern,  ©iafoneit  unb  Subbiafonen,  bismeilen  and)  nieberen  Kleritern,  auf= 
getragen  maren,  nach  unb  nach  p  beftimmten  Ämtern  geftaltet,  ba  auch  bie 
3apl  ber  ©eifilidjen  an  ben  größeren  Hirnen  feljr  gemachfen  mar.  Pud)  bie 
Kopiaten  ober  fyoffarier  mürben  prn  Klerus  gerechnet  unb  ifjre  3a(Ü 
in  Plejanbrien  unb  Konftantinopel  gefe|lid>  normiert;  fie  fpUm  bie  Soten, 
befonberS  bie  Ernten,  p  begraben4,  Pfplich  maren  bie  pmal  in  Plejanbrien 
jahlreicpen  parabotanen,  eine  pr  Krantenpflege  beftimmte  Pruberfdfaft, 
aud)  Seibmadfe  ber  ägpptifdjen  Patriarchen ,  bem  Klerus  beigephlt5.  SDie 
Pf  alten  ober  Sänger,  bereit  Pmt  meiftenS  als  bloper  ©ienft,  nicpt  als  SBeilfe 
galt,  tonnten  in  Pfrita  auch  öon  bloßen  prieftern,  felbft  ohne  Porroiffen  ber 
Pifcpöfe,  aufgefteKt  merben6.  Sie  §ermeneuten  maren  nach  ©piphaniuS 
Solmetfdjer  ober  Überfe|er,  bie  bem  beS  Sateinifdjen  ober  ©ried)ifd)en  unfunbigen 
Polte  bie  biblifdjen  Settionen  unb  bie  prebigten  überfeinen7.  fjür  ben  fate= 
chetifdhen  Unterricht  gab  eS  Katechiften  (Katecheten,  Selfrer  ber  Katedpmenen), 
meift  priefter  ober  Siatonen,  feltener  Settoren8. 

B.  Die  patriard)cn  nttb  itteiropolifeit. 

3.  Srei  größere  Metropoliten  —  fpäter  Patriarchen  genannt  —  nahmen 
pr  3eU  beS  nicänifdhen  KonjilS  bie  erften  Stellen  in  ber  Hierarchie  ein,  bie 
Oon  Pom,  Plejanbrien  unb  Pntiod)ien,  beren  fmhere  Autorität  nicht 
auf  bie  Pebeutung  ihrer  Stabte,  fonbern  auf  ben  Ppoftel  petruS  prüdgeführt 

1  Über  crxeuotpuXaxes  bgl.  Sozom. ,  Hist.  eccl.  Y,  8.  Theoph.  p.  105.  215. 
Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  12.  14.  Evagr.,  Hist.  eccl.  HI,  52. 

2  Über  aaxeXXdpioi  bgl.  Hergenrötper,  pi)otiu§  I,  194,  Pr.  143. 

8  Über  Tpoggovdpioi  bgl.  Conc.  Clialc.  can.  2.  De  Rossi,  Roma  sotterr.  III, 
527  sgg. 

4  Ü6er  bie  Kopiaten  bgl.  Cod.  Theod.  XIII,  1,  1;  XVI,  2,  15.  Shre  3af)I  tearb 
418  für  Plepanbrien  auf  600  feftgefetd  (ibid.  XVI,  2,  42.  43),  fpäter  für  33p3anj  auf 
960  ftatt  1100  (Cod.  Iust.  I.  2,  4).  Pfeubo=tpieront}mu3  (De  septem  ordin.  [Opp.  X, 
157  sq.j)  fiet)t  in  ben  fossarii  ben  unterften  Drbo  beg  Klerus.  iögl.  De  Rossi  1.  c. 
III,  533  sgg. 

3  Über  bie  Parabolanen  (bon  napaßdXXeadai  -rijv  t^wrjv  s.  (poygv )  bgl.  Cod.  Theod. 

VII,  20,  12.  Iust.,  Nov.  3. 

6  Über  bie  Pfalten  f.  Conc.  Laod.  can.  15.  24.  Clialc.  can.  14.  Statuta  eccl. 

Afric.  c.  98. 

7  Über  bie  §ermeneuten  bgl.  Epipli.,  Expos,  fidei  n.  21. 

8  Über  bie  Katedjiften  bgl.  August.,  De  catech.  rud.  c.  1. 


11.  Sie  2lugbilbung  ber  lirdjlidjen  Serfaffung. 


439 


ttrnrb 1.  2Bäf)tenb  ba§  gesamte  5tbcnblanb  feinen  bcfonbern  93orftef)er  ober 
^atriardjen  in  bem  römifdjen  Stfdjof  betetjrte,  bjatte  ber  Orient  mehrere  t)erüor= 
ragenbc  Obermetropotiten 2.  Oer  ©rgbifdiof  bon  Sllejanbrien,  ber  erfte  im 
Orient,  regierte  bie  Kirchen  bon  ‘jtgppten,  2f)ebai§  unb  Sibpen,  orbinierte  pier 
alle  33tfd)öfe  unb  fetjte  fie  mit  befiimmt  normierten  ©emalten  ein,  fo  bap  fie 
in  allem  bon  itjin  abhängig  blieben3.  Oer  «Sprengel  be§3lntiodjener§  um= 
fapte  noch  mepr  ^robinjen,  fo  ^ilifien,  Sfanrien,  ©prien,  ^pönijien,  Arabien, 
9Jtefopotamien  unb  OSrpoene,  früper  biefleicpt  and)  ©ppern,  ba§  fid)  tnäprenb 
ber  arianifcpcn  SBirren  babott  toägeriffen  paben  fott,  jebocp  431  ju  @ppefu3 
biefc  frühere  2tbt)ängigfeit  in  2Ibrebe  fteKte.  3n  biefent  ©prenget  orbinierte  ber 
ffktriard)  nur  bie  Metropoliten ,  biefe  bann  bie  einzelnen  Sifdjöfe.  ©rft  im 
5.  Saprpunbert  fud)te  3opanne§  bon  9Intiod)ien  bie  SBeipe  ber  einzelnen  ©uf= 
fraganbtfdjöfe  an  fid)  ju  bringen,  ma§  Opeoboret  at§  SSertepung  ber  fRedjte 
ber  Metropoliten  bettagte4.  Superbem  ragten  nocp  brei  anbere  Metropoliten 
im  Orient  perbor,  bie  fpäter  @jard)en  piepen5:  bie  bon  ©äfarea  in  $appa= 
bocien,  bon  ©ppefu§  in  ^teinafien  unb  bon  £)eraftea  in  Oprafien.  Oer 
@rjbifd)of  bon  Gäfarea  ftanb  ber  Oiöjefe  bon  5ßontu§  bor,  einem  ^omptei’ 
bon  acpt  (fpäter  breijepn)  fßrobtnjen  (©atatien,  23Uppnien,  ^appabocien,  5pontu§ 


1  S3gl.  ba§  fogen.  ©elafianifdje  Südjerbelret  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  VIII,  158. 

2  3u  Conc.  Nicaen.  can.  6  Ogi.  Thomassin,  Vet.  et  nova  Eccl.  disc.  I,  I,  c.  3, 
n.  5.  tppillipS,  ßirdjenrecpt  §69,  @.84—44.  -Dtaapen,  Ser  Primat  be§  SBifc^iofS 
bon  fRont  unb  bie  alten  ipatriardjalftrcpen.  Sonn  1853.  Jpefele,  ©onciliengefcp.  I 
(2.  2lufl.),  388  ff.  §agemanrt,  Sie  rönüfcpe  ßircpe  (fjreiburg  i.  Sr.  1864)  ©.  590  ff. 
Ser  9tame  tßatriarcp  loar  früper  ein  ©prentitel  für  einen  toie  immer  auägejeidjneten 
Sifdjof  {Greg.  Naz.,  Or.  42,  n.  23)  unb  tourbe  in  fefjr  toeitem  Sinne  gebraudjt  (Basil.  M., 
Ep.  169,  ed.  Maur.  p.  258).  SpeobofiuS  II.  nennt  fo  450  ben  römifdjen  Sifcpof  {Leo  M., 
Ep.  68).  ©ofrateö  (1.  c.  V,  8)  fagt  bon  can.  2  beS  Conc.  Constantinop.  I:  n axpidpxag 
xaTeoTTjoav  diavsißagevot  Tag  Inap'/iag.  Ser  fRame  dpx'.s.xicrxoxog  toar  ebenfo  früper 
ein  ©prenname,  junäcpft  bem  römifdjen  S3iftf)ofe  (bon  Speoboret  [Ep.  116],  bon  ber 
©pnobe  bon  ßpalcebon,  Haifer  Starcian  unb  SlnatoIiuS  [Leo  M.,  Ep.  98.  100.  101.  110]) 
erteilt,  toie  aud)  bem  alejanbrinifdjen  {Epiph.,  Haer.  LXVIII,  1.  Conc.  Chalc.  act. 
sess.  IV.  Eitra  1.  c.  I,  534),  bann  allen  Metropoliten,  für  bie  and)  ber  91ame  b  xpüirog 
ober  x s<pakr]  Tijg  ix ap%iag  (Conc.  Sard.  can.  6)  beftanb.  2ludj  bie  Reiben  patten  einen 
dp'/ispstjg  kxd<nrtg  ixap/tag  {Euseb.,  Hist.  eccl.  VIII,  14). 

3  Über  2IIejanbrien  bgl.  Le  Quien,  Oriens  christ.  II,  329  sq. 

4  Über  2lnttodjien  bgl.  Le  Quien  1.  c.  p.  669  sq. ;  über  bad  bon  ben  Sifdjöfen 
Sppernä  beftrittene  DrbinationSredjt  2tntiodjien3  f.  .pefele  a.  a.  £>.  II,  207  f.,  too  aud) 
loeitere  ßitteratur  berjeicpnet  ift.  Sie  ©rinnerutig  an  ba$  urfpritnglicpe  Sriumbirat  ber 
*Patriardjen  unb  bie  fpätere  ©rpebung  bon  Spsanj  betoaprte  uod;  im  12.  Sfaprpunbert 
fftifetaä  bon  ütifomebien  (bei  Anselm.  Havelb.,  Dial.  adv.  Graecos  III,  7.  Migne,  Patr. 
gr.  CLXXX VI II,  1217  sq.). 

3  Sei  Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  72  peipt  Safüiuä  Zfrpxog,  aber  in  einem  allge= 
meineren  ©inne,  ebenfo  toie  orparrjyug,  nocp  nicpt  „©jcarcp  ber  Soutifdjen  Siöjefe".  6ö 
gab  aucp  ©jardpen  ber  Srobinjen  =  Metropoliten  (Conc.  Sard.  can.  6.  Le  Quien 
1.  c.  I,  4  sq.).  2fm  allgemeinen  bgl.  I.  Morinus,  Exereitationum  eccl.  11.  2.  De 
patriarchar.  et  primat.  origine  et  antiqua  censurarum  in  cloros  praxi  diss.  I.  Par. 
1626.  Mamachi ,  Originum  et  antiquitatum  christ.  1.  II.  Thomassin  1.  c.  c.  9  sq., 
nebftbem  bon  Sroi^ftantcn :  lanus,  De  orig.  patr.  ehr.  diss.  II.  ^  iteb.  1714.  Bingham, 
Origines  eccles.  or  the  Antiquities  of  the  Christian  Church  III ,  408.  3  ' e  9 1 e  r» 
Sirngmatif^e  ©efdjidpte  ber  tird)L  Serfaffungöforuten.  Seipjig  1798.  Sffiiltfd),  fiircpl. 
©eograppie  unb  ©tatiftif  I,  67  ff. 


440  <5ieg  her  ßir<f)e  im  IRömerreidE)  unb  ßarnpf  gegen  ben  2lrtani§mu§. 

ißolemoniafttS,  ^etenopontuS,  ^3apf)Iagonten,  ®teinarmenien  unb  anfangs  and) 
©roharmemen).  3ber  53i[d)of  bonßphefuS  tjatte  jetm,  bann  pmtf  ^robinjen 
unter  fid)  (21fta,  Spbien,  ißamphplien ,  |)eHeSpont,  pfibien,  Spfaonien,  beibe 
pfrpgien,  Spfien,  Marien),  ber  bon  |)eraftea  fed)S  (©uropa,  2:^rafien,  ipämü 
montium,  fRf^obope,  Riebermöfien,  ©fpttjien)* 1.  Oiefe  fünf  SDiö^efen  (Rgppten, 
Rntiodjien,  pntuS,  ©ppefuS,  graften)  entfprachen  pfammen  bem  ©ebiete  ber 
politifcfjen  päfeftur  beS  Orients,  p  ber  audj  spaläftina  gehörte,  beffen 
Söifdjöfe  unter  bem  Rtetropotiten  bon  ©äfarea  ©tratoniS  ftanben,  einfd)Iiehtich 
beS  33ifd)ofS  bon  9Üia  ober  Serufatem. 

Oa  injtbtfdien  Serufatem  prachtbolle  $ird)en  erhalten  ^atte  unb  ben 
Ruhm  ber  ätteften  9Rutterfirdje  bemafjrte,  fo  erhielt  eS  p  Ricäa  (can.  7)  einen 
©Ifrenborpg,  jebod)  „unbefcpabet  ber  Red)te  beS  Rtetropotiten"  bon  ©äfarea. 
Snfotgebeffen  fuchten  bie  bortigen  53ifd)öfe  it;re  9Rad)t  unb  ifjr  Rnfetjen  p  er= 
hoffen.  3I6er  nod)  met)r  trat  biefeS  Reftreben  bei  ben  53ifd)öfen  ber  ^aiferftabt 
^onftantinopet  herbor.  ©ie  mareit  urfprünglidj  ©uffragane  beS  ©tutfteS 
bon  §eraftea,  loderten  aber  mätfrenb  ber  arianifdfen  Kämpfe  biefen  SSerbanb 
immer  mehr  unb  fudjten  fid)  baS  iibergemidjt  über  bie  Rletropote  p  berf<d)affen. 
SSegünftigt  bom  ^aiferffofe,  tonnten  fie  batb  nod)  ©röteres  erreichbar  finben. 
©o  tarn  eS  p  bem  brüten  ßanon  ber  381  in  $onfiantinopel  berfammetten 
©pnobe,  ber  jmar  bem  53ifd)ofe  ber  ReidfStjauptflabt  nod)  feine  blödere  3uriS- 
biftion  perfannte  unb  bie  Oiojefen  bon  pmtuS,  ©ptfefuS  unb  Sprafien  in 
ihren  Rechten  beließ,  aber  ihm  einen  ©tfrenborrang,  unb  p)ar  unmittelbar  nad) 
bem  53ifd)of  bon  Rttrom,  pfprad),  meil  ßonftantinopet  bie  neue  Roma  fei. 
©tittfdjmeigenb  marb  bie  Rblfängigfeit  bon  ber  Metropole  tperaftea  befeitigt, 
bie  Seitung  beS  tf)rafifd)en  ©prengelS  in  bie  §auptftabt  berlegt,  bie  53 ahn  p 
einer  Rtadftermeiterung  nad)  Analogie  beS  römifdjen  SßapfteS  gebroden,  ber  alt= 
herfömmlid)e  ©fjrenborrang  bon  Rtepanbrien  unb  5tntiod)ien  bernidjtet.  5tn= 
tiocpien  fühlte  fid)  unfähig,  biefen  Rnfprüdjen  2Biberftanb  p  teiften,  Rtejanbrien 
erfannte  bie  Steuerung  nicht  an;  Rom  fptt  fotgeridjtig  an  ber  alten  Siegel 
feft,  lieh  nur  bie  bogmatifdjen  53cfd)tüffe  biefeS  $?onjit§  gelten  unb  bertoarf  bie 
firdpid)  nidjt  gerechtfertigte  Rangerhöhung  beS  bppntinifchen  53ifd)ofS.  SBorerft 
toollte  man  ber  Reuerung  nur  im  Orient  ©ettung  berfd)affen.  SDa  biete  oriem 
tatifd)e  53ifd)öfe  toegen  ber  Anliegen  ihrer  Oiöjefanen  ober  aus  ©hrgeij  längere 
3ßit  in  53ppnj  bermeitten ,  bitbete  fid)  um  ben  53ifd)of  ber  ^aiferftabt  eine 
fl e h e n b e  ©pnobe  (©nbentufa),  ber  oft  bom  $aifer  bie  ©dftichtung  bon 
©treitigfeiten  unter  53ifd)öfen  übertragen  marb  unb  auf  ber,  mie  fetbftberftänb= 
lieh  fchien,  ber  DrtSbifdjof  ben  33orfip  führte.  ©d)on  23ifd)of  ReftariuS 
(381 — 397)  hielt  eine  bon  bieten  23ifd)öfen  befudjte  ©pnobe  biefer  SIrt  (394), 
um  ben  ©treit  ber  arabifdjen  33ifd)öfe  ©ebabiuS  unb  RgapiuS  über  ben  ©tu^t 
bon  53oftra  p  entfdfeiben.  ©ein  Rachfolger  3ohanne§  ©htpfoftomuS 
orbnete,  meift  bon  ben  bortigen  53ifd)öfen  eingetaben,  biete  fird)tid)e  5tngetegen= 
heilen  beS  ephefinifdjen  ©prengets,  maS  nachher  ben  Uterus  ber  ^aiferftabt  p 


1  Über  ©ppefuS  bgl.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  Y,  28.  Le  Quien  1.  c.  I,  663  sq. ; 
über  (Säfarea  Theodoret.  1.  c.  VI ,  9.  Le  Quien  1.  c.  1 ,  334  sq. ,  über  §eratlea  ibid. 

I,  1091  sq. 


11.  3)ie  3lu3bilbung  ber  fird^Iid^en  Setfaffung.  441 

ber  Sepauptung  führte,  ber  33ifdjof  berfetben  f^afie  auf  bie  Seitung  biefer  pro- 
binnen  ein  altes  Necpt.  S3ifdE)of  51tttlu§  (406—425)  fucpte  biefe  0bntad)t 
ju  bcfeftigen  unb  ermirfte  bon  bem  fdpoacpen  SpeobofiuS  II.  ein  ©efe|,  monad» 
in  ben  brei  (Eparcpaten  fein  33ifcf)of  mepr  getnäl;lt  merben  füllte  optte  ©e= 
ncpmigung  ber  ©pnobe  bon  Ronftantinopet.  OieS  fud)te  fdjon  fein  Nachfolger 
©ifinnius  (426 — 427)  burchjufüprcn;  allein  noch  erhob  fid)  im  Orient  ba= 
gegen  Sßiberftanb ;  biefer  muhte  jebodj  immer  fdpbäcper  merben,  ba  bie  fBifdjöfe 
ber  brei  (Epardmte,  ber  Nefibenj  naper  unb  an  9Nitteln  ärmer,  bem  bon  bem 
f aiferlidjett  Nnfepen  unterftii^ten  23ifd)ofe  ber  tpauptftabt  nicht  gemacpfen  maren 
unb  fiep  halb  baran  gemöpnten,  feine  ftepenbe  ©pnobe  ju  befudjen x.  ©o  ent= 
midelte  fid»  immer  mehr  in  ber  Nnfcpauung  unb  in  ber  PrapiS  beS  Orients 
bie  firchticpe  (Einteilung  bon  fünf  ^ßatriardiaten :  Nom  (für  baS  Nbenbtanb), 
NIepanbrien,  Serufatem,  Nntiod)ien,  Ronftantinopet,  mit  ber  autofep!»aIen  pro= 
bin§  (Eppern. 

3nt  Orient  I»atte  fid)  bor  bem  RonRt  bon  Nicaa  eine  gemiffe  Obergcmatt 
beS  33ifd)ofS  ber  fpauptftabt  (Ntetropolit)  in  ben  einzelnen  probinjen  über 
bie  anbern  53ifd)öfe  berfelben  perauSgebitbet ;  bie  fircplid)e  Einteilung  in  pro= 
binnen  habe  fiep  bort  an  bie  politifcpe  (Einteilung  angefcptoffen.  OaS  nicänifd»e 
Ronjü  ging  bon  biefer  ©adjtage  auS,  um  Norfdpriften  über  bie  Orbinationen 
ber  33ifd)öfe  unb  über  baS  fird)lid)e  ©erid)tSmefen  ju  treffen.  (ES  fd;uf  fomit 
nicht  erft  bie  fird)tid)en  probinjen,  fonbcrn  eS  fanb  biefelben  bereits  bor. 
(Spätere  ©pnoben1 2  famen  biefem  Seftreben,  bie  fircptidfe  (Einteilung  in  patrü 
arcpate  unb  Nietropotitanfprengcl  mit  ber  bürgerlid)en  Einteilung  beS  gried)ifd)en 
Neid)eS  in  Einflang  ju  bringen,  fefjt  entgegen.  Oa  nun  bie  potitifd)en  ©rennen 
ber  probinjen  öfters  med)felten,  entftanbcn  bietfad)  Streitigfeiten  jmifcpen  beit 
bis  bat)in  anerfannten  Ntetropotiten  unb  ben  53ifd)öfen  ber  fpauptfiäbte  neu 
gefcpaffener  Probittjen.  NtS  Raifer  NalettS  Rappabocicn  in  jmei  probinjen 
teilte,  hatte  ber  t)t.  SafitiuS  bon  (Eäfarea  meprfadje  Rümpfe  mit  bem  Slifdjof 
NntpimuS  bon  SDjana,  ber  fpauptftabt  ber  neuen  probinj,  ju  beftepen,  toeit 
er  lefeterem  bie  firdjlidje  Obergematt  über  bie  33ifd)öfe  biefer  probin^  uid)t  ju= 
geftepen  mottte 3.  Nuf  Anfrage  beS  29ifd»ofS  Ntepanber  bon  Nntiod)ien  bcrmarf 
auch  ^ßapft  Snnocenj  I.  im  3apre  415  ben  ©ruubfap,  bap  bie  fircplicpe  (Eitt= 
teilung  ber  Ntctropotitanfprenget  fid)  ftetS  nad)  ben  mettlid)en  probinjen  ju 
ridjten  pabe4. 

4.  ^m  Nbenblanbe  mar  ber  römifcpe  33 i f d» 0 f  ber  einjige 
Patriarch,  baper  er  auch  „Oberpaupt  beS  OccibcntS"  unb  „ißorffeper  ber 
abeubtanbifd)cn  Rircpe"  genannt  marb 5.  3pn  napnt  baS  nicänifcpe  Rottjil 
jum  Ntapftab  für  bie  ©emalt  ber  Patriarchen  bon  Nlcpanbrien  unb  NntiodRen. 
Natiirlid)  läpt  fid)  in  ben  NmtSpanblungcn  ber  päpfte  bie  Unterfcpeibung 
jmifdjen  iprer  oberften  primat=  unb  iprer  patriard)algcmalt  nid)t  ftreng  burcp= 


1  33gl.  bergen rötper,  Spfjotiuö  I,  25  ff.  45.  53  ff. 

2  3}gl.  3.  33.  Conc.  Antiock.  341  can.  9. 

s  Basil.  M.,  Ep.  74—78.  Greg.  Naz.,  Orat.  43,  n.  58. 

*  Innoc.  Ep.  18  ad  Alex.  Antiock.  c.  2. 

6  2) er  4'dpft  toirb  <5  xnpuyaiog  rw>  ix  Tijg  Sutrsiug  genannt  bei  Basil.  M.f  Ep.  239 
( Migne ,  Patr.  gr.  XXXII,  893,  c.  2). 


442  ©ieg  ber  $ird)e  tut  Aötnerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  Arianismus. 


führen ;  testete  mar  burd)  bie  erfiere  geftü^t,  bie  eine  wirtte  auf  bie  Entfaltung 
ber  anbern  ein,  oft  floffen  beibe  jttfammen,  inbem  ber  Bifdjof  bon  Born  in 
ben  $ird)en  beS  AbenbtanbeS ,  bie  meiffenS  bon  biefem  ©tut)!  aus  gegrünbet 
warnt 1,  jugteid)  als  papft  unb  Patriarch  f»anbelte.  ES  würben  bon  ibjrn  ©teü= 
bertreter  mit  übertragenen  £)öfjeren  (Bemalten,  unb  jmar  mit  bem  Sitet  bon 
Apoftotifdjen  SSilaren,  eingefetjt.  ©iefeS  römifdje  Patriarchat  erfiredte  fid)  über 
Italien  unb  bie  anliegenben  Snfeln,  über  Afrita,  (Battien,  ©panien,  Britannien, 
(Bermanien  fomie  über  bie  probinjen  beS  öfitidjen  unb  wefttidjen  Sührifum, 
umfaßte  fonad)  adjt  ©iöjefen,  brei  bon  ben  bier  präfetturen  ber  fonftantinifchen 
Einteilung.  Oie  iltprifchen  probinjen  (Atacebonien,  Adjaia,  |?reta,  ©fief= 
fatien,  Alt=  unb  Aeu=EpiruS,  bann  beibe  ©acien,  Atöfien,  Oarbanien,  prä= 
balitana)  Waren  bie  äufferfte  (Brenje  beS  wefttichen  Matriarchats,  baS  pier  auf 
bie  öfttidjen  (Bebiete  ftiep.  ©a  l?aifer  (Bratian  379  fie  feinem  Atitregenten 
SOjeoboftuS  abtrat,  tarnen  fie  jum  morgentänbifdjen  Beiche,  unb  feitbem  fugten 
bie  Bpäantiner  in  benfelben  Einfluß  ju  gewinnen  unb  fie  halb  aud)  firdflid) 
bem  Bifd)ofSftul)le  ihrer  ^aiferftabt  ju  unterwerfen2.  Um  bei  ber  potitifdfen 
Beränberung  bie  (Beredjtfame  beS  römifdjen  BifdfofS  beffer  wahren  ju  tonnen, 
beftettte  Papft  OamafuS  ben  Bifdjof  ber  fpauptftabt  2t>effatonid)  (AfdjoliuS, 
f  388)  als  feinen  Bitar  für  SUprifum,  ebenfo  ©iriciuS  beffen  Aachfolger 
AttpfiuS.  AnaftafiuS  I.  gab  bem  Erjbifdjofe  bon  ©tjeffatonid)  als  Apoftolifchem 
Bifar  baS  Bcdjt,  bie  bortigen  Angelegenheiten  in  feinem  Aamen  ju  unterfingen 
unb  ju  entfdjeiben.  Snnocenj  I.  beftätigte  402  bemfetben  bie  bon  feinem  Bor¬ 
gänger  berlieljenen  Pribilegien,  woju  aud)  baS  Bedjt  gehörte,  bafj  bie  Bifdjöfe 
biefeS  ©prengetS  nur  bon  if)m  ober  auf  feinen  Auftrag  geweiht  werben  füllten; 
er  beftätigte  412  ben  BufuS  bon  ^heffalonid)  abermals  in  biefen  Borrechten, 
waS  Bonifaj  I.  419  erneuerte. 

Sn  ben  europäifdjen  (Bebieten  ber  3ibilbiö$efen  beS  abenblänbifdjen  BeidjeS 
gab  es,  abgefehen  bon  bem  päpfilidjen  Bitariate  in  Sheffalonid)  unb  bem 
3U  Anfang  beS  5.  SahrhunbertS  gefchaffenen  Bitariate  bon  ArteS  für  ©üb= 
gaQien,  teinen  BifdwfSftuhl ,  bem  eine  Atehrjaljl  bon  ®irehenprobin§en  unter= 
georbnet  blieb.  Sn  Aorbafrifa  hingegen  behielt  ber  Bifdwf  bon  Karthago 
feine  hergebrachte  ©tettung  als  primaS  ber  bortigen  probinjen  bei.  Sebod) 
entwidette  fid)  bie  ©tettung  beSfelbeit  gegenüber  Born  nicht  in  ber  gleichen  Aßeife, 
wie  es  mit  ben  orientalifdjen  Patriarchen  ber  $aü  nmr;  eS  erhielt  fid)  immer 
über  alte  wichtigeren  fragen  ein  reger  Berfepr  jwifdfen  bem  römifdjen  Bifd)of 
unb  Aorbafrila. 

Oie  Atetropolitanberfaffung  war  im  4.  Sahrljunbert  im  Abenb= 
lanbe  nur  für  Afrifa  böllig  organisiert,  allein  nicht  im  gleichen  ©inne  wie  im 
Orient.  Aorbafrifa  war  feit  $onftantin  in  fed)S  probinjen  eingeteilt:  baS 
protonfutarifdie  Afrita ,  Aumibien ,  bie  Bpjacena ,  bie  SEripolitana  unb  beibe 
Atauretanien.  ©ie  ber  Aöeilje  nad)  ätteften  Bifdjöfe,  ©enioren,  „Bifcpöfe  beS 


1  Innoc.  I.,  Ep.  25  ad  Decent.  n.  2  (ed.  Coustant ,  Ep.  Rom.  Pont.  p.  856). 

A.  Octaviani,  De  veteribus  finibus  Romani  Patriarch.  Neap.  1828.  Schelstrate, 
Antiq.  eccl.  illustrata  II  (Romae  1692.  1697),  305  sq.  442  sq.  Le  Quien  1.  c.  II,  5  sq. 
6.  oben  ©.  404. 


11.  Sie  Ausübung  ber  ftrdjlidjen  Serfaffung.  443 

er[len  ©tupIeS",  Primaten  genannt,  bettraten  bis  gegen  ©nbe  beS  6.  Sapr= 
punbertS  bie  ©teile  ber  Metropoliten;  ber  sprimaS  patte  oft  feinen  ©ip  auf 
einem  unbebeutenben  Oorfe  ober  einem  Sanbgut.  Oiefe  Primaten  betätigten 
bie  ^robinjialbifcpöfe,  beriefen  ©pnoben  unb  naprnen  Appellationen  ber  ©eift= 
licpen  an.  3m  profonfularifcpen  Afrifa  mar  ber  ©rjbifcpof  bon  Hartpago 
$rimaS;  er  patte  aber  aucp  eine  Obergemalt  über  alle  übrigen  afrifanifcpen 
Sprobinjen,  baper  er  ait§  ipnen  bie  ißlenarfpnobe  berief,  bie  Primaten  beftätigte, 
bon  iprer  ©ntfcpeibung  Berufungen  annapm,  allgemeine  Borfcpriften  an  bie 
Bifcpöfe  erliefe  unb  bie  ^tobinjen  bifitierte.  Oer  ©influp  DtomS  macpte  fiep 
bei  berfepiebenen  Anläffen  geltenb.  Um  313  tarnen  bie  Bifcpöfe  ©unomiuS 
unb  OlpmpiuS,  bon  Born  gefanbt,  naep  ^artpago,  um  bie  Becptmäpigfeit  beS 
©äcitiuS  betannt  ju  geben;  bie  ©pnobe  31t  ©ella  napm  418  ipre  ®anoneS  auS 
beit  Oefreten  beS  ^ßapfieS  ©iriciuS  bon  386;  Seo  b.  ©r.  gab  mit  bolter 
Autorität  Borfcpriften  über  bie  B3eipen  unb  entfepieb  in  ©aepen  tneprerer  Bi= 
fepöfe  AfrifaS. 

3n  Italien  maren  bie  ^äpftc  anfangs  bie  einigen  Metropoliten  ge= 
mefen;  auf  ben  römifepen  ©pnoben  finben  mir  pauptfücplicp  bie  Bifcpöfe  bon 
Mittel=  unb  ©übitalien,  aber  aucp  Bertreter  beS  ©piffopateS  auS  Forbitalien. 
§ier  entmicfelte  fiep  im  4.  3aprpunbert  Mailanb  als  Metropole  einer  $ir<pen= 
probing.  3utn  Metropolitanfprengel  beS  Mailänber  BiftpofS  gepörte  Forb= 
italien  (Italia  annonaria)  unb  Fpätia  I  mit  bem  BifcpofSfip  ©pur.  3U 
Anfang  beS  5.  3oprpunbertS  entftanb  bann  ber  Metropolitanfip  bon  Aquilefa, 
ber  bebeutenbften  ©tabt  beS  norböftlicpcn  OeileS  bon  Italien.  3u  biefer  $ird)en: 
probin3  gehörten  Dtpätia  II  (mit  Augsburg),  Forifum,  ©abia  uub  ^annonia  I. 
Balb  baitatp  napnten  aucp  bie  Bifcpöfe  bon  DI  ab  en  na  unb  bon  ©a  Io  na 
(©palato  in  Oatmatien)  ben  Dtang  bon  Metropoliten  ein. 

3n  ©allien  unb  in  ©Partien  entmicfelte  fiep  bie  Metropolitanberfaffung 
gegen  AuSgang  beS  4.  unb  im  Anfänge  beS  5.  3aprpunbertS  im  Anfcplufe 
an  bie  Beftimmungen ,  melcpe  im  Orient  über  bie  ©tettung  ber  Metropoliten 
getroffen  morben  maren,  unb  jugleicp  mit  ber  päufigeren  Abpaltung  bon  ©pnoben. 
gür  ©übgaKien  befteüte  417  ijßapft  3 0 f i m u §  ben  Bifcpof  ißatrofluS  bon 
ArleS  als  päpftlicpen  Bifar  unb  unterftettte  ipm  bie  Sßrobins  Biennc  unb  bie 
beiben  bon  Farbontte.  Allein  bie  ©inrieptung  mar  anfänglich  bielem  Söed)fel 
untermorfen  unb  tonnte  fiep  erft  fpäter  tnepr  befeftigen.  Oie  Sßirren  ber 
Bölfermanberung  pinberten  bielfad)  bie  ©ntmidlung  einer  georbneten  fird)licpen 
^ßrobinjialeinteilung. 

C.  Der  römifdjr  Primat. 

5.  Oie  jentrale  ©tellung  ber  römifepett  $ird)e  unb  iprer  Bifdjöfe,  melcpe 
in  ber  ui^meibeutigften  233eife  mäprenb  ber  borfonftantinifdjen  ©pod)e  praftifd) 
perborgetreten  mar,  begann  nun  aud)  in  ber  firdpiepen  ©efepgebung  unb  in 
ber  Formierung  ber  fircplicpen  Berfaffung  fiep  31t  Puffern.  Abgefepcn  bon  bem 
tpatfäd)lid)en  autoritatiben  ©ingreifen  ber  Sßäpfte  in  roid)tigen  firdjlicpen  fragen, 
befonbcrS  im  arianifepen  ©treite,  gegenüber  Bifdjöfen  ber  berfd)iebenften  Dtang= 
ftufen  mie  gegenüber  ©pnoben  in  aßen  Oeilen  ber  $ircpe  (f.  oben  ©.  362  ff.), 
tourbe  aucp  bon  bem  $on3it  bon  ©arbifa  btmp  einen  eigenen  Nation  (3) 


444  ©ieg  ber  ßtrdje  im  fftömerreid)  unb  Äampf  gegen  ben  2triani3mu§. 


ber  römifdie  ©tuljl  al?  Appeüation?inftanä  für  bie  burd)  eine  ©pnobe  ber= 
urteilten  Sifdjöfe  erflärt.  ^jerborjuljeben  ift  bie  Segrünbung,  welche  bie  $onäil?= 
bäter  beifügen:  Um  ben  1)1.  fßetru?  511  ehren,  foH  bon  ben  33ifd)öfen, 
tueldje  bie  Angelegenheit  unterfucht  4>aben,  an  ben  römifchen  Sifdjof  3uliu?  ge= 
fctjrieben  Werben,  unb  wenn  biefer  entfdjeibet,  baji  ba?  Urteil  auf?  neue  gefällt 
Werbe,  fo  foH  betreibe  erneuert  werben,  unb  er  befteUe  bie  9tid)ter *.  Sei  bem 
großen  Anfeljen,  welche?  bie  ©pnobe  bon  ©orbita  genojj,  würbe  biefe  in  ben 
arianifdjen  Aßirren  getroffene  Anorbnung  allgemeine?  $irchengefei),  um  fo  mehr, 
al§  biefelbe  bloü  bie  fanoniftifdje  Formulierung  eine?  bereit?  tljatföchlidj  ge= 
hanbhabten  Sorred)te?  be?  römtfdjen  ©tufjle?  war.  Sie?  geht  Ijeriwr  au?  ben 
ABorten  be?  Sriefe?,  welken  fpapft  3'Uliu?  an  bie  arianifdje  Partei  auf  ber 
©pnobe  non  Antiochien  341  feprieb,  bafi  nämlich,  felbft  wenn  bie  angeflagten 
Sifdwfe  fdjulbig  waren,  bor  ber  gewaltfamen  Abfejjung  nach  alter  ©ewohnfjeit 
guerft  an  ben  römifchen  Sifdjof  gefdjrieben  werben  nutzte,  bamit  bon  hier  ber 
©ercdjtigfeit  gemöfj  entfd)icben  würbe1 2.  ABa?  bie  ©tellung  ber  fßäpfte  ju  ben 
©hnoben  überhaupt  betrifft,  fo  war  jwar,  nach  ber  bamaligen  ©ntwidlung  be? 
firdjlichen  Sed)te?,  bie  ^Berufung  eine?  allgemeinen  ^onjil?  burd)  ben  fßapft 
ober  bie  ait?brüdlid)e  Seftätigung  ber  Sefdjlüffe  eine?  folchen  nidjt  erforbert,  um 
ber  ©pnobe  3tedjt?!raft  ju  berieten 3.  Allein  ba?  ftel)t  feft  in  ber  Anfdjauung 
ber  Kirche  jener  3eü,  baff  e?  ohne  eine  ^Beteiligung  be?  römifdjen  AMfdjof?  in 
irgenb  einer  Form  ein  allgemeine?  ^onjil  gar  nicht  geben  fann.  Samit  bie 
Leitung  ber  allgemeinen  ^ird)e  in  red)t?fräftiger  Aßeife  geführt  werben  lönne, 
ift  bie  ARitwirfung  be?  römifchen  ©tul)Ie?  notwenbig,  währenb  ba?  Festen 
einer  ARitwirfung  bon  feiten  irgenb  eine?  anbern  Sifdjof?  jener  Seitung  nicht 
im  Aßegc  fleht. 

Sie  Autorität  ber  köpfte  würbe  bon  Samafu?  in  bem  erften  Seil  be? 
fogen.  ©elafianifdjen  Sefrete?  über  bie  Südjer  ber  ^eiligen  ©djrift 4  nicht  burd) 
Sefdjlüffe  bon  ©pnoben,  fonbern  burd)  ba?  Aßort  (Sf)rifti  geftü|t:  „Sie  ganje 
über  ben  (Srbfrei?  berbreitete  fatl)olifd)e  $ird)e  ift  ein  einzige?  Srautgemad) 
©Ijrifii;  aber  bie  ßirdje  bon  Utom  ift  ben  anbern  ^irdjen  übergeorbnet ,  unb 
jjtoar  nicht  burd)  Sefdjlüffe  bon  ^onjilien,  fonbern  burd)  ba?  Aßort  unfere? 
§errn  unb  §eilanbe?  im  ©bangelium,  welcher  ihr  ben  Primat  berliehen  hoi, 
inbern  er  fprach:  Su  bift  ^ßetru?,  unb  auf-  biefen  Felfen  will  id)  meine  Kirche 
bauen." 5  Siefer  ©tellung  entfprechenb,  gab  fßapft  ©iriciu?  (Sntfdjeibungen 
in  tird)Iid)en  Fragen  für  bie  fpanifdje  Kirche,  weld)e  mit  binbenber  ®raft  al? 
fanonifdje  Au?fprü<he  (Sefrctalen)  erteilt  würben;  ferner  fanbte  ber  gleidje  3ßapfl 
bie  Sefdjlüffe  ber  bon  ihm  berufenen  römifchen  ©pnobe  an  bie  $irdjen  bon 
Aorbafrila  mit  ber  Anweifung,  fid)  banad)  ju  richten.  Ser  römifdje  Primat 
fanb  eine  immer  flarere  Au?prägung  in  ber  firchlicpen  Serfaffung. 


1  e  f  e  I  e ,  6onciIiengef<h.  I  (2.  Auf!.),  560  ff. 

2  Äthan.,  Apolog.  c.  Axian.  c.  21  sqq.  ©.  oben  6.  363. 

8  %I.  gunt,  ßirdjengefcf).  Abbanbl.  I,  39  ff.  4  ©.  oben  ©.  404. 

6  Mansi,  Conc.  Coli.  VIII,  158.  SöqI.  Greg.  Naz.,  Carmen  de  vita  sua  ( Migne , 

Patr.  gr.  XXXVII,  1063),  Welcher  bie  rötnifdje  ßird)e  itpösdpo?  rwv  öXiov  nennt.  Am¬ 
bros.,  In  Ps.  40,  n.  30  {Migne,  Patr.  lat.  XIV,  1082):  Ubi  Petrus,  ibi  Ecclesia. 
33gl.  Hieron.,  Ep.  15  ad  Damasum  (bon  376). 


11.  Sie  2tu3bübung  ber  lirtfiltdjen  Serfaffung. 


445 


D.  Die  Spnoiitn. 

Sitteratur.  —  £>efele,  ©onciliengefch.  Sb.  I  u.  II.  2.  Stuf!.  greiburg  i.  Sr. 
1873 — 1875.  Über  bte  Spnoben  bon  Nicäa  (325)  unb  fionftantinopel  (381) 
f.  oben  S.  352  u.  384.  Sie  21bl)anblungen  bott  3r  u  n  f  f.  S.  852.  Slö^er,  Ser 
^eilige  Stuhl  unb  bie  öfumen.  Spnoben  (3eitfd)r.  für  fathol.  Sfieol.  1887,  S.  67  ff.). 

6.  23efonber§  auSgehilbet  erfcheint  im  4.  ^a^r^unbert  ba§  ^nftitut  ber 
23ifehof§äufatnmcnfünfte  ober  ©pnobett,  bie  jur  23eratung  unb  (Sntfdieibung 
fomohl  über  fragen  beS  ©lauhenS  als  über  ©neben  ber  ^ircbenjucbt  unb  jur 
©rlebigung  Don  ©treitigfeiten  bienten,  Oiefelben  maren  bie  ^aiipt[äd)Iid)ften 
Organe  für  bie  lirchliche  ©efe|gebung.  ©ie  jerfielett  in  öfumentfehe  unb 
in  topifdje  (partifuläre)1.  (Srftere  befaßen  in  ber  $irdje  bie  böd)fte  Autorität ; 
ju  ihnen  tourben  Vertreter  aller  $itd)ettproüinjen  ober  aud)  alle  23ifd)öfc  be= 
rufen.  ®aS  ©timmred)t  batten  bie  23ifd)öfe  au§fd)lie^licf).  ®a  biefelben  bie 
gefamte  ßirdje  repräfentierten ,  mit  bein  Raupte  an  ber  ©pipe,  mürben  ihre 
©laubenSbetrete  als  untrüglid),  unter  23eiftanb  be§  ^eiligen  ©eifteS  gefaßt  bc= 
trachtet,  unb  ihnen  ju  miberfteben  galt  als  fdjmereS  Verbrechen.  3tmfeben  ben 
öfumenifeben  ©pttoben  unb  ben  topifepen  ftanben  in  ber  Mitte  bie  ©eneraP 
fbnoben  beS  Orients  (toie  im  2tnfang  bie  381  ju  ^onftantinopel  gehaltene) 
unb  be§  OccibentS.  3bnen  ähnlich  maren  bie  fßlenarfpnoben  fftmtticher 
afrilanifchcn  ^roüinjen,  bie  nach  einem  föefchluffe  bon  §»ippo  393  (can.  5) 
jährlich  einmal  gehalten  merben  füllten;  ba  bicS  aber  für  biele  Vifcpöfe  ju 
läftig  mar,  mürbe  407  ju  Karthago  (can.  1)  beftimmt,  e§  fülle  nur  bann, 
menn  ein  33ebiirfniS  für  ganj  2lftifa  borliege,  an  einem  paffettben  Ort 
eine  fold)e  ftattfinben.  ferner  gab  e§  ^onjilien  ganzer  Patriarchate  ober 
ganjer  Sätiber,  überhaupt  foldje,  auf  betten  biele  ^irdienprobinjett  bertreten 
maren,  mie  §utn  23eifpiel  bie  2lpoftolifd)en  23ifare  in  SUßrien,  ©alliett  u.  f.  f. 
fie  hielten 2. 

3u  ben  partifularfpnoben  im  engeren  ©itttte  gehörten  bie  SßrobinjiaP 
fonjtlien,  benen  ber  Metropolit  ober  ber  ältefte  23ifd)of  ber  probing  prä= 
fibierte.  fftad)  alter  ütegel  mar  bie  probingialfpnobe  jm  eimal  im  Satire  ju 
halten ;  ba  bieS  aber  nicht  überall  gefdjap ,  fo  marb  feit  beut  6.  Sdfjthnnbert 
barauf  gebrungett,  bafi  fie  menigftenS  einmal  im  Sapre  berfamtnelt  roerbe;  bie 
auSbleibenben  23ifd)öfe  hülfen  fidj  mit  guten  ©rünben,  j.  23.  ßrant'heit,  ju 
entfcpulbigett 3.  2Iuf  ben  ©ßnoben  mar  ©teHbertretung  julöffig ;  manchmal 


1  Züvodog  oixoufievixrj  ( olxoufj.ivtj ,  orbis  terrae  babitabilis,  orbis  ebristianus)  bei 
Äthan.,  De  syn.  n.  5.  21;  Ep.  ad  Afros  n.  2  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXVI,  688.  717.  1032) 
unb  Conc.  Constantinopol.  I.  (biclmepr  ©tjnobe  oon  382,  e  f  e  I  e  q.  a.  D.  II,  24  ff.) 
can.  6,  auch  xa&oAixi)  oüvodog  bei  Äthan.,  De  syn.  n.  2,  ©egenfafj  To~txrj  (Conc.  oecumen. 
VII,  can.  6)  ober  fiepixi]  ( Sozom .  1.  c.  III,  5). 

2  Über  ©eneralfpnoben  im  toeiteren  Sinne  unb  afrifanifd)e  ipicttarfonjilien  Dgl. 
§efele  a.  a.  £>.  II,  53.  97.  2fn  ©allien  hielt  ber  ©rjbifihof  bon  2IrIeS  als  vicarius 
apostolicus  jährlich  Spnobert  bon  mehreren  fßrobinjen;  ßeo  I.  entjog  (Ep.  10,  n.  7.  9) 
bem  §ilariu8  biefeS  (Recht,  gab  es  aber  feinem  Nachfolger  (RabenniuS  jurütf,  toa§  Sßapft 
JpilaruS  (Ep.  8,  ed.  Thiel  p.  114)  betätigte.  Später  fanben  ©pnoben  ber  Sifdpöfe  ftatt, 
bie  innerhalb  ber  ©renjen  neugebilbeter  germanifcher  Staaten  toohnten. 

3  Sie  jtoeimalige  Slbpaltung  ber  ißroüinaialfbnobe  im  3apre  fdhrieben  bor:  Conc. 
Nicaen.  can.  5 ;  Can.  apost.  n.  36.  38 ;  Conc.  Antioch.  341  can.  20 ;  ßonjU  Oon  Niej 


446  ©ieg  *5er  Birdie  im  Vömerreicp  unb  ßantpf  gegen  ben  3Iriani§tnu§. 

bertraten  anbere  Vifdjöfe  bie  ©teile  abmefenber  Kollegen,  balb  bon  ipnen  baju 
beftimmte  5ßriefter  unb  Oiafonen.  3m  Orient  mürbe  für  bie  öhuuenifcpen 
©pnoben  bie  Vertretung  ber  fünf  i|ktriard)atfi|e  feit  Suftinian  I.  gefordert; 
fomeit  bie  3npoPer  biefer  ©tüpte  nicpt  perfönticp  anmopnten,  fottten  Vifarien 
(Oopotereten ,  Segaten)  fie  repräfentieren ,  mie  bieS  bon  feiten  beS  römifcpen 
©tupteS  gefcOab).  Oft  maren,  äumnt  in  ber  3eÜ  beS  VrianiSmuS,  bie  ©pnoben 
für  eprgeigige  Veftrebungen  einzelner  Vifdjöfe  fepr  mipbraudjt  morben,  fo  bap 
©regor  bon  Vajianj,  mipftimmt  boit  ben  Vorgängen  auf  ber  ©pnobe  ju  ^on= 
ftantinopet  381,  fid)  auf  bie  ©inlabung  ju  ber  ©pnobe  be§  folgenben  SapreS 
nidjt  opite  Vitterfeit  bapin  an§fpradf),  er  fließe  jebe  bifcpöfticpe  gufanunenfunft 
and)  bie  befonbere  Vrt  bon  ©pnoben,  mie  fie  in  ber  griedjifcpen  £)auptftabt 
auftam  (bie  ©nbemufa),  bie  bem  Übergcmidjt  beS  VefibenjbifcpofS  ben  2Beg 
ebnete,  fobamt  bie  fftabifepe  Vbpangigfeit  ber  orientalifepen  Vifdjöfe  bom  tpofe 
unb  bon  ifjren  '-ßatriardjen  liefen  nicht  biete  fjriicbite  aus  ben  orientalifepen  ?ßarti= 
futarfpnoben  f;erborfproffen ;  bie  ©taatSgefepgebung  jog  immer  engere  ©djranfen. 
SDarauS,  bap  einige  Vifdjöfe  ben  H'onjilSbefreten  miberfpradjen,  marb  niemals 
beren  Vnfepen  beeinträdjtigt;  mo  aber  baS  Oberhaupt  ber  ß’irdje  ficb  tüiber= 
fepte,  fanb  fein  Vefdjtup  böttige  3ted)tSfraft.  Oie  ißäpfte  maepten  erft  burd) 
ipren  Veitritt  bie  ©pnobatbefrete,  auch  tnenn  fie  nicpt  bon  allgemeinen  ©pnoben 
ausgegangen  rnaren,  allgemein  gültig;  fie  förderten  im  Occibent  eine  rege  unb 
tebenbige  Ofjätigfeit  ber  ©pnoben  unb  gaben  fetbft  ein  Veifpiel,  mie  biefetben 
frueptbringenb  gemadjt  merben  fönnten.  Verfcpieben  maretr  bie  bon  ben  ^äpften 
beranflatteten  ©pnoben  in  ber  3<üÜ  Pet  Oeitnepmer.  3ur  römifcpen  ©pnobe 
gehörten  urfprünglicp  alle  itatienifdjen  Vifdjöfe,  ba  ber  ^3apft  in  ber  früpeften 
3eit  ber  einzige  Vietropolit  Italiens  gemefen  mar.  Unter  2eo  b.  ©r.  mußten 
brei  fijitifdje  Vifcpöfe  fäprticp  jur  ©pnobe  nadj  Vom  fominen,  unb  jmar  auf 
ben  29.  ©eptember,  ben  Oag  feiner  ß'onfefration,  metepe  Verfügung  unter 
fpäteren  ^äpften  fortbeftanb 2.  ©emöpnlidpe  ©pnoben  pielten  bie  ^äpfte  als 
einfadje  Vtetropoliten,  anbere  aber  als  ipatriardjen ;  382  maren  unter  OamafuS 
bie  Vifdjöfe  bon  Opeffalonicp ,  SEriet ,  ©irmium,  Vtaitanb  berfammett;  fpäter 
auf  ben  ©pnoben  bon  462 — 502  finben  fidj  neben  itatienifdjen  Vifipöfen,  auep 
aus  ben  ißrobinjen  Vabetma  unb  Vtaitanb,  fotepe  auS  ©attien  unb  Vfrifa3. 
©anj  befonberS  midjtig  mar  ber  ©inftup  beS  römifcpen  ©tupteS  auf  bie  ©pnoben 
ber  berfdjiebenen  abenbtänbifepen  iprobin^en.  @r  fanbte  ipnen  päufig  beftimmte 
Vormen  ju,  gab  burd)  feine  Veftätigung  ipren  bogtnatifepen  Vefcptüffen  $eftig= 
feit,  tnieS  aber  auep  naepteitige  unb  unfanonifepe  Oefrete  berfefben  gurüd,  um 
ben  alten  H'anoneS  ipre  ©iittigfeit  ju  wapren. 


489  can.  8;  Clialc.  can.  19.  ©teEoertretung  fanb  päufig  ftatt.  ®ie  3toeüe  ©pnobe 
üon  3tvle§  (443  ober  452)  can.  18  erftärte,  toer  nidjt  jurn  ßonjil  fommen  fönne,  foEe 
einen  Vr°furator  fdjicfen. 

1  Greg.  Netz.,  Ep.  55  (al.  130)  ad  Procop. ;  Carm.  de  episc.  v.  797  sq. 

Über  bie  tßiftpbfe  ©ijilienS  Ogi.  Leo  M.  (447),  Ep.  16,  c.  7  ( Ballerini ,  Adm. 
in  Serm.  I.  et  not.  in  diss.  I.  Quesn.  a.  440  II,  413  sq.). 

3  Über  bie  ©pnoben  üon  382  unb  462  ügl.  §efele  a.  a.  £>.  II,  37.  588  f. 
Thiel,  Epist.  Rom.  Pontif.  p.  159  sq.  201.  259  sq.  648  sq.  686  sq. 


12.  Ser  ßleruä. 


447 


12.  Oer  $leru3. 

Quellen.  —  3a^reid)e  ßcmoneä  ber  ©bnoben  bei  §efele,  ©onciUengefd)icf)te. 
33b.  I  u.  II  (f.  ba§  Stegifter  unter  „Steriler").  2©offo(ifd)e  ßonftitutionen  unb  ßanonee, 
ed.  Cotelerius,  Par.  1676  u.  ö.  33  a  r  b  e  n  tj  e  to  e  r ,  tpatrologie  (2.  Stuft.)  ©.  309  f. 
Sfunf,  ©ie  apofiolifcfien  Äonftitutionen.  Stottenburg  1891;  ©a3  ad)ie  S3ud)  ber  Stpofi. 
ßonftitutionen  unb  bie  öertoanbten  ©Triften  auf  tpr  SJerpältniS  neu  unterfudjt.  ©übingen 
1894;  Sag  ©eftament  unfereS  §errn  unb  bie  öertoanbten  ©djriften.  tOtainj  1901. 
Turner,  Ecclesiae  occidentalis  monumenta  iuris  antiquissima.  Yol.  I,  fase.  1.  Oxon. 
1899.  Stiebet,  ©ie  ßirdjenrectjtSquellen  be§  Patriarchats  Slleganbriert.  ßeip^ig  1900. 
Braun ,  De  sancta  Nicaena  synodo.  ©t)rifd)e  ©egte  (^ird^engefd^.  ©tubien  IV,  3). 
SJtünfter  i.  2B.  1898;  baju  Iparnacf  in  ©egte  unb  Unterfucf).  9teue  fjotge  IV,  1. 
ßeipjig  1899. 

Öitteratur.  —  ©ie  oben  ©.423  angeführten  ©öerfe ;  ba^ußonig,  ©er  latfiof. 
Priefter  bor  fünfjetjnfiunbert  $af)ren.  Preglau  1890.  ©eibt,  ©er  ©iafonat  in  ber 
fatfjol.  ßirdje.  Stegenäburg  1844.  St  eit  t  er,  ©er  ©ubbiatonat,  beffen  ©nttoidtung  unb 
liturgifcf)  =  lanomftifd)e  Sebeutung.  Stugäburg  1890.  Allarcl,  Le  clergd  chrbtien  au 
milieu  du  4me  siede  (Revue  des  quest.  liistor.  LVIII  [1895],  5 — 40).  Srunf,  ©ölibat 
unb  Priefterelje  im  (fjrifttidjen  Slttertum  (Hirdjengefd).  2tbl)anbl.  I,  122  ff.).  Lea,  An 
historical  sketcli  of  sacerdotal  celibacy  in  the  Christian  Church.  2nd  ed.  Boston 
1884.  Granjon,  Aperiju  historique  sur  le  mariage  des  prbtres  dans  l’Eglise  d’Occi- 
dent  jusqu’au  concile  de  Trente.  Paris  1901.  ©tutj,  Sie  Pertoattung  unb  Stufung 
beg  lircfil.  33ermögen§  in  ben  ©ebieten  be§  toeftröm.  Steid)e§.  33erlin  1894.  Rivet,  Le 
rbgime  des  biens  de  l’Eglise  avant  Justinien.  Paris  1891. 

1.  ©rot)  ber  reichen  ©ntwidfung  ber  lirdjlidjen  Sßerfaffurtg  blieb  bie 
Hierarchie  be§  eigentlichen  ^feru§  bie  gleiche,  welche  fie  in  ber  borfonftanti= 
nifchen  geit  gewefen  war.  3m  Orient  rechnete  man  jum  $feru§  auper  33i= 
fepöfen ,  ^kieftern  unb  Oiafonert  ebenfalls  bie  Subbiafonen  unb  bie  Settoren; 
im  ilbenbtanbe  aufjerbem  bie  9ffoft)tf)en,  ©jorciften  unb  Oftiarier.  Oie  übrigen, 
befonber§  im  Orient  zahlreichen  ßirchenämter  (f.  oben  S.  437  f.)  waren  feine 
2Beif)egrabe  (ordines);  fie  würben  einfach  burd)  31nfteKung,  bisweilen  aber 
auch  mit  firchfidjen  fftiten,  öerlie^en.  Oie  höheren  Sßeipen  jeboch  würben  nad) 
apoftolifdfem  53raud)e  burch  ^»anbauf legung  (©heirotonie)  mit  ©ebet  um  9Jtit= 
teilung  be§  He*^3en  ©cifte§  erteilt 1.  3nt  Orient  unb  in  SIfrifa  warb  feit 
bem  3.  3ahrt)unbert  aufjerbem  nod)  bei  ber  39ifdhof§weif)e  ba§  ©bangelien= 
buch  auf  ba§  Haupt  be§  ju  SBeipenben  gelegt2.  Oort  wie  aud)  in  Spanien 
läjjt  fich  feine  Salbung  nachweifen;  in  ber  römifdjen  Kirche  erwähnt  fie  aber 
fepon  Seo  b.  ©r.3  Sei  ber  $  rieft  er  weihe  fegten  nebft  bem  23ifcpofe  aud) 
bie  anwefettben  ^ßriefter  bem  SBeipefanbibaten  bie  Hänbe  auf.  ©ine  Salbung 
ber  Hanb  war  Weber  im  Orient  noch  in  9tom  gebräuchlich >  in  beit  gafli)d)cn 
^ircpen  tritt  fie  juerft  auf.  Oie  Oiafonett  würben  burd)  blofje  Hanbauf= 
fegung  be§  93ifd)of<3  geweiht,  bie  Subbiafonen,  bamaf§  noch  nid)t  jtt  ben 
fDiajoriften  gerechnet,  erhielten  ihre  SBeipe  nicht  wie  Oiafonen  unb  pviefter  im 
Sanftuarium  bor  bem  9lltare,  fonbern  außerhalb  beSfelben  opne  H^nbatiflegung. 

1  Morin.,  De  eccl.  ordinationibus.  Par.  1655.  Über  bie  xsiporovia  Ogi.  Const. 

apost.  VlH,  16.  Basil.  M.,  Ep.  53.  188,  c.  10. 

2  Chrysost.  bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  277  ( Migne ,  Patr.gr.  GR,  2  <  6 ) ;  Hom.  de 
legislatore  (ibid.  LVI,  402).  Phot.,  Amphil.  q.  165  (ed.  Par.) ;  q.  164,  §  3  (p.  250, 
ed.  Athen.). 

3  Leo  M.,  Senn.  59,  c.  6,  ed.  Ballerini  p.  228. 


448  Sieg  ber  ßirdje  im  btömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  2trianigmu§. 

5IIIe  niebereit  233  eipen  mürben  blofi  burd)  bie  Sarreidjung  ber  geicpen  be§ 
23erufe§,  ber  gnftrumente,  erteilt.  Sen  ©ttbbiafonen  gab  man  bie  Zeitigen 
©efäfje,  ben  3tfoIt)t^en  ßeucpter,  ben  ©porciften  ba§  ©porci§menbud),  bem  ßeftor 
ein  Settionarium,  bem  Oftiariu§  bie  SHrcpenfcplüffel1.  gn  ber  griechifdjen  Birdie 
Ratten  bie  ©ubbiafonen  aud)  bie  Spüren  ber  grauen  ju  bemadien2,  gür  bie 
Orbinationen  galten  meiftenS  beftimmte  feiten 3 ;  gaften  unb  ©ebet  maren  al§ 
nähere  23orbereitung  borgefcprieben.  Sie  Orbination  mürbe  al§  ©aframent  an- 
erfannt  unb  mit  ber  Saufe  öerglidjen  unb  mar  gleich  biefer  unmieberpolbar 4. 

Sei  ber  Orbination  ber  ©eiftlidjen,  Junta!  ber  ipriefter,  patte  ba§  Zeugnis  be§ 
So!fe§  immer  noch  fein  ©emicht;  läufig  rief  ba§  Soll:  Su  bift  mürbig!  5  23on 
ber  SBeipe  fcplofj  man  au§:  1)  2lngepörige  frember  Siöjefen;  2)  folcpe,  bie  einer 
©efte  angepört,  ober  B)  öffentlicfie  Supe  getpan,  überbauet  fiep  eine§  fdjmeren  Ser= 
bred)en§  fcfjulbig  gemacht  hatten;  in§befonbere  4)  biejenigen ,  bie  fiep  felbft  berfiüm= 
melten  (nicpt  aber  bie  in  einer  $ranfpeit  üon  2irjten  ober  aud)  gemaltfam  bon  ben 
Barbaren  Serfcpnittenen) ;  5)  bie  jmeimal  berpeiratet  maren  (Sigamie) ;  6)  bie  11160= 
pppten,  bie  erft  bor  frühem  ben  ©laubett  angenommen  batten  (überhaupt  Saien  bon 
ben  höheren  ©tufen),  obfcpon  in  einzelnen  gälten,  mie  bei  2lmbrofiu§  unb  Seftariu§, 
2lu§nahmen  gemad)t  mürben;  7)  bie  Ungebilbeten ,  benen  ba§  nötige  SBiffen  fehlte; 
8)  bie  am  Körper  23erftiimmelten ,  be§  ©ebraud)§  ber  ©inne  beraubten,  bie  fcpmer 
Oranten,  bie  leiblich  Stifjgefialteten ;  9)  bie  ber  greiheit  Seraubten,  in§befonbere  bie 
©Haben,  folange  ihre  Herren  nicht  einmiHigten  unb  ihnen  bie  greiheit  gaben ;  10)  bie 
in  meltlidien  Ämtern  ©teheuben  unb  jur  3ted)enfcpaft§ablage  barau§  23erpflichteten ; 
11)  biejenigen,  bie  nad)  ber  Saufe  3?rieg§bienfie  gethan  hatten;  12)  bie  Sämonifdiett 
(©nergumenen).  33on  ben  poperen  2ßeipen  füllten  aud)  au§gefcploffen  fein  13)  bie= 
jenigen,  bie  nicpt  jubor  ihre  fpau§genoffcn  ju  fatpolifdjen  (Shrtflert  gemacht.  2Iud) 
mürbe  14)  ber  Sfangel  be§  gefeplidjen  2llter§  al§  §inberni§  für  bie  253eipe  betrautet, 
©emeinpin  forberte  man  für  ben  Sifcpof  fünfunbbreifjig  (in  einigen  ©egenben  fünf= 
unbbiergig),  für  ben  ißriefier  breiig  (aud)  blofj  fünfunbjmanjig)  gapre. 

2.  Sie  ^lerifer  mürben  meiftenS  nad)  ben  ßeprborträgen  ber  SU 
fcpöfe  gebilbet  unb  eingeübt,  bi§meilen  aud)  in  ^löftern  unterrichtet; 
biele  traten  aber  auch  erft  nad)  boüenbeten  Roheren  ©tubien  in  ben  geiftliipen 
©tanb  ein.  gm  Orient  beftanb  bie  alepanbrinifipe  ^atecpetenfcpule  bi§  auf 
©priUu§  fort;  neben  il)r  blühte  eine  3eitlang  bie  bon  5ßamppilu§  in  ©äfarea 
(ißaläftina)  begrünbete,  bann  bie  bon  fftpinoforura;  2lntiochien,  ©beffa,  9tifibi§6 

1  Uber  bie  gform  ber  Orbination  Ogi.  Statuta  eccl.  Afric.  (fogen.  fartpag.  Spnobe 
bon  398)  can.  90 — 93  (Opp.  Leon.  III,  666  sq.,  ed.  Ballerini). 

2  Conc.  Laod.  can.  22. 

3  Omr  bie  33if(pofgmeipe  nahm  man  gerne  Slpoftelfefte  (Const.  apost.  VIII,  4). 
ißriefter  unb  ®ia!onen  mürben  an  Sonntagen  ( Leo  M.  [444],  Ep.  6,  c.  6;  Ep.  9,  c.  1) 
ober  an  Quatembertagen  getoeipt  ( Gelas Ep.  14,  c.  11). 

4  gür  bie  Saframentalität  be3  Orbo  Ogi.  Theodoret.  Cyr.,  In  Num.  11,  1  sq., 
q.  18  (ed.  Sirmond  [Par.  1642]  p.  151).  August.,  C.  Parin.  II,  13.  Über  ben  Stituä 
ber  Crbinationen  Ogi.  Duchesne,  Origines  du  culte  chretien  p.  329  ss. 

5  Über  bie  Prüfung  unb  ba§  geugniS  be§  2M!e§  bgl.  Conc.  Hippon.  393  can.  20. 
Nicaen.  can.  2.  6.  10.  Leo  M. ,  Ep.  10,  c.  6 ;  über  bie  ©igenfcpaften  be§  SifcpofS 
bgl.  Greg.  Nyss.,  Ep.  17  (Migne,  Patr.  gr.  XLVI,  1061  sq.). 

6  91  e  ft  I  e ,  ®ie  Statuten  ber  Schule  oon  9Hfibiä  aus  ben  gapren  496  unb  590 
nad)  bem  Oon  g.  ©ui bi  perauSgegebenen  fprifipen  $ept  überfept  (3eitfipr.  für  ßircpem 
gefd).  XVIII  [18971,  211  ff.). 


12.  Ser  Klerus. 


449 


batten  if;re  berühmten,  atlerbingS  feit  bem  5.  Saljrfjunbert  bon  £>cirefien  trt= 
fixierten  ©d)ulcn.  giir  bie  ©Übung  beS  Klerus  mar  im  9Ibenblanbe  BefonberS 
©uguftin  tljättg,  ber  in  feiner  Bifdmflicpen  2BoIjnung  jüngere  ^lerifer  toiffen= 
fdjaftlicE)  unb  aSfetifd)  auSbilbcte x.  ©iele  ouägegei^nete  Männer  beljanbelten 
in  eigenen  ©Triften  bie  Pflichten  beS  geiftlid)en  ©tanbeS  unb  baS  gbeal  beS 
neuteftamentlidjen  IßrieftertumS ,  fugten  aber  jugleidj  aud)  burdj  eigenes  ©ei= 
fpiel  bie  $anbibaten  für  baSfelbe  ju  begetflern  unb  ju  erjieljen1 2. 

3.  gür  ©ifdjöfe,  ©riefter  unb  SDiafonen  mar  megen  ber  (Srf)aBcnf)eit  if)rer 
©erridjtungen ,  megen  ber  größeren  Freiheit  für  beit  ®ienft  ©otteS  unb  ber 
©iitmenfdjen,  fornie  megen  beS  ©eifpiels  ber  ©ntljaltfamfeit,  baS  fie  allen  geben 
fällten,  baS  efjelofe  jungfräuliche  ßeben  burepaus  entfpredjenb ,  tarn 
barum  immer  mefjt  in  ©ufnapme  unb  mürbe  aud)  burd)  ©efetje  borgefeprieben. 
3Iu§  ©lange!  an  mürbigeu  Unbermäplten  mürben  anfangs  immer  nod)  ©f)e= 
männer  gemeint,  bie  fid)  aber  in  ber  Siegel  bon  il)ren  grauen  enthielten ;  nach 
Empfang  einer  poperen  SBeipe  burfte  fein  ©eiftlicper  mehr  heiraten  bei  ©träfe 
ber  Sfbfetjung,  maS  aud)  auf  ©ntrag  beS  ägpptifdjen  ©ifcpofS  ©appnutiuS  bie 
©ßnobe  bon  ©icäa  beftätigt  paben  fotl.  SDiefe  berbot  aud)  ben  $lerifern, 
berbad)tige  grauenSperfonen  (©pneiSaften,  ©gapeten)  in  iprem  §aufe  ju  paben ; 
nur  ©lütter,  ©djmefter,  2ante  ober  über  jebett  ©erbatpt  erhabene  ©erfonen 
fotlten  bei  ipnen  fid)  finben,  aud)  ber  ©epein  eines  fitnbpaften  Umgangs  ber= 
mieben  rnerben3.  3m  Occibent  mar  man  in  ber  ©iSjiplin  am  ftrengften; 
meprere  afrifaniftpe  ©pnoben  festen  bie  ©träfe  ber  3fbfepung  für  ©eifttiepe 
ber  pöperen  SBeipen  feft,  bie  mit  ipren  grauen  nod)  Umgang  pflegen  mürben ; 
fpäter  meipte  man  für  biefe  ©rabe  nur  ilnbermäplte  ober  UBitmer.  2)ie 


1  August .,  Serm.  355,  n.  2.  Possid.,  Vita  August,  c.  2.  3.  Siric.,  Ep.  1  ad 
Him.  n.  13.  Chrysost.,  De  sacerd.  VI,  7.  5t.  S  p  ei  ne  r  ,  ©efep.  bev  gciftl.  aSilbungS= 
anftatten  (üftainj  1835)  ©.  1—26.  £>efele,  SSeitr.  jur  Kircpengefcp.  I,  127  ff. 

2  ©epriften  über  ben  geifttidpen  Stanb:  1)  Chrysost.,  Ilspi  Upiuaövrjg  Xoyoi  £  ( Migne , 
Patr.  gr.  t.  XLVIII),  oft  einjetn  ebiert,  toie  Lips.  1825.  2)  Greg.  Naz.,  Oi\  apol.  de 
fuga  (ed.  Alzog,  Frib.  1858.  1869;  beutfet)  bon  Slrnotbi,  ©lainä  1826).  Sßgl.  Carm. 
de  se  ipso  et  de  episc.  v.  156  sq.  371.  393  sq.  3)  Ephraem.  Syr.,  Serm.  de  sacerd. 
(Opp.  gr.  III,  1  sq.).  4)  Ambros.,  De  officiis  ministr.  11.  III,  ed.  Krabinger,  Tubing. 
1857.  5)  August.,  De  doctr.  Christ.,  Prolog.,  unb  Epist.,  ed.  Maur.  t.  II.  III.  6)  Ilieron., 
Ep.  ad  Nepotian. ;  Ep.  ad  Pammach. 

3  gür  ben  ©ölibat  ber  pöperen  ©eifitiepen  jeugen:  Euseh.,  Demonstr.  evang.  I, 
8.  9  [Migne,  Patr.  gr.  XXII,  76  sq.  81 :  roeg  kpwpevotg  .  .  .  dvsyetv  Xoindv  o<p&g  aoxohg 
7 TpogrjxEc  rrjg  yapixrjg  öyiXiag).  Micron.,  C.  Iovin.  I,  34:  Sacerdoti,  cui  semper  pro 
populo  offerenda  sunt  sacrificia,  semper  orandum  est ;  si  semper  orandum  est,  ergo 
semper  carendum  est  matrimonio.  SSgt.  Ep.  48  ad  Pammach.;  C.  Vigil,  c.  2.  Epiph., 
Haer.  LIX,  4;  Expos,  fidei  c.  21.  Chrys.,  In  1  Tim.  liom.  10,  n.  1.  2  [Migne  1.  c. 
LXII ,  549  sq.).  Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  62  (ibid.  XXXVI,  576  sq.) ;  Or.  37,  n.  10 
(ibid.  p.  493  sq.).  Cyrill.  Hieros.,  Catech.  XII,  n.  15  (ibid.  XXX1I1,  loi).  Sie  @r= 
japtung  bet  Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  11,  mtb  Sozom.,  Hist.  eccl.  I,  23  (ögt.  Gelas.  Cyz., 
Hist.  Conc.  Nie.  II,  32;  Hist.  trip.  II,  14),  eS  fei  ju  9ficäa  gegenüber  bem  gefteUten 
gintrag,  ben  fepon  Dor  ber  2ßetpe  oermäptten  ©eifttupen  ben  ©ebrauep  ber  ©pe  förmlicp 
gu  verbieten,  auf  »orfdptag  beS  ägpptifipen  Sifcpofö  ©appnutiuS  befcploffen  toorben,  eS 
genüge  bie  alte  Sieget,  baß  fein  unbermäptt  ©etoeipter  eine  ©pe  fließen  bürfe,  tmrb 
üott  manepen  angejmeifett ,  bagegen  Don  anbern  jugegebett  unb  Derteibigt.  3Igt.  baju 
§cfele,  ßoncitiengefcp.  I,  431  ff. 

§ ergenrßtpcr,  ffird)engefc()uf)te.  T.  4.  Stuft.  29 


450  ©ieg  ber  ^irdje  im  Dtömermd)  unb  ßarnpf  gegen  ben  2triam§mu§. 


fßäpfte,  tnSbefonbere  ©iriciuS  unb  Snnocettj  I.,  fctjärften  baS  EölibatSgefep 
nacbbrüdlid)  ein ,  unb  Seo  I.  behüte  eS  and)  auf  bie  ©ubbtafonett  aus ,  ob= 
fdbon  fie  nod)  ju  ben  nieberen  OrbineS  gäf)Iten ,  maS  nadlet  üiele  ©pnoben 
toieberf)olten 1.  Sm  Orient  bagegen  tnurbe  bie  allmählich  fdjlaffer,  jumal 
itn  bt)äantinifd)en  Sprengel. 

Superbem  mürbe  ben  ©eiftlidjen  eingefcpärft,  bap  fie  feine  m  eit  liehen 
©efcpäfte,  feine  ^riegSbienfte  übernehmen,  nicht  $aufmannfd)aft,  nicht  Söucper, 
überhaupt  feinen  fcpmupigen  ©eminn  betreiben  biirften 2.  ©ie  füllten  nicht 
ohne  Erlaubnis  ber  töifdjöfe  unb  beren  Empfehlungsbriefe  reifen,  überhaupt 
ihre  Oiöjefe  unb  ihre  Kirche  ohne  micptige  ©rünbe  nicht  üerlaffen,  auch  nicht 
an  jmei  £tird)en  -ptgleid)  eine  5lnfteüung  haben3.  Sn  ber  9tegel  mürbe  jeber 
Orbinierte  gleid)  an  eine  beftimmte  Kirche  unb  an  einen  beftimmten  Oienft 
gebunben  (retatiüe  Orbinationen) ;  eS  mar  Verboten,  ©eiftliche  ohne  ein  fefteS 
$ird)enamt  ju  meihen  (abfotute  Orbinationen)4.  Sn  biefem  füllten  fie  üer= 
bleiben  unb  überall  burch  ein  gutes  öeifpiel  fid)  auSjeicpnen,  auch  öuperlid) 
bie  2Bürbe  ipre§  ©tanbeS  geigen,  felbft  in  ber  Reibung  auperpalb  ber  Kirche. 
91lS  $eid)en  ber  Oemut  füllten  fie  tmn  aller  ®Ieiberprad)t 5  fid)  enthaften. 

Klagen  gegen  ©eiftliche  füllten  feine  ^ßerfonen  üblen  3fufeS,  feine 
güeigelaffenen  ober  ©ffaoen  berfefben,  nicht  Epfommuniäierte  unb  §äretifer  er= 
heben  bürfen.  Dfad)  afrifanifdien  ^anoneS  füllten  über  einen  ipriefter  fed)§,  über 
einen  Oiafon  brei,  über  einen  33ifd)of  aber  jmöff  SMfcpöfe  richten.  5tud)  itn 
Orient  fanb  man  brei  Söifcpöfe  ungenügenb,  um  über  einen  Sifcpof  ju  urteilen, 
nnb  forberte  eine  ©pnobe  üon  Sifchöfen;  nach  ber  ?fßrobingiaIft)nobe  bitbete 
ber  Obermetropolit  bie  meitere  Snftanj;  abgefepte  öifcpöfe  fonnten  fich  nach 
9fom  menbett,  unb  menn  biefer  ©tupf  eine  neue  Unterfudjung  nötig  fanb, 
fonnten  bajn  benachbarte  Sifcpöfe  beauftragt  ober  auch  auf  Verfangen  beS 
abgefepten  58ifd)ofS  römifche  ©eiftliche  belegiert  merben;  im  griechifdien  9teicpe 
bilbete  auch  bie  ftepenbe  ©pnobe  üon  ^onftantinopel  eine  popere  Snftanj,  bie 
man  angepen  fonnte.  ®d)iebSrid)terlid)e  Entfcpeibungen  famen  pänfig  üor. 
fiebere  ^lerifer  appellierten  üorn  Sifcpof  an  bie  ^roüinäialfpnobe,  bann  an 
ben  ^rimaS  ober  ißatriardjen ;  aber  auch  ber  römifcpe  ©tupl  napm  ipre  21ppel= 
lationen  an,  mie  ©regor  b.  ©r.  bie  beS  51naftafiuS  üon  Sfaurien  unb  beS 
SopanneS  üon  ©palcebon6. 

@o  grop  ber  ^rieftermangel  mar,  fo  motlten  bie  Oiafonen  fid)  häufig 
nidjt  ju  ißrieftern  meipen  laffen ;  eiue  afrifanifdje  ©pnobe  üon  419  beftimmte 


1  Siric.  (386),  Ep.  1  ad  Himer,  c.  7.  9.  Innoc.  Ad  Victr.  404  c.  9.  Syn. 
402  can.  8.  Conc.  Carth.  390  can.  2;  401  can.  4.  Turon.  461  can.  1.  Araus.  441 
cam  22.  23.  Agath.  506  can.  9.  Aurel.  V.  (549)  can.  4.  Leo  M. ,  Ep.  14,  c.  4. 
%t.  Conc.  Agath.  506  can.  39.  Tötet.  527  can.  3.  Aurel.  III.  (538)  can.  2. 

2  Conc.  Nicaen.  can.  17.  Laod.  can.  4.  Chalc.  can.  3.  7.  Carth.  348  can.  13. 
Hippon.  393  can.  15.  22. 

3  Conc.  Chalc.  can.  10.  20.  4  Ibid.  can.  6. 

5  Hieron.,  Ep.  ad  Nepot.  n.  9. 

6  Conc.  Chalc.  can.  21;  ügt.  can.  9.  17.  Carth.  390  can.  6.  20.  Hippon.  393 

can.  8.  Conc.  Afric.  419  can.  128.  129.  Constantinopol.  382  can.  6  unb  394.  Sard. 
can.  3 — 5. 


12.  Ser  $Ieru§. 


451 


beSljalb,  bafj,  hier  ftd)  toeigere,  eine  bom  33ifd)of  ihm  jugebadite  Ijö^ere  2öürbe 
ju  übernehmen,  aud)  fein  früheres  Slmt  berliere1.  Sßer  bagegen  feine  Kirche 
ohne  ©runb  bertiefi  unb  in  einer  anbern  Slufnahme  unb  Stnftcltung  fanb,  füllte 
famt  bem  ihn  anfnehmenben  33ifd)of  ben  fanortifdjen  ©trafen  üerf allen ;  roer 
bom  geiftlidjen  ©taube  abfiel  nnb  lhieg§bienfte  nahm,  mürbe  mit  31bfe|ung 
unb  ©i'fommunitation  beftraft 2. 

4.  23ereit3  mar  ba§  ßirchenb  er  mögen  bebeutenb  gemadffen.  Oie  ©eift= 
liehen  lebten  jmar  an  mand)en  Orten  noch  bon  §anbarbeit 3,  aber  in  ber  Sieget 
erhielten  fie  aud)  befonbere  tird)tid)e  ©intiinfte  bon  bem  Sifdjofe  au§  ben  ihm 
jur  Verfügung  ftel)enben  fDtaffen.  (S§  tarnen  ju  ben  Obtationen  unb  3el)hten, 
ju  beren  ©ntridjtung  bie  23äter  bie  ©laubigen  ermahnten 4,  gu  ben  freimütigen 
©aben,  bie  teit§  möd)enttict)  an  ben  Stttar  ober  in  bie  üßohnung  be§  33ifd)of§ 
gebracht,  teils  monatlich  in  bie  £ird)entaffe  gelegt  mürben,  noch  S3ermäd)tniffe 
unb  ©tiftungen  alter  Strt,  aud)  ©etreibefpenben  unb  fonftige  3hfd)üffe  bom 
©taate  ober  bon  ben  ©emcinben.  Oie  Kirche  befafj  bemegtiche  unb  unbemeg^ 
liehe  ©üter.  Oer  33ifd)of  bermattete  unb  berteitte  bie  einjetnen  ©intünfte  mit 
töeihitfe  ber  Oiatonen,  fpäter  ber  Öfonomen*  6.  3n  Station  mürbe  im  5.  Sal)r= 
hunbert  ba§  l?ird)engut  in  hier  ©eite  gertegt :  für  ben  33ifd)of,  für  ben  0eru§, 
für  bie  ^ultuSbebürfniffe  (^irchenfabrit)  unb  für  bie  Sinnen  ober  für  2ßot)l= 
thätigfeitSgmecfe 6.  Slhulid)e  ©eitungen  tarnen  auch  in  ©panien  unb  in  ©attien 
auf.  Oa§  ber  gangen  ©h^iftfngeineinbe  get)örenbe  93ermögen  mürbe  halb  ger= 
teilt,  inbem  eitigetnen  Kirchen  unb  einzelnen  ©eiftlithen  fird)tid)e  ©runbftüde 
jur  Stutmieffung  gugemiefen  mürben,  erft  auf  beftimmte  3cü  nnb  miberruftid), 
bann  auch  bauernb 7.  Ourd)  tirchlidfe  ©efe^e  mar  man  beftrebt,  ben  33efi|= 
ftanb  ber  $ird)en  gu  mähren  unb  für  eine  gmedentfprechenbe  Vermattung 
gu  forgen8. 


1  Conc.  Afric.  can.  81  (£>efele  a.  a.  £).  II,  128). 

2  Über  bie  ©trafen  für  ba3  Vrlaffen  ber  ßtrcfje  unb  ben  ©intritt  in  fremben 
Sienft  ügt.  Conc.  Nicaen.  can.  15.  16.  Sard.  can.  19.  Chalc.  can.  20.  Antiocli.  can.  3. 
Can.  apost.  n.  14.  15. 

8  Conc.  Carth.  398  can.  52.  53. 

4  August.,  Comm.  in  Ps.  146.  Chrysost.,  In  Epli.  liom.  15.  Hieron.,  In 
Malach.  c.  3. 

6  Über  baä  bift^öflidfje  Si3pofition§re(bt  ogl.  Conc.  Antiocli.  can.  24.  25.  Gangr. 


can.  7.  8. 

6  Sie  Sreiteilung  ber  ßirdjengüter  (grabrif ,  öifdjof ,  Hleru§)  fdjreibt  Sf)e°boru3 
Seftor  (Hist.  eccl.  II ,  55 ;  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI ,  212)  ber  rbtnififien  Kirche  311. 
Ißabft  ©impticiuä  aber  fefjt  475  (Ep.  1,  ed.  Thiel  p.  176)  bie  non  ©clafiuö  (Ep.  14, 
c.  27;  Ep.  15,  c.  1;  Ep.  16,  c.  2.  Fragm.  24  [c.  23,  C.  XII,  q.  2],  ed.  Thiel  p.  378. 
380  sq.  498)  auSbrücflid)  befproebene  Verteilung  oorauä. 

7  3n  ßonftantinopel  führte  ber  Öfonom  tütarcian  unter  ©ennabiuS  (t  471)  ein, 
bafe  bie  Genfer  ber  ei^elnen  ßireben  bie  bort  bargebrad)ten  ©aben  erhielten,  toäbrcnb 
früher  aüeS  an  bie  £>auptfird)e  gefommen  toar  (ögl.  Theodor.  Lect.  1.  c.  I,  13,  p.  172  sq.). 
3m  Dccibent  teilte  man  ben  einzelnen  ßlerifern  ©runbftüde  su. 

8  Über  Verbote  ber  Sllienation  bon  ©i'ttern  frember  ßirchcn  bgl.  Conc.  Carth.  401 
can.  5.  Cod.  eccl.  Afric.  c.  33.  Conc.  Carth.  421  can.  9.  Leo  M.,  Ep.  17  ad  Ep. 
Sicil.  Hilar.,  Ep.  8,  c.  5,  n.  7,  p.  146. 


29* 


452 


(Sieg  ber  Äirdje  im  Slömerreich  ltnb  ßampf  gegen  ben  2triani§mu§. 


13.  Urfßruttg  itnb  crfte  dmtttncflung  be§  93löttd)twn§. 

A.  Das  orieutatifd)c  iM5ttd)tum. 

Olt  eilen.  —  Äthan.,  Vita  Antonii  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXVI,  835  sqq.).  Hieron., 
Vitae  Pauli,  Hilarionis,  Malchi  (Migne,  Patr.  lat.  XXIII,  17  sqq.) ;  berfdjiebene  SBriefe 
unb  Stelrologe  (©pitapfnen)  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  XXII.  Rufin.,  Vitae  patrum 
(Migne,  Patr.  lat.  t.  XXI).  Pallad.,  Historia  Lausiaca  (ed.  C.  Butler,  Texts  and 
Studies  VI.  1.  Cambridge  1898).  Theodoret.  Cyr.,  Historia  religiosa  (Migne,  Patr. 
gr.  LXXXII,  1283  sqq.).  Sie  Vitae  beg  14-  ißachomiug  in  ben  Acta  SS.  Boll.,  Maii 
III,  25  sqq. ;  Amelineau,  in  ben  Annales  du  Musee  Guimet  XVH  (Paris  1889), 
295  ss.  ©Triften  nnb  Siegeln  ber  Vertreter  beg  äghptifchen  SJtondjtumg  (h  S3arben= 
hetoer,  ißatrologie  [2.  Slufl.]  ©.  230  ff-)-  ^Ißfetifdje  ©driften  Ltnb  Siegeln  be§  1)1.  S8a= 
f  i I i u §  b.  ©r.  (39  ar b  en  I)  eto  er  a.  a.  O.  ©.  242  f.).  Sie  ßirdjengefdjicfjten  bon 
©olrateß,  ©o-jomenug,  SbagriuS,  Sßeoboret  an  berfcf)iebenen  ©teilen. — 
ßuciug,  Sie  Quellen  ber  älteren  ©efäjicbte  beg  ägt)pt.  :ütönd)tumg  (3eitfd)r.  f.  $ird)en= 
gefd).  VII  [1884 — 1885],  163 — 198).  Amüineau,  Monuments  pour  servir  k  l’liistoire 
de  l’Egypte  chretienne  au  4me  et  5mo  siede  (Annales  du  Musbe  Guimet.  Vol.  XXV. 
Paris  1894) ;  Ogi.  Memoires  publies  par  les  membres  de  la  mission  archeologique 
fran9aise  au  Caire  (ibid.  vol.  IV.  Paris  1895).  Besse  0.  S.  B. ,  Les  regles  mona- 
stiques  orientales  anterieures  au  concile  de  Chalcbdoine  (Revue  de  l’Orient  chrötien 
1899,  p.  466 — 511).  ©o nt) en,  Sie  Siegel  beg  1)1.  Slntoniug  (Sßrogr.).  SJtetten  1896. 
iß  r  e  u  f  d)  e  n ,  ißaüabiuä  unb  Slufiitug.  ©in  Beitrag  jur  Ouettenfunbe  beg  älteften  9Jlönd)= 
tumg.  ©ießett  1897.  3öcfler,  3m:  Quettenfritif  ber  älteften  TRönchggefchichte  (Sf)eoI. 
ßitteraturbl.  1898,  91r.  9  u.  10). 

ßitteratur.  —  SIHgemeine  Sarftedttttgen  f.  oben  ©.  33,  Sir.  4;  Orbengregeln 
©.9,  Sir.  7.  ÜJtöIjler,  ©efanimelte  ©djriften  II  (Siegengburg  1840),  165  ff.  Mangold, 
De  monacliorum  originibus  et  causis.  Marb.  1852.  3  ö  d  1  e  r ,  SIgfefe  unb  9üönd)tum. 
0franffurt  a.  9D1.  1897.  Besse  0.  S.  B. ,  Les  moines  d’Orient  antärieurs  au  concile 
de  Chalcedoine  (451).  Paris  1900.  ©d)ietoiß,  Sag  ägtipt.  SJtönchtum  im  4.  3a£)r= 
bunbert  (Strdjib  für  latbol.  ßirchenrecht  1899,  ©.  68  ff.  272  ff.  441  ff.).  ©rü|mad)er, 
ißad)omiug  unb  bag  ältefte  filofterleben.  fjreiburg  i.  SBr.  1896.  Ladeuze,  Etüde  sur  le 
cenobitisme  Pakhömien  pendant  le  4me  siede  et  la  premiere  moitie  du  5me.  Louvain 
1898.  Amüineau,  Les  moines  egyptiens.  Vie  de  Schnoudi.  Paris  1889.  Marin, 
Les  moines  de  Constantinople  depuis  la  fondation  de  la  ville  jusqu’ä  la  mort  de 
Pbotius.  Paris  1898.  Smith,  Christian  monasticism  from  the  fourth  to  the  ninth 
centuries.  London  1892.  Ällies ,  The  monastic  life,  from  the  fathers  of  the  desert 
to  Charlemagne.  London  1896. 

1.  91uf  ber  ©runblage  be§  a§fetifd)en  Sehen»  in  ben  ©fjrtflengemeinben 
ber  brei  erften  3al)rl)unberte ,  beeinflußt  üon  befottberen  religiöfen  tote  fojialen 
^aftoren,  bie  namentlich  im  Orient  fid)  geltenb  madjten ,  entmidelte  fid)  im 
4.  3afirf)unbert  ba§  9Jtönd)tum  in  berfdjiebenen  formen  unb  erreichte  fefjr 
rajch  eine  5Iu§beI)nung,  metd)e  bem[elhen  eine  große  2Jtad)t  auf  bie  ©ntmidlung 
be§  firdjlichen  Sehen»  fieberte x.  §)eimatlanb  be»  Uftönditumä  mürbe  ßaubtfäch= 
lieh  'itghßten.  ®a§  bo.rt  Dom  t)L  9(ntoniu§  begonnene  a§fetifd)e  Sehen 
fanb  im  4.  unb  5.  $al)rf)unbert  immer  größeren  SSeifall  unb  berhreitete  fid) 
nicht  bloß  in  ’itgßßten  fethft,  fonbern  aud)  nad)  Sßaläftina,  ©ßrien,  9)icfo= 


1  Sie  berfdjiebenen  £t)potf)efen  über  ben  Urfprung  be§  9Jlönd)tumg ,  »eiche  in 
außercfiriftlichen  ©rfdieinungen  bie  SBurjetn  beg  mönd)if<hen  ßebeng  fud)en  »ollen,  finb 
alle  einfeitig  unb  unhaltbar.  Sie  neuefte  ßitteratur  barüber  ift  jufammengeftetlt  bon 
L.  Berliere,  Les  origines  du  monachisme  et  la  critique  moderne  (Revue  benedictine 
1891,  p.  1  19.  49 — 69).  3SgI.  noch  Marzellilre,  Moines  et  aseötes  indiens.  Paris  1898. 


18.  ttrfprwtg  unb  erfte  ©nttoidEfung  bes  5Dtönd)tunt3. 


453 


potamien  unb  ßleinaften.  Ser  ^eilige  ©infiebler  MtoniuS  (f  356,  105  Sahre 
alt)  batte  biete  jünger,  bie  um  ifjn  herum  ju  ^aium  in  ber  3:f>ebaiö  [ich 
©infiebterzetten  erbauten,  morauS  [ich  eine  religiöfe  ©enoffenfdjaft  bitbete,  ©eine 
Siebe  zur  ©infamfeit  trieb  ihn  nod)  tiefer  in  bie  2Büfte;  am  gujje  beS  SBergeS 
ßotjim  am  9toten  Dlteere  entftanb  ein  neuer  herein  biefer  Mt,  ebenfo  burd) 
eine  ©djmeffer  beS  MttoniuS  ein  folcher  bott  grauen.  MttoniuS  mirfte  nicht 
nur  in  ber  SBerfotgung  beS  fJJfaEiminuS,  [onbern  and)  in  ber  Mianerjeit  na<h= 
brüdtid)  burd)  2öort  unb  SBeifpiet,  ftanb  treu  ju  bem  großen  MfjanafiuS  unb 
erzog  biete  ausgezeichnete  SDtänner  zu  erhabener  grömmigfeit.  3n  ber  Sanbfdjaft 
9titria  in  Unterägppten  [tiftete  SlmmoniuS1  gleichfalls  Mfetengefettfdjaften, 
bie  in  jerftreuten  gelten  lebten,  am  ©onntage  aber  fid)  zum  ©otteSbienfte  ber= 
fammetten;  fütafariuS  ber  bittere  (390)  bebötferte  ebenfo  bie  ©fetifdje  SQÖüfte 
mit  ©infieblertt  unb  erbaute  burd)  feine  Sehren  unb  ©djriften,  roorin  it)m  ber 
jüngere  TOafariuS  OßotitifuS,  f  394)  nacheiferte 2.  £)itarion,  aus  Sfjahatha 
bei  ©aja  gebürtig,  feit  feinem  fünfzehnten  3  ah  re  beS  großen  MttoniuS  jünger, 
mähtte  fid)  bie  SBüfte  ztoifchen  ©aza  unb  $gppten  zum  SBotjnort  unb  breitete 
baS  ©remitenteben  in  Sßaläftina  aus,  motjin  fd)on  anbere  ©chüter  beS  Zeitigen 
borgebrungen  maren.  ©r  zog  an  zföeitaufenb  ©djüter  zu  [ich  unb  ftarb,  bott 
alten  geliebt  unb  bemunbert,  371  im  SXIter  bon  achtzig  fahren.  Sie  ©chiiter 
biefer  50teifter  beS  aSfetifdjen  Sehens  maren  Stnadjoreten.  Siefelben  mohnten 
jeber  für  fid)  in  einer  §ütte;  fie  hatten  feine  eigentliche  Üfeget,  fonbern  fatnen 
nur  zu  retigiöfen  Übungen  jufammen. 

2.  ©ine  feftere  ©eftalt  unb  beftimmte  Siegeln  erhielt  baS  fDtöndjtum  burd) 
bett  h^-  ^achomiuS.  Siefer,  292  itt  ber  ObertfjebaiS  bon  fjeibuifdjen  ©ttern 
geboren,  atS  ©otbat  313  mit  bem  ©hriftentum  befannt  gemorbett,  t)a^e  fid) 
Zuerft  bem  alten  ©infiebter  ^atämon  angefchtoffen;  fpäter  (340)  grünbete  er  zu 
Sabennü  in  ber  OberttjebaiS  eine  religiöfe  ©enoffenfehaft,  bie  baS  erfte  eigen© 
Iid)c  ßtofter  bitbete  (^oinobion  genannt)3.  Mfjerbem  ftiftetc  er  noch  acht  anbere 
^töftcr  unb  gab  ihnen  eine  gemeinfame  Siegel.  SaS  £)auptftofter  hatte  noch 
bei  Sebzeiten  beS  ^adjotttiuS  breitaufenb  SOiönche,  fpäter  fiebentaufenb ;  in  ber 
erften  f)ätfte  beS  5.  gahrfmnbertS  zählte  baS  ganze  Snftitut  fünfzigtaufenb. 
Me  ßlöfter  [tauben  in  enger  töerbinbung  unb  jebeS  unter  einem  Mt  (MbaS, 
Mdjimanbrit) 4.  Ser  ©eneralabt  toar  töorftanb  beS  ganzen  SSereinS  unb  [teilte 
Zu  gemiffen  geilen  93ifitationeu  in  beit  £Iöftern  an.  Sie  SJlöndje  maren  in 
berfdjiebene  Staffen  nach  ihren  ©efthäften  unb  ©emerben  mit  befonberen  Mtf= 
[ehern  eingeteilt  unb  lebten  meift  Dom  ©rtrage  ihrer  $anbarbeiten ,  befottberS 
ber  ^orbgeftechte,  mozu  ihnen  baS  ©d)itfrohr  beS  SiitS  biente,  bann  beS  2BebenS 


1  Über  SlmmontuS  ober  Sinnen,  ber  noct)  Oor  SlntoniuS  ftarb,  bgl.  Äthan.,  Vita 
Antonii  n.  GO.  Socrat.,  Hist.  eccl.  IV,  23.  Sozom.,  Hist.  eccl.  I,  14. 

2  Socrat.  1.  c.  c.  23.  24.  Sozom.  1.  c.  HI,  14. 

3  Sie  Sauren  (Oon  XaOpog,  Xaüpa ,  toeiter  ipiatj,  Straffe,  Ogi.  Evagr.  Schol.,  Hist, 
eccl.  I,  21)  toareit  eine  Mt  Sorf  bilbenbe  fDtönd&sbütten  ober  Heine  Räuschen,  in  benen 
jeber  für  fid)  toofjnte;  bie  Möfter  {povatrrrjpia ,  tppovzurzrjpia ,  pävöpai,  monasteria, 
claustra)  toaren  gröbere  Käufer  für  baS  Sufammenleben  (<5  xoivög  ßiog,  »ober  xotvößtov, 
coenobium,  baber  ßoinobiten,  aud)  ©pnobiten). 

4  2)on  tDtanbra  hieb  ber  2lbt  (äßßäg,  ^roopevog)  aud)  Mdjimanbrit. 


454  ©ieg  t>er  im  fRömerreiclj  unb  Kampf  gegen  ben  2lrianiSmuS. 

öon  Statten  unb  ®eden ,  be§  ©djiff=  unb  9tderbaue§  K  ßmeimat  im  Satire 
famen  afle  Sorgefe|ten  ber  eingelnen  ßlöfter  im  ^auptflofter  äufammen,  mo 
über  ihre  Smtsfüfitung  berietet  unb  bie  Serföhnung  aller  mit  ©ott  unb  unter 
ficb  gefeiert  marb.  ®ie  Aufnahme  in  ben  Orben  erfolgte  nach  ftrenger  Prüfung 
(Stobtjiat)  unb  nad)  geleistetem  ©etöbniS,  bie  Segel  treu  ju  beobachten.  fpie 
unb  ba  traten  and)  ißriefier  ein,  anfangs  noch  menige.  ®er  f)I-  SßaihomiuS 
ftiftete  aud)  Stonnenflöfter1  2,  bie  bon  ben  SKönd^Sflöftern  aus  mit  beut  Nötigen 
berforgt  mürben,  mä'hrenb  jene  mieber  für  biefe  arbeiteten.  Sin  ber  ©pi|e  ftanb 
eine  Sorfteherin,  Butter  (SmmaS),  auch  Slbtiffin  genannt3.  ©ie  trugen  einen 
©dreier,  oft  auch  einen  golbenen  ^oüffdjmud  (fDtitretta).  ®ie  ©djmeftern  beS 
hl.  SntoniuS  unb  beS  fy.  SßachomiuS  maren  ebenfalls  Tonnen  unb  ftanben 
^rauenflöftern  bor4,  bie  bis  jum  ©nbe  beS  4.  SafuhunbertS  in  fjtgtüüen  fo 
§a£)Ireict)  maren  mie  bie  Stännerftöfter.  SDie  hl-  ©hnfletia  un^>  i^re  ©djmefter 
übten  auf  SBitmen  unb  Sungfrauen  eine  ähnliche  Söirfung  auS  mie  SIntoniuS 
unb  fßadjomiuS  auf  bie  Männer5. 

3.  SDiefeS  OrbenSleben,  halb  als  pbiIofophi)<$e§  unb  engltfdjeS  Sehen  be« 
widmet6,  fanb  bon  Slggüten  unb  ^aläftina  auS  rafd)  in  ©tyrien  Slufnahme. 
Sei  ©beffa  jeidjneten  fid)  bie  Stöndie  Sulian,  SDaniet  unb  ©imeon  auS; 
an  fie  fd)t  offen  fid)  Sa  tob  bon  fJtifibiS,  SDtarcian  bon  ©tyruS,  Staro, 
ifßubtiuS  unb  biete  anbere  fmchgefeierte  fOtöndje  an.  Son  ©tyrien  auS  tarn 
baS  ^oinobitenteben  nach  Stefoüotamien ,  fßerfien  unb  Strmenien.  Sifdjof 
©uftathiuS  bon  ©ebafte  mar  ein  befonberer  görberer  beSfetben.  ©S  breitete 
fid)  immer  mehr  aus,  nicht  btojj  in  Söiiften  unb  auf  Sergen,  fonbern  auch  in 
bebölferten  ©egenben,  obfd)on  bie  Strengeren  ©tifter  ber  ©infamfeit  ftets  ben 
Sorjug  gaben.  Stoch  im  4.  Sahrhunbert  entftanben  btühenbe  $Iöfter  am  Serge 
©inai  unb  in  ber  SMifte  Staithu  nahe  beim  Serge  f)oreb7.  Sn-^aüüabocien 


1  Um  396  hatte  jebeS  äghptifche  Klofter  fein  eigenes,  bon  SCttönchen  erbautes  (Schiff, 
iüaüabius  fanb  in  bem  Klofter  fßanopolis  unter  300  -Dtönchen  je  15  ©erber  unb  ©djneiber, 
7  ©äjmiebe,  4  3immerleute,  12  Kameltreiber.  Siebes  Klofter  hatte  feinen  eigenen  S3er= 
tnalter,  ber  für  bie  leiblichen  SSeburfniffe  alter  forgte  unb  bie  gefertigten  Slrbeiten  Oer= 
toertete.  ®iefe  SSermalter  ftanben  unter  einem  am  ^aupttlofter  ungeteilten  Dberöertoalter 
( psyag  olxövopog).  2öaS  übrig  blieb,  tnurbe  an  2lrme,  Kranle  u.  f.  f.  oerteilt.  $gl. 
Hieron.,  Praef.  in  Reg.  S.  Fach. 

2  Sonnen  =  ascetriae ,  monastriae ,  monacliae ,  sanctimoniales ,  castimoniales, 
bann  nonnae  (foptifd)  =  castae). 

3  Pallad.,  Hist.  Laus.  c.  84.  42. 

4  StntoniuS  freute  fid)  (nach  Athan.,  Vita  Antonii  n.  54)  ß).i~a>v  rrjv  ddsXy^v 
ft]pdaa<yav  iv  -ap&svig  xal  xaßrj youpevijv  rs  xac  abvrjv  äXXcuv  itapdiviov. 

5  Vita  S.  Syndet.,  inter  Opp.  Athan.  (Miyne ,  Patr.  gr.  XXVHI,  1488  sq.). 
Acta  SS.  Boll.  15.  Ian.  p.  242  sq. 

e  ®er  SUtbnch  tuar  <5  tüjv  äyysXtov  ßiov  eXopsuog  (Basil. ,  Serm.  ascet.  n.  2,  bei 

Mtgne  1.  c.  XXXI,  873),  fein  Seben  ßiog  äyyeXtxoe ,  äyyeXuij  noXirzia  (Offic.  gr.  bei 

Goar,  Eucholog.  p.  468.  472),  <pdooo<pia  ixprjXr)  (Greg.  Nijss. ,  Or.  catech.  c.  18), 
<pdooo<pia  äXy&rjs  ( Chrys .,  De  sacerd.  I,  3).  Xopbg  <pdö<ro<po?  nennt  ©regor  Oon  Stajianj 
(Or.  19,  n.  16,  ed.  Par.  p.  374)  bie  Schar  ber  SDtönche,  beren  Söanbel  er  befchreibt. 
3)gl.  noch  Greg.  Nag.,  Or.  2,  n.  5 — 7,  p.  13  sq.  Chrys.,  De  sacerd.  HI,  17.  Sozom. 
1.  c.  I,  12.  Basil.,  Const.  ascet.,  Prooem.  (Migne,  Patr.  gr.  XXXII,  1321). 

7  Sozom.  1.  c.  III,  14.  Socrat.  1.  c.  IV,  23  sq.  Sozom.  1.  c.  I,  12.  14;  III,  14; 

VI>  28—34.  Hieron.,  Ep.  107  ad  Laet. :  De  India,  Perside,  Aethiopia  monachorum 


18.  Ursprung  unb  erfte  ©ntwicflung  beä  SlBndptumS.  455 

würbe  ber  1)1.  SafiliuS  (f  379)  gefeierter  OrbenSftifter.  ©cpou  früher 
l)atte  er  bie  $löfter  fgpptenS  unb  beS  Orients  befudjt;  als  ^riefter  ftanb  er 
felbft  einem  fö'lofter  in  ©äfarea  üor,  entwarf  für  feine  ©d)itler,  fornof)!  ©re= 
miten  als  ^oinobiten,  beftimntte  Regeln,  erbaute  in  ben  SBüften  beS  ^3ontuS 
mehrere  Bläffer  unb  förbcrte  in  ipncn  mit  allem  (Sifer  eine  ftrenge  unb  gc= 
regelte  3ud)t  *.  Oie  Stöndje  füllten  nidjtS  iljr  eigen  nennen,  weshalb  SafiliuS 
iljnen  and)  ©teuerfreipeit  gu  erwirten  bemüpt  war2;  fie  füllten  in  Uleibung, 
9tal)rung,  Söopnung  unb  ©d)laf  auf  baS  fJtotwenbige  befdjränlt  fein3,  bie 
9teinl)eit  unb  ßeufcppeit  bor  allem  pflegen4,  bie  Olfren  ftetS  offen  palten  jum 
©eporfant,  ipren  eigenen  2Billen  aufgeben  unb  ganj  iprem  Obern  fid)  unter= 
werfen,  wie  bie  ^eiligen  fid)  (Sott  unterwarfen.  3m  ©eporfam  fanb  SafiliuS 
baS  Söefentlicpe  unb  2Bid)tigfte  beS  StöndjSlebcnS ,  unb  burcp  ipn  patte  fein 
3nftitut  feften  Seftanb,  fo  bafs  bie  33 af ilianer  in  ber  gried)i)cpen  £fird)e  baS 
geworben  finb,  was  nacpper  in  ber  lateinifdjen  bie  Senebiftiner. 

4.  ©S  geigte  fid)  an  bielen  Orten  unb  an  berfdpiebenen  2luSwüd)fen  beS 
StöndptumS,  bap,  wo  ber  ©eporfam  feplte,  feine  wapre  gucpt  unb  feine  33e= 
parrlicpfeit  im  ©uten  perrfdfte5.  ©S  erpielten  fiep  nod)  fortwüprenb  ©remiten 
neben  ben  ^oinobiten6;  bie  befferen  Don  erfteren  liepen  fid)  erft  in  einem 
t(?lofter  bilben  unb  begaben  fid)  bann  in  ipre  ©infamfeit,  wo  fie  in  3eHen, 
Kopien,  aucp  in  ©rabmälern  wopnten  (Stentoriten)  ober  aucp  opne  SBopnftätte 
auf  Sergen  lebten,  fiep  blop  non  Krautern  näprenb,  mäprenb  anbere  fid)  für 
ipre  ganje  SebenSbauer  in  enge  3e^en  einfd)loffeit  Qnflufen,  Dteflufen)7.  Siele 
famen  fo  §u  einem  unglaublicpen  ©rabe  bon  Sbtßtung,  namentlich  bereit  §aupt, 
ber  ältere  ©pme on  (f  459),  ber  breipig  Sapre  lang  auf  einer  36  $up  popeit 


quotidie  turmas  suscipimus.  Sögt.  Peregrinatio  S.  Silviae,  ed.  Geyer,  Itinera  Hiero- 
solymitana  saec.  IV — VIII.  Yindob.  1898. 

1  Socrat.  1.  c.  IV,  21.  Greg.  Naz.,  Or.  42,  n.  34  sq.  Basil.,  Regul.  fusius  et 
brev. ;  Constit.  monast. ;  Ep.  22  de  perfect,  vitae  monast.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXI, 
822  sq. ;  XXXII,  288  sq.). 

2  Basil.,  Ep.  284  ( Migne  1.  c.  XXXII,  1020). 

3  Über  bie  2Irmut  ögl.  Basil.,  Senn,  de  renunc.  saeculi  n.  2;  Serm.  ascet.  unb 
fonft  (Migne  1.  c.  XXXI,  632.  877.  881  sq.;  XXXII,  225.  1140.  1180). 

4  Ibid.  XXXI,  873. 

5  Über  ben  ©eporfam  Pgl.  Basil.,  De  renunc.  saec.  n.  2.  3 ;  Serm.  ascet.  n.  3, 
ed.  Par.  p.  876;  Reg.  fusius  tract.  q.  30.  31,  p.  993.  Constit.  monast.  c.  19,  p.  1388; 
c.  22.  27,  p.  1401  sq.  1407:  2öie  ein  Sinftrument  opne  ben  ßiinfiler  fiep  nidpt  bewegen 
fann ,  wie  ein  ©lieb  nidpt  einen  Slugenblicf  öorn  ©atiäen  beS  SeibeS  3U  trennen  ift ,  fo 
barf  audp  ber  SlSfet  nidjtS  tpun  ober  twllbringen  gegen  ober  opne  baS  Urteil  beS  S8or= 
gefepten.  Reg.  fus.  q.  114,  p.  1160  peifet  eS:  füBenn  etwas,  WaS  bern  ©efepe  ©otteS 
entfpriept  ober  nid)t  juwiber  ift,  befoplen  wirb,  fo  ift  bern  Scfepl  wie  einem  ©cbotc 
©otteS  ju  gepordpen;  ift  aber  baS  Sefoplene  bem  ©ebote  ©otteS  juwiber  ober  3m  Siinbe 
füprenb,  fo  pat  man  fid)  an  2lpg.  5,29  3U  palten.  9SgI.  nod)  Reg.  brev.  q.  119.  138. 
166  sq.,  p.  1161  sq.  1173  sq.  1192  sq.  ®afj  nidpt  alle  Slündje  felig  Werben,  3eigt  Basil., 
De  renunc.  saec.  n.  9  (Migne  1.  c.  XXXI,  645). 

6  Über  bie  3Sor3üge  beS  JUofterlebenS  üor  bem  ber  Eremiten  »gl.  Basil. ,  Reg. 
fus.  q.  7.  2. 

7  Son  ben  inclusi,  reclusi,  £yx?.sunot  (Goar,  In  Theophan.  II,  509,  ed.  Bonnae) 
finb  bie  3Mi)biten  (üon  xaXößr],  §fitte)  nidpt  wefentlicp  oerfepieben. 


456  ©teg  ber  ßu'dK  int  ütömerreich  unb  $amf>f  gegen  ben  2Iriani§mu§. 

©äute  bei  Vntiochien  ftanb,  bon  ungültigen  SCRenfdien  angeftaunt,  bon  $aifer 
Sheobofiu§  II.  ^ocbgeefirt  marb  unb  gange  Vomabenftämme  belehrte1,  ©otd)e 
Veifpiete  fonben  inbeffen  fettener  Vadjafimung,  unb  bie  erfahrenden  Vtänner 
gaben  mit  Stecht  bem  gemeinfdjafttidjen  Seben  bor  bem  ber  ©remiten  ben  35or= 
gug.  dagegen  gab  e§  ungeorbnete  ÜRönd^§I)aufen ,  bie  ohne  Sieget  unb  ofjne 
ltntermerfung  unter  einen  Obern  bettetnb  umflogen,  oft  ba§  ffaften  mit 
Völlerei  bertaufdjten ,  einanber  fieftig  befämpften ,  mitbem  Fanatismus  bis  gur 
fRaferei  unb  gum  ©etbftmorbe  fid)  Eingaben  ober  auch  in  £)ärefie  berfieten. 
©olcber  2lrt  toaren  in  Vgppten  bie  ©arabaiten,  in  ©prien  bie  tRemobott), 
in  ÜRefopotamien  bie  tßubutatoren  (ßoaxoc,  Vkibenbe)2.  (Gegenüber  fotcben 
VuSfdtreitungen  fuchte  man  bie  regelmäßige  Verfaffung  beS  ßoinobitentebenS 
gu  förbern,  bie  Vlündie  unter  bie  bifd)öftid)e  5tufficbt  311  ftetten ,  bitrd)  Ve= 
tetjrung  unb  ©efe|e  auf  fie  einpmirfen.  3lud)  bie  melttidje  ©ematt  befcf)äftigte 
fid)  biet  mit  bem  Vtönddum.  VatenS  erließ  nicht  nur  365  ein  ©efep  gegen 
bie  bem  Müßiggänge  ergebenen,  ben  ©taatStaften  fid)  entgießenben,  bie  ^Religion 
bloß  borfcßüßenben  Mönxße ,  fonbern  fudjte  auch  baS  Vtönchtum  überhaupt, 
meit  es  feinen  Veftrebungen  gu  ©unften  beS  VrianiSmuS  entgegenmirtte ,  auS= 
gurotten,  maS  aber  bei  ber  großen  Verbreitung  unb  ber  feften  ©runbtagc  beS= 
felben  nidjt  gelang.  2I)eobofiu§  I-  Oerbot  390  ben  Vtöndjen,  fid)  in  ben 
©täbten  angufiebetn,  nafim  aber  392  biefeS  Verbot  guriid3.  Von  ba  an 
mürben  in  ben  ©täbten  biete  ^töfter  gegrünbet,  befonberS  in  ^onfiantinopet, 
mo  and)  bie  2Biffenfd)aften  gepflegt  mürben  unb  biete  junge  Vtänner  ihren 
ltnterrid)t  erhielten4.  Verühmt  maren  in  ber  Ivaiferftabt  befonberS  bie  5t f 0 i= 
nuten  (©cßtaftofe ,  bon  ihrem  bieten  Vkdjen  fo  genannt);  mit  ihnen  marb 
auch  baS  bon  ©tubiuS  gegriinbete  0ofter  ©tubion  mit  einer  bem  Säufer 
SotjanneS  gemeinen  Kirche  befept5.  Viele  Vornehme,  namentlich  in  taifcrtidje 


1  Über  bie  ©tpliten  bgl.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  I,  18.  Evagr.  Schol.,  Hist, 
eccl.  I,  13;  VI,  28.  UI) le mann,  ©pmeon  ber  erfte  ©aulenheilige  in  ©prien.  Seidig 
1846.  Singerle,  Seben  unb  Söirfen  bc§  pl-  ©pmeon  ©tpliteä.  Snnsbruct  1835. 
Delehaye,  Les  Stylites  (Compte-rendu  du  3me  Congr.  scient.  des  catliol.  [Bruxelles 
1895],  Sciences  histor.  p.  191 — 232). 

2  Über  ©arabaiten,  {Remobotp,  ßoay.oi  bgl.  Hieran.,  Ep.  18,  al.  22,  n.  15.  Ambr., 
Serm.  65.  Cassian.,  Collatio  XVIII,  4.  7.  Chrys.,  Ad  Stagyr.  Pallad.,  Hist.  Laus, 
c.  31.  33.  39.  95.  Epiph.,  Haer.  LXXXVL  Evagr.  1.  c.  I,  21.  Socrat.  1.  c.  VI,  33. 
Isid.  Peius.,  Ep.  1.  I,  n.  314. 

3  Cod.  Theod.  XII,  1,  a.  365.  Oros.,  Hist.  eccl.  VII,  33.  Theodos.  L.  1.  2  de 
monach.  in  Cod.  Theod.  Suftinian  (Nov.  5,  c.  1)  toieberfiolte  bie  Veftimmung  be§ 
Conc.  Chalc.  can.  4,  berorbnete  ba§  breijährige  jftobßiat  (ibid.  c.  2;  Nov.  123,  c.  35), 
berbot  ben  Tftöndjen  unb  Vonnen ,  ohne  ©rlaubniä  unb  ©egen  ber  Oberen  ba§  ßlofier 
SU  berlafjen,  außerhalb  beSfelben  su  fcplafen,  ba§  ©emeinleben  aufsupeben,  bie  Slaufur 
ober  bie  ßeufdjheit  ju  berleßen ,  ben  OrbenSftanb  aufjugeben  unb  bon  einem  $lofter 
jum  anbern  31t  gehen  (Nov.  5,  c.  3  sq. ;  Nov.  123,  c.  36—42).  @r  unterfagte  ferner, 
bap  3DIänner=  unb  pfrauenf  {öfter  berbunben  merben  (L.  44  Cod.  I.  3  de  Episc.  et  der.), 
bap  ©Item  ihre  ßinber  toegen  ©intrittä  in  ein  IHofter  enterben,  foloie  baff  Saieit  unb 
befonberS  ©djaufpieter  DrbeitSfleiber  antegen  (Nov.  123,  c.  42.  44),  uitb  gab  {ßorfcpriften 
über  bie  SlbtämapI  (L.  44  Cod.  1.  c. ;  Nov.  123,  c.  34). 

4  Chrysost.,  Adv.  impugnat.  vitae  monast.  1.  III,  c.  12  sq. 

6  Theodor.  Lect.  1.  c.  I,  17.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XV,  23. 


13.  Urfprung  unb  erfte  ©ntroidffung  beä  fütönchtumS.  457 

Unguabe  gefallene  SZBürbenträger ,  traten  in  bie  Ktöfter  ein1;  aber  fdjon  im 
5.  $ahrfiunbert  tarn  e§  bür,  baß  bem  §ofe  mißliebige  fßerfonen  ober  SEßrorn 
ßrätenbcnten  jum  ©intritt  genötigt  mürben.  fDtit  bem  ©remitenteben  freien  ber 
geißticße  ©tanb  nicht  bertröglid),  unb  aud)  ba§  Verbot  ber  abfoluten  0rbina= 
tioncn  mar  ber  ©rßebung  ber  üftönche  in  ben  geißlidjen  ©taub  entgegen.  3n= 
beffen  Ratten  bie  jaßtreicßen  Ktöftcr  halb  einen  ober  jmei  ©eißtidje  für  ißren 
©otteSbienß,  unb  in  ben  ©täbten  mürbe  bie  3  aßt  ber  fprießermöncße 
(£»eromonachi)  feßr  groß,  menn  aud)  bie  föteßräaßt  im  ßaienftanbe  oerblieb 
unb  nod)  auf  bem  Konjit  bon  ©ßalcebon  ju  btefetn  gerechnet  marb.  0iefe§ 
Konjit  nahm  einerfeitS  bie  Flößer  in  befonbern  ©cßu|  unb  berbot,  bie  bom 
Sifcßof  eingemeihten  Orben§häufer  mieber  in  roeltticße  Söoßnungen  umjumanbeln 
(can.  24),  anberfeitS  unterfagte  e§  bie  ©rünbung  neuer  Flößer  oßne  biphöftidje 
©rtaufmiS,  ba§  Umßerfchmeifen  unb  ffüßren  fretnber  ©efcßäfte  burcß  9Jtönd)e 
unb  untermarf  fie  burcßauS  ben  53ifd)öfcn  (can.  4).  Umßerfchroeifenbe  ©remiten, 
bie  fcfjmarg  geHeibet  unb  mit  langen  paaren  in  bie  ©täbte  tarnen,  füllten  nach 
bem  trutlanifcßen  Konjit  (can.  42)  barauS  bermiefen  metben,  menn  fie  nicht 
mit  gefdjorenem  ipaare  unb  im  OrbenSfteibe  in  ein  bloßer  eintreten  moKten. 
3tud)  anbermeitig  hefcßäftigte  ficf)  bie  frinobate  ©efeßgebung  mit  ben  fötönchen 
unb  Tonnen ,  inbein  ^aßtreidje  Sßorfchriften  erlaffen  mürben  über  bie  23e= 
bingungen  ber  Qulaffung  in  bie  Flößer,  über  bie  SebenSmeife  ber  0rben§= 
teute  u.  bgt. 

5.  0ie  früheren  9Jtönd)c  hatten  feine  eigentümliche  Kleibung;  erft  bie 
jünger  be§  ßtachomius  unterfcßieben  ficß  in  ber  SEracßt  bon  ben  Saien2.  0ie 
Kleiber  marcn  regelmäßig  fcßmarj ;  bie  ärmeltofe  Stunifa  (Kotobium)  marb 
nicht  mehr  abgelegt,  folangc  fie  nod)  gebraucht  merben  tonnte;  über  ber  SEunifa 
trugen  bie  fUtöncße  nod)  einen  fDtantel  bon  3>egenfetten,  bie  9JMote3.  üluf 
böttige  5lrmut  unb  §anbarbeit  marb  ftrenge  gebrungen;  biete  teilten  bor 
bem  ©intritt  ihr  Vermögen  unter  bie  Firmen  au§;  nad)  ber  cnbgüttigen  5Iuf= 
nähme  fielen  bie  ©rmerbungen  ber  ©injetnen  bem  Stoßer  ju.  Manche  Stößer 
5lgt)pten§  befaßen  nicht  einmal  ©üter  als  ©igentum.  ©et)r  gefreut  mürbe  ber 
Müßiggang;  ju  ben  förderlichen  Arbeiten  tarnen  ^Betrachtung ,  ©djriftßubium 
unb  ©ebet.  0a§  ßeben  ber  Kontemplation  marb  bon  ben  Tätern  nad)brücftich 
berteibigt,  unb  außerbem  erfcßienen  treffliche  aSfetifdje  ©cßriften  bon  tüchtigen 
fBtöncßen,  bie  ben  jüngeren  jur  Seteßrung  bienten4.  33iete  9Jtönche  brachten 
e§  in  ber  ©chriftauStegung  feßr  meit;  felbft  berühmte  ßeßrer  ber  Kird)e  fuchten 


1  Über  Sor  nehme  in  ben  ßlöftern  bgt.  Ioann.  Malalas,  Chronogr.  1.  XIV.  Theodor. 
Lect.  1.  c.  I,  37.  Nilus,  Ep.  1.  I,  n.  1. 

2  Orben§höbit  ro  ayiov  ayfjpa,  ba§  xouxoüAiov ;  bgt.  S.  Maxim.  Confess.,  De  variis 
scripturae  sacrae  quaestionibus  ac  dubiis  q.  67  ( Migne ,  Patr.  gr.  XC,  840  sq.).  Goar, 
Eucliol.  gr.  p.  468  sq.  488.  Sei  Theodoret. ,  Hist.  rel.  c.  5  ( Migne  1.  c.  LXXXH, 
1356)  lüirb  bon  SPubliuö  ermähnt,  bap  er  al§  Sifctjof  ^  äaxjjTtxijv  maüpav  xai  rbv  i; 
alyetwv  rpr/töv  xazsaxsuaape^ov  yiröiva  beibehielt.  Stad)  Pallad. ,  Hist.  Laus.  c.  52 
trug  2lbt  2lpoIIo  ben  Sebiton,  ben  nnbere  Äolobion  nennen. 

3  Sie  fütetote  (nach  hebr.  11,  37),  and)  bei  Cassian.,  Collat.  I,  11,  unb  Hieron., 
Ep.  22  ad  Eust.  genannt. 

4  Sgl.  Sarbenbetoer,  tpatrologie  (2.  Stuft.)  6.  230  ff. 


458  ©ieg  be*  Äirdje  im  Stömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  StrianiSmug. 

fid)  unter  beren  Seitung  meiterjubitben  (SafiliuS,  ©regor  bon  S^ojians,  £neront)= 
mu§  u.  f.  f.).  3lt  $abennä  unb  in  anbern  ^töfiern  rnaren  abenb§  unb  um 
9JZitternad)t  gemeinfame  Etnbachten  mit  je  jjroölf  ^ßfatmen,  bann  Seftionen  unb 
©ebeten;  am  Sonntag  toarb  bie  Kommunion  gefeiert.  2)ie  meiften  Stönche 
fafteten  fünf  Sage  in  ber  2Bod)e  unb  genoffen  nur  Söaffer  unb  begetabitifche 
fRafjrung.  Sie  Slbte  Ijanbfiabten  bie  Si§jiptin,  behängten  Strafen,  orbneten 
bie  Einbacken  an,  gaben  auch  biStoeilen  ben  Sd)mad)cn  unb  Oranten  @r- 
Ieid)terungen.  Sei  ber  großen  Elnjat)!  oott  SZöndjen,  beren  Sgppten  um  372 
allein  fdjon  faft  100  000  gejault  ^aben  fott,  mie  oon  Tonnen,  Don  benen  nach 
Sljeoboret1  oft  250  in  einem  0ofier  lebten,  gab  e§  aßerbing»  aud)  nic£)t 
menige,  bie  ot)ne  befonbern  inneren  Seruf,  fortgeriffen  Don  ber  allgemeinen 
begeisterten  Strömung  ober  Don  9Zad)ahmung§fucht  ober  aud)  in  Selbfitöufdiung 
befangen,  ben  fchmierigen  unb  erhabenen  Stanb  mähten,  unb  fd)einl)eilige 
9Jiüf$iggänger,  bie  at§  efjrgeijige  Steßenjäger  fid)  einbrängten.  Elber  abgefeljen 
baDon,  bajj  an  ihnen  ihre  ebleren  ©enoffen  fid)  in  ber  cfiriftlicfjen  ©ebutb  ju 
üben  unb  fie  ju  beffern  bie  oft  mit  ©rfolg  gelöfte  Aufgabe  Ratten,  teifteten 
im  großen  unb  ganzen  and)  bie  orientatifdjen  ^löfter  Sebeutenbe§  burd)  ba§ 
Seifpiet  ihrer  ©ntfagung,  burd)  ©aftfreunbfdjaft  unb  2Bof)Itf)ätigleit,  burd)  ben 
Unterricht  ber  3>ugenb,  burd)  Einleitung  junt  eifrigen  ©ebete,  unb  gerabe  fe^r 
äurüdgejogene  EI§feten  gaben  £)ilfefud)enben  Etat  unb  Sroft,  burd) 

Elnfeljen  bie  fDZädjtigen,  fetbft  bie  ^aifer,  Don  gärten  unb  ©raufamfeiten 
jurüd,  regten  fie  ju  ben  ebetften  Saaten  an  unb  förberten  in  ihnen  menfdp 
liebe  unb  d)riftlid)e  ©efinnung.  Sie  ergänzten  Diele  Süden  im  bamaligen  fird)= 
lieben  Seben  unb  entfpradjen  nach  ihrem  Streben  unb  SBirfen  bringenben  Se= 
bürfniffen  ihrer  3eit. 


B.  Das  aticuMiiitMfdje  itlünditmn. 

Ott  eitert.  —  Ambros.,  De  virginibus  ad  Marcellinam  11.  III;  De  virginitate; 
De  institutione  virginis;  Exhortatio  virginitatis  ( Migne ,  Patr.  lat.  t.  XXII).  £>  i  e  r  0= 
npmug,  SBriefe  unb  Etefrologe;  Überfehung  ber  tpmbomiug=9legeI.  August.,  De  opere 
monachorum.  Sulpic.  Sever. ,  Vita  s.  Martini;  Dialogi  sive  Collationes  (ed.  Halm, 
Vindob.  1866).  Hilar.  Arelat. ,  Vita  Honorati  {Migne,  Patr.  lat.  L,  1249  sqq.). 
Ioann.  Cassianus ,  De  institutis  coenobiorum;  Collationes  Patrum  (ed.  Petschenig, 
Vindob.  1876). 

Sitteratur.  —  Mabillon,  Observationes  de  monaebis  in  Occidente  ante  Bene- 
dictum  (Acta  Sanctor.  ord.  S.  Benedicti  I,  1  sqq.).  (Stoett,  Sag  9Ülönct)tum  in  feiner 
SnttoicHung  big  auf  ben  bl-  Senebift.  ißaberborn  1863.  @prettjenb°fer,  ®ie  @nt= 
toicflung  be§  alten  5!}tönd)tumg  in  Italien  Oon  feinen  erften  SInfängen  big  jum  Stuf1 
treten  beg  bt-  Senebift.  SBien  1894;  Sie  t)iftonfcf)en  SBoraugfeijungen  ber  Sieget  beg 
bt.  iöenebitt  Oon  Slurfia.  ®bb.  1896.  Besse  0.  S.  B.,  Le  monachisme  africain  du  4“e 
au  6me  siede  (Extr.  de  la  Revue  du  Monde  catholique).  Paris,  0.3t.  fülauerberg, 
®ie  Stnfange  ber  a§tetifd)en  93etoegung  im  Stbenbtanbe.  (Siffert.)  Dgnabriid  1897. 

6.  5)a§  EDZönchsIeben  mürbe  in  Italien  juerft  burd)  EItf)anafiu§ 
befannt,  ber  340  in  9t out  eine  guftudjt  fud)te.  2)ie  Steigung  ju  biefent  Stanbe 
medten  nicht  nur  bie  bereite  Dorhanbenen  Eisfeten  beiberlei  ©efd)Ied)te§,  fottbern 
auch  bie  ben  EItf)anafiu§  begteitenben  EJZönche  Sfibor  unb  ElmmoniuS, 


1  Hist.  eccl.  c.  30  {Migne,  Patr.  gr.  LXXXII,  1493). 


13.  Urfprung  unb  elfte  ©nttotcflung  beö  3Jl5nd)tum§.  459 

fotüie  feine  ©rjälflungen  au?  bem  Seben  be?  großen  Antonius.  Sufebiu? 
bon  SSercelli,  ber  bie  ^löfter  ber  $^ebai§  in  ber  Verbannung  fennen 
lernte,  tnirfte  feit  feiner  Aiidfeljr  in  bemfelben  ©inne1;  aud)  Ambrofiu? 
grünbete  ein  fölofter  in  Vfailnnb,  ba?  er  ftet?  befd)üt)te2.  £)ieront)muS 
traf  in  Aom  bereit»  mehrere  Warntet:  unb  grauenflöfter ,  toie  foldje  aud)  auf 
ben  Heineren  Unfein  Italien?  unb  in  Oalmatien  beftanben;  er  getnann  für 
ba?  OtbenSleben  Wänner  unb  grauen  au?  ben  bornefimften  Familien,  bie 
Senatoren  ^ammadjiuS  unb  ^ßetroniuS,  bie  gabiola,  SDemetriaS,  WarceHa, 
^ßaula  nebft  ihren  Söd)tern  Suftocbium  unb  Vläfiöa ,  bie  beiben  Welanien, 
meldje  meift  aud)  eine  auSgejeidmete  Vilbung  befaßen3.  Von  Italien  ging 
biefe?  aSfetifdje  Sehen  nad)  ©allien  über.  £)ier  grünbete  ber  ^eilige  Vifcpof 
Wartin  non  Sour?  (f  401)  bie  erfte  Höfterlidie  91ieberlaffung  bei  ^oitierS, 
bann  bei  Sour?  eine  jmeite  (Warmoutier  —  maius  monasterium),  fotbie 
noch  anbere;  bei  feinem  Seidjenbegängniffe  fanben  fiep  in  ©allien  bereit?  jtbeU 
taufenb  Wöncpe4.  3ol)ann  Saffian,  gugleid)  aSfetifdjer  ©dfriftfieHer,  ftiftete 
um  410  ba?  ßlofter  ©t.  Viftor  bon  Warfeille;  £)onoratuS,  feit  426  Vifdjof 
bon  AtleS,  etrnaS  früher  (405)  auf  ber  Sufel  Serin  an  ber  fübfranjöfifdjen 
$üfte  ein  ebenfo  berühmte?  (Serin,  ©t.=§onore).  liefen  ftdöftern  folgten 
halb  anbere  nad),  bie  ebenfo  rafd)  bebölfert  mürben  unb  in  benen  bie  be= 
beutenbften  Wiffionäre  ifjre  Vilbung  erhielten.  Sn  Afrifa  tnirfte  für  ba? 
CrbenSleben,  obfdjon  es  anfangs  meniger  Entlang  fanb,  ber  unermüblidje 
AuguftinuS,  ber  bie  ßlöfter  jn  ^artpago,  Sagafte,  fpippo  befd)ü|te,  bie= 
felben  gegen  bie  SDonatiften  berteibigte  unb  felbft  mit  feinen  ©eiftlidjen  ein  flöfter= 
lidje?  Seben  führte.  Von  Afrifa  au»  gelangte  ba?  Snftitut  nad)  Spanien5. 
Auch  im  Abenblattbe  maren  bie  Flößer,  unb  jrnar  nod)  mepr  als  im  Orient, 
©d)ulen  unb  VilbungSanftalten. 

7.  ®a?  Wöncptum  fanb  halb  nad)  feiner  Ausbreitung  im  Abenblanbe 
auep  ©egner,  meldje  befonber?  bie  Vorzüge  unb  bie  pöpere  Votlfommenpeit  be? 
epelofett  Seben?  angriffen  unb  im  ;3ufammenpatige  bamit  and)  bie  ftete 
Sungfräulicpfeit  ber  ©otteSmutter  Waria  befämpften.  ©o  trat  ber  römifepe 
Wöncp  Sobiniait  al?  ©egner  be»  haften?  unb  ber  guten  Werfe  fomie  be§ 
epelofen  ©tanbe?  unb  be?  WöndjSleben?  auf.  ©tatt  einigen  AuStnücpfen  be? 
non  ben  ebelften  ©liebem  ber  ß'ircpe  geförberten  WöndjtumS  entgegenjutreten, 
gab  er  bie  ©aepe  felbft  auf  unb  behauptete  fogar,  ber  jungfräuliche  ©tanb 
felbft  l)abe  burd)au?  feinen  Vorzug  nor  bem  ehelichen ,  bie  Sntpaltfamfeit  non 
©peifen  unb  ba?  haften  feien  nöllig  mertlo?,  bie  in  ber  Saufe  empfangene 
©nabe  unberlierbar ,  alle  Velopnungen  im  einigen  Seben  feien  nöHig  gleich, 


1  Ambros.,  Ep.  63 ;  Serm.  de  nat.  S.  Euseb.  n.  4. 

2  August.,  Conf.  VIII ,  6;  De  mor.  eccl.  cath.  n.  33.  Ambros.,  Ep.  ad  Mar- 
cellin. ;  De  virg.  III,  1. 

3  Uieron.,  Ep.  96  ad  Princip.  de  laud.  Marcellae;  De  morte  Fabiol.  ep.  84 
(al.  30).  Ambros.,  Hexaöm.  III,  5.  ©rfifcmacper,  §ieront)mu3.  33b.  I.  ßeipäig  1901. 

4  Sulpic.  Sever.,  Vita  S.  Mart.,  befonberä  c.  7.  10.  Greg.  Turon.,  De  mirac. 
S.  Mart.  IV,  30. 

5  ©tjnobe  bon  Saragoffa  380  can.  6.  8. 


460 


©ieg  bet  ßiröfje  im  Htömerreicp  unb  $ampf  gegen  ben  2Iriam§mu§. 


tute  auep  bet  33eruf  uttb  bie  2Bürbe  aller  (getauften.  Oie  fpeiligfeit  tuar 
ipm  nur  eine  33etuaprung  bet  einmal  empfangenen  ©nabe,  niept  aber  eine 
fortfepreitenbe  ©nttuidlung  berfelben,  nitpt  eine  burd)  treue  ÜJlittoirfung  ev- 
langte  Sßermepruttg;  alle  tuapren  ©priften  erfcEtierten  ipm  barin  ganj  gleitp. 
Oie  ß'ircpe  baepte  er  fiep  borjugStueife  als  unfieptbar;  ben  Unterfcpieb  ätuifepen 
läplidjen  unb  Oobfünben  tiep  er  niept  gelten;  bie  guten  Söerte  betraeptete  er 
als  mit  getniffer  9lotmenbigfeit  aus  bem  ©tauben  entfpringcnb ;  bie  ©pe  fuepte 
er  überall  ju  entpfeplen,  auep  für  ©eifilitpe.  ©inige  iDtönipe  unb  Moniten 
gingen  ipm  an.  ^apft  ©iricius  Verurteilte  ipn  nebft  aept  feiner  2lnpänger 
390  auf  einer  römifipen  ©pnobe;  baSfelbe  tpat  2ltnbrofiuS  bon  ÜJtailanb,  ber 
ipn  nebft  feinem  3lnpattge  vertreiben  lieg.  §ieronpmu§  ftprieb  gegen  ipn 
392  ein  2Berf  in  ijtnei  23ücpern,  natpper  um  400  5Iuguftin  bie  ©eprift 
De  bono  eoniugali,  tuorin  er  bie  ©pe  als  ettuaS  ©ute»,  ben  feufdfen  epelofen 
©taub  aber  als  baS  23effcre  nad)tnie§ 1.  Um  396  traten  in  Oberitalien  bie 
DJtöncpe  ©armatio  unb  33arbatianuS  auf,  bie  SobinianS  ©runbfäpe  ein- 
gefugen  patten;  fie  patten  ipt  $Iofter  berlaffen  unb  bie  getabe  ipreS  23iftpofS 
beraubte  ©emeinbe  bon  SBercelli  beunrupigt;  biefe  tnarb  aber  bon  5ltnbrofiuS 
gemarnt,  unb  bie  5lnftrenguugen  ber  beiben  Srrleprer  blieben  erfolglos.  ©teid;= 
gefinnt,  aber  notp  peftiger  tuar  33igilantiuS  auS  ©afere  in  ©allien,  ^rieftet 
in  ^Barcelona,  ber  früper  (um  396)  in  ißaläftina  gelebt  patte  unb  nad)  400 
ben  ©ölibat,  baS  haften,  bie  23ereprung  ber  ^eiligen  unb  iprer  Üteliquien,  bie 
9tad)ttbad)en  unb  bie  geftlid)feiten  bei  ben  ©rübertt  ber  iDtärtqrer,  baS  3ln= 
jünben  bon  iffiacpSferjen  beim  ©otteSbienfte ,  bie  ©enbung  bon  Ullmofen  natp 
Serufalem  unb  baS  9Jtöncptum  befämpfte.  Oie  gürbitten  ber  ^eiligen  nannte 
er  mirfungSloS,  ipre  SSereprer  5Ifcpen=  unb  ©öpenbiener.  ©eine  ©eprift  fanbten 
PtipariuS  unb  OefiberiuS  bem  £>ieront)muS  jur  SBiberlcgung,  ber  aud)  406  in 
farfaftifdfer  2Beife  unb  mit  bielem  ©rfolge  fiep  biefer  Aufgabe  unterzog2. 

Oen  Srrtum,  bap  ÜJtaria  nitpt  ftets  Jungfrau  tuar,  brad)ten  nod)  anbere 
£)äretifer  bor,  tucltpe  ebenfalls  ben  93oräitg  beS  fungfräulid)en  bor  bem  epelid)en 
©tanbe  beftritten.  ©o  ber  römifepe  Saie  ^elbibiuS,  ben  §ieronpmuS  383 
befämpfte,  jumal  bejüglicp  ber  53epauptung,  9Jtaria  pabe  nad)  ber  ©eburt 
Sefu  notp  anbere  ^inber  geboren3,  g-erner  ber  Sifcpof  93onofuS  bon  ©ar= 
bifa  (390),  bem  bon  einigen  bie  trinitarifcpe  Srrlepre  beS  SßpotinuS  (oben 
©.  368)  jur  Saft  gelegt  tuarb.  UlmbrofiuS  bon  SJtailanb  unb  ^apft  ©iriciuS 
traten  gegen  ipn  unb  feine  Slnpänger  (Sonofianer)  auf;  Sßapft  Snnocenj  I. 
getoäprte  biefen  fpäter  OiSpenfation  bejüglicp  iprer  Söeipen4. 


1  Baller,  3ioOinianu§  (iEejte  unb  Unterfucp.  9t.  II,  2).  Seipäig  1897. 

2  Hieron.,  Ep.  61  adv.  Vigilant.;  Ep.  109  adv.  Vigilant,  ©djmibt,  2Iigi= 
lantiuS  unb  jein  ißerpältniS  ju  §ieront)tnu§.  SDtünfter  1860.  9tijpoff,  SSigilantiuS. 
(Sbifjert.)  ©rontngen  1897. 

3  Hieron.,  Adv.  Helvid.  de  perpetua  virginitate  beatae  Mariae.  S3gl.  August., 
De  haer.  c.  84. 

4  Walch,  De  Bonoso  haer.  Gotting.  1754.  Ambros.,  De  institutione  virginis. 
S iricius ,  Ep.  9  (Coustaut ,  Ep.  Rom.  Pont.  p.  679  sq.).  Innoc.  I. ,  Ep.  17,  c.  9 
( Coustant  1.  c.  p.  835).  Über  bie  ©pnobe  bon  ©apna  391  unb  ba§  Conc.  Arelat.  II. 
443  ober  452  Ogi.  fcefele,  ©onciliengefcp.  II  (2.  2luf£.),  52  f.  300. 


14.  ®er  firdjltdje  ©otteäbienft  im  4.  3faf)tf)unbert. 


461 


14.  Ser  firtfjlidjc  ©ottcSbicnft  int  4.  Saljrljunbcrt. 

Sitteratur.  —  ®baIf)ofer,  hartbbud)  ber  fatfjol.  Stturgif.  2  93be.  Sfretburg 
i.  23r.  1883—1890  (I.  Sb.,  1.  2lbt.  2.  3Iuff.  bon  ©bner.  ©6b.  1894).  Duchesne, 
Origines  du  culte  ckrdtien.  2me  ed.  Paris  1898.  ÄBftlin,  ©efcljidjte  beS  d)riftli(f)en 
©otte§bienfte§.  fjreiburg  i.  Sr.  1887.  ißrobfi,  Siturgie  beä  4.  3abrI)unbertS  unb  bereit 
SReform.  ftRünfter  i.  2Ö.  1893;  ®ie  ältefien  römifdjen  ©aframentarien  unb  QrbineS. 
©6b.  1892.  SBobbermin,  Slltdjriftlicfie  liturgifd^e  ©tücfe  au§  ber  ßirdje  Slgtjptenä 
nebft  einem  bogmatifdjen  Srief  beS  Sifc^pfö  (Serapion  bon  5£f)mui§  (Siegte  unb  Unterfud). 
9t.  t?.  11,3).  Seidig  1899.  ®reto£,  Über  2ßobbermin§  „9IItdfjriftl.  liturgische  ©tücfe 
auä  ber  Utrcfie  Slgbbtenä"  (3eitf<f)r.  für  ßirdjengefdj.  XX  [1899—1900],  291  ff.  415  ff.). 
SDßeitere  Sitteratur  f.  oben  ©.  34,  Sr.  8.  Didascaliae  apostolorura  fragmenta  Vero- 
nensia  latina  ed.  Hauler.  Vol.  I.  Lips.  1900.  (JunJ,  ®a£  Seftament  unfereS  -perrn 
unb  bie  Oertoanbten  ©Triften.  SSaiitj  1901. 

A.  Saufe  uitii  ßatedjumeuaf. 

Quellen.  —  Cyrill.  Hier.,  Cateclieses  (edd.  Reischl  et  Rupp ,  Monaci  1848 
ad  1860).  Constitutiones  apostolicae  VI,  15;  VII,  22;  VIII,  32.  August.,  Confes¬ 
siones  I,  9.  Basil. ,  De  Spiritu  Sancto  c.  12  sq.  15.  27.  Greg.  Naz. ,  Orat.  40, 
n.  46  (Migne ,  Patr.  gr.  XXXVI,  728  sq.).  Dionys.  Areop.,  De  eccl.  liier,  c.  2  sq. 

Sitteratur.  —  Corblet,  Histoire  dogmat.,  liturg.  et  archeol.  du  sacrement  du 
baptSme.  2  vols.  Paris  1882.  Ermoni,  L’histoire  du  bapteme  depuis  l’edit  de  Milan 
(313)  jusqu’au  concile  in  Trullo  (Revue  des  quest.  histor.  LXIV  [1898],  313 — 324). 
3f«nf ,  ®ie  ßatedjumenatgf taffen  im  grifft.  Altertum  (ßirdjengefcf).  SIbbanbl.  I,  209  ff.) ; 
3ur  3frage  Oon  ben  ßatedjumenatdflaffen  (®itb.  ®beob  Quartalfcjjr.  1899,  ©.  434—443). 
©ruft,  ®ie  ßeijertaufe=2tngelegenl)eit  in  ber  altcfjriftl.  ßircfje  nadj  ßpprian  (f^orfch-  jur 
cfjriftt.  Sitteratur^  unb  Sogmengefcf).  II,  4).  Staing  1901.  iprobft,  ßatec^efe  unb 
Srebigt  Dom  SInfang  beg  4.  bis  jum  ©nbe  beS  6.  3}a|rf)unbertS.  SreSlau  1884.  Hezard, 
Histoire  du  Catechisme  depuis  la  naissance  de  l’Eglise  jusqu’ä  nos  jours.  Paris  1900. 

Sie  Saufe  marb  tote  früher  nacf)  borgängigem  katedfumenate  er= 
teilt,  baS  in  einigen  kirdjen  brei,  in  anbern  jmei  Saljre  bauerte,  für  jübifcpe 
katedfumenen  in  (Sa dien  506  burdj  bie  ©pnobe  bon  9lgbe  (can.  84)  fogar 
auf  acht  ÜDionate  fierabgefeijt  toarb.  ©egen  baS  Verfcfneben  ber  Saufe,  baS  in 
Sattheit  ober  in  bem  frnng  ju  ungebunbenem  öeben  toie  auch  in  bem  SBunfdje 
feinen  ©runb  hatte ,  im  2tlter  ©fjriftt  unb  im  iporban  baS  ©aframent  ju  er= 
galten  ober  fofort  nacf)  ©mpfang  beSfelben  ohne  ©ünbe  fterben  ju  fönnett,  um 
fidjer  ben  Fimmel  ju  erreichen,  mußten  bie  93ater  ber  gried)ifd)en  kircpe  öfters 
ihre  tnafmenbe  ©timme  erheben  1 ;  bei  ©efaljr  beS  SobeS  erteilte  man  bie  Saufe 
fo  rafd)  als  möglich,  faf)  aber  bie  klinifertaufe  nur  ungern.  Sie  katedjutnenen 
blieben  in  bem  ©tabiutn  ber  Vorbereitung  auf  bie  heilige  Saufe,  bis  fie  fid)  jutn 
(Empfange  berfelben  melbeten  unb  bom  Klerus  nad)  borget  angefteHter  Prüfung 
jur  fttufnafjme  in  bie  Birdie  mürbig  befunben  mürben.  Vierzig  Sage  bor  Cftern 
trug  man  bie  fftamen  ber  kompetenten  ein;  haften,  ©ebet,  ©ünbenbefenntntS, 
Prüfungen  (©frutinien),  ©rorciSmen  gingen  ber  Saufe  boraitS.  2m  9tom  mar 
bie  ipauptprüfung  am  Vtittmocf)  ber  bierten  gaftenmodie.  Sie  kompetenten 
mürben  fomofjl  bom  kleruS  als  bon  ihren  ^3aten  mit  bem  kreuje  an  ©tim 
unb  Vruft  bezeichnet ;  man  gab  ihnen  (in  Stfrifa  mieberpolt)  geroeif)teS  ©alj 


1  Basil.,  Hom.  coliort.  ad  s.  bapt.  {Migne,  Patr.  gr.  XXXI,  424  sq.).  Greg.  Naz., 
Or.  40  ( Migne  1.  c.  XXXVI,  390  sq.).  Chrysost.,  In  Act.  bom.  1,  n.  6  [Migne  1.  c. 
LX,  23).  Greg.  Nyss.,  De  bapt.  [Migne  1.  c.  XLVI,  425  sq.). 


462 


Sieg  ber  ßiripe  im  IRötnerreicf)  unb  ßampf  gegen  ben  3lriani§mu§. 


(fOiarf.  9,  48)  in  ben  Dfunb,  bigmeilen  aud)  SJlifcp  unb  £onig.  3«  ben  3«e= 
monien  lomen  bie  Slnpautpung  (Snfufflation)  nad)  bem  Eporägmug,  ba§  löerüpren 
ber  Dpren  unter  Slugfprecpen  beg  2Borte§  Eppppeta  (DJJarf.  7,  34)  ju  geiftigem 
33ernepmen,  bie  ©albung,  bie  IBerlefung  beg  Eingangg  ber  öier  Ebangelien, 
ancf)  (in  Italien)  bie  Sarreicpung  eineg  ©elbftiidg  jur  Erinnerung  an  ba§  jebetn 
anoertraute  Salent  (8uf.  19,  12  ff.),  bie  SßerfniKung  beg  £)aupteg  mit  ber  Ent= 
I)üKnng  begfelben  am  Sage  ber  Saufe,  bie  Sarreicpung  eineg  meinen  ©emanbeg 
unb  einer  brennenben  $erje.  Sag  ©p mb o lum  beg  ©laubeng  mußten  bie 
^atecpumenen  bem  ©ebäcptnig  einprägen  unb  feierlich  bortragen.  Erft  nad) 
ber  Saufe  rnarb  ber  Unterricht  in  ber  Ofiermocpe  beenbigt  burd)  Einführung 
in  bie  tieferen  (Be^eimni§Ief)ren  unb  in  bie  ©aframente  ber  $ircpe  (tnpftagogifdje 
Ä'ateipefen) 1.  Sen  Unterricht  leitete  oft  ber  tßifcpof  felbft,  meifteng  jebocp  eigeng 
baju  befteHte  ^3riefler,  aud)  Siafonen,  auf  unterster  ©tufe  Seftoren.  Sie  feier= 
ticpe  Saufe  nahm  aud)  jept  nod)  mo  möglich  ber  23ifcpof  felbft  in  fepönen  Sauf= 
fapellen  (39aptifterien)  um  Oftern  ober  spfingften  roie  auch  am  Epiphaniefefte 
bor2;  in  Sanbfirdfen  tauften  bie  ^riefter.  Saufen  burd)  Säten  fab  man  im 
Orient  nur  ungern.  511  g  fpäter  meift  nur  nod)  ßinber  getauft  mürben,  50g  man 
bie  früher  ju  berfd)iebenen  3£den  borgenommenen  3^emonien  ju  einer  §anb= 
lung  jufamtnen.  Sie  Saufe  felbft  rnarb  (auggenommen  bei  Uranfen)  noch  burd) 
breimalige  Untertaucpung  erteilt;  man  hielt  im  Orient  um  fo  mehr  baran  feft, 
alg  Eunomiug,  ber  blop  auf  ben  Sob  Eljrifii  taufte,  bie  einmalige  Untertauchung 
einführen  moKte;  im  51benblanbe  erflärte  fpäter  ©regor  b.  ©r.  leptere  für  pin= 
reidpenb  unb  empfahl  fie  ben  ©paniern  jum  ©egenfape  gegen  bie  SCrianer,  bie 
brei  Slbflufungen  ber  ©ottpeit  bertraten;  biefen  Sffat  machte  633  bie  bierte 
©pnobe  bon  Solebo  jum  ©efepe3.  Sag  Saufmaffer  mürbe  befonberg  gemeipt 
unb  halb  aud)  mit  Eprignta  bermifd)t;  in  bagfelbe,  bag  bie  ©läubigen  aud)  fonft 
alg  ©aframentale  gebrauchten,  rnarb  bie  Ofterferje  eingetauept.  ©enau  mürben 
bie  klaffen  ber  Ipäretifer  unterfepieben ,  beren  Saufe  alg  gültig  ober  afg  un= 
gültig  angefepen  rnarb 4. 

9Jiit  ber  feierlichen  Saufe  mürbe  bie  ©albung  (Firmung)  erteilt.  3m 
Orient  fonnten  aud)  ^ßriefter ,  juerft  in  Sffejanbrien ,  bie  Firmung  fpenben; 


1  Über  ben  ßateepumenenunterriept  bgl.  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXIII  (bie  fünf 
lepten  bie  mpftagogifepen).  August.,  De  cateehizandis  rudibus;  Serm.  56 — 59;  Serm. 
212 — 215.  Gaudent.  Brix.,  Tract.  1 — 10.  Recitatio  symboli  Conc.  Laod.  can.  46. 

2  Über  bie  Säuselten  bgl.  Leo  M.  (447),  Ep.  16,  c.  5.  6;  (459)  Ep.  168,  c.  1. 
Gelas.,  Ep.  14,  c.  10,  ed.  Thiel  p.  368.  2öo  feine  ©efapr  toar,  berfdjob  man  in  ©allien 
unb  Spanien  bie  Saufe  big  Oftern  (ßarfamgtag). 

s  Über  bie  Saufe  beg  ©unontiug  bgl.  Socrat.,  Hist.  eccl.  Y,  24.  Sozom.,  Hist, 
eccl.  VI ,  26.  Theodoret. ,  Haer.  fab.  IY,  3.  Epiph. ,  Haer.  LXXVI.  Greg.  Nyss., 
C.  Eunom.  1.  XI,  fin.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XLV,  881).  Sagegen  toirb  bie  trina  immersio 
eingefdjürft  Can.  apost.  49,  al.  50.  Cyrill.  Hier.,  Catecli.  XX,  n.  4.  Greg.  Nyss., 
In  bapt.  Clir.  [Migne,  Patr.  gr.  XLVI,  585).  Über  bie  una  immersio  bgl.  Greg.  M., 
Ep.  1.  I,  n.  43  ad  Leandr.  Hisp.  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  6. 

4  Über  bie  £>üretifertaufen  bgl.  Conc.  Nie.  can.  8  (bei  -Jlobatianern  gültig),  can.  19 
(bei  ißaulianifien  ungültig);  Laod.  can.  7  (für  ßuartobecimaner  unb  SJfobatianer) ; 
Constantinopol.  382  can.  7  (fälfdjlicf)  bent  gtoeiten  ßonjil  gugefcfirieben ,  für  3lrianer 
unb  9)taceboniuner,  gegen  bie  Saufe  ber  ©unomianer  unb  Sabeüianer). 


14.  ®er  tircßliiße  ©otte§bienft  im  4.  Saßrßunbert. 


463 


im  Cccibent  tßaten  bte§  regelmäßig  bie  53ifcßöfe,  bie  ^riefter  nur  mit  fpejteßer 
päpftlidjer  53ebot(mäcßtigung ,  wie  [ie  3.  53.  ©tegor  b.  ©r.  ben  ^tiefteru  auf 
©arbittien  gab.  5tber  fotooßl  bei  ben  Sateinern  al§  bei  ben  ©ricdjen  mußte 
ba§  ©ßrt§ma,  ba§  fdjon  ©ßriH  bon  Serufalem  al§  ßeilig  erttärte  unb  mit  beut 
euäßariftifdjen  53rote  uerglicß,  hont  SBifcßof  gemeißt  fein;  fpätcr  beßielten  ftdß  im 
Orient  bie  ißatriarcßen  biefe  Söeiße  bor.  3m  5lbenbtanbe  meißte  c§  gemößnlid) 
ber  53ifcßof  mit  ben  anbern  ßeitigen  Ölen  am  ©ritnbonner§tag 1.  Oie  Firmung 
galt  gteicß  ber  Oaufc  für  unmieberßotbar ;  bie  bon  £)ärctifern  erteilte  Firmung 
marb  äßnlid)  ber  Saufe  beßanbett.  ©§  tarn  aber  in  ben  orienta!ifd)en  mie 
aucß  in  fpauifcßen  unb  gatlifcßen  ^ircßen  bor,  baß  jurüdfeßrenbe  ^äretifer,  bie 
man  nid)t  taufte,  bocß  bie  ©albung  mit  ©ßri§ma  unb  bie  ^anbauftegung  er= 
ßielten,  tbie  5lrianer  unb  fJtoöatianer ,  mäßrenb  bei  anbern,  mie  Uteftorianern 
unb  5)tonopßßfiten ,  bie  5lbfd)mörung  beä  3ntum§  unb  bie  5tbtegung  be§ 
©Iauben§betenntniffe§  genügte 2. 

B.  Die  rnd)art(lifd)t  frier. 

Quellen.  —  Cyrill.  Hier.,  Cateches.  mystagog.  4.  5  (ed.  Reischl  et  Ilupp 
II,  375  sqq.).  Constitutiones  apost.  II,  57;  VIII,  5— 15;  bgl.  fjunt,  ®a§  ac£)te  Bucß 
ber  SIpoftolifcßen  Honftitutionen  unb  bie  oenoanbten  ©djriften  (^»iftor.  $aßrbucß  1895, 
©.  1  ff.  473  ff.).  Ckrysost.,  Homiliae  passim  (Dgl.  Bingham,  Origines  eccles.  or  the 
Antiquities  XIII,  6  ff. ;  Hammond,  The  Ancient  Liturgy  of  Antioch.  Oxford  1879). 
Berfcßiebene  ©teilen  in  ben  ©ißriften  Don  BafiliuS,  2Imbrofiu3,  SInguftinuS 
(Dgl.  iflrohft,  Siturgie  beä  4.  Sfaßrßunbertä  unb  beren  IReform.  Btünfter  i.  SB.  1893). 
Peregrinatio  S.  Silviae,  ed.  Geyer  (Itinera  Hierosolymitana.  Vindob.  1898).  Bright- 
man,  Liturgies  eastern  and  Western,  being  the  Texts  original  or  translated  of  the 
principal  Liturgies  of  the  Churcli.  Vol.  I :  Eastern  Liturgies.  Oxford  1896.  —  Sacra- 
mentaria  unb  Ordines  ber  römifißen  unb  gattifaitifcßen  Siturgie,  jufammengefiellt  Don 
®ucßc3ne  (Origines  du  culte  chretien.  2rae  bd.  Paris  1898)  unbiprobft  (®ie  älteften 
römifeßen  ©aframentarien  unb  Orbineä.  Blünfter  i.  SB.  1892).  Bio  ne,  Sateinifcße  unb 
grietßifcße  Bleffeu  aud  bem  2.  bi3  6.  Sfaßrßunbert.  Srantfurt  1850.  Beue  Sluägabe  beä 
Sacramentarium  Gelasianum  Don  SB  i  I  f  0  n  (The  Gelasian  sacramentary.  Oxford  1894) ; 
Don  bemfelbeit:  A  classified  index  to  the  Leonine,  Gelasian  and  Gregorian  Sacra- 
mentaries.  Cambridge  1893.  Bäum  er,  ®a3  fogen.  Sacramentarium  Gelasianum 
(£>iftor.  Sfaßrb.  1895,  ©.  241—301).  Brightman,  The  sacramentary  of  Serapion  of 
Thmuis  (Journal  of  theological  Studies  1899 — 1900,  I,  88  ff.  247  ff  ).  Cresswell, 
Liturgy  of  the  eight  book  of  „The  Apostolic  Constitutions“.  London  1900. 

Sitter  atu  r.  —  Brobft,  ®ie  antioeßen.  SDTeffe  muß  ben  ©cßriften  beä  ßl.  ©ßrß= 
foftomud  bargeftctlt  (3eitfd)r.  für  fatßol.  ®ßeoI.  1883,  ©.  205 — 303) ;  ®ie  ßierofoIßmi= 
tanifeße  Bteffe  itacß  ben  ©ißriften  bei  ßl.  ©ßriltuä  (ßatßolif  1884,  I,  142 — 157.  253 
bii  370).  Cabrol,  Les  eglises  de  Jerusalem,  la  discipline  et  la  liturgie  au  4me  sibcle. 
Paris  1895.  Magani ,  L'antica  liturgia  romana.  Vol.  I.  Milano  1897.  Magistretti, 
La  liturgia  della  chiesa  milanese  nel  sec.  IV.  Milano  1899.  Morin,  Hierarchie  et 
liturgie  de  l’bglise  gallicane  au  5m8  sibcle  (Revue  bbnbdictine  1892,  p.  97 — 104). 
Buchwald,  De  liturgia  gallicana.  Vratislav.  1890.  Bauerfei ttb,  ®a3  altlirdjliiße 
Berifopenfßftem  ber  abenblänb.  ßireße  auf  ©runblage  bei  apoftol.  ©laubenäbefenntniffeä 
beßanbelt.  ©üteräloß  1890.  ©bner,  Quellen  unb  gorfißungen  jur  ©efißicßte  bei  Missale 


1  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXI,  bef.  n.  4.  Dion.  Areop.,  De  eccl.  hier.  c.  4.  Conc. 
Laod.  can.  48.  Innoc.  I.,  Ep.  1  ad  Decent.,  c.  3,  n.  6.  Gelas.,  Ep.  ad  Episc.  Lucan. 
Pacian.,  Serm.  de  bapt.  n.  6  (bie  ©ßriämation  Don  Sobtranfen  burdß  Sßriefter  fteßt 
Dereinäelt). 

2  Conc.  Constantinopol.  382  can.  7  (brei  klaffen  Don  £>äretifern). 


464  <Sieg  ber  ßircfje  im  Sömerreich  unb  ßampf  gegen  ben  SlrtaniSmuS. 


Romanum  im  SOlitteloIter.  $reiburg  i.  Sr.  1896.  Seng,  ®ie  ©efchichte  beS  9Jle|obfer= 
begriffS.  [freijing  1901.  Mortimer,  Eucharistie  sacrifice.  Historical  and  theological 
investigation  of  sacrifical  conception  etc.  London  1901. 

5luf  ben  uralten  ©r  unb  lagen  ber  apoftolifdjen  3eit  entmidelte  fid)  ber 
djriftlidje  ©otte§bieuft  meiter;  iDiittelpunft  beSfelben  mar  für  alle  $eit  bie 
eudharifiifdje  freier,  bie  feit  bem  4.  3a'hrl)unbert  immer  mef)r  mit  glanzen: 
ben  geremonien  au§geftattet  marb.  Sdfriftlidie  gufammenftellungen  ber  UturgU 
fc^en  Formeln  entftanben  je|t  ga^Ireid)  im  Orient  mie  im  Occibent ;  man  führte 
biefelben  teil»  auf  bie  Spofiel  al§  Orbner  be§  $ultu§  teils  auf  berühmte 
$ird)enöorftel)er  jurüd.  fßad)  unb  nad)  marb  aud)  bie  Freiheit  ber  23ifd)öfe 
in  ber  Snorbmtng  ber  liturgifdien  Sfte,  Beifügung  unb  Shfürgung  bon  ©ebet§= 
formein  befdjränft ,  ben  Suffraganfirdjen  bie  Einhaltung  ber  Siturgie  ihrer 
Metropole  borgefdjrieben  unb  aud)  eine  größere  ($inf>eit  unb  Übereinftimmung 
in  berfelben  angebahnt,  mäljrenb  ba§  2öefentlid)e  berfelben  überall  bon  Slnfang 
an  ba§  gleiche  geblieben  mar.  SBoffl  mußten  Sifchöfe  unb  ^riefter  bie  rnidp 
tigften  Formeln  au§mcnbig  tniffeit;  aber  bie  längeren  unb  oft  medjfelnben  ©e= 
bete  trugen  fie  au§  23itd)ern  bor,  bie  eigene  hierfür  gefertigt  maren  (Siturgien, 
©ebet§orbnungen ,  ÜJliffalien,  Anaphorae  genannt).  Ulm  beften  befannt  ift 
bon  ben  orientalifdfen  Siturgien  bes  4.  Sctb?^f)unbert§  bie  ftjrifdje,  melcpe  in 
5lntiod)ien  unb  ben  git  bem  5ßatriard)alfprengel  biefer  alten  Ddtetropote  gefiörenben 
^irdjen  gebraust  mürbe.  2Iu§  il)t  entmidelten  fid)  bie  Siturgien  bon  $on= 
ftantinopel,  Säfarea,  ferner  bie  armenifd)en  unb  perfifdien  §ormulare.  3m 
Sbenblanbe  nimmt  bie  römifdje  Siturgie  bie  erfte  ©teile  ein;  neben  iljr 
treffen  mir  al§  jmeite  £)auptform  gegen  Su§gang  be§  4.  3ol)rf)unberts  bie  gallig 
fanifdje  Siturgie,  bie  bielleidjt  bon  ÜJiailanb  au§  in  bie  Kirchen  ©alliens 
einbrang  unb  Diele  23erül)rung§punfte  mit  ben  orientalifdjen  $ultu§fortnen  geigt. 
3U  ben  liturgifdien  Südjern  gehörten  außer  ben  bie  Schriftleftionen  unb  33ene= 
biftionen  entfjaltenben  noch  bie  Oiptpdjen,  hoppelt  gefaltete,  mit  2öad)s  iiber= 
jogene  Sdfreibtafeln ,  meldje  bie  tarnen  ber  Sebenben  unb  ber  Sßerftorbenen 
enthielten,  beren  beim  Opfer  gebucht  marb  1. 

Oie  Unterfdjeibung  ber  ÜJieffe  ber  $ated)umenen  unb  ber  ©Iäu= 
bigen  beftanb  fort,  folange  fid)  bie  OiSgiplin  ber  ^atechumenen  unb  33ü^er 
erhielt,  bie  nebft  ben  Ungläubigen  unb  Energumenen  bem  ^auptteile  be§  ©otte§= 
bienfteS,  ber  üfteffe  ber  ©läubigen,  nicht  beimohnen  burften2.  Oie  ^atedfumenem 
meffe  begann  mit  ber  SSerlefung  biblifcher  Stüde,  nachher  aber  mit  ^ßfalmem 
gefang.  Anfangs  mar  bie  5lu§mal)l  ber  gur  fßerlefung  fommenben  3Ibfdhnitte 
bem  Ermeffen  be§  33ifd)of§  anfjeimgeftellt ;  bod)  bilbete  fid)  halb  eine  fefte,  in 


1  ®ie  diizru'/a  (bis  plicata)  toaren  meift  intoenbig  mit  2Sad)§  überzogen ,  aus 
©Ifenbein  (bgl.  Cod.  Theod.  XV,  9,  11)  ober  ottbern  «Stoffen  gearbeitet,  ähnlich  ben 
im  getuohnüchen  Sebett  iiblid)en  Sdreibtafetn  (Suf.  1 ,  63),  bie  als  Sotigbüdjer  ober 
Segifter  (fasti)  bienten.  ®ie  Samen  ber  barin  oergeidjneten  ©eiftlichen  unb  Saien 
mürben  beim  ©otteSbienfie  Dom  Sltnbo  herab  beriefen. 

2  S>ie  Anhörung  beS  ©üangeliumS  unb  ber  ißrebigt  marb  im  4.  3ahrhunbert  ben 
ßatechumenen  bielfad)  geftattet,  bann  auch  ben  §eibeit  unb  ipäretifern,  befonberS  in 
Sfrifa  ( Mansi ,  Conc.  Coli.  III,  958);  baS  Conc.  Laod.  can.  6  berbot  aber  ben  §are= 
tifern  baS  betreten  ber  ßirchc. 


14.  Ser  lirchlidje  ©otteSbienft  im  4.  Sahrhunbert. 


465 


ben  metfJen  gälten  eingerittene  Orbnung,  bie  fid)  au§  ben  Hirdjenfeften  bon 
fetbft  ergab.  fJtad)  uitb  nad)  trat  an  bie  ©telte  bcr  forttaufenben  Sefung 
ganzer  Giidjer  bie  bon  au§gett)ät)Iten  ©titden;  nur  bei  ben  ©riechen  ta»  mau 
bie  bier  ©bangetien  bottftönbig.  Gtan  fd)ieb  auch  fpater  jurn  bequemeren  ©e= 
hraud)  ber  Gortefer  bie  einzelnen  Seite  ber  ©djrift  in  befonbere  Gücher  — 
©bangetienbud),  ©piftetbud)  (ber  Gpoftet),  patter  unb  Seftionar  au§  bem  Sitten 
Guitbe.  3sn  mehreren  $ird)en  lam  eine  Seftion  au»  legerem  bor,  ber  bann 
eine  au§  ben  apoftolifdjen  Griefen,  jute^t  au§  bem  ©bangetium  folgte;  bie 
römifd)e  $ird)e  hatte,  befonbere  Sage  ausgenommen,  nur  eine  Gihetleftion  bor 
bem  ©bangetium 1.  S'n  manchen  $ird)en  ta§  man  and)  noch  Briefe  befonberS 
gefeierter  SJlänner  ober  bon  Gifdjöfen,  fotoie  auch  bie  Sitten  ber  Gtärtqrer  an 
bereu  geften ;  einige  ©qnoben  befdjränften  aber  bie  Sefungen  auf  ©djrifttejte, 
bie  aud)  jute|t  auäfchtiefilid)  gebraucht  tmtrben 2. 

Stad)  einem  ©rufi  be»  S3ifd)ofS  an  ba»  S3ott  unb  einem  ©ebete  (Collecta), 
ba§  ber  geftfeier  entfprad)3,  folgte  bie  ^3  r  e  b  i  g  t  ober  Stnfprache  be»  Gifdjof», 
bie  er  entmeber  auf  bem  Shrone  fitjenb  ober  an  ben  ©tufen  beS  Slltare»  ftehenb, 
fpäter  aud),  um  beffer  berftanben  ju  merben,  bom  3tmbon  au§  bortrug. 

Siefelbe  mar  halb  eine  einfache  ©rfläruug  ber  bertefenen  Gibelabfdjnitte, 
befonberS  ber  ©bangetien,  mit  beigefügten  Gemerfungen  für  bie  3ut)örer,  batb 
eine  forttaufenbe  Stilllegung  bibtifcher  S3üd;er,  batb  ein  freier  Gortrag  über  bie 
Gebeutung  beS  betreffenbeit  $ird)enfefte» ,  über  ba»  Seben  ber  ^eiligen,  über 
aufjerorbenttiche  Gegebenheiten  unb  befonberS  für  ba§  Seben  ber  ©emeinbe  tbicf)= 
tige  ©egenftänbe 4.  Sie  großen  Set)rer  ber  $ird)e  mirtten  burd)  mot)lbered)nete 

1  2lnbcutungen  über  beftimmte  bibüfche  Sefungen  {ävayvuxrßara)  ftnben  fidC)  bei 
3tuftin,  ßlemeng  Don  2llej.  unb  Drigeneä.  ÜJtetjrere  33ibelhanbfd)riften  feit  bem  5.  3fahr= 
hunbert  merten  biefelben  genauer  an,  unb  ©utljaliuS  verfertigte  bamatä  au3  ber  21pofieI= 
gefdüdfte  unb  ben  SSriefen  2lnagnofen.  ©ine  beftimmte  Orbnung  ber  Seitionen  fe|en 
ß()rt)foftomu§  (In  Rom.  hom.  24,  n.  3;  Cur  in  Pentec.  Acta  legantur  [Migne,  Patr. 
gr.  LI,  98  sq. ;  LX,  625]  unb  fonft)  unb  2luguftinu§  (In  Io.  tr.  6;  Sonn.  143  de 
temp.  etc.)  borauA  Sie  in  ber  ßirdje  3U  lefenben  Seitionen  borher  3u  $aufe  für  fid)  ju 
lefen,  toarb  ben  ©laubigen  oft  angeraten  ( Chrysost .,  Hom.  12  c.  Anomoeos  n.  5;  De 
Lazaro  concio  3,  n.  1;  In  Gen.  liom.  29,  n.  2;  In  Coloss.  hom.  1,  n.  1 ;  In  2  Thess. 
hom.  3  fin.  [Migne,  Patr.  gr.  XL VIII,  812.  992;  LIH,  262;  LXII,  361.  485  etc.]); 
hoch  blieb  bieö  mehr  ©ad)e  be§  ßleru§  al§  bed  SBolIeä,  unb  Ictjtereä  toarb  an  bie  tird)= 
lidje  Auslegung  berlbiefen.  GfaubianuS  GlamertuS  (f  um  474)  fd)rieb  nad;  ©iboniuä 
2lpoEinari§  ein  Seltionar  für  bie  $ird)e  bon  iöienne.  23on  SDtufäuS  berichtet  ©ennabiuS 
(De  script.  eccl.  c.  79) :  Excerpsit  de  scripturis  lectiones  totius  anni  festivis  diebus 
aptas,  responsoria  psatmorum  capitula  temporibus  et  lectionibus  congruentia.  9t  a  n  I  e, 
$a§  f irdEdid^e  tperilopenfhftem.  SBerlirt  1847.  90t.  ©dju,  Sie  biblifdjen  Sefungen  ber 
fathol.  ßirdje.  Srier  1861. 

2  Über  bie  Settüre  aufjerbiblifd)er  ©dfriften  bgl.  Euseb.,  Hist.  eccl.  III,  16. 
Sozom.  1.  c.  VII,  19.  August.,  Ep.  158.  Sagegen  toaren  Conc.  Laod.  can.  59  unb 
Hippon.  393  can.  36;  letzteres  nahm  jebod)  bie  ÜJtärthreralten  au§. 

3  Chrysost.,  In  Matth,  hom.  32,  n.  6 ;  In  Coloss.  hom.  3,  n.  4  (Migne,  Patr.  gr. 
LVII,  384;  LXII,  322).  Sie  Collecta  hicfl  fo,  quia  fidelium  vota  quasi  colligebantur. 
Sie  ©ebete  an  ben  9}ater  ju  richten  unb  frembe  ©ebetgformeln  3U  meiben,  gebot  393 
baS  ßonjil  bon  £>ippo  can.  21. 

4  'Oßilia ,  Xöyog ,  sermo ,  tractatus,  auch  disputatio  (Hieron. ,  Ep.  22  ad  Eust. 
c.  15).  Sluguftinuä  (In  Io.  tr.  89;  De  doctr.  christ.  1.  IV)  giebt  Stnbeutuugcn  über 
tird)tiche  9thetoriI. 

§evgenrötl)cr,  Äirc^engefdjiChte.  I.  4.  Stuft. 


30 


466  ©«9  ö«  fiirpe  im  tRömerreip  unb  ßarnpf  gegen  ben  2tricmi§mu§. 

unb  begeifterte  9teben  mädjtig  auf  bie  Gläubigen  ein  unb  brauten  bie  tircpticpe 
Serebfamteit  ju  Rotier  Slütc.  3m  Orient  maren  befonber?  ©regor  bon  ^ajianj, 
tßafiliu? ,  fein  Sßruber  ©regor  bon  9tpffa,  ©ppräm,  3lmppiIo<piu? ,  ©prillu?, 
«ßrotlu?,  bor  allem  ©prpfoftomu?  potpgefeierte  9tebner,  im  5tbenblanb  Stmbrofiu?, 
3tuguftinu?,  Seo  b.  ©r.,  $etru?  ©prpfotogu?,  gMajimuS  bon  Ourin,  gutgentiu? 
bon  Ütu?pe,  ©äfariu?  bon  3Irle?,  ©regor  b.  ©r.  Oie  9teben  ber  hochbegabten 
23ifcpöfe,  jumat  bie  frei  unb  au?  bem  ©tegreife  gehaltenen,  mürben  gern  ge= 
hört,  bon  ©cpnettfcpreibern  (Oacppgrappen)  n a ch gef <h rieben  unb  im  Orient  oft 
mit  lärmenben  geitpen  be?  33eifatt?  unterbrochen,  mogegen  bie  Söifdhöfe,  nament= 
lieh  ©prpfoftomu?  f  öfter?  ©infpratpe  erheben  mußten.  3m  Orient  maren  bie 
prebigten  oft  fepr  lang,  unb  bi§meilen  mürben  bei  einem  ©otteSbienfte  fogar 
mehrere  gepalten,  teil?  nach  ber  Slnjapt  ber  Sibelteftionen ,  teil?  infolge  be= 
fonberer  3Intäffe,  mie  bei  3Inmefenpeit  frember  Sifcpöfe1,  teil?  meil  natp  bem 
töifcpof  auch  noch  alle  Sf3riefter  prebigten.  23i?meiten  tarnen  au<p  an  2ßocpen= 
tagen  prebigten  bor,  befonber?  in  ber  gaftenjeit.  Oa?  5ßrebigtamt  galt  at? 
eine  §>auptpflid)t  ber  öifepöfe2;  boep  tonnten  fiep  biefe,  menn  fie  tränt  unb 
fipmacp  maren,  ißriefter  at?  ©tettbertreter  beftetten.  3m  Orient  prebigten  oft 
^riefter,  pie  unb  ba  fogar  öaien,  in  ©egenroart  unb  im  Auftrag  be?  33ifcpof?; 
grauen  marb  e?  aber  nie  geftattet3.  3n  ben  Sanbfircpen  hielten  ^riefter  unb 
Oiatonen  Vorträge. 

9tacp  ber  5prebigt  mürben  bie  Ungläubigen,  ßateepumenen,  5p ö ni= 
tenten  unb  ©nergumenen  ber  Uteipe  natp  enttaffen4,  befonbere  ©ebete  für 
biefelben  berridptet,  bann  bie  $ir(pentpüren  gefdptoffen,  unb  nun  begann  bie 
SJteffe  ber  ©laubigen.  SRacp  ben  alten  orientatifdpen  gormularien  folgte  auf 
ben  ©eptoeigen  gebietenben  9tuf  be?  Oialon?  ein  ftiUe?  ©ebet  ber  ©emeinbe, 
barauf  ein  laute?,  abmeepfetnb  bon  bem  Sifcpof  unb  bem  Oiafon  fomie  bem 
fnieenben  23otte*  gefproepene?  für  bie  ^irtpe,  für  bie  33ifcpöfe  unb  steriler,  für 
alle  klaffen  ber  ©täubigen,  barauf  ein  anbere?  be?  23ifcpof? ,  ba?  bie  ©ebete 
ber  ©täubigen  ©ott  empfahl5.  Oer  Obtation  ging  ein  ©ruf?  be?  ©etebranten 
an  ba?  Söolt  unb  im  Orient  auch  ber  grieben?tuf$  boran 6.  311?  Obtationen 
brachten  bie  ©täubigen  33rot  unb  Söein  bar,  mobon  bie  Oiatonen  unb  ©ub= 
biafonen  ben  für  bie  Kommunion  nötigen  Seit  in  ©mpfang  napmen,  ba? 


1  Über  bie  ©inlabung  an  frembe  SSifcpöfe,  ju  prebigen,  bgl.  Basil.,  Ep.  59,  c.  8, 
ed.  Par.  p.  413. 

2  Can.  apost.  58.  Ambros.,  De  officiis  I,  1.  Chrysost.,  In  1  Tim.  bom.  10, 
n.  1 ;  De  sacerd.  IY,  8;  VI,  1. 

3  Conc.  Carth.  398  can.  98.  99. 

4  Conc.  Laod.  can.  19.  Const.  apost.  VIII,  5  sq.  Chrysost.,  Hom.  3  de  incom- 
prehens.  n.  6  sq. ;  hom.  4 ,  n.  4  sq. ;  Hom.  2  de  obscur.  prophet.  n.  5 :  In  2  Cor. 
hom.  2,  n.  5;  In  1  Thess.  hom.  11,  c.  5,  n.  2  ( Migne ,  Patr.  gr.  XL VIII,  725.  733  sq. ; 
LVI,  182;  LXI,  399;  LXIi,  464). 

5  9)tan  unterfdjieb  ©ebete  dtä  majiz^g  unb  deä  Tcpogcpuiv-yatuig,  leidere  aup  owairrfj 
(connexio)  in  mehreren  Siturgien.  ®a§  folgenbe  ©ebet  be§  33ifpof§  p iej)  commendatio, 
invocatio,  collecta,  Ttapaftscng,  inixXvjmc  U.  f.  f. 

6  Über  ba§  osculum  pacis  int  Grient  bgl.  Conc.  Laod.  can.  19.  Const.  apost. 
VIII,  11.  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXIH,  n.  2.  Dion.  Areop.,  De  eccl.  hier.  c.  3,  n.  2. 
Chrysost.,  De  compunct.  cord.  I,  3. 


14.  ®er  lirdjlidje  ©ottegbienft  im  4.  Sfaprpunbert. 


467 


übrige  für  ben  Uterus  unb  bie  Firmen  aufbemapren  liefert,  bismeiten  auS 
anbere  ©aben,  mie  Öl,  frifSe  ^t^ren,  Trauben,  ben  fSon  im  4.  ^aprpunbert 
jum  Sncenfieren  be§  MarS  gebrausten  SöeiptauS 1.  2ßer  niSt  bie  bolle 
firStiSe  ©emeinfd)aft  f)atte ,  niä)t  jurn  Menbmapt  pinjutreten  burfte ,  fonnte 
auS  feine  Obtation  barbringen 2.  3eber  Oarbringenbe  überreizte  gugleid)  bem 
Oiafon  feinen  bauten  fSrifttiS3;  biefer  ta»  üüe  tarnen  laut  ab,  auS  bie  ber 
MgefStebenen,  bamit  ber  priefter  iprer  befonberS  gebenfe.  Oer  junt  Opfer 
beftimmte  Söein  marb  mit  Söaffer  DermifSt  unb  über  ipn  mie  über  ba§  ju 
fcgnenbe  Sörot  ©ebete  gefprodjen,  in  benen  biefe  ©oben  halb  als  ba§,  ma§  fie 
bis  fegt  noS  maren,  batb  atS  baS,  in  maS  fie  bermanbett  merben  fottten, 
(antiäpationSmeife)  bejeiSnet  mürben.  Oetn  Offertorium  folgte  bie  f)anb= 
mafSung  beS  ©elebranten,  in  bieten  $ird)en  audt;  alter  anmefenben  DJtünner. 
Me  fottten  reinen  £)erjen§  fein,  üerföpnt  mit  ihren  Srübern,  an  metSe  PftiSt 
auS  (nad)  fötattp.  5,  23  f.)  manchmal  noS  befonberS  erinnert  marb  4 5. 

hierauf  folgte  eine  Oanffagttng  (unfere  Präfatiort) 6,  entfpreSenb  bem 
tßeifpiete  ©prifti,  eingeteitet  burS  bie  ©ingangSmorte  beS  priefterS  unb  bie  Mt= 
roorten  beS  23otfeS  unb  befStoffen  mit  bem  Oreimatpeitig  (aus  Sf.  6,  3),  bem 
©ngetphmnuS.  Oarauf  begann  ber  mefenttiSe  Oeit  bet  50?effe,  bei  ben  ©riechen 
Miappora,  bei  ben  Sateinern  actio,  secretum,  feit  ©regor  b.  ©r.  $anon 
genannt.  Oarin  mürbe  für  bie  ^itcpe,  für  alte  ©laubigen,  befonberS  für  ben 
33ifSof,  ben  Patriarchen,  ben  pap  ft,  bie  Söopttpäter  ber  $irSe,  bie  Oarbringer 
ber  Obtationen,  bie  meltlicpen  Obrigfeiten  gebetet  (im  Orient  fpäter  meift 
nach  ber  üßanbtung).  MS  ber  ^eiligen  im  ^immet  marb  gebaSt  unb  ©ott 
für  bie  ihnen  Dertiepenen  ©naben  gebanft6.  Oie  ©infe|ungSmorte  mürben  bei 
ben  Orientaten,  metSe  übrigens  mäprenb  biefeS  OeiteS  ber  freier  bie  ^eiligen 
©egenftänbe  burS  23orpänge  öer^ixllten,  batb  teife  halb  taut  gefproSen.  MS 
ber  $onfefration  folgten  fomopt  allgemeine  ©ebete  als  befonbere  für  bie  M= 
gefSiebenen  7,  berett  Mmen  naS  bem  ©taube  (erft  steriler,  bann  ßaien)  bor= 
getefen  mürben.  OaS  ©ebet  beS  ^)errn  marb  in  einigen  $ird)en  beS  Orients 


1  Über  bie  Oblationen  Ogi.  Can.  apost.  3—5.  August.,  Conf.  V,  9.  Theodoret., 
Hist.  eccl.  IV,  19 ;  V,  17.  Dion.  Areop.  1.  c.  c.  3.  ßonjil  Oon  §ippo  393  can.  23. 

2  Über  ba§  ius  offerendi  Ogi.  Conc.  Nie.  can.  11.  Ancyr.  can.  4.  5.  8.  Illib. 
can.  28.  Ambros.,  Ep.  30  ad  Valent.  Const.  apost.  IV,  6.  August.,  Ep.  6  ad  Bonif. 
Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  52,  ed.  Par.  p.  809  (über  bie  Oon  ßaifer  9JaIen§  für  ben  SUtar 
in  ©äfarea  beftimmten  ©efdjenle). 

3  Nomen  offerre  bei  Hieron.,  In  Ierem.  1.  2,  c.  2.  Innoc.  I. ,  Ep.  ad  Decent. 

4  Über  bie  lotio  manuum  Ogi.  Const.  apost.  VIII,  11.  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXIII, 
n.  2.  Dion.  Areop.  1.  c.  c.  3 ,  n.  10.  ®a§  ©efäp  mit  Tßaffer  pief}  ^epvcßov,  aqua- 
manile.  9ln  Tftattp.  5,  23  f.  erinnert  Cyrill.  Hier.  1.  c.  n.  3. 

5  Const.  apost.  VIII,  12.  Cyrill.  Hier.  1.  c.  n.  4—6.  August.,  De  vera  rel. 
c.  3.  Chrysost.,  In  Isai.  hom.  6,  c.  6,  n.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  LVI,  138) ;  In  Matth, 
hom.  25,  n.  3  ( Migne  1.  c.  LVII,  331).  Anastas.  Sinaita,  Or.  de  synaxi  ( Migne 
1.  c.  LXXXIX,  837). 

6  Über  bie  ßommemorationen  Dgl.  Chrysost.,  In  1  Tim.  hom.  6,  n.  1  {Migne, 
Patr.  gr.  LXII,  530  sq.). 

7  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXIII,  n.  8.  9.  Chrysost.,  De  sacerd.  VI,  4;  In  Eph. 
hom.  3,  n.  5. 


30* 


468  ©teg  bei  Üdtcbe  im  SRörtterretcf)  unb  ßumpf  gegen  ben  2ltiani§muA 


urtb  ©aUienS  Don  allen  5fnmefenben  mitgefprochen  ober  mitgefungen  ©  Oarnt 
fprad)  ber  ißriefter  ober  Oiafon,  gurrt  S3oIIe  gemanbt:  „Oa§  fettige  ben  £)e© 
ligen"1  2;  biefe§  antwortete  mit  einer  Oojologie,  bem  bei  ben  Orientalen  er  ft 
an  biefer  ©teile  gebeteten  ©loria. 

Oer  31  u Steilung  ber  Kommunion  ging  ba§  Brechen  be§  fonfcfrierten 
33rote§  in  Seile 3  borau§,  ba§  in  allen  Kirchen  üblich  mar,  in  ber  tnailcinbifdjen 
unb  ben  orientalifdjen  Kirchen  bor,  in  ber  römifdjien  nach  bem  ©ebete  be§ 
£)errn.  Oie  ÜJtifchung  eine»  Seile»  ber  fpoftie  mit  bem  ^eiligen  S3lute  im 
Welche  Wirb  bereite  441  ermähnt 4  unb  finbet  ficb  auch  in  ber  Siturgie  be§ 
hl.  3afobu§.  3m  5Ibenblanbe  (mit  5lu§nal)me  ©panienS)  fanb  ber  grieben§= 
munfch  unb  iöruberfujj,  ber  im  Orient  fdjon  nach  ber  Oblation  feinen  ^ßla^ 
hatte,  erft  h^er  feine  ©teile;  ber  ^ßriefter  umarmte  ben  Oiafon,  biefer  einen 
au§  bem  SSolfe,  bann  bie  ©laubigen  fich  untereinanber 5.  $n  ber  griedjifchen 
Kirche  marb  bie  ©uchariftie  auf  eine  feierliche  2Beife  bem  SSoIfe  unter  2Beg= 
jieljen  ber  Vorhänge  bor  ber  Kommunion  gegeigt ;  biefe  ©lebation,  bie  fthon 
im  5.  Sahrljunbert  in  ber  griechifchen  Kirche  bezeugt  ift 6  unb  in  bielen  orien= 
talifchen  Liturgien  fich  finbet,  hätte  ba§  5lbenblanb  noch  nicht,  obfcpon  aßen© 
halben  bie  ©uchariftie  bor  bem  ©enuffe  angebetet  marb 7.  3uerft  genoß  ber 
Sifchof  ober  ißriefter  bie  Kommunion,  bann  bie  übrigen  ©eiftlichen,  bie  51§feten, 
hierauf  ba§  SMf.  Oft  reichte  ber  Sßriefter  bie  53rot§geftalt ,  ber  Oiafon  bie 
be§  2ßeine§ ;  nie  burfte  ein  Oiafon  ben  Ißrieftern  bie  Kommunion  reichen 8. 
3n  ben  orientalifchen  unb  ben  meiften  abenblänbifchen  Kirchen  burften  nur  bie 
^rieftet  unb  Oiafonen  am  Elitäre  innerhalb  be§  ©f)ore§,  bie  anbern  ®lerifer 
blop  am  ©ingang  beleihen,  bie  Saien  außerhalb  be§  ©hore§  fommungieren 9. 
9Jian  empfing  bie  ©uchariftie  meift  fiepenb  unb  gebeugten  §aupte§  unb  an© 
mortete  bem  fie  auSteilenben  ^ßriefter  auf  feine  SBorte:  „ber  2eib  ©hrifii"  unb 


1  Über  ba§  Pater  noster  bgl.  Cyrill.  Hier.  1.  c.  n.  11  sq.  Chrysost.,  De  prod. 
lud.  hom.  2,  n.  6  ( Migne  1.  c.  XLIX,  890).  Anastas.  Sin.,  Or.  de  synaxi  ( Migne 
1.  c.  LXXXIX,  837.  841). 

2  Sag  Sancta  sanctis  p  bei  Cyrill.  Hier.  1.  c.  u.  19.  Chrysost.,  In  Hebr.  hom.  17, 
n.  5  {Migne,  Patr.  gr.  LXIII,  133).  Anastas.  Sin.  1.  c.  p.  841. 

3  Chrysost.,  In  1  Cor.  hom.  24,  n.  2  {Migne,  Patr.  gr.  LXI,  200).  Dion.  Areop., 
De  eccl.  hier.  c.  3,  n.  12.  13.  August.,  Ep.  59  ad  Paulin.  Greg.  Naz. ,  Ep.  171 
{Migne  1.  c.  XXXVII,  280  sq.  bon  ber  dvaigaxzog  zog g,  mit  ber  beä  §>errn  Seib  ge= 
teilt  toerbe). 

4  Conc.  Araus.  441  can.  17. 

5  August. ,  C.  litt.  Petil.  II ,  23.  Caesar.  Arel. ,  In  Aug.  hom.  83.  Innoc.  L, 
Ep.  ad  Decent.  n.  1. 

6  Chrysost.,  In  Eph.  hom.  3,  n.  5  {Migne  1.  c.  LXII,  29).  Cyrill.  Scythopol., 
In  Vita  S.  Euthymii.  Dion.  Areop.  1.  c.  c.  3,  n.  2. 

1  IJpogxuv-gmg ,  adoratio  ermähnt  bei  Theodor.  Cyr.,  Dial.  II.  Inconf.  {Migne, 
Patr.  gr.  LXXXIII,  168).  Chrysost.,  In  1  Cor.  hom.  24,  n.  5  {Migne  1.  c.  LXI,  204). 
Ambros.,  De  Spiritu  Sancto  III,  11.  August.,  Enarr.  in  Ps.  93,  n.  10  (ed.  Maur. 
IV,  1064  sq.). 

8  Conc.  Nie.  can.  18.  Arelat.  II.  can.  15. 

9  Über  bie  communio  data  extra  cancellos  bgl.  Conc.  Laod.  can.  19.  August., 
Serm.  224,  c.  6;  Serm.  392,  c.  5. 


14.  Ser  firdjlidje  ©otteäbienfi  im  4.  Steljrpunbert. 


469 


„bas  Slut  (Sfjrifti" 1  mit  „9ttnen".  Oa§  fonfefrierte  23rot  erhielten  früher 
bie  ©laubigen  in  bie  £)anb 2.  SZBäprenb  ber  Kommunion  mürben  paffenbe 
Sßfatmen  ober  33erfe  bon  fotcpen  gelungen,  namenütd)  fßf.  33,  9:  „hoffet  unb 
fepet,  mie  tieblid)  ber  §err  ift."  3  3tuf  bie  Kommunion  folgte  ein  Oanfgebet, 
bismeiten  nod)  eine  Segnung  be»  23otfe§  burd)  ben  39ifd)of.  Oer  Sbiaton  ent= 
tiep  bie  SSerfammlung  mit  ben  Söorten:  „©epet  in  ^rieben"  (im  51benblanbe: 
Ite,  missa  est)4. 

Seim  feierlichen  Opfer  beS  23ifd)ofS  mar  ber  ganje  Uterus  jugegen,  unb 
bie  ©emeittbe  beteiligte  fidj  baran  burd)  if;re  2lntroorten,  ipre  Oblationen  unb 
bie  Kommunion.  Sieben  ber  öff  ent  Heben  fÖZeffe  gab  es  aucp  ^ribat= 
meffen,  bon  einzelnen  ^rieftern  ot)ne  Kommunion  ber  öaien,  tnSmeiten  in 
^ßribatfapellen,  gefeiert 5.  Oie  alten  5lgapen,  rnetcpe  fid)  an  ben  ÜDZärtprerfeften 
in  fyorm  bon  Ootenagapen  erbalten  patten,  mürben  ber  fötipbräucpe  megen 
befcpränft  unb  it)rc  SIbpaltung  in  ben  Kirchen  unterfagt.  fDZan  feierte  fie  nur 
nod)  getrennt  bom  ÜJtepopfer  ober  f  cp  affte  fie  (mie  5tmbrofiu§  in  fDZailanb) 
ganj  ab6.  Oa§  Opfer  felbft  foKte  regelmäßig  nur  in  $ir<pen  gefeiert  tnerben; 
bocp  marb  in  einzelnen  Säßen  geftattet,  e§  in  ^ßribatoratorien  ober  an  anbern 
Orten  ju  patten. 

Oer  ©taube  an  ©ßriftt  mirftidbe  unb  fubflantietle  ©egenmart 
im  5lbenbmapt,  an  bie  SffiefenSbermanblung  bon  Srot  unb  2öein  in  Seib  unb 
Slut  be§  §emt  fomie  an  ben  Dpferdjarafter  ber  ©ucpariftie  ift  auf  ba§  beut= 
licbfte  ausgeprägt  in  ben  Siturgien  unb  in  ben  Schriften  ber  Sötcr 7.  Oiefe 


1  Sie  SBorte  a wpa  (atpa)  Xpiaroü  bei  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXIII,  n.  21.  22. 
Const.  apost.  VIII ,  13.  De  sacram.  IV,  5.  Ambros. ,  De  init.  c.  9.  Atigust. ,  C. 
Faust.  XII,  10.  Hieron.,  Ep.  42  ad  Theophil.  Leo  M.,  Serm.  91,  s.  6  de  ieiun.  YII. 
mens.  c.  3. 

2  ©tan  gab  ben  ©tönnern  ba§  lonfetrierte  93rot  auf  bie  blope  §anb,  ben  3-rauen 
auf  ein  ß  innentu  dj.  $8gl.  Cyrill.  Hier.  1.  c.  n.  18.  21.  Basil.,  Ep.  93  ad  Caes.  Chry- 
sost.,  Hom.  in  Nat.  Dom.  n.  7.  Ambros,  bei  Theodoret.,  Hist.  eccl.  V,  18.  August., 
C.  litt.  Petil.  H,  25. 

3  Cyrill.  Hier.  I.  c.  n.  20.  Const.  apost.  1.  c.  Hieron.,  Ep.  27  ad  Lucin.  B. 
2Iudj  pß f .  132:  Ecce  quam  bonum  (August.,  In  Ps.  133.  93gl.  Tertull.,  De  ieiunio 
c.  13)  unb  ©f.  144  ( Chrysost .,  ln  Ps.  144)  tourben  gefungen. 

4  llopsüsa&s ,  anoXosff&s  iv  elpTjvrj  (Chrysost.,  Hom.  3  adv.  pidaeos  s.  in  eos 
qui  Pascha  ieiunant  n.  6  [Migne,  Patr.  gr.  XLVIII,  870]  unb  fonft  oft). 

5  ©ribatmeffen  in  ©ribattoofinungen  bitten  ber  ©ater  be§  ©regor  bon  ©ajianj 
(Greg.  Naz. ,  Or.  18,  n.  29.  38,  p.  350.  358),  SlmbrofiuS  (Paulin.,  Vita  S.  Ambr.). 
©auIinuS  bon  ©ola  ließ  auf  bem  (Sterbebette  in  feinem  3immer  baä  Opfer  barbringen 
(Uran.,  Vita  S.  Paulini  Nol.).  ©apft  ©elafiuö  (Ep.  33,  ed.  Thiel  p.  488  an  ©ifdjof 
3}of)anne§  bon  Sora)  erlaubte,  im  Oratorium  einer  bornefjmen  grau  ©tegctia  für  3Ser= 
ftorbene  ©teffe  3U  lefen.  Über  bie  ©trafen  für  ejdommuuiäierte  trieft  er,  bie  bennod) 
©teffe  lafcn,  bgl.  Conc.  Carth.  390  can.  8  unb  fonft. 

0  ©egen  bie  ©uftatfjianer  napm  Conc.  Gangr.  can.  11  bie  ßiebeimaljljeiten  in 
<gd)up;  Laod.  can.  28  berbot  if)re  Slbfjaltung  in  ben  ßiripen  tbie  überhaupt  baä  ©ffen 
im  ©otteöfiaufe;  ebenfo  Hippon.  393  can.  29.  3n  3tom  unb  in  ©aflien  erhielten  fie 
fidj  über  baä  4.  Saprpunbert  pinauä,  tourben  aber  feltener;  in  ©tailanb  unb  in  Slfrita 
tourben  fie  abgefdfafft  (August.,  Conf.  VI,  2;  Ep.  22.  29;  Serm.  252,  n.  4). 

7  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XXII  (myst.  IV)  n.  1  sq.,  ed.  jlfawr.  p.  319  sq. ;  ibid. 
XXI TI  (myst.  V)  n.  8  nennt  er  bie  freier  zyv  itveupazucqv  duoiav,  rgv  dvacpaxzov  Xazpetav; 
n.  10 :  Xpiazbv  äatpayiaopsvov  br.kp  zwv  ■fjpezipiov  äpapzrjpdzwv  zpogyspopsv  (ben 


470  ©ieg  ber  ßirdje  im  Sömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  Strianigmug. 


unterfdjeiben  bie  finnlich  mahrnehmbaren  ©eftalten  ttnb  ba§,  ma§  tuirflicE)  ju= 
gegen  ift,  erinnern  an  bie  Sermanblung  öon  SBaffer  in  333ein  ju  $ana,  an  bie 
5Wmacf)t  ©otte§  unb  an  bie  unenblidje  Siebe  be§  ©rlöfer§,  ber  mit  un§  fiep 
pier  auf  ba§  innigfte  bereinigt,  un§  ju  ©f)riftu§trägern  macht,  un»  nährt  mit 
feinem  gleifipe,  un§  tranft  mit  feinem  Slute,  fein  ^rettge§opfer  auf  unblutige 
SBeife  erneuert  unb  feine  ^ßriefter  ju  fteübertretenben  Opferern  erhoben  £>at. 
dasjenige,  ma§  biefe  2öefen§bermanblung  bemirft,  ift  nach  ben  23ätern  ba§ 
2Bort  ©otte§,  ba§  alle§  gefcfjaffen,  bie  SBorte,  mit  benen  ber  tperr  ba§  S6enb= 
mapl  eingefept,  inbem  er  ba§,  ma§  er  getpan,  ju  toieb erholen  befahl *. 

SDie  ©ucpariftie  empfingen  bie  ©laubigen  früher  fo  oft  bie  Siturgie 
gefeiert  marb.  216er  e§  trat,  jumat  in  ben  großen  ©täbten,  halb  Trägheit  unb 
Sauheit  ein,  morüber  bie  Säter,  befonber»  ©hrhf°^omu§»  etnfte  Klagen  erhoben * 1  2. 
3m  21benblanbe  maren  hierin  bie  ©laubigen  eifriger,  unb  noch  im  5.  3apr= 
hunbert  mar  bie  Kommunion  bei  jebeämaliger  Teilnahme  an  ber  euchariftifchen 
fyeier  in  bielen  Kirchen  in  Übung 3.  ®er  Sraucp ,  bie  Kommunion  nach 
£)aufe  unb  auf  Seifen  mitjugeben4,  marb  aHmä£)Iid)  feltener.  2San  gab  fie 
hier  mie  auch  bei  anbern  2lnläffen,  •$.  23.  ben  2Söncpen  in  ber  2Büfte5,  ben 
Oranten  unb  ^inbern6,  meiften§  bloß  unter  einer  ©eftalt,  mie  auch  jebe  ber 
©eftalten  für  pinreicpenb  unb  bollftänbig  ©h«ftum  entpaltenb  angefepen  marb; 
nur  beim  feierlichen  ©ottegbienfte  blieb  bie  Kommunion  unter  beiben  ©eftalten 
herrfcpenb.  SDiefelbe  marb  in  ber  Segel  nüchtern  unb  nach  ein«  £)änberoafipung 


ted)nifd)en  Sugbrucf  npogpipsiv,  offerre,  haben  aud)  bie  Spnoben:  Nie.  can.  18;  Gangr. 
can.  4  unb  Arelat.  814  can.  19).  Sion  ber  Slertoanbtung  beg  Sßeineg  in  bag  Sltut  ©prifti 
hat  ©hrittug  (1.  c.  XXIII,  n.  7)  ben  2lugbutcf  psraßdlAetv,  toie  ©regor  bott  Shffa  (Or. 
catech.  c.  87)  bon  ber  Slertnanblung  beg  SSroteS  in  ©Ijrifti  Seib;  ebenfo  fteht  pera- 
■KoiEia&o.i ,  bann  peTapßu&pl&iv  ( Chrysost .,  De  prodit.  Iuda  hom.  2,  n.  6  unb  jonft). 
SSom  ßreuäeg=  unb  ÜbenbmahI§opfer  mit  SSejug  auf  SDlat.  1,  11  hanbelt  ©ufebiug 
(Demonstr.  evang.  I,  c.  10;  bgl.  V,  c.  2  [Migne,  Patr.  gr.  XXII,  64 — 93.  368  sq.]). 
Stiele  geugniffe  finben  fid)  bei  Chrysost.,  In  Matth,  hom.  83,  n.  4;  C.  Anom.  6,  n.  8; 
In  2  Tim.  hom.  2,  n.  4 ;  In  1  Cor.  hom.  24.  27 ;  De  sacerd.  III,  4.  Äthan.,  Or.  IV. 
c.  Arian.  c.  36;  Ep.  4  ad  Serap.  c.  19.  SBgt.  Sägte,  Sie  ©udjariftietehre  beg  ht.  5to= 
hanneg  ©hrpfoftomug,  beg  Doctor  Eucharistiae.  fjreibnrg  i.  Sir.  1900.  Slnbere  3eu8= 
niffe  bei  Didym. ,  De  Trin.  II,  14;  III,  21.  Basil. ,  Ep.  93  ad  Caes.  Patr.  Epiph., 
Ancor.  n.  57.  Greg.  Naz.,  Or.  2,  n.  95;  Or.  4,  n.  52;  Or.  17,  n.  12;  Or.  45,  n.  19. 
Cyrill.  Alex.,  Ep.  17  ( Migne  1.  c.  LXXVII,  113);  Expos,  anathem.  XI  ( Migne 
1.  c.  LXXVI,  312).  Ambros.,  De  myst.  c.  8.  9  (Opp.  II,  337.  339,  ed.  Ballerini); 
In  Ps.  38,  n.  25;  De  fide  IY,  10;  De  incarn.  dom.  sacr.  I,  4.  Hieron. ,  Dial.  c. 
Pelag.  III,  15;  Ep.  21  (al.  146)  ad  Dam.  Hilar.,  De  Trin.  VIII,  13.  14.  August., 
C.  ep.  Manich.  c.  12;  Enarr.  in  Ps.  33;  C.  advers.  legis  et  prophet.  I,  39;  II,  9; 
De  civ.  Dei  X,  20;  XVI,  22;  XVII,  20,  42;  XIX,  5,  5;  XXII,  8,  6;  De  Trin. 
III,  10;  IV,  14;  Ep.  98;  C.  Paust.  XX,  18.  21.  Leo  M.,  Ep.  59,  c.  2.  Greg.  M., 
Dial.  IV,  58. 

1  Über  bie  Surage  ber  ©pittefig  bgt.  ^oppe,  Sie  ©fntlefig.  ©djaffhaufen  1864. 
Sranj,  Ser  eud)ariftifd)e  ßonfetrationgmoment.  SBüräburg  1875. 

2  Chrysost.,  In  Eph.  hom.  3,  n.  4;  In  Hebr.  hom.  17,  n.  4  (Migne,  Patr.  gr. 
LXII,  28  sq.;  LXIII,  131). 

3  August.,  Ep.  118  (al.  54);  Serm.  34.  Hieron.,  Ep.  28  ad  Lucin. 

4  Basil.,  Ep.  93.  Ambros.,  Or.  fun.  in  fratr.  n.  43. 

8  Basil.  1.  c.  Zeno  Veron.,  Tractatus  1.  I,  tr.  14,  c.  4. 

6  Const.  apost.  VIII,  12  sq. 


14.  ®er  fircplid)e  ©ottedbienfi  im  4.  $af)rpunbert. 


471 


empfangen;  nur  ber  ©rünbonner§tag  bilbete  längere  in  SIfrifa  eine  9lu§= 
napme,  meil  man  bort  jur  (Erinnerung  an  ba§  2l6enbmapl  ©prifti  erft  am 
5lt>enb  ben  ©otteSbienft  feierte 1.  ©§  marb  berboten,  25erftorbenen  bie  ©ucpariftie 
ju  reifen 2  ober  fie  nacp  alter  «Sitte  ju  berfenben 3 ,  ma§  ju  bielfadfer  Sßer= 
uneprung  unb  fDtipbräucpen  5lnlap  geben  tonnte;  fpäter  fanbte  man  fiatt  bcr= 
fetben  jum  ßetcpen  ber  ©emeinfcpaft  unb  Siebe  blop  gemeipte  33rote,  bie  ju= 
gleid)  mit  gefegnetem  SBein  aud)  ben  Saien  gereift  mürben,  al§  biefe  nid)t  rnepr 
mie  früper  regelmäßig  fommuniäierten  (antidora).  fRod)  mürbe  im  Anfang 
be§  4.  3faprpunbert§  an  (Sonntagen  in  bie  Heineren  unb  fftebentircpen  bie  oom 
Sifdjof  in  ber  Ipauptfircpe  fonfefrierte  ©ucpariftie  (fermentatum)  gebrmpt,  nicpt 
aber  ben  entfernteren  Sanbtircpen i. 

C.  Das  kird)tid)c  Stnntiengcbft. 

ßitteratur.  —  Säumer,  ©efdjidjte  bed  Srebierd.  3freiburg  t.  Sr.  1895  (mit 
Slngabe  ber  älteren  Sitteratur  ©.  24 — 30).  Batiffol,  Histoire  du  breviaire  romain. 
Paris  1893.  ißleitpner,  Stltefte  ©efd)iä)te  be§  Srebiergebeted  ober  ©ntmicflung  bed 
fird)lid£)en  ©tunbengebeted  bid  in  bad  5.  Stafirfjunbert.  Kempten  1887. 

2)er  altcpriftlicpe  ©ebraucp,  an  bcftimmten  ©tunben  be§  2age§  ©ebete  ju 
Derricpten,  erpielt  im  4.  Saprpunbert  eine  feftere  3lu§geftattung  befonberS  burtp 
ben  ©influfj  be§  ÜRöncptutnS.  ®ie  ©priften  patten  beftimmte  täglicpe  ©ebet§= 
Seiten,  junädjft  im  Slnfcplufs  an  bie  $uben  brei,  bie  britte,  fecpfie  unb  neunte 
©tunbe,  bann  fecp§  bi§  fieben,  jumal  in  ben  ^löftern3.  Ipäufig  naprn  aber 
aud)  ba§  23olf  japlreicp  an  biefen  9lnbacpten  teil ,  befonber§  abenb§  unb  bor 
©onnenaufgang,  ba  bie  Sßigitien  in  bieten  Biropen  üblicp  maren 6.  ©§  mürben 
pierbei  fßfalmen  unb  ^ircpengebete  recitiert,  oft  mit  bem  ©egen  be§  93if<pof§ 
unb  unter  ©eilnapme  bon  einigen  $leritern  (^kieftern  ober  ©iafonen) ;  nad)  ber 
römifcpen  (Einteilung  ber  9tad)t  in  bier  iftacptmatpen  pflegte  man  in  ben  brei 
erften  (9Ibenb,  Sttitternacpt,  erfter  £>apnenfcprei)  je  brei  fßfalmen  ju  fingen ;  bie 
biertc  mar  bann  bie  fUtatutin,  in  ber  Sobpfatmen  (Laudes)  gefungen  mürben ; 
feit  bem  5.  3>aprpunbert  aber  blieb  biefe  allein,  inbem  man  bie  fßfalmen  ber 
übrigen  jufammen  betete  ober  fang.  SIucp  ein  allgemeines  ©ünbenbefenntniS 

1  Über  bad  natürlid^e  Soften  bor  ber  Kommunion  bgl.  August.,  Ep.  54  (al.  118) 
ad  Ian.  ©pnobe  bon  §ippo  393  can.  28.  Über  bie  §änbemafdjung  bgl.  Const.  apost. 

vni,  n. 

2  Conc.  Hippon.  393.  3  Conc.  Laod.  can.  14. 

4  Fermentum,  fermentatum  bei  Innoc.  I.,  Ep.  1  ad  Decent.,  c.  5. 

6  Sei  Ps.-Athan. ,  De  virgin.  n.  12.  20  (Migne ,  Patr.  gr.  XXVIII,  265.  276) 
toerben  bie  hora  tertia,  sexta,  nona,  duodecima,  p.&aovi'jxTiov  unb  n pdg  öpftpov  genannt. 
Sgl.  Hieron.,  Epitaph.  Pauli;  Ep.  27,  10;  Ep.  7  ad  Laet.  ©Ijrpfoftomud  (In  1  Tim. 
hom.  14,  n.  4,  bei  Migne  1.  c.  LXII,  576)  nennt  Slatutin,  ®ers,  ©ejt,  Son,  Sefper  ald 
bei  ben  HJIöntpen  recipiert;  In  inscr.  Act.  hom.  2,  n.  4  (Migne  1.  c.  LI,  84)  berl;err= 
Itd^t  er  bie  Son.  ®ie  Snm  mürbe  im  ßlofter  Setplepem  im  Slufang  bed  5.  3fapr= 
punbertd  gebetet  unb  ging  bon  ba  in  anbere  Älöfter  über.  Saffian  (De  instit.  coenob. 
III,  2  sq.)  rebet  eingeljenb  bon  ber  Serbreitung  ber  horae  canonicae  in  ben  klöftern. 
Sludfüprlid)  befd^reibt  bie  Peregrinatio  s.  Silviae  (ed.  Geyer,  Itinera  Hierosolymitana. 
Vindob.  1898)  bad  ©tunbengebet  ber  SDTöncfje  unb  Sonnen  in  Serufalem  am  ©nbe  bed 
4.  Sfaprpunbertd. 

6  Basil.,  Ep.  207,  c.  3,  ed.  Par.  p.  764.  Socrat.  1.  c.  VI,  8.  Cassian.,  Coli. 
II,  11.  Chrysost.,  In  Act.  hom.  18.  Peregrinatio  s.  Silviae,  ed.  cit.,  an  bielen  ©teilen. 


472  @ieg  her  ßirdje  im  Stömerreicfj  unb  ßampf  gegen  ben  2trianijBmu§. 


marb  oft  in  biefer  näd)tfid)eu  ?(nbad)t  abgefegt,  mit  ben  ^falmen  mürben  aud) 
©djriftfeftionen  berbunben.  2öer  nid^t  in  bie  Kirche  fant,  betete  ba§  Offijium 
ju  fpaufe1.  giir  Sttönche  unb  ©eiftlidje  bitbeten  fid)  nad)  bßf-  118,  164  fieben 
Oagjeiten  f)erau§ ;  ba§  ©ompletorium  (bie  jmölfte  ©tunbe)  tarn  nijmfid)  fpäter 
in  ber  Senebiftinerregel  Ijinju.  23on  ben  fieben  Oagjeiten  ber  5Rönd)e  t)ieft 
man  nur  bie  fDtette  (fDlatutin)  unb  bie  ißefper  (Lucernarium)  feierlich  unb 
unter  Oeifnaljme  be§  93oIfe§  in  ©tabt=  unb  ßanbfirdjen  ab,  ma§  aber  nad) 
unb  nad)  met)r  abfam,  fo  baff  man  fid)  begnügte,  ben  ©laubigen  bie  9Jtorgen= 
unb  fKbenbanbadjt  in  ben  Käufern  befonber§  anjuempfebden. 

D.  Der  fürd)cnge|attg. 

ßitteratur.  —  Sütöbler,  Sie  griecbifdje,  gried^if<^=römifd^e  unb  altd)riftlich= 
XateinifcEie  SDtufif  (9.  @uppl.=.£>eft  ber  3töm.  Ouartatfcbrift).  ©reiburg  i.  33r.  unb  fftom 
1898.  (Sort  <5.  vn — xxiii  reitfjeS  Quellern  unb  ßitteraturberjeichniä.)  Robert, 
Sie  römifebe  Scliola  cantorum  unb  bie  pöpftlidjen  ßapedfänger  bi§  3ur  fOtitte  bei 
16.  3af|rbnnberti.  ßeipjig  1887.  Thiiry,  Etüde  sur  le  chant  gregorien.  Tournay  1887. 
S reo e§,  2lureliu§  Slmbrofiui,  „bereuter  bei  ßirdjengefangei".  $reiburg  i.  SSr.  1898. 
SBagner,  Über  ißfalmeu  unb  tpfalmengefang  im  grifft.  Slltertum  (SRöm.  Guartalfcbr. 
1898,  6.  245  ff.). 

Oie  freier  be3  ©otte§bienfte§  marb  noch  ersöfft  burd)  ben  $  i  r  d)  e  n= 
gefang.  Oie  ißfafmen  fang  man  fd)on  frühzeitig;  im  Orient,  befonber§ 
unter  $onftantiu§,  ragten  in  2lntiod)ien  Oiobor  unb  gfabian  al§  33eförberer 
ber  Sßfalmobie  ^erbor,  unb  jmar  be§  2öed)fefgefang§2.  3n  bielen  $ird)en 
mürben  bie  ißfaftnen  bon  ber  gangen  ©emeinbe  gefungen  (ft)mphonifd)er  ©efang); 
bie§  tarn  allmählich  in  Abnahme,  af§  eigene  fßf  alten  (feit  bem  3.  3af)rf)unbert) 
aufgeftefft  mürben.  9)? an  fang  an  bielen  Orten  in  jmei  ©fföre  geteilt  (anti= 
Üffonifd))  ober  aud)  fo,  baff  bie  ©emeinbe  bem  borfingenben  unb  intonierenben 
^Ieru§  in  befiimmten  Stefponforien  unb  2lfrotefeutien  antmortete  (hhpophonifdj). 
Oer  ©efang  mar  urfprüngfid)  fetjr  einfad),  mehr  recitatib.  Oer  alte  ©horafton 
marb  nur  unterftü|t  bon  einer  leidjten  Snflejion  ber  ©timme  bei  ber  ^abenj, 
um  im  ©t)or  ba§  georbnete  unb  gleichzeitige  2lu§fpred)en  ber  ©ifben  ju  fidjern. 
9ladj  unb  nad)  trat  eine  funftbotlere  iDZobulation  ein;  bod)  blieb  ber  ©efang 
einftimmig  unb  mar  nod)  nicht  bon  Snftrumenten  begleitet,  ©egeniiber  ben 
§äretifern,  mefdje  im  Orient  burd)  if)re  neugebidjteten  fppmuen  (mie  früher 
bie  ©noftifer,  fo  befonberS  bie  SIrianer  in  ^onftantinopel)  bie  ©laubigen  an 
fid)  ju  giebjen  mufften,  hatten  biefe  S3ifd)öfe  bie  bon  ißribaten  berfafiten  spinnen 
unb  ißfalmen  in  ber  Birdie  berboten,  ma§  menig  fruchtete;  anbere  bagegen 
festen  ben  f)äretifd)en  ©efängen  chriftfidje  $ird)enlieber  entgegen,  mie  in  ©prien 
©Phräm  (f  378),  bann  3faaf  b.  ©r.  (f  460),  ©pritfonaS  (um  396),  Safob 
bon  ©arug  (f  521),  unter  ben  ©riechen  bie  beiben  Sfpodinarti,  ©regor  bon 


1  Uran.,  Vita  S.  Paulini  Nol.  c.  3. 

2  Basil.  (375),  Ep.  207,  c.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXII,  764).  Chrysost. ,  In 
Is.  6 ,  1  hom.  1  ( Migne  1.  c.  LYI ,  97);  In  1  Cor.  liom.  36.  Hilar.,  In  Ps.  65. 
Cassian.,  De  inst,  coenob.  II,  8.  Sen  2üed)felgefang  führt  ©ofrateS  (Hist.  eccl.  VI,  8) 
auf  ben  hf-  3igmUut§  äurücf,  aber  Sffeoboret  (Hist.  eccl.  II,  19,  al.  34)  auf  Srlabian  unb 
Siobor;  nach  Sbeobor  bon  SDIopfuefiia  (bei  Nicet.,  Tbes.  orthod.  fid.  V,  30)  berpftan^ten 
fie  ba§,  ma§  im  ©prifdjen  ftpon  gebräuchlich  ttiar,  3u  ben  ©rieten. 


15.  Sa§  $ird)enjabr ;  3fefte  bcS  §errn  unb  ber  ^eiligen.  473 

fftajianj,  33afiliuS,  Solennes  ©prpfoftotnuS,  ©pnefiuS ;  bod)  famen  bie  Sieber 
ber  Ie|teren  nidjt  in  gotteSbienftlidjen  ©ebraud). 

©efjr  biel  gefcpaf)  in  Sejug  auf  ben  Svircpengefang  jebod)  im  5lbenb= 
lanbe.  Sn  Utom  mürbe  im  4.  Snl)rf)unbert  eine  ©efangfdjule  (schola  can- 
torum)  errid)tet,  tüeld)e  bie  nieberen  ^leriter  bereinigte.  9ßapft  OamafuS  ber= 
fafjte  bicle  fird)licf)e  tppmnen;  baSfelbe  patte  fd)on  bor  ipm  tpilariuS  bon  ^3oitierS 
gctpan.  5ItnbrofiuS  bon  fütailanb  führte  in  feiner  $ird)e  nidjt  blofj  ben 
SBedjfelgefang  ein,  fonbern  mnr  and)  ber  23egrünber  beS  nad)  iptn  benannten, 
burd)  rpptpmifdje  Betonung  unb  melobifcpen  ©djmung  auSgejeidmeten  ©efangeS, 
ber  ben  pl.  9Iuguftin  ju  Sprcinen  rührte  unb  mit  33egeifterung  erfüllte,  gleid)= 
rnie  aud)  bie  bon  ipm  gebidjteten  spinnen  fid)  bleibenb  in  ber  $ird)e  erhielten 1. 
5Iucp  S5iftorinit§,  IßrubentiuS,  5IuguftinuS,  ©ebuliuS,  ©laubianuS  9Jlamertu§, 
S5enantiu§  gortunatu§,  SßauIinuS  bon  9Ma,  bann  fpäter  ©regor  b.  ©r.  ragten 
als  £)pmnenbid)ter  perbor.  Seigerer  tpat  überhaupt  bieleS  für  bie  Orbnung 
beS  fircplidjen  ©efangeS2.  ©egen  einen  ju  meid)Iid)en,  meltlicpen  ©efang  erpob 
fid)  bie  Birdie  meprfacp,  mäprenb  fie  ben  iprern  ©eifte  entfprecpenben  unb  iprer 
©epeimniffe  mürbigen  etnfig  pflegte. 

15.  Oa§  ßirdjenjapr;  be§  £>errn  unb  ber  ^eiligen. 

Sitteratur.  —  Stltgemeine  Sßerfe  über  Siturgie  f.  oben  ©.  461.  Gretser,  De 
festis  christianorum.  Ingoist.  1612  (polemifiert  gegen  Hospinian.,  Testa  christianorum. 
Tigur.  1593).  Thomassin,  Traitd  des  fbtes  de  l’dglise.  Paris  1703.  Lambertini 
(33enebift  XIV.),  Delle  feste  di  Gesü  Cristo  N.  S.  e  della  b.  Vergine  Maria.  2  voll. 
Padova  1747  (lateinifd)  ibid.  1766).  Kellner,  §eorto!ogie  ober  bai  ßirdjenjapr  unb 
bie  £>eiligenfefte  in  i^rer  gefd)id)tl.  ©nttoidlung.  greiburg  i.  23r.  1901. 

1.  Oer  peilige  Sag  feber  Söocpe,  meldper  bem  liturgifdjen  ©otteSbienft  in 
erfter  Sinie  gemibtnet  mar,  blieb  ber  ©onutag,  beffen  freier  tird)lid)e  unb 
meltlicpe  ©efetje  einfdjärften,  opne  bie  jübifdjen  ©abbatSgefetje  peinlid)  auf  ipn 
anjumenben;  momöglicp  füllten  bie  ©priften  an  biefem  Sage  nid)t  arbeiten; 
befonberS  bie  ©Haben  füllten  am  Sage  beS  tperrn  9tupe  paben3.  Sn  einigen 
$ircpen  beS  Orient»  feierte  man  aud)  ben  ©am Stag,  an  bem  man  ftepenb 
betete,  fic^i  jebod)  ber  Arbeit  nidjt  enthielt ;  man  mollte  am  ©amStag,  mit  5Xu§= 
napme  beS  $arfamStagS ,  nidjt  gefaftet  miffen4.  Sn  9©m  bagegen  unb  in 
©paniett  faftete  man  am  ©amStag  jur  ©rinnerung  an  baS  Begräbnis  beS 
§errn 5.  Sn  Dllejanbrien  unb  anbern  $ird)en  beS  Orients  feierte  man  üftitü 
mod)  unb  Freitag,  bie  alten  ©tationStage,  jebod)  meift  ol)ne  Kommunion; 


1  August.,  Conf.  IX,  6.  7.  12;  X,  33;  Retr.  I,  21.  Paulin.,  Vita  Ambros. 

2  Ioann.  Diac.,  Vita  S.  Greg.  II,  6 — 10. 

3  Über  bie  ©onntagifeier  bgl.  Conc.  Laod.  can.  29,  über  ba§  Verbot  ber  2Iuf= 
füprung  bort  ©cbaufpielen  Conc.  Carth.  401  can.  5. 

4  Über  ben  ©amifag  int  Orient  bgl.  Conc.  Laod.  can.  16.  29.  49.  Can.  apost. 
66,  al.  65. 

5  $en  römifdjen  ©ebraud)  bei  OfaftenS  am  ©arnitag,  ben  man  fpäter  bem  fp-  ©ü* 
befter  sufdjrieb  {Nicol.  I.  bei  Migne ,  Patr.  lat.  CXIX,  1157),  ermähnen  §>ieronl)mui 
(Ep.  28  ad  Lucin.)  unb  Saffian  (De  inst,  coenob.  III,  9.  10);  ©allien,  Stfrifa  unb 
gftaitanb  batten  itjn  nicf)t ,  unb  2tntbrofiui  riet,  fid)  nach  bem  ©cbraudje  ber  ßird;e  31t 
richten,  in  ber  man  fid)  gerabe  befinbe. 


474  ©ieg  ber  ßirtfie  int  Dtömerreidj  unb  ßampf  gegen  ben  Strianigmug. 

fie  galten  in  bieten  Kirchen,  tüte  in  $onftantinopeI,  als  33u^=  unb  Safttage, 
auch  im  fttbenblanbe  als  f>albe  Safttage1. 

2.  OaS  Kirchenjahr  hatte  im  Occibent  mie  im  Orient  gegen  ©nbe  beS 
4.  3af)rhunbertS  l>auptfäd)ticb  einen  jmeifachen  geficfefluS :  bie  SOßeihnadjtSjeit 
unb  bie  Ofterjeit.  OaS  ge  ft  ber  ©  e  b  tt  r  t  ©firifti  mürbe  Balb  eines  ber 
auSgeäeicbnetften  gefte.  9Jtan  badjte  babei  an  baS  S3üb  ber  ftets  fidj  ner= 
jüngenbett  (Sonne,  bie  in  ©fjrifiuä  aufgegangen  mar,  legte  aber  gegen  bie  manu 
djäifdje  Oeutung  beSfelben  entfdjieben  üBermaffrung  ein.  3n  Utom  mürbe  baS= 
felbe  am  25.  Oejember  gefeiert,  unb  biefer  ©ebraud)  berbreitete  fidj  im  ganjen 
5Ibenblanbe.  3m  Orient  bagegen  mürbe  ber  6.  Snnuar  (©piphanie)  als  ©e= 
burtSfeft  beS  Iperrtt  gefeiert;  erft  gegen  ©nbe  beS  4.  SafjrljunbertS  marb  baS 
geft  beS  25.  Öejember  eingeführt 2.  OaS  geft  ber  ©piplfanie  am  6.  Januar 
befielt  feine  frühere  Sebeutung;  im  Occibent  nahm  man  eS  fpäter  ebenfalls 
an  unb  badjte  eS  befonberS  als  geft  ber  Magier,  bie  man  als  Könige,  unb 
jmar  nach  ber  ^Injaljl  ifjrer  ©oben  als  bie  brei  Könige  bejeichnete3.  5ln  biefem 
gefttage  marb  meiftenS  baS  bemeglidje  Ofterfeft  angefünbigt.  2e|terem  ging 
nad)  alter  Sitte  baS  Ouabragefimalf aften  tmrauS,  baS  in  ben  einjelnen 
Streben  bon  öerfdjiebener  Oauer  mar,  inbem  einige  nur  ein  breimödjigeS  gaften 
hielten,  anbere  aber  fedjS,  mieber  anbere  fieben  2öod)en  fafteten;  ba  bei  ben 
Orientalen  bie  Samstage  ebenfo  mie  bie  Sonntage  megfielen,  braud)ten  fie 
längere  geit  als  bie  9tömer,  bie  auch  am  Samstage  fafteten,  um  bie  bierjig 
Sage  (bejro.  fedjSunbbreifeig  als  ben  geinten  Oeil  beS  Saures)  ju  erhalten. 
9Jlan  unterliefe  in  biefer  gaftenjeit  lärmenbe  Suftbarfeiten,  ^ochjeitSfeierlidjfeiten, 
felbft  |)eiligenfefte ,  enthielt  ftd)  bom  ©enuffe  bon  2Bein  unb  gleifth,  befudjte 
fleißiger  bie  Kirchen  unb  hörte  bie  ^ßrebigten  an,  mie  fcfjon  bereits  ©hrhf°- 
ftomuS  täglich  prebigte.  OaS  gaften  mar  in  biefer  3£it  fe^r  ftrenge,  bie 
ÜRafj^eit  nahm  man  ju  fpäter  Stunbe.  Oie  Xeropfjagien  maren  in  Sprien 


1  Slnt  DJlitttbod)  unb  greitag  hatte  man  ©pnajig  in  Sttejanbrien  {Äthan. ,  Hist. 
Arian.  ad  mon.  c.  81.  Socrat. ,  Hist.  eccl.  V,  22)  unb  in  ben  meiften  Äirdjen  beä 
Orients  {Epiph. ,  Expos,  fidei  n.  22,  bei  Migne,  Patr.  gr.  XLII,  625),  mit  haften 
bis  jur  Dion  megen  ber  ©efangennafjme  unb  Kreujigung  beg  §errn.  iögt.  Chrysost., 
In  1  Tim.  hom.  5,  n.  3  [Migne  1.  c.  LXII,  530).  Ambros.,  In  Ps.  118,  48.  gn  ©afarea 
(Happabocien)  fanb  bie  Kommunion  am  ©onntag ,  DJtitttood) ,  Freitag  unb  ©amgtag 
unb  fonft  an  ben  §>eiligenfeften  ftatt  ( Basil .,  Ep.  93,  al.  289,  ed.  Par.  p.  186),  in 
Ütorn,  Slfrita  unb  Spanien  täglich.  2H3  gaftiage  erfdjeinen  DJlitttooch  unb  greitag 
{August.,  Ep.  86  ad  Casul.  33gt.  ©.  223).  33om  gaften  nahm  man  bie  Seit  bon 
Oftern  big  ißfingften ,  bie  jtoblf  Sage  bor  ©pippanie,  bie  brei  Döochen  bor  ber  gaften= 
jeit  aus. 

2  Dieben  auf  ben  ißorabenb  bor  SBeipnachtert  bon  ©pnefiug  (Hom.  2,  bei  Migne, 
Patr.  gr.  LXYI,  1564),  auf  Söeipnachten  bon  ©regor  bon  Dlajiauj,  ©ppräm,  ©b)rt)fofto= 
mu8,  tßrottug,  ßeo  b.  ©r. ,  Stuguftin,  ©afariuS  bon  Strleg,  DJlajumug  bon  Surin;  auf 
Circumcisio  { Morcelli ,  Kalendar.  Constantinopol.  II,  5)  bon  ißroftug ,  Stnbreag  bon 
ßreta,  Stuguftin,  gutgentiug,  ßäfariug  bon  Strteg,  ÜBajimuS  bon  Surin. 

8  Sag  geft  ber  ©pippanie  betrad£»teten  bie  Sonatiften  al§  orientalifdje  Neuerung 
{August.,  Senn.  202,  n.  2) ;  um  360  tourbe  eg  in  ©allien  gefeiert  ( Ammian .  Marcell., 
Rer.  gest.  1.  XXI,  c.  2);  Sülajimug  bon  SEurin  (Serm.  6.  7)  jahtt  feine  breifache  SBebeutung 
auf.  Dieben  bon  ©regor  bon  Dlpffa  unb  ©regor  bon  Dlaäianj,  ©hrpfoftomug,  ©eberiatiuä 
bon  ©abala,  ßeo  b.  ©r.,  betrug  ©fjrt)foIogug,  Stuguftin,  ©afariug  bon  Strleg,  DUajimug 
bon  2iurin. 


15.  ®ai  Kirchenjahr;  Sefie  bei  §errn  unb  ber  ^eiligen.  475 

unb  Kteinafien  allgemein  beobachtet.  Sie  Btönche  unb  ©eiftlicEjen  be§  OccibentS 
begannen  meift  mit  bem  Btontag  nach  Quinquagefima  ba§  Soften,  bie  Saien 
erft  jmei  Sage  fpäter  (mit  bem  Bfchermittmoch);  bie  bortjergehenbe  geit  marb 
gteichfam  al§  Vorbereitung  für  bie  beborftefjenben  Entbehrungen  oft  mit  au§= 
febmeifenber  Sröt)tid)feit  (Karnebal)  begangen Bm  ftrengften  mürbe  bie  heilige 
ober  große  (Kar=)  SBodje  gefeiert,  bie  mit  bem  ^atmfonntag  ihren  Anfang 
nahm.  Sn  ihr  gatten  at§  befonber§  heiÜ3  ber  ©rünbonner§tag,  an  bem  man 
ba»  ©ebäd)tni§  ber  Einfeßung  be§  9lbenbmaf)te  unb  ber  Sußmaßhung  beging 
unb  in  einigen  afrtfanifchen  Kirchen  erft  nach  ber  Btat)tjeit  bie  Eudjariftie 
genoß,  ma§  aber  Dielfach  mißbilligt  mürbe;  fobann  ber  Karfreitag  (Kreuzigung?; 
paSdha),  ber  Sag  ber  Erinnerung  an  ben  Sob  be§  Ertöfer?,  im  Occibent  Dor= 
jüglidö  at§  Srauertag  ohne  eigentliche  Siturgie  gefeiert;  bann  ber  KarfamStag 
(großer  ©abbat),  an  bem  ber  Bachtgotte?bienft  ber  Ofteroigil  mit  glänjenber 
Beleuchtung  gefeiert  mürbe,  ba  Diele  in  biefer  Vacßt  bie  SDieberteßr  be§  £)ei= 
tanbe?  ermarteten.  3n  ber  Ofterüigit  fanb  bie  feierlidje  Aufnahme  (initiatio) 
in  bie  Kirche  ftatt.  Sa?  Soften  fottte  nach  ber  ftrengen  Sieget  erft  mit  bem 
beginnenben  Buferfiehung?tage  beenbigt  merben,  ber  als  hoher  S^enbentag  galt1 2. 
Bach  biefem  Sag  richtete  fidj  bie  ganze  Bor6ereitung?zeit ,  ba  er  ein  bemeg= 
lidßeS  Seft  mar,  beffen  Berechnung  auch  jjeßt  noch  manche  ©chmierigteiten  barbot3. 


1  Über  bai  Quabragefimatfaften  Dgl.  Socrat.  1.  c.  Y,  20.  22.  Sozom.  1.  c.  VII, 
18.  19.  Chrysost. ,  Adv.  lud.  hom.  8,  n.  4;  De  statuis  hom.  8,  n.  4.  5;  hom.  4, 
n.  6;  hom.  6 ,  n.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  XLVIII,  867  sq. ;  XLIX,  53.  68.  85).  Conc. 
Laod.  can.  50 — 52.  Ambros.,  De  Elia  et  ieiunio  c.  10,  n.  34.  ffieron. ,  Ep.  ad 
Fabiol.  August.,  Serm.  69  de  temp.;  Serm.  205 — 211.  Cassian.,  Collat.  XXI,  24  sq. 
Leo  M.,  Serm.  39—51.  Epiph.,  Haer.  LXX,  n.  12;  LXXY,  11.  3. 

2  Über  bie  heilige  üöoeße  (hebdomas  magna)  bgt.  Chrysost.,  In  Gen.  hom.  30, 
n.  1  {Migne,  Patr.  gr.  LIII ,  273).  Stuf  ißatmfonntag  {koprg  tüiv  ßaicov)  Sieben  Don 
©Drill  Don  Sttejjanbrien  (Homil.  diversae  n.  12) ,  Slnbreai  bon  Kreta ,  ©utogiui  üon 
Sltejanbrien ;  auf  ©rünbonneritag  (h  ptyalg  nißmg)  unb  Karfreitag  (jzapaaxsog, 
fjpspa  zob  azaopoö,  ouiTypia)  bon  tprof luö  (Or.  10.  11),  Stuguftin ,  2eo  b.  ©r.  u.  a. 
S)er  Stame  Karfreitag  toirb  abgeleitet  halb  bon  carus ,  batb  bon  carena  (Saften),  halb 
bom  beutfdjen  Kar,  halb  bon  karo,  garo  (paratum).  Über  bie  töigilien  unb  bie  23e= 
leuchtung  am  Karfamitag  (sabbatum  sanctum  vel  magnum)  bgt.  Hieron. ,  In  Matth. 
25,  6.  August.,  Serm.  219 — 223  de  temp.  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  22.  Über  Oftern 
(„Urftan"  im  ©eutfcßen)  bgt.  Chrysost.,  Hom.  de  resurr.  (Opp.  II,  437  sq.).  Sieben 
bon  ©regor  bon  Slagianj,  ©regor  bon  Sitjffa ,  Stuguftin,  Seo  b.  ©r. ,  SJtajimui  bon 
Surin,  betrug  ©hrhfotogui,  tßroftuS  u.  a. 

3  Stach  bem  Konzil  bon  Sticäa  gab  ei  noch  berfdjiebcne  ^Berechnungen  bei  Öfter» 
tagei.  Slom  unb  Sttejanbrien  bifferierten  toegen  bei  ©Dftui  (bort  ber  bon  84,  hier  ber 
bon  19  fahren);  fo  in  ben  fahren  326,  333,  340,  343.  2)ai  Konjit  bon  ©arbita 
brachte  eine  Slereinbarung  für  bie  nächften  fünfzig  Sfahre  gu  ftanbe.  Stheophüuö  bon 
Sttejanbrien  berfertigte  387  auf  SBunfch  bei  Kaiferi  3tf)eobofxuö  I.  eine  Dftertafet,  bie 
©tjritt  abfürjte,  ber  aud)  für  fünfunbneunjig  ^aßre  (436 — 531)  ben  Ofiertag  beftimmte. 
2eo  b.  ©r.  befhäftigte  fid)  455  mit  Orbnung  beö  Dftertagei  (Ep.  137.  138.  142. 
Prosp.,  Chron.  a.  455),  gab  zeittoeife  ben  Orientalen  nach,  fucf)te  aber  für  bie  3ufunft 
burch  einen  gelehrten  SDtann  borjuforgen.  ©ein  Slrdjibiafon  £>itarui  toanbte  fich  an  ben 
Stquitanier  33iftoriui,  ber  457  neue  Ofiertafetn  enttoarf  ( Hilar .,  Ep.  2.  3,  ed.  Thiel 
p.  130  sq.).  £>ier  tarn  man  ben  StteEanbrinern  näher,  toai  nachher  2>ionhfiui  ©jnguui 
noch  toeiter  auifüfjrte.  Slom  unb  Sftatien  nahmen  feine  Slerbefferung  mit  bem  ©Dftui 
bon  95  fahren  an,  in  ©attien  btieb  ber  Kanon  bei  Sliftoriui,  bei  ben  IBriten  ber 


476  <5ieg  ber  Kirche  im  Dtömerreid)  unb  ßampf  gegen  beit  StrianiömuS. 

Oie  5Bod)e  bi§  jum  SBeifjen  ©onntag* 1,  an  bem  bie  in  ber  9tad)t  be§  ®ar= 
famStag  Getauften  jurn  tefstenmal  ihre  meinen  Slauffleiber  trugen,  toarb  feter= 
lief)  begangen,  tote  überhaupt  bie  fünfzig  Sage  bi§  ^ßfingften.  3n  biefer  $eit 
beging  inan  ba§  $eft  ber  Himmelfahrt  Ehrifti ;  am  ©am§tag  bor  ^ßfingften 
mar  feftliche  Sßigil,  ba§  ^Sfingftfeft  felbft  mieberum  ein  $eft  ber^reube2.  5Id)t 
Sage  nad)  bem  ^fingftfefte  beging  bie  gried)ifd)e  Birdie  ein  f^eft  aller  $Qt\- 
tigen  unb  ddürtprer 3.  Sn  ber  ganzen  ^fingftjeit  mie  an  jebem  ©onntage  roarb 
nur  fietjenb  gebetet4. 

Sn  Serufalem  mürben  im  4.  Sahdiunbert  al§  befonbere  Sofalfefte  einzelne 
Sage  begangen  jur  Erinnerung  an  ba§  Seben  be§  Herrn,  ^t6  l-  53-  ^te  ®ar= 
ftedung  Ehrifti  im  Semmel,  bie  erft  fpäter  in  anbern  Kirchen  ebenfad§  Ein= 
gang  fanben. 

3.  5Iuf)er  ben  Sagen,  rneldie  jur  Erinnerung  an  bie  Heil§thatfacben  be§ 
dieuen  53unbe§  feftlid)  in  ber  $ird)e  begangen  mürben,  feierten  bie  einzelnen 
©emeinben  bie  ©ebäd)tni§tage  (dies  natalis)  ihrer  53 1 u t jeugen.  Ein= 
jetne  f$efte  biefer  5lrt,  befonberS  5t  p  o  ft  elfe  ft  e,  finben  fid)  bereits  im  4.  Safü'= 
hunbert  in  mehreren  ^irdjen  Oor.  Sm  Orient  mürben  bielfach  in  ben  Sagen 
nach  5Beihnad)ten,  jmifdjen  bem  26.  Oejember  unb  bem  1.  Sanuar,  bie  gefte 
ber  hd-  ©tephnnuS,  3atobu§,  3ohQnne§,  ißetruS  unb  ^ßautu§  gefeiert.  Sn 
9tom  unb  im  ganjen  5tbenblanbe  fiel  ber  ©ebäd)tni§tag  ber  beiben  5tpoftet= 
fürften  auf  ben  29.  Suni,  unb  aud)  in  ^onftantinopel  nahm  man  biefen  Sag 
an.  Slujjerbem  hatte  bie  römifche  Kirche  am  22.  gebruar  ba§  fjefi  ber  ©tut)I= 
feier  ißetri  (Natale  Petri  de  cathedra).  Oie  ^efttage  ber  übrigen  5tpoftet 
finb  ursprünglich  mehr  totaler  diatur  gemefen;  fie  mürben  in  ben  Kirchen 
begangen,  mo  ihre  fterbtid)en  Überrefte  ruhten,  ober  in  anbern  ©emeinben 
eingeführt  al»  Erinnerung§tag  an  bie  Einmeihung  bon  Kirchen,  bie  ihren 
diamen  trugen. 

Oie  dltärtprerfefte  hatten  ebenfadS  totalen  Eharafter,  inbem  jebe  ©e= 
meinbe  ihre  53tutjeugen  feierte,  fjauptfäd)lidj  in  ben  ^irdjert,  bie  über  beren 
©rabftcitten  erridjtet  mürben.  ddiit  ber  Verbreitung  ber  dJiärtprerberehrung 
unb  befonberS  ber  Entmidtung  be»  ©ebraud)e§,  in  bie  5tttäre  ^Reliquien  (in 
ber  Siegel  ©egenftänbe,  bie  mit  bem  ddiärtprergrabe  in  Berührung  gebracht 
morben  maren)  einjufdiliehen,  breiteten  fid)  bie  dDiärtprerfefte  mehr  au§,  fo 
bah  berühmte  ©tutjeugen  aud)  außerhalb  ber  ®irdje,  mo  ihr  ©rab  fid)  befanb, 
ihre  Feiertage  hatten. 


84jährige  ©pIIuS  mit  einer  SSerbefferung  burd)  ©ulpiciuS  ©eoeruö.  SSgl.  Hefele, 
©onciliengefd).  I  (2.  Stuft.),  326  ff.  De  Rossi,  Inscript,  urbis  Romae  I,  p.  lxxxvi. 
Stiper,  $arl§  b.  ©r.  ßalenbar  unb  ßftertafel.  Süerlin  1858.  SSebeutenbe  ©rgänpngen 
ber  früher  befannten  $ata  liefert  33.  ßrufdj,  3ur  <$riftli<§»miitelalterlidjen  ©hiono= 
logie.  ßeipgig  1880. 

1  Uber  Yj  xacug  xupiaxrj  Ogi.  Greg.  Naz.,  Or.  44.  August.,  Senn.  259.  260. 

2  über  ©hrifti  Himmelfahrt  {ämArj<pi?,  ^  imatu^ogivt j)  unb  tpfingften  Ogi.  bie 
Sieben  Oon  ©regor  Oon  Süajiaitj,  ©hrhfoftomuä ,  3ßrofIu§,  ©regor  Oon  3tt)ffa,  9tilu§ 
{Phot.,  Bibliotb.  cod.  276),  Sluguftin,  ßeo  b.  ©r.,  -ütajimug  Oon  Sturin. 

3  2tuf  bie  xupiaxr)  rä>v  äyiwv  ij.apruprjadvr(i)v  Ogi.  bie  fReben  Oon  ©hrhf0ft°tJiu§ 
unb  @pl)väm.  ®er  Dccibent  hotte  am  1.  9Rai  festum  initii  praedicationis  Domini. 

4  S3gl.  Conc.  Nicaen.  can.  20. 


15.  $aS  ßirdjenjafir ;  3refte  beS  §errn  unb  ber  ^eiligen.  477 

Sie  Verehrung  unb  Anrufung  ber  ^eiligen,  befonberS  ber  fKRcirtprer, 
ttuirb  fortmährenb  in  ber  Kirche  gepflegt,  Dort  ben  ßirdjenlehrent  empfohlen 
unb  gegen  bie  fßormürfe  ber  Reiben,  ber  9)?amd)öer  unb  anberer  fpäretifer 
berteibigt1.  TOan  prie§  ihre  Sugenben  unb  [teilte  fie  al§  üftufter  gut  Nach¬ 
ahmung  auf,  rief  fie  als  gütfprecher  bei  ©ott  an  unb  errichtete  ihnen  eigene 
fBafiltfen  unb  Kapellen  (93tartprien)2.  2öie  bie  Niärtprer,  fo  erhielten  auch 
bie  CS  n  g  e  1 3  unb  Propheten  eigene  Kirchen  (fDiichaelion 4,  fßropheteion 5). 
Sie  irbifchen  Überrefte  ber  ^eiligen  tüurben  befonberS  berehrt,  jumal  mögen 
ber  burch  fie  getbirften  SBunber,  bon  benen  Auguftin,  Sfibor  bon  fßelufium  u.  a. 
berichten6.  2ftan  ehrte  fie  bitrch  fßotiogefdjenfe,  Söeihegaben  (Anathemata 7), 
höngte  oft  filberne  unb  golbene  Figuren  in  ben  Kirchen  ber  ^eiligen  auf, 
beren  gürbitte  inan  Die  Teilung  jufchrieb.  33iele  ©laubigen,  and)  ^aifer, 
fugten  fid)  Reliquien  ju  berfdjaffen 8,  manchmal  burd)  rneite  Steifen ,  mie 
©aubentiuS,  33if<hof  bon  S3re§cia  (f  um  410),  ber  ju  biefem  3mede  nach 
ß'appabocien  reifte9,  manche  auch  mit  Sift  ober  ©emalt  ober  felbft  um  ©elb. 
33i§meilen  mürben  falfdje  Reliquien  borgebracht 10  unb  bon  manchen  SJtönchen 
mit  folchen  ipanbel  getrieben,  me§ha^  ba§  kaufen  unb  Verläufen  berfelben 
berboten  rnarb11. 


1  Ambros.,  De  vid.  c.  9.  Greg.  Naz.,  Or.  24,  p.  437  sq.  Prudent.,  Peristeph. 
I,  v.  16  sq. ;  IX,  v.  97.  Greg.  Nyss.,  Or.  in  S.  Theodor.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XLVI,  736  sq.), 
fomie  bie  fReben  bon  ®hrl;foftonui§  unb  AuguftinuS.  Ausführlich  fpricht  le^terer  barüber 
C.  Faust.  XX,  21 ;  De  civ.  Dei  XXII ,  8 :  Sancti  sunt  honorandi  et  invocandi ,  sed 
latreia  et  sacrificium  soli  Deo  debetur.  SSgt.  ibid.  XXII,  10;  VIII,  27.  Basil.,  C. 
Eunom.  1.  V  (Migne,  Patr.  gr.  XXIX,  729).  Thcodoret.,  Graecar.  affectionum  curatio 
1.  VIII  ( Migne  1.  c.  LXXXIII,  1012.  1082  sq.).  33gL  ^irfcf),  Sie  Sehre  bon  ber 
©emeinfcfjaft  ber  ^eiligen  int  cbriftlichen  Altertum.  TRainz  1900. 

2  Ambros.,  Ep.  22  ad  Marc.,  n.  18:  Succedant  victimae  triumphales  in  locum, 
ubi  Christi  hostia  est.  Sed  ille  super  altare,  qui  pro  omnibus  passus  est,  isti  sub 
altari,  qui  illius  redempti  sunt  passione. 

3  Über  ben  ©ngeltult  bgl.  Euseb.,  Praep.  evang.VII,  15.  August.,  C.  Faust. 
XX,  21 ;  Collatio  cum  Maxim.  Arian.  episc.  n.  14.  Über  baS  Conc.  Laod.  can.  35 
gegen  ben  fuperftitiöfen  ©ngelfult  ber  Angetifer  f.  Theodoret.,  In  Coloss.  2,  18.  Egiph., 
Haer.  LX.  §  e  f  e  t  e  a.  a.  O.  I,  768  ff. 

4  Sozom.,  Hist.  eccl.  II,  2.  3. 

6  Über  ipropheteio,  Apoftoleia  bgl.  Euseb.,  Vita  Const.  HI,  48.  S3gl.  aitd)  Basil., 
In  Ps.  111,  n.  1.  Optat.,  De  schism.  Donat.  H,  4.  Socrat.,  Hist.  eccl.  IV,  18. 
Sozom.  1.  c.  IH,  14;  VH1,  19. 

6  2öie  AmbrofiuS  (Ep.  22,  n.  1.  2),  fo  erzählt  AuguftinuS  als  Augenzeuge ,  toie 
biele  Sßunber  386  bet  ©ntbecfung  ber  Seiber  ber  pd-  ©erbafiuS  unb  fßrotafiuS  burd) 
AmbrofiuS  in  URailnnb  (Conf.  IX,  7.  16 ;  De  civ.  Dei  XXII,  8,  2 ;  Serm.  286)  unb 
nadhher  burch  bie  ^Reliquien  bc§  hl-  <Stephau  in  Afrtla  (De  civ.  Dei  XXII,  8,  n.  11  sq.) 
gefächen,  tßgt.  auch  Hilar.,  C.  Const.  c.  8. 

1  ®ie  foadryxaza  ermähnt  fchon  Euseb.,  Vita  Const.  III,  38.  40.  43. 

8  Honftantinopel  rühmte  fid)  feit  ßonftantiuS  ber  ^Reliquien  bon  AnbreaS,  SufaS, 
SimotheuS,  feit  ®heobofiuä  I.  ber  Überrefte  ber  SRärtprer  SerentiuS  unb  AfrifanuS, 
feit  ArlabiuS  ber  be§  Sßropheteu  ©amuel  ( Theodor .  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  61—63,  bei 
Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  212  sq.). 

9  Gaudent.  Brix.,  Tract.  17  de  dedic.  basil.  (Serm.,  ed.  Gallandi,  Petav.  1720). 

10  Cassian.,  Collat.  VI,  n.  1.  August.,  De  op.  monach.  c.  26. 

»  Cod.  Theod.  IX,  16,  1.  2;  17,  1  (a.  386). 


478 


(Sieg  ber  Kirdje  im  Vömer  reich  unb  Kampf  gegen  ben  2triani§mu3. 


Sehr  verbreitet  maren  als  ^Reliquien  Heine  SEeilchen  Vom  Kreuje  ©hrifti, 
baS  KonftantinS  Butter  Helena  in  ^erufalem  mieber  auffanb1  unb  baS  Von 
ba  an  bie  größte  Verehrung  genofi.  ^ßartifeln  beSfethen  mürben  nach  allen 
©eiten  f)in  Verbreitet  unb,  von  ben  ©laubigen  in  ©olb  gefaxt,  atS  Sd)u|meht 
gegen  ©efafjren  am  £>atfe  getragen2. 

©inen  großen  Vuffdjttmng  nahm  Vom  4.  Safjrljunbert  an  bie  Verehrung 
ber  ©otteSmutter  fütaria,  junächft  burd)  bie  Verbreitung  ber  ^eiligem 
Verehrung  überhaupt,  bann  befonberS  tveil  [ie  Vorbtlb  unb  Patronin  ber  gott= 
gemeinten  Jungfrauen  mar.  Je  mehr  bann  im  5.  Jalfthunbert  ihr  innigeg 
Verhältnis  ju  bem  ©ottmenfdjen ,  ihre  (Stellung  in  bem  ©rlöfungSmerfe,  ihre 
Vebeutung  als  jmeite  ©va  gegenüber  ben  £)ärefien,  melche  ihre  ©hre  unb  Vßürbe 
beeinträchtigten,  hervortrat,  befto  mehr  begrünbeten  bie  Kirchenväter  ihre  Ver= 
ehrung  unb  Anrufung 3. 

SDie  freier  ber  9Jtärtqrerfe[te  brachte  eg  mit  fich,  bafj  in  ben  einzelnen 
größeren  Kirchen  Verjeichniffe  ber  Sage  geführt  mürben,  auf  melche  bie  Vata= 
litien  ber  Vtutjeugen  fielen.  TDie  älteften  biefer  Vtartqrologien,  melche  mir 
fennen,  reifen  in  baS  4.  Jaljrhunbert  hinauf.  Jn  biefer  geit  beftanben  brei 
Vtörthrerver^eidhuiffe :  ein  römifdieS ,  ein  afritanifcheS  unb  ein  orientaliftheg, 
meldie  fpäter  in  bem  fogen.  Martyrologium  Hieronymianum  Vereinigt  mürben, 
gitr  Vom  haben  mir  aujferbem  ein  Kalenbarium  ber  hau[)tfäd)Iid)ften  Vtärtqrer= 
fefte  im  VImanach  beg  ^fntofaluS  aug  ber  Vtitte  beg  4.  JahrhunbertS 4. 


1  Von  bem  Vorhanbenfein  be§  KreujeS  ©hrifti  in  Jerufalem  rebet  ©tjrittuS  Von 
Jerufalem  nicht  blofj  in  bem  bietfadj  Verbädjtigten  SBxiefe  an  KonfiantiuS  Vom  Jahre  351 
( Sozom .  1.  c.  II,  1),  fonbern  aud)  in  ben  ungtoeifelfjaft  ihm  äugehörigen  Katedjefen 
(XIII,  4;  X,  19;  IV,  10)  ganj  beutlidj ,  unb  bie  übrigen  Jeugen,  toie  2Imbrofiud 
(De  obitu  Tlieodos.) ,  VauIiuud  Von  9toIa  (Ep.  31,  al.  11),  ©hrhfoftomuS  (In  Io. 
hom.  85,  al.  84,  n.  1),  Vufinuä  (Hist.  eccl.  I,  7.  8),  Sulpiciud  SeVerud  (Chron. 
II,  34,  p.  88,  ed.  Vinclob.) ,  Sljeoboret  (Hist.  eccl.  I,  17,  al.  18),  Sotrateä  (1.  c. 
I,  17),  Sheophoned  (Chronogr.  p.  37  sq.),  Seo  b.  ©r.  (Ep.  139,  c.  2),  ftimmen  in  ber 
£>auptfad)e  überein. 

2  Cyrill.  Hier.,  Catech.  X,  n.  19,  ed.  Maur.  p.  146.  Paulin.  Nol.,  Ep.  31, 
al.  11. 

8  ttttariaS  Stellung  jur  ©rlöfung  fd;ilbern  August.,  C.  Iul.  I,  3;  De  nat.  et  gr. 
c.  36;  Op.  imperf.  IV,  n.  122.  Cyrill.  Hier.,  Catech.  XII,  n.  15.  29.  Zeno  Veron., 
Tractatus  de  Hde,  spe  et  caritate  1.  1,  n.  9.  Epiph.,  Haer.  LXXVIII,  n.  18.  Chrysost., 
Hom.  de  mutat.  nomin.  n.  3;  Hom.  in  Pascha;  In  Ps.  44,  n.  7.  Ephraem. ,  Opp. 
gr.  III,  528.  532.  Vom  Sitten  Seftament  tverben  auf  fie  bezogen  bie  Stetten  1  ttftof. 
3,  15  [Iren.,  Adv.  haer.  III,  23,  7;  IV,  40,  3),  Jf.  7,  14  {Iren.  1.  c.  in,  21;  IV, 
24,  11;  Y,  21,  1.  Tertull.,  Adv.  Marc.  III,  13.  Basil.,  In  Is.  c.  7,  n.  201.  Cyrill. 
Alex.,  Or.  21,  bei  Migne,  Patr.  gr.  LXXVII,  1037),  ©jed).  44,  1  ff.  (Ambros,  et  alii 
ad  Siric.  P.  [389],  bei  Coustant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  671  in  Siric.  ep.  8).  Vad) 
Greg.  Naz.,  Poem.  1.  I,  sect.  2,  v.  694  sq.  (bei  Migne ,  Patr.  gr.  XXXVII,  575),  ift 
fie  nid)t  bloß  über  bie  aJlenfdjen,  fonbern  über  alle  himmlifthen  9Jiäd)te  erhaben.  Vgl. 
Sehn  er,  Sie  ttttarienberehrung  in  ben  erften  Jahrfjunberten.  Stuttgart  1886. 

4  Martyrologium  Hieronymianum  edd.  De  Rossi  et  Duchesne  (Acta  SS.  Boll., 
Novembr.  vol.  II).  Brux.  1894.  3td)di§,  Sie  Vtartprologien ,  ihre  ©efdjidjte  unb 
ihr  2ßert.  ©öttingen  1900.  Seltner,  §eortologie  ober  ba§  Kirchenjahr  unb  bie  £>ei= 
ligenfefte  in  ihrer  gefdjidjtl.  ©nttoieftung  S.  190  ff.  Urbain,  ©in  DJiartproIogium 
ber  djriftl.  ©emeinbe  3U  Vorn  am  2tnfaug  be§  5.  Jahrljunbertd  (Sejte  unb  Unterfing. 
V.  J.  VI,  3).  Seipjig  1901. 


16.  Sie  firdjlidje  Siggiplin.  Sie  ©Jje;  bas  Bußtoefen. 


479 


16.  Oie  firdjlidje  OiSjiplin.  Oie  ©fjc;  ba§  Bußtoefen. 

Quellen.  —  HanoneS  ber  ©pnoben  be§  4.  SafjrljunbertS  (§efele,  ©oncitien= 
gefd).  Bb.  I  u.  II).  Greg.  Naz.,  Orat.  2,  n.  9.  61;  Or.  26,  n.  2  sq.;  Or.  39,  n.  17  sq. 
Chrysost.,  De  sacerdotio  II,  3.  4.  Greg.  Nyss.,  Epist.  canon.  Basil.  Caes.,  Sermo  8 
de  poenitentia ;  Epist.  46  ad  virg.  lapsam;  Epist.  canonicae  188.  199.217.  Pacian. 
Bare.,  Epist.  3  ad  Sympronianum ;  Paraenesis  ad  poenitentiam.  Ambros.,  De  poeni¬ 
tentia  11.  2.  August.,  Encbiridion  c.  64 — 66.  82  sq. 

Sitterat ur.  —  greifen,  ©efdjidjte  be§  fanon.  (£t)erec^tö.  Tübingen  1888. 
Hel  In  er,  Buß=  unb  ©trafoerfafjren  gegen  Ulerifer  in  ben  fed)§  erften  3al)rf)unberten. 
Srier  1863.  fjranf,  Sie  Bußbigciplin  ber  ßirdje.  Blainj  1867.  ©djmiß,  Sie 
Bußbüdjer  unb  bie  Bußbigciplin  ber  iürdje.  Bb.  I,  SJlainj  1883;  Bb.  II,  Süffelborf 
1898.  ©tei|,  Sa§  rötnifdEje  Bußfaframent  nad)  feinem  DiDIiftfjen  ©runbe  unb  feiner 
gefd)id)tlid)en  ©nttoicflung.  Srantfurt  1854.  fjuttl,  3ur  altdjriftlidjen  BußbiScipIin 
(ßirdjengefd).  3Ib|anbI.  I,  155  ff.);  Sie  Bußfiationen  int  d)rifilid)en  Slltertum  (ebb. 
©.  182  ff.),  ß  o  d) ,  Sie  Biißerentlaffung  in  ber  alten  abenblänbifdjen  ßirdje  (Süb.  Sßeol. 
Ouartalfdfir.  1900,  ©.  481  ff.).  ©.  aud)  bie  Sitteratur  oben  ©.  226  u.  313. 

1.  Oie  ©ßnoben  be§  4.  unb  ber  folgenben  Saßrßunberte  füllten  in  ißren 
$atmne§  nidjt  blo^  Beftimmungen  auf  für  ben  $Ieru§  unb  ba§  geiftlidje  ßcben, 
fonbern  aud)  für  bie  ©laubigen.  Unter  Berüdfid)tigung  ber  SSerf)äItniffe ,  in 
meldjen  fid)  bie  bielfad)  eben  erft  belehrten  unb  nod)  unter  Reiben  lebenben 
©ßriften  befanben,  tnaren  bie  Borftefjer  ber  $ird)e  beftrebt,  eine  ftrenge  djrifh 
lidje  3ud)t  Ju  tnaßren,  unb  erliefen  51t  biefem  gmede  über  einjelne  fünfte  ber 
djrifilidjen  ©itte  genaue  ©efeße,  bereit  Befolgung  ben  ©laubigen  eingefd)ärft 
tourbe.  Oiefe  Beftimmungen  bezogen  fid)  befonberS  auf  ba»  ef>elid)e  Seben  unb 
auf  bie  fird)lid)e  Bußbi§jiplin. 

2üie  früher,  fo  mürbe  aud)  jeßt  bie  ©ße  mit  bem  ©egen  ber  ßireße  unb 
befonbereit  geierlicßfeiten  gefd)loffen  L  Bei  ben  Orientalen  ging  regelmäßig 
ein  33erlöbni§  Dorau§,  ba§  aud)  firdjlid)  eingefegnet  tnarb;  bei  ber  Orauuitg 
mürben  ben  Brautleuten  Üränje  ober  fronen  aufgefeßt,  bie  nad)ßer  mit  enU 
fpreeßenben  Sftiten  mieber  abgenommen  mürben.  Oer  B3ed)fel  ber  Dünge  unb 
ba§  Umminben  ber  oerfcßlungenen  £)änbe  beiber  Oeile  mit  einer  meißen  unb 
roten  Binbe  jeigten  bie  Berpflid)tung  jur  Oreue  unb  jur  unauflöslichen  Ber= 
binbung  an. 

Bei  ben  Occibentalen,  melcße  jeßt  bie  altrömifdjen  Bräudje  oßne  Be= 
benlett  gelten  laffen  tonnten,  beftanben  ebenfalls  t>erfd)icbene  £)od)äcityfeierlicß= 
feiten;  and)  ßier  feierte  man  bie  Bermäßlung  meiften§  unter  ber  heiligen  Bteffe 
mit  Oblationen  unb  Kommunion  ber  Brautleute.  3U  ®ßren  be§  fird)Iid)en 
©egetts  füllten  biefelben  in  ber  erften  Bacßt  fid)  noch  ber  fleifd)lid)eu  Ber= 
mifeßung  enthalten1  2.  Oie  jmeitc  unb  nod)  meßr  jebe  folgettbe  ©ße  blieb  miß= 
billigt,  mentt  aud)  al§  gültig  anerfannt;  im  Orient  legte  man  ben  jmeintal 


1  Siric.,  Ep.  1  ad  Him.  n.  4.  Basil.,  In  Hexaöm.  hom.  7,  n.  5  ( Migne ,  Patr. 
gr.  XXIX,  160).  Ambros.,  Ep.  19.  Über  bie  gßegnabe  Ogi.  Ambros.,  Do  Abrah.  I,  7. 
Innoc.  I.,  Ep.  9  ad  Prob. 

2  Sie  Brautführer  {napwuyupm)  fanben  fiel  im  Gccibent  toie  im  Grient.  Bgl. 
Statuta  Eccl.  Afric.  (Conc.  Cartli.  IV.)  c.  101  ( Ballerini ,  Opp.  Leon.  III,  668),  loo 
auch  bie  Borfdjrift,  bie  UleuOermäfjlten  follen  eadem  nocte  pro  reverentia  benedictionis 
in  ber  Birginität  Oerbleiben. 


480  @ieg  ber  ßirdje  int  fKömerreid)  uitb  ßantbf  gegen  ben  SIrianiSmuS. 


SBermö^Iten  eine  fanonifdje  33ufie  auf,  fiets  blieben  fie  auSgefdfloffen  Dom  geift= 
lidjen  ©taub  unb  bom  firdjlidjen  Sllmofen;  bie  jtoeite  Elfe  erhielt  Weber  ben 
©egen  nocf)  bie  33efränjung,  bie  brüte  (Elfe  30g  im  Orient  eine  lange  Suffe 
nad)  fidj1.  Söäljrenb  man  im  Orient  bejüglid)  ber  Unauflöslich  feit  beS 
ElfebanbeS  im  f^alle  beS  EhebrudjS  infolge  ber  faiferlidjen  ©efe^e  unb  ber  Der= 
fd)iebeneu  Auslegung  bon  ©d)riftftellen  (Statt!).  5,  32;  19,  9)  fdjmanfte  unb 
bie  (Elfe  beSfjalb  oft  auflöfte,  hielt  man  im  21benblanbe  ftreng  baran  feft,  baff 
bie  redftSbeftünbige  unb  bol^ogene  Elfe  nur  burd)  ben  Stob,  nicht  aber  burd) 
ben  (Ehebruch  eine  Sluflöfung  erleiben  fönne2.  5US  ^inberniffe  ber  Elfe 
fteHte  nach  unb  nad)  bie  Kirche  feft:  1)  bie  33IutSberwanbtf<haft ,  tueld)e  jur 
Seit  ©regorS  b.  ©r.  bie  Elfe  bis  pm  fiebenten  ©rabe  römifcher  Serecffnung 
ungültig  mad)te3,  2)  bie  ©d)tbägerfd)aft ,  mochte  fie  aus  ber  Elfe  ober  aus 
einer  unerlaubten  Serbinbung  entfpringen 4 ,  3)  bie  geiftlidfe  23ermanbtfdfaft 5, 
4)  21bobtion6,  5)  bie  fMigtonSberfdfiebenlfeit  ober  baS  Eingehen  bon  Elfen 
ätnifchen  ßatlfolifen  einerfeits  unb  Ungläubigen  ober  £>äretifern  anberfeitS 7,  6)  bie 
gemaltfame  Entführung  weiblicher  $ßerfonen  behufs  einer  abjufchliefienben  Ehe8, 
7)  baS  DrbenSgelübbe 9.  OaS  beftehenbe  Ehebanb  unb  ber  Mangel  freier  Ein= 
miüigung  hotten  ohnehin  eine  elfebernicbtenbe  Sßirfung. 

2.  Oie  firch liehe  SBu^biSgipIin  beS  4.  SaffrlfunbertS  ift  im  wefenü 
liehen  bie  gleiche,  wie  mir  fie  in  ber  borfonftantinifchen  Seit  borgefunben  hoben. 
Oie  Sater  bertraten  bie  Stacht  ber  Kirche,  alle,  auch  bie  fchmerften  ©ünben 
nadfjulaffen,  fomie  bie  Pflicht  ber  ©laubigen,  im  einzelnen  ihre  $a{ntalfünben 
(peccata  ad  mortem)  bem  fßriefter  ju  befennen.  Oem  Suffwefen  ftanb  ber 
Sifdfof  bor,  bann  ber  33ujst>riefter,  ber  befonberS  bei  geheimen  ©ünben 


1  Über  2H=,  Sri=  unb  Setragamie  bgl.  Ambros.,  De  vid.  c.  11.  August.,  De 

bono  vid.  c.  12.  Basil.,  Ep.  ad  Amphilochium  c.  4  U.  c.  50.  Greg.  Naz.,  Or.  37, 

n.  8,  ed.  Maur.  p.  650.  Can.  apost.  17 — 19.  Conc.  Neocaes.  can.  7.  8. 

2  Can.  apost.  48.  Innoc.  I. ,  Ep.  6  ad  Exsuper,  c.  6.  Hieron.,  Ep.  30  ad 

Ocean.  Einige  gattifche  @t)noben  (2lrIeS  314,  SSanneS  465  can.  2,  2lgbe  506  can.  25, 
Nantes  658  can.  12)  geigen  hierin  einiges  (Sdjtbanfen;  gang  prägig  fprachen  fidj  bie 
2lfrifaner  au§  (Conc.  Cartb.  XI.  [407]  can.  8).  August.,  De  adult,  coniug.  I,  9;  De 
bono  coniug.  c.  5.  ©  i  g  o  i ,  Sie  Unauflösbarfeit  ber  cfjriftl.  @he  nnb  bie  61)ef<heibung 
nach  ©djrift  unb  Srabition.  ißaberborn  1895.  ©efffen,  Sur  ©efd)icl)te  ber  ©he= 
fd^eibung  bor  ©ratian.  fieipgig  1895. 

3  Über  ßonfanguinität  bgl.  August.,  De  civ.  Dei  XV,  16.  «Spätere  Spnoben: 
Conc.  Epaon.  517  can.  30.  Avern.  535  can.  11.  Aurel.  III.  (583)  can.  10.  Tolet. 
II.  (531)  can.  5.  Matisc.  585  can.  18. 

4  Über  2lffinitöt  bgl.  Conc.  Illib.  can.  61.  Neocaes.  can.  2.  Boman.  402 
can.  9.  11. 

5  Über  geiftlicbe  SSertoanbtfdjaft  bgl.  C.  Marius  Victorin.,  Comm.  in  ep.  ad  Galat. 
{Mai,  Nova  Coli.  III,  II,  37).  Conc.  Neocaes.  can.  2.  Cod.  Iust.  V.  4  de  nupt. 
1.  26.  Sie  öffentliche  ©brbarfeit  ift  angebeutet  Siric. ,  Ep.  ad  Him.  c.  4.  6,  ed.  Cou- 
stant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  534. 

6  L.  4,  §  2,  Dig.  XNXVIII,  10. 

7  Ambros.,  De  Abrab.  I,  7.  Conc.  Laod.  can.  10.  31.  Cbalced.  can.  14. 

8  Sie  ©jfomtnunifation  für  ben  IRaptor  fetjt  feft  Conc.  Cbalced.  can.  27.  Cod. 
Tbeod.  IX,  1,  1;  24,  1.  »gl.  c.  49,  C.  XXVII,  q.  2;  c.  2,  C.  XXXVI,  q.  1. 

9  Über  baS  SSotum  bgl.  Chrysost. ,  Paraen.  ad  Tbeod.  Mops.  {Migne ,  Patr.  gr. 
XLVII,  277  sq.).  Conc.  Cbalced.  can.  16.  Cartb.  418  can.  18. 


16.  Sie  firdjlidje  Si§3iplin.  Sie  ©he;  ba3  Sußtoefen. 


481 


juerft  ba»  geheime  <Sünbenbefenntni§  entgegennaljm,  bann  jebem  ©ünber  feine 
23uße,  mie  gegebenen  galle»  aud)  bie  öffentliche  Seidite,  auferlegte,  bie  Suß= 
Übungen  übermad)te  unb  fo  einen  au§gebd)nten  2öirtung§frei§  hatte.  SDiefer 
23ußprie[ter  marb  um  396  für  Konftantinopel  unb  beffett  tird)Iidjen  (Sprengel 
btird)  beit  ^atriardjen  91eftariu§  infolge  eine»  burd  ba§  öffentliche  33efenntni§ 
einer  öornebtnen  grau,  bie  ein  Oiafon  in  ber  Kird)e  entehrt  hotte,  berurfadten 
9lrgerniffe§  abgefdiafft,  unb  bamit  fam  nad  unb  nad  bie  bi§her  üblidje  öffent= 
liebe  23upe  außer  ©ebraud ;  jeber  fonnte  fid)  einen  ^riefter  jur  Slblegung  feiner 
geheimen  33eid)te  mähten  unb  bie  bon  ihm  auferlegten  Sußübungen  ohne  meitere 
Söeauffichtigung  mel)r  ober  roeniger  gemiffenbaft  berridten.  gn  Italien  unb 
attberen  Seiten  be§  3Ibenbtanbe»  beftanben  aber  bie  befonberen  53uf3priefter 
fort  V  Überhaupt  mar  man  f)ür  ftrenger  unb  hielt  mehr  an  ben  alten  Regeln 
feft  al§  im  Orient,  mo  nad  bem  4.  Sabrbunbert  biel  größere  iötilbe  eintrat1 2. 
£)ier  beftanben  im  4.  Sahrßunbert  bie  alten  brei  ©rabe  ber  53uße  fort,  unb 
eS  fam  nod)  ein  bierter  ffinju;  f°  bitbeten  fid  bie  hier  Stufen  ber  Flentes, 
Audientes,  Substrati,  Genuflectentes.  gm  51benblanbe  tnaren  biefe  33uß= 
ftationen  unbefannt.  Oer  53ifd)of  hotte  ba§  9ied)t,  bie  Süßheit  ju  beftimmen, 
ju  berlängern  ober  abjufürjen.  ©emößnlid  richtete  man  ficb  herbei  nach  ben 
KanoneS  ber  Konsilien  fomie  ben  fanonifd)en  Briefen  unb  gnftruftionen  i)ex- 
borragenber  33ifdöfe,  im  Orient  namentlich  be§  SafiliuS,  beS  ©regor  bon  Dtpffa, 
9lmphilod)iuS  bon  Sfonium,  fomie  ber  Dllcjanbriner  IßetruS  I.,  9ltl)anafiu§, 
OimotßeuS,  Ol)eopl)ilu»,  ©priüuS3. 

Oie  SJußübung  begann  gemößnlid  am  üftittmod)  ber  erften  gafienmode 
(fpäter  9(fd)ermittmod))  unter  ©ebet  unb  ^anbauflegung  beS  93ifd)ofS  unb  ber 
^ßriefter;  bie  Söieberaufnahme  (Dtefonjiliation)  erfolgte  in  ber  römifdjen  Kirde 
regelmäßig  am  ©rünbonnerStag 4,  in  (Spanien  unb  im  Orient  am  Karfreitag 
ober  KarfamStag.  9lud)  Vornehme,  felbft  Kaifer  (mie  She°bofiu§  I.)5,  unter= 
marfen  fid  ber  99uße.  ©S  toarb  barüber  geftritten,  ob  bie  ©eiftlidjen  ber 
öffentlichen  33uße  untermorfen  merben  foHten;  bie  ißäpfte  SiriciuS  unb  Seo  b.  ©r. 
mollten  Klerifer  ber  höheren  ^Beißen  nur  ber  ^ßriöatbupe  untermorfen  miffen, 
mät)renb  mandjmal  aud)  bie  öffentliche  gugelaffcn  marb ;  regelmäßig  mürben 
fie  mit  SuSpenfion  unb  Oepofition  beftraft  ober  bloß  jur  Caieufommunion  ju= 
getaffen  ober  juleßt  (bei  ÜtücffäHen)  ganj  auSgefd)loffen.  Oie  Perbredberifden 


1  Über  ben  Sußpriefter  bgl.  granf,  Sußbiäciplin  <S.  142  ff.  650  ff.  Batiffol, 
Des  pretres  penitenciers  romains  au  5me  siede  (Compte-rendu  du  3me  Congres  scient. 
des  cathol.  [Bruxelles  1895],  Sciences  religieuses  p.  277 — 290). 

2  Saß  6f)rt)foftomu3  bie  öftere  2Biebert)olung  ber  Süße  geftattete,  bradfjte  ihm  ben 
Sortourf,  ö-i  ädetav  ~apiyst  rolq  äpapTuvouai  (ugl.  Phot.,  Biblioth.  cod.  59,  p.  19. 
Socrat.,  Hist.  eccl.  VI,  21). 

3  Sie  fanonifdjen  Sriefe  ber  Säter  am  beften  bei  Pitra ,  Iuris  eccles.  Graecor. 
hist,  et  monum.  1,  551  sq.  630  sq.  gür  »erheiratete  toarb  3ur  Übernahme  ber  Süße 
bie  guftimmung  be$  onbern  ©atten  geforbert  (Conc.  Arel.  II.  can.  22),  ba  ber  ©ebraud) 
ber  ©ße  für  bie  Pönitenten  oerboten  toar  (bgl.  Ambros.,  De  poenit.  H,  10.  Hieron., 
In  Ioel  proph.  c.  2). 

*  Innoc.  I.,  Ep.  ad  Decent.  c.  7.  10.  Leo  M.,  Ep.  108,  c.  2  sq. ;  Ep.  159. 

5  Theodoret.,  Hist.  eccl.  V,  17  sq.  Sozom.,  Hist.  eccl.  VII,  24.  Rufin.,  Hist, 
eccl.  XI,  18. 

§ergcnrßthet,  $irdjeugcfcl)ic&te.  I.  4.  Stuft. 


31 


482  Sieg  ber  Strebe  im  fRönterreid)  unb  $amf)f  gegen  ben  StrianiSmuS. 


©eiftticßen  mürben  abgefeüt,  gur  Vuße  berurteitt  unb  nad)  bcren  Verrichtung 
nur  jur  Saientommunion  gugelaffen i. 

die  öffentliche  Vuße  marb  ben  ©iinbern  nur  einmal  berftattet;  tjartnädige 
Verbrecher  traf  bie  immermätjrenbe  ÜtuSfcfjließung  t  bie  at§  eigentliche  ©träfe 
öon  ber  geittueiligen  berfcßieben  mar2  unb  and)  bebeutenbe  Nachteile,  5tu§fdjluf? 
bom  bürgerlichen  Verfetjr,  bau  ©taat§=  unb  Vtititärämtern  bradjte.  die  Vi- 
fdiöfe  füllten  fotcße  ©jfommunitationen  nur  borfidjtig  unb  in  äußerfter  9Zot 
bertjängen  unb  bie  Vad)barfirdjen  babon  benachrichtigen ,  bamit  bie  Verbrecher 
nicht  anbermärtö  Aufnahme  fänbett.  ffrütjjeitig  fanbten  bie  abenbtänbifdjen 
Vifdjöfe  ©ünber,  bie  fid)  befonber§  ferner  bergangen  hatten,  an  ben  römifdjen 
©tuf)I.  deinem  mahrhaft  reumütigen  ©terbenben  füllte  ba§  511tar§faframent 
entzogen  merben3.  Vad)  miebererlangter  ©efunbljeit  füllten  bie  in  dobe§gefaf)t 
So§gefprod)enen  bie  Vuße  fortfeßen  ober  hoch  eine  ßeittang  im  lebten  ©rabe 
berfelben  bleiben4,  diejenigen,  metcße  mit  51bbred)ung  ber  begonnenen  Vuße 
gu  ber  früheren  ©itnbe  gurücffehrten,  traf  immerroährenbe  VuSfcßließung.  die 
Vtöndje  gaben  ba§  Veifpiet  be§  größten  Vußeifer§,  unb  in  ben  $Iöftern  büßten 
and)  biete  Vornehme  ihre  ©ünben  ab. 

17.  die  djriftltdjen  üultu§gebäube  unb  VegräbniSftiittcn. 

ßitteratur.  —  ßraus,  ©efcßichte  ber  cfjriftl.  ßunft  I  (ffretburg  i.  Vr.  1896), 
257  ff.,  mit  reichen  ßitteraturangaben.  Set)  io  unb  Segotb,  Sie  lirdftiche  SSaufunft 
be§  SlbenbtanbeS  (mit  StttaS).  Stuttgart  1884  ff.  ßirfd),  Sie  cfjriftl.  ßuttuägehäube- 
im  Stttertum.  ßbln  1893.  tpolßinger,  Sie  attcbriftl.  unb  btjgant.  Vaufunft  (tpanb- 
6ucb  ber  Strdjiteltur.  2.  ZI,  III.  SBb.,  1.  hälfte).  2.  Stuft.  Stuttgart  1899.  —  De  Rosst, 
Roma  sotterranea  cristiana,  bef.  vol.  III,  libro  8,  p.  393  sgg.  ßraui,  Roma  sot- 
terranea.  2.  Stuft.  Sfreiburg  i.  Vr.  1879.  Sdfutße,  Strchäologie  ber  attcßriftL  ßunft. 
Vlünchen  1895.  Marucchi,  Elements  d’archeologie  chrbtienne.  2  vols.  Rome  1899 — 1900. 
fftutanb,  ©efdficEjte  ber  tirchticfjen  ßeiäjenfeier.  tftegenSburg  1901.  SCßeitere  ßitteratur 
f.  oben  S.  8,  Sir.  2 ;  S.  15  f.,  V r.  6. 

1.  der  große  Umfdjmung  in  ber  äußeren  Sage  ber  ®irdje  geigte  fid)  bor 
aller  Vugen  in  ben  jaljlreicben  unb  reid)  au§gefiatteten  ^ultuSgebäuben, 
metcße  bom  Anfänge  be§  4.  Satjrbunbertä  an  allenthalben  errichtet  mürben. 
Unbefchabet  ber  (Einheit  im  SSßefentlidien  be§  ©otte§bienfte§  entmidelte  fich  eine 
reiche  Vietgeftattigfeit  in  ben  geremonien ,  in  ben  Vnbad)ten,  in  ben  gotte§= 
bienftlidjen  ©erätfdjaften ,  in  ben  ©emönbern,  in  ben  ©ebäuben;  aKe§,  ma£ 
irgenbmie  jur  Verfcßönerung  unb  Verherrlichung  ber  heiligen  Orte  unb  §anb= 
lungen  beitragen  tonnte,  mürbe  in  bereit  dienft  gezogen  unb  fo  allmählich, 

1  Siric.,  Ad  Himer,  c  14  (Hardouin ,  Conc.  Coli.  max.  I,  851).  Leo  M.r 
Ep.  167,  q.  2,  ed.  Ballerini  p.  1421.  SSgt.  Basil. ,  Ep.  217,  c.  51.  55.  —  Conc. 
Araus.  I.  (441)  can.  4  erftärt,  fiterifern ,  welche  bie  23uße  bertangen,  fei  fie  nicht  31t 
bermeigern.  SSgl.  ßober,  Ser  Äirdjenbann.  Sübittgen  1857;  Sie  SuSpenfion  ber 
ßirdfenbiener.  66b.  1862. 

2  Stach  August.,  Hom.  de  poenit.  unb  Syn.  Rom.  an.  504  ( Mansi ,  Conc.  Coli. 
VIII,  298)  Itmrb  3luifd)en  excommunicatio  mortalis  (^avrs/i^s  äpopurßög,  äväüe/j.a) 
unb  medicinalis  unterfchieben. 

3  Sie  ©Heilung  beä  SöiatifumS  (ipodtov)  an  reuige  fßönitenten  toar  borgefdjrieben 
bom  Conc.  Nicaen.  can.  13;  bgt.  Conc.  Laod.  can.  2.  Can.  apost.  52  (al.  51).  Leo  M., 
Ep.  159,  c.  6. 

4  Conc.  Nicaen.  can.  13. 


17.  Sie  djriftlidjen  ßitltuägebäitbe  unb  SSegrabmäftätten. 


483 


mcit  mef)r,  als  eS  im  §eibentum  je  ber  $aK  getnefen,  bie  Seligion  burd)  bie 
$unft  geehrt  unb  gefd^miicft,  bie[e  aber  burd)  jene  berjiingt,  berflärt  unb  ber= 
geifiigt.  OaS  ©fjriftentum  gab  ber  ßunft  eine  Ijöljere  Skiffe,  mälfrenb  eS  bon 
if)r  äußeren  ©dfmud  unb  neuen  Snlaf;  erhielt,  tiefer  in  bie  .perlen  ber  DJlenfdfen 
ein^ubriitgen  unb  bon  allen  ©eiten  ljer  fie  mit  fd)öpferifd)er  $raft  ju  erneuern. 

23or  allem  entftanben  biele  pradjtboDe  Streben  burd)  $onftantin,  feine 
DJtutter  Helena,  burd)  fpätere  $aifet,  burd)  eifrige  33ifd)öfe  unb  bie  greigebig= 
feit  bet  ©laubigen1.  Oie  ©otteSf)äufer  batten  meiftenS  bie  gorm  ber  33  a- 
filifen.  3bre  einfadjfte  31  rt  mar  ein  längliches  SSierecf ;  eS  lief  am  Oftenbe 
in  eine  IfalbfretSförmige  Sifdje  (apsis,  concha)  auS,  mo  fid)  ber  bifd)öflid)e 
Ol)ron,  umgeben  bon  ben  ©ißen  ber  ißriefter,  befanb.  Oie  meiften  23afilifen 
maren  brei=,  einige  aud)  fünffdjiffig ;  bei  größeren  Anlagen  finbet  fid)  bismeilen 
ein  Querfdfiff.  53or  bem  eigentlid)en  ^irdfengebäube,  bem  ©d)iffe,  befanb  fid) 
gemöl)itlid)  eine  SBorffalle  (atrium,  Tzpovaoq,  vestibulum,  Tiapudsiooc, ):  ein 
mit  ©äulengängen  umgebener,  unbebedter  33orf)of  mit  einem  2öafferbel)älter 
(xdvDapoc)  für  bas  £>änberoafd)en.  3m  SSorberteil  bcS  3nnenraume§  befanb 
fid)  ber  Sartlfes,  für  bie  borgerüdteren  Süßenben  beftimmt,  ber  baS  Sangfdbiff 
in  ber  Säffe  beS  ©ingangS  quer  burdjfdmitt.  3luS  ber  SBorfjaKe  trat  man  burd) 
brei  (in  ber  DJlitte  bie  großen  ober  föniglidfen)  Of)ore  in  ben  mittleren  Saum, 
baS  ©d)iff  (vaoq) ,  mo  fid)  bie  ©laubigen  aufhielten,  nad)  ©efdjledftern  unb 
©tänben  getrennt.  Ourd)  bie  ©d)ranfen  (cancelli)  mar  baS  ©dfiff  bon  bem 
©ffor  (ß?jpa,  sanctuarium)  getrennt,  in  bem  fid)  ber  Sitar  unb  bie  ißläße 
ber  ©eiftlidjen  befanben  unb  baS  öftere  aud)  burd)  einige  ©tufen  erf)öf)t  mar. 
Oer  Sitar,  gemöf)nlid)  bon  ©tein,  ffatte  meift  bie  gorm  einer  auf  bier  ©äulen 
ruffenben  Oafel  ober  eine§  2ifd)eS,  bismeilen  aud)  nur  bon  einer  ©aule  ge= 
tragen;  menn  berfelbe  jebod)  ein  fDlärlqrergrab  umfdjloß,  mar  er,  mie  aud) 
fonft,  oft  an  ben  ©eiten  berfdjloffen ;  er  ftanb  frei  am  ©ingange  beS  ©IjorS 
ober  5f3reSbt)teriumS,  in  größeren  Kirchen  bon  einem  33albad)in  überragt,  ber  auf 
bier  ©äulen  rul)te.  Sn  bem  93albad)irt  gingen  oft  Sorfjänge  (tetravela)  bon 
foftbarera  ©toffe,  tun  bamit  ben  Sitar  ju  belüden.  Sebett  bem  Sitar  befanb 
fid)  gemöfjnlid)  ein  Oifd),  auf  ben  bie  Oblationen  gelegt  mürben  (oblationa- 
rium,  7 xpöfteotQ,  Slrebeng).  3n  ber  abenblänbifdjen  Kirche  fjatte  man  fdjon 
frühzeitig  mehrere  Elitäre  in  einem  ©otteSfjaufe;  im  Orient  aber  l)ielt  man 
batan  feft,  eS  folle  in  einer  $ird)e  nur  ein  Sitar  fein  unb  auf  einem 
Sitar  nur  einmal  beS  OageS  geopfert  merbeit;  bod)  patten  größere  $ird)en 
SebenfapeKen  (Trapsxxtyatai),  bon  betten  jebe  ihren  Sitar  patte 2.  ferner  ge= 
pörte  $um  fircplicpen  DJlobiliar  ber  Smbott,  bon  bettt  auS  bie  biblifdpen  ^3eri= 
topeu  borgelefett  mürben.  31)r  Sicpt  erpielt  bie  33afilila  burd)  bie  genfter  ber 
©eitenfdjiffe  unb  burd)  ben  2id)tgaben  beS  DJlittelfd)iffeS ,  mäfjrenb  bie  Oede 
meift  fladp,  mit  ^affetten  gefdpitiidt  mar.  Dieben  ber  SpfiS  lagen  bie  Säume 

1  Euseb.,  Vita  Const.  III,  30  sq.  48;  IV,  58.  Sozom.  1.  c.  II,  2.  Theodoret. 
1.  c.  I,  14.  17  (al.  15.  16).  Ser  ju  große  Geifer  für  pradjtDotle  Äirdjen  ttmrbe  manchmal 
getabelt.  Chrysost.,  In  Matth,  hom.  50  (al.  51),  n.  3  (Miyne,  Patr.  gr.  LVIII,  508). 
Ambros.,  De  off.  II,  28.  Hieron.,  Ep.  ad  Paulin.  de  instit.  monach. 

2  Über  mef)cere  Sltcire  Dgl.  Ambros.,  Ep.  33  et  ep.  ad  Marcell.  Paulin.  Nolan., 
Carm.  natal.  IX.  in  S.  Felicem. 


31 


484  ©ieg  ber  $ird)e  int  tRömerretd)  unb  Äctrnpf  gegen  ben  Strianiämnä. 


(secretarium,  pastopliorium),  in  metchen  bie  für  ben  ©otteSbienft  notmenbigen 
©egenftünbe  aufbemaßrt  mürben. 

Vußer  betn  Vafitifenbau  entmidette  fid)  befonberS  im  Orient  ber  Zentral: 
bau,  mit  fonjentrifchem  ©runbriß  unb  bet  kuppet  atS  Vebadiung.  Oiefe  ©e= 
ftalt  hotte  u.  a.  bie  über  bem  ©rabe  beS  f)errn  Don  $onftantin  erbaute  Kirche, 
neben  metcher  eine  anbere,  größere,  in  Vafitifenform  errichtete  lag. 

Oie  ©otteStjäufer  bienten  jurn  Seit  auSfd)tießli<h  bem  g^de,  bie  Iiturgi= 
fdjen  Verfammtungen  abäutjalten.  Vtan  berfatnmelte  [ich  barin  ^ur  regelmäßigen 
euchariftifdjen  freier ;  bann  mürben  meitere  titurgifcbe  Verrichtungen,  bie  Vkitje 
ber  ^leriter,  bie  ©inmeifjung  ber  Jungfrauen,  metche  fid)  jur  (Sbjeloftgfeit  ber= 
pflichteten,  bie  ©infegnung  ber  chriftlichen  ©he,  bie  2Bieberaufnaf)me  ber  offen© 
liehen  Vüßer,  ebenfalls  bort  borgenommen,  ferner  tarn  bie  chrifttiche  ©emeinbe 
bort  jufammen  bei  ber  2ßaf)I  eines  neuen  VifcßofS,  unb  bie  Vifdjöfe  felbft  ber= 
fammelten  fich  meiftenS  in  ben  Kirchen  jur  Abhaltung  ber  ©pnoben.  OaS 
fird)Iid)e  ©tunbengebet  fanb  ebenfalls  h'er  flott.  Vnbere  ©otteStjäufer  mürben 
außerhalb  ber  ©täbte  übet  ben  ©räbern  berühmter  Vtärtprer  errichtet,  unb 
jmar  in  ber  5trt,  baß  ber  VItar  baS  üftärtprergrab  umfehtoß  ober  unmittelbar 
über  baSfelbe  gefteüt  merben  tonnte  (©ömeteriatfirdjen,  Vtärtprertirdjen).  Oiefe 
©otteShäufer  maren  fomit  jur  Verehrung  ber  glorreichen  Vlutjeugen  beftimmt, 
beren  gfeft  in  benfelben  begangen  mürbe.  £)iet  mar  ber  Vltar  jugteid)  9Jlär= 
tprergrab,  mährenb  in  jenen  innerhalb  ber  ©täbte  gelegenen  Kirchen  berfelbe 
urfprüngtich  bloß  ben  ©tjarafter  beS  euchariftifchen  SifdjeS  hotte«  Vttein  bei 
ber  großen  Verehrung  gegen  bie  Vtärtprer  mürben  halb  in  bie  9Ittäre  ber  ©tab© 
firdien  ebenfalls  Reliquien  (im  Vbenbtanb  in  ber  Dteget  nicht  Seite  öon  ©e= 
beinen,  fonbern  Reliquien  im  meiteren  ©inne)  niebergetegt,  fo  baß  aud)  hier  ber 
eudjariftifd)e  Sifd)  äugteid)  jum  Vtärtprergrabe  mürbe. 

2.  ©ine  gmeite  2trt  öon  firchtichen  ©ebäuben  maren  bie  Sau ffir eben 
(Vaptifterien) ,  in  metchen  bie  feierliche  Saufe  ftattfanb.  Vei  größeren  ©e= 
meinben  befanben  fich  biefetben  nicht  in  einem  jum  ©otteShauS  gehörigen  2tm 
bau,  fonbern  bitbeten  eigene,  getrennt  gelegene  ©ebäube.  ©ie  geigten  rege© 
mäßig  eine  tonjentrifche  Vauantage,  bie  bem  grnede  am  beften  entfprach,  ba 
in  ber  SJtitte  baS  Saufbeden  im  Voben  angelegt  merben  tonnte,  kleinere  9ln= 
bauten  bienten  für  baS  9luS=  unb  Vntteiben  ber  Säuftinge  unb  für  bie  ©pen= 
bung  ber  Firmung. 

3.  Oie  ®irä)enbauten  gaben  ber  chriftlichen  ®unft  tRautn  unb  ©e= 
tegenheit  ju  ihrer  fchönften  ©ntfaltung.  Obgleich  in  einzelnen  Greifen  falfdjer 
©pirituatiSmuS  ben  fünften  fich  abgeneigt  ermieS1,  fo  fdjmüdte  man  bod) 
nicht  bloß  bie  Vkdjnungen,  fonbern  aud)  bie  $ird)en  mit  ©emätben,  bie 
teils  atlegorifd)  teils  aud)  h'ftorifdj  maren  unb  fo  für  bie  Ungebitbeten  be= 
tetjrenb  mirten  tonnten 2.  Vtan  hotte  nicht  bloß  Vitber  beS  ^reugeS  3,  fonbern 


1  Über  Oppofition  gegen  bie  SStlber  in  ben  ßircfjen  ügl.  Euseb.  Caes.,  Ep.  ad  Const. 

2  ©ür  bie  SSilber  ügt.  August.,  C.  Faust.  XXII,  73;  De  cons.  Evang.  c.  10, 
n.  16.  Greg.  Ngss.,  Or.  de  S.  Theod.  c.  2  (Opp.  II,  2011).  Paulin.  Nolan.,  Carm. 
natal.  IX.  in  S.  Felicem,  VII  et  X;  Ep.  30  (al.  12).  Prudent.,  Peristeph.  hymn.  X, 
v.  10;  XI,  v.  127. 

3  Über  baä  ftreuj  bgl.  Chrgsost.,  In  Matth,  hom.  54,  n.  4. 


17.  Sie  djriftlidjen  ßultuägebäube  unb  SSegräbniSftätten.  485 

aud)  ^Ibbilburtgen  ©hrifti,  bet  Slpoftel  unb  anberer  ^eiligen.  (5^ri[lu§  marb 
als  3beal  männlicher  (Schönheit  in  bet  ftegreidjen  Kirche  gebucht  unb  bargefteHt, 
bann  auch  lieber  ftjmbolifrf)  als  Satnm  (3ol).  1,  36).  3m  Orient  toie  im 
Slbenblanbe  mürben  befonberS  pracptbolle  Mofaifbilber  an  betn  ©emölbe  ber 
21pfiS  unb  an  bem  Triumphbogen  angebracht.  Oie  ©d)ilberungen  ber  §err= 
lidjfeit  61)rifti  in  ber  3ol)anneSapofalppfe  lieferten  bielfad)  bie  Motibe  für  biefe 
großen  ^ompofitionen.  Oann  finben  fid)  reiche  ©pflen  bon  biblifd)en  ©jenen 
beS  Sllten  unb  beS  Steuen  TeftamenteS  fomie  Oarftellungen  bon  ^eiligen.  Oie 
liturgifchen  53üd>er  mürben  mit  Miniaturen  gegiert,  auch  anbere  ©egenftänbe  beS 
Kultus  erhielten  nialerifchen  ©d)mud.  ©obalb  bie  ©efapr  beS  ©öpenbienfteS 
nicht  mehr  brohte,  ermieS  man  ben  äußeren  Slbbilbuttgen  beS  §errn  unb  ber 
^eiligen,  jumal  im  Orient,  alle  @l)rfurd)t  burd)  Stieberfnieen ,  Stauchern,  21m 
jünben  bon  Sichtern  u.  f.  f. ,  meldje  ©hrfurd)t  aber  auf  bie  Urbilber  ju  be= 
jiehen  mar. 

SBeit  meniger  marb,  im  Orient  menigftenS  x,  bie  23ilbl)auerfunft  für 
bie  Kirchen  benupt.  Ood)  fanben  fid),  abgesehen  bon  ben  oft  mit  reicher  tßlaftif 
berjierten  ©arfopljagen,  jahtreidje  auS  ©Ifenbein  unb  anberen  eblen  Materien 
gearbeitete,  mit  SteliefS  berjierte  Oiptt)d)en,  bann  Steliquienbel)ältniffe  unb  fird)= 
liehe  ©erätfehaften  mit  mehr  ober  meniger  reichen  Steliefbilbern.  ©injelne  ard)ü 
teftonifepe  Teile  ber  ©otteSl)äufer  mürben  mit  ©fulpturen  gefchmüdt. 

4.  $u  ben  $ird)engeräten  gehörten  houptfächlid):  ber  $ eich  ( norqpiov , 
calix),  gemöhnlid)  auS  ©olb  ober  ©ilber  (ehemals  aud)  auS  ©laS)  gefertigt. 
Stehen  bem  eigentlidjen  Opferfeld)  gab  eS  nod)  anbere  teil»  für  bie  SluSteilung 
beS  heiligen  33IuteS  an  bie  ©laubigen,  teils  für  bie  (Sntgegennaljme  beS  bon 
ben  ©laubigen  geopferten  SöeineS,  biefe  gröper  unb  breiter;  ähnliche  ©efäpe 
hatte  man  für  bie  Taufe,  um  barin  ben  Täuflingen  Milch  unb  §onig  ju 
reichen.  Oaju  gehörte  ferner  bie  ^atene,  bei  ben  ©ried)en  dlaxog,  eine 
runbe  ©d)üffel,  auf  bie  baS  euchariftifche  23rot  gelegt  marb.  3n  Stom  mürbe 
baS  euchariftifche  23rot  jur  21uSteilung  ber  Kommunion  an  bie  Saien  in  leinenen 
©äddjen  getragen.  Oie  ©ried)en  bebienten  fich  ferner  ber  heiligen  Sanje  (eines 
lanjenförmigen  SJtefferS  mit  einem  $reuj  auf  ber  Ipanbljabe),  um  bie  jur 
föonfefration  notmenbigen  ©tüde  auS  bem  bargebrachten  23rote  herau§5u= 
fchneiben,  ber  Rächer  (glabeOen),  um  bei  ber  bifdjöflichen  Meffe  bie  3nfeften 
oon  ben  heiligen  ©aben  fernjufjalten1  2.  3um  Sncenfieren  bebiente  man  fid) 
beS  StaucpfaffeS  (thuribulum)  ober  ber  Stauchpfanne  (acerra).  gür  baS 
fonfefrierte  euchariftifche  33rot  hatte  man  ein  eigenes  ©efäp,  ©iborium,  ^ppiS, 
öfter  in  ©eftalt  eines  TurmeS;  baSfelbe  marb  jur  Slufbemaljrung  beS  fott= 
fefrierten  23roteS  für  bie  Kommunion  ber  ß'ranfen  unb  bie  tpräfanftififaten= 
meffe  gebraud)t. 

5.  ^örtliche  gürforge  manbte  man  auch  jept  ben  Toten  ju.  Man  mufd) 
unb  reinigte  bie  Seichen;  oft  mürben  fie  gefalbt  unb  einbalfamiert,  in  meipen 


1  33iele  Orientalen  hielten  gefepnipte  unb  gemeißelte  Slbbilbungen  für  etloaS  £>eib= 
nifd)cS  unb  tooüten  nur  ©emätbe  gulaffen. 

2  Const.  apost.  1.  VIII  bei  Pitra ,  Iuris  eccles.  Graecorum  hist,  et  monum. 
I,  400. 


486  ©ieg  bet  ßircpe  im  fftömerreid)  unb  ßampf  gegen  ben  9trianiSmuS. 

$ 

Kleibern  auf  bie  Vaßre  gelegt,  oft  auch  länger  auSgefteflt,  tote  bieg  bcfonberg 
bei  Vifcßöfen,  Sßriefiern  unb  dürften  gefcßaß.  fütan  ßielt  bte  SEotenbeftattung  bet 
Sage,  unb  oft  toarett  bie  näcßften  Verroanbten  fefilid)  gefteibet,  roäßrenb  fdüoarge 
Srauergetoänber  oielfad)  mißbilligt  tourben,  aber  bod)  guleßt  in  ©ebraucß  tarnen. 
Sie  Seicßname  bet  ©läubigen  tourben  unter  ?ßfaXmengefaug  unb  ©ebeten  mit 
Vortragen  üon  ßicßtern,  01=  unb  fßalmgtoeigen  Oon  gofforen  ober  ißarabolanen, 
too  ft  dp  folcße  fanben,  fonft  üon  anbern  ©ßriften  gu  ißrer  fftußeftätte  geleitet1. 
Sie  Vegräbnigpläße  (©ömeter  ien)  tagen  außerhalb  ber  ©täbte;  too  man 
bigper  unterirbifcße  Vegröbnigplätje  gebraucht  patte,  blieben  biefetben  in  53e= 
nußuttg.  5Iber  baneben  entftanben  um  bie  ©ömeterialfircßen  oberirbifcße  ©rab= 
antagen,  toie  folcße  in  loteten  ©egenbett  überhaupt  allein  benußt  mürben.  51m 
©rabe  tourben  ©ebete  üerricßtet,  oft  aud)  Srauer=  unb  ©ebäcßtnigreben  gehalten, 
aucß  in  ben  ^irdfen  beim  Sotengottegbienfi,  gurnal  bei  ßerborragenben  fßerfonen. 
Sie  ©eelenmeffen  tourben  nicßt  nur  batb  nad)  bem  Sobe,  fonbern  aud}  am 
britten,  neunten  unb  breißigften  Sage  gepalten,  fotoie  am  Saßregtage  beg 
Sobe§,  toobei  and)  reicßlidie  51tmofen  gefpenbet  tourben.  Sie  Sauer  ber  Srauer- 
geit  gu  beftimmen  überließ  bie  ^ircße  bet  ©itte  unb  ber  meltücßen  ©efeßgebung. 
Sie  Seicßenmaßlgeiten  (Sotenagapen)  erhielten  fiep  in  üerfeßiebenen  ©egenben 
lange  fort. 

18.  Sag  rcligiö§=fitilid)c  geben  ber  ©prüften. 

Sitter  atu  r.  —  ©rupp,  ©efepiepte  unb  ©pftern  ber  ßultur.  ßulturgefcpidjte  beS 
SDlittelatterg.  2  SSbe.  Stuttgart  1894 — 1895.  11  jener,  Über  Iperiibernafjme  üon  peib= 
nifepen  ©ebräutpen  in  ber  alten  ßirepe  (tppilof.  Sluffaße,  6.  Setter  getoibmet).  Seipjig 
1887.  Kurth,  Les  origines  de  la  civilisation  moderne.  2  vols.  4me  dd.  Paris  1898. 
Doisy,  Histoire  de  la  charite  pendant  les  premiers  siecles.  Paris  1848.  Chastel, 
Et-udes  historiques  sur  l’influence  de  la  cliarite  durant  les  premiers  siecles  chrdtiens. 
Paris  1858.  Champagny,  La  charite  chrdtienne.  Paris  1854.  btaßinger,  ©eftpiepte 
ber  fircpl.  Strmenpftege.  2.  Stuft,  fyreiburg  i.  SSt.  1884.  Allard ,  Les  esclaves  chre- 
tiens  depuis  les  premiers  temps  de  l’Eglise  jusqu’ä  la  fin  de  la  domination  romaine 
en  Occident.  3me  ed.  Paris  1900. 

1.  Sie  äußere  ©teHung  ber  ^ireße  feit  bem  4.  Saßrßunbert  braepte  3fal= 
toren  in  bag  religiöfe  unb  fittlidje  Seben  ber  ©laubigen  pinein,  melcße  bielfad) 
ungünftige  ISßirlungen  gut  fjolge  patten.  Sn  maneßer  tpinfießt  trat  feit  $on= 
ftantin  ein  33  e  r  f  a  1 1  beg  (pri  ft  ließen  Seben§  ein.  Sagu  trugen  bei: 
1)  bie  mit  bem  5Iufßören  ber  Verfolgung  eingetretene  ©rfeßlaffung  unb  größere 
©orglofigteit  ber  ©ßriften,  bie  nun  meniger  gegen  ©efapren  ißrer  ©eele  mad)= 
fam  roaren2;  2)  ber  große  gubrang  üon  Ungläubigen  in  bie  ^ireße,  bie  oft 
au§  unlauteren  5lbfid)ten,  aug  ©igennuß  ober  ©ßrfudjt  gu  ipr  übertraten  unb 


1  Chrysost.,  De  pat.  lob  hom.  1 ;  In  Hehr.  hom.  4.  August.,  De  civ.  Dei  I,  13. 
Euseb.,  Hist.  eccl.  VII,  22.  ©egen  bie  ägpptifcpe  ©itte,  geliebte  unb  öereprte  SEote 
nad)  ber  ©inbatfamierung  bei  fiep  im  §aufe  ju  bepatten ,  fpratp  fiep  ber  pt.  2lntoniuS 
auS  (bgt.  Äthan.,  Vita  Anton,  n.  90,  bei  Migne,  Patr.  gr.  XXVI,  969). 

2  §ieronpmuS  (Vita  Malchi  c.  1  [Opp.  H,  41,  ed.  Vallarsi ])  pebt  perbor,  bie  ßirtpe 
fei  nad)  ber  Dltärtprerjeit  potentia  quidem  et  divitiis  maior,  sed  virtutibus  minor  ge= 
toorben.  ©prpfoftomuS  (Hom.  de  bapt.  Chr.  n.  1 ;  Sermo  5  de  Anna)  tabett  niept  nur 
bie  Saupeit  im  ©mpfange  ber  Kommunion,  fonbern  auep  ben  fettenen  Sefudj  beS  ©otte§= 
bienfteS,  bem  manepe  taum  ein=  ober  gtoeimat  be§  3fapre§  amoopnten. 


18.  ®q§  reliijiöö=ftttli(^e  Seien  bei'  6f)iiften. 


487 


fo  eine  klaffe  Don  Sdjeindjriften  bitbeten 1 ;  3)  bie  Dielen  religiöfen  Streitig- 
feiten  unb  (Spaltungen  unter  beti  tBifcßöfen  unb  ©eiftlidjen  feI6ft,  bie  Don  ifjnen 
beut  2>olfe  gegebenen  ^Xrgerniffe ,  baS  fpereinüdjcu  beSfelben  in  bie  Kämpfe 
über  bie  fdpoierigften  ©laubeuSfrageu ;  4)  bie  SBarbareneinfüUe  unb  bie  Ser- 
müftung  beS  römtfcfjen  Uteid)eS  mit  einem  (befolge  Don  änderen  SDrangfalen, 
rneldje  felbft  matid)e  an  ber  33or)epurtg  Derjmeifeln  machten.  55a  mürben  burcp 
ben  ßrieg  oft  alle  Seibenfd;afteit  entfeffelt,  $ird)en  unb  Älöfter  Don  milben 
^orbett  ^erftört,  grauen  unb  Jungfrauen  entehrt,  33ifd)öfe  unb  ^riefter  gefangen 
fortgefüßrt  ober  f)ingefd)lad)tet.  S)aju  famen  nod)  5)  bie  Aacpmirfungen  unb 
Siefte  beS  peibnifd)cn  Aberglaubens ,  ber  roßen  Ijeibnifdjen  Sitten,  Derbunben 
mit  oft  bloß  äußerlidjer  Jdömmigfeit  unb  ASfefe,  bie  aud)  bei  ben  mit  Jubel 
begangenen  £ird)cnfeften  grobe  AuSfdjreitungen  nid)t  auSfd)loß2;  6)  ber  an- 
fattgS  nod)  nidjt  ganj  gebrodene  ©influß  ber  ßeibnifdjen  ©efeßgebung;  7)  ber 
Mangel  an  genügenbem  33olfSunterrid)t  unb  bie  teils  nicf)t  jureidienben  teils 
fd)äblid)en  (Sinflüffe  ber  meift  nod)  Dom  ljeibnifd)en  ©eifte  beeinflußten  ßößeren 
Sepranftalten ;  8)  bie  mit  beut  erßößten  jeitlidjen  23efiß  aud)  in  ben  Klerus 
cingebrungenen  Saften,  befonbcrS  tpabfudjt,  ©ßrgeij,  Üppigfeit,  bie  Skrroeltlidjung 
unb  tßerfladjung  beS  d)riftlid)eit  ©eifteS,  toaS  inSbefonbere  bie  Simonie  in  mei= 
teren  Greifen  beförberte,  bei  ©tnpfang  ber  SBeifjen  unb  ©rlangung  Don  $ird)en= 
ämtern,  toie  bei  AuSfpenbuitg  ber  Saframente3.  ißiele  ©eifilidje  Derließen  Üjre 
Stellen,  um  einträglid)ere  ju  erlangen,  anbere  fud)ten  iljr  ©liid  am  tpofe  §u 
machen,  ber  gern  baS  ©eiftlid)e  ju  meltlidjen  3roeden  mißbrauchte;  manche  iiber= 
traten  bie  ßirdjengefepe  oßne  Sd)eu,  hielten  junge  JdauenSperfonen  im  Ipaufe 
ober  fammelten  9teid)tümer;  oft  blieben  bie  ^ßrebigten  unfruchtbar,  meil  baS 
Seben  ber  ^rebiger  ißnen  miberfprad) i.  2üie  bie  ©entließen,  fanfen  aud)  bie 

1  93iele  eilten  Don  ben  ßiretjen  311  ben  Speatern  ober  befugten  an  cbriftlidjen  heften 
jene,  an  betbnifcfjen  biefe  (Dgl.  August.,  De  catecli.  rud.  n.  48).  Sfftand)e  trugen  bie 
•©Dangelien  all  ©dmßmittel  am  $>alfe,  of)ne  etmas)  Don  iprem  ©eifte  in  fid)  aufjunebmen 
(Dgl.  Chrysost.,  Ad  pop.  Ant.  hom.  19.  Hieron.,  In  Matth,  c.  23).  Jn  itonftantinopel 
beftanben  bie  blutigen  Kämpfe  im  3irfuä  fort- 

2  93erfd)iebenen  Aberglauben  ber  Orientalen  ermähnt  Euseb.  Alex.,  Senn.  7.  22 
{Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  356.  452  sq.).  ©hrbfoftomuS  (In  Act.  hom.  38,  n.  5, 
bei  Migne  1.  c.  LX,  275)  ermähnt  3auberbüd)er,  bann  (In  1  Tliess.  liom.  3,  c.  3,  n.  5, 
bei  Migne  1.  c.  LXII,  412)  bie  bei  Äranfpeiten  gebrauchten  Jnfantationen  unb  Amulette 
(Tzspcd/jL/xara) ,  Don  benen  bie  djriftlicben  ®eDotionSmebaiUen  meit  Derfd)ieben  mareit  (Dgl. 
De  Rossi,  Bullett.  di  arch.  crist.  1869,  n.  3  sg.) ,  auperbem  auguria,  omina,  obser- 
vationes,  nativitates,  symbola,  magias  (In  1  Tim.  hom.  10,  c.  3,  n.  3,  bei  Migne 
1.  c.  p.  352) ,  mehrere  Arten  ber  IDtagie.  ©egen  bie  tjeibnifefjc  freier  beö  1.  Januar 
unb  22.  Jfebruar  (*petri  ©tufjlfeier)  Dgl.  August.,  Serm.  15  de  Sanct.  ©egen  bie 
©jjeffe  bei  f?ird)enfcften  Dgl.  Hieron.,  Ep.  30  ad  Eustoch.  August.,  Ep.  29  ad  Alyp. 
n.  10;  Enarr.  in  Ps.  59.  Paulin.  Nol. ,  Carrn.  natal.  IX  in  S.  Felicem  (Poem.  26, 
al.  35). 

3  Über  ©imonie  bei  ber  aöeipe  unb  ©penbung  anberer  ©aframente  Dgl.  Conc. 
Clialced.  can.  2.  93 gl.  Can.  apost.  30.  Conc.  Sard.  can.  2.  Basil.,  Ep.  53  [Migne, 
Patr.  gr.  XXXII,  397.  Pitra,  Iuris  eccles.  Graecor.  hist,  et  monum.  I,  608). 
Greg.  Naz. ,  Or.  43,  n.  26,  ed.  Maur.  p.  791.  Chrysost.,  De  sacerd.  III,  8.  Isid. 
Pel,  Ep.  1.  I,  n.  315;  1.  III,  n.  394;  1.  Y,  n.  357.  Über  ben  Occibent  f.  Gelas.  (494), 
Ep.  14,  c.  5.  24,  ed.  Thiel  p.  364.  375. 

4  ©djilberung  ber  ©ebredjen  beä  ßleru§  bei  Hieron.,  Comm.  in  Tit.  c.  1 ;  Ep.  34 
ad  Nepot.  Isid.  Pel.,  Ep.  1.  III,  n.  370. 


488  (Sieg  ber  <^irc£)e  im  iRnnterreicb  unb  Hampf  gegen  ben  2lrianigmu3. 

Saicn  btelfctd)  in  Orägfjeit,  Saußeit  unb  Saftet 1 ;  ©cfjmelgetei,  Unzucht,  9JJein= 
eib,  Söucßer,  Verachtung  unb  Unterbtiicfung  ber  Ernten,  in  ©täbten  SupuS 
unb  2Beid)ücf)feit ,  auf  bem  Sanbe  9tof>eit  unb  ßügellofigfeit,  Vtißad)tung  ber 
©f)rifienf)flid)ten  unb  leichtfertige  Eingabe  an  bie  Vßelt  nahmen  überhanb 2.  V3ie 
ehemals  bie  ©hriften  überhaupt  Don  ben  fpeiben,  fo  mußten  je|t  bie  befferen 
©fünften  Don  ben  fdjüechteren  Verhöhnung  unb  Verfolgung  erbufben 3.  OaS 
fchfedhte  Veifpief  beS  tpofeS  unb  ber  Veamten  mirfte  nachteilig  auf  baS  Volf 
ein;  bie  Stifter  ber  fiegreithen  Varbaren  mifcbten  fitf)  mit  bett  Saftern  ber  untere 
fochten  Votnanen,  unb  baS  übermunbene  |)eibentum  festen  unter  ben  ©hr>Peit 
felbft  rnieber  neue  ©iege  ju  erringen. 

2.  Vüein  fo  traurig  fief)  auch  biefeS  Vilb  geftaftet,  fo  barf  hoch  auf  ber 
anbern  ©eite  nicht  baS  ©roße  unb  e r r I i d£) e  biefer  geit  Derfannt 
merben.  OaS  Vöfe  tritt  im  öffentlichen  Sehen  greller  h^bor,  fällt  mehr  auf 
als  baS  ©ute,  baS  im  füllen  mirft  unb  bie  Verborgenheit  fueßt;  baS  Vöfe 
fchmimmt  mehr  auf  ber  Oberfläche,  baS  ©ute  ruht  in  ber  Oiefe.  Oie  Kirche 
hat  ftetS  Unfraut  neben  bem  Vielen  (Vtattf).  13,  24  ff.),  unb  bie  Sichtfeiten 
treten  um  fo  gfän^enber  hetöor,  je  mehr  bie  ©dfattenfeiten  erfannt  finb. 
1)  ©erabe  unfere  Seit  teiftete  IperrficheS,  ba  bie  Kirche  größeren  ©influß  auf 
baS  öffentliche  Sehen  gemann.  @S  übten  bie  (S^riften  nicht  nur  fortmäßrenb 
©aftfreunbfehaft  unb  SBohfthätigfeit ,  fonbern  eS  entftanbeu  auch  großartige 
Stiftungen  unb  Vnftatten  für  Trante,  Vrme,  SBaifen,  ißifger,  um  melche  bie 
Reiben  bie  ©fpfün  beneibeten4.  Oie  Vtenfchenmürbe  mürbe  auch  im  ©Haben 
jur  Vnerfennung  gebracht;  bie  Kirche  fannte  ben  Unterfchieb  bon  Sperren  unb 
©Haben  nicht  unb  mußte  ihn  auch  im  äußeren  Sehen  ju  berringern5.  §ür 
hilftofe  5f3erfonen,  Vßitmen,  ©efangene,  für  Vrme,  für  Vitsfäßige,  für  bie  SoS= 
faufung  bon  Kriegsgefangenen  unb  ©Haben  mürben,  jumaf  bon  ben  Vifchöfen, 
bie  größten  Opfer  gebracht  unb  höffome  Vnorbnungen  getroffen.  OaS  meib= 
liehe  ©efchletht  nahm  eine  mürbigere  Stellung  ein,  bie  Kinbererjießung  marb 

1  Über  bie  ßafter  ber  ©laubigen  überhaupt  Ogi.  Chrysost.,  In  Act.  hom.  24,  n.  4 
( Migne ,  Patr.  gr.  LX,  91  sq.).  Isid.  Pel.,  Ep.  1.  III,  n.  133.  Salvian.,  De  gubern. 
Dei  V,  8.  9.  11;  YI,  15;  VII,  6.  13  sq.  Sidon.  Apoll.,  Ep.  1.  VII,  n.  6. 

2  Über  ßupu§  unb  ©enußfuept  bgl.  Greg.  Naz.,  Or.  36,  n.  16.  Chrysost.,  In 
Ps.  48,  n.  2;  In  Io.  hom.  61,  n.  4;  hom.  69,  n.  3 ;  In  Coloss.  hom.  1,  n.  4.  Am¬ 
bros.,  In  Ps.  1,  n.  46;  De  Nabuthe  c.  26.  Über  Söudjer  bgl.  Greg.  Nyss.,  Ep.  can. 
ad  Let.  c.  6.  Basil. ,  In  Ps.  14;  Lib.  c.  foenerat.  Ambros.,  De  Tobia  c.  2  sq. 
Conc.  Nicaen.  can.  17.  Über  häufige  «Schmoren  »gl.  Chrysost.,  In  Act.  hom.  10,  n.  4. 
Isid.  Pel.,  Ep.  1.  I,  n.  155;  1.  II,  n.  188. 

3  August.,  In  Ps.  48,  n.  4;  In  Ps.  90,  n.  4. 

4  SSafiliuS  errichtete  in  ©äfarea  einen  ßomplep  bon  ©ebäubett  für  moplthätige 
gtoeefe  toie  eine  neue  «Stabt  (bgl.  Greg.  Naz.,  Or.  43,  n.  63).  Julian  beneibete  bie 
©priften  um  folcße  Slnftalten  (bgl.  Pul.,  Ep.  49.  Greg.  Naz.,  Or.  5  s.  c.  Iulian.  II.). 
@3  gab  Strmenpäufer  (nr (o-/otpo<pda) ,  äßaifenpaufer  (öp<pavorpo<p£ia) ,  ßrantenpäufer 
(yoaoxogeia) ,  Vilgerperbergen  {Zsvodoysla) ,  Käufer  für  alterSfcßmaihe  «perfonen  ( ygpo - 
xogeta,  pyporpoepzia,  yspovroxogeca) ,  für  auägefeßte  ßinber,  Orinbelhäufer  ( ßpecporpotpsla ). 
2tudj  Fabiola  grünbete  ein  §ofpital  (bgl.  Hieron.,  Ep.  77  [al.  30]  ad  Ocean.  n.  6). 
Sie  reichen  üllmofeu  beä  ©ome§  SeberianuS  führten  biele  §äreti!er  jur  ßirepe  (bgl. 
Pallad.,  Hist.  Laus.  c.  114). 

5  Chrysost.,  In  Philem.  hom.  1,  n.  1  {Migne,  Patr.  gr.  LXH,  705).  Vtöpler, 
Vermifihte  (Schriften  II,  54  ff. 


Stneiter  2lbfc()nitt.  —  1.  ®ie  alejatibrintfche  unb  bie  antiochenifche  Schule.  489 

in  d)riftlid)em  ©eifte  geregelt.  2)  (So  finben  mir  biete  echt  d)rifi(id)c  Wütter 
unb  ganj  fjeilige  Familien.  Oie  t)t-  fJtonna  famt  ihrem  (Satten,  ©regor  bem 
älteren,  erjog  it;re  föinber,  ben  berühmten  ©regor  bon  fftajianj,  ben  ©afariu§ 
unb  bie  ©orgonia,  ju  echt  djrifttichem  ©treben.  3n  bem  großen  53aftliu§ 
pflanjte  bie  tjt.  Wafrina  bie  ßeirne  ber  ©otteSfnrcht ;  feine  ©Itern  23afitiu§ 
unb  ©mmetia,  feine  ©efchtuiffer  Wafrina,  ©regor,  Söifd^of  bon  fRpffa,  unb 
^3etru§,  SBifdjof  bon  ©ebafte,  glänjten  ebenfo  burd)  ihr  heiliges  Seben.  5luguftin 
hatte  an  Wonifa,  ©hrpfoftomuS  an  9lntf)ufa  eine  ^eilige  Wutter;  auch  Sffeoboret 
berbanfte  feiner  Wutter  eine  tief  religiöfe  ©rjiehung1.  3)  ©o  fehlte  e§  nicht 
an  gtaubenstreuen  unb  pflichteifrigen  Wirten,  benen  ba§  23oIf  mit  größter  23e= 
geifterung  anhing;  2ltf)anafiu§,  ©hrpfofiomu§ ,  9lmbrofiu§  unb  ©ufebiuS  bon 
Sercetti  unb  biete  anberc  grofje  53ifcböfe  haben  ba§  erfahren.  Unb  biefe  Wcinner 
marett  e§  and),  metihe  ben  herrfdjenben  Saftern  in  SBort  unb  ©eprift  nad)briid= 
lieh  entgegentraten,  auf  ben  ©pnoben  he>^ame  $anone§  feftfe|ten  unb  eifrig 
jum  tßottjug  brachten;  unermüblich  forgten  für  bie  ^Reinheit  ber  Sehre  roie  ber 
©itten  bie  grofien  hüpfte  (©iriciu§ ,  Snnocenj  I. ,  Seo  I. ,  ©etafiu§ ,  2tgapet, 
©regor  I.)  unb  bie  heröottagenben  töifcpöfe  (5tuguftin,  ©ud)eriu§  bon  Spon, 
©äfariuS  bon  5Irte§,  Sfibor  bon  ©ebitta).  SDen  ©ebrechen  ihrer  3£ü  traten 
bie  ^onjilien  unb  bie  päpfttichen  Oefrete  allenthalben  entgegen.  4)  5tud)  an 
Wärtprern  hotte  bie  Kirche  feinen  Wange! ;  nicht  nur  in  5ßerfien  unb  auf;er= 
halb  be§  römifchen  9teicpc§  gab  e§  fotche,  fonbern  auch  in  biefem  fetbft,  mie 
unter  Julian,  33alen§,  bann  unter  $onftan§.  5ln  33eifpieten  heroifdjer  ©elbft= 
aufopferung  fehlt  e§  ebenfomenig  at§  an  ftitt  für  ba§  9teid)  ©otte§  mirfenben 
^eiligen.  5)  ?tber  eine  grope  ^Injaht  heiliger  ©eelen  fomot)!  im  Orient  mie 
im  Dccibent  fuepte  eine  3u^ucht  in  ben  ©inöben  unb  in  ben  ßlöftern ;  ihnen 
fiel  ber  33eruf  ju,  burd)  föeifpiel  unb  Sehre  erneuernb  unb  erbauenb  auf  bie 
3eitgcnoffen  einjumirfen  unb  bie  ebetften  berfelben  für  ipre  Sßeltentfagung  unb 
©elbftberleugnung  311  gewinnen. 

3  tu  eit  er  tJtbfchnitt. 

Bie  d)ri|Uilogifdfcn  unb  ontljropologtfdjnt  Streitigkeiten;  tßrginn  brr 
Smtberentroieklung  brr  üüdje  im  (Oftcit  unb  tut  Ulr|'trit. 

(Sion  @nbc  be»  4.  bi»  ©nbe  bc«  5.  Ilaljrliun&trt».) 

1.  $ic  alejanbriniftfje  unb  bie  antiodjenifdje  ©djule.  Sfjeobor  bon  Wopfucftia. 

Duellen.  —  (Schriften  ber  Slntiocpener :  ®  io  bot  Don  ®arfu§  f.  Migne, 
Patr.gr.  t.  XXXIII.  £>arnacf,  ®iobor  bon  ®arfuä.  Ster  pfeubo=juftinifche  Schriften 
als  Eigentum  ®iobor§  nachgctoiefen  (Sej;te  unb  Unterfuch-  91.  $.  YI,  4).  Seipjig  1901. 
®  p  e  o  b  o  r  üon  üftopfuefiia  f.  Migne  1.  c.  t.  LXVI ;  baju  Sachau,  Theod. 
Mopsuest.  fragmenta  syriaca.  Lips.  1869.  Chabot ,  Theod.  Mopsuest.  comment.  in 
evang.  Ioann.  syr.  Vol.  I.  Par.  1897.  o 1 1) d) r o  n i u ö  Bon  Slpamea  f.  Sarben= 
petoer,  tpoIpcproniuS,  Sruber  ®peobor§  bon  SDIopfueftia  unb  Sifdjof  Don  9lbamea. 
Jreiburg  i.  Sr.  1879.  ®peoboret  Bon  EpruS  f.  Migne,  Patr.  gr.  t.  LXXX  ad 
LXXXIV.  —  Schriften  beö  E  p  r i  II  u  S  Don  SUejanbrien  f.  Migne  1.  c.  t.  LXVIII 


1  Über  Slonifa  Dgl.  August.,  Conf.  I,  17;  III,  8;  YI,  18;  IX,  17 — 22.  Possid., 
Vita  Augustini  c.  1. 


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Sie  djriftologifcpen  unb  antpropologifcpen  ©treitigfeiten. 


ad  LXXVII;  neue  2Iu3gabe  e^egetifcper  ©Triften  Hon  9ßufet),  5  voll.,  Oxonii  1868 
ad  1872.  Über  bicfe  fircfjlicpen  ©djriftftetter  Hgl.  löarbenpetoer,  Spatrologie  (2.  2luft.) 
©.  276  ff.  317  ff. 

ßitteratur.  —  Hornung,  Sckola  Antiochena  de  S.  Scripturae  interpretatione 
quonam  modo  sit  meritar.  Neostadii  1864.  Ä  i  £)  n  ,  Sie  33ebeutung  ber  antiocpenifcf)en 
©cpufe  auf  bem  ejegetifdjeu  ©ebiete.  SBeipenburg  1866.  ipp.  §ergettrötper,  Sie 
antiocpeu.  ©djule  unb  ihre  tßebeutung  auf  ejeget.  ©ebiete.  SBürsburg  1866.  ©pecpt, 
Ser  ejeget.  ©tanbpunft  be§  Speobor  unb  Speoboret.  ÜMncpen  1871.  $ipn,  Speobor 
Hon  Sdtopfueftia  unb  3uniliu§  2Ifricanus  al§  ©gegeben.  Sreiburg  i.  S3r.  1880.  9Jlono= 
gtappiett  über  bie  oben  genannten  ©cpriftfieKer  bei  SS  ar  b  e  n  p  e  tu  er  a.  a.  £5. 

1.  Sie  ©cp  ule  von  5fntiocpien  ^atte  kalb  ben  ©lanj  ber  alepam 
brinifdpen  erreidjt ,  ja  fogar  überftra^It.  töeibe  fonnten  fiep  Vielfacp  ergäben, 
ba  febe  ipre  eigentümlidje  ©ntmidflung,  Haltung  unb  Ktetpobe  fjatte ;  fte  fonnten 
ober  au  cf)  gerabe  toegen  iprer  IBerfdpiebenpeit  feidjt  unter  fid)  in  $ampf  unb 
ouf  Sfbmege  Don  ber  ^ircpenfepre  geraten.  SBöprenb  bei  ben  fdfepanbrinern 
eine  fpeful atib  =  intuitibe,  3 um  9Jtp ftifdpen  fiep  pinneigenbe  9ticp= 
tung  fjerbortrat,  mar  bei  ben  9lntiodpenern  eine  logifdp  =  reffeftierenbe, 
burcpau»  nüd) ferne  SSerftanbSricptung  vorpertfdpenb.  SBäprenb  jene 
enge  an  bie  pfatonifcpe  ^3I;ilofopb)ie  fid)  anfdiloffen ,  unb  jmar  Vor= 
perrfcpenb  in  ber  ©eftalt,  bie  fie  unter  bem  peffeniftifdpen  3uben  ißpifo  ge= 
tnonnen  patte,  rnaren  bie  9fntiod)ener  einem  311m  ©toici§mu§  I)inneigenben 
©ffeftici§mu§,  bann  ber  ariftotelif d)en  ©cpufe  ergeben,  bereu  fcparfe 
©ialeftif  gan3  iprem  ©eifte  3itfagte.  ©emgemäp  mürbe  in  ber  afepanbrinifcpen 
©d)u!e  bor3ug§meife  bie  aflegorif(p  =  mpftifdpe  ©rflärung  ber  ^eiligen 
@d)rift  gepflegt,  in  ber  antiodpenifdfen  bagegen  bie  bucpftäbfidpe,  gram= 
matif dMogif die  unb  piftorifcpe  Interpretation,  opne  bap  bePpafb 
ber  mpflifd)e  ©inn  unb  inPbefonbere  bie  ©typen  be»  Sfften  53unbe§  gän3lid)  in 
Slbrebe  geftefft  morben  mären.  ©ie  Origeniften  fucpten  bie  Un3ulängüd)feit 
be§  bfopen  bud)ftäbtid)eu  ©inneP  unb  bie  9fotroenbigfeit  ber  aflegorifcpen  9fu»= 
legung  nad^umeifen,  ba  ber  SBortlaut  vieler  bibfifdpcn  ©teilen  gal|dpe§,  2Biber= 
fprecpenbe»,  ©otte§  UnmürbigeP  ergebe;  fie  fehlten  fjier  burcp  ba§  Übermaß 
be§  Sllfegori  fiereng  unb  burcf)  tßermedpgfung  ber  figiirlidfen  fftebemeifen,  bie  bem 
Sitteralfinne  angeboren ,  mit  ber  mtyftifdjen  ©eutung ;  fie  verffücptigten  oft  ben 
piftorifcpen  ©epaft  ber  biblifcpen  ©rjäplung,  pinter  bereu  äitperer  ©cpafe  fie 
einen  verborgenen  Sfern  fud)en  3U  miiffen  glaubten,  ©atnit  ftanb  ferner  in 
tßerbinbung ,  bap  in  ber  afepanbrinifcpen  ©cpule  ba§  DJfoment  beg  Übe  r= 
vernünftigen,  Unaugfprecpficpen,  ©epeimnigbollen  in  ben  gött= 
fiepen  ©ingen  ftarf  betont  mürbe,  mäprenb  bie  51ntiodpener  vor  allem  bag 
SSernunf  t  gemäße,  bem  menf  dp  fiepen  ©eifte  ©ntfprecpenbe  in  ben 
©ogntett  perborpoben,  bag  ©priftentum  afg  bie  bag  menfcplicpe  ©enfen  be= 
friebigenbe  2Baprpeit  nad)3umeifen  fud)teti.  Snbem  fie  aber  biefeg  ©treben 
Verfolgten,  roolften  bie  pervorragenben  Seprer  ber  antioepenifepen  ©cpule  feine§= 
meg§  ben  übernatürfidpen  ©parafter  unb  bie  DJityfterien  ber  $ircpenlepre  be= 
ftreiten,  fie  erfannten  biefe  in  ber  9Jfepr3apl  an,  mie  ©prtyfoftomug  unb  ©peo- 
boret;  aber  ein3elne  ©efeprte  tonnten  über  bem  tSemiipen,  bie  ©faubenglepren 
leiept  Verfiönblicp  unb  begreiffid)  3U  tnad)en,  ipren  Snpalt  verunfiaften  unb  3er= 
ftören.  galfcp  ift  bie  Sepauptung,  bie  antioepenifepe  ober  fprifd)e  ©cpufe  pabe 


1.  Sie  ate?;anbrtmf(pe  u.  bic  antiodjenifdje  «Staute.  Speobor  Dem  SD^o^fueftia.  491 

bie  ^eilige  ©cprift  als  Alleinige  ©laubeitSquelle  angenommen,  bic  ale;rattbrimfdje 
bagegen  ipr  bie  Überlieferung  au  bie  ©eite  geftellt;  benn  an  letzterer  gelten 
alle  fircplidpen  Speologen  feft ;  ©prpfoftomuS  unb  Speoboret  berufen  fid)  ebenfo 
gut  auf  bie  Srabition  mie  bie  Sllejanbriner ,  unb  ©pippaniuS,  ben  man  als 
«fmuptocrtretcr  ber  trabitioneKen  Geologie  nennt,  f)at  nidptS  mit  ben  Orige= 
niften  unb  Stlejanbrinern  gemein,  ©benfomenig  ift  bezüglich  ber  Snfpiration 
ber  ^eiligen  ©djrift  jmifdpen  bcibcn  ©(pulen  ein  tocfcntlidjer  Unterfd)ieb;  and) 
bie  ülntiocpener  bepncn  biefelbe  auf  aüe  Seile  ber  Vibel,  auf  alle  ©ebanfen 
aus,  mandpe  fdjeitten  fie  fogar  auf  bie  einzelnen  ©ilben  auSjubepnert;  nur 
beben  fie  öfter  ba»  menfd)lid)=inbiDibueCle  ©eprüge  in  ber  ©djreibmeife  ber 
Öagiograppen  ^crnor ,  als  cS  bei  ben  Vlepanbrinern  ber  galt  ift,  bie,  burd) 
baS  ©ud)en  na<p  ©epcimniSüollem  unb  Verborgenem  geleitet,  in  bem  einzelnen 
VuSbrud,  in  einer  einzelnen  ^artifel  oft  eine  Dom  ^eiligen  (Seifte  beabfüptigte 
tiefere  Seprform  entbedt  jtt  fabelt  Oermeinten. 

Ser  Vlepaubriner  3lriuS  mar  gleid)  ben  mciften  feiner  ^reunbe  burd) 
Sudan  ein  Vngepöriger  ber  antiod)enifd)en  ©d)itle,  mogegen  Vlejanber  unb 
3ltpanafiuS  ganj  auf  bem  Voben  ber  alepanbriniftpen  ©cp  ule  ftanben, 
bie  nad)l)er  noch  an  VtafariuS  bem  älteren  unb  SibpmuS  bem 
Vlinben  tüd)tige  Vertreter  fanb ;  ipre  ©inflitffe  machten  fid)  aud)  bei  VafiliuS 
unb  ben  beibett  ©regoren  oon  Kappabociert  mie  bei  ben  Occibentalen  VmbrofiuS, 
.fpilatiuS  unb  VuguftinuS  geltenb.  Siefe  gropen  Vtänner  gelten  fid)  oon  ben 
©infeitigfeiten,  bic  an  OrigeneS  ftarf  l)erOorgetreten  maren,  burdjauS  frei  unb 
oertraten  bie  fird)lid)e  SBiffenfdpaft ,  bie  oom  ©lauben  ipren  VuSgangSpunft 
nal)tn  unb  fid)  feiner  Leitung  nuterftetlte ;  mit  feiner  |)ilfe  fud)tcn  fie,  gleid) 
ben  ebleren  Vntiodjenern,  ju  bem  VerftänbniS  bcS  ÖlaubenSinpaltS  511  gelangen: 
fie  erfannten  ben  nipftifcpcn  ©intt  in  feiner  üotlen  Verccptigung  an  (toie  ©regor 
oon  9lpffa,  Vorrebe  jur  ©rflärung  beS  IpopenliebeS)  unb  benupten  bie  treff= 
lieben  Seiftungen  ber  früheren  Seprer  nad)  jeber  Vid)tung.  VereitS  maren 
niedrere  Vntiocpener  poletnifd)  gegen  baS  Übermaf)  beS  2lllegorifierenS  aufge= 
treten,  mie  fie  eS  bei  OrigeneS  fanben;  fo  ©uftatpiuS,  Vifcpof  oon  3lntio= 
epien,  bann  Siobor,  feit  378  Vifcpof  Don  SarfuS,  f  394.  SePterer,  ©d)iiler 
beS  ©iloanuS  unb  beS  ^laoian,  oerfapte  meprere  Vibelfommentare  fomie  eine 
©d)rift  über  ben  Unterfd)ieb  ber  bucpftäblid)en  unb  ber  allegorifdjen  Auslegung 
(Speorie  unb  3lllegorie).  ©eine  ©d)iiler  maren  u.  a.  SopanneS  ©prt)fo= 
ftomuS,  ber  oon  allen  ©infeitigfeiten  ber  Vntiodpener  fernblieb,  unb  Speobor 
Oon  Vtopfueftia,  ber  biefelbeit  im  ftarfften  Vtape  repröfentierte.  Speobor, 
Oon  üornepmer  gamilic  511  Vntiocpicn  geboren,  genupfüdptig ,  aber  and)  lern= 
begierig,  patte  fid)  bem  Vtönd)Sftanbe  feurig  ergeben,  aus  SÖcltluft  ipn  mieber 
Oerlaffen,  naep  ben  ernften  Vtapnungen  feines  Vtitfd)iilerS  ©prpfoftomuS  auf§ 
neue  ergriffen  unb  epegetifdjen  ©tubien  fid)  pingegeben,  llnt  392  ober  393 
marb  er,  fepon  friiper  in  Slntiodjien  jum  ^riefier  gemeipt,  9iacpfolger  beS 
VifcPofS  OlpmpiuS  Don  Vtopfueftia,  mcld)en  ©ip  er  fed)Sunbbreipig  3apre 
lang  (393—429)  innepatte,  ©r  belämpfte  oerfipiebene  Srrlepren,  oerfapte 
japlreid)e  ©d)riften,  bie  ipm  gropen  9tupm,  aber  auep  Diele  ©egner  oerfepafften. 
©r  mar  fein  tiefer  unb  origineller  Senfer,  aber  geleprt  unb  berebt,  nur  aUjit 
mortreid);  in  ber  £npe  beS  Kampfe»  liep  er  fid)  oft  ju  ben  anftöpigften  Ve^ 


492 


Sie  tpriftologifdjen  unb  antfjropotogifepen  ©treitigfciten. 


pauptungen  fortreifeen,  unb  bie  ©tpattenfeiten  ber  antiotpenifcpen  ©cpule  traten 
am  greßften  in  feiner  Sepre  über  bie  ißerfon  be§  ©:rlöfer§  perbor. 

2.  Söäprenb  bie  ägpptifcpe  ©cpule  im  ©egenfafe  gegen  bie  3lnfi<pt  be§ 
5J3potinu§,  bie  nur  einen  ©rabunterftpieb  ätoiftpen  bem  ©opne  ©otte§  unb 
anberen  ^eiligen  gelten  liefe,  ba§  fpejififcp  33erfcpiebene  jroifdjen  einer  5Jtenfd)= 
merbung  ©otte§  unb  einer  btofe  moraliftpen  ©tinmirfung  auf  einen  ßttenftpen 
perborpob  unb  ba§  Unbegreifliche  biefer  gepeimniabollen  33 e r= 
binbung  berperrlicpte ,  futpte  bie  fpriftpe  ©djule  nad)  iprer  ftrengen  33er= 
ftanbe§rid)tung  im  ©egenfafee  gegen  bie  gnoftifcfee  unb  apoßinariftiftpe  3Infidjt 
bie  Unbermifcptpeit  ber  jmei  in  iprer  ©iigentümlicpfeit  ber= 
parrenben  Naturen  ©tprifti  natpbrüdlicp  $ur  ©eltung  ju  bringen.  2>ie 
31lej;anbtiner  urgierten  gerne  bie  33  e  r  b  i  n  b  u  n  g  ber  jmei  Naturen  unb  bie 
(Sinh eit  be§  ©ottmenfdjen ,  bie  Slntiotpener  bagegen  bie  bleibenbe  33 e r= 
ftpiebenpeit  b  e  §  ©  ö  1 1 1  i  d)  e  n  nnb  b  e  §  3Ji  e  n  f  tp  I  i  tp  e  n ,  jene  ba§ 
©epeimntg  ber  3Jtenfd)tt)erbung,  biefe  ba§  baran  begreifliche,  bie 
3*beipeit  göttlichen  unb  menfd)licpen  3Befen§.  2)aper  marb  in 
ber  antiotpenifcpen  ©tpule  im  Öeben  ©^rifii  bie  menftplicpe  ©eite  befonberS  be= 
riidficptigt,  bie  beutlicp  erfafebar  bortag.  SDiobor  unb  Stpeobor  batpten  fiep 
babei  eine  bem  gemöpnlitpen  ©mtmidlung§gange  ber  menftplicpen  ßtatur  ange= 
meffene,  burcp  Kämpfe  pinbnrcpgepenbe ,  aßmäplicp  fortftpreitenbe  (Snt- 
toidlung  in  ber  tf3erfon  ©tprifti.  Speobor  unterfcpeibet  jmei  berftpiebene 
3uftänbe  (51b}tpnitte),  bett  jetzigen  unb  ben  -pifünftigen.  3n  erfterem  fteKt  fid) 
ifem  bie  fiep  felbft  übertaffene,  manbelbare,  ber  33erfutpung  untermorfene,  ber= 
nünftige  9tatur  auf  allen  ©tufen  be§  5Dafein§  bar,  in  letzterem  bie  burd)  9Jtit= 
teilung  eine§  höheren  göttlichen  2eben§  über  bie  ©thronten  be§  ©inbliipen  er¬ 
hobene,  fampf=  unb  berfutpungafreie,  jur  fitttiepen  Unmanbetbarteit  emporgepobene 
33ernunftnatur ;  jmifepen  beiben  ©tabien  bilbet  bie  allgemeine  2Iuferftepung  bie 
©renäftpeibe.  ®er  Übergang  bom  erften  jurn  jmeiten  3ufainb  faßte  nad) 
Stpeobor  burtp  ben  9)tenfcpen  bermittett  merben,  ber  für  bie  ganje  niebere 
©tpöpfung  ©ottea  ©benbilb  barjufießen  pat,  ma§  nur  burtp  ©mporpebung  ber 
menftptitpen  Dtatur  felbft  jur  ©emeinftpaft  mit  ©ott  unb  burtp  biefe  ju  einem 
göttlitpen,  metpfeU  unb  tampftofen  Seben  gefepepen  tonnte.  ©priftu§  faßte  nun 
©ottea  ©benbilb  in  ber  menfcplicpen  üftatur  bermirflitpen  unb  ben  ÜRenftpen 
jur  boßen  §errftpaft  über  bie  ßiatur  erpeben ;  er  mufete  alfo  bie  menftplitpe 
ßtatur  in  bem  3ufiani)e  ber  ipr  eigenen  SBanbelbarfeit  annepmen  unb  fie 
mittelft  ber  bemfetben  entfpretpenben  Rümpfe  ju  bem  pöperen  3uftanb  fortbilben. 
®aper  mufete  er  al§  9)ienftp  bößig  freien  Stöißen  paben,  ben  Kämpfen  unb 
33erfutpungen  untermorfen  fein,  felbft  mit  ber  3)töglid)feit  ju  fünbigen  (tnenn 
auch  opne  borpanbene  ©iinbpaftigfeit  unb  opne  mirflicpe  ©ünbe),  ba  fonft 
feine  menftptiepe  ßtatur  beftünbe  unb  bie  ©eele  ©prifti  burtp  ©ottea  SBißfür, 
nitpt  aber  als  Sopn  freier  Stpätigfeit  unb  fiegreitpen  H'ampfea  ipre  33erperr= 
litpung  erlangt  pätte.  33  or  ber  3luferftepung  mar  ©priftu§  „manbelbar  in 
feinen  ©ebanfen",  nach  ipr  IeibenS=  unb  manbel§unfäpig,  burtp  ben  göttlitpen 
©eift  fünbloS  (1  Stirn.  3,  16).  ©ie  ftufenmeife  33ergöttlitpung  be3  9Jtenfcp= 
lid)ett  in  ©tpriftuS  bi§  §u  feiner  33erperrlicpung  ift  aber  3Birfung  ber  urfprüng= 
lid)en  unb  berborgenen  33erbinbung,  ju  ber  ©ott  bie  ntenfcplitpe  ßtatur  in 


1.  Sie  alejanbrinifdje  u.  bie  antiodjemfdje  <Sd)ule.  X^eobor  bott  HJtopfueftia.  493 

©fjnftuS  Don  ihrer  ©eburt  an  fid)  angeeignet  hatte  —  eine  HSerbinbung ,  bie 
fid)  grabueK  fortfd)reitenb  immer  mehr  offenbarte  (Cut.  2,  52),  ganj  raie  bei 
bem  HJtenfdfen  überhaupt  bie  ©nabe  bie  Otatur  nid)t  ummanbelt.  Surd)  fie 
entmidelten  fic^  6f)rifti  ©eifte§=  unb  ©emüt§fräfte  rafdjer  al§  in  anberen 
'Utenfchen  (3f-  7,  16);  nad)  HDtahgabe  feiner  eigenen  im  Kampfe  geftärtten 
HÜMlIen^ridjtung  enthüllt  fid)  burcE)  tl)n  bie  göttliche  Sütadjt  be§  ftetS  mit  it)m 
berbunbettcn  Cogo»  ftufenmeife.  ©ott  beftimmte  mie  überhaupt  ade  HJtenfchen 
(ba  e»  teine  unbebingte  33orbeftimmung  giebt,  biefe  bielmel)r  burd)  ba»  33orf)er= 
miffen  ber  freien  2BitIen§entfdjeibung  ber  ©injelncn  bebingt  ift),  fo  ben  HJtenfdjcn 
Sefu§  ju  ber  böcpften  HBürbe,  meil  er  feinen  unter  allen  SSerfudjungen  treu 
au§l)arrenben  Söillen  unb  feine  äkrbienfte  borlfer  erfannte.  Sa  3efu§  erft 
nad)  ber  Hluferftefjung  jur  Unmanbelbarteit  berl)errlid)t  marb,  fo  tonnte  er 
aud)  erft  nad)  berfelben  ben  ^eiligen  ©eift  mitteilen,  menn  er  aud)  öorl)er 
($ol).  20,  22)  auf  bie  HluSgiefcung  berfelben  prop^etifd)  l)inmie§. 

Siefe  gefährliche  Sfjeorie  bilbete  Sljeobor  bon  ÜJtopfueftia  im  Kampfe 
gegen  bie  Hlpollinariften  meiter  au§.  Siefe  behaupteten :  a)  ©f)riftu§ 
mar  bon  Anfang  an  bo  II  tommen  unm  anbeibar  unb  heilig;  alfo 
hatte  er  feine  fortfcpreitenbe  menfd)lid)e  ©ntmidlung  unb  feinen  roanbelbaren 
menfd)lid)en  ©eift,  beffen  ©teile  bielmehr  ber  göttliche  Cogo§  bertrat.  Sljeobor 
beftritt  nun  gerabe  ben  Oberfatj  biefe§  ©d)luffe§,  inbem  er  fich  auf  ba§  3eu9n'3 
be§  ©bangelium§  bom  2B  a  d)  §  t  u  m  3  e  f  u  unb  auf  bie  9?otmenbigfeit  be§ 
gortfepritte»  3efu  jur  Hlu§fül)rung  be»  ©rlöfung§merfe§  berief,  ferner:  b)  Sie 
Hirt  ber  © i n m 0 h n u n g  © 0 1 1 e §  in  (5 h t i ft u §  fei  eine  m e f e n 1 1 i dj e, 
fubftantieKe  gemefen,  bödig  berfd)ieben  bon  ber  ntoralifdjen,  burd)  bie  ©ott  in 
ben  heiligen  HJtenfdjcn  mohnt ;  jener  madjte  jmar  feine  böllige  ©  l  e  i  d^ 
heit  3  m  i  f  d)  e  n  beiben  Hirten  ber  ©inrool)nung,  aber  bod)  eine 
fo  grofje  Hlijnlichfeit  geltenb,  bah  er  beibe  miteinanber  berglid)  unb  immer 
herborpob,  mie  überhaupt  ©ott  gemiffen  33ernunftmefen  näher  fei  al§  anbern 
©efepöpfen.  Sie  „©inroofjnung  ©otte§  bem  Höefen  nad)"  erfdjiett  ihm  als 
bermerflid),  ba  nichts  ba§  HBefett  ©otte§  einfdjlie^en  fönne,  eine  foldje  „ber 
Höirffamfeit  nad)"  als  Ceugnung  ber  über  alles  fid)  auSbreitenben  göttlichen 
33orfel)ung  unb  Regierung,  nur  eine  ©inmol)nung  „bem  HBoljlgefallen  (Cut. 
3,  22),  ber  ©nabe,  ber  ©otteSfinbfdjaft,  bem  SBillen  nach"  juläffig.  2Benn 
c)  bie  Hlpoüinariften  erflärten,  3  m  ei  bollftänbige  Naturen  tonnten 
fid)  nie  ju  6  i  n  e  nt  ©attjett,  3  u  ©in  er  ißerfon  berbinben,  fo  fud)te 
Speobor  ju  jeigen,  mie  man  e§  ju  f affen  habe,  baff  ©ottl)eit  unb  5Jtenfd)f)cit, 
als  foldje  berparrenb,  bod)  ju  einer  Einheit  berbunben  morben  feien.  3efu§ 
mar  ihm  ber  Setnpel,  in  bem  ©ott  mol)nte,  ba§  Organ,  beffen 
er  fid)  bebiente.  ©epen  mir,  fagt  Speobor,  auf  bie  Unterfdjeibung  ber  ©ott= 
heit  unb  HJlenfdjpeit ,  fo  müffen  mir  jmei  in  ihrer  SBoöftänbigfeit  unb  Un= 
berfel)rtt)eit  berharrettbe  Naturen,  unb  battad),  meil  beibeS  genau  jufammem 
hängt,  3m ei  £>ppoftafen  unterfdjeiben ,  eine  boHfomtnene  göttlidje  unb  eine 
boöfommene  mcnfdjlidjc  <ßerfon;  fel)en  mir  aber  auf  ihre  ^Bereinigung ,  fo 
müffen  mir  bon  ©priftuS  als  ©in er  Sßerfon  reben,  in  ber  bie  menfefc 
liehe  Htatur  in  bie  ©emeinfdjaft  ber  göttlichen  aufgenommen  rnarb,  fo  mie 
HJtann  unb  grau  ein  Ceib  peifjen.  d)  H3eriefen  fid)  bie  Htpoflinarifleit  auf 


494 


®te  priftologifcpen  unb  antpropologippen  «Streitigfciten. 


bie  Übertragung  ber  ^räbifate  (communicatio  idiomatum)  a{§  944erf= 
mal  ber  ©inpeit  be»  ©ottmenfcpen,  fo  erfd^ien  ba»  bem  Jpeobor  als  eine  palt= 
lofe  öegripbermecpSlung  unb  nur  infofern  erträglich,  als  man  auSbrüdlicp 
bie  tBejicpung  ber  tarnen  auf  ben  ©opn  ber  ©nabe  nadg  ober  auf  ben  ©opn 
bem  äöefen  nacp  beifepe.  Oemnacp  mar  auch  DJtaria  nur  in  gemiffem 
©iitn  ©otteSgebärerin,  infofern  fie  ben  geboren,  in  bem  ©ott  mopnte. 
©icper  ging  Jpeobor  als  Dtriftotelifer  in  feiner  Oppofition  gegen  ben  Pato= 
nifer  DlpoflinariS,  beffen  Jridiotomie  er  ebenfalls  befämpfte,  Diel  ju  roeit,  unb 
müprenb  biefer  bie  monopppfitifcpe  Sepre  präformierte,  marb  er  felbft  93or= 
läufer  ber  neftorianifcpen. 

3.  Oer  Sepre  Don  ©priftu»  (©priftologie)  entfprap  bei  bem  DDtopfueftener 
bie  Sepre  Dom  DJl  e  n  f  cp  e  n  (DIntpropoIogie).  Oer  'DCRenfd)  mar  ipm  baS 
gemeinfame  33anb,  ber  DJtittetpunft  für  bie  geiftige  unb  für  bie  materielle  SCÖelt, 
Offenbarer  ©otteS  in  ber  gefamten  ©cpöpfung,  burcp  Seib  unb  «Seele  beiben 
Söelten  Dermaubt.  gur  ©rlangung  feine»  ©nbjieleS  patte  ber  DJtenfd)  bie 
nötigen  Kräfte  Don  ©ott  erpalten ;  aber  um  biefe  recpt  attmenben  ju  föntien, 
muffte  er  juerft  Don  einem  göttlichen  SebenSprinjip  burcpbrungen 
unb  burcp  bie  ©emeinfcpaft  mit  ©ott  au»  feinem  Deränberticpen  3lIftanb  Jur 
fittticpen  Itnmanbetbarfeit  erpoben  merben,  bie  er  bann  ber  übrigen  Schöpfung 
mitjuteilen  pat.  Oa  $atnpf  unb  23erfucpung  notmenbig,  mar  aud)  ber  erfte 
DJienfcp  fterblid),  unb  rnetrn  ipn  ©ott  mit  bem  Jobe  bebropte,  biefen  im  3U= 
fammenpang  mit  ber  ©ünbe  barftellte,  fo  mar  eS  eben  für  bie  ©rjiepung  beS 
DJlenfcpen  notmenbig,  um  £)aff  gegen  bie  Sitnbe  31t  erregen,  baff  ©ott  fi(p  fo 
[teilte,  als  beftrafe  er  fie  burcp  ben  Job;  ber  Dlllmiffenbe  patte  fonft  aucp  lein 
©ebot  gegeben,  beffen  '-Beobachtung  er  als  unmöglich  DorauSfap;  bie  ©ünbe 
aber  liep  er  31t,  ba  er  mupte,  fie  biene  jnlept  junt  §eile  beS  fDtenfcpen,  füpre 
ipn  jur  DInerfennung  feiner  6d)mäd)e.  Ourd)  ben  ©egenfap  fiep  entmidetnb 
foüte  ber  DDtenfcp  bie  Jugenb  leimen  unb  üben  lernen  unb  burcp  53erbienfte 
bei  ©ott  fiep  bie  felige  Dluferftepung  ermerben.  $n  ber  SBerfennung  ber 
Sepre  Don  ben  folgen  ber  erften  S ü n b e  unb  iprer  Vererbung  auf 
bie  Dtacpfomtnen,  in  ber  feparfen  Betonung  ber  inenfcplidjen  SöiKenSfreipeit,  in 
ber  Dluffaffung  ber  ©rlöfung,  meldje  niept  Teilung  Dom  33erbcrbniS,  fonbern 
nur  neue  Derperrliipenbe  Schöpfung  ift,  unb  ber  ©nabe,  rnelcpe  nad)  ben  33er= 
bienften  beS  DJIenfdjen  erteilt  mirb,  ift  Don  ipm  baS  pelagianifcpe  ©pftem 
bereits  angebapnt.  Oa  ipm  ferner  baS  SSöfe  nur  ein  OurcpgangSpunft  für 
ba§  ©ute  mar,  fo  glaubte  er  an  eine  enblicpe  Dlufpebung  be»  33öfen  burcp  bie 
©rlöfung,  an  eine  allgemeine  2BieberperfteÜung  ber  Sitnbcr  unb  leugnete  bie 
©migfeit  ber  IpöKenftrafen,  meldje  mit  ber  Sünbe  nicht  in  richtigem  SerpältniS 
ju  ftepen  fepien.  §ier  mie  in  anbern  fünften  traf  er  mit  ben  Sepren  311= 
fatnmen,  bie  an  bem  fonft  Don  ipm  fo  peftig  befömpften  OrigeneS  gerügt  ju 
merben  pflegten.  3n  feiner  ©dirifterflarung  prägte  er  fein  ©pftem  noep  Diel= 
feitiger  aus ;  er  be  ft  ritt  ben  meffianifepen  (Sparafter  Dieter  a  1 1= 
teftamentlicper  ©teilen,  Dermarf  baS  Ipopelieb  als  niept»  ©öttlicpeS  ent= 
paltenb,  Derfannte  baS  mapre  DSerpältniS  be»  5IIten  jum  Dienen  33unbe  unb 
geigte  in  ber  flacpen  itnb  biirren  ©rflärnng  ber  S3ibel  nicht  meniger  ftarfe 
Slöpen  al»  OrigeneS  in  ber  aUjit  ibealiftifcpen  unb  oft  ppantaftifepen  mpftifdien 


2.  Ser  erfte  Origeniftenftreit. 


495 


itnb  moralifchcn  Auslegung.  31  u  3  beiben  ©rtremen  gingen  bebeutenbe  3>rr= 

tümer  Jjeröor. 

4.  SBälfrenb  un§  tmn  nnbern  Stntiocpenern,  tnie  ©  u  f  e  b  i  u  § ,  ©ifcpof  bon 
©mefa1,  Sljeobor  bon  fieraflea2,  3Jteletiu§  unb  $  lab  um3,  nur  mcnig 
erhalten  ift,  begleichen  auch  bon  i}3olpd)roniu3,  betn  ebleren  ©ruber  be3 
Shfobor  bon  SJtopfueffia,  6efi|en  mir  noch  reichere  ©djrifterflärungen  bon  bem 
©prer  ©Pb* dm,  bon  Sof)anne§  ©htt)foffomu3,  an  ben  3fibot  bon 
^3elufrum 4  [ich  anfchlop,  foroie  bon  bem  gelehrten  ©hc°boret,  ©ifchof  bon 
©ptu§  feit  423,  meld)er  unter  Sheobor  bon  SJtopfueftia  unb  ©ptpfoftomuS 
feine  ©ilbung  erhalten  hotte  unb  ben  Stuf  be3  bebeutenbften  gtiecpifchen  ©pe= 
geten  genoff.  ©eine  $reunbfd>aft  ju  feinem  3Jtitfd)iiler  3teftoriu§  unb  ber  ©im 
flujj  feine§  2ehter3  24)eDdoi  trübten  längere  geit  bie  Steinljeit  feiner  ©lauben§= 
lehre ;  aber  er  po*  nach  unb  nad)  bie  Vorurteile  ber  ©djule  abgeftreift  unb 
bie  falfche  Sluffaffung  bon  ber  Trennung  be§  ©öttlid)en  unb  ©?enfd)Iid)en  in 
©hriftu§  böHig  übermunben,  moju  bie  fpäteren  d)riftologifd)en  Kämpfe  fehr 
bieleS  beitrugen5.  ®ie  Seiftungen  fomohl  ber  Sllepanbriner  al»  ber  Stntiodiener 
benupte  tpieronpmuS,  bet  größte  ©ibelerlläret  be§  9lbenblanbe§ ,  ber  einen 
©regor  bon  Stajianj,  einen  ®ibt)mu§  u.  a.  perfönlid)  fannte;  bon  Suben  er¬ 
lernte  er  ba§  ^ebräifche,  unternahm  eine  Stebifion  ber  lateinifcpen  ©ibelübeu 
feputtg  unb  bertrat  mit  gliihenbem  ©ifer  gleich  ©piphaniu§  bie  bon  ben  Vätern 
überlieferte  pofitibe  SEpeoIogie  gegen  bie  berfd)iebenften  Singriffe.  9ll§  lepter 
SluSläufet  ber  alepanbtinifcpen  ©cp ule  nad)  ihrer  mpftifcpen  Sticptung 
erfdjeint  gegen  ©nbe  be§  5.  ^ahrhnnbert?  ber  Verfaffet  ber  bem  ©ionpfiit» 
Streopagita  beigelegten  ©cpriften,  bie  fpäter  bon  ben  ©tpftifern  bielfacp  be= 
nu|t  mürben. 

2.  Ser  erfte  Origeniftenftreit.  ©pipljamuS  unb  3ob<ntne8  ©hrtjfofiomuS; 

t^ieromjinnS  unb  3tufinu§. 

Quellen.  —  Epiphanii  Opera,  bei  Migne,  Patr.  gr.  t.  XLI — XLIII;  ed.  Din- 
dorf,  5  voll.,  Lips.  1859 — 1862.  Ioann.  Chrysost.  Opera,  bei  Migne  1.  c.  t.  XLY1I 
ad  LXIV.  Hieron.,  Contra  Ioann.  Hierosolymitanum ;  Apologiae  adv.  libros  Rufini 
(Migne,  Patr.  lat.  t.  XXIII).  3iufinn§,  Überlegung  Oon  Orig.,  De  principiis  (in 
ben  Sluägaben  ber  Sßerfe  beä  GrigeneS) ;  Apologiae  in  Hieronymum ;  Apologia  ad  Ana- 
stasium  Romanae  urbis  episcopum  (Migne,  Patr.  lat.  t.  XXI);  De  adulteratione 
librorum  Origenis  (in  Orig.  Opp.,  ed.  Lommatzsch,  XXV  [Berol.  1848],  882  sqq.). 
Socrat.,  Hist.  eccl.  IV,  26;  VI,  8  sq.  7.  10.  14.  Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  32;  VIII, 


1  Über  (Sufebiuä  bon  Smefa  Ogi.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  91.  Socrat.,  Hist.  eccl. 
II,  9.  Sozom.,  Hist.  eccl.  III,  6.  Emeb.  Emes.,  Fragm.  opusc.,  ed.  Augusti,  Elber¬ 
feld  1829.  Mai,  Nova  Coli.  t.  I.  Romae  1825.  Spilo,  Über  bie  ©dpriftcn  be« 
©ufebiuS  bon  Sllej.  im  5.  unb  6.  3at)rbunbcrt  unb  beS  ©ufebiuS  bon  ©mefa.  §>atle  1832. 

2  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  90.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  II,  3. 

s  Theodoret.  1.  c.  IV,  23. 

4  Eragr.  Schol.,  Hist.  eccl.  I,  15.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XIV,  53.  Isidor., 
Epist.  (Migne,  Patr.  gr.  t.  LXXVIII).  Niemeyer,  Comm.  hist,  de  Isid.  Pel.  vita 
et  scriptis.  Halis  1825.  Glück,  S.  Isid.  Pel.  doctrina  moralis.  Wirceb.  1848. 
Sarbenpetoer,  ißatrologie  (2.  Slufl.)  ©.  334. 

5  JBarbenfjetoer  a.  u.  D.  ©.  326  ff-  Theodoret.,  Opera,  bei  Migne,  Patr.  gr. 
t.  LXXX — LXXXIV. 


496 


Sie  cfjriftotogifcfien  unb  antbropologif(äjen  Streitigfeiteu. 


7.  9.  11  sq.  21  sq.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  V,  28.  30.  32 — 34.  Innoc.  I.,  Epist.,  bei 
Coustant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  919  sq.  Synodus  ad  quercum  bei  §efele,  ©oncitiem 
gefcf).  II  (2.  Stuft.),  89  ff- 

ßitteratur.  —  Huetius,  Origeniana  {Orig.  Opp.,  ed.  Lommatzsch,  vol.  XXII 
ad  XXIV,  Berol.  1846).  Doucin,  Histoire  des  mouvements  arrives  dans  l’dglise  au 
sujet  d’Origene.  Paris  1700.  SJieanber,  £)er  f)f-  3of)anneg  (XE)rt)foftomug  unb  bie 
^irctje  in  befjen  3eitalter.  2  S3be.  3.  Stuft.  23ertin  1848 — 1858.  33öt)rtnger,  Sie 
ßirdfe  6t)rifti  unb  ihre  Sengen-  2.  Stuft.,  23b.  I,  Stbt.  4.  «Stuttgart  1876.  Marchal, 
St.  Jean  Chrysostome.  Paris  1899.  Ptiech ,  St.  Jean  Clirysostome  („Les  Saints“). 
Paris  1900.  (Sbertjurb,  Über  bie  23eteiügung  beä  Spipljaniuä  am  origeniftifct)en 
Streit.  Srier  1859.  S3gt.  23arbent) einer,  ißatrotogie  (2.  Stuft.)  S.  271  ff.  (®pi= 
bbuniuä),  S.  283  ff.  (®birt)foftomu§) ,  S.  397  ff.  (9tufinu8),  S.  400  ff.  (§>ieroni)muS). 

1.  £fortmäf)renb  mürben  bie  ©griffen  be§  gelehrten  0rigene§ 
getefen,  über  bereit  ffted)tgtäubigfeit  bie  Meinungen  fetfr  au§einanber  gingen. 
ffJtarceüuä  bon  Slncpra  griff  feine  2et)re  at§  iöiutter  ber  arianifdjen  an; 
@ufebiu§  bon  ©äfarea  berteibigte  fie,  unb  gerabe  biefe  SSerteibigung  burd) 
einen  ©önner  be§  2lriani§tnu§  biente  baju,  fie  nod)  mehr  in  23erbacf)t  ju 
bringen,  üffiäffrenb  itfrcrfeitS  bie  Slrianer,  befonbera  bie  f)omöufianer,  fidt)  auf 
einzelne  ©teilen  be§  0rigene§  beriefen,  bitbeten  fid)  bie  großen  fap^abocifcfjen 
Kirchenlehrer  bielfad)  nad)  feinen  ©djriften,  au§  benen  fie  eine  23tumentefe 
(bie  „üßbjilofalia")  beranftatteten ,  unb  5fthanafiu§  unb  SDibpmu§  führten 
itjn  fogar  ju  ©unftcn  bea  nicünifchen  ©Iauben§  an.  5lud)  (5hrbfofiomu§ 
unb  fneront)inu§  Ratten  iffm  biel  bon  i^rer  epegetifchen  ©etetfrf amfeit  ju 
berbanfen.  33ia  jum  @nbe  be§  4.  3at)rt)unbert§  äufeerte  fid)  bie  fDtelfrjat)! 
ber  ©timmen  in  ber  Kird)e  für  ben  berühmten  SHejanbriner.  Unter  ben 
ägpptifdjen  ÜRöndjen  gab  e§  bamat§  ^mei  berfdjiebene  ©eifte§rid)tungen : 
bie  einen  gaben  fid)  geteilten  ©tubien  unb  ber  ^Betrachtung  mit  altem  (Sifer 
t)in  unb  fudjten  aud)  in  ben  safftreidjen  ©Triften  be§  Origene§  geifiige  ffiahrung; 
bie  anbern  mären  rot)  unb  ungebilbet,  faxten  ba§  ©ötttidje  grob=finntid)  auf, 
fo  baff  fie  (Sott  fetbft  einen  Körper  beilegten  (5tntpropomorpt)iten)  unb  fja^ten 
ben  0rigine§  um  fo  met)r,  meil  ihre  ©egner  au§  beffen  ©djriften  il)re  ©riinbe 
entnahmen.  5tud)  ber  t)t.  l|3ad)omiua  fott  feine  ©d)üter  bor  betn  berberbtidjen 
(Sifte  geroarnt  haben,  ba§  in  ben  33üd)ern  be§  großen  5Uepatibriner§  fid)  finbe. 
SSefreunbet  mit  biefen  ungebitbeten  iBtönd)en,  aber  offne  ihren  Irrtum  ju  teilen, 
mar  ber  au§  ^ßaläftina  gebürtige,  unter  itfnen  jum  a§fetifd)en  Seben  f)eran= 
gebilbete  (SpiphaniuS,  feit  367  33ifd)of  bon  Konftantia  (©atami§)  auf  ber 
Snfet  ©ppern,  t)od)gead)tet  megen  feine»  @ifer§  für  grömmigfeit  unb  9ted)U 
gläubigfeit.  Um  373 — 375  fcprieb  er  fein  groffeä  SBerf  gegen  alle  |)ärefien, 
morin  auch  (Haer.  LXIV)  bie  Seffre  be§  0rigene§  befjanbelt  marb.  0od) 
machte  bie§  nod)  feinen  befonbern  (Sinbrud,  unb  bie  greunbe  be§  0rigene§, 
befonber§  33ifd)of  3ot)anne§  bon  Serufatem  (386 — 417)  unb  3tufinu§, 
^3riefter  bon  5tquileja,  fuhren  fort,  beffen  ©djriften  ju  tefen  unb  ju  berroerten. 
Um  394  fam  unter  anbern  pilgern  ein  gemiffer  5lterbiu§  nad)  Serufatem, 
ber  ficb)  über  bie  grofe  gafft  ber  bortigeu  Verehrer  be§  0rigenea,  ber  ihm  al§ 
Ke|er  galt,  fetfr  bermunberte  unb  ben  9tufinu§  ber  origeniffifdfen  Ke|erei  be- 
fdfulbigte.  tffiätfrenb  biefer  gteid)  33ifchof  3of)anne§  barauf  nidht  achtete,  nahm 
fid)  ein  anberer  gelehrter  Sateiner,  ^)ieront)mu§  au§  ©tribon  in  0aImatien, 
feit  386  im  Softer  ju  33ett)tehem  motfnenb,  biefe  Dtnftage  fet)r  ju  £)erjen, 


2.  Ser  erfte  Drigenifienftreit.  §ieron^muS  unb  SRufinuä. 


497 


inbetrt  er  für  ben  9iuf  feiner  3tecf)tgläubigfeit  fetjr  beforgt  mar.  grüner  felbft 
Sobrebner  be§  9ttejanbriner§ ,  marb  er  jept  öorfidjtiger  unb  jurüdtfialtenber  in 
feinen  Pufferungen.  Salb  erfcpien  aud)  (EpiphaniuS  in  Serufaletn  unb  forberte 
Don  Sifdjof  3ot)anne§  bie  Serurteitung  be§  OrigeneS;  biefer  erflärte,  er  fei 
gewohnt,  in  beffen  Südjern  2Bat)re§  unb  $atfd)e§  ju  unterfdjeiben,  unb  lernte 
ein  (Eingehen  auf  bogmatifcpe  (Erörterungen  ab,  inbem  er  bie  9Rög(icf)feit  einer 
Serftänbigung  bejmeifelte.  (Epiptjaniua  prebigte  gegen  bie  Origeniften,  3>o= 
f;anne§  gegen  bie  5Inthropomorpl)iten ;  jener  ftimtnte  in  bie  Serurteitung  ber 
legieren  ein,  forberte  aber  aud)  bie  ber  erfteren  unb  begab  fid)  mipftimmt  ju 
ben  Stöncpen  bon  Sethlefjem,  bei  benen  er  ben  Sruber  be§  £>ieront)mu», 
^3aulinian,  jutn  ^Sriefter  Vüeifjte.  3oI)anne§  befdpuerte  fid)  bitter  über  bie  un= 
gefe^Iidje  fpanbtung  unb  bie  ,<perrfcf)fud)t  be§  (Et)prier§,  beffen  Partei  jept 
Ipieronpmuä  famt  ben  übrigen  Siöndjen  Sett)Iehem§  ergriff.  Seibe  Seite 
manbtcn  fid)  nad)  9tom  unb  Sttejranbrien.  Ser  atejanbrinifcpe  Sifcpof  St)eo= 
pt)itu§  (385—412),  ein  9Ratm  öon  unftetem  unb  heftigem  (Etjarafter,  ba= 
mat§  noch  bem  Snbenfen  feinet  gefeierten  Sanb§manne§  geneigt,  fanbte  ben 
gteicpgefinnten  unb  barum  ber  Smdei  be§  (Epipf)aniu§  bedächtigen  ^Sriefter 
Sfibor  jur  Sermitttung  ab.  3n  ber  Stjat  föhnte  fid)  £)ieront)mu§  397  mit 
Sifcpof  3of)anne§  unb  feinem  um  einige  3aprc  älteren  3ugenbfreunbe  9tufinu§ 
öorjiiglid)  auf  Setrieb  ber  frommen  ^Römerin  Stetania  am  Elitäre  au§,  unb 
fo  fcpien  biefeä  gerroitrfniä  glücflid;  befeitigt 1. 

2.  9iufinu§  tiep  fid)  in  iRont  bnrd)  bie  Sitten  be§  Stöndjeä  Stafariug 
bemegen,  bie  Apologie  be§  ^ampf)itu§  für  Crigene§  in  ba§  Sateinifdje  ju 
überfein,  ber  er  eine  eigene  SerteibigungSfdjrift  beigab,  rnorin  er  bie  Sept= 
forruptionen  in  ben  S3erfen  be§  StejanbrinerS  tjerüorpob.  Sann  iiberfepte  er 
aud)  beffen  üier  Südjer  „Son  ben  5ßrinjipicn"  mit  einigen  Pnberungen  in 
ben  öon  ber  Srinität  hanbetnben  ©teilen,  bie  er  für  f)ärctifd)e  (Einfd)iebfet  hielt. 
3n  ber  Sorrebe  berief  er  ficb  auf  bie  bem  OrigeneS  günftigen  Puperungen 
unb  ba§  Seifpiet  be§  fpieronpmuS,  ber  mehrere  tpomilien  biefe§  SutorS 
überfept  Ijobe  nnb  bem  er,  obfd)on  an  Kräften  geringer,  hierin  nad)fotgen 
motte.  Sie§  reifte  ben  tpieronpntuS,  an  ben  bie  tRörner  ^ammachiu§  unb 
DceanuS  öotl  Seforgni§  über  feinen  guten  Stuf  unb  Doll  (Entrüftung  über  ba§ 
burcb  9tufinu§  gegebene  Prgerni»  fcpriebcn,  jugteid)  mit  ber  Sufforberung, 
burd)  eine  getreue  Überfettung  ben  OrigeneS  in  feiner  mirtticpen  ©eftalt  ju 
jeigen  unb  fid)  öon  bem  Serbacpte  einer  guftimmung  ju  falfcpen  2ef)ren  j$u 
reinigen.  fpieronpmuS  fd)rieb  an  bie  jfoei  greunbe  mie  an  9tufinu§,  ber  fich 
beim  Sobe  fe'mer  Stutter  nach  Squiteja  äurüdjog,  giemlic^  heftig  unb  arbeitete 
an  einer  eigenen  (bis  auf  Snupftüde  oertorenen)  Übertragung  jenes  2Berfe§ 
mit  ber  Sbfid)t,  fomoht  bie  £)ärefie  beS  OrigeneS  als  bie  Unjuöerläffigfeit  beS 
IRufinuS  nachäumeifen.  Ser  ©treit  roarb  immer  heftiger ,  fo  bap  Slugufiinu§ 
ben  gelehrten  Salmatiner  bat,  biefer  PrgerniS  gebenben  ^otemit  ju  entfagen. 


1  Euseb.,  Adv.  Marcell.  I,  4  (Migne ,  Patr.  gr.  XXIY,  760  sq.).  Athan. ,  De 
decr.  Nicaen.  Syn.  c.  23.  27.  Socrat.  1.  c.  IV,  26;  VI,  7.  Sozom.  1.  c.  VI,  32. 
Hieron.,  Ep.  75  (al.  26)  ad  Vigil.;  Ep.  76  ad  Tranqu. ;  Ad  Pammach.  1.  1;  C.  Ioan. 
Hierosol.  c.  8. 

§ergenrötf)er,  Rir$engefd)t($te.  I.  4.  Sufi. 


32 


498 


Sie  djriftologifchen  unb  anthrofiologifdien  (Streitigfetten. 


fpapft  AnaftafiuS  I.  forberte  ben  AufinuS  jur  Verantmortung  nach  9tom 
bor ;  btefer  entfchulbigte  fein  Ausbleiben  unb  fanbte  eine  VerteibigungSfchrift 
für  feinen  (glauben.  ®er  ^ßapft  gab  in  einem  Briefe  an  SoIjanneS  non  3eru= 
fafem  jmar  fein  VerbammungSurteil  gegen  OrigeneS,  öermarf  aber  bem  3m 
halte  nach  baS  ihm  lateinifd)  üorfiegenbe  2Berf  „Von  ben  ^rin^ien",  unb 
bon  ba  an  fab  man  and)  im  Occibent  bie  Vücfier  beS  OrigeneS  als  Srrtümer 
entlfaltenb  an1.  AufinuS  fdjrieb  401  feine  jtnei  S9üd)er  „Snbeftiben 
gegen  £ieront)muS"  jur  Rechtfertigung  feiner  Ortbobojie  unb  jur  (Snt= 
fräftung  ber  ihm  gemachten  Vormiirfe,  tnorauf  £>ieront)muS  402  mit  brei 
Vitchern  feines  „ApologetifuS"  feffr  heftig  antmortete.  @S  trat  aber  bod) 
einige  Ruffe  ein,  in  ber  RufinuS  unbehelligt  blieb;  nadfbem  er  nod)  einige 
©tpriften  unb  befonberS  Überfettungen  beS  OrigeneS  geliefert  hatte,  ftarb  er 
410  im  Angefichte  ber  Verheerungen  AlaridfS.  OaS  Veftreben  biefeS  bom 
f)I.  ißauIinuS  fehr  hod)gefd)ä|ten  VtanneS,  bie  tf)eologifd)e  Vilbttng  ber  ©riechen 
in  baS  Abenbfanb  ju  berpflangen,  feine  berhältniSmäftige  Ruffe  unb  Vtäfjigung, 
feine  flieftenbe  unb  gefällige  Schreibart,  feine  praftifdje  unb  aSfetifche  Richtung 
fichern  ihm  auch  einem  fo  bebeutenben  ©egner  tbie  ^ieroupmuS  gegenüber,  ber 
biel  heftiger  auftrat  unb  biel  erregter  fich  geigte,  ein  ehrenbotleS  Anbenfen. 

3.  Aber  biefer  origeniftifdje  Streit,  ber  bei  ber  Vtenge  ber  in  Stage 
fommenben  Schriften,  bie  faft  feiner  ganj  gefefen,  mährenb  fich  bie  meiften 
mit  tbinfürlichen  Auszügen  unb  3ufanimenftellungen  begnügten,  bei  ber  3Ser= 
fchiebenheit  ber  2epte  unb  teifmeife  ber  Überfehungen,  fornie  bei  ber  Vor= 
etngenommenheit  ber  Parteien  nur  fchtner  ju  fchlichten  roar,  blieb  feineSmegS 
ein  rein  fitterarifcher;  er  nahm  bieftnehr  eine  ganj  anbere  unb  berberbliche 
Söenbung,  inbem  fich  anbere  Elemente  unb  Sntereffen  bamit  berbanben,  fo  baff 
ber  urfpriingfiche  Streitgegenftanb  bafb  bergeffen  rnarb.  $heoph^u§  bon 
Afejanbrien,  bei  bem  ber  Origenift  Sfibor  fange  ben  größten  ©influfj 
hatte,  mar  ganj  belferrfcbt  bon  meltlid)en  Rüdfichten  unb  Seibenfdjaften.  ®ur<h= 


1  AIS  unjtoeifelljaft  ift  ju  betrachten,  baf$  bis  400  nod)  lein  allgemeines  lirdjlicheS 
Urteil  gegen  OrigeneS  borlag.  Rapft  ©iriciuS  foll  ihm  unb  feinen  Anhängern  nicht 
ungünftig  geloefen  fein,  fo  bafj  §ieront)muS  (Ep.  127  ad  Princip.  n.  9)  ihn  beSffalb 
ber  „Einfalt"  sieh-  Aud)  AnaftafiuS  I.  gab  lein  SSerbammungSurteil  im  Briefe  an 
Johannes  ( Coustant ,  Monitum  ante  ep.  Anast.  §  7.  GallancLi,  Biblioth.  vet.  Patr.  VIII, 
p.  xxi).  Seo  b.  ©r.  (Ep.  35  ad  Iul.  c.  3)  rebet  nur  baboit,  bafj  OrigeneS  mit  tRedljt  ber= 
urteilt  toorben  fei  toegen  ber  Sehre  bon  ber  Rräejiftenj  ber  ©eelen.  RetruS  ©hrpfologus 
(Ep.  25  inter  epp.  Leon.  c.  1)  ftettte  ben  OrigeneS  als  scrutator  principiorum  mit 
AeftoriuS  jufammen.  3m  Decretum  Gelas.  hOfet  eS  bon  ihm:  Item  Origenis  non- 
nulla  opuscula,  quae  vir  beatissimus  Hieronymus  non  repudiat,  legenda  suscipimus ; 
reliqua  autem  omnia  cum  auctore  suo  dicimus  renuenda  {Thiel,  Ep.  Rom.  Pont, 
p.  461),  unb  nachher  toirb  ©ufebiuS  getabelt:  (quod)  in  laudibus  et  excusatione  Ori¬ 
genis  schismatici  unum  conscripserit  librum.  OrigeneS  Joar  alfo  noch  nidht  als  §äre= 
tifer  erllärt,  no(h  loaren  feine  ©djriften  alle  berboteit.  Auch  §ieront)muS  (Ep.  33  ad 
Paulam)  rebet  toohl  bon  einer  früheren  Sterurteilung  beS  DrigeneS  burd)  ben  römifd)en 
Stuhl,  aber  mit  bem  23eifat)e,  fie  fei  nicht  propter  dogmatum  novitatem,  nicht  propter 
haeresim  erfolgt,  loaS  aud)  DtufinuS  (Invect.  1.  II,  n.  19  sq.)  gegen  beit  früheren  34eunb 
bertoertet.  älgl.  Van  den  Gheyn,  La  lettre  du  pape  Anastase  I  ä  S.  Venerius  dveque 
de  Milan  sur  la  condamnation  d’Origene  (Revue  d’hist.  et  de  litter.  relig.  1899, 
p.  1  ss.). 


2.  Ser  erfte  Drigeniftenftreit.  ©pippaniuä  unb  3op.  SprhfoftoinuS.  499 

aus  ©eg  net  ber  a n 1 r 0 p 0 m 0 r p ^ i ft i f d)  gefinnten  Vtöncpe,  weldpe 
bie  fletifd^e  Söiifie  betoopnten,  patte  ec  in  einem  Ofterpirtenbriefe  beren  3Iuf= 
faffung  befätnpft  unb  fo  beren  tiefften  Unwillen  erregt;  an  ber  ©piße  bet 
Unjufriebeneit  ftanb  ber  wegen  feiner  grönunigfeit  pod^geaeptete  ©erapion, 
ber  niept  mepr  ju  ©ott  beten  ju  fönnen  glaubte,  wenn  ipnt  baS  Vilb  beSfelben 
genommen  fei.  3n  großen  ©eparen  jogen  bie  ropen  ÜRöncpe  naep  illlejanbrien, 
tno  fie  Don  benr  Vifcpofe,  ben  fie  für  einen  ©ottlofen  erflärten,  unter  3lnbropung 
beS  SEobeS  bie  Verurteilung  beS  OrigeneS  betlangten.  Oerfelbe  tourte  aber, 
ftetS  feig  unb  wanfelmütig,  bie  Sobenben  mit  ben  Vßorten  ju  berföpnen:  „$cp 
fepe  in  euep  baS  5lngeficpt  ©otteS",  waS  i^rer  Sepre  öon  bem  ©bertbilbe  ©otteS 
ju  entfpreepen  fdpien.  ©anj  legte  fiep  ipr  3orn,  als  3:peoppiIu§  in  bie 
Verurteilung  beS  Orige neS  einmiüigte.  Obfd)on  berfelbe  anfangs  nur 
notgebrungen  unb  opne  innere  ©inneSänberung  bieS  getpan ,  marb  er  boep 
halb  burep  äußere  ©inflüffe  aud)  roirflidp  umgeftimmt  unb  ben  origeniftifdpen 
Vtöndjen  immer  abgeneigter.  31  n  ber  ©pipe  berfelben,  beren  ^auptfitj  ber 
©alpeterberg  bei  ber  ffetifdpen  Söiifte  War  unb  unter  benen  längere  ber 
Oiafon  ©bagriuS  aus  bem  ifßontuS,  ©dpüler  ber  beiben  ÜRafarii,  gelebt 
patte ,  ftanben  bie  hier  „langen  V rüber"  OioSforuS,  VmmoniuS,  ©ufebiuS 
unb  ©utppmiuS ,  fromme  unb  gebilbete  Vtänner.  SEpeoppiluS,  ipnen  früper 
fepr  befreunbet,  patte  fie  für  baS  öffentliche  Vßirfen  ju  gewinnen  gefuept,  inbem 
er  ben  OioSforuS  jutn  Vifcpof  bon  IpermopoliS,  jwei  bon  beffen  Vrübetrt  31t 
Öfonomen  ber  alejanbrinifcpen  $ircpe  erhob;  biefe  aber  fürchteten  ipr  ©eelen= 
peil  ju  gefüprbcn,  wenn  fie  länger  um  biefen  gelbgierigen  unb  leibenfcpaftlicpen 
Viann  blieben,  unb  jogen  fiep,  ipre  ©epnfud)t  nach  ber  ©infamfeit  unb  bie 
Unerträglicpfeit  beS  geräuftpbollen  ©tabtlebenS  borfdjüjjenb,  rnieber  in  bie  Vßüfte 
jurüd,  toaS  ben  SEpeoppiluS  fepr  beleibigte.  ©benfo  toar  er  erjürnt  über  ben 
^rieftet  3fibot,  ber  nach  bem  eigenen  VÖunfdje  einer  reitpen  SBitwe  eine  bon 
ipr  ju  VßopltpätigfeitSjwecfen  beftimmte  ©elbfumme  ipnt  niept  eingepänbigt  patte, 
unb  berfolgte  ipn,  fo  baß  er  ju  ben  origeniftifdpen  Vtöntpen  entflop,  bie  fid) 
feinet  mit  Vßärme  annapmen.  $eßt  berbanb  fid)  ber  jäpjornige  Vifcpof  ganj 
mit  ber  antpropomorppiftifepen  VtöncpSpartei,  mit  .fpieronpnius  unb  ©pippaniuS, 
pielt  meprere  © p n 0 b e n  gegen  bie  Origeniften  unb  fpraep  über  bie 
33üd)er  unb  bie  3fnpänger  beS  OrigeneS  ben  Vann  aus.  Viit  tnaßlofer  £)eftig- 
feit  berbot  er  im  Ofterbriefe  bon  401  bie  ©epriften  beS  bielgefeierten  SepterS. 
Oeffen  3lnpänger  unter  ben  Vtöndjen  weigerten  fiep ,  bem  ©ebranepe  ber  lieb= 
geworbenen  Viicper  ju  entfagen,  unb  erflärten,  eS  fönne  jeber  felbft  barin  baS 
Söapre  bon  betn  galfipen  unterfepeiben.  Vun  begann  SEpeoppiluS  gegen  biefe 
Ungeporfamcn  eine  Verfolgung.  Viele  berfelben,  mit  ipnen  bie  bier  langen 
Vrüber,  flopen  bon  einer  ©tätte  jur  anbern,  überall  berfolgt  unb  als  gefäpr= 
lidpe  ©cpwärmer  berbädjtigt ;  fie  gingen  nad)  Serufalem,  bon  ba  naep  ©fptpo- 
polis  unb  ettblid)  nach  $onftantinopeI,  wo  fie  am  faiferlidjen  £>ofe,  inS- 
befonbere  burd)  bie  Vcrmenbung  beS  bortigen  ViftpofS,  ©d)itp  ju  finben  pofften1. 

1  Isid.  Pd. ,  Ep.  1.  I,  n.  152.  Socrat.  1.  c.  VI,  7.  Sozom.  1.  c.  VIII,  11  sq. 
Cassian. ,  Collat.  X  ,  c.  2.  Sulpic.  Sev. ,  Dial.  I,  c.  6.  7,  ed.  Halm  (Vindob.  1866) 
p.  157.  159.  Pallad.,  Vita  Chrysost.,  ed.  Montfaucon ,  Opp.  Ioann.  Chrysost. 
t.  XIII,  init. 


32* 


500 


Sie  djriftologifcfien  unb  antfiropologtfcben  ©treitigfeiten. 


4.  5Iuf  biefem  ©tul)le  fafe  bamat§  Sodann e§,  fpäter  feiner  33ereb= 
famfeit  wegen  ©f|rt)foftomu§  genannt,  geb.  347  ju  Sntiocpien,  Don  feiner 
heiligen  Stutter  s4tntfiufa  trefflidp  erlogen,  in  ben  (ßrofanwiffenfcpaften  Don 
8ibaniu§  unb  2tnbragat()iu§ ,  in  ber  Geologie  Don  9Metiu§,  ©arteriuS  unb 
®ioboru§  unterrichtet ,  386  311m  (ßriefter  gemeint  unb  über  jwötf  Satire  in 
feiner  Saterftabt  at§  ^ßrebiger  tpätig  unb  fo  gefeiert,  bafe  er  398  ba3  Si§tum 
ber  ^aiferfiabt  erhielt.  Stit  bem  größten  ©ifer  Deriualtete  er  fein  2Imt ;  frei= 
mütig  rügte  er  bie  Safter,  auch  bie  be§  §)ofe§;  barum  50g  er  fiep  mannig= 
fache  geinbfchaft  ju,  fo  fepr  auch  feine  Ougenben  if)m  bie  §erjen  be§  Sotfe§ 
geiuannen.  ®en  üertriebenen  origenifiifdfen  9Rö  neben  glaubte  ber  ebte 
Sifcpof  ein  2lft)I  gewähren  ju  müffen,  bi§  er  fie  mit  24)eopf)iIu§  au§geföbnt; 
aber  um  bicfen  nicht  ju  reifen  unb  um  fein  ßircbengefefe  ju  berieten ,  liefe  er 
fie,  meit  Don  ihrem  Oberhirten  e^fommunigiert ,  nicht  jur  ©emeinfcpaft  ju. 
(Sr  fchrieb  an  ben  Stejanbriner ,  er  möge  iffm  gutiebe  biefen  ÜRöncpen  Der= 
jeifeen.  darauf  ging  biefer  nicht  ein,  fonbern  orbnete  Snfläger  an  ben  |)of 
ab.  Oie  Stönepe  entwarfen  iprerfeit§  eine  ^tagfcprift  gegen  ifen,  um  fie  bem 
$aifer  ju  überreichen.  SopanneS  ©hrpfoftomu§  metbete  bem  OpeoppituS,  er 
werbe  bie  Siöncpe  nicht  Don  ihrem  ©cpritte  abhatten  fönnen.  Oie§  reijte  ben 
OpeoppiluS  nod)  niepr,  jumal  ba  er  bie  fatfcpe  (Ratpricht  erhalten  hatte,  ©prbfo= 
ftomuS  pabe  bie  ÜRöncpe  ju  ben  ©aframenten  jugetaffen  unb  fo  fein  Urteil 
für  nichtig  erftart;  unter  (Berufung  auf  bie  $anone§  (Conc.  Nie.  can.  5) 
forberte  er  Snerfennung  feiner  $enfuren,  bi§  fee  eine  ©pnobe  ber  ägpptifepen 
Söifchöfe  jurüdgenommen.  Oie  bebröngten  Stöncpe  ftetften  injtuifdien  beim 
$aifer  bie  Sitte,  e§  möchte  ber  Sifcpof  ber  ß'aiferftabt  jurn  (Ricpter  in  biefer 
©ad)e  beftetlt  unb  2he°Ph>lu»  genötigt  werben,  bor  biefem  fiep  ju  DerantWorten. 
SBirftiep  warb  er  Dom  $aifer  2lrfabiu§  ju  einer  ©pnobe  unter  bem  Sorfipe 
be§  ©f)rpfoftomu§  in  bie  §auptftabt  berufen. 

Oer  in  feinem  ©totj  gefränfte  unb  fdjon  fängft  bem  Sifcpof  ber  $taifer= 
ftabt  grottenbe  2lle;ranbriner  fnüpfte  at^batb  Serbinbungen  mit  beffen  geinben 
an,  fchrieb  an  bie  Orient atif dien  Sifcpöfe,  um  fie  aufjuforbern,  ben 
S  e  f  <p  1  ü  f  f  e  n  feiner  ©pnobe  gegen  bie  Origeniften  beruheten, 
fudjte  in§befonbere  ben  h°<pbetagten  unb  gtauben§eifrigen  ©pippaniuS  für 
fiep  ju  gewinnen,  unb  traf,  inbem  er  bie  (Reife  nach  ^onftantinopet  fepr  Der= 
gögerte ,  Sorbereitungen  pm  ©turje  be§  bortigen  SifchofS.  ©pipt)aniu§  ber= 
urteilte  401  auf  einer  ©pnobe  ben  Origene§  unb  forberte  ben  ©prpfofto= 
mu§  ju  gleichem  Sorgepen  auf.  Oiefer  fap  feinen  ©runb  bafitr  unb  gab  ben 
gemachten  Mitteilungen  feine  f^olge.  9hm  warb  er  felbft  be§  Origeni§mu§ 
Derbäd)tig  unb  ©toff  ju  weiteren  Snftagen  gegen  ifen  gefaminett.  Oer  furj= 
fedfeige  ©pippaniuS  tiefe  fed)  Don  Opeoppitus  Überreben ,  402  felbft  nach  ßon= 
ftantinopet  ju  gefeen,  um  bort  bie  Origeniften  51t  Derurteiten.  ©r  hielt 
Dor  ber  ©tabt  getrennten  ©otte^bienft,  weihte  einen  Oiafon  unb  lehnte  febe 
©emeinfcpaft  mit  ©prpfoftomu§  ab,  gegen  ben  er  im  üorau§  eingenommen  war. 
Sor  mehreren  Sifcpöfen  Ia§  er  feine  ©pnobataften  gegen  Origene§  Dor;  einige 
unterfeprieben,  anbere  wiberftanben.  Oer  ffptpifepe  Sifchof  SpeotimuS  äufeerte, 
er  wolle  nicht  ben  fängft  im  ^rieben  ©ntfdptafenen  üerbammen,  noch  ben  Don 
ben  Sötern  nicht  Serurteitten  Derurteiten.  ©in  fotcpe§  Serbammung§urteil 


2.  Ser  erfte  Crigeniftenftreit.  ©pipfjcmiuS  unb  3}ofj.  ©{jrtyfoftomuS.  501 

gegen  bie  Origeniften  glaubte  aucf)  (ShrpfoftomuS  erft  nad)  boüftänbiger  unb 
unparteiifdjer  Unterfudjung  abgeben  ju  fönnen;  ben  (£piphaniu§  ließ  er  bot 
meiteren  (Eingriffen  in  feinen  (Sprenget  unb  bor  23eleibigung  be§  feinem  23i= 
fd)of  ergebenen  23olfe§  marncn.  SlUmähtid)  merfte  @pipl)aniu§ ,  jumat  nad) 
einem  (Befptädje  mit  einigen  ber  befolgten  Wönd)e,  baß  fein  rebtid)er  (Sifet 
jum  SBerfjeuge  frember  2eibenfd)aft  mißbraucht  mürbe,  unb  fo  befcßloß  er, 
offne  bie  UXnfunft  ber  übrigen  53if<höfe  abjumarten,  bie  ipm  burd)  if)re  tpeud)elei 
unb  ihre  9iänfe  belaßt  gemorbene  füefibenj  ju  berlaffen.  (Sr  ftarb  noch  auf 
ber  fpeimreife1. 

5.  5113  nun  Sl)eophilu§  403  felbft  nad)  ßonftantinopel  tarn, 
mar  alles  feinem  9tad)eptan  giinftig.  Sie  $aiferin  (Subojia  mar  über  eine 
9iebe  bc§  6t)rpfoftomu§  fel;r  beteibigt  unb  beflagte  fiep  barüber  beim  Haifer. 
91un  übernahm  Sl)eophilu3  ftatt  ber  9Me  beS  Slngeflagten  bie  be§  jRid)ter§. 
Söegen  ber  großen  Siebe  be§  23oIleS  ju  feinem  53ifdfof  fd)ien  ißm  $onftanti= 
nopet  feine  hinlängliche  Sicherheit  51t  bieten;  baßer  »erlegte  er  bie  Spnobe 
nad)  einem  benachbarten  Sanbgute  bei  ©halcebon,  „jur  (Siche"  genannt,  mo 
gar  nicht  mehr  üon  OrigeneS,  fonbern  nur  bon  ben  Slnffagen  gegen  (Ehtt)fo= 
ftomu§  gehanbelt  marb.  (Stma  fed)§unbbretßig  53ifd)öfe,  barunter  petfönlicße 
geinbe  be§  5lngeflagten ,  haften  Iper  breijehn  Sitzungen  unter  ißorfiß  be§ 
a  u  l  u  §  bon  Jperaftea;  fpäter  flieg  ihre  3al)l  auf  fünfunbbierjig. 
(Shrpfoftomug,  ber  felbft  bon  bierjig  angefehenen  33ifchöfen  umgeben  mar, 
erflärte  auf  bie  erhaltene  2Sorlabung,  er  merbe  bor  biefer  Serfammtung  mie 
bor  jeber  ber  ganjen  Söelt  erfdjeinen ,  menn  nur  feine  erftärten  geinbe  au§ 
ber  3aht  feiner  dichter  entfernt  mürben.  9lbet  biefer  fo  billige  Eintrag  marb 
bermorfen  unb  über  ben  Stngeflagten  bon  bem  ganj  unrechtmäßigen  (Berichte 
bie  5lmt3entfeßung  au§gefprochen2.  Ser  ^aifer,  bei  bem  man  ihn  auch  beä 
Wajeftät§berbre<hen§  berbäd)tigte,  erfannte  ihm  53erbannung  ju.  Sa3  SBolf, 
ba§  ipm  begeiftert  anhing ,  bemachte  if)n  forgfältig ;  als  aber  mirflid)  (Bemalt 
gebraud)t  merben  fottte,  entfloh  er  ber  fchüßenben  Wenge  unb  lieferte  fid)  felbft 
ben  £)äfd)ern  au§.  Soch  feßon  nach  menigen  Sagen  mürbe  er,  ba  ein  93olfS= 
aufftanb  brohte  unb  ein  (Srbbeben  alles  in  23eftiirjung  feßte,  mieber  juritd= 
gerufen  unb  mie  im  Sriumphe  in  feine  Kirche  eingeführt,  mäßrenb  Sl)eophilu3 
mit  feinem  3lnl)ange  bor  ber  entriifteten  Wenge  entfloh-  Ser  hö^ljerjige 
23ifd)of  moHte  fein  21mt  nicht  mieber  übernehmen,  bis  eine  gefeßmäßig  ber= 
fammelte  Spnobe  ihn  gerechtfertigt  hätte;  allein  ba§  Srängen  ber  (Bläubigen 
nötigte  ihn,  fid)  mit  ber  3llfaQe  ber  SJeranftaltung  einer  fold)en  unb  bet 
3uftimmung  ber  attmefenben  23ifd)öfe  ju  begnügen.  3bjmifd)en  ftarb  Sio§= 
fotu§ ,  ba3  £)aupt  ber  langen  örüber,  unb  marb  in  Honftantinopel  glänjenb 
begraben. 


1  Theodoret. ,  Hist.  eccl.  V,  28.  30.  32 — 34.  Socrat.  1.  c.  VI ,  3  sq.  10.  14. 
Sozom.  1.  c.  VIII,  7.  9  sq. 

2  Über  bie  Suvodog  xpdg  rrtv  dpöv  »gl.  Phot.,  Biblioth.  cod.  59.  Socrat.  1.  c. 
YI,  15—17.  Sozom.  1.  c.  VIII,  16—19.  Theodoret.  1.  c.  V,  34.  Srunf,  Johannes 
©fjrpioft.  unb  ber  £>of  üon  Honfiantino»eI  (ßirhengeih-  2lbf)anbl.  II,  23—44).  Puech, 
Un  reformateur  de  la  socidt4  ehret,  au  4me  siecle.  St.  Jeau  Chrysost.  et  les  rnoeurs 
de  son  temps.  Paris  1891. 


502 


S>te  djriftologifdjen  unb  anthropologifchen  ©treitigfeiten. 


9tber  efje  nod)  bie  bon  3o^anne§  ©fjrtjfoftomuS  meßrmals  verlangte 
©tjnobe  51t  (tanbe  fam,  glaubte  fid)  bie  eitle  unb  fjerrfdjfüdjtige  $aiferin  abet= 
mals  bon  ifjm  beteibigt.  5US  bie  ©inmeifjung  einer  ifjr  bor  bem  ©enatspalafte 
gang  nafje  bei  ber  ©oßfjienfircfje  gefegten  filbernen  Vilbfäule  mit  lärmenben 
unb  an  baS  Ipeibnifdje  anftreifenben  f^eftfpielen  an  einem  gefttage  begangen 
marb,  moburcb  bie  Vnbadjt  ber  berfammelten  ©laubigen  geftört  mürbe,  fpradj 
fid^  ber  große  iRebner  in  einer  ^ßrebigt,  bie  ber  ^aiferin  mit  Übertreibungen 
fjinterbradjt  marb 1,  unerfdjroden  unb  freimütig  gegen  biefen  fölißbraudj  aus  unb 
fdjonte  aud)  in  einer  meiteren  fftebe  nidjt  ben  ©tolj  beS  radjfüdjtigen  HöeibeS, 
baS  nun  bon  neuem  mit  ben  geinben  beS  VifdjofS  in  Verbinbung  trat,  ©ine 
neue  ©tjnobe,  bie  SEfjeoßfjiluS  bon  Vlejanbrien  aus  leitete,  biente  atS 
Sßerfjeug.  fDiit  Übergeljung  ber  früheren  5lnflagen  manbte  man  ben  antiodje= 
nifdjen,  einft  gegen  2ltljanafiu§  berfertigten  Nation2  gegen  ©IjrtjfoftomuS  an, 
monadj  ein  bon  einer  ©tjnobe  a5gefe^ter  Vifdjof  nidjt  ofjne  Sßiebereinfeßung 
burdj  eine  anbere  ©tjnobe  fein  9lmt  aufneßmen  burfte  bei  ©träfe  be§  immer= 
mäljrenben  91mtSberlufteS.  Oer  jum  jmeitenmal  miberredjtlidj  abgefeßte  Vifdjof, 
ber  jenes  ^ongü  nidjt  anerfannte,  aber  gleidjmofjl  einftmeilen  fid)  ber  bifd)öf= 
lidjen  Munitionen  enthielt,  appellierte  ben  farbicenftfdjen  ßanoneS  gemäß  an  ben 
römifdjen  ©tufjl,  an  ben  er  hier  Vifdjöfe  unb  jmei  Oiafonen  fanbte3, 
mäfjrenb  aud)  SfjeopfjiluS  unb  feine  Partei  bie  Vnerfennung  beS  gefällten  Ur= 
teils  bafelbft  nadjfudjten.  ißapft  Mnnocenj  I.  berlangte  (404)  bie  Berufung 
einer  aus  abenblänbifdjen  unb  orientalifdjen  Vifdjöfen  beftefjenben  ©tjnobe  mit 
VuSfdjluß  ber  als  parteiifep  SßerbäcEjtigen ;  bem  OfjeoßfjiluS  fdjrieb  er,  oljne 
©rttnb  merbe  er  bie  ©emeinfdjaft  mit  bem  Vifdjofe  bon  $onftantinopeI  nidjt 
aufgeben,  unb  berief  ifjn  jugfeidj  ju  einer  ©tjnobe  nadj  3tom;  ben  Verfolgten 
felbft  mahnte  er  jur  ©ebulb  unb  berfidjerte  ifjn  feines  VeiftanbeS,  ben  er  fo= 
gleidj  ju  leiften  bon  einigen  Vtädjtigen  ber(jinbert  merbe.  OaS  Urteil  ber  5Xb= 
feljung  ertlärte  er  für  nichtig  unb  orbnete  eine  neue  Unterfudjung  in  9tom  an. 
Mnjmifdjen  marb  ©IjrtjfoftomuS  am  9.  Muni  404  inS  ©jil  abgefüljrt  unb  ifjm 
in  ber  9ßerfon  beS  eibbrüdjigen  VrfaciuS  ein  Utadjfofger  gegeben,  ben  bie  ifjretn 
redjtmäßigen  Vifdjofe  treuen  ©laubigen,  halb  Moljanniten  genannt,  gleidj 
bem  gefamten  Dccibent  unb  bieten  Orientalen  bermarfen,  mäfjrenb  ber  ^aifer 
9frfabiuS  mit  ©emalt  feine  Vnetfennuttg  ju  erjmingen  fudjte.  Mnnocenj  fanbte 

405  Oroftbriefe  an  Klerus  unb  Volt  bon  58pgang,  morin  er  bie  ©rfjebung  eines 
neuen  VifcfjofS  entfliehen  mißbilligte  unb  fiep  gegen  bie  bon  £)äretifern  auf= 
geteilten  $anoneS  auSfpradj.  ©r  ermirfte  audj,  baß  $aifer  ponor iuS  an 
feinen  Vruber  ju  ©unften  beS  berfolgten  VifdjofS  fdjrieb;  aber  alle  VorfteUungen 
mie  bie  ftrafenben  Söorte  beS  Ijl.  ViluS  blieben  bei  VrfabiuS  frudjtfoS.  2ludj 

406  fanb  ber  raftloS  tfjätige  9ßaßft  bei  bem  ofirömifdjen  §ofe  fein  beffereS 


1  Sie  bon  Socrat.  1.  c.  VI,  18  unb  Sozom.  1.  c.  VIII,  20  angeführte  94ebe  TJdhv 
'Hpwdiaq  ßaivsrai  ( Migne ,  Patr.  gr.  LIX,  485  sq.  ftetjt  eine  foldje,  bie  aber  nad)  9)tont= 
faucon,  Sittemont  unb  anbern  ßritifern  unei^t  ift)  tuirb  überhaupt  bejtoeifelt. 

2  Conc.  Antioch.  341  can.  4. 

3  Über  bie  9lppettation  be§  (ShrpfoftomuS  nad)  9lom  bgl.  Chrysost.,  Ep.  1  ad 
Innoc.  I.  ( Migne  1.  c.  LII,  529  sq.).  Pallad.,  Vita  Chrysost.  c.  9.  10.  Socrat.  1.  c. 
Sozom.  1.  c.  VIII,  21  sq. 


2.  ®er  erfte  Origenifienftreit.  gpippaniuS  imb  Sop.  &prt)foftomu!S.  503 

©epör;  er  fonnte  nur  ben  eblen  SDuIber  tröften1.  tiefer  marb  bon  Niciia  nad) 
Kufufua  gefdpleppt  ttnb  fupr  auch  im  ©jil  fort,  für  bie  Kirdje  ju  mirfen. 
SDa  feine  geinbe  bie  föiöglicpfeit  einer  ßurüdberufung  befürchteten,  morb  er  im 
Sommer  407  nach  ber  oben  Stabt  i  t  Q  u  ö  im  5ßoutu§  Oermiefen,  ftarb  aber 
bei  ^omana  infolge  ber  erlittenen  Sttüpfale  (14.  «September  407)  mit  ben 
Söorten:  „®ott  fei  gepriefen  für  alle» ! " 2 

6.  SDa§  Siebenten  an  biefen  ^eiligen  fütann  fonnte  au§  ben  banfbaren 
©etnütern  nicht  getilgt  merben.  $ie  Sopanniten  pielten  fid)  oom  ©otte§= 
bienfte  be§  nad)  bem  Stöbe  be§  3lrfaciu§  (405)  auf  ben  Stuhl  bon  Kon= 
ftantinopel  erhobenen  NttifuS  ferne  itnb  feierten  mit  eigenen  ^ßrieftern  bie 
ßiturgie  getrennt,  ©rft  nad)  bem  Stöbe  bea  X^eop)^tlu§  (412)  trug  3lttifu§ 
ben  tarnen  be§  ©IjrtjfoflomitS  mieber  in  bie  Kirchenbücher  ein,  mie  e§  5ßapft 
Sntiocenj  I.  forberte  unb  bei  Oielen  orientalifepen  33ifcpöfen  burdjfefete;  in  NIepam 
briett  aber  marb  erft  417  unter  ©priHuS  ba§  Nnbenfen  beweiben  herQeftcUt. 
Nod)  fpäter,  438,  hörte  in  Konftantinopel  bie  Spaltung  böüig  auf,  al§  auf 
betreiben  be§  53ifd)of§  ^ßroflu§  StpeobofiuS  II.  bie  ©ebeine  beä  ©prpfoftomu§ 
batjin  bringen  unb  feierlich  beifepen  liefe.  SDiefe  bem  grofeen  ßeprer  geleiftete 
©enugtpuung  brachte  feine  eifrigen  Nnpänger  bapin,  bafe  fie  bie  Nachfolger  be§= 
felben  jefet  anerfannten3.  ®er  gange  Streit  aber,  ber  biSper  gegen  bie  Orige= 
niften  gefüprt  mar,  patte  nidpt  ben  ©ifer  für  Origene»  gefd)mäd)t,  fonbern  eper 
gefteigert;  StpeopptfuS  patte  fid)  fogar  mit  ben  in  bie  Kaiferftabt  geflüchteten 
Ntöncpen  auägeföpnt ,  unb  mo  nicht  fein  Sntereffe  in  ba§  Spiel  fam,  beroie§ 
er  grofee  Sd)onung  gegen  bie  früper  fo  fepr  »erfolgte  Partei.  $ie§  geigte  er 
aud)  in  feinem  Senepmen  gegen  ben  (410)  gum  53ifcpof  Oon  fßtolemai§  in  ber 
5ßentapoli§  ermäplten  ißpilofoppen  Sprtefiu§  au§  ©prene,  ber  fid)  gu  ber 
ßepre  bon  ber  5]ßräejiftenj  ber  Seelen  unb  bon  ber  ©toigfeit  ber  SCßelt  befannte 
unb  aud)  bon  ber  fird)lid)en  21uferftepung§Iepre  abmid),  mie  er  in  einem  für 
bie  Öffentlicpfeit  beftimmten  Briefe  (Ep.  105)  an  feinen  33rubcr  geftanb. 
©leidhmopl  unb  opne  Ütiidfid)t  barauf,  bafe  Spnefiuä  berpeiratet  mar,  beftätigte 
©rgbifcpof  2peoppilu§  benfelben  ala  33ifcpof,  inbem  er  fid)  auf  bie  bon  ben 
alten  ©eiftlidjen  ber  Sßrobing  auggefproepene  Hoffnung  ftüfete,  bie  ©nabe  be§ 
Ipeiligen  ©eifte§  merbe  ba§  in  biefem  fo  reblicpen  üRanne  begonnene  SBerf 
nidpt  unboüenbet  laffen  unb  ipn  gut  boKen  ©rfenntniS  ber  Sßaprpeit  meiter= 
füpren.  Überhaupt  blieben  nod)  biele  ©eiftlicpe  unb  DJtöndpe  ben  Schriften 
unb  ßepten  be§  OrigeneS  gugetpan4.  3fibor  bon  5}3elufium  befämpfte 
bie  origeniftifepe  ßepre  bon  ber  ^ßräejifteng  ber  Seelen  unb  iprem  SünbenfaHe 


1  Sie  23riefe  Sfmtocenj’  I.  au§  bem  Sfapre  404  ff.  f.  bei  Coustant,  Epist.  Rom. 
Pont.  p.  919  sq.  Nil.,  Ep.  1.  III,  n.  279. 

s  Pallad.  1.  c.  c.  11.  Socrat.  1.  c.  VI,  21.  Sozom.  1.  c.  VIII,  28. 

3  Socrat.  1.  c.  VI ,  20  sq. ;  VII ,  25.  45.  Sozom.  1.  c.  VIII ,  27  sq.  Pallad. 

I.  c.  c.  20.  Theodoret.  1.  c.  V,  84 — 36.  Niceph.  Call. ,  Hist.  eccl.  XIV,  25 — 28. 
Innoc.  /.,  Ep.,  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  III,  1052  sq.  Isid.  Pel. ,  Ep.  1.  I,  n.  370. 
Synes.,  Ep.  66  ad  Tlieoph.  Cyrill.  Alex.,  Ep.  57  ad  Attic.  Acta  SS.  Boll.  Ian. 

II,  847  sq. 

4  Über  SpnefiuS  unb  anbere  Origeniften  bgl.  Synes.,  Ep.  105.  Evayr.  Schol., 
Hist.  eccl.  I,  15. 


504 


®ie  drifiologifcben  unb  antfirobologifcfien  ©treitigf eitert. 


in  einem  früheren  Seben;  ebenfo  that  e§  ber  f)I.  fftiluä1.  SDiefe  mar  auch 
ba§  §auf)tbogma,  ba§  man  ben  Origeniften  jufdjrieb  unb  über  melche§  fidj 
biefelben  in  jmei  Parteien  f^alteten.  ®ie  einen ,  Sßrotottiften,  auch 
SEetrabiten  genannt,  hohen  bie  Seifte  bon  ber  hräejiflierenben  ©eele  Elftifti 
fchatf  Ifetbor  unb  moüten  fie  al§  ba§  er[ie  unter  bem  Eefchaffenen  betrautet 
miffen,  ma§  ihren  Gegnern  Vnlafi  gab,  ihnen  Vergötterung  ber  menschlichen 
(Seele  unb  Einführung  einer  Vierbeit  (SEetraS  ftatt  5Eria§)  borjumerfen.  ®ie 
anbern  bagegen,  Sfochriftoi  geheimen,  hielten  bie  Sehre  bon  einer  urfprüng= 
liehen  (Bleichheit  bei  nur  nutnerifcher  Verfchiebenheit  feft  unb  mürben  befchulbigt, 
bah  fie  ihre  ©eelen  ber  Seele  Elftifti  gleichfetften 2.  3m  6.  3öhrhubbert  enb= 
lieh  fam  ber  Streit  über  bie  Sehre  be§  Origene§,  ber  unter  ben  Vtönchen  im 
füllen  fortgebauert  ju  hoben  fdfeint,  in  Verbinbung  mit  anbern  fragen  aber= 
mal§  auf  bie  SEage§orbnung. 

3.  ®er  9ieftoriani§nnt§.  EtiriH  bon  Qllejanbrien ;  ba§  britte  allgemeine  ßonjil 

ju  ®bhefu§  (431). 

Quellen.  —  Ißrebigten  unb  Vriefe  be§  V e ft  o r i u §  in  ben  ©driften  be§  5DI  a  r  i  u  § 
Sülercator  (ed.  Garnier,  Paris  1678;  Migne,  Patr.  lat.  XL VIII,  757  sqq.) ;  unter 
ben  (Briefen  be§  (StjrilluS  Bon  Sltejanbrien  {Migne,  Patr.  gr.  LXXV1I,  44  sqq.) ; 
Anathematismata  Nestorii  bei  Migne,  Patr.  lat.  XL VIII,  909  sqq.  —  ßonjiÜQÜer1 
Bon  ©pbriuS  unb  ©jatcebon  {Mansi,  Conc.  Coli.  t.  IV — VII);  §efete,  ©oncilien= 
gefdj.  II  (2.  Stuft.),  141  ff.  Bouriant,  Actes  du  concile  d’Ephese.  La  bibliotheque 
du  Deir-Amba  Sbenoudi,  2me  part.  (Mem.  de  la  Mission  archeol.  au  Caire  VII,  1). 
Paris  1892.  Cyrill.  Alex.  Opera,  ed.  Migne,  Patr.  gr.  t.  LXVIII — LXXVII.  Socrat., 
Hist.  eccl.  VII,  29  sqq.  Evagrius  Schol.,  Hist.  eccl.  I,  2 — 7.  Theodoret.,  Haer.  fab. 
IV,  12.  Liberatus,  Breviarium  causae  Nestorianorum  et  Eutychianorum  c.  2 — 9  {Migne, 
Patr  lat.  LXVIII,  971  sq.).  (Braun,  ©in  ftjrifcber  (Bericht  über  Sleftoriug  (Seitfdjr. 
ber  Seutfden  SRorgent.  ©efettfd).  1900,  <5.  378—396). 

Sitteratur.  —  ©dftoane,  SDogmengefdidjte  ber  fiatriftifden  Seit  (2.  Stuft., 
Sfreiburg  i.  (Br.  1895)  ©.  321  ff.  §>arnacf,  ®ogmengefdi<hte  II  (3.  Stuft.),  321  ff. 
S)orner,  ©nttnicflung  ber  ßetjre  Bon  ber  tßerfon  ©hrifti  I,  2,  ©.  33ff.  ©engt er, 
Über  bie  (Berbatnmung  be§  Steftoriüg  ($üb.  ®f)eot.  öuartalfdji.  1835,  ©.  213  ff.). 
Largent ,  Etudes  d’histoire  ecclesiastique.  Paris  1892  (1.  S.  Cyrille  d’Alex.  et  le 
concile  d’Ephese).  Über  ©t)rittu§  Bon  Sttejanbrien  f.  (Barbenbetoer,  lßatro= 
togie  (2.  Stuft.)  ©.  317  ff.  Äopallif,  ©brittug  Bon  Sttej.  Vlainä  1881.  ©dafer, 
®ie  ©hriftotogie  be§  ht.  ©brittug  Bon  Sltej.  in  ber  rötnifcEjen  $irde  ($üb.  3th»eoI.  GuartaL 
fcfjrift  1895,  ©.  421  ff.). 

1.  infolge  ber  arianifefjen  unb  noch  mehr  ber  afmUinariftifchen  Kämpfe 
mar  ba§  2)ogma  bon  bem  fleifchgemorbenen  Sogo§  bielfach  bestochen  morben. 
£)ie  Kirche  hielt  feft  an  ber  (Bottffeit  be§  EtlöferS  —  gegen  S^eoboüaner  unb 
Arianer,  unb  ebenfofelft  an  feiner  mahrett  Vtenfchheit  —  gegen  ®oteten  unb 
Ülpollinarifien ,  nicht  minber  aber  an  ber  Einheit  be§  Eottmenfchen ,  ber  (Bött= 
üche§  unb  Vtenfdflicheg  in  fidj  bereinigte.  SDa§  233  i  e  biefer  Verbinbung  aber 
mar  (Bef)eimni§;  bon  ben  älteren  Vätern  mären  bafür  mehr  bilblidie  al§  ge= 


1  Isid.  Bel.,  Ep.  1.  IV,  n.  163  {Migne,  Patr.  gr.  LXXVIH,  1248  sq.).  Nilus, 
Ep.  1.  I,  n.  188—190  {Migne  1.  c.  LXXIX,  153  sq.). 

2  Über  bie  (ßrotottiften  unb  Stfodriften  Ogt.  Cyrill.  Scythopol.,  Vita  S.  Sabae, 
bei  Cotel.,  Monum.  eccl.  gr.  t.  III. 


3.  2>er  üftefioriantSmuS.  (Stritt  Don  211ej. ;  ba§  britte  attg.  ßonsil  311  GcpfjefuS.  505 

naue  5'tuSbriide  gebraust  morben1;  jebe  ©pefutation,  bie  biefe  QSerbtnbung 
erftären  tnoflte,  ol)ne  bie  ©inbeit  ber  ißerfon  mit  ber  3^10^  ber  Naturen  in 
©briftu»  ^ugleict)  fefhjubatten,  muffte  jurn  Srrtum  führen.  @0  bitbete  fid)  eine 
2ef)re  au»,  bie  jmei  fßerfonen,  gmei  ©öffne  ©otteS  unterfdfieb,  jumat  im  Greife 
ber  antiocbenifcben  ©cbute,  in  ber  man  ©öttticbeS  unb  5JZenfc£)IicE)e§  fcbarf 
ju  trennen  unb  an  ©briftuS  befonberS  Ie^tere§  bjeröoräubjeben  gemoffnt  mar. 
2f)eobor  non  iDtopfueftia  unb  feine  Anhänger  Ratten  jene  Setjre  auSgebitbet ; 
im  5Ibenbtanbe  trug  fie  ber  petagianifcb  gefinnte  ^ßriefier  unb  iDtöncb  2eporutS 
auS  ÜRaffilia  bor,  ber  fid)  426  mit  mehreren  ©teicbgefinnten  nad)  bem  nörb= 
lieben  Stfrifa  begab,  aber  ju  Karthago  burd)  mehrere  Sifd)öfe,  befonberS 
fßuguftinuS,  jur  Slbfcbroörung  feiner  d)rifto!ogifd)en  Srrtiimer,  bie  er  maf)r= 
febeinlid)  nach  Unterfcbrift  ber  Epistola  tractoria  beS  3DfimuS  noch  beibebatten 
batte,  unb  jur  ©inreiebung  eine»  ßßiberrufS  beftimmt  marb.  ©r  blatte  gelehrt : 
mit  ©ott  fei  ein  boflfommener  ÜJtenfcb,  nid)t  aber  ©ott  als  ßJlenfcb  geboren, 
eS  fei  ein  eigentlicher  unb  ein  angenommener  ©offn  ©otteS  ju  unterfebeiben, 
in  ©briftuS  ein  ftufem  unb  jeitmeifeS  SöacbStum  anjunebmen,  bie  ißertaufebung 
ber  göttlichen  unb  menfcblicben  ißräbifate  als  unjuläffig  ju  betrachten2.  2öaS 
aber  im  Occibent  nur  als  Ooriibergebenber  Irrtum  eines  ©meinen  ficb  geigte, 
baS  febtug  im  Orient,  bureb  bie  33erf)ältniffe  begünftigt ,  tiefe  Söu^eln  unb 
rief  eine  nod)  bis  jetd  beftebenbe  ©efte  berüor  —  bie  ßteftorianer. 

2.  DieftoriuS  aus  ©ernmnicia  in  «Sorten ,  in  ber  @d)ute  beS  Sd)60^01 
bon  iUtopfueftia  gebitbet,  ^ßriefter  unb  SJtönd)  in  9lntiod)ien,  mar  428  boup© 
fäcblid)  megen  feines  ÜfufeS  atS  trefflicher  Sßrebiger  auf  bete  ©tuffl  bon  $on= 
ftantinopet  berufen  toorben  unb  fud)te  feine  Serebfamfeit  mie  feine  ß}tad)t  jur 
tlnterbrüdung  ber  Irrlehren  3U  gebrauchen,  ©dfon  in  feiner  ißntrittSrebe  fagte 
er  ju  $beoMiuS  II.:  „  ©ieb  mir  ein  bon  tpäretitern  gereinigte»  2anb,  unb 
ich  miß  bir  bafür  ben  Stimmet  geben;  hilf  ntir  bie  $et)er  befiegen,  unb  ich 
miß  bir  bie  Werfer  befiegen  helfen."  SDen  SBefonneneren  mar  baS  fein  gutes 
SSor^eicben ;  fein  ungeftümer  ©ifer  gegen  Strianer ,  ßiobatianer,  Slpoflinariften 
unb  anbere  ©eften  erregte  biete  Sebenfen ;  eS  fam  fogar  ju  einem  gefährlichen 
Sranbe  einer  arianifdjen  Kirche.  ©S  fehlte  bem  mehr  rebnerifd)  atS  ttfeotogifd) 
gebitbeten,  babei  befebränften,  borurteitSboßen  unb  bünfethaften  ßteftoriuS  bureb- 
auS  an  Mäßigung  unb  mabrer  grömmigfeit.  ©teicb  feinem  2ehrer  nahm  er 
jmifdjen  bem  göttlichen  2ogoS  unb  bem  9)ienfcbli<ben  in  ©hriftuS  nur  eine 
auffere  unb  moralifebe  Serbin  burtg  an,  trennte  ben  ©otfn  ©otteS  botn 


1  Sie  ^Bereinigung  ber  3hm  Staturen  in  ©briftuS  toirb  halb  xpämg,  wyxpams, 
mixtio,  commixtio,  halb  <j uvSpopr],  concursus,  halb  Ivuimg ,  unio  Don  ben  Sllteren  ge= 
nannt,  genauer  <puoixr]  iveumg  ober  zard  cpücin  ( Athan Adv.  Apoll.  I,  10.  12),  auch 
conexio ,  copulatio ,  auvd<peia  (Don  trjvdnzw) ,  toa§  ein  Diel  allgemeinerer  SluSbrucf  ift 
unb  mehr  auf  eine  äußerliche  SBerbinbung  gebt.  Sbeoboret  (Anath.  3  contra  Cyrill.) 
erflärt  uüvodog  (coitio)  unb  auvdpeia  für  gleich-  ©briEuS  Don  2llej.  (Anath.  3  c.  Nest.) 
bat  auvodog  za»'/  evoxriv  <puaixT)v.  ©regor  Don  Sta3ian3  (Or.  30  [theol.  IV],  n.  8)  braucht 
owodog  fcf)le<htioeg  unb  aEgemein. 

2  fiehoriuö  toirb  bei  Cassian. ,  De  incarn.  I,  4.  Gennad. ,  De  vir1,  ill.  c.  59  3U 
ben  tßelagianern  gerechnet.  Sein  Libellus  emendationis  ( Gallandi ,  Biblioth.  vet.  Patr. 
IX,  396.  Mansi,  Conc.  Coli.  IV,  517  sq.)  enthält  nur  Sä^e,  bie  ber  ©briftologie  be§ 
SJtopfueftenerS  entfbrechen. 


506 


®ie  djriftotogifdjen  unb  antfjropologifehen  ©treitigfeiten. 


SJenfcbenfofme  bötfig  unb  hielt  bie  ißräbifate  ber  beiben  Naturen  ftrertge  au§- 
einanber.  Stit  aller  (Starrheit  £>xelt  er  an  ben  antiodjenifdien  Softtinen  feft, 
unb  befonber§  tuar  ihm  bie  altfird£)lt(f)e  Sejeicpnung  „S^eoto!o§"  (©otte§= 
gebärerin)  für  bie  ^eilige  Jungfrau1  anftöpig;  er  mottte  fie  nur  (Sf)riftu§= 
gebärerin  (6^riftatofo§)  genannt  miffen.  Ser  ihm  ganj  ergebene  ißriefier 
5lnaftafiu§  fagte  in  einer  ^ßrebigt :  „feiner  nenne  mir  bie  Staria  Stutter 
©otte§ ;  benn  fie  mar  ein  Stenfd) ,  unb  ©ott  fann  üon  feinem  9Senfd)en  ge= 
boren  merben",  unb  ber  Sifcpof  Sorotf)eu£  bon  9}tatcianopofi§  in  üftöfien 
fpracf)  in  einer  ebenfalls  in  ber  |)auptftabt  gehaltenen  ütebe  ben  Sann  über 
jeben  au§,  ber  Staria  ©otte§gebärerin  nenne.  Salb  marb  bie  grage  über  bie 
3utüffigfeit  biefer  Senennung  unter  ©eiftlidjen  unb  Saien  mit  £)eftigfeit  be= 
fprocpen.  Sun  trat  SeftoriuS  felbft  in  Seben  gegen  ben  itjm  fo  berf)afeten 
5fu§brucf  auf:  e§  fei  ^etbnifcf)  unb  Sergötterung  ber  menftfjlidjen  Satur,  ©ott 
eine  TOutter  bestiegen;  ber  bon  Staria  ©eborene  fei  ein  bom  ^eiligen  ©eifte 
bereiteter  Sempef,  in  bem  ber  göttlicEje  2ogo§  mofmte.  Sei  einer  biefer  ^ßre= 
bigten  miberfprad)  ihm  ein  bornehmet  Saie,  ©ufebiuS,  ben  Seftoriu§  ju 
miberlegen  fudjte.  Siete  ftagten  ipn  be§  ^3b)otiniani§mu§  an  unb  jogen  fid) 
bon  feiner  ©emeinfdmft  jurücf;  im  Sotfe  fagte  man:  „2Bir  haben  einen  ®aifer, 
aber  feinen  Sifdjof."  ^roffu§,  ber  bon  feiner  ©emeinbe  jurücfgemiefene, 
barutn  in  ber  Sefibenjftabt  lebenbe  Sifcpof  bon  ©pjifu§,  hielt  am  Sefte  ber 
Serfitnbigung  Stariä  429  eine  Sobrebe  auf  bie  he^i9e  Jungfrau,  um  ben 
innigen  Sufammenfjang  berfelben  mit  ber  ©rtöfung  unb  bie  2öid)tigfeit  ihrer 
©otte§mutterfdjaft  fomie  aud)  bie  un§ertrennlid)e  Serbinbung  ber  bon  ihr 
ftammenben  Stenfcpheit  ©hr'fü  mit  bem  götttidpen  2ogo§  nad)<$umeifen.  Ser 
babei  antoefenbe  Seftoriu»  erhob  fiep  unmittelbar  barauf  in  einer  Serteibigung§= 
rebe  für  feine  angegriffene  Sehre  unb  erftärte  fiep  bahin:  ber  biefer  Serperr= 
lidmng  ber  heiligen  Jungfrau  gefpenbete  Seifatl  fei  mohf  erfreulich,  nur  bürfe 
man  fie  nicht  über  ©ebüffr  unb  auf  Soften  be§  2ogo§  berherrtichen,  nod)  eine 
anbere  ©ntmidtung  barum  berurteifen,  meif  fie  einigen  neu  fcpeine.  Sn  einer 
fpäteren  Sebe  beteuerte  er,  er  fjaffe  ba§  Söort  ,,©otte§gebärerin"  nicpt  an  fid), 
e§  fei  aber  eine  unpaffenbe,  bon  Stianern  unb  Spottinariften  leicht  ju  mip= 
braud)enbe,  anbere  irreführenbe  Senennung ;  man  bürfe  Siaria  nicht  jur  ©öttin 
machen ;  eigentüd)  fei  fie  ©f)dftu§gebäretin,  benn  fie  habe  nur  Sefum  ©hr*ftum, 
nicht  aber  ©ott  geboren,  ©ott  fei  nur  burcp  fie  hinburcpgegangen.  Sie§  ber= 


1  ®en  2IuSbrucf  dsoroxog  brauchten  Orig.,  Comm.  in  Ps.  t.  I  ( Socrat .,  Hist.  eccl. 
VII,  32).  Euseb.,  Vita  Const.  III,  43.  Äthan. ,  Or.  III  c.  Arian. ,  n.  14.  29.  33; 
Or.  IV,  n.  32;  De  incarn.  et  c.  Arian.  n.  8.  22  unb  fonft  oft.  Cyrill.  Hier.,  Catech.  X, 
n.  19,  ed.  ToutUe  p.  146.  Didym. ,  De  Trin.  I,  31.  94;  II,  41  unb  fonft.  Greg. 
Naz.,  Or.  29  (theol.  III),  n.  4;  Ep.  101  ad  Cledon.  (al.  Or.  50,  bet  Migne,  Patr.  gr. 
XXXV  II,  177):  et  zig  ou  dsoznxov  zrjv  äyiav  Mapiav  ÖTZoXaßßdvei ,  ’/iopig  itrri  zrjg 
ÜBo-njTog ,  toa§  nachher  Johannes  ®ama§cenu3  (De  fide  orthod.  ni,  12)  toieberpolte 
(Mansi  1.  c.  IV,  1183 — 1195).  3a  fepon  ßaifer  Sultan  hatte  bie  ßpriften  tnegen  bxefeö 
SluSbrucfS  getabelt  ( Cyrill .  Alex.,  Adv.  Iulian.  1.  VIII;  Migne,  Patr.  gr.  LXXVI,  901: 
dsozoxov  de  upeig  ou  7taus<r>9s  Mapiav  xaXoüvzeg).  ®ie  JBebeutung  beSfetben  für  bie 
Sehre  öon  ber  (Srlöfung  hebt  ©phtätn  (bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  228,  p.  408)  Ijerbor: 

äpx.eiv  npog  izdaav  euosßy  TzXgpofpopiav  deozöxov  <ppoveiv  xat  Xeystv  zrjv  Tzavayiav 
tz  apdivov. 


8.  Ser  SReftoriani8mu§.  StjriE  Don  SUej.;  ba§  britte  attg.  ßonjil  31t  SppefuS.  507 

mehrte  nocp  bie  Aufregung;  gegen  DteftoriuS  prebigten  aucp  mehrere  ^rieftet; 
berfelbe  fcpritt  gegen  fie  mit  ©inferferung  unb  9)tippanblung  fomie  mit  5fmtS= 
entfepung  unb  Verbannung  ein. 

Smmer  flarer  [teilte  fiep  bie  Srrlepre  beS  VeftoriuS  perauS.  Vacp 
il)r  mar  ©priftuS  bloßer  Vtenfcp,  aber  mit  ©ott  berbunben,  mit  ©otteS  Straft 
meit  mepr  als  alle  ^eiligen  erfüllt,  ©otteSträger  (üeocpöpoq)  megen  ber  93er= 
binbung  mit  ©ott.  3e[u§  non  Dtajaretp  unb  ber  göttliche  SogoS 
[inb  b  a  p  e  r  3  m  ei  b  e  r  [  cp  i  e  b  e  n  e  $  e  r  f  0  n  e  n ,  aber  enge  miteinanber 
berbunben,  meit  enger  als  ber  Vtenfcp  mit  bem  ©emanbe,  baS  er  trägt,  unb 
bie  ©ottpeit  mit  bem  Stempel,  ben  [ie  bemopnt.  Oer  SogoS  mopnt  im  Vtenfcpen 
3efuS,  bem  ©opne  VlarienS,  mie  in  einem  Tempel ;  biefer  ift  [eine  llmpiitlung, 
pinter  ber  er  [eine  §errlid)feit  berbirgt  unb  bie  er  als  Organ  [iir  unfere  ©r= 
löfung  gebraud)t;  biefer  peipt  nur  uneigentlicp  ©ott,  mie  VtofeS  ©ott  für 
^ßparao  unb  3§rael  ©opn  ©otte§.  gmiftpen  bem  Vtenfcplicpen  unb  ©öttlicpcn 
in  ipm  beftept  nur  eine  moralifcpe,  ä  u  p  e  r  1  i  cp  e  Verbinbung.  Oie 
Snfarnation  ift  eine  blope  ©inmopnung  beS  2ogoS  im  Vtenfcpen.  Oer  SogoS 
ift  nicpt  non  ber  Jungfrau  geboren,  pat  nicpt  gelitten,  fonbern  er  pat  in 
bemjenigen  gemopnt,  ber  gelitten  pat;  benn  ber  ©cpöpfer  lann  nicpt  geboren 
merben,  ©ott  !ann  nicpt  leiben  unb  fterben.  @0  mirb  aucp  im  Vbenbmaple 
nur  ber  2eib  beS  Vtenfcpen  3efu»  genoffen;  mer  anberS  benft ,  ift  9Jlenfcpen= 
anbeter,  Ootenanbeter.  Vtaria  ift  bie  Vtutter  eines  Vtenfcpen,  beS  ©priftuS, 
nicpt  ©otteS.  2Bäre  fie  VJutter  ©otteS,  fo  pätte  in  ipr  ber  2ogoS  einen  Anfang 
genommen,  maS  arianifd)  ift.  ferner  fann  niemanb  einen  erjeugen  ober  ge= 
baren,  ber  älter  ift  als  er  felbft;  ©ott  ift  aber  älter  als  ÜRaria.  Söäre  Vtaria 
©otteSgebärerin,  fo  mären  bie  göttlicpe  unb  menfcplidje  Statur  nermifcpt ;  es 
finb  aber  jmei  Naturen,  bamit  aticp  jmei  fpppoftafen.  ©nblicp  rnup  bie  Vtutter 
gleicpen  SöefenS  mit  bem  ©opne  fein;  entmeber  ift  alfo  Vtaria  ©öttin  ober  fie 
ift  nur  Vfutter  eines  ÜRenfcpen.  fpöcpfienS  fann  man  ben  Utamen  ©otteS= 
mutter  in  bem  ©inne  julaffcn,  mie  man  Don  ber  Wutter  beS  SMfcpofS  ober 
IßriefterS  fpridjt,  b.  i.  öon  ber  Butter  beffen,  ber  nacpper  Vifcpof  ober  ^ßriefter 
marb.  ©0  roenig  als  fonft  eine  Vtutter  bie  DJtutter  ber  ©eele  ift,  formte  ein 
Höeib  ben  2ogoS  gebären.  ©priftuS  peipt  paffenb  ©mtnanuel,  b.  i.  ein  Vienfcp, 
mit  bem  ©ott  ift ;  bon  einem  jmei  ober  brei  'Dtonate  alten  ©ott  31t  rebeit, 
märe  ungereimt,  3>nfofern  SSefuS  moralifd)  mit  bem  SogoS  bereinigt  mar, 
fann  bon  einem  ©opne  ©otteS  bie  Utebe  fein;  in  ben  pppfifdjen,  baS  3nbi- 
bibuum  bebingenben  ©igenfcpaften  unb  Opötigfeiten  finb  fie  jebocp  getrennt, 
unb  ber  SogoS  teilt  bem  Vtenfcpen  3efuS  feine  Attribute  nicpt  mit,  nocp  biefer 
jenem  bie  [einigen *. 

9Jtit  biefer  oberflädflidjen  Seprauffaffttng  fiel  ba§  ©cpeimniSboUe  ber  9Jtenfd)= 
merbung  ©otteS  ganj  pinmeg.  2Beit  leicpter  mar  e§,  fiep  einen  bon  ©ott  erfüEten 
5)tenfd)en  31t  benfen,  al§  bie  3bee  beS  ©ottmenfdpen  feftjupalten.  gür  biefe  2epre 
mürben  bie  ©djriftfteEen  Don  ber  ©rniebrigung ,  Don  ben  ipränen,  Dom  Vidjtmiffen 
be§  VfcnfdjenfopneS  angefüprt,  überpaupt  jene,  bie  fid)  auf  bie  meufdjUcpe  ÜRatur 

1  Nestor.,  Ep.  ad  Coelest.  P.  in  Conc.  Eph.  act.  II,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  1021  sq. 
Cyrill.  Alex.,  C.  Nest.  1.  1 ,  c.  1  (ed.  Migne ,  Patr.  gr.  LXXYI,  18);  1.  2,  praef. 
(ed.  cit.  64).  Cassiod.,  De  incam.  II,  2.  Cyrill.  Alex.,  Anath.  1  c.  Nest. 


508  Sie  d)rifiologifd)en  uttb  antbropologifchen  ©treitigfeiten. 

©hrifti  begießen.  Ntan  üerroed^felte  bie  abftraften  unb  bie  fontreten  NuSbrüde,  bon 
benett  jene  bireft  auf  bie  Natur,  biefe  auf  bie  Sßerfon  gehen,  unb  felgte  ben  ©a|: 
„(Sott  ift  geftorben",  gleid)  bem:  „Oie  ©ottfieit  ift  geftorben."  2Ba§  oon  ber  i^erfon 
gilt,  marb  auf  bie  göttlidfe  Natur  übertragen  unb  bann  als  ©otteSläfterung  befunben, 
als  fei  bie  ©ottfjeit  fterblid).  !T?acf)  fird)Iid)er  Sehre  ift  ber  infarnierte  SogoS,  ber 
©otttjeit  unb  Ntenfdjheit  in  fid)  bereinigt,  geftorben  nid)t  nad)  ber  göttlidjen,  fonbern 
nad)  ber  menfd)lid)en  Natur.  Vermöge  ber  poftatifdjen  Union  ift  Oon  <5t)riftu§ 
©öttlidjeS  unb  Ntenfd)lid)eS  auSgufagen,  nur  uad)  berfdjiebener  SSegiehung;  eS  giebt 
bat)er  eine  communicatio  idiomatum  im  $onfreten.  ©hriftuS  ift  ber  eine  natür= 
Iid)e  ©ot)n  ©otteS,  weit  er  eine  iperfon  ift ;  er  ift  and)  nad)  feiner  Ntenfdfheit  nid)t 
SXboptibfotjn ,  meil  bie  9Jtenfd)f)eit  bon  bem  natürlichen  ©otm  ©otteS  angenommen 
unb  mit  feiner  ©ottheit  hbfoftatifd)  bereinigt  marb.  Oie  ©dfmierigteii  liegt  gunacpft 
barin,  mie  bie  grnei  Naturen  nid)t  auch  gmei  ^erfonen  forbern,  ba  ber  SogoS  ißerfon 
ift  unb  bie  bottfommene  Ntenfdfheit  aud)  bie  ißerfönlichfeit  berlangt.  Mein  bie 
3Jtenfd)heit  forbert  gtoar  perfönlicfje  ©ubfifieng,  biefe  ift  aber  fc£)on  in  bem  bie 
Ntenfdfennatur  annehmenben  SogoS  borhanben,  unb  eine  neue  tonnte  nicht  tüngu= 
tommen;  feine  5D?enfd)b)eit  fm*  ihre  ©ubfifteng  im  göttlichen  SogoS  unb  ejiftierte  nid)t, 
bebor  fie  bon  ber  göttlidfen  ijkrfon  angenommen  toarb. 

3.  2öie  einft  NtbanafiuS  gur  Setömpfung  ber  Nrianer  ermedt  mar,  fo 
mar  bie  Aufgabe,  bem  NeftoriuS  fiegreid)  entgegengutreten,  bem  t)t.  ©priltuS, 
©rgbifdjof  bon  Nlepaitbrien,  Neffen  unb  Nachfolger  beS  bon  if)m  aflfeitig  über= 
ragten  3^f)eop^iIu§ ,  borbehalten.  Oa  bie  Sßortrüge  beS  NeftoriuS  toeithin  im 
gangen  Orient  unb  auch  in  Ngppten  berbreitet  mürben  unb  mehrere  Ntöncbe 
fie  eifrig  lafen,  trat  ihnen  ©hrittuS  in  feinem  Ofterbrief  bon  429  entgegen 
unb  mibcrlegte  bie  erften  brei  tpomitien  beS  NeftoriuS,  ohne  beffen  Namen  gu 
nennen.  Salb  barauf  erlief;  er  ein  auSfübrlidjeS  Nunbfdjreiben  an  bie  ägt)p= 
tifdjen  Ntöndje,  morin  er  ben  NuSbrud  „Obe^ofoS"  mit  ©riinben  unb  ber 
Nutorität  beS  NtbanafiuS  berteibigte  unb  bie  Sehre  bon  ber  5ßerfon  ©^rifti 
näher  entmidelte.  Oiefe  Schreiben  mürben  aud)  in  ber  tpauptftabt  eifrig  ge= 
lefen,  maS  ben  NeftoriuS  fehr  erbitterte  unb  gu  unmitligen  Nujierungen  gegen 
6t)riQuS  hwriü  Oiefer  fuchte  feinen  NmtSbruber  gur  Umfel)t  gu  bemegen, 
erhielt  aber  nur  eine  hmhfahrenbe  Nntmort.  NeftoriuS  ftütgte  fid)  auf  bie 
©unft  beS  ^aiferS  $heo^°Pu§  DL  unb  ftreute  berfdjiebene  Sefcpulbigungen 
gegen  ©t)riUu§  aus,  fo  bah  felbfi  3  f  i  b  o  r  bon  ^ßelttfium  an  biefem  irre 
marb.  Oarüber  bettagte  fid)  ©priCl  in  einem  meiteren  Sriefe  an  ben  23ifd)of  ber 
tpauptftabt ,  legte  bem  $aifer,  beffen  ©emahlin  ©ubotia  unb  beffen  ©djmefter 
Pulcheria  in  befonberen  Nbt)ünbtungen  bie  neue  3ndetjte  bar  unb  berichtete 
bariiber,  „burd)  ©otteS  gorberung,  bie  SBachfamfeit  erheifdje,  unb  burd)  bie 
altfird)tid)e  ©itte  bagu  berpflichtet",  in  ausführlicher  SBeife  an  ben  römifdjen 
Stuhl,  inbem  er  burch  ben  Oiaton  5pofibonin§  eine  ©ntfdjeibung  erbat1.  Ntt 
biefen  butte  fid)  aud)  NeftoriuS  in  gmei  Briefen  gemenbet,  in  benen  er  bie 
Sehre  feiner  ©egner  als  apottinariftifd)  unb  arianifd)  entftetlte.  ^ßapft  ©öle  ft  in 
hielt  nun  im  Nuguft  430  eine  ©tjnobe,  metd)e  bie  Sehre  beS  ©prittuS  t>oEt= 


1  CyriU.  Alex.,  Hom.  pasch.  XYII  [Migne,  Patr.  gr.  LXXVII,  768  sq.) ;  Ep.  1—10 
(ibid.  p.  9  sq.).  Isid.  Pel.,  Ep.  1.  I,  n.  370.  Cyrill.,  De  recta  fide  ad  religiös,  im- 
peratorem  Theodosium  et  ad  piissimas  imperatrices  ( Migne  1.  c.  LXXVI,  1134  sq.); 
Ep.  11,  al.  9,  ad  Coelest.  {Migne  1.  c.  LXXVII,  80). 


3.  $er  9teftoricmigmu§.  etjriff  öon  2tlej.;  bct§  brüte  a%  Hon3tI  gu  ©pljefuS.  509 

fommen  billigte  unb  ben  STiefforiuS  mit  Sann  unb  Slbfepung  bebropte,  menn 
et  nicht  binnen  jeffn  Sagen  nach  ©mpfang  biefeg  Sefretg  einen  beftimmten 
fdjriftlicfyen  Söiberruf  leifie.  Sie  megen  beg  ©laubeng  bon  Seftoriug  gebannten 
©eiftlichen  füllten  in  bie  ßürchengemeinfdjaft  tnieber  aufgenommen  metben, 
©priüug,  ber  erfte  Sifdjof  unter  ben  Orientalen,  Sollftreder  biefeg  Urteilg  fein. 
?tn  if)n  mürben  be§f)alb  auch  fämtlidje  Schreiben  gefenbet.  ©öleftin  beauf= 
tragte  auch  ben  3lbt  Saffian,  ber  über  bie  neue  Srrlepre  meitere  2(uffd)lüffe 
gab,  mit  einer  näheren  Prüfung  berfelben,  morauf  biefer  fein  2öert  über  bie 
3nfarnation  »erfaßte x. 

©fje  nod)  Seftoriug  $unbe  bon  ber  römifdjen  Spnobe  erhielt,  richtete  er 
ein  neueg  ©d>reiben  an  ©öleftin,  morin  er  bem  ©priK,  toeil  biefer  eine  Untere 
fucpung  ber  gegen  ihn  erhobenen  Snflagen  befürdüe,  ben  Seginn  beg  Streiteg 
in  lügenhafter  SDeife  jur  Saft  legte,  bie  Sejeidjnung  „©hriftuggebärerin" 
alg  richtigen  Stittelmeg  jmifchen  ben  jmei  ißarteifdjlagmörtern  „©otte§= 
gebär  er  in"  unb  5Dt  e  n  f  df  e  n  g  e  b  ä  r  e  r  i  n"  empfahl  unb  auf  bie  lper= 
fteüung  beg  griebeng  bitrd)  eine  allgemeine  $itd)enbetfammlung  bermieg,  für 
bie  er  bereitg  beim  ^aifer  Schritte  getfjan  hatte.  Snjmifchen  mahnte  ihn  ©rj= 
bifdiof  Sopanneg  bon  5lntiod)ien,  fein  ehemaliger  Stitfchüler,  nach 
©mpfang  beg  an  ihn  gerichteten  päpfilicben  Sriefeg  unb  ber  barin  enthaltenen 
Slufforberung  folgenb,  mit  einigen  anbern  bei  ihm  berfammelten  Sifcpöfen, 
bod)  feine  Spaltung  in  ber  Kirche  ju  berurfachen  unb  in  betreff  beg  Söorteg 
„Speotofog"  nad)sugeben,  bag  fa  bon  alteren  Sätern  gebraucht  unb  ohne 
©efapr  eineg  Srrtumg  über  bie  ©ottpeit  beg  ©rlöferg  nid)t  ju  bermerfen  fei 
(nach  ©al.  4,  4);  mol)l  fei  ber  Sennin  bon  menigen  Sagen  furj,  aber  für 
ben  richtig  Senfenben  bebürfe  eg  nur  meniger  Stunben  jur  ^Beilegung  biefeg 
ganjen  Streite».  Sefforiug  antmortete  berbinblid),  aber  mit  Sugflüdjten,  er= 
Härte  fid)  bereit,  bag  ihm  fonft  fo  begaffte  2öort  gu  bulben,  aber  nur  in  bem 
bon  ihm  für  juläffig  befunbenen  Sinne,  äuperte  fid)  fdjarf  gegen  bie  £>offart 
beg  iÜgppterg  unb  bermieg  alles  auf  bag  bom  ^aifer  ihm  bereitg  jugefagte 
allgemeine  ^onjil.  Sag  Sd)reiben  ©ölefting  hatte  er  noch  nicht  erhalten,  ba 
©priKug  borper  noch  eine  Spnobe  in  Slepanbrien  abhielt,  um  eine  gorrnel 
feftjuftetlen ,  bie  Seftoriug  anjunehmen  habe.  Ipier  toarb  ein  augfiihrlicheg 
Sdjreiben  an  ben  Srrlepret  abgefapt,  morin  ihm  erflart  mürbe,  eg  genüge  für 
ihn  nicht  bag  nicänifche  Spmbolum,  bag  er  ohnehin  berfeljrt  auglege,  fonbern 
eg  fei  ein  fdjriftlidjer  unb  eiblicher  Sßiberruf  feiner  bisherigen  Seprfäpe  geforbert ; 
baran  fcplop  fid)  eine  augfitprliche  Sarlegung  beg  ©laubeng  an  bie  3Jtenfd)= 
merbung  beg  Sopneg  ©otteg,  fomie  j m ö I f  bon  ©prill  oerfapte  51  n a t h e= 
matigmen  gegen  bie  Sehren  beg  Speobor  bon  Stopfueftia  unb  beS  DteftoriuS. 
Sad)  letzteren  foHte  bag  Snatpem  biejenigen  treffen,  bie  nicht  befetmen :  1)  bap 
ber  ©mmanuel  in  Söaprpeit  ©ott  unb  beSpalb  bie  heilige  Jungfrau  ©otteS= 
gebärerin  ift,  2)  bap  ber  Sogog  fid)  pppoftatifch  mit  bem  gleifdje  bereinigt  hat 
unb  mit  ber  ihm  eigen  gemorbenen  Sienfd)ennatur  ein  ©priftuä  ift,  gugleidj 
©ott  unb  ÜRenfcp,  3)  bap  bie  beiben  Saturen  in  ©hriftug  in  pppfifcper 
©inigung  beifammen  finb ;  ferner  4)  biejenigen,  melcpe  bie  biblifcpen  Sugbrüde 


1  Conc.  Rom.  430,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  1017.  1025.  1035.  1047. 


510 


Sie  djriftotogifchen  unb  anttjropotogifdjen  (StreitigEeiten. 


über  ©hriftuS  jmei  betriebenen  5ßer[onen  guteilen,  ober  5)  ©hriftuS  nur  als 
einen  3LRenjc£)en,  ber  (Bott  trögt,  unb  nicht  als  magren  (Bott  faffen,  ober  6)  ben 
göttlichen  SogoS  ben  ©ott  ober  fperrn  ©htifti  nennen,  als  menn  berfelbe  nic^t 
gugleid)  ©ott  unb  Btenfd)  n)äre 1. 

®ie  [amtlichen  ©chriftftücfe  ber  r  ö  nt  i  f  d)  e  n  unb  alei'anbrinifthen 
©pnobe  tourben  bem  BeftoriuS  burch  gmei  ägpptifche  Bifdföfe  unb  jtnei  anbere 
©eiftliche  an  einem  ©onntage  überreicht,  ©r  gab  feine  Bntmort,  reijte  aber 
ben  fpof  gegen  ©priffuS  auf  unb  [teilte  ben  groöff  SfnathematiSmen  beSfefben 
gmöff  anbere  gegenüber,  in  betten  er  teils  bem  Sffepanbriner  falfche  Bnficfjten 
unterfdiob,  teils  feine  irrigen  Behauptungen  aufrecht  hielt,  ©r  fanbte  bann 
baS  Formular  beS  ©prilluS  farnt  einigen  feiner  Sieben  an  SoffcinneS  Don 
Slntiod)ien,  ben  bie  alte  greunbfchaft  für  BefioriuS,  bie  Slnhöngfidjfeit  an 
ben  ©tanbpunft  feiner  ©dfufe  unb  bie  ©iferfucf)t  tnie  baS  Btifetrauen  gegen 
ben  madffenben,  burdf  ben  5J3apft  noch  erhöhten  ©inffufj  beS  ©priffuS  mehrfach 
gut  Oppofition  gegen  festeren  trieb,  ©r  unb  mehrere  Bifdjöfe  feines  ^3atri= 
ardjatS  fanben  oieleS  in  ben  Eluierungen  ©priffS  hoch  ft  anftöfeig ,  namentlich 
ben  SluSbrud  natürliche  Bereinigung  (unio  naturalis).  ©ie  Bifdföfe 
SlnbreaS  Don  ©amofata  unb  ©Ifeoboret  bott  ©pruS  fchrieben  in 
gereifter  ©timmung  ©treitfdjriften  gegen  ben  Slfejanbriner,  fanbett  feine  BuS= 
brudStoeife  ungenau,  untlfeologifd) ,  unb  [affen  überall  apoffinariftifcpe,  mani= 
d)äifche  unb  gnoftifche  ©lemente.  Sn  ber  |)auptfa<he,  ber  eigentlichen  Sehre, 
mar  ber  Unterfdjieb  nicht  fo  grofj  als  in  ber  ©erminofogie;  auch  ©fnoboret 
motlte  feine  bfop  moralifche  Bereinigung  mie  BeftoriuS,  aber  auch  bie  „natürliche 
©inigung"  mar  ihm  nicht  gufagenb;  er  befannte  eine  fßerfon  (n pöoomov)  in 
gmei  Naturen,  aber  ben  BuSbrud  „£)ppoftafe"  moHte  er  nicht  gelten  faffen. 
©einerfeitS  [teilte  ©prilluS  ben  beiben  ©egnern,  berett  ©griffen  ihm  Bifdjof 
©DoptiuS  Don  ^3tofemaiS  gufanbte,  eine  ausführliche  [Rechtfertigung  entgegen2. 

4.  Sngmifdjen  hotte  ^aifer  3:£;eobofiuS  II.,  bem  ©efudfe  fomohf  beS 
SleftoriuS  als  ber  Don  biefem  Derfofgten  Btöndje  nadjgebenb,  atn  19.  BoDember 
430  affe  Bfetropofiten  beS  [Reiches  gu  einem  ® o n g i I  in  © p h e f u S  auf 
^Pfingften  431  eingefaben  unb  auch  bie  zahlreiche  Beteiligung  tüchtiger  ©uf= 
fraganbifchöfe  für  münfdjenSmert  erffärt.  SleftoriuS  hoffte  h>er  einen  Dollen 
©ieg  über  ben  bei  ben  Orientalen  Derböihtig  gemorbenen  ©pritf  gu  erlangen, 
bem  aud)  ber  Haifer  [ehr  abgeneigt  mar.  fßapft  ©öfeftin  fchrieb  betn  ©rg= 
bifdjof  Don  SIfepanbrien  auf  feine  Anfrage,  er  foffe  ben  BeftoriuS  für  ben 
Sali  beS  SöiberrufS  unb  ber  Belehrung  mieber  in  bie  ^irdfengemeinfchaft  auf= 
nehmen;  feinen  Segaten,  ben  Bifdjöfen  QfrfabiuS  unb  ^rojeftuS  fomie  bem 


1  Mansi  1.  c.  IV,  1061.  1067;  V,  502  sq.  725.  752.  Sie  3toölf  Stnathematiimen 
(Spritti  bei  Mansi  1.  c.  IV,  1082. 

2  Io.  Antioch.  Epist.  bei  Mansi  1.  c.  V,  756.  Theodoret.,  Ep.  150;  Reprehensio 
XII  capitum  Cyrilli  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXVI,  393  sq.).  3ugteidf)  mit  Spritti  2Biber= 
legung  ebb.  (p.  315  sq.;  In  Cyrill.  Apol.  adv.  Orient.)  Srucpftücfe  bei  Stnbreai  ©amo= 
fatenui.  Über  Speoboret  unb  feine  fcpriftflelterifcpe  Spätigfeit  Dgl.  33  a  r  b  e  n  p  e  m  e  r, 
tpatrotogie  (2.  Stuft.)  S.  326  ff-  Bertram ,  Theodor,  ep.  Cyren.  doctrina  christologica. 
Hildesheim  1883.  ©Treiben  bei  ©prilt  an  Speoboret  über  bie  fjnfarnaiion  in  Bedjan, 
Acta  martyr.  syr.  t.  V,  Stnpang. 


3.  Ser  AefiorianigmuS.  ßtjritt  Hon  2llej. ;  ba§  britte  a%  ßonjil  311  ©^»f>efn§.  511 


Sßrieffer  5j3^ilipt)u§(  gab  er  bie  3>nftruftion ,  fid)  enge  an  Spriöu§  anju= 
fd&Iie^en ,  ber  fdjon  üorljer  im  Manien  be§  römifcben  ©tul)le§  §u  fyanbeln  be= 
üoömächtigt  mar,  ba§  Anfeljen  be§  letzteren  aufrecht  ju  erhalten  unb  nicht  felbft 
in  $ontroüerfen  fid)  ju  mifchen ,  fonbern  barüber  ju  richten ;  bie  ©pnobe,  ber 
er  bie  ßegaten  unb  ihre  Aufträge  empfahl,  mahnte  er  jur  ^Beobachtung  ber 
lanonifchen  ©efetje  unb  SBermeibung  aller  ©treitigleiten,  feft  überjeugt,  bah  fte 
feinem  Urteile  über  9teftoriu§  Beitrete;  bem  $aifer  banfte  er  für  feine  33e= 
mühungen  um  ben  ^rieben  ber  Kirche  unb  bat  ihn,  leine  griebenSfiörung  unb 
Neuerung  ju  bulbcn  unb  bie  ©ad»e  be§  ©lauben§  für  höhet  ju  achten  al§ 
alle  meltlichen  Angelegenheiten  be§  3tcid)e§.  31heobofiu§  fanbte  feinerfeit§  ben 
Some§  Sanbibian  als  feinen  33eüoHmäd)tigten  Bei  ber  ©ptiobe  nach  @Phefu§ 
mit  bem  33efel)l,  in  Unterfudjung  unb  Sntfdjeibung  religiöfer  fragen  fich  nicht 
ein jumifdhen ,  fonbern  nur  für  bie  Schaltung  ber  Stube  ju  forgen,  bie  neu= 
gierigen  ^remben  au§  bem  S)töncf)§=  unb  ßaienftanbe  au§  ber  ©tabt  ju  fchaffcn 
unb  ju  öerhinbern,  bah  bie  23ifd)öfe  mährenb  ber  SSerhanblungen  an  ben  §of 
ober  in  bie  ipeimat  abreifen,  ©em  Beim  ^aifer  noch  fei)*  in  ©unft  ftehenben 
SteftoriuS  mürbe  geftattet,  fid)  üon  feinem  greunbe,  bem  Some»  SrenäuS, 
naöh  Spf)efu§  Begleiten  ju  laffen.  ©ort  erfcpien  beim  aud)  SteftoriuS  juerft 
mit  fecpjehn  33ifd)öfen  unb  einem  Beroaffneten  ©efolge,  barauf  SprilluS  mit 
einigen  fünfzig  ägpptifdjen  33ifd)öfen.  Sßon  ber  Steife  au§  unb  nad)  feiner 
Anfunft  in  SpbefuS  fcfjrieb  ber  eifrige  ^ßrälat  an  bie  Alejanbriner  unb  forberte 
fie  ju  innigen  ©ebeten  auf,  bamit  ber  mahre  ©taube  einen  boHen  ©ieg  er= 
halte;  ber  Sröffnung  ber  ©pnobe,  bie  immer  noch  megen  ju  geringer  3al)l 
ber  Aitmefenben  üerfchoben  mcrben  muhte,  fab  er  febnfüdjtig  entgegen.  ©a§ 
3ßfingftfeft  (7.  Suni  431)  mar  öerfloffen,  als  Suüenal  üon  Serufalem 
unb  glaüian  üon  $heffal°nich  mit  ihren  33ifd)öfen  eintrafen;  noch  immer 
martete  man  auf  Johannes  üon  Antiochien  unb  bie  ihm  untergebenen 
33ifd)öfe,  beren  Antunft  fich  immerfort  üerjögerte.  Al§  enblich  bie  Metropoliten 
üon  Apamea  unb  ^)ierapoIi§  im  Stauten  be§  SoljanneS  erflärten,  man  möge 
megen  feiner  bie  SSerhanblungen  nicht  länger  üerfchieben,  morauS  man  fdjloh, 
er  mode  e§  üermeiben,  bah  fein  fyreunb  SteftoriuS,  ber  fortmahrenb  im  ©inne 
feiner  Irrlehre  fid)  geäußert ,  in  feiner  ©egenmart  üerurteilt  merbe,  fdjritten 
Sprill  als  erfter  Storfitjenber  unb  fein  greunb  Sftentnon  üon  Spl)cfu§, 
um  ben  fid)  üierjig  ©uffragane  unb  jmölf  pampl)ilifd)e  Sifdjöfe  üerfammelt 
hatten ,  am  22.  3uni  in  bem  ber  ©otteSgebärerin  gcmeil)ten  ®ome  üon 
Sphefu§  jur  Srßffnung  ber  ©pnobe,  meldje  ben  Slang  ber  britten  ölumenifchen 
erhalten  hot1. 

©a  SteftoriuS  nad)  mieberholten  Storlabungen  nicht  erfcheinen  mollte  unb 
fogar  bie  an  ihn  abgeorbneten  SSifdjöfe  burch  feine  2Bad)en  bebrohen  lieh,  fchritt 
man  ohne  if)n  ju  ben  S3erl)anblungen  (erfte  ©i^ung),  obfcpon  einige  fechjig 
afiatifdje  S9ifd)öfe  unb  and)  ber  laiferlidje  $ommiffär  glaubten  bagegen  31er- 
mahrung  einlegen  31t  nüiffen.  S§  mürben  bie  üon  bciben  ©eiten  gemed)felten 


1  Theodos.  II.,  Edict.  et  epist.,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  1109.  1111.  1118.  Coelest., 
Ep.  16 — 19,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  1291  sq.  Cyrill.,  Ep.  18.  19,  bei  Mansi  1.  c.  IV, 
1115  sq.  Socrat.  1.  c.  VII,  34.  £>efele,  gonciliengefd).  II  (2.  Stuft),  178  ff. 


512 


®ie  djrtftologtfdjen  unb  artt^ropologiftfjen  ©treitigteiten. 


©dhriften  fotoie  bie  Qeugniffe  ber  93äter  beriefen,  mit  benen  bie  ©äije  be§ 
■JteftoriuS  berglicfjen  mürben.  Severe  mürben  al§  gottlos  unb  häretifdj  be= 
geid^net ,  bie  21nathemati§men  be§  ©prilluä  gutgeheiffen  unb  noch  atu  21benb 
beleihen  Sage§  ber  bon  ^unbertnditunbneunjtg  Vifdföfen  unterfdjriebene  Ve= 
fchlup  gefafst,  baji  S^eftoriuS  in  ©emäfsheit  ber  $anone§  unb  beS  ©djteiben§ 
be§  ^eiligen  93aterS  ©öleftin  bon  ber  b  i  f  d)  ö  f  l  i  ch  en  ÜBürbe  unb  aller 
p  r  i  e  ft  e  r  1  i  d)  e  n  ©  e  m  e  i  n  f  cf)  a  f  t  au§gefcf)loffen  fei.  S)a§  Volt  bon 
©pl)efu§,  ba§  ben  ganjen  Sag  über  auf  bie  ©ntfcpeibung  gemartet,  nahm  bie= 
felbe  mit  3SubeI  auf  unb  geleitete  bie  Väter  mit  gadeffchein  in  if)re  V3of)nungen. 
21m  folgenben  DJiorgen  marb  ba§  Urteil  betn  2teftoriu§,  ben  ^onftantinopolU 
tanern  unb  bem  gefamten  93oIfe  in  befonberen  Schreiben  funbgemad)t  unb  in 
©pljefuS  öffentlich  angefd)lagen.  21ber  ber  bem  9teftoriu§  ganj  ergebene 
©anbibian  lief?  ba§  S)etret  obreren,  erflärte  ba§  ©efcbehene  für  nichtig 
unb  fanbte  an  ben  tpof  einen  Bericht  Ooll  ber  Klagen  gegen  ©t)riü  unb 
Vtemnon.  ©benfo  befdjmerte  fid)  2teftoriu§  in  ©emeinfdjaft  mit  jelm  Vi= 
fdjöfen  bei  bem  ^aifer,  an  ben  aud)  bie  ©pnobe  ein  ausführliches  «Schreiben 
richtete.  ©t)tillu§  fchrieb  aufjerbem  mehrere  Vriefe  unb  prebigte  gleich  anbertt 
33ifd)öfen  mie  Sl)eobot  Oon  2lncpra  über  ba§  ©el)eimni§  ber  Snfarnation  gur 
großen  ffreube  beS  3SoIfeS. 

21IS  bann  fünf  bi§  fe<h§  Soge  nad)  Verurteilung  be§  9teftoriu§  SoIfanneS 
Oon  21ntiod)ien  mit  mehreren  Vifdmfen  eintraf,  fanbte  if)tn  bie  ©pnobe 
2Ibgeorbnete  entgegen,  bie  aber  Oon  biefem  gar  nicht  öorgelaffen  unb  juletjt 
üort  ber  2Bad)e  miphanbelt  mürben,  ©anj  im  ©egenfa|e  ju  feinem  früheren 
freunblichen  Vriefe  an  ©prüf  oerfuhr  3ohanne§  jefst  mit  blinbem  ©ifer  gegen 
ihn  unb  bie  um  ihn  Oerfammelten  Vifdföfe.  ©leid)  nach  feiner  21nfunft  hielt 
er  in  feiner  Vßoljnung  eine  Verfammlung,  toeldje  auf  Vortrag  be§  ©am 
bibian  unb  einiger  neftorianifchen  Vifdjöfe  ba§  unter  Seitung  be§  ©pcill  Ver= 
hanbelte  Oertoarf.  Über  ©prüf,  beffen  2lnathemati§men  arianifdje,  eunomianifdje 
unb  apotfinariftifdje  Srrtümer  enthalten  füllten,  fomie  über  Vtemnon,  ber  alles 
mit  ©emalt  burd)gefe|t  habe,  marb  bie  21bfe|ung  unb  über  alle  Vifdjöfe,  bie 
nid)t  fofort  9teue  bezeigen  mürben,  ber  Vann  au§gefprodjen ;  Oon  allen  9Jtit= 
gliebern  ber  ©pnobe  Oerlangte  man  2Infd)luf5  an  3oljanne§  unb  2(nna(jme  be» 
nicänifchen  ©pmboIum§  ohne  irgenb  einen  frembartigen  Veifatj.  S)od)  magte  e§ 
biefeS  ©onciliabulum  mit  nur  breiunbüierüg  Vifd)öfen  nicht,  pofitiü  bie  ßeljre 
beS  9teftoriuä  ju  billigen;  aber  mäprenb  e§  felbft  übereilt  unb  tumultuarifd) 
Oerfuhr,  jieh  e§  bie  Viaforität  Oon  je|t  mehr  als  jmeiljunbert  Vifdföfen  ber 
©emaltthätigfeit  unb  Überftürjung.  fDtit  §nlfe  ber  faiferlidjen  Veamten  be= 
fehbete  bas  f a I f d) e  ß'onjil,  ba§  einfeitige  Verid)te  an  ben  |)of,  ben  $leru§ 
unb  ba§  Voll  ber  fpauptfiabt  fanbte,  bie  mit  6pril(u§  geeinigten  Väter  in 
feber  ÜBeife;  man  hätte  fofort  an  Vtemnon»  ©teile  für  ©phefuS  einen  neuen 
Vifdjof  gemeiht,  hätte  nicht  ba§  rechtgläubige  Volt  mit  aller  geftigfeit  bieS 
üerpinbert 1. 

Ungeachtet  oielfacfjer  Vebröngni§  blieben  bie  unter  ©prillu§  oereinigten 
Vifdjöfe  feft.  2113  ein  faiferlid)e§  ©dj  reiben  eintraf,  melcf)e§,  geftüpt 


Mansi  1.  c.  IV,  1131  sq.  1211.  1230.  1259  sq.;  V,  772. 


1 


3.  Ser  AeftorianiSnutö.  ©pritt  bon  Alep.;  ba§  britte  alttg.  ßonjil  ju  ©ßpeptg.  513 

auf  ©anbibiang  ©eridjte,  bag  ©erfahren  ber  ©pnobe  fcpmer  tabelte,  bagfelbe 
für  ungültig  erllärte  unb  bie  ©erpanblungen  Don  neuem  aufjunepmen  Befahl 
—  mag  bie  antiocpenifcpe  Partei  mit  poper  greube  begrüßte,  bie  fortmäprenb 
bag  ©enepmen  beg  magren  ep^eftnifdE)en  ^onjilg  in  entftellter  Seife  fcBilberte  — , 
fdprieben  bie  ©äter  (1.  Suli  421)  bem  Inifer,  bap  fie  ben  Aeftoriug  mit  boüem 
©echte  entfept  hätten,  bap  fie  pierin  ftd)  eing  müßten  mit  bem  ©ömifcpen  ©tupl 
unb  ben  ©ifcpöfen  Afrifag ;  bereits  mehrere  Anpänger  be§  Sopunneg  feien  nad) 
reiferer  (Srmägutig  ju  ipnen  übergetreten;  fie  müßten  baper  beantragen,  bef>ufs 
miinblicper  ©ericpterftattung  fomopl  ben  ©anbibian,  ber  bie  perfönlidje  greitnb= 
fcpaft  ber  Saprpeit  borjiepe  unb  Unmapreg  melbe,  alg  fünf  ©litglieber  ber 
©pnobe  an  ben  ^aiferpof  zu  berufen.  Ant  10.  Suli  pielt  Gpriß  bie  jmeite 
©  i  tj  u  n  g ,  in  meiner  bie  befanberen  fiegaten  beS  ^ßapfieS  erfd)ienett  unb  bie 
Elften  ber  erften  ©ipung  gugeflellt  erhielten.  Aacp  ©etlefung  ber  ©riefe  ©öleftinS 
^riefen  bie  ©ater  biefen  alg  ben  ©Mcpter  beS  ©laubeng,  ©rjbifdjof  girrnug 
bon  ©  ä  f  a  r  e  a  (^appabocien)  ertlärte ,  man  pabe  bag  in  bem  früheren 
©riefe  beS  ^3apfteS  enthaltene  Urteil  unb  bie  gegebene  ©egel  nur  betrogen, 
unb  ber  ^riefter  ^ß^ilippuS  pob  nadfbrüdlid)  bie  Autorität  beS  ©tupIeS  ^ßetri 
perbor.  Sagg  barauf  genehmigten  bie  brei  römifepen  Segaten  bie  ©erpanb= 
lungen  unb  leifteten  ihre  Unterfcprift.  Sn  ber  bierten  unb  fünften  ©ipung 
(16.  unb  17.  Suli)  marb  nach  bergeblidjer  ©orlabung  beS  Sopanneg  beffen 
Urteil  über  ©priß  unb  ©lemnon  für  nichtig  erflärt,  er  unb  feine  Anpänger 
bon  allen  bifd)öfltd)en  unb  priefferlidjen  gunftionen  fufpenbiert,  mäprenb  bie 
pariere  ©träfe  ber  Abfepung  noch  borbepalten  blieb,  unb  zugleich  an  ben 
$ai[er  unb  ben  ^ßapft  ©eriept  erftattet.  Sn  ber  feepfien  ©ipung  (22.  Suli) 
tourbe  ber  Aacptoeig  geliefert,  baß  bie  Aeftorianer  bag  nicünifdje  ©etenntnig 
mipbeuteten,  unb  aug  Anlap  eineg  bon  ©parifiug  borgelegten  neftorianifepen 
©pmbolumg  berboten,  ein  anbereg  als  bag  nicänifcpe  ju  gebrauchen.  Sn 
einer  fiebenten  unb  lepten  ©ipurtg  mürben  noep  berfd)iebene  fpejielle 
Angelegenheiten  georbnet ,  feepg  ^anoneg  unb  ein  allgetneineg  Aunbfcpreiben 
erlaffen. 

5.  Am  $aiferpofe  maren  injmifdjen  bie  naepteiligften  ©erüdite  über 
bie  ©pnobe  bon  ©ppefug  berbreitet  morben;  eg  langten  blofj  (SanbibianS  ©e= 
richte  an,  nicht  bie  ber  ©pnobe,  meldjer  man  jeben  ©erlepr  mit  ber  lpaupt= 
[labt  abfdjnitt.  ©nblid  gelang  eg,  burdp  einen  als  ©ettler  berfleibeten  ju= 
berläffigen  Atann  in  einem  auSgepöpIten  ©tod'e  einen  ©rief  beS  ©prißug  über 
bie  Sage  ber  ©ater  an  bie  ©eiftlicpen  unb  üftönepe  bon  ©pzanz  bapin  ju 
bringen 1.  Ser  mie  ein  ^eiliger  oereprte  Abt  ®  a  I  m  a  t  i  u  § ,  ber  48  Sflpte 
feine  3eüe  nicht  berlaffen ,  [teilte  fiep  an  bie  ©pipe  ber  ©löncpe,  bie  unter 
heiligen  ©efängen  bor  ben  faiferlidjen  Sßalaft  zogen.  9Ait  ben  übrigen  Äbten 
beim  ßaifer  oorgelaffen,  teilte  Salmatiug  bemfelben  ben  Snpalt  beS  ©riefeg 
mit  unb  ermirfte  bie  3nfage,  Abgeorbnete  ber  ©pnobe  in  bie  Aefibenj 

fommen  bürften.  ©g  tarnen  nun  jmei  ä  g  p  p  t  i  f  d  e  ©  i  f  d  ö  f  e  bon  ber 
©pnobe  nad)  ©pjanj,  bie  auch  mirtlicp  biele  pope  ©taatgbeamte  bon  ber  ©e= 
reeptigteit  beg  gegen  Aeftoriug  gefaßten  Urteilg  überzeugten ;  aber  brei  Sage 


‘  Mansi  1.  c.  IV,  1279  sq.  1303  sq.  1391  sq.  1427  sq.  1466  sq.;  V,  602.  686  sq. 
£>ergenrßtl)er,  ßirdjengeßJjidC)te.  I.  4.  Stuft.  33 


514 


Sie  djriftologifdjen  unb  ant^ropologifc^en  ©treitigleiten. 


fpäter  !am  auch  ber  ©ome§  Srenäu§  als  Abgeorbneter  ber  Antiochener 
(Orientalen,  tute  man  fie  nannte)  unb  muhte  ben  6pridu§  unb  ben  ÜJtemnon 
fo  fchmer  ju  berbädjtigen ,  baff  SpeobofiuS  II.  fcpon  bie  iBerpanbtungen  ber 
mirftid)en  ©pnobe  ju  bermerfen  unb  ben  Sefcpluh  be§  döinfelfonjitä  ju  be= 
(tätigen  im  begriffe  mar,  at§  ber  Arjt  unb  ©pnced  beS  ©pridu§  burd)  5Jiit= 
teilung  ber  ^onjit§a!ten  bie  Ausführung  beS  ißtaneS  berpinberte.  Sa  ber= 
fcpiebene  Meinungen  fiep  geltenb  machten,  befcptoh  ber  $aifer  bie  Abfepung 
fomopt  beS  üleftoriuS  als  beS  ©prid  unb  ÜJlemnon  ju  genehmigen  unb  jum 
23odjug  beS  Urteils  mie  jur  tperftedung  beS  ^rieben?  ben  ©taatSfd)a^= 
me  i  ft  er  Johanne?  nad)  ($pf>e(uS  ju  entfenben.  SDiejer  lieh  auch  bie  brei 
33ifd)öfe,  nachbem  e§  hei  einer  SSerfammtung  heiber  Parteien  in  (einer  ©egem 
mart  jurn  ©treite  gefommen,  mit  ©ematt  gefangen  nehmen.  Sief  (dhmerjte  e§ 
bie  SSäter ,  bah  her  faiferliche  ©rtah,  ber  bie  jmei  getrennten  Aerfammlungen 
äufammenmarf,  ben  23efd)tüffen  ber  allgemeinen  ©pnobe  ju  entfpredjen  borgab, 
bie  ©inigfeit  im  ©tauben  jmifcpen  fatpotifdjen  unb  neftorianifcpen  33i(d)öfen 
borauSfe^te  unb  ganj  unb  gar  auf  bie  Angaben  ber  le^teren  geftütjt  mar.  Se§= 
halb  fomie  megen  ber  äuperft  brüdenben  Sage,  in  ber  bie  SMfcpöfe  in  ©ppefuS 
mie  in  einem  Werfer  feftgehatten  maren,  machten  fie  nacpbrüdticbe  SBorfteflungen 
unb  festen  ^teru§  unb  Sßolf  ber  tpauptftabt  bon  adern  in  Kenntnis.  Sprer= 

feitS  fucpte  auch  bie  antiodjenifche  Partei,  beren  5)iitglieber  nicht  ade  gteid)= 

mähig  Aeftorianer  maren,  aber  inSgefamt  bie  AnatpematiSmen  ©ptidS  ber= 
urteilt  fepen  modten ,  ben  §of  noch  bödig  ju  geminnen.  ©üblich  berief 
SpeobofiuS  II.,  bei  bem  SalmatiuS  unb  anbere  eifrige  ßaipotifen  fort= 
mährenb  tpätig  maren,  bon  jeber  ber  beiben  Parteien  acht  ©precper,  hörte  fie 
mehrere  Sage  ju  ©patcebon  an,  erlaubte  ben  23ifd)öfen  ber  ©pnobe  bon 
©ppefu§  bie  §)eimreife  unb  geftattete,  bah  an  hie  ©tede  beS  SJeftoriuS,  ber  in 

fein  IHofter  bei  Antiochien  bermiefen  morben  mar,  ein  neuer  Sifcpof  für 

bie  §auptftabt  (dltajimian)  gemeint  mürbe  (25.  Oft.  431).  ©priduS 
unb  ÜJtcmnon  mürben  freigelaffen,  ©rfterer  tarn  am  30.  Oftober  nach 
Alepanbrien  jurüd,  mo  er  mit  bem  gröhten  Subei,  mie  einft  Stt^anafiuS, 
empfangen  marb. 

Aber  bie  ©pattung  jmifthen  Atejanbrien  unb  Antiochien  bauerte 
fort.  Sie  Antiocpeuer  behaupteten  bie  Unredjtmähigfeit  ber  Söeipe  beS  neuen 
33ifc^ofS  ÜRajimian  unb  ber  Abfepung  beS  AeftoriuS  fomie  bie  tpeterobopie  ber 
Sehre  beS  ©priduS,  ben  fie  mit  Aedjt  abgefept  ju  haben  borgaben;  fie  roieber= 
polten  auf  ihren  ©pnoben  bon  SarfuS  unb  Antiochien  baS  Anathema 
gegen  Ipn  unb  feine  Anhänger,  ©orooht  bie  römifchen  ißäpfte,  ©öleftin,  ber 
am  15.  ÜJtärä  432  ben  Atajimian  anerfannt  unb  ben  SMfcpöfen  be§  eppefi= 
nifchen  ^onjit§  marmeS  Sob  gefpenbet  hatte,  unb  fein  Aad)fotger  ©iptuS  III., 
ber  ben  fchiSmatifdjen  23i)d)öfen  bode  ©emeinfchaft  ju  gemäpren  bereit  mar, 
fad§  fie  ade§,  ma§  ba§  ^onjit  bon  ©phefuS  berbammt  hatte,  ebenfaflS  ber= 
bantmen  mürben,  atS  aud)  ber  $aifer  Speobofiu»,  ber  beShatb  biete  ^Briefe  erlieh, 
fud)ten  ben  grieben  ju  bermittetn.  Septerer  forberte,  ©prid  unb  SopanneS  fodten 
ot)ne  ade  bifcpöflidje  ^Begleitung  in  Aifomebiett  äufammenfommen  unb  bort  fid) 
au§föpnen ;  fonft  fodte  feiner  bon  ihnen  ihm  niepr  bor  baS  Angeficpt  fommen. 
©§  fam  jmar  nicht  ju  einer  fotchen  gufamtnenfunft,  aber  e§  mürben  hoch  Unter= 


3.  $er  Aeftorianiämuä.  Spritl  bon  21Ie£.;  baä  britte  allg.  ßoitjtl  au  @pt>efu§.  515 

hanbl ungen  eingeleitet,  bie  nach  urtb  nach  jum  3*de  führten.  $er  bom 
$aifer  für  bie  griebenSbermittlung  auSerfeljene  Sribun  unb  Aotar  AriftolauS 
reifte  bon  Antiochien  mit  ben  25orfd)Iägen  beS  SofjanneS  unb  einem  SBriefe  beS 
Ijodbbetagten  AcaciuS  bon  Veröa  ju  ©ptißuS.  SDiefer  tonnte  freilich  nicht  auf 
bie  i£)m  angefonnene  Verurteilung  feiner  AnatljematiSmen  eingefjen,  erflärte  fie 
aber  mit  Aüdjidht  auf  bie  bei  ben  Orientalen  gangbaren  SAißbeutungen ,  ber= 
tnarf  bie  arianifdje  unb  apoIIinariftifd)e  Srrleljre,  bie  man  il)tn  jur  Saft  legte, 
unb  beftanb  auf  ber  Verurteilung  beS  AeftoriuS.  Oer  Antiodhener  mar  bem 
Trieben  nicht  mehr  abgeneigt;  bie  meiften  Kirchen  ftanben  gegen  ihn,  unb  bie 
Srrtümer  beS  AeftoriuS  hQ^e  er  fdbft  nicht  geteilt.  Oaher  fanbte  er  im  ©im 
berftänbniS  mit  AcaciuS  ben  bejahrten  Vifctjof  ^ßaul  bon  ©ntifa  nach 
Ale£anbrien  mit  einem  ©laubenSbetenntniffe,  baS  bie  eine  ^erfon  beS  ©r= 
löferS  mie  bie  jtnei  Naturen,  audh  Acaria  als  ©otteSgebärerin  anertannte  unb 
ebenfo  ben  Verbacht  beS  ApoIIinariSmuS  mie  ben  beS  AeftorianiSmuS  befeitigen 
foüte.  ©priH,  ebenfofehr  bereit  juin  ^rieben  als  ftanbt)aft  in  (Sachen  beS 
©laubenS,  fanb  baS  VetenntniS  genügenb,  bermißte  aber  in  bem  Vriefe  beS 
Johannes  noch  bie  toeiter  bon  ihm  gefteüten  Vebingungen  ber  ©emeinfdhaft, 
inSbefonbere  bie  Verurteilung  beS  AeftoriuS.  ^auluS,  obfdhon  nicht  fo  meit 
ermächtigt,  ging  auf  alles  ein ;  ©prill  nahm  ihn  in  feine  ©emeinfd)aft  auf  unb 
ließ  ihn  in  Alejanbrien  prebigert  (433).  3n  Antiochien  berroarf  man  anfangs 
bie  Vebingungen  be§  AlejanbrinerS;  boch  infolge  ber  ©inmirhmg  beS  Haifer= 
hofeS  unb  einer  neuen  Steife  nach  Antiochien,  bie  AriftolauS  in  ©emeinfdhaft 
mit  $aul  bon  ©tnifa  unb  jroei  ägpptifchen  ©eiftlichen  unternahm,  tarn  ber 
Triebe  ju  ftanbe.  Johannes  unterfcprieb  mit  einigen  fleinen  bon  ©prifl  ge= 
billigten  Anbetungen  bie  ihm  borgelegte  Formel,  ftimmte  ber  Verurteilung  beS 
AeftoriuS  bei  unb  fdjrieb  freunbfdhaftlich  an  ©prilluS,  ber  am  23.  April  433 
feinen  ©laubigen  bie  frohe  Aad)rid)t  bon  ber  glüdlidjen  Vereinigung  mitteilen 
tonnte,  bie  auch  ^papft  SijtuS  III.  befräftigte1. 

6.  SAit  bem  Vergleiche  tuaren  inbeffen  biele  Vifchöfe  auf  beiben  Seiten 
unjufrieben.  Von  ben  ©egnern  ©pritlS  behaupteten  einige,  ©ptill  lehre  jeßt 
baSfelbe,  roaS  früher  AeftoriuS,  unb  juchten  ihre  häretifche  ©efinnung  unter 
ben  AuSbrüden  ber  bon  ©ßriH  Unterzeichneten  gormel  ju  berbergen,  mährenb 
bie  hudnädigen  unb  fanatifdhen  Aeftorianer,  an  bereu  Spitze  Vifdjof  A I  e  £= 
anber  bon  ^terapolis  ftanb ,  gerabeju  ben  ^rieben  berroarfeit,  ben  3o= 
hanneS  beS  Verrats  am  ©lauben  ziehen  unb  laute  Klagen  erhoben,  AeftoriuS 
fei  unfchulbig  geopfert,  ber  Ägppter  nidit  jum  Söiberruf  feiner  jmölf  Kapitel 
genötigt,  ber  ^eßerci  ber  Arianer  unb  Apoüinariften  ber  V3eg  geebnet2,  bie 


1  Io.  Antioch.,  Epist.  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  V,  813  sq.  Liberatus,  Breviarium 
causae  Nestor,  et  Eutychian.  (Par.  1675)  c.  6  sq.  Coelest. ,  Ep.  22 — 25,  bei  Mansi 
1.  c.  V,  266  sq.  Sixt.  III.  bei  Mansi  1.  c.  V,  326.  374  sq.  Coustant,  Epist.  Rom. 
Pont.  p.  1231  sq.  Theodos.  II.  bei  Mansi  1.  c.  V,  278.  281  sq.  828.  Cyrill.  Alex., 
Ep.  31 — 34.  40.  45  sq.,  bei  Mansi  1.  c.  V,  285.  301  sq. 

2  ©roßen  Anftoß  erregte  ©t)rill3  Au$brudf :  pta  <p6ai?  roü  #sou  asa apxmpsvrj,  ben 
fdjon  Atßanafiuö  (De  incarn. ,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  689)  gebraucht  haben  fofl.  Siefe 
«Stelle  ift  angefodjten  üon  Seontiuä  bon  SBpjanj  (De  sectis  act.  8) ,  Atontfaucon  u.  a., 
toirb  aber  bon  ©hrißuä  (De  recta  fide  ad  religiös,  imperatorem  Tlieodosium  et  ad 

33  * 


516 


Sie  djriftologifchen  unb  anthrobologifchen  Streitigfeiten. 


S5Mebereinfe|ung  ber  bon  Atajimian  abgefeimten  Sifchöfe  nt(J)t  erlangt  tnorben. 
(Sanje  fßrobinjen  fünbigten  bem  3ot)anne3  bon  Antiochien  bie  ©emeinfchaft 
auf.  f)ellabtu§  bon  5Earfu§,  @utt)eriu§  bon  Stgana  unb  anbere 
abgefeimte  53ifd)öfe  ttmnbten  fid)  fogar  an  Üßapft  ©i£tu§  unb  baten  it)n  um 
Sefeitigung  ber  ef)^efinif(ben  ©tjnobe  unb  ber  UnionSformet ;  bie  Aifdjöfe  ber 
beiben  ß'itifien  erftärten  ben  ©ipritlu§  für  einen  $e|er,  mogegen  auf  einer 
©t)nobe  ju  geugtna  AnbreaS  bon  ©amofata,  3of)ann  bon  (Serma= 
nicia,  SEtjeoboret  unb  anbere  Aifdföfe  wot)!  bie  Aedügtäubigfeit  ©i)ritt§, 
aber  nicht  bie  Abfe|ung  be§  Aeftoriu§  anerfannten.  2Bät)renb  (S^rilluS  bie 
berfdjiebenen  (Sinmenbungen  in  jahtreichen  Briefen  tniberlegte,  fu^te  Johannes 
bon  Stntiocbien  erft  bttrd)  bie  bittet  ber  Atitbe,  bann  aber  auch  burch  bie 
meltliche  (Setbatt  bie  (Stnigung  jur  allgemeinen  Anerkennung  ju 
bringen.  AnbreaS  bon  ©amofata,  nach  tangerem  Söiberftreben  aud) 
$heoboret  bon  6t)ru§,  bie  93ifd)öfe  bon  beiben  ^itifien  unb  bon  Sfattrien 
traten  jur  Union  über,  manche  au§  furcht  bor  bem  @jil,  ba§  ein  faiferlid)e§ 
©bift  ben  SBiberfpenftigen  anbrof)te.  SDa§fetbe  traf  auch  ben  Atejanber  bon 
Öierapotiä,  Atetetiu§  bon  Atopfueftia,  @utheriu§  bon  3ü)ana  unb  gtuölf  anbere 
neftorianifche  Aifchöfe* 1.  AeftoriuS,  ber  bon  feinem  $tofter  au§  noch  bie 
gartet  ermutigte,  rnarb  435  nach  Aghbten  berbannt,  mo  er  um  440  im  ©tenb 
ftarb2.  3uS^iö)  'burbe  ba§  Sefen  feiner  ©chriften  berboten  unb  beren  3Ser= 
brennung  angeorbnet;  feine  Anhänger  füllten  mit  bem  Aarnen  ©imonianer 
gebranbmarft,  ihre  Aerfammtungen  berboten,  ihre  (Seifttichen  berbannt  toerben 3. 

Unter  ben  Sifchöfen  be§  0rient§  gab  e§  mand)e,  bie  fid)  nur  einzelnen 
Union§bebingtmgen  untermarfen  unb  nod)  feine§meg§  bötlig  allen  Anforberungen 
genügten.  Johann  bon  Antiochien  übte  Aachficht,  tbe§t)atb  fid)  ber  eifrige 
©iafon  AtajimuS  gegen  ihn  erhob ,  meit  er  ben  (Stauben  beeinträchtige, 
©iefen  marnte  (5l)ritlu§  bor  einem  neuen  ©d)i§ma,  gab  fid)  aber  auch  Atüt)e, 
burd)  Ariftotau§  bie  f)eibdid)en  Aeftorianer  be»  Oriente  bötlig  §ur  @inl)eit 
äurüdjuführen.  Atit  ihm  berbanb  fich  ber  eifrige  5ßrofIu§,  feit  434  23ifd)of 
ber  ipauptftabt,  jur  @rt)attung  be§  $trd)enfrieben§.  ©od)  hn^e  ber  ©treit  ju 
tiefe  Aßurjetn  gefcfjtagen ,  af§  baff  mit  bem  Aufhören  ber  dufferen  ©Gattung 
auch  fofort  bie  (Segenfä|e  in  ber  Sehre  berfd)munben  mären,  jumal  ba  noch 


piissimas  imperatrices  n.  9)  angeführt,  ber  ben  AuSbrucf  auch  fonft  (Ep.  1.  2  ad 
Success.,  bet  Migne,  Patr.  gr.  LXXVII,  2B2.  241  unb  öfter)  hat,  inbent  er  gleich 
anbern  SSätern  <pumq  im  ©inne  üon  bn6a-a<nq  antoanbte. 

1  Cyrill.,  Ep.  42.  43.  35  ad  Acac.  Melet. ;  Ep.  37 — 89;  Ep.  44  ad  Vales. ; 
Ep.  ad  Ruf.  Thessal.  Sögt.  Mai,  Nova  Coli.  VIII,  II,  p.  83.  Isid.  Fel.,  Ep.  1.  I, 
n.  324.  Liberatus ,  Breviar.  c.  8.  9.  Eulog.  Alex,  hei  Phot.,  Biblioth.  cod.  230, 
p.  442  sq.  Theodoret.,  Ep.  50.  83.  102.  112.  126.  Über  bie  ©tjnoben  ber  Antiodjener 
ügt.  Mansi  1.  c.  V,  879  sq.  890  sq.  £>efele,  Gfonciliengefcf).  II,  266  ff. 

2  AeftoriuS  fdjrieb  im  Qfjü  üon  feinem  ©tanbfmnfte  auä  eine  ©efd)icbte  feiner 
ßämbfe  unb  ©djidfate,  feiner  „Slragöbie"  ( Evagr .  Schol.,  Hist.  eccl.  I,  7).  $ag  SBerf 
ift  nicht  mehr  borfjanben,  auch  nicht  ba§  be§  Srenäud  (Sfreunb  be§  Aeftoriui  unb  ab= 
gefegter  93ifc£)of  üon  S^ruS),  toohl  aber  bie  bar  aus  unter  Beifügung  anberer  Urfunben 
üon  einem  Aorbafritaner  unter  ^uftinian  gemachten  Au^tige  (ügl.  Mansi  1.  c.  t.  V. 
Migne,  Patr.  gr.  LXXXIV,  553  sq.). 

3  Sie  taiferlichen  ©rlaffe  f.  bei  Mansi  1.  c.  V,  413.  415. 


3.  Ser  Üleftorianiämug.  ßpritt  bon  211ej. ;  ba§  brüte  altg.  ßonjil  ju  (SppefuS.  517 

baß  51nfef)en  beß  2)  i  o  b  o  r  Don  2  a  r  f  u  ß  imb  beß  S^eobor  von 
fDlopfueftia  in  ber  f^rifc^en  $ird)e  unerfchüttert  baftanb  unb  il;re  Sdjriften 
um  fo  eifriger  gelefen  mürben,  feit  bie  beß  Uieftoriuß  Verboten  unb  jum  geuer 
Verurteilt  maren.  Unter  bem  Schutte  fo  ^od)Veret)rter  Dtatnen  hielt  man  unter 
ffkeißgebung  beß  Dteftoriuß  ben  alten  Irrtum  feft.  SDarum  mürben  von  ben 
Dteftorianern  bie  Söerfe  SDioborß  unb  befonberß  SEpeoborß  atlentt)atben  verbreitet, 
in  baß  Sprifche,  ^3erfifd)e  unb  21rntenifd)e  überfe|t;  ben  jmölf  Kapiteln  beß 
(üprilluß  ftetlte  man  bie  am  meiften  entgegenftepenben  (Stetten  SEpeoborß  in  einer 
eigenen  Sd)rift  gegenüber,  ^auptfitj  biefeß  Sreibenß  mar  6  b  e  f  f  a ,  beffen 
tpeologifdfe  Schule  eine  Socpter  ber  antiod)enifd)en  mar,  jugteid)  ^ßflan§= 
ftätte  für  ben  perfifcpen  ß'leruß.  SDer  eifrige  23ifd)of  biefer  Stabt,  fftabulaß, 
bem  ber  ^riefter  3  baß  miberftanb,  Vermarf  gerabeju  $erfon  unb  Schriften 
beß  verdorbenen  fDlopfueftenerß  unb  mad)te  aud)  ben  ©prilluß  auf  il)n,  atß 
ben  eigentlichen  fßater  beß  Uteftorianißmuß ,  aufnierffam.  (Sprit!  erfannte  ben 
Sßiberfprud) ,  einerfeit»  ben  ffteftoriuß  ju  verurteilen,  anberfeitß  ben  Speobor 
unb  feine  Sd)riften  §u  preifen.  SDaß  Von  ^rofluß  an  bie  Armenier  gegen 
teuere  gefanbte  Schreiben  unterjeidfucten  aud)  (Sprill  unb  ber  Slntiocpener 
Sopanneß;  hoch  mufften  fie  artnenifdjen  SJlöncpen  entgegentreten,  bie  auch 
mapre  Sätce  beß  DJtopfueftenerß  im  Sinne  beß  entgegengefepten  (tnonopppfi= 
tifchen)  Srrtumß  betämpften.  SDeßpalb,  fomie  megen  ber  nod)  ju  großen  ißer= 
eprung  beß  DJtanneß  in  ber  fprifdjen  Stircpe,  bann  meit  man  einen  im  fyrieben 
ber  ^ircpe  verftorbenen  23ifd)of  unb  Seprer  jept  ju  Verurteilen  nicpt  für  jmed= 
mäffig  pielt,  mürbe,  obfd)on  fRabulaS  fein  Urteil  erneuert  patte,  von  einem  aü= 
gemeinen  31natpem  über  Speobor  Umgang  genommen;  man  begnügte  fid),  Vor 
feinen  glaubenßgefäprlidfcn  Sdjriften  ju  marnen,  mie  bieß  (Sprilluß  in  einem 
(verlorenen)  Söerte  gegen  2)iobor  unb  Stpeobor  unb  in  einer  5tu»Iegung  beß 
nicänifcpen  Spmboluntß  tpat.  2)er  Streit  mar  bamit  nur  auf  eine  fpätere 
3eit  Vertagt;  für  jept  fürd)tete  mau  alte  SBunben  aufjureijfen  unb  eine  nod) 
gröffere  Spaltung  pervorjurufen ;  auch  ber  ^aiferpof  patte  Von  einer  foldjen 
Verurteilung  abgetuapnt 1. 

Viele  -Jteftorianer  bemiefen  eine  Stanbpaftigteit,  bie  einer  befferen  Sadfe 
mürbig  gemefen  märe,  aber  nicht  freiblieb  Von  Settenpochmut.  Sie  erttiirten, 

1  Cyrill.,  Ep.  57  (al.  49).  58  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXVII,  320  sq.).  Synodicon 
adv.  tragoediam  Irenaei  c.  194  sq.  ( Migne  1.  c.  LXXXIV,  806  sq.);  c.  197.  209  (ibid. 
p.  810.  834).  Rabul.  Edess.,  Epist.  im  Synod.  c.  200  ( Migne  1.  c.  LXXXIV,  814  sq.). 
Ibae  Ep.  bei  Mansi  1.  c.  VII,  227—242.  Sion  Speobor  oon  SÜtopfueftia  fpriept  Cyrill, 
Ep.  66  sq.  ( Migne  1.  c.  LXXVII,  329  sq.) ;  Ep.  69  ad  Acac.  Mel.  (ibid.  p.  340): 
önonkarrofievot  yäp  rä  Nsaropiou  ßiasiv  kripw  irdAtv  aurä  myxporoöm  rpöntp ,  rä 
ßeodutpou  daußd^ovze?,  xairoi  ttjv  l'<rrjv,  p.älXnv  <Js  noXXw  y sipova  voaoü^ra  ducrasßsiav. 
Höeitere  ßorrefponbenj  bei  Cyrill.,  Ep.  70 — 74  (Migne  1.  c.  p.  341  sq.  Mansi  1.  c. 
V,  383.  421.  974.  993.  1009.  1182  sq.).  Sie  grttürung  be§  Symbolum  Nicaen.  in 
Cyrill.,  Ep.  55,  al.  47  (Migne  1.  c.  p.  289—320).  töon  bem  SCÖerfe  6t)riü$  gegen  Siobor 
unb  Speobor,  „bah  e3  nur  einen  ßpriftuß  giebt",  finben  fid)  ©jeerpte  im  Conc.  oecuin.  V. 
bei  Mansi  1.  c.  IX,  269.  Stuf  biefeä  2Berf  patte  Speoboret,  ber  fiep  lange  nid)t  mit 
beit  SUejanbrinern  oerföpnen  iootlte,  tcilloeife  geantwortet,  ©einen  Sörief  (Ep.  180)  über 
ßpriltä  Sob  unb  bie  SRebe  ju  ülntiocpien  (Hardouin,  Conc.  Coli.  III,  139)  palten  bie 
meiften  mit  Si  II  emo  nt  für  uneept;  ffteanber  (ßirepengefepiepte  1,695,  9Rr.  8)  fuepte 
bie  Slutpentie  31t  oerteibigen. 


518 


®ie  cfjriftologtftfjen  unb  anif|rof)ologifd)en  ©treitigfeiten. 


e§  fei  if)nett  ganz  gleid),  oh  biele  ober  menige  TüJJenfcfjen  in  ihrer  ©emeinfdfaft 
feien,  allgemein  fei  ber  ©lattbe  Derbunlelt  unb  entftellt;  fie  mürben  nie  iffre 
Überzeugung  änbern  unb  bei  ber  ihnen  Dertielfenen  ©infidjt  bleiben,  auch  menn 
bie  9Rönd)e  alle  Ooten  ermedten,  utn  bie  ägpptifdje  ©ottlofigfeit  ju  fiü^en. 

9?  ab  ul  a§  435  fiarb,  marb  in  ©beffa  ber  ^riefter  3  b  a§  (435 — 457) 
fein  fRadifolger,  ber  fortmülfrenb  ben  ©t}rill  be§  9If)ollinari§mu§  unb  9Rono= 
J)flt)fiti§mu§  befdiulbigte  unb  burd)  feinen  33 r i e f  an  ben  5p  er  f  er  2Rari§ 
berüchtigt  marb.  Mein  im  römifdfen  IR  ei  die  mürbe  bod)  nach  unb  nad) 
ber  9ieftoriani§mu§  unterbrüdt,  unb  ber  $aifer  $eno  zerftörte  auch  bie  ©d)ule 
tion  6 b e f f a  489  Döüig.  3lbgefe£)en  Don  ffmrlichen  heften  in  einzelnen 
©egenben,  fanben  fid)  halb  leine  fReftorianer  mel)r.  ^Dagegen  maren  fie  noch 
ja^Ireidt)  in  Sßerfien,  mo  Bifchof  Barfuma§  Don  9?ifibi§  (453 — 489) 
ihre  friiftigfte  «Stütze  mar  unb  ber  £)of  fdjon  au§  politifcher  Obfmfition  gegen 
ba§  römifche  IReid)  fie  begünftigte.  ©o  erhielten  fid)  biefelben  fort  unb  brangen 
Dor  bi§  Arabien,  Oftinbien  unb  ©l)ina- 

4.  Oie  Irrlehre  be§  @utt)d)e§.  Beginn  ber  tnonop^tjfttif^en  ©treitigfeiten; 
ba§  Dierte  allgemeine  fioitjU  ju  ©^alccbott  (451). 

Du  eilen.  —  2Hten  ber  ©qnoben  bon  $onftantinof>et  (448)  unb  bon  ©halcebon 
bei  Mansi,  Conc.  Coli.  YI,  529  sqq. ;  VII,  1  sqq.  (£>  e  f  e  I  e ,  ©oncitiengefdj.  II  [2.  Stuft.], 
813  ff.),  ©qrifdje  2Hten  ber  9läuberft)nobe  bon  ®bf)efu§  bei  Martin,  Actes  du  brigan- 
dage  d’Ephese.  Amiens  1874.  Terry,  The  second  synod  of  Ephesus.  Dartford  1881. 
§>offmann,  SSerbanblungen  ber  $irdjenberfantralung  ju  ©fobjefug  am  22.  Stuguft  449. 
Äiel  1873.  SBriefe  bei  IRapftei  ßeo  I.  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  LIV.  Slppetlation  bei 
JBifdjofi  ÖGabian  bon  ßonftantinopel  berab§geg.  bon  Amelli,  S.  Leone  Magno  e 
l’Oriente.  2.  ed.  Montecasino  1890.  (93gl.  baju  ©rifar  in  3eitfc(it.  für  tatbot.  ®t)eoI. 

1882,  ©.  191  ff.  Dllomtnfen  in  94eueä  Sträfib  1886,  ©.  561  ff.)  —  Theodoret.  Cyr., 
Eranistes  seu  Polymorphus  {Migne,  Patr.  gr.  LXXXIII,  27  sqq.).  ÜJlebrere  SBriefe 
bei  ®be°boret.  Gelasius  Papa,  Tractatus  de  duabus  naturis  in  Christo  {Thiel,  Epist. 
Rom.  Pont.  p.  530  sqq.) ;  Gesta  de  nomine  Acacii  (ibid.  p.  510  sqq.).  Zachar.  Rhet., 
Hist.  eccl.  (ed.  Land,  Anecdota  Syriaca.  Vol.  III.  Lugd.  Batav.  1870).  Evagr. 
Schol.,  Hist.  eccl.  I,  9  sq. ;  II,  2.  4.  9.  18.  Liberatus,  Breviarium  causae  Nestor,  et 
Eutychian.  {Migne,  Patr.  lat.  LXVIII,  969  sqq.).  Facundus  Herrn.,  Defensio  trium 
capit.  {Migne  1.  c.  LXVII,  527  sqq.).  Synodicon  adv.  tragoediam  Irenaei  {Mansi, 
Conc.  Coli.  Y,  731  sqq.).  Ioannes  Ephes.  Syr.  monoph.,  Commentarii  de  beatis  oriental, 
et  Histor.  eccl.  fragm.  lat.  vert.  van  Douwen  et  Land.  Amsterdam  1889.  Theophan., 
Chronogr.  I,  ed.  Bonnae  1839. 

ßitteratur.  —  2ßerf e  bon  ©  dj  tu  a  n  e ,  Iparnad,  ®  o  r  n  e  r  oben  6.  504. 
§efele,  ©onciltengefd).  II,  313  ff.  Martin,  Le  pseudo-synode  connu  sous  le  nom 
de  Brigandage  d’Ephese,  4tudie  d’apres  ses  actes  retrouvbs  en  syrique.  Pai-is  1875. 
ßrüger,  Tftonopbbfitifcbe  ©treitigfeiten  im  gufammenbang  mit  ber  SteidjSpoIitif.  $ena 
1884.  58 1 öfter,  ®er  heilige  ©tubt  unb  bie  öfumenifdjen  ©pnoben  bei  Sdtertumi  im 
ßidfte  ber  Vorgänge  beim  Chalcedonense  betrautet  (3eitf<br.  für  fatbol.  ®bebL  1886, 
©.  67  ff.),  ©ünttjer,  ®ie  Überlieferung  ber  „©ammlung  in  ©ad)en  bei  3ülono= 
Pbbfitiämui"  (üftadjr.  ber  ©efetlfd).  ber  SOßiffenf«®.  bon  ©öttingen  1894,  ©.  116—143). 
Über  ben  f) I.  Seo  b.  ©r.  f.  ßitteratur  bei  SBarbenbetoer,  IRatrotogie  (2.  Stuft.) 
©.  462  f. 

1.  fRidit  alle  fafjen  ein,  bah  ber  zu  ftanbe  gefommenen  Bereinigung  bie 
Sehre  Don  g  ro  e  i  fRaturen  in  ©hilft  u§  (jDt)obhhfiti§mu§)  zu  ©runbe 
lag;  an  ©t)rill  hotten  fid)  extreme  Mtineftorianer  angefdfloffen ,  bie  nad)  ber 
Einigung  ber  heiben  fRaturen  nid)t  mehr  Don  zmei  fRaturen  gerebet  raiffen 


4.  Sie  Sfrrfefjre  be§  Suttjd^eä.  Sa§  bierte  atlg.  ßongil  ju  ßljalcebon.  519 

wollten.  |)auptfiüßen  biefer  9tid)tung  roaren  (Stjriüs  früherer  Atdjibiafon  unb 
([eit  444)  Aad)foIger,  ber  fjeftige  unb  ^err[c^[üd)tige  2)ioaforu§,  ber  ben 
33ifd)of  2^eoboret  Don  ©pru§  al§  Aeftorianer  öerfolgte  unb  anatf)emati= 
fierte  unb  aud)  gegen  ben  23i[c£)of  glabian  bon  ^onftantinopel,  eifer= 
[üd)tig  auf  bie  fo  febr  geftiegene  9Aad)t  bte[e§  ©tu!jle§,  fid)  feinbfelig  erfjob, 
fowie  ber  33orfte()er  (Ardjimanbrit)  einc§  $lofter§  ber  ^aiferftabt,  ($  u  1 d)  e  §, 
ber  allenthalben  ben  größten  (Sifer  gegen  ben  Aefioriani§mu§  betätigte  unb 
an  betn  bort  allgewaltigen  ©unudjen  ©hrpfapfpua  eine  mächtige  ©tüße  befaß. 
3it  [einer  befchräntten  Auffaffung  glaubte  ©utpcbeS  nicht  in  anberer  SBeife  ben 
AefiorianiSmuS  befiegen  ju  föntien,  als  burd)  bie  Annahme  einer  Aatur 
(9Aonopbbfiti§mu§)  in  (SbriftuS Auf  baa  ©efä^rlidje  biefer  2eljre  machten 
©rjbifdjof  ®omnu§  bon  Antiochien  foraie  ©ufebiuS,  IBifdjof  bon  SDorpläum 
in  5ßf)rbgien,  aufmerlfatn,  mäbrenb  bet  gelehrte  24)eoboret  in  brei  Dialogen 
mit  großem  ©djarffinn  fie  befämpfte  (447),  inbem  er  ben  Unterfdfieb  bon 
SBefen  unb  ^ßerfon  (ooaia  unb  bnüoramq)  genauer  entmidette,  bon  bem  ber= 
urteilten  Aeftoriani§mu§  [ich  [reibielt  unb  feßt  auch  beut  ©priKuS  unter  ben 
herborragenben  fieprem  ber  ®ird)e  eine  ©teile  gab1 2.  Al§  nun  im  Aobember 
448  glabian  bon  $onftantinopel  bie  in  ber  ^auptftabt  Weilenben 
Sifdjöfe  ju  einer  ©pnobe  um  [ich  berfammelte,  überreichte  ber  genannte 
Sifdjof  6u[ebiu§,  ber  früher  al§  Saie  ebenfo  bem  AeftoriuS  entgegengetreten 
war,  eine  $lag[d)rift  gegen  (5utt)d)eS ,  ber  [ein  perfönlicber  greunb  gewefen 
unb  betn  er  bisher  bergeben§  bie  einbringtichften  SSorfteKungen  gemacht  hatte, 
glabian,  ber  borher  alle  Mittel  ber  ©iite  berfucht  miffen  toollte,  ließ  enblid) 
ben  ©utpd)e§  borlaben;  biefer  fuchte  Ausflüchte  unb  jögerte  ju  erfcheitten.  Al§ 
er  juleßt  hoch  fatn,  begleitet  bon  Mönchen,  ©olbaten  unb  Staatsbeamten,  bie 
ißn  nicht  ohne  bolle  ©ernähr  [einer  ©idjerpeit  au§  ihrer  Atitte  entlaffen  toollten, 
gab  er  juerft  auSweicpenbe  Anttnorten,  befannte  aber  bann  offen:  bor  ber 
©inigung  (ber  ©ottheit  unb  Atenfcbbeit)  fei  ©priftuS  au§  jwei  Aaturen  ge= 
toefen,  nad)  berfelben  aber  fei  nur  eine  Aatur,  unb  er  fei  un§  Atenfchen 
nicht  gleidtmefentlid).  2)a  er  bieS  nicht  miberrufen  unb  anathematificren  toollte, 
tnarb  er  mit  bem  Sann  belegt  unb  aller  geiftlidjen  SBürben  entfeßt.  ®aS 
Urteil  unterfd)rieben  nahe  an  breißig  33ifd)öfe  unb  breiunbätoanjig  Abte. 

$ie  Sei) re  be§  ©utpcpeS  entmidelte  fid)  in  biefer  äßeife:  infolge  ber 
Snlarnation  ift  au§  ber  ©ottheit  unb  9Aen[d)peit  ©prifti  nur  ©ine  ©  u  b= 
ft  a  n  j  unb  Aatur  geworben ;  ©priftuS  ift  feiner  Alenfcppeit  nad)  ben 
übrigen  Atenfdjen  nicht  fonfubftantial.  ®a  aus  jwei  Aaturen  eine  ent= 
ftanben  fein  foü,  fo  müßte  bie§  enttoeber  burd)  SBerfdpneljung  (ßonfufion) 
ober  Aerwanblung  (5?onberfion)  ober  Auffaugung  (Abforption)  ober  gufammem 
feßung  ($ompo[ition)  gefd)el)en  fein ;  eine  fold)e  Folgerung  wollte  ©utpcpeS 
nicht  jugeben,  noch  fid)  näher  über  bie  Art  be§  Seifatnmenfeina  äußern,  Wenn 


1  Mami  1.  c.  VI,  627.  639.  651.  856.  863;  VII,  62.  Theodora.,  Haer.  fab. 
IV,  13. 

2  ©on  SpeoboretS  ©riefen  gehören  bierber  Ep.  66.  79 — 83.  86.  92.  101.  110.  113. 
Ser  Sialog  „6ranifte$"  befiehl  au§  brei  Seilen:  ärpsirro*;,  äoufxoro?,  dnadr/?.  Dial.  II 
tnirb  Cyrill. ,  Ep.  4  ad  Nestor,  mitten  unter  ben  ©ätern  angeführt  ( Migne ,  Patr.  gr. 
LXXX1II,  212). 


520 


®te  cptiftologifcpen  unb  antpropologifdjen  ©treitigfeiten. 


er  aud)  ber  Bbforptton  ben  Boräug  gegeben  ju  paben  fcpeint;  er  ging  immer 
barauf  jurücf,  baff  bot  ber  Bereinigung  jrnei  Naturen  getoefen  feien,  nad)  ipr 
aber  nur  eine  blieb ,  fo  baff  bie  (Sottpeit  felbft  unmittelbar  litt  unb  gefreujigt 
marb.  Bad)  einigen  fcpeint  er  eine  ißtäejifienj  ber  menfcpücpen  ©eele  ßprifti 
nad)  9lrt  ber  Origeniften  angenommen  ju  paben.  fjitr  ipn  lag  fein  2Biber= 
fprud)  barin,  ju  jagen:  ba§  Söort  ift  $leifcf)  gemorben,  unb:  bie  Batur  be§ 
FIeifcpe§  ift  nac£)  ber  Bereinigung  nicpt  mepr  botpanben;  rneil  aber  ba§  ^leifcf) 
butcp  bie  Bereinigung  mit  ber  (Sottpeit  bergöttlicf)t  unb  in  eine  anbere  2öefen= 
§eit  übergegangen  fein  füllte,  mar  nad)  (Sutpcpeg  ber  Seib  ©prifti  nicpt  ber 
eine§  Btenfcpen,  fonbern  blojf  ein  menfcplicpet,  b.  i.  menfcplicp  blofj  ber  äußeren 
(Seftalt  nad).  |)iet  mar  6priftu§  fein  bollfommener  Btenfdj  mepr,  bie  Btenfdp 
merbung  unb  bie  (Srlofung  mar  bernid)tet.  ©iefe  Folgerungen  lagen  mopl  nicpt 
im  ©inne  be§  ®ut))d)e§,  ber  ebenfo  fur§fid)tig  al§  partnädig  mar.  ©eine  Sepre 
berteibigte  er  unter  Berufung  auf  bie  ©cprift  fomie  auf  3euSniffe  bon  21tpana= 
fiu§  unb  ©t)ridu§ ,  erflärte  aber  ben  ipm  borgepaltenen  Bäterftellen  gegenüber, 
foltpe  BuSfptücpe  feien  ipm  nicpt  majfgebenb  mie  bie  ©cprift,  ba  bie  Bätet 
öfters  geirrt  unb  einanber  miberfprodfen  hätten. 

2.  (Segen  ba§  Urteil  ber  ©pnobe  Flnbian§  proteftierte  ©utt)d)e§  in  offene 
liefen  Bnfcplägen,  appellierte  bagegen  an  ben  Bömifcpen  ©tupl ,  fcprieb  an 
©io§foru§  unb  anbere  perborragenbe  Bifdjöfe  unb  fiiipte  fid)  bor  allem  auf 
ben  $aiferpof,  an  bem  fein  f^reunb  unb  $ate  6p  r  p  f  a  p  p  i  u  §,  ber  mit  ber 
$aiferin  ©ubotia  bie  pocpbegabte  ©cproefter  be§  $aifer§,  Sßulcperia,  ganj 
bon  ber  Regierung  ju  berbrängen  muffte,  fomie  ber  mit  $io§foru§  betbunbene 
Staatsbeamte  BomuS  für  feine  Sntereffen  tpatig  maren  unb  an  melcpem  (Srä= 
bifcpof  Floöiun  opnepin  biele  Feinbe  jäplte.  %  p  e  o  b  o  f  i  u  §  II.  fucpte  nicpt 
nur  ben  Srjbifcpof  §u  bemegen,  bap  er  fiep  mit  bem  niciinifcpen  ©pmbolum 
begnüge,  moraitf  biefer  nicpt  eingepen  fonnte,  fonbern  berbäeptigte  felbft  feinen 
(Stauben,  ba  ipn  ©utpcpeS  ber  §)ärefie  jiep,  fo  baff  Fabian  ein  ausführliches 
(SlaubenSbefenntniS  abjulegen  genötigt  mar ;  aucp  fdjrieb  ber  $aifer  ju  (Sunften 
be§  Berurteilten  an  ben  römifd)en  Bifcpof  Seo.  ©iefer  patte  auf  eine  früpere 
$lage  beS  6utpcpe§  megen  be§  2öieberaufleben§  be§  BeftorianiSmuS  am 
1.  3uni  448  einfad)  geantmortet,  baff  er  fid)  näper  über  bie  ©aepe  untere 
richten  merbe.  BIS  bann  nad)  ber  Berurteilung  burd)  Fabian  fomopt  bie 
BppeüationSfcprift  beS  (SutpcpeS  als  baS  laiferlicpe  ©epreiben  eingetroffen  maren, 
berlattgte  ber  5ßapft  am  18.  Februar  449  meitere  Buffcplüffe  bon  feiten  beS 
(SrjbifcpofS,  ba  bie  borgelegten  Urfunben  nicpt  genügten1.  Fabians  Bericpt 
über  feine  ©pnobe  mar  bamatS  noep  nicpt  nad)  Born  gelangt.  Bun  lief  biefer 


1  ©utpdjeS  fdOrieö  ( Leo  M.,  Ep.  21,  bei  Migne,  Patr.  lat.  LIV,  713):  Ad  vos 
igitur  religionis  defensores  huiusmodi  factiones  exsecrantes  confugio  ...  et  obsecro, 
nullo  mihi  praeiudicio  facto  ex  his ,  quae  per  insidias  contra  me  gesta  sunt ,  quae 
visa  vobis  fuerit,  super  fidem  proferre  sententiam  et  nullam  deinceps  permittere  .  .  . 
contra  me  calumniam  procedere  et  non  excuti  et  eximi  de  numero  orthodoxorum 
eum,  qui  in  continentia  et  omni  castitate  Septuaginta  annos  vitam  peregit.  —  Leo  M., 
Ep.  29  ad  Tkeod.  ( Migne  1.  c.  p.  788) :  Cum  in  libello  suo,  quem  ad  nos  misit,  hoc 
saltem  sibi  ad  promerendam  veniam  reservaverit ,  ut  correcturum  se  esse  promit- 
teret,  quidquid  nostra  sententia  .  .  .  improbasset. 


4.  Sie  Srrlepre  be§  (SutpcheS.  Sa§  bierte  atfg.  ^onjU  ju  (Sfjalcebon.  521 

ein  meitereS  ©Treiben  folgen,  morin  er  bie  2epre  beS  ©utpdjeS  genauer  erörterte, 
fein  53orgeben,  baff  er  noch  tüä^renb  ber  ©pnobe  nad)  Ütom  appelliert  f;a6e, 
für  unmapr  erhärte  unb  ben  Sßapft  bat,  baS  bon  ipm  über  bie  neue  grrlepre 
gefällte  Urteil  ju  genehmigen  unb  ben  ©lauben  beS  ^aiferS  ju  beftärfen.  Seo, 
nach  ©mpfang  ber  ©pnobalaften  böllig  über  bie  ©treitfrage  aufgeflärt,  lief) 
fid)  nicht  burch  bie  faiferlicpe  ©unft  für  ©utpcpeS  noch  fonft  burep  eine  menfch= 
liehe  fRüdficpt  beirren.  SBäprenb  ber  treffliche  $etruS  ©prpfologuS  bon 
IRabenna,  an  ben  fiep  ©utpcpeS  ebenfalls  gemenbet  hotte,  biefen  auf  bie  ©n© 
fepeibung  beS  ©tuhleS  ^etri  bermieS \  melcher  getnäff  er  auch  halb  nachher  bie 
neue  2epre  befömpfte,  genehmigte  ber  Ißapft  am  21.  2Rat  449  baS  bon  glabian 
gegen  ben  „thorierten  unb  begehrten  Irrtum"  erlaffene  Urteil  unb  berpieff  noch 
eine  ausführlichere  bogmatifebe  Snftruftion,  bie  er  fobann  (13.  guni)  in  feinem 
berühmten  an  glabian  gerichteten  Seprfcpreiben  mit  boüenbeter  theologifcher 
ÜReifterfcpaft  erteilte. 

Snjmifcpen  mar  in  55  p  ä  a  n  ^  infolge  ber  Klagen  beS  ©utpcpeS,  bah  in 
bem  SSerfahren  gegen  ihn  nicht  bloff  alle  IRecptSformen  berieft,  fonbern  auch 
bie  ^ßrotofotte  ber  ©pnobe  ungenau  unb  falfcp  abgefafft  morben  feien,  am 
8.  51pril  449  bom  $aifer  eine  Unterf uebuttg  unb  IRebifion  ber  mitten 
angeorbnet  morben,  ebenfo  am  27.  5Ipril  eine  jmeite;  aber  eS  fonnte  nirgenbS 
eine  roefentliche  33erfälfcpung  nachgetoiefen  merben.  ©chon  borher  aber,  am 
30.  ÜRärj,  hotte  SEpeobofiuS  II.  auf  Slnfucpen  beS  ©utpcpeS  unb  beS  OioSloruS, 
ber  ol)ne  meitereS  ben  erfteren  für  geredjtfertigt  unb  in  fein  5lmt  miebereingefe|t 
erllärte,  für  ben  23eginn  beS  5tuguft  ein  großes  $onjiI  nach  ©ppefuS  auS= 
gefdjrieben;  nieinanb  bon  ben  eingelabenen  hert,orragenben  33ifd)öfen  füllte  meg= 
bleiben ,  Speoboret  aber  nur  anmohnen  bürfen ,  menn  bie  ©pnobe  ipn  be= 
rufe ;  bem  fprifdjen  51bte  53  a  r  f  u  m  a  S  ,  bem  mit  ©utpcpeS  gleichgefinnten 
©iferer  gegen  bie  5ieftorianer ,  füllte  ©iij  unb  ©timme  gemäprt,  bagegen  ben 
53ifchöfen,  bie  ben  ©utpcpeS  berurteitt,  berfagt  fein.  3l°ei  Staatsbeamte, 
©IpibiuS  unb  ©ulogiuS,  mürben  jur  £)anbpabung  ber  Orbnung  als  faiferlithe 
ßommiffäre  befleUt ,  bem  OioStoruS  aber  ber  53orfip  mit  fepr  meitgepenben 
S3oKmad)ten  übertragen2.  Seo  b.  ©r.,  ebenfalls  jur  Teilnahme  eingelaben, 
pielt  srnar,  gleich  f^labian ,  bie  51bpaltung  einer  ©pnobe  für  unnötig,  ja  bei 
ber  leibenfcpaftlicpen  ©rregung  beS  Orients  für  gefährlich,  ernannte  aber  baju 
hoch  brei  ßegaten,  ben  53ifcpof  SuliuS  bon  ^ßutcoli  (^ojjuoli),  ben  ^rieftet* 
fRenatuS  unb  ben  Oiafon  £)i!aruS,  unb  feprieb  beSpalb  meprere  53 riefe 
an  ben  $aifer,  an  beffen  ©djmefter  ^ulcperia,  an  bie  s5lbte  ber  ^auptftabt,  an 
53ifcpof  Julian  bon  ßoS,  an  glabian  unb  an  bie  ©pnobe.  gnbetn  er  glabianS 
©ifer  für  beit  ©lauben  belobte  unb  ipn  5U  meiterem  Kampfe  ermunterte,  motlte 
er  bem  ©utpcpeS  für  ben  gaK,  baff  er  miberrufe  unb  fiep  feinem  93erfprechen 
gemäjj  ber  ©ntfepeibung  beS  Ütömifcpen  ©tupleS  untermerfe,  eine  milbe  53epanb= 
lung  jugeftepert  miffen3. 


1  ipetmö  EprpfoIoguS  ( Leo  M. ,  Ep.  25)  mit  ben  berühmten  Sßorten:  Beatus 
Petrus,  qui  in  propria  sede  vivit  et  praesidet,  praestat  quaerentibus  fidei  veritatem. 

2  Mansi  1.  c.  VI,  558  sq.  593.  596  sq.  600. 

8  Leo  M.,  Ep.  29—38. 


522  2>ie  cprtftologiidjen  unb  artt^ropologifc^en  (Streitigleiten. 

3.  Aber  bie  am  8.  Auguft  449  in  ber  9Aatienfircbe  ju  ©ppefu§  er" 
öffnete  S  p  n  o  b  e  biente  bem  aQe  rechtlichen  formen  berlepenben  SD  i  o  §= 
foru§  nur  al§  Söerfjeug  feiner  Aacpe  an  gtabian  unb  be§  Oriumppeä  ber 
(Sache  be§  ©uipdjeS;  e§  füllte  ber  in  Spjanj  berurteilte  9Aonopppfiti§mu§, 
beffen  ©egner  @utt)cf)ea  al§  Aeftorianer  branbmarfte,  mit  bem  Anfepen  be§ 
©prilluS  unb  ber  bor  achtjepn  Sauren  an  bemfelben  Orte  gehaltenen  Spnobe 
§ur  herrfdhenben  Set>re  erhoben  tnerben.  Oer  gemalttpätige  Alepartbriner  führte 
ben  Sorfip,  bem  päpftlidjen  Segaten  3uliu§  marb  nur  bie  jmeite  ©teile  ein= 
geräumt,  glabian  erhielt  erft  nach  Subenal  bon  Serufalem  unb  nach  SDomnu§ 
bon  Antiochien  (ber  gegen  bie  alte  Orbnung  bem  ^ubenal  nacpgefetjt  tnarb) 
feinen  ißlap.  SDio§foru§  unb  fein  (befolge  bon  Solbaten  unb  fanatifcfjen 
9Aönd)en  erlaubten  fiep  bie  roheften  ©emalttpaten ;  bie  päpftlidjen  Scpreiben 
mürben  gar  nicht  beriefen;  ©utpdjeS  erhielt  ©epör,  nicht  feine  Anfläger; 
jener  roarb  gerechtfertigt,  biefe,  befonber§  glabian  unb  ©ufebiu§,  berurteilt. 
Aach  SSerlefung  ber  faiferlidjen  (Schreiben  marb  bie  Aebifion  be3  sprojeffeS  gegen 
©utpcpeS  borgenommen;  bie  Sehre  bon  jmei  Aaturen  in  (SpriftuS  marb  ana= 
thematifiert,  bie  SDefrete  bon  Aicäa  unb  ©ppefu»  (431)  al§  allein  mafsgebenbe 
Aormett  erflärt.  2Ber  nicht  in  ben  mütenben  Auf  be§  SDio§foru§  einftimmte, 
marb  bon  beffen  Trabanten  bebroht;  bon  ben  punbertfünfunbbreijüg  Sifcpöfen 
berloren  biele  ganj  bie  Sefinnung,  fagten  miüenIo§  ba§  ihnen  Sorgefprocpene 
nach ;  manche  berbargen  fid) ,  einige  baten  ben  Oprannen  SDio§loru§  fußfällig, 
nicht  über  glabian  bie  Abfepung  ju  berhängen.  Si§  juin  Abenb  blieben  bie 
meiften  Sifdjöfe  in  ber  Hirdje  eingefperrt,  fortmährenb  bon  mütenben  Aotten 
bebropt;  mehrere  mußten  fogar  auf  ein  ganj  unbefepriebene»  Statt  ihre  Aamen 
fe|en.  Sergeben§  patten  bie  römifchen  Segaten  gegen  ba§  tumultuarifche 
unb  red)t§mibrige  Verfahren  proteftiert;  ber  SDiafon  |)ilaru§  entfloh  mit 
3urüdlaffung  feiner  Ipabe  auf  unbefanntem  Söege  nach  Aotn,  bem  ^apfte 
Serid)t  ju  erftatten.  Sergeben§  patte  ^labian  an  ißapft  Seo  unb  eine  in 
Italien  abguhaltenbe  Spnobe  Berufung  eingelegt;  er  marb  bon  ben  Atöncpen 
be§  SarfumaS  mit  beulen  mippanbelt,  bon  ®io§!oru§  mit  güfjen  getreten 
unb  bann  in  ba§  ©efängni§,  barauf  in  ba§  ©pil  gefd)Ieppt,  mo  er  nach 
mettigen  Sagen  infolge  ber  erlittenen  fepmeren  Atippanblungen  ftarb.  SDio§= 
Ioru§,  bem  alles  311  2DßiHen  mar,  forberte  noch  anbere  Opfer;  nicht  blop  3ba§ 
bon  ©beffa,  SDaniel  bon  $artä  unb  Opeoboret  bon  ©pru§,  fonbern  fogar 
SDomnu§  bon  Antiochien,  obfdjon  er  in  allem  jugefiimmt  patte,  mürben  ber= 
urteilt  unb  abgefept. 

Salb  barauf  berliejj  SDio§foru§  ©ppefu§  unb  ermirfte  bon  bem  unerfahrenen 
^aifer  Speobofiu§  II.  eine  Seftätigung  feiner  Spnobe,  bie  nun 
bie  jmeite  eppefinifepe  fein  follte.  6»  marb  berboten,  einen  Sifcpof  ju  meipen, 
ber  bie  ^eperei  be§  AeftoriuS  unb  be§  glabian  lepre,  bem  nicänifcpen  Spm= 
bolum  etma§  beigufügen ,  fomie  bie  Schriften  be§  Aeftoriu§  unb  Speoboret  ju 
lefen;  bie  Abfepung  ber  Sifcpöfe  marb  genehmigt.  Speoboret  mürbe  au§ 
feinem  Sprengel  entfernt  unb  in  ein  $lofter  gefperrt,  mo  er  bitteren  Atangel 
litt,  bis  ipn  feine  greunbe  unterftüpten ;  pier  bemäprte  er  eble  Stanbpaftigfeit 
unb  fd)rieb  boll  greube  über  feine  Seiben.  Auch  er  appellierte  gleich  glabian 
an  ben  Stupl  $etri,  mobei  er  ba§  bogmatifepe  Schreiben  Seo§  berperrlidjte 


4.  Sie  Irrlehre  bei  (EuttjdjcS.  Sa§  bierte  aCtg.  ßonjil  gu  <£fjaIcebon.  523 

unb  bon  biefem  ein  Urteil  erwartete x.  Sie  ganje  orientalifche  ^  i  r  d)  e 
fant  in  bie  gröfite  Verwirrung;  bie  meiften  Vifdjöfe  beugten  fid) 
bor  ber  Ijerrfdjenben  gartet;  benen  bon  ^tgt)pten  fddoffen  fid)  bie  bon  Sßaläftina 
unb  2f)rafien  nn,  wäljrenb  bie  in  ©prien,  in  IßontuS  unb  ^leinafien  auf 
feiten  beS  geftiirjten  glabian  ftanben,  bon  benen  aber  nur  wenige  ben  Vtut 
Ratten,  laut  il)re  ©timme  ju  ergeben.  Viele  liefen  fid)  bie  äufeerfte  ($rnieb= 
rigung  gefallen;  bie  fprifchen  Vifdjöfe,  bie  jeben  an  bie  ©inbeit  ber  Vatur 
anftreifenben  9IuSbrucf  berahfefjeuten,  baten  ben  ©utt)d)eS  fogar  um  Verleihung, 
nannten  ihn  ihren  geiftlicben  Vater,  unb  entfdjulbigten  gegen  anbere  ihr  fdjmadp 
boüeS  Venehmen  mit  ben  fd)Wäd)ften  VuSflüchten.  Sie  orientalifche  ®ird)e  war 
in  einem  troftlofen  ^uftanbe  unb  um  fo  mehr  gefährbet,  als  eS  betu  SioS= 
foruS  gelang,  feinen  bisherigen  Agenten  am  ^aiferljofe,  ben  ^ßriefier  9lnato= 
liuS,  auf  ben  Vifd)ofSfiuf)l  ber  Hauptftabt  ju  erheben,  in  bem  er  ein  ganj 
Willfähriges  ©efdjöpf  ju  haben  glaubte,  als  er  ihm  nod)  bor  ©nbe  beS  Jahres 
449  bie  VifdjofSweihe  erteilte1 2.  VUe  eifrigen  $atl)olifeit,  auch  ber  Klerus  unb 
baS  Voll  bon  ßonftantinopef ,  erhofften  nur  nod)  bon  Utom  Hilfe,  wo  noch, 
wie  Sljeoboret  (Ep.  121)  fagte,  „ein  gunfe  ber  red)ten  Sef)re"  erhalten  war, 
„ober  richtiger  nicht  ein  gunfe,  fonbern  eine  gewaltige  Sadel,  bie  ben  ©rbfreiS 
anjünben  unb  erleuchten  fonnte" 3. 

4.  Ser  ^ßapft  täufdjte  biefe  Hoffnungen  nicht.  Sie  unerfchütterlidje  geftig= 
feit  unb  SBeiSljeit  beS  großen  Seo  rettete  bie  griechische  Kirche  in  biefer  trau= 
rigen  Sage  faft  gegen  ihren  eigenen  Vßillen;  er  war  Verteibiger  beS  gefäf)rbetcn 
©laubenS  unb  ber  Vefchüijer  ber  berfolgten  Unfchulb.  ©r  hielt  (Oftober  449) 
eine  ©tjnobe  in  9foin,  worin  er  alles,  was  ju  ©phefu§  gefcheljen  war, 
für  nichtig  erflärte;  er  gab  biefer  Verfammlung  ben  fjfamen  üfäuber= 
fpnobe4.  3n  feinem  unb  feiner  ©pnobe  tarnen  fdjrieb  er  an  She°t>o= 
fiuS  II.  Snbem  er  fein  oberftrid)terli(heS  Vnfeljen  geltenb  machte,  baS  auf 
^labianS  Vppellation  ben  $anoneS  bon  ©arbifa  gemäß  einjutreten  hatte,  fudjte 
er  ben  $aifer  jum  5Iufgeben  ber  Ufäuberfpnobe  unb  jur  ©inwiHigung  in  bie 
Abhaltung  eines  neuen  ^onjilS  ju  bewegen,  bis  ju  welchem  alles  in  bem 
©tanbe  bleiben  füllte,  in  bem  eS  bor  jener  Verfammlung  gemefen.  Sie  fromme 
^}uld)eria  mahnte  er,  fid)  bei  ihrem  Vruber  in  biefer  ©ad)e  ju  berwenben; 
ihr  erftattete  ber  Segat  HtlaruS  Veridjt  bon  bem  511  ©pfjefuS  Vorgefallenen, 


1  Theod.  II.  bei  Mansi  1.  c.  VII,  495;  IX,  250.  Theodoret.  Cyr.,  Ep.  1  cit. 
unb  Ep.  121-124.  129.  130.  185.  138.  139.  Sie  SlppeHation  Sfjeoboretä  bei  Leo  M., 
Ep.  52.  120.  Sfjeobovet  forberte,  ber  ißapft  möge  beftimnit  werben,  xg  dxooxoAtxr} 
Xprjoatrdai  l^ouaig  xal  slg  ro  upixspov  dvaäpageiv  ps  xsXsüa au  auvidpiov  (Ep.  146  ad 
Renat.);  er  wollte  burdjaui  im  Occibent  gerietet  toerben  (Ep.  119  ad  Anat.)  unb 
brauste  aud)  baS  2ßort  intxaXe'ta&ai  ( Leo  M.,  Ep.  52,  c.  5).  33on  Seo  fagt  er  (Ep.  145 
bei  Migne,  Patr.  gr.  LXXX1II,  1384)  :  xal  6  vüv  xijv  psydXrp  'Pdipyjv  lüuvwv  xal  xwv 
öp&wv  öoypdxwv  ras  dxxivag  ix  xrjg  kffizipag  xdvxoos  ixxstvwv  6  üytwxaxog  Aswv  xoüxov 
■kjtj.iv  rf/g  Tzioxsojg  xuv  yapaxxijpa  did  xwv  olxsituv  ypappaxwv  n pog-fjvsyxev. 

2  Theodor.  Lect.  ermähnt  im  Conc.  oecum.  VII.  act.  I  {Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI, 
217  sq.). 

3  Über  bie  3ufdjriften  ber  33l)jantiner  an  ben  tßapft  Seo  bgl.  Leo  AI.,  Ep.  59, 
c.  1  {Migne,  Patr.  lat.  LIV,  867). 

4  Ephesinum  non  Judicium,  sed  latrocinium  (Ep.  95). 


524 


Sie  cbrtftologifdjen  unb  anthropologifdjen  ©treitigleiten. 


unb  fie  Warb  guerft  am  §ofe  bon  ben  3frrtümern  beS  ©utpäjeS  überzeugt, 
gegen  bie  [ie  nun  eifrig  ju  wirfen  trachtete.  Vad)  allen  ©eiten  t)in  fud)te  ber 
ißapft  bie  Ungeredjtigfeit  unb  Verwerflidjteit  ber  3tauberfi)nobe  ju  jeigen ;  er 
warnte  bor  it)r  burd)  VnaftafiuS  bon  ©tjeffalonict)  ben  Klerus  SUprienS 
wie  ^Ieru§  unb  Voll  bon  $onftantinopel.  2IIS  im  Februar  450  S^aifet 
V  a  l  e  n  t  i  n  i  a  n  III.  mit  feiner  9Jtutter  ©aüa  Sßlacibia  unb  feiner  ©emaf)lin 
©ubofia  (beS  24)eobofiu§  ©odjter)  nad)  üfom  lam,  betoog  fie  Seo  ju  nad)brüd= 
lieben  Vorstellungen  bei  $beobofiu§,  benr  fie  aud)  bie  oberftrid)terlicbe  Autorität 
beS  römifeben  Vifd)of§  in  baS  ©ebädjtniS  tiefen1.  $l)eobofiu§  II.,  nod)  bon 
©brpfapbiuS  be£jerrfd)t,  entgegnete,  in  ©pl)efuS  fei  alles  mit  boHer  Freiheit  unb 
ganj  ber  2Bal)rf)eit  gemäfs  oerbanbelt  morben,  je^t  berrfdje  Stiebe  unb  ©in= 
tratet  in  allen  orientalifdjen  Kirchen.  Vom  Sßapfte  berlangte  er  bie  2ln= 
erfennung  beS  neuen  Vifd)ofS  VnatoliuS,  ber  felbft  nebft  feinen  ^onfefratoren 
barum  nad)fud)te.  ©iefe  erteilte  Seo  nicht,  er  berlangte  bielmelfr  borerft  Ve= 
meife  ber  9ted)tgläubigleit  beS  neuen  VifdjofS  burd)  Verurteilung  beS  VeftoriuS 
unb  beS  ©utpdjeS,  bureb  ©rllärung  feiner  2lnl)änglid)feit  an  bie  Selfre  ber 
Väter,  bureb  Vnnalfme  feines  bogmaiifdjen  ©cbreibenS  an  f^IatDiart  unb  orbnete 
jrnei  Vifcböfe  unb  gnoei  ifßriefter  an  ben  Haiferbof  ab,  toeldje  weitere  Untere 
banblungett  führen  füllten,  ©er  Stapft  hielt  bie  Vbljaltung  einer  neuen  ©pnobe 
in  Italien  nur  bann  für  notwenbig,  wenn  nicht  alle  Vifcböfe  ber  bon  ihm  ge= 
gebenen  ©arlegung  beS  ©laubenS  beitreten  Würben,  ©inftweilen  bot  ihm  bie 
Seftigleit  ber  ^ulcberia  fotuie  ber  ©eiftlidien  unb  9Jtönd)e,  bieler  Vornehmen 
unb  beS  Volles  ber  tpauptftabt  ©roff  unb  frohe  Hoffnung.  2öäf)renb  ©ioS= 
foruS,  bon  ber  ^affation  feiner  ©pnobe  unterrichtet ,  ben  Vann  gegen  Seo 
auSjufpred)eit  wagte2,  fanb  baS  papftlid)e  Sebtfdjreiben,  baS  bereits  bie  Vi= 
fd)öfe  ©aUienS  unterfebrieben  bitten,  aud)  im  Orient  Verbreitung  unb  gab)l= 
reiche  Enterfcbriften 3. 

Valb  traten  in  ber  ^aiferftabt  wichtige  Veränberungen  ein :  ©brpfapbiuS, 
bie  borjiiglichfte  ©tüfme  ber  ©utpd)ianer,  fiel  in  Ungnabe;  bie  ^aiferin  ©ubolia 
30g  fid)  nach  Serufalem  jurüd,  unb  nun  erlangte  bie  glaubenstreue  ^ulcheria, 
fd)on  längft  neben  ihrem  Vntber  als  Vugufia  prollamiert,  allen  ©influfj,  ja 
nad)  bem  unerwartet  erfolgten  ©obe  beS  letzteren  (28.  Suli  450)  führte  fie 
felbft  bie  fperrfd)aft ,  bie  fie  mit  bem  ju  ihrem  ©ernahl  erhobenen  Selbl)errn 
Vlarcian,  einem  ber  tüchtigsten  Vtänner  beS  VeidjeS,  teilte.  ©aS  §errfd)er= 
paar  legte  offen  feine  fatbolifeben  ©efinnungen  an  ben  ©ag,  rief  bie  um  beS 
©laubenS  willen  abgefeimten  unb  üerbannten  Vifdjöfe  jurüd  unb  lieb  bie  ©e= 
beine  beS  VefennerS  Slobian  nad)  ber  tpauptftabt  bringen  unb  ebrenüoH  in  ber 
5tpofteIlird)e  beftatten.  Vtarcian  melbete  bem  Zapfte  feine  ©rljebung,  empfahl 

1  Leo  M. ,  Ep.  43 — 51.  53.  54 — 61.  69 — 71.  Ser  äluSbrucf  oövodog  Ayorptxr] 
aud)  bei  Theophan.,  Chronogr.  (ed.  Bonnae)  p.  86. 

2  Über  baS  Slnattjem  beg  Sio3loru§  gegen  ßeo  Ogi.  Conc.  Clialced.  act.  sess.  III 
bei  Mansi  1.  c.  YI,  1009.  1048.  1099. 

3  Über  bie  Vifdjiöfe  ©atlienS  bgl.  Leo  M.,  Ep.  67.  68;  über  bie  ©pnobe  Oon 
SXailanb  im  ülugufi  ober  ©eptember  451  Ogi.  Ep.  97.  3m  $uni  451  fonnte  Seo  Oon 
feiner  Ep.  ad  Flavian.  jagen:  quam  ecclesia  universalis  amplectitur  (Ogi.  Ep.  88, 
c.  1).  SSgl.  Idacius ,  Chron.,  bei  Gallandi,  Bibi.  vet.  Patr.  X,  327. 


4.  Sie  Sfrrlepre  be§  ©utpdjei.  Sai  bierte  afig.  Äon-pl  au  ©palcebon.  525 

feine  Regierung  beffen  ©ebeten  unb  brüefte  Ipm  beit  Söunfdj  au§ ,  burdb  eine 
unter  ber  Autorität  be§  fRöntifdpen  ©tupleS,  ber  bie  oberfte  9lufficpt  über  ben 
göttfidjen  ©tauben  ^abe,  abjupaltenbe  ©pnobe  ben  Kirdpenfrieben  mieberper= 
jufMen* 1.  ©ie  an  ©peobofiuS  II.  gefanbten  päpftltdjen  Segaten,  an  bereu 
©pipe  S3ifd)of  9(bunbiu§  öoit  ©omo  ftanb ,  fanben  bie  eprenbollfte  5tuf= 
nähme,  unb  9lnatoIiu§  nahm  in  beren  Söeifein  auf  einer  ©pnobe  CRobember 
450)  ba§  bogmatifdpe  ©Treiben  ÖeoS  an  feinen  Vorgänger,  ba§  jitr  Unter= 
fdprift  allen  orientatifdjen  Metropoliten  zugefertigt  mürbe,  feierlich  unter  gleich 
jeitiger  93erurteilung  be§  iReftoriuS  unb  be»  ©utpcpeS  an.  Mehrere  Prälaten, 
bie  fidp  beut  ©ioStoruS  angefdploffen  patten,  bezeigten  IReue  unb  münfepten  bie 
©emeinfdjaft  be§  Ulpoftolifepen  ©tupte§.  ©er  $aifer  unb  bie  ^aiferin  metbeten 
beitt  ^apfte  ben  erfreulichen  Umfcpmung  unb  tuben  ipn  ju  einer  großen  ©pnobe 
in  iprenx  fRcidpe  ein.  ©einerfeitS  fanbte  StnatoliuS  bret  ©eiftlidpe  mit  Briefen 
jum  ©rmeife  feiner  IRecptgläubigteit  nach  9iom.  Seo  erfannte  je|t,  ,,mepr 
ber  Milbe  als  ber  ©ered)tigteit  folgenb"  unb  aus  fRiidfidpt  auf  beS  ßaiferS 
^ilrfpracpe,  ben  toegen  feiner  ^onfetration  burd)  ©ioStoruS  nicht  ganz  tabel= 
freien  neuen  33ifcpof  an,  ber  fiep  als  rechtgläubig  entliefen2,  billigte  bie  53e= 
fdjlüffe  feiner  ©pnobe,  inSbefonbere  bie  Maßregeln  betreffs  ber  reuigen  Söifcpöfe, 
bie  einftmeiten  mit  2Bieberertangung  ber  ^irepengemeinfepaft  fiep  zu  begnügen 
hätten,  bepiett  fiep  baS  Urteil  über  ©ioStoruS,  Suoenal  unb  anbere  fproer 
fdpulbigte  bor,  banfte  bem  ^errfdperpaar  für  feine  ^Bemühungen  um  ben  ^rieben 
ber  Kirche  unb  orbnete  neue  ©efanbte  an  baSfelbe  ab.  ©ine  neue  ©pnobe 
hielt  ber  5ßapft  jept  für  überflüffig ,  ja  imrätliep ,  toenigflenS  eine  Vertagung 
auf  eine  gelegenere  3eit  ermünfdpt.  ©enn  glabianS  9Inben!en  mar  mieber= 
hergeftetlt,  ©utpcpeS  entfept,  ©ufebiuS  bon  ©orptäum  genop  in  9tom  bie  ©e= 
meinfepaft  ber  $irdpe,  ©peoboret  war  bom  Zapfte  unb  bom  $aifer  reftituiert, 
ber  ©laube  burd)  Unterzeichnung  beS  päpftlichen  ©dpreibenS  an  glabian  böllig 
gefiebert,  baS  Urteil  über  bie  ©efallenen  mürbe  borbereitet,  ©aju  fchiett  eine 
neue  ©rörterung  ber  bogmatifepen  $rage,  ba  baS  Urteil  ber  Kirche  feftftanb, 
gefäprlicp  unb  unjuläffig ;  jubem  tonnten  fiep  bie  abenbtänbifepen  33ifcpöfe  beim 
©inbringen  ber  £utnncn  nicht  leicht  bon  ihren  ©iöjefen  entfernen,  ©a  aber 
ber  $aifer  bereits  am  17.  Mai  451,  noch  bor  ©mpfang  beS  abmapnenben 
©dpreibenS  ÖeoS  (bom  9.  3uni),  bie  ©pnobe  auf  ben  1.  ©eptember  biefeS 


1  9Rarcian  fpreibt  Ep.  73  (inter  epp.  Leon.)  bem  ^papfte  bie  23orftanbfd)aft  in 
©a(f)Cn  bei  ©laubeni  JU  ( zijv  erqv  dyiwovvyjv  irucrxonsuouaav  xai  dp/ouffav  zijg  tisc'ag 
TzctTTsajg),  toie  nadp  Leo  M.,  Ep.  5,  c.  2  ber  fjerr  bem  ißetrui  primatum  fidei  Der= 
liepen  pat.  3bie  SCOorte  2Rarcian§  <mö  abilevzoüvzog  peipen  nicht:  „auf  beitte  2ln= 
regung",  fonbern:  „unter  beiner  2Iutorität " ,  lote  fonft  aö&sxzia  in  gleichzeitigen  Sitten 
borfommt.  Sögt.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  lib.  I,  n.  43  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXXVI, 
168):  iypatf’av  Aiovzi  .  .  .  izaoav  auzw  abdevziav  Tzapiyo^zsg.  Gelds.,  Ep.  42, 
ed.  Thiel  p.  478  toirb  ber  xponezeca  ber  Saien  bie  aodevzia  bei  Sßrieftertumi  ent= 
gegengeftetlt. 

1  Über  9lnatoIiui  Ogi.  Leo  M.,  Ep.  104  ad  Marcianum,  c.  2:  Nos  vestrae 

fidei  et  interventionis  habentes  intuitum ,  cum  secundum  suae  consecrationis  auc- 
tores  eius  initia  titubarent,  benigniores  circa  eum  quam  iustiores  esse  voluimus; 
c.  3 :  Yestrae  pietatis  auxilio  et  mei  favoris  assensu  episcopatum  tantae  urbis 
obtinuit. 


526 


®ie  cßriftotogifißen  utib  antßropotogifcßett  ©treitigleitcn. 


SaßreS  nach  Stic  da  in  Vitßßnien  berufen  batte,  fo  trat  Seo  troß  bet  lunb= 
gegebenen  Vebenten  biefer  ütnorbnung  bei  unb  beorberte  neben  ben  fcßon  borßer 
gefcßidten  Segaten,  bem  SSifdjof  SucentiuS  unb  bem  ^rieftet  VafitiuS, 
noch  ben  33ifct)of  5paf<ßafiuS  bon  Sitßbäum  unb  ben  ^ßriefter  Vonif  actus, 
bie  mit  Julian  twn  $oS  ißn  auf  ber  ©pnobe  bertreten  füllten;  bie  perfön= 
liebe  Teilnahme  lernte  er  mit  Berufung  auf  bie  alte  ©etnof)n^eit  feines  ©tußteS 
unb  bie  ßiotwenbigfeit  feiner  3Xnraefenf)eit  in  Italien  ab,  fpradt)  aber  baS  ütedjt 
beS  VorfißeS  traft  feines  Primates  feinen  Segaten  ju ,  unter  benen  ^afcßafiuS 
bie  erfte  ©teße  einnebmen  füllte.  Umficßtig  gab  er  geeignete  Siatfcßtäge  an  bie 
§attb,  warnte  bor  ehrgeizigen  Übergriffen  gegen  bie  alte  ßierarcßifcße  Orbnung 
wie  bor  einer  SBieberaufnaßme  bon  llnterfucßungen  über  baS  lireßticß  §eft= 
ftebenbe ;  and)  füllte  bie  Verwerfung  beS  ßJionopbßfttiSmuS  bem  entgegenfteßenben 
Syrern  beS  ßieftorianiSmuS  feinen  Vorteil  bringen. 

5.  OaS  nach  ßticäa  auSgefd)riebene  ^onjit  warb,  Weit  ber  ^aifer  in  ber 
Stöße  fein  unb  perfönücß  anwof)nen  Wüßte,  nach  ©ßalcebon  berlegt  unb  am 
8.  Oftober  451  in  ber  bortigen  $irdße  ber  bl.  ©upßemia  eröffnet.  Vßeber 
früher  noch  fpöter  fab  ber  Orient  eine  fo  große  3  aßt  0011  Vif d) Öfen 
(520 — 630)  bereinigt;  bom  Vbenbtanbe  waren  außer  ben  römifeßen  Legaten 
nur  jwei  afrifanifdje  Vifcßöfe  jugegen.  $ür  bie  duffere  ©efcßäftSleitung  waren 
fecßS  faifertieße  $ommiffäre  nebft  mehreren  ©enatoren  anWefenb,  bie  aber  bon 
ber  ©pnobe  fetbft  auSbrüdticß  gefd^ieben  würben;  als  Vorfißenbe  ber 
teßteren  fungierten  bie  pdp  ft  lieben  Segaten;  naeß  ibuen  faßen  VnatoliuS 
bon  Vpjanj,  SJiapitnuS  bon  Slntiocßien,  ©ßataffiuS  bon  ©äfarea  (^appabocien), 
©tepban  bon  ©pßefuS  unb  bie  meiften  anbern  Vifcböfe;  auf  ber  entgegen= 
gefegten  ©eite  faßen  OioSforuS  unb  Subenat  mit  ben  ihnen  anbängenben  Vi= 
feßöfen.  Slber  fd)on  bei  Veginn  ber  Verbanbtungen  mußte  OioSforuS  auf 
Eintrag  ber  päpfitießen  Segaten  feinen  Sßtaß  berfaffen  unb  fieß  in  bie  Vtitte 
feßen;  infolge  ber  bertefenen  fö'tagefcßrift  beS  ©ufebiuS  bon  Oorßtäum 
würben  bie  Elften  feiner  Siäubetfpnobe  unterfueßt  unb  fein  ganjeS  feßmaeßbotteS 
Verfahren  aufgebedt;  biete  feiner  bisherigen  Anhänger,  befonberS  bie  Vifcböfe 
bon  Sßaläftina,  bertießen  ißn,  unb  bie  meiften  Vifcßöfe  erftärten  ißn  beS  ©pi= 
ffopateS  unwürbig.  SJiancße  feiner  früheren  ©enoffen  befannten  ißre  ©cßutb 
ober  fueßten  fid)  mit  ber  erlittenen  ©ewatt,  mit  ihrer  Vienfcßenfurcßt  feßwaeß 
genug  ju  entfeßutbigen.  Oie  ägpptifcße  Partei  braeß  in  roßeS  ©efdjrei  auS, 
als  Vifcßof  ©ßeoboret,  weit  ißn  Sßapft  Seo  wieber  eingefeßt  habe,  eingeführt 
Warb,  wogegen  bie  übrigen  ben  OioSforuS  atS  Vtörber  gtabianS  taut  be= 
fcßulbigten.  Oie  faiferlidjen  ^ommiffäre  mahnten,  fotcßeS  ^öbetgefeßrei  fei  un= 
paffenb  für  Vifcßöfe  unb  für  leinen  ©eit  erfprießtid).  Über  OioSforuS, 
Subenal  unb  hier  anbere  Vifdjöfe  warb  bie  Stbfeßung  auSgefprocßen,  weS= 
halb  fie  aueß  in  ber  j weiten  ©ißung  fehlten.  tpier  bertaS  man  baS  nicä= 
nifeße  ©pmbotum  mit  bem  fpäteren  Veifaße,  jwei  Vriefe  beS  ©ßritt  fowie  baS 
bogmatifeße  ©cßreiben  SeoS,  baS  mit  freubigett  Stfftamationen  begrüßt  warb: 
„OaS  ift  ber  ©taube  ber  Väter,  baS  ber  ©taube  ber  Vpoftet.  ©o  gtauben 
wir  alte.  ^etruS  ßat  burd)  Seo  gefproeßett.  ©o  teßrten  bie  Vpoftet."  OaS 
©cßreiben  warb  als  eine  Siegel  beS  ©taubenS  anerlannt.  2öenn  nachher  einige 
minber  unterrichtete  Vifcßöfe  bon  ^atäftina  unb  Sßprien  baS  ©cßreiben  nießt 


4.  Sie  Sfrrtepre  be§  ©utpepeS.  SaS  bierte  attg.  ßonjit  ju  ©patcebon.  527 

ganj  berftanben  unb  9Iuffd)ub  begehrten,  fo  marb  junädjft  ju  bem  3toede,  bie 
3tt>etfebnben  ju  belehren,  eine  neue  Prüfung  jugeftanben,  bie  beanftanbeten 
©teilen  mürben  burcp  ganj  äpnlicpe  be§  ©t)ritlii§  erläutert,  unb  nachher  gaben 
aud)  jene  33ifd)öfe,  bie  bocp  al§  ffticpter  mit  boKer  ©adpfunbe  ju  urteilen 
Ratten,  ipre  Unterfdfrift1.  9M)rere  33ifd)öfe  legten  unter  bielfatpem  2Biber= 
fprud)  gürbitte  für  bie  Häupter  ber  Dtäuberfpnobe  ein.  3n  ber  britten 
©i|ung  (13.  Oftober)  traten  ©ufebiu§  bon  Oorpfäum  unb  brei  (Seift; 
licpe  foroie  ein  Saie  au§  fHIepanbrien  al§  Dlnfläger  gegen  ®io§foru§  auf; 
biefer  marb  breimal  borgclaben,  unb  ba  er  unter  berfdjiebenen  föormänben  fiep 
meigerte  ju  erfepeinen,  auf  ©runb  ber  bereits  ermiefenen  23erbred)en  juerff  bon 
ben  päpftlidjen  Segaten,  bann  bon  ben  übrigen  33ifd)öfen  beS  bifcpöflicpen 
9lmte§  entfett  unb  aller  geiftlicpen  Üfecpte  berluftig  erflärt,  mobon  bem  IHeru§ 
beleihen  mie  bem  $aiferpofe  unb  bem  23olfe  Diitteihmg  gemaept  tnarb.  ©egen 
bie  fDtitfcpulbigen  be§  Oio5foru§  aber  berfupr  man  in  ber  bierten  ©i|ung 
(17.  Oftober)  aufferft  mifb;  man  napm  fie  rnieber  auf,  ba  fie  um  SSerjeipung 
gebeten,  ben  ©utt)cpe§  anatpematifiert  unb  Seo§  ©djreiben  unterzeichnet  Ratten, 
aud)  ber  ^aifer  für  bie  ©eponung  berfelben  fid)  geneigt  ermie§ ;  breijepn  ägt)p; 
tifepe  33ifd()öfe ,  bie  bem  ßaifer  ein  böffig  ungeniigenbe§  ©lauben§befenntni§ 
eingereid)t  Ratten,  mofften  ben  pöpftlicpen  39rief  nidt)t  unterf Treiben ,  meif  e§ 
ipnen  nicf)t  geftattet  fei,  etma§  oI)ne  Höiffen  unb  Söitlen  ipre§  ^atriardjen  jit 
tpun;  man  mürbe  fie  fonft  bei  ber  IRüdfunft  in  bie  tpeitnat  töten;  ba  ®io§= 
foru§  abgefe|t  fei,  müffe  man  erft  einen  fftacpfolger  mäplen,  auf  beffen  ©epeifi 
fie  bann  unterzeichnen  mürben.  ©§  marb  befcploffen,  fie  bis  ju  einer  neuen 
2BapI  für  llejanbrien  in  ber  £>auptftabt  bermeilen  ju  faffen. 

Ulnfänglid)  molfte  bie  ©pnobe  feine  neue  23efenntniSform  aufftellen,  meif 
bie  Unterzeichnung  beS  päpftlicpen  ©djreibenS  jur  5Iu§fcpfiepung  be§  eutpd)ia= 
nifepen  Srrtum§  pinreidjenb  fepien.  ©§  marb  aber  bod)  naep  bem  SBunfcpe 
be§  £)ofe§,  ber  ^Beamten  unb  bieler  Sifcpöfe  bie  Dlbfaffung  einer  neuen  Formel 
befcploffen.  ©ine  bon  ^InatoliuS  berfafste  marb  jmar  bon  biefeit  ipm  ergebenen 
©rieepen  gebilligt  (21.  Oftober),  bon  ben  päpftlidpen  öegaten  aber  bermorfen; 
an  bem  9Iu§brud,  bap  ©priftu§  au§  jm ei  Naturen  fei,  patte  bie  Partei 
be§  OiosUoruS  feinen  Dlnftop ;  bagegen  fanb  fie  fiep  burd)  ben  2tu§brucf 
in  jmei.iJfaturen  fdjroer  getroffen.  Oa§  in  ber  fünften  ©i|ung 
(22.  Oftober)  aufgcftcflte  93efenntniS  fpracp  au§:  2öir  lepren  alle  einpetlig 
einen  unb  benfelben  ©opn,  unfern  fperrn  3efu§  ©priftu§,  boKfommen  naep 
ber  göttlicpen  unb  boKfommen  nad)  ber  menfdjticpen  5tatur,  mapren  ©ott  unb 
mapren,  au§  ber  bernünftigen  ©eefe  unb  bem  Seibe  beftepenben  'Utenfcpen, 
mefen§gfeicp  bem  23ater  ber  ©ottpeit  naep  unb  mefenSglcicp  aud)  un§  ber 
TOenfdppcit  naep,  in  jmei  Naturen2  opne  «Bermif  cpung,  opne 
33ermanblung,  opneSerreifjung,  opne3ertrennung,  inbem 


1  Sie  DJteprpcit  teottte  eine  neue  Unterfupung  anfangs  niept  geftatten;  fie  patte 

ben  33rief  at§  runog  xiorstug  anerfannt  ( Mansi  1.  c.  VI,  971  sq.;  bgl.  VII,  113  116); 

man  gab  fie  ju,  ut  qui  dubitant  doceantur  (ibid.  VI,  974  sq.). 

2  Safc  in  ber  Sefinition  ber  fünften  Sipung  ( Mansi  1.  c.  p.  116)  iv  8öo  <pu<n<n 
ftatt  ix  düo  <p6<rswv  ju  lefen  ift,  paben  Sitlemont,  2ßalcp,  9leanber,  ©iefeler,  Siafobi  u.  a. 
toopl  erfannt.  SB  gl.  £>efele,  ©onciliengefdp.  II  (2.  Stuft.),  470,  2tnm.  1. 


528 


®ie  djriftologifdjien  urtb  anthrobologifdjen  (Streitigfeiten. 


bet  Unterfchieb  bet  Naturen  feineSWegS  wegen  bet  ©inigung  aufgehoben,  biel= 
mehr  bie  (Sigentümlid£)?ett  jebet  fftatur  gewährt  ift,  unb  beibe  in  eine  ^3etfon 
unb  eine  tphfeoftafe  jufammenfommen.  UluSbrücflich  warb  babei  bet  Vrief 
8eoS  al§  eine  ©äule  gegen  bie  $e|er  be§eid)net ,  unb  in  einet  Slnfprache  an 
ben  Inifer  erfannte  bie  ©tynobe  in  bem  römifchen  Vifdjof  einen  bet  ©fenobe 
bon  (Bott  gegebenen  Vorfamfefer  gegen  allen  Saturn.  Vtan  fprad)  [ich  auch 
gegen  biejenigen  aus,  treidle  eine  weitere  ©faubenSerflärung  nach  bet  e^f)efi= 
nifdfen  für  unftatthaft  hielten,  ba  neue  Srrtümer  auch  neue  ©laubenSbarlegungen 
erfjeifchen.  Sn  bet  f elften  ©ifeung  am  25.  Oftober,  bet  Vtarcian 
unb  Pulcheria  feerfönlich  anwohnten,  warb  nach  einer  trefflichen  SInrebe  beS 
ßaiferS,  bet  and)  einige  firdjliche  Verorbnungen  borfchlug,  baS  ©laubenSbefret 
neu  beriefen  unb  berfünbigt;  bom  ^aifet  warb  baS  öffentliche  OiSfeutieren  über 
©laubenSfragen  unb  baS  Vnregett  neuer  ©treitigfeiten  berboten.  Oie  Väter 
fahen  baS  ^onjil  als  beenbigt  an;  aber  9Jlarcian  Wollte  noch  mehrere  OiS= 
Stfefinarfragen  unb  ißribatfachen  erlebigt  Wiffen,  welche  in  ben  folgenben  ©ifeungen 
jur  (Sprache  famen.  Sn  bet  a  <h  t  e  n  ©  i  fe  u  n  g  (26.  Oftober)  fpradfen 
Oheoboret  unb  brei  anbere  Vifdjöfe  ju  ihrer  boflen  9fed)tferügung  baS  Vna= 
them  über  VeftoriuS;  ebenfo  fanb  (neunte  unb  § e h n t e  ©i|ung,  27.  unb 
28.  Oftober)  Vifdwf  SbaS  bon  ©beffa,  nachbem  er  fid)  gerechtfertigt  unb  ben 
VeftoritiS  wie  ben  ©uttycheS  anathematifiert  hotte,  bie  Aufnahme.  Sn  ber  fünf= 
Sehnten  ©ifeung  (31.  Oftober)  würben  achtimbswanjig  $anoneS 
aufgefieüt  in  iflbwefenheit  ber  feapftlicben  Segaten,  bie  nachher  (1.  Stobember) 
gegen  ben  bie  ©rhöhung  beS  ©tufjleS  bon  $on  ft  antinobel  bejweden= 
ben  ßanott  28  feierlich  Verwahrung  einlegten.  Oie  faifcrlid)en  $ommiffäre 
erfannten  an,  bah  ber  Sßrimat  unb  ber  borgüglichfte  ©hrenrang  bor  allen  bem 
©rjbifchofe  bon  Vltrom  gebühre,  e§  folle  aber  auch  ber  bon  Veurom  biefelben 
©hrenborrechte  genießen.  Vei  bem  2BiberfJ)ru<he  ber  Segatcn  3tomS  fudjte  man 
befonberS  für  biefe  Veftimmung  bie  Vnerfennung  VomS  ju  erlangen,  als  man 
in  einem  ehrerbietigen  ©threiben  bie  Veftätigung  ber  gefaxten  Vefdjlüffe  bei  2eo 
nachfud)te,  ber  aber  nur  baS  (BfaubcnSbefret  genehmigte1. 

6.  ^aifer  Vlarcian  berhängte  über  ©utfedjeS  unb  OioSforuS  bie 
Verbannung  unb  erliefe  452  ftrenge  ©bitte  gegen  ihre  Anhänger2.  Slber  ber 
Orient  war,  wenn  auch  ber  gröfeten  (Befahr  enthoben,  noch  lange  nicht  beruhigt, 
unb  bie  leibenfd)aftlid)en  ÜRonophhfitcn  boten  alles  auf,  um  baS  $onjil 
bon  ©halcebon  als  neftorianifd)  ju  berbächtigen  unb  aufeer  ©  eitun  g  ju  fetjen. 
Sn  spaläftina  entftanb  ein  VtönchSauflauf  gegen  Vifdjof  Subenal  bon 
Serufalem,  bon  ber  ^aiferinwitwe  ©ubofia  unterftiifet;  ber  alejanbrinifche 
Vlönd)  Ohe°bofiuS,  ber  bon  ©halcebon  gefommen  war,  trat  an  bie  ©fnfee 
berjenigen,  bie  jwar  ben  ©utrjdjeS  unb  bie  Sehre  bon  einer  Vbforfetion  ber 
menfd)lid)en  burd)  bie  göttliche  Vatur  berwarfen,  aber  bie  jwei  Vaturen  nicht 
befennen  wollten;  er  warb  bon  feinem  Vnlfang  an  bie  ©teile  beS  bertriebenen 
Subenal  auf  ben  ©tuljl  bon  Serufalem  erhoben  unb  wütete  gegen  alle,  bie  fid) 
bom  ^onjil  bon  ©halcebon  nicht  loSfagen  wollten.  ©S  fam  ju  bielem  Vlut= 


1  Mansi  1.  c.  VII,  97  sq.  118  sq.  178  sq.  423  sq. 

2  Mansi  1.  c.  VII,  475  sq.  498  sq.  502  sq. 


4.  ®ie  Sfrrlepre  öe§  ©uipipeS.  ®aä  bierte  aüg.  ßonjil  ju  ßpalcebon.  529 

öergie^en  unb  jur  Vertreibung  ber  rechtmäßigen  Vifcpöfe.  Vielfach,  auch  bon 
ißapft  Seo  aufgeforbert,  fcpritt  ber  $aifer  mit  bemaffneter  Viacpt  ein,  ber  ©peo= 
bofiuö  jmanpg  Vlonate  lang  ©ro|  bot.  ©ann  floh  er  auf  ben  Verg  ©inai; 
©nbe  453  mürben  Suöenal  unb  bie  anbern  bertriebenen  Vifd)öfe  mieber  ein= 
gefegt;  aber  e§  blieben  noch  biete  Vtonopppfiten  in  5ßaläftina  1. 

9lodp  fcplimmer  ging  e§  in  iägppten,  mo  bie  Partei  be§  ©io§foru§ 
fepr  mächtig  mar  unb  behauptete,  ju  ©palcebon  habe  man  ben  hl-  ©hrilluS 
berurteilt  unb  bie  Srrlepte  be§  9teftoriu§  beftätigt;  bon  2eo§  bogmatifcpem 
©^reiben  ftreute  man  eine  gefälfcpte  Überfettung  au§.  Dbfcpon  bie  ägßptifcpen 
Vifcpöfe,  ihrem  Patriarchen  meift  fflabifcp  untermitrfig,  bem  ©io§toru§  nur  fepr 
ferner  entfagten,  fo  hatten  fie  hoch,  ba  berfelbe  nach  ^applagonien  berbannt 
marb,  mo  er  um  455  ftarb,  beffen  ©rjpriefter  $ßroteriu§  auf  feinen  ©tupl 
erhoben,  gegen  ben  aber  halb  biete  feiner  ©eiftticpen  fiep  ungefügig  geigten. 
©§  entgünbete  fiep  in  5ttejanbrien  ein  blutiger  Vufrupr;  faiferlicpe  ©otbaten 
mürben  bon  bem  mütenben  pöbet  in  ben  ehemaligen  ©erapiStempel  getrieben 
unb  pier  lebenbig  berbrannt;  e§  beburfte  einer  bebeutenben  ©treitmaept,  um 
bie  9iupe  mieberperguftetlen.  9ladj  VtarcianS  ©ob  457  erfolgte  eine  nod) 
heftigere  ©mpörung:  proteriuS  marb  im  Vaptifterium  ermorbet;  auf  ben  erg= 
bifepöfliepen  ©tupt  mürbe  ©imotpeu§  5Iituru§  ($ape),  ein  452  bon  Pro= 
teriu§  abgefeßter  roütenber  üftonoppßfit,  erpoben,  ber  alte  miberftrebenben  Vifcpöfe 
unb  ©eiftticpen  abfeßte,  bie  ©pnobe  bon  ©patcebon  unb  ben  papft  Seo  famt 
Vnatotiuä  anatpematifierte.  Veibe  Parteien  manbten  fiep  an  ben  neuen  ^aifer 
ßeo  I.  (457 — 474);  ©imotpeu§  2lituru§  forberte  ein  neue§  ö!umenifcpe§ 
$onjit ;  ber  Papft  brang  auf  Veftrafung  ber  üftörber  be§  5ßroteriu§,  auf  ©in= 
feßung  eines  fatpotifepen  (Srgbifd^ofS  in  Vtepanbrien  unb  Mfrecptpattung  be§ 
dpatcebonif dpen  ^onjit§.  ©er  $aifer  forberte  bon  ben  Vifcpöfen  feines  Veicpe§ 
©utaepten  über  bie  Autorität  ber  ©efrete  bon  ©patcebon  unb  über  bie  ©aepe 
be§  9Iiluru§.  gaft  alte  —  an  1600  —  erflärten  (458),  bie  Veftplüffe  bon 
©patcebon  feien  peitig  unb  unberteßtiep ,  ©imotpeuS  3lituru§  berbiene  fepon 
feiner  Verbreepen  megen  nidjt  btoß  bie  Mfeßung,  fonbern  immermäprenben 
M§fcptuj?  au§  ber  $ircpe.  9htn  mürben  bie  Vtörber  be§  proteriu§  beftraft, 
9Iituru§  naep  ©angra  unb  bann  naep  ©perfon  berbannt,  unb  ©imotpeuS 
©aloppafiatoS  (ber  V3eiße)  at§  ©rjbifdiof  bon  Mejanbrien  (460)  ein= 
gefegt,  ein  Vtann,  ber  bei  aufrichtig  fatpotifeper  ©efinnung  burep  feine  fanfte 
©emiitSart  unb  rneife  Vtäßigung  biel  jur  SBieberperftettung  ber  Orbnung 
beitrug 2. 

Mein  aud)  im  antioepenifdfen  ©prenget  fam  e§  halb  ju  be= 
beutenben  Kämpfen,  ©er  berüchtigte  Mt  Varfuntaä  (f  458)  patte  bem 


1  Leo  M.,  Ep.  109.  116.  117.  123.  139.  Vita  S.  Euthymii  abb.  (f  472)  scripta 
a  Cyrillo  Sci/thopol.,  bei  Cotelerius,  Ecclesiae  graecae  inonum.  II,  200.  Evagr.  Schol., 
Hist.  eccl.  II,  5.  Mansi  1.  c.  VH,  483.  487.  506.  510.  514.  620. 

2  Liberatus ,  Breviarium  causae  Nestor,  et  Eutych.  c.  12.  Evagr.  1.  c.  II,  5. 
8.  11.  Theophan. ,  Cbronogr.  (ed.  Bonnae)  p.  173.  Leo  M. ,  Ep.  145.  156  sq.  162. 
164  sq.  169  sq.  Codex  encycl.  bei  Mansi  1.  c.  VI,  541;  VII,  455.  Gelas.,  Brevic. 
hist.  Eutych.  c.  4.  5,  ed.  Thiel  p.  514  sq.  Supplic.  Episcop.  Aeg.  ad  Leon,  bei  Mansi 
1.  c.  VII,  525.  3fn  Slgppten  pießen  bie  ßatpolilen  getoöpttlidj  nur  Spopppfiten. 

§ei0eniötf)er,  ftirdjengefdjiciite.  I.  4.  Stuft.  34 


530 


3>ie  cpriftologifcpen  unb  antpropologifcpen  ©treitigfeiten. 


$onjif  bon  ©palcebon  partnädig  entgegengemirft.  Sann  fam  ber  fUtöncp 
^etru§,  öon  bem  (paubmerfe,  ba§  er  im  Slfoimetenflofter  ber  Ipauptffabt 
trieb,  ber  ©erber  ober  SBalfer  (gut Io,  yvacpeuq)  genannt,  nad)  2Intiocpien 
unb  bilbete  unter  bem  ©cpupe  be§  ©tattpalter§  3eno  (@tbam  be§  $aifer§) 
mit  ben  ÜlpoHinariften  eine  Partei  gegen  ben  ©rjbifdjof  9Jiartt)riu§,  ber 
•julept,  trop  ber  beruhigenden  3ufid)erungen  be§  $aifer§  unb  be§  23ifcpof§  ber 
§auptftabt,  ©emtabiu§,  fein  9Imt  nieberjulegen  fid)  bemogen  fap.  ©ogIeid) 
bemächtigte  fiep  $etru§  3  ul  Io  be§  erlebigten  ©tuple§,  führte  ben  9)?ono= 
pppfiti§mu§  ein  unb  meiste  nur  biefetn  ergebene  S3ifc^öfe,  barunter  and)  ben 
begrabierten  Sopatmeg  jum  33ifdjof  Don  21pamea.  3tt)ar  6efa£)I  ß'aifcr  Seo 
470,  ben  Ufurpator  nach  Oafiä  ju  üerbannen;  aber  er  entfloh)  unb  ptelt  fiep 
Verborgen,  mäprenb  Sulian  471  ben  antiocpenifchen  ©tupl  etnnapm1.  33e= 
rücptigt  mürbe  biefer  $etru§  befonber§  baburcp,  bafj  er  ju  bem  in  ber  $ircpe 
üblid)en  SDreimalpetltg  (SrtSpagion)  ben  3ufa£  macpte:  „ber  bu  für  un§ 
gefreujigt  morben  bift",  gleich  al§  ob  mit  bem  ©oprte  and)  ber  3Sater  unb 
ber  ^eilige  ©eift  gefreujigt  morben  mären;  e»  füllte  bamit  au§gebrüdt  fein, 
bap  eben  in  ©priftu§  nach  ber  ©intgung  nur  bie  eine  göttliche  fRatur  bor= 
panbett  mar,  bie  bem  ©ohne  mit  ben  §mei  anbern  göttlichen  2ßerfonen  gerneim 
fam  ift.  Sa»  ©efreujigtfein  tonnte  rnopl  bon  ©ott  bem  ©ohne  (nad)  feiner 
menfcplicpen  Statur)  au§gefagt  merben,  feine§meg§  aber  üon  ber  göttlichen  Srei= 
einigfeit ;  in  einigen  Kirchen  mürbe  baper  aud)  ber  3ufa^  allein  auf  bie  §meite 
^erfon  ber  ©ottpeit  bezogen,  mie  j.  23.  in  Serufalent2.  Siefe  anbauernben 
monopppfitifcpen  Söirren  füllten  halb  burcp  bie  poiitifcpen  ©reigniffe  in  23pjanj 
neue  Staprung  erpalten  unb  ju  meiteren  religiöfen  Kämpfen  füpren  (2tb= 
ftpnitt  HI,  §  2). 


1  Theodor.  Lect. ,  Hist.  eccl.  1.  I,  n.  20 — 22.  Theophan.  1.  c.  p.  175  sq. 
Liberat.,  Breviar.  c.  18.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XY,  28.  Le  Quien,  Oriens  Christ. 
II,  724  sq. 

2  2)aS  SLrigpagion  mar  ein  doppeltes:  1)  ältereg  aus  3f.  6,3:  Sanctus  (breimal) 
Dominus  Deus  Sabaoth  (Dgl.  Const.  apost.  VIII ,  12) ;  2)  jüngeres :  Sanctus  Deus, 
sanctus  fortis,  sanctus  immortalis  miserere  nobis,  tote  eS  nocp  jept  am  Karfreitage 
unb  in  ber  ißrim  beS  Officium  feriale  gebräuchlich  ift ,  baS  unter  SlpeobofiuS  II.  unb 
bem  tpatriarcfjen  ißrofluS  auffam.  Über  bie  Vorgänge  unter  ißrofluS  ögl.  lob  monach. 
bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  222,  ed.  Bekker  1.  VI,  p.  191.  Theophan.  1.  c.  p.  144. 
Cedrenus,  Synopsis  hist.  I,  599.  600.  2}gl.  §ergenrötper,  ißpotiuS  I,  57,  2Inm.  11. 
3»  biefem  letzteren  SlriSpagion  machte  ifletrus  Omllo  nad)  bem  bei  ben  fDtonopppfiten 
beliebten,  an  fiep  ortpobopen  ©ape :  $eös  iaraopivßrj  ben  3ufap :  6  araupwßstg  dl  fjgäg. 
3n  einigen  Kircpen  piepte  man  bem  päretifcpen  ©inne  beS  3ufapeS  entgegensutreten,  ben 
(Sppräm  Don  ülntiocpien  (Ep.  ad  Zenob.  Monopb. ,  bei  Phot.  1.  c.  cod.  228)  mit  SBe= 
aiepung  auf  (SpriftuS  jugab.  Katenbion  liefe  in  2Intiod)ien  fingen:  Xpnnl  ßaadeü  ö 
ffzaupwiMg  dl  ijpäg,  toaS  aber  nad)  bemfelben  toegfiel  (Le  Quien,  Opp.  Damasc.  I,  479). 
3«  Serufalem  fang  man  nad)  Ioann.  Damasc.,  De  bymno  trisagio  c.  26  (ed.  cit.  III, 
495)  :  dyiog  ö  ßsbg  xal  Trazijp,  dyiog  la'/upbg  ö  uiog  zob  ßsoö,  crapxcußsig  xal  azaupio- 
ßecg  di  f]p.äg,  dyiog  äßavazog  rd  nvsüpa  ro  dyiov ,  6  ecg  xupiog  Zaßawß,  Iksrjoov  f)p.äg. 

3tad)  ber  33epanptung  ber  SDIonopppfiten  fott  ber  3ufop  fhon  feit  (SuftatpiuS  (4.  3apr= 
punbert)  in  Slntiocpien  gebraucht  morben  fein  unb  23ifdpof  ÜRarinuS  Don  Slpamea  unter 
StnaftafinS  ipn  Doßfommen  gered)tfertigt  paben.  S3gl.  Zachar.  Rhet.,  Hist.  eccl.  c.  12. 
Assemani,  Biblioth.  Orient.  II,  59.  60.  Mai,  Nova  Coli.  X,  375.  Migne ,  Patr.  gr. 
LXXXV,  1165. 


5.  Sie  abenblänbifdje  Speologie.  Ser  pl.  SluguftinuS. 


531 


5.  Oie  abenblättbiftfje  Speologie.  Oer  pl.  UluguftinuS. 

©efamtauSgaPeit.  —  SlmbroftuS:  Migne ,  Patr.  lat.  t.  XIY— XVII. 
BaUcrini,  6  voll.  Mediolan.  1875 — 1888.  £>ieronpmuS:  Migne  1.  c.  t.  XXII  ad 
XXX.  DtufinuS:  Migne  1.  c.  t.  XXI  (nur  bie  eigenen  ©Triften  DtufinS).  2lugu= 
ft  t  n  u  § :  Migne  1.  c.  t.  XXXII— XL  VII.  VtariuSÜJtercator:  Migne  1.  c.  t.  XLVIII. 
OroftuS:  Migne  1.  c.  t.  XXXI.  3ablreitpe  ©djriften  berfelpen  ftnben  fid)  in  neuer 
SluSgabe  im  Corp.  scriptor.  eccles.  latin.  ber  üßiener  2l!abemie,  Vindob.  1866  sqq. 
Sögt.  baS  ©injelne  bei  23  q  r  b  e  n  I)  e  lo  er ,  Virologie  (2.  2lufl.)  ©.  378—454;  bort  aud) 
bie  bollftänbige  ßitteraiur. 

ßitterotur.  —  SlmbroftuS:  oben  ©.  407.  £>ieronpmuS:  oben  ©.  495  f. 
©rüpm  ad)  er,  IpieronpmuS.  23b.  I.  Seidig  1901.  Largent,  St.  Jdrome  (in  ber 
©ammluttg  „Les  Saints“).  Paris  1898.  Roehrich,  Essai  sur  St.  Jdrome  exegete. 
(These.)  Gdneve  1892.  SlugufttnuS:  SB  o  1  f  8  g r  ub  er,  2tuguftinu§.  ißaberborn  1898. 
(2Igt.  bie  Dtecenfion  Don  31  o  1 1  m  a  n  n  e  r ,  §iftor.  Saprb.  1898,  6.  892—898.)  2B  ö  r  t  e  r, 
Sie  ©eifteSentloicflung  beS  pl.  2lur.  SluguftinuS  bis  31t  feiner  Saufe.  Sßaberborn  1892. 
Grandgeorge ,  St.  Augustin  et  le  Ndoplatonisme.  Paris  1896.  ©dpöler,  SluguffinS 
23erpöltniS  ju  ifllato  in  genetifcper  ©nttoicfluug.  (Siff.)  3ena  1897.  9t  ottmanner, 
Ser  2Iuguftini8mu8.  ©ine  bogmengefd).  ©tubie.  Btüncpen  1892.  &  0  d) ,  Sie  Stutorität 
beS  f)h  Slugufiin  in  ber  Sepre  Don  ber  ©nabe  nnb  Spräbeftination  (Siib.  Speol.  QuartaL 
fdfrift  1891,  ©.  95  ff.  287  ff.  455  ff.),  ©ped)t,  Sie  Sepre  oon  ber  ßircpe  nacf)  bem 
1)1.  Stuguftin.  ißaberborn  1892.  ©  d)  a  n  j ,  Sie  Sepre  beS  1)1-  Sluguftin  über  bie  23ufje 
(Süb.  Speol.  Duartalfdpr.  1895,  ©.  448  ff.  598  ff.) ;  Sie  Sepre  beS  bl-  2lugufiin  über 
bie  ©udpariftie  (ebb.  1896,  ©.79  ff.).  ©d)eel,  Sie  21nfd)aunng  21uguftinS  über  ©brifti 
Vetfon  nnb  2Ber!.  Sübingeti  1901.  ©ruft,  Ser  bl-  Stuguftin  über  bie  ©ntfcpeibung 
ber  ßepertauffrage  burä)  ein  ipienarlonjil  (3eitfd)r.  für  latpol.  Sbeol.  1900,  ©.  282  ff.), 
©djtoane,  Sogmengefd)id)te  ber  patriftifdjen  3eit  (2.  2lufl.)  ©.  503  ff.  §arnacl, 
Sogmengefcp.  III  (3.  2lufl.),  56  ff. 

1.  Vi§  junt  ©nbe  be§  4.  ^5ar)rt;unbert§  mar  bie  Opeologie  ber  abenb= 
Icinbifcpen  föircpe  in  allem  SBefenttidjen  hon  ber  tpeologifd)en  ©ntmidlung  be§ 
Orients  abhängig.  9lud)  ber  pl.  5Imbrofiu§  f)at  nad)  feiner  ©rpebung 
auf  ben  bifcpöflid)cn  ©tupl  Don  Vtailanb  bie  Söcrfe  gried^ifdEjer  £ird)enbäter 
ftubiert,  um  bie  ipm  fel)Ienbe  tpeologifdje  Vilbung  nadpjupolen.  Oabei  mar 
er  eine  ed)t  röntifcpe  praltifdie  Vatur ;  feine  gefamte  litterarifdbe  Opätigteit  mürbe 
burcp  Vüdfidpten  feiner  5Imt§J)flid)ten  beftimmt.  3lüein  bie  gönn  ber  Oar= 
fteüung ,  bie  3Xrt  unb  SBeife,  mie  er  ben  au§  griecpifdjen  ©cpriftftcllern  ge= 
fcpöpften  3>npalt  ^erarbeitet,  geigt  eine  fepr  beftimtnte  Eigenart. 

2lm  meiften  für  bie  Verbreitung  ber  SBerfe  gried)ifd)er  Opeologcn  im  Vbenb= 
lanb  t)at  OpranntuS  9tufinu§  au»  Vquilefa  (geb.  um  345)  burd)  feine 
gaplreid)en  Überfettungen  gemirft.  Vteprcre  ©driften  be§  OrigeneS  (barunter  De 
principiis),  Sieben  unb  bie  Orben»regeln  be»  pl.  Vafiliu§,  Veben  be»  pl.  ©regor 
bon  Vajianj,  bie  $ircpengefcpid)te  be3  ©ufebiu»,  bie  pfeubo=flementinifcpen  9te= 
lognitionen  unb  anbere  Söerfe  griedjifcper  Autoren  mürben  Don  ipm  in§  2atei= 
nifdje  überfept  unb  fo  weiteren  Greifen  be»  Vbenblanbc»  gugängtic^  gemalt. 
Oie  große  Veveprung  be§  IRufin  für  Origene§  mürbe  Veranlaffung  ju  bem 
unerquidlicpen  Streit  mit  £)ieronpmu§,  ben  mir  friipcr  (6.  496  ff.)  bepanbelt 
paben.  Von  ben  eigenen  V3erfen  be»  Vufinuä  ift  für  bie  Opeologie  ba§  mid)= 
tigfte  fein  Kommentar  jum  apoftolifdpen  ©pmbolum.  (5r  ftarb  in  Vteffina 
auf  ©ijilien  410. 

©inen  großen  unb  mopiberbienten  9tuf  wegen  feiner  perüorragenbeit  ©e= 
leprfamteit  genop  fdpon  bei  feinen  Sebgeiten  ber  pl.  §ieronpmu§.  ©r  mürbe 

34* 


532 


®ie  djriftologtfcpen  unb  antpfopotogifcfiett  ©treitigfeiten. 


um  331  ober  340  in  ©tribon,  an  ber  ©renje  bon  Oalmatien  unb  ißanno= 
niett1,  geboren  unb  erhielt  feine  miffenfcpaftlicpe  21u§bilbung  in  Utom,  mo  er 
fiep  eine  fepr  tiid)tige  Kenntnis  ber  lateinifd)en  ^laffifer  mie  aud)  ber  gried)ifd)en 
©pracpe  unb  ber  fftpetorif  aneignete.  9tad)  ißollenbung  feiner  ©tubien  in 
3tom  begab  er  fid)  nad)  (Ballten  jur  weiteren  2lu§bilbung ;  in  Orier  begann  er 
aud),  fid)  mit  tpeologifcpen  ©tubien  ju  befcpäftigen.  23on  2lquileja,  mo  er  fid) 
eine  geitlang  im  Greife  bon  jüngeren  ^lerifern  ben  Übungen  ber  21§fefe  unb 
ben  wiffenfdwftlidjen  ©tubien  gemibmet  t)atte,  reifte  er  nad)  bem  Orient,  um 
bort  in  ber  SBiifte  ©palti§  bei  2lntiocpien  ein  fünfjähriges  (374 — 379)  ftrengeS 
2Inad)oretenIeben  ju  führen,  ba§  i|m  innerlichen  grieben  gab  unb  jugteid)  für 
feine  fpätere  miffenfcpaftlicpe  Opätigfeit  üon  Sebeutung  mürbe,  inbetn  e§  ipm 
©elegenpeit  bot,  bie  pebräifcpe  ©pradje  ju  erlernen.  Oer  fftupm  be»  pl.  ©regor 
bon  fJtajianj  50g  §ieronpmu§  bann  nacp  ^onftantinopel ,  Don  mo  er,  burcp 
ißapft  Oamafu§  berufen,  nach  9iom  jurüdfeprte.  fpier  trat  er  mit  allem  ©ifer 
für  bie  görberung  be§  a§fetifcpen  Seben§  auf  unb  begann  jugleicp  feine  Über= 
fe|ung§arbeit  an  ber  ^eiligen  ©cbrift.  54Slefe  unb  ejegetifcpe  ©tubien  blieben 
jept  bie  beiben  2lngelpunlte  feines  Seben§,  beffen  größten  Oeil  er  bon  jept  an 
(386 — 420),  ttacpbem  er  9iom  berlaffen  hatte,  in  feinem  ^lofter  bei  23etplepem 
äubrad)te.  Oie  berbienftlicpfte  unb  bebeutenbfte  Seiftung  be§  pl.  tpieronptnu» 
ift  feine  Überfettung  ber  §)  eiligen  ©cprift,  befonberS  be§  größten 
Oeile»  bom  21lten  Oeftament  au§  bem  §iebräifd)en  unb  21ramäifcpen,  fomie  bie 
iRebifion  beS  lateinifcpen  23ibeüej:teS  überhaupt.  21ud)  feine  berfcpiebenartigen 
©rtlärung§fcpriften  ju  japlreicpen  biblifcpen  23üipern  enthalten  eine  ffiille  bon 
©elet)rfamfeit  in  23ejug  auf  biblifdie  2Ird)äologie,  Oeptfritif  unb  Kenntnis  ber 
älteren  Sitteratur;  allein  fet)r  biele  babon  tragen  bie  ©puren  ber  ©ilfertigfeit, 
mit  ber  fie  berfaft  mürben.  ©§  finbert  fid)  Söiberfprücpe,  f)in=  unb  tperfdjmanfen 
in  feinen  21nficpten,  bielfad)  biirftiger  3npalt  unb  unfertige  fform  ber  Oar= 
fteüung  fomie  ÜRangel  einer  feften  t)ermeneutifd)en  fDtetpobe,  befonber§  bejüglid) 
be§  mpftifdien  unb  allegorifcpen  ©inne§.  Oaneben  pat  f)ieronpmu§  mehrere 
h i ft 0 r i f d) e  2Berfe  berfaft  bejw.  überfept  (De  viris  illustribus,  ©proni! 
beS  (SufebiuS ,  ^Biographien  bon  heiligen  ÜRöncpen)  unb  in  feinen  japlreidjen 
Briefen  reiche  ÜRitteilungen  über  feine  geit  Ijinterlaffen.  3n  feinen  bogma= 
tifcpen  ©cpriften  übermiegt  ba§  polemifdje  Ssntereffe.  §ieronpmu§  mar  ein 
eifriger  SSerteibiger  ber  firdplicpen  fftecptgläubigfeit,  „ein  ÜRann  bon  itmfaffenbfteni 
SBiffen  unb  jugleid)  bon  bemäprtefter  unb  reiner  Scpre" 2.  ©r  fd)rieb  gegen 
bie  Suciferianer  (Altercatio  Luciferiani  et  Orthodoxi),  gegen  ^»elbibiuS  unb 
Sobinian,  welcpe  bie  SSorjüge  be§  jungfräulichen  2eben§  angegriffen  hatten 
(Liber  adv.  Helvidium;  Libri  II  adv.  Iovinianum),  gegen  SSigilantiuS 
jur  23erteibigung  ber  tpeiligenbereprung ,  fomie  feinen  Oialog  gegen  bie  ißela= 
gianer.  Oie  leibenfdjaftlidje  Dtatur  bc»  ©eleprten  beranlaft  ipn  oft  ju  Über= 
Leibungen  unb  geigt  fiep  befonber§  in  ber  ^ßolemif  gegen  iRufin  (Apologia 
adv.  Rufinum)  in  einer  päplidjen  SBeife.  21  n  tpeologifcpem  ©epalte  fiepen 


1  SSutic,  2öo  lag  ©tribon,  bie  ^eimat  be§  pt.  fueronpmuä ?  Oeftjdirtft  für 
D.  Senborf  [äBien  1898]  ©.  276—280.) 

2  loann.  Cassian.,  De  incarnatione  YII,  26. 


5.  Sie  a&etiblänbifcf)e  Ideologie.  Ser  fjl.  2tuguftinu3. 


533 


bie  ©Triften  beS  ^neronpmuS  vreit  jurüd  hinter  benjenigen  feines  3eitgertoffen, 
beS  fd-  SluguftinuS. 

2.  ©er  größte  $ird)enbater  beS  djriftticben  StltertumS  unb  gugleief)  ber= 
jenige,  meldjer  befonberS  im  Slbenbtanb  bie  5ß^iIofob^ie  unb  bie  Geologie -fomie 
baS  praftifdje  d)rifttid)e  Geben  in  ber  maßgebenbften  Söeife  beeinflußt  fjat,  ift 
ber  t)I-  SluguftinuS.  ©eboren  354  §u  ©agafte  in  Stumibien  als  ©otjn 
eines  I)eibnifd)en  33aterS  ^atriciuS,  ber  erft  furj  bor  feinem  ©obe  Etjrift  mürbe, 
unb  ber  hl-  SJtonifa,  einer  frommgläubigen  djriftlidjen  SJtutter,  erhielt  3lugu= 
ftinuS  feine  StuSbilbung  juerft  in  SJtabaura  unb  bann  in  Karthago,  mo  er 
große  f^ortfdjritte  in  ben  ©tubien  machte,  aber  ohne  tieferen  fütlidjen  unb 
refigiöfett  tpatt  baljintebte.  3um  größten  Geibmefen  feiner  SJtutter  trat  er  ber 
©ette  ber  SJtanidjäer  bei,  melier  er  bon  feinem  neunzehnten  bis  ju  feinem 
achtunbjmanzigften  GebenSjaljre  angefjörte.  3m  3ahre  383  ging  er  nad)  9tom, 
um  bort  bie  ©Ijätigteit  als  Gef)rer  ber  9tf)etorit,  bie  er  in  ^arttjago  begonnen 
hatte,  fortjufeijen.  ©arnatS  gehörte  er  innerlid)  nidjt  mef)t  ju  ben  SStanicpäetn, 
ba  er  bei  ihnen  nicht  bie  gemitnfdjte  Stntroort  auf  alte  jene  fragen  erhalten 
tonnte,  melche  fein  nad)  Söahrfjeit  ftrebenber  ©eifi  [teilte.  Er  mürbe  ©feptifer, 
unb  in  biefer  ©eifteSberfaffung  tarn  er  384  nad)  SJtailanb ,  mo  er  burdj  bie 
Vermittlung  beS  tömtfdjen  ©tabtpräfeften  ©pmmadjuS  eine  GeCjrfteIXe  erhalten 
hatte.  ©urd)  baS  ©tubium  ber  ptatonifdjen  ©djriften  unb  bie  Vorträge  beS 
f)L  SImbrofiuS  lebhaft  angeregt,  burd)  baS  Veifpiet  ber  Entfagung  fo  mancher 
StSteten  unb  meljrfadje  Erfahrungen  innerlid)  umgemanbelt,  fd)toß  er  fid)  enb= 
lid)  rüdtjattStoS  ber  tatJjolifdjen  $ird)e  an  unb  empfing  ju  Oftern  387  burdj 
SImbrofiuS  bie  heilige  Saufe,  ©ein  Entfdjluß,  bon  nun  an  betn  ©ienfte  ber 
$ird)e  unb  bcm  ©treben  nad)  Vofltommenljeit  in  ber  SlStefe  fein  Geben  ju 
mibmen,  ftanb  unerfdjütterlid)  feft.  Er  befcßtoß,  in  bie  tpeimat  jurüdjutehren ; 
allein  bie  ^?rantf)eit  unb  ber  ©ob  feiner  ÜJtutter,  ber  388  in  Oftia  erfolgte, 
hielten  ihn  eine  geitlang  hiec  unb  in  9tom  jurüd;  fd)on  jetzt  begann  er  feine 
Ißolemit  gegen  bie  SJtanidjäer,  bie  in  9tom  fet)r  zahlreich  maren.  Stach  feiner 
gtiidtefjr  in  bie  £eimat  lebte  et  einige  Safjre  in  ber  Surüdgejogcnheit  auf 
einem  tteinen  ©ute  bei  feiner  Vaterftabt  ©agafte.  ©er  Stuf  feiner  ©elehrfam= 
teit  unb  feiner  grömmigfeit  bcrbreitete  fid)  rafcfj  in  ber  Umgcgenb,  fo  baß  er 
392  bei  ©elegenljeit  eines  Aufenthaltes  in  §ippo  StegiuS  in  Stumibien  jum 
SpreSbpter  ber  bortigen  Kirche  gemeißt  mürbe,  396  $oabjutor  beS  greifen 
58ifd)ofS  Valerius  unb  nad)  beffen  halb  barauf  erfolgtem  ©ob  felbft  23ifd)of  bon 
|)ippo  mürbe1.  Von  nun  an  mar  er  ber  geifüge  SJtütelpunft  beS  norb= 
afritanifchen  EpiftopateS  nub  eine  fefte  ©äule  ber  ganzen  abenblänbifchen 
■flirre.  Vis  ju  feinem  am  28.  Auguft  430  erfolgten  ©ob  blieb  er  uner= 
tnüblich  tt)ätig  für  bie  tird)tid)en  Sntereffen;  ber  ©djmerpunft  feiner  V3irffam= 
teit  aber  liegt  auf  bcm  litterarifd)en  ©ebiet. 

3imäd)ft  betämpfte  er  ben  SJtanid)äiSmuS,  maS  ihm  gleichfam  ein 
£erjenSbebürfniS  mar,  ba  er  felbft  biete  3«h«  hmburd)  bon  ben  gallfiriden 
biefer  §ärefte  feffgehalten  morben  mar.  ©d)on  in  9tom  unb  bann  in  ber 

1  Sögt.  August.,  Confessiones;  De  utilitate  credendi  c.  1.  Possidius,  Vita 
Augustini. 


534 


Sie  djriftologtfchen  unb  anthropologißhen  ©treitigfeiten. 


(Sinfamteit  ju  Dagafte  »erfaßte  er  mehrere  5tbhanbtungen  gegen  bie  fatfdjen 
Sehren  beS  Vtanid)äiSmuS 1 ;  and)  fpäter  bot  fid)  ißm  mehrfach  Gelegenheit, 
bie  ^ontroberfe  gegen  biefe  ^äretifer  fortjufe^en 2.  5Iudj  gegen  bie  in  einzelnen 
Setjrpunften  an  manid)äifd)e  VorauSfeßungen  anfnüpfenben  SßriScittianiften 
richtete  er  im  Saßre  415  eine  5lbf)anbtung 3.  Gin  lebhaftes  Sntereffe  manbte 
bann  5tugufthmS  ber  SSefeitigung  jener  traurigen  Spaltung  beSDonatiSmuS 
ju,  meld)e  ber  afritanifdjen  Kirche  jo  fcßmere  Sßunben  gefdjlagen  hotte  (j.  oben 
<S.  414  f.).  Gr  hörte  feit  feinem  Gintritt  in  bie  firdjtidje  Vermattung  als 
Sßriefter  bon  £)ippo  nid)t  auf,  burch  Schriften  unb  ^3rebigten ,  burd)  Briefe 
unb  Disputationen  mit  hetborragenben  Vertretern  ber  «Sette  biejeS  Schisma 
ju  befämpfen.  Gerabe  in  biefern  bogmatifdjen  «Streite  bot  fid)  ihm  Gelegenheit, 
bie  Sehre  bon  ber  ßircpe  ju  ergrünben  unb  barjuftetten.  3n  biefe  ffrage 
bertiefte  fid)  ber  gemattige  Geift  beS  5luguftinuS  immer  mehr,  unb  fie  bitbet 
audj  in  erfter  Sinie  ben  Gegenftanb  feines  berühmteften  VudjeS  „Von  ber 
Stabt  GotteS",  in  metdjem  er,  auSgetjenb  bon  ber  apotogetifdien  5It>fid)t,  bie 
Kirche  gegen  ben  Vorraurf  ju  berteibigen,  atS  ob  fie  fdjutb  fei  an  ben  Unfällen 
beS  römifdjen  9teid)eS,  ben  $ampf  ber  „Stabt  GotteS"  mit  bem  „tReidje  ber 
V3ett"  fdjitbert.  Gr  gießt  babei  nicht  bloß  bie  Vergangenheit,  fonbern  auch 
bie  Gegenmart  unb  bie  ßufunft  in  Vetracht,  unb  fo  ift  fein  Vßerf  nicht  bloß 
bie  großartigfte  VerteibigungSfd)rift  beS  GhriftentumS  gegen  baS  tpeibentum, 
fonbern  zugleich  ein  Vtonument  ber  tief  begrünbeten  chriftlidjen  Vßettanfcßauung 
in  ber  Gefd)id)te  ber  Vtenfchßeit 4.  Gegen  bie  5t ri  an  er  richtete  5tuguftinuS 
einige  Heinere  5tbhanbtungen5.  5tu<h  mehrere  bogmatifdje  V3erfe  ohne 
bireft  polemifdjen  QttJed  berfaßte  er,  unter  beiten  baS  bebeutenbfle  bie  DrinitätS= 
lehre  gum  Gegenftanbe  hat6.  Der  ^eiligen  Schrift  manbte  er  naturgemäß  in 
herborragenber  Söeife  fein  Sntereffe  gu.  Die  $rud)t  babon  befitjen  mir  in 
gaßlreidjen  epegetif  d)en  5lbhanbtungen ,  teils  Unterfu djungen  unb  $om= 
mentaren  über  eingetne  bibtifcße  Vitdjer  ober  auSgemäßtte  Stellen  bon  fotdjen, 
teils  £mmilien,  bie  er  bem  djriftlidjen  Volte  feiner  VifcßofSftabt  bortrug7.  2Bie 
bie  leiteten ,  fo  legen  auch  gaßtreicße  ^rebigten  unb  mehrere  morattßeo= 
Io  gif  cpe  5tbhanbtungen  bon  ber  prattifcßen  SeetforgSthätigfeit  beS  großen 
VifcpofS  3eugniS  ab.  £sn  alten  Schriften  fpiegett  fid)  fomoßl  baS  tiefe  Gemüt 


1  Sie  ältefien  biefer  ©Triften  finb :  De  moribus  eccles.  cathol.  et  de  moribus 
Manichaeorum ;  De  libero  arbitrio ;  De  Genesi  contra  Manichaeos ;  De  vera  religione. 

2  De  utilitate  credendi ;  De  duabus  animabus  contra  Manich. ;  Acta  contra 
Fortunatum  Manichaeum ;  Contra  epistolam  Manichaei  quam  vocant  fundamentum; 
Contra  Faustum  Manichaeum  unb  gegen  anbete  §auptoertreter  ber  £)ärefie  (Sretij, 
©etunbtnuä) ;  De  natura  boni  contra  Manichaeos. 

3  Ad  Orosium  contra  Priscillianistas  et  Origenistas. 

4  De  civitate  Dei  11.  XXII. 

5  Contra  sermonem  Arianorum ;  Collatio  cum  Maximino  Arian.  episcopo ;  Contra 
Maximinum  haereticum  Arian.  episcopum. 

6  De  Trinitate  11.  XV.  2Inbere  Söerte:  Enchiridion  ad  Laurentium;  De  fide 
et  symbolo;  De  fide  rerum  quae  non  videntur;  De  fide  et  operibus;  De  coniugiis 
adulterinis ;  De  cura  gerenda  pro  mortuis. 

7  §erDoräuI)eben  finb:  De  Genesi  ad  litteram  11.  XII;  Quaestiones  in  Hepta- 
teuchum;  Enarrationes  in  Psalmos;  Tractatus  in  Ioannis  evangelium. 


6.  Ser  fßetagianigmug  unb  bie  ©nabentehre  beö  hl-  Stuguftinug.  535 

tüte  bie  (55eifte§yd)ärfe  bie[e§  größten,  bietfeitigften  unb  geniatften  aller  ^ircbem 
bäter  be§  Altertums  tüieber.  3m  23orbergrunbe  [eine§  bogmatifdjen  3ntereffe§ 
[tauben  [ebocf)  bie  Probleme  ber  tf)eoIogi[d)en  Anthropologie,  bie 
fielen  bon  ber  ©iinbe,  ber  ©rlö[ung,  ber  ©nabe,  überhaupt  bon  bem  über= 
natürlichen  SSerpältniffe  be§  30ten[djen  ju  ©ott.  SDiefe  hat  er  f)aupt[äd)licb  er= 
grünbet  unb  bargefteüt  in  ber  fpolemif  gegen  ben  ißelagianiSmus  unb 
gegen  fircpliche  Cetjrer  in  ©atiien,  metdje  [einer  ©nabenletjre  entgegentraten. 

6.  $er  ipelagtant»inu§  unb  bie  ©nabcnteljrc  bc§  f)l.  5tugu[timi§. 

Duetten.  —  Schriften  beg  ißetagiug:  Commentarii  in  epist.  S.  Pauli; 
Epistola  ad  Demetriadem  [Migne,  Patr.  lat.  XXX,  645 — 902 ;  14 — 45) ;  Libellus  fidei 
ad  Innocentium  papam  ( Migne  1.  c.  XLV,  1716 — 1718);  Fragmente  in  ben  ßontrooerg= 
fdjriften  bon  Stuguftinug,  tpieronpnuig  unb  Mariug  Mercator.  Sßgt.  ßtafen,  f]3elagia= 
niftifclje  fiommentare  ju  breijehn  Briefen  beg  t)t.  fßautug  (Süb.  Sheot-  Duartatfd)r.  1885, 
S.  244  ff.  531  ff.),  fit  eit  er,  (Sine  unebierte  Schrift  beg  fßetagiug  (Serta  Harteliana 
[Söten  1896]  S.  134 — 136).  Schriften  beg  3>utianug  bon  gctanum:  Adversus 
Augustinum  11.  IV  unb  Adv.  August.  11.  VIII,  betannt  burd)  bie  ©egenfchriften  be§ 
hl.  Stuguftinug;  Contra  Iulianum  haeres.  Pelag.  defensorem  11.  VI  [Migne,  Patr. 
lat.  XLIV,  641  sqq.)  unb  Contra  secundam  Iuliani  responsionem  opus  imperfectum 
[Migne  1.  c.  XLV,  1049  sqq.).  Sammlung  bon  petagianifd)en  Schriften  herauggeg.  bon 
©afpari,  SSriefe ,  Slbhanbtungcn  unb  fßrebigten  aug  ben  jtoei  testen  Sfahrhunberten 
beg  Stttertumg  unb  bem  Stnfang  beg  Mittetatterg.  ©hnftiania  1890  (SBerfaffer  bermuttid) 
ber  ipetagianer  Stgricota).  —  Schriften  beg  hl-  Stuguftinug  gegen  bie  ißetagianer 
unb  bie  fogen.  Semipetagianer  hei  Migne,  Patr.  lat.  t.  XLIV  unb  t.  XLV.  Hieron., 
Epistola  ad  Ctesiphontem ;  Dialogus  contra  Pelagianos.  Oros. ,  Liber  apologeticus 
contra  Pelagium,  ed.  Zangemeister,  Vindob.  1882.  Marius  Mercat.,  Commonitorium 
super  nomine  Caelestii;  Common,  adv.  haeresim  Pelagii  et  Caelestii  [Migne,  Patr. 
lat.  XLVIII,  63  sqq.).  —  Spnoben  über  ben  fpetagianigmug  bei  tpefete,  ßonci!ien= 
gefch-  H  (2.  Stuft.),  104  ff. 

Sitteratur.  —  Sie  Monographien  über  Sluguftinug  f.  oben  S.  531.  SB a Ich, 
©tttmurf  einer  ©efdjichte  ber  ßehereien.  SSb.  IV  u.  V.  Seipjig  1862  ff.  SBörter,  Ser 
Sßetagianigmug  nach  feinem  Urfprung  unb  feiner  Sehre.  2.  Stuft,  ^reiburg  i.  23r.  1874. 
ßtafen,  Sie  innere  ©nttoicftung  beg  Sßetagianigmug.  greiburg  i.  23r.  1882.  ©rnft, 
fpelagianifdhe  Stubien  («athotif  1884,  II,  225  ff.;  1885,  I,  241  ff.).  SBiggerg, 
fPragmatifche  Sarftettung  beg  Sluguftinigmug  unb  ißetagianigmug.  2  S9be.  Säerlin  1831 
big  1833.  3acobi,  Sie  Sehre  beg  ißelagianigmug.  Seip^ig  1842.  23 ru  einer,  Julian 
bon  (Sclanum,  fein  Sehen  unb  feine  Sehre  (Sejte  unb  Unterfud).  XV,  3).  Seipjig  1897. 
Warfield,  Two  Studies  in  the  history  of  doctrine:  Augustine  and  the  Pelagian 
Controversy.  The  development  of  the  doctrine  of  infant  Salvation.  New  York  1897. 
Turmei,  Le  dogme  du  peche  original  (Revue  d’hist.  et  de  littbr.  relig.  1900,  p.  503  ss.; 
1901,  p.  19  ss.  235  ss.  385  ss.). 

A.  Der  jjelitgianifdje  Streit. 

1.  Urheber  ber  3rrtel)re  über  bie  ©nabe,  toeldje  [einen  tarnen  tragt,  ift 
ber  briti[d)e  Caientnönd)  fßetagiu§.  ©r  fam  im  Anfang  be§  5.  3at)n 
hunberta  nad)  9tom  unb  lebte  bort  etrna  gehn  3at)te  im  9tu[e  großer  <5itten= 
[trenge,  [o  baß  er  fetb[t  bon  Auguftin  be§f)alb  gerühmt  roarb.  tBefdjäftigt  mit 
ber  Auslegung  pautini[d)er  S3rie[e,  mochte  er  mit  ben  ßefjren  be§  Stheobor  Don 
5J?op[ueftia  betannt  gemorben  [ein,  bie  ein  ©djüler  be§[elben,  ber  ©ttrer  9t  u= 
finu§,  unter  ^ßapft  9tna[tafiu§  I.  (399—401)  ba[etb[t  üerbreitet  jn  haben 
[d)eint.  93ietcä  bannt  ent[prad)  [einer  eigenen  ©ei[te§richtung,  bie  Dorherr[djenb 


536 


®te  chriftologifcbett  unb  antbropologifcben  ©treitigleiten. 


praftifch  unb  mar,  unb  feiner  SBahrnehmung,  baf;  ber  9Jtenf<h  mit  feftem 

Sßiflen  unb  bebarrtidfem  ©treben  bieleS  erreichen  fönne  unb  feine  Srägheit 
auf  geiftlidjem  ©ebiete  nur  jit  feinem  Vorteil  mit  ber  ©chmache  ber  menfdp 
lieben  Vatur  gu  entfd)utbigert  fudtje.  SurcbauS  VerftanbeSmenfd)  unb  tieferer 
©Refutation  abf)otb ,  mollte  er  überall  ber  menfd)Iicben  SüillenSfmbeit ,  melche 
burch  bie  OTanicbäer  beftritten  mar  unb  bureb  bie  Selfre  üon  ber  fftotmenbig: 
feit  eines  göttlichen  ©inmirfenS  auf  ben  fDtenfchen  beRufS  ber  Vollbringung 
beS  ©uten  beeinträchtigt  febien,  jur  Vnerfennung  berReffen.  ©r  gemann  an 
einem  früheren  ©achmalter,  bem  talentboKen  ©öleftiuS,  einen  Anhänger,  ber 
feine  Sehren  halb  noch  offener  unb  breifter  auSfprad)  als  er  felbft.  Anfangs 
blieben  5ßelngiu§  unb  ©öleftiuS,  bie  niepr  in  ber  ©tille  arbeiteten,  ziemlich 
unbeachtet1.  Um  411  gingen  beibe  Vtänner  über  Sizilien  nad)  Vfrifa. 
5]]eIagiuS  traf  ben  Vuguftin  nicht  anmefenb  unb  fdjrieb  ibm  ehrerbietig, 
morauf  biefer  freunblid)  antmortete.  2öäl)renb  ^3elagiuS  nach  Serufalem  reifte 
unb  bei  Vifdjof  Johannes  gute  Aufnahme  fanb,  blieb  ©öleftiuS  in  Karthago 
gurüd,  um  bort  bie  Sßrieftermeihe  ju  erlangen;  t)ier  berbreitete  er  feine  Sehre 
giemlid)  offen.  9M)rere  ^atholifen  marnten  baffer  ben  ©rjbifcbof  VureliuS 
bor  ihm,  itnb  ber  Vtailönber  Siafon  ^aulinuS  legte  ber  fartpa giften 
©pnobe  (411)  mehrere  ©äije  bor,  bie  ©öleftiuS  gelehrt  ho*1©  nämlich: 
1)  2lbam  mar  fierblich  gefdfaffen  unb  muhte  fterben,  mochte  er  fünbigen  ober 
nicht.  2)  VbatnS  ©ünbe  hflt  ihm  oöein  gefefjabet ,  nicht  auch  feinen  fJtadp 
fommen.  3)  Sie  neugeborenen  $inber  finb  in  eben  bem  gufianbe,  in  bem 
2lbam  bor  ber  ©ünbe  mar.  4)  SBeber  fterben  burch  ben  Sob  unb  bie  ©ünbe 
SlbamS  alle  TOenfchen,  noch  flehen  burch  ©fjrifti  Vuferftelfung  alle  Vtenfdfen 
auf.  5)  Vuch  bie  nicht  getauften  $inber  erlangen  baS  emige  Seben.  6)  S)aS 
©efep  führt  ebenfo  jurn  Himmelreiche  mie  baS  ©bangelium.  7)  2Xuch  bor 
©hriftuS  gab  eS  Vtenfdfen,  bie  ohne  ©ünbe  maren;  alfo  fann  ber  Vtenfch 
auch  ohne  ©hriftuS  fiinbloS  fein.  ©öleftiuS  entfcbulbigte  fich  bamit,  eS  hanble 
ft<h  um  eine  fpefulatibe,  bon  ber  Kirche  noch  nicht  entfdjiebene  §rage,  bie  Ver= 
erbitng  ber  ©ünbe  fei  gmeifelhaft ,  bie  Votmenbigfeit  ber  Saufe  nehme  er  an. 
2öäf)renb  er  für  leptere  Vnnafjme  feinen  ©runb  angab ,  moHte  er  bie  fjrage 
über  bie  in  ber  Kirche  ftetS  gelehrte  ©rbfitnbe  mit  ber  fchmierigen  f$rage  über 
bie  gortpflanjung  ober  ben  Urfprung  ber  ©eelen  bermifchen.  SDie  berfammelten 
Vifchöfe  forberten  aber  ben  SDiberruf  jener  ©äpe;  als  ©öleftiuS  fich  beffen 


1  Über  ben  guten  fftuf  be§  ifMagtuS  Ogi.  August. ,  De  peccat.  merit.  et  remiss. 
III,  1;  Ep.  186;  Retract.  II,  28.  2tt£  SSriten  bejeiefenet  ihn  Vrofper  (Carmen  de  in¬ 
gratis)  ;  ben  ©öleftiuS  nennt  §ieront)tnuS  (In  Ierem.  1.  I,  Praef. ;  1.  III,  Praef.)  Scotus 
Orlänber  ober  ©hotte).  ®ie  ©rjähtung  be§  fülariuS  fDlercator  (Commonit.  c.  1,  n.  2) 
über  3lufinu§  toirb  poar  bon  bieten  angefoebten,  bot  aber  fel)r  gute  ©rünbe  für  fich; 
ber  Sufouimenbang  mit  Sheobor  bon  -ötobfueftia  ift  burch  argumenta  interna  et  ex¬ 
terna  geftüpt:  burch  bie  Shatfacbe  ber  flucht  be§  VelosionerS  Julian  ju  S4)e°bor  unb 
bureb  ben  ßambf  beS  letzteren  gegen  einen  abenblänbifcben  ©egner  beS  VeIQ9m§  in  be= 
treff  ber  ©rbfünblebre  {Phot.,  Biblioth.  cod.  177).  ®en  3ufammenbang  pnifeben  9tefio= 
rianiSmuS  unb  iRelagianiSmuS  erlannten  auch  ©  a  f  f  i  a  n  (De  incarn.  Christi  V,  1  sq. ; 
VII,  1)  unb  tßrofper  (Epitaphium  Nestor,  et  Pelag.  haereseon).  3n  fftom  foü  fßelagiuS 
fhon  mit  einem  ißifhofe  über  bie  Söorte  SluguftinS  (Conf.  X,  19.  31.  37)  geftritten 
haben :  Da  quod  iubes  et  iube  quod  vis  {August.,  De  dono  persev.  n.  53). 


6.  SDer  3ßelagtartiämu§  unb  bie  ©nabenlefjre  beä  hl.  2lugufttnu§.  537 

mcigerte,  belegten  fie  ihn  mit  bem  Sanne1.  (Sr  appellierte  nun  an  ben 
römifchen  ©tut)!,  gab  aber  biefer  Sentfung  feine  golge ,  fonbern  ging  nach 
©pfjefu§,  rno  er  fid)  bie  sprieftertoei^e  ju  öerfd^affen  muffte. 

SluguftinuS,  ber  auf  ber  ©pnobe  Don  411  nicht  zugegen  gewefen  mar,  Der= 
nahm,  bafj  bie  berworfenen  Irrlehren  fdjon  bei  einigen  ©liebem  feiner  ©emeinbe 
©ingang  gefunben  patten.  ®at)er  fühlte  er  fid)  üerpflicptet ,  in  Sßort  unb  ©d)rift 
bagegen  aufjutreten.  Son  bem  faiferlitpen  ßommiffär  SJtarcellinug  bei  ben  eben 
beenbigten  Serhanblitngen  mit  ben  ©onatiften  über  bie  Sehre  be§  ©öleftiu§  befragt, 
fchrieb  er  fein  biefem  gemibmete§  SSert  in  brei  Siidjern,  rooDon  ba§  letzte  noch  ben 
ihm  fpäter  jugefommenen  Kommentar  be§  Sßelagiu§  jum  SIpoftel  ?ßaulxx§  berüeffieptigte. 
SDiefem  SBerfe  folgten  Don  412 — 415  aufjer  mehreren  Sriefen  unb  Sieben  noch  anbere, 
mie  „Über  ©eift  unb  Sud)fiaben",  „Über  Statur  unb  ©nabe"  (gegen  be§  ^äelagiug 
©d)rift  „Son  ber  Statur"),  „Über  bie  SoHenbung  ber  ©ereeptigfeit  be§  S3tenfd)en". 
3e  genauer  er  ba§  ©pftem  ber  ©egner  fennen  lernte,  befto  grünblicher  unb  doÜ= 
ftänbiger  warb  auch  feine  Söibertegung.  ©r  hatte  ferner  ben  jungen  fpanifepen  Sriefter 
D  r  0  f  i  u  §  nach  ifMäftina  gefanbt,  um  fiep  bort  unter  ber  Seitung  be§  p  i  e  r  0  n  p  m  u  § 
tneiter  auäjubilben,  ben  er  felbft  über  bie  grage  nad)  bem  Ursprung  ber  ©eelen  31t 
State  50g ,  unb  weither  feinerfeitS  bafelbft  ber  um  fid)  greifenben  Sehre  be§  ?}3elagiu§ 
fräftig  entgegentrat.  pieronpmug  erhob  fiep  forool)l  in  feinem  Sriefe  an  ßtefiphon  al§ 
in  ben  brei  Dialogen  gegen  bie  ^ßelagiarxer ,  inbem  er  fd)on  burch  einige  Angriffe 
be§  SrrlehrerS  gegen  feinen  Kommentar  3 um  ©pheferbrief  unb  fein  Schreiben  loiber 
SoDinian  beleibigt  unb  ohnehin  bem  Johannes  Don  Serufalem  unb  bem  Drigeni§mu§ 
abgeneigt  mar,  beffen  ©puren  unb  Stachflängc  er  in  ber  pelagianifcpen  Sehre  Don 
bem  jum  ©uten  DöHig  au§reid)enben  freien  Stöiüen  unb  in  ber  falfcpen  Sluffaffung 
ber  ©nabenlehre  ju  finben  glaubte.  Stoch  mürbe  ?ßelagiu§  Don  ihm  mie  Don  9Iugu= 
ftinu§  gefepont  unb  fein  Stame  Derfdjroiegen 2. 

2.  Sjtn  3uni  415  marb  ju  Jjerufalem  unter  Sorfit)  be§  Sifd)of§  3o= 
hanne§  eine  ©pnobe  gehalten,  auf  ber  OrofiuS  über  bie  afrtfanifchen  Ser= 
hanblungen  mit  ©öleftiu§  berichtete  unb  auf  Sluguftinä  Schriften  unb  Sriefe 
in  biefer  ©ad)e  bermie§.  5j3efagtu§  marf  bie  ganje  ©d)ulb  auf  ©öleftiu», 
liep  51uguftin§  bogmatifche  Autorität  nicht  gelten  unb  berteibigte  fid)  mit  Dieler 
©emanbtheit.  ©ine  genaue  Unterfud)ung  mürbe  baburd)  öerpinbert,  bah  Orofiug 
nicht  grieebifd),  Sifdjof  Johannes  nicht  lateinifd)  fprad)  unb  ber  $oImctfd)er 
Unreb(id)feiten  ober  bod)  Ungenauigfeiten  fid)  ju  @d)utben  fommen  lieh-  ©nb= 
lieh  fchtug  OrofiuS  mit  ben  ©einigen  Dor:  ba  beibe  Parteien  ber  lateinifepen 
ßtrd)e  angehörten,  ber  ©treitpunft  in  ber  fateinifchen  ^ird)e  beffer  geroürbigt 
merben  fönne  unb  bort  befannter  fei,  folte  man  fid)  an  ben  römifepen  ©tuhl 
menben  unb  nach  beffen  Urteil  fiep  richten.  Sifdjof  Johannes  ftimmte  bem 
ju,  unb  nad)bem  bi§  jur  erfolgten  ©ntfeheibung  ©tiüfcptueigen  über  ben  ©treit 
auferlegt  mar,  trennte  man  fiep  in  ffricben.  Salb  banad)  trafen  jmei  Don 
ihren  ©tühlen  betriebene  unb  feitper  in  Slfrifa  lebenbe  gallifpe  Sifchöfe, 
$ero§  bon  Slrle§  unb  SajaruS  bon  Slip,  in  Sßaläftina  ein  unb  über= 
reichten  bem  SStetropoliten  ©utogiu»  bon  ©äfarea  eine  ^lagfprift  gegen 


1  Marius  Merc.,  Commonit.  II,  133.  August.,  De  grat.  Clir.  et  pecc.  orig.  II, 

2  sq. ;  De  gest.  Pelag.  c.  11. 

2  August.,  Serm.  170.  174—176;  De  peccat.  meritis  et  remiss.  ad  Marcellin. 
11.  III;  De  spiritu  et  littei-a;  De  natura  et  gratia;  De  perfectione  iustitiae  hominis. 


538 


Sie  djriftologifdjen  unb  antljropologifdien  ©treitigfeiten. 


5ßetagiu§  unb  ©öteftiu».  ©utogiuS  berief  bie  ©pnobe  Don  $io§poli§ 
ober  2 1}*5  (20. — 23.  SDejember  415),  auf  ber  nur  bierjeljn  39ifd)öfe  jw 

fatnmenfamen.  2lber  bie  gattifdjen  Vifdiöfe  erfd)ienen  nid)t;  bie  $ranfljeit 
be§  einen  f)ielt  and)  ben  anbern  ab;  Orofiu§,  bon  23ifd)of  3otfanne§  oerfolgt, 
war  abgereift;  bie  tateinifdie  ^lagf^rift  mürbe  in  einer  abgefd)Wäd)ten  itber= 
fetjung  unb  nidft  ooüftänbig  jur  Kenntnis  ber  Vifd)öfe  gebradjt;  ipetagiuS,  be» 
©ried)ifd)en  funbig,  tjatf  fid)  burd)  fdjtaue  unb  jweibeutige  Antworten  unb 
tüufd)te  bie  orientatifdjen  Vifd)öfe,  inbent  er  mehrere  ber  it;m  borgelegten  ©äße 
bermarf,  bie  2tnuaf)me  alter  Dogmen  ber  fattfotifdien  &ird)e  erftärte  unb  mit 
bem  Sporte  „©nabe"  tDtiffbraud)  trieb,  itt»befonbere  barunter  nid)t  bie  iiber= 
natürlidje  unb  innere  £ml§gnabe,  fonbern  ein  bloß  natiirtid)e§  unb  rein  äußereg 
©efcßenf  ©otte§  berftanb.  ©o  £)atte  bie  ©ßtwbe  bon  SDiogpotig,  inbem  fie  ben 
ipäretif'er  freifpracf),  einen  ftägtidfen  2tu§gang ;  fie  fanb  aber  aud)  in  ber  $irdje 
feine  2tnerfennung,  warb  bietmefjr  nachher  bon  ben  2lfrifanern  unb  bon  ißapft 
Snnocenj  I.  bermorfen.  0>ie  23ifd)öfe  bon  SDiogpotig  hielten  burcf)au§  am 
fatfjolifdjen  ©tauben  feft,  ließen  ben  ^ßelagiu§  mirftid)  tfäretifdje  ©äße  ber= 
bammen,  befanben  fid)  aber  in  einem  faftifdjen  Irrtum,  ba  biefer  bie  ber= 
morfenen  Seßren  umbeutete  unb  feine  maßre  ©efinnung  berbarg  1. 

ißetagiu»,  ber  halb  barauf  bie  in  2)io§potig  gegebenen  ©rftärungen  im 
©itme  feiner  Srrleßre  umgeftattete,  rühmte  fid)  feine»  ©iege§,  namenttid)  ber 
bon  bierjeßn  23ifd)öfen  gebilligten  Ceßre,  ber  IDtenfcß  fönne  ot)ne  ©itnbe  fein 
unb  ©otte»  ©ebote  Ieid)t  erfüllen.  fpieronßmug  unb  bie  tßtn  anßängenben 
Söncße  Ratten  bon  ber  Partei  be»  ^3etagiu§  bieteg  ju  leiben;  it)re  $Iöfter 
mürben  überfallen  unb  angejünbet,  bie  Vewoßner  mißßanbett;  £)ieronßmug 
fetbft  ftüd)tete  fid)  in  einen  2urm.  SDie  Vifdßöfe  |>erog  unb  SajaruS 
teilten  burd)  0rofiu§  bie  Verßanbtungen  bon  ©iogpolig  ben  Vifcßöfen  beg 
profonfutarifdjen  ülfrifa  mit,  bie  fid),  acßtunbfecßäig  an  ber  3oßP  416  ju  einer 
©ßnobe  in  ßartßago  berfammetten ,  bag  frühere  Urteil  gegen  ©öteftiug 
beftätigten  unb  über  bie  ganje  ©adle  an  ^ßapft  ^nnocenj  beridjteten.  Vatb 
banad)  gelten  neununbfitnfjig  ober  fedjjig  numibifcße  Vifcßöfe  eine  ©ßnobe 
ju  tDtitebe,  bie  ebenfalls  ben  ißapft  bat,  ber  Verbreitung  beg  bem  Sorte 
©otte»  fo  feßr  entgegengefeßten  Srrtumg  ju  fteuern.  Veibe  ©ßnobett  erftärten 
ben  s^3etaginS  unb  ben  ©öteftiug  big  jum  Stberruf  ber  ßürcßengemeinfcßaft 
für  berluftig  unb  erbaten  in  befonberen  ©djreiben  bie  päpftticße  Veftätigung. 
liefen  ©ßnobatbriefen  folgte  batb  ein  britter,  augfüßrlidjer  bon  fünf  23ifd)öfen, 
morunter  Siretiug  unb  Vuguftinug,  in  bem  ber  ipapft  nod)  auf  ein  in  Ütfrifa 
berbreiteteS  ©eriid)t  aufmerffam  gemalt  mürbe,  atg  begiinftige  man  in  9tom  bie 
petagianifcbe  Seßre,  unb  weiter  auggefüßrt  warb,  wie  biefe  ben  freien  Sitten 
auf  eine  bie  ©nabe  augfcßließenbe  Seife  bertrete  unb  bie  ©nabe  im  eigentlid) 
cßriftlicßen  ©inne  ganj  abteugne.  9Xud)  Warb  nod)  ein  Sud)  beg  ^ßetagiuS  ju 
genauerer  Sürbigung  borgelegt.  Snnocenj  I.  unterfucßte  bie  ©ad)e  auf  einer 
römtfcßen  ©pnobe  im  Januar  417,  antwortete  in  brei  Vriefen  auf  bie 

1  August.,  De  gestis  Pelag.  c.  1  sq.  21 ;  Retract.  II,  47 ;  Ep.  quinque  episcop. 
ad  Innoc.  I.;  De  peccato  orig.  c.  8  sq. ;  Contra  lulianum  Pelag.  I,  5,  n.  19.  Hieron., 
Ep.  79,  al.  143.  Mansi,  Conc.  Colt.  IV,  315  sq.  Daniel  S.  J. ,  Hist,  du  Conc.  de 
Diospolis  (Ouvrages  I,  635  ss.).  §efele,  ©onciliengefd).  II  (2.  Slufl.),  104 — 115. 


6.  Ser  ißelagiani§mug  uitb  bie  ©nabenlehre  be3  hl.  AuguftinuS.  539 

afrifanifchen  ©Treiben  bööig  juftimmenb  unb  entmidelte  bie  bogmatifche  $rage 
näher,  ba  er  in  ber  pefagianifdjen  2ef)re  eine  Serfennung  ber  gatijen  $eils= 
le^re ,  inSbefonbere  beS  33erf)ältniffe§  ber  göttlichen  (Srbjaltung  jitr  ©d)öpfung 
erfannte,  monadh  ber  9JJenfd)  Don  ©ott  nur  ba»  SDafein ,  bon  fid)  über  feften 
Seftanb,  Smgenb  unb  ©eligfeit  erhalte,  ©r  belobte  bie  afrifatiifd)en  Sifd)öfe, 
bafe  [ie  fid),  mie  es  fid)  gebühre,  an  ben  ©tuljl  beS  tjl  ^ßetruS  gemenbet,  unb 
toieberffolte  ben  Sann  gegen  fpelagiuS  unb  ©öleftiuS,  bie  nur  im  f^alle  beS 
Aufgebens  if)re§  SrrtumS  mieber  aufjunefimen  feien1.  Augufiin  hoffte  ein 
balbigeS  (Sttbe  ber  Serirrung. 

3.  ©öleftiuS  mar  unterbeffen  bon  ©pffefuS  ltad)  ßonftantinopel 
gefommen,  um  feine  Srrtümer  ju  berbreiten.  Aber  Sifcpof  AtticuS  ber= 
urteilte  il)ti  unb  marnte  bor  ihm  bie  Sifdpöfe  bon  Elften,  SKprien  unb  Afrifa. 
Sott  $onftantinopel  bertrieben,  manbte  fid)  ber  Ipäretifer  mit  einer  Appellation 
nad)  Utom,  mo  auf  Snnocenj  I.  (f  12.  Wä rj  417)  3°f>mu»  Gefolgt  mar. 
An  biefen  fam  aud)  ein  3ted)tfertigungSfd)reibcn  beS  ^3elagiu§ ,  ber  erflärte: 
„2Bir  befennen  bie  SöitlenSfreiheit  in  ber  Art,  bap  mir  überzeugt  finb,  ftetS 
beS  göttlidjen  SeiftanbeS  ju  bebitrfen",  in  einem  meitläufigen  ©laubenSbefenn© 
niffe  feine  Übereinftimmung  mit  ber  römifdjen  $ird)e  beteuerte,  feine  ©egner 
aber  inbireft  ju  berbäeptigen  fuepte,  befonberS  hinfid)tlid)  beS  SlanidjäiSmuS  unb 
SjobinianiSmuS.  3°flmu§  berhörte  ben  ©öleftiuS  felbft,  ber  fid)  fefjr  ehrerbietig 
benahm,  fid)  ganj  rechtgläubig  fteHte,  alles  berbamtnte,  maS  Snnocens  I.  unb 
ber  römifepe  ©tupl  Oerbamme.  S)a  nun  aud)  bie  Sifd)öfe  |)eroS  unb  SajaruS 
als  unruhige  unb  leichtfertige  Stenfdjen  befannt  maren,  unb  '-JkapluS,  ber 
Aadjfotger  beS  SopcmneS  auf  bem  ©tuple  bon  Serufalem,  ju  ©unften  beS 
^ßelagiuS  feprieb,  fo  glaubte  3ofimu§  niilber  Oerfahren  ju  bürfen;  er  gab  bem 
©öleftiuS  Sebenfjett,  ohne  ihn  nodj  bom  Sann  ju  löfen,  unb  motlte  bie  §)etero= 
bojrie  ber  beiben  Siänner  nochmals  nnterfucpen.  ®enn  eS  maren  hier  jmei 
fragen  ju  unterfepeiben :  1)  ©inb  jene  tpäretiter,  meld)e  bie  Aotroenbigfeit  ber 
©nabe  unb  ber  ^inbertaufe  fomie  baS  Sorhanbenfein  ber  ©rbfiinbe  leugnen? 
(®ogmatifd)e  ober  9ted)tSfrage.)  2)  Regelt  ^ßelagiuS  unb  ©öleftiuS  mirllid) 
biefe  Srrtütner?  (Ißerfönlidje,  tpatfäcpliche  grage.)  ®ie  Sejahung  ber  elfteren 
mar  burd)  bie  ©ntfdjeibung  beS  Snnocenj  gegeben,  unb  fie  ftanb  für  3ofiotu§ 
aufier  3'oeifel;  aber  bie  ber  letzteren  fonnte  man  au§  manchen  ©rünben  nod) 
beanftanben :  1)  toeil  nidht  Snnocenj  felbft  bie  Aecptgläubigleit  ber  Angetlagtcn 
geprüft,  fonbern  fid)  auf  bie  afrifanifdjen  Sifd)öfe  oerlaffen  hotte,  beren  Urteil 
man  jetjt  als  boreilig  barjufteüen  fudjtc;  2)  meil  mehrere  Anfläger  berbäeptig 
maren  unb  bie  Untermerfung  unter  bie  römifche  Kirche  bon  ben  Angeflagten 

1  August.,  De  gestis  Pelag.  c.  11;  Ep.  175 — 177  (al.  90  sq.).  Sigl.  August., 
Ep.  186  (al.  106)  ad  Paulin.,  n.  2.  Innoc.  I.  Ep.,  bei  August.,  Ep.  181 — 183. 
Safe  ^nnocenj  mit  ber  ©nabenlehre  21uguftin$  nicht  ühereinftiminte  unb  bie  ©nahem 
mitteilungen  burd)  bie  Sßtirbigfeit  ber  ©injelnen  hebingt  fein  lieg,  ift  falfd)  unb  feinem 
©ebanfengang  jutoiber.  Sie  SCßorte  (Ep.  ad  Conc.  Carth.  n.  7) :  Quis  tantus  illorum 
pectora  error  obcaecat,  ut  si  ipsi  nullam  Dei  gratiam  sentiunt,  quia  nec  digni  sunt 
nec  merentur  etc. ,  feiert  leine  üon  ber  ©nabe  unabhängigen  Aerbienfte,  lein  meritum 
naturale  oorauö.  Aon  ben  Briefen  be£  AaPfteg  fast  AuguftinuS  (Ep.  186,  c.  1):  Ad 
oninia  nobis  ille  rescripsit  eo  modo,  quo  fas  erat  atque  oportebat  Apostolicae  sedis 
antistitem. 


540 


®ie  djriftologifdjen  unb  antljropologifdiett  ©ireitigfeiten. 


Beteuert  würbe;  3)  loeil  fie  fid)  inäWifchen  auch  mitflid)  gebeffert  hoben  formten. 
RHerbingS  fehlte  ßofimuS  aus  fanget  an  llmfidjt,  inbem  er  bie  tpäretifer 
nid)t  burdffchaute  unb  if>re  ^eterobojie  Beftreiten  ju  müffen  glaubte;  aber  bem 
©tauben  bergab  er  nichts,  unb  aud)  Ruguftin  tjat  fein  23er fahren  nidjt  ber= 
urteilenötuert  gefunben.  ^ofimu§  fd)rieb  nadfeinanber  ben  afrifanifchen  Bi= 
fdföfen  jwei  Briefe,  worin  er  erftärte,  er  motte  bie  persönliche  ©adle  beS  2ßeta= 
giuS  unb  beS  ßötefiiuS  aufs  neue  unterfud)en,  ba  fie  fid)  über  fatfcpe  Rnftagen 
unb  über  bie  in  ihrer  2tbwefent)eit  erfolgte  Sßerurteilung  befdjmerten,  auch  fatf)o= 
Iifd)e  Befenntniffe  abgelegt  Ratten,  ba  eS  ferner  fd)eine,  atS  Ijabe  man  in  Rfrifa 
boreitig  geurteilt,  berteumberifchen  Auflagen  ©eljör  gegeben ;  bie  RnHäger  füllten 
ficf)  in  Rom  ftetlen  unb  if)re  Rnfdjutbigungen  genau  erhärten,  fonft  merbe  er 
ben  ©öteftiuS  freifprecijen  x. 

2lber  bie  afrifanifd)en  93ifd)öfe  maren  ihrer  ©ad)e  ju  gemifj,  als  bafj  fie 
burd)  bie  trügerifchen  Beteuerungen  ber  beiben  Srrtetjrer  manfenb  geworben 
mären,  ©ie  baten  auf  einer  fartfjagifchen  © p n o b e  ben  5ßapft,  in  biefer 
©ad)e  nichts  weiter  befchtiefjen  ju  motten,  bis  fie  ihm  bottftänbige  Beweife  ge= 
liefert  hätten ;  baS  BefenntniS  ber  Rngeftagten  fdiien  ihnen  ungenügenb,  feiner 
Berüdfid)tigung  wert,  eine  eingeffenbere  Formulierung  erforbertid).  gofimuS 
erwiberte  im  Btärj  418  unter  tperborfiebung  ber  oberftrichtertidjen  Autorität 
beS  päpfttidjen  ©hüfteS  unb  unter  Bermalfrung  gegen  ben  Borwurf  übereilter 
Unterfudfung ,  baff  bisher  nod)  nichts  bon  if)m  entfd)ieben  fei  unb  bie  ©ad)e 
nod)  beim  alten  ftefje ,  baff  er  feineSWegS  bem  ©öteftiuS  bottftänbig  ©tauben 
gefdfenft  unb  nichts  an  ben  ©efreten  feines  BorgängerS  geänbert  Ifabe,  übrigens 
mit  ben  Rfrifanern  weiter  bertjanbetn  motte.  Se|tere  gelten  nach  ©mpfang 
biefeS  ©djreibenS  im  DJtai  418  ju  ^artlfago  eine  grofie  ©pnobe,  auf 
ber  fid)  über  jmeitfunbert  Bifd)öfe  einfanben,  unb  fanbten  beren  Rften  mit 
einem  ©pnobatfdireiben  nad)  Rom.  @S  würben  hier  ad)t  (ober  neun)  $anoneS 
gegen  bie  2et)re  beS  ^ßetagiuS  feftgeftettt ,  welche  fotgenbe  Behauptungen  ber= 
warfen:  1)  91b  am  habe  fterben  müffen,  mochte  er  fünbigen  ober  nicht,  nicht 
jur  ©träfe  ber  ©ünbe,  fonbern  auS  btoper  Raturnotmeubigfeit;  2)  bie  neu= 
geborenen  ^inber  brauche  man  nicht  ju  taufen,  ober  hoch  nicht  jur  Bergebung 
ber  ©tbfiinbe  (gegen  Röm.  5,  12  unb  gegen  bie  fird)lid)e  Formet  „jur  Ber= 
gebung  ber  ©ünben");  3)  bie  ©nabe  ©otteS,  bie  uns  burd)  ©hriftuS  *edjt= 
fertigt,  befreie  nur  bon  bereits  begangenen  ©ünben,  gebe  aber  feinen  Beiftanb, 
um  fünftig  ©ünben  ju  bermeiben;  4)  biefetbe  ftehe  uns  nur  jum  Bermeiben 
ber  ©ünbe  bei,  Weit  wir  burd)  fie  bcffereS  BerftänbniS  ber  ©ebote  erlangen, 
gebe  uns  aber  nid)t  bie  Greift,  baS  erfannte  ©ute  ju  lieben  unb  ju  bottbringen ; 
5)  bie  ©nabe  bet  Rechtfertigung  werbe  uns  gegeben,  bamit  wir  burd)  fie  baS 
leichter  bottbringen,  WaS  wir  burd)  bie  $raft  beS  freien  SßittenS  ju  tt)un 
berbunben  finb,  als  ob  wir  auch  ohne  bie  ©nabe,  nur  nicht  fo  Ieid)t,  eS  bott= 
bringen  fönnten  (gegen  Sol)-  15,  5);  6)  nur  aus  ©emut  müffen  wir  unS  nad) 


1  Mansi  1.  c.  IY,  350.  353.  (SöIeftiuS  berfpradE) ,  se  omnia  damnaturum,  quae 
Sedes  Apostolica  damnaret  [August.,  De  pecc.  orig.  c.  7,  n.  8),  unb  jlnar  secundum 
sententiam  bon.  mein,  praedecessoris  tui  Innocentii  [August. ,  Contra  duas  epist. 
Pelag.  ad  Bonif.  1.  II,  c.  4,  n.  6). 


6.  Ser  fßelagianiSmuS  uttb  bie  ©nabenlepre  beS  pl.  Sluguftinuö.  54 1 

1  3op.  1,8  al§  ©ünbet  ftefennen ,  nicpt  meil  totr  e§  tDirllid)  [inb ;  7)  bie 
^eiligen  meinten  biird)  bie  SBorte  im  ©ebete  be§  fierrn:  „Sergieb  un§  unfete 
©cpulben"  nicpt  fiep  felbft ,  ba  ipnen  bie  Sitte  nidjt  mepr  nötig  fei,  fonbern 
anbere  ©itnber  im  Solle,  nnb  8)  fie  fpräd^ert  biefe  2Borte  au§  bloßer  ‘Demut, 
nid)t  al§  ob  fie  bie§  bon  fid)  felbft  glaubten.  ©amit  mar  nod)  fcfjarfer  ben 
Perfdpiebenen  9lu§brud§meifen  ber  ißelagianer  begegnet 1. 

Snjmifcpen  patte  3oftmu§  ben  Setrug  be§  ©öleftiuS  entbedt;  auf  eine 
neue  Sorlabung  mar  berfelbe  nicht  erfcpienen,  öielmepr  au§  3tom  entflogen, 
©er  ißapfi  berurteitte  je|t  fottmpl  tpn  al§  ben  ^ßelagiuS  unb  erlief  noch  im 
©ommer  418  ein  3irlutarf Treiben  (Tractoria),  meldje§  bie  ^ircpenlepre 
über  bie  beftrittenen  ^untte  genau  auSeinanberfepte  unb  an  ade  Biropen  be§ 
©rb!reife§  berfenbet  mürbe.  Sorn  $aifer  §onoriu§,  ben  bie  afrifanifcpen 
Sifcpöfe  angerufen  patten,  erfdiienen  Serbannung§ebifte  gegen  bie  partnädigcn 
ißelagianet,  bie  in  Ütom  öerfcpiebene  Unrüpen  beranlapten,  mogegen  ber  früpere 
©tabtöifar  $onftantiu§,  fept  fDlönd),  fraftig  fiep  erpob.  ©ie  Sfrifaner  unb 
bie  meiften  Sifcpöfe  naptnen  ba§  päpftlitpe  Urteil  mit  greuben  auf,  unb  adent= 
halben  mürbe  e3  unterfdfrieben2.  9tur  acptjepn  italienifcpe  Sifdjöfe  bermeigerten 
bie  Unterfcprift,  barunter  Sulian  bon  ©clanum  in  SIpulien,  ber  fept  ba» 
§aupt  ber  Selagianer  mürbe,  mäprenb  5ßelagiu§  unb  ©öleftiu»  bom  ©cpau= 
plape  berftpmanben.  Son  ber  $ircpe  abgefept,  mürben  bie  SBiberftrebenben  bom 
^aifer  mit  ber  Serbanmtng  beftraft.  Sßeitere  ©efepe  gegen  bie  ipelagianer 
mürben  425  unb  430  erlaffen.  Sulian,  421  au§  Italien  bertrieben,  fepte 
ben  $ampf  in  mepreren  ©cpriften  fort  bi§  jum  3apre  454,  in  melcpem  er 
nacp  langem  Umperirren,  auep  im  Orient,  auf  ber  3nfel  ©ijilien  im  ©lenb 
ftarb.  ©r  patte  meprere  ©treitfepriften  mit  SluguftinuS  gemecpfelt,  mar  längere 
3eit  bei  ©peobor  bon  ÜRopfueftia  in  ^ilifien  gemefen,  fuepte  bei  fßapft  ©öleftin 
jugleid)  mit  ©öleftiuS  bergeben§  ©epör,  fomie  in  $onftantinopel  ben  ©cpup 
be§  dteftoriu»,  fanb  aber  auep  bort  energifepen  SBiberftanb  bon  feiten  be§  abenb= 
länbtfcpen  Öaiert  3Jiariu§  ÜRercator.  Stuf  bem  eppefinifepen  $on$il 


1  Conc.  Carth.  bei  Prosp. ,  Contra  Collatorem  c.  5.  Zosim.,  Ep.  10.  Conc. 
Carth.  418  ( Mansi  1.  c.  III ,  810  sq.  376 — 378).  3toifdjen  can.  2  unb  bem  getoöl)n= 
liepen  can.  3  mirb  in  alten  §anbfdpriften  als  can.  3  ber  über  ben  locus  medius ,  ubi 
beate  vivant  parvuli,  qui  sine  baptismo  ex  bac  vita  migrarunt  gefept,  mit  Slnfüprung 
bon  3top.  3,  5.  Siefen  ßanon  betrauten  einige  als  apofrtjpp,  ba  er  bei  StontjfiuS  unb 
Stfibor  fehlt  unb  fßapft  ©öleftin  als  can.  3  benjenigen  anfüprt,  ber  nach  ©inrüefung 
unfereS  ßanonS  ber  bierte  märe;  anbere  glauben,  bap  berfelbe  jmar  oorgefdflagen,  aber 
bon  ben  Sifdföfen  nicpt  angenommen  marb.  3 11  ©unften  ber  ©iptpeit  fpreepen:  1)  baS 
ffteferat  beS  fPbotiuS  (Biblioth.  cod.  53,  ed.  Bekker  p.  14) ;  2)  ber  alte  ©obej  ber  ©rüber 
©atlerini;  3)  gferranbuS,  ber  ipn  ebenfalls  in  feinen  ßanoneS  gehabt  31t  pabeit  fdpeint 
unb  neun  bogmatifdje  ßanoneS  unferer  ©bn°t>e  fennt ;  4)  bie  SBorte  SluguftinS  (De 
anima  et  eins  origine  1.  II,  c.  12,  n.  17) :  Novellos  haereticos  Pelagianos  iustissime 
Conciliorum  catholicorum  et  Sedis  Apostolicae  damnavit  auctoritas,  eo  quod  ausi 
fnerint  non  baptizatis  parvulis  dare  quietis  et  salutis  locum  etiam  praeter  regnum 
coelorum. 

2  33on  ber  Tractoria  Zosimi,  bie  nach  fütariuS  fütercator  per  totum  orbem  missa 
subscriptionibus  SS.  Patrum  est  roborata,  finben  fiep  ffrrögmente  bei  August.,  Ep.  190, 
al.  157.  Prosp.,  Contra  Collat.  Coelest. ,  Ep.  ad  episc.  Gail.  (431),  init.,  c.  5  sqq. 
August.,  Ep.  201. 


542 


Sie  cpriftotogifcpen  unb  ant^ro^oIogifdEien  ©treitigteiten. 


431  mürben  mit  !Reftoriu§  äugleicp  aucp  bie  Jrrtümer  beS  ffMagiuS  berbammt1. 
51uf;er  Julian  juckte  uod)  ein  gemiffer  SlnianuS  bie  ©acpe  beS  ^5elagiu§ 
burd)  ©cprifteu  unb  burd)  Überfettungen  grtecpifcper  tpomilien  ju  bertreten2. 
©inige  23ifd)öfe  ber  ißrobinj  ^Xquileja  gingen  ebenfalls  biefer  Jrrlepre  an; 
mehrere  feprten  jebod)  fpiiter  jur  ^ird)e  gurixd.  Öeo  I.  bon  9tom  tabelte  442 
in  Briefen  an  ben  ©r$bifd)of  bon  Stquilefa  nnb  ben  23ifcpof  ©eptimuS  bon 
Ülltinum,  baff  man  bort  delagiaitifcpe  ©eiftlicpe  opne  auSbrüdltcpe  idbfcpmörung 
iprer  Jrrtümer  in  bie  $ircpe  aufnapm,  unb  befahl ,  jur  ©ntgegennapme  ber= 
felben  ©pnoben  ju  galten.  fftocp  fpäter  trat  ein  italienifcber  S8ifd)of  ©eneca, 
ein  ©reis  offne  23ilbung  unb  ©efcpid,  öffentlicp  als  33erteibiger  pelagiamfcper 
Sehren  auf  unb  ejtommuniäierte  fogar  einen  tpm  miberfprecpenben  ^riefter. 
■rpapft  ©elafiuS  erlief  ein  firengeS  ©cpreiben  mit  ausführlicher  Seleprung 
an  tpn  unb  bie  faumfeligen  fftacpbarbifdpöfe,  morin  er  aud)  rügte,  baff  bei 
©enecaS  51npang  gottgemeipte  Jungfrauen  mit  Mönchen  in  einem  £)aufe  ju- 
fammenlebten  unb  bort  UluguftinuS  unb  IpieronpmuS  berlöftert  mürben.  21ucp 
an  ben  balmatinifd)en  Sifcpof  IponoriuS  fcprteb  biefer  Ißapft  eine  Slufforberung, 
gegen  bie  ^ßefagianer  feiner  ©egenb  eingufcfjreitext ,  unb  ba  biefer  UluSflücpte 
füllte  unb  bie  tarnen  ber  Angeber  miffen  mollte,  ertlärte  er  ipm,  biefe  Utamen 
feien  gleichgültig ,  ber  ^apft  aber  habe  über  bie  ganje  Kirche  ju  machen  unb 
müffe  auf  Sefeitigung  ber  Jrrtümer  bringen3.  5lucp  in  f^ranfreich  unb  in 
©nglanb  fartben  fi<h  ^elagianer;  eS  mürben  bort  429,  446  unb  447  ©pnoben 
gegen  fie  gehalten,  unb  ©ermanuS  non  5lujerre,  SupuS  bon  StropeS 
unb  ©eberuS  bon  %  riet  begaben  fich  nacp  ©nglanb  jur  33efätnpfung  ber 
bortigen  japlreicpen  §)öretiter.  ©ocp  faub  im  allgemeinen  baS  bürre,  gemüt= 
lofe  unb  rationaliftifcpe  ©pftem  beS  ^elagiuS  mepr  bei  ©ebilbeten,  unb  auch 
ba  nur  mit  bielfachen  SJtilberungen ,  ©ingang  als  bei  bem  93olfe ,  etma  bie 
tSriten  ausgenommen,  bei  benen  nocp  519  eine  ©pnobe  in  SöaleS  gegen 
bie  ^ßelagianer  gepalten  mürbe  unb  Sifcpof  ©abib  bon  59tenebia  biele 
berfelben  beteprte. 

1  SJtariuS  DJlercator  reidfte  429  bem  ßaifer  SlpeobofiuS  II.  fein  Commonitorium 
adv.  haeresim  Pelagii  et  Coelestii  vel  etiam  scripta  Iuliani  fotoie  fein  Commonit. 
super  nomine  Coelestii  ein.  9teftoriu§  erbat  fic£)  in  jtoei  33riefen  bon  ipapft  ßöteftin 
SIuffcptuB  über  bie  betagianifcpen  Seiten;  ald  er  biegen  erhalten,  hielt  er,  ber  geiftigen 
&ertbanbtf(paft  feiner  eigenen  Sottrin  mit  benfetben  nidjt  betoupt,  Oier  Sieben  gegen  bie 
■petagianer  (tatein.  Ülu^ug  bei  PlariuS  SDtercator ,  griecp.  Opp.  Chrysost.  X,  733,  ed. 
Montfaucon).  Über  ba§  ßongit  bon  ©ptfefuS  bgt.  Ep.  ad  Coelest.  c.  1,  n.  4,  bei  Mansi 
1.  c.  IV,  1330  sq.  1471  sq.  Prosp.,  Contra  Collat.  c.  41. 

2  2Iniaitu§,  SDiaton  bon  ©eleba  (toopt  in  Jtalien),  toirb  bon  tpieronpmuS  (Ep.  81. 
August.,  Ep.  200)  atä  f^reunb  beS  PetagiuS  unb  Slerfaffer  einer  heftigen  ©treitfcprift 
angeführt,  ©ein  Sehen  liegt  fepr  im  ©unfein,  felbft  über  feine  Perfon  toarb  geftritten. 
@r  überfepte  mehrere  ipomilien  be3  (ShrpfoftomuS  (Hom.  7  de  laud.  S.  Pauli;  Horn.  8 
in  Matth.)  in£  Sateinifcpe.  2Iuf  Gfprhfoftomug  beriefen  fiep  bie  Petagianer  gerne,  ba  er 
bie  21uSftüd)te  ber  Dtacptäffigen  befämpfte  unb  als  33oIfgrebner  ben  freien  SßtUen  fepr 
perborpob;  aber  mit  Itnredjt  pat  man  ipn  unb  anbere  griedpifcpe  Pater  einer  petagiani= 
fierenben  Siiiptung  gejiepen. 

3  Über  bie  Petagianer  in  Slquileja  f.  Mar.  Mercat.,  Commonit.  II.  Leo  M., 
Ep.  1  ad  Aquil.  Ep.,  ed.  Ballerini  p.  589;  Ep.  2  ad  Sept.  Alt.,  ibid.  p.  594;  Über 
©eneca  bgt.  Gelas.,  Ep.  6  ad  episc.  Pic. ,  ed.  Thiel  p.  325 — 335.  ©ad  Schreiben  an 
SStfcpof  £>onoriu§  Gelas.,  Ep.  4.  5,  ibid.  p.  321—325. 


6.  2)er  tpelagianiSmuS  unb  bie  ©nabenlehre  bei  hl-  2luguftinuS.  543 
B.  Die  prlngiamfcljc  3nlrl)re. 

®er  IßelagianiSnmS  würbe  erft  naef)  unb  nad)  ooKfommen  auSgebilbet  hesw.  nad) 
bem  ©taube  ber  ^ßolemif  mobifiätert.  ©er  ©treit  breite  fidt)  1)  um  bie  Sei) re  öon 
ber  Srhfiinbe  unb  beren  folgen,  2)  um  bie  Sehre  oon  ber  ©nabe.  Sn 
erfterer  Sejie^ung  blieb  fid)  IßelagiuS  im  wefentlid)en  ftetS  gleidj,  in  letzterer  warb 
er  fortwährenb  3U  weiteren  3ugeftänbniffen  ober  neuen  2IuSfIüd)ten  genötigt. 

I.  9?ad)  IßelagiuS  giebt  eS  feine  Srhfünbe,  fonbern  nur  perfönlid)  e 
af  tu  eile  ©ünben.  ©arauS  folgt:  1)  ©er  DJlenfd)  ift  nod)  in  bem  3uftanbe,  in 
bem  if)n  ©ott  erraffen,  bie  perfönlidfen  3:b)atfünben  ausgenommen;  er  wirb  geboren 
offne  ©ugenb  unb  oI)ne  Safter.  2llfo  finb  aud)  bie  neugeborenen  hinter  in  bem  3u= 
ftanbe,  in  bem  5lbam  oor  ber  ©ünbe  war.  2)  ©ie  fiinbige  ©hat  bot  bem  9Ibam 
allein  gefdfabet,  nicht  feinen  9ladjfommen.  ©a  aber  2|MagiuS  biefen  ©atj  öerwerfen 
mufste,  fo  fagte  er  nun:  2lbamS  ©ünbe  bat  feinen  9?ad)fommen  nur  moralifcb  ge= 
fdfabet,  burd)  baS  böfe  33eifpiel,  baS  9Iacf)ahmung  fanb,  nidjt  aber  oermöge  ber  phh' 
fifdjen  f^ortpflansung.  ©a  feine  ©ünbe  oon  2lbam  auf  uns  überging,  fann  uns 
aud)  feine  ©träfe  ber  ©ünbe  treffen.  ©er  leihlidje  ©ob,  ben  man  entgegenl)ält,  ift 
nidjt  golge  ber  ©ünbe,  fonbern  blofje  IRaturnotwenbigfeit.  2Ibam  war  fterblidj  er* 
fdjaffen  unb  fein  ©ob  ganj  unabhängig  oon  ber  ©ünbe.  hierin  nabmen  bie  33er= 
treter  ber  Srrleljre  eine  üerfdjiebene  £mltung  ein:  anfangs  erflärten  fie  bie  Srage 
über  bie  Srbfiinbe  für  eine  bogmatifd)  ganj  unwichtige,  ber  freien  ©pefulation 
iiberlaffene ;  nachher  aber  Oerwarf  befonberS  ber  burd)  feine  SRiidfidjten  mehr  gebunbene 
ftreng  ft)ftematifd)e  Sultan  biefe  2lnfid)t  als  eine  üerberblid)e,  ba  felbft  bie  Sehre  oon 
©ott  baoon  wefentlid)  berührt  fei,  inbent  ber  ©ott  ber  „©rabucianer"  nidjt  als  ber 
©ott  beS  ©oangeliumS  gelten  fönne,  Dielmehr  als  Urheber  beS  23öfen  betrad)tct  werben 
müffe.  ©ent  SöleftiuS  gegenüber  hatte  2Iuguftin  mit  fRedjt  bie  SBidjtigfeit  ber  grage 
heroorgel)oben,  inSbefonbere,  baff  mit  ber  ©rbfiinbe  bie  Gcrlöfung  fällt  unb  im  ©egen« 
fatje  oon  2lbam  unb  (S^riftuS  baS  SBefen  beS  (ShriftentumS  Hegt;  gegen  Sultan,  ber 
bie  23ebeutung  ber  ß'ontrooerfe  anerfannte,  führte  er  ben  ©d)rift=  unb  ©rabitionS* 
beweis,  ben  er  burd)  ©rfa!)rungS=  unb  3?ernunftgrünbc  nod)  unterftiitite x.  2US  fid) 
bie  $atf)olifen  gegen  bie  ^Behauptung  erhoben,  bie  neugeborenen  hinter  feien  in  bcm= 
fefben  3ufiattb  wie  Ülbam  oor  ber  ©ünbe,  gab  ifklagiuS  einen  lluterfd)ieb  jwifdjeu 
heiben  infofern  31t,  als  bie  ©äuglinge  baS  ©ebot  nidjt  erfaffeu  fönnen,  2lbam  aber 
c§  üerftanben  habe;  bagegen  würbe  bemerft,  bie  fathotifd)e  Sehre  fche  einen  Hntcrfd)ieb 
hejüglid)  ber  ©ünbe  unb  oertrete  bie  DRotwenbigfeit  ber  ©aufe  jur  §ebung  beS 
fünbtid)en  3uftanbeS  auch  für  bie  DIeugeborenen.  ©ic  ißelagiauer  gaben  biefe  3?ot= 
wenbigfeit  ju,  fdjwanften  aber  in  ber  Eingabe  beS  ©ruubeS.  23alb  fagten  fie,  bie 
hinter  würben  getauft  jur  Erlangung  beS  tpimmelreidjeS ,  halb,  cS  gefd)ehe  jur  ©r= 
langung  ber  Heiligung ,  beren  33egriff  fie  aber  nicht  feftfteücn  fonnten ;  nur  wenige 
meinten,  biefe  $inber  hätten  freiwillige  ©ünben  auf  fid).  ßatholifdjerfeitS  warb 
hcrüorgehoben :  bie  Saufe  werbe  gefpenbet  „jum  9fadjlafj  ber  ©ünben",  and)  ben 

1  August.,  De  nupt.  et  concup.  II,  28.  ®aS  erfte  Sud)  tiefer  Schrift  hatte  21  u= 
guftinuS  uad)  ben  Schriften  De  gestis  Pelag.  unb  De  gratia  Christi  et  de  pecc.  orig. 
419  oerfafjt,  um  ben  Sorwurf  jurüefauweifen,  als  Werbe  bie  ®l)e  burch  bie  ©rbfünbtehre 
oerbammt  2llS  er  Oon  SuIianS  ©cgnerfdjaft  in  üier  Südjern  2luSjüge  erhielt,  ücrfafjte 
er  420  baS  jWeite  Such,  um  befonberS  ben  Unterfd)ieb  ber  fatholifd)en  unb  ber  mani» 
djäifchen  Sehre  Oon  ber  böfen  Satur  beS  23tenfd)en  baraulegen.  Salb  banad)  fd)rieb  er 
baS  233 erf  Contra  duas  epistolas  Pelagianorum  ad  Bonif.  Papam,  unb  als  ihm  bie  Oier 
Sücher  beS  Sulian  OoEfiänbig  aufamen,  bie  fed)S  Südjer  Contra  Iulianum  (421),  benen 
baS  Enchiridion  de  fide ,  spe  et  caritate  ad  Laurent,  folgte.  9lad)  SulianS  21ntWort 
begann  er  fein  letztes,  unooEenbet  gebliebenes  233erf  gegen  benfelbctt  (Opus  imperfectum). 


544  Sie  chriftologifcpen  unb  antfjropologifcbett  ©treitigfeiten. 

Neugeborenen;  bie  ißelagianer  gaben  bie§  gu  in  bem  Sinne,  bah  biefelben  biejenige 
Saufe  erhielten,  burdj  bie  ben  ©efaltenen  Sünben  nadjgelaffen  mürben,  bie  au§  fiep 
unb  traft  ihrer  Natur  gur  Tilgung  ber  Sünben  geeignet  fei;  burcp  bie  Saufe  fällten 
bie  Untniinbigen  ber  ©emeinfcpaft  unb  feiner  ßirdje  teilhaftig,  nicht  aber 

eigentlich  mit  einer  mechanifcpen  Sünbenoergebung  bebacpt  unb  ber  Selbfttpätigfeit 
überhoben  Werben.  Si§meilen  räumten  bie  ißelagianer  ein,  ber  Seibe§tob  fei  Sünben» 
[träfe  in  gewiffem  Sinne,  leugneten  aber  beharrlich  ben  Übergang  be§  geiftigen  Sobe§. 

Dluguftin  unb  bie  ffatpolifen  geigten :  Ser  Schrift  gemäf;  war  Nbam§  leib= 
lieber  Sob  $oIge  feiner  Sünbe;  ift  nun  biefer  Sob  auf  alle  Ntenfcpen  übergegangen, 
fo  muh  e§  auch  beffen  Urfad)e,  bie  Sünbe,  fein;  fonft  Wäre  ©ott  ungerecht,  ferner 
wenbet  bie  ßirdje  bei  ber  Saufe  ©jorci§men  an,  um  bie  Säuflinge  ber  ©ewalt 
Satan§  gu  entreißen;  fie  fetjt  alfo  oorau§ ,  bah  bor  ^er  Saufe  in  ber  ©ewalt 
Satan§  [ich  befinben.  Sagu  ift  ba§  menfcf)li(f)e  Seben  fo  üielen  33efcf)Werben  unb 
Ntüpfalen  unterworfen,  bie  unmöglich  ohne  irgenb  eine  Scpulb  bon  bem  gütigen 
Schöpfer  ihm  aufgebürbet  werben  tonnten.  Su§  @rlöfung§bebürfni§  ift  allgemein, 
alfo  auch  bie  Sünbe,  felbft  bei  $inbern  bor  perfönlidjer  tßerfünbigung.  ®priftu§  ift 
für  alle  geftorben,  auch  für  bie  Neugeborenen;  alfo  haben  alle  gefiinbigt,  unb  wenn  fie 
nicht  mit  perfönlidjer  Scpulb  behaftet  finb,  fo  muh  e^e  ber  gangen  NJenfcppeit  gu= 
fommenbe  Scpulb  fie  befleden.  2ll§  folgen  ber  Urfünbe  erfdjeinen:  1)  ber 
leibliche  Sob,  ber  Sßerluft  ber  SNögücpfeit,  nicht  gu  fterben  (posse  non  mori),  fowie 
bie  bamit  gufammenpängenben  93eftpmerben  be§  @rbenleben§,  in§befonbere  Unwiffen» 
heit  unb  tBegierlicpfeit;  2)  ber  geiftige  Sob,  ber  Sßertuft  ber  übernatürlichen  ©nabe 
famt  SSerfümmerung  ber  geiftigen  Vermögen  \  Notwenbige  Söebingungen  be§  Über» 
gang§  ber  ©rbfcpulb  auf  bie  eingelnen  SNenfdpen  finb:  1)  beren  leibliche  Nbftammung 
oou  2lbam,  bem  phpfifchen  unb  moralifcpen  Raupte  ber  Ntenfcppeit  im  Urguftanbe; 
2)  ber  geiftige  unb  moralifcpe  3ufammenpang  gmifepen  Natur  unb  Sßerfon,  ©efcplecpt 
unb  Snbioibuum,  fowie  gwifepen  ber  freien  2Bitten§entfcpeibung  2lbam§  unb  bem  baoon 
traft  göttlichen  Natfcplu[fe§  abhängig  gemachten  Sofe  be§  gangen  Stammet.  Nur  in 
einem  fünfte,  betreffs  be§  UrfprungS  ber  Seelen,  blteb  Nugufiin  unfidjer;  er 
fühlte  aber  bodp,  bah  bie  Sepre  Oon  ber  ©rfepaffung  ber  Seelen  bei  ber  33ilbung  ber 
Seiber  burdp  ©ott  im  eingelnen  ($reatiani§mu§) ,  für  welcpe  bie  grieepifepen  33äter 
flarer  fiep  auSgefprocpen,  feftgepalten  werben  müffe,  Wa§  447  ißapft  Seo  I.  unb  498 
Sßapft  5lnaftafiu§  II,  nacpbrüdlicp  oertraten1 2. 

II.  2Bie  op ne  ©rbfünbe  feine  ©rtßfung,  fo  giebt  e§  opneförtöfung 
feine  ©nabe.  1)  Ser  Nlenfcp  tonnte  nach  ipelagiuS  opne  Sünbe 
fein  unb  alle  ©ebote  ©otteS  erfüllen  gang  auS  eigenen  Kräften.  Nl§  ipm 


1  Über  ben  leiblichen  Sob  Ogt.  August.,  Contra  duas  epist.  Pelag.  1.  IY,  c.  2.  4, 
über  ben  geiftigen  De  civ.  Dei  XXII,  13,  über  bie  ©Jordanien  De  nupt.  et  conc.  I,  20. 
Sah  2luguftinuö  baS  Sßefen  ber  ©rbfünbe  in  bie  fiontupiSceng  gefept  pabe,  wiberlegen 
gaplreicpe  ©teilen  unb  bie  ^Berufung  auf  3at.  1,  14:  De  nupt.  et  conc.  I,  24;  Contra 
duas  epist.  Pelag.  1.  I,  c.  13;  C.  Iulian.  VI,  5. 

2  August.,  De  anima  I,  6;  III,  7;  De  gen.  X,  27;  Ep.  166,  n.  13.  Leo  M., 
Ep.  15  ad  Turrib.,  c.  10.  Anastas.  II.,  Ep.  6,  ed.  Thiel  p.  634 — 637.  fjür  ben 
ßreatianiämuS  Werben  allegiert:  Aristot.,  De  gener.  II,  3.  Lactant.,  Inst.  div.  II,  12; 
III,  18;  Opif.  Dei  c.  19.  Hilar.,  De  Trin.  1.  X.  Ambros.,  De  Noe  et  arca  c.  4; 
De  parad.  c.  11.  Hieron.,  Ep.  38  ad  P ammach,  de  error.  Ioann.  Hieros.  n.  22,  1.  IH; 
Apol.  adv.  Rufin.;  In  Eccles.  c.  ult.  Cyrill.  Alex.,  In  Ioan.  1.  I,  c.  9;  Adv.  Nestor. 
I,  4.  Theodoret.,  Graecar.  affect.  1.  V ;  Hist.  eccl.  V,  8.  fjür  ben  ©eneratianigmng : 
Sertullian,  Nufinug,  Nlatariug,  Oiele  Sateiner  bei  Hieron.,  Ep.  76  ad  Marcellin.  (Diele 
©teilen  bezweifelt).  Sie  Synodica  episc.  Afric.  Don  523  n.  24  ( Mansi  1.  c.  VIII, 
591  sq.)  wollte  nichts  beftimnten. 


6.  Ser  ^pelagianiämuä  unb  bie  ©nabenlepre  be§  pl.  Sluguftinu«.  545 

nun  bie  bon  ber  Kirche  gelehrte  Htotmenbigfeit  ber  ©nabe  entgegen  gehalten  marb, 
beteuerte  er,  aud)  er  oertrete  bie  ©nabe,  üerftanb  aber  barunter  gunädjft  bie  natürticfje 
SBillenSfreipeit ,  mie  fie  mit  ber  Schöpfung  gegeben  ift;  bie  öernünftige  fltatur  felbft 
mar  it)m  bie  ©nabe1.  ©§  mürbe  it)tn  entgegnet,  ba§  fei  bod)  nicf)t  bie  ©nabe  im 
engeren  tpeologifdjen  Sinne,  bie  biblifdfe  ©pari§;  in  Vejug  auf  bie  fRatur= 
gaben  unb  bie  2BiUen§freif)eit  fielen  fiep  ©eredjte  unb  Siiuber,  ©laubige  unb  Un= 
gläubige  gleid);  läfjt  man  nur  bie  in  ber  Schöpfung  erhaltenen  2ßof)Itf)aten  ©otte§ 
al§  ©nabe  gelten,  fo  ift  bie  eigentliche  ©nabe  ber  ©rlöften  geleugnet.  Oaper  nahm 
)Jklagiu§  nod)  einen  Veiftanb  ber  ©nabe  an,  melier  bie  ©laubigen  au§geidjnet : 
©otte§  ©efep  unb  Offenbarung,  in§befonbere  bann  bie  iprebigt  unb  ba§  Veifpiel 
©hrifü 2-  2)  Oa§  alle«)  mar  aber  nur  eine  duffere,  feine  innere  ©nabe  unb  tonnte  nid)t 
genügen;  fpäter  nahm  ißelagiu§  in  gemiffem  Sinne  eine  innere  ©nabe  an,  aber 
nur  für  bie  ©rfenntni§,  nid)t  für  ben  SöiEen;  e§  mar  eine  unmittelbare  gött= 
liehe  ©rleud)tung  be§  ©eifte§,  meldpe  auf  bie  menfcplidfe  2ßillen§entfd)eibung  ©inflnfj 
übt.  Hlber  bie  Kirdje  muffte  oerlangen,  baff  eine  innere  2öiden§gnabe  anerfannt 
merbe,  bie  nicht  blofj  oerliehen  mirb,  bainit  mir  erfennen,  ma§  jju  thun  unb  ju  lieben 
ift,  fonbern  aud),  baff  mir  ba§  ©rfannte  thun  unb  ba§  ©eglaubte  lieben.  3ur  3ln= 
erfennung  einer  folcpen  inneren  2Billen§gnabe  mollten  fid)  bie  Ipelagianer  in  feiner 
SBeife  Oerftehen.  Oagegen  mußten  fie  3)  bie  Sünbenoergebung  al«  ©nabe 
gelten  taffen ;  fie  mar  ihnen  aber  eine  nur  auf  bie  Vergangenheit  fid)  be^iehenbe 
9tid)tanred)nung  ber  Süitbe,  nid)t  üerbunben  mit  innerer  Heiligung  unb  Kräftigung, 
mit  einer  Veubelebung  be§  §erjen§;  bie  Vefferung  felbft  marb  ben  2öiHen§fräften 
ber  Htatur  jugefdfrieben  unb  feine  öor  ber  Sünbe  beroahrenbe  ©nabe  anerfannt3. 
ferner  nahmen  bie  Velflömner  tyäter  4)  bie  ©nabe  ber  ©DtteSfinbfc^aft  an, 
bie  ba§  über  ben  Kräften  ber  Vatur  ftehenbe  £>immelreid)  eröffne;  aber  felbft  biefe 
marb  rein  äufjerlid)  gebad)t,  oorjugSmeife  in  ba§  Veifpiel  (Shtifti  gefegt,  baö  ju  einem 
üoKfommen  tugenbhaften  Seben  anrege ;  überhaupt  mürbe  bie  heiligmadjeube  habituelle 
©nabe  nie  ganj  im  ooHen  fatholifd)en  Sinne  erfafft 4. 

Sn  biefer  Sehre  mürbe  nicht  blofi  bie  eigentliche  f)eil§gnabe,  bie  innere  2ßiHen§= 
gnabe  nicht  anerfannt,  fonbern  e§  mürbe  auch  bie  ütotmenbigfeit  ber  anerfannten 
Hirten  ber  ©nabe  nid)t  jugegeben ;  biefe  foHte  bloji  jur  ©rleicpterung  be§  ©utpanbeln§ 
bienen,  ©efelt,  Sehre,  Veifpiel  Gtjrifti  u.  f.  f.  bilbeten  nur  einen  baju  oerliehenen 
Veiftanb,  bah  mir  ba§  leidfter  ooÜbringen  fönnen,  ma§  mir  traft  be«  freien  2BiHen§, 
menn  aud)  fdjmerer,  thun  fönnten.  Sd)on  bor  ©f)riftu§  gab  e§  ja  ©ered)te,  unb 
auch  ba§  Veifpiel  ©h»#i  war  nicht  abfolut  notmenbig;  ba§  ©efep  marb  bem  ©oan= 


1  Vgl.  August .,  De  natura  et  gratia  c.  6;  De  gratia  Christi  c.  4. 

2  August.,  Ep.  177  ad  Innoc. ;  De  spir.  et  lit.  c.  2,  n.  4;  c.  8,  n.  13;  De  gr. 
Chr.  c.  38  sq.  41  sq. 

8  Sulian  gäplte  {August.,  Op.  imperf.  I,  92)  bie  ©naben  alfo  auf:  1)  bie  ©r= 
fdjaffung  au«  nicht«,  2)  bie  Vegabung  mit  ©efüf)t  unb  Vernunft,  mit  bem  ©benbilbe 
©otte«  unb  ber  2Bit(en«fmpeit ,  3)  bie  fortmäprenben  Vkpltpateu  ©otteS  gegen  un«, 
4)  ber  Veiftanb  be«  ©efepe«  unb  ber  Sepre,  bie  guten  Veifpiele,  5)  bie  Sünbenoergebung. 
©ine  gratia  praeservans  marb  niept  angenommen.  Vgl.  Conc.  Carth.  418  can.  3 — 5. 

4  Sie  gratia  adoptionis  fügte  Sulian  pinju.  August. ,  De  gratia  Chr.  c.  30 : 
Istam  gratiam  qua  iustificamur,  i.  e.  qua  caritas  Dei  diffunditur  in  cordibus  nostris 
per  Spiritum  Sanctum  (Vom.  5,  5),  in  Pelagii  et  Coelestii  scriptis  numquam  eos 
inveni,  quemadmodum  confitenda  est,  confiteri.  ©«  panbelte  fiep  übrigen«  Dor  attem 
um  bie  gratia  actualis  interior,  um  bie  unmittelbar  übernatürliche,  für  fiep  beftepenbe, 
innere  ©nabe,  beren  Votmenbigfeit  ad  singulos  actus  bie  Velagianer  beftritten.  Vgl. 
Innoc.  I.,  Ep.  ad  Conc.  Carth.  August.,  Ep.  175,  al.  90;  Ep.  5  Episc.  (ep.  95); 
De  nat.  et  gr.  c.  26;  De  grat.  Chr.  c.  26.  Coelest.,  Ep.  ad  Gail.  c.  3. 
§ergenrSt£)er,  ßirdjengefdjt(pte.  I.  4.  StufC.  35 


546  Sie  djriftologifdjen  unb  anthropologifcpen  ©treitigfeiten. 

gelium  gleicpgefept,  unb  als  bie  $atpolifen  bie§  beftritten,  nannte  man  fie  ©egner 
beS  ©efepeS  unb  fütanicpäer.  ©elbft  ton  biefen  ©naben  aber  marb  behauptet,  fie 
mürben  burdj  bie  Kräfte  ber  Statur  erlangt  unb  nad)  ben  (natürlichen)  Sßerbienften 
ber  üftenfdjen  erteilt.  fmuptfädjlid)  ftü|ten  fiep  bie  Sßelagianer  hier  barauf:  ©iebt 
©ott  ohne  Utücfficpt  auf  bie  33erbienfte  ber  dJtenfcpen  ben  einen  bie  anbern  Derfagte 
©nabe,  fo  gefcfjiept  eS  nidjt  ohne  9lnfepen  ber  5ßerfon ,  nicht  unparteiifd) ,  fonbern 
millfürlid)  unb  ungerecht.  SBejüglicp  ber  ÜJtöglidjfeit ,  auch  opne  bie  ©nabe  ©otteS 
©ebote  ju  erfüllen,  beriefen  fid)  bie  ^ßelagianer  auf  bie  auch  ÖDn  öen  ^atholiten  an= 
ertannte  SBaprpeit,  bah  ©ott  nichts  Unmögliches  befehle;  rnenn  fie  aber  barauS  fol= 
gerten,  bah  ber  ddenfd)  auS  fid)  allein,  bloh  auS  eigenen  Kräften,  jumal  im  je^igen 
3uftanbe,  baS  ©efep  erfüllen  fönne,  fo  folgerten  fie  31t  Diel,  ba  fid)  barauS  nur  er= 
giebt,  bah  ©ott  bie  notmenbigen  Drittel  baju  nidjt  Derfagen  fönne.  ©nblicp  fagten 
bie  Sßelagianer:  2Birb  baS  mirflidpe  ©uteStpun  beS  Don  Utatur  jurn  ©uten  freien 
fDtenfcpen  unter  bie  Ibpängigfeit  Don  ber  ©nabe  gefteHt,  fo  bah  er  ob)ne  biefe  nichts 
Dermöcf)te,  fo  hört  bie  Freiheit  auf,  bie  eben  in  ber  üftöglicpfeit,  ©uteS  ju  thun,  be= 
ftel)t.  SDarauf  mürbe  geantmortet:  Oie  ©nabe,  bie  für  unS  im  je^igen  3uftanb 
heilenb  ift  unb  bie  Dolle  ©efunbf)eit  ber  (Seele  mieberherfteHt ,  giebt  bie  UJtöglicpfeit, 
nidjt  bie  Utotmenbigfeit.  ©ie  ift  ein  freies  ©efcpenf;  foinit  fann  Don  Ungerechtigfeit 
feine  Diebe  fein.  Ohne  bie  ©nabe  fönnen  mir  baS  ©ute  nicht  tpun,  mit  if)r  aber 
Dermögen  mir  eS.  2Bie  9lbam  trop  ber  urfprünglidjen  ©erechtigfeit  feine  SBapIfreipeit 
behielt,  fo  bah  er  ft<h  für  bie  ©ünbe  entfcpeiben  fonnte,  fo  hebt  aud)  bei  ben  anbern 
bie  ©nabe  ben  freien  2BiHen  nidjt  auf,  noch  macht  fie  iljn  unnüp,  ba  biefer  ber  3uDor= 
fommeuben  ©nabe  bestimmen  unb  ju  ber  mirfettben  ©nabe  mitroirfen  muh.  ©nabe 
unb  Freiheit  gehören  eben  gufammen,  feboch  fo,  bah  erftere  DorauSgept;  fie  fchliehen 
fid)  aber  nicht  anS,  fo  bah  lejjtere  feinen  3taum  hätte,  mo  erftere  eintritt. 

C.  Die  ffiimliciilcljre  öcs  1)1.  jjUtgu(ltnus. 

Oer  üorjügfidjfte  23efämpfer  beS  ißelagianiSmuS ,  ber  hl-  91uguftinuS,  hotte 
Dielfachen  'Jlnlah,  bie  angefochtenen  Oogmen  eingeljenb  ju  befpredjen,  mobei  nicht 
feiten  manche  9luSbrüde  fdjroff  erfdjeinen,  ÜJtihüerftänbniffe  unb  Klagen  herbeigeführt 
merben  fonnten.  3tur  menige  3eitgenoffen  unb  menige  fpätere  ©eleprte  hoben  ben 
tiefen  ©inn  9!uguftinS  adfeitig  erfaht ;  eS  erging  ipm  mie  bem  Stpoftel  ißauluS :  feine 
Sepre  marb  Don  greunben  unb  g-'einben  Dielfach  rn  gan^  miberfpredjenber  2Beife  ge= 
beutet,  mit  einfeitigen  ißarteirüdfiepten  nach  einzelnen  ©teilen  unb  mit  33ernad)läffigung 
anberer  $ejte  bargefteHt.  üluguftin  ging  Dom  glücf feligen  Urjuftanbe  beS  iDtenfdjen 
auS,  ber  nach  ihm  fidjer  ein  über  bie  Hoffen  Iltaturfcpranfen  erhabener,  burdj  bie  ©e= 
meinfehoft  mit  ©ott,  burch  §eitigfeit  unb  ©erechtigfeit  auSgejjeidjneter  mar.  ©efdjmücft 
burdj  bie  ©nabengaben  ©otteS  mar  ber  erfte  dJienfd)  audj  bem  Seibe  nad)  infofern 
unfterblicp,  als  er  bei  Semaprung  feiner  Ipeiligfeit  bem  Oobe  entgangen  märe;  ging 
aber  biefe  üerloren,  fo  unterlag  er  ihm  unb  adern,  maS  fid)  baran  fniipfte.  Oiefen 
glüdlidjen  3ufianb  Derlor  Slbam  burdj  eine  fdjtoere  ©ünbe,  einen  ftrafbaren  ülbfaE 
Don  ©ott,  burdj  ben  ihm  unb  feinen  Dtadjfommen  bie  popen  ©üter  beS  ItrjuftanbeS 
Derloren  gingen,  ©eit  bem  ©ünbenfalle  ift  ber  EJtenfd)  nicht  mehr  in  bem  normalen 
3uftanbe,  er  f)ot  bie  peiligmacpenbe  ©nabe  eingebüfft  unb  ift  bem  Oobe  unb  ben 
©ebredjen  beS  SeibeS,  ber  Unmiffenljeit  unb  ber  ©egierlidjfeit ,  ber  ©mpörung  beS 
gleifdjeS  miber  bie  §errfd)aft  beS  ©eifteS  untermorfen.  ©0  marb  baS  ©benbilb 
©otteS  in  ipm  eutftellt,  er  felbft  ber  ©eroalt  beS  ©atanS  untertpan *.  Dlber  baS  @ben= 
bilb  ©otteS  mürbe  uiept  üernidjtet ,  bie  ©emalt  beS  OeufelS  mar  feine  abfolute ;  ber 


1  August.,  C.  Iulian.  1.  I.  Op.  imperf.  III,  56;  YI,  22.  Enchir.  c.  25 — 27. 


6.  Ser  *pelagiani§mu§  unb  bie  ©nabenlefjre  bc§  bl-  2luguftinu8.  547 

Sftenfd)  t)övte  iridjt  auf,  SBernunftgefd^öpf  ju  fein,  bie  333a^Ifreit)eit  ging  nicht  oer= 
loren.  9iur  ift  infolge  ber  ©ünbe  ber  freie  2Biße  be§  3)tenfd)en  fel)r  üerfdjieben  oon 
bem  be§  Slbam  oor  bem  gaße.  2öäbrenb  IßelagiuS  unb  Julian  unter  bem  freien 
SBißen  ba§  oößige  ©leid)gemid)t  jtt)ifd)en  gut  unb  bö§,  bie  ganj  gleidje  Seicßtigfeit, 
für  ba§  ©ute  ober  ba§  33öfe  fidf»  31t  entfdjeiben,  üerftanben  ’,  mar  bieS  nach  3tuguftin 
nur  eine  befonbere  33efd)affenf)eit  be§  freien  2Biflen§  im  fDienfdjen,  baß  er  jum  oom= 
herein  nid)t  met)r  jum  Sßöfen  al§  jum  ©Uten  geneigt  mar ;  biefe  Dualität  ging  aber 
burd)  bie  ©rbfünbe  unter,  nidjt  fo  ber  freie  Sffiiße  felbft1 2.  Der  gefallene  SJtenfd) 
fann  fid)  nod)  für  ba§  ©ute  ba  uub  bort  entfdjeiben,  aber  jum  IBöfeu  bat  er  meßr 
Üieiguttg,  mehr  Seidjtigfeit ;  bie  in  it)m  mächtige  33egiertid)feit  ftört  ba§  ©leid)gemid)t, 
ba§  erft  bie  ©nabe  roieberfierfteßt ,  unb  tybt  bie  bösere  fittlidje  Freiheit  auf.  316er 
man  bat  31uguftin§  £et)rc  fo  oerftanben ,  baß  man  ibm  folgenbe  Säße  beilegte: 
1)  Der  natürliche  ÜRenfd)  bat  nad)  ber  ©ünbe  nur  Freiheit  jum  ©Öfen,  nicht  jum 
©uten.  2)  Die  ©nabe  ©otte§  mirft  auf  eine  unmiberfteblidbe  SBeife.  3)  ©ott 
beftimmt  ohne  alle  fRüdfidjt  auf  menfd)Iid)e§  Dßun  unb  Saffen  burd)  einen  einzigen 
unb  unmiberruflid)en  tRatfdßuß  bie  einen  31er  (Seligfeit,  bie  aubern  31m  S3erbammung 
(abfolute  Sßräbefiination).  Diefe  ©äße  finb  aber  feine§meg§  91uguftin§  mirflid)e  Beßre. 

I.  Sluguftin  fe|t  überaß  oorau§ ,  baß  ber  311  e  n  f  d)  t  b  a  t  f  ä  d)  I  i  d)  oon  ©ott 
für  ein  übernatürliches  Siet  beftimmt  ift,  immer  au§gef)enb  oon  bem 
objeftiü  unb  faftifd)  ©egebenen.  Söenn  er  nun  fagt,  ber  gefabene  SDtenfd)  fönne  nicht 
mehr  ba§  ©ute  tbun ,  fo  meint  er  ba§  übernatiirlid)  ©ute ,  ba§  311m  emigen  Sehen 
S3erbienftlid)e ;  menn  er  bie  bloß  natürlichen  guten  Hßerfe  ber  Ungläubigen  Sünben 
unb  Safter  nennt,  fo  bebt  er  bamit  ben  Mangel  be§  übernatürlidjen,  oon  ©ott  ge= 
rnoßten  Dugenbd)arafter§  beröor;  er  jdßießt  fid)  ebenfo  an  ben  biblifdjen  (ütöm.  14,  23) 
al§  an  ben  platonifcßen  ©ptadjgebraud)  an,  ber  einen  ©attung§namen  für  ben  ber 
befonbern  3lrt  gebraucht.  gn  ber  Dbat  läßt  er  natürlich  gute  Sßerfe  als  folcbe  gelten, 
fennt  neben  ber  göttlichen  (übernatürlichen)  Siebe  eine  hoppelte  menfd)Iid)e,  eine  er» 
laubte  unb  unerlaubte;  er  fpriept  betlt  'DJtcnjdjen  bie  pbhP)dh=formelle  Freiheit  ober 
Dlad)t  ber  Selbftbeftimmung  311m  ©uten  unb  jurn  Söfen  and)  nad)  bem  gaße  3U 
unb  fpridjt  ihm  nur  bie  mora!tfcb=reale  Freiheit  ab,  bie  au§  bem  guten  ©ebraudje 
ber  erfteren  unb  ber  ©nabe  erlangt  rnirb,  ba§  greifein  üom  god)e  ber  Sünbe,  mit 
bem  ©ott  ben  Dllenfdjen  fepett  moflte.  Der  menfd)lid)e  2£iße  ift  nad)  it)in  üer= 
munbet,  gefd)toäd)t,  oerborben,  meil  er  jener  höheren  greißett  entbehrt3. 


1  Seit  freien  Sßißen  bad)te  gulian  (bei  August.,  Op.  imperf.  III,  117)  ali  libra, 
quam  ex  utraque  parte  per  aequalia  momenta  suspendere  possimus,  ut  voluntas, 
quantum  est  ad  malum,  tantum  etiam  sit  ad  bouum  libera. 

2  gn  ben  ©djriften  gegen  bie  ißelagianer  (3.  33.  De  spir.  et  litt.  c.  33;  De  pecc. 

mer.  et  rem.  II,  18)  hält  Sluguftinuö  bie  STBablfreißeit  nicht  minber  feft  ali  in  ben 

gegen  bie  ßftanichäer  Derfaßteu,  unb  fetjt  bereu  58ereinbarfeit  mit  ber  ©nabe  üorauä. 

3  58 gl.  g.  ©ruft,  Sie  SBerfe  unb  Sugenben  ber  Ungläubigen  nach  ©t.  Sluguftin 

(greiburg  1871),  bef.  ©.  128  ff.  —  2tuguftinu<5  (C.  lulian.  IV,  3,  33)  fpriept  ben  Un= 
gläubigen  jenes  opus  bonum  ab,  per  quod  solum  homo  potest  ad  aeternum  Dei  donum 
regnumque  perduci;  bai  übernatürlich  Derbienftlicpe  SBerf  ift  fcplechthiu  opus  bonum, 
uub  peccatum  baö ,  mad  nicht  au3  bem  ©lauben  ift  (SRöm.  14,  23).  3Jtit  33ejug  auf 

IRöm.  2,  14  beißt  e8  De  spir.  et  litt.  c.  27.  28  oon  ben  peiben  :  Quorum  etiam  im- 

piorum  nec  Deum  verum  veraciter  colentium  quaedam  tarnen  facta  vel  legimus  vel 
novinuis  vel  audimus ,  quae  secundum  iustitiae  regulam  non  solum  vituperare  non 
possumus ,  verum  etiam  merito  recteque  laudamus.  3lud)  toirb  Serm.  349  (al.  51) 
de  temp.  n.  1  sq.  caritas  divina ,  humana  licita  unb  humana  illicita  unterfchieben. 
58gl.  Ep.  144  (al.  130),  n.  2;  Ep.  138  (al.  5),  c.  3;  Conf.  VI,  10,  16;  11,  21;  De 
spir.  et  litt.  c.  28,  n.  48;  In  Io.  tr.  10;  Enarr.  in  Ps.  31 ,  n.  4.  2Beuu  gulinn 

35* 


548  ®ie  chriffologifchen  unb  antfjrohologifchen  ©treitigfeiten. 

II.  ®ie  ©nabe  ©otte§  mir  ft  nad)  9Iuguftin  feine§meg§  immer 
in  ber  9Irt,  bafs  ber  SDienfä)  ihr  nie  jn  miberfteljen  bermag;  bietmetjr 
lehrt  er  in  früheren  nnb  in  Röteren  ©Triften :  1)  $er  ©nabe  guftimmen  ober  nicht 
juftimmen  ift  (Sache  unfere§  2BilIen§;  ©ott  märtet  auf  un§,  bi§  mir  jufümmen *  l. 
2)  fftidjt  bie  ©nabe  allein  mirft,  fonbern  ber  ÜJtenfcf)  mit  ber  ©nabe;  beibe  mirfen 
jufammen  2.  3)  ®er  ©taube  unb  bie  guten  2Berfe  finb  in  ber  2Irt  ©efdbjenfe  @otte§, 
bafs  fie  jugteicf)  2öerfe  unb  X^aten  be§  9Jtenfcf)en  finb  unb  nidf)t  auSfdjliefjiid)  ber  ©nabe 
jitgefd^rieben  merben  föttnen3 4.  4)  28ir  fönnen  batjer  burct)  bie  ©nabe,  aber  megen 
unfere§  9Jtitmirfen§  mafire  Sßerbienfte  tiaben  unb  mit  Sßautu§  un§  in  ©ott  rühmen  *. 
5)  Oft  entbehrt  bie  ©nabe  ihrer  SBirfung  megen  be§  entgegenfteljenben  menfchlichen 
2Men§5.  6)  ©ott  läfjt  jebem  bie  Freiheit,  bie  ©nabe  ju  gebrauchen  ober  nidjt, 
bamit  er  geredet  über  ibn  richten  fann6.  7)  Oie  mirftich  guten  unb  gum  Speile 
bienenben  2lfte  ertennen  tein  93anb  ^er  S^otmenbigfeit 7.  8)  Oie  ©nabe  bereitet  ben 


(C.  Iulian.  IY,  3,  14)  bie  natürlichen  Smgenben  ber  §eiben  herOorhob  unb  behauptete, 
bie  üftatur  unb  23efcbaffenheit  ber  $ugenb  fei  ganj  unabhängig  üont  3iel  unb  ©nbätoecf, 
um  beff entmitten  man  fie  übe  (hoc  tantummodo  intuendum  quod  agitur,  nee  causam 
quaerendam,  cur  agatur) ,  fo  urgierte  Üluguftin  bie  Söichtigfeit  ber  Slbfid&t,  be§  @nb= 
gmecfS,  ohne  beffen  SDdoralität  alle  üEugenben  nur  ©hein  finb,  unb  begog  alle  §anblungen 
auf  baä  giel  ber  übernatürlichen  ©eligfeit,  Don  bem  au§  fie  nach  ©otteS  Orbnung  be= 
trachtet  merben  fallen.  2öa3  ben  Sülenfchen  nicht  mahrhaft  gerecht  machen,  nicht  gut 
betten  ©etigfett  führen  fann,  ift  ihm  nicht  mahrhaft  gut.  ®er  grofje  Sehrer,  ber  bie 
SDöittenöfreiheit  fräftig  gegen  bie  ÜJtanichäer  berteibigt  hatte,  toufjte  fepr  gut,  bafj  ein 
fharfeS  töetonen  ber  ©nabe  leicht  als  Seugnung  ber  SOßittengfreifjeit  mifsbeittei  merben 
fönne  (De  gratia  Chr.  c.  47),  aber  nirgenbs  gab  er  ben  früheren  ©tanbpunft  ^u  ©unften 
eines  gemiffen  Fatalismus  auf.  §eifjt  e§  Enchir.  c.  30:  Libero  arbitrio  male  utens 
homo  et  se  perdidit  et  ipsum,  fo  ift  gleich  barauf  ftar  gefagt,  melcfie  Freiheit  bertoren 
ging:  libertas  ad  iuste  faciendum,  libertas  a  peccato,  bie  ethifälC  moboit  2  ifletr.  2,  19 
unb  3oh-  8,  36  bie  tRebe  ift;  ber  SDtenfd)  geriet  in  bie  servitus  sub  peccato  et  miseria 
(De  corr.  et  grat.  c.  13;  Enchir.  c.  106;  De  grat.  et  lib.  arb.  c.  16;  Op.  imperf. 
I,  94;  Contra  duas  epist.  Pelag.  ad  Bonif.  III,  8;  IY,  3).  ittoeb  420  fdjreibt  2Iugu= 
ftinuS  (1.  c.  ad  Bonif.  I,  2,  4.  5) :  Quis  autem  nostrum  dicat ,  quod  primi  hominis 
peccato  perierit  liberum  arbitrium  de  hurnano  genere?  Libertas  quidem  periit  per 
peccatum,  sed  illa,  quae  in  paradiso  fuit ,  habendi  plenam  cum  immortalitate  iusti- 
tiam ,  propter  quod  natura  humana  divina  indiget  gratia,  dicente  Domino:  Si  vos 
Filius  liberaverit,  tune  veri  liberi  eritis ,  utique  liberi  ad  bene  iusteque  vivendum. 
Nam  liberum  arbitrium  usque  adeo  in  peccatore  non  periit,  ut  per  illud  peccet. 
®en  hier  gemachten  Unterfhicb  gmifchen  liberum  arbitrium  unb  libertas  hält  StuguftinuS 
anbermärtS  jmar  nicht  in  ben  SBorten,  aber  in  ber  ©ahe  feft.  J8gl.  Op.  imperf.  I,  176. 

1  De  spir.  et  litt.  c.  34,  n.  60  sq. ;  In  Ps.  49.  85.  144 ;  C.  Iulian.  IV,  8 ;  De 
pecc.  mer.  et  rem.  II ,  6 ;  De  divers,  quaest.  LXXXIII ,  q.  68 ,  n.  5 ;  De  praedest. 
Sanctor.  c.  11 ;  De  dono  persev.  c.  13. 

2  De  grat.  et  lib.  arb.  c.  5;  In  Ps.  70,  sermo  7,  n.  2 ;  sermo  169,  c.  11:  Qui 
te  fecit  sine  te,  non  iustificat  te  sine  te. 

3  Retract.  I,  23:  Utrumque  ergo  nostrum  est  propter  arbitrium  voluntatis  et 
utrumque  tarnen  datum  est  per  spiritum  fidei  et  caritatis. 

4  Ep.  168  (al.  106)  ad  Paulin.  n.  6.  8.  10;  Confess.  XI,  4;  In  Ps.  118  conc.  19; 
In  Io.  tr.  102.  107;  De  perfect,  iustit.  c.  14;  Ep.  188  (al.  143)  ad  Iulian.,  n.  7.  8; 
De  grat.  Chr.  c.  17;  De  spir.  et  litt.  c.  32;  De  peccat.  merit.  et  rem.  II,  5. 

5  De  peccat.  merit.  et  rem.  II,  17;  Ad  Simplician.  1.  I,  q.  2;  In  Io.  tr.  12. 
19.  22.  37.  42;  De  nat.  et  grat.  c.  13;  Contra  duas  epist.  Pelag.  IV,  9;  De  spir. 
et  litt.  c.  31,  n.  53  sq. 

6  De  spir.  et  litt.  c.  83,  n.  58. 

7  De  nat.  et  grat.  n.  78 :  In  recte  faciendo  nullum  est  vinculum  necessitatis. 


6.  $er  ißelagianiämuS  unb  bie  ©nabenlehre  beS  hl-  Auguftinug.  549 

SSiEen  be§  fUlenfdjen  oor,  ohne  baff  öe§hal&  feine  eigene  X^ätigfeit  aufgehoben  unb 
er  in  eine  unau§meid)Iid)e  Etotmenbigfeit  oerfe^t  mürbe.  2ßoI)l  nahm  Auguftin 
eine  fid)  er  mirffame  ©nabe  (gratia  efficax)  an,  ber  thatfädjlidj  n i d£) t 
wiberftanben  werben  !ann;  bie§  behauptete  er  barum,  weil  ©ott  bie  ©naben* 
erteilung  fo  einridften  fann,  bah  ber  Eftenfd)  Ufr  golge  leiftet.  (Sr  fteEt  fid)  hier  auf 
ben  ©tanbpunft  be§  göttlidjen  abfoluten  2Biffen§  unb  2BiEen§,  oermöge  beffen  ©ott 
aEe§  fo  einjuridfteu  oermag,  bah  ihm  fein  meufd)Iid)er  üßiEe  wiberfteht,  bah  biefer 
feinen  £)eil§plan  nicht  hebert,  oiclmehr  bem  (Sinftufe  feiner  abfolut  wirfenben  ©nabe 
fich  hingiebt;  ohne  bah  bie  2öiEen§freiheü  aufgehoben  würbe,  lenft  ©ott  hoch  and) 
nach  ber  ©djrift  bie  tperjen  ber  Könige  wie  2Bafferbäd)e  \ 

III.  Auguftin  üertrat  feine  ab folute^räbe ft ination  jum  ewigen 
Selten  unb  jum  ewigen  $obe.  Sine  göttliche  55orherbeftimmung  erfannte  ftet§ 
bie  $ird)e  an ;  aber  ba§  2Ö  i  e  berfelben  war  ©el)eimni§.  Aud)  ber  grohe  Sifdfof  üon 
§ippo  fdjeute  fid)  nicht,  feine  Unwiffenheit  hierin  einjugeftehen  unb  ju  erflären,  man 
müffe  ©otte§  Etatfdflüffe  eher  anbeten  unb  bewunbern  al§  3U  ergrünben  trachten1 2; 
bennoch  oerfud)te  er  auch  ba§  grohe  ©el)eimni§  ber  „wenigen  Au§erwäl)Iten"  bei  üielen 
93erufenen  aufjuheEen.  Sn  früheren  ©djriften  fetjt  bie  göttliche  tCorherbeftimmung  ba§ 
göttliche  iBorhermiffen  üorau§  unb  oerfjält  fid)  ju  ihm  wie  ba§  SöoEen  jum  (Srfennen. 
S)ie  tßräfcien^  bei  Auguftin  ift  gleid)fam  bie  2eud)te  unb  9vid)tung  gebenbe  Etornt, 
Weldfe  ber  göttlidfen  AEmad)t  bie  einjeluen  ©naben  barfteEt,  bie  fid)er  ihre  SBirfung 
auf  ben  ÜRenfdfeu  nicht  oerfehlen.  AuSbrüdlid)  heihi  e§:  ba§  2>orwiffen  fönne  ohne 
üßorherbeftimmung  fein ,  nid)t  umgefehrt 3.  AEein  in  ben  Testen  ©djriften  AuguftinS 
finbet  fid)  bie  Sehre  üon  ber  S3ort)erbeftimmuug  jur  ©nabe  unb  üon  ber  33  0  r  h  e  r= 
b  e  ft  i  m  m  u  n  g  5  u  r  ©  e  l  i  g  f  e  i  t.  Auguftin  liebt  e§,  bie  ©nabenerteilung  00m  ©tanb» 
punfte  ©otte§  au§  ju  betrachten,  nach  Art  ber  fplatonifer,  bie  nur  ba§  331eibenbe  al§ 


1  Contra  duas  epist.  Pelag.  II,  9;  Retract.  I,  10.  SEÖichtxg  ift  bie  (Stelle  Ad 
Simplic.  1.  I,  q.  2 :  Si  vellet  etiam  (Deus)  ipsorum  misereri,  posset  ita  vocare,  quo- 
modo  illis  aptum  esset,  ut  et  moverentur  et  intellegerent  et  sequerentur.  Verum 
est  ergo:  Multi  vocati,  pauci  vero  electi ;  illi  enim  electi,  qui  congruenter  \ ocati;  illi 
autem,  qui  non  congruebant  neque  contemperabantur  vocationi,  non  electi,  quia  non 
secuti,  quamvis  vocati.  Item  verum  est :  Non  volentis  neque  currentis,  sed  miserentis 
est  Del  (Rom.  9,  16),  quia  etiamsi  multos  vocat,  eorum  tarnen  miseretur,  quos  ita 
vocat,  quomodo  iis  vocari  aptum  est  ut  sequantur.  Falsum  est  autem,  si  quis  dicit: 
Igitur  non  miserentis  Dei ,  sed  volentis  atque  currentis  est  hominis ,  quia  nullius 
Deus  frustra  miseretur ;  cuius  autem  miseretur,  sic  eum  vocat,  quomodo  seit  ei  con- 
gruere ,  ut  vocantem  non  respuat.  fffür  bie  Setjre  üon  ber  unroiberftei)IidE)en  ©nabe 
Wirb  befonberS  bie  Stelle  De  corrept.  et  grat.  c.  12,  n.  88  angeführt:  Subventum  est 
igitur  infirmitati  voluntatis  humanae ,  ut  divina  gratia  indeclinabditer  et  insupera- 
biliter  ageretur.  Abgefehett  üon  ber  ßeSart  inseparabiliter,  bie  Scipio  EJlaffei  (Istoria 
teol.  1.  XII,  c.  7,  n.  2  sq.),  $afob  SEterlin  (Vera  clavis  Opp.  S.  August.  P.  III 
[Viennae  1740],  p.  101  sq.)  unter  Berufung  auf  bie  Haltung  ber  bajaniftifd)  gefilmten 
ßöWencr  ©bitoren,  auf  baS  inseparabiliter  bei  Cassian.,  Collat.  XIII,  8  unb  bie  2Bal)r= 
fheinlichfeit ,  bah  aud)  bei  August.  1.  c.  n.  17  wof)I  inseparabilem  fortitudinem  ju 
lefen  ift,  oertreten  hoben,  ift  bie  ©teile  nach  bem  oben  ©efagien  311  erflären.  ©ott  famt 
eine  bermahen  wirffame  ©nabe  geben ,  bie  unausweichlich  unb  unüberwinblidj  wirft, 
Wie  bie  ©nabe  beS  Paulus  (Apg.  9,  5),  ohne  irgenb  Welche  ©efahr  für  bie  menf<hli<he 
SöiEengfreiheit.  EBenn  e§  1.  c.  c.  43.  45  helfet:  Deo  volenti  salvum  facere  hominum 
nullum  resistit  arbitrium,  fo  ift  eben  ©otteS  entfehiebener  SBiÜe  famt  allen  göttlichen 
Attributen  oorauSgefefet  in  ber  Slcrleif)ung  ber  gratia  efficax,  bie  aud)  ben  härtefteu 
©inn  jur  Umfehr  bringen  fann. 

2  De  corrept.  et  grat.  c.  8,  n.  17.  19;  c.  9,  n.  28;  De  spir.  et  litt.  c.  34. 

3  August.,  De  praedest.  Sanct.  c.  10. 


550 


Sie  djrifiologifdjen  unb  nnthropologifdien  (Streitigjetten. 


maf)re§  ©ein  betrachteten ,  at§  rnahre  ©ohne  ©otte§  nur  bie  al§  jotd)e  2Iu§harrenben 
ju  bejei^nen,  biblifd)=bitbltdje  2Iu§brüde  ju  gebrauten,  ma§  atte§  feine  ©)arfteltung 
oft  fcfymer  berftänblid)  macht  *.  ®ie  5lu§fcf)eibung  au§  ber  „berbammten  fütaffc",  b.  i. 
au§  ber  burdj  bie  ©iinbe  bem  Verberben  berfaÜenen  2Jtenfc()f)eit,  ift  bie  boHe,  für  bie 
(Sinjelnen  mirffame  ©rtöfung,  bie  Vorherbeftimmung  jur  ©nabe,  bie  ©nabenmitteüung 
unb  bie  bamit  berbunbene  Verherrlichung,  diejenigen,  bie  ba§  §eit  nicht  erlangen, 
bleiben  in  ber  VJaffe  jurücf ;  fie  finb  bermöge  be§  göttlichen  Vorf)ermiffen§  präbeftiniert 
gur  ©träfe,  aber  nicht  jur  ©ünbe;  auch  an  ihnen  geht  ©otte§  gerechter  VßiHe  in 
Erfüllung;  fie  erfahren  in  ihren  feinen  bie  Vtacht  be§jenigen,  beffen  Varmberjigfeit 
fie  in  feinen  ©aben  beradhteten.  die  Vtenfdjen  jeboch ,  meldje  ihr  §eil  erreidjen, 
mürben  bajit  bon  ©ott  frei  au§ermäf)It1  2.  Überall  benft  fidh  Stugufiin  b  e  n  Vt  e  n= 
fd)en  a  I  §  abhängig  bon  ©ott,  bem  Urheber  aüe§  ©uten 3 ;  ju  ihm  bertjält  ficb 
be§  Vtenfdjen  ©eift  mie  ba§  9Iuge  gur  ©onne,  unb  gmar  nicht  erft  bon  ber  ©ünbe 
au,  fonbern  öom  Anfänge  feine§  dafein§  4. 

Vod)  in  einem  meiteren  Vünfte  ber  ©nabenlehre  änberte  Dluguftin  in  gan^  be= 
ftimmter  Sßeife  feine  Meinung,  mie  er  fie  in  mehreren  bor  feinem  (gpiffofmte  ber» 
fafjten  ©d)riften  borgetragen,  bie  fpäter  femipetagianifd)  genannt  marb.  @r 
hatte  nämtid)  angenommen,  bajj  ber  ©taube  nidjt  ein  ©efd)enf  ©otte§, 
fonbern  ganj  unfere  eigene  dhat  fei5.  @ine  reifere  Betrachtung  unb  ein 


1  De  dono  persev.  c.  17  sq. :  Ista  igitur  sua  dona,  quibuscumque  Deus  donat, 
procul  dubio  donaturum  se  esse  praescivit  et  in  sua  praescientia  praeparavit.  In 
Ps.  150:  Praedestinatio  nostra  non  in  nobis  facta  est,  sed  in  occulto  apud  ipsum 
in  praescientia.  Ad  Simpl.  1.  I,  q.  2,  n.  6 :  Unde  quod  dictum  est  (Eph.  1,  4): 
Quia  elegit  nos  Deus  ante  mundi  constitutionem,  non  video  quomodo  sit  dictum  nisi 
in  praescientia.  $u  Söm.  8,  29  f.  In  Io.  tr.  45:  Nobis  praescitis,  praedestinatis, 
iustificatis ;  De  nat.  et  grat.  c.  5 ;  De  corrept.  et  grat.  c.  9 ;  De  praedest.  Sanct.  c.  10, 
n.  19;  De  dono  persev.  c.  14.  17.  SSiötoeilert  toirb  ber  eine  2lu§brud  für  ben  anbern 
genommen,  hie  unb  ba  bie  Vräbeftination  auf  jene,  meldje  felig  merben,  befdjranft;  eg 
ift  ba  bon  ber  praedestinatio  ad  gratiam  bie  Sebe ,  bie  praeparatio  beneficiorum  ift 
(bie  praedestinatio  ad  poenam,  Enchir.  c.  100).  5ßräfcienj  unb  Vräbeftination  faßen 
jufammen.  1  Sirn.  2,  4  mirb  feinegmegg  abmeitfienb  bon  ben  griedjifdien  Sötern  erflart, 
bie  \%h]!J.a  npcüTov  unb  deuzspov ,  voluntas  antecedens  unb  consequens  unter jcljeiben. 
Sie§  jeigen  bie  ©teilen  In  Io.  tr.  12,  n.  12;  De  spir.  et  litt.  c.  33,  n.  58;  De  ca- 
tecliiz.  rudibus  c.  26 ,  n.  52 :  Deus  misericors  volens  homines  liberare ,  si  sibi  ipsi 
non  sint  inimici.  Retract.  I,  10,  2:  Verum  est  omnino  omnes  homines  hoc  posse 
si  velint ;  sed  praeparatur  voluntas  a  Domino.  Sgl.  De  pecc.  merit.  II,  39.  Überall 
mirb  betont,  baß  bie  ©elbfitbätigleit  be§  Sienfdjen  bie  ©nabe  nicht  augfchliefft ,  biefer 
bielmehr  ber  tpauptanteil  an  ber  ©rlangung  beg  §eile§  gebührt.  De  grat.  Chr.  c.  25 : 
Veile  et  operari  operatur  in  nobis  Deus,  non  quia  nos  non  volumus  aut  non  agimus, 
sed  quia  sine  ipsius  adiutorio  nec  volumus  aliquid  boni  nec  agimus.  Sgl.  De  grat. 
et  lib.  arb.  c.  6,  n.  13;  De  pecc.  mer.  et  rem.  I,  39,  69;  De  divers,  quaest.  LXXXIII, 
q.  66,  n.  6 ;  In  Ps.  109,  n.  2. 

2  Sie  discretio  (1  ßor.  4,  7)  ex  massa  damnata  (De  pecc.  orig.  c.  26;  De 
nupt.  et  concup.  I,  26.  Enchir.  c.  99)  mirb  biglueilen  aud)  bem  9Jienfd)en  jugefianben 
(Serm.  234  [al.  87]  de  div.  n.  3 ;  In  Ps.  57.  143). 

3  De  pecc.  mer.  et  rem.  II,  5. 

4  Über  bie  Ofrage  ber  Vrübeftination  bei  Sluguftin  f.  bef.  SRottmanner,  Ser 
5tuguftinigmu§.  Stüncben  1892. 

5  August.,  Retract.  I,  23 ;  II,  1 ;  De  praedest.  Sanct.  c.  3.  4.  Sie  jmei  Bücher 
an  ©implician  bon  SOiailanb,  ben  Vadjfolger  beg  hl-  Smbrofiug  (f  4.  9IpriI  397),  bc= 
äeidjnet  er  felbft  alg  Söenbepunft  (De  dono  persev.  c.  20) :  Plenius  sapere  coepi  in  ea 
disputatione,  quam  scripsi  ad  bon.  mem.  Simplicianum  episc.  Mediol.  in  mei  episcopatus 


7.  gfreuttbe  u.  ©egner  ber  auguftitt.  ©nabentebre.  ®er  fogen.  ©emipelagtaniSmuS.  55 1 

tiefere^  gorfchen  in  ber  ©djrift  (bef.  1  $or.  4,  7)  belehrte  ihn,  baff  audj  unfer 
©taube  A3erf  unb  ©abe  ©otteS  fei,  unb  halb  tjatte  er  Anlafj,  biefe  2öat)rt)eit  gegen 
berfd)iebene  SBiberfadfer  ju  bertreten. 

7.  greunbe  unb  ©egner  ber  auguftinifdjen  ©nabcnletjrc.  Ser  fogcnannte 

©emibelagtnni§ntu§. 

Duetten.  —  ^Briefe  beä  ißrofber  au§  Stquitanien  unb  be§  £>itariu§  an 
Stuguftin  (unter  StuguftinS  Briefen  Ar.  225  u.  226,  bei  Migne,  Patr.  lat.  XXXIII, 
1002  sqq.).  Sßerfe  be§  Arofper  ju  ©unften  ber  ©nabentebre  StuguftinS:  De  gratia 
et  libero  arbitrio;  De  ingratis  (®ebid)t) ;  In  obtrectatorem  Augustini  (©ebidfjt) ;  Re- 
sponsiones  ad  capitula  obiectionum  Gallorum  unb  ad  capitula  obiect.  Yincentianarum ; 
Responsiones  ad  excerpta  Genuensium;  Contra  Collatorem  (nämlid)  ©affianui) ,  bei 
Migne,  Patr.  lat.  t.  LI.  Stnonljm:  De  vocatione  omnium  gentium  ( Migne  1.  c.  LI, 
647  sqq.).  —  Io.  Cassianus,  Collationes  Patrum  ( Migne  1.  c.  XLIX,  477  sqq.).  Vin¬ 
cent.  Lerin.,  Commonitorium  ( Migne  1.  c.  L,  637  sqq.).  Faustus  Feien.,  De  gratia 
11.  II  (Migne  1.  c.  LVIII,  788  sqq.).  2tnont)tn:  Praedestinatus  sive  praedestinatorum 
haeresis  ( Migne  1.  c.  LIII,  587  sqq.).  Über  biefe  ©dfriften  bgt.  23arbenbetoer, 
ißatrologie  (2.  Stuft.)  ©.  450  ff.  454  ff.  529  ff.  —  ©bnobe  Don  Drange  (529)  bei  ^efete, 
©oncitiengefcb.  II  (2.  Stuft.),  724  ff. 

ßitteratur.  —  Geffken ,  Histor.  Semipelagianisnn  antiquiss.  Gotting.  1826. 
2Ö Örter,  ^Beiträge  jur  ®ogmengefcbid)te  beö  ©enüpetagianismuS.  Aaberbortt  1897; 
3ur  ®ogmengefdiid)te  bei  ©emipetagiani3mu§  (ßirdfengefd).  ©tubien  Y,  2).  SJtiinfter 
1900.  Valentin,  St.  Prosper  d’Aquitaine.  Toulouse  1900.  £>od),  Sepie  beS  Oobanneg 
©affianuä  Don  Statur  unb  ©nabe,  fjreiburg  i.  SSr.  1895.  ßod),  ®er  pt-  &auftu§, 
SBifdbof  non  Aiej.  Stuttgart  1895;  SSinceutiug  üon  Serinum  unb  tOtarinä  SOtercator 
(®üb.  ®peot.  Duartatfcpr.  1899,  ©.  396  ff.).  SSergmann,  ®ie  bogmat.  ©dpriften 
unb  bie  SSriefe  be§  fjauftuä  bon  Aeii.  (® iffert.)  ®orpat  1898;  ©tubien  ju  einer 
fritifdjen  ©idptung  ber  fiib gattifdEjen  tprebigttitteratur  beS  5.  unb  6.  SfaprpunbertS.  Sb.  I. 
Seipjig  1898.  Malnory,  S.  Cesaire  eveque  d’ Arles.  Paris  1894. 

1.  2fn  feiner  groben,  baS  ebrifiticbe  ©efiif)!  abftofienben  f$orm  tnar  ber 
5peIagianiSmuS  bereite  überttnutben  toorben;  aber  ber  Irrtum,  ber  bie  tnenfdp 
lidje  ©elbfithätigfeit  auf  Soften  ber  ©nabe  ergebt ,  erneuerte  fiep  halb  in  ge= 
milberter  ©eftalt  unb  in  befdjränbter  Aßeife.  SDie  firchlidien  ©ntfd)eibungen 
patten  noch  niand)e  tiefer  liegenbe  fragen,  befonberS  über  baS  nähere  33er= 
pältniS  Don  ©nabe  unb  Freiheit,  offen  gelaffen,  roeldje  ber  fird)lid)en  2Biffen= 
fcpaft  anbeimfieten,  in  ber  öor  allen  AuguffinuS  tpätig  toar,  o£>ne  für  feine  @r= 
flärung  größeres  ^tnfe^en  ju  beanfprudicn,  a(S  einem  einzelnen  Öeprer  äutommen 
fann.  ©dfon  früpjeitig  nahmen  einzelne  Anftofi  an  ntand)en  Ausführungen 
unb  AuSfprüchen  beS  berühmten  ©otteSgelehrten.  Um  426  unb  427  paden 
einige  ARönd)e  beS  ^(öfters  ju  Ab  rum  et  Sebenten  gegen  feinen  ihnen  befannt 
getoorbenen  33rief  an  beit  römifdjen  ^riefter  ©ijtuS  (Ep.  194)  erhoben;  fie 
meinten,  es  merbe  barin  bie  menfcplicbe  greipeit  unb  ©otteS  gered)teS  ©ericpt 
aufgehoben;  bie  93orgefe^ten  biirften  für  Ungehorfatne  nur  nod)  beten,  nicht 
aber  fie  jureditmeifen ,  ba  ihnen  ja  ©ott  nicht  bie  ©nabe  jur  Erfüllung  ber 
©ebote  gegeben  pabe.  Auguftin  erttärte  in  Briefen  an  ben  Abt  Valentin  unb 

exordio,  quando  et  initium  fidei  donum  Dei  esse  cognovi  et  asserui  (Dgl.  c.  21). 
®er  Irrtum  finbet  fiep  in  ben  jtoifdpen  393  unb  397  Derfafjten  ©cpriften,  toic  in  ber 
Expositio  quarundam  propositionum  ex  ep.  ad  Rom. ;  Expos,  ep.  ad  Gal. ;  Inchoata 
expos.  ep.  ad  Rom.  Sorbet  äußerte  er  fid)  nod)  anberä,  3.  23.  De  Gen.  c.  Man.  I,  8, 
n.  13  sq. ;  De  duab.  anim.  c.  14,  n.  24;  De  vera  relig.  c.  18,  n.  36;  De  lib.  arb.  1.  II. 


552  Sie  tfjriftologifdjen  unb  anthropologifcben  ©treitigfeiten. 

in  befonberen  (Schriften  [eine  Sehre  näher,  unb  obfchon  !^ier  manche  fc^roffe 
Sä|e  fid)  fanben,  jd)einen  bie  fJRönche,  bie  jum  großen  $eit  i^m  geneigt  maren, 
[ich  bocf)  babei  beruhigt  ju  haben.  Sitati§  bon  ^arttjago,  ber  ft<h  be= 
fonberS  an  (5t)brian  f)iett ,  meinte,  ber  Anfang  be§  ©lauben§  unb  be§  guten 
2Berte§,  ba»  HBolten  be§  ©uten  (fRöm.  7,  18),  gehe  bom  Sienfcben  au§,  ber 
mit  [einer  Freiheit  ber  il)m  in  ber  ©rtöfung  unb  Selfre  ©t)ri[ti  [omie  in  ber 
[ßrebigt  ber  Kirche  juborfommenben  ©nabe  juftimme  unb  auf  ©runb  [einer 
gläubigen  2lnnahme  bon  ©ott  bie  [Rechtfertigung  erlange.  Suguftin  mte§  if)n 
barüber  jurecbt  (Ep.  217)  unb  jeigte  ihm,  baff  man  atgbann  nicht  nötig  habe, 
für  bie  Ungläubigen  bie  Belehrung  jum  ©tauben  ju  erflehen;  ben  bibtifchen 
©ah,  baff  ©ott  in  un§  ba§  SBoKen  unb  ba§  Sottbringen  mirfe,  h^  er  mit 
[Recht  gegen  jebe  ©infpracbc  aufrecht.  2Iud)  im  [üblichen  ©attien,  befonber§ 
in  [IRatfeille,  erhoben  fromme  unb  gelehrte  üRänner  Sebenfen  gegen  berfd)iebene 
Pufferungen  in  5Iuguftin§  «Schriften,  namentlich  in  bem  Suche  „Son  ber  3uredjt= 
toeifung  unb  ber  ©nabe"  an  Sbt  Satentin  unb  bie  Stöndje  bon  Sbrumet ;  auch 
fie  glaubten,  bie  menfd)Iid)e  Freiheit  fei  burch  Suguftin  berfümmert  unb  menig= 
ften§  ber  fromme  Sffeft,  ba§  [Ringen  be§  ©ott  um  Seiftanb  anftetjenben 
ÜRenfchen  fei  nicht  ber  ©nabe,  fonbern  ber  Freiheit  beiplegen,  gteichtbie  auch 
biefe  nad)  ©mpfang  ber  ©nabe  [ich  in  ihr  betoahre  unb  erhalte.  fCRehrere 
©eiftliche  unb  9Rönd)e  in  ÜRarfeitte  (bon  benen  bie  [{Jäter  femibetagianifd) 
genannte  [Richtung  ben  [Rainen  ber  St  affilier  erhielt)  fudjten  einen  ÜRitteU 
meg  ätoifchen  ben  Selfren  be§  lßelagiu§  unb  jenen  be§  2Iuguftinu§  unter  §eft= 
hattung  ber  gegen  erfteren  ertaffenen  firchticben  ©ntfdjeibungen  geminnen. 

tpaubt  biefer  [Richtung  mar  Johann  Saffian,  5lbt  be§  $tofter§  bon 
St.  Sittor  in  Starfeitle.  Sr  hatte  at§  Stönch  in  [ßatäftina  unb  Pghbten  mit 
feinem  greunbe  ©erntanu§  bie  Sitten  ber  2l§teten  fennen  gelernt,  mar  um 
400  nach  ß’onftantinofiel  gefommen,  too  ihn  Shrhf°Pomu§  jum  Siafon  meiljte, 
unb  um  405  bon  beffen  greunben  nach  [Rom  gefenbet  morben;  ffJäter  hatte 
er  in  ©attien  bie  [ßrieftermeifje  erhalten  unb  jmei  ^töfter  geftiftet.  ffromrn 
unb  geachtet,  nahm  er  überall  auf  ba§  ^ßraftifdje  unb  Sittliche  Sebacht,  ohne 
[ich  um  eine  biatettifche  Sntmidtung  ber  ©taubenStetjren  ju  befümmern;  er 
mottte  bem  SDogma  ber  Kirche  treu  bleiben,  betannte  bie  Srbfünbe,  obfchon  er 
beren  folgen  bebeutenb  abfchmächte ;  er  gab  auch  bie  Sotmenbigfeit  einer  inneren 
beiftehenben  (attuetten)  ©nabe  ju,  mottte  aber  bie  erfte  ©nabe  einer  fetbftänbigen 
guten  2ßitten§regung  be§  ÜRenfdjen  jufchreiben;  nur  fo  glaubte  er  bie  2ßilten§= 
freiheit  retten  ju  tonnen,  menn  bie  Anfänge  be§  £>eit§  unb  bie  Setjarrlichfeit 
im  ©uten  menigften§  für  einige  gälte  ihr  beigetegt  mürben  1. 

Seine  Sehre  ift  fotgenbe:  I.  3m  ©tauben  ift  Stnfang,  Sermehrung  unb  Sott= 
enbttng  ju  unter[cf)eiben.  Ser  Anfang  be§  ©tauben§  umfafft:  1)  bie  Annahme 
be§  ©Iauben§  mit  ©eift  unb  tperj,  2)  bie  barau§  ermachfenbe  §eit§begierbe,  3)  ba§ 
©ebet  unb  bie  Anrufung  be§  göttlichen  Seiftanbe§.  Siefe  brei  menfd)li(f)en  $hätig= 
feiten  merben  nun  ben  Hoffen  Saturfräften  jugefchrieben  unb  im  ©egenfatje  ju  ber 


1  Cassian.,  Collat.  XIII,  9 :  Etiam  per  naturae  bonum,  quod  beneficio  creatoris 
indultum  est,  nonnumquam  bonarum  voluntatum  prodire  principia.  Üurj  giebt  2lugu= 
ftinuä  (De  bono  persev.  n.  42)  bie  ßefjre  an:  Initium  fidei  et  usque  in  finem  per- 
severantiam  sic  in  nostra  constituunt  potestate,  ut  Dei  dona  esse  non  putent. 


7.  fjfreunbe  u.  ©egner  ber  auguftin.  ©nabenleljre.  Ser  fogen.  ©emipelagianidmud.  553 

©ermeljrung  bed  ©laubend  gebaut.  (Erläutert  wirb  bied  burdj  bad  ©leid)nid:  Ser 
Traufe  würbe  ben  s)lrjt  nicht  h«beirufen,  wenn  er  nicht  fdjon  jum  üoraud  eine  gute 
EJteinung  üon  bemfelben  hätte,  bie  Überzeugung  nämlich,  «  tonne  unb  wolle  ihn 
heilen.  2Bie  nun  aber  biefe  gute  EJleinung  bon  bem  ©efdjid  unb  ber  93ereitwiHigfeit 
bed  Elftes,  bann  beffen  Berufung  unb  bie  ©ehnfudjt  nach  IperfteEung  ber  ©efunbheit 
nid)t  ju  bem  cigentlidhen  2Berfe  ber  Teilung  gehören,  nicht  Sf)ätigfeiten  bed  Elrjted 
finb,  ebenfowenig  tonnen  unfere  ©ehnfudjt  nad)  ©hrtfto§,  bem  geiftigen  5Ir§te ,  unb 
unfer  Vertrauen  auf  il)n  feiner  h^itenbeu  ©nabe  jugefchrieben  werben,  foubern  fie  ge= 
hören  bem  geiftig  ertrantten  EJlenfdjen  an  l.  §ier  wirb  nun  bie  ©nabe  einfeitig  ald 
blof)  heilenbe  gefaxt  unb  bie  jubortommenbe  ©nabe  ganj  geleugnet;  bad  aud)  bon 
Eluguftin,  aber  nid)t  in  folcfjer  EBeife  gebrauchte  ©leid)nid  barf  nid)t  nad)  jeber  ©eite 
hin  burchgeführt  werben.  2Bad)dtum  bed  ©laubend  ift  bad  gute  SBerf ,  bad 
bottftänbig  ber  ©nabe  angehört.  Ser  EJlenfd)  tann  hi«  Woh  woEen,  fid)  fehlten, 
ringen,  nichts  weiter.  Sie  ©efunbheit  woEen  unb  nad)  ihr  ringen,  ift  nod)  nicht 
bie  ©efunbheit  felbft,  ja  nid)t  einmal  ihr  Anfang.  Ser  Anfang  bed  guten  EBerfed 
ift  ©ad)e  ber  ©nabe,  gleichwie  ber  ©eginn  ber  wieber  auflebenben  ©efunbheit  ©ad)e 
bed  Elrjted  ift.  Sie  ©ollenbung  im  ©lauben  umfafjt  bad  ©eharren  im 
©tauben  unb  in  ben  guten  SBerfen  bid  jum  Sebendenbe,  bie  wieber  ©adtje  bed 
EJtenfd)en  ift.  Ser  ©enefene  tann  fich  uor  neuen  ©törungen  feiner  ©efunbheit  hüten 
unb  biefe  bewahren,  ebenfo  ber  ©laubige  im  ©uten  audljarren.  §ier  ift  bad  ©leid)= 
nid  fd)on  auf  bem  Eiaturgebiete  nidjt  richtig  unb  bie  ewige  ©eligteit  ald  ootn  EJlenfdjen 
öoEtommen  unb  eigentlid)  oerbient  gebadjt.  II.  Ser  §eildgro jeh  geftaltet  fid)  fo: 
Ser  EQlenfd)  glaubt  an  ©hr*ftu§  al§  ©rlöfer,  finbet  an  ber  ©rlanguug  bed  Speiled 
2Bol)IgefaEen ,  bad  fid)  jur  ©ehnfudjt  fteigert,  ringt  banad),  im  §inblicf  auf  feine 
fd)Wa<hen  Kräfte  aber  ruft  er  ©ott  an,  pocht,  bittet  unb  betet,  ©rft  nad)  biefen  ald 
rein  natürlich  unb  menfchlich  gebadjten  Sljätigfeiten  tritt  bie  eigentlich  übernatürliche 
©nabe  ein  ald  Sohn  für  bad  gottgefäEige  Düngen,  nicht  ald  ©otted  freied  ©efdjenf. 
III.  Sie  ©nabe  wirb  eingeteilt  in  bie  anfängliche,  bie  nichts  anbered  ift  ald 
bad  natürliche  ©erwögen,  ©öfed  unb  ©uted  ju  unterfdjeiben,  unb  in  bie  ©rlöfungd= 
gnabe,  welche  bie  EBiebergeburt  in  (Stjriftud  in  fid)  einfdjliefjt  unb  burd)  ben  guten 
©ebraud)  ber  erfteren  (ber  Eiaturgnabe)  oerbient  wirb.  §ier  warb  bie  pelagianifdje 
©orfieEung  bon  ber  Eiatur  ald  ©nabe  wieber  aufgenommen  unb  ein  rein  menfdjlidjed 
©erbienft  gelehrt,  bad  bie  höhere  ©nabe  ju  erwerben  oermöge,  ©ott  ald  Urheber  aEed 
©uten  anerfannt,  aber  nur  infofern  er  ©djöpfer,  Seljrer  unb  ©efe^geber  ift,  nicf»t 
infofern  ald  er  felber  „EBoEen  unb  ©oflbringen  wirft".  Eiach  biefer  Elnfid)t  fönnte 
bie  ©rebigt  bed  ©bangeliumd  feine  SBirfung  haben,  wäre  ntdjt  im  EJtenfdjen  etwad, 
wad  für  fich  frei,  ohne  bad  ©ebürfnid  weiterer  ©nabe,  bamit  übereinftimmt ;  ed  blieb 
hoch  im  EJtenfd)en  eine  @mpfänglid)feit  für  bad  £)eil,  ein  giinfd)en  guten  SBiEetid; 
ber  $ampf,  ber  feit  ber  erften  ©ünbe  in  ihm  fid)  regt,  ift  if)tn  gewiffermafien  niijjlid). 
©o  fonnte  ber  Einfang  bed  ©uten  bisweilen  ald  oon  ©ott,  wie  bei  EJiattljäud  unb 
©aulud ,  bisweilen  ald  oom  EDtenfdjen  felbft  audgeheitb,  wie  bei  3ad)äud  unb  bem 
©d)äd)er  am  5?reuje,  gebad)t  werben.  Sen  ©atj,  bah  ©nabe  unifonft  oerliehen 
Werbe,  glaubte  man  bamit  aufredjt  ju  halten,  bah  badjenige,  wad  bie  ©nabe  bem 
EJtenfdjen  oerleiht,  weit  höh«  fei  ald  bad  menfdjliche  ©erbienft  unb  biefed  ju  jener 
in  feinem  ©erhältniffe  ftel)e.  ©d  würben  jwei  Singe  ald  bad  §eil  wirfenb  bcjeicOnet : 


1  Sad  ©leichnid  Oom  EIrjte  (ogl.  August.,  De  nat.  et  grat.  c.  26,  n.  29;  In  Io. 
tr.  12,  n.  1  etc.)  ift  Collat.  XIII,  12  audgefiihrt.  Collat.  XVIII,  14  wirb  herOor= 
gehoben ,  bie  Eßorte  Non  inveni  tantam  fidem  in  Israel  feien  ein  ßob ,  bad  nicht  am 
©Iahe  wäre,  hätte  ©hriftud  felbft  ben  ©lauben  gefhenft;  ed  Reifee  auch  nicht  dedi, 
fonbern  inveni. 


554  ®ie  djriftologifdjen  unb  cmtbropologifchen  (Streitigfetten. 

©ehorfam  ttnb  ©taube,  jo  baf  ber  Anfang  beS  IpeiteS  bom  ©rtöften,  nicf)t  Dom  ©r= 
töfer  auSgef)e,  unb  ber  Sßilte  beS  9Jienfd)en  jidj  bcn  SBeiftanb  ber  ©nabe  erwerbe, 
nid)t  aber  bie  ©nabe  fid)  ben  menfd)lid)en  2BiHen  unterwerfe 

©amit  [tanben  aber  biete  anbere  §ra9en  in  SSerbinbung.  ©er  Sat),  baj? 
©  o 1 1  alte  jetig  mad)en  will,  warb  mit  ber  Sßebingung  feftgefjalten ,  wenn  jie 
felbft  nad)  it)ren  natürlichen  Kräften  e§  wollen,  wätjrenb  fathotifdjerfeitS  gelehrt  warb, 
©ott  wolle  baS  §eil  alter,  wenn  jie  mit  ber  äuborfomtnenben  unb  beiftetjenben  ©nabe 
eS  wollen,  ©ie  tt)eotogifd)e  Unterfdjeibung  jwifcben  bem  allgemeinen,  borauSgehenben 
iffiitten  ©otteS  jowie  bem  bejonbern,  nadjfotgenben  warb  bon  ben  üftaffitiern  aufjer 
ad)t  getajjen.  ©benjo  lehrten  jie :  ©f)riftu§  ijt  für  alle  gejtorben  unb  berleifjt  alten 
baS  ewige  Sehen,  bie  mit  natürtid)em  Verlangen  unb  Düngen  eS  berbienen.  ©a  nun 
ber  Unterjd)ieb  gwijdjen  ©laubigen  unb  Ungläubigen  nidjt  auS  ber  ©nabe  ©otteS, 
jonbern  au§  ben  natürtidjen  Sßerbienften  t)ergeteitet  wirb,  jo  giebt  eS  bei  ben  DJJajfitiern 
feine  umjonjt  bertiefjene  53orf)erbeftimmung  j$ur  ©nabe,  ©iefe  teerten  weiter :  3wi jdf)en 
bem  ©tauben  unb  ben  guten  Sßerfen  befielt  ber  Unterfd)ieb,  bafi  jener,  weit  mit 
natiirlidjen  Kräften  erworben,  bon  ©ott  blofj  bort) er g e wujjt,  bieje  aber,  weit  mit 
bem  SBeiftanbe  ber  ©nabe  gewirft,  nid)t  btoji  borhergewufjt ,  jonbern  aud)  borher= 
bejtimmt  werben,  ©er  ©taube  fällt  nad)  ihnen  nidjt  unter  bie  göttliche  tßräbeftination, 
jonbern  nur  unter  bie  Dßräjcienä.  Sowohl  bie  DJiafjitier  atS  Dluguftin  unb  bie  $att)o= 
tifen  nehmen  eine  Sßräbeftination  ^ur  ©nabe  unb  jur  (Seligfeit  an;  aber  nad)  letzteren 
ijt  ber  ©taube  jetbjt  eine  ©nabe,  fällt  atjo  unter  bie  tßortjerbefiimmung  jur  ©nabe, 
nad)  elfteren  fällt  er  nidjt  unter  biejelbe,  weit  er  eben  feine  ©nabe  ijt.  ©er  Unter* 
jc£)ieb  liegt  weit  weniger  in  ber  ifkäbeftinationS*  atS  in  ber  ©nabentefjre.  ferner 
wirb  beiberjeitS  anerfannt,  baf  bie  53ort)erbeftimmung  auf  bem  93orf)erwiffen  beruhe 
unb  e§  borauSfetje.  ©aS  33ort)erwiffen,  tt)eoretifd)  betrachtet,  ijt  reines  Sßifjen ;  foraftijd^ 
gefafjt,  jd)Iieft  eS  jugteid)  eine  tßeranftattung  unb  ein  Sßirfen  ein,  baS  barauS  fjerbor* 
geht,  ©ieje  praftifhe  tpräfcicnj  ijt  bie  tjträbejtination,  burd)  welche  bie  nötigen  IpeitS* 
gnaben  borbereitet  werben,  gwr  bie  ÜRaf filier,  bie  fein  SBirfen  ©otteS  jum  Einfang 
beS  ©tauben§  gelten  tiefen,  jiet  biejer  nur  unter  ba§  33ort)erwiffen,  atjo  unter  bie 
fpefulatibe  5]3räfcienj.  ©er  ©runb  beS  Unterfd)iebeS  liegt  wieber  in  bem  Safe,  ber 
©taube  werbe  nicht  burdj  bie  ©nabe  bertiefjen.  ©ie  jchwierige  grage :  warum  einige 
burd)  bie  äufere  tßrebigt  beS  ©bangetiumS  jutn  ©tauben  berufen  werben,  anbere  nicht, 
jene  bie  ©aufe  erlangen,  bieje  oor  ber  ©aufe  jterben,  beantworteten  bie  DJtafjitier,  eS 
gejd)et)e  be§f)otb ,  weit  ©ott  bon  ben  erjteren  borljerwifje ,  bafj  jie  bie  natürlichen 
Kräfte  gut  gebraud)en,  bon  bcn  letzteren  aber,  bafs  jie  biejelben  mif brauchen  würben, 
©anad)  jolfte  ©ott  tßerbienfte  unb  iDüfwerbienfte  anred)nen,  bie  nicht  ejijtieren,  bie 
btof  hDpbtf)etifd)  möglich  jtnb,  wa§  unbenfbar  ijt.  ©ie  iDiaffilier  beriefen  jich  auch 
bisweiten  auf  ältere  Sßater,  bie  bor  bem  5luSbrud)e  biejer  Streitigfeiteu  feinen  Dlnlafj 
hatten,  ihre  SBorte  jorgfättig  gu  wählen,  unb  fein  shüfberftänbniS  beforgenb,  minber 
genau  fpred)en  fonnteu,  nicf)t§befto weniger  aber  nirgetibS  pofitib  bie  femipelagianifdje 
Sehre  ftüfen  fönnen.  9lidjt  aHe§  aber,  waS  bon  (Saffian  unb  feinen  greunben  bor= 
getragen  warb,  I)at  bie  ,(?ird)e  berurteilt,  inSbejonbere  hat  jie  niemals  ihre  ^Behauptung 
berbammt,  ©f)rif±u§  fei  für  alte  9Jtenjd)en  gejtorben  unb  bie  ©nabe  ©otteS  fei  nid)t 
unwiberjtet)li(h 1  2- 


1  Collat.  XIII,  9.  11.  12.  15.  18;  De  instit.  mon.  XII,  14.  August.,  Ep.  225. 
226.  Carm.  de  ingrat.  v.  274  sq. 

2  $en  Itnterjchieb  5Wtfd)en  ber  femipetagianijdjen  Sehre  bon  ber  tßräbeftination 
unb  ber  2>oftrin  bieler  fatbolifdjer  ©beotogen  bezeichnet  DlataliS  3tlejanber  (Saec.  V, 
c.  8,  a.  8,  n.  6  [ed.  Par.  V,  59])  al jo :  a)  ®ie  SQtajfitier  tiefen  feine  praedestinatio 
gratuita  gelten,  Weber  ad  gratiam  noch  ad  gloriam,  bie  f atfjolifcfjen  ©beologen  (auch 


7.  ^reunbe  u.  ©egner  ber  auguftiit.  ©nabentehre.  Ser  fogen.  ©emif)etagiani3mu§.  555 

2.  33on  btefer  in  (Sollten  um  fid)  greifenöen  Cehre  ©affiati§  tmtrbe 
Auguftiit  burd)  jmei  feiner  bortigen  23eret;rer ,  ißrofper  unb  f?tlariu§, 
bon  jebem  in  einem  befonberen  Briefe,  in  Kenntnis  gefetzt.  ©r  antmortete  in 
jtnei  ©Triften  429,  in  benen  er  bie  Partei  ©affian§  zu  gemimten  unb  ju 
überzeugen  fudjte ;  er  fat)  fie  at§  53rüber  an,  bie  jroar  über  einige  fet)r  toid)= 
tige  fünfte  im  Irrtum ,  aber  bod)  meit  bom  $ßelagiani§mu§  entfernt  feien ; 
er  teilte  mit,  mie  er  felbft  jetten  Irrtum  früher  gehegt,  aber  burd)  bie  SüBorte 
be§  Apoftel§  (1  ßor.  4,  7;  7,  25.  2  ßor.  3,  4.  5.  ®p$.  2,  8.  5ß$il.  1,  29; 
2,  13.  ütörn.  9,  16;  11,  35)  eine§  Sefferen  belehrt  morben  fei. 

©r  wie§  nad),  baß  ber  ©taube  at§  Sßert  ©otte§  auSbrüdtid)  bezeichnet  werbe 
(2iof).  6,  28.  29);  ©ott  beriete  itm  ohne  altes  menfd)Iid)e  SSerbienft ;  e§  wiberftrebe 
©ott,  jemanben  wegen  fotdfer  ©ünben  }it  beftrafeu,  bie  er  nur  bei  tangerem  Sehen 
begangen  hoben  würbe,  im  ©egenteil  taffe  er  9Jlenfd)en  früher  fterben,  bamit  fie  nicht 
burd)  bie  93o§t)eit  oerborben  Würben  (2Bet§b.  4,  11).  ©r  zeigte  ben  ttnterfdjieb 
ZWifcßen  ber  natürlichen  gäßigfeit,  ben  ©tauben  aufzunehmcn,  bie  ber  tDlenfd)  oor 
ben  unüernünftigen  ©efdjäpfen  üorau§f)at,  unb  bem  wirftichen  Sefilte  be§  ©Iauben§; 
jene  ift  6ad)e  ber  Aatur,  biefer  ber  ©nabe.  ©hriftu§  ift  nicht  bloß  SMenber,  fonbern 
auch  Urheber  unfere§  ©Iaubett§  (tpebr.  12,  2).  $em  wirftichen  ©taubenSafte,  ber 
Snfümmung  be§  33erftanbe§,  geht  ein  ®enfen  über  ba§  Objeft  be§  ©Iauben§  Oorau§, 
meld)e§  biefen  bem  SBillen  al§  ein  ©ut  barftellt.  ®iefer  fromme  ©ebanfe  flammt 
au§  ber  ©nabe  unb  bringt  zugteid)  mit  ber  ©nabe  einen  freien  2BiUen§aft  heroor, 
ber  gleid)  ber  3uftimmung  felbft  übernatürlich  ift.  ®er  ©taube  ift  barutn  nicht  bie 
abfotut  erfte  ©nabe,  nicht  ba§  erfte  übernatürliche  2ßerf.  ©nbtid)  finb  noch  bie  ©e= 
bete  ber  Kirche  für  Ungläubige  unb  ©iinber,  auf  baß  fie  fid)  befet)ren,  fowie  für  bie 
frommen,  auf  baß  fie  im  ©Uten  beharren  mögen,  fowie  ba§  ©ebet  be§  fperrn  wot)t 
ZU  bead)ten;  bie  Aotwenbigfeit  ber  ©nabe  zu  aEetn  ©Uten  unb  zur  SBef)arrtid)feit 
ift  allenthalben  bezeugt ©o  Oertrat  Auguftin  bi§  an§  ©nbe  feines  SebenS  bie  fird)= 
liebe  Sehre  oon  ber  ©nabe  mit  aller  ©ntfeßiebenheit. 

3.  ißrofper  bon  Aquitanien,  ber  inzmifeßen  nod)  mehrere  «Schriften 
gegen  bie  „Überrefte  ber  ^ßelagianer "  üerfaßt  hatte,  begab  fid)  mit  fpitariuS 
nach  9fom  zu  ^ßapft  ©öleft  inu§,  um  feinen  Seiftanb  gegen  bie  neuernng§= 
füdjtigen  Säfterer  AuguftinS  unb  ihre  Srrtümer  anzurufen,  ©öleftin  erlief  431 
ein  Schreiben  an  bie  33ifd)öfe  ©atlienS,  toorin  er  fie  zur  Unter= 
brüdung  falfcher  Sehren,  zur  perfönlicßen  Ausübung  be§  ^ßrcbigtamteS  fomie 
bazu  aufforbert,  baß  fie  ihren  ^ßrieftern  nicht  geftatten  foßen,  leichtfertig  bor^ 

bie  Vertreter  ber  scientia  media)  befennen  auöbrücflich  bie  praedestinatio  gratuita  ad 
gratiam.  b)  Seßtere  benten  bie  gloria  als  effectus  gratiae  unb  leiten  bie  ißräbeftinatioit 
ju  ihr  oon  ben  mit  ber  ©nabe  erlangten  übernatürlichen  Sterbienften  ab ,  währenb  bie 
SDlaffilier  fie  oon  ben  rein  natürlichen  SSerbienften  herleiten,  c)  Sie  Annahme  ber 
praescientia  rerum  numquam  exstiturarum  bei  ben  Sötaffiliern  ift  teineäwegl  häretifd), 
Wohl  aber  bie  ÜBeßaubtung,  baß  bie  ißräbeftination  burd)  biefelbe  beftimmt  werbe,  welche 
bie  genannten  Sßeologen  nicht  teilen. 

1  Prosp.  et  Hilar.,  Ep.  225.  226.  August.,  Opp.  II,  820.  August.,  De  praedest. 
Sanct.  unb  De  dono  persev.  23iblifd)e  33eweife  in  erfterer  Schrift  c.  2.  7.  14  mit 
Söerteibigung  ber  ßanonijität  beS  33ud)e8  ber  SGBeiSheit.  Unterfdjeibung  be$  posse  habere 
fidem  (potentia  obedientialis)  unb  beS  habere  fidem.  Uber  bie  pia  cogitatio  Ogt. 
August.,  Contra  duas  epist.  Pelag.  II,  8 :  Quis  non  videat  prius  esse  cogitare  quam 
credere?  Nullus  enim  credit,  nisi  prius  cogitet  esse  credendum  et  hoc  vult  Apo- 
stolus  non  esse  ex  nobis,  sed  ex  gratia.  ®gl.  De  dono  persev.  c.  8.  13. 


556 


®ie  cfjriftologifcfjett  unb  antbrofjologifdben  «Streitigfeiten. 


wituge  fragen  aufjuwetfen,  unb  ben  SSerleumbern  2iuguftinS  «Stiflfdfweigen  auf= 
erlegt.  Söertn  er  bie  fdfwierigeren  fragen  bermieben  wiffett  wollte,  fo  fprad) 
er  fid)  bod)  genitgenb  gegen  (Saffians  Irrtum  au»,  ju  roeldjem  3kf)ufe  aud) 
9IuSf{)tüd)e  früherer  tßäpfte  unb  Konsilien  bem  «Schreiben  beigegeben  waren, 
©er  ißapfi  wollte  feine  (Sntfdjeibung  gegen  bie  nod)  immer  nicpt  mit  tarnen 
genannten  ^rauben  geben,  fonbern  nur  eine  bottrinede  3nftruttion,  bie  borerft 
auSieidjenb  fdpen1.  (Saffian  felbft  ftarb  fd)on  432  im  Trieben  mit  ber  Birdie; 
feine  9Int)anger  berteibigten  aber  nocp  immer  feine  Seifte,  weSffalb  ^ßrofper 
(f  463)  fortfuf)r,  if)te  (Sinwenbungen  ju  wiberlegen  unb  bie  Unlfaltbarfeit  ilfreS 
©tanbfmnfteS  nadjjuweifen.  tßiele  anbere  ©Geologen  in  (Ballten  würben  bamalS 
beS  ©etnipelagianiSmuS  berbäd)tig2;  mehrere  teilten  jwar  bie  8el)te  (Saffians 
nid)t,  waren  aber  bod)  ber  Seljre  51uguftinS  abffolb,  wie  ber  ^rieftet  (Bern 
nabiuS  bon  DJiarfeide 3.  ©er  litterarifdie  ß'ampf  bauerte  na^eju  ein  3al)t= 


1  Coelest.  I.,  Ep.  21  ad  episc.  Gail.,  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  I,  454  sq. ;  ebb. 
c.  2  Sob  2Iuguftins>;  c.  3:  Profundiores  vero  difficilioresque  partes  occurrentium 
quaestionum,  quas  latias  pertractarunt,  qui  liaereticis  restiterunt,  sicut  non  audemus 
contemnere ,  ita  non  necesse  habemus  adstruere ,  quia  ad  confitendum  gratiam  Dei, 
cuius  operi  ac  dignationi  nihil  penitus  suhtrahendum  est,  satis  sufficere  credimus, 
quidquid  secundum  praedictas  regulas  Apost.  Sedis  nos  scripta  edocuerunt,  ut  prorsus 
non  opinemur  catkolicum,  quod  apparuit  praefixis  sententiis  esse  contrarium.  Ibid. 
c.  12 :  His  ergo  .  .  .  regulis  ita  ...  confortati  sumus,  ut  omnium  bonorum  affectuum 
atque  operum  et  omnium  studiorum  omniumque  virtutum,  quibus  ab  initio  fidei  ad 
Deum  tenditur,  Deum  fateamur  auctorem  et  non  dubitemus,  ab  ipsius  gratia  omnia 
hominis  merita  praeveniri,  per  quam  fit,  ut  aliquid  boni  et  veile  incipiamus  et  facere. 
®ie  beigefügten  Kapitel  ober  Slutoritäten,  bie  einige  nicht  für  urfprünglid)  batten,  rübren 
ficber  bon  ©öleftiu  ber,  bem  fie  auch  ©ionbfiug  ©jiguug  in  feiner  «Sammlung  unb  ißetrug 
®tafonu§  520  äufdjrieben.  S3gl.  Coustant,  Monit.  in  Coelestin.  ep.  21.  ®afj  bie  ®e= 
Iretale  ©öteftinä  noch  feine  ©nbentfcbeibung  fein  fottte,  fab  iflrofper  toot)t,  ber  barum 
feine  Hoffnung  auf  beffen  Dtacbfolger  ©ijtug  III.  fetjte.  58gt.  C.  Collat.  c.  21,  n.  60: 
Confidimus  Domini  protectione  praestandum,  ut  quod  operatus  est  in  Innocentio, 
Zosimo ,  Bonifacio ,  Coelestino ,  operetur  et  in  Xysto  et  in  custodia  Dominici  gregis 
kaec  sit  pars  gloriae  liuic  reservata  pastori,  ut  sicut  illi  lupos  abegere  manifestos, 
ita  kic  depellat  occultos. 

2  Sßielfadbe  ßontroberfen  befteben  über  bie  femipelagianiftfien  ©etebrten.  3u  ihnen 
gehörte  a)  fidber  ber  oon  iprofper  befämpfte  58 in ce  113  bon  Serin.  93gl.  jebotf)  ipape= 
brocbe  (Acta  SS.  Boll.  24.  Maii,  V,  284  sq.) ;  bie  Hist.  litt,  de  la  France  II,  369; 
Maffei,  Ist.  teol.  1.  XYI,  p.  462  sq.  b)  ©er  ben  ©emipetagianern  beigejäbtte  58ifcbof 
£>onoratu§  bon  ÜRarfeitte  toirb  bon  9Iatati§  Stlejanber  (Saec.  Y,  c.  3,  a.  7,  §  10, 
[ed.  Par.  V,  57])  berteibigt.  c)  SBübrenb  letzterer  (1.  c.  §  6,  p.  111)  auch  ben  £>ita= 
riug  bon  Slrteg  be§  ©emipetagianigmug  jeibt,  rechtfertigen  itjn  biete  anbere  ©etebrte. 
58gt.  Acta  SS.  Boll.  5.  Maii.  Hist.  litt,  de  la  France  1.  c.  d)  ®er  58erfaffer  be§ 
fcbönen  ©ebitfjteg  De  providentia,  ba§  fc^on  auf  416  gefe|t  toirb  (v.  33  sq.  bgt.  mit 
Hieron.,  Ep.  ad  Ageruck.  vid.  113  (al.  11),  n.  16.  17.  Baronius,  Annales  ad  an.  406, 
n.  53.  Pagi,  Critica  liistorico-tkeol.  in  univ.  annales  eccl.  Baron,  t.  V  ad.  an.  cit., 
n.  12),  ift  ganj  bon  maffitianifdben  ©enben^en  freijufpred^en ;  ebenfo  e)  ber  bon  ®u  5]3in 
angettagte  tBifcfiof  ©nnobiuS  bon  ißania  (f  521).  Sögt.  Opp.  Sirmond.  t.  I,  Praef., 
n.  XII.  Migne,  Patr.  lat.  t.  LXIII.  f)  ©eggteidfen  58alerian  bon  ©emete,  bon 
bem  noch  ätoanjig  Jpomilien  unb  ein  SSrief  erhalten  finb.  58gt.  Gallandi,  Biblioth.  vet. 
Patr.  X,  125.  58  a  r  b  en  b  e  to  e  r ,  tßatrotogie  (2.  Stuft.)  «5.  460. 

3  ©ennabiuS  fetde  495  ba§  58ucb  be§  §ieronbmug  De  vir.  ill.  fort  unb  äufjerte 
fidb  b^r  (c.  38)  tabelnb  über  2Iuguftin§  SSietfc^reiberei ,  bie  it)n  ju  Srrtümern  geführt 
habe.  58gt.  SSarbenbetoer  a.  a.  O.  ©.  537  f. 


7.  greunbe  u.  ©egnet  ber  auguftin.  ©nabenlehre.  Ser  fogen.  ©emipelagianiSmuS.  557 

tjunbert  fort;  e§  maren  übertüiegenb  bie  2t)eotogen,  nicht  ba§  djriftlidje  SSolf 
habet  beteiligt.  ipatte  ißrofper  in  befonnener  Seife  bie  ©nabentet)re  5tuguftin§ 
bargefteHt  nttb  entmidett,  fo  entftettten  fie  anbere  in  ber  fdjroffften  Seife, 
mäßrenb  mieber  anbere  eine  Vermittlung  anjuba^nen  fugten.  Saßin  gehörte 
ber  unbcfannte  SSerfaffer  be§  Serfc§  „Von  ber  Berufung  alter  Vötfer",  ber 
9tuguftin§  nnb  ^3rofper§  Cef)re  in  geiftboUer  2Beife  jugteid)  mit  Dieter  ©cßonung 
für  bie  ©egner  berteibigt  unb  bie  Harmonie  jmifcßen  ber  ©nabe  unb  bent 
freien  Sitten  aufjeigt.  ®ie  ©nabe  (al§  allgemeine  unb  befonbere,  al§  äußere 
unb  innere  unterfdjieben)  rnirb  at§  notmenbig  jur  ©etigfeit,  aber  nicht  at§ 
unmiberftehticf)  mirtenb,  fonbern  at§  naturgemäß  ben  Senfcßen  an^ießenb  ge¬ 
bucht  unb  bie  Unergrünbtidjfeit  ber  ©eßeimniffe  ©otte§  ernft  unb  toiirbig  ßerbor= 
gehoben1,  dagegen  tjat  ber  SSerfaffer  be»  Vucße*  „^räbeftinatuS"  bie  2eßre 
5tuguftin§  bon  ber  Vorßerbeftimmung  in  boshafter  Seife  entftettt,  um  fie  bann 
ju  mibertegen.  ©erabeju  marb  betn  ^eiligen  barin  jugefcßrieben ,  ©ott  ßabe 
nach  ißrn  einige  ^enfd^en  jutn  emigeit  Verberben  befttmmt ,  bie  barum  aud) 
oßne  ©nabe  blieben  unb  unrettbar  ber  ©ünbe  unb  ber  tpölte  berfieten2. 

Sirftid)  ßegte  einen  fotdjen  Irrtum  ber  gattifcße  ^ßriefter  2ucibu§,  ber 
ba  meinte,  ©ott  motte  nidjt  ba§  $eit  alter  fJJienfdjen ,  fonbern  nur  ba§  ber 

9lu§ermäßlten,  er  ßabe  einen  Seit  ber  Senfcßen  ju  ©efäßen  ber  ©cßmad)  be= 

ftimmt,  bie  fidj  nie  ju  ©efäßen  ber  ©ßre  ergeben  tonnten ;  in  biefen  feien  aud) 
bie  ©aframente  mirfung§Io§  unb  ber  emige  Sob  ißnen  unbermeiblid).  Vber 

2ucibu§  mürbe  475  auf  beitt  ^onjil  bon  5Irte§  burd)  ben  ©affianer 
gau ft  11  §,  Vifcßof  bon  Dfiej,  jum  Siberrufe  gebracht ,  unb  außer  ißrn 
finben  fid)  fortft  feine  ißräbeftinatianer ,  abgefeßen  bon  bem  Vfrifaner  Vtonu 
mu§.  5tu§  Auftrag  be§  ©rjbifdiofS  SeontiuS  bon  9lrle§  ftettte  33ifdf)of 
gauftuS  bie  Verßanbtungen  ber  ©Qnobe  über  ©nabe  unb  Vorßerbeftimmung 
in  ben  jmei  Vücßern  „Von  ber  ©nabe  ©otte§  unb  ber  greißeit  be3  menfdj= 
ließen  ©eifie§"  jufamtnen,  in  benen  er  ben  3Iuguftinu§  mit  Vereßrung  anfüßrt, 
bie  ©uabenteßre  aber  in  eigentümlicher  Seife  beßanbelt,  mobei  er  bod)  mieber 
ba§  Sotten  bem  Vtenfcßen  unb  ©ott  ba§  Vollbringen  jufcßreibt  unb  bie 

Sirfung  ber  eigentlichen  ©nabe  be§  ©ßriftentum»  (befonbern  ©nabe)  bon  ber 
3lrt,  mie  ber  Senfcß  bie  fittlichnetigiöfe  fftaturantage  (allgemeine  ©nabe)  ber^ 
menbet  ßat,  bebingt  fein  läßt3.  gauftu§,  ber  aud)  bie  $örpertid)feit  ber  ©eelen 
ber  Vienfdjen  unb  ber  ©ngel  behauptete,  loeit  nur  ©ott  reiner  ©eift  fei,  unb 
beSßalb  bon  ©Iaubianu§  fDfamertuS,  tßriefter  bon  Vienne,  befätnpft 
mürbe4,  erregte  burd)  feine  Äußerungen  über  bie  ©nabe  in  meiten  Greifen 
Stnftoß.  ©ehr  eifrig  traten  nod)  naeß  feinem  2obe  (493)  bie  in  $onftanti= 


1  Sa$  Sud)  De  vocatione  omnium  gentium,  halb  bem  2tmbrofiu$,  halb  bem 
tprofper,  001t  OueSnett  bem  römifßen  Siafon  unb  nachherigen  Zapfte  Seo  mit  Unredjt 
jucjefdjriebert  ( Ballerini ,  Opp.  Leon.  M.  in  Diss.  II.  Quesnell.  §  2.  Migne,  Patr.  lat. 
LY,  376  sq.),  nennt  $apft  ©elaftug  unter  ben  Südjern  bewährter  Drthobojie. 

2  Ser  Praedestinatus  (ed.  Sirmond.  1643)  wirb  bon  mehreren  bem  jüngeren 
Slrnobiuä,  Slcrfaffer  eines  ßommentarS  ju  ben  *pjalmen  (c.  470),  augefebrteben.  Migne, 
Patr.  lat.  t.  LIII. 

3  Über  Sucibuä  bgt.  ^>efele,  ©onciltengefeh-  II  (2.  Stuft.),  597  ff. 

4  Claudian.  Mamertus,  De  statu  animae  11.  III. 


558 


Sie  cprifiologifdjen  unb  ant^ro^ologifc^en  ©treitigfeiten. 


nopel  meilenben  ffptpifcpen  DJiöncpe  feiner  ©cprift  entgegen.  SDurcp  ben 
afrifanifcpen  Sifcpof  ißoffeffor,  ber  ebenfalls  in  ber  öftlicpen  $aiferftabt  fiep 
befanb,  manbten  fie  ficb  520  an  ißapft  f)ormi§ba§  mit  ber  grage,  ma3 
non  ben  Sücpern  be»  ffauftuS  ju  galten  fei.  SDer  5ßapft  erhärte  einfach, 
ffauftuS  gehöre  nicht  ju  ben  $ircpenbätern,  unb  feine  ©Triften  hätten  fein 
anbere§  5lnfepen  als  bie  anberer  ©cpriftfleller,  mie  fdion  ißapfi  ©elafiuS  (494) 
erflärt  pabe;  man  miiffe  alfo  aucp  bei  ipm  prüfen  unb  nur  ba§  mit  ber  magren 
Sehre  Übereinftimmenbe  annepmen;  in  biefer  Söeife  fei  ba§  Sefen  feiner  (Schriften 
erlaubt;  pinreicpenbe  formen  feien  bie  ^eilige  Schrift ,  bie  Siiafprücpe  ber 
^onjilien  unb  ber  SSäter ;  9luguftin§  Schriften  an  Srofper  unb  £)ilariu§  fomie 
bie  Kapitel,  bie  ber  Dlpoftolifcpe  ©tupl  (rnopl  unter  ©öleftin)  feftgeftellt ,  feien 
ju  empfepleit.  Oatnit  maren  aber  bie  Stöncpe  nicht  befriebigt;  fte  rooKten  bie 
Siicper  be§  ffauftuS  berurteilt  fepen  unb  fanbten  fie  beShafb  an  bie  afrilanifcpen 
SSifchöfe,  bie  fid)  im  ©pil  auf  ber  Snfel  ©arbinien  befanben1.  3>m  Aufträge 
betfelben  berteibigte  ber  pl.  ffulgentiuS,  Sifcpof  bon  Utu§pe,  nicht 
nur  3tuguftin§  Sehre  opne  fpörte  unb  Übertreibung  in  brei  Süd)ern,  fonbern 
fchrieb  aucp  ein  eigenes  (nun  öertoreneS)  2ßerf  in  fieben  Sittern  gegen  §auftu§, 
auf  meldje  ©d)riften  bie  93ifd)öfe  in  ihrer  Sntmort  523  pinmiefen.  ©ie  fpracpen 
barin  ihren  ©tauben  ben  Siaffiliern  gegenüber  au§,  bie  fie  immer  nod)  mit 
©d)onung  als  irrenbe  Srüber  bepanbelten,  miberlegten  bereu  ©rünbe  unb 
forberten  mit  Berufung  auf  bas  ©djreiben  bes  ^SapfteS  fponni§ba§  an  ißoffeffor 
jum  ©tubiuin  ber  Söerfe  ^luguftinS  auf.  DJtit  Sejitg  auf  IRöm.  9,  13  er= 
Hären  bie  Sifcpöfe :  3n  3afob  mürben  nicht  menfcplidje  Söerfe,  fonbern  ©otteS 
©abcn  crroäplt  unb  geliebt;  3afob  marb  burcp  ©otteS  ©rbatnien,  nicht  für 
ba§  93erbienft  einer  fünftigen  guten  SEpat  ermöplt,  unb  ©ott  muffte  borper, 
baff  er  iptn  ben  ©lauben  unb  bie  guten  2Berfe  berleipen  tuerbe.  2Bie  an  Safob 
bie  Öarmperjigfeit  feiner  unberbienten  ©üte,  fo  geigte  ©ott  an  ©fau  bas  ©eridft 
feiner  gerechten  ©trenge,  meil  er  aud)  nad)  ber  Sefipneibung  ben  alten  irbifcpen 
DJtenfcpen  beibepielt2. 

4.  2öie  f^ulgentiuS  in  ©arbinicn  unb  Slfrifa,  fo  berteibigten  in  bem  notp 
immer  bon  fircplicpen  Kämpfen  peimgefud)ten  ©aüien  bie  ©nabenlepre  3luguftin§ 
bie  ©rjbifcpöfe  (5-äfariuS  bon  9lrle§  (501 — 542)  unb  9löitu§  bon 
Vienne  (490 — 523) 3.  ©rfterer  manbte  fich  an  ben  Sßapft  ffeüj  IV.  mit 
ber  Sitte  um  Sbpilfe  unb  llnterffüpung  gegen  bie  fepr  tpätigen  Snpänger 
be§  (Saffian  unb  be§  ffauftuS.  SDiefer  fanbte  ipm  eine  3lngapl  ©entenjen  bon 
Sluguftin,  Ü3rofper  unb  einigen  ^äpften,  melcpe  fid)  über  bie  ftrittigen  Sepr= 
punfte  äujferten.  (SäfariuS  beranftaltete  nun  bei  ©elegenpeit  ber  ©inmeipung 
einer  bon  SiberiuS,  ifkafeftuS  ifkätorio  für  ©allien,  erbauten  Safilifa  im  3uli 
529  eine  ©pnobe  bon  bierjepn  Sifcpofen  ju  Orange  (Sraufio),  melcpe 
bie  bon  tRom  gefanbten  ©entenjen  in  fünfunbjmanüg  $anone§  nebft  einem 


1  Possessor  ad  Hormisd.  et  Horm,  ad  Poss. ,  Ep.  115.  124,  ed.  Thiel,  Epist. 
Rom.  Pont.  p.  916  sq.  926  sq. 

2  Fulgentius,  De  veritate  praedestinationis  et  gratiae  Dei  11.  III  (Bibliotk.  Patr. 
max.  Lugd.  IX,  232  sq.).  Ep.  synod.  Episc.  Afric. ,  bei  Mansi  1.  c.  III,  591  sq. 
Opp.  Aug.,  ed.  Migne,  Patr.  lat.  XLV,  1779  sq.  §>efele  a.  a.  O.  II,  697  ff. 

3  IBaröenfjeioer,  *patrotogie  S.  539  ff.  538  f. 


8.  21§fefe  unb  Atbftif. 


559 


eigenen  93efenntni§  gegen  bte  ©emipelagianer  feftfteHte  unb  bon  ben  Anwefenben, 
barunter  aud)  adjt  bornefunen  Saien,  unterfcljreiben  lief).  Sarin  wirb  gelehrt, 
baß  AbamS  ©iinbe  bem  Seite  unb  ber  ©eele  nach  if)tn  unb  ben  Aacf)fommen 
gefdjabet  t)at,  bajj  bie  ©nabe  31t  allen  guten  £mnblungen  notwenbig  i[t  unb 
ihnen  borauägeljt,  felbft  unfern  Sßunfd)  unb  unfere  ©ebete,  ben  Anfang  be§ 
©laubenS,  bie  Siebe  311  ©ott,  bie  S9e^arrlid)feit  im  ©uten  wirft,  baß  alle  ©e= 
tauften  unter  fütitwirfung  ©otteS  baS  bol^ieljen  fönnen,  wa§  if)r  ©eelenpeil 
erheifdjt,  baff  ©ott  niemanben  311m  S3öfen  borf)erbeftimmt.  Sa  ficb  noch  immer 
eifrige  Anhänger  bon  Saffian  unb  ^auftuS  in  ©aöien  fanben,  gegen  welche 
Vifcßof  Spprian  bon  Soulon  auf  einer  ©pnobe  Su  ifalence  bie  Aot= 
Wenbigfeit  ber  3Uborfommenben  inneren  ©nabe  nad)Wie§,  fanbte  SäfariuS  einen 
ausführlichen  Verid)t  mit  ben  Elften  feiner  Verljanblungen  burd)  ben  Abt  unb 
^Sriefter  ArmeniuS  nach  Vorn  an  feinen  greunb,  ben  ^riefter  VonifatiuS,  ber 
bon  fßapft  Selig  bie  Veftätigung  erwirfen  füllte.  AIS  ArmeniuS  in  ütom  ein= 
traf,  war  eben  biefer  VonifatiuS  jum  Aachfolger  beS  berftorbenen  gelig  530 
gewählt  worben.  33onifatiu§  II.  lieg  nun  biefe  Elften  beriefen  unb  gab 
nebft  einer  bogmatifdjen  Srörterung  ber  femipelagianifdjen  ©üt)e  in  feiner 
Antwort  ben  Sefreten  ber  3Weiten  ©pnobe  bon  Orange  feine  Approbation, 
infolge  biefer  päpftlichen  Veftätigung  erhielten  bie  Söefd&Iüffe  biefe§  9ßrobin3iaI= 
fon3iI§  allgemeine  ©eltung  in  ber  ß'ircpe 1.  Sie  iflerfon  beS  längft  berftorbenen 
Sauftu§  würbe  nicht  namentlich  berurteilt;  in  ber  ^robence  bereprte  man  ihn 
aud)  fpäter  noch  als  .^eiligen2,  ähnlich  wie  eS  mit  Saffian  gefchaf)3.  Sie 
ÜRaffilier  bon  428—530  waren  nicht  formelle,  fonbern  nur  materielle  £)äre= 
tifer;  ftrenge  genommen  gab  eS  feine  femipelagianifdje  §ärefie,  ba  bie  Oppo- 
fition  gegen  AuguftinS  Sehren  noch  feine  Oppofition  gegen  bie  Kirche  war. 
Verurteilt  aber  würbe  nur  bie  Seugnung  ber  Aotwenbigfeit  ber  inneren  ©nabe 
311  jeglichem  £>eifSaft,  inSbefonbere  311  bem  Anfang  beS  ©laubenS  unb  3m- 
Vef)arrlid)feit  im  ©uten;  über  bie  $rage,  in  wefdjer  2ßeife  bie  unfehlbare 
Sßirfung  ber  ©nabe  eintritt,  unb  über  bie  fpräbeftination  (mit  Aufnahme  ber 
Verwerfung  einer  göttlichen  Vorf)erbefiimmung  3um  Vöfen)  warb  noch  nichts 
fird)lid)  entfchieben. 

8.  ASfefe  unb  Atßftif. 

21 3  f  e  t  i  f  d)  e  unb  m  ß  ft  i  f  d)  e  ©Triften.  —  Ioann.  Cassianus,  De  institutis 
coenobiorum;  Collationes  Patrum,  ed .  Petschenig.  2  voll.  Vindob.  1886 — 1888.  Pal- 
ladius ,  Historia  Lausiaca,  ed.  Butler  (Texta  and  Studies  VI,  1).  Cambridge  1898. 
Nilus,  Opp  ,  ed.  Migne,  Patr.  gr.  t.  LXXIX.  Marcus  Eremita,  Tractat.,  ed.  Migne 
L  c.  LXV,  903  sqq.  Ioann.  Climacus,  Kki/xa$,  ed.  Migne  1.  c.  LXXXVIII,  631  sqq. 


1  Über  bie  ©ßnobe  bon  Orange  bgf.  Mansi  1.  c.  VIII,  712  sq.  721  sq.  ©ßnobe 
bon  SSalence  Cypr.  Diac.  bei  Mansi  1.  c.  p.  723.  §efele  a.  a.  O.  II,  738  ff.  Bonif.  II. 
Ep.,  bei  Mansi  1.  c.  p.  735  sq. 

2  2)en  firchlicßen  fiult  be§  ©auftus  mißbilligte  S3aroniud  (Annales  ad  an.  490, 
n.  42),  ifjn  berteibigte  ©tilting  (Acta  SS.  Boll..  Sept.  VII,  651). 

3  Über  ben  ßult  ©affianS  bgl.  Cuper,  Acta  SS.  Boll.  Iul.  V,  458  sq.  ©eine 
ißerfon  toarb  gefd)ont,  wenn  auch  feine  ©djriften  (feit  ©elafiuS)  ald  „apofrl)Ph"  galten 
unb  mehrfach  berurteilt  würben.  Alancbe  fudjten  fie  bon  ben  barin  enthaltenen  .grrtümern 
ju  reinigen ,  Wie  ©ucßeriud  oon  2l)on.  SSgl.  Gennad.,  De  vir.  ill.  c.  63.  —  Cassiod., 
De  instit.  script.  c.  29.  Ado,  Chron.  a.  425. 


560 


®ie  cfiriftologifdjen  unb  arttbrobologifcbert  ©treitigteiten. 


Ioann.  Moschus,  Pratum  spirituale,  ed.  Migne  1.  c.  LXXXVII,  2851  sqq.  SJgl. 
SBarbenljetoer,  ipatrologie  (2.  2IufI.)  ©.  385  ff.  493  f.  504  f.  —  Dionys.  Areopag., 
Opp.,  ed.  Migne  1.  c.  t.  III — IY. 

Sitteratur.  —  ©.  oben  ©.  33,  Dir.  4  bie  allgemeinen  ®arftetturtgen.  501  e  t)  e  r. 
Sie  £>aupturfunben  für  bie  ©efcfjidüc  ber  2ltf)o3tIöfier.  ßeibjig  1894.  Ferradon,  Des 
biens  des  monasteres  ä  Byzance.  Bordeaux  1896.  £>0  11,  6nthufia3mu3  unb  S8ufj= 

getoalt  beim  grtecl)ifcC)ert  3Jlönd)tutn.  Seipgig  1898.  fjibler,  3ur  SBürbigung  ber  Vita 
Fulgentii  (3eitfd)r.  für  $tr<hengefd).  1901,  ©.  9  ff.).  —  Über  ®iottbfiu3  ben  fogen. 
2lreof>agiten  Ogi.  23arbenl)etoer,  ißatrologie  ©.  472  ff.  ©tiglmatjr,  ®er  Vett= 
frtatonifer  ißrofluä  al§  Vorlage  be§  fogen.  ®iont)f.  2lreof>ag.  in  ber  Sel)re  Oom  Übel 
(£>iftor.  ^abrbutf)  1895,  ©.  253  ff.  721  ff.);  ®a3  Stuffommen  ber  f>feubo=bionl)ftf<fiert 
©Triften  unb  iljr  ©inbringen  in  bie  <f»riftlid0e  Sitteratur.  fJelbtirdO  1895;  ©in  inter= 
effanter  Srief  au§  bem  fircblicben  2Utertum  (3eitfdjr.  für  tatbol.  ®f|eoI.  1900,  ©.  657  ff.). 
Fod),  ißfeubo=®iont|fiu3  Äreopagita  in  feinen  ^Beziehungen  zum  Veublatoniämug  unb 
Sülqfierienmefen  (3rorfd).  zur  djriftlicben  Sitteratur*  unb  ®ogmengefd)iti)te  I,  2 — 3). 
Söloinj  1900. 

1.  Obgleich  im  Saufe  beS  5.  SafmljunbertS  baS  fDtöndjtum  in  einzelnen 
Sänbern  beS  AbenblanbeS  feften  $ufj  faffen  fonnte  unb  ^auptfäct)Iid)  in  ©allien 
fräftig  emßorblüljte  (f.  oben  ©.  459),  fo  lag  bod)  immer  nod)  ber  ©d)roer= 
punft  feiner  Vebeutung  im  Orient.  V3ie  §ieront)mu3,  AufinuS  unb  biele 
anbere  nad)  bem  Offen  jogen,  um  bort  an  ber  Quelle  baS  aSletifdje  Seben 
fennen  ju  lernen,  fo  mürben  ebenfalls  SofjanneS  ßaffianuS  unb  IponoratuS 
im  Orient  für  baS  Vtöndjtum  gemonnen  unb  mit  Vegeifterung  erfüllt  für  bie 
pflege  beS  boKfommenen  SebenS.  3of).  (SaffianuS  ift  ber  Verfaffer  ber 
beiben  bebeutenbften  ©d)riften  über  baS  aSletifcEje  Seben,  meldje  bamalS  im 
Abenblanbe  entffanben  finb :  De  institutis  coenobiorum  (426  boüenbet)  unb 
Collationes  Patrum  (bor  429  abgefd)loffen).  3n  ber  erfteren  befdjreibt  er 
bie  Einrichtungen  ber  Flöfier  51gt)ptenS  unb  fßaläftinaS  unb  bel)anbelt  acht 
hauptfädjlidje  geiftige  Frontseiten  beS  VtönchSlebenS ;  bie  jmeite  berichtet  llnter= 
rebungen  über  baS  geiftige  Seben,  meldje  er  mit  ägQptifchen  Anad)oreten  bei 
feinem  Aufenthalte  unter  ihnen  gehabt  holte. 

Speicher  entfaltete  fid)  bie  a§t etifdje  Sitteratur  im  Orient.  SBeit 
berbreitet  in  ben  griedjifdjen  Flößern  mar  bie  Historia  Lausiaca  beS  iß  ab 
labiuS,  eine§  ©djülerS  beS  Origeniften  ©öagriuS  fßontituS.  @r  hotte  auf 
meiten  Steifen,  befonberS  in  51gt)pten  unb  fßaläftina,  bie  mönd)ifd)en  @im 
ridjtungen  näher  tennen  gelernt,  unb  fchrieb  jur  Verherrlichung  mie  jur  Ver= 
breitung  berfelben  um  420  feine  Sammlung  bon  VtöndjSleben,  bie  jebod)  mehr 
aSfetifdjen  mie  hiftorifchen  gmeden  biente.  Am  meiften  jebod)  ragt  als  aStetifdjer 
©djriftftetler  ber  1)1- Stil uS  h^rbor,  meldjer  eine  glänjenbe  öffentliche  Stellung 
in  Fonftantinoßel  »erließ  unb  fid)  mit  feinem  ©ohne  SljeobuluS  ju  ben 
Vtöndjen  auf  bem  Serge  ©inai  begab,  mo  er  als  hodmereljrter  ^eiliger  um  430 
ftarb.  @r  hintedieß  eine  reiche  Sammlung  bon  Abljanblungen  unb  ©entenjen 
über  baS  geiftige  unb  aSfetifdje  Seben  fomie  eine  große  3ahl  bon  Vriefen1. 
Von  bem  ©remiten  VtartuS,  einem  geitgenoffen  beS  AiluS,  befißen  mir 
jelm  Abljanblungen  über  (Begenftänbe  beS  AtöncßSlebenS.  ferner  finb  einzelne 


1  ®er  litterariftfie  Vacblaß  be§  hl.  Ailuä  hebarf  jebod)  nod)  ber  fritifd)en  ©idjtung 
(Ogi.  Varbenhetoer  a.  a.  D.  ©.  335  f.). 


8.  3tSfefe  unb  9Jhjfiif. 


561 


©djriften  erhalten  bon  bem  ägtjptifdjen  ©infiebler  tKrfeniuS  (f  um  449) 
unb  bon  bem  Vifdjofe  OiabodjuS  bon  ^ß^otice  in  ©piruS1. 

3n  ber  Folgezeit  (6.  bis  7.  Safjrljunbett)  treffen  mir  im  Orient  als 
aSfetifdje  ©djriftftetler  ©tjrilluS  bon  ©ftjtfjopolis,  ber  fdjon  als  Slnabe 
burdj  ein  3ufammentreffen  mit  bem  berühmten  2lbte  ©abaS  (518)  einen 
tiefen  unb  nachhaltigen  ©inbrud  bom  ©infieblerleben  erhielt.  «Später  mürbe 
er  39?öndj  unb  fdjrieb  Viograpljien  bon  großen  VJeiftern  beS  SJtöndjSlebenS,  mie 
©utljtjmiuS,  ©abaS,  (5^riafu§ ,  OljeobofiuS2.  ©iner  fehr  großen  Verbreitung 
in  VtöndjSfreifen  erfreute  fich  bie  unter  bem  Oitel  „©eiftlidje  Söiefe"  bon 
Johannes  DJtofdjuS  (f  619  in  Vom)  berfafjte  (Sammlung  bon  Ougenb= 
beifpieleit  unb  2Bunberberid)ten  jeitgenöffifcher  2l§feten ,  „eine  blumenreiche 
SebenSbefdjreibung  beS  fjnnmlifdjen  UtofengartenS",  mie  bas  SBibmungSfdjteiben 
ausführt.  ©tmaS  früher  lebte  auf  bem  Sinai  als  ©infiebler  unb  fpäter  als 
Vorfteljer  eines  ßlofterS  ber  hl-  SoljanneS,  melier  bon  bem  Xitel  feine» 
berühmten  SBerfeS  KXifia ~  („öeiter")  ben  Veinamen  $limafuS  erhielt  (f  um 
600).  3n  bemfelben  fdjilbert  er  unter  bem  Vilbe  einer  jum  §)immel  füljrenben 
Seiter  bie  innere  ©ntmidlung  unb  ftete  VerboKfommnung  beS  geiftigen  SebenS 
ber  SlSfeten.  ©r  unterfdjeibet  breifüg  ©tufen  ober  Sproffen  ber  öeiter,  ent= 
fpredjenb  ben  breiig  Safjren  beS  berborgenert  SebenS  ©fjrifti.  ©in  3ufa!  Zu 
ber  ©djrift  unter  bem  Xitel :  „2ln  ben  §irten"  hält  ben  Vorftefjern  ber  39t buche 
ihre  Pflichten  bor  2lugen. 

Ourdj  foldje  2Berfe  fudjten  bie  ernft  gefilmten  SlSfeten  eine  meife  Seitung 
beS  VlöndjSlebenS  jit  fdjaffen.  OaS  SlSfetentum  entmidelte  fid)  mächtig  im 
Orient.  2lllein  neben  zahlreichen  Vtöncfjen,  bie  mit  innerer  geiftiger  2ln= 
ftrengung  unb  unter  ben  größten  äußeren  ©ntfagungen  nadj  ber  djriftlidjen 
Volltommenheit  ftrcbten,  gab  eS  auch  biele,  beren  Seben  baS  (Segenteil  bon  bem 
mar,  maS  nach  ber  Sehre  unb  bem  Veifpiel  ©hrifti  baS  Sbeal  ber  boll= 
fommenen  Slsfefe  fein  füllte.  Oie  fdjon  berührten  VuSfdjrcitungen  unb  3Dtif;= 
ftänbe  im  ülsfetentum  (f.  oben  S.  455  f.)  traten  nodj  meljr  Ijcnbor,  fo  bafj 
auf  zahlreichen  Stjnoben  Veftimmungen  für  bie  ÜJiöndje  erlaffen  mürben,  meldje 
jebodj  bielfad)  nicht  ben  gemünfdjten  ©rfolg  Ratten 3.  Oer  ©influfj,  tneldjen 
baS  39töndjtum  auch  auf  baS  öffentliche  firdylidje  ßeben  übte,  mar  feljr  grop, 
mie  fich  hei  ben  origcniffifdjen  unb  monophpfitifchen  Streitigfeiten  auf  baS 
beutlidjfte  erfennen  läßt. 

2.  Um  bie  SBenbe  beS  5.  zum  6.  Sahrfjunbert  erfdjeinen  in  ber  d)rift= 
lidjen  Sitteratur  mehrere  Schriften,  al§  beten  Verfaffer  bon  ber  ^anbfdjrift= 
liehen  Überlieferung  OiontjfiuS  Vreopagita  bezeichnet  toirb.  Oer  Vame 
OiontjfiuS  ift  im  Oejte  felbft  (Ep.  VH,  3)  bezeugt,  unb  in  ben  Vbhanblungen 
mirb  anfdjeinenb  nahegelegt,  ber  Verfaffer  fei  ibentifdj  mit  bem  Vreopagiten 
OiontjfiuS,  bem  Schüler  bcS  hl-  'fßauluS4.  ©djon  in  bem  VeligionSgefprädj, 


1  Migne,  Patr.  gr.  LXYI,  1617  sqq. ;  LXY,  1167  sqq. 

2  23arbenfjetoer  a.  a.  O.  ©.  491  f.  S)gl.  ßfjifjarb,  ®a§  griedhifdje  ßlofter 
2Jtär=©aba  in  SPatäftina  (SRöm.  Ouartalfdjr.  1893,  ©.  32  ff.). 

3  Vgl.  §efele,  ßonciliengefcfj.  23b-  U  an  ben  int  Vegifter  unter  bett  ©tidjtoörtern 
„21bt",  „ßlöfter",  „fDlöndje"  angegebenen  ©teilen. 

*  3tpg.  17,  34. 

§crgenröt^er,  ßird)engef(i)i$tt.  I.  4.  Stuft. 


36 


562  Sie  djrtftologifcßett  unb  ant^ropologt fdfjert  ©treiti  gleiten. 

melcßeg  531  bie  $atßolifen  mit  ben  23ertretern  ber  gemäßigten  monopßßfitifcßen 
Partei  ber  Seberianer  Ratten,  ftüßten  fid»  bie  teueren  auf  bie  ©Triften  beg 
9lreopagiten  Sionpfiug,  melcße  jebocß  bon  jenen  al§  unedjt  prücfgetoiefen  mürben. 
Mein  immer  meßr  feßte  fiel)  bie  3Infid»t  bon  ber  ©cßtßeit  berjelben  al§  Werfen 
beg  ^ßaulu§fd)üler§  feft,  jo  baß  bom  7.  Saßrßunbert  an  faum  ein 
barüber  geäußert  mürbe.  51uf  ben  Söunfd)  $arl§  beg  faßten  fertigte  Scotug 
©rigena  eine  neue  lateinifdje  Überfeßung  an,  melcße  im  51benblanbe  feßr  ber= 
breitet  mürbe.  ©g  ift  nacß  ben  neueften  Unterfucßungen  jebod»  gar  nicßt  ju 
ßejmeifeln,  baß  bie  SBerle  erft  um  bag  3aßr  500  entftanben  finb.  ißofitibe 
©rgebniffe  über  ben  mirflicßen  fßerfaffer  ßat  bie  gorfcßung  inbeg  nocß  nicßt  ge= 
liefert.  Sie  pfeubobionßfifcßen  Scßriften  befteßen  au§  hier  größeren  5Ibßanb= 
lungen  (De  divinis  nominibus;  De  coelesti  hierarchia;  De  ecclesiastica 
hierarchia;  De  mystica  theologia)  unb  einer  (Sammlung  bon  jeßn  ^Briefen, 
ffteuplatonifcße  Sbeen  liegen  ben  51u»füßrungen  ju  ©runbe  unb  merben  mit  cßrifR 
ließen  SBaßrßeiten  bureßfeßt;  eg  ift  gieießfam  ein  cßriftianifierter  ffteuplatonigmug. 
Sie  fpäteren  Sßeologen,  befonberg  aber  bie  51gfeten  unb  Ütftßftifer  beg  9Jtittel= 
alterg,  ßaben  bie  Söerfe,  melcße  fie  inggefamt  alg  ißrobufte  beg  Slreopagiten 
Sionpfiug  anfaßen,  in  meitgeßenber  SGßeife  benußt,  fo  baß  biefelben  einen  he- 
beutenben  ©influß  aucß  auf  bie  abenblänbifdje  Sßeologie  gemannen. 

9.  Sie  römifeße  ßireße  bi§  3111«  Untergang  be§  meftrötnifeßen  9ieitße§; 
bie  päpftlidjcn  SSifariate  in  Sßeffalonitß  nnb  9lrle§. 

Sitterat ur.  —  ©.  oben  ©.400.  Saju:  Leo  M.  Epist.,  ed.  Migne,  Patr.  lat. 
LIV,  581  sqq.  Amelli ,  S.  Leone  Magno  e  l’Oriente.  Montecasino  1890.  (SSgl. 
©rifar,  Sie  neu  aufgefunbene  2lppeUation  fJIabtanS  an  fßapft  Seo  I.,  in  ßeitfdjr. 
für  fatf»oI.  Sßeol.  1888,  ©.  191  ff-)  Thiel,  Epistolae  Romanorum  Pontificum.  Vol.  I: 
A  S.  Hilaro  usque  ad  S.  Hormisdam.  Brunsbergae  1808.  Strenbt,  Seo  b.  ©r.  unb 
feine  3eü-  ^tainj  1835.  Iß  er  t  bei,  fßapft  Seog  I.  Seben  unb  Seßren.  $ena  1843. 
Bertani,  Vita  di  S.  Leone  M.  pont.  massimo.  3  voll.  Monza  1880 — 1881.  —  Sichel, 
Liber  diurnus  Rom.  Pont.  Vindob.  1889.  SSgl.  §  artmann,  Sie  ©ntfteßunggjeit 
be§  Liber  diurnus  (SDlitteil.  be§  ^nftitutg  für  öfterr.  ©efef».  1892,  ©.  239  ff.).  Guiraud, 
Rome,  ville  sainte  au  5me  siede  (Revue  d’liist.  et  de  litter.  relig.  1898,  p.  55  ss.). 
Sutber,  fftorn  unb  fftaöenna  bis  gum  9.  Saßrßunbert.  SBerlin  1889.  ©rifar,  ©e= 
fcßicßte  Dtomö  unb  ber  fßäpfte  im  901  ittelalter  I,  283  ff. 

1.  Sie  römifeßen  SSifdjöfe  übten  in  ben  jaßlreicßen  unb  berfeßiebenartigen 
fireßließen  Streitigfeiten,  melcße  bag  Ülbenblartb  fomoßl  mie  ben  Orient  im 
5.  Saßrßunbert  bemegten,  eine  ißrer  Stellung  entfpreeßenbe  Sßätigfeit  aug. 
3ugleicß  naßm  and)  bie  33ebeutung  ber  päpftlicßen  ©rlaffe  unb  ©ntfeßeibungen 
in  fird)licßen  35ermaltungg=  unb  Sigjiplinarangelegenßeiten  immer  meßr  ju; 
unb  je  meßr  bie  faiferlicße  ^Regierung,  befottberg  in  fftotn  felbft,  gefdßroäcßt 
mürbe,  befto  fräftiger  trat  bag  ^apfttum  ßerüor.  53ei  ber  Sßenbe  beg  4.  3aßr= 
ßunbertg  finben  mir  auf  bem  Siße  5ßetri  fßapft  3lnaftafiug  I.  (399—401), 
auf  roelcßen  Snnoceng  I.  (401 — 417)  folgte.  Seßterer  trat  fröftig  für  bie 
gereeßte  Sad»e  beg  Soßanneg  ©ßrpfoftomug  ein,  gab  eine  Seßrentfcßeibung  in 
Sacßen  ber  ^elagianer  unb  maßrte  bag  9ted)t  feineg  Stußleg  über  bie  roicß= 
tigeren  Angelegenheiten  (causae  maiores)  ber  iöifcßöfe.  SBäßrenb  Alaridß 
9tom  einnaßm,  befanb  er  fid)  ju  fftabenna,  moßin  er  fieß  im  Flamen  ber 


9.  ®ie  römifdje  Äirdje  bis  jum  Untergang  beS  toeftrömifd^en  NeidjeS.  563 

Nömer  begeben,  um  ben  Kaifer  £mnoriuS  jum  griebenSfdjluffe  mit  beu  ©oten 
ju  bemegen1.  ©ein  Nachfolger  3  oftmuS,  ein  ©ried)e  öon  ©eburt  (regierte 
21  NIonate),  erlief  bie  berühmte  Tractoria  gegen  ^ßelagiuS  unb  ©öleftiuS2. 
23  o  n  i  f a 3  I.  (418 — 422),  bem  ber  1)1.  Nuguftin  fein  2Berb  „©egen  bie  §mei 
Briefe  ber  ^elagianer "  mibmete,  hatte  anfangs  einen  Nebenbuhler  in  ber 
ißerfon  beS  9lrd)ibiafonS  ©ulaliuS,  ber  aber  Dom  Kaifer  rnegen  gefe|mibrigen 
Benehmens  öerbannt  mürbe3.  §öd)ft  miditig  maren  bie  ©elrete  ©  öl  eftin  §  I. 
(422 — 432)  in  ©achen  ber  ©emipelagianer  unb  beS  NeftoriuS.  Unter  il)m 
marb  ber  fdjon  unter  gofimuS  418  begonnene  Streit  mit  ben  Nfrilanern  über 
bie  Nppeüationen  nad)  Nom  fortgefül)rt.  ©ine  farthagifdje  ©tjnobe  öon 
393  hatte  ben  ^ßrieftern  unb  nieberen  Kletifern  (nid)t  aber  ben  23ifd)öfen)  bie 
Nppellationen  nad)  Nom  unterfagt;  nad)  bem  jmeiten  Konzil  öon  Ntileöe  unb 
bem  öon  Karthago  418  füllte  baS  ^lenarfonjil  mit  bem  SßrimaS,  baS  für  bie 
Bifdjöfe  bie  jmeite  richterliche  Snftanj  mar,  für  bie  übrigen  ©eifllichen  bie 
britte  unb  leide  bilben.  Unter  gofüuuS  appellierte  aber  gleid)mol)l  ber  abgefeimte 
tßriefter  NpiariuS  öon  ©icca  an  ben  fßapft;  biefer  nal)m  bie  Berufung 
an  unb  fanbte  Segaten  nach  Nfrila.  3  o  f  i  m  u  §  berief  fid)  auf  bie  nicänijd)en 
KanoneS,  hatte  aber  bie  öon  ©arbifa  (can.  5  unb  14)  öor  Bugen,  bie  in  ben 
Sammlungen  unmittelbar  ben  nicänifchen  angereil)t  maren,  mie  and)  jene  ©pnobe 
als  Komplement  ber  ©pnobe  öon  Nicäa  galt.  ®ie  Nfrifaner  lannten  bie 
KanoneS  öon  ©arbifa  nicht;  fie  befragten  über  bie  nicänifdjen  bie  Orientalen 
unb  beharrten  im  5]3rinjip  bei  ihrer  früheren  Negel,  mal)renb  fie  einflmeilen 
tl)atföd)Iich  ber  römifdjen  Nnforberung  fid)  fügten.  (Sole  ft  in  nal)m  fich  burd) 
feinen  Legaten,  ben  Bijdjof  gauftinuS,  ebenfalls  beS  NpiariuS  an;  aber  eine 
©pnobeöon  Karthago  ermieS  424  beffen  eingefianbene  Vergehen.  ©öleftinS 
Nntmort  ift  nicht  öorl)anben ;  ficher  lonnte  bem  mit  Nedjt  öerurteilten  NpiariuS 
feine  Nppellation  nid)tS  rtü^en;  ^hatfache  aber  ift,  bah  trojj  biefer  öereinjelten 
Oppofüion  nach  tüie  öor  aus  Bfrila  Berufungen  nach  Nom  ftattfanben 4.  $üt 
baS  römifche  Urteil  in  ©ad)en  ber  Bifdjöfe  führte  Nuguftin  frühere  Beifpiele  an, 
unb  nachher  urteilte  2eo  b.  ©r.  in  ©adjen  beS  BifdjofS  SupicinuS.  Buch  öon 
anbern  Klerifern  finben  fid)  fpäter  NppeKationen5. 

Nuf  ©öleftin  folgte  ©ijtuS  III.  (432 — 440),  ber  feine  OiSpenfationS= 
rechte  bezüglich  ber  5Inl)änger  beS  NeftoriuS  auSübte,  mie  cS  3nnoccnj  I.  ben 
Anhängern  beS  BonofuS  gegenüber  getl)an6.  Nn  ©ijtuS  manbten  fich  bie 

1  Coustant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  739  sq.  Mansi,  Conc.  Coli.  III,  1047  sq.  1051  sq. 

1125  sq.  Zosim.,  Hist.  V,  45,  ed.  Bonnae  p.  683. 

8  Mansi  1.  c.  IV,  347  sq.  8  Mansi  1.  c.  IV,  391 ;  VIII,  752  sq. 

*  Über  SlptariuS  unb  bie  SIppellationcn  nah  Nom  f.  Capelli ,  De  appellat.  eccl. 
Afric.  ad  Rom.  Sedem.  Romao  1722.  Spi)iIIip)ö,  $ird)enrcd)t  V,  §  217,  ©.  274  ff. 
§efele,  (Sonciliengefd).  I,  357  ff.;  II,  133  ff. 

5  August.,  Ep.  209  ( Coelest .,  Ep.  1,  ed.  Coustant  1.  c.  p.  1056),  n.  8:  Exsistunt 
exempla,  ipsa  Sede  Apostolica  iudicante  vel  aliorum  iudicata  firmante  quosdam  pro 
culpis  quibusdam  nec  episcopali  spoliatos  bonore  nec  relictos  omnimodis  impunitos. 
Slgl.  Leo  M.,  Ep.  12.  Greg.  31.,  Ep.  1.  IV,  n.  13,  ed.  Maur.  III,  693  (ßfage  beä  fßriefterS 
Slbeobat  593);  Ep.  1.  XII,  n.  8,  p.  1186  (ßlage  be§  SiafonS  2>onabeu§  601). 

6  ©eine  ®iöpenfation  Ep.  2,  n.  2,  ed.  Coustant  1.  c.  p.  1238  sq.  SBeifpiele  oon 
Sidpenfationett  bei  Innoc.  I.,  Ep.  17  ad  Ruf.  n.  9,  ibid.  p.  835.  Siric.,  Ep.  1,  n.  19, 
ibid.  p.  636.  Bonif.  I.,  Ep.  4  ad  Ruf.,  ibid.  p.  1019. 


36* 


564 


Sie  (priftologiftpen  unb  ant^ropologifd^en  (Streitigfeiten. 


©rjbifdlöfe  ©utperiuS  bon  Opana  unb  ^ellabiuS  bon  0  a  r  f  u  S  nebft 
mehreren  gleid)  irrten  neftoricmifd^  gefinnten  Prälaten  beS  Orients  mit  ber 
Sitte  um  Sebifion  ber  epßeftnifcpen  Sefcplüffe,  bamit  er  fo  ben  ©rbfreiS  bor 
bem  perrfdjenben  Irrtum  rette,  mie  einft  OamafuS  i£)n  bor  bem  SpolIinariStmtS 
gerettet  patte1.  ©o  pocp  ftanb  ipnen  baS  Snfepen  beS  tömifcpen  ©tupleS, 
baß  fie  ipn  für  bereditigt  gelten,  bie  Oefrete  beS  ^onjitS  bon  ©ppefuS  böllig 
umjuftoßen. 

Oen  Samen  beS  ©rogen  ermarb  fiep  beS  ©ij:tuS  Satpfolger,  ber  frühere 
Srtpibiafon  Seo  (440 — 461),  bon  bem  mir  nocp  fed)Sunbneunjig  Seben  unb 
über  punbertunbbierjig  Sriefe  befißen,  glänjenbe  3ei>gniffe  feines  großen  unb 
meitblidenben  ©eifieS  mie  feines  tpatfräftigen  SöaltenS  jum  S3opl  ber  ganjen 
Birdie.  ©r  rettete  452  Sorn  bor  ben  Quinten,  inbem  er  ben  Sttila  jum 
Südjug  über  ben  Stincio  bemog ,  unb  bemirfte  457  abermals ,  baß  ber 
Sanbalenfönig  ©enfericp  bei  feinem  Überfall  SoniS  baS  Seben  ber  Semopner 
fronte.  Seo  mar  fiep  boflfommen  feines  popen  SerufeS  bemußt  unb  panbelte 
bentgemäß  nicpt  nur  in  ©adjen  beS  ©utpdpeS  unb  ber  Orientalen,  fonbern 
atnp  gegen  eprgeijig  miberftrebenbe  ÜSetropoIiten  beS  SbenblanbeS  unb  erflärte, 
baß  eine  Übertretung  ber  Oefretalfonftitute  feiner  Vorgänger  opne  Sacpficpt  be= 
ftraft  merben  müffe.  ©r  übte  gleicf)  letzteren  fein  ©efeßgebungS=  mie  fein  OiS= 
penfationSreept  aus,  aucp  bejüglid)  ber  Sßeipen  beS  ÜRajimuS  bon  Sntiocpien 
unb  beS  SnatoliuS  bon  ^onftantinopel.  Oer  ©tupl  beS  Petrus,  beffen  ©lan$ 
,,aud)  in  einem  unmürbigen  ©rben  nicpt  aufpört,"  entfaltete  unter  iprn  nad) 
allen  Sichtungen  feine  toopltpütige  unb  fräftigenbe  Söirffamfeit 2. 

Oer  ©arbinier  £)i!aruS,  einft  (449)  SeoS  Segat  in  ©ppefuS,  fiplicptete 
mäprenb  feines  tßontififateS  (461 — 468)  fircplicpe  ©treitigfeiten  in  ©allien 
unb  ©panien  auf  bringenbe  Sitten  ber  Sifcpöfe,  miberftanb  ber  Segünftigung 
ber  ©etten  in  Som  unter  ^aifer  SntpemiuS  unb  hielt  im  Sobember  465  eine 
©pnobe  mit  bierjig  italienifcpen,  brei  gaüifdjen  unb  jmei  afritanifcpen  Sifd)öfen. 
©impliciuS  (468 — 483)  unb  bie  folgenben  Rupfte  mürben  burcp  baS 
acacianifcpe  ©cpiSma  in  Snfprucp  genommen  (f.  unten  ©.  584  ff.). 

2.  3u  Som  patten  bie  Slanicpäer  fiep  in  großer  Snjapl  berfammelt; 
jur  3eit  beS  großen  ^ßapfteS  Seo  (feit  440)  fcpienen  fie  fepr  gefäprlicp  jit 
merben.  Sei  ipren  3ufammenfünften  fanben  finnlidje  SuSfcpmeif  ungen  ftatt. 
Seo  orbnete  beSpalb  mit  3ujiepung  ber  meltlicpen  Scpörben  eine  ftrenge  Unter- 
fucpung  gegen  fie  an;  fie  mürben  in  ipren  ©cplupfminfeln  aufgefucpt,  ipre 
grobe  ltnjucpt  fomie  ipre  Serjmeigung  in  alle  Söeltgegenben  fonftatiert.  ÜRan 
erfannte  biefelben  getoöpnlicp  an  iprcr  Steigerung,  beim  Sbenbmaple  ben  fon= 
fetrierten  Stein  ju  genießen,  unb  baper  mürbe  bon  Seo  unb  ©elafiuS  an  bem 
©ebote  ber  Kommunion  unter  beiben  ©eftalten  feftgepalten.  Seo  mapnte  444  bie 
Siftpöfe  Italiens  jur  Stacpfamleit,  ba  bie  aus  Som  berbannten  Sianicpäer 


1  Ep.  Eutlierii  et  Hellad.  ad  Sixt.  III.,  bei  Coustant  1.  c.  p.  1245  sq. 

2  Leo  M.,  Opp.,  ed.  Ballerini.  8  voll.  Yenet.  1758 — 1757.  Migne ,  Patr.  lat. 
t.  LIV — LVI.  SSarbenpetoer,  ißaltologie  (2.  9luft.)  <B.  460  ff.  §erDoräupePen  finb 
pier  Leo  M.,  Ep.  12  ad  episc.  Afric.,  c.  4.  5;  Ep.  4,  c.  5  (Dgl.  Zosim.,  Ep.  9,  c.  4, 
ed.  Coustant  1.  c.  p.  970)  unb  Ep.  104.  105. 


9.  ®ie  römifefee  $irdje;  päpftlicfje  Slifariate  in  SUjeffalonidj  unb  2lrle§.  565 

in  anbern  ©egenben  Italiens  fid)  feftjufefeen  fügten.  Siele  verbargen  fiel) 
unter  ber  Slagfe  beg  Slöncfetumg,  podjten  auf  ifere  Srmut  unb  Sgfefe  tnie  auf 
ifere  Slärtferer.  infolge  ber  gemalten  ©ntbedungen  erliefe  ^aifer  Salem 
tinian  III.  am  19.  2>uni  445  ein  ©efefe,  monaefe  bie  ©trafen  beg  ©afri= 
legiumg  über  bie  Slanidjäer  üerfeängt,  fie  aller  SBitrben  unb  Secfete  berluftig 
erflart  unb  auefe  bag  2Bofenen  in  ben  ©täbten  mie  alle  Sedfetggefcfeäfte  ifenen 
berboten  mürben,  ba  eine  fo  berabfefeeuunggmürbige  Seleibigung  ber  ©ottfeeit 
nicfet  iiberfefeen  unb  bie  ©reueltfeaten  nicfet  ungeftraft  gelaffen  merben  bürften, 
moburefe  nicfet  blofe  bie  Seiber  ber  ©etäufdfeten,  fonbern  auefe  bie  ©eelen  auf 
eine  nid)t  ju  füfenenbe  Söeife  befledt  mürben1.  SDennocfe  pflanzten  fidfe  bie 
©elfterer  im  geheimen  fort  unb  berbreiteten  bie  ©eferiften  iferer  ©eleferten, 
unter  benen  31gapiug  unb  Sauftug  bon  Slilebe  bie  berüfemteften  maren2. 
(Sinige  bon  biefen  fugten  Derfcfeiebene  orientalifdfe  Ipfeilofopfeeme  mit  bem  ©feriftem 
tum  ju  berfdfemeljen;  ein  gemiffer  Ul r ifto Iritug  leferte  in  feiner  „Sfeeofopfeie", 
Subentum,  £)eibentum,  ©feriftentum  feien  ein  unb  bagfelbe  SDogma,  unb  befämpfte 
fogar  ben  fonft  fo  gefeierten  SJIani. 

3.  Sacfebem  bie  ^räfeftur  bon  Stlprien  im  Safere  379  bon  ©ratian  an 
Sfeeobofiug  abgetreten  morben  unb  baburd)  jur  öftliifeen  Üteidfegfeälfte  gefontmen 
mar,  featten  bie  Ißäpfte  bon  £)amafu§  an  bie  Sifcfeöfe  bon  Stfeeffalonidfe 
ju  Spofiolifcfeen  Silaren  befteüt,  um  burefe  biefe  ©tellbertreter  ifere  §)ofeeit§= 
red)te  ben  bortigen  ^irdfeen  gegenüber  beffer  ju  maferen  (f.  oben  ©.  442). 
®iefe  Snftitution  erfeielt  fid)  mäferenb  beg  5.  Soferfeunbertg  unb  äufeerte  ifere 
Söirlfamleit  in  ber  fircfelid)en  Sermaltung,  obfefeon  bereits  ber  ©influfe  ber 
23ifd)öfe  bon  ^onftantinopel  anfing  fid)  füfelbar  ju  madfeen 3.  5ßapft  Sonifaj  I. 
featte  419  ben  Sifdfeof  9tufug  bon  2feeffalonicfe  als  päpftlidfeen  95ifar  beftätigt. 
2)amal§  füferten  einige  illprifcfee  Sifd)öfe  barüber  ß'lage,  bafe  ber  für  Satrag 
befteüte,  aber  bom  Solle  nicfet  angenommene  Sifdfeof  Sßerigeneg  jum  ©rj= 
bifefeofe  bon  ^orintfe  erfeoben  marb.  ©otoofel  bon  Ütufug  als  bom  Zapfte 
Sonifaj  I.  felbft  abgemiefen,  manbten  fie  fid)  an  ben  ifenen  entgegenfommertben 
9Ittifu§  bon  ^onftantinopel  unb  fiferieben  auf  fein  Snftifien  eine©pnobe 
ttaefe  $orintfe  jur  ©rlebigung  ber  ©aefee  aug.  S)er  ^ßapft  erflärte  bie  Se= 


1  Leo  M.,  Serm.  16,  c.  4 ;  24,  c.  4 ;  34,  c.  5 ;  42,  serm.  4  de  Quadrag.  c.  5 ; 

Ep.  7  ad  episc.  Ital.  Gelas. ,  Ep.  37,  c.  2,  ed.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  451  sq. 

Valentin.  III.,  Const.,  bei  Leo  M.,  Ep.  8,  ed.  Ballerini  p.  626.  Anatliem.  c.  Manich. 

bei  Muratori,  Anecd.  bibl.  Ambros.  II  (Mediol.  1698),  112.  Prosp.,  Chron.  a.  443. 
Cod.  Theod.  XVI,  5.  6  (a.  381).  Isid.  Pel. ,  Ep.  1.  I,  n.  52.  Dufourcq,  De  Mani- 

ebaeismo  apud  Latinos  quinto  sextoque  saeculo.  Par.  1900. 

2  Über  9lgapiu§  Ogi.  Phot.,  Biblioth.  cod.  179.  Faust,  bei  August.,  C.  Faust. 
V,  1  sq.  SB ru einer,  fjauftug  oon  Üllileüe.  ©in  ^Beitrag  jur  ©eftfeiifete  be3  abenbtänb. 
DltanidjäiämuA  SBafel  1901. 

3  ©egen  bie  Slnficfet  oon  f}riebrid)  (@ifeung§ber.  ber  baper.  SIfab.  ber  SBiffenfd). 
1881,  ©.  771  ff.)  unb  SOtommfen  (9leueä  9Ird)iö  XVIII,  357  ff.),  toeldje  bie  3ltten= 
ftücfe  betreffenb  baä  ittprifdjc  Söifariat  al«  gefdlfdjt  ertoeifen  tooüten,  Ogi.  ben  9tad)loei§ 
ber  ©djtpeit  berfelben  Oon  Duchesne,  L’lllyricum  ecclesiastique  (S3pjant.  3edfd)r.  1892, 
©.  530  ff.  Eglises  separdes  [Paris  1896]  p.  229  ss.).  91  o  ft  i  fe  =  Dt  i  e  n  e  cf ,  Sie  piipft= 
lidjen  Urfunben  für  Speffalotiife  unb  bereu  ßritif  burd)  IJJrof.  3friebridfe  (3eitfd)r.  für 
fatfeol.  Sfeeol.  1897,  6.  1  ff.). 


566 


Sie  djriftoIogifSeit  tmb  antfyropologifdjiett  ©treiiigfeiten. 


rufung  bet  ©pnobe  für  nichtig,  meil  fie  niSt  Don  bern  allein  berechtigten 
ApoftoIifSett  Vitare  ausgegangen  fei  unb  eine  in  Vom  enbgüttig  entfdiiebene 
©acbe  lieber  aufnehmen  motle1.  gnbeffen  erlangte  AttifuS  im  ^uti  421  ein 
taiferlid)eS  (Sbift,  meISe§  in  biefert  ^roDinjen  bie  ©ntfSeibung  mistigerer  An= 
gelegenl)eiten  ohne  bie  Kenntnisnahme  beS  mit  ben  ^riDilegien  bon  Altrom 
auSgeftatteten  0berhirten  Don  Aeutom  unterfagte  tmb  ju  ©unften  einer  mitf= 
Iid)en  Neuerung  fiS  auf  bie  „alten  KanoneS"  berief2.  Vonifaj  I.  reflamierte 
nadjbrüdlid)  fein  altes  9Recf)t ,  mahnte  bie  illprifSen  VifSöfe  jurn  ©efjorfam 
gegen  ben  Vertreter  beS  ApoftolifSen  ©tuhleS  nnb  ermirfte  auS  bon  Kaifer 
fmnoriuS,  baff  er  feinem  Steffen  93orfteCfungen  zu  ©unften  ber  „alten  Orbnung" 
ntadde,  bamit  bie  römifSe  Kird)e  nicfjt  unter  d)riftliSen  dürften  berliere,  maS 
fie  unter  ben  ^eibnifd)ert  bemahrt3.  ^heobofiuS  II.  nahm  feinen  ©rlafj 
jurüd  unb  bejeiSnete,  ohne  beS  AttifuS  zu  gebenten,  bie  illt)rtfc^en  Vifdjöfe 
als  Anftifter  beS  ©efSehenen.  ©er  Umftanb  jeboS,  baff  ber  neue  ©rlajj  in 
feinem  ©efe^budje  feine  ©teile  erhielt,  mäf)renb  jenes  ©bift  barin  Aufnahme 
fanb,  bon  too  eS  auch  in  ben  ©obe?:  beS  guftinian  überging,  geigt ,  mie  fe^r 
man  am  öftliSen  Kaiferfjof  baS  gntereffe  ber  59ifd)öfe  ber  Aefibettz  mafjrzm 
nehmen  unb  ihren  VergröfjerungSgelüften  für  bie  golge  eine  ©tütje  ju  fiSent 
bemüht  mar;  biefe  VerfuSe  erneuerten  fid)  nochmals  unter  bemfelben  Kaifer, 
aber  mieberutn  erfolglos,  ©öleftin  I.  mahnte  425  bie  itl^rifdOen  SSifcböfe  zum 
©ehorfam  gegen  ben  ApoftolifSen  93ifar ;  ©ijtuS  III.  hielt  437  ebenfo  beffen 
Aedjte  bem  S3t)§antiner  3ßrofluS  gegenüber  aufreSt.  2eo  b.  ©r.  t^at  baSfelbe, 
mieS  aber  ebenfo  fräftig  bie  Übergriffe  beS  VifarS  jum  Aadjteil  ber  !D^etro= 
politen  unb  VifSöfe  jurüd.  ©er  Vifat  orbinierte  bie  Metropoliten,  biefe  bie 
übrigen  VifSöfe;  ber  Vifar  tonnte  ©pnoben  aus  allen  ^roDin^en  berufen,  nur 
Appellationen  unb  mistigere  gälte  tarnen  an  ben  römifSen  ©tuhl.  ©urS 
bie  Dom  ^ßapfte  belegierten  gafultäten  mar  ber  ©rgbifSof  Don  3:f>effalontd)  mit 
folSer  Mad)t  auSgeftattet,  baff  er  bismeilen  fogar  ißatriatS  genannt  marb4. 

4.  ©ie  ©ntroidlung  ber  Metropolitanberfaffung  in  ©atlien  erregte  einen 
©treit  jmifSen  ben  SSifdjöfen  Don  Vienne  unb  ArleS,  mit  bem  fiS  bie 
©pnobe  Don  ©urin  401  befaßte.  Kurz  Darauf  befteKte  tßapft  gofimuS 
417  ben  VifSof  ^atrofluS  Don  ArleS  jum  ApoftolifSen  33 i f a r 
unb  untermarf  ihm  bie  ^roüinj  Vienne  mie  bie  beiben  Don  Aarbonne,  ©ie 
2Bal)l  mar  hinfiStliS  ber  ^erfönliSteit  beS  ^atrotluS  teine  glüdliSe,  ba  berfelbe 
burS  ehrgeizige  unb  fdjlaue  gntriguen  naS  Vertreibung  beS  VifdjofS  IperoS  fiS 
ben  VifSofSfit;  DerfSafft  hatte,  ©ie  folgenben  Ißäpfte  trennten  biefe  ^roDinjen 
mieber  unb  liefen  bem  ©rjbifSofe  Don  ArleS  nur  bie  ^robing  Vienne;  bie 
VifSöfe  Don  ArleS  fuSten  jeboS  bie  anbern  VifSöfe  zu  unterbrüden  unb  ben 
römifSen  ©tuhl  burS  falfdje  Angaben  ju  täufSen.  ©egen  bie  ©emaltfSritte 
beS  IpilatiuS  Don  ArleS  muffte  Seo  b.  ©r.  445  einfSreiten,  ber  audj  ein 


1  Theodoret.,  Hist.  eccl.  II,  22.  Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  23. 

2  Sag  ©efeh  be§  SSfieobofiuö  II.  f.  in  L.  45  Cod.  Theod.  XVI,  2;  L.  6  Cod. 
Iust.  I.  2. 

8  Über  ben  Srief  beg  §onoriu§  bgl.  Hardouin,  Conc.  Coli.  max.  II,  1135. 

4  Safe  2f)coborug  Seftor  ben  Vifdfjof  öoit  Stjeffalonnf)  tpmriardjett  nannte,  tabelte 
SheoPhaneä  (Chron.  p.  250,  ed.  Bonnae). 


9.  Sie  römifpe  Birdie;  päpftlipe  23itariate  in  Speffalonip  unb  2lrle§.  567 

bett  päpftlipen  Primat  unb  ben  ipm  fpulbigen  ©eporfam  einfpärfenbe§  (Sbift 
bon  ^aifet  Sßalentinian  III.  errotrfte ;  bcnt  £)ilariu§  entjog  er  bie  Metropolitan 
gemalt  über  bie  ^robinj  93ienne.  9Jacf)  bem  Sobe  be§  ipilariu§  marb  449 
9tabenniu§  für  91rle§  ermäplt,  ben  ber  ^Sapft  gerne  anerfannte.  91I§  bie 
S3ifd)öfe  ber  ^ßrobinj  bie  Seftätigung  ber  ^tibilegien  biefer  ^irpe  erbaten,  ber 
53ifpof  bon  Sßienne  aber  bagegen  ©infprape  erpob,  entfpieb  2eo  450,  bafi  bie 
©etoalt  geteilt  fein,  bie  ßircpen  bon  33alence,  Sarantaife,  ©renobte,  ©enf 
bei  93tenne  berbleiben,  bie  übrigen  93i§tümer  ju  91rle§  gehören  foHten.  9tl§ 
napper  Mamertus  bon  Sßienne  burp  bie  SBeipe  eine§  33ifd)of§  für  'Sie  un= 
geachtet  be§  SBiberfprups  ber  23ebölterung  biefe  91norbnung  überfpritt,  lief} 
^apft  £)ilaru§  463  burp  ben  ©rjpifpof  Seontiua  bon  91rle§  bie  ©ape  auf 
einer  grofsen  ©ptiobe  ber  ^robin^en  SBienne,  2p on  unb  beiber  9Uubonne 
unterfudjen  unb  entfpieb  464  bapin,  ber  unted)tmäfeige  ©pritt  be§  Mamertu§ 
fotle  burd)  nad)träglid)e  93eftatigung  bon  feiten  be§  2eontiu§  toieber  gutgemapt, 
jener  für  ben  galt  meiteren  2Biberftanbe§  mit  bem  fBerlufte  aller  ©uffraganate 
bebropt  tocrben.  9Iad)per  unter  9lnaftafiu§  II.  patte  ber  ©rjbifpof  bon  23ienne 
mieber  bortibergepenben  ©rfolg;  aber  $apft  ©pmtnad)u§  [teilte  6.  9Iobember 
513  bie  bon  2eo  I.  angeorbnete  Seilttng  jmifpen  91rle3  unb  23ienne  bollftönbig 
mieber  per  unb  ernannte  ben  ©äfatiu§  bon  9Irle§  jum  91poftolifpen  33itar, 
ebenfo  93igiliu§  ben  9tit£aniu§  unb  9Iurelian,  ^3elagiu§  I.  557  ben  ©apaubu§, 
©rcgor  I.  ben  Sirgilius  bon  9lrle§1. 

Sa§  SMtariat  bon  9trle§  fotropl  al§  bie  Metropolitanberfaffung  tonnten 
fid)  infolge  ber  politifdjen  ißercinbetungen  auf  bem  ©ebiete  bon  ©allien  nid)t 
recpt  entmidetn.  Man  fucpte  eper  bie  innetpalb  ber  ©rennen  ber  neuen  ffieidje 
gelegenen  58i3tümer  in  tiäpere  93ejiepung  ju  einanber  ju  bringen.  3U  Surin 
befpmerten  fiep  401  bie  93ifd)öfe  ber  jmeiten  narbonnenfifd)en  ^robinj  über 
S3ifdpof  ffkotlu§  bon  Marfeille,  ber,  toeil  er  fie  gemeipt  pabe  unb  ber  ©laube 
bon  feiner  ß'irpe  ju  ipnen  gefommen  fei,  ipr  Metropolit  fein  mollte,  obfdjon 
er  nidpt  ju  iprer  5ßrobinj  gepörte ;  e§  marb  ipm  ber  33orrang  nur  für  feine 
fßerfon,  nidpt  für  feinen  ©tupl  jugeftanben.  9tad)per  marb  9t  i£  als  Metropole 
anertaunt.  Sie  ©rjpifpöfe  bon  Dtarbonne  (mie  9tuftifu§,  ber  fid)  458  bie 
©ntfdjeibung  fanonifd)er  fragen  öon  ^ßapft  2eo  I.  erbat),  bon  2p on  (mie 
S3ibentioIu§  517),  Sour§  (mie  ^erpetuu§  465,  ©upproniu§  567),  fomie  bie 
bon  ©en§  unb  93outge§  behaupteten  im  ganjen  ipre  (Stellung  ben  ©uffragan 
bifpöfen  gegenüber,  ©mbrun,  obfpon  bie  politifdje  [pauptftabt  ber  ©ee= 
alpen,  mar  bod)  bis  438  nur  ©uffraganat  bon  9trle§;  439  marb  ju  9tiej 
ber  unred)ttnäf}ig  für  biefen  ©tupl  gemeipte  93ifpof  91rmentarius  bom  ©rj= 
bifpof  £)ilariu§  bon  9lrle§  abgefept;  aber  napbem  biefer  burd)  2eo  I.  in 
feine  ©pranfen  gemiefen  mar,  mürbe  nop  unter  biefem  Zapfte  ©mbrun  al§ 


1  ©unblad),  ®er  (Streit  ber  Siätümer  2trle£  unb  fßienne  um  ben  primatus 
Galliarum  (9leue§  21rd)io  XIV,  250  ff. ;  XV,  9  ff.  233  ff. ;  feparat  §anno»er  1890). 
©djmitj,  ®er  SBifariat  oon  Strleö  (Jpiffor.  3aprb.  1891,  ©.  1  ff.  245  ff.);  ®ie  DIepte 
ber  Metropoliten  unb  öifpöfe  in  ©allien  üom  4.  bis  6.  3at)ipunbert  (Strpio  für  Jatpot. 
ßirpenrept  1894,  ©.  3  ff.).  Duchesne,  Fastes  ^piscopaux  de  l’ancienne  Gaule  I,  84  ss. ; 
La  Suprematie  d’Arles  (Mem.  de  la  Societe  des  Antiquaires  de  France,  6“e  ser.,  t.  II 
[Paris  1892],  p.  155—238). 


568 


Sie  Hird)e  bei  ber  Sluftöfung  ber  römifdjen  ^ultureintjeit. 


Metropole  anerfannt.  ^ßapft  fpitaruS  natfm  464  ben  ©rjbifdiof  3Sngenuu§  bon 
©mbrun  gegen  9Iujaniu§  bon  5Iij  in  ©djujj  unb  beftimmte  eine  ©tynobe  unter 
Seontiu§  bon  2lrte§,  bie  ben  ©treit  fdjtidjten  füllte 1. 

dritter  täbfdjnitt. 

Btc  Itrd)e  bet  ber  ^ttflöfimg  ber  römifetjen  ßiiltitretnljett. 

(gtom  @«l»e  J»e$  5.  bt«  fum  ®nbe  J>e«  7.  iMjrIrwwfcett'S.) 

Quellen.  —  Honjitgatten  au§  beut  6.  unb  7.  Statfrlfunbert  bei  Mcuisi,  Conc. 
Coli.  t.  III— IX.  *Papftbriefe  bei  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  Brunsberg.  1867;  Jafft, 
Regest.  Rom.  Pont.  Yol.  1 ,  2.  ed.  Lips.  1881  sq.  Guenther,  Epist.  imperatorum, 
pontificum,  aliorum  inde  ab  a.  CCCLXVII  usque  ad  a.  DLIII  datae  Avellana  quae 
dicitur  collectio  (Corp.  script.  eccl.  lat.  t.  XXXV).  Vindob.  1895 — 1898.  Corpus 
iur.  civil,  lustinian. ,  edd.  Mommsen ,  Krüger  et  Schöll.  3  voll.  Berol.  1892 — 1895. 
SBerfe  ber  bt)3antinifcf)en  ßird)enI)iftoriter  in  Corpus  scriptor.  historiae  Byzantinae. 
Bonnae  1829  sqq.  Gennadius,  Isidor.,  Ildefons.,  De  viris  illustribus;  bgt.  bie  9Aouo= 
grabbien  bon  ßgapta,  ©ennabiud.  SDtünfter  1898;  bon  SäialotoSfi,  Sifibor  nnb 
SftbefonS.  ©bb.  1898.  Chronica  minora  saec.  IY.  V.  VI.  VII,  ed.  Mommsen  (Mon. 
Germ.  hist.  Auct.  antiquiss.  t.  IX  sqq.). 

ßitteratur.  —  Hutton,  The  church  of  the  sixth  centuiy.  London  1897. 
Workman,  The  Church  of  the  West  in  the  middle-ages.  Vol.  I:  From  Gregory  the 
Great  to  St.  Bernard.  London  1899.  Kurth,  Les  origines  de  la  civilisation  moderne. 
2  vols.  4me  6d.  Paris  1898.  §efete,  ©oncitiengefd).  33b.  II  u.  III.  2.  Stuft.  8frei= 
bürg  i.  SSr.  1875 — 1877.  ßruntbadjer,  ©efd)id)te  ber  btiäant.  ßitteratur.  2.  Stuft, 
unter  SRittoirtung  bon  @t)rf)Obb  unb  ©  e  1 3  e r.  ÜMncfjen  1897.  Grisar,  Analecta 
Romana.  Dissertazioni,  testi  etc.  riguardanti  principalmente  la  storia  di  Roma  e  dei 
papi  nel  medio  evo.  Vol.  I.  Roma  1899.  —  33ibIiogra|)t)ie  über  bie  bt)3ant.  &'ird)en= 
gefdjidjte  bei  ßrumbarifjer,  33t|jant.  geitfdjrift. 

1.  2)ie  auficre  Sage  ber  $irtfje  itad)  ber  9luflöfuttg  be§  tweftrömtfdjen  9teidje§. 

A.  Die  bölktrumnitcnuig  nnb  bas  d)ri|Uid)c  Abenblanb. 

ßitteratur.  —  ©aubb,  Sie  germanifdjeu  Stnfiebtungen  unb  ßanbteitungen  in 
ben  Sßrobinjen  be§  römifdfen  33iettreicf)3.  33reStau  1844.  iß  alt  mann,  ©efdjidjte  ber 
SSBtfertuanberung  bi§  gu  Sltaridjö  Sob.  2  23be.  ©ott)a  1863  f.  SDö ieterätjeint,  ©e= 
fetjidgte  ber  Säotfertoanberung.  4  23be.  ßeipjig  1858 — 1864.  S  a  b  n  ,  Sie  fiönige  ber 
©ermanen.  7  33be.  2Mnd)en=2SKtr3burg=ßeibäig  1861 — 1897.  £>aucf,  ßirdjengefdjidjte 
Seutfdjtanbä.  33b.  I.  2.  Stuft,  ßeip^ig  1898.  ©iefet,  Sie  9teid)e  ber  33ßtfermanberung 
(SEQefibeutfdje  geitfdjr.  für  ©efc£)i(^te  unb  ßunft  1890,  ©.  217  ff.).  11  £)  I  f)  0  r  n  ,  fiümbfe 
unb  ©iege  be§  ©I)rifientum§  in  ber  germanifd)cn  SCßett.  Stuttgart  1898.  Boissier,  Le 
christianisme  et  l’invasion  des  barbares  (Revue  des  deux  mondes  1890).  Villari, 
Le  invasioni  barbariche  in  Italia.  Milano  1900.  £>artmann,  ©efd^ic^te  Sftatienä  im 
SRittetatter.  I  u.  II,  1.  Seit,  ßetpjig  1897—1900. 

1.  ©in  gewaltiger  SDrang  tjatte  frütjjeitig  bie  6arbarifc£)en  tßötfer  be§ 
fJiotbenä  gegen  ben  ©üben,  gegen  ba§  römife^e  SBeltreid)  fortgetrieben,  ba§ 
enblid)  in  feinem  mefttidjen  Seite  ben  anftürmenben  Nationen  erlag,  mä£)renb 


1  ßonjit  Don  SSatencia  374  bei  Mansi  1.  c.  III,  491  sq. ;  non  Suriit  401  can.  2, 
bei  §efele,  ©oncitiengefd).  II,  85.  Zosim.,  Ep.  1,  bei  Mansi  1.  c.  IV,  359.  Bonif.I. 
(422),  Ep.  12.  Leo  M.,  Ep.  10.  11.  40—42.  65.  66.  167.  Hilar.,  Ep.  8—11,  ed.  Thiel 
p.  146  sq.  Symmach.,  Ep.  14,  ed.  cit.  p.  722  sq.  Greg.  M.,  Ep.  1.  V,  n.  53 — 55, 
bei  Mansi  1.  c.  IX,  1231  sq. 


1.  Sie  äußere  Sage  ber  ßircpe  na$  ber  Stuftöfung  beö  toeftröm.  !ReidOe§.  569 

ber  öftlidje  nur  mit  äujjerfter  9Jlüpe  fid)  iprer  ermeprte.  gür  bie  $ircpe  mar 
bie  SSölfermanberung  üon  entfcpeibenber  33ebeutung.  „©§  mar  ntd)t  ein 
SBanbern  einzelner  nomabifierertbet  £)orbeu  ober  ein  ftete§  Umperfcpmeifen 
abenteuernber  $rieg§fd)aren ,  metd)e§  fo  geroaltige  SSeränberungen  b>erüorrief, 
fonbern  große,  tängft  fefefjafte  Sötfcr  Oertiepen  mit  ÜBeibern  unb  ^inbern, 
mit  iprern  ©efinbe  unb  iprer  £)abe  bie  alten  Sipe  unb  fudjten  fid)  in  meiter 
gerne  eine  neue  tpeimat.  Oie  Sage  ber  ©in^ettren,  ber  ©emeiuben,  ber  ganzen 
SSölfer  tourbe  ba  mit  D'iotmenbigfeit  oötlig  oeränbert;  bie  alten  33efißoerpätt= 
niffe  töften  fid)  auf,  bie  bisherigen  S3anbe  ber  ©efetlfcpaft  mürben  gelodert, 
bie  ©renjen  ber  Staaten  unb  Sänbet  Oertoren  ipre  ©ettung.  ©teidjmie  burep 
ein  ©rbbeben  rnopt  eine  ganje  Stabt  in  einen  Sd)uttpaufen  üermanbett  mirb, 
fo  mürbe  burd)  bie  maffenpafte  Sötfermanberung  ba§  ganje  politiftpe  Stiftern 
ber  tßorjeit  über  ben  Raufen  gemorfen.  ©§  mußte  fid)  eine  neue  Orbnung 
ber  Oinge  geftatten,  mie  fie  ben  oöttig  üeriinberten  ißerpättniffen  ber  tßßlfer 
entfprad)." 1 

Ratten  fepon  Oor  ©priffuS  große  Sd)aren  Oon  betten  au§  ©allien  in 
Dtpcitien  unb  Oberitalien,  ja  bi§  nach  9iom  pin  fid)  fefijufeßen  gefud)t,  Ratten 
bie  ©imbern  unb  Teutonen  ebenfo  oergebtid)  fid)  gegen  Sübeit  gcroenbet,  fo 
mürbe  unter  bem  rönrifepen  ^aiferreidpe  ber  93ötfcranbrang  immer  ftärfer,  unb 
ßaifer  Orajan  gütete  mit  9Jtüpe  bie  iJtorbgrenjen  an  ber  Ooitau.  gm  3.  c£»rift= 
Iid)en  gaprpunbert  brangen  dtemannen  unb  Sueoen  bis  an  ben  Oberrt)ein, 
bie  ©oten,  bie  jmifepen  Oon  unb  Opeiß  fid)  angefiebett,  bis  an  bie  Oonau 
unb  baS  Scpmarje  9)teer.  OeciuS  mar  im  Kampfe  gegen  fie  gefallen,  Üturelian 
tjatte  it)nen  bie  ^rooinj  Oacien  überlaffen;  ^onftantin  b.  ©r.  befiegte  fie  unb 
batte  gotifebe  Oruppen  in  feinem  tpeere.  9tocp  öfters  fielen  fie  in  rörnifdjeS 
©ebiet  ein  unb  fipteppten  ©efangene  mit  fid)  fort.  Ourd)  biefe,  bie  jum  Seit 
©priften  maren,  mürben  fie  juerft  mit  bem  ©briftentum  betannt;  auf  bem 
nicänifcpen  ®onjil  325  befanb  fid)  ein  gotifper  33ifd)of  OpeoppituS; 
eS  fanben  fiep  unter  ipnen  ©eiftlitpe,  9Jtönd)e  unb  Tonnen  nebft  japlreidjen 
©laubigen.  Unter  ihrem  Könige  91  tp  anarid)  beftanben  bie  ©prüften  unter 
ben  Söeftgoten  bereits  rüpmtip  eine  blutige  23erfotgung.  9ltS  nun  bie 
§  untren,  ein  ffptpifdjer  93otfSftamm,  nad)beni  fie  am  Oon  bie  9ltancn  jum 
9tnfcptuß  genötigt,  bie  Oftgoten  befiegten  unb  bie  SBeftgoten  bebrängten ,  er= 
baten  letztere  Oon  $ai)er  93aIenS  bie  9lufnapme  in  baS  römifd)e  Üteid).  93aIenS 
mieS  ipnen  SBopnfiße  in  Xpratien  an  mit  ber  93ebingung,  baß  fie  ipttt  als 
Sölbner  bienen  unb  baS  arianifepe  ©priftentuin  annepmen  füllten.  So  mürben 
bie  meiften  2Beftgoten  unter  gribigern  um  baS  gapr  375  Arianer.  Söegen 
ÜJtißpanblung  burep  bie  taifertiepen  Stattpatter  tarn  cS  aber  batb  jurn  Kampfe; 
bei  9lbrianopel  mürbe  SBatenS  gefd)tagetr  unb  fanb  378  einen  traurigen  Oob. 
9lud)  naepper  blieben  bie  SBeftgoten  im  ganjen  9lrianer,  obfd)on  fid)  mand)e, 
befonberS  infolge  ber  Opätigfeit  beS  pt.  ©prpfoftomuS2,  jum  katpolijiSmuS  be= 

1  ©iefebredpt,  ©eftpiepte  ber  beutfepen  ßaiferjeit  I  (B.  Stuft.),  67. 

2  Chrysost.,  Hom.  8  liabita  post  concionem  Gothi  presb. ;  Ep.  14,  c.  5  ( Migne , 
Patr.  gr.  LII,  618;  LXELt,  499  sq.).  Stgl.  bie  Slufrage  boit  ätoei  gotifepen  SUiöntpen 
©unnia  unb  ^retetta  bei  Hieron. ,  Ep.  106  über  ben  Unterfcpieb  ber  grieepifepen  unb 
tateinifepen  SBibetüberfeßung. 


570 


Sie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifden  ßultureinheit. 


teerten1.  ®ie  meiften  feinen  aber  nur  ^albarianer  gemefen  ju  fein,  mie  ipr 
berühmter  Bifdmf  U I  f  i  I  a  § ,  ein  geborener  ©ote  (nad)  anbern  $appabocier), 
5tt)ifd)en  341 — 348  in  ^onfiantinopel  gemeipt,  ber  ben  ©oten  ein  eigenes, 
bem  gried)ifd)en  nacpgebitbeieS  5XIpb>abet  gab  unb  für  fie  eine  Bibelüberfepung 
Verfertigte ,  burd)  bie  er  and)  um  bie  altgermanifcbe  Sitteratur  fid)  bebeutenbe 
3Serbienfte  ermarb2.  ©r  ftarb  bor  388  (maffrfdjeintid)  381)  in  ^onftantinopeL 
Unter  ©peobofiuS  I.  (um  332)  erfanuten  bie  2Befigoten  gegen  baS 
3ugeftänbniS,  unter  eigenen  ©tammeSpäuptern  nad)  ipren  ©efepen  in  ben 
ipnen  angemiefenen  ©egenben  bon  ©acien,  fJtiebermöfien  unb  Xprafien  als 
fteuerfreie  Sßerbünbete  ju  leben,  bie  römifd)e  Oberpopeit  unb  bie  Berpflicptung 
an,  40000  SJtann  jum  ^riegSbienfte  beS  9teicpeS  ju  (teilen.  ©päter  ber= 
müfteten  fie,  unjufrieben  megen  rüdftänbigen  ©olbeS  unb  aufgeregt  bon  bem 
für  ^aifer  BrfabiuS  regierenben  9htfinuS,  bie  iüprifcpen  ^robinjen  bis  jum 
Peloponnes  unb  machten  (in  ben  Sapren  400,  402  ff.)  unter  iprem  tapfern 
güprer  911  arid)  mieberpolt  ©infälle  in  Italien,  ©dion  408  belagerte  9llaricp 
3t om  unb  prepte  ber  ©tabt  bebeutenbe  ©ummen  ab;  er  mieberpolte  409  bie 
Belagerung  unb  erpob  ben  elenben  präfelten  9lttaluS  jum  $aifer,  ben  er  bann 
mieber  abfepte,  um  ben  §onoriuS  aufs  neue  anjuerfennen ;  enblicp  naprn  er 


1  Socrat. ,  Hist.  eccl.  II ,  41 ;  IV,  33.  Sozom. ,  Hist.  eccl.  II ,  6 ;  VI ,  37. 
Philostorg.,  Hist.  eccl.  II,  2.  5.  Theodoret.,  Hist.  eccl.  IV,  38,  al.  37.  Cyrill.  Hier., 
Catech.  X,  n  19;  XIII,  n.  40.  Äthan.,  De  incarn.  c.  51.  52.  Epiph.,  Haer.  LXX, 
14.  15.  Jordanes  (um  550),  De  rebus  geticis  (Muratori ,  Rer.  ital.  Script.  I,  25. 
87  sq. ;  ed.  Closs,  Stuttg.  1861;  ed.  Mon.  Germ.  Auct.  antiquiss.  V,  1,  p.  53  sqq.). 

2  Ulfilag  Bibelüberfepung  mürbe  Mannt:  1)  burd  bie  fogen.  fÜberne  §>anb jdprift, 

bie  öor  1618  in  ber  Slbtei  Söerben  in  Jffieftfalen  entbecEt,  bann  in  Prag  bon  ben 
©dtoeben  erbeutet  unb  äutept  nad)  Upfala  gebracht,  1665  bon  Suniug  mit  gotifdpert 
Settern,  1671  mit  lateinifden,  nadher  31t  Djforb  1750,  bon  £>al)tt  3U  Söeipenfetg  1805 
ebiert  marb  unb  bie  hier  ©tmngelien,  aber  mangelhaft  unb  ungeorbnet,  umfapt;  2)  burd) 
ein  Brudftücl  beg  Siömerbriefeg ,  bag  Änittel  in  einem  SBoIfenbütteler  Palimpfefte 
fanb  (ebiert  1762  f.) ;  3)  burd  bie  Fragmente  ber  meiften  paulinifdett  Briefe,  entbecft 
3u  Btailanb  bon  Slngelo  Sülai,  bon  biefem  unb  bem  ©rafen  ©aftiglione  bafelbft 
1819  f.  berauggegeben.  9teue  21uggaben  bon  ©abelenp  unb  Söbe  (Slltenburg  1836; 
2  Bbe.  Seipjig  1842  ff.) ,  befonberg  bon  §.  961  ap  mann,  Sie  heilige  ©drift  be§ 

Sitten  unb  Beuen  Seftamenteg  in  gotifder  ©prade  mit  griedifdent  unb  lateinifdem 
Sejt,  Stnm.  unb  SOßörterbud-  ©tuttgart  1856.  Sie  Überfettung  ift  nad  bem  griedifden 
Sept  gearbeitet,  unb  gmar  nad  ber  Begenfioit  bon  ßonfiantinopel.  Bgl.  Stamm,  Ulfilag 
ober  bie  un§  erhaltenen  Senfmäler  ber  gotifden  ©prade.  9.  Slufl.  Paberborn  1896. 
Suft,  Sie  ariantfden  Quellen  über  Söulfila  (geitfdr.  für  beutfde§  Slltertum  1898, 
©.  291  ff.).  Bgl.  nod  2ßaip,  Über  ba§  Seben  unb  bie  Sehre  beg  Ulfila.  tpamtoDer 
1840.  G.  L.  Kr  afft ,  De  fontibus  Ulfilae  Arianism.  ex  fragm.  Bob.  erut.  Bonnae 
1860.  Bef  fei,  Über  bag  Seben  beg  Ulfilag  unb  bie  Belehrung  ber  ©oten  gum  ©hrtften= 
tum.  ©bttingen  1860.  Beffel  fept  bie  ©eburt  beg  Ulfila  auf  311,  feine  Bifdofgmeihe 
auf  341,  feinen  Sob  auf  381  ober  ©nbe  380.  Suft,  BMfila  ober  Ulfila?  (3eitfdr- 
für  oergleid-  ©pradforfcpung  1899,  ©.  257  ff.),  ßauffmann,  Slug  ber  ©dule  beg 
SBulfila.  Auxentii  Dorostorensis  epist.  de  fide,  vita  et  obitu  Wulfilae.  Strassb.  1899; 
ßritifde  Unterfud)ung  ber  Quellen  3ur  ©efdidte  Ulfilag  (3eitfdr-  für  beutfdeg  2tlter= 
tum  1884,  ©.  193  ff.).  3  oft  eg,  Sag  Sobegjahr  beg  Ulfila  unb  ber  Übertritt  ber 
©oten  3 um  Slrianigmug  (Beiträge  gur  ©efd).  ber  beutfden  ©prade  unb  Sitteratur  1897, 
©.  158  ff.  567).  Bogt,  3U  Söulfitag  Belenntnig  unb  bem  Opus  imperfectum  (ebb. 
1898,  ©.  309  ff.). 


1.  Sie  äußere  Sage  her  Kirpe  nap  ber  31uflöfung  be§  toeftröm.  9teipe§.  571 

5fom  (24.  2fuguft  410)  mit  Sturm.  Oie  Stabt  marb  gang  auSgepfünbert,  bocp 
SJtenfcpenfeben  gehont.  2ffaricp  gog  nacp  Unteritalien,  rno  er  balb  barauf  ftarb. 
Sein  Scpmager  unb  fRacpfolger  2Itpaulf  moüte  baS  römifd)e  9teidj  anfangs 
bötlig  bernid)ten,  bann  aber  eS  mit  ben  Kräften  ber  (Boten  perfieflen  unb  er= 
neuern.  ©nblicp  50g  er  nad)  ©aflien,  eroberte  Sorbonne,  SEouloufe  unb  53or= 
beaup,  fomie  nachher  aucp  ^Barcelona.  Sein  £)albbruber  SBaltia  fcplug  nad) 
Scpmäcpung  ber  Allanen  unb  gurüdbrängung  ber  Sueben  unb  SSanbaten  feinen 
Sit}  in  SEouloufe  auf,  meines  bie  ^auptftabt  feine»  aquitanifcpen  PteicpeS 
©otpia  ober  Septimania  mürbe  (415).  ©allien,  in  bem  mehrere  römifcpe 
f)eerfüprer  bie  Kaifermiirbe  ufurpierten,  mar  bamafS  (406—416)  bon  ber= 
fcpiebenen  SBöffern  burcpgogen,  bie  balb  bon  ber  einen,  balb  bon  ber  anbern 
Seite  fjerbeigerufen  mürben,  namentlicp  bon  23urgunbern,  grauten  unb  2Ife= 
mannen,  bon  23anbalen,  Quaben,  2flanen,  ©epiben,  ^erufern  it.  f.  f.  9tacp 
Spanien  gogen  bie  2Uanen ,  bie  Sueben ,  23anbalen ,  üöefigoten  in  berfelbeti 
^eit  (409 — 416);  ipre  21nfiiprer  fucpten  fiep  allenthalben  in  ©aflien  unb 
Spanien  eigene  Königreiche  gu  griinben  1. 

2.  23on  ben  2öeftgoten  mar  ber  2IrianiSmuS  nid)t  nur  gu  ben  Oftgoten, 
fonbern  aud)  gu  ben  ©epiben,  Sueben,  2IIanen,  föurgunbern  unb 
gu  ben  23anbafen  gefommen2.  Oiefe  23ölfer  bepanbeften  aber,  mit  21uS- 
napme  ber  23anbafen  unb  einiger  meftgotifcpen  Könige,  bie  fatpolifdie  Üteligion 
ber  bon  ipnen  unterjochten  fftomanen  mit  Schonung  unb  2Id)tung;  nur  pie 
unb  ba  mürben  Katpolifen  gurn  2friani§mu§  gegmungen.  ^auptfeinb  berfelben 
mar  ber  mefigotifipe  König  ©uriep  (f  483)  in  ©aflien,  ber  baS  nach  2BaüiaS 
SEob  (419)  bon  SEpeoboricp  I.  unb  SEpeoboricp  II.  üergröperte  9teicp  noep  er= 
meiterte ;  unter  iptn  beröbeten  biefe  fatpolifepe  Kirchen,  unb  bie  Katpofifen  mürben 
blutig  berfotgt;  er  mar  mepr  £)aupt  feiner  Seite  als  Seperrfcper  feiner  Untere 
tpanen;  bieS  führte  aber  aud)  gur  21uflöfung  feines  9teid)eS,  baS  feit  507 
immer  mepr  mit  bem  fränfifepen  berfepmofgen  marb 3 * 5.  Oie  Surgunber,  bie 
bon  ber  Ober  unb  SBeicpfel  bis  an  ben  Ütpein  borgebrungen  maren,  patten 
bor  417  baS  ©priftentum  angenommen;  fie  grünbeten  fiep  ein  sJteid)  mit  ber 
£muptftabt  Spon  gmifepen  ber  9tpone  unb  Saone.  3>pr  König  ©unbobalb 
mar  2lrianer;  boep  perrfepte  ber  2trianiSmuS  niept  aflgemein,  unb  23ifd)of 
ißatienS  bon  Spon  (f  491)  bertrat  bie  fatpolifpe  Sepre.  ©in  499  gmifepen 
Katpolifen  unb  2trianern  abgepatteneS  ÜteligionSgefprftcp  patte  nur  geringen 
©rfolg.  2lber  Sifcpof  ülbituS  bon  S3ienne  geroatm  balb  ©influfi  bei 
©unbobafb,  fo  bap  biefer  fiep  ber  fatpotifd)en  Kirdje  guneigte,  gu  ber  fein 
Soptt  SigiSmunb  517  fiep  öffentlich  befannte.  Scpon  534  marb  aber 


1  Zosim.,  Ep.  n.  V.  Oros. ,  Histor.  1.  VII.  Procop.,  De  bello  vand.  I,  2. 

Fhilostorg.  1.  c.  XII,  2  sq.  Sozom.  1.  c.  IX,  4.  6.  8.  Claudian.,  De  bello  goth.  carm. 
Jordanes  1.  c.  c.  30  sq.  August.,  De  civ.  Dei  I,  7.  Idac.,  Chron.  ad  a.  24  Honor. 

Über  bie  S3ölf er  3loijpen  bem  Dipein  unb  Dltlantifpen  Dgean,  ben  2Ilpen  unb  ipprenäen 
unb  ipre  SDernmftungen  Dgl.  Hieron.,  Ep.  128  ad  Acher. 

s  Jordanes  1.  c.  c.  25. 

5  Sidon.  Apollin.,  Ep.  1.  VII,  n.  6  ad  Basil.  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  II,  25. 
2Ijpbap,  ©efpipte  ber  Sßefigoten.  2  Sfbe.  Sfrantfurt  q.  SDl.  1827.  tftojenfiein, 
©ejpipte  beä  Söeftgotenreicpö  in  ©aflien.  Berlin  1859. 


572 


®ie  $irc(je  bet  ber  Sluflöfung  her  röntifhen  Äuttureinheit. 


ba§  burgunbtfdje  9Reid)  mit  beut  frönfifdjen  bereinigt1.  ©ie  ©ueben  Ratten 
unter  ißrem  noch  Ijeibnifc^en  $önig  Nedjita  (f  448)  fid)  in  ©panien  ein 
Neid}  gegrünbet;  Nedjiar,  beffen  Nachfolger,  mar  fatholtfcf).  Nber  als  $önig 
NemiSmunb  fid)  mit  ber  ©od)ter  beS  arianifchen  DfigotentönigS  ©heDb°ri$ 
bermäfilte  (464),  fucßte  er  ben  NrianiSmuS  einjuführen  unb  berfotgte  bie 
$atf)oIifen,  bie  biete  Ntärtprer  hatten  (Sßanfratian  bon  Nraga,  SßataniuS  u.  a.). 
©rft  550 — 560  unter  $önig  ©tjarrarich  tarn  baS  ©uebenreid)  in  ©atläcien 
jur  fatt)otifd)en  Kirche,  atS  beS  Königs  ©ohn  Nrtamir  ober  ©heDbemir  auf 

gütbitte  beS  fd-  Ntartin  bon  Sour»  geheilt  unb  burd)  SBifchof  Nt  artin  bon 

©uma  befeßrt  roarb.  ©S  marb  bann  563  unter  bein  Ntetropotiten  bon 

53raga  eine  ©pnobe  gehalten,  bie  ben  fatfmlifchen  ©tauben  befeftigte.  Nber 
585  bereinigte  2e obigilb,  ber  arianifche  $önig  beS  größeren  2Beftgotenreid)S, 
baS  fteinere  ber  ©ueben  mit  feinem  ©ebiete.  ©er  ^athotijiSmuS  mar  um 
fo  mehr  bebrof)t ,  atS  Seobigitb  feinen  eigenen,  mit  ber  fränfifchen  ißrinjeffin 
gugunbis  bermähtten  fatholifdjen  ©ohn  tpermenegitb  beS  ©taubenS  toegen 
hatte  hiurid)ten  taffen.  Nber  ber  Sruber  be»  NtärtprerS,  Neccareb,  botn 

l)t.  Seanber,  (Srjbifdjof  bon  ©ebitla,  betehrt,  befannte  fid)  feit  589  öffenfc 
tid)  jum  tathotifchen  ©tauben,  ber  nun  auch  in  gan-$  ©panien  jum  ^errfd)en= 
ben  mürbe2. 

3.  ©d)on  429  maren  bie  23 anbaten,  baS  rot)efie  ber  germanifdfen 
23ötfer,  bom  ©tatthalter  NonifaciuS  gerufen,  unter  ihrem  Könige  ©enferich 
ober  ©eiferid)  au»  ©panien  nad)  bem  römifchen  Norbafrita  hinübergejogen,  baS  fie 
halb  böttig  eroberten.  2ttS  fanatifcher  Nrianer  berfotgte  ©enferich  bie  ^atßolifen 
in  jeber  2trt,  nahm  ihnen  ihre  3?ird)eit,  berbannte  ihre  S3ifd)öfe,  ließ  biete  martern 
unb  töten,  ©inige  33ifd)öfe  machte  er  ju  ©ttaben;  ben  23ifd)of  QuoböuttbeuS 
bon  Karthago  ließ  er  mit  bieten  ©eiftticßen  auf  einem  etenben  2örad  ben 
Söetten  übergeben;  troßbem  getaugten  fie  gtüdtid)  nach  Neapel,  ©er  arianifche 
Uterus  ermunterte  ben  ßönig  -$u  allen  ©raufamfeiten.  ©ie  ßathotifen  burften 
nur  in  Sßtiöathäufern  ober  in  ben  23orftäbten  ihren  ©otteSbienft  feiern,  ©ie 
empörenbe  ©emattherrfchaft,  bie  bei  bieten  fogar  Reifet  an  ©otteS  SBorfeßung 
erregte,  brachte  bie  tatholifche  ®ird)e  NorbafrifaS  in  bie  tieffte  Zerrüttung. 
©enferic£)§  ©oßn  unb  Nachfolger  §unnerid)  (477 — 484)  mar  anfangs 
mitber;  er  mar  bermählt  mit  ©ubopia,  ©od)ter  beS  $aiferS  Sßalentinian  III., 
unb  ^aifer  $eno  ^atte  ißm  befonberS  bie  afrifanifchen  i?  ath)olifen  empfohlen. 


1  Oros.,  Hist.  VII,  32.  38.  Socrat.  1.  c.  VII,  30.  Collatio  Episc.  coram  Gundob. 

Rege,  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  LIX.  fpefele,  ©onctliengefcf).  II  (2.  Säuft) ,  629  ff. 
667  ff.  Plancher,  Hist,  de  Bourgogne.  Dijon  1739.  ©elpfe,  ßirdjengeßhichte  ber 
©hmetj.  Sern  1856.  $  e r  i  }d)  tt>  ei  t  er ,  (Sefdj ic^te  ber  Surgunber.  äüünffer  1863. 

Sinbing,  ®a§  burgunbifdprontanifche  Königreich.  Seipjpg  1868.  Sfapn,  ©efdjidite 
ber  Surgunbionen.  Sb.  I.  §otte  1874.  ©gli,  Kirdfengefchichte  ber  Sdjtoeij  bis  auf 
ßarl  b.  ©r.  3ürid)  1893. 

2  Greg.  Tur.  1.  c.  II,  25  ;  V,  38  sq. ;  VI,  43  ;  VIII,  30 ;  IX.  15  ;  De  virtut.  S.  Mart. 
I,  11.  Io.  de  Biclaro  (f  nach  660),  Cliron.  Idac.  Contin.  p.  237.  Isid.,  Cliron.  a.  623 
de  reg.  Got.  in  fine;  De  vir.  ill.  c.  65.  Greg.  M.,  Dial.  III,  31—33.  Paul.  Diac., 
De  gest.  Longob.  III,  21.  ßembfe,  ©efdjichte  Spaniens  I  (Hamburg  1831),  64  ff. 
©  a  m  s ,  fiirchengeßhithte  bon  Spanien.  Sb.  I— II.  Negensburg  1862— 1864.  Reifer  ich, 
®er  toefigotifdie  SlrianiSmuS.  Serlin  1860. 


1.  Sie  äußere  Sage  ber  Htrdje  nad)  ber  2tnflöfung  be§  toeftröm.  SReidjeS.  573 

©r  gab  ihnen  bie  gotte»bienftlid)cn  Verfammlungen  lieber  frei  imb  erlaubte 
aud),  baff  nad)  bierunbjmanjigiähriger  ©rlebignng  ber  ©tul)I  bon  Karthago 
tbieber  einen  Vifdjof  erhalte,  moju  ber  glnuben§fefte  ©ugentu§  479  ermaßt 
tbarb.  Mein  biefe  ©unft  machte  halb  einer  biel  härteren  Verfolgung  fßlat). 
Von  betn  ränfeboüen  Vrianerbifdjof  ©prila  angeflagt ,  toarb  ©ugeniid  fcbruer 
mihhonbelt ,  mit  4976  ©laubigen  jufammengefperrt ,  bann  in  eine  ber  öbeften 
©anbmiiften  abgeführt,  mo  biele  berfd)mad)teten.  §nmnerid)  nahm  ben  Hatl)o= 
lifen  ihre  £)abe  unb  berbannte  fie,  meift  nad)  ben  Unfein  ©arbinien  unb  Horfila. 
©ottgemeihte  Jungfrauen  mürben  gefoltert,  um  bon  ihnen  ba§  ©eftänbnd  eine§ 
unerlaubten  Umgang^  mit  ©eiftlid)en  ihres  ©lauben§  ju  erpreffen1.  ©in  484 
ju  Karthago  abgeljalteneS  ffteligion§gefpräd)  jmifchen  fatholifchen  unb  aria= 
tiifd)en  Vifd)öfen  muffte  ben  Vormanb  ju  neuen  ©emaltthaten  liefern,  melche 
bie  bon  ^ßapft  f^elt£  III.  erbetene  Vermeidung  be§  ^aiferS  $eno  nid)t  ab^u= 
mehren  bermodjte2.  Sreihunbertachtunbbierjig  Vifdjöfe  mürben  berbannt;  biele 
ftarben  infolge  ber  VJifihanblungen ;  nid)t  menigen  marb  mit  ©emalt  bie 
arianifd)e  Saufe  erteilt,  fef)t  biele  mürben  berftiimmelt.  3al)Ilofe  Vtartprer 
hat  biefe  Verfolgung  geliefert ;  aber  e§  geigten  fid)  f)iet  aucE)  bie  größten  V3unber 
ber  göttlid)en  ©nabe.  Sie  ©fjriften  Sipafa,  benen  bie  3unge  abgefd)nitten 
morben  mar,  behielten  ben  freien  ©ebraud)  ber  Sprache  unb  fangen  Soblieber 
auf  ©hriftu»,  beffett  ©ottheit  bie  Vrianer  belohnten.  V?ef)tere  berfelben  tarnen 
nad)  Honftantinopel,  mo  ber  Haiferpof  $euge  be§  2ßunber§  mar3.  Ser  Vad)- 
folget  be3  Vliiteridd  |)unnerid),  Honig  ©unt  am  unb  (485 — 496),  behanbelte 
bie  Hatpolifen  mit  mehr  ©d)onung  unb  lieh,  obfd)on  bie  Verfolgung  nid)t  ganj 
aufhörte,  494  bie  berbannten  Vifdjöfe  gurürffehren ;  eine  römifdje  ©pnobe 
bon  487  ober  488  befchäftigte  fid)  angelegentlich  mit  ben  nötigen  VJaffregeln 
betreffs  ber  V3iebergetauften  unb  ber  fonft  ©efallenen  in  Vfrita.  Honig  Srafa^ 
tnunb  (496 — 523)  mollte  beut  VrianiSmuS  toieber  bie  Meinf)errfd)aft  fiepern 
unb  fud)te  burch  MSjeichnungen  einzelne  Hatljolifen  für  benfelben  311  geminnen. 
VIS  bieS  nid)tS  frud)tete,  fd)ritt  er  mit  Vebritdung  unb  Verbannung,  mit  3öeg= 
nähme  ber  Hird)en  unb  bem  Verbote  ber  2Beil)e  neuer  Vifdjöfe  ein.  Sa  beren 
3al)l  bennod)  nid)t  abnal)tn,  berbannte  er  hubbertunbjmanjig  berfelben  nach 
©arbinien,  unter  ihnen  ben  1)1-  $ulgentiu§,  Vifchof  bon  9tu§pe,  ben 
entfdjiebenen  Verteibiger  beS  tatl)olifd)en  ©laubenS.  Honig  Silber  ich  (523 


1  Victor.  Vitensis  (487),  Hist,  persecutionis  Africanao  sub  Genserico  et  Hun. 
Vandalorum  regibus  (ed.  Chifflet ,  Divione  1664;  Migne ,  Patr.  lat.  t.  LVIII;  M011. 
Germ.  Auct.  antiquiss.  III,  1).  Sögt.  Schönfelder ,  De  Victore  Vitensi  episcopo. 
Vratisl.  1900.  Vita  S.  Fulgent.  Ep.  Rusp.,  bet  Migne  1.  c.  t.  LXV.  LXVI.  Procop. 
Caes.,  De  bello  vandal.  Venet.  1729.  Isid.  Hispal.,  Hist.  Vandal.  et  Suevorum  (625) 
ed.  Rössler,  Tubing.  1803.  Morcelli,  Africa  cristiana.  Brix.  1816.  L.  Marcus,  Hist, 
des  Vandales.  2.  ed.  Par.  1838.  VtalU),  Söiftor  bon  Söitaä  Söerfotgung  ber  afri= 
!aitifd)en  Kirche  burch  bie  Söanbalen.  2öiett  1883. 

2  Jp  e  feie  a.  a.  D.  II,  611  ff.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  279,  n.  6. 

3  S)aö  aSunber  bon  SEipafa  ift  bejeugt  bei  Victor.  Vitens.  1.  c.  1.  V,  c.  6.  Procop. 
1.  c.  I,  8.  Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  IV,  14.  Aeneas  Gaz. ,  Theophrastus  {Migne, 
Patr.  gr.  LXXXV,  1001).  Cod.  Iust.  I.  27  de  off.  praef.  praet.  Sögt.  Ruinart,  Hist, 
persec.  Vand.  P.  II,  c.  7.  Gibbon,  Hist,  of  the  Decline  and  Fall  of  the  Rom. 
Empire  VI  (London  1776),  t.  1,  c.  16. 


574 


Sie  ßircpe  bei  ber  2luftöfung  ber  römifipen  ftuttureinpeit. 


bis  530),  ein  fünfter  §ürft  unb  greunb  beS  ^aiferS  Suftinian,  pob  bie  33er= 
fotgung  auf  unb  rief  bie  Verbannten  gurlicf.  Vtit  großem  Subei  tnarb  gul= 
gentium  in  Vfrita  empfangen  unb  im  Februar  525  mieber  ju  ^artpago  eine 
©pnobe  bon  feipjig  Vifdföfen  unter  bem  Vorfilme  beS  (SrjbifcpofS  VonifaciuS 
gepalten *.  Vocp  immer  patte  Vfrita  tiicptige  SEpeoIogen.  gilbend)  tnarb  bon 
feinem  Vetter  ©elimer  ermorbet;  eine  neue  Verfolgung  ftanb  bebor.  Vber  533 
marb  baS  banbatifcpe  Vcid)  in  Vfrifa  burcp  ben  ofirömifcpen  gelbperrn 
Velifar  geftürjt  unb  Vorbafrifa  mit  SuftinianS  ®aiferrei<p  bereinigt.  Spre 
friipere  Vliite  erreichte  bie  afrilanifcpe  $ird)e  febocp  nicpt  mepr1 2. 

Von  einer  äpnticpen  ©efapr,  tnie  Vorbafrifa  burcp  bie  Vanbalen,  tnaren 
©adieu  unb  Italien  burcp  bie  toüben  unb  friegerifcpen  §unnen  bebropt. 
OiefeS  ftqtpifdje  Volt  mar  auS  bem  tieferen  Vfien  an  bie  V3otga,  bann  an  ben 
Oon  gefommen,  patte  bie  Vlanen  unb  anbere  Voller  befiegt  unb  fiep  bis  jur 
©onau  auSgebreitet.  3mifd)en  434  unb  441  unternapmen  fie  bereits  unter 
iprem  $önig  Vttila  tpeereS^üge  bis  ©fanbinabien ,  bebrängten  feit  447  baS 
oftrömifepe  ß'aiferreitp ,  feit  450  aber  baS  meftrömifepe.  Stn  grüpjapre  451 
brad)  Vttita  mit  700  000  Vtann  aus  Pannonien  auf,  jmang  bie  VIemannen 
unb  anbere  Voller  jum  Vnfdplujj,  berpeerte  unb  ptünberte  japlreicpe  ©täbte, 
mie  SErier,  Vtainj,  HßormS,  ©peier,  ©trapburg,  Vtep.  Vei  ßpalonS  an 
ber  Vtarne  tarn  eS  jn  einer  mörberifepen  ©djtacpt  mit  ben  Vömern,  Söeftgoten 
unb  ipren  Verbünbeten ,  bie  aber  unentfepieben  blieb.  ©oep  §og  fiep  Vttila, 
bem  Vifd)of  CupuS  bonSEropeS  itnponierenb  entgegentrat,  natp  ^annonien 
jurüd.  ©arauf  (452)  manbte  fiep  Vttila  naep  Italien,  belagerte  Vquiteja  unb 
jerftörte  eS  bon  ©runb  aus.  Viele  Vetnopner  Oberitaliens  ftopen  auf  bie 
meift  unbemopnten  Snfeln  beS  Vbriatifcpen  VteereS  unb  legten  auf  ben  Sagunen 
ben  ©runb  ju  bem  rafd)  emporbliipenben  Venebig.  Vttila  jog  bormärtS  gegen 
Sßeften  über  Vicenja,  ^pabua,  Verona,  Vtaitanb,  unb  fdjidte  fiep  an,  autp  Vom 
ju  nepmett,  toobon  ipn  bie  eprfuriptgebietenbe  (Srfcpeinung  unb  bie  ernfte  Vb= 
mapnung  beS  großen  ^apfteS  Seo  abpielt,  bem  Vom  unb  Staüen  ipre  Vettung 
berbanften.  Vttita  räumte  Italien ,  jog  noep  einmal  gegen  bie  SBeftgoten 
©atlienS,  ftarb  aber  halb.  Vtit  feinem  SEobc  jerfiel  bie  Vtaept  feines  VoIfeS; 
feine  ©öpne  tarnen  über  bie  Steilung  beS  VeidfeS  in  ©treit,  maS  bie  unter= 
joepten  ©tämme,  befonberS  bie  ©epiben  unb  Oftgoten,  jur  Vbfdjüttetung  beS 
SodjeS  benutzten.  Oie  £mnnett  mürben  großenteils  an  baS  ©dprmräe  Vteer 
jurüdgemorfen  unb  bertoren  ipre  Vebeutung  böttig3. 


1  £>efele  a.  a.  D.  II,  614  ff.  710  ff. 

2  tpapencorbt,  ©efdjicpte  ber  Oanbalifcpen  §errfcpaft  in  2tfrila.  SSertin  1838. 
Herrn.  Schulze,  De  testamento  Genserici.  Ienae  1859.  ©örre§,  Beiträge  jur 
ßiripengefcpiipte  be§  93anbatenrei(pe§  (Seitftpr.  für  toiffenfep.  Speot.  1893 ,  S.  494  ff.) ; 
ßtripe  unb  ©taat  im  Sßanbatenreicp  (Seutfcpe  Veitfcpr.  für  ©efepiptgtoiffenfd).  1893, 
©■  14  ff.). 

3  Ammian.  Marcell. ,  Rer.  gest.  1.  XXXI,  c.  2.  Priscus ,  Excerpta  de  legat., 
ed.  Bonnae  p.  170  sq.  —  Jordanes  1.  c.  c.  34  sq. ;  c.  42.  Prosper.,  Marcell.,  Idac. 
Chronica  ed.  Mommsen,  Mon.  Germ.  hist.  Auct.  ant.  IX,  341  sqq. ;  XI,  37  sqq.;  13  sqq. 
J.  de  Guignes,  Hist.  gen.  des  Huns;  beutfd)  üon  $.  Säpnert,  ©reifStnalb  1768  ff. 
3eup,  Sie  Seutftpen  unb  bie  Vcupbarftämtne.  ÜRünipen  1837.  Spierrp,  ßönig 
21ttita  unb  feine  ßeip^ig  1852.  Veumann,  Sie  IBölter  be§  fiiblitpen  fftuplanb. 


1.  ®ie  äufjere  Sage  ber  ßirdje  nad)  her  Stuftöfung  be§  toeftrönt.  9teid)e§.  575 

4.  Smrd)  bie  §unnenjüge  mar  ba§  toeftrörnifdje  9teid)  auf  ba§  tieffte  er= 
fdjüttert  morben,  baS  jubent  burd)  bie  ©rmorbung  be§  flu  gen  31  et  t  u  §  (454) 
[eine  fräftigfte  ©tütje  öerlor.  3IIS  Salentinian  III.  fetbfl  auf  Serantaffung 
feines  9lad)foIger§  $etroniu§  SfajimuS  455  getötet  morben  mar  unb 
biefer  bie  $aiferin=2Bitroe  ©ubojia  nötigte,  itjn  ju  heiraten,  rief  biefe  jur  9tad)e 
ben  $önig  ©enferid)  au§  2Ifrifa  tjerbei,  ber  9t  om  bier^efn  Sage  lang  ber 
Pünberung  preisgab ,  bod)  bom  DJtorben  unb  ©engen  abftanb.  9tud)  £)ier 

tnar  Seo  b.  ©r.  für  bie  ©inmofjner  aufopfernb  ttjätig.  9tafd)  medjfctten  bie 

abenbtänbifdjen  ©djattenfaifer ,  beftänbig  bon  $rieg  unb  ©mförung  bebrot)t, 
bis  476  ber  gürft  ber  tperuter,  Oboafer,  bem  meftrömifdjen  9teid)e  ein  ©nbe 
machte,  inbem  er  ben  lebten  ßaifer  9tomutuS  (SuguftutuS)  entfette  unb  ben 
Sitet  eines  Königs  öon  Italien  annaljm* 1.  Oboafer  £>atte  bor  feinem  $uge 
nad)  Italien  ben  t)l.  ©eher in  (f  482),  ber  nat)e  bei  Sßien  lebte,  burd) 
feine  Söunbergabe  baS  f)öd)fte  9tnfet)en  genof  unb  bon  bieten  Sarbarenfürften 
geehrt  mar  (mie  5.  33.  bon  ©ibulb,  bem  3llemannenfönig),  in  feiner  3£öe  be= 
fuc£)t  unb  bon  ü)m  bie  SCßeiSfagung  erhalten,  er  merbe  ein  ruljmgefrönter  fpetb 
merben  unb  bieten  in  furjem  grofe  ©üter  berteitjen2.  Oboafer  bemieS  ber 
fatt)otifd)en  $ird)e  l)ot)e  2Id)tung,  obfcfton  er  3trianer  blieb,  ©r  befielt  bie 
meiften  alten  ©inrid)tungen  bei,  geftattete  einzelnen  33ifd)öfen,  mie  bem  ©pU 
pljaniuS  bon  $abia,  ber  aud)  unter  ber  fpäteren  fperrfdjaft  tfjätig  mar, 
großen  ©influf  unb  berfuf)r  nur  in  fetteneren  gatten  mittfürlid)  unb  f)art. 

3tber  489  rüdte  auf  9lnftiften  beS  oftrömifdjen  ®aiferS  $eno  unb  auf  Sitte 

beS  Ütugierfürften  griebrid) ,  beffen  Sater  im  Kampfe  gegen  Oboafer  gefallen 
mar,  ber  in  $onftantinopct  gebitbete  St)eoborid),  $önig  ber  Oftgoten ,  bie 
jmifdien  ber  Sonau  unb  ber  ©abe  in  Pannonien  mofjnten,  in  gtatien  ein, 
eroberte  mehrere  ©täbte  unb  befiegte  OboaferS  tpeere  miebert)olt.  SttS  Ütabenna 
493  bem  ©ieger  bie  Sf)ore  öffnen  muffe,  bermittette  ber  ©rjbifdmf  gofanneS 
ben  Sertrag,  ber  bem  Sefiegten  Seben  unb  greitjeit  gemüfjrte,  aber  bon 
Sl)eoborid)  nachher  gebrochen  tnarb3. 

OaS  neue  Oftgotenreid),  baS  nebft  gtatien  unb  ©ijitien  aud)  9tl)ätien, 
9torifum,  fßannonien  unb  Oalmatien  jurn  grofeit  Seit  umfaßte,  mar  unter  St)eo= 
borid)  mächtig  unb  nad)  aufjen  geehrt.  Obfdjon  ber  ^önig  mit  feinen  ©oten 
bem  9trianiSmuS  futbigte,  mar  er  bod)  ben  ®atf)olifen  im  ganjen  gerecht  unb 
tief  bie  unterjochten  9fomancn  bei  ifjren  ©efetjen  unb  ©inriebtungen.  9tur  gegen 


2.  Stuft,  ßeipjig  1850.  2tun  ßeo§  I.  berühmter  gnterbention  bei  Stttita  reben  aud)  bie 
oricntatifd)en  SSifdtjöfe  in  einem  SSriefe  an  Stapft  6t)mmad)uä  oon  512  {Thiel,  Epist. 
Rom.  Pont.  [ep.  12,  c.  8]  p.  714) :  Leo  Arckiep.  ad  Attilam  tune  erronem  barbarum 
per  se  currere  non  duxit  indignum ,  ut  captivitatem  corrigeret  corporalem ,  nec 
tantum  christianorum,  sed  et  Iudaeorum,  ut  credibile  est,  atque  paganorum. 

1  Procop.,  Bell.  vand.  I,  4  sq. ;  Bell,  gotli.  I,  1  sq.  Sidon.  Apollin.,  Panegyr. 
Aviti  442  sq.  Jordanes  1.  c.  c.  57  sq.  Idac.,  Chron. 

2  Vita  S.  Severini  auctore  Eugippio  discipulo  (Acta  SS.  Bott.  Ian.  I,  483;  ed. 
Kerschhaumer,  Schaffk.  1862;  ed.  II.  Sauppe  in  Monum.  Germ.  bist.). 

3  Epiphan.  Ticin.,  Vita  scripta  ab  Ennodio  bei  Gallandi,  Biblioth.  XI,  145  sq. 
Klapper,  Theodorici  M.  Ostrogoth.  regis  contra  calumniatorum  insimulationes  de- 
fensio.  Aquisgran.  1858. 


576 


Sie  ßircfje  bei  ber  Auflöfung  ber  römift^ert  ßuItureinJjeit. 


baS  ©nbe  feiner  Regierung  rnarb  ^eoborid)  argmöhttifch  unb  ttjrannifcf) ,  tiefe 
ben  trefflichen  ©elef)tten  SoettjiuS  unb  beffen  ©dimiegerbater  <Spmmad)uS 
hinrichten ,  ben  tpapfi  SotjanneSl.  im  Werfer  umfommen.  Aach  feinem 
Sobe  (Auguft  526)  fam  baS  Gleich  an  ben  mit  feiner  Sod)ter  Amatafuntha 
bermäfdten  ©utfiarid)  unb  beren  ©ofen  Atfjalarid);  nad)  beffen  Sob  (533) 
betmäljtte  fid)  Amatafuntl)a  mit  it)rem  Neffen  Sttfeobat,  ber  fie  aber  ermorben 
lieh ,  morauf  it)m  ^aifer  Suftinian  ben  $rieg  erftärte.  Aod)  leifteten  bie 
©oten  unter  ihren  tapfern  Königen  ißitigeS  (feit  536),  SotitaS  (feit  543), 
ber  bor  bem  t)t-  Senebift  fich  beugte,  bann  SejaS  tapfern  SBiberftanb ;  aber 
553  unterlagen  fie  böttig,  unb  Italien  tnarb  nebft  Satmatien  eine  ißrobinj 
beS  oftrömifdjen  Aeid)eS,  beren  (Statthafter  (@£ard>)  in  Aabenna  refibierte. 
AarfeS,  ber  erfte  biefer  ©jarchen,  machte  fich  burd)  t)abfüd)tige  33ebrüdungen 
fo  bert)afet,  bafe  bie  Italiener  bon  Sufiin  II.  feine  Abberufung  forberten.  Über 
biefe  erbittert,  tub  AarfeS  nach  Anfunft  feines  AachfotgerS  SonginuS  ben  2ango= 
barbenfönig  Atboin  ein,  fid)  ber  tperrfchaft  in  Italien  ju  bemäd)tigen 1. 

SDie  Sangobarben  hatten  526  bon  Suftinian  Äßot)nfihe  in  Pannonien 
mit  ber  93ebingung  erhalten,  bie  ©rennen  gegen  bie  ©epiben  p  befchü^en,  hatten 
auch  biefe  mehrmals  befiegt  unb  bie  ©riechen  früher  gegen  bie  ©oten  unterfiütd; 
fie  tnaren  teils  Arianer  teits  Reiben,  baju  fehr  graufam.  Atboin  fam  568  mit 
feinem  £)eere  über  ^riaut,  eroberte  Ataitanb,  bann  ^ßabia,  baS  er  pr  ipaupt= 
ftabt  feines  neuen  AeicheS  machte,  ©r  unterjochte  halb  Oberitafien ;  fdion  570 
ftreiften  bie  Sangobarben  bis  gegen  Aom.  Sie  faifertid)en  Gruppen  hatten 
gegen  fie  feiten  ©rfotge;  bie  ^atfjotifen  mären  in  einer  Ijöchfi  traurigen  Sage. 
33alb  nach  AlboinS  ©rmorbung  (574)  rife  Anarchie  bei  ben  Sangobarben  ein; 
bei  ber  Atinberjährigfeit  beS  AutffariS,  ©offnes  beS  prn  $önig  ermähtten, 
bon  einem  Siener  getöteten  $tepf),  regierten  möt)renb  jetm  Satiren  fed)Sunb= 
breifeig  fperpge.  AuthariS  trat  585  bie  Aegierung  an  unb  bermät)tte  fich  mit 
Sheobetinbe,  ber  Sochter  beS  SajumarenherjogS.  Siefe  mar  eifrig  fatpotifch, 
brachte  ihren  peiten  ©emaht  Agitulf  (feit  590)  ebenfalls  pm  fatl)otif(hen 
©tauben,  tiefe  ihren  ©of)n  Abetmatb  burd)  einen  fatpolifchen  33if<hof  taufen 
unb  ftanb  mit  ißapft  ©regor  b.  ©r.  in  freunbfcbaftlichem  23erfet)r.  93iete 
Arianer  murben  nun  fathotifd) ,  obfehon  ber  ArianiSmuS  immer  noch  bon  ein= 
feinen  §errfd)ern  begünftigt  unb  erft  671  unter  ßönig  ©rimoalb  burch  bie 


1  Cassiod.,  Variae  epist.  1.  XII ;  Chrom,  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  LXIX.  Procop., 
Bell.  goth.  Agathias,  Hist.  1.  I,  c.  8  sq.  Yita  S.  Bened.  c.  14  sq.  Greg.  M. ,  Dial. 
III,  58.  Sütanfo,  ©efd)i(f)te  be§  oftgotifeijen  Aeitfieä.  23re§Iau  1824.  ©artoriu§, 
©cfdficfite  ber  Oftgoten.  Au§  bem  ©ranjöfifcben.  pamöurg  1811.  Du  Roure,  Hist,  de 
Theodoric  le  Grand.  2  vols.  Paris  1846.  tfeapencorbt,  ©efdficbte  ber  ©tabt  Aom 
(Aaberborn  1857)  ©.  62  ff.  ©regorobiuS,  ©efcf)i(l)te  ber  ©tabt  Aom  im  SütiüeG 
alter  I,  273  ff.  ©djnürer,  Sie  botitifdfe  Stellung  be§  iRapfttumä  sur  3eü  2heo= 
borichs  b.  ©r.  (£iftor.  3at}rB.  1888,  ©.  251  ff.;  1889,  @.  253  ff.).  A  f  eil  f  ä>  i  f  t  e  r, 
Ser  Oftgotenfönig  SI)eoberid)  b.  ©r.  unb  bie  fatt)oIif(f)e  ßird)e  (itircfiengefct).  ©tubien 
HI >  I  2)-  Atünfter  i.  2ö.  1896.  Über  bie  ©ettung  be§  römifihen  AeihtS  f.  Gelas., 
Fragm.  12,  ed.  Thiel  1.  c.  p.  489:  Theodorico  regi:  Certum  est,  magnificentiam 
vestram  leges  Romanorum  principum ,  quas  in  negotiis  hominum  custodiendas  esse 
praecepit,  multo  magis  circa  reverentiam  beati  Petri  Apostoli  pro  suae  felicitatis 
augmento  veile  servari. 


1.  Sie  äußere  Sage  ber  ßirdje  nad)  ber  Sluflöfung  be§  meftröm.  IRetd^cS.  577 

latholifcfje  Ketigion  böüig  öerbrängt  math.  ©)od)  fehlte  auch  ba  noch  öiel  ju 
einem  freunbfd)aftnd)en  95erf)ältniffe  smifdien  ben  (Eroberern  unb  ben  2anbeS= 
eingeborenen;  bie  Kaubluft  ber  ©rojjett  unb  bie  ©roberungSfudft  mehrerer 
Könige  unterhielten  bei  ben  Körnern  ben  alten  Kbfcheu  bot  ben  Songobarben. 
©)ie  Iangobarbi|d)e  ©efetjgebung  bott  KothariS  (643),  bie  nachher  Suitpranb 
ermeiterte,  tnar  in  ihren  ©trafbeftimmungen  fef)r  hört,  nicht  frei  bon  3lber= 
glauben,  fud)te  aber  «Sicherheit  beS  ©igentumS  unb  menigftenS  einige  Orbnung 
herjufteüen ;  nad)  unb  nad)  mürbe  fie  unter  fitddithem  ©influfi  berbeffert1. 

5.  Unter  allen  germanifdjen  ©tömmen  maren  bie  ©raufen,  bie  fid)  in 
falifd)e  unb  rifmartfche  teilten,  bie  einigen,  bie  gleid)  anfangs  fatholifd)  lrmrben 
unb  blieben,  ©)te  falifdjen  ©ranfen  hotten  fid)  im  nörblid)en  ©eile  beS  römifd)en 
©aüienS,  jmifihen  ber  ©omme  unb  ber  ©eine,  feftgefetjt;  ihr  $önig  ©hlobmig 
übermältigte  486  bie  letzten  Kefte  ber  tömifcben  53efi|ungen  in  ©allien  unb 
marb  ber  eigentliche  ©tifter  ber  franfifdjen  Kfonarchie.  bereits  mar  feine 
Derrfchaft  bis  jur  Soite  unb  Kf)one  auSgebehnt;  er  mar  mie  fein  Kolf  nod) 
heibnifch  unb  fd)ien  ber  Keligion  ber  Sefiegten  menig  geneigt.  KlS  fid)  aber 
©hlobmig  (493)  mit  ^lotilbe,  einer  burgunbifdjen  ^rinjeffin,  bermählte, 
fud)te  biefe  als  eifrige  $atf)olifin  ihn  für  ihren  ©lauben  ju  geminnen;  obfd)on 
fie  bereits  if)re  ^inber  jur  ©aufe  brachte,  blieb  aber  ber  ^önig  nod)  ungerührt. 
Um  496  hotte  ©hlobmig  eine  ©d)lad)t  mit  ben  mäd)tigen  Alemannen  ju  be= 
fiteren ,  bie  am  9Kain  unb  Oberrhein  mofmten;  fdjon  fürchtete  er  eine  Kieber= 
läge  burd)  bie  feinblidje  Übermacht;  ba  manbte  er  fid)  in  inbriinftigem  ©ebete 
ju  bent  ©ott  feiner  ©emahlin  mit  bem  ©elöbniS,  im  ©alle  beS  ©iegeS  fid) 
taufen  ju  laffen.  ©r  fiegte,  unb  er  htelt  SBort.  Sifdmf  KemigiuS  bon 
KfjeimS  unterrichtete  ihn  mit  Skiftanb  beS  KebafiuS  bon  ©oul  unb  taufte 
ihn  nebft  breitaufenb  anbern  am  2öeihnad)tSfefte  unter  großer  ©eierliddeit 2. 
Oie  Belehrung  ©hlobmigS  marb  eines  ber  fo!genreid)ften  ©reigniffe  ber  2ßelt= 
gef<hid)te,  beffen  33ebeutung  ^apft  KnaftafiuS  II.,  ber  ben  neuen  fatholifcben 
llönig  begliidmünfd)te  unb  jum  ©ortfd)titte  in  allem  ©uten  ermahnte,  fomie 
bie  gatlifdicn  93ifd)öfe  mohl  ernannten 3.  ©>ie  ©leichhfit  ber  Keligion  errnarb 


1  Procop. ,  Bell,  gotli.  III ,  33.  Paul.  Warnefr. ,  Histor.  Langobard.  11.  VI 
(568—744),  bei  Muratori ,  Rer.  ital.  Script.  1,1;  in  Mon.  Germ.  hist.  Script,  rer. 
Langob.  Hann.  1878.  Greg.  M.,  Ep.  1.  I,  n.  17;  1.  IV,  n.  2.  4.  47;  1.  V,  n.  21; 
1.  IX,  n.  42.  43;  1.  XIV,  n.  12;  Dial.  III,  38.  ko  ä)  =  6 1  e r n f  el b ,  Sa§  Keid)  ber 
Songobarben  in  Italien.  9JIünd)en  1839.  © legier,  Sa§  Königreich  ber  Songobarben 
in  Italien,  Seidig  1851. 

2  Duchesne ,  Hist.  Franc,  script.  5  voll.  Par.  1636 — 1649.  Bouquet,  Recueil 
des  histor.  de  la  Gaule.  21  vols.  Paris  1738 — 1855.  —  Greg.  Tur. ,  Hist.  Franc. 
{Bouquet  1.  c.  n,  75  sq.  Migne ,  Patr.  lat.  t.  LXXI.  Mon.  Germ.  hist.  Script,  rer. 
Merowing.  t.  I.  Seutfd)  aßürjburg  1848  f. ;  ^Berlin  1851  f.) ,  bef.  1.  II,  c.  29  sq. 
40  sq.,  fortgefeht  bon  ©rebegar  bis  641  (ed.  Ruinart,  Par.  1699  sq.  Mon.  Germ, 
hist.  Script,  rer.  Merowing.  t.  H).  3«  leiderem  bgl.  ©d  nur  er,  Sie  Serfaffer  ber 
fogen.  ©rebegar=ßhr°bif  (Collectanea  Friburgensia,  IX).  Friburgi  Helv.  1900. 

*  Anastas.  II.,  Ep.  3  ad  Chlodov.  Reg.,  ed.  Thiel  p.  623.  Avitus  Vienn.,  Ep.  41. 
(Sie  Segenbe  bon  ber  Saube,  melde  ba§  heilige  Öl  pr  ©albung  bed  Königs  oom 
himmel  gebracht  hoben  foll,  bei  Hincmar.  Rhem.,  Vita  S.  Remig.  c.  3.  Migne,  Patr. 
lat.  CXXV,  1161.  Sgl.  b.  Dturr,  Sie  hl-  ülntpulle  p  iRheimS.  Nürnberg  1801.) 
£>erg ettrö tl) er,  flird)engefd)tcf)te.  I.  4.  Stuft.  37 


578  ®ie  fiirdje  Bei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  ßuttur  eint)  eit. 

bem  mächtigen  £)ertfd)er  bie  Zuneigung  ber  römtfdjen  (Ballier,  audj  jener,  bie 
gum  fmrgunbifdjen  unb  meftgotifcfeen  9teidf)e  gehörten;  ben  ^'önig  beS  legieren, 
AIartcfj  II.,  beftegte  ©fjlobmig  507,  unb  511  berief  er  gut  erften  ©fenobe  bon 
Orleans  nebfi  ben  fränlifdjen  53ifd)öfen  auch  bie  beS  eroberten  meftgotifdjen 
©ebieteS.  gür  fid)  blieb  ©Ijlobmtg  treulos  unb  graufam,  aud)  gegen  feine 
näcbften  Sßertoanbten ;  für  bie  f^olgejeit  aber  legte  feine  33elel)tung  ben  $eim 
gu  großen  ©ntmidlungen.  33ei  feinem  Oobe  511  Unterliefe  er  feinen  ©öfenen 
ein  mächtiges  9teicf),  baS  trofe  ber  9Jeid)SteiIurtgen  immer  3ulDad)S  erhielt,  mie 
527  2l)üringen,  534  baS  burgunbifd)e  Aetd),  nadj^er  aud)  Safeern.  23on 
©IjlobroigS  ©öljnen  l)errfd)te  ber  ältefte,  24)eoborid) ,  über  ben  öftlidjen  Oeil 
(Aufträgen)  mit  bem  ©itje  in  Diel),  über  ben  meftlidjen  (Aeuftrien)  bie  brei 
jüngeren:  ©f)lobomtr,  ©feilbeftert,  ©Ijlotar,  mit  ben  ©i|en  in  ?pariS,  Orleans, 
©oiffonS;  nadj  ©fjlobotnirS  $all  teilten  fid)  bie  beiben  jiingften  Srüber  in  beffen 
(Bebiet;  (Sfjlotar  (f  568)  bereinigte  auf  furge  3e't  alle  fränlifdjen  (Bebiete,  bie 
bann  aber  rnieber  unter  feine  bier  ©öfjne  geteilt  mürben.  Überhaupt  bauerten 
bie  Teilungen  fort,  bis  (Sljlotar  II.  613  rnieber  baS  gange  granlenreid)  ber= 
einigte.  3tü*etrad)t  unb  SBoKuft  feerrfdjten  unter  biefen  dürften,  unter  bem 
Solle  famert  feeimlidier  ©öfeenbienft  unb  Abfall  bom  ©fjriftentiun  nod)  lange 
3eit  Ijinburd)  bor ;  biele  eifrige  Sifdjöfe  hatten  barum  fcbmete  ^ämfefe  gu  be= 
flehen ,  um  nadj  unb  nacfj  georbnetere  Serljältniffe  gu  fdjaffen.  ©regor, 
33 i f d) o f  bonOourS  (f  595),  befcfjrieb  bis  591  bie  ©djidfale  beS  fränlifdjen 
ÜteicfeeS.  Oie  ©efefee  ber  eingelnen  ©tämme  mürben  aufgegeidmet,  gaf)lreid)e 
©fenoben  bon  ben  Sifdjöfen  gehalten.  Oagobert  I.  (622—638)  mar  menigftenS 
in  feiner  erften  AegierungSgeit  einer  ber  beften  dürften.  3mmer  aber  genoffen 
bie  EJliffionäre  burdj  bie  Könige  ber  graulen  mehrfache  llnterftiifeung;  ber 
Arianismus  im  meftlidjen  unb  füblidjen  ©allien  unterlag 1. 

B.  Dir  fiirdje  in  kn  ffiinkrn  ks  (Orients. 

Sitteratur.  —  ©elger,  Slbrife  ber  btjgantinifdjen  $aifergefdjid)te,  in  ßrum= 
badjerS  ©efd)id)te  ber  Bijjantinifcften  Sitteratur  (2.  AufL  ÜDtündiett  1897)  ©.  928  ff. 
3toer§,  ®ie  SteidfjäfDoIitif  ßaifer  Suftiniand.  ©iefeen  1898.  Äuedjt,  ®ie  AeIigion§= 
politit  ßaifer  StuftinianS  I.  SOöürgburg  1896.  Dielil ,  Justinien  et  la  civilisation  by- 
zantine  au  6me  siede.  Paris  1901.  ©etger,  SoätnaS  ber  Onbienfatjrer  (Saljrb.  für 
proteft.  $beoI.  1888,  <3.  105  ff.).  Diehl ,  L’Afrique  byzantine.  Histoire  de  la  domi- 
nation  byzantine  en  Afrique  (533 — 709).  Paris  1896. 


1  Leibn.,  De  orig.  Francor.  post  Eccardi  ed.  leg.  sal.  et  rip.  Francof.  1720  sq. 
Osanam ,  La  civilisation  clirdt.  cliez  les  Francs.  Paris  1849.  Gay,  Clotilde  et  les 
origines  ehret,  de  la  nation  et  monarchie  fra^aise.  Paris  1867.  Bouquette,  S.  Clo¬ 
tilde  et  son  siede.  Paris  1867.  SungijanjS,  ©efdjidjte  ber  fräntifdjen  Könige  ©fjiP 
berief)  unb  (Sfjlobnaig.  ©öttingen  1857.  23  or  nt)  acE,  ©efdjidjte  ber  Uranien  unter  ben 
tDteroroingern.  ©reifätnalb  1863.  Kurth,  Clovis.  2me  ed.  2  vols.  Paris  1901 ;  Sainte 
Clotilde.  Paris  1897.  fjunf,  3ur  23et'ef)rung  ©fjlobtoigS  (®üb.  Sfjeol.  Ctuartalfcfjr. 
1895,  ©.  351  f.).  3ettinger,  ®ie  SSeridjte  über  Aompitger  aud  bem  granfenreid) 
bi§  gum  3faf)r  800.  tftom  1900.  Über  fjeibnifdie  ©ebräudje  Dgl.  Childeb.  I. ,  L.  de 
abolendis  idololatriae  reliquiis  554 — 558  (bei  Baluze,  Capit.  I,  5.  Pertz,  Leg.  I,  p.  1). 
Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  VIII,  15.  Mabillon,  Annales  0.  S.  B.  I,  683.  Conc.  Aurel. 
II.  (533)  can.  20.  Turon.  H.  (567)  can.  22.  Antissiod.  578  (ober  585)  can.  1.  Nar- 
bonn.  589  can.  14.  15. 


1.  $ie  äußere  Sage  ber  ßiräje  nad)  ber  Stuflöfung  be§  toeftröm.  IReicfjeä.  579 

6.  ®aS  bon  Offen  per  burd)  bie  Sßerfer  bebrängte  bp^antinifcpe  ^Reid)  er= 
reifte  ben  |)öpepuntt  feiner  9Jiad)t  unter  Inifer  Suftinian  I.  (527 — 565). 
Ourcp  bie  2öiebereroberung  bon  Italien  urtb  Vfrita  [tärfte  er  bie  ü)tad)t  unb 
baS  alte  Vnfepen  beS  römifd)en  dtamenS  aucp  im  Söefien,  unb  feine  gewaltige 
VrbeitStraft,  feine  pDlitifdje  ^lugpeit,  feine  uncrmiiblicpe  SE()ätigfeit  brauten  bem 
Steicpe  aud)  nad)  innen,  menngteid)  nur  auf  furje  3e>h  ^raft  unb  Vßoplftanb. 
Oabei  mar  ein  ausgeprägter  OefpotiSmuS  bie  ©rutiblage  feiner  Regierung, 
unb  biefer  geigte  fiep  aud)  auf  baS  fcprofffte  in  ben  tircplicpen  Vngelegenpeiten. 
®er  ©äfaropapiSmuS  ber  bp^antinifcpen  ^aifer  ift  bei  ipm  in  ber  fcpärfften 
§orm  jum  VuSbrud  gefommen.  Oie  äußere  Sage  ber  $ircpe  im  oftrömifdjen 
üteidje  mar  unter  ib;m  eine  fepr  gläigenbe.  Vauluftig,  wie  Suftinian  mar,  liefe 
er  eine  grofee  3apl  bon  tird)lid)en  ©ebäitben  erridjten  unb  mit  berfdjmenberifdjer 
^ßrad)t  auSftatten.  Oie  ißribilegien  beS  Uterus  mürben  überhaupt  bon  ben 
bpjantinifdjen  ^aifern  aufred)t  erpalten  unb  nocp  bermeprt,  unb  an  äufeeren 
Reichen  ber  ©prfurdjt  gegenüber  ben  53ifd)öfen  tiefecn  fie  eS  nicpt  fetjten.  Vacp 
t>erfd)iebenem  Söecpfel  ertannte  ^uftinian  ben  befreiten  geiftlicpen  ©erid)tS= 
ftanb  in  biirgerlidjen  ©ad)en  boftfommen  an;  fonft  blieb  eS  ben  Parteien 
itberlaffen,  ob  fie  ipre  bürgerlichen  ^ßrojeffe  bor  bem  33ifd)ofe  entfd)eiben  taffen 
wollten;  Vifdföfe  unb  ©eiftlidje  füllten  fie  an  ben  ipnen  unmittelbar  borgefefeten 
$ird)enobern  bringen,  bie  ©eiftlidpen  bon  Saien  nur  bor  bem  Vifcpofc  belangt 
werben.  Vud)  bie  Unterfudjung  unb  Veftrafung  leid)terer  Vergeben  bon  ©eift= 
liehen  blieb  bem  23ifd)ofe  überlaffen,  ber  aud)  in  allen  Verlegungen  ihrer  51mtS= 
unb  ©taubeSpflicpten  ju  erfennen  batte;  bei  fcpwerereit  Verbredjen  tonnte  fomopl 
bei  bem  geiftlicpen  als  aud)  (wenn  ber  Vnfläger  ein  Saie  mar)  bei  bem  Welt= 
lid)en  Sticpter  bie  Qtntlage  borgebradjt  werben.  3n  letzterem  ^aüe  warb  ber 
fdfulbig  Vefunbene  bem  Vifdjofe  gum  ber  VmtSentfefeung  unb  Oegrabation 

unter  Mitteilung  ber  ^ßrojefeaften  übergeben,  unb  falls  biefer  bem  meltlidfen 
Urteile  nid)t  beipftiepteie ,  manbten  fid)  beibe  9tid)ter  bepufS  ber  lefeten  @nU 
f^eibung  an  ben  $aifer.  .fpatte  aber  ber  Vifcpof  ben  fcpulbigen  ©eifttidjen 
Perurteilt  unb  entfept,  fo  warb  er  naep  recptSfräftig  geworbenem  Urteil  bem 
weltlid)en  9tid)ter  jum  weiteren  Verfahren  übergeben.  Oen  53ifd)öfen  würbe 
jum  VoQjug  ihrer  Urteile  ber  weltlidje  21rm  geliehen ;  fie  waren  teineSWegS 
auf  rein  geiftlid)e  Strafmittel  befchränft,  foitbern  hatten  ipre  eigenen  ©efängniffe 
(decanica),  tonnten  förpertiipe  3üd)tigung,  OrtSberweifung  unb  ©elbftrafen  ber= 
pängen;  nur  bie  OobeSfirafe  burften  fie  weber  beantragen  nod)  felbft  auSfpred)en, 
bieS  galt  als  ber  Milbe  iprcS  VinteS  burd)auS  wiberftrebeub.  tiefer  befreite 
©erid)tSftanb  ber  ©eiftlid)en  blieb  trop  ntandjer  Veränberungen  im  oftrömifd)en 
l?aiferreid)  aufred)t.  3a  ßaifer  £)erafliuS  gab  am  21.  Märj  629  ben  geiftlicpen 
©erid)ten  bie  auSfd)liefelid)e  ©erid)tSbarteit  über  ©ciftlidje  unb  Mönd)e  fomopl 
in  3totf=  als  in  Itriminalfadjen.  3m  Saufe  ber  3e^  würben  bie  geiftlicpen 
©eridjte  nod)  mepr  organifiert. 

SBaS  bie  fogen.  ^erfonalitnmunität  unb  bie  ©teuerfreipeit  betrifft, 
fo  würbe  im  5.  3aprpunbert  bie  ^Befreiung  Don  Steuern  auf  baS  rein  tird)licpe 
©intommen  unb  bie  2eftierfreipeit  auf  baS  s)}riüatbcrmögen  befdjränft.  Militär^ 
pflichtige  würben  Don  bem  ©intritt  in  ben  geifttid)en  ©taub  auSgefd)loffen.  ß'aifer 
Mauritius  Derbot  592  ben  Staatsbeamten  unb  Mititärperfonen  ben  ©intritt  in 

37  * 


580  Sie  ßirdje  bei  ber  Stuflßfung  ber  rßmifcfjen  ßultureirtljeit. 

ben  ^terifat=  unb  Orben§ftanb,  wogegen  ^ßapft  ©regor  b.  ©r.  mehrfache  TO?obifi= 
fationen  in  Italien  eintreten  lief),  mätfrenb  er  bei  bem  $aiferf)ofe  remonftrierte 1. 

Die  SBifdjöfe  genoffen  immer  ba§  größte  Slrt  feigen  unb  mürben  aud) 
bon  ben  5?aifern  gelegentlich  in  befonberer  3Beife  geefjrt.  9Jlarcian  wollte  bei 
^Bittgängen  felbft  311  guß  gehen,  ben  S3ifä)of  ber  £)auptftabt,  5lnatotiu§,  aber 
in  einer  ©änfte  tragen  taffen;  ebenfo  gingen  Seo  I.  unb  Juftinian  I.  bei 
fotdjcn  geiertichfeiten  gu  guß  unb  liefen  ben  Patriarchen  auf  ihrem  SBagert 
fißen2.  Die  oftrömifäjen  $aifer,  mie  nachher  aud)  bie  Könige  be§  5Ibenb= 
Ianbe§,  tieffen  fid)  feierlich  bon  bem  erften  ihrer  JBifdjöfe  frönen3,  Womit  fid) 
bie  «Sitte  berhanb,  baß  fie  ein  fchriftlidjeS  ©tauben§befenntni§  ablegten.  Die» 
hatte  auch  5fnaftafiu§  491  getf)an,  fuchte  aber  nachher  feine  Pefenntni§fd)rift 
guriidguerlangen 4.  Die  fipgantinifchen  Pifdtöfe  erhielten  wie  bie  $aifer  ihre 
9fuf)eftätten  in  ber  SIpofteü,  fpäter  in  ber  ©optjienfirche. 

Die  3a hl  ber  ^terifer  war  im  Orient  feljr  grofj.  Unter  Juftinian  I. 
gäfjltc  bie  ©ophienfirche  ber  ^aiferftabt  über  485  ©eifttiche  alter  ©rabe.  Diefer 
$aifer  berorbnete,  e§  foöten  an  ihr  nicht  über  60  priefter,  100  Diafonen, 
90  ©ubbiafonen,  110  Seftoren,  125  pfatten,  100  Oftiarier  unb  40  Diafoniffen 
angeftetlt  fein;  bie  3nh*  ftieg  aber  in  ber  3eü  bon  Juftinian  bi§  £)eraftiu& 
noch  biel  höhet-  Se|terer  $aifer  beftimmte  627  für  biefetbe  £)auptfircf)e  bie 
3af)l  bon  80  prieftern,  150  Diafonen,  40  Diafoniffen,  70  ©ubbiafonen, 
160  Seftoren,  25  pfatten,  75  Oftiariern;  bie  3«üÜ  ber  ©pncetten  warb  auf  2, 
bie  ber  Mangler  auf  12,  bie  ber  Siotarien  auf  40,  bie  ber  ©feuophßlafeS  auf 
4  priefter,  6  Diafonen,  2  Seftoren  rebugiert;  bie  23tad)ernenfird)e  fottte 
12  priefter,  18  Diafonen,  6  Diafoniffen,  8  ©ubbiafonen,  20  Seftoren, 
4  Pfatten,  7  Oftiarier  haben.  Durch  ©efetj  bom  24.  Slprit  629  warb  aber 
ber  Patriarch  ermächtigt,  Dotationen  für  neu  gu  errichtenbe  $irdjenämter  aitgu- 
nehmen.  Die  Diafoniffen  gingen  im  Occibent  allmählich  unter,  im  Orient 
beftanben  fie  fort;  man  nahm  bagu  SBitwen,  bie  nicht  gmeimal  berheiratet  ge= 
wefen  waren,  ober  Jungfrauen  unb  forberte  für  fie  ein  Sitter  bon  biergig  Jahren 5. 
Da§  ÜJiiniftrieren  am  Slttare  warb  ben  grauen  überhaupt  berboten  6. 

1  Über  bie  Verbote  beS  ©intrittS  in  ben  MeruS  für  Sleid)e,  ffieamte  unb  9JliIitär= 
pflichtige  bgl.  Cod.  Theod.  XVI,  2,  3.  17.  32.  43;  XIII,  1,  11.  Justin.,  Nov.  123, 
c.  17.  Greg.  M.,  Ep.  1.  III,  n.  65.  66;  1.  VIII,  n.  65. 

2  Chrysost.,  In  Actus  Apost.  hom.  3.  Ambros.,  Ep.  40.  53.  Theodor.  Lect., 

Hist.  eccl.  I,  6.  Theophan.  Conf.,  Chronogr.  p.  169  sq.  352  sq.,  ed.  Bonnae.  Conc. 
Arel.  I.  can.  7.  3  Theodor.  Lect.  1.  c.  II,  65.  Theophan.  1.  c.  p.  170. 

4  Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  III,  29.  30.  32.  Theodor.  Lect.  1.  c.  II,  6.  8. 
Thcoph.  1.  c.  p.  210.  215. 

5  Über  bie  Siofoniffeu  im  Occibent  bgl.  Conc.  Araus.  I.  (441)  can.  36  (Verbot 
tprer  SDQeifje) ;  Epaon.  517  can.  21;  Aurel.  II.  (533)  can.  17  (©ebot,  fie  abgufdjaffen). 
$oh  warb  nod)  bom  pl.  ÜDtebarbuS  bie  Königin  Stabegunbe  als  folcpe  eingefegnet 
(' Venant .  Fortun.,  Vita  S.  Medardi  c.  12),  unb  nod)  721  erwähnt  fie  bie  rfimifhe 
©pnobe  can.  2.  3Bäf|renb  SpeobofiuS  I-  390  (L.  27  de  Episc. ;  bgl.  Socrat.,  Hist, 
eccl.  VII,  16)  ein  Sllter  bon  feepgig  Jahren  berlangt  hatte,  beftimmte  Conc.  Clialc. 
can.  15  ein  SUter  bon  biergig  Japren  fowie  eine  ftrenge  ißriifung ,  unb  beftrafte  bie 
33erpeiratung  ber  Siafoniffen  mit  bem  Slnatpem.  Sie  armenifhe  ©pnobe  bon  Sobin 
527  can.  17  berbot,  Jrauen  als  Siafoniffen  bei  ber  Saufe  bienen  gu  laffen.  Sie  Siegel 
bon  ©palcebon  erneuerte  Conc.  Trullan.  can.  14. 

6  Conc.  Laod.  can.  44.  fiougil  bon  31ime§  394.  Gelas. ,  Ep.  14  (491),  c.  26. 


1.  Sie  äupere  Sage  faer  fitrdje  nach  ber  3tuftöfung  be§  weftröm.  9leid)e§.  581 

©in  befonbereS  ftrd)lidhe§  5Imt  war  ba§  ber  sllpo f rif iarier  (9?efpoitfaIett), 
b.  i.  ber  ©efanbten  ber  Patriard)en  am  gried)ifd)en  jRaiferljofe,  bie  Perfcf)ieben  waren 
Don  beit  mit  öorübergetjenber  ©eubuttg  bebad)ten  Segaten.  33ifc£)of  Sultan  oon  $o§ 
erfd)eitit  unter  Sßapft  £eo  I.  al§  [tänbiger  Dlpofrifiar  be§  römi)d;en  ©tuhleS  am 
griedjtfdjen  fpofe.  ®a§  Dlmt  ber  römifdfen  ^Xpofrifxarier  war  ein  fe^r  wid)tige§,  unb 
in  fcpwterigen  Seiten  fanb  fid)  oft  faunt  ein  ©eiftlidjer,  ber  e§  übernehmen  wollte, 
tötete  römifdje  Dlpofrifiarier  würben  nachher  auf  ben  päpftlidjen  ©tupf  erhoben,  wie 
©regor  I.  unb  mehrere  feiner  Padjfolger.  ©eit  bem  Sobe  PtartinS  I.  befanb  fid) 
fein  päpftücher  9tpofrifiar  mehr  in  ber  ^aiferftabt;  ß’onftautin  PogonatuS  üertangte 
wieber  einen  foldjen,  wiinfdite  aber,  bap  er  mit  auperorbentlidjen  Poflmad)ten  ttad) 
titrt  eines  legatus  a  latere  auSgeftattet  werbe ;  hierauf  ging  Papft  £eo  II.  nicht  ein, 
fottbern  faitbte  ben  ©ubbiafoit  ^onftantin  opne  alle  auperorbentlidjen  Pefugniffe,  ba 
man  feine  ©idjerpeit  befap,  bap  nidjt  barnit  Ptipbraud)  getrieben  unb  burd)  Sift 
ober  ©ewalt  bem  ©efanbten  nachteilige  Sugeftäubniffe  abgerungen  würben.  Sute^t 
fanten  bie  ftänbigen  Segaten  ganj  in  SffiegfaH,  unb  nur  Doriibergebjenbe  ©efanbtfdjaften 
blieben  in  ©ebraucf).  ®ie  alejaubrtnifdfen  Patriarchen  hatten  ebenfalls  folcfje  s2lpo= 
frifiarier  in  ^onftantinopel  gehalten,  wie  ber  482  auf  biefett  ©tupl  erhobene  Johannes 
Stalafa  e§  gewcfen  war;  mit  ber  mohammebanifdjeu  §errfd)aft  in  biefeit  öftlidfen 
Patriarchaten  hörte  bie  9lborbnung  berfelben  üödig  auf. 

7.  3m  Orient  fanb  ber  ejtreme  ©üfaropapiSmuS  ber  bpjantinifchen  $aifer 
faunt  Söiberflartb;  als  §üter  ber  firdjlidjen  Freiheit  ben  faiferlidjen  ©efpoten 
gegenüber  traten  Por  adern  bie  ptipfte  auf.  9tl§  467  unter  ^aifer  DlnthemiuS 
beffett  ©iinftling  philotpeuS  Perfcpiebene  ©eiten  in  Pom  einführen  toodte,  leiftete 
Papft  IpilantS  energifd)  SBiberftanb  unb  ermirfte  ein  eiblicpeS  Perfpred)en  beS 
$aiferS,  bap  Pott  ben  beabficptigten  Pfapregeln  Umgang  genommen  werben  fode. 
Dftit  apoftolifdjent  Freimut  traten  ©impliciuS,  $elij:  unb  bereu  Pad)foIger 
tut  acacianifd)eu  (Streite  bem  oftrömifd)en  §)ofe  entgegen  unb  wahrten  bie 
firdflicbe  Unabhängigfeit  mit  aller  Uraft.  Oie  Pifcpöfe  ber  römifdjen  ©pitobe 
Pon  502  unter  ©pmmachiiS  erflärten  es  für  fdjledjthin  unerlaubt,  bap  ein 
wenn  audj  nod)  fo  frommer  unb  mächtiger  Caie  über  ©üter  unb  Utechte  ber 
$ird)e  eine  Perfügung  treffe1.  ©pmmad)uS  h*eü  bem  $aifer  PuafiafiuS  bie 
(Erhabenheit  beS  prieftertumS  im  Pergleid)e  junt  irbifd)ett  Üteidje  Pot  klugen 
unb  erflärte  ihm,  bap  bie  weltlichen  ©ewalten  nad)  9töm.  13,  1  in  ihrer 
©tedung  ai^uet-femten  ftnb,  folange  fie  ihre  SBidenSäupetungen  nicht  gegen 
©ott  richten ,  bap  fie  aber,  falls  fie  gegen  ©ott  feine  9iüdfid)t  haben,  fiep 
nicht  ber  priPilegien  beffett  bebietten  fönnen,  beffett  9ted)te  fie  Perad)ten.  ©r 
mahnte  ben  ^aifer,  ju  bebenfen,  bap  er  trop  ader  Ptadjt  ein  fierblidjer  Pfenfd) 
bleibe,  bap  fein  Perfolger  ber  $ird)e  noch  ihren  ©ieg  ju  hinbern  oermod)te, 
bap  eS  ein  fdppereS  Unrecht  fei,  adert  Srrtümern  bie  Freiheit  ber  öffentlichen 
SieligionSübung  ju  gewähren,  ber  fatholifcpen  ©emeinfdjaft  aber  fie  ju  Per= 


1  Ser  gntwurf  beS  Sefrets  Warb  502  in  ber  römifchen  ©pitobe  üerlefen  (Thiel, 
Epist.  Rom.  Pont.  p.  685  sq.).  Sie  23ifd)öfe  erflärten:  Non  licere  laico  talem  legem 
dare;  non  lieuit  laico  etc.  (ibid.  p.  687  sq.),  unb  bie  ©pnobe  Wollte  baS  ©chriftftücf 
für  nichtig  gehalten  wiffen,  ne  in  exemplum  remaneret  quibuslibet  laicis,  quamvis 
religiosis  vel  potentibus,  in  quacumque  civitate  quolibet  modo  aliquid  decernere  de 
ecclesiasticis  facultatibus ,  quarunt  soluin  sacerdotibus  disponendi  indiscusse  a  Deo 
cura  conimissa  docetur  (ibid.  p.  689). 


582  $ie  $ird)e  16 et  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  ßulturein^ett. 

jagen1,  ©o  Baubeiten  aud)  im  Tülonottjeletenftreite  s$a))ft  Martin  I.,  ber 
ijl.  93iaj:imu§  unb  jeine  ©Eitler;  bie  ©Iaubett§ebifte  ber  $aijer  mürben  bon 
ber  ßird)e  bermorfen  unb  ifenen  erklärt,  bafe  [ie  fjierin  fein  ©efefegebung§red)t 
befäfeen,  fonbern  ber  ^irdje  ju  folgen  unb  bon  if)r  ju  lernen  f)ätten2.  Ser 
©runbfafe  bon  ber  23erfd)iebenf)eit  ber  beiben  ©emalten  mar  au§  bem  (Seifte 
be§  ©fjriftentum§  fjerborgegangen ;  in  bem  an  Sefpoti§mu»  gemötjnten  Orient 
fam  berjefbe  roeniger  jur  ©eftung,  mäfjrenb  im  5fbenbfanb  ber  römifdje  ©tufel 
in  fräftiger  ÜBeije  bie  9ted)te  unb  Pflichten  beS  geiftfidjen  5Imte§  mafjrte. 

8.  Sa§>  @£)tiftentum  berbreitete  fid)  in  biefer  $eit  in  einigen  ©ebieten  be3 
Orient»,  meldje  ifjin  bi§  baljin  berjd)foffen  geblieben  maren.  93on  Sberien  au§ 
gelangte  ba§felbe  nad)  5Ü bau ien,  im  6.  ^afjrfiunbert  aud)  ju  ben  Saliern 
($ofd)iern)  unb  ben  benachbarten  51  b  a  §  g  e  r  n.  Oer  Sajierfürft  Sjatfeuä 
roarb  522  in  ^onftantinopel  getauft.  $uftinu§  I.  fanbte  ben  5fba§gern  iljren 
2anb§mann  ©upferataä ,  einen  ©unudjen  be§  ^3alafte§ ,  ber  ifjnen  bie  ©elbft= 
entmannung  unterjagen  jollte,  liefe  bort  eine  5Jtuttergotte§fird)e  bauen  unb  befteöte 
©eifitidje  für  ba§  Sanb.  5iad)  bem  Sobe  be§  fjf.  ÜJtajimuS  (f  662)  mirfte 
ber  t)t.  ©tepfean  fegen§reid)  unter  ben  5lba§gern  unb  Cahiern,  bie,  früher  mit 
(Ofi=)  3tom  berbiinbet,  ben  $aifer  §eraffiu§  bei  bem  iperjerfriege  im  ©ticfee 
gelaffen  Ratten,  aber  nachher  bem  fathofifdjen  Glauben  nod)  eifrig  an^ingen, 
roie  beim  aud)  bamaf§  bie  ©dpiter  be§  1)1.  fütoEimuS  für  bie  Sberier  tf)ätig 
maren,  bereit  dürften  mit  ^onftantinopel  in  enger  5?erbinbung  ftanben  unb 
bon  benen  3amanarfu§  unter  Suftinian  I.  mit  feiner  ©emafilin  unb  bielen 
©rofeen  perjönlid)  in  ber  $aiferftabt  erfrfjienen  mar.  5fud)  bie  räuberifd)en 
Spanen  (jmifcfeen  ben  Saliern  unb  bem  römifdjen  ffteidje  an  ben  Quellen  be§ 
^fjafi»  unb  5Ifampfi§)  erftärten  fid)  gur  Saufe  unb  junt  ©intritt  in  ba§  faifer= 
fid)e  )pcer  bereit;  Suftinian  fud)te  fie  p  bänbigeit  unb  liefe  p  biefem  gmede 
©täbte  unb  53nrgen  bei  itjnen  anlegen.  SBeniger  glüdlid)  maren  bie  SSerfudje 
be§  ©orba§,  Gültig  ber  §unnen  auf  ber  $rim,  ber  in  53t)pnä  mit  betnfefben 
^aifer  fid)  berbiinbet  unb  bie  Saufe  erhalten  hatte;  fein  Sßolf  empörte  fid)  gegen 
ifm  unb  erhob  nad)  feiner  ©rmorbung  feinen  53ntber  fütoager,  mit  bem  e§ 
meiter  nad)  5torben  jog3. 


1  Symmach. ,  Ep.  10;  Apol.  c.  8,  ed.  Thiel  p.  703:  Conferamus  honorem  im- 
peratoris  cum  honore  pontificis,  inter  quos  tantum  distat,  quantum  ille  rerum  liuma- 
narum  curam  gerit,  iste  divinarum  etc.  älgt.  Gelas.,  Ep.  12,  n.  2;  über  fRßnt.  13,  1  ff. 
Symmach.  1.  c.  c.  9,  p.  704;  über  bie- $ird)enberfo(gung  ibid.  c.  12,  p.  705  sq. 

2  Symmach.,  Ep.  10;  Apol.  SBgt.  Gelas.,  Ep.  1,  c.  10;  Ep.  10,  c.  9;  Ep.  12, 
c.  2  sq. ;  Ep.  43;  Tract.  De  anath.  vinc.  c.  11.  12.  Anastas.  II.,  Ep.  1  ad  Imp., 
c.  6,  ed.  Thiel  p.  292  sq.  347.  350  sq.  478.  568.  619  sq.  $ie  ©teile  3lpg.  5,  29  toirb 
aud)  in  ber  Senffdjrift  be3  flleruö  bon  fionftantinopel  an  SlfeobofiuS  II.  bon  431  an 
bie  ©piüe  geftetlt  (bgl.  Mansi,  Conc.  Coli.  IV,  1453).  Über  bie  ©rengen  be§  ©ebor= 
fatn§  gegen  bie  toeltlicfje  Obrigfeit  f.  August.,  De  civ.  Dei  XIX,  17.  19;  De  verbo 
Dom.  serm.  6  (Opp.  Y,  362).  Chrysost.,  In  Matth,  hom.  70  (al.  71),  c.  22,  n.  2 
(■ Migne ,  Patr.  gr.  LVIII,  656). 

3  Procop.,  De  hello  pers.  I,  12;  II,  28;  De  hello  goth.  IV,  2.  3.  Agathias, 
Hist.  III,  12,  p.  165  ed.  Bonnae.  Evagr.  Schot.,  Hist.  eccl.  IV,  22.  Theophan., 
Chronogr.  a,  m.  6015.  6027.  6047.  6115  {Migne,  Patr.  gr.  CVIII,  393.  476.  504. 
645  sq.).  Anastas.  presb. ,  Ep.  ad  Theodos.  Gangr.  c.  9  sq.  (Opp.  S.  Max.  Conf.  I, 
p.  lxix  ed.  Combefis;  bgl.  Migne,  Patr.  gr.  XC,  173  sq.). 


1.  Sie  äußere  Sage  ber  ßtrdje  nad)  ber  21uflöfung  be3  weftröm.  IReicheS.  583 

Unter  ßaifer  5(naftafiuS  (f  518)  belehrte  frd)  ein  f  a  r  a  3  e  n  i  f  cf)  e  r 
©tammeSfürft  lltmtnbar,  beit  jroei  non  ©eoeruS  abgefanbte  monophpfitifche 
33ifd)öfe  Pergebens  sunt  fUtonophpfitiSmuS  ^inüber§te^en  wollten;  überhaupt 
toudpS  unter  biefer  Regierung  bie  3afÜ  ber  ^attjolifen  unter  ben  Arabern1, 
dagegen  reagierte  baS  Subentum,  unb  bie  Momenten  erhielten  fogar  in 
Dutiaan  (®^u^otna§)  einen  jiibifcfjen  $önig,  ber  feit  522  bie  ©Triften  ber= 
folgte  unb  523  treulofertneife  bie  faft  ganj  chriftlidje  ©tabt  fftegraan  einnahm, 
in  ber  er  Daufenbe  öon  ©laubigen  teil»  enthaupten  teils  berbrennen  lief). 
9Jtand)e  Triften  entflohen  unb  fudften  beim  alepanbrinifcpen  Patriarchen,  bei 
betn  Könige  bon  fMbeffiniett  ober  aud)  in  ß'onftantinopel  3ofüid)t  unb  £)üfe. 
Der  abeffinifcpe  Völlig  ©leSbaan  unb  fein  gelbherr  5tretaS  leifteten  ben  be= 
brängten  ©laubenSgenoffen  Seiftanb ;  bie  Suben  unter  Dunaan  mürben  befiegt, 
unb  über  72  3af)re  hotten  bie  Momenten  in  Semen  chriftliche  dürften,  bie  bon 
Äthiopien  abhängig  waren.  Unter  $aifer  Suftinian  unb  $önig  Abraham 
fdjrieb  fßifcpof  ©regentitiS  bon  Dapfjaran,  ber  aud)  eine  Disputation  mit 
einem  Suben  |)erban  berfaßte,  bie  ©efe|e  ber  Momenten  nieber.  Um  616 
fiel  Arabien  großenteils  in  bie  ©ewalt  beS  perferfonigS  ©IfoSroeS  ober 
©hb§ru;  auS  perfien  fam  nun  ber  fJieftorianiSmuS,  bon  bem  Könige  mächtig 
gefcpirmt,  währenb  aud)  ber  9JtonophpfitiSmuS  fid)  33af)n  brach.  ®>e  ©Triften, 
obfcpon  an  3QhI  nicht  unbeträchtlich  —  auch  baS  fübmeftlicf)  bon  33abpIon  ge= 
legene  9teid)  Ipira  hotte  feit  580  chriftliche  dürften  — ,  tonnten  bei  ihrer  reli= 
giöfcn  ©paltung  bem  mächtigen  5lnbrang  beS  fDtohommebaniSmuS,  ber  auf  ben 
arabifchen  IBoIfSdjarafter  berechnet  war,  feinen  nachhaltigen  Sßiberftanb  teiften2. 

5lud)  in  ©pina  bilbeten  fich  feit  bem  7.  Saffrhunbert  chriftliche  ©emeinben. 
Snt  Sot)re  636  foll  ein  priefter  Sab  all  ah  ober  Olopuen  bie  chriftliche 
2ef)re  nad)  ©hiita  gebracht  unb  unter  bem  ©d)ut)e  beS  HaiferS  berbreitet  haben, 
Wie  ein  781  errichtetes,  1625  bei  ©uamfu  entbedteS  fpro=inbifdjeS  fUtonument 
berichtet,  beffen  Unechtheit  öfters  behauptet,  aber  nod)  nicht  crwiefen  worben  ift3. 


1  Theodor.  Lect. ,  Hist.  eccl.  II,  85  {Migne ,  Patr.  gr.  LXXXYI,  204).  2Saö 
Sheobor  c.  58  (ibid.  p.  212)  tum  ben  Tgfupijvot  fagt  (bgl.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl. 
XYI,  87),  bejieht  fich  fid)er  auf  bie  Momenten.  Sörief  be3  S  i  m  e  o  n  bon  33  e  t  =  21  r  f  <h  a  m 
peraudgeg.  bon  ©uibi  (Acad.  dei  Lincei,  Roma  1881).  93gl.  Assemani,  Bibi.  Orient. 
HI,  H,  592—598. 

2  Ioann.  ep.  As.  bei  Assemani  1.  c.  I,  359.  Simon  Ep.  Pers.  bei  Zachar.,  Hist, 
eccl.  Assemani  1.  c.  p.  364  sq.  Mai,  Nova  Coli.  X,  I,  376.  Procop.,  De  bello  pers. 
I,  17.  20.  Acta  S.  Aretae  ( Boissonade ,  Anecdota  gr.  Vol.  Y.  Par.  1833).  Stühle 
b.  ßilienftern,  3ur  ©efcEjidpte  ber  21raber  bor  DJlohammeb  (33erlin  1836)  ßap.  4. 
33gl.  ßoran  Sure  85,  3).  4.  Gregentii  Opp.  bei  Migne,  Patr.  gr.  LXXXYI,  567 — 784. 
Unter  Suftin  H.  waren  bie  §>otncriten  noch  mit  ben  ©riechen  befreunbet.  Theoph.  Byz. 
bei  Phot. ,  Biblioth.  cod.  64,  p.  26.  Über  weitere  Sdjicffale  ber  ©brifien  in  Arabien 
bgl.  Assemani  1.  c.  UI,  II,  p.  605.  SB.  Seil,  Sie  ©hnfUriberfoIgung  (n  ©übarabien 
(3eitfchr.  ber  $eutfd)cn  ÜJlorgenl.  ©efeEfd).  33b.  XXXV.  ßeipjig  1881).  Deramey,  Les 
martyrs  de  Nedjran  (Revue  de  l’liist.  des  religions  1893,  p.  14  ss.). 

3  Über  baä  bon  21tbanafüi3  ßircper  S.  .1.  (Prodrom,  copt.  Roinae  1636 ;  China 
illustrata  [Romae  1667]  p.  43  sq.)  bcfannt  gemachte  fütonument  hoben  Stenaubot,  ®e= 
guigneS,  21bel  Stemufat,  2Jlo8b«nt  u.  a.  fich  Qünftig  geäußert.  33gl.  Assemani  1.  c. 
p.  538.  Le  Quien,  Oriens  christ.  p.  1265  sq.  Panthier,  De  l’authenticitö  de  l’in- 
scription  Nestorienne  di  Si-ngan-fou  relative  ä  l’introduction  de  la  religion  chrdt. 


584 


®ie  ßirdje  bei  ber  Stuflöfung  ber  römifdjen  Äuttureinljeit. 


Sie  kubier  unb  Stern  mp  er  napmen  unter  Suftmicm  I.  ba§  (Spriftem 
tum  an,  aber  nur  ba§  monopö^fitifc^e.  Oer  atejanbrinifdje  ^riefter  Julian,  biefer 
Srrtepre  jugetpan,  tarn,  hon  ber  Hatfertrt  Opeobora  begitnfiigt,  ber  Dom  3?aifer 
abgeorbneten  ©efanbtfcpaft  an  ben  dürften  ber  Sobaten  subor  unb  empfahl 
bie  non  ipm  Sefeprten,  at§  er  nad)  jmei  Sauren  mieber  abreifte,  bem  SSifcfjof 
Opeobor  non  tßpitä.  ßurj  bor  feinem  Oobe  beftimmte  ber  monopppfitifdfe 
^ßatriard)  Opeobofiu§  einen  gemiffen  2onginu§  jurn  Sifcpof  ber  kubier.  2tuf 
faiferticpen  39efef)I  brei  Satire  guriicfgepalten ,  entflog  er  570  enblid)  mit  jmei 
©Haben  ju  bem  ©tamme  ber  DIabatäer;  pier  mirfte  er  fecp§  Sapre,  bi§  er  ju 
einer  ^atriarcpenmapt  nad)  Stepanbrien  abreifte  (576).  @r  tnar  bei  ber  bon 
bieten  Sngepörigett  ber  ©ette  bermorfenen  233eit)e  be§  ifktriarcpen  Opeobor  §u= 
gegen  unb  piett  ju  it)m  tro|  ber  au§gebrod)enen  ©pattung.  Ood)  teerte  er 
tnieber  nad)  Nubien  juriid,  taufte  580  aud)  ben  Stobäerfönig,  ber  fdjon  früher 
bon  ben  9Matäern  Siiffionare  bertangt  I)atte,  unb  befap  bei  it)m  grofien 
(Sinflufi;  auch  einige  Sutianiften  (Slpptpartobofeten)  betefjrte  er.  Oiefe  kubier 
blieben  abhängig  bon  ben  atepanbrinifcpen  Opeobofianeru  unb  gebrauchten  bie 
gried)ifd)e  ^ircpenfpracpe.  9Iber  biefe  monopppfitifcpen  Sefeprungen  patten  feinen 
feften  Seftanb;  bi§  jum  @nbe  be§  10.  Saprpunbertä  roaren  nur  nod)  ©rümmer 
bon  alten  ®ird)en  übrig  k  31m  meiften  gefd)mad)t  mürbe  bie  $ird)e  im  Orient 
burcp  bie  beftünbigen  bogmatifdien  Kämpfe  unb  bie  Silbung  t)äretifd)er  9ia= 
tionalfirdpen. 

2.  Sie  mouopppFttifdjcn  2öirren  bi»  jur  Regierung  5Taifer  SuftinianS  I. 

(471—527). 

Quellen  unb  Sitteratur.  —  ©.  oben  <B.  518.  Saju  SSriefe  ber  tßäpfte  bei 
Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  Brunsberg.  1867.  Guenther,  Epistolae  imperatorum,  ponti- 
ficum ,  aliorum  inde  ab  a.  CCCLXYII  usque  ad  DLIII  datae  Avellana  quae  dicitur 
collectio.  Vindob.  1898  (Corp.  script.  eccl.  lat.  t.  XXXV).  ßefete,  (Soncitiengefd). 
II  (2.  Stuft.),  564  ff.  666  ff. 

A.  Acnrius  unb  irns  arannnifdie  Sdjismn. 

1.  3luf  Inifer  2eo  I.  mar  fein  ©nfel  Seo  II.  gefolgt ,  unb  ba  biefer 
halb  ftarb,  beffen  Sater  3eno,  ©emapt  ber  ^rinjeffin  Sriabne,  ber  ben  if$etru§ 
ftulto  begünftigte  unb  ba§  nielfad)  bon  Sarbarenporben  fdpner  peimgefucpte 
Sßotf  auf§  pärtefle  bebriidte.  Oie§  benutzte  S3afili§f  u§,  Sruber  ber  ^aiferin 
tßerina  (Söitme  öeo§  I.),  unb  bemäcptigte  fidp  476  be§  9ieid)e§,  mäprenb  3 wo 
nad)  Sfaurien  entflog.  Oer  ©prann  futpte  in  bem  9Jtonopppfiti§mu§  eine  ©tü|e, 


en  Chine  des  le  VIIme  siede.  Paris  1857.  (<£bb.  1858  ber  ©ejt  mit  latein.  unb 

franjöf.  Überfetfung  famt  fjaffimite.)  De  Harlez,  Le  christianisme  en  Chine  au 
VIIme  siede  (La  Controverse  et  le  Contemporain.  Nouv.  sbr.  vol.  XV,  fase.  1, 
p.  21  ss.).  Histoire  de  Mar  Jab-Alaha,  ed.  Bedjan.  2.  ed.  Par.  1895;  ind  tJran* 1 
3Öfifd)e  überfept  Don  Spabot,  ibid.  1895. 

1  Abulpharag.  bei  Assemani ,  Bibi.  or.  II,  330.  Eutych.,  Annal.  II,  387.  loann. 
Eph.,  Hist.  eccl.  IV,  6  sq.  49  sq.  (ed.  Schönfelder  p.  141  sq.  180  sq.).  Olympiod. 
bei  Phot.  1.  c.  cod.  80.  Sie  Stobaten  ermähnt  auch  ßodmad  ^nbifopteufted  (Topogr. 
christ.,  bei  Migne,  Patr.  gr.  t.  LXXXVIII).  Über  bie  Sejirfe  im  eprifttidjen  Slubien 
(Nuobadia,  Alodia,  Nakowia,  Auxomitis)  Dgl.  Le  Quien  1.  c.  II,  599.  659.  ©  d)  ö  n= 
fei  ber  a.  a.  ö.  ©.  185,  Stnm.  1. 


2.  Sie  monophbfitifchen  Sßirren  bi!  3m  Regierung  ßaifer  Sluftinian!  I.  585 

liefe  bie  |)äretifer  SimotffeuS  9ltluruS  unb  betrug  gullo  (f.  oben 
S.  529  f.)  bie  Stülpe  t>on  9Ilej;anbrien  unb  Slntiocfeien  roieber  einnehmen  unb 
mar  ber  erfte  <hrifilid)e  Herrfcher,  ber  ein  förmlidjeg  ©laubenSebift  erliefe.  3n 
feinem  an  9tiluru§  gerichteten  unb  Don  biefem  beranlafeten  3ir^u^arfc^^eiben 
(Enftjflion)  befahl  er,  bie  brei  erften  allgemeinen  Sfenoben  feilten  allein 
©eltung  hoben,  ber  93rief  be§  ^ßapfte§  Seo  unb  bie  Sitten  bon  Efjalcebon  als 
Steuerungen  anatfeematifiert  unb  bem  ffeuer  übergeben,  biefe§  SteligionSebitt  bon 
allen  tSifcfeöfen  unterfeferieben  merben.  Sie  SJtonofefefefiten  jubelten  über  ben 
unermarteten  Sieg;  fiinffeunbert  tBifcfeöfe  unterfeferieben  ba3  Ebift,  ba§  eine 
Stynobe  bon  (SpfeefuS  mit  ber  niebrigften  Scfemeidjelei  als  „ba3  göttliche  unb 
apoftolifdbe  Enlfeflion"  prie§.  Sn  ber  Hauptftabt  mar  Erjbifcfeof  91  c  a  c  i  u  S 
(feit  471)  fcfemanfenb  unb  ftanb  fefeon  im  SBegriff ,  ba§  neue  ©Iauben»gefe| 
feierlich  ju  berfünbigen ;  aber  bie  brofeenbe  unb  entfehiebene  Haltung  be§  fatf)0= 
lifchen  SßolfeS  rife  ifen  in  bie  SBeroegung  beS  allgemeinen  SBiberftanbeS  fort, 
meldje  bie  Wöncfee,  unb  befonberS  ber  hochgeehrte  Stylit  Saniel,  leiteten.  Er 
trat  nun  öffentlich  für  ben  bebroljten  ©tauben  auf  unb  liefe  jum  3e^en  ber 
Trauer  ben  Slltar  unb  feinen  Xferon  fchmarj  berhüüen.  SBofel  miberftanb 
93afili§IuS  anfangs  bem  Stnfinnen  ber  SJtönche,  baS  berfeafete  Ebift  aufjuheben; 
aber  bei  ber  allgemeinen,  burd)  eine  grofee  geuerSbrunft  gefteigerten  Slufregung, 
bei  ber  Erbitterung  ber  Sltenge  gegen  feine  Scannet  unb  bei  bem  in  feiner 
Umgebung  lauernben  Verrate  lam  er  aufeer  Raffung  unb  entfdjlofe  fid)  jurn 
Stadjgeben,  Junta!  ba  ber  geftürjtc  3eno  bon  Sfaurien  fjet  gegen  ihn  feeranjog. 
Er  miberrief  fein  Ebift  burd)  ein  neues  —  SlntUEnft) Ilion  — ,  baS  ben 
SteftoriuS  unb  EuttfdjeS  gleidjmäfeig  berurteilte,  unb  fudjte  bie  ^reunbfdjaft  be§ 
SIcaciuS  unb  ber  SJtöndje  (477).  SIber  halb  barauf  gelangte  3euo,  bom  25olfe 
mit  ben  beften  Hoffnungen  unb  Söiinfdjen  begleitet,  mieber  auf  ben  Sferon  unb 
liefe  ben  SaftliSluS  in  ftappabocieu  fatnt  feiner  gamilie  ermorben.  Ser  Sturj 
be§  Scannen  galt  allgemein  als  Sieg  ber  Crtfeobope  unb  üerfefeaffte  bem 
SlcaciitS  grofeeS  Slnfefeen  im  Orient,  fo  bafe  aud)  bie  fleinafiatifcfeen  93ifd)öfe, 
bie  borfeer  ben  33afili§fu§  ju  feiner  Slbfefeung  ermuntert,  jefet  bor  ihm  fich 
bemütigten  unb  if)r  Benehmen  mit  bem  erlittenen  3®ange  entfdjulbigten 1.  9M)r 
als  SlcaciuS  ha^en  bie  Slbte  unb  ^ßriefter  ber  ^>auptftabt  ju  biefem  Siege  beU 
getragen,  bie  fich  enge  an  ^apft  SimpltciuS  angefchloffen  hatten,  ber  feiner= 
feitS  alte»  aufbot,  ben  fatfeolifchen  ©lauben  aufrecht  31t  erhalten2. 


1  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  I,  13.  27 — 36.  Evagr.,  Hist.  eccl.  H,  17 ;  III,  1 — 8. 
Candid.  Isaur.  bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  79.  Cyrill.  Scythopol.,  Vita  S.  Euthym. 
c.  113.  Acta  S.  Daniel,  c.  41  sq.,  bei  Surius,  De  prob,  vitis  Sanct.  11.  Dec.  Theo- 
phan. ,  Chronogr.  ed.  Bonnae  p.  185  sq.  Gelas. ,  Brevic.  bist.  Eutych.  c.  4 — 6,  ed. 
Thiel  p.  514  sq.  Simplic. ,  Ep.  2 — 5,  ed.  Thiel  p.  177 — 189.  Riefele  a.  a.  >D.  H, 
564  ff.  601  ff.  Sa!  iyxüxXiov  bei  Evagr.,  Hist.  eccl.  HI,  4,  ba!  &\m£yxuxXiov  ibid.  c.  7. 

2  iPapft  ©impliciu!  hob  entfliehen  bie  Slutorität  feine!  Stuhle!  herOor:  Ep.  2 
bom  9.  Januar  476  an  Stcactu!  c.  2,  ed.  Thiel  p.  178;  Ep.  3  00m  10.  Januar  an 
SäafiliÜu!  c.  5,  p.  182:  Perstat  in  successoribus  suis  haec  et  eadem  apostolicae 
norma  doctrinae ,  cui  Dominus  curam  totius  ovilis  iniunxit ;  cui  se  usque  in  finem 
saeculi  minime  defuturum,  cui  portas  inferi  numquam  praevalituras  esse  promisit, 
cuius  sententia  quae  ligarentur  in  terris,  solvi  testatus  est  non  posse  nec  in  coelis. 
tßql.  Ep.  4,  p.  184.  —  Gelas.,  Ep.  26  ad  Episc.  Dard.  (495)  c.  8,  ed.  Thiel  p.  404: 


586 


Sie  ßtrdje  bei  ber  ElufTöfung  ber  römifcEjen  .ßultureinßeit. 


TRacf)  feiner  EBiebereinfeßung  fucßte  3eno  sunöcßft  bie  ©unft  ber  entfcßie= 
benen  ^atßotifen  ju  ermerben  unb  reichte  bem  ^apft  ein  tabe!Iofe§  ©tauben?^ 
befenntni?  ein  mit  bem  E?erfprecßen,  baff  er  bie  Definition  bon  ©ßalcebon  nicßt 
nntaften  taffen  unb  ben  Umtrieben  ber  tpäretifer  ein  $iel  feßen  merbe.  ©itm 
pticiu?  münfd)te  tßm  (9.  Oftober  477)  ju  ber  mieberertangten  §errfd)aft  ©tüd 
unb  mapnte  tßn,  ben  ©ieg  ©ott  gugufd^reiben,  ber  bamit  ber  $ird)e  if>re  f?rei= 
fjeit  miebergeben  motte,  unb  ben  geäußerten  ©efinnungett  treu  ju  bleiben.  3eno 
tniberrief  bie  „fcßäbticßen  Etnorbnungen  unb  gotttofen  ^ßragmatifen"  be?  E3afi= 
ti?fu?,  berbannte  ben  ^ßetru?  gulto  bon  EIntiod)ien  unb  ließ  ben  ©atopßa= 
fiato?  in  Ellejanbrien  roieber  einfeßen;  ben  ßocßbetagten  Elituru?  ließ  er,  in 
©rmartung  feine»  batbigcn  Dobe?,  nocß  in  Efuße;  biefer  ftarb  benn  muß  ©nbe 
477  ober  478 *  1.  Dem  ©atopßafiato?,  ber  in  einem  Etugenbtide  ber  ©cßmädje 
ben  Hainen  be?  Dio?foru?  patte  recitieren  taffen,  me?ßatb  er  bem  ^apfte  ©enug= 
tßuung  teiften  mußte2,  ftettten  bie  atepanbrinifdjen  EJfonopßßfiten  ben  $etru? 
üftongu?  (ben  Reiferen)  entgegen,  ber  an  alten  Elerbrecßen  be?  Etituru?  at? 
beffen  ©rjbiafon  teitgenommen  patte3.  Eluf  Einbringen  be?  Zapfte»  unb  ber 
Etecßtgtöubigen  be?  Orient?  befaßt  33>m  bie  Elbfeßung  unb  ESerbannung  be?  ©in= 
bringting?,  ber  fid)  aber  troßbent  üerborgen  in  Etlejanbrien  aufßielt;  au?  gmrdjt, 
bie  bort  mäcßtigen  Dio?foriten  ju  reijen,  brauste  man  gegen  ipn  feine  ©emalt; 
ber  ntilbe  ©atopßafiato?  mußte  felbft  mancpe  EJtonopßpfiten  jit  gemimten.  9M) 
bemie?  fiep  Etcaciu?  eifrig  gegen  9Jtongu?,  gutto  unb  anbere  tpäretifer;  er  er= 
mirfte  ipre  E3erurteitimg  in  EJorn,  unb  ber  ^3apft  betegierte  ipn  in  biefer  Elm 
getegenpeit  ju  feiner  ©tettüertretung 4.  ^aunt  fepien  bie  atepanbrinifdje  ß'ircße 
einigermaßen  berupigt,  fo  bradp  in  Elntioißien  ein  neuer  ©türm  au?.  £)ier  patte 
naeß  E3ertreibung  be?  ^etru?  $ulto  ben  ^atriareßenffußt  Sopanne?  $obo= 
natu?,  bi?per  E3ifd)of  üon  Etpamea,  eingenommen,  ber  bon  jenem  gemeipt  mar 
unb  be?patb  ftpon  nad)  brei  Edtonaten  abgefeßt  mürbe  (478).  ©egen  feinen 
bietberfotgten,  be?  9feftoriani?mu?  befeßutbigten  9fad)folger,  ©teppan  II., 
empörten  fid)  479  bie  EJIonopppfiten ,  töteten  ipn  unb  marfen  bie  Seicße  in 
ben  Oronte?,  rnorauf  Elcaciu? ,  nur  bebaeßt,  feine  EJfadjtftettung  ju  ermeitern, 
©teppan  III.  unb  nacp  beffen  Dob  ben  ^atenbion  für  Elntiodjien  meipte. 


Si  Basiliscus  tyrannus  et  haereticus  scriptis  Apostolicae  Sedis  vehementer  infractus 
est  et  a  plurimis  revocatus  excessibus,  quanto  magis  legitimus  Imperator,  qui  se 
catholicum  videri  volebat,  poterat  .  .  .  mitigari  etc. 

1  Evagr.  1.  c.  III,  8.  Simplic.,  Ep.  6.  7  (Oct.  477),  ed.  Thiel  p.  188  sq.  Acac., 
Ep.  ad  Simplic.  (478)  ibid. ;  Ep.  8,  p.  198 — 195. 

2  3tit  ElcctciuS  jdjrieb  ber  ißapfi  am  13.  EMrä  478,  @alopßafialo§  jotte  gemahnt 
toerben,  bie  Eltafel  ju  tilgen,  bie  er  fid)  jugog,  quando  ei,  ut  damnati  Dioscori  nomen 
inter  altaria  recitaretur,  extortum  est.  Saß  berfetbe  Segaten  unb  SSriefe  jur  6ati§= 
fattion  nad)  9tom  fanbte  unb  aud)  reumütige  Söefenntniffe  unb  33egnabigung3gefud)e 
baßin  abfdiicfte,  fagt  ©impliciuS  (Ep.  11  ad  Acac.,  ed.  Thiel  p.  167—199),  t»a§  nad) 
Gelas.,  Ep.  1,  c.  8,  p.  292  aud)  fonft  ublid)  toar. 

3  Über  ißetruS  9Jtongu§  bgl.  Evagr.  1.  c.  III,  11.  Liberat. ,  Breviar.  causae 
Nestor,  et  Eutychian.  c.  16.  Theophan. ,  Chronogi-.  p.  194.  Simplic.,  Ep.  10 — 13, 

р.  196  sq.  Gelas.,  Brevic.  hist.  Eutych.  c.  7.  8,  p.  516  sq. 

4  Simplic.,  Ep.  18,  ed.  Thiel  p.  206  sq.  Gelas.,  Ep.  10,  c.  5,  p.  344;  Ep.  26, 

с.  13,  p.  410. 


2.  Sie  monopppfitifcpen  Söivren  bis  jur  Regierung  ßaifer  SuftinianS  I.  587 

^ßapft  ©imfrticiul,  ber  Dom  $aifer  bie  33effrafung  ber  ÜRörber  bei  5ßatriard)en 
(Stephan  II.  oerlangte,  fiep  bie  mit  bem  SDrange  ber  Umftcinbe  entfd)ulbigteu 
Übergriffe  bei  31caciul  nidjt  ungeriigt,  gab  aber  bod)  bie  nötigen  Silpenfationen. 
3mmer  meßr  jeigte  fid)  aber  bie  ©runbfaßlofigteit  bei  ebrgeijigen  Spjantinerl ; 
fein  (Sifer  gegen  bie  5Dlonopl)ßfitcn  ertattete,  ja  er  fd)loß  fiep  bcnfelbcn  immer 
meßr  an  \ 

2.  3111  481  SEimotljeul  ©alofüjafialol  geftorben  mar,  mäfjlten  bie  9JJono= 
pflpfiten  abermall  itjren  ißetrul  fUtongul,  bie  ^atßolilen  aber  ben  ©roß- 
öfononten  ^opannel  Salaja.  Seßterer  patte,  all  früherer  ©efanbter  3IIep= 
anbrienl,  ben  ©tolj  bei  3lcaciul  beleibigt ,  fanbte  ifjm  nid)t  rafd)  genug  bie 
^In^eige  feiner  2Bal)l  unb  marb  Don  ifjm  beim  $aifer  meprfad)  (and)  bei  3Jtcin= 
eibl  unb  ber  33efted)ung)  befeputbigt1 2.  dagegen  tarn  ber  gemanbte  ifletrul 
Dlongul  fetbft  in  bie  ^auptftabt,  geroann  ben  3lcaciul  unb  ftetlte  bem  $aifer 
Dor,  el  fei  bie  größte  ©efapr  für  feine  §errfd)aft  in  3Igppten,  menn  man  einen 
mißliebigen  ^ßatriardjen  bort  einfepen  molle.  3Icaciul  unb  fDIongul  Derftänbigten 
fid)  über  ein  Üteligiortlgefeß,  morin  bal  ©emeinfame  aller  33etenntniffe  entpalten 
fein  füllte,  unb  ließen  el  burd)  ben  ganj  miüfäprigen  $aifer  unter  bem  tarnen 
£>  ertöt  ifon  (Unionlformet)  nod)  482  fanftionieren.  3111  ©taubenlnormen 
füllten  bal  nicänifdje  Spmbotum  mit  bem  gufaße  Don  ^onftantinopel ,  bie 
jmölf  Kapitel  bei  ©prill  unb  bie  SBefcplüffe  Don  ©ppeful  gelten,  fJteftoriu!  unb 
©utpd)el  Derbammt  fein,  letzterer  all  Vertreter  bei  Doletilmul;  Don  ©priftul 
marb  nur  gefagt,  er  fei  „(Sinei,  unb  nidjt  jmei",  Söunber  unb  Seiben 
feien  auf  ben  einen  ©Ijriftul  ju  bejiepen;  bie  33eftimmung  „ 5 m e i  Naturen" 
mar  ganj  übergangen,  alle  entgegenftepenben  3(nfid)ten,  mod)tcn  fie  $u  ©pal= 
cebon  ober  fonft  auf  einer  ©pnobe  feftgeftellt  fein,  mürben  anatpematifiert. 
3tud)  marb  aulgefproöpen :  einer  Don  ber  Trinität,  ©ott  ber  Sogol,  fei  §leifd) 
geraorben.  Siefel  faiferlid)c  ©laubenlebitt3,  junödpft  an  bie  3Uepanbriner 
gerichtet,  füllte  bie  ©runblage  einel  allgemeinen  ^irdpenfriebenl  fein  unb  baper 
überall  unterfeprieben  merben,  iKonoppp fiten  unb  2)popppfiten  fid)  bei  fonftigen 
Unterfdpeibungllepren  ju  einer  ©emeinfepaft  Dereinigen.  31ber  abgefepen  baDon, 


1  Simplic.,  Ep.  15 — 17,  p.  202 — 207.  Liberat.  1.  c.  c.  18.  Evagr.  1.  c.  III, 
8  sq.  Theophan.  1.  c.  p.  187  sq.  194  sq.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  H,  1.  46.  Sgl. 
£>ergenrötper,  ^ppotiuS  I,  114 — 119.  Gelas.,  Brevic.  bist.  Eutych.  c.  12,  p.  517  sq. 
3lcaciu§  maepte  naepper  ben  SiopanneS  fiobonatu«  jum  ©qbifdjof  Don  Sprit«.  Sgl. 
Felix  III.  (490),  Ep.  15,  ed.  Thiel  p.  272;  Ep.  17,  p.  276. 

2  ©aloppalialo«  fanbte  ben  Salaja  an  ben  ßaifer  mit  ber  Sitte,  bap  ipm  für  ben 
Sratt  feine«  Sobe«  ein  fatpolifcper  Sadjfolger  gegeben  tnerbe,  toa§  biefer  auep  jufidjerte. 
3eno  belobte  ben  Salaja,  in  bem  man  fdjon  ben  jufünftigen  alejanbrinifcßen  HJatriardpen 
fap.  Sgl.  Gelas.,  Brev.  hist.  Eutych.  c.  9,  p.  515.  Sgl.  aud)  Evagr.  1.  c.  IH,  12. 
Felix  III.,  Ep.  1,  n.  10;  Ep.  2,  n.  4.  SIcaciug  patte  Don  ipm  als  ifh'iefter  erflärt,  er 
fei  dignus,  cui  niaiora  committerentur  (Gelas.,  Ep.  1,  c.  3,  ed.  cit.  p.  289).  Sie 
3lnflagen  gegen  ipn  bei  Zachar.  Rhet.  bei  Evagr.  1.  c.  III,  12.  Liberat.  1.  c.  c.  17. 
Theophan.  1.  c.  p.  199.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XVI,  11. 

3  Evagr.  1.  c.  III,  14.  ©.  bari'tber  Facundus  Herrn.,  Pro  defensione  trium  capit. 
XII,  4.  Theophan.  1.  c.  p.  202.  Pagi ,  Critica  historico  -  theol.  in  annales  Baron, 
ad  an.  482,  n.  23  sq.  Berger,  Henotica  Orientalia.  Viteb.  1723.  3luf  biefeS  @bift 
be^iept  fid)  toopl  bie  ßlage  bei  Gelas.,  Ep.  43,  ed.  Thiel  p.  478:  ©ie  paben  bie  ßepren 
ber  Slpoftcl  abgetoorfen  unb  briiften  fiep  mit  ben  Sepren  ber  Saien  (Xaix <bv  dtddypamd). 


588  Sie  ßirdje  bet  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  fMtureinheit. 

baß  eine  äußere,  erjmuugene  ^Bereinigung  nidjtS  nü|en  fonnte,  mürbe  bie  ©pat= 
tung  baburd)  nur  bermeßrt ;  ftatt  jmei  gab  es  bier  Parteien.  Oie  ftrengcn  fDfono= 
pßpfiten  »nie  bie  aufrichtigen  ^atßolifen  mußten  baS  ^enotifon  bermerfen,  tnäh= 
renb  bie  fügsamen  unter  heiben  Seiten  beSßatf)  bod)  noch  nicht  fircßlid)  vereint 
tnaren.  fücaciuS  unb  Petrus  fDtonguS,  ber  bafür  als  Patriarch  bon 
Sltejanbrien  anerfannt  mürbe,  unterfcßrieben  juerft ,  bann  petruS  gut  Io, 
ber  an  ©teile  beS  aus  potitifcßen  ©ritnben  ahgefeßten  üatenbion  mieber  nad) 
Slntiochien  fam,  füf  artßriuS  non  Serufatem  unb  anbere  33ifcßöfe,  niele  nur 
aus  ©djmäche  unb  gurcßt  nor  bern  $aifer.  3n  Sitejanbrien  führte  ber  f?äre= 
tifer  fDtonguS  fcßeinbar  bie  Union  bnrch ;  aber  eS  trennten  fid)  bon  ißm  biete 
3Qtonohh9 fiten,  51fepßater  (gmupttofe)  genannt,  bie  in  SimotßeuS  9tituruS 
ben  testen  rechtmäßigen  Patriarchen  bon  Sttejanbrien  erlannten1.  Ourd)  bie 
mettticße  ©ematt  mürben  biete  fatßotifche  SBifchöfe  megen  ÜRidjtannaßme  beS 
ipenotifon  Vertrieben,  bor  alten  SoßanneS  Sataja.  3m  griechifchen  9teid)e  fcßien 
jeßt  immer  meßr  ber  üflonoßhßfitiSmuS  bie  §>errfchaft  erlangen  ju  fotten. 

papft  ©itnpliciuS  hatte  ben  SoßanneS  Sataja  betätigen  motten; 
ba  ii;n  aber  ber  ^aifer  beS  SJieineibS  befchutbigte  unb  bie  5lnerfennung  beS 
ÜftonguS  bertangte,  hielt  er  bie  Söeftätigimg  beS  erfteren  gurüdf ,  miberfeßte  [ich 
aber  entfdjieben  ber  Erhebung  beS  teßteren.  5tcaciuS,  ber  biefen  einft  atS 
offenbaren  Srrteßrer  berahfdjeut ,  fucpte  mit  Sift  unb  3mang  jeßt  bie  23ifcßöfe 
beS  Orients  jur  ©emeinfcßaft  mit  ihm  ju  bringen  unb  auch  über  baS  aHju 
offene  tperbortreten  ber  Srrteßre  beSfetben  einen  ©dreier  §u  merfen.  Oem 
papfte  gab  er  tangere  $eit  feine  Nachricht,  fo  baß  fid)  ©impticiuS  mit  fcßarfem 
Sabet  über  fein  ©titlfdnoeigen  äußerte2.  fftun  fam  SoßanneS  Salaja,  »nie 
einft  fKtßanafiuS,  fetbft  atS  fytüchtting  483  nad)  9tom  unb  brachte  feine  $tage 
bor  ben  neuermäßtten  papft  gefij  III.  (richtiger  II.),  an  ben  fich  auch  bie 
rechtgläubigen  iDtöncße  ber  $aiferftabt  unb  biete  Vertriebene  fSifcpöfe  manbten. 
getij  befchtoß ,  mit  alter  ©ntfcßiebenßeit  für  ben  ©tauben  unb  für  bie  93er= 
folgten  einjufteßen  unb  bon  bem  $aifer  bie  2tuSmeifung  beS  SRonguS  auS 
Sltejanbrien  ju  oerlangen;  als  Segaten  fanbte  er  bie  33ifd)öfe  33itatiS  unb 
ftftifenuS,  bie  jugleicß  ben  StcaciuS  jur  tßerantmortung  über  bie  Etagen  beS 
Satafa  auf  eine  rötnifdje  ©pnobe  borlaben  füllten ;  ben  Segaten  fanbte  er  na<h= 
ßer  bie  StBeifung  ju,  mit  bem  eifrigen  Stifte  ber  Stfoimeten,  ©ßrittuS,  fich 
ins  ©inberneßmen  ju  feßen.  Sther  bie  ©efanbten  mürben  am  griechifchen  §ofe 
mit  Sift  unb  ©ematt  51t  einem  bem  petruS  fütonguS  günftigen  Urteile  unb 
Jur  Untreue  gegen  ißre  Stufträge  berteitet.  Oaßer  unterfuchte  getij  auf  einer 
©pnobe  bon  fiebenunbfe^jig  fBifcßöfen  im  3uti  484  bie  ganje  ©acße,  faffierte 
baS  Urteil  ber  Segaten,  entfeßte  fie  ißrer  Slmter,  erneuerte  bie  fBerurteitung 


1  Eustath.  mon. ,  Ep.  ad  Timoth.  Scholast.  {Mai,  Nova  Coli.  VH,  1,  p.  277). 
33gl.  unten  <5.  618. 

2  Simplic.,  Ep.  18.  19,  p.  208—213;  Ep.  20  ad  Acac.  (6.  Nov.  482),  p.  218. 
9lad)  Gelas. ,  Brevic.  hist.  Eut.  c.  10,  p.  516  sq.  fanbte  Salaja  ben  Priefter  3fibor 
unb  ben  ©iafott  Petrus  nad)  91om;  aber  burd)  llraniuS  erhielt  ber  Papft  eine  sacra  beS 
ßatferS ,  luoburd)  er  ab  episcopatus  illius  confirmatione  suspensus  est.  $en  ßaifer 
aber  beteibigte  bie  Steigerung  ber  Slnerfennung  beS  -DtonguS.  Liberat.  1.  c.  c.  18. 
Eoagr.  1.  c.  III,  15.  Gelas.  1.  c.  c.  11. 


2.  ®ie  monopbbfitifcben  Sßirren  bis  gur  fRegxerung  Kaifer  Sfuftinians  I.  589 

be§  SDtonguS  unb  fprad)  über  ben  injwifchen  noch  bergebtid)  ermähnten 
2Icaciu§  Sann  unb  Elbfetjung  au§.  Set  bent  Kaifer  befcpwertc  er  fid)  über 
bie  ESifhflnbtung  feiner  ©efatibten,  erttärte  ilpn,  er  fjabe  bie  2Bat)t  äwifthen 
ber  ©emeinfchaft  be§  2tpoftet§  SßetruS  unb  ber  be§  §äretifer§  ESongu§  unb 
erinnerte  it)n  an  bie  ©grauten  ber  weltlichen  ©eWalt.  Sttt  Oftober  485  tnarb 
bie  gettfur  gegen  2lcaciu§  unb  ESongu§  erneuert  unb  jugteid)  bie  Elbfetjung 
über  ^3etru§  guüo  au§gefprod)en.  Oer  fßapft  muffte  e§  nod)  erleben,  baf3  ber 
in  bie  griechifdje  Ipauptftabt  mit  feinen  Sriefen  gefanbte  Oefenfor  2utu§,  atter= 
bing§  erft  nadjbem  er  ben  größten  Seit  feiner  Aufträge  bottjogen  unb  ba§ 
Urteil  gegen  StcaciuS  in  fiebere  .fpänbe  gebracht,  fid)  nod)  jttr  Untreue  berteiten 
lief?,  batfer  auch  ihn  beftänbige  Elbfetjung  traf1. 

3.  ElcaciuS  nahm  ba§  päpfttiche  (Schreiben  nicht  an;  einer  ber  9Sönd)e 
magte  e» ,  iljm  ba§fetbe  an  ben  ESantel  ju  heften,  at§  er  eben  jutn  Opfer 
ging,  eine  Kühnheit,  bie  ihm  ba§  Sebeit  toftete  unb  feinen  ESitbrübern  fehlere 
Serfotgung  jujog.  (Sr  firicb  ben  bauten  be§  fßapfte§  au§  ben  Kirchenbüchern, 
berfotgte  beffen  Anhänger  unb  bot  mit  ber  Stacht  be§  Kaifer§,  ber  gang  feinen 
(Singebungen  folgte,  alten  Eingriffen  Srotj.  ©o  entftanb  eine  ©pattung 
j tt) i f dh e n  2ttt  =  unb  Settrom,  bie  35  Sat)re  (484 — 519)  anbauerte.  2lt§ 
EtcaciuS  489  außerhalb  ber  ©emeinfehaft  ber  röntifdfen  Kirche  ftarb,  fuepte 
fein  Nachfolger  ^tabita  ober  grabita§  Som»  Etnerfennung  nad),  trat  aber 
and)  mit  $etru§  ESongu§  in  Serbinbuttg;  ber  päpfttiche  ©tut)!  forberte  bie 
Sefeitigung  ber  Samen  be»  2Icaciu§  unb  be»  StonguS  au§  ben  Kirchenbüchern ; 
gtabita,  feinem  Sorgättger  gteichgefinnt,  ftarb  febod)  fd)on  nach  brei  Stonaten. 
©ein  Nachfolger  (SuphemiuS  (490 — 496)  erfannte  jtnar  bie  ©pnobe  bon 
(Stjalcebon  an,  nahm  ben  Samen  be§  ^apffe§  in  bie  Kirchenbücher  rnieber  auf, 
entfagte  ber  ©emeinfdjaft  be§  ESongu§  (f  490),  aber  er  meigerte  fid),  bie 
Samen  feiner  betben  Sorgättger,  bie  offenbar  Segünfttger  ber  fpärefie  gemefen 
marett,  au§  ben  Oiptpcben  ju  ftreidjen,  auf  welcher  gorberttng  ber  römifd)e 
Stuhl  befiattb2.  Kaifer  EtnaftafiuS  (491—518)  mottte  fid)  jwar  nicht  in 
©Iauben§fad)en  eittmifchen,  glaubte  aber  bc§  äußeren  $rieben§  wegen  ba§  $eno= 
titon  nicht  fallen  taffen  ju  bürfen  unb  begünftigte,  fetbft  ber  tpärefie  berbäd)tig, 
bie  Stonophpfiten  in  bielfacher  EBeife,  obfdjott  er  bei  feiner  Krönung  bie  Elitf^ 
redjthattung  ber  Sefcptüffe  bon  (Shatcebon  angetobt  Ijatte 3 * 5.  2>n  Som  folgte 

auf  gelif  tjßapft  ©etafiu§  (492 — 496),  ber  fdjon  int  römifdjen  Klertta 


1  Felix  III.,  Ep.  1—4.  10.  12.  13,  ed.  Thiel  p.  222  sqq.  Evagr.  1.  c.  III,  18—21. 
Liberat.  1.  c.  Theophan.  1.  c.  p.  204—207.  Gelas.,  Brev.  c.  13,  p.  518  sq.  Mansi, 
Conc.  Coli.  VII,  1053.  1065  sq.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  247  sq.  §efele,  ßott= 
cilietigefcf).  II,  616  ff.  $  er  genröt  per,  tpfjotiuS  I,  121  ff. 

2  Liberat.  1.  c.  c.  18.  Theophan.  1.  c.  p.  205  sq.  Evagr.  1.  c.  III,  28  sq. 

Basil.  Cilix  bei  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XVI,  17.  Theodor.  Lect.  1.  c.  II,  6.  37. 

Felix  III.,  Ep.  14  ad  Flav.,  ed.  Thiel  p.  266  sq.;  Ep.  15  ad  Zenon.,  p.  270  sq.; 
Ep.  16.  17,  p.  273 — 277.  Über  baS  ©direiben  beS  ©upljemiuS  bgl.  Gelas.,  Ep.  3, 
p.  312  sq.,  bei  Mansi  1.  c.  Vin,  5. 

5  Haifer  ElnaftafiuS  befhmerte  fidj  barüber,  bah  ifw  bie  Zapfte  mit  bem  Samte 
belegt  batten.  ®er  Sann  traf  ihn  implicite  mit  ben  sequaces  Acacii.  Gelas.,  Ep.  10 
ad.  Faust.,  c.  1 ,  p.  342.  Symmach. ,  Apol.  ep.  10,  c.  1,  ed.  Thiel  p.  700.  704  sq. 
94  o  f  e ,  ®ie  bt)jant.  Hircf)enpoIitif  unter  ßaifer  StnaftafiuS.  I.  (tprogr.)  SBoblau  1888. 


590  Sie  Äirdje  bei  her  Sluflöfung  bei'  römifdjen  üultureinßett. 

Srefftid)e§  gerauft  ßatte,  mit  ruhiger  ®onfequenj  bie  unerläßlichen  Sorberungen 
ber  ©emeinfeßaft  feines  ©tußfeS  aufrecht  hielt  unb  gteieß  feinen  Vorgängern 
bis  ins  einzelne  alle  bagegen  berfueßten  ÄuSffiießte  ber  Vßjantiner  entfräftete. 

Von  feiten  beS  grieeßtfeßen  SpofeS  unb  ber  Verteibiger  beS  ÄcaciuS  tourbe  geltenb 
gemacht:  1)  SIcaciuS  ßat  fid)  fließt  wie  ©utßdjeS  gegen  ben  ©tauben  erhoben,  ift  fein 
§äretifer  im  eigentlichen  ©inne,  ißn  trifft  ßöeßftenS  ber  Sabel  ber  ©emeinfehaft  mit 
ÜßetruS  SVonguS ;  aber  2)  letzterer  hot  fid)  gebelfert,  marb  oon  bem  gut=fatßotifeßen 
JTaifer  aufgenommen,  bom  atejanbrinifeßen  Volte  ftiirmifch  bertangt,  fo  baß  feine 
Änerfennung  unoermeiblicß  mar,  bie  ja  nicht  gegen  ben  ©tauben  unb  bie  guten  ©Sitten 
berftieß.  SebettfadS  ßat  3)  ÄcaciuS  nicht  attberS  hanbetn  tonnen,  ba  eine  Votraenbig= 
feit  bortag,  ber  ßaifer  brängte,  ja  ade§  fetbft  anorbnete  unb  bureß  eine  anbere  §al= 
tung  größeres  Ungtiid  entftanben  märe.  4)  getij  III.  hat  ihn  auf  unfanontfeße  2Seife 
berurteitt,  ba  ber  ©rjbifcßof  bon  Veurom  nicht  ohne  eine  allgemeine  ober  boeß  nießt 
oßne  fpehied  ßierju  berufene  ©ßnobe  berurteitt  merben  burfte;  baju  ßat  5)  ber  rö= 
mifeße  ©tußt  ganj  uneßrifitieß  bem  ÄcaciuS  für  immer  alle  Verheißung  berfagt  unb 
trat  feinen  fatßotifeß  gefilmten  Vadjfotgern  feinbfetig  entgegen,  ßat  enbtid)  6)  burcß 
feine  tpartnäefigfeit  bie  ©ad)e  ber  ganzen  Birdie  gefäßrbet,  feine  eigenen  Vorred)te 
baburd)  benachteiligt,  bie  ßöeßfte  Ärroganj  an  ben  Sag  gelegt,  bem  Vußen  be§ 
VeicßeS  feine  Vecßnung  getragen,  bie  ßocßgeßaltene  ©pnobe  bon  ©ßatcebon  mißaeßtet, 
inbem  er  bie  bon  ißr  (can.  28)  bem  Sifcßofe  ber  ßaiferftabt  ^geteilten  ffkärogatiben 
bertannte. 

©S  mar  ben  fßäpfien  nießt  feßmer,  biefe  ©inreben  bünbig  gtt  mibertegen. 

1)  SBeit  feßtimmer  ift  e§,  als  bie  SBaßrßeit  nidjt  311  ertennen,  mit  boder  Kenntnis 
berfelben  ©emeinfehaft  mit  tßren  Sobfeinben  ju  hatten.  ÄcaciuS  ßatte  fetbft  ben 
fpetruS  VtonguS  für  einen  f)äretifer  erftärt  unb  ißn  famt  feinen  Anhängern  berurteitt ; 
biefetbe  Verurteilung  30g  er  fid)  fetber  311  burd)  bie  ©emeinfehaft  mit  Verurteilten, 
©r  beraeßtete  ade  SBarmmgen  unb  ftarb  außerhalb  ber  fireßlicßen  ©emeinfehaft  d 

2)  ©efetjt,  Vetru§  VtonguS  ßätte  fid)  gebeffert,  fo  mar  bie§  uoeß  fein  ©runb,  ißn  auf 
ben  ©tußt  bon  Ätepanbrien  ju  erheben;  bann  oerbiente  er  moßt  Vergebung,  aber  nießt 
eine  neue  ÄuSjeießnung ,  jumat  ba  er  bon  tpäretitern  bie  2Beiße  erßiett,  fcineSmegS 
a6er,  mie  behauptet  mirb,  bon  bem  fatßotifdjen  SimotßeuS,  ber  in  feinem  Seben  nie 
mit  ißm  ©emeinfeßaft  ßiett.  Saß  fieß  aber  SpetruS  iu  ber  Sßat  nießt  gebeffert  ßat, 
bemeift  fomoßt  feine  fortmäßrenbe  ©emeinfeßaft  mit  offenbaren  $rrteßrern  als  aud) 
bie  Seßre  feiner  ©eßüter,  bon  benen  biete  auS  Ägßpten  naeß  Vom  gefommen  finb. 
©agt  man,  ber  ßaifer  habe  ißn  aufgenommen,  ber  bod)  fatßolifeß  fei,  fo  ift  bie§  eine 
Veteibigung  be§  ßdiferS ,  ba  bieS  ein  Singriff  gegen  ben  fatßotifeßen  ©tauben  märe, 
benfelben  feßmer  fompromittierte  unb  beffen  früheren  SBorten  (im  Vriefe  an  ©im= 
pliciuS  477)  miberfpreeßen  mürbe;  eine  Veßauptung ,  bie  bureß  beffen  Äußerungen 
mibertegt  mirb,  er  habe  afleS  nur  naeß  bem  Vate  beS  ÄcaciuS  getßan;  fobann  entfteßt 
bie  grage:  Vaeß  meteßen  $anoneS,  nad)  metd)en  Vegetn  tonnte  ber  ßaifer  bieS  tßun 
ober  anbefeßten?  Vimmermeßr  ftanb  bie§  ber  metttießen  ©ematt  311.  9ßeiru§  VionguS 
tonnte  aber  auS  boppettem  ©ritnbe  nidjt  abfotbiert  merben:  megen  VtangetS  an  Ve= 
fugniS,  benn  ber  Viebere  tonnte  ben  ipößeren  nießt  toSfpreeßen,  ber  Äpofiotifcße  ©tußt 
tonnte  eS  adein;  megen  VtangetS  an  SiSpofition,  ba  er  in  bem  Irrtum  unb  in  ber 
©ünbe  oßne  Veue  beßarrte.  2BaS  baS  ftürmifdje  Verlangen  beS  atejanbrinifdjen 
VotfeS,  b.  i.  ber  bortigen  Vtonopßpfiten,  betrifft,  fo  tonnte  bieS  unmöglich  maßgebenb 

1  Felix  III.,  Ep.  2,  c.  6.  8,  p.  236.  288.  Gelas. ,  Ep.  1,  c.  11.  21.  28.  30, 
p.  293.  299.  303;  Ep.  12,  p.  355  sq.;  Ep.  18,  c.  5,  p.  385;  Ep.  26,  c.  3.  4.  7.  14, 
p.  388  sq.  403.  412. 


2.  Sie  monophhfitifdjen  SBirren  bis  jur  Regierung  Saifer  SuftinianS  I.  591 

fein  \  3)  ©S  ift  unwahr,  bafe  AcaciuS  non  bem  $aifer  ju  feinem  Stritte  getrieben 
tnarb;  üielmel)r  hat  er  ben  $aifer  baju  gebracht  unb  itjn  in  allem  geleitet.  Sßäre 
aber  and)  ootn  ß'aifer  eine  foldje  Nötigung  ausgegangen,  fo  t»ätte  er  mit  bi?d)öflid)er 
pflichttreue  wiberfteben  foHen,  mie  er  e§  einft  unter  PafiliSfuS  getfean ;  er  hätte  lieber 
baS  Äufeerfte  erbutben  müffen,  als  bie  Feinheit  beS  ©laubeuS  preisgeben.  Aud)  nicf)t 
bie  ©efal)r  eines  Aufruhrs  tonnte  mafegebenb  fein ;  bie  $atl)olifen  haben  feinen  foldjeu 
erregt,  ben  oon  £)äretifern  etma  erregten  tonnte  bie  Staatsgewalt  unterbrüefen ;  nie 
aber  burfte  man  auS  9Zad)fic£)t  gegen  mahnfinnige  SBerfehrtlfeit  bie  i?ird)e  jerreifeen, 
bie  Religion  gcfät)rben  taffen 1  2.  4)  AcaciuS  war  fd)on  burd)  bie  Spnobe  oon  ©bal= 
cebon  Oerurteilt ;  eS  hätte  eigenttid)  gar  feiner  neuen  Spttobe  beburft,  unb  jeber  Sifdjof 
wäre  berechtigt  gewefen,  il)n  für  ejfommuniäiert  ju  erflären.  Sobantt  hat  AcaciuS 
ben  Johannes  ttalafa  oon  Alejanbrien  unb  ben  $a!enbion  bon  Antiocf)ien  ohne 
Stjnobe  abgelebt  unb  oertrieben;  war  ihm  baS  erlaubt,  warum  follte  bieS  nicht  bem 
Inhaber  beS  erften  Stuhles  juftehen?  ferner  fönnen  nad)  ben  SanoneS  ^Ippellattonen 
auS  ber  ganjen  $ird)e  an  ben  römifdjen  Stuhl  gebracht  werben,  oon  feinem  Urteil 
aber  ift  feine  anbere  Appeßatiou  guläffig ;  aud)  anbere  23ifd)öfe  finb  burd)  ben  Papft 
allein  abgefetjt  worben,  unb  nur  baS  oon  ihm  (genehmigte  hot  in  ber  $ird)e  ©ültig= 
feit.  S)te  (Berufung  einer  allgemeinen  Shnobe  unter  Teilnahme  ber  orientatifd)en 
33ifd)öfe  war  nicht  möglich,  weit  eine  fotd)e  mit  ben  oertriebenen  fatholifd)en  Prälaten 
nid)t  gehalten  werben  fonnte,  mit  ben  bäretifdjen  ©inbringlingen  aber,  bie  auch  bie 
Stühle  oon  Alejanbrien  unb  Antiochien  innehatten,  ganj  unbenfbar  war.  Sßapft 
gelip  wählte  bie  fyorm,  bie  unter  ben  gegebenen  Utnftänben  bie  entfpredjenbe  war: 
er  oerfammelte  bie  anmefenben  93ifd)5fe  unb  fprad)  mit  ihnen  bie  Perurteilung  auS  3. 
5)  Niemals  war  für  ben  galt  ber  Umfeljr  unb  ber  Diene  bie  Perjeipung  auSgefdjloffen; 
aber  AcaciuS  ftarb  in  feiner  f)erjenSoerhärtung ,  ohne  fe  eine  ©enugtbuung  gegeben 
gu  haben;  bie  ©efinmtng  feiner  Nachfolger  erhellt  auS  ihrem  gespalten  an  feinem 
Anbeuten  4.  6)  3»  Sachen  beS  ©laubenS  ift  ^eftigfeit  ot)ne  Nüdfidjt  auf  irbifdje 

Porteile  geboten.  2Bürbe  ber  papft  fid)  jum  9Nitfd)uIbigen  beS  AcaciuS  gemacht 
haben,  fo  würbe  er  ber  Ipilfc  bebürfen,  feine  ju  leiften  oermögen.  2Bäre  eS  einmal 
geftattet,  mit  ben  üerurteilten  Nbnopbbfiten  ©emeinfd)aft  ju  halten,  fo  wäre  eS  ebenfo 
erlaubt,  mit  Arianern  unb  anbern  üctjern  fie  ju  pflegen,  eS  wäre  bie  größte  Pe= 
fledutig  ber  $ird)e  gegeben.  Sagt  man,  bie  Spnobe  oon  ©palcebon  fei  entweber 
ganj  aigunehmen  ober  ganj  $u  oerwerfen,  fo  oergifet  mau,  bafe  fie  in  ben  ©laubenS^ 
beftimtnungen  unb  in  bem,  wofür  fie  ber  Apoftolifdfe  Stuhl  gehalten  wiffen  wollte. 


1  Felix  III.,  Ep.  14,  c.  3,  p.  268.  Gclas.,  Ep.  1,  c.  6—8.  13.  14—17.  18.  23, 

р.  290  sqq. ;  Ep.  26,  c.  5,  p.  399;  Ep.  27,  c.  4 — 6,  p.  426  sq. 

2  Gelas.,  Ep.  1,  c.  10.  12.  22.  23.  25.  37,  p.  292  sq.  299  sq.  308;  Ep.  26, 

с.  8.  10,  p.  404.  408. 

s  Gelas.,  Ep.  1,  c.  1,  p.  288;  Ep.  10,  c.  3,  p.  343;  Ep.  26,  c.  5.  6.  9.  12, 

p.  400  sq.  416  sq. ;  Ep.  27,  c.  2,  p.  424.  $aS  ©pnobalbefret  hatte  Papft  fjfelij;  nach 

altem  (Brauche  unb  bepufS  fieperer  IBeförberung  allein  unterfdjrieben ;  hätte  er  eS  äße 
Sifdjöfe  unterfepreiben  (offen,  fo  hätten  eS  nach  ber  herrfdjenben  Pra£iS  menigftenS  jmei 
23ifd)öfe  überbringen  müffen,  WaS  bamalS  gefahrooß  fdjieu.  Conc.  Rom.  (485),  ed.  Thiel 

p.  255,  ep.  11,  Worin  auch  bie  ©teßung  beS  PapfteS  auf  ber  römifepen  Spnobe  an= 

gegeben  ift. 

*  Gelas.,  Tractatus  IV,  c.  6,  p.  562—564.  Felix  III.,  Ep.  14  ad  Flav.,  c.  4, 

р.  269.  Pgl.  Ep.  10,  c.  2,  p.  342.  ©egen  bie  (Behauptung:  Acacium  veniam  postu- 
lasse  et  nos  (Rom.  Pont.)  exstitisse  difficiles  wirb  Gelas.,  Comm.  ad  Faust,  ep.  10, 

с.  7,  p.  346  als  3euge  ber  (Bruber  beS  SfauftuS,  ber  ©enator  AnbromadjuS,  angeführt, 
ber  oergebenS  ftd)  bei  AcaciuS  bemühte,  unb  gezeigt,  bah  an  biefem  fich  feine  ©pur  oon 
reumütiger  ©efiunung  entbeefen  liefe. 


592  Sie  Kirche  bei  ber  Sluflöfung  bei  römifcben  ßultureinbeit. 

fidjer  bie  bolle  Autorität  hat,  biefelbe  aber  nicht  in  bemjenigen  befiijt,  ma§  burd)  un= 
gerechtfertigte  Überfiebung  bort  borgebradft  warb,  aber  feine  3ted)t§fraft  erlangt  f)at, 
baß  nicht  aüe§  in  ben  Elften  ber  ©tmobett  gleiche  ©eltung  befißt,  tuie  aud)  nicht  aHe§ 
in  ber  @d)rift  Enthaltene  gu  befolgen  (®al.  2,  12.  13),  mäßrenb  fogar  mandjeS  in 
ßäretifdjen  ©griffen  maßr  unb  unbermerflid)  ift  (1  SEfjeff.  5,  21).  SDaß  man  ben 
^eiligen  ©tußl  be§f)afb  fdfmäßt,  geigt  nur  bie  fpiße  be§  gieberfranfen,  ber  gegen  ben 
3lrgt  fid)  fträubt '.  ©)a§  Urteil  be§  ©tußfe§  Sßetri ,  wenn  aud)  nod)  fo  fehr  attge= 
fochten,  berficrt  feine  ß’raft  nicht ,  mögen  aud)  bie  Verurteilten  fich  nicht  fügen;  fie 
finb  befiegt ,  gleichwie  aud)  ber  ©atan  befiegt  ift ,  menn  er  aud)  ferner  nod)  roütet1  2. 

SSergeblich  waren  bie  Unterßanblungen  be§  @uf)f)emiu§  mit  ^ßapft 
©efafiu»,  ber  aud)  bergebett§  ben  $atfer  5tnaftafiu§  gu  gewinnen  fudjte. 
®tefer  liep  feinen  Patriarchen  burch  tpofbifd)öfe  abfeßen  unb  öerbannen;  an 
beffen  ©teile  erhob  er  496  ben  9Kaceboniu§  II.,  ber  ebenfalls  ba»  ^enotifon 
unterfdjreiben  mußte.  pabft  51naftafiu§  II.  bat  ben  ßaifer  burch  Briefe 
unb  ©efanbte,  ben  ©tuf)l  Petri  in  feinen  9ted)ten  gu  ad)ten  unb  nicht  gu  ge= 
ftatten,  baß  um  cine§  rechtmäßig  Verurteilten  Verdorbenen  willen  bie  fird)lid)e 
Einheit  gerriffen  werbe;  er  beftanb  gleich  feinen  Vorgängern  auf  ber  Vefeitigung 
be§  -Kanten?  Vcaciu?  au?  ben  ©ißtßcben ,  erfannte  aber  bie  non  ihm  erteilte 
Saufe  unb  2Beil)e  al?  gültig  an;  er  forberte  Vefeitigung  ber  herrf^enben 
©lauben?tt)rannei  unb  2Bieberl)erfteHung  be?  fatf)olifchen  ©lauben?  in  Sllepan= 
brien.  Vber  ber  nun  gang  ber  pärefie  gugewanbte  ^aifer  hielt  bie  ©efanbten 
höflich  hin,  erfüllte  feinen  ber  geäußerten  V3iinfd)e,  fudhte  ba?  Ipenotifon  fogar 
bem  römifchen  ©ttihle  aufgubrängen  unb  498  Einfluß  auf  bie  papftwahl  gu 
gewinnen,  wa§  il)m  jeboch  mißlang3.  ©arnal?  erhielt  bie  monophpitifche 
Partei  gwei  gewanbte  Rührer  an  9£enaja§  (Philojenu§)  au?  Saßal  in  Perfien 
unb  bem  Vtöncße  ©eberu?  au?  ©ogoßoli?  in  pifibien 4.  Erfterer  hatte  ben 
fKeftoriani?mu?  in  perfien  befämßft,  War  bann  in  ©hrien  bon  ißetru?  fyullo 
(f  488)  gum  Vifdjof  bon  9Kabug  (ipieraßoli?)  geweiht  worben,  geriet  mit 
fftabian  II.,  ber  nach  bem  häretifißen  pallabiu§  Patriarch  bon  Vntiocßien  ge= 
Worben  war,  in  ©treit,  weil  biefer  bie  Sehre  bon  gwei  Naturen  nicht  ber= 
Werfen  Wollte,  unb  feßte,  nadjbem  er  gang  ©prien  gegen  ihn  aufgeregt,  feine 
Vbfeßung  burch;  er  gab  wenigften?  Vnlaß  gu  ber  unter  bem  -Kamen  „ Philo je= 
niana"  befannten  Vibeliiberfeßung,  bie  ber  monodhdfttifchen  ©ache  Vorfcßub  leiften 
füllte.  ©eberu?,  früher  ©ad)Walter,  bann  gu  Srißoli?  in  phönigien  getauft, 


1  Felix  III.,  Ep.  14  ad  Flav.,  c.  3,  p.  267;  Ep.  15  ad  Zenob.,  c.  5,  p.  273; 
Ep.  2  ad  Acac.  (483),  p.  237.  31m  beften  Gelas. ,  Ep.  1,  c.  32—34.  41,  p.  305  sq.; 
Ep.  7,  c.  8,  p.  336  sq. ;  Tract.  IV,  c.  1.  2,  p.  557  sq. ;  Ep.  10,  c.  9,  p.  347;  Ep.  12 
ad  Anastas.,  p.  358. 

2  Felix  III.,  Ep.  11,  c.  5,  p.  257.  Symmach.,  Ep.  10,  c.  13,  p.  706  sq. 

3  Gelas.,  Ep.  3.  10.  12,  p.  312  sq.  341  sq.  349  sq.  Evagr.  1.  c.  III,  31  sq. 
Cyrill.  Scythop.,  Vita  S.  Sabae  c.  69  sq.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  9  sq.  17  sq. 
Theophan. ,  Chronogr.  p.  215  sq.  Anastas.  II.,  Ep.  1  ad  Anastas.  p.  615  sq.  Sie 
Vcuhficßt  für  bie  t>on  3tcaciu§  ©etauften  unb  ©etoeißten  hatten  fdjon  Selig  (Ep.  14, 
c.  4,  p.  269)  unb  ©elafiuS  (Ep.  3,  c.  12,  p.  315.  357)  auSgefbrodjen. 

4  Über  XenajaS  unb  ©eberuS  bgl.  Evagr.  1.  c.  III,  32.  33.  Theophan.  1.  c. 
p.  230.  233.  Über  bie  Philoxeniana  bgt.  Assemani,  Bibi.  Orient.  II,  83.  Severi  Opp. 
bei  Cave,  Hist.  litt.  p.  500 ;  Fragm.  bei  Mai,  Auct.  dass.  X,  408 ;  Spicil.  Rom.  III, 
722;  X,  I,  169  sq.  211  sq.;  Nova  Coli.  VII,  I,  408. 


2.  Sie  monoptjbfrtifdjen  SKTirren  bi§  sur  Regierung  ßaifer  Sfuftinianä  I.  593 

fam  mit  ötelen  monopbpfitifdjen  üftöndjen  in  bie  tpauptftabt,  fanb  bie  ©unft 
be§  Inifers  unb  fann  barauf,  ben  bortigen  ©rjbifdjof  ju  ftiirjen.  S3on  biefem 
forberte  fMnaftafiua ,  er  foüe  bie  ©pnobe  bon  ©^akebon  anatljematifieren ; 
fDlaceboniu§  erftärte,  opne  eine  öfumenifdje  ©pnobe  unter  bem  33orfit)e  be§ 
*Papfte§  fönne  hierin  nid)t§  gefd)ef)en.  ©eberu§  fud)te  mit  Billigung  be§ 
$aifer§  ben  ntonopbpfitifdjen  gufatj  jutn  2ri§t)agion  (©.  530)  beim  ©otte§= 
bienfte  einäitfüfjren ;  barüber  brad)  ein  fHufftanb  au§,  ber  ben  H'aifer  bemog, 
bem  9Jtaceboniu§  beru^igenbe  gufagen  ju  madjen ;  aber  nad)  ^Beseitigung  ber 
©efapr  liefj  er  benfelben  511  burd)  feine  fpofbifcböfe  abfepett  unb  gab  ipm 
ben  gefcbmeibigen  Simotbeua  311m  9tad)foIger,  ber  bie  91nt)änger  feine»  93or= 
gängerä  graufant  berfolgte1.  ©eben  foöte  bie  ©pnobe  bon  ©bükebon  burd) 
ein  ^otijil  abgefd^afft  merbett,  aber  glabian  bon  21ntiod)ien  unb  ®lia§ 
bon  Setufalem  bereitelten  ben  $tan.  Oiefelbcn  mürben  be§f)atb  bon  ihren 
©tiibkn  betrieben;  ben  ©ip  bon  9Intiod)ien  nahm  ©eberu§  ein,  ben  bon 
Serufalem  3of)anne§,  53ifd)of  bon  ©ebafte.  fpUfefucbenb  roanbten  fid)  biete 
orienta!ifd)e  33ifd)öfe  unter  Vortage  eines  ©laubenabeknntniffea  an  fßapft 
©ptnrnadjuS,  ber  ausführlich  bem  Inifer  auf  feine  bittern  ©djmä'bungen 
geantmortet  unb  bie  fKecbte  ber  Kirche  nad)brüdlid)  bertreten  batte,  aud)  512 
ben  $HeruS  bon  Süpricn  bor  ber  ©emeinfebaft  mit  ben  tgäretifern  toarnte. 
Oer  ifßapft  bot  bergebtid)  atkS  auf,  in  bem  tieferfd)ütterten  Orient  ben  !ird)= 
tid)cn  ^rieben  mieberberjuftellen2. 

Oer  3eÜdkrr  SitalianuS  nahm  514  bie  TOpbanMung  ber  $ird)e  unb 
bie  Sßcrbannung  ihrer  b<möorragcnbften  £)irten  jum  33ormanb  feiner  ©mpöruttg, 
bie  ein  förmlicher  ÜicIigionSfrieg  ju  merben  brobte.  9tad)  ber  ©efangem 
nabmc  ber  !aifertid)en  ^©perren  rüdte  er  mit  feinem  £)eere  bor  33pjanj; 
51naftafiuS  mupte  jmeiinat  um  f^kben  bitten  unb  eiblid)  bie  Qurüdberufung 
ber  epilierten  33ifd)öfe,  bie  ülufrecbtbattung  beS  fatf)otifd)en  ©laubettS  unb  bie 
5?erfammtung  eines  öhmienifcben  ^onjilS  in  fperafka  unter  23orfip  beS  ^BapfteS 
berfpretben.  3et)t  manbte  fid)  5lnaftafiuS  an  ^ßapft  |)ormtSbaS  in  Oerbinb= 
lieben  Schreiben  unb  trat  mit  ipm  in  Unterbanblutigen ,  bie  er  in  bie  Sänge 
51t  jiepen  fud)te,  ba  eS  ipm  mit  ber  ©ad)e  nid)t  ©ruft  mar.  ©obalb  er  fid) 
böüig  fid)er  glaubte ,  änberte  er  nicht  btof)  feine  ©prad)e  unb  fein  Senebmen 
gegen  ben  römifd)en  ©tupt,  fonbern  gebot  aud)  ben  jmeibunbert  ju  ^eraflea 


1  Srttärung  be§  ÜJtaceboniuS  II.:  ymplg  olxoupevtxrjg  auvddou  iyoutrrjg  nposdpov 
tov  rrjg  'Pwprjg  iizimonov  ädüvaxov  toüto  noirjirac.  Theophan.  1.  c.  p.  234.  Theodor. 
Lect.  1.  c.  II,  24.  Über  beffen  tübfetmng  »gl.  Theodor.  Lect.  1.  c.  IT,  26 — 29.  Theophan. 
1.  c.  p.  237  sq.  Liberat. ,  Breviar.  causae  Nestor,  et  Eutychian.  c.  19.  Marcellin., 
Chron.  a.  511.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  XVI,  26. 

8  Über  bie  ©tjnobe  üoit  ©ibon  511 — 512  ügl.  £>efele  a.  a.  O.  II,  666  f.  Sijm- 
mach.,  Ep.  10  s.  Apolog.  adv.  Anastas.  Imp.,  ed.  Thiel  p.  700 — 708.  3n  ber  Ep. 
Orient.  Episc.  ad  Symmach.  512  ep.  12,  p.  709—715  luirb  ber  Stpoftelfürft  sPetrud 
angeführt ,  cuius  cathedram  beatitudini  tuae  credidit  Christus  optimus  pastor ,  unb 
um  iptlfe  gebeten  mit  bem  Setenntniä:  Christum  ex  duabus  naturis  et  in  duabus 
naturis  esse  unb  mit  9lnnnbme  be@  tomus  Leonis  toic  beg  vierten  ßonjik.  Sie  bes 
©Iaubenö  tnegen  »erfolgten  iprälaten  bitten,  ber  ^3apft  möge  nicht  Drtftobope  toie  §äre= 
tifer  rid)ten.  9ln  ßleruä  unb  Slolf  uon  3ttt)rien  fd)rieb  Symmach.,  Ep.  13  öom  8.  Df= 
tober  512,  ed.  Thiel  p.  717  sq. 

§  er  gen  vB  1 1  er,  ßir^enge)tl)iifite.  I.  4.  Stuft. 


38 


594 


Sie  ßiräje  bei  her  Auflöfung  ber  römifhen  ßulturein^eit. 


berfammetten  Sifchöfen,  unberrichteter  25inge  au§einanber  ju  geljett.  AI§  fein 
Serfucb,  bie  pöpfilichen  ©efanbten  31t  beflecken,  mifjtungen  mar,  entliefe  er  fie 
fd&tmpflid^  unb  erftärte  bem  ^ßapfte  517  in  einem  perben  ^Briefe,  er  fte^e  bon 
feinen  früheren  Anträgen  ab,  meit  er  e§  für  unöernünftig  f>alte,  höfliche  Sitten 
bei  benen  ju  berfdjmenben ,  bie  fid)  nicht  erbitten  taffen  moflten,  unb  toenn 
er  Seleibigungen  ertragen  tönne,  fo  taffe  er  fid)  bod)  teine  Sefetjle  erteilen. 
Ungeatjnbet  burften  bie  fpäretifer  bie  ®atf)o[ifen  berfolgen,  namentlich  ©eberu§ 
in  Antiochien.  SEimottjeuS  in  ®onftantinopet  mar  ihnen  in  allem  gefügig; 
Alejanbrien  fjatte  feit  5ßetru§  2Aongu§  fortmährenb  l)äretif(f)e  ©rjbijdjöfe 
(Attjanafiu§  II.  490—496,  Johann  I.  496 — 507,  Johann  II.  Aifaiote» 
508 — 516,  2)io§toru§  II.  516 — 518).  2)a§  einzige,  ma»  ber  römifcfje 

©tut)!  bei  altem  ©ifer  erlangte,  mar,  bafe  bie  rechtgläubigen  Sifdjöfe  unb 
biete  h^borragenbe  (Staubige  be§  Oriente  fid)  enge  an  i£>n  anfd)loffen,  ba§ 
boit  ihm  jur  Annahme  borgelegte  gormutar  jahtreiche  Unterfchriften  fanb  unb 
bie  itlt)rifd)en  Sifd)öfe  fid)  bon  bem  ju  ben  Atonophpfiten  fmttenben  ©r^bifdjof 
25orotljeu§  bon  X h e f f a I o n i (f)  trennten.  £)ormi§ba§  mahnte  bie  ©täu= 
bigen  unb  bie  Sifdjöfe  fomot)!  einzeln  at§  in»gefamt  jur  ©tanbljaftigfeit  unb 
Sthatfraft  im  §»inbticfe  auf  ben  emigen  2ot)n  unb  ben  enblicpen  ©ieg  ber 
Aßahdjeit.  3n  ber  2f)at  erfolgte  ein  Umfd)mung,  als  Anaftafiu§  518  eine» 
plötzlichen  5Eobe§  ftarb  1. 

4.  Oer  neue  St'aifer  3  u  ft  in  I.  (518 — 527)  unb  fein  bietbermögenber 
Aeffe  Suftinian  roaren  bem  fathotifdjen  ©tauben  ergeben,  mie  bie  Atehrjaljt  ber 
hauptftäbtifchen  Sebötterung.  2)iefe  forberte  taut  bie  Abfefeung  be3  ©eberu§ 
bon  Antiod)ien,  bie  2öiebert)erftettung  be»  ^onjil§  bon  ©halcebon  unb  bie 
©emeinfdiaft  mit  Attrotn.  25er  nod)  unter  Anaftafiu§  erhobene  ©rjbifdmf 
Johann  II.  aul  ^appabociett  gab  nid)t  ungern  bem  2)rängen  nach,  ber= 
fammette  ju  biefem  3med  rafd)  eine  ©pnobe  bon  bierjig  Sijcpöfen  unb  ber= 
anlafete  bei  bem  $aifer  bie  3uriidberufung  ber  berbannten  fathotifchen  mie  bie 
Sertreibung  ber  päretifdjen  Sifcpöfe,  ben  Sefepl  ber  allgemeinen  Anerfennung 
be§  bierten  öfumenifd)en  ^onjib»  unb  bie  Aßieberanfnüpfung  ber  Serhanblungen 
mit  bem  römifdjen  ©tuple.  ®e»  ,f)enotifon§  mürbe  nicht  meiter  gebacht,  ba= 
gegen  bom  Zapfte  eine  ©efanbtfdjaft  erbeten  jur  böttigen  §erftetlung  ber  fircf)= 
liehen  (Einheit.  $apft  §ormi§ba§  forberte  bie  Serurteitung  be»  Acaciu§  unb 
feiner  gteidjgefinnten  Aacpfotger  unb  23efd)üfeer,  fomie  bie  Unterfd)rift  be»  bon 
ihm  gefanbten  $ormutar§,  ba§  gur  böttigen  Übereinftimmung  mit  ber  Sehre 
ber  römifchen  ®ird)e  unb  jum  ©et)orfam  gegen  beren  ©ntfdieibungen  berpftid)tete. 
©§  mürbe  auch  bon  ben  ©riedjen  bie  ©ntfernung  ber  Aamen  be§  Acaciu§, 
feiner  Aachfolger  unb  feiner  Sefduitjer  3ell°  unb  AnaftafiuS  au§  ben  2)ip= 
tpchen  angenommen;  nur  tourben  ©uphemiu§  unb  Ataceboniu§  nicht  nament= 
lieh  berurteitt.  Am  Ofterfonntag,  24.  9Aürj  519,  mürbe,  nachbem  ©r^bifchof 
Johann  II.  mit  bieten  Orientalen  ba§  päpfttidie  gormutar  angenommen,  feier= 
lieh  bie  $ird)engemeiufd)aft  mieberhergeftetlt,  unb  ju  ©hren  ^er  bierten  attge= 


1  Evagr.  1.  c.  III ,  43.  Theodor.  Lect.  1.  c.  II ,  37.  Victor.  Tunnun. ,  Chron. 
p.  227.  Theophan.  1.  c.  p.  242.  246  sq.  254.  Marcellin.,  Chron.  a.  514  sq.  Hormisd., 
Ep.  1—8.  10—19.  23.  27.  28.  33—40,  ed.  Thiel  p.  741  sqq.  (öon  515—517). 


2.  Sie  monopt}hfttifcE)en  2ß irren  bis  gur  Regierung  ßaifer  SuftinianS  I.  595 

meinen  ©tjnobc  warb  ein  eigenes  f^eft  eingefii^rt.  Ser  Inifer  unb  bie  ©taffen 
beS  9ieid)e§,  ber  5patriard)  unb  bie  33i)dt)öfe  erliegen  ehrenbolle  «Schreiben  an 
ben  fßapft,  ber  wiberfpenfttge  ©rgbifchof  SorotljeuS  non  Sljeffalontch  muffte  fich 
il)in  unterwerfen ,  ©eöcruS  non  9lntiod)ien,  XenajaS  bon  fDlabug  unb  anbere 
9ftonopl)tyfitenl)äupter  entflogen  nad)  ‘jlggpteu.  Sie  pägfilidjett  Segaten  weilten 
bis  520  in  ber  gtied)ifd)en  jpauptftabt  unb  festen  eS  burd),  bag  ber  auf  ben 
antiochenifchen  Stuf)l  erhobene  ^riefter  ^auluS  in  biefer  Kirche,  nid)t  aber  in 
£onffantinopel,  wie  ber  ipof  gewünfd)t,  bie  333eif)e  erhielt.  Ser  Dcad)folger 
^ol)anneS’  II.,  GÜjnpljaniuS  (520 — 535),  warb  bann  bom  Zapfte  belegiert, 
um  bie  nod)  bon  ber  Kirche  (getrennten  nad)  entfprecbenber  ©enugtljuung  auf= 
junelpneu.  ^Ibgcfe^cn  bon  bem  alei'aubriuifdjen  «Sprengel,  wo  nod)  ber  l)aretifd)e 
SimotljeuS  III.  (f  538)  fid)  behauptete,  fowie  bon  bem  antiod)enifd)en,  in 
bem  nad)  ber  5lbbanfung  beS  mit  Auflagen  bebroI)ten  ^auluS  (521)  ber  fd)wad)e 
(SuphrafiuS  bon  Serufaletn  ben  33erl)ältniffen  nicht  gewad)fen  war,  l)errfd)te 
wieberum  im  öftlid)en  Haiferteidje  ber  tatf;olifcf)e  ©taube,  unb  bie  Stanbl)aftig= 
feit  beS  fKpoftolifchen  Stuhle»  ju  9iotn  hatte  einen  neuen  Sieg  errungen* 1 II, * * * * * VIII,. 


1  Hormisd.,  Ep.  41  sq.,  p.  830  sq.  Mansi  1.  c.  VIII,  436  sq.  1065  sq.  Theophan. 

I.  c.  p.  253  sq.  Chron.  pasch,  p.  611  sq.  Liberal.  1.  c.  c.  19.  tpefele  a.  a.  O. 

II,  688  ff.  Sie  Formula  Hormisdae  ( Denzinger ,  Enchirid.  n.  141,  ed.  6,  p.  38  sq.) 

fommt  mit  berfdjiebenen  ßeSarten,  aber  im  mefentticfien  übereinftimmenb ,  fet)r  f)äuftg 

bor;  biete  ihrer  31usbrücfe  finben  fid)  fdjon  in  früheren  3Iftenftüd!en ,  g.  3S.  Ep.  Episc. 

Dardan.  ad  Gelas.  P.  494  ep.  11,  p.  349.  ©benfo  warb  ftetS  bie  llnbegminglicpleit 

unb  ^eftigfeit  beS  ©laubenS  int  Stulpe  'Petri  borauSgefetjt.  Felix  III.,  Ep.  1  ad  Zenon., 

ed.  Thiel  p.  224.  93ei  alten  Perfjanbtungcn  mürben  ber  tomus  Leonis  unb  bie  Sefinition 
bon  ©fjalcebon  a 13  QUf  gleicher  Stufe  ftetjenb  gebadet.  Simplic.  (477),  Ep.  6  ad  Zenon., 
p.  188  sq. :  Chalc.  synodi  constituta  vel  ea  quae  bonae  memoriae  praedecessor  meus 
Leo  apostolica  eruditione  perdocuit,  intemerata  vigere  iubeatis,  quia  nec  ullo  modo 
retractari  potest,  quod  illorum  definitione  sopitum,  et  nec  ullatenus  recipi  toties  uno 
undique  ore  damnatus.  Sd;on  515  fanbte  £>ormiSbaS  bie  Sformel  mit  feinem  SSriefe 
an  ßaifer  StnaftafiuS  für  alte  Pifdpfe  (Indiculus  bom  8.  3uli  bei  Thiel  1.  c.  p.  753). 
Sie  ©efanbten  füllten  bem  ßaifer  fagen :  Habetis  textum  libelli  ex  scrinio  Ecclesiae 
editum,  iuxta  quem  debeat  (Ep.)  profiteri,  unb  eS  mürbe  bie  Unterfdjrift  besfelben  ge= 
forbert.  3m  Pobember  516  fanbte  ber  Papft  bie  formet  in  bie  itltjrifdjen  Probingen 
unb  ftprieb  au  Pifcpof  3ohanu  bon  PifopoliS  (Ep.  19,  p.  780):  Libellum  direximus, 
in  quo  eos  oportet  subscribere,  quia  et  omnes  sacerdotes  vestrarum  partium,  qui 
ad  Sedis  Apostolicae  communionem  reversi  sunt,  in  eadem  professione  subscripserunt. 
©S  fottte  eine  regula  fidei  fein,  bie  auf  Spnoben  unterfdtjriebcn  marb,  mie  auf  ber  bon 
3ltb@piruS  ( Thiel  1.  c.  p.  776  sq.,  ep.  17—20.  Mansi  1.  c.  VIII,  402  sq.  405.  407). 
Unter  Überfenbung  ber  formet  forberte  £>ormiSbaS  517  bon  ben  93ifd)öfcn  Spaniens, 
baff  fie  leinen  gried)ifd)en  ©eiftlidpen  gur  ©emeinfd)aft  gutaffen  möchten,  ber  jene  nicpt 
unterfdiriebe  ( Thiel  1.  c.  p.  793  sq.,  ep.  26).  2ßie  er  am  3.  31prit  jenes  3af)reS  fämt-- 
lidje  orientatifche  Pifdjöfe  ermahnte,  ut  ad  potram,  supra  quam  fundata  est  Ecclesia, 
revertantur  (Ep.  29,  p.  801  sq.) ,  fo  forberte  er  auch  519  bon  alten  bie  Unterfdjrift 
(Ep.  46  sq.,  p.  835  sq.).  Sdpon  im  Briefe  an  Haifer  Sufiin  I.  bom  3anuar  519  ber= 
mieS  er  barauf,  ebenfo  in  ben  meiteren  Sdjreiben.  äöähreub  ber  Steife  ber  ßegaten 
©ermanuS  unb  3°hQtineS  unterfd)rieben  biete  Sifdjöfe  (Ep.  59.  60,  p.  850  sq.);  3ohann  II. 
bon  ftonffantinopet  reichte  im  Ptärg  519  bie  Formel  ein,  meldjem  Seifpiele  bie  anbern 
Prälaten  folgten  (Ep.  61.  65.  75,  p.  852  sq.  859  sq.  868).  3lud)  bie  Patriarchen  ©pi= 
ppaniuS  unb  PtennaS  fomie  ^aifer  Suftinian  unterfdjriebeit  ben  libellus  ( Mansi  1.  c. 

VIII,  502  sq.  518.  1029).  SaS  ©pemplar  3ohauneS’  II.  gab  aud;  Deusdedit,  Collect, 
can.  1.  I,  c.  112,  p.  89.  90. 


38 


596 


®ie  ßircfie  bei  ber  üluftöfitng  bet  römifdjen  Äuttureinheit. 


B.  Der  flieopsdjitifebe  Streit. 

5.  She°hQ Sdji.ten  nannte  man  biejenigen,  bie  ber  ©otttjeit  felbft 
ba§  Seiben  jttfdjrieben ,  in§befonbere  bie  9lnf)änger  be§  bon  i)3etru§  fyullo  ber= 
tretenen  igufatjeS  jum  Sri§hogton.  23e-)og  man  ihn  allein  auf  ben  2ogo§,  fo 
icar  ber  Sai)  nicht  ju  beanftanben,  (Bott  fei  gefreujigt  morben;-  ebenfomenig 
mar  ber  anbere:  ©in  er  au§  ber  SDreieinigfeit  Ifabe  gelitten  ober 
fei  ge  ft  erben,  bem  ©tauben  jumiber.  9Iber  mäljrenb  biele  $atf)olifen  baran 
feinen  ütnftoh  nahmen,  maren  biefe  Söpe  anbern  megen  be§  monop^pfitifdjen 
Utfprunge§  nnb  ber  naffetiegenben  5CR i^beuturtg  berfjajjt,  unb  ifjre  Vertreter  er= 
Rieften  ben  tarnen  2f)eopa§cbiten *.  gitr  ben  Sa|:  „©iner  aus  ber  Srinität 
ift  gefreujigt  morben"  als  2töaf)rjei<hen  ber  9fe<f)tgläubigfeit  traten  SofjanneS 
5Jta pentiuS  unb  anbere,  befonberS  ffptb)if(f)e  fUtöndje,  mit  bem  größten  ©ifer 
519  in  ^onftantinopet  auf;  fie  mottten  ihn  at§  firchlidje  Siegel  fefigeftettt 
miffen,  marin  ihnen  ©rjbifd)of  gopanneS  II.  unb  bie  päpftlichen  Segaten  miber= 
ftanben,  ba  baburd)  nur  neue  Unruhen  ju  befürchten  maren1 2.  Ser  ©omeS 
Suftinian  intereffierte  fid)  lebhaft  für  ben  «Streit  unb  bat  ben  fßapft  um  eine 
©ntfdjeibung.  Sie  9Uönd)e  begaben  fid)  nad)  SJtorn  unb  erregten  f)ier  Un= 
rutjen;  fie  manbten  fid)  auch  an  bie  afrifanifdfen  SBiftpöfe  in  Sarbinien. 
Sie  mottten  ben  Sa|  nicht  in  ber  3trt  gefaxt  miffen :  ©ine  ber  brei  göttlichen 
Sßerfonen  hat  i>en  gelitten,  meil  ba§  2Bort  ißerfon  ( npÖQcunov )  auch 
neftorianifdj  in  einem  btop  moralifdjen  Sinn  gefaxt  merben  fönne  unb  man 
bttrd)  ben  Sap:  ber  ©efreujigte  fei  eine  ber  brei  göttlichen  ^perfonen ,  nod) 
feineSmegS  auSfage,  bah  er  fubftantiett  ©ott  felber  fei.  fßapft  §ormi§baS 
erklärte  521,  jener  Sah  fe6  obfdjon  nicht  unmaf)r,  bod)  gefährtid)  megen  ber 
iütifgbeutung ,  barum  nicht  einjuführen,  ba§  ^on§i!  bon  ©tjatcebon  bebürfe 
feiner  foldjen  ©rgänjuttg  ober  ©rflärung;  ferner  mottte  er,  man  fotte  nicht 
fagen:  ©iner  ber  Srei  h«t  gelitten,  fonbern  bielmehr:  ©ine  ber  brei  g ö 1 1= 
liehen  fßerfonen  hflt  gelitten  bem  gteifd)e  nad).  9lt§  bie  9Jtönd)e 
barauf  nicht  eingingen,  mürben  fie  als  Unruheftifter  unb  Segünftiger  beS 
©utt)d)iani§mu§  abgemiefen.  9fud)  f5ulgentiu§  unb  anbere  afrifanifdje  33U 
fdjöfe  billigten  bie  Sehre  ber  DJönche,  mottten  aber  auch  gefe|t  miffen:  „©ine 
5)3erfon  ber  Sreieinigfeit,  ber  eingeborene  Sohn  ©otteS."  SaS  mottten  bie 
iDtöndie  nicht,  unb  Johannes  SKajentiuS  fchtieb  gegen  ben  päpftlidjen  ©rlafj, 
ben  er  für  unterfdjoben  auSgab,  eine  berbe  ©ntgegnung3.  Später  mürbe  ber 


1  Gelas.,  Ep.  43,  c.  6,  ed.  Thiel  p.  478—480  gegen  bie  monophbfitifepe  Seutung, 
bie  ba§  Seiben  auf  bie  Subftang  ber  ©ottpeit  begog,  toie  man  auch  ba§  StriSpagion  Don 
ber  Trinität  Derftanb.  ®afj  ißapft  Selij  fid)  gegen  bie  Sonnet  Unus  de  Trinitate 
crucifixus  est  erftärt  habe,  ift  fidler  unrichtig.  Vales.,  Diss.  de  Petro  Ant.  ep.  qui 
Fullo  cognominatus  est,  im  Append.  gu  Evagr.,  Hist.  eccl.  Le  Quien,  Opp.  Damasc. 
I,  478. 

2  Hormisd.,  Ep.  75.  76.  78.  89.  90.  98.  99.  120.  127.  132.  137,  ed.  Thiel 

р.  868  sqq.  920  sqq. 

3  Hormisd.,  Ep.  124,  p.  926  sq.  Fulgent.,  Ep.  17  s.  über  de  incarn.  et  grat. 

с.  10.  18.  Ioann.  Maxent. ,  Ad  epistolam  Hormisdae  responsio  (Migne ,  Patr.  gr. 
LXXXVI,  93  sqq.) ;  beffeit  fonftige  ©Hjriften  ibid.  p.  75  sqq.  111  sqq.  S3gt.  Ep.  Tri- 
folii  presb.  ad  Faust.  (Migne,  Patr.  lat.  LXIII,  533). 


3.  SDogmat.  SBirren  unter  ^fufttnian  I.  $a§  fünfte  attg.  ßonjit  311  Äonftantinopel.  597 

©treit  nod)  heftiger  in  $onftantinopeI,  als  bie  bon  MajentiuS  befämpften 
Möndje,  befonberS  bie  5Itoimeten  (©cplaflofen),  in  iprer  Oppofition  bis  jur 
SSertnerfung  beS  SöorteS  „OpeototoS"  öocfd^ritten  unb  baburd)  ben  iptten  bor= 
geworfenen  DteftorianiSmuS  funbgaben1.  Man  folgerte:  ba  in  ber  ©ottpeit 
nur  brei  ^ßerfonen  finb,  fo  ift,  falls  man  nidjt  fügen  barf:  ber  ©efreujigte  ift 
eine  bon  ben  breien,  ber  ©efreujigte  audj  nicpt  ©ott  unb  Maria  ni«f)t  ©otteS= 
gebärerin.  OeSpalb  fonb  bie  formet  als  SofungSWort  gegen  bie  fJteftorianer 
im  Orient  ©ingang,  unb  ^aifer  Suftinian  erlief?  533  ein  bogmatifcpeS 
©bift,  tnorin  er  ben  bielbefprocpenen  ©ap  in  einer  ben  Irrtum  auSfcplieffenben 
Raffung:  ber  menfcpgeworbene  unb  getreu jigte  ©opn  © 0 1 1 e §  fei 
einer  aus  ber  p  eiligen  unb  gleicpwefentlidjen  ©reieinigfeit, 
feftftellte.  OiefeS  ©bift  fanbte  er  nebft  feinem  ©laubenSbefenntniffe  burcb  jwei 
Metropoliten  an  ^apft  SopanneSlI.  gut  53eftätigung  unb  bot  um  bie  23er= 
urtcilung  beS  bereits  burdp  ©pippaniuS  berurteilten  5lfoimeten  ©pruS  unb  feiner 
Slnpänger.  Oer  Sßapft  ging  am  24.  Märj  534  auf  biefeS  SInfinnen  ein  unter 
Sobfprüd)eit  auf  ben  ©laubenSeifer  beS  ßaifcrS,  aber  unter  Söaprung  ber  firc£)= 
lieben  Unabpängigfeit,  inbem  er  baS  ©bilt  als  ber  apoftolifcpen  Cepre  entfprecpenb 
genepmigte2.  5Iucp  anbere  Occibentalen,  mie  gulgentiuS  fterranbuS,  OionpfiuS 
©i’iguuS,  maren  ber  Formel  günftig,  Wäprenb  anbere  nocp  miptrauifcp  bagegen 
waren3.  Diacpper  betätigte  535  ^3apft  9lgapct  mieberum  baS  ©bift ,  unb 
baSfelbe  tpat  553  baS  fünfte  allgemeine  ^onjil.  Sn  ber  fprifepen  $ird)e 
erpielt  fid)  ber  3ufop  ^  ^ßetruS  gullo  fort,  marb  aber  692  Don  ben  ©ried)en 
»erboten 4. 

3.  Oie  boginatifdjcn  ©treitigfeiten  unter  ^uftintait  I.  ©a§  fünfte  allgemeine 

ßonjil  31t  ßonftantinopcl  (553). 

Öitteratur.  —  Änedjt,  ®ie  tReligionäpolitit  ftaifer  Suftinianä  I.  Sßiirjburg 
1896.  Dicht,  Justinien  et  la  civilisation  byzantine  au  VIme  siede  (Paris  1901), 
Chap.  7:  L’oeuvre  religieuse  p.  315  ss.  ßoofä,  ßeontiuS  oon  St^anj  unb  bie  gletd£)= 
nnntigen  ©djriftfteüer  ber  griepifpen  Stirpe  (2ejte  unb  Unterfuct).  III,  1).  Setpjig  1887. 
fftfigamer,  ßeontiuö  t>on  S3t)janj.  SBürjburg  1894.  Ermoni,  De  Leontio  byzantino 
et  de  eius  doctrina  christologica.  Paris  1895.  Hutton,  The  Church  of  tbe  sixth 
Century.  London  1897. 

A.  fortfeljimg  ber  inonopl)i)fiti|'d)m  Wirren. 

Inifer  Suftinian  I.  (527 — 565),  gliidlicp  im  Kriege  unb  als  ©efep= 
geber  gefeiert,  tpat  alles  für  ?lufred)tpaltung  ber  ©pnobe  bon  ©palcebon  unb 
wollte  aflentpalben  bie  bier  allgemeinen  ^onjilien  angenommen  tbiffen.  Söäprenb 
er  aber  bie  Monoppp  fiten  jur  ®ird)c  äurüd^ufiipren  fud)te,  begiinftigte 


1  Liberat.,  Breviar.  c.  20. 

2  Über  Suftintanä  ©bift  boit  533  f.  L.  6  Cod.  I,  1.  Sopanneä’  II.  Slnttoort  bei 
Mansi,  Conc.  Coli.  VIII,  797. 

3  fJuIgentiuS  fjerranbuö  (Ep.  3  ad  Anatol. ;  Ep.  5  ad  Sever. ,  bei  Migne ,  Patr. 
lat.  LXVII,  889.  910)  ertlört  ben  ©ats  für  ridjtig:  Una  de  tribus  divinis  personis 
passa  est,  toobei  jeber  ßatpolif  fip  benfeu  müffe:  secundum  earnem.  Mansi  1.  c.  V,  419. 

4  Ephrem.  Ant.  bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  228.  Assemani,  Bibi.  Orient.  I,  5.  18. 
S)u§  Conc.  Trull.  692  can.  81  berbot  ben  3ufap  be§  betrug  Sfutlo,  befonberS  toeil 
niampe  eine  Ouateruität  ftatt  ber  Srinität  baburd)  eingefüprt  glaubten. 


598 


Sie  fiirpe  bei  ber  Buflöfung  ber  römifpen  Ihdtureinpeit. 


feine  ©emaptin  Si^eobora  mit  aller  fiift  biefe  ©efte  unb  braute  feine  reltgiöfe 
fßolitif  ofter§  ins  ©pmanfen.  ©em  ^aifer  mar  bie  ©eilnapme  an  retigiöfen 
©treitigfeiten  Sieblingsfape;  er  mollte  in  ber  $irpe  mie  im  ©taate  ©efepe 
geben,  mürbe  aber  aup  oft  baS  2Berfjeug  anberer.  ©elbfit  in  ber  Hauptftabt 
patten  bie  Btonopppfiten  Bnpänger ;  für  ihre  Bereinigung  mit  ber  $irpe  Ralfen 
bie  ©efepe  beS  $aiferS  menig.  3m  ^a^re  531  beranftaltete  ber  ^aifer  in 
feinem  iJMafte  ein  BeligionSgefpräp  jmifdjen  ben  $atpoli!en  unb  ben 
©ebetianern 1.  Bn  ber  ©pipe  ber  fünf  fatpolifpen  Bifpöfe  ftanb  ber 
bifpof  |)ppatiu§  bon  ©ppefuS;  unter  ben  fepS  monopppfitifpen  maren 
jmei  aus  ©ppern,  jmei  aus  Bieberfprien.  Bup  SeontiuS  bon  Bp^an^,  ein 
bebeutenber  Geologe  jener  Qeit,  naprn  an  bem  BetigionSgefprap  teil  ^)ier 
anatpematifierten  bie  ©eberianer  ben  ©utppeS,  meit  er  bie  ®onfubftantiaIitüt 
©prifti  mit  feiner  Btutter  ber  Btenfppeit  nap  geleugnet  unb  ben  ©ofetiSmuS 
bertreten  Ijabe 2 ;  aber  ben  ©ioStontS  unb  bie  Bäuberfpnobe  erflärten  fie  für 
rechtgläubig,  bie  ©pnobe  bon  ©palcebon  bermarfen  fie.  ©ie  beriefen  fip  auf 
3eugniffe  ber  Bäter,  inSbefonbere  beS  ©priüuS,  beS  angeblichen  ©ionpfiuS 
Breopagita,  beS  ©regoriuS  ©paumaturgnS,  beS  ^apfteS  Julius  I,  mobon  bie 
meiften  als  unterfdjoben  bon  ben  ^atpotiten  bermorfen  mürben.  Buperbem 
ftritten  bie  ©eberianer  über  bie  Sepre  beS  pl.  ©priüuS  unb  tabelten,  bap  man 
bie  öhunenifpen  ßonjitien  in  bie  ©iptppen  eingerüdt,  bap  baS  ^ongil  bon 
©palcebon  ben  ©peoboret  unb  ben  3baS  für  rechtgläubig  gepalten  pabe,  bap 
fatpolifcperfeits  nicht  jugeftanben  merbe,  ©ott  felber  ober  einer  ber  Trinität 
pabe  im  gleifpe  gelitten  unb  SBunber  mie  Seiben  gepörten  berfelben  ißerfon 
an.  ©em  lebten  Bormurf  marb  burcp  SuftinianS  ©bift  geantmortet;  betreffs 
beS  ©peoboret  unb  beS  3baS  bereitete  fid)  fpon  eine  meitere  Unterfucpung  bor, 
mie  überhaupt  bie  ^onferenj  manche  anbere  grage  anregte,  menn  fie  auch  im 
großen  unb  ganzen  nicht  bie  ermünfpten  Früchte  trug.  Bur  ber  monopppfitifcpe 
Bifpof  ^ßpilojenuS  bon  ©ulipium  feprte  nebft  mehreren  ißrieffern  unb  Btönpen 
jur  Kirche  jurücf. 

©od)  bie  Hoffnungen  ber  Btonopppfiten  fliegen,  als  ber  Bifcpof  Bn= 
tpimuS  bon  ©rapejunt,  ber  feinen  ©i|  berlaffen  unb  als  BSfet  fiep  nad) 
ber  Hauptftabt  begeben  patte,  burcp  feine  päretifepe  ©efinnung  bie  ©unft  ber 
^aiferin  unb  burcp  erpeucpelte  Beptgläubigfeit  bie  beS  ^aiferS  unb  bamit  ben 
burcp  ben  ©ob  beS  ©pippaniuS  (3uni  535)  erlebigten  ©tupl  bon  ^onftantinopel 
gemann.  ©elbft  ©eberuS  magte  es,  bort  ju  erfpeinen,  in  Brmenien  patte  bie 
©efte  grope  ©rfotge,  in  Bgppten  behauptete  fie  ipr  Übergcmid)t.  ©op  im 
Sebruar  536  erfepien  spapft  Bgapet  in  Bpjanj,  nm  ffriebenSanträge  beS 
OftgotentönigS  ©peobat  unb  Bitten  beS  römifpen  ©enateS  fornie  aup  firplipe 
Sntereffen  ju  bertreten.  Bn  ipn  manbten  fiep  bie  fatpolifpen  ©eiftlipen  unb 


1  Mansi  1.  c.  YIII,  817  sq.  Assemani  1.  c.  II,  89  sq.  ©efele,  Koncitiengefp. 
II,  747  ff. 

2  6utt)pe§  toirb  aucfj  fonft  beS  SofetiSinuä  Befcfjulbigt,  bgl.  Zachar.  Bei  Evagr. 
Schol.,  Hist.  eccl.  III,  5.  Hormisd.,  Ep.  9  ad  Caesar.  Iustin.,  Cod.  I,  1,  5.  Vigil.  Taps., 
Adv.  Eutyck.  1.  III.  Gennad.,  De  vir.  ill.  c.  82.  Bocp  immer  tiertaufcfjten  bie  9Bono= 
ptp fiten  bie  Begriffe  obaia,  bitomamg ,  cpümg,  arogov.  Gieseler ,  Comm.  qua  Mono- 
physit.  vett.  variae  de  Christi  persona  opiniones  illustrantur.  Gotting.  1835  (38). 


3.  Sogmat.  Sßirren  unter  Sfuftinian  I.  $a§  fünfte  atig.  $01131!  ju  «ßonftaniinopel.  599 

Stöncpe  mit  ferneren  tttntlagen  gegen  5tntpimuS  atS  einen  Sedeprer  unb  ©im 
bringling.  dgapet  mieb  beffen  ©emeinfcpaft  unb  forberte  bon  ipm  ein  fat£)o= 
tifcpeS  ©laubenSbetenntniS  fomie  fJtiidfepr  auf  feinen  frittieren,  miberred)ttid) 
bertaffenen  ©ip.  fttntpimuS  moflte  nicpt  barauf  eingepen  unb  fanb  anfänglid) 
ben  ©<pup  beS  5?aifer§ ;  bod)  mürbe  biefer  bon  bem  burd)  Oropungen  unb  ©e= 
fcpenfe  nicpt  erfcpütterten  Zapfte  aufgeflärt  unb  gab  ben  ©cpüpting  SEpeoboraS 
auf.  iHgapet  fprad)  über  ipn  Sann  unb  Sbfepung  auS  unb  rneipte  (13.  Stärj 
536)  ben  recptmäpig  ermäptten  StennaS  3 um  Oberpirten  ber  Kaiferftabt. 
kräftig  unb  mit  ber  betten  SBürbe  beS  fftacpfotgerS  ißetri  trat  ber  fßapft  im 
„neuen  Üiom"  auf;  er  beftätigte  auf  ^uftinianS  SBunfdj  nocpmatS  beffen 
©taubenSbarlegung,  „nicpt  meit  er  ben  Saien  baS  Sepramt  einräume,  fonbern 
meil  er  ben  ©tauben  beS  KaiferS  mit  ben  Siegeln  ber  33äter  im  ©inftang 
gefunben  pabe".  Salb  barauf  erfranfte  5lgapet  unb  ftarb  noep  ju  Konftam 
tinopet  am  22.  SXprit  536.  fftadp  feinem  SEobe  berfammette  fÜtennaS  eine 
©tjnobe  gegen  SIntpimuS,  ©eberuS,  ben  ißetruS  bon  Stpantea,  ben  SJtönd) 
3oaraS  unb  ipre  Snpänger,  bie  peimtidie  Konbentitet  pietten.  3pre  Sefiptüffe 
mürben  bom  Kaifer  am  6.  5Iugufi  beftätigt,  unb  meprere  Sifdjöfe  unb  ©pnoben, 
mie  bie  bon  ^erufatem,  traten  ipnett  bei.  5tud)  9X  t  e  £  a  n  b  r  i  e  n  befam  an  bem 
Slbte  ^auluS  mieber  einen  fatpolifepen  Patriarchen ,  ber  jmar  megen  Snteil 
an  einer  ©emalttpat  beS  ©tattpalterS  (um  542)  entfept  marb,  jeboep  an  3°<luS 
einen  gteiepgefinnten  Stacpfolger  erpiett1. 

Obfcpon  ber  ränfebotten  Kaiferin  SEpeobora  bie  bisherigen  Serfucpe  jur 
Kräftigung  beS  SJ?onoppt)fitiSmuS  mißlungen  maren,  fo  gab  fie  boep  ipre  ber= 
ftedten  piäne  nicht  auf,  ja  fie  fuepte  na<p  Stgapets  SEob  fetbft  ben  römifepen 
©tupt  in  ipre  fftepe  ju  berftriden.  ©ie  gemann  ben  epegeijigen  römifd)en 
Oiaton  SigitiuS,  ber  ipr  bie  gemiinfepten  Serfpred)en  megen  ber  93?ono= 
pppfiteit  maepte,  unb  fuepte  burch  ben  in  Italien  tämpfenben  getbperrn  Selifar 
ipm  baS  Pontififat  ju  berfd)affcn.  2Iber  in  9tom  mar  naep  SBunftp  beS  Cft= 
gotenfönigS  SEpeobat  bereits  ©ilberiuS  jum  papfte  gemäplt  morben.  9tun 
fudjte  SEpeobora  biefen  ber  ©emeinfdiaft  mit  ©eberuS  unb  SlntpirnuS  unb  ber 
Söiebereinfepung  beS  tepteren  geneigt  ju  matpett;  aber  ©ilberiuS  mieS  ipre 
Einträge  entfepieben  bon  fid).  9iom  marb  injmifcpen  im  Oejember  536  burd) 
Sctifar  befept  unb  ber  Papft  unter  bem  Sorroanbe  einer  pod)berräterifd)en  Ser= 
binbung  mit  ben  Oftgoten  im  Stärj  537  gefangen  genommen  unb  naep  ^ßatara 
in  Spfien  beportiert,  müprenb  SigitiuS  miberredjttid)  orbiniert  mürbe.  Oer 
Kaifer,  opne  beffen  Sormiffen  bieS  gefd)epen  mar,  fanbte  auf  bie  freimütigen 
Sorfteltungen  beS  SifdmfS  bon  ^atara  gegen  bie  fcpmäplid)e  Sepanbtung  beS 
oberften  Sifd)ofS  ben  Papft  mieber  nad)  9tom  juriid.  ipier  taut  er  abermals 
in  bie  ©ematt  feiner  $einbe,  marb  nad)  ber  Snfet  ipalmaria  gebrad)t  unb 


1  Evagr.  1.  c.  IV,  9.  11.  36.  Liberat.,  Breviarium  causae  Nestor,  et  Eutychian. 
c.  20.  Acta  Conc.  Constantinopol.  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  857  sqq.  881  sqq.  Contin. 
Narcellin.  Cliron.  a.  535.  Anon.  Vatic.  bei  Baron.,  Annal.  ad  ann.  536  n.  61. 
Greg.  M. ,  Dial.  III,  3.  Lib.  pontif.  in  Agap.  Ps.-Zacharias ,  Hist.  eccl.  IX,  19 
(Dgl.  Baumstark,  Elucubrationes  syro-graecae  [Lips.  1894]  p.  358 — 361.365).  Iustin., 
Nov.  42.  Praef.  et  edict.  bei  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI ,  1097 — 1104.  Agap.  Ep. 
bei  Mansi  1.  c.  p.  846.  921.  §efele  o.  a.  £).  H,  763  ff.  784  f. 


600  ®ie  Äit$e  bei  ber  2luflöfung  bet  römifdiett  ßultureinbeit. 

ftarb  in  großem  ©lenb.  SBtgiIiu§,  nun  al§  rechtmäßiger  paßft  Dom  römifdien 
$Ieru§  anerfannt,  hatte  je|t  feine  hohe  ©tetlung  unb  feine  grofje  33erantmort= 
lidjfeit  richtig  erfaßt;  er  mar  meit  babon  entfernt,  fid^  ju  Dheobora§  Sßerfgeug 
5U  machen  unb  bie  unerlaubtem) eife  gegebenen  gufagen  äu  galten ;  in  Briefen 
an  ben  Inifer  unb  ben  ©rjbifdjof  53ienna§  (17.  ©eßtember  540)  erllärte  er 
fid)  unjroeibentig  für  ba§  5Infef)en  ber  hier  ölumenifdhen  ©tynoben  unb  bie 
Detrete  Seo§  b.  ©r.  unb  befräftigte  ba§  gegen  bie  £)äuf)ter  ber  fDtonoßhgfiten 
abgebrochene  SKnatfjem.  Umfonft  4;atte  Dlfeobora  ju  bereu  ©unften  ihr  ©etb 
unb  ihre  Sntriguen  berfdjmenbet. 

B.  -Der  ernruertc  ©rigcniftnißreit. 

Sitteratur.  —  2)  i  e  t  a  m  b ,  $ie  origeniftifcfien  ©treitigfeiten  im  6.  Sabthmtbert 
unb  ba§  fünfte  allgemeine  ßon^il.  SJU'tnfier  1899;  $ur  ©Ijronologie  ber  origeniftifdjen 
(Streitigfeiten  im  6.  3faf)tf)unbert  (§iftor.  3jat)rbmf)  1900,  ©.  743  ff.).  £>efele,  ßon= 
ciliengefd).  II  (2.  2luft.),  786  ff. 

Die  53ermirrung  in  ber  orientalifdjen  Birdie  flieg  injtuifctfen  nod)  ^ö^er, 
ba  neue  ©treitfragen  auftauchten.  Der  9?ame  Drigeniften  mar  längft  eine 
^Bezeichnung  gemorben,  melche  ftreitenbe  religiöfe  Parteien  einanber  gaben;  in 
Sßaläftina  mürben  bie  gelehrten  9Jtönd)e  bon  ben  ungebilbeteren  fo  genannt,  zumal 
fie  nod)  immer  bie  ©cbriften  be§  9IIejanbriner§  lafen.  Die  9)iönche  9ionttu§ 
unb2eontiu§  mürben  be§£>a!6  bon  51bt  51ga()et  au§  ihrem  ßlofter  bertrieben, 
bon  feinem  97ad)foIger  5Jtama3  mieber  eingefeßt.  ©egen  fie  eiferte  ber  ho$)= 
öerebjrte  5lbt  ©aba§.  9tad)  beffen  Dobe  (531)  fdjienen  fie  nod)  mehr  51n= 
(länger  ju  finben.  Unter  ifmen  ragten  Domitian  unb  Dhe°fr°r  51§ftba§ 
fjeröor ,  bie  3uftinian§  ©unft  in  folgern  fütafje  erroarben,  baf)  erfterer  ben 
23ifd)of§ftid)t  Don  5Inct)ra,  festerer  ben  bon  ©äfarea  in  ^appabocien  erhielt. 
Die  Reibungen  gmifd)en  ben  „©abaiten"  unb  ben  Origeniften,  befonberS 
in  ber  alten  unb  ber  neuen  Saura,  mürben  ftärfer,  mehrere  ber  erfteren  mürben 
oertrieben.  Durch  biefe  beranlajjt,  bermarf  ©rjbifchof  ©pfiräm  bon  51  n= 
tiochien  um  542  ben  Origeni§mu§  unb  machte  bie§  in  einem  ©t>noba!= 
fdjreiben  befannt.  Darüber  maren  bie  origeniftifd)  ©efinnten  fel)r  erbittert;  fie 
ftütjten  fid)  auf  ben  ©influf)  bei  §mf,  ben  Domitian  unb  Dheo^or  genoffen, 
unb  forberten  bon  petrug  bonSerufalem,  er  folle  ben  ($pb)räm  au§  ben 
Diptpcpen  ftreidjen.  Diefer,  bielfad)  bebrängt,  lief)  bon  jmei  rechtgläubigen 
5lbten,  ©opfjroniug  unb  ©elafiu§,  fid)  eine  0agfd)rift  gegen  bie  Orige= 
niften  überreichen,  um  fie  nebft  feinem  ^Bericht  über  bie  bon  ihnen  erregten 
Unruhen  an  ben  $aifer  ju  fenben.  Sßier  ©abaiten  mürben  an  ben  £)of  ab= 
georbnet  unb  reiften  mit  bem  päpftlid)en  5lpotrifiar  5ßelagiu§,  ber  eben  ber 
©tjnobe  in  ©aja  beigemohnt,  in  bie  Ipauptftabt1.  Diefer  berfdjaffte  ihnen 
Zutritt  bei  Suftinian,  ber  543  in  [form  eine?  ©d)reiben§  an  bie  53ifd)öfe 
ber  bornehmften  ©tühle  (Patriarchen)  ein  33erbammung§urteil  gegen  OrigeneS 
unb  feine  ©djriften  mit  gehn  51nat()emati§men  erlief)2.  Darin  mürbe  bie  51b= 

1  Cyrill.  Scythop. ,  Vita  S.  Sab.  bei  Cotel. ,  Mon.  eccl.  gr.  t.  III.  Liberat., 
Breviar.  c.  23.  Evagr.  1.  c.  IV,  37.  38.  Libell.  synod.  bei  Mansi  1.  c.  IX,  23.  706. 
Uber  bie  ipatriardfen  bon  Sferufalem  bgl.  Le  Quien,  Oriens  Christ.  III,  189 — 241. 

®a§  @bitt  3fnftinian3  bei  Mansi  1.  c.  p.  487  sq.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI, 

945  sq. 


3.  ®ogmat.  SBirren  unter  Suftinian  I.  $a§  fünfte  attg.  ßonäil  ju  ßonftantinopel.  601 

Haltung  Don  ©ßnoben  ju  allgemeiner  Sßerurteilutig  beS  OrigeniSmuS  geforbert. 
3n  $onftantinopel  Ijtelt  2K  e  n  n  a  S  fofort  eine  foldje  ©  ß  n  o  b  e ,  rnetcpe  fünf: 
jepn  (fpäter  bem  fünften  allgemeinen  Honjil  beigelegte)  9InatpematiSmen  gegen 
OrigeneS  nuffteHte 1.  Speobor  VStibaS  unb  Domitian  unterfcp rieben  bereit: 
mittig  unb  befeffigten  fo  ipren  ©inftuß  bei  bem  $?aifer,  beit  nun  gerabe  bie 
antiorigeniftifcpen  Vtöndpe  ^atöftina§  fdjmer  empfanben.  9ÜS  ©rgbifd^of  ^ßetvuS 
bie  Origeniften  auS  ben  ^töftern  Dertrieb,  bebro^te  ipn  Speobor  VstibaS  fo, 
baß  er  feine  3enflir  äutücfnapm.  Sie  Partei  beS  SeontiuS  unb  beS  9tonnuS 
beperrfcpte  ißaläftina  unb  napm  bie  bebeutenbften  0öfter  ein.  0er  9tacp= 
folget  beS  ^3etru§,  fDtatariuS  (feit  544),  gehörte  ju  ipr;  er  toatb  jmar  als 
Origenift  abgefept  unb  erhielt  ben  6  u  ft  o  dp  i  u  S  junt  9tacpfotger ;  aber  als 
aucp  biefer  entfett  marb,  napm  er  aufs  neue  (563 — 574)  ben  ©tupl  Don 
3erufalem  ein.  Sie  Sfodpriften,  ju  benen  Speobor  VStibaS  gehörte,  Ratten  baS 
Übergemicpt;  bie  5ßrotoftiften  mußten  unterliegen,  fdptoffen  fiep  baper  mepr  ben 
$atpotifen  an.  Spr  fjüprer  3'fibor  legte  auf  einer  ^onferenj  mit  bem  9tbte 
$onon  ben  Irrtum  Don  ber  ^rftejiftenj  ber  ©eeten  ab,  ging  nadp  fö'onftantinopel 
unb  ermirfte  pier  bie  ©infepung  beS  genannten  ©uftocpiuS,  ber  baS  taiferlicpe 
©bift  attentpatben  unterfcpreiben  ließ.  9tttc  fügten  fiep  bamatS  bem  taiferlidpen 
©bitte  mit  VuSnapme  beS  Vtejanber  Don  Vbßta,  ber  beSpatb  abgefept 
mürbe.  9IIS  bann  Speobor  VsfibaS  563  bie  (Entfernung  beS  ©uftocpiuS  unb 
bie  Vßieberetnfepung  beS  VtafariuS  burdpfepte,  mußte  tepterer  juöor  ben  Orige= 
niSmuS  abfepmören.  Sie  9tupe  in  ^atäftina  mar  mieberpergefteCtt ,  unb  nun 
mürbe  bie  Verurteilung  beS  OrigeneS  im  Orient  regelmäßig  burep  alte  Sapr= 
punberte  mieberpolt.  3n  ber  Verurteilung  beSfetben,  mit  ber  bie  beS  btinben 
SibßmuS  unb  beS  ©DagriuS  Derbunben  marb,  ftimmten  ^atpotifen  unb  9Jtono= 
pppfiten  überein ;  and)  bie  Parteien  ber  tepteren  fudpten  einanber  als  Origeniften 
ju  branbntarten2.  Somit  fdpien  etmaS  für  bie  ^urüdfüprung  ber  Vtonopppfiten 
gemonnen ,  in  ber  Spat  aber  mar  bieS  nur  untergeorbneter  Vrt ;  mepr  tonnte 
man  fidß  Don  einer  anbertt  Verurteilung  Derfprecpen,  bie  ben  Derpaßten  9ieftorianiS= 
ntuS  bis  ins  innerfte  §erj  ju  treffen  geeignet  fdpien. 

C.  Ufr  Drcihapitclflrrit. 

Duellen.  —  Elften  beS  fünften  allgemeinen  ßonjili  bet  Mansi,  Conc.  Coli.  IS, 
163  sqq. ;  tpefele,  ßonciliengefcp.  II  (2.  2lufL),  798  ff.  Vriefe  ber  köpfte  bei  Jaffe, 
Reg.  Pont.  Rom.  I  (Berol.  1885),  117  sqq.  Liber  Pontificalis  ed.  Duchesne.  Yol.  I. 


1  Über  bie  ffinfgepn  ßanoneS  gegen  Drigeneö  f.  £>efele  a.  a.  D.  II,  790  ff.  Sion 
ber  Slerurteilung  beö  OrigeneS  auf  jener  ©tjnobe  reben  mit  berfdpiebenen  ®etailangaben 
Evagr.  1.  c.  IV,  38.  Theophan.  1.  c.  p.  501.  Cyrill.  Scythop.  1.  c.  c.  90.  Anastas. 
Sinaita,  Viae  dux  c.  5  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXX1S,  101).  Niceph.  Call.  1.  c.  XVII, 
27.  28;  über  bie  Sfntproniftifen  fpüterer  tPatriardpen  ogt.  Nicephor.,  Ad  Leon.  III. 
( Migne  1.  c.  C,  193).  Phot.,  Ep.  1  ad  Nicol,  p.  141,  ed.  Balettas ;  Ogi.  Ep.  1  ad  Mich, 
n.  15,  p.  213,  aber  aud)  Sophron.  Hierosol. ,  Ep.  ad  Serg.  ( Migne  1.  c.  LXXXVII, 
3185).  Conc.  Lateran.  649  can.  18.  Conc.  oecumen.  VI.  act.  17.  18.  Conc.  oecum. 
VII.  act.  7. 

2  Stad)  Timoth.  Constantinop.,  De  recip.  liaeret.  {Migne,  Patr.  gr.  LXXXVT,  64) 
nannten  fid)  tppüoponianer  unb  ßouoniten  toedjfelfeitig  Origeniften  mit  Dtücffidjt  auf  bie 
Derfcßiebenen  Sluäfbrücße  beö  SUejanbrinerä  über  bie  Sluferftepung  (f.  unten). 


602 


®ie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifcpen  ßultureinpeit. 


Facundus  Herrn.,  Pro  defensione  trium  capitulorum ;  Liber  contra  Mocianum ;  Epist. 
fidei  cathol.  in  defensione  trium  capit.  ( Migne ,  Patr.  lat.  LXVII,  527  sqq.).  Ful- 
gentius  Ferr. ,  Epist.  ad  Pelagium  et  Anatolium  (ibid.  p.  921  sqq.).  Pontianus, 
Epist.  ad  Iustinian.  imp.  (ibid.  p.  995  sqq.).  Rusticus ,  Contra  Acephalos  disput. 
(ibid.  p.  1167  sqq.).  Verecundus  Iunc.,  Excerptiones  et  Commentaria  ( Pitra ,  Spicil. 
Solesmense  t.  IV.  Par.  1858).  Liber atus,  Breviarium  causae  Nestor,  et  Eutychian. 
{Migne,  Patr.  lat.  LXVIII,  969  sqq.).  Victor.  Tunnun.,  Chronica  (ibid.  p.  937  sqq.; 
Mommsen,  Mon.  Germ.  Auct.  ant.  XI  [Berol.  1894],  163  sqq.).  Marcellin.  Com., 
Chron.  {Migne  I.  c.  LI,  942  sqq.  Mommsen  1.  c.  p.  37  sqq.).  Evagr.  Schot.,  Hist, 
eccl.  IV,  37  sqq.  Vita  S.  Sabae  c.  72  sqq. 

Sitteratur.  —  e f e I e  a.  a.  D.  II,  798  ff.  (bort  bie  älteren  SBerle).  Coustant, 
De  epistolis  et  registris  Rom.  Pont,  (bei  Pitra,  Analecta  novissima  Spicil.  Solesm. 
altera  contin.  I  [Par.  1885],  366  sqq.).  ißunfeS,  ißapft  3}igiliu§  unb  ber  SreG 
fapitelftreit.  9JUind)en  1864.  3u  Vincenzi ,  In  S.  Greg.  Nyss.  et  Origen,  scripta  et 
doctrinam  nova  recensio  cum  Append.  de  actis  synodi  V.  oecum.  Romae  1865,  Ogi. 
tpergenrötper,  2peoI.  ßitteroturbl.  1866,  ©.  543  ff.  Duchesne,  Vigile  et  Pblage 
(Revue  des  quest.  histor.  XXXVI  [1884],  369  ss. ;  baju  Chamard,  ibid.  XXXVII, 
540  ss.,  unb  loieber  Duchesne,  ibid.  p.  579  ss.).  Leveque ,  Etüde  sur  le  pape  Vigile. 
Amiens  1887. 

Unter  beit  brei  Kapiteln  ober  51  r titeln  merben  Perftanben:  1)  bie 
Sßerfon  unb  bie  ©Triften  beS  ©peobor  bon  fütopfueftia  (©.  492  ff.), 
2)  bie  gegen  (Sprit!  ju  ©unften  beS  iJteftoriuS  berfaßten  ©Triften  beS  3tpeo= 
boret  bon  ßpruS,  3)  ber  bon  gleicher  ©efinnung  jeugenbe  SBrief  beSSbaS 
an  bett  Werfer  9J?ariS.  ©ct)on  oft  tnaren  SEpeobor  atS  Seprer  beS  ifteftoriuS, 
feine  ©Triften  atS  neftorianifdj ,  bie  genannten  toeiteren  ©cpriftfiüde  als  bem 
fJteftorianiSmuS  giinftig  gebranbmarft  tnorben1;  ben  üftonopppfiten  mären  fie 
überaus  berpaßt,  unb  bie  ©dmnung,  bie  fie  bisher  genoffen,  biente  als  Sßor= 
roanb,  bie  $atpolifen  beS  fReftorianiSmuS  ju  befcpulbigen.  Utn  biefen  tßortoanb 
$u  befeitigen  unb  um  jugleicp  bie  5tufmcrffamfeit  ^uftinianS  bon  ber  Origeniften= 
fache  abjutenfen,  fotnie  bie  (Belehrten  anbertoeitig  ju  befcpäftigen ,  beftimmte 
Speobor  5tSfibaS  mit  feinen  fyreunben  ben  ^aifer,  ein  feierliches  23cr= 
bammungSebift  gegen  biefe  brei  Kapitel  ju  erlaffen.  ®ieS  fcf)ien  um  fo  leidster 
ju  erreichen,  als  eine  fotcpe  Serbammung  facptid)  gerechtfertigt  unb  bie  9Uid= 
ficht  auf  bie  5Intioipenif(pe  ©cpute  feit  ihrem  tBerfatt  unb  ihrer  Sßerpflanjung 
in  baS  feinbfelige  Sßerferreid)  bjtntücggefallen  mar;  ferner  mar  bamit  ein  bon 
bieten  geäußerter  Sßunfcp  ju  erfüllen  unb  bie  5tuSfid)t  auf  bie  bom  $aifer 
angeftrebte  Stßieberbereinigung  ber  5Ifeppater  unb  ber  betreffs  ber  ©pnobe  bon 
©patcebon  ©dpmanfenben  ju  förbern.  (Sine  Neuerung  tag  hierin  nicht;  fcpon 
oft  mar  gegen  biefe  brei  Kapitel  gefprocpen  motben;  fomopl  bie  origeniftifipen 
5Jtönipe,  bie  ben  fDtopfueftener  als  miffenfcpaftticpen  ©egner  beS  SttejanbrinerS 
tannten,  atS  audj  ipre  ©egner,  bie  ©abaiten,  beren  §aupt  ben  ©peobor  nicht 
minber  berabfcpeute,  fonnten  baburcp  befriebigt  toerben,  ebenfofepr  auch  bie 
^aiferin  Stpeobora,  bie  ©önneritt  ber  fDtonoppp  fiten ;  ben  UnionSpotitifern  fcpien 
fo  ein  ©tein  beS  5tnftoßeS  pinmeggenommen  burip  eine  nachträgliche  ©rgättjung 
beffen,  maS  bie  ©pnobe  hon  ©patcebon  ju  tpun  berabfäumt  patte. 


1  ©egen  bie  brei  ßapitel  be§  XenajaS  f.  Evagr.  1.  c.  IH,  30.  31,  bie  ßonferenj 
bon  533 ,  gegen  3)iobor  unb  Speobor  Conc.  Antioch.  508.  509.  SSgl.  Mansi  1.  c. 
VIII,  347. 


3.  ®ogmat.  Söirren  unter  Sfufiiniait  I.  ®a§  fünfte  aftg.  ßonjil  gu  ßonftantinopet.  603 

®aS  neue  faif erliche  ©bift  bon  544,  baS  fid)  auSbri'tdlid)  bagegen 
berwaprte,  baf;  aus  ipm  etwas  ju tn  9?ad)teil  ber  bierteit  ©pnobe  gefolgert 
werben  fönne,  foüte  burd  bie  II nterf Triften  ber  39ifd)öfe  jum  Urteil  ber  ge= 
famten  $irde  erhoben  werben.  VtennaS,  ber  eS  juerft  erließ,  jögerte  an= 
fangS,  »reit  er  barin  eine  Veeinträdtigung  ber  ©pnobe  bon  ©palcebon  erblidte 
unb  opne  ben  römifefjen  ©tut)!  nidtS  tpun  tnoCfte ;  enblicf)  unterfd)rie6  er  mit 
ber  auSbrüdliden  Vebingung,  baß  and)  ber  ißapft  beiftimme ;  fei  baS  nid)t  ber 
galt,  fo  foüe  ipm  feine  Unterfdjrift  jurüdfgefteQt  werben.  5Iud  ©ppriim  bon 
9Intiod)ien,  3oiluS  bon  5Uejanbrien,  betrug  bon  Serufalem  wtberfianben 
jnerft,  fügten  fict)  aber  bann  bem  ©cbot  beS  $aiferS,  ba  ipnett  SIbfepung  bro^te ; 
betn  Veifpiele  ihrer  Häupter  folgte  bie  weitaus  größte  3Q^  ber  ntorgen= 
länbifden  Vifdjöfe.  9lber  nid)t  fo  gefügig  war  baS  5lbenblanb.  SDer  p  ä  p  ft- 
I  i  d>  e  Segat  ©teppan  wiberfepte  fid)  unb  trennte  fid)  bon  ber  ©emeinfdjaft 
beS  VtennaS,  weit  er  gegen  fein  früheres  Sßerfpredjen  bor  ber  päpftlidjen  ©nt= 
fd)eibung  bie  Unterfdrift  geleiftet  pabe.  3m  ganzen  Occibent,  wo  man  bie 
©driften  bon  Stpeobor ,  SEpeoboret  unb  3baS  nicht  näper  fannte,  bagegen  an 
bem  $onjil  bon  ©palcebon  ftrenge  feftfjiett ,  war  man  gegen  baS  ©bift.  ®a 
bie  bierte  ©pttobe  ben  Vtopfueftener  nicht  jenfuriert,  ben  Sfieoboret  unb  beit 
SbaS  aber  aufgenommen  patte,  ba  ber  SSrief  be§  lepteren  fogar  borgelefen 
worben  war,  fo  glaubte  man  burd)  bie  Verwerfung  ber  brei  Kapitel  bie 
©pnobe  beeinträchtigt ;  man  überfap,  bap  Stpeoboret  unb  3baS  auSbrüdlid 
ben  VeftoriuS  patten  berurteilen  müffen,  ipre  ^erfonen,  nid)t  aber  ipre 
©driften  gered)tfertigt  worben  waren,  über  bie  brei  Kapitel  als  folde  ju 
©palcebon  fein  Urteil  abgegeben  worben  war;  nur  einige  Vtitglieber,  nicht  bie 
©pitobe  felbft,  patten  ben  Vrief  beS  3baS  als  ortpoboj  bejeidnet,  baS  ^päretifde 
baran  patte  SbaS  opnepin  in  feiner  ©rflärung  abgefdworen.  ferner  jweifelte 
man  im  Occibent  baran,  ob  eS  fid  redtfertige  ober  aud  nur  jwedmäpig  fei, 
längft  im  grieben  ber  $irde  beworbene  9Jiänner  nad)  iprern  SEobe  ju  §ertfu= 
rieren ;  man  patte  Verbad)t  gegen  ben  Vöanfelmut  unb  bie  Unbeftänbigfeit  ber 
©rieden  unb  napm  itod)  befonberS  baran  Slnftop,  bajj  bie  weltlide  ©ewalt  eS 
war,  bon  ber  baS  berbamtnenbe  Urteil  auSging.  VefonberS  nadbrüdlid  fpraden 
fid  hierüber  fdfriftlid  bie  Vifd)öfe  2)aciuS  bon  Wailanb  unb 
f  unb  uS  bon  er  miaue  aus,  bon  betten  letzterer  in  ber  fdärfften  Söeife 
ba§  ©bift  befeimpfte.  ®er  afrifanifdc  Vifdof  ^ßontianuS  fdrieb  bem 
$aifer,  bie  in  bem  ©bift  berurteilten  ©driften  feien  in  ülfrifa  nid)t  befannt 
geworben,  würben  fie  aber  aud  befannt  unb  als  nidt  ganj  red)tgläubig  be= 
funben,  fo  fönne  man  fid)  gegen  gefäprlidje  ©teilen  berwapren,  optte  fdon 
Verfiorbette  boreilig  ju  berurteilen;  würben  biefe  nod)  leben  unb  ipre  3rttümer 
feftpalten,  bann  fönne  man  fie  mit  allem  9ted)t  anatpematifieren ;  ba  fie  aber 
bor  ©otteS  ©eridt  ftiinben,  bon  bem  niemanb  appellieren  fönne,  fo  möge  man 
fid)  püten,  burd)  ipre  Verurteilung  Diele  Sebenbe  in  fdtüeren  ©cmiffenSbrud  ju 
berfepen ,  wofür  ber  9?id)ter  ber  Sebenbigett  unb  ber  SEoten  einft  Dtedjenfduft 
forbern  werbe.  9lud)  ber  SDiafott  fyerranbuS  bon  £t’artpago,  an  ben  fid) 
bie  römifdeu  ®ia'fonen  s^3elagiuS  unb  5lnatoliuS  in  biefer  ©ad)e  watibten, 
fprad)  fid)  nadbrüdlid  gegen  baS  ©bift  auS,  baS  eine  neue  Unterfudung  bcS 
ß’onjilS  bon  ©palcebott,  wenigftenS  eine  teilweife,  anjuftellcn  unb  bent  Urteile 


ß04  2>ie  Äiripe  I>ei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  ßultureinpeit. 

ber  Kircpe  burd)  Saiengematt  borgugreifett  festen.  ©iefe  ©timmung  mar  im 
9Ibenbtanbe  borperrfepenb. 

Suftinian  fud)te  bor  allem  ben  ^3apft  93  i  g  i  1 1  u  §  auf  feine  ©eite  ju  gieren 
unb  lub  ipn  begpatb  bringenb  naep  Konftantinopel  ein.  ©iefer  folgte  in 
93orau§fid)t  großer  tffiibermärtigteiten  nur  ungern;  er  gögerte  lange,  piett  fiep 
ba§  Sapr  546  fjinburd)  in  ©igilien  auf,  reifte  bann  über  |)ella§  unb  Sltpritum 
unb  traf  am  25.  Januar  547  in  ber  Kaiferftabt  ein,  too  er  auf  ba§  glängenbfte 
empfangen  marb.  ©er  Kaifer  erbat  fiep  feinen  ©egen  unb  umarmte  ipn  unter 
©frönen.  ©a§  gute  ©inbernepmen  bauerte  aber  niept  lange.  93igiliu§  billigte 
ba§  23enepmen  feiner  Segaten  unb  üerfagte  bem  üflennaS,  ber  einft  burd)  Unter= 
Zeiepnung  ber  gönnet  be§  tpormi§ba§  fiep  bem  römifepen  ©tupte  git  folgen  ben 
pftieptet  unb  feine  befonbere  gufage  gebroden  ^atte,  bie  ©emeinfepaft,  be^gleicpen 
ben  33ifcpöfeit,  bie  ba§  faifertic^e  ©bift  unterfd)rieben  patten.  ©r  unb  feine 
Umgebung  fapen  barin  eine  üftaepination  zu  ©unfien  ber  51feppater,  über  bie 
93igitiu§  baS  Ülnatpem  erneuerte.  9Jtenna§  aber,  ber  ben  Kaifer  meit  mepr 
fiirdjtete  at§  ben  ^ßapft,  trat  nun  aud)  gegen  ifm  auf  unb  lief;  feine  Komme= 
moration  in  ber  Siturgie  meg.  23igitiu§  piett  gteiep  anbern  ©ccibentaten  ba§ 
©bift  für  unnüp  unb  bebenfüd),  fd)on  au§  formellen  ©rünben,  bamit  e§  nid)t 
fc^eine ,  at§  motte  man  ba3  Konzil  bon  ©patcebon  aPfepaffen,  unb  bamit  ber 
Kaifer  niept  bie  pöd)fie  lutorität  in  Kirepenfacpen  fid)  beitege.  ^uftinian  ber= 
fjanbette  mit  ipm  meprmalä  teils  perföntid)  teils  burd)  33ifd)öfe  unb  ©taatS= 
beamte;  er  lief;  ben  ^ßapft  fogar  eine  geittang  bemad)en  unb  bon  altem  fßerfepr 
aPfeptiefjen,  fo  baf;  biefer  erttärte:  „2öenn  ifir  aud)  miep  gefangen  pattet,  ben 
peitigen  9(poftet  ^SetruS  fönnt  ipr  nid)t  jum  ©efangenen  maepen."  ©oep  mupte 
93igiüuS  im  Umgänge  mit  orientatifd)en  ^rätaten  fid)  halb  überzeugen,  baf; 
biefe  größtenteils  mit  bem  Kaifer  einberftanben  maren,  baf;  fein  fortgefepter 
Sßiberfianb  eine  neue  ©pattung  z'uifepen  ©rieepen  unb  Sateinern  perPeifüpre, 
baf;  für  bie  SBermerfung  ber  ipm  früper  niept  ttäper  befannten  Kapitel  niept 
unerpePtidje  ©rünbe  bortagen,  ©o  ließ  er  fiep  auf  neue  Unterpanbtungen  ein, 
Zumal  ba  aud)  bie  Kaiferin  zu  bermittetn  fnepte ,  ftetlte  feinen  ^Beitritt  zu  ben 
SJtafmapmen  beS  ^aiferS  in  5tu§fid)t  unb  fnüpfte  bie  SSerBinbung  mit  9Jienna§ 
rnieber  an,  ber  ben  Dtamen  be§  ißapfte§  in  ben  ©iptptpen  mieberperftellte.  ©ie 
5tu§föpnung  fanb  am  gefte  ber  5tpoftetfürften  (29.  3uni  547)  ftatt* 1. 

©er  ^apft  piett  nun  Konferenzen  mit  ben  in  ber  Kaiferfiabt  anmefenben 
Sifepöfen,  bon  benen  fiebzig  ba§  faifertiepe  ©bift  nod)  niept  unterfcprieben  patten, 
infolge  berfetben  ertieß  er  bann  (11.  5tprit  548)  fein  an  33tenna§  gerichtetes 
(bi§  auf  23rud)ftüde  jept  bertorene§)  pubica  tum.  Unter  fräftigfter  iffiaprung 

1  Procop.,  De  bello  goth.  III,  15  sq.  Contin.  Marcellin.  Cliron.,  ed.  Roncalli  II,  530. 
Theophan.  1.  c.  p.  496.  Malalas,  Chron.  1.  XVIII  {Migne ,  Patr.  gr.  XCVII,  700). 
Greg.  M. ,  Ep.  1.  II,  n.  51,  al.  36.  Mansi  1.  c.  IX,  1105.  Facund. ,  C.  Mocian., 
Migne,  Patr.  lat.  LXVII,  860  sq.  Niceph.  Call.  1.  c.  XVII,  26.  Iustin.  Ep.,  bei 
Mansi  1.  c.  p.  182 ;  Ep.  cleri  ital.  ad  Franc,  legatos,  ibid.  p.  47.  9)on  bem  im  erften 
3apre  ber  Slntoefenpeit  be§  SStgiliug  in  ßonftantinopel  gegebenen  SBerfbreepen  beSfetben 
„se  eadem  capitula  damnaturum“  reben  Facund.  1.  c.  Theophan.  1.  c.  Niceph.  Call. 

1.  c.  Constantin.,  In  Conc.  oecum.  V.  act.  7,  bei  Mansi  1.  c.  p.  347.  $ie  Jlnei  SSriefe 
(ibid.  p.  351.  347.  349)  tourben  im  Conc.  oecum.  VI.  act.  3  nlä  uneept  angefoipten 
unb  finb  mtnbefieng  interpoliert. 


3.  Sogmat.  2Birren  unter  Ofuftinian  I.  ®a§  fünfte  atfg.  ßonjil  311  Äonftantinopel.  605 

bet-  Autorität  ber  bier  allgemeinen  ^vottgilien,  inSbefonbere  beS  vierten,  fprad) 
er  barin  baS  9tnatpem  aus  über  bie  gottfofen  ©tpriften  beS  Speobor  Don 
fDtopfueftia  farnt  feiner  ^ßerfon ,  über  ben  33rief,  ben  SbaS  an  fDtaris  ge= 
fcprieben  paben  füllte  (aud)  3uftinian  patte  ben  Srief  atS  unterfcpoben  be= 
jeicpnet),  fotnie  über  bie  gegen  ben  redften  ©tauben  ttnb  bie  jmötf  Kapitel  beS 
©prittuS  gerichteten  ©Triften  beS  Speoboret.  (Sr  toollte  fo  bie  aufgeregten  ©e= 
tniiter  befdpmidptigen ,  bie  ©riecpen  burd)  bie  objettio  gerechtfertigte  fßenoerfung 
ber  brei  Kapitel,  bie  Sateiner  burd)  bie  Söaprung  beS  9lnfepenS  ber  ©pnobe 
Don  ©patcebon  berupigen,  utib  fepte  babei  bie  33ebingung,  baff  bamit  ber  ©trat 
gänzlich  rupen  fotle.  21ber  biefe  Sebingung  tourbe  nicht  erfüllt.  Sie  3lbenb= 
lünber,  befonberS  SaciuS  unb  gatunbuS,  erhärten  fid)  fepr  fcparf  gegen 
baS  9tftenftüd,  ebenfo  meprere  afrifanifd)e  fDtöncpc;  fetbft  bie  gtnei  römifd)en 
Siafonen  9tuftituS  (beS  ^3apfteS  fttejfe)  unb  ©eba  ft  ianuS  erpoben  fiep, 
obfepon  fie  int  Anfänge  baS  Subicatnm  gebilligt,  fepr  peftig  gegen  ipn,  0er= 
breiteten  über  ipn  bie  naepteitigften  ©eriid)te  unb  tropfen  feinen  Söarnungen, 
fo  baff  er  fie  julept  iprer  Stüter  entfepte  unb  mit  bem  iöanne  belegte.  SJtan 
Derbreitete  fätfeptiep,  ber  ^apft  pabe  aud)  —  gegen  baS  ^onjit  Don  ©patcebon 
—  bie  ißerfonen  Don  Speoboret  unb  $ba§  Derbammt  unb  bie  betrete  feiner 
Vorgänger  umgeffofjen.  SßigitiuS,  ber  aud)  naep  bem  Sobe  ber  Speobora 
(28.  3uni  548)  auf  ben  Sßunfd)  beS  ^aiferS,  jumat  ba  Üiom  549  burd) 
Sotita  toieber  erobert  matb,  in  ber  griecpifd)en  ^>auhtftabt  jurüdbtieb  unb 
Don  Speffatonicp  aus  toieber  bapin  juriidtam ,  fuepte  in  meprerett  ^Briefen  bie 
53if<pöfe  ©ft)tpien§  unb  ©attienS  über  bie  tpaltlofigfeit  biefer  Sepauptungen 
anfjuttären;  aber  Icptere  fanben  ©ingang  bei  ben  33iftpöfen  Don  Stlprien, 
Dalmatien  unb  9tfrifa,  bie  549  unb  550  fiep  Don  ber  ©emeinfepaft  beS 
93igiliuS  trennten.  Sn  ber  ^aiferftabt  befepäftigten  fiep  9t  u  ft  i  t  u  §  unb  33ifcpof 
9Serefunbu§  Don  Sunca  mit  ©tubien  unb  9luSji'tgen  auS  ben  Elften  Don 
©patcebon,  um  barin,  jumat  betreffs  ber  ^3erfon  beS  SbaS,  neue  SBaffen 
311  finben1.  2öaS  friiper  unerpört  mar:  ber  römifdpe  33ifchof  ftanb  mit  ben 
©ried)en  ben  tateinifdpen  53ifd)öfen  gegenüber,  unb  bie  tßermirrung  mehrte  fid» 
Don  Sag  ju  Sag. 

3m  ©omtner  550  tarnen  ^5apft  unb  ®aifer  überein,  eS  fotle  ein  alt 
gemeines  Stonjil  unter  Seilnaptne  ber  abenbtänbifd)en  Sifcpöfe  gepalten, 

1  Vigilius,  Iudicati  fragm.,  bei  Mansi  1.  c.  IX,  81.  104  sq. ;  Ep.  12  ad  Valent. 
Tom.  (Dom  18.  UJtörj),  Ep.  13  ad  Aurel.  Arel.  (Oom  29.  2©ril  550)  bei  Mansi  1.  c. 
p.  359.  361.  Über  fftuftituS  unb  ©ebaftian  Ogi.  Ep.  14  (ibid.  p.  351).  Über  iftufiifuS 
unb  23erefunbu<>  f.  Pitra,  Spicil.  Solesm.  IV,  192  sq.  S3gl.  §efele  a.  a.  O.  II,  816  ff. 
Grisar,  Analecta  Romana  I,  56  sqq.  2luf  ben  SBiberftanb  be$  SigiliuS  Oor  feiner 
Prüfung  ber  brei  ttapitet  unb  Oor  ©rlap  beS  Ofubicatum  finb  toopl  bie  bei  Pelag.  II., 
Ep.  3  ad  Istriae  episc.  angeführten  Sßorte  ber  ©piömatiter  ju  bejiepen:  quod  in 
cansac  principio  et  Sedes  Apostoliea  per  Vigilium  Papam  et  omnes  latinarum  pro- 
vinciarum  principes  damnationi  trium  capitulorum  fortiter  restiterunt ;  beögleicpen  bie 
Slnttoort  bei  tpapfteä :  Latini  quippe  homines  et  graecitatis  ignari ,  dum  linguam 
nesciunt,  errorem  tarde  cognoverunt,  et  tanto  iis  celerius  credi  debuit,  quanto 
eorum  Constantia,  quousque  verum  agnoscerent,  a  certamine  non  quievit.  Si  igitur 
in  trium  capitulorum  negotio  aliud  quum  veritas  quaereretur,  aliud  autem  inventa 
veritat e  dictum  est,  cur  mutatio  sententiae  isti  Sedi  in  crimine  obicitur,  quae  a 
cuncta  Ecclesia  humiliter  iii  eius  auctore  veneratur  ? 


606 


Sie  Äirdje  bet  ber  Sluftöfung  ber  römifdjen  ßuttureinpeit. 


bis  bapin  alles  disputieren  über  bie  brei  Kapitel  unb  jeber  neue  Sdjritt  in 
biefer  Sadje  unterlagt  unb  betn  ^ßapfte  fein  Subicatum  einfttneüen  guriid= 
gegeben  werben.  SeplereS  gefcpap  fofort;  für  baS  beabfidjtigte  ^ongil  würben 
Vorbereitungen  getroffen.  3m  3uni  550  würbe  auf  Veranstaltung  beS  ßaiferS 
öon  einer  ©pnobe  gu  ÜRopfueftia  fonftatiert,  bap  feit  Vtenfcpengebenfen 
ber  fRame  beS  früheren  VifdjofS  dpeobor  auS  ben  diptpdjen  biefer  ®ircpe  auS= 
geftricpen  unb  bafür  ber  beS  pt.  (SprittuS  eingetragen  worben  fei.  9Iber  bie 
abenbtänbifdjen  Vifdjöfe  fdjeuten  fiep,  ber  Berufung  gur  ©pnobe  gu  entfpredjen. 
die  Slipriet  tarnen  gar  nicpt,  bie  Vfrifaner  fanbten  deputierte,  nebft  )ftepa= 
ratuS  bon  ^artpago  ben  ^rimaS  ffirtnuS  bon  Otumibien  unb  gwei  bpga= 
ceniftpe  Vifdjöfe,  bie  bietfad)  mit  dropungen  unb  (Sefdjenfen  bearbeitet  würben; 
gwei  babon  würben  gut*  Unterfdjrift  beS  faiferlidjen  (SbifteS  bewogen,  bie  anbern, 
barunter  VcparatuS  wegen  angeblichen  potitifcpen  VtorbeS ,  epiliert.  SÖäptenb 
nun  bie  abenbtänbifdjen  Vifdjöfe  nod)  weniger  fiuft  begeigten  gu  erftpeinen,  bracp 
ber  tpof  baS  mit  VigitiuS  abgefdjtoffene  Übereinfommen;  man  tief}  im  ißalafte 
bor  bieten  griedjifdjen  Vifdjöfen  eine  neue  Sdjrift  gegen  bie  brei  Kapitel  ber= 
tefen  unb  bon  ipnen  untergebnen,  dpeobor  VsfibaS,  ber  gwuptanftifter, 
unb  feine  (Betroffen  entfdjutbigten  fiep  bei  betn  Zapfte,  ber  fie  barüber  gur  fRebe 
ftctlte,  unb  baten  um  Vergebung;  aber  fie  berbreiteten  gteicpwopt  jene  ©djrift 
noch  weiter,  reigten  ben  ß'aifer  gegen  Vigilius  unb  bewogen  ipn  gur  Ver= 
öffenttidjung  eines  weiteren  ©bifteS1  unter  beut  Oiamen  eines  ©laubenS^ 
betenntniffeS  (551).  sieben  einer  ausführlichen  dartegung  ber  drinitäts=  unb 
SnfaruationStepre  enthielt  baSfelbe  13  VnatpematiSmen  mit  ber  SBibertegung 
berfdjiebener  ©inwänbe  ber  Verteibiger  ber  brei  Kapitel,  g.  V.  bah  ber  Vrief 
beS  SbaS  gu  (Spalcebon  gutgepeipen  worben,  bie  Verurteilung  Verdorbener 
berboten ,  bap  ber  ÜRopfueftener  bon  ben  rechtgläubigen  Vätern  gepriefett 
worben  fei2. 

damit  war  eine  fperfiettung  beS  güiebenS  nocp  biet  mepr  erfdjwert  unb 
bie  betn  ißapfte  gegebene  ^ufage  gebrotpen.  der  a p ft  berwaprte  fiep 
gegen  biefe  Verteilung  beS  ÜbereinfomtnenS,  naep  welchem  bor  ber  beabfieptigten 
©pnobe  niepts  in  biefer  Sacpe  gefepepen  fottte,  unb  betrachtete  fiep  fortan  als 
feiner  Verpflichtungen  entbunben.  (§r  fap  abermals  ein  eigenmädjtigeS,  ber  fpno= 
baten  (Sntfcpeibung  borgreifenbeS  ©infepreiten  beS  befpotifdjen  SelbftperrfdjerS, 
wetdjeS  baS  Vecht  ber  fircplidjen  Vutoritat  göngtiep  in  grage  fteüte  unb  bie 
(Bef apr  ber  (Spaltung  bebeutenb  üergröperte.  5Iuf  einer  in  feiner  SBopnung, 
bent  ißtacibiapalafte,  gepattenen  Verfammtung  grieepifeper  unb  lateinifdjer 
Vifdjöfe  bertangte  Vigilius,  fie  fottten  ben  $aifer  bitten,  baS  angeftplagene  (Sbift 

1  Ser  fdjriftliipe  6ib  öeg  Vigilius  Dom  15.  2Iuguft  550  ( Mansi  1.  c.  IX,  363) 
ift  bon  gtoeifelijafter  ©djtfjeit,  tote  nidjt  blop  Vincenji  (In  S.  Greg.  Nyss.  et  Origenis 
scripta  et  doctrinam  nova  recensio  t.  IV,  c.  18,  p.  208),  fonbern  and)  Vatterini  (Opp. 
Norisii  [ed.  Veron.  1729  sq.]  IV,  1037  sq.)  unb  anbere  Äritifer  nad)3Utoeifen  fudjten. 
Sa§  uielfad)  beanftanbete  ©bift  gegen  Speobor  3l§!iba3  f.  bei  Mansi  1.  c.  p.  59 ;  ben 
Vrief  ber  italienifdjen  ©eiftlidjen  ibid.  p.  153;  über  bie  ©tjnobc  oon  Vtopfucftia  ibid. 
P-  274 — 289.  Vgl.  §efele  a.  a.  D.  II,  882  f.  Über  ba§  ©djicffal  ber  Slfrifaner  Ogi. 
Victor.  Tunnun.,  Chron.,  ed.  Gallandi  1.  c.  p.  280. 

2  OpoXoyia  Tziorswq  ’loucnaaavoij  aöroxpdzopog  bei  Mansi  1.  C.  IX,  537 — 582. 
Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  993—1035.  Vgl.  §efele  a.  a.  £>.  II,  836  ff. 


8.  Soginat.  SBinen  unter  ^uftinian  I.  ®a§  fünfte  attg.  fionjil  31t  ßonftantinopel.  607 

toieber  jtt  entfernen  unb  bis  jur  gemeinfamen  Beratung,  inSbefonbere  bis  jur 
SteinungSäufeerung  ber  lateinifdjen  Prälaten  ju  tnarten,  unb  falls  bieS  ntd)t 
gemäbrt  roerbe,  ifjre  Unter)' cferift  bem  ©bitte  berfagen ;  anbernfaHS  rnerbe  fie  ber 
©tut)!  Petri  mit  bem  Sanne  belegen.  Aud)  TaciuS  Oon  SJtailanb  fpracfe  fi(b 
in  biefem  ©inne  aus.  Aber  ber  proteft  blieb  unbeachtet,  ja  gleich  barauf  jog 
Theobor  ASfibaS,  ber  iljn  bei  ber  Serfammlung  mitangetfört,  mit  ben  ihm 
ergebenen  53ifd;öfen  nad)  ber  Kirche,  an  ber  baS  ©bift  angefd)Iagen  mar,  hielt 
bort  feierlichen  ©otteSbienft,  ftrid)  ben  Patriarchen  3oiluS  oon  Alej’anbrien, 
ber  bie  brei  Kapitel  nicht  Perbammen  mollte,  au§  ben  Tiptpdjen  unb  proflamierte 
ohne  meitereS  ben  Apollinaris  als  beffen  Nachfolger,  mof)l  mit  ßuftimmung 
beS  fchroahen  StennaS  unb  jum  £pol)ne  ber  päpftlihen  Autorität.  ©S  hanbelte 
fid)  nicht  mel)r  blofe  um  bie  brei  Kapitel,  fonbern  um  baS  gefamte  9ted)t  unb 
bie  Unabhängigfeit  ber  fird)lid)en  ©emalt.  SigiliuS,  ber  ben  eitlen  fmfbifdjof 
SEheobor ,  ber  nie  in  feinem  ©prengel  refibierte,  längft  gemarnt  h°tte  unb 
nun  3euge  fold)  unerhörter  ©emalttfjaten  mar,  fchlofe  benfelben  oon  feiner  ©e= 
meinfhaft  aus 1. 

^uftinian  mar  l)öd)fi  erbittert  über  biefen  äßiberftanb  unb  bad)te  an 
©efangennahme  beS  PapfieS  unb  feiner  ©efäfjrten.  Tiefer  flüchtete  fid)  in  bie 
Kirche  ©t.  peter  bei  bem  £)ortniSbaSpalafte,  mo  er  feine  frühere  ©tflärung 
neuerbingS  befräftigte,  ben  Tl)eobor  ASfibaS  üöllig  entfette  unb  über  StennaS 
unb  bie  übrigen  Teilnehmer  bis  ju  geleifteter  ©enugtljuung  ben  Sann  auSfprah 
(14.  Auguft  551);  baS  Urteil  marb  menigftenS  jur  öffentlichen  Serfünbigung 
bereit  gehalten.  3hn  umgaben  elf  italienifhe  unb  jmei  afrifanifche  Sifd)öfe. 
Ter  ßaifer  fanbte  ben  prätor  mit  ©olbaten  hin,  um  ihn  gemaltfam  ju  enU 
fernen.  SigiliuS  hotte  ben  Altar  umflammert,  fo  bafe  biefer  beinahe  mit  ihm 
ju  Soben  geftürjt  märe.  TaS  jal)lreid)  herbeigeeilte  Soll  ber  ^auptftabt,  äufeerft 
entriiftet  über  bie  bem  oberften  Sifhof  miberfatfrene  Siifehanblung ,  fomie  ber 
Stifemut  ber  ©olbaten  über  ben  ihnen  jugemuteten  ©d)ergenbienft  Oereitelten 
bie  ©efangennahme.  AIS  ber  ftaifer,  ber  feine  £ifee  ju  bereuen  fdfeen,  ihm 
burh  hol)«  Staatsbeamte  perfönlidje  Sicherheit  berfprehen  ließ,  anfangs  nod) 
mit  ber  Trofeung,  ihn  mit  ©emalt  fortführen  ju  taffen,  falls  er  barnit  fid)  nicht 
jufrieben  gebe,  bann  bie  Seamten  jum  ©d)mur  ermähtigte,  eS  merbe  il)m  fein 
Seib  gefdjehen,  lehrte  er  in  ben  piacibiapalaft  junid.  §ier  aber  trofe  ber  ©ibe 
bemacht,  feiner  treuen  Tiener  beraubt,  Dort  beftohenen  epionen  umgeben,  oon 
«Käufen  aller  Art  heimgcfud)t,  bie  bis  jur  gätfhung  feiner  £anbfd)rift  gingen, 
floh  er,  als  er  feinen  Palaft  Oon  oerbäd)tigen  perfouen  ganj  umringt  fah, 
unter  ©efal)rcu  am  23.  Tejember  551  über  ben  SoSporuS  nad)  ©halcebon 
in  bie  $ird)e  ber  1)1-  ©upt)emia,  in  ber  baS  oierte  $onjit  gehalten  morben  »oar. 
£uer  oeröffentlihte  er  (Januar  552)  fein  Tefret  gegen  Tl)eobor  unb 
SiennaS  unb  mar  längere  3eit  franf.  AIS  ihn  ber  Reifer  unter  bem  Am 
erbieten  eines  neuen  ©ibeS  burd)  hohe  Staatsbeamte  jur  Dtiidfehr  in  bie  £)aupt= 
ftabt  einlaben  liefe,  entgegnete  er,  er  bebürfe  feiner  neuen  ©ibe,  menn  nur 
ber  Inifer  ber  Sfirchc  ben  grieben  miebergeben  moHe,  ben  fie  unter  feinem 


1  Mansi  1.  c.  IX,  58  sq.  Damnatio  Tkeodori;  p.  50  sq.  Encyclica;  p.  151  sq. 
Ep.  cleri  ital.  ad  legatos  Francor. 


608  ®ie  ßirpe  bei  ber  Sluflöfung  ber  romifpen  ßultureinpeit. 

Opeirn  Suftinu?  genoffen ;  er  Verlangte,  bap  ber  $aifer  bie  ©emeinfcpaft  ber  üon 
ipm  ©ebannten  fließe.  3rt  einem  Ptunbfdjreiben  bom  5.  Februar  552  gab 
er  ber  ©priftenpeit  ba?  SBorgefattene  funb  unb  fepte  feinen  (glauben  unb  feine 
SBiinfcpe  au?cinanber.  3n  feiner  ©rniebrigung  flöhte  ber  -Jtacpfolger  ^etri 
nocp  immer  pope  ©prfunpt  ein.  Wan  fucpte  fid)  ipm  ju  nähern.  S3alb  erhielt 
er  bon  ©peobor  21?fiba?,  Wernta?  nnb  anbern  33ifd)öfen  ©cpreiben,  morin  fie 
ipr  geftpalten  an  ben  in  Übereinftimmung  mit  ben  Segaten  be?  3Xpo[toIifd)en 
©tuple?  gefaxten  33efcplüffen  ber  bier  allgemeinen  ^onjilien  fotoie  an  ben  päpft= 
licpen  ^Briefen  erflärten,  in  bie  3uritrfgabe  aller  über  bie  brei  Kapitel  berfertigten 
©cpriften  einmilligten  unb  ben  ^apft  um  Serjeipung  baten  fomopl  tnegen  ipre? 
93erfept?  mit  ben  bon  ipm  ©ebannten  al?  megen  ber  bemfelben  jitgefügten  33e= 
leibigungen,  moran  fie  übrigen?  leine  ©cpulb  paben  roollten.  Oamit  marb  bie 
©acpe  auf  ben  ©tanb,  ben  fie  bor  betn  ©rfcpeinen  be?  leisten  faiferlicpen 
©bitte?  patte,  jurücfgefüprt.  3ept  feprte  SSigiliu?  nacp  ßonftontinopel  jurüif1. 

D.  Das  fünfte  allgemeine  fionjU. 

•  Wenna?,  ber  im  5Iuguft  552  ftarb,  patte  ben  ^3riefter  ©utpcpiu?  jutn 
Utadftolger.  SDiefer  manbte  fiep  am  6.  Januar  553  an  ben  ^ßapfl,  beffen 
Utame  in  ben  ^ircpenbiicpern  bie  erfte  ©teile  nocp  unter  Wenna?  erpalten  patte, 
inbem  er  fein  ©Iauben?belenntni?  einreicpte  unb  ben  Söunfcp  au?fpracp,  bap 
auf  einer  bifcpöflicpen  33erfammtung  unter  päpftlicpem  Sorfipe  eine  ben  bier 
allgemeinen  $on;$ilien  entfprecpenbe  ©ntfcpeibung  über  bie  brei  Kapitel  getroffen 
merbe.  Wit  ipm  unterftprieben  ba?  ©efucp  Slpollinari?  bon  Ullejanbrien, 
Oomnu?  bon  Slntiocpien,  ©lia?  bon  ©peffalonicp  unb  anbere  33if<pöfe. 
feinem  2lntroortfcpteiben  (bom  8.  Januar)  belobte  ber  ißapfi  biefen  ©ifer  unb 
ging  auf  bie  3bee  einer  ©pnobe,  bie  er  ftpon  früper  gebilligt,  gerne  ein.  ©? 
begannen  nun  Serpanblungen  über  bie  23eranftaltung  berfelben,  mobei  ber 
Inifer  ben  Einträgen  be?  ^apfte?  bielfad)  miberftanb.  ©r  toollte  bie  ©pnobe 
nicpt,  mie  IBigiliu?  miinftpte,  in  Italien  ober  ©ijilien  abpalten  laffen  nocp 
feinen  eigenen  33orfcplag  au?füpren,  bie  bom  Zapfte  nampaft  ju  maepenben 
abenblctnbifcpen  Sifcpöfe  ju  berufen;  er  trat  mit  betn  meiteren  Antrag  auf,  bap 
bon  jeber  ©eite  gleicpbiel  Sifcpöfe  jur  SBerpanblung  beigegogen  merben  füllten, 
beutete  ipn  aber  bapin,  bap  bie  gleicpe  3InjapI  au?  febem  ^patriarepat  erfepeine, 
mäprenb  53igiliu?  bie  gleicpe  3aPl  t>on  Orientalen  unb  Occibentalen  berftanb, 
ma?  jur  ©idperung  be?  ©rfolge?  ipm  nötig  fcpien.  ©nblicp  liep  ber  $aifer  tpat= 
fädplitp  bie  ©pnobe  am  5.  Wai  553  in  ^onftantinopel  unter  bem  IBorfipe 
be?  ©utpepiu?  eröffnen  mit  äitfammen  151  53ifcpöfen ,  barunter  nur  fetp? 

1  Vigil.,  Encycl.  ep.  15,  Bei  Mansi  1.  c.  p.  50 — 55;  Ep.  Mennae  et  al.  in 
Vigil.  Constit.  (ibid.  p.  62  sq.).  SpeoBpaneä  (Chronogr.  p.  350)  läfjt  ben  ßaifer  übet 
öa§  Söerfapren  gegen  SigitiuS  Dteue  empfinben  (/lsragsArj^sc?) ,  ebenfo  Fragm.  hist,  bei 
Mai ,  Spicil.  Rom.  II,  III,  p.  1  sq.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXV,  1821.  9lap  lepterem 
warb  $ßigilin§  nap  ber  glopt  Bon  ^uftinian  am  27.  3uni  Indict.  XIII.  empfangen,  nad)= 
bem  im  Stpvil  Borper  UtarfeS  gegen  bie  ©oten  in  tftom  gefenbet  marb,  trag  irrtümtid)  ift. 
3opanne§  ÜDtalalaö  (L.  XVIII;  Migne  1.  c.  XCVII,  701)  fagt,  ber  ßaifer  pabe  fip  mit 
SligtliuS  Indict.  XIII.  am  26.  2funi  anSgeföpnt.  ©an;;  Har  ift  nipt,  toann  SltgiliuS  nap 
ßonftantinopel  jurücfteprte. 


3.  Sogmat.  Sßirren  unter  Sufiinian  I.  Sag  fünfte  aßg.  Äonjil  31t  Äonftantinopel.  609 

^Cfrifaner1.  3uerft  tt>arb  ein  au§fül)rlid)e§  faifetlitpeS  ©Treiben  Detlefen, 
baS  aud)  auf  bie  früheren  ißerßanblungen  mit  23igitiuS  einging2,  bann  ber 
58riefwecpfel  jmifd)en  ©utpcpiuS  unb  bem  fßapfte,  ben  man  nocpmatS  einjutaben 
befeptoß.  SßigiliuS  Dermeigerte  bie  Sei  In  aß  me  an  bet  Beratung  311= 
nädjft  wegen  ber  übergroßen  9Injat)I  Don  orientalifcpen  unb  ber  fHbwefenpeit 
ber  meifien  abenbtänbifepen  Sifcßöfe  fornie  wegen  fftidjtgewäprung  ber  Don  ißm 
geäußerten  Söiinfcpe;  aud)  wollte  er  fiep  Woßl  Dor  $wang  ßüten  unb  fid)  freie 
©ntftpeibung  wahren;  er  mußte  fürdjten,  fein  Slnfepen  ßerabgewürbigt  jufeßen; 
aueß  patte  feiner  feiner  Vorgänger  perfönlid)  an  ben  ©pnobett  beS  Orients 
teilgenommen  unb  ©öleftin  aud)  feinen  Legaten  unterfagt,  in  SiSputationen  fiep 
einjufaffen  unb  als  Partei  31t  erfdjeinen.  ©owoßl  ben  faiferlidjen  Beamten 
als  ber  eßrenDotlcn  ©efanbtfcpaft  ber  ©pnobe  gegenüber,  an  beren  ©piße  brei 
morgentänbifepe  ißatriarcpen  ftanben,  pielt  ber  5ßapft  feine  Weigerung  beßarrtiep 
aufrecht ,  obfepon  Untertpan  unb  in  ber  ©cwalt  eine»  ^aiferS,  ber  ben  orien= 
tatifepen  Prälaten  gegenüber  faft  als  Oberßaupt  ber  ®ircpe  auf3utreten  unb  fie 
nad)  ^Belieben  31t  teufen  Dermod)te;  er  erftärte  fiep  nur  bereit,  fein  Urteil  ge= 
fonbert  absugeben.  SSott  ber  erfolglofen  ©intabung  warb  am  8.  ÜRai  in  ber 
3Weiten  ©ißung  33etidjt  erftattet  unb  bie  in  ber  §auptffabt  noep  anwefenben 
abenbtänbifepen  33ifd)öfe  3um  ©tftßeinen  aufgef orbert ,  Don  benen  aber  tneprere 
wegen  fJlicptbeteiligung  beS  ^ßapfteS  311  fommen  Siebenten  trugen.  Sn  ber 
britten  ©ißung  (9.  fDtai)  warb  nad)  33erlefung  ber  früperen  ^rotofotte 
ein  bem  Dier  Sage  3uDor  mitgeteitten  faiferlicßen  ©epreiben  gan3  entfpretpenbeS 
©taubenSbefenntniS  abgelegt  unb  eine  befonbere  Sierßanblung  über  bie  brei 
Kapitel  an  einem  anbern  Sage  befeptoffen. 

Sn  ber  Dierten  ©ißung  (12.  ober  13.  fDJai)  würben  einunbfiebjig 
ßäretifepe  ober  anftößige  ©äße  beS  Speobor  Don  föf opfueftia  Detlefen  unb 
Derurteilt,  in  ber  fünften  (17.  fDtai)  über  beffen  Sefäntpfung  burtp  ©prittuS 
unb  anbere  fowie  über  bie  grage  Derpanbelt ,  ob  eS  ertaubt  fei,  auep  in  ber 
$ir<pengemeinf<paft  Derftorbene  ÜDiäntter  nod)  nad)  iprem  Sobe  3U  anatpemati= 
fteren.  Sie  grage  würbe  befaßt  ttaep  früperen  Seifpielen,  nad)  geugniffen  Don 
2tuguftinuS ,  ©prittuS  u.  a.  Safiir  patte  aud)  ©utpcßiuS,  ber  mit  feiner  23e- 
WeiSfüßrung  SufUnianS  ©unft  erlangte,  fcpon  angefüprt,  baß  $önig  Sofias 
bie  ©ebeine  ber  Dcrftorbenen  33aatSpriefter  pabe  Derbrennen  taffen  (2  ifiar. 
34,  5).  Sie  ©pnobe  Don  fDfopfuefiia  Don  550  würbe  ebenfalls  ats  Sieteg 
angefüprt.  ©bettfo  würben  bie  ©treitfepriften  beS  Speoboret  gegen  ©prittuS 
anatpematifiert.  Sn  ber  feepfteu  ©ißung  (19.  5Dkt)  geftpaß  baSfetbe  mit 
bem  Briefe  beS  SbaS,  Don  bem  aber  betnerft  warb,  er  fei  burep  Skrurteitung 
beS  fJteftoriuS  wiberrufen  Worben,  aud)  fei  baS  3U  beffen  ©unfien  311  ©pat- 
ceboit  Don  ©it^elncn  ©efagte  nitpt  baS  Urteil  beS  $onjilS  gewefen.  Sn  ber 
fiebenten  ©ißuttg  (26.  5Jtai)  würben  tneprere  üont  Inifer  gefanbte  Sofu= 
mente  Detlefen,  inSbefonbere  23riefe  beS  ^apfteS  SBigitiuS  bis  3U111  Sapre  550 

1  Entgeh.,  Ep.  ad  Vigil.,  bei  Mansi  1.  c.  IX,  63.  186.  462.  Vigil.,  Ep.  16,  ibid. 
p.  187 — 190.  Über  bie  SBorDerpanblungen  unb  Sitten  Dgl.  .§efele  a.  a.  0.  II,  852  ff. 

2  Sag  act.  I.  Derlefene  fniferlipe  6preiben  ift  im  griepifpen  Sejte  (Mansi  1.  c. 
p.  582.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  1035  sq.),  ben  Slnfang  abgerepnet,  Dom  lateinifpen 
(Mansi  1.  c.  p.  178  sq.)  Derfpiebett. 

fjetgtntßtfiet,  mrd)ertgefdjitf)tc.  I.  4.  Stuft. 


39 


610  Sie  $trd)e  bei  ber  Sluflöfung  ber  römif^en  ßultureinheit. 

unb  ein  Schreiben  beS  ßaiferS  SuftinuS  I.  an  ben  VefeplShaber  £)ppatiuS 
Don  520  betreffs  beS  Verbotes,  bem  Speobor  Don  PKopfueftia  fomie  bem 
Speoboret  ferner  in  ber  Stabt  (5pruS  ein  firdilicpeS  §eft  ju  »eiben.  Ser 
taiferticpe  ^ommiffär  berichtete  noch,  ^ßapft  Vigilius  pabe  burcp  i>en  ©ubbiafon 
SerbuSbei  bem  Inifer  eine  Schrift  pgefanbt,  bie  biefer  nicht  angenommen 
habe,  meSpalb  fie  auch  ber  Spnobe  nicht  mitgeteilt  marb ;  nach  bem  tangeren 
tateinifcben  Sejte  ber  mitten  fott  ber  ^aifer  auch  befohlen  paben,  ben  tarnen 
be§  5ßapfteS  auS  ben  Siptpcpen  ju  ftreichen,  jebocf)  „unbefdjabet  ber  ©emein= 
fdjaft  mit  bem  9Ipoftolifd)en  Stuhle",  was  Annahme  gefunben  habe.  3n  ber 
testen  ©itjung  (2.  Suni  553)  fällte  bie  Spnobe  ihr  (Snburteil  unb  erlief) 
nierjehn  mit  ben  breijepn  SufiinianS  itbereinftimmenbe  VnatpematiSmen.  |)ier 
waren  punbertfünfunbfediwig  Vifdiöfe  wogegen 

SeneS  unter  bem  tarnen  beS  fßapfteS  bon  SerbuSbei  überbrachte,  aber 
Wurüdgemiefene  Scpriftftüd  ift  moht  lein  anbereS  als  baS  unter  bem  tarnen  beS 
(Sonftitutum  bom  14.  ®tai  553  unS  erhaltene,  baS  bie  Unterfcpriften  beS 
VigiliuS,  bon  fechwepn  Vifcpöfen  (neun  Italienern,  brei  Vfiaten,  je  jroei  2ffri= 
fanern  unb  Süpriern)  unb  brei  römifd)ett  sterilem  trug.  Sarin  waren  fechjig 
au§  ben  Schriften  beS  ViopfuefienerS  ausgewogene  Säjje  entfliehen  bermorfen, 
in  fünf  SInathematiSmen  bie  Irrlehren  in  ber  ©priftologie  anathematifiert,  ba= 
gegen  bie  Verurteilung  ber  Sßerfon  beS  Speobor  un^  ^er  anbern  Kapitel 
auSbrüdtid)  berboten1 2.  Ser  ^ßapft  fanb  bie  Scpwierigfeit  befonberS  barin, 
auf  bie  geeignete  51rt  unb  Vßeife  bie  Sache  ju  ertebigen,  fo  bah  bie  Occiben= 
taten  bottfommen  über  bie  Unantaftbarteit  ber  Vefcplüffe  bon  (Spatcebon  be¬ 
ruhigt  mürben,  bah  er  nur  bie  Srrtiimer  ju  bermerfen,  bie  fßerfonen  aber 
mögtichft  ju  fchonen  für  ratfam  unb  geboten  hielt,  bem  Srängen  beS  manfel= 
mütigen  ^aiferS  unb  ber  btinben  fftacpgiebigfeit  ber  griecpifcpen  Prälaten  feinen 
Söiberfprud)  entgegenftetten  wollte,  ohne  ber  Sad)e  beS  ©laubcnS  etwas  ju  ber= 
geben.  Viele  Unregetmähigteiten  tarnen  bor  unb  in  ber  Spnobe  jum  Vorfcpein ; 
baS  Verfahren  QuftinianS  war  entmürbigenb  für  bie  ß'irthe,  unb  mit  gmang 
fudjte  er  bie  Sefrete  ber  Spnobe  jur  Vnerlemtung  ju  bringen.  VIS  enbtich 
Vigilius,  ben  nebft  anbern  Vifcpöfen  baS  %il  getroffen  ju  haben  fcheint,  bem 
Srängen  nachgab  unb  (in  einem  Sd)reiben  an  (SutpdjiuS  bom  8.  Sejember  553 
unb  in  einer  ^onftitution  bom  23.  Februar  554)  bie  Verwerfung  ber  brei 
Kapitel  entfchieben  auSfprach ,  erwähnte  er  bie  eben  gehaltene  Spnobe  nicht, 
fonbern  gab  fein  bannt  übereinftimmenbeS  Urteil,  wie  er  eS  borper  in  9luSfidjt 
geftettt,  unabhängig  bon  berfelben  ab;  erft  nach  unb  nach  erhielt  baS  bon 
(SutpcpiuS  geleitete  ^on^it  ben  -Kanten  beS  fünften  öfumenifd)en3.  3 nt 

1  Mansi  1.  c.  IX,  202  sq.  846.  367  sq.  Eustath.,  Vita  Eutych.  Acta  SS.  Boll. 
t.  I.  Apr.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  2300.  2305  sq. 

2  Constit.  Vigil,  bei  Mansi  1.  c.  IX,  61 — 106.  Günther,  Collectio  Avellana 
(Vindob.  1895)  p.  230  sqq.  §efele  a.  o.  €).  II,  880  ff.  Sie  Sdanten  Iudicatum  unb 
Constitutum  brauet  &igiliu3  (Ep.  ad  Valent.  Tom.)  gleichmäßig  Don  feinem  ©rlaß 
an  fOIennaS  bon  548,  Wie  er  auch  (Ep.  ad  Aurel.)  fagt:  iudicavimus  et  constituimus. 
(Sbenfo  nennt  ber  Vrief  ber  italienifchen  ßlerifer  an  bie  fräntifcpen  ©efanbten  ba§ 
jurüdgeäogene  Iudicatum  mit  bem  Otamen  Constitutum. 

3  Saß  falsa  scripta  bon  3SigiIiuS  umliefen,  ermähnt  biefer  felbft  (Ep.  ad  Aurel. 
Arel.),  unb  nad)  ber  Äußerung  3fuftinian§  an  bie  ßongiläbäter,  baß  Sigiliuä  nah  6rlaß 


3.  Sogmat.  2öirren  unter  Sfufttnian  I.  Saä  fünfte  attg.  ßonjit  31t  ßonftantinopel.  ßH 


IMuguff  554  ftanb  ber  ^ßapft  «lieber  in  gutem  (Sinbernefjmen  mit  bem  ^aifer,  ber 
bamaf§  auf  bejjen  Slnfudjett  feine  pragmatifc^c  ©anftion  für  Italien 

beS  „3ubicatum"  semper  in  eadem  voluntate  perseveravit ,  erfdjeint  bie  ©inneSünbe= 
rung,  bie  ^toifcfjen  bem  5.  unb  14.  Mai  erfolgte,  immerhin  auffallenb.  33iele  berufen 
fid)  auf  bie  Perfcpieben  gebeuteten  SBorte  im  lebten  ©rlaffe  beS  SigiliuS  in  biefer  ©acpe: 
Quaecumque  vero  sive  meo  nomine  (nid)t  a  me)  sive  quorumlibet  pro  defensione 
memoratorum  trium  capitulorum  prolata  fuere  vel  ubicumque  reperta,  praesenti 
nostri  plenissimi  Constituti  auctoritate  evacuamus  (Vincenzi  1.  c.  p.  39).  33on  bem 
Shtpalte  beS  bon  ©erouSbet  überbracpten  ©cpriftftücfS  batte  ber  ßaifer  gar  leine  fienntnis 
genommen ;  es  lag  ber  ©pnobe  fein  2lft  Dor,  aus  bem  fiep  bie  SBefeitigung  beS  ?f3apfte§ 
aus  ben  Sibtpcpen  ftrenge  £)ätte  rechtfertigen  laffen.  Seim  Serlufte  ber  griecpifdjen 
©pnobalalten ,  bei  ben  frübjeitig ,  fd)on  auf  bem  fedpften  ßonjil  (§efele  a.  a.  D.  II, 
855)  toabrgenotnmenen  Interpolationen  berfelben,  bei  ben  Pielfacpen  21btoeidjungen  ber 
Iateinifdf»en  ©jemplare,  ber  £>anbfd)rift  beS  ©uriuS  (1567)  unb  ber  Pon  Saluje  be= 
nutjten  Cod.  Par.  unb  Bellov. ,  jumat  in  ber  fo  toidftigen  act.  VII.  (§efele  a.  a.  D. 
II,  887),  bei  ber  Sücfenpaftigleit  ber  Duellen  überhaupt  ift  nod)  PieleS  in  Sunlel  ge= 
hüllt,  unb  ebenfottenig  fidper  ift  eS,  tpelcpeS  ©jcemplar  für  ben  ißapft  SigiliuS  angefertigt 
tourbe.  Sie  lateinifdjen  ©(hriftftetler  liefern  bürftige  9totijen ,  nnberfpredfen  fich  3um 
Seil,  finb  oft,  toie  namentlich  bie  Slfrifaner,  fehr  leibenfcpaftlich  unb  irren  in  oielen 
©tücfen  (3.  93.  Victor.  Tunnun.,  Chron.  ad  ann.  543).  Sie  ©riechen  finb  noch  bürftiger. 
©oagriuS  ©dfolafticuS  (Hist.  eccl.  IV,  38)  fagt  blof):  BiyiXmg  pkv  oüv  iyypdguug  ouv- 
tü'e.usvog  <r oxsdpeueiv  (in  Conc.  V.)  ob /  s'üszo.  SpeoppaneS  (a.  m.  6045;  Aligne,  Patr. 
gr.  CVIII ,  501):  BtyiXtog  zoig  cruxsAdoömv  ob  mxijdpsuozv  •  d~s XbÜT]  dk  TzoXXibx  xtxrj- 
Xiiv-urj  utzo  rnü  ßamXiwg  xac  iv  rep  IXXuptxw  izsXsu ttjos  ri/x  im  'Piiip.y]v  dxaXbmx  ft dov. 
Seiben  folgt  SlicepporuS  ©atlifti  (Hist.  eccl.  XVII,  27);  c.  29  läfet  er  ben  SigiliuS 
erft  nad)  bem  lebten  päretifepen  ©bitte  SuftinianS ,  bem  er  miberftanben ,  fterben. 
©uftatpiuS  (Eutychii  vita  n.  28.  29;  Aligne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  2308)  nennt  ben 
SigiliuS  unter  ben  Seilnepmern  beS  ßonäilS  unb  toeife  nidjtS  Oon  einem  ©treite,  ebenfo= 
toenig  ©ermanuS  Pon  ßonftantinopel  (De  liaer.  et  syn.  c.  34 ;  Aligne  1.  c.  XCVIII,  72, 
too  ber  9llejanbriner  als  ©tedPertretcr  beS  iPapfteS  auf  ber  ©pnobe  erfdpeint)  Sie  meiften 
©rieepen  fagen  nur,  SigiliuS  pabe  burd)  einen  Libellus  baS  Urteil  ber  ©pnobe  beftätigt. 
©0  Georg.  Hamart.,  Chron.  1.  IV,  c.  218  (Aligne  1.  c.  CX,  780),  Cedren.,  Synopsis  hist- 
(ibid.  CXXI,  720),  Phot.,  Ep.  acl  Mich.  Bulg.  n.  15  (ibid.  CI1 ,  644).  3a  Icpterer 
(De  Spiritus  S.  mystag.  c.  82,  ibid.  p.  365)  rühmt  ben  feinen  SSorgüngcrn  an  Dtupm 
gleidpftepenben  SßigiliuS :  ola  di]  xaxujv  dnapiyxXrjrog  r oig  öpdoig  it/appo^öpenog  d<iy- 
[wuTt  .  .  .  <Tup.(pü)vnug  d<piTjm  <pu>vdq.  97acp  Biblioth.  cod.  18  patte  ißpotiuS  bie  gried)i= 
fepen  211ten  ber  ©pnobe  gelefen.  2fop.  MalalaS  (Chron.  1.  XVIII;  Aligne,  Patr.  gr. 
XCVII,  700)  er3äplt  Pon  ber  Seife  beS  äligiliuS  nacp  ßonftautinopel  unb  Pon  ber  ded 
wag  alriag  xaxonxdg  Pon  ipm  Porgenommenen  ©jdommunilation  beS  MennaS,  ber  aber 
noep  in  bemfelben  3apre  toieber  aufgenommen  toorben  fei ,  übergept  baS  fünfte  ßonjil 
gan3  unb  beridjtet  nur  noep ,  baff  im  SÖinter  ber  VI.  Stnbiftion  (558)  ber  @r3bifcpof 
Pon  ©äfarea  (ßappabocien)  311  23p3an3  ftarb  unb  ben  SpeofrituS  311m  Sacpfolger  patte, 
unb  bag  im  3uni  ber  VII.  Snbiftion  bie  ©pnobica  beS  römifdpen  ipapfteS  überbraept 
tparb  (Aligne  1.  c.  p.  708.  712).  ßäruleuS  (Ep.  1  ad  Petr.  Ant.  c.  9,  ed.  Will 

р.  178  sq.)  loeif;,  bafs  »igiliuS  in  Honftantinopel  aus  ben  Siptpdpen  entfernt  loarb, 
bringt  aber  Piele  3rrtiimer  oor;  ipn  bcrid)tigt  ipetruS  Pon  31ntiod)ien  (Ep.  ad  Caerul. 

с.  2  sq.,  p.  190  sq.) ;  aber  er  fennt  nur  bie  Spatfacpe,  bafe  ber  'flapft  nad)  feiner  21  n-- 
tunft  ben  URenuaS  eEfommunisierte  unb  bie  ©ppunftion  nur  furse  Seit  toäprte.  2Iom 
©£Ü  beS  S3igiliuS  panbeln  ber  Liber  Pontificalis  unb  MarcelUn.  Chron.,  ed.  Roncalli 
II,  333;  bie  anbern  Duellen  pabeit  baoon  nid)tS.  SaS  ©epreiben  „Scandala“,  3uerft  non 
«PetruS  be  «Diarca  aufgefunben  (bei  Mansi  1.  c.  IX,  414 — 420),  toarb  Pon  © a r n  ier 
unb  äHncengi,  baS  aitbere,  „Aetius  archidiaconas“,  baS  S8alu3e  gab  (Alansi  1.  c. 
IX,  457  sq.  Joffe,  Reg.  Pont.  u.  937),  Pon  Samberger  (©pndjron.  ©efcpidjte  beS 
Mittelalters  I,  161  ff.  175  ff.;  ßrititpeft  I,  83  ff.)  beanftaubet.  Sgl.  ©rifar,  ©cfdh. 
9tomS  unb  ber  ipäpfte  I,  574  ff. 


39* 


612  Sie  ßirpe  bei  ber  2tuflBfung  ber  römifpen  ßuftureinpeit. 

erlief.  VlSbann  trat  Vigilius  bie  Ipeimreife  nacp  Vom  an  ((Snbe  554  ober 
Anfang  555),  ftarb  aber  untermegS  ju  ©prafuS  (7.  3suni  555).  (Sr  patte 
fiebert  Sapre  in  einer  beispiellos  fcpmierigen  Sage  in  ber  griecpifcpen  £)auptftabt, 
beS  ©riecpifcpen  felbfl  unfunbig,  jugebracpt  unb  ben  allfeitig  ber  Rirdje  bropenben 
©efapmt  nacp  Vlöglicpfeit  ju  begegnen  fid)  bemtipt,  bon  beiten  halb  bie  eine 
halb  bie  anbere  bas  größere  Übel  ju  bilben  fcpien.  3n  ber  ©laubenSfrage  felbft 
mar  er  niemals  fcpmanfenb,  mopl  aber  in  ber  3tt,edtnäf$igfeitS:  (Opportunitäts=) 
fSrage,  baritber,  ob  eS  ratfam  ober  notraenbig  fei,  nacpträglicp  Vlctnner  unb 
©cpriften  ju  oerurteilen,  bie  baS  «ffonjtl  Oon  (Spalcebon  gefcpont  patte,  fomie  ein 
Urteil  ju  erlaffen,  baS  oon  ben  Vtonopppfiten  als  ein  Sriumpp  iprer  ©acpe  an= 
gefepen  merben  tonnte,  baS  ben  meifien  Vbenblänbern  aus  gleichem  ©runbe  megen 
ber  Oermeintlicpen  §)erabmürbigung  ber  ©pnobe  bon  (Spalcebon  pödjft  Oerpapt 
unb  neue  Spaltungen  ju  erzeugen  im  ftanbe  mar,  anftatt  bie  alten  ju  befeitigen. 
3)aß  biefe  Veforgttiffe  guten  ©runb  patten,  pat  bie  golgejeit  ermiefcn1. 

®eS  Vigilius  Vacpfolger,  pelagiuS  I.  (555—560),  ber  jenem  als 
SDiafon  jur  ©eite  geftanben,  tarn  in  ben  Verbacpt,  an  ipm  treulos  gepanbeit 
unb  ben  Haifer  gegen  ipn  gereijt  ju  paben,  meSpalb  er  gleicp  bei  feiner  (St= 
pebung  burd)  einen  feierlid)en  (Sib  fiep  ju  reinigen  für  nötig  eraeptete.  (Sr 
pielt  feft  an  ber  Vcrmerfung  ber  brei  Kapitel  unb  bemüpte  fiep,  bie  Vorurteile 
unb  ben  SBiberftanb  ber  Vbenblönber  ju  befämpfen.  ®ie  meiften  Vifcpöfe 
VfrifaS  unb  SUprienS  fügten  fiip  je|t;  einige  Ipartnädige,  bie,  mie  Viftor 
Oon  lunnunum,  baS  fünfte  ^onjit  ber  Ipcirefie  bcfcpulbigten,  mürben  oer= 
bannt,  beSgleicpen  ber  Vtetropolit  grontinuS  oon  ©atona  in  SDaltnatieit, 
beffen  ©teile  ber  fatpolifdje  5ßetruS  erpielt.  3n  einer  SDenffcprift  an  ben 
$aifer  erpoben  fid)  meprere  fcpiSmatifcpe  Vifcpöfe  gegen  bie  Vermerfung  ber 
brei  Kapitel;  Suftinian  gab  barauf  eine  lange  unb  nacpbriidlicpe  Söiberlegung. 
33apft  33elagiuS  muffte  auch  bie  Vifd)öfe  in  SmSfana  unb  f^ranireiep)  Oon  iprer 
Vbiteigung  gegen  baS  Stonjil  Oon  ^onftantinopel  abjubringen  fuepen.  9lm 
peftigften  mar  ber  Vßiberftanb  im  nörblicpen  Italien,  mo  bie  beiben  fDZetro- 
politen  Vitalis  Oon  Vtailanb  unb  ^aulinuS  Oon  Vquileja  fiep  Oont 
römifepen  ©tuple  trennten  unb  baS  fünfte  $onjil  öffentlid)  üermarfen.  Vucp 
bie  meltlidje  ©ernalt  ridjtete  nid)tS  gegen  bie  ©cpiSmatifer  aus,  unb  bie  lango= 
barbifipen  (Sroberutigen  in  Vorbitalien  (568)  brachten  feine  Veränberung.  ®ocp 
traten  bie  üftailänber  unter  ßaurentiuS  II.  feit  571  jurn  großen  Seil  Oon 
ber  ©paltung  jurüd;  um  602  tpaten  baSfelbe  Oier  iftrifepe  Vifcpöfe,  benen 
halb  anbere  folgten,  ©eit  607  refibierten  in  ©rabo  fatpolifdje  (Srjbifipöfe, 
in  Vquileja  fcpiSmatifcpe,  beibe  Patriarchen  genannt,  ©rößere  gortfepritte 
mad)te  bie  Union  unter  papft  IponoriuS  I.  (625 — 638);  aber  erft  unter 
©ergiuS  I.  (687 — 701)  traten  bie  leßtcn  ©djiSmatifer  beS  Sangobarben= 
reid)S  jur  ^irepe  jurüd.  (Sine  auSbriidlicpe  Vnerfennung  beS  fünften  aüge= 
meinen  ^onjilS  fam  erft  naip  unb  naep  in  ben  berfepiebenen  Sänbern  beS 
OccibentS  ju  ftanbe2. 

1  ®ap  Suftiniaitg  2lbfipt  bejüglip  ber  SSerföptuntg  ber  SOlonopppfiten  rtipt  erreipt 
toarb,  fagt  Leontius  Byz.,  De  sectis  act.  V,  n.  6  ( Miyne ,  Patr.  gr.  LXXXVI,  1237). 

2  Vita  Pelag.  I.  et  Ep.  2 — 7.  10.  16,  bei  Mansi  1.  c.  IX,  712  sq.  Iustin.,  Resp., 
ibid.  p.  589 — 646  ;  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  1044 — 1096.  Victor.  Tunnun.,  Cbron. 


4.  ÜReftoricm.  unb  utonopbbf- Kirchen ;  ©Raffungen  unter  ben  ftttonophbfiten.  613 


4.  $ie  aSerbveitunß  bc§  9teftoriani§mu§  unb  be§  9RonopIjhfiti8ntu8  unb  bie 
Spaltungen  unter  ben  fSJlonophhftten. 

Sitteratur.  —  Le  Quien,  Oriens  christianus.  3  voll.  Paris  1740.  Assemani, 
Bibliotheca  orientalis.  3  voll,  in  4  part.  Romae  1719 — 1728.  SB  a  l  d> ,  ©nttourf  einer 
©efd)id)te  ber  ßeßereien  33b.  VI — VIII.  Duchesne,  Autonomies  ecclesiastiques.  Eglises 
söparees.  Paris  1896.  SJobfdjüij,  ®ie  fonfeffiottetten  33erf)ältn  iffe  in  ©beffa  unter 
ber  Slraberfferrfdjaft  (3ettfcf»r.  für  toiffeufd).  $heoI.  1898,  ©.  364  ff.).  Wright,  A  short 
liistory  of  Syriac  literature.  London  1894.  Duval,  La  littdrature  syriaque.  2me  bd. 
Paris  1900.  —  Sötbliograppte  im  Oriens  christianus,  9tom,  feit  1901. 

A.  Der  lUflorinmsiuus  in  perftcii. 

ßitterntur.  —  S.  oben  S.  343.  Assemani,  Bibi.  Orient.  III,  p.  I  et  II  (De 
Syris  nestorianis).  Romae  1725 — 1728.  Gismondi ,  Maris  Amri  et  Slibae  de  patri- 
archis  Nestorianorum  commentaria.  4  voll.  Romae  1897 — 1899.  Paradisus  Patrum 
ed.  Bedjan  (Acta  mart.  syr.  VII.  Lips.  1897).  Jesudenah,  Le  livre  de  la  Chastetb, 
ed.  Cfiabot.  Paris  1896.  Thomas  de  Marga ,  The  book  of  Governors:  The  historia 
monastica,  ed.  Bndg.  London  1893.  S9  r  a  u  n ,  ®a3  23ud)  ber  ©pnhaboS.  9tad)  einer 
^anbfdjrift  be§  Museo  Borgiano  überfeßt  unb  erflärt.  (Stuttgart  1900.  SSaurnftarf, 
®ie  SBiograppie  beä  Stabban  33ar=3ttd  (9töm.  Guartalfdjr.  1901,  6.  115  ff.). 

1.  SDie  im  oftrömifd)en  9teid)e  berfolgten  -fteftorianer  flohen  in  ber 
jmeiten  ^älfte  be§  5.  3at)r()unbert§  in  großer  gal)!  nad)  $erfien,  too  fie, 
tüeil  feiner  Hinneigung  ju  ben  ®aifern  in  33pjanj  berbäd)tig,  gute  51ufnaf)me 
unb  halb  größeren  (SinffuH  erhielten;  letzteren  bemühten  fie  jur  23erbäd)tigung 
ber  $atf)ofifen  unb  erregten  gegen  fie  mehrfache  91u§briid)e  be§  f)eftigften  3orne§. 
©>ie§  mar  für  bie  $atf)olifen  um  fo  nad)teiliger ,  al§  bie  Kriege  mit  Oftrom 
nad)  furjen  Unterbrechungen  immer  mieber  fid)  erneuerten,  namentlich  unter 
fiaifer  Suftinian  (527 — 565),  unb  bie  perfifdje  5Rad)t  immer,  aud)  nad)  er= 
littenen  fRieberlagen ,  bormärt§  bringen  fonnte.  3uftinian§  ^eitgenoffe  ©f)b§= 
roe»  I.  mar  gleid)  biefem  im  I)öd)ften  ©rabc  befpotifcf);  er  belagerte  (Sb eff a, 
beffen  (Sinmofjner  fid)  einer  Serfjeißung  ©fjrifti  rühmten,  il)re  ©tabt  fei  bor 

(Eroberung  gefdiü^t ,  muffte  fid)  aber  mit  einer  SoSfaufSfumme  begnügen ;  bei 

feinem  vierten  (Einfall  mollte  er  fid)  be§f)alb  au  bem  ©ott  ber  ©Triften  rachen 
unb  brol)te  alle  (Ebeffener  als  ©flauen  nad)  ^erfien  ju  fdjleppcn;  er  fonnte 
aber  mieberttm  nichts  meiter  al§  eine  ©clbfuntmc  erlangen 1.  93iele  Kirchen 

mürben  bon  ben  Werfern  ihrer  ^leinobiett  beraubt,  mie  bie  bon  Wpamea  in 
©priem  (El)o£roe§  II.  eroberte  614  fogar  Serufalem,  bebrängte  bie 

©hriften  )ßaläftina§  fdjmer  unb  fdjleppte  ba§  hochberehrte  ßreuj  bc§  (Erlöfer§ 
mit  fid)  fort,  (Erft  fpäter  erlangte  e§  $aifer  ^)erafüu§  jurüd  unb  brachte  e§ 
im  2riutnphe  tüieber  nach  Serufaletn,  mo  e3  feierlid)  erhöht  marb  (629). 

Oie  läng  ft  fef)r  gefd)mäd)ten  perfifdjeit  (5I)ri[teit  maren  burd)  ba§  (Einbringen 
be§  ffteftoriani§mu§  in  bie  größte  ©efafjr  gcfonnnen.  3m  3al)re  485  ftanbcn 

ad  ann.  554  sq.  Pelag.  II.  Ep.,  bei  Mansi  1.  c.  p.  433  sq.  891  sq.  Greg.  M.,  Ep. 
1.  I,  n.  16;  1.  II,  n.  46.  51;  1.  IV,  n.  2  sq.  39;  1.  V,  n.  51;  1.  XII,  n.  33;  1.  XIII, 
n.  33.  Sergius  bei  Mansi  1.  c.  XII,  115.  £>efele,  ©onciliengefcf).  II,  911  ff.  ÜDteper, 
S)ie  Spaltung  be$  IßatviardjateS  Slguileja  (2Iu§  ben  Slbpanbl.  ber  ©efeüfd).  ber  SBiffenfd). 
31t  ©öttingcn  1897 — 1899,  23b.  II).  23erlin  1898. 

1  Über  bie  Kämpfe  unter  Suftinian  bgl.  Procop.,  De  bello  pers.,  bef.  II,  11.  27. 


614 


®ie  ßirc&e  Bei  ber  21uflöfung  ber  römifcfjen  ßultureinfjeit. 


fid)  bie  ^atpolüen  unter  bem  Dbermetropoliten  53abuäu§  Don  Seleucia 
unb  bie  IReftorianer  unter  bem  Metropoliten  33arfuma§  bon  Nifibi£ 
gegenüber ;  beibe  Seile  hielten  ©pnoben  unb  fpradfen  gegeneinanber  ben  SBann 
au§.  Sie  Neftorianer  tabetten  an  $abuäu§,  bafe  er  grauen  ba§  Saptifterium 
betreten  unb  bei  bem  Saufalte  pfeifen  liefe;  fie  erlaubten  ben  ^rieftern  unb 
Möndfen  bie  ©pe,  berboten  nur  mirtlicpe  Sigamie  unb  bie  ©fee  mit  ber 
©cpmägerin  ober  ©tiefmutter  überhaupt.  !Ttocf)  485  mürbe  ber  fatpolifcpe 
58abuäu§  megen  be§  bon  33arfutna§  gegen  ihn  erregten  23erbad)te§  Eingerichtet 
unb  21caciu§  ju  feinem  Nachfolger  erhoben.  33arfuma§  breitete  unter  bem 
©diuhe  be§  ß'önig§  ^3heroce§  (461 — 488)  mit  Beihilfe  ber  in§  ^erfifcpe 
überfeinen  Schriften  be§  Speobor  bon  Mopfueftia  ben  Neftoriani§mu§  mächtig 
au§.  Sie  Neftorianer  ißerfien»  nannten  fiep  chalbätfcpe  ©priften,  napnten 
offen  jmei  §ppoftafen  in  ©Eriftu§  an,  aber  in  einem  33ilbe  (npomonov),  unb 
lehrten  nur  eine  Nerbinbung  be§  2ßillen§  unb  ber  Neigung.  Nl§  bie  ©cpule 
bon  ©beffa  burd)  geno  489  jerftört  mürbe,  berpflanjte  man  fie  nach  N i f i b i §, 
mo  fie  eine  gelang  in  E°Eer  ®Iüte  flartb*  1 * III, ;  unter  bem  Norfteper  Ipanan  am 
Nnfange  be»  7.  2Soprpunbert§  foll  fie  aeptpunbert  Schüler  gepabt  paben;  auch 
übten  bie  Neftorianer  5ßerfien§  eine  nicht  unbebeutenbe  MiffionStpätigfeit.  Nber 
biefelben  maren  bielfacp  unter  fid)  gefpalten  unb  bie  fircpltcpe  Si§äiplin  ge= 
lodert.  Ncaciua,  be§  S3abuäu§  Nachfolger,  bannte  ben  berleumberifcpen  53ar= 
fnma§,  moburep  ein  Scpi§ma  entftanb,  ba§  auch  mit  bem  Sobe  be§  letzteren 
(489)  nicht  aufpörte.  Nuf  Ncaciuä  folgte  ein  berpeirateter  Saie,  33abäuS 
(um  498),  melcper  bie  Parteien  ju  berföpnen  fudjte.  Nuf  einer  ©pnobe 
bon  499  marb  bie  ©rlaubtpeit  einer  einmaligen  Nerpeiratung  für  ©eiftlicpe, 
felbft  für  Mönche  unb  33ifcpöfe,  mieberpolt  au§gefprocpen,  bie  regelmäßige  Nb= 
paltung  bon  ^robiigialfonjilien  (einmal  im  Sapre)  unb  $ßatriar(paI)t)noben 
(alle  bier  iyapre)  berorbnet  unb  ber  Stupl  bon  SeIeucia=$tefippon  für  einen 
ipatriarcpalfiupl  ertlärt,  beffen  Snpdber  ^atpolifoä  (Sacelicp)  piefe  unb  brei- 
unbjmanjig  Metropoliten  unter  fid)  patte.  Siefer  öabäu§  unterbriidte  mit 
33eiptlfe  be§  Königs  bie  noch  borpanbenen  fatpolifdjen  ©emeinben.  Seber  3U- 
fammenpang  mit  bem  ©tuple  bon  Nntiocpien  unb  mit  bem  römifepen  Neicpe 
pörte  auf.  21ucp  ber  Übertritt  be§  628  nach  ^onftantinopel  gefanbten  unb 
bort  befeprten  Patriarchen  Sapabuna  patte  {einerlei  ©influfe.  511§  651  bie 
perfifepe  |)errfcpaft  ben  Nrabern  erlag,  mufften  bie  Neftorianer  auch  bie  ©unft 
ber  Kalifen  ju  geminnen2. 


1  Über  Nifibig  f.  Amniian.  Marcellin.,  Rer.  gest.  1.  XX,  c.  7.  Theodor.  Lect.r 
Hist.  eccl.  II,  26  (al.  80);  über  bie  ©cpulen  üon  Sbeffa  unb  Nifibig  Theodor.  Lect. 

1.  c.  II,  5.  49  {Migne,  Patr.  gr.  LXXXVI,  185.  209). 

2  Uber  bie  angebliche  ©pnobe  oon  ©eteucia  410  Ogi.  §efele,  Koneiltcngefcf).  II, 
102  ff.;  über  bie  ©pnoben  bon  485  ff.  bgl.  Assemcmi,  Bibi.  Orient.  III,  II,  p.  clxxvii  sq.; 

III,  I,  p.  429.  §efele  a.  a.  £>.  II,  616  ff.  Assemani,  Comment.  de  catholicis  seu 
patriarchis  Cbaldaeorum  et  Nestor.  Romae  1775.  Abulphar.  bei  Assemcmi,  Bibi. 
Orient.  III,  I,  p.  391  sq. ;  III,  II,  p.  79.  924  sq.  Biss,  de  Nestor.  Ebedjesu  bei  Mai, 
Nova  Coli.  t.  X.  Sßon  fpüteren  Martprern  finb  befonberg  brei  bon  bem  23ifd)of  ©imeon 
bon  23etp=2lrfam  (510—525)  beteprte  bornepme  Magier  beritpmt  (bgl.  Assemani  1.  c. 
p.  841  sq.). 


4.  3^ eftorian.  unb  monopppf.  Kirdpen;  Spaltungen  unter  ben  Blonopppfiten.  615 

B.  Der  Jttonopliqfitismtts  im  bijjnminifdjcii  tJcid),  in  Abcflinifn,  Serien  utib  Armenien. 

Sitteratur.  —  S.  oben  S.  345  u.  347.  Assemani,  Bibi.  Orient.  II  (De 
scriptor.  syris  monophys.).  Romae  1721. 

2.  $aifer  Suftinian  gab  bie  Hoffnung,  eine  Bereinigung  ber  TOonop^fiten 
mit  ber  fatbolifeben  ^ird)e  berbeijufitbren ,  nicht  auf.  @r  beranftaltete  noch 
mehrfad)  fReligionSgefpräcbe  jmifiben  $atf)olifen  unb  Btonopbbfiten  unb  lief) 
baju  fogar  auS  Bgppten  unb  Sprien  Jpäupter  ber  Sette  in  bie  Jpauptftabt 
fomtnen,  bie  bort  ungeftört  fid)  aufbielten  unb  im  geheimen  Anhänger  gemannen. 
Sbnen  ftanb  lange  $eit  Bifd)of  3ob«nne§  Don  ©pbefu§  Dor.  Buch 
unter  3 u  ft i  n  u  §  II.  (565 — 578)  batten  bie  ÜJtonopbpfiten  in  Bpjanj  einige 
3eit  freie  Bemegung;  ein  (Sbift  beS  .^aiferS,  baS  ben  ^rieben  in  ber  $ird)e 
förbern  unb  baS  „Streiten  über  ^ßerfonen  unb  Silben"  Derbannt  miffen  moüte, 
marb  mebrfad)  gebeutet.  Seit  571  erfdjien  aber  auf  Betreiben  beS  ($r§bifd)of § 
Johannes  III.  SdjoIaftifuS  ein  ftrengeS  (Sbift  gegen  bie  Sette;  Diele  ihrer  Bm 
bänger  mürben  jur  Bbfcbroörung  angehalten  ober  mit  ©efängniS  unb  S3er= 
bannung  beftraft.  Ser  2Ronophbfiti§mu§  marb  fo  immer  mehr  auf  bie  ent= 
fernteren  ^>roDinjcn  befebränft.  Sein  ^auptfit)  blieb  Bg  ppten,  mo  neben 
ben  tatl)olifd)en  Patriarchen  monopbtyfttifd)e ,  fogar  jmei  Don  Derfdjiebenen 
Parteien,  halb  Derborgen,  halb  auch  ungefdjeut  öffentlich,  matteten  unb  bie 
3ahl  ber  ßatboliteu  Don  ben  §mretitern  überflügelt  marb 1.  Siefe  nannten 
fid)  dopten,  altägtyptifdje  (Styriften2,  bie  Sfattyolifen  aber  9)?eld)iten  (Don 
DJteled)  =  $önig,  ^aiferlidje  ober  tpofpartei) 3.  Ser  £ajj  gegen  letztere  mürbe 
gefteigert  burd)  lügenhafte  (Srjählungen  Don  blutigen  Berfolgungen  ihrer  ©lauben§= 
genoffen  burd)  bie  Styophtyfiten;  bie  fdjrofffte  Sd)eibung  trat  ein,  gegen  meldje 
bie  faiferlidhen  Beamten  madjtloS  maren.  Sie  Kirche  in  5t  b  eff  in  ien  mar  eine 
Sodjter  ber  alejanbrinifdhen,  mo  ftetS  beren  oberfter  Borftef)er  bie  Bßeipe  erhielt. 
So  mürbe  fie  in  bie  monophpfitifebe  Irrlehre  bineingejogen.  Sie  kubier  er= 
hielten  gleich  anfangs  baS  ©hrifientum  in  ber  gönn  beS  DtonopbtyfitiSmuS. 

3.  3n  Sprien  unb  Btefopotamien  mar  ber  BtonopbtyfitiSmuS  bereits 
bem  Bbfterben  nahe,  als  ihm  $afob  3an3Q*lt§»  genannt  el  Barabai 
(Burbojo),  roieber  aufhalf  (541 — 578).  Siefer  eifrige  Btonoptytyfit,  Don  bem 
feine  Partei  ben  Hainen  Safobiten  erhielt4,  mar  Sd)üler  beS  SeoeruS  unb 

1  Assemani,  Bibi.  Orient.  II,  89.  529.  loann.  Ephes. ,  Hist.  eccl.  I,  5.  10  sq. 
Le  Quien ,  Oriens  Christ.  II,  3-‘>7  sq.  Vansleb  0.  S.  D. ,  Hist,  de  l’eglise  d’Alex. 
ecrite  au  Caire  mbme.  Paris  1677.  Kircher  S.  J.,  Prodrom.  Copt.  s.  aegypt.  Romae 
1636.  Gerhardi,  Exercit.  theol.  eccl.  Copt.  Ienae  1666.  Renaudot,  Hist.  Patr.  Alex. 
Copt.  Iacobit.  Par  1713.  Makrizi,  Hist.  Copt.  Christ,  in  Aegypto  in  lat.  translat. 
ab  H.  I.  Wetzer.  Solisbac.  1828;  überfein  Don  Söüftenfelb,  ©öttingen  1847. 

2  Ser  Barne  Kopien  toirb  bon  ber  Stabt  Küpto  in  ber  2pe6ai3  abgeleitet  unb 
für  bie  ältefte  eingeborene  23ebölferung  Bgpptenä  gcbraudR.  Bnbere  leiten  ben  Barnen 
ab  bon  xn-rrrm ,  seco  (secati  toegen  ber  23efd>neibung) ;  loieber  anbere  finben  burd) 
BppcirefiS  ber  erften  Silbe  in  bem  Barnen  Copti  eine  Korruption  beS  BamenS  Aegyptii 
(/.  St  Assemani  bei  Mai,  Nova  Coli.  V,  II,  p.  173). 

3  Über  bie  Bt  e  I  dp  i  t  e  n  (grieep.  ßamXnot)  f.  Assemani,  Bibi.  Orient.  I,  507  sq.,  n.  4. 

*  @bb.  II,  62  sq.  69  sq.  321  sq.  527.  Le  Quien  1.  c.  II,  437  sq.  1344  sq. 

Barhebraeus,  Chronicon  eccles.  edd.  Abbeloos  et  Latny.  2  voll.  Lovanii  1872 — 1877. 
Michael  Magn.,  Chronic.,  ed.  Chabot.  Par.  1899  (biö  jept  I.  23b.).  Ps.-Dionysius  de 
Tel-Malire,  Chronic.,  ed.  Chabot.  Par.  1895. 


616 


®te  ßirdje  bei  ber  2tuflöfung  ber  römifcpett  ßiütureinpeit. 


Skonti)  im  ^tofter  ppafitta  in  ber  Aäpe  bon  Aifibi».  ©inige  gefangene  Vi- 
fcpöfe  ber  Partei  meisten  ipn ,  bamit  bie  (Seite  nicf)t  au§  fanget  an  ©eift= 
fiepen  untergepe,  3 um  Vifcpof  bon  ©beffa.  9Ait  großer  Scpneffigfeit  unb  unter 
bieten  (Befahren  burdjmanberte  er,  at§  Vettfer  beriteibet  (tooljer  fein  Aame 
Varabai  —  „ber  mit  Sumpen  Vebedte"),  Serien  unb  bie  angrenjenben  probinjen, 
fucpte  bie  inneren  Spaltungen  beijulegen,  befeftigte  bie  Seinigen  burep  Qufprucp 
unb  meiste  allenthalben  Vifcpöfe,  priefter  unb  Oiafonen  (nach  fpäterer  Über= 
treibung  an  80000).  ©r  fepte  aud)  in  Antiochien  mieber  monopppfitifcpe 
Patriarchen  ein,  juerft  (539)  ben  Sergius,  bon  bem  eine  ununterbrochene  Aeipe 
jalobitifcher  Patriarchen  be§  Orient»  auStief ,  bie  halb  bei  Amiba,  batb  bei 
9Aelitene  in  ^töffern  refibierten  unb  betten  bie  9Aappriane  (Primaten)  at§ 
näcpfte  Söürbentrüger  jur  Seite  ftanben. 

4.  (Sine  britte  tpeimat  ber  9Aonopppfiten  tnarb  im  5.  unb  6.  Saprpunbert 
Armenien.  Oer  AeffotianiSmu»  patte  pier  leinen  ©ingang  gefunben;  fcpon 
anfangs  erltärten  fiep  bie  Vifcpöfe  entfdpeben  gegen  ipn.  AtS  bann  AabulaS 
bon  ©  b  e  f  f  a  unb  A  c  a  c  i  u  §  bon  9A  e  l  i  t  e  n  e  fie  bor  ber  Verbreitung  ber 
auch  in  ihre  Sprache  überfeinen  Schriften  be§  Oiobor  bon  SarfuS  unb  be§ 
Speobor  bon  DAopfuefiia  marnten,  bie  fifififepen  Vifcpöfe  aber  biefetben  in 
Scpup  napmen,  rnanbte  fid)  eine  armenifepe  Spnobe  burep  jroei  priefter, 
Seontiu»  unb  AberiuS,  an  ben  Stupl  bon  ^onftantinopet,  ber  burep  ba§  SBirfen 
beS  ©prpfoftomu»  toäprenb  feiner  Verbannung  um  bas  fd)toer  peimgefuepte  Sanb 
fiep  biete  Verbienfte  ermorben  patte,  um  fiep  über  bie  reepte  Sepre  ju  unterrichten, 
tborauf  proftuS  (feit  434)  feinen  berüpmten  OomuS  an  bie  Armenier  erlieft1. 

^njtbifcpen  patten  bie  perfer  immer  größeren  ©influft  im  Sanbe  ge= 
monnen  unb  429  Armenien  bem  größeren  Seite  naep  ju  einer  probinj  ipreS 
AeicpeS  gemadp.  ©»  folgten  roieberpott  Verfudje,  mit  Unterbriidung  beS 
©priftentumS  ben  parfiSntuS  einjufüpren.  ^önig  Sejbegerb  II.  gebot  450, 
bie  Aetigion  unb  bie  ©ebräuepe  ber  perfer  anjunepmen,  unb  fanbte  an  fieben= 
punbert  Viagier  in  baS  Sanb,  tnelcpe  bie  ^irepen  nieberreipen  ober  in  ppreiett 
bertuanbeln  füllten.  Oie  armenifepen  ©priften  begannen  nun  einen  $ampf  für 
iprett  ©tauben,  in  bem  biete  ben  ÜAartertob  fanben.  Oie  Vebrängniffe  ber 
©priften  fliegen  immer  pöper.  Oern  $atpolilo§  Sfaaf(Sapaf)  mar  ÜAeSrop 
unb  biefem  $ofepp  nacpgefolgt,  ber  feine  rupige  Stätte  finben  fonnte;  fein 
AmtSfip  mar  in  ber  ©ernatt  ber  perfer.  Opeoboret  bon  ©pruS  (f  458) 
richtete  tröftenbe  unb  ermunternbe  Schreiben  (Ep.  77.  78)  an  bie  Vifcpöfe 
©utatiuS  unb  ©ufebiuS  in  perfifdpArmenien.  Ourcp  ipren  beparrtidjen  2ßiber= 
ftanb  erlangten  bie  ©priften  freie  AeligionSübung ;  neue  Vebrüdungen  ber  perfer 
riefen  482  unb  497  neue  Aufftänbe  perbor;  baS  Sanb  marb  infolge  ber  bieten 
Kriege  fepr  bermüffet;  baS  ©priftentum  aber  fonnte  niept  mepr  auSgerottet 
merbert.  Snbeffen  mar  baS  ß'onjit  bon  ©patcebon,  an  bem  bie  Armenier 
feinen  Anteil  patten  nepmen  fönnen,  juerft  unbefannt  geblieben,  bann  befämpft 
raorben;  ber  Vrief  Seo§  b.  ©r.  fam  511  ipnen  nur  in  unrichtiger  Überfepung, 
unb  bie  bon  ben  ÜAonoppp fiten  borgebraepte  $Iage,  ju  ©patcebon  fei  bie  Sepre 


1  Chrysost.,  Ep.  4  ad  Olymp. ;  Ep.  35.  67 — 69.  Procli  tom.  ad  Arm.,  bei  Migne, 
Patr.  gr.  LXV,  856  sq. 


4.  Beftorian.  unb  monopfjbf.  I?ircf)en ;  (Spaltungen  unter  bett  2Jtcmoptjpfiten.  6X7 

beS  BeftoriuS  erneuert  worben,  fanb  bei  ihnen  Eingang ;  fdjon  früher  butten 
ctrmenifdje  Blöndje  beit  Süjeobor  bon  fDfopfueftia  and)  in  ganj  richtigen  Buße; 
ntngen  bom  ©tanbpunfte  ber  Btonopbpfiten  aus  befämpft.  Ourd)  eine  ©pnobe 
bon  2öalarfd)apat  unter  bem  ®atbolifoS  Babgen  warb  491  ber  ©egenfaß  gegen 
bie  ©ßnobe  bon  ©balcebon  auSgefprodjen,  was  596  ju  Oobin  (anbere:  2t)ebin, 
Rettin)  unter  bem  $atbo!ifoS  Bbrabam  erneuert  warb ;  eine  frühere  ©pnobe  an 
le^terem  Orte  527  batte  38  OiSjiplinarfanoneS  erlaffen.  Oer  gufaß  beS  ^e: 
beruS  jum  OriSbagion  Warb  angenommen,  unb  bie  2Baüfa£irten  nach  paläftina, 
wo  biete  fatbolifebe  Brmenier  fid)  in  ben  $löftern  befanben,  würben  berboten. 
Oer  ßatbolifoS  nahm  bei  ben  Armeniern  bie  gleid)e  Stellung  ein  wie  ber 
Patriard)  bei  ben  ^afobiten  beS  antiodjenifeben  unb  alepanbrinifcben  ©prengelS. 

Öfter  fuebten  bie  ©riedfen  bie  armenifdjen  fUIonopbpfiten  wieber  jur  fir<b= 
Iid)en  ©inbeit  jurüefjufübren.  Unter  3  u  ft  in  II.  (565 — 578)  unb  bem 
^albolifoS  BerfeS,  als  BarbanuS  ober  BerbanuS  an  ber  ©piße  beS  BoIfeS 
ftanb,  batten  bie  ©roßarmenier  fid)  jur  Unterwerfung  unter  Bßäanj  bereit 
erflärt,  baS  ^riegSungliid  beS  ß'aiferS  aber  Weitere  ©rfolge  üerl)inbert.  $aifer 
SDlauritiuS  fiielt  eine  Berfammlung  Don  gried)ifd)en  unb  armenifd)en  Bi= 
feßöfen,  we(d)e  bie  Bereinigung  befdfloß,  ber  aber  bie  ©efanbten  beS  ^atßolifoS 
nicht  beitraten;  barauf  fprad)  ber  ^aifer  im  Saßre  600  bie  im  griecßifdien 
Armenien  wobnenben  ©bjriften  Don  ber  Obebienj  beS  ^atbolifoS  loS  unb  lieb 
ihnen  einen  SoßanneS  als  Patriarchen  mit  bem  ©iße  in  Bban  ober  ©otaiS 
weihen.  §etafliuS  bemühte  fid)  Don  neuem  für  bie  Union,  nad)bem  bie 
Orennung  fecbjeßn  Saßre  gebauert  batte.  Buf  ber  ©pnobe  ju  ©arm  (äwifeßen 
622  unb  626)  gelang  eS  il)m,  ben  $atßolifo§  ©Sra  für  bie  Union  ju  ge= 
Winnen;  aber  645  würben  bie  Oefrete  Don  ©ßalcebon  abermals  für  neftorianifd) 
erflärt  unb  anatbematifiert ,  was  648,  651  unb  nod)  fpäter,  687,  wieberbolt 
warb,  obfebon  ber  Pßilofopb  Oaoib  für  biefe  Oefrete  fräftig  eintrat,  ©eit 
651  famett  bie  Armenier  unter  bie  arabifefje  £>errfd)aft,  unb  bie  Kämpfe 
jwifdjen  ben  Kalifen  unb  ben  oftrömifdjen  $aifern  bauerten  nod)  länger  fort; 
eS  mecßfelte  bie  ©timmung  mit  bem  poIitifd)en  Übergewid)t  ber  einen  ober  ber 
anbern.  Oie  ©ried)en  behielten  fortwäbrenb,  obfebon  bergeblid),  bie  3urüd= 
fübrung  ber  bäretifd)en  Armenier  im  Buge.  Bon  657 — 686  warb  baS  Sanb 
Don  eingeborenen,  ben  Kalifen  tributpflichtigen  fyürflen  regiert;  Don  686 — 693 
batten  bie  ©riedjen  bort  wieber  größere  Borteile  errungen,  fo  baß  ©embat 
ober  ©impab  bamalS  für  einige  3l’k  bie  Braber  Dertrieb.  Oie  Brmenier  be= 
hielten  ihren  eigenen  BituS  unb  batten  nur  wenig  Berbinbung  mit  ben  übrigen 
Btonopbpfiten.  OaS  truÜanifcbe  ßonjü  Dcrbot  692  ben  armenifdjen  ©ebraud), 
bei  ber  Bteffe  nur  2Bein  oljne  Hßaffer  in  ben  $etd)  ju  gießen  (can.  32), 
tabelte  bie  ©itte,  nur  Bbfömmlinge  priefterlidjer  ©efcßled)ter  ju  ©eiftlidjen  ju 
weihen  (can.  33)  unb  Bicßttonfurierte  als  Pfalten  ober  Ccftoren  aufjufteHen, 
bann  (can.  56)  ben  ©enuß  Don  ©iern  unb  $äfe  in  ber  Quabragefima  fowie 
ben  Btißbraud),  am  Bltare  gleifd)  ju  fieben  unb  baDon  ben  prieftern  51t 
geben  (can.  99) x. 


1  Dulaurier,  Histoire,  dogmes,  trad.  et  litt,  de  l’eglise  armen.  (Paris  1859) 
p.  28  s.  £>efele  a.  a.  £).  II,  716  ff.  (über  bie  armen,  ©pnoben  491,  527,  596).  Theoph. 


618 


®te  Kircpe  Bei  ber  Sluftofung  ber  römifdfjen  Kuttureinpeit. 


C.  Die  Spaltungen  unter  kn  ülonopljijfiteu. 

5.  53ei  feiner  päretifcpen  ©efte  be§  Altertums  finbet  fi<p  eine  fo  Biefgefialtige 
^ßarteibilbung  al§  bei  ben  Sttonopppfiten.  ©djon  früh  patten  ficf)  Bon  ben  Eutp= 
cp i a n i ft e n ,  toeldje  ben  Eutpcpe§  podjpielten,  reine  onopf;t;fiten  gerieben,  bie 
benfelben  oerroarfen.  9iad)  482  enlftanben  bie  Parteien  ber  monopppfitifdjen 
foetiotifer  unb  ber  ?lfept)aler.  Unter  ben  erfteren  mären  bie  bebeutenbften  bie 
Parteien  ber  2tp^tb)artobofeten  ober  Sulianiftert  unb  ber  5)3^tl)artoIatren 
ober  ©eoeri  an  er.  ^n  ?Xgi;pten  firitten  fid)  närnfid)  unter  Suftin  I.  Sufi  an  bon 
ipalifarnaffuS  unb  ©eoeru§  Bon  ^tntiod^ien,  bie  beibe  bortpin  geflohen 
mären,  über  bie  grage,  ob  ber  2eib  (£E)rifti  Bor  ber  9fuferftepung  ber  Korruption 
(cplfopd)  untermorfeu  gemefen  fei,  morunter  man  fornopt  bie  93erroe§Iicpfett  af§  bie 
Seiben  unb  ©cptnäcpen  be§  menfd)Iid)en  8eibe§,  ©urfi,  junger,  Ertnübung,  oerftanb. 
Sufian  feprte  bie  Suforruptibifität,  meif  fonft  ein  Unterfcpieb  smifcpen  bem  Seibe 
Eprifti  unb  bem  göttfidjen  Sogo§,  bamit  ber  ®t)opppfiti§mu§  angenommen  merben 
müfjte;  bie  unfiinblicpen  ©d)mad)peitcn  ber  ÜRenfcpeu  foHte  Epriftu§  nur  ber  Öfonomie 
nad)  auf  fiep  genommen  paben.  ©eoeru§  bagegen  Bertrat  bie  KorruptiBilität  be§ 
2eibe§  Eprifti.  ®er  monopppfitifdfe  ißatriarcp  Bon  5Uepanbrien,  5timotpeu§  III., 
fepmanfte  jroifdpen  beibeti  Parteien;  nad)  feinem  SLobe  mürbe  bem  Bon  bem  Kferu§ 
unb  ben  fßornepmen  erpobenett  $peobofiu§,  ber  bem  SDognta  be§  ©eoeru§  pufbigte, 
Born  ißöbef  ber  91rcpibiaton  ©ajanu§  entgegengeftefft,  ber  ju  ben  Sulianifteit  gepörte, 
me§palb  biefe  aud)  ben  tarnen  ©afanitett,  bie  ©eoeriatter  ben  tarnen  $peobo= 
fianer  erpielten.  Skr  Bott  Suftinian  abgefanbte  9Iarfe§  fprad)  fid)  für  ben  Born 
f^öbel  Bertriebenen  $peobofiu§  af§  ben  guerfi  ©emäpften  unb  ©emeipten  au§  unb 
Berbannte  ben  ©afanu§.  iftadjper  mttrbe  2;peobofiu§  geftürjt  unb  erpielt  burdp  ben 
Kaifer  an  f]3aulu§,  bann  an  3otfu§  ortpoboje  9Iad)fofger.  ®ie  Sulianiften,  bie  ipre 
Sepre  and)  in  Sftpiopien  Berbreiieten  unb  aud)  fpäter  nod),  j).  93.  um  798,  eigene 
ißatriardjeu  patten,  teilten  fid)  mieber  in  Ktiftofatrai,  bie  ben  Selb  Eprifti  für 
erfepaffen ,  unb  in  91  f  t  i  ft  e  t  e  tt ,  bie  ipn  für  unerfd)affen  erffärten ,  mäprenb  anbere 
jugaben,  ber  Seib  Eprifti  pabe  an  fid)  ber  Korruption  unterliegen  fönnen,  fei  aber 
rnegen  ber  ÜJiacpt  be§  2ogo§  ipr  ttiept  unterroorfen  gemefen  K  Kaifer  Suftinian  folt 
nod)  in  feinen  feptett  Sapren  burep  ein  eigene^  Ebift  ben  9fpptpartobofeti§mu§,  bem 
auep  Xenaja§  Bott  fDtabug  ergeben  gemefen  mar,  fanftioniert  paben;  ben  fßatriardfen 
Eutpd)iu§  traf  rnegen  oermeigerter  3uftintmung  ba§  Epif,  unb  auep  9Inaftafiu§  Bon 
9lntiod)ien  marb  mit  bemfelben  bebropt;  bod)  fd)üt)te  biefen  noep  ber  bafb  barauf  er= 


Byz.  Bei  Phot.,  Biblioth.  cod.  64.  Ioann.  Ephes.,  Hist.  eccl.  II,  18  sq. ;  YI,  11.  23, 
ed.  Schönfelder  p.  60  sq.  Evagr.  Schol. ,  Hist.  eccl.  V,  7.  Mansi,  Conc.  Coli.  X, 
741  sq.  tpefele  a.  a.  0.  III,  73  f.  132  ff.  Über  ben  ippilofoppett  SaBib,  ber  ba§ 
©tubium  be§  2Iriftotete§  in  Strmenien  förberte ,  f.  C.  F.  Neumann,  Memoires  sur  la 
vie  et  les  ouvrages  de  David.  Paris  1829. 

1  Liberatus,  Breviar.  c.  19  sq.  Leontius  Byz.,  De  sect.  act.  V,  c.  3  sq.  ( Migne , 
Patr.  gr.  LXXXVI,  1229  sq.).  Timoth.  Constantinop.,  De  recept.  haeret.  (ibid.  p.  52  sq.). 
Fragm.  bei  Mai,  Spicil.  Rom.  HI,  711;  X,  169.  Ioann.Dama.se.,  De  haer.  c.  82  sq. 
Nicepli.  Call.,  Hist.  eccl.  XVIII,  45  sq.  Assemani,  Bibi.  Orient,  t.  II;  Diss.  de  Mono- 
phys.  §  IV.  SBalcp,  Entmurf  einer  Bottftänbigen  fpifiorie  ber  Keper  VIII,  528  ff. 
©emöpnticp  piepen  bie  SJtonopppfiten  tpäfitanten ,  tiiaxpivopsvoi  ( dia  rö  3i axpiveaftat 
aözoug  xocvujvecv  rg  xcr&oXtxf]  ixxkijda  %dpiv  rpg  ouvöfiou  sc.  Chalced.  ©o  Timoth. 
Constantin.  1.  c.  p.  53,  ber  gmölf  ©eften  unter  ipnen  jöpft).  Phot.,  Biblioth.  cod.  24. 
Niceph.  Call.  1.  c.  Über  bie  ißptpora  f.  Leont.  Byz.  1.  c.  act.  X,  c.  2.  Ioann.  Da- 
masc.,  De  fide  orthod.  III,  28;  über  SuftinianS  Ebift  unb  beffen  folgen  Evagr.  Schol. 
1.  c.  IV,  39  sq.;  V,  4.  Eustath.,  Vita  S.  Eutych.  c.  4.  5.  Theophan.,  Chronogr.  p.  372. 


4.  Neftorian.  unb  monopppf.  ßircpen ;  ©paltungen  unter  ben  -äftonopppfiten.  619 

erfolgte  Stob  be?  ftaifer?,  beffen  ©bift  Suftin  IT.  jurüdnapm  ober  bodj  mobifijierte 
unb  nä^er  ertlärte.  Snbeffen  wirb  ba?  (un?  üerlorene)  ©bift  Suftinian?  aud)  bapin 
üerftanben,  bah  e?  nid)t  oon  ber  Unüerwe?lid)feit,  fonbern  nur  üon  ber  Smpaffibilität 
panbelte  unb  bezüglich  festerer  au?fpracp ,  oor  ber  Auferftepung  fei  ber  Selb  (££)rifti 
ben  irbifdjen  Ntüpfeligfeiten  in  ber  Art  unterworfen  getoefen ,  bah  er  fid)  ihnen  frei= 
willig  unterjog,  wäprenb  er  traft  ber  pppoftatifcpen  Union  baöon  frei  getoefen  wäre. 
SDa?  ©bift  fcpeint  aber  fdjon  bamal?  mihbeutet  worben  31t  fein  unb  unter  ben 
Slpeologen  (einerfeit?  ©utpdjiu?  oon  ß'onftantinopel  unb  Anaftafio?  oon  Antiochien, 
anberfeit?  beren  Nachfolgern  Johannes  III.  unb  ©regoriu?)  ein  mehrfache?  9Nih= 
Derftänbni?  obgewaltet  ju  hoben.  'Sie  Päter  lehren :  Nad)  bem  ©efepe  ber  Natur 
wäre  auch  ber  menfdjlicpe  Seib  ©prifti  bem  Selben  unterworfen  gewefen;  bie  pppo= 
ftatifcpe  Union  machte  ihn  barüber  erhaben ,  aber  ber  freie  SßiUe  S^rifti  unterwarf 
ihn  bemfetbcn  bennod). 

6.  ütßie  bie  Sutianiften,  fo  fpalteten  fid)  aud)  bie  ©eüerianer  mehrfad).  3u 
biefcn  gehören  bie  Agnoeten  ober  Stpemifiianer,  fo  genannt  oon  bem  alepan= 
briuifdjcn  Siafon  SLpemiftiu?  (um  540),  ber  inSbefoubere,  wa?  bie  ©eüerianer  be= 
güglicp  be?  Seibe?  ©prifti  behaupteten,  auf  feine  ©cele  übertrug  unb  lehrte,  ©priftu? 
fei  un?  in  allem  fonfubftantial,  auch  besiiglid)  be?  Nicptwiffen?  (Agnoia),  wie  er  beim 
felbft  mehrfad)  üon  fid)  Unwiffenpeit  au?fage  (3Narf.  13,  32  u.  f.  f.).  ©egen  biefe 
Partei  fcfjrieb  il;r  ffircpenpaupt  Üpeobofiu?,  währenb  anbere  feiner  Anhänger  ju  ihr 
übertraten,  tiefer  Stpeobofiu?  (530  oertrieben)  hatte  eine  ©djrift  üerfafjt,  bie  ein 
$eil  ber  ©eüerianer  nicht  annahm ;  biefe ,  be?palb  gebannt,  bilbeten  eine  eigene  Partei 
ohne  Pifdjöfe ;  oon  ihrem  Perfammtuug?ort  in  ßonftantinopel  hieben  fie  $  0  n  b  0= 
baubiten,  Oon  ihrer  Anhänglichfeit  an  ©eüeru?  mit  Au?fcpluh  be?  SEpeoboftu?  unb 
feiner  Nad)foIger  auch  antonomaftifch  ©  e  0  e  r  i  t  e  n ,  welchen  Unteren  Namen  aud)  anbere 
graftionen  begfelben  ©tantmeS  trugen.  ®ie  ßonbobaubitcn  befannten,  bah  ein  ©ott 
fei  ber  3apl  nad),  nid)t  aber  nad)  ber  ooHfommenen  ©leidppeit.  Anbere  Parteien 
entftanben  nach  ben  Namen  ber  Patriarchen  unb  Pifdjöfe,  benen  bie  einzelnen  folgten, 
inbem  fie  anbere  Oerwarfen ;  bcfonber?  brehte  fich  ber  ©treit  um  bie  einjelnen  Inhaber 
ber  ©tühle  oon  Antiochien  unb  Alejanbrien.  ®er  jweite  Nachfolger  be?  ©eüeru? 
auf  erfterem  ©hthle,  ber  551  üon  Safob  Parabai  geweihte  pattlu?,  warb  578  ab= 
gefegt,  weil  er  mit  ben  SDpopppfiteu  in  Ppjanj  ©emeinfcpaft  gepalten  unb  peimlid) 
einen  patriardjen  für  Alejanbrien,  petru?  III.,  Nachfolger  be?  Stpeobofiu?,  orbiniert 
hatte;  an  feine  ©tede  fatn  Petru?  üott  ßallinifu?,  ber  felbft  jur  Pefdpwicpttgung 
ber  Unrupen  nach  Alejanbrien  ging,  wo  injwifdjcn  (Damian  ben  Patriardjeuftupl  be= 
fliegen  patte,  bett  mehrere  al?  unfanonifcp  erhobenen  ©pebredjer  betrachteten.  $a? 
Anfepen  biefer  Patriarchen  litt  fd)wer,  ba  üiele  aud)  ben  Paulu?  al?  unredjtmäfsig 
abgefetjt  bejeidjneten  unb  ben  petru?  oerwarfen.  (Durd)  ben  ©treit  über  bie  Segttimität 
ber  patriardjen  würbe  ber  Übertritt  oieler  SNonopppfiten  teil?  jttr  tatpolifdpen  $ird)e, 
teil?  ju  ben  Afeppalern  begünftigt. 

2Ba?  letztere  betrifft,  fo  patten  fie  lange  3cit  gar  feine  Ipierardjie,  fpenbetcn  bie 
Daufe  mit  bem  am  ©pippaniefefte  au?  ben  $ird)en  entnommenen  getoeipten  SBaffer, 
genoffen  oft  ju  Oftern  nur  ein  fleittc?  ©tücf  ber  bei  ipnen  noch  aufbewahrten  längft 
fonfefrierten  ©udjariftie;  ju  ihnen  gehörten  eine  antpropomorphitifd^e  Nicptung;  bann 
bie  P  a  r  f  a  n  i  a  n  e  r  ober  Parfanuppiten.  welche  bie  ©udpariftie  in  ber  Art  feierten, 
bah  fie  ben  Ringer  in  feine?  Sßeijenmepl  (ff£|x(8aXic,  baper  ©emibaliten)  tauchten 
unb  biefe?  jum  Ntunbe  fiiprten,  uttb  ipren  Namen  oon  ihrem  Pifdjof  patten,  beffen 
SBeipe  aber  oielfad)  angefod)ten  war;  bann  bie  ©fa  ianiften,  bie  wegen  ber  Söeipe 
be?  ©faia?  oon  ben  anbern  fiep  trennten;  feine  ©egner  behaupteten,  berfelbe  fei  mit 
ber  §>anb  bc?  toten  Pifd)of?  ©pippaniu?  fonfefriert  worben.  Alle  biefe  Parteien 


620  Sic  Kird)e  bei  ber  Auflöfung  ber  römifipen  Kultureinpeit. 

legten  popen  Sßert  auf  eine  bifdjöfltcOe  ©ucceffion  unb  fügten  fid),  folueit  e§  nur 
einigcnnapeit  mit  ihren  ©runbjäpen  uereinbar  mar,  eine  folcpe  ju  berfdfaffen. 

7.  Aod)  meitere  (yrrlcpren  gingen  au§  bem  9Jfonopppfiti§mu§  perbor,  in§Pefonbere 
ber  S£ritpei§mu§,  ben  namentlich  $opanne§  A§fo§nagpe§,  Seprer  ber 
Sßpilofoppie  in  ^onftantinopel  (um  560),  unb$opanne§  fppiloponu§,  Arifto= 
telifer  in  Alepanbrien  (t  nad)  610),  bertraten.  Al§  bie  .ßatpolifen  ben  fUfonopppfiten 
entgegenhielten:  SBären  fftatur  unb  fßerfon  ibentifd),  fo  mären  auch  in  ber  Trinität  mit 
ben  brei  ^erfonen  brei  Aaturen  anjitnepmen,  ma§  unerhört  fei,  mürben  bon  biefen  aud) 
mirflid)  bie  brei  Naturen  jugeftanben,  bie  brei  göttlidjen  ^ßerfonen  als  brei  Snbibibtten 
ber  ©attung  ©ottpeit  gefapt,  mie  5ßetru§,  ipaulu§  unb  3opanne§  brei  ^nbioibuen 
ber  ©attung  9Kenfd)peit,  babei  jLeilfubftanjen  (gtspaal  oöm'ai)  unb  eine  gemeinjame 
unterfipieben.  ©in  fülönd)  Atpanafiu§,  ber  mit  Oielen  ©elbfpenben  für  ben  9Jiono= 
pppfiti§mu§  mirfte,  fomie  bie  Sifcpöfe  ß’onon  bon  Xarfu§  unb  ©ugen  bon 
©eleu eien  in  IHIifien,  bie  biele  ©eiftlicfje  orbinierten,  breiteten  bie  tritpeitifd)e 
Sehre  au§;  jene  gmei  33ifd^öfe  halten  fogar  ju  ^onffantinopel  auf  SBefehl  be§  f?aifer§ 
unter  SSorfip  be§  Patriarchen  Sopanu  in.  eine  2)i§putation  mit  ben  antitritpeitifdpen 
©efteupäuptern ,  auf  ber  feine  bpopppfitifepen  S'ircpenoäter ,  fonbern  nur  ©eberu§, 
3:he°bofiu§  u.  a.  al§  Autoritäten  citiert  merben  burften;  nad)  bier  fEagen  mürben 
ßonoit  unb  ©ugen  für  befiegt  erflärt  unb  bom  $aifer  epiliert.  Aber  in  ^ilifien  unb 
Sfaurien  mürben  nod)  mehrere  ©eiftlidfe  für  bie  Partei  gemeipt 1.  iöalb  füprte  ba§ 
93ucf)  be§  3opannc§  Philoponu§  über  bie  Auferftepung  ju  einem  neuen  Streite;  barin 
tour  geleprt:  in  ber  gorm  müffe  jugleid)  bie  fUtaterie  untergepen,  e§  gebe  baper  feine 
Auferftepung  in  bem  ©ittne  einer  Söieberperftellung  ber  toten  Seiber,  fonbern  ©ott 
merbe,  mie  eine  neue  2Belt,  fo  aud)  neue  Körper  erfd)affen,  bie  borjüglicper  feien 
al§  bie  alten,  fa  unberme§lid)  unb  emig 2.  SBäprenb  nun  bie  ftrengen  Anhänger 
be§  ifipiloponug  (,p  pilopjoniafer)  aud)  biefc  Sehre  annapmen ,  bermarfen  bie 
ßononiten  biefe  ©d)rift  unb  julept  ben  fonft  bei  ihnen  fo  gefeierten  Seprer  felbft. 
Peibe  Seile  befämpften  fid)  peftig,  bi§  fie  fiep  allgemeine  93eracptung  ju^ogen, 
morauf  fie  meprere  33ereinigung§berfucpe  in  Sonffantinopel ,  ©prien  unb  Agppten 
unternahmen. 


1  Assemani,  Bibi.  Orient.  II,  327  sq.  nad)  Satpebräul.  ©cpönfelber,  Sop. 
bon  ©ppeful  ©.  268  ff.  —  ippiloponul  fd)rieb  Kommentare  ju  Ariftotelel,  gum  §epaemeroit 
(De  mundi  creatione,  bei  Gallandi,  Biblioth.  vet.  Patr.  XII,  471  sq.),  über  bal  0fter= 
feft,  gegen  5ßroflu§,  gegen  (jtamblicpul,  gegen  bie  ©pnobe  bon  ©palcebon,  über  bie  Sri= 
nität,  über  bie  Auferftepung  u.  f.  f.  Sgl.  Phot.,  Bibi.  cod.  21.  43.  55.  75.  215.  240. 
Aul  feinem  dtac-nj- nje  geben  3opanne§  Samalcenul  (De  haer.  n.  83)  unb  Aicepporul 
©allifti  (1.  c.  c.  47)  Auljüge  ( Cotel Monum.  eccl.  graecae  I,  278  sq.).  Über  feine 
Sepre  bgl.  ©cpönfelber  a.  a.  0.  ©.  280  ff.  6r  erftpeint  all  Sominalift,  ber  ben 
Uniberfalten  nur  in  ben  Onbibibuen  ^Realität  jugeftept.  Sie  meiften  tpeologifcpen 
©diriften  bei  SPUoponul  finb  erpalten  in  ber  §anbfcprift  Vatic.  Syriac.  144.  Über¬ 
feinen  Kommentar  jur  Isagoge  bei  tßorpppriul  mie  überhaupt  ju  ben  ariftotelifcpeit 
©tubien  ber  ©prer  bgl.  Saumftar!,  Ariftotelel  bei  ben  ©prern  bom  5.  bil  8.  $apr= 
punbert.  Sb.  I.  Seipjig  1900.  2ßal  ßeontiul  oon  Spjattä  (act.  Y,  n.  6,  p.  1233)  bon 
bem  ©epluffe  aul  ber  Onfarnation  auf  bie  Srinitätllepre  fagt,  finbet  fiep  burepau!  be= 
(tätigt.  Siefe  tritpeitifdje  Sepre  uapm  rpsc?  reo  äpifl/j.ui  oualat  xac  <pü(rs.ig  i'aai  äizapa 1- 
>.dxTwq  xarö.  zrj^  dsorrjTa  an,  toollte  aber  nidit  „brei  ©öfter"  jugeben. 

2  Sie  Auferftepungllepre  bei  ippiloponul  foll  auep  ©utpcpiul  Oon  Konftantinopef 
geteilt  paben.  Aber  ©regor  b.  ©r. ,  ber,  bamall  nocp  Apofrifiar,  ipn  3um  Sßiberruf 
betuog,  legt  ipm  nur  bie  Sepre  bei,  ber  Auferftepunglleib  merbe  impalpabel  unb  fo  fubtii 
fein  mie  Suft  unb  3Binb  (Moral.  XIV,  29).  Sgl.  aud)  Ioann.  Diac.,  Vita  S.  Greg.  I. 
c.  28  sq.  ©cpönfelbera.  a.  0.  ©.  297  ff.  304. 


5.  Ser  SJtonotljeletiämuS  unb  baS  fedjfte  aUg.  ßonjil  31t  ßonftantinopel.  621 

Oie  ßononiten  fugten  ben  alejanbrinifdfen  patriardjen  Oamian,  Padffolger 
beS  ^3etru§  III.,  311  ^intergefjen;  fic  anafhematifierten  auf  feine  gorberang  bie  ©djrift 
beS  PhiloponuS  über  bie  51uferftel)ung,  nicfjt  aber  feinen  StritheiSmuS ;  gegen  letzteren 
fprad)  Oamian  feierlid)  bie  Perbammung  auS  nnb  hefämpfte  it)n  in  mehreren  ©djriften, 
bie  aber  ebenfalls  beS  Irrtums  befdjnlbigt  mürben,  namentlich  üon  bem  antiodfenifcfien 
Patriarchen  Petru§  non  .RaßinifuS,  maS  31t  einer  3tnan3igiährtgen  Trennung  smifdjen 
ben  beiben  monopbbfitif^en  Patriarchaten  führte.  Oamiait  roarb  beS  ©abeflianiSmuS 
angeflagt;  feine  eigentlidfe  Sehre  mar,  feine  ber  brei  perfonen  fei  an  unb  für  fid) 
©ott,  fonbern  biefelben  feien  eS  nur  burd)  bie  ungeteilte  Teilnahme  an  bem  gemein* 
famen  ©ott  (xotvi?  Oso;),  ben  fie  in  fid)  hätten,  meShalb  bie  Oamianiten  aud) 
Oetrabiten  genannt  mürben,  mährenb  fie  öon  ihrem  PerfammlungSorte  in  Slleganbrien 
51  n  g  e  I  i  t  e  n  haften.  ® iefer  Damian  bemrteilte  ben  Philofophen  (Stephan 
PiobeS,  ber  al§  ber  fchrofffte  unb  fonfequentefte  Pionophhfit  aßen  Unterfihieb  ber 
göttlidjcn  unb  menfdßichen  Patur  in  ©IjriftuS  nach  ber  Pereinigung  aufhob  unb 
feitterlei  Unterfdjeibung  beffen,  morauS  ©hriftuS  beftelje,  gelten  laffen  moflte.  Oie 
Piobiten  bilbeten  eine  eigene,  Don  ben  übrigen  Sftonophhfiten  gehabte  Partei.  3u 
ben  gelehrten  Ptonophhfiten  gehörte  ©tepljan  ©obar,  ber  in  einem  Söerfe  bie 
einanber  miberfpred)enben  Sehren  ber  ßirdjenbäter  über  Derfd)iebeue  ©egenftcinbe  mopl 
in  polemifdfer  SIbfidft  3ufammenfteßte  unb  ebenfaßS  als  Oritlfeit  betrachtet  marb 

©egen  bie  üerfd)iebenen  monophhfitifd)en  Parteien  fämpften  in  Schriften  ?lna= 
ftafiuS  ber  Sinaite,  ©ulogiuS  bon  Plejanbrieu,  ©eorg  pifibeS,  ber  Ptönd) 
3ob,  SeontiuS,  Johannes  bon  OatnaSfuS1 2.  ©S  gab  unter  ben  gelehrten 
Plonopfjpfiten  neben  ben  nad)  PriftoteleS  gebilbeten  Oialeftifern  aud)  platoni* 
fierenbe  ßPqftifer,  tote  3.  S.  Par  Subaiti,  5lbt  eines  ßlofterS  31t  ©beffa 
in  ben  letzten  feiten  beS  5.  $ahrf)unbertS,  ber  bem  mtjftifdjen  Pantheismus  berfiel3 4. 
5tuS  ber  einen  Paiur  beS  ©rlöferS  fdßofj  er  auf  bie  ©inljeit  beS  göttlichen  ÜBefenS, 
in  bie  einft  aße  Seelen  auS  ber  Pielßeit  (ber  SüBelt)  3iiriidfehren  mürben,  ©eine 
Sehren  erregten  bei  feiner  Partei  großen  Slnftofj.  Ptan  marf  ißm  Perad)tung  ber 
©aframente  unb  fittlidjen  ^nbifferentiSmuS  bor,  mie  ben  ©hiüaSmuS  unb  bie  5Ipo= 
fataftafiS.  ©r  bebientc  fid)  ber  aßegorifdpmpftifcfien  ©pegefe  unb  rühmte  fid)  ßöh^cr 
Offenbarung ;  er  mar  moljl  burd)  bie  areopagitifdjeu  ©d)riften  gebilbet.  Pid)t  meitige 
Pionophhfitcu  heftritten  aßen  Pemunftgebraudj  in  ©IaubenSfad)en  *. 

5.  Oer  PionothcletiSmnS  unb  ba§  fcdjftc  aflgctncinc  ßoniil  31t  ßonftantinopel 

(680—681). 

Quelle n.  —  Sitten  ber  Spnoben  im  monothel.  Streit  bei  Mansi ,  Conc.  Coli, 
t.  X  u.  XI.  Söriefe  beS  PapfteS  ponoriuS  unb  ber  orientalifcpen  23iftf)öfe  ebb.  S.  Sophronü 
Hierox.  Opp.  ed.  Migne ,  Patr.  gr.  t.  LXXXVII ;  bgl.  18  a  r  b  c  n  1)  e  m  e  r ,  Patrologie 
(2.  2t u ft . )  S.  493  f.  497  f.  S.  Maximi  Opera  ed.  Combefis.  Paris  1675  (bei  Migne 


1  Steph.  Gobar.  bei  Phot.  1.  c.  cod.  232. 

•  Peftreitcr  beS  ßRonopppfitiSmuS  bei  Niceph.  Call.  1.  c.  c.  45.  48.  Phot.  1.  c. 
cod.  222.  226.  227.  230.  Leont.  Byz.  Opp.,  bei  Migne,  Patr.  gr.  t.  LXXXYI.  Ioann. 
Damasc.,  De  fide  orthod.  III,  3  sq. ;  Tract.  adv.  Iacob.  et  Aceph.  ( Migne  1.  c.  XCIV, 
988  sq.  1436  sq.;  XCV,  112  sq.).  Georg.  Pisid.,  C.  Sever.  Antioch.  (ibid.  XCII, 
1261  sq  ).  Anastas.  Sin.,  Viae  dux  (ibid.  LXXXIX,  35  sq.).  SSgl.  Kumpfmüller, 
De  Anastasio  Sinaita.  Ratisb.  1865. 

3  Assemani,  Bibi.  Orient.  II,  30  sq. 

4  Pgt.  bie  Confutationes  quarumdam  propositionum  (Opp.  S.  Athauasii ,  ed. 
Maar.  t.  II,  Append.  p.  560),  unb  Adv.  eos  qui  nec  quaerendum  nec  loquendum  ex 
Scriptura  praecipiunt  (ibid.  p.  562). 


522  ®te  ßirdje  5ei  ber  3XufIöfurtg  ber  römifdjen  ßuttureinfjeit. 

1.  c.  t.  XC  u.  XCI) ;  f.  S8 a r  b  en f)  e lt)  e r  a.  a.  O.  ©.  507  ff.  Anastasius  Sinaita, 
Opp.  ed.  Migne  1.  c.  t.  LXXXIX ;  f.  (Barben  (je  tu  et  a.  a.  £).  ©.  511  ff.  Niceph., 
Brev.  histor.  ( Migne  1.  c.  C,  875  sqq.).  Theophan.,  Chronogr.,  ed.  Bonnae  p.  466  sqq. 
506  sqq.  Anastasius  Biblioth.,  Coli,  ad  hist.  Monothel.,  ed.  Par.  1620.  Liber  ponti- 
ficalis,  ed  Duchesne,  vol.  I.  Anastas.  presb.  bei  Mai,  Scriptor.  veter.  nova  collectio 
VII,  193  sqq. 

Sittcratur.  —  Combefis ,  Historiae  haeres.  Monothel.  sanctaeque  in  eam 
VI.  synodi  actorum  vindiciae,  im  Auctarium  novum  II.  Par.  1648.  Assemani,  Biblio- 
theca  iuris  oriental.  Romae  1764.  Tamagnini,  Celebr.  histor.  Monothel.  Par.  1778. 
Chmel,  Vindiciae  concil.  oecumenici  VI.  Pragae  1777.  SBaldj,  Sntwurf  einer  ©e= 
fdjidjte  ber  ßeijereien  IX,  1  ff.  §>efele,  ©oncitiengefdj.  III  (2.  Stuf!.),  121  ff.  328  ff. 
Gtofeptan,  $ie  ©ntftetjungSgefdjicfjte  be§  ÜTconottjeletiämug.  (®iff.)  Seipäig  1897. 
Crivellucci,  La  chiesa  di  Roma  el  1’  Impero  nella  questione  monoteletica  (Studi  storici 
1900,  p.  351  sgg.  417  sgg.).  ©djtoane,  Sogmenaefdjidjte  II  (2.  2luft.) ,  378  ff. 
Jparnacf,  ®ogmengefd)ic(jte  II  (3.  Stuft.),  399  ff. 

A.  tlrfjiniug  bcs  itlonotljeletismus. 

1.  tpatte  im  Qreitapitelftreit  eine  gortfeßung  unb  fttadjwirfung  be» 
91eftoriani§mu§  fid)  funbgegeben,  ber  nod)  in  feinen  Quellen  abgegrüben  unb 
in  feinen  lebten  51nljalt5punften  iibermunben  inerben  füllte ,  fo  gab  fidj  im 
9JtonotIjeIeti§mu§  eine  Uladjwirfung  be§  9)lonopbbfiti§mu§  funb,  melden 
man  auf  eine  feinere  unb  berfiedte  Seife  mieber  einäufüljrett  ober  ju  einer 
ciußerlidjen  Union  ju  bringen  öerfuebte.  Qie  Sfirdje  leljrt,  baß  jebe  ber  jwei 
Dtaturen  in  (51jnftu§  alle  iljre  mefentlidjen  (Gigenfdjaften  unb  SOjätigleiten  be= 
Ijielt,  jebe  bie  ißr  eigentümliche  Sirfung^weife;  beim  bie  Utatur  iff  ba§ 
Ißrin^ip  ber  SÜjatigfeiten.  Sie  ßf)riftu§  bie  göttliche  unb  bie  menfdjlidje 
Üfatur  bat,  fo  bat  er  auch  eine  göttlidje  unb  eine  menfdjlidje  Sirfungstneife, 
ein  göttlic£)e§  unb  ein  tnenfdjlicbeä  Siffen  unb  ©rfennen  unb  ebenfo  ein 
boppelte§  Sollen  unb  Raubein.  ®a  aber  ber  loirtlidje  (SljriftuS  nur  eine 
iperfon  ift  unb  biefe,  tueil  ber  menfdjlidje  Sitte  bent  göttlidjen  folgt,  einen 
moralifdjen  Sillen  bat,  fo  fonnte  man  baöon  auSgeljenb  burdj  9lidjt= 
beadjtung  be§  Uuterfdjieb§  ätbifdjen  bem  natürlichen  unb  bem  etljifcben 
Sillen  bie  monopbbfitifdje  Seljre  in  ber  Raffung  bortragen,  baß  ©fjrifiu^  nur 
eine  Sirfung^weife,  nur  einen  Sillen  habe,  Womit  juleßt  bie  boüfommene 
fDtenfdjljeit  wie  bie  gweiljeit  ber  Naturen  geleugnet  warb.  Qie  5Ignoeten  roaren 
bon  ben  anbern  Sonopljbfiten  gerabe  be§balb  befämpft  morben,  weil  iljre  91n= 
naljme  jutn  QpopljbfitiSmu^  führe.  Sjntidje  fragen  taudjten  aber  bei  ber= 
fdjiebenen  Siläffen  auf,  fotoobl  bei  einzelnen  (Streitigfeiten  al§  bei  ben  Sßer= 
fudjen  jur  Sieberbereinigung  ber  (Getrenntem  ^aifer  £erafliu§  (610  bi§ 
641),  ber  fein  fReidj  atlentljalben  bon  ben  Werfern  bebrofjt  falj,  bie  Äappabocien 
bermüfteten,  ©balceboit  belagerten  unb  31gppten  eroberten  (619),  erlannte  bie 
Sieberbereinigung  ber  fo  jatjlreidjen  Sonopljtjfiten  mit  ber  9teidj§firdje  al§  ein 
bringenbe§  politifdje§  93ebiirfni§,  unb  ©ergiu§,  ber  53ifdjof  feiner  §aupt= 
ftabt,  fanb  bafiir  in  ber  Seljre  bon  einer  Sirfung§toeife  (Energie)  in 
©btiftu^  bie  geeignetfte  Formel,  für  bie  er  fotoobl  al§  ber  3?aifer  in  münb= 
lidjen  Unterrebungen  toie  in  Briefen  (619 — 629)  latljolifdje  unb  Ijäeetifdje 
93ifdjöfe  ju  gewinnen  fudjten;  namentlidj  trat  Sergius  51t  biefem  gwede  mit 
ben  33ifdjöfen  Sfjeobor  bon  ißljoran  in  Arabien  unb  Gtjru§  bon 
ipijafi§  in  Sajien  in  Sriefwedjfel  unb  fudjte  feine  Seljre  mit  berfdjiebenen 


5.  Ser  aJlonotpeletiSmug  unb  baS  fedjfte  aUg.  ßottjtl  ju  ßonftantinopel.  623 

Bäterzeugniffen  (worunter  aud)  falfd&e ,  mie  ein  angeblicher  Brief  beS  SStennaS 
an  ^ßapft  BigiliuS)  jut  Bnerfennung  ju  bringen.  (Sr  glaubte,  aus  ber  ©inbeit 
ber  ißerfon  ©prifti  ergebe  fid)  als  notmenbige  ^olge  aud)  bie  ©inbeit  feines 
BßirfenS  unb  BßoßenS;  eS  habe  jmar  bie  menfdjfidpe,  mit  bern  ÖogoS  bereinigte 
Statur  ifjre  eigene  Seele  unb  bie  menfd)Iid)en  ©eifteSfräfte,  allein  fie  übe  feine 
ihr  eigentümliche  Srpätigfeit  aus,  fonbern  alles,  maS  burch  bie  beibeit  Staturen 
gefd)epe,  müffe  man  bem  SogoS  als  ber  bemirfenben  ltrfad)c  beilegen,  ber  fid) 
babei  ber  SStenfcppeit  als  feines  BkrfjeugS  bebiene,  fo  bafj  nur  eine  2BirfungS= 
tueife  unb  ein  Bßiße  in  ipm  anzunepmen  fei.  Schon  622  berbot  ber  $aifer 
in  einem  «Schreiben  an  (Srjbifdjof  BrfabiuS  bon  (Supern,  baS  gegen  ben 
Bifcpof  ber  bortigen  Bfeppaler,  SßaufuS,  gerietet  mar,  bon  gmei  BBirfurtgSraeifen 
in  ©priftuS  nad)  ber  Bereinigung  ju  fpredpen 1. 

©röteres  Buffepen  erregte  bicfe  Sehre  erft,  als  ber  Bifcpof  ©pruS  bon 
ißpafis,  nad)  Söiebergeminnung  BgpptenS  burch  £)erafliuS  (628)  unb  nad)  bem 
2obe  beS  Patriarchen  ©eorg  (630)  auf  ben  alepanbrinifchen  Stuhl  erhoben,  bie 
bortigen  Speobofianer  (Seberianer)  auf  ©runb  jener  Formel  im  3 uni  633 
mit  feiner  ©emeinfcpaft  bereinigte.  3»  ber  aus  neun  Brtifeln  beftepenben 
UnionS urfunbe  toarb  bie  Sehre  bon  ber  Trinität  unb  bon  ber  3ufarnation, 
letztere  in  fdjarfem  ©egenfap  gegen  SteftoriuS,  auSgefprod)en  unb  mit  Berufung 
auf  pfeubobionpS  ju  glauben  borgefchrieben,  bafj  ber  eine  unb  berfelbe  ©priftuS 
fomobt  baS  ©ottgemäpe  als  baS  SJtenfcplicbe  burd)  eine  einzige  gott= 
menfd)lid)e  2Bir  ff  amfeit  roirfe2.  ©erabe  bei  biefen  Berpanblungen,  bereu 
(Ergebnis  ©pruS  in  pomphafter  Sßeife  nach  Bpjauj  melbete,  befanb  fid)  in 
Sflejanbricn  ber  paläftinifdje  SJtönd)  SopbroniuS,  ausgezeichnet  burd)  tpeo= 
logifchen  Scharffinn.  BIS  ihm  ©pruS  bie  BergfeicpSartifel  noch  bor  tprer  Ber= 
öffentlidjung  ju  lefen  gab,  bemerfte  er  fofort:  mer  in  ©priftuS  nur  eine 
SBirfungSmeife  julaffe,  fönne  aud)  nur  eine  Statur  annepmen,  mie  umgefef)rt, 
mer  jmei  Staturen  glaube,  ipm  auch  eine  hoppelte  SßirfungSmeife  beilegen  müffe; 
er  bat  baper  ben  ©pruS  bringenb  unb  fogar  fitfjfäßig,  er  möge  bon  feinem 
Borpaben  abftepen  unb  biefe  apoflinariftifepen  Slrtifel  niept  berfünbigen.  Bßein 
biefer  ftiipte  fiep  auf  Bäterfteßen  unb  bie  jur  ©eminnung  unjäpliger  Seelen 
notmenbige  Öfonomie;  er  füprte  feinen  Bereinigungsplan  aus  unb  reichte  feierlich 
ben  Üpeoboftanern  bie  Kommunion.  Siefe  fagten  fiegeStrunfen,  nicht  fie  feien 
ju  bem  Konzil  bon  ©palccbon  gefommen,  fonbern  biefeS  zu  ipnen.  Bon  einer 
SBirfungSmeife  in  ©priftuS  fepfoffen  fie  rid)tig  auf  eine  Statur.  SopproniuS 
aber  eilte  nad)  ^onftantinopel ,  um  ben  SergiuS,  ben  er  nod)  niept  näper 

1  Sie  faiferlidje  xiXsumg  obo  ivepyeiag  im  r oö  deaitoTou  fypwv  ’/.  Xp.  perä  rrp; 
ivwmv  Xiysaftai  xtoXöouaa  führt  ©pruS  (Ep.  ad  Serg.,  bet  Mansi,  Conc.  Coli.  XI,  561) 
an.  «SergiuS  berief  fiep:  1)  auf  ben  BusSbrucf  p.ia  C a/o-otög  ivipysia  bei  Cyrill.  Alex., 
Ln  Io.  t.  4 ;  2)  auf  bie  angebliche  Ep.  Mennae  ad  Vigil.  ( Mansi  1.  c.  XI,  525  sq.  530) ; 
3)  auf  Dionys.  Areop.,  Ep.  4  ad  Caium  ( Miyne ,  Patr.  gr.  III,  1072) :  xaivr/v  nva  rijv 
fteavdptxy) v  ivipyztav  (biötoeilen  toirb  hier  ftatt  xairfv  gelefen :  xor^rjv  ober  pt'av) ;  4)  auf 
ben  Brief  8eo§  b.  ©r. ,  hm  e§  peifjt:  Agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  com- 
munione,  quod  proprium  est,  hm§  aber  gerabe  gegen  feine  8epre  jeugt. 

2  Über  bie  Union  in  Blejanbrieu  bgl.  Mansi  1.  c.  XI,  562  sq.  Vita  S.  Max., 
Opp.  I,  p.  vm,  ed.  Combefis.  Brief  beä  SergiuS  an  ©pruS  bei  Mansi  1.  c.  X,  971. 
Maxim.,  Ep.  ad  Petr.  (ibid.  p.  691). 


624 


Sie  ßtrcEie  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  ßultureinljeit. 


fannte,  auf  bie  bem  ©tauben  broljenbe  ©efapr  aufmertfam  ju  madjen;  bielleidji 
hatte  biefen  ©pruS  fetbft  als  Sd)iebSrid)ter  borgefd)lagen,  unb  an  biefen  gab 
er  bem  SophroniuS  Briefe  mit.  SergiuS  wies  bie  33eforgniffe  beS  SopproniuS 
als  unbegrünbet  ab,  berfprad)  aber  baljin  ju  wirten,  bap  nid)t  mehr  bon 
einer  Energie  in  ©IjriftuS  bie  tRebe  fei,  wie  mtd)  nicht  bon  jweien,  morauf 
it)m  —  nad)  feiner  Angabe  —  ber  fromme  Mond)  Stitlfchweigen  besprochen 
paben  fotl.  Salb  nad)  feiner  Stiidfetfr  nach  Serufatem  634  marb  So= 
pproniuS  bafelbft  jum  Nachfolger  beS  MobeftuS  erwählt;  er  hielt  mit  feinen 
Sifdjöfen  eine  Spnobe,  auf  ber  er  bie  monotljeletifdje  Seine  berurteilte,  unb 
fanbte  beSfjalb  an  bie  bornet)mften  ®irdjenljäupter  ein  ausführliches  St)nobal= 
fdjreiben,  baS  ben  ©tauben  ber  $irdje  namentlich  bezüglich  ber  hoppelten 
2BirfungSroeife  ©hrifti  fein  beftimmt  entmidette1. 

2.  SergiuS,  ber  eben  bie  2ßatjl  beS  SophroniuS  auf  ben  Stufjl  bon 
Serufalem  bernommen  unb  bon  beffen  ©influp  für  feine  SiebtingSangelegenljeit 
©efafjr  fürchtete ,  manbte  fid)  in  einem  ftug  berechneten  «Schreiben  an  tßapft 
IponoriuS  I.  (625 — 638),  um  ihn  für  fid)  ju  gewinnen,  ©r  pries  mit 
greller  Übertreibung  bie  Nüdfeljr  ber  ägpptifd)en  Monophpfiten  jur  Kirche  unb 
bemerfte,  eS  mürbe  hart  fein,  biefe  Millionen  blop  wegen  beS  bon  SophroniuS 
getabetten  NuSbrudS  „eine  ©nergie  ©Ijriffi"  jum  5tbfaE  ju  nötigen;  er  fprach 
feine  2lnficf)t  bahin  auS,  e§  fei  am  geratenden,  Weber  bon  jweien  nod)  bon 
einer  SBirfungSweife  in  ©fmiftuS  ju  reben ,  nicht  bon  einer,  weit  bieS, 
obfd)on  an  fid)  richtig  unb  bei  ben  Gütern  borfommenb,  bod)  noch  manchen 
anftöpig  fei,  als  tonne  eS  jur  Seugnung  ber  jwei  Staturen  benupt  werben, 
nicht  bon  jweien ,  weil  baS  ben  SBätern  unbefannt  fei  unb  weit  barauS 
gwei  einanber  wiberftrebenbe  SCßitten  abgeleitet  werben  tonnten,  als  habe  bie 
Menfdjpeit  in  ©hriftuS  fid)  bem  auf  baS  Seiben  gerichteten  göttlichen  Millen 
wiberfept,  währenb  bod)  in  einem  Subjette  uumögtid)  jwei  einanber  miben 
fpredjenbe  Millen  fein  tonnten;  bereits  fei  ber  ^aifer  auf  feine  tBorftettung 
eingegangen,  bap  man  über  bie  Sad)e  nicht  weiter  grübeln,  fonbern  bei  ber 
einfachen  Miterleljre  ftehen  bleiben  fotte,  bap  berfetbe  Sohn  ©otteS  fowoht  baS 
©ötttid)e  als  baS  Menfd)Iid)e  wirft  unb  auS  ihm  alte  göttliche  unb  menfch= 
liehe  ©nergie  ungeteilt  unb  ungetrennt  auSgel)t.  Scplieplid)  bat  SergiuS  ben 
d^apft,  bieS  51t  erwägen,  baS  Mangelhafte  ju  ergänzen  unb  fdjriftlidj  baS 
ihm  gut  Scheinenbe  mitjuteiten.  Mie  SergiuS  baS  bisher  tßorgefattene  ein= 
feitig  erjäplte,  fo  öerbächtigte  er  ben  SopproniuS  als  unfähig,  feinen  Sabel 
511  begrünben,  unb  auf  ©infiit)rung  neuer  NebenSarteu  bebacht  unb  berfdjwieg 
alles,  was  er  pofitiö  ju  ©unften  feiner  Irrlehre  gethan.  Ser  arglofe  5j]apft, 
ber  noch  leine  anbern  Berichte  über  bie  Vorgänge  im  Orient  öor  fid)  hatte 
unb  bem  bie  Sad)e  an  fich  nicht  fehr  bebeutenb  fchien,  ging  unbehutfam 
auf  bie  Sbeen  beS  53t)äantinerS  ein,  belobte  beffen  Umficht  unb  genehmigte 
baS  bon  ihm  beantragte  Stillfchweigen.  Sie  Oppofition  beS  SophroniuS  er= 
fchien  ihm  als  bloper  Mortftreit,  ben  man  ben  ©rammatifern  iiberlaffeu 
müffe,  in  bem  Sinne,  wie  fid)  SergiuS  geäupert2.  Sn  einer  f^rage ,  über 


1  Mcinsi  1.  c.  XI,  461—568.  Migne,  Patr.  gr.  LXXXVII,  3147—3200. 

2  SSriefe  bon  ©ergiug  unb  §onoriu§  bei  Mansi  1.  c.  XI,  529  sq.  537  sq. 


5.  Ser  SJlonotfjeletiSmuS  imb  ba$  fecpfte  attg.  ßonjxl  ju  ßonftantinopel.  625 

bie  fird)Iid)  nod)  nicpt?  entfd)ieben  mar,  fonnte  ba?  ©tittfcpmeigen  —  ab= 
ge[ef)ert  Dort  ben  bem  ^apfte  noch  nicpt  befannten  Vorgängen  im  Orient  — 
ebenfo  gerechtfertigt  etfdjeinen,  al?  e?  bei  ffmteren  tpeologifcpen  ©treitigfeiten 
mar.  2sn  feiner  au?füprlid)en  bogmatifdjen  Erörterung  geigt  §)onoriu?  tno()I 
Unbefanntfd)aft  mit  bem  $ern  ber  grage,  aber  feinerlei  päretifepe  ober  irrige 
9fuffaffung.  Et  unterfepeibet  bie  jroei  unt)ermifd)t  gebliebenen  Naturen  unb 
berftöfjt  nicht  gegen  bie  fircf)lid)e  Sefjre,  ba  er  üöllig  ortpobop  bad)te;  allein  bie 
2Iu?brtide,  bie  er  gebraucht,  finb  nid)t  immer  glüdlicp  gemählt1.  2£enn  er 
bon  einem  SBillen  Ehrifti  fpridjt,  fo  gefd)iept  e?  infofern,  al?  bie  menfcplicpe 
9?atur  Dotn  Sogo?  angenommen  mürbe,  nicht  ihre  ©djulb,  fo  bah  in  Epriftu? 
nid)t  jrnei  miberftrebenbe  menfcplicpe  SßiUen,  ber  be?  ©eifte?  unb  ber  be? 
^leifcpe?,  finb,  infofern  ber  menfcplicpe  Sßille  Ehrifti  fid)  bem  göttlichen  fonformiert 
unb  untermirft.  Oa?  geigen  bie  eigenen  SBorte  be?  Zapfte?,  bie  fid)  an  bie 
Pufferung  be?  ©ergiu?  über  ben  SBiberftanb  be?  menfcplid)en  Sßillen?  gegen 
ba»  Seibcn  anlehnen,  unb  bie  in  bem  Briefe  faft  mörtlid)  benupteit  ©teilen 
3luguftin?,  enblid)  bie  Erflärungen  funbiger  geitgenoffen ,  be?  5Ibte?  3o= 
panne?,  ber  ben  SBrief  fonjipierte,  be?  1)1-  9diapimu?,  ber  am  entfehiebenften 
bie  monotpeletifdje  Irrlehre  befampfte,  be?  ^apfte?  Sopanne?  IV.  SDa?  ©d)reiben 
be?  |)onoriu?  enthält  feinen  mirflicpen  bogmatifepen  Srrtum,  beurfunbet  aber 
auch  feine  groffe  ©emanbtpeit  unb  ©eifte?fd)ärfe,  unb  mar  praftifd)  ein  Wih= 
griff,  ba  e?  ben  geinben  be?  ©lauben?  al?  SBaffe  biente,  ma?  §onoriu§,  ber 
eben  nicht  bem  großen  Seo  gleichfatn,  nid)t  borau?fap.  9lud)  barin,  bah  er 
feine  Entfdjeibung  geben  unb  bie  ©ad)e  nach  bem  9iate  be?  ©ergiu?  in  ber 
©chmebe  gehalten  miffen  mollte,  leiftete  er  bem  fDJonotpeIeti?mu?  SSorfdjub.  2ln= 
fang?  mürbe  ba?  erfte  (roie  ba?  gmeite)  ©djreiben  be?  Iponoriu?,  rein  priöater 
Dfatur  an  fid),  nod)  menig  beachtet ;  erft  nad)  bem  SLobe  be?  |)onoriu?  unb  be? 
©ergiu?  beriefen  fid)  bie  fDfonotpeleten  batauf. 

Oent  ©pnobalfcpreiben  be?  ©opf)toniu?  gegenüber,  ba?  ©ergiu?  gar 
nicht  annahm,  mieberholte  Iponoriu?  in  einem  jm  eiten  Briefe  bie 
Mahnung,  ben  ©treit  rul)en  ju  laffen  unb  meber  Dort  jmei  noch  bon  einer 
2Sirfung?meife  gu  reben,  fdjloh  fid)  übrigen?  in  ber  Oarftellung  ber  Sehre  enge 
an  Seo  b.  ©r.  an.  Er  mollte  feine  neuen  Formeln  unb  feine  Entfdjeibung 
unb  gemanit  bafiir  auch  bie  Dlbgeorbneten  bon  Serufalem.  ©ophroniu?  gmeifelte 
nid)t  im  geringften,  bah  £)onoriu?,  fobalb  er  ba?  Sireiben  ber  ©egner  erfahre, 
entfdjieben  auftreten  merbe  unb  bah  feine  Sehre  böllig  ortpobop  fei.  Er  orbnete 
ben  33ifd)of  ©t  epp  an  bon  Oora  nad)  9fonr  ab  unb  führte  ipn  borper  auf 
ben  IfalDarienberg ,  mo  er  ipn  im  £)inblid  auf  ©otte?  ©eriept  befdpoot,  jum 
9lpoftolifcpen  ©tuple  ju  reifen,  mo  ba?  gunbament  ber  redjten  Sepren  fid)  be= 
finbe ,  unb  bort  ba?  ©piel  ber  ^rrleprer  unb  bie  bon  ihnen  bem  ©tauben 
bropenbe  ©efapr  ju  entpüüen.  Unter  bielen  ©orgen  unb  ©cpmierigfeiten,  bie 
ber  gried)ifd)e  £mf  ipm  bereitete,  fam  33ifd)of  ©teppan  enblicp  in  Dtom  an,  raapr= 

1  §efcle,  Süb.  Speol.  Ouartalfcpr.  1857,  I,  13  ff.  ©cpneemattn,  ©tubieix 
über  bie  £>onoriuöfrage  (f^reiburg  1864)  ©.  38  ff.  ©.  befortberä  f?efele,  ©oncilien- 
gefep.  III  (2.  9lufl.),  145  ff.  ©rifar,  ^aralibomena  jur  §>onoriugfrage  (3eitfcpr.  für 
fatfjol.  Speol.  1887,  ©.  675  ff.);  2trt.  „§onoriug  I."  in  SBeijer  u.  SBelte’ö  ßirepen* 
lepifon  VI  (2.  Sluft.),  230  ff.;  Analecta  Romana  I,  385  sq. 

§ergenrötl)er,  S?irdjenge[ct)ict)te.  I.  4.  Stuft. 


40 


626  ®ie  ßircpe  bei  ber  2tuflöfung  ber  römifcpen  ßultureinheit. 

fc^einlitf)  er  ft  nad)  bem  Oobe  beS  fmnoriuS  (Oftober  638)  unb  beS  ©optjroniuS 
(halb  nad)  ber  (Eroberung  SerufatemS  burd)  bie  Vraber  637) 1.  Vber  ftfjon 
bor  ©nbe  638  erfcpien  bie  bon  ©etgiuS  berfa^te,  bisher  aber  geheim  gehaltene 
„©ftpefiS"  (©taubenSbartegung)  beS  ^aiferS  iperaftiuS,  melcpe  bie  VuSbrüde 
eine  ober  §mei  VßirfungStoeifen  in  ©priftuS  berbot,  aber  einen 
einzigen  V3ilten  in  if)m  behauptete2.  OaS  neue  faifertidfe  ©IaubenS= 
ebift  naljmen  ©ergiuS  unb  ber  bt),$antinifd)e  Uterus  auf  einer  ©pnobe  fofort 
an;  alle  Vifcpöfe  füllten  es  unterfcpreiben.  ©pruS  bon  Vtepanbrien ,  Vtace= 
boniuS  bon  Slntiocpien,  ber  bon  ©ergiuS  geroei^t  mar  unb  megen  ber  Eroberung 
ber  ©tabt  burd)  bie  ©arajenen  in  $onftantinopet  blieb,  fomie  ber  für  2ierm 
fatem  eingefepte  Vtonotpetet  ©ergiuS  bon  3oppe  —  bamit  ade  Patriarchen 
beS  Orients  —  unterfchrieben  bereitmillig.  Oer  Oob  beS  ©ergiuS  bon  $om 
fiantinopet  (Oe^ember  638)  änberte  nid)ts  an  ber  ©achtage;  bentt  fein  9tad)= 
folget  pprrpuS,  früher  fjftönd)  bon  ©prpfopoliS  unb  Cdonont,  fjulbigte  ber= 
felben  Irrlehre  unb  beftätigte  639  bie  ©ftpefis  auf  einer  ©pnobe3. 

3.  ©S  fam  alte»  barauf  an ,  ben  römifchen  ©tuht  für  baS  faiferlic£)e 
©taubenSebift,  baS  aud)  im  Orient  bietfadjen  SBiberftanb  fanb,  ju  geminnen. 
Oer  neue  papft  ©eberinuS,  beffen  Veftätigung  ber  bpjantinifdie  ^)of  tauge 
pinauSfchob  unb  beffen  Pataft  ber  ©pard)  Sfaat  ptünbern  tief),  ftarb  fchon 
640,  nadjbem  er  bie  Sehre  ber  Vtonotpeteten  bermorfen4;  fein  fftacpfolger, 
Johannes  IV.,  berurteitte  auf  einer  ©pnobe  bie  „(SfttjefiS"  unb  gab 
bem  pprrpuS  babon  Vad)rid)t.  Oa  fcf)rieb  ber  ^aifer  furj  bor  feinem  Oobe 
(11.  Februar  641),  baS  ©bitt  fei  baS  SBerf  beS  berftorbenen  ©ergiuS,  bem 
er  btojf  feinen  fJtamen  geliehen  habe.  ©S  folgten  ihm  in  ber  Regierung  fein 
©ohn  erfter  ©pe,  ^onftantin  III.  £)eraftiuS,  unb  ber  ©opn  -poeiter  ©pe,  £)era= 
fteonaS  I.,  melcpe  bie  $aiferin=2Bitme  Martina  als  gemeinfame  Butter  et)ren 
füllten.  Veibe  fucpte  ber  p-apft  für  ben  fatpotifcben  ©tauben  ju  geminnen 
unb  babei  bie  bon  pprrpuS  behauptete  Übereinftimmung  feines  Vorgängers 
IponoriuS  mit  ber  monott)eIetifd)en  Sehre  abjumeifen.  Stber  ßonftantin  III., 
ber  berfelben  nicht  gteicp  feinem  Vater  ergeben  mar  unb  ben  tpofpatriarcpen 
pprrpuS  paffte,  ftarb  nach  fieben  DJtonaten  an  ©ift,  baS  ihm  feine  ©tiefmutter 
nicht  ohne  Oeilnapme  beS  pprrpuS  gereid)t  haben  fott;  nad)  fecpS  Vlonaten 
mürben  IperafteonaS  unb  Viartina  mijfpanbett  unb  bertrieben,  unb  ^onftanS, 
ber  ©ohn  beS  gemorbeten  $onfiantin  III.,  erhielt  bie  tperrfdfaft,  bie  er  über 
fechSunbjmanjig  3apre  (642 — 668)  behauptete.  VnfangS  berficperte  biefer  bem 
Papfte,  er  habe  bie  ,,©ftt)efiS"  abreiffen  taffen;  in  ber  Opat  aber  btieb  biefetbe 
in  $raft.  Oer  ©turj  ber  Vlartina  jog  auch  ben  beS  pprrpuS  nad)  fid),  ber 
^onftantinopet  bertaffen  muffte  unb  an  bem  priefter  Paulus  einen  5Rad)= 


1  Libell.  Steph.  Dor.  bei  Mansi  1.  c.  X,  893.  $aff  «Stephan  bor  bem  ätoeiten 
©Treiben  be§  §onoriuS  nach  tarn,  ift  teineStoegg  anjunehmen. 

2  Heracl.  Ectli.,  bei  Mansi  1.  c.  X,  991  sq.  ex  Conc.  Lat.  a.  649  secr.  III. 
S3gt.  Hardouin,  Conc.  Colt.  III,  711  sq. 

8  Niceph.  Call.,  De  episc.  Constantinop.,  ed.  Migne,  Patr.  gr.  CXLVII,  456  sq. 
Theophan.,  Chronogr.  p.  508.  Cuper,  Acta  SS.  Boll.  Aug.  I,  78  sq. 

4  Maxim.,  Ep.  ad  Thalass.,  bei  Anastas.  Biblioth.  {Gullandi ,  Bibi.  vet.  Patr. 
XIII,  42).  Professio  fidei  im  Lib.  diurnus  c.  3,  tit.  6. 


5.  Ser  SDtonotheletiämug  unb  baä  fedjfte  alffg.  ßoitjil  311  fionftantinopel.  627 

folget  erhielt,  ber  in  politifcpen  Singen  borfid)tiger,  in  bet  ©laubenSfrage  aber 
jenem  böOig  gleicpgefinnt  mar1.  Sicfer  fflaul  II.  manbte  fid)  burcp  ©efanbte 
mit  einem  ©pnobalfcpreibcn  an  ben  römifd£)en  ©tupl,  ben  (nad)  bem  11.  Ob 
tober  642)  Speobor  befliegen  patte.  Ser  neue  fßapft  beftanb  barauf,  bajj 
fpprrpuS,  obfcpon  £)äretifer,  burd)  ein  förmliches  fircplicpeS  Urteil  abgefept 
unb  ju  biefem  Vepufe  nad)  Uiom  gefenbet  toerbe,  berfd)ob  bis  bapin  bie  2ln= 
crfennnng  beS  IßauluS  unb  tabelte  eS  nad)briidlid),  bajj  bie  für  nichtig  erflärte 
„©ItpefiS"  noch  nicpt  oon  ben  öffentlichen  Päjjen  ber  föaiferftabt  entfernt 
morben  fei.  SamalS  (Vtai  643)  fcploffen  fid)  bie  S3if<höfe  ©ppernS  mit  iprem 
Vtetropoliten  ©ergiuS  enge  an  ben  römifcpen  ©tupl  an  unb  bermarfen  gleich  ipm 
baS  faiferlicpe  ©bilt2. 

9llS  entfd)iebener  Vorfämpfer  ber  fird)lid)cn  Öepre  trat  ber  1)1.  füiajimuS 
auf,  einft  ©epeimfcpreiber  beS  £)erafliuS,  feit  630  Sütöncp,  bann  2lbt.  Siefer 
traf,  als  er  fid)  über  2lfrifa  nad)  Vom  begeben  mollte,  auf  afrilanifchem  Voben 
mit  bem  betriebenen  ijßprrpuS  bon  föonftantinopel  jufammen  unb  patte  mit 
il)m  im  3uli  645  in  Vnmefenpeit  beS  faiferlicpen  ©tattpaltcrS  eine  SiSpu= 
tation,  morin  er  ben  monotpeletifcpen  Irrtum  glänjenb  miberlegte3.  Ser 
£)äretifer  mußte  fid)  bor  bem  überlegenen  Speologen  beugen  unb  ging  mit  il)m 
nach  Vom,  mo  er  bor  Klerus  unb  Sßolf  feine  Srrtümer  feierlich  miberrief,  bie 
646  aud)  mehrere  afrifanifcpe©t)nobett  berurteilten.  3n  Vabenna  mürbe 
aber  fßprrpuS  rüdfällig,  meSl)alb  ^lapft  Speobor  auf  einer  römifcpen  ©pn= 
obe  feine  böüige  Verurteilung  auSfprad).  31  uf  ben  üöunfcp  ber  afrifanifcpen 
Vifd)öfe  mahnte  ber  fßapft  auch  ben  fßaul  bon  föonftantinopel,  jurn  ©lauben 
ber  ß'ircpe  juriidjufehren.  3n  feiner  Vntmort  füllte  fid)  biefer  in  baS  ©e= 
manb  ber  Semut,  pries  baS  pope  ©lücf  beS  griebenS,  fprad)  aber  unum= 
munben  mit  Berufung  auf  bie  Väter  fomie  auf  ©ergiuS  unb  £mnoriuS  bie 
Sepre  bon  einem  VMKen  auS4.  3luf  biefeS  f)üvetifd)e  VefenntniS  beS  Vt)jan= 
tinerS  antmortete  ber  fjkpft  mit  bem  VbfeßungSbetret.  Sen  Vifdjof  ©teppan 
bon  Sora  befteflte  er  jum  Vpoftolifcpen  Vifar  für  fßaläftina,  um  ber  burcp 
©ergiuS  bon  Soppe  berbreiteten  fpärefie  entgegenjutreten  unb  bie  bon  ipm  cin= 
gefegten  Vifcpöfe  abjufe^en5.  fßaul  bon  $onftantinopel  fügte  fid)  nicht;  er 
bebrängte  bie  päpftlicpen  ©efanbten  bafelbft  unb  bemog  ben  $aifer  ßonftanS 
(648),  ein  neues,  bon  ipm  berfafjteS  ©laubenSebift ,  „Sppu S"  genannt,  ju 
erlaffen,  baS  in  anberer  2Beife  als  bie  „©ftpefiS"  feiner  Srrlepre  Vorfcpub  leiften 
foüte.  Vicht  bloß  baS  SiSputieren  über  eine  ober  jmei  (Energien ,  fonbern 
aud)  über  ben  einen  ober  bie  jtoei  SBiOen  füllte,  unb  jmar  unter  ben  pärteften 
roeltlid)en  ©trafen,  berboten  fein.  2tn  fid)  fcpien  baS  ©bilt  unparteiifd)  unb  auf 
bie  Verupigung  ber  Orientalen  bercd)net,  in  ber  Spat  mar  eS  aber  auf  ben 
Nachteil  ber  ßatpolifen  gerichtet,  feßte  2Baprpeit  unb  Irrtum  auf  eine  Sinie; 

1  Lib.  diurn.  1.  c.  Theophan.  1.  c.  p.  508.  522.  Lib.  synod.  Pappi  n.  130,  bei 
Mansi  1.  c.  X,  607.  Iocinn.  Ep.,  bei  Mansi  1.  c.  X,  682  sq. 

2  Mansi  1.  c.  X,  702—706. 

3  S.  Maxim.,  Disp.  c.  Pyrrho.  Opp.  ed.  Combefis  II,  159  sq. ;  ed.  Migne,  Patr. 
gr.  XCI,  287  sq.  £>efele  a.  a.  O.  III,  189  ff. 

4  Mansi  1.  c.  X,  1019. 

3  Conc.  Later,  a.  649  secr.  I,  bei  Mansi  1.  c.  p.  878. 


40 


628  ®ie  ßtrdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjett  ßuttureinheit. 

ba§  Stif(fd)meigen  über  bie  fntpolifcpe  Stpre  fam,  mie  ÜJlajimuS  perborpob, 
ber  Unterbrüdung  berfelbett  gleich 1.  SSiele  Dcrfpotteten  e§ ,  ba  man  ©priftuS 
jetjt  opne  ©eift  unb  Seele,  opne  iBeroegung,  opne  Seben,  gleicpfam  tot ,  benfen 
müffe  unb  bie  bogmatifdje  ©ntmidlung  jum  Stißftanb  berurteilt  merbe,  inbem 
blojj  bie  3Säterau§fprüd)e  unb  bie  fünf  allgemeinen  ^onjilien  ©eltung  paben 
füllten.  ©§  mar  and)  unmöglich,  ben  einmal  entbrannten  (Streit  burd)  ein 
■JJtadjtmort  au§  ber  Söelt  ju  fcpoffen;  e§  panbelte  fid)  um  bie  gefamte  Seine 
bon  ber  Snfarnation,  unb  ber  ©egenfatj  jmifdjen  Ot)o=  unb  ÜJlonotpeleten  mar 
burd)  SopproniuS  unb  fJJfapmuS  immer  Harer  jurn  töemujftfein  gefommen. 

B.  Die  Cfljre  ber  Ütonottjeleten.  i'ortfftjung  kr  Streitigkeiten. 

4.  Oie  HJfonotpeleten  gingen  babon  au§:  1)  (5l)riftu§  fei  nur  eine 
Sßerfon,  ein  933  o llenb er ,  folglich  ein  SBille;  mürbe  man  jmei  Söiflen 
annehmen,  fo  hätte  man  einen  hoppelten  ©priftuS.  ferner  2)  jmei  2Biöen 
müßten  notroenbig  miteinanber  in  Söiberftreit  fommen,  mie  im  UJlenfcpen  ber 
933itte  be§  fyleifcpeS  fid)  gegen  ben  be§  ©eifieS  auflehne;  3)  bie  Unfünblidjfeit 
©prifti  merbe  am  beften  gemährt,  menn  man  (5priftu§  ben  blojj  menfcplichen 
Söillen  abfpreepe ,  ber  bie  Söurjel  aller  Sünbe  fei;  4)  bie  menfchliche  Seele 
©prifti  fei  als  Organ  ober  933erf§eug  ju  benfen,  baS  burd)  ben  Slntrieb  ber 
©ottpeit  in  SBemegung  gefegt  merbe.  ^atpolifcperfeitS  marb  erflärt:  1)  Oer 
eine  ©priftuS  ift  (Bott  unb  fDlenfd)  gugleitf) ,  hat  jtoei  Naturen,  alfo  auch 
alles,  maS  ju  ihnen  gehört,  bie  enifpreepenben  Söirffamfeiten.  Orennt  bie  3toei= 
japl  ber  Naturen  nicht  ben  einen  ©priftuS,  fo  trennt  ihn  auch  nicht  bie  3mei= 
jal)I  ber  2öiHen.  Oie  jmei  Sßillen  in  ©priftuS  finb  notmenbig  feftjupalten ; 
beim  ber  933ille,  burd)  ben  alles  erfepaffen  ift,  fann  bod)  nicht  mit  bemjenigen 
jufammenfatlen,  ber  nach  Steife  unb  Otanf  berlangt;  hätte  ©hriftuS  nicht  ben 
menfd)lid)en  SBitlen  angenommen,  fo  hätte  ber  menfd)lid)e  SBille  nicht  erlöft 
merben  fönnen,  fo  märe  er  nicht  nollfommenet  fDlenfcp  gemefen.  2)  3toei 
üffiitlen  fönnen  auch  nad)  gegnerifdhem  ©effünbniffe  in  einer  ^ßerfon  fein,  nur 
bürfen  fie  einanber  nid)t  miberfpreepen.  OaS  mar  auch  in  ©priftuS  nicht  ber 
§all,  ber  frei  Don  aller  Sünbe  mar.  ©r  pat  hem  93ater  mit  menfthlichem 
SBillen  ©eporfatn  geleiftet,  bem  ©efepe  fich  untermorfen  unb  ißerbienfte  ermorhen; 
aber  biefer  menfd)lid)e  933ille  mar  mit  bem  göttlichen  ftetS  in  Harmonie. 
Woralifd)  mar  fo  ein  933iIIe  Dorhanben,  aber  pl)pftfd£)  ein  boppelter  2Bi£lc. 
3)  Oer  menfchlicpe  933i£fe  an  fich,  mie  et  Sadje  ber  Ulatur  ift,  fommt  Don 
(Bott ,  ber  nicht  itrfaepe  beS  Kampfes  unb  beS  SBiberftreiteS  ift,  fonbern  bie 
freie  Opat  beS  DJtenfdjen,  bie  Sünbe  führt  baju;  in  ©priftuS  pat  fie  über 
feinen  9faum.  4)  2Bopl  fteht  bie  menfchliche  Seele  ©prifti  unter  ber  Seitung 
unb  bem  ^mpulfe  ber  ©ottpeit,  aber  opne  ipre  natürlidje  ^reipeit  unb  ihren 
eigenen  SBiflen  ju  Derlieren;  frei  untermirft  fie  fid)  bem  göttlichen  2BiHen;  bie 
mit  Vernunft  auSgeriiftete  menfd)lid)e  9fatur  pat  bie  natiirlidje  ^raft  beS  Der= 
nünftigen  Verlangen».  Hille  Opätigfeit  gepört  bem  einen  Sopne  an;  meldjer 


1  Stuf  ben  „3Ü)pug"  ( Mansi  1.  c.  p.  1029  sq.  SSgl.  §efele  Q.  a.  D.  @.  210  ff.) 
loanbte  IDtagimug  SPf.  18,  3  an  mit  ber  (Srftärung:  ierre  <nanzvj  ävatpemq  (Acta  S.  Max. 
n.  4,  Opp.  ed.  Combefis  p.  xxi). 


5.  $er  DlouotfjeletiSmuS  unb  baS  fcdjfte  attg.  ßonjil  ju  ftonftantinopel.  629 

Statur  aber  baS  ©ewirfte  fei,  baS  ifi  burd)  ben  Sßerflanb  ju  erfennen;  baS 
©rf)abene  unb  ©öttlidje  gehört  ber  göttlichen  Statur  ju,  baS  fiebrige  unb 
SJtenfchliche  ber  SJtenfdjheit.  2öer  nur  einen  SötKen  unb  eine  SöirfungSweife 
in  ©IjriftuS  gelten  läf)t,  ber  fnnn  aud)  nur  eine  Statur  anerfennen.  Oer 
SStonotljeletiSmuS  ift  barum  SStonopffpfitiSmuS,  unb  baS  ©djmeigen  über  einen 
ober  jwei  Söillcn  fommt  bcm  ©d)Weigen  über  eine  ober  jwei  Staturen  gleich1. 

5.  SJtit  bem  gewöhnlichen  Orientalinnen  OefpotiSmuS  tourben  bie  33ifdjöfe 
jur  Unterfd)rift  beS  neuen  ©bitte!  genötigt,  ebenfo  bie  päpftlidfen  Se= 
gaten,  benen  inan  ben  Elitär  im  ptacibiapalafte  jerftörte  unb  bort  bie  SJteffe 
ju  feiern  öerbot,  ja  fogar  noch  fdfwere  SStifjljanblungen  jufügte.  SStutig  unb 
pflidjtgetreu  erwies  fid)  ber  am  5.  3uli  649  erwählte  papft  SJt artin  I., 
ber  fdjon  als  römifdjer  priefter  burd)  Ougenb  unb  SEBiffenfdbaft  herborragte 
unb  bereits  Slpofrifiar  in  ßonftantinopel  gewefen  war.  ©r  hielt  im  SStonat 
Oftober  feine  in  ber  Kirche  l;od)gefeierte  Sateranfpnobe  mit  105  23ifd)öfen, 
auf  ber  er  ben  „OppuS"  fowohl  als  bie  „©fthefiS",  überhaupt  bie  monotl)eIe= 
tifche  Sehre,  fobann  bie  33pjantiner  ©ergiuS,  pprrlfuS,  Paulus,  ben  Utleganbriner 
©pruS  unb  ben  Olfeobor  öon  pparan  feierlid)  öerurteilte.  Mehrere  auS  bem 
Orient  entflohene  gried)ifd)e  Stbte  unb  SStöndfe,  fowie  53ifd)of  ©tepffan  bon 
Oora  berichteten  über  bie  Sage  ber  morgentänbifdjen  ©priften;  bie  wichtigeren 
Slftenftiide  würben  borgelefen  unb  geprüft,  zahlreiche  Sßäterfteüen  gegen  bie 
neue  £)ärefic  angeführt,  ein  ©pmbolum  unb  jwanjig  SanoneS  aufgeftellt.  Oie 
Elften  biefer  ©pnobe  würben  aud)  in  baS  ©riecpifche  übertragen  unb  fowol)! 
bem  ^aifer  als  allen  33ifd)öfen  jugcfanbt2.  SJtit  aller  Ohattraft  unb  im  23or= 
gefühl  fdjwerer  Kämpfe  fudjte  ber  5fßapft  bie  ©laubigen  allerorten  bor  ber 
Irrlehre  ju  bewahren;  nadjbrüdlid)  erflärte  er  fid)  gegen  bie  höretifdjen  pa= 
triardhen  petruS  bon  Sltejanbrien  unb  SJtaceboniuS  bon  Slntiodjien,  be= 
fteEtte  ben  53ifd)of  Johannes  bon  Philabelppia  feinem  Sßifar  in  bem 
©prengel  beS  lederen  wie  in  bem  bon  Serufalem,  fetjte  ben  monotheletifd)  ge= 
finnten  ©rjbifd)of  Paul  bon  Oheffülonicb  ab;  ferner  ermahnte  er  bie  afri= 
fanifdjen  unb  anbere  SBifdjöfe  jur  ©tanbhaftigfeit  unb  trug  auch  bcm  fränfifdjen 
©piffopate  auf,  gegen  bie  neue  Srrlelfre  ©pnoben  ju  ha^en- 

$aifer  ^onftanS  war  l)öd)ft  aufgebracht  über  ben  SBiberftanb  beS 
papfteS  unb  würbe  bon  bem  häretischen  Patriarchen  Paul  II.  nod)  mehr  ge= 
reijt.  ©chon  wäprenb  ber  Sateranfpnobe  l)ade  er  bem  ©jarchen  OlpmpiuS 
befohlen,  in  Italien  bie  Sinnahme  beS  „OppuS"  ju  erzwingen  unb  ben  papft 
ju  ftürjen ;  aber  berfelbe  hotte  nichts  gegen  SJtartin  auSricpten  tönnen  unb  war 
halb  geftorben.  Oer  neue  ©jarch  Oheobor$aIliopaS  bolljog  bie  faiferlidjc 
SBeifung ,  befehle  im  Sunt  653  ^irdje  unb  palaft  bom  Sateran,  nal)m  ben 
tränten  papft  gefangen  unb  lief)  ihn  nach  StapoS  beportieren,  Wo  er  ein 
3al)t  als  ©efangener  bleiben  utupte.  3m  ©eptember  654  (ober  fd)on  653) 
warb  ber  hod)herjige  Oulber  nach  ßonftantinopel  gebracht,  wo  er  maplofe 
Orangfale  unb  Verhöhnung  ju  erleiben  hatte-  Stach  breiunbneunjigtägigem 


1  ©.  befonberä  Sophron.,  Ep.  synod.  unb  Maxim.,  Disp.  c.  Pyrrlio. 

2  Conc.  Later,  a.  649,  bei  Mansi  1.  c.  X,  863  sq.  1006  sq.  1151  sq.  Martini  I. 
Ep.,  bei  Mansi  1.  c.  790  sq.  1170.  £>efele  a.  a.  D.  III,  212  ff. 


630 


Sie  ßircpe  bei  ber  Sluftöfung  ber  romifdiett  ßultureinpeit. 


hartem  (SefängniS  Warb  er  bor  ©eridpt  gefcpleppt,  ber  llfurpation  beS  rötrti[c£)en 
©tupleS,  beS  IpocpberratS  gegen  ben  $aifer,  ber  Verbinbung  mit  ben  ©ara^enen, 
ber  S3erfälfcf)ung  beS  ©laubenS  unb  blasppemifdfer  Vufferungen  gegen  bie 
heilige  Jungfrau  angelfagt.  ©rfaufte  geugen  fügten  gegen  if)n  auS  unb  bie 
unwürbigfte  Vepanblung  warb  if>m  ju  teil;  er  warb  gemeinsam  mit  Vtörbern 
eingefperrt ,  feiner  Kleiber  beraubt,  bem  junger  unb  ber  $älte  preisgegeben. 
VIS  ber  ^3apft  im  ©efängniffe  feiner  Einrichtung  entgegenfap,  lag  ber  päretifcpe 
Patriarch  5j3aul  II.  auf  bem  SEobbette.  Vom  $aifer,  ber  ipn  befucpte,  bau  bem 
Verfahren  gegen  Vtartin  unterrichtet ,  brepte  er  fiep  mit  ©eufjen  gegen  bie 
Söanb  unb  rief:  „V3epe  mir!  Vucp  baS  ift  noch  gefepe^en ,  um  baS  ©eridpt 
gegen  mich  ju  berfdpärfen."  Snfolgebeffen  ftanb  ßonftanS  bon  ber  beabfieptigten 
Einrichtung  ab,  was  Vtartin,  ber  fiep  nach  bem  SEobe  feinte,  tief  beflagte. 
Vm  26.  9J?är§  655  warb  ber  grojje  ©laubenSjeuge  nad)  ©perfon  gebracht, 
Wo  er  am  16.  ©eptember  feinen  Seiben  erlag.  Von  ber  Kirche  wirb  er  unter 
ben  Vlärtprern  gefeiert1. 

Vud)  mehrere  abenblänbifcpe  Vifcpöfe,  bie  an  ber  Sateranfpnobe  teilgenommen, 
traf  fchwere  Verfolgung.  Vod)  härter  war  baS  8oS  beS  pl.  Vtap im uS  unb 
feiner  jwei  ©chiiler,  bie  beibe  VnaftafiuS  piepen.  Vad)  mehrfachen  Verhören 
würbe  VtajimuS  655  nach  93pjia  in  SEprafien,  feine  ©chüler  an  anbere  Orte 
in§  (Slenb  berwiefen.  Oa  fie  ftanbhaft  blieben  unb  bie  ©emeinfepaft  mit  ber 
päretifepen  Kirche  bon  $onftantinopel  berweigerten ,  würben  fie  wieber  an  ber= 
fdpiebene  Orte  gebracht  unb  nach  mehreren  Vtifjpanblungen  abermals  nach 
$onftantinopel  geführt.  Ipier  würben  fie  gepeitfept,  unb  ttachbent  ipnen  bie 
3unge  auSgefcpnitten  unb  bie  rechte  |)anb  abgehauen  war,  würben  fie  ber= 
ftümmelt  in  ber  ©tabt  umpergefüprt  unb  ju  lebenslänglicher  Verbannung  (in 
^olcpis  am  ^3ontuS  ©ujinuS)  eingelerfert.  ©ie  lamen  am  8.  3uni  662  an 
ben  Ort  iprer  Veftimmung,  würben  boneinanber  getrennt  unb  abermals  miff= 
panbelt.  Oer  Vtöncp  VnaftafiuS  ftarb  am  24.  3uli  662,  VtapimuS  am 
13.  Vuguft  beSfelbett  3apreS,  ber  anbere  VnaftafiuS  nach  furchtbaren  Oualen 
erft  11.  Oltober  662  2.  ©o  wütete  ber  SEprann  $onfianS  gegen  weprlofe 
Oiener  ©otteS,  wäprenb  er  eine  ^ßrobing  nacp  ber  anbern  in  bie  §änbe  ber 
©arajenen  fallen  liefe. 

6.  Vach  bem  5Eobe  fßaulS  II.  patte  655  ber  betriebene  ^ßprrpuS  ben 
©tupl  ber  ^auptftabt  wieber  erlangt,  ben  er  nochmals  bier  Vtonate  unb  einige 
jWanjig  Sage  einnapm.  ©in  ©eiftlicper  feiner  ®itcpe,  VamenS  fßetruS,  patte 
bie  abenteuerliche  SEpeorie  bon  brei  Sßillen  in  ©priftuS,  einem  perfönlitpen 
unb  jWei  natürlichen,  aufgefteüt,  woburch  man  ebenfo  ben  Vtonotpeleten  wie 
ben  $atpo!ifen  gerecht  Werben  wollte.  ipprrpuS  war  bafür  gewonnen  unb  jog 
auch  bie  römifchen  Segaten,  aber,  wie  fchott  VtapimuS  perborpob,  nicht  ben 
römifepen  ©tupl  auf  feine  ©eite.  Sener  fßetruS  würbe  and)  beS  fpprrpuS 
Vachfolger  unb  fudpte  nun  feine  VermittlungStpeorie  bon  brei  VßirlungSWeifen 

1  Commemoratio  bei  Mansi  1.  c.  p.  855 — 861.  Martini  I.  Ep.,  ibid.  p.  849.  851. 
Eefele  a.  a.  £).  III,  230  ff.  901  i  p  a  e  I ,  SSann  ift  ifeapft  Vlartin  I.  bei  feiner  @ji= 
lierung  nad)  fionftantinopel  getommen?  (geiifhr.  für  fatfjol.  Speol.  1892,  <B.  375  ff.) 

2  Acta  S.  Max. ,  Opp.  I,  p.  xxix  sq.  Mansi  1.  c.  XI,  3  sq.  p  e  f  e  I  e  o.  a.  D. 
III,  239  ff. 


5.  ®er  SDtonotpcletigmuS  unb  baS  fedjfie  atlg.  ßottjil  3U  ßonftantinopel.  631 

unb  brei  Söillen  in  EpriftuS  jur  gierrfcpaft  ju  bringen  1.  Nber  fßapft  Eugen  I., 
an  ben  er  fiep  beSpalb  manbte,  bermarf  biefen  paltlofen  NuSmeg.  Oie  fßäpfte 
patten  feine  SSerbinbung  mit  ben  häretiföpen  Sifcpöfen  bon  Spjanj,  fonbern 
nur  noch  mit  bem  Reifer.  Oie  Höflinge  erflärten  656  -bem  pf.  NfajimuS, 
Ratten  fte  Nupe  bor  ben  Sarajenen,  fo  mürben  fie  mit  bem  miberfpenftigen 
tpapffe  Eugen  »erfahren  mie  mit  NfartinuS.  5HS  ber  neugemäpfte  ^ßapft  33  U 
talian  657  feine  ©efanbten  mit  Schreiben  an  ben  ßaifer  unb  an  SßetruS 
nach  Honftantinopet  fanbte,  mürben  mieber  Unterpanblungen  angefniipft.  Oer 
tpof  nahm  bie  Segaten  eprenboü  auf  unb  fuepte  bie  Nömcr  burch  reiche  ©efepenfe 
ju  geminnen;  Patriarch  SßetruS  brachte  feine  Theorie  nicht  meiter  jur  Sprache, 
gab  fiep  ben  Schein  ber  Nedjtgläubigfeit  unb  nahm  ben  tarnen  NitalianS  in  bie 
Oibtpcpen  feiner  Kirche  auf,  maS  feit  §onoriuS  bei  feinem  fßapfte  mehr  gefchehen 
mar.  3m  3ufi  663  fam  ber  $aifer  fefbft  auf  mehr  als  jepn  Sage  nach  Nom; 
SSitafian  muhte  ihn  bemilffommnen,  unb  bie  Begegnung  mar  fehr  freunblicp. 
Sann  begab  fiep  ®onftanS  nach  Sizilien,  mohin  er  feine  Nefibenj  beilegen  ju 
motten  fchien ;  burch  feine  tpabgier  empörte  er  alles  miber  fich  unb  marb  enbtiep 
(15.  3uti  668)  ju  SprofuS  im  23abe  ermorbet.  Noch  bor  ihm  (666)  mar 
SßetruS  bon  Äonffantinopel  geftorben ;  feine  brei  nächften  Nachfolger  (SpomaS  II., 
Johann  V.  unb  ßonffantin)  neigten  fich  mieberum  ber  fathotifchen  Sehre  ju, 
fanbten  Spnobaffcpreiben  nach  Nom  unb  fprachen  nichts  £)äretifcpeS  aus,  maren 
aber  auch  nicht  im  ftanbe,  ben  in  ber  fpauptftabt  mächtig  gemorbenen  Nfono= 
thefeten  ju  miberftehen.  9fu<h  ber  neue  ®aifer  $onftantin  IY.  ^ogonatuS 
(668—685),  ber  nach  33efiegung  beS  Armeniers  NJefeciuS  ober  Nti^eS  (669) 
ungehinbert  bie  fperrfepaft  füprte,  glaubte  im  Anfänge  nicht  gegen  bie  |)ärefie 
einfehreiten  ju  biirfen,  moflte  aber  auch  bie  Nnorbnungen  feines  33aterS,  inS= 
befonbere  ben  „SppuS",  nicht  mit  ©emalt  aufrecht  patten,  ^ßapft  SBitatian, 
ber  ipm  in  bem  Kampfe  gegen  ben  Ufurpator  biete  Oienfte  geteiftet,  benutzte 
feine  günftigen  ©efinnungen,  um  fict)  nacpbrüdlicher  gegen  bie  Nlonotpeleten  ju 
erheben,  meSpafb  biefe  nach  feinem  Sobe  Qanuar  672)  bie  Entfernung  feines 
Namens  aus  ben  Oiptpcpen  beantragten. 

Erft  nadjbern  ber  .^aifer  678  nicht  ungünftige  f^riebenSberträge  mit  ben 
Nrabern  unb  ben  Nbaren  gefcploffen  patte,  ging  er  ernftlidf)  baran,  bie  geftörte 
fircpfiche  Eintradpt  jmifd)en  Orient  unb  Occibent  mieberperäuftetlen.  Er  manbte 
fiep  in  einem  ehrerbietigen  Schreiben  born  12.  Nuguft  678  an  ^ßapft  OonuS 
mit  ber  33itte,  Nbgeorbncte  jur  ^Beilegung  beS  beftepenben  3^'^  jmifepen 
Nlt=  unb  Neurom  ju  fenben  unb  burch  fie  an  einer  fonjitiarifchen  Beratung 
teitjunepmen ,  bie  er  fepon  Iängft  beabfieptigt  unb  nur  infolge  ungiinftiger  Er= 


1  Über  bie  HXpeorie  beä  $etru§:  una  voluntas  hypostatica  et  duae  naturales  f. 
Vita  S.  Max.  c.  21;  Acta  S.  Max.  (Opp.  I,  p.  xvii.  xxx).  Anastas.  mon. ,  Ep.  ad 
monach.  Caralit. :  tres  in  uno  eodemque  Christo  voluntates  et  operationes ,  quod 
neque  patrius  neque  synodicus  neque  physicus  sermo  decrevit.  Agatho ,  Ep.  ad 
Const.  Imper. ;  Petrus  ...  et  unara  et  duas  voluntates,  et  unam  et  tres  operationes 
in  dispensatione  incarnationis  magni  Dei  et  salvatoris  nostri  sapere  se  profitetur. 
«Petrus  meinte;  faffe  man  bie  jmei  Naturen  in3  Singe,  fo  fei  jeber  ipr  SBitte  auju« 
fipreiben;  betrachte  man  aber  ßpriftu$  als  Nerfon,  fo  fei  nur  ein  perfönlicper  Söille 
anäunepmen. 


632 


$te  ßirdje  bei  ber  SCuflöfuttg  ber  römifdjen  Äultureinfiett. 


eigntffe  nicpt  berwirfticht  habe.  ©r  metbete,  fein  Patriarch  Sh e ober  (feit 
676,  wieber  Ptonotffetet)  habe  au§  gurd)t,  fein  ©pnobatfehreiben  werbe  gleich 
benen  feiner  Porgänger  in  ütom  ni(f)t  angenommen,  btofj  einen  jur  233ieber= 
herfiettung  ber  $irdhengemeinfchaft  mahnenben  Prief  baljin  abgehen  taffen,  fei 
and)  ebenfo  wie  9Ütafariu§  bon  Ütntiodfien  (bamat§  ber  erfte  ©timm= 
fütfrer  ber  Ptonotffeleten)  gur  gemeinfamen  Unterfudfung  bereit.  ©r  berfdjmieg 
nicht,  baff  beibe  Patriarchen  bie  ©ifiulb  be§  3tl)iefpalte§  einigen  früher  nid)t  ge= 
brauchten  ütu§briiden  §ufc£)rieben  unb  ben  tarnen  be§  Pitalian  au§  ben  Kirchen: 
büchern  befeitigt  rniffen  wollten ,  wetdjent  ütnfinnen  er  jebod)  nid)t  nadhgegeben 
habe;  er  feinerfeit§  hatte  beibe  Seite  für  rechtgläubig ,  bie  ^onferenj  über  bie 
ftreitigen  Punfte,  ba  feine  3ßit  jur  Ütbhaltung  eitte§  allgemeinen  ^ongit§  fei, 
für  höd)ft  erfpriefflid},  werbe  aber  in  feinem  gatte  einen  3tt>ang  au§üben.  ©r 
fd)Iug  bem  papfte  bor,  befonbere  Vertreter  ber  römifchen  Birdie,  au§  feinem 
Patriardiatgebiet  jwötf  Ptetropotiten  unb  Pifdjöfe  unb  au§  ben  hier  grieefnfeben 
ßtöftern  Ütom§  je  hier  Ptönche  abjuorbnen,  bie  mit  Ptafariu§  unb  Sf)eobor 
bie  Wahrheit  frieblicf)  erforfdjen  füllten,  unb  bot  für  biefe  ütbgeorbneten  febe 
Sicherheit  an 1. 

da»  faiferlidje  (Schreiben  erhielt,  ba  donu§  bereit»  (11.  ütprit  678)  ber= 
ftorben  war,  beffen  fchon  bor  ber  ütbfaffung  (am  27.  3uni)  erwählter  Üta<h= 
fotger  St  g  a  t  h  o ,  ber  ba§  gefamte  Ütbenblanb  in  biefer  ©acf)e  ju  Ütate  gezogen 
wiffen  wollte  unb  be§f)alb  allenthalben  partifutarfpnoben  abhalten  lief;. 
Pei  ber  baburdh  entftanbenen  Perjögerung  ber  ütborbnung  bon  deputierten  et= 
wirften  enblidh  Ptafariu§  unb  Sheobor,  baf;  Pitalian§  ütame  au§  ben  diptpehen 
entfernt  werben  burfte.  ütber  halb  banach  warb  Sheobor  Don  feinem  Stuhle 
betrieben,  wohl  weit  er  fid)  al§  ©egner  ber  Pereinigung  erwie§;  an  feine 
©teile  fam  ber  priefter  ©eorg,  ber  woht  Ptonothetet ,  aber  bon  friebtichen 
©efinnungen  erfüllt  war.  da  man  in  ütom  auf  bie  ülnfttnft  bieler  Pifdhöfe, 
auch  ber  englifchen,  tanger  Wartete,  fo  hielt  Papft  Ütgatpo  erft  im  Ptärj  680 
mit  125  Pifdjöfen  ju  ütom  eine  ©pnobe  jur  Porbereitung  be§  im  Orient 
abjuhattenben  t^onjit§  unb  jur  ©rnennung  bon  Segaten  für  baäfelbe.  ©§  war 
bie§  eine  gtojfe  patriardtalfpnobe  be»  3lbenblanbe§,  ber  Heinere  ©pnoben  in 
ben  einzelnen  Sänbern  unb  probi^en  (j.  P.  Ptaitanb)  borau§gingen.  ütgatffo 
unb  bie  ©pnobe  erliefen  an  ben  ^aifer  jwei  Sdhreiben,  bie  ben  ©tauben  ber 
Äirdje  nach  bem  Ptufter  be§  SateranfonjilS  bon  649  entwidetten  unb  beffen 
Innapme  al§  ben  ©laubigen  notmenbig  bejeiepneten.  S1I§  Segaten  feiten§ 
ber  römifchen  Kirche  würben  bie  priefter  Sheobor  unb  ©eorg,  ber  diafon 
gohanne§  unb  ber  ©ubbiafon  $onftantin  beftettt,  at§  deputierte  für  bie 
©pnobe  bie  Pifd)ofe  ütbunbantiu§  bon  paterno,  3ot;anne§  bon  Porto 
unb  goffanneS  bon  Üteggio,  at§  Pertreter  bon  ütabenna  noch  ein  priefter 
Sheobor.  die  ütbgeorbneteu  waren  nach  ?tgatt)o§  Pufferungen  nid)t  eben 
gelehrte  Slfeologen,  bie  bamat§  im  Occibent  bei  ber  tferrfdienben  3errüttung 
fet)r  fetten  waren,  aber  hoch  pflichttreue,  im  dogtna  gut  unterrichtete  Ptänner. 
©ie  würben  in  ber  ^aiferftabt  ehrenbotl  empfangen  unb  im  ptacibiapalafte 
beherbergt.  Ütach  ihrer  ülnfunft  (10.  ©eptember  680)  forberte  ber  ^aifer  ben 


1  Sacra  Constant.  bei  Mansi  1.  c.  XI,  195  sq. 


5.  Ser  9flonotf)eIeti§mu§  unb  ba§  fectjfte  attg.  ßonjil  3U  Äonftantinopel.  633 

Patriarchen  ©eorg,  unb  burd)  biefen  ebenfo  ben  VZalariuS  bon  Antiochien  auf, 
bie  ihnen  unterftebenben  VZetropoliten  jur  Beratung  31t  berufen.  Vn  bie  unter 
farajenifcher  §crrf<haft  fietfenben  ©tüt)te  bon  VIesanbrien  unb  ^erufalem  ^atte 
man  anfangs  bon  feiten  beS  tpofeS  nicht  gebacht ;  eS  fanben  fid)  aber  bor  33e= 
ginn  ber  Verbanbtungen  jmei  Orben^priefter  Petru»  unb  ©eorg  ein,  toobon 
erfterer  VIepanbrien  repräfentierte ,  teuerer  ben  patriarchatbitar  2:t)eobor  bon 
3erufalem  bertrat.  ©omot)l  megen  biefer  Vertretung  ber  anbern  ©tiibte  als 
aud),  tnie  eS  fcbeint,  weit  baS  Verfahren  beS  papfte§  Agatljo  biefen  ©ebanlen 
nabegelegt,  mürbe  bie  Verfammtung,  bie  je^t  311  ftanbe  fam,  obfcbon  ber 
$aifer  bieS  juerft  nid)t  beabfidjtigt,  fdfon  bei  ihrem  Veginne  als  ölumenifdfe 
©t)nobe  bejeicbnet  unb  nachher  als  bie  fed)fte  ben  borauSgegangenen  fünf 
beigejäbtt 1. 

C.  Das  fcd)(te  allgemeine  fionjtl. 

7.  ®aS  ^onjit  mürbe  born  7.  fJZobember  680  bis  16.  ©eptember  681 
in  einem  fuppelartig  gemölbten  ©aate  (SEruttuS)  beS  laifertichen  patafte»  unter 
bem  Vorfitje  ber  päpftlichen  Segelten  unb  unter  bem  (Sbrenborfit^e  beS  RaiferS 
gebalten.  Setjterer  mobnte  nebft  bieten  Staatsbeamten  ben  erften  elf  ©iijungen 
bei  unb  leitete  mit  biefen  ben  äußeren  ©efd)äftSgang ;  er  unb  feine  Veamten 
mürben  aber  genau  bon  ben  VZitgtiebern  ber  ©bnobe  unterfdjieben,  beren  3at)l 
fid)  anfangs  auf  noch  nicht  bunbert,  fpäter  auf  bunbertoierunbfiebjig  Vifdjöfe 
belief.  3n  ber  erften  ©it;ung  (7.  fJZoüember)  bertangten  bie  römifd)en  ©e= 
fanbten  in  einer  Anrebe  an  ben  ß’aifer,  bie  Vertreter  ber  bbjantinifeben  Kirche 
möchten  ben  Urfprung  ber  in  berfetben  feit  mehr  als  bierjig  fahren  beftebenben 
Steuerung  erttären.  VZalariuS  bon  Antiochien  unb  feine  ©enoffen  beriefen 
fid)  auf  bie  früheren  allgemeinen  ^ortjilien  unb  auf  bie  Väter.  VZan  taS 
barauf  bie  Aften  beS  ^onjitä  bon  ©pbefttS;  eS  ergab  fid)  nichts  für  bie 
VZonotbeteten  VemeifenbeS;  beim  bie  SBorte  (SpritlS,  ©btifti  Sßitte  fei  allmächtig, 
maren  nur  auf  feine  göttliche  Vatur  ju  belieben.  3n  ber  5m eiten  ©iijung 
(10.  Vobcmber)  taS  man  bie  Viten  bon  ©batcebon,  bie  ber  tpärefie  ganj  um 
giinftig  maren;  bergebenS  fuchte  SQZafariuS  feine  „gottmenf <h  1  i ch e  2öirl= 
f amleit",  ohne  beren  Vegriff  311  beftimmen,  31m  ©ettung  3U  bringen.  Vei 
ber  Vertefung  ber  Viten  beS  fünften  ßonjilS  (brüte  ©ipung,  13.  DZobember) 
mürben  bie  ©chrift  beS  VZennaS  an  VigiliuS  unb  jmei  angebliche  Vriefe  beS 
letzteren  als  unecht  erlannt.  VuS  ben  allgemeinen  ©pnoben  tonnten  bie  VZono= 
tbeteten  nichts  für  fi<h  bemeifeti;  fie  füllten  nun  aus  ben  Väterfchriften  ben 
VemeiS  berfuchen.  ©ie  baten  um  Vuffdjub,  unb  auf  Antrag  beS  ©eorg  bon 
$onftantinopet  marb  bie  Vertefung  ber  ©djreiben  VgattjoS  unb  ber  römiföen 
©pnobe  befd)toffen,  metche  bie  bierte  ©itjung  am  16.  fJZobcmber  auSfütlte. 
3n  ber  fünften  unb  feebften  ©itjung  (7.  Stejember  680  unb  12. 
bruar  681)  legte  VZafariuS  (Sammlungen  bon  Vätcrftetten  311  ©unften  feiner 
Sehre  bor;  eS  jeigte  fid)  aber,  bajj  fie  meift  berfälfd)t  unb  berftümmett  ober 
nid)t  bemeifenb  maren.  Sn  ber  fiebenten  © i p u n g  (13.  Februar  681) 
mürbe  bagegen  bie  römifchc  ©amtnlung  bon  Vätertejten  für  bie  Sehre  bon 

1  Matisi  1.  c.  XI,  175.  185  sq.  203.  294.  846.  Agath.  Ep.,  ibid.  p.  234.  286. 
£>ef eie  a.  a.  O.  III,  252  ff. 


634 


®ie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifchen  ßultureinpeit. 


Ztnei  Sßillen  unb  groet  SötrfungSmeifen  öorgelefert ;  ©eorg  unb  fütafariuS  er= 
gelten  babon  9Ibfd)tiften.  HBäprenb  festerer  partnädig  blieb,  !am  erfterer  jur 
Überzeugung  bon  ber  fRicptigfeit  ber  in  ben  pöpfilicben  Schreiben  entmidelten 
Sehre  unb  übergab  bereits  am  17.  gebruar  ben  römischen  Segaten  ein  ©laubenS= 
befenntniS,  in  bem  auSbrüdlidj  bie  jmei  2Bitlen  unb  bie  jmei  SBirfungStneifen 
anerfannt  maren.  21IS  bann  ber  $aifer  in  ber  achten  Sitzung  (7.  fDfärj) 
bie  Vifcpöfe  über  ihren  Beitritt  ju  ben  Briefen  VgatpoS  befragte,  erklärten 
biefen  nicht  bloß  ©eorg  Don  ^onftantinopel ,  ber  bie  Vßieberaufnapme  beS 
^ßapfteS  Vitalian  in  bie  Siptpdjen  feiner  Kirche  bom  $aifer  erbat  unb  erreichte, 
fonbern  auch  Speobor  bon  ($pf)efu§ ,  SifinniuS  bon  f)eraflea,  SomitiuS  bon 
SßrufiaS  unb  anbere  Vifcpöfe,  bie  meiften  bom  btjgantinifchen  Sprengel,  auch 
fünf  bom  antiochenifchen.  fDJafariuS  bagegen  reichte  ein  gegen  bie  „gottlofe 
$eperei  beS  VfajimuS"  gerichtetes  ©laubenSbefenntniS  ein.  fKan  begann  bie 
Prüfung  ber  bon  ihm  gefummelten  S3äterfteüen ,  rnetihe  in  ber  folgen  ben 
Sitzung  (8.  Vtärz)  fortgefept  marb,  an  ber  HJIafariuS  nicht  mehr  teilnahm, 
©r  unb  fein  Schüler  Stephan  mürben  als  Verfälfd)er  beS  ©taubenS  unb  als 
Strleprer  abgefept.  Sn  ber  zehnten  Sipung  (18.  Wäx%)  mürben  bie  bon 
ben  römifchen  Segaten  überreichten  3eugniffe  nad)  Vergleichung  mit  ben  £)anb= 
fchriften  beS  ^atriarchalarcpioS  richtig  befunben  unb  bon  Vifcpof  Speobor  bon 
VMitcne  unb  anbern  ein  ber  ©rtlärung  VgatpoS  znftimmenbeS  VefenntniS 
überreich)!.  21m  Schluff  ber  elften  Sitzung  (20.  Vtörz),  in  melcher  auf 
Eintrag  beS  Vertreters  bon  ^erufalent  baS  Schreiben  beS  pl.  SopproniuS  an 
Sergius  unb  auf  Antrag  ber  römifchen  Segaten  bier  Scpriftftüde  bon  VfafariuS 
unb  feinem  Scpicler  Steppan  beriefen  mürben,  erflärte  ber  Uaifer,  ba  er  burdj 
fReicpSgefcpöfte  an  fernerer  ^Beteiligung  bei  ben  Sipungen  berpinbert  fei,  füllten 
ipn  bier  angefepene  Staatsbeamte  bon  jept  anbertreten;  opnepin  fei  bie  £)ciupt= 
fad)e  bereits  erlebigt.  Sie  alte  unb  bie  neue  9foma  maren  mieber  im  ©lauben 
bereinigt U 

Sn  ber  zwölften  Sipung  (22.  Vtärz)  laS  man  eine  Uteipe  bon 
Scpriftftüden,  bie  VJafariuS  bem  ffaifer  übergeben,  biefer  aber  ungelefen  ber 
Spnobe  überfanbte.  Sarin  maren  unter  anbern  bie  Vriefe  beS  SergiuS  an 
©pruS  unb  £)onoriuS  fand  ber  Vntmort  beS  lepteren  enthalten.  Sie  Scprift= 
ftücfe  mürben  mit  ben  tpanbfchriften  beS  ^3atriarcpalard)ibS  berglicpen  unb 
biefen  gleicplautenb  befunben.  Sarauf  marb  in  ber  breijepnten  Sipung 
(28.  fUtärz)  baS  berbammenbe  Urteil  über  bie  tpäupter  unb  Vegünftiget 
beS  VJonotpeletiSmuS  auSgefprocpen,  über  Speobor  bon  ißparan,  ©pruS 
bon  Vlepanbrien,  SergiuS,  ^ßprrpuS,  Paulus,  ^ßetruS  bon  $onftanti= 
nopel  (beffen  brei  nächfte  9Jad)folger,  bon  benen  fiep  nichts  §äretifcpeS  borfanb, 
mürben  berfdmni),  fomie  aud)  über  „tponoriuS  bon  9tom,  ber  bem  SergiuS 
folgte  unb  feine  Sepre  befräftigte" ;  baS  Spnobalfcpreiben  beS  SopproniuS  mürbe 
als  rechtgläubig  anerlannt.  Sn  ber  bierzepnten  Sipung  (5.  Vpril), 
melcper  auch  ber  neugemäplte  fatpolifcpe  ^ßatriard)  SpeoppaneS  bon  51ntiod)ien 


1  Mansi  1.  c.  XI,  195—736.  738—922.  Hardouin,  Conc.  Coli.  III,  1043  sq. 
f?efele  a.  a.  £).  III,  260  ff.  Theophan.,  Chronogr.  p.  550.  551  (ber  289  SSifcpfe 
ermähnt). 


5.  Ser  9flonotf)cIeti3mu§  urtb  baä  fecfjfte  attg.  Konjil  ju  Konfiantinopel.  635 

anmopntc,  mürben  bie  Berfälfchungen  in  ber  fünften  ©pnobe,  bie  angebliche 
©cprift  be§  9Jlenna§  unb  bie  jmei  unechten  Briefe  be»  BigiliuS  anatpematifiert. 
3ur  OftaD  be§  0fterfefte§  (14.  April)  feierte  Bifdjof  3opanne§  bon  ißorto 
in  ©egenmart  be§  Kaifer^  unb  be§  ^ßatriardjen  in  ber  ©oppienfircpe  ben 
©otte§bienft  nad)  lateinifcpem  9iitu§.  0er  fcpon  in  ber  bierjefjnten  ©ipung 
bon  Bifdmf  0omitiu§  bon  ^rnfid§  al§  BolfSberfüprer  angeflagte  Blond)  unb 
^riefter  ißolpd)roniu§  marb  in  ber  fünfzehnten  ©ipung  (26.  April)  ber 
©pnobe  borgefteüt ;  er  moKte  jur  Beftcitigung  ber  monotpeletifchen  2epre  einen 
0oten  ermedett;  jur  ©nttäufcpung  be§  Bolfe§  marb  if)nt  ber  Berfud)  gefiattet. 
©r  legte  einem  ^erbeigebracfjten  Seidfnatn  fein  ©lauben§befenntni§  auf  unb 
raunte  ihm  jmei  ©tunben  lang  allerlei  in  bie  Ohren,  natürlich  ohne  jeben 
©rfolg.  0a  er  in  feiner  Anpänglid)feit  an  bie  tpärefie  nicht  erfd)iittert  mürbe, 
marb  er  feiner  ^ßrieftermitrbe  entfett  unb  mit  bem  SBanne  belegt.  3n  ber 
fe  cp  zehnten  ©itjung,  bie  erft  nach  langer  Unterbrechung  am  9.  Auguft 
gehalten  marb,  moUte  ber  fprifcpe  ißriefier  Konftantin  bon  Apamea  bie  Sehre 
Sur  Anerfettnung  bringen:  e§  gebe  in  ©priflu§  Jtt>ei ,  ben  Naturen  zugehörige 
B3irfung§meifen,  aber  nur  einen  perfönlicpen  Sßiüen  be§  2ogo§;  neben  ipin 
habe  zmar  ©priftu§  früher  aud)  einen  natürlichen  menfcplichen  BMHen  gehabt, 
il)n  aber  bei  ber  Kreuzigung  zu9^e'^  m't  Sleifch)  unb  Blut  abgelegt.  0ie 
©pnobe  berurteilte  biefe  Sehre  al§  manichäifch  unb  apoüinariftifd),  fprad)  gegen 
bie  bon  ihr  Berurteilten  ba$  Anathema  au§  unb  befdjlofj,  eine  ©lauben§= 
barleg ung  zu  erlaffen,  tnelche  in  ber  fiebzehnten  ©itjung  (11.  ©ep= 
tember)  beraten  unb  in  ber  ©cplujzfitjung  (16.  ©eptember)  in  Anmefenpeit 
be§  Kaifer§  feierlich  berfiinbigt  mürbe.  0arin  marb  nad)  ©rflärung  ber  An= 
pänglicpfeit  an  bie  fünf  früheren  allgemeinen  Konzilien  au§gefprocpen,  e§  feien 
in  ©hriftu§  ztuei  natürliche  B3irfung»meifen  unb  z^ci  natürliche  SBillen  un= 
geteilt,  untrennbar,  unmanbelbar  unb  unbermifd)t  anzunehmen,  bie  einanbcr 
nid)t  entgegen  feien,  ba  ber  menfd)lid)e  233iHe  bem  göttlichen  folgt  unb  ihm 
untermorfen,  z^ar  bergöttlicht  unb  erhoben,  aber  nicht  aufgehoben  unb  bernichtet 
ift;  e§  fönne  feine  ber  beiben  Naturen  mirfung§=  ober  millenloa  fein.  3n 
einer  eigenen  Attfpracpe  banfte  bie  ©pnobe  bem  Kaifer  für  feine  Bemühungen 
um  ben  ^rieben  ber  Kirche,  berlangte  bie  Anfertigung  bon  fünf  beglaubigten 
©pemplaren  be§  ©laubenabefret»  für  bie  fünf  ^atriardialftühle  unb  erbat  in 
einem  eigenen  ©d)reiben  bom  ^apfte  bie  Betätigung  ihrer  Befcplitffe. 

8.  0a§  Sepranfehen  be§  röntifchen  ©tuple§  mürbe  auf  ber  ©pnobe  in  ber= 
fdjiebener  UBeife  heroorgehoben.  3n  bem  Briefe  an  ben  BüPft  erflärte  fie,  ilpn,  ber 
ba  auf  bem  feften  Reifen  be§  ©Iauben§  fiepe,  überlaffe  fie,  ma§  ju  tpun  fei;  ba§ 
Schreiben  Agatpo§  pabe  fie  angenommen  al§  bom  Apoftelfürften  auf  göttlid)e  @in= 
gebung  gefdjrieben  unb ,  burch  ba§felbe  belehrt,  beit  Irrtum  berbammt  *.  2>n  iprem 
©lauben§befrct  fagt  bie  ©pnobe,  bah  fie  Agatpo§  Schreiben  getreu  unb  mit  erhobenen 
§änben  begrübt  pat;  in  ber  Anfpradje  au  ben  Kaifer  pei^t  e§:  „2Bir  finb  ben 
0rabitionen  be§  hochheiligen  BaPte§  unb  biefer  bor  un§  unb  mit  un§  ben  Über» 
lieferungen  ber  Apoftel  unb  ber  Beiter  gefolgt.  .  .  .  0er  oberfte  ber  Apoftel  pat  mit 
un§  gefämpft ;  benn  fein  jünger  unb  Aadjfolger  auf  feinem  ©tuple  ftanb  un§  förbernb 
jur  ©eite  unb  erläuterte  burd)  fein  ©epreiben  ba§  ©epeitnniS  ber  Speologie.  ©in 


1  Ep.  Synodi  ad  Pap.,  bei  Man&i  1.  c.  XI,  683  sq. ;  decret.  act.  VIII.,  ibid.  p.  631. 


636  ®ie  ßircfje  bei  ber  2luflöfung  ber  romifchen  ßuttnreinbeit. 

Don  ©ott  geschriebenes  SefenntniS  hat  Stttrom  bargebrad)t  unb  baS  Tageslicht  beS 
©taubenS  auS  bem  SBeften  erftral)ten  taffen.  IDian  faf)  Rapier  unb  Tinte,  aber  burdj 
s2tgatt)o  Sprach  ff]etruS."  1  Sind)  ber  $aifer  mieberlfolte  bie  SBorte,  baff  CßetrnS  burd) 
fttgatfm  gerebet 2.  2Bie  formte  aber  bie  ©pnobe  jagen,  bafs  Sie  nad)  iütahgabe  beS 
Dom  Zapfte  gefällten  Urteils  ben  Theobor  Don  fßhoron,  bett  ©ergiuS  unb  bett 
tponoriuS  anathematifiert  habe ?  33on  tponoriuS,  ben  meber  ©opfjroniuS  nodj 
lOtajitnuS,  bie  berübmteften  Theologen  feiner  3eit,  angeftagt  hatten  unb  ben  3>ol)ann  IV. 
unb  feine  Nachfolger  Derteibigten ,  hatte  3Xgatho  fo  irenig  als  DJlartin  I.  eine  ©itbe 
gejagt;  ja  ?tgatl)o  erflörte  auSbriidtid) ,  feit  ^Beginn  beS  ©treiteS  hätten  bie  9ßäpfte 
nie  untertaffen,  bie  fBifdföfe  Don  töpfanj  ju  ermahnen,  baff  fie  menigftenS  burd) 
©d)  tu  ei  gen  Don  ihrer  fkirefie  abffepen  möchten  —  metd)e  teueren  SBorte  fid)  allein 
auf  tponoriuS  belieben  tonnen  — ,  unb  er  batte  toieberholt  tmirnorgefmben ,  bafj  bie 
ijiäpfte  traft  ber  SScrbeifjung  ©tjnfii  (2uf.  22,  32)  fd)ted)terbingS  niemals  gegen 
ben  ©tauben  geirrt  hoben.  2Bie  tonnte  überhaupt  tponoriuS,  beffen  ^Briefe  nichts 
tpciretifdfeS  enthalten,  unter  ben  tpäretifern  Derurteitt  rnerben?  2)od)  nur  infofern, 
als  er  ben  fDionott)eteten  nicht  gehörig  unb  genügenb  toiberftanben  hotte,  bem  ©in» 
bringen  ber  Irrlehre  nicht  loehrte,  bem  ©ergiuS  „folgte"  unb  bie  StuSbrücfe,  um  bie 
e§  fid)  honbette,  in  einer  SZBeife  angemenbet  hotte,  bie  üon  ben  DNonotheteten  mifs» 
braucht  merben  tonnte.  2Bie  fet)r  bie  93erurteitung  Don  Dier  aufeinanber  folgenben 
$ird)ent)äuptern  IfteuromS  ben  ©totj  ber  ©riedjen  fchmergte ,  geigte  baS  oergebtidfe 
SBemühen  beS  ©eorg  in  ber  jechjetmten  ©itumg,  bah  bei  ben  ülnatt)ematiSmen  bie 
tarnen  feiner  tßorgänger  meggetaffen  mürben;  berfetbe  marb  aber  einigermafien  ba= 
burd)  befriebigt,  bah  unter  ben  tßerurteitten  fid)  auch  ein  tBifdfof  Don  Utrom  befanb, 
ber  feit  ifßprrhuS  angerufene  honoriuS.  Iber  tonnten  bie  Segateu  9tomS  baju 
fd)meigen,  jumat  ba  ihnen  nach  VtgathoS  33rief  an  ben  ^aijer  ftrenge  aufgetragen 
mar,  feinen  3ufai)  unb  feine  Stnberung  an  feinem  ©dfreiben  §u  geftatteu,  eine  93er= 
urteitung  beS  §onortuS  aber  offenbar  gegen  bie  Intentionen  beS  fßapfteS  Derftieh  unb 
ein  ber  römifdjen  Ifirdfe,  befonberS  bem  Sateranfonjit  Don  649,  ganj  frembartiger 
Sufah  mar?  51ber  eS  ift  Don  feiner  @infprad)e  ber  Segaten  berichtet;  fie  unterfd)rieben 
bie  Elften  einfach-  ©inen  abjoluten  SBiberftanb  gegen  bie  SSerurteitung  beS  §onoriuS 
fd)eint  man  nid)t  rätlid)  gefunben  ju  hoben;  mau  tonnte  ja  teitmeife  gegen  biefen 
Sßapft  bie  ©runbfcii)e  gettenb  madjen,  bie  feine  Vorgänger  fo  entfdjieben  gegen 
SlcaciuS  angerufen  hotten  3.  2ßie  aber  aud)  immer  bie  Orientalen  ba§  fpäter  mieber» 


1  Prosphonet.  ad  Imp.  (p.  658)  ift  mof)!  3U  tefen:  xäprrj  xal  pelav  itpaivezo 
xal  di  Wydftcuvoc;  [Hzpog  i<piis.yyszo. 

2  Ep.  Imp.  ad  Leon.  P.,  ibid.  p.  719  sq. 

3  ©egen  ponoriuS  tonnten  bie  2lu§fprüd)e  feiner  SJorgänger  in  (Sachen  be§  2tcaciu£ 
gebraucht  merben.  Felix  III.  (483),  Ep.  2,  c.  5,  ed.  Thiel  p.  236:  Error,  cui  non 
resistitur,  approbatur  et  veritas,  quae  minime  defensatur,  opprimitur  (ponoriuS  hotte 
eä  untertaffen,  bie  SBat)r()eit  ju  Derteibigen  unb  bem  3rrtum  ju  miberftehen).  Gelas. 
(495),  Ep.  27,  c.  3,  ed.  Thiel  p.  424  sq. :  Nec  dubium,  quia  sicut  in  unaquaque 
haeresi  .  .  .  omnes  complices ,  sectatores ,  communicatores  damnatae  semel  pravitatis 
pari  Sorte  censentur ;  Ep.  12  ad  Anast.  (494),  c.  7,  p.  254:  Sicut  non  potest  per- 
versitatis  communicatore  suscepto  non  pariter  perversitas  approbari,  sic  non  potest 
refutari  perversitas  complice  et  sectatore  perversitatis  admisso ;  c.  8:  Legibus 
certe  vestris  criminum  conscii  susceptoresque  latrocinantium  pari  iudiciorum  poena 
constringuntur,  nec  expers  facinoris  aestimatur,  qui  licet  ipse  non  fecerit,  facientis 
tarnen  familiaritatem  foedusque  receperit.  fDtan  nannte  rechtlich  bie  fautores  liae- 
reseos  ebenfalls  häretiter.  ^m  Cod.  Iust.  1.  2,  §  1  de  haer.  I,  5  heiht  e3 :  Haereti- 
corum  autem  vocabulo  continentur  .  .  .  qui  vel  levi  argumento  a  iudicio  cath.  reli- 
gionis  et  tramite  detecti  fuerint  deviare.  2tud)  Sluguftin  ()ot  bisroeiten  ben  mciteren 


5.  Ser  DlonotheletilmuS  unb  ba§  fcchfte  aKg.  ßonjil  su  ßonftantinofiel.  637 

Ijolte  Puatbema  gegen  £)cmoriu§  oerftanbcn  haben  mochten,  getimter  al§  Me  ©tjnobe 
bat  ^ßapft  Seo  II.  bie  95erfd)ulbuttg  be§  §onoriu§  beftimmt ,  nämlich ,  bafj  er  betn 
Pnatbem  unterliege,  insofern  er  al§  ©ontter  ber  £ärefie  jicf)  erttneS,  ihr  burd)  sJiad)= 
täffigfeit  unb  Diangel  an  Umfidjt  SSorfc^ub  leiftete  K 


SBegrtff  Oon  tpäreiifer,  3.  23.  De  utilit.  cred.  c.  1:  Haereticus  est  .  .  .,  qui  alicuius 
temporalis  commodi  et  maxime  gloriae  principatusque  gratia  falsas  ac  novas  opiniones 
gignit  vel  sequitur.  Sag  fedjfte  ßongil  bat  Oon  £>onoriug  act.  XIII.  ed.  Munsi  1.  c. 
XI,  557 :  xazd.  itdvza  zrj  kxscvoo  (©ergiug)  yvwpg  ißaxoXoudgaavza  xac  za  auzoü  dasßrj 
xupdiaa^za  dnypaza ;  act.  XVIII ,  p.  658 :  ix.scvocg  iv  zoüzocg  äxoXoudrjaavza ;  ßaifer 
ßonftaittin  in  feinem  6bi!t  p.  698:  xazä  tt dvza  zoözocg  cruvatpszyv  xal  auvdpopov  xac 
ßsßaccuzgv  zs  acpsasaig ,  ltnb  Oorf)er:  zijg  alpiasiog  ßsßacwzrjv  xal  kauzw  auzdv  icpog- 
pa'/npsvnv ;  fchlecfitmeg  ^»äretifer  beifet  §onoriu3  in  bett  2lccIamationen  act.  XVI. 

1  Leo  II.,  Ep.  ad  Imp.,  ed.  Mansi  1.  c.  XI,  728:  Sa zcg  zauzrys  zgv  dnoazoXcxgv 
ixxXfjacav  oöx  ins/siprjas  dcdaaxakcg  d~ornr.  Tzapaddaswg  äyvcaac,  d/J.d  zrj  ßsßrjXcp  rrpn- 
doaca  pcavS-fjvac  zijv  äandov  7caps^wprjas  (permisit,  nid£)t  toie  im  SateiuifcheH :  subvertere 
conatus  est) ;  Ep.  ad  Ervig.  reg.  p.  1050 :  qui  immaculatam  apostolicae  traditionis 
regulam,  quam  a  praedecessoribus  suis  accepit,  maculari  consensit;  Ep.  ad  Episc.  Hisp. 
p.  1052:  qui  flammam  haeretici  dogmatis  non  uti  decuit  apostolicam  auctoritatem  in- 
cipientem  exstinxit,  sed  neglegendo  confovit.  Lib.  diurn.  Rom.  Pont.,  ed.  de  la  Roziere 
p.  194  sq. :  qui  pravis  eorum  assertionibus  fomenturn  impendit.  Hadrian.  II.,  Conc. 
Rom.  869  ( Mansi  1.  c.  XVI,  126) :  Licet  enim  Honorio  ab  Orientalibus  post  mortem 
anatbema  sit  dictum ,  sciendum  tarnen  est ,  quia  fuerat  super  liaeresi  accusatus, 
propter  quam  solam  licitum  est  minoribus  maiorum  suorum  motibus  resistendi  vel 
pravos  sensus  libere  respuendi,  quamvis  nec  ibi  nec  Patriarckarum  nec  ceterorum 
antistitum  cuipiam  de  eo  quamlibet  fas  fuerit  proferendi  sententiam ,  nisi  eiusdem 
primae  sedis  pontificis  consensus  praecessisset  auctoritas.  2lucf)  2ltiaftafiu§  ©inaita 
(De  haer.  et  syn.,  bei  Pitra,  Iuris  eccl.  Graec.  hist,  et  monum.  II,  267)  fagt  nur: 
auxsßrj  xal  zuv  .  .  .  ’Ovwpcov  ow&sodat  zouzocg  xax.wg  3c’  olxovop.tav  zcvd,  Svjdsv  xal 
zobg  psv  pcav  ärcl  XpcaztZ  <p6acv ,  d.nXäg  3k  zag  cpuacxäg  I3c<'>zr,zag  xoxxuaovzag  kTzcazo- 
piaac ,  zuv  3s  ys  Zoxppovcov  3c~Äd  zrduza  nXijv  zrjg  bizoazdoscog  dpdodößcog  xrjpuzzovza 
.  .  .  xazaacyd^scv  ~ scpäadac ,  aup.ßouXsöaac  zs  naöaaadac  zwv  zocoüzwv  dnypäzwv  dpcpo- 
zspoug,  unb  führt  bann  (p.  270)  ben  £>onoriu3  unter  bcn  2lnathemaiifierten  an.  Sag 
Slnatfjem  über  §onoriu§  (Vita  Leon,  bei  Mansi  1.  c.  XI,  1047)  mieberholten :  Conc. 
Trull.  can.  1  (ibid.  p.  938) ,  Conc.  VII.  in  decr.  fidei  (ibid.  XIII ,  377 ;  Ogi.  XII, 
1124.  1141;  XIII,  404.  412),  Conc.  VDI.  (ibid.  XVI,  181),  Hadr.  II.  (ibid.  p.  126), 
German. ,  De  haer.  et  syn.  c.  36.  37  (Mai,  Spicil.  VII,  I,  p.  52.  54),  Niceph.  Con¬ 
stantia  opol. ,  Ep.  ad  Leon.  III.  ( Migne ,  Patr.  gr.  C,  193),  Photius  ( Migne  1.  c.  CII, 
593.  648).  Oftn  9.  3tal)rbunbert  entftanb  eine  ßontroOerfe  über  §onoriug,  ben  bie 
©riechen  mit  Photiug  (1.  c.  unb  Migne  1.  c.  CIV,  1221)  ber  (pärefie  anllagten,  ber 
23ibliotbefar  2Inaftafiug  aber  oerteibigte  (£>er genrötljer,  ^pfjotiuö  II,  307.  560  f.). 
2Siele  fpiitere  Sateitter  haben  ben  Pamen  beg  ^onoriug  mitten  unter  bcn  Oerurteilten 
bbsantinifdjcn  Patriarchen ,  3»ifiben  ©ergiug  unb  pprrhug ,  fo  23eba  (De  temp.  rat. ; 
Migne,  Patr.  lat.  XC,  567  sq.),  §umbert  (Resp.  adv.  Nicet.  c.  17;  Will ,  Acta  et 
scripta  p.  142) ,  Seugbebit  (Collect,  canon.  I,  c.  34,  p.  54,  ed.  Venet.  1869) ,  @ffe= 
harb  ( Pertz ,  Mon.  Germ.  SS.  VIII,  155),  Orbericug  Pitalig  (Hist.  eccl.  I,  23,  p.  83), 
Plarianu§  ©cotug  u.  a.  Sod)  hat  ber  um  1250  uerfafete  Sraftat  De  concil.  general. 
(Bibi.  PP.  Lugd.  XXVII,  612)  attäbrücHid)  Honorium  Romanuin  unter  ben  Perurteilten. 
Ptaituel  ßalefaS,  beffen  ©Chrift  gegen  bie  ©riechen  SlmbrofiuS  ÜraOerfari  unter  Ptartin  V. 
überfetjte,  oerteibigte  ben  §onoriu§  mit  ber  2lutorität  beä  1)1-  Plajimuö  unb  mit  ber 
Unmöglic^feit  einer  irrtümlichen  ©ntfdjeibung  burd)  ben  römifchen  PifChof  (Migne,  Patr. 
gr.  CLII,  245  sq.).  Sicher  mürbe  Surrecremata  nicht  erft  burch  Äatetaä  mit  bet  Per= 
urteilung  be§  £>onoriu3  belannt,  mie  Solling  er  (Papftfabeln  ©.  144)  annahm.  Pei 
©elegenheif  ber  ©treitigfeiten,  meldhe  burCh  ben  ©aüitaniämuä  unb  burd)  bie  ©egner  ber 
tmgftuthcn  Unfehlbarfeit  herborgerufen  mürben,  entftanb  eine  fehr  reiche  ßoutroOeri= 


638 


Sie  ßtrdje  bei  ber  2luflöfung  ber  röntifdjen  ßultureinfjeit. 


9.  papft  Ngattjo  mar  noch  Dor  bem  ©nbe  beS  ^onjilS  am  10.  3a= 
nuat  681  geflorben ,  unb  mätjrenb  ber  nun  fotgenben  achtjehnmonatigen  ©r= 
lebigung  beS  römifdjen  Stuhles  tnarb  baS  ßonjil  beenbigt.  ($rft  am  17.  91u= 
guft  682  marb  papft  2eo  II.  gemeint,  bem  tu  feinem  furjen  pontifitate 
(f  3.  3uli  683)  bie  Aufgabe  jufiel,  baS  ^onjit  jit  beftätigen  unb  im  2lbenb= 
lanbe  jur  Nnerfennung  ju  bringen.  2ln  it)n  manbte  fidb  $aifer  $onftantin, 
ber  in  einem  eigenen  ©bitte  bie  Spnobe  beftätigte ,  in  einem  ©Treiben,  baS 
über  bie  Vorgänge  auf  ber  Sßnobe  berichtete  uttb  baS  er  burdj  bie  römifdjen 
Segaten  überfanbte,  bie  erft  im  3uli  682  nach  Nom  gnrttcffefjrten.  2eo  prüfte 
bie  Ntten  ber  Sßnobe  unb  gab  683  bie  gemünfdjte  tBeftätigung ,  betreffs  beS 
£>onoriuS  nur  mit  ber  angeführten  SSefchräntung,  unb  teilte  fie  auch  ben  übrigen 
Kirchen  beS  NbenblanbeS  mit 1.  Oer  Haifer  £)atte  ben  abgefeßten  9)1  a  f  a  r  i  u  § 
nebft  mehreren  ©enoffen  nach  Nom  gefdjidt;  Don  biefen  betehrten  fid)  bie  beiben 
©eiftlichen  NnaffafiuS  unb  SeontiuS,  bie  Seo  (6.  Januar  683)  jur  ©emein= 
fdfaft  juliefj,  mährenb  UNafariuS  unb  bie  anbern  hartnädig  blieben  unb  beS= 
halb  in  fftofierlfaft  tarnen.  3n  föonftantinopel  marb  nad)  bem  Tobe  beS 
Patriarchen  ©eorg  683  fein  üertriebener  Vorgänger  Ttfeobor,  ber  bem 
NIonotheletiSmuS  entfagt  hotte,  erhoben,  ber  bis  686  unangefochten  in  feinem 
Nmte  blieb.  Unter  feinem  Nachfolger  paul  III.  unb  bem  ß'aifer  Suftinian  II. 
fattb  687  in  ©egenmart  beS  päpfttichen  ©efanbten  eine  groffe  Sßerfantmlung 
Don  ©eifttichen  unb  Öaien  ftatt,  Oor  mclcher  bie  Elften  beS  fechften  ^onjitS 
Dorgetefen,  Don  ben  Nnmefenben  behufs  ber  Nbmefjr  jeber  gälfchung  gefiegett 
unb  bann  im  taifertichen  Patafte  aufbemahrt  mürben,  moDotr  ber  Haifer  bem 
Pöpfte  Johann  V.  Nachricht  gab,  bie  beffen  Nachfolger  ßonon  erhielt 2. 
Oie  Vorgänge  Dor  unb  bei  ber  fechften  Spnobe  —  fie  finb  noch  nicht  atlfeitig 
aufgehellt  —  hotten  jmifchen  ©riechen  unb  Sateinern  eine  mehrfache  93erftirn= 
mung  jurüdgetaffen,  bie  in  ber  692  gehaltenen  trullanifchen  Spnobe 
in  ßonftantinopel  ihren  NuSbrud  fanb.  Oiefe  fottte  ben  im  Orient  noch  immer 
Dorhanbenen  Sßiberfachern  gegenüber  baS  ®onjit  Don  680  beftätigen  unb  ju= 
gleich,  ba  biefeS  mie  baS  fünfte  allgemeine  ^onjil  teiue  OiSjiptinartanoneS 
erlaffen  hotte,  nach  biefer  Nidjtung  hin  beibe  ergänzen,  roeShalb  fie  Concilium 
quinisextum  (<r>jvodog  Tzeväixzrj)  genannt  unb  Don  fpäteren  ©riechen  oft  mit 
bem  fechften  allgemeinen  ^onjit  üermed)fett  mürbe,  jumat  ba  Diele  Teilnehmer 
beSfetben  aud)  hier,  unb  jmar  am  gleichen  Orte,  Derfammelt  maren.  ©S  fdjien, 
als  ob  bie  33ifcböfe  biefer  Spnobe  in  ihrem  Nrger  über  baS  unbeftreitbare 
Ubergemicht  ber  römifchen  Ä'irdje  in  ©laubenSfragen  menigftenS  in  Sachen  ber 
äußeren  $ir<henju<ht  ein  Nedjt  auf  abfotute  Setbftänbigteit  geltenb  machen  unb 
fich  burd)  ben  Tabei  tateinifcher  ©ebräuche  gteichfam  für  jene  ber  gried)ifdjen 


litteratur  über  bie  iponoriuSfrage.  Sögt.  Chevalier,  Repertoire  des  sources  historiques 
du  moyen-äge.  I.  Bio-Bibliographie,  s.  v.  Honorius  I.  §efele,  Gionciliengefdj.  III 
(2.  Stuft.) ,  290  ff.  ©rifar,  2trt.  „§onoriu§"  in  SOB  e  h  ^ r  unb  2ßelte’§  $irchen= 
tejcifon  VI  (2.  Stuft.),  230  ff. 

1  Mansi  1.  c.  XI,  698  sq.  711  sq.  719  sq.  725.  1050  sq.  §efele  a.  a.  £). 
III,  287  ff. 

2  Über  bie  SSerfammluitg  Oon  687  Ogi.  Mansi  1.  c.  p.  737.  1037.  §>efele  a.  a.  ß. 
III,  326  ff. 


5.  $er  IDionotheletigmug  unb  bog  fecpfte  allg.  Hongil  ju  ßonfiantinopel.  639 

ßitelfeit  läftige  Überlegenheit  rächen  molltcu;  benn  mehrere  ber  punbertunbjmei 
$anoue§  bienten  baju,  ben  ©egenfap  gegen  bie  Soteiner  ju  öerfdjärfen.  Da 
ber  attmefenbe  Vifd)of  Vafiliu»  Don  (Gortpna  auf  $reta,  ba§  3 um  römifepen 
^atriard)at  gehörte,  feinem  Manien  ben  Ditcl  eines  päpftlicpen  öegaten  belferte, 
fo  madjte  man  bie  3ufeintmung  ber  ©teüüertreter  Vom§  geltenb,  tonnte  aber 
nie  bie  mirfliche  (Genehmigung  be§  ©titple§  Don  Vltrom  erlangen1. 

10.  Smmer  noep  blieben  unter  ben  ©riedjen  Vtonotpeleten  jurüd,  unb 
biefe  fuepten  fich  unter  23arbane3,  ber  711  ^uftinian  II. 

ber  $rone  unb  beS  Sehend  beraubte  unb  burep  feine  (Sltern  mie  burd)  ben  V6t 
©tepfjan  für  bie  ipärefie  gemonnen  tuar,  bie  |)errfd)aft  nochmals  ju  erringen. 
Der  neue  |)err}d)er  liefe  ba§  Vilb  ber  fechften  ©pnobe  meguehmen,  bie  Vamen 
ber  bon  if)r  Verurteilten  mieber  in  bie  Diptpcpen  eintragen,  bertrieb  ben  f]ßatri= 
ariden  6pru§,  fefete  ben  gefügigeren  3opanne§  auf  ben  ©tupl  ber  ^auptftabt 
unb  berorbnete  burch  eine  ©pnobe  712,  bafe  nur  bie  Sefere  bon  einem  üöillen 
in  6priffu§  borgetragen  merben  bürfc.  Die  meiften  orientalifdjen  Vifd)öfe 
maren  feig  genug,  bem  SCßiüen  be§  neuen  §)errfd)er»,  ber  aud)  ba§  im  $aifer- 
palaft  aufbemahrte  ©pemplar  ber  Elften  bon  680  berbrennen  liefe,  fiep  blinb 
311  fügen.  Vucp  bont  römifepen  ©tuple  forberte  P'e  3ufe*mmung 

3U  feinen  Vefdjlüffen;  aber  MaPfe  ßonftantin  bermarf  fie  entfdjieben;  ba» 
römifepe  Volt  nannte  ben  ®aifer  offen  einen  £)ärctifer,  entfernte  fein  Vilb  au3 
ben  $ir<pen  unb  liefe  in  ©t.  Meter  e'n  ©emälbe ,  ba§  bie  fed)§  allgemeinen 
^onjilien  barfteöte,  anbringen,  ©epon  713  rnarb  5fßp)üipptfuS  geftürjt,  Vna= 
fl  a  f  i  u  S  II.  fteHte  ben  früheren  3ltfeanP  triebet*  her/  unb  ber  fepmaepe  ^ßatriard) 
Sopann  VI.  bemühte  fiep,  bei  bem  päpftlicpen  ©tuple  fid)  ju  reeptfertigen. 
Von  ba  an  marb  ba§  Vnfepen  be»  fechften  allgemeinen  ^onjil»  im  gried)ifd)en 
Veicpe  niept  mepr  angetaftet2. 

91  nt  japlreicpften  maren  bie  Vtonotpeleten  in  ©prien,  mo  fie  fiep, 
burep  bie  arahifdje  fperrfepaft  geftpüfet,  aud)  länger  erhielten.  Vm  Sibanon 
unb  Vntilibanon  fanben  fiep  bie  bon  bem  ßlofter  be§  pl.  Vtaro  benannten 
Via roniten,  bie  längere  3eü  Vionotpeleten  gemefen  ju  fein  fd)einen,  meint 
aud)  ipre  fpäter  gut  fatpolifcpen  9iad)tommen  bie§  in  Vbrebe  ftelleu 3 * 5. 


1  Über  bag  Conc.  Trull.  bgl.  Mnnsi  1.  c.  p.  930  sq.  bergen r ötper,  $t)otmg 
I,  215.  220  ff.  SUjeoppaneg  (Chronogr.  p.  552)  unterfdjeibet  noch  bag  truttanifepe  oom 
feepften  Honjil,  irrt  aber  in  ber  (Chronologie;  Sbpeobor  ©tubita  nennt  eg  a worin?  psrä 
djn  exrrjv  unb  betrachtet  eg  atg  öfumeniftp  glei<p  Dtifephorug  (Migne ,  Patr.  gr.  XCIX, 
377.  473.  1305;  C,  845.  848).  33ebü  (De  sex  mundi  aetat.)  nennt  eg;  synodus 
reproba,  (ßaulug  ®iafonug  (Hist.  Langob.  VI,  11):  synodus  erratica.  tßgl.  Riefele 
a.  a.  D.  HI,  328  ff. 

s  Agatho  Diac.,  Epilog,  ad  Conc.  VI.,  bei  Mctnsi  I.  c.  XII,  189  sq.  Theophan. 
1.  c.  p.  580 — 584.  Cedrenus,  Synopsis  bist.  I  (ed.  Bonnae),  783  sq.  Vita  Const.  P. 

bei  Mansi  1.  c.  p.  180.  Paul.  Diac.  1.  c.  VI,  33;  Ep.  Io.  Patr.  ad  Const.  P.  bei 

Combefis,  Auctar.  bibl.  Patr.  gr.  II,  211  sq.  £>efele  a.  a.  D.  HI,  345  ff. 

5  ®ie  neueren  maronitifd)en  ©djriftfteller,  toie  Sfauftug  Dtapronug  (Diss.  de 
origine,  nom.  et  rel.  Maronitarum.  Romae  1679;  Enoplia  fidei  cath.  rom.  liist.  dogm. 
Ibid.  1694),  Slbrapam  ®cdhellenfig  (Ep.  ad  I.  Morin,  [d.  d.  Romae  13.  Iul.  1654] 
in  ben  Antiquit.  eccles.  Orient.  [Lond.  1682]  p.  449,  c.  85),  Stffemani  (Bibi.  Orient. 
1,  506  sq.),  behaupten,  bie  Vtaroniten  feien  nie  SUlonotpeleten  geroefen,  fonbern  ftetö  fat£>o= 
liftp,  man  oennengc  mit  ihnen  bie  Vtarbaiten  (-i-jtc) ;  ihnen  ftimmen  355  a  b  bing  (Ann. 


640 


®ie  ßirdje  Oet  bei  Sluflöfung  ber  römifchen  Äultureinljeit. 


6.  $er  3§Imn. 

Quellen.  —  Alcorani  text.  univ.  arab.  et  lat.,  ed.  Marracius,  Patav.  1608; 
ed.  Flügel,  Lips.  1834  (beutfcf)  u.  a.  bon  U  lim  ann,  ßrefelb  1840;  9.  Stuft.  1896). 
Abulfedae  Annales  moslemici,  arab.  et  lat.  ed.  Reishe,  5  voll.,  Hafniae  1789  sqq. ; 
Histor.  anteislamit.,  arab.  et  lat.  ed.  Fleischer,  Lips.  1831.  Vita  Mubam.,  arab.  et 
lat.  ed.  Gagnier,  Oxoniae  1723.  Abu  Zacarja ,  Vitae  illustr.  vir.,  ed.  Wüstenfeld, 
Gotting.  1852.  3  b  n  §  i  f  d)  n  m ,  2lbb=eI=5Ralif.  ®ag  Seben  TRufjammebg  nad)  TRuhammcb 
$bn  3fhäf  bearbeitet,  herauggeg.  bon  SCß üftenfetb.  2  23be.  ßeipjig  1900. 

Sttteratur.  —  Gagnier,  La  vie  de  Mahomet.  2  vols.  Amsterd.  1732  (beutfdt) 
bon  23  etter!  ein,  ßöttjen  1802).  233  eil,  TRohammeb  ber  ißrobhet,  fein  Sehen  unb 
feine  Sehre.  (Stuttgart  1843;  ©efchichte  ber  iglamitifchen  23öller.  @bb.  1866;  ©efchichte 
ber  ßalifen.  SDRünchen  1847.  ©firenger,  geben  unb  bie  Selfre  beg  SDlotjamnteb. 
3  SBbe.  SBertin  1861  ff.  fir einer,  ©efchichte  ber  tjerrfdOertben  ^ybeert  beg  3glam.  Seidig 
1868.  SiRülIer,  ®er  Sglam  im  TRorgem  unb  2tbenblanb.  2  SSbe.  SBerlin  1885— 1887. 
Stimme,  -üRohammeb,  Seben  unb  Sehre.  2  23be.  TRünfter  1892 — 1895.  Arnold, 
The  preacliing  of  Islam.  Westminster  1896.  Sßellhnufen,  ©Ü33en  unb  23orarbeiten. 
6.  §eft.  1.  tprolegomena  3ur  ätteften  ©efchichte  beg  3glam.  SSerlin  1899.  2ßautj, 
ÜRohammebg  Sehre  bon  ber  Offenbarung  quellenmäßig  unterfudit.  Seidig  1898.  Spiro, 
Mohammed  et  le  Koran.  Paris  1898.  Lamairesse  et  Dujarrie,  Vie  de  Mahomet. 
2  vols.  Paris  1898. 

1.  SBäßrenb  bie  §)ärefie  unb  bie  mit  betreiben  öerbunbenen  (Streitigfeiten 
ba§  Gfjrifientum  im  Orient  bebeutenb  fdjmäcßten,  bereitete  ftcf)  in  Arabien  eine 
Semegung  bor,  melcbe  ber  gangen  djnfffidfen  Kultur  nid)t  bloß  im  Often, 
fonbern  aud)  in  einzelnen  öanbern  be§  2Beften§  ben  fdfmerfien  Odjlag  Derfeßen 

min.  XIV,  128),  ©ach  in  (Hist.  Soc.  Iesu  P.  IV,  1.  VI,  t.  V,  p.  174)  u.  a.  bet.  ®agegen 
mirb  geltenb  gemacht :  a)  ®ie  TRarbaiten  ober  TRarben  feien  ein  friegerifdOeg  23oI!  in 
Armenien  getoefen ,  bag  ßonftantin  IV.  676  alg  23efa|ung  auf  ben  Sibauon  berfeßt, 
3uftinian  II.  aber  685  bon  ba  jurücfgejogen  ßabe  ( Theophan .  1.  c.  p.  295.  302  sq. 
SS  gl.  Anquetil  Duperron,  Recherches  sur  les  migrations  des  Mardes,  in  ben  Memoires 
de  l’acad.  des  inscriptions  t.  L).  b)  ©ermanug  bon  Äonftantinopel  (De  haer. 
et  syn.  c.  44,  bei  Mai,  Spicil.  VII,  65)  bezeichnet  bie  fDlaronhen  in  ©qrien  alg  ©egner 
beg  fedjften  Ifonjilg;  §äretifer  nennen  fie  Johann  eg  ®amagcenug  (De  recta  sent. 
n.  8,  bei  Migne ,  Patr.  gr.  XCIV,  1432)  unb  ©imotlfeug  bon  Äonftantinopel 
(De  recept.  haer. ;  ibid.  LXXXVI,  65 ;  bgl.  not.  53.  ®ie  ©teile  finbet  fidO  freilich  nicht 
in  allen  £>anbfd)riften).  ©uttnheg  (Ann.  II,  190  sq.)  leitet,  obfchon  mit  fatfcßer  ©hrono= 
logie,  bie  SSRaroniten  bon  bem  monotheletifchen  TRöucfje  TRaro  ab.  c)  233  i  I  h  e  l  m  b  o  n 
©ßrug  (Historia  belli  sacri  1.  XXII,  c.  8)  ergäfilt  bie  3tücl!ef)r  ber  TRaroniten  bon 
ber  tpärefie  um  1182.  ®iefe  unb  anbere  ©rünbe  toerben  nicht  böHig  bon  ben  5ERaro= 
niten  entfräftet.  23gl.  Ud-Dwaghi  l’lhdini,  Histoire  des  Maronites  publide  par  Äl- 
Chartouni.  Paris  1890.  ®er  SRame  SRaro  toar  in  ©qrien  fe£>r  häufig.  Stfjeoboret 
(Hist.  rel.  c.  16.  21  sq.  30)  unb  ©hrqfoftomug  (Ep.  36  ad  Maron.)  rühmen  einen 
heiligen  2lbt  biefeg  Stameng ;  beffen  ßlofter  toar  altberühmt  unb  tourbe  in  einer  ©ingabe 
an  Ißabfi  £>ormigbag  (Baron.,  Annal.  ad  ann.  517,  n.  53),  in  ber  bt)3antinifchen  ©tjnobe 
bon  536  unb  bei  ißrofofhug  unter  ben  non  Smfüman  reftaurierten  ©ebäuben  ertoähnt. 
9lur  ben  ßult  biefeg  TRaro  erfannte  fRorn  an;  ihn  rechtfertigte  SSenebift  XIV. 
(Ep.  ad  Nicol.  Lercar. ,  28.  Sept.  1753,  im  Bullar.  Bened.  IV,  60 — 62.  Const.  24). 
©in  fpäterer  ^eiliger  unb  ^Patriarch  Sohanneg  9Raro  tnirb  auf  700  gefeßt.  Acta  ex 
Stephani  Edenensis  Vindic.  Maron.  1.  I,  c.  7  sq.  Assemani,  Bibi.  Orient.  I,  496 — 506. 
Quaresmius ,  Hist,  terrae  sanctae  I  (Antwerp.  1654),  96.  ©inige  bejtoeifeltcn  feine 
©jiftenj  ( Renaudot ,  Lit.  Or.  t.  II.  Diss.  De  Syriae  Melch.  et  Iac.  p.  7.  Le  Quien, 
Oriens  christ.  II,  747),  anbere  machten  ißn  jn  einem  §aretifer.  Sichler  (©efchichte 
ber  lircblichen  ©rennnng  II,  536)  fanb  bie  maronitifche  Strahlung  bon  bem  tßatriardjen 
3oh-  SRaro  nicht  gang  unglaublich. 


6.  Ser  3§Iam. 


641 


fotlte :  ber  3§Iam.  Oie  Heimat  bieder  53emegung ,  Arabien,  zeigte  unter 
ipren  töemopnern  bie  berfcpiebenften  $ulturftufen.  ©s  gab  bort  gebilbete 
©täbter,  nomabtfierenbe  Sebuinen ,  rope  Sdjtppoppagen  am  ^3crfi[cb)en  9J?eer= 
bufen,  baju  eine  Waffe  bon  gremben,  bie  f>ier  guftucpt  gefugt,  namentlidj 
djriftlidje  §)iiretifer  unb  Suben.  Übermiegenb  mar  ba§  §eibentum,  befonber§ 
©ternbienft  unb  abergtäubifdjer  ©ebraucp  Don  Amuletten,  giir  bie  Wepr3apt 
ber  Araber  mar  bie  $aaba  ju  Weffa  9ktionaIpeiligtum,  urfprüngticp  einem 
pöcpften  ©ott  gemeint,  nacpmatS  mit  einer  Unjafd  bon  ©ßpenbilbern  (360) 
umgeben.  |)ier  marb  ein  fdjmarjer  ©tein  götttid)  bereit,  ben  ©ott  bem  2tbam 
au»  bem  ^arabiefe  mitgegeben,  bei  ber  ©iinbflut  mit  in  ben  §immet  genommen, 
bann  burd)  ©abriet  bem  Sbrapam  gefcpenft  fjaben  fotlte;  Sbrapam,  bon  beffen 
©opn  3§macl  bie  Araber  abftammten,  fott  ba§  Heiligtum  gegrünbet,  bie  s2tmate= 
fiter  e§  erneuert  paben.  3n  Arabien  fanb  fid)  ein  merfmürbigeä  ©emifd)  bon 
peibnifcpen,  jübifdjen,  d)riftücpen  ©ebriiud^en ;  in  Dforbarabien  beftanb  eine  ben 
©ffäerrt  äpntidje  ©efte,  bie  ^anpfen,  SSortäufer  be»  Wopammeb ,  ber  fid) 
fetbfl  einen  ipanpf  nannte;  e§  gab  aiicp  fd)on  arabifcpe  ©efänge  unb  ©ebid)te 
mit  monotpeifiifdpen  unb  cprifiticpen  Sbeen.  ©cpon  meprfacp  mod)te  burd)  biefe 
bem  überpanbnepmenben  ©öpenbienfte  entgegengetreten  morben  fein,  et)e  Wo= 
pammeb  at§  Segriinber  eine§  neuen  4Jotitifcf)=reIigiöfen  ©efepe§  unb  eine§  auf 
biefe§  gegrünbeten  2öettreicp§  gegen  benfetben  fid)  erpob. 

9Iu§  einem  3roe>3e  ber  tnit  bem  Oienft  an  ber  Haaba  betrauten  ^  o  r  e  i= 
fdjiten,  au§  ber  Familie  §afcpem,  fiammte  Wopammeb  (5ßrei§mürbiger, 
53eriif)inter ,  ©rfepnter) 1,  geboren  31t  Weffa  um  570.  ©ein  Sebeit  ift  burd) 
eine  Waffe  bon  ©agen  au§gefcpmüdt  morben  unb  ber  gefcpiepttidje  $ern  nid)t 
fo  leiept  bon  ben  fpöteren  gutpaten  31t  unterfdjeiben.  Sei  bem  frühzeitigen 
Sertufte  feiner  ©ttern  burd)  feinen  ©ropbater  unb  feinen  ©peint  erlogen,  mahlte 
ber  moptgeffattete  unb  begabte,  aber  aud)  bon  ©pitepfie  peimgefucpte  junge 
Wann  bie  ^aufmannfdjaft ,  fam  mit  Suben  unb  jfteftorianeru  in  33erüprung 
unb  ertangte  burd)  bie  ©pe  mit  ber  reichen  Sßitme  $abibfd)a  in  feinem  füttf= 
unb3man3igften  Cebensjapre  ein  bebeutenbe§  Sermögen.  ©rft  im  SIter  bon 
bier3ig  Sapren  (um  609)  trat  er  at»  ^ßroppet  auf  unb  behauptete,  botit  ©r3enget 
©abriel  Sifionen  unb  Offenbarungen  mit  ber  Scftimmung  erpatten  311  paben, 
ben  3  §  lern,  bie  ©rgebung  an  ©ott2,  bie  mapre  Pfetigion  Sbrapam»,  mieber= 
per3uftetten.  ©r  mottte  feine  2anb§teute  bont  ©öpenbienfte  31«  Snerfennung 
be§  einen  pöcpften  ©otte§  bringen,  bie  feinbticp  gefpattenen  ©tcimme  ber  ^)atb= 
infei  311  einem  fiarfen  Sotfe  bereinigen  unb  felbft  an  beffen  ©pipe  treten  mit 
bem  9ted)te  eine§  bon  ©ott  gefanbten  ffüprer»  unb  ißroppeten.  St§  nacpper 
bei  Überroinbung  ber  erften  ©dOmierigfeiten  feine  ©rfotge  bei  feinen  2anb§Ieuten 
ipn  füpncr  macpten,  trat  er  mit  bem  Snfprud)  peroor,  feine  Stetigion  müffe 
alle  biSperigen,  bie  peibnifcpe,  jübifdje  unb  cprifttid)e,  bcrbrängen  unb  als  bie 
lepte  unb  bollfommenfte  Offenbarung  ©otte§  bie  au§fd)tieptid)e  £)errfcpaft  auf 

1  Sei  ben  ©riccpen  mirb  ber  Same  Stopammeb  (bon  chammada,  ©epriejener) 
mit  nepixXuTog  unb  -xapdxtyzos  jujammengeftettt.  ©r  piep  eigentüd)  SIbul  ßafem  Sbn 
31bbattap. 

2  Ser  Same  3§Iam  toirb  abgeleitet  bon  salama  =  satvum  esse,  bierte  ßon= 
jugation:  fid)  pingeben  (an  ©ott). 

§ergenrötf|er,  JUrdjeiigefdjictjte.  I.  4.  Stuft. 


41 


642  Sie  ßirpe  bei  ber  Ruflöfung  ber  römifd^en  ßultureinpeit. 

bei-  ganzen  Erbe  erlangen.  Er  wollte  für  bie  3uben  ber  VfeffiaS,  für  bie 
Epriften  ber  iparaflet  fein,  bezog  baf;er  alt=  unb  neuteftamentlicpe  ©teilen  auf 
fid)  (Ipabaf.  3,  3.  Sol).  15,  26;  14,  16)  unb  behauptete,  baff  Suben  unb 
Epriften  biete  auf  ihn  bezügliche  ©teilen  ihrer  peiligen  ©epriften  auSgemerzt 
hätten1,  ©eine  £muptlepre  war:  „Es  ift  fein  (Sott  auper  (Bott ,  unb  9Ro= 
hawmeb  ift  fein  ©efanbter." 

2.  Oie  ReligionSlepre  VtopammebS  bertritt  bie  ftrengfte  Einheit 
©otteS  mit  Verwerfung  fowopl  ber  cpriftlicpen  Oreieinigfeit  als  ber  heibnifdjen 
Vielgötterei ,  bie  unenbltcpe  Erhabenheit  ©otteS  über  bie  ÜBclt  unb  feine  5111= 
macht,  hinter  ber  bie  Siebe  zurücftritt,  fo  fepr  auch  bie  Varmperzigfeit  gepriefen 
wirb,  fobann  einen  ftrengen  Fatalismus,  eine  unbebingte  unb  unabänber= 
liehe  Vorherbeftimmung  aller  §anblungen  unp  (g^idfale  ber  Rienfcpen.  Von 
einer  Erlöfung  weih  biefe  Sehre  nicptS ,  wohl  aber  bon  einer  Offenbarung 
(BotteS  burdp  bie  Propheten  5lbraham,  VfofeS  unb  EpriftuS,  bie  aber  alle  bon 
SRopammeb,  bem  testen  Propheten,  übertroffen  werben.  Oen  Opron  ©otteS 
umgeben  gute  Engel,  auS  reinem  Sichte  gebilbet,  namentlich  ber  OffenbarungS= 
engel  (Babriel ,  ber  Sugenbbefcpüper  Vticpael,  ber  ©eridjtsperolb  Sfrafil,  ber 
©tpupengel,  ber  OobeSengel.  Oen  guten  Engeln  fiepen  bie  böfen  gegenüber, 
bon  benen  ber  ©atan  EbliS  bie  aus  ©taub  gefepaffenen  Rienfcpen  berfüprt, 
ben  ©laubigen  aber  nicht  fepaben  fann.  Oie  Sepren  bom  2öeltgericpte  unb  bon 
ber  5luferftepung  finb  beibepalten,  ißarabieS  unb  |)öHe  in  grobfinnlicper  SVeife 
gefcpilbert.  Oie  Vöfett  müffen  über  eine  Vrüde  wanbeln,  bie  fo  fdjmal  ift  wie 
eine  Vlefferfcpneibe ,  unb  ftürzen  in  bie  Ipötle  zur  ewigen  Feuerqual  hinab, 
wäprenb  bie  ©uten  im  ^arabieS  ade  ©enüffe  paben  unb  namentlid)  mit 
reizenben  Frauen  bebadft  finb.  Oie  Vtenfcpenfeelen  werben  als  Oeile  beS  gött= 
liehen  SBefenS  gebaept,  bie  anbern  Religionen  beraeptet  unb  berwünfept,  bie 
©ottpeit  3efu  peftig  angegriffen,  er  felbft  nach  apofrpppen  Erzählungen  bar= 
geftellt.  ^ßerfifdje,  jübifepe  unb  cpriftlicpe  Elemente  erfepeinen  burepeinanber  ge= 
mifept ;  eS  zeigt  ft<P  ein  über  bie  ©epranfen  einer  Rationalreligion  pinauS  zur 
SBeltreligion  aufftrebenbeS,  beS  tppifd)en  unb  proppetifepen  EparafterS  entäuperteS, 
berflacpteS  unb  burch  bie  Rfacpt  ber  ©innlicpfeit  bergröberteS  Fubentum,  bon 
bem  auep  bie  (im  bierzepnten  Sapre  borzunepmenbe)  Vefcpneibung  perge= 
nommen  ift. 

Oie  ©ittenlepre  fiept  tief  unter  ber  tpriftlicpen.  Oie  FeinbeSliebe  wirb 
berworfen;  alle,  bie  niept  ben  ißroppeten  anerfennen,  füllen  gepapt  unb  bon 
ber  Erbe  bertilgt  werben,  unb  wer  in  bem  Kampfe  gegen  bie  Ungläubigen 
fällt,  ift  beS  ißarabiefeS  fieper.  ©obann  geftattet  Riopammeb  bie  Vielweiberei: 
feber  foHte  bier  Frauen  paben  biirfen,  ber  ^roppet  unb  feine  Racpfolger  waren 
an  gar  feine  3apl  gebunben.  Oief  entwürbigt  ift  babei  baS  weibliche  ©efcplecpt. 
3ubem  finb  bie  Pflichten  beS  ©läubigen  nur  auf  äupere  Söerfe  befepränft  opne 
alle  Rüdficpt  auf  bie  innere  ©efinnung.  Oapin  gepöten:  1)  baS  täglicpe 

1  9} ott  ben  angeblichen  Sßetgfagungen  ber  Vibet  für  Vlopanttneb  panbelt  Sure  III, 
9).  185.  Über  ba§  93erpättniä  beS  FslamS  jum  ßprifientutn  f.  VI b hier,  ©efammelte 
Schriften  1,  349  ff.  904a  ier,  ©priftlicpe  SBeftanbteile  beS  fioran  (geitfepr.  für  bie  ©eift= 
lipfeit  be§  ©rjbi§tum§  Freiburg  II,  34  ff.),  ©eroef,  9krfup  einer  Sarftettung  ber 
©priftologie  be4  ßoran.  Hamburg  1839.  ©rope,  9}erfup  k.  (ebenfo).  ©otpa  1840. 


6.  ®er  3§Iam. 


643 


(Sebet ,  baS  ber  2öeg  ju  (Sott  Kjeißt  (fünfmal  beS  SageS  fob  jeber  ©laubige 
beten  mit  betn  Slide  nad)  DJteffa) ;  2)  baS  Saften,  baS  jur  Söofmung  ©otteS 
begleitet;  3)  baS  Almofengeben,  baS  bie  Slfüre  ju  ©ott  auffdfliefet ;  4)  bie 
Sßallfahrt  nad)  AMla,  bie  menigfienS  einmal  im  Seben  ju  unternehmen  ift; 
5)  häufige  SBafdjungen;  6)  bie  Seilnahtne  am  ^eiligen  Kriege  gegen  bie  Un= 
gläubigen ;  7)  bie  (Enthaltung  bom  ©enuffe  beS  UßeineS ;  8)  bie  £)eilighaltung 
beS  greitagS,  ber  an  bie  ©teile  beS  jübifeben  ©abbatS  unb  beS  djriftlidjen 
©onntagS  gefegt  marb ,  aber  Arbeitstag  blieb.  Sie  Religion  roarb  ganj  in 
ben  Sienft  ber  melilidjen  A?ad)t  geftellt,  ein  ^rieftertum  gab  e§  nid)t.  9Ao= 
hatnmeb  unb  feine  näd)ften  Sadjfolgcr  beteten  felbft  Don  ber  Mangel  aus  bor 
unb  ermahnten  bie  ©laubigen;  bod)  marb  halb  bie  ©infüljrung  bon  ©teK= 
bertretern  notmenbig.  Sie  ©d)eid)S  marert  ^rebiger,  bie  ß'ljatibS  $oranbor= 
lefer,  bie  3matnS  (in  fpäterer  3eit)  23orbeter  bei  ben  täglichen  ©ebetSjeiten. 
Sie  Atue^inS  riefen  jum  ©ebete,  bie  $at)imS  bemalten  (tnie  eine  Art  Oftiaricr) 
baS  SetljauS  (ÜJtofdbee),  bie  UlemaS  tnaren  ©efetjeSgelehrte,  3'uriften,  bie  Ser= 
toifd)e ,  meift  fd)inu|ig  unb  fanatifd),  eine  Art  bon  Afönd)en.  Ser  Kultus 
blieb  leer  unb  bürftig ,  Silber  unb  bilblidje  SarfteKungen  tnaren  berabfd)eut. 
©in  ganzer  Alonat,  ber  Samaban,  tnar  jum  haften  beftimmt,  baS  bon  ©onnen= 
aufgang  bi»  ^Untergang  gehalten  marb,  am  ©chluffe  aber  in  betn  einen  SeiramS= 
fefte  (baS  anbere  biente  jum  Anbeuten  an  AbrafjamS  Opfer)  ju  befto  üppigerem 
Seben  führte. 

3.  Atohammeb  hatte  bie  nationalen  ©igentümlidfteiten  feiner  Sanbsleute 
raol)l  erfaßt;  feine  '«Religion  fagte  ihnen  im  gangen  fehr  ju  unb  fanb  immer  mehr 
Anhänger.  Sie  erfte,  bie  an  feine  ©enbung  glaubte,  tnar  feine  ©attin,  bann 
folgte  fein  Setter  Ali  unb  fein  ©djmiegerbater  Abu  =  Sefr,  barauf  anbere 
Sermanbte  unb  nod)  biele  Setool)tter  bon  AWfa.  Aber  biele  ©lieber  beS 
$oreifd)itenftammeS  feinbeten  ben  Propheten  an  unb  nötigten  ihn,  aus  Aielfa 
gu  fliehen,  ©r  floh  itn  biergehnten  3al)re  feines  ifßrophetentumS ,  am 
15.  3uli  622  (mit  melchem  Sage  bie  ntol)  ammebanifdte  ßeitredjnung, 
$egira,  £)ebfd)ra,  beginnt),  nad)  £>atfd)reb  ober  Satreb,  baS  bon  ba  an 
©tabt  beS  Propheten  (Atebinat  al  Aabi,  Atebina)  l)ieff.  £)ier  fanb  er  gute 
Aufnahme,  unb  bon  l)ier  auS  führte  er  &rieg  gegen  bie  $oreifd)iten,  plünberte 
ihre  ^aramanen  unb  berbreitete  feine  2el)re  meiter.  3a  er  eroberte  629  bis 
630  fogar  Ateffa  unb  machte  bie  $aaba,  nad)bem  er  fie  bon  allen  Silbern 
gereinigt,  gum  Alittelpunlte  feiner  neuen  Seligion.  ©ang  Arabien  untermarf 
er  feiner  ^terrfdjaft ;  er  mar  gugleid)  politifd)cS  unb  religiöfeS  Oberhaupt  feines 
SoIteS,  roeldjc  hoppelte  Söiirbe  er  and)  auf  feine  Aad)folger  (Kalifen)  bererbte, 
bie  ebenfo  abfolut  unb  befpotifd)  fdjalteten  unb  eine  gang  auf  ©roberuttg  ge= 
grünbete  Atilitärmad)t  organifierten.  Atohammeb  überlebte  ben  bölligctt  Sriumph 
nicht  lange;  er  ftarb  7.  ober  8.  3uni  632. 

©d)on  bei  feinen  Sebgeiten  mürben  feine  Sorträge  bon  feinen  Anhängern 
gum  Seil  auSroenbig  gelernt,  gum  Seil  niebergefchrieben.  Aad)  feinem  Sobe 
fanunelte  fie  fein  ©djtniegcrbater  unb  Aadhfolger ,  ber  $alif  AbmSetr  (632 
bis  634);  fie  erhielten  ben  Aamen  „$oran",  b.  i.  ©antmlung,  baS  gu 
Sefenbe,  unb  mürben  in  114  Kapitel  (©urett),  biefe  mieber  in  Serfe  (Afat) 
abgeteilt;  betn  3nl)alt  nach  teilte  man  fie  in  ©laubenS=  unb  ©ittenlel)ren 

41* 


644 


®ie  ßirdje  Bei  ber  91uflöfung  bet  römifcfien  ßultureinbeit. 


(3>tnan  unb  ©in).  ©ie  malten  ben  eigentlichen  Einfang  bet  atabifchen  Sitteratur, 
fiitb  nicht  o^ne  bidperifchen  SBert,  geigen  aber  fef)t  geringe  pofitibe  $enntniffe, 
jumal  Dom  ©hriftentum ,  beffen  Trinität  al?  eine  ©reiheit  Don  SSater  unb 
SJiutter  (^eiligem  ©eifi)  unb  ©olfn  gebaut  toirb 1.  ©ie  fptegeln  ben  (S^arafter 
NZohamtneb?  ab,  ber  grobe  Kühnheit,  lebhafte  Sßljantafie  unb  mächtige?  ©elbft= 
gefütjl  befap  unb,  bon  Natur  au?  nid£)t  graufam,  hoch  alle?  Nedp  aufjer  ad)t 
lieb,  d>o  e?  galt,  feine  glätte  31t  berwirllichen,  bor  Heuchelei  nicht  jurütffdjeute, 
©Habe  be?  ©tolje?  unb  ber  Söoüuft  blieb,  ©ie  jaljlreichen  2Biberfprüd)e  be? 
$oran?  befchäftigten  auf  Sahrpunberte  hinau?  bie  ©eiehrten  unter  feinen  Nn= 
hätigern  unb  leifteten  aud)  ber  ©eftenbilbung  aSorfdhub ,  bie  ungeachtet  be? 

©runbfape?,  bap  nicht  groei  ^Religionen  in  einem  ©taate  gu  bulben  feien,  unb 
ungeachtet  ber  impofanten  2Radjt  ber  Kalifen  immer  weiter  um  fid)  griff.  9? ach 
Ntohammeb?  ©ob  waren  biele  arabtfdfe  (Stämme  bem  $?lam  abtrünnig  ge= 
Worben;  aber  biefer  Nbfall  warb  fdjneU  gerächt  unb  ihre  Nüdfept  jum  ©e= 

horfatu  gegen  be?  Propheten  Nachfolger  burdh  mehrere  fiegteidfe  Schlachten  er= 

jwurtgen,  worauf  unter  0m ar  feit  634  bie  ©roberungen  im  9lu?lanbe  be- 
gannen.  Nei  ber  au?gebef)nten  Ntilitärherrfchaft  fonnte  bie  gerllüftung  ber 

SRohammebaner  im  Innern  nur  geringen  ©influp  auf  ben  ©ang  ber  ©reigniffe 
auaüben. 

4.  Nei  atlfeitiger  Nnerfennuttg  ber  ganj  nationalen  unb  ber  S3ilbung§= 
fiufe  be?  atabifchen  Nolle?  entfptedjenben  Sehre  NM)ammeb?  gab  e?  bo<h,  311= 
mal  bei  ben  jahlreidjen  inneren  2öibetfprüd)en  be?  $oran?,  Diele  fragen,  welche 
innerhalb  biefe?  bürftigen  Neligion?fpflem?  bie  ©eifter  entgweiten.  ©0  gab 
e?  ©treit  über  bie  Nachfolge  ÜNohammeb?  im  Kalifat,  bie  ©eltung  ber  Über= 
lieferung,  über  bie  göttliche  Norherbeftimmung  aller  ©reigniffe,  über  bie  lepten 
©inge  u.  f.  f.  2Ili,  DNohammeb?  SSetter ,  aber  erft  öierter  Nachfolger  (656 
bi?  661),  galt  Dielen  al?  bet  erfte  ^eilige  nach  bem  Propheten,  unb  fie  ber= 
gieren  feine  661  erfolgte  ©rmorbung  nicht,  ©eine  Anhänger,  bie  ipn  al?  ben 
rechten  Kalifen  Qmam  im  älteren  ©inne)  betrachteten  —  bie  ©litten  — , 
waren  ©(hüten,  b.  i.  ©egner  ber  ©rabition  (©onna  =  Norm,  ©unnah  = 
©rbtehre)  —  fo  bie  heutigen  Werfer;  bie  ©unnit en  bagegen  (wie  bie  heutigen 
©ürfen)  hielten  bie  gwei  Sahrpunberte  nach  be?  Propheten  ©ob  in  ihre  jetzige 
§ornt  gebrachte  Überlieferung  feft;  ein  ©eil  Derwarf  alle  Nernunftgrünbe  in 
NeIigion?fachen.  93eibe  ©eiten  waren  gugteid)  auch  politifcpe  Parteien,  ©aju 
trennten  fiep  bie  ©d)iiten  wieber  in  llltrafdjiiten  unb  gemäßigte 
©  d)  i  i  t  e  n.  ©ie  ©  u  n  n  i  t  e  n  gerfielen  in  §  a  n  p  f  i  t  e  n  (Nationaliften),  9R  a  1  e= 
liten  (ppperortpoboje  ©rabition?gläubige) ,  ©d)a feiten  (Nnpönger  ber  ©rb= 
lepre  unb  ba3ii  be?  frommen  i?Iamitifd)en  ^erfommen?)  unb  Ipanbaliten, 
bie  fogar  ben  $oran  für  unerfepaffen  erllärten.  Non  biefeit  leptten  mehrere: 
ber  Worein  fei  Don  Nnbeginn  im  fiebenten  Fimmel  auf  einet  Don  ©ngeln  be^ 
Wachten,  blenbenb  Weipen  fteinernen  ©afel  Dorpanben  geWefen,  bie  fo  lange  fei 
wie  ber  Naurn  jwifchen  £)immel  unb  ©rbe,  fo  breit  wie  bie  ©ntfernung  gwifchen 
Oft  unb  SBeft,  unb  fei  auf  ©otte?  Nefepl  Don  $eit  3U  $eit  burep  ©abriel  bem 


1  SDB eil,  tpiftorifdplritifche  Einleitung  in  ben  ßoran.  Sietefelb  1844.  ©eiger, 
2ßag  hat  SJlobammeb  au§  bem  D'ubentum  aufgenommen  ?  Sonn  1883. 


6.  Ser  3dlam. 


645 


Propheten  ftüdmeife  üorgefungen  motben.  SMefe  üier  funnitifdjen  Selten  mürben 
nod)  für  rechtgläubige  gehalten.  9ceben  ihnen  gab  e§  eine  Unzahl  f)etero= 
boper  Setten. 

Sarunter  waren  1)  mehrere  rationaliftifdje,  Wie  bie  f?abrid  ober  Gabariten, 
Welche  ben  unabänberlidien  Statfcfilufs  ©otted  (ßabr)  in  93epg  auf  Unglaube  unb  ©itnbe 
leugneten  unb  bie  SEßillendfreibeit  berOorboben ;  ferner  bie  SOtotafifiten  (Abtrünnige, 
©eparatiften) ,  bie  fid)  fetbft  Sefenner  ber  ©ercdjtigfeit  unb  ber  ©inbeit  nannten ,  eine 
weitere  ©ntwicflung  ber  oorigen,  bie  fid)  batb  in  jWanjig  Parteien  fpaltete;  bie  93  rüber 
ber  Stein  igfeit  (Schwan  affafa) ,  eine  Abart  ber  Oorigen,  aud  popularitätdfüditigen 
©etebrten  beftebenb.  Anbere  Waren  2)  übertriebener  Sledjtgläubigfeit  gejieben  (Jp  t)  p  e  r= 
ortboboje),  wie  bie  Sfdjabariten,  nad)  benen  ber  fDtenfcb  aded  mit  3waitg 
(Sfchabar)  burd)  bie  fötudjt  ber  göttlichen  93orberbeftimmung  tbut  (im  ©egenfatje  p  ben 
Jt'abrid)  unb  bie  wieber  pbfreidje  Schattierungen  aufweifen.  fDtan  bat  bie  ßabrtd  mit 
ben  fßetagianern,  bie  milderen  ber  Sfdjabariten  mit  ben  ©emipelagianern,  bie  ftrengeren 
mit  ben  ißräbefiinatianern  OergIid)en.  ©egen  bie  Sftotafiliten ,  bie  eine  abfolnte  ©igen= 
fd)aftdIofigfeit  ©otted  behaupteten,  Oertraten  bie  9)1  o  f  d)  a b i  t  b  e n  ober  ©efatiten 
bie  göttlichen  unb  bie  ben  mcnfd)Iid)en  analogen  ©igenfdjaften  in  ber  ©ottbeit  unb  jer= 
fielen  wieber  in  fdfroffe  (eigentliche  Antbropomorpbiten)  unb  gemäßigte  (Serteibiger  ber 
göttlichen  Attribute  überhaupt).  3)  3l>  ben  Antifdjiiten  gehörten:  a)  bie  ßbarebfdjiten 
(Abtrünnigen),  bie  fid)  Oon  Ali  Wegen  eiued  bent  fiorait  wiberfprcd)enben  ©d)iebdgerid|td 
trennten  unb  jeben  für  bed  ßalifatd  fähig  bitten ,  Wad  ©djebibd  ©cbjüler  aud)  auf  bie 
fjrauen  audbebnten;  b)  bie  StaWenbiten,  bie  ein  Übergeben  bed  in  SOtobammeb  ge= 
Wefenen  göttlidien  ©eifted  auf  anbere  annabmen ;  c)  bie  30t  orbfdjiten,  bie  ber  Sb°t 
bie  ©cfinnung  Oorpgen ,  bie  ©efeßedübertretung  ba ,  wo  ber  ©laube  öorbanben  fei,  für 
unfdjäblid)  hielten  unb  bie  ©ünbenftrafen  Oon  ©ott  bid  pm  Auferftebungdtage  auf» 
gefpart  buchten;  d)  bie  Hßaibiteu  (Srober) ,  nad)  benen  jebe  Sobfünbe  Abfall  Dom 
©tauben  unb  mit  ber  ewigen  §öllenftrafe  belegt  War.  Unter  ben©d)iiten  pblte  man 
an  neunzehn  ©eiten.  3u  ben  gemäßigten,  bie  Ali  für  ben  rechtmäßigen  Kalifen 
erflärten,  aber  ihn  nicht  Oergöttert  Wiffen  wollten,  gehörten  bie  Smamiten,  ©eibiten, 
Ibaifanitcn,  geteilt  in  ber  OSage  über  bad  9tad)folgered)t  im  ßalifat.  Sie  Ultra» 
f dbiiten  (©butat)  Oergötterten  einerfeitd  bie  ßalifen  unb  jogen  anberfeitd  bie  ©ottbeit 
ganj  in  bad  menfd)lid)e  ©ebiet  becab ,  lehrten  bie  ©eelenwanberung  unb  bie  förperliche 
Allgegenwart  ©otted.  Sie  ©fabaiten  indbefonbere  erwarteten  bie  Slücffebr  bed  oon 
ihnen  Oergötterten  Ali;  bie  ßhQtQbiten,  bie  in  etwa  fünfzig  Unterabteilungen  jer» 
fielen,  waren  Antbropomorpbiten;  bie  S f  d) e m a d) i t c n  erflärten  ben  ßoran  aHegorifch, 
leugneten  bie  Auferstehung  unb  behaupteten,  ©otted  ©eift  fei  oon  Ali  auf  Sbulbfdjman 
übergegangen.  Sie  ©borabiten  lehrten,  Ali  fei  bem  SJtobammeb  gleich  gewefen  wie 
ein  Stabe  bem  anbern ,  wcdbalb  ber  ©rjengel  ©abriel  ben  einen  mit  bem  anberu  Der» 
wechfelt  höbe.  Sie  3f d m a e I i t e n  ober  fiarmaten  waren  Anhänger  bed  fraffeften 
fDtaterialidmud  unb  93erä<hter  aller  göttlidien  Autorität  unb  Offenbarung;  aud  ihnen 
flammten  bie  Srufen  unb  bie  Affaffinen.  Sie  ©ltfid  waren  fßantljetften  unb  Ouietiften. 
©o  bietet  ber  Sdlattt  in  feinen  ©eiten  faft  alle  bie  Derfdiiebenen  ©ciftedrid)tungen ,  bie 
in  ben  fwrefien  unter  ben  ©briften  berOortraten. 

5.  $ie  Mittel  jur  21  u§ breit ung  be§  3§lant§  maren  3eucr  unb 
Schmert,  nidjt  53elef)rung  unb  Überzeugung.  3n  ber  erften  3e*t  begnügten 
fid)  bie  2Irnber  mit  ihrem  $oran;  erft  fpäter ,  zumal  unter  ber  SDrmaftie  ber 
2Ibbafiben,  mürben  bie  Sitteratur  gepflegt,  Schulen  errichtet ,  bie  Schriften 
bon  tphü°f°bhen»  9Jtathematifern  unb  Ärzten  au»  bem  fßerfifchen,  Sprifdjen 
unb  ©ried)ifd)en  in  ba§  2trabifd)e  überlebt;  feit  biefer  3eit  gelangten  auch 
bie  3rocifelflId)t,  ber  91euerung§trieb  unb  ba§  Seltenmefen  zu  größerer  21u§= 
beljnung.  ®ie  fpäteren  arabifdjen  ©eiehrten  feit  bem  9.  Sahrfjunbert  gingen 
nod)  mehr  auf  bie  gried)ifd)c  23 Übung  ein  unb  traten  au§  ber  früheren 


646  ®ie  bei  ber  Stuflöfung  ber  römifdjen  ßnltureinpeit. 

ftarren  5Ibgefd)Iof[ertf)eit  if)re§  Vo!fe§  f)erau§.  ®ie  griecpifdien  Sdjeologen  be= 
fcpäftigten  fid)  fett  öem  8.  3alfrf)unbert  mit  ber  SBiberlegung  be§  ^oran»1, 
freilid)  opne  bebeutenbercn  ©rfotg.  gab  fcfjort  halb  griedjifdje  Stiften,  bie 
ju  ben  ©arajenen  übergingen  (Renegaten).  Sßenn  ba§  öftlidje  ®aiferreidj  mit 
ben  Kalifen  in  ^rieben  mar,  beftanben  lebhafte  tpanbet§bejiehungen  mit  ß’on= 
ftantinopel;  arabifcpen  ßaufleuten  mürben  hier  bebeittenbe  Vorteile  unb  mopl 
fcbon  feit  ßaifer  Seo  III.  bie  ©rrid)tung  eine§  Vetf)attfe§  (Vtofdjee)  in  ber 
^aiferftabt  gemährt2.  3m  erften  3at)rt)unbert  ber  §>ebfdjra  mar  bie  gegen» 
feitige  Abneigung  am  ftärlften;  fpäter  fcfjmäc^te  fie  fid)  trotj  ber  zahlreichen 
Kriege  met)r  unb  melfr  ab. 

©er  3§Iam  mirfte  bem  Kpriftentum  gegenüber  jerfiörenb  unb  auftöfenb.  Unb 
bod)  fjatte  and)  er  feine  ©telhtng  im  göttlidfen  2BeItp!an.  6r  foUte  eine  ©träfe 
fein  für  bie  entarteten  Spriften,  Junta!  be§  9Jtorgen!anbe§,  beren  fittlicper  SSerfaH, 
religiofe  ©paüung  unb  (Sntmeipung  be§  §eüigen  burd)  bie  befpotifdje  Staatsgewalt 
if)tn  bie  SBege  geebnet,  jugleid)  aber  and)  eine  Vorbereitung  ber  Kultur  in 
ben  ropeften  Völfern,  namentlid)  VfrifaS,  bie  Dom  getifdfbienfte  jum  VtonotpetSmuS 
geführt  werben  füllten  unb  bei  ihrer  niebrigen  VilbungSftufe  unb  bem  Vorperrfcpen 
ber  ©innlicpfeit  eines  fo!d)en  ©tabiumS  moh!  beburften,  mie  überhaupt  ein  Über» 
gangSpunft  jum  Spriftentum ,  ba§  ein  allmählich  entmidelter  Nationalismus  näher 
bringen  tonnte.  SBopI  fepeint  and)  bie  Verbreitung  unb  §errfd)aft  beS  3§lamS,  ber 
Wie  ein  Hei!  jwifepen  ben  cprtftlidfen  SBeften  unb  ben  entfernten  afiatifd)en  Often 
Don  Spina  unb  3apan  pineinbrang,  eine  geiftige  Vbf  perrung  für  biefe  oftafia» 
tifdjen  Voller  gebilbet  ju  l^aben ;  biefe  hätten  fonft  bie  chrifilicpe  Neligion  nur  in 
ihrer  Verzerrung  unb  Vertmftaltung  burd)  ©cpiSmatifer  unb  Ipäretifer,  inSbefonbere 
Vionophpfiten  unb  Veftorianer,  erhalten;  jetü  aber  waren  fie  non  biefen  mehr  unb 
mehr  gefd)ieben  unb  für  beffere  Seiten  aufbewahrt,  in  benen  reinere  Süfte  wehen 
tonnten.  2Iber  aud)  bie  weftlidfen  Volt  er  füllten  burd)  ben  ^arnpf  mit  ber 
neuen  2Mtniad)t  ju  höherer  ©ntwidlung  fortgeführt  werben,  wie  fid)  befonber§  an 
©panieu  gegeigt  hat,  bie  $ird)e  aber  einen  neuen,  wenn  aud)  fpäten  Triumph  in 
ber  Vernid)tung  beS  3'SlamS  feiern  unb  ihre  $efüsÜeü  in  bem  langen  Rümpfe  be= 
Währen 3.  Vach  einigen  3'ahrpunberten  pödifter  Vtacpt  begannen  bie  mohatnmebanifdjen 
Neidje  ju  finfen  unb  mußten  überhaupt  Diele  Vknbhtngen  erfahren;  bie  Rircpe  aber 
patte  nur  an  ben  äußeren  dmbeu  tpreS  Neid)eS  Vertufte  unb  ermieS  fid)  in  tprem 
Vttttelpuntte  um  fo  ftärfer;  felbft  unter  ben  VtoSlitnen  erhielten  fiep  SBeiSfagitngen, 
baü  einft  bie  ßpriften  baS  oSmanifdie  Neid)  jerftören 4. 


1  ©ried)ifd)e  V°üutifer  gegen  bie  Slraber :  1)  loann.  Damasc.,  Disput.  Sarac.  et 
clirist.  (Opp.  II,  466  sq.  ed.  Le  Quien.  Vgl.  De  haer.  n.  100,  ibid.  I,  100  sq.) ; 
2)  Theodor.  Abucara,  Dial.  c.  Sarac.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XCVII,  1528  sq.) ;  3)  Greg. 
Decapol.,  Serm.  hist.  ( Gallandi ,  Bibi.  vet.  Patr.  XIII ,  513  sq.) ;  4)  Nicetas  Byz., 
Demonstr.  et  refut.  ep.  Agaren,  et  Refut.  libri  Mali.  (Migne  1.  c.  CV,  669  sq.  807  sq. 
Über  ben  Slutor  Ogi.  §ergenrötper,  Vb°tiu§  II,  645  ff.) ;  5)  Samon.  Gaz.,  Disput, 
cum  Achmet  Sarac.  de  Euch.  ( Gallandi  1.  c.  XV,  225  sq.) ;  6)  Barihol.  Edessen., 
Confutatio  Agareni  ( Migne  1.  c.  CIV,  1383  sq.) ;  7)  Euthym.  Zigdb.,  Panopl.  tit.  28 
Disp.  c.  philos.  Sarac.  (Mai,  Nova  Patr.  Bibi.  IV,  443  sq.);  8)  Nicet.  Chon.,  De 
superstit.  Sarac.  (ibid.  p.  432  sq.). 

2  Über  bie  ^Renegaten  (bei  ben  ©riedfen  p.ayapi^ovzeg,  p.ayapirai ,  dpvdmoroc)  unb 
bie  üftofdjeen  in  Ronftautinopel  Dgl.  Theophan. ,  Chronogr.  p.  484.  540  ed.  Bonnae. 
Constant.  Porphyrog.,  De  adm.  imp.  c.  21. 

3  $r.  b.  <Sd)tegel,  Vbilofoppie  ber  (Sefdjic^te  II,  69 — 91. 

4  Ludov.  Domenichi,  Profezie  dei  Maomettani.  Firenze  1548. 


6.  ©er  3§(am. 


647 


6.  Ourd)  tf)te  neue  Religion  begeiflert,  brangen  bie  Araber  immer  rneiter 
in  baS  g r i e c£) i f d) e  Aeicp  bor;  bie  natürliche  Kraft,  bie  bem  fiedpenben  Reiche 
fehlte,  befaßen  fie  in  bollern  Afafje,  unb  an  bie  ©teile  ber  chriftlicpen  ©ibili= 
fation,  bie  pier  faft  erftarrt  mar,  festen  fie  eine  neue,  beit  Orientalen  jufagenbe, 
ben  Seibenfdjaften  fd»meid)elnbe ,  bie  fie  mit  beit  Sßaffen  Verbreiteten.  Oie 
©rieten  patten  für  bie  Ausbreitung  beS  chriftlichen  ©tauben»  an  ihren  biS= 
herigen  ©renjen  im  ©üboften  nur  fepr  menig  geleiftet,  fie  Ratten  eS  berfäumt, 
bie  Aad)barbölfer  grünblich  ju  befehren  mie  ihre  fd)mad)befe|ten  ober  gar  nicht 
gefieberten  starten  in  gutem  ©tanb  ju  halten,  fie  hatten  fid)  in  enblofe  religiöfe 
©treitigteiten  berloren  unb  in  ©eben  jerfplittert ,  fie  maren  entnerbt,  uneinig 
unb  bon  ©tolj  berbtenbet.  Am  tpofe  beS  KaiferS  £)eraflittS  hatte  man 
anfangs  bie  Ummäläung  in  Arabien  für  ein  glitdlicpeS  ©reigniS  gehalten,  meit 
baburd)  bie  petfifdje  ÜAacpt  gefepmäept  merbe,  ohne  ju  ahnen,  bajj  aus  biefer 
Ummäläung  fid)  ein  meit  gefährlicherer  ^einb  erhob,  als  eS  je  baS  morfche 
Aacpbarreicp  mar.  bereits  am  13.  3uli  633  befiegten  bie  Araber  bie  Struppen 
beS  $erafliu§  unb  nahmen  OamaSfuS;  bie  Ipeere  OmarS  (634 — 644) 
begannen  ihren  ©iegeStauf;  fepon  637  nahmen  fie  burep  Kapitulation  Seru= 
fatem,  mo  an  ber  ©teile  beS  ©alomonifchen  Stempels  fid)  OmarS  Atojcpee 
erhob;  im  Auguft  638  eroberten  fie  Antiochien  unb  halb  barauf  baS  ganje 
oftrömifepe  ©ebiet  bis  jum  StauruS.  Ägppten  marb  fd)on  640  bon  Amru 
untermorfen,  Alejanbrien  641  genommen,  bie  oftperfifd)en  ^ßrobinjen  642  cr= 
obert,  651  bem  ©affantbenreiepe  bötlig  ein  ©nbe  gemad)t.  Oie  Struppen 
OthmanS  (644—656)  errangen  neue  ©iege  in  Afrifa  unb  Sfauricn,  nahmen 
bie  Unfein  ©ppern  unb  ApobuS  unb  fchloffett  fo  nach  unb  nach  baS  Aeicp  ber 
©riedjen  immer  enger  ein,  fo  baff  fie  fepon  (669 — 676)  unter  Kaifer  KonftanS 
Konftantinopel  felbft  bebropten  unb  biefer  ihnen  nur  mit  ÜJlüpe  enttarn.  Unter 
jDtuabia  (661 — 680)  mar  baS  alte,  reiche  OamaSfuS  Aefibenj  beS  Kalifates; 
man  muffte  in  Spjanj  mit  ber  neuen  Atadjt  unterpanbeln,  unb  bie  Renegaten 
im  oftrömifepen  Aeicpe  mürben  zahlreicher.  Unter  Konftantin  sp5ogonatuS  be= 
bropte  bie  farajenifepe  flotte  abermals  bie  £muptftabt,  bie  nur  burd)  baS  bon 
KaßinifuS  erfunbene  „gtied)ifd)e  geuer"  gerettet  marb.  Ood)  tarn  677 — 678 
ein  Triebe  auf  breifjig  Sapre  ju  ftaube,  unb  nachher  liefen  innere  3e^üttungen 
im  Ommajabenrcidje  ben  ©ried)en  mieber  freiere  Aemegung  auf  fürjere  3eit. 
Aber  auch  Italien  mar  bon  bem  gefährlichen  $einbe  bebropt ;  fepon  652 
unb  669  mürben  (SinfäHe  auf  bie  3nfel  ©igilien  unternommen,  bann  StripoliS 
unb  33arfa  in  Aorbafrifa  erobert  (675),  fobatin  Kartpago  (696),  enblid)  bis 
707  gan5  Aorbafrifa  unterjocht,  morauf  711  bie  ©roberung  ©panienS 
folgte.  3Qh^°»  maren  bie  Aerlufte  unb  bie  Seiben  ber  gefamten  ©priftem 
heit,  unb  japrpunbertelang  blieb  ber  SSlam  ein  furchtbarer  ^einb  ber  d;rift= 
lid)en  Aölfer 1. 


1  Theophan. ,  Clironogr.  p.  510.  514  sq.  525  sq.  552  sq.  ed.  Bonnae.  Georg. 
Hamart.,  Chron.  (ed.  Petrop.)  p.  591  sq.  Constant.  Porphgrog.  1.  c.  c.  48.  Paul. 
Diac.,  Hist.  Langob.  V,  13.  Lib.  pontif.  in  Adeodato.  S.  Ockley,  Conquest  of  Syria, 
Persia  and  Egvpt  by  the  Saracens.  London  1708  (beutjep  bon  2t  p.  Slrnolb.  2  I8be. 
SeipjiS  1745). 


/ 


648 


Sie  $ird)e  bei  ber  21uflöfung  ber  römifdjen  ßuliureiuheit. 


7.  Oie  ßtrdje  in  9iont  unb  Italien  jur  ^cit  ber  ßotifdjcn  unb  ber  bpjantiniftfjen 

£errfd)aft  in  Italien. 

■Quellen.  —  Liber  pontificalis ,  ed.  Duchesne.  I.  SBrtefe  ber  ^äpfte  (f .  oben 
6.  8,  Ar.  4).  Gregorii  M.  Registrum  epistolarum,  edd.  Ewald  et  Hartmann  (Mon.  Germ, 
hist.  Epist.  vol.  I — II.  Berol.  1891  sqq.).  Liber  diurnus,  ed.  Sichel  (oben  ©.  562). 
Guenther,  Epistulae  imperatorum,  pontificum,  aliorum  inde  ab  a.  CCCLXVII  usque 
ad  DLI1I  datae  Avellana  quae  dicitur  collectio.  2  partes.  Viudob.  1898  (Corp.  script. 
eecl.  lat.  vol.  XXXV).  2Ifteu  ber  römifdfeu  ©pnoben  bei  §efele,  ©oncilieugefd). 
SBb.  II  U.  III.  Cassiodori  Opp.  ed.  Migne ,  Patr.  lat.  t.  LXIX — LXX;  Variae  ed. 
Mommsen  et  Traube  (Mon.  Germ.  hist.  Auct.  antiquiss.  vol.  XII.  Berol.  1894). 
Ennodius,  Opp.  ed.  Hartei,  Vindob.  1882;  ed.  Vogel  (Mon.  Germ.  hist.  Auct.  anti¬ 
quiss.  vol.  VII.  Berol.  1885). 

ßitteratur.  —  ©rifar,  ©efdjidite  9tomS  unb  ber  ipäpfle  im  SUlittelalier  I, 
449  ff.  ©regorobiuS,  ©efdjicl)te  ber  ©tabt  Aom  im  SJlittelalter.  Sb.  I.  4.  2lufl. 
Stuttgart  1884.  Sangen,  ©efd)id)te  ber  römifd)en  ßircfie  Don  Seo  I.  bis  AiloIauS  I. 
Sonn  1885.  §olber,  Sie  Sefiguatiou  ber  Aadjfolger  burd^  bie  ißäpfte.  (Siff.)  0fret= 
bürg  i.  b.  <S(f)tD .  1892.  Duchesne,  Le  Liber  diurnus  et  les  elections  pontificales  au 
VIlme  siede  (Bibliotheque  de  l’ecole  des  chartes  1891,  p.  5  ss.).  ©ubo,  Dboöacar 
unb  bie  $ird)e.  (iflrogr.)  ©illi  1884.  ©cf)  nur  er,  Sie  politifdfe  Stellung  beS  ißapft= 
tumS  jur  30t  Sl)eoberid)S  b.  ©r.  (£>iftor.  3af)rb.  1888,  ©.  251  ff.;  1889,  ©.  253  ff.), 
fßfeilfdjifter,  Ser  Oftgotentönig  Speoberid;  b.  ©r.  unb  bie  fatfjol.  ßird)e.  Slünfter 
1896.  Crivellucci,  Chiesa  ed  impero  al  tempo  di  Pelagio  II  e  di  Gregorio  I  nella 
politica  verso  i  Longobardi  (Studi  storici  I,  1892,  fase.  2) ;  Le  chiese  cattoliche  e  i 
Longobardi  ariani  in  Italia  (ibid.  IV,  1895,  fase.  3).  Leglise ,  St.  Ennodius  et  la 
Suprematie  pontificale  au  VIme  siede.  Lyon  1890.  §acfe,  Sie  ißattiumberleif)ungen 
bis  1143.  Starburg  1899.  21  r  mb  ruft,  Sie  territoriale  ißolitil  ber  ifMpfte  hon  500 
bi§  800.  ©öttingen  1885.  ©djtoarjlofe,  Sie  Sertoaltung  unb  bie  finanzielle  Se= 
beutung  ber  tpatrimonien  ber  römifdfen  ßirdie  bis  gur  ©rünbung  beS  fUrdjenfiaateS 
(3eitfd>r.  für  ßirdjengefd).  1889,  <5.  62  ff.).  Fahre,  De  patrimoniis  Romanae  ecclesiae 
usque  ad  aetatem  Carolinorum.  Lille  1892.  Duchesne,  Le  sedi  episcopali  nell’  antico 
ducato  di  Roma  (Archivio  della  Soc.  romana  di  storia  patria  1892,  p.  475  sgg.). 

1.  fJtcicf)  ber  Entthronung  be§  letzten  weftrömifeben  £laifer§  £;atte  fid) 
Oboaler  gum  Könige  Don  Italien  gemadft.  Allein  feine  §errfcpaft  war  bon 
turjer  Oauer.  Er  würbe  bon  bem  Oftgotentönig  St)eobericb  befiegt,  unb  biefer 
grünbete  ein  mad)tige§  fReid),  in  weld)em  auf  Erunb  ber  alten  römifdfen  Ein= 
ricptungen  eine  tüchtige  ftaattid)e  Orbnung  henfdpe  (f.  oben  <5.  576).  ©d)on 
Oboafer  wollte  auf  bie  23efe|ung  be§  römifepen  33ifd)offtu4)te§  Einflufi  gewinnen. 
Er  behauptete,  ^ßapft  ©impliciuS  habe  bor  feinem  Oobe  it)n  gebeten,  jur 
33erf)inberung  bon  Unruhen  ju  berorbnen,  bah  ohne  feine  Einwilligung  niemanb 
jutn  römifepen  33ifd)of  gemeint  werbe.  Oer  römifdfe  $leru§  wiberfepte  fid) 
biefer  bie  2öal)lfreiheit  beeinträeptigenben  SSerorbnung  unb  hielt  an  ber  auf 
Sitten  be§  ffkpfteä  S3onifaj  I.  erlaffenen  33eftimmung  be§  $aifer§  £>onoriu§ 
feft,  wonach  nur  ber  al§  legitimer  römifdjer  33ifd)of  betradpet  werben  fottte,  ber 
nad)  fanonifcher  gorm  mit  göttlichem  Urteil  unb  allgemeiner  Einwilligung  ge= 
wühlt  fei.  Andrer  warb  Oboater§  Oetret  für  ungültig  ertlärt,  weil  il)m  eine 
päpfiliche  Unterfdirift  fehle  unb  überhaupt  ben  Öaien  bie  Einmifcpung  in  bie 
Angelegenheiten  ber  römifd)en  Birdie  nid)t  geftattet  fei  K  Sed  erfolgte  aud)  bie 


1  Epist.  et  synod.  Hilari  et  Simplicii  hei  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  140  sq. 
174  sq.  Über  DboalerS  Serorbnung  Ogi.  ibid.  p.  686—688.  ©efep  beS  ßaiferS  §ono= 
riuS  hei  Baron.,  Annales  eecl.  ad  a.  419.  Labbe,  Conc.  Coli.  II  (Par.  1674),  1582. 


7.  $ie  ßirdje  in  Italien  toäbreub  ber  gotifdjen  u.  bpjantinifdiett  iperrfdjaft.  649 

2Baf)I  Setij’  III.  (ridftiger  II.,  483 — 492) Oer  Oftgotenfönig  jtßeoberid) 
hielt  fid)  im  5Infange  bon  ©irtmifdptngen  in  bie  Sßapftroaßt  ferne.  Oer  [Römer 
©etafiuS  (493 — 496)  trat  ben  Stnmaßungen  ber  ©riedjen  entgegen,  erlief; 
biete  midjtige  betrete,  fdjrieb  gegen  ^etagianer,  [Reftorianer  unb  SRonopßßfiten 
unb  fanb  in  ber  Birdie  eine  gtänjenbe  Slnerfennung ,  mie  i£>n  namenttid) 
OionßfiuS  ©pigtiuS  feßr  gerühmt  t)at1 2.  [Run  fucßte  aber  and)  ber  bt)jantini)d)e 
tpof  (Sinflu^  auf  bie  ^apftroaßt  gu  erlangen. 

Oer  bon  ^aifer  StnaftafiuS  gemonnene  ©enator  fyeftu»  bemiißte  fid)  bei 
feiner  fRiidfeßr  bon  ^onftantinopet  nad)  [Rom,  ba  $apft  SlnaftafiuS  II. 
(fRoüember  496  bis  Ülobember  498),  ben  er  jur  Stnnaßme  beS  „£)enotifon" 
beftimmen  füllte3,  bereits  geftorben  tnar,  bem  mat)rfd)eintid)  biefem  [ßtane 
günftigcn  SaurentiuS  bie  päpfttidje  Söitrbe  ju  berfdjaffen.  Stber  bie  9Reßr= 
jaßt  beS  Uterus  ßiett  an  bem  bon  ißr  gemäßlten  Oiafon  ©pmmadjuS  mit 
aller  Oreue  feft;  bie  beiben  Parteien  ftanben  fid)  fampfgerüftet  gegenüber; 
eS  fam  fogar  ju  SMutbergieffen.  ^njmifdben  erfannte  Honig  Oßeoberid)  499 
ben  rechtmäßig  ermiißlten  ©ptutnadpiS  an,  ber  feinem  [Rebenbußter  baS  33iS= 
tum  [Ruceria  berließ.  ©ine  römiftße  ©ßnobe  bom  1.  SJtiirä  499  be= 
ftimmte  bie  Slbfeßuttg  für  jeben  röntifdjen  HIerifer,  ber  bei  Sebjeiten  beS  ^ßapfteS 
unb  of)ne  fein  SBiffen  ©tirnmen  für  ben  9tad)fotger  ju  geminnen  trachte  ober 
beSßatb  ,3ufammenfünfte  ober  Sleratfcßtagungen  beranftatte  ober  ßinterliftige 
Stnfcßläge  biefer  Strt  betreibe,  unb  berorbnete,  bei  plößticßem  Stöbe  beS  [ßapfteS 
unb  bei  Abgang  fonftiger  bon  it)m  getroffener  Stnorbnungeu  fotte  ber  bon  ber 
fDteßrßeit  beS  Uterus  ©rmäßtte  ben  ©ieg  babontragen.  Stber  $eftuS  unb 
[ßrobinuS  gaben  feine  [Ruße,  fie  befdjutbigten  ben  ifiapft  ©ßmmacßuS  bei  Honig 
Oßeoberid)  fdßmerer  Slcrbredjen.  OeSßatb  marb  bon  biefem  ber  S3ifd)of  SßetruS 
bon  Slltinum  jurn  SBifitator  ber  römifcßen  Hirctje  beftettt,  ber  fid)  aber  ben  ©d)iS= 
matifern  anfcßloß.  SSiele  23ifd)öfe  trugen  Siebenten  gegen  bie  9ted)tmäßigfeit 
ber  föniglicßen  Stnorbnungen ;  gtoei  ©pnoben  (in  ber  Slafitifa  beS  SutiuS 
unb  in  ber  ©efforiana)  blieben  ergebnislos;  bei  ber  testen  marb  fogar  ©ßm= 
mad)uS  bermunbet.  ©ine  bierte  ©pnobe  (ad  palmaria,  baßer  palmaris 
genannt)  im  Oftober  501  erfannte  bie  Unfdfutb  beS  [ßapfteS,  ber  fid)  freimütig 
ißretn  Urteil  untermorfen  ßatte,  unb  maßrte  bie  fRecßte  beS  römifdjen  Primates. 
3n  einer  eigenen  ©d)rift  berteibigte  ©nnobiuS  bon  ^labia  biefe  ©ßnobe. 
ßaurentiuS  marb  als  unberbefferlid)  abgefeßt  unb  berbannt;  bod)  erßiett  fid) 
feine  Partei  nod)  einige  3eiK 


1  frlij  III.  (eigentlich  II.,  ba  ber  ©egenpapft  be§  Siberiuö  nidjt  ju  japlen  ift)  bei 
Thiel  1.  c.  p.  222  sq. 

2  ©elafiuä  ibid.  p.  287  sq.  Über  ihn  Dgl.  Dion.  Exig.,  Ep.  ad  Iulian.  presb. 
(ibid.  p.  286).  A.  Roux,  Le  Pape  Gelase  I.  Paris  1880.  ftriebrid),  Über  bie 
ltned)tf)eit  ber  3)cfretale  De  reeipiendis  et  non  recipiendis  libris  (Sißungiber.  ber  bapr. 
3I!ab.  ber  Sßiffenfcß.  1888,  I,  54-86). 

s  3lnafta|iu«  II.  ibid.  p.  615  sq.  Über  bie  gfabel  Don  feiner  Verirrung  in  §ad)en 
be$  Stcaciuö  (Lib.  pontif.  Vita  Anastas.)  f.  SöUinger,  <j3apftfabeln  6.  124  ff. 
Stöber,  Duellenftubien  jutn  Saurentianifdjen  6d)iönia.  Söien  1886. 

<  Ihiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  639  sqq.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  II,  17.  18. 
§  e  f  e  I  e ,  ©onciliengefcp.  II,  633  ff.  23  o  g  e  I ,  Sie  römifdje  ßird)enfpnobe  Dom  Sah«  502 
(.«piftor.  3eitfd)r.  91.  fr  XIV  [1883],  401  ff.). 


650 


Sie  ßircpe  Bei  ber  3Iufl5fung  her  römifcpen  ßuttureinpeit. 


©in  ruhigere»  fßontififat  patte  ber  na<p  bein  $obe  beS  ©pmmacpuS  am 
20.  3uli  514  ermciplte  frühere  Oiafon  ^ormiSbaS,  ber  bie  VMeberperfteHung 
beS  ^ird)enfrieben§  mit  ^onftantinopel  ju  [tanbe  brachte  unb  mit  bem  bortigen 
^aiferpofe  in  freunbf(f)afttid)er  Verbinbung  mar1,  ©ein  im  Vugufi  523  er= 
matter  Vacpfolger  SopanneS  I.  geriet  in  eine  fcpmierige  Sage  infolge  beS 
gmiefpalteS ,  ber  groifdjen  Zottig  2i^eobericb  nnb  $aifer  3uftinuS  befonberS 
megett  ber  Verfolgung  ber  Vrianer  im  öftlicpen  ^aiferreidpe  auSbracp.  2peo= 
beriet)  nötigte  524  ben  miberftrebenben  ^apft,  ju  ©unften  feiner  ©IaubenS= 
genoffen  fetbft  naep  ^onftantinopel  ju  reifen.  gtun  erftenmal  betrat  ein 
Vifcpof  Don  Vltrom  bie  öfiliepe  Haiferftabt ;  bie  Vufnapme  bon  feiten  beS 
$aiferS  unb  beS  Patriarchen  ©pippaniuS  mar  überaus  gtänjenb.  Vtn  Ofter= 
tage  (30.  VMrz  525)  pielt  3oponneS  feierlichen  ©otteSbienft  nad)  lateinifepem 
ÜfituS,  mobei  ipm  jutn  äußeren  3ei$en  feiner  pöperen  ©emalt  ein  pöperer 
spron  als  bem  ©pippaniuS  errichtet  merben  mußte.  Oa  aber  Johannes  bie 
Söiinfcpe  SipeobericpS  nicht  ganz  erfüllen  tonnte  unb  mollte ,  ließ  ipn  ber 
arianifepe  £)errfd)er  bei  feiner  Vüdfepr  nad)  Vabenna  in  baS  ©efängniS  roerfen, 
mo  er  am  18.  ÜRai  526  ftarb2.  ©peoberiep,  ber  auch  gegen  VoetpiuS  ge= 
mittet ,  fetzte  bie  SBapt  beS  ^arbinalpriefterS  bon  ©t.  ©plbefter,  ^elip’  IV. 
(richtiger  III.,  526 — 530) 3,  burep.  Pacp  XpeobericpS  2ob  begann  ein  jmanjig^ 
jöpriger  ^atnpf  jmifdjen  Oftgoten  unb  Oftrömern,  ber  Italien  tief  zerrüttete. 
Vonifaz  II.  (530 — 532)  patte  eine  gdtlang  mit  bem  ©egenpapfte  ÖioStoruS 
ZU  fämpfen;  er  gab  baS  ©nburteil  in  ©aepen  ber  ©emipelagianer  unb  pielt 
531  eine  ©pnobe  zur  Vufred)tpaltung  feiner  ^atriartpalrecpte4.  SopanneS  II. 
(533 — 535)  ftanb  mit  bem  Slaiferpofe  in  gutem  ©inbernepmen5.  Vgapet 
(535 — 536),  ber  in  ^onftantinopet  perfönlicp  feine  oberfte  3un§biftionSgemalt 
betpätigt  patte,  ftarb  bafelbft  (f.  oben  ©.  598) 6.  3»  Vom  marb  burep  speobatS 
©influß  ©ilberiuS  (536 — 537)  erpoben 7 ;  meber  jener  noep  Stpeoberid)  patten 
fiep  auf  baS  ©efeß  beS  Oboafer  berufen,  unb  Vtpalaricp  legte  bloß  ben  bei 
ber  2ßapl  ftreitenben  Parteien,  menn  fie  bie  ©aepe  an  ben  £>of  brächten,  eine 
SEaje  auf 8. 

2.  Viel  bebroplicper  für  bie  Unabpöngigfeit  beS  römifd)en  ©tupleS  marb  bie 
griecpifd)e  §errfd)aft  in  Italien,  bie  burep  VelifarS  ©iege  perbeigefüprt 


1  Thiel  1.  c.  p.  739  sq.  ©fintper,  ^Beiträge  jur  ©pronotogie  ber  SSrtefe  be§ 
Vopfteg  §ormigba  (Sißungäber.  ber  3lfab.  in  SBien  1892,  33b.  CXXYI). 

2  Anon.  Vales.  in  hist.  Ammian.  Marcellin.  ( Muratori ,  Rer.  ital.  Script.  XXIY, 
640).  Marcellin.,  Chixm.  II,  319  ed.  Roncalli.  Tlieophan.,  Chronogr.  p.  261.  Niceph. 
Call.,  Hist.  eccl.  XVII,  9.  Greg.  M.,  Dial.  III,  2  sq. 

3  Mansi,  Conc.  Coli.  VIII,  658—669. 

4  Mansi  1.  c.  p.  735  sq.  Ser  ©egenpapft  Sio3foru§  ftarb  nad)  29  Sagen, 
14.  Oftober  530.  @r  patte  fiep  bnrep  Simonie  bie  3BapI  bon  feinen  SInpängern  ber= 
fepafft ,  meäpalb  ber  rbmifepe  Senat  ein  Setret  gegen  SBaplbefiecpung  erließ  ( Cassiod 
Var  1.  IX,  ep.  15).  Duchesne,  La  succession  du  Pape  Felix  IV.  Rome  1883.  ©toalb, 
3ltten  jnm  ScpiSma  beg  3apre§  530  (VeueS  3Ircpib  1885,  S.  412  ff.;  bgl.  ebb.  S.  584  f. 
unb  1886,  S.  367  ff.). 

5  Mansi  1.  c.  p.  794—814.  Jaffe,  Reg.  p.  113. 

6  Ep.  bei  Mansi  1.  c.  p.  845  sq.  Über  ein  non  ipm  getoirlteg  SBunber  bgl. 
Greg.  M.,  Dial.  III,  3. 

7  Mansi  1.  c.  IX,  1  sq. 


Cassiod.  1.  c.  1.  IX,  ep.  15. 


7.  Sie  ßirdje  in  Italien  tociprenb  bcr  gotifd^en  u.  btjjantinif^en  §errfdjaft.  651 

mürbe.  Oie?  jeigte  namentlich  ba?  ^3ontififat  be?  S  i  g  i  I  i  u  ?  (537—555),  ber 
feine  Sßiirbe  bem  gried)ifd)ert  §ofe  berbanfte l.  Suftinian  forberte  ba?  9lacp= 
flicken  ber  taifertidjen  Seftätigung  unb  führte  eine  Srt  Don  Sa^e  ein,  metcpe 
bie  ^äpfte  bei  ihrer  Erhebung  an  ben  ^aiferfjof  entrichten  füllten,  $aifer  $on= 
ftantin  pogonatu?  hob  aber  biefelbe  unter  ^ßapft  5Igatpo  mieber  auf  unb  ge= 
ftattete  unter  Söenebift  II.  bie  fofortigc  &'onfefration  be?  Srmäptten.  9?ur  bie 
SOßaptaften  tnurben  noch  bem  |)of  ober  bem  Spareben  mitgeteilt.  Oer  bei  ber 
2öaf)I  ©ergiu?’  I.  687  nach  Som  gefommene  Spard)  fonnte  fein  Seftätigung§= 
recht  geftenb  machen,  9cocb  Don  einer  anbern  ©eite  per  marb  aber  bie  Unab= 
hängigfeit  be?  römifchen  ©tuple?  bebroht.  Unter  Sopanne?  III.  (561  bi? 
574),  ber  auf  Pelagiu?  I.  (556 — 561)  gefolgt  mar  unb  ebenfo,  mie 
93igiliu§  537  nad)  ber  oftgotifchen  gerftörung  getpan ,  im  3apre  568  biete? 
in  ben  alten  Sömeterien  mieberperftettte,  fielen  bie  San  go  bar  ben,  jum  Seit 
Srianer,  jum  Seit  noch  §)eiben,  unter  Sltboin  in  Italien  ein  unb  griinbetrn 
fid)  eine  £)errfd)aft,  bie  fie  fortmäprenb  ju  ermeitern  trachteten;  fie  berfuhren 
Diel  härter  gegen  bie  Sinmopner  at?  früher  bie  Oftgoten.  ©aper  hatten  So- 
panne?  III.,  Senebift  I.  (575 — 579)  unb  pelagiu?  II.  (579 — 590) 
einen  fepr  fchmeren  ©tanb,  jumat  ba  aud)  noch  ber  ©reifapitelftreit  fortbauerte. 
Me?  geriet  in  Unorbnung,  bie  Sangobarben  brangeit  mehr  unb  mehr  gegen 
©üben  bor,  bie  Sruppen  be?  oftrömifchen  tpofe?  empörten  fid)  fjäuftg  gegen 
ihre  Anführer;  bie  einheimifdje  Sebölferitng  fd)ien  ganj  bem  Stenb  unb  bem 
Untergange  gemeipt2. 

3.  Sine  ber  gropartigften  Srfdjeinungen  in  ber  ©efd)id)te  ber  Hirdje  bitbet 
ba?  pontififat  be?  gropen  ©regoriu?  I.  (590 — 604).  Sr  mar  juerft  Prätor 
bon  9tom,  bann  fDlöncp  unb  Slbt,  unter  ?ßetagiu§  II.  einer  ber  fieben  römifchen 
©iatoncn,  579 — 584  pöpftticher  ©efanbter  in  $onftantinopet,  in  metcper 
©tetlung  er  ben  Patriarchen  Sutpcpiu?  bon  feinem  Srrtum  über  bie  Mferfiepung 
5urüdbrad)te.  9iad)  bem  Sobe  Pelagiu?’  II.  marb  er  einffimmig  bon  $Icru? 
unb  Sott  trop  feine?  taugen  Söiberftreben?  auf  ben  päpfttidjcn  ©tupt  erhoben. 
Sr  mar  ein  rafilo?  tpätiger,  praftifcher  unb  befonnener  ©eift,  bott  Oemut, 
9hipe  unb  fJJtitbe,  bott  treuer  ©orgfatt  für  bie  ganje  ^ircpe.  ©eine  un?  nod) 
erhaltenen  Sriefe  finb  fprecpenbe  Söetege  feine?  Sifer?  unb  feiner  Umficpt.  Sr 
befcpüpte  ben  ©tauben  gegen  Mianer,  ©onatiften,  Slgnoeten  unb  anbere  ©eften, 
breitete  bie  $ird)e  im  Mrbmeften  Suropa?  au?,  pielt  bie  5Hrd)enbi?jipIin  mit 
afler  Snergie  aufrecht  unb  napm  fid)  be?  fdjmer  gebriidten  Sötte?  gegen  bie 
Süßitlfür  ber  faifcrtichen  Beamten  an.  Sei  öffentlichen  Unglüd?fätten  (Peft, 
£mnger?not  u.  bgt.)  erfd)ien  er  at?  Saget  be?  Sroffc?,  fpeifte  bie  9lrmen, 
prebigte  in  9tom  fepr  häufig,  pob  bie  $löfter,  reformierte  bie  Stipfiänbe  unb 
entfaltete  nach  allen  ©eiten  eine  aufopfernbe  Spätigfeit.  Unter  bem  Orange 


1  <5.  oben  <S.  599  f.  Quellen:  Liber  pontificalis ,  ed.  Duchesne  I,  291  ss. ; 
baju  Introduction  p.  xxxix  ss.  Procop. ,  De  bello  gothico  1.  I.  Facund.  Herrn,  bei 
Gallandi,  Biblioth.  XII,  814  sqq.  Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  IV,  19.  Liveque,  Etüde 
sur  le  pape  Vigilius.  Amiens  1887. 

2  Über  tpelagiuä  I.  Ogi.  Mansi  1.  c.  IX,  709  sq.  Victor.  Tunnun.  bei  Gallandi 
1.  c.  XII,  281;  über  3obanne$  III.  Greg.  M.,  Ep.  1.  III,  n.  57;  über  tpelagiuä  II. 
Mansi  1.  c.  p.  881—910.  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  X,  1. 


652 


®ie  .Uirdje  bei  ber  Stuflöfung  ber  römifcfjen  ßultureinfjeit. 


ber  öcrfc£)iebertartigffen  ©efdjöfte  unb  bei  beftönbiger  ^ränflidjteit  £;atte  er  nod) 
3eit  unb  $raft  jur  Vbfaffung  t^eologifdjer  SBerfe1.  ©lättjenb  ermie§  fidj 
feine  Söoljltfjätigfeit ,  unb  perfönlicb)  Übermächte  er  bie  Vermaltung  ber  bamal» 
fcfjon  feljr  gaf)Ireid>en  ©üter  unb  Vefilsungen  ber  tömifdjen  ®ird)e  in 
Italien,  Dalmatien,  Süptien,  ©allien  unb  im  Orient.  SDiefe  Oontänen  be§ 
1)1.  petru§  ober  Erbgüter  (Patrimonien)  Ratten  ifjre  eigenen  geiftlidjen  S3or= 
ftet)er  (VeEtoren),  tjäufig  Oefenforen,  bie  alle  an  ben  papft  ju  berichten  unb 
Don  ifjm  Söeifungen  §u  empfangen  Ratten.  3a^rei<^e  ßirdjen ,  $löfter  unb 
Sinne  mürben  au§  ben  ©rträgniffen  biefer  oft  feljr  auSgebefjnten  Vefitjungen 
imterftüt)t2.  Sa  aucb  ber  größte  2eil  ber  meltlicpen  Vegierung  Vom§  laftete 
bei  ber  OEjnmadjt  be§  gtiedfifdjen  £ofe§  unb  bem  Vorbringen  ber  Öangobarben 
auf  bem  Papfte,  Don  bem  alles  Vat  unb  Veiftanb  ermartete.  ©r  mußte  bie 
Soften  beS  Krieges  mit  ben  Sangobarben  tragen,  Vom  unb  bie  Derwüfteten 
©egenben  Italiens  mit  ©etreibe  Derforgen,  über  bie  ©idjerljeit  unb  Vulje  ber 
Vebölferung  madjcn.  3l)in  gehorchte  biefe  freimiüig,  Doll  Vertrauen  auf  feine 
©eredjtigfeit  unb  Vtilbe.  Oie  Slnfänge  ber  meltlidjen  Sperrfdjaft  ber  päpfte 
geigen  fid)  bereits  unter  feinem  Pontififate;  fo  fefjr  ©regor  über  bie  Unmaffe 
Seitlicher  ©efdjöfte  flagte,  bie  il)n  belüfteten,  fo  tag  eS  bodj  im  plane  ber  Von 
feljung,  bem  Oberhaupt  ber  ^irdje  eine  and)  äufierlidj  felbftänbige  Stellung 
unb  bie  politifdje  ©ouberänität,  auf  toeldje  e§  in  ben  gefaljrbollften  geiten  bie 
geredjteften  Vnfpritdje  erlangte,  nadj  unb  nad)  ju  Derfdjaffen.  ©eine  tljeolo= 
gifdjen  Vöerte  fjaben  iljm  ben  Stauten  beS  leßten  lateinifdjen  Äirdjenoater»  au§ 
bem  djriftlidjen  Slltertum  eingetragen. 

Vur  bürge  geit  regierten  ©regorS  nädjfte  Vadjfolger,  gleidj  iljm  fritier 
Oiafonen  unb  baljer  mit  ben  ÜtegierungSgefdjüften  moljl  Dertraut:  ©  ab  ini  an 
(604 — 606) 3  unb  Vonifaj  III.  (607).  VI it  guftimmung  beS  $aifer§ 
pijofaS  meiste  Vonifaj  IV.  (608 — 615)  um  609  baS  fjeibnifdje  pantfjeon 
in  Vom  ju  einer  allen  ^eiligen  gemibmeten  ^irdje  ein.  Stuf  OeuSbebit 

1  Paul.  Diac.  unb  Ioann.  Diac.,  Vita  S.  Greg.  Greg.  Opp.,  bei  Migne,  Patr.  lat. 
t.  LXXV — LXXIX.  3u  bett  ^Briefen  f.  bef.  iß  «ul  ©malb,  ©tubien  jur  Sluggabe  beg 
9legifier§  ©regorg  I.  (Steueg  Slrdjiö  ber  ©efettfd).  für  ältere  beutfdje  ©efdjidjtglunbe. 
IpattnoDer  1878.  ©ep.=3lbbr.).  ©malb,  ®ie  ältefte  SSiograpfjte  ©regorg  I.  (Jpiftor. 
Sluffäije,  ©.  Sßaiß  getoibmet  [§annoöer  1886]  ©.  17  ff.).  Söolfggruber,  ©regor 
ber  ©roße.  2.  Slufl.  JRabengburg  1896.  Grisar,  II  pontificato  di  S.  Gregorio  M.  nella 
storia  della  civiltä  cristiana.  Roma  1894.  (Slug  ber  Civiltä  cattolica,  1890  sgg.) 
Clausier,  St.  Gregoire  le  Grand,  pape  et  docteur  de  l’eglise.  Paris  1891.  Snow, 
S.  Gregory  tlie  Great,  his  work  and  his  spirit.  London  1892.  Kellett,  Pope  Gregory 
the  Great  and  his  relations  with  Gaul.  London  1889.  Testa ,  La  chiesa  di  Napoli 
nei  suoi  rapporti  con  papa  Gregorio  I.  (Rivista  storica  italiana  1890,  p.  457  sgg.). 
23gl.  Sarbenfjetoer,  ißatrologie  (2.  Slufl.)  ©.  573  ff. 

2  Uber  bie  patrimonia  Eccl.  Rom.  f.  Sack,  De  patrirn.  Eccl.  Rom.  circa  fin. 
saec.  VI.,  in  feinem  Comment.  quae  ad  theol.  hist,  pertinent  (Bonnae  1821)  p.  25  sq. 
©offelin,  ®ie  Sßladjt  beg  Sßapfteö  im  Vtittelalter  I  (beutfdj  SDUünfter  1859),  198  ff. 
©rifar,  ©in  Vunbgang  burdj  bie  fßdrimonien  beS  ^eiligen  ©tuljleg  um  bag  Sfaljr  600 
(geitfdjr.  für  fatfjol.  Sdjeol.  1877,  ©.  321  ff.  526  ff.).  SJlommfen,  ®ie  S3etoirt= 
fdjaftung  ber  Uirdjengüter  unter  ißapft  ©regor  I.  (3eitfd)r.  für  ©o^inD  unb  2ßirtfdjaftg= 
gefd).  1894,  ©.  43  ff.).  Fahre,  Les  colons  de  l’eglise  romaine  au  VIme  siede  (Revue 
d’hist.  et  de  litter.  religieuses  1896,  p.  74  ss.). 

3  Crivellucci,  II  pontificato  di  Sabiniano  (Studi  storici  1899,  p.  203  sgg.). 


7.  Sic  ßircpe  in  Sftatien  toäprenb  ber  gotifdjett  u.  b^antinifdien  £>errf<paft.  653 

ober  Abeobat  (615 — 618)  unb  33 o n i f a g  V.  (619 — 625)  folgte  |)ono= 
riuS  I.,  aus  ©ampanien  gebürtig,  fromm  unb  befcpeiben,  Ejterin  bettt  großen 
©regor  napeifernb,  auf  Ausbreitung  beS  ©laubenS  bebacfjt  mie  auf  bett  ©cpntucf 
ber  $ird)en,  nur  ber  gried)ifd)en  ©cplaupeit  nicht  getoacpfen.  ®ie  jeitlicpe 
©emalt  mußte  and)  er  auSüben;  in  Neapel  fepte  er  gtüei  Statthalter  ein,  benen 
er  SBeifungen  über  bie  Aermaltung  gab.  Oie  folgenben  ^ßäpfte ,  ber  Aömer 
©eberin,  ben  ber  ^aiferpof  lange  auf  Anerfentumg  matten  ließ  (f  2.  Auguft 
640),  Sopann  IV.,  borper  ©iafon  (f  12.  Oftober  642),  Speobor,  ein 
©rieche  aus  Serufalem  (f  14.  Aiai  649),  Martin  I.  aus  2obi  (f.  oben 
©.  629  f.),  früher  ©efanbter  in  Aßäanj,  haben  burcp  ihren  Hampf  mit  ben 
Atonotpeleten  in  ber  $itd)e  ein  gefegrteteS  Anbenfen  pinterlaffen.  Aocp  bei  Seb= 
jeiten  AtarünS  (654)  marb  (äugen  I.  bon  ben  Aömern  gcroöhlt,  bamit  ber 
$aifer  ihnen  feinen  tpäretifer  aufbränge;  Martin  felbft  gab  655  in  ber  ©e= 
fangenfcpaft  feine  nacpträglipe  ©inmilligung.  (äugen  ftarb  fchon  657 ;  länger 
regierte  Aitalian,  ein  ©ampanier  aus  ©egni  (657 — 672),  ber  alle  Mittel 
ber  Atilbe  Derfucpte,  ben  griecpifd)en  öof  ju  gcminnen,  unb  auf  einer  ©pttobe 
ben  bon  ©rjbifdmf  ^3  a  u  1  bon  tretet  667  unfanonifd)  abgefeßten  33ifd)of  3o= 
pantteS  bon  Sampa  freifpracp,  nur  furg  Abeobat  II.  (672—676)  unb 
SDonuS  ober  OomnuS  (676 — 678),  meld)em  ber  aucp  bon  ben  ©riechen  h°dh= 
gefeierte  Agatpo  (678 — 681),  ein  ©ijilianer,  folgte,  mährertb  beffen  ^3oitti= 
fifat  baS  fedjfte  allgemeine  ^ongil  eröffnet  mürbe,  beffen  ©cplttß  er  jebocp  nicht 
meßr  erlebte. 

4.  gmei  Alänner  treten  mäprenb  beS  6.  SaprpunbertS  in  ber  Hird)em 
gefehlte  Italiens  noep  befonberS  peroot :  ©nnobiuS  unb  ©afftobor.  AiagnuS 
gelis  ©nnobiuS  mar  bon  ©eburt  ein  ©übgallier,  fatn  jebod)  früh  nad) 
Italien,  entfagte  ber  2Belt  unb  mibmete  fid)  bem  ©ienfte  ber  Kirche.  Ilm  513 
mürbe  er  33ifcf)of  bon  ^3abia  (Ticinum),  mo  er  521  ftarb.  ©r  mar  ein  eif= 
riger  SSerteibiger  ber  Aed)te  beS  päpftlichen  ©tupIeS  unb  mürbe  gmeimal  (515 
unb  517)  botn  Zapfte  ipotmiSbaS  als  ©efanbter  an  ben  bpgantinifchen  ß'aifer 
AnaftafiuS  gefd)idt,  um  eine  Aerföpnung  jmifepen  Aotn  unb  33pgang  herbeigu= 
führen,  maS  iljm  alletbingS  nicht  gelang.  ©nnobiuS  ift  ein  d) a r a f t e r i fl i f d) er 
Vertreter  jener  33erfallgeit  beS  römifepen  A3efenS:  Apetor,  ^3oet  unb  SLpeologc 
gugleid) ,  aber  boep  burcpauS  beperrfd)t  bom  cprifilidpreligiöfen  ©eift.  Aon 
feinen  Söerfen  finb  bie  gepn  Opuscula  miscella  bie  mid)tigften;  feine  33riefe 
finb  bielfacp  inpaltslofe  ißprafett  unb  geigen  neben  ähnlichen  ^ßrobuften  gallifcper 
Autoren  ben  Aerfall  ber  Seit1,  ©inen  burd)greifenben  ©influß  auf  bie  ganje 
AegierungStpätigteit  STpeoboricpS  b.  ©r.  unb  feiner  Aacpfolgcr  übte  ber  tüd)tige 
unb  podjgebilbete  Staatsmann  AI.  AureliuS  ©affioboriuS  aus.  $er= 
felbe  flammte  aus  Unteritalien  (©quiüace  in  ©alabrien)  unb  fam  früh  an  ben 
oftgotifepen  £mf,  mo  er  bereits  um  497  Ouäfior  unb  ©epeimfefretär  beS  Königs 
mürbe.  AiS  um  540  lag  nun  bie  Leitung  ber  ftaatlicpen  mie  ber  firdjlipen 
^ßolitif  ber  oftgotifepen  Könige  bormiegenb  in  feinen  |)änben.  Um  baS  ge= 
nannte  Sapr  gog  er  fid)  jeboep  in  baS  Don  ipm  auf  feinen  Sittern  errichtete 


1  Sarbenpetoer,  Aatr0I08*c  (2-  Stuft.)  ©.  549  ff.  Magani,  Enuodio.  3  voll. 
Pavia  1886. 


654  Sie  $irdje  bei  ber  Sluflßfung  bet  römifchen  ßultureinbeit. 

Senebiftinerllofter  Sßibarium  jurüd,  mo  er  nod)  etma  breiig  $al)re  lang  als 
frommer  unb  gelehrter  SJtßnd)  mirfte  uttb  befonberS  baju  beitrug,  bie  pflege 
ber  tljeologifcben  ©tubien  in  ben  Qrben  ber  S3enebiftiner  einjufülfren.  23on 
großem  ©influfs  auf  baS  gefamte  lirchlidje  ©tubium  ber  golgejeit  mürben  feine 
Institutiones  divinarum  et  saecularium  lectionum,  mäl)renb  feine  Historia 
ecclesiastica  tripartita  (Überfettung  ber  $ircbengefd)id)ten  bon  ©olrateS, 
©ojomenuS  unb  SLfjeoboret ,  bie  er  ju  einem  ©anjen  bereinigte)  baS  haufrt- 
fädjlidjftc  fpanbbud)  ber  $ird)engefd)id)te  im  SJtittelalter  roarb.  ©ine  mid)tige 
Quelle  für  bie  $ird)ettgefd)id)te  feiner  geit  bilben  bie  Briefe  (Variae,  seil, 
epistolae) 1. 

SllS  tl)eologifd)er  ©^riftfteHer  ift  aujjerbem  ju  ermähnen  ber  berühmte, 
trefflid)  gebilbete  pl)ilofopl)  23oetl)iu§  au§  ber  alten  römifchen  Familie  ber 
Slnicier  (geb.  um  480),  ber  in  Pabia  auf  ben  33erbad)t  be§  £od)berrate§  f)in 
burd)  Slieoberich  nad)  langer  fpaft  unter  bielen  Martern  l)ingericbtet  mürbe 
(jmifdjen  524  unb  526).  ©ein  pf)ilofopl)ifd)eS  fpauptmerf  ift  bie  Philo- 
sophiae  consolatio;  ferner  berfafüe  er  fünf  SErattate  über  bie  fpauptmaf)r= 
(leiten  ber  chriftlidjen  Religion  mit  einer  polemil  gegen  SieftoriuS  unb  ©utpcheS 2. 
©benfalls  als  theologifd)er  ©d)riftfteHer  ermähnenSmert  ift  ferner  ber  gelehrte 
SJtönd)  QionpfiuS  ©t’iguuS,  ein  ©ft)tf)e  bon  ©eburt,  melier  ju  Anfang 
beS  6.  3al)rl)unbert§  in  Üiotn  lebte  (f  um  540)  unb  fid)  befonberS  burd)  feine 
Überlegungen  bon  tl)eologifd)en  Serien  auS  bem  ©ried)ifd)en  ins  Sateinifcpe  mie 
burd)  feine  Sammlung  bon  Kanone»  gried)ifd)er  unb  lateinifdjer  ©pnoben  um 
bie  fird)Iid)e  Sitteratur  berbient  gemad)t  l)at3. 

5.  Qurdj  bie  fo  häufig  in  biefer  ^ßeriobe  borlommenbeit  ©djmierigleiten 
jmifdjen  ben  Zapften  unb  ben  bpjantinifd)en  Patriarchen  mürbe  baS  51  p  o  ft  o= 
lifdje  SSitariat  ber  53 i f cp ö f e  bon  SEpeff alonicp  fo  gefepmäept,  baff  eS 
faftifd)  faft  bööig  erlofd).  Sie  33ifdjöfe  SlnbreaS  unb  SDorotljeuS,  melche  für 
baS  acacianifcpe  ©djiSma  Partei  nahmen,  berloren  baS  23ifariat,  unb  biete 
33ifdjöfe  biefer  probinjen  fügten  fid)  bon  QorotljeuS  loS,  um  bafür  bie  ©emeim 
fd)aft  beS  römifchen  ©tufjleS  ju  erlangen.  Stad)  £)erftellung  ber  ©intracht  fuepte 
©piphaniuS  bon  $onftantinopel  abermals  fiep  in  bie  Diegierung  ber  iHprifcpen 
Probinjen  einjubrängen.  33onifaj  II.  legte  auf  einer  ©pttobe  (Qejember 
531)  bie  Stedjie  feine»  ©tupleS  bar;  hier  erflärte  53ifcpof  SfjeobofiuS  bon 
©cpinuS:  ber  5lpoftolifdpe  ©tul)l  lege  fid)  mit  3ted)t  bie  oberfte  ©emalt  über 
alle  ^irdjen  beS  ©rbtreifeS  bei,  unb  an  ihn  müffe  man  auS  allen  Seilen  ber 
ßirdje  appellieren;  aber  bie  Kirchen  bon  ^llprien  pabe  er  feiner  fpejietlen  9te= 
gierung  borbehalten,  papft  Slgapet  machte  535  bei  Staifer  Suftinian  bie 
hteepte  feines  ©tupleS  geltenb ;  biefer  erfannte  baS  alte  StedjtSberfjältniS  mieberum 
an.  SllS  er  beit  53ifcpof  feiner  IBaterftabt  3'uftinianopoliS  (Iustinianea  prima) 
über  mehrere  probinjen  unb  SJtetropoliten  fepte ,  bie  borher  unter  Xpeff alouidp 
geftanben,  mürbe  auch  ber  neue  ©rjbifcpof  23ifar  beS  römifchen  ©tupteS ,  fo 


1  SSarbenljetoer  a.  a.  £).  ©.  558,  too  bie  ©pejiedtitteratur  angegeben  ift. 

2  93  a  r  b  e  n  b  e  ln  e  r  a.  a.  £).  ©.  554  ff.  Semeria ,  II  cristianesimo  di  Severino 
Boezio  rivendicato  (Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  1900,  p.  61  sgg.). 

3  93  arbent)eloer  a.  a.  D.  ©.  551  f. 


8.  Sie  firdjt.  3uftänbe  in  bcn  german.=romon.  Dteicpen  in  ©attien  u.  Spanten.  655 

bafj  nun  jtnet  s.)lpo[toltfcf)e  93ifariate  für  bie  gtiecfjifd)  unb  für  bie  lateinifd) 
rebenben  fßromnjen  beftanben.  2)iefe  Maßregel,  über  bie  fdjon  mit  51gapet 
öerffanbelt  morben  mar,  mürbe  Don  $a{>ft  23igiliu§  auSbrüdlid)  genehmigt, 
unb  bie  fpäteren  ^äpfte  traten  ju  betn  neuen  SSifariate  in  ba§felbe  S3erljältni§, 
in  raelcpetn  fie  ju  bem  alten  in  Sffjcffalouid)  ftanben1.  (Sregor  b.  ©r. 
mahnte  599  bie  ©rjbifdjöfe  Don  ©prrfjacptum,  9tifopoli§  unb  anbere,  fomie  bie 
beiben  91po[toIifd)en  Sßifare ,  al§  fie  ju  einer  ©pnobe  nad)  ^onftantinopel  ein= 
gelabett  mürben,  ba§  alte  9ted)t  in  feiner  SBeife  antaften  ju  taffen2.  Sn 
®almatien,  ba§  jum  roefttiepen  Sflpricum  gehörte ,  mar  ber  Sifdjof  bon 
©atona  Metropolit,  ben  bie  33ifd)öfe  ber  tßrobinj  mit  3ufünx,nung  ober  6r= 
laubniS  be§  ^5apfte§  orbinierten.  Smmer  fernerer  marb  e§  aber,  im  öfttiepen 
Sfltjrien  bie  SSifdpöfe  bon  ber  todenben  23erbinbung  mit  SSpjanj  abjupalten; 
^ßaul  bon  Speffatonid)  fcfjlojj  fid)  ben  Monotpeteten  an  unb  marb  be§patb  bon 
Martin  entfett.  5tn  ber  truüanifdpen  ©pnobe  bon  692  napmen  meprere  33  U 
fepöfe  ber  illprifcpen  ^robinjen  Anteil,  mic  ber  mit  bem  Sutet  eines  päpfttiepen 
Segaten  gefdpmücfte  33afiliu»  bon  ©ortpna  (©.  639).  SDoä)  blieben  bis  auf 
föaifer  2eo  III.,  bis  jum  Sapre  733,  mo  eine  gemaltfame  SoStrennung  erfolgte, 
biefe  Sßrobinjen  noep  beim  rötnifepen  fßatriarcpate. 

8.  $ie  fircplidjen  3uftänbe  in  ben  gcnnantfdpromamfdjen  Hicitpen  in  ©allicn 

unb  Spanien. 

Duetten.  —  Le  Blant,  Inscr.  chrdt.  de  la  Gaule  (oben  @.  7,  -Jlr.  1).  Sahian. 
Massil.,  Ad  ecclesiam;  De  gubernatione  Dei,  ed.  Halm  (Mon.  Germ.  hist.  Auctor. 
antiquiss.  I,  p.  I.  Berol.  1877);  ed.  Pauly,  Vindob.  1883.  JBriefe  bon  Stpottinariö 
@  i  b  o  n  i  u  8 ,  Sr  a  u  ft  u  §  bon  IReji  unb  9t  u  r  i  c  i  u  3  bon  S  i  m  o  g  e  3  perau§geg.  bon 
$rufdp  (Mon.  Germ.  hist.  Ibid.  VIII.  Berol.  1887).  Caesarius  Arelat.  Opp. ,  bei 
Migne ,  Patr.  lat.  t.  LXVII;  bgt.  ©eitert,  ©öfariuS  bon  Stretate.  2  Sie.  ßeipjig 
1892 — 1893.  Greg.  Turon.,  Historia  Francorum;  Liber  de  vita  patrum  (Opp.  ed. 
in  Mon.  Germ.  hist.  Scriptor.  rerum  Merowing.  I.  Hannov.  1884 — 1885).  Fredegar, 
Chronic.  (Mon.  Germ.  ibid.  II,  ed.  Krusch,  Berol.  1888);  bgt.  S  dp  nur  er,  Sie  93cr= 
taffer  ber  fogen.  Ofrebegar  =  ©pronif  (Collectanea  Friburg.  fase.  IX).  Friburgi  Helv. 
1900.  Passiones  vitaeque  sanctorum  aevi  Merowingici  (Mon.  Germ.  Script,  rerum 
Merow.  III,  ed.  Krusch ,  Berol.  1896).  Legris ,  Les  vies  interpolees  des  Saints  de 
Fontenelle  (Analecta  Bollandiana  1898,  p.  265  ss.).  Chronica  minora  saec.  IV— VII, 
ed.  Mommsen  (Mon.  Germ.  hist.  Auct.  antiquiss.  t.  IX  sqq.).  3aptreicpe  gattifepe  unb 
fpanifepe  Honjitien  bei  §efete,  Soncitiengefdp.  33b.  II  u.  III.  Maassen,  Concilia  aevi 
Merovingici  (Mon.  Germ.  hist.  Legum  sect.  III,  t.  I).  Hannov.  1893. 

Sitteratur.  —  Kurth,  Clovis.  2.  ed.  2  voll.  Par.  1901;  Histoire  podtique 
des  Mdrovingiens.  Leipsic  1893.  Fustel  de  Coulanges,  Histoire  des  institutions  poli- 
tiques  de  l’ancienne  France:  L’invasion  germanique  et  la  fin  de  l’empire.  Paris 
1891.  Marignan ,  Etudes  sur  la  civilisation  fran^aise.  I.  La  socidte  merovingienne ; 
II.  Le  culte  des  saints  sous  les  Merovingiens.  Paris  1899.  Seresia,  L'eglise  et  l’etat 
sous  les  rois  francs  au  VIme  siede.  Gand  1888.  ©rifar,  IJtom  unb  bie  fräntifdje 
ßirepe  (3eitfdpr.  für  tatpot.  Speot.  1890,  <5.  447  ff.).  £>aucf,  ®ie  Sifcpofstoapten 
unter  ben  ÜJterotoingern.  ©rtangen  1883.  Vacandard,  Les  dlections  dpiscopales  sous 
les  Mdrovingiens  (Revue  des  quest.  hist.  LXIII  [1898],  321  ss.);  L’idolätrie  en  Gaule 
au  VIm®  et" au  VII“1«  siede  (ibid.  LXV  [1899],  424  ss.).  Slmotb,  ©afariuS  bon 


1  §ergenrötper,  ^ppotiuö  I,  144  f.  159  f.  192.  204.  220. 

2  Greg.  M.,  Ep.  1.  II,  n.  22.  23  (für  3opaitne3  bon  Iustinianea  prima);  1.  IX, 
n.  68.  Mansi  1.  c.  IX,  1190;  X,  158. 


656  ®ie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  tömtfcfien  ßultureinpett. 

Slrelate  unb  bie  gaHtfcpe  Äirdje  feiner  geil.  ßeibäig  1894.  Malnory,  St.  Cbsaire  evbque 
d’ Arles.  Paris  1894.  Denkinger,  Ale.  Ecdicius  Avitus  archevbque  de  Vienne  et  la 
destruction  de  l’arianisme  en  Gaule.  Geneve  1890.  Lahargon,  De  schola  Lerinensi 
aetate  merovingica.  Par.  1892.  VernouIIi,  Sie  ^eiligen  ber  Vterotoinger.  Tübingen 
1900.  —  ©am§,  ßirdjengefdEjidjte  (Spaniens.  23b.  II.  ©örreS  (jaf)trad)e  21uffcc|e 
über  fpamfdje  ßtrd)engefcE)t(f)te  biefer  3«t  in  3eüfdp--  für  toiffenfd).  Speol.  1885,  S.  319  ff. ; 
1886,  S.  32  ff.  132  ff.;  1893,  §eft  4;  1897,  S.  284  ff.;  1899,  S.  270  ff.);  ßircfje  nnb 
Staat  im  Söeftgotenmd)  Bon  ©urid)  bis  auf  SeoOigilb  (Sbeol.  Stubien  unb  firitifen 
1893,  S.  708  ff.);  SolfanneS  bon  SBicIaro  (ebb.  1895,  S.  103  ff.). 

A.  Dir  firdjr  uni)  bie  gcnnnnifdien  bolleer. 

1.  ©ie  neu  in  bie  ©efepiepte  cintretenben  Voller,  bie  auf  ben  Ruinen  be§ 
meftrömifepen  ffteicpeS  neue  ©taaten  aufrid)teten ,  Ratten  ben  Veruf  bon  ber 
Vorfepung  erhalten ,  einerfeit§  3U(^truten  für  bie  bekommenen  cibilifierten  9to= 
inanen  ju  fein,  ba§  betn  Verberben  Verfallene  ju  jerfcplagen,  ba§  noep  meiterer 
©ntmidlung  gapige  ju  läutern,  anberfeit§  aud)  mit  iprer  SebenSfrifcpe  eine 
neue  politifdje  VMtorbnung  ju  begrünben.  ©aju  aber  muffte  bie  Birdie,  bie 
bon  ipnen  llnfäglicpes  ju  erbutben  fjatte ,  ipnen  bebjilflid)  fein;  fie  füllte  ipre 
Sefjrerin  unb  @rjtel)erin  merben,  in  il)rer  Umtoanblung  au§  bent  guftanbe  ber 
ropeften  Varbarei  ju  gefitteten  unb  gebilbeten  Nationen  bie  il)r  innemopnenbe 
geiftige  $raft  bemäpren,  bie  unbänbigen  ©ieger  mit  ben  Vefiegten  berföfjnen 
unb  erftere  für  fid)  geiftig  erobern.  Sie  $ircpe  erhielt  einen  neuen,  nod)  un= 
bebauten  Voben,  auf  bem  fie  nod)  biet  ungepinberter  al§  im  alten  römifd)en 
^aiferreiep  ba§  ©efep  ©prifti  jur  §)errfcpaft  bringen  fonnte;  aber  biefer  Voben 
muffte  erft  burd)  gänjlidoe  Umgestaltung  im  politijcpen  unb  fokalen  Seben  ge= 
ebnet  unb  bereitet  merben.  Vei  biefen  gemaltigen  ©türmen  ftanb  bie  $ird)e  allein 
feft;  fie  rettete  Autorität,  güeipeit  unb  Vilbung.  ©epon  bamal§  mar  ipre  2pätig= 
feit  jugleid)  eine  politifipe;  fie  berlangte  unb  erlangte  ©epör  bei  ben  fRömern 
mie  bei  ben  Varbaren.  Unbemufft  be§  iprer  parrenben  ipeilea,  jogen  bie  Vötfer 
be§  9iorben§  unb  0ften§  bem  f)immlifd)en  2id)te  entgegen,  mie  bon  (Bott  ge= 
rufen,  al3  bie  tf)rer  ©rleucptung  gefommen  mar.  ©ine  für  fie  gepeimni§= 

bolle  f)ö£;ere  9J?ad)t  mar  e§,  bie  fo  biete  Varbarenfürften  jur  ©prfurd)t  bor 
Vifdjöfen,  ißrieftern  unb  ÜRöncpen,  bor  einem  3ltnbrofiu§,  ©prpfoftotnua,  Seo, 
©eberin,  ©pippaniu§  bon  ^jßabia,  Venebift  bon  ffturfia,  pinjog  unb  bi§toeilen 
übermftltigte ;  fie  empfanben  eine  innere  geiftige  Nötigung,  ben  bon  biefen  peU 
ligen  Vtäunern  bertretenen  3been  ju  pulbigen;  fie  untermarfen  fid)  einer  51u= 
torität,  bie  erft  nad)  unb  nad)  ftärfer  marb  unb  5itle|t  im  Vemujftfein  ber 
£>errfcper  flarer  fid)  entfaltete,  ©urd)  ben  Vnbrang  ber  Varbaren  in  bie  füb= 
lieben  Öänber  fepiett  alle  Orbnung,  Vilbung  unb  ©efittung  in  ihrem  gortbeftepen 
bebropt;  mit  Vebeu  unb  Rittern  fal)en  bie  fdjmacpen  Vefiegten,  mie  ihre  t;err= 
lidbften  ^nftitute  ben  f)ammerfd)lägen  ber  Varbarei  erlagen,  mie  ihre  fepönften 
Vlitten  vertreten,  ipre  mo£)ltf)ätigften  Kräfte  geläpmt  ober  bernidjtet  mürben. 
51ber  bie  Vorfepung  mollte  ba§  alte  ©efäff  jerfiören  laffen,  um  ein  neue§, 
fd)önere§  ju  bilben;  au§  ber  21fd)e  ber  alten  Söelt  füllte  eine  berjüngte  mit 
neuer  ©ibilifation  entftepen,  unb  gerabe  pier  füllte  ben  entfeffelten  ©lementen 
gegenüber  bie  $ird)e  bie  in  ipr  liegenbe  göttliche  $raft  jur  fepönften  Ve= 
tpätigung  bringen,  getrennte  Völfer  ju  einer  groben  Familie  bereinigen,  eine 
burcpau§  cpriftlicpe  Kultur  ipnen  einpflanjen.  S)a§  natürlich  ©ute  ber  Var= 


8.  ©ie  firdjl.  3llftänbe  tu  ben  gerntan.=roman.  Steifen  tu  ©aüien  u.  (Spanien.  657 

baren  faßte  erhalten  unb  mit  ^ö^erer  Skiffe  berflärt,  ein  mafireS  ©otteSreid) 
unter  ben  Völfern  errichtet,  ber  reifere  Seit  ber  9Jtcnfd)l)eit  feinem  hofften 
3iete  entgegengeführt  merben.  gugleid)  bie  d)riftlid)=römifd)e  Kultur  ju 
gutem  Seit  erhalten  burd)  ben  ©influh  ber  Kirche,  toeld)c  bie  Srägerin  biefer 
Kultur  gemorbeit  mar. 

B.  Das  irattknirnd). 

2.  $n  ben  germanifdfen  Völfern  lebte  eine  b;of)e  Sichtung  für  baS  angeftammte 
Stecht;  fie  prägte  fid;  barin  auS,  bah  fie  einerfeitS  ihre  alten  VolfSredfte  and)  nach  ber 
Vefehrung  aufjeidfnen  unb  mit  ben  notmenbig  geworbenen  Veränberungen  erneuern 
liehen,  anberfeit§  ben  befiegtcn  Stomanen,  unb  inSbefonbere  ber  Kird)e,  ben  gort» 
gebraud)  beS  römifdjen  StedjteS  geftatteten  \  bie  firdf)Iid)e  Verfaffung  unb  ©erid)t§= 
barteit  nid)t  ftörten,  bielmehr  ihr  immer  gröberen  ©influh  auf  bie  eigene  ©ntmidflung 
einräumten.  gn  bem  granfenreidfe  mar  bieS  in  auSgebeljntem  SJtajie  ber  f^alt ;  bie 
tocltlidfe  ©efeijgebung  fd)Ioh  fid;  immer  mehr  an  bie  fird)lid)e  an;  bie  Vifdföfe  unb 
Slbte  erlangten  ben  gröhten  ©influh,  Kirchen  unb  Klöfter  bebeittenbe  ©üter1 2 3;  ade 
©lementc  ber  Orbttung  fanben  fid)  im  KleruS  bor,  auf  ben  bie  Könige  fid)  bür  adern 
ftü^en  muhten.  Unter  ben  SJterowingern  gab  eS  enblofe  gamiliensmifte  unbgehben; 
mie  bie  Könige,  fo  befämpften  fid)  bie  ©rohen  unb  bie  ©täbte  unter  fid).  Ser 
Vefit)Wed)fel  mar  überaus  häufig,  bie  föniglid)e  ©emalt,  obfdjon  höd)ft  bcfpotifd),  hoch 
immer  fchmanfenb  unb  gebred;lid).  SVaren  bie  Vifdföfe  fcfjon  in  ber  lebten  3eit  ber 
Stömerherrfdfaft  in  ©adien  als  Vorfteljer  ber  SJtunijipalbehörben  an  bie  ©pitje  ber 
©täbte  gefommen,  fo  bah  fk  nicht  nur  an  ber  Verwaltung  teilnahmen,  fonbern  aud) 
bie  ©etneittbeämter  oerlichen,  fo  waren  fie  nadfher  nid^t  bloh  bie  natürlichen  Vertreter 
ber  gadifd)=romanifd)en  Veoötferung,  ber  fie  felbft  bis  gegen  ©ttbe  beS  6.  SaJfrhunbertS 
anget)örten,  fonbern  fie  mürben  ben  weltlichen  ©rohen  an  poIitifd)em  Stange  gleid) 
unb  burd)  gröbere  ©infidft  unb  (Erfahrung  ihnen  überlegen;  fie  waren  Kanter,  ©e= 
fanbte,  Stifter,  ebenfo  unentbel)rlid)  für  bie  gürftcn  als  beliebt  bei  bem  nieberen 
Volte,  beffen  3ntcreffen  fie  adein  üertraten.  ©ie  roirften  im  State  beS  Königs  unb 
ber  ©rohen,  hatten  eine  Sluffidjt  über  bie  gefamte  ©ered)tigfeitspftege,  fo  bah  fie  un= 
gered)te  Urteile  ber  weltlichen  Stidjter  in  Slbwefenlfeit  beS  Königs  umftohen  unb  refor» 
mieren  tonnten,  bann  ben  ©dfuj)  ber  SVitmen,  Sßaifcn  unb  ber  greigelaffencn  ber 
Kird)e.  Stuf  ben  ©pnoben,  bie  öon  506—685  häufig  gehalten  würben,  bann 
aber  faft  ganj  aufhörten,  würben  halb  neben  ben  geiftlicfjen  aud)  weltliche  Singelegen» 
heiten  oerhanbelt;  eS  entftanben  gemifd)te  Konsilien;  regelntähig  würben  bie 
Vefdfliiffe  rein  tird)lid)er  ©pnobcn  oon  ben  Königen,  mand)ntal  mit  einigen  Sufäijen, 
burd)  eigene  ©bitte  befräftigt,  wie  oon  <$h^°tar  H-  615  bie  Setrete  ber  oon  neun» 
unbfiebjig  Vifchöfen  befud)tcn  ©eneralfpnobe  (fünfte)  oon  Vart§3-  ®k 
©dommunifation  erhielt  burd)  ein  Sefret  ©t)ilbebertS  II.  oott  595  unb  fpätere 
Kapitularien  aud)  bürgerliche  SBirfungen 4 ;  ber  ©ebannte  fodte  üom  §ofe  oerwiefcn, 

1  Über  bie  lex  Romana,  qua  Ecclesia  vivit,  Ogi.  Leg.  Ripuar.  tit.  81,  §  8; 
lit.  58,  §  1.  Conc.  Aurel.  1.  (511)  can.  1.  Maassen,  Lex  Romana  canonice  compta. 
Viennae  1860. 

2  Über  bie  ©otation  üon  Kirchen  unb  Klöfiern  ogl.  Greg.  Turon. ,  Hist.  Franc. 
VI,  46. 

3  Über  bie  Concilia  mixta  Ogi.  S Interim,  ©efdndjte  ber  beutfd)en  Konsilien 
I,  104  ff.  Über  baS  Conc.  Par.  V.  Ogl.  Mansi,  Conc.  Coli.  X,  539  sq.  Chlotari  Edict. 
bei  Pertz,  Mon.  Germ.  Leg.  I,  14.  15. 

4  Über  bie  folgen  beS  VanneS  burd)  baS  ©bift  ©pilbebertS  II.  ügl.  Baluze,  Capi- 
tularia  reguin  Francor.  I,  17.  Qfür  bie  fpätere  3eU  Ogl.  Mansi  1.  c.  XII,  578  sq. 
Capitul.  reguni  Francor.  V,  300;  VII,  215.  Baluze  1.  c.  I,  885.  1071. 

§ergenrötl)er,  ßirctiengefcfiidjte.  I.  4.  Stuft.  42 


(j58  Sie  ßircEje  Bet  ber  Suflßfung  ber  römtfc^crt  Äultureinpeit. 

fein  Vermögen  feinen  Serwanbten  ungeteilt  werben ;  nacper  würben  bie  nacp  gapreS* 
frifi  nod)  im  Sanne  Sefinblicpen  aufjcr  bem  Serlufi  tprer  ©üter  aud)  jur  Deportation 
ober  Serbamtung  bernrtedt.  SiutooHe  Sifcpöfe,  wie  SicetaS  (SicetiuS)  öon  Drier 
uttb  ©ermanuS  Bon  Sart§/  bebropten  unb  belegten  felbft  Könige  mit  bem  Sanne, 
gn  ber  Seit  ber  Saubfudft  unb  fittlidfen  Serwilberung  war  biefe  SBaffe  ber  Birdie 
Bon  popem  Sßerte,  wie  aud)  baS  öfters  beftätigte  unb  auf  bie  bifd)öflid)en  äöopnungen 
auSgebepnte  Slfrjtredjt 1  ber  ©raufamfeit  unb  Sad)frtd)t  Biele  Opfer  entzog,  gür  bie 
Stiftungen,  bie  fie  madjten,  fudjten  bie  Könige  bie  Seftätigung  ber  J?ird)e  nad)2. 
©leid)  ben  Königen  gaben  aud)  bie  Siftf)öfe  auS  bem  ©runbbefip  ihrer  ßird)e  Sene= 
fijien  (Seifen)  gegen  einen  jährlichen  (EenfuS  (3inS).  Siele  ß'irdjen  unb  ßlöfter  er= 
hielten  auSgebepnte  ^ßrioilegien.  Sud)  bie  (Erhebung  ber  .gepnten  würbe  Bon  ben 
Konsilien  öfter§  eingefd)ärft s.  Die  SLeftamente  ber  ©eiftlidpen  würben  ebenfaÜS  prioi= 
legiert4 5.  Die  (Epefacpen  unterftanben  ebenfo  ber  fird)lid)en  Sutorität. 

Stroh  biefer  öielfad)  fo  günftigen  Stellung  war  aber  bie  $ird)e  nur  31t  fepr 
abpängig  Bon  ber  weltlichen  ©ewalt.  Die  fräutifchen  Könige  mifchten  fid) 
3War  nid)t  in  bogmatifcpe  fragen,  bie  faft  ganj  fehlten;  aber  fie  griffen  pödjfi  wiH= 
fürlicf)  in  bie  DiSjiplin  unb  bie  perfönlid)en  Serpöltniffe  ber  Kirche  ein.  gnSbefonbere 
hemmten  fie  bie  freie  SBapl  ber  Sifdjöfe,  ernannten  biefe  oft  fetbft  ober  behielten  fid) 
bereu  Seftätigung  Bor.  Dpeoberid),  (EplobwigS  Sohn,  ernannte  529  ben  HücetiuS 
jum  Sifcpof  Bon  Drier,  Dagobert  I.  feinen  Scpapmeifter  DefiberiuS  311m  Sifd)of  Bon 
(EaporS;  öfters  erfcpienen  föniglidje  SBeifungen,  Weld)e  Saieu  ju  Sifdjöfen  31t  weihen 
befahlen.  Die  Sß a r i f e r  Spnobe  Bon  615  wie  nad)per  eine  Bon  S heimS  um  625 
brangen  auf  (Einhaltung  ber  fauonifdjen  SBapIen;  aber  ßönig  (Chlotar  mobifigierte 
fcpon  ben  Sefd)Iufj  ber  erfteren  bal)in,  baf;  bie  SBeipe  nur  Bermöge  föniglicfper  Sn= 
orbnung  erfolgen  folle,  Wie  überhaupt  bie  Könige  bie  Spnobalbefrete  ihrer  ©e= 
nel)migung  unterftellten 3.  Oft  würben  aud)  Sifd)öfe  gewaltfam  abgefc^t  unb  fd)wer 
mihhaubelt.  Den  (Er3bifd)of  fßrätejtatuS  Bon  Dioucn  flagte  ßönig  (Ef)ilperid)  577 
Bor  ber  Spnobe  Bon  Sart§  wegen  politifcper  unb  anberer  Serbred)en  an  unb  lieh 
benfelben,  als  bie  Sifcpöfe  nid)t  auf  feinen  Sntrag,  ihn  nebft  ber  Sbfepung  mit  bem 
Snatpem  31t  belaften,  eingingen,  gefangen  nehmen,  graufant  fcplagen  unb  beportieren; 
erft  nach  beS  Königs  Stob  (584)  erlangte  er  feine  SBiebereinfepung 6.  (Ebenfo  warb 
@r3bifd)of  DefiberiuS  Bon  Sienne  603  auf  Snftiften  ber  Königin  Srunepilbe 
entfetjt  unb  ihm  ein  Sadffolger  gegeben;  als  er  auS  bem  (Ejil  3uriidfehrte,  lieh  if)n 
$önig  Dpeoberid)  fteinigen.  SiSweilen  würben  auf  löniglid)en  Sefepl  neue  Diöjefen 
mit  9Jiihad)tung  frember  Sccpte  errichtet;  fo  weihte  SgibiuS  Bon  DipeimS  auf  ßönig 
SigebertS  Sßunfcp  ben  ißromotuS  3unt  Sifd)of  Bon  (Epateaubun  unb  trennte  biefe 
Stabt  Born  SiStunt  (EpartreS,  ohne  ben  Sifcfjof  ^ßappo!u§  3U  befragen;  eineSpnobe 
öon  Eß a r i §  573  fprad)  bie  Sbfepung  beS  ißromotuS  auS  unb  mapnte  ben  J?önig 
Sigebert,  bie  Ungerecptigfeit  nid)t  länger  3U  fdjiipen ;  gleidjwopl  erpielt  fid)  iüromotuS 
bis  3n  SigebertS  Stob  575.  SIS  immer  häufiger  geborene  granfen  31t  Sifdjöfen  er= 


1  Conc.  Par.  V.  (615)  can.  9;  Aurel.  V.  (549)  can.  22;  Rhem.  625  can.  7. 

2  Conc.  Aurel.  Y.  can.  75;  Yal.  584.  Greg.  M.,  Ep.  1.  IX,  n.  111. 

3  Conc.  Turon.  567 ;  Matiscon.  II.  (585)  can.  3 ;  Rothomag.  650  can.  3. 

4  Conc.  Par.  Y.  can.  10. 

5  Über  bie  Seftätigung  ber  SifcpofSWapIen  f.  Conc.  Aurel.  V.  (549)  can.  10; 
Par.  III.  (557)  can.  8;  V.  (615)  can.  1.  SSorftellungen  Bon  Greg.  M.,  Ep.  1.  XI, 
n.  58  sq.  61.  Chlotar.  Ed.  615,  bei  Mansi  1.  c.  X,  543.  Über  bie  WiHfürlid)e  Ser= 
gebung  Bon  ,ßird)enamtern  ugl.  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  IY,  15;  V1H,  39;  IX,  23. 

6  £>efeie,  6onciliengefd).  III  (2.  Sufi.),  33  ff. 


8.  Sie  tird;l.  S^ftänbe  in  beit  germatt.*rontan.  IReidien  in  ©aEien  u.  Spanien.  659 

hoben  würben  fanbcn  fid)  unter  ihnen  neben  Dielen  würbigen  unb  heiligen  EJtänncrn 
and)  nid)t  wenige,  bie  Dom  Ipoflager  ober  Dom  ßriegSbienfte  au§  ihren  weltlichen 
©inn  mit  auf  bie  39ifd)ofSftühle  bradjten,  tafterhaft  lebten  unb  bie  33anbe  ber  $is= 
jiptin  loderten.  9?idjt  wenige  33ifd>öfe  würben  ihrer  Sßer6rect)en  wegen  abgefeimt;  fo 
550  33ifdjof  ©affaric  Don  IßariS,  um  555  EJtafliü  Don  33anneS,  ber  nad)  bem  Sobe 
feiueS  33ruberS,  beS  ©rufen  Don  ^Bretagne,  bie  §errfd;aft  über  bie  ©raffdjaft  übernahm 
unb  ju  feiner  früher  geheirateten  grau  prüdfehrte;  fo  567  unb  579  bie  93ifd)öfe 
Don  ©mbrun  unb  ©ap,  benen  ÜRorbthaten  unb  ©hebrüdje  jur  Saft  fielen;  fo  590 
ÄgibiuS  Don  9tf)eim§,  ber  beS  IpodjDerratS  fdjulbig  befuttben  warb.  Etid)t  fetten  Der= 
fdjleuberten  ober  plünberten  auch  93ifchöfe  ba§  $irdjengut  unb  gaben  bamit  ben  welt= 
lidjen  ©rofien  einen  wiEfommenen  33orwanb,  jenes  feinem  3'nede  ju  entfremben,  weS= 
halb  bie  $onjiIien  öfters  auf  Sicherung  bcSfelbeti  33ebad)t  nehmen  mußten \  SiSweilen 
erreidjten  biefetben  nur  mittels  beS  tBanneS  bie  3uriidgabe  fird)lid;en  ©ute§,  wie  579 
bie  ©pnobe  Don  XainteS  Don  bem  ©rafen  Don  Angoulcme1 2 3.  ©rft  aEmählid) 
erlangte  baS  $ird)enüermögen  bie  Abgabenfreiheit ;  bie  Dom  giSfuS  Dertiehcnen  ©üter 
behielten  meiftenS  ihre  früheren  Saften,  namentlich  bie  ber  S)eereSfotge,  welche  manche 
S3ifchöfe  bisweilen  perfönlid)  leifteten,  worüber  feit  ©regor  Don  SourS  Diel  geflagt 
warb  *.  Aud;  ba§  ßirdhengut  würbe  Don  ben  weltlichen  ©rofsen  häufig  anegetaftet 5. 

3.  JEuS  ber  Abhängigfeit  ber  Söifrfjöfe  Don  ben  Königen  entfprangen  aber  nod) 
weitere  Übelftänbe.  1)  ®ie  ÜDtetropolitanoerfaffung  tonnte  fid)  nicht  hin* 
länglich  entwideln  ober  warb  bodj  wesentlich  geftört,  jumal  infolge  ber  häufigen  ©e= 
bietSteilungen.  2)  ®ie©t)noben,  befoitbcrS  bie  größeren  (?ProDinjiaI=  unb  ©eneral= 
fpnoben),  [tauben  fd)on  wegen  ber  33erntengung  ber  fird;lid;en  mit  ben  poIitifd)en 
Angelegenheiten  unter  bem  ©influffe  ber  Könige,  unter  bereu  Etamen  meiftenS  ihre 
Q3cfd)Iüffe  Derfiinbigt  würben ;  ohne  föniglicf)e  ©rlaubniS  fie  abjuhalten  warb  Derboten, 
unb  giriert  hörten  fie  ganj  auf6.  3)  2,‘ßie  bie  33iftf)öfe  in  aEen  widrigen  fünften 


1  3u  EJtacon  finben  fich  585  unter  breiunbfechjig  3Bifcfjöfen  unb  Eh'ieftern  nur  fedjS 
germanifdje  Elarnen,  aber  653  in  einem  Siplom  ©hiobioigS  II.  mit  fünfuubDierüig  Unter* 
fchriften  nur  nod;  fünf  römifdEje. 

2  Über  bie  ^Beraubung  beS  ßirdjenguteg  Dgl.  Conc.  Par.  557  can.  1 — 3;  Tur.  567 
can.  24.  25;  Rhem.  625  can.  1;  Cabilion.  644  can.  5.  6. 

s  Greg.  Tur.  1.  c.  V,  37.  4  Greg.  Tur.  1.  c.  IV,  43  (al.  37). 

6  Über  bie  ben  ßirdjen  entaogenen  Beneficia  regalia  Dgl.  Conc.  Claromont.  535 
can.  5;  Par.  557  can.  1.  6.  Sau,  Über  ben  ©influfj  be<3  SehenWefenS  auf  ben  ÄleruS 

(OEgenS  §iftor.  3eitfcfjr.  1841,  £>eft  1.  2).  9totl;,  ©ef(hid;te  beS  Senefi^ialmefenS. 
©rlangen  1850,  unb  9Jlünd)ener  £>iftor.  3ahrbud;  1865,  ©.  278  ff.  33gl.  bie  Dtejenfion 
Don  X.  ßrauö  in  Süb.  Sf)eoP  OuartaIfd;r.  1865,  <B.  683  ff.  £>abn,  3at)rb.  be§ 
fränfifchen  DleidjeS.  ffierlin  1883.  (Stu^,  ©efd;icf)te  be§  firdilidjen  IBencfijialWefenS 
Don  feinen  Anfängen  bis  auf  bie  3eü  Alepanberä  III.  I.  Sb.,  1.  §älfte.  Serlin  1895; 
Sic  ©igenfirdie  als  ©lement  beS  mittetatterlid;=germauifd;en  ßirdjenrecbtä.  @bb.  1895. 
Imbart  de  la  Tour,  Les  paroisses  rurales  dans  l’ancienne  France  (Revue  historique, 
3at)rg.  1896  ff.  in  mehreren  f^ortf.).  Bondroit,  De  capacitate  possedendi  Ecclesiae 
neenon  de  regio  proprietatis  vel  dispositionis  dominio  in  patrim.  eccles.  aetate  Mero- 
vingica.  Vol.  I.  Lovanii  1900. 

6  Praef.  Conc.  Agath.  506  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  323.  Sigebeiii  R.  Capit.  650 
ad  Desid.  episc.  Cadurcens.  Greg.  M.,  Ep.  1.  VII,  n.  1.  Bonif.,  Ep.  51,  ed.  U  ürdt- 
wein.  Sie  Don  Orriebrid;  (Srei  unebirte  ©oitcilieit  aus  ber  Aterowingerjeit.  *Bam= 
berg  1867)  ebierten  brei  Stjnoben  Don  ©Infa  (551),  Claris  (614)  unb  ©lid;p  (626),  teil= 
Weife  unb  ungenau  1757  Don  ©nfebiuS  Amort  Dcröffentlidit ,  aber  unbcrücffid)tigt  ge* 
blieben,  fowie  bie  Don  ffr.  ER  aa feen  (3wei  ©pnoben  unter  ßönig  ©hüberich  II. 
©raj  1867)  hemuögegebenen  ©lptoben  üon  33orbeauj:  unb  Satona  aus  bem  7.  3af)r* 
hunbert  befpricht  §  cf  eie  a.  a.  £>.  III,  8  ff.  67  ff.  106  f. 


42* 


660  ®ie  ßircpe  Bei  ber  Sluflofung  ber  röntifcpen  ßultureinpeit. 

gulept  bocp  nur  bom  $önig  gerietet  mürben,  fo  fanfen  aud)  bie  nieberen  ^lerifer 
tief.  ®a  bie  jur  SpeereSfolge  berpflicpteten  freien  nur  mit  föniglicper  ©enepmigung 
in  ben  geiftlidjen  ©taub  treten  burften,  mürben  meift  ß'nedpte  ßlerifer,  über  meldpe 
bie  Sifdpöfe  unbebiugt  perrfdpten,  bie  aber  oft  burcp  rope  Sitten  ba§  Soll  ärgerten 
unb  empörten.  4)  ®te  an  ßjribat Oratorien  beS  21bel§,  an  SurgfapeEen  an= 
geteilten  ©eifilicpen  flickten  fid)  bem  ©eporfam  gegen  ipre  Sifcpöfe  ju  enthielten,  tno= 
gegen  bie  ©pnoben  meprfacp  ju  fämpfen  patten1.  5)  ®ie  ©erid)tSbarteit  über 
Sie  ©eiftlicpen  mar  anfangs  ganj  nacp  bem  römifdpen  9ted)te  georbnet.  ®ie  pöpere 
SBürbe  ber  ©eiftlidjcn  mar  befonberS  im  rtßuarifdpen  ©efeße  auSgefprodpen.  ®ie 
©pnoben  berboten  ben  Saienricptern  unter  Knbropung  be§  SanneS,  einen  ßlerifer 
opne  Söiffen  beS  SifcpofS  borjulaben ,  feftjunepmen  ober  jit  beftrafen;  bie  Seute  ber 
ßircpe  füllten  bon  fircplidpen  Sepörben  ober  bod)  bon  einem  gemifcpten  SLribunal,  unb 
jmar  nad)  ben  $?anoneS,  geridptet  merben.  $önig  ©plotar  II.  ertannte  615  nur  fo 
biel  an:  in  ©ibilfad)en  bürfe  ber  meltlicpe  Sticpter  nicpt  opne  Sormiffen  be§  SifdpfS 
gegen  ©eiftlicpe  oerfapren,  mopl  aber  in  .ßriminalfacpen,  bei  ganj  offenbarer  ©cpulS, 
Sßriefter  unb  ®iafonen  ausgenommen ;  bie  größerer  Sßerbrecpen  Überfüprten  füllten  in 
©emeinfdjaft  mit  ben  Sifdjöfen  abgeurteilt  merben  nacp  Eftaßgabe  ber  ßanoneS.  Sßi= 
fcpöfe  foEten  übrigens  felbft  megen  tpocpberrat  nur  bon  ipreSgleidßen  auf  ©pnoben 
geridptet  merben.  ®ie  einfdpücpternbe  ülnmefenpeit  ber  Könige  ober  ipr  Sefepl  patten 
aber  oft  ©influß  auf  bie  Eticpter ,  unb  mancpmal  mürben  bie  mißliebigen  Prälaten 
burd)  bloße  ©emalttpat  befeitigt,  fo  bon  $önig  ©plotar  I.  um  563  ber  bon  einer 
©pnobe  gxt  XainteS  eingefeßte  fterafüuS  opne  meitereS  epiliert,  fo  um  678  Sifdpof 
Seobegar  bon  Ülutun  auf  Sefepl  beS  Königs  jtpeobertcß  unb  beS  SftaforbomuS  ©broitt 
pingeridptet 2.  6)  ®ie  Flößer,  bie  in  ben  erften  Zeiten  tprer  ©rünbung  biele 
peilige  ERänner  unb  ^auen  gäplten ,  mie  ben  91bt  Speobericp  bon  0r,  ©cpiiler  beS 
pl.  EtemigiuS  (f  533),  beffen  Etacpfolger  Stpeobulpp  (t  590),  ben  pl.  ©brulf,  ben 
31bt  ÜRartulf  bon  -Kantern!,  bie  pl.  ßlotilbe ,  fpäter  nod)  ben  pl.  ElgituS,  feit  636 
31bt  bon  EtebaiS,  tarnen  nad)  unb  nacp  in  bie  größte  Zerrüttung  unb  maren  mit 
Eluflöfung  bebropt3.  ©>ie  Etonne  ©probielbiS ,  eine  geborene  ißrinjeffin,  moEte  bie 
Slbtiffin  Seubobera  berbrängen,  berließ  mit  bierjig  greunbinnen  ba§  bloßer  in  ßloitierS 
unb  berfdpanjte  fiep  mit  Seißanb  bon  Semaffneten  in  ber  Safilifa  beS  pl.  fnlariuS ; 
fie  ließ  fogar  Sie  Sifdpöfe  iiberfaEcn  unb  bis  auf  baS  SSIut  mißpanbeln,  meSpalb 
eine  ©pnobe  bon  ißoitierS  590  fie  famt  ipren  ©enoffinnen  mit  bem  Sanne  belegte 4. 
Über  bie  Zudjtlofigteit  ber  ERöncpe  unb  -Können  murSen  bielfadpe  Klagen  laut.  Elucß 
maren  bie  Säuberungen  unb  Serfdpenfungen  bon  Flößern  iprem  ©ebeipen  iiberaE 
entgegen,  ©o  tarnen  audp  bei  bem  Sßolfe  grobe  Safter  jum  Sorfdpein;  namentlidß 
maren  bie  inceftuofen  ©pen5  überaus  pättfig,  bann  ber  EtüdfaE  in  peibnifdpen  2lber= 
glauben6,  bie  Slittradpe,  Elaub  unb  ERorb. 


1  ©pnobe  bon  ©palonS  644  can.  14. 

2  Conc.  Matiscon.  581  can.  7.  8 ;  II.  (585)  can.  9.  10,  bon  Sluperre  578  can.  43, 
Saris  615  can.  4.  Chlotar.  Edict.  615  c.  4.  Über  tperatliuS  bon  XainteS  bgl.  Greg. 
Tur.  1.  c.  IV,  26;  über  ben  pl.  Seobegar  Mansi  1.  c.  XI,  1058.  1095.  58gl.  fpefele 
a.  a.  £}.  m,  20.  324. 

3  Greg.  Tur.  1.  c.  III,  10.  Flodoard,  Hist.  Rliem.  I,  24.  Mahillon,  Acta  SS. 
0.  S.  B.  I,  128  sq.  346.  614.  Mansi  1.  c.  X,  658. 

4  Greg.  Tur.  1.  c.  IX,  41.  Mansi  1.  c.  IX,  1011.  £efele  a.  a.  ©.  III,  55. 
6  Venant.  Fortun.,  Vita  S.  Albini,  bei  Migne,  Patr.  lat.  LXXXVIII,  479.  tonjil  bon 

Sioul  550,  brüte§  bon  ißariö  557  can.  4,  SLourS  567  can.  21,  Bpon  583  can.  4,  Sluperre 
578  can.  27 — 32,  EKacon  585  can.  18,  fünftes  bon  SßariS  615  can.  14,  EtßcitnS  625  can.  8. 

6  ©pilbebertä  (f  585)  ©efepe  bei  Mansi  1.  c.  IX,  738.  ßonjil  bon  üluperre  578- 
can.  1.  3.  4. 


8.  Sie  firdjl.  guftänbe  in  ben  german.*roman.  Keinen  in  ©allien  u.  Spanien.  661 
C.  Das  mc|tgotifd)e  lind)  in  Spanien. 

4.  3n  (Spanien  mar  bie  3?ird)e  unter  ben  fatljolifdjen  Königen  üon  589—712 
auf  ba§  engfte  mit  betn  Staate  oerbutiben.  ©d)ou  ßönig  3teccareb  üerorbnete 
(589),  auf  ben  jäl)rlid)en  ^roninjiaIft;noben  füllten  fid)  aud)  bie  Dtid)ter  unb 
gi§falbeamten  einfinben,  um  Don  ben  23ifd)öfen  bie  geredete  unb  milbe  ißehanblung 
be§  S3oIfe§  3U  lernen,  bie  23ifd)öfe  aber  bie  2luffid)t  über  bie  9vid)ter  führen,  fte 
rnarnen,  bem  Könige  anseigen  ober  mit  3enfuren  belegen;  bie  2Hfd)öfe  füllten  nur 
ben  $auone§  unb  ben  päpftlid;en  betreten  gemüjj,  bereu  93erbinblid)feit  allgemein 
anerfannt  marb,  befteHt  merben.  SDie  Jlirdje  übte  bie  ©erid)t§barfeit  in  3ied)t§fad)en 
ber  ©eiftlidjen,  in  ©ad)en  ber  (El)e  unb  ber  Steftamente  unb  gab  allgemeine  Siegeln 
für  ba§  Verfahren  ber  föniglidjen  Beamten.  ©)ie  Bifdjöfe  ber  S  p  n  o  b  e  3  u  ©  a  r  a= 
g  o  f  f  a  üün  592  beftimmten  in  einem  Schreiben  an  bie  ©teuerbeamten,  wie  üiel  ©e= 
treibe  au§  ipren  SDiösefen  erhoben  werben  bürfe.  §>äufig  mahnten  bie  Könige  bie 
auf  ©hnoben  üerfantmelten  Prälaten,  bie  fird)Iid)en  Siebte  ju  mähren  unb  bie  etn= 
gefdjlidjenen  Btifjbräudje  abjuffeüen,  mie  üönig  ©ifenanb  633  auf  ber  üom  hl-  Sfibor 
Don  ©eüiHa  geleiteten  öierten  ©tjnobe  üon  51  o  I  e  b  o  that,  inbern  er  fid;  üor  ben 
jmeiunbfed)3ig  23ifd)öfen  auf  ben  Boben  marf  unb  ihre  gürbitte  bei  ©ott  erflehte. 
SDicfe  ©pnobe  traf  and)  Borforge  für  bie  Siuhe  be§  9teid)e§  unb  bie  Sthronfolge ;  bie 
folgenbe  üon  636  unter  $önig  (Ehintila  fudjte  burd)  neue  Beftimtnungen  nod) 
weitere  ©idjcrheit  §u  fdjaffen.  28er  nid)t  oon  ben  ©rojjen  be§  9ieid)e§  erhoben  ben 
SUjron  fid)  anmafje,  füllte  bem  Slnathem  unterliegen;  bie  9tad)fommcn  unb  Wiener 
eine§  üerftorbenen  $önig§  füllten  üor  Beraubung  unb  SJitpanblung  gefd)üfü  fein, 
©egen  2anbe§üerrat  mußten  häufig  bie  ©hnoben  Berorbnungen  erlaffen  unb  ernfilidje 
Borfehrungen  treffen.  5ll§  nad)  bem  itobe  be§  trefflid)cn  ©hintila  fein  ©oljn  Slulga 
au§  ©anfbarfeit  jum  $önig  gewählt  worben  war  (640),  aber  bei  feiner  Ssugenb  bie 
Saft  ber  Sicgierung  nid)t  31t  tragen  üermodjte,  erhob  ein  Steil  be§  2lbel§  ben  (S  p  i  n  b  a= 
fuinth,  ber  fief;  642  be§  S£hrone§  bemädjtigte  unb  ben  jungen  Stulga  311m  Btöndje 
fdjereu  lief),  Währenb  ein  anberer  Steil  in  ©allien  unb  Slfrifa  Beiftanb  fudjte,  worau§ 
ein  üerheerenber  Bürgerfrieg  entftanb.  9tad)  Beenbigung  beSfelben  berief  ber  nun  an= 
erfannte  (Ehiobafuintl)  bie  fiebente  ©pnobe  ü  0  n  S!  0 1  e  b  0  646,  weldje  für  Sanbc§= 
üerrat  unb  Bcrfdjwörung  Saien  mit  ©üteroerluft  unb  bem  Sanne,  ©eiftlidje  mit  21b= 
fetjung  unb  lebenslänglicher  Bufse  beftrafte.  31I§  SRecefuinth,  suerft  311m  9Jtit= 
regenten  feines  BaterS,  bann  652  31t  beffen  9tad)folger  erwählt,  653  31t  Stolebo  einige 
SÜtilberungen  in  ber  Beftrafung  ber  Jpod)üerräter  beantragte,  ging  bie  ©pnobe  hierauf 
ein  unb  betätigte  and)  mehrere  anbere  ©efrete  be§  Königs.  Über  bie  28al)l  unb  bie 
iPftidht  beS  Königs  gab  fie  weitere  Berorbnungen.  Stach  3tecefuinth§  Slob  672  warb 
tro|  feiiteS  28iberftreben§  28  a  m  b  a  gewählt ,  ber  erft  mehrere  (Empörungen  3U  be= 
wältigen  hotte,  bann  675  3Wei  Sprcöin3ialfp noben  üeranftaltete,  bie  ben  eingeriffenen 
Unorbnungen  fteuern  füllten,  an  benen  aud)  Bifd)öfe  fid)  beteiligt  hotten.  SU§  ß'önig 
2Bamba  refignierte  unb  Dom  ©rafen  (Erdig,  ber  nad)  ber  ifrone  ftrebte,  betäubt  unb 
fo  in  ben  ©tanb  ber  Biifjer  üerfetjt  warb,  bei  bem  er  freiwillig  üerharrte,  frönte 
@r3bifd)of  Julian  üon  ©olebo  ben  üon  2Bantba  felbft  empfohlenen  (Erüig  680,  unb 
bie  5 w ö l f t e  ©pnobe  üon  St 0 1 e b 0  beftätigte  bie  (Erhebung  beSfelbcit  fowie  bie 
üon  ihm  beantragten  ©efetje,  wäl)renb  berfelbe  feinerfeitS  bie  ©cfrcte  beS  ßü^ilS  be= 
fräftigte  (681) '.  ©ie  weiften  ©pnoben  würben  auf  Befehl  ober  mit  (Erlaubnis  ber 


1  Isid.  Hispal.  (f  636) ,  Chron.  hist. ,  Opp.  ed.  Arevalo.  Romae  1797—1803. 
Migne,  Patr.  lat.  t.  LXXXI— LXXXIV.  Collectio  canon.  Eccl.  Hispan.  Madr.  1808. 
Gonzalez,  Coleccion  de  canones  de  la  Iglesia  espanola.  Madr.  1849.  Juan  Tejada 
y  Ramiro ,  Coleccion  de  canones  y  de  todos  los  Concilios  de  la  Iglesia  de  Espaua 


6ß2  Tie  Äiripe  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifepen  JMtureinpeü. 

Könige  berufen;  ipnen  lag  aber  attep  bie  ©anftion  ber  föniglicpen  ©efepe  ob,  unb 
ipre  ^attoneS  würben  wieber  31t  ©taatSgefepen  gemalt,  bereu  Übertretung  neben  ben 
geiftlicpeit  attep  mit  weltliepen  ©trafen  geapnbet  warb.  ®ie  meiften  ©pnoben  waren 
jugteid)  attep  UteiepStage '.  (Erft  694  befeplop  man  getrennte  Beratung  ber  geiftliepen 
unb  wetttict)en  ©egenftänbe,  für  erftere  würben  bie  brei  erften  Stage  ber  ©pnobe  beftimmt. 

5.  9lnfangS  waren  bie  SifepofS wagten  in  ©paniert  ganj  frei,  unb  nocp 
633  war  bie  alte  IJiegel  eingefcpärft  worben,  bap  ber  33ifcpof  Don  J?IeruS  unb  33oIf 
311  wählen  unb  Dom  Metropoliten  31t  beftätigen  fei.  Iber  halb  griffen  bie  Könige  in 
bie  Maplen  ein  unb  beperrfcptett  fie  mittels  beS  SepeuSfpftemS  unb  ber  ben  33ifcpöfen 
üerliepenen  weltlichen  Mürben;  oft  ernannten  fie  nach  ©utbünfen  nach  einer  ihnen 
3ugefanbten  Sifte  ober  forberten  einfach  31t  ber  befeploffenen  Ernennung  bie  bifcf)5flicl;e 
3uftimnuing.  ®ie  jwölfte  ©pnobe  Don  3t 0 1 e b 0  681  beftimmte  can.  6 :  bamit 
bie  bifcpöfliepen  ©tühle  nicht  a^ulang  erlebigt  biteben,  foHe  fünftig  ber  (Ersbifepof 
Don  Tolebo  {eben  Dom  ß'önig  ernannten  Sifepof,  falls  er  ihn  für  würbig  erachte, 
inftituieren  unb  Welpen  biirfen,  unbefepabet  ber  Diecpte  beS  Metropoliten,  Dor  bem  ber 
©eweipte  binnen  brei  Monaten  bei  ©träfe  beS  SanneS  fiep  31t  ftellen  pabe.  ®er 
(Erjbifepof  Don  Tolebo,  halb  SßrimaS  genannt,  ftanb  ber  Sßerfon  beS  Königs 
am  miepften  unb  übte  einen  gropen  (Einflup.  2Bie  bie  tßifcpöfe  über  ben  ß’önig 
ricpteten,  wie  bieS  namentlich  betreffs  beS  Königs  ($giga  687  gefepap,  unb  683  ben 
33antt  über  feben  fünftigen  ß'önig  auSfprachen,  ber  opne  bie  Mrfantmlung  ber  ©ropen 
über  91belige  unb  ©eiftlicpe  fepmere  ©trafen  Derpängen  würbe,  fo  erfannte  man  auch 
einen  im  fränfifepen  Dteiipe  niept  iiblicpen  DtefurS  an  ben  l?önig  an,  ittbem  bie  b  r  e  i= 
3 e p it t e  ©pnobe  üon  Tolebo  can.  12  beftimmte:  Klagen  gegen  einen  öifcpof 
lönnen  beim  Metropoliten,  gegen  ben  Metropoliten  bet  einem  fremben  Metropoliten 
anhängig  gemacht  werben;  paben  aber  jwei  fretnbe  Metropoliten  bem  Kläger  niept 
©epör  gegeben,  fo  tann  biefer  fiep  an  ben  ßönig  wenben,  ber  fiep  feiner  an= 
nepmen  Wirb  2. 

®ie  SBifepöfe,  fepon  an  ben  weltlichen  ©ropen  überlegen,  bilbeten  ein  bie 
$önigSgewa!t  befepränfenbeS  ariftofratifcpeS  Element,  fie  waren  3ubem  meiftenS  fepr 
bebeutenbe  Männer ;  ben  ©tupl  Don  ©  e  D  i  1 1  a  3ierte  nach  Seanber,  bem  f^reunbe  beS 
gropen  SfßapfteS  ©regor,  ber  pl.  Sfibor  (f  636),  ben  Don  To  leb  0  SuftuS  (t  636), 
bann  (Eugen  I.  (f  647),  ber  pl.  (Eugen  II.,  ber  pl.  3lbeppouS  (f  667),  OttiriciuS 
(t  680),  Julian  (t  690).  5Iber  beS  lepteren  Mtcpfolger,  ?lbt  ©iSbert,  liep  fiep  in 
eine  9Serjd)wörttng  gegen  l?önig  (Egija  ein  unb  warb  beSpalb  693  Don  ber  fecl)3epnten 
©pnobe  Don  Tolebo  abgefept,  bie  ihm  ben  (Eräbifepof  gelip  üon  ©eüilla  jum  9?aep= 
folget  gab,  an  beffett  ©teile  (E^bifepof  gauftiuuS  Don  Sraga  fant.  Translationen 
Don  33ifipöfen  Waren  bamalS  päufig,  bie  ©>iS3iplitt  fepon  meprfaep  in  SSerfall ;  oft 


y  de  America.  6  voll.  Madr.  1855 — 1859.  —  Conc.  Tolet.  III  (589)  can.  1.  18. 
Caesaraug.  592.  Tolet.  IY.  (633);  VII.  (646);  VIII.  (653);  XI.  (675).  Bracar.  675. 
Tolet.  XII.  (681);  XVII.  (694)  can.  1.  »gl.  Mansi  1.  c.  IX,  977  sq. ;  X,  471.  611  sq. 
763.  1206  sq.;  XI,  131.  154  sq.  1023  sq.;  XII,  87. 

1  Tie  auf  ben  ©pnoben  mit  bem  Könige  erfipeinenbett  ©ropen  unb  §ofbeamten 
(Palatini)  erwäpnt  fepon  Conc.  Tolet.  VI.  (688).  Stuf  ber  ©pnobe  Don  653  finben  Wir 
nebft  bem  Könige  fecpjepn  comites  unb  duces;  681  neben  fünfurtbbreipig  ißrälaten  fünf» 
jepn  Dornepme  ßaien,  683  aber  feepSunbjmanjig  Weltliepe  ©rope,  688  beren  fiebjepn, 
bann  693  beren  feepjepn.  SSemerfengWert  ift  baS  ©epreiben  beS  Königs  ©ifibut  üon  616 
au  ben  Sangobarbenlönig  311  ©unften  be§  tatpolifepen  ©laubenS  (bei  Troya,  Cod.  Longo- 
bard.  n.  289,  t.  I,  p.  571). 

2  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  19;  XII.  (681)  can.  6;  XIII.  (683)  can.  2.  12; 
XV.  (688),  bei  Mansi  1.  c.  XII,  7  sq. 


8.  Sie  firdjl.  3uftärtbe  in  ben  german.=roman.  Aeicpeit  in  ©attien  u.  ©panien.  663 

mußten  bie  ^irdfengefepe  über  bie  ^eufippeit  ber  ©eiftlidjen,  gegen  (Simonie,  gegen 
^Beraubung  ber  $löfier  nnb  ©it^iepung  ber  $ircf)engüter  erneuert  merbcn  *.  üftit  bent 
römifipen  Stuple  waren  bie  fpanifdjen  Sifdjöfe,  obfcpon  wir  feit  ©efeprung  ber  2Beft= 
goten  feine  päpftficfjen  ©ifarien  mepr  finben,  in  regem  ©erfepr,  uub  häufig  beriefen 
fie  ficf)  in  iprcn  Spnoben  auf  päpftlidpe  ®efretalen.  'Sie  5p  ä  p  ft  e  fanbten  öfters 
9fid)ter  nacp  Spanien,  wie  ©regor  b.  ©r.  603  ben  ®efenfor  SobtauneS  infolge  ber 
Appellation  ber  oon  einer  Spnobe  abgefeimten  ©ifdjöfe  SanuariuS  oon  SJlalaga  unb 
Steppan  oon  Dreto ;  berfelbe  gab  bem  erftereti  feine  f?ird)e  jurüd  unb  fe^te  ben 
Ufurpator  ab ;  bie  au  ber  Ungeredptigfeit  beteiligten  ©ifdpöfe  würben  jur  ©infperrung 
unb  ©upe  oerurteilt,  ©rft  unter  bem  entarteten  ß’önig  Sßitiäa  (feit  701),  unter  bem 
aud;  bie  totetanifcpen  ^onjilien  mit  bem  acptsepnten  aufbörten,  warb  gewaltfam  alle 
©erbinbung  mit  Aorn  aufgeboben. 

©ine  grofme  ©efabr  für  bie  fponifcpe  ßircpe  lag  in  ber  bebeutenben  SopI  öon 
3fubett,  bie  oft,  oon  geiftlidfeu  unb  weltlichen  ©rofjen  befcpiipt,  jum  Sdjeine  fiep 
taufen,  fa  aud)  2Beifjen  erteilen  liefjen,  aber  teils  in§  Subentum  jurüdfielen,  teil» 
inSgepeim  jübifdpe  ©ebräudpe  beobachteten.  f?önig  Sifibut  jwang  oiele  Suben  gitr 
Xaufe,  waS  633  bie  oierte  Spnobe  oon  Stolebo  mit  bem  33eifa^e  üerbot,  baf) 
bie  bereits  51t  ben  Saframenten  jugelaffcnen  ©briften  bleiben  müßten,  bie  abgefallenen 
jur  Aüdfepr  anjubalten,  ipre  ßinber  dfriftlidp  31t  erjieben  feien.  ©Me  im  grauten» 
reidje,  war  auch  in  Spanien  ben  Suben  bie  §eirat  mit  ©briften,  ber  Sutritt  31t 
öffentlichen  Ämtern,  baS  galten  chriftlicher  Sflaöen  unterfagt.  ß'önig  ©bintila  be= 
fcplop,  alle  Silben  au§  Spanien  311  üertreiben,  unb  jeber  fünftige  $önig  füllte  fiep  in 
feinem  ©ibe  aud)  baju  Oerpflichten,  ben  iübifdpen  Unglauben  nicht  in  feinem  Aeicpe 
ju  bulben;  bieS  führte  jebod)  nod)  mepr  jur  §eud)elei  unb  311  üerfteHtem  ©briftentum. 
Aad)  einer  ©erorbnung  oon  655  füllten  fid)  bie  getauften  Suben  an  <hriftlid)en  unb 
jübifcpen  Swingen  beim  bifcpöflidfen  ©otteSbienfte  einfinben,  bamit  ber  SBifcfjof  fiep 
oon  iprer  SJtecptgläubigfeit  über3euge;  aufjerbem  foEten  fie  förperlüpen  Strafen  unter» 
liegen.  ®ie  ftrengeu  ©efepe  bc§  Königs  ©rüig  gegen  jiibifdje  ©ebräudje  unb  bie 
Suben  überhaupt  billigte  baS  3 w ö I f t e  ß’on3il  oon  Xolebo  681,  baS  fed^epnte 
693  fdpeirfte  fie  abermals  ein.  ©ine  ©erfdpwörung  ber  mit  ihren  ©laubenSgenoffcn 
in  Afrifa  oerbünbeten  Suben  üeranlafjte  ben  Völlig  ©gi3a  3ur  ©erttfung  ber  fieb» 
3ebnten  toletanifcpen  Spnobe  oon  694  unb  311m  ©rlafs  neuer  ©efepe,  nach  benen 
bie  311m  Sd)ein  getauften  Suben,  nun  aud)  fpoepoerräter,  mit  ©uppepung  be§  ©er= 
mögcnS  unb  mit  Sflaoerei  beftraft,  ipre  f?iitber  oom  fiebenten  Sapre  an  bepufS  eprift» 
Iid)er  @r3iepung  ipnen  entjogen  werben  foHten1 2.  ®urd)  biefe  ©tenfdfenflaffe  warb 
baS  ßanb  fortwäpreub  gcfäprbct  unb  bie  Sittlichfeit  bebropt ;  oiele  ©reueltpatcn ,  be= 
fonberS  ©ntweipung  ber  Saframente,  würben  ipr  jur  Saft  gelegt  unb  fo  ein  ftrengeS 
©infepreiten  gegen  bie  Apoftaten  perauSgeforbert.  Souft  würben  bie  Suben  oon  ber 
ßirdpe  gebulbet  unb  üielfad)  oon  ben  köpften,  namentlid)  oon  ©regor  b.  ©r. 3,  ge= 
fepüpt.  S)en  ©erfepr  ber  ©etauften  mit  ben  Ungetauften  muffte  man  wegen  ber  nacp= 


1  Riefele  a.  a.  £).  III,  349  ff.  Über  bie  Unfeufcppeit  ber  ©eiftlidpen  Ogi.  Conc. 
Tolet.  597  can.  1;  Egar.  614;  Tolet.  IY.  (633)  can.  21.  22.  27.  42.  43;  IX.  (655) 
can.  10;  XVI.  (693)  can.  3.  Über  ©itnonie  Conc.  Bare.  599  can.  1.  2;  Tolet.  VI. 
(638)  can.  4;  Emerit.  666  can.  9;  Tolet.  XI.  (675)  can.  8.  Über  ^Beraubung  ber 
ßtöfter  unb  ^irepen  Conc.  Tolet.  III.  (589)  can.  3;  597  can.  2;  Hispal.  619  can.  10; 
Tolet.  IV.  (633)  can.  33;  VII.  (646)  can.  4;  XVI.  can.  5. 

2  Conc.  Tolet.  III.  (589)  can.  14;  IV.  (633)  can.  57  sq.  63.  66.  85;  IX.  (655) 
can.  17;  X.  (656)  can.  7 ;  XII.  (681)  can.  9;  XIV.  can.  1;  XVII.  (694).  ©gl.  Conc. 
Matisc.  581  can.  13 ;  Par.  614  can.  15. 

3  Greg.  M.,  Ep.  1.  I,  n.  10.  35;  1.  VIII,  n.  25;  1.  IX,  n.  55;  1.  XIII,  n.  12. 


664 


®ie  «ffirdje  bei  ber  Dtuflöfung  ber  römifchen  ßultureinheit. 


teiligen  folgen  oerbieten  unb  erfdfjvneren ;  [pater  fdjloffeu  fiel)  bie  fpanifdjen  Sieben 
enge  an  bie  Sarazenen  an  unb  teuften  mit  ihnen  jum  Verberben  be§  efjriftlic^en 
©Iauben§. 

9.  Sie  ßntwicflung  be§  9Jtöndjtum§  im  fMbettblanbe. 

Quellen.  —  Caesarii  Arelat.  Regula  monacli.  et  virgin. ,  ed.  Migne ,  Patr. 
lat.  LXVII,  1099  sqq.  Columbani  Regula,  ed.  Migne  1.  c.  LXXX,  209  sqq.  Vita 
s.  Columbani  abb.  auct.  Iona  monacho  Bobbiensi,  bei  Migne  1.  c.  LXXXYII,  1811  sqq. 
©  u  n  b  I  a  cf) ,  Über  bie  Kolumban  =  Briefe  (DleueS  2lrd)io  XY,  499  ff.).  ©  e  e  b  a  f;, 
Über  Kolumba  bon  Sujeuils  ßlofterregel  unb  SBufsbud).  (®iff.)  ®reSben  1883;  mehrere 
2luffä|e  über  biefen  ©egenftanb  (geitfdjr.  für  ßirdjengefd).  VIII  [1886],  459  ff. ;  XIV 
[1893],  430  ff.  513  ff.;  XV  [1894],  76  ff.  366  ff.;  XVIII  [1897],  58  ff.).  ©chmi|, 
3u  Kolumbans  Älofterregel  unb  ffiufjbud)  (Dlrdjio  für  fatfjol.  ßirdjenredjt  1888,  ©.  209  ff.; 
bgl.  ebb.  1894,  ©.  436  ff.).  —  Benedicti  Regula  monach. ,  ed.  Woelfflin,  Lips.  1895. 
(Sögt.  Söölfflin,  Senebift  oon  Dlurfia  unb  feine  DftömhSregel ,  in  ©iijungSber.  ber 
bahr.  5t!ab.  ber  SBiffeitfd).  1895,  ©.  429  ff.)  %  raube,  ®ejtgefd)id)te  ber  Regula 
s.  Bened.  (2Xbf>anbI.  ber  ßlaffe  ber  bat)t.  DIfab.  ber  SBiffenfd).  1896 — 1898, 

©.  599—729).  ©d)nttbt,  ©ine  neue  Vublifation  über  bie  Siegel  beS  1)1-  SBenebif t 
(©tubien  u.  DJlitteil.  aus  bem  33enebiftiner=  unb  Kiftercienfer=Qrben  1899,  ©.  137  ff. 
470  ff.).  Regulae  s.  Benedicti  traditio  codicum  mss.  Casinensium.  Montecasini  1900. 
Greg.  M. ,  Dial.  1.  II,  n.  5.  Vita  S.  Benedicti,  in  ben  Acta  SS.  Boll.  Mart.  III, 
274  sqq.  SBeitere  ßtofierregeln  bei  Holstein ,  Codex  regularuni  (oben  ©.  9,  Dir.  7). 
©eebaf;,  Fragment  einer  Dtonnenregel  be§  7.  SafubunbertS  (3ätfdjr.  für  ßirchengefch. 
1895,  ©.  465  ff.).  Mabillon  et  d’Achery,  Acta  Sanctorum  ord.  S.  Benedicti.  9  voll. 
Par.  1688 — 1701.  Mabillon,  Annales  ord.  S.  Benedicti.  6  voll.  Nova  ed.  Lucae 
1739—1745.  Ärufd)  f.  oben  ©.  655. 

ßitteratur.  —  Montalembert ,  Les  moines  d’Occident  (f.  oben  ©.  9,  Dir.  7). 
®aOon  berm.  DIuSg.  in  italienifdfer  ©pradje,  5  voll.  Siena  1894 — 1899.  Tosti,  Deila 
vita  di  S.  Benedetto.  Montecasino  1892.  SSranbeS,  Seben  be§  ^eiligen  SSaterS 
SBenebif t.  ©infiebeln  1858.  ©preitjenhofer,  ®ie  Kntloicflung  beS  alten  DDlönd)tum§ 
in  Italien  oon  feinen  erften  DInfängen  bis  jum  Dluftreten  beS  pt-  Senebift.  SBien  1894; 
®ie  hiftorifdhen  SJorauSfeiptngen  ber  Olegel  beS  fd-  Senebift  oon  Dlurfia.  ©bb.  1895. 
©rü^m  ad;  er,  ®ie  ißebeutung  SBenebiftS  Oon  Dlurfia  unb  feiner  Dlegel  in  ber  ©e= 
fchicflte  be§  DJlöndjtums.  SSerlin  1892.  ©cpmibt,  Über  bie  toiffenfdjaftlidie  SSebeutung 
beS  hl.  Senebitt.  (ißrogr.)  Sanbsput  1886.  (33gl.  ©  d)  in  ib  t  über  benfetben  ©egenftanb 
in  ben  ©tubien  u.  DJlitteil.  1888,  ©.  57  ff.  234  ff.  361  ff.  553  ff.;  1891,  ©.  209  ff.)  — 
©töber,  3>u  ßritit  ber  Vita  S.  Ioannis  Reomaensis.  Söien  1885.  Malnory,  Quid 
Luxovienses  monachi  discipuli  S.  Columbani  ad  regulam  monasteriorum  et  ad  com- 
munem  eccles.  profectum  contulerint.  Par.  1895.  Duchesne,  Les  vies  des  Peres  du 
Jura  (Melanges  d’archeol.  et  d’hist.  1898,  p.  3  ss.).  Zanutto ,  S.  Paolo  diacono  e 
il  monachismo  occidentale.  Udine  1899.  —  ^Bibliographie:  Bulletin  d’histoire 
monastique,  bon  SSerliere  in  ber  Revue  Benddictine  (feit  1893). 

1.  ®a§  fDtöndjtum  hotte  iin  Slbenblanbe  nicht  bie  gleiche  gewaltige  5lu§= 
breitung  gefunben,  Welche  ihm  im  Orient  ju  teil  geworben  war.  Öennod) 
bilbete  baäfelbe  einen  wichtigen  g-aftor  in  ber  Erhaltung  unb  Verbreitung  d)rifi- 
licher  Kultur  befonber§  in  ben  ©türmen  ber  Völferwanberung.  ©djon  früh 
beschäftigten  fid)  bie  ©hnoben  aud)  im  Vbenblanbe  mit  ber  Oü^iplin  ber  Flößer, 
unb  e§  würben  eine  [Reihe  Oon  lirchlichen  Vorfdjriften  erlaffen,  um  51u§= 
fchreitungen  Oorjubeugen.  Oie  Vtönchc  waren  bett  Vifdjöfen  unterworfen, 
ol)ne  beren  @rlaubni§  leine  ßlöfter  gegrünbet  werben  füllten 1.  ©egen  umher= 

1  Conc.  Agatla.  506  can.  4.  27  (nah  Chalced.  can.  4.  24).  Aurel.  I.  (511) 
can.  19.  Aurel.  V.  (554)  can.  2.  3.  Slhte  fotlte  ber  SDifcpof  niept  ohne  SBeirat  auberer 
Dlbte  abfetjen;  Ogi.  ßottjil  Oon  ®ourS  567  can.  7,  Dlujerre  578  can.  23. 


9.  ®ie  ©nttoidflung  beS  OJtönChtumS  im  21benblanbe. 


665 


fc£)ttjeifenbe  fUtöndfe  (Gyrovagi) ,  tute  fie  in  5lfrifa,  Italien  unb  ©adieu  bor= 
faincn,  mie  überhaupt  gegen  bie  SBerlejjung  ber  JHofterjudjt  mürben  ®ird)en= 
gefeite  erlaffen1  unb  bie  $Iaufur  befonber§  eingefdjärft,  namentlich  für  Tonnen2. 
Siefe  ftanben  ebenfalls  unter  2Iuffid)t  be§  33ifd)of§,  non  bem  fie  an  beftimmten 
Sagen  feicrlid)  ben  ©djleier  erhielten;  nur  feiten  burfte  ein  fßriefter  benfelben 
mit  SBormiffen  be§  33tfd)of§  reid)en3.  SSerfchieben  marb  ba§  3Ilter  beftimmt, 
ba§  man  bon  ben  Tonnen  berlangte 4.  (Sine  (Sntefirung  berfelben  ttmrbe  ferner 
unb  ftreng  beftraft5.  33iele  f^rauenflöfter  ftanben  auch  unter  Leitung  bon 
ÜUföndhen ;  hier  marb  aber  berorbnet,  baff  festere  entfernt  mohnen  unb  nur  mit 
ber  Oberin  unb  aud)  mit  biefer  nur  in  ©egenmart  bon  geugen  «ben  füllten, 
©o  beftimmte  für  53ätifa  619  bie  ©tjnobe  be§  fü-  Sfibor  bon  ©ebilla,  al§  fie 
bie  h>et  neu  errichteten  ß’Iöfter  beftäiigte6.  Jn  ©panien  finben  mir  auch  ab= 
gefdjteben  lebenbe  SJJöndje  (Dtetlufen),  bie  aber  nach  einem  $anon  bon  646 
5ubor  in  einem  $Iofier  gelebt  haben  mußten7.  Sem  33ifd)ofe  marb  bie  S3e= 


1  ©egen  bie  Gyrovagi  erfftirte  fid)  baS  Konjil  bon  Singers  45B  unb  baS  bierte 
bon  ®o!ebo  633  can.  53.  ©egen  Slpoftafie  bom  OrbenSfianbe  f.  Conc.  Arel.  II.  can.  25 ; 
Par.  615  can.  12;  Tötet.  IV.  can.  52.  Leo  M.,  Ep.  167,  inquis.  14.  Verboten  loarb 
ben  ÜDlönChen  bie  2eilnal)me  an  ^odfseiten,  bie  Übernahme  bon  ißatenftellen,  ba§  @ntfernt= 
toohnen  bon  ber  Kommunität,  ben  ©Cbten  baS  galten  mehrerer  2Bof)nnngen.  ©S  tourben 
meift  biefelben  93eftimmungen  für  SDtbnche  getroffen  toie  für  ßlerifer.  9SgI.  baS  Konjil  bon 
tßanneä  465  can.  6.  7.  8,  baS  erfte  bon  Orleans  511  can.  22,  Slujerre  578  can.  24.  25. 
Leo  M.,  Ep.  109,  c.  2. 

2  Konjil  bon  SEourS  567  can.  16,  Slujerre  585  (578)  can.  26,  Sttlacon  581  can.  2, 
too  aud)  ba§  ©predjjimmer  für  Tonnen  ermähnt  ift.  91ad)  Conc.  Lugd.  III.  (583)  can.  3 
foltten  Tonnen,  bie  baS  Klofter  berliefeen,  bis  3ur  fftücffehr  ejfommunijiert  fein  unb  nur 
noch  baS  93iati!um  erhalten.  $aS  Jufammentoohnen  bon  Olonnen  mit  ©eifilidjen  unb 
mit  fremben  SDtännern  unb  grauen  berbot  baS  Conc.  Carth.  348  can.  3.  4. 

3  ®aS  sacrum  velamen  ber  fiel)  mit  ©htriftuö  bennählenben  Jungfrauen  ertoähnt 
Innoc.  I.,  Ep.  ad  Victric.  (c.  9.  10,  C.  XXVII,  q.  1).  Seo  b.  ©r.  (Ep.  167,  inquis.  15) 
unterf  di  eibet  biejenigen,  quae  virginitatis  propositum  atque  liabitum  susceperunt, 
etiainsi  consecratio  non  accessit,  nid)t  toefentlid)  bon  benen,  tocldje  bie  consecratio 
erhielten.  ©S  nahmen  aud)  SDöittoen  ben  ©djleier,  um  ein  votum  viduitatis  abjulcgen; 
baS  Conc.  Araus.  I.  (441)  can.  27.  28  gebot,  baS  folle  im  secretarium  gefdjel)en  unb 
bom  Sifdjofe  baS  SQMttoenf leib  überreicht  toerben.  ißapft  ©elafiuS  (Ep.  14,  c.  13.  31, 
ed.  Thiel  p.  369.  374)  Oerbot  494,  ben  Sßittoen  ben  ©djleier  mit  ber  Senebif'tion  gu 
geben;  biefe  toollte  er  ben  Jungfrauen  borbehalten  toiffen.  ©pater  erhielten  bie  Sßittoen 
ein  Slelum,  baS  öfter  auch  getoeif»t  tourbe.  ®ie  Jungfrauen  foEtcn,  Kranfljeiten  auS= 
genommen,  auf  ©piphanie,  Oftent  ober  an  Slpoftelfeftcn  ben  Sd)leier  erhalten  ( Gelas . 

I.  c.  c.  12;  ähnlich  Sacram.  Greg.,  Ord.  Rom.),  nad)  Ambros.,  De  virg.  III,  1  an 
Sßeihnadjten,  nad)  De  laps.  virg.  c.  5  an  Dftern. 

4  9} ad)  Conc.  Hippon.  393  ser.  II,  can.  1  foüte  feine  Jungfrau  bor  ihrem  fünf» 
unbjtoanjigften  Jahr  fonfcfriert  toerben;  bod)  liefe  baS  Conc.  Carth.  418  can.  18  2luS= 
nahmen  ju.  ®aS  Konjil  bon  2lgbe  506  can.  19  toollte,  bafe  auch  gut  erprobte  9tonnen 
crft  mit  bierjig  Jahren  ben  ©d)leier  erhielten  nad)  ber  bon  'üapft  ßeo  I.  unb  SDlajorian 

getroffenen  S3eftimmung. 

6  Ambros. ,  De  laps.  virg.  c.  8.  Innoc.  I. ,  Ep.  2  ad  Victric. ,  c.  2.  Gelas., 
Ep.  14,  c.  20,  p.  373  s.  Conc.  Tolet.  400  can.  16.  19;  Rom.  402  can.  2;  Arelat. 

II.  can.  52;  Turon.  461;  Venet.  465  can.  4;  Ilerd.  524  can.  6;  Aurel.  III.  (538) 

can.  16.  6  Conc.  Hispal.  619  can.  11. 

1  Conc.  Tolet.  VII.  (646)  can.  5.  Über  Eparchicus  inclusus  in  ©allien  bgl. 
Mabillon,  Acta  0.  S.  B.  saec.  I,  t.  I,  p.  252. 


ß0ß  £>ie  ßirdje  Bei  ber  2IufI5fung  ber  rönufdjen  ßultureinfiett. 

fugniS  abgebrochen,  feine  ßferifer  am  ©intritt  in  ben  bofffomntenen  ©tanb  beS 
OrbenSfebenS  ju  hebern1.  Oft  tarn  eS  bor,  baß  Eltern  ihre  Üinber  fcfjon 
frühe  einem  $lofter  übergaben2. 

Sängere  3eit  h°tten  bie  abenbfänbifcßen  $Iöfter  feine  Serbinbttng  unter= 
einanber  unb  feine  gleichmäßige  Segel.  Jtt  ©affien  entmarf  um  520  ©rz= 
bifdjof  ©äfariuS  bon  SrfeS  eine  StöndfSregef ,  nach  ber  affe  Stöncbe  ju= 

fammen  in  einem  ©aale  mohnten  unb  ihre  3  eit  ntit  ©ebet,  ßefung  unb 

fpanbarbeit  auSfüfften.  Sud)  für  Tonnen  forgte  ©äfariuS,  beffen  ©djmefter 
©äfaria  einem  $  Io  ft  er  bon  Jungfrauen  borftanb;  bie  bon  ihm  betfaßte  Segel 
mürbe  in  affen  gaüifchen  grauenfonbenten  fehr  fange  hinbutdf  beobachtet3. 
Sine  noch  ftrengere  Segel  berfaßte  ber  hl-  Kolumban  (f  615),  bie  ebenfalls 
in  ©allien  unb  noch  länger  in  Oberitalien  in  ©ebraud)  blieb.  Oer  Stönd) 
SgreftinuS  bot,  unterftüßt  bon  Sifdfof  SppellinuS  bon  ©enf ,  affe§  auf, 

ihre  Sbfdfaffung  burcbzufeßen,  mäßrenb  fein  Sbt,  ©uftafiuS  bon  Sujeuil  (f  625), 
fie  berteibigte.  ©ine  ©tynobe  bon  Stacon  (zmifdfen  617 — 624)  entfdfieb  ba= 
malS  für  ben  Sbt  unb  bie  angegriffene  Segel4. 

2.  ©ine  einheitliche  unb  fefte  ©eftaftung  fomie  eine  bortreffliche  Ütegel 

erhielt  aber  baS  abenblänbifche  Stönchtum  burch  Senebift  bon  Surfia,  ben 
Patriarchen  ber  geiftfichen  Orben  unter  ben  Sateinern.  Um  480  ju  Surfia 
in  Umbrien  bem  ebfen  ©efchlechte  ber  Snicier  entfproffen,  nach  Sotn  zur  5luS= 
bifbung  gefanbt,  folgte  er  halb  feiner  Vorliebe  für  bie  ©infamfeit  unb  zog  fich 
noch  fehr  jung  in  eine  abgelegene  £)öf)le  gu  ©ubiaco  bei  Oibofi  jurücf,  mo  er 
brei  Jahre  in  gänzlicher  Verborgenheit  lebte,  nur  bon  einem  Stöndfe  SomanuS 
mit  notbürftiger  Nahrung  berforgt.  SIS  er  bon  Wirten  entbecft  unb  in  ber 
Utngegenb  berühmt  mürbe,  berlangten  ihn  bie  Stöncbe  eines  benachbarten 
$lofferS  jum  Sbte.  Senebift  nahm,  obfchott  er  borauSfagte,  er  merbe  fich  mit 
ihnen  megen  ihres  juchtlofen  SebenS  nicht  bertragen  fönnen,  boch  auf  ihre 
Sitten  bie  Söürbe  an,  berließ  fie  aber,  nachbem  fie  im  3orn  über  feine  ©trenge 
if)n  zu  bergiften  gefudjt,  mieber,  um  in  bie  ©infamfeit  zuriicfzufehren.  Sber 
fein  heiliges  Seben  zog  fiele  an,  bie  fich  unter  ihm  bifben  moflten;  angefeßene 
Sötner  übergaben  ihm  ihre  ©öffne,  ©o  fonnte  er  feit  520  jmöff  Flößer  er= 
richten,  febeS  bon  zntölf  Stöncßett  unter  einem  Sorfteher.  ©nbfich  burch  bie  Sn= 
feinbung  eines  benachbarten  priefterS  bon  ©ubiaco  betrieben,  zog  er  mit  menigen 
^Begleitern  fübmärtS  nad)  ben  SErümmern  eines  alten,  auf  hohem  Serge  fiegenben 
©djfoffeS  im  ©aßuanifdjen ,  nad)  Stonte  ©affino,  mo  burch  if)n  529  baS 
nachher  fo  berühmte  bloßer  biefeS  Samens  entßanb.  Senebift  fanb  h^1'  noch 
§eiben  mit  einem  fpaitt  unb  SEempel  beS  Spollo ;  er  belehrte  fie,  ließ  ben  §ain 
umhauen,  ben  Oem^ef  zetßören,  an  beffen  ©teile  eine  bem  hl-  Startin  gemeiffte 
Tabelle  fatn.  Salb  entffanben  auch  anbere  Flößer ,  mie  zu  SEerracina;  auch 
^rauenflößer  famen  hinzu,  betten  Senebifts  ©chmefter ,  bie  hü  ©dfofaftifa, 
borftanb,  bie  ifjrem  Sruber  furze  3e>t  int  SEobe  borauSging  (543). 


1  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  50.  2  Ibid.  can.  49. 

3  Acta  SS.  Boll.  Ian.  I,  730  sq. 

4  Mabillon  1.  c.  saec.  II,  t.  II,  p.  13.  Conc.  Matiscon.  bei  Mansi ,  Conc.  Coli. 
X,  587. 


9.  Sie  ©nttoicflung  beä  EJtßndjtumS  im  Aßenblanbe.  667 

Oer  grofje  Benebilt  toirfte  muf)  nad)  feinem  Oobe  fort  burd)  feine  zafjl= 
reichen  jünger  unb  burd)  feine  fferrlidje  OrbenSregel,  bie  ba§  Sdjmanfen 
unb  bie  Berfdjiebenljeit  ber  bisherigen  ®lofterbiSziplin  ju  befeitigen  beftimmt 
mar.  Bis  baljin  ^atte  man  bie  orientalifdjen  Aegeln,  EafftanS  Schriften,  bie 
GebenSbefcpreibungen  ber  ägßptifd)en  unb  fprifdjen  Einfiebler,  bie  Überlieferungen 
ber  Stifter  unb  erften  93orfteb;er  zur  9tid)tfd)nur  genommen,  bie  Übte  pulten 
nad)  ihrem  ©utbefinben  baS  z'nedmäßig  Erfdjeinenbe  auSgemählt;  ber  fanget 
an  ©leichförmigleit  mar  mehrfach  bitter  empfunbeti  roorben.  Benebitt  Ijnlf 
biefen  Btifjftänben  ab  unb  machte  feinen  Orben  tauglich  jur  ^ßrebigt  beS 
©laubenS,  jur  Ausrottung  ber  Dtefte  beS  IpeibentumS,  jur  Sugenberzieljung, 
Zum  Anbau  beS  CanbeS,  jur  Erhaltung  unb  görberung  ber  gelehrten  Stubien. 
Et  berpflid)tete  feine  jünger  burd)  feierliches  ©et i'tbbe  zur  Beobachtung  feiner 
burchauS  ben  Bebürfuiffen  entfpredjenben,  allmählich  zur  herrfdjenben  gemorbenen 
Aegel,  bie  in  breiunbfiebjig  Kapiteln  bie  micptigften  Borfdjriften  für  bie  Er= 
langung  ber  ebangelifdjen  BoEfommenheit  unb  für  ein  geregeltes  3ufammen= 
leben  enthält,  bie  «Strenge  ber  Orientalen  milbert  unb  bon  tiefer  Btenfdjem 
fenntniS  unb  SßeiSheit  jeugt.  Benebift  lootlte  ben  Btönd)  burd)  Abfonberung 
bon  ber  Söelt,  burd)  Entfernung  äußerer  Berfud)ungen  unb  seitlicher  Sorgen, 
burd)  Armut,  ©ehorfam,  Ipanbarbeit  (c.  48),  lanonifcpeS  Stunbengebet 
(c.  8.  9)  unb  Betrachtung  ju  einem  mähren  Arbeiter  ©otteS  im  ©eifte  unb 
in  ber  UBaljrheit  machen.  Oer  Abt,  bon  allen  Brübern  nach  ihrer  gemiffem 
haften  Überzeugung  ermählt,  follte  allen  Bater  fein,  zugleich  aber  allen  als 
SteEbertreter  Ehrifü  erfdjeinen,  bem  fie  in  unberbrüd)Iid)em  ©ehorfam  fid) 
beugen  füllten.  Aur  bemütigeS  unb  beharrliche^  flehen  lonnte  bie  Aufnahme  in 
bas  SHofter,  baS  bem  mähren  Atöncpe  nid)t  als  Ort  ber  Oual,  fonbern  als 
ijkrabieS  galt,  nur  eine  eljrenboE  beftanbene  einjährige  Probezeit  bie  3U= 
laffung  zur  feierlichen  unb  lebenslänglichen  BerpjTid)tung  berfchaffen,  bie  münb= 
lid)  unb  fd)riftlid)  abgelegt  marb  unb  baS  Berbleiben  in  bemfelben  ^lofter 
unter  bem  ©ehorfam  beS  AbteS  nad)  Atajzgabe  ber  Siegel  in  fid)  einfchlofj. 
Oitrd)  biefeS  ©elöbniS  (StabilitätSbotum,  c.  58)  marb  nicht  nur  bem  fo 
gefährlichen  Uml)erfchmeifen  ber  Atöndje  üorgebeugt,  fonbern  aud)  ber  religiöfe 
gatnilicngeift  mtb  bie  ©emöhnung  an  bie  neue,  felbftgemäljlte  öeimat  geförbert. 
Auch  üßriefter  unterlagen  bor  ber  Aufnahme  einer  Prüfung  unb  erhielten  ben 
Aang  junächft  nad)  bem  Abte.  Oiefem  ftanben  zur  Seite  ber  bon  ihm  ernannte 
^rior  unb  bie  Oefane  (Borfteher  über  je  zdn  9Aönd)e).  gn  nächtigeren  gäEert 
mu|te  er,  fo  fehr  man  auf  feine  Befonnenljeit  (OiSfrction)  bertraute,  bie  ber= 
fammelten  Briiber  zu  Aate  ziehen,  lonnte  aber  nach  eigenem  Ermeffen  entfdjeiben. 
Aud)  ber  ©otteSbienft  mar  genau  geregelt,  in  ber  Aadjt  fomol)!  als  in  ben 
Oagzeiten,  bie  3<ät  für  bie  Arbeit,  für  baS  ©ebet  unb  für  bie  Aul)e  ztoedmäpig 
eingeteilt.  3ebcr  foEte  eine  feinen  Kräften  unb  Anlagen  angemeffene  Befd)äf= 
tigung  erhalten,  fei  es  im  gelbbau,  fei  eS  in  £mnbroerfen,  fei  eS  im  Ab= 
fcpteiben  bon  Bitd)crn.  Oer  ©efunbl)eit  fomol)!  als  ber  Abtötung  foßte  bie 
einfache,  bei  ben  Armen  unb  bem  Sattboolle  bamalS  gemöl)nlid)e  $leibuitg  fomie 
bie  hinreichenbe  Aaljrung  entfpredjen,  zu  welcher  aud)  ber  mäßige  ©euuf$  beS 
UBeineS  (c.  40)  fam.  gür  ßranfe,  Sdpoacpe  unb  £md)betagte  lonnte  ber 
Abt  nod)  befonbere  DAilberungen  eintreten  Iaffen.  deiner  foßte  etrcaS  Eigenes 


668 


Sie  ^ircpe  Bei  ber  Auflöf  ung  ber  römifdjien  Äultureitiljett. 


befipen,  fonbern  alle»  bem  $lofter  gehören,  aber  aud)  jeher  ©chein  bon  £)ab= 
fucpt  für  biefeS  bermieben  merben.  Dian  fcplief  angefleibet,  um  rafcp  auf  baS 
erfte  Reichen  in  bie  $ircpe  eilen  ju  fönnen.  Die  ©trafen  tuaren :  Abfonberung 
bon  ben  33rübern,  förperlicpe  Züchtigung,  enblid)  AuSftopung  auS  bem  ^Hofier; 
boc£)  burften  AuSgeftofjene ,  bie  Deue  bezeigten,  breimal  mieber  aufgenommen 
merben.  Die  Aorfcpriften  für  baS  äußere  Denepmen  bienten  blop  als  ©rjiepungS= 
itnb  33ilbung§mittel ,  bie  Aßorte  ©prifti  unb  bie  Degeln  ber  33äter  bagegen 
füllten  ju  pöperer  SßoIIfommenbjeit  flirren,  Durch  bie  Aßirffamfeit  beS  Senebif= 
tinerorbenS  mürben  bie  Dorfcpriften  feine»  ©rünberS  boüfommen  gerechtfertigt, 
unb  in  ipm  mup  man  einen  ber  größten  233o^It^äter  ber  Dienfcppeit  erfennen. 

3.  Dur  langfam  unb  fcprittmeife  entfaltete  ficb)  23enebiftS  ©cpöpfung  ju 
iprer  bollen  £)öpe  unb  Ausbreitung.  Das  Diutterflofter  bon  Dionte  ©affino 
marb  fogar  bierjig  3apre  nach  feinem  Dobe  bon  ben  Sangobarben  unter  |)erjog 
Doto  bon  23enebent  (feit  571)  gerftört ;  bie  Senebiftiner  eilten  583  nad)  Dom 
ju  5ßapft  ißelagiuS  II.,  ber  ipnen  nape  beim  Sateran  eine  Anfiebelung  äu 
©t.  Johannes  bem  ©bangeliften  gab,  mo  bis  auf  ©regor  II.,  unter  bem  baS  alte 
JHofter  mieber  aus  feinen  Krümmern  erftanb,  bie  §tbte  refibierten.  $onftantin 
unb  ©impliciuS,  nod)  ©emäprSmänner  beS  großen  ©regor,  patten  in  Dionte 
©affino  gemopnt;  Abt  Dalentinian  napm  bereits  in  Dom  feinen  ©ip  unb  mar 
ebenfo  befannt  mit  ©regor  I.,  ber  baS  Seben  DenebiftS  befeprieb  unb  beffen 
Drben  nach  eilten  Dichtungen  förberte,  menn  aud)  in  bem  bon  ipm  geleiteten 
römifetjen  OrbenSflofter  bie  ganje  Degel  DenebiltS  noch  nicht  jur  Durchführung 
fam,  ba  biefeS  Spriefter  unb  Diiffionäre  erziehen  follte1.  Don  DenebiltS 
©cpülern  führte  ijßlacibuS  beffen  Stiegel  534  in  ©igilien ,  DtauruS  guerft 
in  ©aüien  ein,  mo  er  baS  ßlofter  ©lanfeuil  an  ber  Soire  gegrünbet  paben 
foK2.  Dap  bie  pflege  ber  Sßiffenf (haften  in  biefem  Orben  immer  mehr  per= 
bortrat,  ift  befonberS  bem  berühmten  ©taatSmanne  ©affioboriuS  ju  ber= 
banten,  ber  539  in  baS  bon  ipm  erbaute  ^lofter  SSibar ium  bei  feiner  33nter= 
ftabt  ©quitlace  eintrat,  pier  eine  gelehrte  ©chule  unb  eine  Dibliotpe!  einrid)tete, 
eine  Deipe  bon  miffenfchaftlichen  Aßerfen  teils  überfepen  teils  abfepreiben  liep 
unb  felbft  bie  Diöncpe  bis  ju  feinem  Dobe  (gmifepen  565 — 570)  unterrichtete. 
£)ier  mie  anbermärts  fepeint  DenebiftS  Degel  anfangs  nur  efleftifcp  neben 
anbern  gebraucht  morben  ju  fein;  immer  häufiger  aber  marb  für  gelehrte 
SJiöncpe  bie  ber  Ipanbarbeit  gugeteilte  Zeit  bem  ©tubium  gugemiefen,  mie  bieS 
auep  in  bielen  ^löftern  ©nglanbS  gefepap.  3n  ©pa nien  marb  ebenfalls 
DenebiftS  Siegel  anfangs  nur  teilmeife  benupt;  aber  ipre  Ausbreitung  mad)te 
jufepenbs  gortfdjritte. 

4.  giir  bie  aufblüpenben  $löfter  lag  eine  grofe  ©efapr  in  ber  3erfiörungS= 
mut  ber  Barbaren  unb  in  ber  Daubluft  öieler  mächtigen  Saien.  Aber  aud) 
niept  rnenige  33  i  f  cp  ö  f  e  bebrüdten  fie  fepmer,  mottten  bie  SOiöncpe  harten  grom 
bienften  untermerfen,  pinberten  fie  an  ber  A3eobad)tung  iprer  Degeln,  napmen 


1  Über  Atonte  ©affino  Ogi.  Greg.  M.,  Dial.  II,  8.  Petr.  Diac.,  Chron.  monast. 
Casinen.,  Bei  Pertz,  Mon.  Germ.  Script.  VII,  557 — 844.  L.  Tosti,  Storia  della  Badia 
di  M.  Cas.  Napoli  1842. 

2  Greg.  M.  1.  c.  c.  8. 


9.  ®ie  ©nttoicftung  beS  mtöndjtutnS  int  Slbenbtanbe. 


669 


ifjre  ©iiter  weg  unb  erlaubten  fid)  ftörenbc  Eingriffe1.  Sie  fßäpfte,  ttieldje 
bie  tjolje  Höichtigfeit  biefer  tJInftalten  ertannten,  nahmen  fie  baljer  in  ihren  be- 
fonbern  ©d)u|,  befreiten  fie  teilweife  halb  mef)r  halb  weniger  bon  bcr  ©emalt 
ber  0rt»bifd)öfe.  Saft  fie  unmittelbar  unter  ben  Vpoftolifchen  ©tul)l  gefteltt 
mürben,  fam  erft  in  fpciterer  (3eü  bor.  Sie  ©pnoben  Ratten  fid)  oft  mit 
©treitigfeiten  jmiftben  S3ifd)öfen  unb  Albten  ju  befaffen,  mie  455  eine©pnobe 
31t  91rle§  mit  bem  ©treite  jmifd)en  S?ifd)of  Sl)eobor  ban  M«iu§  unb  3tbt 
MauftuS  bon  ßerin,  wobei  bem  Vifdjof  bie  ©orge  über  bie  öaien  be§  ßlofterS 
fowie  ba§  9ied)t,  ohne  Söiffen  be»  5Ibte§  fDlöndje  jtt  ©eiftlidjen  ju  Weiten,  ab= 
gefprochen  Warb.  Sie  ^loftergüter  nahmen  mehrere  ^onjilien  gegen  bie  91m 
fprücfje  ber  93ifd)öfe  in  ©d)ut>2.  Sn  Stfrifa  ftanben  im  6.  $aljrljunbert 
mehrere  fö'Iöfter  bereits  mit  Befreiung  bom  Siögefanberbanbe  unter  bem  i]}rima§ 
bon  Karthago  unb  genoffen  aud)  fonft  tnandje  Vorredjte3.  Sn  Stalien 
füllten  nad)  ©regor  b.  ©r.  (601)  bie  ^löfter  baS  9ted)t  ber  freien  91f)t§wai)l, 
ben  ungeftörten  S3efi^  unb  bie  freie  Verwaltung  ihrer  ©üter  Ijaben;  ferner 
follte  jur  Übernalpne  bon  &'ird)eniimtern  feiten»  ber  !D?önd)e  bie  ßuftintmung 
beS  9lbte§  erforberlich ,  biefer  nur  Wegen  lanottifdjer  Vergeben  abfe^bar,  ber 
SBifdjof  aber  nid)t  befugt  fein,  bie  9lul)e  ber  IHöfter  burd)  iprojeffionett  unb 
anbere  Meierlid)leiten  ju  ftören.  Sn  ©allien  fügten  manche  SHöfter  pfarr= 
amtlidje  Munitionen  an  fid)  3U  bringen,  an  ben  Königen  eine  ©tü|e  gegenüber 
ben  Vifd)öfen  311  erlangen  unb  ficb  ber  bifd)öflicben  Vifitation  31t  entgieljen, 
Wogegen  mehrere  ©pnoben 4  ©infpradje  erhoben ;  e§  erlangten  aber  einjelne 
bon  ben  Königen  ober  bon  Vifdjöfen  gegrünbete  $Iöffer,  Wie  ©orbie  in  ber 
Siöjefe  5lmien§,  baS  $Iofter  ©t.  Seobat,  fowie  auch  baS  ßlofier  bon 
©t.  Vtartin  in  SourS  bon  ©t)nobert  unb  Vifdjöfen  bie  Vefreiung  (©jemtion) 
bon  ber  bifdjöflichen  ©ewalt;  ba»  ^ribifegium  beS  (enteren  $lofter§  erhielt  um 
670  bie  Veftätigung  beS  ^3apfteS  Slbeobat5. 

VefortberS  eiferte  ©regor  b.  ©r.  für  bie  Reform  ber  ßlöfter  Italiens; 
er  fetzte  ben  3ud)tIo§  lebenben  fülöndjen  bcr  Snfel  Vtonte  ©rifto  einen  91bt 
,fporofiu§,  beftimmte  ben  Sefenfor  ©pmmadjuS  3ur  Vefferung  bcr  Viöndjc  auf 
ber  Snfel  ©orgouia,  entfette  untaugliche  unb  berlommene  (übte,  berwarf  bie 
2öal)l  ungeeigneter  Vorfteper,  forberte  bie  SluffteHung  befiimmter  Veamten  31m 


1  23eifpiete  bon  23ebrücfurtgett  f.  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  51  (tBerbot,  bie 
SUlörtcbe  gleich  ©Haben  3U  gfronbienften  jU  gebrauchen).  Greg.  M.,  Ep.  1.  I,  11.  12 
(a.  590)  (SBifdjof  Sfopann  bon  Orbicto  berbot  ben  mtßnchen  bon  St.  ©eorg,  in  ihrer 
ßircpe  ©otteöbienfi  31t  halten  unb  bort  fid)  begraben  ju  taffen) ;  1.  VI,  n.  29  (SDlarinian 
bon  fRabenita  fuchte  ©elb  311  erpreffen);  n.  46  (ÜBegnahme  eines  fepönen  ßelcpeS  burch 
ben  Sifcpof).  23gl.  1.  VIII,  n.  34;  1.  X,  n.  22.  Conc.  Arelat.  455,  bei  Mansi  1.  c. 
VII,  907. 

2  Conc.  Ilerd.  524—546  can.  3;  Cartli.  535;  Rom.  unter  ©regor  b.  ©r.  601; 
Hispal.  619  can.  10;  Tolet.  VII.  (646)  can.  4;  Cabillon.  644  can.  7;  Herford.  673 
can.  3. 

3  Conc.  Carth.  525.  535,  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  656.  841. 

4  Conc.  Par.  618  can.  5;  Cabill.  644  cau.  15;  Rothom.  650  cau.  10. 

5  Über  ©jemtionen  bgt.  Mansi  1.  c.  XI,  103.  107.  115.  tPbitliP^,  ßirdjen= 
reiht  21b.  VII,  2lbt.  2,  S.  911  ff.  S.  S d) ii f f l er ,  ®er  Vifdjof  unb  bie  Regulären 
feiner  ®iö,jefe  (2lug3burg  1871),  bef.  S.  28  ff. 


670  Sie  bei  ber  2Iufföfung  her  römifdjen  ßultureinbeit. 

güf)tuitg  ber  roeltliifjen  ©efdjäfte  ber  ^föfter  unb  gab  genaue  Slnorbnungen 
jur  görberung  ber  ®i§§if)Itn.  ©r  forgte  bafiir ,  ba|  bie  $föfier  fßriefier  für 
bie  geier  be§  ^eiligen  Opfert  erweitert,  wo  fie  nod)  feine  fofdjert  Ratten.  9iad) 
feiner  2Inorbnung  füllte  jebe§  9t  onnenff  öfter  einen  erfahrenen  fßriefter  gum 
23eid)tüater  unb  Vertreter  fjabert.  2lnfang§  hatten  bie  9tonnen  nur  £>au§= 
fabelten  unb  gingen  am  ©onntag  in  ben  allgemeinen  ®otte§bienft.  ©eit  bem 
6.  gaf)tf)unbert  erhielten  fie  aber,  um  bie  ß'laufur  genau  beobachten  31t 
fönnett,  eigene  $ird)en.  ®ie  grauenflöfter  blieben  unter  ber  befonbern  2luffid)t 
be§  SMfdjofS.  ©ehr  eifrig  forgte  ©regor  b.  ©t.,  unter  bem  9iom  breitaufenb 
9connen  j$af)Ite,  für  ben  Unterhalt  unb  bie  2lufred)thaltung  ber  ^fofterjud)t  bei 
benfefben l.  gür  bie  ©rgiefjung  ber  grauen  unb  bie  pflege  be§  religiöfen 
Seben§  lfaben  au$  b'e  weiblichen  Drbenägenoffenfdjaften  f)öd)ft  erfpriefdid)  ge= 
wirft,  grühjeitig  würben  auch  bie  $löfter  al§  Käufer  ber  23uf;e  unb  ©e= 
fängniffe  für  ftrafbare  ißerfonen,  fefbft  für  53ifd)öfe,  gebraudjt ;  ber  in  ihnen 
heimifdie  ©eift  ber  Ibtötung  trug  biele§  bei,  aud)  berhärtete  ©ünber  jur 
Sefferung  anjuleiten2.  ©ie  waren  eine  lebenbige  ^ßrebigt  für  bie  2Be!t  unb 
für  bie  golge  ju  ber  fegen§reid)ften  $f)ätigfeit  unter  ben  Söffern  berufen,  bie 
erft  furje  3e'l  jubor  ber  $itd)e  gewonnen  worben  waren. 

10.  $te  Serbrcitung  bc§  ©IjriftentuinS  auf  bctt  britifdjeu  gttfeln. 

du  elfen.  —  S.  Patricii  Opusc.,  ed .  Waraeus.  Lond.  1658;  Gallandi,  Bibliotli. 
vet.  Patr.  X,  159  sqq. ;  Acta  SS.  Boll.  Mart.  II,  533  sqq.  Sgf.  Stokes  and  W right, 
The  writings  of  St.  Patrick,  the  Apostle  of  Ireland.  London  1887.  Beda  Vener., 
Hist.  eccl.  gentis  Anglorum  etc.,  ed.  C.  Plummer.  2  voll.  Oxon.  1896.  3iuimer, 
Neunius  vindicatus.  Über  ©ntfieljung ,  duellen  unb  ©efd)id)te  ber  Historia  Britonum. 
Serfitt  1893.  De  Smedt  et  de  Bacher,  Acta  sanctorum  Hiberniae.  Insul.  1891. 
Stokes,  Anecdota  Oxonensia.  Lifes  of  the  Saints  frorn  the  book  of  Lismore.  Oxford 
1890.  Gildae  de  excidio  et  conquestu  Britanniae,  ed.  Mommsen  (Mon.  Germ.  hist. 
Auct.  antiquiss.  XIII,  p.  I.  Berol.  1895). 

Sitteratur.  —  21u§  ber  fefjr  reichen  Sitteratur  in  englischer  ©pradje  feien  er= 
toähut:  Hunt,  The  English  Church  from  its  earliest  foundations  to  the  Norman  Con- 
quest.  London  1899.  Bright ,  Chapters  of  early  English  Church  liistory.  3rd  ed. 
Oxford  1897.  Wakeman,  An  Introduction  to  the  History  of  the  Church  of  England. 
4*11  ed.  London  1897  (ügf.  3eüfd)r.  für  fatf)of.  Sf)eof.  1898,  ©.  140  ff.).  Spence,  The 
Church  of  England.  Vol.  I:  The  British  and  Anglo-Saxon  Church.  London  1897. 
Stokes,  Ireland  and  the  Anglo-Norman  Church.  2nd  ed.  London  1892;  Ireland  and 
the  Celtic  Church.  London  1886.  Stephan,  History  of  the  Scottish  Church.  Vol.  I. 
Edinburgh  1894.  —  ©reitf),  ©efdjidjte  ber  altirifdjen  ßirdje.  greiburg  i.  Sr.  1867. 
Seiles  beim,  ©efd)i(f)te  ber  f  atf)o!ifcf)en  ßircbe  in  gtfattb.  Sb.  I.  Tftaing  1883; 
©efc£)ici)te  ber  fafbof.  ßirdje  in  ©djottfanb.  Sb.  I.  @bb.  1890.  gunt,  3ur  ©efcfjicbte 
ber  altbritifdjen  ßtrcpe  (ßirdbengefcbicbtl.  Stbbanbf.  I,  421  ff.).  —  SUlonograpbien  über 
©t.  *f3atrif  Don  SiorriS  (Sonbon  1888),  ©rabtuell  (Sonbon  1892),  ©anberfon 
(9leto  Dorf  1895).  Shearman,  Loca  Pati-iciana.  An  Identification  of  localities  chiefly 
in  Leinster  visited  by  St.  Patrik.  2nd  ed.  Dublin  1883.  ©ei)  er,  DbamnanuS,  2tbt 
Don  gona.  1.  3X  (Drogr.)  SlugSburg  1895.  —  Mason,  The  mission  of  St.  Augustine 


1  Greg.  M. ,  Ep.  1.  I,  n.  51.  52.  69;  1.  III,  n.  23;  1.  IV,  n.  9;  1.  VI,  n.  42. 
46.  56 ;  1.  VII,  n.  43 ;  1.  IX,  n.  92 ;  1.  XII,  n.  24.  48. 

2  Greg.  M. ,  Ep.  1.  I,  n.  44 ;  1.  III,  n.  50 ;  1.  IX,  n.  63.  Conc.  Narbonn.  589 
ad  590  can.  6.  11. 


10.  Sie  Verbreitung  bei  ß^riftentumi  auf  ben  britische»  Unfein.  671 

to  England  according  to  the  original  documents.  Cambridge  1898.  Sßeitere  Alono= 
grabbien  über  Auguftin  u.  a.  oon  ßuttS  (Sonbon  1895),  33 ro tone  (ebb.  1895). 
Brou,  St.  Augustin  de  Canterbury  et  ses  compagnons  (Collection  „Les  Saints“). 
Paris  1897.  »aff enge,  Sie  ©enbung  31uguftini  3ur  Belehrung  ber  Angelfacfjfen. 
Seidig  1890.  ß  b  f  e  r ,  SBilfrib  ber  Siliere,  33ifcE)of  öon  3)orl.  ftarlSruhe  1884.  MerimSe, 
Colomba.  Ed.  with  introduction  and  notes  by  Bopes.  Cambridge  1893. 

1.  2önt  aud)  bie  chriftlidje  Aeligion  in  Britannien  feit  ber  Btitte  beS 
2.  3a^r^unbert§  befannt,  fo  f;atte  fie  bocp  in  Srlanb  unb  Sdjottlanb  nur 
toenig  Berbreitung  gefunben.  ^ßapft  ©öleftin  fanbte  431  ben  pm  Bifdjof  ge= 
mcihten  ißallabiuS  nebft  bier  attbern  Btiffionären  nad)  3rlanb  (©rin);  er 
fanb  bort  einige  ©priften,  aber  nur  eine  geringe  Bßirffamfeit.  ©r  jog  fid) 
be§f>alt>  nad)  Aorbfcbottlanb  prüd,  mo  er  batb  barauf  ftarb.  Ser  eigentlidje 
Apoftel  Srlanbs  rourbe  ber  f)I.  ^ßatriciu§  (ißatrif),  geb.  387  öon  ange= 
fet)enen  d)riftlid)en  ©Itern ,  naa^cfcbjeinlid)  in  ^ilpatrid  bei  Sumbarton  in 
Sdjottlanb1.  3m  Alter  bon  etwa  fed)äef)n  3ahren  tourbe  er  burd)  (Seeräuber 
mit  mehreren  feiner  SanbSleute  nad)  bem  Aorben  SAonbS  fortgefdpeppt  unb 
an  einen  Stammeshäuptling  bertauft,  ber  ihm  bie  Aufficht  über  feine  gerben 
übertrug,  ©r  benutze  bie  ihm  tiebgeroorbene  ©infamfeit  p  ernftem  Aad)= 
benfen,  fuc^te  Srofi  im  ©ebet  unb  in  ber  Betrad)tung.  Aad)  fecpS  3ahren  ent- 
flof)  er  infolge  eines  SraumgeficpteS  bem  Bteere  p,  fanb  ein  gerabe  abfegelnbeS 
Sd)iff  unb  tarn  unter  bielfadheu  ©rmeifen  göttlichen  Schußes  p  ben  Seinen 
jurüd.  Später  marb  er  nochmals  bon  fcpottifdjen  Seeräubern  gefangen;  bod) 
erhielt  er  nad)  fedijig  Sagen  burch  chriftlidje  ß'aufleute  feine  Freiheit  mieber. 
Seine  ©Itern  münfd)ten,  baß  er  nad)  fo  hotten  Prüfungen  nun  ftetS  bei  ihnen 
bleibe;  er  aber  fühlte  einen  inneren  Srang,  ben  Reiben  SrianbS  baS  ©bangeliutn 
p  berfiinben;  mehrmals  glaubte  er  in  näd)tlid)en  Bifionen  Srlänber  p  fehen, 
bie  unter  Sf)ränen  unb  mit  auSgeftredten  §änben  ihn  baten,  p  ihnen  p 
fommen.  Aad)  fd)tnercm  Kampfe  mit  [ich  felbft  unb  feinen  Bermanbten  ent= 
fd)loji  er  fich,  in  ©atlien  burch  ben  Aufenthalt  in  ben  $Iöfiern  Btarmoutier 
unb  Serin  auSgebilbet,  bon  bem  hefigen  Bifdjof  ©erntanuS  bon  Auperre 
(f  448)  bielfach  unterrichtet,  in  Utom  fid)  bie  BoHmacht  pr  Btiffion  in  $rlanb 
erteilen  p  laffen.  3n  ©allien  ptn  Bifchof  gemeibt,  fam  ^ßatriciuS  432  nad)  ber 
grünen  Snfel.  Anfangs  fanb  er  bcbeutenbe  Sd)tt)ierigfeiten ,  fo  feffr  il)in  aud) 
feine  Kenntnis  ber  Sprache  unb  ber  SanbeSfitten  p  ftatten  fam.  Auf  ber 
3nfel  umperphenb ,  berfammelte  er  mit  fkufenfchlag  auf  freiem  Selbe  bie 
BolfSfdmren  um  fid)  pu:  unb  erzählte  ihnen  bont  Sehen  unb  Sob  beS  ©rlöferS. 
Blanche  glaubten  ihm;  aber  alSbalb  tburbe  baburd)  aud)  ber  £)afi  ber  Sruiben 
erregt,  bie  baS  Bolf  unb  bie  Häuptlinge  gegen  ihn  auftbiegclteu.  Sod)  nid)tS 
fcpredte  ben  heiftgcn  Bfann  ab.  ©r  gemann  bie  einen  burch  Sanftmut  unb 
freunblidje  3ufprad)e,  pje  anbern  burch  ©efd)enfe,  unb  mirftc  raftloS  fort,  inbem 
er  bon  einem  Seil  ber  3nfel  ptn  anbern  50g  unb  baS  flöfterlicpe  Sehen  för= 
berte,  für  baS  er  Söhne  unb  Söd)ter  ber  bornehmften  f^amilien  geioantt.  Auch 
einen  Hofbarben  bcfel)rte  er,  ber  nun  burd)  religiöfe  Sieber  bem  gefattgliebenben 
Bolfe  baS  ©hriftentum  nod)  pgäuglichcr  machte.  ißatriciuS  forgte  für  bie  ©r= 

1  AB  ©eburtsjahr  nimmt  ilfher  372,  bte  »ollanbiften  377  an,  Sillemont  395 
bi§  415,  bie  meiften  387;  als  SobeSjabr  gilt  gewöhnlich  465. 


672 


Sie  Utrdje  bei  ber  Stuflöfung  ber  römifcfjen  ßultureinfjeit. 


gte^ung  guter  steriler,  nafjm  feinen  ©it>  in  5lrntagf),  ba§  bie  Stetropote 
ber  3nfel  mürbe,  unb  piett  nod)  einige  ©pnoben.  ^tünberung  unb  (Befangem 
fdfaft  erfuhr  er  auch  fpätcr  nod);  aber  ba§  SDutben  mar  itjm  greube,  unb  bie 
Sorfepung  ermieS  ipm  fiet§  ipren  ©d)up.  Sabei  geftattete  er  fic£)  nidjt,  feine 
fperbe,  tnenn  aucp  nur  auf  furje  ßeit,  berlaffen,  fo  fepr  er  fiep  nad)  feinen 
greunben  in  (Battien  unb  ^Britannien  feinte.  @r  erreichte  ein  fepr  popeS  Stter 
unb  ftarb  465  (nad)  anbern  erft  493).  Sei  feinem  Sobe  gab  e§  in  Srtanb 
bereits  mehrere  Sifcpöfe,  §af)Ireid)e  Sßriefter  unb  Stände;  bie  Don  ipm  ge= 
ftifteten  ß'töfter  mürben  Sfpte  ber  SBiffenfcpaft  unb  ^flan^fdiulen  be§  (BtaubenS 
für  niete  nod)  4jeibnifcf)e  Sötfer1.  2öei£>Iicf)e  $töfter  errichtete  um  490  bie 
pt.  Sri  gib  a2.  Unter  ben  ©Rittern  be§  3ßatriciu§  mürben  berühmt  Senen 
ober  SenignuS,  ©rjbifdjof  non  Srmagp,  unb  ber  pt.  hieran,  Sifdiof  non 
©onmacnoiS ;  fpäter  ragte  ginian,  Sifdiof  non  ©tonarb  (f  552),  perDor 
nebfi  nieten  anbern,  fo  baff  man  frühzeitig  Srtanb  bie  Snfet  ber  ^eiligen 
nannte. 

Sie  fübtidpen  giften,  bie  aus  üftormegen  in  -Jiorbbritannien ,  bem 
heutigen  ©cpottlanb,  eingemanbert  maren,  mürben  fd)on  um  412  non  bem 
britifdfen  Sifdiof  Sinian  befeprt.  Nachher  mirtte  hier  ein  gemiffer  (BitbaS, 
ber  nod)  tneiter  norbrang.  Sie  ^atebonier  im  korben  ©cpottlanbg,  fet= 
tifcpen  UrfprungS,  mie  bie  Semopner  ber  ^ebribeninfetn,  erhielten  erft  563  baS 
©nangetium  burcp  ben  irifcpen  Stönd)  Columba,  ber  auf  ber  3nfet  £)p  mit 
gmötf  ©cpütern  tanbete  unb  bort  ein  berühmtes  IHofter  grünbete,  non  bem  aus 
nacp  unb  nad)  ba§  ganje  ßanb  befehrt  mürbe,  ©onalt,  $önig  ber  atbanifcpen 
©cpotten,  fdjenfte  bie  ^nfet  bem  Columba;  t)ier  blieb  lange  Qeit  ®nib= 
ftätte  ber  Könige  @cpotttanb§.  Columba  taufte  aud)  ben  $önig  Srib  ober 
Srub  nebft  feinem  Sötte,  errichtete  nod)  mehrere  $löfter  unb  pintertiefj  bei 
feinem  Sobe  597  eine  gtope  3<ipi  öon  Slöncpen,  bie  eifrig  baS  ©Dangetium 
nerfitnbetcn.  ©eine  Nachfolger ,  bie  Stbte  non  §)p,  mürben  fepr  mächtig  unb 
übten  fogar  eine  (Bemalt  über  bie  Sifcpöfe  ber  ©toten  unb  giften  in  Norb= 
britannien  unb  auf  ben  fpebriben.  Ser  pt.  ^entigern,  Sifchof  bon  (BtaSgom 
(f  601),  fanbte  §ahtreid)e  (BtaubenSboten  au§3. 

3m  eigentlichen  ©ngtanb  mar  ba§  Gprifientum  fcpon  nie!  tanger  unter 
ben  alten  Sriten  nerbreitet.  Setüere  maren,  feit  bie  3tömer  fie  aufgegeben,  bei 
ihrer  inneren  Uneinigfeit  nicht  met)r  im  ftanbe,  fich  gegen  bie  ©infätte  ber 
giften  unb  ©toten  p  fd)üpen,  unb  riefen  449  bie  nod)  peibnifcpen  5tnget= 
f  a  d)  f  e  n  au§  bem  nörblid)en  Seutfdjtanb  §u  |)itfe.  Siefe  eroberten  ben  füb= 
liehen  unb  ben  mittleren  Seit  ber  3nfet  für  fich  unb  führten  einen  partnädigen 
Sertitgungsfrieg  gegen  bie  immer  mepr  in  bie  mefttichen  (Begenben  jurüdge= 
brängten  Sriten,  Don  benen  biete  nad)  Strmorica  in  (Baftien  flohen ,  baS  Don 
ihnen  Sretagnc  genannt  marb.  SBateS 4  unb  ©ornmaleS  blieben  bie  §)auptfi|e 

1  Beda  Ven.,  Hist.  eccl.  gent.  Angl.  I,  4.  13.  Über  bie  <2t)noben  Ogi.  Mansi, 
Conc.  Coli.  VI,  313—538. 

2  Über  <St.  SSrigiba  bgl.  Acta  SS.  Boll.  Febr.  I,  99. 

3  Beda  Ven.  1.  c.  III,  4.  Yita  S.  Columb.  Mdbillon ,  Acta  SS.  0.  S.  B.  t.  I. 
Acta  SS.  Boll.  9.  Iun. 

4  Beda  Ven.  1.  c.  I,  15  sq.  22. 


10.  Sie  Verbreitung  bc§  &f)riftentum$  auf  ben  britif^en  Sfnfelu.  673 

beS  alten  fettigen  BotfSftammeS.  £ner  fjatte  berfetbe  nod)  im  beginne  beS 
6.  SahdnntbertS  btühenbe  ßtöfter,  retigiöfe  dürften  unb  ausgezeichnete  93 i= 
fdföfe,  mie  ©t.  ®abib,  ©rjbifchof  bon  Btenebia  (f  544),  ben  heiligen  Bifcpof 
SubriciuS,  ber  um  522  auf  ber  Snfet  93arbfet)  in  ber  ©infamfeit  ftarb,  beffen 
©djiiler  SThetiauS  (f  um  560),  ©t.  UboceuS,  ©t.  ^aternuS,  SDaniet,  ©onbetuS, 
©aboc,  SttutuS  u.  a.  9tber  für  bie  Belehrung  ber  Stngetfadhfen  gefdjah  bon 
ber  altbritifdjen  (55eiftlitf)feit  nid)tS,  bielmefjr  berfiel  biefe  in  ben  bon  ben  ©r= 
oberem  befehlen  ©ebieten  nad)  unb  nad)  felbft  in  Betmilbcrung.  2)er  StationaP 
fjafe  ätnifdjen  ©iegertt  unb  Befiegtert  toar  überaus  mächtig;  crffere  betfanbetten 
teuere  mie  ©Haben,  geftatteten  ben  Söieberaufbau  ber  jerftörten  Kirchen  nicht 
unb  bertfarrten  ^artnädig  im  f)eibentum. 

2.  B3aS  bie  britifdfen  ©eifttidjen  nid)t  tonnten  unb  nid)t  moÜten,  baS 
berfudjte  ^3apft  ©regor  b.  ©r.  am  ©ttbe  beS  6.  Safjrtfunberts  mit  bem  beften 
©rfotge.  Stod)  als  Slbt  mar  er  auf  baS  Bott  ber  Stngelfachfen  aufmerffam 
gemorben.  BIS  er  einft  auf  bem  ©ftabenmarft  einige  fraftboüe  funge  Seute 
biefeS  ©tarnmeS  fat)  unb  bernatjm,  bafj  biefer  nod)  tieibnifd)  fei,  befdftofi  er, 
Btiffionär  bei  benfetben  JU  merbeit,  unb  erbat  fid)  bon  ^ßapft  5)MügiuS  II. 
bajit  bie  ©rtaubnis.  9lber  bie  Siebe  ber  Stömer  ju  i^tn  geftattete  feine  SIbreife 
nicht,  unb  590  marb  er  felbft  auf  ben  4)äpfllid0en  .©tu^I  erhoben,  ©r  gab 
nun  ben  ©üterbermattern  ber  rötnifchen  $ird)e  in  ©aüien  ben  Auftrag,  angel- 
fäd)fifd)e  Knaben  ju  taufen  unb  nad)  Stom  ju  fenben,  bie  er  bann  ja  ©lattbenS- 
prebigern  für  ifjre  SanbSteute  auSbilben  taffen  mottte.  Stttein  ba  biefeS  Btittel 
nur  tangfam  jutn  3'eIe  führte  unb  inztoifchen  bie  Beretjeticfiung  beS  anget= 
fäd)fifd)en  Königs  ©tpelbert  Don  ®ent  mit  ber  franfifd)en  ^rinjeffin  Bertl)a, 
einer  ©hriftin,  ipit  nod)  ermutigte,  fanbte  er  596  ben  9Ibt  Sluguftin  mit 
neununbreißig  rötnifchen  Btöndjeit  nad)  Britannien,  mo  bamalS  bie  Slngetfachfen 
ficben  bis  acpt  unabhängige  Königreiche  errichtet  patten.  Stuf  ber  Steife  bitrd) 
fjranfreid)  hörten  fie  fo  Oiet  ©ntfetjtidjeS  bon  ber  9iol)eit  beS  ju  befeprenben 
BotteS,  bafj  fie  bom  ^apfte  bie  ©rtaubnis  jur  Unifepr  511  erbitten  be|d)toffen. 
Stber  ©regor  beftanb  auf  feinem  ^ttane,  fanbte  ben  Btiffionären  ©mpfef)tungS= 
briefe  an  bie  fränfifcpen  dürften  unb  Bifd)öfe  unb  gab  ihnen  ben  3tat,  bon 
©aliiett  2)otmetfd)er  mipunet)men.  ©ie  lanbeten  597  auf  ber  Snfet  spanet 
unb  erlangten  bon  bem  burd)  feine  ©emat)tin  günftig  geftimmten  König  ©tpet= 
Bert  bie  ©rtaubnis,  in  feinem  Canbe  511  prebigen.  ©ie  begannen  ipre  2Birf= 
fatnfeit  in  ber  |)auptftabt  3)  or  Obern  um  in  einer  Kapelle  beS  tü-  SJtartin, 
mo  ber  ©otteSbienft  ber  Königin  gehalten  marb.  SDaS  Bott  hörte  aufmerffam 
ben  5ßrebigten  ju;  bie  Uneigenuütjigfeit  unb  baS  ftrenge  Öeben  ber  fremben 
^riefter  fanbett  Stnerfennung.  ©0  mehrte  fiep  bie  3ah*  öer  ßatechumenen, 
unb  am  2.  3uni  597  tief)  fid)  ber  König  felbft  taufen,  ©regor  leitete  burd) 
feine  Steffripte  bie  Dtiffion  fortroät)renb  mit  ber  größten  Klugheit  unb  Umficht. 
Stad)  feiner  SBeifuttg  murbeit  bie  peibnifepen  Stempel  nid)t  gerftört ,  fonbertt  in 
chrifttidje  Kirchen  umgemanbett,  bie  £)pfermat)tjeiten  itid)t  förmlich  berboten, 
fonbern  als  SDanfmahte  ju  ©hren  ©otteS  nach  Strt  ber  früheren  Stgapen  ge- 
halten ;  mand)en  an  fid)  nid)t  unerlaubten  ©ebräud)en  marb  eine  cpriftliche  Be- 
beutung  untergelegt.  ®iefe  päbagogifd)  mot)t  bered)neten  Btafcregetn  berfet)tten 
auf  baS  fet)r  am  Stufjerlichen  hängenbe  Bott  ihren  ©inbntd  nidjt.  $ent  mar 

§etgeiirfit^er,  ßttdjengefdjidjte-  I.  4.  Stuft.  43 


674 


®ie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  flulturein^eit. 


ber  Mittelpunft ,  bon  bem  aus  baS  ©hriftentum  fidj  ftetS  weiter  berbreitete. 
©er  glüdlidfe  ©rfolg  feines  erften  SöirfenS  bewog  ben  2Xbt  Nugufiin,  nad) 
©allien  gu  reifen,  wo  er  bon  bem  ©rjbifcpof  bon  NrleS,  bem  93ifar  beS  ißapfteS, 
itad)  ©regorS  Veftimmung  bie  bifd)öflid)e  Vßeil)e  erhielt.  2Bei^nad)ten  597 
taufte  Nuguftin  fcpon  §eb)ittaufenb  Nngelfad)fen.  @r  fanbte  bann  gwei  feiner 
©efäfwten,  ben  ißriefter  CaurentiuS  unb  ben  Mond)  ißetruS,  an  ben  ^3apft  jur 
Vericpterftattung,  §ttr  ©rlangung  neuer  Hilfsarbeiter  unb  beftitnmter  2tuffd)lüffe 
über  einige  Vebenfen.  ©regor  gab  treffliche  ^Belehrungen  über  bie  Siturgie, 
über  bie  ©l)en  ber  Neubefefirten  unb  baS  33erI;äItniS  beS  neuen  VifcbofS  ju 
bem  früntifd)en  (Spiffopate ,  unb  fanbte  zugleich  Neliquien  unb  Küchengeräte 
fowie  neue  ©ef)ilfen. 

511S  5XnguftinS  ©rfolge  nod)  glänjcnbet  tferüortraten ,  fanbte  ihm  ©regor 
601  baS  erjbifdjöfliche  Radium  unb  Vorfchriften  betreffs  ber  englifd>en  Hierarchie. 
(Sr  befiimmte  jwei  Metropolen  für  ©tiglanb,  Öonbon  unb  f^orf,  jebe 
mit  §wölf  S3istümern.  Nuguftin  füllte  lebenslänglich  ber  erfte  Metropolit  fein, 
nad)  feinem  ©obe  ber  ben  ©ienfljal)ren  nad)  ältcfte  ©rjbifdfof  ben  Vorrang 
haben.  ©a  aber  bamalS  ©otobernum  (nad)l)er  ©anterburp)  2anbeS= 
hauptftabt  war,  fo  wählte  Nuguftin  an  ©teile  SonbonS  biefe  ©tabt  als  Metro= 
politanfip,  ben  fie  auch  behielt.  Nud)  bem  ©ätigen  König  ©tfjelbert  fanbte  ©regor 
Vriefe  unb  ©efdjenfe.  ^Bereitwillig  wie»  ber  König  einen  ipiatj  für  bie  Metro= 
po!itanfird)e  fowie  eine  ©otation  für  biefelbe  an.  ^ngwifdien  haif£  ber  oont 
Zapfte  gefanbte  MellituS  in  ©ffej  fehr  fegenSreid)  gewirft.  3m  3al)re  604 
taufte  er  ben  König  biefeS  ßanbeS  ©aberetf)  unb  begrünbete  baS  ViStum 
Sonbon,  beffen  erfter  Vifdwf  er  warb,  ©olange  biefe  3Wei  Könige  lebten, 
fcpritt  bie  angelfäd)fifd)e  Kirche  beftanbig  borwärtS.  Nbet  bie  ©öffne  ber  beiben 
Könige  waren  heiönifd)  geblieben  unb  führten  ein  lafierlfafteS  Seben.  ©eit 
bem  ©obe  NuguftinS 1  war  in  ben  übrigen  Miffionäreu  nicht  mehr  bie  frühere 
ffeftigfeit,  unb  unter  ber  Negierung  ber  hetbnifdjen  Könige  tion  Kent  unb  ©ffep 
(feit  616)  war  ber  $ortfd)ritt  beS  ©hriftentumS  ftarf  bebroht;  ber  Vifdjof 
MellituS  bon  öonbon  Warb  bertrieben;  fein  ^Begleiter  SuftuS,  welcher  33ifd)of 
bon  Nodjefter  geworben  war,  ging  ebenfalls  nad)  ©allien  jurüd;  auffer  biefen 
beiben  ^Bistümern  hotte  noch  feines  ber  anbent  gegrünbet  werben  fönnen.  Nud) 
SaurentiuS,  bet  Nad)folger  NuguftinS  auf  bem  erjbifdwflichen  ©tul)le, 
wollte  hoffnungslos  fdton  bie  Snfel  berlaffen.  ©a  wanbte  bie  wie  burd)  ein 
Söunber  erfolgte  ^Belehrung  beS  Königs  ©ab  halb  bon  Kent  bie  ©efapr  ab; 
SuftuS  unb  Mellitus  würben  juritdgerufen ,  unb  baS  ©hriftentum  wachte  neue 
ft-ortfchritte.  5I1S  SaurentiuS  619  ftarb,  warb  Mellitus  fein  Nachfolger,  bem 
wieberum  624  3uffu§  bon  Otocpefter  als  ©rjbifdjof  nadpfolgte.  ©er  römifche 
©tuhl  berlieh  bem  ©rjbifcpof  bie  Vollmacht,  felber  Vifcpöfe  einjufetjen2. 

3n  bem  großen  nörblid)en  Neidpe  Nor tl) umber lanb  brad)  König 
(Stl)eIbertS  ©odfter  ©b  üb  er  ge  (Ntffelberga)  burd)  ihre  Vermählung  mit  bem 


1  2Iuguftin§  Slob  wirb  halb  auf  605,  halb  auf  607  gefept. 

2  Beda  Ven.  1.  c.  I,  23  sq.  81  sq. ;  II,  1  sq.  Paul.  Diac.,  Vita  Greg.  M.,  unb 
Greg.  M. ,  Ep.  1.  V,  n.  52—54;  1.  VI,  n.  7.  28;  1.  VIII,  n.  30;  1.  XI,  n.  64.  65. 
Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  IX,  26. 


10.  Sie  tßerbreitimg  beS  ßljriftentumS  auf  ben  tmtifcfjen  Unfein.  675 

König  ©abtoin  ober  ©bmin  unb  burdj  ©infütjrung  beg  oon  ©rjbtfd&of  Suftug 
tonfefrierten  ißautmug  bem  djrifttidjen  ©tauben  eine  neue  Vapn.  ^jßapft  Vont= 
fatiu§  V.  fudjte  ben  König  für  benfelben  ju  gemimten ;  fein  fRadjfotger  £)onoriug 
gab  fid)  alle  9Rütje,  Ijier  mie  in  ben  anbern  angelfad)fifd)en  Reichen  bag  fReid) 
©tjrifti  augjubreiten.  3n  einer  allgemeinen  Sanbegöerfammtung  Don  627  be= 
fdjloffett  ber  König  unb  bie  ©rofjen  einftimmig  bie  33efeitigung  beg  ©ötjen= 
bienfteg;  ber  Rönig  unb  biele  ©rof?en  liefen  fid)  taufen,  ißautinug  natjrn 
ben  ©itj  gn  ?)orf  ein.  König  ©bmin  befiimmte  aud)  ben  König  Don  O ft= 
angeln,  ©orpmatb,  jur  Stnnaljme  beg  ©fjriftentumg ;  bodj  toarb  bicfer  Don 
einem  Reiben  ermorbet,  unb  erft  brei  3atjre  fpäter  (630)  nal)in  beffen  in 
©attien  getaufter  Vruber  ©igebert,  unterftii|t  Don  bem  Vifdjof  gelij  au§ 
Vurgunb,  bie  ©infütjrung  beg  (5I;riftentum§  in  biefem  fReid)e  (631)  in  bie 
tpanb.  ©igebert  mar  ber  erfte  angetfäd)fifd)e  gürft,  ber  in  ein  Ktofter  trat; 
ifjm  folgte  ©gcrif,  ber  aber  bei  einem  ©infall  beg  Ijeibnifdjen  Königg  ^3enba 
Don  Vtercia  gteid)  ©igebert  ben  ©ob  fanb,  mie  bieg  aud)  bem  König  Vnna 
(654)  roiberfut)r.  Rad)  bem  ©obe  beg  Königg  ©bmin  muffte  ^autinug  633 
Dor  ber  Übermadjt  ber  l;eibnifd)en  ©ieger  mit  ber  Königin  ©bitberge  nad)  Kent 
fließen,  mo  fie  König  ©abbatb  unb  ©rgbifdjof  £)onoriug  (feit  630)  eprenDott 
aufnaljmen.  ©a  bag  Vigtum  fRodjefter  burd)  ben  ©ob  feineg  Sttpaberg  9to- 
manug  ertebigt  mar,  übernahm  ^autinug  big  ju  feinem  ©obe  beffen  Vermattung. 
Vergebeng  patte  5ßapft  £)onoriug  (634)  bem  ^3autinug  bag  ergbifd)öftidoe  Gallium 
gefanbt  unb  bie  gmeite  9Retropote  Don  ©)orl  begrünbet,  inbcnt  er  ben  erften 
Rang  für  ©anterburp  Dorbepielt.  ©od)  erlangte  Ogmatb,  ein  Reffe  ©abming 
unb  eifriger  ©prift,  nad)t)er  bie  §errfd)aft  Don  Rortpumbcrtanb;  ber  irifcpe 
9Rönd)  Riban  Dom  Ktofter  tpp,  ber  jum  Vifd)of  gcmeipt  morben  mar  unb 
auf  ber  3nfel  Sinbigfarne  refibierte,  prebigte  nebft  feinen  Orbenggenoffen  mit 
bietem  ©rfotg.  König  Ogmatb  (f  642)  ging  ipm  barin  überall  jur  ©eite. 
3u  ben  2öe  ft  fad)  fett  fam  bag  ©priftentum  im  Sapre  634.  ©er  Don  ^ßapft 
^onoriug  gefanbte  Vifd)of  Virinug  prebigte  in  Söeffej.  ©er  graute  2eu= 
t gering  ober  ©teutperiug  fepte  alg  Vifcpof  (670)  bag  2Berf  bei  ben  Sßeffc 
facpfcn  fort,  ©er  König  bon  Rtercia,  ifknba,  ber  Dielfad)  bie  d)rifilid)en 
Reicpc  bebrängt  patte,  fiet  655  im  Kampf  gegen  Ogmp  Don  Rortpumbertanb, 
ber  nun  aud)  beffen  Reid)  mit  bem  feinigen  bereinigte  unb  ben  ©iuma  jum 
Vifdjof  ber  9Rercier  unb  ÜRittetangetn  meinen  tiep.  Vei  ben  ©i'tbfad)fen 
Don  ©uffep  fanb  bag  ©priftentum  erft  fepr  fpät  ©ingang ;  t)icr  prebigte  680 
big  685  ber  Dertriebcne  nortpumbrifdpe  Vifd)of  SBilfrieb  bag  ©Dangctium  unb 
errichtete  ein  Klofter.  Snnerpalb  ber  $e\t  Don  acptjig  Saprcn  führten  römifdje, 
irifdje,  fränfifcpe,  jutept  aud)  angelfäcpftfcpe  ^rieftet  burd)  gemeinfame  unb  aug= 
bauernbe  Rnfirengungen  bie  fämtlidhen  ©tämme  ber  angetfäd)fifd)en  £)eptard)ie 
in  bie  Kirche  ein.  3m  3aPre  668  meiste  ^3apft  Vitatian  ben  gelehrten 
gried)ifd)cn  9Röncp  ©peobor  Don  ©ar fug  511m  ©rjbifdjof  Don  ©anterburp 
unb  fanbte  ipn  in  Vegteitung  beg  Rbteg  §abrian  nad)  ©ngtanb.  ©iefe  legten 
©djuten  für  ©peotogie,  Rtatpematif  unb  bie  flaffifdjen  ©pradjen  an  unb 
bitbeten  eine  Reipc  gelehrter  Rtauner,  mie  ben  Rbt  Rlbinug,  ben  Vifcpof 
©obiag  Don  ©)orf  (f  726);  aud)  ftubicrten  Diele  Rngetfacpfen  in  irifcpen 
Ktöftern.  3mifchen  ben  Kirchen  Don  3d«nb  unb  ©ngtanb  beftanb  eine  innige 

43* 


676 


®ie  Kirdje  bei  ber  2luflöfung  ber  römiftfien  Kultureinheit. 


Berbinbung;  beibe  entfalteten  ficb  jur  t)errlid)ften  Blüte.  ©rjbifcbof  Slfeobor 
(668 — 690)  bifitierte  bie  einzelnen  Kirchen  @nglanb§,  hielt  mehrere  ©pnoben, 
förberte  bie  Klöfter  unb  ben  ©dimud  ber  Kirchen.  Benebitt  Bi»cop  ftiftete 
bie  Klöfter  Bßearemoutl),  bem  f)l-  ^3etru§,  unb  Sarrom,  bem  hl-  ^aulu§  ge= 
mibmet,  nacbbem  er  ba§  ifktruSflofter  in  ©anterburp  bem  21bte  £)abrian  ab= 
getreten  patte.  Sie  Klöfter  mürben  hödp’t  jafdreicp  unb  übten  großen  ©in= 
flufe ;  (läufig  befcploffen  Könige  unb  Königinnen  in  benfelben  ihre  Sage.  Blbpelm 
ftanb  al§  Bbt  bem  Klafter  f0talme§burt)  bar;  ©beSpam  unb  ©laftonburp, 
„ba§  Klofter  ber  ^eiligen",  erlangten  ebenfalls  großen  Bühnt1. 

3.  Bn  allen  biefen  Befeurungen  beteiligten  fiep  bie  altbritifcpen  ©eift= 
lieben  nicht ;  fcpon  au§  Bationalpaß  hielten  fie  fiel)  bon  ben  Bngelfacpfen  fern. 
Sen  bon  ©regor  b.  ©r.  bem  ©rjbifdiof  Buguftin  berliepenen  ffkimatenrang 
moflten  fie  in  feiner  Bkife  anerfennen,  fie  miberftrebten  l)artnäcfig  im  Bemufftfein 
ihrer  inneren  ©ebredjen  unb  im  Vorgefühl  ber  ihnen  bropenben  ^Reformation2. 
Saju  fanben  fid)  jmifeben  ihnen  unb  ben  neuen  Btiffionären  bebeutenbe  Ber= 
f (hieben!) eiten  im  BititS,  mobei  namentlich  bie  berfd)iebene  Berechnung 
beS  OfterfefteS  in  ben  Borbergrunb  trat.  Sie  alten  Briten  maren  nicht 
Quartobecitnaner;  auch  fie  feierten  Oftern  am  ©onntag,  aber  bei  ihnen  fiel 
e§  oft  auf  anbere  (Sonntage  als  bei  ben  Börnern.  Senn  fie  hielten  gleich  ben 
3rlänbern  noch  an  bem  alten  bierunbachhigjährigen  ©pflu§  feft  unb  hatten, 
bitrch  bie  ©türme  ber  Bölferroanberung  unb  bie  Bermiiftungen  ber  Bttgelfacpfen 
bont  Berfel)r  mit  ber  übrigen  ©hniftenheit  abgefd)nitten,  ben  neuen  bequemeren 
©pflu§,  toie  er  burd)  Sionpfiu^  ©pigutt§  525  feftgefteüt  unb  fonft  aüge= 
mein  angenommen  morben  mar,  nicht  fennen  gelernt.  3n  ihrer  Unmiffenheit 
fanben  fie  in  bem  bon  Buguftin  nach  ©nglanb  gebradjten  neuen  OftercpfluS 
eine  gefährliche  Neuerung,  ber  fie  allen  möglidien  B3iberftanb  entgegenfe|ten3. 
Buf;erbem  hatten  bie  altbritifdien  ©eiftlid)en  eine  anbere  So n für,  nicht  bie 
römifdje,  bie  man  Sonfur  beS  5petru§  nannte,  fonbern  fie  trugen  gleich  bielen 
Btöndien  ein  gang  fal)le§  £)aupt  ober  hoch  ein  gefchoreneS  Borberpaupt,  ma§ 
fie  bie  Sonfur  beS  ^3aulu§  ober  beS  3>of)anne§,  ihre  ©egner  aber  bie  beS 
©imon  Btagu§  nannten4.  Buch  fanben  ficb  Berfd)iebenheiten  in  ber  Sititrgi e, 
in  ber  Bifcpofärneipe,  in  ber  ©penbung  ber  Saufe,  betreffs  ber  ©pe,  ©öli= 
batS  unb  beS  9Bönd)§mefen§.  Keine  biefer  Sifferenjen  mar  bogmatifeper 
Batur ;  hätte  eine  ©laubettsberfdnebenpcit  geperrfept,  fo  mürbe  ber  hierin  fo 
ängftliche  ©rjbifdjof  Buguftin  eine  Btitmirtung  ber  Briten  in  ber  Berfünbigung 
beS  ©bangeliumS  nie  in  Bnfprud)  genommen  haben.  Bu§  bem  Barnen  ber 
©ulbeer  läjft  fich  nicht  ba§  Borpanbenfein  einer  berfdjiebenen  BeligionSpartei 
folgern,  biefer  Barne  (Siener  ©otteS)  mar  ber  alte  Barne  für  bie  britifdpen 


1  Beda  Ven.  1.  c.  II,  9  sq.  17  sq. ;  III,  3  sq. ;  IV,  2.  Mansi  1.  c.  X,  579  sq. 
Migne,  Patr.  lat.  LXXX,  476  sq.  Über  bie  alten  Stojefen  ©nglanbS  Ogt.  Hill,  English 
dioceses :  History  of  their  limits  front  earliest  times  to  present  day.  London  1900. 

2  Beda  Ven.  1.  c.  I,  29.  Greg.  M.,  Ep.  1.  XI,  n.  65. 

8  SBon  ber  altbritifdien  Dfterfeier  fagt  SSeba  2}enerabiߧ  (1.  c.  in,  4) :  Pascha 
in  die  quidem  Dominica,  alia  tarnen,  quam  decebat,  liebdomada  celebrabant.  33gl. 
ibid.  II,  2.  19. 

4  Über  bie  Sonfur  Ogi.  Beda  Ven.  1.  c.  V,  21.  SSgt.  Paulin.  Nol.,  Ep.  7. 


11.  Sie  erften  SJUffionen  unter  ben  tjeibn.  ©ermanen  in  ben  beutfdjen  ©cbieten.  677 

©eiftlicpen 1 ;  aud)  läßt  fid)  fein  fleinafiatifcper  Urfprung  tueber  be§  ©hriftem 
tum§  in  ©ttglanb  überhaupt  nod)  ber  altbritifcpen  ©ebräuipe  irgenbtoie  nacp= 
tueifen 2.  9Iuguftin  urgierte  bie  Übereinftimmung  in  ©adjett  be§  Kultus  unb 
ber  SDi§jiplin  be§palb,  weil  bei  roßen,  ungebifbeten  fßölfern  unb  jubem  bei 
5feubefel)rten  bie  5Berfd)iebenl)eit  in  äußeren  9feIigion§gebräud)en  ftetä  einen 
Übeln  ©inbrud  fierüorbringt. 

®ie  im  3af)re  601  gehaltenen  3ufommenfünfte  betreffs  ber  5lner= 
fettnung  9luguftin§  tnarett  erfolglos  geblieben;  ber  fpaß  gegen  bie  Dinget 
facbfen  fcpien  fid)  auf  beren  au§märtige  Seprer  ju  übertragen.  Dluguftin  ber= 
fünbete  ben  altbritifcpen  ©eiftlicpen,  ba  fie  ben  Singeln  ba§  Sehen  nid)t  bringen 
mollten,  mürben  biefe  ihnen  ben  Stob  bringen.  33alb  banad)  ließ  @b  elf  rieb, 
dortig  Don  fftortpumbrien,  an  jmölfpunbert  fDiöncpe,  bie  am  Kriege  gegen  ihn 
teilgenommen,  nieberhauen  unb  bas  ßlofter  58  an  gor  bon  ©ruttb  au§  jer= 
ftören.  Snjmiftpen  marb  im  f  ü  b  l  i  dp  e  n  3  r  I  a  n  b  nach  einer  mit  bern 
tömifdjen  ©tupfe  gepflogenen  Unterhanblung  (nad)  633)  ber  r  ö  m  i  f  <p  e 
Oft  er  cp  flu»  ohne  Sßiberftanb  eingeführt.  3m  nörblidpen  Srlonb,  mo 
bie  fDlöndpe  bon  £)p  ben  größten  ©iufluß  übten,  beharrte  man  langer  bei  bem 
alten  ©ebraudje,  unb  in  Dtortpumberlanb,  ba§  nadjeinanber  brei  irifcpe  Könige 
patte,  mürbe  Oftern  bon  bem  einen  nad)  irifdfer,  bon  ben  §mei  anbern  nach 
römifd)cr  ^Berechnung  gefeiert.  3m  3apre  664  marb  barüber  ju  ©treane§= 
palip  (Söpitbt)  unmeit  D)orf  —  Synodus  Pliarensis)  in  ©egenmart  be§ 
nortpumbrifipen  Königs  0§roio  unb  feine»  ©opne§  Dlldjfrib  mie  ber  berühmten 
Slbtiffin  £)ilba  berpanbelt.  0§mio  erflärte  fiip  juleßt  baljiit,  e§  müffe  bie 
römifcpe  Obferbanj  gelten  toegen  ber  Dlutorität  beS  Slpoftelfürften  5ßetru§  unb 
feine»  ©tuple§.  Dlud)  bie  römifdje  2onfur  marb  pier  angenommen.  Oer 
S3if(pof  ®olman  bon  CinbiSfarne  legte  lieber  fein  23i§tum  nieber,  als  baß  er 
nad)gab;  er  ging  nad)  3üanb  jurüd.  ©nblicp  mürbe  auf  betrieb  beS  Slbte§ 
Slbamnan  703  im  nörblidjeti  Srlanb  unb  burd)  bie  Opätigfeit  be§  engliftpen 
^ßriefterS  ©gbert  716  and)  im  $Iofter  auf  ber  3ufel  f)p  ber  römifcpe  ©pflu§ 
eingefüprt  unb  bie  ©inigfeit  bi»  729  aüentpalben  pergeftellt 3. 

11.  Oie  erften  5Pliffioncn  unter  ben  pctbnifdjen  ©ermanen  in  ben  beutfdjen 

©ebieten. 

Sitteratur.  —  Gallia  christiana  op.  monachor.  e  Congr.  S.  Mauri.  Vol.  III. 
V.  XIII.  Par.  1874—1877.  Hansiz,  Germania  sacra.  3  voll.  Aug.  Vind.  1727  sq. ; 

1  Culdei ,  Keledei ,  Kyledei ,  Colidei  —  i.  e.  cultores ,  servi  Dei  —  f.  Hector 
Boeth.,  Hist.  Scot.  1.  VI,  p.  65.  Braun ,  De  Culdaeis  comment.  Bonnae  1840.  Siel)C 
iJunf  (oben  S.  670). 

2  ©egen  ben  Heinafiatifdjen  Urfprung  beS  britifdjen  ©fjriftentumS  ftreiten  bie  ftets 
am  «Sonntag  gehaltene  Cftcrfeier,  KonftantinS  b.  ©r.  Äußerung  über  bie  Konformität 
^Britanniens  mit  ben  anbern  Säubern  in  biefem  fünfte  ( Euseb ^  ita  Const.  III,  19. 
Socrat.,  Hist.  eccl.  I,  9),  ber  nur  bon  31  om  perttbergelommene  ©ebraudj  beS  84jährigen 
©pfluS,  bie  ©eringfiigigfeit  ber  Ülbtoeicbungen  in  ber  Siturgie,  bie  nicpt  ftärfer  fiub  als 
bie,  toeltpe  bis  in  bas  11.  2faf)rhunbert  in  anbern  abenbtänbifipen  Kirchen  bortommen. 

3  Beda  Ven.  1.  c.  H,  2;  III,  25;  V,  15  sq.  22  sq.  £>efele,  ©onciliengefdj.  IH 
(2.  31ufl.),  62  f.  108  f.  Sion  ben  ^eiligen  ftnb  befonberS  ju  nennen;  ©belburga,  ©attin 
beS  hl-  ©ubin,  Königs  bon  9!ortf)umberIanb  625  ( Beda  Ven.  1.  c.  II,  9.  11.  20);  König 
CStoalb  feit  634;  St.  SiurfiuS  {Beda  Ven.  1.  c.  IH,  19). 


678  Sie  ßirdje  bei  bei-  2Iuflöfung  ber  römifchen  Äultureinljett. 

Yiennae  1755.  SR  et  t  Berg,  ßirdjengefchtdjte  Seutfdjlanbg.  2  SSbe.  ©öitingert  1846 
Big  1848.  Sfriebrid),  Hirchengefd)id)te  S55eutfd^Ianb§.  2  SBbe.  Samberg  1867 — 1869. 
§aucf,  fiird)engefchid)te  Seutjchlanbg.  Sb.  I.  2.  2Iufl.  ßetpgig  1898.  Riemer,  ©e= 
fdjidjte  ber  ©inführung  beg  ©hriftentumg  irt  ben  beulten  ßanben.  4  Sie.  ©djaffhaufen 
1857  f. 

1.  9to<h  im  6.  unb  7.  Sa^r^unbert  mar  ber  größte  Steil  Oeutfddanbg 

tjeibnifd) ;  bie  meifien  c£)riftlid)en  ^Pflanzungen  maren  im  5.  Sahrhuubert  gerftört 
morben  unb  nur  menige  krümmer  berfelben  noch  übrig.  Unb  bodj  mar  bie 

Sebölferung ,  non  (£fjrfurd)t  für  bie  [Religion  unb  if>re  Wiener  erfüllt,  neben 

mandien  Saftern,  mie  bem  Ipang  3U  2runf  unb  ©pief,  and)  mit  natürlichen 
Stugenben  auggeftattet ,  ganz  öorgüglid)  für  bie  innige  Eingabe  an  bie  S3ot= 
fdjaft  beg  tpeileg  beftimmt  unb  geeignet.  Oie  ©ermatten,  in  üerfd)iebene  93ölfer= 
fdjaften  unb  Heine  ©augenteinben  jerfpfittert ,  bie  fid)  nur  in  ber  geit  ber 
[Rot  unb  boritbergefienb  miteinanber  berbanben,  fonft  aber  fid)  burdfaug  ge= 
trennt  hielten,  tonnten  erft  mit  bem  ©priftentum  ein  fie  bauetnb  einigenbeg 

Sattb  erhalten.  ©haften  gab  e§  borjüglicp  in  ben  ©egenben  beg  [Rheine^ 

unb  ber  Oonau,  in  Noricum,  fftätien  unb  |)elbetien;  bie  3aht  ber 
Sifd)öfe  unb  ©eiftlichen  mar  aber  noch  fehr  gering,  unb  fo  maren  e§  befonberS 
irifche  unb  britifche  Siiffionäre,  meld)e  bie  Sefeßrung  ber  zahlreichen  Reiben 
mit  ©ifer  in  bie  tpanb  nahmen  unb  mehrere  Flößer  errichteten.  3m  f  ü  b= 
oft  liehen  ®eutfd)fanb  (Noricum  unb  ütätien)  mirften  im  5.  ^af)r^imbert 
gmei  heilige  Stänner :  ©t.  ©euer in  (f  482),  ber  bei  gabiana  (unmeit  S3ien) 
zahlreiche  ©diüler  bilbete,  eine  großartige  ©rfcheinung  unb  in  ber  trübften  3eit 
ein  £)ort  ber  Dort  ben  Stömern  berlaffenen  [ßroöing ,  unb  ©t.  Valentin, 
ein  Setgier,  3lht  unb  Sifdjof,  ber  aber  nachher  mit  3uftimmurt9  beg  ^Papfteg 
ßeo  I.  ju  ben  Stirolern  alg  ©lauhengbote  gog.  ©ag  Sigtum  Sordj  (2aure= 
acum)  erhielt  fid)  fort,  marb  aber  bon  3lquileja  um  540  loggetrennt  unb  mit 
ber  gattifdien  Kirche  berbunben;  bagfetbe  ©dßdfal  hotte  bag  Sigtum  5ßettau; 
©aljburg,  Sßaffau,  51uggburg,  [Regengburg  unb  ©eeben  hotten  thrifilid)e  ©eift= 
liehe;  aber  eine  Sifchofgreilje  läßt  fid)  in  biefen  ©täbten  aug  ber  älteren  3eit 
in  feiner  SBeife  feftftelten 1. 

2.  $u  ben  311  e  mannen,  meldje  feit  ber  Untermerfung  burd)  bie  ^raufen 
fdjon  mef)r  bom  ^eibentum  fid)  abmanbten2,  fam  nad)  früherer  2'hötigfeit 
unter  ben  3Irianern  in  ©adieu  ber  f)t-  f^ribolin  (f  530),  ein  Srlänber, 
ber  ^mei  Flößer  in  ©ä dingen  oberhalb  Safe!  grünbete  unb  am  Oberrhein 
erfolgreich)  mirfte3.  SDamatg  beftanb  noch  ein  Sigtum  Sinboniff  a  (Sßinbifd) 
im  Danton  3(argau),  beffen  Sifdjöfe  Subulfug  (517)  unb  ©rammatifug 
(535 — 549)  ung  aug  gattifdien  ©pnoben  befannt  finb ;  unter  Sifcßof  Stapimug 


1  ßlein,  ©efd)id)te  be§  ©hriftentumg  in  Dfterreid)  unb  ©teiermarf.  SJien  1840. 
211.  f?uber,  ©efd)id)te  ber  ©inführung  unb  Serbreitung  beg  ©hriftentumg  im  füböftl. 
Seutfchlaub.  ©aljburg  1873.  SJteitba,  Über  bie  ßluöbreitung  beg  Seutfdj=  unb  ©Triften» 
tumg  im  heimifdjen  Ufer=3toricum.  (Ißrogr.)  ßremg  1888. 

2  f>efete,  ©efd)id)te  ber  ©inführung  beg  ©hriftentumg  im  fübmeftlid)en  Seutfdj= 
lanb.  Tübingen  1837. 

3  Siographie  Sriboling  bei  Slone,  Gueßenfammtung  ber  babifchen  ßanbeggefdj. 
Sb.  I.  üarlgruhe  1848.  ©djaubiuger,  ©efcf)ic£)te  beg  ©tifteg  ©aefingen  unb  beg 
hl.  fjribolin.  ©ittfiebeln  1852.  ßeo,  Ser  hl.  fjriboliit.  ^reiburg  i.  Sr.  1886. 


11.  Sie  erften  tDliffionen  unter  beit  tjeibn.  ©ertnaneu  in  ben  beutfcpen  ©ebieten.  679 


(gegen  550)  nmrbe  bet  ©ip  nad)  $onftanj  berlegt.  3n  ©trafburg  unb 
in  ©pur,  wo  gribolin  £)ilariuStircpen  erbaute,  gab  cS  im  6.  ^aprpunbert 
ebenfalls  SBifdpöfe,  im  Anfänge  beS  7.  and)  in  58afel=21ugft.  Sie  ©Triften 
ber  alten  33ifcpofSfipe  21b ent icu nt  (2Ioencpe8  int  Danton  SBaabt),  Octoburum 
(fDtartignp  in  SöalliS)  unb  (Senf  fdpeinen  ber  S3ifd)öfe  b  am  als  langer  entbehrt 
JU  paben.  3ui  ©priftianifierung  beS  2UemannenlanbeS  trug  aucp  oieleS  bie 
©efepgebung  ber  fränfifcpen  Könige  bei,  weldje  unter  ©plobmigS  ©öpnen  ent= 
ftanb,  unter  ©plotar  II.  unb  Sagobert  I.  erweitert  mürbe,  ©cpwaben,  ©Ifaf 
unb  ein  Seil  ber  ©cpmeij  mürben  fo  nad)  unb  nad)  immer  tnepr  für  bie  ßircpe 
gewonnen1.  Um  610  tarnen  Columba  (ß'oIumbanuS)  unb  ©alluS  aus 
bent  irifcpen  $lofter  18 angor  ju  ben  am  Sobenfee  mopneitben  2llemannen. 
©ie  Ratten  mit  elf  anbertt  eifrigen  9Jtönd)en  bor  594  ipre  §eimat  berlaffen 
unb  in  ©allien  geprebigt,  fidj  in  einer  milben  ©egenb  in  ben  23ogefen  ange= 
fiebelt,  in  einer  faft  ganz  üerfallenen  23urg  2lnagrateS  (2lnagrep)  ©d)üler  um 
fid)  gefcpart  unb  namentlid)  in  Süurgunb  bas  ^lofter  Sujobium  (Sujeuil) 
gegrünbet.  Surd)  ben  Ipaf  ber  ränfeboHen  Königin  23runpilbe,  bie  baS  Iafter= 
pafte  Sebett  ipreS  ©opneS  Speoboritp  II.  begünftigte  unb  bie  Abneigung  beS 
fränfifdjen  Klerus  gegen  ben  öon  Kolumban  oertretenen  irifcpen  9tituS  be= 
nupte,  auS  33urgunb  oertrieben,  tarnen  fie  in  baS  ©ebiet  beS  Königs  ©f)Iotar 
unb  liefen  fid)  nad)  längeren  Söanberungen  in  ber  9iäpe  beS  3ür’$er  ©ee§ 
nieber,  mürben  aber  bort  halb  Oott  ben  fpeiben  genötigt  fortzuziepen.  ©ie 
tarnen  an  ben  33obenfee ;  jit  2Irbon  napm  fie  ber  fromme  Ißriefter  SBiHimar 
freunblid)  auf  unb  mieS  fie  nad)  53regettj,  einem  in  Dtuinen  liegenben  9tömer= 
ort,  wo  fie  eine  ber  fl.  Sturelia  geweifte  Kapelle  fattben.  fpier  fiebelten  fie 
fid)  an.  Sie  Ummopner  unterrichteten  fie  im  fyelb=  unb  ©artenbau,  im  3ifd)= 
fang  unb  anbertt  Singen,  prebigten  ipnett  päufig  unb  zertrümmerten  bie  ©öpen= 
bilber,  Wobei  fie  üicleS  ju  erbulben  patten.  Um  612  jog  Kolumban  mit 

einigen  ©efäprten  nach  Italien,  wo  er  baS  ®lofier  Sobbio  grünbete  unb 

615  ftarb.  ©alluS,  ben  bei  feinem  2lbjug  eine  $ranfpeit  pittberte,  blieb 
am  Sobenfee  3uriid,  grünbete  baS  berüpmte  $lofier  ©t.  ©allen  an  beut 
glüpcpen  ©teinacp  unb  unterrichtete  oiele  jüngere  SJtänner,  barunter  ben  Siafott 
SiopanneS,  ber,  als  er  felber  bie  bifdjöflicpe  Söürbe  wie  bie  Slbtci  Oott  Supeuil 
auSgefd)lagett ,  23ifcpof  Don  ßonftanj  würbe.  ©aüuS  ftarb  nacp  gefegnetem 

Höirfett  pocpbetagt  16.  ©ftober  640  (nacp  anbertt  625—627,  nad)  micber 

attbern  646) 2. 


1  Neugart,  Episcop.  Constant.  Vol.  I,  S.  Blasii  1803;  vol.  II,  Frib.  1861.  Eich¬ 
horn,  Episcop.  Curiensis.  S.  Blasii  1799.  J.  Trouillut,  Monuments  de  l’hist.  de 
l’ancien  öveche  de  Bäle.  Vol.  I.  Porrentr.  1852.  Vautrey,  Hist,  des  evbques  de 
Bide.  Vol.  I.  Einsid.  1884.  Über  ©elpfe,  Äircpengefdjxdjte  ber  ©djtoetj  (Sern  1856), 
f.  Süb.  Stjeol.  Ouartalfdpr.  1859,  ©.  465  ff.  ÜJlüIinen,  Helvetia  sacra.  Sern  1858. 
Sfitolf,  Sie  ©taubenSboten  ber  <Scpwei3  bor  ©t.  ©aüuß.  Sujern  1871.  ©gli,  Hirtfjem 
gefdjicfjte  ber  ©eptoeiä  biö  auf  ßarl  b.  ©r.  3ürid)  1898. 

2  Vita  S.  Columbani  auctore  Iona  ahb.  (beffen  ©djüler),  bei  MabiUon,  Acta  SS. 
0.  S.  B.  II,  5.  Vita  S.  Galli  bei  Pertz,  Mon.  Germ.  hist.  II,  1  sq.  (f.  oben  S.  664). 
Walafrid  Strabo ,  Vita  S.  Galli,  bei  Migne,  Patr.  lat.  t.  CXIV.  ©gli,  Sine  neue 
SRejenfion  ber  Vita  s.  Galli  (9Ieue§  2trcpiü  1896,  ©.  361  ff.).  311b.  ü.  9t  rj,  ©efdüdüe 
beä  HantonS  ©t.  ©alten.  8  Sbe.  1810  ff.  Knottenbelt,  De  Columbano.  Lngd.  Batav. 


680 


Sie  ßircpe  bei  ber  9luflöfitng  ber  röntif(J)en  Äultureinpeit. 


©er  pl.  ©rubpert  prebigte  im  33reiSgau  unb  grünbete  füblicp  bon 
$reif>urg  um  640  ein  Rtofter,  marb  aber  fcpon  643  bon  einem  treulofen 
Unechte  erfcptagen* 1.  Sion  bem  Rlofter  ©t.  ©allen  gingen  fpäter  jmei  Sfliincpe 
aus,  ©peobor  unb  SflagnuS,  um  ben  Reiben  in  Kempten  unb  am  Secp 
ju  prebigen ;  SJZagnuS  grünbete  baS  Rtofter  fyiiffen,  ©peobor  baS  ju  Kempten, 
©päter  unter  Rart  Wartet!  mirtte  ber  pl.  5ßirminu§  unter  ben  Alemannen 
unb  grünbete  meprere  Rtöfter,  mobon  baS  auf  einer  3nfel  beS  23obenfeeS  ge= 
legene  Steicpenau  baS  beriipmtefte  mürbe2.  3m  8.  Soprpunbert  beftanben  im 
©Ifaf  unb  ber  ©cpmeij  bereits  japtreicpe  9Jtänner=  unb  f^rauenflöfter ;  einem 
ber  lepteren  (^üpenburg)  ftanb  bie  pl.  Ottitia  (Obilia),  Softer  beS  elfäffifcpen 
fperjogS  Slbatridp  ober  ©tpifo,  als  Slbtiffin  bor  (f  bor  720). 

3.  ©ie  23  aju  baren  (Sapern)  mürben  borpgticp  bon  bem  fränfifcf)en 
Üteitpe  au§  befeprt.  Sange  $eit  maren  ipre  religiösen  3u[tänbe  fepr  bermirrt; 
Reiben  unb  Srrleprer  maren  japlreicp,  befonberS  Stnpänger  beS  Sirius,  ^potinuS 
unb  23onofuS3.  SttS  bie  bebeutenbften  9)iiffionäre  SapernS  mürben  befannt: 
1)  bie  üftöncpe  SIgituS  unb  ©uftafiuS  aus  bem  Rtofter  Supeuil,  bon  bor= 
nepmem  burgunbifcpem  ©efcptecpt  (616— 650) 4 *.  2)  ©t.  Stupert,  33ifd)of 

bon  SBormS,  ber  in  StegenSburg  ben  fperjog  ©peobo  taufte,  bann  Rtofter  unb 
Rircpe  (©t.  9ßeter)  auf  ber  ©tätte  beS  alten  Suöabia  errichtete  (©aljfmrg), 
burip  feine  Söcpte  ©prentrubiS  ein  ^rauenflofter  grünben  lief;  unb  ^aplreicpe 
©äjüter  patte,  bon  benen  ©ifatricp  unb  Run  alb  in  ber  Stäpe  bon  Söien 
eine  Rircpe  bauten,  ©ein  Sßirfen  fällt  nacp  ben  einen  auf  580 — 620,  nad) 
ben  anbern,  unb  jmar  ben  beften  gorfipevn,  auf  690 — 696 6.  3)  ©t.  @m= 


1839.  ©reitp,  Ser  f)I.  ©aliud.  6t.  ©aßen  1864;  ©efcpidpte  ber  altirifdjen  ßtrcpe 
6.  252  ff.  ß  a  n  b  o  1 1 ,  Sie  ©priftianifierung  beS  ßintp=  unb  ßiminatgebieteA  ßujern 
1867.  SSoti  Kolumban  befipeii  mir  einige  ^Briefe,  ein  )}3önitentialbudp  für  9Röncpe  foroie 
SRöndpdregeln  (ed.  Thom.  Sirinus.  Lovan.  1667.  Bibi.  Patr.  max.  Lugd.  vol.  XII. 
Gallandi,  ßiblioth.  vet.  Patr.  vol.  XII);  üon  ©aßu§  ift  bie  Diebe  bei  ber  ßonfefration 
beS  SSifdjofiS  3opann  bon  Honfianj  ( Gallandi  1.  c.  p.  751).  Sen  Sob  be§  pl.  ©attuS 
fepte  iRettberg  (bgl.  bon  ipm  aud)  Observat.  ad  vitam  S.  Galli.  Marburgi  1842)  auf 
650,  SRabillon  auf  646,  ©reitp  auf  640,  bagegen  ©elpte  unb  SfriebridEj 
ätoifdpen  625 — 627,  f?aucf  um  645. 

1  Acta  SS.  Boll.  April,  vol.  III. 

2  S.  Pirmini  vita  f.  SOI  o n e  a.  a.  £).  23b.  I.  6cpönputp,  ©pronif  be§  epe= 
maligen  ßlofterS  9teidpenau.  [frreiburg  1836.  6taiger,  Sie  3nfet  Dteicpenau.  ßon= 
ftanj  1860. 

8  33.  91.  Söinter,  9Iltefie  Äircpengefdiidpte  bon  9lltbapern,  Öfterreicp  unb  Sirot. 
ßanbgput  1813.  fRubpart,  91ttefte  ©efd)id)te  23apernd.  Hamburg  1841.  ©onpen, 
©efcpidjte  SapernS.  Oltiincpen  1853.  91.  91  i  e  b  e  r  m  a  p  e  r ,  SaS  9Rönd)tum  in  23ajuioarien. 
ßanbsput  1859.  $odp  =  6ternfe!b,  3ur  iilteften  ©efcpidfte  bon  23apern  unb  Öfter= 
reicp.  9tegen§burg  1854;  Sag  ©priftentuut  gtoifdpen  Dtpein  unb  Sonau.  ©bb.  1855. 
Quellen  in  Monumenta  boica.  42  voll.  Monacli.  1769 — 1875. 

4  Acta  SS.  Boll.  29.  Mart.,  30.  Aug. ;  bgl.  22.  Sept. 

6  Sa§  SGöirfen  be§  pl.  fRupert  fepte  bie  ältere  Srabition  auf  580 — 620;  anbere 
entfcpieben  fiep  für  eine  fpatere  3eit  (696).  SSgl.  3r  r  i  ebr  idj ,  SaS  toapre  gätalter  be§ 
pl.  9tupert.  9Ründ)en  1866.  91  it  t  p  aller,  Sie  ©efcpidjte  ber  Diupertuäfrage  unb  beren 
ßöfung.  Salzburg  1885  (6.  3aprp.).  Söattenbad)  (9lrdpib  für  öfterr.  ©efcpid)t§queßen 
II  [1850],  499),  bem  fiep  ©uitjmanu  (9tltefte  ©efepidpe  ber  93apern  6  .  209  ff.)  unb 
41  er  f  cp  ba  um  er  (©efcpicpte  be§  93idtumä  6t.  gölten  6.  134)  anfcploffen,  begrünbete 

aber  bie  9Innapme  bed  3ap«§  696  nod)  fefter  al§  feine  Vorgänger. 


11.  Sie  erften  SUHffionen  unter  ben  ^eibn.  ©ermanen  in  ben  beutfdjen  ©ebieten.  681 

meratn,  ein  aquitamfdjer  93ifd)of ,  ber  ben  Dinaren  fßannonienS  prebigen  moüte, 
ober  bon  £)erpg  Sl)eobo  p  9tegen§burg  prüdgebalten  in  kapern  öier  bi§ 
fieben  Saljre  tnirfte,  pletjt  aber  (mabrfdiemlid)  716)  infolge  grunblofen  25er= 
bad)te§  bon  Sambert,  bem  ©ohne  be§  tperpg»,  p  £)dfenborf  ermorbet  marb V 
4)  Ser  fränfifdje  ©infiebler  Korbinian,  ber  730  als  erfier  93ifd)of  bon 
f^reifing  ftarb,  nad)betn  er  üielfacbe  ©dfmierigfeiten  unb  eine  barte  Verfolgung 
beftonben  batte1 2.  ©d)on  bor  ©nbe  be§  6.  3abrbnnbert§  tooren  einzelne 
£)erjoge  VapernS  ©briften;  namentlich  foü  ba§  bei  ©aribalb,  bem  Vater  ber 
Cangobarbenlönigin  Sbeobelinbe,  ber  gall  gemefen  fein. 

3m  öfilidjen  granfen  tnirfte  ber  irifdje  Vifdjof  $ ilian,  botn  fßapfte 
beboÜmäd)tigt,  bei  bem  £)er§og  ©ojbert  in  Söiirjburg,  bem  er  and)  bie  Saufe 
erteilte;  aber  ba  er  beffen  Verbinbung  mit  ©eilana,  ber  grau  feine»  VruberS, 
freimütig  tabelte,  tnarb  er  auf  Vnftiften  berfelben  famt  feinen  ©efäbrten,  bem 
^rieftet  $olonat  unb  bem  Siafon  Sotnan,  ermorbet  (688  ober  689) 3.  S)a§ 
Vlut  ber  fDtärtprer  befruchtete  aud)  hier  ben  Voben,  fo  bajj  ba§  ©briftentum 
nidjt  böllig  unterging  unb  etmaS  über  ein  halbe»  gabrljunbert  fpätcr  hier  ein 
VifdjofSfit)  erridjtet  tnerben  fonnte. 

VnbermärtS,  toie  in  ben  ©egettben  b e §  9tl)einS,  ber  VfaaS  unb 
Vfofel,  mar  baS  ©briftentum  nidjt  ganj  untergegangen,  unb  hier  mären  bie 
fränfifcbett  Könige,  befonberS  Sbeobebert  I.  (feit  534),  für  beffen  Ausbreitung 
tfjätig  unb  fud)ten  and)  bie  bifdjöflidjen  ©tül)le  mieberberpfteden ,  fo  namenü 
lieb  Srier,  $öln,  ÜDfainj,  2Borm§,  ©peier,  9Re£,  Soul,  Verbun.  Vefonbern 
ßifer  entfalteten  bie  Vifcpöfe  ffticetiuS  Don  Srier  (f  556)  unb  Kunibert 
bon  $öln  (623 — 663).  Viel  früher  (Anfang  beS  6.  gabrlpnbert»)  mirfte 
ber  aquitanifdje  ©infiebler  ©  t.  ©  o  a  r  am  9ff)cin  in  ber  ©egenb  Don  Vopparb, 
Obermefel,  Vadjarad);  ihm  p  @brett  warb  ©t.  ©oar  erbaut.  Sn  ber  Vübe 
bon  Srier,  anf  bem  nad)  il)m  benannten  Verge  über  ber  fDfünbung  be§  ©lan 
in  bie  fRabe,  trat  ber  irifdje  Vtiffionär  ©t.  Sifibob  auf,  bem  bie  ©rünbung 
beS  ßlofterS  Sifibobenberg  pgefdjrieben  mirb4.  Vifdjof  Sragobobo  bott 
©peier  (660 — 700)  grünbete  baS  ßlofter  SBeifjenburg ,  Abt  AemafluS  bon 
©ougnon,  nachher  Vifdjof  bon  2ftaaftrid)t  (f  um  668),  bie  ßlöfter  9Mmebp 
unb  ©tablo;  fpäter  um  720  entftanb  ba§  ßlofter  tprüm  in  ber  ©ifel. 
Auch  Aonnenflöfter  erhoben  fid)  in  ben  ViStümern  am  Abein,  an  ber  Vlofel 
unb  VZaaS5. 

1  Vita  S.  Emmerani,  Acta  SS.  Boll.  (6.  Sept.)  VI,  474  sq.  Sepp,  Arbeonis 
episc.  Frisingen.  Vita  S.  Emmerammi  (Analecta  Bollandiana  1889,  p.  211  sqq.). 
29  üb  in  g  er,  gur  Äritif  altbatjr.  ©cfd)i<i£)te  (©ifcungifcer.  ber  Sßiener  Sllab.  SXIII, 
368  ff.),  ©bner,  Sie  ätteften  Sentmate  bes5  6f)riftentum8  in  SRegenöburg  (23erljanbl. 
beS  piftor.  23erein§  ber  Dberpfalj  1894,  ©.  153  ff.). 

2  Über  Slribo  (ben  oierten  23ifd}of  bon  greifing  764—784)  f.  Vita  S.  Corbiniani 
in  Acta  SS.  Boll.  (8.  Sept.)  III,  281  sq.  Aiejler,  3Irbeo8  Vita  Corbiniani  in  ber 
urfprünglidEjen  gaffung  (Abpanbl.  ber  bapr.  SIfab.  ber  SÖMffenfdb-  1888,  ©.  217  ff.). 

*  Vita  S.  Chiliani  bei  Mabillon,  Acta  SS.  0.  S.  B.  II,  950.  Acta  SS.  Boll. 
8.  Iul.  ©tamminger,  Franconia  sancta.  SBürjburg  1859  f.  ©mmerid),  Ser 
bl.  Äilian,  SRegionarbifdjof  unb  üttartprer.  Sßürjburg  1896. 

4  Acta  SS.  Boll.  Iul.  II,  588  sq. 

6  Über  bie  Siätümer  am  !Rf)ein  f.  F.  Schannat,  Hist,  episc.  Wormat.  2  voll. 
Francof.  1734  sq.  IRemling,  Sie  SifCböfe  öon  ©peier.  SDlaina  1852.  §eber,  Sie 


682 


Sie  ßirdje  bei  ber  Sluflöfung  her  römifdfen  IMtureinpeit. 


3rt  Belgien  beftanb  ba§  39i§tum  Songern^fDtaaftricpt,  beffett 
fcf)öfe  fepr  eifrig  tnaren.  ©t.  9tmanbu§  au»  Aquitanien,  nad)  berfdjiebetten 
Steifen  in  Storn  jum  füiifftonSbifcpof  gemeint,  ftrebigte  an  mehreren  Orten  unter 
©ermanen  unb  ©Statuen,  tuar  630  auf  furje  geit  bon  ßönig  Oagobert  Uer= 
bannt,  regierte  brei  Satire  ba§  23i§tum  fUiaafiricfjt,  teprte  bann  abermals  ber= 
fdjiebene  tBötferfcpaften,  grünbete  einige  $töfter  unb  ftarb  um  661  im  IHofter 
©Inon  bei  SEournat).  Stujferbem  mirften  in  Belgien  Stubomar,  ©tifter  be§ 
^lofterS  ©t.  Sertin,  ber  Srtünber  SiUinu§,  ber  656  bon  ben  Reiben  er= 
fcptagen  tuarb,  unb  Sifdjof  ©Iigiu§  bon  fftopon  (641 — 659),  35iele  23er= 
bienfte  ertuarb  fid)  aud)  ©t.  Satnbert,  33ifcpof  bon  fJJiaaftricpt  (670 — 708), 
unb  fein  Stadtfolger  tpubert  (f  721).  2Sournat)  unb  StrraS  (feit  545  ©itj 
ju  ©ambrat))  Ratten  halb  ebenfo  tpätige  Wirten*  1. 

12.  Oie  ©itthndlung  ber  firc^Iidjen  Serfaffung. 

ßitteratur.  —  6.  oben  ©.432.  ®ap:  Spatd),  ®ie  ©runbleguttg  ber  ßirdjen* 
öerfaffung  2Befteuropa§  int  frühen  SDlittelatter.  ®eutfd)  bon  Spar  na  cf,  ©iefeen  1888. 
©tut},  ©efdjicfjte  beS  firdjlidjen  SBenefigiaftoefenS  bon  feinen  Stnfängen  bis  auf  2llej= 
anber  III.  23b.  I,  1.  Spälfte.  23erlin  1895.  ©dp  mit;,  ÜRetropoIitanberfaffung  unb  tßro= 
binjialftjnobe  in  ©atlien  toäprenb  beS  5.  3(af)rfjunbert§  (3eitfcpr.  für  ßirdjenredpt  1887, 
©.  3  ff.),  ©rifar,  9tom  unb  bie  fränfifcpe  ßircpe  öornepmtid)  im  6.  Saprpunbert 
(3eitfd)r.  für  fatpof.  ®peol.  1890  ,  ©.  447  ff. ;  bgt.  Analecta  romana  I,  333  sgg.). 
Imbart  de  la  Tour,  Les  paroisses  rurales  dans  l’ancienne  Trance  du  IYme  au 
XIme  siede  (Revue  historique  LX  [1896],  241  ss. ;  LXI,  10  ss. ;  LXIII  [1897],  1  ss. ; 
LXVII  [1898],  1  ss.;  LXVIII,  1  ss.). 

A.  Der  printat  öcr  tämtftpftt  firdjr. 

Oie  ©tettung  ber  ^äpfte  im  Stbenbtanbe  nad)  bem  gufammenbruep  beS 
tueftrömifepen  ÜteidieS  unb  baS  madptbolte  ©ingreifen  berfetben  in  bie  bogma= 
tifcpen  ©treitigfeiten  beS  bpjantinifepen  9teicpe§  offenbaren  in  ber  beuttiepften 
SBeife  ben  Primat  ber  römifd)en  $ird)e.  SuSbefonbere  galt  ber  t]Sapfi  at§ 
oberfter  Set) rer  unb  £)ort  be§  ©tauben §.  Sßetru§  pat  nad)  bem  ©eta= 
fianifepen  Oefret  bem  Oon  ifjnt  gefegneten  ©tupte  e»  uerliepen,  bafj  ipn  nad) 
ber  tßerpeifjung  be§  §errn  bie  Pforten  ber  tpöEe  nie  übertuinbett  unb  er  für 
alte  ©d)tuanfenben  ber  fieperfte  tpafen  ift,  fo  baff,  tuet  in  iprn  rupt,  einen  fetigen 
unb  immertuäprenben  feften  ©itj  fjat,  tuer  ipn  aber  Ueracptet,  fepen  tuirb,  tua§ 
für  ©ntfiputbigungen  er  am  Sage  be»  ©eriept»  Oorbringett  tonne2.  Opne 
biefen  ©tupt  patte  feine  ©tauben§entfcpeibung  eine§  ^onjilä  befinitibe  ©üttig= 
teit,  unb  feine  ©ntfepeibung  tuarb  at§  unantaftbar  unb  enbgiittig  in  ber  Art 


Oorfarolingtfcpen  ©Iauben§pelben  am  fRpein.  fjrauffurt  1858.  ©teininger,  ©efepidpte 
ber  SSrebirer  unter  ber  §>errfcpaft  ber  Ofranfen.  ®rier  1850.  3.  23  c  cf  er,  ®ie  älteften 
©puren  beä  ©priftentumg  am  SOtittelrpein  (tftaffaufdje  2tnnalen  VII,  II,  ©.  1 — 72). 
9tion,  ßeben  beä  pl.  ßilian.  Slfdfaffenburg  1834.  §imm elftein,  ifteipenfolge  ber 
23ifd£)öfe  oon  Söürgburg  (Slfdpaffenburg  1843)  ©.6.  SSartoI,  ®ie  älteften  ©puren 
beS  ©priftentumg  in  ber  mittleren  Sftpein=  unb  unteren  SJtaingegenb.  ftfranffurt  1894. 

1  Dufau,  Hist,  du  developpement  et  de  l’introduct.  du  Christ,  en  Belgique. 
Liege  1847.  Vita  S.  Eligii  bei  D’Achery,  Spicil.  V,  156  sq.  Demarteau,  St.  Thäodard 
et  St.  Lambert.  Vies  anciennes.  Liege  1886 — 1890.  ®etpene,  ®er  f)I.  ßambertug, 
fein  ßeben  unb  feine  $eit.  ißaberborn  1896. 

2  Gelas.,  Tract.  II,  c.  10,  ed.  Thiel,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  529.  530. 


12.  Sie  ©ntlnicflung  ber  firdjlidjen  SSerfaffung. 


683 


betrautet,  baf3,  mer  fid)  bagegen  auffe^rtte,  fid)  feI6ft  bon  ber  Birdie  au?fd)lofi. 
tiefer  ®tuf)I,  an  ben  fid)  alle  £)äretifer  manbten,  tt)arb  nie  tum  einer  Srrleffre 
beflcdt;  feinen  51norbnungen  ju  gef)ord)en,  mußten  fid)  bie  33ifd)öfe  berpflidjten 1. 
Sn  il)in  ruljte  ber  Wittelpunft  ber  firdjlid)en  6 in!) eit,  bon  Sßetri 
©itj  ftrömten  bie  9ted)te  ber  ftrd)lid)en  ©emeinfdjaft  nnb  alle  ©emalten  au§, 
unb  in  if)m  fanben  fie  mieber  iffre  geftigfeit2.  Sie  köpfte  übten  bie  gefetj= 
gebenbe  ©emalt  mie  bie  ber  Sifpcnfation,  toaren  2Bäd)ter,  33efd)it|er,  6r= 
Hörer  ber  Kanone?;  ©irtctu§,  Snnocenj,  Seo,  ©elafiu?  übten  biefe  9Jtadjt. 
„2ßa?  bon  allen  ßirdjen  beobachtet,  toa§  bertnieben  »erben  foll,"  fagt  ©irtciu?, 
„entfdfeiben  mir  burd)  allgemeinen  9Iu?fprud)."  gofimu?  unb  2eo  I.  mollten 
bie  Übertretung  ilfrer  Sefretalen  ofine  51ad)fid)t  beftraft  tbiffen,  unb  allenthalben 
tnarb  ef)rfurd)t?bolIe  21nfnaffme  berfelben  gcforbert.  6ie  toaren  o  b  e  r  ft  e 
9t  i  elfter;  an  fie  tourbe  au?  allen  Seilen  ber  (flfriftenheit  appelliert;  fie  Ijatten 
bie  9tegierung?gemalt  unb  beljanbelteu  in?befonbere  bie  mutigeren  51ngelegen= 
feiten  ber  23ifd)öfe  unb  53i?tümer  (causae  maiores)3 4.  ©ie  fanbten  Segaten 
in  bie  einzelnen  ^ircbten  unb  mürben  öfters  um  bereit  5(borbnung  aud)  oon 
ben  Orientalen,  bon  Raifern  unb  bon  53ifd)öfen,  5.  18.  bon  53afiliu3,  gebeten i. 
©ie  betätigten  gelegentlich  aud)  bie  oberften  fpierardien  be?  Orient?;  Sl)eobo= 
fiu?  I.  erbat  burd)  eine  eigene  ©efanbtfd)aft  bie  51tterfennung  9tom?  für 


1  Über  bie  päpfüidjen  91ect)te  bgl.  Gelas.,  Tract.  IV,  c.  9,  p.  565:  Quod  firmavit 
in  synodo  Sedes  Apost.,  hoc  robur  obtinuit,  quod  refutavit,  habere  non  potuit  firmi- 
tatem,  et  sola  rescindit,  quod  praeter  ordinem  congregatio  synodica  putaverat  esse 
usurpandum.  Pelag.  II. ,  Ep.  ad  Orient. :  Cum  generalium  synodonun  convocandi 
auctoritas  Apostolicae  Sedi  B.  Petri  singulari  privilegio  sit  tradita  et  nulla  umquam 
synodus  rata  legatur ,  quae  apostolica  auctoritate  non  fuerit  fulta.  33qI.  Greg.  M., 
Ep.  1.  IX,  n.  68  ad  Euseb.  Thessal.  (Opp.  ed.  Maur.  II,  984).  Bonif.  I.,  Ep.  15  ad  Ruf., 
n.  5  (ed.  Thiel  p.  1042):  Nemo  umquam  apostolico  culmini,  de  cuius  iudicio  non 
licet  retractari,  manus  obvias  audenter  intulit.  3] gl.  Ep.  13  ad  eund.,  n.  2.  Zosint., 
Ep.  12  ad  Aurel.,  ed.  Thiel  p.  974  sq.  Siric.,  Ep.  1,  n.  8  (ibid.  p.  627  sq.) :  Nunc 
praefatam  regulam  teneant  omnes  sacerdotes ,  qui  nolunt  ab  Apostolicae  petrae, 
super  quam  Christus  universalem  construxit  Ecclesiam,  soliditate  divelli.  Innoc.  I., 
Ep.  25  ad  Dec.,  n.  2  (ibid.  p.  856) :  Quis  enim  nesciat  aut  non  advertat,  id  quod  a 
principe  Apostolo  Petro  Romanae  ecclesiae  traditum  est  ac  nunc  usque  custoditur, 
ab  omnibus  debere  servari?  Bonif.  I.,  Ep.  14,  n.  1,  ed.  Thiel  p.  1087;  Ep.  15, 
n.  4,  p.  1041.  »gl.  Optat.  Milev.,  C.  Parmen.  Donat.  II,  2.  3.  Sie  (Snbgültigfeit 
unb  Srrtumäfofigfeit  ber  römiid)en  ©ntfdjeibungen  beuten  an  Hieron.,  Ep.  57.  58  ad 
Damas.,  ed.  Coustant,  Epist.  Rom.  Pont.  p.  545  sq.  551.  Theod.,  Ep.  116,  p.  1324  sq. 
August  ,  C.  duas  epist.  Pelag.  ad  Bonif.  II,  3,  serm.  131  (Opp.  V,  645).  Petr. 
Chrysol.,  Ep.  ad  Eut.  S.  Leon.  ep.  25.  Form.  Hormisd.  bei  Mansi,  Conc.  Coli.  VIII, 
407  sq.  Ferrand.  Dine.,  Ad  Sever.  n.  1 :  Interroga ,  si  quid  veritatis  cupis  audire, 
principaliter  Apost.  Sedis  antistitem,  cuius  sana  doctrina  constat  iudicio  veritatis 
et  fulcitur  munimine  auctoritatis. 

2  Conc.  Aquileian.  381  ad  Imp.,  ed.  Coustant  p.  554.  Siric.,  Ep.  5,  n.  1,  p.  651. 
Innoc.  I.,  Ep.  29,  2,  bei  Coustant  p.  747.  888.  896.  Bonif.  I.,  Ep.  4.  14,  p.  1019. 
1037.  Leo  M.,  Ep.  10,  c.  1;  Serm.  4  de  nat.  c.  2.  4.  Felix  III.  (490),  Ep.  14, 
ed.  Thiel  p.  267:  per  quam  (Sedem  Apost.)  largiente  Christo  omuiurn  solidatur 
dignitas  sacerdotum. 

3  Innoc.  I.,  Ep.  2,  n.  6. 

4  Basil. ,  Ep.  66.  69.  70.  90—92  (Migne,  Patr.  gr.  XXXII,  424  sq.  432. 
472  sq.). 


684  ®ie  ßirtf)e  Bei  ber  Auflöfung  ber  rBmifdjen  ftultureintjeit. 

AeftariuS  non  ^onftantinopel 1,  unb  nachher  marb  es  üblich,  bafs  bie  6t)jan= 
tinifhen  Patriarchen  ihre  Snthroniftifa  burch  eine  eigene  ©efanbtfchaft  Hon 
einem  93if<hof,  einem  priefter  unb  einem  Siafon  mit  ©efhenfen  in  Aom  ii6er= 
reihen  liefen2.  Sie  päpfte  richteten  auch  über  bie  Patriarchen,  unb  ohne 
ihre  (Genehmigung  burfte  feiner  abgefeimt  )u erben ,  ma§  3uliu§  in  Sachen  beS 
Atpanafius,  Sunocenj  in  Sachen  be§  ©hrpfoftomuS  geltenb  machte,  ma§  ba§ 
^onjit  Hon  (Sp^efuS  bei  bem  Urteil  über  AeftoriuS  mie  über  3ohanne§  Hon 
Antiochien  anerfannte,  ©elafiuS  auSbrüdlicf)  ausfprach  unb  Agapet  I.  in 
Spjanz  536  burcf)füf)rte 3.  Sagegen  ftanb  ber  Sah  feft,  bah  ber  erfte  Stuhl 
Hon  niemanben  gerichtet  merbe4.  So  mar  bie  Kirche  AomS,  Herehrt  als 
Aiutter  aller  Kirchen,  mit  bem  größten  ©tanze  umgeben,  ber  Apoftolifdfe  Stuhl 
berfelben  mar  bie  3ufluc£)t  aller  unb  genof;  bie  Verehrung  ber  ganzen  A3elt5 6. 

B.  Dir  orirntalifd)ru  $)atrinrd)fu  unb  ßlrtropolitru. 

Seit  bem  Konzil  bon  ©hfllcebon  galten  tljatfächlich  im  Orient  bie  Hier 
Patriarchate  Hon  ^onftantinopel ,  Antiochien,  Serufalem  unb  Alejanbrien 
(mit  ber  autonomen  proninj  ©ppern)  fll§  enbgiiltig  gebilbet.  Sie  Patriarchen 
Hon  ^onftantinopel  [trebten  meiter  banach,  auch  gegenüber  ben  anbern  patri= 
archcn  einen  Vorrang  ju  erreichen,  gleichfam  bie  päpfte  be§  Orients  ju  merben. 

Auf  bem  $ o n j i I  zu  © p f) e f n §  hatte  ber  Bggantinifcpe  Stolz  in  ber  Abfetjung 
bei  AeftoriuS  eine  Semütigung  gefunben,  unb  mährenb  ber  Stuhl  Hon  Alepanbrien 
burch  EpriduS  einen  neuen  ©lanz  erhielt,  marb  Antiochien  burch  ba§  ^Benehmen  be§ 
SifhofS  Johannes  in  ben  Schatten  geftettt.  Ser  ehrgeizige  SuHenal  Hon  Serufalem 
fud)te  bie§  für  bie  Erhöhung  feines  Stuhles  ju  benutzen,  fanb  aber  bei  EpriEuS 
fräftigen  SBiberfianb.  9Ael)r  Anflang  fanb  er  nachher  beim  J?aifer  SpeobofiuS  II. 
unb  fpater  auf  ber  Spnobe  ju  (Spalcebon,  mo  (25.  unb  31.  Dftober  451)  bie 
Zmifdjen  Sfubenal  unb  SAajimuS  Hon  Antiochien  gefcploffene  Übereinfunft  genehmigt 
marb,  monach  bie  beiben  Phönijien  unb  Arabien  beim  antiocpenifihen  Patriarchat 
Herblieben,  bie  brei  paläftina  aber  unter  ben  93ifd)of  Hon  $erufalem  geftettt  mürben, 
ber  halb  banach  Patriarch  piep  unb  als  ber  fünfte  in  beren  Aeipe  galt.  Aod)  mehr 
aber  muffte  bamalS  AnatoliuS  Hon  ßonfiantinopel  ju  erreihen.  Surd)  bie  $anoneS 
9  unb  17  Hon  Epalcebon  mürbe  bie  ©erid)t§barfeit  feines  StupIeS  in  ben  Epardfaten 
befeftigt  unb  burh  ben  nad)  ber  Entfernung  nieler  53ifd)öfe  aufgefteüten ,  Hon  ben 
römifdjen  Segaten  befämpften  ßanon  28  ber  britte  fi’anon  ooti  ß'onftantinopel  erneuert, 
bem  ©tfcpof  Hon  Aeurom  bie  gleichen  Ehren  mie  bem  Hon  Altrom  unb  ba§  Aeht  ber 
33eftätigung  unb  SBeipe  ber  Aietropoliten  in  ben  Epardjaten  zugefprodfen.  SieS  mar 
Hon  ba  an  baS  tpaupfboHmerf  ber  bpzantinifhen  Anfprühe;  man  fudjte  fie  mit  bem 

1  Bonif.  I.  ad  episc.  Maced. :  Theodosius  Nectarii  ordinationem ,  propterea 
quod  in  nostra  notione  non  esset,  habere  non  existimans  firmitatem,  missis  a  latere 
suo  aulicis,  formatam  huic  a  Sede  Rom.  dirigi  regulariter  depoposcit,  quae  eius 
sacerdotium  roboraret. 

2  Über  ben  ©ebraud)  unter  §ormi§ba§  Hgl.  Mansi  1.  c.  VIII,  500. 

3  Ü6er  bie  römifhe  SuriSbiftion  in  ©ad)en  ber  Patriarchen  Hgl.  Gelas.  I.  (495), 
Ep.  27,  ed.  Tliiel  p.  426  sq. 

4  £)en  ©atj:  Prima  sedes  a  nemine  iudicatur  fpredfen  au§:  Conc.  Rom.  unter 
Papft  ©pmmachuä,  ©nnobtuS  Hon  Sucinum  unb  Anitu§  Hon  Pienne  (Ep.  ad  Senat, 
urbis) ,  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  247.  271.  294.  Pgt.  £>efele,  ©onciliengefcf).  II 

(2.  Auf!.),  641  f. 

6  Cassiod.,  Var.  XI,  2  ( Migne ,  Patr.  lat.  LXIX,  828). 


12.  ®ie  ©ntmicflung  her  firdflichen  tßerfaffung. 


685 


orientalifdjen  SBcfd^tuffe  Don  381  unb  bem  aÜmäf)Ii(f)  perauSgebilbeten  ©emopnheitS» 
rechte  ju  red;tfertxgen,  erfannte  aber  Doflfommen  an,  baff  eine  ©leidfftellung  mit  bem 
93ifd)of  Don  Slltrom  nicpt  beabfidftigt  fei,  bem  „ber  Primat  oor  allen"  Derbleibe;  ba 
man  aber  aud)  bie  Vorrechte  be§  lederen  au§  bem  Stange  ber  faiferlidfen  (Stabt  t)er= 
leitete,  fo  lag  späteren  Seiten  bie  Folgerung  nal)e,  ba  Diotn  nicht  mehr  ß'aiferftabt 
fei,  feien  feine  ifkitilegien  auf  übergegangen.  OamalS  mar  ber  ©iij  ton 

Sllejanbrien  erlebigt,  Slntiocpien  unb  Serufalem  ftimmten  ju;  ben  ViajimuS  ton 
Slntiodfien  batte  SlnatoüuS  felber  geroeibt,  ben  Sfuüenal  batte  man  eben  erft  begnabigt. 
Slber  VaPÜ  Seo  b.  ©r. ,  obfdfon  Don  $aifer  Viarcian  unb  Don  5lnatoliu§  bringenb 
um  Veftätigung  gebeten,  öertoarf  bie  Steuerung  bebarrlid; ;  er  erflärte  452  bem  ^aifer 
unb  feinem  Sßatriardfen,  ber  meltlid)e  Vorrang  ber  ßaiferftabt  fönne  feinen  fird)Iid)en 
begrünben,  ba  biefelbe  fein  apoftolifdjer  ©tul)l  fei,  bie  getroffene  Slnorbttung  ücrlepe 
bie  geheiligten  Diedfte  öon  Sllejanbrien  unb  Slntiodfien,  miberfpredie  bem  (fedjften) 
nicänifcben  ßanon,  fei  ein  Stefultat  be§  (£f>rgeiäc§ ,  berechnet  auf  Verroirrung  ber 
Kirche,  ba§  man  tiefen  Vifdföfcn  abgelodt  ober  abgeprefst  habe  unb  bem  aud)  ber  in 
9iom  nid)t  anerfanute  Vefdflufj  Don  381  feine  ©tülje  öerfeiben  fönne.  3>m  Orient 
behauptete  man  fchon,  ber  Sßapft  termcrfe  bie  ganje  ©pnobe  Don  ©palcebon,  fo  bah 
Viarcian  (15.  gebruar  453)  il)n  bat,  burd)  Vriefe,  bie  in  allen  ßirdjen  Dorgelefen 
merben  fönnten,  ba§  ^onjil  ju  beftätigen.  Seo  gab  biefe  Veftätigung ,  nahm  aber 
baton  au§brüdlid)  bie  gegen  bie  nicänifchen  $anone§  gefaxten  23efcf)lüffe  au§.  ©nb= 
lieh  beroog  ber  $aifer  454  ben  SlnatoliuS  per  Stachgiebigfeit  unb  31t  einem  @nt= 
fchulbigung§fihreiben  nach  9iom;  Seo  batte  DoÜftänbig  gefiegt ;  ber  $anon  28  ton 
©haleebon  blieb  vorläufig  ohne  3ted)t§fraft ;  $heoboru§  Seftor,  Johannes  ©djola» 
ffifu§  u.  a.  Ahlten  nur  fiebenunbjmansig  ßanone§  auf,  unb  and)  in  $onfiantiuopel 
muffte  man  febr  gut,  baff  ohne  päpftlidfe  Slnerfennung  ber  Vefdfluff  niemals  ©ültig» 
feit  31t  erlangen  termöge  ’. 

®od)  ber  Sbrgeij  ber  Vt)3antiner  Derfolgte  bebarrlid)  baSfelbe  Siel-  Unter 
ißapft  ©implictuS  (feit  468)  fudjte  SlcaciuS  (feit  471)  burd)  ben  ßaifer  Seo  I. 
eine  Slnerfennung  ber  $anone§  üon  ©haleebon  ju  ermirfen ;  aber  ber  päpftlidfe  Scgat, 
Vifdfof  iffrobuS,  leiftete  473  nad)brüdli<h  SBiberftanb  *,  unb  SIcaciu§  [teilte  barauf 
ben  fffapft  in  fo  hohem  Viaffe  jufrieben,  bah  biefer  U)tt  al§  feinen  ©tettoertreter  in 
©ad)en  ber  Vlonophbfiten  im  Orient  beftellte.  Slber  unter  bem  ^braunen  Vafili§fu§ 
fomie  unter  bem  miebereingefe^ten  ^aifer  Seuo  muhte  ber  ränfetoKe  SlcaciuS  mieberum 
faiferlidfe  ©bitte  31t  ©unften  feiner  Viachtanfprüdfe  31t  erlangen,  moburch  ber  ton  ben 
Vifdföfen  be§  epbcfxnifd)en  ©jard)at§  gemadfte  Verfud)  fd)eiterte,  ihre  älteren  ©jardjat» 
red)te  raicber  31er  ©eltung  3U  bringen1 2  3.  il)atfäd)Ixd)  benahm  fid)  fepoxx  SIcaciuS  al§ 
geiftlid)e§  Oberhaupt  bcS  oftrömifd)en  9ieidfe§,  mähte  fid)  bie  Vefetjung 
be§  ©tuf)Ie§  Don  Slntiodfien  an  unb  bot  3ulet)t  felbft  bem  römifdjen  ißapfte  2mo|. 
©elafiuS  mie§  inSbefonbere  bie  Siidftigfeit  biefer  el)rgei3igen  Slnfprüdfe  nach-  ©r 
fanb  eS  befremblid),  bah  biejenigen  fi<h  ftet§  auf  bie  5?anone§  beriefen,  bie  immer» 
fort  ipnen  3umibergel)anbelt ,  unb  lädferlid),  baff  baS  frühere  ©uffraganbiStum  Don 
§eraflea  au§  ber  faiferlidfext  9iefiben3  firdflidfe  Vorrechte  ableiten  molltc ,  ba  auch  3U 
Siatenna,  fffiailanb,  ©irmium  unb  Strier  bie  5?aifer  längere  Seit  refibiert  hätten, 
ohne  bah  bie  Vifdföfe  biefer  ©täbte  barum  einen  höheren  Siang  beanfpruchen  fonnten. 
©r  berief  fid)  auf  bie  Unterlfanblungen  unter  feinen  Vorgängern  unb  hielt  baS  alte 


1  Leo  M.,  Ep.  119,  c.  4.  Cyrill.,  Ep.  48,  bei  Mansi  1.  c.  VII,  179  sq.  Com:. 
Chalced.  can.  9.  17.  28. 

2  Gelds.,  Ep.  10.  26,  ed.  Thiel  p.  214.  407. 

3  Über  baS  @bift  be3  SBafxliSfuS  477  Dgl.  Evagr.  Schol.,  Hist.  eccl.  IH,  7 ;  über 
Dasjenige  3enoS  L.  16,  Cod.  Iust.  de  SS.  eccl.  I,  2.  Evagr.  1.  c.  1H,  8. 


(586  Sie  ßircfie  bei  ber  Sluflöfung  ber  röntifihen  ßultureinljeit. 

Xriumoirat  ber  brei  Patriardjalfiüble  Hort  jftom ,  Süe^anbriett  unb  21ntioc£;ien  ent= 
fdjieben  feft 1  $n  biefen  Kämpfen  getuö^nte  fidj  aber  ber  Orient  gleidjwohl  immer 
me^r  an  bie  Hegemonie  oon  SBpzanz,  unb  wenn  aud)  Ülltrom  in  ber  bogmatifdjen 
©ad)e  beit  gtanjenbften  ©ieg  erlangte,  jo  blieben  bod)  bie  brei  Sjardjate  ihrer  ÜJtadjt 
beraubt,  unb  3?onftantinopel  galt  bett  Orientalen  al§  ber  erfte  ber  ©tüf)le  im  Djten. 
$aijer  3  u  ft  i  n  i  a  n  I.  l)ob  wieberum  in  jeinen  ©ejeüen  bie  zweite  ©teile  be»  S3ijd;of§ 
jeiner  flauptftabt  hetüor,  unb  jeit  jeincr  Seit  warb  im  Orient  bie  l?ird)e  mehr 
unb  mehr  al§  eine  pentarcf)ie  gebadet ,  gebilbet  Hon  ben  93ijc^öjen  non  5llt= 
unb  jReurom,  non  5llejanbrien ,  Slntiodjien  unb  Serufalem.  Oie  Hier  erjten  biejer 
©tiitjle  üerglidj  man  mit  ben  Hier  Qlüffen  be§  SßarabiejeS ,  fpäter  ade  jiinj  mit  ben 
©innen  be§  menjdjlidjen  Seibe».  Oieje  in  ber  Folgezeit  immer  mehr  entwidelte  5ln= 
fdjauung  ber  Orientalen  janb  im  Slbenblanbe  nor  bem  9.  ^ya^rbjunbert  leinen  5ln= 
flang ;  in  ifw  lag  jd)on  eine  mistige,  admäljlid)  jum  nödigen  jRijj  füljrenbe  Oifferenz 
ber  beiben  großen  §älften  ber  £?ird)e. 

©djärfer  trat  ber  ©egenfai)  Ijernor,  al§  im  Sabre  588  33ijd)of  Johann  IV. 
non  ßonftantinopel  auj  einer  bortigen  ©pnobe  ben  antiodjenifchen  Sßatriardjen 
©regoriu§  richten  wodte  unb  fidj  ben  jcbott  früher  bie  unb  ba  gebrauchten,  objcbon 
nod)  nidjt  in  ber  offijiedett  ©pradje  ftebjenb  geworbenen  Xitel  eine§  „öfumentfdjen 
Patriarchen"  beilegte,  worunter  man  jicb  ben  oberjten  Pifdjof  be§  öfilidjen  $aifer= 
reiches  badjte,  aber  auch  Ieid)t.  einen  „adgemeinen  Sßifdjof"  mit  5lu§fd)luji  ber  übrigen 
beiden  fonnte1 2 3 4.  Sn  legerem  ©inne  unb  zugleid)  im  Ipinblicf  auj  ba§  non  bem 
ißbjantiner  ufurpierte  Dlidjteramt  über  ben  niel  älteren  ©tubl  non  Stntiodjien  jagten 
e§  bie  päpfte  pelagiuS  II.  unb  ©regor  b.  ©r.,  bie  bagegen  nad)brüdlid)  (Jinjpradje 
erhoben.  2Bar  man  aud)  non  feiten  9tom§  nicht  abgeneigt,  bem  SHjdjofe  ber  öjtlidjen 
Uaijerftabt  ben  Patriarchen  titel  jujttgefteben ,  jo  tonnte  man  e§  bod)  nicht 
bitlben,  ba|  eine  jo  nielbeutige  unb  anmafjenbe  Xitulatur,  wie  jie  in  ber  ^Bezeichnung 
„öfumenifdjer  Patriardj"  lag,  non  ben  ehrgeizigen  j?onftantinopo!itanern  angenommen 
würbe,  währenb  jie  gleichseitig  in  jremben  patriardjaten  ufurpierte  9ted)te  jur  9ln= 
wenbung  bringen  wodten.  Oer  bemütige  ©regor  b.  ©r. ,  ber  bie  fdjon  früher  non 
einzelnen  53ifd)öfen  gebrauchte  ^Bezeichnung  „$ned)t  ber  $ned)te  ©otte§"  al§ 
ftänbigeS  Präbifat  ber  ijläpjte  in  ihren  feierlichen  ©rlafjen  ein  führte s,  wodte  in  feiner 
SBeife  „öfumenifdjer  Papft"  genannt  werben,  jo  fefjt  er  an  bem  Primate  ber  römifdjen 
i?irdjc  jefthielt;  ber  Xitel  eines  adgemeinen  53ifd)of§  fdjien  eben  bie  übrigen  SBifdjöfe 
an§zufd)liefjen.  Ood)  fam  ber  fRame  jpäter  in  Aufnahme.  Sßie  ju  ©fjolcebon 
Seo  b.  ©r.  „öfumenifdjer  6rzbifd)of",  non  anbern  Orientalen  518  unb  536  bie 
päpfte  f)ormi§ba§  unb  2Igapet  „öfumenijdje  Patriardjen"  genannt  worben  waren, 
jo  I)Qtten  orientalijd)e  ©eijtliche  jeit  Sotjoun  II.  oon  ^onftantinopel  (518 — 520) 
ben  53ifd)öfen  ber  fbaiferftabt  biefen  Xitel  beigelegt,  ßaifer  Sujtinian  ihn  feinen 
Patriarchen  ebenfaÜS  gegeben;  bie  Spzantincr  behielten  ihn  bei,  wenn  and)  ihre  93i= 
fdjöfe  nod)  auj  Saljrhunberte  hinaus  in  ben  an  bie  päpfte  gerichteten  Schreiben  fidj 
jeiner  nicht  bebienten.  $aifer  pl)ofa§  (602 — 610) ,  ber  jich  ben  9lbenblänbern  ge= 
jäüig  erweijen  wodte,  fonnte  nur  twrübergehenb  ben  ©tolj  ber  fwfpatriardjen  (5priafu§ 
unb  Xhoma§  beugen  *.  9luj  bem  fedjften  adgemeinen  Konzil  unterfd)rieb  ber  Patriarch 


1  Gelas.,  Episc.  26  ad  Ep.  Dard.  495,  c.  10,  p.  405.  406;  Cominonit.  ad  Faust. 
Ep.  10,  c.  5,  p.  343  sq. ;  Tomus  de  anathematis  vinculo  c.  1,  p.  558  sq. 

2  ©elzer,  Ser  Streit  über  ben  Xitel  be3  öfumenifchen  Patriarchen  (3eitfdjr.  für 
proteft.  Xheol.  1887,  ©.  549  ff.). 

3  Über  ben  Xitel  servus  servorum  Dei  f.  Ioann.  Diac.,  Yita  Greg.  M.  II,  1. 
Sau,  ©regor  b.  ©r.  6.  150. 

4  Paul.  Diac.,  Hist.  Langob.  IV,  37.  Vita  Bonif.  DL,  bei  Mansi  1.  c.  X,  501. 


12.  Sie  Gntmicflung  ber  lirdjlidjen  SSerfaffung. 


687 


©eorg  offne  ben  üom  l?aifer  ihm  in  feinen  Erfaffen  beigelegten  SLitel  eine§  „öfume= 
nifdjen  Patriarchen",  mährenb  bie  rörnifd[)en  Segaten  in  U;ren  Unterfdjriften  bent 
Popfte  ben  ihm  auch  649  auf  ber  Sateranfpnobe  gegebenen  Oitcl  be§  „allgemeinen 
Papftc§"  beilegten.  9luf  bent  trnltanifdfjen  ßon^it  bon  692  (can.  36)  fanftionierten 
bie  ©riedjen  Don  nettem  ihren  SiebUng§fanon ,  bafs  ber  ©tuffl  bott  Murom  bie 
gleichen  Ehren  mie  ber  bon  9lItrom  genieße  unb  ber  jmeite  nad)  bemfelben  fei.  Oer 
päpftlidfe  ©tuffl  miberftanb  aber  überhaupt  ber  3inerfennung  biefer  $anone§  ent= 
fd)iebcn,  tooburd)  ber  griedjifdje  ©tolj  tief  berietet  warb. 

2öa§  bie  Metropol iten  betrifft,  fo  Tratte  fdfon  papft  3nnocenj  I.  ben 
©tunbfa|  bertnorfen ,  bafi  bie  firdjlidje  Einteilung  ber  probin^n  fid)  fiets 
uad)  ber  meltlichen  ju  richten  habe.  3n  gleicbjer  Sßeife  fpradjen  fid)  feine 
9iad)foIger  Seo  unb  ©elafiu§  au§ 1.  2SieIe  politifche  Metropolen  fudhten  and) 
fird)lid)e  ju  tnerbett.  3f?ü^Iid)feit§=  unb  3tüe£fmäf3igfeityrüdfichten  mären  itn 
Orient  fiet§  übermiegenb ;  jebod)  l)a&en  biefelben  nid)t  immer  gefiegt.  3lt 
Ef)fllcebon  mürben  am  20.  Oftober  451  bem  Er;)bifd)ofe  bon  Opru§ 
bie  Ütechte  über  bie  ganje  tßrobinj  be§  erften  PhönijienS  jurüdgegeben ,  bie 
auf  einer  bpjantinifd^en  ©pnobe  ju  ©unften  be§  bon  Xf)eobofiu§  II.  jur 
Metropole  erhobenen  PerptuS  gefdpnälert  motbeu  maren;  überhaupt  fud)te 
man  h'er  (can.  12)  ben  Ehrgeiz  her  einzelnen  ©uffragane  ju  befd)ränfen2. 
©eit  Suftinian  aber  tarnen  bie  bom  ß'aifer  beliebten  Peränberungen  in  ber 
fJtegel  auch  feiten^  ber  orientalifchen  $ird)enborfieI)cr  jum  PoIIsug,  unb  nod) 
manche  ©täbte  erhielten  ben  Metropolitenrang ,  ihre  Pifcfföfe  ben  Ehrentitel 
„Metropolit";  nicht  int  Anfänge,  aber  fpäter  mar  bamit  bie  entfpredjettbe 
fird)Iid)e  Mürbe  berbunben.  ')lu§  ber  Einfachheit  ber  älteren  3eiten  mar  man 
herau§getrcten ;  ber  Ehrgeij  ber  Pifdjöfe  mirfte  auf  ©pttobett  mie  am  faifer= 
liehen  §ofe,  unb  ber  an  biefetu  ^errfd^enbe  Oefpoti§mu§  brang  and)  in  bie 
Kirche  ein.  Palb  entmidefte  fid)  eine  fflabifdje  Untermürfigfeit  ber  Metro= 
politen  unb  ber  Pifdjöfe  unter  ihre  Patriarchen ,  bie  meiften»  ju  miCffährigen 
Merfjeugcn  ber  faiferlicfjen  politif  fidf)  erniebrigten. 

C.  Die  Ületnipoliten  bcs  ^.beitiHititiics. 

Oie  jentrale  Stellung  ber  römifdjen  Kirche  berhinberte  e§,  baff  im  3fbenb= 
fattb  eine  ben  oricntalifchen  Patriarchaten  ähnliche  fird)Iid)e  Einteilung  entftanb ; 
ber  papft  blieb,  auch  in  ber  Slnfdfauung  ber  Orientalen,  ber  einzige  Patriarch 
be»  2öeften§.  Oie  Metropolit attberfaf futtg  entmidelte  fid)  in  ben  ein= 
Seinen  Säubern  in  berfdjicbener  Söeife,  je  nad)  ber  fird)lid)en  unb  politifdjen 
Sage.  Mährenb  in  Italien  bie  päpfte  früher  felbft  alte  Pifd)öfe  orbinierten, 
erlaubten  fie  in  Anbetracht  ber  Entfernung  bon  9tom  ben  beiben  Metropoliten 


1  Leo  M.,  Ep.  104,  c.  3 ;  Ep.  106,  c.  5.  Gelas.,  Ep.  ad  Episc.  Dard.  26,  c.  10, 
ed.  Thiel  p.  406. 

2  Über  ben  Streit  junfdjen  Spruä  unb  93erptuö  bgt.  pefele  a.  a.  D.  II,  462  f. 
3u  Ghalcebon  erhielt  am  25.  Dftober  451  biefe  ©tabt  felbft  Metropolenrang,  unbefdjabet 
ber  Uiedjte  bon  Dtifomebien;  leptereg  blieb  fird)lid)e  Metropole  bon  Sitfjbnien;  Dticäa 
als  bürgerliche  Metropole  hatte  nur  ben  ©orjug  bor  ben  anbern  ©uffraganaten  (»gl. 
§efele  a.  a.  D.  II,  497  ff.  $u  can.  12  beö  ßonjilö  bon  Ghalcebon  ogt.  ebb.  ©.  516  f.). 
©ielje  nod)  Maft,  Sogmatifdphiftorifdje  Slbhanblung  über  bie  rechtliche  Stellung  ber 
©rjbifchöfe  in  ber  fathol.  ßirdfe.  3-reiburg  i.  33r.  1847. 


688  Sie  ßtrclje  bei  ber  91uflöfung  ber  römifcfjen  ^ultureinJjett. 

bon  fDIailanb  unb  91qttileja,  fid)  toet^ifelfeitig  p  orbinieren1.  3m  ^a^re 
430  matb  aud)  iftabenna  Metropole  unb  6alb  barauf  burd)  ben  hl-  Petrus 
©hrqfologuS  (433 — 450)  als  (ärgbijcliof  gegiert.  5tIIe§  hatte  biefer  ©tulfl  ber 
©unft  ber  römifchen  Birdie  p  berbanfen,  mie  unter  ©regor  b.  (Sr.  ©rgbiftdiof 
3of)anneS  befannte.  5Die  ©rähifdmfe  juxten  aber  oft,  geregt  bon  ben  bort 
(feit  bem  6.  3af)rhunbert)  refibierenben  ©rardien,  auf  faiferlidfe  ißtibilegien 
geftütjt,  ihre  9}fad)t  gu  ermeitern  unb  ber  Pflicht  fid)  p  entgiefien,  prfönlid) 
be§uf§  ber  (Erlangung  ber  2Beil)e  in  fftont  p  erfd)einen.  Um  660  berfuchte 
eS  Naurus  üon  fftabenna,  feine  Kirche  jmar  nicht  bon  bem  allgemeinen  Primate, 
aber  bod)  bon  ber  ipatriardfalgemalt  beS  ißaf)ffeS  loSptrennert,  inbem  er  ber= 
fd)iebene  23efd)merben  borfc^ii^te ;  er  erlangte  and)  bon  bem  gegen  Sftom  er= 
Gitterten  ^aifer  ^onftanS  ein  SDifdom  ber  91utofef>f)aIie.  Mein  ^onfiantin  5pogo= 
natuS  nahm  baSfelhe  pritd  unb  beftätigte  bem  Zapfte  Seo  II.  bie  fftechte  feines 
©tuf)leS;  bod)  machte  [pater  ber  t>od)faIqrenbe  ©inn  ber  fftabennaten  fid)  nod) 
oft  geltenb2.  9Iud)  für  biefe  Birdie,  mie  für  bie  übrigen  Kirchen  3talienS, 
fieüten  bie  köpfte  probiforifche  Mminiftratoren  in  ©rlebigungSfällen  auf,  bie 
SSifitatoren  fpfw  unb  meiftenS  auch  bie  2ßaf)l  beS  neuen  53ifd)ofS  gu 
leiten  hatten3. 

©eit  ber  jmeiten  Hälfte  beS  5.  Sci^rfjunbertg  marb  ber  ©rg6ifd)of  bon 
üftailanb,  ber  ben  erften  fftang  unter  ben  23ifd)öfen  StalienS  nad)  bem 
Spapfte  hatte,  bon  ben  53ifd)öfen  feiner  iprobinä  mit  päpftlid)er  Sßeftätigung  ge= 
meiht.  Ser  ©i|  bon  2Iquileja  marb  beim  ©inbringen  ber  Sangobarben 
568  nad)  ©rabo  berlegt,  mo  ber  in  baS  ©d)iSma  gegen  baS  fünfte  ^onjil 
bermidelte  ©rgfnfdmf  fßauItnuS  unb  feine  gleichfalls  fd)iSmatifd)en  Nachfolger 
©liaS  (f  586)  unb  ©eberuS  (f  607)  refibierten.  fflad)  bem  Sobe  beS  leideren 
erhob  bie  fd)iSmatifd)e  Partei  mit  ;guftimmung  be§  Königs  Slgilulf  ben  2lbt 
3of)anneS,  ber  in  211t=51quilej;a  mohnte,  bie  latljolifche,  an  ben  gried)ifd)en  tpof 
fi<h  anfd)Iie[enbe  gartet  ben  ©anbibian,  ber  p  ©rabo  refibierte.  23on  ba  an 
führten  fomohl  bie  p  ©rabo  als  bie  p  Slquilefa  mohnenben  ©rjbifd)öfe  ben 
Xitel  bon  letzterer  ©tabt;  beibe  ©i|e  beftanben  aud)  nach  bem  bölligen  2luf= 
hören  beS  ©d)iSmaS  (698—700)  nod)  fort;  bie  bon  ben  Sangobarben  be= 
günftigten  ©tgbifd)öfe  bon  21quileja  erhielten  bon  biefen  fogar  ben  iflatriarcbem 
titel,  ben  bann  auch  bie  Schaber  beS  ©tupleS  bon  ©rabo  fid)  beilegten.  Sie 
33enejianer  begehrten  ihren  33ifcf)of  unmittelbar  bom  päpftlidben  (Stuhle.  3Iuf  ber 
3nfel  ©  i  g  i  1  i  e  n  mürben  bie  23ifd)öfe  bon  ©profus  als  5lpoftoIifd)e  Sifare 
befteüt ,  fo  bon  ©regor  b.  ©r.  591  23ifd)of  fDIapimian ,  bem  ber  5ßapft  aud) 


1  Pelcig.  I.  ad  Ioann.  Patric.  {Holsten.,  Coli.  Rom.  bipart.  p.  261) :  Mos  antiquis 
fuit,  ut  quia  pro  longinquitate  itineris  ab  Apost.  Sede  hoc  onerosum  illos  fuerat 
ordinari,  ipsi  se  invicem  Mediolanensis  et  Aquileiensis  episcopi  ordinäre  debuissent. 

2  Amades.,  Chronotax.  antistit.  Ravenn.  vol.  I.  Prolog.  Agnell.  bet  Muratori, 
Rer.  ital.  Script.  II,  8  sq.  Ioann.  Bavenn.,  Ep.  ad  Greg.  M.  (593).  Greg.  M.,  Ep. 
1.  III,  n.  57.  Vita  Leon.  II.  im  Liber  pontificalis. 

8  IBeifpiele  ber  püpftlidjen  SSifitatoren  bei  Gelas.,  Ep.  5,  ed.  Thiel  p.  485 ;  Ep.  6, 
p.  488.  Belag.  I.  bei  Mansi  1.  c.  IX,  733.  Greg.  M. ,  Ep.  1.  II,  n.  25.  39.  43; 
1.  IV,  n.  13  (V,  13) ;  1.  V,  n.  25  (IV,  20  für  Dtaüenna) ;  1.  VI,  n.  21 ;  1.  IX,  n.  89. 
3n  ©allien  befteEte  3of)ann  II.  534  für  bie  burd)  btbfepung  be3  23ifd)of§  erlebigte  ßirdje 
üon  blies  einen  folgen  ( Mansi  1.  c.  VIII,  807). 


12.  $ie  ©nttoicflung  ber  ftrd^Itd^eit  SSerfaffung. 


689 


(Mobember  592)  auftrug ,  bie  Sitten  in  ber  ßlagefadje  gegen  3?tfc^of  ©regor 
bon  ©irgenti  (Agrigentum)  nad£)  9iom  ju  fcnben  K  Sie  Slngelegenpeiten  ber 
$Iertfer  mürben  bor  ben  5Bifd)öfen ,  bie  ber  33ifd)öfe  bor  bem  bom  Zapfte  be= 
[teilten  Sefenfor  berpanbelt,  ber  and)  fonft  [eljr  auSgebepnte  SBefugniffe  l)atte. 

3n  ©allien  bedielten  einige  Metropolen  ipre  9lecpte;  bod)  toed)fcltcn 
infolge  ber  politifdpen  93eränberungen  bie  Metropolitanrechte  häufig;  erft  burd) 
bie  fefte  Orgauifierung  beS  ffranfenreicipeS  tnurbe  eine  ftepenbe  !ird)lid)e  @in= 
teilung  möglich  (f.  oben  S.  657  [[.). 

3n  (Spanien  finben  mir  im  5.  unb  6.  Saptpunbert  bie  Metropolen 
Sarracona,  beren  (Srsbifchöfe  mit  bem  römifdjen  Stuhle  in  engfier  33er= 
binbung  [tauben,  bann  £)ifpaliS  ober  SeDilla  [ür  bie  ißrobins  23ätica, 
23racara  ober  53raga  [ür  bie  ^ßrobinj  ©alläcia.  Stuf  ber  Spnobe  ju 
Sarracona  516  mar  neben  bem  ©rjbi[d)o[  biefer  Stabt,  SopanneS,  auch  ber 
Metropolit  |)eftor  Don  ©  a  r  t  a  g  e  n  a  (Steu=$artpago)  anmefenb,  ber  mopl  and) 
ber  fartl)agi[d)en  ^ßrouing  borftanb ;  ba  aber  bie[e  Stabt  halb  banad)  gerftört 
marb,  trat  Solebo  an  beren  Stelle,  melcpeS  halb  bie  größten  ißribilegien  unb 
bie  ißrimatie  Don  Spanien  erhielt.  3m  3al)te  569  erhielt  Cugo  burd)  bie 
bortigc  Spnobe  bie  Mürbe  ber  jmeiten  Metropole  Don  ©alläcien;  ipr  SBifcpof 
SlitigifiuS  nal)m  572  au[  ber  Spnobe  Don  23raga  neben  bem  bortigen  Metro¬ 
politen  Martin  5ßla|.  Sind)  Meriba  ober  Ginnerita  erfcpeint  al§  Metropole, 
unb  jmar  für  bie  lufitanifcpe  ^ßroDing.  Sie  päp[tlid)e  ißatriarcpalgemalt  mürbe 
and)  l)icr  [ortroäl)renb  anertannt  unb  Slpoftolifcpe  Slifare  beftcllt;  [o  482  Don 
^ßapft  StmpliciuS  getto  bon  fpifpalis  [ür  bie  ^robinjen  Sufitania  unb  Sätica,  [o 
521  Don  ^apft  fpormiSbaS  [ür  biefelben  ^roDinjen  beffen  Stadjfolger  SafluftiuS, 
mie  borper  SopanneS  Don  3ltce  [ür  anbere  iproDinjen,  jebod)  mit  SSorbepalt 
ber  9ted)te  ber  Metropoliten.  Siefe  ÜBifare  patten  bie  ^Beobachtung  ber  päpft= 
licpen  unb  [pnobalen  Setrete  mie  bie  Gsrpaltung  ber  Metropolitanrechte  ju  über= 
machen;  öfters  erpielten  [ie  aud)  bie  SMmadjt,  SBifdjöfe  frember  ^ßroDinjen  ju 
Spnoben  31t  berufen.  SaS  58anb  ber  Gfinpcit  marb  [orgfältig  gemaprt.  Sie 
Spnobe  Don  33raga  563  berorbnete,  bie  Meffe  unb  bie  Saufe  [eien  nach  bem 
Formular  311  palten,  meldjeS  bem  früheren  6r3bi[d)o[  ^rofuturuS  unter  ißapft 
23igiliuS  aus  9totn  3ttge[enbet  marb.  Sie  fpanifcpe  $irdje  blitpte  im  6.  unb 
7.  3upKpunbert,  Spnoben  mürben  [epr  päufig  abgepalten,  unb  ber  Gcinfluß  ber 
Sfifcpöfe  mar  aud)  auf  baS  bürgerliche  Sebett  [epr  groß1  2. 

3n  Slorbafrifa  erpielt  fid)  bie  regelmäßige  fircplicpe  93ermaltung  unb 
SSerfaffung  aud)  mäprenb  ber  [djredlidjen  SSanbalenperrfdpaft ,  unb  nacpbem 
biefe  Sänber  unter  bie  fierrfdjaft  bon  33t)jan3  gcfommcn  maren,  trat  unter 
3u[tinian  eine  neue  53Iiite3cit  d)ri[tlid)en  SebenS  ein,  me!d)e  in  ber  [folge  burd) 
ben  3§läm  befinitib  getnidt  mürbe.  Sie  535  311  fi'artpago  berfammelten  217 
afritanifdjen  93i[d)öfe  brachten  bie  [frage  über  bie  Don  ben  Slriattern  ©etauften 


1  Greg.  M.  (591,  Sloöeuiber  592  unb  601),  Ep.  1.  II,  n.  7 ;  1.  III,  n.  12;  1.  XI, 
n.  37.  Pirrhi,  Sicilia  sacra,  ed.  Mongitore.  2  voll.  Panormi  1733. 

2  Siric.,  Ep.  1  ad  Himer.  Tarrac.,  ed.  Coustant  p.  623  sqq.  Ep.  episcopor. 
prov.  Tarrac.  ad  Hilar.  463,  ed.  T7 liel  p.  155 — 158.  Simplic.,  Ep.  21,  p.  213  sq. 
Hormisd.,  Ep.  24,  p.  788;  Ep.  142.  143,  p.  979  sq.  3af)lrei(pe  Spnoben  bei  §616  10, 
Sonctliengefd).  SBb.  II  u.  HL  (Siepe  oben  S.  661  ff.) 

§e tgen r ö  tl) er,  ßtrdjettgefdjicEitc.  T.  4.  Sliifl. 


44 


690 


®ie  ßircfje  bei  ber  Sluflöfung  ber  römifdjen  ßultureirtljeit. 


unb  ©erneuten  an  ^ßapft  So^anne§  II.  unb  erhielten  barüber  Sßeifungen  Don 
^3apft  9lgaf)et,  ber  bie  mäfjrenb  ber  SBanbalenljerrfihaft  abgefomntenen  33orred)te 
ber  $ird)e  bon  $artf)ago  jitrüdgab,  roeldje  and)  bon  Suftinian,  ber  fie  Iustinianea 
nennen  lief),  ihre  23efi|ungen  äurirtferfjtelt.  ©regor  b.  ©r.  untersagte  593  ben 
numibifd)en  33ifd)öfen,  Knaben  unb  für  ©etb  ju  meif)en,  unb  beauftragte  ben 
bärtigen  SBifdjof  ^?olumbu§  mit  ber  SBerbefferung  ber  unfanonifd)en  33efcf)Iüffe 
eines  numibifd)en  ^ongilS.  9Iuf  ber  ©tmobe  bon  525  unter  ©rjbifdjof  SBonifaj 
mürben  ütangftreitigfeiten  gefd)Iid)tet  unb  ben  23ifd)öfen  ber  brolonfularifdjen 
Sßrobinj  bie  erfte,  benen  bon  fJiutnibien  bie  jmeite  ©teile  juerfannt.  ©amal§ 
f)ielt  Sonifaj  aud)  gegen  öiberatuS,  ben  sprima§  ber  bt^acenifdfen  ^robinj,  bie 
fRedjte  be§  ©tuf)Ie§  bon  Karthago  aufredü1. 

D.  Die  ®tii)r|ett. 

DOcit  ber  bölligen  23eM)tmtg  ber  tßebölferung  be§  fftömerreid)§  pm  ©hriftem 
tum  entmidelte  fid)  aud)  bie  Sermaltung  ber  einzelnen  ©m^efen.  ©ie  auf  bem 
ßanbe  für  bie  religiöfeu  Sebürfniffe  be§  2anbboIIe§  erbauten  ^irdjen  erhielten 
ihre  eigenen  Sßriefter.  ©liefe  mürben  in  einzelnen  ©egenben  bom  Sifdjof  $u 
©iöjefanfonjtlien  berufen,  auf  benen  jener  fid)  mit  feinem  $Ieru§  beriet, 
©ie  ©iösefanftynoben  foüte  jeber  33ifd)of  menigften§  einmal  im  3al)re  galten, 
auf  berfelben  ©treitigfeiten  feiner  ^lerifer  fd)Iid)ten,  il)re  ©Uten  reformieren, 
bie  33efd)lüffe  ber  5probingiaI=  nnb  anberer  ©i)noben  befannt  geben2.  Über 
bie  red)tlid)e  ©teHung  ber  ßanbpf arr ei en  erliefen  mehrere  ©tjnoben  be= 
fonbere  SBeftimmungen 3. 

©ie  33ifä)öfe  maren  bemüht,  aud)  in  ben  neuen  ©taaten  im  Söeften  bie 
SB or rechte  p  erhalten,  meldje  feit  ^onftantin  b.  ©r.  bem  $Ieru§  im  römifdjen 
fReid)  berlieljen  morben  maren.  SBon  großer  fokaler  Sßebeutung  mar  ba§  ©d)u|= 
recht,  meld)e§  bie  fyreigelaffenen  bon  feiten  ber  ß'irdje  genoffen4,  ©ann  forbern 
bie  ©tynoben,  baff  ^leriter  einanber  nicht  beim  meltlidjen  ©eridjte  belangen, 
ober  bah  Üe  toenigftenS  nicht  ohne  ©rlaubni§  be§  33ifchofS  ben  meltlichen  dichter 
angehen  burften5.  ©a3  9Ift)lred)t  ber  ©otteS^öufer  fudjte  bie  Kirche  befonber§ 
gegenüber  ben  rohen  SBölfern,  beren  ©rpfjung  fie  unternahm,  p  fchügen6. 


1  Agapet.  bei  Mansi  1.  c.  VIII,  843.  Iustin.,  Nov.  86.  37.  Greg.  M.,  Ep.  1.  III, 
n.  48;  1.  IV,  n.  7.  Über  bie  ©t)noben  Ogi.  £>efele  a.  a.  D.  II,  697  ff.  758  ff. 

2  Über  ®iöjefartft)noben  Ogi.  Conc.  Aurel.  I.  (511)  can.  19;  Huesc.  598  can.  1; 

Tolet.  XVI.  (693)  can.  7.  ®ag  ßottjil  bon  ülujerre  578  jdjrieb  can.  7  eine  ©pnobe 
für  bie  Sßriefler  int  SDlai  uttb  eine  für  bie  2lbte  int  Oltober  Oor.  SüacEi  bem  brüten 
-Ronjil  bon  ®ofebo  589  can.  4  tonnte  ber  JBifdjof  mit  fiottfensS  ber  Siöjefanftmobe 
tPfarrtircfjen  in  ßloftertirdjen  umtonnbeln.  SJgl.  ®ie  ®iöäefanft)nobe.  3üei= 

bürg  i.  SSr.  1849.  ©djmib,  ®ie  33iStum§ft)itobe.  2  23be.  SftegenSburg  1850  f. 

3  Conc.  Agatli.  506  can.  53.  54;  Tarracon.  516  can.  7;  Epaon.  517  can.  7.8; 
Claromont.  535  can.  14;  Tolet.  IV.  (633)  can.  26.  27.  33gl.  Jpefele,  (fonciliengefd). 
33b.  II  u.  III. 

4  Conc.  Arausic.  441  can.  7 ;  Nentaus.  394  can.  7 ;  Agath.  506  can.  29 ;  Aurel. 

V.  (549)  can.  7 ;  Tolet.  III.  (589)  can.  6;  Matiscon.  585  can.  7.  S3gl.  ^>ef  eie  a.  a.  D. 

6  Conc.  Andegav.  (2lnger3)  453  can.  1;  Matiscon.  581  can.  8;  Antissiod.  (Slujerre) 
578  can.  35;  Epaon.  517  can.  11;  Tolet.  III.  (589)  can.  13. 

6  Bdürmtie  SSefdfjlüffe  oon  ©tinoben  belieben  ficb  auf  biefen  ißuntt,  fo  Conc. 
Araus.  I.  (441)  can.  5;  Aurel.  I.  (511)  can.  1;  Epaon.  517  can.  39;  Ilerd.  (ßeriba) 


13.  ®er  firtplidje  fiultuä  imb  bie  SBuffbiSgipIin. 


691 


Sejüglid)  ber  löifcpöfe  [elbft ,  iprer  SBapI  unb  ber  MSilfumg  ipre§ 
Mite§  fucpten  berfdjiebene  Spnobert  ben  Mifjbräudjen ,  bie  in  bcn  neuen  ger= 
trtanifcpen  Staaten  bielfad)  auftraten  (f.  oben  S.  658  f.),  entgegen  ju  arbeiten. 
So  tourbe  Peftimmt,  baff  tein  23ifd)of  bei  Sehweiten  einen  9iad)folger  erhalten 
fotfe ,  aufjer  bei  rcgelred)ter  Mfepung  ober  bei  üölliger  Mbarthmg 1.  $all§ 
ein  33ifcpof  au»  $ranfpeit  ober  5llter§fd)mäd)e  unfähig  mar,  feine  amtlid)en 
IBerricptungen  üoräunepmen,  füllten  biefe  nid)t  burd)  einen  ^riefter,  fonbern  burep 
einen  9tad)barbifd)of  boH^ogen  toerben 2.  53ei  ber  33ifd)of§rua£)l  füllten  bie  fRecpte 
ber  Metropoliten  gemaprt  bleiben.  Oer  in  Mmefenpcit  be§  ©rjbifdjofa  gcioeil)te 
©nieriuS  bon  Sainte§  mürbe  563  abgefept,  aber  burep  ben  ^önig  ©pariPert 
mieber  ber  Siojefe  aufgeätoungen.  @ine  Stptobe  bon  5four§  fepärfte  furj 
barauf  mieberum  bie  Sorberung  ein,  bap  bei  ber  Söapl  eine§  33ifd)of§  bie 
3uftitnmung  be§  Metropoliten  nottoenbig  fei3.  Mein  bie  £)errfcper  mifd)ten 
fiep  babei  fortmäprenb  in  bie  !ird)Iid)e  33ermaltung  ein.  5Da§  Spnobalredjt 
blieb  in  biefer  ©pod)e  toefentlid)  ba§  gleicpe  mie  früher  (f.  oben  S.  445  f.). 
ST)ie  gan§e  föircpengefd)icpte  ber  3eit  bom  5.  bi§  7.  Saptpuitbert  jeigt  ben 
Qtopen  ©infltip,  melcpen  bie  Spnoben  auf  ba§  tird)lid)e  SePen  auSübten,  fomopl 
im  Orient,  )oo  bie  großen  ^'onjilien  aPgepalten  mürben  bei  ©elegenpeit  ber 
Seprftreitigfeiten,  mie  in  Italien  (römifepe  Spnoben),  in  ©allien  unb  in  Spanien. 
Sn  biefen  beiben  Säubern  maren  e3  pauptfäcplid)  bie  33ifd)öfe,  bereu  Sipe 
innerhalb  ber  ©rennen  eine§  ber  neugebilbeten  3teid)e  lagen,  meld)e  ju  ben  ^on= 
jilien  jufammentamen. 

13.  ®er  firdjlidjc  fiuItuS  unb  bie  23ufebi§3ipltn. 

Duellen  unb  ßitteratur.  —  ©.  oben  ©.  461  ff.  u.  479.  Saju:  Renaudot, 
Liturgiarum  orientalium  collectio.  2.  ed.  2  voll.  Francof.  1847.  Testamentum  D.  N. 
Iesu  Christi  nunc  primum  ed.  Ign.  Ephr.  II.  Rahmani,  Mogunt.  1899.  2>aju  3f  u  n  f, 
®ü§  Seftament  unfereä  §errn  unb  bie  Oertrianbten  ©griffen  (Sorfd).  jur  tpriftl.  £itteratur= 
unb  ©ogmengefep.  II,  1).  ©lainä  1901.  Mabillon ,  Museum  italicum  seu  coli,  veter. 
scriptor.  ex  biblioth.  ital.  2  voll.  Lut.  Par.  1724.  Morin,  Liber  comicus  seu  Lec- 
tionarius  Missae  quo  eccl.  Toletana  ante  annos  1200  utebatur  (Anecdota  Mared- 
solana  I).  Maredsoli  1893.  Warren,  The  Liturgy  and  Ritual  of  the  Celtic  Church. 
Oxford  1881.  Withley  Stokes,  The  Irish  passages  in  the  Stowe  missal.  Calcutta 
1881.  tprobft,  ®ie  abcnblcinbifdpe  IDleffe  bom  5.  bis  aum  8.  Saprpunbert.  ©fünfter 
i.  2Ö.  1896.  9H II e 8 ,  Über  ba$  antiocpenifdje  ßirdjenjapr  5U  Slnfang  beö  6.  $apr= 
punbertä  (Seitfdjr.  für  fatpol.  ©peoL  1898,  ®.  589  ff.).  SBaumftarf,  ®a8  ßirepen-- 
japr  in  Slntiocpien  gioifdpen  512  unb  518  (9töm.  Duartalfcpr.  1897,  ©.  31  66).  Gay, 

Etüde  sur  la  dbcadence  du  rit  grec  dans  l'Italie  mdridionale  (Revue  d’hist.  et  de 
littdr.  religieuses  1897,  p.  481  ss.).  Morin,  La  liturgie  de  Naples  au  temps  de 
s.  Gregoire  (Revue  bönedictine  1891,  p.  481  ss.  529  ss.) ;  Hierarchie  et  liturgie  dans 
l’eglise  gallicane  au  Vme  siede  (ibid.  1891,  p.  97  ss.).  Plaine,  De  vera  aetatc  litur¬ 
giarum  Ambrosianae ,  Gallicae  et  Gotticae  (©tubien  unb  ©titteil.  QU§  bent  23enebif = 
tiner=  unb  ©iftercienferorben  1894,  ©.  534  ff.) ;  De  sacramentarii  Gelasiani  substan- 
tiali  authenticitate  (ebb.  1901,  ©.  131  ff. ,  mit  fjortf.).  Dlaible,  Uber  Urfprung, 
2llter  unb  Snttoicftung  ber  Missa  praesanctificatorum  (ftatpolit  1901,  1,  143  ff.  250  ff. 

524  can.  8;  Aurel.  IV.  (541)  can.  21;  Aurel  V.  can.  22;  Claromont.  549  can.  22; 
Matiscon.  585  can.  8;  Remen.  624  can.  7;  Tolet.  681  can.  10;  Tolet.  693  can.  5. 

1  Conc.  Aurel.  V.  (549)  can.  22;  Paris.  615  can.  2. 

2  Conc.  Araus.  441  can.  30.  8  Conc.  Turon.  567  can.  9. 

44* 


692  $ie  ßtrcpe  bei  ber  2luftöfung  ber  römifcpen  ßuttureinpeit. 

363  ff.).  Nilles,  Kalendarium  manuale  utriusque  ecclesiae  orientalis  et  occidentalis. 
2.  ed.  2  voll.  Oeniponte  1896  s.  —  ©cpmip,  ®ie  SEenbenj  ber  iflrobinäialfpnoben 
in  ©rtttiert  feit  bent  5.  Sfaprpunbert  unb  bie  römifc^en  SSujjbficper  (Strdpib  für  fatpot. 
ßircpenrecpt  1894,  ©.  21  ff.).  Fournier,  Etüde  sur  les  penitentiels.  I.  Le  pbnit. 
Valicellanum  primum  (Revue  d’hist.  et  de  litter.  relig.  1901,  p.  289  s.).  21 1  6  e  r  ä, 
2öann  finb  bie  23eba=@gbertf<pen  ffiupbücper  «erfaßt  toorben  unb  toer  ift  it)r  23erfaffer  ? 
(Strcpib  für  fatpot.  ßirdjenredpt  1901,  ©.  393  ff.) 

A.  Die  eud)ixri(lifd)e  fiiturgif. 

1.  3m  Orient  Pilbeten  fid)  in  ben  mistigen  fircplicpen  fDtetropoIen  eigene 
Iiturgifd)e  ©ePräucpe  für  bie  eudfariftifcpe  $eier  f»erau§,  meldpe  teils  auf  Ülpoftel 
ober  ülpoftelfcpüler,  teils  auf  berühmte  33ifd)öfe  jurüdgefüprt  mürben,  ©o  mirb 
1)  bie  Siturgie  ber  ßirtpe  Don  3er ufa lern  beut  pl.  3afobu§  jugefcpriePen ; 
biefe  bebiente  fid)  aber  aud),  mie  mir  au§  ßprilluS  fepen,  2)  ber  antiocpe= 
nifcpen,  bie  halb  bem  Clemens  halb  ebenfalls' bem  3afolntS  beigelegt  marb. 
Sind)  in  ^onftantinopel  führte  man  bie  Siturgie  auf  festeren  juriid  unb  bebiente  fid) 
regelmäßig  3)  ber  Siturgie  beS  ©prpfoftomuS,  bann  4)  ber  beS  SafiliuS, 
melcpe  letztere  aud)  fprifd)e  unb  foptifcpe  fftacpPilbungen  erhielt.  Oie  alejan= 
brinifcpe  ®ircpe  füprt  ipre  Siturgie  5)  auf  ben  pl.  SOtarfuS  prüd  ober  auch 
auf  GüpriHuS ;  auper  ipr  bebienten  ficb  bie  dopten  noep  ber  Siturgie  beS  35afiliuS 
unb  einer  anbern,  bie  bem  pl.  ©regor  Don  fRa^ianä  jugefiprieben  mürbe.  $on 
ben  ägpptifdjen  3afobiten  ßatten  bie  SlPeffinier  jeßn  bis  jmölf  Derfd)iebene 
Siturgien.  Oie  Steftorianer  benennen  bie  irrigen  naep  ben  9Ipofteln,  inS= 
befonbere  5lbäuS  unb  üftaris,  nad)  Sbiobor ,  Opeobor  Don  ÜJtopfueftia  unb 
ÜJteftoriuS.  fftoep  Diele  anbere  fanten  fpöter  bei  ben  Orientalen  ßingu.  Oie 
Armenier  paPen  nebft  ber  bem  ülpoftel  SalobuS  jugefdiriebenen  noc£)  eine 
eigene  Siturgie  Don  popem  511ter  mit  Dielen  trefflidjen  (Gebeten. 

3m  SlPenblanbe  nimmt  bie  römifepe  Siturgie  bie  erfte  ©teile  ein. 
Oie  ©alramentarien  mürben  Don  ben  ißäpften  ©elafiuS  unb  ©regor  I. 
bearbeitet.  Oie  m  a  i  I  ii  n  b  i  f  d)  e  Siturgie  mirb  bem  1)1.  51mProfiuS  3itge= 
fcpriePen,  ber  bie  frühere  gortn  überarbeitete;  fie  f)at  Dielfad)e  23ermanbt= 
fepaft  mit  bem  orientalifepen  DtituS.  3n  ben  übrigen  Sänbern  beS  OccibentS 
med)felte  bie  Siturgie  f)öufig.  ©o  in  ©panien,  mo  bie  ©pnobe  Don  33raga 
561  bie  (Sinfüßrung  beS  Don  ^ßapft  SigiliuS  an  ©rjPifdmf  ^3rofuturuS  ge= 
fanbten  iDtepfanonS  in  ben  ^ird)en  Don  (Balläcien  Derorbnete,  aber  baS  ^onjil 
Don  Oolebo  633  bie  (Geltung  ber  gotifcp=fpanifcpen  Siturgie  Don  Oolebo  gur 
Ourcpfiiprung  brachte,  bie  maprfdieinlid)  bie  ©oten  aus  ^onftantinopel  mitge- 
bradjt  unb  eigentümlich  geftaltet  patten1,  ©eit  ber  arabifepen  Iperrfcpaft  marb 
fie  bie  mojaraPifd)e  genannt2  unb  Dielfacp  auip  bem  pl.  3fibor  Don  ©eDiöa 

1  Leslei,  Missale  mixtum  dictum  mozzarabicum.  Romae  1755.  §efete,  Ximeneä 
(2.  Stuft.)  <5.  147  ff.  ©am§,  ßircpengefcpiipte  ©panieng  I,  103 — 117. 

2  ®er  9tame  „mojarabifd)"  fommt  bon  Mostarabes,  nad)  Roder.  Tolet.  (1245), 
Hist.  Hisp.  III,  22  =  mixti  Arabes ;  nad)  Pocoke,  Specimen  bist.  arab.  Oxon.  1653, 
bebeutet  er:  Arabi  Mustaraba,  insititii ,  im  ©egenfape  bon  Arabi  Araba  ober  arabi= 
fierenbe  (niept  toirtliipe)  Straber,  toaprfepeintiep  bom  älerbum  araba  im  ^artijip  ber 
gepnien  Konjugation.  9Rit  ltnreipt  baepten  anbere  an  SDlufa ,  ben  arabifepen  Eroberer 
©pauieng. 


13.  S)er  firdjlidje  Kultus  unb  bie  SäufjbiSjipIin. 


693 


beigelegt.  ®ie  alte  gallifanifcfye  Siturgie  tjat  biete  3it)ntid)teit  mit  ber 
matlänbifd)en  unb  getjt  roat)rfd)eintid)  auf  biefe  juritd L  9ttte  aubern  Siturgien 
be§  OccibentS,  auch  bie  bielfad)  fd)ibantenbe  angtifanifdjc,  mürben  jutetjt  burd) 
bic  römifdje  erfctjt,  mit  metdjer  aud)  bie  afrtfantfdje ,  einige  eigentümliche 
©cbctsformctn  unb  bie  befonberen  Settionen  au§  bem  mitten  Seftamente  abge¬ 
rechnet,  im  ©inftang  mar1 2. 

2.  $ie  Unterfdicibung  ber  Steffe3  ber  $ated)u menen  unb  ber  ©täu= 
bigen  berlor  fitf)  erft  gegen  ba§  ©nbe  unferer  ^ßeriobe.  Sn  SBejug  auf  bie 
geier  fetbft  finbcn  mir  mandje  ©ebräucpe,  metdje  im  Saufe  ber  geit  feit  bem 
4.  Sat)rf)unbert  eingefiitjrt  morben  raaren,  bon  beiten  bie  mid)tigften,  im  5tn- 
fdjtufi  an  ba§  oben  (©.  464  ff.)  ©efagte,  hier  ansugeben  finb.  9)lan  rief 
bie  ©laubigen  311111  ©otte§I)aufe  burd)  £)ammerfd)tag  auf  Utetalt,  fpüter  burd) 
©loden,  morauf  alte  bie  ihnen  sugemiefenen  fßtäjje  ein3unet)men  hatten.  ®ie 
©eiftticpfeit  hatte  alle»  borbereitet;  jur  Sorbereitung  be§  fungierenbeit  SifdjofS 
ober  ^riefterS  gehörte  aud)  ba§  atlgemeine  ©iinbenbefenntniS ,  ba§  anfangs 
noch  feine  beftinunte  gönnet  hatte  unb  bor  bem  Eintritt  311m  tttttare  ge= 
fprod)en  marb 4. 

Sn  9toin  führte  fßapft  ©öt  eftin  I.,  mot)t  nad)  bem  Seifpiete  be§  3tm= 
brofiu»  unb  ber  orientatifdjen  $trd)en,  bie  ©itte  ein,  bap  gteid)  anfangs  nod) 
oor  ben  Settionen  ein  ^fatm  gefungen  marb5.  Sn  einigen  $ird)en  fang  man 
mehrere  ^falmen  unb  3tbifd)en  ben  Settionen  einjetne  fßfattnoerfe  (fRefpoitforicn). 
®er  $ßfatm  ober  bie  Sntippone,  bie  beim  Eintritt  beS  g3riefter§  jurn  Slttare 
bom  Sötte,  bann  bom  ©tjor  gefungen  marb,  t)iejj  SntroituS  (aud)  Ingressa) 
unb  entfprad)  meiftenS  bem  ©ingang  ber  jetzigen  DJteffe.  «Später  mürben  ftatt 
eines  gansett  ^ßfatmeS  nur  einseine  93erfe  gefungen 6.  9J?an  fang  ftcpenb.  ©ent 
©cfange  folgte  baS  gtepen  um  ©rbarmung  (Kyrie  eleison,  Christe  eleison) 
in  ben  orientalifd)en,  bann  aud)  in  ben  abenbtänbifdjcn  Siturgien;  nad)  jenen 


1  @0  Duchesne,  Origines  du  culfce  cbrötien  (2me  dd.)  p.  32  ss.,  U)ät)renb  anbere 
biefelbe  auf  bie  römifdje  jurücffüfjren ,  befonberS  931  ar  dft  e  f  i :  La  liturgia  gallicana 
ne’ prinii  otto  secoli  della  Chiesa.  Osservazioni  storico-critiche.  2  voll.  Roma  1867. 

2  ©infjeit  ber  9)lef?orbnung  in  berfelben  Srotnnj  forbern  bie  Spitoben  Hon  SSanneä 
465  can.  15,  3Igbe  506  can  30,  ©erunba  517  can.  1,  ©paon  517  can.  27,  Solebo  IV. 
(633)  can.  2.  S3gL  ßonjil  Oou  S3raga  563  (£>efele,  «Sonciliengefch-  HI,  15  f.). 

8  ©rttäruugeu  ber  fDleffc  bei  German.  Paris.  ( 555 ),  Expos,  brevis  antiquae 
liturgiae  gallicanae  ( Martine  et  Durand,  Thes.  anecd.  vol.  V).  German.  Constan- 
tinop.,  Rerum  eccl.  contemplatio  ( Gallandi ,  Bibi.  vet.  Patr.  XIII,  204  sq.). 

4  $aä  Confiteor  erft  im  Ordo  Rom.  XIV,  c.  71  ( Mabillon ,  Museum  ital.  II). 

S)ie  Ordines  Romani,  toeldje  bie  fRiten  unb  bie  Slufeittanberfolge  ber  £>anblungeu  be= 
fd^reiben,  gehören  fpäteren  3eiten  an»  bie  älteften  reidjcn  bis  in£  7.  3>al)rt)unbert.  ®ie 
Sacramentaria  (fogcn.  Leon.,  Gelas. ,  Gregor.;  bgt.  Ioann.  Diac.,  Vita  S.  Greg.) 
gaben  nur  bie  bom  ©elebranten  JU  fpred)enbeu  ©ebete;  311  ifjrer  ©rgänjung  bienten 
bie  2lntipf)onarien,  ßeftionarien  unb  Sbarigeliarien,  au§  bereu  S3ereinigung  bie  ilRiffalien 
entftanben. 

6  Strabo,  Liber  de  exord.  et  increm,  in  observ.  eccl.  rerum  c.  20.  Micrologus 
s.  speculum  Missae  ex  ant.  PP.  collect.  (Venet.  1571)  p.  136,  b. 

6  9lad)  Conc.  Laod.  can.  17  foüte  nad)  jebem  i)3falm  eine  ßefung  abgeljalten  luerben; 
einzelne  iPfalmoerfe  ftatt  be§  gaigen  ißfalmS  finbeu  fid)  im  Antipbonarium  Greg.  M., 
in  ber  mojarabifcfien  unb  in  einigen  gallifdjen  ßiturgien. 


694 


Sie  fHrcfje  kt  ber  Auftöfung  ber  röntifchen  IMtureinheit. 


fang  eS  baS  9}otf,  in  fRom  £HeruS  uttb  33oIf  abmecfjfelnb 3n  ©paniert 
ltnb  einem  Seile  ©alliertS  ging  bem  ^prie  baS  SriSljagion  borauS;  in  ber 
Siegel  folgte  it)m,  mo  nidjt  ein  ftiHeS  ©ebet  bon  Klerus  unb  23olf,  unmittelbar 
bie  größere  Sopologie,  baS  „©loria"  (in  fRom  nur  an  Rolfen  ffeft=  unb 
©onntagen)1 2;  ftatt  ihrer  Ratten  einige  gattifdie  ^irdjen  eine  3eitlmig  ben  ©e= 
fang  beS  3a$atifl§  (bct§  Benedictus).  Ser  23ifd)of  ober  priefter  fprach  hierauf 
ben  ©rufe:  „Triebe  euch"  ober:  „Serben  fei  mit  euch"3,  unb  berridhtete  im 
fRantcn  aller  ein  feierliches  ©ebet  (Collecta),  baS  ftetS  an  ben  SSater  gerichtet 
mar  unb  mit  ber  Nennung  beS  ©offnes  fd)tofe,  morattf  baS  SSolf  „Amen" 
antmortete.  Sann  festen  fi<h  ber  23ifd)of  unb  bie  priefter,  bie  Siafonen 
ftanben;  e§  folgten  bie  ©djriftteftionen ,  bie  bon  ben  pulten  (Ambonen)  aus 
bon  ben  Seftoren  borgetragen  mürben.  3ttbf$en  bent  Sefeftiid  aus  ben  Apofteln 
unb  bem  ©bangetium  marb  ein  Pfalm  (©rabuate)  gefungen.  SaS  ©bangetium 
taS  früher  ber  Seftor,  fpäter  (bom  6.  Saferhunbert  an)  nur  ber  Siafon;  baS 
SSotf  hörte  eS  fieffenb  an. 

9?ad)  ber  prebigt  mürben  bie  Ungläubigen,  ^atecffumenen,  Pönitenten 
unb  ©nergumenen  entlaffen.  SaS  ©pmbotum  bon  Aicäa  mit  bem  3u1al  bon 
^onftantinopel  betreffs  beS  Zeitigen  ©eifteS  marb  moht  guerft  in  Antiochien 
im  5.  Saferhunbert,  feit  519  auch  in  St^an^,  in  bie  Siturgie  aufgenommen4, 
fobann  in  ©panien  feierlich  in  ber  ©onntagSmeffe  gefungen5,  metchem  Skifpiete 
bie  gallifdje,  aber  nod)  nicht  bie  römifd)e  Kirche  folgte. 

©eit  bem  6.  Sahrffunbert  fanb  bie  Obtation  in  ber  fRegel  nur  am 
©onntage  ftatt;  toährenb  berfelben  fang  (junächft  in  Afrifa)  ber  ©hör  pfalmen, 
bann  einzelne  SSerfe  (Antiphonen),  ©päter  hotten  bei  Aerminbertmg  ber 
^omntunifantenjaht  unb  ber  Bereitung  beS  eud)ariftifchen  SroteS  burdb  bie 
©eifttidjen  bie  Cbtationen  in  Aaturatien  meift  auf,  unb  man  brachte  ©elb  bar. 
Sie  euchariftifchen  Opfetgaben  maren  trnrher  gnbereitet  morben.  Sie  ©infefeungS= 
morte  im  feierlichen  euchariftifchen  ©ebet  mürben  bei  ben  Orientalen,  meld)e 
mährenb  ber  heiligen  £)anblttng  burd)  23ort)änge  bie  heiligen  ©egenftänbe  ber= 


1  SaS  Kyrie  eleison  toarb  nicht  erft  üon  ©regor  I.  eingeführt  (Bona,  Rerum 
liturgic.  1.  II,  c.  4),  fonbcrn  fc£)on  früher,  nach  einigen  Don  fflapft  ©htOcfter,  ben  örten= 
taten  entlehnt  (Ordo  Rom.  hei  Mabülon,  Museum  ital.  I  [Par.  1724],  9) ;  e§  toirb  er= 
tnähnt  im  ßongit  Don  Saifon  529  can.  3. 

2  Sie  Doxologia  maior  s.  Gloria  in  excelsis  (bie  minor  ift  ba§  Gloria  Patri  etc. 
am  ©nbe  ber  Afatmen)  finbet  fid)  fchon  ahtoettfienb  Dom  felsigen  Sejte  in  ben  Const. 
apost.  VII,  47;  VIII,  13;  hei  Pseudo-Athan. ,  De  virg.  c.  20  (Goar,  Euchol.  p.  58, 
ed.  Par.  Migne,  Patr.  gr.  XXVIII,  276),  bann  im  Sacr.  Bobbiense  unb  in  ber  moj= 
arabifdjen  ßiturgie. 

3  Über  baä  Pax  vobis  nad)  ^of).  14,  27  Dgt.  Chrysost.,  In  Matth,  hom.  32,  n.  6; 
In  Coloss.  hom.  3,  n.  4  (Migne  1.  c.  LVII,  384;  LXII,  322). 

4  Über  ba§  Credo  Ogi.  Theodor.  Lect.,  Hist.  eccl.  1.  II,  n.  32.  48.  Niceph.  Call., 
Hist.  eccl.  XV,  28;  XVI,  35,  bie  e§  bem  ©eüeruS  unb  bem  SimotheuS  Don  &onftan= 
tinopel  unter  Anaftafiuä  I.  jjufdjreiben,  toährenb  e§  ©eorg  fjamartotuS  (Chron.  p.  514  sq., 
c.  212)  bem  AtaribriuS  Don  Antiochien  3ufct)reibt:  bg  TcpüiToq  insvörjas  .  .  .  iv  -dag 
auvdgsi  to  oopßoXov  rrjg  -l.arswc,  Hysadat  npo  rouzou  prj  Xtybpevov  sl  prj  äjtaß  roö 
iviauzoö  riy  psyd, bj  n apamsufj.  Sie  Aadjricht  ift  gtauhtoürbig  unb  toiberfpridjt  ber 
Angabe  hemgtidj  ßonfiantinopeB  nicht. 

5  Conc.  Tolet.  589  can.  2. 


13.  Ser  Üirdjlidje  ßuttuS  unb  bie  aSu^btöjipIin. 


695 


füllten,  halb  laut  gefprodjen ;  letzteres  fd^rteö  Suftinian1  uor,  unb  bann  ant= 
»ortete  ba§SSotf:  „Simen",  ober:  „2ßir  glauben."  3»  Occibent  toarb  menigften§ 
feit  bem  6.  3oI)rI)unbert  ber  gartje  $anon  ftitt  gebetet.  ©et  fogen.  ©mfioliSmuS 
(Libera  nos)  nad)  bem  ©ebete  be§  (pertn  [inbet  fidj  bereits  im  ©elafianifdjen 
©aframentar.  Unmittelbar  barauf  erteilte  in  einigen  ^irdjen  ©panien§  unb 
©attienS  ber  23ifd)of  bem  95oIfe  ben  ©egen;  in  alten  orientalifchen  Siturgien 
ift  biefer  ©egen  ein  ©ebet,  ©ott  möge  ba§  23oIf  an  Seib  unb  ©eele  jum 
©mpfang  ber  Kommunion  mitrbig  matten. 

SSor  ber  SluSteilung  ber  Kommunion  mürbe  in  ber  römifdien  ®ird)e  bie 
SInrufung  beS  Samme§  ©otteS  (Agnus  Dei),  bie  mof)I  fdjott  früher  gebetet 
mürbe,  nach  SInorbnung  be§  ^ßapfteS  ©ergiuS  I.  (687)  bon  $Ieru§  unb  23olf  ge= 
jungen2.  ©§  rnarb  aud)  je|t  in  ben  orientalifchen  unb  ben  meiften  abenb= 
länbifdjen  fittchen  öorgefdjrieben,  baß  nur  bie  priefter  unb  ©iatonen  am  Stltare 
innerhalb  be§  ©I)ote§,  bie  anbern  ^lerifer  am  ©ingang  be§[elben,  bie  Saien 
außerhalb  be§  ©hore§  fommunijieren  burften3.  ©a§  fonfefrierte  33rot  marb 
ben  ©laubigen  jetjt  btelfadj,  mie  frübjer ,  auf  bie  £)attb4,  aber  aud)  in  ben 
fütunb  gelegt  mit  ben  Sffiorten:  „©er  Seib  be§  §>errn  bemal)«  beine  ©eele."5 
©in  Steil  ber  fonfefrierten  ©udjarifiie  marb  in  einem  ©itrmdjen  aufbemahrt6. 

23efottbere  formen  erhielt  ba§  ÜJie^opfer ,  meldjeS  für  bie  3Ibge= 
fchiebenen  bargebracht  mürbe7,  aud)  für  bußfertige  Pönitenten  (nur  nicht  für 
Unbußfertige,  ©elbftmörber  unb  Ungetaufte) 8.  ©§  mürbe  694  üon  ber  ©tjnobe 
|u  ©olebo  berboten,  ©eelenmeffen  für  Sebenbige  ju  halten.  Sludj  tarnen 


1  lustin.,  Nov.  127,  c.  6.  2  Vita  Serg.  I.  im  Liber  pontificalis. 

3  Conc.  Trull.  692  can.  69;  Tolet.  IV.  (633)  can.  18;  Brac.  563  can.  13. 
SSgl.  aud)  Conc.  Turon.  567  can.  4.  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  IX,  8. 

*  ßonäil  Dort  Slujerre  578  can.  36.  46.  SaS  Conc.  Trull.  can.  101  fdjrieb  üor, 

man  folte  jur  ßommurüon  hintreten  bie  fpänbe  in  ßreujeSfornt  legenb  unb  baS  gefegnete 

SSrot  in  bie  §anb  empfangen,  nid)t  in  golbene  ©efäße  u.  f.  f.,  ba  eine  leblofe  SHtaterie 
nidjt  beffer  fei  als  ©otteS  ©benbilb. 

6  Über  baS  SBunber  beS  papfteS  2lgapet  f.  bei  Greg.  M.,  Dial.  III,  3.  Um  650 
befahl  eine  ©pnobe  üon  fftouen  can.  2,  bie  §oftie  in  ben  Ptunb  ju  geben  mit  ben 
SPorten :  Corpus  Domini  et  sanguis  prosit  tibi  in  remissionem  peccatorum  et  vitam 
aeternam.  Slnberc  Formeln :  Corpus  Domini  (N.  I.  Cbr.)  custodiat  (conservet)  animam 
tuam.  So  3ur  3^9  ©regorS  b.  ©r.  (loann.  Diac. ,  Vita  Greg.  II,  41).  3ur  3rit 
Sllfuinö  ( Alcuin .,  De  offic.  sabb.  s.  Pasch,  p.  259)  f)icß  eS:  Corpus  D.  N.  I.  Chr. 
custodiat  te  (fpüter  animam  tuam)  in  vitam  aeternam. 

6  Sie  übrig  bleibenben  Seile  beS  Äonfetrierten  mürben  in  ßonftantinopel  unb 
anbern  Orten  beS  Oriente  ( Evagr .  Schol.,  Hist.  eccl.  IV,  36.  1 Viceph.  Call.,  Hist, 
eccl.  XVII,  25)  fotoie  ©attienS  (fionjil  üon  Sütacon  585  can.  6)  unfd;ulbigen  ^inbern 
gereid)t,  großenteils  aber  im  Paftopfjorion  {^dkagog,  sacrarium)  aufbeloahrt.  33gl. 
Conc.  Turon.  567  can.  3. 

7  Über  bie  Missa  pro  defunctis  in  Lit.  Clem.  ügl.  Const.  apost.  VIII,  30.  42. 
Chrysost. ,  In  Act.  hom.  21 ,  n.  4  ( Migne ,  Patr.  gr.  LX,  169  sq.).  August..,  Conf. 
IX,  12;  Enchir.  ad  Laur.  c.  110;  De  cura  pro  mortuis  gerenda  c.  1.  Isid.,  De  eccles. 
officiis  I,  48.  Fulgent.  Ferrand.  (533)  Ep.,  bei  Mai,  Nova  Coli.  IH,  II,  p.  183. 
Greg.  M.,  Dial.  IV,  58.  Conc.  Brac.  572  can.  10.  fionjil  üon  Valencia  524  can.  4 
(©requien  für  einen  SBifdjof),  üon  Solebo  XVII.  (694)  can.  5. 

8  SaS  Opfer  für  eifrige  Pönitenten  geftatten  bie  Spnoben  üon  Paifoit  442  can.  2 
unb  SlrleS  443  ober  452  can.  12;  für  Selbftmörber  üerbieten  es  bie  üon  Orleans  533 
can.  15,  Slujerre  578  can.  17,  23raga  563  can.  16  (ügl.  ebb.  can.  17  über  ßatedjumenen). 


696 


Sie  ßirdje  bei  ber  Auflöfung  ber  römif<pen  ßultureinpeit. 


fcpon  früpjeitig  Votibmeffen  bor  jur  Abmepr  bon  Übeln  unb  ©rflepung  be= 
fonberer  Vßopltpaten 1,  beggleicpen  Neffen  ju  ©pren  ber  ^eiligen  mit  befonberen 
©ebetcn  unb  Seftionen,  mobon  (entere  Ijäufig  au§  ben  50^örtt)reraften  entnommen 
mürben.  Oie  Sßräfanttifi^atenmeffe2,  mie  fie  in  ber  griedjifdben  Kirdpe 
in  ber  fyaftengeit  mit  Augnapme  meniger  gefttage,  in  bet  lateinifdjen  nur  am 
Karfreitag  ftattfanb,  mar  feine  eigentliche  Opferfeier  unb  mürbe  nur  mit  ber 
Dorther  fonfefrierten  Vrotggeftalt  gepalten,  bie  aber  burcpaug  ben  Kult  ber  An¬ 
betung  erpielt3.  Aud)  fam  eg  in  gaflifdjen  Kirnen  bor,  baß  man  ben  ganzen 
©ottegbienft  in  (Segenmart  beg  auf  bem  Altäre  auggefeßten  Seibeg  ©prifti 
feierte,  inbem  man  bie  bom  borauggegangenen  Sage  aufbemaprte  ©ucpariftie 
in  einem  turmartigen  ©efäße  auf  bemfelben  bermaprte.  Oag  Opfer  felbft  füllte 
regelmäßig  nur  in  Kirdßen  gefeiert  merben ;  bocp  marb  in  einzelnen  gäüen  ge= 
ftattet,  e§  in  Sßribatoratorien  ober  an  anbern  Orten  ju  palten.  An  beftimmten 
popen  gefttagen  füllte  aber  in  Oratorien  niipt  celebriert  merben,  bamit  ber 
ißfarrgottegbienfi  feinen  ©intrag  erfeibe.  Oer  celebrierenbe  ^ßriefter  mußte  frei 
bon  genfnren  fein;  mer  troß  be§  Vamteg  ba§  Opfer  barbrad)te,  füllte  entfeßt 
unb  onatpematifiert  merben. 

B.  Das  fitrd)cttjal)r. 

3.  Ourd)  bie  Verbreitung  beg  fDiöncptumg  fam  auep  bag  täglicpe  ©tunben= 
gebet  (Vrebier)  immer  mepr  in  Übung,  unb  meprere  Konsilien  befaßten  fid) 
mit  ber  Regelung  beleihen,  ©ine  beftänbige  ißfalmobie  mürbe  im  Anfänge 
beg  6.  5aprpunbertg  im  Klofter  bon  ©t.  Vtoriß  im  Söallig  eingefüprt  unb 
bon  ba  and)  in  anbere  Klöffer  berbreitet4.  Oie  ©onn taggfeier  bilbete  fietg 
einen  ©egenftanb  ber  ©orge  für  bie  Kiripe,  unb  berfepiebene  ©pnoben  erließen 
Veftimtnungen  barüber,  befonberg  in  Vejug  auf  bie  ©onntaggrupe5 6. 

V3ag  bie  fird)  ließe  ge  ft  fei  er  betrifft,  fo  ging  an  einzelnen  Orten  jeßt 
bem  Sßeipnadjtgfeft  alg  Vorbereitung  ber  Abbent  boraug,  rneift  mit  bier  ©onn= 
tagen  bor  2Beipnacpten  (25.  Oejember).  Aacß  ber  Analogie  ber  Oftergeit  mürbe 
aud)  pier  ein  borbereitenbeg  gaften  eingefüprt,  bag  in  ©atlien  462  ©rgbifcpof  ißer= 
petuug  bon  Oourg  anorbnete  unb  581  bie  ©pnobe  bon  Vtacon  (can.  9)  nöper 
regelte,  ©o  bilbeten  fiep  bie  brei  großen  geftcpflen  bon  SBcipnacpten,  Oftern 
unb  ilßfingften.  Oer  ipfingftcpflug  begann  mit  bem  gefte  ber  £)immelfaßrt  ©prifti 
biergig  Oage  naep  Oftern.  Orei  Oage  bor  ©prifti  tpimmelfaßrt  mürben  Vitt= 
gänge  mit  gaften  unb  öffentlicpen  ©ebeten  (Rogationes)  in  ben  Kircpen  ©allieng 
gepalten,  mag  guerft  um  469  Vifcßof  Vtamertug  bon  Vienne  einfüprte  unb 


1  Missae  votivae  in  Sacram.  Gelas.  pro  sterilitate,  ad  petendam  pluviam,  itn 
Orient  bei  ©rbbeben  unb  anbern  Unglücfsfätten ;  Ogi.  Sozom.,  Hist.  eccl.  VI,  2.  85 gl. 
August.,  De  civ.  Dei  XXII,  8,  7. 

2  Conc.  Trull.  can.  52. 

3  Sie  Anbetung  ber  Tzporiyiaaglva  bejeugt  Chron.  Paschale,  s.  Alex,  in  Heracl. 
Aug.  an.  IV  ( Migne ,  Patr.  gr.  XCII,  989). 

4  ©tjnobe  Oon  Agaunum  bei  pefele,  ©onciliengefd).  II,  667  ff.  3>gl.  bie  ©bn= 

oben  gu  Aarbonne  Oon  589  can.  2;  bie  Oierte  ju  Solebo  Oon  638  can.  15;  ©pnobe 
Oon  SDleriba  662  can.  2. 

6  Conc.  Carthag.  401  can.  5;  Matiscon.  585  can.  1;  Tarrac.  516  can.  4;  Aurel. 
III.  (538)  can.  28,  mit  Sabel  bon  meprfatpen  abergläubiftpen  ©ebräudjen. 


18.  Ser  fircplipe  Kultus  unb  bie  SBu^bi§aipIin. 


697 


fpätere  ©pnobalbefdjtüffe  betätigten.  Sn  äpntitper  SCßeife  ttiurben  bie  burcp 
grofse  Unglüdföfälte  öeranlajjten  Sitaneien  gehalten,  bie  ©regor  b.  ©r.  590  in 
9tom  einfiifjrte,  feit  bcm  7.  Saprpunbert  ftet§  am  5Jiar!u§tag  (25.  Slpril)1. 

3u  biefen  heften  tarnen  noct)  einige  meitere:  1)  Oa§  geft  ber  Oarfteflurtg 
©prifti  im  Tempel  ober  Begegnung  mit  ©itneou  am  2.  gebruar,  im  Orient 
feit  Suftin  I.  unb  Suftinian  allgemein  gefeiert,  im  Occibent  al§  f^eft  ber 
Reinigung  Sttariä  feit  ^3apft  ©etaftu»  begangen2;  bie  ^erjenprojeffiort  mürbe 
in  Serufalem  fipon  unter  ^aifer  ÜRarcian  (f  457)  gehalten3.  2)  Oa§  geft 
2Rariä  23erfünbigung  (©üattgeli§mu§),  am  25.  fDiärj  im  Orient  unb  Occibent 
gefeiert,  in  Spanien  feit  656  am  18.  Oegember4.  3)  Oa§  geft  ber  33er= 
tlärung  be§  tpcrrtt,  feit  bem  5.  bis  7.  Sflprpunbert  im  Orient  begangen,  am 
6.  2Iugufi.  4)  Oa§  fetige  £)infcpeiben  ober  bie  £)immelfaprt  fDtariä  am 
15.  ttluguft,  unter  $aifer  fDtauritiu«  gefeiert,  Oon  91tobeftu§  in  Serufalem 
u.  a.  burcp  fReben  Derperrtidjt 5.  Qaptreicp  maren  bann  bie  gefte  ber  91tär= 
tprer  unb  anberer  ^eiligen;  ja  jebe  ®ird)e  t)atte  bei  ben  Sateinern  mie  bei  ben 
©riedjen  ipre  eigenen  ipeiligenfefte.  Oaju  tarnen  gefte  ju  ©pren  be§  ©rjengel§ 
2Rid)aeI  unb  anberer  ©ngel,  foroie  ju  ©pren  be»  $reuje§  ©prifti. 

Oie  gefte  ju  ©preu  be§  &reujc§  be§  £)errn  erinnerten  an  bie  ^reujauf: 
finbung  unb  an  bie  2Bicberoerbringung  ber  ^reujretiquie  nad)  gerufatem.  gm 
gapre  615  eroberten  bie  ifkrfer  gerufatem,  napmen  ben  ^atriarepen  3ad)aria§ 
unb  jugleid)  ba§  peilige  $reuj  mit  fiep  fort ;  bie  peitige  Sanje  unb  ber  peilige 
©eprnamm,  bie  ber  ^atrijier  9titeta§  um  fcpmere§  ©etb  Oon  einem  perfifepen 
©olbaten  ertaufte,  tarnen  nad)  Strang  unb  mürben  pier  ben  ©laubigen  jur 
tßereprung  au§gefe|t.  ©rft  628  erlangte  £)eratliu§  Dort  Völlig  ©h'oe§  nebft 
ber  Befreiung  be§  $atriarcpen  unb  ber  gefangenen  ©prüften  bie  guriidgabe 
be§  pciligen  $reuje§,  ba§  natp  ß’onftantinopet  gebracht  unb  629  micber  burcp 
ben  $aifer  an  feinem  früperen  5]3lapc  in  gerufatem  feiertid)  aufgerieptet  marb. 
3um  5lnbcnten  baran  marb  jäpdid)  ba§  gefi  ber  ©rpöpung  be§  ^reujeS  am 

1  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  II,  34.  Sidon.  Apollin.  (482),  Ep.  V,  14;  Ep.  VIII,  1. 
Conc.  Aurel.  I.  (511)  can.  27.  28;  Lugd.  II.  (567)  can.  6.  Dlacp  Henschen,  Acta 
SS.  Boll.  11.  Febr.  II,  522,  füprte  Sifcpof  ßaäjaruö  bon  DJtaüanb  bor  SlamertuS  bie 
SBitttage  ein,  bie  311m  Unierfcpiebe  bon  bem  in  Hiorn  {Greg.  M.,  Ep.  1.  XI,  n.  2)  ge= 
feierten  SlarfuStage  (rogatio  maior)  als  rogationes  miuores  bejeiepnet  lourben. 

2  Über  baS  ©eft  Purificatio  B.  M.  (grieepifep  bnaizdvTq)  bgl.  Georg.  Harnart., 
Chron.  1.  IV,  c.  216.  217.  Hieben  beS  Speobot  bon  ÜIncpra  (Migne,  Patr.  gr.  LXXVII, 
1890  sq.),  beS  BeontiuS  bon  SeapoliS  (ibid.  XCIII,  1565),  bon  fDlobeftuS,  ©opproniuS 
unb  £>cfpd)iuS  bon  gerufalem  (ibid.  LXXXVI,  3275;  LXXXII,  3287 ;  XCIII,  1468  sq.). 

3  ©.  bie  91oti3  auä  Leo  Allat.  in  ben  Sorbemerfungen  311  einer  angeblicpen 
§omiIie  beö  ßprill  bon  gerufalem  bei  Migne,  Patr.  gr.  XXXIII,  1186.  Sögt, 
ßellner,  Jpeortologie  (©reiburg  i.  Sr.  1901)  ©.  116  f. 

4  Über  bas  ffeft  Annunciatio  B.  V.  bgl.  Chron.  Alex.  {Migne,  Patr.  gr.  XCII, 
488) ;  baSfelbe  nennt  ben  25.  SDlärs  als  ben  Sag  ber  freier  nad)  alter  Überlieferung, 
ebenfo  baS  bem  fpieronpmuS  3ugefcpriebene  SDiartproIogium.  Sgl.  Conc.  Trull.  can.  52. 
Tötet.  X.  (656)  can.  1  berlegte  eS,  ba  eS  päufig  in  bie  gaftem  unb  Cfteraeit  fiel,  auf 
ben  18.  Se3cmber,  aept  Sage  bor  2ßeipnacpten.  Srebigten  auf  baS  geft  bon  SafiliuS 
bon  ©eleucien,  Sintipater  bon  Softra  {Migne,  Patr.  gr.  LXXX\,  426  sq.  1175  sq.), 
SProtluS  (ibid.  LXV,  764)  u.  a. 

3  Über  baS  geft  Assuinptio  (griepiftp  xoifxrjaig  rg?  deozoxou)  bgl.  Modest,  bei 
Phot.,  Biblioth.  cod.  275. 


698 


Sie  ßirpe  bei  ber  21uflöfung  ber  rötnifpen  ßultureinpeit. 


14.  September  begangen,  an  bem  fpon  früher  eine  freier  ber  (Srfpeinung  be§= 
[eiben  bar  ^onftantin  [tattgefunben  patte1.  51m  3.  fUJai  beging  man  [eit  bem 
6.  Saprpunbert  ba§  $efi  ber  ^reujerfinbung. 

4.  Die  Sereprung  ber  Jungfrau  Staria  mürbe  immer  mepr  Derbreitet, 
befonber§  im  Snfcplufi  an  bie  Definition  iprer  2Mrbe  al§  $otte§mutter  auf  bem 
^onjil  bon  @ppe[n§.  3e  mepr  ipr  innige^  Serpältni§  ju  bem  ©ottmenfpen, 
ipre  Stellung  in  bem  (Srlöfung§merfe ,  ipre  Sebeutung  al§  jmeite  (Sba  per= 
bortrat,  befto  größeren  Suffcpmung  naprn  ipre  Sereprung  unb  Anrufung2. 
2Bie  ipre  eigenen  Sefle,  [o  patte  Staria  aucp  ipre  Zirpen.  3pr  mar  bie 
Domfircpe  in  (Sppefu§  gemeipt,  too  ba§  britte  allgemeine  ß'onjil  gepalten  marb ; 
in  9tom  erpielt  bie  unter  $apft  2iberiu§  erbaute  ß'irpe  (Safilifa  Siberiana) 
ipren  Hainen  unb  marb  bie  bertipmtefte  ber  römifpen  Starienfircpen  (Staria 
fHtaggiore) 3.  ^onfiantinopel  galt  borjug§mei[e  al§  ipre  Stabt;  ißulperia  er= 
baute  bie  perrlipe  ÜRarienfirpe  in  ben  Slatpernen;  pierper  fam  bie  unter  $aifer 
Seo  I.  bon  jmei  Srübern  au§  ißaläftina  mitgebrapte  berüpmte  Reliquie,  ba§ 
Spulterfleib  ber  pciligen  Jungfrau.  ß!aifer,  ^aiferinneit  unb  ißribate  grünbeten 
neue  üftuttergotte§fitpen  in  Spjanj;  pier  beftanb  bie  ^irpe  9Jtaria§  an  ber 
Quelle,  auf  bem  ißlape  ber  ßupferfptniebe  u.  a.  Sei  einem  (Srbbeben  unter 
3u[tinian  I.  [türjte  eine  berfelben,  ^ßetala  genannt,  böflig  ein ;  eine  anbere  liep 
693  ber  milbe  Suftinian  II.  jur  Sergröjjerung  [eine§  ^3ata[te§  nieberreipen. 
3aplreip  maren  bie  Stuttergotte§Iirpen  in  Slntiopien  unb  Serufalem4.  Hm 
540  erriptete  Sifpof  3nfuriofu§  bon  Dour§  eine  [olpe,  um  691  bie  2ango= 
barbenfönigin  Sobelinbe  in  ^ßabi a. 

2Bie  bie  Stürtprerfefte  [eit  alter  3eü  gefeiert  mürben,  [o  begann  man 
in  biefer  (Spocpe  aup  bie  Dobe§tage  beriipmter  S§feten  unb  Sifpöfe,  bie  [ip 
bitrp  ipre tpeiligteit  auSgejeipnet  patten  ($ onfefforen),  jäprlip  ju  begepen. 
ipapft  ©elafiu§  geftattete  unter  gemiffen  Sebingungen  bem  Sifpof  |)erfulentiu§ 
bon  ^oten^a,  eine  ^irpe  ju  (Spreu  be§  (Srjengete  Siipael  unb  be§  $onfeffor§ 
9Jtarfu§  (ober  9Jtartinu§)  einjumeipen 5 6.  Unter  ben  ^onfefforen  im  3Xbenb= 
lanbe  marb  ber  peilige  Sifpof  Start  in  bon  Dour§  (f  401)  befonberS  bereprt, 
über  beffen  ©rab  fpon  bon  feinem  erften  Sapfolger  eine  Kapelle,  bon  bem 


1  Le  Quien,  Oriens  Christ.  III,  249.  256. 

2  2(uper  ben  oben  (®.  478,  2lnm.  3)  angeführten  ©teilen  bgl.  Nilus ,  Ep.  1.  I, 

n.  266.  Basil.  Seleuc.,  Or.  3,  n.  4  fin.  ( Migne ,  Patr.  gr.  LXXXY,  61);  Or.  6,  n.  5 

(ibid.  p.  441).  Lamas.,  Or.  de  Nativ.  Deip.  n.  6.  13  [Migne,  Patr.  gr.  XCYI,  664. 
669).  Petrus  I.  Alex.,  De  temp.  Pasch,  celebr.  n.  7  [Migne,  Patr.  gr.  XVIII,  517). 
Theod.,  In  Ps.  83,  n.  12  [Migne  1.  c.  LXXX,  1252). 

3  3(n  9Iom  ftnbet  ftp  aitg  bem  prifilipen  2Utertum  auper  Maria  maior,  too  Ißapft 
§ilarng  465  eine  ©pnobe  hielt ,  S.  Maria  antiqua,  toelpe  int  2fapre  1900  aufgefunben 
tonrbe.  SSgl.  n.  a.  Grisar,  Scoperta  di  S.  Maria  ant.  al  Foro  romano  (Civiltä  cat- 
tolica  ser.  18,  vol.  I  [1901],  p.  228  sgg.  727  sgg.). 

4  Über  ßonftantinopel  f.  Niceph.  Call.,  Hist.  eccl.  VIII,  26.  Theodoret. ,  Hist, 

eccl.  V,  36.  Socrat.,  Hist.  eccl.  VII,  41.  42.  Sozom.,  Hist.  eccl.  IX,  13.  Theodor. 
Lect.,  Hist,  eccl.,  ed.  Migne  p.  168.  Theophan.,  Chronogr.  p.  169.  553,  ed.  Bonnae. 
Niceph.  Call.  1.  c.  XIV,  2;  XV,  14;  XVII,  13.  Procop.,  De  aedif.  V,  6.  Evagr. 
Schol.,  Hist.  eccl.  V,  21;  VI,  8.  Iust.,  Nov.  3,  c.  1. 

6  Gelas.,  Ep.  24,  c.  4.  25;  Ep.  25.  35,  ed.  Thiel  p.  364.  375  sq.  391  sq.  449. 


13.  $er  firdpicpe  Kultus  unb  bie  Sufjbiääiptin. 


699 


bcitten,  SßerpetiutS,  eine  größere  $ird)c  erbaut  marb  U  3m  Orient  mar  ©prißu» 
non  ^Hejanbrien  (nad)  fßpotiuS)1 2  ber  erfte,  ber  ficf)  mit  fMiquien  non  ^eiligen, 
bie  feine  fütärtprcr  mären,  begnügte,  inbem  er  bie  fRupeftätte  eines  eben  ner= 
[torbenen  berühmten  9l§feten  jur  $ircpe  einmeipte,  optte  nocp  $ftärtßrerretiquien 
beijufügen.  3ltpanafiuS  unb  33afitiuS  mie  aud)  anbere  mürben  fdjon  batb  nach 
iprem  Stöbe  bon  ©regor  non  fftajianä  als  ^eilige  in  Sieben  gefeiert3. 

OaS  $irdpenfapr  mar  teils  nach  ber  ©ntmidtung  beS  göttlichen  §eiISplaneS 
(©emefter  beS  §crm) ,  teils  nad)  ben  Spaten  feiner  ^eiligen  (©emefter  ber  f?mpe) 
gegtiebert.  33ei  ben  einzelnen  fyeften  beS  §errn  napm  man  Dtüdfidjt  auf  ba§  natür= 
Ikpe  3apr  unb  bie  3apreSjeiten ,  unb  auf  baS  ganje  3apr  mürben  bie  biblifcpen 
Seftionen  fo  öerteitt,  baff  in  beffen  9auf  ade  93üd)er  beS  Eliten  unb  Sieuen  SteftamentS 
jur  tßerlefung  famen.  33ei  ben  ©riechen  teilte  man  baS  ^ircpenfapr  nad)  ber  Sefung 
ber  üier  ©bangelien  in  üier  Steile;  eS  marb  anfangs  mopt  mit  bem  Ofterfefte,  bann 
mit  ber  bierjigtägigen  $aftenjeit  ober  mit  ©pippanie,  juleßt  mit  bem  fübtfcpen 
^atcnber  im  ©eptember  begonnen 4.  3m  Dtbenbtanbe  patte  man  eine  Verteilung 
riidficptlid)  beS  gaftenS  —  bie  Quattuor  Tempora,  bie  ju  Anfang  ber  Duabra» 
gefitna,  in  ber  ^ftngfitüocf)e ,  fomie  in  bie  britte  SBocpe  ber  fDionate  ©eptember  unb 
Oejember  fielen,  ©ie  maren  in  ber  römifcpen  $irdpe  OrbinationSjeiten  unb  mit 
fünften  am  TRütroocp ,  greüag  unb  ©amStag  oerfniipft5 6.  Oft  patten  bie  einjetnen 
ber  jmeiunbfünfjig  SBodjen  beS  3aßreS  ipre  befonbere  Benennung  entroeber  nad)  iprer 
SBebeutung  ober  nad)  bem  ©onntag,  mit  bem  fie  begannen,  ober  aud)  nad)  ben 
53ibelleftionen ,  bie  in  ipnen  gelefcn  mürben.  Sitte  Stage  ber  JBocpe  nannte  man 
„fyerien",  meit  ben  ©priften  alte  Sage  ©abbate  fein  füllten,  an  benen  peibnifcpe 
Suffbarfeiten  unterbleiben,  bagegen  Sffierfe  ber  ©otte§=  unb  ber  'dtäcpftenliebe  geübt 
merbett  füllten.  Slber  bie  befonberen  f^eftjeiten  füllten  bie  ©laubigen  erinnern,  ben 
©taub,  ben  bie  Vriiprung  mit  ber  SBelt  an  ipnen  anfeßt,  abjumifcpen,  fiep  im 
©eifte  ju  erneuern  unb  ju  ftanbpafter  ©rfüöung  iprer  tßorfäße  ju  begeifteru,  bamit 
bon  ba  an  mieber  jeber  Stag  ©ott  gemeipt  unb  ipr  Seben  iprem  ©tauben  ent* 
}pred)enb  merbe®. 

C.  ßcfonöcre  kirdjlidjr  ©ebriiucpr. 

5.  Stufjer  ben  eigentlichen  gotteSbienftticpen  fßerrüptungen  fiuben  mir  im  ßuttuS 
üerfd)iebene  Sßeipungen  unb  ©egnungen,  bie  teils  fetbftänbig  teils  in  9Ser= 
binbung  mit  ben  ©aframenten  oorfamen.  SOtan  fegncte  unb  meipte  33rot,  Dt,  ©alj, 
befotiberS  baS  SBaffer  (SBeipmaffer) ,  metcpeS  man  jur  Slbmepr  bämonifcper  ©inflüffe 
fomie  jur  Semaprung  oor  Unfällen  unter  Slnrufung  ©otteS  gebrauchte.  0)aSffreuj= 
jeicpeu  marb  bei  ben  oerfcpiebenften  Stntäffen  im  öffentlichen  mie  im  fßriüatleben 
angemenbet  51er  fteten  ©rinnerung  an  ben  ©rlöfer  unb  jum  3eid)en  beS  fcfteu  S3er= 
trauenS  auf  feinen  ©cpuß.  Überpaupt  maren  fpmbolifcpe  §anbtungen  überaus  päufig. 


1  Über  UJtartin  bon  2our§  at§  .^eiligen  (ber  Stitel  sanctus,  sancta  —  früper 
dominus,  domina  —  fam  im  4.  (Japrpunbert  auf)  f.  Greg.  Tur.,  Hist.  Franc.  II,  14; 
X,  31.  Sie  receptio  Domini  Martini  toarb  aut  11.  -ftobember  iit  ber  ©pnobe  bon 
fEourS  461  gefeiert.  S3gt.  aud)  Conc.  Turon.  567  can.  18. 

2  Phot.,  Amphil.  q.  115,  ed.  Athen.  1858,  p.  187  ~spl  Ivüpovtoftoö. 

3  Greg.  Naz.,  Or.  21.  43. 

*  DJlit  bem  1.  September  beginnt  ba§  SDtenologium  be§  93afiliu§  ( Migne ,  Patr.  gr. 
CXV4I,  21  sq.)  u.  a. 

5  Leo  M.,  Serm.  19,  c.  2;  bgl.  Serrn.  12  sq.  78  sq.  86  sq.  Gelas.,  Ep.  14,  c.  11, 
ed.  Thiel  p.  368  sq.  Pelag.  /.,  Fragm.  17  sq.  25  sq. 

6  Leo  M.,  Serm.  42,  c.  1. 


700  Sie  ßircße  bei  bev  Auflöfung  ber  römifdien  ßultureinßeit. 

93et  Dielen  firdjlidjen  fftiten  warb  bie  3täud)erung  (3d)urtftfation,  Sncenfieren) 
angewenbet,  wie  beim  feierlichen  ©otte?bienfte.  Oa?  SBafcßen  ber  ?)änbe  mit  ber 
Sitte,  ©ott  möge  ein  reine§  £>erj  Raffen,  mar  im  Orient  unb  im  Occibent  in 
©ebraud);  bie  gußwafeßung  warb  am  ©riinbonner§tag  borgenommen,  bod)  !etne?= 
weg?  in  aßen  Rircßen  *.  Sietfad)  mürben  aud)  grüßte  unb  Kräuter,  befonber?  Erft= 
ting?früd)te,  benebijiert,  jumal  wenn  fie  al§  Obtationen  gegeben  waren;  aud)  ©eg= 
nungen  für  Käufer,  ©d)iffe  u.  f.  f.  fanben  ftatt.  ©o  foßte  bie  äußere  Satur  in  ben 
Sereid)  ber  ©nabe  hiueingejogen,  ber  gute  ©ebraud)  ber  irbifc£)en  Oinge  geförbert 
unb  bie  Abßängigteit  non  ©otte?  Sorfeßung  unb  Sarmßerjigfeit  nad)  aßen  ©eiten 
bin  au§geff.wod)en  werben. 

Sefonber?  feierlich  war  bie  (Einweihung  ber  ßireßen,  bie  wir  fd)on  gleich 
nad)  ber  biofletianifcßen  Serfotgung  bezeugt  finben.  Oft  nerfammetten  fid)  babei 
Diele  Sifcßöfe,  we?ßalb  fich  aud)  ©hnoben  baran  fuiipften.  Manchmal  bauerte  ba? 
f?eft  mehrere  (bi?  acht)  Sage,  unb  regelmäßig  warb  ber  3aßre?tag  biefer  SBeiße 
(Encänien)  begangen.  Oa?  ©aframentar  ©regor§  b.  ©r.  hot  feßon  ein  genaue? 
fftitual  bafiir;  aud)  bie  ©hnoben  erwähnen  häufig  bie  .(?onfefration  be§  fteinernen 
Altar?  mit  bem  ©)ri?ma  unb  einzelne  ©ebräud)e  ber  Einweihung1 2.  Sei  ber  3?ird)= 
Weit)e  tarnen  feierliche  Umzüge  mit  Reliquien  üor,  bie  auch  fonft  häufig  üblich 
waren  al?  Oanf=  unb  ^riumph^üge  (Dfanna)  wie  aud)  al?  Sittprogeffionen.  Ab= 
gefehen  non  Smjeffionen  an  einzelnen  firdjlidjen  heften  (J?armod)e  in  Serufalem, 
©tation§tage  in  9?om),  non  2eid)en=  unb  §od)äeit?3Ügen ,  non  ber  $almen=  unb 
fJ'ergenprogeff'ion ,  fanben  bei  ber  Sifd)of?meiI)e,  bei  @iege?feften  unb  bei  fonftigen 
Anlaffen  derartige  Umjüge  ftatt  mit  ^reu^cn,  brennenben  ^erjen,  oft  auch  mitSilbern 
unb  Reliquien,  unter  ©ebeten,  Anrufungen  unb  entfpredjenben  ©efängen.  Ähnliche? 
geigte  fid)  bei  ben  großen  SBallfaßrten,  bie  häufig  an  bie  b)eiligen  ©tätten 
Sotäftina? 3,  an  bie  ©räber  ber  Apoftelfiirften  ißetru?  unb  ifjautu?  in  ßiom  4,  an 
ba?  ©rab  be?  ht-  Siartin  non  Siour?,  an  berühmte  Heiligtümer  ber  ©otte?muttcr 


1  Sie  Sußtoafdjung  (lotio  pedum,  pedilavium)  War  nach  Conc.  Tolet.  XVII.  (694) 
can.  3  an  mehreren  Orten  ©panien?  abgefchafft,  Würbe  aber  bamal?  neu  eingefdjärft. 
3rür  Stfrifa  bejeugt  ben  ©ebraud)  berfelben  August.,  Ep.  118  ad  Ian. ,  für  Atailanb 
Ambros.,  De  myst.  c.  6,  n.  32. 

2  Uber  bie  dedicatio  ecclesiae  Ogi.  Euseb.,  Hist.  eccl.  X,  3.  4;  Vita  Const. 
IV,  45.  Sozom. ,  Hist.  eccl.  II,  26.  Socrat. ,  Hist.  eccl.  I,  28.  Theodoret. ,  Hist, 
eccl.  I,  31.  Synes.,  Ep.  67.  August.,  Ep.  269  ad  Nob.  Gaudent.  Brix.,  Serm.  17 
de  dedic.  basil.  40  mart.  Conc.  Agatß.  can.  14;  Epaon.  517  can.  26.  ©egen  bie 
Auflage,  in  einer  noch  nicht  eingeweißten  ßireße  ©ottesbienft  gehalten  ju  haben,  hatte 
fid)  Atßanafiu?  gu  Oerteibigen  (Apol.  ad  Const.  n.  14  sq.).  ©in  befonberer  Aitu?  für 
bie  ßinhweiße  entwicfelte  fid)  erft  im  Anfcßluß  an  bie  Übertragung  ber  Setiquien. 

3  Sion  SSßaßfaßrten  nad)  Serufalem  ßanbeltt  Euseb.,  Hist.  eccl.  VI,  8.  9;  Cßron. 
a.  228.  Hieron.,  De  vir.  ill.  c.  62  (Alcganber  non  §ierapoIi?).  Greg.  Ngss.,  De 
euntibus  in  Hier.  ep.  2.  3  ( Migne ,  Patr.  gr.  XLVI,  1009  sq.).  Sulpic.  Sever.,  Chron. 
II,  33.  Hieron.,  Ep.  49.  58 ;  Epitaph.  Paulae.  Euseb.,  Vita  Const.  IV,  62 ;  De  locis 
hebr.  Paulin.  Nolan.,  Ep.  11.  36.  ^uerßer  gehört  aud)  ber  Sericßt  einer  Ofrangöfin 
be?  4.  $aßrßunbert§  in  einem  Cod.  Aretin.  (Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto 
[Roma  1884]  a  V.  fase.  1.  2,  p.  85  sq.),  neu  ßerauägeg.  bon  Geyer,  Itinera  Hieroso- 
lymitana.  Vindob.  1898.  SSerüßmt  ift  ber  SBeridqt  beä  Sßilgerä  non  Sorbeauj  um  333 
(Revue  archeol.  Nouv.  Ser.  VII,  99  [Paris  1864],  neu  ßerauggeg.  bon  Geyer  1.  c.). 

4  Sad)  Stom  ju  ben  ©rcibern  ber  Apoftel  wattfaßrteten  dürften;  bgt.  Isid.  Pel., 
Ep.  1.  II,  n.  5.  ©ßrßfoftomuS  (In  Rom.  hom.  32,  n.  2  sq. ;  Ogi.  In  Eph.  liom.  8, 
n.  1,  bei  Migne,  Patr.  gr.  LX,  678  sq. ;  LXII,  57)  fprad)  feine  ©eßnfudjt  nad) 
ißnen  au?. 


13.  Ser  firdjlidje  Kultus  unb  bie  SufjbiSjiplin. 


701 


unternommen  mürben.  ©ie  Sefirer  ber  Kärdfe  forberten  boBei  reine  9lbfidjten,  erbau* 
lidjeS  ^Betragen,  Scrmeiben  aHe§  ©ünbljaften  unb  9T6ergIäuf>ifdf)en.  ®ie  SJeligion  gab 
bei  biefett  (Gelegenheiten  ben  ©Triften  auch  bielfadfctt  91nlafj  ju  erlaubter  greube  unb 
Srfjolung  K 

D.  Die  Snfir  ittib  bie  letjte  Ölung. 

6.  SöäJjrenb  im  Orient  nadj  bem  4.  Safjrhunbert  bie  öffentliche  S3  u fi  e 
öerfdhtoanb ,  blieb  [ie  im  3lbenblanbe  noch  längere  3e't  t)inburd)  befielen,  unb 
mehrere  ©pnoben  befestigten  fid)  mit  ber  Regelung  ber  SuffbiS-pplin.  ©a* 
neben  tmtrbe  bie  Leitung  ber  SBufje,  bie  für  foldje  ©ünben,  meldje  nicht  ju  ben 
peccata  ad  mortem  geregnet  mürben,  immer  mel)t  ebenfalls  bon  ben  prieftern 
übernommen.  Oie  ^lofterbiSjiplin  mar  hierin  nicht  ohne  ©influp.  ©eit  bem 
6.  3af)rhunbert  entftanben  bie  ^ßönitentialbüeher1  2  als  Seitfaben  für  bie  ^rieftet 
in  ber  SSermaltung  beS  33u$faframent§;  fie  enthielten  halb  ©ebete,  33eid)P  unb 
5lbfolution§formeln,  fomie  alle  ©attungen  bon  ©ünben  nebft  ben  entfprechenben 
teils  auS  ben  $anoneS  teils  aus  ber  ©emofjnheit  entnommenen  ^irdfenftrafen. 
Sn  ©panien  erneuerte  589  baS  britte  ^onjil  bon  2olebo  baS  alte  ©efetj  über 
bie  öffentliche  53ufe,  befahl  bie  gänjlidje  ÜfuSfdjliefjung  ber  rüdfäßigen  Pöni¬ 
tenten  unb  berlangte,  baff  ben  jur  53upe  fich  melbenben  UJlännern  bie  fpaare 
abgefd)nitten  merben,  bie  grauen  anbere  Kleiber  anlegen  füllten3. 

giir  steriler  beftanb  eine  leichtere  3lrt  ber  genfur  in  ber  23erfe|ung 
eines  ©eiftlichen  in  bie  grembengemeinfdfaft,  eine  9lrt  bon  ©uSpenfion,  moburd) 
er  ben  fremben  ©eiftlichen  gleichgefteHt  mar,  bie  fein  3eugniS  bon  ihrem  23ifd)ofe 
auf jeigen  fonnten ;  ein  folcher  behielt  feinen  9tang  unb  feinen  Anteil  am 
^irdfeneinfommen ,  burfte  aber  fein  firdjlidfeS  9lmt  auSitben.  Oie  berbreche= 
rifdjen  ©eiftlichen  mürben  abgefeimt  unb  jur  Suffe  berurteilt4.  ©old)e  ©eift= 

1  August.,  De  Sanct.  serm.  3;  De  verb.  Ap.  serm.  1;  De  civ.  Dei  XXII,  8. 
Chrysost. ,  In  2  Cor.  liom.  30,  n.  1;  In  Pbilezn.  hom.  1,  n.  2 ;  Ad  pop.  Antioch. 
hom.  3,  n.  2  (Migne,  Patr.  gr.  LXI,  606;  LXII,  707;  XLIX,  49)  auch  gegen  Über* 
fchätpmg  ber  Söatlfahrten.  2t-  9Jlarj:,  Sie  Skttfahrten  in  ber  fathol.  Kirdje.  Srier 
1842.  3ettinger,  Sie  Berichte  über  Sompilger  aus  bem  gfranfenreicfie  bis  jum 
3tahre  800.  (Siff.)  Som  1900. 

2  Son  orientalifdjeu  Sönitentialbüdjern  tuirb  eines  bem  3fohanncS  IV.  bem  gafter 
bon  Konftantinopel  (t  575)  gugcfdjriebcn  (äxoXoufHa  xal  reize?  im  rüiv  izoyoXoyou- 
fiiviu v  —  Dgl.  Pitra,  Iur.  eccl.  Graec.  hist,  et  monum.  II,  222  sq.) ,  ein  anbereS  bem 
©riedjen  £()eobor  bon  Santerburp  um  670  (ed.  Petiti,  Par.  1679;  Mansi,  Conc.  Coli, 
t.  XII).  Sgl.  Serin  g,  3ur  ©efcpichte  ber  Sönitentinlbüdjer ,  im  9lrd)ib  für  fathol. 
Kir<henred)t ,  91.  g.  XXIV  (1873),  204  ff.  6d)mitj,  Sie  Sufebüchcr  unb  bie  Su&= 
biäciplin  ber  Kirche.  Sb.  I,  Slainj  1883;  Sb.  II,  Süffel borf  1898. 

3  Conc.  Tolet.  589  can.  11.  12.  Sgl.  Conc.  Agath.  506  can.  15;  Barcin.  540 
can.  6.  giir  Serhciratcte  toarb  jur  Übernahme  ber  Suffe  bie  guftimmung  beS  anbern 
©alten  geforbert  (Conc.  Arel.  II.  can.  22),  ba  ber  ©ebraud)  ber  6f)C  für  bie  tpönitenten 
berboten  loar  (Ambros.,  De  poenit.  II,  10). 

4  Conc.  Araus.  I.  (441)  can.  4  erflärt,  Klerifern,  meldie  bie  Süße  berlangen,  fei 
fie  nicht  ju  bertoeigern.  Conc.  Tolet.  XIII.  (683)  can.  10  läjft  ed  gu,  baf?  Sifdjöfe  unb 
Sriefter,  ohne  fich  eine?  KapitalüerbredjenS  fdjulbig  gu  befennen,  in  einer  Kranfheit  in 
ben  ©taub  ber  Supe  eintreten  unb  nach  erlangter  ©enefung  unb  gehöriger  Dtefonjiliation 
ihr  9lmt  fortführen.  Sbfetiung  unb  lebenslängliche  ober  auch  breijährige  Suffe  toarb 
für  beftitnmte  Serbrechen  im  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  29.  45.  46  feftgefefjt.  Greg.  M., 
Ep.  1.  V,  n.  3.  4  (ed.  Maur.  II,  729).  Steileres  bei  Kober,  Ser  Kirchenbann. 
Sübingen  1857;  Sie  ©uSpenfion  ber  Kirdjenbiencr,  ebb.  1862. 


702 


®ie  ßirdje  bei  ber  Auflöfung  ber  römiphen  fiuttureinfiett. 


fiepe,  bie  wegen  Verbrechen  abgefept  waren,  mußten  lebenslänglich  in  ber  2aien= 
fommunion  bleiben,  formten  nie  wieber  ein  Amt  antreten  nod)  eine  popere  Aßeipe 
empfangen,  ©o  pielt  man  es  unter  ©regor  I. 

Sie  öffentliche  Aupe  brachte  auch  nod)  anbere  bebeutenbe  Aacpteile,  wie 
AuSfd)Iup  Dom  bürgerlichen  Aerfepr,  bon  StaatS=  unb  DJfifitärämtern,  mit  [ich  *. 
Sene,  bie  mit  Abbrechung  ber  begonnenen  Aupe  ju  ber  früheren  ©ünbe  jurüd= 
fehrten,  traf  immerwäprenbe  AuSfcpIiepung.  Sod)  warb  in  Spanien  fd)on 
646  üerorbnet,  foldje  Abtrünnige  fotlten  auch  toiber  ihren  ABillen,  nötigenfalls 
mit  Anrufung  beS  weltlidjen  Armes,  jur  gortfepung  ber  Aupe  in  einem 
^lofier  geswungen  werben.  §ier  wie  anberwärts  famen  Verbannung  unb  ©in= 
fperrung  atS  Aup=  unb  Strafmittel  bor;  fie  würben  aber  meiftenS  bom  Aüper 
freiwillig  übernommen.  Ser  ©ifer  erfaltete  jebod)  mehr  unb  mehr;  baher  würben 
bie  Aupen  häufig  abgefürjt,  bie  Abläffe  zahlreicher  ober  aud)  bie  Ausübungen 
in  anbere  fromme  ABerfe  (Almofen,  Saften,  ©ebet)  berwanbelt1 2.  Aad)  bem 
ißönitentialbud)  beS  Speobor  bon  ©anterburp  warb  bett  Aiipenben  gewöhnlich 
fcpon  nad)  einem  Sapre  ober  itad)  fed)S  Aionaten  bie  Kommunion  erteilt. 
Sn  ©nglanb  fdjeint  bie  öffentliche  Aupe  in  ber  altdjriftlichen  gorm  feinen 
©ingang  gefunben  ju  haben. 

Aei  ber  geheimen  Aeid)t  warb  ftrenge  barauf  gefehen,  baff  baS  ©epeimniS 
bewahrt  werbe  (Aeicptfiegel) 3.  Sie  Aeicpt  nahmen  Aifdjöfe  unb  ißriefter  ab, 
halb  and)  ju  ißrieftern  geweihte  Aföncpe,  benen  aber  anfangs  hierin  nod)  Ae= 
fdjränfungen  auferlegt  waren;  fpäter  waren  biefe  im  Orient  faft  auSfcpIieplich 
mit  bem  Aeicptpören  betraut,  ©egen  baS  ©nbe  biefer  ißeriobe  haften  bie 
gürften  unb  ©ropen  fd)on  eigene  Aeidjtbäter,  wie  j.  A.  ber  fränfifcpe  $önig 
Speoboricp  (Sietridh)  um  480  ben  Abt  Ansbert4.  Aei  ben  ©riechen  piepen 
bie  ^rieftet,  Welche  bie  Aeidjten  abnahmen,  „geiftlicpe  Aäter"5;  ipnen  warb 
befonberS  eingefcpürft,  bie  einzelnen  Sünber  mit  Klugheit  unb  Aerüdfid)tigung 
iprer  befonberen  Seelensuftänbe  unb  fonftigen  Aerpältniffe  als  gute  Ärjte  ju 
bepanbeln 6. 

7.  Sie  lepte  Ölung  ift  im  ©regorianifcpen  Saframentar  ausführlich 
nad)  iprem  ÜtituS  befd)riebcn.  Aüper  erhielten  fie  nur,  wenn  fie  bereits  mit  ber 
Kirche  auSgeföpnt  waren.  gm  Occibent  warb  baju  ein  bom  Aifdjof  befonberS 
geweipteS  Öl  gebraucht;  im  Orient  weihten  eS,  namentlich  gegen  ©nbc  beS 
7.  Saprpunberts ,  aud)  5priefter,  bereu  mehrere  fie  fpenbeten.  Alan  betrachtete 
fie  als  jur  Aupe  gepörig,  gab  fie  barum  unmünbigen  $inbern  unb  eben  ©e= 

1  Conc.  Arel.  II.  can.  49;  Araus.  I.  can.  11;  Bracaren.  56B  can.  15.  <&.  oben 
©.  482. 

2  $0031!  bon  SSanneS  465  can.  3.  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  5;  VI.  (638) 
can.  7  ;  VII.  (646)  can.  1.  33gl.  33  e »  b  e I ,  ®er  fird)Iid)e  Ablaß.  Aottioeil  1847.  ©röne, 
®er  Ablaß.  tftegenSburg  1863. 

3  Paulin.,  Vita  S.  Ambros.  (Gallandi,  Bibliotb.  vet.  Patr.  IX,  23  sq.).  $0031! 
bon  SDobin  627  can.  20.  Greg.  M. ,  Dist.  VI ,  c.  2  de  poenit.  (Corp.  iur.  can.,  ed. 
Friedberg  I,  1244). 

4  Thornassin,  Vetus  et  nova  eccl.  discipl.  P.  I,  1.  I,  c.  109,  n.  7.  8. 

6  über  bie  Tzarspeg  -usuparuoi  bgl.  Anastas.  Sin.,  Quaest.  et  resp.  q.  6  ( Migne , 
Patr.  gr.  LXXXIX,  369  sq.). 

6  Conc.  Trull.  can.  102. 


13.  ®er  firtf)Iid^e  ÄuItuS  unb  bie  aSufebiSgiptin. 


703 


tauften  nicht,  wobt  aber  ben  ©djmererfranften.  ©ie  fonntc  bei  neuer  ©rfrantung 
voieber^olt  werben1,  ©er  ©ebraud),  bie  ©oten  ju  falben,  fam  tneift  bet  ben  oricn= 
talifdjen  ©eften  bor. 

E.  Bit  liturgtfd)c  fUeiimug. 

8.  ©eit  bem  4.  Sa^unbert  bitbete  fid)  allmählich  eine  eigene  liturgifdje 
Reibung  für  bie  öerfd)iebenen  ©tufen  be§  $teru§.  ©iefelbe  ift  mefenttid)  t)er= 
uorgegangen  au§  ber  gefigemanbung,  toeldje  bei  ben  Römern  im  4.  3at)tt)unbert 
iibtid)  mar2. 

3u  ben  liturgifcbcn  ©ewänöera  gehörten:  1)  ba§  ©tid)arion,  2übe,  ba§  ©eroanb 
be§  ©iafon§  unb  Unterfleib  be§  ^riefter§3,  au§  bem  fpäter  burd)  tßerfürjung  ber 
(Sborroct  (Superpellicium)  berborging;  2)  ba§  Orarion  ober  bie  ©tola,  oerfdjieben 
bei  ©iafonen  unb  bei  Sßrieftern,  bet  letzteren  hoppelt  jufammengelegt  unb  auf  beiben 
©(buttern  aufliegenb  (s-arpa^eXiov) 4 ;  3)  ber  ©ürtet  (Cingulum)  gur  Umfpannung 
ber  Kleiber  be§  )ßriefter§ ;  4)  ba§  f))te|gewanb  (Casula ,  cpsXovtov) ,  oft  febr  leid) 
mit  ©otbftidereien  oerfeben5;  5)  bie  3irme(balter  (srnp-avixiov) ,  mit  beugen  ber= 
giert,  gur  teid)teren  Bewegung  bei  ben  9Imt§berricbtungen ,  gum  UefibjoUcit  ber  5trmet 
biettenb 6 * 8.  Sefonbere  9tu§geidjnungen  ber  Sßifdjöfe  waren:  6)  bie  fDiitra,  bei  ben 

1  Extrema  unctio,  feit  bem  12.  $abrbunbert  fo  genannt,  früher  oleum  infirmorum, 
unguentum  sanctum,  unctio,  dyiov  i'Aseov,  su/eAaiov.  2}gl.  Chrysost.,  De  sacerd.  III,  6. 
Innoc.  I. ,  Ep.  ad  Decent.  c.  8.  Caesar.  Arel.,  In  serm.  August.  265,  n.  3.  Conc. 
Araus.  441  can.  13.  Mabillon,  Acta  Ord.  S.  B.  I,  559. 

2  Duchesne ,  Origines  du  culte  chretien  (2me  ed.)  p.  365  ss.  S3rauit,  ®ie 
prieftertichen  ©ewänber  be§  2lbenbIanbeS  (71.  ©rg.=£>eft  ju  ben  „(Stimmen  aus  9ftaria= 
Baach")-  Sfreiburg  i.  23r.  1897;  ®ie  pontififafen  ©ewänber  be£  SIbenblanbeS  (73.  ©rg.= 
§eft).  ©bb.  1898.  SBilpert,  ®ie  ©ewanbung  ber  ©briften  in  ben  erften  Sfabrbunberten. 
fiöln  1898;  Un  capitolo  di  storia  del  vestiario.  2  p.  Roma  1898 — 1899.  ©rifar, 
®aS  römifebe  tpattium  unb  bie  älteften  liturgifefjen  Schärpen  (fjeftfdjrift  jum  etfbunbert= 
jährigen  Jubiläum  beS  beutfdjen  ©ampo  Santo  in  3tom  [fjreiburg  i.  S9r.  1897]  S.  83  ff.) ; 
Analecta  Romana  I,  507  sqq.  675  sqq. 

8  Über  bas  Stidjarion  (al.  enoi^dpcov,  -Kodgprjq  [Euseb.,  Hist.  eccl.  X,  4],  gewöhn* 
lieh  bon  weiften  Sinnen,  baber  auch  alba  vestis,  tunica  talaris)  bgl.  Äthan.,  Apol. 
c.  Arian.  n.  60.  Greg.  Naz.,  Test.  ( Migne ,  Patr.  gr.  XXXVII,  393).  Statuta  Eccl. 
Afric.,  ed.  Ballerini  p.  653  sq.  ®er  §alS  be§  ©elebranten  War  ebebem  unbebedt;  ber 
amictus  fam  erft  im  9.  3fabrbunbert  auf. 

4  Über  wpdpiov,  aroXy  Dgt.  Timoth.  Alex.,  q.  15  ( Pitra ,  Iuris  eccl.  Graec.  liist. 

et  mon.  I,  641.  645).  Theodoret. ,  Hist.  eccl.  II,  27.  Statuta  Eccl.  Afric.  c.  60, 
p.  662 :  Diaconus  tempore  tantum  oblationis  et  orationis  orario  utatur.  Conc.  Laod. 
can.  23  (Verbot  beS  DrariumS  für  Seftoren  unb  Kantoren) ,  Brac.  563  can.  9  (bon 
ber  über  bie  Schulter  getragenen  Stola  be§  ®iafon8),  Conc.  Tolet.  IV.  (633)  can.  40; 
Bracar.  675  can.  4. 

6  (J’sJ.dn 'co!/,  y>e/L6vys,  <paik<>vrß,  bei  ben  Sateinern  casula  (nad)  Isid.  Hispal.:  dicta 

per  diminutionem  a  casa,  quod  totum  hominem  tegat),  im  Sacram.  Greg.  M.,  and) 
planeta  (Conc.  Tolet.  IV.  can.  28).  SBci  ben  ©riechen  warb  fpäter  ein  längeres  unb 
ein  furgeS  ißbelonion  unterfdjieben;  erftereS  war  bas  ÜJteftgewanb,  le^tereS  ein  Äragen 
ober  ÜJiäntctchen,  als  baS  erfte  geiftliche  ©eWanb  betrachtet.  ®ie  ®almatifa  War  ein  au§ 
®ahnatien  nach  Italien  gefommeneS  £>üu£gewaitb,  boS  iPapft  Splüefter  für  bie  ®iafonen 
eingefiibrt  bähen  fott.  ®ie  Subbiafoucn  batten  früher  feine  befonbere  2lmt6trad;t ,  er* 
hielten  aber  im  6.  3wbrbunbert  eine  linnene  ®unifa  (tunicella). 

8  Statt  beS  SDlanipelS  (sudarium) ,  ben  bie  ©riechen  fo  wenig  als  baS  cjpumeralc 
hatten  unb  ber  auch  im  Dccibent  fpäter  auffam,  bienten  bie  impavixia.  ®er  manipulus 
(fanon,  mappula)  war  feit  bem  10.  ^ahrbunbert  ben  Sateinern  fein  Schweifend;  wehr, 
fonbern  blofte  3ierbe. 


704 


SftüifMtcf. 


Orientalen  einer  $önig§frone  äf)nlid),  oft  mit  ©olö  unb  eblen  ©teuren  gefdjmiicft ! ; 
7)  ba§  Omoptiorion1  2  (©dfulterfleib),  ©tyntfiol  be§  Dom  guten  §irten  guriidgefübrten 
2amme§,  bem  Sßattium  ber  ©rgbifdjöfe  in  ber  lateinifdjen  Birdie  entf|ired)enb ;  8)  bcr 
Hirtenftaü  (Baculus,  TtaTeptcwa) 3 ;  9)  ber  @a!fo§  bei  ben  ©riechen,  ein  enganliegenbe§, 
bi§  gu  ben  güften  beraf>f)ängenbe§  ©eroanb  of)ne  5trmel  ober  mit  Halbärmeln,  oft 
mit  jilbernen  ©löddjen  Derfeben4;  10)  ba§  @)rigonation  bei  benfclben,  ein  Dierediger, 
mit  einem  ßreuge  oerfebener  ©d)ilb  Don  ©eibe  ober  ©amt,  ber  Dom  ©irrte!  auf 
ba§  ßnie  fjerabfmngt 5 ;  11)  ba§  ^Brrtflfrcrtg  (äl)nlid)  ba§  9ßanagion)6.  fRinge  trugen 
nur  bie  abenb!änbifd)en,  nidjt  aber  bie  morgenläubifdfen  33ifd;öfe. 

9t  tt  cf  b  I  t  cf. 

Oie  ©efd)id)te  biefer  ^3eriobe  betätigt  Dollfommen  bie  Sßorte  be§  ©fft^f0' 
ftomu§:  „Oer  ^ird)c  fommt  nid)t§  gleid).  Dtenne  mir  nicht  Stauern  unb  SBaffen; 
beim  bie  füiauern  merben  mit  ber  geit  Anfällig,  bie  $ird)e  aber  altert  nie; 
bie  dauern  merben  Dort  ben  Barbaren  gerftört,  ber  Kirche  fönnen  aber  nicht 
einmal  bie  Oämonen  etma§  ant)aben.  2Bie  biele  fjaben  bie  Birdie  betämpft, 
unb  fie  gingen  gu  ©runbe!  Oie  $ird)e  ift  über  bie  Himmel  t)inau§ge[iiegen. 
Oa§  ift  it)re  ©röfie.  ©ie  fiegt,  menn  fie  betriegt  mirb,  fie  mirb  glangenber, 
menn  man  fie  miglfanbeU;  fie  ertjätt  SBunben,  aber  fie  unterliegt  i!)nen  nic£)t ; 
fie  mirb  Don  HBogen  umfpült,  finft  aber  nid)t  unter;  fie  erleibet  ©türme,  aber 
feinen  ©djiffbnuf) ;  fie  fämpft  unb  ftreitet  of)ne  fftieberlage.  2Barum  lief)  alfo 
©ott  ben  $ambf  gegen  fie  gu?  Um  fo  ihren  ©ieg  befto  glftngettber  gu  geigen." 
Unb  meiterffin  fagt  er:  „3fid)t§  ift  ftärfer  al§  bie  Kirche.  Oeine 
Hoffnung,  bein  He^/  beine  3uflud)t  ift  bie  $ird)e.  ©ie  ift  höher  al§  ber 
Himmel  unb  breiter  als  bie  ©rbe.  ©ie  mirb  nid)t  alt,  fie  ift  ftetS  jugenb= 
fräftig.  Oalfer  nennt  fie  bie  ©äjrift  einen  93 erg,  um  i^re  ^eftigfeit  unb 
Oauer  gu  begeichnen,  nennt  fie  Jungfrau,  um  ihre  UnDerfe^rtfjeit  au§gu= 
britcfen ,  nennt  fie  Königin  megen  il)rer  Herrlid)feit  unb  ^ßrad£)t ,  Oodfter 
megen  ihrer  ©ottDerroanbtfd)aft,  unb  megen  ihrer  gaf)treid)en  9tad)fommenfd)aft 
bie  Unfruchtbare,  bie  fieben  geboren.  Hunberte  1300  ^tarnen  —  alle 
gur  53egeidmung  if;reS  tjfbels.  2öie  if)r  ©ebieter  Diele  Flamen  ^»at :  93ater,  Sßeg, 
Sehen,  2id)t,  21rm,  iBerföbnung,  ©runbftein,  Ofjiire,  ©iinbenlofer,  ©d)a|,  H^rr, 
©ott,  ©ol)it,  ©ingeborener,  ©eftalt  unb  93ilb  ©otteS,  tueil  fein  eingelner  fJtame 
feine  Söitrbe  erfd)ö|)fenb  auSbritcft,  fo  l)at  auch  bie  $ird)e  Diele  fftamen." 7 


1  9Jlitra,  f>nful,  £iara,  xidaptq. 

2  Sßom  (bpocpöpiov  mirb  ba§  noXucmiüpiov  unterfcbiebeu  ( Thomassin  1.  c.  c.  49, 
n.  13;  c.  56,  n.  5). 

3  Uber  pedum ,  baculus  pastoralis ,  ßäßdog  Dgt.  Isicl. ,  De  eccles.  officiis  I,  5. 
Ordo  Rom.  IV,  c.  48,  bei  Mabillon,  Museum  ital.  II,  288.  Conc.  Tolet.  IV.  can.  28. 

4  tßom  SatfoiS  toirb  bie  9)tantia  unterfdjieben ,  bie  «Ströme  unb  jtoei  tafeln  auf 

ben  Oberarmen  bat. 

6  ®a3  ©bigonation  in  etmaö  anberer  fjorm  toarb  bei  ben  ©rtedjen  fpäter  aud) 
ißrieftern  als  befonbere  2lu§getd)nung  Dertieben. 

6  ®aS  ißanagion  (aud)  ißanagia)  bat  baS  93ilb  9JtariaS  mit  bem  SfefuSfinbe  unb 
toirb  bei  ben  ©riechen  ebenfo  getragen  toie  baS  töruftfreug. 

7  ^omilie  über  bie  ©efangennabme  beS  ©utropiuS  n.  2.  6  ( Migne ,  Patr.  gr. 
LII,  397  sq.  402). 


fftficfblicf. 


705 


2>n  ber  Ofjat  ift  bie  $ird)e  eine  Söeltmatt  geworben,  ein  großes  Aeit 
be§  §errn,  ba§  Seltenen  mie  Barbaren  utnftloß,  bie  Nationen  311  einer  Ifölferen 
©inlfeit  führte,  Don  ipem  Abel  iffnen  mitteilte,  ipe  Aeite  überbauerte.  Atit 
geringen  irbifd^en  Mitteln,  burt  ftmate  menfd)Iid)c  Organe,  unter  fort= 
mäpenben  Anfettungen  errang  fie  ipe  ©efbftänbigfeit ;  mit  geiftigen  unb 
meltliten  Mitteln  fonnte  fie  halb  biefelbe  gegen  neue  Angriffe  fdjinnen  unb 
befeftigen,  immer  mep  ba§  Seben  ber  23ölfer  burd)bringen.  An  bie  ©teile 
ber  rnenn  aud)  lieben§mürbigen,  bot  immer  in  ber  gorm  unüoHfominenen 
©infalt  unb  ©infadfpit  in  ipem  Kultus,  in  trer  Sepentmidlung ,  in  trem 
SBirfen  trat  bie  Dolle  Anmut  unb  gauberfraft  be§  ©tönen,  bie  glanjooHe  Aeife 
unb  Sßoöenbung  ber  äußeren  formen,  ope  bie  frühere  anfprut§lofe  Aatürlit= 
feit  ganj  au§  bem  ttifWidfen  Seben  ju  Derbrängen.  $p  inneres  mußte  immer 
mep  nat  außen  fit  funbgeben,  fit  auprägen  in  allen  ©eftaltungen ;  bie  in 
ip  ftlummernben  Kräfte  mürben  gemedt,  Sßäpfte  unb  ^onjilien  metteiferten 
im  AuSrotten  be§  Sööfen  unb  Anßflanjen  be§  ©uten;  aus  fleinen  Anfängen 
entftanben  gemaltige  Snftitutionen ,  aus  bem  einfaten  ASfetenleben  großartige 
geiftlite  Orben,  auf  bie  ftütten  Sßorte  be§  Aeuen  OeftamentS  grünbeten  fit 
mcitauSfeßenbe  Orbnungen,  litterarifdfe  Ateiftermerfe,  anjiepnbe  23eifßiele  ßerr= 
fiter  Sßaten,  großartige  Anftalten  für  bie  Söerfe  ber  Siebe;  aus  ben  engen 
©emätern  ber  alten  23erfammlung§orte  mutfen  prattDoHe  ©otteSßäufer  ßerDor. 
®a§  Übernatiirlite  öerflärte  immer  mep  bie  natürliten  23erf)ältniffe,  offne  bie 
Aaturgefeße  in  ipem  Sauf  31t  ftören.  Oie  SBölfer  gried)ifter  unb  römifter 
SSilbung  maren  am  ©nbe  iper  Aufgabe;  iugenblit  frifte  Sßölfer  traten  in  ben 
Aorbergrunb ;  an  ißnen  foflte  bie  $irte  ipe  ©enbung  not  glänjenber  erfüllen. 


.§ergenrötl)er,  fitx<$engefö)i$te.  I.  4.  Slufl. 


45 


- 


'ft  c  ö  i  ß  c  x 


SJbaSger  582. 

AbbaS,  Ardjimanbrit  453. 
AbbaS,3fifd)ofbon©ufa  344. 
Abbon  unb  ©ennen,  2Mr= 
tprer  269. 

Abenbinatjl  f.  ©udjariftifd^e 
Seiet. 

AberciuS,  älifdjof  bon  §iero= 
polis  261. 

Aberglaube  53,  487. 
Abeffinien  348,  615. 

Abgar  VIII.  (23ar  Ottanu), 
$töniq  bon  ©beffa  116, 
260,  261. 

AbrajaSbilb  161. 

Abfterben  bes  £>eibentumS 
332. 

AbunbiuS,  2}ifd)ofbon©omo 
525 

Acaciarter  377,  379. 
Acaciartifd^eS  ©d)iSma  564, 

584— 592. 

AcaciuS,  SBifd^of  bon  Antiba 
345. 

—  SBifd^of  bon  SSeröa  515. 

—  Sifchof  bon  ©afarea  361. 
— öifdjofbon&onftantinopcl 

585— 589,  685. 

—  S3ifdE)of  bon  SJlelitene  616. 
Adjaia  116,  225. 

AdjatiuS ,  fprifdjer  SSifd^of 

269. 

Ad^illaS ,  Sifdiof  bon  Alej= 
anbrien  291,  351. 

AciliuS  ©labrio  94. 
Abamiten  168. 

AbeobatuS  I.,  653. 

—  II.,  ipapft  653.  669. 
Aerianer  398. 

AöriuS  bon  ©ebafte  398. 
AetiuS  372,  377,  380. 

Afra,  SDlärtprin  274. 

Afrifa  115,  128,  251  ff., 
266,  279,  281  ff.,  407  ff., 
442  f.,  533  ff.,  563,  572  ff., 
647,  689. 

AgabuS,  Prophet  82. 


Agapen  219,  220. 

Agapet  I. ,  ißapft  597,  598, 
599,  650,  654. 

Agatpa,  DJlärtprin  269. 

Agatpo,  ißapft  632,  638,  653. 

Agnes,  SRärtprin  273. 

Agnoeten  619. 

Agrippa  II.,  jübifdjer  ßönig 
83,  137. 

—  ©aftor  161. 

AgrippinuS,  SBifdöof  bon 

Karthago  115,  252,  284, 
316. 

AgroeciuS,  SSifdjof  bon  Syrier 
279. 

Ägypten  41,  60,  115,  137, 
225,  249,  452,  529,  615. 
©.  audf  Alejanbrien. 

Ägpptifdje  SDlöndje  452  ff., 
496. 

Alabentie  46,  48. 

Afepbaler  (Sülonophpfiten) 
588,  619,  623. 

Afoimeten  456,  597. 

A!oIt)tf)en  263. 

Aftifteten  618. 

Alarich  570. 

Albanien  582. 

Alejanber  b.  ©r.  39,  55. 

—  I.,  ißapft  196. 

—  S9if(f)of  bon  Alejanbrien 
351,  353. 

—  Sifdjof  bon  JpierapoIiS 
515. 

—  23ifcl)of  in  ßappabocien, 
bann  in  Qerufalem  255, 
259,  260,  261,  269,  294. 

—  23ifd)of  bon  Honftan* 
tinopel  360. 

—  23ifdjof  bonSplopoliS  393. 

—  töifdjof  bon  2iI)effaIonid) 
359. 

—  jübifdjer  ©noftifer  107, 
189. 

—  ÜJlontanift  185,  187. 

—  bon  AbonoteidjoS  125. 

—  SannäuS  56. 


Alejanber  ©cberuS,  ßaifer 
236,  256,  309. 

Alejanbrien  87,  115,  198, 
244,  253  ff.,  266,  278, 
289  ff.,  337,  351,  391, 
438,  615. 

Alepanbrinifdfe  ©nofiS  160  ff. 

—  ©cfjule  f.  Äatedjetenfdjule. 

Älia  ©apitotina  115,  138. 

Aliten  644. 

AlfibiabeS,  ©Ilefait  198. 

—  ÜJtontanift  187. 

Allegorie  243. 

Allegorifdje  Sarftellungen 

312. 

Almofen  100,  103. 

Aloger  188. 

Altar  483. 

—  ber  ©iegeSgöttin  in  ber 
©enatslurie  333. 

Altbritifdje  Kirche  676  f. 

AmattbuS ,  Sifdjof  bon 
Sntaaftrid)t,9Jliffionär682. 

AmaftriS  116,  202. 

Ambon  483. 

AmbrofiuS,  fflifdjof  bon  SDlai- 
lanb  333,  342,  382,  406, 
420,  430,  459,  466,  473, 
491,  531. 

—  Sreunb  beSßrigeneS  237, 
256. 

AmmianuS  fDtarceltinuS  340. 

AmmoniuS ,  IBifd^of  bon 
$bmuiS  266. 

—  ©infiebler  453. 

—  !ird)Ii<|er  ©chriftfteller 
259. 

—  ©alias ,  Aeuplatoniler 
240,  255. 

Ampf)ilodjiuS,  23ifdjof  non 
Stlonium  382,  397,  466. 

AnalletuS,  ißapft  195. 

AnaniaS,  ^oljerpriefter  83. 

—  unb  ©appira  72. 

AnanuS,  §oherprieftcr  76. 

Anaphora  467. 

Anaftafia,  ÜJlärt^rin  273. 

45* 


708 


fRegifter. 


SlnaftafiuS,  ßaifer  583,  589, 
593 

—  I.,  '«papp  442,  498,  535, 

562. 

—  II.,  <Papft  567,  577,  592, 
649. 

—  JBtfdpof  bon  S^peffalonicp 

524. 

SlnatpematiSmen  beS  Stritt 
bon  Stlejanbrien  509. 
SlnatoliuS,  SSifdjof  bon  ßoit= 
ftantinopel  435,  523,  524, 

525,  526. 

—  SSifcpof  bon  Saobicea  226, 
292. 

SlncpialuS  116. 

SlnbreaS,  Sipofiel  93. 

—  23ifcpof  bon  (Samofata 
510,  516. 

2Xnicet,  196,  200,  224, 
225 

Slnomöer  372,  379. 

2lnteritS,  $apft  250. 
SlntpimuS,  SBifcpof  bon  ßon= 
ftantinopel  598,  599. 

—  JBifcpof  bon  Stifomebien 
273 

—  SSiftpof  bon  $pana  441. 
Stntpropotogie  494. 
SIntpropomorppiten  496. 
Slntpufa  489. 

Stntidprift  209. 
Slntibifomarianiten  393. 
Slntilegomena  192. 
SlntinomiSmuS  107. 
Slntiodfenifcpe  Schule  f.ßate= 
cpetenfipule. 

Slntiodpien  75,  78,  79,  80, 
81,  85,  115,  116,  198, 
199,  260,  266,  267,  331. 
StntiodpuS  ©pippaneS  55. 
SlntipaS  bon  SPergarauä, 
SJlärtprer  95,  234. 
Sintipater  56. 

Sintitaften  168. 
Stntitrinitarier  245  ff.,  291. 
SlntoninuS  <piitS,  ßaifer  117, 
124,  132,  197. 

SlntoniuS  ,  ©infiebler  319, 
„  452,  453. 

Slonenlepre  f.  ©nofticiSmuS. 
Slpamea  in  Sprien  140. 
SlpetteS,  Sftarcionit  178. 
SlppraateS  382,  399. 
Slpptpartobofeten  618. 
SlpiariuS  bon  Sicca,  ^rieftet 

563. 

Slpofataftafis  257. 
Slpofrifiarier  581. 
Slpofrpppe  Schriften  94, 181. 
SlpottinariS ,  Sifbpof  bon 
§ierapoliS  125,  126,  132, 
135,  225. 


SlpottinariS  Pon  Saobicea, 
Slater  unb  Sopn  341 ; 
Sopn  386,  387,  388. 
SlpottinariSmuS  384,  386  big 
388,  390,  493,  504. 
Slpotto,  Stubencprift  81. 
SlpoffoniuS,  SJtärtprer  122, 
128. 

—  bon  Slpana  130,  242. 
Slpologeten  120,  122,  131 

bis  136,  233,  341—343. 
Slpologieit  132  ff. 

Slpoftel  68  f.,  72  ff.,  92  ff., 
102—104. 

Slpoftelbetret  79. 

Slpoftelfefte  476. 
Slpoftelgefdpicpte  18,  83,  85, 
93  103 

Stpoftelfonbent  76,  79,  102, 
103. 

Slpoftellepre  220. 

Slpoftotifer  398. 

Slpofiolifipe  ßinpen  265. 
SlpoftotifcpeS  Spmbol  194. 
SlpuIejuS  bonfötabaura  131. 
Stquita  unb  ißriSciüa  80, 
81. 

Slquileja  113,  443. 

— =©rabo,  SDletropoIe  688. 
Straber  40. 

Slrabien  256,  278,  347,  641. 
Slrtpibiafon  435,  436. 
SlrdpipreSbpter  436. 
Slrcpibare  437. 

Slrcpontifer  159. 

Slrcofotium  310. 

Slreopag  80. 

StrianiSmuS  347,  348 — 384, 
504,  534. 

StriftarcpuS  83. 

SlriftibeS,  Slpologet  124, 132, 
135. 

StriftobuluS  I. ,  Äöiüg  ber 
Stuben  56. 

—  II.,  ßönig  ber  Stuben  56. 

—  ißeripatetifer  61. 

Slrifton  bon  ißelta  136. 
SlriftoteleS  46. 

StriuS  349,  350,  351,  354, 
357,  360. 

—  Sepre  beS  350. 

SlrlabiuS,  ßaifer  425,  426, 

502. 

StrfefilauS  48. 

Slrmenien  40,  345,  616. 
Slrmenpftege  232. 

SlrnobiuS ,  ßircpenf(prift= 
fteller  39,  288. 

Slrrpian  129. 

SlrriuS  SlntoninuS  128. 
SlrfaciuS,  23ifdpof  bon  $on= 
ftantinopel  502. 

StrfeniuS,  ©infiebler  561. 


Slrtemon  ober  SlrtemaS,  Slnti= 
trinitarier  246. 

SlfcpineS,  SCttontanift  186. 

Slfia,  5Probinj  116,  225. 

SlSfefe  233,  318,  559,  560, 
561. 

SlSfeten  233,  316,  318,452. 

SlSlIepaS,  S3ifcpof  bon  ©aja 
357,  363. 

SlSltepiobotuS ,  Scpitler  beS 
StpeobotuS  beS  ©erberS 
246. 

Slffprien  40. 

Stfplrecpt  426. 

SltpanafianifdjeS  Spmboluin 
390. 

SltpanafiuS ,  SSifcpof  bon 
Stlepanbrien  341 ,  348, 

353,  357,  358,  359,  360, 
361,  366,  369,  370,  371, 
379,  381,  385,  391,  430, 

458,  496. 

Sltpen  80,  117,  201. 

SltpenagoraS,  Slpologet  125, 
132,  135,  207. 

Sltpiopiftpe  Äircpe  348. 

Sltomiftifbpe  Sdpule  43. 

SlttaluS  bon  ipergamum  127. 

SlttifuS,  Siftpof  bon  ßon= 
ftantinopel  503,  539,  565. 

Sluferftepung  beS  §>errn  70. 

„Sluffaprt  beS  SütofeS",  Stpo= 
Irppp  92. 

Sluguftin,  Slbt  unb  SSifdpof, 
Slpoftel  ©nglanbS  673  f., 
677. 

SluguftinuS  39,  67,  337,  342, 
382,  414,  425,  432,  449, 

459,  460,  466,  491,  497, 
505,  531—559. 

SlureliamtS,  ßaifer  271. 

SlureliuS,  83if<pof  Pon  ßar= 
tpago  417,  536,  538. 

—  iprubentiuS  418. 

SluSbreitung  beS  ©priften= 
tumS  113  ff.,  276  ff. 

SluSgieffung  bei  ^eiligen 
©eifteS  71,  85. 

SlupentiuS,  SBiftpof  bon  9ftai= 
lanb  382. 

SlbituS,  Sfiftpof  bon  SSienne 
558,  571. 

SlpiontifuS  (ober  SlpionifuS) 
in  StntiodEjien  173. 

©abpIaS,  JBifcpof  bon  Slntio= 
cpien  238,  269,  294. 

Sabplon  40. 

SSapramV.  (griecp.  SfaraneS), 
ßbnig  ber  Werfer  344. 

SlalbinuS,  ßaifer  237. 

S3ann  (©pfommunifation) 
1  226,  482. 


Baptifterien  304,  462,  484.  I 

Barbara,  Biärtprin  274. 

Barbarazini  336. 

Barbetioten  158. 

Bar=©odjba  138. 

33arbefatte<S ,  ©noftifer  173, 
261. 

Barnabas  75 ,  77,  78 ,  80, 
94,  103. 

BarnubaSbrief  198,  210  bis 

211. 

Barfanianer  (ober  Barfa= 
nupbiten)  619. 

BarfumaS,  Slbt  521,  529. 

—  Bifchof  öon  BifibiS  518, 
614. 

Bartholomäus ,  Bpoftet  93. 

Bafitianer  455. 

BafilibeS  160—165. 

BafitibianifdjeS  ©pfiem 
161  ff. 

Bafitifa  483. 

BajitifuS,  Biarcionit  178. 

BafiliSfitS,  Saifer  584. 

BafitiuS,Bifdjof  öonßäfarea 
39,  346,  381,  382,  396, 
430,  441,  455,  466,  491.  ; 

Beeinfluffung  ber  @nttoicf= 
luitg  djriftlidjen  Bebens 
burcf)  beibitifdje  3inftitu= 
tionen  120. 

BegräbniSptähe  f.  ©öme= 
terien. 

Beichte,  öffentliche  228,  481. 

Beidjtfiegel  702. 

Befämpfung  beS  ©briften= 
tumS  burdj  bie  tjeibnifd^e 
Bbilofopbie  1^8  ff. 

Befenner  235. 

Benebift  F.,  ipapft  651. 

—  öon  Burfia  666. 

Benebiftiner  666  ff. 

—  Sieget  ber  667. 

Beröa  80. 

BertjttuS,  Bifdjof  öon  Boftra 
248,  260. 

BerptuS  115. 

Betper  138. 

BemeiSgrünbe  ber  peibnifdjen 
©etetjrten  gegen  baS  ©bri= 
ftentum  340. 

Bibtifcpe  Bitber  312. 

Bitbcr  ber  Bpoftet  312. 

—  ber  ©otteSmutter  312. 

Bilbbauerfunft  485. 

Bifdjof  103  ff.,  212 ff.,  432  ff., 

447  ff.,  691.  6.  auch  6f>i* 
ffopat. 

Bifdjofötoablen  215 ,  433, 
658,  662,  691. 

Bitbpnien  40,  87,  98,  99, 
116. 

Btanbina,  Btartprin  127. 


Begifter. 


BtafiuS,  Bifdjof  öon  ©ebafte 
274. 

BtaftuS,  Bnefter  225. 
Btemmper  584. 

BoetpiuS  576,  654. 
BonifatiuS  I. ,  ^apft  442, 
563,  565,  566,  648. 

—  II.,  Bapft  559,  650,  654. 

—  III.,  tßapft  652. 

—  IV.,  Bapft  652. 

—  V.,  Babfi  653. 

BonofuS,  Bifdjof  öon  ©ar= 

bifa  460. 

Breöier  f.  ©tunbengebet. 
Brief  an  ®iognet  132,  136. 
Briefe  f.  Ignatius,  3o= 
panneS,  .Siemens,  BüuIöS, 
BetruS,  Botbl^P- 
Briefmedjfet ,  apofrppbet, 
Stöifdjen  ©briftuS  unb  2lb= 
gar  116,  261. 

—  junfcben  BüniuS  unb 
Saifer  Sirajan  116,  121, 
123. 

Brinbifi  113. 

Britannien  114,  670—677. 
Brotbredjen  72,  97. 
Bruberfufj  99. 

Burgunber  571. 
BufebiS3iplin213, 226—228, 
249,  305,  313,  479,  480, 
701. 

Bufje,  öffentliche  307,  314, 
481,  482. 

Bufjgvabe  481. 

Bufjpriefter  315,  480,  481. 
Bufjftationen  315. 

Bufjftreit  280  ff. 
Bufjübungen  227,  481,  702. 
Bpjanj  f.  Sonftantinopet. 

Cfäcilian,  Bifdjof  öon  Sar= 
tbago  353,  409. 

©ajuS  oon  Born,  fachlicher 
Seprer  248. 

©ajuS,  Bapft  287. 
ßatiguta  90. 

©alliana  (Satfut)  347. 
ßanbibian,  ©omeS  511. 
©aracatla,  Saifer  236,  256. 
©äfarea  in  Sappabocien  116, 
266. 

—  in  Bötäftina  82,  83,  115, 
138,  256,  260,  266. 

©äfareopapiStnuS  579,  581.  ; 
©äfariuS,  Bifchof  öon  BrleS 
466,  558,  559,  666. 
©affiatt,  9tbt  509. 
©affioboriuS  20,  653,  668. 
Cellae  coemeteriales  311. 
©etfuS,  Bbitojopb  125,  129. 
©erbon,  fprifdjer  ©noftifer 
176,  198. 


709 


©erintpuS,  ^rrteprer  95, 108, 
245. 

©batcibiuS,  neuptatonifcper 
Bbitofopb  340. 
©patbaifcpe  ©briften  614. 
©pariSma  ber  Broppetie  187. 

—  beS  BöorteS  98. 
©bariSmen  98,  102. 
©pafibim  56. 

©bitiaSmuS  108,  186,  187, 
210,  211,  289,  290. 
©bina  583. 

ßplobtoig,  Sönigber^ranfen 
577. 

©porbifdjöfe  267,  436. 
©poSroeS,  Sönig  ber  Bei'fei' 
583 

©briften,  Barne  ber  75. 
©briftenprojeffe  122  f.,  268. 
©prifienöerfutgungen  87  f., 
94  f.,  121  ff.,  235  ff., 
268  ff.,  344  f. 

—  beS  ©aracatla  236  f. 

—  beS  ©ommobuS  128. 

—  beS  2)eciuS  268  ff. 

—  beS  ©ioftetian  unb  feiner 
Bacpfotger  271  ff. 

—  beS  Somitian  94  f. 

—  beS  £>abrian  124. 

—  beS  Julian  gtpoftata  327  f. 

—  beS  Blarf  Sluret  125  ff. 

—  beS  BlajiminuS  Sipraj 
237. 

—  beS  Bero  88  f. 

—  beS  ©eptimiuS  ©eöeruS 
236. 

—  beS  Srajan  123  f. 

—  beS  Baterian  270. 
©brifttidje  Sunft  312,  484. 
©tjriftlicber  SuItitS  96  ff., 

120,  216  ff.,  302  ff.,  461  ff., 
691  ff. 

©prifttidj  =  römifche  Suttur 
322. 

©briftologie  207,  492,  494, 
504  ff.,  518  ff.,  584  ff., 
597  ff.,  622  ff. 

©brtjfippuS  aus  ©oti  47. 
©prpfoppora,  ©briftiit  202. 
©iboriitm  485. 
©ircumcettionen  412,  413. 

J  ©ifterna  83. 

©IaubianusBlamertuS,Böie- 
fter  oon  Bienne  557. 
©taubiuS  BpottinariuS,  Bi= 
fcpof  öon  £>ierupoli§,  f. 
StpottinariS. 

©tobius  BtbinuS  128. 
©öteftin  I.,  BaPft  508,  510, 
514,  555,  563,  566,  671, 
693. 

©öteftiuS,  3rrteprer536,537, 
538,  539,  541. 


710 


SRegifier. 


©ölibat  beg  $Ierug  216,  816, 
449. 

Coelicolae  885. 

Collegia  funeraticia  311. 
©ömeterialEirdjen  484. 
©ömeterien  308,  810,  486. 
©omtnobug  128. 

©onftitutum  beg  SPapfteg  SBi= 
giliug  610. 

Consubstantialis,  ößooumot ; 
354  f.,  369. 

©regceng,  2tpofteIfdjiiIer  114. 

—  ©pniEer  125,  126,  130, 
197. 

©rifpug,  ©opn  ßonftanting 
b.  ©r.  323. 

Sulbeer  676  f. 

©umanug,  SProEurator  90. 
©ppent  74,  75,  78,  80,  116, 
137. 

©pprian,  SBifdjof  Don  ßar= 
tpago  115,  213,  232,  236, 
252,  263,  267,  269,  270, 
280,  281,  283,  284,  285, 
289,  294,  295,  316,  318. 

—  SBifdjof  Don  Toulon  559. 
©tjrenai'Ea  91,  137. 

©prene  75. 

©prittug,  21bt  ber  SÜEoimeten 
588. 

—  SBifdjof  Don  Sllejanbrien 
112,  341,  504,  508,  509, 
511,  512,  514,  515,  516. 

—  SBifdjof  Don  ^erufalem 
382,  392,  463,  466. 

—  Don  ©Eptpopolig  561. 
©prug,  ßöitig  ber  ^ßerfer  55. 

—  SBifdjof  oon  Sppafig,  bann 
Don  Sllejanbrien  622,  623, 
634. 

®aciug,  SBifdjof  Don  9Jlai= 
lattb  603,  605,  607. 
®almatien  114. 

®al:natiug,  3Ebt  513. 
®amagEug  77. 

®amafugl.,  Spapft  376,  382, 
386,  403,  420,  442,  444, 
446,  473. 

®ätnonenIepre  209. 

®aniel ,  SBifcpof  Don  ßarrä 
522. 

®abib,  SBifdjof  Don  Sütenebia 
542. 

®abibiben  95. 

®  eciug  $rajanug,  ßaifer  268. 
®e!apoIig  110. 

®emag  83. 

®emetriug,  SBifdjof  bonSlIej* 
anbrien  255,  256. 
Seminrg  108,  147. 
®emoEritug,  griedj.  SppiEo= 
fort  43. 


®efiberiug ,  SBifdjof  Don 
Slienne  658. 

®eugbebit,  Spapft  652. 
®euteroEanonifdje  SBüdjer 
192. 

®ebeltug  116. 

®iabocpug,  SBifdjof  Don  Sppo= 
tice  in  ©pirug  561. 
SiaEonen  72, 103— 116,211, 
212,  215,  232,  447. 
®iaEoniffen  215,  232,  580. 
„®iafog  mit  bem  (juben  ®rp= 
rton"  198. 

—  „Sppilopatrig"  339. 

—  ätoifdjen  Ofafon  unb  SPa= 
pigEug  132. 

„®ibadje"  99. 

„®ibagEa!ia"  305. 

®ibpmug  ber  SBEinbe  382, 
392,  491,  496. 

®iobor,  SBifdjof  Don  ®arfu§ 
395,  491,  517. 

®ioEIetian,  ßaifer  271  ff. 
®ionpfiug,  Spapft  286,  291. 

—  SBifdjof  Don  SUejanbrien 

112,  221,  222,  225,  232, 

259,  269,  270,  283,  284, 

285,  289,  290,  291,  294, 

295,  318. 

—  SBifdjof  oon  ßorintp  87, 
116,  117,  196,  201,  233. 

—  SBifdjof  bon  ÜDtailanb  370. 

—  Slreopagita  80. 

—  SPfeubo  =  ®.  ülreopagita 
495,  561. 

—  ©giguug  654. 

®io§Eoru§,  SBifdjof  Don  SIEep 

anbrien  519,  520,  522, 
524,  526,  528. 

—  SBifdjof  Don  §ermopoEi§ 
499. 

®iotreppeg,  SBifdjof  96. 
®iöjefanfpnoben  690. 
®iöjefe  214,  432  ff.,  690  f. 
®iptpcpen  306. 

®ifibob,  fütiffioncir  unter  beit 
äfranEen  681. 

®i§3iplin  beg  Sterug  315  f., 
447  ff.,  481,  701  f. 
®itt)cigmu§  248. 

®oEeten  108,  147,  179,  504. 
®ominiEu§,  SBifdjof  Don  ßar= 
tljago  417. 

®omitian,  SBifdjof  Don  3In= 
cpra  600. 

—  flaifer  81,  94,  123. 
®omitiu§  Ulpianug,  Sfurift 

237. 

®omitug,  SBifdjof  bon  2lntio= 
djien  519,  522. 
®onatigmug  401 — 417,  534. 
®onatui,  SBifdjof  Don  ßafä 
Sftigrä  408,  409. 


®onaüt§,  SBifdjof  Don  ßar= 
tfjago  253,  365. 

—  b.  ©r.,  bonatiftifdjer  S8i= 
fc£)of  409,  411. 

®onug,  Sßapft  631,  653. 
©orotpea,  SDlärtprin  273. 
®orotEjeaner  383. 

®orotpeug  Don  Süntiodjien, 
SPriefter  296. 

—  SBifdjof  bon  2Jlarciano= 
polig  506. 

—  SBifdjof  Don  SdjeffaEonidj 
594,  595. 

—  fUlärtprer  273. 
®ofittjeaner  151. 

®ofitpeug  151. 
®reiEapite!ftreit  601  ff. 

(SSbioniteit  1 10, 1 12, 139, 245. 
©beffa  116,  173,  235,  260, 
261,  278,  309,  517,  613. 

—  ©tpule  Don  297. 

©biEt  7 zpdg  tö  xoivov  rrjg 
’Aaiag  124. 

—  Don  SüJtailanb  276,  323. 
©fje  230,  231,249,  307,  316, 

479. 

©pepinberniffe  480. 

©tjelofeg  Seben  449.  ©.  audj 
Sügfefe. 

©EbiEoi,  ®efenforen  437. 
„©Etpefig"  beg  ßaiferg  £>era= 
Einig  626,  627. 

©Idjafai  (ober  ©Ijai)  140. 
©Eeatifdje  ©djule  43. 
©leufinifdje  SJlpfierien  42. 
©Eeutljerug,  SPapft  114,  185, 

I  196,  202. 

I  ©liag,  SBifdjof  Don  3fertt= 
falem  593. 

©ligiug,  SBifdjof  Don  Sftopon 
682. 

©lEefaiten  140-142,  198. 
©mmeratn,  SBifcpof,  3JHffio= 
när  unter  ben  SBajuoaren 
681. 

©mpebolleg,  griedj.  SppiIo= 
fopp  43. 

©ngel  209. 

©ngtanb,  fDliffiongtpätigfeit 
in  674—676. 

©nEratiten  179,  180. 
©nnobiug,  SBifdjof  Don  Spabia 
556,  653. 

©papprag  83. 

©papprobitul  83. 

©ppefug  81,  82,  84,  94,  95, 
107,  108,  116,  266. 
©ppräm  ber  ©prer  382,  399, 
466,  495. 

©pigonug ,  SDlonardjianer 
274. 

©piEtet  51,  130. 


Stegifter. 


711 


©pifur  48. 

©oifureer  47. 

©pipbanei,  bei  Itarpofratei 
e>obn  168. 

—  S3alentinianer  175. 
©pipbanie  806,  474. 
©pipbaniui,  *8if<bof  Port 

fionftantia  (©aiamti)  18, 
112,  161,  894,  495,  496, 
497,  500,  501. 

—  S3ifcf)of  non  $onftan= 
tinopel  595. 

—  33ifcbof  Bon  (JlaBia  575. 
©pirui  116. 

©piffopat,  Ursprung  bei 
101  ff.,  211  ff.  üud) 
S3ifcf)of. 

©piffopenunbSDiafonen  103. 
©piftel  305. 

Epistola  tractoria  bei  *f}ap= 
ftei  3°fi>nui  505. 
©pulottett  50. 

©remiten  455. 

©faianiflen  619. 

©idjatologie  210. 

©ffäer  (©ffener)  58,  59. 
©tffifcfie  5pf)ilofopbie  43. 
©utbariftifdje  ©lemente,  39rot 
unb  SCÖetn  99. 

—  Sfeier  97  ff.,  216  ff.,  305 ff., 
463  ff.,  692  ff. 

(sudjariftiftfjei  ©ebet  99,  306. 
©ubojia  (©ubofia),  ßaiferin 
501,  520. 

©ubojianer  383,  388. 
©ubojtui,  arianif<berS3if(bof 
Hon  21ntiocf)Un,  bann  Bon 
^onfiantinopel  377,  380, 
381 

©ugcn’l.,  ifJapft  631,  653. 
©ulaliui,  ©egenpapft  563. 
©ufogiui  B.  Sllejanbrien  151. 

—  Söifdjof  Bon  ©äfarca  in 
IfJaläftina  537. 

©umenea  201. 

©unapiui ,  Steuplatonifer 
339 

©unoinianer  383,  388. 
©unomiui  373,  380. 

©unomo=@utp(ijtaner  883. 

— =2f)eop()ronianer  383. 
©upbemiui ,  23ifcf)of  Bon 
ßonftantinopel  589. 
©upbratei,  33tf(^of  Bon  $öln 
366. 

©ufebianer  354,  356,  358, 
359,  361. 

©ufebiui,  5ßapft  287. 

—  58ifd)of  Bon  ©afarea  18, 

110,  111,  115,  116,  117, 

126,  138,  185,  258,  259, 

260,  325,  341,  353,  361, 

393,  496.  ; 


©ufebiui,  33if<f)of  Bon  ®orp= 
läum  519,  525,  527. 

—  SSifcfjof  Bon  ©mefa  495. 

—  Sifcpof  Bon  Stifomebien 
351,  354,  355,  358,  396. 

—  SSifcEiof  Bon  Sercelli  370, 
405,  459. 

©uftatbianer  397. 

©uftatfjiui ,  SBifcfiof  Bon 

2lntiocf)ien  353,  357,  394, 
491. 

—  S3if(f)of  Bon  ©ebafie  397, 
454. 

@utberiui,S3ifd)ofBoH3;t)ana 
516,  564. 

©utropiui ,  SHfdjof  Bon 

SIbrianopel  357. 

©utpcfjei,  Srtlebrer  518,  519, 
521,  522,  528,  564. 
©utpc£)iamfcf)e  ^rrlebre  519. 
©utpdjianui,  ißapft  287. 
©utpcbiui,  SSifcEiof  Bon  Äon= 
ftantinopel  608,  609. 
©Bagriui  Sßontifui,  2It<bi= 
biafon  435,  499. 
©Bangelten  18,  98,  108,  305. 
©nariftui,  $apft  196. 
©parcfjen  439. 

©jfommunüatton  451,  482. 

<B.  aud)  SJann. 
©jotnologefii  228,  229. 
©porctimui  462. 

©jorciften  263. 

©jufontianer  372. 

^abiantti,  $apft  250,  253, 
269,  279,  280. 

Sabiui,  Sifdjof  oon  2lntio= 
(bien  294. 

Safunbui,  S3ifcfiof  Bon  §er= 
miane  603,  605. 

Sali  bei  -fteibentumi  im 
3tömerreidje  334. 
Samiliengrabftätten  311. 
haften  223. 

Saftenjeit  466. 

Sattfia,  ©emablin  $onftan= 
tini  b.  ©r.  325. 

Sauftui,  23ifcf|of  Bott  fRiej 
557. 

Seliciffimui,  ®iafon  282. 
Seli£  I.,  <Papft  287. 

—  III.  (II.),  ißapft  573,  581, 
588,  649. 

—  1Y.  (ni),  fflapft  558, 
559,  650. 

—  ©egenpapft  402. 

—  33ifd)of  3U  Sienufia  273. 

—  Bon  Stola,  (Priefier  269.  1 

—  ißrofurator  83,  84. 

Sefie  ber  ©ngel  698. 

—  ber  ©otteimutter  698. 

—  bei  ^>erm  306,  473,  697.  ! 


Srefte  ber  ßonfefforen  698  f. 

—  ber  SJtärtprer  224,  308, 
473,  476,  698. 

Seftfreii  306,  696. 

Seftui,  ißrofurator  83,  84. 
Sirntilian,  SBifdjof  Bon  ©ä= 
farea  in  ßappabocien  256, 
261,  284,  285,  294,  295. 
Sirtnung  218,  304,  462. 
girrnui,  S3if(f)of  Bon  ©äfarea 
in  ßappabocien  513. 
gifcpilb  312. 

SlabeEen  485. 

Slaoia  ©otnitiEa  94. 
SlaBian,  Sifdjof  Bon  9Intio= 
dfiien  427,  495,  593. 

—  äfifdjof  Bott  f?onftan= 
tinopel  519,  522,  523. 

—  Siftbof  Bon  3Sb)effaIörti(f) 
511. 

SlaDita ,  Stfdjof  Bon  $on= 
ftantinopel  589. 

SlaBiui  Sofepbui  90,  91. 

—  ßlemeni  94. 

Slorian,  SJtärtbrer  280. 
Slorinui,  ©noftifer  198. 
Vortitel  Bon  Stile  376. 

—  Bon  6irmium,  erfte  369; 
jtoeite  373;  britte  374; 
Bierte  375. 

Sortunatian ,  33if<bof  Bon 
Slquilcja  370. 

Soffarier  f.  üopiaten. 
Oranten  577  ff. 
Sranfenreicb,  lird)Iicbe  3u= 
ftänbe  657—660. 
Sribolin,  bl-,  SJtiffionär  am 
obern  Stbeingebiet  678. 
Sriebenifuf;  305,  466. 
Sronto,  ©orn.,  Stebner  125, 
129,  130. 

Srutnentiui  unb  Slbefiui, 
Slpoftel  Bon  Slbcffinien 
348. 

Sulgentiui ,  SBifdjof  Bon 
fftuipe  466,  558,  573. 
Sülle  ber  3c't  65. 
Sunftionen  bei  ffiifcbofi  434. 

«laben  bei  ©eiftei  103. 
©alatien  80,81,  87,93, 116. 
©ateriui  SJtoEimianui,  $ai= 
fer  272,  274,  275. 

—  Ültajirnui,  iprotonful  270. 
©aliläa  70,  71,  90. 

©aflien  54,  114,  127,  225. 
©allienui,  ßaifer  270,  310. 
©attifanifcbe  Siturgie  693. 
©aHio,  ißrofonful  80. 
©aßui,  iSaifer  270. 

—  SDtöndb,  SOtiffionär  unter 
ben  Sllemannen  679. 

©amaliel  74,  77. 


712 


fftegifter. 


©aubentiug,  Sttfcbof  bon 
Sörzen  477. 

©aja  115. 

©ebet  229. 

—  gemeinfcbaftttcbeg  98. 
©ebeimbigaipttn  804. 
©elafiug  L,  *Papft  837,  432, 

436,  542,  558,  589,  592, 
649. 

©emeinfcbaft  ber  ©laubigen 
100. 

©ennabiug  bon  OJtarfeille, 
ißriefter  556. 

©eorg,  SOlärtprer  273. 
©eriibtgbarfeit ,  bifdföfttcbe 
424. 

—  lird&tt<$e  579,  660. 
©ermanen  54,  114. 

—  äftiffionett  unter  benfelben 
677—682. 

©ermanitug,  -Ktärtbrer  127. 
©ermanui,  SBifd^of  bau  2lu= 
jerre  542,  671. 

—  Sifcljof  bon  tßarig  658. 
©efeije  gegen  ben  beibnifdjen 

Kultus  324. 

©effiuö  glorug  90. 
©tabiatorenfpiele  337. 
©laubengbetenntnig  194. 
©taubenSregel  188,  190,193. 
©lautiag  160. 

©loffolalie  98. 

©nabenlet)re  beg  f|L  9Iugu= 
ftinus  535,  546,  547,  548, 
549. 

—  beg  3ol)anne§  ©affianug 
552,  553,  554. 

©nofticiginug  114,  135,  144 
bi§  183,  189,  212. 

—  SSebeutung  beö  181  f. 
©oar,  ©infiebler  am  2Jlittel= 

rbein  681. 

©oeten  53. 

©orgoniug,  *0lärtt)rer  273. 
©orfpna  116,  202. 
©ottegbienft  f.  ©b^iftlicber 
■Kultug. 

©ottgetoeibte  Jungfrauen 
307,  316,  319. 

©rabo  612. 

©ratian,  ßaifer  333,  382. 
©regentiug ,  SSifdjof  bon 
Sapbaran  583. 

©regor  I.,  b.  ©r.,  $apft  336, 
450,  462,  463,  466,  580, 
581,  651,  655,  663,  668, 
669,  673,  686,  702. 

—  Sifdjof  bon  ©liberig  418. 

—  töifdjof  bott  Sourg  20, 
279,  578. 

—  bon  Dtajianj  39 ,  329, 
337,  341,  382,  383,  388, 
396,  397,  466. 


©regor  bon  Sütjffa  382,  388, 
396,  466. 

—  ber  Söunbertbäter  ($bau= 
maturgug) ,  SBifd^of  bon 
9Ieit=©äfarea  256 ,  258, 
269,  277,  295. 

©regoriug  ber  ©rleucbter, 
2IpofteI  ber  Armenier  345. 
©rieten  41. 

©riedfentanb  117. 
©runbaüge  ber  ^ärettfd^en 
©nofig  147. 

^abrian,  ßaifer  115,  124, 
137,  160. 

—  ffteffript  beg,  an  9Jlinu= 
ciu§  Junbanug  121,  124. 

§albarianer  372,  373,  378, 
379. 

gtanbauflegung  104,  227. 
§ärefie  189,  425. 
§artnoniu§,  (Sobn  beS  S3ar= 
befaneg  174. 

§>arranier  336. 
tpebräerebangettum  111. 
|>egefippug  18, 109, 112, 137, 
139,  152,  196,  199,  202. 
§eibencfjriften  98,  101,  112. 
|>eibencbriftlicbe  ©emeinben 
103. 

§eibemoe!t ,  griec£)tfd^=römi= 
fäe  38  ff. 

§eibnifcbe  ßultusftätten  334. 

—  (Sitten  487. 

—  Söunber  unb  ßrafe!  119. 
„^eilige"  100. 

^eilige  ©cbrift  98,  188. 

—  Seiten  unb  Sage  222,  225. 
£>eiligenberebrung  477. 
Helena,  fDlutter  Üonftanting 

b.  ©r.  323. 

£>elenianer  150. 

§elenng,  Sifdjof  bon  Sarfug 
284,  294,  295. 

§elioborug  55. 

§eliogaba!ng  (Slbitug  SSaf= 
fianug),  ßaifer  236. 
§etlabiug,  SBifdf»of  bon  Sar= 
fug  516,  564. 

§ettag  82. 

|>elbibiug  460. 

|>enodjbu(b  63,  92. 
f>enoti!on  beg  ffaiferg  $eno 
587,  594. 

§eratlag,  Sebrer,  bann  93i= 
fcbof  bon  21Iejanbrien  256, 
259,  266,  289. 

§erafteon ,  93alentinianer 
173. 

^eratliug,  ßaifer  579,  582, 
613,  617,  622. 

Vermag  181,  196,  197,  206, 
212. 


§ermenegilb,  ©obn  beg  toeftt 
gotifdben  ßönigg  Seobigilb 
572. 

§>ermeneuten  438. 

§ermiag  132,  136. 
£>ermogeneg,  ©noftifer  179. 
§erobeg  56. 

—  21grippa  I.  56,  75,  85. 

—  2lgrippa  II.  76,  139. 
£>erobot  43. 

§erog,  töifcbof  bon  SIrleg 
537,  538,  539. 

§efiob  42. 

|>ejapla  256. 

f>iera!ag ,  alepanbrinifdber 
Sebrer  292,  318. 
§ierapolig  93,  116. 
§ierardjie  211,  447. 
|>ierofleg ,  (Statthalter  bon 
Sitbbnien  242. 
§ieronbmng  19,  112,  257, 
382,  403,  404,  459,  460, 
495,  496,  497,  498,  531, 
532,  537,  538,  542,  560. 
§ieropolig  116. 

£>iluriott,  ©infiebler  453. 
fufariug,  Sifcfjof  bon  Slrleg 
556,  566. 

—  SBifdjof  bon  ißoitierg  372, 
377,  382,  419,  430,  491. 

§ilarng,  ißapft  564, 567, 568, 
581. 

§itneriug,  tßifcbof  bon  Sarra= 
cona  404. 

—  Sopbift  242,  339. 
£>immelfabri  ©brifti  306, 

476. 

§>inberniffe  gegen  58erbrei= 
tung  ber  cbrifilicben  Sebre 
118. 

§ippott)tug  bon  3Iom  225, 
226,  243,  248,  249,  250, 
252,  281,  292. 

„£>irte"  beg  §ermag  196, 
206,  212. 

£ober  fftat  73,  74,  83. 
|»onteriten  583. 
ftomilie  305. 

|>o mitten  beg  *}Jfeubo=fiIe= 
meng  141. 

§omöer  377,  379. 
§omonfiog  f.  Consubstan- 
tialis. 

^vonoratug,  Sifdjof  bon  ülrleg 
459. 

—  tBifcbof  bon  Sülarfeitle 
556. 

§onoriug,  ßaifer  404,  425, 
502,  541. 

—  I.,  tpapft  612,  624,  625, 
634,  636,  653. 

§>ormigbag,  5ßapfi  558,  593, 
594,  596,  650. 


Gegiftet. 


713 


£>ofiul,  SStfd^of  üon  ©orbuba 
352,  353,  365,  371,  374, 
418,  430. 

Hunnen  569,  574. 

|>p,  3'nfel,  3entrum  ber  ÜJlif= 
fionltljätigfeit  in  ©djott» 
lanb  672. 

§pacintljul,  römifcfjer  »rie= 
fter  128. 

tppginul,  »apft  196. 

—  »ifdjof  non  ©orbuba 
420. 

£pmenäul,  jiibifdjer  ©no= 
ftiler  107,  189. 

£>t)tnnen  472. 

^tjpatia ,  alcganbrinifd^e 
»pilofopljin  337. 
£>ppoftafil  251. 

|>ppfiftarier  335. 
fortan  II.  56. 

^abnel)  137. 

Slapreltage  ber  »erftorbenen 
308. 

Safob ,  »ifdjof  boit  »ifibil 
353 

—  bon  »ifibil,  fülönc^  454. 

—  (©arug),  »tärtprer  344. 

—  3anjalu!,  gen.  ei  »arabai 
615. 

3Ja!obiten  615. 

$afobul  ber  ältere  75. 

—  ber  Snpljäibe  (ber  3(ün= 
gere)  75,  76,  78,  79,  83, 
89,  102,  109,  140,  227. 

3famblid)ul  aul  ©fialfil, 
neuplatonifcfjer  »fjilofoplj 
130,  242,  339. 

Santnia  91. 

3bal,  »ifc&of  bon  ©beffa 
517,  518,  522,  528,  602. 
Oberer  114. 

Sfberien  346. 

Sbaciul,  »ifcfjof  oon  ©merita 
(SKertba)  420. 

Serufalcm  70,  71,  74,  75, 
77,  78,  79,  81,  82,  85, 
89,  90,  94,  101,  103,  115, 
137,  138,  198,  199,  259, 

261,  266,  278,  392,  440, 

613. 

3efu§  (S^riftuä  68. 
Qejbebj^erb  I.  (Silbegerbel), 
ßönig  ber  Werfer  344. 
3gnatiul,  23ifcf)of  bon  2lntio= 
djien  86,  108,  111,  116, 

122,  124,  181,  199,  212, 

213,  220. 

—  »riefe  bei  116,  199. 
.^Ibepfjonl,  »ifdjof  bon  £o= 

lebo  662. 

Sö^rifd^e  »robinjen  442. 
Initiatio  219. 


Snnocenj  I.,  »apft  442,  450, 
502,  503,  538,  539,  562. 

Sttfdjriften  311. 

$o£)amiel,  SIpoftel  73,  74, 
92,  94,  95,  104,  105,  107, 
108,  109,  116,  225. 

—  2Ipo!aIt)pfe  bei  95,  107, 
i  193. 

—  »riefe  bei  96. 

—  ©bangelium  bei  96. 

—  I.,  »apft  576,  650. 

—  II.,  »ap ft  597,  650,  690. 

—  III.,  »apft  651. 

—  IV.,  »apft  625,  626,  653. 

—  V.,  »apft  638. 

—  »ifdjof  bon  2Intiod)ien 
509,  510,  511,  512,  516. 

—  »ifdtjof  bon  ©ermanicia 
516. 

—  »ifdjof  bon  $erufalem 
496,  497,  536,  537,  538. 

—  »ifcEjof  bon  Serufalent, 
früher  bon  ©ebafte  593. 

—  II.,  »ifcpof  bon  ßonftan= 
tinopel  594. 

—  ©affianul,  2Ibt  bei  &Io= 
fter!  ©t.  »iftor  in  »lar= 
feilte  459,  552,  556,  559, 
560. 

—  ©prpfoftomul ,  »ifdjof 
bon  ßonftantinopel  39, 
337,  430,  440,  466,  491, 
495,  496,  500,  501,  502, 
552,  562,  569 

—  £>t)rfanu§  I.  55. 

—  Ülimaful  561. 

—  ßobonatul,  »ifdjof  bon 
Slntiodjien  586. 

—  ÜJtartu!  78,  80. 

—  9JIofd)nl  561. 

—  Smlaja,  »ifctjof  bon  2llej= 
anbrien  587,  588. 

—  unb  »aulul,  »tärtprer 
329 

2fof)anneldjriften  148,  149. 

Sfolfaniuten  502,  503. 

Sonatpan  55,  91. 

3oppe  115. 

Sofepf)  »arfabal  71. 

Siotapata  90. 

Dobian,  ßaifer  332,  379. 

§obinian,  römifcfjer  »löndj 
459. 

3rcnaul  bon  ßpon  108,  110, 
111,  114,  161,  182,  194, 
196,  200,  202,  213,  223, 
225,  246. 

Sfrrleljren  im  apoftolifdjen 
3eitalter  106. 

3faat,  ©rjbifdjof  bon  ©e= 
leucia  345. 

—  b.  ©r. ,  »ifdjof  in  2lr= 
menien  346. 


Sffibor  (©olfn  bei  »afilibel) 
160. 

—  bon  »elufium  495,  503, 
508. 

—  »ifdjof  bon  ©ebiüa  662, 
665. 

—  »rieft er  497,  498,  499. 
Sfllam  321,  640—647. 
Qfodjriftoi,  »artei  ber  Ori= 

geniften  504,  601. 

Italien  113,  443. 

Oftfjaciul,  »ifdjof  bon  Dffa= 
noba  (©offuba)  420. 
3fubaa  74,  115. 

Siubaiftifdje  §ärefien  82, 
136  ff.,  189. 

3(ubal  »taflabäul  55. 

—  Spabbäul  92. 

—  fSfjeabelpfjol  95. 
Subalbrief  107. 

3uben  54  ff.,  72,  107,  134. 

—  in  9tom  62,  85. 

—  in  Spanien  663. 
Öubenaufftanbin  ägppten91. 
Subendjrifien  79,  89,  91,  97, 

98,  107,  111,  136. 
Sfubendjriftlidje  Urgemeinbe 
89. 

Qubicatum  bei  »apftel  »i= 
giliul  604. 

3iibifcE)=aIeEanbrinifcbe  Dleli= 
gionlpbilofopbie  61. 
3ixbifd)e  ©noftiler  107. 
jünger  68,  72. 

Sulia  »tammäa,  »lütter  bei 
ßaiferlSltejanber  ©eberul 
237 

3fulian  ber  Slbtrünnige  327, 
329,  330,  331,  338,  379, 
413. 

—  flampf  bei,  gegen  bal 
©priftentum  328  ff. 

—  »ifdjof  bon  21ntiod)ien 

530. 

—  »ifdjof  bon  SIpamea  185. 

—  »ifdjof  bon  ©clanutn  541. 

—  »ifdjof  bon  ßol  521. 
SuliuB  I.,  »apft  361 ,  362, 

369,  402,  444. 

—  Slfrilanul  18,  260,  261, 
297. 

—  ©äfar  62. 

—  ©affianul,  ©noftiler  176, 
180. 

—  fffirmiful  »laternul  326. 

—  ©eberul  138. 
Qungfräulidjleit  233,  318. 
Sfuftiua,  ßaiferin  384. 
3uftiniau  I. ,  ßaifer  336, 

436,  446,  576,  579,  580, 
582,  584,  597,  600,  604, 
607,  610,  615,  686. 

—  II.,  ßaifer  638. 


714 


Gegiftet. 


^uftinuS  I.,  Saifer  582,  594, 
650. 

—  II.,  Saifer  615,  617. 

—  d)riftlid)er  Spjjilofoplj  39, 

108,  109,  111,  121,  124, 

126,  132,  181,  197,  202, 

206,  211,  217,  218,  220, 

224,  244,  245,  246. 

—  ber  ©noftifer  166. 

Subenal,  SStfd^of  Bon  3fe= 

rufalem  511,  522,  526, 
528. 

3fuBencu§,  fpanifcber  ißriefter 
418. 

S'ainiten  157. 

Kalifen  643,  644. 

SatlifiuS  (Salijt  I.),  fpapft 
249,  252,  281,  313. 

Satnpf  ber  Sird)e  gegen  bie 
£>ärefien  188  ff. 

Sanon  ber  ^eiligen  Süleffe 
467  f. 

—  ber  ^eiligen  ©djrift  192  f. 

ßattontfcfje  Sriefe  481. 

—  ©trafen  451. 

Sanier  438. 

Sapitalfünben  227, 228,  313, 
314. 

Sappabocien  40,  87,  93,  116, 
261. 

SarneabeS  48. 

SarpofrateS,  ©nofiifer  167, 
245. 

Sartbago  41,  115,  252,  266, 
281,  442. 

Sartoocbe  475. 

Satafomben  250,  310,  311, 
403. 

Sated)etenfd)ule  bon  3IIejan= 
brten  244,  253,  254,  257, 
259,  291,  392,  448,  489, 
491,  495. 

—  bon  Slntioäjien  296,  395, 
489  ff.,  505. 

Satecbiften  438. 

Satedmmenat  218,  303,  461. 

Satedjumenen  305. 

Sated)umenemneffe  303. 

Satbarina,  SJlärttjrin  274. 

SatbolifoS  Bon  SIrntenien 
616. 

—  (Sacelidj)  ber  ©balbäer 
614. 

Seid)  485. 

Selten  114. 

SepbaS  79. 

Seiiertaufftreit  280,  284  bis 
288,  289,  294,  295. 

Silian,  23ifd)of,  füliffionär 
unter  ben  Oftfranfen  681. 

Sililien  80. 

Sird)engcbäube  309. 


Sird)engeräte  485. 

Sird)engefang  472. 

Sird)engefd)id)te  1  ff.,  4. 

Sirctjenjafir  473,  474,  696 
bis  699. 

Sirdjenfaffe  216. 

Sird)enlel)rer  321. 

SirdjenproBinäen  265  ff., 
438  ff.  6.  and)  Söletro- 
politanoerfaffung. 

SirdjeitBermögen  216,  451. 

Sird)lid)e  Slmter  102 ,  437. 

—  SiSjipIin  313,  479. 

—  Sfjeologie  203,  205,  206. 

—  SSerfaffung  211,  262, 432. 

—  Sforfteljer  101,  317. 

Sirdjtueitfe  700. 

Slaubianiften ,  bonatifitfdie 

Eßartet  413. 

SlaubiuS  86,  123. 

S'IeantbeS  47. 

Sleibung  ber  fülöndje  457. 

Sleinafien  94,  127,  235, 
261. 

Siemens  Bon  Stlejanbrien 
39,  115,  160—161,  176, 
225,  243,  253,  254,  260, 
261,  317. 

—  Bon  tftom  86,  104,  117, 
195,  211. 

Siemensbrief  an  bie  So= 
rinttjer  195,  220,  264. 

—  ^weiter  198. 

Sleobianer  152. 

SleomeneS,  9Jtonard)ianer 

247. 

Slertfer  580. 

SleruS  102,  262,  316,  447, 
487. 

Slinifertaufe  217. 

Slöfter  453,  660. 

Slotilbe,  ©emablin  beS  frän= 
fifdfen  SönigS  <$t)Iobtx>ig 
577. 

SnoffuS  116. 

Soinobiten  453,  455. 

SoHpribianerinnen  393. 

SolorbafuS,  ©noftifer  174. 

Soloffä  83,  107. 

Solumba,  Sülönd),  USiffionär 
in  ©attieit  unb  bei  ben 
Stlemannen  679. 

—  -JJtönd),  SIpoftel  ber  ©d)ot= 
ten  672. 

Somane  116. 

Sommemorationen  306. 

Somntunion  305,  468,  470. 

Sompetenten  461. 

Sonbobaubiten  619. 

Sonferenj  ju  Sartbago  über 
ben  SonatiSmuS  415. 

Sonfefforen  235. 

Sonon,  5|kpft  638. 


Sononiten  620. 

Sonftans,  Saifer  325,  326, 
412. 

—  II.,  Saifer  626,  629. 

Sonftantin  b.  ©r.  115,  274, 

275,  322,  323,  324,  352, 
353,  356,  410,  411,  423, 
426,  429,  569. 

• —  II.,  Saifer  325. 

—  III.,  Saifer  626. 

—  IV.  EflogonatuS,  Saifer 
631. 

—  I.,  Spapft  639. 

Sonftantinopel  93, 116,  324, 

440. 

SonftantiuS,  Saifer  325, 326, 
327,  328,  361,  368,  369, 
374,  375,  378. 

—  ©bloruS,  Saifer  272,  274. 

Sonjil,  öfumenifdjeS  445. 

—  erfteS  (325)  in  ffticäa 
225,  226,  352,  353,  449, 
475,  569. 

—  jtoeiteS  (381)  in  Son= 
ftantinopel  384,  388. 

—  britteS  (431)  in  ©pbefuS 
510,  512,  513,  514,  541, 
684. 

—  BierteS  (451)  in  ©bal= 
cebon  457  ,  526  ff. ,  593, 
594,  598,  603,  604,  616, 
617,  684,  687. 

—  fünftes  (553)  in  Son= 
ftantinopel  608 — 610. 

—  fedffteS  (680—681)  in 
Sonftantinopel  617,  633 
bis  638. 

Sonjilien ,  partiMare ,  f. 
©pnobe. 

Sopiaten  (ober  Sroffarier) 
438. 

Sopten  615. 

Soran  643. 

Sorbinian,  93ifd)of  bon  3rrei= 
fing  681. 

Sorintb  80,  81,  82,  87,  103, 
107,  117,  195,  227. 

SorneliuS,  ber  fmuptmann 
74. 

—  Ißapft  236,  263,  282,  283, 
289,  294. 

SoSmaS  (OfnbifopIeufteS) 
347. 

Sreta  84,  116. 

SrifpuS,  ©^ttagogenborfte^cr 
80. 

Stiftolatrai  618. 

SuItuS  f.  ©briftlid)er  SuItuS. 

SuItuSgebäube  308,  482. 

Sunibert,  23ifd)of  Bon  Söln 
681. 

Surionen  50. 

Sutbäer  64. 


Gegiftet. 


715 


Sabarunt  275,  828. 
ßoge  ber  ßirdje  gegenüber 
ber  peibnifdjen  SBelt  117. 
ßaien  102. 

ßalebämonien  117,  201. 
ßaftontiud,  J?ird)enfdjrift= 
fteUer  39,  288,  323. 
ßambert ,  SSifdjof  non 
SJlnnftridjt  082. 
ßanbpfarreien  690. 

„ßange  SSrüber"  499. 

„ —  Formel"  (ÜJlafroftid)o§) 
bon  Slntiocfjien  367. 
ßangobarben  576,  577,  651. 
ßoobiceo  201,  224,  225. 
Lapsi  269,  281 ,  287,  289, 
314. 

ßaurentiui,  ©egenpapft  649. 

—  ÜDlärtprer  270. 
ßajaruä,  33ifd)of  non  2lip 

537,  538,  539. 
ßa5ier  582. 

ßeanber,  SBifd^of  bon  ©ebiCa 
572 

ßegalienftreit  78. 

Legio  fulminatrix  126. 
ßeprer  102,  104,  264. 
ßeibjott  für  ben  Tempel  123. 
ßeidjenfcier  307. 
ßeftionen  305. 
ßeftor  262. 

ßeo  I.,  ftaifer  431,  529,  580. 

—  II.,  ßaifer  584. 

—  I. ,  b.  ©r. ,  *Popft  435, 

443,  446,  447,  450,  466, 

520,  521,  523,  542,  564, 

566,  567,  574,  575,  581, 

685. 

—  II.,  «papft  581,  637,  638. 
ßeonibaS,  SDIärtprer  236. 
ßeontiuä,  SSifcpof  bon  2lrle§ 

557,  567. 

—  33ifd)of  Don  ©äfarea  345, 
353. 

—  Don  Spjans  598. 
ßeporiud,  fÖlönd)  ou3  9)tnf= 

filia  505. 

ßefungen,  liturgifd>e  465. 
ßetüe  Ölung  702  f. 
ßibnniuS,  ©oppift  242,  339. 
Libelli  pacis  282. 
ßiberiuä,  iPapft  369,  370, 
371,  374,  376,  380,  402, 
430. 

ßiciniui,  ßaifer  274,  275, 
276,  323. 
ßiebeämaple  99. 
ßimid,  ipopft  195. 

Litterae  formatae  264. 
ßiturgie219ff.,  305  ff.,  464  ff., 
692  ff. 

ßiturgien ,  ^aupitfädjricfifte 
gönnen  ber  464,  692. 


ßiturgifcpe  ßteibung  703  f. 
ßoculuS  310. 

ßogo§  206.  ©.  and)  9lria= 
niötnuä,  Dleuplatoniämus. 
ßolliuS  UrbicuS  126. 
ßucca  113. 

ßucia,  -Dlärtprin  273. 
ßucian,  ©atirüer  125. 

—  bon  ©amofata  129. 
ßucianud  bon  2Intiod)ien, 

«Priefter  274,  296,  350. 
ßucibu§,  SPriefter  in  ©allien 
557. 

ßucifer,  Sifdjof  bon  ©agliari 
370,  378,  405,  430. 
ßuciferianer  400,  405. 
ßuciu§  I.,  iPapft  284. 

—  SSifcpof  bon  Slbrianopel 
363. 

—  nngeblidjer  britifcper  Äb= 
nig  114. 

■ —  9Jlärtt)rer  126. 

—  bon  ©prene  78. 
ßucretiuS  51. 

ßufonuS  oberßucionuS,  5CHor= 
cionit  178. 

ßufaS  ,  ©bangelift  82 ,  83, 
84,  93. 

—  ©bnngelium  be§  93. 
ßuperfalien  337. 

ßupu«,  SSifdjof  bon  Süopeg 
542,  574. 
ßpbba  137. 
ßpbia  80. 
ßpbier  40. 

ßpfooniett  40,  78,  80. 
ßpfien  40. 

ßpon  114,  127,  185,  196, 

202. 

ßpfiod  83. 
ßpftra  80. 

SWacebonianer  384,  389. 
üJtacebonien  80,  82,  84,  116, 
117. 

9Jlaceboniu§,  orianifdper  33i= 
fd^of  bon  ßonftantinopel 
361,  385. 

—  II.,  SSifdpof  bon  ßon= 
ftantinopel  592,  593. 

ültognefio  116. 
üJIatlanb  113,384,  443,  688. 
ÜJtoilänbifcpe  ßüurgie  692. 
SDIainotten  336. 

SütajorinuS ,  bonaiiftifdper 
23if(pof  409. 

2I?afariu$ber2Utere453,491. 

—  SSifcpof  bon  Slntiocpien 
632,  633,  634. 

—  SSifcpof  bon  gerufolent 
353 

SJtnffnbäerfürften  55. 
■Ulofrina,  f)I.  489. 


SDIofrinuS,  Unifer  236. 

Sülale  (bielleidjt  SOlalabar) 
347. 

SJlaltn  83. 

9Jlamertu8 ,  SSifdjof  non 
SSienne  567. 

iDIonapen  78. 

2)toiü ,  (Stifter  be8  Sftnni* 
djäiSntug  298. 

fötonidpniSmuS  297  ff.,  393, 
404,  533,  564. 

fDlanon  IX. ,  ©opn  beä 
ßönig§  Slbgar  YIII.  bon 
©beffa  261. 

Sülanfionare  438. 

9JIarntponiu§ ,  SSifdjof  bon 
Stifomebien  385. 

SCTtarcetla,  SMrtprin  236. 

SDIarcellina^arpolratianerin 

198. 

SJlarceüinuS,  ipopft  287. 

DJtarcelluö,  ipapft  287. 

—  SSifcpof  bon  Slncpro  353, 
359,  360,  363,  496. 

Sllarcia  128. 

ÜJtnrcion ,  ßaifer  431,  524. 

—  bon  ©pruä,  Sülönd)  454. 

SDtarcion,  ©noftifer  176, 177, 

178,  181,  198. 

SJInrcioniten  176—178. 

DlarciuS  Surbo  137. 

Sttargaretpa,  Sülürtprin  274. 

•Dlario  94,  208, 478.  ©.aud) 
gefte  ber  ©otteSmutter. 

Sftariniften  383. 

9Jlorimt§,  SSMrtprer  in  ©ä= 
farea  309. 

ÜJIariä,  SSifcpof  bon  ©pal= 
cebon  331,  355. 

SOtariuä  Sülercator  541. 

—  SSiftortnuS,  fftpetor  404. 

SJtarf  Slurel,  fiaifer  52,  116, 
117,  125,  126,  129,  130. 

SHarfontannen  126. 

SDtarfofier  175. 

2Jtarfu8,  ©oangelift  83,  87, 
115. 

—  ©bangelium  be§  87. 

—  ipapft  402. 

—  SSifcpof  oon  gerufafent 
138. 

—  39ifc£)of  in  ßalabrien  353. 

—  ber  ©remit  560. 

—  ber  ©noftifer  174,  175. 

iDlaroniten  639. 

SJlarfeitle  114. 

iölartin  I.,  ipapft  581,  582, 
629,  630,  653. 

—  SSifcpof  bon  Sutna  572. 

5Dlartinu8,  SBifcpof  bon  2our§ 
343,  419,  420,  459. 

;  SOMrtprer  118,  317,  489. 

'  —  bon  ©cili  122. 


716 


fRegifier. 


SRärtpreraften  121,  465. 
SRärtprerberjeidntiffe  317. 
SRarttjrium  233. 

ÜRartpriug ,  SSifc^of  bon 

Slntiocfjien  530. 

—  SJifdjof  bon  Qerufafem 
588. 

äRartprologien  478. 
Martyrologium  Hierony- 
mianum  317,  478. 
SRarutljag ,  SJifdjof  bon 

Slagrit  344. 

SRafaba  91. 
äRagbottjener  152. 

SRaffilier  552. 

9Raf;regeln  ber  ßaifer  gegen 
bie  Reiben  332  ff. 
ÜRaternug,  S&ifd)of  bon  ßöln 
280. 

9Rattatt)iag  55. 

9Rattf)äug,  ©bangelift  92. 

—  ©bangelium  beS  92,  111. 
ÜRattffiag,  Slpoftel  71,  93. 
SJtaturug,  9MrU)ter  127. 
2Rauretania  115. 

9-Rauritiug,  ßaifer  579,  617. 
SRajentiug,  Sofjit  begßaiferg 

ÜRajimianug  iperfuliug 
274,  275. 

SDlajimian,  58ifd;of  bon  ßon* 
fiantinopel  514. 
SRarimianifien,  bonatiftifdje 
^Partei  413. 

SOlajimtanug  §erfuliug,  ßai= 
fer  272. 

2JlajimiIIa,fölontaniftin  183, 
187. 

ÜRajiminug,  ©äfar  274,  275. 

—  2d)raj,  ßaifer  237,  250. 
ÜRajutnug,  9Ibt,  ©egner  ber 

monotI)eIetifc£)en  Sfrrletfre 
625,  627,  630. 

—  SBifdjof  bon  Slntiodjien 
526. 

—  Sifdjof  b.  Qerufalem  432. 

—  bon  5turin  466. 

—  bon  Sdjrug  131. 

SRelania  497. 

ftReldfiabeg  (SRiltiabeg), 
$apft  287,  410. 
ÜJleldjifebedjianer  246. 
•ölelcfjiten  615. 

2ReIetiauifd)eg  Sdjiguta  289, 
oq.Q  qc.c;  qc co 

3Metiu8,  SBifdjof'uon  21ntio= 
djieu  381,  382,  388,  394, 
495. 

—  ffiifdjof  bon  Spfopolig  293. 
SMiffug,  griedjifd)er  $f|iIo= 

fopf)  43. 

Sllelito,  Sifdjof  bon  Sarbeg 
117,  125,  132,  201,  224, 
225,  246. 


ÜRemnon,  fBifcfjof  bon  ©plje= 
fug  511,  514. 

SDlenanber  150,  152. 
SCRenanbrianer  150,  151. 
SOlennag,  S3ifc£>of  bon  $on= 
fiantinopel  599,  600,  601, 
603,  604,  607. 
fJRenfdjtoerbung  beg  Sogog 
207. 

SRenfuriug,  Sifdjof  bon  ßar= 
tfjago  288,  408. 
OJleronnnger  657 — 660. 
ÜRefopotamien  40,  278. 
ÜRegrop,  f)I.  346. 
SReffalianer  (©udjeten,  ©u= 
ppemiten)  335,  399. 

ÜReffe  ber  ßatecfjutnenen  unb 
ber  ©laubigen  464,  466, 
693. 

SRejjfeier  f.  @uc£jariftifcf)e 
freier. 

fCReffina  113. 

ÜRefjopfer,  befonbere  formen 
begfelben  695  f. 
SOietlfobiug ,  SJifdjof  bon 
DIpmp  258,  274,  319. 
9Retropoten  in  ©attien  689. 

—  im  Orient  439  ff.,  684  ff. 

—  in  Spanien  689. 
SRetropoIitanberfaffung  262, 

265  f„  442 ,  659 ,  687  ff. 
fJRetropoliten  438,  441,  687. 
SOtifet  82. 

9RiItiabeg,21poIoget  132,136, 
246. 

SRinuciug  fjeüs-  Apologet 
132,  136,  204. 

—  g-unbanttg  121,  124,  125. 
fDliffiongtbätigleit  117. 
JRobaliften  246. 
fOlobammeb  641,  643,  644. 

—  ßefjre  beg  642. 
ÜRotjammebaner,  @roberun= 

gen  ber  647. 

—  Selten  ber  645. 
SRonardjianer  246,  248, 249, 

250. 

ÜRöndjgftöfter  454. 
91lbnc£)gregeln  666,  667. 
9Rönd)tum  452  ff.,  471,  560, 
664  ff. 

fERonifa,  1)1.  489. 
fölonoimog  159. 
5ülonopf|t)fiten,  Parteien  ber 
618,  619,  620,  621. 
9Ronopf)t)fitigmug  518  ff., 
583,  584  ff.,  592,  593, 
597  ff.,  615,  616. 
SJlonotijeletigraug  582, 621  ff. 
fütontanigmug  116,  183  ff., 
212,  247,  252,  261,  283, 
314. 

—  SJebeutung  beg  187. 


fülontanug  183, 184, 185,187. 
Sölontecaffino  666. 
OJlofailbitber  485. 
StRofaigmug  118. 

5CRofeg  bon  ©Jjorene  19,  346. 
SERojarabifdje  ßiturgie  692. 
StRufoniug  51. 

9Jlt)  fien  80,  184. 

OJlpftif  559. 

SRptffblogie,  griedfifcfje  42. 

9iaaffener  152,  155. 
ÜRädjftenliebe  232. 

Slarciffug,  JBifdjof  bon  3eru= 
falem  255,  259,  260,  319. 
9iartbe£  483. 

SRatalig,  ßonfeffor  246. 
ÜRajaräer  111,  112. 

Neapel  113. 
fRebufabnejar  55. 

ÜReftaring,  JBifdjof  bon  ßon= 
ftantinopel  440. 

ÜRepog,  föifdjof  bon  21rfinoe 
290. 

fRereug  unb  Sldjitteug  124. 
Sllero  87,  123. 

91erba  95,  123. 
fReftorianigtnug  504  ff.,  583, 
613,  614. 

Oieftoriug  505,  506,  508  big 
516,  563. 

iReupIatoniier  243,  326,  339. 
Oleuplatonifdje  Schule  129, 
325  335. 

fReuplatonigmug  239,  241, 
242,  254,  257,  318,  330. 
fReupptffagoreifdje  Sdjule 
129,  130,  146. 

■Ricetag  (9licetiug) ,  SSifdjof 
bon  Srier  658,  681 
fdifafiug,  SSifd^of  aug  ©altien 
353. 

fRifoIaiten  108. 

ÜRiiolang,  23ifcfjof  bon  ÜRpra 
353. 

—  einer  ber  „Sieben"  108. 
fRifomebien  116,  202. 
fRitug,  f)I.  502,  504,  560. 
fftifibig,  Sdiule  bon  614. 
Stoetianer  247. 
fRoetug  bon  Stnprna,  ?patri= 
paffianer  247. 
Nomocanones  428. 

ÜRonna,  pl.  489. 

Slonnenf löfier  454,  665,  670. 
fRorbafrifa  115,  251  ff., 

280  ff.,  407  ff.,  572  ff., 
689  ff. 

ÜRotare  (©jceptoren)  437. 
91obatian  280 — 283,  294. 
fRobatianer  282  ff.,  355. 
fRobatug,  $riefier  282 
fRobijiat  454. 


Gegiftet. 


717 


Pubien  584,  615. 

Pumeniug  bon  2lpamea  181. 

Pumibia  115. 

Oblatio  für  bie  93erftorbenert 
307. 

DMation  in  ber  heiligen  SPeffe 
306,  466,  467,  694. 

Dblationen  ber  ©laubigen 
100,  216. 

Cboafer,  Sfürft  ber  tperuler 
575,  648. 

Öfonomen  437. 

Öfinnenifd)er  Patriardj  686. 

Onefimug  83. 

OniaStempel  311  SeontopoliS 
91. 

Opferdjarafter  ber  @udja= 
riftie  469. 

O^ljiten  152. 

Dptatug,  ©ifdjof  non  ÜDIilebe 
414. 

Oranten  230,  312. 

Ordines  minores  f.  Sßeiljen, 
niebere. 

©rientalifdje  Plittelpartei  im 
arianifdjen  Streit  354. 

Origetieg  39,  110,  111,  115, 
129,  234,  237,  238,  242, 
243,  253,  255,  257,  259, 
260,  269,  295,  317,  349, 
496. 

Origeniften  490,  495  ff.,  600. 

Drigeniftenftreit,  erfter  257, 
495  ff. 

—  gtoeiter  600  f. 

©rigeniftifdje  Slnfidjten  257  f. 

Orofiuö ,  fpanifdjer  ^ßriefter 

20,  342,  421,  537,  538. 

OMoene  116,  235,261,278. 

Öfter  elften  226,  475. 

Ofterfeier  196,  223,  225, 
474. 

Dfterfeierftreit  114, 116,201, 
222,  224,  225,  261,  355. 

Dfterbigil  475. 

Dfterjeit  474. 

Oftgoten  569,  571. 

Ostiarii  263. 

Oftinbien  347. 

®ad)omiug,  2lbt  453,  454. 

Pacianug,  ©ifdjof  bon  ©ar= 
celona  418. 

Pagani  (Paganigmug)  333. 

Paläftina  55,  115,  137,  225, 
259. 

PaEabiug,  Schüler  beg  OrU 
geniften  ©bagriug  ^3onti= 
fug  560. 

—  SPiffionär  in  Urlaub  671. 

Palmag,  23ifd)of  bon  2lma= 

ftrig  202,  225. 


Pampljilug  bon  ©äfarea, 
Priefter  258,  274. 

—  2IpoIogie  für  DrigeneS 
497. 

Pantönug,  Seljrer  ber  ßate= 
dietenfdjule  in  SUeranbrien 
254,  255. 

Papblagonieit  116. 

Papljnutiug,  ©ifdiof  aitg  ber 
Obert^ebaig  353,  449. 

Papiag,  SBifcEjof  bon  §iera= 
porig  18,  94,  108,  111, 
211. 

Papiriug  201. 

Parabolanen  438. 

Parmenian ,  bonatiftifdjer 
©ifdiof  413. 

Parmenibeg,  griedj.  pt)iIo= 
fopf)  43. 

Partfier  116. 

Patene  485. 

Patieng,  ©ifdiof  bon  Spon 
571. 

Patmog  95,  104. 

^ßatriardE)  berauben  137,138. 

Patriardialberfaffung  266. 

Patriarchat  bon  Äonftan= 
tinopel  684 — 687. 

platriardjen  438,  439,  684  ff. 

Patriciug,  2lpofteI  ber  3fr= 
länber  671—672. 

Patrimonien  ber  römifdien 
■ßirdje  652. 

Patripaffianer  246,  247. 

Patroflug,  ©ifd;of  bon  2lrleg 
443,  566. 

PauI,©ifdjof  bon  ©mifa  515. 

—  II.,  ©ifdiof  bon  ßonftan= 
tinopel  630. 

—  ©ifdjof  bon  Peucäfarea 
353. 

Pauliner  87. 

Paulinian,  ©ruber  beg  £ic= 
ronpmug  497. 

Paulinug,  ©ifdjof  bon  2Intio= 
diien  395. 

—  ©ifdiof  bon  2Iquileja  612. 

—  ©ifdjof  bon  Pola  498. 

—  ©ifdiof  bon  Srier  370. 

Paulug,  SIpoftel  75,  76  ff., 

86,  88,  99,  102,  103, 
104,  105,  107,  108,  110, 
111,  113,  114,  116,  117, 
227  234. 

—  ©riefe  beg  81 ,  82  ,  84, 
86,  99,  100,  105,  114. 

—  erfte  romifdie  ©efangen= 
fdjaft  beg  83. 

—  jtceite  römifdje  ©efangen= 
fdjaft  beg  84. 

—  ©rab  beg  88. 

—  URiffiongreifen  beg  78  ff. 

—  Paftoralbriefe  beg  107. 


Paulug,  ©ifdiof  bon  £>eraflea 
501. 

—  fatholifcfjer  ©ifdjof  bon 
ßonftantinopel  361,  363. 

—  bon  ©amofata  287,  295, 
296,  310,  356. 

—  bon  Speben  319. 
Pelagianigmug  535  ff.,  543  ff., 

547,  549,  551,  562. 
Pelagiitg  I.,  Papft  612,  651. 

—  II.,  Papft  651,  668,  686. 

—  Srrleprer  535,  537,  538, 
539,  541. 

Peüa  90,  110,  137,  138. 
Pentecoste  f.  Pfingften. 
Pepu^a  116,  187. 
Pepujiauer  187. 

Peraten  (ober  Peratif er)  157. 
„Peregrinug  proteug"  beg 
Sucian  bon  ©amofata  129. 
Pergamum  108,  116. 

Perge  in  Pamppplien  78. 
Perigeneg,  ©ifd)of  bon  $0= 
rintp  565. 

Periobeuten  436. 

Periodi  Petri  111. 
Peripatetifdje  @d)ule  46. 
Perpetuaunb  3feIicitag,9Pär= 
tprinnen  236. 

Per  ferfriege  331,  344. 
Perfien  40,  343,  613. 
PerfonaIimmunität426, 579. 
Pegcenniug  Piger  128. 
Petriner  87. 

Petrug,  SIpoftel  71—75,  78, 
79,  85-89,  94,  102,  103, 
107,  109,  227. 

—  25ja^riger  2lufentf)alt  in 
Pom  86. 

—  ©riefe  beg  87,  103,  107, 
116. 

—  ©rab  beg  88. 

—  ©ifdjof  bon  Plepnbrien 
115,  273,  274,  291,  293. 

—  ©tjrpfologug,  ©ifdiof  bon 
Pabenna  466,  521. 

—  ^utto,  monophhfitifdjcr 
©ifdjof  bon  2tntiod^ien  530, 

585,  588,  597. 

—  Ptongug,  monopbpfitifdber 
Patriardj  bon  Sllejjaitbrien 

586,  588,  594. 
Pfarrfirdjen  437. 
Pfarrpriefter  437. 

Pfingften  223,  306,  476. 
Pbarifäer  56,  57,  83. 
?ßf)ilabelp^ia  116. 
Pljilaftriug ,  ©ifdjof  bon 

©reäcia  406. 

pilileag,  ©ifdiof  bon  SIjmuig 
274. 

Pbilemon  83. 

Pljilippi  80,  82,  83,  103. 


718 


fRegifter. 


ffäpil  ippu§,  einer  ber  „Sieben" 
74,  103,  109. 

—  Sipofiel  93,  225. 

—  Säifdpof  Don  ©ortpna  202. 

—  SlrabS,  ßaifer  237. 
Säpilo,  alejcanbrinifdjer  Sube 

61,  148,  242,  243. 
ippitontelium  116. 
Sppilonifdpe  fßptlofoppie  349. 
Säpiloponiafer  620. 
fßpilofoppie,  l)eibnifd£)e  129. 
ippilofoppumena  150,  161, 
162. 

ffäpiloftratuS  130. 
ippöniäien  40,  74,  115. 
Säpotinianer  368,  388,  428. 
fjäpotinuS,  Säifdpof  Don  ©ir= 
miurn  368. 

SJprpgien  80,  183. 
fßptpartolatren  618. 
ijäieriug,  Säorfteper  ber  $ate= 
dpetenfdpule  in  9lle;ranbrien 
291. 

SäinptuS,  SSifc^of  Don  $noffu§ 
202,  233. 

ffäioniuä  Don  ©mprna,  $rie= 
fter  269. 

Spirntinuä,  SCRöndp,  SRiffionär 
unter  ben  Sllemannen  680. 
fßifa  113. 

Sßifibien  78. 

„*Pifti§  ©oppia"  160. 
ißin§  I.,  fßapft  196. 

Platon  44. 

ffälatonifcpe  fßpilofoppie  146. 

—  ©cpule  131. 
spiiniuö  52,  99,  123. 
ijälotinuS,  SReupIatoniler  240, 

241. 

ißlutardp  52. 

— •  Don  ©paronea  131. 
ißnemnatomadpen  385. 
fPolpcproniuS ,  Säruber  bei 
Xpeobor  Don  SRopfueftia 
495. 

Spolplarp,  Säifcpof  D.  ©mprna 
94,  104,  116,  121,  127, 
139,  181,  196,  199,  200, 
202,  223,  224,  225. 

—  Särief  be§  212. 
ipolpfrates ,  Säifdpof  Don 

©ppefitä  200,  225. 
ißolqtpeismuä  39. 

Pompeji  113. 
SJBnitentialbiidper  701. 
Pontianus,  ißapft  250. 
ffJontiluS,  SRartprer  127. 
SäontuS  40,  87,  116. 
Sporpppriu§  aus  XpruS,  5Reu= 
ptatonifer  130,  241. 
Spotamiana ,  SRärtprin  236. 
ff}otamiu3,  Säifdpof  D.  Dtifipo 
(Siffafcon)  418. 


fpotamon,  Säifdpof  Don  £>era= 
flea  353. 

fßotpinuS,  Säifcpof  Don  Spon 
114,  121,  127,  202. 
5Potitu§,  SRarcionit  178. 
ißräbeftination  549,  554. 
fjäräfanltififatenmeffe  696. 
ißrätejtatuS ,  Säifdjof  Don 
fRouen  658. 

Särajeaä,  iflatripaffianer  247, 
249. 

ifäraplug,  Säifdpof  Don  $eru= 
falem  539. 
ißrebigt  465. 

ijärepon  ber  Stffprer,  9Rar= 
cionit  178. 

Spregppter,  Spriefter  103, 104, 
105,  212,  215. 
Sßregbpternt  105,  215. 
fjärieftertoeipe  447. 
pärimaä  266. 

Primat,  römifcper  213, 263ff., 
443  f.,  682  ff. 

fßrimianifien ,  bonatiftifcpe 
ißartei  413. 

SäriSca,  ßaiferin  273. 
fjäri§ciüa,  SRontaniftin  183. 
SPriScillian  419,  420,  421. 
5Priäcittiani§ntu§417,419ff., 
534. 

SäriDatmeffen  469. 
fjjriDatoraiorien  469,  660. 
SprioatuS,  Säifcpof  Don  Sam= 
bafiS  250,  253. 
SäriDilegien  ber  $uben  122. 
ifJrobictaner  168. 
fßrofluS,  Säifdpof  Don  ©pjilnS 
506. 

—  Säifdpof  Don  ßonftan= 
tinopel  503,  516. 

—  9Rontanift  186,  187. 

—  Sleuplatonifer  339. 
ifJrolopiuä  Don  ©afarea,  5Reu= 

platonifer  340. 
fffroppeten  98,  102,  264. 
ijärofelpten  ber  ©eredptigfeit 
62. 

—  be§  XporeS  62. 
„fßrofopon"  ber  ©abellianer 

251. 

Särofper  Don  Slquitanien  555. 
ijjroteriug,  Säifcpof  Don  Sllep 
anbrien  529. 

Särotoftetug,  SPriefter  Don 
©afarea  237. 

ißrotoftiften,  ^Partei  ber  Ori= 
geniflen  504,  601. 
SprotopaSdpiten  226. 
fProüinjen  (©parcpien)  266. 
SäroDinjialfpnobe  445,  450. 
fßro, jeffionen  700. 
5ßrubentiu§,  dpriftlicper  Sidp= 
ter  342. 


fPfalmen  98. 
iPfalten  438. 

Sßfatpprianer  383. 
iPfeubo  =  ©lementinen  109, 
140. 

'fäfeubobionpfifcpe  ©cpriften 
562. 

SätoIemauS,  fOlärtprer  126. 
—  SSaleittinianer  173. 
ißubliug,  Säifdpof  Don  Sltpen 
201. 

Säubnlatoren  456. 
fjäuldperia,  Slugufta  520, 523, 
524. 

9pupienu§,  ßaifer  237. 
Säuteoli  113. 

5pprrpon  Don  ©lig  48. 
ißprrpuS,  Säifcpof  bon  $on= 
ftantinopel  626,  627,  630. 
9PptpagoraS  42,  130. 


Ouabragefimalfaften  474, 
475. 

QuabratuS,  Slpologet  132, 
135. 

—  Säifcpof  Don  Sltpen  202. 
Ouartobecimaner  187,  225, 

283,  292. 

Guintug,  fpprpgier  127. 

—  ©ejtiug  51. 
OuobbultbeuS ,  Säifcpof  Don 

ßartpago  572. 


Olabbi  SHiba  138. 

Slabbinen  137. 
fRabbincntum  91,  120. 
fftabulag,  Sifcpof  Don  ©beffa 
517,  518,  616. 
fftaudpfa^  485. 
fRaDenna  113,  443. 

—  üftetropole  688. 
fRaDenniuS ,  Säifcpof  Don 
Slrleä  567. 

fReccareb ,  ßöntg  ber  2ßeft= 
goten  661. 

fRedptsfantmlungen,  fircplicpe 
428. 

fReicpäeinteilung ,  römifdpe 
324. 

SReHufen  455,  665. 
fReligionSgefpräcp  jtoifcpen 
ben  ßatpolifen  unb  ben 
©ebertanem  598. 
fReligiöfe  ®ulbung  323. 
^Reliquien  477,  478. 
fRemaftuS ,  Säifcpof  bon 

901aaftri<pt  681. 
fRetnigiuä ,  Säifdpof  doh 

Stenns  577. 
fRemobotp  456. 
fReparatuä,  Säifdpof  bon  ßar= 
tpago  606. 


fRegifter. 


719 


SReffript  beS  SlntoninuS  5|)iuS 

121. 

SRpobon,  d^rtftltdjer  ßeprer 
198,  202,  244. 
iRpoffuS  in  Hilifien  261. 
IRidjterlicpeS  Sorgepen  gegen 
bie  ßpriften  128. 
üiogatiften,  bonatiftifd)eipar= 
tei  413. 

fRom  83,  84,  85,  113,  114, 

126,  200,  202,  236,  246, 
247,  252,  255,  266,  269, 
337,  648. 

IRömifdje  Hirdpe  85,  194, 
245,  263,  264,  401,  562. 
—  ßiturgie  692. 

IRufinuS  aus  Slguileja  19, 
495,  496,  497,  498,  531, 
560. 

IRufuS,  Sifdjof  Oon  £peffa= 
lonicp  565. 

Rupert,  Sifdjof  oonSBormS, 
SCRifl'ionär  unter  benSaju= 
baren  680. 

$aba§,  2lbt  561,  600. 
©abetlianiSmuS  206,  247  ff., 
388. 

©abelliuS ,  2lntitrinitarier 
247,  249,  250. 

©abinian,  tpapft  652. 
©aceHariuS  438. 

Sacra  peregrina  120. 
©abbucöer  56,  57,  73,  83. 
©abot  ber  ipparifäer  90. 
©agariS,  SBifdpof  non  ßao= 
bicea  201,  224. 

©alter  50. 

©alotne  Sllejanbra  56. 
©alona  114,  443. 
©aloianuS  oon  URarfeille, 
«Prtefter  342. 

©arnaria  74. 

©amariter  64. 

©anctuS,  SJiafon  oon  Ülienne 

127. 

©arabaiten  456. 

©arbeS  116. 

©aturniluS ,  fprifdjer  ©no= 
ftif  er  149. 

©aturninuS,  Sifdpof  oon 
SlrleS  370,  419. 
©djammatS--iPartei  90. 
©dpapur  II.,  Honig  ber  fßerfer 
344. 

©dpenfung,  angebliche,  Hon= 
ftantinS  401. 

©(hüten  644. 

©tipladjt  am  ^ottS  ÜRilüiuS 
275. 

©djliefsung  ber  Tempel  334. 
©chlüffelgcmalt  227. 

©dpulen  ber  Geologie  244. 


©cputtfdjriften  ber  2tpoto= 
geten  135. 

©cili  in  fRuntibien  128. 
©ebafte  115. 

©eelenmeffen  486. 

©efunbus,  Sifcpof  bon  5ßto= 
lemais  351. 

—  SBifchof  oon  SligifiS  408. 

—  Salentinianer  173. 
©e!eufia=Htefippon  278,  344, 

614. 

©emiarianer  380. 
©emipelagianiSmuS  551  ff. 
©eneca  51,  130. 

©eppporis  138. 

©eptimiuS  ©coeruS,  Haifer 
128,  130,  236,  261. 
©erapeion  in  Sllejanbrien 
334. 

©erapion,  Sifdjof  oon  31n= 
tiodjien  260,  266. 

—  Sifdpof  oon  §eraflea  435. 

—  SBifchof  oon  $pmuiS  393. 

—  SCRönd)  499. 

©erenian ,  ©tattpalter  oon 

Happabocien  237,  261. 
©erenniuS  ©ranianuS,  fpro= 
fonful  oon  Stfien  124. 
©ergiuS  I.,  ifSapft  612. 

—  Sifdfof  oon  Honfian» 
tinopel  622,  624. 

—  Paulus  78. 

©erbianuS  115. 

©etpianer  156. 

©eoera,  Haiferin  238. 
©eüerianer  180. 

©eoerin,  Stsfet  unb  2Riffio= 

när  575,  678. 

©eoerinuS,  $apft  626,  653. 
©eberuS ,  SBifdpof  oon  2ln= 
tiocpien  593,  594. 

—  SBifchof  Oon  $rier  542. 
©ibon  115. 

„©ieben  URättner",  bie  erften 
©iafonen  72,  103. 
©igiSmunb,  Honig  ber  S8ur= 
gunber  571. 

©ilaS  80,  103. 

©iloanuS,  SBifdpof  oon  ©mefa 
274. 

—  Sifcpof  oon  ©aja  274. 
©ilberiuS ,  Stapft  599,  650. 
©imeon,  SBorfteper  ber  juben= 

(hriftlithen  ©emeinbe  in 
Serufalem  76,  124,  137, 
138. 

—  SBarfaboe,  ©rjbifdjof  Don 
©eleucia  344. 

©inton  ber  ©iferer  93. 

—  ber  ÜRaffabäer  55. 

—  SDtaguS  74,  108,  140, 
141,  150. 

—  SRiger  78. 


©imonianer  109,  150. 
©imonie  487. 

©impliciuS,  SJJapft  564,  581, 
585,  586,  588,  648. 
©iriciuS,  Stapft  404,  442, 
443,  444,  450. 
©ittenftrenge  231. 

©iptuS,  ißäpfte,  f.  XpftuS. 
©feptifer  48. 

©feuoppplateS  438. 
©Ilaoerei  53,  488. 

©rnprna  116,  127,  200. 
©obaleS  SluguftaleS  50. 
©otrateS  18,  43. 

©onntag  97,  222,  473,  696. 
©opperitn  56. 

©oppiften  43,  326. 
©opproniuS ,  SBifchof  oon 
jierufalem  600,  623,  624, 
625. 

©oter,  «Papft  196,  201. 
©otion  51. 

Spanien  84,  114. 
©piribion,  SBifdpof  aus  ©p= 
pern  353. 

Staatsgewalt ,  ©inmifdpung 
ber,  in  baS  ftrdjlidpe  ©e= 
biet  429. 

©tattonentage  223,  473. 
©teppanuS  ber  ©rgmärtprer 
74,  234. 

—  SPapft  270,  284,  285, 289. 

—  SBifchof  oon  ®ora  625, 
627. 

—  SBifchof  oon  ©ppefuS  526. 
Steuerfreiheit  579. 

©t.  ©alten,  SIbtei  679. 
©toifer  47,  119,  130. 
©tubion,  Hlofter  456. 
©tunbengebet,firdplidjeS  471, 
696. 

©ubbiafotten  263,  447. 
©uborbinatianiSmuS  248, 
257,  349,  354. 

©ueton  86. 

©ucDen  572. 

©ptoefter  L,  Sfßapft  288,  353, 
401. 

©pntbolif  312. 

©pmbolifdpe  Silber  312. 
©pmbolum  oon  Honftan= 
tinopel  389. 

—  Oon  SRicäa  355. 

©pmeon,  ber  ©tplit  347, 455. 
©pmtnadpianer  111. 
©pmmacpuS,  ©bionit  111. 

—  Stapft  567,  581,  593, 649. 

—  SPrcxfeEt  333. 
©pmpporiattuS  in  Slutun  127. 
©pnagoge  72,  73,  98,  100. 
©pncellen  437. 

©pnebrium  83. 

SpneroS,  üRarcionit  178. 


720 


Stegifier. 


©tjnefiuS  Hort  ©firene,  äSifdjof 
oon  ^ßtotemaiS  503. 

©tynfletia,  f)I.  454. 

©t)nfretiSmuS  124. 

©tjnnaba  116. 

©tinobe  262,  263,  267,  445, 
479,  489,  657,  659,  661. 

—  in  Stgbe  (506)  461. 

—  in  atlejanbrien  (320)  351. 

—  in3ltejanbrien(339)362. 

—  inStteEanbrien(362)379, 
885 

—  inStle£anbrien(430)509. 

—  in  SCnctjra  (314)  398. 

—  in  Slntiocfnen  (340)  362. 

—  in  Slntiodfien  (344)  367. 

—  in  Slntiodfien  (357)  373. 

—  in  Stntiocfiien  (ätbifdjen 
430  unb  440)  514. 

—  in  2lrteö  (314)  226,  410. 

—  in  3Irfe§  (353)  369. 

—  in  Stiles  (455)  669. 

—  in  Stiles  (475)  557. 

—  in  Siterra  (SSejierS,  356) 
372,  419. 

—  in  SSoftia  (244)  260. 

—  in  ©äfarea  (334)  358. 

—  in  ©irta  (305)  408. 

—  in  SioSbotiS  (415)  538. 

—  „3Ut  @id)e"  (403)  501. 

— •  in  ©tbira  (305  obet306) 

279,  303,  306,  313,  314, 
316,  418. 

—  in  ©ptiefuS  (449,  9täuber= 
fpnobe)  522. 

—  in  ©angra  (ätbifdfen  360 
unb  380)  398. 

—  in  £>iWo  (393)  415,417. 

—  in  Serufatem  (335)  359. 

—  in  $erufatem  (415)  537. 

—  in  ßaitfjago  (bot  250, 
untei  SSifdjof  StgribbinuS) 
216,  252,  316. 

—  in  Hartfjago  (348)  413. 

—  in  ftattfiago  (393)  563. 

—  in  ßartf)ago  (actjte,  403) 
415. 

—  in  ßartfjago  (neunte,  404) 
415. 

—  in  ßarttfago  (411)  536. 

—  in  ßarttjago  (416)  538. 

—  in  ßartfyago  (418)  416, 
540. 

—  in  ßartfjago  (424)  563. 

—  in  ßarttiago  (525)  574. 

—  in  Äonftantinopel  (335) 
460. 

—  in  ßonftantinoftel  (338) 
361. 

—  in  ßonftantinopet  (360) 
377. 

—  in  SJtaitanb  (345)  367. 

—  in  SJtailanb  (355)  370. 


©tynobe  in  SJlitebe  (416)  538. 

—  in  Steucäfarea  (ätbifdjen 
314  unb  325)  316,  398. 

—  in  Stifomebien  (366)  380. 

—  in  Drange  (SCraufio)  (529) 
558. 

—  in  Orleans  (511)  578. 

—  in  5ßatiS  (360-361)  378. 

—  in  qiatiS  (361)  419. 

—  in  tßariS  (573)  658. 

—  in  2ßatiS  (fünfte,  615) 
657,  658. 

—  in  SieirnS  (625)  658. 

—  in  Siiej  (439)  436. 

—  in  Diimini  (359)  375. 

—  römifdfe  (313)  410. 

—  römifdfje  (341)  363. 

—  tßmifcfie  (374,  nutet  (ßabft 
SatnafuS)  383,  388,  404. 

—  tömifdfe  (380,  untei  ißaftft 
SamafuS)  386. 

—  tömiftfie  (417)  538. 

—  römifdfe  (430)  508. 

—  römifdfe  (449)  523. 

—  lömifdje  (484)  588. 

—  römifdje  (487  obei  488) 
573. 

—  römifdje  (499,  unter  (ßapft 
©t)mmad)uS)  649. 

—  römifdje  (649)  629. 

—  römifcfie  (680)  632. 

—  in  ©aragoffa  (592)  661. 

—  in  ©aibifa  (343)  364, 
402,  443,  475. 

—  in  ©eteucia  (359)  375. 

—  in  ©irmium  (351)  368. 

—  in  ©itmiunt  (gtoeite,  357) 

373. 

—  in  ©irmium  (britte,  358) 

374. 

—  in  SarfuS  (atoifcfjen  430 
unb  440)  514. 

—  in  Sotebo  (feierte ,  633) 
661,  663. 

—  in  Sotebo  (fiebente,  646) 
661. 

—  in  Sotebo  (jtoötfte,  681) 
661,  662,  663. 

—  in  Stier  (385)  421. 

—  truttanifctje  (692)  638. 

—  in  Surin  (401)  566. 

—  in  Stjana  (367)  381. 

—  in  St^ruS  (335)  358. 

—  in  SSatence  (529  ober  530) 

559 

—  in  Sßatarfctiafmt  (491) 
617. 

—  in  SßateS  (519)  542. 

—  in  XainteS  (579)  659. 

—  ftetfenbe  (©nbemufa)  in 
Äonftantinopet  440. 

Synodus  Pharensis  (©trea= 
neSfjatcf))  in  ©ngtanb  677. 


©fyratuS  113. 

Serien  40,  74,  80,  115, 
235,  639. 

©tjrifdje  ©noftifer  149. 

SacituS  52,  92. 
Satmubifdfer  ^ubaiSmuS 
137. 

Saftrobane  (©et)ton)  347. 
SarfuS  in  Äitifien  77. 
Satian  ber  Stfftjrer  39,  132, 
136,  180,  198,  202,  207, 
244,  246. 

SaufbetenntniS  188,  462. 
Saufe  216,  217,  303,  304, 
461. 

SaufenbjätjrigeS  SReid)  f.  <Sl^i= 
tiaSmuS. 

SeleSbtforuS,  196,  223, 
224. 

Sempet  73,  83,  90. 
Sembetfteuer  91,  122. 
Sertuttianiften  186. 
SertuttianuS  39,  110,  114, 

115,  128,  132,  186,  213, 

224,  234,  236,  244,  250, 

252,  253,  262,  279. 

Setrabiten  (Samianiten), 
monobbf)fttif^e  Partei 
621. 

—  ^Partei  ber  Origeniften 

504. 

StfataffiuS,  SSifdfof  bon  ©ä= 
farea  (ßapbabocien)  526. 
SfiateS  auS  SRitet  42. 
SbebutbiS  109,  110. 
S^emifon,  Sütontanift  185, 
187. 

SfjemiftiuS,  ©opbtift  242, 339. 
Stieobor  I.,  qjapft  627,  653. 

—  StSfibaS,  »ifdjof  bon  ©ä= 
farea  (ßappabocien)  600, 

601,  602,  606,  607. 

—  bon  §erattea  495. 

—  35ifct)of  bon  ßonftan= 
tinopet  632. 

—  Sifdfof  bon  SRoftfucftia 
489,  491,  492,  493,  495, 

505,  509,  517,  535,  541, 

602,  609,  617. 

—  SBiftflof  bon  ißbatan  622, 
634. 

Stjeoboret,  SSifdfof  bon  ©tjruö 
(ß^roS)  18,110,111,112, 
341,  495,  510,  516,  519, 
521,  522,  525,  526,  528, 
602,  609,  616. 

Sfjeoborid)  b.  ©r  ,  ßönig 
ber  Oftgoten  575,  648, 
649,  650. 

Sfjeobofius  b.  ©r.  333,  334, 
383,  388,  390,  406,  427, 
456,  570. 


IRegifter. 


721 


Slfjeoboftuä  II.,  Äaifer  336, 
344,  425,  426,  430,  441, 

456,  503,  505,  508,  510, 

511,  514,  520,  521,  522, 

523,  524,  525,  566. 

Sbeobotianer  504. 

SfjeobotuS  bon  Vpgang  196. 

—  ber  ©erber,  Stifter  ber 
2lntitrinitarier  196,  245. 

—  ©noftifer  176. 

—  fölontanift  185. 

—  ber  2öed)Sfer,  Stifter  ber 
ÜDleldjifebedjiarter  246. 

Sbeogttis,  Vifdjof  bon  9Iicäa 
355. 

Xbf09boftu§ ,  SSorfle^cr  ber 
fiatedjetenfdiule  in  2lles= 
anbrien  291. 

SbeoftiftuS,  Vifdjof  bon  ©ä= 
farea  in  ^laläftina  256, 
294. 

£fjcoIogiftf)e  Sdjufen  in 
Slfejanbrien ,  Slntiodjien, 
©beffa,  Vifibis,  f.  ©beffa, 
ßatedjetenfdjufe,  Vifibis. 

2beona§,  Söifd^of  bon  2JIar= 
raarica  351. 

SbeopaSdjiten  596. 

SbeopbifuS,  Vifdjof  bon 
Sllejjanbrien  334, 497, 498 
bi§  503. 

—  Vifdjof  bon  2fntiodjien 
132,  135,  200,  207. 

-  ans  ®iu,  Vifdjof  347. 

„SbcotofoS"  506,  508,  509. 

®fjeraf)euien  59. 

®f)effaIoni^  80,81,103,117. 

SbowaS  93. 

SbomaSdjriften  347. 

Sbrafien 

SfjrafeaS,  93ifdE)of  unb  9Rär= 
tprer  bon  ©umenea  200. 

SbufpbibeS  43. 

&I)ürbüter  f.  Ostiarii. 

Sljurififation  bei  ber  Iitur= 
giften  freier  700. 

®t)^atira  116. 

Liberias  138. 

Siberiustempel  31t  ©äfarea 
90. 

Simium  187. 

Simon  48. 

SimotbeuS,  2Ipofteffdjüfer 
80,  82,  83,  84,  104. 

—  Vifdjof  bon  ßonftan= 
tinopef  593,  594. 

—  2IiluruS,  aSifc^of  bon 
Sllejanbrieit  529,  585. 

—  SafopbafialoS,  Vifdjof 
bon  2IIe;ranbrien  529, 586. 

SiribateS  III.,  fiönig  bon 
2lrmenien  274,  345. 

Sifdibienft  103. 


Situs,  2Ipofteffdjüfer  82,  84, 
104,  114. 

—  SBifd^of  bon  Voftra  347, 
393. 

—  Äaifer  90,  123. 

Södjter  beS  ^l)ilibbu§  93. 

Soferangebift ,  Vtaifänber 

275,  310. 

Sotenagapen  486. 

Sotenbeftattung  486. 

Tractoria  beS  5ßaf)fteS  3bfl= 
mttS  541. 

Srabitoren  273. 

Srajan,  ßaifer  123, 137, 199. 

—  Veffript  beS  268. 

SralleS  116. 

Srinitarifdje  Schule  248. 

—  Streitigfeiten  245 ,  249. 

Trinitas  252. 

SrinitixtSlefjre  205,  251, 349, 
389. 

SriSbagioit  530. 

SritbeiSmuS  620. 

Sriuntpbbogen  beS  SituS  in 
Vom  91. 

SroaS  80,  82. 

Srubpert,  SQtöndj,  üftiffionär 
unter  ben  2Uemannen  680. 

SpdjifuS  83. 

SpdjoniuS,  Sonatift  413. 

„SppuS"  beS  ßaiferS  J?on= 
ftanS  II.  627,  631. 

Spraitnio,  Vifdjof  bon  SpruS 
274. 

SpruS  115. 

Statten  582. 

Überlieferung ,  apoftofifdje 
213. 

—  firdjfidje  188,  190,  191, 
193 

Ulpf)ila§,  Vifdjof  570. 

Umftdnbe,  toeldje  bie  Spätig= 
feit  ber  djriftlidben  ©Iau= 
benSboten  förberten  118. 

Umtoanbluttg,  fittfidje  231. 

UnaufföSlidjfeit  beS  ©pc= 
banbeS  480. 

UrbanuS,  SPapft  250. 

Urgemeinbe  in  SJenifafem  71, 
97,  100,  102,  105. 

UrfaciuS,  Vifdjof  bon  Singi= 
bunum  358,  365. 

UrfinuS ,  ©egcnpapft  403, 
428. 

SJalettS,  Vifdjof  bon  SRurfia 
358,  365,  370. 

—  ßaifer  333,  380,  569. 

aSalentin,  ©noftifer  168, 198. 

—  Sdjiiler  beS  172. 

—  f)f-,  3Rxffronär  in  9Iori= 
cum  678. 


Vafentinian  I.,  flaifer  332, 
333,  380,  426,  431. 

—  II.,  ßaifer  333,  384. 

—  III. ,  ßaifer  404 ,  425, 
524,  565,  567. 

Valetta,  ßaiferin  273. 
Vaferian,  Äaifer  270. 

—  bon  ©emefe  556. 
Valerius,  Vifdjof  bon  öippo 

432. 

Vanbalen  572. 

Varro  49. 

Vateritnfer  229. 

Verfaß  beS  djriftlidjenSebcnS 
486. 

Verfaffuttg  ber  ßirdje  101  ff., 
211  ff.,  262  ff.,  432  ff., 
682  ff. 

Verfolgung  ber  .ßatljolifen 
burdj  bie  Vanbalen  572. 
Verfolgungen  f.  ©t)riftenber= 
fofgungen. 

Verleumbungen  gegen  bie 
erften  ©briften  120,  131. 
VermögenSredjt,  firdjlidjeS 
427. 

Vefpafian  90,  91,  115,  123. 
Veftalinnen  50. 

VettiuS  ©pagatljuS  127. 
Vienne  114,  127. 

„Vier  ©efrönte"  273. 
VigelliuS  SaturninuS  128. 
VigifantiuS,  fPriefter  in  Var= 
cefona  460. 

Vigilien  307. 

Vigilius,  Vapf*  599,  600, 
604,  605,  606,  607,  609, 
610,  611,  612,  651. 
Vifariat ,  papfttidjeS ,  bon 
2lrleS  442,  566,  567. 

—  päpftlidjeS,  bon  3llpnen 
405,  442,  565,  654. 

Viftor  I.,  Vabfi  114,  128, 
186,  196,  203,  225, 
235,  245,  246,  247, 
249 ,  261. 

—  Vifdjof  bon  Suwtunum 
19,  612. 

ViftorinuS ,  Vifdjof  bon 
Vettau  280. 

Vinceng,  Vifdjof  non  ßapua 
366,  370. 

—  bon  Serin  556. 
Vitafian,  Vapft  631,  653. 
VitafiS,  Vifdjof  bon  9Rai= 

lanb  612. 

—  bon  ßartljago  552. 
Vöffertoanberung  321 ,  568 

bis  578. 

VofufianuS,  Ifaifer  270. 
Vorbereitung  ber  Vtenfdj* 
beit  auf  bie  2lnfunft 
©brifti  65. 

46 


£>ergenvötl)er,  ßirdtengefdjicbte.  I.  4.  Stuft. 


722 


9£egifter. 


SGorfeter  pr  eudjariftifdjen 
SSerfammlung  99. 

SSorfte^erber  juben^riftli^en 
llrgemeinbe  in  $erufalent 
76. 

SJotibmeffen  696. 

SEBattf a^rten  700  f. 

SOßeiljen,  niebere  262,  448. 

2öeif)nadjtm  306,  474. 

SBeiljnadjtgjeit  474. 

2öeil)rauc£)  467. 

2ßeil)ungen  unb  Segnungen 
699  f. 

2ßefen§öerü)anblung  469. 

Söeftgoten  569, 570,571,572. 

SQäeftgottfd^eg  ifteid)  in  ©pa= 
ttien,  f ird^IidEje  3ufiänbe 
beweiben  661-  664. 


Söieberaufbau  beS  SempelS 
31t  Serufalem  330. 
SOßiffenfdjaft ,  lirdjlidj  =  tl)eo= 
logifd^e  242—244. 
2Bo£)Itl)ätigteit§anftaIten330, 
488. 

#enaja§bon9Jtabug595,618. 
Xeno^ane'3bonßDlol)()on43. 
3£ero^)l)agien  184. 

£t)ftu§  (SijctuS)  I.,  ipabft 

1  993 

-  II.'  ißabft  270,  286,  291. 

—  III.,  $apft  514,  515,  516, 
563,  566. 

^abier  149. 

3eljnte  216. 

3cIoten  90. 


3eno,  ßctifer  584,  585,  586. 

—  griecfjifdjer 
43. 

—  au§  ßittium  47. 

—  33ifcf)of  bon  Skrona  406. 
,3enobiu§  bottSibon,  ißriefter 

274. 

3entraI6au  484. 

Sebfjtjrin,  5pipft  186,  246, 
247,  248,  249,  255,  281. 
3eremoniaIgefe| ,  jübifdjes 
73. 

3erftörung  bon  Sernfaletn 
89,  91. 

3ofimu§,  ißa^ift  443,  539, 
540,  541,  563. 

—  üfteulrtatottifer  339. 
3otilu§,  33ijcf|of  bon  So= 

ntana  185. 


Ziiliergciirotaerjvirc^ 


I  J^,  CJ““J1 

'l'H—J  -  -—SM.  ffljfrfeüuJ.. 


Ve'‘/oratUl 


in  rum 


wt/usu,  Virui, 


'“Uicjun 


NORICUM  PANNONIA/  <r 
MEDITERRAN.  SUPERIOR  Lp ~ 


•  Trident  um 

TIA  et  HIST 

Verona  lss~- 

katurta 


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Salona 


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->  '<V  ,/f 


LTriiTa 


haemi- 

MONTUS 


CORSICA 

"'einiium 


’umceUaAi  Ko 
Partus 

.  Ostia,  \ 
v/>  -Antuun 

,  Jres  Taberl* 


Scodrh, ^ 
Lissus 


■»opl 


s oiponUim 


Philipp 

nia  4 


Dyrrachmm 

s.  Apollon < 

irtmd  isium 


r cipua\ 
Xc(Lf)oli&\ 


icssalonu 

\  Berrhoeci 


CyzicU' 


-T“ 

espont 


pfüanj 


Larissa- 


.TH  ESSM 


hrbuJ*\  P'  (!•<  ;" 


£b.  isenlia 


CroLon 


rrria. 


Panorrnns 


yLocn 

vgizuri 


Pilyba/si&n 


Catnrm 


ö°  Agrigentarn 


LacedafanQ 


Bvrarusae 


Rhoda* 


7Vq 

J  dpasfr 

'P' A  C,RTENS 

- - -  Theres tA 


EcuLnurieUun 

^Pt/s/jr 


Phapsits 


(Herrrtinnp 


Derrus 


BLoleoiais 


SabrcUa. 


Cyi'enc’ 


Leptl.  > 


.y,\KVj£J 


'enire 


Para£toniiurl 


f,dJrisü. 


-«SSÄ 


| vcopoti* 


'-Atcopt'iÄ 


Grenzen -  <2fi?  Römerreiches  zur  Zeit  Diokletians. 
Lände. r  ausserhalb  des  Römerreiches  ,  in  denet 
Grenzen  der  fünf  Patriarchate:  Rom,  Konst 
in  der  zweiten  Hälfte  des  Y  Jahrhunderts. 

autokepheile  Provinz. 


'fliehet 


Cypern  war  eine 

Grenzen  der  römischen  Provinzen  nach  der  DwkledaniscLien  Emteüwuj. 

|,  |  PA  TR  TA  H  C1I  Ai,  SITZE,  i  MetropoLitansitze. 


t  ßischot  sitze. 


3 Kilometer 


1  Milia-  passuum 


MericLiaTi  v. 


HERDEBSCllE  VERLAGSRAXDLUNG  zu  FRE1BUBG  jm  BREISGAU 


Geograph..  Aixst  .v.  Wagner  &.Dehes,  Leipzig. 


/ 


Jferbets  <Ll»cologirdje  ßUiliotljrl;. 


iDic  „S^eologif cfje  23ibli ot^ef "  ift  au§  bem  ©ebanfen  Ijerborgegangen, 
baß  eine  überftdjt  über  btc  ©rgebmfje  bei*  fatljoUfdjdljcologifdjcn  ftorfdjuitg 
jutn  23ebürfni§  gemorben  ift.  $ie  tt)eotogifd)e  äßiffenfdiaft  ift  namtid)  in  ben 
lebten  Saßrjeßnten  mit  fo  reifem  Erfolge  betrieben  morben,  baff  ber  ©injelne 
bem  gefamten  $ortfd)ritt  faum  folgen  fomtte.  S)abei  ift  bie  ©egenmart  mädjtig 
bon  geiftigen  23emegungen  erfdnittert,  bei  benen  eine  ftare  unb  bemühte  Stellung 
nur  auf  fefter  miffenfdjafttidjer  ©runblage  mögtid)  ift.  SDie  Slertagsßanbtung 
glaubte  baßer  eine  eßrenbotte  Aufgabe  ju  löfen,  menn  fie  fomoßt  bem  Siedler 
at§  bem  gebilbeten  Saien  bie  SXögtidjteit  bereitete,  einen  bottftänbigen  itberblid 
über  bie  tßeotogifcße  Seiftung  ber  ©egenmart  ju  geminnen.  31t§  ba§  befte  SJtittet 
baju  erfc^ien  eine  Steiße  bon  Seßtbiicßern,  treidle  unter  bem  oben  angegebenen 
gemcinfdjafttidfen  Sitel  ba§  gefamte  ©ebiet  ber  fat^olifdjen  S£ßeotogie  jur  SDar= 
ftettung  bringen  fodten.  Sie  SlertagSßanbtung  ßat  fid)  ju  bem  ©nbe  an  Sßer= 
faffer  gemanbt,  bon  bereu  Slrbeiten  miffenfd)afttid)e  SLiefe  be§  SnßatteS  im  herein 
mit  boUftänbiger  $Iarßeit  ber  ^orm  ju  ertoarten  mar,  unb  e§  liegt  nun  eine 
Stnjaßt  bon  Seiftungen  bor,  melcßc  in  fid;  fetbft  bie  befte  ©mpfeßtung  ber 
„Sßeotogifdfen  33ibtiotßet"  bitben,  unb  auf  bereit  nad)fteßenbe  ©itet  bie  33ertag§= 
ßanbtung  glaubt  mit  ©enugtßuung  ßinmeifeit  ju  bürfen. 

(E  t  ft  C  Serie»  gr.  8°. 

|3atbcnliett>cr,  Dr.  0.,  v4ktrologic.  3m eite,  großenteils  neu  be= 
arbeitete  Auflage.  (X  u.  604  ©.)  M.  8;  geb.  in  £)albfaffian  M.  10. 
^ergcnrötßcr,  gof.  ©arbinat,  §aitbtmdj  ber  allgemeinen  Slirdjcngcfdjidjte. 
2)rei  33önbe. 

I.  58anb.  5Bierte  Stuf  tage,  neu  bearbeitet  bon  Dr.  3-  iß-  ßirfd). 

(XIV  u.  722  ©.) 

II.  58 an b.  ©ritte,  oerbefferte  Stuftage.  (X  u.  902  ©.)  M.  10;  geb.  M.  12. 

III.  58  an  b.  ©ritte,  berbefferte  Stuftage.  (Xu.  11466.)  M.  14;  geb.  M.  16. 

^ettinger,  Dr.  §f.,  Seljr&udj  ber  ftunbamental^fjeotofite  ober  Sljiofogetif. 

3meite,  bermeßrte  unb  berbefferte  Stuftage.  (XVI u. 926©.) 
M.  12;  geb.  M.  14. 

Raufen,  Dr.  £r.,  (Einleitung  in  bie  Jpetlige  ©djrift  Sitten  unb  Seiten 
2eftament8.  Vierte,  berbefferte  Stuf  tage.  S)rci  Steile  in  einem 
33anb.  (XVIII  u.  724  ©.)  M.  8.70;  geb.  M.  10.70. 

1.  ©Ijeit.  (VI  u.  188  6.)  M.  2.20. 

2.  ©beit.  (VI  u.  264  6.)  M.  3.20. 

3.  ©beit.  (XII  u.  272  6.)  M.  8.30. 

cfüftn,  Dr.  <&.,  (SnctjJlotmbie  unb  fMletljobologtc  ber  Sßeologtc.  (XII  u. 
574  ©.)  M.  8;  geb.  M.  10. 

grüner,  Dr.  %  £•„  Scljr&ud)  ber  fattjolifdjen  'Dloraltßcologie.  3  ^ c  i  t e/ 
reüibirte  unb  tßcitmeife  umgearbeitete  Stuf  tage.  (XX  u. 
800  ©.)  M.  10;  geb.  M.  12. 

Ilcttningcr,  Dr.  $t.,  fßaftoraltfjeologie.  &erau§gegeben  bon  Dr.  $.  St. 

©opfert.  (XII  u.  568  ©.)  M.  7;  geb.  M.  9. 

£d)cd>nt,  Dr.  ^51.  .Oaubbud)  ber  fatljolifrfjcn  2mgmatif. 

I.  58 a n b.  (XII  u.  916  @.)  M.  10.80;  geb.  M.  12.55. 

II.  58anb.  (XII  u.  952  6.)  M.  12;  geb.  M.  13.75. 

III.  58  a  n  b.  (XIV  u.  1014  6.)  M.  12.40;  geb.  M.  14.15. 

IV.  58 a n b.  58on  Dr.  8.  Stfeberger.  ßrfte  Slbtbeilimg.  (XII  u.  6.  1—458.) 

M.  6;  geb.  M.  7.75.  —  3»eite  Stbtßeitung.  (VI  u.  6.  459—666.)  M.  2.80. 


gdtegg,  Dr.  ÜBiblifdje  Slrtpologie.  5Jiacb  bem  ©obe  be§  33erfaffer§ 
IjerauSgegeben  bon  Dr.  %  33.  Sßirtljmüller.  (XXYIII  u.  716  ©.) 
M.  9;  geb.  M.  11. 

$djttmnc,  Dr.  %>.,  ©flgtnengcfdjidjte.  SSicr  33änbe.  (XLYI  u.  2582  ©.) 
M.  33;  geb.  M.  41. 

I.  23  a  n  b.  ^ornicäuifdjc  •  S  t°  e  i  t  e ,  bermefjrte  unb  b  e  r  6  e  f  f  e  r  t  e 
21  u  f  I  a  g  e.  (X  u.  572  ©.)  M.  7.50;  geb.  M.  9.50. 

II.  23anb.  ^atriftifcßc  Jtcif.  (325 — 787  it.  ©tjr.)  3 t» eite,  bermebrte 
ltnb  berbefferte  2luflage.  (XIV  u.  892  ©.)  M.  11.50;  geb.  M.  13.50. 

m.  23anb.  Sfttttftte  3ett.  (787— 1517  n.  6Ijr.)  (XII  u.  702  <S.)  Jf.9;  geb.  M.  11. 
IV.  23 an b.  feuere  3eü.  (Seit  1517  n.  ©Ijr.)  (X  u.  416  ©.)  M.  5;  geb.  M.  7. 
|>imar,  Dr.  (ßrjbif^of  bon  $öln),  Seljrbttdj  ber  ©ogmtttif.  Vierte, 

berbefferte  Auflage.  33ünbe.  (XXII  u.  1102  @.)  M.  11; 
geb.  M.  15. 

«mit  Dtüdfidjt  auf  ben  nod)  ntdjt  erfolgten  Sttifdftufj  bon  ©diee&eng  ©ogmattf  tjat  bie  SBeriagStianblung 
bag  borftetjenbe  Setjrtmd)  mit  3ufttoraung  be§  t)odjto.  §errn  2Jerfaffer§  bet  „Slljeologifdjen  SHBuottief“  ein» 
berteifit,  fo  bafj  ®rjbifd)of  ©imarg  Setjrbudi  neben  ober  an  ©teile  bon  ©dieeben  bejogen  toerben  fann. 

gfjaOJofer,  Dr.  p.,  ^attbbitd)  ber  fatfjolifdjeu  Siturgif.  3mei  33änbe. 

I.  23anb.  1.  2töt|eilung.  3toeite  2luflage,  bearbeitet  bon  Dr.  21.  ©bn er. 
(XIV  u.  362  ©.)  M.  4. 

—  2.  2lbtf)eilmtg.  S^eite  21uflage.  (Sn  23orbereitung.) 

II.  23anb.  1.  3lbtl)eilung.  Stoeite  21uflage.  (Sn  23orbereitung.) 

-  2.  Slbttjetluttg.  (VIII  u.  <5.  345—564.)  M.  2.40. 

gering,  Dr.  §f.  $>.,  gefjrbutf)  be§  fatljolifdjen ,  nrientalifdjen  mtb  pote* 
ftaittifdjen  Uirdjettredjtä ,  mit  befüttberer  sJiiicffid)t  auf  ^eutfrfjlanb, 
Defterreid)  mtb  bie  Sdjmcijj.  ©ritte,  umgearbeitete,  fet)r  berbefferte 
uitb  bennefirte  Auflage.  (XVI  u.  1032  ©.)  M.  14;  geb.  M.  16. 
Sie  3ur  ©itneiterung  ber  „<\£fjeofogi(d)cn  gSiOKotfieß“  nocf)  oorgefeßenen  SGÖerfe : 
fOcofogtfcbe  ©ifteraturflcfdjidjfe  oon  5ßrofeffor  Dr.  2tlbert  ©brljarb,  unb  ^äbagogiß, 
finb  in  23orbereitung. 

3  U>  e  i  t  c  @  c  x  i  c*  gr.  8°. 

gfamilter,  Dr.  3».,  5paftaral=s}$fi)djiatrte.  Sin  ^anbbudj  für  bie  ©eetforge  ber 
($eifte§franten  jufammengeftellt.  (X  u.  180  ©.)  M.  2.20;  geb.  M.  4. 

Dr.  p.,  ©a§  ^eilige  SÖlc^o^fcr  bogumtifd),  titurgifd)  mtb  a§cetifd) 
erflärt.  «Siebente  unb  adfrte  Auflage.  (XVI  u.  734  ©.)  iH.7.50; 
geb.  M.  9.50. 

—  ©ie  tjeiligen  «Sacrameitte  ber  fatljolifdjen  $irdje.  gür  bie  «Seetforger 

bogmatifd)  bargefteHt.  3ü>ei  33önbe. 

I.  23  a  n  b.  «Mgenteine  §acramcnfcufcf)rc.  Sie  ^aufe,  bie  ©tinttung  unb  bie 
fudjariftic.  (XYIII  u.  688  ©.)  M.  8;  geb.  M.  10. 

II.  23anb.  Sic  |3uße,  bie  fettfe  0efung,  bas  |Seil)e(acrantcn{  unb  bas  ffje- 
facratnenf.  (VIII  u.  560  ©.)  M.  6.50;  geb.  M.  8.50. 

—  ©ie  «Sequcnjett  be§  rötttif^ett  föicPitc^eS  bogntatifcO  mtb  aScetifd)  erflärt. 

9tebft  einer  3tbt)anbtung  über  bie  ©tbnterjen  SJtariä.  3ü)eite  Auflage. 
9Xit  fünf  23itbern.  (VIII  u.  310  ©.)  M.  3.60;  geb.  M.  5.60. 
^«ngntatttt,  Dr.  S.  J.,  ©Ijcorie  ber  geiftlidjen  23erebfamfcit.  3Ifobemifcbe 
33orIefungen.  ©ritte  Auflage.  3ü>ei  S3änbe.  (XXIV  u.  1162  ©.) 
M.  12;  geb.  M.  16. 

#fö(tr,  Dr.  Ji.,  .^anbbudj  ber  fßaftoraltttebijitt  mit  befottberer  ®erüdftd)tigmtg 
ber  .^tjgiette.  Vierte  Auflage,  bearbeitet  unb  Iferöii§gegeben  non 
Dr-.  53.  Hannamülter.  (X  u.  538  <S.)  M.  6;  geb.  M.  8. 


Sämtlidjc  ilUrke  ber  „fljcol.  ßibliotl)ek“  futb  obcrljirtlid)  approbiert.  3eber  feil  roirb  einjcln  abgegeben. 

3u  ibcjicftctt  burd)  etUc  tBu^ttunbtungein 

^reibttrg  im  23rei§gau.  i^crbcrfd|c  ^crlögspttblttttg. 


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