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Berlin
I^tuA utiJb Beckg oon (Seocg Betmer
1908
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J^ruA unb ©«rlag xion (Scorg Bnmcr
1908
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^nffdMkxMt 6e6 '^anbes.
1788.
Äritil bcr |)raftif(]^cn aScrnunft i
«orrebe 3
(ginleitung. »on ber Sbee ehiet Ärili! ber prafttfd^en 55emunft . . 15
ßrftcr %f)txh ßlcmctttarlcl^rc ber reinen pxattx^äftn SSernunft n
et^ Sn^. (Die »nal^ttf ber reineti pxamSü^zn ^vmnft ... 19
(Srfied ^auptflüdt. S$on ben ®runbfA<^en ber reinen praltif^en
«emunft 19
J. Son ber S)ebuäion ber (S^ninbf&j^e ber reinen praftif^en
Semunft 42
II. Qon ber Sefugnig ber reinen S3ernunft im praftifd^en
Qkbxauä^t ^u einer C^noeitening, bie il^r im fpeculatioen
für p^ nid^t möfllid^ ip 50
3»eited ^auptflfidf. 8on bem SSegriffe eine« @egenfianbed ber
reinen profttf^en Vernunft 57
«on ber STripif ber reinen praltif^en Urt^eiWfraft 67
S)ritted ^auptftfidf. Qon ben 2:riebfebem ber reinen praftifc^en
«emunft 71
Ihitifd^e Seleu^tung ber ^nal^tif ber reinen praftifc^en Vernunft 89
Sweüe« »u^. S)ialeftif ber reinen praftifcfeen ^enrnnft- .... 107
(Srfied ^auptftüdf. Son einer ^ioleftif ber reinen praftifi^en
«emunft über^oupt 107
Bweited ^auptflüdf. Son ber 2)ta(eftil ber reinen S^emunft in
aSeftimmung bed Segriff d Dom ^dc^ften @ut 110
I. 3)ie Antinomie bcr praftifc^en Vernunft 113
II. jhritife^e tufl^ebung ber SInttnomie ber praftifd^en Ver-
nunft 114
I -; (: ' ^ '^
VI
III. $$on bem Primat ber reinen praftif^en Sl^emunft in
il^rer ^erbinbung mit ber fpeculottoen 119
IV. 2)ie Unfterbltc^fett ber @eele, ald ein ^ofinlat ber reinen
pra!tif4en Vernunft 122
y. ^aiS 2)afetn ©otteiS, ald ein $o{hiIat ber reinen pral«
^ «Wen Semunft 124
VI. Über bie $o{htIate ber reinen praftif^en IBemunft Ober-
haupt 132
VII. SBte eine @rtoeiterung ber reinen Vernunft in praftif<3^er
^h^^t, o^ne bamtt i^r (Menntnig al9 fpeculatio
augleit^ du erweitern, su benfen ntbgli^ fei? ... 134
VIII. Sont Sürma^r^alten au& einem Sebürfniffe ber reinen
»emunft 142
IX. SSon ber ber praftifiJ^en ^efiimmung bed !D{enfd^
meiiSlic^ angemeffenen ^oportion feiner CMenntnig*
vermögen • 146
Smeiter ^tih SNetl^obenlel^re ber reinen ptaltt\<fftn äSer»
nunft 149
»ef(^lu6 161
1790.
Äritif ber Urt^eilöfraft 165
aJorrebe 167
Einleitung 171
I. IBon ber (Sint^eilung ber ^l^ilofop^ie 171
IL SBom Gebiete ber $^i(ofop^ie überhaupt 174
IIL SSon ber jbritif ber Urt^eiliSfraft, aliS einem Serbinbung^mittel
ber aroei 2:^etle ber $^iIo|op^ie su einem ®onaen 176
IV. S3on ber Urtl^eildfroft, ald einem a priori gefe^^gebenben Vermögen 179
V. 2)aiS $nncip ber formolen Bn)e(fmö6tg!eit ber 92atur ift ein
trondfcenbentale« $rtnctp ber Urt^eildfraft . 181
VI. 9)on ber Serbinbung be^ @effi^IiS ber 8ufl mit bem Segriffe ber
SroecfmögigWt ber 3Ratur 186
VII. $on ber aft^etifd^en S^orflenung ber 3n>edFma6ig!eit ber Statur . 188
VIII. ^on ber logifd^en QorfieHung ber Sroedfmägigfeit ber 92atur . . 192
IX. $on ber ^erfnäpfung ber @efe^gebungen bed Serflanbed unb ber
©emunft bunft bie ttrtl&eiWfroft 195
(Sintbeilung bed ganaen SBerfiS 199
VII
^fiet S^eiL jtrittt ber ift^ettfc^en ttrt^eiUfraft 201
erfler «l^^nitt. Unal^tif bet ftfU^eitf^eti ttrt^eitöftaft 203
1. a^oment bed (Bef^madFdurtl^eUd ber OuoIitAt nad^ .... 203
§ l. S)a« (Bef((mo(fdurt^iI ifi dfll^etif^ 203
§ 2. ^ad SBo^lgefaüen, meld^ed bad ©ef^madTdurt^il be-
flimtnt, ifl o^ne aHed Sntereffe 204
§ 8. 2)a« SBo^lgefaÜen am Slngene^men ift mit 3n*
tmffe Derbunben 205
§ 4. 2)0« Bol^IgefaUen am (Buten ij) mit Sntereffe Der-
bunben 207
§ 5. 8erglei((ung ber brei fpedfif^ Derf^iebenen 9lrten
bed So^Igefattend 209
2. SRoment be« (Befd^madt^urt^etl«, namli^ feiner Quantität nac^ 211
§ 6. S)ad €<3^öne ift ba«, ma« o^ne begriff ald Dbiect
eine« allgemetnen SBol^lgefallen« Dorge^eHt mirb . • 211
§ 7. ®erglei^ung be« @d^i^nen mit bem ^(ngenel^men unb
(Buten burd^ obige« aRerlmal 212
$ 8. 2)ie tlllgemeinbeit be« äBo^Igefaüen« »irb in einem
(Bef(!^madt«urt]^eile nur al« fubjectit) DorgefleÜt . . . 213
i 9. Unterfu^ung ber ^age: ob im (Befd^madfdurtl^eile
ba« (Bef&^l ber 8uft oor ber SSeurtbeilung be« (Begen«
fionbe«, ober biefe oor fener oorl^rgel^e 216
3. aJloment ber (Befd^modf«urtl^eiIe m6^ ber ^Relation ber
Swecfe, meli^e in i^nen in Setrad^tung geaogen mirb . . 219
§ 10. IBon ber Bmedmögigfeit fiberl^aupt 219
§ 11. 2)a« ®ef<^ma(f«urt^eU ^at niti^t« al« bie gorm ber
Btoedtmagigfeit eine« (Begenftanbe« (ober ber Cor«
ße0ung«art beffelben) aum ®runbe 221
§ 12. <Dq« (Befd^madr«urt]^i( berul^t auf (S^rfinben a priori 221
§ 18. S)a« reine (Befd^maddurt^eil ifl oon 9leia unb difi^rung
unabl^Angig 223
i 14. (Erläuterung burc^ SBeifpiele 223
$ 15. ^a« (Befd^madt«urt]^eil ift oon bem Segriffe ber ^oH*
lommen^eit g&naliti^ unabl^öngig 226
§ 16. S)a« (Befd^ma(f«urt^eU, woburc^ ein (Begenftanb unter
ber Sebingung eine« beftimmten Segriff« fikr fd^ön
crfldrt mirbi ift nid^t rein 229
§ 17. Som 3beale ber @(!^5nbeit 231
4. SRoment be« (Befc^ma(I«urt4ei(« nac!^ ber ÜJ^obalitdt be«
SBolb^d^faHen« on bem Oegenfianbe 236
VIII
§ 18. SBad bte a)7obaIitöt eine« ^efd^macf^urt^eiliS fet . . . . 236
§ 19. 2)te fubjecttDe 9lot^menbtgfeit, bie mir bem ®e-
f^modÄurt^eile beilegen, ifi bebingt 237
§ 20. 2)ie SBebingung bet ^^otl^fDenbigfett, bie ein ©efe^madf«-
urtfteil öorgiebt, ift bie 3bee eine« ©emeinfinnc« ... 237
§ 21. Db man mit ®runbe einen @emeinflnn Dorau^fej^en
!önne 238
§ 22. 2)ie ^Jlot^menbigfeit bet allgemeinen Seiftimmung, bie
in einem (Seft^madF^urt^eil gebaut mirb, ift eine fub*
iectioe Sf^ot^menbigfeit, bie unter ber Soraudfe^ung eine«
®emeinfinnd ald objectit) oorgefteflt mirb 239
ungemeine Slnmerfung aum erflen $(bfe^nitte ber Slnal^ti! . . 240
Smeited iBu^. 9(naU)tif be« Grl^abenen
§ 23. Übergang oon bem S3eurt^eiIungdDerm5gen beiS ©d^önen
5U bem bed ürl^abenen 244
§ 24. $3on ber (Sint^eilung einer Unterführung beiS (Beffl^Id
beiS (Erhabenen 247
A. Som ^atl^ematifc^-^r^abenen 248
§ 25. 9lamener!(&rung bed (^^abenen 248
§ 26. 93on ber (S^rögenf^d^ung ber 9{aturbinge, bie aur 3bee
bed (Sr^abenen erforberli^ ift 251
§ 27. $$on ber Qualität beiS SBo^IgefaQend in ber Seur-
t^eUung be« (Erhabenen 257
B. S)om 2)t)namifd^«(^]rabenen ber fflaiux 260
§ 28. $$on ber SRatur aU einer ^ad)t 260
§ 29. 93on ber a^obalit&t bed Urt^eil« fiber bad C^^abene ber
SRatur 264
Slllgemeine Slnmerfung aur C^^pofltion ber Aftl^eäfciren reflec«
ttrenben Urtl^elle 266
S)ebuction ber reinen äfH^etiffJ^en Urtl^eile 279
§ 30. 2)ie 2)ebuction ber äft^etif^en Urt^eile über bie @egen-
ft&nbe ber SRatur barf nic^t auf bad, »aiS mir in biefer er-
l^aben nennen, f onbem nur auf baiS (^c^dne gerietet »erben 279
§ 31. $on ber SJ^et^obe ber lS)ebuction ber eef^madfiSurt^eile 280
§ 32. @rfte (Sigent^ümlicirfeit bed (Befd^madtiSurtireild .... 281
§ 33. 3n)eite (Sigent^fimliiirfeit bed (S^efd^maddurtl^eitö .... 284
§ 34. (&^ ift fein objediDed $rindp beiS ©efd^macfd m5gli(^ . 285
§ 35. 2)aiS $rincip beiS ©ef^madf« ift baiS fubiecüoe ^rincip
ber Urt^eiWfraft überl&oupt 286
§ 36. S)on ber Slufgabe einer 2)ebuction ber ^efd^ma^durtl^eile 287
§ 37. äBa« wirb eigentlich in einem (E'^ft^madf^urt^eile Don
einem (S^egenftanbe a priori behauptet? 289
IX
§ 38. 2)ebuctiou ber <&$ef(^inacI«urt^eUe 289
§ 39. Qon ber S^itt^etlbarfeit einer (Smpfinbung 291
§ 40. Qom <S^ef4mad!e al8 einer Urt t)on sensus communis . . 293
§ 41. I^om empirif((en Shtereffe am ®^önen 296
§ 42. 9)om inteUectueHen Sntereffe am ®4dnen 298
§ 43. 8on ber ^unfl überhaupt 303
§ 44. 8on ber frönen Stmft 304
§ 45. ®4dne 5hinft ift eine ^nfl, fofern fie auglei^ 9latur
3U fein f^eint 306
§ 46. @<j^dne jhinfi ifl jhinft be« (Benied 307
§ 47. (Srlduterung unb Sdefidtigung obicjer Srfldrung x>om
©enie 308
§ 48. Som Ser^aitntffe bed ®enieiS aum (Befc^mad .... 311
§ 49. l3on ben «ermögen beS @emüt^«, welche ba& (Benie
anomalen 313
§ 50. 8on ber Serbtnbung bed (&t\d^mad9 mit (Benie in $r0-
bucten ber f<^önen Stnnfi 319
} 51. aSon ber C^int^eilung ber fci^dnen Stün\lt 320
§ 52. Son ber Serbinbung ber ft^dnen IHinfte in einem unb
bemfelben ^robucte 325
§ 53. Qerglei^ung bed äfil^eiifd^en f&txif^ü ber fc^önen Mnfie
untereinanber 326
§ 54. tnmerfung 330
Sioeitec »bfdftnitt* ^e SHaleftif ber ftft^tif^en ttvi^eUöftaft .... 337
§ 55 337
§ 56. ^orfleUung ber Antinomie be« (Befi^^macfd 338
§ 57. 9ufI5fung ber Kntinomie beiS ©efd^madf« 339
f 58. Som Sbeali^mud ber SmedmAgigfeit ber 9{atur fowo^l
ald Stan% alS bem alleinigen $rincip ber aft^etife^en
Urt^eiWfraft 346
§ 59. I^on ber ©(^dnl^eit aU ®t)mboI ber ©ittlid^feit ... 351
§ 60. Hn^ang. 8on ber üJ^et^obenle^re bei (Bef^madtiS . . 354
Sweiter S^eiL Jtritil ber teleologtfc^en ttrt^eildfraft ... 357
$ 61. 8on ber obiectioen Bmedmögigfeit ber 9{atur .... 359
erfte Hbt^eilnttg« »nal^tif ber teleologifAen ttrt^itölraft . 362
§ 62. 8on ber objectiDen Smecfmdgigfett, bie blog formal ifl,
dum Unterf^tebe Don ber materialen 362
§ 63. Qon t^r relatioen BnedTmögigfeit ber 9latur aum Unter-
triebe oon ber innem 366
b
§ 64. S3on bent ctgent^amltc^eit ^l^aroftrr bec ^inge aliS 9la»
tuQttcde 369
§ 65. 2)inge aU 9taint^medt finb organifirte SBefen .... 372
§ 66. 8ont ^ttnci^ bei Sefirt^^dlung ber innent 8n)e(fni&6ig-
leit in otganiRrten ^efen 376
§ 67. Born $rindp ber teleologifc^en Beurteilung ber fftatnt
flberl^oupt ald @Qftem ber Bmecfe 377
§ 68. Sou bem $rtndp ber Seleologte aM innerem ^ndp
ber 9latum)t{Tenfd^aft 381
3tt»eUe «bt^eilttitd. 2)ialefttt ber teIeoIogif#en Ur«^etl«fraft . 385
§ 69. ma» eine SCnHnomte ber Urtl^eiUfraft fei 385
§ 70. SorfieQung biefer «ntinDmie 386
§ 71. 8orbecettiing aut $(uf(dfung obiger Slntinomie .... 388
§ 72. Son ben man^erlei ©Qftemen iUber bie Stotdmä^iqftit
ber 9btitt 389
§ 73. i^eined ber obigen 6t){tone leiftet baiB, »a« ed oorgiebt 392
§ 74. 2)ie Urfoc^e ber Unmögli((feit, ben iBegriff einer 2:e4ni!
ber 9taint bogmatifc!^ ^u bel^anbeln, ifl bie Unerfl&rli^feit
eined ^laturgroecfd 395
§ 75. S)er l^egriff einer obiectioen Swedhnftftigfeit ber Statur
ift ein Iritif^eiS ^rincip ber Vernunft fftr bie refledirenbe
Urll^eilöfraft 397
§ 76. «nmerfung 401
§ 77. Son ber C^igent^ümlie^feit bc« ntenf(|^Iid^en S^erfianbeiB,
mobur4 und ber S9egriff eineiS fRaturgwecfiS möglid^ mirb 405
§ 78. Son ber Bereinigung beiB $rtncipd bed aügenteinen
SRed^iiSmud ber SD^aterie mit bem teleologif^en in ber
Se^nil ber 9latur 410
^nl^ong. ay^etl^obenle^re ber teleologifilNn ttrtl^eiUfraft ... 416
§ 79. Df> bie 2:eIeologie altf }ur Sflaturle^re gel^5renb abge-
^Qubelt »erben muffe 416
§ 80. ^on ber not^menbigen Unterorbnung beiS $rtncipd beiS
^ed^aniiSmd unter bem teleologif^en in (Srflörung eineiS
S)inge0 aU Jtatüx^rotä» 417
§ 81. $on ber SeigefeÜung bed SRee^onidmuS aunt teleolo-
giften Sßrindp in ber (Srüdrung eined SRatur^mediS ald
9laturprobuä« 421
§ 82. ®on bem teleologif^en 6^ftem in ben ftugem Serl^&(t*
nilfen organifirter SBefen 425
§ 83. 9)on bem legten S^"^^^ ^ 9tatax ald eined teleolo*
gifcl^en ©Qpem« 429
XI
§ 84. 8i>n bem dnh^toede be« IDafein« einer 93eU« b. i. ber
@(|dpfung felbfl 434
§ 85. 8on bet ^^^{llot^eologte 436
§ 86. Don ber (St^ilot^ologte 442
§ 87. 8on bem moroUf^en Sen>etfe be« SDafetnd (Botted . . 447
$ 8& »ef^rdnfunfi ber eiflitigfeit beiB mocoltf^eic fB^mt^ . 453
§ 89. t3on htm fflni^tn bed moralif^en VrgumentiB 459
§ 90. 8on ber ^tt be« günoa^rl^altend in einem teleologif^en
Semeife be« 2)afeind ®otte« 461
§ 91. Son ber Mrt beiS d^tmaJ^tfyxUtnü burd^ einen prafttf^en
Glauben 467
ungemeine ^Inmerlung aur ^eleologie 475
ADmerkungen 487
bcr
Don
Smmannel £ant
itant*« ^(^rCften. Qerfr. V.
Sorret>e.
SBorum bic[eÄritif itid^t cineÄritif bcr reinen <)rafttfd6en, fonbern
fdgledgtl^in ber praftif ^en SBetnunft fiberl^aupt betitelt mlrb, obgleid) ber
^araUeliSm berfelben mit ber f|)eculatit)en ba« erflere gu erforbern \iitint,
5 bar&ber giebt biefe Hbl^anblung l^inreid^enben Suffdglug. @ie foll blod
bart^un, bag t& reine )>ratttf(]^e SBernunft gebe, unb tritiflrt in
biefer abfielt il^r ganged prattifd^ed äSermögen. äSenn eS il^r ^iemit
gelingt, fo bcbarf fte ba« reine SJermJgen felbji nid^t jufritiftren, um
gn feigen, ob fid^ bie SBemunft mit einem fold^en als einer bloßen Slnma«
10 gungnid^tüberfteige(mieeSn)o]^ImitberfpecuIatit)enge[d^ie]^t). S>enn
wenn jte al« reine JBernunft toirllid^ praftifd^ ift, fo beweifet fle il^re unb
il^rer ^Begriffe Sltealitdt burd^ bie S£^at, unb aUeS SSemünfteln toiber bie
9R5glidg{eit, eS gu fein, ift mgeblid^.
9Rit biefemSSermdgen ftel^taud^ bie tranSfcenbentale t^reil^eitnun«
15 mel^r feft, unb gmar in berfenigen abfoluten SBebeutung genommen, toorin
bie f^)eculatloe SSemunft beim Oebraud^e beS Segriff« ber (Saufalitdt flc
beburfte, um fid^ ttiber bie Slntinomie gu retten, barin fle unoermeiblid^
gerdtl^, menn fie in beräfteil^e ber (Saufaloerbinbung {td^ bad Unbebingte
benfen rniS, meldten SSegriff fie aber nur problematifc^, ald nid^t unm5g«
20 lid^ gu benfen, auf [teilen tonnte, ol^ne i^m feine obiectioe 9%ealit&t gu
fi(^ern, fonbern aQein um nid^t burd^ oorgeblid^e Unmöglid^Ieit be|fen,
tt)a8 fie bod^ menigfienS als bentbar gelten Ia|fen mug, in i^rem 3Sefen
angefod^ten unb in einen abgrunb bed ScepticiSmS geftürgt gu merben.
©er JBegriff ber Sreil^eit, fo fern beffen fRealltdt burcft ein o^jobiftif
35 fd^eS ®e[eg ber (raftifd^en SSernunft bemielen ift, mad^t nun ben @d^iug«
f tein oon bem gangen ©ebdube eines @9ftemS ber reinen, felbft ber fpecu»
1*
4 ftriti! ber pmftifi^en i^entunftn
lottDcn SBernunft aus, unb alle anbete begriffe (bie Don ®ott unb Un«
flerbli(i^!eit), toelii^c al8 Mofee Sbeen in bicfer ol^ne Haltung bleiben,
f(^Iiegen ^6^ nun an il^n an unb belommen mit il^m unb burd^ i^n Se*
flanb unb obiectiDe Sfiealitdt, b. i. bie SRöglicIfeit berfelben mirb ba^
burii^ bett)ie[en, bafe grei^elt toirtlid^ iP; benn biefe Sbec offenbart jt(| 5
burdgiS moralif(!^e ®efe^.
f^reil^eit ift aber aud^ bie eingige unter aUen S^een ber fpecuIatiDen
Vernunft, tooDon toir bie SWöfllici^feit a priori ^toiffen^ o^ne jle bod^ ein»
jufe^en, loeil fte bie Sebingung*) beiS moralif(!^en ©efe^ed ifl, meld^eS mir
loiffen. S)ie Sbeen Don ®ott unb ltnfterbli(!^teit finb aber nid^t 99e» 10
bingungen beS ntoraIi[dgen ©efe^eS, fonbern nur Sebingungen bed notl^»
ttenbigen DbiectS eined burd^ bie[ed ®efe^ befiimmten äBiUenS, b. i. beS
blog pratti[d^en ®ebrau(!^d unferer reinen SSernunft; alfo tonnen loir Don
ienen Sbeen aud^, id^ miO nid^t blog fagen, ni(^t bie äßirllic^Ieit, fonbern
audb nid^t einmal bie 9R5gli(!^Ieit ju^rlenneujunb eingufel^en bel^au))« is
ten.7 ©leid^iDOl^l aber finb fie bie Sebingungen ber Slnioenbung beS mo«
ralifd^ befiimmten SBiSenS auf fein i^m a priori gegebenes Dbiect (baS
l^öd^fte ®ut). Solglid^ lann unb mu^ il^re 3R5glid^feit in biefer pralti«
fd^en SBegiel^ung angenommen ti)erben, ol^ne fie bod^ tl^eoretifd^ ju er^
tennen unb einzuleiten. f^ürbiele^tere^orberungiftinprattifd^erSlbfid^t ao
genug, bag fie leine innere Unmöglid^Ieit (äBiberfprud^) entl^alten. ^ier
ift nun ein in äSergleid^ung mit ber f)>eculatiDen SSernunft blog fubfec«
tiDer ©runb bes ^ftriDal^rl^altenS, ber bod^ einer eben fo reinen, aber
praftifd^en SSernunft obJectiD gültig ift, baburd^ ben ^bttn Don ®ott
unb Unflerblic^feit Dermitteljt be« Segriff« ber Srrei^eit obJectiDe «ealltdt 25
unb Sefugnife, |a fubJectiDe SHotl^menbigWt (Sebflrfnife ber reinen SJer»
nunft) fie angune^men Derfd^afft Doirb, ol^ne bag baburd^ bod^ bie SSernunft
*) 2)amtt man l^ier ntc^t Snconfequenaen anautreffen toA^ne, tvenn i^ jef^t
bie Steilheit bie iBebingung bed moralifd^en ©efe^ed nenne unb in ber 9lb^anblung
naä;if)ex Ui^auptt, hai ha^ moralifc^e @efe^ bie SBebingung fei, unter ber mir 30
und aUererft berffreil^eit bewugt werben fönnen, fü will \^ nur erinnern, hai
bie {^rei^eit aUerbingd bie ratio essendi bed moraIif(]^en @efe|ed, bad ntoralif^e
©efe^ ober bie ratio cog^noscendi ber f^reil^eit fei. 2)enn w&re ni(!^t bad mora«
Iif(ie®efe| in unferer SSernunft el^er beutlid^ gebac^^t, fo würben wir und niematö
berec^ttgt Italien, fo etwa«, al« JJrcil^eit x\t (ob biefe gleid^ fic^ nic^t wiberfpric^&t), 35
anaunel^men. Sßdre aber !eine grei^eit, fo wftrbe ba« moralifci^e ©efe^ in m»
gar nic^t anautreffen fein.
9oTttbt. 5
im t^eoretifc^etiiSSrtenntniff^ erkoeitert, fonbem nur bie SRöglid^feit, bte
Dorl^er nur Problem loar, ^ter Slffertion »irb, gegeben unb fo ber praf«
tif^e (Sebraud^ bet SJemunf t mit ben Elementen bed t^eoretifd^en üerfnäpft
mirb. Unb biefeS ä3ebürfnig ifi nid^t etma ein I^Qpotl^etifd^eiS einer be:>
5 liebigen 9lb|t(i^t ber @)>eculation, bag man etmaS annel^men muffe, menn
man gur SSoQenbung beS SSernunftgebraud^S in ber Speculation l^inauf«
fteigen loill, fonbern ein gefe^Iid^ed, etmad angunel^men, ol^ne »eld^ed
nid^t gefd^el^en lann, »aS man ßd^ jur Sbfid^t feines St^unS unb SaffenS
unnad^Ia^lid^ fe^en f oll
10 (Ss toAre allerbtngS befriebigenber fär unfere fpecuIatiDe SSernunft,
ol^ne biefen Umf^meif jene aufgaben für fid^ aufjulöfen unb fte als (Sin^^
ftd^t 5um prattifd^en ®ebraud^e aufgubema^ren; attein ed i[t einmal mit
unferem äSermogen ber Speculation nid^t fo gut beftettt. S)ieienige, meldte
ft(4 fold^er l^ol^en @rfenntniffe rfll^men, foOten bamit nidgt gurüdl^alten,
15 fonbern fie bffentlid^ gur^rflfung unb ^od^f^A^ung barfteUen. @ie »oQen
beioeifen; tool^Ian! fo mögen fie benn beioeifen, unb bieiCritit legt il^nen
als ©iegern il^re ganje Stftftung gu f^figen. Quid statis? Nolint. Atqui
licet esse beatis. — S)a fte alfo in ber Sl^at nic^t n)oIIen, Oermutl^Iid^
»eil fte nid^t fönnen, fo muffen mir iene bod) nur mieberum gur ^anb
20 nel^men, um bieSegriffe oon ®ott, $reil(|eit unb Un jterblid^f eit, ffir
»elt^e bie @peculation nid^t ^inreid^enbe ©emA^rleiftung i^rer 3StbQ^
lidbleit finbet, in moralifd^em ®ebrau(^e ber SSernunft gu fud^en unb
auf bemfelben gu gränben.
^ier erfldrt fid^ audb aUererft baS Stätl^fel ber Aritif, toie man bem
25 fiberfinnlidben ®ebraud§e ber j(ategorien in ber @pecuIation obiectioe
9teaIitAt abf)>red^en unb il^nen bo(^ in 9(nfel^ung ber Dbiecte ber
reinen praltifc^en SSernunft biefe StealitAt gugeftel^en I5nne; benn
Dorl^er mug biefeS notl^menbig inconfequent ausfeilen, fo lange man
einen fold^en praftifd^en ®ebrau(^ nur bem9lamen na(!b tennt. SBirb man
30 aber je^t burdb eine oottftänbige ßerglieberung bee le^teren inne, bag
gebadete SiealitAt l^ier gar auf (eine tl^eoretifd^e 93eftimmung berjfa«
tegorien ^nb (Srmeiterung beS (SrtenntniffeS gum Überftnnlid^en l^inauS«
gel^e, fonbern nur l^ieburdb gemeint fei, ba^ il^nen in biefer 93egie^ung
äberaD ein Dbiect guTomme, meil fie entmeber in ber not^menbigen
36 SSiDendbeftimmung a priori entl^alteUiOber mit bem®egenftanbe berfelben
ungertrennli^ oerbunben finb, fo oerfd^minbet ieneSnconfequeng, meil man
einen anbern ®ebraud^ i)on ienen 93egriffen mad^t, als fpeculatiDe 93er^
6 Stxiixt ber )mi!tif<^en $)evnunft.
nunft bcbarf. ©agcflcn eröffnet ftd^ nun eine Dotier faum gu eroattenbe
nnb fc^r befriebiflenbe Seftätigung ber confequenten ©cnfnnflSort
ber fpeculatit^en JCritit barin, bag, ba bieje bie ©egenPnbe ber (Srfal^rung
al8 fold^e unb baruntcr felbfl unfcr eigene« Subject nur ffir (Srld^ei*
nun gen gelten gu laffen, i^nen aber glei^mo^I S)inge an fid^ felbft gum 5
®runbe gu legen, alfo nid^t alle« ÜberPnnlid^e für ßrbid^tung unb beffen
Segriff für leer an Sn'&alt gu l^alten einfd^firfte: |)raftif(^e JBernunft {e^t
für jtd) felbft, unb o^ne mit ber fpeculatlDen SSerabrebung getroffen gu
^aben, einem überfinnlid^en ©egenpanbe ber j^ategorie ber @aufalität,
nämli^ ber greil^eit, Sfiealitdt Derfd^afft (obgleid) al8 praftifd^em ©e- 10
griffe aud^ nur gum praftifd^en ©ebraud^e), alfo badienige, loaS bort blog
gebadet merben lonnte, burd^ ein factum beftdtigt. Riebet erl^ält nun
gugleid^ bie befremblid^e, obgmar unftreitige, 93e^auptung ber fpeculatiDen
j^ritif, bag fogar ba« benlenbe @ubj[ect il^m felbft in bet innerett
Knfc^auung blog @rf d^einung fei, in ber Aritil ber praTtifd^en S3er<^ 15
nunft aud^ i^re ooOe SSeft&tigung, jo gut, bag man auf jie Tommen mug,
toenn bie erftere biefen @a^ aud^ gar nid^t beriefen ^fttte*).
4)ieburdö toerfte^e id^ aud^, toarum bie erl^eblid^Pen einwürfe »iber
bie j^ritil, bie mir bi«]^er nod^ oorgelommen ftnb, fic^ gerabe um biefe
gioei Slngel breiten: nAmlid^ einer feit« im tl^eoretifdben Srtenntnig ge» 20
leugnete unb im ))raftifd^en bel^auptete objectioe [Realität ber auf SRou«
menen angemnbten Jtategorien, anbererfeit« bie parabojre f^orberung,
ftd^ al« @ubiect ber ^reil^eit gum 9loumen, gugleid^ aber aud^ in Slbfid^t
auf bie 9latur gum ^^dnomen in feinem eigenen empirifd^en 93emugt(ein
gu mad^en. S)enn fo lange man fid^ nod^ (eine beftimmte Segriffe oon 25
©ittlid^feit unb f^reil^eit mad[)te, lonnte man nid^t erratl^en, loa« man
einerfeit« ber oorgeblid^en (Srfd^einung al« Sloumen gum ®runbe legen
moQe, unb anbererfeit«, ob e« überall aud^ moglid^ fei, fld^ nod^ oon il^m
einen Segriff gu mad^en, loenn man oor^er alle Segriffe be« reinen Ser«
ftanbe« im t^eoretifc^en ©ebraud^e fc^on au«fd^liegung«n)eife ben blogen so
grfd^einungen gewibmet l^ätte. SRur eine au«fül^rlidbe Äritif ber prafti«
'') S)ie S3ereinigund ber Gaufalit&t qU greil^eit mit i^r aU ^ainxmeä^anx^m,
bat)Oit bie erfie burc^d (Sittengefe^, bie anieite burd^d Sfloturgefe^, unb ^toax in
\ einem unb bemfelben ©ubjccte, bem 9Wenfc^en, fcfl ftel&t, Ifl unmöglich, obne biefen
ün SBeaiciung auf baö erftere 'aU 3Söefen on fic^ felbfl, auf baö aweite aber ol« 35
©rfc^einung, jene« im reinen, biefe« im empirifc^en SBewugtfein ooraufleUen.
D^ne biefe« ift ber äBiberfprud^ ber S3emunft mit fid^ felbfl unoermeibli^
Combe. 7
f^eti aSerimnft tonn alle bicfe SRifebeutung l&ebcn unb blc confequcntc
3)cnfun9«ttrt, »eld^c c6en i^rcn flrJfetcn SBorjuß au8mad&t, in ein ^eUc«
2i(|t fe^en.
©0 Diel jur Sflccltfcrtlgung, toarum In blefcmSBertc bicSegriffc unb
5 ©runbfd^e ber reinen fpeculatioen SSernunft, ioeI(|e bodg i^re befonbere
Äritif fd^on erlitten l^aben, ^ler l^in unb »lebet nod^mal« ber Prüfung
unterworfen »erben, »eld^e» bem f^flematifdöen ©anje einer ju errid^ten-
ben SBiffenfcftaft fonji ni^t »o^l flejiemt (ba abgcurt^eUte ©ad^en bittlg
nur ttngefül^rt unb nid^t »ieberum in Unreflunfl gebrod^t »erben muffen),
10 bod^ ^ier erlaubt, Ja nötl^ig »ar: »eil bie SBernunft mit fenen Segriffen
im Übergange gu einem ganj anberen ©ebraud^e betrad^tet »irb, ald ben
pe bort Don il^nen mad^te. (Sin folc^er Übergang mad^t aber eine SSer^^
gleld^ung btS älteren mit bem neuem ©ebraud^e notl^»enblg, um ba8
neue (SleiS t)on htm Dorlgen »ol^l ju unterfc^eiben unb gugletd^ ben Q\x^
15 fammenl^ang berfelben bemerten gu laffen. 9Ran »trb alfo Setrad^tungen
blefer Srt, unter anbern bie|enlge, »eld^e nod^mald auf ben 93egrtff ber
^rell^eit, aber im praftlfcfeen ©cbraud^e ber reinen Vernunft, gerld^tet
»orben, nld^t »te @ln{(^ieb{el betrachten, bie et»a nur baju bleuen foQen,
um Süden beS trltlfd^en ©^ftemd ber fpeculatloen SSernunft auSiufülleu
90 (benn blefed Iß In feiner Slbfld^t DoOftfinbig) unb, »le ed bei einem aber«
eilten 93aue berjuge^en ppegt, bintennad^ noc^ Stufen unb Strebepfeiler
angubringen, fonbern aU »a^re .©lieber, bie ben Sufammen^ang bed
@Q{temd bemertUd^ ma^en, um 93egrlf[e, bie bort nur problematifd^ Dor«
gefteHt »erben fonnten, ie^t In Ibrer realen aJarjtcUung elnfeben ju laffen.
SS S)iefe Erinnerung gebt Dornebmllc^ ben ä3egrlff ber ^relbelt an, Don bem
man mit SBefrembung bemerten mug, bag nod^ fo Diele Ibn ganj »o^l
eln^ufeben unb bie aRögllc^telt berfelben ertldren ju lönnen fid^ rübmen,
Inbem ^e Ibn blog In ))fQd^ologlfd^er äSeglebung betrachten, Inbeffen bag,
»enn fie Ibn l)orber In tranSfcenbentaler genau er»ogen b&tten, fie fo»obl
30 feine nnentbe]^rlic^{eltate))roblematlfcbena3egrlffS In DoQftänblgem
©ebraud^e ber fpeculatlDenSSernunft, als aud^ bie völlige Unbegreiflich«
lelt beffelben bAtten erfennen unb, »enn fie nadbber mit Ibm jum praftl«
fd^en ©ebraud^e gingen, gerabe auf blendmlld^eSeftlmmung beS legieren
In Slnfebung feiner ©runbfd^e Don felbft bdtten fommen mfiffen, gu »el«
35 d^er fie fic^ fonft fo ungern Derfteben »oQen. ^er Segriff ber f^relbelt Ift
ber ©teln bcd anfto^eS fAr atte @m))lrlften, aber aud^ ber Sc^lftffel gu
ben erlb^benften ))raftlfd^en ©runbfd^en für trltlfd^e äfforallften, bie ba«
8 Stxxm ber fmiftif^en S^emunft.
burd^ cinfcl&cn, bofe pc notl^toenbig rational ijcrfal^rcn tnfiffcn. Um h^^
iDtUen erfud^e iä^ ben 2e[er, baS, \x>a^ gum @(^luf[e ber 9(nalQttt über
biefen S3egriff gejagt mirb, nid^t mit fia(^tigem äuge gu überfe^en.
Db ein folc^e« ©^[tem, al8 l^icr Don ber reinen praftifc^cn aSernunft
ani ber j^ritif ber festeren entmidelt »irb, olel ober toenlg SRül^e gemalt 5
l^abe, um oorne^mltd^ ben rechten ©efld^tiSpunlt, auS bem baS ©ange ber»
felben rid^tig oorgejei(|net toerben tann, ni(^t gu Derfel^Ien, mug id^ ben
Kennern einer bergleid^en Slrbelt gu beurtl^ellen Aberlaffen. && fe^t gtoar
bie ©runblegung jur SRetapl^^flf ber ©Uten öorau«, aber nur in
fo fern, al8 blefe mit bem ^xxncxp ber Wi^t oorlfiuflge ffielanntfcfeaft 10
mad^t unb eine beftlmmte gormel ber[elben anglebt unb reci^tfertlgt*);
fonft befielt ti burd^ ftd^ [elbft. S)a^ ble (Slnt^ellung aOer praftlid^en
SSlffen[d^aften gur SSolIfldn bigfett nl(^t mit beigefügt tt)orben,ime eS ble
j(rltt{ ber fpeculatloen SSernunft lelftete, bogu ift au(^ gültiger ®runb In
berSeld^ajfcn^eit blefe« <)raftlfdöenSScrnunftoermögen« angutreffen. 35enn 15
ble befonbere Seftimmung ber ^ffld^ten al8 aRenfd^enppid^ten, um jle
eingut^eilen, ift nur mSglic^, »enn oorl^er baS Subject blejer Seftlmmung
(beraRen|d§) nad§ ber ffiefd^affenl^elt, mit ber er »Irflld^ Ift, obgioar nur fo
olel als In 93egle^ung auf $pid^t überhaupt nötbig Ift, ertannt »orben;
blefe aber gehört nld^t In eine JSrltlt ber praftlfd^en SSernunft überl^aupt, so
ble nur ble ^rlnclplen l^rer SKöglld^felt, l^reij Umfanget unb ©rengen
t^oUftdnbig ol^ne befonbere 93eglebung auf ble menfd^llc^e 9latur angeben
fott. 3)le eintl^ellung gel^brt alfo ^ler gum elftem ber SBiffenfd^aft, nld^t
gum ©Aftern ber ^rltil.
^6) l^abe einem gemlffen »al^rldeltllebenben unb fd^arfen, babel alfo 2&
bod^ Immer ad^tungiSmürblgen SRecenfenten {euer ©runblegung gur
aRetapb^fit ber @ltten auf feinen eintourf, bag ber äSegrlff beS
*) (Sin !Recenfent, ber etmoS gum 2:abel biefec ©d^rtft fagen tooHte, ^ot ed
beffer getroffen, aU er mol^l felbft gemeint l^aben mag, tnbem er fagt: bab bann
fein neueiS $rincip ber 9){oraUtdt, fonbem nur eine neue Formel aufgefteUt 30
worben. SBer »oUte aber aud^ einen neuen @runbfa^ aUer ©ittltc^fett einführen
unb btefe glet(i^f am guerß erftnben? gleich ald ob Dor tl^m bie äBelt in bem, toaö
$fltd^t fei, unn)iffenb ober in burc^göngigem 3ntl;ume gett)efen »äre. 3Ber aber
weife was bem 3J?at^cmatiIer eine Sormel bebeutet, bi^ baö, »a« au t^un fei,
um eine $(ufgabe gu befolgen, gana genau beftimmt unb nic^t oerfe^len lögt, wirb 35
eine gormel, welche biefed in ^nfel^ung aUer ^flid^t überhaupt t^ut, nic^t für
etwas UnbebeutenbeiS unb Sntbel^rlicied l^alten.
8onebf. 9
®uten bort ntd^t (wie eS feiner 9Reitmng nad^ ndtl^ig gewefen tvdre)
öor bem morolif d^en ^rinci|) feflgefc^t worben*), in bem itoeiten
^au{)t{täde ber Slnd^tif, tt)ie id^ l^offe, ©enüge get^an; eben fo auc^ auf
mand^e anbere Sintoärfe Si&dtfid^t genommen, bie mir oon SRdnnern gu
^dnben gefommen ftnb, bie ben SSiUen bilden laffen, bag bie Sßal^rl^eit
anSgumitteln il^nen am bergen liegt (benn bie, {o nur il^r alteS @Qftem
DorSugen l^aben, unb bei benen {c^on oorl^er befd^Ioffen tft, tt)ad gebilligt
ober mi^biOigt merben fott,. verlangen bod^ leine (Srbrterung, bie i^rer
*) Tian fdnnte mir nod^ ben (Einwurf machen, warum i^ nic^t au(!^ btn
10 IBegrlff bed IBege^rungdDermdgend, ober beiS @efü^liS ber Suft tiorl^er er-
ll&rt l^abe; obgTeid^ biefer ^oriourf unbiQtg fein mürbe, weil man biefe (SrHärung,
a\S in ber $f^(^ologie gegeben, billig foHte ))oraui8fe4^en fdnnen. (&& fbnnte aber
^m^ bie S)efinition bafelbft fo eingerichtet fein, bag baiS &ef^l ber Mt ber
S3eßtmmung bed i99ege^rungdoermdgend aum @runbe gelegt w&rbe (mie eiS aud^
15 u>ir!U4 gemeinl^in fo au gefd^el^en pflegt), baburc^ aber baß oberfle ^rincip ber
praftif^en tßl^ilofopl^ie notl^wenbig empirifd^ auffalten mügte, weld^ed bod^ aller-
erfi au^aumad^en ift unb in biefer jhritif g&na(i(^ wiberlegt wirb, ^a^er xoxU id^
biefe ©rflfirung l^ier fo geben, wie fie fein muß, um biefen ftreitigen ?unft wie
biHig im SInfange unentfc^ieben au laffen. — SeBen ifl bad Vermögen eined S3e-
20 fend, na4 @efe^en bed 9ege^rungdt)ermögend au ^anbeln. ®ad IBegel^nntgöi«
lyenabgenift baS IBermdgen beffelben, burd^ feine ^orfiellungen Urfat^e
t)on ber SSirflic^feit ber @egenftänbe biefer ^orftellungen au fein.
Snft ift bie Sorflellung ber äbereinftimmung bed @egenftanbed ober
ber ^anblung mit ben fnbiectinen 93ebingungen bed gebend, b. i. mit
25 bem Vermögen ber (Saufalität einer ^orftellung in ^nfel^ung ber SBirl«
ti(|feit il^reö Dbjectd (ober ber Seftimmung ber 5h&fte beg ©ubjectd aur
.^anblung ed l^ert^oraubringen). ÜRel^r brauche td^ nic^t a"m Sel^uf ber SMWl oon
Segriffen, bie aud ber ^fl^d^ologie entlel^nt werben, baß übrige letfiet bie ^iti!
felbfi. 9Ran wirb leidet gewal^r, bai bie grage, ob bie 8uft bem S^gel^rungdoer«
30 mögen jeberaeit aum (Brunbe gelegt werben muffe, ober ob fte aud^ unter gewiffen
93ebingungen nur auf bie 93efltmmung beffelben folge, burd^ biefe (Srflörung un«
entfc^ieben bleibt; benn fie ift aud lauter !D?erf malen beiS reinen Serftanbed, b. i.
Kategorien, aufammengefe^t, bie nid^td (Smpirifc^eS enthalten. (Sine folc^e Sel^ut«
fomfeit ift in ber ganaen $^Uofop^ie fel^r empfe^lungdwürbig unb wirb bennod§
35 oft oerabfdumt, nämlid^ feinen Urt^eilen oor ber DoUft&nbigen gerglieberung beiS
SegriffiS, bie oft nur fel^r fpöt erreid^t wirb, burd^ gewagte 2)efinition ni(^t oor*
augreifen. 9Ran wirb au(^ burc^ ben ganaen Sauf ber j^ritif (ber tl^eoretifd^en fo*
wol^l ald praftif^en S3emunft) bemerfen, bag f!(^ in bemfelben mannigfaltige $er-
anlaffung oorfinbe, nmnt^e a^ängel im alten bogmatifc^en ®ange ber ^l^ilofopl^ie au
40 erg&naen unb gel^ler abaudnbem, bie nid^t el^er bemerft werben, ald wenn man oon
^Begriffen einen (Bebraud^ ber Vernunft mad^t, ber aufiS @anae berfelben ge^t.
10 ^ti! ber proüifc^en Vernunft.
$rtt)ata6pd^t im SBege fein !5nnte); unb fo merbe i^ ed aud^ femerl^in
Italien.
äSenn ti um bie Sefiimmung eines befonberen 93erm5gen8 ber
menfd^Iid^en @eele na^ feinen Dueaen, 3n^alte unb ©rengen gu tl^un ifl,
fo Tann man gioar na^ ber 9latur beS menfd^Hd^en @r{enntniffed nic^t 5
anberiS als Don ben Steilen berfelben, i^xzx genauen unb (fo Diel als
nac^ ber je^igen Sage unferer f(!^on erlDorbenen @lemente berfelben m5g'
lid^ ift) oonft&nbigen S)arfteDung anfangen. Slber eS ift nod^ eine gloeite
$lufmerffam(eit, bie mel^r pl^ilofopl^ifd^ unb ardgitettonif (^ ift: ndmlid^
bie 3[bee bed ® angen rid^tig gu faffen unb aus berfelben aÜe {ene SE^eile 10
in il^rer tt)e(j^felfeitigen SBegielgung auf elnanber üermittelft ber Ableitung
berfelben oon bem 93egriffe {enes ©angen in einem reinen SSernunftDer«
mSgen inS Sluge gu fa|fen. S)iefe Prüfung unb ©eioä^rleifitung iß nur
burc^ bie innigfte äSefanntfd^aft mit bem Softem miglid^, unb bie, meldte
in Slnfel^ung ber erfteren SRaii^forfd&ung »erbroffen gewefen, alfo biefe äße* u
fanntfd^aft gu ermerben nic^t ber SRü^e tt)ertl^ geacl^tet l^aben, gelangen
ntc^t gur gmeiten ©tufe, nämlic^ ber Überfielet, tt)el(^e eine f^ntl^etifd^e
äSieberfel^r gu bem|enigen ift, uaS Dorl^er anal^tifd^ gegeben Sorben,
unb eS ift lein äSunber, menn fie aDeradrtS Snconfequengen ftnben, oh^
glcid^ bie Süden, bie biefe Dermutl&en laffen, nid^t im Softem felbft, 20
fonbern bloS in il^rem eigenen ungufammenl^ängenben ©ebanlengange
angutreffen finb.
3(^ beforge in Snfel^ung bieferSbl^anblung nid^ts Don bemSSormurfe,
eine neue @))radge einful^ren gu moQen, meil bie ßrlenntnigart ftd^ ^ier
Don felbß ber $o))ularit&t nal^ert. S)iefer SSormurf lonnte audb nieman^^ as
ben in Snfel^ung ber erfteren Jlritif beifallen, ber fie ni(^t blo8 burc^ge«
blättert, fonbern burc^gebad^t l^atte. 3Reue SBorte gu ffinfteln, loo bie
@prad^e fdbon fo an SluSbrädfen für gegebene 93egriffe feinen SRangel
l^at, ifl eine (inbifd^e Semübung, pdb unter ber SRenge, mnn *nid^t burd^
neue unb »abre ©ebanten, bodb burdb einen neuen Sappen auf bem alten 30
bleibe auSgugeidbnen. äSenn bal^er bie Sefer jener Schrift populärere
SluSbrüdfe miffen, bie bo(^ bem ©ebanfen eben fo angemeffen finb, als
mir Jene gu fein fd^einen, ober etma bie SRid^tigleit blefer ©ebanten felbjl,
mitbin gugleidb iebeS SluSbrudS, ber i^n begeid[)net, bargutl^un fidb ge«
trauen: fo ȟrben fte mic^ burdb baS erftere febr oerbinben, benn idb mill 35
nur oerftanben fein, in Slnfebung beS gleiten aber fic^ ein SSerbienft um
bie ^l^ilofopbie erioerben. @o lange aber iene (Sebanfen nod^ ftel^en,
«orrfbf. 11
iioeifele i(t) fel^r, bog il^nen angemeftene unb bod^ gangbarere 8u8brfid(e
bajtt aufgefunben »erben bürften/)
*) TleJ^x (aU {ene UnDerflAnblic^feit) beforge i^ l^iet l^tn unb koiebfr Wi6-
beutung in ^(nfel^ung einiger HuiSbrfltfe, bie xä^ ntit größter ©orgfatt au^fu(!^te,
6 um ben 93egriff ni(]^t Derfel^len au laffen, barauf fle »eifen. @o l^at in ber 2:QfeC
ber Kategorien ber praftifc^en 9)ernunft in bem Sitel ber SRobalität bad (Sr*
laubte unb Unerlaubte (praftifc^-obiectit) 9ff5gti(]^e unb Unm5gli(]^e) mit ber
n&d)flfoIgenben j^ategode ber $ fliegt unb beö $fU(3^iu)ibrigen im gemeinen
@pra(]^gebrau4e beinal^ einerlei ®tnn; ^ier aber foll bad erfiere badjenige be*
10 beuten, wad mit einer hM m^glid^en pro!tif(^en Sorfd^rift in (Sinftimmung ober
Sßiberftreit ifi (mie ettoa bie Hufiöfung aUer Probleme ber Geometrie unb 9Re«
(^ani!), bnd an'eite, mad in fold^er Se^iel^ung auf ein in ber Semunft Aber-
^aupt wirüid^ liegenbe« ©efe^ ftel^t; unb biefer Unterfd^ieb ber 8ebeutung ifl
Qut^ bem gemeinen ®pra(3^gebraud^e ni^t ganj fremb, menn gleid^ eitoa^ unge-
15 n>5bnli(^. @o ifi ed 3. 193. einem SRebner ald folc^em unerlaubt, neue SBorte
ober SBortfügungen au fc^mieben; bem ^id^ter ift ed in gewifTem a)^age erlaubt;
in feinem Don beiben mirb l^ier on ^flitgt gebac^t. 2)enn mer fic^ um ben 9l{uf
eined 9iebnertS bringen miQ, bem fann e^ niemanb meieren. (Sd ifl l^ier nur um
ben Unterfd^ieb ber Sniperatioen unter problematif^em, affertorifc^em
20 unb apobi!tif(!^em ^eftimmungiSgrunbe au tl^un. (Sben fo l^abe i(| in berfeni*
gen 92ote, mo id^ bie moralifd^en Sbeen praftift^er ^olüommenl^eit in oerfc^iebe-
nen pl^ilofopl^ifd^en ©d^ulen gegen einanber flellte. bie 3bee ber Sßeidbeit oon
ber ber ^ eilt gfeit untetf Rieben, ob id§ fie gleich felbft im (Brunbe unb objectiD
filr einerlei erfl&rt l^abe. Ullein ic^ oerftefie on biefem Drte barunter nur biejenige
25 SeiiS^eit, bie fi(^ ber !D{enfd^ (ber ^toifer) anmagt, alfo fubjectio aU (Sigenft^aft
bem Sl^^enfd^en angebic^tet. (SBieHeid^t fdnnte ber ^udbrudC Singen b, loomit ber
©toiler au(^ großen @taat trieb, beffer bad iSl^arafterifiifd^e fetner @(|ule beaeid)nen.)
Slber ber SluiSbrudt eine« $oflulatd ber reinen praltifd^en Vernunft fonnte nod^
am meiflen SRigbeutung tteranlaffen, menn man bamit bie ^beutiing vermengte,
30 meldte bie ^oflulate ber reinen Watl^ematif l^aben, unb toelc^e apobiftift^e @en)ift«
^eit bei fid^ ffll^ren. ICber biefe pofluliren bie a)?öglid^!eit einer ^anblung,
beren ©egenftanb man a priori tl^eoretifc^ mit oOUiger (Sewigb^it aU mdglid^
oorau« erfannt ^at. 3^ne« aber poflulirt bie SJ^bgli^feit eine« (Begenftanbed
(@otted unb ber Unflerbli(^feit ber Seele) felbft aud apobütifdgen praftif(^en
35 (Befe^en, alfo nur aum SBe^uf einer praftifd^en Semttnft; ba benn biefe ©emt^beit
ber poflulirten aJ^bglid^feit gar nic^t t^eoretifd^, mitl^in aud§ nid^t apobiftifd^, b. i.
in Snfe^ung be£ DbiectS erfaitnte 9lotbmenbig!ett, fonbem in Unfel^ung bed 6ub-
jectd au ^Befolgung tl^rer obiectioen, aber prafttfc^en (S^fej^e itot^toenbige ^nne^*
mung, mitbin blo« notl^menbige .^^potbefid iß. 3cb mugte fi^r biefe fubjectioe,
40 aber boc^ wa^re unb unbebingte IBemunftnot^menbigfeit feinen befferen HuiSbrudr
mtdaufiuben.
12 Stx\m ber px(M]^tn Sernunft.
%uf biefe SBeife »dren benn nunmel^r bie $rinci))ten a priori gtoeier
lßenn5g€nbe8®emut]^S, beS Srlenntnig^unb Segel^rungdDermdgenS, mS^
gemittelt unb nad^ ben Sebingungen, bem Umfange unb ©rengen ifjxzS
©ebraud^S beftimmt, ^ieburc^ aber gu einer f^{iteinatt[d^en, tl^eoretifd^en
\oxo6fH als <)raftifdöen ^J^ilofopl^le aU 2Biffenfd&aft pd^erer ®runb gelegt, s
SSaS @(^Iimmered finnte aber biefenSemii^ungen uo^I nid^t begeg«
nen, als toenn iemanb bie unerwartete @ntbedung mad^te, ba^ ed überall
gar lein @rlenntnig a priori gebe, nod^ geben fönne. Slldn t& l^at l^iemit
leine SHotl^. @8 wäre eben fo Diel, als ob iemanb burd^ SBernunft beQ)ei[en
tooate, bag ti leine Vernunft gebe. S)enn mir fagen nur, bag mir etioaS lo
burdg SBernunft erfennen, koenn mir und bemugt finb, bag mir eS aud^
l^dtten miffen Ibnnen, menn es uns aud^ nid^t fo in ber (Srfa^rung oorge«
tommen märe; mitl^in ift 93ernunfter(enntnig unb (Srienntnig a priori
einerlei. SluS einem (Srfa^rungSfa^e 9lot]^menbigfeit (ex pumice aqaam)
auSpreffen moQen, mit biefer audg malere Slllgemein^eit (ol^ne meldte fein is
SSernunftfd^lug, mitl^in aud^ nidbt ber Schlug aus ber Analogie, meldte
eine menigfienS pr&fumirte Allgemeinheit unb ob|ectioe Slotl^menbigfeit
ift unb biefe alfo bod^ immer DorauSfe^t) einem Urtl(|eile l)erf^affen moQen,
ijt geraber SBiberfprudb. ©ubiectioe 3Rot]^menbigreit, b. i. ©emo^nl^eit,
[tatt ber obj[ectiDen, bie nur in Urtl^eilen a priori ftattpnbet, unlerfc^ieben, 20
^eigt ber SSernunft baS SSermigen abfpre^en, aber ben ©egenfianb gu
urtl^eilen, b. i. i^n, unb mas i^m gulomme, gu erfennen, unb g. 93. k)on
bem, mas öfters unb immer auf einen gemiffen t)or^erge]^enben ßuftanb
folgte, nid^t fagen, bag man auS biefem auf ieneS f d^lie^en tinne (benn
baS mfirbe obiectioe SRotl^menbigteit unb 93egriff oon einer SBerbinbung ss
a priori bebeuten), fonbern nur ä]^nlid[)e f^dlle (mit ben Spieren auf d^n«
li^e art) ermarten bürfc, b. i. ben Segriff ber Urfad^e im ®runbe als
falfd^ unb bloßen Oebanlenbetrug üermerfen. JDiefem ÜWangel ber obfec
tioen unb barauS folgenben allgemeinen ©ültigteit baburd^ abl(|elfen
mollen, bag man bod^ (einen ®runb fdl^e, anbern oernfinf tigen SBefen eine so
anbere SSorftellungSart beigulegen, menn baS einen gültigen @d^lug ab«
gdbe, fo mürbe uns unfere ttnmiffenl&eit mel^r ©ienfte gu ©rmeiterung
unferer ßrfenntni^ leiften, als aEeS SRad^benfen. S)enn bloS beSmegen,
mcil mir anbere vernünftige SBefen aufeer bem SWenfd^en nid^t lennen,
mürben mir ein Stecht l^aben, ße als fo befc^affen angunel^men, mie mir 35
uns ertennen, b. i. mir mürben fte mirflid^ fennen. 3<4 ermdl^ne l^ier nid^t
einmal, ba^ nid^t bie Slllgemeinl^eit bes f^ürmal^rl^altens bie obiectioe
»webe. 13
®ültifi!eit eines Urt^eilS (b. i. bie efiltigteit bepfeen a» 6r(enntniffed)
betoeife, fonbern, »enn jene au<^ gufdQigerSSeife jutr&fe, biefeS bod^ no<]^
ntd^t einen SetoeiS ber Übereinftimntung mit bem Object abgeben linne;
))ielmel^r bie obiectioe ©filtigleit aUein ben ®runb einer not^menbigen
9 aUgemetnen Sinftimmung auSmad^e.
^ttnte toürbe fid^ bei biefem ©Aftern be8 allgemeinen (Smpl*
xximi in ®ntnbf&^en an(^ fel^r ttol^I befinben; benn er t^erlangte, mie
betannt, nid^tö mel^r, atö bag {latt aQer obiectioen Sebeutnng ber 9lot]^'
menbigfeit im Segriffe ber Urfad^e eine bloS fubiectit^e, ndmiidg ©emol^n«
10 ^eit, angenommen loerbe, um ber SSernunft aned llrtl^eil Aber ®ott, f^rei«
l^eit unb Unflerblid^teit abjufprecl^en; unb er t^erftanb fid^ gettig fel^rgut
baranf, nm, toenn man il^m nur bie ^rincipien gugefianb, @(^Ififfe mit
aller logifd^en Sfinbigfeit barauS gu folgern. SIber fo allgemein l^at felbft
$ttme ben Sntpiridm nid^t gemad^t, um au(!^ bie 3Rat^ematit barin ein«
15 gufd^Iiegen. @r ^ielt il^re @ä^e für analqtifd^, unb koenn baS feine 9%i(^«
tigfeit l^Atte, Q)firben fie in ber 3;^at aud^ apobi{tif(^ fein, gIeid^tt)ol^I aber
barauS lein @d^Iug auf ein SBermögen ber SSernunft, aud^ in ber $l^tIo»
fop^ie apobiftifdtie Urtl^eile, n&mlid^ fold^e, bie f^ntl^etifd^ »Aren (mie ber
@a^ ber Saufalit&t), gu f&nen, gegogen toerben fönnen. 9ld^me man aber
20 ben 6m)>iridm ber $rinct))ien allgemein an, fo to&xt au(^ SRatl^ematil
bamit eingeflod^ten.
äßenn nun biefe mit ber SSernunft, bie bloS empirifd^e ©runbfd^e
guldgt, in 98iberfireit gerdtl^, loie biefeS in ber 9(ntinomie, ba SRat^e«
matif bie unenblid^e Sl^eilbarteit bed SiaumeS unmiber jpred^Iid^ bemeifet,
33 ber ßmpiridm aber {ie nid^t Derftatten lann, unoermeiblidg ift: fo i{it
bie größte möglidge @Dibeng ber S)emonftration mit ben Dorgeblid^en
@dg(fi{fen aus Srfal^rungSprincipien in offenbarem 3Siber|)>rud^, unb nun
mug man u»ie ber Slinbe beS Sl^efelben fragen: »aS beträgt midg, baS
(Sefid^t ober ©efül^l? (S)enn ber @m))iridm grünbet fic^ auf einer ge^*
30 füllten, ber SRationali«m aber auf einer eingefel^enen SRot^wenbig*
feit.) Unb fo offenbart fid^ ber aUgemeine SmpiriSm als ben dd^ten
@ce)>ticiSm, btn man bem ^ume fdlf^lid^ in fo unbefd^rdntter SSebeu«
tung beilegte*), ba er menigftenS einen fidleren $robirftein ber ßrfal^rung
*) Flamen, »eld^e einen ©ectenanl^ong be^eic^^nen, l^aben au oUer geit oiet
SS S^e^tSDerbrel^ung bei fi(^ gefül^rt; itngef&l^r fo, aU »enn iemanb fogte: N. ifl ein
Sbealifi l^enn ob er g^iti^ burc^^aud nid^t oUein einrftumt, fonbem barauf bringt,
14 ftrttif ber (»talHf^en iSl^emimft.
an berSRatl^ematil übrig Ueg,{iatt bo% jener fd^Ieii^terbingS leinen $robir<>
fiein berfelben (ber immer nur in ^rincipien a priori angetroffen »erben
lann) t^erftattet, obikoar biefe bo(| ni<||t aus bloßen ®efü]^lenr fonbem
m^ aus Urtl^eilen befielet.
S)od^ ba es in biefem pl^ilofopl^ijd^en unb fritif(|en Seitalter fii^loer» &
Hd^ mit jenem (Sm))iri8m Srnft fein lann, unb er ))ermut]§li(j^ nur gur
Übung ber Urtl^eildlraft, unb um burd^ ben (Sontraft bie 9totl^tDenbigfeit
rationaler $rinci|)ien a priori in ein l^eSereS Sid^t gu fe|en, aufgefteUt
U)irb: fo !ann man eS benen bodd S)an{ loiffen, bie fd^ mit biefer fonß
eben nid^t bele^renben Arbeit bemftl^en toollen* lo
ba6 unferen SorfleHungen dugerer 2)inge rnkKid^e iS^egenflftnbe Augerer 2)inge
cortefponbiren, fo will er bo<^, bag bie fform ber ^nfc^auung berfelben ntc^^t
il^nen, fonbem nur bem menf^ilic^en @entfitl^e anl^änge.
Sitttcituttö.
SSon ber 3bee einer Atiiil bet ^raltifd^en Sernunfi.
S>tt tlgeoretifd^e ©ebraud^ ber Sernuntt befd^&ftigie fid^ mit ®egen«
ftdnben beS bloßen @rlenntni^t)enn5gen8, unb eine Jtritil berfelben in
5 aibfi^t auf biefen ®ebrau(^ betraf eigentlid^ nur baS reine Srienntnig«
Dermögenr meil biefeS SSerbad^t erregte, ber fd^ aud^ l^emad^ beftdtigte,
bag ed f{(!^ leid^tlid^ Aber feine (Srenjen unter unerreid^bare ®egenftdnbe,
ober gar einanber koiberftreitenbe Segriffe ))erlire. SRit beut praftifd^en
(Sebraud^e ber Vernunft Derl^< tS fid^ fc^on anberS. 3n biefent befd^&f« ' \
10 figt fid^ bie^SSemunTt mit 93eftimmurig8grfinben htS SSiüenS, »eld^er ein '
JBermogen ift, ben SSorPellungen entfpred&enbe ©egenjidube entweber l^er-
ooriubringen, ober bod^ ftd^ felbft gu 93en)irlung berfelben (baS p^^\iit
SermSgen mag nun l^inreid^enb fein, ober nid^t), b. t. feine Saufalitdt,
2tt beftimmen. S)enn ba tonn loenigfienS bie SSernunft gur SSillenSbe«
u ftimmung gulangen unb l^aFfo fern immer obiectioe ätealitdt, atö zi nur
auf \>ai SBöIIen atflommt. ^\tx ift alfo bie erfte Srrage: ob reine fßtx»
nunft gnr Seftimmung beS SßillenS fflr fid^ allein gulange, ober ob fie nur
als em))irifd^«bebingte ein SBeftimmungSgrunb bcpffelben fein T5nne. 9tun
tritt l^ier ein burd^ bie JSritil ber reinen SSernunft gered^tfertigter, obgioar
so leiner em^irifd^en S>ar{ieIIung fdl^iger Segriff ber Saufalitdt, ndmlid^
ber ber grreil^eit, ein, unb koenn ttir anfe^t ©rfinbe auSfinbig mad^en
Ibnnen, gu bekoeifen, bag biefe (Sigenfd^aft bem menfd^Iid^en SSiOen (unb
fo aud^ bem SBiOen aUer oemünftigen äßefen) in ber Zfiat gufomme, fo . '
mlrb baburd^ nid^t allein barget^an, ba| reine Vernunft praltifd^ fein
9» Bnne, fonbem ba| fie aUein^ unb nid^t bie empirifc^^befd^rdnfte unbebing«
tertoeife ^raltifd^ fei. $oIgIid^ loerben loir nid^t eine j^itil ber reinen
))raltifd^en, fonbem nur ber ^raltifd^en Vernunft äberl^aupt gu be«
16 SMiil bec t^raftifd^en S^emunft. (Smlextmq.
arbeiten l^aben. S)enn reine äjernunft, loenn allererft barget^an toorben,
bafe e8 eine fold^e ßebe, bebarf leiner Ärittf. Sie ift e8, toeld^e felbji bic
9iid6tfd&nur jnr Ärltll alle» il^re« ®ebrand&8 ent^dlt. 2)ie Äritil ber
praftifc^en SSernnnft über]^au|)t l^at alfo bie Dbliegenl^eit, bie empirifd^ be«
bingte Vernunft üon ber Slnma^ung abgul^alten, augfd^tiefeunflStoeife ben 5
S3eftimmung8gmnb beS SBiOenS aUein abgeben ju kDoIlen. S)er ©ebraut^
b?r rdneirWrnun|E7 toen^nr5af'e8lIneTot$e gcFe, auSgemad^t ifi, ifl
aOein immanent; ber emJpirifd^^bebingte, ber {id^ bie Stnein^errfd^aft an»
ma^t, iff bagegen tranSfcenbent unb Augert fic^ in Sumntl^ungen unb
Geboten, bie gang Aber il^r ©ebiet ^inanggel^en, »eld^eS gerabe baiS um« 10
geleierte Serl^&Unig ))on bem ift, toa9 ))on ber reinen SSernunft im fpecn»
latiüen ©ebraud^e gejagt »erben Tonnte.
Snbeffen, ba e8 immer noc^ reine SSernunft ijl, beren (Srienntnife
l^ier bem praltifd^en ©ebrand^e gnm ©rnnbe liegt, fo toirb boc^ bie Sin«
tl^eilung einer ^ritil ber praltif(!ben Sernunft bem aOgemeinen äbriffe is
nad^ ber ber fpeculatiüen gemftfe angeorbnet »erben mfiffen. SBir »er»
ben alfo eine eiementarlel^re unb 2Retl^obenle^reberfelben, in Jener
als bem erften 2:i^eile eine Snal^til als Siegel ber Sßal^rl^eit unb eine
S)ialeTti{ aU S^arftellung unb 9[ufl5fung belS @d^eind in Urt^eilen ber
praftifd^en SSernunft l^aben mfiffen. SWein bie Drbnung in ber Unter* 20
abtl^eilung ber ünal^til »irb toieberum baiS Umgetoanbte üon ber in ber
Äritil ber reinen fpeculatiöen SSernunft fein. 3)enn in ber gegenioftrtigen
»erben »ir t)on ©runbf ft^en anfangenb gu Segriffen unb »on biefen
allererft, »0 möglid^, gu ben Sinnen gelten; ba »ir hingegen bei ber fpe*
culatioen 93ernunft oon ben @innen anfingen unb bei ben ©runbf&^en 25
enbigen mußten. $ie))on liegt ber ©runb nun »ieberum barin: ba^ »ir
es fe^t mit einem SBillen gu tl^un l^aben unb bie SBernunft nid^t im 93er«:
pltnig auf ©egenfi&nbe, fonbern auf biefen äßillen unb beffen ^lufali^
t&t gu erto&gen l^aben, ba benn bie ©runbfä^e ber empirifc^ unbebingten
@aufalitdt ben Anfang mad^en mfiffen, nadg »eld^em ber SSerfud^ gemacht so
merben {ann, unfere Segriffe üon bem SeftimmungSgrunbe eined fold^en
SBillenS, il^rer ünioenbung auf ©egenft&nbe, jule^t auf baS @ubtect unb
beffen Sinnlid^Ieit, allererft feftgufe^en. S)ai ©efe^ ber (Saufalit&t auis
^rei^eit, b. i. irgenb ein reiner praftifd^er ©runbfa^, mad^t l^ier unt)er»
meiblid^ ben Anfang unb beftimmt bie ©egenftdnbe, »orauf er allein b^ 35
gogen »erben lann.
S)tx
Äritif ber praftif(^en SJcrnunft
(Stfttt S^eil.
Stementarle^re
ber
rcittctt pra!tif(!^ctt fßtxmnft.
«■■t1 Citriftcii. «mit. V.
2)ie %m^üt bcr reinen praftifci^en SSernunft,
Son ben ©runbf&^en ber reinen praTtifd^en Sernunft.
s § 1.
(SrIIdrung.
^raftifd^e ®runbf&^e finb €ä^e, koeld^e eine aOgemeine SBefttm»
mung beS SBiUenS enthalten, bie meistere praftifc^e Siegeln unter fic^ ^at.
@ie finb fubiectis.ober 3Rajrimen, toenn bie Sebingung nur ote für ben
10 SBiDen ^r@ubiectö gültig Don i^m angefel^en toirb; objectio aber ober
))raltif(^e ®ef ej^ertoenn iene dd obiectit), b. i. für ben SSiOen iebe& Der»
nünftigen äBefenS gültig, erlannt mirb.
Snmerlung.
Senn man annimmt, bag reine Vernunft einen pralttfd^, b. t. gur SSiEeni»-
IS beftimmung ^inreid^enben ®runb in fid^ entl^alten t5nne, fo giebt ed praftifd^e
©efefte; »o aber nid^t, fo »erben atte praftifd^e ©runbfS^e blofee SWapmen {ein.
Sneftiem patl^ologif^-afficirten SBitten tme^ Dernünftigen SBefen« fann ein
SBiberfireit ber ÜRo^imen toiber bie Don il^m felbft erlannte praltifd^e ®efe^e
angetroffen »erben. 3. 33. e§ lann jtd& jemanb gur SWa^rlme mad^en, feine Se-
90 leibigung ungeräd^t gu erbulben, unb bod^ 2uglei(| einfe^en, bag biefed lein pral-
tif^eiJ ®efe^, fonbem nur feine aJlajrlme fei, bagegen afö Siegel für ben SBiUen
eined {eben Demunftigen SBefend in einer unb berfelben SRa^ime mit ftd^ felb^
ni^t jufammen jHmmen lönne. 3n ber 3flaturerlenntni| Pnb bie Sßrlnclpien beffen,
»ad gefd^iel^t, (3. S. bad gSrindp ber ©leid^l^eit ber üBirlung unb ®egen»irlung
25 in ber SRittl^eilung ber Setoegung) 3ugleid^ ®efe^e ber 9latur; benn ber (gebraut^
20 SMÜf ber praftiftä^en fBentunft 1. ^\l 1. Sud^ 1. ^ouptflüÄ.
bcraScmunft ift bort t]^corcttf(| unb bur(| bicSefd&affcnl^ctt bcö Db|cd§ befllmmt.
3n bcr pralttfd&en ®rlettntni|, b. f. bcrjcnigen, »clc^c cS bloS mit »cflimmung«-
flrunbcn bcS SBittcni gü ^m l^at, finb Orunbfdfcc, bicman pd^ mad^t, "bafum.
itod^ nid^V®efc^e, barunfer man unbcrmdbH(| jlcl^c, »cll bic aScmunft im ^af-
tifd&cn c5 mit bcm ©ubjccte gu tl^un l^at, nämlid^ bem Scflcl^runBSöcrmögcn, na(]^ 5
beff cn befonbcrer Sefd^ajfcnl^eit ftd^ bie SRcgcl blclf dltig rld^tcn lann. — Die prat-
tifti^c gtcflcl Iji icbcrjcit ein ^obud ber SScntunft, »eil fte ^atiblung al§ Jffiittel
! gur SBirlung afö «bpci^t öorfd^rdbt. JDiefe SRegel ip aber für ein ®efen,"bei
bem SSemunff nid^t ganj oUcin ©epimmüng^grünb be« SBiUenö ifl, ein Sm-^
))eratiD, b. i. dne Siegel, bie burd^ ein SoDen, toel(|ed bie obiedive 9löt]^tgung 10
ber ^anblung audbrudH, bejeid^nd mirb/ unb bebeutd, bag, »enn bie SSemunft
ben SBiOen g&njli^ befiimmte, bie ^anblung unaudbleibli^ nad^ biefer 9iegel
gef (leiten »firbe. Die Smperatiöen gelten alfo obiedio unb finb »on SKajrlmen,
atö fubiectiben ®runbfd|en, gSngttd^ unteVfd^ieben. Sene betHmmen aber ent-
tt)eber bie Sebingungen ber ßaufalitSt bed bernünftigen SBefend, ald mirlenber 15
Urfad^e, bloö in änfel^ung ber SBirfung unb Suldnglld^fdt gu berfelben, ober fte
befiimmen nur ben äBiUen, er mag gur äBtrIung l^inreid^enb fein ober nid^t. Die
erpere loürben l^^potlftetifd^e Smperatioen fein unb bIo|e aSorfd&riften ber Oefd^idt-
lid^Ieii entl^alten; bie gleiten »ürben bagegen lategorifd^ unb allein praftifd^e ®e-
fe^efein. aRa^imen {inb alfo gioar ©runbfd^ei aber nid^t ^mperatioen. 20
Die Simperatiben felber aber, menn {te bebtngt ftnb, b. i. nid^t ben SBiDen fd^Ie(^t-
l^in atö SBiDen, fonbern nur In änfel^ung einer begehrten SffiirJung befiimmen, b.i.
l^^potl^etifd^e Smperatiben finb, jinb g»ar praftif(|e Sorfd^riften, aber feine
®efe^e. Die le^tem muffen ben SBiUen aW SBitten, noi^ cl^e id^ frage, ob id&
gar ba« gu dner begel^rten SBirhing erforberlid&e Vermögen l^abe, ober loaS mir, 25
um biefe l^erborgubringen, gu tl^un fei, l&inrdd^enb befiimmen, mitl^in fategorlfd^
fdn, fonfl finb e8 leine ®efe^e: loril il^nen bie 9lotl&ioenbig!dt fel^It, »eli^e, toenn
fle praftif(^ fdn fott, bon patl^ologifc^en, mttl^in bem aSBiUen gufdttig antlebenben
Sebingungen unabl^dngig fein mu|. @agd femanben, g.S3. bog er in ber Sugenb
arbdten unb fporen mäffe, um im SIter nid^t gu barben; fo ifl biefed dne rid^tige so
unb gugldd^ mic^tige praltif d^e SSorfd^rift be» SBiKend. SDlan fielet aber ld(^t, bag
ber äSiOe l^ier auf ettoad $Inbered berioiefen merbe, mobon man boraudfe^i,
ba| er t^ begel^re, unb biefe« Segel^ren mu^ man il^m, bem Sl^dter felbjl, über-
laffen, ob er nod^ anbere ^ülfdquetten auger feinem felbfl ertoorbenen SBermögen
borl^erfel^e, ober ob er gar nid^t l^offe alt gu »erben, ober jtd^ beult im gatte ber 35
Sflotl^ bereinfl fd^Ied^tbel^elfen gu Mnnen. Die SSernunft, au« ber allein alle Sftegel,
bie 9lotl|tt)enbigIeit entl^alten fott, entfpringen lann, legt in biefe l^re Sorfd^rift
gtoar oud^ Slotl^menbigleit (benn ol^ne ba« mdre fie rdn Smperatio), aber biefe ifl
nur fubiedi» bebingt, unb man lann fie nid&t in allen ©ubjeden in gldd&em®rabe
boraudfe^en. 3u il^rer®efej^gebung aberu)irb erforbert, ba| fte blo« fid^ felbfl 40
Sott ben (Bninbf&j^en bei reitten ))ra!ttf4ett Semunft. 21
k»oraud}ufe^ett bebfirfe, meil bie Siegel ttur atöbantt obiedib uttb aUgemein gfil-
tig \% totnn {ie ol^ne juf&nige, fubiectioe 93eb{nguttgen gilt, bie ein vernünftig
9Be{en Don bem anbeten unterfd^eiben. 9lun f agt jemanben, er foHe niemals lugen-
l^aft t^erfpred^en, fo ifl bied eine SRegel, bie bloS feinen SBiOen betrifft; bie Stb-
5 fixten, bie ber äRenfd^ l^aben mag, mögen bur(| benf elben erreid^t loerben lönnen,
ober ni(^t; bad bloge SBoHen iß bad, toai^ burd^ jene Siegel t)illig a priori be-
fUmmt »erben foO. ginbet ftd^ nun, bag biefe Siegel ))raltifd^ rid^tig fei, fo ifl fte
ein ®efe^, toeit fte ein lategorifd^er Sntperatio ifl. Sllfo bejiel^en fid^ praltifd^e
®efe^e aOein auf ben üBiOen, unangefel^en beffen, mad burd^ bie &aufalitit bed-
10 felben ausgerichtet toirb, unb man lann oon ber le^tem (atö gur ©innentoelt ge-
hörig) abflral^iren, um ^e rein }u l^aben.
§2.
Se^rfafe I.
aUc praftlfcfte^rincipien, bie ein Db ject (TOaterie) be« »egel^rungS«
15 Derm5gen8 als SefiimmungSgrunb beS SBiUenS ))orauSfe^en, ftnb inS«
gefammt empirifc^ unb fönnen feine praltifc^e ©efe^e abgeben.
3d^ ))erftel^e unter ber 3Jtaterie beS Segel^rungSDermdgenS eineQ ®e«
fiengAnb^ beffen SBirflid^feit begel^rt loirb. Sßenn bie SBegierbe nad^ biefem
©egenftanbe nun oor ber prahif c^en Siegel üorl^ergel^t unb bie 93ebingung
20 ifi, fte ftd^ gum $rincip gu mad^en, fo fage id^ (erftlid^): biefeS ^rincip
ift aisbann iebergeit empirifc^. S)enn ber SeftimmungSgrunb ber SSSiUIur
ift aisbann bie äSorfteUung eines DbiectS unb baStenigeSBer^ältnig berfel«
ben gum Subject, »oburd^ baS Sege^rungSDermögen gur äSirflic^mad^ung
beffelben beftimmt toirb. (Sin folc^eS äSerl^ältnig aber gum @ubiect l^ei^t
25 bie £uft an ber SSirllid^Ieit eines ©egenftanbeS. Sllfo mfigte biefe als
Sebingung ber 3R5glid^feit ber Seftimmung ber äßiQIfir üorauSgefe^t
loerben. @S lann aber oon feiner SBorfteüung irgenb eines ©egenftanbeS,
toelc^c fte aud^ fei, a priori erfannt »erben, ob fie mit Suft ober Unluft
oerbunben, ober inbifferent fein werbe, aifo mu§ in fold^em Tratte ber
30 SeftimmungSgrunb ber SBiOfür |ebergeit emplrifd^ fein, mithin auc^ baS
praftifd^e materiale $rincip, »eld^eS i^n als Sebingung oorauSfe^te.
S)a nun (gmeitenS) ein $rincip, baS fic^ nur auf bie fubjectioe IBe*
bingung ber empfängUd^feit einer Suft ober Unlufl (bie jebergeit nur
entpirtfd^ erfannt unb nid^t ffir aQe oernfinftige SSSefen in gleid^er Slrt
35 gültig fein fann) grünbet, gmar koo^l für baS @ubiect, baS fte beft^t, gu
i^rer SKayime, aber aud^ für biefe felbft (»eil es il^m an obiectloer
22 'S^nm bct praftif^en Semunfi. 1. Z^. 1. Su^. 1. ^au|)tflfli!.
Stot^toenbigfeit, ble a priori ertanni loerben mu|, mangelt) ntd^t gum
®efe^e bienen lann, \o fann ein fold^ed $rind)) niemals ein ^raftif(^e8
®e{e| abgeben.
§ 3.
Se^rfafe II. 5
ülle materiale praltifd^e $rinci))ien finb, atö fold^e, inSgefammt üon
einer unb berjelben Slrt unb gel^iren unter baS allgemeine $rincip ber
@elbftliebe ober eigenen ©lücffeligfeit.
35ie Sujt au« ber aSorjteÜung ber ejriftenj einer Öad^e, fo fern fle ein
93e{timmungSgrunb beS Segel^renS biefer Sad^e fein foll, grünbet fi<l^ 10
auf ber SmpfängUd^Ieit beS ©ubiectö, tteil fte Don bem S)afein eined
©egenftanbeö abl^ängt; mitl^in ge](|5rt fte bem @inue (®efül^l) unb nid^t
bem äSerftanbe an, ber eine SSejiel^ung ber SSorfteDung auf ein Dbiect
nac^ Segriffen, aber nid^t auf bau Subject nad^ ©efül^len auSbr&cft. Sie
ift alfo nur fo fern praftifc^, als bie (Smpfinbung ber Sinnel^mUc^Ieit, bie 15
baS @ubiect t)on ber SSirllid^reit beS ©egenftanbeiS ertoartet, haS 99e«
gel^rungdoermögen beftimmt. 9lun ift aber baS IBemugtfein eines oer«
nfinftigen SBefenS Don ber Slnnel^imlid^reit beS SebenS, bie ununterbro<l^en
fein ganje« 3)afeln begleitet, bie ©lüdfeligleit, unb ba8 ^rincip, biefe
fid^ jum ^id^ften SSeftimmungiSgrunbe ber SBiQTär ju mad^en, baiS $rin« 90
cip ber @elbftliebe. Sllfo finb aUe materiale ^rincipien, bie ben 93e»
ftimmungdgrunb ber SBiUIfir in ber auS irgenb eines ©egenfianbeS SBirl«
lid^Ieit gu empfinbenben Suft ober Unluft fe^en , fo fern gänjlid^ Don
einerlei 9rt, bag fie inSgefammt gum ^rincip ber @elbfiliebe ober
eigenen ®lftd(felig{eit gehören. 3s
Folgerung.
SUle materiale praftifd^e Siegeln fe^en ben SeftimmungSgmnb beS
äBiUenS im unteren äSegel^rungSo ermögen, unb, g&be eS gar feine
bloS formale ©efe^e beffelben, bie ben SßiQen ]^inrei(^enb beftimmten,
foMrbeaud^ lein oberes SBegel^rungSoermogen eingeräumt merben so
tonnen.
anmerluttg I.
SWan mwl jtd^ »unbcm, tote fonfl fd^arffinnigc SWdnner einen Unterfii^ieb
jtoifd^en bem unteren unb oberen SegeJ^rungSuermSgen barin gufhtben
8oii bell entnbfd^ftt ber teinen praftif^eti aSrniirnft. 23
«laubm I5ntten, ob bie SovfteHtmgett, bie tnii bem ®effl]^I ber 8up oerbunben
ftnb, in ben Sinnen, ober bem SSerflanbe il^ren ttrfpnmg l^aben. S)enn ed
fommt, toenn man naiij ben Seftinimungdgrflnben bed Segel^rend fr> unb fte
in einer t)on irgenb ettoad enoariden 9(nne|tnli(]^feit fe^t, gar niii^t barauf an,
5 tt)o bie 93orpeIIung biefed oergnäflenben ©egen^anbed l^erlomnte, fonbem nur
loie fel^r fie Dergnfigt 9Benn eine SorfieDung, fie mag immerl^in im SSerflanbe
i|ren ®i^ unb Urfprung l^aben, bie SBiOtfir nur baburd^ befümmen lann, bag fie
ein ®efu^I einer Sufl im ©ubiecte t)oraudfe^t, fo ifl, bag fte ein Seflimmungd-
grunb ber äBiUar fei, ginjlt^ oon ber Sefd^affenl^eit bed inneren ®inned ab-
10 ]^&ngig, bag biefer n&mli(| baburd^ mit äinnel^mlid^Ieit afficirt loerben lann. Die
aSorfleOungen ber ©egenfldnbe m5gen nod^ fo ungleichartig, fte mögen SSerftanbei^-,
felbfi aSernunftborfleÄungen im Oegenfafce ber SBorflcttungen ber Sinne fein, fo
ifl bod^ bad ©eful^I ber 8ufl, moburd^ jene bod^ eigentlid^ nur ben Seftimmungi»-
grunb bei^ SiUend audmac^en, (bie Slnne^mlid^Ieit, bad SSergnfigen, boiS man
15 baoon ermartet, tt)el(|ed bie Sl^dtigteit gur ^eroorbringung bed Dbfectd antreibt)
nic^t oDein fo fem oon einerlei $(rt, ba^ ed jebergeit blod empirifd^ erlannt loerben
lann, fonbem aud^ fofem, ald ed eine unb btefelbe Sebendlraft, bie fi(| im 93e-
gel^mngdoermSgen du^ert, afficirt unb in biefer Segiel^ung oon jebem anberen
Seßimmungdgrunbe in nid^td ald bem ®rabe oerfd^ieben fein lann. äßie loürbe
ao man fonfl }mif(^en }tt)ei ber äSorflellungdart nad^ gdnjlid^ oerfd^iebenen Se-
ftimmungdgrünben eine SBerg(ei(!^ung ber ©rbge nad^ aufteilen linnen, um ben,
ber am meiften bai^ Sege^mngdoennbgen afficirt, oorjujiel^en? ®ben berfelbe
SRenfd^ lann ein i^m lel^neid^ei^ 9u(|, bad il^m nur einmal gu ^inbm lommt,
ungelefm guru'dgeben, um bie 3agb nid^t ju oerfdumen, in ber SRitte einer f d^5nen
35 Stebe meggel^en, um gur ÜRal^Igeit nid^t gu fpdt gu lommen, eine ttnterl^altung
burd^ oemünftige ©efprdd^e, bie er fonfl fel^r fd^d^t, t^erlaffen, um fid^ an ben
Spieltifd^ gu fe^en, fogor einen Srmen, bem mol^Iguti^un il^m fonft greube ift,
abmeifen, meil er iej^t eben ni(^t mel^r®elb in ber 2:afd^e l^at, ald er brandet, um ben
@intritt in bie Jtombbie gu bqal^Ien. Seml^t bie SBiQendbeißimmung auf bem @e-
30 ffi^le ber 9(nnel^mlid^feit ober Unannel^mlid^Ieit, bie er aui^ irgenb einer Urfad^e er-
martet, fo ift ed il^m gdnglid^ einerlei, burd^ meldte SSorfleKungdart er afficirt loerbe.
9lur tt^ie ftart, tt)ie lange, U)te leidet enoorben unb oft mieberl^olt biefe %nne]^mli(|-
leit fei, baran liegt ed il^m, um ^d^ gur äBal^I gu entfd^Iiegen. So mie bemjenigen,
ber @oIb gur Slu^gabe brandet, gdnglic^ einerlei ifi, ob bie SRaterie bef[elben, bad
36 @olb, aud bem ®ebirge gegraben, ober aud bem Sanbe gemafc^en ifl, loenn t^ nur
aUentl^alben ffir benf elben 9Bertl^ angenommen mirb, fo frdgt lein ÜRenfd^, loenn ed
il^m blöd an ber3(nnel^mli(|Ieit bei^ gebend gelegen ifl, ob Serflanbed-oberSinned-
oorpeDungen, fonbern nur mie oiel unb gro^ed SBergnägen fie il^m auf bie
ldngfte3eit oerf (Raffen. 9lur biefenigen, meldte ber reinen SSemunft bad SermSgen,
40 ol^ne Soraudfe^ung irgmb eined ©ef&l^ld ben SEBiKen gu beflimmen, gerne ableiten
24 ^iti! ber praftifc^en Sentunft l.Sl^etL l.S9ud&. l.^uptflfldC
m5(|ten,ICmten fd^ fo \Dtü Don il^rer eigenen (Srflftrung oerirren,bad, mad fie felbfl
))or]^er auf ein unb eben bajfelbe ^rind^ gebrad^t l^aben, bennod^ ^txnaii fixt ganj
ungleid^arttg 8u erlldren. ©o flnbet fi(^ j. S3., bafe man au<| an bloßer Äraf tan-
toenbung, an bem Setoußtfeln feiner ©eelenjlftrle in ftbeminbungber4>inbemijfe,
bie ftd^ unferem SSorfa^e entgegenfe|en, an ber @ultur ber ©etfledtalente u. f. to. 5
aSergnfigen flnben »nne, unb toir nennen baö mit SRed^t fernere greuben unb ®r-
gö^ungen, »eil fie mel^r »ie anbere in unferer ©etoalt finb, fid^ nld^t abnu^en, bad
©efäl^I gu nod^ me]§rerem@enug berfelben Dielmel^r fl&rlen unb, inbem fie ergaben,
gug(ei(| cultibiren. Slllein fie barum ffir eine anbere 9xt, ben SiUen gu beflimmen,
als blod burd^ ben @inn, auiSgugeben,ba fie bod^ einmal jur 9R5gIid^Ieit jener 93er- 10
gnägen ein barauf in und angelegteiS ©efül^l afö erfie Sebingung biefed Sol^I*
gefallend ooraudfe^en, ifl gerabe fo, ald loenn Umoijfenbe, bie gerne in ber ÜReta-
pl^^flf pfufd^em möchten, fld^ bie SKaterie f 0 fein, fo überfein, bafe fie felbfl barfiber
f(|tt)inblig »erben möd^ten, beuten unb bann glauben, auf biefe Slrt fW^ ein geifli-
g e d unb bod^ audgebel^nted Sßefen erbaut gu |aben. SBenn U)ir ed mit bem ® p i- 15
lur bei ber 2:ugenb aufd bloge SBerpfigen audfe^en, bad fie berfprid^t, um ben
aSBitten gu be^immeni fo Mnnen toir il^n ]§ema(| ni(|t tabeln, ba| er biefeö mit
benen ber gribflen @inne ffir gang gleid^ariig l^ält; benn man l^at gar nid^t ©runb
il^m aufguburben, ba| er bie SSorfteUungen, moburd^ biefed ®eful^l in und erregt
tofirbe, blod ben fdrperlid^en ©innen beigemeffen l^itte. @r l^at bon t)ie(en berf elben ao
ben Duell, fo biet man erratl^en lann, eben fotool^I in bem ©ebraud^ bed l^öl^eren
©rlenntnigoermögend gefud^t; aber bad l^inberte il^n nid^t unb lonnte il^n aud^ nid^t
linbem, nad^ genanntem $rincip bad SBergnfigen felbß, bad und jene aüenfalld in-
teüectuelle SSorfteKungen gem&l^ren, unb moburcl fte allein Seftimmungdgrfinbe
bed SBiKend fein lönnen, gdnglid^ für gleichartig gu l^alten. 60 nf equent gu fein, 25
tft bie grigte Obliegenheit eined ^l^ilofopl^en unb mirb bod^ am feltenflen an-
getroffen. 2)ie alten griec^if d^en ©deuten geben und baoon mel^r Seifpiele, ald toir
in unferem f^nlretiflifd^cn Seitalter antreffen, »0 ein getolffed ©oalitiond-
f^flem toiberfprcd^enber ©runbfS^e ooK Unreblid^Ieit unb ©eid^Kgfeit erfunflelt
toirb, »eil ed ftd^ einem ^blicum beffer empfiel^lt, bad gufrieben i% t>on attem m
ettoad unb im ©angen nid^td gu toiffen unb babei in aUen @&tteln gerecht gu fein.
2)ad Jprinclp ber eigenen ©lüdtfeligf eit, f 0 oiel SSerfianb unb SSemunft bei il^m aud^
gebrandet »erben mag, »urbe bod^ für ben äSiOen leine anbere ä3eftimmungd-
grünbe, ald bie bem unteren aSegel^rungdoermögen angemeffen ftnb, in ft(| faffen,
unb ed giebt alfo enttoeber gar lein obered Segel^rungdoermögen, ober reine ss
aJe r n unf t mufe für fid^ aHein praöifd^ fein, b. i. ol^ne SSoraudfe^ung irgenb eined
(Seful^ld, mithin ol^ne SSorftellungen bed 9(ngenel^men ober Unangenel^men ald
ber ÜRaterie bed Segel^rungdoermögend, bie iebergeit eine empirifd^e iSebingung
ber ^rincipien ift, burii^ bie bloße gorm ber praftif(|en Siegel ben ®illen beftim-
men IJnnen. JUdbann allein ifl Vernunft nur, fo fem fie für fid^ felbfl ben SBiHen 40
tßm ben ®runbfd|^en ber reinen pxalii^^n Qemunft. 26
bcfHmmt (n^t lm5)icnflc ber ^leljung«» W» ^^ »al^re« obere« öeflel^nmflÄ'
DermSgen, htm bad pati^ologifd^ befiimmbare untergeorbnet ijl, unb mhrliii]^, {a
f pecif if d^ t)on biefem unterf4|ieben, fo bag fogar bie minbejle Seimif(|ung Don
ben antrieben ber le^teren i^rer ®tarle unb SSorjuge Slbbrud^ tl^ut, fo mie bad
5 nttnbefle @m))irff(l^e, ald Sebingung in einer ntat^matifd^en S)emon{iration, il^re
ffifirbe unb ^a^bmd l^crabfe^t unb öemiii^tet. Die SJemunft benimmt in einem
praltif(l^en®efe^e unmittelbar ben SiHeni nid^i t)ermtttelfi eined bajwifd^en fom-
mcnben ©effll^W ber Suji unb Unlup, felbjl nid^t an biefem @e[c^e, unb nur, bafe
Je ald reine Vernunft praRtfd^ [ein lann, mat^t ed i^r moglid^, gefe^gebenb
10 ju fein.
3(nmerlung II.
(Slfidlic^ JU fein, ifl notl^ioenbig bad SBerlangen {ebed oemfinfttgen, aber enb«
Rd^enffiefenö unb alfo ein unöcrmeiblid^er Sefllmmungdgrunb feine« Segel^rungö*
vermögen«. iDenn bie Sufrlebenl^eit mit feinem ganjen ©afein ift nld^t etwa ein
» urfprfinglid^er Sefi^ unb eine ©eligleit, loeld^e ein S3etougtfetn feiner unabl^ftngi-
gen ©elbpgenugfamleit Dorauöfe^en »ürbe, fonbem ein burd^ feine enbli(|e 9latur
felbjl il^m aufgebrungeneS Sßroblem, »eil e« bebürftig ift, unb btefe« Sebfirfnife be-
trifft bie ajtaterie feine« Segel^rungdt^ermSgen«, b. i. etwa«, toa« ftd^ auf ein fub-
iecüD gum ©runbe liegenbe« ©efü^l ber Suft ober Unluft begießt, baburd^ ba«,toa«
20 eSjuräufriebenl^eit mit feinem 3ufianbebebarf,befHmmttt)lrb. Stber eben barum,
»eil blefer motertale Seflimmungögrunb oon bem Subjcrte blo« emplrifd^ erfannt
werben Tann, ift e« unmdglid^ biefe Slufgabe al« ein ®efe^ ju betrat^ten, weil bie-
fe« al« ob|ectlö in allen gällen unb für atte »emfinftige SBefen eben benfelben
Seflimmung« grün b be« äBiUen« entl^alten mu^te. !Denn obgleid^ ber S3egriff
d5 ber ©lüdffellgfeit ber praftifd^en Segiel^ung ber Dbjectc auf« Scge]^rung«üer-
mögen aHerwirt«gum ®runbe liegt, fo ifi er bod^ nur ber aQgemeine Sitel ber
fubjectiDen 9eflimmung«grunbe unb beftimmt nid^t« fpecififd^, barum e« bod^ in
btefer praltifd^en 9(ufgabe aOein gu tl^un ift, unb o^ne welche Seftimmung fle gar
nid^t aufgeUfet werben lann. Sßorin nimlid^ ieber feine ©ludtfeligleitgu fe^en l^abe,
30 fommt auf febe« fein befonbere« Oeful^I ber 8uft unb Unlufl an, unb felbjl in einem
unb bemfelben ©ubj[ect auf bie Sertt^iebenl^eit be« Sebflrfniffe« nad^ ben abdnbe-
rungen biefe« Oefüi^l«, unb ein fubjectio notl^wenbige« ®efe^ (al^ SHatur-
gefe^) ift alfo obfectio ein gar fel^r gufdUige« praltifd^e« girind)), ba« in t)er-
fd^iebenen @ubieäen fel^r oerfd^ieben fein lann unb mug, mitl^in niemal« ein ®efe^
35 abgeben fann, weil e« bei ber Segierbe nad^ ®lüdtfeligleit nid^t auf bie gorm ber
®efe^m&|igfeit, fonbem lebiglic^ auf bie SRaterie an{ommt,ndmIid^ ob unb wieoiel
Vergnügen id^ in ber Befolgung be« ®efe^e« gu erwarten l^abe. ^inci{)ien ber
©elbfüiebe f önnen gwar allgemeine SRegeln ber ®efd^idtlid^!elt (3JlitteI gu Slbfl(|ten
26 ^ti! ber profttf^en Vernunft. 1. 3:i^eU. 1. Sud^. 1. ^au))tflfli!.
aui^juflnben) enfl^alten, atöbann finb ed aber iM tl^foreKfc^e ^ndpien*) (j. S.
»ic bcrjenigc, bcr gerne S3rot effen möii^tc, fld^ eine 9Kül^Ie au«gubenfen l^abc).
9(ber pralHfd^e SSorfd^riften, bie ft(| auf fte gränben, lönnen niemald aSgemein
fein, benn ber SejHmwungögntnb beö Segel^rungööermögeni^ ifl auf baS Oefül^l
ber 8u{l unb tlnlujl, bad ntemald ald allgemein auf biefelben @egenflinbe gerid^tet 5
angenommen merben tann, gegrunbet.
916er gefegt, enblid^e bemfinftige äßefen bdd^ten aud^ tnStnfel^ung beffen^toad
fie fürDbiecte il^rer^effil^le bedSSergnügend ober ©d^merjend angune^men l^&tten,
imgleid^en fogar in Slnf el^ung ber aRittel, beren fte tt(| bebienen muffen, um bie
erflem ju erreid^en, bie anbem abgul^alten, bur(^ge^enb§ einerlei, fo wfirbe ba« lo
Sßrincip ber ©elbflliebe bennod^ oon il^nen burc^auiS ffir Iein))rartif(^ed
@efe^ ausgegeben werben tinnen; benn biefe @inl^enigteii tt)dre felbfl bod^ nur
gufdQig. !Der SefHmmungdgrunb »Sre immer bo(| nur fubiectio gältig unb b(o§
empirif(| unb l^dtte biejenige SHotJ^toenbigfeit ni(|t, bie in einem {eben Oefefte ge-
ba(|t toirb, ndmlld^ bie objectibe auä ©rünben a priori; man müfete benn biefe is
giotl^toenbiglelt gar nid^t ffir praltifd^, fonbern für bloö p^^pfd^ ausgeben, ndmlid^
ba^ bie ^anblung burd^ unfere 9letgung und eben fo unauSbletbli(| abgenitl^igt
tourbe, als baS ©dienen, »enn mir anbcre gdl^nen feigen. SKan »urbe el^er bel^aup-
ten Wnnen, bafe eS gar feine praftifd^e Oefe^e gebe, fonbern nur Slnratl^ungen
jum Sel^uf unferer Segicrben, als bafe bloS fubjectiöe ^ncipien jum SRange praf- 20
tif(|er Oefe^e erl^oben lourben, bie burd&auS objectibe unb ni(|t bloS fubiectioc
fRotl^menbigleit l^aben unb burd^ Siemunft a priori, nid^t burd^ ©rfal^tung (fo
empirifd^ allgemein biefe aud^ fein mag) erfannt fein muffen. Selbjl bie Siegeln
einftimmiger (Srfd^einungen toerben nur 9laturgefe^e (}. S. bie met^anifd^en) ge-
nannt, »enn man fie enttoeber mirllid^ a priori erlennt, ober bod^ (mie bei ben ss
d^emifd^en) annimmt, jte toürben a priori auS objectiDen ©rfinben erfannt toerben,
toenn unfere Sinftd^t tiefer ginge. SUlein bei bloS fubjectioen praftifd^en ginn-
cipien toirb baS auSbrudflid^ gur Sebingung gemad^t, ba^ il^nen nid^t obiectibe,
fonbern fubiectibe Sebingungen ber äBillfur gum ©runbe liegen muffen; mitl^in,
bag jie iebergeit nur als bloge Snapmen, niemals aber als praftifd^e ®efe^e bor- so
fteOig gemad^t toerben burfen. fDiefe le^tere Slnmerfung fd^eint beim erflen Snblidfe
blofee gßortf lauberei }u fein; allein jie ijl bie SBortbeftimmung beS aUertoid^tigjlen
nnterf(^iebeS, ber nur in prattif(|en Unterfud^ungen in SSetrad^tung fommen mag.
*) (Sd^e, mel^e in ber 3)?at^emQtt! ober SRoturle^re praf tif (^ genannt »erben,
foüten eigentlid^ ted^ntfc^ feigen. 2)enn um bie -SBiUenöbertimmung ift eS biefen 3&
^ebren gar ntd^t gu tbun; fie geigen nur baS SJ^onnigfalttge ber möglichen ^anblung
an, toelc^eS eine gemiffe SSSirfung beroorgubringen binreid^enb ifl, unb finb atfo eben
fo tbeoretifc^ atS oUe @d(e, meldte bie ^erlnOpfung ber Urfat^e mit einer )9S^lifimg
auSfagen. Sem nun bie te^tere beliebt, ber mug fic^ auc^ gefallen laffen, bie erftere
au fein. 40
Son ben (Bninbf&j^en ber reinen pralttf^en S3entunft. 27
§*.
Se^rfafe IIL
SBenn ein t)emftnfttge8 Sefen ftd^ feine SRo^tmen atö praltifd^e aU^
gemeine ®efe|e benlen foll, fo fann eS fid^ biefelbe nur als fold^e $rin«
5 d^^ien benfen, bie ni(^t ber SRaterie, fonbern bloS ber grorm na(^ ben
SeßimmungSgrunb be8 SSiüenS enthalten.
S)it SRaterie eines praftifd^en principe ift ber ®egenj}anb beS 9SiI«
lend. S)iefer ift entmeber ber Seftimmungdgrunb beS legieren ober nic^t.
3{l er ber 39eftimntung8grunb beffelben, fo mfirbe bie Siegel be8 SBiUenS
10 einer empirifd^en Sebingung (bem SSerl^ältniffe ber beftimmenben Sor«
fiellnng gunt ©effil^Ie ber Suft unb Unlufi) unterworfen, folglich lein pxah
tifd^ed ®efe^ fein. 9tun bleibt üon einem ®efe^e, wenn man aDe SRaterie,
b. i. {eben ©egenftanb beS SBiOenS, (als Sefiimmung9grunb) ba))on ab«
fonbert, nid^tS Abrig, als bie bloge fjrorm einer aOgemeinen ©efe^gebung.
15 aifo lann ein t>ernänftige8 Sßefen fid^ feine fubiectio^praltif^e $rin«
cipien, b. i. ÜRajrimen, entmeber gar nid^t gugleit^ als aOgemeine ®efe^e
benlen, ober eS mug annel^men, bag bie bloge Sorm berfelben, nad^ ber
j[ene fid^ gur allgemeinen ©efe^gebung fc^icfen, fie für fi(^ aOein
gum ))rattif(^en ©efe^e mad^e.
20 Slnmerlung.
Seld^e Sorm in ber Umajrime ftd^ gur aSgemetnen ©efe^gebung f(|td(e, »eld^e
nid^t, bad Tann ber gemeinfte SSerftanb ol^ne UntenDeifung unterfd^eiben. Sd^ l^abe
g. S. es mir gur SWapme gemad^t, mein SSermögen burd^ alle jtd^ere SWittel gu öer-
grögern. 3e^t ift ein 2)epi)f itum in meinen ^dnben, bejfen @igentl^umer t)er-
25 fiorben ifi unb leine ^anbfd^rift baräber gurudfgelaffen f^at Üflatürlid^eriDeife ift
bieS ber gall meiner SWapme. Se^t »ill td^ nur »iff en, ob jene SKapme aud^ alS
allgemeines ))raItifd^eS @efe^ gelten Unne. 3d^ toenbe jene alfo auf gegeniDärtigen
%aU an unb frage, ob fte mol^I bie gorm eines ©efe^eS annel^men, mitl^in id^ »ol^I
burd^ meine SRa^rime gugleid^ ein foId^eS ®efe^ geben lonnte: bag {ebermannein
30 iDepofttum ableugnen burfe, beff en 9lieberlegung il^m niemanb beioeifen lann. 3d^
werbe fofort gewal^r, bafe ein fold^eS^rincip,alS ®cfefc, ftd^ felbfl ijernic^ten toürbe,
»einRTOTödJeniöfltbe, bafe'es gar fein JDcpofitum gäbe. (Sin })raftifd^eS ©efeft,
maS id^ baffir erlenne, mug ft(| gur aOgemeinen ©efe^gebung qualificiren ; bieS ift
ein ibentifd^er @a^ unb alfo für ft(!^ Aar. ®age i(^ nun: mein 3BiIte fielet unter
35 einem prattifd^en ® ef efe e , fo fann id^ nid^t meine Sleigung (g. S. im gegenwdrti-
gen %aUt meine {)abfud^t) als ben gu einem allgemeinen praHifd^en ©efe^e fd^idC-
28 ^riti! bec t)ra!tif(|en S^ernunft. 1. Sl^eil. 1. ^n^. 1. ^ou))tfifi(f.
Itd^en S3efHmmungdgrunb beffelBen anfül^rett; benn biefe, mdt gefel^tt bog fie
gu einer allgemeinen ©efetg^bung tanglid^ fein foUte, fo muß jte ülelmel^r in ber
gorm eines allgemeinen Oefe^eS fid^ felbji aufreiben.
es ifl bal^er tounberlid^, toie, ba bie Segierbe aur ©Ifltffellglelt, mitl^in aud^
ble SKa^lme, baburd^ fid^ jeber biefe le^tere gum SefHmmungSgrunbe felneS 5
2BiDen§ fej^t, attgemein ift, e§ öerftdnbigen 9Kdnnem l^abe in ben ©inn lommen
Wnnen, e« barum für ein attgemein })raltif(l^e8 ®efe^ auSgugeben. ®enn ba
fonfi ein allgemeine^ 9laturgefe^ allein einflimmig mad^t, fo mflrbe l^ier, tt)enn man
ber aJlajrime bie aügemeinl^eit elneö ®efefceö geben mollle, grabe ba8 du|erfle
Sßiberfpiel ber @infUmmung, ber drgfie äBIberfireit unb bie gänglid^e SSemid^tung lo
ber aJlaylme felbfl wnb il^rer 8lbft(|t erfolgen. JDenn ber ffltUe «Ker l^at atebann
nid^t ein unb baffelbe Dbject, fonbem ein leber i)at baö feinige (fein eigenes SBol^I-
befinben), »eld^e« jtd^ gioar guf ottigenoeife aud& mit anbcrer il^ren ?lbfl(|ten, bie fte
gleid^faQd auf ftd^ felbfl rieten, bertragen lann, aber lange nid^t gum ©efe^el^in-
reid^enb ifl, meil bie SfuSnal^mcn, bie man gelegentlich gu mad^en befugt ifl, enbloS 15
ftnb unb gar nid^t beflimmt in eine allgemeine Siegel befaßt locrben fönnen. @8
lommt auf biefe 9trt eine Harmonie l&erauS, bie berjenigen d^nlid^ ifl, meldte ein
gemiffeS ©pottgebld^t auf bie ©eeleneintrad^t gioeier ftd^ gu ©runbe rid^tenben
©l^eleute fd^ilbert: D tounberoolle Harmonie, loaS er »ill, toill aud^
fiejc, ober mag öon ber änl^eifd^igmad^ung Äöntg grang beS (Srflen gegen 20
ÄaiferÄarl bengünften ergdl^ltmirb: ma« mein Sruber Äarl l^aben »ill(8Wai-
lanb), bad idIH i^ aud^ l^aben. @mpirtf(^e S3eflimmungdgrunbe taugen gu leiner
allgemeinen dugeren ©efe^gebung, aber aud^ eben fo loenig gur innern; benn ieber
legt fein ©ub|ect, ein anberer aber ein anbereS ©ubject ber Steigung gum ®runbe,
unb in jebem ©ubject felber ifl balb bie, balb eine anbere im Sorguge beS Sin- 25
fluffeS. ein ©efeft auSfinbig gu mad^en, baS fte inSgefammt unter blefer Sebin-
gung, ndmlid^ mit aUerfeitiger (Sinflimmung, regierte, ift fd^lec^terbingd unmöglid^.
§5.
Slufgabe I.
ä^orauSgefe^t, bag bie bloge gefe^gebenbe f^orm ber^Rajrimeu allein so
ber gureid^enbe IBeftimmungSgrunb eines äBiQenS fei: bie SBcfd^affenl^eit
beSienigen äSiQenS gu finben, ber baburd^ allein beftimmbar ifl.
S>a bie biege gform beS ©efe^eS lebiglid^ Don ber äSernunft ))orge<s
fteüt »erben fann unb mitl^in fein ©egenftanb ber ©inne ifl, folglid^ aucfe
nid^t unter bie 6rf (Meinungen gel^ort: fo ift bie SorfteQung berfelben als 35
93eftimmungSgrunb beS SßiQenS oon allen SeftimmungSgrAnben ber 93e«
gebenl^eiten in ber Statur na(^ bem ©efe^e ber (Saufalit&t unterfd^ieben,
8on ben (Bninbf&j^en ber reinen pvaftifd^en 8emunft. 29
iDril bei btefen bie beftimmenben ®rünbe felbft (Srfd^einungen fein mfiffen.
SBettn aber au^ lein anberer IBeftimmunadgrunb be8 Sidend für biefen
gnm ®efe| bienen fann, ali blod jjene allgemeine gefe^gebenbe Sorm: fo
mug ein fold^er SSille atö flänjlid^ nnabl^Angig üon bent 9laturgefe^ ber
5 (Srf(^einungen, nfimlid^ bem ®efe^e ber ^aufalitdt, bejiel^ungSiDeife auf
elnanber gebadet werben. (Sine fold^e Unabl^Ängißfelt aber l^eifet ^rei»
l^cit im Prenflpen, b. i. tranSfcenbentalen, SSerftanbe. ai{o ip ein SBiUe,
bem bie blo^e gefe|gebenbe f^orm ber 3Ra;cime aUein )um ©efe^e bienen
fann, ein freier SBiUe.
10 § 6,
aufgäbe II.
SSorauSgefe^t, bag ein SBiQe frei fei, bad ®efe^ ju pnben, mliiti
il^n allein notbmenbig gu bepimmen tauglich ip.
S)a bie aRaterie bed prattifc^en ©efe^ed, b. i. ein Object ber 9Ra]rime,
15 niemals anberS ald empirifc^ gegeben »erben lann, ber freie äSiOe aber,
al8 ))on em)[^irifd^en (b. i. gur Sinnenmelt gebörigen) Sebingungen unab«
b&ngig, benno(b bepimmbar fein mu^: |o mug ein freier SSiQe, unab<
gängig Don ber SRaterie beS ©efe^eS, bennod) einen 93epimmungdgrunb
in bem ®efe^e antrejfen. @S ift aber au^er ber SRaterie beiS ®efe|e8
90 nid^tö meiter in bemfelben al8 bie gefe^gebenbe $orm entbalten. SUJo ip
bie gefe^gebenbe f^orm, fo fern fie in ber SRairime entbalten ip, baiS ein«
jige, was einen Seftimmungdgrunb bei» SSBiOenS auSmad^en fann.
Snoterlung.
greil^eit unb unbcbtngteS praftlfd^c§ ®efe^ »elfcn olfo »ed^fetöweife auf cln-
J5 anber jürüdf. 3(5 page ^icr nun ni(bt : ob fle au(b in ber 2l^at üerf d^ieben feien, unb
ni(|t Diclmebr ein unbebingteö ©efcft bloS ba§ ©elbflbetoufetfein einer reinen praf-
tif(]^en SSemunp, biefe aber ganj einerlei mit bem poftttDcu Segriffe ber Sreibeit
fei; fonbem »oDon unfere (Srlenntnife bei^ unbebingt gJratttfd^eu anbebe, ob
öon ber greibeit, ober bem prafttfd^en ©efe^e. 3Jon ber grelbclt fann eS nld^t an-
30 beben; benn bereu lönnen mir und meber unmittelbar bemugt loerben, meil i^r
erfler Segriff negativ ip, nod^ barauf aud ber@rfabrung fd^Iie|en, benn @rfabrung
giebt und nur bad ©efe^ ber @rfd^einungen, mitbin ben ^Red^anidm ber 9tatur,
bad gerabe SBiberfpiel ber greibeit, }u erlennen. ?nfo ip ed bad moraIif(be
®ef e^, beffen mir und unmittelbar bemüht merben (fo balb mir und 9naj:tmen bed
35 Sittend entmerfen), meld^ed pd^ und }uerp barbietet unb, inbem bie SSemunp
30 SMm ber praYtifd^en aSernunft. 1. X^etC. 1. IBu^. 1. ^uptflüdf.
iened a\& ebten bur<i& leine flnnlt<ige 8eMngungen ju äbemiegenben, fa bat^on
d&nali^ unabJ^&ngigen Sejtimmungi^grunb barjleKt, gerabe auf ben 8egri{f ber
greil^eit ffi^rt. SBie ifl aber au(^ bad Semugtfein fened moraIif<i^en ©efe^ed m6a-
Ii(!^? 9Bir ISnnen und reiner praltif(!^er ©efe^e befugt »erben, eben fo koie »ir
und reiner tl^eoretif^er ©runbfd^e befugt finb, inbem toir auf bie 9iotl^tt)enbigIeit, 5
»omit fie und bie 93emunft t)orf(!^reibt, unb auf Slbfonberung aKer empirif(!^en Se-
bingungen, baju und {ene l^imoetfet, $(^t l^aben. S)er Segriff eined reinen äBiKend
ent{))ringt aud ben erfleren, rolt bad Semugtfeln eined reinen SSerftanbed aud bem
legieren. 2)afe biefed Me wal^re ttnterorbnung unferer Segriffe fei, unb ©ittli(i6'
leit und guerfl ben Segriff ber Sreil^eit entbede, ntitl^in praltif(!^e Sernunft lo
guerfi ber f))eculatit)en bad unaufldd(i(!^fle ^oblem mit biefem Segriffe aufßeOe,
um fte imii benfelben in bie grigte Serlegenl^eit gu fe^en, erl^eOt f(!^on baraud:
ba|, ba aud bem Segriffe ber greil^eit in ben @rf<jgeinungen nid^td erHirt werben
lann, fonbem l^ier immer 9laturme(!^anidm ben Seitfaben audma<i^en mug, über-
bem anii bie Stntinomie ber reinen Semunft, koenn fie jum Unbebingten in ber u
ätdl^e ber Urf a(!^en auffteigen toWL, f{(!^ bei einem f o fel^r wie bei bem anbem in Un-
begreifli<jgleiten DeriDidCelt, inbeffen ba| boäi ber le^tere (9Re(!^anidm) menigftend
Sraud^barleit in ©rtlarung ber @rf<jgeinungenVt, man niemald ju bemSBagflfldCe
gelommen fein mürbe, Sreil^eit in bie äBiffenfd^aft einjuffi^ren, »dre ni^t bad
@ittengefe^ unb mit il^m ))raltifd^e Semunft bagu gelommen unb l^dtte und biefen so
Segriff ni(^t aufgebrungen. 9(ber anä^ bie @rfal^rung beft&tigt biefe Drbnung ber
Segriffe in und. (Be^et, bag femanb t)on feiner »oSüftigen Steigung Dorgiebt, fie
fei, menn il^m ber beliebte ©egenftanb unb bie ©elegenl^eit bagu Dorl&men, für il^n
gang uniDiberftel^Iid^: ob, »enn ein ©algen oor bem ^aufe, ba er biefe ©elegen^eit
trifft, aufgeridjitet lo&re, um i^n fogleid^ na<ig genoffener SBonuft baran gu Infipfen, 96
er aldbann ni<|t feine Steigung begioingen n)ürbe. SRan barf ni<i^t lange ratl^en,
»ad er antworten loürbe. gragt il^n aber, ob, »enn fein ^rft i^m unter Snbrol^ung
berfelben unoergSgerten Sobedftrafe gumutl^ete, ein falfd^ed 3eugni| »iber einen
el^rlid^en SRann, ben er gerne unter fd^einbaren Sonodnben oerberben m5(!^te, ab-
gulegen, ob er ba, fo gro| anii feine 8iebe gum 8eben fein mag, fie mol^I gu über- so
»inben für mSglid^ l^alte. £)b er ed tl^un loürbe, ober nid^t, »irb er oieUeid^t ^^
nid^t getrauen guoer^d^em; bag ed il^m aber mögU(!^ fei, mug er ol^ne Sebenfen
einrdumen. @r urtl^eilt alfo, bag er etioad lann, barum »eil er fid^ betonet ift, bag
er ed foS, unb erlennt in fid^ bie Sreil^eit, bie il^m fonfl ol^ne bad moralifd^e ©efe^
unbelannt geblieben »dre. sb
§7.
©runbgefe^ ber reinen praltifd^en Sernunft.
$anble fo, ba| bie aRa;cime beined SBiUend iebergeit gugleid^ ald
^rinclp einer aOgemeinen ©efe^gebung gelten fdnne.
Son ben (Brimbfdj^en bet reinen praftifd^en S^ernimfi 31
Snmerlung.
3)te rebte ©eomeirie l^at $o{btIate ald )>ratKf<ige ®a^e, bie aber nid^tö weiter
entl^alten ald bie 93oraui^fe^ung,ba| man etoad tl^im Idnne, menn etoa geforbert
ttmrbe, man foOe ed tl^un, unb biefe finb bie einjigen ®d^e berfelben, bie ein 2)afein
!( betreffen. @d flnb olfo praltifd^e Stege In unter einer ))robIemati[d^en S3ebingung
bed SBitend. $ter aber fagt bie Siegel: man foSe fd^Ied^tl^in auf gemiffe SBeife ber*
fol^ren. S)te pratttfd^e Siegel ijt alfo unbebtngt, mitl^in ald lategorifi!^ )>raltif(l^er
@a^ a priori DorgefieKt, iDoburd^ ber 3BiIle f^led^terbingd unb unmittelbar (burd^
bie ))ralHfd^e Siegel felbft, bie alfo l^ier ®efe^ tfl) objectit) befiimmt wirb. S)enn
10 reine, an f id^ pr altif d^e Vernunft ijt l^ier unmittelbar gefe^gebenb. 2)er Sille
mirb old unabl^ängig )?on empirifc^en 8ebingungen, mithin, a(d reiner SBitte,
bnrd^ bie bloge Sorm bed ®efe^ed a(d befttmmt gebadet unb biefer Se-
ßimmungdgrunb als bie oberfte Sebingung aSer SDRa^imen angefel^en. IDie @ad^e
ift befremblic^ genug unb l^at il^red gleid^en in ber gangen übrigen pralti|d^en @r-
u lenntnil nic^t. 3>enn ber ®ebanle a priori t)on einer mSglid^en allgemeinen ®efe^i>
gebung, ber alfo blöd problemattfd^ ift, loirb, ol^ne bon ber (Srfal^rung ober irgenb
einem &ugeren äBiOen etmad gu entlegnen, al§ ®efej^ unbebingt geboten. @d ift
aber aud^ nid^t eine 93orf(!^rift, nac^ totl^tx eine {)anblung gef(!^el^en foO, ba-
burd^ eine begel^rte Sirbtng m9gli(!^ ift (benn ba loare bie Siegel immer pl^^fifd^
90 bebingt), fonbem eine Siegel, bie bloi^ ben äßiSen in Slnfel^ung ber Sorm feiner
ÜRo^imen a priori beftimmt, unb ba ift ein ®efe^, loeli^ed blöd jum Sel^uf ber
fubfectioen $orm ber ®runbf&^e bient, als ä3efHmmungdgrunb burd(| bie ob-
je et i De gorm eined ®efe^ed überl^aupt, loenigftend ju^ beulen nid^t unmdglid^.
üRan lann bad S)eu)ugtfein biefed ®runbgefe^ed ein factum ber SSemunft nennen,
SS meil man ed nid^t aud borl^ergel^enben S)atid ber SSernunft, g. S. bem Seiougtfein
ber Sreil^eit (benn biefed ift und nid^t borl^er gegeben), l^eraudoernänfteln lann,
fonbem loeil ed fi$ ffir fid(| felbft und aufbringt ald ftintl^etif d^er ®a^ a priori, ber
auf feiner, meber reinen nod^ empirifd^en, Slnfd^auung gegrünbet ift, ob er gleid^
anal^tif^ fein mfirbe, koenn man bie Sreil^eit bed SBiaend ooraudfej^te, loogu aber,
so ald pofitibem Segriffe, eine inteQectuelle Stuf d^auung erf orbert merben lofirbe, bie
man ^ier gar nic^t annel^men barf. S)od^ mug man, um biefed ®efe^ ol^ne SRig-
beutung ald gegeben angufel^en, »ol^l bemerten: ba^ ed lein empirifd^ed, fonbem
bad eingige gactum ber reinen SSemunft fei, bie {td^ baburd^ ald urfprünglid^ gefe^-
gebenb (sie volo, sie jabeo) antunbigt
» Srolgerunfl-
Sieine 93ernunft ift ffir fid^ aOein praltifd^ unb giebt (bem aRenfd^en)
ein aügemeined ®efe^, meld^ed mir bad @ittengefe^ nennen.
32 SttM bet i^taltif^en Senmnfi. 1. Zf^til 1. 99ud^. 1. ^aupi^M.
anmerluttfl.
2)ad ))or]^er genannte factum iß unleugbar. SRon barf nur bai^ Urtl^eil jer-
gliebem, meines bie aRenfd^en fiber bie ®efe^m&|igleit il^rer {>anblungen f&Ben:
fo toirb man {eberjeit flnben, ba|, »ad aud^ bie Steigung bajmif^en fpred^en mag,
f^re Semunfi benno4 unbefled^Ii^ unb burd^ fld^ f elbfl ge3tt)ungen, bie 9Ra^me s
bed SiUend bei einer ^anblung iebergeii an ben reinen äBiten l^alte, b. i* an {!d^
felbfl, inbem fie ftd^ ald a priori ))rattifd^ betra<|tet. 3)iefed Ißrinci)) ber @ittli(^leit
nun, eben um ber äEgemeinl^eit ber ©efe^gebung koillen, bie ed }um formalen ober-
ftot SefUmmungdgrunbe bed SBiUend unangefel^en aUer fubiecttben SSerfd^ieben-
l^eiten beffelben mad^t, erUdrt bie Vernunft suglei<ig gu einem @efe^e fflr aKe ber- lo
nfinftige äBefen, fo fem fie uberl^au))! einen äBiHen, b. i ein 93erm5gen l^aben, il^re
6aufalit&t bur^ bie SSorftellung oon Stegein gu befümmen, mitl^in fo fem fie ber
^anblungen nad^ ®mnbf&^en, folglid^ aud^ nad^ prattif^en gSrincipien a priori
(benn bief e l^aben aUein biefenige 9totl^tt)enbigIeit, meiere bie SSemunfi gum ®mnb-
fa^e f orbert) filzig finb. ®« fd^ränft fid^ alf o ni(^t bloö auf aJlenfd^en ein, fonbem 15
gel^t auf alle enbli(!^e SBefen, bie SSemunfi unb SBiQen l^aben, fa fd^liegt fogar bad
unenbUd^e SBefen als oberfle SnteHigeng mit ein. 3m erfieren galle aber l^at baflf
®efe^ bie Sorm eined Smperatibd, meil man an jenem gniar ald bemfinftigem
SBefen eiucn reinen, aber atö mit Sebiirfniffen unb finnlid^m Sewegurfaii^en
afficirtem SBefen leinen l^eiligen 9BiIlen, b. i. einen fold^en, ber leiner bem mo- 20
ralifd^en ®efefee »iberflreitenben aJlajrimen filzig »4re, borauöfefeen fann. 2)a«
moralifd^e ®efe^ ifl bal^er bei fenen ein Smperatio, ber lategorifd^ gebietet, meit
baö ®efc^ unbebingt ifl; las »erl^dltnife eine« fold^en ®iUenS gu biefem®efe^e ifl
9(bl^dngigleit, unter bem9lamenber93erbinblid(|Ielt,tt)el(!^e eine9l5t]|igung,
obgtoar burd^ blofee SSemunft unb bereu obJcctibeS ®efe^, gu einer ^anblung be- 26
beutet, bie barumgJflid^tl^eigt, meil eine patl^ologifi^ afflcirte (obgleid^ baburd^
nid^t befHmmte, mitl^in aud^ immer freie) äBiUlßr einen Sßunfd^ bei fid^ ffi^ ber
aus fubfectiiien ttrfad^en entfpringt, bal^er aud^ bem reinen obiectiben 93e-
fUmmungSgrunbe oft entgegen fein lann unb alfo eines SffiiberftanbeS ber praftifd^n
äSernunft, ber ein innerer, aber inteUectueller B^dtiq genannt werben lann, als 30
moralift^er 9l5tl^igung bebarf. 3n ber aHergnugfamflen SnteHigeng wirb bie SBill-
fftr als feiner aHajrfme fällig, bie ntd^t guglcid^ objectio ®efefe fein I5nnte, mit SRedfft
öorgejleHt, unb ber Segriff ber |)eili gf eit, ber il^r um beStoitten gulommt, fc^t fie
gtoarnid^t über alle prattifi^e, aber bod^ über alle praftifd^-cinfd^rdnlenbe ®efe^e,
mitl^in SSerbinblii^Ieit unb ^flid^t meg. S)iefe ^eiligleit beS äSBinenS ifl gleid^mol^l 35
eine praltifd^e Sbee, meldte notj^menbig gum Urbilbe bienm mug, meld^em fid^ ins
Unenblii^e gu ndl^em baS eingige ifl, maS allen enblid^en bernfinftigen äBefen gu-
fielet, unb n)eld^e baS reine @ittengefe^, baS bamm felbfl l^eilig ]^ei|t, il^nen be-
fldnbig unb ri(!^tig bor Stugen l^dlt, bon n>eld^em ins Unenblid^ gel^enben ^0-
5
8on ben ^runbfd^ti ber reinen praTtifd^en Semunfi 33
greffui^ fdner SRa^tmen unb UniDanbelbarleit berfelben gum befidnbigen Sott-
f(!^reiten fieser ju fein, b. i. Sugenb, bad ^öcfefle ift, »ad enblii^e praltifd^e
93entunftbemirlenlann,bie felbfl iDieberum »eniejiend atö natärlid^ emorbened
93erm50en nie DoOenbet fein lann, »eil bie (Bid^erl^eit in f old^em SaHe niemals
a))obtfHf d^e ©etoigl^dt mirb unb ald Überrebung fel^r gefdl^rlid^ ijL
§8.
2e^rfafe IV.
3)ie Autonomie beS SBillend ifl baS alleinige $rinci)) aDer moxa»
lifd^en ®efe^e unb ber il^nen gemäßen ^{lid^ten: aKe ^eteronomie ber
10 SSifllfir gränbet bagegen nid^t aQein gar (eine 93erbinblt(^!eit, fonbent ifi
Dtelmel^r bem $rincip berfelben unb ber SittUd^Ieit bed äSillend entgegen.
3n ber Unabl^&ngtgfeit ndmlic^ Don aUer 9Raterie beS ®efe^eiS (nfimlic^
einem begehrten Obfecte) unb gugleid^ bod^ 93eftimmung ber SBiOtür burd^
bleTlofi'e aflgemeine gefefegebenbe fjorm, beren eine aWajcime fäl&lg fein
15 mug, befielet baiS aUeinige $rtncip ber 6ittlid^feit. S^ne Unabl^&ngig^
teil aber ift i^reil^eit im negatiDen, biefe eigene ©efe^gebung aber
ber reinen unb al8 fold^e praltif(^en SSernunft ift ^rei^eit im pofitiDen
Serflanbe. aifo brfidt bad moralifd^e ®efe^ nichts anberS aM, als bie
Sutonomie ber reinen praftifcften Vernunft, b. i. ber grei^eit, unb biefe
so ifl felbft bie formale SSebingung aKer 3Ra;rimen, unter ber fte aQein mit
bem oberjten praftifd^en ©efe^e jufammenftimmen fönnen. Sßenn bal^er
bie 9Raterie beS äBoUen«, mel(^e nidgts anberd atö ba& Dbject einer 93e«
gierbe fein fann, bie mit bem ®efe^ Derbunben mirb, in baS prattifd^e
®efe^ aU SBebittgung ber SRdgHd^Ieit beffetben l^ineinlommt, fo tt)irb
35 barauS ^eteronomie ber SBilKur, n&mlid^ abl^&ngigleit Dom Slaturgefe^e,
irgenb einem antriebe ober Steigung ju folgen, unb ber SBiDe glebt ftd^
nld^t felbft ba« ®efefe, fonbern nur bie SSorfc^rift jur oernünftigen Se«
folgung patl^ologifd^er ®efefee; bie aWayimc aber, bie auf fold^e SBeife
niemals bie allgemein «gefe^gebenbe $orm in ftc^ entl^alten fann, [tiftet
90 auf biefe Seife nidgt allein leine SBerbinblidgfeit, fonbern ift felbft bem
$rincip einer reinen praltifdgen iBernunft, l^iemit alfo au(^ ber ftttlic^en
(beftnnung entgegen, menn gleid^ bie ^anblung, bie barauS entfpringt, ge«
fe^magig fein foUte.
JTaiit'« €»^r{ft(tt. Serfr. V.
34 ^ttf ber ^rattifij&en SSemunft. 1. ^et(. l.Sud^. 1. «^auptflüdP.
änmerfunfl I.
Bunt prafttfd^en ©cfc^e mufe alfo nicmate ctnc praftif^e Sorfd^rlft gejdl&tt
»crbett, bie rine matcrialc (tnitl^in cmpWji^c) ©ebingung bei p(^ fu^rt. 2)cnn baö
®e|c| bcS reinen SBiUenä, ber frei i% fe^t bfefcn in eine gang anbere ©pl^ire al«
bie emplri|d^c, unb bie Stotl^ioenbiglcit, bie eö auöbrüdft, ba pe leine Slaturnotl^- &
menbigleit fein foll, lann aI|o (loS in formalen SSebingungen ber 3R5gIi(^Ieit eined
©cjefeeö überl^aupl befleißen, äüe aWatcric praftifi^er Siegeln berul^t immer auf
fubjectiDen 35ebingungen, bie il^r leine ällgemeinl^eit für Dernunftige SBefen, al«
lebiglii^ bie bebingte (im gaUe id^ bicfeS ober jenes begel^re, loaö 16) atöbann
tl^un muffe, um eS toirflic^ gu machen) Derfd^affen, unb fie breiten flc^ inögefammt lo
um baö Sßrincii) ber eigenen ©lütffeligleit. 5Run ifl freilid^ unleugbar, bafe
aUed SBollen aud^ einen ®egenfianb, mitl^in eine ^Raterie l^aben muffe; aber biefe
ifl barum nid^t eben ber S3eftimmungdgrunb unb Sebingung ber SRairime; benn
ifl fie ed, fo l&^t biefe ftd^ nii^t in aUgemein gefe^gebenber gorm barfteOen, toeil
bie (Srtoartung ber @]rifteng bed ®egenflanbei^ ali^bann bie befUmmenbe Urfai^e u
ber ®ilHur fein würbe, unb bie Slbl^dngigleit beö Segel^rungSöermögend oon ber
(S^fteng irgenb einer @ad^e bem äBoSen gum ®runbe gelegt werben mügte, meldte
immer nur. in empirifd^en Sebingungen gefud^t merben unb ballet niemals ben
®runb gu einer notl^nienbigen unb allgemeinen Siegel abgeben lann. @o mirb
frember SBefen ©Ifidffeligleit ba« Dbiect beö Tillen« eine« oemünftigen SBefenS ao
fein lönnen. SBdre fie aber ber 33efHmmungSgrunb ber SWajrime, fo müfete man
oorauSfe^en, bag n)ir in bem äSol^lfein anberer nid^t allem ein natürlii^ed SSer'
gnügen, fonbem aud^ ein Sebürfnife finben, fo wie bie ftimpat^etlfd^e ©inneSart
bei aJlenfd^en eS mit fl(^ bringt. Stber biefeö Seburfnife fann id^ nld^t bei jebem
^vernünftigen äBefen (bei ®ott gar nii^t) t^orauSfe^en. SUfo lann gmar bie SRaterie 25
ber SWajrime bleiben, fte mufe aber nid^t bie Sebingung berfelben fein, benn fonft
würbe biefe nid^t gum ©efe^e taugen. ^Ifo bie bloge gorm eined ©efe^eS, meld^eS
bie 9Raterie einf<|rinlt, mug gugleic^ ein @runb fein, biefe SRaterie gum äBiUen
l^ingugufügen, aber fte nid^t oorauSgufe^en. S)ie SOtaterie fei g. S. meine eigene
©lüdCfeligfeit. JDiefe, wenn ii) jie Jebem beilege (wie xä) eS benn in ber Z^ai bei 30
enblid^en SBefen t^un barf), lann nur atöbann ein objectikved praftifd^ed @e«
fe^ werben, wenn i(^ anberer i^re in biefelbe mit einfi^liege. 9(lfo entfpringt bad
®efeft, anberer ©lüdffeligleit gu bef Jrbem, nid^t oon ber aSorauSfe^ung, bafe biefeS
ein Dbiect für jebeS feine SffitUfür fei, fonbem bloS barauS, ia^ bie gorm ber 9lll-
gemeinl^eit, bie bie SSemunft als Sebingung bebarf, einer SKapme ber ©elbfüiebe 35
bie objectioe ©ültigfeit eines ©efe^eS gu geben, ber SefiimmungSgrunb beS
SBiUenS wirb, unb alfo war baS Dbject (anberer ©lüd^eligfeit) nid^t ber SefHm-
mungSgrunb beS reinen SiHenS, fonbem bie bloge gefe^lid^e gorm war eS allein,
baburd^ id^ meine auf 9ieigung gegrünbete HRa^me einfd^r&nlte, um il^r bie Sm«
®on ben (Bruttbffi^en ber reinen praftifti^en Sentunft 35
gemeinl^eit eined ®efe|e$ ju Derfd^affen unb fte f o ber rebten praWfii^en SSemunft
aitgemeffen ju machen, aud ueld^er @inf<i&rdntung, unb ni^t bem 3ufa^ einer
äußeren Sriebfcber, ottbann berSegriff ber aSerbtnbllc^ifeit, bie ÜHo^rlme mei-
ner ©elbpebe au^ auf bie ©ludfeligleit anberer ju enoeitern, allein entfpringen
5 lonnte.
Stnmerlung IL
2)a8 gerabe ffiiberfplel be« ^nctpÄ ber ©ittßd^Ietl ifl: wenn ha» ber ctflc-
nen ©lütffeliglelt jum ©ejHmmungögrunbe bc« SBittenÄ gemad^t totrb, »ogu, »le
\i) oben gejeigt l^abe, aQed üiex^anpi gegal^lt merben rm% mad ben^eflimmungd-
10 grunb, ber }um ©efe^e bienen foQ, irgenb worin anberi^ att in ber gefe^gebenben
Sorm ber ÜRa^rime fe^t. 2)iefer 9Biberjheit \ft aber ntd^t blod logif<|, wie ber
gtoifd^en empirif<|-bebingten JRegcIn, bie man bod^ ju not^wenbigen Srfenntnife-
))rincipien erl^eben wollte, f onbern f)rafti|d^ unb würbe, wäre nid^t bie Stimme ber
SScmunft in ©cjiel^ung auf ben SBillen fo beutlid^, fo unflberfd^reibor, felBfl für ben
15 gemeinften 9Renfd^en fo Demel^mltd^, bie <SittIid^Ieit gdnalii^ }U ®runbe rid^ten; fo
aber tann fie ftd^ nur nod^ in ben Io))fDerwirrenben ©peculationen ber @d^ulen
erl^alten, bie brei^ genug jtnb, fid^ gegen jene l^immlifi^e Stimme taub ju mad^en,
um eine I^eorie, bie lein Äopfbreii^en foftet, aufredet gu erl^alten.
3Benn ein bir fonft beliebter UmgangiSfreunb ^(^ bei bir wegen eined falfd^en
80 abgelegten 3eugniffeÄ baburd^ gu rcd^tfertigen »ermeinte, bafe er guerfl bie feinem
Sorgäen nad^ l^eiKge$|Iid^t ber eigenen ®lüd[|eligfeit t)orfd^ü^te,attbann bieSor-
t^eile l^erg&I^Ite, bie er fid^ aKe boburd^ erworben, bie Jtlugl^eit namhaft machte, bie
er beobad^tet, um wiber alle (Sntbedbtng {id^er gu fein, felbfl wiber bie uon Seiten
beiner felbjl, bem er bad ©el^eimnig barum aSein o{fenbart, bamtt er ed gu aller
n 3elt ableugnen Knne; bann aber im gangen Smjl vorgäbe, er l^abe eine wal^re
aRenf(^en))fii(^t ausgeübt: fo wfirbefl bu il^m entweber gerabe ini^ ©efi^t lad^en,
ober mit «bfd^eu baüon gurüdfbeben, ob bu gleii^, wenn {emanb bloö auf eigene
SJortl^elle feine ©runbfd^e gejieuert ^at, wiber blefe gjla|rcgeln nld^t baS min«
befte einguwenben l^&tteft. Dber fe^et, ed entpfel^Ie eud^ jemanb einen SRann
30 gum ^auöl^alter, bem il^r alle eure Stngelegenl^eiten blinblingS anoerirauen Mnnet,
unb, um eud^ 3ntrauen eingufI0|en, rül^mte er il^n att einen fingen SRenfd^en, ber
{id^ auf feinen eigenen ä^ortl^eil meifler^aft oerftel^e, au(^ att einen raftlod wirf-
famen, ber feine ©elegenl^eit bagu ungenu^t k^orbeigel^en liege, enblii^, bamtt anii
[a nt(!^t Seforgnlffe wegen eineö pöbelhaften ©igennu^cö beffelben im äBege ftan-
35 ben, rfil^mte er, wie er red^t fein gu leben oerftdnbc, nii^t im ©elbfammeln ober
brutaler llppigfeit, fonbcm in ber erweiterung feiner Äenntniffe, einem wolkige-
wühlten bele^renben Umgange, felbft im SBo^ltl^un ber {Dürftigen fein Vergnügen
fud^te, übrigen« aber wegen ber 2Rittel (bie bod^ i^xtn SBertl^ ober Unwert!^ nur
9om Zwät entlel^nen)nid^t bebenflii!^ wdre, unb frembed @elb unb ®ut il^m l^iqu,
36 ^tttf ber praftif(!6en Semunft. 1. Sl^eil. 1. 9u4. 1. {)au)9t[lfidf.
fo balb er nur tt)if[e, bag er ed unentbedt unb ungel^inbert tl^utt ISnne, f o gut mie
fein eigene^ lo&re: fo mfirbet il^r entoeber glauben, ber (Stnpfel^lenbe l^abe tuäi gam
beflcn, ober er l^abe ben SJerflanb verloren. — ©o beutlli^ unb fd^arf flnb ble
©rengen ber ©ittltd^Ieit unb ber ©elbjUiebe abgef d^nttten, ba| felbfi ba§ gemeinde
3(uge ben Unter{d^i^, ob etoad }u ber einen ober ber anbem gel^öre, gar nid^t der- s
fel^Ien lann. ^olgenbe loentge Semerlungen ISnnen gmar bei einer fo offenbaren
9Bal^rl^eU uberflüffig f (feinen, aDein fie bienen bo(!^ »enigjiend bagu, bem Urtl^eile
ber gemeinen aRenfd^enoemunft tixoa^ mt^x £)eutU(!^teit gu oerfd^a^en.
S)ad $rinci|) ber ©lüdFfeligleit lann amar aRajrimen, aber niemals fold^e
abgeben, bie ju ©efe^en bed SBillend tauglid(| udren, felbfi menn man fid^bte all« lo
gemeine ©Ifidtfeliglelt gum Dbiecle mad^tc. 2)enn »eil biefer il^re erlenntntfe
auf lauter (Srfal^rungdbatid berul^t, tt)ei( jebei^ Urtl^eil barüber gar f el^r oon {ebed
feiner SOteinung, bie nod(| bagu felbfi fel^r oer&nberli^ ifi, abl^i&ngt, fo lann ed mol^I
generelle, aber niemals unioerfelle Siegeln, b. i.fo(d^e, bie im S)urd^fd^nitte
am Sfterfien gutreffen, nid^t aber fold^e, bie jebergeit unb notl^menbig gfiltig fein n
muffen, geben, mitl^in I5nnen leine ))raIHfd^e®efe^e barauf gegrunbet merben.
®ben barum loeil ^ier ein Dbfect ber IBttttur ber Siegel berfelben gum ®runbe
gelegt unb alfo oor biefer oor^ergel^en mug, fo lann biefe nid^t vorauf anberiS
als auf bad, mad man empflel^It, unb alfo auf @rfal^rung begogen unb barauf ge-
grfinbet werben, unb ba mni bie Serfd^iebenl^eit bed Urtl^eitö enblod fein. S)iefed 20
^incip fd^reibt alfo nid^t aQen oernünftigen 9Befen eben biefelbe praltif(!^e Siegeln
bor, ob fie gmar unter einem gemeinfamen Sitel, ndmlid^ bem ber ©lödCfeligfeit,
fiel^en. S)ad moralifd^e ®efe^ mirb aber nur barum atö obiectib notl^menbig ge-
badet, meil ed für iebermann gelten foQ, ber SSemunft unb äBitten l^at
Die aJlayime ber ©elbfiliebe (Älugl^eit) rätl^ bloö an; baS ®efe^ ber ©ttt- 25
lid^teit g eb ietet. @S ifi aber bod^ ein großer Unterfd^ieb gn)ifd^en bem, loogu man
und anr&t^ig ifi, unb bem, loogu loir r> erbinblid^ finb.
9Bad nadd bem ^incip ber Autonomie ber IBiUtfir gu tl^un fei, ifi für ben
gemeinfien SSerfianb gang leidet unb o^ne Sebenlen eingufel^en; mad unter SSor-
auöfefeung ber 4)eteronomie borfelben gu tl^un fei, fd^ioer unb erforbert SBeltfennt- so
nig; b. i. mad $f iid^t fei, bietet fid^ iebermann oon felbfi bar; mad aber majoren,
bauerl^aften SSortl^eil bringe, ifi aUemal, »enn biefer auf baS gange JDafein erflredtt
werben foH, in unburd^bringU^ed 2)unlel eingel^üOt unb erforbert biel jilugl^eit,
um bie praltifc^e barauf gefümmte Siegel burdg gefd(>idHe ^(udnal^men aud^ nur auf
ertr&glid^e 3(rt ben 3tt>edfen beS Sebend angupaffen. (gleid^mol^I gebietet bad fitt- 35
lid^e ®efe^ jebermann, unb gmar bie )>ünttlid(>fie, S3efoIgung. (Sd mug alfo gu ber
S3eurtl^eUung beff en, toad nad^ il^m gu tl^un fei, nid^t fo fd^mer fein, ba| ni(|t ber
gemeinfie unb ungeübtere SSerfianb felbfi ol^ne SBeltQugl^eit bamit umgugel^en
tt)ü|te.
S)em laiegorifd^en ©ebote ber ©UiUc^Ieit ©enüge gu leifien, i^ in iebed ®e- 4o
Qon ben (SlrimbfAt^en bet leineti praüif^en Cetnunft. 37
»alt 3u aKer 3eit, ber enipirf jt^bebingten SSorfi^rift ber ©Ifidfeligleit, nur feiten
unb bei weitem nid^t au$ nur in Snfel^ung einer einzigen Xbfid^t für febermann
mislid^. 3)ie Urf a(!^e ift, »eil ed bei bem erfleren nur auf bie aJla^me anlommt,
bie dd^t unb rein fein ntu^, bei ber festeren aber aud^ auf bie Jtrdfte unb bad pl^^-
5 fifcj^e Sermigen, einen begel^rten ©egenjianb »irllid^ ju mad^en. @in ®ebot, bag
febermann fid^ glüdRid^ gu mad^en fud^en foDte, »dretl^drid^t; benn man gebietet
niematö iemanben bad, »ad er fd^on unaudbleiblid^ Don felbft »ilL 9)lan ntügte
i^m blod bie SRa^egeln gebieten, ober bielntel^r barreii^en, »eil er nid^t aOed bad
fann, »ad er »iO. ©ittßd^teit aber gebieten unter bem Flamen ber ^^löjit iß ganj
10 t>emänftig; benn beren Sorfd^ift »iQ erfllii!^ eben nid^t febermann gerne gel^or-
d^en, »enn fie mit Steigungen im SBiberflreUe ifi, unb »ad bie SRa^regeln betrifft,
»ie er biefed ®efe^ befolgen Idnne, fo bfirfen biefe l^ier nic^t geleiert »erben; benn
»ad er in biefer Segiel^ung »iD, bad lann er aud^.
5Der im (Spiel berloren l^at, lann fid^ »ol^I über fid^ felbft unb feine Un-
15 nugl^eit drgern, aber »enn er {!$ be»ugt ifl, im ®piel betrogen (obg»ar ba-
burd^ ge»onnen) )u l^aben, fo mu| er fid^ felbft berad^t en, fo balb er fid^ mit bem
ftttli(^en ®efe^e oergleid^t. iDiefed mug alfo bod^ »ol^l et»ad Slnbered, ald bad
fJrindp ber eigenen Olüdffeligleit fein. Denn gu fid^ felbcr fagen au mfijfen: i(^ bin
ein !ßi(^td»firbiger, ob i(^ gleidg meinen Seutel gefflOt l^abe, mu^ bo(^ ein
so onbered 9ti(^tma| bed Urtl^eild l^aben, ald fid^ felbft SeifaE ju geben unb gu fagen:
id^ bin ein Iluger 9Renfd^, benn id^ l^abe meine @affe bereid^ert.
@nblid^ ift nod^ et»ad in ber Sbee unferer prattifd^en SSetnunft, »eld^ed bie
Übertretung eined fittlid^en (Sefe^ed begleitet, ndmlid^ il^re ®traf»urbigteit.
9lun Idgt {t(^ mit bem begriffe einer Strafe, ald einer fold^en, bod^ gar nid^t bad
M 2:l^eill^aftig»erben ber ©Ifidffeligleit berbinben. !Denn obgleid^ ber, fo ba firaft,
»ol^l gugleii^ bie gfitige Slbfid^t l^aben lann, biefe Strafe aud^ auf biefen B»ed(gu
rid^ten, fo mu6 fte bo(^ gubor ald ©träfe, b.i. ald bloBedÜbel, für fid^ felbft gereift-
fertigt fein, f o baft ber Oeßrafte, »enn ed babei bliebe, unb er aud^ auf feine fid^
hinter biefer $drte oerbergenbe ®unfi l^inaudfd^e, felbft gejiel^en mu% ed fei i|m
30 Sted^t gefd^el^en, unb fein Sood fei feinem SSerl^alten ooHIommen angemeffen. 3n
jeber ©träfe ald fold^er muft juerjl ©ered^tigleit fein, unb biefe mac^t bad fflcfent-
li^e biefed Segriffd aud. 9Riti^r Tann g»ar aud^ @utigteit berbunben »erben,
aber auf biefe l^at ber ©lraf»firbige nad^ feiner Slufffil^rung nid^t bie minbefie Ur-
fadde fi(i Sted^nung gu matten. Slifo ift ©träfe ein pl&9fifd(>ed Abel, »el^ed, »enn
3s ed oudg nidgt ald nat£rlid^e golge mit bem moralifd^ S3bfen berbunben »dre,
bod^ ald Solge nad^ gjrincipien einer fittlic^en ©efe^gebung berbunben »erben
vxS^t. fflenn nun atted SBerbret^en, aud^ o^ne auf bie Jpl^^ftfdfien golgen in «n-
fel^ung bed Sl^dterd gu feigen, f&r fi(^ ftrafbar ift, b. i. ©lüdtfeligleit (»enigftend
gum Vfdl) benoiitt, fo »dre ed offenbar ungereimt gu fagen: bad 33erbred^en l^abe
40 bartn eben beftanben, boB er fid^ eine ©träfe gugegogen l^at, inbem er feiner eigenen
38 ^ti! ber ptafttf^en «emunft. 1.2:|eil. hSBuä^. 1. «auptftüdT.
©Ifidfeligleit Stbbrud^ tl^at (»eld^ed nad^ bem ^ndp bet SelbfUiebe beteigent-
liäit »egrljf aUe« SScrbrcd^en« fein mfifetc). 2)ic ©träfe mürbe auf btcfc Slrt ber
©ruttb fefat, etmai^ ein Serbred^en ju nennen, unb bie ©ered^tigfeit ntügte Dlelmel^r
barin befielen, alle Seflrafung gu unterlaffen unb felbfi bie natfirlid^e gu berl^in-
bem; benn atöbann tt»dre in ber {)anblung nid^tö 93öfeS mel^r, iDeit bie Übel, bie 5
fonft barauf folgten, unb um beren uiiHen bie |)anblun0 allein böfe l^ieg, nun-
ntel^r abgehalten mdren. SSoUenb^ aber aUed ©trafen unb Selol^nen nur ald
bad 9Rafd^inentt)erI in ber ^anb einer l^dl^eren SRad^t angufel^en, meld^ed vernünf-
tige aSBefen baburd^ ju il^rer (Snbabfld^t (ber ©lüd^eligleit) in Sl^ätigfelt gu fe^en
allein bienen foUte, ift gar gu fid^tbar ein alle greil^eit auf^ebenber SRec^anidm 10
il^red äBiOend, ald bag z^ nSt^ig tt)äre uni^ l^iebei aufgu^alten.
geiner nod^, obgleid^ eben f 0 untoal^r, ifl baö Sorgeben berer, bie einen ge-
miffen moralifd^en befonbem @inn annel^men, ber, unb nid^t bie äjemunft, bad
ntoralifd^e @efe^ bejUmmte, nad§ meld^em bad S3ett)ugtfein berSugenb unmittelbar
mit Sufriebenl^eit unb SSergnfigen, bad bed Safterd aber mit ©eelenunrul^e unb 15
©d^merg verbunben iDdre, unb f 0 aQed bo(^ auf ä^erlangen nad^ eigener ®Iudt{elig-
leit audfe^en. D^ne bad l^iel^er gu giel^en, tt)ad oben gefagt U)orben, miH id(| nur
bie S:&ufd^ung bemerlen, bie l^iebei borgel^t. Um ben Safterl^aften als burd^ bad
Setoufetfein feiner Vergeltungen mit ©emütl^öunrul^e geplagt öorguflellen, muffen
fte il^n ber Domel^mften ©runblage feined (Sl^aralterd nad^ fd^ion gum boraud ald 20
toenigflenS in einigem ®rabc moralifi^ gut, fo wie ben, »eld^en bad SBewufetfein
pflid^tmdgiger ^anblungen ergoßt, iior^er jd^on ald tugenbl^aft DorfteHen. ^Ifo
mu^te bo(^ ber ©egriff ber aRoralitdt unb gjpi^t bor aller JRfidtji^t auf biefe 3u-
friebenl^eit oorl^ergel^en unb fann bon biefer gar nid^t abgeleitet werben. 5Run mu^
man bod^ bie Sßii^tigleit beffen, wad wir g^ßii^t nennen, bad Stnfe^en bed morali- S5
fd^en ©efe^eS unb ben unmittelbaren SBertl^, ben bie Sefolgung beffelben ber
$erfon in il^ren eigenen Kugen giebt, borl^er f^d^en, um {ene Bufriebenl^eit in bem
Setoufttfein feiner Slngemeffenl^eit gu berfelben unb ben bitteren SertoeiÄ, wenn
man fid^ beffen Übertretung borwerfen lann, gu ful^Ien. SOtan lann alfo biefe 3u-
friebenl^eit ober ©eelenunrul^e nid^t bor ber ®rfenntni§ ber SSerbinblid^Ieit ffil^len 30
unb fie gum ®runbe ber le^teren mad^en. ^Ran mug wenigftend auf bem l^alben
äBege f(^on ein el^rlid^er ÜRann fein, um ftd^ bon jjenen (Smpfinbungen auc^ nur
eine SSorfleHung matten gu lönnen. S)a| fibrigeniS, fo wie Dermdge ber greil^eit
ber men{(^lid^e Sßille burd^d moralifd^e ©efe^ unmittelbar beftimmbar ift, anii bie
dftere Sludübung biefem IBefHmmungdgrunbe gemdg fubiectib gule^t ein ®efü^l 35
ber Sufriebenl^eit mit ft(^ felbft Wirten lönne, bin i(^ gar nid^t in ^brebe; oielmel^r
gel^ört ed felbft gur ^fli^t, biefeiS, wel^ed eigentli^ allein bad moralif^e ©efül^l
genannt gu werben berbient, gu grfinben unb gu cultioiren; aber ber Segriff ber
$fli(^t lann babon nid^t abgeleitet werben, fonft mägten wir und ein ©efül^l eineiS
®efe|ed atö eined fold^en beulen unb bad gum ©egenftanbe ber @mpfinbung 40
Son beit (Bnuibfä^en ber reinen praftifd^en Vernunft. 39
ma<l^en, mad nur buri!^ SSemunft gebadet merben lann; toeld^ed, menn ed nfd^t ein
platttt äBiberfpmd^ metben foH, aOen Segriff ber giflid^t ganj aufl^eben unb an
beren @tatt bloS ein med^anifAed ®piel feinerer, mit ben gröberen bidtoeilen in
3»tfl geratl^enbet Steigungen fe^en »ürbe.
6 aSenn mir nun unferen f or ma len oberjlen ®runbfa^ ber reinen praftifd^en
aSernunft (als einer Autonomie bed ®illenö) mit atten biöl^crigen materlalen
^rincipien ber ©ittUd^Ieit bergleid^en, fo lönnen koir in einer Safel aUe äbrige atö
fotd^e, baburd^ tt)ir!Ii(^ gugleid^ aUe miglid^e anbere gdtte auger einem einjigen
formalen erfd^öpft flnb, öorfleUig mad^en unb f o burd^ ben augenfd^cin betoeijen,
10 bag ed Dergeblitb fei, fid(> nad^ einem anbem ^incip ald bem {e^t borgetragenen
umgufel^en. — %0e möglid^e 33e{timmungdgrünbe beiS äßiUenS ftnb nSmlid^ ent-
loeber blod f ub|ectio unb alfo empirifd^, ober aud^ obfectio unb rational; beibe
aber enttoeber äußere ober innere.
40 Äritt! ber ^jraftifd^ «emunft. l.ST^eU. l.»ud^. 1. ^ttu»)tf»df.
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8oti ben ®runbfdt^en bet reinen pxixW\<l^m Vernunft. 41
!Die auf ber Knien @eite ftel^enbe ftnb indgefornntt empirtf^ unb taugen offen-
bor gar nt<|t gum aUgemetnen ^ßrinrip ber @lttH<|Wl. Slbcr bie auf ber redeten
(Seite grünben fid^ auf ber SSernunft (benn SSoSIomnten^eit als Sef (^af f enl^eit
ber S)inge unb biel^Sd^jle SSoOIontmenl^eit, in ©ubftana borgefteHt, b. i. @ott,
6 finb betbe nur burd^ aSemunPegriffe gu beulen). aUetn ber erftere Segrijf, ndm-
lid^ ber SoUIonimcnl^eit, lann enttoeber in tl^eoretlfd^er Sebeutung ge-
nommen merbeu, unb ba bebeutet er nid^td, als SSoIIjidnbiglett eined {eben S)tnged
in feiner Strt (trandfcenbentale), ober eine« 2)inge« bloS alö JDingeö fiberl^aupt
(metopl^tjftfd^e), unb baöon lann l^ier ntd^t blc Siebe fein. 5)er 33egriff ber SSoIl-
10 tommenl^cit in praltif c^er Sebeutung aber ifl bie Sauglid^Ieft ober Suldnglid^-
teit eine« JDingeö ju allerlei Btotdetu 3)lefe SSoDfommenl^eit ate Sefd^aff en-
l^eit bed änenfd^en, folglid^ innerli^e, ifi nid^td anberiS ald Salent unb, mad
biefeS ftirlt ober ergdngt, ©efd^idClid^Ieit. ^e l^dd(>f)e SSoOIommenl^eit in
©ubfiang, b. i. @ott, folglich dußerlid^e, (in praBifd^er «bfld^t betrad^tet) ift bie
15 Suldnglid^feit biefed äßefend gu aSen 3o>tdm fiberl^aupt. SSenn nun alfo und
3koede borl^er gegeben loerben möffen, in S3egiel^ung auf xoeliit ber S3egriff ber
93ollfommen]^ett (einer inneren an und felbft, ober einer dugeren an ®ott)
allein Seftimmungdgrunb bed äSiKend loerben lann, ein Swtä aber afö Dbiect,
n)eld^ed oor ber äSiSendbefÜmmung burd^ eine prattifd^e Siegel borl^ergel^en unb
so ben ®runb ber SDRögliii^feit einer fold^en cntl^alien mu6, mithin bie SWatcrle bed
SßiOend, atö SefHmmungdgrunb beffelben genommen, {ebergeit empirifd^ ifi, mit-
l^in gum epilurif d^en gJrlndp ber ©IfidtfeligleltSlel^re, niemals aber gum reinen
aSemunftprindp ber Sittenlehre unb ber gJfiid^t bienen fann (»ie benn Talente
unb il^e S3eförberung nur, »eil fte gu SSortl^ellen bed gebend beitragen, ober ber
n äBiOe ©otted, loenn (Sinflimmung mit i^m ol^ne Dorl^erge^enbed, bon bef[en 3bee
unabbdngtged praltifd^ed ^ncip gum Dbiecte bed äBiDend genommen loorben,
nur burd^ bie ©ludCfeligf eit, bie tt)ir baoon ermarten, ä3emegurfa(^e beffelben
merben Wunen), fo folgt erfilid^, baft alle l^ier aufgefleHte ^ndpien material
finb, gleitend, bag fie aDe miglid^e materiale ^rincipien befaffen, unb baraud
30 enblid^ ber ©d^Iug: ba^, loeil materiale ^incipien gum oberften @ittengefe^ gang
untauglid^ finb (»ie beioiefen »orben), bad formale praftif (^e 5ßrinclp ber
reinen aSemunft, nad^ »eitlem bieblo^egorm einer burd^ unfereSWajrimen mög-
liäitn allgemeinen ®efe^gebung ben oberften unb unmittelbaren SSeftimmungd-
grunb bed SSillend audmad^en mu|, bad eingige mdglid^e fei, melc^ed gu laiC"
35 gorif(!^en Smperatiioen, b. i. praftifd^en ®efe^en (loeld^e {)anblungen gur $fl{(^t
mad^en), unb überl^aupt gum ^[hrindp ber ®ittlid(>Ieit fomol^l in ber SSeurt^eilung,
old aud^ ber $(n)oenbung auf ben menfc^lid^en äBiUen in SefHmmung beffelben
tttuglidg ifl.
42 ^Uil ber praftift^en Secnunft. 1. SE^eU. 1. mä^. 1. i^auptftüd.
L
äSon ber S)ebuction ber ©runbfd^e ber reinen
praltifd^en aScrnunft.
3)iefe anal^til tl^ut bar, bafe reine SSernunft praftifd^ fein, b. t. für
{td^f unabhängig Don aDem Smpirifc^en, ben SSiKen beftimmen lönne — 5
unb biefeiS jmar bnxii ^in f^actum, morin ftd) reine SSernunft bei uniS in
ber Sl^at praftifdg bemeifet, nämlid^ bie Slutonomie in bem ©runbfa^e ber
©ittlid^feit, moburc^ jte ben SBiflen jur Sl^at beftimmt. — Sie geigt ju»
gleich, bag biefed factum mit bem 93e)Du|tfein ber greil^eit beS SBiDenS
ungertrennlid^ Derbunben, \a mit il^m einerlei fei, »oburd^ ber äBiUe lo
eines Dernfinfttgen äBefenS, bad, aliS jur Sinnenmelt gehörig, ft(!^ gleid^
anberen »irtfamen Urfac^en notl^menbig ben ©efe^en ber @aufalitdt unter«'
toorfen erfennt, im ^raltifc^en bod^ guglei(!ö ft(i auf einer anbern ©eite,
nämU(^ a\8 Sßefen an ft(!^ felbft, feinet in einer inteUigibelen Drbnung
ber S)inge beftimmbaren S)afeind bemugt ift, gmar nic^t einer befonbern u
Slnfc^auung feiner felbft, fonbern gemiffen b^namifc^en ©efe^en gemdg,
bie bie 6aufalitdt beffelben in ber Sinnenmelt beftimmen tbnnen; benn
bag f^reil^eit, menn fte und beigelegt tt)irb, und in eine intelligibele £)rb^
nung ber S)inge Derfe^e, ift anbermdrtd l^inreid^enb beriefen morben.
SBenn »ir nun bamit ben anal^tifd&en SE^eil ber Äritif ber reinen »o
f))eculatiDen äSernunft oergleid^en, fo geigt {td^ ein merlmfirbiger 6ontraft
beiber gegen einanber. Slid^t ©runbfd^e, fonbern reine ftnnlic^e Hn»
fd^auung (SRaum unb Seit) mar bafelbji bad erfte 3)atum, meldte« ©r«'
ienntnig a priori unb gmar nur für ©egenftdnbe ber @inne mbglid^
machte. — Sqnt^etifdge ©runbfd^e aud blogen Segriffen ol^ne änfc^au« 25
ung maren unmöglich, Dielmel^r lonnten biefe nur in Segiel^ung auf jene,
mel(^e ftnnlic^ mar, mithin auc^ nur auf ©egenftdnbe m5glict|er @rfal^rung
ftattftnben, meil bie ^Begriffe beS SSerftanbed, mit biefer Slnfc^auung Der^
bunben, attein badjenige'Srlenntnig m5gli(^ mad^en, melc^ed mir ßrfal^'
rung nennen. — Über öie ßrfal^rungSgegenpdnbe l^inaud, alfo üon 3)in* so
gen als Stoumenen, mürbe ber fpeculatioen SSernunft alled ^ofttioe einer
•^erlenntniCotit üoDigem SHedöte abgeft)roc^en. — 3)o(^ leipete biefe fo
Diel, bafe fte ben Söegriff ber 3floumenen, b. i. bie SRöglidöfeit, [a ^otif^
menbigfeit bergleic^en gu beulen, in ©id^erl^eit fefete unb g. 83. bie grei-»
l^eit, negatit) betrachtet, angunel^men als gang Dertrdglid^ mit ienen®runb« 35
fd^en unb (Sinfd^rdntungen ber reinen t^eoretifd^en SSernunft mtber alle
9on ben (Bnittbfftt^en bet reinen pxa^\\ä^tn Vernunft. 43
StniDfirfe rettete, ol^ne bod^ t)on folgen ®egenfldnben irgenb etioad 93e«
fltmmted unb (SmeiternbeS gu^rlennen^ju geben, inbem fie Dielmel^r ade
Slttdftd^t ba^in g&nsltd^ abfc^itltt.
Zugegen giebt baS moralifc^e ®efe^, menn gleich feine Sudfid^t,
5 bennod^ ein fd^Iec^terbingS aud allen 3>attö ber Sinnenioelt unb bem
ganjen Umfange unfereS tl^eoretifc^en 93ernunftgebraud^d unerfl&rlii^ed
factum an bte ^anb, baS auf eine reine SSerf^anbeSmett 8ngeige giebt,
ja biefe fogar ))ofitiD beftimmt unb unS etn)a8 t)on i^r, ndmlid^ ein
®efe^,teTtennemIdgt.
10 S)iefeS ®efe^ foU ber @innenn)elt, als einer finnlic^en Statur,
(maS bie vernünftigen äBefen betrifft) bte $orm einer Sßerftanbedmelt,
b. {. einer fiberfinnlid^en 9latur, Derfd^affen, ol^ne boc^ iener il^rem
SRed^aniöm 8lbbru<% gu t^un. SRun ift %atur im aUgemeinften SSerftanbe
bie (S;rtfteng ber S)inge unter @efe^en. S)ie ftnnlii^e !Ratur Dernfinftiger
i§ SSefen äber]^au))t ift bie S^cifteng berfelben unter em^irifc^ bebingten ®e»
fe^en, mitl^in fär bie Sernunft «^eteronomie. S>te Aberftnnlic^e 9latur
eben berfelben Sßefen ift bagegen il^re @;ciften} nac^ ®efe^en, bie t)on aller
em|)irtf(^en IBebingung unabl^&ngig ftnb, mitl^in gur Slutonomie ber
reinen SSernunft gel^ören. Unb ba bie (Sefe^e, nad^ meieren bad S>afetn
so ber S>inge t)om (Srfenntnig abl^&ngt, ))raltif(^ finb: fo ift bie überftnnlit^e
Statur, fo mit mir un8 einen Segriff Don il^r mad^en Unnen, nidgtd an>
berS atö eine Statur unter ber Autonomie ber reinen ))ralti«
fc^en SSernunft. S>ai ®efe^ biefer Autonomie aber ift baS moralifd^e
@efe|, meld^eiS alfo baS ®runbgefe^ einer überffnnlid^en Statur unb einer
25 reinen JBerpanbeamelt ift, bereu ®egenbilb in ber ©innenmelt, aber bod^
gugleid^ ol^ne Slbbrud^ ber ©efe^e berfelben ejcifliren foU. SRan !5nnte
jene bie urbil blicke (natura archetypa), bie mir bloö in ber 93ernunft
[erlennen, biefe aber, »eil fte bie mögliche SBirfung ber 3bee ber erfteren
atö IBeflimmungdgrunbeS beS SSiDend entl^<, bie nac^gebilbete (natura
30 ectypa) nennen. S)enn in ber Sll^at Derfe^t uns bad moralif c^e ®efe^ ber
Sbee na<% in eine Statur, in melc^er reine 93ernunft, menn fte mit bem il^r
angemeffenen pl^^ftfc^en SSermögen begleitet m&re, bad l^bc^fte ®ut l^er^»
vorbringen m&rbe, unb beftimmt unferen äSiOen bie f^orm ber ©innen«
melt, als einem ®angen vernünftiger SSefen, gu ertl^eilen.
35 S)ag biefe Sbee mirflid^ unferen SßillenSbeftimmungen gleid^fam ald
Sorgeic^nung gum SRufler liege, beft&tigt bie gemeinfte Slufmer!famleit
auf fi(^ felbfi.
44 Jtriti! ber t)ra!tif4en Vernunft, l.^eil. l.S9u<l|. l.^auptflfidr.
SSenn bie 9Ra;rime, mii ber id^ ein 3^ugnig abzulegen gefonnen b{»i
burd^ bie prafttfd^e SBernunft geprüft mirb, fo fe|e td^ immer bamac^, mie
fte jein mürbe, menn fte ald aOgemeineS Slaturgefe^ gölte. (SS ift offen«
bar, in biefer Srt mürbe ed iebermann gur äBal^rl^aftigleit not^igen. S)enn
ed tonn nic^t mit ber aOgemeinl^eit eines !Raturgefe^ed befleißen, SiuSfagen s
für bemeifenb unb bennod^ a\& t)orfe^n<% nnmal^r gelten ju laffen. @ben fo
mirb bie SRajrime, bie i<% in an{el^ung ber freien S)id))ofitton über mein
Seben nel^me, fofort beftimmt, menn idb mi<% frage, mie fte fein mügte, ba*
mit ftcb eine 9latur nad^ einem ®efe^e berfelben erl^alte. Offenbar mürbe
niemanb in einer fold^en Statur fein £eben milllürlicb enbigen lönnen, lo
benn eine fold^e äJerfaffung mürbe leine bleibenbe 9laturorbnung fein,
unb fo in allen übrigen $&aen. 9tun ift aber in ber mirüid^en 9latur, fo
mie fie ein ®egenftanb ber (Srfal^rung ifi, ber freie SBiUe nid^t Don felbfi
gu fold^en 3Stafmen beftimmt, bie für ßd^ felbfi eine 9latur na<% allge«
meinen ©efe^en grünben lönnten, ober aud^ in eine folc^e, bie nad^ i^nen i§
angeorbnet märe, oon felbft pagten; oielmel^r jtnb es ^rioatneigungen,
bie gmar ein SlaturgangeS nad^ ))at]^oIogtfd^en (pl^Qftfd^en) ®efe^en, aber
ni(^t eine Statur, bie allein burd^ unfern äBiUen nat^ reinen {»rattifd^en
©efe^en möglid^ m&re, auSmad^en. ©leic^mol^l ftnb mir unS burc^ bie
SSernunft eined ©efe^eS bemugt, mel(^em, aU ob burd^ unferen SBillen )u« 20
glei(^ eine 9laturorbnung entfpringen mügte, alle unfere SRairimen unter«
morfen ftnb. Sllfo mug biefeS bie 3bee einer nid^t em))irifd^' flegebenen
unb bennod^ burc^ ^rei^eit m5glid^en, mitl^in überfinnlid^en Statur fein,
ber mir, menigftenS in praltifd^er S3ejie^ung, obiectioe 9tealit&t geben,
meil mir fte ald Object unfered äSillenS als reiner oernünftiger äSefen t6
anfeilen.
S)er Unterfd^ieb alfo gmifd^en ben ©efe^en einer Statur, meld^er ber
äBille untermorfen ifi, unb einer Statur, bie einem äBillen (in
anfel^ung beffen, maS Segiel^ung beffelben auf feine freie ^anblungen l^at)
untermorfen ifi, berul^t barauf, bag bei iener bie Dbiecte Urfad^en ber 10
SBorftellungen fein muffen, bie ben SBillen beftimmen, bei biefer aber ber
98iae Urfad^e oon ben Dbjecten fein foll, fo bag bie Saufalit&t beffelben
il^ren SeftimmungSgrunb lebiglic^ in reinem 93emunftoermogen liegen
^at, meld^es beS^alb aud^ eine reine ))raftif(:^e SBernunft genannt merben
!ann. ^ u
S)ie gmei Aufgaben alfo: mie reine äSemunft einerfeits a priori
Dbjecte erJennen unb mie fte anbererfcit» unmittelbar ein Seftinu»
8oit ben ®runbf&t^en ber reinen proftifd^en Qemunfi. 45
mungdgrunb be8 SSinenö, b. i. ber Saufdität bed Dernfinftigen äßefenS
in^Hnfe^uitfl ber SBIrflic^fcit ber Dbiecte, (Mo« burd^ ben ©ebonfen ber
aOgemeingfiltigfeit i^rer eigenen 9Ra;rtmen ald ©efe^ed) fein I5nne, ftnb
fel^r Derf(i^ieben.
5 3)ie erfie, als gur j(ritif ber reinen fpecuIatiDen Vernunft ge]^5rig,
erforbert, bag jnDor erftdrt »erbe, nie 9nf(i^auungen, o^ne toeld^e nnd
flberall lein Dbiect gegeben unb alfo aud) feined f^nt^etifd^ erfannt toer*
ben fann, a priori miglid^ {inb, unb i^re Suflöfung f&nt ba^in aud, bo^
fie inSgefantmt nur finnlic^ {inb, bo^er auc^ lein fpecuIatiDed ßrlenntnig
10 mftglid^ merben laffen, bad meiter ginge, aU mögliche (Srfal^rung reid^t,
unb bag bal^er aQe ®runbfä^e iener reinen fpecuIotiDen Sernunft nid^tö
»eiter auSridjten, als (Srfal^rung entmeber Don gegebenen ®egenßänben,
ober benen, bie ind Unenblic^e gegeben merben mögen, niemals aber doD«
ft&nbig gegeben {inb, mftglici^ gu ma(i^en.
w ©ie jweite, ol8 jur Äritif ber ^)roftlfd^en SBernunft gehörig, forbert
feine SrAdrung, ttie bieDbfecte bed 93ege^rungdt)ermögend möglid^ ftnb,
benh baS bleibt aU aufgäbe ber tl^eoretifd^en Slaturerfenntnig ber j(ritit
ber fpeculatiöen SSemunft ilberlaffen, fonbern nur, nie SSernunft bie
Vtaxime beS SBiaend beftimmen finne, ob ti nur oermittelft entpirifd^er
30 S6r|teUungen atö SeßimmungSgrfinbe gefd^e^e, ober ob aud^ reine f&zx*
nunft pTaftif(^ unb ein ®efe^ einer möglid^en, gar ni(|t empirifc^ er«
fennbaren 3laturorbnung fein »ürbe. S)ie 5K5glid^feit einer folc^en über^»
^nnlic^en 9latur, beren Segriff jugleid^ ber ©runb ber SSirllic^feit ber«
\ "inben hmäi utiferen freien äSiUen fein fbnne, bebarf feiner anfc^auung
* n a priori (einer inteUigibelen äSelt), bie in biefem ^aOe, ald äberfinnlid^,
für und aud^ unmbglid^ fein mfigte. Senn ed fommt nur auf ben Se*
pimmungdgrunb beS SBoUenS in ben ÜRa^rimen beffelben an, ob iener em«
pxxx\if, ober ein Segriff ber reinen Sernunft (t)on ber ®efe^m&gigfeit ber«
felben fiber^aupt) fei, unb ttie er le^tered fein fönne. Ob bie Saufalitdt
90 beS SBiOen« gur SSirflidifeit ber Dbiecte gulange, ober nic^t, bleibt ben
tl^eoretifc^en ^rinci^ien ber Sernunft gu beurt^eilen ftberlaffen, ald Un«
terfud^ung ber 9Röglid)feit ber Dbjlecte beS äßoQend, beren Sufd^auung
alfo in ber |)rattifd^en Aufgabe gar fein 9Roment berfelben ausmacht.
!Rur auf bie S3inen«befiimmung unb ben SeftimmungSgrunb ber SRa^rime
» beffelben als eine« freien äSiOenS fommt ed l^ier an, nid^t auf ben Sr«
folg. 3)enn toenn ber SBille nur fflr bie reine Sernunft gefe^md^ig ifi,
fo mag es mit bem Vermögen beffelben in ber auSfftl^rung ftel^en, mic
46 Sttiiit ber proftifd^en «Vernunft. 1. ^eit. 1. Sud^. 1. ^ouptflfidf.
e8 \DoUt, es mag nac^ tiefen 3Stafxmtn ber @efe^gebung einer ni5gU(i^en
Statur eine fold^e ttirtlid^ baraud entf))ringen, ober ni(i^t, barum befflm«
mert fid^ bie ftritit, bie ba unterfu^t, ob unb nie reine Sernunft t)raftif(^,
b. i. unmittelbar miQenbeftimmenb, fein fönne, gar nic^t.
3n biefem ®ef(^dfte fann fie alfo ol^ne Säbel unb mug fte Don rei» s
nen praftifd^en ®efe^en unb bereu SBirRid^feit anfangen. 6tatt ber Sn«
fd^auung aber legt fie benfelben ben Segriff i^res S)afein8 in^ber^intjOi'
gibelen SBrtt, nftmlid^ ber Steij^ctt, jum ®runbe. ä)enn biefer bebeutet
nid^ts anberiS, unb fene ®efe^e finb nur in Sejie^ung auf f^rei^eit beS
äSiOend m5gli(6, unter SSorauSfe^ung berfelben aber notl^menbig, ober lo
umgele^rt, biefe ift notl^menbig, »eil iene ®efe^e als ^rattifd^e ^oftulate
not^menbig ftnb. äßie nun biefed Semugtfein ber moralifc^en ®efe^e ober,
tteld^eS einerlei ifl, bad ber f^reil^eit möglich fei, Idgt ftd^ ni(6t toeiter er«
tlären, nur bie Sulftffigleit berfelben in ber t^eoretifc^en j^ritil gar mo^l
üertl^eibigen. 15
S)ie (S^rpofition beS oberßen ®runbfa^eS ber ^raltifd^en SSemunft
ift nun gefc^el^en, b. i. erßlic^, maö er entl^alte, bag er gftnilid^ a priori
unb unabhängig Don em^irifd^en ^rincipien fftr fid^ befleiße, unb bann,
»orin er fic^ oon allen anberen praltifc^en ®runbfd^en unterfd^eibe, ge»
jeigt morben. SRit ber S)ebuction, b. i. ber Sfled^tfertigung feiner objec« 20
tioen unb aOgemeinen ®AltigIeit unb ber @inft(^t ber 9R5glid^feit eines
fol(6en f^ntl^etifd^en @a^eS a priori, barf man nid^t fo gut fortgufommen
hoffen, als eS mit ben ®runbfd^en beS reinen t^eoretifd^en SSerßanbeS
anging. S)enn biefe belogen fid^ auf ®egenPnbe mSglic^er ßrfal^rung,
nämlid^ auf @rfd^einungen, unb man lonnte betteifen, bog nur baburd^, 95
bag biefe @rfc^einungen nac^ SRaggabe teuer ®efe^e unter bie Kategorien
gebrad^t »erben, biefe (Srfd^einungen als ®egenft&nbe ber (Srfal^rung er«
f annt »erben fönnen, folglich alle m5glid^e (Srfal^rung biefen ®efe^en an«
gemeffen fein mäffe. @inen fold^en ®ang fann id^ aber mit ber ^ebuo
tion beS moralifdjen ®efe^eS nic^t nel^men. S)enn eS betrifft nic^t baS so
(Srlenntni^ oon ber Sefd^affenl^eit ber ®egenft&nbe, bie ber äiernunft ir«
genb »oburd^ anberm&rts gegeben »erben mögen,^onbern ein Srienntnig,
f 0 fern eS ber ®runb oon ber 6;rifteni ber ®egenftänbe felbß »erben lann
unb bie SSernunft burd) biefelbe @aufalit&t in einem oernfinftigen SBefen
l^at, b. t. reine Vernunft, bie als ein unmittelbar ben SBinen beftimmen« »
beS äSermögen angefel^en »erben fann.
9lun ift aber aOe menfc^lid^e @inftd^t ju (Snbe, fo balb »ir ju ®runb*
IBon btn @ritnbf&|en ber reinen t>rQfttf(!§en Vernunft. 47
fr&ften ober (Srunbuermögen gelangt finb; benn beren 9R5gIicl^Iett lann
burd^ ntd^tö begriffen, barf aber aud^ eben fo mentg beliebig erbid)tet unb
angenommen »erben. S>afjex lann und im t^eoretifc^en ©ebraud^e ber
SSernunft nnr Srfa^rung baju bered^tigen, fe anjune^men. S)iefed ©ur«
s rogat, jiatt einer 2)ebuction and SrIenntnigqueQen a priori em:pirtf(^e
Semeife an^uful^ren, i[t und l^ier aber in 3lnfe^ung bed reinen :praftifd^en
SSernunftoermögend anc^ benommen. S)enn maS ben Semeidgrunb feiner
Siirflic^feit oon ber @rfa^rung l^ergul^olen bebarf, mug ben (Srünben fei«
ner 3K5gIi(i^feit nad^ oon @rfa]^rungs:princi))ien abl^&ngig fein, ffir ber»
10 gleichen aber reine unb bod& praftifdje äJernunft fd&on i^re« Segriff«
megen unm5glid^ gel^alten toerben fann. 8u(^ ift baö moralifc^e ®efe^
gleid^fam ald ein f^actum ber reinen SSernunft, beffen mir und a priori
bettugt ftnb unb meld^ed apobiftif(| gemig ift, gegeben, gefegt bag man
aud^ in ber Srfal^rung lein Seifpicl, ba ed genau befolgt märe, auftreiben
15 f5nnte. aifo fann bie obfectioe Slealität bed moralifc^en ©efe^ed burd^
leine S)ebuction, burd^ aOe Snftrengung ber t^eoretifd^en, fpeculatioen
ober empirifd) unterftu^ten SSernunft, bemiefen unb alfo, menn man aud^
auf bie apobiftif(6e ©emig^eit SSergid^t t^un ttoQte, burd^ ßrfal^rung be^
flfitigt unb fo a posteriori beriefen toerben, unb fte^t benno(^ f&r fid^
20 felbft feft.
etuad anbered aber unb gan} 3Siberftnnifd^ed tritt an bie ©teQe
biefer oergeblid^ gefuc^ten S)ebuction tt^ moralifdben ^rincipd, n&mlid^
ba^ ed umgefel^rt felbft jum $rinci:p ber S)ebuction eined unerforfd)Itd^en
S3erm5gend bient, melc^ed feine 6rfa]^rung bemeifen, bie f^eculatioe 93er«
85 nunft aber (um unter il^ren fodmologifc^en ^been bad Unbebingte feiner
Saufalitdt nad^ ju finben, bamit fie fid^ felbft nid^t »iberfpred^e) menig*
fiend ald möglich annehmen mugte, nämlid^ bad ber f^rei^eit, oon ber bad
moralifcfte ®efe^, »el^cd felbft feiner rct^tfertigcnben ®rflnbe bebarf,
nid)t blöd bie aRbglic^feit, fonbern bie äßirflic^teit an SBefen bemeifet, bie
30 bied ®efe^ ald für fie oerbinbenb erfennen. S)ad moralif(^e ®efe^ ift in
ber S^at ein ®efe^ ber ßaufalität huxi) ^reil^eit unb alfo ber 9R6glid^«
feit einer &ber|innlid^en Statur, fo »ie bad meta:pl(|^ftf(6e ©efeb ber S3e«
gebentieiten in ber Sinnenmelt ein ®efe^ ber Saufalitdt ber finnlic^en
9latur »ar, unb jjened beftimmt alfo bad, xoa^ f:peculatioe ^^ilofopl^ie
35 unbefiimmt laffen mugte, ndmlid^ bad ®efe^ für eine 6aufalität, beren
Segriff in ber Unteren nur negatio »ar, unb oerfc^afft biefcm alfo juerft
obiectioe SfleoUt&t
48 Sttiill bn pramf^en l^ernunft. 1. %^t\l 1. Sud^. 1. ^auptftfidf.
S)iefe Urt Don SrebttiX) beiS moralifd^en ©efe^e«, ba ed felbß als ein
^rinclt) bcr ©ebuctlon bcr ^^eil^cit al« einer ©aufalitfit bcr reinen Ser«'
nunft aufgehellt mirb, iß, ba bie t^eoretifd^e äSernunft menigftend bie
9RögIi(^Ieit einer ^eil^eit an gunel^men gen5t^igt »ar, gu (Srgdnjung
eines SBebürfniffeS berfelben ßatt aOer SHec^tfertigung a priori DoOtg ^in^ 5
reid^enb. S)enn baS moralifc^e ®efe^ betteifet feine Stealitdt baburd^
aud^ ffir bie j(ritit ber ft)ecuIatiDen ä^rnunft genugt^uenb, ta^ ed einer
blo« negatit) gebadeten 6aufalitftt, beren SWöglid^feit jener jUnbegreifUdliy
unb bennod^ fie anjunel^men nöt^ig toar, pofitiDe Seftimmung, n&mlid^
ben SSegriff einer benSBiOen unmittelbar (burd^ bie Sebingung einer aQ« lo
gemeinen gefe^lic^en $orm feiner SRajcimen) 6e[timmenben SSernnnft,
l^inguffigt unb fo ber Sernunft, bie mit il^ren 3>i^een, »enn fie fpeculatit)
»erfahren toollte, immer fiberfd^ttenglid^ tturbe, gum erflenmale obiectioe,
obgleid^ nur praltif(|e Sflealit&t gu geben Dermag unb i^ren tranSfcen«
beuten ®ebraud^ in einen immanenten (im f^elbe ber (Srfal^rttng burd^ is
Sbeen felbft mirfenbe Urfad^en gu fein) Dermanbelt.
S)ie Seftimmung ber Saufalitdt ber SBefen in ber Sinnenmelt ald
einer fold^en lonnte niemals unbebingt fein, unb bennod^ mug ed gu aDer
Sfleil^e ber Sebingungen not^menbig etmad UnbebingteS, mitl^in aud^ eine
fi(^ gdnglid^ üon felbfi beftimmenbe Saufalitdt geben. S)a^er mar bie so
Sbee ber Steilheit als eines äSermögenS abfoluter @pontaneitdt nic^t ein
Sebfirfnig, fonbern, maS beren 3R5gU(^teit betrifft, ein anal^tifd^er
®runbfa^ ber reinen ft)eculatiüen Vernunft, illlein ba eS fd^lec^terbingS
unmöglich ift, i^r gemdg ein SBeif^iel in irgenb einer (Srfal^rung gu geben,
meil unter ben Urfad^eh ber S)inge als @rf(^einungen feine SBeftimmung n
ber Saufalitdt, bie {(^led^terbingS unbebingt mdre, angetroffen merben
lann, fo tonnten mir nur ben ©ebanlen oon einer frei^anbelnben Ur»
fad^e, menn mir biefen auf ein SSBefen in ber @innenmelt, fo fern eS an«
bererfeits aud^ als Stoumenon betrachtet mirb, anmenben, Dertl^eibigen,
inbem mir geigten, ia^ eS fi(^ nid^t miberft)re(!^e, alle feine ^anblungen so
als p^tj^\üi bebingt, fo fern fie Srfc^einungen finb, unb bod^ gugleid^ bie
Saufalitdt berfelben, fo fern baS l^anbelnbe Sßefen ein äSerftanbeSmefen
ift, als p^Qftfd^ unbebingt angufe^en unb fo ben Segriff ber ^reil^eit gum
regulativen ^rinci^ ber Vernunft gu ma^en, moburc^ i(6 gmar ben ®e«
genftanb, bem bergleid^en Saufalitdt beigelegt mirb, gar nid^t erlenne, ss
maS er fei, aber bod^ baS ^inberni^ megnel^me, inbem id^ einerfeits in
ber (Srfldrung ber SBeltbegebenl^eiten, mitl^in aud^ ber ^anblungen Der«
Sott beit (BrunbfA^en ber reinen praftif^en Oemunft. 49
nünftiger Sßefen, bem SRed^anidmuS ber 9tatumotl^menbigfeit, Dom Se«
bingten }ur SBebingung tnS Unenbli^e }urüd(juge^en, ®ere(6ttgteit »iber«
fahren laffe, anbererfeitö aber ber fpeculatitten Semunft ben für ße leeren
$Ia^ offen erl^alte, nämli(6 baS SnteQigibele, um baS Unbebingte bal^in
s gu üerfe^en. Sd^ lonnte aber btefen ©ebanlen m(i^t realif iren, b. i. il^n
nid^t in Srienntnig eines fo l^anbelnben äBefeniS aud^ nur blod feiner
3R5glid^fett na(| oermanbeln. S)iefen leeren $Ia^ füQt nun reine prafttfd^e
SSernunft bur(^ ein beftimmteS ®efe^ ber ßaufalit&t in einer inteOigibe'
len 93elt (burd^ i^reil^eit), namlid^ baS moralifd^e ®efe^, au«, ^ieburd^
10 lodd^fl nun gmar ber f:pecuIatiDen äSernunft inJHnfel^ung i^rer Sinftc^tj
nid^tSgu, aberbod^ in(9lnfe]^ung ber Sid^erung^il^reSproblematifd^en
Segriff« ber ^reil^eit, toeld^em l^ier obiectioe unb, obgletd^ nur t)raltifd^e,
bennoc^ ttnbejteeifeUe 3flealitat üerf^afft tolrb. ©elbft ben SÖegriff ber
@aufalitdt, beffen antoenbung, mitl^in au(^ Sebeutung eigentlld^ nur in
15 SSegiel^ung auf Srfd^einungen, um fie gu @rfa^rungen gu oerfnfipfen,
ftottpnbel (»ie bie Äritif ber reinen SSernunft betoelfet), ertoeltert jte nid^t
fo, ba^ fie feinen ®ebraud^ Aber gebac^te ®rengen auSbel^ne. S)enn menn
fie barauf ausginge, fo mügte fie geigen tooUen, toie baS logifd^e SSer«
^dltnig beS ©runbeS unb ber f^olge bei einer anberen Srt Don 9nf(^au«
w ung, als bie finnlid^e ifi, f^ntl^etifd^ gebrandet toerben f5nne, b. i. toie
causa noumenon m5glic^ fei; tt)el(^e8 fte gar ni(^t leiften fann, »orauf
fie aber aud^ ali ^raftifd^e 93ernunft gar nid^t SRudffic^t nimmt, inbem fie
nur ben SSeftimmungdgrunb ber ^aufalitdt beS SRenfd^en als @innen«
»efen« (»eld^e gegeben ifi) in ber reinen SJernunft (bie barum ^)rat
25 tifd^ l^eigt) fe^t unb alfo ben Segriff ber Urfad^e felbft, oon beffen 9in*
menbung auf Dbj|ecte gum Sel^uf tl^eoretifd^er @r(enntniffe fie l^ier gdng»
lid^ abflral^iren fann (meil biefer Segriff immer im Serfianbe, aud^ un«*
ab^dngig Don aKer anfd^auung, a priori angetroffen toirb), nid^t um
®egenftdnbe gu erfennen, fonbern bie @aufalitdt in ^(nfel^ung berfelben
30 überl^au^t gu beftimmen, alfo in leiner anbern als praftifd^en 8(bf{(^t
brandet unb bal^er ben SeftimmungSgrunb beS äßiUenS in bie inteOigibele
Drbnung ber S)inge Derlegen fann, inbem fie gugleid^ gerne geftel^t, baS,
»aS ber Segriff ber Urfad^e gur-j^rfenntnife^ biefer 2)lnge für eine Se*
flimmung l^aben m5ge, gar nid^t gu^erftel^en.j^ S)ie 6aufalitdt in Snfe"
35 l^ung ber ^anblungen beS SBiUenS in ber @innentt)elt mug fie aUerbingS
auf beftimmte 9Beife(trIennen,;jbenn fonfl fönnte ^raltifd^e Sernunft toirl«
lid^ feine Sl^at l^erDorbringen. über ben Segriff, ben fie Don il^rer eige«
itavt'i ec^tiften. »crfe. Y. 4
50 Siviiit ber pTam\^ Sernunft. 1. ^til 1. »n^. 1. ^oupiftfidf.
tten Saufalit&t aU 9toumenon mad^t, hxauiit {te nid^t t^eorettfd^ ^um
Sel^uf ber @rfenntutg il^rer fibetftnnlid^en @;rifieni gu beftimmen unb
alfo il^m fo fern Sebeiitung geben gu tdnnen. S)enn Sebeutung befommt
er ol^nebem, obgleid^ nur gum praftifd^en (Sebraud^e, nämlid^ burc^S tno«^
ralifc^e ®efe^. Sud^ t]^eorettf(^ betrad^tet bleibt er immer ein reiner, 5
a priori gegebener SJerftanbeSbegriff, ber auf ®egen{tdnbe angen)anbt
werben lann, fie mögen finnlid^ ober nic^t ftnnlidi) gegeben »erben; »ie«
mol^l er im legieren t^aQe leine befiimmte t]^eoretif(^e Sebeutung unb 8n«
menbung ^at, fonbern bloS ein formaler, aber bo(6 mefentlid^er ®ebanfe
bed Serftanbed Don einem Dbiecte fiberl^aupt ift. S)ie SBebeutung, bte lo
il^m bie Vernunft burd^S moralifd^e ©efe^ ))erf(^afft, iß lebiglid^ praltifd^,
ba nämlid^ bie 3bee beS ®efe^e« einer @aufaUt&t (beS äBiKeniS) felbft
@aufalit&t l^at, ober x\ix Seßimmungdgrunb ift.
IL
9Son ber Sefugnlfe ber reinen Vernunft im praftifd^en n
®ebraud^e gu einer Srmeiterung, bie il^r im fpeculatioen fär
fic^ nic^t möglid^ ift.
Sn bem moralifd^en ^rincip ^aben n)ir ein ®efe^ ber ßaufalitdt auf*
geftellt,n)elc^e8 ben SSeftimmungSgrunbber le^teren fiber aUe Sebingungen
ber @innen»elt toegfe^t, unb ben SSiDen, mie er a\9 gu einer inteüigibelen 20
äßelt gel^brig beftimmbar fei, mitl^in bad Subject biefed äSiUend (ben
3Renf(ben) nid^t blöd ald gu einer reinen SSerftanbeSmelt gel^örig, obgleid^
in biefer Segiel^ung a\i und unbelannt (mie ti nad^ ber ftritil ber reinen
fpeculatioen SSernunft gefc^el^en fonnte) gebadet, fonbern ibn aud^ in 8n*
fel^ung feiner Saufalitdt Dermittelft eines ®efe^ed, »eld^eS gu gar feinem 25
Slaturgefefee ber ©innentoelt gegä^lt »erben- fann, beftimmt, alfo unfer
@rlenntnig aber bie ©renjen ber legieren erioeitert, »etd^e SInmagung
bod^ bie ^ritil ber reinen SSemunft in aDer @pecuIation für ni(!^tig er«
n&rte. SSie ift nun l^ier :praftif(6er ®ebraud^ ber reinen SSernunft mit
bem tl^eoretifd^en eben berfelben in Snfel^ung ber ©rengbeftimmung il^reö 30
SSermigend gu Dereinigen?
S)aoib $ume, Don bem man fagen fann, ba^ er aUe Snfed^tung
ber Sfie^te einer reinen äSemunft, \oA6it eine gdnglid^e Unterfud^ung ber>s
felben notl^menbig machten, eigentlid^ anfing, fd^lo| fo. S)er Segriff ber
8on ben Orunbfft^en ber reinen pralttfd^en Semunft. 51
Urfüi^c iH ein »cgriff, ber bie giotl^toenbtflfclt bcr gSerfnüt)fun8 ber
e^ifteng bed Serfd^iebenen unb gmar, fo fern tS üerfc^ieben ifi, ent^ftlt, fo
ba^, mm A gefegt »irb, id^ erlenne, bag etuad baüon gang 93erf(i^tebe»
neS, B, notl^ioenbtg aud^ ejtißiren muffe. Slotl^ttenbigfeit lann aber nur
5 einer Serfnfipfunß bcißeleflt »erben, fo fern fte a priori erfannt »Irb;
benn bie @rfa^rung »ärbe üon einer SSerbinbung nnr gu erlennen geben,
ba| fte fei, aber nid^t, ba| fie fo not^menbigeroeife fei. 9lun ifl ed, fagt
er, unmftglid^, bie 93erbinbung, bie gtoifd^en einem S)inge unb einem an»
ber en (ober einer SSeflimmung unb einer anberen, gang oon il^r Derfd^ie«
10 benen), toenn fie ni(6t in ber SBa^mel^mung gegeben »erben, a priori unb
als not^aenbig gu erfennen. aifo ifi ber 93egrif[ einer Urfad^e felbft Iflgen«
^aft unb betrftgerifd^ unb ifl, am gelinbefien baDon gu reben, eine fo fern
nod^ gu entfd^ttlbigenbe S&ufd^ung, ba bie ©emol^nl^eit (eine f ubfectit^e
5(lot]^tt)enbigfett), getoiffe S)inge ober il^re JBefHmmungen bfter« neben ober
IS nad^ einanber il^rer @irifieng nad^ ald fic^ beigefeOt toa^rgune^men, un*
Dermerft fär eine objectiDe 9tot^U)enbigfeit, in ben ©egenftdnben felbft
eine folcfte aSerfnlH)fung gu fefeen, genommen unb fo ber ^Begriff einer ttr*
fad^e erf(^Ii(6en unb nid^t red^tmägig erkoorben ift, ia auc^ niemals er«
morben ober beglaubigt merben fann, »eil er eine an ftc^ nid^tige, d^imd«
80 rifd^e, i^or leiner SSernunft faltbare SBerfnü^fung forbert, ber gar fein
£)bj[ect femals correfponbiren lann. — @o marb nun guerfl in anfe^ung
aQeS Srlenntniffe«, iai bie @;rifteng ber S)inge betrifft (bie ÜRat^ematif
blieb alfo baoon nod^ ausgenommen), ber @mpiriSmuS als bie eingige
OueOe ber ^rinci^ien eingeführt, mit i^m aber gugleid^ ber l^drtefte
25 €ce^ticiSm felbfi in Snfe^ung ber gangen 9tatur»iffenf(^aft (als $]^ilo»
fo)>]^ie). S)enn »ir Ibnnen nad^ folc^en ®runbfd^en niemals aus gegebe»
nen SSeflimmungen berS)inge il^rer @jcifteng nad^ auf eine grolge f daliegen
(benn bagu mürbe ber Segriff einer Urfad^e, ber bie Stotl^menbigfeit einer
fold^en SSerlnüpfung entl^dlt, erforbert merben), fonbern nur nad^ ber
30 aUegel ber (SinbilbungSlraft d^nlic^e SrdDe mie fonft efmarten, meldte (Sr«
martung aber niemals fidler ifl, fte mag aud^ no(^ f o oft eingetroffen fein. Sa
bei feiner Segeben^eitfönnte manfagen: eS muffe etmas \>ox \\)x Dorl^er«
gegangen fein, morauf fte notl^menbig folgte, b.i. fie muffe eine Urf ad^e
l^aben, unb alfo, menn man aud^ nod^ f o 5ftere f^dUe fennte, mo bergleid^en
36 Dorl^erging, fo ba^ eine Siegel baüon abgegogen »erben fonnte, fo fönnte
man barum eS nid^t als immer unb not^menbig fic^ auf bie 8rt gutragenb
annehmen, unb fo muffe man bem blinben ßufalle, bei »eld^em aller Sitx^
52 ^iti! ber prahtfil^en Sernunft. 1. ^^eil. 1. 9ud|. 1. ^auptflüdf.
nunftgebraud^ aufhört, aud^ fein 9ted^t laffen, toeld^ed benn ben &ctptx*
cidm in Slnfel^ung ber Don SBirfungen }u Urfad^en auffteigenben 6(l^läffe
fefl gränbet unb unwiberleglit^ mad^t.
S)ie SRat^ematil aar fo lange nod^ gut loeggetommen, »eil $ume
baf &r l^ielt, bag tl^re @ä^e aQe analqtif (^ m&ren, b. i. Don einer 99efttmmung s
jur anbern um ber S^entität miQen, mithin nad^ bem @a^e bed äStber«
fprud)d fortfd^ritten (»elc^ed aber falfc^ ift, inbem fie Dielmel^r aUe fqn«
tl^etifc^ Pnb, unb, obgleich j. 99. bie ©eometrie eS nid^t mit ber 6;rifteng
ber ^inge, fonbern nur il^rer 99eftimmung a priori in einer moglid^en
9lnfd)auung gu tl^un l^at, bennod^ eben fo gut mie burc^ @aufalbegrif[e Don lo
einer S3efltmmung A gu einer gang Derfd^iebenen B, al8 bennod^ mit j|ener
notl^menbig Derlnfipft, ftbergel^t). Aber enblit^ mug iene »egen i^rer apo«
bittif(6en ®emigl(|eit fo ^od^gepriefene Sßiffenfd(|aft bod^ bemiSmpiridmuS
in ®runbfd^en aud Demfelben ®runbe, »arum ^ume an ber SteUe ber
obiectiDen Stot^menbigfeit in bem äSegriffe ber Urfad^e bie (Semol^nl^eit u
fe^te, au(^ unterliegen unb ftc^ unangefe^en aQed i^red @toIgeS gefaQen
laffen, il^re fä^ne, a priori Seiflimmung gebietenbe Slnfprüd^e l^erab«
guftimmen, unb ben S3eifaU für bie SlDgemeingältigleit i^rer @d^e Don ber
®unft ber SSeobac^ter erwarten, bie als Saugen eiS boc^ nic^t meigern
D)&rben gu geße^en, bag fie baiS, toai ber ©eometer aU ©runbfd^e Dor» 20
trägt, iebergeit aud^ fo n)a^rgenommen l^ätten, foIgUd^, ob ed gleid^ eben
nid^t notl^wenbig »dre, bod^ fernerhin, e« fo ermarten gu bflrfen, erlauben
würben, auf biefe SBeife fä^rt ^umenS SmpiriSm in ®runbfd^en aud^
unDermeiblid^ auf ben @ccpticidm felbft in Ünfe^ung ber SRatl^ematif,
folglid^ in allem »iffenfc^aftlid^en tl^eoretifc^en ®ebrau(fte ber SSer- 25
nunft (benn biefer gehört ent»)eber gur ^^ilofop^ie, ober gur 9Rat^e«
matif). Db ber gemeine SSernunftgebrauc^i (bei einem fo fd^redlid^en
Umfturg, als man ben ^duptern ber (Srtenntnig begegnen fte^t) beffer
burd)fommen, unb nid^t Dielme^r nod^ unmieberbringlit^er in eben biefe
SerjWrung alle« SBiffen« »erbe Derwidelt toerben, mithin ein allgemein so
ner @cepticiSm nid^t aus benfelben ®runbfd^en folgen mfiffe (ber frei*
lic^ aber nur bie ®clel^rten treffen toürbe), baö will id^ ieben felbft be«
urt^eilen laffen.
SBa« nun meine Bearbeitung in ber Äritil ber reinen Vernunft be«
trifft, bie gwar burd^ iene ^umifd^e ß^'^if^Hel^re Deranlagt warb, bod^ 35
Diel weiter ging unb baS gange ^Sfelb ber reinen tl^eoretifc^en SSernunft im
f^nt^etif^en ®ebrau(^e, mithin aud^ besienigen, wad man SRetopl^^ftt
8on ben (S^runbfä^en ber reinen praftifd^en Semunft. 53
ibtxfiaupt nennt, befaßte: fo üerfu^r id^ in anfel^ung ber ben ^Begriff ber
ßanfalität betreffenben S^^\^l beS fd^ottifd^en $]^ilofot)^en auf folgenbe
Slrt. S)a^ ^ume, toenn er (mie eS bod^ aud^ foft fiberad gefd^tel^t) bie
®e0enfl&nbe ber (Srfal^rung fär ^inge an fi(^ felbft na^m, ben Segriff
5 ber Urfad^e für Irfiglid^ unb falfi^eS Slenbnert erflärte, baran tl^at er
gang re^t; benn Don S)ingen an {id^ felbft unb beren Seftimmungen als
fold^en lann nic^t eingefel^en »erben, mie barunti toeil etmaS A gefegt »trb,
etoaS anbereö B au(^ not^menbig gefegt toerben mflffe, unb alfo lonnte
er eine fold^e (Srtenntnig a priori oon fingen an {id^ felbfl gar nid^t ein«
10 rdumen. @tnen enipirifd^en Urft)rttng btefed Segrip tonnte ber f^arf»
ftnntge SRann nod^ meniger üerftatten, meil biefer gerabeju ber 9lot^:»
menbigfeit ber SSertnflf fung ttiberfprid^t, meldte bad SSSefentUd^e bed 93e«
griffe ber 6aufalit&t audmad^t; mitl^in aarb ber Segriff in bie 9ld^t
erftdrt, unb in feine @teDe trat bie ©erool^n^eit im Seobad^ten beS £auf8
15 ber SSSal^rne^mungen.
9u« meinen Unterfuc^ungen aber ergab eS ftd^, bag bie ®egenft&nbe,
mit benen mir eS in ber (Srfa^rung ju tl^un l^aben, feinedmeged ^tnge an
ftc^ felbft, fonbern bloe (Srfc^einungen ftnb, unb bag, obgleid^ bei S)ingen
an fid^ felbft gar nid^t abgufe^en ift, [a unmöglich ift einiiufe^en, mie, menn
30 A^gefe^t tbirb, e8 miberfpred^enb fein foHe, B, melt^eS oon A ganj oer»
f(^ieben ift, ntd^t ju fe^en (bie Slotl^menbigfeit ber Sertnfi:pfung gmifc^en
A ald Urfat^e unb B ald SSir(ung), eg fid^ bo(| gan^ mo^l benfen laffe,
bag fie atö @rf(^einungen in einer (Srfa^rung auf gemiffe Seife (g.S.
in 9lnfe^ung ber S^ü^ct^&itniffe) not^menbig oerbunben fein mflffen unb
95 nid^t getrennt merben Iftnnen, o^ne berj[enigen Serbinbung ju miber«
fpred^en, oermittelft beren biefe Srfal^rung möglich ift, in meld^er fte
©egenftdnbe unb un« aQein erfennbar finb. Unb fo fanb eS fid^ aud^ in
ber S^at: fo bag id^ ben Segriff ber Urfad^e nic^t allein nad^ feiner ob«
iectioen Sfiealit&t in Snfel^ung ber ®egenftdnbe ber Srfal^rung bemeifen,
so fonbern il^n au(6 al8 Segriff a priori megen ber SHot^wenbiglelt ber Ser*
fnfipfung, bie er bei {td^ fü^rt, bebuciren, b.i. feine SRöglid^feit aud
reinem Serftanbe ol^ne empirifc^e Quellen bartl^un, unb fo, nad^ äBeg«
f(^affung bed (Smpiridmud feines Urfprungd, bie unoermeiblic^e ^olge
beffelben, ndmlid^ ben 6cepticiSm, guerft in Slnfe^ung ber 9laturmiffen>
35 fd^aft, bann auc^, megen bed ganj ooUfommen aud benfelben ®rfinben
Solgenben, in Snfel^ung ber ^Ratl^ematif, beiber S93iffenf(^aften, bie auf
Oegenftdnbe mbglid^er (Srfa^rung bejogen merben, unb l^iemit ben totalen
54 ^tü ber proftifd^en Sentunft. 1. ^ül 1. ^n^. 1. ^auptflüd.
gioeifd an anem, mos tl^eoretifc^e äJernunft einaufel^en bel^auptet, aus
htm ®ruiibe lieben tonnte.
aber mie mirb t& mit ber antoenbung biefer J(ategorie ber Saufalitdt
(unb fo aud^ aller übrigen; benn o^ne fie Idgt {i(^ (ein 6rlenntnig beS
6jcl^irenben ju @tanbe bringen) auf S){nge, bie nic^t ®egenft&nbe mög« &
lid^er Srfal^rung ftnb, fonbern fiber biefer t§re ©renje l^inaud liegen?
£)enn id^ §abe bie objlectiDe Stealität biefer Segrife nur in 8(nfe^ung ber
®egenfi&nbe möglicher (Srfa^rung bebuciren (ftnnen. 9ber eben
biefeSi ba^ id^ fie au(i^ nur in biefem %aVit gerettet ^abe, bag id^ gemiefen
^abe, es laffen fi(i^ baburd^ bo(^ Obfectebenfen, obgleid^ nid^t a priori lo
beflimmen: biefeS ifi t», toaS i^nen einen $Ia^ im reinen ^erflanbe giebt,
Don bem fie auf Dbjecte überl^aupt (finnlid^e, ober nid^t ftnnli(^e) bejogen
»erben. Benn etmaS nod^ fel^lt, fo ifl es bie Sebingung ber Sntoenbung
biefer Kategorien unb namentlid^ ber ber Saufalttdt auf ©egenftftnbe,
n&mlic^ bie flnfd^auung, toeld^e, mo fie ni(|t gegeben ift, bie Sumenbung ib
jum Sel^uf ber tl^eoretifd^en ertenntnig bes ©egenftanbeS als
^oumenon unm5gU^ mad^t, bie alfo, menn es jemanb barauf magt, (mie
aud^ in ber j(riti( ber reinen SBernunft gefc^el^en) gdnjlid^ oerme^rt mirb,
inbeffen bag bod^ immer bie objectioe 9tealitdt beS äSegriffS bleibt, aud^
Don Siloumenen gebrandet »erben tann, aber ol^ne biefen Segriff tbeoretifd^ 20
im minbeflen beftimmen unb baburd^ ein (Srtenntnig bemirfen gn tftnnen.
S)enn bag biefer ^Begriff aud^ in Sejie^ung auf ein Dbiect nid^ts Unmbg«
lid^eS entl^alte, »ar baburd^ bemiefen, ba^ i^m fein @i^ im reinen SBer«
ftanbe bei aQer Slnmenbung auf ©egenftdnbe ber @inne gefiebert mar, unb
ob er gleid^ l^ernad^ etma, auf S)inge an fid^ felbft (bie nid^t ®egenftdnbe 25
ber Srfal^rung fein (innen) begogen, (einer Seftimmung gur 9SorfteQung
eines beftimmten ©egenftanbeS gum 93e^uf einer t^eoretifdlien @r«
(enntnig fd^ig ift, fo (onnte er bod^ immer nod^ gu irgenb einem anberen
(oieUeid^t bem ^ra{tifd^en) SBe^uf einer SSeftimmung gur Slnmenbung beS«
felben fd^ig fein, meld^eS ni(|t fein m&rbe, menn nad^ ^ume biefer äSegriff 30
ber ßaufalitdt etmas, baS überaU gu beuten unm5glid^ ift, entl^ielte.
Um nun biefe 99ebingung ber Snmenbung beS gebac^ten sbegriffs auf
9loumenen ausfinbig gu mad^en, b&rfen mir nur gurfldtfe^en, mesmegen
mir nid^t mit ber Slnmenbung beffelben auf (SrfairungSgegen«
fidnbe gufrieben finb, fonbern i^n aud^ gern oon S)ingen an fid^ felbfl 35
braud^en möchten, ^enn ba geigt fid^ balb, ba^ eS nid^t eine tl^eoretifd^e,
fonbern ^ra{tifd^e Slbftd^t fei, meiere uns biefeS gur 9lot^menbig(eit mad^t.
Qon htn (Brunbfdjien ber reinen praftif^en i@ernunft. 55
3ur @)>eculat{ott mürben toir, mm ti mi bamit aud^ sel&nge, bod^
tdnen maleren (Srioerb in Slaturfenntnig unb überl^QU4)t in Snfel^ung ber
®egen{l&nbe, bie und irgenb gegeben »erben mögen, machen, fonbern
aUenfoDs einen meiten @Aritt Dom Sinnlid^bebingten (bei meliigem ju
5 bleiben nnb bie j(ette ber Ürfad^en fleißig bur(l^iun)anbem mir fo f(^on
genug gu tl^un l^aben) jum äberftnnlid^en tl^un, um unfer (Srfenntni^ Don
ber Seite ber ®rfinbe ju DoKenben unb }u begrenjen, inbeffen bag immer
eine unenblic^e i(Iuft ittifd^en iener ®renge unb bem, roai mir fennen, un^
auegeffint flbrig bliebe, unb mir me^r einer eiteln Brragfuc^t, atö einer
10 grfinbli(6en äßigbegierbe ©el^dr gegeben l^itten.
Slu^er bem äSerl^dltniffe aber, barin ber 93erßanb gu ©egenftänben
(im l^eoretifd^en (Srienntniffe) fte^t, ^at er au(i^ eined gum SBege^rungS:^
vermögen, baS barum ber äBiQe ^ei^t, unb ber reine SBiQe, fo fern ber
reine Serfianb (ber in fold^em %atit 93ernunft l^eigt) burd^ bie bloge IBor«^
u fteQung eined ®efe^ed praftif(^ ift. ^ie objectioe Siealitdt eine« reinen
SBinenS ober, meldte« einerlei i[t, einer reinen praltifc^en Sernunft ift im
moralifd^en ®efe^e a priori gleid^fam burd^ ein factum gegeben; benn fo
fann man eine äBidenSbefiimmung nennen, bie unoermeiblid^ ifi, ob fie
gleidb nid^t auf empirif^en ^rincipien berul^t. 3m ^Begriffe eined SSiUenS
so aber iß ber 99egriff ber Saufalit&t fd)on enthalten, mithin in bem eine«
reinen SBiOenS ber 93egriff einer Saufalitftt mit f^reil^eit, b. i. bie nid^t
nad^ Slaturgefe^en beftimmbar, folglich leiner empirifd^en Snfd^auung atö
Semeifed feiner 9tealit&t f&l^tg ift, bennod^ aber in bem reinen t)raltifd^en
®efe^e a priori feine obiectioe Stealit&t, boc^ (mie leidet eingufel^en) nid^t
3s gum Sel^ufe beS tl^eoretifd^en, fonbern blod prattifd^en ©ebraud^d ber IBer:'
nunft, ooQfommen redbtfertigt. !Run ift ber Segriff eineSäSefend, baS freien
SiiDen l^at, ber äSegriff einer causa nournenon, unb bag ft(^ biefer 93e»
griff nid^t felbft miberfprec^e, bafur ift man fc^on babur(6 gefid^ert, bag
ber Segriff einer Urfad^e atö g&nglid^ oom reinen SBerftanbe entf))rungen,
30 gugleid^ auc^ feiner obj|ectioen9fteaUt&t in Snfe^ung ber ©egenftdnbe über«
l^aupt burd^ bie S)ebuction gefid^ert, babei feinem Urfprunge mit oon
aQen finnlid^en Sebingungen unabl^&ngig, alfo filr fid^i auf $^änomene
nid^t eingefc^r&nft (ed fei benn, mo ein t^eoretift^er beftimmter ®ebraud^
baDon gemad^t merben moDte), auf S)inge ale reine SerftanbeSmefen afler»
85 bingd angemanbt merben fönne. SSeil aber biefer Snmenbung leine am
fd^auung, als bie febergeit nur finnlid^ fein tann, untergelegt merben fann,
fo ift causa nournenon in Slnfel^ung beS t^eoretifd^en ®ebraud^9 ber SSer«
56 SMtit htt ^raltifd^en Semunft. 1. Sil^eil. 1. S3u^. 2. ^auptflfidf.
nunft, obglcidö ein möfllidöer, benf barer, bcirnoc^ leerer ^Begriff. 5Run Der*
lange \ii aber aud^ baburd^ ni(|t bie SSefc^affenl^eit eines äßefend, fo f ern
es einen reinen SBiUen ^at, tl^eoretifd^ gu fennen; eS ifi mir genug,
es baburd^ nur als ein fold^eS gu begeic^nen, mitl^in nur ben Segriff ber
^aufalitdt mit bem ber f^rei^eit (unb »aS baDon ungertrennlid^ ifi, mit s
bem moralifd^en ®efe^e als SeftimmungSgrunbe berfelben) gu üerbinben;
kDeld^e 93efugnig mir vermöge beS reinen, nid^t empirif d^en Urf)>rungS beS
93egriffS ber Urfad^e aUerbingS gufiel^t, inbem i(^ baDon leinen anberen
@ebraud^, als in S3egie^ung auf bas moralifc^e ®efe^, baS feine 9%ealit&t
beftimmt, b. l nur einen prattifc^en ®ebraud^, gu machen mid^ befugt lo
^alte.
^dtte id^ mit ^umen bem begriffe ber Saufalitdt bie obiectiDe fRtalu
t&t im )>raftif(6en ®ebrau(^e nid^t allein in ^Infel^ung ber @a(6en an fid^
felbft (beS Überftnnlid^en), fonbern aud& in «nfcl^ung ber ©egenpdnbe ber
@inne genommen: fo mdre er aQer Sebeutung oerluftig nni als ein tl^eo« is
retifd^ unmoglid^er 93egrif[ ffir gdnglid^ unbraud^bar erfldrt toorben, unb,
ba oon nid^ts fi(^ aud^ fein ©ebraud^ mad^en Id^t, ber praftifd^e ®ebraud^
eines tl^eoretifd^^nid^tigen ^Begriffs gang ungereimt gemefen. SRun
aber ber SSegriff einer empirifd^ unbebingten Saufalitdt ll^eoretifd^ gmar
leer (ol^ne barauf fid^ fd^idCenbe 8(nf d^auung), aber immer bod^ m5glid^ ifi ao
unb fic^ auf ein unbeftimmt Dbject begiel^t, ftatt biefeS aber i^m bod^ an
bem moralifd^en ®efe^e, folglid^ in :praftif(^er Segiel^ung, 93ebeutung ge«
geben toirb, fo l^abe ic^ gmar leine Snfc^auung, bie i^m feine objectioe
t^eoretifd^e SHealitdt be^immte, aber er l^at nidb^S befto meniger n)irfli(|e
Slnttenbung, bie fid^ in concreto in ®e{tnnungen ober 3Ra]cimen barßeOen 2$
Idgt, b. i. :praltif(|e SRealitdt, bie angegeben n)erben fann; meld^eS benn
gu feiner IBered^tigung felbft in Slbftd^t auf Sloumenen ^inreic^enb iß.
aber biefe einmal eingeleitete objcctioc SRealitdt eines reinen SSer»
ftanbeSbegriffS im treibe beS Uberfinnlidben giebt nunmel^r allen fibrigen
Jtategorien, obgleich immer nur fo fern fie mit bem SBeftimmungSgrunbe ao
beS reinen SßiDenS (bem moralifd^en ®efe^e) in notl^ttenbiger SSer»
binbung fte^en, a\x6i obiectioe, nur leine anbere als bloS praftifc^^an«
toenbbare Stealitdt, inbe{feu fte auf tl^eoretifdbe (Srienntniffe biefer ©egen«
ftdnbe, als (Sinftd^t ber Statur berfelben burd^ reine SSernunft, nid^t ben
minbeften @influg l^at, um biefelbe gu ermeitern. SSie toir benn aud^ in n
ber f^olge finben toerben, bag fie immer nur auf Sßefen als ^ntelligen:^
gen, unb an biefen au(^ nur auf baS 93er^dltnig ber SSernunft gum
$on bem S3egnffe etneiS @egenftanbeiS ber reinen praltif^en S^emunft. 57
SSillen, mitl^in immer nur auf8 $raItif(l^eS3egte^ung l^aben unb toei«
ter l^inauS fic^ lein (Srlenntni^ bcrf elften anmaßen; aad aber mit i^nen
in äSerbinbung nod^ fonft für @igenf(^aften, bie gur t^eoretifd^en 93or»
fteDungSart fold^er äberfinnlicl^en S)inge gelobten, l^erbetgegogen merben
5 mo(!bten, biefe indgefammt atöbann gar ni(^t gum äBiffen, fonbern nur
gur SBefugnii (in :praftif(l^er abfid^t aber gar gur üiotl^menbigfeit) fie am
gunel^men unb DorauSgufe^en gegil^lt toerben, felbfi ba, too man über^
ftnnli(6e äßefen (als ®ott) nac^ einer Analogie, b. i. bem reinen äSernunft«
üerl^<niflei beffen mir in ^nfel^ung ber {tnnlid^en und praltifd^ bebienen,
10 unb fo ber reinen t^eoretifd^en SJernunft burd^ bie Sntoenbung aufS Über'
fnnlic^e, abernur inpraltifd^er abfid^t, jum @d^mdrmen inS Überfd^meng^
lid^e nid^t ben minbeften SSorfd^ub giebt
©er Slnal^tif ber praftifd^en Sernunft
3tt»eite« ^uytftädr.
15 93on bem SSegriffe eines ©egenftanbed ber reinen
praftifd&en JBernunft.
Unter einem Segriffe ber praftifd^en SSernunft Derftel^e i(^ bie Siox»
fteHung eines DbiectS als einer möglichen SSirlung burd^ Srei^eit. @in
@egenftanb ber praltifd^en (Srienntnig als einer fold^en ju fein, bebeutet
20 alfo nur bie Sejiel^ung beS SSiUenS auf bie ^anblung, babur(^ er ober
fein ©egentl^eil tDirflid^ gemad^t mürbe, unb bie SBeurtl^eilung, ob etmaS
ein ©egenfianb ber reinen ^)raftifd^en SSernunft fei, ober nid^t, ift nur bie
Unterfc^eibung ber SRögUc^teit ober UnmbgUc^Iett, bieienige ^anblung
gu moUen, moburd^, toenn mir baS SSermögen bagu ptten (morüber bie
25 (Srfal^ntng urtl^eilen mug), ein gemiffeS Dbiect mirtUd^ merben mfirbe.
Sßenn baS Dbiect als ber SSeftimmungSgrunb unfereS Sege^rungSoer«
mögenS angenommen mirb, fomug bie pl^^fifd^e SRöglic^Ieit beffelben
burd^ freien (Sebraud) unferer Jlrdfte oor ber S3eurt^eilung, ob eS ein &t^
genfianb ber praltifc^en 93ernunft fei ober nid^t, oorange^en. S)agegen
30 menn baS ®efe^ a priori als ber SSeftimmungSgrunb ber ^anblung, mit«
l^in biefe als burd^ reine praftifd^e SSernunft beftimmt betrachtet merben
lann, fo ift baS Urt^eil, ob etmas ein ©egenftanb ber reinen praltifd^en
äSernunft fei ober nid^t, oon ber SSergleid^ung mit unferem pl^^ftfd^en
58 ^til ber proftif^en Semitnft. 1. ZW- 1* »ud^. 2. ^auptflfltf.
S3em5gen gatig unabl^dngtg, unb bie f^age i[i nur, ob mir eine ^anb^*
lung, bie auf bie ejriftenj clneö Dbicct« gerichtet iji, »oUcn bürfen,
uenn biefeS in unferer ©ettolt mdre,. mitl^in mu^ bie moralif d^e ÜRög«
lic^teit ber ^anblung oorangel^en; benn ba ifl nid^t ber ®egen^anb, fon«
bem baS ®efe^ beS SSiüend ber Seftimmungdgrunb berfelben. 5
S)ie aUelnigen Dbiecte einer prattifd^en äSernunft ftnb alfo bie üom
® Uten unb S3dfen. S)enn burd^ hai erftere üerfie^t man einen not^»
ttenbigen ©egenftanb bes Segel^rungS', burd^ baS gmeite beS SSerab«
f(|euungdt)ermögen«, beibeS aber nad^ einem ^rincip ber IBemunft.
SBenn ber begriff beS ®uten nid^t r>on einem Dor^ergel^enben prat lo
tifc^en ®efej^e abgeleitet »erben, fonbern biefem Dielmel^r jum ®runbe
bienen foD, fo fann er nur ber S3egrif Don etnaS fein, beffen Siriftenj Suft
oerl^ei^t unb fo bie 6aufalit&t beS @ubiect8 gur ^erDorbringung beffelben,
b. i. bad Segel^rungSoermögen, beftimmt. äBeil ed nun unmoglid^ i[t
a priori eingufel^en, tteld^e SSorfieKung mit £uft, toelc^e l^ingegen mit 15
Unluft »erbe begleitet fein, fo I&me eS lebiglid^ auf Srfal^rung an, eS
audgumat^en, »ad unmittelbar gut ober bofe fei. S)ie (Sigenfc^aft beiS
(Subjectd, »orauf in 93ejie]^ung biefe @rfa^rung aUein angefteUt »erben
lann, ift bad ©efü^I ber £uft unb Unluft, als eine bem inneren @inne
ange^ftrige SReceptiüität, unb fo »firbe ber SSegriff oon bem, »aS un« so
mittelbar gut ift, nur auf ba& gelten, »omit bie @mpfinbung bed 93 er«
gnägenS unmittelbar üerbunben iß, unb ber Don bem fc^Ied^t^in Sbfen
auf baS, roaS unmittelbar Sd^merg erregt, aUein begogen »erben mflffen.
Sßeil aber bad bem Sprad^gebraud^e fd^on gu»iber ift, ber baS Singe«
genehme Dom ©uten, baS Unangenel^me oom SBofen unterfd^eibet 35
unb verlangt, bag ®uted unb Sdb\t& febergeit burc^ äSernunft, mithin
burd^ Segriffe, bie |id^ allgemein mitt^eilen laffen, unb nid^t burd^ blo^e
Sm^pfinbung, »eld^e fid^ auf eingelne @ubiecte unb bereu 6mpfdngli(^Ieit
einfd^r&ntt, beurt^eilt »erbe, gleid^»o^l aber für fic^ felbft mit leiner
SorfteDung eines £)biectS a priori eine Suft ober Unluft unmittelbar Der« so
bunben »erben lann, fo »firbe ber ^^ilofopl^, ber fid^ gen5tl^igt glaubte,
ein ®effil)l ber fiuft feiner :praftifd^en 93eurt^eilung gum ®runbe gu legen,
gut nennen, »aS etnüRittel gum Slngene^men, unb Söfed, »a$ Ur«
fac^e ber Unannel^mlid^Ieit unbbeS ©d^mergenS if); benn bie Seurtl^eilung
' bed äSerl^<niffeS ber SRittel gu ßtoedCen gehört aÜerbingS gur äSernunft. 35
Dbgleid^ aber SSernunft allein Derm5genb ift, bie SBerfnäpfung ber SRittel
mit il^ren Slbfic^ten eingufel^en (fo ba^ man aud^ ben SßiQen burd^ bas
Son beut Segriffe etned (Begenflonbed ber reinen ptaftif^en ä^emunft. 59
Vermögen ber Qmdt befinirett Idnnte, inbem fe iebergeit SefiimmungS«
grfinbe bt& Segel^rungSüerrnftgenS nad^ $rinclpien finb), fo mürben bod^
bte praftifc^ett äRajcimen, bie aM bem obigen Segrife bed ®uten blöd
al& SRittel folgten, nie etoaS fftr fd^ felbft, fonbern immer nurirgenb
5 tt)ogu ®ute« }um ®egenftanbe beS SSiUend entl^alten: baiS ®ute toflrbe
ieberjeit blod ba« 9lfl^Iid^e fein, unb ba8, mogu ed nu^t, mugte aDemal
aUgerl^alb bem Sßlllen in ber (SmpPnbung Hegen. Sßenn biefe nun, ald
angenel^me em)>finbung, Dom Segriffe beiS ®uten unterfc^ieben merben
mfigte, fo tD&rbe es überall nic^tö unmittelbar ®uteS geben, fonbern bag
10 ®ute nur in ben ÜRitteln gu etmaS anberm, ndmlid^ irgenb einer 9lnnel)m«
lid^Ieit, gefuc^t »erben muffen.
68 ift eine alte gformel ber @cl^ulen: nihil appetimus, nisi sab ra-
tione boni; nihil aversamur, nisi sab ratione mali; unb fie Ijat einen
oft rid^tigen, aber aud^ ber ^l^ilofop^ie oft fel^r nac^tl^eiligen ®ebraud^,
15 meil bie SludbrüdCe bed boni unb mali eine ßkoeibeutigteit enthalten, bar«
an bie @tnf(^r&nlung ber @pra(6e @(6ulb ift, nad^ loeld^er fie eines
boppelten @inne8 fdl^ig finb, unb halber bie praftifd^en ®efe^e unDermeib«
Ud^ auf ©(^rauben fteQen unb bie $l^iIofop^ie, bie im ®ebraud^e berfel«
beu gar m\fl ber Serfd^ieben^eit beS 93egriffd bei bemfelben Sorte inne
20 merben, aber bod^ leine befonbere SudbrüdFe bafür finben fann, gu fubti«
len S)ißinctionen nötl^igen, über bie man fid^ nad^l^er ni(|t einigen (ann,
inbem ber Unterfc^ieb bur(^ feinen angemeffenen 8(uSbrud( unmittelbar
bejeid^net »erben fonnte. •)
S)te beutfd^e Sprad^e ^at bad ®lüdF, bie SuiSbrüdfe }u beft^en, meldte
25 biefe aSerfd((ieben]&eit nic^t überfeinen lajfen. gür ba«, toa« bie gateiner
mit einem einjigen SBorte bonum benennen, ^at fte jttei fel^r oerfc^iebene
^Begriffe unb aud^ eben fo oerfd^iebene Sudbrüdte: für bonum baiS ®ute
unb baS SSol^l, für malum baS S3öf e unb iaS Übel (ober äße^), fo
*) ftberbem ift ber Hu^brutf snb rfttione boni Qud^ ameibeutig. 2)enn er lonn
30 fo Diel fogen: n>ir fieQen uniS etwad ald gut oor, menn unb meil mir eiS begel^ren
(looHen); aber and^i wir begehren etmaiS barum, roeil toir ed und ald gut Dor«
fiellen, fo bai entweber bie ^egierbe ber ^eflimmungdgrunb bed IBegriffd beiS
Dbiectd aU eined ®uien, ober ber Segriff bed ®uten ber IBeftimmungdgrunb bed
iBege^rend (bed SBiQeniS) fei; ba benn had sab ratione boni im erfleren gaUe be-
35 beuten rofirbe, wir »ollen etu)ad unter berSbeebed (&uitn, im ^weiten, au
Solge bief er 3bee, weld^e Dor bem SS^oHen ald S3eftimmung«grunb beffelben t)o^
fierge^en mu^.
60 ^ittl ber prafttfd^en Vernunft. 1. ZW- 1. Sud^, 2. ^auptßfldC
bo^ es gmet ganj Derft^iebene SeurtJ^eilungen finb, ob loir bei einer ^anb«»
lung ba« Oute «nb SSöfe berfelben, ober unfer SBol^I unb SBel^ (Übel)
in 93etrad^tun0 gießen, hieraus folgt fd^on, bo^ obiger ipf^d^ologifd^er
@a|^ menigftend nod^ fel^r ungemi^ fei, menn er fo äberfe^t wirb: loir be»
gel^ren nid^tS, al8 in Stüdftd^t auf unfer äßol^I ober äSel^; bagegen er, &
toenn man i^n fo giebt: loir moden nad^ Slntoeifung ber 93ernunft nid^ts,
ald nur fo fern loir tS ffir gut ober bbfe l^alten, ungejmeifelt getoi^ unb
jugleid^ ganj ttar auSgebrfidt wirb.
Sias äBol^I ober Übel bebeutet immer nur eine Sejtiel^ung auf um
feren 3uftanb ber Slnnel^mlid^teit ober Unannel^mlic^Ieit, beS äSer« lo
gnftgend unb @(^merjend, unb loenn loir barum ein Dbject begel^ren ober
oerabfd^euen, fo gefd^ie^t e£ nur, fo fern eS auf unfere @innlidbleit unb
baS ®efä]^I ber Suft unb Unluft, bad es bewirft, begogen wirb. Sias
®ute ober S5f e bebeutet aber jebergeit eine Segie^ung auf ben äBillen,
fo fem biefer burc^S 93ernunftgef e^ beftimmt loirb, ftd^ ttioaS gu feinem u
Dbiecte gu mad^en; mie er benn burd^ ba£ Dbfect unb beffen äSorfteQung
niemals unmittelbar beftimmt mirb, fonbern ein SSermbgen ift, ftdb eine
aUegel ber SSernunft gur SBeioegurfad^e einer ^anblung (baburdb ein Dh
iect mirtlid^ loerben lann) gu mad^ien. S)aS ®ute ober SBbfe loirb alfo
eigentlich auf ^anblungen, nid^t auf ben @mpfinbungSgu{tanb ber $er» »o
fon begogen, unb foUte etmaS fc^Ied^t^in (unb in aller Sibfic^t unb ol^ne
toeitere Sebingung) gut ober böfe fein ober baffir gel^alten werben, fo
mflrbe eS nur bie ^anblungSart, bie 3Ra;cime beS SBiUenS unb mitl^in bie
l^anbelnbe $erfon felbft als guter ober bifer SRenfd^, nid^t aber eine @ad^e
fein, bie fo genannt loerben Ibnnte. 25
äßan mochte alfo immer ben @toiter auSlad^en, ber in ben l^eftigften
©id^tfd^mergen ausrief: @d^merg, bu magft mid^ noc^ fo fel^r foltern, idb
loerbe bod^ nie geftel^en, ba^ bu etmaS SBbfeS (xaxov, malum) feift! er
l^atte bod^ rec^t. @in Übel mar es, baS füllte er, unb baS oerrietl^ fein
®efd^rei; aber bag il^m baburd) ein IB5feS anl^inge, l^atte er gar nidbt Ur» so
fad^e eingurdumen; benn ber Sd^merg verringert ben SBertl^ feiner $erfon
nid^t im minbeften, fonbern nur ben Sßertl^ feines ßuftanbeS. Sine ein*
gtge Sflge, beren er fld^ bemufet gemefen mfire, Wtte feinen aRutl^ nieber*
f dalagen mfiffen; aber ber @d^merg biente nur gur äSeranlaffung, il^n gu
erl^eben, menn er fid^ bemugt mar, bag er il^n burd^ feine unred^te ^anb^» 35
lung oerfd^ulbet unb {td^ baburd^ ftrafmürbig gemad^t l^abe.
SBaS mir gut nennen follen, mu^ in iebeS oernfinftigen 3Renfd^en Ur«
Sott bem ^Begriffe eine^ ^kgenponbed ber reinen praftifc^en Semunft. 61
t^eil ein Oegenftanb beS Segel^rungSDermögen« fein, unb baiS 935fe in ben
9ugen t)on iebermann ein Oegenftanb beS Slbfd^eued; mithin bebarf ed
au^er bem @inne gu biefer IBeurtl^eilung not^ äSernunft. ®o ift eiS mit
ber aSol^rl^aftigreit im ©egenfo^e mit ber Säge, fo mit ber ©ered^tigteit
5 im (S)egenfa^ ber @en)altt^dtigteit k. bewanbt. SSir tonnen aber etmad
ein Übel nennen, xodijti bod^ {ebermann gugleii!^ fflr gut, bidmeilen mittel»
bar, bidmeilen gar unmittelbar, erfldren mu^. ^er eine d^irur^ifdie Dpe*
ration an ftd^ Derrtd^ten Idgt, fül^It fte ol^ne ßn^eifel atö ein Übel; aber
bur(!^ äSernunft erfldrt er unb iebermann fie für gut. äßenn aber jemanb,
10 ber friebliebenbe Seute gerne nedt unb beunrul^igt, enblid^ einmal aniduft
unb mit einer tü(!^tigen 3:ra(!^t @(!^Idge abgefertigt mirb: fo ift biefeS
aQerbingö ein Übel, aber iebermann giebt baju feinen 93eifaa unb f^ölt ed
an {t(!^ für gut, menn aud^ nidbtS meiter barauS entfprdnge; {a felbft ber,
ber fle empfdngt, mu§ in feiner Vernunft erfennen, ba^ i^m Äed^t ge«
15 fd^el^e, meil er bie Proportion gnifd^en bem 3Bo^Ibefinben unb SBol^loer«
galten, meldte bie Vernunft i^m unüermeiblid^ Dorl^dlt, l^ier genau in
auöübung gebrad^t fie^t.
@8 fommt anerbingS auf unfer SSol^I unb SSeld in ber Seurtl^eilung
unferer praltifd^en äSernunft gar fel^r Diel unb, toaS unfere 9latur ald
20 ftnnlidber äßefen betrifft, alled auf unfere (Slüdfeligteit an, loenn biefe,
»ie SSernunft eö Dorgüglid) forbert, nid^t nadb ber Dorübergel^enben ßm«
pfinbung, fonbern nad^ bem ßinfluffe, ben biefe SufdOigteit auf unfere
ganje ßjtifieng unb bie Sufriebenl^eit mit berfelben l^at, beurt^eilt wirb;
aber alles überl^aupt lommt barauf bod^ nid^t an. S)er SRenfd^ ift
95 ein bebürftigeS SBefen, fo fern er jur Sinnentoelt gel^ört, unb fo fern l^at
feine 93ernunft aOerbingS einen nid^t abgulel^nenben Auftrag toon Seiten
ber ©innlid^feit, pdb um ba« Sntereffe berfelben ju befümmern unb ftd&
praltifd^e aRajrimen, aud^ in Slbftd^t auf bie ©Ifidtfeligteit biefeS unb mo
miglid^ audb eine« gufünftigen Bebend, gu mad^en. Slber er ift bod^ nid^t
30 fo gang Silier, um gegen aOeS, toaS äJernunft für {td^ felbft fagt, gleid^«
fifiltig gu fein unb biefe bloS gum SBerfgeuge ber Sefriebigung feines Se«
bürfnijfe« aU ©innentoefenö gu gebrauchen, ©enn im SBert^e über bie
blofee SD^ier^eit erl^ebt il&n ba« gar nid^t, bafe er Vernunft l^at, wenn pe
il^m nur gum Sel^uf beöjenigen bienen foH, »aS bei Silieren bergnftinct
35 oenid^tet; fie U)dre aUbann nur eine befonbere SRanier, bereu pd^ bie
Statur bebient l^dtte, um ben SRenfd^en gu bemfelben Su'^de, bagu fte
Spiere beflimmt l^at, auSgurüften, ol^ne il^n gu einem l^dl^eren Qm^dt gu
62 ftritt! ber praftifd^ett Vernunft. 1. 3:^eiL 1. Bü^. 2. ^auptflfidt.
lieflimmen. @r bebarf alfo freilid^.nad^ biefer einmal mit il^m getroffenen
Slaturanßalt SSernunft, um fein äßol^l unb 9Sel^ iebergeit in Setrad^tung
gu gleiten, aber er l^at ^e flberbem nod^ gu einem l^b^eren Sel^uf, ndmlid^
aud^ iait Q)a9 an ft<l^ gut ober bbfe ift, unb iDorüber reine, ftnnlid^ gar
nid^t intereffirte 93ernun[t nur allein urtl^eilen tann, nid^t aUein mit in k
Überlegung gu nel^men, fonbern biefe SBeurt^eilung oon jener gdnglid^
gu unterfd^eiben unb fte gur oberften SBebingung ber Unteren gu mad^en.
Sn biefer Seurtl^eilung bed an fi(!^ ®uten unb Sbfen, gum Unter«
fd^iebe oon bem, maö nur begiel^ungSmeife auf SBo^l ober Übel fo genannt
merben fann, lommt eS auf folgenbe fünfte an. (Sntmeber ein SSernunft« lo
princip mirb fd^on an fi(!^ ald ber Seßimmungdgrunb beS SßiDenS ge«
bad^t, ol^ne S^fidfid^t auf mbgU(!^e Dbiecte beS Segel^rungSoermbgenS
(alfo blos burd^ bie gefe^Ii(!^e i^orm ber ^a;cime), aldbann ift jenes $rin«>
dp pratt\\äit8 ®efe| a priori, unb reine SSernunft mirb für ft(!^ praRifd^
gu fein angenommen. S)ad ®efe^ beflimmt alebann unmittelbar ben is
äBiUen, bie il^m gem&ge ^anblung ift an fid^ felbfl gut, einSSiOe,
beffen üRajcime febergeit biefem ®efe^e gemftg ift, ift f d^led^terbingS,
in aller Slbfid^t, gut unb bie oberfte SBebingung alles ®uten:
ober es gel^t ein 8eftimmungSgrunb beS SBegel^rungSDermögenS Dor ber
SRarime beS äBiUenS Dörfer, ber ein Dbfect ber Suft unb Unlufl DorauS» 20
fe^t, mitl^in etmas, baS Dergnflgt.ober fd^mergt, unb bie SRajrime ber
SSernunft, jene gu beförbern, biefe gu oermeiben, beftimmt bie^anblungen,
U)ie fie begiei^ungSmeife auf unfere 9leigung, mitl^in nur mittelbar (in
Städtfid^t auf einen anberioeitigen Qmd, als Mittel gu bemfelben) gut
ftnb, unb biefe SRajcimen tonnen alSbann niemals ®efe^e, bennod^ aber 23
Dernanftige prattifd^e S3orf(!^riften l^ei^en. S)er Stotd felbfl, baS 93er^
gnfigen, baS mir fud^en, ift im Unteren %aUt nic^t ein ®uteS, fonbern
ein äSol^I, nid^t ein Segriff ber Sernunft, fonbern ein empirifd^er 93e«
griff t)on einem ©egenflanbe ber Smipfinbung; allein ber ©ebraud^ beS
SRittelS bagu, b. i. bie ^anblung (meil bagu Demflnftige Überlegung er« so
forbert U)irb), ^eigt bennod^ gut, aber nid^t fd^led^tl(|in, fonbern nur in
Segiel^ung auf unfere Sinnlic^Ieit, in Slnfe^ng i^reS ©efül^lS ber £uft
unb Unluft; ber SSiae aber, beffen aRajrime baburd^ afftcirt mirb, ift nid^t
ein reiner SBille, ber nur auf baS gel^t, mobei reine SSernunft für ftd^ felbfl
praltifdb fein tann. »
^ier ift nun ber £>rt, baS $arabojcon ber üRetl^obe in einer JSrltil
ber ipraftlfd^en SSemunft gu erfldreti: ba^ ndmlid^ ber 93egriff beS
Sßon bent Segriffe eined (S^egenflanbed ber reinen pra!tif(!^en Vernunft. 63
(Suten unb 935fen nid^t Dor bem moralifd^en ©efe^e (bem er
bem Slnfd^ein nod^ fogar gum ®runbe gelegt loerben mfl^te),
fonbern nur (mt l^ier an^i gefil^iel^t) na(!^ bemfelben unb burd^
baffelbe beftimmt »erben ntfiffe. äSenn ttir n&mlid^ aixäi nid^t
5 mii^ten, bo^ had $rtncip ber @ittUc^feit ein reineS, a priori ben SSiUen
beftimmenbeS ®efe| fei, fo mfigten loir bod^, um nid^t ganj umfonft (gra-
tis) @runbf&^e anjunel(|men, ti anfänglich menigftenö unauSgemad^t
la^en, ob ber SBiDe bloS empirifd^e, ober aud^ reine Seftimmungdgrünbe
a priori l^abe; benn ed ift raiber aOe ®runbregeln bed pl^ilofopl^ifd^en
10 äSerfal^renö, bad, morfiber man aüererfi entfdljeiben foll, fd^on gum DörauS
als entfd^ieben angune^men. ®efe^t, mir moDten nun t)om 93egri{fe beS
®uten anfangen, um baoon bie ©efe^e bed SBiDend abguleiten, fo mflrbe
biefer Segriff oon einem ©egenftanbe (als einem guten) gugleid^ biefen
als ben einigen Seftimmungdgrunb beS äBillenS angeben. SBeil nun
16 biefer Segriff fein praftifd^e« ®efe^ a priori ju feiner Sliii^tfd&nur l^atte,
fo fönnte ber ^robirfiein beS ®uten ober 935fen in nid^tS anberS, a\8 in
ber Übereinflimmung beS @egenflanbe8 mit unferem ®effl^Ie ber 2uft
ober Unluji gefefet merben, unb ber ®ebrau(^ ber SSernunft fönnte nur
barin befleißen, t^eilö biefe Suft ober Unluft im gangen Sufammenl(|ange
90 mit aDen ßmpfinbungen meines S)afeind, tl^eilS bie SRittel, mir ben @e«
genfianb berfelben gu oerf(t)af[en, gu beftimmen. S)a nun, maS bem ®t'
fül^Ie ber Suft gemäg fei, nur burd^ Srfal^rung auSgemad^t toerben fann,
baS praftifd^e ®efe| aber ber Angabe nad^ bod^ barauf ald Sebingung
gegränbet merben foD, fo mürbe gerabegu bie 9R5gIid^feit praltifd^er ®e«
35 fe^ea priori auSgefd^loffen: meil man oorl^er nötl^ig gu finben meinte,
einen ©egenftanb für ben 3BiDen auSgufinben, baoon ber Segriff a\S eines
®uten ben aDgemeinen, obgmar empirifc^en SeflimmungSgrunb bed
SSiUenS auSmadben mflffe. 9tun aber mar bod^ oorl^er nbtl^ig gu unter»
fud^en, ob ti nid^t audb einen Seftimmungdgrunb beS SßiUend a priori
so gebe (meld^er niemals irgenbmo anberS, als an einem reinen praltifd^en
©efe^e, unb gmar fo fern biefeS bie bloge gefe^Iidb^ %o^^ ol^ne StüdEftdbt
auf einen ©egenftanb ben SRajcimen i^orfd^reibt, märe gefunben morben).
SBeil man aber \iion einen ©egenflanb nad^ Segriffen beS ©uten unb
Sbfen gum ©runbe alles praltifd^en ©efe^eS legte, jener aber o^ne oor»
35 l^ergel^enbeS ©efe| nur nad^ empirifd^en Segriffen gebadet merben fonnte,
fo l^tte man jid^ bie SRbglidb'^^f ein reineS prattifd^eS ©efe^ aud^ nur gu
beulen, f(!^on gum DorauS benommen; ba man im ©egentl^eil, menn man
64 ^iti! ber praltif^en lOernunft. 1. ^eil. 1. ^6^. 2. ^au{)iflüd(.
bem le^teren Dörfer anal^tifd^ nad^geforfdft l^&tte, gefunben l^aben toürbe,
bag nid^t bei Segriff beS ®uten a\i eines ®egenftanbed baS moralift^e
®efe^, fonbern umgelel^rt baö moralifd^e ®efe^ aüererft ben Segriff bed
®uten, fo fern eiS biefen Flamen f(!^le(!^t]^in Derbient, beftimme unb m5g«
lid^ mad^e. 5
S)tefe 9(nmerlung, »eld^e bloS bte SRet^obe ber oberften moralifd^en
ttnterfud^nngen betrifft, ift Don SBid^ttgleit. Sie erfidrt auf einmal ben
Deranlaffenben ®runb aDer äSerirrungen ber $^iIofopl^en in 8nfel^ung
beiS oberften ^rincipö ber SRoral. S)enn fie fud^ten einen ®egenflanb be£
SSiDendauf, um il^n jur SRaterie unb bem®runbe eines ®efe^e8 gu ma(^en 10
(melc^eS alSbann nid^t unmittelbar, fonbern Dermittelfl {ened an baS ®e«
fü^I ber 8uft ober Unluf) gebrad^ten ®egenftanbeS ber SeftimmungSgrunb
bed äBiOend fein follte), anftatt bag fie guerft nad^ einem ®efe|e ^dtten
forfdben foUen, ba^ a priori unb unmittelbar ben äßillen unb biefem gemft^
aUererft ben ®egenftanb beftimmte. 9lun modbten fie biefen ®egenftanb u
ber Suft, ber ben oberften Segriff be« ®uten abgeben foflte, in ber ©lüdt*
feligteit, in ber Sodtommenl^eit, im moralifd^en ©efül^le, ober im SiUen
®otte8 fe^en, fo mar il^r ®runbfa^ aUemal ^eteronomie, fie mußten unDer«
meiblic^ auf empiri[d^e Sebingungen }u einem moralifd^ien ®efe^e fto^en:
meil fie il^ren ®egenflanb, ald unmittelbaren SeftimmungSgrunb beS SBil» ao
lend, nur nad^ feinem unmittelbaren Serl^alten gum ®efü]^I, toeldbeS aQe«
mal em:pirifd^ ift, gut ober b5fe nennen fonnten. 3lnx ein formales ®efe^,
b. i. ein fold^es, meld^eS ber Sernunft nid^ts Leiter als bie f^orm il^rer all«
gemeinen ®efe^gebung jur oberften Sebingung ber SRajcimen oorfd^reibt,
lann a priori ein SeftimmungSgrunb ber praftifd^en Semunft fein. S)ie 25
Sllten Derrietl^en inbeffen biefen ^^el^Ier baburdb uuDerl^ol^Ien, ba^ fie i^re
moralifd^e Unterfud^ung g&nglid^ auf bie Seftimmung beS SegriffS Dom
]^5d^ften®ut, mithin eines ®egenftanbeS festen, meldten fie nad^^er gum
SeftimmungSgrunbe beS äBiOenS im moralifdfen ®efe^e gu madben ge«
badeten: ein Dbject, loeld^eS meit i^interl^er, loenn baS moralifd^e ®efe^ so
aüererft fflr fid) bemdl^ri unb als unmittelbarer SeftimmungSgrunb beS
äSiUenS gered^tfertigt ift, bem nunmehr feiner $orm nad^ a priori be-
ftimmten äBiDen als ®egenftanb Dorgefteüt loerben tann, meld^eS mir in
ber S)ialettit ber reinen prattifd^en SSernunft uns unterfangen moOen. S)ie
bleueren, bei benen bie f^rage über baS l^5dbfte ®ut au^er ©ebraud^ ge» ss
fommen, gum menigften nur 9lebenfad^e geworben gu fein fd^eint, Derfteden
obigen ^el^ler (nie in Dielen anbem f^&Den) hinter unbeftimmten Borten,
9)on bem begriffe etned ©egenftanbed ber reinen praftifc^en Semunft. 65
inbeffen bag man tl^n gleid^mol^l aus il^ren @9ftemen l^erDorblidCen ftel^t,
ba et atöbann aUent^alben ^eteronomie ber pratttfd^en Vernunft Derr&tl^,
baraui^ nimmermel^r ein a priori allgemein gebietenbeS moralifd^ed ®efe$
entfpringen tann.
5 S)a nun bie SBegriffe beS ®uten unb S95fen ald folgen ber äSiOend«
beftimmung a priori aud^ ein reineS praftifd^eS $rincip, mttl^in eine 6au«
falit&t ber reinen SSernunft uoraudfe^en : jo bejiel^en fte jtd^ urfprüngUd^
ni(!^t (etma atö Seftimmungen ber f^ntl^etifd^en @tnl^eit bed SRanntgfaU
tigen gegebener Slnjd^auungen in einem Settugtfein) auf Obfecte, n)ie bie
10 reinen aSerjtonbeabegriffe ober Äategorien ber tJ&eoretifd^ gebrauchten JBer»
nunft, fte fe^en btefe Dielmel^r a\& gegeben üorauS; fonbern fie finb indge«
fammt modi einer eingigen Kategorie, n&mlxii ber ber Saufalität, fo fern
ber Seftimmungdgrunb berfelbenin berSSernunftDorfiellung eines ©efe^eS
berfelben befielet, »elc^ed als ®efe^ ber f^reil^eit bie äSernunft {t(!^ felbft
15 giebtunb baburd^ fid^ a priori als praftifd^ beioeifet. S)a inbeffen bie ^anb^
lungen einerfeits jmar unter einem ®efe|e, baS teinSlaturgefe^, fonbern
ein ®efe^ ber ^reil^eit ifl, folglid^ gu bem SSerl^alten inteüigibeler SBefen,
anbererf eitS aber bo6i aud^ als 93egebenl^eiten in ber Sinnenmelt gu
ben Srfd^einungen gehören, fo merben bie Seftimmungen einer praltif c^en
20 SSernunft nur in Segiel^ung auf bie le^tere, foIgU(!^ gtoar ben Kategorien
beS SBerflanbeS gem&g, aber nic^t in ber abfid^t eines tl^eoretifd^en @e»
braud^S beffelben, um baS üRannigfaltige ber (Pnnlid^en) Snfd^auung
unter ein SSettu^tfein a priori gu bringen, fonbern nur um baS SRannig«
faltige ber 93ege]^rungen ber Sinl^eit beS äSemugtfeinS einer im mora«
25 Itfd^en ®efe^e gebietenben praltifd^en Vernunft ober elneS reinen äßlllenS
a priori gu unterwerfen, @tatt l(|aben fdnnen.
©iefeÄategorien ber grcil&eit, benn fo tooUen toir fle ftatt iener
tl^eoretifd^en Segriffe als j^ategorien ber Statur benennen, l^aben einen
augenf(!^einl{(!^en SSorgug oor ben le^teren, bag, ba biefe nur ©ebanten«
30 formen ftnb, toeldfe nur unbeftimmt Qbj[ecte über]^au|)t fflr iebe uns mbg«
Ud^e Knfd^auung buri!^ ungemeine 93egriffe begetc^nen, biefe l^ingegen, ba
pe auf blc Sefiimmung einer freien SBillfftr gelten (ber groar feine ?ln*
fd^auung DbQig correfponbirenb gegeben merben (ann, bie aber, todifti
bei feinen Segriffen beS tl^eoretifd^en ©ebraud^S unfereS Srfenntnigoer«
35 mbgenS ftattftnbet, ein reineS praftifdbeS ®efe^ a priori gum ®runbe lie«
gen l^at), als praftifd^e (Elementarbegriffe ftatt ber f^orm ber Slnfd^auung
(9taum unb Seit), bie nid^t in ber Vernunft felbft liegt, fonbern anber^
66 Mtif ber pra!ttf(^en «Vernunft. 1.2:^eil. l.Bud^. 2.^auptfUt(l
m&rtS, ndtnlid^ Don ber Sinnlid^teit, ^ergenontmenmerben mug, bie S^o r m
eineiS reinen äßillenS in i^r, mitl^in bem S)enhing8Derm5gen felbß, als
gegeben gum ®runbe Hegen l^aben; boburd^ eiS benn gefd^ie^t, ba^, ha ti in
aUen äSorfd^riften ber reinen praltifd^en SBernuntt nur um bie äBillenS«
beßimmung, ni(!^tum bie 9latutbebingungen (beiS prattifd^en SSermö« 5
gend) ber S(u8ffi]^rung feiner Sbfid^t ju tl^un ift, bie pratKfcl^en 99e«
griffe a priori in Segie^ung auf bad oberfie $rinci|) ber greil^eit fogleid^
(Srtenntniffe »erben unb nid^t auf Slnfd^auungen warten bftrfen, um 93e*
beutung gu betommen, unb gmar aud biefem mertmürbigen ®runbe, meil
fte bie äSirtlicIifeit beffen, worauf fte fi^i begießen, (bie äBiOenSgefinnung) 10
felbp l^eröorbringen, meiere« gar niii^t bie Sac^e tl^eoretifii^er Segriffe ift.
9lur mu^ man lool^l bemerfen, ba^ biefe j^ategorien nur bie praltif<l^e 93er=
nunft äberl^aupt angeben unb fo in il^rer Orbnung Don ben moralifi!^ nod^
unbefttmmten unb itunlid^ bebingten gu benen, bie, ßunlii!^ unbebingt, bloö
bur(!^8 moralifd^e ®efe^ beflimmt finb, fortgel^en. 15
a:afei
ber j^ategorien ber Sreil^eit in Slnfel^ung ber Segriffe be£
®uten unb 995fen.
1.
!Set Ouatttttit 20
SubfectiD, nad^ WajrimenCSBillenSmeinungen be8 ^nbiDtbuum)
DbiectiD, nai^ $rlnci^)ien (SSorfd^riften)
A priori objedtDe fowol^l als fubiectiDe ^rincipien ber f^reil^eit (®ef e^e>
2. 3.
Set OitalttÜ Set Delation 2»
$raltifd^e Siegeln bed Segel^enS Sluf bie ^erfdnlid^Ieit
(praeoeptivae) Huf ben 3 u ft a n b ber $erf on
$rattif(!^e Siegeln bedUnterlaff eng Sed^felfeitig einer ^erfon auf
(prohibitivae) ben S^Pönb ber onberen.
^rattifd^e Siegeln ber Sludnal^men 30
(exceptivae).
4.
Siai erlaubte unb Unerlaubte
3)ie $flid^t unb baS $flid^tU)ibrige 35
SBolKommene unb uuDollIommene ^flid^t.
8dn htm Segriffe eined ^egenfiattbed ber reinen praftif(!^en lOemunft. 67
SRan tt)irb l^ier balb gemabr, bag in biefer Safel bie g^rei^eit als eine
9rl Don @QufQlit&t, bie aber empirifd^en 8eftimmungdgrünben nid^t
untertDorfen ift, in ünfel^ung ber burd^ {ie m5gli(!^en ^anblungen ald @r«
fd^einungen in ber Sinnenmelt betrad^tet »erbe, foIgUd^ ftd) auf bie j(ate»
5 gorien i^rer 9laturm5glid^leit bejiel^e, inbeffen bag bo(!^ jebe j^ategorie fo
aOgemein genommen mirb, ba^ ber SBeftimmungdgrunb iener Saufalit&t
a\x6i au^er ber Sinnenmelt in ber ^rei^eit al8 @igen{d^aft eines intelli«
gibelen äSefenS angenommen merben tann, bid bie J(ategorien ber SSoba»
Ittdt ben Übergang Don praftifd^en ^rinctpien fiberl^aupt ju benen ber
10 @ittUdbfe{t, aber nur problema tif d^ einleiten, »eld^e nad^^er burt^S mo<
raUf(!^e ®efe^ aUererji bogmatifdii bargeileUt »erben fönnen.
3d^ ffige l^ier nichts meiter jur Erläuterung gegenwärtiger Safel bei,
meil fte fär {id^ DerftAnblid^ genug ift. S)ergleid^en na(!^ ^rincipien abge»
fa^te (SintJ^eilung ift aUer äßiffenfdbaft i^rer ©runblic^teit fotto^I als Sier«
15 ftdnblid^teit l^alber fel^r guträglid^. @o »eig man j. 99. aus obiger Safel
unb ber eriten Stummer berfelben fogleid^, »ooon man in praftifd^en @r»
mägungen anfangen mflf[e: oon ben 9Ra;timen, bie |eber auf feine Steigung
grünbet, ben äSorfd^riften, bie für eine ©attung Dernflnftiger SSefen, fo
fern fie in ge»if[en Steigungen übereintommen, gelten, unb enblid^ bem
20 ®efeie, »eld^eS für alle unangefe^en il^rer Steigungen gilt, u. f. ». auf
bieje äßetfe überfielet man ben ganjen ^lan t)on bem, »aS man gu leiften
l^at, fogar j[ebe$rage ber prattifd^en ^l^ilofopl^ie, bie gu beantworten, unb
gugleid^ bie £>rbnung, bie gu befolgen ift.
aSon ber SlQpif ber reinen praftifd^en ttrtl^eilsfraft.
35 3)ie Segriffe beS ©uten unb 935fen beftimmen bem Sßillen guerft ein
Dbject. Sie fielen felbfl aber unter einer praftifdben SRegel ber Vernunft,
meldbe, »enn fie reine SSernunftift, ben SBiUen a priori in 9(nfel(|ung feines
@egenftanbeS beftimmt. Db nun eine unS in ber Sinnlid^Ieit mögliche
^anblung ber t^all fei, ber unter ber Siegel ftebe, ober nid^t, bagu gel^ört
so praftifd^e ttrtl^eilSfraft, »oburd^ baSfenige, »aS in ber SWegel allgemein
(in abstracto) gefugt »urbe, auf eine ^anblung in concreto angemanbt
»trb. äSeil aber eine praltifd^e Siegel ber reinen SSernunft erftlid^, als
prattif d^, bie @;tifteng eines ObjectS betrifft unb g»eitenS, als pral»
tif d^e Siegel ber reinen SSemunft, Stotl^menbigleit in Slnfel^ung beS S)a^
35 feinS ber ^anblung bei fid^ fü§rt, mitl^ln praltifd^eS ®efe^ ift unb g»ar
5*
68 J^ritt! ber prafttf^en Vernunft. 1. 2:^eil. 1. SBu(^. 3. ^auptflfitf.
tiid^t 9latuTgefe^ burd^ empirtfd^e SBeftimmungSgrflnbe, fonbern ein ®efe^
ber i^reil^eit, nad^ mli^tm ber SBtlle unabl^Angig t)on aOem @mpiri{(t)en
(blod burd^ bie SSorfleUung eines ®efe|ee flberl^aupt unb beffen f^orm) 6e»
ftimmbar fein foQ, ade Dorfommenbe %öXit ju miglid^en ^anblungen aber
nur empirifd^, b. i. gur (Srfal^rung unb Statur gel^brig, fein tonnen: fo 5
fd^eint e« wiberfinnifd^, in ber ©innenmelt einen gatt antreffen ju »oUen,
ber, ba er immer fo fern nur unter bem 9laturgefe^e fielet, bod^ bie Sln^'
ttenbung eine« ®efe^e3 ber fjteil&eit auf fid^ »erftatte, unb ouf »eiligen
bie überftnnlid^e 3bee beS fittUd^ ©uten, bad barin in concreto bargefteDt
»erben foll, angetoanbt werben fönne. aifo ift bie Urtl&eilafraft ber reinen lo
praltifd^en äSernunft eben benfelben @d^tt)ierigfeiten untermorfen, als bie
ber reinen tl^eoretifd^en, »eld^e le^teregleid^lvol^I, anS benfelben gutommeur
ein 3Rittel gur ^anbl^atte: ndmlid^ ba eS in si^nfel^ung beS tl^eoretifd^en
®ebraud^8 auf anf(!^auungen anfam, barauf reine 93erflanbeSbegriffe an«
gemanbt toerben lönnten, bergleid^en Slnfd^auungen (obgivar nur t>on n*
©egenftfinben ber ©inne) bod^ a priori, mitl^in, »a« bie Serfnüpfung beS
SKannigfaltigen in benfelben betrifft, ben reinen SBerftanbeÄbcgriffen a
priori gemfife (al8 ©d^emate) gegeben »erben fönnen. J&ingegen ift ba«
ftttUd^ ©Ute etiDad bem Dbiecte nad^ Über|tnnlid^ed, für ba« alfo in leiner
finnlid^en Slnfd^auung etmad ^orrefponbirenbeS gefunben merben (ann, 20
unb bie Urtl^eitötraft unter ©efe^en ber reinen :praftifdben SSernunft f(!^eint
bal^er befonberen Sdbttierigteiten unterworfen gu fein, bie barauf berul^en,
ba^ ein ®efe^ ber i^eil^eit auf ^anblungen als Segebenl^eiten, bie in ber
©innenmelt gefd^el^en unb alfo fo fern gur 9latur gehören, angetoanbt
»erben fott. 25
HUein l^ier eröffnet ftd^ bod^ »ieber eine gfinfltge SluSfid^t für bie
reine praftifd^e Urtl&eiWfraft. 6« ift bei ber ©ubfumtion einer mir in ber
©innentoelt mögli(!^en ^anblung unter einem reinen praltifd^en ®e«
fe^e nid^t um bie SRbglid^teit ber ^anblung al« einer Segebenl^eit in
ber ©innentoelt gu tl^un; benn bie gel&brt für bie SBeurtl^eilung be« tl^eore* so
tifc^en ©ebraud^d ber äSernunft nad^ bem ®efe^e ber @aufalitftt, eine«
reinen SBerftanbeSbegriff«, für ben fie ein Sd^ema in ber finnlid^en 9(n«
fd^auung l^at S)ie pl^^ftfc^e Saufalitüt, ober bie Sebingung, unter ber
fie ftattfinbet, gel^irt unter bie 9laturbegriffe, beren @d^ema tranSfcenben«
tale @inbUbungStraft entwirft. $ier aber ift eS nid^t um bas @d^ema ss
eines ^aUeS na(^ ©efe^en, fonbern um baS @d^ema (wenn biefeS SBort
l^ier ft^iddid^ ift) eine« ©efe^eS felbft gu tl^un, »eil bie SßillenSbe«
Son btm iBegriffe eine« ®fgenfianbed ber reinen (nroftifd^en SDeniunft. 69
fiimmung (nid^t bie ^anblung in Segtel^ung auf il^ren @rfo(e) burd^S
®efe^ aUm, ol^ne einen anbeten Sefttmmungögrunb, ben Segriff ber
Saufalitdt an gang anbete Sebingungen btnbet, atö biej[enige ftnb, koeld^e
bie 9latutt>etlnft))tung audmad^en.
5 S)em 9latutgefe^e als ®efe^e, loeld^em bie ©egenfl&nbe {tnnlid^er
anf(!^auung alö fold^e untettootfen ftnb, mug ein ©d^ema, b. i. ein aUge»«
meines SBetfal^ten bet @inbtlbung«ttaft (ben teinen Setftanbesbegtiff,
ben baS ®efe| beftimmt, ben Sinnen a priori batguftellen), cottefponbiten.
8bet bem @efe^e bet f^teii^eit (als einer gat nid^t finnlii!^ bebingten @au«
10 falität) mitl^in aud^ bem Segriffe beS unbebingt ®uten fann feine an»
fd^auungi mitl^in (ein @d^ema gum 93e^uf feinet 9nmenbung in concreto
untetgetegt loetben. $oIgli(!^ I^at baS @tttengefe^ fein anbeted bie Sn«
ttenbung beffelben auf ®egenft&nbe ber Statut DermittelnbeS (Srtenntni^«
Detmögen, als ben Sßetfianb (nid^t bie SinbilbungSltaft), meldtet einet
ift 3bee bet 93emunft nid^t ein @d^ema bet Sinnlitbleit, fonbetnein @e|e^,
abet bod^ ein fold^eS, baS an ®egenft&nben bet @inne in concreto batge»
fteOt metben lann, mithin ein Slatutgefe^, abet nnt feinet $otm nad^, als
®efe^ jum Söel^uf bet Uttl^eilsftaft untetlegen fann, unb biefeS fönnen
U)it ba^et ben k^pn^ beS @iitengefe^es nennen.
»0 ©le aiegel bet Uttl^eilSftaft untet ©efefeen bet teinen ptaftifd^en aSet»
nunft ift biefe: f^tage bid^ felbft, ob bie^anblung, bie bu üor^aft, totnn
fie nad^ einem ©efe^e bet Statut, t)on bet bu felbft ein S^eil m&tefl, ge^^
fd^el^en foUte, jie bu »ol^l als butd^ beinen äßinen möglid^ anfeilen fönnteft.
9tad^ biefet Sfiegel beuttl^eilt in bet S^at iebetmann ^anblungen, ob fie
n ^Ü\x6i gut obet böfe ftnb. @o fagt man: SSie, toenn ein jebet, mo et
feinen SSottl^eil }u fd^affen glaubt, fid^ etlaubte, gu bettfigen, obet befugt
hielte, fid^ baS Seben abgufutjen, fo balb i^n ein üdUiget Übetbtug bef«
felben befdDt, obet anbetet 9lot^ mit DoQiget ©leid^gflltigfeit anfd^e, unb
bu gel^btteft mit gu einet foldben Dtbnung bet S)inge, ttfttbeft bu batin
so tDOl^I mit (Sinftimmung beineS SBiUenS fein? 9lun meig ein febet mol^l:
bag, menn et ftd^ ingel^im Settug etlaubt, batum eben nid^t jebet»
mann es aud^ tl^ue, obet, menn et unbemettt lieblos ift, nic^t fofott lebet«
mann aud^ gegen i^n es fein mütbe; ballet ift biefe SBergleic^ung ber
3Raf\mt feiner ^anblungen mit einem attgemeinen Slaturgefe^e aud^ nid^t
35 bet SSeftimmungSgtunb feines äBiUenS. Slbet baS leitete ift bod^ ein
£9))uS bet 93eutt]^eilung bet etfteten nac^ fittlid^en ^rincipten. SBenn
bie SRa^rime bet ^anblung nic^t fo befd^affen ift, ba| fie an bet $otm eines
70 ftrttif btx pralttf^en Sernunft. 1. ^t\l 1. Su^. 3. ^auptflfi(f.
9laturgefe|eS flberl^aitpt bie $robe l^ält, fo iß fie {ttiU(]^ unmdglid^. @o
urtl^eilt felbfl ber getneinfte 93erftanb; benn ba& 9taturgefe^ liegt aDen
feinen gem5^nU(!^fien, felbft ben Srfal^rungSurt^eilen immer gum @runbe.
@T l^at tS alfo jebergeit bei ber ^anb, nur bag er in f^dOen, too bie Sau«
falit&t aüd Sreil^eit beurtl^eilt loerben foD, {eneiS 9laturgefe^ blod jum 5
S^puS eines ©efe^eS ber f^rei^eit mad^t, meil er, ol^ne etma^r toa& er
gum Seifpiele im Srfal^rungdfaDe machen f5nnte, bei ^anb gu ^aben, bem
®efe^e einer reinen praftifd^en SSernunft nid^t ben ©ebrauc^ in ber 8n«
n>enbung Derfd^affen f5nnte.
(S& ift alfo Qud^ erlaubt, bie 9latur ber @innenmeU a\S S^puS lo
einer intelligibelen 9latur gu braud^en, fo lange id^ nur nid^t bie ^xu
fd^auungen, unb maS baDon abhängig ift, auf biefe übertrage, fonbem
blod bie $orm ber ©efe^mi^tgfeit flberl^aupt (beren begriff aud^ im
gemeinften 3}ernunftgebrau(!^e ftattfinbet, aber in (einer anberen Sbfid^t,
als blod gum reinen prattifd^en ©ebraud^e ber äSernunft a priori be» 15
ftimmt ertannt loerben (ann) barauf begiel^e. S!)enn ®efe^e ald fold^e ftnb
fo fern einerlei, fie mögen i^re Seftimmungdgrünbe l^ernel^men, mol^er fte
rnoUen.
Übrigens, ba Don aDem ^nteüigibelen fd^led^terbingS nid^ts als (Der«
mittelft bes moralifd^en ®efe^eS) bie f^reibeit unb aud^ biefe nur, fo fern so
fie eine t)on jenem ungertrennlid^e SSorauSfe^ung ift, unb ferner alle in^»
telligibele ®egenftdnbe, auf »eld^ie unS bie Vernunft m6i Anleitung jenes
©efe^eS etma nod^ f&l^ren möd^te, mieberum für unS teine Stealitdt loeiter
l^aben, als gum Se^uf beffelben ®efe^eS unb beS ©ebraud^eS ber reinen
prattifd^en SSernunft, biefe aber gum S^puS ber Urtl^eilStraft bie 9latur 2&
(ber reinen SSerftanbeSform berfelben na(^) gu gebraud^en bered^tigt unb
aud^ benöt^igt ift: fo bient bie gegenmdrtige Snmerlung bagu, um gu r>tx^
^üten, ba^, maS bloS gur S^pit ber 93egriffe gel^irt, nid^t gu ben ^t^
griffen felbfi gegdl^lt merbe. S)iefe alfo als S^pil ber Urtl^eilsfraft bema^rt
Dor bem empir iSm ber praftifd^en Vernunft, ber bie prattifd^en Segriffe so
beS ©Uten unb 935fen bloS in @rfa]^rungSfolgen (ber fogenannten ®lüdC»
feligleit) fe^t, obgmar biefe unb bie unenblid^en nfl^lid^en i^olgen eines
burd^ @elbftliebe beflimmten äSiQenS, menn biefer ft^ felbft gugleid^ gum
allgemeinen SRaturgefe^e mad^te, aUerbingS gum gang angemeffenenS^puS
ffir bas ftttlid^ ®ute bienen fann, aber mit biefem bod^ nid^t einerlei ift. 35
@ben biefelbe S^pil bemal^rt aud^ oor bem SJZ^fticiSm ber praltifd^en
9$ernunft,meld^er baS,n)aS nur gum Symbol biente, gum @d^ema mad^t,
Son ben SrieBfebeni ber reinen )n:altif4en Oemunft. 71
b. {. tDirdid^e unb bod^ nid^t finnlid^e anfd^auungen (eines unfid^tbaren
fRtxiSi^ ®otted) ber antoenbung ber moralifc^en begriffe unterlegt unb tnS
Öberfil^kDengUd^e ^inauSfd^ueift. S>em ©ebraud^e ber moralifd^en ^^egriffe
ift bloS ber diationaliöm ber Urt^eitötraft angemeffen, ber Don ber
5 finnlid^en 9latur n{(!^td toeiter nimmt, atö toai auc^ reine SSemunft für
ft(^ beulen fann, b. i. bie ®efe|m&gigleit, unb in bie ftberftnnltc^e ntditd
l^ineintr>, als toai umgelel^rt ftt^ burd^ ^anblungen in ber @inuenn>elt
nad^ ber formalen Siegel eines 9laturgefe|eS äberl^aupt iDirtltd^ barfteDen
I&^t. Snbeffen i{i bie äSertoal^rung Dor bem ßmpiriSm ber praftifc^en
10 aSemunft Diel mid^tiger unb anratl^ungSmürbiger, meil ber SR^fticiSm
ft$ bod^ nod^ mit ber Sieinigteit unb ßr^aben^eit beS moralifd^en ®efe^eS
gufammen Dertr> unb au^erbem es nid^t eben natürlid^ unb ber gemeinen
S)enIttngSart angemeffen i{t, feine ßinbilbungSlraft bis gu überftnnlid^en
anfd^auungen angufpannen, mitl^in auf biefer Seite bie ®efa^r nid^t fo
15 allgemein ift; ba hingegen ber ßmpiriSm bie @ittlid)teit in ®efinnungen
(morin bod^, unb ni^t bloS in ^anblungen, ber i^ol^e äBert^ befielet, ben
fiii bie aRenfd^l^eit burd^ fie Derfd^affen fann unb foU) mit ber äSurjel auS«
rottet unb il^r gang etmaS anbereS, uAmlid^ ein empirifd^eS Sutereffe, tt)0«
mit bie Steigungen fiberl^auipt unter jid^ 93erle^r treiben, ftatt ber ^flid^t
ao unterf triebt, über bem aud^ eben barum mit aDen Steigungen, bie (fte mögen
einen 3ufd^nitt befommen, meldten fte mollen), menn fie gur äSftrbe eines
oberfien praltifd^en $rtncipS erhoben merben, bie SRenfc^l^eit begrabiren,
unb ba fie gleid^n)o^l ber Sinnesart aUer fo günftig finb, aus ber Urfad^e
meit gefft^rlid^er ifi als alle Sd^mdrmerei, bie niemals einen baurenben
95 Suftanb bieler SReufd^en auSmad^en fann.
drittes i^attpi9M.
aSon ben 3;riebfebern ber reinen praftifd^en SScrnunft.
S)aS äSefentlid^e alles ftttlid^en äßertl^S ber ^anblungen fommt bar»
auf an, bag baS moralifd^e ®efe^ unmittelbar benäBillen be«
30 ftimme. ©efd^iel^tbieSSiOenSbeftimmung gmargem&g bemmoralifd^en
®efe^e, aber nur oermittelft eines ©efA^lS, n)eld^er Slrt es aud^ fei, bas
oorauSgefe^t loerben mu^, bamit jenes ein l^inreid^enber SBeftimmungS»
grunbbeSSiillenSn>erbe, mitl^innid^t um beS ®efe^es millen: fomirb
bie ^anblung gmar Segalitdt, aber nid^t SRoralitdt entl^alten. SBenn
72 ^til l>er tnrafttfc^en Sentunft. 1. ^e\l 1. Sud^. 3. ^auptftödP.
nun unter SriebfeberCelateranimi) ber fubiectitoe Sefitmntungdgrttnb
beö Sßittend eines SSefen« Derftanben »irb, beffen SBernunft nid^t f(!^ott
Dermbge feiner 9latur bem ob|ectit)en ®efe^e notj^menbig gem&g iß, fo »irb
er{)Ii$ barauS folgen: ba^ man bem göttlid^en äBillen gar leine 5£rieb«
febern beilegen t5nne, bie Sriebfeber beS menfd^Iid^en SßinenS aber (unb 5
bed Don jlebem erft^affenen t)ernunftigen SBefen) niemals etoaS anbered
ate bai moralifd^e ®efe^ fein I5nne, mithin ber objectiDe IBeftimmungö»
grunb ieberjeit unb gau} aDein gugleid^ ber fubiectiu l^inreid^enbe 9e«
ftimmungdgrunb ber ^anblung fein muffe, loenn biefe nic^t bloS ben
99u(!^fiaben beS ®efe^e8, ol^ne ben ®eifi*) beffelben gn entl^alten, er* lo
ffiOen foL
S)a man alfo gum Sel^uf beS moralifd^en ®efe^ed, unb um il^m Sin«
fing auf ben äßiUen ju Derfc^affen, feine anbenoeitige 3:rtebfeber, babei bie
beS moralifd^en ©efe^eS entbel^rt merben fbnnte, fud^en mu^, loeil baö aDeS
lauter ®Iei^nerei ol^ne 93e{tanb bemirten mürbe, unb fogar e« bebenllid^ u
ift, au$ nur neben bem moralifd)en ®efe^e nod^ einige anbere Srieb«
febern (atö bie beS äSortl^eilS) mitwirlen gu laffen: fo bleibt nit^ts äbrig,
ald blöd forgf<ig gu befiim'men, auf meldte 9(rt ba& moralifd^e ®efe^
Sriebfeber merbe, unb toad, inbem fte tS ift, mit bem menfctflid^en Se^*
gel^rungsoermigen als SBirlung jenes 93eftimmungSgrunbeS auf baffelbe so
Dorgel^e. S)enn mie ein ®efe^ ffir fi(!^ unb unmittelbar SBeftimmungSgrunb
beS SBiaenS fein lönne (nel^eS bod^ baS äBefentlid^e aOer 3Roralität ift),
baS ift ein fflr bie menfd^lic^e äSernunft unauflöSlid^eS Problem unb mit
bem einerlei: tt)ie ein freier Siille möglid^ fei. Silfo werben mir nid^t ben
®runb, mo^er baS moralifd^e ®efe^ in {td^ eine Sriebfeber abgebe, fonbern 2s
maS, fo fern eS eine fold^e ift, pe im ©emütl^e mirft (beffer ju fagen, mirfen
mu^), a priori angugeigen ffabtw.
S)aS Sßefentlic^e aller Seftimmung beS SBillenS burd^S ftttUd^e ®efe|
ift: bag er als freier 3BilIe, mitl^in nid^t bloS o^ne SRitmirtung ftnnlid^er
eintriebe, fonbern felbft mit Sibmeifung aller berfelben unb mit Slbbrud^ so
aller Steigungen, fo fern fie jenem ®efe^e gumiber fein f5nnten, bloS burd^S
®efe^ beftimmt merbe. @o meit ift alfo bie SBirtung beS moralifd^en ®e*
fe^eS als SSriebfeber nur negatio, unb als f olc^e lann biefe Siriebfeber a pri-
ori erlannt merben. 3)enn aDe 3^eigung unb jeber finnlid^e antrieb ift auf
*) Tlan lann t>on jeber gefe^mägtgen ^anblung, bie bo4 nttigt um beS ©efe^eS 95
miHen gef(j^e^en \\t, fagen: fie fei bloiS bem ^u^^ahtn, aber nit^t.bem ®eifte (bec
<Bef!nnung) nac!^ moralif<J| gui.
$on ben Sriebfebexn ber reinen praftif^en IBemunft 73
®t\&^ gegrfinbet, unb bte negative äBirlung aufe (Sefül^I (burd^ ben Sb«
brudb, ber ben Steigungen gefd^id^t) ifl felbft ®effl]^l. Solglid^ fönnen tt)ir
a priori einfe^en, bog baS moralifd^e ®efe^ als SeftimmungSgrunb beiS
SBiQend baburd^, bag t& allen unferen Steigungen Eintrag tl^ut, ein ®e«
6 fft^l benirfen mfiffe, »eld^eS Sd^merg genannt loerben lann, unb l^ier
l^aben loir nun ben erften, üieQei^t au(!^ eingigen $all, ba n)ir a\xS Se^
griffen a priori baS Serl^<nig einei» @rlenntniffed (l^ier ift eS einer reinen
praltifd^en SSernunft) gum ®efä]^l ber fiuft ober Unlufi befiimnten tonnten.
aUe Steigungen sufantmen (bie.aui!^ »ol^l in ein ertr&gli(!^ed Softem ge«
10 brad^t loerben fönnen, unb beren Sefriebigung atöbann eigene ©Ifidtfelig«
leit l^ei^t) mad^en bie @elbftf ud^t (solipsismus) au8. S>iefe ift entmeber
bte ber @elbfiliebe, eines Aber alles gel^enben Sol^ln)ollenS gegen
fi(6 felbft (Philautia), ober bte beS äßol^lgef allenS an ftdt) felbft (Arro-
gantia). 3^ne l^ei^t befonberS Sigenliebe, biefe @igenbüntel. S)ie
u reine ))raltifd^e Sernunft tl^ut ber @igenliebe blos übbrud^, inbem fte
fol^e, als naturlid^ unb nod() oor bem moraltfc^en ®efe^e in unS rege, nur
auf bie 93ebingung ber einfiimmung mit biefem ®efe^e einfd^r&ntt; ba
fte aisbann DernAnftige @elbftliebe genannt loirb. Slber ben @igen«
b&nlel fd^l> fie gar nieber, inbem alle anfprflc^e ber @elbftfd^d^ung,
90 bie oor ber Übereinftimmung mit bem ftttlit^en ®efe^e Dorl^ergel^en, nid^ttg
unb ol^ne alle 99efugnig ftnb, inbem eben bie ©etoi^l^eit einer ®e|innung,
bie mit biefem ®efe^e Abereinftimmt, bie erfte 93ebingung alles SBertl^S
ber $erfon ift (mie loir balb beutlid^er mad^en »erben) unb aOe Slnmagung
oor berfelben falfdd unb gefe^mibrig ift. Stun gel^ört ber^ang gur @elbft<
as fd^&^ung mit gu ben Steigungen, benen bas moralifd^e ®efe^ Slbbrud^ t^ut,
fo fern fene bloS auf ber @innlid^teit berul^t. Sllfo f(i)ligt baS moralifd^e
©efe^ ben Sigenbfinfel nteber. ^a biefes ®efe^ aber bod^ etmaS an ftc^
$ofttit)eS ift, n&mltd^ bie t^orm einer inteDectuellen ßaufalitdt, b. i. ber
grreil^eit, foift eS, inbem eS im ®egenfa^e mit bem fubfectiDen äßiberfpiele,
30 ndmlid^ ben Steigungen in uns, ben @igenbfinfel fd^mäd^t, gugleid^ ein
®egenftanb ber Sld^tung unb, inbem eS il^n fogar nieberfd^Iägt, b. i.
bemütl^igt, ein ©egenftanb ber größten Sld^tung, mithin aud^ ber®runb
eines pofitiDen ©efül^lS, baS nid^t empirifd^en UrfprungS ift unb a priori
erfannt toirb. aifo ift ^d^tung ffirS moralifd^e ®efe^ ein ©efAl^l, loeld^eS
35 burd^ einen inteQectuellen ®runb geioirtt loirb, unb biefeS ®efä]^l ift baS
eingige, toeld^eS »ir Döllig a priori erfennen, unb beffen Stot^toenbigfeit
loir einfel^en I5nnen.
74 Ärltil ber proftiWen Scmunft. 1. %^l 1. »u*. 3. ^oiH)t|iö(I.
Sßir l^aben im ))or{0en ^aitptftüdCe gefeiten: ba^ atteö, toa« {!$ alS
Dbicct bcS SBiUcnö uor bem moraUfd^cn ©cfc^c barbietet, »on ben Sb^
fiimmunflöflrünbcn be« SBlDcn« unter bem SHamen bc« unbeblngt ®utcn
bnxäi bicjeg ®cfcfe fclbfl, al8 bic obcrftc Scbingung bcr praltifc^cn Scr»
nunfi, auagef^^Ioffen »erbe, unb bofe bie blofee prattifd^e gorm, ble in ber 5
Saufllid^feit ber SWajrimen jur attflemeinen ©efe^gebunß befielt, juerft
baS, ttaS an jid^ unb fd^Ied^terbingS gut ift, befiinime unb bie 3Stafmt
eine« reinen SBiDenö grünbe, ber aUein in aUer «bfi^t gut ijl. «un flnben
»ir oberunfere 5Ratur alä flnnlid^er SBefen fo befd^affen, bafe bie SWateric
bes 93egel^rungdt)erm5genS (©egenftdnbe ber Steigung, e« fei ber Hoffnung lo
ober gurd&t) pd^ guerjl aufbringt, unb unfer pat^ologlf^ beflimmbare«
Selbft, ob es gleid^ burd& feine SWajrimen gur allgemeinen ®efe^gebung
gang untauglid^ ift, bennodb, gleid^ als ob ed unfer gange« @elbfi au«<
mad^te, feine Slnfprfic^e oorl^er unb al« bie erften unb urfprflnglid^en
geltenb gu machen beftrebt fei. SRan lann biefen $ang, ftd^ felbft nad^ n
ben fubjectiDen IBeftimmung«grünben feiner äSilltfir gum obiectiDen 93e»
fiimmungSgrunbe be« SßiUen« überi^aupt gu mad^en, bie @elbfiliebe
nennen, meiere, toenn fie ft(^ gefe^gebenb unb gum unbebingten praftifd^en
$rincip mad^t, @igenbäntel feigen (ann. 9lun fd^liegt ba« moralifd^e
®efe^, meldte« allein mal^rl^aftig (n&mlid^ in aller Sbfid^t) obiectiD x% so
ben @influ^ ber @elbftliebe auf ba« oberfte praltifd^e ^rinctp g&ngli(^
au« unb tl^ut bem @igenbitntel, ber bie fubiectioen SBebingungen ber erfte»
ren al« ©efe^eDorfd^reibt, unenblid^en sibbrud^. äSa« nun unferem ßigen"
b&ntel in unferem eigenen Urtl^eil abbrud^ tl^ut, ba« bemütl^igt. Sllfo be«
mätl^igt ba« moralifd^e ®efe^ unDermeiblid^ {eben SRenfc^en, inbem biefer 26
mit bemfelben ben finnlic^en ^ang feiner 9latur oergleid^i S)a«jienige,
beffen SSorfteQung al« 99eftimmung«grunb unfere« äSillen« un«
in unferem @elbftbett)ugtfein bemütl^igt, erioedtt, fo fern al«e« pofitio unb
Seftimmung«grunb ift, für fid^ Sld^tung. aifo ift ba« moralifd^e ®efe|
au^ fubiectio ein ®runb ber Sld^tung. S)a nun alle«, ma« in ber @elbft» so
liebe angetroffen wirb, gur Steigung ge^Jrt, alle Steigung aber auf ®e»
fül^len beruht, mitl(|in, ma« allen Steigungen in«gefammt in ber Selbftliebe
Slbbrud^ tl^ut, eben baburd^ not^koenbig auf ba« ®efft]^l (Sinflug ^at, fo
begreifen mir, mie e« moglid^ ift, a priori eingufeben, bog ba« moralifd^e
®efe^, inbem e« bie Steigungen unb ben ^ang, fie gur oberften praftifd^en 35
Sebingung gu mad^en, b. i. bie Selbftliebe, oon allem Seitritte gur ober»
ften ®efe^gebung au«fd^lie|t, eine SBtrfung auf« ©efül^l ausüben lönnei
iBon bm Xriebfebent bet reinen pra!tif<i(en Vernunft. 75
tt>eld^e einerfeite blod negativ ifl, anbererfeitö unb gttar in Slnfel^ung
bed einf(]^rdnlenben ®runbed ber reinen praftifd^en 93ernunft pof itit) i[t,
unb tooju gar leine befonbere Slrt Don ®efül^Ie unter bem Flamen eined
praftifd^en ober mordifd^en aU Dor bem moralifd^en ®efe|^e Dorl^ergel^ienb
9 unb il^m gum ®runbe liegenb angenommen tt)erben barf.
®le negative aSirfung auf Ocfül^I (ber ttnannel^mlicftleit) ift, fo tole
aUer ISin^ug auf baffelbe unb teie j[ebed ©efAl^l flberl^aupt, |)at]^oIogif d^.
atö äSirlung aber Dom Semu|tfein bed moralifd^en ©efe^ed, foIgUd() in
93egiel(|ung auf eine inteOigibele Urfa^e, nfimlic^ ba8 Subfect ber reinen
10 yraltifd^en äSernunft a\& oberften ®efe^geberin, l^ei^t biefed ®effl]^l eines
Dernänftigen t)on Steigungen afficirten ©ubjects gtoar S)emüt]^igung (in«
teOectuene SSerad^tung), aber in IBegiel^ung auf ben pofitiDen ®runb ber«
felben, baS ®efe^, gugleidti Sichtung für baffelbe, für loeld^eiS ®efe^ gar
lein ®efül^l ftatt^nbet, fonbern im Urtl^eile ber S^ernunft, inbem eS ben
15 äSiberftanb au8 bem Sege fd^afft, bie SSegr&umung eines ^inberniffeS
einer pofitiDen Sefbrberung ber Saufalitat gleid^gef(b&|^t loirb. S)arum
tann biefeS ©efül^l nun aud^ ein (Sefül^l ber Sichtung für« moralifd^e ®e«
fe^, aus beiben ®rünben jufammen aber ein moralifd^eS ®ef ü^l ge«
nannt toerben.
30 S)aS moralifd^e ®efe^ alfo, fo loie eS formaler SeftimmungSgrunb
ber ^anblung ift, burd^ praftifd^e reine SSernunft, fo toie eS gioar aud^
materialer, aber nur objectioer SSeftimmungSgrunb ber ®egenftAnbe ber
^anblung unter bem Flamen beS ®uten unb SBöfen ift, fo ift eS au(^ fub»
fectiDer SeftimmungSgrunb, b. i. 5{;rtebfeber, gu biefer ^anblung, inbem
35 es auf bie @innli(^teit beS ©ubfects @influB l^at unb ein ©efül^l bemirft,
meld^eS bem (Sinfluffe beS ©efe^eS auf ben SSiOen beförberlic^ ift. .^ier
gel^t lein ®efül^l im @ubiect Dörfer, baS auf 9Roralit&t geftimmt te&re.
S)enn baS iß unmbglid^, »eil alles ©efül^l finnlic^ ift; bie Sriebfeber ber
fittlid()en ®e|innung aber mu| t>on aller pnnlid()en Sebingung frei fein.
30 SSielmel^r ift baS finnlid^e ©efül^l, toaS aEen unferen Steigungen gum
®runbe liegt, gtoar bie Sebingung berienigen @m^finbung, bie loir Sd^«
tung nennen, aber bie Urfad()e ber 93eftimmung beffelben liegt in ber reinen
prattifd^en SSernunft, unb biefe @m|)finbung fann ba^er il^res UrfprungeS
toegen nid^t |)at]^ologifd(), fonbern mu| prattifd^ getoirtt ]^ei|en: inbem
S5 babur(b, ba| bie SSorftellung beS moralifd^en ®efe^eS ber (Selbftliebe ben
(Stußu^ unb bem (Sigenbüntel ben äBal^n benimmt, baS ^inberni| ber
reinen praftifd^en SSernunft oerminbert unb bie 33orftellung beS 9}orjugeS
76 5h:ttil t>er ))ralttfd^en Vernunft. 1. S^eU. 1. 93u<i(. 8. ^ais))tflüdP.
il^rc« obiccttoen ©cfcfte« t)or bcn antrieben ber ©innlid^Ieit, mltl^ln ba«
®ett)id^t beiS erfteren relatb (in Snfel^nng eines burd^ bie le^tere afflcir«
ten SSiUend) hvLX<li bie SBegfc^affung beS ©egengetoid^tö im Urtl^eile ber
SSernunft l^ierDorgebrac^t ttirb. Unb fo ift bie ^(bhtng ffirS ®efe^ nid^t
Sriebfeber gur Sittlid^Ieit, fonbem fie i[t bie @ittlid)teit felbft, fnbiectit) 5
als 5{;riebfeber betrad^tet, inbem bie reine |)raltifd^e 93ernunft baburd^, ba|
fie ber @elbftliebe im ®egenfa^e mit il^r aQe ainf|)rüd^e abfd^I>, bem
©efe^e, bai fe^t aQein 6in^ug l^at, Snfel^en i9erfd()afft. ^iebei ift nun gu
bemerlen: bag, fo tt)te bie ad()tung eine SBirhtng aufiS ©efftl^l, mitl^in auf
bie Sinnlid^Ieit eine« Dernfinftigen SBefen« ift, eS biefe Sinnli^teit, mit« lo
l^in aud^ bie @nblid^leit fold^er SSefen, benen bad moralifc^e ®efe^ ad§<
tung auferlegt, üorauSfe^e, unb bag einem ^bc^ften, ober aud^ einem i9on
aller @innlid^Ieit freien SBefen, n)eld()em biefe alfo aud^ lein $inberni|
ber praltifd^en 93ernunft fein lann, ^d^tung färS ®efe^ nW beigelegt
toerben lönne. »
S)iefed ©effll^l (unter bem Flamen bed moralifc^en) ift alfo lebiglid^
burd^ äSernunft bemirtt. 6S bient nic^t ju SBeurtl^eilung ber ^anblungen,
ober too^l gar jur ®rünbung be« objeclitien ©ittengefefec« felbft, fonbem
bloS gur 5£riebfeber, um biefeiS in ftd^ gur 3Rarime ju mad^en. 3Rit tt)eld^em
atamen aber tbnnte man biefeS fonberbare ©efill^l, mViiti mit feinem ao
|)at]^ologifd^en in äSergleid^ung gegogen »erben lann, fd^idtlic^er belegen?
(S^ ift fo eigentJ^ümlid^er Srt, ba^ eS lebiglic^ ber SSernunft unb gioar
ber praftifd^en reinen Vernunft gu ®ebote gu ftel()en fdf)eint.
9 d^ tung ge^t iebergeit nur auf ^erfonen, niemals auf @ad()en. S)ie
le^tere WnnenSRcigung unb, wenn eSSl&iere ftnb(g.a3.$ferbe,^unbeK.), »5
fogar Siebe, ober auc^ i^urc^t, wie baS SReer, ein 93ulcan, ein Staub«
tl^ier, niemals aber Sld^tung in unS erweden. (StmaS, was biefem ®e«
fül^l fc^on nftl^er tritt, ift Sewunberung, unb biefe als Effect, baS er«
ftaunen, fann auc^ auf Sachen gelten, g. S3. l^immell^ol^e Serge, bie®röge,
SRenge unb Sßeite ber SSeltI5r|)er, bie @t&rfe unb ®efd()winbigteit mancher ao
2:^iere u. f. w. Slber alles biefeS ift nid^t Sichtung. (Sin SReufd^ lann mir
aud§ ein ®egenftanb ber Siebe, ber Surd^t, ober ber 99ewunberung, fogar
bis gum (Srftaunen, unb bod^ barum !ein ®egenftanb ber Sd^tung fein.
@eine fd^ergl^afte Saune, fein 3Rut^ unb @tdr{e, feine 3Rad^t, burd^ feinen
SRang, ben er unter anberen l^at, tonnen mir bergleid^en (Smpfinbungen »
einflbien, eS fel^lt aber immer nod^ an innerer Sc^tunj) gegen il^n. fronte«
nelle fagt: 93or einem äSornel^men b&de id^ mi^, aber mein ®eifl
©on ben 3:r!ebfebent her reinen ^jraftifd^eu Sernunft. 77
büdt f id^ nid^t. 3(i^ lann l^ingu fe^en: SSor einem niebrieen, burgerlid^
gemeinen SRann, an bem id^ eineSted^tfd^affenl^ett beS S^aralterS in einem
geiDiffen SRage, atö id^ mir tion mir felbft nid^t bettu^t bin, ttal^rnel^me,
büdtt fid^ mein (Seift, ic^ mag ttoDen ober nid^t unb ben Aopf nod^
5 fo ^od^ tragen, um il^n meinen SSorrang nid)t überfeinen ju laffen. SBarum
baS? @ein Seifpiel l^&It mir ein ®efe^ tior, baS meinen (Sigenbfinfel
nieberfd^I>, koenn id^ eS mit meinem äSerl^alten Dergleid^e, unb beffen
Sefolgung, mitl^in bie SEl^unlic^feit beffclben, id^ burdfe bieSSil&at be«
toiefen tior mir fel^e. 9lun mag id^ mir fogar eined gleid^en ®rabed ber
10 SHec^tfd^af en^eit bemüht fein, unb bie Sd^tung bleibt bod^. 3)enn ba beim
^Renfd^en immer aUed ®ute mangell^aft ift, fo fd^I> baS ©efe^, burd^
ein 8eifpiel anfd^aulid^ gcma(^t, bod^ immer meinen Stolg nieber, oogu
ber SRann, ben id^ oor mir fe^e, beffen Unlauterfeit, bie il^m immer nod^
anl^&ngen mag, mir nid^t fo loie mir bie meinige belannt ift, ber mir alfo
15 in reinerem Sid^te erfd^eint, einen SRagftab abgiebt. Sd^tung ift ein
3:ribut, ben toir bem SSerbienjte nid^t Denoeigern f5nnen, »ir mögen
moDen ober nid^t; tt)ir mbgen aQenfaHS du^erlid^ bamit jurüd^alten, fo
I5nnen mir bod^ nid^t l^erl^fiten, fie innerlid^ ju empfinben.
S)ie Sid^tung ifl fo koenig ein ©effil^I ber Suft, bag man Ttd^ xfix in
ao anfel^ung eines SRenfd^en nur ungern Aberlfigt. SRan fud^t etmaS auS«
finbig gu machen, mad unS bie Saft berfelben erleid^tern tonne, irgenb
einen Sabel, um und »egen ber S^emfitl^igung, bie und burd^ ein fold^ed
Seifpiel miberfdl^rt, fdf)ablo8 gu l^alten. Selbft Serftorbene finb, üornel^m«
lid^ menn il^r Seifpiel unnac^aJ^mlid^ fd^eint, tior biefer j^ritil nid^t immer
«5 gefid^ert. Sogar baämoralifd^e ®efe|j felbft in feiner feierlid^en SRa*
ieftdt ift biefem Seftreben, ftd^ ber ^d^tung bagegen gu ermel^ren, auS«>
gefejjt. SWeint man tool^I, bafe eS einer anberen Urfad^e guäufd^reiben fei,
tt>e8tt)egen man eS gern gu unferer Dertraulid()en 9leigung l^erabmfirbigen
möd^te, unb fid^ auS anberen Urfad^en aDed fo bemalte, um e8 gur beliebten
80 SSorfd^rift unfered eigenen lool^toerftanbenen SSortl^eitö gu mad()en, ald bag
man ber abfd^redtenben 8ld()tung, bie und unfere eigene Unmfirbigfeit fo
ftrenge Dorl^&It, lod koerben m5ge? ©kid^mol^I ift barin bod^ aud^ mieberum
fo menig Unluft: ba^, toenn man einmal ben @igenbfinTel abgelegt
unb iener Sd^tung praltifd^en @influ6 oerftattet l^at, man fic^ koieberum
35 an ber ^errlid^Ieit biefed ©efe^eS nid()t fatt feigen lann, unb bie @eele fid()
in bem SRa^e felbft gu erl^eben glaubt, als fie baS ^eilige ®efe^ über fid^
unb il^re gebred^ltd^e Slatur erl^aben {ie^t. Qxoax tbnnen gro|e Salente unb
78 Mtil ber ^^rafafd^en a^emuiift. 1. ^t\l 1. Sud^. 3. ^auptflflde.
eine il^nen ))ro))ortionirte Sl(|fitigfeit aud^ Sld^tung ober ein mit berfelben
analogifdieg ©efü^I betoirfen, ed ifi au(^ gang anftdnbig t^ i^nen gu
koibmen, unb ba fc^eint eS, aU ob Setounberung mit fener Smpftnbung
einerlei fei. 8Qein koenn man nöl^er gufiel^ti fo ttirb man bemerfen, bag,
ba es immer ungekoig bleibt, oie Diel bad angeborne Salent unb mie Diel s
Kultur burd^ eigenen t^leig an ber ®e{d)idni(i^feit Stl^eU l^abe, fo fteQt und
bie SSemunft bie Untere mutl^maglid^ ald ^rud^t ber @ultur, mitl^in als
SSerbienft Dor, m\iit& unferen ßigenbfinlel mertlic^ l^erabftimmt unb uns
barfiber entoeber 93ortt)&rfe mad^t, ober unS bie Sefolgung eines fold^en
SeifpielS in ber Sri, mie eS unS angemeffen ift, auferlegt. @ie ift alfo lo
nid^t bloge Seiounberung, biefe Sichtung, bie U)ir einer fold^en ^erfon
(eigentlid^ bem ©efe^e, maS unS fein 93eifpiel Dorl^AIt) beU)eifen; tt)eIdl)eS
^d^ aud^ baburd() beftAtigt, ba^ ber gemeine {^aufe ber 2tebl(|aberi loenn er
baS @(])Ied^te beS ßl^arafterS eines fold^en SRanneS (tt)ie etma SSoltaire)
fonft tt)ol^er erlunbigt gu l^aben glaubt, ade Sd^tung gegen il^n aufgiebt, i»
ber U)a]^re ®elel^rte aber fte nod^ immer loenigftenS im ©efid^tspuntte
feiner Salente fül^lt, m\\ er felbft in einem ©efd^&fte unb Serufe Der«
tt)idelt ift, teeld^eS bie ^Rac^al^mung beffelben il^m geoiffermagen gum ®e«
fe^e mad^t.
Sd^tung fürs moralifd^e ®efe^ ift alfo bie eingige unb gugleid^ un« 20
begD)eifeIte moralifd^e 5{;riebfeber, fo U)ie biefeS ©efül^I aud^ auf lein Cb«
iect anberS, als lebiglid^ auS biefem ®runbe gerid^tet ift. ßuerft beftimmt
baS moralifd^e ®efe|^ obfectiD unb unmittelbar ben SBillen im Urtl^eile ber
äSernunft; Srei^eit, beren SaufalitAt bloS burd^S ®efe|^ beftimmbar ift,
befielet aber eben barin, ba^ fie alle 9leigungen, mitl^in bie SdbA^ung ber 25
$erfon felbft auf bie Sebingung ber Befolgung il^reS reinen ©efe^eS ein«
fd()rAnIt. ^iefe @infd^rdnlung t^ut nun eine SBirlung aufS ©effil^l unb
bringt ßmpfinbung ber Unluft l^erDor, bie aus bem moralifd^en ®efe|^e.
a priori erlannt toerben lann. ©a fte aber bloS fo fem eine negatioe SBir«
lung ift, bie, als aus bem @tnfluffe einer reinen prattifc^en SSernunft ent« 30
fprungen, Dornel^mlid^ ber Sl^Atigleit beS SubfectS, fo fern Steigungen bie
SeftimmungSgrfinbe beffelben ftnb, mitl^in ber Meinung feines perfftn»
lid^en SBertl^S Slbbrud^ t^ut (ber ol^ne (Sinftimmung mit bem moralifd^en
®efe|^e auf nidgts l^erabgefe^t koirb), fo ift bie SBirlung biefeS ©efe^eS
aufs ©efül^l bloS S)emät]^igung, toeld^e mir alfo gioar a priori einfel^en, ss
aber an il^r nid^t bie j^raft beS reinen prattifd^en ©efe^eS als Sriebfeber,
fonbem nur ben SBiberflanb gegen Sriebfebern ber ©innlid^feit erfennen
Sßon ben Sciebfebern ber reinen praftifc^en 93ernunft. 79
I5nnen. Sßeil aber baffeltie ©efej^ bod^ obiectik), b. i. in ber SSorfteDung
ber reinen äSernunft, ein unmittelbarer Seftimmungdgrunb beiS SBiQend
iflf folfllid^ biefe S)emfitbi0ung nur relativ auf bie 9teinigleit bed ©efe^ed
ftattfinbet, fo ift bie ^erabfe^ung ber anfprfidb^ ber moralifd^en @elbft»
5 ftbi^ung, b. i. bie S^emütl^igung auf ber {tnnlid^en @eite, eine Srl^ebung
ber moralifd^en, b. t. ber ))raftifd^en @(I^A|^ung beS ®efe^ed felbft, auf ber
inteUectueDen, mit einem SBorte Sld^tung ffird ®efe|^, alfo aud) ein feiner
tnteDectueUen Urfad^e nad^ pofttiDeiS ©efil^I, baS a priori ertannt oirb.
3)enn eine febe SSerminberung ber ^inberniffe einer Sl^ätigfeit ifl SBeför»
10 berung biefer Sl^&tigfeit felbft. S)ie Snerlennung bed moralifc^en ©efej^eS
aber ift bad Semultfein einer 2:t)AtigIeit ber praltifc^en SSernunft aud
. obiectiDen ©rauben, bie blod barum nic^t il^re SBirlung in ^anblungen
ftufeert, weil fubiectiüe Urfadien (patl^ologifcfte) jie l^inbern. SHfo mufe bie
ad^tung füriS moralifd()e ®efe^ au(b ald ^ofitiDe, aber inbirecte SBirfung
15 beffelben aufs (Seffil^I, fo fem jened ben ^inbernben (Sinflug ber 9leigun«
gen burd^ S)emfit]^igung be« @igenbün{ete fd^toAc^t, mitl^in als fubiectiüer
®runb ber X^Atigteit, b. i. aliS Srtebf eber gu Befolgung beffelben, unb
ali (Srunb gu 3Raj:imen eines tl^m gemAgen Sebensmanbetö angefel^en
»erben, «u« bem ©egriffe einer SCriebfeber entf|)ringt ber eine« Snter»
20 ef f e, weld^eS niemals einem SBefen, als ttaS SSernunft l^at, beigelegt wirb
unb eine5{;riebf eber beS SillenS bebeutet, fo fern fie burd^ 93ernunft
oorgefiellt wirb. S)a baS ®efe^ felbft in einem moralifd^ guten SBiDen
bie Sriebfeber fein mufe, fo ift baS moraltfd^e gntereffe ein reines
ftnnenfreieS Sntereffe ber blogen |)raltifd^en SSernunft. auf bem Segriffe
85 eines Sntereffe grünbet fidf) aud^ ber einer SRajctme. ©iefe ift alfo nur
aisbann moralifdb Ad^t, wenn fie auf bem bloßen Sntereffe, baS man an
ber Befolgung beS @efe|^eS nimmt, berul^t. aDe brei Segriffe aber, ber
einer SCriebfeber, eines Sntereffe unb einer SWajcime, fönnen nur
auf enblid^e äSefen angewanbt werben. S)enn fie fe^en inSgefammt eine
so @ingefd^rAn(t]^eit ber !Ratur eines äSefenS DorauS, ba bie fubfectiDe Sdt^
fd^affenl^eit feiner SBiOtfir mit bem obiectioen ®efe^e einer praltifd^en
äSemunft nid^t t)on felbft übereinftimmt; ein Sebftrfnig, irgenb woburd^
gur S:^AtigIeit angetrieben )u werben, weil ein inneres ^inbemi| berfel«
ben entgegenflel(|t. auf ben göttlid^en SBiUen tbnnen fie alfo nitbt ange«
35 wanbt werben.
es liegt fo etwas SefonbereS in ber grengenlofen ^od^fd^A^ung beS
reinen, Don allem S^ortl^eil entblb|ten moralif d()eu ®efe^eS, fo wie eS ^raN
80 ^ritil bei prafttfd^en l^ernunft. 1. Sl^eil. 1. Sud^. 3. i^auptfliUe.
tifd^c aSernunft un« jur Scfolgung üorflcnt, bcren Stimme aud) bcn f ül^n«
ften f^retiler gittern madgt unb il^n nötl^igt, fid) k)or feinem Snblide gu t)eri^
bergen: bag man fd^ nid^t kounbern barf, biefen (Sin^ug einer bloS in»
tellectuellen gbee auf« (Sefü^l für fpeculalitie JBernunft unergrünblid& ju
finben unb fid^ bamit begnügen gu möffen, bag man a priori bod^ no(^ fo 5
Diel einteilen lann: ein folc^e« ©eful^l fei ungertrennlid^ mit ber SSor^eU
lung be« moralifd^en ®efe^eS in j[ebem enblid^en tiernünftigen SBefen Der«
bunben. 9B&re biefeS ©efül^I ber Sid^tung patl^ologifc^ unb alfo ein auf
b^m inneren @inne gegrfmbeteS ®eful^I ber Suft, fo koflrbe e« Dergeblic^
fein, eine SSerbinbung berfelben mit irgenb einer 3bee a priori gu ent« w
bedCen. 9lun aber ift e« ein ©effll^I, koaS blo« aufS $ra!tifd^e gel^t unb
gmar ber SSorfteHung eine« ©efe^e« lebiglid^ feiner $orm nad^, nid^t
irgenb eine« Dbiect« beffelben ttegen anl^&ngt, mitl^in koeber gum 93er^
gnägen, nod^ gum @(^merge gered^net koerben lann unb bennod^ ein 3n<
tereffe an ber Befolgung beffelben l^erüorbringt, toeld^e« »ir ba« mo« u
ralifdf)e nennen; »ie benn aud^ bie ^Äl^igleit, ein fold^eg Sntereffe am
©efei^e gu nel^men, (ober bie 9(d^tung fflrS moralifd^e ®efe^ felbft) eigent«
Iid^badmoraUf(^e®effi^Uft.
3)a8 Setöufetfein einer freien Untertoerfung be8 SBiUen« unter ba«
®efe^, bod^ ald mit einem unDermeiblidden Stt^^nge, ber aQen Steigungen, ao
aber nur burd^ eigene SSernunft anget^an toirb, t)erbunben, ift nun bie
Sld^tung fürs ®efe^. 3)a& ©efe^, toaS biefe Sd^tung forbert unb aud() ein^
flö^t, ift, toie man fielet, fein anbereiS aliS bad moralifd^e (benn lein anbe»
reiS fd^Iiegt alle Steigungen üon ber Unmittelbarleit il^red (Sin^uffeiS auf
ben SSillen ani). S)ie ^anblung, bie nad^ biefem ®efe^e mit SluSfd^Iie« 25
gung aller SeftimmungSgrünbe au« Steigung objectit) ))raltifd^ ift, l^eigt
^flic^t, koeld^e um biefer Sludfd^Iiegung koiQen in i^rem Segriffe pxah
tifd^e 9l5tl^igung, b. i. SBeftimmung gu ^anblungen, fo ungerne, loie
fie aud() gefd^el^en mögen, entl^dlt. S)a8 ©efül^I, baiS aud bem Settultfein
biefer Slöt^igung entf))ringt, ift ni(^t ^atl^ologifc^, atö ein fold^ed, toaS 30
t)on einem ©egenftanbe ber Sinne gemirft toürbe, fonbern allein |)raftifd^,
b. {. burd^ eine t)or]^erge]^enbe (obfectit^e) äBiUenSbeftimmung unb (Saufa<
lit&t ber SSernunft, möglid^. @8 entl^dlt alfo, al« Unterkoerfung unter
ein ®efe^, b. i. als ©ebot (meld^eS für baS ftnnlid^ afpcirte @ub|ect Strang
anfünbigt), leine Suft, fonbern fo fern oielmel&r Unluft an ber ^anblung 35
in fid^. S)agegen aber, ba biefer StoanQ hloi burd^ ©efe^gebung ber
eigenen S^emunft auggeübt )9irb, enthält ti aud^ Srl^ebung, unb bie
Son ben 3:riebfebeni her reinen ^)ra!ttfd^en 5)ernunft. 81
fubicctiüc SBirfung auf« ®effl]^I, fo fern baüon reine <)rafttf(!^e Sernunft
Me aHeinige Urfad^e ift, tann alfo bloö @eIbft6iUigung in Slnfel^ung
ber festeren l^cifeen, inbcm man ftd^ bagu ol^ne atte« Sntereffe Mo« burc^«
®efe^ beflimmt erlennt unb {id^ nunmel^r eine« ganj anberen, baburd^
5 fttbiectlö j^eroorgebrad^ten Sntereffe, »eld&e« rein praftifd^ unb frei ifl,
bettugt wirb, oeld^e« an einer ))flid^tmdgigen ^anblung gu nel^men, nid^t
etwa eine SHeigung anrätJ^ig ift, fonbcrn bie SBernunft burd^« praltifd^e
®cfe^ fc^led^tl^in gebietet unb aud^ »irflid^ Ifterüorbrlngt^barum aber einen
flanj eiflent^ümlid^cn Flamen, nämlid^ ben ber «(^tung, fül^rt.
10 3)er »egriff ber $flidf)t forbert alfo an ber ^anblung objectio
Ubereittftimmung mit bem ®efe^e, an ber SRajcime berfelben aber fubiec»:
tio ad^tung für« ®efe^, al« bie alleinige a3eftimmung«art be« äBtaen«
burd^ baffelbe. Unb barauf berul^t ber Unter{dE)teb gmifdgen bem f6m\x%U
fein, pfUc^tmAgig unb au« $fU<i^tr b. i. au« 8[d()tung ffir« ®efe^, ge«
15 ^anbelt }u l^aben, baDon ba« erftere (bie Segalit&t) aud^ moglid^ ift, toenn
Steigungen blo« bie IBeftimmung«gränbe be« SBiDen« gen)efen lodren,
ba« jmeite aber (bie SWoraliidt), ber morallfd^e SBertl^, lebigUd^ barin
gefeilt koerben mug, bag bie ^anblung au« ^flid^t, b. i. blo« um be« ®e«
fe^e« toiEen, gefd^e^e.*)
20 (S« ift t)on ber größten SSid^tigleit in allen moralifd^en Seurtl^eilun«
gen auf ba« fubiectioe $rtncip aller SRajrimen mit ber duger{ten ©enauig«
feit Sl(^t )u l^aben, bamit alle äßoralitdt ber ^anblungen in ber Slotl^^
koenbigleit berfelben au« $flid^t unb au« 9l(t)tung fär« ®efe^, ni(^t au«
Siebe unb Suneigung gu bem, toa« bie ^anblungen l^eroorbringen foQen,
25 gefejjt »erbe. Sfür ?Wenfd^en unb alle erfd^affene oernünftige SBefen ifl bie
moralifij^e Stotl^menbigteit 9t5tl^igung, b. i. Sßerbinblid^feit, unb {ebe bar«
auf gegrfinbete ^nblung al« ^fli(^t, nid^t aber al« eine un« oon felbft
fd^on beliebte, ober beliebt »erben lönnenbe SBerfal^rungSart oorguflellen.
®leid^ al« ob »ir e« bal^in femal« bringen tonnten, ba^ ol^ne Sld^tung
30 *) SBenn man ben SBegrtff ber %^imq ffir $erfonen, fo toie er t)orl^er bor-
gelegt toorben, genau ertodgt, fo wirb man gewal^r, bag f!e immer auf bem S3en)u|t«
fein einer ^flic^t beruhe, bie un« ein S3eifpiel oorl^&ti, unb bog alfo 9[<!^tung niemal«
einen anbem al« moralifc^en ©runb l^aben I5nne, unb ed fel^r gut, fogar in pf^c^olo«
gif^er 9{bf!(!^t gur ^enf^enfenntnig fel^r nfi^li^ fei, aUerwört«, too wir biefen $lu«-
35 brudf brauchen, auf bie gel^eime unb wunbemdwfirbige, babei aber oft oorfommenbe
difi^c^t, hie ber SKenfc^ in feinen S3eurt^eilungen auf« moralif^e ®efe^ nimmt, fld^t
gul^ben.
«atiff «(Triften. SBeifc. V. 6
82 ^itil ber praftifd^en «ertmnft. 1. 2:^fil. 1. Sud^. 3. ^auptfHtd.
fflrö ®efc^, tocld^c mit gutii^t ober tocnlgftcti« »cforgnife t>ox Übertretung
t)erbunben Ift, tt)ir oie bie fiber aQe abl^ängigfett erl^abene ©ottl^eit Don
felbfi, gletd^fam burd^ eine unS gur Statur gekoorbene, niemals gu t)er«
rfidenbe Übereinftimmung bed SBiUeniS mit bem reinen jSittengefe^e (rotU
d^ed alfo, ba mir niemals oerfud^t merben tonnten, il^m untreu gu merben, s
mol^I enblid) gar aufl(|ören lönnte ffir und ®ebot gu fein), {emals in ben
93e^^ einer ^eiligfeit beS SßiQeniS fommen tonnten.
S)a& moralifc^e ®efe^ ift ndmlid^ für ben SBillen eines aüerDoIItom«
menften äßefenS ein ®efe^ ber ^eiligleit, ffir ben SSiOen {ebed enb*
Iid)en bernfinftigen SSefend aber ein ®efe| ber $fli4t, ber moralifd^en lo
9l5t]^igung, unb ber Seftimmung ber ^anblungen beffelben burd^ ad^<
tung ffir bieS @efe^ unb auS @]^rfurd()t ffir feine $flid^t. Sin anbereS
fubjectiDeS $rinci|) mug gur Sriebfeber nid^t angenommen iDerben, benn
fonft tann gmar bie ^anblung, mie baS ®efe^ pe i9orf(breibt, ausfallen,
aber ba f!e gmar |)flid^tmdgig ift, aber nid^t aus $flid^t gefd)ie^t, fo ift »
bie @epnnung bagu nic^t moralifd^, auf bie eS bod^ in biefer (Sefe^gebung
eigentlich antommt.
@S ift fel^r fd^bn, aus Siebe gu SRenfd^en unb tl^eilnel^menbem SSol^I«
moQen il^nen ®uteS gu tl^un, ober auS Siebe gur Drbnung geredet gu fein,
aber baS ift noc^ nid^t bie &d^te moralifc^e SRajcime unferS SBerl^altenS, so
bie unferm @tanb|)unlte unter oernftnftigen SSefen als SRenfd^en an«
gemeffen tft, menn mir unS anmaßen, gleid^fam als SSolont&re unS mit
ftolger ßinbilbung fiber ben ®ebanten t)on $flid^t meggufe^en unb, als
oom ®ebote unabhängig, bloS auS eigener Suft baS tl^un gu moDen, mogu
ffir uns tein ®ebot nbtl^ig märe. SBir ftcl^en unter einer 3)ifci|)lin ber w
Vernunft unb mfiffen in aUen unferen SRajrimen ber Untermfirflgteit unter
berfelben nid^t Dergeffen, il^r nid^ts gu entgleisen, ober bem älnfel^en beS
®efe^eS (ob eS gleid^ unfere eigene Vernunft giebt) burd^ elgenllebigen
SBal^n baburd^ etmaS abguffirgen, ba^ mir ben SeftlmmungSgrunb unfe«
res SBiDenS, menn gleich bem ®efe^e gemdg, bod^ morin anberS als im so
®efe^e felb{i unb in ber Sld^tung ffir biefeS ®efe^ festen, ^flid^t unb
@(^ulbigtelt finb bie ^Benennungen, bie mir aQeln unferem SSer^dltniffe
gum moralifc^en ®efe^e geben mfiffen. 9Bir ftnb gmar gefe^gebenbe ®lie»
ber eines burdfe ^rel^eit miglid^en, burd^ 1)rattifd6e SSernunft unS gur
Sc^tung oorgejlellten Sieic^S ber Sitten, aber bod^ gugleic^ Untertl^anen, ss
ntd^t baS Oberhaupt beffelben, unb bie SSertennung unferer nieberen Stufe
als ®ef(^bpfe unb SBeigerung beS @lgenbfintels gegen baS ^Infel^en beS
8on ben Siriebfebent ber reinen ))roftifd^eii Oermmft 83
l^eiltgen ©efe^eiS tft fd^on eine Slbtrünniglett t>on bemfel6en bem ©elfte
nad^, loenn gleid^ ber Sud^ftabe beffelben erfüQt toürbe.
Eternit [ttmmt aber bieSRoglit^teit eine« folgen ©ebots al&: Siebe
@ott ikber alle« unb beinen SlA^ften aU bid^ felbft*) ganj xooifi
5 gufammen. 3)enn ed forbert bod() als ®ebot Sc^tung für ein ®efej^, baS
Siebe befiehlt, unb überl> ed nid^t ber beliebigen äSal^I, ßd^ biefe
}uni ^rincip )u mad^en. Slber Siebe gu @ott als Steigung (patl^ologifc^e
Siebe) ifi unmöglich; benn er ijl fein ®egenftanb ber Sinne. @ben bie«
felbe gegen 9Renf(ben ifi goar möglich, lann aber nid^t geboten »erben;
10 benn ed fielet in leineS 3Renfd^en SSermögen, {emanben bloS auf iBefel^I ju
lieben. ^Ifo ift ed bloS bie pr alt ifdb^ Siebe, bie in ienem Jtern aQer
®efe^e Derftanben teirb. ®ott lieben, l^eigt in biefer Sebeutung, feine
®ebote gerne tl^un; ben Stddiften lieben, l^eigt, aUe $flid()t gegen i^n
gerne auSfiben. SDad ®ebot aber, bad biefeS gur Sftegel mad^t, {ann aud^
15 nid^t biefe ©efinnung in ))^id^tmägigen ^anblungen gu l^aben, fonbern
blod barnad^ gu ftreben gebieten. S)enn ein ®ebot, ia^ man ttxoai gerne
tl^un foD, ift in fid^ tDiberfpred^enb, »eil, »enn »ir, »aS und gu tl^un oh
liege, fd^on i9on felbft toiffen, »enn mir und itberbem aud^ bemugt mdren,
ed gerne gu t^un, ein ®ebot barfiber gang unnötl^ig, unb, tl^un wir ti
20 gtoar, aber eben nid^t gerne, fonbern nur aM SLc^tung fftrS ®e{e^, ein
®ebot, loeld^eS biefe Sichtung eben gur Sriebfeber ber ÜRajcime madbt, ge«
rabe ber gebotenen ®efinnung gumiber ttirten »ürbe. ^eneS ®efe^ aQer
®efe^efleat alfo, tt)ie aQe moralifd^e SSorfd^rift beS (Soangelii, bie fittlic^e
©efinnung inil^rer gangen SBoQfommenl^eit bar, fo toie fie als ein^beal ber
35 ^eiligleit t)on {einem ®efd^5))fe eneid^bar, bennod^ baS Urbilb ift, meld^em
»ir uns gu ndl^eren unb in einem ununterbrod^enen, aber unenblid^en
^rogreffuS gleid^ gu »erben ftreben foUen. j^önnte n&mlic^ ein üemanftig
@ef(^öpf iemals bal^in fommen, aUe moralifd^e ©efe^e D51lig gerne gu
tl^un, fo »ürbe baS fo Diel bebeuten als, es f Anbe ftd^ in il^m aud() nid^t ein«
30 mal bie SRiglid^feit einer SBegierbe, bie il^n gur Sbmeid^ung Don il^nen reig«
te; benn bie Uberminbung einer fold^en foftet bem @ubiect immer Siufopfe»
rung, bebarf alfo @elbftg»ang, b. i. innere 9löt]^igung gu bem, maS man
*) aJlit biefem ©efe^e ma^t baS ^rinctp ber eigenen ©lüdEfeligfeit, meI(^eS
einige sunt oberfien ^yruiibfa^e ber @ittlic^!eit mo^en woUen, einen feltfomen 6on-
35 traft; biefeS würbe fo lauten: Siebe bi(!^ felbft über alleS, (Sott aber unb
beinen 9l&<^fien nm bein felbft millen.
6*
84 ^tif bet ptaftif(^en 9)ernunft. 1. 3:^ett. 1. Sud^. 8. ^auptflücf.
nid^t ganj gern tl^ut. Qn biefer @tufe ber moralifd^en ®e{tnnung aber
tann ed ein ®ef45))f niematö bringen. 3)enn ha ed ein ®ef(b5pf, mitl^in
tn anjel^ung beffen, »ad eis gur gänglid^en ßufriebenl^eit mit feinem ßu«
[ianbe forbert, immer abl^dngig ifl, fo lann zi niemaliS Don Segierben
unb Steigungen gang frei fein, bie, meil pe auf pl^^fifdben Urfac^en be« 5*
rul^en, mit bem moralifd^en ®efe^e, baS gang anbere Duellen ^at, ni^t
Don felbft ftimmen, mitl^in e« febergeit notl^tt)enbig mad^en, in atfidfid^t
auf biefelbe bie ©efinnung feiner ^ajrimen auf moralifd)e 9l5t^igung,
nid^t auf bereitteiQige (Srgebenl^eit, fonbern auf Sid^tung, tteldde bie SBefol*
gung bed ®efe^eS, obgleich fte ungeme gefc^i^e, forbert, nic^t auf Siebe, lo
bie leine innere äBeigerung beS SBiDeniS gegen bad ®efe^ beforgt, gu grfln«
ben, gleid^kool^I aber biefe letztere, n&mlid^ bie bloge Siebe gum Oefej^e,
(ba ei alSbann aufl^ören tt)ärbe ®ebot gu fein, unb 3RoraUt&t, bie nun
fubfectiD in ^eiligleit fiberginge, aufl^bren n)ürbe 3;ugenb gu fein) fid^
gum beft&nbigen, obgleid^ unerreichbaren QkU feiner Seftrebung gu 15
ma(!^en. S)enn an bem, toai mir l^od^fd^&^en, aber bod^ (megen bed Se«*
mugtfeind unferer @d^m&d^en) f dienen, üermanbelt fid^ burd() bie mel^rere
Seidbtigfeit il^m ©nfige gu tl^un bie el^rfurd^tStioDe Sd^eu in Suneigung
unb Sld^tung in Siebe; menigfieni! mfirbe eS bie SSoOenbung einer bem
®efe^e gemibmeten ®eßnnung fein, menn eS {emaU einem ®efd^5))fe mbg« 20
lid^ wäre fie gu erreid^en.
S)iefe 93etrad^tung tft l^ier nid^t fomol^I bal^in abgegmectt, bad ange»
ffll^rte eDangelifd^e ®ebot auf beutlic^e Segriffe gu bringen, um ber SRe«
ligionSfd^mdrmereiin Snfel^ung ber Siebe ©otte«, fonbern bie fttt«
lid^e ©ejinnung aud^ unmittelbar in llnfe^ung ber ^flid^ten gegen aRen^^ 25
fd^en genau gu beftimmen unb einer blöd moralifd()en @d^mdrmerei,
mKfit oiel ^bp\e anftedtt, gu fteuren, ober wo mbglidb t)orgubeugen. 3)ie
fittlid^e Stufe, worauf ber äßenfd^ (aOer unferer (Sinftd^t nad§ aud^ febeS
Dernfinftige ®efd^5))f) fielet, ift Sichtung ffirS moraltfd^e ©efe^. SDie &f
finnung, bie i^m, biefed gu befolgen, obliegt, ift, tS ani $fii(^t, nid^t aud 30
freiwilliger Suneigung unb aud^ allenfalls unbefo^lener, Don felbft gern
unternommener Seftrebung gu befolgen, unb fein moralifd()er ßuftanb,
barin er |ebe«mal fein lann, ijt Sugenb, b. i. moralifc^e ®efinnung im
jtam|)fe, unbnid^t^eiligfeit imDermeintlid^enSBefi^e einer tiölligen
Sfieinigleit ber ©efinnungen bed SBiDend. (Sd ift lauter moralifd^e 35
@d^wärmerel unb Steigerung bed (Sigenbfinleld, wogu man bie ©emfit^er
burd^ Aufmunterung gu |)anblungen ald ebler, erhabener unb gro|«
Soit ben Sriebfeb«m ber Teilten )nra!tif<i(eii Semunft. 85
mfitl^iger ftimmt, baburd^ man fie in ben Sal^n t)erfe^t, aU koAr^ tS nid^t
^^W, b. i. ac^iung für« ®efe^, beffen 3o(^ (bas gleic^mo^I, toeil e«
und Sernunft felbfi auferlegt, {anft ift) ^t, menn gleid) ungern, tragen
mflgten, ttad ben Seftimmungdgrunb il(|rer ^anblungen auSmad^te, unb
5 meines ^e immer nod() bemütl^igt, inbem {te tS befolgen (il^m gel^or^i
d^en); fonbem ali ob jene ^anblungen nid^t auS ^^i^t, fonbern ald
baarer Serbienfl Don i^nen erwartet taoürben. ^enn nid^t allein ba| fte
burc^ 9lad^a^mung fold^er Saaten, ndmltd() aus fold^em $rinci{>, ntd^t im
minbeften bem ®eifte beS ®efe^ed ein ®enfige getrau l^dtten, rotKfitt in
10 ber bem ®efe|e fid^ untertoerfenben @efinnung, ni^t in ber ®efe|^m&^ig«
feit ber ^anblung (ba« $rinct)) m5ge fein, tt)eld^e8 aud^ tDoHt) befielt,
unb bie 2:riebfeber patl^ologif d^ (in ber @9m))atl^ie ober au(^ ^l^ilautie),
nid^t moralifcb (im ®efe^e) fe^en, fo bringen fte auf biefe 8rt eine ttini*
bige, ftberfliegenbe, pl^antafiifd^e ^enlungdart l(|ert)or, fid^ mit einer frei«
15 miUigen (Sutartigleit i^red ®emftt^«, ba« meber &poxn8 nod^ SAg^l be*
bürfe, für meld^ed gar nW einmal ein ®ebot n5tl^ig fei, gu fd^meic^eln
unb barüber il^rer @d^ulbigleit, an meldte fie bod^ el^er beulen foUten als
an 93erbienft, gu Dergeffen. 68 laffen fid^ »ol^l ^anblungen anberer, bie
mit großer Aufopferung unb )tt)ar bloS um ber $ßi(^t koillen gefc^el^en
20 finb, unter bem !Ramen ebler unb erl^abener 2:^aten greifen, unb bod§
au(^ nur fo fern Qpnxtn ba {tnb, meli^e Dermut^en laffen, bag pe gang
aud %4tung für feine $^i(^t, nid^t aud ^ergenSaufmaDungen gefd^el^en
finb. äßiU man femanben aber fie als Seifpiele ber 9la(bfolge DorfteQen,
fo mug burd^auS bie Sd^tung für ^flid^t (ald baS eingige dd^te moralifc^e
25 Oefül^l) gur Sriebfeber gebrandet werben: biefe emjte, l^cilige SSorfd^rift,
bie es nid^t unferer eitelen @elbftliebe überl>, mit yatl^iologifd^en An«
trieben (fo fern fte ber Sßoralitdt analogifd() finb) gu tdnbeln unb und auf
Derbienfllid^en SBertl^ toai gu ®ute gu tl^un. Sßenn mir nur mol^l nad^«
fud^en, fo werben wir gu allen ^anblungen, bie anpreifungdwürbig finb,
ao f(^on ein ®efe|^ ber $flid^t flnben, weld^ed gebietet unb nid^t auf unfer
Selieben anlommen Id|t, wad unferem ^ange gefdQig fein möd^te. S)ad
ift bie eingige S)arftenungeart, weld()e bie @eele moralifd^ bilbet, weil fie
aDein fefler unb genau beftimmter ©runbfd^e fdl^ig ift.
Senn @d^wdrmerei in ber aQergemeinfien 99ebeutung eine nad^
35 ®runbfd|en unternommene Überfc^reitung ber ®rengen ber menfd^lid^en
aSernunft ift, fo ift moralifd^e @d^wdrmerei biefe Überfd^reitung ber
®rengen, bie bie praltifd^e reine SSernunft ber ÜRenfd^l^eit fe^t, baburd^
86 ^ttl bet praltift^en Semunft. 1. S^etl. 1. S9ud^. 3. ^au))tflü(f.
fe verbietet ben fubjectitien 93e{tttnmun0dgrunb ))fUd^tm&^igeT ^anblun«»
gen, b. i. bie tnoralif(be 2:riebfeber berfelben, irgenb loorin anberfi ald im
©efe^e felbft unb bie ©eftnnung, bie babur(b in bie SRajrimen gebrad^t
tt)irb, irgenb anbemirts als in ber !l(i^tung für bied ®efe^ gu fe^en, mit«
l^in ben alle Srrogang foool^I aliS eitele ^l^ilautie nieberfd^Iagenben 5
®ebanten Don $flt<i^t jum oberften £ebenS))rinci|) aUer 9RoraIit&t im
SRenfd^en gu mad^en gebietet.
äSenn bem alfo i{t, fo l^aben nic^t aQein Sfiomanfc^reiber, ober em«»
pflnbelnbe @rjiel^er (ob fie gleid^ nod^ fo fel(|r miber @m|)finbelei eifern),
fonbern bidtt)eilen felbft ^l^ilof opl^en , ja bie ftrengften unter aHen, bie lo
@toiIer, moralifd^e @(bn)Armerei ftatt nüd^terner, aber tveifer S)ifci'
plin ber @itten eingefül^rt, mnn gleich bie @(]^n)Armerei ber legieren mel^r
leroifd^, ber erfteren Oon fd^aler unb fc^meljenber Sefd^affenl^eit »ar, unb
man fann eiS, ol^ne gu l^eud^eln, ber moraUfd^en Se^re bed SDangelii mit
aller äBal^rl(|ett nac^fagen: bag t& guerft bur(^ bie S^einigleit bed morali« »
fc^en ^rincipS, gugleic^ aber burd^ bie Sngemeffenl^eit beffelben mit ben
@d^ranfen enblid^er SBefen alled SBol^toerl^alten beS ÜRenfc^en ber Sud^t
einer il^nen i9or Sugen gelegten $flid^t, bie fie nid^t unter moralifd^en ge*
träumten SSollfommenl^eiten fdjto&rmen l&|t, untertoorfen unb bem ßigen«
bflnfel foiool^l ald ber ßigenliebe, bie beibe gerne il^re ®rengen i^ertennen, so
Scftranfen ber 3)emut^ (b. i. ber ©elbfierlenntnife) gefefet babe.
$f lid^t! bu erl^abener, groger 9lame, ber bu nid^tS SBeliebted, miS
einfd^meid^elung bei jicft fül^rt, in bir faffeft, fonbern Unterwerfung ber«
langft, bod^ aud^ nichts brol^ejt, toaS natilrlid^e Abneigung im ®emüt^e
enegte unb fd^redte, um ben SSiOen gu bekoegen, fonbern bloS ein ®efe|^ s»
auffteUft, tt)eld^e8 Don felbft im ©emfitl^e (Singang ftnbet unb bod^ ^d§
felbß koiber SSillen SSerel^rung (menn gleich nid)t immer Befolgung) er^
koirbt, oor bem ade Steigungen oerftummen, koenn fte gleid^ Ingelheim il^m
entgegen koirlen: mM^tS ift ber beiner koärbige Urfprung, unb mo finbet
man bie SBurgel beiner eblen Slbhtnft, meldte alle äSermanbtfd^aft mit ao
Steigungen ftolj audft^ldgt, unb k)on koeld^er SSnrgel ab^uftammen, bie
unna(^laglid)e Sebingung bei^ientgen äßertl^d ift, ben fid^ äßenfc^en aOein
felbft geben Wnnen?
(SS lann nid^ts SRinbered fein, atö \oaS ben SRenfd^en ober ftd^ felbft
(ald einen Sl^eil ber @innenkoelt) erl^ebt, maS il^n an eine Drbnung ber 35
S)inge Inüfft, bie nur ber SSerßanb beuten fann, unb bie jugleid) bie
gange 6innenn)elt, mit il^r baS em|)irifd§ beftimmbare S)afein beiS SRen-
8on ben Stiebfebent bei feinen praliifd^ S^emunft. 87
fd^en in ber Seit ttnb bai (Sänge aUer Sn)ede (meld^ed allein folc^en unbe^«
bingten ))ratti{d^en (Befe^en atö ba8 moralifd^e angemeffen ifi) unter fid^
^at 6d ift nid^ts anberd als bie $erf önli^Ieit, b. i. bie grrei^eit unb
Unab^ängigleit Don bem 3Re<i^amiSm ber gangen 9latnr, bo(^ gugleic^ ald
5 ein aSermftgen eined äSefend betrachtet, toelc^e« eigentJ^ümlid^en, n&mUd^
Don feiner eigenen Vernunft gegebenen, reinen prattifd^en ®efe|^en, bie
$erfon alfo, ald gur Sinnenoelt gel^brig, il^rer eigenen ^erfbnlic^feit un^*
ter»orfen ift, fo fern fie guglei^ gur intelligibelen %It gel^5rt; ba ed benn
nt(ftt gn Derwunbern l|t, »enn.ber jWenfd^, aW gu beiben SBelttn gehörig,
10 fein eigene« Sefen in Segiel^ung auf feine gmeite unb l^öd^lte Seftimmung
nid^t anberS als mit Serel^rung unb bie ®efe^e berfeiben mit ber l^öd^ften
ad^tung betrad^ten mu^.
8uf biefen Urfprung grfinben fid() nun mand^e KuSbrüde, oeld^e ben
Sßertl^ ber ®egen{tdnbe nad^ moralifd^en Sbeen begeid^nen. S)ad mora«
i& Ufd^e ®efe^ ift ^eilig (unoerle^Iid^). S)er SRenfd^ ift gmar un^eilig ge*
nug, aber bie ^enfd^l^eit in feiner $erfon mug il^m heilig fein. 3n
ber gangen @d()5|)fung lann aUed, voai man koill, unb oorflber man etkoad
Dermag, aud^ blöd a\» SRittel gebraucht n)erben; nur ber aßenfd^ unb
mit il^m febed Dernfinftige ®ef(^ö))f \^Qmd an f id^ felbft. @r ift nAm«
90 Ixii bad Subfect beiS moralifd^en ®efe|^ed, meld()e8 l^eilig ifi, Dermbge ber
Autonomie feiner f^reil^eit. (Sben um biefer toiHen ift ieber äßille, felbft
ieber $erfon i^r eigener, auf {te felbft gertd()teter SBille auf bie 93ebin«
gung ber (Sinftimmung mit ber Autonomie beS Dernünftigen äSefend
eingefd^r&ntt, ed nAmlid^ feiner Slbitd^t gu unterwerfen, bie nid^t nad^
n einem ®efe^e, aeld^eiS aud bem SßiQen beS leibenben Subiectd felbft ent»
fpringen Idnnte, mbglid) ifi; alfo biefeS niemals bloS als Mittel, fonbern
gugleid^ felbft als Qm^d gu gebraudben. 2)iefe Sebingung legen mir mit
9lted)t fogar bem gbttlidjen Sßillen in Snfel^ung ber Dernunftigen Sßefen
in ber SBelt als feiner ®ef(^ipfe bei, inbem fie auf ber $erfönli(^Ieit
30 berfelben berul^t, baburc^ aUein jie Qmzdt an fid) felbft finb.
^iefe Sichtung ermedenbe Söee ber ^erfönlid^feit, meldte uns bie 6r«
^abenl^eit unferer !Ratnr (i^rer Sefiimmung nad)) oor äugen ftedt, inbem
^e uns gugleid^ ben SRangel ber Sugemeffenl^eit unfereS SSer^altenS in
Slnfel^ung berfelben bemerten lägt unb baburd) ben @igenbAntel nieber«*
s» fc^l> ift felbft ber gemeinften 3Renfd^enoernunft natürlid^ unb leidet be>
merflic^. ^at nid^t jeber aud^ nur mittelmäßig el)rlid^e 3Rann biSmeilen
gefunben, ba| er eine fonfl unfc^&blic^e S&ge, baburd^ er ftd^ entmeber
88 ^tif ber \>xafi\\^tn Semunft. 1. Sl^eit. 1. 8ud^. 3. 4>au|)tf)fidr.
felbft aus einem t)erbrieBIi(^en ^anbel giel^en, ober idoI^I gar einem ge^*
liebten unb DerbienflDoIlen ^eunbe Sinken fd^affen lonnte, bloS barum
unterließ, um fi(b inge^eim in [einen eigenen Jiugen nic^t i^erac^ten ju
bftrfen? |)&U nid^t einen rec^tfd^affenen SRann im größten Unglfide bed
SebenS, ba& er Dermeiben lonnte, menn er fi(b nur l^&tte Aber bie $fli(^t 5
toegfe^en tonnen, nod^ ba$ 99en)u|tfein aufrecht, ba| er bie SRenfd^l^eit in
feiner $erfon bo(^ in il^rer äSürbe erl^alten unb geeiert l^obe, bag er fid^
nid^t k)or {id^ felbft gu fc^Amen unb ben inneren Sublid ber €elbjl^riltung
ju fd()euen Urjac^e l^abe? S)iefer Slrofl ift nid^t ©lütffeligleit, aud§ nid^t
ber minbefte Sl^eil berfelben. S)enn niemanb tt)irb {id^ bie ©elegenl^eit lo
baju, aud^ DieOeic^t nid^t einmal ein Beben in fold^en Umft&nben tt)finfd^en.
älber er lebt unb tann ed ntd|t erbulben, in feinen eigenen älugen bed
EebeniS unttfirbig }u fein. S)iefe innere Serul^igung ift alfo bloS negatit)
in Snfel^ung aQeiS be^en, maS baS £eben angenel^m mad^en mag; n&mlid^
fie ift bie Slbl^altung ber ®efal^r, im |)erfinlid^en Sßertl^e gu {tnfen, nad^« i5
bem ber feinet BuftanbeiS Don il^m fd^on g&njlid^ aufgegeben n)orben. @ie
ift bie SSirhing oon einer Sld^tung für etmaiS ganj anbered ald baS geben,
momit in Sergleid^ung unb (Sntgegenfe^ung ba8 Seben oielmel^r mit aQer
feiner Slnnel^mUc^feit gar feinen SBertl^ l^at. @r lebt nur nod() aus ^ßid^t,
nid^t oeil er am Seben ben minbeften ©efd^ntadt finbet. 20
@o ift bie Ad^te Sriebfeber ber reinen ))raltifd^en 93ernunft bef (Raffen;
fte ift feine anbere atö ba8 reine moralifdbe ®efe^ felber, fo fern e8 un8
bie (Srl^Qbenl^eit unferer eigenen überftnnlid^en @;rijteni f^üren l&^t unb
fubiectio in SRenfd^en, bie ftd^ gugleid^ il^reS finnlid^en S)afeine unb ber
bamit oerbunbenen Slbl^ängigteit Don i^rer fo fern fe^r yat^ologifd^ äfft« 25
cirten !Ratur betonet finb, ^Id^tung für i^re ^bl^ere Seftimmung tt)irft.
SIlun laffen fid^ mit biefer Sriebfeber gar n)o^l fo oiele SReige unb 9n«
nel^mlid^feiten \>t& £ebenS oerbinben, ba^ aud^ um biefer oillen aDein
fd^on bie tlägfte SBa^l eines oernünftigen unb aber baiS größte SBol^l bed
Bebend nad^benfenben @pifureeriS fid^ für baS fittlid^e Sol^loerl^ialten 30
erflfiren lofirbe, unb e8 fann aud^ ratl^fam fein, biefe SluSfid^t auf einen
fröl^lid^en ®enug beiS SebeniS mit jener oberften unb fc^on f&r fi(^ allein
l^inlfinglid^ beftimmenben Seoegurfac^e gu oerbinben; aber nur um ben
anlotfungen, bie ba& £after auf ber ®egenfeite oorgufpiegeln nid^t er*
mangelt, baS (Segengeioic^t gu l^alten, nid^t um l^ierin bie eigentlid()e be« 35
tt)egenbe Jtraft, aud^ nid^t bem minbeften Steile nad^, gu fe^en, oenn oon
$flid^t bie Sfiebe ift. S)enn baS »Arbe fo oiel {ein, al8 bie moralifc^e ®e*
j(rit{f<i^ 18eleu4tung ber 9nal))tif ber reinen proftifd^en Vernunft. 89
ftnnung in i^ter Ouelle Derunreinigen ooHen. S)ie (Sl^rkofirbigfeit ber
^flid^t l^at ni(btö mit gebenSgenu^ gu fd^affen; jte ^at il^r eigentj^ümlid^ed
®efe^, au(^ il^r eigent^ümlid^eiS @erid^t, unb toenn man aud^ beibe noc^
fo {e^r gufammenfd^fltteln kooUte, um {ie t)ermif(^t gleid^fam als Slrgenei«
5 mittel ber Iranfen @eele gujureic^en, fo fd^eiben [xt {td^ bod^ aldbalb tion
felbft, unb t^un fie t& nid^t, fo oirtt baS erfte gar nid^t, menn aber aud^
baiS pi^Qftfd^e £eben l^iebei einige Araft geio5nne, fo koArbe bod() baS mo»
ralifc^e ol^ne 9tettung bal^in fd^toinben.
j^ritifd()e iBeleud^tung ber Snal^til ber reinen
10 ^)ro!tifd^cn SSernunft.
3d^ t)erftel(|e unter ber Iritifd^en Seleud^tung einer Sßiffenf(^aft, ober
eined Sbfc^nittS berfelben, ber f&r ftd() ein Softem audmad^t, bie Unter«
fuc^ung unb Sted^tfertigung, toarum {ie gerabe biefe unb feine anbere fq«
ftematifd^e i^orm ^aben mfiffe, loenn man {ie mit einem anberen @qftem
15 i)ergleid^t, baS ein dl^nlid^ed erlenntni^oermögen )um ®runbe l^at. 3tnn
l^at praltifd^e SSernunft mit ber fpeculatioen fo fern einerlei @rtenntnig«
vermögen gum ©runbe, als beibe reine SSernunft finb. Sllfo koirb ber
Unterfd^ieb ber f^ftematifd^en S^orm ber einen oon ber anberen burc^ 93er«
gleid^ung beiber beflimmt unb ®runb baoon angegeben n)erben mflffen.
20 S)te analQtif ber reinen tl^eoretifd^en SBernunft l^atte eS mit bem Sr«
lenntniffe ber ©egenft&nbe, bie bem SSerftanbe gegeben n)erben mögen, gu
t^un unb mugte alfo oon ber 9(nfd^auung, mitl^in (meil biefe iebergeit
finnlid^ ifi) Don ber @innli(^leit anfangen, Don ba aber aUererft gu IBe«
griffen (ber ©egenftänbe biefer Snfd^auung) fortfd^reiten unb burfte nur
25 nad^ beiber SSoranfd^idtung mit®runbfd^en enbigen. S)agegen, )t)eU
prattifd^e SBernunft eS nic^t mit ®egenft&nben, fie gu ertennen, fonbem
mit il^rem eigenen Vermögen, iene (ber (Srfenntnife berfelben gemftfe) mith
lid^ gu madben, b. i. eS mit einem äSillen gu tl^un l^at, n)eld^er eine
6aufalitftt ift, fo fern SBernunft ben SBeftimmungSgrunb berfelben entl^ftlt,
30 ba fie folglich fein Dbiect ber Sinfd^auung, fonbem (meil ber a3egri(f ber
Saufalitdt jjebergeit bie iBegtel^ung auf ein ®efe^ entl^&It, »eld^ed bie
(Sjrifteng be§ SRannigfaltigen im äSerl^<niffe gu einanber beflimmt) al8
^raltifd^e SBernunft nur ein ®efe| berfelben angugeben l^at: fo mug eine
Jtritil ber Slnalqtif berfelben, fo fern {ie eine ))rattifd^e 93ernunft fein
35 foD (n)eld^ed bie eigentUd()e Aufgabe ift), oon ber 3Rbglid()Ieit pralti«
90 Sttxiit hex praftifd^en Vernunft. 1. ^f^ül 1. »u^. 3. ^att))tflüd.
fd^er @runbfd|e a priori anfangen. Son ba tonnte {te allein gu
S3egriffen ber ©egenftdnbe einer praltifd^en SSernunft, ndmlid^ benen
beS f(i)Ied)t]^in ®uten unb Söfen, fortgel^en, um fte jenen ©runbfä^en ge»
mag aUererft ju geben (benn biefe ftnb Dor jenen $rincipien als ®uted
unb S3o|eS burd^ gar fein ^rfenntnigDermögen }u geben möglich), unb s
nur aldbann fonnte allererft baS le^te ^auptftüd, n&mlid^ ia& Don bem
S3er]^&(tnif[e ber reinen praftif(^en SSernunft jur @innli(^feit unb il^rem
notl^menbigen, a priori ju ertennenben @inf[uffe auf biefelbe, b. i. Dom
moralifc^en ©effi^le, ben3:^eU befc^Iiegen. @o t^eilte benn bie 8na*
I^tit ber prattif(i)en reinen ä^ernunft gang anaIogif(^ mit ber t^eoretifd^en lo
ben gangen Umfang aUer 93ebingungen i^reS ©ebrauc^iS, aber in umgc
tel^rter Crbnung. S)ie Snal^tit ber tl^eoretifd^en reinen SSernunft »urbe
in tranefcenbentale ^ft^etif unb tranSfcenbentale Sogit eingetl^eilt, bie
ber praftifd^en umgetel^rt in Sogif unb ^ft^etif ber reinen praftifd^en
aSernunft (wenn e« mir erlaubt ift, biefe fonft gar ni(^t angemef[ene Se» w
nennungen bloiS ber Analogie megen ^ier gu gebraud^en), bie Sogil mieber«
um bort in bie Snal^tit ber Segri^e unb bie ber ©runbf&^e, l^ier in
bie ber ©runbffi^e unb Segriffe. S)ie ^ft^etif ^atte bort nod^ itoti Steile
kt)egen ber boppelten Sri einer {tnnU(i)en Slnfc^auung; l^ier mirb bie @inn«
lic^fett gar nic^t al« anfd^auungdfä^igteit, fonbern h\(A atö ®efü^I (ba0 ao
ein fubjjectioer ®runb bed Segel^reniS fein fann) betrautet, unb in 8n»
fel^ung beffen oerfiattet bie reine prattifc^e SSernunft teine »eitere Sin*
tl^eilung.
aud^ bag biefe 6tnt^eilung in gtoei Sl^eile mit beren Unterabtl^eilung
nid^t mirtlid^ (fo tote man kt)o^l im anfange burd^ baiS 93eifpiel ber erfteren ss
herleitet merben fonnte, gu Derfud^en) l^ier vorgenommen mürbe, bauon
l&fet fld& aud^ ber ®runb gar mo^l einfe^en. 3)enn »eil e« reine aSer»
nunft ift, bie ^ier in il^rem praftifd^en ©ebraud^e, mithin oon ®runb«
f&^en a priori unb nid^t Don empirifd^en 99eftimmung$grünben auSgel^enb
betrautet mirb: fo mirb bie Sint^eilung ber SnalQtif ber reinen praftt^^ so
fd^en äSernunft ber eines SSernunftfc^luffeS dl^nUd^ audfaHen müQen,
n&mli(^ Dom Mgemeinen im Dberfa^e (bem moralif(^en $rincip)
burd^ eine im Unterfa^e vorgenommene ©ubfumtion möglicher ^anb«
lungen (atö guter ober b5fer) unter jenen gu bem ©(^lu^a^e, n&mlid^
ber fubiectioen SBillenöbeftimmung (einem Sntereffe an bem praftifd^ »
mbglid^en ®uten unb ber barauf gegrilnbeten SRajcime), fortgel^enb.
S)emienigen, ber fid^ Don ben in ber Slnal^tif Dorfommenben @d^en ^at
ibritif<)^ Seleu^tung ber Knat^til bet reinen (nraftif^en S^entunft. 91
fiberjeugen fönnen, iDerben fold^e 9$erglei(^ungen äSergnflgen mad^en;
benn fte Dcronlaffen mit Siedet bie Srmartung, ed DieUeic^t bereinft bU
gut (Sinftd^t ber (Sin^eit beiS ganjen reinen Sernunftoermögend (bed t^eo«
retifc^en foiDO^l al8 praftifd^en) bringen unb aDefl auiS einem $rincip ah»
5 leiten gu Ibnnen; »elc^eS baS unuermeiblid^e SBebflrfni^ ber menfc^lic^en
Sernunft ift, bie nur in einer DoQft&nbig f^jlematifd^en (Sinl^eit il^rer
erfenntniffe t^öQige Sufriebenl^eit ftnbet.
Betrachten »ir nun aber aud^ ben Snl^alt ber @rfenntntg, bie tt)ir
Don einer reinen praftifd^en Vernunft unb burd^ biefelbe l^aben fönnen,
10 fo »ie il^n bie Snal^til berfelben barlegt, fo flnben fi4 bei einer merf*
tt)ürbigen Analogie gtoifd^en ibr unb ber t^eoretifd^en nid^t weniger mert
»firbige Unterfd^iebe. SnSnfebung ber tbeoretifd^en tonnte baSSSermö«
gen eined reinen SSernunfterfenntniffeS a priori burd^ SSeifpiele
aus äßiffenfc^aften (bei benen man, ba fte ibre ^rincipien auf fo mand^er«
16 lei 9rt burcb met^obifcben ®ebrau(^ auf bie $robe fteOen, nicbt fo leidet
»te im gemeinen @rfenntntffe gebeime 99eimif(bung empirifd^er @rfennt:>
ni^grftnbe gu beforgen b^t) gang leidet unb eDibent bettiefen »erben.
8ber bag reine SSernunft obne Seimifd^ung irgenb eine« empirifcben 9e«
fiimmungSgrunbeiS fftr ftcb allein aud^ praltifd^ fei: ba& mu^te man au8
2u bem gemeinften praftifcben Sernunftgebraud^e bart^un tonnen,
inbem man ben oberften prattifd^en (Srunbfa^ atö einen folcben, ben febe
natflriicbe SRenfcbenuernunft als t)öllig a priori, Don teinen ftnnli^en
Siatii abbfingenb, fär baS oberfte ®efe^ feines SStflenS ertennt, be«
glaubtgte. 3Ran mugte ibn guerft ber Steinigteit feines UrfprungS na(b
96 felbft im Urt^eile biefer gemeinen SSernunft bemdbren unb rec^to
fertigen, ebe il^n no(b bie Sßiffenfcbaft in bie ^änbe nebmen tonnte, um
(Sebraud^ oon ibm gu macben, gleicbfam als ein f^actum, baS Dor allem
Sernflnfteln ftber feine SRöglid^feit unb allen ^Folgerungen, bie barauS gu
gieben fein mdd^ten, oorbergebt. Sber biefer Umftanb I&^t ftcb aucb auS
90 bem turg t^orl^er flngefül^rten gar tool^I ertldren: »eil prattifd^e reine 93ero
nunft notbmenbig oon ®runbf&^en anfangen mug, bie alfo aller Sßiffen«
fd^aft als erfte S)ata gum (Srunbe gelegt merben muffen unb ni(bt aller«
erft aus il^r entfpringen tdnnen. S)iefe JRecbtfertigung ber moralifd^en
$rincipien als ®runbf&^e einer reinen SSernunft tonnte aber aucb i^ctt*
35 um gar »o^l unb mit gnugfamer @id^er]^eit burcb bloge Berufung auf
baS Urtl^eil beS gemeinen SRenfd^enDerflanbeS geffil^rt »erben, »eil ftd^
alles (Smpirifd^e, »aS ftd^ als BeftimmungSgrunb beS SßillenS in unfere
92 ihrttil ber praftif^en Vernunft, l.^l^eil. 1. ^u^. 3. ^au))tflft(!.
aRajrtmen einfd^Ieid^en mö(^te, burd^ ia& ©effl^l beS SSergnügenS ober
Sii^merjenS, ba« i^m fo fem, al8 tS Segierbe erregt, notl^ioenbig an^dngt,
f of ort lenntlid^mad^t, bief em aber fene reine praftif cft e Sernunft gerabe-
gu miberfte^t, t& in i^r $rincip atöSebingung aufjune^men. S)ie Un»
gleid^arttgfeit ber 93eftimmungdgrünbe (ber empirif(!ben unb rationalen) 5
toirb burd^ biefe SSiberftrebung einer praftifd^ gefe^gebenben SSentunft
toiber aUe {t(^ einmengenbe fReigung, burd^ eine eigentl^ümlic^e 9rt Don
(Smpfinbung, toeld^e aber nic^t Dor ber (Sefe^gebung ber praftijd^en
Sßemunft üorl^ergel^t, fonbern Dielmel^r burc^ biefelbe aDein unb jtoar ald
ein S^tx^ng getoirft ttirb, ndmlid^ burd^ baS ©efül^I einer Sldbtung, ber« lo
gleichen fein 9Renf(^ für Steigungen l^at, fie mögen fein, toeld^er 8rt fte
moDen, kool^l aber fflriS ©efe^, fo fenntlic^ gemad^t unb fo gel^oben unb
l^erDorftec^enb, bag feiner, aud^ ber gemeinfte SRenfd^euDerftanb tneinejtn
vorgelegten Seifpiele nid^t ben Slugenblidt inne toerben foQte, bag burd^
empirifd^e ®rünbe bed SSoHenS i^m gtoar il^ren ^nreijen ju folgen ge^ u
ratl^en, niemals aber einem anberen als lebiglid^ bem reinen prafttfd^en
SSernunftgefe^e gu gel^orc^en gugemutl^et toerben ffinne.
S)ie Uuterfd^eibung ber ©lädfeligfeitslel^re t>on ber €itten«
leiere, in beren erfteren empirifd^e $rincipien baS gange f^nbament, Don
ber gleiten aber aud^ nid^t ben minbeften 99eifa^ berfelben auSmad^en, ifi so
nun in ber flnal^tit ber reinen :praftijd^en SSernunft bie erfte unb rol6i*
tigfte il^r obliegenbe ääefc^&ftigung, in ber {ie fo pünttlid^, ia, toenn ed
aud^ ^iege, peinH(^ oerfal^ren mn^, ali je ber ©eometer in feinem ®t^
fd&dfte. &S fommt aber btm fJ^ilofopl^en, ber l^ier (»ie iebergeit im Ser*
nunfterfenntniffe burd^ bloge SSegriffe, ol^ne (Sonftruction berfelben) mit 25
größerer @d^ti)ierigfeit gu fdmpfen l^at, toeil er feine Snfd^auung (reinem
9toumen) gum ©runbe legen fann, bod^ aud^ gu ftatten: bag er beinahe
toie ber 6^emift gu aller Seit ein ©jcperlment mit icbe« SKenfd&en prafti«
fd^er äSernunft aufteilen fann, um ben moralif(^en (reinen) IBeftimmungS«
grunb Dom empirifd^en gu unterf (Reiben; toenn er ndmli(^ gu bem em« so
pirifd^ afficirten äßillen (g. S3. beSienigen, ber gerne lugen mfid^te, toeil
er ftd^ babur(^ loaS erloerben fann) baS moralifc^e ®efe^ (uls Seftim«
mungSgrunb) gufe^t. @S ift, als ob ber @(^eibefünftler ber Solution ber
Äalferbe in ©alggeift aifali gufefet; ber Salggelfi oerldfet fofort ben Äalf,
oereinigt fi(^ mit bem Sllfali, unb fener mirb gu 93oben gefiürgt. @ben fo 35
l^altet bem, ber fonft ein el^rlid^er äRann ift (ober ft(^ bod^ bieSmal nur
in ©ebanfen in bie @tene eines el^rlid^en SRanneS berfe^t), baS moralifd^e
jfntif^ fBtltnö^mq ber $(nal^tif ber reinen proftifc^en i^Sernunfi. 93
@efe| Dor, an bem er bie Slid^töttfirbigfeit eines SfigneriS erletmt, fofort
Derifi^t feine praltifc^e SSernunft (im Urtl^eil über baS, ttaS Don i^m ge*
fd^el^en foDte) ben SSort^eil, Dereinigt ftd^ mit bem, maS il^m bie Sc^tung
für feine eigene $erfon erl^dlt (ber SBal^r^aftigfeit), unb ber SSortl^eil mirb
5 nun Don iebermonn, nad^bem er Don aUem Snl^dngfel ber SSernun^ (nelc^e
nur gdnjlid^ auf ber @eite ber $flid^t ift) abgefonbert unb geuxifd^en
rnorben, gebogen, um mit ber SSernunft no(!^ doo^I in anberen gr&IIen in
SBerbinbung gu treten, nur nic^t »o er bem moralifd^en ©efe^e, Doeld^ei»
bie aSernunft niemal« DerWfet, fonbern fid^ innigft bamit Dereinigt, gu«
10 toiber fein fönnte.
aber biefe Unterfd^eibung bed ®läd({eligfeiti$princtpd Don bem
ber @ittlid^feit ifl barum nic^t fofort (Sntgegenfe^ung beiber, unb bie
reine praftifc^e äSernunft min nid^t, man foUe bie 2in]pxütie auf ©lud«
feligteit aufgeben, fonbern nur, fo balb Don $flid^t bie Siebe ift, barauf
1» gar nid^t siädtfic^t nel^men. @S famt fogar in gemiffem Setrad^t $flid^t
fein, für feine (Slftdfeligfeit ju forgen: tl^eil« »eil jie (mogu ®efd&icf lieft*
feit, Oefunbl^eit, äieid^tftum geftort) SRittel gu (Srfüllung feiner ^flid^t
entft<, tfteilS meil ber SRangel berfelben (g. 93. armutft) äSerfucftungen
entl^<, feine $fli(ftt gu übertreten. 9lur, feine ®lfidC)eligfeit gu beförbern,
20 fann unmittelbar niemals $flid^t, nod^ meniger ein $rtncip aOer ^fiid^t
fein. S)a nun alle 99eftimmungSgrünbe beS SBiUenS auger bem einigen
reinen praltlfd^enSSernunftgefe^e (bem moralifd^en) inSgefammt empirifd^
ftnb, als fold^e alfo gum ®lü(ffeligteitS))rincip gel^ören, fo muffen fte
inSgefammt Dom oberften {ittli(ften ®runbfa^e abgefonbert unb iftm nie
25 als 99ebingung eiuDerleibt D)erben, meil biefeS eben fo feftr allen ftttltd^en
Sertl^, als emplrifd^e Seimifd^ung gu geometrifd^en ©runbfdj^en alle
mat]^ematif(fte (SDibeng, baS SSortrefflid^fte, maS (nad^ $latoS Urtl^eile)
bie SRatl^ematit an {i(ft ftat, unb baS felbft allem Stufen berfelben Dorgeftt,
aufgeben D)ürbe.
30 Statt ber £)ebuction beS ober{ien ^rincips ber reinen praftifd^en
äSernunft, b. i. ber (Srfldrung ber ÜR6gli<ftfeit einer bergleid^en ßrlennt«
nig a priori, tonnte aber nid^ts totittx angeführt merben, als bag, menn
man bie 9Röglid^feit ber ^reifteit einer mirtenben Urfad^e einfdfte, man
aud^ nid^t etioa bloS bie SRbglid^teit, fonbern gar bie 9lotftD)enbigteit beS
3& moralifdben ®efe|eS als oberften praltifd^en ©efe^eS Dernünftiger SSefen,
benen man f^reifteit ber Saufalttdt iftreS äBiUenS beilegt, einfeften mürbe:
iDdl beibe begriffe fo ungertrennlid^ Derbunben ßnb, bag man praftifd^e
94 i^ritif bec )>raftif4en S3entunft. 1. Sl^eil. 1. Sud^. 3. ^au))tflüdt.
f^rei^eit aud^ burd^ Unabl^&ngigfeit beS SSiDenS Don iebem anbeten auger
aDetn bem moralifd^en ©efej^e beflniren tonnte. SUein bie ^reil^eit einer
mirfenben Urfad^e, Dornel^mlic^ in ber Sinnentoelt, fann il^rer SRdglid^feit
nad^ leineSmegeS eingefel^en werben; glfidtüd^! ttenn tt)ir nur«. ba| teinSe«
toeTS tl^rer ttnm5glid^fett ftattfinbet, l^inreid^enb üerftd^ert »erben fönnen . s
uül nun, \>\xxäi8 moralijc^e ®efe^, meld^eS biejelbe poflunrt, geiioil^igt,
eben baburd^ aud^ berechtigt »erben, fie anjune^men. Seit eS inbeffen
nod^ Diele glebt, »elc^e biefe tjrel^eit nod^ immer glauben nad& tvxpxxU
fd^en ^riucipien »ie j[ebeS anbere 9taturDermfigen erfldren gu tonnen unb
{ieaI«pf9(^o[ogif(^e @igenfd^aft, beren 6rtl&rung Iebigli(^ auf eine lo
genauere Unterfud^ung ber 91a tur ber @eele unb ber Sriebfeber beS
äSiOend ant&me, ni(^t a\i tranSfcenbentaleS ^räbicat ber (Saufalität
eined äBefeniS, baS gur @innenttett gel^drt, (»ie ed boii l^ierauf toirtlid^
allein antommt) betrad^ten unbffo bie l^enlid^e Srbtfnung, bie und bur(^
reine prattifd^e SSernunft Dermittelft beS moralifd^en ®efe^e8 toiberfdl^rt, is
nämlid^ bie^eriffnungjeiner inteUigibelen SBelt burd^ SRealtfirung bc«
fonfl tranSfcenbenten SegriffS ber f^eil^eit, unb l^iemit baS moralifd^e
®efe^ [elbft, »eld^eS burd^auS teinen empirifd^en SeftimmungSgrunb an*
nimmt, aufgeben: fo toirb t& n5t^ig fein, l^ier no(^ etmaS jur SSermal^rung
tt)iber biefed Slenbtoert unb ber 2)arftenung bed Empirismus in ber 20
ganjen SSlöge feiner @eid^tigteit angufü^ren.
S)er 93egriff ber Saufalitdt als Staturnotl^toenbigteit gum Unter«
fd^icbe berfclben als greil^cit betrifft nur bie ©ylfteng ber SJinge, fo fern
fie in ber Seit beftimmbar ift, folglid^ als (grfd&einungen im ®egen*
fa^e i^rer Saufalitdt als S){nge an {id^ felbft. Stimmt man nun bte 93e* 25
ftimmungen ber eyifteng ber 3)ingc in ber Seit für Seftimmungen ber
S)inge an fid^ felbft (meld^eS bie getoö^nlic^fte SorfteOungSart ift), fo
Idgt fic^ bie !Rotl^tt)enbigteit im Saufaloer^dltniffe mit ber grei^eit auf
teinerlci SBcife Dereinigen; fonbern fie jtnb einanber contrabictorifd^ ent«-
gegengefe^t. S)enn auS ber erfteren folgt: bag eine \tbt Segebenl^eit, so
folglid^ aud^ {ebe ^anblung, bie in einem Seitpuntte Dorgel^t, unter ber
Sebingung beffen, toas in ber Dor^ergel^enben Seit toar, notj^toenbig fei.
S)a nun bie Dergangene Seit ni(^t me^r in meiner ©etoalt ijl, fo mug
febe ^anblung, bie id^ ausübe, burd^ beftimmenbe ©rflnbe, bie ni(^t in
meiner ®eU)alt finb, not^menbig fein, b* i. id^ bin in bem Seitpunite, 35
barin id^ ^anble, niemals frei, ^a, »enn id^ glei^ mein gangeS S)afein
als unabl^dngig Don irgenb einer fremben Urfad^e (etU)a Don ®ott) an»
5hriiifd^e Seleu^iung ber Vnot^ti! ber reinen proftifd^en 83entunft. 95
n&l^me, fo bag bie Se{limmungdgtänbe meiner SaufaUt&t, fogar metner
ganjen 6]ri{ieng, gar nid^t au|er mir mAren: fo »firbe biefed j|ene Statur«
not^ioenbigfeit boc^ nid^t im minbeften in Srei^ett Dermanbeln. S)enn
in febem S^itpunfte ftel^e id^ boc^ immer unter ber Slot^menbigfeitf burc^
6 baiS ium ^anbeln beftimmt ju fein, toaS nid^t in meiner ®emalt ift,
unb bie a parte priori unenbli(!^e Steil^e ber Segebenl^eiten, bie id^ immer
nur na(^ einer fd^on t)or^erbe[timmten Orbnung fortfe^en, nirgenb wn
felbft anfangen ȟrbe, todre eine ftetige Slaturfette, meine Saufalitdt alfo
niemals ^reil^it.
10 SSid man alfo einem SBefen, beffen 2>afein in ber Seit beftimmt ift,
Stei^it beilegen, fo fann man t^ fo fern »enigftend Dom ®efe^e ber
^aturnotl^ttenbigfeit aOer Segebenl^eiten in feiner @jctftenj, mitl^in aud^
feiner ^anblungen nid^t auSnel^men; benn baS mdre fo Diel, ald ed bem
blinben Ungefdl^r übergeben. S)a biefeg ®efe| aber unDermeiblid^ aQe
u gaufalität ber S)inge, fo fern il^r ©afein in ber Seit beftimmbar ift,
betrifft, fo »ftrbe, menn biefeö bie Slrt todre, koornad^ man fid^ auc^ baS
£)afein b{eferS){nge an fic^ felbft Dorsufteüen ^dtte, bie^reil^eit
als ein nichtiger unb unmbgHd^er Segriff uermorfen toerben muffen, golg«
H(^ toenn man fte nod^ retten ttill, fo bleibt fein SBeg übrig, als baS £)a«
20 fein eine« S)ingc«, fo fern e« in ber Seit befiimmbar ijt, f olglid^ au(^ bie
Saufalitdt nad^ bem ®efe^e ber Slaturnot^toenbigfeit blo« ber Qv
fd^einung, bie ^reil^eit aber eben bemfelben äSefen aU S)inge
an f i(^ felbft beizulegen. @o ift eS aUerbingiS unDermeiblid^, »enn man
beibe einanber toibenodrtige 99egriffe jugleid^ erl^alten mtll; aOein in ber
95 Snmenbungr toenn man fte als in einer unb berfelben ^anblung vereinigt
unb alfo biefe äSereinigung felbft erRdren tt)ill, t^un fid^ bo(^ gro^e
Sd^iDierigfeiten l^en^or, bie eine folc^e 93ereinigung untl^unlidb gu machen
fd^einen.
äßenn id^ t)on einem 9Renfd^en, ber einen £)iebftal^l t^erübt, fage,
30 biefe Sl^at fei nad^ bem Slaturgefe^e ber Saufalitdt auS ben Seftim«
mungSgrünben ber Dor^ergel^enben Seit ein not^menbiger (Srfolg, fo mar
es unmbglid^, bag fie ^at unterbleiben fönnen: toie tann benn bie Seur«
tl^eilnng nad^ bem moralifc^en (Sefe^e hierin eine ^nberung mad^en unb
DorauSfe^en, ba^ fte bo4 l^abe unterlaffen toerben fbnnen, meil baS @t*
35 fe^ fagt, fte l^dtte unterlaffen merben follen, b. i. mie fann berfenige in
bemfelben Seitpunfte in Sbftd^t auf biefelbe ^anblung gang frei l^eigen,
in »eld^em, unb in berfelben Sbfid^t, er bodd unter einer unuermeiblid^en
96 ^ritif bec prafttfd^en H^etnunft. 1. 3:(etl. 1. 9ud^. 3. ^auptflfidt.
9laturnotl^tt)enbtgreit jlel^t? Sine 9u«flud^t barin fud^en, bog man blod
bxt art ber Seftimmungdgrünbe fetner Saufalitdt na(^ bem 9taturgefe|e
einem comparatitjen Segriffe bon greil^elt anpaßt (mäi »eld^em ba«
biStoeilen freie SBirfung l^eigt, bat)on ber beftimmenbe Slaturgrunb inner««
Ud& im »irlenben SBefen ließt, j. S. baS toaS ein gettorfener ÄJrper Der« ö
rid^tct, »enn er in freier Setoegnng ifi,ba man ba8 SBort Sfreil^eit braud&t,
meil er, todl^renb bag er im f^Iuge ift, nid^t wn ou^en tooburd^ getrieben
»irb, ober toie toir bie SSetoegung einer U^r aud^ eine freie Bewegung
nennen, tocil |te il^ren S^ifl^t felbft treibt, ber olfo ni<^t fiufeerlid^ gefdfeo»
ben werben barf, eben fo bie ^anblungen beiS SRenfd^en, ob ^e gleid^ burd^ lo
il^re SeftimmungSgrfinbe, bie in ber 3^it üorl^ergel^en, not^ttenbig finb,
benno(^ frei nennen, mW ed bod^ innere, burc^ unfere eigene j(r&fte l^er^
t)orgebra(^te SSorfteQungen, baburd^ nac^ Deranlaffenben Umftftnben tx^
geugte Segierben unb mithin nad^ unferem eigenen Selieben bemirlte
^anblungen finb), ift ein elenber Sel^elf, toomit ftd^ no<^ immer einige u
l^inl^alten laffen unb fo ieneS fc^mere Problem mit einer Reinen SESort*
flauberei aufgelöfet }u ^aben meinen, an beffen Sluflofung 3><^]^rtaufenbe
oergeblid^ gearbeitet l^aben, bie bal^er too^I fc^merlid^ fo gang auf ber
Dbex^fid^e gefunben toerben bfirfte. (SiS fommt n&mlid^ bei ber f^age
na(^ berjenigen ^reil^eit, bie aUen moralifd^en ©efe^en unb ber il^nen ao
gemeinen ßured^nung jum ®runbe gelegt toerben mug, barauf gar nic^t
an, ob bie nad^ einem !Raturgefe^e beftimmte (Saufalität burd^ Seßim^»
mungiSgrünbe, bie im @ubiecte, ober auger i^m liegen, unb im erfteren
%aVi, ob fie burd^ Snftinct ober mit SSernunft gebadete SSeflimmungd««
grünbe not^toenbig fei; ttenn biefe beftimmenbe SorfteDungen na(^ bem 25
®eflfinbniffc eben biefer SRänner fclbft ben ®runb i^rer ©yipenj bod^ in
ber Seit unb gmar bem oorigen S^ftcinbe l^aben, biefer aber toieber
in einem oor^ergel^enben k., fo mögen fie, biefe 93eftimmungen, immer
innerlid^ fein, fie mögen pf^d^ologifd^e unb nid^t med^anifd^e @aufalit&t
l^aben, b. i. burd^ äSorfteDungen unb nid^t burd^ Ibrperlid^e Semegung 30
^anblung l^eroorbringen, fo ftnb ti immer SBeftimmungSgränbe ber
ßaufalität eine« SBefen«, fo fern fein JDafein in ber Seit beftimmbar ifl,
mithin unter notl^toenbig mad^enben 93ebingungen ber vergangenen S^it
bie alfo, menn baeSubject l^anbeln foU, nid^t me^r in feiner ©eioalt
finb, bie alfo gmar pfqd^ologifd^e f^reil^eit (menn man ia biefe« SSort 35
Don einer blo« inneren SSerlettung ber SorfteUungen ber @eele braud^en
iDiU), aber bod^ Slaturnotl^ioenbigleit bei ft(^ fftl^ren, mitl^in feine Iran«^
ltrttif<^e 8eleu(!^tung ber tnat^tt! bcr reinen praliifd^en 83etnunft. 97
fcenbentate f^reil^eit übrig laffen, meiere als Unabl^&ngigleit t)on
allem ISmptrifc^en unb alfo t)on ber Slatur überl^aupt gebadet toerben mug,
fie mag nun ate ©egenftanb bt& inneren @inne8 bloiS in ber S^t, ober
aud^ äußeren Sinne im SÜaume unb ber S^it gugleic^ betrad^tet merben,
s o^ne meldte Stei^eit (in ber Unteren eigentlid^en Sebentung), bie aUein
a priori praltifcb ift, (ein moralifc^ ®efe^, (eine 3ured^nung nad^ bem^
felben möglid^ iß. @ben um beSmillen (ann man au(^ aQe 9totbtt)enbig<
(eit ber Segebenl^eiten in ber ßcit na(^ bem Sflaturgefe^e ber (Saufalität
ben 9te(^ani8mu8 ber 9tatur nennen, ob man glei(^ barunter nid^t Der«
10 ftel^t, bag S)inge, bie il^m untenoorfen jinb, mirnid^e materielle 9Raf d^t<
nen fein mfi^ten. ^ter toirb nur auf bie 9lot^menbig(eit ber Ser{nflp«
fung ber Segebenbeiten in einer S^itreil^e, fo »ie jte fid& nad& bem 3latur«
gefe|e enttoidelt, gefeben, man mag nun bad @ubiect, in meld^em biefer
8blauf gefd^iebt, Aatomaton materiale, ba baS SRafd^inentoefen burd^
15 äRaterie, ober mit £eibnigen spiritaale, ba eS bur(b SSorfteDungen be«
trieben toirb, nennen, unb menn bie ^reibeit unfereiS SSiUend (eine anbere
als bie le^tere (etma bie ))f9d^ologifd^e unb com))aratiDe, nid^t tranSfcen*
bentale, b. i. abfolute, gugleicb) U)äre, fo to&rbe jie im ©runbe nid^td
beffer, aU bie f^eibeit eineiS Sratentoenberö fein, ber aud^, toenn er ein«
20 mal aufgewogen morben, oon felbft feine Semegungen uerrid^tet.
Um nun ben fd^einbaren SBiberfprud^ jtolfd^en 9laturmed^ani8mud
unb f^reibeit in ein unb berfelben ^anblung an bem vorgelegten f^aQe
aufgu^eben, mug man {id^ an baS erinnern, roa^ in ber Ariti( ber reinen
93ernunft gefagt mar ober baraud folgt: bag bie 9talurnot^n)enbij(eit,
35 toeld^e mit ber ^reil^eit beS @ubiects nid^ gufammen befteben (ann, bloi$
ben Seftimmungen beSjenigen S)ing'ed anb&ngt, bad unter ßj^itbebjn*
gun^en ftel^t, tölfllid^ nur bcnen be« ^anbelnben ©ubject« alö erfd^eU
nung, ba§ alfo fo fern bie äBeftimmungggrünbe einer feben ^anbliirig
Öfffeüftn in bemfenigen liegen, toa« jur vergangenen S^lt gehört unb
30 nid^t mebr in feiner ®emalt ijt (mogu aud^ feine f(bon begangene
^atm unb ber i^m baburd^ beftimmbare ^^axatttx in feinen eigenen
Singen, ald $b&nomeniS, gejd^lt merben muffen). SIber ebenbaffelbe @ub«
Ject, ba« fld^ anberjeit« au^ feiner ql« S)inge« an ftd& felb"p Bewiiferillr
betrocbtet aud^ fein ©afeinrfo fern e« ni d^Tunte'r Seitl)e})ingungett
35 fty^t,ini5 felbfl aber nur alS beftimmbar burcb ®efe^e, bie c8 ftd^ burd^
Vernunft felbft gicbt, unb in biefem feinem ©afein ift ibm nld^tö voriger«
gel^nb oot feiner SBilleni»befiimmung, fonbem j[ebe ^anblung unb über«
«ant'l 6(^tiftcii. Seife. Y. 7
98 ^Tittl ber praftif(^en Vernunft. 1. ^etl. 1. Bnü^. .3. ^ouptflüct
^Qupt jebe bem tnnern @tnne gem&g toed^felnbe Seßimtnung feines S)a*
fein«, felbjl bie ganje Sleil^enfolfle feiner ejcifteng d« ©innenwefen ift
im 93mu|^tfein feiner inteDigibelen (S^riftenj nid^tö a(« f^olge, niematö
aber atö SeftimmungSgrunb feiner @au|aUtat, a\& StoumenS, angu«'
feigen, ^n biefem Setrad^t nun fann ba» vernünftige SBefen Don einer »
{eben gefe^mibrigen ig^anblung, bte t& verübt, ob fie gleid^ als (Srfc^ei«»
nung in bem SSergangenen ^inreic^enb beftimmt nnb fo fern nnauSbleib«
li(^ not^toenbjg ifl, mit Sted^t fagen, bag er ftej^&tte unterlaffen fönnen;
benn fte mtf aüem SSergangenen, baS fie bestimmt, gel^firt gu einem ein«
gigen $^ftnomen feines SJ^aratterS, ben er ftd^ felbfi joerft^afft, unbjtac^ lo
tDt^m et ]ldr<tls einer von oQer (Sinnlit^feit unabl^dngigen Urfat^e bie
Saufalitdt jener Srfd^einungen felbft gurec^net.
^iemit Timmen aud^ bie Süid^terauSfprüd^e beSjenigen »unberfamen
SSermögenS in uns, tteld^eS mir ®eU)if[en nennen, DoQfommen überein.
(Sin 3Renfd^ mag tünfteln, fo viel als er toiQ, um ein gefe^mibrigeS S3etra« i5
gen, beffen er {id^ erinnert, ftd^ alS unoorfe^lic^eS SSerfe^en, als bloge
Unbel^utfamteit, bie man niemals gftnglic^ vermeiben Tann, folglid^ als
etmaS, tt)orin er vom Strom ber Slaturnot^menbigfeit fortgeriffen tt&re,
vorgumalen unb fid^ barüber für fc^ulbfrei gu ertl&ren, fo flnbet er bo(^,
ba^ ber Hbvocat, ber ju feinem ißortl^eil fpric^t, btn anH&ger in i^m so
teineSttegeS jum SSerftummen bringen tbnne, menn er ftd^ betvu^t ift, bag
er ju ber S^itf als er baS Unred^t verübte, nur bei Sinnen, b. i. im ®e«
brauche feiner greil^eit, mar, unb gleid^mo^l ertl&rt er ftd^ fein 93erge]^en
aus gemiff er Übeln, bur(^ aOmd^lige SSemad^ldffigung ber Sld^tfamfeit
auf fid^ felbft jugejogener ©emol^nl^eit bis auf ben ®rab, bag er eS als 25
eine natürlid^e f$^olge berfelben anfeilen lann, o^ne bag biefeS i^n gleid^mol^l
miber ben Selbfttabel unb ben SSermeiS fiebern fann, ben er fi(^ felbft
mad^t. S)arauf grünbet fid^ benn aud^ bie äieue über eine Idngfi begann
geneStl^at bei feber (Erinnerung berfelben; eine fc^mergl^afte, burd^ mora«
Ufd^e (Seiinnung gemirfte Smpflnbung, bie fo fem prattifc^ leer ift, als so
fie ni(^t baju bienen fann, baS (Sefd^el^ene ungefd^el^en gu mad^en, unb
fogar ungereimt fein mürbe (mie ^rieftle^ als ein dd^ter, con{equent
verfal^renber ff atalift fie aud^ bafiür erfldrt, unb in «nfe^ung meld^er
Dffenl^ergigfelt er me^r SeifaH verbient als bieienige, mel(^e, inbem fie
ben aRec^aniSm beS SßiKenS in ber SXiat, bie^reil^eit bepben aber mit 35
SSorten behaupten, nod^ immer bafür gel^alten fein moQen, bag fie fenei
o^ne bod^ bie SKbglid^Ieit einer fold^enSutec^nung begreiflid^ 3U mad^eui
Aritif^e IBeteud^tung bec Knal^H! ber reinen fnraftif^en 9}emunft 99
in il^rem f^nlretiftifd^en Softem mit einfd^liegen), aber ali Sd^merj bo(^
gang re(^tma^ig ifi, meil bie SSernunfti U)enn ed auf baS ®efe^ unferer
intedigibelen S^riftenj (bad moralifd^e) antommt, leinen S^itunteTf(t)ieb
anerlennt unb nur fragt, ob bie Gegebenheit mir atö Stl^at angehöre, ali*
s bann aber immer biefelbe Smpflnbung bamit moralifd^ üerinfipft, Pe mag
je^t gef^el^en ober oorlängfl gefd^el^en fein. 3)enn bad @ Innenleben
^at in Slnfel^ung bed tntelligibelen SemugtfeinS feines 3)afein8 (ber
Sreil^eit) abfolute Sinl^eit eines ^l^dnomeniS, totliiti, fo fern ed bloS @r«
fc^einungen oon ber ©eftnnung, bie baS moralifd^e ®efe^ angebt, (oon
10 bem Sl^aratter) entl^ält, nid^t nad^ ber ^Raturnotl^menbigfeit, bie i^m als
Srfd^einung gutommt, fonbern nacb ber abfoluten Spontaneität ber $rei«
^eit beurtl^eilt merben mug. 9Ran fann alfo einräumen, bag, koenn eS
ffir uns möglich »äre, in eines aßenfd^en Senf ungSart, fo »ie pe ftd) burd^
innere fomo^l als äußere l^anblungen geigt, fo tiefe @inftd^t gu l^aben,
15 bag lebe, aud^ bie minbefte Sriebfeber bagu unS betannt toflrbe, imgleid^en
aUe auf biefe mirtenbe dugere SSeranlaffungen, man eines SRenfd^en fß^x^
galten auf bie Butunft mit ©ettig^eit, fo toie eine jDtonb* ober @onnen«
finfiemig ausrechnen tonnte unb bennoc^ babei behaupten, ba^ ber 3Renf(^
frei fei* äßenn mir ndmUd^ nod^ eines anbern S3UdS (ber uns aber frei*
20 U(^ gar ni(^t oerliel^en ifl, fonbern an beffen Statt mir nur ben SBemunft«
begriff ^aben), n&mlid^ einer intenectueUen Slnfd^auung beffelben@ub|ectS,
fdl^ig mdren, fo märben mir bod^ inne merben, bag biefe gange j(ette t>on
@rf(^einungen in Slnfel^ung beffen, maS nur immer baS moralifdbe ®efe^
angeben tonn, Don ber @))ontaneitdt beS @ubtects als 3)inges an f((|
9s felbfi abl^dngt, üon beren SBeftimmung ftdb gar Teine pl^ftfdbe @rlldrung
geben Idgt. ^n @rmangelung biefer anf^auung oerfid^ert unS baS mo^
raUfd^e ®efe^ biefen Unterf(^ieb ber SSegiel^ung unferer ^onblungen als
(Srfd^einungen auf baS @innenmefen unfereS SubfectS oon berfenigen,
baburd^ biefeS @innenmefen felbft auf baS inteUigibele Subftrat in unS
80 begogen »irb. — 3n biefer SRfldtftdjt, bie unferer SSernunft natürlich, ob«
gleid^ unerndrlid^ ift, laffen fid^ au(^ IBeurtl^eilungen rechtfertigen, bie^
mit aUer ©emiffenl^aftigteit gef&nt, benno(^ bem erften Slnfc^eine nad^
aDer IBiKigfeit gang gu miberftreiten fd^einen. SS giebt ^dOe, mo ÜRem
fd^en Don jtinb^eit auf, felbfi unter einer ßrgie^ung, bie mit ber irrigen
33 gugleid^ anbern erfpriefilid^ n)ar, bennod^ fo fräl^e S3oS^eit geigen unb fo
bis in il^re SRanneSial^re gu fteigen fortfal^ren, bag man fie ffir gebome
935femid^ter unb gdnglid^, maS bie S)enlungSart betrifft, ffir unbefferlid^
100 iMH! ber praftifd^en ü^entunft. 1. Z:f^til 1. Sßn^, 3. ^aupmd.
fj6lt, gleiii^tool^l aber fie toegen il^red Zfjmi unb £af[en8 eben fo rid^tet,
il^nen i^rc SBcrbrcd^en eben fo al8 @<^ulb Dertoeifet, [a jtc (bie Älnber)
jelbft biefe SSeroeifc fo ßang gegrünbet finben, al8 ob fte ungeachtet ber
il^nen beigemeffenen ^offnungSlofen 9laturbefd^affen^eit i^vti (Semfltl^S
eben fo öerant»ortUd& blieben, als ieber anbete STOcnfcl^. 2)iefe8 »ftrbe' 5
nld&t gefcfte^en Mnnen, toenn tt>lr nid^t »orauÄfefeten, ba^ alle«, aa« au8
feiner SBiWftr entfprlngt (mie ol^ne S»elfel iebc Dorfe^lid^ t)erfibte |)anb«
lung), eine freie Saufalit&t gum ®runbe ^abe, meldte t)on ber fräßen
3ugenb an il^ren ®^arafter in ibren (Srfd^etnungen (ben ^anblungen)
auebrfldtt, bie megen ber ©letd^fSrmigfeit bed SSer^altenS einen ülaturgu« lo
fammenbang Tenntlid^ macben, ber aber nid^t bie arge SBefdbaff^nl^^U be«
SBiDenS notl^ttenbig ntad^t, fonbern Dielmel^r bie $olge ber frettDiUig an-
genommenen böfen unb unmanbelbaren®runbfA^e ift, toelc^e il^n nur no(^
um befto üern)erfli(^er unb firafmürbiger mad^en.
Slber nod^ fielet eine @(^n)ierigleit ber f^reil^eit beoor, fo fern fie 15
mit bem 9laturmed^aniSm in einem 2Befen, ba« jur Sinnenuelt gebort,
«vereinigt toerben foll; eine ©d^tDietigfeit, bie, felbft nad^bem aUefl bi«i*
berige eingemiOigt morben, ber f^reibeit bennod^ mit i^rem g&njUd^en
Untergange bro^t. Slber bei biefer ©efal^r giebt ein Umflanb bo(b iVi^
gletcb Hoffnung gu einem für bie 93el^auptung ber grreil^eit nodb glüd» 20
lid^en Ausgange, n&mlid^ bag biefelbe Scbmterigfeit Diel ftärfer (in ber
2:b^t, toie tolr balb feigen werben, aQeln) ba« @9flem bri^dFt, in toelcbem
bie in ß^it unb Staum beftimmbare (Sjriftenj für bie (S;ciflenj ber 3)inge
an ftd^ felbft gel^alten tolrb, fte uns alfo nid^t nötl^igt, unfere Dornel^mfie
93orau«fe|ung wn ber Sbealit&t ber Seit als bloßer f^orm ftnnlid^er 8ln« 35
fd^auung, folgli(^ als bloßer SorfteUungSart, bie bem €ub)ecte als jur
Sinnentoelt gel^drig eigen ift, abjugel^en, unb alfo nur erforbert fte mit
biefer Sbee ju bereinigen.
SBenn man uns ndmlid^ audb einräumt, bag baS intelligibele @ub«
iect in Snfel^ung einer gegebeneu ^anblung nod^ frei fein fann, obgleid^ so
es als Subject, baS aud^ gur Sinnenmelt ge^5rig, in flufe^ung berfelben
med^anifcb bebingt ift, fo fd^eint eS bod^, man muffe, fo balb man an*
nimmt, @ott als allgemeines Urmefen fei bie Urf acbe au(b ber &fi*
fteng ber @ubftanj (ein @a^, ber niemals aufgegeben rotxhtn barf,
o^ne ben Segriff oon ®ott als SBefen aUer SBefen unb l^iemit feine 911^ 35
genugfamleit, auf bie aQeS in ber Sl^eologie anfommt, gugleid^ mit auf»
jugeben), and^ einräumen, bie ^anblungen beS SRenfc^en l^aben tu
Jtvitif(|e S3eleu(|tung ber ICnal^tif bet reinen praftifd^en SentunfL 101
bemfenigen il^ren 6ejiitnttienben®ninb, toai g&nxU(^ au^er il^rer ®e^
ttalt ift, itdtnU^ in btx SaufalitAt etnefl lotn il^m unterf(t)iebenen f^bii*
ften SSefen«, wn mWm baS S)afein beS erftern unb ble gange fbf
ftimmung feiner (Saufalität ganj unb gar obl^&ngt ^n berX^at: m&ren
5 bie ^anblungen beS Stenfd^en, fo mie fe gu feinen Seftimmungen in bet
3eit gehören, nid^t blo^e Seftimmungen beffelben als ßrfc^elnung, fon^
bern aU S)ingeiS an ft(^ felbft, fo »flrbe bie ^rei^eit nW gu retten fein.
S>er SRenfc^ »&re SRarionette, ober ein SSaucanfonfc^e« Automat, ge»
gimmert unb aufgegogen t)on bem oberften SReifter aQer j(unftn)erle, unb
10 bai Selbftbettugtfein toürbe eS gttar gn einem bentenben Slutomate
mad^en, in »elc^em aber ba^ Semugtfetn feiner @pontaneitdt, loenn fte
für Srei^eit gehalten mirb, bloge S&ufc^ung ro&xt, inbem fte nur compa«
ratio fo genannt gu »erben oerbient, »eil bie n&d)ften beftimmenben Ur«
fad^en feiner Semegung unb eine lange Sieil^e berfelben gu il^ren be>
15 ftimmenben Urfad^en l^inauf gttar innerlid^ finb, bie le^te unb l^5(t)fte
aber bod^ gänglic^ in einer fremben ^anb angetroffen tt)irb. Sia^tx fel^e
id^ nic^t ab, koie bieientge, »elc^e no(^ immer babei bel^arren, Qtit unb
fRavixa fär gum S)afein ber S)inge an fic^ felbft gel^örige SBeftimmun«
gen angufel^n, l^ier bie Satalit&t ber ^anblungen oermeiben tooQen, ober,
90 »enn fie fo gerabegu (mle ber fonft fd^arffinnige SRenbelSfo^n t^at)
betbe nur als gur (Sjrifteng enblid^er unb abgeleiteter 9Sefen, aber nic^t gu
ber bei$ unenblic^en UrwefenS not^menbig gel^örige SBebingungen ein«
r&umen, ftd^ rechtfertigen tooKen, »o^er fte biefe Sefugnig nel^men, einen
fold^en Unterfc^ieb gu mad^en, fogar »ie fie aud^ nur bem Siberfprud^e
SS audtoeid^en toollen, ben fte begel^en, menn fte baS ^afein in ber ß^it atö
ben enblid^en 2)ingen an ftc^ not^menbig anl^&ngenbe S3eftimmung an«
feigen, ba ®ott bie Urfad^e biefeS S)afeinS ift, er aber bod^ nid^t bie Ur«
fad^e ber Qtit (ober be« SRaum«) felbft fein fann (»eil biefe als not^-
koenbige 99ebingung a priori bem S)afein ber S)tnge ooraudgefe^t fein
so mug), feine Saufalit&t folglid^ in ^nfel^nng ber (Sjrifteng biefer S)tnge
felbft ber Seit nad^ bebingt fein mug, toobei nun alle bie äSiberfprüc^e
gegen bie Segriffe feiner Unenblid^feit unb Unabl^&ngigfeit unoermetblid^
eintreten mflffen. «hingegen ift e« und gang leidet, bie Seflimmung ber
gbttlid^en (Sjrifteng als unabhängig oon allen ßeitbebingungen gum Unter«
n fd^iebe oon ber eines SBefen« ber @tnnenmelt al« bie6]cifteng eine«
BefenS an fi(^ felbft oon ber eine« Ringes in ber (Srfd^einung
gu unterfd^eiben. Salier, toenn man iene 3bealit&t ber ßeit unb be« StaumS
102 Aritif ber praftlfd^en Sentunft. h^tll l.JBu«. 3.^auptflü(l
ttid^t annimmt, nur aOein ber @pino}i8m übrig bleibt, in loeld^em
Staum itnb Qüt mefentlid^e 93efKmmungen beiS Umefend felbft finb, bie
l)on il^m abl^&ngige SÜn^t aber (alfo andi toir felbft) nid^t @ub[tangen,
fonbern bIo2 ibm inl^rirenbe accibenjen {inb: loeil, »enn biefe S)inge
bloS atö feine Sßirfungen in b er Seit ejtiftiren, n)el(^e bie S3ebingung s
tl^rer 6]ri{ten) an pd^ mdre, aud^ bie ^anblungen biefer SBefen blod feine
^anblnngen fein mügten, bie er irgenbmo unb irgenbttann auSfibte. S)a«
l^er fc^liegt ber @pinoii8m unerad^tet ber Ungereimtl^eit feiner Orunbibee
bodb U)eit bünbiger, als es nad^ ber Sd^bpfungStbeorie gefc^el^en fann,
toenn bie ffir Subßanjen angenommene unb an {t(^ in ber S^it ejrifii« lo
renbe SBefen aU SBirfungen einer oberften Urfac^e unb bod^ nid^t }U:>
glei(!b jtt i^m unb feiner ^anblung gel^örig, fonbern für fid^ als @ub>
ftangen angefel^en merben.
S)ie auflöfung obgebad^ter Sd^ttierigleit gefd^iel^t (urg unb ein»
leud^tenb auf folgenbe Slrt: SBenn bie @]tiftenj in ber S^tt eine bloge 15
ftnnlid^e SSorfteDungSart ber benfenben äSefen in ber SSelt ift, folglid^ {ie
als S)inge an fid^ felbft nic^t angebt: fo ifl bie Scböpfung biefer SBefen
eine ©d^bpfung ber S)inge an fid) felbft, meil ber SSegriff einer @d^öpfung
nid^t p ber ftnnlid^en SSorfteUungSart ber @irifteng unb jur S^aufalitdt
gebort, fonbern nur auf 9loumenen begogen merben lann. f^olglicb, toenn 20
i(b t)on SBefen in ber @innen»elt fage: fie ftnb erf(i)af[en, fo betrad^te idb
fie fo fern als Sloumenen. @o mie eS alfo ein äSiberfpru(b n)dre, gu jagen,
©Ott fei ein Scbbpfer Don Srfd^einungen, fo ift eS aucb ein äSiberfprud^,
gu fagen, er fei als @d^bpfer Urfad^e ber ^anblungen in ber ©innentoelt,
mitl^in als @rfd^einungen, tt)enn er gleid^ Urfac^e beS 3)afeinS ber l^an« 25
belnben SBefen (als SRoumenen) ift. 3ft eS nun mbglicb (»enn mir nur
baS ^afein in ber Seit für etmas, koaS bloS Don (Srfcbeinungen, nid^t Don
S)ingen an ftd^ felbft gilt, annehmen), bie f^rei^eit unbefcbabet bem 9latur«
med^aniSm ber ^anblungen als @rf(^einungen gu bebaupten, fo lann, bag
bie bcinbelnben SBefen ®efd^5pfe finb, ni(bt bie minbefte ^nberung bierin so
mad&en, toeil bie ©cbopfung i^re intelligibele, aber nicftt fenftbele (Sjrifteng
betrifft unb alfo ni(bt als 93eftimmungSgrunb ber @rfd^einungen ange«
feigen merben fann; meld^eS aber gang anberS ausfallen mürbe, menn bie
Sßeltmefen als S)inge an fld^ felbft in ber Seit e]riftirten, ba ber @d^öp«
fer ber @ubflang gugleicb ber Url^eber beS gangen SRafc^inenmefenS an 85
biefer @ubftang fein mürbe.
Son fo groger SBid^tigleit ift bie in ber j^itif ber reinen fpecu»
ftritifd^e Seleu^tung btt Knal^til ber reinen ^raftif^en Qermmft. lOS
fotiüen 93ernunft oerrid^tete Slbfonberung ber Seit (fo toie be8 SlaumS)
Don ber 6]riften) ber S)inge an fic^ felbft.
S)ie l^ier ^vorgetragene Sluflifung ber €d^ttierigTeit l^at aber, mirb
man fagen, bo(^ Diel ©d^toereiS in fic^ unb ift einer feilen 2>arfteKung
5 taum empf&ngli^- Allein ift benn jebe anbere, bie man Derfud^t l^at ober
Derfnc^en mag, letzter nnb faglid^er? ISl^er möchte man jagen, bie bog«
matifd^en Se^rer ber aReta))b9Jit l^dtten mel^r i^re SSerf^mi^t^eit als Sluf:*
ridbtigfeit barin bemiefen, bag fie biefen fc^mierigen $untt fo meit mie
mögU(^ aus ben Slugen brad^ten, in ber Hoffnung, bag, menn fie baDon
10 gar nid^t fprdd^en, au(^ mol^l niemanb leid^tlic^ <^n i^n benlen koürbe.
äSenn einer äSiffenfd^aft gel^olfen merben foQ, fo mflffen alle ©d^mierig«
leiten aufgebedt unb fogar biefenigen aufgefud^t merben, bie il^rnod^
fo Ingelheim im ffiege liegen; benn febe berfelben ruft ein ^filfSmittel auf
mel^ed, ol^ne ber Sßiffenfd^aft einen Sunad)^, ed fei an Umfang, ober an
15 Seftimmtl^eit, gu Derf(^affen, nid)! gefunben »erben lann, moburtb alfo
felbfl bie ^inbemiffe 93ef5rberungdmittel ber @rfinblici)reit ber SSiffen«
fd^oft merben, 2)agegen, merben bie Sc^mierigfeiten abfic^tUc^ mbeitt,
ober blöd burcb jßalliatiDmittel gehoben, fo brechen fie fiber fura ober lang
in unl^eilbare äbel aus, meiere bie Siffenfd^aft in einem g&ujlid^en
90 @cepticiöm gu ®runbe richten.
©a es eigenlli(% ber Segriff ber greil^eit ifl, ber unter aDen Sbeen
ber reinen fpeculatiDen Vernunft aUein fo groge (Srmeiterung im treibe
bed Überfinnlic^en, menn gleid^ nur in Slnfe^ung bed praftifcben (Srtennt«
niffeS Derfc^afft, fo frage id^ mi(^: mol^er benn i^m auSfcblie^ungS^
36 meife eine fo groge $ru(^tbarfeit gu Sl^eil gemorben fei, in«
beffen bie öbrigen gmar bie leere @telle für reine mögliCDe SSerftanbedmefen
begei^nen, ben Segriff t)on il^nen aber burc^ nicbtS befiimmen lönnen.
3d^ begreife balb, bag« ba idb nid^ts o^ne JCategorie benfen fann, biefe
aud^ in ber 3öec ber SSernuijft Don ber greibeit, mit ber id^ midft befcftdf«
30 tige, guerfi muffe aufgefu(^t merben, meiere l^ier bie J(ategorie ber @au«
falitdt ift, unb bag, menn glei(^ bem ä^ernunf tbegriffe ber fSrrei^eit
als überfd^menglid^em Segriffe feine correfponbirenbe Slnfc^auung unter«
gelegt merben fann, bennod^ bemSerftanbeSbegriffe(ber (Saufalitdt),
für beffen S^nt^eftS jener baS Unbebingte forbert, guoor eine ^nnlid^e
S5 Snfd^auung gegeben merben mflffe, baburd^ il^m guerg bie ob|ectioe Sieali«
104 ^britil ber ))ramf(i^en Serminft. 1. tf^^l 1. »u^. 3. ^ouptflfidt.
f&t gejtc^ert toirb. Slun pnb ade jliategorien in gtoei klaffen, bie matl^e»
matifd^e, ioel(^e bloiS auf bie Sinl^eit ber Sqntl^eftS in ber SorjleDung
ber Dbiecte, unb bie b^namifd^e, tt)el(j^e auf bie in ber 93orjleUung ber
(gjrifteng ber Dbj[ecte gelten, eingetl^eilt. S)ie erftere (bie ber (Sröfee nnb
ber Qualität) entl^alten ieberjeit eine S^nt^eßiS beS ©leid^ artigen, in 5
koeld^er baiS Unbebingte gu beut in ber {innUd^en Slnfc^auung gegebenen
SBebingten in Slaum unb 3eit, ba eS felbft mieberum gum Slaume unb ber
Seit gel^bren unb alfo immer mieberum bebingt fein vxü^U, gar nid^t
lann gefunben merben; ba^er aud^ in ber S)ialeftil ber reinen t^eoretifc^en
93ernunft bie einanber entgegengefe^te SrteUr baiS Unbebingte unb bie lo
Sotalit&t ber S3ebingungen für {te gu flnben, beibe falfd) toaren. 2)ie
J(ategorien ber gleiten (Slaffe (bie ber @aufalitdt unb ber Stotl^menbigfeit
einei$ S)ingeiS) erforberten biefe ®leid^artigfeit (bed 93ebingten unb ber
S3ebingung in ber ©qntl^efis) gar nic^t, meil l^ier nid^t bie 8nf(^auung,
U)ie {te aus einem ÜRannigfaltigen in i^r gufammengefe^t, fonbern nur u
koie bie (Sjrifteng beS il^r correfponbirenben bebingten ®egenfianbe8 gu ber
@;Afieng ber Sebingung (im SSerftanbe als bamit t)er(nilpft) l^inguTomme,
DorgefteUt »erben follte, unb ba mar eis erlaubt, gu bem burd^gdngig Sbt*
bingten in ber @innenmelt (fomol^I in flufe^ung ber 6aufalitdt als bed
guf&digen S)afein8 ber S)inge felbfi) baS Unbebingte, obgmar äbrigeni$ 20
unbeftimmt, in ber inteUigibelen 3BeIt gu fe^en unb bie S^nt^eftS tranS«
fcenbent gu mad^en; bal^er benn au(^ in berS)iaIefti{ ber reinen fpeculati^
Den Sernunft {id^ fanb, bag beibe bem Sd^eine nad^ einanber entgegenge^
fe^te 9lrten ba^ Unbebingte gum Sebingten gu flnbeu, g. 93. in ber S^n«
tl^efls ber Saufalitdt gum Sebingten in ber Sleil^e ber Urfac^en unb äßir^ 25
fungen ber Sinnenmelt bie @aufalitdt, bie meiter nic^t ftnnlid^ bebingt ift,
gu beuten, fid^ in ber 2:i^at nid^t miberfpred^e, unb bag biefelbe^anblung,
bie, a\8 gur Sinnentoelt gel^brig, febergeit {tnnlic^ bebingt, b. i. med^anlfd^
notl^menbig ift, boc^ guglei^ audb, als gur ^aufalitdt beiS l^anbelnben 9Se«
f enS, fo fern ed gur inteOigibelen SBelt gel^brig ift, eine finnlidb unbebingte so
Saufalitdt gum ®runbe l^aben, mitl^in als frei gebadet merben fbnne. 9lun
fam es bloS barauf an, ba^ biefeiS ftbnnen in ein @ein Dertt)anbelt loArbe,
b. i., bag man in einem mirflid^en %aUt gleid^fam burd^ ein f^dctum be«
meifen Ibnne: bag gemiffe ^anblungen eine foldbe ^aufalitdt (bie inteUec«
tueUe, {innli(^ unbebingte) X)oraudfe^en, {te mbgen nun mirllid^, ober aud^ n
nur geboten, b. i. obiectit) prattifd^ notl^menbig fein. S(n toirlUc^ in ber @r«
fa^rung gegebenen ^anblungen, al£ S3egebenl^eiten ber @innentoeIt, f onn«
ftritifd^e Seleud^iung ber ffnal^til ber reinen proftifd^en iBemunft. 105
ten mir biefe 93erfnfi))fttng nid^t anzutreffen l^off^n, toeil bie Saufalttdt
burdg t^rei^eit immer auger ber Sinnenveit im SntediAibelen gefud^t
toerben mug. Slnbere S>inge auger ben 6innentt)efen ftnb und aber jur
SSa^rnel^mung unb Seobad^tung nid^t gegeben. 8lfo blieb nid)td übrig,
5 als ba% etma ein unioiberfprec^lid^er unb }tt)ar obiectiüer (Srunbfa^ ber
Saufalltät, loeld^er ade finnlid^e Sebingung oon i^rer Seftimmung auS«
fd^liegt, b. i. ein ®runbfa^, in meld^em bie SSernunft fid^ nid^t melter auf
etmaS SnbereiS als 8eftimmungdgrunb in Sufebung ber Saufalitdt be«
ruft, fonbern ben {!e burc^ {enen ®runbfa^ fd^on felbft entbält, unb »o {te
10 alfo als reine Sernunft felbft praftifib ift, gefunben »erbe. 3)iefer
(Srunbfa^ aber bebarf feines Sud^end unb feiner (Srftnbung; er ifi Idngft
in aOer ^enfd^en äJernunft gemefen unb il^rem SBefen einverleibt unb ift
ber ®runbfai ber @ittli d^f e it. ailfo ift iene unbebingte @aufalität unb
baS Vermögen berfelben, bie ^reil^eit, mit biefer aber ein SSefen (\^ \tU
15 ber), meld^ed jur ©innenvelt gel^ört, bod^ jugleidb cAi 8ur intedigibelen
gehörig nid^t bIo8|unbeftimmt|Unb problematifc^ gebadet (meldbe« fdbon
bie fpecuIatiDe SSemunft als tbunlic^ auSmitteln fonnte), fonbern fogar
in anfel^ung bed @efegeS i^rer@aufalitdtbeftimmt unb affertorifd^
erfannt unb fo uns bie SSirflid^feit ber intedigibelen Sßelt, unb gmar in
20 ))raft{fd^er Sfiädtfid^t bestimmt, gegeben »orben, unb biefe 8eftimmung,
bie in tl^oretifdber abfid^t tranSfcenbent (aberfd^menglidb) fein ȟrbe,
ift in praftifd^er immanent. S)ergleid^en ©dbntt aber fonnten totr in
anfel^ung ber gmeiten b^namifdben 3bee, ndmlidb ber eines notbwenbi«
gen SBefenS, nidbt t^un. SSir fonnten gu il^m aus ber @innentt)elt ol^ne
35 SBermittelung ber erfteren b^namlfdben Sbee nid^t l^inauf fommen. S)enn
moUten mir es üerfud^en, fo müßten mir ben Sprung gemagt l^aben, alles
baS, maS uns gegeben i{t, gu Derlaffen unb unS gu bem bingufdbmingen,
moüon uns aud^ nidbtS gegeben ift, moburdb mir bie SSertnüpfung eines fol«
d^en inteUigibelen SßefenS mit ber @innenmelt vermitteln fbnnten (meil
30 baS notl^menbige SBefen als auger uns gegeben erfannt merben foUte);
meld^eS bagegen in Slnfebung unfereS eignen Subfects, fo fern es fid^
burdb^ moralifd^e ®efe^ einerf eits als intelligibeleS SBefen (Dermbge ber
^ei^eit) beftimmt, anbererfeits als nad^ biefer Seftimmung in ber
@innenmelt tl^dtig felbft erfennt, mie fe^t ber Sugenfc^ein bartl^ut, gang
35 mol^l mbglid^ ift. S)er einzige 93egriff ber f^ei^eit verftattet eS, bag mir
nid^t auger uns l^inauSgeben bürfen, um baS Unbebingte unb SnteQigibele
gu bem Sebingten unb @innlid^en gu finben. ^enn eS ift unfere SBernunft
106 ftritil ber proftif^ett 93ernunft. 1. V^til 2. 9ud§. 1. ^auptflüdT.
felber, bie fid^ burd^S l^&d^fie unb unbebingte prattifd^e ®efe^ unb bai
äBefen, baS ft(^ biefed ®efe^e8 bemüht ift, (unfere eigene $erfon) ald gut
reinen Serftanbedmelt gel^örig unb gmar fogar mit Seftimmunfl ber 9iitf
tt)ie es als ein fold^ed t^fittg fein finne, ertennt. @o Idgt fid^ begreifen,
toarum in bem gangen Sernunftoermögen nur bad $ra(tif d^e badfenige 5
fein tbnne, koel^ed und über bie ^innenmelt l^inauS^ilft unb Srfennt«
niffe Don einer äberfinnlic^en Orbnung unb SSerfn&pfung Derfc^affe, bie
aber eben barum freilid^ nur fo koeit, ald eS gerabe für biereine praltift^e
abfid^t nötl^ig ift, auSgebel^nt merben fönnen.
9tur auf Sined fei ed mir erlaubt bei biefer ©elegenl^eit nod^ auf« io
mertfam gu mad^eu, nfimlid^ bag feber ©d^ritt, ben man mit ber reinen
Sernunft tl^ut, fogar im prattifc^en fSrelbe, mo man auf fubtile Specu«
lation gar nid^t ätficffic^t nimmt, bennod^ {i(^ fo genau unb gmar oon
felbft an aUe 3Romente ber j^rittf ber tl^eoretifd^en SBernunft anfd^liege,
als ob teber mit überlegter 93orfid)t, blod um biefer Sefi&tigung gu oer« 15
fdjaffen, auiSgebad^t m&re. (Sine folc^e auf feinerlei SBeife gefugte, fon«
bern (mie man ftd) felbft baoon flbergeugen lann, toenn man nur bie mo«
ralifd^en 9}adbforfd^ungen bis gu i^ren $rincipien fortfe^en mill) fid^ oon
felbft flnbenbe genaue @intreffung ber mid^tigften @d^e ber praftifd^en
Sernunft mit ben oft gu fubtil unb unnöt^ig fd^einenben Semertungen 20
ber j^ritit ber fpeculatioen fiberrafdijt unb fe^t in SSermunberung unb be»
ft&rft bie fd^on Don anbern erfannte unb gepriefene 3Ra;rlme, in {eber
tDiffenfd^aftltd^en Unterfud^ung mit aDer möglid^en (Senauigfeit unb
Offenheit feinen ®ang ungeftbrt fortgufe^en, o^ne fic^ an bad gu teuren,
koomiber fie auger i^rem f^elbe etkoa oerftogen mbd^te, fonbern fte f&r ftd^ 95
aQein, fo Diel man fann, n^a^r unb oollftdnbig gu ooQffil^ren. £)ftere 93e»
obad[)tung l^at mid^ äbergeugt, bog, koenn man biefeS ©efdb&fte gu @nbe
gebradbt ^at, baS, xoai in ber ^dlfte beffelben in SBetrac^t anberer £e^ren
auger^alb mir bidmeilen fel^r bebenflic^ fc^ien, menn id^ biefe äSebenflidb«
feit nur fo lange aud ben Slugen lieg unb blöd auf mein ®efd^dft 8d^t so
l^atte, bis eS Dotlenbet fei, enblid^ auf unern^artete Sßeife mit bemienigen
ooUIommen gufammenftimmte, koaS fid^ o^ne bie minbefte Slädftd^t auf
tene Se^ren, ol^ne ^arteilicftfeit unb Vorliebe für biefelbe Don felbfi ge^»
fnnben l^atte. @d^riftfteDer koürben ftd^ mand^e ^rti^Atner, manche Der«
lorne 9Rfl]^e (meil fte auf 93lenbtt)ert gefteüt toar) erfparen, koenn fte {id^ 95
nur entfd^liegen tonnten^ mit etmaS mel^r Offenl^eit gu SBerle gu gelten.
8oR (faier Sialdtil bn xtitun ptaltifil^ Sentunft fliei^oupK 107
Statut» fßn^.
2>ialc!tif ber reinen ^raftifd^en SBernunft»
Son einer S)ialeltit ber reinen praltifc^enSernnnft
5 äberl^aupt.
S>ie reine Sernunft l^at {ebergeit il^re S){aleltil, man mag fte in i^rem
f:pecnIatiDen ober :praftif(l^en ®ebrau4e betrachten; benn fie Derlangt bie
abfolute 2:otaIitdt ber Sebingungen gu einem gegebenen 8ebingten, unb
biefe tann fd^Ied^terbingd nur in S)tngen an ftd^ felbft angetroffen merben.
10 S>a aber aUe begriffe ber S)inge auf anfd^auungen begogen merben
muffen, »eld^e bei und SRenfd^en niemals anberd ald finnlit^ fein (innen,
mitl^in bie ®egenß&nbe nidbt al8 S)inge an fid^ felbfi, fonbern bloS atö
(Srfd^einungen erfennen laffen, in bereu äleibe beSSebingten unb ber 8e«
bingungen ba» Unbebingte niemals angetroffen koerben tann, fo entfpringt
15 ein unüermeiblid^er ©d^ein aud ber Sinmenbung biefer SSernunftibee ber
24)ta(itdt ber Sebingungen (mithin beS Unbebingten) auf Srfd^elnungen,
als mdren fie Sadjen an fid^ felbft (benn bafAr merben fte in Srmange^
lung einer iDamenben j(ritit febergeit gel^alten), ber aber niemals als
trüglid^ bemerft merben märbe, menn er fid^ nid^t burd^ einen SB i ber«
20 ftreit ber SSernunft mit fidb felbfi in ber Slnmenbung il^reS (Srunbfa^eS,
baS Unbebingte gu aUem Sebingten DorauSgufe^en, auf ßrft^einungen
felbfi oerrietl^e. ^ieburd^ mirb aber bie Vernunft genitl^igt, biefem
€d^eine nad^gufpüren, toorauS er entf))ringe, unb mie er gehoben merben
t&nne, meld^eS nid^t anberS als burt^ eine üoQfi&nbige J(ritif beS gangen
25 reinen 93emunfti>erm5genS gefdbe^^n (ann; fo bag bie Antinomie ber
reinen SSernunft, bie in il&rer S)ialefti! offenbar »irb, in ber a:]^at bie
mo^lt^dtigfie ä^erirrung ifi, in bie bie menfd^lid^e äJemunft j|e l^at ge»
ratl^en tbnnen, inbem fie unS gule^t antreibt, ben Sd^läffel gu fud^en,
aus biefem Sab^rintl^ l^rauSguIommen, ber, menn er gefunben morben,
do nod^ baS entbedtt,maS man nidj^t fut^te unb bod^ bebarf, ndmlid^ eine SuS»
ftdbt in eine l^ol^ere, unoerdnberlid^e Drbnung ber S>inge, in ber mir fd^on
ie^t ftnb, unb in ber unfer S)afein ber 1^5d^ften SBernunftbeftimmung
108 ^^ ber praftlfd^en S^entunft. 1. ^^\l 2. Sud^. 1. ^auptflfidT.
gem&g fortjufe^en, tt)tr burd^ be{ltmmte SSorfd^riften nunmel^r angeiDiefen
loerben f5nnen.
SBie im fpeculattDen ©ebraud^e ber reinen SSernunft fene natArlid^e
S)ialeltil auf julöfen unb ber Srrt^um aud einem übrigens natütUd^nt
Scheine ju Der^fiten fei, lann man in ber j^ritif iened SSermögenö au8« s
fä^rlic^ antreffen. SIber ber 93ernunft in iQrem praltifc^en (Sebraud^e
gel^t t^ um nici)tiS beffer. @ie fu(j^t ald reine pxattx\i)t Sernunft gu bem
))raltif(^ S3ebingten (maS auf Steigungen unb Slaturbebärfnig berul^t)
ebenfaQS bad Unbebingte, unb gtt)ar nic^t al£ Seftimmungdgrunb beö
äSiUenS, fonbern, koenn biefer aud^ (im moralifd^en ®efe^e) gegeben koor« lo
ben, bie unbebingte 2;otaIitdt bti ©egenftanbeS ber reinen ))ratttfd^en
SSernunft, unter bem Flamen bed Ifii^^ttn ©utd.
S)tefe 3bee vraftijc^, b. i f&r bie 9Ra;rime unfereiS vernünftigen Ser«
J^altenS, ^inreic^enb }u beftimmen, ift bie äSeidl^eitdlel^re, unb biefe
kDieberum al« SBiffenfc^aft ift ^^ilofopl^ie in ber SBebeutung, mie n
bie alten baö SSort üerftanben, bei benen fie eine Snioeifung ju bem Se-
griffe ttar, loorin bad ^bc^fte ®ut ju fe^en, unb gum SSerl^alten, burdb
loeld^eS eS gu ertoerben fei. @d todre gut, toenn toir biefed SBort bei feiner
alten SBebeutung liegen, aU eine Se^re ))om 1^5(4 ften ®ut, fo fern bie
aSemunft beftrebt ift, eö barin gur SBiffenfd&aft gu bringen. 3)enn «o
einedtl^eilS loürbe bie angebdngte einfd^r&nlenbe 93ebingung bem griedbi'
fd^en SluSbrucfe (meld^er Siebe gur äSeidl^eit bebeutet) angemeffen unb
boc^ gugleid^ l^inreidbenb fein, bie Siebe gur SBiffenfc^aft, mitl^in aOer
f^eculatiüen erfenntnlfe ber SJernunft, f o fem fie il&r fomol^l gu jenem Sbt*
griffe, als aud^ bem praltifd^en SeftimmungSgrunbe bienlid^ ift, unter n
bem 9lamen ber ^^ilofopl^ie mit gu befaffen, unb bod^ ben i^au^tgmedt,
um beffentmiQen fie aUein SßeiiS^eitdle^re genannt toerben tann, nic^t aud
ben äugen verlieren laffen. Ruberen Zfitxli toürbe eS au(^ nidbt übel
fein, ben @igenbünfel beSienigen, ber ed »agte fic^ bed 2;itel8 eined $^i«
lofo))l^en felbft angumagen, abgufdbredten, toenn man il^m fd^on burd^ bie so
S)efinition ben SRa^tab ber @elbftfd^d^ung vorhielte, ber feine Slnfprüdge
fel^r l^erabftimmen mirb; benn ein äßeiöl^eitdle^rer gu fein, mbd^tekool^l
etioaS me^r ald einen Sd^üler bebeuten, ber nodb immer nid^t tveit genug
gelommen ift, um fid^ felbft, Dielioeniger um anbere mit fidlerer Qmax*
tung eines fo l^ol^en Qvotdi gu leiten; ed ȟrbe einen SReifter in ss
JSenntnigberSBeiSl^eit bebeuten, »elc^ed mel^r fagen koill, als ein be«
fc^eibener 3Rann ftd^ felber anmaßen tvirbi unb ^^ilofop^ie mürbe fo mie
Son einer 2)iale!ilf bet reinen proTtifd^en Vernunft überhaupt. 109
bie äßeiiSl^eit felbfi nod^ immer ein Sfbeal bleiben, toeld^ed obfectiD in ber
Semunft aOein DoDftdnbig Dorgeftedt koirb, fubiectio aber, ffir bie^erfon,
nur bad 3ict feiner unauf^örlid^en Seftrebung ifi, unb in beffen Seji^
unter bem angemaßten Flamen eined ^^ilofopl^en ju fein, nur ber Dorgu^
5 geben berechtigt ift, ber auc^ bie unfehlbare Sßirfung berfelben (in 9e«
^errftbung feiner felbfi unb bem ungegmeifelten Sntereffe, bad er ))orjäg«
lid^ am allgemeinen ®uten nimmt) an feiner ^erfon als Seifpiele auf«
fteüen fann, totliiti bie Eilten aud^ forberten, um {enen @l^rennamen
üerbienen 3U f&nnen.
10 3n Snfel^ung ber S)ialerti( ber reinen praftifdb^n äJernunft, im
fünfte ber Seftimmung beö 93egriff8 Dom]^54ften®ute (meiere, n)enn
i^re Sluflölung gelingt, eben fott)0^t al8 bie ber t^eoretifd^en bie \otliiU
tl^dtigjte SBirtung erwarten Id^t, baburdb bag bie aufri^tig angefteOte
unb nid^t Derl^el^lte SBiberfprfid^e ber reinen praltifd^en Sernunft mit ibr
15 felbfi gur DoDjt&nbigen Shxtil i^reS eigenen SßermögenS nötl^igen), ^aben
tx)ir nur noc^ eine Erinnerung tooranjufdbiden.
S)ai moralifd^e ®efe^ ifi ber alletnige 8eftimmungdgrunb beS reinen
SBiDend. S)a biefeS aber blöd formal ifi (n&mlicb aOein bie f^orm ber
9Ra]rime aliS allgemein gefe^gebenb forbert), fo abftrabirt eS als Sefiim«
20 mungSgrunb üon aller SRaterie, mitbin Don allem Dbiecte beS SBoDenS.
3Ritbin mag baS ]^&(bfie®ut immer ber gange ®egen{ianb einer reinen
praftifcben SBernunft, b.i. eines reinen SßillenS, fein, fo ift es barum bod^
nidbt fftt ben 8efiimmungSgrunb beffelben gu galten, unb baS mora«
Ufd^e ®efe^ mug allein als ber ©runb angefel^en »erben, ieneS unb beffen
95 Seioirfung ober 9ef5rberung ftd^ gum Dbiecte gu ma^en. S)iefe 6r«
innerung ift in einem fo belicaten f^alle, als bie Seftimmung fittlid^er
$rincipien ift, too aud^ bie tleinfte SRißbeutung ®eftnnungen oerfdlfdbt,
oon Srl^eblidbleit. S)enn man mirb auS ber SlnalQtif erfel^en l^aben, bag,
toenn man Dor bem moralifdben ®efe|e irgenb ein Dbfect unter bem 9la«
30 men eines ®uten als SeftimmungSgrunb beS SSillenS annimmt unb oon
i^m bann baS oberfie :pra(tifdbe ^rincip ableitet, biefeS alsbann feber«
geit $eteronomie l^erbeibringen unb baS moralifd^e $rinctp oerbrdngen
toürbe.
(SS oerftel^t fidb aber oon felbft, bag, loenn im SSegriffe beS l^&cbften
35 ®uts baS moralifd^e ®efe^ als oberfte Sebingung fd^on mit eingefd^loffen
ifi, alsbann baS ^öd^fte ®ut nid^t bloS Dbjlect, fonbern auc^ fein Segriff
unb bie Sorftellung ber burd^ unfere ^rafttfd^e 93ernunft m&glid^en (Sfu
110 SMtif ber profüfd^en Vernunft. 1. 3:iftdL 2. 9u4. 2. ^a^ipifOid.
fteng beffelben gugleid^ ber Seßimmungdgrunb btS reinen äßinenS
fei: xotil aliSbann in ber 2:^at bad in biefem Segriffe fd^on eingefcbloffene
unb mttgeba(i^te moralifc^e ®efe^ unb lein anberer ©egenftanb nad^ bem
Vrtncip ber Autonomie ben SßiOen beftimmt. S)iefe Orbming ber 9e»
griffe oon ber SBiUenSbeftimmung barf nid^t aud ben Singen gelaffen &
n)erben: loeil man fonft fid^ felbft mlgoerflel^t nnb ftd^ ju loiberfprec^en
glaubt, m bo(^ aUeS in ber üoQIommenften Harmonie neben einanber
Sioeited OanptftftdC»
93on ber S)ialeltil ber reinen SBernunft in 8eftimmung beö lo
Segriffs Dom l^bc^ften ®ttt.
S)er äSegriff beS ^bd^fien entl^&It fd^on eine ßioeibetttigteit, bie,
menn man barauf nid^t Sld^t l^at, unn5tl(|ige Streitigfeiten Deranlaffen
lann. S)ad ^öd^fte fann bad Dberfle (sapremam) ober au(4 bad SoH^
enbete (consammatam) bebeuten. S)ad erftere ift biefenige SBebingung, »
bie felbfi unbebingt, b. i. (einer anbern untergeorbnet, ifi (originariam);
ba» jkoeite badjenige ®ange, bad tein "SX^exl eined nod^ größeren ©anjen
Don berfelben fürt ift (perfectissimum). S)ag Sugenb (ald bie 9Bftrbig<>
(eit glfictlid^ gu fein) bie oberfte Sebingung aUeö beffen, mad unS nur
koünfc^enSmertl^ fd^einen mag, mitl^in aud^ aUer unferer SBeioerbung um ao
®Iü(ffeUgfeit, mithin baS oberfte ®ut fei, tfl in ber «[nalqtil bemiefen
»orben. S)arum ift fte aber nod^ nid^t baS gange unb DoUenbete ®ut,
als ©egenftanb bed Segel^rungSoermögenS Dernänftiger enblid^erSBefen;
benn um bad ju fein, »irb aud^ ©Iflcff eligleit bagu erforbert unb gtoar
nid^t blod in ben parteiifd^en Slugen ber $erfon, bie ft(4 felbft gum Qm^t 25
mad^t, fonbern felbft im Urtl^eile einer un)}arteiifd^en 9$emunft, bie tene
Aber]^au))t in ber SBelt als SioedC an ft(^ betrad^tet. S)enn ber eiadfelig«
(eit bebürftig, il^rer aud^ toflrbig, bennod^ aber berfelben nid^t tl^eil^aftig
}u fein, (ann mit bem DoIIfommenen SßoDen eines DernAnftigen äSefenS,
loeld^eS gugleid^ aUt ®en)alt ^dtte, toenn koir unS aud^ nur ein foId^eS gum so
SSerfudbe ben(en, gar nic^t gufammen befleißen. 60 fern nun Sugenb unb
®tädfelig(eit gufammen ben Seft$ beS l^bc^ften ®ut8 in einer $erfon,
l^iebei aber aud^ ®IAd(feUg(eit, gang genau in Proportion ber Sittlid^feit
(als Sßert^ ber ^erfon unb beren S9Bfirbig(eit glfidtlic^ gu fein) auSget^eift,
bas l^bd^fte ®ut einer mögUd^en SSelt auSmad^en: fo bebeutet biefeS baS 35
^. b. S)ialeftil b. reinen Vernunft in IBettimmung b. Segrip r>. %bd^^. 9ni. 111
(Sanje, bad DoHenbete ®ute, koortn bod^ Slugenb immer ald Sebingung
baS oberfle ®ut tft, meil eS loeiter feine Sebingung Aber [xi) ^at, ©lild«
feltgfeit immer etoaS, mad bem, ber fte befi^t, ffoax angenel^m, aber nid^t
für fi(i^ aQein fd^Ied^terbingd unb in aQer äiftdjid^t gut iß, fonbern ieber»
5 jeit bad moralifc^e gefe^mfigtge S^erl^alten ald Sebingung üorauiSfe^t
3Q)ei in einem Segrtffe not^menbig üerbunbene S3e[timmungen
mfiffen aU ®runb unb $olge toerfnfipft fein, unb ivoax entoeber fo, bag
blefe Sinl^eit ate analqtifd^ (logifd^e Serfnüpfung) ober atö fi^ntJ^e*
tif d^ (reale SSerbinbung), jene nac^ bem ®efe^e ber Sbentit&t, biefe ber
10 Saufalitfit betrad^tet mirb. S)ie SSerfnäpfung ber 2;ugenb mit ber ®Iä(t»
feligleit fann alfo entmeber fo Derftanben »erben, bag bie Seftrebung
tugenb^aft ju fein unb bie üernfinftige äSetoerbung um (Slfidfeligleit nid^t
gttei Derfd^iebene, fonbern gang ibentifd^e ^anblungen lodren, ba benn
ber erfteren (eine anbere 9Ra]cime, atö ju ber (entern gum ©runbe gelegt
15 }u loerben brandete: ober jene Serfnfipfung loirb barauf audgefe^t, ba^
a;ugenb bie ®IAd()eUg(eit aU etmad Don bem äSetougtfein ber erfteren
Unterjd^iebened, toie bie Urfad^e eine SBirfung, l^eroorbrtnge.
3$on ben alten gried^ifd^en @d^ulen maren eigentUd^ nur gtoei, bie in
Seflimmung beS SegriffS oom ]^5d^ften ®ute fo fern gmar einerlei 3Re«
80 t^obe befolgten, ba% {te Slugenb unb ©lüdtfeligteit nid^t als gtoei toerfd^ie«
bene Slemente bed l^öc^ften ®ut8 gelten liegen, mithin bie @ittl^eit bed
$rinci)}8 nad^ ber Siegel ber 3bentitat fud^ten; aber barin fc^ieben fte fid^
»ieberum, bag fte unter beiben ben ©runbbegrijf Derfd^iebentlid^ todblten.
©er epilureer fagte: fld^ feiner auf ©lüdtfeligfeit fül^renben SKajclme
25 beiDugt fein, bad ift Sugenb; ber @toi(er: fic^ feiner 2:ugenb betougt
fein,.ip ©ludtfeligfeit. 3)em erflern toar Älugl^eit fo Diel al« ©ittlic^^
teit; bem gmetten, ber eine ^il^ere Benennung für bie Sugenb todl^lte, toar
@ittlid^(eit aOein loal^re 3Bei«^eit.
ÜKan mug bebauren, bag bie @d^arf{tnnig(eit biefer SR&nner (bie
30 man bod^ gugleid^ barüber betounbern mug, bag fte in fo frül^en Qtikn
fd^on alle erbentlid^e SBege ))^ilofo))l^ifd^er @roberungen Derfud^ten) un^:
glüctlid^ angetoanbt toar, gmifd^en du^erfl ungleid^artigen Gegriffen, bem
ber ©lüdfeligteit unb bem ber Stugenb, j^entitdt gu ergrübein. SQein ed
»ar bem btaleftifd^en ©eifie i^rer Qtxttn angeme^en, mad aud^ ie^t V\&*
36 koeilen fubtile J^öpfe oerleitet, toefentltd^e unb nie gu ))erein{genbe Unter«
fd^iebe in ^rincipten baburd^ aufgul^eben, bog man fie in SBortftreit gu
»ertoanbeln fud^t unb fo beih @d)eine nad^ (Sinl^eit beS Begriffs blöd untet
112 SMi\t ber praltifd^en S^emunft. l.^til 2. Su^. 2. ^auptflfid.
))erf(]^{ebenen Senennungen erfänjlelt, unb biefeS trifft gemeiniglich fold^e
f^&Qe, tt)o bie Bereinigung ungleid^arttger ®rünbe fo tief ober l^od^ liegt,
ober eine fo gdnjlid^e Um&nberung ber fonft im p^ilofop^ifd^en Softem
angenommenen Se^ren erforbern »firbe, bag man Sd^eu tr> fid^ in ben
realen Unterfd^ieb tief einjulaffen unb x^n lieber atö Uneinigteit in bloßen &
Normalien bel^anbelt.
3[nbem beibe Schulen Sinertei^eit ber praftifd^en $rincipien ber Su*
genb unb ®IüdtfeUg(eit gu ergrfibeln fud^ten, fo loaren fie barum ni(^t
unter fid^ einl^eOig, loie f[e biefe Sbentttfit l^eraudikotngen »ollten, fonbern
fd^ieben fid^ in unenblid^e Sßeiten Don einanber, inbem bie eine i^r ^rin« lo
cip auf ber fifi^etifd^en, bie anbere auf ber logifd^en Seite, fene im 93e«
kougtfein bti {tnnlid^en 93ebürfniffed, bie anbere in ber Unab^dngigleit
ber praftifd^en SSernunft oon aOen ftnnlid^en 93efttmmungdgrflnben fe^te.
S)er Segritf ber Sugenb lag nad^ bem 6)>itureer fd^on in ber SRajcime
feine eigene (Slädtfeltgfeit }u beförbern; bad ©efAl^l ber (Slücffeligteit mar »
bagegcn nad^ bem @toiIer fd^on im Semugtfein feiner Sugenb entl^alten.
9Bad aber in einem anbern SSegriffe entl^olten ift, ift gmar mit einem
Sl^eile beS @ntl^altenben, aber nic^t mit bem ®anjen einerlei, unb amei
©anje (5nnen fiberbem fpecififd^ Don einanber unterfd^ieben fein, ob {te
gmar ans eben bemfelben Stoffe befte^en, menn n&mlid^ bie2:]^eile in 9o
bciben auf gang oerfd^iebene Srt }u einem ©angen oerbunben toerben.
S)er ©totfer behauptete, Sugenb fei bad gange ^5d^fte ®ut unb ©IfidC*
feligteit nur ba« SBemu^tfein beS Seft^eS berfelben ald gum Suftanb beS
SubfectS ge]^5rig. S)er Spifureer bel^auptete, ®lfidCfeligIeit fei bad gange
]^5d^fte ®ut unb 5£ugenb nur bie ^orm ber SRajcime ftd^ um fie gu be» 26
merben, ndmlid^ im Dernfinftigen ©ebraud^e ber SRittel gu berfelben.
!Run ift aber aud ber analqttl dar, bag bie SRajrimen ber Sugenb
unb bie ber eigenen ©lüdfeliglett in Slnfe^ung il^red oberften praftifd^en
^rincipS gang ungleid^artig ftnb unb, meit gefel^lt, einbettig gu fein, ob
^e gleid^ gu einem ^Sd^ften ®uten gehören, um baS le^tere migltc^ gu so
mad^en, einanber in bemfelben @ubiecte gar fel^r einfc^r&nten unb Sb«
brud^ tl^un. aifo bleibt bie f^rage: toie ift bad ^id^fte ®ut prattifd^
m5glid^? nod^ immer unerad^tet aOer bidl^erigen SoalitiondDerfud^e
eine unaufgel5fete Slufgabe. S)aS aber, koaiS ^e gu einer fd^toer gu Ibfen«
ben Slufgabe mad^t, ift in ber 9lnalQtit gegeben, ndmlid^ bag ®lfid(felig« S6
teit unb @ittUd(|feit gioei fpeciflfd^ gang oerfd^iebene Slemente beS
l^dd^ften ®ut8 Pub, unb il^re äSerbinbung alfo nid^t anal^tifd^ erfannt
9. b. 2)iale!t{! b. rehten Vernunft in Beftimmimg b. Segriff« t>. l^i^fL Out. 118
toerben {&nne (bag etoa ber, fo feine ®lfidtfelig(eit füd^t, in biefem feinem
ä^erl^olten fld^ burd^ bloge aufl&fung feiner Segriffe tugenb^aft, ober ber,
fo ber S£ugenb folgt, fic^ im Setougtfein eineiS folc^en äJer^altenS fd^on
ipso faoto glüdlid^ finben merbe); fonbern eine S^ntl^efid ber Segriffe
5 fei. Sßeil aber biefe Serbinbung als a priori, mitl^in )}raltif(l^ notl^menbig,
folglid^ ni^t ald aus ber Srfal^rung abgeleitet erfannt »irb, unb bie 9R&g«
lid^feit htS l^dd^fien ©utd alfo auf leinen empirifd^en ^rincipien berul^t,
fo mirb bie S)ebuction biefed Segriffs trandf cenbental fein mfiffen.
es tfi a priori (moralifcti) not^menbig, bad l^idbfte ®ut burdb Sftei«
10 l^eit bed SBillenSl^erborgubringen; ed mu^ alfo aud^ bie Sebin«
gung ber SRöglid^Ieit beffelben lebiglid^ auf (SrfenntniggrAnben a priori
berul^en.
I.
3)ie Antinomie ber praftifd()en Sertiunft.
u 3n bem ]^5d(|ften fflr uns praltifd^en, b. i. burd^ unfern SßiUen ioir{*
Ud^ gtt mac^enben, ®ute merben 2;ugenb unb ®lüd(feligleit als notl^ioenbig
oerbunben gebadet, fo bog baS eine burd^ reine praltifd^e Semunft nid^t
angenommen merben fann, o^ne bag baS anbere au^ gu il^m ge^&re.
%un ift biefe Serbinbung (mie eine iebe äberl^aupt) entmeber anal^tif (^,
20 ober f ^tttl^etif d^. S)a biefe gegebene aber nid^t anal^tifc^ fein tann, mie
nur eben Dorl^er gejeigt morben, fo mug fie f^ntl^etifdb unb jmar als ^tu
{nfipfung berUrfad^e mit ber Sßirfung gebälgt merben: meil fie ein prat*
tifdbeS ®ut, b. i. maS burd^ ^anblung mfiglid^ ifi, betrifft. SS mug alfö
entmeber bie Segierbe nad^ ®lAd(felig{eit bie Semegurfad^e ju SRa^imen
M ber 2:ugenb, ober bie 9Rajrime ber SEugenb mufe bie mirfenbe Urfadb^ ber
®lfidfeligleit fein. 3)aS erfte ift f d^led^terbingS unmiglid^: meil (mie
in ber Snal^til bemiefen morben) SRa^rimen, bie ben SefHmmungSgrunb
beS SBidenS in bem Serlangen nad) fetner ®lfld(feligfeit fe^en, gar nid^t
moralifc^ finb unb leine Sugenb grAnben tonnen. S)aS gmeite ift aber
le aud^ unm5gli(!^, meil alle praltifd^e Serfnüpfung ber Urfad^en unb bet
SBirtungen in ber äBelt als Srfolg ber SBiUenSbeftimmung fi4 nid^t na((
moralifd^en ©eftnnungen beS SBiQenS, fonbern ber J^enntnig ber 9latur«
gefe^e unb bem p^^fift^en Sermögen, {te gu feinen Sbfid^ten gu gebraud^etr,
rid|tet, folglid^ leine notl^menbige unb gum ^5d^fien ®ut gureic^enbe Ser«
u tnfipfung ber ®lüdtfeligfeit mit ber Sugenb in ber äßelt burd^ bie pfintt^
114 j^ntil bet praTtif^en Vernunft. l.Sl^eil. 2.^ndi. 2. ^aufitfiüd.
«(ftfte »cpbaditung bcr moraltfdöcn ©cfe^c ermattet »erben fann. 3)a
nun bie Seförberung bed l^bc^ften ®utd, meines biefe SSertnflpfuna in
feinem ©egriffe entl^dlt, ein a priori notl^w^nblge« Dbiect unfere« aBillenS
ift unb mit bem moratifdien ®efe^e unjertrennlii^ gufammenl^&ngt, \o
mug bie Unmöglid^Ieit bed erfteren audb bie f(alf(^^eit bed gmeiten be« 5
meifen. Sft a\\o bad l^bd^fte ®ut nad^ ))rattif(lben Sftegeln unm&glii^, fo
mui aud^ bad moralifdie @efe^, koeldbeS gebietet baffelbe gu beforbem,
{)]^antaftifd^ unb auf leere eingebilbete 3^^^^ g^teOt, mitl^in an fi(^
falfc^ fein.
IL 10
Aritifdie Slufl^ebung ber Slntinomie ber praltifd^en
Sernnnft.
Sn ber Antinomie ber reinen f)}eculatit)en Sernunft finbet fid^ ein
fi^nltc^er SBiberftreit an>if(^en 9iaturnot^n)enbigteit unb ^rell^eit in ber
@aufalit&t ber Gegebenheiten in ber Sßelt. @r »urbe baburi^ gel^oben, 15
bag beriefen »urbe, ed fei fein toal^rer Biberftreit, menn man bie Sbt»
geben^eiten unb felbp bie SBelt, barin fte pt^ ereignen, (mie man au(ft
fott) nur atö (Srfd^einungen betra(]^tet; ba ein unb baffelbe l^anbelnbe
SBefen al8 erfd&einung (felbft Dor feinem eignen innern ©inne) eine
Saufalitdt in ber @innenmelt bat, bie feDergeit bem Slaturmedb^nidm so
gem&g ift, in Slnfel^ung berfelben Segebenl^eit aber, fo fem fidb bie l^an«
beinbe $erfon gugleid^ atö9loumenon betrachtet (ald reine SnteQigen},
in feinem nid^t ber ßeit nad^ beftimmbaren S)afein), einen SeftimmungS*
grunb jener Saufalitfit nad| 9laturgefe^en, ber felbft Don aOem SItatur*
gefe^e frei ift, enthalten tbnne. >&
SRit ber Dorliegenben Antinomie ber reinen praltifdben ä^ernunft ift
ed nun eben fo bemanbt. S>er erfte Don ben jmei @&^en, bag bad 93e«
ftreben nadb ®lüdt|eligfett einen ®runb tugenbl^after ®efinnung l^erDor«
bringe, ift fd^led^terbingS falfd(i; ber gmeite aber, bag 2:ugenbgefin«
nung notl^menbig ®lüdtfelig(eit l^erDorbringe, ifi nid^t fd^led^terbingS, so
fonbern nur fo fern fie al8 bie ^orm ber 6aufalit&t in ber ©innenioett
betrad^tet n)irb, unb mithin, toenn idb bae S)afein in berfelben f flr bie ein«
gige Srt ber @jrifteng bed Dernflnftigen SßefenS annel^me, alfo nur be«
bingter äßeif e falf^. S)a idb aber nid(|t allein befugt bin, mein S)afein
and^ als 9loumenon in einer SSerftanbesmelt gu benfen, fonbern fogar »
S. b. S)ialeltil b. reinen Skmunft fn SefHmmung b. Segriffd \). l^O^ft. 6ut. 115
am morolifdben ®efe^e einen rein intenectueOen SeftimmunsSgrunb
meiner (Saufalitftt (in Der ©innentoelt) l&abe, fo ift eS ni*t unm6fllid&,
bag bie ©ittlicbfeit ber ©efinnung einen, mo ntd^t unmittelbaren, bod^
mittelbaren (»ermittelfi eine« inteHißlbelen ttrl&eber« ber »atur) unb jtoar
5 not^menbigen Sufammenl^ang ald Urfad^e mit ber ®ludfeligfeit dd fRix*
fung in ber @tnnenn)elt l^abe, loelc^e Serbinbung in einer SItatur, bie
blo« Dbiect ber @inne ift, niemald anberS als gufdllig ftattfinben unb
gum ]^54ften ®ute nic^t gulangen (ann.
Sllfo ifi unerad)tet biefe« f(i^einbaren SBiberftreit« einer praltifd^en
10 Vernunft mit ft(^ felbft bad ]^5(iße ®ut ber notl^koenbige ^öd^fte Bmecf
eine« moralifc^ beftimmten äBiUenS, ein majores Dbiect berfelben; benn
tS ift ))raftif(^ möglid^, unb bie aRa;rimen bed legieren, bie jtd) barauf
il^rer SRaterie nac^ bejiel^en, ^aben obiectioe Sltealttdt, mli^z anf&ngUd^
bur(4 jiene antinomie in 9$erbinbung ber ©ittlid^teit mit ©lädfeligfeit
15 na(4 einem aDgemeinen ®e{e^e getrojfen mürbe, aber auS blogem 9Rig«
Der^anbe, meil man bad Ser^dltnig imifd^en (Srfc^einungen ffir ein ä^er«
l^äUnig ber S)inge an {td^ felbfi gu biefen Srfdjeinungen ^ielt.
äSenn mir und genöt^igt fe^en, bie aR5gli4)teit bed ^5d^{len ®utd,
biefe« burc^ bie Sernunft aOen üernflnftigen SSefen auSgeftedtten QitlS
so aQer il^rer moralifc^en SSünfdbCr in fol^er SBeite, ndmlii^ in ber SBer«
fnflf fung mit einer intelligibelen äSelt, gu fut^en, fo mug ed befremben,
bag gleic^mol^l bie ^l^ilofop^en alter fomo^l aU neuer S^ten bie Slädt*
feligleit mit ber Slugenb in gang gegiemenber $ro)}ortion fc^on in biefem
Seben (in ber @innenmelt) l^aben finben, ober fidb i^rer bemüht gu fein
25 l^aben ftberreben f5nnen. S)enn (Spitur fomo^l, ald bie @toiter erl^oben
bie ®läd(feligfeit, bie auS bem äSemugtfein ber Slugenb im Seben ent*
f))ringe, fiber alle«, unb ber erftere mar in feinen praftifd^en SSorfd^riften
nidbt fo niebrig gefinnt, al« man au« ben $rinci)>ien feiner 2:i^eorie, bie
er gum (Srlldren, nic^t gum Sanbeln brandete, fdjUegen möd^te, ober mte
30 fie üiele, burc^ ben au«brud( SBollu{l fär Sufriebenl^eit oerleitet, au««
beuteten, fonbern red^nete bie unetgennfi^igfte Slu«fibung be« ®uten mit
gu ben ®enugarten ber innigften $reube, unb bie ®nAgfamteit unb 99dn«
bigung ber SIteigungen, fo mie fie immer ber ftrengfte SRoralp^ilofopl^
forbem mag, gel^brte mit gu feinem $lane eine« Sßergnägen« (er oerftanb
» baruttter ba« ftet« frö^lic^e $erg); mobei er Jjon ben ©toücrn oomel^m»
Hdb nur barin abmid^, bag er in biefem Sßergnfigen ben ä9emegung«grunb
fejj^e, meldte« bie ledern, unb gmar mit Sted^t, üermeigerten. 3)enn eine««
8*
116 ^ritif ber ))raftif<!^en SentunfL 1. ^i(. 2. fBud^. 2. ^uptftfldT.
tl^eil« fiel ber tugenb^afte 6p{fur, fo loie nod^ j|e^t Diele moraltfd^ tool^l«
flefinnte, obgleid) aber tl^re ^rinctpien ntd^t tief genug nad^benfenbe
SR&nner, in ben f^el^ler, bie tugenb^afte ®efinnunginben ^erfonen
fd^on üorauiSgufe^en, fflr bie er bie 2;riebfeber gur Sugenb juerft angeben
toollte (unb in ber Sll^at fann ber Sled^tfcbaffene ft(^ nid^t glüdüd^ finben, s
tt)enn er {id^ nid^t guDor feiner Sled^tfcbaffen^eit bemüht i{l: »eil bei {euer
®eftnnung bie Senoeife, bie er bei Übertretungen fid^ felbft ju mad^en
burd^ feine eigene S)entungSart gen5tl^igt fein tofirbe, unb bie moralifd^e
©elbftDerbammung i^n alled ®enuf[ed ber anne^mlid^feitr bie fonft fein
Sufianb enthalten mag, berauben »firben). allein bie f^age ift: mo* lo
burd^ U)irb eine fold^e (Sefinnung unb ^entungdart, ben Sßert^ feines
S)afeiniS gu fd^d^en, guerft m5glic4, ba t)or berfelben nod^ gar fein (Sefäl^l
für einen moralifd^en SBert^ äberl^aupt im Subfecte angetroffen »erben
koflrbe? S)er 9Renfd^ birb, menn er tugenb^aft i\t, freiließ, ol^ne fidb in
feber ^anblung feiner Sled^tfd^affenl^eit bemugt gu fein, bed bebend nid^t is
frol^ »erben, fo gflnfiig il^m aud^ baS ®lüdC im p^^ftfd^en Suftanbe bef*
felben fein mag; aber um il^n aDererft tugenbl^aft gu mad^en, mitl^in el^
er nod^ ben moralifd^en SSertb feiner @]rifteng fo l^od^ anfd^ldgt, lann man
i^m ba »o^l bie @eelenrube anpreifen, bie au8 bem SBemugtfein einer
Sled^tfd^affenl^eit entfpringen »erbe, für bie er bo(^ leinen Sinn bat? so
änbrerfeitd aber liegt l^ier immer ber ®runb gu einem gebier beS
@rfdbleid^enS (vitium subreptionis) unb gleid^fam einer optifdben Sllufion
in bem @elbfibe»ugtfein beffen, »ad man tl^ut, gum ttnterfd^iebe beffen,
»ad man empfinbet, bie aud^ ber SSerfudbte^e nid^t D5Ilig oermeiben
fann. S)ie moralifd^e ©efinnung ift mit einem Semugtfein ber Seftim« n
mung bedSBiUend unmittelbar burd(|d ®efe^ notl^menbig üerbunben.
Stun ift bad äSemugtfein einer SefHmmung bed 93egebrungdoerm5genS
immer ber ®runb eined SBoblgefallend an ber ^anblung, bie baburd^ l^er«
Dorgebracbt »irb; aber biefe £uß, biefe« Sßoblgefallen an fid^ felbft, ift
nicbt ber Seftimmungdgrunb ber ^anblung, fonbern bie Seftimmung so
bed SßillenS unmittelbar, blöd burdb bie SBemunft, ift ber ®runb bed ®t^
ffil^ld ber Suft, unb jene bleibt eine reine prattifdge, nid^t dß^etifd^e Se»
ftimmung bed Segel^rungdoermögend. S)a biefe Seftimmung nun inner«
lidb gerabe biefelbe SBirtung eined Sntriebd gur Si^dtigfeit tl^ut, ald ein
®efü^l ber annebmlid(|feit, bie aud ber begehrten ^anblung enoartet »
»irb, »ürbe getl^an l^aben, fo feigen »ir bad, »ad »ir felbft t^un, leidet«
lid^ für et»ad an, »ad »ir blöd leibentlid^ ffil^len, unb nel^men bie tno*
S. b. S)iaIdtU b. rehten Qemunft in ^efHmmung b. ^egriffiS t>. I^ö^fl. Out. 117
raliftfee Sriebfeber f&r finnlid^en eintrieb, loie hai aDemal in ber foge«
nannten Sdufd^ung ber Sinne (l^ier bed innern) gu gefdiel^en pflegt. @8
ift etmad fel^r Sr^abeneö in ber menfdilid^en Slatnr, unmittelbar burc^
ein reines Semunftgefe^ ju ^anblungen beftimmt }tt »erben, unb fogar
5 bie 2;&uf(^ung, bad Snbiectiüe biefer intenectueflen äSeftimmbarfeit beS
SiOend für etmad äjt^tifc^eS unb Sßtriung eines befonbern finnlit^en
(Sefft^lS (benn ein inteUectueaeS tt)dre ein 9Biberf)}ru(!^) )u l^alten. 6S ifl
aud^ Don groger Sßid^ttgfeit, auf biefe iSigenfd^aft unferer $erf5nli(i^feit
aufmertfam gu machen unb bie SBirfung ber Sernnnft auf biefeS ®efai^l
10 befhndglid|{i gu cultioiren. 8ber man mng fld^ aud^ in Sd^t nehmen,
burdb un&(^te^o(^preifungen biefed moralifd^enSeftimmungdgrunbeS ald
Sriebfeber, inbem man il^m ®efä^Ie befonberer Sreuben als ®r&nbe (bie
bod^ nur Solgen finb) unterlegt, bie eigentliche, dd^te 2:riebfeber, baS ®e«
fe^ felbfi, gleid^fam loie burd^ eine falfd^e Solie l^erabgufe^en unb ju oer«
15 unftalten. Sichtung unb nic^t 93ergnügeu ober ®enug ber ®Ifid(felig(eit
ifi alfo etmaS, mofär fein ber SSernunft gum ®runbe gelegtes, Dorl^er«
gel^enbeS ®efü]^l (meil biefeS febergeit dftbetifc^ unb patbologifd(| fein
märbe) möglich ift, als 93eiDugt{ein ber unmittelbaren SRöt^igung beS
aSiUenS burd^ ®efe^, ift faum ein Slnalogon beS ®etü^lS ber £uft, inbem
so es im äSerl^dltniffe gum SBege^rungSDermögen gerabe eben baffelbe, aber
aus anbem DueOen tl^ut; burd^ biefe SSorfiedungSart aber tann man
aUein erreid^en, toaS man fuc^t, ndmlid^ bag |)anblungen ni(j^t bloS
pflidbtmdgig (angenel^men ®effi^len gu f^olge), fonbern aus $flic^t ge«
f(^el^en, »eld^eS ber xoafixt Qxotd aQer moralifc^en Silbung fein mug.
95 $at man aber nidbt ein äßort, loelc^eS ni(]^t einen ®enttg, mie baS
ber ®lfi(ffeligfeit, begeidinete, aber boc^ ein äSoblgefaQen an feiner @;ci«
fteng, ein Slnalogon ber ®läd(feligreit, meiere baS 93emugtfein ber Sugenb
notl^menbig begleiten mug, angetgte? 3a! biefeS äßort ift @elbftgu*
trieb enl^eit, melci^eS in feiner etgentlid^en Sebeutung {ebergeit nur ein
so negatitoeS SSoJ^lgefaUen an feiner (Sjrifteng anbeutet, in xotläitm man nidbts
gu bebfirfen fid(| bemugt ift. Steilheit unb baS SBemugtfein berfetben als
eines 93erm5genS, mit fibermiegenber @e{tnnung baS moraltfc^e ®e|e^ gu
befolgen, ift Unabl^dngigteit oon SHeigungen, »enigftenS als beftim»
menben (»enn gleid^ nic^t als afficirenben) Semegurfac^en unfereS
95 Sege^renS, unb, fo fern als ic^ mir berfelben in ber Befolgung meiner
moraliftben SRa^imen bemüht bin, ber eingige Ouell einer notbmenbig
bamit oerbunbenen, auf feinem befonberen ©efül^le beru^enben, unoer»
118 ^Titil ber praftifd^n Vernunft. 1. Zf^tit 2. S^u^. 2. «^auptflfidT. .
inberlic^en Sufriebenl^it, unb biefe tann inteDectuell l^elgen. S>ie fifil^e«
tifd^e (bie uneigentlid^ fo genannt toirb), meldte auf ber 93ef riebigung ber
Neigungen, fo fein fie aud^ immer audgeflägett merben mögen, berul^t,
fann niemals bem, kDad man {t(^ barüber benit, abdquat fein. S>enn bie
Steigungen toed^feln, koad^fen mit ber äSegfinßigung, bie man il^nen miber« 5
fal^ren l>, unb laffen immer ein nod^ grdgered SeereS äbrig, ald man
auszufüllen gebaut ^at. S>a]^er finb fie einem vernünftigen SBefen ieber»
geit l&ßig, unb loenn eS fie gleid^ nid^t abjulegen Dermag, fo nöt^tgen
fte i^m bo(^ ben 9Bunf(i^ ab, i^rer entlebigt gu fein. @elbft eine Steigung
{um $fli(^tmdgigen (g. S. gur SBo^U^dtigleit) tann gtoar bie Sßirffamteit lo
ber moralifd^en SRajrimen fel^r erleichtern, aber feine l^eroorbringen.
S)enn alles mug in biefer auf ber SorfieDung beS ©efe^eS als SBeftim«
mungSgrunbe angelegt fein, menn bie ^anblung nid^t Mos Legalität,
fonbern auc^ 9RoraIit&t entl^alten foU. Steigung ift blinb unb fned)tifd^,
fie mag nun gutartig fein ober nid^t, unb bie SSernunft, too eS auf @itt« is
lic^Ieit antommt, mug nid^t bloS ben äJormunb berfelben oorfteSen, fon*
bern, ol^ne auf {te Slüdtfic^t gu nehmen, als reine ))raftifd^e Sernunft il^r
eigenes Sntereffe gang aOein beforgen. Selbfi bieS ®efül^I beS SRltleibS
unb ber koeid^^ergigen S^eilne^mung, koenn eS oor ber Überlegung, loaS
^flic^t fei, oor^ergel^t unb SBeftimmungSgrunb toxxb, ift too^lbenfenben so
$erfonen felbft I&jtig, bringt i^re überlegte SRa^men in Serkoirrung unb
bemirft ben Sßunfd^, il^rer entlebigt unb aHein ber gefe^gebenben 93er«
nunft untenoorfen gu fein.
hieraus Idgt ftd^ oer^el^en: loie baS SBeiougtfein biefeS äSerm5genS
einer reinen praftifc^en Sßernunft burc^ S^at (bie Sugenb) ein Sekougtfein 35
ber Obermad^t über feine Steigungen, ^iemit alfo ber Unabl^dngigfeit toon
benfelben, foIglid(| aud(| ber ttngufriebenl^eit, bie biefe immer begleitet, unb
alfo ein negatioeS SBol^lgefallen mit feinem Suftanbe, b. i. S»f ri«l>ctt'
l^eit, ]^ert)orbringen tbnne, koelc^e in il^rer Quelle 3ufriebenl^eit mit feiner
^erfon ift. ©ie ffreil^eit felbft wirb auf fold&e SBeife (ndmlid() inbirect) so
eines ®enuf{eS fdl^ig, meld^er nid^t @lädtfeligteit l^eigen (ann, toeil er
nid^t toom pofttioen Seitritt eines ®effi^ls abfängt, auc^ genau gu reben
nic^t Seltgfeit, meil er uid^t gdnglid^e ttnabl^dngigteit Don Steigungen
unb 93ebärfniffen entl^dlt, ber aber bod^ ber lej^tern dl^nlid^ ift, fo fem
ndmlic^ menigftenS feine äBiUenSbeftimmung fid^ Don il^rem @in^uf[e frei 35
l^alten tann, unb alfo »enigftenS feinem Urfprunge nad^ ber 6elbftgenug»
famfelt analogifd^ ift, bie maanur bem l^bt^ften SSefen beilegen tann.
e. b. 2)ialeftif b. teinen 93emunfi in ^eflimmuttg b. Segtiff« t>. 1^5d§j!. (Biit. 119
9(ud biefer aufl&fung ber antinomie ber)}raftif(ben reinen SSemunft
folgt, bag ftd) in prattifil^en ®runbfd^en eine natflrlii^e unb not^toenbige
Serbinbung gmifc^en bem 93ett)ugtfein ber Sittlic^feit unb ber Srmartung
einer i^r proportionirten ®lä(ffeligleit, al0 i^olge berfelben, Q)entgftend
» old mögUd) beulen (baruut aber freilid^ no(!b eben nid)t erfennen unb ein»
fe^en) laffe; bagegen bag ®runb{&^e ber SBemerbung um ®lä(tfeUgfeit
unui5gU(]^ @ittlt(!t)rett l^eroorbringen tonnen; bag alfo bad oberfte ®ut
(als bie erfte Sebingung bed ^bdiften ®utö) ©ittlit^reit, ©lädfeligfeit
bagegen gmar bad gmeite Clement bejfelben audma(i^e, bod^ fo, bag biefe
10 nur bie moraltft^ bebingte, aber bo<^ noti)menbige ^olge ber erfteren fei.
3n biefer ttnterorbnung aUein ift baiS ^od^fie ®ut bad ganjeCbfect ber
reinen ))raftifd|en Sernunft, bie ed fi(^ not^menbig aliS mbglid) oor fteUen
mug, loeil ed ein ®ebot berfelben i% ju beffen ^eroorbringung aOed Wig«
Hd^e beizutragen. Seil aber bie SRöglid^fett einer folc^en Serbinbung
15 bed Sebingten mit feiner SBebingung gdnglii^ ^nm ilber{tnnli(t)en Sßtx*
^dltniffe ber 3)inge gehört unb nad) ®efe^en ber Sinnenmelt gar nid^t
gegeben merben tann, objtoar bie ^raftifdb^ f^olge biefer 3bee, ndmlid^
bie ^anblungen, bie barauf abfielen, baö l^öc^fte ®ut mirtlic^ gu machen,
gur ©innenmelt gel^ören: fo merben mir bie ®runbe iener 9R5gUc^Ieit erft«
20 Hd^ in Snfel^ung beffen, maö unmittelbar in unferer ®emalt ift, unb bann
gmeitend in bem, mad und Sernunft a\& @rgdngung unfereö UnDermigenö
gur 3RögUd(|Ieit bed ]^5d(|ften ®utd (nad^ pra(tifd(|en ^rincipien notl^men«
big) barbietet unb nid^t in unferer Gemalt ift, bargufieQen fuc^en.
III.
25 93on bem Primat ber reinen ))rattifd^en SBernunft
in i^rer 93erbinbung mit ber fpeculatioen.
Unter bem Primate gmifd^en gmei ober mel^reren burd^ 93ernunft üer«
bunbenen S>ingen üerftel^e id^ ben SSorgug bed einen, ber erfte SSeftim«
mungSgrunb ber 93erbinbung mit allen übrigen gu fein, ^n engerer,
30 )n:attifd^er Sebeutung bebeutet ti ben Sorgug beS Sntereffe beS einen, fo
fem i^m (meld^ed feinem anbern nad^gefe^t merben tann) bad ^ntereffe
ber anbern untergeorbnet ift. @inem {eben SBermbgen bed ®ematl^ö lann
man ein Sntereffe beilegen, b. i. ein ^rindp, melc^eS bie Sebingung
entl^dlt, unter meld^er aOein bie üueübung beffelben beförbert mirb. 2)ie
36 Sernunft ald baS 93ermögen ber $rinci{uen beftimmt hai ^ntereffe aller
12Q ftrittf bet prdftif^en eermmft. 1. Z^eil. 3. 9ud^. 2. ^auptftfidE.
®emätl^Sfr&fte, baS il^ge aber fid^ felbfL 3)a8 Sntereffe tl^reS fpecula^^
tioen ®ebratt(^8 befielet in ber Srlenntni^ bed Dbiect« bi« gu ben
l^5(||ten ^rincipien a priori, baS bed ^raltifc^en ©ebraud^S in ber Sßt^
Kimmung beS SBiUen jS in Unfe^ung bed legten unb DoQft&nbigen Qmd&.
S>a8, voai gur SRöglidbleit eined 93ernunftgebrau(|8 überbaupt erforber« 5
U(| i{l, n&mU(^ bag bie $rincipien unb SSeJ^aiiptungen berfelben einanber
ni^t tDiberf))red^en mfiffen, mad^t feinen iX)til i^reS Sntereffe auS, fon*
bern i{l bie Sebingung überl^aupt Vernunft gu l^aben; nur bie (Snoeite^
rungi nid^t bie blo^e Sufammenflimmung mit ^(^ felbft mirb gum 3n«
tereffe berfelben geg&blt le
SBenn praltifd^e Semunft nid^tö weiter annel^men unb als gegeben
beulen barf, als tt>a8 f))ecuIatiDe Sernunft für ftd^ il^r aus i^rer @inftd^t
barreid^en bunte, fo ffil^rt bieje baS Primat ®e|e^t aber, fie l^&tte für
fid^ urjprftngUd^e ^rinctpieu a priori, mit benen gemiffe t^eoretif (^e $ofi«
tionen ungertrennli(^ »erbunben mdren, bie fid^ gleid^mol^I aOer mbglic^en »
Sinfid^t ber fpeculatioen IBernunft entgbgen (ob fie gttar berfelben auc^
nic^t tDiberf))red^en mfi^ten), fo ift bie f^rage, meld^eS Sntereffe baS oberfte
fei (nid^t, meld)e8 toeid^en mA^te, benn eines »iberftreitet bem anbern
nid)t not^menbig): ob fpeculatbeSSernunft, bie nid^ts bon aOem bem toeig,
tt)ad prattifd^e il^r angunel^men barbietet, biefe @&^e aufuel^men unb fie, so
ob fie gleich für fie überfd^menglid^ finb, mit il^ren Segriffen als einen
fremben, auf fie übertragenen Sefi^ gu vereinigen fud^eti muffe, ober ob
fie bered^tigt fei, il^rem eigenen, abgefonberten Sntereffe ^artnddKg gu
folgen unb nad^ ber Jtanonil bed @t)i{ur8 aQed aI8 leere SSernünftelei
audgufd^lagen, toad feine obfectiDe 9lealit&t nic^t bur(4 augenfd^einUc^e, 35
in ber Srfal^rung aufgufteUenbe Seifpiele beglaubigen {ann, menn t&
gleich nocb fo fel^r mit bem Sntereffe be« i)raftifd&en (reinen) ®ebraud&8
üermebt, an ft4 aud^ ber tl^eoretifcben nid^t tDiberfpre(!^enb toäre, bloS meil
ed U)irflid^ fo fern bem Sntereffe ber fpeculatioen 93ernunft Slbbrud) tbut,
bag ed bie (Strengen, bie biefe ftc^ felbft gefegt, aufgebt unb fie aOem Un« so
ftnn ober äBabnfinn ber (SinbilbnngSfraft preidgiebt.
3n ber S^at, fo fern praltifd^e Sßemunft aU pat^ologifc^ bebingt,
b. i. baS S^ntereffe ber Steigungen unter bem ftnnli(4en ^rincip ber ®lüd«
feligteit bIoi$ »enoaltenb, gum ®runbe gelegt mürbe, fo lie^e fi(4 biefe Qn»
mut^ung an bie ft)eculatit)e SSemunft gar nicbt t^un. SRa^ometS ^a«* 35
rabieS, ober ber £^eofot)]^en unb SK^ftüer fc^melgenbe ^Bereinigung
mit ber (Sottl^eit, fo mie {ebem fein @inn fte^t, mürben ber SSemunft il^re
^. b. 2)iale!ti7 b. reinen Vernunft in Sefüntmung b. ^egtip t>. %b^ft. (Kut. 121
Itngel^etter aufbringen, unb eS tt>&re eben fo gut, gar {eine gu l^aben, als
fte auf foI(^e SSeife aÖen 5£rdumereien ^reidgugeben. aQein menn reine
SSernunft für fid^ ^rafttfd^ fein lann unb tS toirfltd^ ifl, mie baS Sömu^U
fein be8 moralifc^en ©ejej^eS eS auSmeifet, fo ifl eS bod^ immer nur eine
i unb biefelbe SSemunft, bie, eS fei in tl^eoretifd^er ober praftifd^er übfid^t,
nad^ ^rincipien a priori uril^eilt, unb ba ifl eS flar, bag, toenn i^r 93er^
mdgen in ber erfieren gleid^ nid^t gulangti getoiffe @&^e bel^auptenb feft«
gufe^en, inbeffen ba^ fie i^r aud^ eben nid^t miberfi)re(^en, eben biefe
@ä^e, fobalb ^e unabtrennlid^ gum ))raltif d^en Snteref f e ber reinen
10 SSernunft ge^bren, gn)ar atö ein il^r frembeS Slngebot, baS nid^t auf il^rem
IBoben enoa^fen, aber bo(^ ^inreic^enb beglaubigt iß, annehmen unb fie
mit aOem, maS fie als f))eculatit)e SSernunft in il^rer SRad^t l^at, gu üer«
gleid^en unb gu Derlnü))fen fud^en mfiffe; bod^ fid^ befd^eibenb, bag biefeS
nic^t il^re Ginfid^ten, aber bod^ @rmeiterungen il^reS ®ebrau(^8 in irgenb
u einer anberen, ndmlid^ praftifd^en, abfielt finb, koeld^ed il^rem ^ntereffe,
boS in ber (Sinfc^r&nfung beS fpeculati^en %xtt>Ai beftel^t, gang unb gar
ni(^t gumiber ifl.
3n ber SSerbinbung alfo ber reinen fpeculatiben mit ber reinen pxaU
tifd^en SSemunft gu einem (Srienntniffe fü^rt bie le^tere baS Primat,
20 oorauSgefe^t ndmlid^, ba^ biefe SSerbinbung nid^t ettoa guf&Ilig unb
beliebig, fonbem a priori auf ber SSernunft felbft gegrünbet, mithin notl^«
menbig fei. S)enn eS »firbe ol^ne biefe Unterorbnung ein SBiberftreit
ber SSernunft mit il^r felbfl entftel^en: meil, menn fie einanber bloS beige«
orbnet (coorbinirt) m&ren, bie erftere fflr ftd^ i^re ®renge enge Derf(f)lie^en
36 unb nid^td i^on ber legieren in il^r ®ebiet aufnehmen, biefe aber il^re
(Srengen bennod^ aber aOeS auSbel^nen unb, mo eS i^r Sebfirfnig erl^eifd^t,
jene innerl^alb ber il^rigen mit gu befaffen fud^en mfirbe. S)er fpeculatiDen
SBemunft aber untergeorbnet gu fein unb alfo bie £)rbnung umgulel^ren,
tann man ber reinen prattifdien gar ni(i)t gumutl^en, meil aDeS Sntereffe
30 gule^t praftifd^ ift, unb felbft bai ber fpeculatioen SSernunft nur bebingt
unb im prattifd^en ®ebraud^e aOein DoÜftdubig ift.
122 <Mtl! bei ))raltif<!^en Sentunft. 1. V^til 2. Sud^. 3. ^uptßüct
IV.
©ic Unflcrblidblett ber Seele,
aU ein $oftulQt ber reinen pralti{(^en SSernunft.
S>ie Sewirlung be« ^bd^flen ®utö in ber SSelt ift bai notl^menbige
Dbject eines burd^S moralifd^e ®efe^ beftimmbaren SßiQenS. 3n biefem s
aber i{t bie völlige flngemeff en^eit ber ®e{innungen gum moraltfc^en
®efe^e bie oberfte Sebingung bed l^bd^ften ®ut& @ie mng alfo eben fo*
mol^l möglid^ fein a\i il^r Dbject, weil fie in bemfelben ®ebote biefeS gn
befbrbern entl^alten ifi. 3>ie DbOige «ngemeffenl^eit be« SBiUend aber gum
moralif(^en ®efe^e i{l ^eiligleit, eine SBoOfornmen^eit, beren fein oer« lo
nünftigeS Befen ber Sinnenmelt in feinem Seitpunfte feines S>Qfein8
f&^ig ift. S)a fie inbeffen glei(^tt)o]^I aU pxaft\\i^ notl^menbig geforbert
mirb, fo fann fie nur in einem inS Unenblid^e gel^enben $rogreffu8
}u iener obDigen üngemeffenl^eit angetroffen merben, unb eS ift nac^ $rin«
cipien ber reinen praftifc^en Vernunft notl^menbigr eine fold^e praftifc^e u
Sortfd^reitung als bad reale Obfect unfered SBiQenS anjune^men.
S)iefer unenblidbe $rogreffu8 ift aber nur unter SSorauöfe^ung einer
ind Unenblid^e fortbaurenben @;cifteng unb $erf5nli(^feit beffelben
Dernfinftigen SßefenS (meldte man bie Unfterblid^teit ber Seele nennt)
mbglid^. aifo ifi baS l^bd^^e ®ut t)raftif(l^ nur unter ber 9k)rau«fe^ung so
ber Unfterblid^feit ber @eele mbglid^, mitl^in biefe, als ungertrennlid) mit
bem moralifdb^n ®efe^ Derbunben, ein ^ofbtloi ber reinen praftifdb^n
SSemunft (toorunter id^ einen tl^eorettf d^en, als folc^en aber ni(^t er«
meiSlid^en €a^ Derftel^e, fo fem er einem a priori unbebingt geltenben
praftifd^en ©efe^e ungertrennlid^ anl^dngt). 25
©er @a^ Don ber moralifd^en Seflimmung unferer Statur, nur aOein
in einem inS Unenblid^e ge^enben f^ortfd^ritte gur Dbnigen Sngemeffenl^eit
mit bem €ittengefe^e gelangen gu tonnen, ift Don bem größten 9{u^en,
nid^t bloS in Stadfid^t auf bie gegentodrtige @rg&ngung beS Unvermögens
ber fpecuIatiDen Vernunft, fonbern aud^ in ünfe^ung ber ^Religion, ^n ßr« so
mangelung beffelben toirb enttoeber baS moralifd^e ®efe^ Don feiner $ei«
ligteit gdnglid^ abgeD)ürbigt, inbemmaneS {i(^ als nad^f i(l^tlid^(inbuU
gent) unb fo unferer Se^aglid^feit angemeffen Dertfinftelt, ober au4 feinen
Seruf unb gugleic^ (Snoartung gu einer unerreid^baren Seftimmung, n&m«
lid^ einem Derl^offten DöDigen Snoerb ber ^eiligteit beS SBiDenS, \pamt ss
S. b. S)ia(e!tt! b. rdnen SSemirnft in IBeftitnmung b. Segrip ]k). I^A^fl. 9ut. 128
unb fld^ in fd^mdnnenbe, bem €elbfterfenntn{^ ganj toiberfpred^enbe
tl^eofo^l^ifc^e Sr&ume verliert, bttr(^ koeld^ed beibed baS unauf^örlid^e
Streben gur ))ünftli(^en unb burd^g&ngtgen Sefolgung eine« firengen,
unna(l^f{(^tli(^en, bennod) aber nic^t ibealifd^en, fonbern magren äSernunft'
5 gebotS nur »erl^inbert U)irb. 6inem üernönftigen, aber enblid^en SSefen ijl
nur ber $rogreffud inS Unenblid^e Don nieberen gu ben ^ö^eren Stufen ber
moralifd^en äSoUfonimenl^eit m5gli(^. 3)er UnenbUd^e, bem bie Qtxtht»
bingung 9li(^tiJ ift, fielet in biefer für und enblofen Steil^ie baS ®anje ber
angemeffen^eit mit bem ntorali|(ften Oefe^e, unb bie 4>eiltgfeit, bie fein
10 ®ebot unna(l(|Ia^li(^ forbert, um feiner ®ere(|ttgleit in bem Sntl^eil, ben
er lebem am l^d^ften ®ute beftimmt, gemfi^ gu fein, ift in einer eingigen
inteUectueUen Unfd^auung beS S)afeind »ernfinftiger SSBefen gang angu»
treffen. äßaS bem ©efd^öpfe aOein in ünfebung ber Hoffnung biefeS ^n^
tl^eild gulommen lann, mftre baS 93en)u^tfein feiner erprüften ©eftnnung,
t5 um aud feinem bisherigen ^ortfd^ritte Dom Sd^led^teren gum moralifc^
Sefferen unb bem baburd^ il^m betannt geworbenen untoanbelbaren SSor«
fa^e eine fernere ununterbrochene fSrortf e^ung beffelben, mie meit feine ®fu
fleug aud^ immer reiben mag, felbfl über biefeS Seben l^inauS gu l^offen*)
unb fo gioar niemals ^ier, ober in irgenb einem abfel^lic^en fünftigen
so S^tpunfte feines S)afeinS, fonbern nur in ber (®ott aQein überfel^baren)
*) 2)te Überaeugung Don ber Unwanbelbarleit fetner (S^efinnung int Sott«
fd^ritte aum ©uten fc^eint gleic^tpo^l auc^ einem ©ef^dpfe fflr fic^ unmöglii^ au
fein. Um beStPiKen l> bie c^rifllid^e SHeligioniSle^re fie and^ Don bentfelben (Steifte,
ber bie Heiligung, b. i. btefen fefien Sorfa^ unb mit i^m bad ^ewugtfein ber IBe-
25 f^nliäfleit im moralifc^en ^rogreffuiS, »trft, allein obflantmen. ^er auc^ natflr^
li^er SBeife barf berjienige, ber fi(^ bemüht ifl, einen langen S^eil fdned gebend biS
au (Snht beffelben im gortfc^ritte aum SBeffenti unb ^max aud &d^ten moraltf(^en 93e-
wegungSgrünben, angehalten au ^aben, fic^ »o^l bie tröftenbe Hoffnung, »enn glei^
nii^t ©ekoig^eit, mad^en, ba^ er auc^ in einer über biefed geben iinaud fortgefe^ten
30 d^iflena bei biefen @runbfd^en beharren merbe, unb wiewohl er in feinen eigenen
ICugen l^ier nie gere^tfertigt ift, noc^ bei bem »erhofften fünftigen ^(nmac^d feiner
92atun}oniommen^eit, mit i^r aber au(^ feiner $fli<^ten eiS jemals l^offen barf, bennoc^
in biefem Sortfd^ritte, ber, ob er a^oar ein inS Unenblid^e binauSgerüAeS Siel be-
trifft, benno^ für^ott ald^efit) gilt, eine ICuSfid^t in eine fei ige Sufunf traben;
35 benn biefeS ifi ber HuSbrutf, beffen fi(^ bie Vernunft bebient, um ein Don allen au-
fOntgen Urfaci^en ber 9Belt unabhängiges DoUft&nbtgeS SBol^l gu beaeic^nen, melc^eS
eben fo »ie ^eiligfeit eineSbee ift, welche nur in einem unenblicä^en ^ogreffuS
unb^ beffen S4)talit&t enthalten fein lann, mitl^in oom ®ef(^dpfe niemals DdUig er-
reu^t wirb.
/■' ^'o.. .■\''VN
[ *•-'■'•'"•• :.;.::yY ;
V-
124 ^ti! ber proftif^en Vernunft. 1. S^eil. 2. Sudft. 2. 4)au))tflfld(.
Uncnblicftfdt fetner gortbaucr bcm aSBitten beffctten (ol^tic »ad^fld&t ober
erlajTung, toeld^e pc^ mit ber ®ere(|tig{eit nic^t iufammenreimt) DöQis
ab&quat gu fein.
V.
S)QS 3)ofein ®otte8, al8 ein ^ojiulat ber reinen l)rattif(^en 6
aSernunft.
S)aS moralifc^e ®efe^ fül^rte in ber Dorl^ergel^enben S^tglieberung
gur <)raftifd&en Aufgabe, »eld^e ol^ne otten Seitritt Pnnlid&er Sriebfebem,
blöd burd^ reine Vernunft Dorgef(^rieben loirb, ndmlid^ ber notl^wenbigen
IBoQft&nbigleit beS erften nnb oomel^mften "SSjtil^ bed l^öc^ften ®utd, ber lo
eittlid^f eit, unb, ba biefe nur in einer Swigleit oöQig aufgeUfet merben
{ann, gum $ojluIat ber Unfterblic^Ieit. @ben biejed ®efe^ mug auc^
gur SRdglid^teit bed gtoeiten Clements bed ^öd^ften ®ut0, n&mlid^ ber
jener @ittli^Ieit angemeffenen ©Utcffeligfeit, eben {o nneigenn&^ig tt>ie
t>oxf)tx, aM bloßer un^arteiifd^er Sßemunft, n&mlid^ auf bie S^orauSfe^ung u
be« ©ofeinfi einer biefer SBirfung abdquaten Urfad^e föl^ren, b. i. bie
@;rifteng ®otteS, ol« gur 3Röglic^feit bei» l^öc^ften ®ut« (neldied Obfect
unfered SSiQend mit ber moralifd^en ®efe^gebung ber reinen SSernunft
not^menbig oerbunben ift) notl^toenbig gel^5rig, ^oftuliren. SSir »oUen
biefen Sufammenl^ang ubergeugenb barfteQen. 20
®lüdfelig!eit ift berSuftanb eine« vernünftigen SBefen» In ber
SSSelt, bem e« im ®angen feiner @;rifteng alle« nad^ Sßunfc^ unb
äßillen gel^t, unb berul^t alfo auf ber Übereinitimmung ber Statur gu
feinem gangen Qrotdt, imglei(f)en gum U)ef entließen SeftimmungSgrunbe
feine« SBiDen«. 9lun gebietet ba« moralifd^e ®efe^ al« ein ®efe^ ber fSrrei« 35
l^eit burd^ S3eftimmung«grünbe, bie Don ber 9latur unb ber Übereinftim»
mung berfelben gu unferem S3egel^rung«oerm5gen (al« S^riebfebern) gang
unabhängig fein foUen; ba« l^anbelnbe oernunftige SBefen in beräBelt
aber ift bo(4 nii^t guglei(^ Urfad^e ber Seit unb ber 9latur felbjl. aifo
ift in bem moralif^en ®efe^e nid^t ber minbejle ®runb gu einem not^« so
toenbigen 3ufammenl^ang gioifd^en Sittlid^feit unb ber i^r proportionirten
®läd(feligfeit eine« gur äSSelt al« S^eil gel^5rigen unb ba^er oon il^r ab«
^dngigen äBefen«, meiere« eben barum burc^ feinen äSiUen nid^t Urfad^e
biefer Slatur fein unb fle, tta« feine ®iad(f eligleit betrifft, mit feinen pral*
tifc^en ®runbfd^en au« eigenen j^dften nic^t burd^gdngig einfiimmig S6
S. b. Sialeftt! b. reinen SBemunft in 8eflimmung b. Segriffd \>. l^Ad^fl. (But. 125
mai^tn fann. ©leid^tool^I mirb in ber praftifd^en Sufgabe ber reinen Ser«
nnnft, b. i. ber not^toenbigen Bearbeitung jum l^öd^ften ®ute, ein fold^er
Sufammenl^ang oliS not^wenbig poftulirt: toir follen bai ^ö(f)fte ®ut
(weld^ed alfo bod^ mögltcb fein mu^) gu beförbern fuc^en. fllfo mirb aud^
5 baS S>a{ein einer t)on ber 9{atur unterfc^iebenen Urfoi^e ber gefammten
Statur, meldte ben ®runb biefeS Snfammenbanged, n&mlid) ber genauen
Übereinftimmung ber ©lactfeligleit mit ber Sittlid^Ieit, enthalte, ^oflu«
lirt. S)ie{e oberfte Urfa(f)e aber foD ben ®runb ber Übereinftimmung ber
«atur nid^t bIo8 mit einem ©efejje beS SBiOenö ber Dernünftigen SBefen,
10 fonbem mit ber SSorfteUung bieie« ®efe^ed, fo fem biefe e« fid^ jum
oberften Sejtimmungdgrunbe beSäßillen« fe^en, alfo nid^t blod
mit ben Sitten ber $orm nad^, fonbem aud^ il^rer Sittlid^Ieit al8 bem
Semegnngögrunbe berfelben, b. i. mit il^rer moralifd)en ®efinnung, ent«
galten, aifo ift ba« bb(^fle ®ut in ber äßelt nur mbglid^, fo fern eine
15 oberfte Urfad^e ber 9latur angenommen toirb, bie eine ber moralifd^en ®e«
finnung gem&^e SaufalitAt l^at. 9lun ift ein SSefen, bad ber ^anblungen
nac^ ber IBorjteOung t)on ®efej^en f&l^ig ift, eine Sntelligeng (vernünftig
äBefen) unb bie Saufalitdt eines fold^en 93efend nad^ biefer SSorfteQung
ber ®efe^e ein SSille beffelben. aifo ift bie oberfte Urfac^e ber 9latur, fo
so fem {ie gum bod^fl^n ®ute üorauSgefe^t »erben mug, ein Sßefen, baS
burd^ Serftanb unb äBillen bie Urfad^e (folglid^ ber Url^eber) ber SHatur
ift, b. i. ®ott Solglic^ ift baS $oftuIat ber 3R5gIid)Ieit beiS ^5(^ften
abgeleiteten ®uts (ber beften SBelt) gugleld^ bad $oftuIat ber SBirf«'
lid^Ieit eined l^bc^ften urfprfinglid^en ®uts, ndmlid^ ber 6;ri{teng
85 ®otteö. 9lun »ar e« $fli(^t ffir unS baS l^öd^jte ®ut gu beförbern, mit«
l^in nic^t aOein Sefugnig, fonbem aud^ mit ber ^flid^t atö S3eburfni^
Derbunbene SHot^menbigleit, bie aR&glid^leit biefeiS ^ftd^ften ®ut« Doraud'
iufe^en, votliitS, ba t& nur unter ber Sebingung beS 2)afeind ®otted
ftattfinbet, bie SSorauSfe^ung beffelben mit ber $flid)t ungertrennlid^ oer«
80 binbet, b. i. ti ift moralifd^ notbtoenbig, baiS S)afein ®otted angunel^men.
^ier ift nun ttol^l gu mer{en, bag biefe moralifd^e ^lotbtoenbigteit f üb«
iectiü, b. i. Sebflrfnii unb nid&t obfectiD, b. i. felbft ^flid&t, fei; benn
eS {ann gar leine ^fiid^t geben, bie @;rifteng eine« 3>ingeS angunel^men
(meil biefeS blod ben t^eoretifd^en ®ebraud^ ber SSernunft angebt). Sud^
85 U)irb l^iemnter nid)t Derftanben, bag bie Snnebmung bed S)afein« ®otted,
aU eines Orunt^eS aller SSerbinbUd^Ieit überhaupt, not^menbig
fei (benn ^biefer beru^ wie l^inreid^enb bettiefen ttorben, lebiglid^ auf ber
126 ftriHf ber praftif^en «ernunft. 1. S^eil. 3. IBu(^. 2. ^avptft&d.
Slufonomie ber SSernunft felbft). Sur ^flic^t gehört ^ier nur ble 9»e«
arl)eitung ju |^ert)orBringung unb Sef5rberung beS l^öd^ften ®utö in ber
SBelt, beffen aRJgltcftfett alfo i)oPulirt »erben fonn, bte aber unfere SSer*
nunft nic^t anberS benfbar ftnbet, als unter IBoraudfe^ung einer l^ötbften
SnteQigenj, beren S)afein angunel^men alfo mit bem Setougtfein unferer 5
^fltd^t Derbunben ijt, obgwar biefe flnnel^mung felbft für bte t^eoretifc^e
S^emunft gehört, in Snje^ung beren allein fte, als @rflAmngdgrunb be«
trad^tet, |)9pot^efe, in Sejiel^ung aber auf bie SerftdnbliiJ^teit eine«
und bo(!^ burc^S moralifd^e ®efe^ aufgegebenen DbiectiJ (bed ^5(l^jlen
®utOr mitl^in eined Seb&rfniffed in t)raftif(l^er abü(|t, ®Iaube unb lo
gwar reiner SSernunftglaube l^ei^en tann, toeil blöd reine SSemunft
(fomo^l il^rem t^eoretifcben atö {^rattifd^en ©ebrauc^e na(^) bie Quelle
x% baraud er entft)ringt.
9ud biefer S)ebuction U)irb ed nunmehr begreiflidbr tt)arum bie
gried^if (j^en Sd^ulen gur auflöfung il^reS $roblemd Don ber prattifc^en i&
aR5gli(i)Ieit beS l^öd^ften ®utd niemals gelangen lonnten: meil fie nur
immer bie Siegel bed ®ebraud^d, ben ber SßtUe beS SRenfd^en Don feiner
ff rell^eit mad^t, jum einjigen unb für jlcft allein jureidöenbcn ©runbe ber*
felben machten, ol^ne il^rem Sebänten nad) bad S)afein ®otteS bagu gu
bebArfen. ßmar traten fie baran rec^t, bog {ie bad ^rincip ber Sitten un«' so
abb&ngig Don biefem ^oftulat für {td^ felbft aud bem Ser^dltni^ ber 93er«
nunft aUein gum SSiaen feftfe^ten unb eS mithin gur ober jlen t)raltifd^en
Sebingung bed l^öc^ften ®ut8 machten; eS mar aber barum nid^t bie
gange Sebingung ber aR5glid^(eit beffelben. S)ie69ilureerl^attennun
gmar ein gang falf(^e8 ^rincip ber Sitten gum oberjlen angenommen, ss
n&mli(4 baS ber ®lüdfeligleit, unb eine aRa;rime ber beliebigen SSal^l
nac^ jjebeS feiner Steigung für ein ®efe^ untergef droben: aber barin Der»
ful^ren fie bod^ conf equent genug, ba^ fie i^r ^5d^fteS ®ut eben fo, n&m«
lid^ ber 9liebrigleit il^reS ©runbfa^ed t)roportionirlid^, abmürbigten unb
feine gr5gere ©lüdfeligteit erwarteten, als bie ftd^ burd^ menfd^lid^e jtlug« so
l^eit (mogu aucb Sntl^altfamleit unb SRd^igung ber Steigungen gebort) er«
merben l>, bie, U)ie man meig, fümmerlic^ genug unb nad^ Umft&nben
fe^r Derfc^iebentlid^ ausfallen mug; bie SluSna^men, meldte il^re 9Ra;rimen
unaufhörlich einräumen mußten, unb bie fie gu ©efe^en untauglid^ mad^en,
nid^t einmal gered^net. S)ie @toiter l^atten bagegen i^r ober^eS prat 35
tifc^eS $rinci|), ndmlid^ bie Sugenb, als Sebingung beS l^öc^ften ®utS
gang rid^tig genifil^lt, aber inbem fie ben ®rab berfelben, ber für baS reine
8. b. S)ia(eftif b. reinen Setnunft in S3efttmmund b. Segriff« t>. ^d^ß. ®ut. 127
(Skfe^ berfel&en erforberlid^ {{i, als in biefem geben DöQig erreichbar üop
fteHten, ni(|t aOein bas moralifd^e 9Serm5gen bed SRenfd^en unter bem
%amen elned Sßeif en aber alle Sd^ranlen feiner Statur l^o(^ gef))annt unb
tbnaS, baS aOer SRenftbenfenntni^ U)iberf))ri(l^t, angenommen, fonbern
& aud^ t)Drnel^mIid6 bad gmeite gum l^bcbften ®ut gel^örige Seftanbftüd,
n&mli(^ bie ®Ifi(tfeügfeit, gar nidbt für einen befonberen ®egenftanb bed
menfc^Iic^en Segel^rungSDermbgeniJ moQen gelten laffen, fonbern il^ren
Seifen glei(^ einer ®ott^eit im Semu^tfeln ber 93ortreffli(^{eit feiner
$erfDn Don ber 9latur (in 81bft(^t auf feine Sttfi^ici>cn]^eit) gang unabi»
10 ^dngig gema(^t| inbem fie i^n gtoar Übeln bed SebenS audfe^ten, aber
nidbt untenoarfen (ungleich auc^ ald frei Dom 85fen barfteOten) unb fo
n)irni(^ baS jmeite Clement be« ^5(^flen ®ut«, eigene (Siactfeligteit, »eg«
liegen, inbem fie t& bloi im {^anbeln unb ber Sufriebenl^eit mit feinem
perf&nlid^en Sert^e festen unb alfo im Semugtfein ber fittli(^en ^en«
15 fungdart mit etnfd^loffen, morin fie aber burtb bie Stimme i^rer eigenen
SHatnr ^inreid^enb I^dtten miberlegt »erben lönnen.
S)ie Seigre beS S^riftentl^umS^), menn man fie au(^ nod^ nid^t ali
KeligionSle^re betrachtet, giebt in biefem Stflde einen Segriff beS I)5(^ften
*) man ffiU demeiniglif^ baffir, bie (^riflUd^e Qorfd^rtft ber ©itten ^abe in
20 Vnfel^ung i^rer d^einigfeit Dor bem moraIif<!^en Begriffe ber ®toiIer nii^td »oraud;
allein ber Unterfc^ieb beiber ifl bo^ febr fi^tbar. S)ad floifc^e ©Qfiem machte bad
Sewn^tfein ber @eeIenftArfe jum 9(ngel, um ben ficb alle fittlic^e (Befinnungen loenben
fönten, unb ob bie ICnbAnger beffelben an^ar »on l^ic^ten rebeten, au<^ fie gan)
»0^1 beflimmten, fo festen fie bo^ bie 3:riebfeber unb ben eigentlichen iBeflimmungd-
9A grunb M SBiüend in einer (Srl^bung ber S)enlungdart fiber bie niebrige unb nur
bnrt!^ ©eelenf^mAd^e mad^t^abenbe Sriebfebem ber @inne. Sugenb »ar alfo bei
il^nen ein gemiffer ^oi^m bed fiber bie tbierifc^e 9latur bed 9Renf(^en fi^ erbebenben
fOeifen, ber i^m felbfi genug ift, anbem an>ar ^ic^ten DortrAgt, felbft aber fiber
fie ergaben unb leiner S)erfu(^ung au äbertretung bed fittUc^en (S^efej^e« unterworfen
so ifL S)iefed alle« aber fonnten fie nic^t t^un, »enn fie fi(^ biefed (3$efe^ in ber SReinig-
feit mib Strenge, a(d t» bie 8orf(^rift be« (Soangelti t^ut, DorgefteQt l^Atten. äBenn
ic^ unter einer 3bee eine Oofliommen^eit oerfie^ei ber nic^td in ber (Srfabrung
abdquat gegeben werben fann, fo finb bie moralifd^en Sbeen barum ni(^t« Über-
fc^wenglid^e«, b. i. bergleidb^n, wooon wir au<!^ nic^t einmal ben ^Begriff btnreii^enb
35 beftimmen Ibnnten, ober Don htm ed ungewiß ifi, ob i^m fiberaU ein (Slegenftanb
conefponbire, wie bie 3been ber fpeculatioen Vernunft, fonbern bienen oB UrbUber
ber pMÜ\^^ 8olI!ommen^eit aur unentbel^rlic^en düd^tfd^nur beiS fittlidjien Ser^
^ttend unb auglelc^ aum SRa^ftabe berSergleic^uug. SBenn id^ nun bie c^rift-
U^t Woral Don i^rer pl^ilofop^if^en ®eite betraute, fo wftrbe fie, mit ben 3been
128 Jtrittl ber pxam\^m SSernunft. 1. ^t\l 2. 8ud^. 2. ^auptflM.
®utd (beS 9%eid^8 ®otte«), ber alletn ber ftrenflllen f^orberung ber ))rat
tifd^en äSemunft ein ®näge tl^ut. 3>aS moraltjd^ ®efe^ t{l l^eilig (un*
nad^fid^tlid^) unb forbert ^eiligfeit ber 6ttteti, obgleid^ aKe moralifd^e
SSoniommenl^elt, gu weld^er ber ^Renfd^ gelangen tann, immer nur Sugenb
x% b. i. gefe^mdfiige ©efinnung auS SiJ^tung färS ®e|e^, folglich Se« s
ttu^tfein eined continuirlic^en $ange« gur Übertretung, »enigfienS Un*
lauterleit, b. i. Seimifd^ung Dieler un&(^ter (nid^t mi)rQHfd^er)a3e»)egungd<
gränbe gur ^Befolgung beS ©efe^ed, f olglid^ eine mit 3>emut^ Derbunbene
Selbftfd^ä^ung unb alfo in Slnfe^ung ber ^eiligfeit, koeld^e baS dbtiftlic^e
®efei forbert, mijt& ald fjfortfd^ritt inS Unenblid^e bem ®ef(^5))fe Abrig lo
Ifi^t, eben bal^er ober aud^ baffelbe gur {Hoffnung feiner ind Unenblid^e
gel^enben ^ortbauer bered^tigt. 3>er SSertl^ einer bem moralifc^en ®e*
fe^e DöUig angemeffenen ®efinnung ift unenblid^: meil aUt m5gli(^e
®lfidtfeligfeit im Urtl^eile eines meifen unb aQe« Derm5genben SuStl^eilerS
berfelben feine anberelSinfc^rdnfung l^at, als ben 9RangeI berSngemeffen« u
^eit Dernfinftiger Sßefen an i^rer $fli(^t. aber baS moralifd^e ®efe^ fflr
f d^ »erl^ei^t bod^ feine ©lüdfeligfeit; benn biefe ifl nad^ Gegriffen Don
einer Slaturorbnung überl^aupt mit ber Befolgung beffelben nid^t not^
loenbig oerbunben. S)ie d^riftlid^e @ittenlel^re erg&ngt nun biefen SRangel
(beS gleiten unentbel^rlid^en SefianbftüdS bed l^ö(^ften ®ut8) burc^ bie 20
S)arfteaung ber SSBelt, barin Dernünftige ffiefen fic^ bem fittlid^en ®efe^e
Don ganger @eele loei^en, ald eined SReid^S ®otte8, in meldbem 9latur
unb Sitten in eine ieber oon beiben fär fid^ felbfi frembe Harmonie burc^
einen ^eiligen Urheber fommen, ber bai abgeleitete I^öc^fte ®ut mbglic^
mac^t. S)ie ^eiligfeit ber Sitten mirb i^nen in blefem Seben fd^on gur 25
ber griec^ifc^en (Sd^ulen Dergltc^en, fo erfc^einen: S)ie Sbeen ber CSl^niler, bndpi'
lureer, ber ®totIer unb ber (S^riflen f!nb: bie !Ratureinfalt, bie^lug](»eit,
bie Sßeid^eit unb bie ^eiligleit. 3n llnfe^ung bed Sßege^, baau gu gelangen,
unterf4|ieben fi^ bie grie^ifc^en $^iIofo^^en fo Don einanber, bag bie (Seniler boau
ben gemeinen SRenf^enDerftanb, bteanbernnur beni^g ber SBiffenf<!^aft, so
beibealfo bo<^ bloßen (Gebräu 4 ber natfirUd^en ^r&fte baju ^inreic^enb fan-
ben. 2)ie d^riflltc^e ÜJ^oral; »eil fie i^re $orf(^rift (roie tß auc^ fein ntu^} fo rein unb
unnad^fidbtlic^ einrid^tet, benimmt bem 9)i?enf(^en ba0 Sutrauen, »enigflend ^ier im
8eben, i^r DöIIig abdquat au fein, rid^tet e^ aber boti^ anä) babiird^ mieberum auf,
ba^, memt »ir fo gut l^^anbeln, ald in unferem Vermögen ifl, wir hoffen fönnen, 35
ba6, mad nic^t in unferm Vermögen tfl, und anberweitig merbe au ftatten fommen,
mir mdgen nun »tffen, auf welche Urt, ober ni(^t. ttrifloteled unb ^(ato unter*
fc^ieben fi^ nur in ICnfe^ung M nrf))rungiS unferer fittlic^en lOegriffe«
S. b. S)ia(e!ttl b. reiiien Vernunft tn ^erttmmung b. begriff « d. ^5d§ft. &ni. 129
Siid^tf^nur angetoiefen, bad btefer proportionirte SSol^I aber, bie @eltg«
feit, nur alö in einer ewigfeit erreichbar tjorgejtellt: weil Jene immer
bM Urbilb tlired 93erl)altend in iebem @ianbe fein mug, nub bad %oxU
fd^reiten gu il^r fd^on in biefem £eben möglid^ unb notl^menbig i[t, biefe
3 aber in blefer SBelt unter bem Slamen ber ©lüdfeligleit gar nic^t erreicht
merben fann (fo t)iel auf unfer äSermögen anlommt) unb bal^er lebigUd^
gum ©egenftanbe ber Hoffnung gemacht iDtrb. S)iefem ungead^tet ift ba^
(^riftlicfte 5ßrinrip ber 21 oral felbft bo<| nid&t t^eologifd^ (mithin ^etero«
nomie), fonbern Autonomie ber reinen |)raftif(^en SSernunft für jic^ felbft,
10 toeil fte bie @rlenntnig ©otteS unb feines SSiDend nid^t gum ®runbe biefer
©efe^e, fonbern nur ber ®elangung gum l^ö(f)ften ®ute unter ber 33e«
bingung ber äSefolgung berfelben mac^t unb felbft bie eigentlid^e 2;rieb<s
f eber gu Befolgung ber erfteren nid^t in ben gemünfd^ten f^olgen ber«
felben, fonbern in ber SSorfteDung ber $flic^t allein fe^t, ald in beren
u treuer Beobachtung bie SSurbigfeit beig @rmerbd ber le^tern allein beftel^t.
9luf folc^e SBeife fu^rt bad moralifc^e ®efe^ burd^i ben Segriff beS
Idöc^ften ®utd, als baS Dbject unb ben (Snbgioecf ber reinen praftifd^en
aSemunft, gurJReligion, b.i. gur (ärtenntnife aller ^flic^ten al8
gbttlid^er ©ebote, nic^t als @ancttonen, b.i. millfürlid^e, für
20 fid{( felbft gufÄlligeSSerorbnungen eine« frembenSBillenS, fon«
bem als mefentlid^er ® efe^e eines {eben freien SBillenS fär ft(^ felbft, bie
aber bennod^ als ©ebote beS ]^5(!^[ten äSefenS angefe^en merben mftffen,
iDeil U)ir nur t)on einem moralifd^ ))oIlfommenen (l^eiligen unb gfitigen),
gugleid^ aud^ allgemitigen SBiDen baS l^öd^fte ©ut, ttield^eS gum ©egen«
25 ftanbe unferer Seftrebung gu fej^en unS baS moralifc^e ©efe^ gur $fli(^t
mad^t, unb alfo burd^ Übereinftimmung mit biefem SBiUen bagu gu ge«
langen Reffen fönnen. Slud^ l^ier bleibt bal)er atteS uneigennüfeig unb bloS
auf $pi(ftt gegrünbet; ol^nc ba^ ^nri^t ober Hoffnung als SCriebfebern
gum ©runbe gelegt merben bürften, bie, menn fie gu ^rincipien »erben,
30 ben gangen moralifd^enSSertl^ ber ^anblungen))ernid^ten. S>aS moralifc^e
©efe^ gebietet, baS l^öd^fte mSgUd^e ©ut tn einer SSelt mir gum legten
©egenftanbe aUeS 9SerI)altenS gu mad^en. S)iefeS aber lann id^ nid^t gu
bemirlen l^offen, als nur burd^ bie Übereinftimmung meines äSiOenS mit
bem eines l^eiligen unb gütigen SSelturl^eberS; unb obgleich in bem 93e«
35 griffe beS pd^ften ©uts als bem eines ©angen, »orin bie größte ©lüd>
feligWt mit bem größten aWafee pttlic^er (in ©efc^öpfen möglicher) SSolt
fommen^eit als in ber genauften ^ro^ortion ))erbunben PorgefteUt mirb,
JtaKt'l «(i^tiftcn. Seife. Y. 9
130 Ätltlt ber prafttfd^en «cruunft. 1. S^ell. 2. Bnä^. 2. ^aitptftficf.
meine etflene ©lüdfcUflfelt mit entl^alten ip: fo ijt bod^ ni(^t jte,
fonbern baö moraUf(J&e ®efe| (meldte« tJielmel^r mein unbegrenjte« fßtx^
langen baxnaii auf Seblngungen [trenge clnfc^rÄnft) ber Sejlimmunßö«
grunb be8 SBiUen«, ber gur Seförberung be8 ^ocftften (SuW angemiefen
ö)irb. 6
JDal^er Ift möi ble SWoral nid^t eigentlid^ bie Seigre, »ie »ir un«
glücfltcft ma(^en, fonbern mie »tr ber ®lücffeUg!cit »ürbig merben
f ollen. 9lur bann, menn Sfieligion ba ju lommt, tritt anc^ ble Hoffnung ein,
ber (SlüdCfeligfelt beremft in bem SWafee t^eill^aftig gu »erben, afö loir
barauf bebad^t getoefen, i^rer nic^t unmurbig gu fein. lo
SB ur big ift jemanb be« »eflfee« einer @ad&e ober eine« Suftanbe«,
wenn, bafe er in blefcm Seftfee fei, mit bem ^6(ftften ®ute gufammen«
ftimmt- SRan fann jc^t leid&t elnfel^en, bafe aOe SBürbigfelt auf ba« fttt*
lid^c aSerl^alten anlommc, »eil biefe« im ^Begriffe be« l^5(^ften ®ut8 ble
Sebingung beö übrigen (»a« gum ßupanbe gel^ört), nftmlid^ be« antl^eil« is
an ®lüdtfeUgfeit, auSmad^t. SHun folgt l^ierauS: bafe man bie ÜR oral an
fid& niemal« al« ®lüdtfeligfeit«lelöre bel^anbeln muffe, b.i. al« eine
Slnttietfung ber ®lfid[|eligleit t^eil^aftig gu »erben; benn fte l^at e« lebig«
li(^ mit ber aSernunftbebingung (conditio sine qua non) ber Unteren,
ni^t mit einem (grwerbmittel berfelben gu tl^un. ffienn fte aber (bie Wo« »o
^flic^ten auferiegt, nid^t eigennü^igen SBünfd^en SWaferegeln an bie $anb
giebt) DoUftänbig vorgetragen »orben: al«bann allererft fann, nad^bem
ber pd^ auf ein ®efe| grünbenbe moralifd^e SBunfd^ ba« ^Jd^fte ®ut gu
beförbern (ba« 3lel(^ ®otte« gu un« gu bringen), ber Dorl^er leiner eigen«
nü^igen @eele auffteigen fonnte, erttiedEt unb tl^m gum Sel^uf ber Sd^ritt 25
gur Sfleligton gefd^el^en ift, biefe Sittenlel^re aud^ ®lü(Ifeligfeit«Ie]^re ge*
nannt »erben, »eil ble Hoffnung bagu nur mit ber äleliglon aUcrerfl
anl^ebt.
Slud^ lann man l^ierau« erfel^en: bag, »enn man nad^ bem lej^ten
S»edte ®otte« in @c^5pfung ber Sßelt fragt, man nid^t bie ®lfid(<» so
feligfelt ber vernünftigen SBefen in il^r, fonbern ba« l^ödbPe ®ut
nennen mfiffe, »eld^e« jenem Sßunfd^e biefer SBefen no(^ eine Sebingung,
n&mlid^ ble ber ®l&d[feligfeit »ürbig gu fein, b. i. bie Sittlid^Ieit eben
berfelben vernünftigen SBefen, i^lngufügt, bie allein ben 2Mafeftab entl&ält,
nad^ »eld^em pe allein ber erfteren burd^ bie ^anb eine« »eifen Ur« 35
lieber« t^eil^aftig gu »erben l^open tonnen. S)enn ba 9Bei«]&eit, tl^eo»
retifd^ betrad^tet, bieSrtenntni^ be«]^öd^pen®ut«unbpraftifd^bie
^. b. S)iQlefitf b. reinen Vernunft m SBertimmung b. ^egriffd D. (5(|fl. @ut. 131
angemcffcn^cit beö aSfUen« gum l^öd^ftcn ®utc bebeutet, fo fann
man einer ^5(!bften felbftftAnbigen SBeiiSl^eit nid^t einen Qxütd beilegen,
ber blo« ouf ©fitigteit gegrünbet »fire. JDeitn biefer il^re SBlrfung (in
Sinfel^ung ber ©lüdfeligfeit ber üernünftigen SSefen) lann man nur unter
5 ben einfcQr&nlenben Sebingungen ber Übereinftimmung mit ber ^eilig«
leit*) feine« SBiUenS alö bem bSc^ften urfprünglid&en ®ute angemeffen
beuten. 3>a]^er bieienige, loeld^e ben Qmd ber @d^5pfung in bie @br^
©otteS (üorau^gefe^t, bag man biefe nid^t antl^ropomorpl^iftifd^, als 9lei«
gung gepriejen gu »erben, benft) festen, n)obt ben beften üuSbrud ge»
10 troffen l^aben. 2)enn nid^ts el^rt ®ott mel^r als baS, toaS baS @c^d^barfte
in ber SSelt ijl, bie Sld^tung für fein ®ebot, bie Seobad^tung ber beiligen
$flid^t, bie und fein ®efe^ auferlegt, ttenn feine l^errlid^e ünflolt bagu
lommt, eine fold^e fd^one Drbnung mit angemeffener ®lü(lfeligleit gu
frönen. SBenn i^n ba8 festere (auf menfd&lld^e Slrt gu reben) Heben«*
15 mürbig mad^t, fo ifl er burd^ baS erflere ein @egenftanb ber Anbetung
(aboration). Selb^ SReufd^en tonnen fl(^ burd^ Sßobltl^un gtoar £iebe,
aber baburd^ allein niemal« Sd^tung erioerben, fo ba^ bie größte SSol^l«
tbdtigteit il^nen nur baburd^ (Sl^re mac^t, ba^ ^e nad^ äSflrbigteit au«ge«
übt ttirb.
so S)a^ in ber Drbnung ber Qto^t ber SRenfd^ (mit i^m |ebe« Der*
nunftige äSefen) Smed an f id^ f elbft fei, b. i. niemal« blo« al« aRittel
oon jemanben (felbft nid^t oon ®ott), ol^ne gugleidb l^iebei felbft Qwtd gu
fein, tonne gebrandet »erben, bag alfo bie SRenf d^l^eit in unferer $erfon
un« felbft l^eilig fein muffe, folgt nunmetir ))on felbft, »eil er ba« @ub>
93 iect be« moralifd^en ®efe^e«, mitl^in beffenifl, »a« an fid^ l^eilig ift.
*) .Riebet, unb um bai8 (Stgent^fimlid^e btefer begriffe lenntlid^ au mad^en,
merfe i^ nur no^ an: hai, ba man @ott oerfd^iebene (i^igenfd^aften beilegt, beren
Qualität man aud^ ben ©efc^dpfen angemeffen finbet, nur bag ße bort gum ^5(^ften
(S^rabe erhoben »erben, a. fö. ^aä^t, SBiffenfc^aft, Gegenwart, ®üte tc unter ben
30 ^Benennungen ber Mmad^t, ber ^Eroiffenl^eit, ber ^lllgegenroart, ber Wlgütigleit tc,
e« boc^ bret giebt, bie awSfi^ItegungiSweife unb bo(| ol^ne S3eifa^ Don ©rdge (Bott
betgelegt werben, unb bie indgefammt moraltfd^ finb : er ifl ber allein {)eilige,
ber allein Selige, ber altein 3Beife; weil biefe begriffe f^on bie Uneinge-
f(^r&n!t]^eit bei fi^l führen. 9la(^ ber Drbnung berfelben ift er benn alfo antli ber
35 ^eilige ^efe^geber (unb @d^5pfer), ber gütige 9legierer (unb (Sr^alter) unb
ber gerechte SHi^ter: brei (Z^igenfc^aften, bie alleiS in fi^l enthalten, moburd^ (^ott
ber iBegenftanb ber SReligion wirb, unb benen angemeffen bie metap^tiflfd^en QoU«
lommenl^etten fi<!^ oon felbß in ber Semunft ^inau f Agen.
9*
132 Ärttit ber praftiMcn Semuttft. 1. S^eit. ± 9u<^. 2. ^auptflüd.
um beffen ttiiQen unb in Sinftimmung mit melc^em aud^ überl^aupt nur
etma« l^cilig genannt »erben fann. S)enn bicfe« moralifd&e ®efe^ grünbet
jtd^ auf ber Autonomie feines SSiDenS, ald eines freien äBiOenS, ber nad^
feinen aOgemeinen ©efe^en not^wenbtg ju bemfenigen gugleic^ mu^ ein«
ftimmen Unnen, loelc^em er fid^ unterwerfen foD.
VI.
Über bie $oftulate ber reinen praftifd^en SBernunft
über]^aui)t.
@ie ge^en alle üom ®runbfa|e ber 3ßoralitAt aus, ber lein $oftulat,
fonbern ein ®efe^ ifi, burd^ n)eld)eS SSernunft unmittelbar ben SßiQen U^ lo
ßimmt, toeld^er äBiDe eben baburc^, bag er fo beftimmt ift, als retner
aSBine, blcfe not^menbige Sebingungen ber Befolgung feiner SSorfcftrift
forbert. S)tefe $oftuIate ftnb nt(!^t t^eoretifc^e 2)ogmata, fonbern 93 or«
auSfe^ungenin notl^menbig prattifd^er Siüdfid^t, ermeitern alfo gmar
nic^t baS fpeculatiüe Srienntnig, geben aber ben ^bttn ber fpeculati))en n
aSernunft im allgemeinen (öermittelft il^rer a9ejie]^ung aufs ^raftifd^e)
objectide Sfiealitdt unb bered^tigen fie gu Gegriffen, beren 9R5glid^Ieit aud^
nur gu behaupten fie ftd^ fonft nid^t anmaßen lönnte.
2)iefe $oftulate finb bie ber U nflerblid^Ieit, ber f^rei^eit, po{ttiD
betrad^tet (als ber Saufalitdt eines SBefenS, fo fern eS gur inteQigibelen 8o
äSelt gehört), unb beS S)af eins ©otteS. S)aS erfte fliegt aus ber pxaU
tifc^ notl^menbigen 93ebingung ber Sngemeffenl^eit ber S)auer gur SSoll'»
fidnbigleit ber SrfüQung beS moralifd^en ©efe^eS; baS gmeite auS ber
notl^wenbigen SSorauSfe^ung ber Unabl^ängigfeit üon ber @innenU)elt unb
beS SSermbgenS ber Seftimmung feines SBiQenS nad^ bem ®efe^e einer ss
intelligibelen äBelt, b. i. ber^rei^eit; baS britte aus ber 9lot^menbigIeit
ber 93ebingung gu einer fold^en inteHigibelen SBelt, um baS ^bc^fie ®ut
gu fein, bur(^ bie SSorauSfe^ung beS l^5d(|ften felbftftdnbigen ®utS, b. i.
beS S)afeinS ©otteS.
S)ie burd^ bie Sichtung fürs moralifd^e ®efe^ notJ^oenbige abfid^t so
aufs l^bd^fte ®ut unb barauS fliegenbe SSorauSfe^ung ber obfectiDen
Jftealitdt beffelben f ft^rt alfo burd^ ^oftulate ber praftifd^en SSernunft gu
^Begriffen, meldte bie fpeculati))e äSernunft gmar als aufgaben k)ortragen,
fie aber nid^t auflbfen fpnnte. aifo 1. gu berjienigen, in beren auflbfung
9. b. S)tQ(emi b. reinen Vernunft in 93ertimmuna b. begriff« t). (5e^fl. €(ut. 133
bie Untere ntd^tö old^aralogiiSmen begel^en lonnte (ndmUd^ ber Um
fterblid^rett), toetl ed i^r am SRerfmale ber Sel^arrlic^feit fehlte, um ben
pfQc^oIogij^en Segriff eined legten Subjectö, meld^cr ber @eele im @elb{l»
bemugtfein not^menbig beigelegt loirb, gur realen SSorfteQung einer @ub«
5 [tang ju ergdngen, toeld^eS bie praltif(f)e SSernunft burd^ bad $o[tuIot einer
jur angemeffen^eit mit bem moralifc^en ©efe^e im l^5c^[ten ®ute, als
bem ganjen Qtotdz ber praftifd^en SSernunft, erforberlic^en 3)auer au«*
rid^tet. 2. $ü^rt jte gu bem, moDon bie fpeculatiue SSernunft nxiitö al«
Sntinomie enthielt, beren Suflöfung fie nur auf einem problematifc^
10 gmar benfbaren, aber feiner objectiDen 9iealitfit nac^ für fte nid^t ermeiS«
lid^en unb beftimmbaren IBegriffe grünben fonnte, n&mlid^ bie (odmo*
logifc^e 3bee einer inteUigibelen SBelt unb ba« Scmufetfein unfere«
3)afein« in berfelben, üermittelft be« ^oftulatö ber greil^eit (beren Sfiea*
litdt fie bnxi^ bad moralifc^e ®efe^ barlegt unb mit il^m ^ugleid^ ba^ ®t*
15 fe^ einer inteUigibelen SBelt, »orauf bie fpeculatiüe nur l^inmeifen, il^ren
Segriff aber ni(^t beftimmen fonnte). 3. SSerfc^afft pc bem, »a« fpecu*
latiöe SBernunft gioar Renten, ober al8 blofee« transjcenbentale« Sbeal
unbeftimmt laffen mufete, bem tlieologifd&en Segriffe be« Urmefen«,
Sebeutung (in praltifd^er Slbfid^t, b. i. als einer Sebingung ber ÜRöglld^*
20 feit beS Dbiectd eines burci^ {eneS ®efe^ beftimmten SBiUenS) als bem
oberften ^rincif) beS ^öd^ften ®uts in einer inteUigibelen Sßelt burc^ ge*
ttaltl^abenbe moralifd^ie ©efe^gebung in berfelben.
SBIrb nun aber unfer ©rfenntnife auf folc^e art burd& reine praftifd^e
Vernunft »irflid^ erttieitert, unb ifi baS, maS f&r bie fpeculatiüe tranS*
23 fcenbent mar, in ber praftifd^en immanent? SlUerbingS, aber nur in
praftifd^ierSlbfid^t. 2)enn mir erlennen gmar baburd^ meber unferer
Seele !Ratur, nod^ bie intetligibele SSelt, nod^ baS ^öc^fte Sßefen nad^ bem,
maS jte an ftd& felbft ftnb, fonbern l^aben nur bie Segriffe üon ilinen im
prattifd^en Segriffe beS l^öd^ften ®uts t)ereinigt, als bem Dbiecte
30 unfereS SSitlenS, unb oöHig a priori burd^ reine Sernunft, aber nur \>a»
mittelft beS moralifc^en ©efe^eS unb au(4 blos in Segie^ung auf baffelbe,
in «nfel^ung bcS ObiectS, baS eS gebietet. SBic aber aud^ nur bie Steilheit
m5glid^ fei, unb mie man fid^ biefe Slrt Pon Saufalitdt tljeoretifc^ unb
pofttiD üorguftellen ^abe, mirb baburd^ nid^t eingefe^en, fonbern nur, bag
36 eine f old^e fei, burd^S moralifc^e ©efe^ unb gu beffen Sel^uf poftulirt. @o
ifi es aud^ mit ben fibrigen Sbeen bemanbt, bie nad^ il^rer SRbglid^feit
{ein menfd^lid^er Serftanb femalS ergrünben, aber aud^, ba^ fie nid^t
134 ^ritil ber praftifc^en 9)ernunft. 1. ^l^eil. 2. ^u((. 2. jQüVipi^ind.
toal^rc Scflriffc Pnb, feine ©opl^iperei ber Überjeuflung felbft beS ge*
meinften äßenfc^en iematö entreißen ttiirb.
VII.
9Bie eine Srioeiterung ber reinen SSernunft in
praltifd^er S(bft'(^t, o^ne bamit i^r Srienntnig aU fpecuIatiD 5
gugleid^ ju ertoeitern, ju benlen mögUd^ fei?
SSir »oUen biefe f^roge, um nic^t ju abftroct iu toerben« fofort in
9ntt)enbung auf ben üorliegenben $all beanttoorten. — Um ein reined
6rfenntniB praftifd^ gu erioeitern, mug eine Slbfid^t a priori gegeben
fein, b. i. ein Qmd als Dbiect (bed äSiIlend)r toelc^eS unabhängig Don 10
aQen tl^eoretifc^en ©runbf&^en burci^ einen ben äBiUen unmittelbar be«
ftimmenben (tategorifd^en) ^ImperatiD ald pratttfd^ notl^menbig uorgefleUt
mirb, unb bad i{i ^ier bad l^od^fte @ut. S)iefeS ift aber nitbt möglidb»
ol^ne brei t^eoretifd^e Segriffe (für bie ftc^, toeil {ie bloge reine Ißernunft«
begriffe finb, feine corref^onbirenbe Snfc^auung, mitl^in auf bem t^eore» i&
tifd^en SBege feine objlectiDe SReaUt&t^nben Id^t) Doraudjufe^en: ndmlid)
Srei^eit, Unfterblidbfeit unb ®ott. [aifo ttirb burc^d praftifdje ©efe^
meld^eiS bie (Sjriften) bed ^5d^fien in einer äSelt m5gU(I^en ®utS gebietet,
bie SKöglic^feit jener Dbjecte ber reinen fpeculatiüen SSernunft, bie ob»
iectiDe SRealitdt, »eld^e biefe i^nen nic^t ftd^ern fonnte, poftulirt^moburd^ 20
benn bie tl^eoretifc^e @rfenntni^ ber reinen SSernunft aDerbing« einen 3u»
mac^S betommt, ber aber blod barin befielet, bag jene fiir ße fonft proble«
matifdbe (bloö benfbare) Segriffc je^t affertorif(^ für fold^e ertlftrt »er*
ben, benen tDirfUd^Dbfecte jufommen, meil praftifd^e SSernunft bie @;ciftenj
berfelben gur 3R5gIid^feit t^red unb gttiar praftifdb f (l^lec^tl^in notl^menbigen 25
DbiectiS, bed ^öc^ften ©uts, uuDermeiblid^ bebarf, unb bie tl^eoretifc^e ba«
burd^ beredbtigt toirb, fie Doraudgufe^en. S)iefe @rtt)eiterung ber t^eo'
retifd^en JBernunft ift aber feine ©rweiterung ber ©peculation, b. i. um
in tl^eoretifc^er Slbfic^t nunmel^r einen pofitiDen ®ebrau(^ bauon gu
mad^en. S)enn ba nichts »eiter burc^ t)raftif(^e SSernunft Riebet geleiftet 30
»orben, al8 bafe jene Segriffe real ftnb unb toirflid^ il^re (mßglid&e) Db*
iecte l^aben, babei aber und nic^tiS Don 8[nf(4auung berfelben gegeben mirb
(»elc^eS au(4 ntd^t geforbert »erben fann), fo ift fein f^nt^etifd^er @a^
burc^ biefe eingeräumte 9iealit&t berfelben möglid^. ^olglic^ l^ilft und
biefe Eröffnung nid^t im minbeften in fpeculatioer ^bftd^t, »ol^l aber in 35
9). b. S)tale!til b. reinen Vernunft in SBeftimmung b. ^egtiffd t), l^öc^fi. @ut. 135
9(nfe][)ung bed praftifc^en ©ebraud^S ber reinen SSernunft j\ur @rtt)etterung
biefe« unfcre» grienntniffeö. 2)lc obige brci gbcen ber fpeculatioen SSer*
itunft Pnb an Pcft nod^ feine (Srfenntniffe; bod& ftnb c« (tranöfcenbente)
©ebanfen, in benen nichts Unmögüd^eS ift. 9tun befommen fte burc^ ein
5 Qpobiftifc^ed prattifc^eS ®efe^, alS notl^menbige SSebingungen ber aRög«
!i(ftfeit bcffcn, wa» biefe« pd^ gum Dbjecte ju madöen gebietet, objec*
tiüe 9ficalitdt, b. i. wir »erben burcft jeneö angetolefen, bafe fie £)b jecte
l^aben, ol&ne bod^, »le pcft i^r Segritf auf ein Dbject bci^iel^t, augelgen
iu fönnen, nnb baiS ift aud^ nod^ itic^t @rtenntnig btef er Ob jecte; benn
10 man lann baburc^ gar nid^td über pe f^ntl^etifc!^ urtl^eilen, nod^ bie 8n«
»enbung berfelben tl^eoretifd^ beftimmen, mitl^in ))on il|nen gar feinen
%oretifdöen ®ebraud& ber SSernunft machen, al8 toorin eigentltd^ alle
fpeculatit)e (Srtenntnig berfelben bepelzt. 3(ber bennoc^ marb bad tl^eo«
retifd^e (Srfenntnife jwar nid&t biefer Dbjecte, aber ber SSernunft über*
15 l^aupt baburc^ fo fern erweitert, bag burt^ bie ))rafti{(4en $oPulate jenen
Sbeen bo(t)Dbje€te gegeben »urben, inbem ein blöd problentatif(!^er
©ebanfe baburt^ aUererp objectioe Sfiealität befam. aijo mar eS feine
Erweiterung ber (Srfenntnife oon gegebenen überfinnlic^en ©egen«
ftdnben, aber bocft eine Erweiterung ber tbeorctif(!^en SSernunft unb ber
20 Ertenntnig berfelben in Slnfebung bed Überpnnlic^en fiberbau))t, fo fern
als pe genötl^igt würbe, bag eiS fold^e ©egenftdnbe gebe, eingurdu«
men, ol^ne Pe bocft ndl^er beftimmen, mithin biefe« (ärfenntnife oon ben
Dbjecten (bie il^r nunmehr aus |)raltifcl)em ®runbe unb aud& nur guin
praftifd&en (Sebrauc^e gegeben worben) felbft erweitern ju fönnen, welchen
26 3nwa(^S alfo bie reine tbeoretifd^e SSernunft, für bie alle jene ^be^n
tranSfcenbent unb otine Dbject pnb, lebiglic^ il^rem reinen praftifc^en
SSermögen gu oerbanfen bat. ^ier werben pe immanent unb conftitu»
tio, inbem pe ®rünbe ber 9R5glic^teit pnb, baS not^wenbige Dbject
ber reinen praftif(!ben SSernunft (baö böcl)fte ®ut) wirflic^ gu mad^en,
80 ba pe ol^ne bieS tranSfcenbent unb blöd regulative ^rincipien ber
fpeculatioen SSernunft pnb, bie ibr nid^t ein neue« Object über bie @r*
fal^rung binauS angunel^men, fonbern nur il^ren ©ebraud^ in ber @rfa{|«
rang ber SSoUftdnbigfeit gu ndberen auferlegen, 3[t aber bie SSernunft
einmal im 33epfee biefeg 3uw>acl&f^*f fo »'^b pe als fpeculatiöe SSernunft
36 (eigentlicb nur gur ©icberung ibreS praftifdben ©ebraudbS) negatio, b. i.
nic^t erweiternb, fonbern Iduternb, mit jenen 3been gu SBerfe gelten, um
einerfeitS ben Slntl^ropomorp^iSm als ben DueU ber ©uperpition,
136 ^til ber ptalttf(|en 93emunft. 1. Sl^eU. 2. Su^. 2. ^auptftüdP.
ober f(|einbare Snoeiterung j|ener Segriffe burd^ Dermeinte @rfa{)rung,
anbererfeitö ben f^anaticiiSm, ber fte bur(| überftnnltd^e Snjd^auung
ober bergleld&en ©effil&le üerfpricftt, abgul^olten; »elcfteö aUt^ ^inberniffc
beS praftif(!^en ©ebrauc^d ber reinen ä^ernunft ftnb, beren Slbioel^rung
alfo ju ber (grmeiterung unferer (grfenntnife in ^)raftif(^er Stbjtd&t aller* s
bingS gel^ört, ol^ne bag eiS biefer koiberfpri^t, gugleic^ gu geftel^en, bog
bie äSernunft in fpeculatioer Slbftd^t baburd^ im minbeften nichts geioon«
nen Igabe.
3u febem ©ebroud^e ber SSernunft in Slnfel^ung eines ^egenftanbed
»erben reine S8er[tanbe«begriffe (Kategorien) crforbert, o^ne bie fein lo
©egenfianb gebadet loerben fann. S>iefe fönnen gum tl^eoretifc^en @t^
braud&e ber aSemunft, b. i. ju bergleic^en ©rfenntnife, nur angemanbt
»erben, fo fern il^nen jugleid^ an|d&auung (bie ieberjeit ftnnlid^ ift) unter*
gelegt »irb, unb alfo bloS, um burd^ fie ein Object m5glid^er Srfal^rung
ijorjufteUen. 3lun ftnb l^ier aber gbeen ber Vernunft, bie in gar feiner is
@rfal^rung gegeben »erben f5nnen, bad, »ad ic^ burd^ Kategorien beuten
mügte, um ed gu ertennen. Slllein ed ift l^ier au(^ nic^t um bad t^eore»
tifdfee (grfenntntfe ber Dbiecte biefer 3been, fonbern nur barum, bafe fie
überl^aupt Dbiecte l^aben, gu tl^un. 35iefe 3fiealitdt oerfd^afft reine )fxah
tifd^e SSernunft, unb l^iebei ^at bie tl^eoretifd^e SSernunft nid&t« »citer gu so
tl^un, als tene Dbjecte burd^ Kategorien bloS gu beuten, »elc^ed, »ie
»ir fonft beutlid^ ge»iefen l^aben, gang »ol^l, ol^ne Slnfc^auung (»eber
ftnnlic^e, nod& überjtnnlidöe) gu bebfirfen, angelet, »eil bie Kategorien im
reinen Serftanbe unabl^dngig unb oor aller knfc^auung, lebiglid^ atö
bem SSermögen gu beuten, if)xtn 6ife unb Urfprung l^aben, unb fie immer 25
nur ein Dbfect uber]^au))t bebeuten, auf »eld)e 8lrt eS unS aud^ immer
gegeben »erben mag. 9lun ift ben Kategorien, fo fern fie auf fene
Sbeen ange»anbt »erben foUen, g»ar tein £)bj[ect in ber ünfc^auung gu
geben möglieft; e« ift il&nen aber bod^, bafe ein folcfte« »irtlicft fei,
mitl^in bie Kategorie als eine bloge ©ebantenform l^ier ni(ftt leer fei, fon« 30
btxn SBebeutung ftabe, burd^ ein Dbject, »elcfteiS bie praftif(fte äSernunft
im Segriffc be« l^öcftften ®ut8 ungeg»cifelt barbietet, bie 3fleaUtdt ber
begriffe, bie gum ©el^uf ber SWöglid^teit beö l^öd^ften ®ut8 gel^ören,
l^inreid^enb gejicftert, o^ne gleid^»ol)I burd^ biefen Bu»ad^S bie minbefte
@r»eiterung beS @rtenntniffeS nad^ tl^eoretifd^en ©runbfd^en gu be»irten. 35
S. b. 2)tale!ti! b. reinen Vernunft in iSeftimmung b. iBegriffd D. ^h^^t @ut. ]37
SBenn nftd^jlbcm blefc Sbccn \>on ®ott, einer inteUtgibelen SBelt
(beut aUetc^e ®otte«) unb ber Unfterblicftfeit burd^ ^rdbicatc beftlmmt
loerben, bie wn unferer eigenen Statur j^ergenommen ftnb, fo barf man
biefe aSefümmung tocber al3 SBcrfinnlic^ung jener reinen SScrnunft»
5 ibeen (ant]^ro))omor))]^i8men), noc^ al$ fiberfd^toenglid^ed (Srtenntni^
nberfinnlld^er ©egenftänbc anfeilen; benn biefe ^rdbicate ftnb feine
anbere a\& aScrjianb unb SBiUe, unb j»ar fo im SSerl&ättniffe gegen ein*
anber Utxaä)M, ald'fie im moralifd^en ©efe^e gebac^t merben mäffen,
alfo nur fo »eit oon il^nen ein reiner {)rattif(i^er ®ebrau(| gemad^t »irb.
10 93on aOem fibrigen, toa^ biefen Segrijfen ))f9(l^ologifc^ anl^dngt, b. i. fo
fern wir biefe unfere SSermögen in i^rer 8lu8übung em^)irif<l& beob*
achten, (g. S. bafe ber SSerftanb beS SÄenfcften biöcurpt) ift, feine JBorfiel*
lungen alfo Gebauten, nid^t Sinfd^auungen ftnb, bag biefe in ber3eitauf
einanber folgen, ba^ fein 3BiDe immer mit einer Slbl^dngigfeit ber Qw
15 friebenl^eit üon ber ejriftenj feine« ®egenpanbe8 belauftet ip u. f. »., »el*
c^ed im ]^5(^f}en Sßefen fo nid^t fein tann) wirb aldbann abftral^irt, unb
fo bleibt Don ben ^Begriffen, burd^ bie wir und ein reine« SSerftanbedtoefen
benfen, nichts mel^r übrig, ald gerabe gur 9R5gUd^feit erforberlid^ ift, fid^
ein moralift^ ®efe^ gu beulen, mitl^in gmar ein @rfenntni^ ®ottee, aber
20 nur in praftifd^er Segiel^ung, woburd^, wenn wir ben SSerfut^ machen,
e8 gu einem tl^eoretifd^en gu erweitern, wir einen 93erftanb beffelben U*
tommen, ber nic^t benft, fonbern auf d^aut, einen SSiDen, ber auf ©egen»
Pdnbe gerichtet ifi, oon bereu ßjfifteng feine Swfriebenl^elt nid&t im 9D?in»
befien abfangt (id^ Witt nid^t einmal ber trandfcenbentalen ^rdbicate er«*
25 wdl^nen, aliS g. 9. eine ®r5ge ber @]rifteng, b. i. 3)auer, bie aber nid^t in
ber Seit, als bem cingigen unö möglidöenSWittel un« S)afein oUSröfee oor»
guftellen, ftattfinbet), lauter ISigenfc^aften, t)on benen wir uniS gar feinen
Segriff, gum ©rfenntniffe beö ©egenftanbeö taugltd^, mad^en fönnen,
unb baburd^ belehrt werben, bag fte niemals gu einer 2;i^eorie oon über^
30 finnlid^en ffiefen gebroud&t werben fönnen unb aI|o auf biefer Seite ein
fpeculatiüeö erfenntnlfe gu grünben gar nid^t vermögen, fonbern il^rcn ®e»
braud^ lebiglid^ auf bie SluSübung beS moralifd^en ©eje^eiS einfd^rdnfen.
S)iefed (entere ift fo augenf(^einlid^ unb fann fo f(ar burd^ bie Sl^at
bewiefen werben, bafe man getroft aUeoermeintenatörlid^e ®otteö»
85 gelehrte (ein wunberlic^er SRame)*) aufforbern fann, auc^ nur eine bie»
♦) ©ele^rfamfeit ifl eiöentllc^ nur ber Snbegriff ^i|lorif(!6er SBiffcn-
f haften. Solglit!^ fann nur ber Se^rer ber geoffenbarten ^^eologie ein @otteS-
138 SMiif ler proftift^en i93ernunft. L St|^et(. 2. m^. 2. ^upiftM.
fcn il^rctt ©cgcnftanb (über blc *lo8 ontologifd^en ^räbicate ^Inau«) bc*
ftimmenbe ßigenfd^aft, etma bed Serftanbed ober bed SSiQeniS, gu nennen,
an ber man nid^t unmiberfpred^Uc^ bart^un fonnte, bag, menn man alled
9(nt^ro))omorpbiftif(^e bwoon abfonbert, und nur baS bloge SSort übrig
bleibe, ob^e bamit ben minbeften S3egr{ff üerbinben }u f5nnen, baburd^ s
eine erweiterung ber tbeorctifcften (Srfenntnife flebofft »erben bürfte. Sn
Stnfebung bed $rattif(!^en aber bleibt un« Don ben Sigenfd^aften eined
äSerftanbeS unb SStUend bod^ nocb ber 93egri{f eines SSerl^dltniffeS übrig,
meldb^ni bad ))raftifd^e ®efc|$ (bad gerabe biefeS SSerbältnig beö SSerftan«
beS gum äBitlen a priori beftimmt) obiectit)e äftealit&t t)erf(;bQ{ft. 3{l biefed lo
nun einmal gefd^eben, fo »irb bem Segriffe bed Objectö eined moralifc^
/beftimmten SBiUend (bem beiS bö^fien ©utiS) unb mit ibm ben 93ebin^
gungen feiner ^5gli^teit, ben 2!been üon ®ott, f^rei^eit unb Unfierblidb'
feit, aud^ äiealit&t, aber immer nur in 93e;iiebung auf bie Slueübung bed
moralifdben ©efe^ed (ju feinem fpeculatiüen 93ebuf) gegeben. u
9lad) biefen Erinnerungen ift nun aucb bie SBeantiDortung ber toxii^
tigen Srage lei^t ju finben: ob ber ^Begriff Don ®ott ein jur ^b9f if
(mitbin aud^ jur äRetapb^rtli (A^ bie nur bie reinen ^rincipien a priori
ber erfteren in allgemeiner SÖebeutung entbält) oberelnjuraRoralge«*
börigerSegrif f fei. 3latureinridbtungen,ober berenSSerdttberung ju er» »o
tlären, toenn man ba gu ®ott atö bem Urbeber aDer S)inge feine 3uflu(bt
nimmt, iftioenigfiend feine ))b9ftfdbe @rfldrung unb überad ein ©eftdnb«
nig, man fei mit feiner $biIofo)>^i^ gu@nbe: »eil man genötbigt ift, etmad,
»ooon mau fonft für ftcb feinen Segriff bat, anjuncl^men, um fid) oon ber
SRöglitbfeit beffen, »aS man oor Slugen fielet, einen Segriff machen gu 2&
f5nnen. S)ur(b 9Retapb9{^( <^ber oon ber j^enntnig biefer äßelt gum Se*
griffe oon ®ott unb bem Semeife feiner Sitifteng burd^ fidlere @(blüff e
gu gelangen, ift barum unmoglid^, meil mir biefe äBelt atö bad ooll*
fommenfte möglid^e ®ange, mitbin gu biefem Sel^uf alle möglidöe SBclten
(um jte mit biefer oergleicben gu fönnen) erfennen, mitl)in aHmiffenb fein so
geleierter (eigen. SßoHte man ober au(( ben, ber im 8e{t^e Don Vernunft«
»iffenfcbaften (^ot^ematt! unb $(tIofopbie) ift, einen ©elel^rten nennen, obglei^
biefed fc^on ber ^Bortbebeutuug (aU bie jebergeit nur badjenige, toa^ man burcb*
au^ geleiert werben mug, nnb xoa^ man alfo ntd^t üon felbft, burd^ S^emunft,
etfinben fann, aur @ele(rfam!eit a&^lt) rotberpretten »flrbe: fo möchte roo^l ber 35
^iilofop^ mit feiner ©rfenntniS ©otte« al3 pofitiüer SBiffenfc^aft eine gu fcble^te
^igur machen, um ft(( b^&i^alb einen ©elebrten nennen gu laffen.
^. b. S)ioIeftt! b. reinen Vernunft in iBeflimnmng b. Segrip D. ^öd^ft. (S^ut. 139
mügten, um ju jagen, bog jle nur burd^ einen ®ott (mie toxx im« biefen
93egriff benfen muffen) mdglid^ U)ar. SBoHenbiS aber bte (S^ifieng bie[eS
SBefenS aud biegen äSegrijfen gu er{ennen, ift fd^Iet^terbingd unmögli^,
»eil ein jeber @jci[tential[a^, b. t. ber, fo t)on einem SBefen, t)on bem id^
5 mir einen Segriff mac^e, fagt, bag ed ejciftire, ein fqntl^etifd^er @q^ ifi,
b. i. ein fold^er, babur(^ id^ über jenen Segriff l^inauSgel^e unb mel^r Don
il^m fage, als im Segriffe gebadet n)ar: nämlid^ bag biefem Segriffe im
Serfianbe nod^ ein^egenftanb auger bem Serftanbe corref^onbirenb
gefegt fei, »eld^eS offenbar unmöglich ift burc^ irgenb einen @(^Iug ^erauS»
10 jubringen. aifo bleibt nur ein einjige« Serfal^ren für bie Sernunft übrig,
gu biefem @rfenntnif[e gu gelangen, ba fie ndmlid^ ald reine Sernunft,
t)on bem oberften ^rincip il^red reinen ))raftif(!^en ©ebraud^ö au^gel^enb
(inbem biefer ol^nebem blod auf bie @jri[teng üon (StmaS, ald ^olge ber
Sernunft, gerichtet ifl), i^r Object beftimmt. Unb ba geigt ftc^ nid^t aQein
15 in il^rer unt)ermeibli(^en 9(ufgabe, nfimlid^ ber notl^nenbigen Sfiic^tung
bee äBillenS auf bad l^ö(!^fte ®ut, bie ^totl^menbigteit, ein folc^ed Urmefen
in Segiel^ung auf bie SRbglici^feit biefeig ®uten in ber SBelt angunel^men,
fonbern, »ad ba« ^erfmürbigfte ift, ettoad, mad bem Fortgänge ber Ser«
nunft auf bem Slatunoege gang mangelte, n&mli(^ ein genau beftimm»
20 terSegriff biefeSUrmefen«. 3)a toir biefe SBelt nur gu einem fleinen
Sl^eile fennen, noc^ weniger fte mit aUen möglit^en äSelten oergleid^en
f önnen, fo Ibnnen mir üon il^rer Drbnung, giDedmägigleit unb ©röge mo^I
auf einen »eifen, gütigen, mad^tigen :c. Urheber bcrfelben fc^liegen,
aber nid^t auf feine SlUttiffen^eit, Slllgütigfeit, Sllmad^t u. f. m.
25 SRan tann aud^ gar mol^I einrdumen: bag man biefen unüermeiblid^en
SRangel burd^ eine erlaubte, gang t)ernünftige $Qpotl)efe gu ergdngen U)o]^I
befugt fei; bag n&mlit^, ttenn in fo üiel @tüd(en, aliS fid^ unferer naiveren
Äenntnig barbieten, SBeigl^eit, ©ütigfeitK. l^ertjorleuc^tet, in allen übrigen
ed eben fo fein loerbe, unb eS alfo oernünftig fei, bem SBelturl^eber alle
30 mbglid^e SoUtommenl^eit beigulegen; aber baS finb feine @d^lüffe, mo*
burd^ mir nn^ auf unfere (Sinftd^t ettoad bünIen,fonbem nurSefugniffe, bie
man uns nad^fe^en fann, unb boc^ noc^ einer anbertoeitigen Smpfel^lung
bebürfen, um baüon ©ebrauc^ gu mad^en. S)er Segriff Don ®ott bleibt
alfo auf bem empirifd^cn SBege (ber ^^^pf) immer ein ni(!^t genau be«
35 ftimmtcr Segriff üon ber Sollfommenl^eit beö erftcn SBefen«, um i^n
bem Segriffe einer Oott^eit für angemeffen gu l&alten (mit ber SWetapl^^fil
aber in i^rem traniSfcenbentalen 2;^eile ift gar nid^tiS auSgurid^ten).
140 stritt! ber ^tafttf(|en Vernunft. 1. Z^tll 2. Sud^. 2. {^auptflüd.
3<^ ücrfud^e nun biefcn Segriff an ba« Obfect bcr prafttfd^en SSer»
nunft ju Italien, unb ba ftnbe i(^, bag ber moralifd^e ©runbfa^ i^n nur
atö mSglid^ unter SSorauSfe^ung eineiS 3SeItur](|eber8 oon l^ö elfter 93 oll«
tommenl^eit guloffe. @r mug allmiffenb fein, um mein SSerl^alten bid
gum ^nnerften meiner ©efinnung in allen möglid^en fräßen unb in aDe 5
Sufunft }u erlennen; allmäd^tig, um il^m bie angemeffenen f^olgen gu
ert^eilen; eben fo allgegenm&rtig, ewig u. f. m. SRit^in beftimmt bad
moralifd^e ©efe^ burd^ ben 93egriff bed l^Sd^ften ®utiS, ald ©egenflanbeS
einer reinen praftif(^en SSernunft; ben Segrlff bcSUrmefen« alö^c^flen
Sßefend, meld^eiS ber pl^Qf^fd^e (unb ^öl^er fortgefe^t ber meta))^Q{i|(^e), lo
mitl^in ber gange f))eculatit)e ®ang ber äSernunft nic^t bewirten tonnte,
aifo ift ber 93egriff öon ®ott ein urfprüngU^ nic^t gur ^^^pt i>. i. für
bie fpeculatioe SBernunft, fonbern gur SWoral gehöriger Segriff, unb eben
ba» fann man aud^ oon ben ftbrigen SSernunftbegriffen fagen, ))on benen
mir aU ^oftulaten berfelben in il^rem ))rattifc^en ©ebraud^e oben ge* 15
l^anbelt baben.
äßenn man in ber ®efcbi(!bte ber gried^ifd^en $]^ilofopbi^ A^^^ ben
Slna^agoraS b^naud feine beutlid^e @puren einer reinen SSernunfttbeo«
logie antrifft, fo ift bcr ®runb nidbt^barin gelegen, bafe eö ben alteren
^bllöfopl^en an SSerftanbe unb (Sinpd^t fel^lte, um burcft ben SBeg ber 20
6^)eculation menigPen« mit SBeibülfc einer gang »ernünftigen ^tipott)t\t
ftcb bal^in gu erbeben; xoaS tonnte leidster, mad natürlicher fein, ald ber
ftd^ oon felbft jebermann barbietenbe ©ebante, jtatt unbeftimmter ®rabe
ber SBoDIommenbeit ))erf(biebener äßelturfacben eine eingige oernflnftige
angunebmen, bie alle aSolltommenbeit bot? Aber bie Übel in ber 25
SBelt fcbienen il)nen \)\t\ gu mid^tige Sinmürfe gu fein, um gu einer fold^en
^^pottiefe ficb für bcrecbtigt gu balten. SRitbin geigten jie barin eben SJer*
ftaub unb (Stnftcbt, ha^ fte ^tb jene nicbt erlaubten unb oielmebr in ben
9latururfad^en b^^um fud^ten, ob fte unter ibnen nid^t bie gu Urmefen er«
forberlid^e 5Befcbaffenl(eit unb SSermögen antreffen mod^ten. Aber nad^bem 30
biefeS fcbarf jtnnige SJolt fo meit in 5Ra(bforf(bungen fortgerüdCt »ar, felbft
fittlid^e ©egenftanbe, barüber anbere äSölter niemals mel^r aU gefd^ma^t
l^aben, pl^ilofopl^ifd^ gu be^anbeln: ba fanben fte aUererft ein neues ä3e«
bürfnig, nämlicb ein praltifd^eS, meld^eiS nicbt ermangelte ibnen ben S3e«
griff bed Urmefend bejtimmt angugeben, toobei bie fpeculatioe SSemunft ss
ba« 3ttfc'&«w ^ötte, bftdbfienö no^ baö SSerbienft, einen SBegriff, ber nicbt
auf il^rem äSoben erma^fen mar, auSgufc^müdFen unb mit einem ©efolge
9$. b. S)toIefti! b. reinen Vernunft in l^deftintmung b. S3egdffd b. ^d^fl. @ut. 141
Don SBefldtigungen aud ber 9laturbetrad^tuug, bie nun aüererft ]^ert)or«
traten, tt)o](|l ni(!^t bad 9(nfel^en beffelben (meiere« fd^on gegrünbet »ar),
fonbem üielmel^r nur ia& @eprdnge mit Dermeinter tl^eoretifd^er 93er^
nunfteinf\c^t gu bef5rbern.
5 Äu8 blcfcn (grtnnctunflcn »irb ber £efer ber Äritif ber reinen fpecu«
lotioen SSernunft ftd^ DoDfommen überzeugen: mie l^bd^ftnbtbig, Q)ie er»
fpriefelicft für S^eologie unb 3Roral fene mü^famc 2)ebuction ber Äate«
gorten voax. S)enn baburd^ allein fann t)erl^ütet merben, fte, menn man
1ie im reinen 93erftanbe fe^t, mit $lato für angeboren au Italien unb
10 barauf überft^menglid^e 9(nmagungen mit S^eorien beiS ÜberRnnlid^en,
looüon man tein 6nbe abfielt, gu grfinben, baburd^ aber bie 2:^eoIogie
jur SÄuberlaterne öon ^irngefpenftem ju machen; menn man fie aber für
erU)orben l^ält, gu \>tx^ükn, baß man nid^t mit @pilur aUen unb {eben
Oebraudö berfelben, felbft ben in praftifcfter Slbftd^t, blo« auf ®egen[tänbe
n unb 93eßimmungdgränbe ber @inne einfd^rdnle. 9lun aber, nat^bem bie
Äritif in Jener 3)ebuction erftlid^ bemieS, bafe jte nit^t empirifd^en Ur»
fprungS ftnb, fonbern a priori im reinen SSerftanbe il)ren @i^ unb OueUe
l^aben; gmeitend au(^, ba^, ba fie auf @egenftänbe überl^aupt, un»
abl^fingig Don il^rer Slnfc^auung, belogen merben, fte gmar nur in 9(u«
20 meubung auf empirild^e ©egenftänbe tl^eoretift^eS (ärfenntnife ju
@tanbe bringen, aber bod^ aud^, auf einen burc^ reine praltifd^e SSernunft
gegebenen ©egenjtanb ange»anbt, jum beftimmtenS)enfen be«Über^
ftnnlid^en bienen, iebod^ nur fo fern biefeiS bloS burc^ folc^e ^rdbicate
beftimmt öoirb, bie notl(»enbig gur reinen a priori gegebenen praf tif d^en
25 abfid^t unb beren aRöglic^feit gel^ören. ©peculatioe @infc^rdnlung ber
reinen SSernunft unb praftifc^e 6r»citerung berfelben bringen biefelbe
aUererft In baSjenige SSerl^dltnife ber ®lei(^^|ett, »orin SSernunft
überl^aupt gmedCmdgig gebraucht merben {ann, unb biefeiS SSeifpiel be«
»eifet beffer al8 fonft eine«, ba^ ber SBeg gur 3B ei 81^ ei t, »enn er ge*
30 fid^ert unb ntc^t ungangbar ober irreleiten b merben foQ, bei und SRenfc^en
unoermetbUd^ burd^ bie SBiffenfd^aft burd^ge^en muffe, koooon man aber,
bafe biefe gu jenem 3iri« fü^te, nur nac^ SSoUenbung berfelben übergeugt
merben lann.
142 ftrittl ber praftifd^en l^ernunft. 1. Sl^etC. 2. SBuc^. 2. ^auptftfldr.
VIII.
SSom Särmal^rl^aUen auS einem Sebitrfniffe ber reinen
SSernunft.
@tn SBebArf nig ber reinen SSernunft in il^rem fpeculatit>en ®ebrau(|e
fül^rt nur auf ^9^)ot^efen, hai ber reinen praftijcften SSemunft aber ju
$oftuIaten; benn im erfteren %aUt [teige id^ Dom Slbgeleiteten fo ^oc^
j^inouf in ber 9fieit|e ber ©rflnbe, »ieid^millfUnb bebarf eined Urgrunbed,
nic^t um ienem Slbgeleiteten (j. 93. ber (SaufQlt)erbinbung ber 3)inge unb
SBerdnberungen in ber SBelt) obfectiöe SRealitdt gu geben, fonbern nur um
meine forfcftenbc SSernunft in Änfel^ung beffelben DoÜftänbig ju befricbigen.
@o fel^e icft Drbnung unb Sw^rftnfifeigfeit in ber 3iatur tjor mir unb be«
borf nid^t, um mid^ t)on bereu SSirf lit^f eit ju t)erft(^ern, jur Speculation
gu fd^reiten, fonbern nur, um {te gu er{l&ren, eine ©ottl^elt als beren
Urfad^e oorauS gu fe^en; ba benn, toeil Don einer äßirtung ber @d^Iug
auf eine beftimmte, Dornel^mlid^ fo genau unb fo DoQftdnbig beftimmte
Urfai^e, aliS mir an ®ott gu beuten l^aben, immer unftd^er unb mi^Ii(^ ift,
eine fold^e SBorauSfe^ung nid^t toeiter gebracht toerben fann, als gu bem
®rabe ber für un« ajienfc^en aUeröernünftlgften SKeinung.*) ©agegen ift
ein aSebürfnife ber reinen |)raftif(^eu SSernunft auf einer ^flic^t ge«
grünbet, etmaS (bad ]^5d)fte ®ut) gum ©egenftanbe meine« äBiUeniS gu
machen, um ed nad^ allen meinen JCrdften gu bef5rbem; mobei id^ aber
bieSD'Iöglic^Ieit beffelben, mitl^in aud^ bieSBebingungenbagu, ndmlid^ ®ott,
t^reil^eit unb Unfierblid^feit, oorauSfe^en mug, meil id^ biefe burd^ meine
f))eculatiDe SSernunft nid^t betoeifen, obgleid^ aud^ nid^t miberlegen lann.
S)iefe ^flid^t grünbet fid^ auf einem freiließ Don biefen legieren SSoraud»
feftungen gang unab^dngigen, für fic^ felbft apoblftifd^ gemiffen, ndmlic^
bem moralifc^en ©efe^e unb ift fo fern (einer anbermeitigen Unterftü^ung
so
•) Slbcr fclbfl anäi ^itx würben U)lr nlc^t ein ©ebürfnlft ber ©ernunft Dor-
fd^fl^en fdnnen, Iftge ni^t ein problemotifd^er, aber boc^ unDermetbUd^er S3egrtff ber
SBernunft Dor trugen, n&mlic^ ber eined fc^Ied^terbingd not^wenbigen äBefend. S)iefer so
93egTiff »tU nun beflimmt fein, unb hai ifi, wenn ber Sdeb aur (^rweitermig ba^u
fommt, ber objectioe ®runb eineiS SSebürfniffeiS ber fpeculatit>en Vernunft, nftmli^ ben
iSegrtff eineiS not^roenbigen äBefeniS, welc^eö anbem gum Urgrunbe bienen foO, nd^
gu beftimmen unb biefed (e^te alfo woburd^ fenntUd^ p machen. D^ne fotd^e Doroud-
ge^enbe not^wenbige Probleme giebt ed feine S3ebftrfniffe, wenigftend ntc^t ber 35
reinen Vernunft; bie ftbrigen flnb ^ebftrfmffe ber 9lei0un0.
». b. <Biatc!tfI b. reinen ajernunft In »cftimmunö b. »egriff« ö. l^öd^ft. ©iit. 143
bur(!ö tl^eorctifd^e SWcinung üon bcr Innern Scfti^affcnl^eit ber ©Inge, ber
gel^eiuien Slbjwecfung ber SBeltorbnunfl, ober eine« il^r öorfte^enbcn Sfic^
gierer^ bebürftig, um m& auf bad t)oIIfomnteufie gu unbebingt gefe^»
tnäfelgen ^anblungen ju »erbinben. aber ber fubiectiöe ©ffect blefe« ®c*
5 fe^ed, ndmlid^ bie il^m angemeffene unb burd^ baffelbe aud^ not^menblge
©efinnung, bad prattlft^ mögliche I^Sd^fte @ut gu beförbern, fe^tbod^
mnigftend t)oraud, bog baS leitete möglid^ f^lr tt)lbrigenfaDd e« prottifc^
unmöglich märe, bem Objecte eined SSegriffeiS nac^guftreben, mliitx im
®runbe leer unb ol^ne Dblect »dre. 9lun betreffen obige ^oftulate nur
10 bie pl^9itft^e ober meta:pb9[if^^r ^il Einern SBorte in ber 9{atur ber S)inge
liegenbe Sebingungen ber aRöglid^teit beS l^öc^ften ®utö, aber nid)t
gum Sel^uf einer beliebigen fpeculatloen Slbfi(|t, fonbern eine^ praftifc^
notbwenblgen Qmd^ bed reinen SSernunftwillend, ber l^ier nid^t mdl^U,
fonbern einem unnad^Iaglid^en SSernunftgebote gel^ord^t, toelc^eS feinen
15 ®runb objlectiü in ber S3ef d^affcnbeit berSJingel^at, fo mie pc burcft reine
SBernunft aDgemein beurtl^eilt merben muffen, unb grfmbet fid^ nid^t etma
auf Steigung, bie gum SBel^uf beffen, mad mir aud blöd fubiectioen
©rünben münfc^en, fofort bie SRittel bagu aU möglich, ober ben ©egen»»
ftanb mol^l gar ald mirdid^ angunel^men feinedmegeiS bered^tlgt ifl. Sllfo
20 x\t biefed ein 93ebürfnig in fd^le(!^terbingS notbmenbiger Slbfid^t
unb red^tfertigt feine SSorauöfe^ung nid^t bloS ald erlaubte ^qpotl^efe,
fonbern als ^oftulat in praltifd^er Slbpc^t; unb gugeftanben, bag baiS reine
moraUf(!^e ®efe^ febermann ald ®ebot (nic^t ald Jdugl^eitSregel) unnad^«>
laglid^ Derbinbe, barf ber 9fie(^tfd^affene mo^l fagen: it^ mill, bag ein
25 ®ott, bafe mein S)afein in biefer SJclt auc^ aufeer ber SRaturoerfnüpfung
nod^ ein S>afein in einer reinen SSerftanbeSmelt, enblic^ aud^ ia^ meine
3)auer enblod fei, id^ bel^arre barauf unb laffe mir biefen ®lauben nid^t
nel^men; benn biefc« ip baö eingige, mo mein Sntereffe, meil i(^ oon bem«
felben nic^td nad^laffen barf, meinUrtl^eil unocrmeiblid^ befttmmt, ol^ne
30 auf SSemflnfteleien gu ad^ten, fo menig id^ aud^ barauf gu antmorten ober
il^nen fc^einbarere entgegen gu ftellen im ©tanbc fein möd^te-*)
•) 3«n bcutWen SWufeum, gebr. 1787, finbet fl<^ eine «b^anblung Don einem
fe^r feinen unb Reffen Äopfe, bem fei. SBBiaenmann, beffen früher %oh gn bebouren
ifl, borin er bie ^efugnig, auiS einem iBebürfniffe auf bie objectioe SRealitAt bei^ ©egen«
35 flanbe« beffelben gu fiäjlie|en, beftreitet unb feinen ©egenftanb burdj ba^ öeifpiel
144 Ärlti! ber profüfd^en Vernunft. 1. S^eil. 2.g3u*. 2. ^auptflüdf.
Um bei bcm ©cbraud^c eines nod& fo ungemol^uten S3cflri|fö, al8 ber
eine« reinen prafti|d&en aSernunftglauben« ift, aWifebeutungen guüerl^üten,
fei mir erlaubt nod^ eine Slnmerfung ^iniuguffigen. — @« foHte faft
f(!^einen, ald ob biefer SSernunftglaube l^ier felb[t al8 ®ebot angefünbigt
merbe, ndmlid^ baS ^bc^fie ®ut ffir möglid^ anjunel^men. @in ©laube s
aber, ber geboten loirb, ift ein Unbing. SRan erinnere ftd^ aber ber obigen
SluSeinanberfej^ung beffen, xoa» im Segriffe beiS](|öd^ften®uteangunel^men
t)erlangt mirb, unb man n)irb inne merben, bag biefe 3R5gIi(^feit anju«
nel^men gar nic^t geboten »erben bürfe, unb feine ^)raftifd&e ©ejinnungen
forbere, fte einjurdumen, fonbern bafe f^)eculatioe SSernunft fte o^nc lo
©efud^ gugeben muffe; benn bag eine bem moralifc^en ©efe^e angemeffene
SBürbigfeit ber t)ernfinftigen SBefen in ber SBelt, glüdlid^ gu fein, mit einem
biefer ^}roportionirten aSep^e biefer ©lücffeligfelt in SBerbinbung an [\6)
unmöglid^ fei, fann bod^ niemanb bel^aupten moHen. 9lun giebt und in
Slnfel^ung beS erften StüdS beS l^öc^ften ©uts, ndmlic^ load bie @ittli(^feit 15
betritt, bad moralifd^e ®efe^ bloiS ein ©ebot, unb bie aRoglic^felt fened
SeftanbftudS 2^ bejmeifeln, todre eben fo t)iel, ald baiS moralifc^e ®efe^
felbft in Q\x)ii\z\ gießen. SßaS aber baS gioeite @tfi(! iened £)btectS, ndm*»
lit^ bie iener äSürbigfeit burd^gdngig angemeffene ©lädfeligteit, betrifft, fo
ift gmar bie SRöglid^Ieit berfelben äberl^aupt eingurdumen gar nic^t eine« 20
©ebotiS bebarftig, benn bie tl^eoretifc^e SSernunft l^at felbft nit^t« baioiber:
nur b ie Art, »ie loir und eine fold^^^armonie ber 5Raturgefe^e mit benen
eineiS Serliebten erläutert, ber, inbem er ft^ in eine Sbee Don ©c^dn^eit, mel^e
blod fein «^imgefpinfi tfl, oemorrt ^&tte, fc^liegen »oüte, bag ein folc^ed Dbject
rotrflic^ wo e^tftire. S^ gebe t^m hierin t)oU!ommen red^t in aQen t^dtten, mo bad 95
^ebürfnig auf SReigung gegrünbet tfl, bie ntc^t einmal not^wenbig für ben, ber
bamtt angefod^ten ift, bie @;iflena i^tt^ Dbjectd poftuliren fann, oiel roeniger eine
für iebermann gültige J50rberung entl^dtt unb ba^er ein blöd fubjectioer ®nmb
ber äBünfc^e ift. .^ier aber ift ed ein SBernunftbebürfntg, aud einem objectiDen
SeftlmmungiSgrunbe bed SBiUeniS, nftmlid^ bem ntoralifc^en @efe^e, entfpringenb, roel« so
c^ed jebed vernünftige SBefen notl^wenbig Derbinbet, alfo aur ^oraudfe^ung ber i^m
angemeffenen SBebingungen in ber 9latur a priori berechtigt unb bie le^tem Don bem
DoUft&nbigen praftifc^en ©ebrauc^e ber 9)ernunft nnaertrennlic^ nta^t. (&& ift $flic^t,
ha^ l^dc^fte @ut nac^ unferem grdgten Vermögen mirfli^ au mad^en; ba^er mug
e& boc^ aud^ möglich fein; mitl^in ift t» für Jebed vernünftige äBefen in ber Seit 35
auc^ unoermeiblid^, badjenige Dorau^aufet^en, maS au beffen obiectiDer Sn^gli^feit
not^roenbig ift. S)ie ä^oraudfe^ung ift fo notl^roenbig aU bad moralifd^e (^fe^, in
^eaiel^ung auf m^t& fie ou^ nur gültig ift.
5J. b. Sioteftif b. reinen Sernunft in »efUmmnng b. öeßriff« o. ^öd&ft. ©ut. 145
ber grci!)cit benfcn foKen, l^at ctoa« an pc^, in Slnfcl^mig bcffcn un8 eine
SBal^l gufommt, »eil tj^eoretifd^e SSernunft hierüber nid^td mit a))obiIti'
fd^er ©emigl^eit entfd^eibet, unb in 9(nfe^ung biefer fann eS ein moxalU
fd^e« Sntercjfe geben, ba« ben auöfd^Iag ßiebt
0 Oben ^tte i(!^ gefagt, bag nad^ einem bloßen 9laturgange in ber
SSelt bie genau bem {tttlic^en äßertl^e angemef[ene ®lüd()eltgleit nid^t }u
ermarten unb ffir unm5gUd^ ju Italien fei, unb bag alfo bie ÜRögUd^«
feit beS l^öd^ften ®\xti t>on biefer Seite nur unter ^oraudfe^ung eined
moralif^en Sßelturl^eberd fdnne eingeräumt merben. S^ l^ielt mit SSor«
10 bebo(^t mit ber einfd^ränfung biefe« Urt^eilö auf bie ^ubjectiöcn Se»
bingungen unferer SSernunft gurüd(, um nur bann aUererft, menn bie 9(rt
il^red ^^firioal^rl^altend näl^er beftimmt »erben follte, baoon ©ebraud^ ju
machen. Sn ber 2;i^at ift bie genannte Unm5glid^feit bloS fubiectio,
b. {. unfere äSernunft ftnbet eSil^runmöglid^^ftd^ einen fo genau ange«
15 meffenen unb burd^gängig gmedCmdgtgen S^fammenl^ang gmtfc^en jmei
nad^ fo Derfd^iebenen ©efe^en ftd^ erfiugnenben äBeltbegeben^eiten nad^
einem biegen Sl^aturlaufe begreifUd^ ju mad^en, ob fte gmar mie bei aUem,
load fonft in ber Statur S^edFmägige^ ift, bie Unmoglit^teit beffelben nad^
aUgemeinen 9laturgefe^en boc^ aud^ nic^t bemeifen, b. i. auiS obiectioen
20 ©rünben l^inreid^enb bart^un fann.
Sinein ie^t fommt ein Sntfd^eibung^grunb Don anberer Slrt ind @piel,
um im @d^U)anten ber fpeculatioen SSernunft ben 9(udfd^Iag gu geben.
S>a^ ®ebot, bad l^dd^fte ®ut gu beförbern, ift objectio (in ber praftif(^en
äSernunft), bie 9R5glid^feit beffelben überl^aupt gleid^faDd objectiD (in ber
35 tl^eoretifd^en SSernunft, bie nic^tö bamiber l&at) gegrünbet. allein bie «rt,
iDte »ir und biefe 9R5glic^feit DorfieKen foDen, ob na(^ allgemeinen Statur«
gefe^en ol^ne einen ber Statur oorftel^enben toeifen Urheber, ober nur unter
beffen SSoraudfe^ung, bad fann bie SBernunft obiectit) nic^t entfd^eiben.
^ier tritt nun eine f ubjectiöe SBebingung ber SBernunft ein: bie eingige
30 i^r tl^eoretifcft mögliche, gugleid^ ber SKoralitftt (bie unter einem obiecti»
öen®efefee berSSernunft fielet) allein guträglid^e »rt, ftc^ bie genaue 3u*
fammenftimmung \>e& Sfieid^d ber Statur mit bem Sfteid^e ber Sitten atö
SSebingung ber SR5glid^feit bed l^bd^ften ®utd gu benfen. S)a nun bie
S3eförberung beffelben unb alfo bie SSoraudfe^ung feiner SR5glid^feit ob«
35 iectio (aber nur ber ^)raftifc^en aSemunft gu golge) notl&menbig ift, gu«
gleich aber bie SIrt, auf meldte Sßeife mir ed unS al^S möglid^ benfen
tooQen, in unferer äßa^l ftel^t, in loeld^er aber ein freies Sntereffe ber
Staui'9 «(Triften. fBkttt. Y. 10
146 StcMxt ber ptatttfd^en SSemunft. 1. Sf^eW, 2. 9u(!^. 2. ^oit))tflfldt.
reinen ))raftif4en93ernunft für bieSlnnel^mung eined iDeifen SSelturl^eberd
entldÖ^il^^t- fo i[t baö $rincip, »aö unfer Urtl^eil l^icrln bcftimmt, gioar
fubiectiD als ä9ebärfnig, ober aud^ gugleic^ atö SefSrberungdmittel
bejfen, »aS obiecttt)(prttftif(^)not]^»enbiß Ip, ber®runb einer 2Raylme
beS t^ürmal^r^alteniS in moralij^er Slbftd^t, b. i. ein reiner praltifd^er 5
SSernunf tglaube. S)iefer ift alfo nidbt geboten, [onbern old freimiCiige,
gur moralifc^en (gebotenen) Slbltd^t gutr&glid^e, überbem no^ tnit bem
tbeoretifc^cn SÖebürfniffe ber SJernunft cinftimmige Seftimmung unfere«
Urt^eilS, jene @ici[teng ongunel^men unb bem SSernunftgebraud^ ferner
gum ©ninbe gu legen, felbft aud ber moralifd^en ®efinnung entfprungen; 10
fonn aljo öfterd felbft bei SBol^flgejinnten biSroeilen in @d^n)an!en, nie«
mal« aber in Unglauben geratl^en.
IX.
SSon ber ber praftifcften Seftimmung be8 SWenfd^en
»eiSlid^ angemeffenen $ro<)ortion feiner is
(Srlenntnigoermögen.
äSenn bie menfd^lid^e 9latur gum l^öc^ften ®ute gu ftreben befiimmt
ift, fo mug aud^ bad 3Rag ibrer @rfenntnigt)erm5gen, t)ornel^mli(b ii^r
SSerb<ni^ unter einanber, alö gu biefem Qm^dt fc^idlic^ angenommen
werben. 5Run bemeifet ober bie Äritif ber reinen fpeculatioen SSernunft 20
bie grbgte Unguldnglic^feit berfelben, um bie loid^tigften Aufgaben, bie
il^r vorgelegt toerben, bem Qw^dt angemeffen aufgulöfen, ob Pe gtoar bie
natürlid^en unb nid^t gu überfe^enben SBinfe eben berfelben SSernnnft,
imgleid^en bie großen @(^ritte, bie fie tl^un (ann, nic^t oerfennt, um fic^
biefem großen Qidt, bad ibr auiSgeftedt ift, gu naiveren, aber bod^, ol^ne 25
e« iemaliJ für ft^ felbft fogar mit »eiplfe ber grbfeten Slaturfenntnife gu
errei(!ben. Sllfo fcbeint bie 9tatur l^ier und nur ftiefmütterli(!^ mit einem
gu unferem Qm^dt benötl^igten SJermögen öerforgt gn l^aben.
®efe^t nun, fte mare l^ierin unferem äBunfcbe »iQfd^rig getoefen
unb l^dtte uns biejenige ginfidötaffil^igfeit ober ßrleud^tung ert§eilt, bie so
toir gerne beft^en m5cl)ten, ober in beren IBeft^ einige mol^l gar »dienen
ftcb mirflid^ gu befinben, mad mürbe allem Slnfel^n nad^ too^l bie Solge
bieoon fein? äBofern nit^t guglei(!b unfere gange %atur umgednbert mdre,
fo koürben bie Steigungen, bie boc^ allemal bad erfte Sßort ^aben, gu*
S. b. 2)tale!ti! b. reinen Senmtift in ^efHmmung b. ^e^ip b. ^a^ft. ®ut. 147
cr|l t^rc aScfrlebtgung unb, mit Dernünftiger Überlegung »erbunbcn, i^rc
gr5gtm5gli(^e unb baurenbe SBefriebigung unter bem Flamen ber ®Iü(!«
f eligf ei t Derlangen; bad moralt[(^e®e[e^ mftrbenac^l^er fprec^en, um iene
in il^ren gejiemenben @(^ran{en gu galten unb fogor jte afle inögefammt
5 einem I^SI^eren, auf feine 9leigung 9iä(!ßc^t nel^menben SQ>^<t^ 3U unter«
U)erfen. ^ber fiatt beiS Streits, ben j[e^t bie moralifd^e ©eftnnung mit
ben Steigungen gu fahren ^at, in meiern nat^ einigen 9lieberlagen bod^
admätiUg moralifd^e @tdr!e ber @eele gu ermerben ift, mfirben ®ott unb
(Stoigfeit mit il^rer furd^tbaren SRajcftät un« unabWfjig üor Slugen
10 liegen (benn loaiS mir üollfommen bett)ei(en lonnen, gilt in Snfel^ung ber
©eioigl^eit uniS jo Diel, als n)0))on toir und burd^ ben Sugeufd^ein t)er^
pd^ern). S)ie Übertretung beS ©efe^e« »ürbe freiltd^ »ermieben, ba« ®e^
botene getl^on merben; meil aber bie ©efinnung, aud »eld^er $anb»
lungen gefd^e^en foHen, burc^ fein ©ebot mit eingeflößt U)erben fann, ber
15 @tad^el ber ST^dtigf eit l^ier aber fogleid^ bei |)anb unb dugerlid^ tft, bie
aSernunft alfo fic^ nid^t aUererft empor orbeiten barf, um Äraft gum
äBiberftanbe gegen Steigungen burd^ lebenbige 93orfteDung ber SBürbe beS
®efe|ed gu fammeln, fo mftrben bie mel^rften gefe^m&gigen ^anblungen
aus f^urd^t, nur menige aud Hoffnung unb gar feine aud $flid^t ge«
30 fd^e^en, ein moralifd^er SBertl^ ber ^anblungen aber, »orauf bod^ allein
ber SBertl^ ber $erjon unb felbft ber ber SSBelt in ben Slugen ber l^ocftften
SBei«l&elt anfommt, »ürbe gar nid^t ejriftiren. 3)aS aSerl^alten ber aßen«
fd&en, fo lange i^xt SRatur, »ie Pe fefet ift, bliebe, toürbe alfo in einen
blogen URed^anidmud t)ertt)anbelt koerben, too \o\t im SRarionettenfpiel
23 alled gut gefticuliren, aber in benf^iguren bod^ feinSeben angu^»
treffen fein mürbe. 9lun, ba e8 mit un« gang anber« befc^affen ift, ba »ir
mit aller Slnftrengung unferer SSernunft nur eine fel^r bunfele unb gmei«
beuttge Sluöpt^t in bie Sufunft l^aben, ber SBeltregierer unö fein 3)afein
unb feine ^errlic^feit nur mutl^mafeen, nid^t erblidten, ober flar bemeifen
30 Id^t, bagegen bad moralifd^e ®efe^ in unS, ol)ne und etmaiS mit @id^er«
^eit gu t)er^eigen, ober gu brol^en, üon und uneigennA^ige Sichtung forbert,
übrigens aber, menn biefe Ächtung tptig unb l^errfcftenb geworben, aller»
erp aldbann unb nur baburc^ Sludpc^ten ins Sfieit^ bes Überpnnli(^en,
aber aud^ nur mit ft^mad^en 93lid(en erlaubt: fo fann mal^rl^afte pttlid^e,
35 bem ®efe^e unmittelbar gemetl^te ©epnnung pattpnben unb baS Der«
nünftige ©efd^öpf beS Slntl^eilS am l^öd^pen ®ute iDürbig mxbtn, baS
bem moralifd^en SBertl^e feiner $erfon unb nid^t bloS feinen ^anblungen
10*
148 ^iti! ber proTtifd^en «ernunft. 1. S^il. 2. 9ud^. 2. ^uptflfidP.
angemeffen ifl. Stlfo möd^te ed aud^ l^ier mol^l bamit [eine Slid^tisfeit
l^aben, »od und baS @tubium ber 9tatur unb beS 3Renf(^en {onß l^in«
rei(^enb le^rt, baft bie ttnerforfd^lidöc SeiSl^eit, butc^ bie wir ejrilllren,
nid^t minber Derel^rungSrnfirbig ifl in bem, toai {te un8 Derfagte, atö in
bem, »ad fle und au tl^eil merben lieg.
2)er
Äritil ber ptatt\'\(i^tn aSernunft
3wdtev S^eil.
ber
reinen ^raftift^en SJernunft.
Unter bcr ^Kctl^obcnlel^rc bct reinen ^)raftifd^cn SBernunft fann
man nid^t bie Srt (fornol^I im 9lad^benfen atö im 93ortrage) mit reinen
:praltif(i^en ©runbfd^en in 9(bf{(^t auf ein miffenft^aftlic^ed @rfennt^
nife berjelben gu toerfal^rcn t)erpe]^cn,ttcl(^e8 man fonft imSl^eoretif c^en
5 etgentli(| allein SRet^obe nennt (benn ^)Oi)uWre« grfenntnife bebarf einer
aWanier, SBiffenfc^aft aber einer SRctl^obe, b. i. eine« SSerfol^ren« nai)
^rincipien ber SSernunft, moburd^ bad SRannigfaltige einer @rtenntni^
allein ein Softem »erben fann). JBielme^r toirb unter biefer SKetl^oben»»
leiere bie Hrt Derfianben, »ic man ben ®efefeen ber reinen praftifd^en
10 SSernunft @ingang in bas menfd^Iid^e ©emfitl^, @influg auf bie 3)fa^i«
men beffelbcn t)erf (Raffen, b. i. bie objectiö praftifdö« SSernunft auc^ f üb«
jectit) :praltijd^ mad^en fönne.
SRutt iji gwar Ilar, bafe bieienigen ©eftimmung§grünbc bc5 SBillen«,
tteld^e allein bie 3Ra;rimen eigentlid^ moralifd^ mad^en unb i^nen einen
15 fittlid^en SBertl^ geben, bie unmittelbare SSorfteUung be<S ©efe^eS unb bie
objectio notl^menbige Befolgung beffelben atö ^flid^t, atö bie eigentli(!^en
Sriebfebern ber ^anblungen öorgeftellt »erben muffen, »eil fonft jtoar
Segalitdt ber ^anblungen, aber nicftt 5Woralitfit ber ®c(tnnungen be»
toirlt werben toürbe. Allein nid^t fo flar, üielmel^r beim erften anblidc
so ganj unmal^rfd^einlid^ mug eiS {ebermann t)orfommen, ba^ aud^ fubj[ectiD
jene S)arftenung ber reinen Sugenb mel^rSItad^t aber bai^ menfc^lid^e
®emüt]^ l^aben unb eine »cit ftdrfcre Striebfcber abgeben fönne, fclbft iene
Segalitdt ber ^anblungen ju betöirfen unb frdftigere ©ntfd^llefeungen
l^ertoorgubringen, baS ®efe^ aud reiner Sld^tung für baffelbe jeber anberen
25 aiüdtji^t t)orjujie]^en, al« ade «nlodtungen, bie au« SSorfpiegelungen üon
SSergnügen unb überhaupt ädern bem, \oa& man jur ®lAdt{eIigfeit ga^Ien
152 ^itil bet prafttf^en S^entunft. 2. 2:^eil.
mag, ober aud^ aQe Snbro^ungen t)on Sd^merj unb Übeln iemaliS mirlen
lönnen. ©lei^mol^l ift eS mirtlid^ jo bemanbt, unb to&re eS nii^t fo mit
ber menfd^lic^en 9latur befc^affen, fo mfirbe aud^ feine SBorßellungdart beiS
®e{e^ed bur(i^ Umf(^ttetfe unb empfel^lenbe SRittel iemald ^oralitdt ber
©ejinnung l^erDorbringen. aUed m&re lauter ©letgnerei, baS ®eje^ toürbe 5
gel^agt, ober too^l gar oerai^^tet, inbeffen bo(^ um eigenen SSort^eitö miUen
befolgt »erben. 35er aSud^jtabe be« ©efe^e« (ßegalitdt) mürbe in unferen
^anblungen angutreffen fein, ber ®eijt beffelben aber in unferen ©epn*
nungen (SKoralltdt) gar nic^t, unb ba mir mit aller unferer Semü^ung
un8 bod^ in unferem Urt^eile ni(^t gang oon ber SSernunft I08 mad^en lu
ßnnen, fo mürben mir unoermetbli(ö in unferen eigenen »ugen ate nid^t««»
mürbige, oermorfene 3Wenf(ften erfd^elnen muffen, menn mir un« gleich
für biefe j^r&nlung oor bem inneren Siid^terftu^l baburd^ f(^ablo8 gu
l^alten oerfud^ten, bag mir und an ben SBergnügen ergöj^ten, bie ein oon
und angenommenes natürlid^eS ober göttlid^ed ®efe^ unferem SBal^ne 15
na(^ mit bem SRafd^inenmefen il^rer $oliget, bie ft(^ bloS nad^ bem ric^«
tete, tt)a8 man tl^ut, ol^ne jid^ um bie Semegungdgrünbe, marum man
eiS tl^ut, gu belümmerni,t)erbitnben l^dtte.
ßmar fann man nid^t in abrebe fein, bafe, um ein entmeber no(fi un*
gebilbeted, ober aud^ oermilberted ®emüt]^ guerft inS ®leiiS beS moralifd^ 20
®uten gu bringen, ed einiger oorbereitenben Anleitungen bebürfe, ed buxtf
feinen eigenen SSort^eil gu lodten, ober burd^ ben @d^aben gu fd^reden;
alletn fo balb biefeS SRafc^inenmerf, biefeS ©dngelbanb nur einige äBir«
lung getrau l^at, fo mug burd^aud ber reine moralifc^e Semegungdgrunb
an bie @eele gebrad^t merben, ber nid^t allein baburd^, bag er ber eingige -•ih
ift, meld^er einen 6^ara(ter (prattifd^e confequente S)enrungdart nad^ un»
oerdnberlid^en 3Ra;rimen) grünbet, fonbern aud^ barum, meil er ben 3Ren>
fc^en feine eigene Sßfirbe fül^len le^rt, bem ®emflt]^e eine il^m felbft un«
ermartete Äraft glebt, jtd^ oon aller ftnulld^en anl&dnglic^feit, fo fern jie
](ierrfd^enb merben mill, loSgureigen unb in ber Unabl^dngigleit feiner 30
intelligibelen 9latur unb ber @eelengr5ge, bagu er {td^ beftimmt fielet, für
bie Dpfer, bie er barbringt, reid^lic^e entfd^dbigung gu flnben, SBir
moDen alfo biefe Sigenfd^aft unfered ®emüt^e, biefe (Smpfdnglid^feit eines
reinen moralifc^en Sntereffe unb mitl^in bie bemegenbe Äraft ber reinen
äSorftellung ber Sugenb, menn fie gehörig and menfd^lid^e $erg gebrad^t 35
mirb, als bie mdd^tigfte unb, menn ed auf bie S)auer unb $ünftlid^(eit in
aSefolgung moralifd^er SRajcimen anfommt, eingige Striebfeber gum ®uten
awptl&obenlel^rc ber reinen proftif^en SSernunft. 153
burd^ Seobad^tungen, bie ein {eber anfteüen fonn, bemeifen; tojobei bod^
pgleid^ erinnert lüerben mug, ia% toenn biefe Seobad^tungen nur bie
SBirni(^teit eines folc^en ©effl^ls, nid^t ober baburd^ gu @tanbe gebrachte
fittlid^e Sefferung bereifen, biefeS ber einjigen 9Ret]()obe, bie objectio
5 praltifd^en ©efe^e ber reinen SSernunft burd^ bloge reine SSorfteüung ber
$f[i(^t fubjlectit) praftifd^ ju tnad^en, leinen 8lbbni(^ t^ue, gleid^ als ob
ße eine leere ^l^antafterei todre. S)enn ba biefe SRet^obe nod^ niemals in
®ang gebrad^t morben, fo lann aud^ bie @rfa^rung no(^ nichts t)on il^rem
Srfolg aufgeigen, fonbern man tann nur iBemeiStl^fimer ber Smpfdnglid^:»
10 feit fold^er Sriebfebern forbern, bie id^ iej^t Ifirglid^ vorlegen unb barnad^
bie SRetl^obe ber ®ränbung unb (Sultur äd^ter moralifc^er ©ejinnungen
mit ttenigem entwerfen miQ.
SBenn man auf ben ®ang ber ©efpr&d^e in gemifd^ten ©efeUfd^aften,
bie ni^t bloS aus ©elel^rten unb ä^ernünftlern, fonbern au(^ aus Seuten
15 Don ©efdjdften ober Sf^auengimmer befleißen, Sld^t.l^at, fo bemerft man,
bag auger bem (Srgd^len unb @d^ergen noc^ eine Unterhaltung, ndmlid^
baS 9{dfonntren, barin $la^ finbet: toeil baS erftere, toenn eS 9leuigteit
unb mit i^r gnterejfe bei ftc^ fül^ren foH, balb erfd^öpft, baS gmeite aber
leicht fd^al loirb. Unter allem SÜdfonniren ift aber (eines, maS mel^r ben
20 Seitritt ber ^erfonen, bie fonft bei allem JBernünfteln balb lange SBeile
liaben, enegt unb eine getoiffe Sebl^aftlgfeit in bie ®efellf(^aft bringt, als
baS über ben fittlid^en SBert^ biefer ober iener 4>anblung, baburc^ ber
®^arafter irgenb einer ^erfon auSgemad^t »erben foll. ©iejenige, meldten
fonft alles ©ubtile unb Orüblerifdöe in tj^eoretlfd^en fragen trodten unb
25 öerbriefelid^ ift, treten balb bei, toenn es barauf anfommt, ben moralifd^en
®e]^alt einer ergd^lten guten ober böfen ^anblung auSgumad^en, unb ftnb
fo genau, fo grüblerifd^, fo fubtil, alles, »aS bie SReinigfeit ber abfielt
unb mitl^in ben ®rab ber Stugenb in berfelben toerminbern, ober aud^ nur
k)erbd(^t{g machen lönnte, auSguftnnen, als man bei feinem Dbj[ecte ber
30 ©peculation fonft oon i^nen erwartet. 5Wan fann in biefen JBeurtl^eilungen
oft ben ßl^arafter ber über anbere urtl^eilenben ^erfonen felbft l^eroor«
fd^immem feigen, bereu einige üorgüglid^ geneigt fd^einen, inbem pe i^r
SRld^teramt oornel^mlic^ über SSerftorbene ausüben, baS ®ute, maS oon
biefer ober Jener Sl^at berfelben ergdl^lt wirb, »iber alle frdnfenbe ©n«
35 ȟrfe ber Unlauterfeit unb gule^t ben gangen ftttUc^en SBertl^ ber $erfon
wiber ben SSoriourf ber SSerftellung unb gel^eimen SöSartigfeit gu Dertl^ei«
bigen, anbere bagegen mel^r auf auflagen unb Sefd^ulbigungen pnnen.
154 Stdtlt ber proftifd^en l^eniunft. 2. %f^l
biefen Sßertl^ ongufed^ten. S)odg lann man ben leiteten nid^t immer bte
Sbpd^t beimeffen, Sugenb auS aOen Seifptelen ber 9Renf(!^en g&nglid^
loegtoernänfteln ju wollen, um fte boburd^ gum leeren Stamen gu ma(|en,
fonbern ed ift oft nur mol^Igemeinte Strenge in Sejtimmung beiS fid^ten
jtttlid^en ©el^altö nodg einem unnad^{i(^tlid^en ®eje^e, mit meld^em unb 5
nid^t mit Seifpielen Derglid^en ber @tgenbfin(el im ÜRoralifd^en fel^r finft,
unb S)emut]^ nid^t ettoa blod geleiert, fonbern bei fd^orfer Selb^prüfung
Don iebem gefül^It mirb. S)ennod^ fann man ben Sert^eibigern ber Steinig«^
feit ber Slbfid^t in gegebenen iBeifpielen ed mel^rentl^eild anfeilen, ba^ fte
il^r ba, mo fie bie SSermutl^ung ber Sted^tfd^affenl^eit fär fid^ l^at, aud^ ben 10
minbeften %Ud gerne abtoif^en möchten, aud bem Seioegungfigrunbe,
bamit nid^t, toenn allen iBeifpielen il^re SSal^rl^aftigleit geftritten unb
aUer menfd^lid^en Sugenb bie gauterleit tt)eggeleugnet mürbe, biefe nid^t
enblic^ gar für ein blogeS ^irngefpinft gel^alten unb fo alle iBeftrebung
gu berfelben als eitles Regiere unb träglid^er @igenbün(el geringfd^d^ig is
gemacht merbe.
Sd^ mei^ nid^t, warum bie Srgiel^er ber Sugenb t)on biefem ^ange
ber SSernunft, in aufgeworfenen praftifd^en Silagen felbft bie fubtilfte
Prüfung mit SSergnfigen eingufd^lagen, nid^t fd^on l&ngft ©ebraud^ ge^
mad^t l^aben, unb, nad^bem fte einen blo8 moralifc^en ^ated^iSm gum 20
®runbe legten, fte nid^t bie Siograpl^ien alter unb neuer Seiten in ber
abjic^t burd^fud^ten, um Sel&ge gu ben vorgelegten ^flid^ten bei ber ^anb
gu l^aben, an benen fte Dorne^mlid^ burd^ bie SSergleid^ung dl^nlid^er^anb«
lungen unter öerfc^iebenen Umftänben bie ©eurtl^eilung ll^rer ßöglingc
in 2:^ätigfeit festen, um ben minbern ober größeren moralifd^en ©el&alt 25
berfelben gu bemerfen, al« worin fte felbft bie frftl^e 3ugenb, bie gu aller
(Speculation fonft nod^ unreif ift, balb fel^r fd^arffid^tig unb babei, Weil
jte ben gortfc^ritt il&rer Urt^eitefraft fül^lt, nid^t wenig intereffirt flnben
werben, waö aber bad 93orne{|mfte ift, mit @id^erl^eit hoffen fönnen, bag
bie öftere Übung, baS äBol^loer^alten in feiner gangen äieinigfeit gu (ennen 30
unb il^m SBeifaU gu geben, bagegen felbft bie fleinfte Slbweid^ung Don i^r
mit Sebauern ober SScrad^tung gu bemerfen, ob e« gwar bis bal^in nur
als ein Spiel ber Urt^eilSlraft, in weld^em j^inber mit einanber wett<>
eifern fönnen, getrieben wirb, bennoc^ einen bauerl^aften ©inbrudt ber
^od^fd&dfeung auf ber einen unb beS abf(fteueS auf ber anbern Seite so
gurfidClaffen werbe, welche burc^ bloge ©ewol^nl^eit, folc^e ^anblungen als
beifaES« ober tabelswürbig öfters angufel^en, gur Sied^tfd^affenl^eit im
aRet§obenIe§re ber reinen ptaftif^en Vernunft. 155
fänftigen SebenStoanbel eine gute ©runblage auSmad^en toürben. 91ut
iDünfcibe td^ fie mit Seifpielen fogenannter ebler (übert)erb{en{itn(^er)
^anblungen, mit toeld^en itnfere empflnbfame @d^riften fo t)iel um ftd^
oerfen, ju Derfd^onen unb aViti Mo8 auf ^{lic^t unb ben SBertl^, ben ein
5 SRenfd^ fid^ in feinen eigenen ^ugen burd^ baö Setougtfein, fie ni(|t über«
treten gu l^aben, geben fann unb mug, auSgufe^en, meil, toaS auf leere
Sünfc^e unb 6e]^nfu(|ten nad^ unerfteiglid^er SSoüIommenl^eit l^inauS«'
läuft, lauter Slomanl^elben ]^ert)orbringt, bie, inbem fie fi^ auf i^r ®efä]^l
ffir bas überfd^toenglid^ ®ro&e t)iel ju ®ute tl^nn, ftd^ bafür t)on ber Se«
10 obad^tung ber gemeinen unb gangbaren €dbulbigfeit, bie al8bann il^nen
nur unbebeutenb Hein fc^eint, frei fpreci^en.*)
SBenn man aber frftgt, toa« benn eigentlid^ bie reine Sittlic^feit ifl,
an ber al8 bem ^robemetaQ man jeber ^anblung moralifcl^en ©el^alt
prüfen muffe, fo mug i(^ geftel^en, bag nur $^i(ofo:p^en bie @ntfd^eibung
16 biefcr Sfrage gtoeifell^aft mad^en fönnen; benn in ber gemeinen SRenfcften»
Dernunft ift fie, itoar ni(!^t burd^ abgezogene aOgemeine Srormeln, aber
bod^ burd^ ben gemöl^nlid^en ©ebraud^, gleic^fam a\& ber Unterfd^ieb
giöifd^en ber redeten unb linfen ^anb, Icingft entfc^iebcn. SBfr wollen alfo
oorerfi ia» ^räfungömerlmal ber reinen 2:ugenb an einem Säeifpiele gei«
30 flen unb, inbem toir unä oorfleUen, bafe e« etwa einem gel^niöl^rlgen Ana*
Ben jur Seurt^eilung öorgelegt toorben, feigen, ob er audö öon f eiber, ol^ne
burc^ ben Seigrer bagu angemiefen gu fein, notl^menbig fo urtl^eilen mu^te.
9Ran ergäl^le bie ©efd^id^te eines reblid^en SRanned, ben man bewegen
»in, ben aSerleumbern einer unfd^ulbigen, übrigen« nid^t« oermögenben
95 $erfon (wie etwa Sinna Don Solen auf ^nllage ^einrid) YIII. Don @ng«
lanb) beigutreten. 3Wan bietet ©ewinne, b. i. grofee Oefd^enfe ober l^ol^en
aHang, an, er fc^l> fie auS. 3)iefe8 wirb blogen Seifall unb Billigung
*) ^anblungen, aud benen groge, uneigennü^ige, tl^eilne^menbe ©efinnung unb
!D?enf(j^Ii(^feit l^erDorteuc^tet, au greifen, ift gana rat^fam. ^er man mug ^ter ni^t
30 foU7o^( auf bie ©eelenerl^ebung, bie fe^r flüchtig unb t^or&bergel^enb ifl, ald Diel-
mel^r auf bie ^eraendunterwerfung unter ^fli(!|t, XDo\)on ein Idngerer ^in>
brud erwartet »erben fann, meil fie @runbfA^e (jene aber nur SlufroaUungen) mit
fi(^ fü^rt, aufmerffam macj^en. Wlan barf nur ein wenig nac^finnen, man wirb immer
eine ©c^ulb finben, bie er fit^ irgenb noburc^ in $(nfe^ung bed SJ^enft^engefctilet^td
3$ aufgelaben l^at (foUte ed au^ nur bie fein, bag man bur^ bie Unglei^l^eit ber
!I)2enf(!|en in ber bürgerlid^en Sßerfaffung ^ortl^eile geniest, um bereu roillen anbere
befto me^r entbehren mflffen), um burc^ bie eigenliebige C^inbilbung beiS Serbien fi-
lteren ben ®ebanfen an $f li^t ni^t au t^erbröugen.
156 Miit ber praftifc^en Vernunft. 2. ^IL
in bcr @cclc bc8 Qn^tttS toirten, mil c« ®eiDinn ip. Slun fftngt man
e« mit anbrol^ung bed ä^erluße an. @8 ftnb unter btefen SSerleumbern
feine 6eftcn greunbe, bie il^m Je^t il^re grcunbfd^aft auffagen, nal^e SBer*
tDQnbte, bie il^n (ber ol^ne SSermögen ift) ju enterben breiten, SRäd^tige,
bie il^n in }ebem £)rte unb Suftanbe verfolgen unb Irdnien fönnen, ein 6
Sanbeäfürft, ber ll^n mit bem Serluft ber greil^elt, ja be8 geben» felbft
bebro^t. Um il^n aber, bamit ba» ÜRag bed Seibene r>oVi fei, aud^ ben
@(^merj ful^len gu laffen, ben nur baS ftttlii^ gute ^erj red^t inniglidg
füllen lann, mag man feine mit öufeerfter 5Rot^ unb 3)ürftig!eit bebrol^tc
f^amilie i^n um 9ta(3^giebigleit anflel^enb, il^n felbft, obgmar red^t*^ lo
fd^affen, bod^ eben nid^t t)Dn feften, unempfinblid^en Organen bed ®ef&^tö
für SRitleib fottol^I als eigener 3to% in einem augenblid, barin er toünfc^t
ben 2;ag nie erlebt ju ^aben, ber il^n einem fo unaudf:pred^lid^en Sc^merg
auiSfe^te, bennod^ feinem SSorfa^e ber SfiebUd^Ieit, ol^ne gu manlen ober
nur gu gweifeln, treu bleibenb t)orfteaen: fo loirb mein j[ugenblid^er 3u« 15
](|örer ftufenmeife oon ber bloßen Billigung gur iBetounberung, t)on ba
gum @rftaunen, enblid^ biö jur gr5gten SSere^rung unb einem lebl^aften
äSunfc^e, felbft ein fold^er 3Jtann fein gu fönnen (obgmar freilid^ nid^t in
feinem ßuftanbe), crl&oben werben; unb glei(^too]^l ift l^ier bie Jugenb
nur barum fo t)iel toertl^i, meil fte fo Diel toftet, nid^t toeil {te etwad ein« 20
bringt. S)ie gange SBetounberung unb felbft Seftrebung gur ^nlic^teit
mit biefem 6l^ara(ter berul^t l^ier g&nglid^ auf ber äteinigleit bed ftttlid^en
©runbfa^ee, meiere nur baburd^ red^t in bie Slugen faQenb DorgefteUt
merben (ann, bag man aEeS, maS äRenfc^en nur gur ©lädtfeligteit galten
mögen, oon ben 5£riebfebern ber ^anblung megnimmt Ulfo mug bie 35
©ittlid^feit auf baS menfd^lid^e $erg befto mel^r j^raft l^aben, je reiner fie
bargeftellt toirb, SBorau« benn folgt, bafe, toenn baS ®efejj ber Sitten
unb baS S3tlb ber ^eiligfeit unb Sugenb auf unfere @eele überall einigen
etnflufe ausüben foll, fte biefen nur fo fern ausüben Wnne, al8 fie rein,
untermengt oon Sbfid^ten auf fein Sßol^lbefinben, als 2;nebfeber ans $erg so
gelegt mirb, barum meil {te fic^ im Seiben am l^errlid^ften geigt, ^as«
tenige aber, beffeu SSegr&umung bie ^irfung einer bemegenben JCraft
t)erpärft, mufe ein ^inberniß getoefen fein. Solglid^ ift aUe Seimifc^ung
ber Sriebfebern, bie oon eigener ©lüdtfeligfeit l^ergenommen »erben, ein
^inbernig, bem moralifd^en ©efe^e Sinßug aufS menfd^lid^e ^erg gu Der« 35
fd^affen. — 3d^ behaupte ferner, bafe felbft in jener bemunberten ^anb*
lung, toenn ber 93en)egungSgrunb, barauS {te gefd^al^, bie ^od^fc^&^ung
aWetl^obentcl^rc bct reinen profttf^en Vernunft. 157
[etiler ^flid&t toax, üttbann eben bicfe acfttung für« ®efe^, nid)t etroa
ein 8[nf:pru^ auf bie innere SReinung oon ©roginut^ unb ebler, nerbienft*
lid^er S)enlang8art, gerabe auf bad ©emätl^ beS ßufd^auerS bie größte
j(raft l^abe, folglich WW» nic^t SSerbienft ben nid^t aUein beftimmtejten,
5 fonbern, »enn jte im redeten Sichte \i)xev Unöerle^liij^fcit DorgcfteHt mirb,
aud^ ben einbringenbften Sinßu^ aufd ©emfitb ^aben muffe.
3n unfern Seiten, U)D man me^r mit fd^meljenben, toeidil^erjigen
©efftl^len, ober l^oc^fliegenben, aufbld^enben unb bad $erj el^er toell als
ftarl mad^enben Snmagungen über baS ©emütl^ me^r audgurid^ten l^offt,
10 atö burd^ bie ber menfd^Iid^en Untoolllommenl^ett unb bem f^ortfc^ritte im
Outen angemefenere trodne unb ernftl^afte SSorftellunfl ber ^pid^t, ip bie
^inweifung auf biefe SRetl^obe nbt^iger als fematö. j^inbern ^anblun«
gen Ol« ebele, grofemütl&ige, öerbienftlid^e gum aRufter aufgujieUen, in ber
SReinung, fie burc^ @in{lögung eine« @nt^ufia«mu« fär biefelbe eingu«
13 nehmen, ifi t)ollenb« gtoedmibrig. S)enn ba fie nod^ in ber Seobad^tung
ber gemeinften ^flld^t unb felbfl in ber rid^tigen Seurtl^eilung berfelben
fo weit gurftd jinb, fo l^clfet baS fo Diel, al« fie bei Selten gu ^l^antaften
gtt mad^en. 8lber aud^ bei bem belel^rtern unb erfal^rnern 5£^eil ber 9)ten»
fd^en ift biefe »ermeinte Striebfeber, m nid^t Don nadjtl^eiliger, toenigflen«
30 üon feiner dd^ten moralifd^en SBirfung auf« ^erg, bie man baburc^ bod^
l^at gutoegebringen loollen.
^Ue ©efä^le, Dornel^mlid^ bie, fo ungetool^nte Slnftrengung be«
»irfen foHen, muffen in bem augenblirfe, ba jie in i^rer ^eftigfeit jinb,
utib el^e {te oerbraufen, il^re SSBirlung t^un, fonft tl^un fie nid^t«: inbem
25 ba« |)erg natürllc^ermeife gu feiner natürlid^en, gem&feigten Äeben«bewe«
gung gurildtel^rt unb fonad^ in bie ^attigteit oerfdllt, bie i^m oor^er
eigen mar, »eil gioar etwa«, ma« e« reigte, nid^t« aber, ba« e« ftdrfte, an
baffelbe gebrad&t war. (Srunbfd^e muffen auf Segriffe errid^tet werben,
auf alle anbere (Srunblage fbnnen nur Slnwanbelungen gu @tanbe fommen,
30 bie ber ?erfon feinen moralifd^en SEBert^, ja nid^t einmal eine Suoerjid^t
auf fid^ felbft oerfd^affen fonnen, ol^ne bie ba« 93emugt|ein feiner morali*
fd^en ®e{innung unb eine« fold^en 61§arafter«, ba« l^öd^fte ®ut im 3Ren«
fd^en, gar nic^t ftattfinben fann. 2)iefc Segrijfe nun, wenn fie fub|ectio
praftifc^ werben foHen, muffen nid^t bei ben objectioen ®efe^en ber @itt«
35 lic^feit ftel^en bleiben, um fie ju bewunbern unb in Segiel^ung auf bie
SDlenfd^l^eit l^od^gufd^d^en, fonbern i^re Sorfiellung in Sfielation auf ben
SDlenfd^en unb auf fein Snbioibuum betrad^ten; ba benn fene« ®efe^ in
158 Äriti! bet ptaftifd^en Cemunft. 2. $^|cil.
einer gtoar l^öc^ft ad^tungdtoärbigen, aber nid^t fo gefdlligen (Sejialt er«
fd^eint, alö ob ed ju bem @leaiente gehöre, baran er naturlid^er SSeife ge«
iDol^nt ift, fonbern mie eS il^n n5t^tgt, biefei^ oft nid^t ol^ne €elb{ioerIeug«
nung gu oerlaffen unb {td^ in ein l(|o^ered gu begeben, barin er {td^ mit
unaufprli(i)er Seforgnig beS Stüdtfalld nur mit ÜRül^e erl^alten fann. 5
3R\t einem SBorte, baS moralif^e ®efe^ t)erlangt Befolgung au$ ^flid^t,
nid^t aus SSorliebe, bie man gar nid^t ooraudfe^en fann unb foll.
Sagt uni^ nun im Seifpiele feigen, ob in ber SSorfteUung einer $anb«
lung aU ebler unb grogmfttl^iger ^anblung me^r fubjectio bemegenbe
JSraft einer Sriebfeber liege, alö menn biefe bIo8 ald ^ßic^t in Serl^dlt« 10
nig auf baiS ernfte moralifd^e ®efe^ oorgefteUt mirb. S)ie ^anblung,
ba iemanb mit ber größten ©efa^r beö Seben$ Seute auö bem @(^iff brud^e
ju retten fud^t, menn er gulej^t babei felbft fein Seben einbüßt, mirb gtoar
einerfeitiS gur ^ßid^t, anbererfeitd aber unb größtent^eitö aud^ für Der«
bienftlid^e ^anblung angered^net, aber unfere ^o(^f(^&^ung berfelben 15
mirb gar fe^r burd^ ben Segriff üon ^fltd^t gegen fi(^ felbft, meldbe
l^ier etmad 9lbbru(^ gu leiben fd^eint, gefd^m&d^t. @ntfc^eibenber tft bie
grogmfltl^ige Aufopferung feines Sebend gur (Srl^altung beiS äSaterlanbeS,
unb bod^i ob ed aud^ fo toolltommen ^flic^t fei, fid^ oon felbß unb unbe«
fohlen biefer Sbflc^t gu meil^en, barüber bleibt einiger Scrupel übrig, 90
unb bie ^anblung l^at nid^t bie gange ^raft eines ÜRufterS unb Antriebes
gur 9lad^al^mung in ftd^. ^\i eS aber unerläßliche ^flidbt, beren Über«
tretung bas moraIi|(^e ®e{e^ an {tc^ unb titim 9tüdtfi(^t auf SRenfc^en«
tool^l oerle^t unb beffen ^eiligfeit gleid^fam mit %ü^tn tritt (bergleid^en
$fli(^ten man ^ßid^ten gegen ®ott gu nennen pflegt, meil mir unS in 25
il^m baS Sbeal ber 4>eiligfeit in ©ubftang benfen), fo mibmen mir ber »€•
folgung beffelben mit Aufopferung alles bef[en, maS für bie innigfie aller
unlerer 9leigungen nur immer einen SSSertl^ ^aben mag, bie allerüoll«
fommenfte ^od^ad^tung, unb mir finben unfere @eele burd^ ein fol(^eS
SSeifpiel geftärlt unb erl^oben, menn mir an bemfelben unS übergeugen so
tonnen, baß bie menfd^lid^e 9latur gu einer fo großen @r^ebung über aUeS,
maS Slatur nur immer an 2:riebfebem gum ©egent^eil aufbringen mag,
fd^ig fei. 3uoenal fteUt ein folc^eS Seifpiel in einer Steigerung oor,
bie ben fiefer bie Äraft ber Strlebfeber, bie im reinen ©efefee ber $flid^t
als $flid^t fteift, lebl^aft empfinben Idßt: 35
Esto bonus miles, tutor bonus, arbiter idem
Integer; ambiguae si quando citabere testis
SD^etl^obenUl^Te ber reinen praltif^en Vernunft. 159
Incertaeque rei, Pbalaris licet imperet, ut sis
Falsus, et admoto dictet periuria tauro,
Summum crede nefas animam praeferre pudori
Et propter yitam vivendi perdere causas.
5 äßenn toir trgenb etoaS @(l^mei<]^ell^afte« oom SSerbienftlid^en in
unjcrc ^anblung bringen fönncn, bann i[t bie Sriebfeber fdjon mit ßigcn»
Ucbc cttoa« Dcrmifci^t, ^at alfo eintße »eiplfe Don bcr Seite ber ©inm
Ud^feit. aber ber {^eiligteit ber ${Ii(^t aQein aUeS na^fej^en unb {td^ be«
»ufet »erben, bafe man e« Ibnnt, weil unferc ciflcnc SSernunft biefe« al«
10 i^r @ebot anerfemit unb fagt, bag man eS t^un foUe, ia& ^eigt ^i^
fllcid^fam über bie ©innenttelt felbjt gänjUd^ erl^eben, unb ijt in bemfclben
SeiDu^tfein beS ®efe^ed au(^ ald Sriebfeber eine« bie@innlid^feit
bel^errjdb^nben Vermögend unjertrennlid^, loenn gleid^ nid^t immer
mit Sffect t)erbunben, ber aber bod^ aud^ burd^ bie bftere SBefd^&ftigung
15 mit berfelben unb bie anfangs Keinem Serfud^e il^reä ®ebrau(^« ^ojf«
nung iu feiner ä9etoir(ung giebt, um in und nad^ unb nad^ ba« größte,
aber reine moraltfd^e ^ntereffe baran l^erDorgubringen.
S)ie SRetl^obe nimmt alfo folgenben ®ang. ßuerft ifl e« nur barum
iU t^un, bie Senrt^eilung nad^ moralifd^en ©efe^en gu einer natürlid^en,
90 ade unfere eigene fomo^l atö bie ä3eobad^tung frember freier ^anblungen
begleitenben iBefd^dftigung unb gleic^fam gur ©emol^nl^eit gu mad^en unb
fie gu fd^drfen, inbem man Dorerji fragt, ob bie ^anblung objectiD bem
moralifc^en ©efe^e, unb toelc^em, gemäg fei; mobei man benn bie
Kufmerifamleit auf baSfenige ®efe^, melc^eö bloS einen ®runb gur SSer«
25 binblid^Ieit an bie ^anb giebt, Don bem unterfd^eibet, meldte« in ber SE^at
Derbinbenb ift (leges obligandi a legibus obligantibus), (tt)ie g. S.
ba«©efe^ beöienigen, roa« baSSebürfnlfe bcr SWenfdjen, im ®egen«
fa^e beffen, mad bad Siedet berfelben Don mir forbert, moDon baS Se^tere
mefentlid^e, baö @rftere aber nur augermefentlid^e fjflid^ten Dorfd^reibt)
30 unb fo Derfc^iebene ^{lic^ten, bie in einer ^anblung gufammenlommen,
unterfd()eiben lel^rt. ^er anbere $unlt, toorauf bie äufmerffamleit ge«
richtet merben mug, ift bie i^rage: ob bie ^anblung au(^ (fubjectiD) um
beö moralifd^en ®ef e^eS millen gefd^e^en, unb alfo fie nld^t aUein
f{ttli(^e SHid^tigteit a\» S^at, fonbern aud^ ^ttlid^en SBert^ alö ©eftnnung,
36 il^rer SWayime nad^, ^abe, 3llun ift !ein S^eifel, bafe biefe Übung unb
ba« SBemufetfein einer barau« entfpringenben ßuUur unferer bIo8 fiber
bai ^raftifd^e urt^eilenben äSemunft ein gemiffes 3ntereff e felbft am ®e«
160 ^itif ber prahifd^en Vernunft. 2. Sl^eil.
fe^e berfelben, mithin an f!ttli(j^ guten ^anblungen nad^ unb nad^ l^er«
Dorbrtngcn müjfc. 2)cnn mir gctoinncn cnblid^ baS lieb, beffcn Setrad^*
tung und ben ermeiterten ®ebrauc^ unferer (Srfenntntgfrdfte empfinben
I>, tt)el(^en t)Drne]§mU(^ ba^tenige beförbert, morin mix moralif(^e
afÜc^tigtelt antreffen: »eil jtc^ bte SBernunft in einer \o\6itn Drbnunfl 5
ber S)tnge mit il^rem SSermögen, a priori nad^ $rincipien gu beftimmen,
ttaiS gef(!^eben foll, allein gut finben fann. ©eminnt bodb ^in 9taturbeob«
ad^ter ®egenft&nbe, bie feinen Sinnen anfangt anftögig {tnb, enblid^ lieb,
loenn er bie groge StoeÄmfigigfeit il^rer Drganifation baran entbed(t unb
fo feine SScrnunft an i^rer Setrad^tung weibet, unb geibnij brachte ein 10
Snfect, tocld^e« er burc^« SKifroffop forgffiltig betrad^tet l^atte, fd&onenb
mieberum auf fein 93latt jurüdt, meil er fid^ burdb feinen 8(nblidjl belel^rt
gefunben unb üon i^m gleit^fam eine SBol^ltl^at genoffen l^atte.
Slber biefe Säefd^&ftigung ber UrtlieilSlraft, loeld^e und unfere eigene
erfenntnifefröfte füblcn läfet, ift nod^ nid^t bad Sntereffe an ben ^anb* 15
lungen unb i^rer SRoralitdt felbft. Sie mat^t blöd, bag man fid^ gerne
mit einer folc^en SBeurtl^eilung unterl^dlt, unb giebt ber Sugenb ober ber
S)enfungöart nad^ moralif(ften ®efe^en eine gorm ber ©d^önl&eit, bie be=
munbert, barum aber no(^ nid^t gefud^t wirb (laudatur et alget); wie
aUed, beffen Betrachtung fubiectit) ein 8eu)u^tfein ber Harmonie unferer 20
SSorfteDungdfr&fte bewirft, unb mobei mir unfer ganged Srlenntni^Der«
mögen (SSerftanb unb ©nbilbungdfraft) gefilärft fül^len, ein SBoJ^lgefallen
l^erDorbringt, bad ftd^ aud^ anbern mittl^eilen lä^t, mobei gleid^mol^l bie
6;ciftenj bed £)biectd und gleidbgältig bleibt, inbem ed nur ald bie 9Ser«
anlaffung angefe^en mirb, ber Aber bie Sl^ierl^eit erhabenen Anlage ber 25
Talente in und inne ju merben. 9tun tritt aber bie gmeite Übung il^r
©efc^&ft an, ndmlid^ in ber lebenbigen S)arftenung ber moralifd^en ®e«
ftnnung an iBeifpielen bie SÜeinigfeit bed äBiOend bemerllid^ gu mad^en,
t)orerft nur ald negativer SBolirommenl^eit beffelben, fo fern in einer ^anb«
lung aud $f[i(^t gar feine 5£riebfebern ber Steigungen ald Seftimmungd« su
grünbe auf ibn einfließen; moburd^ ber Sel^rling bod^ auf bad iBemußt«
fein feiner ^reil^eit aufmerffam erl^alten koirb, unb, obgleid^ biefe @nt«
fagung eine anfdnglid^e@mpfinbung üonSd^merg erregt, bennodb baburd^,
baß fie jenen Sel^rling bem Su'Ange felbjt magrer Sebürfniffe entgiel^t,
i^m guglei(^ eine ääefreiung oon ber mannigfaltigen Ungufrieben^eit, 35
barin il^n alle biefe SBebfirfniffe toerfled^ten, angetfinbigt unb bad ©emfitl^
für bie (Smpfinbung ber Bufriebenl^eit aud anberen Duellen empfdnglid^
a^etl^obenlel^re ber rdnen )>ra!ttf4en i^ernunft. 161
gemod^t tttrb. S)a« $erg toirb bod^ ))on einer Saft, bie ti iebet^eit tnge«
l^etm brfidtt, befreit unb erleid^tert, toenn an reinen moralif^en ßntfd^Ue«
jungen, bat)on Seifpiele Dorgelegt toerben, bem 9Renf(^en ein innere^,
i^m felbft fonft nic^t einmal red^t befannteS Vermögen, bie innere
5 Sreil^eit, anfgebedtt toirb, fd^ Don ber ungeftümen Subringlid^Ieit ber
Steigungen bermagen lofigumac^en, ba^ gar feine, felbft bie beliebtere
nid^t, auf eine ßntfc^Iiegung, gu ber ttir uns ie^t unferer SBernunft be«
bienen {oÜen, Sinftug l^abe. 3n einem ^aUt, »o id^ nur allein mx%,
bag baS Unred^t auf meiner @eite fei, unb, obgleich baS freie ®eftdnbni^
10 beweiben unb bie Slnerbietung gur ®enugt]^uung an ber @ttelleit, bem
(Sigennuj^e, felbft bem fonft nid^t unred^tm&^igen äBibertoillen gegen ben,
beffen 9ied^t Don mir gefd^m&lert ift, fo großen äBiberfpruc^ finbet, ben»
nod^ mid^ fiber aDe biefe äebenflid^Ieiten megfe^en fann, ift boc^ ein Se«*
tDu^tfein einer Unabl^&ngigleit Don Steigungen unb Don ®lfld(Sumftdnben
15 unb ber SRögUd^teit fic^ felbft genug gu fein entl^alten, meldte mir aber«
aU au(i^ in anberer Slb^d^t l^eilfam ift. Unb nun ftnbet baö ®efe^ ber
${li(^t burd^ ben {)ofitiDen äSertl^, ben un« bie Befolgung beffelben tm^
pfinben lAgt, leid^teren (Singang burd^ bie Sd^tung fflr unS felbft im
Semufetfein unferer greil^eit «uf biefe, »enn jie mol^l gegrünbet ift,
20 )Denn ber SRenfd^ nid^ts ft&rfer freuet, als fic^ in ber inneren @elbft-
prfifung in feinen eigenen Siugen geringfd^d^ig unb Dermerflic^ gu finben,
(ann nun iebe gute fitttid^e (Sefinnung gepfropft toerben: »eil biefe»
ber befte, \a ber eingige äB&d^ter ift, baS Sinbringen unebler unb Derber«
benber antriebe Dom ®emät^e abgul^alten.
35 3d^ l^abe ^iemit nur auf bie angemelnften aRajcimen ber 9)tetl^oben«
leiere einer moralifd^en Stlbung unb Übung l^inmeifen oonen. £Da bie
3Kannigfaltigfeit ber ^flid^ten für iebe »rt berfelben nod& befonbere
Seftimmungen erforberte unb fo ein toeitlduftigeg ©efd^&fte audmad^en
iDÜrbe, fo mirb man mid^ für entfc^ulbigt l^alten, menn ic^ in einer ©c^rift
so mie biefe, bie nur SSorfibung ift, eS bei biefen ®runbgägen bemenben
laffe.
93ef(^lug.
BiDei S)inge erfüllen baS ®emütl^ mit immer neuer unb gunel^men«
ber Setounberung unb g^rfurd^t, ie öfter unb anl^altenber ftc^ baS Slad^«
35 beulen bamit befc^dftigt: ber beftirnte^immel über mir unb baS
moralifd^e ®efe^ in mir. IBeibe barf id^ nid^t als in S>unlell^eiten
162 ^tif ber pra!ttf(]^n Vernunft. 2. S^eil.
toerl^üSt, ober im Uberfd^toengltcl^en, auger meinem ©eftd^töfreife fud^en
ttttb Mo8 Dermutl^en; ic^ fel^e jtc öor mir unb üerfnftpfe Pc unmittelbar
mit bem Semugtfein metner @;riftetig. S)ae erße f&ngt Don bem $Ia^e
an, ben i(^ in ber dufeern ©innenioelt einnel^me, unb ertoeitert bie SSer*
(näpfung, barin id) ftel^e, inS unabfel^Uc^ ®roge mit SBelten fiber Selten 5
unb S^flemen oon S^ftemen, flberbem no(ft in grengenlofc Selten il^rcr
:periobifc^en Setoegungr beren Anfang unb ^ortbauer. S)a8 jmeite fängt
oon meinem unpdötbaren ©elbft, meiner ^erf5nli(^feit, an unb peUt mid^
in einer SBelt bar, bie »al^re Mnfnblld^feit 5ätr aber nur bem SBerfianbe
fpftrtar ip, unb mit welcher (baburd^ dter aud^ jugleic^ mit allen jenen 10
fi($tbaren SBelten) ic^ mid^ ni(^t oie bort in bloiS gufdQiger, fonbern all«
gemeiner unb notl^ioenbiger JBerfnüpfung erfenne. 2)er erPere Änblicf
einer jal^llofen SBeltenmenge Dernic^tet glett^fam meine äBi(^tigTeit, als
eines tl^ierifd^en ©efc^öpfd, baS bieüRaterie, barau8 e8 loarb, bem
Planeten (einem blogen ^unft im äBeltall) mieber gurAd(geben mug, nad^« u
bem e« eine furge ßelt (man meife nld^t tele) mit 8eben8lrap Derfel^en ge*
»efen. 3)er jttelte ergebt bagegen meinen SBertl^, als einer gtttcUigenj,
unenblid^ burc^ meine ^erfönlic^feit, in mel(^er bai moralifd^e ®efe^ mir
ein Don ber S^ier^eit unb felbp Don ber gangen €innenmelt unab^dngt«
ge8 Seben offenbart, toenigpenS fo Diel p(^ a\x9 ber gmedmdgigen iBepim^ 90
mung meineiS S)afein8 burd^ biefeS ®efe^, loeld^e nid^t auf iBebingungen
unb ©rengen biefeS Bebend eingefd^rdnft ift, fonbern inS Unenblld^e gel^t,
abnel^men Idgt.
aillein SeiDunberung unb Stiftung I5nnen gmar gur Stad^forfd^ung
reigen, aber ben ÜRangel berfelben nic^t erfej^en. SBaS ip nun gu tl^un, 35
um biefe auf nu^bare unb ber (Sr^abenl^eit bed ©egenpanbeS angemeffene
art angupeUen? Seifpiele mögen Riebet gur SSamung, aber aud^ gur
Sladbal^mung bienen. S)ie äBeltbetrad^tung png Don bem l^errlic^pen
anblide an, ben menfd^lid^e @inne nur immer Dorlegen unb unfer 93er«
Panb in il^rem melten Umfange gu Derfolgen nur immer oertragen fann, so
unb enblgte — mit ber ©ternbeutung. 3)ie SWoral png mit ber ebelpen
(Sigenfd^aft in ber menfd^lid^en 9tatur an, beren Sntmidtelung unb (Sultur
auf unenblid^en 9lu^en ^inauSpel^t, unb enbigte — mit ber ©d^iodrmerei,
ober bem Aberglauben. So gel^t ed allen nod^ rollen SSerfuc^en, in benen
ber Dornel^mpe ^tü beS ®e|d^dpe8 auf ben ®ebrau(§ ber äBernunp an« ss
fommt, ber nid^t fo mie ber ©ebraud^ ber f^fige pd^ Don felbp Dermitteip
ber 5pern SluSfibung pnbet, Dornel^mlid^ menn er Sigenfd^apen betrifft,
Wlti^obtwUf^xt htx reinen ^rofttfd^en Vernunft. 163^
bic Pd^ nld^t fo unmittelbar in ber gemeinen ©rfal^tung barfteHen laffen.
5Rac^bem aber, »lemol&l fp4t, ble SRaylme in Sd^toang gefommen toar,
aUc ©d^rltte Dörfer wol^l ju überlegen, ble ble SSernunft gu tbun t)orl&at,
unb {le nid^t anberd ald im ©leife einer Dorl^er mol^l flberbad^ten ^etbobe
5 il^ren ®ang mad^en ju laffen, fo belam bie Seurtl^eilung beS SBeltgebäu^
beiS eine gana anbere Sliid^tung unb mit biefer jugleid^ einen ol^ne SBer«
gleid^ung glüdlid^ern SfuiSgang. S)er %aVi eine« Steint, bie Setoegung
einer ©d^leuber, in il^re Elemente unb babel jid^ äufeernbe Äräfte auf*
gelöft unb matl^ematifd^ bearbeitet, brad^te gule^t bieienige Ilare unb für
10 aUe ßufunft unt)eränberlidbe @ln{t(^t In ben SSSeltbau ^eroor, bie bei fort«
ge^enber Seobad^tung l^offen lann, ftd^ Immer nur gu ermeitern, niemals
aber äurfldtgeften gu muffen fürchten barf.
S)tefen 9Beg nun in Se^anblung ber moralifc^en Anlagen unferer
9latur gleid^faüd eingufc^lagen, (ann nni jjened Seifpiel anr&tl^ig fein unb
15 ^opung gu ä^nlid^em guten @rfolg geben. SBir ^aben bo(^ ble Seifplele
ber moralifc^ urtl^eilenben SSernunft bei $anb. 3)iefe nun in il^re eie-
mentarbegriffe gu gergliebern. In @rmangelung ber 3Rat^ematif aber
ein ber Sl^emie fi^nlid^eS SBerfal^ren ber ©(Reibung be8 (Smptrifc^en
t)om Siationalen, baö fd^ in i^nen t)orfinben möd^te, In toieber^oUen Ser«
so fud^en am gemeinen 3)fenfd^enDerftanbe i^orgunel^men, tann un8 Seibed
rein unb, »aS Sebeö für fi^ allein leifien fönne, mit ®emife^eit fennbar
machen unb fo t^eilä ber SJerlrrung einer no^ rol&en, ungeübten Seur«
tl^ellung, t^eile (meld^eiS toeit nbt^iger ift) ben ©enlefd)» fingen oor«
beugen, burc^ toeld^e, toie t^ oon 8lt)e)>ten beiS @telnd ber SSSelfen gu ge«
25 fd^e^en ^pßegt, o^ne aUe met^oblfd^e 9}ad)forf(^ung unb j(enntnl| ber
SRatur getr&umte €d^d|$e kierfproc^en unb »al^re t)erf(^leubert merben.
mt einem Sßorte: SSiffenfd^aft (tritlfd^ gefud^t unb met^obifd^ eingeleitet)
ifi bie enge Pforte, bie gur SBeiSl^ieltSlel^re ffi^rt, menn unter biefer
nld^t bloS oerflanben mlrb, loaS man tl^un, fonbern toaS Seigrem gur
30 Silc^tfc^nur bleuen foH, um ben äßeg gur SBeidl^elt, ben febermaun gelten
fon, gut unb lenntlld^ gu bal^nen unb anbere oor Srrtoegen gu {teueren;
eine SSiffenfd^aft, bereu Slufbewal^rerln iebergelt ble ^^ilofop^ie bleiben
mug, an beren fubtller Unterfud^ung bad publicum (einen Slntl^ell, mo^l
aber an ben Seigren gu nel^men l^at, bie ll^m nad^ einer fold^en ä3ear«
S5 beltung aQererft red^t l^ell elnleud^ten Ibnnen.
11^
ber
oon
3mmatmel &ml
Sorrctc
jur crftcn Stuflage, 1790.
SRan lann baS 93enn5gen ber Srlenntnig aud $rtnd^ten a priori
bie reine äSernunft unb bte Unterfud^ung ber SRöglid^feit unb ®r&ngen
5 berfelben äberl^aupt bie j^ritil ber reinen SSernunft nennen: ob man gleid^
unter biefem S3erm5gen nur bie SSemunft in i^rem tl^eoretifd^en ©ebraud^e
Derßel^t, n)ie ti aud^ in bem erften SBerle unter jener Benennung gefd^el^en
ift, ol^ne nod^ il^r SSermögen atö praftifd^e SSernunft nad^ il^ren befonbe«
ren $rincipien in Unterfud^ung giel^en gu moUen. S^ne gel^t alsbann
10 bIo6 öuf unfer SSermögen, S)inge a priori gu erfennen, unb befd^äfttgt
ftd^ alfo nur mit bem @rIenntniBt)ermogen mit SluiSf^lie^ung beS
®effi]^te ber Suft unb Unlu[t unb bed Segel^rungdoermdgend; unb unter
ben (Srfenntni^Dermögen mit bem SSerftanbe nad^ feinen ^rincipien a
priori mit SuSfd^Iiegung ber Urtl^eilSlraft unb ber SBernunft (als
15 gum t^eoretifd^en @rlenntnig gleid^faUS gel)5riger S3erm5gen), meil ed fid^
in bem Fortgänge finbet, bag lein anbered SrlenntnigDermbgen ald ber
SSerftanb conftitutiioe 6rlenntni^principien a priori an bie $anb geben
lann. S>ie JMtil alfo, »eld^e fte tnSgefammt nad^ bem Slnt^eile, ben jebejS
ber anberen an bem baaren 93e|t^ ber Srfenntnig au8 eigener SBurgel gu
30 l^aben Dorgeben möd^te, fixtet, lägt nid^ts ilbrig, als mad ber äSerftanb
a priori als ®efe^ für bie 9latur, als btn 3>nbegriff Don (Srfd^einungen
(bereu gorm eben fotool^l a priori gegeben ift), Dorfd^reibt; Dertoeifet aber
aQe anbere reine 93egri^e unter bie Sbeen, bie für unfer t^eoretifd^eS @r«
fenntnigDermögen überf(!^n)englid^, babei aber bod^ nid^t etma unnü^ ober
35 entbel^rlid^ finb, fonbern als regulative ^rincipien bienen: tl^eils bie be«
forglid^en Unmagungen beS SerftanbeS, als ob er (inbem er a prfori bie
93ebingungen ber 3R5glid^Ieit aUer S)ingei bie er erlennen lann, angu«
168 ^tt» bet Utt^eiUfraft
geben t)ermag) iahuxäi aud^ bie ÜRöglt^Ieit aller 2>inge fiberl^aupt in
biefen ©rdngen bef^Ioffen l^abe, gurfid gu l^dten, tJ)ei\i um ll^n felbfi in
ber SSetrad^tung ber 9latur nad^ einem $rinct|) ber SSoOftdnbigfeit, mie»
lool^I er fte nie erreid^en fann, gu leiten unb babnrd^ bie ^nbabfid^t alled
©rfenntnlffea gu beförbern. 5
(S& n)Qr alfo eigentlid^ ber Serftanb, ber fein eigenes ®ebiet unb
gtoar im (Srlenntni^t>erm5gen ffat, fofem er conftitutit)e ^rfenntnig*
princtpien a priori entl^&U, aelc^er burd^ bie im allgemeinen fo benannte
Jbritit ber reinen SBemunft gegen aDe äbrige kompetenten in fixeren
aOeinigen Seft^ gefegt loerben foUte. @ben fo ift ber SSernunft, meldte 10
nirgenb a\& lebiglid^ inanfel^ung beiS ä3ege^rung8t)ermögend confti»
tutioe ^rincipien a priori entl^ftlt, in ber Ärltif ber ^)raftifd^en SSernunft
i^r Se^l^ angetoiefen morben.
£)b nun bie Urtl^eiUIraft, bie in ber £)rbnung unferer Srlennt«
ni^Dermögen gtoif^en bem Serftanbe unb ber SSernunft ein SRittelglieb 15
ausmalt, au^ ffir {t^ ^rincipien a priori l^abe; ob biefe conftitutit) ober
blog reguIatiD {inb (unb alfo fein eigene^ (Sebiet beioeifen), unb ob jte
bem ®efä^Ie ber Sufl unb ttnluft, aU bem 3RitteIgIiebe gioifd^en bem (Sx^
lenntni^oermogen unb SegebrungiSoermbgen, (eben fo toie ber SSerftanb
bem erfieren, bie SSernunft aber bem le^teren a priori ®efe^e üorfd^reiben) 20
a priori bie Siegel gebe: baS ifl eS, toomit ft(!^ gegenm&rtige j(riti! ber
ttrtl^eiiafroft bef(ftdftigt.
@ine Stxitxt ber reinen Sernunft, b. i. unfered SermbgenS nad^ $rin«
cipien a priori }u urtl^eilen, mürbe unDoSftdnbig fein, loenn bie ber Ur«
tl^eitelraft, meldte fär ftd^ als @rlenntnig))erm5gen barauf aud^ anfprud^ 95
ma^t, ni^t als ein befonberer SCl^eil berfelben abge^nbelt toärbe; ob«
glei^ il^re ^rincipien in einem Softem ber reinen $l^ilofopl^ie leinen be«
fonberen S^eil gmif^en ber tl^eoretif^en unb praftifd^en auSmad^en bur«
fen, fonbern im 9lot^faIle jebem oon beiben gelegentlid^ angefd^loff en mer«
ben tbnnen. 9)enn toenn ein fold^eS Softem unter bem allgemeinen 9la« so
men ber ÜRetapl^^fil einmal gu @tanbe fommen foll (toeld^eS ganj t)on«
ftdnbig gu bemerffteatgen, mbglid^ unb für ben ®ebraud^ ber äSernunft
in aller 93egie]^ung ^öd^ft mid^tig ift): fo mug bie Jhitil ben 93oben gu
biefem ®ebäube ))or^er fo tief, als bie erfte ®runblage beS SSermfigenS
Don ber Srfal^rung unabhängiger $rincipien liegt, erforfd^t l^aben, bamit S5
es nic^t an irgenb einem 2:^eile finle, toeld^eS ben Sinfturg beS ®angen
uuDermeiblid^ nad^ fid^ gleiten tofirbe.
©orrebe. 169
Vtan (anti aber aus ber SHatur ber Urtl^eilsfraft (beren rtd^tiger ®e«
brauch fo not^toenbig unb allgemein erforberlid^ ifl, bog ballet unter bem
9}Qmen bed gefunben Serj^anbe« fein anbered, aliS eben biefeiS 93erm5gen
gemeint loirb) leidet abnehmen, bag eiS mit großen Sc^ttierigfeiten bt^
5 gleitet fein mäffe, ein eigent^fimliii^ed $rincip berfelben audjufinben (benn
irgenb einiS mug fie a priori in fid^ entl^alten, toeil fie fonft nid^t, als ein
befonbereS @rfenntnigt>erm5gen, felbft ber gemeinften ^rlti! ausgefegt
fein märbe), aeld^ed gleid^ioobl ni(^t ani Segriffen a priori abgeleitet fein
mng; benn bie gehören bem SSerflanbe an, unb bie Urtbeitofraft gebt nur
10 auf bie antoenbung berfelben. Sie foH alfo felbft einen Segriff angeben,
bur(b ben eigentlid^ fein S)ing erfannt loirb, fonbern ber nur ibr felbfl
gur Siegel bient, aber ni^t ju einer obfectiDen, ber fie ibr Urtl^eil anpaffen
f ann, meil bagu tt)ieberum eine anbere Urtbeildf raft erf orberli^ fein mürbe,
um unterfcbeiben gu f5nnen, ob ed ber ^aQ ber 9liegel fei ober nid^t.
i& S)iefe Serlegenbeit aegen eined ^rlndps (t& fei nun ein fubiectiDed
ober obfectioeS) finbet fi(!b bauptfdcblic^ in benfenigen Seurtbeilungen, bie
man dftbetif^ nennt, bie bad @d^5ne unb (Sx^dbnt ber 9latur ober ber
jtunft betreffen. Unb glei(bkDobl ift bie fritifd^e Unterfud^ung eines $rin>>
dp» ber Urtbeitöfraft in benfelben bai tt)i(!btigfte @tfid einer ^ritit biefed
20 93ermögeni$. S)enn ob fie gleid^ ffir ficb aQein gum Srfenntni^ ber 2>inge
gar nid^td beitragen, fo geboren fie bod^ bem 6rfenntniB))erm5gen aQein
an unb bereifen eine unmittelbare 93egiebung biefeS 93ermögen8 auf baS
®efübl ber Suft ober ttnluft nad^ irgenb einem $rincip a priori, ol^ne eS
mit bem; roai SeftimmungiSgrunb bei$ Segel^rungdoermögend fein fann,
23 gu Dermengen, meil biefeS feine $rincipien a priori in 93egriffen ber SSer*
nunft ^at. — SBad aber bie logifd^e 93eurt^eilung ber 9latur anbelangt,
ba, mo bie (Srfal^rung eine ®efe^mä^igfeit an S)ingen auffteüt, meldte gu
Derfiel^en ober gu erfl&ren ber aQgemeine SSerftanbedbegriff t}om Sinn»
lieben ni(bt mel^r gulangt, unb bie UrtbeilSfraft aud ftd^ felbft ein $rin«
30 cip ber 93egiebung beü Slaturbinged auf bad unerfennbare Überfinnlid^e
nel^men fann, ed andi nur in Slbp^t auf ftd^ felbft gum @rfenntnig ber
9latur brausen mug, ba fann unb mug ein fold^ed ^rinctp a priori gtoar
gum 6rfenntni| ber SBeltmefen angemanbt toerben unb eröffnet gugleid^
SluSfid^ten, bie ffir bie praftif^e SSernunft Dortbeilboft finb: aber tS b^t
35 feine unmittelbare Segie^ung auf baS ®efübl ber üiuft unb Unluft, bie
gerabe baS aHätl^felbafte in bem ^rincip ber Urtl^eitöfraft ift, toeld^ed eine
befonbere Hbtl^eUung in ber ^ritit f&r biefed SSermdgen notl^aenbig
170 Äritl! bet Urt^eiWfraft. Sßm^l^.
mad^t, ba bte logifd^e Seurtl^eilung nad^ Segriffen (ans loeld^en niematö
eine unmittelbare Folgerung auf bad ®efü^l ber Suft unb ttnluft gegogen
»erben !ann) aOenfans bem tl^eoretifc^en Steile ber $^ilofo|)^te fammt
einer Iritifd^en (Sinjd^rdnlung berfelben l^ätte angehängt »erben fdnnen.
2>a bie Unterführung beS ®ef(^mQ(IdDerm5gend, ale dftl^etifd^er Ur« 5
t^eitötraft, l^ier ntd^t jur Silbung unb Sultur bed ©efd^madS (benn biefe
»irb aud^ ol^ne alle folc^e Slad^forf d^ungen, »ie bid^er, f 0 fernerl^tn, il^ren
®ang nehmen), fonbem blog in tranSfcenbentaler ab^d^t angejieat »irb:
fo »irb fie, »ie id^ mir fd^met^Ie, in Snf e^ung ber 39^ angel^aftig!eit {ened
3»ed(8 aud^ mit Slad^ftd^t beurt^eilt »erben. SBaS aber bie le^tere 9b^ 10
iid^t betrifft, fo mug fie fid^ auf bie fhrengfie Prüfung gefaxt mad^en.
Hber au(^ ba fann bie gro^e @dr»ierigleit, ein Problem, »eldje^ bie %a«
tur fo t)er»idelt l^at, aufgulbfen, einiger nid^t gang ju t>ermetbenben S)un«
lel^eit in ber Huflöfung beffelben, »ie id^ l^o^e, jur Sntfd^ulbigung bienen,
»enn nur, bag bas $rinctp rid^tig angegeben »orben, flar genug bar« »
getl^an ift; gefegt bie Srt baS ^l^dnomen ber Urtl^eitölraft baoon abiu«
leiten l^abe ni^t alle S)eutli(!^feit, bie man anberȊrtiS, n&mlid^ Don
einem @r{enntni^ na(!^ Gegriffen, mit SHed^t forbern !ann, bie i^ aud^ im
}»eiten Steile biefe« 9SerId erreid^t gu ^aben glaube.
^iemit enbige id^ alfo mein ganjeS Iritifc^ed ©efd^dft. ^d^ »erbe so
ungef&umt gum boctrinalen f(!^reiten, um »0 mbgli^ meinem gunel^men«
ben Snter bie bagu nod^ einigermaßen gfinftige Qtxt nod^ abguge»innen.
68 Derftel^t fid^ DOn felbft, bag fflr bie Urt^eilsfraft barin fein befonberer
SJ^eil fei, »eil in Snfel^ung berfelben bie ^riti! ftatt ber 2;^eorie bient;
fonbem bag nad^ ber @int^eilung ber ^l^ilofop^ie in bie tl^eoretifd^e unb 25
praTtifd^e unb ber reinen in eben fold^e Sl^eile bie 3Reta))l)9P{ ber 9latur
unb bie ber Sitten ieneS ©efc^&ft auiSmac^en »erben.
(ginleituttö.
93pn ber 6intl^eilung ber ^l^ilofopl^ie.
SBcnn niQn bic ^^llpfop^ic, fofern ftc ^rincipicn ber SBcrnunft«
5 erlennttiig ber S^inge (nid^t blog loie bie Sogit ^rincipien ber Sorm bed
S)tnUn& überl^aupt ol^ne Unterfd^ieb ber Objecte) bur^ Segriffe entl^&tt,
tt)ie gettdl^nlid^ in bie tl^eoretij^e unb praüifd^e eintl^eilt: foDerfd^rt
man ganj red^t. 8ber alsbann mfiffen aud^ bie Segriffe, toeld^e ben ^rin*
cipien biefer 93ernunfterlenntnig il^r Dbtect antt)et|en, fpecififd^ t)erj(^ie'
10 ben fein, meil {ie jonfl gu leiner (Sintl^eilung bere^tigen tofirben, meldte
ieberg^eit eine @ntgegenfe^ung ber ^rincipien ber gu ben t)erf(^iebenen
SEl^eilen einer äSiffenf(!^aft gel^brigen SSernunftertenntnig DorauiSfe^t.
6d ftnb aber nur gtoeierlei 93egriffe, »eld^e eben fo t^itl t>erfd^iebene
$rincipien ber SRbglid^feit il^rer ®egenfi&nbe gulaffen: n&mlid^ bie Sla»
15 turbegriffe unb ber gfreil^eitsbegriff. SJa nun bie erfieren ein
t^eoretifd^eiS @rlenntnig nad^ ^rincipien a priori mögUdb mad^en, ber
g»eite aber in Unfel^ung berfelben nur ein negatives $rinci)) (ber bloßen
Sntgegenfe^ung) fd^on in feinem Segriffe bei ft(!b ful^rt, bagegen für
bie äBiUeniSbeftimmung ermeiternbe ®runbf&^e, meiere barum praftifd^
30 feigen, errid^tet: fo mirb bie $l^iIofo)>]^ie in gtoei ben ^rincipien nadi
ganj Derfd^iebene £^eile, in bie t^eoretifc^e a\i Staturpl^ilofop^ie unb
bie praftifd^e al8 ÜRoralpl^ilofppl^ie (benn fo loirb bie praüifd^e ®t*
fe^gebung ber 93ernunft nad^ bem grreil^eUdbegriffe genannt), mit äie^t
einget^eilt. (Si ^at aber bidl^er ein groger SRiPraud^ mit biefen ^rxi^
25 brfldlen }ur Sint^eilung ber ))erfd^iebenen ^rincipien unb mit il^nen aud^
ber $]§iIofopl^ie gel^enfd^t: inbem man baiS $rattifd^e nad^ Slaturbegriffen
mit btm ^ra!tif(^en na(^ bem fjrreil^eitdbegriffe für einerlei na^m unb fo
172 Stx\m ber Urt^tUfraft.
unter benfelben 93enennungen einer tl^eoretifd^en unb |)rartif(^en $^Ho«
fop^ie eine ßintl^eUung mad^te, burd^ loeld^e (ba beibe Steile einerlei
^rincipien ^aben tonnten) in ber S^at ni^tS einget^eilt toar.
S)er SBiQe, als Segel^rungdoernibgen, ift n&mlit^ eine ))on ben man«
d^erlei Slatururfad^en in ber Sßelt, ndmlic^ biejenige, tt)eld^e naci^ 9e» &
griffen mirft; unb Wit&, \oai atö burd^ einen SSiUen mdglid^ (ober not^
aenbig) DorgefteUt U)irb, l^eigt ))raltifd^*m5gli(l^ (ober not^toenbig): gum
Unterfc^iebe oon ber pl^^ftf^en 9R5gli(!^Ieit ober 9lot]^»enbigIeit einer
3Bir!ung, »ogu bie Urfad^e nid^t burd^ ^Begriffe (fonbern »ie bei ber leb«
lofen äRaterie burc^ SRed^ani^m unb bei Silieren burd^ 3nftinct) gur lo
Saufalit&t beftimmt airb. — ^ier U)irb nun in anfe^ung bed $raftifd^en
unbeftimmt gelaffen: ob ber Segriff, ber ber ^aufalitdt bed SBiQend bie
JRegel giebt, ein SRaturbegriff, ober ein greil^eitabegriff fei.
S)er le^tere Unterfd^ieb aber ift tt)efentli(!^. S)enn ift ber bie Saufa«
lität beftimmenbe Segriff ein SRaturbegriff, fo ftnb bie ^rinclpien ted^* u
nif ^'praftif d^; ift er aber ein ^rei^eitsbegriff, fo ftnb biefe moralif d^«
prattifd^: unb »eil ti in ber ßintl^eilung einer SSernunftmiffenfd^aft
gdnjlid^ auf biefenige Serf^ieben^eit ber ©egenftänbe anlommt, beren
@rfenntnig oerf^iebener $rinci))ien bebarf, fo loerben bie erfteren jur
t^eoretifd^en ^^ilofop^ie (al8 Slaturlel^re) gel^ören, bie anbern aber gang 20
aQein ben gueiten 3!^eil, ndmlid^ (al« Sittenlehre) bie praltifd^e $Po«
fopl^ie, audmad^en.
aOe ted^nifd^^praltifd^e Siegeln (b. i. bie ber j^unft unb ®ef(^idElid^«
teit fiberl^au^t, ober auii ber JSlugl^eit, ald einer (^efd^ictlid^teit auf
3Renfd^en unb il^ren äSiUen Sin^ug gu ^aben), fo fern il^re ^rinclpien 23
auf Gegriffen berul^en, muffen nur al« Gorollaricn gur t^eoretifd^en ^^i»
lofop^ie gegd^lt merbeti. S)enn fie betreffen nur bie aR5glid^!eit ber 3)inge
nad^ Slaturbegriffen, tt)ogu nid^t aUein bie SRittel, bie in ber 9latur bagu
angutreffen ftnb, fonbern felbft ber SBiQe (als Sege^rungd*, mithin als
9laturoerm5gen) gel^ört, fofern er bur^ SEriebfebern ber 9latur jenen dtt^ so
geln gemdg beftimmt toerben fann. S)od^ l^ei^en bergleid^en praltifd^e
Siegeln ni^t ®efe^e (etma fo mie pl^Qpfd^e), fonbern nur SSorjd^riften:
unb gioar barum, »eil ber SBiDe nic^t blog unter bem 9laturbegriffe, fon«
bern aud^ unter bem Srei^eitSbegriffe ftel^t, in Segiel^ung auf »eldden bie
^rincipien beffelben ®efe^e l^eigen unb mit i^ren Folgerungen ben gmei« ss
ten S^eil ber $^ilofop]^ie, ndmlic^ ben praftifc^en, aDein au8mad(|en.
@o »enig alfo bie Sluflofung ber Probleme ber reinen ©eometrie gu
(Stnlettund. 173
citicin befonbcren VitiU bcrfclbcn gel^ört, ober bic Sclbmefefunjl ben 5Ra=
mett einer )>rart{fd^en Geometrie }um Itnterfd^iebe t)on ber reinen a\i ein
itoeiter 3:]^eil ber Geometrie iiberl^aupt Derbient: fo unb nod^ toeniger barf
bie med^anifd^e ober d^emif^e ^unft ber Sjrperimente ober ber Seobad^^
5 tungen fflr einen praftifd^en Sil^eil ber !RaturIel^re, enblic^ bie ^au8^
Sanb^ Staatsmirtl^fddaft, bie Jhinft beiS UmgangeiS, bie SSorfc^rift ber
3>idtetlf , felbfi nld^t bie aOgemeine Glfidfeligfeitdlel^re, jogar nid^t ein^
mal bie Sej&l^mung ber Steigungen unb 93&nbigung ber Effecten gum
99e]§uf ber le^teren gur praftifd^en ^l^ilofop^ie gej&l^U »erben, ober bie
10 (enteren kool^l gar ben gtoeiten X^eil ber ^l^ilofopl^ie überl^aupt ani^
mo^en; tt)eil {ie indgefammt nur Stegein ber Gefc^idni^Ieit, bie mitl^in
nur ted^nifd^*))raftif(!^ {inb, entl^alten, um eine Sßirlung ^ert)orjubringen,
bie nad^ Staturbegriffen ber Urfad^en unb Sßirtungen moglid^ ifi, loeld^e,
ba {ie gur tl^eoretifd^en ^^ilofopl^ie gehören, jenen SSorfd^riften ali blogen
15 SoroQarien a\xi berfelben (ber Staturmiffenfd^aft) untermorfen jinb unb
alfo leine Stelle in einer befonberen ^l^ilofop^ie, bie praftijt^e genannt,
verlangen Iftnnen. S)agegen madjen bie moraUfd^*praftif(!^en SBorfd^riften,
bie fi(^ g&ngUd^ auf bem 3rreil^eit«begritfe mit i^dlliger Sudf^Ue^ung ber
Seftimmungdgrflnbe be« äSiQend aM ber Statur grfinben, eine gang be^'
so fonbere Slrt t)on 93or[d^riften auS: toel^e aud^ gleich ben Siegeln, toeld^en
bie Statur ge^ord^t, fd^Ied^t^in ®efe^e l^eigen, aber nid^t mie biefe auf
finnlic^en Sebingungen, jonbern auf einem überftnnlid^en ^rincip be«
ru^en unb neben bem tl^eoretifd^en 2;i^eile ber ^l^llofopl^ie ffir fid^ gang
aQein einen anberen Sl^eil unter bem Stamen ber praltifd^en ^^ilofopl^ie
95 forbern.
Stau fielet l^ierauiS, bag ein Inbegriff praltifd^er äSorfd^riften, meldte
bie $l^iIo[o|)^ie giebt, nic^t einen befonberen, bem tl^eoretifc^en gur @eite
gefegten S^eil berfelben barum auSmadje, loeil fie praltifd^ finb; benn
baS Ibnnten fie fein, menn i^re ^rincipien gleid^ g&nglid^ aud ber t^eo*
90 retif(^en (Srfenntnig ber Statur hergenommen m&ren (atö ted^nifd^^pral«
tifd^e Siegeln); fonbern, tt)eil unb menn il^r ^rincip gar nid^t Dom Statur«
begriffe, ber iebergeit jinnll^ bebingt ijt, entlel^nt ift, mitl^in auf bem
Überflnnlid^en, toeld^ed ber ^teil^eitdbegriff aQein burd^ formale ®efe^e
lennbar mad^t, berul^t, unb fie alfo moralifd^^praftifc^, b. i. nid^t blog
35 Sorfd^riften unb Stegein in biefer ober {euer Slbfid^t, fonbern ol^ne ))or«
^ergel^enbe Segugnel^mung auf Stotdt unb Slbftd^ten ®efe^e finb.
174 ^tif bcr Urt^etWftQft.
II-
SSom ©ebiete ber $]^tIo{op]^ie itber^au))t.
So »cit Segriffc a priori ll^rc Sltttocnbung l^aben, fo toclt reid^t ber
©ebraud^ unfered SrfenntntgDermögenS nad^ $rincipten unb mit tl^m bie
^l^ilofop^ie. s
JDcr Snicgriff aller ©eflenjtfinbe aber, toorouf jene ^Begriffe beiogen
»erben, um \üo möglid^ ein @rlenntnig berfelben gu @tanbe gu bringen,
fann nad^ ber i^erf^iebenen Bulänglic^feit ober UnguI&nglic^Ieit unferer
Vermögen gu bie[er Übftc^t einge%ilt loerben.
99«fltiffe, fofern fte auf ©egenftänbe begogen »erben, unongefe^en lo
ob ein ©rfenntni^ berjelben mögli^ fei ober nl^t, l^aben i^r gfelb, ml*
dgeS blog mii bem SBerli&Uniffe, baS il^r Dbj[cct gu unferem @rfenntnig«
vermögen lUerl&aupt l^at, benimmt »irb. — S)er SEI^eil biefe« gelbe«,
toorin für un8 ßrfenntnife möglich ift, iji ein ©oben (territorium) für
biefe Segriffe unb ba« bagu erforberlid^e Srienntnigoermbgen. S)er2:^eil 15
be« 93oben«, morauf biefe gefe^gebenb finb, ijl ba« ©ebiet (ditio) biefer
SBegriffe unb ber il^nen gujiel^enben ßrfenntnifeoermbgen. ©rfal^rung«*
begriffe l^aben alfo gtoar i^ren SSoben in ber SRatur, aU bem Inbegriffe
aDer ©egenft&nbe ber @inne, aber fein ©ebiet (fonbern nur i^ren Sufent«
l^alt, domioilium): »eil fie g»ar gefe^lid^ ergeugt »erben, aber ni^t ge« 20
fe^gebenb finb, fonbern bie auf fte gegrünbeten Siegeln empirifd^, mithin
gufdaig finb.
Unfer gefammte« erlenntnigoermbgen l^at g»ei ®ebiete, ba« ber
9laturbegriffe unb baS be« f^ret^eitsbegrtff« ; benn burd^ beibe ifi e« a
priori gefe^gebenb. S)ie ^l^ilofop^ie tl^eilt fi^ nun aud^ biefem gemdg in as
bie tl^eoretifc^e unb bie prattifd^e. 9lber ber 93oben, auf »eld^em ibr ®e«
biet errid^tet unb il^re ©efe^gebung ausgeübt »irb, ift immer bod^ nur
bcr Snbcgriff ber ©cgenjifinbe aller möglid^en (ärfal^rung, fofern fie für
nid^t« me^r al« bloge (Srfd^einungen genommen »erben; benn ol^nebad
»ürbe feine ©efe^gebung beS 93erftanbe« in Snfel^ung berfelben gebucht 30
»erben fönnen.
S)ie ©efe^gebung burd^ 92aturbegriffe gefd^iel^t burc^ ben SSerflanb
unb ift t]^eoretif(!^. S>ie ©efe^gebung burd^ ben grei^eitsbegriff gefd^iel^t
oon ber Sernunft unb ift blo^ praf tifd^. !Rur allein im $raftifd^en fann
bie äSernunft gefe^gebenb fein; in Slnfel^ung beS tl^eoretifd^en (SxUnnU 35
niffeS (ber 9latur) fann fte nur (atö gefe^funbig oermittelft be« SSerftan*
(Einleitung. 175
bed) aus gegelienen ®efe^en burci^ @d^Iflffe ^Folgerungen giel^en, bie bod^
immer nur bei ber 3latur Uelzen bleiben, ttmgefel^rt aber, too JRegeln*
:t)raltifd^ jinb, ifi bieäSernunft nid^t barum fofort gefe^gebenb, metl {ie
aud^ te^nifc^'praftifc^ fein I5nnen.
6 SSerftanb unb Vernunft l^aben alfo gmei i^erjd^iebene ®e{e^gebungen
auf einem unb bemfelben S9oben ber 6rfal^rungi o^ne bag eine ber anbe«
ren Eintrag tl^un barf. S)enn fo toenig ber 9laturbegri^ auf bie ®efe^
gebung burcft ben fjrell^eitöbegrlff (älnflufe l^at, eben fo »enig fibrt btefer
bie ©efe^gebung ber SRatur. — 3)ie ÜRöglid&feit, baö ßuföwmenbeftelien
10 beiber ©efe^gebungen unb ber baju gel^brigen 93erm5gen in bemfelben
Subject |t(^ »enigflenS o^ne äßiberfprud^ }u benfen, bemieS bie Ärittl
ber reinen Sernunft, inbem fie bie ßintofirfe batoiber burd^ SufbedEung
beiS bialeftifd^en @d^etn8 in benfelben t)erni^tete.
Slber bag biefe gmei t>erfd^iebenen ©ebiete, bie fid^ jtoar nid^t in
15 i^rer ©efe^gebung, aber bo(^ in i(|ren äSirfungen in ber Sinnentoelt um
aufPrlic^ einfc^rdnfen, nid^t @ineS auSmad^en, fommt bal^er: bag ber
9taturbegriff jmar feine ©egenftänbe in ber Snfd^auung, aber nid^t ald
©inge an fid^ felbfi, fonbem al« blofee (grfd&einungen, ber fjrei^eiföbegriff
bagegen in feinem Dbiecte gtoar ein S)ing an ftd^ felbft, aber nid^t in ber
20 anfd^auung DorfteOig matten, mithin feiner Dou beiben ein tl^eoretifd^e^
ßrfenntnife öon feinem Dbiecte (unb felbft bem benfenben ©ubjecte) als
S)inge an fid^ oerfd^affen lann, meld^ed ba& Überfinnlid^e fein mfirbe, mo«
Don man bie 2ibee gtoar ber 3R5gli^feit aQer jener ®egenft&nbe ber @r*
fa^rung unterlegen mu^, fie felbft aber niemals gu einem @rfenntniffe
25 erl^eben unb ertoeitern lann.
&& giebt alfo ein unbegrdngteS, aber aud^ unjugängli^eS f^elb für
unfer gefammte« erfenntnlfeöermögen, nfimlic^ ba« gelb be« Überflnn»
lid^en, morin toir leinen 99oben ffir und finben, alfo auf bemfelben loeber
ffir bie SSerfianbejS* nod^ SSernunftbegriffe ein ©ebiet jum tl^eoretifd^en
30 @rfenntnig ^aben fbnnen; ein t^elb, mli^tS mir gmar gum Sel^uf bed
t^eoretif^en fomo^l als praftifd^en ©ebraud^S ber SSernunft mit 3been
befe^en mflffen, benen mir aber in Sejiel^ung auf bie ©efe^e aus bem
grei^eitsbegriffe feine anbere als praftifd^e JRealitdt üerfc^affen fbnnen,
moburd^ bemnad^ unfer t^eoretif^eS @rfenntnig nid^t im SRinbeften gu
35 bem Überftnnlid^en ermeitert mirb.
Db nun gmar eine unüberfel^bare j^luft jmifd^en bem ©ebiete beS
SRaturbegriffS, als bem ©innlid^en, unb bem ©ebiete beS fSfteil^eitS»
176 ^iitf ber Urt^ettöfroft.
begriff«, qI8 bcm Übcrfinnlid&cn, bcfeftigt tfl, fo bafe t)Ott bcm crjleren
2um anberen (alfo ))ermittelft be« t^eoretifd^en ©ebraud^« ber Vernunft)
fein Übergang mbglic^ ift, gleid^ aU ob ti fo t)iel t)erfd^tebene SSelten
to&ren, beren erfte auf bie jioeite leinen (Sinflug l^aben fann: fo foll bod^
biefe auf iene einen (Sinflug l^aben, ndmlid^ ber f^eiJ^eitSbegriff foll ben s
burd^ feine ®efe^e aufgegebenen Qmd in ber Sinnentoett toirllidi) mad^en;
unb bie 9latur mug folglid^ aud^ fo gebadet merben Ibnnen, bog bie ®efe^«
m&gig!eit il^rer ^orm toenigflen« jur 9RögUd^!eit ber in i^r ju beioirten::
ben Qmdt nad^ f^reil^eitdgefe^en gufammenftimme. — 9Ifo mug ed bod^
einen ©runb ber Sinl^eit beS Überfinnlid^en, meldte« ber Statur gum lo
©runbe liegt, mit bem, toa« ber ^reil^eitsbegriff praftifd^ ent^&It, geben,
loooon ber 93egriff, menn er glei^ »eber tl^eoretifd^ nod^ praftif(!b ju einem
Srfenntniffe beffelben gelangt, mitl^in lein eigentl^fimlic^e« ©ebiet ^at,
bennod^ ben Übergang oon ber S)enlung«art nad^ ben ^rincipien ber
einen gu ber nad^ ^rincipien ber anberen mbglic^ mat^t. is
III.
S3on ber ^ritit ber Urtl^eilstraft, ali einem SBerbinbunge^»
mittel ber gioei S^l^eile ber ^l^ilofopl^ie gu einem ©angen.
S)ie ^ritil ber 6rfenntniBt)erm5gen in Slnfel^ung beffen, ma« fie a
priori leiften fönnen, l^at eigentlid^ (ein ®ebiet in Snfe^ung ber Obfecte: 20
meil fie feine S)octrin ift, fonbern nur, ob unb U)ie nad^ ber Seaanbtni^,
bie ed mit unferen SSermbgen ^at, eine S)octrin burd^ fte möglich fei, gu
unterfuc^en l^at. 3^r f^elb erßredFt fid^ auf alle Unmagungen berfelben,
um fie in bie ©rängen il^rer SHed^tm&gigteit gu fe^en. Sßad aber nid(|t in
bie 6int^eilung ber ^l^ilofop^ie fommen fann, ba« fann bo^ a\i ein 25
^aupttl^eil in bie j^ritif be« reinen @rfenntnigoerm5gen« Aberl^aupt fom<
men, toenn e« n&mlid^ ^rincipien entl^&It, bie fftr fid^ meber gum tl^eo«
retifd^en nod^ praftifd^en ©ebraud^e tauglid^ finb.
S>ie 9laturbegriffe, loelt^e ben ©runb gu aUem tl^eoretifd^en Srfennt«
uig a priori entl^alten, berul^ten auf ber ©efe^gebung beS Serfianbed. — 30
S)er ^rei^eitdbegriff, ber ben ©runb gu aQen finnli(^«unbebingten praf«
tifd^en 93orf(!^riften a priori entl^ielt, beruhte auf ber ©efe^gebung ber
SSernunft. 93eibe Siermögen alfo l^aben auger bem, bag fle ber logifd^ien
f^orm nad^ auf ^rincipien, toeld^en Urfprungd fie aud^ fein mbgen, an«
gemanbt loerben tonnen, uberbem nod^ iebeS feine eigene ©efe^gebung »
(ginleitaiiö. 177
bem Snl^alte nad^, aber ble ed !eine anbere (a priori) giebt, unb bie bal^er
btc eint^cUung ber ^^ilofop^ic in bic t]^corettf(:^c unb pralttf<!^c rcc^t*
fertigt.
Slttein in ber Familie ber oberen (Srfenntnigt>erm5gen giebt eiS bod^
5 nod^ ein aRittelglieb gmifc^en bem Serftanbe unb ber 93ernunft. S)ie{ed
ift bie Urt^eiUfraft, Don welcher man tlrfad^e ^at naäi ber Analogie
)u Dennut^en, bag fie eben fo»o^l, menn gleid) nt(!^t eine eigene ®efe^*
gebung, bo4 ein il^r eigene^ $rinci)) mdi ©efe^en gu fudjen, aQenfaDiS
ein bIo6 fubjectioe«, a priori in ft(^ entbalten bürfte: »elcbed, »enn i^m
10 gleich fein f^elb ber ©egenftdnbe als fein ®ebiet guft&nbe, bod^ irgenb
einen JBoben ftaben fann unb eine gemiffe »efd^affen^eit beffelben, »ofür
gerabe nur biefeiS ^rinclp geltenb fein mic^te.
^iergu lommt aber nod^ (nad^ ber Slnalogie ju urt^eilen) ein neuer
®runb, bie Urt^eildfraft mit einer anberen Drbnung unferer äSorftellungd«
15 fr&fte in Sßerlnfipfung gu bringen, »eld)e Don nod^ größerer SBiditigrelt
gu fein fc^eint, atö bie ber 93er»anbtfd^aft mit ber Familie ber 6rfennt*
nigoermbgen. S)enn alle ©eelenoermögen ober i^&^igleiten tonnen auf
bie brei gurüd geffll^rt merben, loeld^e ftcb nidit ferner aud einem gemein»
fc^aftlid^en ©runbe ableiten laffen: baS Srtenntntgoermigen, bad
90 ®efäl^I ber Suft unb Unluft unb bad Segel^rungdt}erm5gen*).
*) (Sd ifl Don 9^u|en: au IBegriffen, toelti^e man aU empirif<^e ^rtncipien
brauet, »enn man Urfad^e ^at gu t^ermutl^en, bag fie mit bem reinen (i^rfenntnig-
vermögen a priori in 8ern)anbtf(i^aft flehen, biefer SBeaie^ung wegen eine trand-
fcenbentale 2)eftnition au t)erfu(^en: nämli(^ burc^ reine ^ategorieen, fofern biefe
25 aUetn fc^on ben Untertrieb bed t>orliegenben Segriffd oon anberen ^inrei(!^enb an-
geben, ^an folgt hierin bem S3eifpiel bzß Sl^at^entatiferd, ber bie empirifc^en 2)ata
feiner Aufgabe unbeflimmt lAgt unb nur i^r ^er^öUnig in ber reinen 69ntl^fid
berfelben unter bie Segriffe ber reinen Slrit^metif bringt unb \i6) baburc^ bie $(uf*
I^fung berfelben oeraUgemeinert — Wlan f)at mir aud einem ä^nlic^en ^erfa^ren
90 iStnt ber pxaft, 9)., @. 16 [9] ber Sonebe) einen 9)om>urf gemalt unb bie S)efinition
bed Sege^rungdt)ermdgend, aU Sermdgend burc^ feine SBorflellungen Ur*
fa^e oon ber SBirlUc^feit ber (BegenßAnbe biefer ^orflellungen au
fein, getabelt: roeil bloge 9Bfinf(^e bo(^ au(^ iSege^rungen mären, uon benen \i6^
bo(!^ feber beft^eibet, bag er burc^ biefelben allein i^r Dbject rti6)t l^ert>orbringen
35 Unne. — 2)iefed aber bemeifet ni^td meiter, al^ hai ed auc^ ^ege^rungen im
SRenf^en gebe, moburi!^ beifelbe mit fi4 felbfl im SBiberfpruc^e fte^t: inbem er
bwcö^ feine SorfteQung aUein gur ^erootbringung bt^ Dbiectd ^inmirft, t)on ber
er bo(i^ feinen (Erfolg ermarten lann, meil er fi^ bewußt ifl, bag feine mec^anif^en
jh&fte (menn \^ bie rd^i pfi^^ologifc^en fo nennen foU), bie burt^ {ene SSorfteUung
Kant'« C<9Tiftes. »erfe. V. 12
178 ^tif ber UrtWW^aft
$flr bad (SrrenntnigDermögen ifl aQein ber SSerftanb gefe^gebenb, loenn
iened (»ie eS qu(!^ gefc^el^en mug, toenn t& für ftd^, o^ne SSermifd^ung
mit bem 99ege]^rungi$t)erm5gen, betrautet »irb) atö SBermdgen eined
t]^eoretif(^en SrlenntniffeS auf bie Statur belogen tt)irb, in Sn«
Teilung beren aQein (ald Srfc^etnung) ed un8 möglich ifl, bur(^ Slotur« 5
begriffe a priori, »elc^e eigentlid^ reine ScrftanbeSbegrlffe pnb, ®efc^c
ju geben. — f^ür bad S3ege^rungdt}ermogen, aU ein oberem 93erm5gen
nad^ bem Srei^eitöbegriffe, ift aUeln bie Vernunft (in ber attein biefer
SÖegriff Statt l^at) a priori gefefegebenb. — Slun ijt jtoijd^en bem 6r«
lenntnig' unb bem 93egel^rung8Derm5gen bad ®efäl^l ber Suft, jo mie 10
}n)if(!ben bem SSerftanbe unb ber 93ernunft bie Urt^eilSlraft enthalten.
®i ift alfo loemgften)^ Dorl&ufig ju Dermut^en, bag bie Urt^eildfraft eben
fo iDOl^l für fid^ ein $rinctp a priori enthalte unb, ba mit bem Segel^»
rungöDermögen not^ioenbig Suft ober Unluft oerbunben ift (t& fei, bag
fie toit beim unteren t>or bem ^rinctp beffelben Dor^ergel^e, ober toxt beim m
befittnmt werben tnüglen, um bod Object (tnit^tn mittelbar) au bemtrfen, entneber
nic^t aulöngtid^ finb, ober gar auf etmad nntnöglic^ed ge^en, 3. SB, bad (Skfc^e^ene
ungefc^e^en au matten (0 mihi praeteritos, etc.) ober im ungebulbigen Darren
bie Sn>if<^cnaett h\$ aum ^erbetgetoünf(||ten Slugenblidf t)ttn\^ten au lönnen. — Dh
XDXx und qU'tä^ in folt^en p^antaftif(i^en 93ege^rungen ber Unauldngltc^feit unferer 20
SorfieQungen (ober gar i^rer Untauglic^feit), Urfat^e i^rer (iegenfidnbe au fein,
bemugt finb: fo ift bo^ bie IBeaie^ung berfelben aU IMaä^t, mitl^in bie iBorfleHung
t^rer (Saufalität in iebem S3unf(^e entl^alten unb oome^mlii^ aldbann fi^tbar,
wenn biefer ein ttffect, ndmlii^ @e^nfu(^t, ift. 2)enn biefe beneifen babur^, bag
fie bai ^era audbe^nen unb well ma^ unb fo bie jtr&fte erf^dpfen, bag bie 25
5(r&fte burc^ IBorfteÜungen »ieber^olentltc^ angefpannt werben, aber ba^ (Skmfit^
bei ber SRfidfici^t auf bie Unmöglic^feit unauf^örUt^ wieberum in Grmattung aurütf
flnfen laffen. (Selbft bie (Bebete um Hbwenbung groger unb, fo tiel man einfielt,
unoermeiblic^er äbel unb manche abergldubif^e SJ^ittel au (^et^ung natürli^er*
weife unmdglii^er ^totde beweifen bie ^aufalbeaiel^ung ber SorfteHungen auf il^re so
Dbjecte, bie fogar bur^ bad i93ewugtfein tl^rer Unaulduglic^fett aum C^ect oon ber
Seftrebung baau nit^t abgehalten werben famt. — SBarum aber in unfere !Ratur
ber i^ang a» mit SBewugtfein leeren Oegel^rungen gelegt worbeii, bad ift eine an«
tbropologif(||-teleologif(^e $^rage. <Sd fc^eint: bag, follten wir nt(!^t e^er, aU bid
wir und oon ber gulänglic^feit unfereiS 9)ermögend au .^eroorbringung eine« fDh' 35
iectd oerftt^ert bitten, aur 5traftanwenbung beflimmt werben, biefe grogent^eild un-
benu^t bleiben wfirbe. 2)enn gemeinigli^i lernen wir unfere Jhdfte nur babur4
aUererfl fennen, bag wir fie oerfut^en. 2)iefe Släufcbung in leeren SBflnfcb^n ift alfo
nur bie Ofolge oon einer wol^lt^&tigen Slnorbnung in unferer 9^atur.
(Einleitung. 179
oberen nur ani ber Sejlimntung beffelben burd^ baS moralifd^e ®efe^
folge), eben fo »o^l einen Übergang Dom reinen @rfenntnigoerm5gen,
b. {. Dom ®ebiete ber 9laturbegriffe, )um ®ebiete be« f^rei^eitöbegriffS
betotrien tt)erbe, ate fie im Iogif(!^en ©ebraud^e ben Übergang oom 93er«
5 {tanbe gar Vernunft möglid^ mad^t.
äBenn alfo gletd^ bie ^^ilofopl^ie nur in jioei $au|)tt]^eUe, bie t^eo*
retifd^e unb pratttfd^e, eingetl^eilt »erben fann; menn gleid^ aUed, load
mir oon ben eignen $rinctpien ber ttrt^eitölraft gu fagen Ibaben motten,
in i^r gum t^eoretifd^en Steile, b. i. bem aSernunfterlenntni^ nad^ 9latur»
10 begriffen, gejd^lt »erben mfigte: fo befielet bo(^ bie ^ritif ber reinen 93er«
nunft, bie atted biefed oor ber Unternel^mung {ened S^ftemd gum 93e^uf
ber SRoglic^feit beffelben auSmad^en mug, an» brei Steilen: ber^ritit
bed reinen SerftanbeiS, ber reinen Urtl^eildfraft unb ber reinen SSernunft,
meldte Vermögen barum rein genannt »erben, »eil fie a priori gefe^-
15 gebenb finb.
IV.
93on ber Urtl^eiUIraft, aU einem a priori gefe^gebenben
93ermögen.
Urt^eitötraft über]^au|)t ift ba8 93ermögen, bad Sefonbere als ent»
20 Italien unter bem aUgemeinen gu beulen. ^\t baß SQgemeine (bie Sftegel,
baS $rincip, baiS ®efe^) gegeben, fo ift bie Urtl^eildfraft, »eld^e ba« 93e«
fonbere barunter fubfumirt, (aud^ »enn fie a\^ traniSfcenbentale Urt^eild«
traft a priori bie Sebingungen angiebt, »eld^en gem&g allein unter fenem
Siagemeinen fubfumirt »erben fann) beftimmenb. 3ft aber nur ha»
35 Sefonbere gegeben, »ogu fie t>a& Siagemeine finben foU, fo ift bie Urt^eild«
fraft blo6 reflectirenb.
3)ie beftlmmenbe Urt^eilSfraft unter allgemeinen tranSfcenbentalen
@efe^en, bie ber 93erftanb giebt, ift nur fubfumirenb; ba& ®efe^ ift i^r
a priori )?orgegeid^net, unb fie l^at alfo ni^t not^ig, ffir {td^ felbft auf ein
so ®efe^ gu beuten, um bad Sefonbere in ber 9tatur bem SÜgemeinen unter«
orbnen gu Wnnen. — ÄDein e« finb fo mannigfaltige formen ber SHatur,
gleic^fam fo oiele SRobtficationen ber adgemetnen traniSfcenbentalen 9la«
turbegriffe, bie burd^ j[ene ®efe^e, »eld^e ber reine SSerftanb a priori giebt,
»eil biefelben nur auf bie SRöglid^feit einer 9latur (als ©egenftanbed ber
35 @inne) fiber^au:pt ge^en, unbeftimmt gelaffen »erben, bag bafftr bod^
12*
180 SMm ber Urtl^eiUftaft.
au(^ ©efe^e fein muffen, bie gioar old empirifd^e nac^ unferer SBerfton«
bedeinftc^t juf&Qig fein m&gen, bie aber boßi, menn {le ©efe^e l^eigen
foUen (mie ed au(^ ber Segriff einer 9latur erforbert), au9 einem, menn
gleich und itnbetannten, $rinci:p ber @in^eit bed Stannigfaltigen ald
not^menbig angefe^en merben muffen. — ©ie reflectirenbe Urt^elWfraft, 5
bie t>on bem Sefonbern in ber 9tatur jum SlUgemeinen aufgufleigen bie
Dbliegenfteit ^at, bebarf alfo eined ^rincipd, meld^ed {ie nid)t t>on ber
(Srf Gärung entlegnen tonn, meil ed eben bie ßin^eit oller empirifc^en
^rincipien unter gleid^faUd empirifc^en, aber ^5^eren ^rincipien unb
alfo bie 9R5gli(^teit ber f9ftematifd)en Unterorbnung berfelben unter ein» 10
anber begränben foO. @in fold^ed trandfcenbentaled $rtncip tann alfo
bie reflectirenbe Urt^eiWfraft ficft nur felbft alö ®efe^ geben, nicftt anber«
mdrtd ^ernel^men (meil fie fonfl beftimmenbe Urt^etldtraft fein mürbe),
no(^ ber 9latur Dorfdjrciben: meil bie SRefle^rton über bie ®efe^e ber 9la«
tur ftd) nac^ ber 9latur unb biefe ftd) nic^t nac^ ben Sebingungen richtet, 15
nad) meldjen mir einen in Slnfe^ung biefer gang guf&Uigen Segriff t>on
xf)X ju ermerben trad)ten.
9lun lann biefed ^rincip lein anbered fein ald: bag, ba allgemeine
9laturgefe^e i^ren ©runb in unferem Serftanbe ^aben, ber fte ber 9latur
(obgmar nur naii bem aQgemeinen begriffe t>on i^r ald 9latur) Dor« ao
fd)reibt, bie befonbern emptrifd^en ©efe^e in Slnfel^ung beffen, mad in
i^nen buri!^ jene unbeftimmt gelaffen ift, nac^ einer folc^en Sinl^eit be«
trachtet merben muffen, ald ob gleidbfaQd ein SSerflanb (menn glei(ib nic^t
ber unfrige) jie jum Sel^uf unferer ©rfenntnifeoermögen, um ein Softem
ber @rfa^rung na(!^ befonberen 9laturgefe^en möglii!^ gu machen, gegeben n
l^dtte. 9lic^t atö menn auf biefe Slrt mtrtlic^ ein folc^er äSerftanb an:^
genommen merben mü^te (benn ed ift nur bie reßectirenbe Urt^eildtraft,
ber biefe Sbee gum ^rinctp bleut, gum Sleflectiren, nid^t gum S3epimmen);
fonbcrn biefe« JBermögen giebt fid^ baburd^ nur felbft unb nic^t ber Slatur
ein ®efe^. so
aBeil nun ber Segriff öon einem Dbject, fofern er gugleid^ ben @runb
ber SBirflic^teit biefe« Dbject« ent^<, ber Sw^cl unb bie Übereinftim«
mung eines 3)inged mit berjenigen Sefc^affen^ett ber S)inge, bie nur nac^
3medfen möglid^ ift, bie 3tt)e(f md^igfeit ber gorm beffelben l^eifet: fo
ift ba« ^rincip ber Urt^elt«fraft in Slnfe^ung ber gorm ber 3)inge ber 35
^atur unter empirifd^en ©efe^en überl^aupt bie 3^^clmdgigteit ber
31a tur in il^rer SRannigfaltigfeit. 3). i. bie 9latur mirb bur^ biefen Se-
(Einleitung. 181
ßriff fo üorflcflcnt, al« ob ein SSerftanb bcn ®runb ber Sin^elt bc8 SRan*
nigfdttgen tl^rer empirifd^en ®efe^e entl^alte.
JDtc 3»«*md6lflfcit ber Sflatur ifl alfo ein befonberer ©egrlff a
priori, ber lebiglic^ in ber reflectirenben Urtl^eitötraft feinen Urfprung
» l^at. S)enn ben ^atnrprobucten fonn man fo etmaS ate SBegiel^ung ber
Sftatur an il^nen auf 3»^«*^ nld^t beilegen, fonbern biefen Segriff nur
brau(!^en, um über fie in Snfel^ung ber 93erfnä:pfung ber (Srf(i^einungen
in il^r, bie nad^ empirifc^en ®efe^en gegeben ift, ju reßectiren. Su(^ ift
biefer Segriff oon ber praftif^en Su^^dmagigfeit (ber menfd^Iid^en JSunft
10 ober au(i^ ber Sitten) ganj unterfc^teben, ob er jtoar nac^ einer Snalogie
mit berfelben gebac^t mirb.
V.
S)a& $rinc{)) ber formalen 3tt)e€fmdgigleit ber ^atur ift
ein trandfcenbentalea ^rlnclp ber Urtl&eiUIraft.
15 (Sin traniSfcenbentaIed ^rinci^ ift badjenige, burd^ toeld^eS bie ad«
gemeine SBebingung a priori DorgefteUt toirb, unter ber allein 3>inge Db«
tecte unferer (Srienntnig Aberl^aupt toerben Ibnnen. S)agegen l^eigt ein
^rinctp meta^l^Qjtfd^, menn t& bie Sebingung a priori Dorflellt, unter
ber allein £)biecte, beren ^Begriff empirifd^ gegeben fein mug, a priori
ao toeiter beflimmt »erben fönnen. @o ift ba« $rincl|) ber (grfenntnife
ber Körper ald Subftangen unb al8 Derftnberlic^er Subflanjen trand«
fcenbental, toenn baburc^ gefagt mirb, ba^ il^re SSerdnberung eine Ur:*
fac^e l^aben muffe; ed ift aber metap^^jifc^, u)enn baburd^ gefagt toirb,
il^re äSeränberung mfiffe eine dugere Urfa(!^e l^aben: toeil im erfteren
35 pralle ber ^bxptx nur burc^ ontologifd^e $rdbicate (reine SSerflanbed»
begriffe), g. 93. ald @ubftana, geba(^t »erben barf, um ben @a| a priori
ju erfennen; im gleiten aber ber empirifc^e Segriff eined Jtörperd (al8
eined beuegli^en S)inged im SRaum) biefem @a|e gum ®runbe gelegt
merben mu^, aldbann aber, ba^ bem ^bxptx bad le^tere ^dbicat (ber
so Semegung nur burd^ dugere Urfad^e) gutomme, odOig a priori ein«»
gefe^en »erben lann. — @o ift, »ie id^ fogleid^ geigen merbe, bad^rincip
ber Smedtmdfeigfelt ber 9latur (in ber URannigfaltigfelt il^rer empirififcen
©efe^e) ein tran«fcenbentale0 ^incip. S>enn ber »egriff Don ben Db«
iecten, fofem fle al« unter biefem ^rincip fle^enb gebacftt »erben, ift nur
S6 ber reine »egriff öon ©egenftdnben be8 mbglicften grfal&rung8erfennt=
182 Ärttif htt Urt^eilfifraft.
niffeS flberl^aupt unb entl^dlt nid^tö (Sm:plrif(]^ed. S)ageeen m&re bad
$rincip ber prQttif(i)en Smectmägigfett, bie in ber ^bee ber Seftim«
tnung eined freien Sillend gebaij^t »erben mu^, ein metapb^^f^eiS
^rincip: meil ber Segrijf eined Sege^rungdDennö0en8 ald eine« äBiUend
bo(!^ empirifd^ gegeben merben mug (ni(!^t ju ben traniSfcenbentalen $rd« s
bicaten gel^ört). SBeibe $rincipien aber finb bennod^ ntc^t empirifd^,
fonbern ^rincipien a priori: meil e« jur Serbinbung beS ^rdbicatö
mit bem empirij^en Segriffe bed Subiectd il^rer Urt^eile feiner weiteren
(Srfa^ntng bebarf, fonbern {ene tbüiq a priori eingefel^en merben (ann.
S>a^ ber Segriff einer ßmedmägigleit ber 9latur gu ben trandfcem lo
bentolen ^rincipien gehöre, lann man auS ben aRajrtmen ber Urt^eild«
Iraft, bie ber Slacbforfd^ung ber Slatur a priori gum ®rnnbe gelegt
»erben, unb bie benno(!b auf nic^td ald bie aRogli^Ieit ber Srfa^rung,
mitl^in ber @rtenntni^ ber 9latur, aber nidbt blo^ ald 9latur überhaupt,
fonbern atö bur4 eine SRannigfaltigfeit befonberer ®efe|e beftimmten u
giatur, geben, ^inreid^enb erfeben. — ©ie fommen, als ©entenjen ber
meta:pb9f^f<^en äSeidbett, bei ©elegenl^eit mancher Stegein, beren 9lot^
menbigfeit man nic^t aM Segriffen bartl^un fann, im Saufe btefer
9Biffenf(^aft oft genug, aber nur gerftreut Dor. „^^e Slatur nimmt ben
färgeften 9Beg (lex parsimoniae); fte t^ut gleid)n)0^l leinen €:prung, m
meber in ber Srolge t^rer SSerdnberungen, no(^ ber ßufammenftellung
fpecififc^ oerfdbiebener Srormen (lex continui in natura); i^re groge
SRannigfaltigleit in emptrif^en ®efe^en ifl gleid^mobl (Sin^eit unter
wenigen ^rincipien (principia praeter necessitatem non sunt multipli«-
canda)"; u. b. g. m. n
SSenn man aber t)on biefen ®runbfd^en ben Urfprung angugeben
benft unb ed auf bem pfq^ologif^en Sßege t)erfu(i)t, fo ift bieS bem
©inne berfelben gdn;^li(!b gumiber. 3)enn fie fügen ni(^t, mad gefd)ie^t,
b. i. na^ meldjer SRegel unfere @r(enntnigtrdfte ibr ©piel mirtlidb treiben,
unb toie geurtbeilt mirb, fonbern mie geurt^eilt merben foK; unb ba lommt ao
biefe logifcbe obfectioe 9lot]^menbigteit nid)t l^eraud, menn bie ^rincipien
blo^ emptrifc^ finb. aifo ift bie Sn>eclmdgigteit ber Statur für unfere
Srfenntnigoerm5gen unb i^ren ®ebraud^, meiere offenbar auS i^nen l^r*
Dorleudbtet, ein trandfcenbentaled $rinct)) ber Urt^eile unb bebarf alfo
a\x6i einer trandfcenbentalen S)ebuction, oermtttelft beren ber (Srunb s»
fo gu urtl^eilen in ben SrtenntntgqueUen a priori aufgefu^t merben mug.
3Btr flnben ndmltc^ in ben ®rünben ber aR5gli(^teit einer Sr^
(Einleitung. 183
fal^rung guerft freiltd) etmad 9lot^U)enbiged, nomltd^ bie allgemeinen
®efe|e, ol^ne toel^e 9latur überhaupt (atö ©egenftanb ber @tnne) nidbt
gebaut »erben tann; unb biefe berufen auf ben J(ategorieen, angeisanbt
auf bie formalen Sebtngungen aQer und mögUd^en Slnfd^auung, fofern
5 fle gleichfalls a priori gegeben ift. Unter biefen ®efe^en nun ift bie
Urt^eitöfraft beftimmenb; benn fie l^at nid^td gu tl^un, ald unter gegeb«
nen ®efe^en ju fubfumiren. 3- 93- ber SSerftanb fagt: »Ue SBerdnDe*
rung l^at i^re Urfac^e (allgemeine^ 9laturgefe^); bie tranSfcenbentale
Urtl^eildfraft ^at nun n\ii\& metter gu t^un, ald bie Sebingung ber
10 6ubfumtion unter bem vorgelegten SSerftanbedbegriff a priori anzugeben:
unb ba8 ift bie ©ucceffton ber SBeftimmungen eines unb beffelben
S)ingeS. Sär bie !Ratur nun überl^aupt (als ©egenftanb mögU(!^er @^
fal^rung) mlrb ieneS ®efe^ alä fc^lecftterbing« not^menbtg erfannt. —
%un jtnb aber bie ©egenftdnbe ber empirifd^en Srfenntnig auger iener
u formalen S^ttbebingung noc^ auf mancherlei flrt beftimmt, ober, fo Diel
man a priori urtl^eilen fann, beftimmbar, fo bag fpecifif(b«))erf(4iebene
Staturen auger bem, maS fte als gur !Ratur überhaupt gehörig gemein
^aben, noc^ auf unenblid) mannigfaltige SBeife Urfac^en fein fönnen;
unb eine jebe biefer Jlrten mufe (nac^ bem SBegriffe einer Urfadje über*
30 l^aupt) i^re Siegel l^aben, bie ®efe^ ift, mithin Stot^menbigteit bei Itc^
fölirt: ob mir glei^ na(!^ ber Sefdjaffenl^eit unb ben ©cftranfen unfe»
rer ßrtenntnigoermögen biefe 9lot^menbigteit gar ni^t einfe^en. Sllfo
muffen mir in ber Sftatur in Slnfel^ung il^rer blofe empirifc^en ©efe^e
eine SRöglicbfeit unenbli^ mannigfaltiger empirif(!^er ©efe^e benfen, bie
9ft fflr unfere @in{i(^t bennoc^ SufäUig finb (a priori nic^t erfannt merben
tonnen); unb in beren Slnfe^ung beurtl^eilen mir bie 9latureinl^eit nad^
empirifc^en ©efej^en unb bie SRöglic^teit ber ßin^eit ber @rfa^rung (als
6^ftemS nad) empirifc^en ©efe^en) als gufdUig. SBeil aber bod) eine
fol^e (Sinl^eit notl^menbig oorauSgefe^t unb angenommen merben mu^,
90 ba fonft fein burd^gdngiger Sufammenl^ang empirifc^er @rfenntniffe gu
einem (Sangen ber Srfal^rung Statt finben tofirbe, inbem bie allgemeinen
9taturgefe^e gmar einen folcben ßufammen^ang unter ben S)ingen i^rer
Gattung nad), als !Raturbingen itberl^aupt, aber nic^t fpeciflfii^, als
fold)en befonberen 9laturmefen, an bie ^anb geben: fo mug bie Itrt^eilS«
35 traft für il^ren eigenen ©ebraud^ eS als ^rincip a priori annehmen, bag
baS fAr biemenfc^lic^eeinfid^tBufdllige in ben befonberen (emptrifd^en)
9laturgefe^en bennod^ eine für uns gtoar nid^t gu ergrAnbenbe, aber bod^
184 SMtil btt Urt^eitdfraft.
benibare gefe^Iid^e (Sinl^eit in ber Serbtnbung il^red Stanntgfaltigen gu
einer an {i(^ möeU(i)en Srfal^rung enthalte. Solgli^, metl bie sefe^U^e
(Sin^eit in einer SSerbinbung, bie mir gmar einer notl^wenbigen ftbfi^t
(einem Sebflrfnig bed Serßanbei^) gem&g, aber gugleic^ bod^ ald an ftd^
iuf&dtg erfennen, ald S^^<find6igteit ber Dbiecte (^ier ber 9latur) t)or« &
gefteUt mirb: fo mu^ bie Urtl^eiljStraft, bie in anfe^ung ber ^inge unter
migUd^en (nod^ ju entbedenben) em))trif(^en (Sefe^en blo^ reflecttrenb
ift, bte 9latur in ünfel^ung ber legieren na4 einem $rinctp ber
Smedmdgigfeit ffir unfer Srfenntnigoermögen benfen, melc^ed bann
in obigen Wajrimen ber Urt^eildtraft auSgebrflcft mirb. 3)iefer tranS« lo
fcenbentale SBegriff einer S»e(Imdfeigfeit ber 9latur ift nun meber ein
!Raturbegriff, noc^ ein fSrreil^eitöbegritf, meil er gar niij^td bem Dbtecte
(ber 9latur) beilegt, fonbern nur bie einjige «rt, mie mir in ber JReflejriDn
über bie ®egenftdnbe ber 9latur in abji^t auf eine burc^gdngig in*
fammen^dngenbe (Srfa^rung »erfahren muffen, DorfteUt, folgli^ ein fub« u
{ectioed ^rincip (Wajrime) ber Urt^eildtraft; bal^er mir au4, gleich atö
ob ed ein glfidlidier unfre Sbjid^t begflnftigenber Sufall mdre, erfreuet
(eigentlich eineö Sebürfniffeö entlebigt) merben, menn mir eine fold^e
f^ftematifcbe Sinl^eit unter blo^ em))irif(^en ®efe^en antreffen: ob mir
gleich notl^menbtg annel^men mußten, t& fei eine fol^e Sinl^eit, ol^ne ba| 20
mir ^e bo(^ einsufe^en unb ju bemeifen Dermo^ten.
Um fld^ oon ber 9ii(!btigleit biefer 2>ebuction bed Dorliegenben S^
griffe unb ber ülot^menbigteit tl^n aU trandfcenbentaied 6rtenntni6<
princi:p angunel^men gu ftberjeugen, bebenfe man nur bie ®röge ber
aufgäbe: aus gegebenen äßalirnel^mungen einer aUenfalld unenblid^e n
ÜRannigfaltigfett empirifd^er ®efe^e entl&altenben Statur eine äufammen«
l^dngenbe (Srfal^rung gu ma^en, meiere aufgäbe a priori in unferm
ä^erftanbe liegt. S)er SSerftanb ift jmar a priori im Sejt^e allgemeiner
®efe^e ber Statur, ol^ne meiere fte gar fein ®egenftanb einer 6rfal^rung
fein tonnte: aber er bebarf boc^ auc^ ftberbem nod^ einer gemiffen Drb« so
nung ber SRatur in ben befonberen SRegeln berfelben, bie il&m nur empi*
rif4 befannt merben lönnen, unb bie in anfel^ung feiner gufdDig finb.
S)ief( Siegeln, o^ne meiere lein t^ortgang t)on ber allgemeinen analogie
einer möglichen Srfal^rung fiberl^aupt gur befonberen Statt finben mürbe,
mufe er fl.cft alö ®efe^e (b. i. als notl^menbig) beulen: meil pe fonft feine 3*
ütaturorbnung auiSma^en mürben, ob er gleich il^re Stot^menbigfeit nid^t
erfennt, ober fematö einfel^en fonnte. Db er alfo gleid^ in anfel^ung ber^
(Anleitung. 185
felben (Objecte) a priori nic^tö beftimmeu fanitr fo mug er bo^, um
biefen emipirif^en fogenannten ®efe^en nad^juge^en, ein $rinci:p a priori,
ba^ n&tnli(b nadb t^nen eine erfennbare Drbnung ber !Ratur moglid) fei,
aUer älefleirion über biefelbe gum ®runbe legen, bergleid^en ^rincif
& nadifolgenbe @d^e audbrficfen: ba^ t& in il^r eine fAr und faglic^e
Unterorbnung Don Gattungen unb SIrten gebe; bag {ene ftd^ einanber
mieberum nac^ einem gemeinf^aftlic^en $rincip ndl^ern, bamit ein
Übergang oon einer ju ber anberen unb babur^ ju einer l^il^eren ®at«
tung möglid^ fei; bog, ba für bie fpeciftfd^e SSerfc^iebenbeit ber Slatur»
10 mirtungen eben fo Diel Derfcbiebene Xrten ber ßaufalitdt annehmen gu
m&ffen unferem SSerftanbe anfdnglid^ unoermeibli^ fd^eint, fie bennod^
unter einer geringen ßal^I oon ^rincipien fielen mögen, mit beren Suf«
fu^ung mit und gu befc^dftigen l^aben, u. f. xo. S)iefe ßufammenftimmung
ber 9latur gu unferem 6rfenntnigt)erm5gen mirb Don ber Urtl^eilsfraft
15 gum Sel^uf il^rer 9fieflej:ion über biefelbe nad^ i^ren em))irif(!ben ®e«
fe^en a priori Doraudgefe^t, inbem fie ber SSerflanb gugleid^ obtecttD als
gufdDig anertennt, unb blog bie Urtl^eitötraft fte ber %atur als trand«
fcenbentale ßttedtmdgigleit (in Segiel^ung auf bad (Srlenntni^Dermögen
bed @ubiectd) beilegt: meil ttir, ol^ne biefe Doraudgufe^en, leine Drb«
so nung ber 9latur nad^ empirifc^en ®efe^en, mithin feinen Seitfaben für
eine mit biefen nad^ oder il^rer SRannigfaltigfeit angufteQenbe Srfal^rung
unb ^lad^forfc^ung berfelben l^aben tourben.
S)enn ed Idgt fid^ mo^I beulen: bag ungeachtet aller ber ®Ieid^«
förmigfeit ber !Raturbinge nad^ ben aDgemeinen ©efe^en, ol^ne meiere
95 bie $orm eined (SrfaJ^rungderfenntniffed fiberl^aupt gar nic^t Statt ftnben
mfirbe, bie fpecififd^e äSerf^iebenl^eit ber em))irif(^en ®efe^e ber 9latur
fammt il^ren Sßirfungen bennoc^ fo grog fein lönnte, bag ed für unferen
Serftanb unmöglid^ mdre, in il^r eine fagUc^e Drbnung gu entbeden,
il^re $robucte in (Gattungen unb Srten eingutl^eilen, um bie ^rincipien
30 ber Srfldrung unb bed Serftdnbniffed bed einen aut^ gur (Srfldrung unb
Segreifung bed anbern gu gebrauchen unb aud einem für und fo Der«
)9orrenen (eigentlid^ nur unenblicj^ mannigfaltigen, unferer f^affungd«
fraft nid^t angemeffenen) @toffe eine gufammenl^dngenbe @rfa^rung gu
mad^en.
S5 S)te Uril^eildfraft l^at alfo auc^ ein $rinci|) a priori für bie 3Rög«
lid^feit ber 9lainr, aber nur in fubiectioer älüctftc^t in ftdb, ivoburd^ fte,
nid^t ber 9latur (ald Autonomie), fonbem il^r felbft (ald ^eautonomie)
186 Jhritif ber Urt^itöfraft.
für bic SRcflcylon über jene, ein ®efe^ öorfiftreibt, toelc^e« man baö ®e*
fe^ ber ©pecificatton ber Statur in «nfel^unfl l^rer em^jirifcften
®efe^e nennen Knnte, bad pe a priori an il^r niiftt erfennt, fonbem
jum Sebuf einer für unferen äSerftanb erfennbaren Drbnung berfelben
in ber @int^eUung, bie fie oon ibren aDgemeinen ®efe^en ma^t, on* &
nimmt, »enn pe biefen eine SWannißfaltigfeit ber befonbcrn unterorbnen
miU. SSenn man alfo fagt: bie 9tatur fyecipcirt ibre aUgemeinen ®efe^e
nod^ bem ^rincip ber 3»€<I»ici6iflfeit für unfcr grfenntnifeDermögen,
b. i. )ur S(ngemePenbeit mit bem men{d)U(ben SBerftanbe in feinem notb»
menbigen ®ef(bafte, gum Sefonberen, toel^ed ibm bie SBabrnebmung lo
barbietet, baiS aUgemeine unb gum SBerfcbiebenen (für iebe6peclcÄ jwar
ungemeinen) mieberum SBerfnüipfnng in ber ßinbeit bed $rinctp8 gu
Pnben: fo f treibt man babttr<b meber ber 9latur ein ®efe^ )dov, no^
lernt man eines K)on i^r bur(b Seobacbtung (obgmar jenes $rincip burc^
biefe bepatigt »erben tann). S)enn ed ip nicbt ein girinclp ber bepim- 15
menben, fonbern blofe ber repectircnben Urt^eitöfraft; man »tu nur,
ba6 mau, bie 9tatur mag ibren allgemeinen ®efe^en na(b eingertcbtet
fein, mie pe moUe, burtbauS nad) ienem ^rincip unb ben Ptb barauf
grünbenben SRa^imen ibren em))irtf(ben ®efe^en nacbfpüren müpe, meil
mir, nur fo meit als {eneS Statt pnbet, mit bem ®ebrau(be unfereS 93er« so
panbeS in ber Srfal^rung fortfommen unb (Srfenntnig ermerben tinnen.
VI.
93on ber SSerbinbung beS ®efüblS ber 2up mit bem Segriffe
ber Swcrfwidfeigfeit ber SHatur.
S)ie gebacbte ÜbereinPimmung ber 9latur in ber SRannigfaltigfeit ss
ibrer befonberen ®efe^e gu unferem SBebürfniffe, atlgemeinl^eit ber $rin*
cipien für pe aufgupnben, mug nacb aOer unferer ßinPi^t als gufädtg
beurtbetlt merben, gleicbmobi aber bo(b für unfer SerftanbeSbebürfnig
als unentbebriicb, mitbin als 3n)^dni&6tgfeit, moburcb bie 9latur mit
unferer, aber nur auf (grfenntnife gerii^teten abpdjt übereinftimmt. — ,10
S)ie aUgemeinen ®efe^e beS SerftanbeS, loelcbe guglei<b ®efe^e ber 9latur
pnb, pnb berfelben eben fo notbmenbig (obglei^ auS Spontaneität ent:^
fprungen), als bie SemegungSgefe^e ber 9Raterie; unb i^re (Srgeugung
fe^t feine 0bp(bt mit unferen Srtenntnigoermögen DorauS, meil mir nur
bur(b biefelben öon bem, maS ©rfenntnil ber 3)inge (ber Sdatur) fei, gu« ss
(Shileituitg. 187
erft einen Segriff erl^atten, unb fie ber Statur a\i Dbfect unferer @r«
lenntnig überl^aupt notbn)enbig sulommen. SlQein, bog bie brbnung
ber 9latur na<^ t^ren befonberen ©efe^en bei aUer unfere ^affung^traft
fiberfteigenben menigftend mdglid^en SRannigfaltigleit unb Ungleichartig«
6 feit bodb btefer uirflic^ angemeffen fei, i\t, fo t>M mir einfeben t&nnen,
guf&Uig; unb bie Siuffinbung berfelben ift ein ©efc^dft bed SSerftanbed,
loelcbeft mit Sbfi(i)t gu einem notl^menbigen Qmtdt beffelben, n&mlid^
(Sinbeit ber $rinci))ien in fte hineinzubringen, geful^rt wirb: U)el(^en
ßmedt bann bie Urtl^eitötraft ber 9latur beilegen mug, meil ber 93erftanb
10 ll^r l^lerftber fein ®efe| Dorfdjreiben tonn.
S)ie (Srreidbung feber 9lbfid)t ift mit bem ©effll^Ie ber Suft Derbun«
ben; unb ifi bie Sebingung ber erflern eine SSorfteKung a priori, U)ie
l^ier ein $rinci|) für bie reflectirenbe Urt^eildfraft äberbaupt, fo ift ba«
®effibl ber Suft au^ burc^ einen ®runb a priori unb für febermann
1» gültig beftimmt: unb ^max blog burd^ bie Segiebung bed Dbiecti^ auf
baS @rfenntnig))erm5gen, ol^ne bag ber 93egriff ber Su^eclmdgigfeit I|ier
im 9Rinbeften auf baS SBegebrung^Derm&gen 9lä(f{ld)t nimmt unb fidb
alfo oon aUer |)raftif(i)en ßn^eclmdgigfeit ber 9)atur gftuiilicb unterf(i)eibet.
3n ber S^at, ba mir t)on bem Sitf^Qtntentreffen ber äßabrnel^mun«
90 gen mit ben ©efe^en mit allgemeinen Slaturbegriffen (ben Äategorieen)
nidbt bie minbefte äBirtung auf baS @effibl ber Suft in und antreffen,
and) ni(bt antreffen fönnen, meil ber SBerftanb bamit unabficbtlid) natb
feiner Statur notl^menbig Derfd^rt: fo ift anbrerfeit« bie entbedte Serein»
barfeit jmeier ober mebrerer empirifc^en l^eterogenen Sftaturflefcjje unter
86 einem fie beibe befaffenben $rincip ber ®runb einer fel^r merflicben Suft,
oft fogar einer Semunberung, felbft einer foldjen, bie nidjt aufhört, ob
man fc^on mit bem ©egenpanbe berfelben genug befannt ift. Qtoax
fpfiren mir an ber ^aglic^feit ber Statur unb ibrer ßinl^eit ber Slbtl^ei«
lung in (Sattungen unb 8(rten, moburd^ allein empirifij^e Segriffe mog»
ao li4 finb, bur^ mel^e mir fte nad) il^ren befonberen ©efe^en erfennen,
feine merflic^e Suft mel^r: aber fie ift gemife gu il^rer ßeit gemefen, unb
nur meil bie gemeinfte Srfa^rung ol^ne fie niij^t m5gli(!b fein märbe, ift
fie aUmdblig mit bem bloßen @rfenntniffe Dermtf(bt unb niij^t me^r be«
fonber« bemerft morben. — 68 gebort alfo etmaö, ba« in ber SBeurtbei«
85 lung ber Statur auf bie Sw^ctmdfeigfeit berfelben für unfern JBerftanb
aufmerffam ma^t, ein Stubium ungleicbartige ©efej^e berfelben mo
möglid^ unter l^&^ere, obmol^l immer no4 empirifc^e, gu bringen, bagu,
188 Ariti! bet Urtl^dfraft.
um, tt)enn ei gelingt, an tiefet (Sinftimmung berfelben ffir unfer (Sr*
fenntni^Dermagen, bie tt)ir atö blog iuf&Dig anfeilen, £ufi ju empfinben.
S)agegen loftrbe nnd eine SorfteDung ber Statur burii^aud mißfallen,
bur4 ttelc^e man uni^ wxani fagte, bag bei ber minbefien Sla^forf^ung
über bie gemeinfte Srfal^rung l^inaud tt)ir auf eine $eterogeneit&t i^rer 5
®efe^e ftogen mftrben, mel^e bie ^Bereinigung il^rer befonberen ®efe^e
unter aUgemeinen empirif(i^en für unferen SSerflanb unmöglich madbte:
loeil bied bem $rinci{) ber fubiectiü«gu)edmftgigen Specification ber 9la«
tur in il^ren ®attungen unb unferer reflectirenben Urtl^eilstraft in ber
abfielt ber leiteten miberjlreitet. 10
S)iefe SSoraudfe^ung ber Urtl^eildfraft iji gleiij^iool^l barflber fo un*
beflimmt, n)ie loeit fene ibealif(^edtt)c^&6is'€tt ber Statur für unfer Sr*
!enntnigt)erm5gen auSgebel^nt merben folle, bag, »enn man und fagt,
eine tiefere ober auSgebreitetere Jtenntnig ber Statur bur4 Seobaij^tung
muffe gule^t auf eine SRannigfaltigleit oon.^efe^en ftogen, bie fein u
menfc^Iic^er SBerftanb auf ein $rincip jurüdfül^ren tann, mir eS au^
{ufrieben ftnb, ob mir eS gleich lieber 1^5ren, menn anbere und Hoffnung
geben: bag, ie me^r mir bie !Ratur im inneren (ennen mürben, ober mit
Anderen und für fe^t unbefannten ©liebern Dergleichen (önnten, mir fie
in i^ren ^rincipien um befto einfa^er unb bei ber f^einbaren ^etero« so
geneität il^rer empirif^en (Sefe^e einl^eUiger finben mürben, {e meiter
unfere ßrfal^rung fortfd^ritte. S)enn ti ifi ein ©el^eig unferer Urtl^eild«
fraft, nad^ bem $rincip ber Sngemeffenl^eit ber Slatur gu unferem @r«
lenntni^oermigen gu oerfal^ren, fo meit ed rei^t, ol^ne (meil ed (eine
beftimmenbe Urt^eildlraft ift, bie und biefe Siegel giebt) au8gumad)en, n
ob ed irgenbmo feine ©rdnjen l^abe, ober nic^t: meil mir jmar in Sn«
fel^ung bed rationalen ©ebraud^d unferer (Srfenntnigoermögen (Srftngen
beftimmen (önnen, im empirifd^en $elbe aber teine (Sr&ngbeftimmung
m5glid) ifi
VII. so
93on ber dft^etifd^en SSorflellung ber Stoedmft^igfeit
ber Statur.
Sßad an ber äSorfteOung eined Dbtedd blog fubiectiD ifi, b. i. il^re
Segiebung auf bad Subject, nic^t auf ben ®egenftanb audma^t, ift bie
aftl^etifc^e 93ef(^affenl^eit berfelben; mad aber an i^r jur Seftimmung ss
d^inleitung. 189
bti ©egenftanbed ()um (Srfenntniffe) bient ober gebraud)t toerben lann,
ift il^re logifd^e ®aitigteih ^tt bem (Srtenntntffe eine« ©egenftanbeS
ber Sinne tommen beibe Seiie^ungen {ufammen \)ot. ^n ber @innen«
DorfteOnng ber S)inge auger mir ift bie Dualit&t bed 9laumd, koorin mir
s {le anfd)auen, baft blog SubiecttDe meiner SorfteDung berfelben (mo-
burd), mad fie aU Obfecte an fid) fein mögen, unanftgemad^t bleibt), nm
welcher Sejie^nng mitten ber ©egenflanb and) baburcb bloi ald Srfd^ei«
nung gebac^t mirb; ber SRaum ift aber feiner blog fubjectioen Dualit&t
ungead^tet gIei(!^mo^l bod^ ein erfenntnigftäd ber S)inge ald 6rf(^einun«
10 gen. (Smpfinbung (^ier bie dugere) brfidt eben fomol^l bai^ blog
Subjectioe unferer Sorftettungen ber S)inge auger und ani, aber eigent«
li4 baft SRateriette (SReale) berfelben (moburc^ etmad Sjtiftirenbed ge-
geben mirb), fo mie ber SRaum bie bloge $orm a priori ber 9RögU(4feit
il^rer Snfc^auung; unb gleic^mol^l mirb iene auc^ gum Srtenntnig ber
i& Dbiecte auger und gebraust
S)adienige @ubiectioe aber an einer SSorftettung, mad gar fein
(Srfenntnigftfidt merben tann, ift bie mit il^r Derbunbene Suf t ober
Unluft; benn burc^ fie ertenne id^ nic^td an bem ©egenftanbe ber 93or*
ftettung, obgleich fie mol^l bie SBirtung irgenb einer (Srtenntnig fein lann.
80 9lun ift bie Stt)ectmägigfeit etned3)inged, fofern jie in ber SBa^rne^mung
oorgeftettt mirb, auc^ feine 93ef(^affen^eit bed Dbiectd felbfl (benn eine
fold^e fann ntc^t ma^rgenommen merben), ob fie glei^ aud einem @r«
ifenntniffe ber S)inge gefolgert merben fann* S)ie ßmecfmAgigteit alfo, bie
oor bem ßrfenntniffe eined Cbfectd oor^ergel^t, ja fogar, o^ne bie SSorftel*
25 lung beffelben ju einem (Srfenntnig braud^eQ gu motten, gleid^mo^l mit i^r
unmittelbar oerbunben mirb, ift bad @ubiectioe berfelben, mad gar fein
(Srfenntnigftfid merben fann. Slfo mirb ber ®egenftanb aldbann nur
barum gmedm&gig genannt, meil feine IBorftettung unmittelbar mit bem
©effil^le ber Suft oerbunben ift; unb biefe Sorftettung felbft ift eine
so dftl^etif^e SSorftettung ber 3n)ectmdgigfeit. — (Sd fragt ftd^ nur, ob ed
überhaupt eine folc^e SBorftettung ber ßn^eifmdgigfeit gebe.
SBenn mit ber blogen »uffaffung (apprehensio) ber gorm eine«
©egenftanbed ber Snf^auung o^ne ä3eiie^ung berfelben auf einen ^t^
griff gu einem beftimmten 6rfenntnig Suft oerbunben ift: fo mirb bie
36 äSorftettung baburc^ nid^t auf baS Object, fonbern lebiglic^ auf bad
Subiect begogen; unb bie Suft fann nic^td anberd ald bie Slngemeffenl^eit
beffelben gu ben (Srfenntnigoermigen, bie in ber reflectirenben Urtl^eitö*
190 Stmt ber Urt^etldfcaft.
fraft im Spiel finb, unb fofern jie barin {inb, alfo blog eine fubiertiDe
formale Sniecfmftgigfeit beS DbiectS au^braden. S)enn jene aujfaffung
ber tSrormen in bie Sinbtlbung^fraft !ann niemals gef^el^en, o^ne ba|
bie reflectirenbe ttrtl^eitötraft, aud^ unabfi^tlic^, fie loenigftenS mit i^rem
SSermögen, Snfc^auungen auf Segriffe gu bejiel^en, Derglid^e. äßenn nun 6
in biefer Sßergleid^ung bie (Sinbilbungdtraft (atö äjerm&gen ber Slnfc^au«
ungen a priori) jum Serflanbe (al9 Vermögen ber Segriffe) bur^ eine
gegebene SSorfleOung unabfic^tli^ in (Sinftimmung üerfe^t unb baburd^
ein ®effll^I ber Suft enoedt mirb, fo mu^ ber ®egen{lanb aldbann aU
jioedmftgig für bie reflectirenbe Urt^eildtraft angefej^en werben. @in lo
foldie« Urt^eil ift ein dft^etifd^ed Urt^eil über bie Sioedmä^igfeit bed
Dbiectd, meld^ed ^äi auf feinem oorl^anbenen Segriffe Dom ®egenjianbe
grfinbet nnb leinen Don il^m oerfd^afft. Sßeffen ®egenftanbe8 f^orm
(nid^t bad SRateriede feiner SorfteUung, dd (Smpfinbung) in ber blogen
9ftefIe;tion über biefelbe (o^ne übftd^t auf einen Don i^m gu ermerbenben u
Segriff)' als ber ®runb einer Suji an ber SorfteUung eines folc^en Db*
iectd beurt^eilt loirb: mit beffen Sorfleüung loirb biefe £uft au^ al«
notl^U)enbig Derbunben geurtl^eilt, folglich als ni^t blog für baS @ubiect,
xoAiiti biefe $orm auffaßt, fonbern für {eben Urtl^eilenben überhaupt.
S)er ©egenftanb l^ei^t aisbann fd^ön; unb bad Sermbgen, burd^ eine so
folc^e Suft (folglid^ au(^ aügemeingültig) gu urt^eilen, ber ©efdbmad.
S)enn ba ber ®runb ber Suft bIo6 tn ber $orm beS ®egenjianbeS für
bie 9fief[e;rion überl^aupt, mitl^in in feiner Smpfinbung beS ®egenftanbeS
unb au(4 obne Segie^ung auf einen Segriff, ber irgenb eine Slbfi^t ent«
l^ielte, gefegt lotrb: fo ift eS allein bie ®efe^m&gigteit im empirifd^en ss
®ebrau4e ber UrtbeilSfraft überhaupt (@in^eit ber ßinbilbungSfraft
mit bem Serflanbe) in bem ©ubjecte, mit ber bie SorfteUung be« Db«
tects in ber 9iefIe;rion, beren Sebingungen a priori allgemein gelten, gu»
fammen ftimmt; unb ba biefe ßuf^inmenftimmung bed ®egenflanbed
mit ben Vermögen beö eubjcct« guffiWg ift, fo bewirft fie bie Sor- so
fteQung einer Svedm&^igfeit beffelben in Snfel^ung ber (SrfenntnigDer«»
mögen beS SubiectS.
$ier ift nun eine Suft, bie toie afle Suft ober Itnluft, toeld^e nid^t
burcft ben greibeitsbegriff (b. i. burdb bie Dor^ergebenbe Seftimmung be«
oberen Segel^rungSDermbgenS burc^ reine Sernunft) gemirft mirb, nie» ss
mald aus Segriffen als mit ber SorfteOung eines ®egenftanbeS not^
menbig Derbunben eingefe^en loerben fann, fonbern jebergeit nur burd^
(Sinlettunfi. 191
reflectirte Sßol^rnel^mung ald mit biefer i)erTnü:pft erlannt loerben mug,
fol0(t4 mie ade empirifc^e Urtl^eile feine obiectioe 9lotl^menbigfeit an«
tflnbigen unb auf ©ültigfeit a priori Slnfpru^ machen lann. aber bad
©efd^modSurtl^eil mad^t auc^ nur Slnfpru^, uie iebed anbete empirifc^e
5 Urteil, für iebermann gu gelten, »eld^e« ungeadö^rt ^^^ inneren Su*
f&digfeit beffelben immer möglich ift. 3>ad Sefrembenbe unb Sb«
meic^enbe liegt nur barin: bag ed nid^t ein empirifd^er Segriff, fonbern
ein ®effi^I ber Sufl (folglich gar fein Segriff) i|), meldte« bod^ burc^ bad
@efd^madCSurt^eiI, gleid^ ald ob ed ein mit bem 6rlenntniffe bee Dbjectd
10 oerbunbeneS $r&bicat mdre, iebermann gugemut^et unb mit ber fßox»
ftedung beffelben Derfnüpft tverben foD.
(Sin einjelned (Srfal^rungdurtl^eil, g. 93. t)on bem, ber in einem
aSergfr^ftaÜ einen bemeglid^en Sropfen SBaffer »al^rnimmt, »erlangt mit
Siedet, bafe ein Jeber anbere e« eben fo flnben muffe, weil er biefeS Ur=
15 tl^eil nad^ ben allgemeinen Sebingungen ber beftimmenben Urtl^eildlraft
unter ben ®efe^en einer mögUd^en @rfa^rung uberl^aupt gefdUt l^at.
@ben fo ma^t berjenige, toelcl^er in ber blogen 9flefle]rion aber bie f^orm
eineö ®egenftanbeS ol^ne 9flä(ffi(^t auf einen Segriff Suft empftnbet, ob^
imar biefed Urtl^eil empirifd^ unb ein eingelneS Urt^etl ifl, mit Siecht
30 9[nfpru(^ auf S^bermanni^ Seiftimmung: mxl ber ®runb gu biefer Suft
in ber allgemeinen, obgmar fubiectioen Sebingung ber reflectirenben IXx^
t^eile, n&mlid^ ber jmedmA^igen Übereinftimmung eined ©egenftanbeft
(er fei ^robuct ber 9tatur ober ber jtunft) mit bem SSer^dltnig ber 6r«
fenntnigoermögen unter fic!^, bie gu iebem empirifc^en ßrfenntnig erfor«
25 bert toerben (ber Sinbilbung^fraft unb bed Serftanbed), angetroffen
mirb. S)ie Suft ift alfo im ©efd^mad^urtl^eile gmar oon einer empiri:^
fd^en Sorftellung abl^dngig unb tann a priori mit feinem Segriffe üerbun-
ben toerben (man tann a priori nic^t beftimmen, mel(!^er ®egenftanb bem
®efd^mad(e gemdg fein merbe, ober nid^t, man mug fl^n oerfuc^en); aber
30 fie ift bo(!^ ber Seftimmungdgrunb biefeö Urtl^ils nur baburdi), ba^ man
fid^ bemüht, ift, fie berul^e blog auf ber 9flefIe;cion unb ben allgemeinen,
obmol^l nur fubjectiDen, Sebingungen ber Übereinftimmung berfelben
gum @rfenntni6 ber Dbiecte überhaupt, für meldte bie f^orm bed Dbiectd
gmectmdgig ift.
35 S)ad ift bie Urfad^e, marum bie Urt^eile beS ©efd^madCd i^rer SRög*
Ud^feit nad^, toeil biefe ein $rincip a priori oorauiSfe^t, aud^ einer ^ritif
unterworfen finb, obgleid^ biefed ^rincip meber ein ßrfenntnigprincip
192 Sttxiil ber Uri^eildlraft.
ffir ben Serflanb, nod^ ein yraftifc^eS für ben SBiDen unb alfo a priori
gar nic^t beftimmenb ift.
S)ie @m))fängl{(^feit einer Sufi aud ber 9iefIe;rion fiber bie f^ormen
ber ©a^en (ber Statur fomo^I als ber Jtunft) bejei^net aber nic^t allein
eine d^cctin&gigteit ber Dbiecte in SBer^dltnig auf bie reflectirenbe Ur- s
t^etlStraft, gemdg bem Staturbegriffe, am @ubiect, fonbern au(^ um«
gefeiert bed Subjectö in Sinfel^ung ber ©egenft&nbe, il^rer i^orm, {a felbft
il^rer Unform nad^, )ufolge bem^rei^eitöbegriffe; unb babur(!^ gefc^ie^t
ed: ba^ ba^ &fti)etif4e Urtl^eil nic^t blog atö ©efcbmactdurtl^eil auf bad
Schöne, fonbern au^, atö aM einem ©eifteSgefül^I entfprungenei^, auf lo
bai^ (Sr^abene be;iogen mirb, unb fo {ene Jtritit ber äfi^etifc^en Ur^
t^eildfraft in guei biefen gem&^e ^auptt^eile gerfaUen mu^.
VIII.
äSon ber logifd^en SBorftellung ber Stt^^tlt^ä^tfif^it
ber Slatur. u
8ln einem in berSrfal^rung gegebenen ®egenftanbefannSnedmdgig«
feit öorgefteHt ©erben: entoeber au§ einem blofe fubiectlöen ®runbe, al8
Übereinftimmung feiner gorm, in ber Sluffaffung (apprehensio) bef*
felben Dor aQem Segriffe, mit ben Srtenntnigoermbgen, um bie Snf^au«
ung mit Segriffen ju einem (Srlenntnig fiber^aupt gu Dereinigen; ober to
a\x& einem objectioen, ald Übereinftimmung feiner f^orm mit ber SRög»
Ii(!^fett beiS 3)inged felbft, na(i^ einem begriffe t)on il^m, ber Dor^ergel^t
unb ben ®runb biefer ^orm ent^&It. äßir ^aben gefeiten: bag bie Sor«
fteUung ber ßwcdm&feigfeit ber erfteren 8lrt auf ber unmittelbaren 2uft
an ber f^orm bed ©egenftanbeiS in ber bloßen 9fiefIe]rion über {ie beruhe; 95
bie alfo Don ber 3n)ectmd6igteit ber geexten 9rt, ba fie bie ^^orm bed
Dbiectö nici^t auf bie erfenntnifeüermögen beiS ©ubiects in ber «uf*^
faffung berfelben, fonbern auf ein beftimmteS ßrfenntntg bed (Segen«
ftanbed unter einem gegebenen Segriffe begiel^t, l^at nic^td mit einem ®e«
fü^le ber Suft an ben S)ingen, fonbern mit bem Serftanbe in Seurtl^i« so
lung berfelben gu tl^un. Sßenn ber Segriff Don einem ©egenftanbe ge*
geben ift, fo befielt baö ©efd^dft ber Urt^eilöfraft im ®ebrau(^e beffelben
gum Srtenntni^ in ber S>arftellung (exhibitio), b. i. barin, btm Se=
griffe eine correfponbirenbe Slnfc^auung gur Seite gu ftellen: eiS fei, ba^
biefed burd^ unfere eigene (Sinbilbungdtraft gefc^el^e, ©ie in ber Jtunft, ss
(i^inleitunc). 193
toenn tx>\x einen Dorl^ergefa^ten Segriff t)on einem ©egenftanbe, ber fftr '
un« Qmed i(t, realiftren, ober bur^ bie ?Ratur in ber Stec^nif berfelben (wie
bei orflanljirten Körpern), toenn toir il^r unferen ©egriff Dom Qro^d jur
Seurt^eilung i^red $robuctS unterlegen; in melcl^em f^aUe nid^t blog
5 Qtotäm&^i^Uxi ber SJlatur in ber fjorm beö ©ingeg, fonbern biefe«
il^r ^robuct ate Jlaturjwetf »orgeftellt »irb. — Dbjmar unfer Segriff
oon einer fubiectioen ßmecfmdgigleit ber 9latur in il^ren f^ormen nad^
empirifd^en ©efe^en gar fein Segrtff Dom Object i[t, fonbern nur ein
^rinctp ber Urtl^eitefraft ft^ in biefer i^rer übergroßen SRannigfaltig^
10 leit begriffe gu Derf (Raffen (in il^r orientiren ju Wunen): fo legen mir
i^r bod^ l^ieburd^ gleic^fam eine Slfidjic^t auf unfer 6rfenntnigDerm5gen
nad^ ber Slnalogie eines S^^^^^ ^^i; "nb fo Wunen toir bie Slatur«
f(i^5n]^eit als S)arftenung bes Segriffs ber formalen (bloß fubtecti«
Den) unb bie Slaturgmedte als JDarfteHung bes Segriffs einer realen
15 (obiectiDen) 3n)edm&gig(eit anfe^en, beren eine toir burd^ ®ef$mad(
(fift^etifc^, Dermittelft beS ©efäl^ls ber Suft), bie anbere burd^ Serftanb
unb Sernunft Gogifi^, nad^ Segriffen) beurtl^eilen.
hierauf grünbet jid6 bie ein%ilung ber Äritil ber Urtl^eilsfraft in
bie ber dftl^ettfd^en unb teleologifd^en: inbem unter ber erfteren bas
20 Sermögen, bie formale Sw^dwäfe^ö'^l* (fonft aud^ fubjectioe genannt)
burdö baS Oeful^l ber 2uft ober Unluft, unter ber jiDeiten bas Sermögen,
bie reale Sw^^iwafeigfeit (objectiüe) ber 5ftatur burd^ Serftanb unb Ser*
nunft gu beurtl^eilen, Derftanben mirb.
3n einer Äritif ber Urtl^eilSfraft tft ber Sl^eil, toeld^er bie dfil^etifd^e
25 Urt^eilStraft entl^dlt, i^r ttefentlid^ angel^orig, meil biefe allein ein ^rin-
cip entl^dlt, melc^eS bie Urtl^eilSfraft DöBig a priori il^rer 3tefle;rion über
bie 9latur gum ©runbe legt, ndmlid^ baS einer formalen S^^^md^igfeit
ber 5Jlatur na^ i^ren bef onberen (empirifc^en) (Sefe^en für unfer (grfennt=
nigoermogen, ol^ne meldte ft(^ ber Serftanb in fie nid^t finbenlönnte: an«
30 fiatt bag gar lein ©runb a priori angegeben toerben tann, \a nid^t ein-
mal bie 9R6gU(^Iett baDon aus bem Segriffe einer 9latur, als ®egen=^
fianbe ber Srfal^rung im Allgemeinen fomol^l als im Sefonberen, erl^ellt,
bafe es obiectiüe Swedfe ber Statur, b. i. 2)inge, bie nur als 5Raturgö)ed[e
möglich finb, geben muffe; fonbern nur bie Urt^eilSfraft, ol&ne ein $rin«
35 cip bagu a priori in ftc^ gu entl^alten, in Dorfommenben ^dden (gemiffer
^robucte), um gum Se^uf ber Sernunft Don bem Segriffe ber ßtoedfe
®ebraud^ gu mad^en, bie Siegel ent^dlt, nad^bem feneS transfcenbentale
iranflCt^riften. »erfe. V. 13
194 ^rit« ber Utt^eiWfraft.
^rtncip fd^on ben Segriff eines QtotdS (n>entg{tenS ber %otm nad^) auf
bie 9latur ansumenben ben Serftanb vorbereitet l^at.
2)er tranSfcenbentale ©runbfa^ aber, ftd^ eine S^^dCinägigteit ber
^latnv in fubjectiDer IBejiel^ung auf unfer (Srfenntni6t)ermögen an ber
%oxm eined ^inged ald ein $rtncip ber Seurtl^eilung berfelben oorgu« 5
fteUeUi I> ed gdnglid^ unbeftimmt, mo unb in »eichen SrfiOen id^ bie
Seurt^eilung, ali bie eined $robuctd nad^ einem ^rindp ber Qmtdß
mfi^igfeit unb nic^t Dielmel^r blog na$ allgemeinen 9laturgefe^en, angu«
fteOen l^abe, unb überldgt eS ber äftl^etif^en Urt^eitöfraft, im ®e»
jd[)ma((e bie 9[ngemef[en^eit beffelben (feiner $orm) gu unferen Srfennt« 10
ni^oermögen (fofern biefe nid^t burc^ Übereinftimmung mit ^Begriffen,
fonbern burc^ bad ®effi]^( entf^eibet) auiSjumac^en. 3>agegen giebt bie
teIeo(ogif4*gebrau4te Urtl^eitölraft bie ä3ebingungen beftimmt an, unter
benen etaaS (j. 93. ein organifirter ^bxptx) na<4 ber 3bee eines Qmtdi
ber 9latur gu beurteilen fei; fann aber feinen ®runbfa^ auS bem ^t^ u
griffe ber 9iatur ald ®egenftanbeS ber Srfal^rung für bie Sefugnig an^^
fahren, il^r eine Segiel^ung auf QmS^ a priori beijulegen unb aud^ nur
unbeftimmt bergleic^en t)on ber mirflidijen Srfa^ung an folc^en $ro«
bucten angune^men: mooon ber ®runb ift, bag Diele befonbere @rfa^«
rungen angefteOt unb unter ber @inl^eit i^ed ^rincips betrad^tet merben 20
mfiffen, um eine obfectine 3n)ed[mägigleit an einem gemiffen ©egenftanbe
nur empirif(!b erfennen gu linnen. — S)ie äft^tifd^e UrtJ^eilSfraft ift alfo
ein befonbereS Vermögen, S)inge nad^ einer Siegel, aber nid^t nad^ 93e»
griffen gu beurteilen. S)ie teleologifc^e ift fein befonbereS Vermögen,
fonbern nur bie reßectirenbe Urteilstraft überhaupt, fofern fte mie fiber- 25
an im teoretifc^en @rfenntniffe nac^ ^Begriffen, aber in Snfebung ge«
)9iffer ®egenftanbe ber 9latur nac^ befonberen ^rincipieu, n&mlid^ einer
blo^ reflectirenben, niiit Objecte beftimmenben UrteüSfraft, oerfAe^r
alfo ie^r Slntoenbung nad^ gum teoretifd^en S^ile ber ^eiofoi)^^ g^
l^ort unb ber befonberen ^rincipien toegen, bie nid^t, toit eS in einer ao
S)octrin fein mug, beftimmenb finb, an^ einen befonberen %\itH ber
j(ritif ausmachen mu^; anftatt ba^ bie dftetifc^e UrteilSfraft gum @r«
fenntnig i^er ©egenftdnbe nid^ts beiträgt unb alfo nur gur j(ritif beS
urteilcnben SubjectS unb ber @rfenntnigt)ermögen beffelben, fofern fie
ber $rincipien a priori fd^g finb, oon meldiem ©ebraud^e (bem t^ore^ ^
tifd[)en ober prattifc^en) biefe AbrigenS au(^ fein mögen, gegd^lt merben
mui meldbc ^^^ ^ropdbeutit aller ^e^ofope^ ift-
Einleitung. 195
IX.
93on ber 93er(nfipfung ber ©efe^gebungen btS äSerftanbed
unb ber SSernunft burc^ bie Urtl^ciUIraft.
3)cr SScrftanb ift a priori gcfc^gcbcnb fflr blc 5llatur, oW Db|cct ber
3 @inne, gu einem tl^eoretijd^en Srfenntnig berjelben in einer mogliij^en
erfa^rung. S)ie Scrnunft ift a priori gefefegebenb für bie greil^eit unb
il^re eigene ßaufalitdt, als baS Überftnnli(j^e in bem @ubj[ecte, gu einem
unbebingt:=praftifcften erfenntnife. S)a« (Scbiet be8 5Raturbegriffö unter
ber einen unb ba& beS f^reil^eitöbegriffd unter ber anberen ©efe^gebung
10 jtnb gegen allen »ed^felfeitigen ©inpufe, ben pe für jic^ (ein {cbeö nacft
feinen ©runbgefe^en) auf etnanber ^aben Knuten, burc^ bie groge j^luft,
melij^e iai Überpnnlid^e Don ben @r|c^einungen trennt, gdnjlid^ abge«
fonbert. 3)er f5rei^eit«begriff beftimmt nid^t« in Slnfe^ung ber t^eore*
ti|(j^en fSrfenntnig ber 9tatur; ber 9laturbegriff eben fomo^I nid^tiS in 8n«
15 fe^ung ber praftifd^en ®efe^e ber grei^eit: unb eö ift in fofern nid&t mög^
Ii(^, eine Srfide Don einem ©ebiete gu bem anbern ^infibergufd^Iagen. —
flUein menn bie Seftimmungdgrünbe ber Saufalitdt nac^ bem ^reil^eitd-
begriffe (unb ber praftifd^en SRegel, bie er enthält) gleich nid^t in ber 5la=
tur belegen jtnb, unb bad Sinnlid^e ha^ Überfinnlic^e im Subiecte nic^t
20 befiimmen fann: fo ift biefeS boc^ umgele^rt (gmar nic^t in Slnfel^ung btö
(Srfenntniffed ber 9latur, aber boc^ ber folgen aM bem erfteren auf bie
le^tere) möglid^ unb fd)on in bem Segriffe einer Saufalität burd^ t^rei*
l^eit enthalten, beren SBirfung biefen i^ren formalen ©efe^en gemäfe in
ber SBelt gefc^e^en foll, obgmar bad SSort Urfad^e, Don bem Überfinn^
25 lidben gebraud&t, nur ben ®runb bebeutet, bie ßaufalitat ber Slaturbinge
gu einer SSirlung gemag i^ren eigenen ^aturgefe^en, gugleid^ aber bod^
aud^ mit bem formalen ^rincip ber SSernunftgefej^e einhellig gu beftim»
men, moDon bie SRöglidbfeit gmar nic^t eingefe^en, aber ber ßinmurf Don
einem vorgeblichen Sßtberfpruc^, ber ftc^ barin f&nbe, ^inreid^enb mtber*
30 legt »erben fann*). — 35ie SBirfung nacft bem grell^eitsbegriffe ift ber
*) (Seiner ))on ben Derfc^iebenen vermeinten SSiberfprüd^en in biefer gdnglid^en
Unterfi^ung ber 9{aturcaufalitöt t>on ber bur^ greil^eit ifi ber, ba man i^r ben
Sonourf mac^t: baft, menn i(^ t)on 4>inberniffen, bie bie9latur ber (Saufalit&t
nad^ grei^eit^efe^en (ben tnoralifc^en) legt, ober il^rer iBeförberung bur^ bie«
felbe rebe, id) bo4 ber erfleren auf bie Untere einen (Sinflug einräume. Vber wenn
13*
196 Äritif bei Utl^lWfraft.
(änbjtocd, bcr (ober bcffcn grfdicinunfl in bcr Sinncnwclt) crlflircn foll,
moju bie Sebingung ber SRöglic^feit beffelben in ber 9latur (bed SubfectS
als @innenn)efeniS, ndmlic^ aliS SRenfc^) »oraudgefe^t mirb. 3)ad, »ad
biefe a priori unb ol^ne aftfidfid^t auf baS ^rattifc^e oorauSfe^t, bie Ur^
tl^eilsfraft, glebt ben Dermittelnbcn Segriff gmifcftcn ben ^Raturbegriffcn 5
unb bem f^reil^eitöbegriffe, ber ben Übergang Don ber reinen tl^eoretifd^en
gur reinen praftifd^en, Don ber ©efe^mdgigfeit na(^ ber erfien jum @nb^
gmede nac^ bem legten möglid^ mac^t, in bem Segriffe einer ßtoed-
m&Mgfeit ber 9latur an bie ^anb; benn baburij^ mirb bie SRöglic^feit
bed (Snbgmedd, ber allein in ber 9latur unb mit @infttmmung i^rer ®e« 10
fe^e mirflic^ merben fann, erfannt.
3)er SBerftanb glebt burc^ bie SWögUcftfeit feiner ®eje|e a priori für
bie 9latur einen Seioeid bat)on, bag biefe ))on und nur alS @rf(beinung
erfannt merbe, mithin gugleid^ Snjeige auf ein überfinnlic^eS @ubfirat
berfelben, aber lagt biefed g&nglic^ unbeftimmt. S)ie Urt^eiUfraft Der« is
fc^afft burc^ il^r $rincip a priori ber Seurtl^eilung ber 9latur nad^ m5g'
lid^en befonberen ©efe^en berfelben i^rem überftnnliij^en @ubftrat (in
uniS fomo^I ald auger und) Sefttmmbarleit burc^ bad intellec^
tuelle Vermögen. S)ie Sernunft aber giebt eben bemfelben bur(6 il^r
praftifd^ed ®efe^ a priori bie Seftimmung; unb fo mad^t bie Urt^eiU^^ 20
fraft ben Übergang 00m ®ebtete bed 9laturbegriffd gu bem bed f^rei^eitd«
begriffe möglic^.
3fn anfel^ung ber ©eelenüermögen flber]^au^)t, fofern fte al8 obere,
b. i. als fold^e, bie eine Slutonomie entl^alten, betrautet »erben, ift ffir
bad @rfenntnigoermögen (bad tl^eoretifd^e ber9latur) berSerflanb n
badjenige, loeld^ed bteconßitutioen ^rincipien a priori ent^< für
bad ®ef fil^l ber Suft unb Unluft ift ed bie Urtl^eildlraft unabhängig
Don Segriffen unb @m:pfinbungen, bie ftd^ auf Seftimmung bed Sege^^
man bod ®efagte nur oerftel^en »in, fo ift bie Sf^igbeutung fel^r lei^t gu Derbfiten.
2)er äBiberftanb, ober bie SBefdrberung iß nic^t atoif^en ber 9latur unb ber Sret^eit, so
fonbern ber erfteren olS (Srf(^einung unb ben Stillungen ber le^tem ald Chrfc^ei«
nungen in ber ©innenmelt; unb felbft bie @auf alttftt ber Sretbeit (ber reinen unb
praftifclien S^ernunft) ift bie^aufalitftt einer jener untergeorbneten fRatururfoc^e
(bed (Bubjectd, old 9J2enf(^, folglich ald (Srftlieinung betrad^tet), Don beren 9e-
fl immun g bad Sntettigible, toeld^t^ unter bergrei^eit gebort wirb, auf eine flbrt« 35
gend (eben fo wie eben baffelbe, wad ba^ fiberflnnli(!^e ©ubfirat ber 9latur oud-
ma^t) unerft&rU(!^e flrt ben (S^runb enthält.
Einleitung. 197
ruiigd))frm5gen8 begleiten unb baburd^ unmittelbar ))ralttf(i^ fein Ibnnten;
fftr baS IBege^rungSDermögen bie 93ernunft, meiere ol^ne 93ermitt&»
lung irgenb einer Suft, »o^er fte au(^ fomme, ))raltt|(^ ift unb bemfelben
ald oberes äSermögen ben (SnbgtoedC beftimmt, ber gugleid^ bai reine in»
5 teHectueHe SBol^lflefotten am Dbjecte mit jtdb ffi^rt. — S)er »egriff ber
Urt^eitötraft Don einer Qmtdm&^iQUxt ber ^atur t{i nod^ gu ben 9latur^
begriffen ge]^5rig, aber nur ali regulatives $rincip beS @r(enntnitt)er^
mögend, obgmar baS dft^etifc^e .Urtl^eil Aber gemiffe ©egenftAnbe (ber
!Ratttr ober ber j(un{t), toeld^eS il^n ))eranlagt, in flnfel^ung beS ®effi^lS
10 ber Suft ober Unluß ein con^ituti))ed $rtncip ift. S)ie Spontaneität im
Spiele ,ber @rfenntnigoermögen, bereu Sufammenftimmung ben ®runb
biefer £uft entl^dlt, mad^t ben gebac^ten Segriff gut 93ermtttelung ber
aSerfnüpfung ber ©ebiete be« Sdaturbegriff« mit bem 8fteil&ett8begrlffe in
i^ren f^olgen tauglid^, inbem biefe )uglei(^ bie @mpfdngli(^teit bed ®e»
15 müt^S fflr iai moralifd^e ®efu^l beforbert. — f^olgenbe 2;afel fann bie
Überfielt aUer oberen 93erm5gen t^rer fqftemattfc^en (Sinl^eit nad^ er-
leichtern*).
*) Tim l^at ed bebenüt^ gefunben, bog meine (Sintl^eilungen in bet reinen
^^ilofop^ie faß immer breitl^eilig audfaUen. S)ad liegt aber in ber ffiainx ber
30 ®a4e. @oU eine (Sint^eilung a priori gef(!^e^en, fo wirb fie enhoeber anal^tifc^
fein na4 htm &a^t be^ SBiberfpruc^d; unb ba ift fie ieberaeit aweitl^eUtg (quodlibet
eD8 est aut A aut non A). JDber fie ift f^nt^etifd^; unb wenn fie in biefem
gfoUe and Segriffen a priori (ni(^t mie in ber 9)>{at^emoti! auiS ber a priori bem
^griffe correfponbirenben Unfd^auung) foU geffll^rt werbeni fo mug nad^ bemienigen,
25 umd au ber f^nt^ifd^en (J^in^eit ikberl^aupt erforberCtc^ ift, n&mltc^ 1) IBebingung,
2) ein SSebingte^, 3} ber 93egriff, ber auiS ber ^Bereinigung bed S9ebingten mit
feiner Sebingung entfpringt, bie ^ntfjeilung notl^wenbig Sric^otomie fein.
198 ^iti! hex Urt^i»haft. Einleitung.
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be« ganjctt SBcrf«.
^ritit ber ftft^ettfd^en Urt^eildtraft
Knd^tif ber Afl^eti{(^en Urt^ildtroft.
erfted Sud^.
StoeiteS SBud^.
and^tit b«S (Srl^abcnen.
3»(iter 9[bf(^nitt.
3>ialemf ber &fl^ettf(j^en Urt^eilStraft.
Btoeiter X^eil.
Ätittf ber telcologifd^en Urt^cilsfroft.
@rfie abt^eilung.
analqtif ber teleoloflifd^en Urt^itötraft.
Btveite Kbtl^eilung.
S)taleft» ber teIeoIogif(^en Urt^ilstraft.
3)}etl^obenIe^re ber teleologifc^en Urt^eiUtraft.
2)er
^ritif ber Urt^cilSfraft
ilrtti!
ber
5tnal9tif bc8 ©^önitu
5 ©rftcg SIRDmetit
bes ©cj^marfäurtl^eifö*) ber Qualität na^.
§1.
S)a8 ©efd^matfiSurtl^eil ifl aftl^etifc^.
Um ju unterfd^eiben, ob etioaS fd^on fei ober nid^t, begleiten xo'xx bie
10 äSorfteUung ntc^t burc^ ben ä^erftonb auf baS Obfect gum @rfenntniffe,
fonbern burc^ bie (Sinbilbungdfraft (t^ieUetc^t mit bem SBerftanbe üer^
bunben) auf baS @ub]ect unb ba^ ©effll^I ber Sufi ober Unluft befffiben.
S)ad®ef(i^ma(Idurt^eiI ift alfo fein @rfenntnigurt]^eil, mitl^in nid^t logifc^i
fonbern dfH^etifd^, worunter man baSjenige üerfte^t, beffen Seftimmungö»
15 gruhb nt^t anberS als fubfectio fein fann. 9Qe 93e}ie]^ung ber Sor?
fleDungen, felbft bie ber (Smpflnbungen aber fann obiectio fein (unb ba
bebeutet fie bad SReale einer empirifd^en SSorßeQung); nur nic^t bie auf
*} ®te S)eftmtion beS Qefd^macfiS, mel^e l^ier jum ©runbe gelegt xonh, ifi:
hai et bad fßetmtQtn ber ^eurtbeilung bed (B^bntn fei. Sßa« ahtt baju erforbert
30 mirb, um einen (S^egenfionb fc^ön au nennen, baö nrni bie flnal^fe ber Urtl^eile beiS
(Bef(3^moöEd entbecfen. S)ie Stomente, worauf btefe Urt^eiliSfraft in il^rer ffit^tjcion
^^i ^, ^abe \<i^ na<^ Anleitung ber (ogifcl^en gfunctionen gu urtl^eilen aufgefüllt
(benn im ©ef^motfiSurtl^etle ift immer noc!^ eine SSeaie^ung auf ben Serftanb ent-
ölten), ^ie ber Qualitöt l^abe id) guerft in ^Betrachtung gegogen, weil bad Aftl^e«
d& tif^e Uril^eil über bad (Simone auf biefe ^uerft SRfidftd^t nimmt.
204 ^til ber Urtl^ettölraft. l.S^eil. JbrtH! her dß^if^en Urtl^I^Iraft.
baS ®effil^l ber 2ufl unb Unlufl, ivoburd^ gar nid^tö im &bj[ecte begeic^net
»irb, fonberti in ber bas @ubiect, mie ti burd^ bie SSorfteQung afficirt
»irb, P(% jclbft fü^lt.
@in regelm&gigeS, gmedhnAgige« ©ebäube mit feinem 6rfenntntgüe^
mögen (eS fei in beutUc^er ober Denoorrener SSorfteQungdart) gu befaffen, s
ift gan) ehoad onberS, als f{(^ biefer SBorfieDung mit ber 6mpftnbung bed
SBol^IgefaDenS bemugt )u fein, ^izx »irb bie SorfteUung gdnjlid^ auf
baS @ubiect unb gmar auf bad SebenSgefül^l beffelben unter bem Flamen
be« ®effil^I^ ber Sufi ober Unluft begogen: m\6itS ein gang befonbereS
nnterf(^eibungS« unb Seurtl^eilungdDermögen grünbet, bad gum @rfennt« lo
nig nid^tS beiträgt, fonbern nur bie gegebene SSorfteDung im @ubj[ecte
gegen bM gange SBerm5gen ber äSorfteUungen l^dlt, beffen ftd^ baS ®emüt^
im ®efA]^l feine« 3uftanbed bemugt mirb. (begebene SSorfteOungen in
einem Urtl^eile tonnen empirifd^ (mitl^in &ft^etif(^) fein; bad ttrt^eil aber,
bad burd^ fie gefällt mirb, ift logifd^, menn {ene nur im Urtl^eile auf bad is
Obiect belogen »erben. Umgefel^rt aber, »enn bie gegebenen Sorfte^
lungen gar rational »dren, »firben aber in einem Urtl^eile lebiglid^ auf
bas @ubiect (fein ®efft^l) begogen, fo finb fie fofern iebergeit dft^etifd^.
§ 2.
S)ai^9Bo]^Igefanen, koeld^ed baiS (Sefd^matf^urtl^eil beftimmt, 20
ifi ol^ne alleS Sntereffe.
Sntereffe »irb bad Sol^lgefaQen genannt, \x>ai mir mit ber Sorftel»
lung ber 6]rifteng eines ®egenftanbe8 Derbinben. (Sin foId^eS l^at ba^er
immer gugleid^ Segiel^ung auf baS Sege^rungSoermbgen, entmeber ald ^
ftimmungSgrunb beffelben, ober bod^ atö mit bem SeftimmungSgrunbe bef^ 25
felben not^menbig gufammen^dngenb. 9lun miO man aber, menn bie $rage
ift, ob etmaS f d^ön fei, nic^t »iffen, ob uns ober irgenb iemanb an ber @]ri^
fteng ber @a(^e irgenb etmaS gelegen fei, ober auc^ nur gelegen fein tonne;
fonbern, »ie mir fie in berbIogen99etrad^tung(8nfd^auung ober9tefIe]cion)
beurt^eilen. Senn mid^ jemanb fragt, ob id^ ben ^alaft, ben id^ üor mir 30
fel^e, fd^ön finbe, fo mag id^ gmar fagen: id^ liebe bergleid^en 3)inge nid^t,
bie bloSfür baS Singaffen gemad^tfinb, ober,tt)ie teuer ^rotefifd^e @ad^em,
i^m gefaQe in $ariS nid^td beffer al8 bie (Sartfic^en; i(^ lann nod^ ftber«
bem auf Die @itelfeit ber ®rogen auf gut Stouffeauifc^ fd^mdlen, meldte
ben Sd^ioeig bes Solls auf fo entbel^rlid^e S)inge üermenben; id^ tann 36
1. 99it$. 9(nal9H! be« @45nen. (^fied 9)}oment. 205
mid^ enblid^ gar Uiüit äberjeugen, bag, menn i(^ mic^ auf einem unbe-
mo^nten @ilanbe o^ne Hoffnung iernals mieber gu ÜRenfc^en gu fommen
befdnbe, unb i(^ burc^ meinen biegen 9Bun|(^ ein fold)e^ ^rac^tgebaube
l^ingaubern fönnte, ic^ mir aud^ nic^t einmal biefe SRul^e barum geben
5 tDfirbe, toenn x6i fdbon eine ^fitte l^ätte, bie mir bequem genug mare. 9Ran
fann mir aUeS biefeS einräumen unb gutl^eigen; nur baoon tft je^t nit^t
bie Sflebe. 2Ran »iO nur miffen, ob bie bloge SorfteOung beS ®egenftan^
beS in mir mit SBol^Igefanen begleitet fei, fo gleichgültig i^ au(^ immer
in Snfe^ung bet @;rifteng bed ®egenftanbed biefer SorfteDung fein mag.
10 ÜRan fte^t leidet, bag ed auf bad, »ad id^ aM biefer SBorfteUung in mir
felbfl mad^e, nic^t auf bad, toorin iti üon bet (Sjrifteng beS @egenftanbe^
abl^dnge, anfomme, um gu fagen, er fei f(^5n, unb gu bemeifen, id^ ^abe
®ef4ma(I. @in ieber mug eingeftel^en, bag ba^ienige Urt^eil Aber Sd^ön»
^eit, morin ftd^ baS minbefte Jntereffe mengt, fel^r ))arteilid^ unb fein
u reine« ®ef(l)mad(durt^eil fei. ÜRan mug nid^t im minbeften für bie 6iri«
fleug ber Sad^e eingenommen, fonbern in biefem Setrad^t gang gleid^«
gültig fein, um in Sad^en bed ®efd^mads ben äfltc^ter gu fpielen.
Sir fönnen aber biefen @a^, ber üon Dorgüglid^er (Sr]^ebli4)feit ift,
nid^t beffer erläutern, al8 »enn mir bem reinen, uninterefftrten*) SBo^I«
90 gefaOen im (Sefd^madfdurt^eile batSjenige, toaiS mit ^ntereffe üerbunben
ifl, entgegenfe^en: üomel^mUc^ menn mir gugleid^ gemig fein fönnen, bag
t& nid^t me^r Srten bed Sntereffe gebe, ald bie eben je^t namhaft gemad^t
koerben foOen.
§ 3.
s6 S)ad äSBol^Igefallen am Slngenel^men tft mit Jnteref fe berbunben.
Kngenel^m ift bad, roa^ ben Sinnen in ber (Smpfinbung
gef dllt. ^ier geigt fid^ nun fofort bie ©elegen^eit, eine gang gemö^n«
lid^e Serme^felung ber bo))pelten Sebeutung, bie ba^ SBort (Smpfinbung
^aben fann, gu rügen unb barauf aufmerffam gu mad^en. aUed 9Bo^t
so gefallen (fagt ober benft man) ift felbjl ©mpflnbung (einer 8uft). SWitl^in
*) (Sin Urtl^il über einen @egenftanb bed SBoblfiefaÜend Tann gang uninter •
effirt, ober bo(!^ fe^r interef fönt fein, b. i. eö grflnbet f!(^ auf feinem Stitereffe,
aber ed bringt ein Sntereffe ^er))or; bergletcben finb aUe reine moralifc^e Urt^eile.
9ber bie ®ef4ma(!durtf)etle begrünben an fi(^ au(^ gar fein Sntereffe. !Rur in ber
35 ®efellf(!^aft mirb eö intereffant, @efc^ma(f au l^aben, wot)on ber @runb in ber
9oige angezeigt werben wirb.
206 ^rittf bcr Urtl^etWfroft. 1. ^e\l Äriti! ber Äft^etifd^en Urtl^elWfraft.
iß alles, loa^ fiefdDt, eben l^ierin, bog es gefdUt, angenel^m (unb na(i^ ben
))er{(!^{ebenen Kraben ober aud^ SSer^dltniffen }u anbern angenel^men 6m«
pftnbungen anmutl^ig, liebliii^, ergö^enb, erfreuUd^ u. f. ».)•
äSirb aber bas eingeräumt, fo finb (Sinbrfide ber 6inne, toeld^e bie 3ltU
gung, ober ®runb{ä^e ber Sernunft, toeld^e ben SStUen, ober bloge reflec« »
tirte formen ber Slnfc^auung, meiere bie Urtl^eilsfraft beftimmen, mai bie
äßirtung auf baS ©efdl^l ber £uft betrifft, gdniliij^ einerlei. S)enn biefe
mdre bie Snne^mlid^feit in ber @m))finbung feines 3uftanbeS, unb ba bo(b
enblid^ aOe Bearbeitung unferer äJermögen aufS ^raftifc^e auSgel^en unb
ftc^ barin als in ibrem QMt Dereinigen mug, fo fönnte man i^nen feine lo
anbere ©db&j^ung ber S)inge unb i^reS SBert^S gumutl^en, als bie in bem
SSergnügen befielt, loelc^es fte ))erft)re(^en. 8uf bie Srt, tt)ie fie bagu ge«
langen, lommt es am @nbe gar nic^t an; unb ba bie SBal^l ber SRittel
l^ierin aUein einen Unterfc^ieb mad^en fann, fo fpnnten SRenfd^en ein*
anber mobl ber S^orbeit unb beS UnoerftanbeS, niemals aber ber ^lieber« n
trdij^tigfeit unb 93oSl^eit befd^ulbigen: loeil fte bocb ade, ein feber na(^
feiner 9(rt bie Sachen ju fe^en, na^ einem Siele laufen, meld^eS für ieber^
mann bas SSergnügen ift.
SBenn eine SSeftimmung beS ®efflblS ber Suft ober Unluft 6mpfin«
bung genannt mirb, fo bebeutet biefer fluSbrutf etmas ganj anbereS, als »o
loenn i(^ bie SSorfteOung einer ©ad^e (burdb @inne, als eine jum (Srfennt«
nigoermögen gehörige 9ieceptioitdt) (Smpfinbung nenne. S)enn im le^tern
SaOe loirb bie SJorfteDung auf baS Dbiect, im erftern aber lebiglic^ auf
baS ©ubiect bejogen unb bient gu gar feinem @rfenntnif[e, aud^ nidbt ju
bemjenigen, moburc^ jtcl^ baS ©ubject felbfi erfennt. 25
SSir Derfteben aber in ber obigen @rf(drung unter bem äSorte 6m«
pfinbung eine obfectiDe SorfteUung ber Sinne; unb um nid^t immer @e»
fabr ju laufen, miggebeutet ju merben, moDen mir baS, maS jeberjeit bloS
fubiectio bleiben mug unb fd)lecbterbingS feine SSorfteUung eines ®egen«
ftanbeS auSmad^en fann, mit bem fonft üblicben 9tamen beS ®efftblS so
benennen. S)ie grflne Sarbe ber SBiefen gebort gur objectioen @m))fin'
bung, als SBabrnebmung eines ©egenftanbes beS Sinnes ; bie Snnebm:^
lid^feit berfelben aber jur fubiectioen Smpfinbung, moburcb fein ©egen-
fianb oorgeftellt mirb: b. i. gum ©effibl, moburcb ber ©egenftanb als Ob«
iect beS SBoblgefaflenS (»eld^es fein erfenntnife beReiben ift) betrod^tet 35
mirb.
S)ag nun mein Urtl^eil über einen ®egen{tanb, moburd^ id(i \\)n für
1. Bu(^. ttnal^iif be« @c^6nen. (Sxftt& SRoment. 207
anflCttc^m erfWre, ein Sntetejfe an bemfclben au^brüde, ift barauö fd^on
Rar, bag ed bur(^ (£m))ftnbung eine Segierbe nac^ bergleid^en^egenftanbe
rege mad^t, mithin bad Sßo^IgefaUen nic^t baS bloge Urt^eil fiber i^n,
fonbern bie Sejie^ung feiner @;riftenj auf meinen Su^anb, fofern er burc^
r> ein foli^ed Dbiect afficirt tt)irb, Doraudfe^t. S)a^er man üon bem ünge^
nehmen nic^t bloS fagt: ti gefällt, fonbern: ed üergnfigt. @d ift nic^t
ein bloger Beifall, ben i(b i^m tt)ibme, fonbern 9leigung »irb baburd^ er«
jeugt; unb gu bem, mad auf bie lebl^aftefte Srt angenel^m ift, gel^ört fo
gar fein Urteil über bie Sef c^affenl^eit bei^DbiectS, bag bieienigen, meldte
10 immer nur auf ba^ ©eniegen audgel^en (benn ba^ ift ba£f SSort, momit
man bad innige beiS 93ergnfigene bejeic^net), fid^ gerne aOeS Urtl^eilend
überleben.
S)aS Wohlgefallen am ®uitn ift mit Sntereffe oerbunben.
15 @ut ift baS, loaS oermittelft ber Vernunft burcb ben blogen Segriff
gefADt. SBir nennen einiget toogu gut (baS 9lü^li(^e), maS nur ali^
ÜRittel gef&Qt; ein anbereg aber an fi(^ gut, ma^ fflr ftc^ felbft gef&at.
3n beiben ift immer ber Segriff eines Qrotd^, mitl^tn bad Ser^ältni^ ber
Vernunft jum (menigftenS möglid^en) SBoOen, folglid^ ein SBo^lgefallen
20 am S)afein eines £)bj[ect8 ober einer ^aublung, b. i. irgenb ein 3ntereffe,
entl^alten.
Um etmaS gut gu finben, mug id^ iebergeit miffen, xoa» ber ®egen«
ftanb für ein S)tng fein foQe, b. i. einen Segriff oon bemfelben l^aben.
Um @(^in^eit »oran gu finben, l^abe ic^ baS nic^t nöt^ig. Slumen,
25 freie ßeid^nungen, o^ne 8bfid)t in einanber gefd^lungene ßfig^/ unter bem
9Ramen beS £aubiDerfd, bebeuten nid^ts, ^Angen üon feinem beftimmten
Segriffe ab unb gefaUen bod^. 2)a8 SBol^lgefaUen om @d^önen mug ))on
ber 8iefIeyion über einen Oegenftanb, bie gu irgenb einem Segriffe (unbc»
ftimmt tt)el(^em) fü^rt, abl^Angen unb unterfc^eibet fid^ baburc^ auc^ t)om
30 ängenel^men, tt)eldbeS gang auf ber (gmpfinbung beruht.
B»ar fd^eint baS Slngene^me mit bem ®uten in Dielen t^AOen einer«
lei gu fein. @o tt)irb man gemeiniglid^ fagen: alles (oorne^mlic^ bauer«
]^afte)Sergnügen ift an fi4) felbfi gut; loeld^eS ungefA^r fo Diel l^ei^t. alS:
bauert)aft«angene^m ober gut fein, ift einerlei, allein man fann balb
35 bemerten, bag biefeS bloS eine fe^lerl^afte SBortDertaufd^ung fei, ba bie
Segriffe, meldte biefen auSbrüdten eigent^ümlid^ an^Angen, feineSioegeS
208 Äritlf ber Urt^eiWfroft. 1. Sl^eil. Ärltif bcr äp^etif^en Urt^eltefraft.
gegen einanber auiSgetaufd^t werben tonnen. S)aS 8ngene]|me, bai ald ein
folc^es ben (Segenßanb lebiglid^ in Sejtel^ung auf ben @lnn DorfteQt, mug
aflercrji burc^ ben Scgriff eine« Qmtd^ unter ^rincipien ber SSernunft
gebracht »erben, um eiS ald ©egenftanb bed SBiUenS gut gu nennen. S)ag
biefe« aber atöbann eine ganj anbere SSejiel^ung auf bad SBo^IgefaUen 5
fei, menn ic^ baiS, mad üergnfigt, gugleic^ gut nenne, ifi barauS gu erfe»
l^en, ba^ beim ®uten immer bie f^rage ift, ob ti iloi mittelbar*gut ober
unmittelbar«gut (ob nfi^Iiii^ ober an ftc^ gut) fei; ba l^ingegen beim 8n«
genel^men hierüber gar ni(^t bie f^rage fein fann, inbem bad Sßort {eber»
geit etmad bebeutet, »ad unmittelbar gefdQt. (@ben fo ift ed aud^ mit bem, 10
»ad i(b fd^ön nenne, betoanbt.)
@elbft in ben gemeinften Sieben unterjc^eibet man bad ^ngenel^me
t>om ©Uten. 93on einem burc^ ©eioürge unb anbre Suf A^^ ben ®ef(^macf
erl^ebenben ©eric^te fagt man o^ne Sebenfen, ed fei angenehm, unb ge«
fte^t gugleid^, bag ed nid^t gut fei: meil ed gioar unmittelbar ben Sinnen 15
besagt, mittelbar aber, b. i. bur<^ bie SSernunft, bie auf bief^olgen l^in«
aus fte^t, betrachtet, miM&at. Selbfl in ber aSeurtl^eilung ber ©efunb^eit
lann man nod^ biefen Unterfd^ieb bemerfen. @ie ift jebem, ber fie beft^t,
unmittelbar angenel^m (»enigftend negatio, b. i. ald Entfernung aDer
förperlic^en @dbmergen). Slber um gu fügen, bag fte gut fei, mu^ man {te 90
nod^ burc^ bie äJernunft auf Qxotdt rid^ten, ndmlid^ bag fte ein Suftanb
ift, bcr uns gu allen unfern ©efcftdften aufgelegt macfet. 3« Slbjtdöt ber
®lüd(feligfeit glaubt enblic^ bod) iebermann,bie größte Summe (berSRenge
fomo^l als flauer nad^) ber Slnnel^mlid^feiten bed Bebend ein »al^red, ja
fogar bad l^öc^fte ®ut nennen gu fönnen. flQein auc^ ba»iber jirdubt ftd^ n
bie aSernunft. anne^mlid^feit ift Oenufe. SP ed aber auf biefen aHein
angelegt, fo mdre ed t^örid^t, fcrupul5d in flnfe^ung ber SRittel gu fein,
bie il^n und Derfdbaffen, ob er leibenb, ))on ber^reigebigfeit ber 9latur, ober
burc^ @elbfit^dtigfeit unb unfer eigned SBirfen erlangt mdre. S)ag aber
eined SRenfc^en Sjrifleng an fid^ einen 9ßert^ l^abe, meld^er blog lebt (unb so
in biejer 9lb|ld^t nod^ fo fel^r gefd^dftig ift), um gu gen legen, fogar »entt
er babei flubern, bie aUe eben fo »ol^l nur aufd ©enteren audge^en, ald
aßittel bagu aufd befte beforberlid^ mdre unb gmar barum, meil er burd^
S^mpatl^ie aOed 93ergnfigen mit gen5f[e: bad »irb ftd^ bieäSernunft nie
äberreben laffen. ^3lur burc^ bad, »ad er tl^ut ol^ne Siödftdbt auf ®enug, ss
in t)o(ler Qrrei^eit unb unab^dngig oon bem, roa^ il^m bie 9tatur auc^ lei*
benb oerfd^affen fönnte, giebt er feinem S)afein ald ber (Sjctfieng einer ^er«
1. Bud^. Knal^H! M ®d^5nen. (SrfleiS anoment. 209
fon einen abfoluten Sßertl^; unb bte Glüdfeligleit ift mit ber ganjen t^fille
il^rer Slnnel^mlid^teit bei »eitern nic^t ein unbebingteS ®ut*).
8ber ungeachtet aQer biefer äSerfc^iebenl^eit guifc^en bem Sngene^*
men unb ©uten fommen beibe bod) barin überein: ia^ fte ieberjeit mit
5 einem 3[nteref[e an i^rem ©egenftanbe Derbunben finb, nic^t aUein baS 9[n«
genehme, § 3, unb baS mittelbar ®ute (baS ^lu^Uc^e), mliia als ältittel
}u trgenb einer Snnel^mlic^Ieit gef&Dt, fonbern au(^ baiS fiJ^lec^terbingiS
unb in aller flbjic^t ©ute, ndmliij^ baS moralifd^e, »elc^ed bad ^öc^fte
3ntereffe bei pd^ fül^rt. 3)enn ba& ®utc ift baä Dbiect bc§ SBiflcn« (b. i,
10 etneiS burd^ SSernunft beftimmten Segel^rungSDermögeniS). ßtmas aber
»oDen unb an bem S)afein beffelben ein Sßol^lgefallen l^aben, b. i. baran
- ein Swt^cff^ nel^men, ijt ibentifc^.
§5.
Sergleid^ung ber brei fpecififd^ üerfc^iebenen 9rten be8
15 Sßol^lgefallen«.
S)ad flngenel^me unb ®ute l^aben beibe eine Sejiel^ung auf baS Se«
gel^rungSüermögen unb fül^ren fofern, jened ein pat]^ologi|d)«bebingte8
(burc^ anreige, stimulos), biefeö ein reinei^ ^)raftiftöe8, SBo^lgcfaflen bei
fid^, meld^e^ nid^t blog burc^ bie SSorfteOung beä ©egenftanbeS, fonbern
20 gugleid^ burd^ bie Dorgeftellte SSerfnü))fung beS ©ubjectd mit ber &fU
fteng beffelben beftimmt mirb. 9tid^t blog ber ©egenftanb, fonbern auc^
bie ßjtifteng beffelben gef&ttt. S)agegen ift bad ®ef(!^ma(IiSurt^eil blog
contemplatiö, b. i. ein Urtl^eil, »elc^cä, inbifferent in 9lnfe^ung be8
3)afein« eine« ©egenftanbe«, nur feine Seft^affcnl^eit mit bem ®efül)l ber
35 Suft unb Unluft gufammenl^<. Siber biefe 6ontem:plation felbft ift aud^
nic^t auf Segriffe gerid^tet; benn bad ©efd^maddurtl^eil ift fein @rfennt«
nl6urt!|ell (meber ein tl^eoretifd^eö noc^ praftifd^cö) unb bal^er aud^ nicf)t.
auf Segriffe gegrßnbet, ober auc^ auf fold^e abgegwedt
S)ai flngenel^me, baS @d^öne, bad ©ute begeic^nen alfo brei Derfc^ie«'
30 bene Ser^ältniffe ber äSorftellungen gum ©efä^l ber Suft unb Unluft, in
*) (Sine IBerbinblidifeit gum ©eniegen ifl eine offenbare Ungereimtl^ett. (Shen
bali mni alfo au^ eine oorgegeliene Serbtnblidifeit ^n allen ^anblungen fein, bie ^u
il^rent 3i^le bloS bad ® eniegen l^aben : biefed mag nun fo geifiig audgeba(^t (ober
DerbrAmt) fein, n>ie e^ wolle, unb wenn eö aiiä) ein m^ftift^er, fogenannter l^imm«
35 lif^er (S^enug »Are.
210 JMttf bet Uvt^iUfraft. 1. S^eU. ftrUi! ber &{t^eHf<!^ ttrtl^eittfraft
SSegiel^ung auf iselc^ed isit ®e0enftdtibe ober SorfiellungSarten Don ein^
anber unterfd^eiben. Sud^ finb bte iebem angemeffenen auSbrflde, tto«
mit man bie (Som))Iacens in benfelben bejei(]^net, nid^t einerlei. Snge«
nel^m l^etgt Semanbem baS, toaS i^n tiergnftgt; fd^ön, toaS i^m bloS
0efdnt; gut, toa» gefd^d^t gebilligt, b. i. isorin Don i^m ein obfec^ &
tioer Sßert^ gefegt mirb. Snnel^mUd^teit gilt aud^ ffir oemunftlofe Sil^iere;
@d^ön]^ett nur ffir SRenfd^en, b. i. t]^ierif(^e, aber bod^ Dernfinftige SBefen,
aber aud^ ntd^t blo« als fold^e (). S. ®eifter), fonbem gugleid^ als t^ie-
rifd^e; ba« ®ute aber^fftr iebed oernfinftige äBefen überl^aupt; ein 6a^,
ber nur in ber golge feine DoUft&nbige Sted^tferttgung unb (SrllArung be» lo
Tommen fann. SRan Tann fagen: bag unter aDen biefen brei Srten beS
äSol^IgefaUenS baS bed ©efd^madd am 6(^5nen eingig unb allein ein un*
interefftrte« unb freies SBo^lgefallen fei; benn fein Sntereffe, toeber baS
ber Sinne, nod^ baS ber SBernunft, gmingt ben SeifaD ab. S)a^er fbnnte
man oon bem äBol^lgefaDen fagen: ti begiel^e fid^ in ben brei genannten is
SäDen auf 9leigung, ober ®un{t, ober Sd^tung. S)enn ®nnft ifi baS
einzige freie äSol^lgefaDen. (Sin ©egenftanb ber Steigung unb einer, mU
d^er burd^ ein SBernunftgefe^ uns gum Segel^ren auferlegt »irb, laffen
uns feine Sreil^eit, unS felbft irgenb »orauS einen ®egenftanb ber £uft
gu mad^en. SlDeS Sntereffe fe^t Sebfirfntg oorauS, ober bringt eines 20
l^en)or; unb als SeftimmungSgrunb beS Seifalls Idgt eS baS Urt^eil über
ben ®egenftanb nid^t mel^r frei fein.
äSaS baS Sntereffe ber Steigung beim Sngenel^men betrifft, fo fagt
iebermann: junger ift ber befie j^od^, unb beuten Don gefunbem appetit
fd^medt aDeS, loaS nur e^ar ifi; mitl^in bemeifet ein fold^eS SBol^lgef allen ss
feine Sßal^l nad^ ®ef(^madF. 9lur menft baS Sebürfni^ befriebigt ifi, fann
man unterfd^eiben, toer unter SBielen ®efd^mad ^abe, ober nid^t. 6ben fo
giebt es Sitten (6onbutte) ol^ne Sugenb, ^bflid^feit o^ne SBol^lkoollen, Sin«
ft&nbigfeit ol^ne iS^rbarfeit u. f. m. S)enn too baS fittlid^e ®efe^ fprid^t,
ba giebt eS obiectio toelter feine freie SBal^l in Snfel^ung beffen, koas gu »
tl^un fei; unb ®efd^madE in feiner Sluffäl^rung (ober in 93eurt^eilung an«
berer i^rer) geigen, ift etmaS gang anbereS, als feine moralifd^e S)enfungS«
art Andern: benn biefe ent^< ein ®ebot unb bringt ein 99ebürfni^ l^er«
))or, ba l^ingegen ber ^ttlid^e ®efd^mad( mit ben ®egenfi&nben beS Siol^l«
gefallenS nur f))ielt, ol^ne ftd^ an einen gu l^dngen. ss
1 . 8u4. «nol^ti! bed Sä^bmn. SmtiM SRomeitt. 211
aus bem erftenSRomente gefolgerte 6tII&rung bti Sd^önen.
©efd^mad tft baS Seurtl^eilungSüennögen eines ©egenftanbeS ober
einer S^orfleUungSart bnxii ein SBol^lgefaUen ober SRigf allen ol^ne alles
Sntereffe. S)er ®egeniianb eine« fold^en SBol^IgefaUenS l^eigt f d^in.
bei ©efd^madtSurtl^eitö, nämlid^ feiner SHuantttöt nad^*
§6.
Sias @(]^öne ift baS, koaS ol^ne begriffe als Object eines
attgemeinen SBol^IgefallenS üorgeftellt isirb.
10 3>iefe erll&rung beS Sd^önen fann auS ber oorigen (Srfldrung bef«
felben, als eines ©egenftanbeS beS äßol^IgefaUenS ol^ne aUeS ^ntereffe,
gefolgert werben. S)enn baS, mt>on jemanb ftd^ beiougt tft, bog bas äBol^l
gefallen an bemfelben bei il^m felbft ol^ne aUeS Sntereffe fei, baS fann
berfelbe nid^t anberS als fo beurtl^eilen, bag eS einen ®runb bzS SBol^l«
15 gefaUenS fär {ebermann entl^alten mfiffe. S)enn ba eS ftd^ nid^t auf irgenb
eine 9leigung beS ©ubjects (nod^ auf irgenb ein anbereS überlegtes Snter«
effe) grünbet, fonbern ba ber ttrtl^eilenbe jid^ in »nfel^ung beS Sol^lge*
faUenS, iseld^eS er bem ©egenftanbe loibmet, oöUig frei fäl^lt: fo fann er
feine ^riüatbebingungen als ©rünbe beS SBo^lgefaDenS auffinben, an bie
so {td^ fein Subject allein l)inge, unb mug eS bal^er als in bemienigen be«
grünbet anfeilen, mas er aud^ bei iebem anbern üorauSfe^en fann; folglid^
mug er glauben ®runb )u l^aben, {ebermann ein il^nlid^es SBol^lgefallen
jugumutl^en. @r mirb bal^er t)om @d^5nen fo fpred^en, als ob @d^5n^elt
eine Sefd^affenl^eit beS ®egenftanbeS unb baS Urtl^eil logifd^ (burd^ 93e«
95 griffe üom Öbjecte eine (Srfenntnig beffelben auSmad^enb) kodre; ob eS
gleid^ nur dfll^ettfd^ {{i unb blog eine Segiel^ung ber SSorfteUung beS
©egenjianbeS auf baS 6ubiect entl^<: barum loeil eS bod^ mit bem logl«
fd^en bte ^l^nlid^feit l^at, bag man bie ©ultigfeit beffelben für jebermann
baran oorauSfe^en fann. Slber auS Segriffen fann biefe ailgemein^eit
30 audb nid^t entfpringen. S)enn üon ^Begriffen giebt eS feinen Übergang gum
®effi^le berSuft ober Unluji (ausgenommen in reinen praftifd^en ®efe^en,
bie aber ein Sntereffe bei jid^ führen, bergleld^en mit bem reinen ®e«
14*
212 ^itif hex Urtl^ciWfroft. 1. SEl^eil. Äritt! ber ftpl&etlfij^en UrtlJciWfroft.
fd&madSurtl^cilc nid^t ücrbunbcn Ift). SolgH^^ mufe bem ®t\äimadi\xx^
tl^cile mit bem Scmufetfcin bcr abfonberung in bcmfclbcn Don aUcm 3«*
tcreffc ein »nfprudfi auf ©uUiflfctt für icbcrmann o^nc auf Oblectc gc^
fteDte Singemeinl^ett an^&ngen , b. i. ed mug bamit ein S(nf))rud^ auf
fubfectioe SHIgemeinl^eit t)eTbunben fein.
§7.
SSergleid^ung beS @d^önen mit bem Sngenel^men unb ©uten
burd^ obigem 3Rerfmal
3n Slnfel^ung beöangcncl^men befd&eibet jtd^ ein {eber: bafe fein
Urtl^eil, mcld^cö er auf ein ^riöatgefül^l grfinbet, unb tooburd^ er Don ^o
einem Oegenjianbe fagt, bafe er il^m gefalle, jtd^ aud^ blofe auf feine ^erfon
cinfd&rdnfe. Salier ift er eö gern gufrieben, bafe, menn er fagt: ber Sana«
rienfect i{l angenel^m, i^m ein anberer ben S(udbrud t)erbeffere unb il^n
erinnere, er foUe fagen: er ift mir angenel^m; unb fo nid^t aQein im ®e»
fd^mad ber S^nge, bed @aumen8 unb bed Sd^Iunbed, fonbern aud^ in bem, ^^
kDaiS für Singen unb Dl^ren j[ebem angenel^m fein mag. S)em einen ifi bie
Diolette garbc fanft unb lieblid^, bem anbern tobt unb erftorben. (jiner
liebt ben SEon bcr SlaSinftrumente, ber anbre ben Don ben ©aiteninftru«
menten. Sarübcr in ber 8lbjid^t ju flreiten, um ba8 Urtl^eil anberer,
iDcldöeS üon bem unfrigen ocrfd^ieben ift, gleid^ al§ ob eS biefem logifd^ »o
entgegen gefefet märe, für unri(!^tig gu f dielten, mdre Stl^orl^eit; in an*
fel^ung beS ängenel^men gilt alfo ber ©runbfa^: ein jeberl^at feinen
eigenen ®efd^mad(ber Sinne).
3Rit bem ©d^onen ifl eö ganj anber*3 bemanbt. 6« toärc (gerabe um*
gefeiert) l&d^erlid^, menn jemanb, ber fid^ auf feinen ©efd^madi etmaiS ein^ »^
bilbete, ftd^ bamit gu red^tfertigen gebdd^te: biefer ©egenftanb (baS ®e«
bdube, toaS koir feigen, baS ^leib, koas jener trdgt, baiS Soncert, toaS mir
^ören, baiS ©ebid^t, meldte« gur S3eurtl^eilung aufgefteUt i{t) ift ffir mid^
fd^5n. S)enn er mug eS ni^t fd^ön nennen, menn eS blog i^m gefdOt.
aieig unb Slnnel^mlid^felt mag für i^n Diele« l&aben, barum befümmert pd^ so
niemanb; menn er aber etmaiS für fd^ön audgiebt, fo mutl^et er anbern
eben baffelbe SBo^lgefaHen gu: er urt^eilt nid^t blog für ftd^, fonbern für
iebermann unb fprid^t alsbann Don ber @d^5n]^eit, aliS mdre pe eine @igen^
fd^aft ber S)inge. (Sr fagt ba^er: bie @ad^e ift fd^on, unb red^net nid^t
etma barum auf Slnberer (Sinftimmung in fein Urtl^etl beiS SBo^lgefallend, S6
l.muä), SCnalQtü bei3 @(^önen. Swdiei ^omtnl 213
loeil er fte mel^nnalS mit bem feinigen einjiimmtg befunben l^at, fonbern
f orbert eö Dmi i^nen. 6r tabclt pe, menn pc anber« urtl^eilen, unb fprtd&t
t^nen ben ©efd^mad ab, üon bem er bod^ t^erlangt, bag fte il)n ^aben foQen;
unb fofern fann man nid^t fagen: ein jeber ^at feinen befonbern ®e=
5 f(^mad. tiefes würbe fo t)tel l^eigen, aliS: t^ giebt gar feinen ©efd^mad,
b. i. lein äftl^etifd^eiS Urtl^eil, meld^eiS auf jebermannd Seiftimmung red^t«
m&gigen Snfpruc^ matten lönnte.
©letc^mo^I finbet man aud^ in Slnfel^ung beS Stngenel^men, ba^ in
ber Seurtl^eilung beffelben pd^ (Sinl^elligfeit unter 5Kenfd^en antreffen laffe,
10 in Stbpd^t auf toeld^e man bod^ einigen ben ©efd^mad abfprid^t, anbern
tl^n gugefie^t unb gwar nic^t in ber Sebeutung als Drganpnn, fonbern
als Seurt^eilungSDermögen in Slnfel^ung beiS Slngenebmen überl^aupt.
®o fagt man üon iemanben, ber feine ®&fte mit anne^mlid^Ieiten (beiS
©enuffeS burd^ aUe @inne) fo gu unterhalten toeig, bag eS il^nen in^ge^
15 fammt gefdllt: er ^abe ©efd^mad. SIber l^ier toirb bie Sllgemeinl^eit nur
comparatio genommen; unb ba giebt eö nur generale (wie bie empiri*
fd^en aUe pnb), nid^t uni))erf ale Siegeln, meldte legieren bad ©efd^madS^
urtl^eil aber baS @d^öne pd^ unternimmt ober barauf ^nfprud^ mad^t. @S
ift ein Urtl^eil in Sejiel^ung auf bie ©efefligfeit, fofern pe auf empirifd^en
20 siegeln berul^t. Su Slnfel^ung beiS ©uten mad^en bie Urtl^eile gioar au^
mit Siedet auf ©ültigleit für febermann Slnfprud^; aDein bad ©ute wirb
nur burc!^ einen Segriff aU Dbject eines aUgemeinen SBo^IgefaHenS
oorgefleUt; meld^eS weber beim 9(ngene^men nod^ beim @d)5nen ber
Satt tp.
25 §8.
S)ie Sdlgemeinl^eit beS äSol^lgefallenS wirb in einem ©e^
fd^madSurtl^eile nur aU fubj[ectio Dorgeftellt.
S)tefe befonbere S3epimmung ber Slflgemeinl^eit eines dftl^etijd^en Ur^
tl^eilS, bie pd^ in einem ©efd^madSurtl^eile antreffen lA^t, ift eine 3RerI>
30 würbigfeit, gwar nid^t für ben fiogifer, aber wo^l für ben SEranSfcenben*
taU^l^ilofopl^en, weld^e feine nid^t geringe SSemü^ung aufforbert, um ben
Urfprung berfelben ju entbeden, bafür aber aud^ eine ©igenfd^aft unfereS
@rIenntnigoermögenS aufbedt, weld^e o^ne biefe S^tglieberung unbelannt
geblieben wäre.
35 Suerp mug man pd^ baüon üollig überzeugen i ba^ man burd^ baS
214 ^Ui! ber Urtl^eiUfcaft. l.Z^til jhriti! ber fifll^etif^en Urtl^eUdfraft.
©efd^mod^urt^eil (über ba« 6(l^öne) bai^ äßol^IgefaUen an einem ®egen^
ftanbe iebermann anftnne, ol^ne ftd^ bod^ auf einem SSegrifTe gu grfinben
(benn ba m&re eS baS ©ute); unb bag biefer anf))rud^ auf ailgemeingüt
tigfeit fo mefentlti]^ ju einem Urtl^ell gel^öre, moburd^ loit etoas für f d^ön
erlldren, bag, ol^ne biefelbe babei gu beulen, eS ntemanb in bie ©ebanfen s
lommen tDurbe, btefen audbrud ju gebraud^en, fonbem alles, toad ol^ne
Segriff gef&nt, }um Sngenel^men gegd^It treiben tDftrbe, in Snfe^ung bef«
fen man jegUd^em feinen Äopf für fid^ l^aben Ififet, unb feiner bem anbern
(Sinftimmung gu feinem ©efd^madCSurt^eile gumutl^et, koeld^eö bod^ im ®e^
fd^madtdurtl^eile über Sd^ön^eit febergeit gefd^ie^t. 3d^ lann ben erfien lo
ben @innen'®efd^mad, ben gleiten ben 9iefIe;rion8«®efd^mad nennen: fo«
fem ber erjiere blog ^rioaturtl^eile, ber gioeite aber Dorgeblid^e gemein^
gültige ())ubUfe), beiberfeitö aber äfll^etifd^e (nid^t)}raItifdE)e)Urt^eile über
einen ©egenftanb blog in Snfe^ung beS SSer^&Uniffed feiner äSorfteQung
gum ®efü]^I ber Sufl unb Unlujl fiat. !fiun ift eS bod^ befremblid^, bag, 15
ba üon bem Sinnengefd^mad nid^t aOein bie Srfal^rung geigt, bag fein
Urtl^eil (ber £uft ober Unluji an irgenb etioad) nid^t aKgemein gelte, fon^
bern iebermann aud^ oon felbft f 0 befd^eiben ift, biefe (Sinftimmung anbern
nid^t eben anguftnnen (ob ftdb gleid^ mirflid^ bfter eine fel^r ausgebreitete
Sinl^eDigteit aud^ in biefen Urtl^eilen Dorfinbet), ber 9flefIe]rioniS»®efd^mad, 20
ber bod^ aud^ oft genug mit feinem anf))rud^e auf bie aUgemeine ®ültig«
feit feined Urt^eilS (über baS 6(^one) für Iebermann abgeisiefen toirb,
mie bie Srfal^rung lel^rt, gleid^iool^I eS mbglid^ ftnben fbnne (meld^eS er
aud^ toirllic^ tl^ut) {td^ Urtl^eile ooraufiellen, bie biefe Sinftimmung aDgei>
mein forbern Ibnnten, unb fie in ber Sl^at für febed feiner ©efd^madls^ 25
urtl^eile ieberütann gumut^et, ol^ne bag bie Url^eilenben isegen ber 3Rbg«
lid^feit eines fold^en Snf)}rud^8 in Streite finb, fonbem fid^ nur in befom
bern f^dtten isegen ber rid^tigen Snioenbung biefeS SSermbgenS nid^t
einigen fbnnen.
^ier ift nun aüererft gu merfen, bag eine ailgemeinl^eit, bie nid^t auf 30
Gegriffen 00m Dbiecte (wenn gleich nur empirifd^en) berul^t, gar nid&t
logifdbi fonbem äft^etifc^ fei, b. i. feine objectioe Duantitdt bes Urtl^eil«,
fonbem nur eine fubjectioe enthalte, für iseld^e id^ ani) ben SluiSbrud ® e*
meingültigfeit, loeld^er bie ©ültigfeit nid^t oon ber Segiel^ung einer
SSorflcIIung auf ba« (grfenntnifeoermögen, fonbem auf ba« ©effll^I ber u
gufl unb Unluft für |ebe§ ©ubfect begeid^net, gebraud^e. (SRan fann jtc^
aber audf) bcffelben 8lu8brud« für bie logifd^e Quantität bes Urt^eil» be*
Ufßud). Snat^tt! bed @(^^nen. S»etted SRoment. 215
bienen, menn man nur bagufe^t obiectiüe Sngemeingfiltigfeit gum Unter«
\iiitbt Don ber blog fubiectben, meldte aUemal äftl^etifd^ iji.)
9lun ift ein obiectiD allgemeing&Itige« ttrt^eil aud^ {ebetgett
fubjlectiD, b. {. koenn baS Urt^eil für aOed, toai unter einem gegebenen
ft .Segriffe entl^alten ift, gilt, fo gilt ed au(^ f&r febermann, ber fi(]^ einen
Oegenflanb bnxäi biefen Segriff Dorfledt. aber Don einer fubiectioen
ailgemeingflltigfeit, b. i. ber dlll^etifd^en, bie auf feinem Segriffe
berul^t, Idgt ftd^ nid)t auf bie logifd^e f daliegen: toeil iene Srt Urtl^eile gar
nid^t auf baS Object ge^t. @ben barum aber mu^ aud^ bie äfil^etifd^e
10 aOgemein^it, bie einem Urtl^eile beigelegt mirb, Don befonberer Slrt fein,
meil fie ba« ^rfibicat ber @d^5n]^ett nid^t mit bem Segriffe bed ObjectS,
in feiner gangen logifd^en @p]^dre betradbtet, Dertnflpft unb bod^ eben bafi»
felbe über bie gange @p]^äre ber Urt^eilenben auSbel^nt.
3n anfel^ung ber logifc^en Duantit&t ftnb atte ®efd^mad<surtl^eile
16 eingelne Urtl^eile. S)enn toeil id^ ben ©egenfianb unmittelbar an mein
®effl]^I ber Suß unb Unluft Italien muB unb bod^ nid^t burd^ Segriffe, fo
lönnen jene nid^t bie Ouantit&t obiecttD'gemeingüItigerUrtl^eile l^aben;
obgleid^, menn bie eingelne Sorfiellung bed Objiect« be« ©efd^madiSurtl^eilg
nad^ ben Sebingungen, bie baiS Untere beflimmen, burd^ Sergleid^ung in
20 einen Segriff oermanbelt mirb, ein logifd^ aUgemeineiS Urt^eil baraud
»erben fann: g. S. bie 9tofe, bie id^ anblidEe, erfldre id^ burd^ ein @e«
fd^madFSurtl^eil für fd^5n. 3)agegen ift ba^S Urtl^eil, koelc^eS burd^ Ser^
gleid^ung Dieler etngelnen entfpringt: bie Stofen überl^au{)t ftnb fd^ön, nun«
mel^r nid^t blog al8 dftl^etifdiieS, fonbern als ein auf einem äftl^etifd^en
36 gegrftnbeted logifd^eS Urtl^eil auSgefagt. !fiun ift ba« Urtl^eil: bie Slofe
ift (im ®erud^e) angenel^m, gmar aud^ ein ifll&etifd^eS unb eingelneS, aber
lein ®efd^madE8^ fonbern ein Sinnenurtl^etL &» unterfd^eibet ftd^ n&m«
lid^ Dom erfteren barin: ba^ bai ©efd^madSurtl^eil eine äft^etif(|e
S^uantitdt ber aUgemeinl^eiti b. i. ber ©üUigfeit für iebermann, bei ftd^
30 fül^rt, toeld^e im Urtl^etle über bas Sngenel^me nid^t angetroffen merben
Tann. 9lur aDein bie Urtl^eile über bad ®ute, ob fte gleid^ aud^ baS Sßol^I'
gefallen an einem ©egenftanbe beftimmen, l^aben logifd^e, nid^t blog dfil^e-
tifd^e angemeinl^eit; bcnn fie gelten Dom Dbject, aU ©rfenntniRe bef«
felben, unb barum für iebermann.
35 äBenn man £)bj[ecte blog nad^ Segriffen beurtl^eilt, fo gel^t aQe So^
fteOung ber Sd^önl^eit oerloren. aifo fann eS aud^ leine Sftegel geben, nadb
ber iemanb genöt^lgt »erben follte, etwa« für fd^ön anguerfennen. Db
216 ^tti! ber Urt^eiliSfraft. 1. Sll^e». ^rtti! ber äfil^tifd^en Urt^eiUfraft.
ein Älctb, ein ^au§, eine Slume fd^ön fei: baju Idfet man fi(^ fein Urtl^ctt
bvixdi feine ®rünbe ober ©runbf&^e auffd^ma^en. 3Ran U)ill bad Obiect
feinen eignen Slugen untermerfen, gleid^ ald ob fein äSo^IgefaUen t)on ber
@mpftnbung abginge; unb bennod^, toenn man ben ©egenfianb atöbann
\dibn nennt, glaubt man eine allgemeine Stimme ffir fid^ gu l^aben unb 5
mad^t anfprudö auf ben ^Beitritt öon iebermann, ba l^ingegen jebe ^riDat«
empftnbung nur für ben Setrad^tenben aDein unb fein äBol^IgefaDen ent«'
f(^eiben mürbe,
$ier ift nun gu fe^en, bag in bem Urtl^eile beS ©efd^madEd nid^ts ))oflu«
lirt kotrb, als eine fold^e allgemeine Stimme in Snfe^ung beiS SBol^I- 10
gefallend ol^ne SSermittelung ber Segriffe; mitl^in bieSRögUd^teit eineiS
fiftl^ettfd^en Urtl^eilS, toeld^ed gugleid^ atö für jebermann gültig betrad^tet
merben tonne. k>aS ©efd^madSurt^eil felber ))of}ulirt nidbt iebermann«
Sinftimmung (benn baS fann nur ein logifd^ aUgemeinedi meil eS ©rünbe
anfül^ren fann, tl^un); eiS finnt nur {ebermann biefe 6in{iimmung an, n
aU einen Sali ber SRegel, in Slnfel^ung beffen e8 bie SBepätigung nid^t üon
Segriffen, fonbern Don anberer Seitritt erwartet. 3)ie allgemeine Stimme
ift alfo nur eine 3bee (worauf pe berul^e, mirb l^ler nod& nid^t unterfud^t).
JDafe ber, loeldier ein ©efti^madöurtl^ell gu fallen glaubt, in ber S^at bie*
fer ^bte gem&g urtl^eile, fann ungewiß fein; aber bag er ed bod^ barauf 20
begleite, mitl^in bafe e« einOefd^madSurtl^eil fein folle, fünblgt er burd& ben
Sludbrud ber Sd^önl^eit an. §ür ftd) felbft aber fann er burd^ baS bloge
Semugtfein ber Slbfonberung alleiS beffen, maS gum Slngenel^men unb
@uten gel^ört, üon bem Sßol^lgefallen, koas i^m nod^ übrig bleibt, baüon
gemig merben; unb bas ift alles, koogu er ft(^ bie Seiftimmung üon ieber«» 25
mann t)erfpridöt: ein Änfpruc^, loogu unter biefen Sebingungen er ani)
bered^tigt fein würbe, wenn er nur wiber fte nit^t öfter fel^lte unb barum
ein irriges ®ef(!^madsurt^eil fällte.
§9.
Unterfud^ung ber grage: ob im ©efd&madsurtl^eile bas ®e* 30
fül^l ber Äuft r>ox ber Seurtl^eilung be§ ©egenftanbes, ober
biefe üor Jener üorl^ergel^e.
3)ie auflofung blefer aufgäbe ip ber Sd&lüffel gur ffritif beö ®e-
fd^mads unb bal^er aller 8lufmerffamfeit würbig.
®inge bie Suft an bem gegebenen ®egenftanbe üorl^er, unb nur bie 35
1. ÜBu^. ^nal))til bed @^onen. SioeiteS ÜH^oment 217
aKgemeine SRittl^eilbarfeit berfelben follte im ©efd^madiSuTt^eite ber Siox^
fteKung bz& ©egenftanbeS juertannt merben, fo milrbe ein fold^eS 93er-
fahren mit pc^ felbft Im SBiberfprud^e fielen. 2)enn bergleld^enSuji würbe
feine anbere, al« ble blofee Slnnel^mUdöWt in ber ©tnnenempfinbunfl fein
5 unb bal^er il)rer Statur nad^ nur $rit)atgfiltigfeit ^aben fönnen, meil fie
t)on ber äSorfteDung, »oburd^ ber ©egenftanb gegeben U)irb, unmittel-
bar abginge.
aifo ift es bie ollgemeine SRittl^eilung^fäl^igfeit beS ®emfltl^Sgufian»
bed in ber gegebenen SSorfteDung, toeld^e als fubiectit)e SSebingung beS
10 ®t\iimad^vixtfial^ bemfelben gum ©runbe liegen unb bie Suft an bem
©egenftanbe gur i^olge ^aben mug. @8 tann aber nid^ts allgemetn mit:'
getl^eilt »erben aU ßrfenntnife unb Sorftellung, fofern jte gum erfenntnife
gel^ört. S)enn fofern ift bie le^tere nur aUein objectiD unb ^at nur baburd^
einen aUgemeinen Segiel^ungiSpunft, momit bie 93orfteDungdIraft Silier gu<
15 fammenguftimmen genötl^igt toirb. @oIl nun ber SeftimmungSgrunb bed
Urtl^eilS über biefe allgemeine SRittl^eilbarfeit ber SSorfteUung blog fub«
lectiD, ndmlic^ ol^ne einen Segriff Dom ©egenftanbe, gebadet loerben, fo
fann er lein anberer ald ber ©emütl^Sguftanb fein, ber im SSerl^dltniffe
ber S8orjieIlung«Irdfte gu etnanber angetroffen »irb, fofern jie eine ge»
20 gebene SBorfteDung auf @rlenntnig über^au)}t begielgen.
S)ie erfenntuMräfte, bie burd^ biefe SorfteÜung in« Spiel gefegt
»erben, Pub l^iebeuin einem freien Spiele, weiUein bcftimmter Segriff
pe auf eine befonbereßrfenntniBregel elufd^rdnltjÄlfo mufe ber ©emütl^S-
gupanb in biefer SorfteUung ber eine« ®efül^l« be« freien Spiel« ber 93or«
23 jienung«frdfte an einer gegebenen SSorpeüung gu einem erfenntnifle über^
l^aupt jein. 9tun gehören gu einer SorfteDung, »oburd^ ein ©egenftanb
gegeben mirbi bamit überhaupt barau« Srienntnig merbe, Sinbilbung«^
Iraf t für bie ßufammenfe^ung be« SRannigfaltigen ber Slnfd^auung unb
SSerftanb für bie ßinl^eit be« Segriff«, ber bie SSorftellungen bereinigt.
3o,lDlefer Supanb eine« freien Spiel« ber grfenntnifeDermögen bei einer
^Sorftedung, looburd^ ein ©egenftanb gegeben loirb, mug Pd^ allgemein
mittl^eilen laffen: toeil @rfenntmg al« Seftimmung be« Object«, momit
gegebene Sorpellungen (in meld^em Subjecte e« aud^ fei) gufammen ftim^
men foQen, bie eingige SßorpeDung«art ift, bie für jebermann gilt
35 3)ie fubiectiüe allgemeine SRittl^eilbarfeit ber 93orfteIlung«art in
einem ©efd^madfSurtl^eile, ba pe, ol^ne einen beftimjnten Segriff t)orau«gu«
fe^en. Statt pnben foQ, lann nid^t« anber« al« bei/®emut]^«guPanb in bem
218 5eriti!berUrt]^ei»!raft. 1. 2:^etL ^dtif ber Aftl^ettf^en Urt^eitöfraft.
freien @))iele ber (Sinbilbungdfraft unb bed SBerftanbed (fofern fte unter
einonber, loie eS )u einem (Srfenntniffe ftber^aupt erforberlid^ til, gu^
fammen flimmen) fein, inbem mir unS bemüht ftnb, bag biefed ium @r«
Tenntnig fiber]^au))t fd^idlid^e fubfectiDe SBerl^dUnig eben fo mol^I für {eber^
mann gelten unb folglid^ aUgemein mitt^eilbar fein mfiffe, als eS eine jebe &
beftlmmte ©rfenntnife ift, bie bod^ immer auf jenem SBerl^dltnig alÄfub*
iectiDer SBebingung UxuitJ
3)iefe blog fubjectioe (&ft]^etif(|e) Seurtl^eilung beS ©egenftanbeS,
Dber ber äSorftellung, looburc^ er gegeben loirb, ge^t nun r>ox ber Suft an
bemfelben üor^er unb ift ber ®runb biefer Suft an ber Harmonie ber 6r* lo
fenntnigt)ermögen; auf jener Slllgemeinl^eit aber ber fubiectit)en S3ebin*
gungen ber Seurt^eilung ber ®egenft&nbe grfinbet {td^ allein biefe äuge«
meine fubjectiDe ®ülttgteit beiS SBol^IgefaUenS, loeld^eS mir mit ber Box^
fteDung beS ©egenftanbeS, ben mir fd^5n nennen, üerbinben.
S)ag, feinen ©emütl^iSiuftanb, felbft aud^ nur in anfel^ung ber (Sr« 15
Ienntnigt)ermogen, mittl^eilen ju fönnen, eine Suji bei ftd^ ffll^re, tonnte
man au8 bem natfirlid^en {»ange beS 9){enfd^en gur ©efeÖigfeit (em^irifd^
unb ))f9d^oIogifd^) leid^tlid^ bartl^un. S)a& ift aber gu unferer Sb{t(^t nxiit
genug. 3)ie Suft, bie mir fül)len, mutigen mir jebem anbern im ©efd^mads^
urtl^eile atö notl^menbig gu, gleid^ ali ob ^^ für eine Sefd^affenl^eit beS so
®egenftanbe8, bie an i^m nac^ S3egriffen beftimmt ift, angufel^en m&re,
menn mir etmaS fd^ön nennen; ba bod^ @d^5n]^eit ol^ne Segiel^ung auf ba8
©efü^l beS SubjectS für jid^ uid^td ift. S)ie @rörteruug biefer fjfrage aber
muffen mir und bis gur 93eantmortung berjenigen: ob unb mie dft^etifd^e
Urt^eile a priori mbglid^ ftnb, Dorbel^alten. n
Se^t befd^dftigen mir>n8 nod^ mit ber minbern f^rage: auf meldte
9rt mir uns einer med^felfeitigen fubjectiüen äbereinfKmmung ber (Sx^
fenntnigfrdfte unter einanber im ©efd^madCSurtl^eite bemugt merben, ob
dftl^etifd^ burd^ btn blogen innern Sinn unb (Smpflnbung, ober inteUec«
tuell burd^ baS 93emugtfein unferer abfid^tiid^en Sl^dtigfeit, momit mir jene 30
ins @))iel fe^en.
SSdre bie gegebene SSorfteUung, meldte baS ©ejd^madSurtl^eil Deran»
lagt, ein Segriff, meld^er SSerfianb unb SinbilbungSfraft in ber Seurtl^ei»
lung bes ®egenftanbeS gu einem Srfenntniffe beS Objects vereinigte, fo
mdre baS Semugtfein biefeS SSerl^dltniffeS inteUectuell (mie im objectioen 35
@d^ematiSm ber Urtl^eilSfraft, moüon bie ^ritit l^anbelt). Slber baS Ur^
t^eil mdre aud^ aisbann nid^t in 99egie]^ung auf Suft unb Unluft ^efdKt,
1. )8ud^. $(nal^tif be^ ©c^dnen. ®rütei8 Moment. 219
mithin fein ©efd^madSurt^eil Slun beftimmt aber baS ©efd^madSurtl^eil
unabl^&ngig ))on Segrtjfen bad Dbiect in Snfel^ung be« äSol^IgefonenS
unb beS $rdbicatd ber Sd^Snl^eih Sllfo lann jene fubiecttt)e (Sinl^eit bed
SSerl^dltniffed jtd^ nur burd^ Smpfinbung tenntUA mad^en. S)ie ^Belebung
5 beiber SSermögen (ber ßinbilbungdtraft unb bed 9Serftanbe^) )u unbe«
ftimmter, aber bo^ üermittelft beS 3[nlaffe8 ber gegebenen SBorfieUung
ein^eQiger 2:]^dtigfeit, berjienigen ndmlid^, bie ^u einem 6rfenntnig über«
l^aupt gehört, ift bie (Smpfinbung, beren allgemeine 3Rittl^eilbarfeit bad
®efd^ma(ISurt^ei( ))oftuUrt. Sin obiectiüeS Serl^dltntg fann gioar nur
10 gebadet, aber, fo fern eS feinen Sebingungen nad^ fubiectio ift, bod^ in ber
SBirfung auf baS ®emät]^ empfunben n)erben; unb bei einem 93erl^dUnif[e,
meld^ed feinen Segriff gum ®runbe legt (mie baS ber aSorftenungSfrdfte
}u einem SrfenntnigDermögen flberl^aupt), iji auc^ fein anbereS Semu^t^
fein beffetben, aM burd^ Smpftnbung ber äJBirfung, bie im erleid^terten
15 @piele beiber burd^ toed^felfeitige Sufammenftimmung belebten ©emfltl^d«
frdfte (ber (ginbilbungSfraft unb be« SSerftanbe«) befielt, mögUd&. eine
äSorfieOung, bie aU einjeln unb ol^ne SSergleid^ung mit anbern bennod^
eine 3ufatnnien[ttmmttng gu ben Sebingungen ber SDgemeinl^eit l^at,
toeldbe baS @efd^dft hz& äSerftanbed fiber]^au))t auSmad^t, bringt bie 6r«
20 fenntnigüermbgen in bie proportionirte Stimmung, bie mir gu aQem 6r«
fenntnifle forbern unb bal^er aud^ für iebermann, ber burd^ SSerfianb unb
@inne in SSerbinbung gu urt^eilen befiimmt ift (für ieben ^Ötenfc^en), gül^
tig galten.
KuS bem gleiten äßoment gefolgerte (Srfldrung be8@d^5uen.
95 @d^ön ifi baS, \oaS ol^ne ^Begriff aOgemein gefdllt.
2)rttte8 aRoment
ber ©efd^ntarfäurtl^eite nad^ ber SÄelation ber 3wcrfe, ml6)t in
i^nen in SSetrac^tung gegogen wirb*
§ 10.
90 !Bon ber S^^^ntdgigteit über^au))t.
Sßenn man, mas ein 3^cd f^i nad^ feinen tranSfcenbentalen SBeftim«
mungen (ol^ne etmaS ßmpirifd^eS, bergleic^en ba« ©eful^l ber Suft ifi,
220 ^riti! ber Urtl^ettölraft. 1. S^etL 5httif ber äfil^etifd^en Urtl^eiliSfraft.
öorauSjufefeen) erflfircn toill: fo ift Qmtd bcr ©egcnftanb eine« Seßriffö,
fofcrn btefcr als bic Urfad&c öon icnem (bcr reale ®runb feiner aRöglid^*
feit) ongefcl^en loirb; unb bie ßaufalitdt eine« SBeflrlffö in anfe^unfl
feines Dbjectd iß bie Sn)^(Itndgigteit (forma iinalis). Sßo alfo nid^t etioa
blofe bie ©rfenntnife üon einem ©egenflanbe, fonbern ber ©egenftanb felbfl »
(bie Sform ober @;rtfteng beffelben) als äSirfung nur old burd^ einen ^t*
griff ))on ber le^tern möglid^ gebadet mirb, ba benft man ftd) einen Qmd.
ajle SSorftellung ber SBirfung ijl ^ier ber SepimmungSgrunb il^rer Ur*
fad^e unb gel^t Dor ber le^tern t)or^er. S)aS Semu^tfein ber Saufalitfit
einer SorfteHung in abji(^t auf ben Suft^nb be« ©ubiectö, e« in bemfelben lo
gu er Italien, lann l^ier im allgemeinen baS begeii^nen, maS man Sufi
nennt; mogegen Unluft biefenige SSorjiellung ifi, bie ben Suftanb ber 93or«
{leOungen ju i^rem eigenen ©egentl^eile gu beftimmen (fte abgu^alten ober
ttcfliufd^affen) ben ©runb enthält.
S)ad Sdege^rungiSDermbgen, fofern eS nur burd^ ^Begriffe, b. i. ber 15
SSorfteDung eines Qrotdi gemd^ gu l^anbeln, beftimmbar ift, mflrbe ber
SSiQe fein, ßni^clntägig aber l^eigt ein Dbiect, ober ©emütl^Sguftanb, ober
eine ^anblung aud^, menn gleid^ il^re 9)25gli(!^felt bie SSorfteDung eines
Qmd& nid^t not^toenbig DorauSfe^t, blog barum, meil il^re SRöglic^feit
öon uns nur erfWrt unb begriffen »erben fann, fofern loir eine ßaufalitat 20
nad^ Qwedtn, b. i. einen SBiDen, ber fte nac^ ber SSorfteOung einer gemiffen
3fiegel fo angeorbnet ^dtte, gum ®runbe berfelben annel^men. 3)ie Smd^
mdgigteit fann alfo ol^ne Qxozd fein, fofern toir bie Urfad^en biefer f^orm
nid^t in einem SBiUen fe^en, aber bod^ bie (Srtldrung i^rer SRöglid^Ieit
nur, inbem mir fte Don einem SßiHen ableiten, unS begreiflid^ mad^en ss
f5nnen. 9lun l^aben mir bas, mas mir beobad^ten, nid^t immer nbt^ig
burd^ SSernunft (feiner 9){öglid^feit nad^) eingufel^en. 8llfo tonnen mir
eine 3^^dmd^ig!eit ber i^orm nad^, aud^ ol^ne bag mir il^r einen Qxozd
(als bie 3Raterie beS nexus finalis) gum ®runbe legen, menigftenS beob«
ad^ten unb an ®egenftdnben, miemol^l nid^t anbers als burd) 9fiefle;rion, so
bemerfen.
1. 93u<^. Stnal^tif bed Sd^önen. S)rUted SRoment. 221
§11.
S)a8 ©efd^madSurtl^eil l^at nid^ts aliS bie f^ovm ber Stt'etf«
mAgigleit eineiS ©egenflanbeiS (ober ber SSorfietlungSart
bcffclbctt) jum ®runbc.
5 SDer Qrotdf loenn er als ©runb bed SSol^IgefaHenS angejel^en koirb,
fül^rt immer ein Sntereffe, al« JBcftlmmungöflrunb be8 Urtl^eitö über ben
©egenftanb ber Suft, bei ftd^. Sllfo lann bem ©efti^madSurtl^eil fein fub«
jectioer Qrotd 3um ©runbe liegen. 9(ber aud^ feine SSorfteUung eines ob«
iectioen Stoedt«, b. i. ber 2R5gUd&feit be« ©egenjlanbe« fetbft nad^ $rin-
10 cipien ber Smedoerbinbung, mithin fein SBegriff beö ®uten fann baS ®e»
fd)mad(Surt^eiI beftimmen: meil eS ein dft^etijd^eS unb fein Srfennhtig«
nrtl^eil ift, meldte« alfo feinen Segriff »on ber SSefdböffenl^rit unb innern
ober andern 3R5gItd^feit beS ®egenftanbe8 burd^ biefe ober jene Urfac^e,
fonbern blofe ba^ SSerl^filtnife ber SSorfteHungfifrdfte gu einanber, fofcrn fie
15 burc^ eine SSorfteDung benimmt werben, betrifft
9lun ift biefe« SBerl^dltnife in ber SSeftimmung eine« ©egenjianbeS,
ald eines fd^onen, mit bem ©efü^Ie einer £uft oerbunben, bie burd^ bad
©efd^madiSurt^eil gugleid^ ald für {ebermann gültig erflcirt mirb; folglid^
fann eben fo menig eine bie SSorftellung begleitenbe Slnnel^mlid^feit als
20 bie äSorftellung oon ber SSoDfommenl^eit beS ®egen{lanbe8 unb ber ^Begriff
beö ®uten ben SeftimmungSgrunb enthalten, aifo fann nid^t« anber«
als bie fubjectioe ßtoedmögigfeit in ber SSorftellung eined ®egenftanbeS
ol^ne aUen (meber objectiöen nod& fubjectioen) S^ed, folglid^ bie blofee
f^orm ber 3tt)cdmagigfeit in ber SSorfteUung, moburd^ und ein ®egeno
25 ftanb gegeben wirb, fofern mir un8 i^rer bemufet jinb, ba^ SBo^lgefaÜen,
meld^eiS mir ol^ne Segriff als allgemein mittl^eilbar beurt^eilen, mitl^in
ben SeftimmungSgrunb beS ®efc^madSurt]^eiId auiSmac^en.
§12.
S>aS ®efd^mad8urt]^eil berul^t auf ®rfinben a priori.
30 3)ie SBerfnüpfung beö ®efü^W einer Suft ober Unlufl al« einer SBir-
fung mit irgenb einer aSorfleUung {©mpflnbung ober Segriff) als i^ret
Urfad^e a priori auSgumad^en, ift f(bIed^terbingS unmdglid^; benn baS mdre
ein (Saufaberl^dltnig, meld^eS (unter ®egenftdnben ber erfal^rung) nur
222 ftrlHf ber ttrtJeiWfraft. h^tW. Ärltl! bet äWetlf^en Utt^eltehaft
icberjelt a posteriori unb Dermittclft bcr (Srfal^rung felbp crfannt »erben
fann. Qmax l^aben mir in ber Ärltif ber ^jrattifdfien SSernun^t mirflld^ ba8
®efä^I ber Kd^iung (ali eine befonbere unb eigentl^fimlid^e SRobification
biejeS ©efül^ld, neld^ed toeber mit ber Suft nod^ Unluft, bie mir t)on em«
pirifd^en ©egenftanben befommen, red^t übereintreffen totQ) Don aUge« s
meinen ftttlic^en SSegriffen a priori abgeleitet. SIber mir tonnten bort aud^
bie ©rängen ber @rfa]^rung fiberf d^retten unb eine @aufalit&t, bie auf einer
überpnnlid&en SBefd^aifenl^elt beg ©ubjcctd berutjte, nfimli(| bie bcr ffrei*
l^eit, l^erbei rufen, allein felbft ba leiteten mir eigentlid^ nid^t biefed ®e«
f fi^l t)on ber Sbee beS @ittlid^en als Urfad^e l^er, fonbern blog bie Sßillen^ lo
beftimmung mürbe baDon abgeleitet. S)er ©emütl^Sjuftanb aber eines
irgenb moburd^ bejiimmten äSillenS ift an fid^ fd|on ein ©efftl^l ber Suft
unb mit i^m ibentijd^, folgt alfo nic^t ald äSirfung baraud: meld^eS le^tere
nur angenommen merben mägte, menn ber S3egriff be§ Sittlid^en als eines
©uts üor ber äßillenSbeftimmung burc^ baS ®efe^ ))orl^erginge; ba als« is
bann bie Suft, bie mit bem Segriffe üerbunben mdre, aus biefem als einer
bloßen (Srfenntnig Dergeblic^ mürbe abgeleitet merben.
9lun ift es auf fi^nlid^e 3Beife mit ber Suft im äft^etijd^en Urtl^eile
bemanbt: nur bafe Pe l^ier blofe contem^)latiD, unb o^ne ein Snterefle am
Dbiect gu bemirfen, im moralifd^en Urtl^eil l^ingegen praltifd^ i{l. S)aS so
93emu§tfein ber blog formalen S^edEmdgtgfeit im Spiele ber 6rfenntni§<
fräfte beS SubjedS bei einer SSorftellung, moburd^ ein ©egenftanb gegeben
mirb, ift bie Suji felbft, meil eS einen ä3eftimmungSgrunb ber Sl^dtigleit
bes SubtectS in Änfel^ung ber S3elebung ber ßrfenntnigfr&fte beffelben,
alfo eine innere 6aufalitdt (meldte gmedmdgig ift) in anfel^ung ber (Sx* 35
lenntnig fiberl^aupt, aber ol^ne auf eine beftimmte @r!enntnig eingefd^rdnft
}u fein, mitl^in eine bloge S^orm ber fubjectiDen Smedmdgigfeit einer 93or«
fteHung, in einem dft^etijd^en Urt^eile ent^dlt. 3)iefe Suft ift aud^ auf
leineriet äBeife praltifdb, meber mie bie aus bem :|)at]^ologifd^en ©runbe
ber annel^mlid^Ieit, uod^ bie aus bem inteDectuellen beS üorgeftellten so
©Uten. @ie ^at aber bod^ Saujalitdt in ftd^, ndmltd^ ben 3uftanb ber
SSorftellung felbft unb bie Sefd^dftigung ber grfenntnifefrdfte ol^ne meitere
. abjtdöt gu erl^alten. SBir meilen bei ber IBetrad^tung beS ©d^önen,
meil biefe Setraddtung ftd^ felbft ftdrft unb reprobucirt: mtliizi berj[enigen
SSermeilung analogifd^ (aber bo^ mit il^r nid^t einerlei) ift, ba ein Sfleig 35
in ber SBorfteUung beS ©egenftanbeS bie aufmerffamfeit mieberl^olentlid^
ermedt, mobei baS ©emfitl^ pafftD ift.
1. »U(ä6. «nol^tl! b€« S^önen. ©ritte« 3»oment. 223
§13.
Sias reine ®efd^mad«urt^eil tfi üon Sfteig unb Sftfll^rung
unabl^&ngig.
aOeS Sntereffe üerbtrbt baS ©efd^madSurtl^eil unb nimmt i^m feine
s Unpartl^eilid^Ieit, Dornel^mlid^ loenn ed nid^t fo »ie baS^ntereffe betSSer^
nunft bie ßwedt rnftfeigfeit \>ox bem ©efül^Ic ber Suji Doranfd&idt, fonbern
fie auf biefed granbet; meldte« festere aUemal im dftl^etift^en Urt^eile Aber
etoaö, fofern e« ücrflnfißt ober fd^merjt, gefd^iel^t. 2)a^er Urtl^eile, bie fo
afficirt jinb, auf angemeingfiUigeS äBol^Igefaden enttoeber gar feinen, ober
10 fo oiel koeniger Slnfprud^ mad^en tonnen, al8 fid^ oon ber gebadeten Srt
(Smpfinbungen unier ben Seftimmungdgränben beS ©efd^madd befinben.
®er ©efd^madt ifi feberjeit not^ barbarifd^, m er bie Seimifd^unö ^^^
9fie ig e unb 91 & Irrungen gum äSol^IgefaKen bebarf, fa lool^I gar biefe gum
ÜRagftabe feines SeifaKs mad^t.
15 Snbeffen tocrben SRetge bod^ ifter nid^t allein gur ©d^önl^eit (bie bod^
eigentUd^ blofe bie gorm betreffen foHte) al8 Seitrag gum äpi^etf fd&en all^
gemeinen SBo^lgefallen gegäl^lt, fonbern fte »erben »ol^l gar an jldfe felbft
für 6(^5n]^eiten, mitl^in bie SRaterie beS äSol^IgefadenS für bie gorm auS«
gegeben: ein aRigt)erf}anb, ber fid^ fo toie mand^er anbere, koeld^er bo(^
20 uod^ immer etmaS SSa^reS gum ®runbe l^at, burd^ forgf<ige S3e{limmung
biefer begriffe lieben läfet.
@in ®ef(^maddurt^eil, auf loeld^eS Sfteig unb älfil^rung feinen @in«
f[u§ l^aben (ob fte {i(^ gleid^ mit bem SSo^IgefaOen am ®d^bnen üerbinben
taffen), meld|e8 alfo blog bieStt)edEmdgigfett ber f^orm gum Seftimmungd«
25 grunbe l^at, ifl ein reines ©efd^madESurtl^eit.
§14.
(grlduterung burd^ a3eifi)iele.
^{tl^etifd^e Urtl^eile fönnen eben fomol^l als tl^eoretifd^e Gogifdde) in
em))irif(^e unb reine einget^eilt merben. S)ie erftern ftnb bie, meldte Sin«
30 nel^mlid^feit ober Unannel^mlid^fett, bie gioeiten bie, koeld^e 6d^on]^eit oon
einem ©egenftanbe, ober Don ber SBorfteUungSart beffelben auSfagen; iene
pnb ©innenurtl^eile (materiale djll^etifd&e Urtl^eile), biefe (als formale)
aUein eigentlid^e ®ef(l^mad(Surt]^eiIe.
224 Äriti! ber Utt^elUfroft. 1. S^eil. Mtif ber fiWettWen Urt^ttfroft
6in ©efd^madiSurtl^eil tft alfo nur fofern rein, ald lein blog em»
pirifd^eS SBo^IgefaUen btm SBeftimmungiSgrunbe beffelben beigemifd^t
ttirb. 3)iefe8 aber gef(!^iel^t allemal, loenn SÜeij ober Sftä^rung einen Hn«
t^eil an bem Urt^eile ^aben, toobur^ tttoai für f(i^5n erfl&rt toerben foll.
9lun t^un fid^ mieber mand^e @{nn)firfe J^eroor, bie gule^t ben Steij s
nid^t blog gum notl^menbtgen Sngrebiend ber @d^önl|eit, fonbem mol^l
gar al« für fic^ allein binreid^enb, um fd^ön genannt ju werben, uor^
f))iegeln. @ine bloge f^arbe, ). 93. bie grüne eines SHafenpIa^ed, ein bloger
Ston (}um Unterfd^iebe k)om @d^aDe unb ©erdufd^), mie etma ber einer
SSioIine, mirb k)on ben ^Reiften an fid^ für fd^ön erfidrt; obimar beibe lo
blog bie SRaterie ber äSorfteÜungen, n&mlid^ lebiglid^ @mpfinbung, jum
©runbe gu l^aben fd^einen unb barum nur angenel^m genannt gu loerben
Derbienten. SKein man loirb bod^ gugleid^ bemerlen, bag bie Smpfin»
bungen ber f^arbe foiool^I ald beS SonS {td^ nur fofern für f(^5n gu gelten
bered^tigt l^alten, aU beibe rein ftnb; toeld^eS eine Seftimmung ift, bie 15
fd^on bie t^orm betrifft, unb aud^ baS eingige, maS fid^ oon biefen 93or«
fteOungen mit ©etoig^eit aflgemein mitt^eiten l>: meil bie Öualitdt
ber ßmpfinbungen felbft nid^t in aKen Subjecten aliS einflimmig unb bie
anne^mlid&feit einer garbe, oorgüglid^ üor ber anbern, ober beö Son«
eines mufilalifd^en SnftrumentS oor bem eines anbern {td^ fd^merlic^ bei 20
jebermann als auf gleid^e 9lrt beurtl^eilt annehmen lögt.
Stimmt man mit ßulern an, bag bie i^arben gleid^geitig auf ein«
anber folgenbe ©erlöge (pulsus) beS Stt^erS, fo mie Jone ber im ©dralle
erfd^ütterten Suft ^nb, unb, maS baS SSornel^mfte ift, baS ©emütl^ nic^t
blo^ burd^ ben @inn bie SBirfung bat)on auf bie SSelebung beS DrganS, 25
fonbem aud^ burd^ bie 8fieflc;rion baS regelmäßige Spiel ber ginbrürfe
(mitl^in bie gorm in ber SSerbinbung öerfd^iebener SorfleBungen) mal^r-
nel^me (woran id^ bod^ gar nic^t gweifle): fo würbe garbe unb Son nid^t
bloße @mpfinbungen, fonbern fc^on formale Seftimmung ber (Sin^eit
eines SRannigfaltigen berfelben fein unb alsbann au(^ für fic^ gu ©d^ön^ so
l^eiten gegd^lt werben Ibnnen.
S)aS Steine aber einer einfad^en (SmpfinbungSart bebeutet, baß bie
©leid^förmigteit berfelben burd^ leine frembartige @mpfinbung gefiört
unb unterbrod^en wirb, unb gel^ört bloß gur Srorm: weil man babei Don
ber Dualitdt j[ener @mpftnbungSart (ob unb weld^e f^arbe, ober ob unb 33
weld^en 5£on Pe oorfteQe) abftral^iren tann. S)a]^er werben alle einfädle
i^arben, fofern fte rein finbi für fd^ön gel^alten; bie gemifd^ten ^aben biefen
1. ^näj. tCitoI^til bed @(i^anen. 2)rtiied aRoment. 225
Sorjug nic^t: eben barum meili ba fie nid^t einfach {inb, man leinen SRq^^
[tab ber ä9euri]^eilung l)Qt, ob man jte rein ober unrein nennen folle.
äßad aber bie bem ©egenftanbe feiner f^orm megen beigelegte @(bon^
l^eit, fofern fie, lote man meint, b\xx^ Steij iool)I gar lönne erl^ol^t merben,
5 anlangt fo tft bie« ein gemeiner unb bem deuten, «nbeftod&enen, grftnb*
li^en ©efd^made fel^r nad^tl^eiliger 3rrtl)um; ob {i(^ gmar aUerbingd
neben ber @(^5n]^eit aud^ nod) 9leije l^injufägen laffen, um iai ©emätl^
burd^ bie 93or[teIlung beS ©egenftanbe« auger bem trodenen SBol^IgefaÜen
no(^ 3u interefftren unb fo bem ©ef^madCe unb beffen 6ultur jur Sn«
10 preifung ju bienen, oornel)mli(^ menn er noij xo^ unb ungeäbt i^. aber
fie t^un tt)irlli(b bem ©efd^madSurtl^eite Slbbrud^, menn fie bie aufmerf:*
famfeit ald Seurtl^eilungdgrünbe ber Sd^önl^eit auf fid^ jiel^en. 3)enn eS
Ift fo meit gefel^lt, bafe fte bagu beitrugen, bafe fte olelmelir al8 gremb»
linge, nur fofern fie jjene fd^öne f^orm nid^t [toren, menn ber ©efc^mad
15 nod^ fc^mad^ unb ungeübt ift, mit 9lad^ftd^t muffen aufgenommen merben.
3n ber aWalerei, Silb^auerfunfi, ja allen bilbenben fünften, in ber
IBaufunfl, (Sartenlunft, fofern fie fd()6ne Äünfte finb, ift bie Sei d^ nun g
baiS äBefentlid^e, in meld^er ni^t, mad in ber @mpfinbung oergnügt, fon<
bem blog mai burd^ feine f^orm gefdUt, ben ©runb aUer Anlage ffir ben
20 (Sefd^mad auSmad^t. 3)ie i^arben, meldte ben Slbrig iDuminiren, gel^bren
jum 9teij; ben ©egenftanb an ftd^ lonnen fte 3toar fftr bie @mpfinbung
belebt, aber nid^t anfd^auung^mfirbig unb fc^on mad^en: oielmel^r merben
fte burd^ ba«, wa8 bie f(^öne fjorm erforbert, mel^rentl^eil« gar fel^r elnge«
fd^rdnft unb felbft ba, mo ber 9leij jugelaffen mirb, burd^ bie erftere allein
35 oerebelt.
alle f^orm ber ©egenftdnbe ber Sinne (ber dugern fomol^l als mittel«
bar aud^ be« innern) ift entmeber QJeftalt, ober Spiel; im lefetern galle
entmeber Spiel ber ©efialten (im 9^aume bie SRimit unb ber Sang); ober
blofee« Spiel ber ©mpfinbungen (in ber S^it). 3)er 3fiei g ber färben,
30 ober angenel^mer Söne be8 Snftrument« fann l^ingufommen, aber bie
3 ei $ nun g in ber erften unb bie @ompofttion in bem legten mad^en ben
eigentlid^en ©egenftanb beS reinen ®efd^mad(«urtl^eitö au«; unb bag bie
Sflcinlglelt ber fjarben fomol^l alö ber 2one, ober aud^ bie SKannigfaltig«
feit berfelben unb i^re abfted^ung gur Sd^önl^eit beigutragen fcfteint, mitt
35 nic^t fo Diel fagen, bag fie barum, meil fte für ftd^ angenel^m ftnb, gleid^«
fam einen glei^artigen Suföfe 3U bem SBol^lgefanen an ber Sorm abgeben,
fonbern meil fie biefe le^tere nur genauer, beftimmter unb oollftänbiger
Äanfl «(^tiften. '«Serfe. V. 15
226 ^ittf bcc Urtl^etWfrQft. 1. 2:5<^IT. Ärlti! hex m^m^n UrH^ciliSfroft.
anfd^aulid^ tnad^en unb fiberbem bur^ i^ren Sleij bie SSorfteUung beleben,
inbem jie bie aufmerffamfeit auf ben ©eßenftanb felbp erweden unb er=
l^alten.
©elbft toaS man ßteratl^en (^arerga) nennt, b. t. ba^ienige, toa«
nid^t in bie gange SSorfteüung beS ©egenftanbeS a\^ SBeftanbftfid inner« &
li^r fonbern nur dugerlid^ als ßut^at gel^ört unb baS äBol)lgefanen be«
©efd^ntactS Dergrogert, tl^ut biefeS bodg anäi nur burd^ feine i^orm: mie
(Sinfaffungen ber ©emdlbe, ober ©emdnber an @tatuen, ober Säulen^
gänge um ^rad^tgebäube. Sepel^t aber ber S^txat^ nld^t felbft in ber
f(^5nen 9orm, ift er n^ie ber golbene Sial^men blog, um burd^ feinen Steig lo
bad ®em&lbe bem ä9eifall gu empfehlen, angebrad^t: fo l^eigt er alSbann
@(l^mud( unb tl^ut ber äd^ten @d^5n]^eit Slbbrud^.
Släl^rung, eine (Smpfinbung, U)o Slnnel^mlid^feit nur üermittelft
augenblltllid&er Hemmung unb barauf erfolgenber fidrferer ßrgiefeung ber
gebenSfraft getoirft tolrb, gel^brt gar nicftt jur Sd&önl^eit. ©rl^abenl^eit 15
(mit toeld^er ba« ©efül^l ber SRül^rung Derbunben ift) aber erforbert einen
anbern 9Ragftab ber Seurtl^eilung, ald ber ®ef(!^ma(I ftd^ gum @)runbe
legt; unb fo l^at ein reines ©efc^madSurll^eil meber 9ieig nod^ äläl^rung,
mit einem 28orte feine @m<)ftnbung, al« SMaterie be« dfl^etifd)en Urt^eil«,
gum 93e[timmung«grunbe. 20
§ 15.
2)a8 ®ef(J^ma(I«urt]^ell l[t Don bem begriffe ber SSolN
fommenl^eit gdnglid^ unabl)ängig.
3)ie objectiDe Sxotdmi^iglftit fann nur »ermittelft ber SBegiel^ung
be« SKannigfaltigen auf einen beftimmten Qvotäf alfo nur bur^ einen 25
Segriff, erfannt koerben. hieraus allein f^on erl^eUt: bag bad Sd^one,
beffen Seurtl^eilung eine blofe formale ß^edfmdfeigfeit, b. i. eine ßtoed«
md^igfeit ol^ne Qtoti, gum ©runbe l^at, Don ber SBorflellung bed ®uten
gang unab^ngig fei, »eil bad le^tere eine oblectiDe 3n)ecfmägigleit, b. i.
bie Segiel^ung beS ©egenfianbed auf einen beftimmten Qmd, DorauSfe^t. ao
3)ie obiectiDe Stoedmdfeigleit ift enttoeber bie dufeere, b. i. bie9lüfe*
li(^feit, ober bie innere, b. i. bie SJollIommenl^eit be8 (SegenftanbeS.
3)a^ bad SBol^lgefaHen an einem ©egenftanbe, meiSl^alb wir il^n fd^ön
nennen, ni^t auf ber SBorfteHung feiner 9Rü^lid^feit berul^^n fönne, ift aus
beiben Dorigen ^auptftfidCen l^inreid^enb gu erfel^en: n^eil eS alSbann nid^t 35
1. Bud^. !(nalQtiI be^ (Bäfinen. S)ritted aRoment. 227
ein unmittelbares SBol^Igefallen an bem ®egenftanbe fein n^ürbe, \oAäiei
Untere bie uoefenttid^e SBebingung beiS Urt^eilS aber ©d^önl^eit tft. Sber
eine obiectioe innere Sw^^näfeigfeit, b. i. Soüfommenl&eit, fommt bem
^räbicate ber ©d^önl^eit f(!^on ndl^er unb ift bal^er and) Don naml^aften
5 $l)ilofop^en, bod^ mit bem Seifaj^e, wenn fie Dermorren gebadet
wirb, für einerlei mit ber S(!^önl|eit gel&alten worben. 68 ift üon ber
größten SSic^tigfeit, in einer Stxiüt bed ®efd^mac(8 ju entfd^eiben, ob ftd^
au(^ bie @^5n]^eit wirllid^ in ben ä9egriff ber SSoDfommenl^eit auftöfen
laffe.
10 S)ie obiectiDe ßtoedmägigfeit ju beurtl^eilen, bebürfen mir febergeit
ben SBegriff eine« S^edt« unb (wenn ienc 3wc*wö6igWt nid^t eine dufeere
[5Rü^li(^feit], fonbern eine innere fein fott) ben Segriff eine« innern
3tt)ed(«, ber ben ©runb ber innern SRögli^Ieit be« ©egenftanbeS entl^alte.
©0 wie nun Qwtd überhaupt bagfenige ift, beffen Segrif f afö ber ®runb
15 ber SKöglid&feit beS ©egenftanbe« felbft angefel^en werben fann: fo wirb,
um fid^ eine objectiDe S^^^nidgigfeit an einem S)inge Dorguftellen, ber
Segriff Don biefem, wa« e« für ein 3)ing fein foUe, Doran gelten;
unb bie Bufammenftimmung be« Mannigfaltigen in bemfelben gu biefem
Segriffe (weld&er bie Siegel ber ffierbinbung beffelben an il^m giebt) ift
20 bie qualitatiDc ffiollfommenl&eit eine« 3)inge«. ^ierDon ift bie
quantitatiDe, al« bie SßoQftdnbigfeit eine« feben S)inge« in feiner Slrt,
gdnjlid^ unterfd^ieben unb ein blofeer ©röfeenbegriff (ber Slfll^eit), bei
weld^em, wad baS S)ing fein folle, fc^on jum DorauS al« beftimmt
gebadet unb nur, ob alle« baju (grforberlid^e an il^m fei, gefragt wirb.
25 S)a8 fjormale in ber Sorftellung eine« ©inge«, b. i. bie Sufammenftim*
mung be« ÜWannigfaltigen gu einem (unbeftimmt wa8 e« fein fofle), giebt
für fid^ gang unb gar feine obiectiDe ßwedmdgigfeit gu erlennen: weil,
ba Don biefem ©inen al8 Qtozd (wa8 baö 3)ing fein folle) abftral^irt
wirb, nichts al8 bie fubjectiDe Swccfmdfeigfeit ber Sorftellungen im ©e-
30 mutige beS Slnfd^auenben übrig bleibt, welche wol^l eine gewiffe Qmtd^
mdgigleit be« SSorftellungSgufianbe« im Subject unb in biefem eine Se::
l^aglid^feit beffelben eine gegebene f^orm in bie @inbilbung«Traft aufgu«
faffen, aber feine Solllommenl^eit irgenb eine« Obiect«, ba« l^ier burc^
feinen Segriff eine« QtotdS gebaut wirb, angiebt. SBie g. S., wenn id^
S5 im SBalbe einen Sfiafenpla^ antreffe, um weld^en bie Säume im 6irfel
fte^en, unb i(^ mir babei nic^t einen S^td, ndmlid^ bag er etwa gum
l&nblid^en Stange bleuen foUe, Dorftelle, nic^t ber minbefte Segriff Don
15*
228 Ärillf ber Urtl^ctlöfroft. l.ä^eil. ^riti! ber öfl^cti^en Urt^cilSfraft.
SSonfommenl^ett burc^ bie blo^e 9orm gegeben loirb. @ine formale ob^
tectiöe Stt>ftfinä6iflWt aber ol^ne Qt^^d, b. i. bie blofee 5orm einer 38 oU^
Iommen^eit(o]^neane2Ratcrie unb Segriff öon bem, »ogu gufammen=
geftimmt n)irb, wenn tS auc^ blog bie ^bee einer ©efej^mägigfeit öber^
l^aupt ©dre), jttft DorjufteHen, ift ein »alirer SBiberfpru^. »
9lun ift bas ©efd^madSuri^eil ein äflfietifd^eS Urtl^eil, b. i. ein foU
d^eS, toa^ ai\\ fubiectioen Q^rünben berul^t, unb beffen SBeflimmung^grunb
fein 93egrtff, mithin aud^ nid^t ber eines beftimmten Qmd& fein lann.
Sllfo tt)irb burd^ bie ©^ön^eit, aU eine formale fubjectioe Qmdma^xf^-
leit, feinedmegeiS eine S^oülommenl^eit be8 ©egenflaubed al^ oorgeblid^ lo
formale, gleid^mol^l aber bo(^ objectioe S^oedCmdgigfeit gebadet; unb ber
Unterfd^ieb gioifd^en ben ^Begriffen beS @^önen unb ©uten, als ob beibe
nur ber logifd^en §orm na^ unterf^ieben, ber erfte blofe ein oertoorrener,
ber smeite ein beutlic^er 93egriff ber SSoQtommen^eit, fonfi aber bem 3n»
l^alteunb Urfprunge nad^ einerlei tofiren, ift ni^tig: meil alSbann itoif^en 15
il^nen fein fpecififd^er Unterfd^ieb, fonbern ein ©efc^madtSurt^eil eben
fo tool^l ein Srfenntnigurtl^eil tt)dre, als baS Urtl^eil, tooburc^ etmaS für
gut erfldrt toirb; fo mie ettoa ber gemeine SMann, wenn er fagt, bafe ber
SBetrug unred^t fei, fein Urtlieil auf oertoorrene, ber ^l^llofop]^ auf beut^
lid&e, im ®runbe aber beibe auf einerlei aSernunft^rincipien grflnben. 20
3d^ l^abe aber fc^on angeführt, bag ein dftl^etif^eS Urtlieil einzig in feiner
Slrt fei unb fd^le^terbingS fein @rfenntni^ (aud^ ni^t ein oermorreneS)
Dom Dbfect gebe: meld^es le^tere nur burd^ ein logifd^eS Urtlieil gefc^ie^t;
ba {eneS l)ingegen bie SSorfteQung, kooburd^ ein Dbtect gegeben mirb,
lebiglidd auf baS @ubj[ect begielit unb feine SSefd^affenl^eit beS ©egenftam 2s
beS, fonbern nur bie gtoerfmdfeige fjorm in ber Seftimmung ber SSorftet
lungSfrdfte, bie jt(^ mit jenem bef^dftigen, gu bemerfen giebt. 3)a8 Ur^
t^eil l^eiBt aud^ eben barum dftl^etifd^, loeil ber SeftimmungSgrunb bef^
felben fein SÖegriff, fonbern baS ®efü^l (beS innern Sinne«) Jener 6in=
l^eUigfeit im Spiele ber ©emütl^öfrdfte ifi, fofern jte nur empfunben so
werben fann. S)agegen wenn man verworrene S3egriffe unb bas objectioe
Urt^eil, baS fte gum ©runbe l^at, wollte dftl)etif(^ nennen, man einen
aSerpanb l^aben würbe, ber ftnnlid^ urtlieilt, ober einen Sinn, ber bur(^
Segriffe feine Dbjecte Dorftellte, welc^ev^ beibe« ft^ wiberfprid^t. 3)a«
SSermögen ber SSegriffe, pe mögen verworren ober beutlid^ fein, ift ber 35
äSerftanb; unb obgleid^ gum ©efd^macfSurtl^eil, als dftl^etifd^em Urtl^eile,
aud^ (wie gu alten Urt^eilen) SSerftanb gel^ort, fo gel^ört er gu bemfelben
1. IBu^. Knal^ttf bed ©d^dnen. IS^riited SRoment. 229
bo<]^ nid^t als 93ermogen ber @rfenntnig einei^ ©egenftanbeS, fonbern olS
aScrmSflen bcr SBcftimmung bcö Urt^cifö unb feiner aSorpellunfl (ol^nc
Seflriff) na(^ bem aSerlältnife berfelben auf ba8 ©ubject unb beffen
innereis ©effil^I, unb jmar fofern biefed Urtl^eil mi) einer allgemeinen
5 Siegel möglich i[t.
§16.
S)aiS ©efd^maddurtlieil, tooburd^ ein ©egenftanb unter ber
Sebinguufl eine« bepimmten Segriff« für fd^on erllärt toirb,
ift ni(!^t rein.
10 (Si glebt jweierlei SIrten Don Sc^onl&eit : freie ©d^önl^elt (pulchritudo
vaga), ober bie blog an|dngenbe Sd^onl^eit (pulchritudo adhaerens). 3)ie
erfterc fc^t feinen Segriff üon bem DorauÄ, xoai ber ®egenftanb fein foH;
bie jmeite fe^t einen fold^en unb bie SBoQfommenl^eit bed ©egeni^anbed
nad^ bemfelben üorau8. SDle arten ber erftern l^elfeen (für jt^ beftel^enbe)
15 ©d^ön^eiten biefeS ober ieneiS S)inge8; bie anbere mirb, als einem Segriffe
anl^ängenb (bebingte @d^ön^eit), Dbj[ecten, bie unter bem Segriffe eined
befonbern 3^^'^ ft^^^n, beigelegt.
Slumen ftnb freie Slaturfd^önl^eiten. SßaS eine Slume für ein S)ing
fein fon, koeig auger bem Sotanifer ft^merlitb fonft iemanb; unb felbft
20 biefer, ber boran ba« Sefrud^tungöorgan ber ^Panje erlennt, nimmt, »enn
er barüber burd^ ©efd&macf urt^eilt, auf biefen Slaturjtoedf feine Sflüdf jtd^t.
(Sd mirb alfo feine Sollfommenl^eit Don irgenb einer Slrt, feine innere
Smecfmdgigfeit, auf meldte fid^ bie 3ufammenfe^ung be8 SRannigfaltigen
bejiel^e, biefem Urt^eile jum ®runbe gelegt. SSiele Sögel (ber Papagei,
25 ber Solibrit, ber ^arabieSDogel), eine SRenge @d^altl)iere bed SReereS finb
ffir {i$ Sc^önl^eiten, bie gar feinem nad^ Segriffen in Slnfe^ung feines
Swecf« beftimmten ®egenftanbe gufommen, fonbern frei unb für jtd& ge*
fallen. @o bebeuten bie Seid^nungen a la grecque, baS Saubmerf ju @in«
faffungen ober auf $apierta|}eten u. f. m. für fid^ ni^tiS: fte ftellen nichts
30 Dor, fein Dbject unter einem beftimmten Segriffe, unb finb freie ©ddon^
l^eiten. 3Ran fann aud^ bad, mad man in ber SRujif $l^antafteen (o^ne
äil^ema) nennt, ia bie ganje SRuftf ol^ne Sejrt gu berfelben 9(rt g&^len.
3n ber Seurtlieilung einer freien ©c^bnl^eit (ber blofeen 3form nad^)
ifl baS ©efd^macfiSurt^eil rein. (SS ift fein Segriff Don irgenb einem
35 Qvotdt, tDOgu baS SRannigfaltige bem gegebenen Dbjecte bienen unb toaS
230 Ärltil her Urt^eiWfraft. 1. a:^««. !hlttf ber äfl^etifd^en UrtlftelWfraft.
bicfe» alfo DorpcUen foHc, DorauSßefcfet, wobur^ blc grcil^cit bcr ein*
bilbungSfraft, bie in Seobad^tung ber ®eftalt gleid^fam fpielt, nur ein»
gef^r&ntt merben tourbe.
SHein bie @^öul)eit eined 3Renf(I)en (unb unter biefer 9(rt bie eines
SRanneS ober Sßeibed ober j(inbed), bie @(l^onl)eit eines $ferbe8, eines 5
®ebdubeS (als Älrd^e, $alaft, arfenal ober ©artenl^auS) fefet einen »e«
flriff oom Qtozdt öorauS, melier beflimmt, maS baS S)inß fein foll, mit*
l^in einen Segriff feiner SSoDIommenl^eit, unb ift alfo blog ab^drirenbe
S^onl^eit. @o wie nun bie SBerbinbung beS Slngcnel^men (ber @mpfin=
bung) mit ber ©c^önl^elt, bie eigentUd^ nur bie gorm betrifft, bie 3fleinig* 10
teit beS ®ef(!bmadtSurt]^eilS oer^inberte: fo tl^nt bie SSerbinbung beS ®uten
(woju ndmli^ baS SRannigfaltige bem S)inge felbft nai) feinem 3^^^^
gut ift) mit ber @d^önl^eit ber Sfieinigfeit beffelben abbrud^.
SRan toürbe oieleS unmittelbar in ber Slnf^auung ©efallenbe an
einem @ebäube anbringen Knnen, koenn eS nur nid^t eine JCird^e fein foQte; u
eine ©eftalt mit allerlei @(^n5r(eln unb leidsten, boc^ regelmäßigen S^^
gen, U)ie bie üleufeeldnber mit itirem Slettamiren tl)un, oerfd^önern tonnen,
wenn eS nur nid^t ein SRenfd^ wdre; unb biefer fonnte t)iel feinere ßägc
unb einen gefälligeren, fanftern Umrig ber ©efid^tsbilbung l^aben, wenn
er nur ni^t einen 3Rann, ober gar einen friegerifd^en üorfteDen foQte. 20
9lun ift baS SBoJ^lgefaHen an bem SRannigfaltigen in einem S)inge
in SSejiel^ung auf ben Innern Qxotdt ber feine ^öglic^Teit beftimmt, ein
auf einem SSegriffe gegrünbeteS Sßo^lgef allen; baS an ber @(^5n^eit aber
ift ein fold^eS, weld^eS feinen Segriff oorauSfe^t, fonbern mit ber 93or*
ftellung, woburd^ ber ®egenftanb gegeben (nid^t woburd^ er gebadet) wirb, 23
unmittelbar üerbunben ift. SBenn nun baS ®efd^mad(SurtI)eil in Slnfel^ung
beS le^teren oom QtDtdc in bem crfteren, als SSernunfturtl^eile abl^dngig
gemacht unb baburd& eingef^rdnft wirb, fo ift Jenes ni^t me^r ein freies
unb reines ©ef^madsurtl^eil.
Swar gewinnt ber ©efd^mad burd^ biefe SSerbinbung beS dftl^etifc^en 30
äBol^lgefallenS mit bem inteDectuellen barin, baß er fi^irt wirb unb gwar
ni^t allgemein ift, il)m aber bo^ in Slnfel^ung gewiffer gwedCmdßig be*
ftimmten Dbjecte SRegeln oorgefd^rieben werben fönnen. 3)iefe ftnb aber
alSbann aud^ feine Siegeln beS ©efd^madCS, fonbern bloß ber Vereinbarung
beS ®efd^mads mit ber Vernunft, b. i. beS @d^önen mit bem ®uten, bur(^ 33
weld^e jenes gum Snftrument ber abftd^t in Slnfe^ung beS le^tern braud^*
bar wirb, um biejenige ©emiitl^Sftimmung, bie fid^ felbft er^dlt unb oon
1. 8ud^. ^nalQtil bed ®d(|5nen. S)rtHed ÜRontent. 231
fubiectioer allgemeiner ©ülttgleit ift, berienigen S)enlung8art unterju«'
legen, bie nur burd^ mfi][){amen SSorfa^ erl^alten »erben fann, aber ob-
iectio aUflcmeln gültig i[t. gigentHd& aber gewinnt »eber bie SBoUfommen»
^eit bur^ bie @(^bn^eit, no(^ bie @^ön^eit bur$ bie SSoUfornmenl^eit;
5 fonbern meil t^ nit^t Dermieben merben lann, loenn mir bie SSorfteUung,
moburtb uni^ ein ©egenftanb gegeben mirb, mitbem£)bj|ecte(inSlnfe]^ung
beffen, voaS ed fein foQ) burd^ einen Segriff Dergleichen, {te gugleid^ mit
ber @mpfinbung im Subjecte gufammen gu l^alten, fo gemtnnt \>aS ge«
f ammte Vermögen ber SSorftellungSfraft, loenn beibe ©emüt^Sjuftänbe
10 gufammen [timmen.
@in ©efd^mad^urt^eil mörbe in Slnfel^ung eineiS ©egenftanbed üon
befümmtem innern Qwdt nur aldbann rein fein, wenn ber Urt^ellenbe
entmeber öon biefem S^ede feinen Segriff l&dtte, ober in feinem Urtl^eile
baDon abftral)irte. Slber alsbann mürbe biefer, ob er gleich ein richtiges
15 ©efd^madi^urtl^eil fdOte, inbem er ben ©egenftanb ald freie ©d^ön^eit be«
urtl^eilte, bennod^ Don bem anberu, melc^er bie @(!bönl^eit an il^m nur ald
anl^ängenbe ä9ef(!^affen^eit betra<i^tet (auf ben ßtoed bed ©egenftanbeS
fielet), getabelt unb eines falfd^en ©efc^madd befd^ulbigt merben, obgleid^
beibe in ilirer Art rit^tig urt^eilen: ber eine nad^ bem, ma« er öor ben
20 ©innen, ber anbere naä) bem, mag er in ©ebanlen l^at. S)urd^ biefe Un-
terfd^eibung lann man mand^en 3n)ift ber ©efc^madSrid^ter über @d^5n<>
l^eit beilegen, inbem man il^nen geigt, bag ber eine jtd^ an bie freie, ber
anbere an bie anl^&ngenbe @d^5n]^eit l^alte, ber erftere ein reine«, ber gmeite
ein angemanbteS ©efd^madsurtl^eil fälle.
25 § 17.
aSom ^btaU ber ©d^onl^eit.
68 lann feine obiectioe ®efd^mad8regel, meldte burd^ Segriffe be^^
ftimmte, ma« f^ön fei, geben. SDenn afle« Urtl^eil au8 biefer Quelle ift
äfl^etif^; b. i. baS ©efü^l beS @ubiectiS unb fein Segriff eines Dbiectd ift
30 fein SeftimmungSgrunb. 6in ^rincip beS ©eft^mads, meld^eS bad all-
gemeine Kriterium be« Schönen burd^ beftimmte Segriffe angdbe, gu fud&en,
ift eine fruc^tlofe Semü^ung, meil, maS gefud^t mirb, unm5glid^ unb an
fid^ felbft miberfpred&enb ift. JDie allgemeine SKittl^eilbarfeit ber @mpfin=
bung (beS SBol^lgefallenS ober SRigfaHenS) unb gmar eine fold^e, bie o^ne
35 Segriff @tatt finbet, bie Sinl^eUigleit, fo oiel möglid^, aller Seiten unb
232 Ärltll ber ttrtl^etWrraft. l.^tll 5h:lttf ber Äfl^ettfcäften llrt^cUShaft.
aSölfer in anfcl^ung tiefe« ©efül^l« in ber aSorftelluna flcwlffer ©egen^»
fl&nbe: ift bai empirifd^e, tt)ieb)o]^l fd^toad^e unb laum gut SBermutl^ung
gureid^enbe j(riterium ber^bftammung eines fo burc^ SBeifpiele beiod^rten
©efd^mactS Don beut tief verborgenen, allen SOtenfd^en gemeinjc^aftli^en
®runbe ber (Sinl^elliflleit in Seurtl^ellung ber formen, unter benen i^nen 5
©egenftdnbe gegeben »erben.
S)a]^er fielet man einige ^robucte beS ©efd^mads aUejcempIarifd^
an: nid&t al8 ob (Sefc^mad fönne ertoorben »erben, inbem er anberen
nad^al^mt. S)enn ber ©ef^mad mu^ ein felbft eigene« äSermögen fein;
wer aber ein SOlufter nad^al^mt, jeigt,fofern al3 er eS trifft, jtoar ©efi^tdt* 10
lid&feit, aber nur ©efc^mad, fofern er biefe« üßufter felbfl beurt^eilcn
fann.*) hieraus folgt aber, bafe baS l^ö^fte SRufter, baö Urbilb be« ®e*
f^mad«, eine blofee 3bee fei, bie feber in ftd^ felbft l^erDorbringen mufe,
unb wonach er alle«, loaS Object be« ©efd^mads, »a« Seifptel ber Seur«
tlieilung burc^ ®ef(!^mad fei, unb felbft ben ©efd^mad k)on iebermann be^ 15
urtl^eilen mufe. 3bee bebeutet eigentlich einen Sernunftbegriff unb 3beal |
bie SSorfteQung eine« einjelnen al« einer 3bee abdquaten äBefen«. S)al^er
lann iene« Urbilb be« ©ef^mad«, koeld^e« freilid^ auf ber unbeftimmten
Sbec ber SSernunft Don einem SWaicimum berul^t, aber bo(% nid&t burd^ S9e*
griffe, fonbern nur in einjelner JDarftellung fann Dorgeftettt »erben, beffer 20
ba« 3beal be« @d^önen genannt »erben, berglei(!ben »ir, »enn »ir
gleid^ nid^t im äSeft^e beffelben ftnb, boc^ in un« J^erüorgubringen ftreben.
e« »irb aber blofe ein Sbeal ber 6inbilbung8fraft fein, eben barum »eil
e« nid^t auf Gegriffen, fonbern auf ber S)arftellung berul^t; ba« SSermögen
ber 3)arftellung aber ift bie ©inbilbungöfraft. — SBie gelangen »ir nun 25
gu einem folc^en Sbcale ber ©d^onl^eit? A priori ober empirifd^? 3m*
gleid^en: »eld^e ©attung be« @d^onen ift eine« Sbeal« f filzig?
ßuerft l[t »ol^l gu bemerten, bafe bie ©(ftönl^eit, gu »eld&er ein Sbeal
gefud^t »erben foU, !eine öagc, fonbern burd& einen SBegriff üon objectioer
S»edmd6igfeit ftjcirte ©d^önliicit fein, folgli^ feinem Obfecte eine« gang 30 j
reinen, fonbern bem eine« gum £l)eil inteUectuirten ®efd^mad«urtl^etl« '
*) üJ^ufter bed (^t^ä^mad» in Stnfe^ung ber rebenben Sänfte muffen in einet
tobten unb geleierten @pra(|e obgefagt fein: baiS erfte, um ni^t bie S^er&nberuno
erbulben gu muffen, welche bie lebenben unoermeiblid^er 3öeife trifft, boß eble 5lu«-
brü(fe platt, getDöl^nltc^e veraltet unb neugefc^affene in einen nur fura baurenben Um> 35
lauf gebrad^t werben; ba^ a^^ü^' bamii fie eine ®rammattf l^abe, meiere feinem mut^-
winigen SBßec^fel ber Tloht unterworfen fei, fonbern i^re unt)eranberU(^e Siegel l^at.
I
1. ^ü^. 9[nalt)ttf bed @^5nen. ^xxtM 9J?ometit. 233
ongel^örcn muffe. ©. i. in »clever Slrt öon ®rönbcn ber Scurtl^cilunß ein
Sbcal Statt pnbcn foll, bo mufe irgcnb eine Sbee ber SSernunft mä) be=
flimmteu Segtiffcn gum ®runbe liegen, bie a priori ben Qwd bcftimmt,
iDorauf bie innere SKöglic^feit beS ©egenftanbe« berul^t. 6in Sbeal jd&oner
5 äSIumen, eines fronen 3(meubIementS, einer f d^önen SuiSftd^t Idgt [xä^ ni^t
benten. aber aud^ öon einer beflimmten Stoedten anl^dngenben ©d^ön^eit,
g. 93. einem fd^Snen äSol^nl^aufe, einem f^5nen Säume, fd^5nen ©orten
u. f. ti)., Wfet p^ lein Sbeal öorfteflen; üermutl^Ud^ toeil bie S^oedfe burd^
il^ren Segriff nit^t genug beftimmt unb fijcirt jinb, folglich bie Qxotd^
10 mägigfeit beinal^e fo frei ift, atö bei beroogen @d^onl^eit. 9lur bad, xoai
ben Swed feiner (gjrifteng in pd& felbft ^at, ber 3Wenf(!^, ber ftd( burd&
SJernunft feine S^edte felbft be[timmen, ober, wo er fte oon ber fiufeern
aSSal^rnel^mung ^ernel^men mufe, bod^ mit wefentlidben unb allgemeinen
SkoedCen gufammen^alten unb bie Sufammenftimmung mit jjenen aliSbann
15 aud^ dftl^etlfd^ beurtl^eilcn fann: biefer ÜRenf(^ ift alfo eine« Sbeal« ber
Sd^önl^eit, fo toie bie 3Kenfd^][)eit in feiner ^erfon, al3 SnteUigeng, be«
Sbeate ber SJollIommenlieit unter allen ©egenftfinben in ber SBelt
allein f&l^ig.
^tegu gelobten aber gwei ©tüdfe: erftlid^ bie äftl^etifd^e SlormaU
20 ibee, weld&e eine eingelne 8lnf(ftauung (ber (Sinbilbungöfraft) ift, bie ba«
Sit^tmafe feiner Seurtl^eilung, alÄ eine« gu einer befonberen Sl^ierfpecie«
gehörigen 3)ingeö, »orfteUt; gtoeitenSbieSSernunftibee, toel^e bie
ßroedfe ber SKenfd^^eit, fofern fte nid^t ftnnlid^ oorgefteüt werben !önnen,
gum ^rincip ber Seurt^eilung feiner ©eftalt mad^t, burd^ welche als iijxt
25 SBirfung in ber ©rfd^einung ftd^ jene offenbaren. S)ie Slormalibee mufe
il^re eiemente gur ®efialt eine« Silier« oon befonberer ©attung auS ber
grfal^rung nel^men; aber bie größte Swedtmäfeigfeit in ber ßonfiruction
ber ©eftalt, bie gum allgemeinen Sfiid^tmag ber dfll^etifc^en Seurtl^eilung
lebeS (Singeinen biefer @pecieS tauglid^ wdre, baS S3ilb, was gleic^fam
30 abftd^tlid^ ber S;ed^mt ber 9latur gum ©runbe gelegen I)at, bem nur bie
©attung im ©angen, aber fein @ingelneS abgefonbert abdquat ift, liegt
bo^ blo6 in ber Sbee bes Seurtl^eilenben, welche aber mit i^ren ^ropor==
tionen als dfil^etifd^e Sbee in einem ?Kufterbilbe ooflig in concreto bar»
geftellt werben fann. Um, wie biefcS gugel^e, einigermaßen begreiflid^ gu
35 mad^en (benn wer fann ber 9latur il^r ©el^eimnig g&nglid^ ablodten?),
wollen wir eine pfqd^ologifd^e @rtldrung oerfud^en.
@S ift angumerfen: ba^ auf eine unS gdnglid^ unbegreiflid^e 9lrt bie
234 ^tt! bet Urtl^eiWftraft. L5QcU. Ärit« ber äft^etif(j^en Urtl^clWfraft.
(ginbilbunggfraftnid^t allein bicSei(äöen furScgriffc gclcgcntUd^JcIbftüon
langer Q^xt I)cr, äurüdfgurufen; fonbcrn a\x6i ba« SBilb unb bic ®cftalt beö
(SegcnftanbeS au8 einer unauSfpred&Ud&en 3öl&l öon ©eßenftänben oer^
fd^iebener 8lrten ober au(% einer unb berfelben Slrt ju rcprobuciren; \a
aniji wenn ba& ©emütl^ eiS auf äSergleic^ungen anlegti aUem SSermut^en 5
nad^ mirllid^, wenn glei^ nit^t l^inreid^enb gum ääetDugtfein, ein 93ilb
glei(!^fam auf bai^ anbere faUen gu Iaf[en unb bur(!b bte Songrueng ber
mcl^rern öou berfelben art ein aRittlereS l^erauögubefommen tolffe, mlS^t^
aUen gum gemeinfd^aftlid^en ^a^e bient. Semanb l^at taufenb erttac^fene
SßanniSperfonen gefeiten. äBiS er nun über bie üergleid^ungSmeife gu 10
fd^d^enbe SRormalgröfee urtljeilen, fo läfet (meiner SReinung na^) bie @in*
bilbungslraft eine grofee ßo^l ber Silber (oielleid^t aUe Jene taufenb) auf
einanber faÜen; unb tDenn t& mir erlaubt ijl, l^iebei bie Analogie ber
optifd^en ^arfteUung angumenben, in bem Siaum, koo bie meiften ft(| Der«
einigen, unb innerl^alb bem Umriffe, wo ber ^la^ mit ber am ftdrfften u
aufgetragenen garbe illuminirt ift, ba wirb bie mittlere ©röfee fennt»
li(!^, bie fomol^l ber ^il^e aU 93reite nad^ t)on ben äu^erften Qirdngen ber
größten unb Ileinften Staturen gleid^ weit entfernt ift; unb bieS tfi bie
@tatur für einen fd^onen SRann. (Silan fönnte ebenbaffelbe med^anifd^
l^erauS befommen, wenn man alle taufenb mfifee, il^re ^bl^en unter ftd^ »0
unb 33reiten (unb S)i(Ien) für jt^ gufammen abbirte unb bie @umme
burd) taufenb bioibirte. SlEein bie @inbilbungdfraft tljut eben biefeS burd^
einen b^namifd^en @f[ect, ber auS ber Dielfältigen Sluffaffung fol(ber ©e-
ftalten auf ba$ Drgan beS innern @inneS entfpringt.) SBenn nun auf
äl^nli^e art für biefen mittlem ÜWann ber mittlere Äopf, für bicfen bie 25
mittlere SRafe u. f. w. gefud^t wirb, fo liegt biefc ®eftalt ber SRormalibee
beS f d^bnen 3Ranne$ in bem Sanbe, wo biefe SSergleid^ung angefteUt wirb,
gum ®runbe; bal^er ein Sfleger notl^wenbig unter biefen empirifd^en Se«
bingungen eine anbere 9lormalibee ber @d^önl)eit ber ©eftalt l^aben mug,
als ein SBeifeer, ber ßl&inefe eine anbere, als ber ©uropäer. 9Wit bem so
5Kufter eine« fd^önen ^PferbeS ober ^unbeö (oon gewiffer Sftace) würbe
eö eben fo gel)cn. — 3)iefc Siormalibee ift nid&t au8 oon ber 6rfal|rung
l^ergenommenen ^Proportionen, als beftimmten Siegeln, abgeleitet;
fonbern nad^ il^r werben aQererft 9flegeln ber S3eurtl^eilung mbglic^. @ie
ift baS gwif^en aQen eingelnen, auf mand^erlei SBeife Derfc^iebenen Sin» 35
fd^auungen ber ^nbioibuen |d^webenbe Silb für bie gange ©attung, weld^eS
bie SRatur gum Urbilbe il^ren ©rgeugungcn in berfelben ©pecieS unterlegte.
1. Sßnä). ^nal^tif M ©d^önen. S)nttefS 3)?oment. 235
aber in feinem @in}elnen DöIIig erteilt gu l^aben fd^eint. @te ift feines*
koeged baiS ganje Urbilb ber @(i)5n]^eit in biefer ©attung, fonbern nur
bie i^orm, tDel(!^e bie unna(j^lagli<^e SSebingung aQer @(|onl^eit auSmad^t,
mitl^fn blofe bie giid^tigfeit in S)arfteUung ber ©attung. Sie ifl, wie
5 man ^ol^f Iet§ berfilimten S)orQp^DruS nannte, bie Siegel (eben baju
fonnte aud^ SKqronö Äu^ in ilirer Gattung gebrandet toerben). ©ie faun
eben barum aud^ nichts @pect jtf(!be6^arafteriftif(!bed enthalten ; benn fonft
mdre fie nic^t SRormalibee för bie ®attung. 3f)re ©arfteüung gefällt
aud^ nit^t burd^ ©(^ön^eit, fonbern blofe meil jte feiner Sebingung, unter
10 weld&er allein ein JDing biefer ©attung fd^ön fein fann, »iberfpric^t. S)le
S)ar[tellung ijl blofe fd^ulgered^t.*)
SBon ber 5Rormalibee beö ©d^önen ift bod^ nod^ baS Sbeal beffclben
unterf(!^ieben, meines man lebiglid^ an ber menf^ liefen ©eft alt au3
fd^on angeführten ©runben erwarten barf. Sin biefer nun befielet bag
15 Sbeal in bem Sluöbrucfe beö ©ittlidijen, o^ne wcldöeö ber ©egenftanb
nid^t allgemein unb bagu pofttio (nid^t blog negatio in einer fd^ulgerec^ten
3)arfteflung) gefallen mürbe. 3)er pc^tbare SluSbrucf ftttlid^er Sbecn, bie
ben 3Renf(^en innerli^ bel^errfd^en, fann jmar nur auS ber Srfal^rung
genommen merben; aber i^re SSerbinbung mit allem bem, mad unfere
20 SSernunft mit bem @ittlidö=®uten in ber 3bee ber l&öd^ften Sw^cdEmfifeigfeit
Derfnüpft, bie Seelengute, ober Sieinigfeit, ober ©tdrfe ober 9lu^e u. f. m.
in forperlit^er Slufeerung (al8 SBirfung bed Snncrn) gleid^fam ftd^tbar ju
mad^en: baju gel^ören reine Sbeen ber SSernunft unb grofee aWad^t ber
©nbilbungöfraft in bemjenigen oereinigt, meld^er jte nur beurtl^eilen, oiel»
25 mel^r no(^ mer fie barfteHen will. JDic SRic^tigfeit eine« fold^en SbeaB
*) Tlan wirb pnbcn, ba6 ein öoUfommen rcflelmöSigcS ©cficftt, wcld^eö ber
SRaler i^m 3um SJ^obeU ju fi^en bitten mi^c^te, gemeiniglich nid[)td fagt: weil ed nid^tiS
^l^arafteriftifdjeiS enthält, olfo me^r bie 3bee ber @)attung, a\i ha^ ©pecifif^e
einer $erfon ouSbrüdK. lS)Qd ^l^orafterifltf^e Don biefer 3(rt, moS übertrieben \\t,
30 b. i. weld;ed ber !RonnaUbee (ber Su>e(Imd6igTett ber Gattung) felbft ^bbruc!^ t^ut,
^eigt (SaricQtnr. ^u^ a^id^ bie (^fa^rung, bag iene gana regelmögigen ©etlc^ter
im 3nnern gemeiniglit^ anä) nur einen mittelmägigen ^enfc^en oerratl^en; oermutl^-
l\d^ (n>enn angenommen werben barf, bag bie 9latur im äugeren bie Proportionen bed
Snneren audbrfide) beiSwegen : weil, wenn feine t)on ben ©emfttl^danlagen Aber bie*
35 ienige ghroportion ^eroorftec^enb ift, bie erforbert wirb, blog einen felglerfreien SD^en«
f^en aui^auma^en, nic^tiS t)on bem, toa& man @enie nennt, erwartet werben barf, in
welchem bie 9latnr oon i^ren gemd()n(i(!^en S^erl^ältniffen ber @emftt^dfrafte aum ^or>
tl^eit einer einaigen abauge^en fc^eint.
236 StxHif bet Urtl^eilfiftfaft. 1. S^ell. Äritl! ber Äfl§cttf(3|en Urt^ll«!raft.
ber @(^5n]^eit betoeifet ftd^ barin: bag ed feinem @innenreij ftd^ in baS
SBo^lgefaKen an feinem Dbiecte gu mif^en erlaubt unb bennod^ ein grogeS
Sniereffe baran nel^men lagt; meld^eS bann betoeifet, bag bie Seurtl^eilung
na4 einem folgen 3Ragftabe niemals rein dftl^etifd) fein fönne, unb bie
SBeurtl^eilung nad^ einem 2!beale ber @d^5n]^eit lein bloged Urtl^eil beä 5
©efc^madS fei.
9i\xi biefem britten Sßomente gefd^loffene @rll&rung
bes Sd^onen.
©(J^ön^eit ift gorm ber ßtoeclmdgigfeit eine« ®eflenjlanbe«, fo*
fern jte ol^ne SSorfiellung eines QxotdS an il^m »alörgenommen 10
toirb.*)
SSiertcS aWomeut
be8 ©efd^marfSurt^eilS nad^ ber aWobalität beS SBol^tgefaffeng
an bem ©egenftanbe.
§ 18. 15
SBaS bie aßobalität eines ©efd^madSurt^eilS fei.
93on einer ieben SSorfteHung fann \^ fagen: menigftenS eS fei mög:'
lidö, bafe fte (als erlenntnig) mit einer 2uft Derbuuben fei. SSon bem,
»aS ic^ angenel^m nenne, fage id^, bag eS in mir »irllid^ 2uft bemirfe.
SSom @(l^5nen aber benit man fic^, bag eS eine notl^meubige Sejiel^ung 20
auf baS SBo^IgefaHen l^abe. ^iefe 9lot^menbigfeit nun ift Don be«
fonberer Art: nid^t eine t]^eoretif(|e obiectioe Slotl^tocnbigfeit, too a priori
, *) Tlan fönnte wiber biefe (^nArirng aU 3ttftana anfül^ren: bog eiS S)tnge gtebt,
an benen man eine awedfm&gige gorm fie^t, ol^ne an il^nen einen S^^^ du erfennen;
3. ^. bie öfter auS alten ©rabl^ügeln geaogenen, mit einem So(^e alS au einem {>efte 25
terfel^enen fleinernen @eröt^e, bie, ob fie att>ar in il^rer (Beftalt eine 3tt)e(Im&gigfeit
beutli(^ Derratl^en, f ßr bie man ben Qmä ni(^t fennt, barum glei^mol^l nic^t für ft^ön
erft&rt n)erben. Sldein, bag man fie für etn.^nftwer! anfielet, ifi f^on genug, um ge«
fte^en au muffen, bag man i^re gigur auf irgenb eine $lbfic§t unb einen befiintmten
Sn)e(f beaiel^t. S)al^er aud^ gar fein unmittelbares ^ol^lgefaUen an i^rer $(nf(^auung. 30
(Sine 93lnme l^ingegen, a* ^- eine ^ulpe, wirb für f(t)5n gel^alten, weit eine gewiffe
3»edmä6igfeit, bie fo, wie mir fie beurtl^eilen, auf gar feinen Qtotd beaogen wirb, in
il^rer SBa^rne^mung angetroffen wirb.
I. Sud^. $(nalt)til bed Sd^dnetf. Sterted !D7oment. 237
erfannt loerben fann, ba^ jebermann btefes 3Bol^IgefaIleu an bem Don mir
fd^5n genannten ©egeni^anbe fällten n>erbe; aud^ nic^t eine praltifd^e,
too burd^ SBeöriffe eine« reinen Sßernunftwillen«, welker freil^anbelnben
SBefen gur Siegel bient, biefeS SBol^lgefaHen bie notlimenbige §oIge eine«
5 objectiDen ©efe^eS ift nnb nichts anber« bebeutet, al« bog man fd^leij^ter«'
bing« (ol^ne iveitere Slbjic^t) auf gen)iffe Slrt ^anbeln foUe. <Sonbern fie
fann atö ^lot^menbigfeit, bie in einem dftl^etifc^en Urt](|ei(e gebadet wirb,
nur e;rem))Iarifd^ genannt koerben, b. i. eine Slot^menbigfeit ber Sei«
ftimmung aller gu einem Urtl^eil, koad aU Seifpiel einer allgemeinen
10 [Regel, bie man ni(]^t angeben fann, angejel^en toirb. 3)a ein dft^etifd&eö
Urt^eil lein objectioeS unb (Srlenntnigurt^eil ift, fo lann biefe ülotl^men«
bigfeit nic^t aud beftimmten Segriffen abgeleitet n)erben unb ift alfo nid^t
apobiftifd^. aSiel loeniger fann fte auS ber Sügemeinl^eit ber Srfal^rung
(pon einer burd^gdngigen (Sinl^eDigfeit ber Urt^eile Aber bie @(^5nl^eit
15 eine« getoiffen ©egenflanbe«) gefcftloffen werben. S)enn ni(!^t allein bafe
bie ßrfal^rung l^ieju fd()toerlid& l^inreid&enb üiele Seifige fd^affen toflrbe,
fo l> fi^ auf empirifi^e Urt^eile fein Segriff ber Slotl^toenbigfeit biefer
Urtl^eile grünben.
§ 19.
20 S)ie fubiectioe Slotl^menbigfeit, bie toir bem ©efd^madSurtl^eile
beilegen, ift bebingt.
S)a« ®efd^madt«urt^eil finnt lebermann Seiftimmung an; unb n^er
etwa« für fd^ön erfl&rt, n^ill, bag iebermann bem oorliegenben (Segen»
ftanbe Seifall geben unb i^n gleid^faü« für fd^ön erflfiren folle. S)ai
35 @ ollen im fipetifd^en Urt^eile mirb alfo felbft nad^ aQen S)ati«, bie gur
Seurtl^eilung erforbert toerben, bo^ nur bebingt au«gefprod^en. ^an
mirbt um j[ebe« anbern Seiftimmung, voeil man bagu einen ®runb l^at,
ber allen gemein ift; auf toeld^e Seiftimmung man aud^ red^nen fbnnte,
menn man nur immer ftd^er m&re, bag ber i^all unter j[enem ©runbe al«
30 Siegel be« SeifaU« ri^tig fubfumirt märe.
§20.
S)ie Sebingung berSlotl^ioenbigfeit, bie ein ©efd^maddurt^eil
oorgiebt, ijt bie Sbee eine« ©emeinfinne«.
SBenn ©efd^madfäurtl^eile (glei(^ ben ßrfenntnifeurtl^eilen) ein be*
35 ftimmte« obiectioe« $rincip ^fitten, fo mürbe ber, meld^er fte nac^ bem
238 Äritif ber Urt^eilöfraft. 1. St^eil. Ärltif bcr Äfi^etif^en Urt^etföfraft.
Icfetcrn fdnt, auf unbcbinfltc SHot^menbigfeit feine« Urtl^cUö 8[nfpru(!^
machen. äBären fte ol^ne aUed ^rinctp, mie bie bed bloßen @tnuenge«
fd^mad«, fo mürbe man pd^ gar feine SRofl^menbigleit berfclben in bic ®c»
banfen fommen laffen. Sllfo mfiffen fte ein fubjectioeS $nncip ^aben,
iDeld^e« nur burd^ ©efül^I unb nid^t burc^ Segriffe, bod^ aber allgemein« &
gültig beftimme, waö gefalle ober mifefaüe. 6in fold^e« $rlncip aber
fönnte nur als ein ®emeinfinn angefel^en »erben, weiter Dom ge«*
meinen JBerftanbe, ben man biömeilen au(^ (Semeinpnn (sensaa commu-
nis) nennt, mefentlic!^ unterfd^ieben tft: inbem le^terer ni(bt nad^ ©eful^I,
fonbern iebergeit nac^ 93egriffen, tt)ien)o]^I gemeinigU^ nur a\i nad^ bunfel lo
üorgeftellten ^rincipien, nrtl^eilt.
älfo nur unter ber ffiorauöfe^ung, ba^ eS einen ®emeinPnn gebe
(moburc^ mir aber feinen äußern @inn, fonbern bie SSirfung au8 bem
freien Spiel unfrer erfenntnifefräfte öerfteljen), nur unter 5Borau«fe^ung,
fage id^, eine« fold^en ®emeinpnniS fann baS ©efd^macfSurtl^eU gef&dt i^
»erben.
§21.
Db man mit ®runbe einen ©emeinfinn üorauSfefeen fönue.
ßrfenntniffc unb Urt^eile müPen pd^ fammt ber Überjeugung, bie Pe
begleitet, aDgemein mitt^eilen la^en; benn fonft f&me i^nen feine Über^ 20
einftimmung mit bem Dbiect gu: pe m&ren indgefammt ein blog fub«
Jectioeö Spiel ber SSorfteDungöfrfifte, gerabe fo mie e« ber SfepticiSm
»erlangt. Sollen p(^ aber Srfenntniffe mittl^eilen laffen, fo mufe pd^ aud^
ber ®emut^«juftanb, b. i. bie Stimmung ber ©rfenntnifefrdftc gu einer
erfenntnife überhaupt, unb gmar biejenige Proportion, tt)eld)e pd^ für 25
eine SSorftellung (woburc^ un« ein ®egenftanb gegeben mirb) gebül^rt,
um barauS @rfenntnig gu mad^en, aDgemein mittl^eilen la^en: meil ol^ne
biefe al5 fubjectiüe Sebingung beS ßrfennenS baö ©rfenntnife al« SBir=
fung nid&t entfpringen fonnte. S)iefeS gefcftiel^t auc^ mirflidb iebergeit, menn
ein gegebener ®egenftanb üermittelp ber Sinne bie ßinbilbungöfraft gur 30
Sufammenfe^ung be5 SKannigfaltlgen, biefe aber ben SSerftanb gur (Sin*
l^eit beffclben in Segriffen in St^dtigfeit bringt. Slber biefe Stimmung
ber (Srfenntnifefrdftc l^at nac^ SSerfd^iebenl^eit ber Dbjccte, bie gegeben
merben, eine üerfc^iebene Proportion. ®lei(^U)o]^l aber mug eS eine geben,
in melier btefeS innere Serl^dltnife gur Belebung (einer burc^ bie anberc) 35
bie gutrdglid&fte für beibe ®emüt^öfrdfte in abpc^t auf ©rfenntuife (ge«
I. »u^. «Cnoltiti! be« ©d&5nen. 5Bicrte« 3»omcnt. 239
ßebencr ©Cßettftdnbc) übcrl^aupt ift; unb bicfc Stimmung fann nid^t
anber« als burii^ ba« ©cffll^l (nl(!^t nad^ Gegriffen) bcftimmt tocrbcit. ©a
p(% nun bicfc Stimmung felbft mufe allgemein mittl^cilcn laffen, mltl^tn
aud^ baS ©cffil^l berfelben (bei einer gegebenen SSorfteDung); bie allge^
5 meine 5Kitt]^eilbarfeit eine« ©efül^Iö aber einen ©emeinftnn DorauSfefet:
fo mirb biefer mit ©runbc angenommen U)erben fonnen, unb jmar ol^ne
jid^ beSfaÜS auf pfq(!^oIogif(!^e Beobachtungen gu fugen, fonbern als bie
notl^wenbigc Sebingung ber allgemeinen 5IKittl|eilbarfeit unferer @r!cnnt»
nife, toel^e in ieber 8ogif unb iebem ^rincip ber ßrfenntniffe, baS nid&t
10 ffeptifd^ ip, DorauSgefe^t werben mufe.
§22.
S)ic9Rotl^tt)enbigIeit ber allgemeinen SSeiftimmung,
bie in einem ©efd^madCSurtl^eil gebadet mirb, ift eine fubj[cctioe
9lot]^menbigfcit, bie unter ber SSorauSfe^ung eines
15 ©emeinfinnS als objectit) Dorgeftellt toirb.
3n allen Urtl^eilen, tooburd^ toir etmaS für fd^on erHaren, öerftatten
toir feinem anberer ÜRelnung ju fein; ol^ne gleic^mol^l unfer Urtl^eil auf
begriffe, fonbern nur auf unfer ©efül^l gu grünben: meltfteS toir alfo nid^t
als ^riöatgefül^l, fonbern als ein gemeinfd&aftlid^eS gum ®runbe legen.
20 9{un fann biefer ©emeinftnn gu biefem Sel^uf nid^t auf ber Srfal^rung
gegrünbet »erben; benn er toill jullrtl^eilen bered^tigen, bie ein Sollen
entl^alten: er fagt nid&t, bafe iebermann mit unferm Urtl^elle überein=
ftimmen toerbe, fonbern bamit gufammenftimmen folle. Sllfo ift ber
©emeinfinn, Don beffen Urtl^eil i^ mein ©efd^macfSurtl^eil Ijier als ein
25 S3eif<)iel angebe unb meStoegen i(^ \i)m eyemplarifd^e ©flltigfeit bei*
lege, eine bloge ibealifd^e 9lorm, unter beren SSorauSfe^ung man ein Ur«
t^eil, toeld^eS mit il^r gufammenftimmte, unb baS in bemfelben auSge»
brüdtte SBol^lgefallen an einem Dbject für jebermann mit Siedet gur JRegel
mad^en fönnte: toeil baS ^rincip, gtoar nur fubiectio, bennod^ aber, für
30 fubiedio^allgemein (eine jlebermann notbtoenbige 2!bee) angenommen, maS
bie einl^elligfeit oerfd^iebener Urtl^eilenben betrifft, gleld^ einem objectioen
allgemeine Seiftimmung forbern fönnte; menn man nur pd^er mdre, bar*
unter richtig fubfumirt gu l^aben.
3)iefe unbepimmte SRorm eines ®emeinpnnS toirb oon unS toirflid^
35 DorauSgefe^t: baS betoeifet unfere ^nmagung ©efd^madtSurtl^eile gu fdllen.
240 *ritir bcr Urtl^ciWfroft. 1. St^eil. Äritif ber äftl^ctifd^cn Urt^etWfraft.
DB c8 in bcr Sl&at einen folc^en (Semempnn aU confiitutlüe« ^rincip ber
3Köflli(%feit bcr ßrfaljrung gebe, ober etn no(% l&öl&creS $rincl<) ber SSer«
nunft c« uns nur gum regulatioen 5ßrincip tnad^e, allererfl einen ®cmein»
ftnn ju ]^5^ern SmedFen in und l^erüorgubringen; ob alfo ©efd^mad ein
ur[prüngli(^e8 unb naturltd^cS, ober nur bie ^bee oon einem noc^ gu er:= 5
toerbenben unb lünftlid^en äSermögen fei, fo bag ein ©efd^madFSurt^eil
mit feiner ßumut^ung einer allgemeinen S3eiftimmung in ber Zffat nur
eine SBernunftforberuug fei, eine folc^e @in]^eQigIeit ber @inne£art ^er^
üorgubringen, unb bad ©oDen, b. i. bie objlectioe Slot^toenbigleit bed S^^
fammenfliegenS beS ©ef&^tö Don iebermann mit febed feinem befonbern, 10
nur bie aR5gli(^Ieit I)ierin einträ(%tig gu toerben bebeute, unb ba« ®e*
fc^madSurttieil nur ))on Snioenbung biefee ^rincipS ein 33eifpiel auf [teile:
baS tooUen unb fönnen toir l^ier nod^ ni(^t unterfud^en, fonbern ^ben für
ie^t nur bai ©efd^macfsoermogen in feine Stemente aufgulöfen unb {te gu^
le^t in ber Sbee eine« ®emeinflnnö gu oereinigen. 15
aus bem vierten SKoment gefolgerte 6rIIdrung
Dom @(!^5nen.
@d^5n ifl, loaS ol^ne Segriff als ©egenftanb eines not]^tt)enbigen
SBol^IgefaUenS erfannt »irb.
allgemeine anmerfung gum erften abfd^nitte ber analqtif. 20
äSenn man baS Sflefultat aus ben obigen S^rglieberungen gie^t, fo
pnbet fidö, bafe alles auf ben 33egriff beS ©efd^mads l^erauSlaufe: bafe er
ein 33eurt]^eiIungSoerm5gen eines ©egenftanbeS in Segiel^ung auf bie
freie Oefe^mfifeigfeit ber ©inbilbungSfraft fei. SS8enn nun im ®e-
fc^madSurtl^eile bie (ginbilbungSlraft in il^rer fjrei^eit betraci^tet »erben 25
mufe, fo Joirb pe erpli(% ni(%t re^jrobuctio, »ie (ie ben affociationSgefefeen
unterworfen ift, fonbern als probuctio unb felbftt^dtig (als Url^eberin
miDIurlic^er f^ormen m5glt(j^er anfd^auungen) angenommen; unb ob fte
gtt)ar bei bcr auffaffung eines gegebenen ®egcnftanbeS ber Sinne an eine
beftimmte gorm biefeS DbjectS gebunben ift unb fofern fein freies ©piel 30
(tt)ie im 3)i(%tcn) ^at, fo löfet pd^ bo(% nod^ tool^l begreifen: bafe ber ®e«
genflanb il^r gcrabe eine folc^e gorm an bie $anb geben fönne, bie eine
1. )Bu(^. VnalQttf bed ©c^dnen. ungemeine Snmerfung. 241
Sufatnmenfe^ung beS Mannigfaltigen entl^<, mie fie bie Sinbilbungd«
fraft, wenn pc fi(^ felbft frei überlaffen mdre, in ginftlmmung mit ber
Serftanbedgefe^mägigteitäber^auptentmerfenmärbe. Mein bag bie
Sinbilbungdtraft frei unb boc^ Don felbfi gefe^m&gig fei, b. i.
5 bag fte eine Autonomie bei ftc^ fül^re, ift ein SBiberfprud). S)er 93er[tanb
allein giebt ha& ®efe^. SBenn aber bie (Sinbilbungdlraft nac^ einem be>
ftimmten ©efe^e gu oerfa^ren genotl)igt mirb, fo loirb il^r ^robuct ber
%oxm nad^ burc^ begriffe beftimmt, loie e« fein foU; aber atöbann ift ba£
SBol^lgefaUen, mie oben gegeigt, nic^t bad am Schönen, fonbern am ®uten
10 (ber äSoQfommen^eit, aDenfaUd blog ber formalen), unb bad Urt^eil ift
lein Urt^eil burd) ©efd^mad. @d loirb alfo eine @}efe^mä6igfeit ol^ne
®efe^ unb eine fubiectioe Übereinftimmung ber (Stnbilbungdtraft jum
SSerftanbe ol^ne eine obiectioe, ba bie SSorfteDung auf einen beftimmten
SBegriff oon einem @egenftanbe begogen loirb, mit ber freien ©efe^m&gig:'
15 feit be« SBerftanbe« (meiere au(% S^ecf mfifeigfeit ol^ne Qvotd genannt mor«
ben) unb mit ber (Stgentl^ämlic^teit eined ©efc^madSurtl^eile aQein gu«
fammen beftel^en tonnen.
SRun werben geometrifd^sregelmftfeigc Oeftalten, eine Girfelfigur, ein
Duabrat, ein SBürfel u. f. »., Don if ritifern be« ©efc^madö gemeinigU(%
20 al^ bie einfad^ften unb ungmeifelfiafteften 93eifpiele ber @(^önl)eit ange«
fu^rt; unb bennoc^ merben fie eben barum regelm&gig genannt, toeil man
fte nicl)t anberd DorfteUen (ann ald fo, bag fte fär bloge 2)arfteIIungen
eine« beftimmten SBegriff«, ber Jener ®eftalt bie 3tegel Dorfdjreibt (naci^
ber fte allein moglid^ ift), angcfel(en »erben, -©ineö öon beiben mufe alfo
26 irrig fein: entroeber jene« Urt^eil ber Ärttifer, gebad&ten ®eftalten ©c^ön»
l&eit beigulegen; ober ba« unfrige, toeldöeö SttJ^^wifife^^it otjne SBegriff gur
Sc^ön^eit nöt^ig ftnbet.
Sliemanb mirb leid^tltd^ einen SRenfc^en ))on ©efc^mad bagu nötl^ig
finben, um an einer SirMgeftalt meljr SBol^lgefaUen, al« an einem fri^-
30 tid^en Umriffe, an einem glei(!bfeitigen unb glei(%edFigen SSiered mel|r, ate
an einem fd^iefen, ungleid^feitigen, gleid^fam Derlruppelten gu finben; benn
bagu gebort nur gemeiner SJerftanb unb gar lein ®efc^madf. SBo eine ab«
ftd^t, g. 93. bie ®roge eined ^^ßta^eS gu beurtl^eilen, ober bad äSerl^<nig
ber Steile gu einanber unb gum ©angen in einer (Sintl^eilung \a^lxS) gu
36 macl)en, loal^rgenommen loirb: ba ftnb regelm&gige ©eftalten unb gtoar
bie Don ber einfac^ften Srt nöt^ig; unb bad SBol^lgefaUen rul^t nic^t un«
mittelbar auf bem Slnblide ber ®eftalt, fonbern ber Sraud^barleit ber«
242 Äritlf bcr Urtl^cllöfroft. 1. S^ctl. Ärit« bcr äjll&etif^en Urtl^cllöfraft.
felben gu aUerlet möglid^er aPbftd^t. (Sin Sitnmer, beffen SS&nbe fc^tefe
Sßinfel machen, ein ©artenpla^ Don f olc^er Srt, felbft aDe Sßerle^ung ber
@quimetrte fomo^l in ber ®e[talt ber Spiere (g. S. einiugig gu fein), ald
ber ©eb&ube ober ber SBlumenftüdFe migf&nt, weil tS gtoeAoibrig ift, ntc^t
aUein praltifd^ in Slnfel^ung eined beftimmten ®ebrau(^d biefer S>inge, 5
fonbern auc^ für bie Senrt^eilung in aUerlei möglicher Slb{t(^t; melc^ed
ber %eSl im ®ef4|macfSurt]^eiIe ntd^t ift, loeld^eiS, menn ed rein ift, Sol^I'
gefaUen ober SRigfaüen ol^ne SRudftd^t auf ben ©ebraud^ ober einen QxDtd
mit ber bloßen 93etraci)tung bed ©egenftanbed unmittelbar oerbinbet.
S)ie Slegelmfigigleit, bie gum begriffe oon einem ©egenftanbe ffil^rt, 10
ift gmar bie unentbehrliche Sebingung (conditio sine qua non), ben ®e«
genftanb in eine einzige SBorfteDung gu faffen unb bad 9RannigfaItige in
ber iJorm beffelben gu beftimmen. S)iefe Seftimmung ift ein S^td in
anfe!|ung ber (ärfenntnife; unb in SBegle^ung auf biefe ift pe auc^ Jeber*
geit mit SSo^IgefaDen (n)elc^e^ bie Semirtung einer feben auc^ blog pro« 15
blematifc^en Slbfid^t begleitet) Derbunben. @d ift aber aldbann blog bie
SBiCiigung ber Sluflöfung, bie einer Slufgabe ®nfige t^ut, unb nic^t eine
freie unb unbeftimmt«gn)edFm&6ige Unterhaltung ber ©emutl^dtrfifte mit
bem, mad n)ir fd^ön nennen, unb mobei ber SSerftanb ber @inbilbungdlraft
unb nid^t biefe ienem gu S)ienften ift. 20
9ln einem S)inge, bad nur burd^ eine Slbjtd^t möglich ift, einem ®e«
b&ube, felbfl einem S^ier mug bie Süegelmägigfeit, bie in ber Symmetrie
beftel^t, bie 6iu()eit ber 8lnl(!^auung audbrüden, meldte ben Segriff be^
ßmedtd begleitet, unb gehört mit gum Srtenntniffe. Slber mo nur ein
freies @piel ber SSorfteQungdfr&fte (boc^ unter ber SBebingung, bag ber 25
SBerftanb babei feinen Slnftofe leibe) unterhalten ©erben foll, in fiuftgdrtcn,
©tubenoergierung, aDerlei gefd^macfooUem ©erdtl^eu.b.gl., mirb bie Sieget
m&gigfeit, bie fidb ald 3n>ang antfinbigt, fo Diel möglich oermieben; ba^er
ber englifci)e ®efci)madt in ©arten, ber SBarodgefci)ma(f an SRöbeln bie
f^rei^eit ber Sinbilbungdlraft koo^l e^er bis gur 9lnn&^erung gum ®ro« so
teöfen treibt unb in biejcr 8lbfonberung oon allem Qtoan^t ber Sftegel eben
ben %aü fe^t, »0 ber ©efdjmadt in entwürfen ber ßinbllbungSfraft feine
gröfete aSoUIommenl&eit geigen fann.
SlDeS Steif'äiegelmägige (maS ber matl^ematifd^en Siegelm&gigfeit
nal^e lommt) ^at bad ®efci)madtn)ibrige an ftdl): bog eS teine lange Unter« S5
Haltung mit ber ©ctrad^tung beffelben gewährt, fonbern, fofern c« nlc^t
1. S9ud^. S(nali)ttf beiS (Sd^önen. ungemeine Slnmerfung. 243
audbrüdlid^ ba£ 6rlenntnig, ober einen beftimmten praltijd^en 3^^^ gur
Sbftd^t ^at, lange Sßeile mad^t S)agegen ift bad, momit Sinbilbungdtraft
ungefud^t unb gmedmdgig fpielen tann, und iebergeit neu, unb man mirb
feine« anblidö nid^t überbrüjpg. SKarSbcntn feiner Sefc^reibung oon
5 Sumatra mad^t bie SInmerfung, bag bie freien @(^5n]^elten ber 9latur
ben B^f^ciuer bafelbft überall umgeben unb baljer loenig Slngiel^enbed
me^r für it)n l^aben: bagegen ein $feff ergarten, voo bie Stangen, an benen
ftc^ biefe« ®en)&(^« ranft, in ^araUellinien StUeen gn)i{ci)en fi(^ bilben,
menn er i^n mitten in einem Sßalbe antraf, für i^n t)tel 9ßeij l^atte; unb
10 fc^Iiegt baraud, bag n)ilbe, bem Snfc^eine nad^ regellofe Sd^ön^eit nur
bem gur Slbmec^felung gefalle, ber {td^ an ber regelmäßigen fatt gefeiten
l^at allein er burftc nur ben SScrfud) machen, pd^ einen Sag bei feinem
^feffergarten aufzuhalten, um inne gu werben, baß, menn ber SSerfianb
burc^ bie SRegclmäBigfeit pd^ in bie Stimmung gur Drbnung, bie er aller«
15 lodrtd bebarf, uerfe^t ^at, i^n ber ©egenftanb nid)t l&nger unterl^alte,
üielmel^r ber ßinbilbungdfraft einen Idftigen S>^^ng ant^ue: mogegen bie
bort an 3Rannigfaltlgfeiten big jur Üppigfeit oerfdjmenberifdje 5Ratur, bie
feinem SöJ^nge fünftlid^er [Regeln untermorfen ift, feinem ©efcbmade
für beftftnbig 9la^rung geben tonne. — Selbft ber ®efang ber 33ögel, ben
20 tt)ir unter feine mupfalifdje Sflegel bringen fönnen, fdjeint me^r iJtei^eit
unb barum me^r für ben ©efd^mad }u entl^alten, ald felbft ein menfci^«
IxS^tx ©efang, ber nad^ allen Siegeln ber Sontunft geführt mirb: toeil man
be« le^tern, menn er oft unb lange Seit mieberftolt toirb, weit e^er über«
brüf pg mirb. allein ftier oertauft^en mir oermutl^lid) unferc S^eilnel^mung
35 an ber Suftigfeit eines fleinen beliebten S^ierdjenö mit ber Sc^on^elt
feine« ©efange«, ber, menn er oom 3Wenf(^en (roie bie« mit bem Silagen
ber 9ta(^tigall biSmeilen gefd^iel^t) ganj genau nad^geal^mt mirb, unferm
D^re gau/i gefci)madno« gu fein bünft.
9loc^ pnb fci)5ne ©egenpdnbe oon fd^önen au«pdbten auf ©egen»
30 ftdnbe (bie öfter ber (Sntfernung megen nid^t mel^r beutlic^ erfannt merben
fönnen) gu unterfc^eiben. 3n ben lefetern fc^cint ber ©efd^madt nic^t fo»
mo^l an bem, ma« bie @inbilbung«fraft in biefem treibe auffaßt, al«
oielme^r an bem, ma« pe l^iebei gu biegten anlag befommt, b. i. an ben
eigentlid^en ^^antapeen, momit pd^ ia^ ©emüt^ unterl^dlt, inbeffen baß
35 e« burd^ bie SRannigfaltigfeit, auf bie ba« äuge ftößt, continuirlic^ zx^
medtt mirb, gu Ruften; fo mie etma bei bem anblid ber oerdnberlid^en ®e:^
ftalten eine« Äaminfeuer« ober eine« riefelnben Sadbe«, meld&e beibc feine
16*
244 Äritif bn Urt^eilgftoft. 1. S^cil. ^Ittf ber ftfll^tif^en Urtl^ctlöfroft.
@(^on]^eUen {tnb, aber boc^ fär bie 6inbUbungd(raft einen SReij bei {t(^
fähren, meti {te i^r freies @piel unterhalten.
3tt»etteö 99ttd^.
Slnal^til bcg ©rl^abcnem
§ 23. 5
Übergang Don bem Seurtl^eilung£))ermögen beS Sd^önen
gu bem bed @r^abenen.
S)ad @d^one fommt barin mit bem @r^abenen äberein, \>a% beibed
ffir ft(^ felbft gefällt. Serner barin,, bag beibeiS lein @inned» nod^ ein
logif(^«beftimmenbed, fonbern ein 9lefIe;rion£urt^eU Doraudfe^t: folglich lo
ba^ SBo^IgefaDen ni(^t an einer @mpfinbung mie bie bed flngenel^men,
noc^ an einem beftimmten ^Begriffe mie bad äSol^IgefaDen am ©uten ^&ngt,
gIeici)n)o]^I aber hoii auf SSegriffe, objmar unbeftimmt tt)eld^e, begogen
mirb; mithin baS SBo^Igef allen an ber bloßen S)arfteQung ober bemSßer^
mögen berfelben gefnäpft ift, moburd^ bad Vermögen ber S>arftenung is
ober bie @inbilbungdfraft bei einer gegebenen Slnfc^auung mit bem SSer«
mögen ber SBcgriffe be« ajerftanbeö ober ber äJernunft, aW ©eförberung
ber le^tern, in (Sinftimmung betrat^tet toirb. S)a^er finb aud^ beiberlei
Urt^eile einzelne unb bod) ftc^ für aOgemeingfiltig in Slnfel^ung iebed
@ubtectd anffinbigenbe Urt^eile, ob fte gmar blog auf bae ©efü^l ber Suft 20
unb auf fein (Srfenntntg bed ©egenftanbed 9lnfpru(^ machen.
Snein eiS {tnb auc^ namhafte Unterfd^iebe gmtfc^en beiben in bie
SSugen faUenb. S>a£ Sd^öne ber ^atur betrifft bie $orm bed ©egen«
ftanbed, bie in ber S3egr&njung befte^t; bad (Srl^abene ift bagegen auc^
an einem formlofen ©egenftanbe gu finben, fofern Unbegrfingt^eit an 25
il^m ober burc^ beffen JBeranlaffung üorgefleDt unb boc^ a;otaIitdt berfelben
l^ingugeba(!^t toirb: fo bag ba^ ©d^öne für bie 3)arftenung eines unbe»
ftimmten SSerftanbegbegriff«, ba« erhabene aber eine« bergleid^cn SSer»
nunftbegrip genommen gu loerben fd^eint. aifo ift ba« äBol^lgefallen
bort mit ber SSorfteDung ber Dualit&t, l^ier aber ber Duantitdt »er« so
bunben. 8ludö ift ba« Untere ber art nad^ oon bem erfteren SBol^lgefaüen
gar feftr untcrfdbieben: inbem biefe« (baö @(!^öne) birccte ein ®efü^l ber
Seforberung be« geben« bei fic^ fül^rt unb bal^er mit Steigen unb einer
2. aSud^. Snal^tif M (Sr^abenen. 245
fpielenben 6inBiIbung£traft Dereinbar ifl; iened aber (bad ®eful^I bed
erhabenen) eine Suft tft, wcld^c nur inbircctc entfpringt, nämlic^ fo ba^
{te burd^ bad ®efü^( einer augenbU(!Iici)en Hemmung ber fiebenSfräfte
unb barauf fogleid^ folgenbeu befto ffärlern @rgiegung berfelben ergeugt
ft mirb, mitl^in ald Siiil^rung tetn @piel, fonbern @rnft in ber SBefd^aftigung
ber ginbilbungSfraft gu fein fd^cint S)a^cr e« auc^ mit SRcigen unDer=
einbar i[t, unb, inbem bad ®emütl) Don bem ©egenflanbe ntcl)t blog an«
gegogen, fonbern tt)e(^felsn)eife aud^ immer toieber abgeflogen koirb, bad
Sßo^Igefallen am (Srl^abenen nic^t foiool^I pofttioe Suft a\6 oielme^r 93e»
10 munberung ober Sichtung enthält, b. i. negatioe fiuft genannt gu merben
Derbient.
S)er midj^tigfte nnb innere Unterfd^ieb aber bed @rl^abenen üom
@d^5nen ift n)o]^I biefer: bag, koenn mir mie billig l^ier guoörberft nur
baS Sr^abene an 9taturobiecten in SBetrad^tun^ giel^en (hai ber j(unft
15 loirb ndmlid^ immer auf bie Sebingungen ber Ubereinftimmung mit ber
Silatur eingefc^rdnlt), bie SHaturfd^önl^eit (bie felbjtftänbigc) eine S»^*
mdgigleit in il)rer §orm, moburd^ ber ©egenftanb ffir unfere Urt^eild»
traft gleic^fam oorl^erbeftimmt gu fein fc^eint, bei fi(^ fül)rt unb f o an fic^
einen ©egenftanb beS Bo^IgefaUend auSmad^t; l^ingegen baS, mad in und,
20 o^ne gu »ernünfteln, blog in ber Sluffaffung bad ©effi^I beiS @r]^abenen
enegt, ber i^orm nad^ gmar gmedmibrig f&r unfere Urt^eiliStraft, unan«*
gemeffen unferm S>arfteaungdoermögen unb gleid^fam gemaltt^dtig fflr
bie (Sinbilbungdfraft erfd^einen mag, aber bennod^ nur um befto erl^abener
gu fein geurtl^eilt mirb.
S5 3Ran fielet aber ^ierauiS fofort, bag loir und überl^aupt unrichtig aud«
brüden, menn mir irgenb einen ©egenftanbber^atur erlauben nennen,
ob mir gmar gang rid^tig fet)r Diele berfelben fd^ön nennen lönnen; benn
mie fann bad mit einem ^udbrude bed 93eifa(ld begeid^net merben, mad
an fid^ ald gmedtmibrig aufgefaßt mirb? SBir lonnen nic^t mel^r fügen, ald
30 bag ber ©egenftanb gur S)arftenung einer (Srl^abenl^eit tauglid^ fei, bie
im ®emfit^e angetroffen merben fann; benn baö eigentlid^e erhabene
fann in feiner finnlid^en gorm entl^alten fein, fonbern trifft nur Sbcen
ber SSernunft: meldte, obgleich feine i^nen angemeffene S^arfteUung mbg«
lid^ ift, eben burt!^ biefe Unangemeffenl^eit, meldte ftc^ finnlic^ barfteDen
36 Id^t, rege gemad^t unb ind ©emüt^ gerufen merben. @o fann ber meite,
burc^ @tfirme empörte Ocean ni(^t erl^aben genannt merben. @ein Sin«»
blidt ift grdglid^; unb man mug baS ©emütl^ fd^on mit mand^erlei 3ibeen
246 Stx\m ber Urtl^etUhaft. 1. %^l SMiif ber ftftl^etifd&en Urtl^eitöfroft.
angefüHt l^aben, mnn ed bvnäi eine fold^e Slnfd^auung gu einem ®efu]^l
geftimmt metben foll, loeld^ed felbft erlauben ift, tnbem baS ®emüt]^ bie
@{nnU(^teit ju ))erlaffen unb pt^ mit S^een, bie ^öl^ere Sn)edmä|igleit
enthalten, gu befd^dftigen angereijt wirb.
S)te felbft[t&nbtge SRaturfd^önl^eit entbedt und eine Sed^nil ber SHatur, 5
loeld^e {te otö ein @Qjlem nad^ ®efe^en, beren ^rincip tt>ir in unferm
gangen SSerftanbedDermögen nid^t antreffen, oorfteQig mad^t, n&mlid^ bem
einer StoedEmdfeigfeit refpectiD auf ben ®ebraud^ ber Urt^eilSfraft in an^
fel)ung ber @rf(i^einungen, fo ba% biefe ni(i^t blo^ als gur 9latur in i^rem
gtoedlofen ^Red^aniSm, fonbern au(^ als gur Slnalogie mit ber j^unft ge« 10
l^ötig beurtl^eilt kserben muffen. @ie erweitert alfo kDirllic^ gmar nid^t
unfere ©rlenntnife ber 9laturobiecte, aber bo(^ unfern Segriff üon ber
Statur, namli(^ atö blogem SRed^aniSm, gu bem Segriff tion eben berfelben
als j^unft: meld^eS gu tiefen ttnterfud^ungen fiber bie 3K5gIi(^Ieit einer
fold^en $orm einlabet. Slber in bem, voaS mir an il^r erl^aben gu nennen u
pflegen, ift fo gar nid^ts, toaS auf befonbcre objectitie^lSrincipien unb biefen
gem&ge formen ber !Ratur fäl^rte, ba^ biefe üielmel^r in il^rem @l^aoS
ober in il^rer milbefien, regellofeftcn Unorbnung unb SSenouftung, wenn
ft(^ nur ®r5ge unb SRad^t bliden Idgt, bie Sbeen beS @r^abenen am
meiflen erregt. ©arauS feigen tt)ir, bafe ber ©egriff beS ©rl^abenen ber 20
9latur bei mettem ni(!^t fo mic^tig unb an ^Folgerungen reic^l^altig fei, als
ber beS @d^5nen in berfelben; unb ba^ er überhaupt nid^tS S^^dntdgigeS
in ber 9latur felbft, fonbern nur in bem möglichen ©ebraud^e il^rer 8ln«
fd^auungen, um eine oon ber 9tatur gang unabl^dngtge Buicclnidgigteit in
uns felbft fül^lbar gu mad^en, angeige. Q\xm @d^5nen ber Statur muffen ss
»ir einen Orunb aufeer unS fuc^en, gum erhabenen aber blofe in unS unb
ber 3)enfungSart, bie in bie SSorftcIlung ber erfieren ©rl^abenl^eit hinein«
bringt; eine fel^r nöt^igc oorldupge fflemcrfung, meldte bie ^bten beS ©r*
l^abcnen üon ber einer S^edEmd^igfeit ber Statur gang abtrennt unb auS
ber 2:^eorie beffelben einen bloßen Slnl^ang gur dft^etifd^en Seurt^eilung 30
ber Srocdmdfeigfeit ber Statur mac^t, meil baburd^ feine befonbere Sorm
in biefer oorgeftellt, fonbern nur ein gmedfmdfeiger ©cbraud^, ben bie ©in»
bilbungSfraft oon t^rer SorfteCiung mac^t, entmidtelt mirb.
2. 8u4. Sfnal^ti! bed (Srl^abeneti. 247
§24.
93on ber (Sint^eilung einer Unterfud^ung beS ©efü^U
bed @r]^abenen.
äßae bie (Sintl^eilung ber 3Romente ber dftl^etift^en Seurtl^eilung ber
s ©egenfi&nbe in Segie^ung anf bad ©efül^l beS (Srl^abenen betrifft, fo loirb
bie Snal^til nac^ bemfelben ^rincip fortlaufen I5nnen, tt>ie in ber Qex*»
glieberung ber ©efd^maddurtl^eile gefd^e^en ift. S)enn al£ Urtl^eil ber
Aßl^etifd^en reflectirenben Urt^eitölraft mug \>a& SBol^Igefallen am (Sr«
l^abenen eben foiool^l old am @(^5nen ber Duantitdt nad^ aUgemein^^
10 gfiltig, ber Dualität nad^ ol^ne Sntereffe, ber ^Relation nad^ fubfectiüe
Stt^edm&gigteit unb ber SRobalit&t nad^ bie le^tere ald not^toenbig Dor^
flellig mad^en. hierin mirb alfo bie 3Ret^obe Don ber im üorigen Sbfc^nitte
nid^t abmeid^en: man mflgte benn ba& für etmaS red^nen, bag tt)ir bort,
koo bad dfll^etifd^e Urtl^eil bie i^orm beS ObiectS betraf, üon ber Unter«
IS fud^ung ber Dualitdt anfingen; l^ier aber bei ber f^ormlofigfeit, loeld^e
bem, xoa^ mir ergaben nennen, gulommen fann, üon ber Duantitit, atd
bem erften 3Roment bed fiftl^etifd^en Urt^eilS über bad (Sr^abene, an«
fangen merben: moju aber ber ®runb aud bem Dorl^ergel^enben § gu er«
feigen ip.
so 3(ber eine (Sintl^eilung ^at bie Snal^fiS beS ßrl^abenen nötl^ig, loeld^e
bie bed @d^önen nid^t bebarf, n&mlid^ bie in bad üßatl^ematifd^:^ unb in
bai S)9namifd^::@rl^abene.
S)enn ba ba£ ©efül^I beS (Srl^abenen eine mit ber SBeurtl^eilung be£
®egen[tanbe8 Derbunbene Semegung bed ©emütl^d al8 feinen 6^aralter
25 bei fid^ fufirt, anftatt bag ber ®efd^mad am Schönen bai^ ©emätl^ in
ruhiger Kontemplation ))orau8fe^t unb er^dlt; biefe Semegung aber als
fubjectio gmedtmdiig beurtl^eilt merben foll (meil bad 6r^abene gefdUt): fo
mirb fie burd^ bie @inbilbungdfraft entmeber auf \>a& 6rtenntnig«
ober auf ba^ 93egel^rungdt)ermögen belogen, in beiberlei SBejiel^ung
30 aber bie ßn^^^mdgigteit ber gegebenen SßorfteQung nur inSnfe^ung biefer
gSermögen (ol^ne Stt^edober Sntereffe) beurt^eilt merbcn: ba bann bie
erfle al£ eine matl^ematif(^e, bie {meite aU b^namifc^e Stimmung
ber @inbilbungdfraft bem Objecte beigelegt unb bal^er biefeS auf gebac^te
jmiefac^e Srt ald erl^aben DorgefteCit n)irb.
248 ^ttif ber Urtl^eiliSfraft. 1. S^cil. Ärft« ber äfll^eltWcn Urtljci(«fraft.
A.
3Som aJiatl^cmatifd^^Krl^abencn.
§25.
SHamcncrfldrunfl bc« erhabenen.
Srl^aben nennen loir ba£, mad fd^Ied^t^tn grog ift. ®rog fein &
aber unb eine ©roge fein, ftnb ganj Derfc^iebene begriffe (magnitudo unb
quantitas). ^mgleic^en fc^lec^tmeg (simpliciter) fagen, bag etmad
grog fei, ift au(^ ganj maS anbereiS ald fagen, bag ed fc^Iet^t^tn grog
(absolute, non comparative magnum) fei. S)ad festere ijt baS, ttaS Aber
alle S5erglei(^ung grofe ift. — SBaö »iU nun aber ber auSbmd, ba^ lo
cttüa« grojj, ober Hein, ober mittelmäßig fei, fagen? ©in reiner S3erftam
bedbegriff ift e£ nid^t^ mos baburd^ bejeicl)net mirb; noc^ mentger eine
Sinnenanf(%auung; unb eben fo toenig ein SSernunftbegriff, »eil e« gar
fein ^rinctp ber grfenntnife bei flc!^ fü^rt. @§ mufe alfo ein Segrtff ber
Urtbeitöfraft fein, ober Don einem foI(^en abftammen unb eine fubiectit)e u
Swedfmdfeigfeit ber SSorpeDung in fflejiebung auf bie UrtbeiWfraft jum
®runbe legen. 3)afe etwa« eine ®rö6e Cquantum) fei, läßt jic^ auS bem
S)inge felbft ol^ne alle SBergletd^ung mit anbern erlennen: loenn ndmlid^
SSiel^eit bei ® Vielartigen jufammen @xm» auSmad^t. SBie groß ed
aber fei, erforbert ieberjeit etwa« anbereS, toeld^e« aud^ ©röße ift, gu so
feinem 3Raße. SBeil tS aber in ber Seurtbeilung ber ®roße nidj^t bloß
auf bie aSielbeit (Scil^Oi fonbern aud^ auf bie ®r5ße ber ©inbeit (be«
SKaßeö) anfommt, unb bie ®röße biefer le^tern immer »ieberum ettoa«
SlnbereiS ald Sßaß bebarf, tt)omit fte ))erglid^en »erben fonne: fo feigen
mir, ba^ aUe ®rößenbeftimmung ber (Srfd^einungen fdl)Ietbterbingd leinen ss
abfoluten Segriff öon einer ®röße, fonbern allemal nur einen aSerglei»=
c^ungöbegriff liefern fonne.
äSenn id^ nun fc^led^tmeg [age, baß etkoaS groß fei, fo fd^eint eS,
baß i(^ gar feine SSergleidbung im Sinne b^be, loenigftend mit feinem
objectiDen 3Raße, meil baburd^ gar nid^t beftimmt toirb, mie groß ber ®es so
genftanb fei. Db aber gleid^ ber SRaßftab ber Sergleldöung bloß fubiectlD
ift, fo mad^t baS Urtbeil nicbt« befto weniger auf allgemeine SBeijiim»
mung 2lnfprud&; bie Urtbeile: ber SKann ift ftbön, unb: er ift groß, ft^rdn^»
ten fi(^ ui(^t bloß auf baiS urt^eilenbe Subject ein, fonbern t)eriangen
gleidb t^eoretifd^en Urt^eilen iebermanniS SBeiftimmung. S5
2. 8u^. ^nalt^m be« (Sr^abenen. A. $)om SRatl^emotifd^lSr^obenen. 249
Seil aber In einem Urt^cile, »oburd^ etaa« fd^lec^tmeg aW flrofe be=
jeiii^nct wirb, tiid&t blofe gcfagt »erben »ill, bafe ber ©egenftanb eine
(Sröfee ^abe, fonbern biefe t^m gugleic^ öorjufl«tt)eife t)or fielen anbern
flleidjer Slrt beigeleflt toirb, o^ue boc^ biefen SBorjuß beftimmt anjußeben:
5 fo tt)trb bemfelben aaerbingd ein ^Rafeftab jum ©runbe gelegt, ben man
für jebermann atö eben benfelben annel^men ju tonnen öorauöfe^t, ber
aber ju feiner logifdö^n (mat]^emattf(^=beftimmten), fonbern nur dft^eti«
fd^en Seurtl&eilung ber ©röfee braud^bar ift, »eil er ein blofe fubiectiü
bem über ®röfee reftectirenben Urt^eile gum ®runbe liegenber SRafeftab
10 ift. er mag übrigen« em:pirtfd^ fein, tote etwa bie mittlere ©rofee ber
un« befannten SKenft^en, Sll^iere öon gemiffer Art, SBdume, ^dufer, »erge
u. b. gl. ; ober ein a priori gegebener 2Ragftab, ber burc^ bie Mängel bed
beurtl^eilenben Subiect« auf fubjectioe SBebingungen ber ©arfteflung in
concreto eingefd^räntt ift: al« im ^raftif4)en bie ©röfee einer gewiffen a:u=
16 genb, ober ber öffentli^en ffrei^eit unb ©ered&tigfeit in einem Sanbe;
ober im Sl^eoretifd^en bie ©röfee ber SRic^tigfeit ober Unric^tigfeit einer
gemad^ten Dbferoation ober ÜReffung u. b. gl.
^ier ift nun merfmürbig: ba^, toenn toir gleid() am Dbiecte gar fein
Sntereffe l&aben, b. i. bie (Sfiftenj beffelben un« gleichgültig ift, bod^ bie
20 blofee ©rft&e beffelben, felbft menn eS al« formlo« betrachtet »trb, ein
SBol^lgefaUen bei jtd^ fül^ren fönne, ba« allgemein mtttl&eilbar ift, mithin
Settufetfein einer fubiectioenSttccfmdfeigfeit im®ebrau(^e unfrer@rfennt=
nigDermögen entl^dlt; aber nid^t etma ein äSo^lgefaUen am Dbjecte, toie
beim Sd^önen (metl e« formlos fein lann), too bie reflcctirenbe Urt^eil«^
s5 traft fid^ in SBegiel^ung auf ba§ 6rlenntnig überl^aupt gmedmdgig ge«
ftimmt pnbet, fonbern an ber (ärtoeiterung ber 6inbilbung«fraft an fid^
felbft.
3Benn »ir (unter ber obgenannten ©infd^rdnlung) üon einem ®e«
genftanbe fc^led^ttoeg fagen, er fei grofe: fo ift bie« fein mat]^ematifdö»be=
30 pimmenbeö, fonbern ein blofee« SüeflefionSurtl&eil über bie SJorftellung
beffelben, bie für einen gemiffen ®ebrau(^ unferer ßrfenntnifefrdfte in ber
©rögenfd^d^ung fubfectio gtoedFmdgig ift; unb totr oerbinben alSbann mit
ber SJorftellung iebergeit eine Slrt t)on ac^tung, fo »le mit bem, »aö »tr
fd^led^ttoeg flein nennen, eine SSerac^tung. Übrigen« ge^t bie SBeurtl^eilung
35 ber 3)inge al« grofe ober flein auf alle«, felbft auf alle Sefd^affenl^eiten
berfelben; ba^er mir felbft bie @d^5n]^eit grog ober flein nennen: mooon
250 Sttm bn Utt^eltefrofh 1. Sl^eil. SMtit bcr äWcliWcn Urtl&citöfraft.
bcr ®runb barin ju fud^cn i[t, bafe, »aö toir nac^ SSorfdörift ber Urtl^citö*
Iraft in bcr anfd^auunß nur immer barjtcflen (mithin fifH^ctifd^ Dor*
{leiten) mögen, indgefammt @r{(^einung, mitl^in aud^ ein S^uantum ifi.
SSenn loir aber etmas ni(!^t aQein gro^, fonbem fd^Iec^tl^in, abfo^
lut, in aller abpdöt (^^^^ ciHe aSergleld^unfl) grofe, b. i. erl^aben, nennen, 5
fo {ie^t man balb ein: bag n)ir für baffelbe feinen t^m angemef[enen äRag-
ftab auger il^m, fonbem blog in i^m gu fud^en Derftatten. @d ift eine
©röge, bie blog ftc^ felber gleit^ ifi. 3>ag ha^ Sr^abene alfo ni(^t in
ben fingen ber 9latur, fonbem aflein in unfern Sbeen ju fud&en fei, folgt
l^ierau«; in teeren e« aber liege, mufe für bie ©ebuction oufbe^alten 10
werben.
3)ie obige SrHärung fann aud^ fo ausgebrüdt merben: Srl^aben
ift baS, mit meld^em in93erglei(^ung alles anbere Ileinift. ^ier
fte^t man leidet: ba^ nid^ts in ber !Ratur gegeben merben lönne, fo grog
ald es aud^ oon und beurt^eilt loerbe, tt)aS nic^t, in einem anbem fßtv n
]^<niffe betrachtet, bis gum Unenblic^ « JSleinen abgetoürbigt tt)erben
lönnte; unb umgelel^rt nichts fo Hein, maS fi(^ ni(^t in SSergleid^ung mit
nod^ Heinern ÜRagftdben ffir unfere @inbilbungStraft bis gu einer äBelt^^
gröfec erweitern liege. S)ie Seleflope l^abcn unS bie erfiere, bie aRifro«
ftope bie le^tere Semerfung gu mad^en reid^lid^en Stoff an bie $anb ge« so
geben. 9li(%tS alfo, was ®egenftanb ber Sinnen fein lann, ift, auf biefen
gufe bctrad^tet, erl^aben ju nennen. SIber eben barum, bafe in unfercr
einbilbungSfraft ein SBeftreben gum gortf(ftritte inS Unenblid^e, in un»
ferer SSernunft aber ein anfprudö auf abfolutc a;otalitdt als auf eine
reelle 3bee liegt: ift felbjt jene Unangcmeffenl^cit unfereS SSermögenS ber 25
©röfeenfd&äfeung ber S)inge ber ©innenmelt für biefe Sbee bie erwedfung
beS ©efü^ls eines überftnnlic^en 93erm5genS in unS; unb ber ©ebraud^,
ben bie Urt^eilSfraft üon gewiffen ©egenftfinben gum SBe^uf beS legieren
(®efül&lS) natürlicher SSBeife mad^t, nic^t aber ber ©egenftanb ber ©inne
ijt f(^led)tlöin grofe, gegen i^n aber jeber anbere ©ebrauc^ Hein. SRitl^in 30
ift bie ©eifteSftimmung burc^ eine gemiffe bie reflectirenbe Urtl^eilSfraft
beft^dftigenbe aSorfteflung, nid^t aber baS Dbject erliaben gu nennen.
SBir fönnen alfo gu ben vorigen gormein ber ©rfldrung beS ßrl^a*
benen nod^ biefe ^ingut^un: @r^aben ift, was auc^ nur beulen gu
lönnen ein aSermögen beS ©emüt^S beweifet, baS leben 5Kafe* 35
ftab ber ©inne übertrifft.
2. !8u4- Inatt^tif btü (SxJ^htntn. A. Com !D^at^emQtif(|-(Srl^abenen. 251
§26.
äSon ber ®r5genfd^&^ung ber Slaturbinge, bie gut 3bee beS
(Sr^abetten erforberlid^ t^.
£Dlc ©rdfeetifd^ft^ung burd^ Söl&lbcßriffc (ober bereit Stii^tn in ber
5 aigebra) ijl mat^ematif4 bie aber in ber bloßen Snfd^auung (nad^ beut
anflenmafee) ift ftftl^etlf^. 9lun fönnen wir g»ar beftimmte »egriffe ba«
Don, loie gro^ ettoaS fei, nur burd^ S^^^^l^n (aOenfalld 8(nnd^erungen
burcft in« Unenblid&e fortgel^enbe Sal^lrei^en) befommen, beren Cinl^eit
bad 9Rag ifi; unb fofern ijl aUe logifd^e ®r5Benf(J^d^nng mat^ematifd^.
10 aOein ba bie (Srbge bed ÜRa^ed boc^ als belannt angenommen »erben
mug, fo mürben, loenn biefe nun loieberum nur burd^ SaW^i ^^^ ^n 6in«
l^eit ein anbered 3ßag fein mägte, mithin matl^ematifd^ gefc^A^t loerben
fönte, mir niemals ein erfteS ober ®runbmag, mitl^in au(^ feinen be»
jiimmten Segriff Don einer gegebenen ®r5ge l^aben I5nnen. Sllfo mug
15 bie @d^d^ung ber ®röge beS ©runbmaged blog barin befte^en, bag man
{te in einer Slnfd^auung unmittelbar faffen unb bur(^ (SinbilbungSlraft
)ur SDarfleDung ber Sa^I'&^g^iffc braud^en lann: b. i. alle ©rögenfd^d^ung
ber ®egenftdnbe ber Statur ift gulefet dft^etifc^ (b. i. fubjectio unb nid^t
obiectiD beftimmt).
so !Run giebt eS gmar für bie matl^ematifd^e ©rögenfd^d^ung fein ®xb%*
teS (benn bie 5IRad^t ber Qa^tn ge^t in« Unenblii^e); aber für bie dftl^e*
tifc^e ©rbgenfdj^d^ung giebt ed aDerbingd ein ©rögteS; unb Don biefem
fage i(^: ba^, menn ee als abfoluteS 3ßa^, über bad fein größeres fub»
jectit) (bem beurt^eilenben (Subfect) mdglic^ fei, beurtl^eilt toirb, eS bie
25 3bee bes Srl^abenen bei fid^ fül^re unb biejenige Siül^rung, meldte feine
mat^ematifd^e @d^d^ung ber @}r5gen burdb S^¥^n (^^ f^i ^^nn, fo meit
jened dft^etifd^e ©runbmag babei in ber Sinbilbungdfraft lebenbig er^aU
ten wirb) bemirfen fann, l&erDorbringe: toeil bie Untere immer nur bie
relatioe ®roge burd^ S}ergleidl)ung mit anbern gleid^er 8lrt, bie erftere
30 aber bie ®röfee fdbled^t^in, fo meit ba^ ©emütl^ pe in einer anfc^auung
faffen fann, barfteUt.
3lnfdöauli(^ ein Quantum in bie (SinbilbungSfraft aufjunel^men, um
ed gum 3Rage ober als @inl^eit gur ®r5genfc^d^ung burdi) ß^^^I^n brau*
dben gu fönnen, bagu geboren gmei |)anblungen biefed SBermögenS: Sluf^
35 f a f f u n g (apprehensio) unb ßufammenfaffung (comprehensio aesthe-
tica). 3Rit ber auffaffung l^at e5 feine 9lot^: benn bamit fann e« ins
252 Jhritt! ber Urtl^ettiSItQft. 1. S^tl. SMüt bet dill^if^en Urt^eildlraft.
Uncnblid^c ge^cn; aber bic 3ufammenfaf[unfl »trb immer fdö^J^^cr, Je
weiter bie Sluffaffung fortrüdft, unb gelangt balb ju i^rem 3Kaj:lmum,
nämlid^ bem dftl^etif(]^>gr5gten ®runbmage ber ©rö^enfc^ä^ung. S)enn
tt)enn bie Suffaf[ung fo meit gelangt ift, ba^ bie guerjl aufgefaßten Sl^eit
l^orfteUungen ber Sinnenanfc^auung in ber SinbilbungSlraft fc^on ju er« s
löfc^en anl&eben, inbefe baß biefe gu auffaffung mel^rerer fortrüdEt: fo üer«
Uert fte auf einer Seite eben fo olel, ald fte auf ber anbem gewinnt, unb
in ber S^fammenfaffung ift ein ©roßte«, fiber loeld^ed {te ni(^t l^inaue>
lommen tann.
S)araud läßt ftc^ erlldren, toad @at)ar)) in feinen Slad^rid^ten üon lo
^g9:pten anmerlt: baß man ben ^Qramiben nid^t fel^r nal^e fommen, eben
fo koenig ald gu loett bat)on entfernt fein muffe, um bie gange Siül^rung
Don il^rer ®roße gu befommen. S)enn ift baS le^tere, fo ftnb bie Sl^eile,
bie aufgefaßt »erben, (bie Steine berfelben übereinanber) nur bunfel
oorgeftetlt, unb t^re SSorfteDung tl^ut leine SBirfung auf ba£ dftl^ettfc^e is
Urtl^eil bed SubtectS. ^\t aber baS erftere, fo bebarf ha& fluge einige
Seit, um bie Suff äff ung t)on ber ®runbfl&(^e bi^ gur @pi^e gu ooDenben;
in biefer aber erlöfd^en immer gum Stl^eil bie erfteren, e^e bic ßinbilbungö*
Iraft bie le^teren aufgenommen l&at, unb bie gufammenfaffung ift nie
ooUpdnbig. — eben baffelbe lann aud^ ^inreii^en, bie SBeftürgung ober 20
Slrt üon Serlegenl&cit, bie, wie man ergd^lt, ben Sufc^auer in ber 6t. ^e«
teröfird^e in SRom beim erften gintritt antoanbelt, gu erfldren. SJenn e^
ip l^ier ein Oefül^l ber Unangemeffenl^eit feiner ®inbilbung«fraft für bie
3bee eine« ©angen, um fte barguftellen, worin bie @inbilbung£traft il^r
5Wayimum erreicht unb bei ber Seftrebung e« gu erweitern in ftd^ felbfl 25
guräd finit, baburd^ aber in ein rfil^renbeS SSol^lgefaUen oerfe^t wirb.
3d^ wiQ ie^t nod^ nid^tS oon bem ©runbe biefe« SBol^lgefaDend an-
fäl^ren, weld^ed mit einer $$orfiellung, wot)on man e« am wenigften er«
warten foQte, bie ndmlid^ un« bie Unangemeffen^eit, folglich aud^ fubtec«
tiöc Ungwedtmdßigfeit ber SSorftellung für bie Urtl^eiföfraft in ber ®rößen« 30
fd^d^ung merfen Idßt, oerbunben ift; fonbern bemerfenur, baß, wenn ba«
dft^etifc^e Urtbeil rein (mit feinem tcleologifd^en als SJernunftur«
t^cile üermifd^t) unb baxan ein berÄritif ber dft^etifc^en Urtl^ell«»
Iraft oöDig an)}affenbe« SBeifpiel gegeben werben foU, man nid^t ba« 6r»
l^abene an j^unftprobucten (g. 93. ©ebduben, Sdulen u. f. w.)/ wo ein 35
menfc^Ud^er Qmtd bie ^orm fowo^l ald bie ©röße beftimmt, nod^ an
9laturblngen, bereu SSegrif f f c^on einen beftimmten Qvotd bei fid^
fül^rt (j. 33. 2:^icren t)on bcfanntcr Slaturbcftlmmung), fonbcrn an bcr
ro^cn 5Ratur (unb an bicfcr fogar nur, fofcrn pc für ftc^ feinen SReig, ober
Siü^rung au« ttirflldber ®cfa^r bei flc^ fü^rt), blofe fofern pc Oröfec ent»
l^dlt, aufgclgen mwflc- 3>enn in biefcr Art ber SSorpeDung entl^dtt bic
5 9latur ni^tö, ma^ ungeheuer (nod^ mad prächtig ober grägUd^) m&re; bie
®r5ge, bie aufgefaßt loirb, mag fo »eit angemacl^fen fein, als man toiK,
»enn pe nur burc^ Sinbilbungdtraft in ein ©angeS gufammengefagt »er«
ben tann. Ungel^euer tP ein ©egenpanb, menn er bur^ feine ®röge
ben Qmd, ber ben SSegriff beffelben ausmacht, öernic^tet. Äoloffalifd^
10 aber wirb bie blofee S)arfteIIung eine« Segriff« genannt, ber für alle
S)arPeIlung beinahe gu grofe ip (an ba« relatio Ungel^eure grängt): weil
ber Qxoed ber S)arpeaung eine« Segrip« baburc^, ba^ bie anfc^auung
be« ©egenpanbe« für unfer fluffapungdoermogen beinahe gu gro6 iP,
ix\iiXDZxt »Irb. — ein reine« Urt^eil über ba« ©rl^abene aber mufe gar
15 feinen Qxotd be« £)biect« gum 93ePimmung«grunbe ^aben, koenn e« &\tiie^
tlf(^ unb nic^t mit irgenb einem SSerpanbe«- ober SBernunfturt^cile t)er«
mengt fein foU.
aSBeil alle«, »a« ber blofe repectirenben Urt^eil«fraft ol^ne gntereffe
gefallen Joll, in feiner SSorpeünng fubiectiüe unb als folc^e aagemein*gül=
20 tige Swedmftfeigfeit bei pd^ führen mu^, gletdjmo^l aber l^ier feine Smed*
mdfeigfelt ber gor m be« ©egenpanbc« (roie beim ©t^önenX ber a3eur=
tl^eilung gum ®runbe liegt, fo fragt pc^: tocldjc« ip biefc fubjectiüe
Smedmd^igfeit? unb tooburd^ mirb pe al« ^orm t)orgef(!^rieben, um in
ber blogen ®r56enfd^ä^ung unb gtoar ber, toeld^e gar bi« gur Unange«
25 meffenfteit unfere« Vermögen« ber (ginbilbung«fraft in ©arfteUung be«
Segriff« Don einer ©röfee getrieben morben, einen ®runb gum allgemein*
gültigen SBol^lgef allen abgugeben?
S)le 6inbilbung«fraft fd^teitet in ber Sufammenfe^ung, bie gur
®r5gent)orPellung erforberlid^ ift, oon felbp, ol^ne bag il^r etma« ^inber»
30 li(^ ttfire, in« Unenblld^c fort; ber SSerpanb aber leitet pe bur(^ QaliU
begriffe, tt)ogu jene ba« Sd&ema l^ergcben mufe: unb in bicfem SSerfal^ren,
al« gur loglfc^en ©röfeenfd^ö^ung gel^orlg, ip gmar etwa« obiectio 3tt)cdf:=
m&gige« nad^ bemSegrtffe oon einem Stoede (bergleid^en jebe Slu«meffung
iP), aber nic^t« für bie aP^etlfd^e Urt^ell«fraft Swcdfmdfeige« unb ®e*
S5 faUenbe«. @« ip aud^ in biefer abpd^tlid^en 3tt)edm&glgfelt nid^t«, tt)a«
254 Sttim bet Urtl^eiliSfraft. 1. 3:^etL ^ttf ber äfl^etif^en Urt^dtöfraft.
bie ®r5ge bed SRageS, mitl^in ber dufcimmenfaffung bed Sielen in
eine anfd^auung bis jur ©rdnje bed SBermogend bet Sinbilbungdtraft
unb fo meit, mie biefe in S)arjlenungen nur immer reichen mag, gu trei«
ben nötl^iflte. S)enn in ber SBerftonbeÄfd^ftfeung ber ©röfeen (ber aritl^*
metif) tommt man eben fo n)ett, ob man bie 3ufammenfaffung ber (Sin« s
gelten bi« jur ßa^ 10 (in ber 2)ef obif), ober nur bi« 4 (in ber Setraftif)
treibt; bie n)eitere ©rögenerjeugung aber im 3ufammenfe^en, ober, »enn
bad Quantum in ber ünfc^auung gegeben ift, im Suffaffen blog pro«
gref pD (nicftt compre^cnflo) nad^ einem ongenommenen ^rogrcf jton«prin^
cip t)erri(^tet. 3)er SSerftanb »irb in biefer matl^ematifdjen Oröfeen» lo
fd)d^ung eben fo gut bebient unb befriebigt, ob bie (Sinbilbungdfroft jur
@in^eit eine ®röge, bie man in einem SBIid faf[en fann, g. 93. einen
iJufe ober SRutl^e, ober ob fie eine beutfci^c 5Weile, ober gar einen örbburcft«
me^er, bereu Suffaffung gmar, aber nic^t bie ßufammenfaffung in eine
Slnfd^auung ber @inbilbungdtraft (nid^t burd) bie comprehensio aesthe- u
tica, obgmar gar mo^l bur(^ comprehensio logica in einen S<^^Ibegriff)
möglid) ift, lo&ble. ^n beiben ^dßen ge^t bie logifc^e ®r5genfc^i^ung
ungel^inbert ind Unenbli(!be.
9tun aber l^ort bad ©emut^ in ftc^ auf bie @timme ber SSernunft,
meldte gu aQen gegebenen ©rögen, felbft benen, bie gmar niemals gang so
aufgefaßt merben fönnen, gleid^mol^l aber (in ber ftnnlid^en SSorfteQung)
alö gang gegeben beurtfteilt ©erben, SEotalitfit forbert, mithin ßufammen»
faffung in eine 8lnfci)auung unb für aUe jene ©lieber einer fortf(!breitenb«
tt)a(^fenben S<i^(feit)e S)arftellung verlangt unb felbft bad Unenblid)e
([Raum unb oerfloffene Seit) oon biefer Sorberung nic^t aufnimmt, oiel* 25
me^r ed unoermeibUc^ mad^t, fid) baffelbe (in bem Urtbeile ber gemeinen
SSernunft) ald gang (feiner 2:otalit&t nac^) gegeben gu beuten.
S)ad Unenblid^e aber ift fc^Iec^tl^in (nid^t blog comparatio) grog.
3Rit biefem oergItd)en, ift aUed anbere (oon berfelben SIrt ®rögen) Hein,
aber, maS bad SSorne^mfte ift, eS aH ein ®angeiS aud^ nur beuten gu so
tonnen, geigt ein SSermbgen bed ©emfit^S an, melc^ed aQen ^agftab ber
Sinne übertrifft. S)enn bagu mürbe eine Suf^möiwienfaflung erforbcrt
merben, toeld^e einen äRa^tab als @inbeit lieferte, ber gum Unenblid)en
ein beftimmteS, in S^^^l^n angebliches SSer^dltnig ^dtte: melc^eS unmög«
lid^ ift. S)aS gegebene Unenblic^e aber bennod^ obne äSiberfpruc^ au(^ 35
nur beuten gu tonnen, bagu toirb ein SSermögen, baS felbft überfinm
li(^ ifl, im menfc^lic^en ©emütl^e erforbert. S)enn nur burc^ biefeS unb
2. Büä^. Knal^tif b«8 erhabenen. A. ^om ^atf^iaiil^^Qtxl^aUnm. 255
Deffen 3bee eines 9loumenond, melc^ed felbft leine Slnfc^auung Derftattet,
aber bod^ ber SBeltanfc^auung, ald bloßer 6rf(!beinung, jum Subftrat un«
tergelegt toirb, toirb bai Unenbltd^e ber Sinnenwelt in ber reinen inteüec«
tuellen ®r5genf(i^d^ung unter einem S9egrtffe gang gufammengefagt,
5 obgwar ti in ber matl^ematifc^en burd^ S^'^'^^nbegriffe nie ganit 8^-
bad^t »erben lann. @elbft ein SSermogen, ftd^ baS Unenblid^e ber über«
ftnnlid^en 9nf(^auung ald (in feinem inteUigibelen @ub{trat) gegeben
benfen ju lonnen, übertrifft allen 3Ragflab ber Sinnlid^feit unb ift über
ane 93ergle{4ung felbft mit bem 3^erm5gen ber mat^ematifd^en @(^d^ung
10 grob; freilid^ tt)o^I nid^t in t^eoretifc^er Stbftd^t gum Sel^uf bed 6rfennt«
ni^Dermögend, aber boii als ßrnieiterung bed ©emüt^S, U)el(^ed bie
Sd^ranfen ber Sinnli^feit in anberer (ber prattifd^en) Slbfid^t gu über«
fd^retten {t(^ üermogenb fül^It.
(Srl^aben ift alfo bie ^atur in berjenigen tl^rer ISrfc^einungen, beren
15 anf(!^auung bie 3bee il^rer Unenblid^teit bei ftd^ fü^rt. S)iefed le^tere
fann nun nid^t anberd gefc^e^en, ald burd^ bie Unangemeffen^eit felbft
ber größten 99eftrebung unferer (Sinbilbung^fraft in ber ®r56enf(^ä^ung
eined ©egenftanbeS. 9lun ift aber für bie matl^ematifd^e ®rögenfd^a§ung
bie @inbilbungSfraft j|ebem ©egenftanbe gemad^fen, um für biefelbe ein
20 l^inldnglic^ed äßag gu geben, nieil bie S^^i^^g^^ff^ ^^ 93erftanbed burd^
^rogref jton iebe« SWafe einer jeben gegebenen ®röfee angemeffen mad^en
tonnen. 9llfo mug ed bie dftl^etif d^e ©rogenfd^&^ung fein, in meld^er bie
Seftrebung gur Bufammenfaffung, bie bad S3erm5gen ber (SinbilbungiS'
fraft überfd^reitet, bie progrefpoe Sluffaffung in ein ©anged ber Slnfd^au«
25 ung gu begreifen, gefüllt unb babei gugleid) bie Unangemeffenl)eit biefed
im ^ortfc^reiten unbegr&ngten SSermögenS ma^rgenommen mirb, ein mit
bem minbeften Slufmanbe bed SBerftanbei^ gur ®rogenfd[)ä^ung tauglid^eS
©runbmag gu faffen unb gur ®r5genfd^ä^ung gu gebraud^en. %un ift
baS eigentlid^e unDeranberlid^e ©runbmag ber 9tatur bad abfolute ©ange
30 berfelben, meld^ed bei il^r als Srfc^einung gufammengefagte Unenblid^feit
ift. 2)a aber biefeö ©runbmafe ein ftdi) felbft »iberfpredjenber Segriff
ift (megen ber Unmbglid^feit ber abfoluten Siotalit&t eined $rogreffud
ol^ne @nbe): fo mug biejenige ©röge eined ^laturobjectiS, an nield^er bie
(SinbilbungStraft i^r gaugeS SSermögen ber Sufammenfaffung frud^tlod
36 öermenbet, ben Segriff ber 9latur auf ein überpunlic^eiS ©ubftrat (mel*
d^ed i^r unb gugleid^ unferm Vermögen gu benfen gum ©runbe liegt) fül^«
ren, meldte« über allen SWafeftab ber ©inne grofe ift unb bal^er nid^t fo«
256 ftrltlf bcr Urt^elWfraft. l.ST^ell. ÄrlHf bcr ft|i]|cttWcn Urt^dWfraft.
mol^l ben ®egenftanb, atö üielme^r bie,®emfitl^dftimmung in @(j^&^ung
beffelben atö erl^aben beurtl^eilen lägt.
Sllfo, gleic^mte bie äft^etif(^e Urt^eitöfraft in 93eurtl^eilung be« &iib-
nen bie 6tnbilbung8lraft in i^rem freien Spiele auf benSSerftanb begießt,
um mit beffen Segriffen überhaupt (o^ne Seftimmung berfelben) gu^ s
fammenguftimmen: fo begiel^t fie baffelbe 93erm5gen in Seurtl^eilung eined
£)tnged ald erl^obenen auf bie SBernunft, um gu beren^been (unbe:^
ftimmt toeld^en) fubj|ectiD äbereinguftimmen, b. i. eine ©emfitl^Sflimmung
l^erDorgubringen, weld^c berienigen gemfife unb mit il^r DertrdgUcft ip, bie
ber einflufe beftimmter Sbeen (prattifd^er) auf bo« ®efü^l bemirfen lo
mürbe.
3Ran fte^t l^ierauS auc^, bag bie U)a^re Sr^abenl^eit nur im @e=
mutige be« UrtJ^eilenben, nid^t in bem SRaturobjecte, beffen SBeurtl^ellung
biefe Stimmung beffelben veranlagt, mftffe gefud^t werben. 2Ber mollte
aud^ ungeftalte ©ebirgdmaffen, in milber Unorbnung über einanber ge= is
tl^ürmtr mit il^ren ßiSp^ramiben, ober bie bflftere tobenbe See u. f. to.
erl^aben nennen? aber baö ®emutl^ fü^lt jtt^ in feiner eigenen SBeur»
tl^eilung gel^oben, menn eö, inbem e« fidb in ber SBetradbtung berfelben
o^ne Siüdfi^t auf i^re i^orm ber @inbtlbungdfraft unb einer, obfd^on
gang ol^ne beftimmten Qxotd bamit in SBerbinbung gefegten, fene blog 20
ermeiternben SSernunft überldfet, bie gange SRadöt ber ©inbilbungöfraft
bennodö i^^^n Sbeen unangemeffen ftnbet.
Seifpiele Dom Wat^emattf(^«@r]^abenen ber 9latur in ber blogen
Snft^auung liefern und aQe bie i^älle, mo und nid^t fomo^I ein grbgerer
ßa^lbegrijf, afö oielmel^r grofee (Sinl^eit ald SWafe (gu SSerfürgung ber 35
Sal^lrei^en) für bie @inbtlbungdfraft gegeben mirb. @in S3aum, ben mir
nad^ 3ßanndl^5^e fd^&^en, giebt allenfalls einen SRagftab für einen Serg;
unb menn biefer etma eine 3Reile fjoii m&re, lann er gur Sinl^eit für bie
Sa^lr meiere ben grbburd^meffer auSbrüdt, bienen, um ben legieren an*
fd^aulid^ gu machen, ber ßrbburc^meffer für bad und befannte Planeten« 90
fqftem, biefeö für ba« berSRildöftrafee; unb bie unermefelid^e 3Renge fold^er
awtlc^ftrafeenf^fteme unter bem Sflamen ber SRebelfterne, meldte oermut^*
Ud^ mieberum ein bergleid^en Softem unter ftc^ auiSmac^en, laffen und
l^ier feine ©rdngen ermarten. 9tun liegt baö ©rl^abene bei ber öftl^eti«
fd^en Seurtl^eilung eines fo unermefelid^en ®angen nid^t fomo^l in ber 35
@r5ge ber S^^Ir atö barin, bag mir im ^ortfdbritte immer auf befto gr5«
gereßin^eiten gelangen; mogu bie f^ftematifd^e Slbt^eilung bed SBeltge«
2. fßu^. 9CnaI^tt! be« (Stl^abenen. A. Som SRotl^emattfd^'Gr^aBenett. 257
b&ubed beitr>, bie unS aUeS ®roge in ber 9}atur immer U)ieberum aU
flein, eigentU^ aber unfere Stnbtlbung^Iraft in il^rer gangen ©r&njloftg:^
feit unb mit i^r bie Statur al« gegen bic Sbecn ber SSernunft, »cnn pe
eine il^nen angemeffene S)arfteaung Derfd^affen foH, Derfc^ioinbenb Dor-
5 ftettt.
§27.
93on ber Dualität beS SBoJ^IgefaUenS in ber 93eurt^eilung beS
(Sr^abenen.
S)a8 ®effll^l ber Unangemeffen^eit unfere« 5Bermögen8 jur (grrel»
10 dgung einer 3bee, bie für und ®efe^ ift, ift Häftanq. 9lun ift bie
3bee ber ßufammenfaffung einer {eben ©rfd^einung, bie uniS gegeben U)er:^
ben mag, in bie Slnfd^auung eines ©angen eine folc^e, mläit nM bmäf
ein ®efe^ ber Sernunft auferlegt ift, bie fein anbere« beftimmteiS, für
iebermann güItigeiS unb unDeränberlid^ed 3ßag erlennt, aliS bad Sbfolut::
15 ®ange. Unfere SinbilbungSfraft aber bemeifet felbft in i^rer größten Sin«
firengung in Slnfel^ung ber t)on i^r »erlangten ßufammenfaffung eines
gegebenen ®egenftanbed in ein ©anjeS ber Slnfd^aunng (mitl^in gur S)ar»
ftettung ber S^ee ber Vernunft) ll^re ©d^ranfen unb Unangemeffcn^eit,
bod^ aber gugleid^ i^re 93e{timmung gur Semirlung ber Slngemeffenl^eit
ao mit berfelben als einem ©efe^e. 9llfo ift bad ©effil^l bed @rl^abenen in
ber %atur Sld^tung fär unfere eigene 93eftimmung, bie mir einem Dbiecte
ber SRatur burd^ eine gemiffe ©ubreption (SSermed^felung einer ad^tung
für ba« Obiect ftatt ber für bie gbee ber SRenfd^^eit in unferm ©ubjecte)
bemeifen, meld^ed unS bie Überlegenl^eit ber SSernunftbeftimmung unferer
35 @rfenntnigDermbgen über baS grbgte SSermögen ber Sinnlid^teit gleid^«
fam anfd^aulid^ mad^t.
SDaS ©efül^I beS Srl^abenen ifi alfo ein ©effil^I ber Unluft aud ber
Unangemeffenl^eit berSinbilbungSfraft in ber äftl^etifd^en^rö^enfd^ä^ung
gu ber @d^&^ung burd^ bie SSernunft unb eine babei gugleid^ ermedtte Suft
80 au8 ber Übereinftimmung eben biefe« Urtl^eild ber Unangemeffenl^eit beö
größten jtnnlid&en Vermögen« mit SSernunftibeen, fofern bie Seftrebung
gu benfelben bod^ für un<S ®efe^ ift. @d ift nämlid^ für und ®efe^ (ber
SSernunft) unb gel^ort gu unferer 93eftimmungr aQed, maS bie 9tatur als
®egenftanb ber @inne für unS ®rogeS entl^&It, in SSergleid^ung mit Sbeen
35 ber äSernunft für Hein gu fd^&^en; unb maS baS ®efül^I biefer überftnn«
lid^en Sefiimmung in uns rege mad^t, ftimmt gu jenem ®efe^e gufammen.
Jtant'l •t^xlUtn, Octfc Y. 17
258 Ärlti! bcr Urt^ctlöfraft. 1. 3^cil. Ärtttf ber Sft^etifd^cn Urt^ctWfroft.
Sßun ift bic grofetc Seftrcbung bcr ©inbilbungöfraft in ©arpelluug bcr
einl^ctt für bic ©röfecnfd^dfeung eine Scjic^ung auf etwa« 8lbfolut=
©ro^eS, foIgUd^ aud^ eine ^cgiel^ung auf baS ®efe^ bcr SScrnunft, btefcS
allein gum oberften ÜWa^e bcr ©röfeen anjuncl^men. Sftfo ip bic innere
SBal^rncl^mung bcr Unangemeffcn^eit aUeS ftnnlid^en ^a^tabeS gur ®rö= 5
feenfd^ä^ung ber SBcrnunft eine Überciupimmung mit ®efe|cn bcrfclbcn
unb eine UnluP, tocld^c ba« (Seffil^l unferer fiberfinnlid^cn Scftimmung
in und rege mac^t, müi meld^er cd gmedEmdgig, mitl^in Sup ip, {eben
SWafePab bcr ©innlid^fcit benSbeen ber SSernunft unangemeffen gu pnben.
3)aö ©cmutl^ fü^U pd^ in ber SSorPeUung bc8 erhabenen in ber 10
9latur bckDCgt: ba cd in bem dpl^ctifd^cn Urtl^cilc über baS ©d^one ber^^
felbcn in r ulkiger (Sontcmplation ip. 2)icfe Sctocgung fann (Dorncl^m«
lic^ in il^rcm anfange) mit einer ©rfd^üttcrung Dcrgli(!^en »erben, b. t.
mit einem fdEincQmcc^fcInbcn Sbpogen unb Slngicl^cn eben beffclben Db^
jectg. 3)aö Übcrfd^menglid^c für bic ßinbilbungSfrap (bi« gu meldöem pe 15
in ber ^luffa^ung ber Sln{(!^auung getrieben tt)irb) ip gleid^fam ein ^i^
grunb, n)orin Pe p(!^ felbp gu verlieren fürd^tet; aber bod^ aud^ für bic
Sbec ber SBernunft Dom ÜbcrpnnUd^en nid^t überfd^wengUd^, fonbern ge»
fc^mdfeig, eine jold^c SePrebung ber (Sinbilbungöfraft l^cröorgubringcn:
mitl^in in eben bem 9)7a^e tDieberum angiel^enb, als c8 für bic blogc 20
@innlid^leit abpo^cnb mar. S>ai$ ttrtl^eil fclber bleibt aber l^icbci immer
nur dpi^ctifd^, toeil c8, o^ne einen bepimmten Segriff Dom Dbiede gum
©runbc gu l^abcn, blog baiS fubiectiDc @picl bcr ©cmütl^dfrdpc (6inbil*
bung«fraft unb SSernunft) felbp burd^ i^ren (Sontrap afö l^armonifd^ Dor«»
peUt. S)cnn fo tt)ie SinbilbungiSfrap unb SSerpanb in bcr Scurtl^cilung 35
beg @(!^öncn burd^ il^rc Sinl^clliglcit, fo bringen ^inbilbungSfraft unb
SSernunft l^ier burd^ il^ren SBiberpreit fubJectiDc Sro^dwififeiö^^i* ^^^
®emüt^öfrdfte l^crDor: ndmlid() ein ®efü^l, bafe mir reine, felbppdnbige
SSernunft l^abcn, ober ein SSermögen ber ©rbfeenfd&d^ung, beffcn SSorgüg«
lid^fcit burd^ ni(!^tö anf(^auli(!^ gemad^t merben lann, atö burc^ bic Ungu« so
Idnglic^Icit bedienigen SScrmogeniS, meld^cS in 3)arpellung ber ©r&gcn
(pnnlid^cr ©cgcnpdnbc) felbp unbegrdngt ip.
ÜRcffung eineö 3iaumö (aW «uffaffung) ip gugleicft SSefd^reibung
bepclbcn, mithin objcctiDc 93ett)egung in bcr @inbilbung unb ein $ro^
greffug; bic Sufammeufaffung ber SSiell^eit in bic ßinl^cit, nid^t be§ ®e* 35
banicnd, fonbern ber Slnfd^auung, mithin beS @uccefpo« Aufgefaßten iu
einen «ugcnblidt, ip bagegen ein 9iegrcPu8r ber bic ßcitbebingung im
2. ^uc^. Slnal^ttf beiS (Srl^abenen. A. 9)om !D?at^emaiif(!^-Chr^olenen. 259
$roflrcjfuS bcr 6inbUbun8«fraft »icbcr aufl&cbt unb baS ßwöl^i^f^i"
anfd^auitc]^ tnocl^t. @{e ift olfo (ba bie S^itfolge eine Sebingung beiS
innern Sinne« unb einer anfd^auung ift) eine fubjectioe Setoeanng bcr
6inbilbungdlraft, nioburd^ fte bem innern @tnne ©ewdt antl^ut, bie befto
5 merflid^er fein mug, je größer ba« Duantunt ift, meiere« bie @inbUbung««
Iraft in eine anf(]^auung gufammenfafet. 2)ie »eftrebung alfo, ein ©iafe
für @rögen in eine einzelne Slnfd^anung auf june^men, »eld^e« auf jufaffen
merf lid^e Seit erforbert, ift eine SJorftellungöart, meiere, fubjectiD betrad^«
tet, jmedtoibrig, obiectiD aber gur @)rögenf(^ä^ung erforberlid^, mitl^in
10 gmedEmägig ift: iDObei aber bod^ eben biefelbe ©ewalt, bie bem ©ubjectc
burc^ bie 6inbilbung«fraft wiberffi^rt, für bie gange Seftintmung
be« ®emütl^« als gmedm&gig beurtl^eilt mirb.
3)ie Qualität beö ©efül^l« beö (Srl^abenen ift: bafe pc ein ©efül^I
ber ttniuft über baS äftl^etifd^e S3eurtt)eilung«t)ermögen an einem ®egen«
15 ftanbe ift, bie barin io6) gugleid^ al« gioedmagig tiorgefteUt mirb; toüi^^S
baburc^ möglid^ ift, ba^ ba« eigne UnDermogen ba« Sewugtfein eine«
unbefd^ränlten äSermogen« beffelben @ubj[ect« entbedEt, unb ba« ©emütl^
ba« festere nur burd^ ba« erftere dftl^etifd^ beurtl^eilen lann.
3[n ber Iogif(!^en ©rögenfd^&^ung marb bie Unmöglid^teit, bwxii ben
»0 $rogreffu« ber äßeffung ber 3)inge ber Sinnenmelt in Seit unb 9?aum
jemal« jur abfoluten Sotalitfit gu gelangen, für objectit), b. i. eine Un^'
m5glid^feit, ba« Unenblid^e al« gegeben gu benfen, unb nid^t al« blog
fubjectiü, b. i. al« Unvermögen e« gu faffen, erfannt: toeil ba auf ben
©rab ber Si^f ^inmenfaffung in eine ^nfd^auung al« Wag gar nid^t ge^^
35 feigen n)irb, fonbern alle« auf einen S^^Ibegriff anfommt. Allein in einer
fiftl^etifd^en ©rdgeufd^äfeung mufe ber S^l^Ibegriff »egfallen ober öerfin^
bert loerben, unb bie dontprel^enfton ber 6inbilbung«rraft gur (Sinl^eit
be« STOafee« (mitl^in mit SJermeibung ber begriffe Don einem ©efefee ber
fuccefftöen (Srgeugung ber Oröfeenbegriffe) ift allein für fte gmedtmäfeig.
30 — SSßenn nun eine ®röfee beinal^e ba« Stufeerfte unfere« SSermogen« bcr
Sufammenfaffung in eine flnfd^auung erreid^t, unb bie 6inbilbung«traft
bod^ burd^ S^^lfltögen (für bie toir un« unfere« Vermögen« al« unbe«
grfingt bemüht ftnb) gur fift^etifd^en Suf^n^wenfaffung in eine grofeere
gin^eit aufgeforbert »irb, fo fül^len mir un« im ©emütl^ al« fiftl^etifd^ in
S5 ©r&ngen eingefd^loffen; aber bie Unluft mirb bod^ in ^inftd^t auf bie
notl^menbtge @rtt)eiterung ber @inbilbung«fraft gur angcmeffen^eit mit
bem, n)a« in unferm SSerm&gen bcr SSernunft unbegr&ngt ift, nAmlid^ ber
17*
260 Äritif ber Urtlj|cll«!roft. 1. $^cil. Ärltü ber äfll^ettfci^cn Urt^eiföfroft.
Sbee bes abfoluten ©angetir mitl^in bie Ungmedmägigfeit bed S3erm5gen8
ber (SinbtIbungiSiraft bod^ für SJernunftibeen unb beren SmedEung atö
gwedEmdgig DorgefteUt. (Sben baburd^ tDirb aber baS äf%tif(l^e ttrtl^eil
felbft fubiectiD^jmedhn&gig für bie Vernunft, als Ouell ber 2!been, b. i.
einer fold^en intenectueOen Sufammenfaffung, für bie alle äftl^etifd^e Dein
ift; unb ber ®egen|lanb mirb als erl^aben mit einer Suft aufgenommen,
bie nur t)ermittel{i einer Unluft mbglid^ ift.
B.
SBom 3)9namtfd^'(£r]^aBcncn ber 9Zatur.
§ 28. 10
Son ber SRatur al« einer ÜWad^t.
SRad^t ift ein Sermigen, toeld^eS großen ^inberniffen Aberlegen ift.
@ben biefelbe l^eigt eine ©etoalt, toenn fte audi bem Sßiberftanbe beffen,
mi felbft 3Radöt bePfet, überlegen ift. 3)ie 5Ratur, im dft^etifd^en Urtl^eile
als ^ac^t, bie über uns feine ©eioalt l^at, betrad^tet, i^ b^namifd^^er- u
l^aben.
SBenn Don unS bie Statur b^namifd^ als ergaben beurt^eilt merben
foH, fo mug fte als f^rd^t erregenb Dorgeftellt »erben (obgleid^ nid^t um«
gefe^rt {eber gurd&t erregenbe ®egenftanb in unferm ftpl^etifd^en Urt^eile
erl^aben gefunben tt)lrb). S)enn in ber dfH^etifd^en »eurt^eilung (ol)ne 20
Segriff) fann bie Überlegenl^eit über ^inberniffe nur nad^ ber ©röfee beS
SBiberftanbeS beurt^eilt »erben. 9lun ift aber baS, bem mir }u toiber«
ftel^en bcftrebt jtnb, ein Übel unb, menn mir unfer SJermögen bemfelben
nid^t gema(!^fen flnben, ein ®egen|tanb ber f^urd^t. 9lfo fann für bie
dftl^ctifdbe Urtl^eilSfraft bie Statur nur fofern als SRad^t, mitl^ln bqna* w
mlfd^^erl^aben gelten, fofern fte als ©egenflanb ber fjurc^t betrad^tet mirb.
SRan fann aber einen ©egenftanb als fur(!^tbar betrad^ten, ol^ne
ftc^ t)or il^m gu fürd^ten, menn mir il^n ndmlid^ fo beurt^eilen, bag mir
uns blog ben %aVi benfen, ba mir il^m etma SBiberftanb tl^un moUten,
unb bag aisbann aKer äBiberftanb bei meitem Dergeblid^ fein mürbe. @o 30
fürd^tet ber Sugenbl^afte ®ott, ol^ne ftd^ Dor i^m gu fürd^ten, meil er il^m
unb feinen Geboten miberßel^en gu moHen pd^ als feinen Don i^mbeforg«
2. Bud). ^nal\)i\f bej Srl^abenen. B. 9}om ®Qnamifd|'(5r]^aBenen. 261
Itd^en t^aQ benit. SIber auf {eben fold^en f^rall, ben er qI8 an fid^ nid^t
unmoglid^ bentt, erfcnnt er i^n oXi furd^tbar.
9Ber ftd^ fürd^tet, lann aber baö ßrl^abene ber %atur gar nid^t ur«
tl^eilen, fo »enig als ber, meld^er burd^ Sleigung unb appetit eingenom-
5 men tft, über baS @d^öne* S^ner fliel^t ben Slnblid eines ©egenftanbes,
ber il^m @d^eu einiagt; unb eS ifi unmoglid^, an einem Sd^reden, ber
ernftlid^ gemeint »dre, SBo^lgefaDen gu finben. S)a^er ift bie «nnel^m«»
li(!^feit auö bem »ufl^ören einer Sefd^merbe boS gfrol^f ein. 5)iefeS aber,
»egen ber Befreiung oon einer ©efal^r, ift ein Sfrol&t^in mit bem SJorfa^e,
10 fic^ berfelben nie me^r auSgufe^en; \a man mag an jene @mpfinbung
nid^t einmal gerne jurüdbenlen, meit gefel^lt, bag man bie ©elegenl^eit
bagu felbft auffu(!^en foUte.
^fil^ne, überl^angenbe, gleid^fam brol^enbe i^elfen, am ^immel fid^
auftprmenbe S)onnertt)oIfen, mit 93Ii^en unb Ürai^tn einl^erjie^enb,
15 Sulcanc in il^rer gonjen gerftörenben Oetoalt, Orfane mit il^rer gurüd*
gelaffenen SSermüftung, ber gr&ngenlofe Dcean, in Smpörung gefegt, ein
l^ol^er SBafferfaD eines mdd^tigen f^IuffeS u. b. gl. mad^en unfer SSermö*
gen gu miberftel^en in SSergleid^ung mit il^rer Sßad^t gur unbebeutenben
Äleinigfeit. aber i^r anblid »irb nur um bcfio angiel^enber, je furd^t^
20 barer er ift, menn mir uns nur in @id^erl^eit beftnben; unb tt)ir nennen
biefe ©egenftdnbe gern erl^aben, meil fie bie @eelen|ldrfe Aber il^r getDol^n^
li(!^eS SRittelmag erl^öl^en unb ein Vermögen gu »iberftel^en üon gang
anberer 9(rt in uns entbeden laffen, meld^eS uns SRutl^ mac^t, unS mit
ber fd^einbaren 3ingemalt ber 9latur meffen gu tonnen.
25 S)enn fo mie U)ir gmar an ber Unermeglid^Ieit ber 9tatur unb ber
Unguldnglid^feit unf eres Vermögens einen ber dft^etifd^en®r5genfd^d^ung
il^reS ©ebiets proportionirten aßagftab gu nehmen unfere eigene (Sin«
fd^rdnlung, glei(^mol^l aber boc^ aud^ an unferm 93ernunftDermögen gu«
gleidö einen anbern, ntc^t»flnnlic^en SRafefiab, meld^er ienc Unenblid^!eit
90 felbft als (Sin^eit unter fid^ l^at, gegen ben alles in ber 9latur flein i|t,
mithin in unferm ©emütl^e eine Uberlegenl^eit über bie Slatur felbft in
il^rer Unermeilic^feit fanben: fo giebt aud^ bie Unmiberflel^Ud^feit il^rer
gWad^t uns, als Sftaturmefen betrad^tet, gmar unfere pl^qjtfd^e Dl^nmod^t gu
erlennen, aber entbedt gugleic^ ein SBermögen, unS als Don i^r unab^dn-
35 gig gu beurtl^eilen, unb eine Überlegenl^eit über bie 9latur, tt)orauf ftd^
eine ©elbfierbaltung Don gang anbrer Art grünbet, als biejenlge ift, bie
Don ber Statur auger uns c^ngefod^ten unb in ©efal^r gebrad^t merben
262 Äritlf bet Urt^elWfraft. 1.2:^«. JWtlf bcr Äfl^ctlfd^en Urtl^eiWlroft.
lann, »olöci btc ÜRcnfdöl^clt in unfcrcr ?ßcrfon uncrnicbrlgt bleibt, obglcid^
bcr SKcnfd^ jener ©eujalt unterlieflen müfete. Sluf fold^e SBeife »irb bte
SHatur in unferm äftl^etifd^en Urtl^eik ni(^t, fofcrn jle furd^tcrrcgenb Ift,
alö erl^aben bcurt^eilt, [onbern »eil Pe unfere Äroft (ble nld^t Sflatur ift)
in uns aufruft, um bog, woffir mir beforgt ftnb, (®uter, ©efunbl^eit unb 5
geben) alö Hein unb ba^er t^rc SKadöt (ber mir in Slnfel^ung biefer ©tüdc
allerbingö unterworfen |tnb) für unS unb unfere^erfönlii^felt bemungeac!^«
tet boc^ für teine fold^e ©emalt angufel^en, unter bie mir uns ju beugen
l^dtten, menn eS auf ttnfre l^öd^fle ©runbf&^e unb beren 93e^auptung ober
SSerlaffung anl&me. 9lIfo l^ei^t bie Sttatur l^ier ergaben, blog meil fte 10
bie @inbilbungSfraft gu S)arftellung berjenigen %&üt ergebt, in meldten
bad ©ernüt^ bie eigene (Srl^obenl^eit feiner 93eftimmung felbft über bie
Statur {td^ fühlbar mad^en fann.
3)iefe @elbftfd^&^ung t)erliert baburd^ ni(!^td, ha^ mir unS fi(!^er fe^en
muffen, um biefe« begeifiernbe SBo^lgef allen gu empfinben; mithin, meil 15
es mit ber ©efa^r nid^t @rnft ift, eS anif (mie eS fc^einen mod^te) mit
berer^abcnl^eit unfere« ®eifte8uermögen« eben fo menigernft fein mod^te.
S)enn baS SBol^lgefaUen betrifft l^ier nur bie ftd^ in fold^em ^aUe ent«
bedfenbe Seftiramung unfereS Vermögens, fo mie bie Anlage gu bem=
felben in unferer Statur ift; inbeffen ba^ bie @ntmidfelung unb Übung 20
beffelbcn unä überlaffen unb obliegcnb bleibt. Unb l^ierin ift SBal^rl^eit,
fo fe^r ftd^ aud^ ber SReufd^, menn er feine 3flcflej:lon bl« bal^ln erftredtt^
feiner gegenmdrtigen mlrflid^en Dl^nmad^t bemugt fein mag.
3)iefeS ^rincip fd^elnt gmar gu melt ^ergcl^olt unb vernünftelt, mit*
l^ln für ein äft^ettfd^eö Urt^cll überjc^menglld^ gu fein: allein bie Seob« n
ad^tung beS SJ^enfd^en bemeifet baS ©egentl^eil, unb ba% eS ben gemein*
ften Seurtl^eilungen gum ®runbe liegen fann, ob man jtd^ gleich beffelben
nld^t Immer bemüht Ift. S)enn maS ift baS, maS felbft bem SBllben ein
©egenftanb ber größten Semunberung Ift? ©In SRenfc^, ber nld^t er»
fc^rldt, ber fid& nld^t fürd&tet, alfo ber ®efa^r nid^t meiert, gugleic^ aber »
mit oöniger Überlegung rüftig gu SBerfe gel^t. Äud^ im allergepttetften
Suftanbe bleibt biefe oorgüglid&e §odöa(!^tung für ben Ärleger; nur bafe
man nod^ bagu )?erlangt, bag er gugleld^ aQe 2;ugenben beS fyrlebenS,
Sanftmütig, ^Itlelb unb felbft geglemenbe Sorgfalt für feine eigne $er»
fon, bemelfe: eben barum meil baran ble Unbegmlnglld^felt feines ©emüt^S ss
burc^ Oefal^r erfannt mlrb. 2)a]^er mag man noc^ f 0 Diel In ber SSerglei*
d^ung bes Staatsmanns mit bem ^elbl^errn über bie 93orgüglid^Ieit ber
2. IBudl. ^Inal^tir bed (Srl^aBenen. B. IBom ^^namif^-lSr^abenen. 263
ad^tung, ble einer öor bcm anbern Dcrbfent, ilrclten; ba« äfil^etifc^e ttr»
tl^cH entfd^eibet für bcn Untern, ©clbft ber Äricg, tocnn er mit Drbnung
unb $eiUga(!^tun8 ber bfirgerlid^en ^tifit geful^rt mirb, Ijat etmaS @r^
^abeneS an fid^ unb mad^t gugletd^ bie S)enfungiSart beS ^olti, toe^eS
5 il^n auf biefe Slrt fül^rt, nur um befto erl^abener, je mel^reren ©efal^«
ren e8 ausgefegt mar unb {td^ mutl^ig barunter l^at be]^au))ten t5n<*
nen: ba l^ingegen ein langer ^rieben ben blofeen ^anbelSgeift, mit il^m
aber ben nicbrlgen etgennufe, Sfeig^eit unb SBei(^lid^Iett l&errfd^enb ju
mad^en unb bie S)enIungiSart bed 93oIl8 gu erniebrigen ))f(egt.
10 SBiber biefe Sluflöfung beiS 93egriffiS bed ISrl^abenen, fofern biefeiS ber
3Rad^t beigelegt toirb, fd^eint gu [treiten: bafe »ir ®ott im Ungetoitter,
im Sturm, im ßrbbeben u. b. gl. al« im Sorn, gugleid^ aber aud^ in fei*
ner (Sr^abenl^eit fid^ barfteUenb DorfteHig gu mad^en pflegen, toobei bod^
bie Sinbilbung einer Überlegenheit unfered ©emfttl^S über bie SBirfungen
15 unb, »ie eiS fd^eint, gar aber bie Slbfid^ten einer fold^en SRad^t Sl^orl^eit
unb Srrei^el gugleid^ fein »ärbe. ^ier fd^eint fein ®efä^l ber Sr^abenl^eit
unferer eigenen Sflatur, fonbern öielmel^r Unterwerfung, Sfliebergefd^lagen^^
l^eit unb ©efü^l ber g&nglid^en D^nmad^t bie ©emftt^iSflimmung gu fein,
bie ftd^ für bie ßrfd^einung eined fold^en ©egenftanbed fd^idft unb aud^ ge^
20 tt)5]^nlid^ermagen mit ber ^bee.beffelben bei bergleid^en Slaturbegebenl^ett
t)erbunben gu fein pflegt, ^n ber 9%eligion überl^aupt fd^eint Sliebertoerfen,
Anbetung mit nieberl^dngenbem Raupte, mit gerfnirfd&ten, angftöollen
©eberben unb Stimmen bad eingig fc^idltd^e Sdene^men in ©egenmart
ber ©ott^eit gu fein, meld^eS ba^er aud^ bie meiften S35ller angenommen
35 l^aben unb nod^ beobad^ten. allein biefe ©emütl^Sftimmung ift aud^ bei
weitem nid^t mit ber 3lbee berSrl^abenl^eit einer ^Religion unb il^reS
©egcnftanbeS an fid^ unb notl^menbig Dcrbunben. 3)er 3Kenfd^, ber jid^
kDirtlid^ ffird^tet, weil er bagu in fid^ Urfad^e ftnbet, inbem er fi(^ bemugt
{{t, mit feiner t)ertt}erflid^en ©efinnung miber eine 3Rad^t gu t)erfiogen,
30 beren SBiQe unmiberftel^lic^ unb gugleic^ geredet ifi, befinbet jld^ gar nid^t
in ber ©emfitl^iSfaffung, um bie göttlid^e ©r5ge gu bemunbern, mogu eine
Stimmung gur ruhigen Kontemplation unb gang freie« Urt^eil crforber»
lid^ ifi. 9lur aldbann, menn er fid^ feiner aufrid^tigen gottgefälligen ©e«
finnung bemugt ift, bienen j|ene SSirfungen ber 3ßad^t, in i^m bie Sbee
35 ber (Srl^abenl^eit biefeS SBefenS gu ermeden, fofern er eine beffen SBillen
gem&ge @r^abenl^eit ber ©efinnung bei ftd^ felb|l erTennt unb baburd^
über bie iJurd^t öor fold^en SBirfungen ber Slatur, bie er nid^t al« 3[u8-
264 ^ittf ber UrtljielWfraft. 1. S^clI. Ärltif bcr dfl^etlfd^en UrtljieiWfraft.
brftd^e feines ßorniS anfielet, erl^oben toirb. @elbft bie S)emut]^ als un«
nad^pdötlid^e »eurtl^eilunfl feiner aMängel, bie fonft beim »ewufetf ein guter
©efinnunflen Uxi)t mit ber ©ebred^Iid^feit ber menfd^lidöen Statur bemän«
telt toerben fonnten, tft eine erhabene ©emütl^öftimmung, ft(j^ ttiflfürild^
bem ©d^merje ber ©elbfloertoeife ju unterwerfen, um bie Urfad^e baju 5
nad^ unb nad^ ju vertilgen, »uf fold^e SBeife allein unterfd^eibet ftd& in^
nerlic^ afteligion Don SuiJerftition, meldte lefetere nid^t (Sl^rfurd^t für ba«
erhabene, fonbern gurc^t unb Slngfl öor bem übermdd^tigen SQäefen, beffen
38illen ber erfc^recfte SRenfd^ ftd^ untertoorfen fielet, o^ne il^n bod^ l^od^gu^
fd^&^en, im ©emütl^e grfinbet: moraud benu freilid^ nid^td ald ©unftbe« 10
merbung unb @infd^meid^elung ftatt einer Sfieligion beS guten £eben8^
manbelS entfpringen fann.
aifo ift bie erl^abenl^eit in feinem 2)inge ber Siatur, fonbern nur in
unferm ©emüt^e entl^alten, fofern niir ber 9latur in und unb baburc^ auc^
ber SRatur (fofern fte auf unö einfließt) außer und fiberlegen gu fein unS «
bemüht koerben t5nnen. SllleiS, toa^ biefeiS ©efül^l in unS erregt, »oju bie
3Wad&t ber SHatur gehört, meldte unfere Äräfte oufforbert, l^eifet aWbann
(objtoar unetgentlid^) ergaben; unb nur unter ber SSorauSfe^ung biefer
Sbee in unö unb in Segiel^ung ouf fie finb mir fdl^ig, gur Sbee ber 6r*
l^abenl^eit beiSjenigen äBefend gu gelangen, »eld^eS nid^t bloß burd^ feine so
SRac^t, bie eS in ber 9tatur bemeifet, innige Sichtung in und mirft, fon«
bem nod^ mel^r burd^ bad 93ermbgen, tteld^ed in und gelegt ifl, jene o^ne
$urd^t gu beurtl^eilen unb unfere 39e[timmung ald über biefelbe ergaben
gu benfen.
§29.
SSon ber aßobalit&t bed Urt^eild über bad (Srl^abene
ber Statur.
(Sd giebt ungdl^lige S)inge ber fc^onen Statur, morüber iDir 6infttm:>
migfeit bed Urtl^eild mit bem unfrigen {ebermann gerabegu anfinnen unb
aud^, o^ne fonberlic^ gu fel^len, erwarten fönnen; aber mit unferm Ur* *>
tl^eile über bad grl^abene in ber Statur fönnen mir und nic^t fo leicht ©in«
gang bei anbern Derfprec^en. 3)enn ed fd^eint eine bei weitem größere
6ultur nic^t bloß ber dftl^etifd&en Urt^eildfraft, fonbern aud^ ber ©rfennt«
nifeDermogen, bie i^r gum (Srunbe liegen, erforbcrlic^ gu fein, um über
biefe aSorgügUd^feit ber Slaturgegenftdnbe ein Urtl^eil fdllen gu fönnen. »6
2. ^n(^. 9(tta(t)til beiS (Sr^aBenen. 6. ^om 2)9namif(^«(Sr]^abenen. 265
2)ic Stimmung bc« ©craütl^ö gum ©cfül^I beö (grl^abencn erforbert
eine ©nipfänglid^Ieit beffelben für ^been; benn eben in ber Unangemeffen^
l^eit ber Slatur ju ben le^tern, mitl^in nur unter ber SorauSfe^ung ber«
felben unb ber »nfpannung ber ©InbilbungSfraft, bie SRatur alö ein
5 @d^ema für bie le^tern gu bel^anbeln, beftel^t baiS 9[bf(!^re(fenbe für bie
Sinnlid^Teit, »eld^eS boc^ gugleic^ angiel^enb ifi: weil ed eine ©ewalt ift,
n)el(^e bie Sernunft auf jene audübt, nur um fte i^rem eigentUd^en ®e«
biete (bem praftifd^en) angemeffen gu ermeitern unb fte auf \>a^ Unenb«
lid^e l^inouöfel^en gu laffen, »elc^eö für jene ein SIbgrunb ift. 3n ber
10 Sl^at mirb o^ne Sntmidelung fittlid^er 2>been bai^, maS iDtr, burd^ 6ultur
Dorbereltet, erl^aben nennen, bem rollen 3Menf(^en blofe abfd^redenb oor*
fommen. 6r mirb an ben Semeistl^ümern ber ©eaalt ber 9tatur in ilirer
Serflörung unb bem grofeen SRafefiabe i^rer SKad^t, »ogegen bie feinige
in 3li(l>t8 Derfd^tDinbet, lauter aRü^feligleit, ©efal^r unb SRotl^ feigen, bie
15 ben SRenfd^en umgeben mürben, ber bal^in gebannt mdre. @o nannte ber
gute, übrigen« öerftänbige faoo^ifc^e Sauer (toie §r. o. ©auffure ergftl^lt)
aQe Siebl^aber ber (Sidgebirge ol^ne Sebenfen Starren. äSer meig aut^,
ob er fo gang Unred^t gel^abt l^dtte, »enn jener Seobad^ter bie ©efal^ren,
benen er fid^ l^ier ausfegte, blog, mie bie meiften Sleifenbe pflegen, au«
ao Siebl^aberei, ober um bereinft patl^etifd^e Sefd^reibungen buDon geben gu
tonnen, übernommen l^ätte? @o aber mar feine Slbftd^t äSelel^rung ber
^JRenfd^en; unb bie feelenerl^ebenbe ßmpfinbung ^atte unb gab ber t^or-
trefflid^e SRann ben Sefern feiner Steifen in il^ren Äauf oben ein.
S)arum aber, meil ba« Urtl^eil über ba« Srl^abene ber 9latur @ultur
25 bebarf (mel^r al« ba« über ba« @d^öne), ift eS bod^ baburd^ nid^t eben oon
ber Kultur guerft ergeugt unb etma blog conoenttonämägig in ber ©efell»
fd^aft eingefül^rt; fonbern e« l^at feine ©runblage in ber menfd^Ud^en 5Ra«
tur unb gmar bemjienigen, ma« man mit bem gefunben 93er[taube gugleid^
jebermann anfinnen unb oon il^m forbern lann, n&mlid^ in ber Einlage
30 gum ®efü^l für (praltifc^e) Sbeen, b. i. gu bem moralifc^en.
hierauf grünbet jid^ nun bie Slotl^menbigfeit ber Seiftimmung be«
Urtl^eil« anberer öom ©rl^abenen gu bem unfrigen, meldte »tr in biefem
gugleic^ mit einfd^Ue^en. S)enn fo mie mir bem, ber in ber Seurt^eilung
eine« ®egenftanbe« ber Statur, meieren mir fc^on finben, gleid^güUig ift,
36 aßangel be« ©efd^mad« oormerfen: fo fügen mir oon bem, ber bei bem,
ma« mir erl^aben gu fein urtl^eilen, unbemegt bleibt, er l^abe fein ®ef ü^l.
93eibe« aber forbern mir oon j[ebem Sßenfd^en unb fe^en eS auc^, menn
266 ibritif ber Urt^eil^frafi. 1. ^til SMÜf htt Afl^eHft^en Urt^eildfraft.
er einige @ultur l^at, an tl^m DorouiS: nur mit bem Unterfi^iebe, bag mir
bad erflere, »eil bie Urt^eilSfraft barin bie ginbilbung blofe auf ben SSer*
|lanb ald SBernt5gen ber Segriffe bejiel^t, gerabegu t)on iebermann, hai
gmeite aber, meil fie barin bie @inbilbung8Traft auf Vernunft atö Ser<
mögen ber gbeen bejiel^t, nur unter einer fubjectiDen SSorauÄfe^ung (bie 5
tDtr aber iebermann anftnnen gu burfen und bered^tigt glauben) forbern,
n&mlid^ ber bed moralifd^en ©ef&^Id im Wenfd^en, unb l^iemit ani^ bie*
fem dft^etift^en Urtl^eile ^lotl^menbigfeit beilegen.
3n btefer 3RobaIit&t ber äftl^etifd^en Urt^eile, nämlid^ ber angemag«
ten SRotl^ttenbigfelt berfelben, liegt ein ^auptmoment für bie Äriti! ber 10
Urtl^eitöfraft. S)enn bie ma(!^t eben an i^nen ein $rinci|) a priori fennt*
lic^ unb ^ebt fie auS ber empirifc^en $fq(I|oIogie, in »eld^er fie fonft unter
ben ©eful^Ien bed SSergnügenö unb Sd^merjenö (nur mit bem ni<^t8>
fagenben Seimort eined feinern ®effil)Id) begraben bleiben märben, um
fte unb oermittelft i^rer bie Urtl^eiföfraft in bie Stoffe berer gu fteUen, u
meldte $rinci))ien a priori gum ®runbe ^aben, atö fold^e aber fie in bie
Srandfcenbentalpl^ilofopl^iel^inübergugie^en.
SHIgemeine Slnmerlung gur @;rpofition ber dftl^etifd^en
reflectirenben Urtl^etle.
3n Segiel^ung auf bad (Sefül^I ber Suft ift ein ©egenflanb entmeber 20
gum Slngenel^men, ober @(!^5nen, oberSrl^abenen, ober ®uten
(fd^led^tl^in) gu g&I^Ien (iucundum, pulohrum, sublime, honestam).
S>a^ Sngenel^me ift ald Sriebfeber ber Segierben burc^gängig t)on
einerlei 9lrt, molier es aud^ lommen unb mie fpecififc^^üerfd^ieben aud^ bie
SJorfteDung (beö Sinne« unb ber ©mpfinbung, obiectiD betrad^tet) fein 25
mag. 35a]^er fommt e« bei ber Seurt^eilung be« 6influf[e« beffelben auf
bad ©emätl^ nur auf bie 3Renge ber Sfieige (gugleid^ unb nac^ einanber)
unb gleid^fam nur auf bie3){affe ber angenehmen @mpfinbung an; unb
biefe l> ftc^ alfo burd^ nid^tS aU bie £^uantit&t Derftdnblid^ madben.
@d cultii^irt aud^ nid^t, fonbern gel^ört gum bloßen ©enuffe. — £ad so
@d^5ne erforbert bagegen bie SSorflellung einer gemiffen Qualität be«
£)bj|ect8, bie fid^ auc^ Derft&nblid^ mad^en unb auf Segriffe bringen Idgt
(miemo^l ed im dft^etifd^en Urtl^eile barauf nid^t gebrad^t mirb); unb
cultioirt, iubem eö gugleic^ auf Sm^dhndfeigleit im Oefü^le ber guft Jld^t
gu l^aben le^rt. — ^aS @r^abene befte^t blog in ber Sftelation, morin u
2. SBud^. (dlgem. $(nmer!. 3. (S^poption ber Afll6ettf(!§en reflectirenb. Urtl^eile. 267
bad @innlt(i^e in ber SSorfieUung ber Statur fär einen mfiglid^en überfinn«
Ii(!^en ®ebrauc^ beffelben al« tauglich beurtl^cilt »irb. — 35a« ©dölc^^t«
]^ln»®ute, fubiectiö nad^ bem ©cfül^le, »cld&eö e« einflöfet, beurtl^eUt,
(ba3 Dbject be« moralifci^en ©efül^te) afö bic Sejiimmbarfeit ber Äräfte
5 beS @ubiectö burd^ bie äSorfteUung eineiS fd^Ied^tl^in^nötl^igenben
©efefecö, unterfd^eibet pdfe Dornel^mltd^ burd^ bie 3» ob ali tat einer auf
Segriffen a priori berul^enben SHotl^toenbigfeit, bie nid^t Wofe anf^jrud^,
fonbern aud^ ©ebot be<S äSeifaOd für {ebermann in ftd^ entl^dlt, unb ge«
l^ört an jtd^ gtoar nid^t für bie äfilietifd^e, fonbern bie reine inteUectuelle
10 Urtl^eiföfraft; »irb ani) nid^t in einem blofe reflectirenben, fonbern be«
ftimntenben Urtl^eile, nid^t ber Sßatur, fonbern ber iJreilö^it beigelegt,
aber bie Seftimmbarfett beä ©ubject« burd& biefe Sbee unb gioar
eines @ubiectö, »eld^eS in ftc^ an ber @innlid|feit ^inberniff e, gugleic^
aber Überlegenl^eit über biefelbe burd^ bie Übenoinbung berfelben ali
15 aWobificatton feine« Suftanbe« empfinben fann, b. i. ba« moralifd&c
(Sefü^l, ift bod^ mit ber dftl^etifd^en Urtl^eilöfraft unb bereu formalen
SSebtngungen fofern oermanbt, bag e« bagu bienen fann, bie ®efe^
mdgigfeit ber ^anblung au« $fUd^t gugleid^ al« dftl^etifd^, b. i. al« er^
l^aben, ober aud^ al« fc^ön oorfteüig gu mad^en, ol^ne an feiner SReinigTeit
so eingubfigen: U)el(^e« nid^t @tatt finbet, menn man e« mit bem ©efül^l be«
Slngenel^men in natürliche SSerbinbung fe^en mollte.
SBenn man ba« diefultat au« ber bi«]^erigen @;rpojttion beiberiet
arten dftl^etifd^er Urt^eile jiel^t, fo würben ftd^ barau« folgenbe furge ©r*
Ildrungen ergeben:
25 @ (^ ön ift ba«, loa« in ber bloßen Seurtl^eilung (alfo nid^t t)ermittelft
ber ©mpfinbung be« Sinne« nad^ einem Segriffe be« Serftanbe«) gefdflt.
^ierau« folgt oon fclbft, bafe e« ol^ne alle« Sntereffe gefatten müf[c.
(grl^aben ift ba«, »a« burd^ feinen SBiberftanb gegen ba« Sfntereffe
ber Sinne unmittelbar gefdllt.
30 Seibe al« ISrHdrungen dftl^etifclier afigemeingültiger Seurt^eilung
begiel^en fid^ auf fubfectioe ®rünbe, ndmlid^ einerfeit« ber ©innlic^feit,
fo löie fie gu (Sunften be« contempIatiDen SBerftonbe«, anbererfeit« »ic fie
»iber biefelbe, bagegen für bie SwcdEe ber iJraftifd^en Vernunft unb boc^
beibe in bemfelben ©ubjecte oereinigt, in Segiel^ung auf ba« moralifd^e
35 Oefül^I gtoedfmdfeig ftnb. 2)a« Schone bereitet un« Dor, etwa«, felbft bie
SRatur o^ne Sntercffe gu lieben; ba« ©rl^abene, e« felbft »iber unfcr (ftnn=
lid^e«) Sntereffe l^odöjufc^d^en.
268 Äritif bet Urt^clWfraft. 1. 3:i^cll. Ärltll bcr ftfU^etlfd^cn Urt^dWfron.
SKan fann bai (gr^abenc fo bcf einreiben: c8 ifl ein ®cgcnftanb (bcr
92atur), bejf en SBorftedung ba§ ©emätl^ beftimmt, \iii bte Un^
crrcic^barfeit ber SRatur aU ©arftcUung oonSbccn gu benfcn.
Sud^ftdblidö genommen unb loglfd^ bctrod&tet, ttnnen gbeen ni(]&t
barflefteHt »erben. Slber »cnn tüir unfer empirifd^e« SSorfteHunaöüer» 5
möflen (mat^ematifc]&, ober bijnamifd^) für bie anfd^auung ber SRatur er*
vettern: fo tritt unaudbleiblic^ bie SSernunft I|inju, aU SSermögen ber
gnbe^enbenj ber abfoluten Sotalltdt, unb bringt bie, objwar t)ergebH(!^c,
Seftrebung be« ©emütl^ö l^erDpr, bie SBorfteDung ber ©inne biefer ange«
meffen ju mad^en. 3)iefc Scftrebung unb t>a^ ®efü^l ber Unerreid^barfeit w
ber 2!bee burd^ bie SinbilbungSfraft ift felbft eine S^arfteHung ber fubiec«
tiöen Sw^dtndfeigfeit unfereS ®emut]^8 im ©ebrauc^e ber ©inbilbungö*
fraft für beffen überftnnlid^e 93eftimmung unb nöt^igt und, fubiectio bie
SRatur felbft in i]^rer5J:otaIitat, aföSJarftettung oon etma« Öberfinnlid^em,
ju benfen,oI|ne biefe S)arfteDung obiectio ju @tanbe bringen gufönnen. i&
S)enn bad »erben mir balb inne, bag ber Statur im Siaume unb ber
Seit bas Unbebingte, mitl^in aud^ bie obfolute ®r5ge gang abgelte, bie
boc^ oon ber gemeinften SSernunft verlangt mirb. @ben baburti^ koerben
koir auc^ erinnert, ba% mir ed nur mit einer Statur atö (Srfc^einung gu
tt|un t(aben, unb biefc felbft noc^ al« blofee 35arftellung einer SRatur an 20
ftc^ (w^eld^e bie SBernunft in ber jbee l^at) muffe angefel^en »erben. SDlefe
Sbee beg äberjinnlid^en aber, bie »ir gmar nid^t meiter befiimmen, mit»
l^in bie Statur ald ^arfteHung berfelben nid^t ertennen, fonbern nur
beulen fönnen, »irb in unS burd^ einen ®egenftanb erwedt, beffen äftl^eti*
f d^e Seurt^eilung bie @inbilbungfSlraft big gu i^rer ®rdn}e, ed fei ber @r« ^
Weiterung (matJ^ematifd^), ober i^rer ÜRac^t über ba§®cmütl^ (b^namifd^),
anf))annt, inbem fte fic^ auf bem ®effl]^le einer 93eftimmung beffelben
grünbct, »eld&e ba« ®ebiet ber erfteren gdnglic^ überfd^reitet (bem morali»
fdben ®efü^l), in SUnfe^ung beffen bie äiorfteQung beS ®egenftanbeS ald
fubiectiO'gmedfmdgig beurtl^eilt »irb. so
3n ber S^at Idgt ftc^ ein ®efü^l für baS Srl^abene ber Statur nic^t
tool^l beulen, ol^ne eine@timmung bed®emütl^$, bie ber gum moralifd^en
dl^nlidg ifi, bamit gu oerbinben; unb obgleid^ bie unmittelbare Suft am
I @d^onen ber Statur gleid^faQi^ eine gemiffe Siberalitdt ber S)enlungd'
I art, b. i. Unabl^dngigfeit be« SBol^lgcfaUeuö 00m blofeen ©innengenuffe, »
oorauöfe^t unb cultioirt, fo toirb baburdb bod^ me^r bie fjreil&eit im
@piele, aU unter einem gefeilteren ©efc^df te oorgeftellt: meld^eS bie
2. S3u(!§. mqm. ^nmerf. 3. (S^pofition ber Aftl^etifd^en reflecttrenb. Urtl^eile. 269
dd^tc SBcfc^affcnl^cit bcr ©ittli(%fcit bc« ÜWcnft^en Ift, »0 bic SBernunft ber
@innli(^fett ©ettalt antl^un mug, nur bag im dft^etifd^en Urtl^eUe über
bad @r^abene biefe ®ma\t burc^ bie einbilbungSlraft felbft, a\^ burc^
ein äBerljeug ber Vernunft, ausgeübt oorgefteOt mirb.
5 3)a« SBol^lflefaHen am (Srl^abenen ber 5Ratur ift bal^er aud^ nur ne«
gatiD (fiatt beffen bad am Sd^önen pofitit) ift), nämlic^ ein ©efü^I
ber Seraubung ber greil^elt ber (5inbllbung«lraft burd^ pc felbft, inbem
jie nad^ einem anbern ©efe^e, ald bem beiS empirif(!^en ©ebraud^iS jtt)ed(^
m&^ig beftimmt toirb. S)abur(^ belommt jte eine ISrnieiterung unb SRad^t,
10 toüi^t grbfeer ift alö ble, »eld^e pe aufopfert, beren ®runb aber il|r felbft
»erborgen ift, ftott beffen pe bie »ufopferung ober bie Beraubung unb
gugleid^ bie Urfa(!^c fül^lt, ber pe unteriüorfen tolrb. 3)ie SScrtounbe*
rung, bie an ©d^red grfinjt, baö ©raufen unb ber l^eilige Sd^auer, »et
d^er ben Sufd^auer bei bem anblidte l^immelanftelgenber (ScbirgSmajfen,
15 tiefer Sd^lünbe unb barin tobenber ®ett)ftffer, tiefbefd^atteter, gum fdbti)cr=
müt^igen Slad^bcnfen einlabcnber ©inöben u. f. to. ergreift, ift bei ber
©idfeerl^eit, »orin er pd^ toeife, nid^t mlrflid&c giird^t, fonbern nur ein
Serfucft, unö mit ber (ginbilbungöfraft barauf einjulaffen, um bie SWad^t
ebenbef[elben Vermögens gu füt(len, bie baburd^ erregte Scmegung beS
20 ©emütl^S mit bem Sftul^ePanbe beffelben gu oerbinben unb fo ber 9tatur
in unö felbp, mitl^in aud^ ber aufeer uns, fofern pe auf baö®efül^l unfere«
SBol^lbefinben« ©inpufe l^aben lann, überlegen gu fein. JDenn bie (Sin*
bilbungöfraft nad^ bem affociationögefefee mad^t unferen ßwf^Änb ber
Sufrieben^eit pl^qpfd^ abhängig; aber eben biefelbe nad» ^rinclpien beö
25 ©d^ematiSmö ber Urt^eilöfraft (folglid^ fofern bcr ^Jrei^eit untergeorb*
net) ijt SBerfgeug ber Vernunft unb il^rer 3been, als fold^eö aber eine
SKad^t, unfere Unabl^dngigfeit gegen bie Sttatureinpüffe gu bel^aupten,
baö, toa« nad^ ber erfteren grofe ip, als flein abgumürbigen unb fo baS
Sd^Ied^t^im®rofee nur in feiner (beS SubjectS) eigenen SSepimmung gu
30 fe^en. 2)iefe SHePeyion ber fift^etifd^en Urt^eilSfraft, pcft gur angemeffcn-
l^eit mit ber SBernunft (boc^ ol^nc einen beftimmtcn Segriff berfelben) gu
erl^eben, fteOt ben ®egenpanb felbp burc^ bie objectiDe Unangemeffenl^eit
bcr einbilbungöfraft in il^rer grofetcn ertoeiterung für bic Vernunft (als
gSermogen ber Sbeen) bod^ als fubiectiHtoedmäfeig m.
35 ajlan mufe ^ier überl^aupt barauf ad^t l^aben, maS oben fd^on er*
innert »orben ift, bafe in ber tranSfcenbentalen lipi^etif ber Urtl^eilsfraft
270 ^tif her Urt^cilöfraft. 1. S^eil. Äritif ber öfl^etiftl^en Urtl^ctl«frnft.
lebtglid^ t)on reinen äp^etifd^en Urtl^eilcn bie Siebe fein muffe, folglid^
bie Seifpiele nid^t Don fold^en fd^önen ober erl^abenen ©egenftänben ber
SRatur l^ergenommen werben bürfen, bie ben Segriff üon einem Qtotät
Doraudfe^en; benn atöbann lourbe e^ entmeber teleologifd^e, ober fid^ auf
blofeen ßmpfinbungcn eine« ©egenflanbeS (35ergnügen ober ©d&merj) 5
grünbenbe, mitl^in im erfteren SaHe nid^t dfH^elifd^e, im jmeiten nid^t
bloge formale ßtoedm&gigfeit fein. SBenn man alfo ben Slnblid bed be»
ftirntcn ^immels erljaben nennt, fo mufe man ber S3eurtl)cilung bef«
felben ni(^t 93egnffe Don SBelten, Don Dernunftigen SBefen bemol^nt, unb
nun bie l^eQen fünfte, momit mir ben 9%aum über uniS erfuQt feigen, atö 10
il^re Sonnen in fe^r gioedfm&gig für fte gefieUten Greifen bemegt, gum
©runbe legen, fonbern blo^, mie man il^n fte^t, als ein meiteS ©emölbe,
toa« alleö befafet; unb blofe unter biefer SSorfteHung muffen mir bie (Sr^
l^abenl^eit fe^en, bie ein reineS aftl^etifd^eiS Urtl^eil biefem ©egenfianbe
beilegt. @ben fo ben Slnblid beS DceanS nid^t fo, mie mir, mit allerlei i&
^enntniffen (bie aber nid^t in ber unmittelbaren Snfd^anung entl^alten
ftnb) bereid^ert, il^n benfen; etma ate ein meite« 9leid^ Don SBafferge»
fd^öpfen, afö ben großen SBafferfd^a^ für bie 8lu«bünftungen, meldte bie
£uft mit SBoUen jum Sel^uf ber ß&nber befd^mängern, ober aud^ atö ein
@lement, bad gmar SBelttl^eile Don einanber trennt, gleid^mol^l aber bie »>
größte ©emeinfd^aft unter il^nen möglid^ mad^t: benn baiS giebt lauter
teleologifd^e Urtl^eile; fonbern man mug ben Dcean blog, mie bieS)id^ter
es t^un, nad^ bem, maS ber 9(ugenfd^ein geigt, etma, menn er in fRnljt be«
trad^tet mirb, als einen Haren SBaffcrfpiegel, ber blofe Dom ^immel be*
gr&ngt ift, aber, ift er unrul^ig, mie einen aQeS gu Derfd^lingen bro^enben 95
abgrunb, bennod^ erliaben pnben fönnen. ©ben baS ift Don bem (Srl^a^
benen unb ©d^önen in ber SKcnfd^engeftalt gu fagen, mo mir nid^t auf
Segrijfe berßwedEe, mogu alle feine ©liebmafeen ba jtnb, als Seftim«
mungSgrünbe beS Urtl^eilS gurfidfel^en unb bie ßufammenftimmung mit
il^nen auf unfer (alsbonn nid^t me^r relneS) fiftl^ctifd^eS Urt^eil nid^t so
einfließen laffen muffen, obgleld^, bafe fie fenen nid^t miberftreiten, frei*
lid^ eine notl^menbige Sebingung aud^ beS dftlietifd^en SBol^lgefaUenS ift.
S)ie fiftl^etifc^e BiDedtmäfeigfelt ift bie ©cfefemäfeigfeit ber Urtl^eilShraft in
il^rer ^rei^eit. SaS SBo^lgefaKen an bem ©egenftanbe l^dngt Don ber
Segie^ung ob, in meld^er mir bie ßinbilbungSfraft fe^en »ollen: nur bafe 35
fte für ftd^ felbft baS ®emüt^ in freier S3efd^&ftigung unterhalte. SSenn
bagegen etmaS anbereS, es fei Sinnenempflnbung ober SSerftanbeSbegriff,
2. öud^. Ullöem. SCnmcrf. a- (Jipofitlon bcr Äftl&etifd^en rcflcctireub. Itrt^cile. 271
baS Urt^eil beftimmt: fo ift eS gkoar gefe^mdgig, aber ntd^t bad Urtl^eil
einer freien Urt^eilöfraft.
SBeun man alfo üon IntellectuellerSiJ^önl^elt ober ©rl&abenl^eit fprid^t,
fo finb erftlid^ biefe SluSbräde nid^t gang rii^tig, toeil eS &f%tif(]^e S3or»
6 fteüung^arten pnb, ble, »enn toir blofee reine 3nteßig«njen mären (ober
nn« aud^ in ®ebanfen in biefe Qualitdt üerfe^en), in un8 gar nid^t an:^
guireffen fein ü}firben; gmeitenS, obgleid^ beibe als ©egenft&nbe eines
Inteüectuellen (moralifc^en) SBo^Igefaüenö gioar fofern mit bem fiftl^eti*
fc^en vereinbar finb, al« pe auf feinem Sntereffe berul^en: fo pnb pe
10 bod^ barin loieberum mit biefem fd^ioer gu vereinigen, »eil pe ein gnter«
epe bewirten foQen, meld^eiS, loenn bie S)arftellung gum S93oI)Igefanen
in ber fipi^etifiJ^en SBeurtl^eilung gufammenftlmmen foH, in biefer niemal«
anberd alö burd^ ein @innenintereffe, loelc^ed man bamit in ber S)arPe[«
lung oerbinbet, gefd^el^en mfirbe, moburd^ <il>cr ber inteHectuellen Qmd^
15 mfigigleit Sübbrud^ gef^iel^t, unb pe Derunreinigt koirb.
35er ®egenftanb eine« reinen unb unbebingten inteHectuellen SBol^t
gefaüeniS ift baiS moralifd^e ®efe^ in feiner 3Rad^t, bie tS in nn^ über alle
unb iebe t)or i^m Dorl^ergel^enbe Sriebfebern beS ®emfit]^d auefibt;
unb ba biefe ^ad^t pd^ eigentlich nur burc^ Aufopferungen fipi^etifd^«
so tenntlid^ mad^t (meld^eS eine Beraubung, obgleid^ gum Sel^uf ber innern
Sreil^eit, iß, bagegen eine unergrfinblid^e Siefe biefeS fiberpnnlid^en 93er«
mögen« mit il^rcn in« Unabfel^lid^e pc^ erftredfenben folgen in un8 auf»
bedft): fo ift baö SBo^lgef allen üon ber äftl^ietifd^en Seite (in »egiel^ung
auf ®innli(^feit) negatio, b. i. loiber biefe« S^tereffe, oon ber inteHectuel«
25 len aber betrad^tet, poptio unb mit einem Sntereffe oerbunben. hieran«
folgt: ba| ba« intellectuelle, an pd^ felbft gtt)ectm>ge (ba« SRoralifd^«)
@ute, aftl^etifd^ beurtl^eilt, nid^t fomol^l fd^dn, al« oielme^r erl^aben Dor«
gepellt »erben mftpe, fo bag e« mel^r ba« ®efü^l ber Sld^tung (meldte«
ben SReig Derfd^mäl^t), al« ber Siebe unb Dertraulid^en ßuneigung ermede;
30 »eil bie menfc^lid^e ilatnx nic^t fo oon felbft, fonbern nur burd^ ©emalt,
meiere bie äSernunft ber @innlid^teit ant^ut, gu jenem ©uten gufammen«
Pimmt. Umgefel^rt mirb aud^ ba«, ma« »ir in ber 9latur auger un«,
ober aud^ in un« (g. 33. ge»iffe Effecten) erl^aben nennen, nur al« eine
SWad^t be« ®emüt]^, pd^ über gemif f e ^inberniffe ber Sinnlic^feit burd^
35 moralifd^e ®runbfd^e gu fd^mingen, oorgefteHt unb baburd^ intereffant
»erben.
^6i »tu bei bem le^tern et»a« oenoeilen. S)ie 3bee be« ®uten mit
272 ^rtti! ber Urt^eildfroft. 1. ^eil. ftritif ber Afl^etif^en Krt^elldfraft.
Effect ][)ei|t ber Sntl^ufiaSm. S)tefer ©emütl^djuftanb fd^etnt erl^aben
gu fein, bermagen ba^ man gemeiniglid^ Dorgiebt: ol^ne U)n lönne nic^tö
©rofec« auöflcrid^tct »erben. 9lun ift aber jeberaffect*) bitnb, entocber in
ber ffia^l feine« ßw^d«, ober »enn biefer aud^ burd&Sernunftgegebeniöor*
ben, in ber SluiSful^rung beffelben; benn er ift biejenige Sekoegnng bt§ &
©emüt^«, meldte tS unDermögenb mad^t, freie Überlegung ber ©runbfd^e
angufteQen, um ftd^ barnad^ gu beftimmen. ülfo tann er auf leineriet
3Beife ein SSoJ^IgefaDen ber äSernunft üerbienen. ^ftl^etifd^ gleii^tDol^I ifi
ber @nt^ufta8m erl^aben, »eil er eine Slnfpannung ber j(r&fte burd^ ^been
ifi, meldte bem ©emftt^e einen @(i^tDung geben, ber »eit mdd^tiger unb lo
bauerl^after »irft, als ber «ntrieb burd^ SinnenDor fteHungen. aber (»eU
d)e5 befrembliiJ^ fd^eint) felbft affectlofigfeit (Apatheia, Phlegma in
significatu bono) eineS feinen unu>anbelbaren ©runbfä^en nad^brfidflid^
nad^ge^enben ©emflil^S ift unb gtoar auf meit Dorgüglid^ere Sri erl^iaben,
»eil fte gugleid^ ba« SBol^lgefaHen ber reinen SBernunft auf i^rer Seite u
l^at 6ine bergleid^en ©emütl^dart ^eigt aDein ebel: meld^er SluSbrud
nad^^er aud^ auf @ad^en, g. 93. ©ebäube, ein j^leib« 6d^reibart, Ktptx*
lid^en Slnftanb u. b. gl., angemanbt mirb, menn biefe nid^t fomol^l 93er«
»unberung (affect in ber SSorfteHung ber SHeutgfeit, »eld^e bie ßrtoar*
tung ftberfteigt), ald 93emunberuug (eine SSermunberung, bie beim so
SSerluft ber 9leuigfeit nid^t aufl^ört) erregt, koeld^eS gefd^ie^t, n)enn Sbeen
in il^rer S^arfteQung unabfid^tlid^ unb ol^ne ^unft gum dftl^etifd^en Sßol^l»
gefaDen gufammenftimmen.
@in ieber Slffect Don ber toacfertt 9lxt (ber n&mlid^ baS Semugtfein
unferer j^r&fte {eben SSiberftanb gu überminben (animi strenui) rege 2s
mad^t) ift fiftlietifdö erl^iaben, g. 33. ber 3orn, fogar bie SSergtoeiflung
(ndmlid^ bie entrüftete, nid^t aber bie oergagte). S)er «ffect Don ber
fc^melgettbett art aber (rocld^er bie Seftrcbung gu »iberpel^en felbft gum
@egenftanbe ber Unluft (animum languidum) mad^t) l^at nid^tS @belee
•) Effecten finb öon öeibenfd^aftcn fpeclfif(!& unterfd^lebpn. S^nt be- so
3te|en ftd^ blog auf bai^ (BefA^I; biefe gehören bem SBege^rungdoermdgen an unb
fnib Steigungen, meiere oUe 93eftimmbot!ett ber äi^tQfflr buic^ (Brunbfö^e erf^me-
ren ober unmOgltc^ ma^en. 3^ne f^nb ftftrmifd^ unb unDorfd^Itc^, biefe an^altenb
unb überlegt: fo ift ber UntotUe aliS Born ein Effect; aber ald ^a% (9iac^gier)
eine ^ibenf(!^aft. S)ie legtere !ann niemals unb in feinem Ißert^&Itnig ergaben 35
genannt werben: weil im 9lffect bie ^Jreil^it bed ©emßt^d a^ar gehemmt, in
ber Seibenfd^aft aber aufgehoben roirb.
2. öii^. Slüöcm. «nmerf. 3. (Sfpofltlon ber äfll^etifd^cn reflcctircnb. Urt^cite. 273
an jt(J^, fann aber gum ©(J^öncn bcr ©inncSart flCjdp toerbcn. ©al^cr
ftnb bie SRul^rutigenr meldte bis gum Effect ftarl toerben fönnen, aud)
fcl^r üerf(^icbcn. ÜWan l^at mutl&igc, man ^at järtUd^c SRü^rungen.
3)ic Ic^tcrn, locnn jtc biß gum Effect ftctflen, taugen gar nid^W; ber ^ang
3 bagu l^eigt bie 6m))finbelei. (Sin tl^etlnel^menber @c^merg, ber ftd^ nid^t
toin tröjien laffen, ober auf beu toir unö, »enn er erbiiJ^tete Übel betrifft,
bis gur 2:&uf(li)ung burd^ bie $]^anta{ie, als ob eS mirflid^e to&ren, üor^
fd^Iid^ einladen, bemeifet unb mad^t eine toeid^e, aber gugleid^ fd^ioad^e
@eelc, bie eine fd^bne @eite geigt unb gmar pl^antaftifd^, aber ntd^t ein«
10 mal entl^ufiaftifd^ genannt tt)erben fann. ä^omane, toeinerlid^e Sd^au^^
fpicie, fetale ©ittenöorjd^riften, bie mit (obgnjar ffilfd^lid)) fogenannten
eblen ©eftnnungen t&nbeln, in ber Zl^at aber baS $erg toell unb für bie
flrenge SSorfd^rift ber ^flid^t uneml)finblic^, aller a^tung für bie SBurbe
ber 3Renfd^^eit in unferer ^erfon unb baS Siedet ber SRenfd^en (»eld^ed
15 gang ettt3a8 anbere« als i^re ®IüdEfeligfcit ift) unb uberl^aupt aller feften
®runbf&^e unf&l^ig mad^en; felbft ein 9ieligionSDortrag, loeld^er fried[)enbe,
niebrige ©unftbemerbung unb Sinfd^meid^elung empfiel)It, bie aUeS 93er«
trauen auf eigenes 93erm5gen gum SSiberftanbe gegen baS 99öfe in uns
aufgiebt, ftatt ber ruftigen @nt{d^Ioffen^eit, bie j^rifte, bie unS bei aUer
20 unjcrer ©ebred^lidöfeit bod^ nod& übrig bleiben, gu Übertoinbung ber 5Wei=
gungen gu ))erfud^en; bie falfd^e S)emut]^, meldte in ber SelbftDerad^tung,
in ber minfelnben erl^eud^elten 9leue unb einer blo6 leibenben ©emfitl^S^
faffung bie 9lrt fe^t, mie man allein bem pd^ften SBefen gefällig loerben
fönne: vertragen [\6) nid^t einmal mit bem, maS gur ©d&önl^eit, toeit toc«
25 niger aber nod^ mit bem, ti)aS gur Srl^abenl^eit ber ©emüt^Sart geg&^lt
tDerben lönnte.
aber aud^ ftfirmifd^e ©emfitl^Sbemegungen, fie mögen nun unter bem
Slamen ber ßrbauung mit gbeen ber SReligion, ober als blofe gur ßultur
gel^brig mit Sbeen, bie ein gefeUfd^aftlid^eS Sntereffe entl^alten, oerbunbcn
so merben, tonnen, fo fel^r fie aud^ bie ßinbilbungSfraft fpannen, feineSmegeS
auf bie Sl^re einer erl^abenen S)arfieDung anf))ru^ mad^en, »enn fie
nid^t eine ©emfitl^Sfiimmung gurfidlaffen, bie, menn gleid^ nur inbirect,
auf baS aSemufetfein feiner ©tdrfe unb entfd^loffenl^eit gu bem, toaS reine
inteHectueHe Swedtmfifeigfeit bei fid^ fül^rt (bem ilbcrjtnnlid^cn), ßinflufe
S5 l^at. S)enn fonfl gel^ören alle biefe SHäl^rungen nur gur Lotion, »eld^e
man ber ®efunbl^eit toegen gerne ^at. S)ie angenehme ^attigfeit, meldte
auf eine fold^e ätüttelung burd[) baS Spiel ber Effecten folgt, ift ein &t^
StanVB C^rfftciu mtttt. V. 18
274 Ätitlf ber Url^elWfraft. 1. $^eil. Äritif bei ä^etlfd^en Urt^etWfraft.
nug btS SBol^Ibeftnbend ouiS bem l^ergefteHten ©leid^getDtd^te ber mand^er:»
Ici gcbenÄfrfiftc In un8: tocld^cr am ©nbe auf baffclbc J^inauSIäuft, al«
berienige, ben bie äßollfifilinge beS Drientd fo bel^Qgli(^ finben, loenn {ie
il^ren jtorper gleid^fam burd^fneten unb aDe tl^re SRuü^teln unb ©elenfe
fanft brfidten unb biegen laff en ; nur bog bort bad belDegenbe ^rtncip gr5B« 5
tentl)eiIiS in un^, l^ier l^ingegen g&njlic^ auger uniS ift. S)a glaubt ftd^
nun mand^er bur(^ eine $rebigt erbaut, in bem bo(^ nidb^^ aufgebauet
(fein Softem guter ÜRajrimen) ift; ober burc^ ein Srauerf|)iel gebeffert,
ber blog Aber glüdlid^ ))ertriebne Sangemeile frol^ ift. Sllfo mug baS gr«
^abene leberjeit SBejiel^ung auf bie S)enf ungSart ^aben, b. i. auf SDffayi^ 10
men, bem ^ntellectuellen unb ben SSernunftibeen aber bie @innltd^Ieit
Obermad^t ju üerfc^affen.
3Ran barf nid^t beforgen, bag bad ®effi](|I bee Srl^abenen burd() eine
bergleid^en abgezogene S^arfteQungeart, bie in Snfel^ung btS @innli(]^en
gfinjlid^ negatio mirb, verlieren »erbe; benn bie (äinbUbung^Fraft, ob fie »
jmar fiber baft Sinnliche l^inaud nid^tS finbet, moran |te fi(^ l^alten fann,
ffil^lt fidg bod^ aud^ eben hnxS) biefe Sßegfd^affung ber @(^ranten berfelben
unbegrdngt: unb {ene SIbfonberung ift alfo eine S)arftenung beS Unenb«
liefen, meldte gmar eben barum niemals anberd atö blog negative S)ar«
fteüung fein lann, bie aber bod^ bie @eele ermeitert. SSielleic^t giebt ^ m
feine erl^abenere Stette im ®efe^bud^e ber ^uben, al8 baS ®ebot: S)u
fottft bir lein Silbnig mad^en, nod^ irgenb ein ©leid^nig, meber beffen,
maS im ^immel, no^ auf ber @rben, nod^ unter ber (Srben ift u. f. m.
S)iefeS ®ebot allein fann ben Sntl^uftaSm erfl&ren, ben baS iflbifd^e SBoII
in feiner gefttteten Spod^e für feine SReligion ffil^Ite, menn eiS fid^ mit an^ n
bem SSölFern oerglid^, ober benienigen @toIj, ben ber SRol^ammebanidm
einflögt. 6ben baffelbe gilt aud^ oon ber äSorfteClung bee moralifd^en
®efe^eS unb ber Anlage gur 3Roralit&t in un& @d ift eine gang irrige
Seforgnig, bag, menn man fte aDee beffen beraubt, mad fie ben Sinnen
empfel^len fann, fie alsbann feine anbere ald falte, leblofe Billigung unb »
feine bemegenbe j^raft ober SRfll^rung bei ftd^ fül^ren mürbe. @8 ift ge«
rabe umgefe^rt; benn ba, mo nun bie @inne nid^tig mel^r oor ftd^ feigen,
unb bie unoerfennlic^e unb unauSlöfd^lid^e ^bee ber @ittlid^feit bennod^
übrig bleibt, mürbe eS el^er nötl)ig fein, ben @(^mung einer unbegrdngten
@inbilbungdfraft gu m&gigen, um il^n nid^t bis gum (Sntl^uftaSm fteigen ss
gu laffen, al« au« Surc^t üor Äraftloftgfeit biefer gbeen für fie in »iU
bem unb finbifc^em a))))arat ^filfe gu fuc^en. S)al^er l^aben au^ Slegie*
2. IBud^. Vngein. ^nmett a. C^^rporttion ber fiftl^etif^en reflecürenb. Urtl^eile. 275
rungen gerne erlaubt, bie äteligion mit bem le^tern ßubel^or reid^Iid^ Der«
forgen ju laffett, unb fo bem Untertl^an bie ^fil^e, gugleic^ aber audb bad
Vermögen gu benel^men gejud^t, feine ©eelenfrdfte fiber bie Sdö^^nfen
audjubel^inen, bie man il^m koilltfirlid^ fe^en unb kooburd^ man i^n, al$
5 blog paffiD, leichter bel^anbeln lann.
S)iefe reine, feelenerl^ebenbe, blog negative S)arftenung ber Sittlid^«
feit bringt bagegen feine ©efal^r ber Sd^märmerei, meldte ein SBa^n
ift, über alle ®rdnge ber Sinnlid^Ieit ^inauiS tttoai feigen, b. i.
mii ®runbfdfeen träumen (mit Vernunft rafen), gu tooUen; eben ba'rum
10 koeit bie S^arfteKung bei iener blog negatit) ift. S)enn bieUnerforfc^«
lid^feit ber ^btz ber ^rei^eit fd^neibet atter ))o{ttiDen S)arftenung
gängli^ ben Sßeg ab: baS moralifd^e ®efe^ aber ift an ft(^ felbfl in un$
l^inreid^enb unb urfprflnglic^ beftimmenb, fo bag ed nid^t einmal erlaubt,
uns nad^ einem SeftimmungSgrunbe auger bemfelben umgufel^en. SBenn
i& ber 6nt]^uftadm mit bem SBal^nfinn, fo ift bie @d^tt)&rmerei mit bem
äSal)nn)i^ gu Dergleichen, moDon ber le^tere ftd^ unter allen am menig«
ften mit bem Srl^abenen oeilragt, meil er grüblerifd^ lAd^erlid^ i[i. ^m
ent^ufia^m als Effect ift bie (SinbilbungdfraftgügelloS; in ber @d^n)dr*
merei al8 eingenjurgelter brütenber 2eibenf(ftaft regello«. S)er erftere ift
so üorflbergel^enber Sufall, ber ben gefunbeften SBerftanb bismeilen tool^l be«
trifft; ber gtoeite eine itranfl^eit, bie il^n gerrüttet.
einf alt (funftlofe S^ectmdfeigfeit) ift gleic^fam ber ©til ber 5»atur
im @r]^abenen unb fo aud^ ber Sittlic^teit, koelc^e eine gleite (überftnn«
lid^e) Slatur ifi, moDon mir nur bie ©efej^e tennen, ol)ne baS uberftnnlid^e
S5 SSermbgen in unS felbft, maS ben ®runb biefer ©efe^gebung entl^dlt,
burd^ Slnfd^auen eneid^en gu tonnen.
9tod^ ift angumerlen, bag, obgleid^ ha» SSoJ^lgefallen am @(^5nen
eben foioo^l, als baS am @r^abenen nid^t allein burd^ allgemeine SRit«
tl^eilbarleit unter ben anbern dftl^etif d^en Seurtl^eilungen lenntlic^ un«
80 terfd^ieben ift, fonbern aud^ burd^ blefe ßigenfc^aft in aftegiel^ung auf-®e*
feUfd^aft (in ber eS fid^ mitt^eilen Idgt) ein ^ntereffe belommt, gleid^mol^l
bod^ aud^ bie Sbfonberung Don aller ®efellfd^aft als etmaS Srl^a«
beneS angefel^en merbe, wenn fte auf ^been berul^it, meiere über aQeS ftnn-
lid^e Sntereffe l^inmeg felien. @id^ felbft genug fein, mitl^in ©efellfd^aft
35 nid^t bebflrfen, ol^ne bod^ ungefellig gu fein, b. i. fte gu fiiel^en, ift etmaS
bem Srl^abenen fid^ 9ldl^ernbeS, fo loie tebe Übergebung Don Sebärfniff en.
S)agegen ift ÜRenfd^en gu fliel^en, auS 9Rifant|fropie, meil man fie an«
18*
276 Sttim ber Urt^etldfraft. 1. St^ett. jertitf ber dft^eiifd^eti Urll^eildfraft.
feinbet, ober QudSlnt]^ro))o))]^obie (9Renf(^enf(^eu), meil man {te a\i
feine ^etnbe furd^tet, t^eild i^&^lici^, tl^eilS Deräc^tltd^. ®lei(]^mo^I giebt
ed eine (fel^r uneigentli^ fogenannte) SRifantl^ropie, »ogu bie Anlage {id^
mit bem aiter in oieler mol^lbenfenben SRenfd^en ©emütl^ eingufinben
pflegt, tteld^e gmar, toaS \>a» SBo^ImoIIen betri^, pl^ilontl^ropifd^ genug s
ifi, aber Dom SBol)IgefaUenan SRenfd^en burd^ eine lange traurige 6r«
fal^rung meit abgebrad^t i{t: loooon ber ^ang gur (Singejogenl^eit, ber
pl^antaftifd^e SSunfd^ auf einem entlegenen Sanbft^e, ober aud^ (bei jun*
gen $erfonen) bie ertr&umte ©Ifldfeligteit auf einem ber übrigen Belt
unbefannten (Silanbe mit einer Reinen l^amilie feine Seben^geit gubringen lo
gu rönnen, n)eld^e bie Stoma nfd^reiber ober S)id^ter ber älobinfonaben fo
gut gu nu^en miffen, S^ugnig giebt. t^alfd^l^eit, Unbantbarfeit, Ungered^«
tigfeit, bad j(inbifd^e in ben oon und felbfi fflr ttid^ttg unb grog gel^alte«
nen ßwccfen, in bcren Verfolgung fid^ SRenfd^en felbft unter einanber
alle erbentlic^e Übel antl^un, fiel^en mit ber 2!bee beffen, \oa^ fte fein t5nn« 15
ten, menn fie loollten, fo im Sßiberfpruc^ unb ftnb bem lebl^aften SBunfd^e,
fte beffer gu feigen, fo fel^r entgegen: bag, um fte nid^t gu l^affen, ba man
fte nid^t lieben fann, bie SSergic^ttl^uung auf alle gefellfdbaftli^e f^reuben
nur ein Weine« Dpfer gu fein fd^eint. 25iefe Sraurigfeit, nic^t Aber bie
Übel, meiere baiS ©c^idffal fiber anbere 3Renfd^en Derl^Angt (moDon bie 20
@9mpatl^ie Urfad^e ip), fonbern bie fte ftd^ felbft antl^iun (toeld^e auf ber
antipat^ie in ®runbffi^en berul^t), ift, »eil fte auf Sbeen berul^t, erl^aben,
inbeffen ba| bie erftere allenfalls nur für fc^ön gelten fann. — S)er eben
fo geiftreid^e ale grünblic^e @ auf füre fagt in ber SBefd^reibung fetner
SU|)enreifen DonSonl^omme, einem ber faD09if(|en®ebirge: „(&S ^errfd^t 25
bafelbft eine gekoiffe abgef d^madtte Sraurigf eit.^ @r fannte bal^er bod^
aud^ eine intereffante Sraurigleit, meldte ber Slnblidt einer @inöbe ein«
flögt, in bie ftd^ 3)ffenf(^en mol^l Derfe^en möd^ten, um üon berSSelt nid^te
meiter gu l^ören, nod^ gu erfal^ren, bie benn bod^ nic^t fo gang unmirt^ar
fein mug, bag fte nur einen ]()öc^ft muffeligen Sufentl^alt für SRenfc^en so
barböte. — 3^ raad^t biefe Sumerlung nur in ber Slbftd^t, um gu erin«
nern, bag aud^ 93etrübni| (nid^t niebergefd^lagene älraurtgleit) gu ben
ruft igen Effecten gegfip »erben fönne, wenn fte in moralifcften ^bttn
il^ren ®runb l^at; »enn fte aber auf @9mpat^ie gegrünbet unb als fold^e
auc^ liebenSmfirbig ift, fte blog gu ben fd^melgenben Effecten gel^öre: 35
um babur^ auf bie ©emütl^sftimmung, bie nur im erfteren f^alle er^a«
ben ifi, aufmerlfam gu ma(i^en.
2. 8ud^. KUgein. Unmerf. a* (S;pofition ber Afl^etifd^en refUdirenb. Urtl^eile. 277
3Ran fann mit ber {e^t burd^gefäl^rten trandfcenbentalen (Sjcpofition
ber dfil^etifd^en Urtl^eile nun aud^ bie pl^^fiologifd^e, mte {te ein Surfe
unb Diele fd^arfjtnnige 3R&nner unter une bearbeitet l^aben, oergleid^en,
um gu feigen, »ol^tn eine blog empirifd^e @]rt)o{ition beS @rl^abenen unb
5 ©d^önen fül^re. Surfe*), ber in biefer art ber Sel^anblung alö ber öor«
nel^mfte Serfaffer genannt gu »erben Derbient, bringt auf biefem Sßege
(@. 223 feine« SBerfS) l^erau«: Mi baS ©efül^il beiS (Srl^abenen {id^ auf
bem triebe gur ©elbperl^altung unb auf Surd^t, b.i. einem ©d^merge,
ßrünbe, ber, »eil er nid^t bi« gur toirflid^en S^^öttwng ber förperlid^en
10 Sl^eile ge^t, Sekoegungen l^erDorbringt, bie, ba fie bie feineren ober grö«
bereu Oeffifee oon gefSl^rlid^en unb befd^toerlid^en SSerfiopfungen reinigen,
im ©taube finb, angenehme Smpfinbungen gu erregen, gmar nid^t Suft,
fonbern eine Srt Don lool^IgefAlligem ©d^auer, eine gekoiffe Siul^e, bie mit
©d^reden oermifd^t ift." 3)ad ©d^öne, mläit^ er auf Siebe grflnbet (mo*
16 Don er bod& bie Segierbe abgefonbcrt »iffen miü), fül^rt er (©. 251—252)
„auf bie 9tad^laffung, SoSfpannung unb (Srfd^laffung ber f^ibem hti Sbx^
per«, mitl^in eine Srioeid^ung, Suflöfung, @rmattung, ein ^inftnfen, $in«
fterben, äSegfd^melgen Dor SSergnfigen ^inau«". Unb nun beftAtigt er
biefe (SrfldrungSart nid^t allein burd^ ^dOe, in benen bie ßinbilbungS«
30 traft in Serbinbung mit bem Serftanbe, fonbern fogfir mit ©inneSemp*
finbung in und baS ®efA^I be« ©d^5nen fomol^I a\8 be« @rl^abenen erre:»
gen fönne. — 911« pf^d^ologifd^e Semerfungen finb biefe ß^tglieberungen
ber ^l^duomene unfere« ©emiitl^« flberauS fc^ön unb geben reid^en ©toff
gu ben beliebteften 3ltad^forfd§ungen ber empirifd^en antl^iropologie. @d
25 ift aud^ nid^t gu Idugnen, ba^ alte SSorfteQungen in und, fte mögen ob*
jectiD blofe pnnlid^, ober gang inteClectuell fein, bod^ fubfectiD mit Sergnü«
gen ober©dbmerg, fo unmerflid^ beibed aud^ fein mag, oerbunben toerben
f5nnen (toeil jie indgefammt baö ©effil^l be« geben« afflciren, unb feine
berfelben, fofern al« fe 5Kobiflcation bc« ©ubfect« ift, inbifferent fein
30 fann); fogar ba|, loie @pifur bel^auptete, immer Vergnügen unb
©d^merg gule^t bod^ f5rperltd^ fei, e« mag nun Don ber (Sinbilbung,
ober gar Don SerfianbedDorfteUungen anfangen: meil ba« geben ol^ne ba«
*) fflad^ ber beutfc^en äberfe^ung feiner @c^rift: ^^ilofop^ifd^e Unterfud^un-
gen ftber ben Urfprung imferer begriffe Dom @(^dnen unb ®r|abenen. 9{iga, bei
36 ^artfno«^ 1773.
278 Äritl! ber Urtl^elWfraft. l.SCI^cH. Ätitif bcr äfl^ettWen Urtl&eltSfraft.
®efü^l beS törperlid^en Drgand Mog 93ett)u|tfein feiner Siciftenj, ober
fein ©efül^I beS 3Bol^l» ober Übelbefinbenö, b. i. ber JBeforbcrunfl ober
Hemmung ber Sebcnäfrdftc, fei; »eil bai ®emütl^ für jid^ allein gonjge«
ben (ba8 Sebenöprindp felbft) ifl, unb 4)inberniffe ober Seförberungen
aufeer bemfelben unb bod^ im aKenfd^en felbft, mitl^ln in ber SSerbinbunß 5
mit feinem j^orper gefud^t »erben muffen.
@e^t man aber baS äSol^IgefaUen am ©egenftanbe ganj unb gar
barin, bag biefer burd^ äteij ober burd^ Sifi^rung oergnügt: fo mu| man
aud^ feinem anbern jumutl^ien, gu bem äft^etifd^en Urt^eile, »ad koir
fdllen, beiguftimmcn; benn barüber befragt ein |eber mit 3ie(^t nur feinen 10
^rioatftnn. SlliSbann aber l^ört aud^ aße @enfur beiS ©efd^macfs g&ngli(^
auf; man mfigte benn baiS SSeifpiel, toeld^eS anbere burd^ bie juf&nige
Übereinftimmung ibrer Urt^eile geben, gum ®ebot beiS SeifaKd für uns
mad^en, miber meld^ed $rincip ttir und \>o^ oermutl^Ui^ ftr&uben unb auf
ia^ natürlid&e SRed^t berufen »ürben, ba« Urtl^eil, loeld^eö auf bem un= 15
mittelbaren ©eful^Ie bt& eigenen SBol^lbefinbenS beruht, feinem eigenen
Sinne unb nid^t anberer il^rem gu untertoerfen.
aSenn alfo ba« ®ef(^madf3urtl^eil nid^t für egoiftifd^^fonbern feiner
inncrn 5ftatur nad^, b. i. um fein felbft, nid^t um ber SBeifpiele willen, bie
anbere oon il^rcm ©efd^madf geben, not^wenbig al« pluraliftifc^ gelten ao
mug, menn man eS als ein fold^eS toürbigt, toeld^es gugleid^ oerlangen
barf, bafe iebermann ibm beipflid^ten foH: fo mufe i^m irgenb ein (e« fei
obiectioe« ober fubiectit)eö)^rincip a priori gum ®runbe liegen, gutoeld^em
man burd^ ?(uffpä^ung empirifd^er ®efefee ber ®emüt^8oerfinberungen
niemals gelangen fann: meil biefe nur gu erfennen geben, mie geurtl^eilt 25
toirb, nid^t aber gebieten, mie geurt^eilt »erben foQ, unb gioar gar fo, bag
baS ®ebot unbebingt ift; bergleid^en bie ®efd^madrsurtbeite oorauS^
fe^en, inbem {te baS SBo^lgefaßen mit einer äSorftellung unmittelbar
oerfnüpft miffen moßen. 9llfo mag bie empirifc^e (Sjtpofttion ber dfll^eti^
fd^en Urtl^eile immer ben Anfang mad&en, um ben Stoff gu einer ^öl^ern »
Uuterfud^ung l^erbeigufd^affen; eine tranSfcenbentale Erörterung biefe«
93erm5genS ift bod^ moglid^ unb gur j^ritif beS ®efd^madS toefentlid^ ge«
l^örig. 3)enn ol^ne bafe berfelbe ^rincipien a priori Ijabe, fönnte er un=
möglid^ bie Urtl^eile anberer rid^ten unb über fie aud^ nur mit einigem
©d^eine beS SRed&tS a3illigungS= ober aSermerfungSauSfprüd^e ffiUen. S5
3)a8 übrige gur Slnalqtif ber dftl^etifd^en Urtl^eilSfraft ®e](|5rige cnt*
l^dlt guoörberjl bie
S)ebuctiott ber Af|]^fiif(|en Uril^eile. 279
S)cbuction bcr reinen äftl^etifci^en Urtl^eite^
§30.
35ic ©cbuctlon bcr dfH^ctlfd^cn Urtl&eilc über btc ®egen^
jlänbe ber 3lat\xx barf nid^t auf bad, toad mir in biefer
5 erl^aben nennetii fonbern nur auf baS @d^one gerid^tet
toerben.
S>er ^n\pxn(t) eines Aft^etifd^en Urt^eilS auf aOgemeine ©filtigfeit
für iebe^Subject bebarf alö ein Urt^eil, mläi^S ft(4 auf irgenb ein^rincip
a priori fufeen mufe, einer ©ebuction (b. i.gegitimation feiner anmafeunfl),
10 koelc^e über bie @;r))ofttion beffelbeu nod^ l^injufommen mug, menn t8
nAmlid^ ein äSol^IgefaHen ober ^igfaUen an ber f^orm beS ObiectS
betrifft. SJergleiiJ^en jtnb bie ©efdömadöurtl^eile über ba« ©d^öne ber
SRatur. 3)enn bie SioedmAgigteit ^at aldbann io^ im Obtecte unb feiner
©eftalt il^ren ®runb, menn fte glei(]^ nid^t bie Sejiel^ung beffelben auf
15 anbere ®egenft&nbe nad^ Segriffen (jum grtenntnigurtl^eile) anzeigt;
fonbern blofe bie Sluffaffung biefer fjorm, fofern pe bem Vermögen fo*
»ol^I ber Segriffe, aI8 bem ber ©arfteHung berfelben (nield^e« mit bem
ber auffaffung eine« unb baffelbe ift) im ©emütl^ fid^ gemfife jeigt, über^
^au:|)t betrifft. 3Ran fann ba^er audi^ in Sinfebung bed @d^önen ber Statur
20 mand^erlei f^ragen aufmerfen, loeld^e bie Urfad^e biefer 3tt)edmägigTeit
ibrer formen betreffen: 3. S. toie man erllären toolle, »arum bie SRatur
fo oerfd^menberifd^ aUerwärtö ©d^önbeit oerbreitct babe, felbft im (Srunbe
bed Ocean«, mo nur feiten ba« menfc^lid^e Sluge (ffir meld^eS iene bod^
aQein gttedtmciBig ift) bingetangt, u. b. gl. m.
25 ancin baö ©rbabene ber SRatur — »enn loir barüber ein reine«
äftbetifd^e« Urtbeil f&Ken, melcbe« nid^t mit Segriffen üon SoUfommenbeit
ai« objediDer Stoedtmägigfeit oermengt ift; in meld^em f^aUe e« ein teleo^
logifd^e« Urtbeil fein toürbe — fann gang al« formio« ober ungeftalt,
bennodb ^ber al« ©egenftanb eine« reinen SBoblgefallen« betrad^tet merben
30 unb fubjectioe 3n)edtm&6igfeit ber gegebenen SorfteUung geigen; unb ba
fragt e« ficb nun: ob gu bem Aftbetifd^en Urtbeile biefer Srt aud^ au^er
ber @]rpofition beffen, loa« in ibm gebadet mirb, nod^ eine S)ebuction feine«
anfprud^« auf irgenb ein (fubiectioe«) $rinäp a priori verlangt »erben
tbnne.
280 ^ttif ber Urt^ttöfraft. 1. S^iL Stnüt ber Aft^etifc^en Urt^eitöfraft
hierauf bient jur üntioort: bag \>a& ßrl^abene ber Statut nur un«
eigentlid^ fo genannt merbe unb eigentUd^ blog ber S)enlung^art, ober
otelmel^r ber ©runblage gu berfelben in ber menfd^Ucl^en Statur beigelegt
werben muffe. 3)iefer ftd^ bemüht gu merben, giebt bie ^(uffaffung eine^
fonft formlofen unb unjmedmdgigen ©egenftanbed blog bie Seranlaffung, &
meld^er auf fold^e Sßeife fubjecttp^imedmägig gebrandet, aber nic^t ald
ein folc^er für fid^ unb feiner gorm wegen beurtl^eilt »irb (glei(%fam
species finalis accepta, non data). S)aijtr war unfere Sjcpofition ber
Urt^eile ober ia^ (Srl^abene ber 9tatur gugleid^ i^re 3)ebuction. S>enn
wenn wir bie Sfleflejcion ber Urt^eildfraft in benfelben gerlegten, fo fanben lo
wir in il^nen ein gwedmägigeig äSerl^dltnig ber ßrfenntnigoermogen, wet
d^ed bem SSermogen ber Qmdt (bem SBilleit) a priori gum ©runbe gelegt
werben mug unb ba^er felbft a priori gwedm&gig ift: weld^ed benn fofort
bie 2)ebuction, b. i. bie Sied^tfertigung bed anfprud^d eineiS bergleid^en
Urt^eitö auf aUgemein^notl^wenbtge ©filtigfeit, ent^&It. u
SBir werben alfo nur bie S)ebuction ber ©efd^madSurtl^eile, b. i. ber
Urtl^ieile über bie @d^önl^eit ber Slaturbinge, gu fui^en l^aben unb fo ber
Aufgabe für bie gefammte äft^etifc^e Urtl^ieildlraft im ®angen ein ®e^
nflge tl^un.
§ 31. 20
S8on ber ?lRet]^obe ber ©ebuction ber ©efd^madsurt^eile.
3)ie Obliegenl^eit einer ©ebuction, b.i. ber (Sewfil^rleiftung berSHec^t*
m&gigteit, einer 9(rt Urt^eile tritt nur ein, wenn baiS Urt^eil Slnfprud^ auf
Slotl^wenbigleit mad^t; weld^eS ber %aVi aud^ alSbann ift, wenn eiS fub«
iectiDe Singemein^eit, b. i. jebermannS Seiftimmung, forbert: inbeg eS 25
bod^ lein @rtenntnigurtl^eil, fonbern nur ber Suft ober Unluft an einem
gegebenen ©egenftanbe, b. i. Anmaßung einer burd^gängig für iebermann
geltenben fubjectioen Swcdmfifeigfeit, ift, bie ii(% auf leine begriffe Don
ber Sac^e grünben foQ, weil eS ©efd^madSurtJ^eil ift.
3)a wir im le^tern Satte lein @rfenntni^urt|feil, Weber ein tl^eoreti« 30
f(^ed, weld^ed ben Segriff einer Slatur übet^aupt bur(4 ben Serftanb,
nodö ein (reine«) praftifd^e«, weld^e« bie 3bee ber ffr eiltet t ate a priori
bur(4 bie SSernunft gegeben gum ©runbe legt, oor unS l^aben; unb alfo
Weber ein Urtl^eil, welche« DorfteQt, wa« eine @a(^e ift, nod^ bag id^, um
fte l^eroorgubringen, etwa« oerric^ten fott, nac^ feiner ®üttigfeit a priori 35
gu red^tfertigen ^aben: fo wirb blog bie allgemeine ©ültigfeit eines
S)ebu€aon ber fifl^etifd^en Urtl^eite. 281
ein j einen Urtl^eifö, njeldö^S bte fubiectiüe Swedm&feigfeit einer emplrl^
f(^en93orjteaung berf^orm eined ®egenfianbeS audbrfldt, für bie Urtl^eil^«
Iraft überl^aupt barjutl^un fein, um ju erflären, toie ed möglid^ fei, bag
etwa« blofe in ber SBeurt^eilung (o^nc ©innenempflnbung ober Segrijf)
5 gefallen t5nne, unb, fo n)ie bie Seurt^eilung eines @egenftanbeS jum
Se^uf einer (Srfenntnig überhaupt aQgemeine Siegeln ^at, aud^ baS
SSo^Igef allen eines 3^ben ffir {eben anbern als Siegel bflrfe angeffinbigt
merben.
SSenn nun biefe Slllgemeingültigteit fid^ nid^t auf @timmenfamm«
10 lung unb ^ernmfragen bei anbern wegen ibrer ärt gu empfinben grün«
ben, fonbern gleid^fam auf einer Slutonomie beS über baS ©effibl ber
2uft (an ber gegebenen SBorfteUung) urtbeilenben SubiectS, b. i. auf
feinem eigenen ©efd^macfe, beruben, gleid^wobl aber bod^ aucb nid^t üon
Segriffen abgeleitet merben foK: fo bot ein folcbcS Urtbeil — »ie baS
15 ©efcbmadSurtbeil in ber Stb^t if* — «ine gttiefacbe unb g»ar logifcbc
Sigentbümlid^feit: nämlid^ erftlic^ bie ailgemeingältigfeit a priori unb
bod^ nid^t eine logif(^e Slllgemeinl^eit nac^ Segriffen, fonbern bie SlOge«
meinl^eit eines einzelnen Urtl^eilS; gtoeitenS eine 9lotbtt)enbigIeit (bie
iebergeit auf ©rünben a priori berul^en mu^), bie aber bod^ Don feinen
20 SeioeiSgrünben a priori abbfingt, burcb beren SSorflellung ber Seifall,
ben baS ©efd^madSurtbeil (ebermann anftnnt, ergtoungen »erben tonnte.
S)ie auflofung biefer logifcben ISigentbümlid^Ieiten, morin ftd^ ein
©efd^madSurtbeil oon allen (Srfenntnigurtbeilen unterfd^eibet, »enn ttir
bier anfängli(^ t)on allem 3nl(|alte beweiben, nämlid^ bem ®efüt)le ber
25 Suft, abftrabiren unb blofe bie fiftl^etifdbe ^orm mit ber Sorm ber objec«
tioen Urtbeile, mie fte bie Sogit oorfd^reibt, oergleid^en, n)irb allein gur
3)ebuction biefeS fonberbaren SSermögenS binreid^enb fein. SBir tooUen
alfo biefe d^aratteriftif dben @igenfdbaften beS ®ef d^mads guoor, burd^ Sei:»
\pitU erläutert, oorfteQig mad^en.
30 § 32.
@rfte @igentbümlid^{eit beS ©efd^madSurtl^eilS.
S)aS ®efd^madSurtbeil beftimmt feinen ®egenftanb in Slnfebung
beS SBoblgefaHenS (als @d^5nbeit) mit einem Snfprud^e auf jebermannS
Seifiimmung, als ob eS objectiü tt&re.
35 @agen: biefe Slume ift fcbbn, l^eigt eben fo i[)iel, als i^ren eigenen
282 Äritir bcr Urtl^flWfroft. 1. $^e«. Ärltlf ber fip^etl^en Urt^elWhaft.
anfprud^ auf icbcrmann« SBo^IgcfaHen il^r nur nad^faßen. 35ur(^ bic
anncl&mlid^tcit il^rcö ©crud^Ä l^at pc gar feine anfprüdöe. a)en einen er»
göfet blefer ®erud^, bem anbern benimmt er ben Äopf- S5Ja§ foHte man
nun anber« barauö Dermut^en, al8 bafe bie ©d^ön^eit für eine eigenfd^aft
ber Slume felbft gel^alten »erben muffe, bie pd^ nid^t nad^ ber Serf(^ie^ 5
benl^eit ber ^öpfe unb fo Dieler @inne rid^tet, fonbern iDornac^ pd^ biefe
rid^ten muffen, wenn pe barüber urtl^eilen »oHen? Unb bod^ Derl^ölt e«
pd^ nid^t fo. ^enn barin befleißt eben baS ©efd^madSurt^eil, bag ed eine
@ad^e nur nad^ berjenigen Sefd^affenl^eit fd^5n nennt, in meld^er pe pc^
nad^ unferer SIrt pe aufzunehmen rid^tet. 10
ÜberbieS mirb Don {ebem Urtl^eil, toeld^eS ben ©efc^mad beiS @ub«
jectö betoeifen foH, »erlangt: bafe ba« ©ubject fflr pc^, ol^ne nöt^ig gu
liaben, burd^ ßrfal^rung unter ben Urtl^eilen anberer ]^erumjutap|)en unb
pd^ Don itirem SBol^IgefaDen ober SRigfaQen an bemjelben ©egenpanbe
üorl^er ju belel^ren, urtl^eilen, mitl^in fein Urtl^eil nid^t aliS %ad^a^mung, n
meil ein S)ing ettoa »trtlid^ aUgemein gef&Ilt, fonbern a priori aud^
fpred^en folle. 2Ran foHte aber benfen, bafe ein Urt^eil a priori einen
Segriff Dorn Objcct cntl^alten muffe, gu beRen ©rfenntnife cö ba^ ^rinci^)
entl)ftlt; baö ©efd^madSurtl^eil aber grünbet Pd^ gar nidftt auf SBegriffe
unb ift überall nic^t @rtenntnig, fonbern nur ein fift^etifd^eiS Urtl^eit. 20
©al^cr läfet pc^ ein junger ©id^ter öon ber Überrebung, bafe fein
©ebid^t fd^ön fei, nid)t burd^ ba^ Urtl^cil be« publicum«, nodb feiner
greunbe abbringen; unb wenn er if)nen ®e^ör gicbt, fo gef(ftiel&t e« nid^t
barum, toeil er e« nun anber« beurt^eilt, fonbern »eil er, »enn gleid^
(»enigftenö in abpd^t feiner) baö ganje publicum einen falfd&en ®e* 25
fd^mad l^ätte, pd^ bo(^ (felbft »iber fein Urtl^ciO bem gemeinen SBal^ne
gu bequemen, in feiner Segierbe nad^ SSeifaU Urfad^e pnbet. SRur fpdter«
^In, wenn feine Urtl^eilöfraft burd^ Ausübung mel^r gefd^drft »orben, ge^t
er frei»illig oon feinem vorigen Urt^eile ab; fo »ie er e« aud^ mit feinen
Urtl^cilen l)dlt, bie ganj auf ber aSernunft berul^en. a)er ©efc^mad mad^t so
blog auf Autonomie anf))rud^. ^^rembe Urttjeile p(^ gum Seftimmung««
grunbe beS feinigen gu mad^en, »Are ^eteronomie.
3)a6 man bie SBcrfe ber Slltcn mit SRed^t gu SRuftern anpreifet unb
bie äSerfaPer berfelben claf pfd^ nennt gleid^ einem gemipen Slbel unter ben
Sd^riftfieäern, ber bem SSolfe burd^ feinen SJorgang ®efe^e giebt: fcfteint ss
£luellen beS ®efd^madS a posteriori angugeigen unb bie Autonomie bef«
felben in iebem ©ubjecte gu »iberlegen. allein man Knute eben fo gut
S)ebuäion ber Alll^etird^en Urt^eile. 283
fagen, ba| bie alten ^Rat^emdiler, bie bis ie^t für nici^t tDol^l ju entbe)^«
renbe Sffufter ber l^odbft^t^ ©runblid^feit unb @IegQng ber fqntl^etifd^en
SRetl^obe gel^alten loerbeti, aud^ eine nac^a^menbe äSernunft auf unferer
Seite betoiefen unb ein Unvermögen berfelben, au8 ji(4 felbft ftrenge 99e«
5 »eife mit ber gröfeten Sntuition burd^ ßonflruction ber Segrlffc ^ertjor«
gubringen. @8 glebt gar leinen ©ebraudb unferer ^dfte, fo frei er aud^
fein mag, unb felbft ber SSernunft (bie afle il^re Urtl^eile aM ber gemein^
fd^aftlic^en Quette a priori fc^öpfen mufe), tocldö^t, »enn iebe« Subject
immer gängli(^ Don ber rollen Anlage feinet 9latureQd anfangen foüte,
10 nii^t in fe^lerl^afte Serfud^e gerat^en mfirbe, toenn nid^t anbere mit ben
il^rigen il^m vorgegangen tvären, ni(^t um bie 9lad^foIgenben )u bb^en
9{ad^al^mern gu mac^eui fonbern burd^ i^r SSerfal^ren anbere auf bie ©pur
ju bringen, um bie ^rincipien in ftd^ felbft ju fud^en unb fo i^ren eigenen,
oft befferen ®ang ju nehmen, ©elbft in ber Sieligion, »o geioife ein jeber
15 bie SRegel feines aSer^alten« auö jid^ felbft l^ernebmen mufe, weil er bafür
audd felbft t)erantn}ortlid^ bleibt unb bie @d^ulb feiner SSergebungen nid^t
auf anbre ald ge^rer ober äSorg&nger f(^teben tann, toirb bod^ nie burd^
allgemeine SSorfd^rif ten, bie man entmeber von $rieftern ober ^^ofoplien
befommen, ober aud^ aud fid^ felbft genommen l^aben mag, fo Diel audge^^
20 rid^tet »erben, als burd^ ein SSeifpiel ber Sugenb ober ^eiligfeit, meldjed,
in ber ©efd^ic^te aufgeftellt, bie Slutonomie ber 2:ugenb auS ber eigenen
unb urfprfinglid^en ^bee ber @ittlid^teit (a priori) nid^t eutbe^rlid^ mad^t,
ober biefe in einen 3Red^aniiSm ber 9lad^a]^mung oermanbelt. 9lad^f olge,
bie ftd^ auf einen Vorgang begießt, ni^t SRac^al^mung tft ber rechte Slud»
35 brud für allen Sinflug, toelc^en $robucte eines e;remplarifd^en Url^eberS
auf anbere §aben tonnen; meld^eS nur fo oiel bebeutet alS: auS benfelben
DueDen fd^opfen, loorauS jener felbft fd^öpfte, unb feinem 93orgänger nur
bie Slrt, fid^ babei gu benehmen, ablernen. Sber unter allen !8erm5gen
unb 2;alenten ift ber ®ef(^madt gerabe baSjenige, meld^ed, meil fein Ur^
80 tl^eil nid^t burd^ Segrijfc unb aSorfd&riften beftimmbar ift, am meiften
ber SBeifpiele beffen, mad fid^ im Sortgange ber @ultur am längften in
SBeifaü erl^alten l^at, bebürftig ift, um nid^t balb mieber ungefi^lac^t au
»erben unb in bie SRol^igteit ber erften aSerfuc^e jurüdgufatlen.
284 SMixl ber Urt^eilf^fraft. 1. ST^etl. Mut bet &rt^ettf(4en Uril^Udfraft.
§33.
Socite eigentl^umlid^feit bed ®ef(]^madSurt]^eiU.
3)ad ©efd^maddurt^eil ift gar nid^t burd^ SetDeiSgrunbe befitmmbar,
gleid^ a\& ob ed blo^ fubiectio mdre.
äBenn j[emanb ein ©ebdube, eine SluSftd^t, ein (Sebid^t nid^t fd^ön 5
finbet, fo I&|t er {id^ erftlid^ ben SeifaD nii^t burd^ l^unbert Stimmen,
bie es aUe l^od^ greifen, innerlid^ aufbringen. @r mag ft(^ jmar fteflen;
als ob es i^m aud^ gefatte, um nic^t für gef(^madt(oS angefe^en ju mer«
ben; er fann fogar gu gioeifeln anfangen, ob er feinen ®ef(4mad( burd^
jfenntntg einer genugfamen SRenge Don ®egenftdnben einer getoiffen 8lrt lo
aud^ genug gebilbet l^abe (»ie einer, ber in ber @ntfemung etmaS für
einen äßalb gu erlennen glaubt, maS aOe anbere für eine @tabt anfe^en,
an bem Urtl^eile feines eigenen ®ejt(^ts gtoeifelt). 3)aS fielet er aber bo^
flar ein: bag ber SeifaU anberer gar feinen für bie SBeurtl^eilung ber
@d^5n]^eit gültigen SemeiS abgebe; bag anbere allenfalls für i^n fe^en 15
unb beobachten mbgen, unb loaS Diele auf einerlei 8lrt gefeiten §aben, als
ein l)inreid^enber SeioeiSgrunb für il^n, ber eS anberS gefe^en gu l^aben
glaubt, gum tl^eoretifd^en, mithin logifd^en, niemals aber baS, koaS anbem
gefallen l^at, gum ®runbe eines dftl^etifdöen Urt^eilS bleuen fönne. 3)a«
uns ungünftige Urtl^eil anberer fann uns gmar mit Siedet tn ünfel^ung so
beS unfrigen bebenflid^ machen, niemals aber Don ber Unrid^tigfeit bef«
felben übergeugen. Sllfo giebt eS feinen empirifc^en SemeiSgrunb,
baS ©efd^madSurtl^eil {emanben abgunöt^igen.
ßtoeitenS fann nod^ meniger ein SemeiS a priori nad^ beßimmten
SRegeln baS Urtl^eil über @d^ön^eit befiimmen. SBenn mir jemanb fein ss
©ebid^t Dorliefi, ober mid^ in ein @(^aufpiel fül^rt, melc^eS am @nbe
meinem ©efd^madte nid^t besagen koill, fo mag er ben S3atteu;c ober
Seffing, ober nod^ dltere unb berül^mtere Aritifer beS ©efd^madtS unb
alle Don il^nen aufgehellte Siegeln gum Semeife anfül^ren, bag fein ®e^
bid^t {d^ön fei; aud^ mögen gemiffe Stellen, bie mir eben mißfallen, mit 30
Siegeln ber @(^5n^eit (fo loie fie bort gegeben unb allgemein anerfannt
ftnb) gar mol^l gufammenftimmen: ic^ fto))fe mir bie Dl^ren gu, mag feine
®rünbe unb fein SSernünfteln l^ören unb merbe el^er annel^men, bag fene
Siegeln ber Äritifer falfd^ feien, ober toenlgftenS ^ier nld^t ber gatt tl^rer
Slnmenbuug fei, alS ba^ id^ mein Urtt^eil burc^ 93emeiSgrünbe a priori 35
2)ebuctton ber äfl^etifd^en Uri^eUe. 285
foQte befttmmen (affett, ba ed ein ttrtl^eil bti ©efd^madd unb nid^t beiS
JBcrflanbc« ober ber SBernunft fein fall.
6d fd^eint, bag biefed eine ber ^aupturfad^en fei, noedmegen man
biefed Aft^etif(^e IBeurtl^eilung^Demtögen gerabe mit bem tarnen bed
5 ®ef(|ma(Id belegt l^at. S)enn e$ mag mir jemanb alle ^ngrebiengien
eine« Oeric^t« l^ergö^Ien unb üon jebem bemerfen, bafe iebe« bcrfelben
mir fonft angenel^m fei, au(^ obenein bie ©efunbl^eit biefeS @f[end mit
Siecht rfi]()men; fo bin ic^ gegen aOe biefe ©ränbe taub, üerfud^e bad ®e«
ric^t an meiner ßunge unb meinem ©aumen: unb barna(| (nid^t nad^
10 allgemeinen ^rincipien) fäOe id^ mein Urtl^eil.
^n ber Sl^at mirb bad ©efc^madCdurtl^eil burc^aud immer ald ein
einzelne« Urtl^eil oom Dbject gefiDt. 2)er SSerftanb fann burd& bie aSer«
gleic^ung beS ObiectiS im fünfte bed SSol^lgef&aigen mit bem ttrtl^eile
anberer ein allgemeine^ Urt^eil machen: g. S9. aDe Sulpen finb f(^5n;
15 aber ha^ ift aldbann fein ©efc^madiS«, fonbern ein logifc^ei^ ttrt^eil, toel«
d^ed bie SBegiel^ung eined Dbjectd auf ben ©efc^madt gum $r&bicate ber
S)inge Don einer geioiffen 8lrt fiberl^aupt mad^t; badjenige aber, moburd^
id^ eine eingelne gegebene ZvApt f(^5n, b. i. mein SSolflgefaUen an ber-
felben aUgemeingflltig, ftnbe, ift allein bad ®ef(^madfiSurt^eiI. S)effen
20 @igent^flmlid^feit befielet aber barin: bog, ob ed gleich blog fubiectiDe
@flltigfeit l^at, t^ bennoc^ alle Subjecte fo in Slnfpruc^ nimmt, atö t^
nur immer gefd^el^en fönnte, menn eö ein obiectioeö Urtl^eil »dre, ba« auf
@rfenntniggrflnben berul^t unb burd^ einen Semei« tonnte ergmungen
werben.
26 § 34
@8 ift fein obiectioe« $rincip beS ©efd^madf« möglich.
Unter einem ^rincip bed ©efd^mads noürbe man einen ®runbfa^
oerftel^en, unter beffen 93ebingung man ben 93egriff eine« ©egenftanbe«
fubfumiren unb al«bann burd^ einen @d^Iug l^erauSbringen fönnte, bag
30 er fd^on fei. S)a« ift aber fd^Ied^terbing« unmöglid^. S)enn ic^ mufe un«
mittelbar an ber Sorftellung beffelben bie Suft empfinben, unb ftc fann
mir burd^ feine SBeweiSgrünbe angef (femafet merben. Dbgleid^ alf o Äritifer,
mie $ume fagt, fd^einbarer Dernflnfteln fSnnen al« j(5(^e, fo ^aben fte
bod^ mit biefen einerlei @d^id!fal. S)en SBeftimmungSgrunb il^re« Urt^eil«
35 ftanen fte nic^t oon ber ^raft ber 9Beu>ei«grünbe, fonbern nur Don ber
286 ^rltl! bcr Urt^eil«!raft. 1. ^e\l Ärltlf bcr äft^etlfd^cn Urt^etWfraft.
9iefle;rion bed Subjectö über feinen eigenen ßufianb (ber Suft ober ttnlup)
mit abtteifung aller JBorfd^rlften unb Siegeln erwarten.
SBoruber aber JCrititer bennod^ üernfinfteln fönuen unb foHen, fo bag
ed gur SBerid^tigung unb Srmeiterung unferer ©efcbmaddurtl^eile gerei(^e:
bas ift nid^t, ben S3e{limmung$grunb biefer S(rt äft^etifd^er Urt^etle in 5
einer aDgemeinen braud^baren Formel bargulegen, toeld^eiS unmSgUd^ ift;
fonbern über bie ©rfenntnifeüermögen unb beren Oefd^fiftc in biefen Ur=
tl^eilen ^kd^forfd^ung gu t^un unb bie n)e(!b{elfeitige fubtectit>e3tt>(^&&ig'
teit, Don meld^er oben gejeigt ift, bag i^re $orm in einer gegebenen 93or«
ftellung bie @d^onl)eit beS ©egenftanbeiS berfelben fei, in Seifpielen au8 10
einanber ju fefeen. Sllfo ift bie Äritif beö Oefc^madt« felbft nur fubicctio
in Snfel^ung ber SSorftellung, tooburd^ unS ein Dbtect gegeben iDtrb: n&m»
lid^ fte ift bie Jtunft ober Sßiffenfc^aft, baS toed^felfeitige SBerl^<nig beS
SSerftanbed unb ber Sinbilbung^Sfraft gu einanber in ber gegebenen SSor-
ftedung (ol^ne Sdegiel^ung auf t)or^ergeI)enbe @m))finbung ober Segriff), u
mitl^in bie Sinl^eDigteit ober Sßig^elligfeit berfelben unter Stegein gu
bringen unb fie in Slnfel^ung il^rer ©ebingungen ju beftimmen. Sie ift
JCunft, iDeun fte biefeS nur an Seifpielen geigt; fte ift äßiffenfd^aft,
toenn fte bie 3R5glid^feit einer fold^en S9eurt^eilung Don ber 9latur biefer
93erm5gen, aU 6rtenntnigoerm5gen überl^au|)t, ableitet. 9Rit ber le^teren 20
ald tran!^fcenbentaleu JCritif l^aben mir t8 l^ier überall allein gu tl^un. @ie
foQ baS fubjectioe $rincip bed ©efc^madd, al8 ein ^rincip a priori ber
Urtl^eifölraft, cntwid^eln unb red&tfcrtigen. S)ie Äritif alÄ Äunfl fud^t
blog bie pl^^fiologifd^en (^ier pf^d^ologifc^en), mithin empirifd^en Siegeln,
na(| benen ber ®ef(^mad airflic^ oerf&^rt, (ol^ne über i^re 9R5glid^feit »
nad^gubenten) auf bie Seurtl^eilung feiner ©egenft&nbe angumenben unb
Iritlfirt bie ^robucte ber fd^önen Äunft; fo »Die Jene bai SSermögen felbfl,
fie gu beurtl^eilen.
§35.
S)aS $rincip be8 ©efd^madCS ift baS fubiectiDe $rtncip ber so
Urt^eiUfraft überl^aupt.
3)aiS ®efd^madiSurtl)eil unterfc^eibet ftd^ barin Don bem logifd^en:
bag bad le^tere eine SBorfteOung unter Segriffe Dom Dbiect, bad erflere
aber gar nic^t unter einen Segriff fubfumirt, well fonft ber notJ^wenbige
allgemeine SeifaUburc^Seweife würbe erjtDungen werben t5nnen. ®leid^' 33
wol^l aber ift ed barin bem lej^tern il^nlid^, ba^ ed eine Sillgemeinl^eit unb
2)ebuctlon ber äft^etif^en Url^eilc. 287
9tot]^menbtgfett, aber nic^t nad^ ^Begriffen Dom Obfect, foIgUd^ eine blog
fubiectiüe ))orgiebt. Sßeil nun bie Segriffe in einem Urtbeile ben ^n^ait
bcffelben (baö jum ßrlenntnife be§ Dbjecfö ©eJ^Srige) auömad^en, ba«
®ef(bmadiSurt^eil aber ntd^t hixxäi 93egriffe befttmmbar i% fo grfinbet t»
s ji(| nur auf ber fubjectiöen formalen Sebingung eine« Urtbcilö fiberl^aupt.
S)te fubiectiüe Sebingung aller Urtl^eile i[t bai^ äSermögen gn urtbetlen
felbft, ober bie Urt^eiWfraft. ©iefe, in anfel^ung einer SSorfteHung, »o*
burii^ ein ©egenftanb gegeben iDirb, gebrandet, erforbert gmeier 93orfteI=
lungdfr&fte 3ufammenftimmuug: nämli(]b ber @inbilbungdlraft (für bie
10 Slnfc^auung unb bie Sufammenfe^ung bed SRannigfaltigen berfelben) uub
be8 aSerftanbe« (für ben SBegriff ate SSorftellung ber Sinbeit biefer Su=
fammenfe^ung). Beil nun bem Urtl^eile bi^r fein 93egriff Dom Dbiecte
j(um @runbe liegt, fo fann ed nur in ber @ubfumtion ber @inbilbungd«
fraft felbft (bei einer SSorfteHung, moburcb ein Oegenftanb gegeben »irb)
15 unter bie SSebingung, ba^ ber SSerflanb überbauet Don ber Slnfd^auung
}u93egriffen gelangt, befteben. S).i. meil eben barin, ba^ bieginbilbungd«
fraft obne SBegriff fcbematijtrt, bie greibeit berfelben beftebt: fo mufe bad
©efcbmad^urtbeil auf einer bloßen Smpfinbung ber {t(b me(bfelfeitig be=
lebenben ßinbilbungdfraft in il^rer ^^reibeit unb beö SSerftanbed mit
20 feiner Oefe^rndfeigfeit, alfo auf einem ®efüble beruben, ba^ ben ®e»
genftanb nacb ber ßwedmäfeigfeit ber JBorftellung (moburcb ein ©egen^
ftanb gegeben wirb) auf bie Seförberung ber erfenntnifeoermögen in
il^rem freien @:ptele beurtbeilen lägt; unb ber ®ef(bmad( ald fubiectioe
Urtl^eilSfraft entbftU ein ^rinctp ber ©ubfumtion, aber nicbt ber anf(bau=
»5 ungen unter begriffe, fonbern beö SSermögen« ber anfcbauungen ober
©arpellungen (b. i. ber ©inbilbungSfraft) unter ba« Vermögen ber Se«
griffe (b.i. ben SBerftanb), fofern ba« erfiere in feiner greibeit gum
lefeteren in feiner ©efe^mdfeigfeit gufammenftimmt.
Um biefen Sted^tiSgrunb nun burcb eine S)ebuction ber ©efcbmacfiS^
30 urtbeile au^finbig gu macben, fonnen nur bie formalen 6igentpmli(b«
feiten biefer Sri Urtbeile, mitbin fofern an ibnen blog bie logifcbe ^^orm
betracbtet toirb, unS gum Seitfaben bienen.
§36.
93on ber Slufgabe einer S)ebuction ber ©efcbmactiSurtbeile.
3s 9Jlit ber äSabrnebmung eineiS ©egenftanbed fann unmittelbar ber
S9egriff Don einem Dbiecte fiberl^aupt, Don melcbem iene bie em:pirif(l^en
288 ^rtH! ber Urt^eilSfraft. 1. St^eU. MM ber ftft^etifd^en Uri^etldfraft.
$r&bicate entl^dtt, gu einem Srfenntnigurtl^eUe Derbunben uub baburd^
ein @rfa]^rungdurt^eil erzeugt merben. S)ief em Hegen nun S9egriffe a priori
Don ber fqnt^etifc^en 6tn^eit bed ^Rannigfaltigen ber anfd^aunng, um eS
atö Seftimmung eineiS Dbiectö }u benfen, jum ©ruube; unb biefe 93e*
griffe (bie JSategorieen) erforbern eine 2)ebuction, bte auc^ in ber JCritit &
ber r. 33. gegeben morben, n)obur(| benn aud^ bie Sluflbfung ber Aufgabe
)u Staube tommenfonnte: SBte {tnb fqnt^eti{(^e@rfenntnigurtl^eUea priori
mdglid^? S)iefe Slufgabe betraf alfo bie ^rtncipien a priori beS reinen
SSerftanbe« unb feiner tl^eoretifd^en Urt^eile.
2Rit einer SBal^rne^mung fann aber aud^ unmittelbar ein ©effll^I lo
ber Suft (ober Un(uft) unb ein SS^oJ^IgefaUen üerbunben aerben, weld^e«
bie SBorfteUung bt^ Dbiect« begleitet unb berfelben ftatt ^raWcat« bient,
unb fo ein iftl^etifd^eS Urtl^eil, meld^ed fein (Srfenntni^urtl^eil tjl, ent«
fpringen. @inem folc^en, aenn e^ nid^t blo^eS SmpftnbungiS:^, fonbern
ein formales StefleirionS^^Urtl^eil ift, n)eld^ed biefed Sßol^Igefallen jebermann is
als notl^menbig anfinnt, mug etmaS als $rincip a priori gum ©runbe
liegen, toeld^eS aUenfaDS ein blog fubjectiüeS fein mag(n)enn ein obiectioeS
ju fol(!bw art Urtl^eile unmöglich fein foHte), aber auc^ als ein fold^eS
einer ©ebuction bebarf, bamit begriffen »erbe, wie ein fift^ctifc^eS Urtbeil
auf 9)otl^n)enbigfeit Slnfpruc^ mad^en fbnne. hierauf grünbet ftd^ nun bie ao
Slufgabe, mit ber xolx uns je^t befc^&ftigen: SSie ftnb ®ef(^mad(Surtl^ei(e
möglich? SSelc^e Aufgabe alfo bie ^rihctpien a priori ber reinen Urt^eilS^^
fraft in dft^etifd^en Urtl^eilen betrifft, b. i. in fold^en, »o pe nic^t (wie
in ben tl^eoretifc^en) unter oblectiöen SSerjtanbeSbegriffen blofe gu fub^
fumiren l^at unb unter einem ©efefee fielet, fonbern too fte jtd^ felbfl fub» 25
iectiü ®egenftanb fotool^l als ®efe^ tft.
S)iefe Aufgabe fann aud^ fo t)orge{leat »erben: SBie ift ein Urtl^eil
möglid^, baS blog auS bem eigenen ©efül^l ber Suft an einem ©egen^
ftanbe unabl^&ngig Don beffen 99egriffe biefe Suft, als ber äSorfteKung bef»
felben ObfectS in {ebem anbern Subjecte an^&ngig, a priori, b. t. so
ol^ne frembe Seiftimmung abwarten gu bürfen, beurtl^eilte?
S)ag ©efd^madfSurtbeile f^ntl^etifc^e ftnb, ift lei^t eingufel^en, »eil
fte über ben Segriff unb felbft bie Slnfdbauung beS DbiectS ^inauSgel^en
unb etmas, baS gar nid^t einmal @rfenntnig ifl, nämli^ Oeffil^l ber Suft
(ober Unluft), gu Jener als ^rdbicat l^ingutl^un. ©afe fte aber, obgleid^ 35
baS ^rdbtcat (ber mit ber aSorftellung t)erbunbenen eigenen 8uft) em»
:pirifd^ ift, gleid^mol^l, »aS bie geforberte Seiftimmung t)on {ebermann
^ebuction her äfll^ettf^en Urtl^eite. 289
betrifft, Urtl^eile a priori ftnb, ober bofür gel^alten iDerben tooHen, ift
gleic^faDd f(!^on in ben audbrfiden il^red ^(nfprucl^d entl^alten; unb fo ge«
l^ört blcfe aufgäbe ber Ärltlf ber Urtl^citefraft unter baö aügemeine ^ro=
blem ber StranSfcenbentalp^Uofopl^ie: 9Bie jtnb f^ntl^etifc^e Urt^eile a pri-
5 ori miflUc^?
§37.
SSSaS koirb eigentlid^ in einem ©efd^madiSurtl^eile Don einem
©egenftanbe a priori bel^auptet?
2)ag bie SSorfteUung t>on einem @egen{lanbe unmittelbar mit einer
10 Sujl oerbunben fei, fann nur innerlid^ ual^rgenommen merben unb mürbe,
tt)enn man ntd^tS meiter al8 biefeS anjeigen sollte, ein blo^ empirifd^ei^
Urtl^ell geben. S)enn a priori fann i(| mit leiner SSorftetlung ein be*
ftimmted @)efül)l (ber Suft ober ttnluft) ))erbinbeni au^er mo ein ben
SBillen beftimmenbed $rincip a priori in ber 93emunft gum ©runbe liegt;
15 ba benn bie Suft (im moralif(!^en ©efäl^I) bie f^olge baüon ift, eben barum
aber mit ber Suft im ©efd^made gar nid^t oerglid^en merben fann, meil
fte einen beftimmten 99egriff Don einem ®efe^e erforbert: ba l^ingegen
iene unmittelbar mit ber blogen S3eurtl^eilung Dor allem 93egriffe Der-
bunben fein foH. ©al^er finb auc^ ade Oefd^macfSurtl^eile einj^elne Ur=
20 t^eile, meil fte il^r ^räbicat be8 äßol^Igefallend nid^t mit einem begriffe,
fonbern mit einer gegebenen eingelnen empirifd^en Sorftellung oerblnben.
aifo ift ei nid^t bie Suft, fonbern bie SHIgemeingfiUigfeit
biefcr Suft, bie mit ber bloßen Seurt^ellung eineö ©egenftanbeö im
©emfitl^e ali üerbunben mal^rgenommen mirb, toeld^e a priori a\i adge^
26 meine Siegel für bie Urtl^eilSfraft, für jebermann gültig, in einem ®e=
fd^maddurtl^eile »orgeftellt mirb. 6« ift ein empirifd^ed Urt^eil: bag id^
einen ©egenftanb mit Suft mal^rnel^me unb beurtl^eile. &» ift aber ein
Urt^eil a priori : bag i(^ il^n fd^ön finbe, b. i. ieneS äBol^lgefallen feber^^
mann als notl^menbig anftnnen barf.
30 §38.
©ebuction ber ©efd^madtSurtl^cile.
äSenn einger&umt mirb, bog in einem reinen ©efd^madiSurtl^eile ba^3
SBoJ^lgefaDen an bem ©egenftanbe mit ber bloßen 93eurt^eilung feiner
fSrorm oerbunben fei: fo ift t& niddt« anberS, a\9 bie fubiecti^e S^vedt«
StanV^ 6<^rifteB. ®crfe. T. 19
290 Ätitif ber Urt^eiföfraft 1. 2%ciL Äritil ber äft^etifc^en Urt^eiWfroft.
mdfeigfcit berfclbcn für blc Urt^ciföfraft, weld&c toir mit ber Sor[tclIunß
it^ ©egenftanbei^ im ©emutl^e oerbunben em:pfinben. 3)a nun bie Ur-
t^cilsfraft in anfctiung ber formalen SRcßeln ber Seurtl^eUuna, ol^ne oBe
SRaterie (meber @innenem|)finbung noc^ S^egriff), nur auf bie fubjectioen
SBebingungen bed ©ebraud^iiS ber Urtl^eitöfraft überl^aupt (bie aeber auf 5
bie befonbere Sinnesart, noc^ einen befonbern SSerftanbeiSbegriff einge«
fc^ränft i[t) gerid^tet fein lann; folglid^ auf badfenige @ubiectiüe, meli^ed
man in aDen SJlenfd^en (als jum mögUd^en @r{emitnif[e überl^aupt er-
forbcrlid^) Dorauöfe^en lann: fo mufe bie Übcreinftimmung einer SSor*
fteUung mit biefen SBebingungen ber Urtl^eils!raft als für iebermann 10
gültig a priori angenommen werben fonnen. S). i. bie Suft ober fubjectiüe
^toedm&^igfeit ber SSorfteKung für baS SSerl^dltnig ber @rfenntnigt>er=
mögen in ber Seurt^eilung eines ftnnlid^en ©egenftanbeS überl^aupt mirb
iebermann mit SRed^t angefonnen »erben fönnen*).
9(nmertung. 15
S)iefe S)ebuction ift barum fo leidet, meil fte !eine objectiüe dlealitat
eines Begriffs gu red^tfertigen notl^ig l^at; benn @d^ön^eit ift fein äSegriff
))om Obiect, unb baS ©efd^mad^Surtl^eil ift fein Srfenntnigurt^eil. @S
be]^au))tet nur: bag mir bered^tigt ftnb, biefelben fubjecttpen SBebingungen
ber Urtl^eilSfraft allgemein bei febem 3)7enfd^en ))orauSgu{e^en, bie mir 20
in uns antreffen; unb nur nod^, ba^ mir unter biefe Sebiugungen baS
gegebene Dbject richtig fubfumirt l^aben. Dbgleid^ nun bieS le^tere un^
Dermeiblid^e, ber logifd^en Urt^eilSfraft nid^t anl^&ngenbe @d^mierigfetten
l^at (meil man in biefer unter 93egriffe, in ber aftl^etifd^en aber unter ein
•; Um bcrcd^tißt au fein, auf aüö^mcinc SSciftlmmunö au einem bloß auf f ub-
Jectioen ©rönben beru^enben Urt]()eite ber äftl)etif(^en Urtt;eitöfraft Slnfprud^ au
madjien, ift ö^nug, bafe man einräume: 1) 33ei alten 9)^enf(!^en feien bie fubjectiüen
S3ebingungen biefeiS SSennögen^, toa^ baS SBerl^dttnig ber barin in ^ätigfeit gefegten
(Srfenntnifefräfte au einem ©rrenntnife überlftaupt betrifft, einerlei; »el^eS wolftr fein
muB, weil fid; fonft 5Wenfct)en i^rc löorfteUunöen unb f elbft baö (SrfenntniB ni^t niit-
tl^eilen fönnten. 2) ^a^ Urt^eil ^ahe blog auf biefeiS ^erl^dltnig (mithin bie form ale
a3ebin0unö ber Urtl^eiWfraf l) 9lücfrirf)t ßenommen unb fei rein, b. i. lueber mit 93e-
griffen 00m Dbject nod^ ©mpfinbungen M iBeftimmungögrünben, öermengt. SBenn
in Änfe^ung biefe« lejtem aud) gefeljlt »orben, fo betrifft baS nur bie unnötige Hn-
wenbung ber öefngnife, bie ein ©efeft unS giebt, ouf einen befonbern ffaU, woburc^
bie 93efugnig fiber^aupt niti^t aufgehoben roirb.
3)ebuction bcr öfll&ctffd^cn Urll^ette. 291
Mofe euH)finbbare8 SScrl^ältnife bcr an bcr üorgcPcUtcn tJorm bc8 Oblcct«
tt)c(^fclfcitig unter einanber ftimmenben @inbtIbungSfraft unb ht^ 93er«
fianbcö fubfumirt, mo bic ©ubfumtion leidet trügen fann): fo »Irb ba=
burd^ boc^ ber 9fie(|tniägig!eit beiS 3(nfpru(^iS ber Urtl^eitölraft, auf a\i-
5 gemeine Seiftlmmung ju red^nen, nid^tö benommen, »eld^er nur barauf
l^inauiSl&utt, bie Sttd^tigfett beiS ^l^rincipd auS fubiectinen ©ritnben fär
febermann gültig gu urt^eilen. S)enn idqS bte ©d^mierigfeit unb ben
Sweifel »egen ber JRid^tigfeit ber Subfumtion unter jene« ^rincip be=
trifft, jo macftt fte bie 8fled^tmäfeigfeit be« anfpruc^ö auf biefe ©ültigfcit
10 eines äftl^etifd^en Urtl^eild überliQupt, mitl^in ba^ ^rincip felber fo menig
jtteifel^aft, al« bie eben fowol^l (obgleid^ nid^t fo oft unb leidet) fel^lcr*
iiiafte ©ubfumtion ber logifd&cn Urt^eiföfraft unter i^r $rincip ba« le^tere,
»oeld^e« objectlo ifl, gmeifell^aft mad^en fann. SBürbe aber bie grage fein:
SBie ifi eö möglich, bie 5Ratur aU einen Snbegriff üon ®egen[tdnben beS
15 ©efd^modS a priori angunel^men? fo l^at biefe Slufgabe SBegiel^ung auf bie
Ideologie, toeil e« alö ein Qxotd ber 5Ratur augcfel^en »erben müfete, ber
t^rem begriffe wefentUc^ anl^inge, für unfere Urtl^eitefraft jttedtmäfeige
i^ormen aufgufteDen. SIber bie SRid^tigfeit biefer Snnal^me ift nod^ fel^r
gu bejtteifeln^ inbefe bie SBirllid^feit ber SJlaturfd^onl^eiten ber ßrfal^rung
20 offen liegt.
§39.
9Son ber SKittl^eilbarleit einer Smpfinbung.
3Senn @mpfinbung a\& bad SReale ber SBal^rne^mung auf @rfennt=
ttife begogen »irb, fo l^eifet fie @inne^3empftnbung; unb baö ©pecififd^e
25 il^rer Dualit&t I&|t ftd^ nur a\i burd^g&ngig auf gleid^e ^rt mittl^eilbar
DorfteKen, menn man annimmt, ba^ jebermann einen gleid^en @inn mit
bem unfrigen l^abe: biefeS Idgt fi^ aber oon einer ©inneiSempfinbung
fd^Ied^terbingS nid^t Doraudfe^en. @o !ann bem, loeld^em ber @inn be8
©erud^iS fel^It, biefe 3(rt ber 6mpfinbung nid^t mitgetl^eilt merben; unb
30 felbft menn er il^m nid^t mangelt, !ann man bod^ nid^t ftd^er fein, ob er
gerabe bie n&mlid^e Smpfinbung Don einer 93Iume l^abe, bie mir baoon
l^aben. SRod^ mel^r unterfc^ieben muffen mir un8 aber bie SRenfc^en in
änfel^ung ber 9(nnel^mlid^fcit ober Unannel^mlid^Ieit bei ber Sm-
pfinbung eben beffelben ©egenftanbeS ber Sinne oorfteHen; unb eö ift
35 fd^Ied^terbingd nid^t gu t)erlangen, bag bie Suft an bergleid^en @egenftän=
ben oon {ebermann gugeftanben merbe. SRan fann bie Suft oon biefer
19*
292 lerita ber Urt^ell«fraft. l.S^e«. Ärftlf bcr dfl^cttfi^en Urt^cilShaft.
9(rt, aetl fte burd^ ben @inn in hai ©emfitl^ !ommt unb mir babei alfo
pa\^\> finb, bie Sujt beS ©enuffeS nennen.
2)aS So^lflcfaDen on einer ^anblung um il^rcr moralifd^en Se=
f(l^affcn][)elt ©lllen Ift bagegcn feine Sufl beö ®enuffe«, fonbern ber ©elbft^
tl^itigfeit unb beren ©emäfel^eit mit ber 3bee feiner SBeftimmung. 2)iefe« 5
©efül^l, tteld^e« baö pttUd^e Reifet, erforbcrt aber Segriffe unb ftcHt feine
freie, fonbern gefe^Iic^eSmedm&gigfeit bar, I> ftd^ alfo aud^ nid^tanbere
ald Dermittelft ber SSernunft unb, foD bie Suft bei j[ebermann gleid^artig
fein, burd^ fe^r beftimmte praftifc^e SSernunftbegriffe allgemein mittl^eilen.
3)ie 2ufl am erhabenen ber Sdatur, al« Suft ber öernünftelnben 10
(Kontemplation, mac^t gmar aud^ auf allgemeine 3:]^eilne]^mung Snfpruc^,
fe^t aber bod^ fc^on ein anbereS ©eful^I, nämlid^ hai feiner fiberftnnlid^en
SBeftimmung, t)orau$: meld^ed, fo bunfel eiS aud^ fein mag, eine moralifd^e
Orunblage l^at. ©afe aber anbere SRenfc^en barauf SRüdtftc^t nel^men unb
in ber ^Betrachtung ber raul&en ©röfec ber 5Ratur ein SBol^lgefaHen finben lä
»Derben (»eld^e« »al^rl^aftig bem SInblidte berfelben, ber el^er abfd^redtenb
ift, ntd^t gugef^rieben merben fann), bin id^ nid^t fd^Ied^tl^in Dorandju«
fe^en bere^tigt. S)em ungead^tet fann id^ bod^ in Setrad^t beffen, bag
auf jene moralifd^en Einlagen bei jeber fd^idlid^en S3eranlaf|nng Sificfftd^t
genommen »erben foUte, aud^ ieneö SBol^lgefallen iebermann anjinnen, 20
aber nur oermittelft beiS moralif^en ®efefec8, toel^e« fetnerfeit« »ieberum
auf Gegriffen ber Vernunft gegrünbet ifl.
S)agegen ift bie Suft am @d^önen meber eine 2uft bed ©enuffeiS, nod^
einer gefe^Ud^en 5tl|&tigfeit, aud^ nid^t ber t)ernünftelnben Kontemplation
na(^ ^bttn, fonbern ber blofeen SReflejrion. Dl^ne irgenb einen Qmd ober »s
©runbfa^ jur 9Ud^tf(^nur ju l^aben, begleitet biefe Suft bie gemeine Sfuf^
faffung eineiS ©egenftanbeS burd^ bie @inbilbung$fraft, aliS SSermögen ber
anfd^auung, in SBejic^ung auf ben SSerftanb, al« Vermögen ber begriffe,
t)ermittelft eines SSerfal^rend ber Urt^eilSfraft, töeld^ed fte aud^ gum Sel^uf
ber gemeinften ßrfal&rung ausüben mufe: nur bafe pe e8 l^ler, um einen 30
empirifd^en obicctlöen Segriff, bort aber (in ber dft^etifd^en Seurt^eilung)
blog, um bie ^ngemeffenl^eit ber SSorfteQung gur l^armonifd^en (fubiectit)^
gtoedmfifeigen) Sefd^dftigung beiber ©rfenntnifeöermögen in il^rer grei^eit
mal^rgunel^men, b. i. ben JBorfteDungSguftanb mit Suft gu empfinben, gu
tl^un gen5t^igt ift. S)iefe Suft mug not^tt)enbig bei {ebermann auf ben 35
ndmlld^en Sebingungcn berul^en, meil fte fubjectiöe Sebingungen ber
aRöglt(^feit einer @rfenntni6 überl^aupt jtnb, unb bie gJroportion bicfer
3)ebuctlon bcr äfil^ctlfc^en Urtl^eilc. 293
erfcnntnifeDcrmögen, toeld^c gum (Scfd^mad crforbcrt toirb, au(| jum ge«
meinen unb gefunben SSerftanbe erforberlid^ ifl, ben man bei iebermann
öorauSfefecn barf. eben barum barf aud^ ber mit ©cfd^mad Urtl^cilenbe
(menn er nur in biefem »emufetfcin ni^t irrt unb nic^t bie SRateric für
5 bie 5orm, atelj für ©d^ön^eit nimmt) bie f ubjcctiDe Smedtmäfeigfeit, b. i.
fein SBo^Igcfatten am Dbjecte, jebem anbcrn anjtnncn unb fein ©efül^l
aliS aQgemein mitt^eilbar unb gtoar ol^ne SSermittelung ber begriffe am
nel^men.
§40.
10 S3om ©efd^made ald einer Srt Don sensus communis.
3Ran fliebt oft ber Urtl^eilgfraft, toenn nid^t fomol&l il&re aUcpejcion al8
t)ielmelÖr blofe baS SRefultat berfelben bemerllid^ ift, ben 9lamcn cineä
6inneö unb rebet Don einem SBal^rl^eitgfinnc, öon einem ©inne für »n«
jlänbigfeit, ©ered^tigfeit u. f. ».; ob man jmar meife, »enigftenö billig
15 »iffen fönte, bofe eS nid^t ein Sinn ift, in toeld^em bicfe ^Begriffe i^ren
@i^ l^aben lönnen, noc^ meniger, bag biefer ju einem SuSfpruc^e aOge«
meiner Siegeln bie minbefte gd^igfeit l^abc; fonbern bafe un8 üon SBa^r«
Ifeit, ©d^idlid^feit, ©d^ön^eit ober ®ere(!^tigfeit nie eine SJorftellung biefer
9lrt in ^ebanfen fommen fönnte, loenn koir und nid^t über bie @inne gu
20 l^öl^crn ©rfenntnifeöcrmögen erl^cbcn Knuten. 3)er gemeine STOenfdöen«
Derftanbr ben man aliS blog gefunben (nod^ nid^t cuUioirten) SSerftanb
für ha& ®eringfte aufteilt, beffen man nur immer jtd^ Don bem, welcher
auf ben Flamen eined ^enfd^en Slnfprud^ mad^t, gem&rtigen fann, l^at
bal^er auc^ bie !ranlenbe @^re, mit bem 9)amen bei^ ©emeinftnneiS (sensus
35 communis) belegt gu koerben; unb gmar fo, bag man unter bem SBorte
gemein (nid^t blofe in unferer Sprache, bie l^ierin toirflid^ eine QmtU
beutigfeit enthält, fonbern aud^ in mandber anbern) fo Diel a\€ baS vulgare,
roai man allenthalben antrifft, Derftel^t, loeld^eS gu bellten fd^led^terbingS
fein SSerbienft ober SSorgug ift.
30 Unter bem sensus communis aber mu^ man bie ^bee eines gemein^
fd^aftlld^en Sinnes, b. i. eine« SScurtl^eilungSDermögcnS Derftel^en,
»eld^e« in feiner 3teflcfion auf bie JBorftellungSart icbeö anbern in ®e=
banfen (a priori) 9iü(f|td^t nimmt, um gleid^f am an bie gefammte 3Ren=
fd^euDernunft fein Urtl^cil gu Italien unb baburd^ ber Sllupon gu entgegen,
85 bie aud fubiectiDen ^rioatbebingungen, meldte leidet für objectiD gel^alten
iDerben lönnten, auf ba8 ttrtl^eil nat^t^eiligen @influg ^aben loürbe.
294 ^ittf ber Urt^etlfSfraft. 1. 3:^et(. jetittf ber äft^ettf(^en Urt^eitöfraft.
S)iefefS gefd^iel^t nun baburc^, bog man fein Urtl^eil an anberer nid^t fo^
nool^I totrflid^e ald nielmel^r blog möglid^e Urtl^eile l^ält unb fid^ in bie
@teDe iebeiS anbern Derfe^t, inbem man blog t)on ben Sefd^r&nfungen, bie
unferer eigenen Seurt^eilung jufälliger SBeife anl^angen, abftral^irt:
n)eld^es tDteberum baburc^ bemirft mirb, bag man bad, mad in bem ^or« 5
fteQungdjuftanbe SRaterie, b. i. Smpftnbung, ift, fo üiel m5gli(^ iDegl>
nnb lebiglW^ auf bie formalen 6igentl^ümli(|feiten feiner SSorfteüung ober
feineiS SSorfteQungSiuflanbed Sld^t ^at. 9lun f(|eint biefe Operation ber
9{efIe;rion Dieüeid^t allgu fßnftlicl^ gu fein, um fie bem SSermogen, meld^ed
mir ben gemeinen Sinn nennen, bcijulegen; allein fie pel^t au(!^ nur fo 1«
aufS, menn man fie in abftracten i^ormeln audbrfidt; an ftd^ ift nid^tö
natürlid^er, a\^ oon Sieij unb Sftül^rung gu abfiral^iren, menn man ein
Urtl^eil fud^t, toeld^ed gur aQgemeinen Sflegel bienen foll.
golgenbe SKa.rimcn beö gemeinen TOenfc^enöcrftanbe« gel(5ren gmar
nid^t l^iel^er, al$ 2:i^eile ber ©efd^mad^^Sfritif, tonnen aber boc^ gut Sr^ 15
Iduterung i^rer ©runbfd^e bienen. @^ ftub folgenbe: 1. @elbftbenfen;
2. an ber ©tefle jebe« anbern benfen; 3. Sebergeit mit ftd^ fctbft ein=
[timmig benfen. 2)ie erfte ift bieSWafime ber »orurtl^eilfreicn, bie
jioeitc ber erweiterten, bie britte ber confequenten S)enfung§art.
©ie erfte ift bie aßajrime einer niemals paff inen JBernunft. ©er $ang 20
gur le^tern, mitl^in gur ^eteronomie ber 93ernunft l)eigt baiS SBorurtl^eil;
unb baö gröfete unter allen ift, ftdb bie 5Ratur Siegeln, meldte ber SBerftanb
il^r burd^ fein eigene^ mefentlid^eiS ®efe^ gum ©runbe legt, ald nid^t untere
morfen üorgufteüen: b. i. ber SIberglaube. Befreiung Dom Slberglauben
l^eifet äufflärung*): meil, obfd^on biefe ^Benennung aud^ ber Befreiung 25
üon aSorurt^cilen überl^aupt gufommt, jener boc^ üorjugömeife (in sensu
eminenti) ein SSorurt^cil genannt gu »erben oerbient, inbem bie a3linb=
l[)eit, morin ber Aberglaube ücrfefet, ja pe wol^l gar alö Obliegenheit forbert,
*) aj^an fielet üalb, bag ^Cufflctrung aroar in ^befi let^t, in ^i)potl^efi aber
eine fd^iuere unb langfam au^aufül^renbe @a^e fei: meil mit feiner S3ernmtft ni^t so
paffiö, fonbern ieberjeit fiij^ felbft öefefegebcnb au fein aroar etwoö ganj Öei^te5 für
ben ^enfti^en ifl, ber nur feinem mefentlt(^en Qwe^t angeme{fen fein roiQ unb ba^,
lua^S über feinen iSBerftanb ift, nici^t 5U roiffen t)erlangt; aber ba bie 93efirebung gum
legieren faum au Derl^üten ift, unb e€ an anbern, roelti^e biefe SBigbegierbe befdebigen
3U fönnen mit uieler ßuDerfi^t i^erfprec^en, nie \e1)Un roirb: fo mug ba^ blog !RegatiDe 35
(melc^eS bie eigentliche ^ufHärung au$ma(l)t) in ber 2)en!ungdart (gumal ber öffent«
U(^en) au erl^alten ober l^eraupeflen fc^r fc^mer fein.
S)ebuction ber Afi^etif^en Itrtl^eUe. 295
ba^ Sebfirfnig Don anberu geleitet gu toerben, mithin ben Suftanb einer
pa{ft))en äSernunft t)oriä8li(^ fenntli^ mod^t. Sßai^ bie jtoeite ^ajrime ber
©cnfungiSart betrifft, fo pnb wir fonft idoI^I gewohnt, benjcnlflen einge«
f(^rfinft (bornirt, baö ©egentl^eil öon erweitert) ju nennen, beffen a:o*
s lente gu feinem großen ©ebrau^e (üornel^mlid^ bem inten|ioen) julangen.
aUcln l^ier ift nid^t bie 3tebe Dorn SBermogen be8 ßrfenntntffe«, fonbern
üon ber S)enfungi$art, einen giDedmägigen ©ebraud^ baDon gu mad^en:
aeld^e, fo Hein aud^ ber Umfang unb ber ®rab fei, iDol^in bie 9laturgabe
be« SWenfd^en reid^t, beunod^ einen SRann öon ermeiterter ©enfungS*
10 art angeigt, n)enn er jid^ fiber bie fubjectiDen ^rtüatbebingungen bed Ur-
t^eil«, wogtoifd^en fo ötele anbere tt)ie eingeflammert jtnb, »egfe^t unb
aus einem allgemeinen @tanb|)unTte (ben er baburd^ nur beftimmen
lann, ba^ er jid^ in ben @tanbpunft anberer Derfe^t) über fein eigene^S
Urtl^eil reflectirt. S)ie britte 3Wa.rime, nftmlic^ bie ber confequenten
35 S)en!ungSart, ift am fd^iDerften gu erretd^en unb lann aud^ nur bur^ bie
Serbinbung beiber erften unb nad^ einer gur gertigfeit ge»orbenen öfteren
SScfolgung berfelbcn erreid^t »erben. 3Ran fann fagen: bie erfte biefer
5Kaj:imen ift bie SRayime be2 SSerftaube«, bie gweitc ber Urt^eilöfraft, bie
britte ber Vernunft. —
ao 2!^ nel^me ben burc^ btefe @pifobe t)erlaf[enen $aben iDieber auf unb
fage: bag ber ®ef(!^madC mit mel^rerem' Siedete sensus communis genannt
n)erben tonne, a\& ber gefunbe SSerftanb; unb bag bie äft^etifd^e ttr«
* t^eiföfraft el)er al« bie intellectucne ben 5Ramen eine« gemeinfc^aftlid^en
Sinnes*) fäl^ren I5nne, menn man ia ba« SBort @inn \>on einer äBirfung
25 ber blofeen SReflefion auf baiS Ocmutl^ braud^en ©iU: benn ba üerftel^t
man unter ©inn ba« Oefü^l ber guft. 30?an fönnte fogar htn ©efd^mad
burd^ ba« Seurt^eilungSüermögen be«|enigen, toa« unfer®efü]^l an einer
gegebenen SSorfteüung ol^ne SSermittelung eine« 93egriff« allgemein
mittl^eilbar mac^t, bepnircn.
30 S)ie ®ef(!^id[li4)feit ber ÜWenfd&en pd^ il^rc ©ebanfen mitgut^eilen er*
forbert aud^ ein SBer^dltnife ber ßinbilbungSfraft unb be« SBerftanbe«, um
ben ^Begriffen Slnfd^auungen unb biefen mieberum SBegriffe gugugefeHen,
bie in ein Srlenntnig gufammenfliegen; aber al«bann ift bie ßufammen*
ftimmung beiber ®emüt]^«fräfte gef efelid^ unter bem Spange beftimmter
35 *) ÜRan !5nnte ben ®ef(^mad burd^ sensus communis aestheticus, ben ge*
meinen SJ^enfci^enoerftanb burd^ sensus communis logicus begeici^nen.
296 i^ittf 5er Urt^eUdfraft. 1. Z^til Sttiixt bec öfl^etif<i^en Urtl^eildfroft.
^Begriffe. 9lur ba, koo SinbilbungStraft in il^rer Steilheit ben SSerftanb
txmdt, unb biefer oline Segriffe bie @tnbilbungdfraft in ein regelmäßige^
(Spiel Derfe^t: ba t^eilt ftd^ bie SSorfteQung, nid^t ald ®ebanle, fonbern
atö innereiS ©efül^l eine^ imedmägigen Suftanbed bed OemütH tnit.
S)er ©efc^mad i[t alfo baS ä3erm5gen, bie äRitt^eilbarfeit ber ®e^ s
fül^le, toeld^e mit gegebener SBorileUung (oline äSermittelung eined Se>
griff«) »erbunben jtnb, a priori ju beurtl^eilcn.
Sßenn man annehmen bfirfte, bag bie bIo|e aUgemeine 3Rittl^ei(bar*
feit {eines ©efai^tö an ftc^ fc^on ein Sntereffe fär m^ bei fid^ fftl^ren
mflffe (meld^ed man aber a\x& ber 99ef(^affenl^eit einer bIo| reflectirenben lo
Urtl^eilStraft gu fc^Iiegen nid^t bered^tigt ifl): fo mürbe man {td^ erHiren
f5nnen, mol^er bad ©efül^l im ©efd^madtiSurt^eile gleic^fam atö $flid^t
iebermann gugemut^et toerbe.
§41.
S3om empirifd^en 3!ntereffe am €d^5nen. »
S)ag baS ©efd^madC^urtl^eil mobur^ ettoaS f&r fd^on erfldrt mirb,
fein Sntereffe gum S3eftimmung8grunbe l^aben mfiffe, ift oben l^in*
reic^enb bargetl^an morben. 8ber baraud folgt nid^t, baß, nad^bem eS ald
reineiS dft^etifd^eiS Urtl^eil gegeben fborben, fein ^ntereffe bamit Derbunben
merben f5nne. S)ie[e SBerbinbung mirb aber immer nur inbirect fein 20
fonnen, b. i. ber ©efd^macf mufe allererft mit etttaö anberem öerbunben
DorgefteDt toerben, um mit bem äBo^IgefaQen ber bloßen 9iefle;rion übet
einen ©egenftanb no(^ eine guft an ber @;rifleng beffelben (ald motin
aUeS Sntereffe befielet) i)erfnü))fen gu fönnen. S)enn ed gilt ^ier im
aftl^etifd^en ttrtl^eile, aaS im ßrfenntni^urtl^eile (oon S)ingen über^au|)t) S5
gefagt kotrb: a posse ad esse non valet consequentia. S)iefej$ Slnbere
fann nun etmaö @mpirifd^e8 fein, n&mlid^ eine Steigung, bie ber menfc^*
lid^en 9latur eigen ift; ober etmaS SnteQectuened als @igenfd^aft bed
SBiOend, a priori burd^ SSernunft beftimmt merben gu fonnen: meiere
beibe ein SBo^Igefallen am 3)afein eineiS DbiectiS entl^alten unb fo ben 30
©runb gu einem ^ntereffe an bemjenigen legen fonnen, mad fd^on für
ftd^ unb ol^ne 9iücf jtd^t aut irgenb ein ^ntereffe gefallen l^at.
empirif(^ interefjirt baS ©d^öne nur in ber Oefellfc^aft; unb
menn man ben 2;rieb gur ©efeDfd^aft als bem 3Renfd^en natürlid^, bie
S:auglic^feit aber unb ben ^ang bagu, b. i. bie ©efelligfeit, gut @r« 35
2)ebuction ber äft^etifd^en Urtl^etle. 297
forbernig beS SRenfcl^en al« für bie ®efeaf(^aft beftimmten ©efd^öpfiS, olfo
als jtur ^umanitdt gelförlge @igenf(|Qft, einräumt: fo lann e$ ntd^t
felflen, bag man nid^t auc^ ben ©efd^madC aU ein Seurtl^ellungSüermögen
aDe$ beffen, iDoburd^ man fogar fein ©eful^l jebem anbern mttt][)eilen
5 tann, mitl^in a\^ 93ef5rberungiSmittel beffen, load eines {eben naturlid^e
9{eigung verlangt, anfeilen foDte.
gür fldö allein »ürbe ein öerlaffener aRenfdö auf einer »üften Snfel
koeber feine ^fitte, nod^ ftd^ felbft auSpu^en, ober Slumen auffud^en, nod^
toeniger fte |)flangen, um ^ii bamit audgufcJ^müden; fonbern nur in @t^
10 fenf(|aft !ommt eiS il^m ein, nid^t blog SRenfc^, fonbern aud^ nad^ feiner
8lrt ein feiner 3Kenfdö gu fein (ber Anfang ber ßioiliftrung): benn alö
einen fold^en beurtl^eilt man benjenigen, iDeld^er feine 8uft anbern mitju«
tl^eilen geneigt unb gefd^idtt ifl, unb ben ein Object ntd^t befriebigt, menn
er baS SSol^IgefaUen an bemfelben nic^t in ©emeinfd^aft mit anbern
15 ffil^Ien lann. Suc^ ermartet unb forbert ein ieber bie Sflfidftd^t auf aO»
gemeine SKittl^eilung t)on iebermann, gleid^fam a\& ou8 einem urfprüng«
lid^cn Vertrage, ber burc^ bie SD?enf^]^eit felbft blctirt ifi; unb fo toerben
freilid^ anfangs nur Sfteije, g. SB. färben, um ftd^ gu bemalen (SRocou bei
ben (Saraiben unb Sinnober bei ben Srofefen), ober ffllumcn, SRufd^et
20 fd&alen, fd^5nfarbige SBogelfebern, mit ber 3«t aber aud^ fd^öne formen
(al« an ßanotö, Äleibern u. f. to.), bie gar fein SSergnügen, b. i. SSBoJ^U
gefallen be« ©enuffe«, bei ftd^ föl^ren, in ber ©efeUfd^aft mld^tig unb mit
großem Sntereffe Derbunben: bis enblid^ bie auf benl^öc^ften $un!t ge^
fommene Siüilijtrung barauS beinal^e haS ^aviptmxt ber t)erfeinerten
25 SReigung mac^t, unb (gmppnbungen nur fo oiel mertl^ gel^alten »erben,
als fie ftd^ allgemein mittl^eilen laffen; mo benn, loenn gleich bieSuft, bie
ieber an einem fold^en ©egenftanbe l^at, nur unbetrad^tlid^ unb für ftd^
o^nc merflic^eS Sntereffe ift, bod^ bie 3bee öon il^rer allgemeinen W\U
tl^eilbarteit il^ren Sßertj^ beinal^e unenblid^ oergrögert.
30 S)iefeS inbirect bem @d^onen burd^ 9leigung gur ®efellf(^aft ange^
pngte, mttl^in empirifc^e Sntereffe ift aber für uns ^ier oon feiner SBic^»
tigfeit, bie mir nur barauf gu feigen ^aben, U)aS auf baS ®efd^ma(fsurt{)eil
a priori, menn gleid^ nur inbirect, SBegiel^ung ^aben mag. 3)enn menn
aud^ in biefer gorm ftd^ ein bamit öerbunbeneS Sntereffe entbedten follte,
35 fo mürbe ©efd^madf einen Übergang unfereS Seurtl^eilungSDermogenS
Don bem @innengenug gum @ittengefäl^l entbeden; unb nic^t allein, ba^
man baburd^ ben ©efc^madC gmedfm&gig gu befd^dftigen beffer geleitet
298 Ärtti! bcr Urt^eiWfraft. 1. X^cll. Äritif ber dfH^etifd^en Utt^ctKfraft.
iDcrben »urbe, eiS loürbe auc^ ein SRittelgUeb ber Jtette ber menfd^Uc^en
S3erm5gen a priori, Don benen aDe ©efe^gebung abl^Angen mug, als ein
fold^e« barfleftcUt werben. So öiel fann man öon bem empirifd^cn 3«*^^*
effc an ©egenftftnben be« ©efd^madf« unb am ©cfd^mad felbft »o^l fagen,
bafe e«, ba biefer ber Steigung frol^nt, obglei^ pe nod^ fo verfeinert fein s
mag, fi(^ boc^ aud^ mit aDen Steigungen unb Seibenfd^aften, bie in ber
©efellfd^aft tl^re grofete SWannigfaltigfeit unb l^öd^fte ©tufe erreid^cn, gern
gufammenfc^melgen I>, unb baS Sntereffe am @d^5nen, menn ed barauf
gegrunbet ift, einen nur fel^r gmeibeutigen Übergang t)om Slngenel^men
gum ®uten abgeben fönne. Db aber biefer nid^t et»a bod^ burd& ben ®e* lo
fd^madf, toenn er in feiner Sieinigfeit genommen »irb, beförbert »erben
fönne, ^aben »ir ju unterfud^en Urfad^c.
§42.
SSom intellectuellen Sntereffe am ©d^önen.
(S^ gefd^al) in gutmfitl^iger Slbfid^t, ha^ biejenigen, »eldge ade 93e« 15
fc^&ftigungen ber SRenfd^en, »ogu biefe bie innere 9laturanlage antreibt,
gerne auf ben legten Qxo^d ber aWcnfd^^eit, ndmlid^ baS 5Woralifd^^®ute,
rid^ten »outen, eS ffir ein 3^i<4^n eines guten moralifc^en ßl^arafterd
l^ielten, am ©d^önen überl^aupt ein g^tcreffe gu nel^men. S^nen ift aber
nid^t ol^ne ®runb oon anbern »iberfproc^en »orben, bie fic^ auf bie @r« ^
fal)rung berufen, bafe SSirtuofen be« ©efd^madfs, nid^t allein öfter, fon*
bem »ol^l gar getoö^ulid^ eitel, etgenftnnig unb üerberblid^en Seibenfc^af^^
ten ergeben, ))ielleid^t nod^ »eniger mie anbere auf ben SSorgug ber 3ln«
l^anglid^feit an ftttlid^e ©runbfä^e Slnfprud^ mad^en fonnten; unb fo
fd^eiut e«, bafe baö ®efftl(l für ba« ©d^öne nld^t allein (»ie eö aud^ »irf* 25
lid^ ift) t)om moralifd^en ©efül^l fpecififd^ unterfc^ieben, fonbern aud^ baS
Sntereffe, »eld^eS man bamit öcrbinben fann, mit bem moralifd^en
f4)tt)er, feineStoegeS aber burd^ innere Slffinitat vereinbar fei.
3d^ rdume nun gtoar gerne ein, bafe ba« Sntereffe am©(^onenber
^unft (mogu id^ aud^ ben f&nftlid^en ©ebraud^ berStaturfc^önl^eiten gum so
^u^e, mitl|in gur ©itclfcit red^ne) gar feinen SBetoelS einer bem SRoralifd^*
©Uten anl^&nglid^en, ober aud^ nur bagu geneigten S)enfungSart abgebe,
dagegen aber behaupte id&, bafe ein unmittelbare« S^t^^^^ff^ ön ber
©d^önl^eit ber 9latur gu nel^men (nid^t blo^ ©efd^madf ^aben, um fie gu
beurtl^eilen) jebergeit ein Äenngeid^en einer guten ©eele fei; unb bafe, 35
3)cbuction bet äft^eltfd&en Urtlftcite. 299
locnn blefciS Sntcreffc liabltucll ift, c« »cnigftcn« eine bem moralffd&en
©eful^l gflnfiige ©emfit^Sfttmmung angeige, loenn eS jtd^ mit ber S3e«
fd^auung ber Statur gerne ücrMnbet. SWan mufe jtc^ aber m\)l er»
inncrn, bafe iii l)ier eiflcntlic^ bie fd^önen gormeu ber 5Ratur meine, bie
5 SReige bagegen, iDeI(|e {te fo reid^Iid^ au(^ mit jenen }u t)erbinben pflegt,
noc^ jur ©eite fefee, »eil ba^ Sntereffe baran gtoar aud^ unmittelbar, aber
bod^ empirifc^ ift.
3)cr, »eld^er einfam (uub ol^ne abftd^t, feine Semerfungen anbern
mittl^eilen ju moHen) bie fd^önc ®epalt einer »ilben Slume, eineSSBogel«,
30 eines gnfectö u. f. to. betrad^tet, um jie gu bemunbern, gu lieben unb jte
uid^t gerne in ber Statur uberl^aupt Dermiffen gu moHen, ob i^m gleich
baburd^ einiger @d^aben gefd^&l^e, Diel meniger ein Stufen barauS für i^n
^eröorleud^tete, nimmt ein unmittelbares unb gtoar inteHectuelle« 3nter=
effe an ber ©d^önl^eit ber SRatur. S). i. nid^t allein il^r 5ßrobuct ber gorm
15 nad^, fonbern aud^ baS S)afein beffelben gef&Ut il^m, ol^ne bag ein
@tnnenreig baran 9(nt^eil l^ätte, ober er auc^ irgenb einen ßtt^edt bamit
t)erbdnbe.
@S ift aber l^iebei merftourbig, bag, »enn man biefen Siebl)aber
be« ©d^onen inögel^eim l(intergangen unb fünftlid^e SBlumen (bie man
20 ben naturlid^en gang d^nlid^ oerfertigen fann) in bie grbe geftedtt, ober
fünftlid^ gefd&nifete SSogel auf S»«i8^ ^^^ Säumen gefegt l^dtte, unb er
barauf ben Setrug entbedEte, baS unmittelbare gntcr^ff^f ^^^ er Dorl^er
baran nal^m, alsbalb oerfc^minben, t)ielleidbt aber ein anbereS, ndmlid^
Das 3ntereffe ber ©itelfeit, fein ßiinmer für frembe Slugen bamit auSgu*
25 fd^müden, an beffcn ©tette jtd^ einfinben »ürbe. ©afe bie Statur jene
©d^onl^eit ^erDorgebrac^t l^at: biefer ©ebanfe mug bie Slnfd^auung unb
ateflefion begleiten; unb auf biefem grünbet jid^ allein baS unmittelbare
Sntereffe, loaS man baran nimmt, ©onft bleibt entioeber ein bloßes ®e«
fd^madfSurtl^eil o^ne alle« Sntereffe, ober nur ein mit einem mittelbaren,
30 nfimlid) auf bie®efenf(^aft begogenen, üerbunbene« übrig: »elc^eS legiere
feine pd^ere Slngeige auf moralif(l)=gute 35enfungSart abgiebt.
5)iefer SSorgug ber Staturfd^önl^eit oor ber Äunfifd^önl^eit, »enn jene
gleid^ burc^ biefe ber iJorm nac^ fogar iibertroffen loürbe, bennod^ aöein
ein unmittelbares 3ntereffe gu erioeden, ftimmt mit ber geläuterten unb
35 grünblid^en 35eufungSart aller SJtenfd^en überein, bie xijx fittlid^eS ®efü]^l
cultiDirt l^aben. SBenn ein SRann, ber ©efd^madE genug ^at, um über
^robucte ber fd()onen Äunft mit ber größten Stid^tigfeit unb geinl^elt gu
300 ^itt! ber Urtl^eitiSfraft. 1. ^l^eil. ^m hex äfil^etifc^en Urtl^eiCdlraft.
urtl^eilen, bad 3tmmer gern üerl>, in koeld^em fene bie Sitelfeit unb
allenfalls gefeUfd^aftlid^e ^reuben unterl^altenben @(l^5n]^eiten angutreffen
ftnb, nnb ftd^ gum Sd^onen ber Statur loenbet, um l^ter gleid^fam SSoÜujl
für feinen ®eift in einem ©ebanfengange gu ftnben, ben er ^d^ nie t)5tlig
entmideln lann: fo merben nir biefe feine SBa^I f eiber mit ^od^ad^tung 5
betrad^ten unb in il^m eine fd^öne @eele Doraudfe^en, auf bie lein ^unfi«
lenner unb Siebl^aber um bt& 3>ntereffe koillen, bas er an feinen ®egen«
flduben nimmt, Slnfprud^ mad^en lann. — SSaS ift nun ber Unterfd^ieb
ber fo Derfd^iebenen @d^d^ung gmeierlei Dbiecte, bie im Urtl^eile beS
bloßen ©efd^madfiS einanber faum ben SSorjug ßreitig mad^en kofirben? 10
SBir l&aben ein SSermögen ber blofe dft^etifc^en Urtl^eiWfraft, ol^ne
Segriffe über formen 3uurt^eilen unb an ber blofeen SBeurt^eilung
berfelben ein SBol^IgefaUen 3U ftnben, koelc^eS koir gugleid^ jebermann gur
SRegel mad^en, ol^ne bafe biefeö Urtl^eil fid^ auf einem Sntereffe grünbet,
nocft ein fold^eö l^erüorbringt. — Sünbererfeitg l^aben toir audd ein JBer« 15
mögen einer inteHectueHen Urtl^eilöfraft, für blofee formen praftifd&er
3Ra;rimen (fofern fte jtd^ gur allgemeinen ©efe^gebung Don felbft quali«
pciren) ein SBol^IgefaHen a priori gu beftimmen, toeld^eS mir febermann
gum ©efe^e machen, ol^ne bag unfer Urtl^eil fi(^ auf irgenb einem 3>nter:^
effe grünbet, aber bod^ ein folcfte« l^erüorbringt S>k Suft ober Un» 20
luft im erfteren Urtl^eile Reifet bie be8 ©efd^madfö, bie gweitc be« morali*
fd^en ©efüp.
3)a cö aber bie SSernunft aud^ interefprt, bafe bie Sbeen (für bie fte
im moralifd^en ©efül^Ie ein unmittelbares Sntereffe bekoirft) aud^ objec«
tiDe 9tealitdt ^aben, b. i. bag bie ülatur menigfienS eine @pur geige, ober 23
einen SSinI gebe, fte entl^alte in ftd^ irgenb einen ©runb, eine gefe^mdgige
Übercinftimmung il^rer ^robucte gu uuferm oon allem Sntereffe unab*
l^ängigen SSol^IgefaÜen (iDeld^eS toir a priori für iebermann als ®efe^
erfennen, ol^ne biefeS auf Setoeifen grünben gu Ibnnen) angunel^men: fo
mufe bie aSernunft an jeber äufeerung ber Sftatur öon einer biefer dl^nli* »
c^en Übereinftimmung ein Sntereffe nel^men; folglid^ lann baS ©emütl^
ftber bie Sd^onl^eit ber 9latur ntd^t nac^benfen, ol^ne {td^ babei gugleid^
interefftrt gu finben. 3)iefeS Sntcreffe aber ift ber aSerioanbtfd&aft nad^
moralifcft; unb ber, loeld&er eS am Sd&önen ber SHatur nimmt, fann eS
nur fofern an bemfelben nel^men, als er Dorl^er fc^on fein gntereffc am »
©ittlid)»®uten looblgegrünbet l^at. SBen alfo bie ©c^önl^eit ber 3latur
2)ebuction ber fifl^ettfö^n Urtl^elle. 301
unmittelbar interefftrt, bei bem l^at man Urfa()^e, menigftenS eine S(n«
läge ju guter moralifd^en ©eftnnung gu üermutl^en.
3Ran mirb fagen: biefe 3)eutung äftl^tifd^er Urtl^etle auf SSermanbt«
fd^aft mit bem moralifd^en ©effil^I fel^e gar gu ftubirt auiS, um fte fär bie
5 malere SuiSlegung ber ^l^iffrefc^rift ju Italien, »oburd^ bie 9latur in i^ren
f(^5nen f^ormen figürlid^ ju uniS fpric^t. SDein erftli(^ ift biefe^S unmit«
telbare gntereffe am Sd&önen ber $Ratur »irflid^ nid^t gemein, fonbern
nur benen eigen, bereu 3)enIung<Sart entmeber jum ©uten fd^on audge«»
bilbet, ober biefer SiuSbilbung üorgüglid^ empfänglich ift; unb bann ffil^rt
10 bie Analogie 3tt)ifdE)en bem reinen ©efd^macfiSurtl^eile, »eld^ed, ol^ne Don
irgenb einem 3ntereffe abgul^iängen, ein SBol^IgefaQen füllten Idgi unb t^
iugleic^ a priori al8 ber SRenfd^l^eit fiberl^aupt anft&nbig DorfteÜt, unb
bem moraIif(^en Urtl^eile, melc^eiS eben baffelbe au$ Segriffen tl^ut, aud^
o^ne beutlid^eS, fubtiied unb oorffi^Iid^eö 9lad^benlen auf ein gIeidE)m&6i'
15 ged unmittelbares ^ntereffe an bem ©egenftanbe beiS erfteren, fo mie an
bem be« legieren: nur bafe jene« ein freies, biefeS ein auf objectiüe ®efe^e
gegrflnbeteS ^ntereffe ifi. IDagu fommt noc^ bie Setounberung ber 3la^
tur, bie ftd^ an il^ren fd^5nen firobucten als JSunft, ni(^t bloB bur^ 3u'
faK, fonbern gleid^fam abpd^tlid^, nad^ gefe^magiger Slnorbnung unb als
20 3n>edmfigigreit ol^ne S^oedf, geigt: meldten legieren, ba mir i^n fiugerlid^
nirgenb antreffen, mir natfirlid^er SBeife in uns felbfl unb gmar in bem»
ienigen, maS ben legten Qmd unfereS IDafeinS auSmad^t, ndmlic^ ber
moralifd^en Seftimmung, fud^en (oon melc^er ^ad^frage nad^ bem ®runbe
ber 3R5glid&feit einer folc^en Sttaturjmedfmäfeigfelt aber atlererfl in ber
25 Steleologie bie SRebe fein toirb).
S)ag baS SBol^lgefallen an ber fc^önen j^unft im reinen ©efd^madfs^
urtl^ieile nid^t eben fo mit einem unmittelbaren Sntereffe öerbunben ift,
als baS an ber fd^bnen 9latur, ift aud^ leidet gu erfl&ren. S)enn jene ift
entmeber eine folc^e Slad^al^mung Don biefer, bie bis gur Sdufd^ung gel^t:
30 unb aisbann t^ut [k bie SBirfung als (bafflr gef^altene) 9laturfdE)5nf)eit;
ober fte ifl eine abfid^tlid^ auf unfer äßol^lgefaUen ftc^tbarlid^ gerichtete
Jhtnft: aisbann aber mürbe baS SBo^lgefallen an biefem $robucte gmar
unmittelbar burd^ ®ef(^madC @tatt finben, aber fein anbereS als mittel«
bares ^ntereffe au ber gum ®runbe liegenben Urfad^e ermedCen, namlid^
35 einer Äunft, meldte nur burd^ il^ren Qmed, niemals an fid^ felbft inter»
efftren lann. 9Ran mirb t)ielleid^t fagen, bag biefeS aud^ ber f^all fei,
menn ein Dbiect ber 9latur burd^ feine @d()5n]^eit nur in fofern inter«
302 ^tttf ber Urtl^ettdfroft. 1. Z^t\l Sttiiif ber fift^ettf(!^en Utt^eiUfraft.
efftrt, aU tt^x eine moraltfd^e ^bee beigefellt toirb; aber nid^t biefeS, fon«
bern bie Sefc^affenl^eit betfelben an fid^ jelbfi, ba^ fte ftd^ ju einer folt^en
SBelflcJeDunfl qualipcirt, bie il^r alfo inncrlid^ gufommt, interef jtrt unmit
telbar.
S)ie Sieige in ber fd^önen 9latur, toeld^e fo l^duftg mit ber fd^önen &
gorm flleid&fam jufammenfc^meljenb angetroffen »erben, jtnb entoeber
äu ben aWobificationen be8 2id^tö (in ber garbengebung) ober beS ©d^afle«
(in Jonen) gel^örig. ©enn biefe pnb bie cingigen enn)finbungen, toelc^e
nid^t bloB ©innengeful^I, fonbern aud^ 9{ef[e;cion über bie f^orm biefer
SRobificationen ber @inne üerftatten unb fo gleid^fam eine @prad^e, bie lo
bie %atnr gu uniS fül^rt, unb bie einen l^öl^ern @inn gu l^aben fc^eint, in
ftd^ entl^alten. @o fd^eint bie »eige f^arbe ber Silie ba^ ©emfit^ gu 3be«
en ber Unfc^ulb unb nad^ ber Drbnung ber jteben garben oon ber rotl^en
an bis gur oiolctten 1) gur gbee ber ©r^abenl^eit, 2) ber Äü^nfteit, 3) ber
greimntl^igfeit, 4) ber greunblidöfeit, 5) ber fflefcftciben^eit, 6) ber Stanb- is
l&aftigfeit unb 7) ber Sättlid&feit gu ftimmen. 3)er (Sefang ber SSögel
DertAnbigt t$töl)Itd^feit unb ßufrieben^eit mit feiner @;rifieng. äßenig«
ften<S fo beuten mir bie 9tatur au8, e^ mag bergleid^en i^re tübftd^t fein
ober nid^t. tüber biefed Sntereffe, meld^eS mir l^ier an @d^on^eit nel^men,
bebarf burc^aud, bag ed @d^5n^eit ber 9tatur fei; unb ed Derfd^minbet 20
gang, fobalb man bemerlt, man fei get&ufd^t, unb t^ fei nur Jtunft: fo
gar, bag aud^ ber ®ef(^madC alsbann nid^tö @d^öneiS, ober ba^ ©eftd^t
etmad SfleigenbeiS mel^r baran finben fann. 98aiS mirb oon S)idbtem l^bl^er
ge^riefen, aU ber begaubernb fc^öne @d^lag ber ^lad^tigaU in einfamen
©ebfifc^en an einem ftiDen @ommerabenbe bei bem fanften Sid^te be9 ss
5IKonbeg? gnbeffen l^at man SBcifpiele, bafe, mo fein fold^er Sänger an-
getroffen mirb, irgenb ein luftiger SBirtl^ feine gum ©enug ber Sanbluft
bei il^m eingefe^rten ®&fte baburc^ gu il^rer größten Sufriebenl^eit l^inter«
gangen l^atte, bag er einen mutI)miDigen S3urf(^en, meld^er biefen @d^Iag
(mit @d^ilf ober 9lol^r im 3Runbe) gang ber 9tatur äl^nlic^ na(^gumad^en 30
mugte, in einem ©ebüfc^e ))erbarg. @obaIb man aber inne mirb, bag ed
Setrug fei, fo mirb niemanb e« lange auöl^alten, biefem Dörfer für fo rci*
genb gel^altenen ®efange gugul^oren ; unb fo ift eis mit iebem anberen @ing«
öogel befd^affen. (5ö mufe Sftatur fein, ober Don un§ bafür gel^alten toer=
ben, bamit mir an bem Schönen ald einem fold^en ein unmittelbareis 35
Sntereffe nel^men fönnen; nod^ mel^r aber, menn mir gar anbcm gu»
mutigen bfirfen, bag f^e ed baran nel^men foHen: meld^eS in ber 2:]^at ge*
S)ebuction ber äftl^ettfc^en Uri^ette. 303
fd&icl^t, inbem tolr blc 2)cnfunfl8art bercr für flrob imb uncbcl l^altcn, bie
fein @efu]^I für bie fd^5ne 9latur ^aben (benn fo nennen loir bie @m»
:pfdnglid^feit einei» ^ntereffe an il^rer Setrad^tung) unb {td^ bei ber äßal^U
geit ober ber SouteiUe am ©enuffe bloßer @{nne^^em:pfinbungen l^atten.
5 §43.
93on ber j^unft überl^aupt.
1) Äunfl tt)irb öon ber 9iatur, »ie Sl^un (facere) üom ^anbeln
ober aSBirfen überl^au^)! (agere) unb ba8 ^robuct, ober bie golge ber er*
ftern, aU SBerf (opus) Don ber le^tern als SBirfung (effectus) unter»
10 f^ieben.
aSon JRed^tötoeflen foUte man nur bie ^eröorbringung burdd greil)ett,
b. i. burd^ eine äSiUIür, bie il^ren ^anblungen 93ernunft jum ©runbe
legt, j^unft nennen. S)enn ob man gleid^ ba8 $robuct ber IBienen (bie
regelmdgig gebaueten Sßad^dfc^eiben) ein JSunftnerl au nennen beliebt, fo
15 gefc^iel^t biefed bo(^ nur toegen ber Analogie mit ber le^teren; fobalb man
ftc^ ndmli^ beftnnt, bag fte il^re SIrbeit auf feine eigene SSernunftflber-
legung grünben, fo fagt man aliSbalb, eS ift ein $robuct il^rer 9latur
(bed SnftinctS), unb ald jtunft toirb eS nur il^rem &6)bp\tx gugefd^rieben.
SSenn man bei IDurc^fuc^ung eines äRoorbrud^eS, tt)ie eS biSmeilen
30 gefc^el^en ift, ein @tädf bel^aueneS ^olj antrifft, fo fagt man ni^t, eS ift
ein fJrobuct ber SRatur, fonbern ber itunft; bie l^eröorbringenbc Urfai^c
beffelben l^at ftc^ einen Qmd gebac^t, bem biefed feine $orm gu banfen
l^at. @onft fielet man koo^I auc^ an allem eine j^unft, loaS fo bef(!^affen
ift, bag eine SBorftellung beffelben in feiner Urfac^e Dor feiner SBirflid^feit
25 öorl^ergegangcn fein mufe (toie felbft bei fflienen), ol^ne bafe bod^ bie SBir*
fung oon i^r eben gebac^t fein bfirfe; toenn man aber etivaS f(!^led()t]^in
ein j^unfttoerf nennt, um eS oon einer ^laturkoirfung gu unterfd^eiben, fo
öerftel^t man allemal barunter ein SBerf ber SWenfd&en.
2) j^unft als ©efd^tdttic^feit beS SRenfd^en »irb au(^ oon ber
30 aSBiffenfd&aft untcrfd&ieben (können oom SBiffen), als praftif^eö
Dom tl^eoretifc^en SSermögen, als 2;ed^nif oon ber Z^toxit (mie bie Selb«
megfunft oon ber ©eometrie). Unb ba koirb aud^ baS, maS man fann,
fobalb man nur weife, maS getl^an »erben foU, unb alfo nur bie begel^rte
aSirfung genugfam fennt, nld^t eben Äunft genannt. 9lur baS, »aS man,
35 wenn man es au^ auf baS ooaft&nbigfte fennt, bennoc^ barum ju mad^en
304 Stxim ber Urt^eildliaft. 1. S^etL SMüt ber aftl^eHfc^en Urt^dldfraft.
nod^ nld&t fofort ble Ocfcftidllcftfcit l^at, gcl^ört In fo toeit jur Äunfl.
6 am ^ er befc^reibt fel^r genau, mie ber be{le ©d^ul^ befd^offen fein mügte,
aber er fonnte gewlfe feinen ma(J^en*).
3) SBirb aud^ ^unft Dom ^anbmerfe unterfd^ieben; Me erfte ^eigt
freie, bie anbere fann au^ Sol^nlunfl l^eigen. 3Ran fielet bie erfte fo 5
an, a\^ ob fte nur als @^iel, b. t. Sefd^dftigung, bie für fid^ felbfi ange*
nel^m ift, gtoedmdgig auiSfallen (gelingen) f5nne; bie gmeite fo, ba| fte al9
airbeit, b. i. Sefd^dftigung, bie für fid^ felbft unangenel^m (befd^toerlic^)
unb nur burd^ il^re SSirtung (j. 93. ben Sol^n) anlodfenb if), mithin jmangS«
mäfeig auferlegt werben fann. Db in ber SRanglifte ber ßfiwfte U^rmacfter 10
für jtünftler, bagegen @d^miebe für ^anbmerfer gelten f ollen: ba& bebarf
eines anbern ®efid^tdpunfts ber Seurtl^eilung, als berienige ift, ben »ir
l^ier nel^men; n&mlic^ bie Proportion ber 5ralente, bie bem einen ober
anberen biefer ©efd^&fte gum ©runbe liegen muffen. Ob aud^ unter ben
fogenannten fieben freien j(ünften nid^t einige, bie ben ffiiffenfc^aften bei« 13
guj&^len, mand^e auc^, bie mit ^anbmerfen ju oergleid^en ftnb, aufgeführt
»orben fein möd^ten: baDon min i(^ l^ier nic^t reben. S)ag aber in allen
freien j^ünften bennod^ etmaS ßn^cingSmdgigeS, ober, mie man eS nennt,
ein SRed^aniSmuS erforberlid^ fei, ol^ne meldten ber ®eifi, ber in ber
j^unft frei fein mug unb allein baS SBerf belebt, gar feinen j^örper l^aben 20
unb gdnglid^ oerbunften mürbe: ift nid^t unratl^fam ju erinnern (g. 93. in
ber S)id^tfunft bie Sprad^rid^tigfeit unb ber Sprad^reic^tl^um, imgleic^en
bie ^rofobie unb bas Sqlbenmag), ba manche neuere Srgiel^er eine freie
j(unft am beften gu beforbern glauben, menn fte allen QxoarxQ oon i^r
megnel^imen unb fie auS Slrbeit in blogeS @piel loermanbeln. 25
§44.
S3on ber fd^önen Äunp.
@S giebt meber eine äSiffenfd^aft beS ©c^önen, fonbern nur ftritif,
nod^ fd^öne SBiffenfd^aft, fonbern nur fdE)5ne jtunft. 2)enn maS bie erftere
betrifft, fo mürbe in i^r miffenfd^aftlic^, b. i. burd^ SÖemeiSgrünbe, auSge« 30
*) 3n meinen ©egenben fagt ber gemeine ^am, tomn man i^m tixoa eine
folc^e Slufgabe Dorlegt, »ie SoIumbuS mit feinem (Su bad ifl feine ^unft, eS
ifl nur eine ©iffenfc^aft. 2). i. wenn mon eö mel6, fo fann man eS; unb
eben blefe« fogl et üon ollen Dorgebli(!^en ^"inflen beS 2:af(%enfpielerö. S)ic beS
©eiU&naerS bagegen wirb er gar ni^t in ^brebe fein, 5(unfi au nennen. 35
2)ebuction ber äft^ettfd^en Urtl^eile. 305
mod^t »erben foHen, ob etoaö für fd^ön ju l^altcn fei ober nicj^t; ba« Ur=
t^eil über Sd&önl&eit würbe alfo, »enn eiS gur SBiffcnfcftoft gel^örte, fein
@ef(^maÄdurt]^eiI fein. 3Sa^ baS gioeite anlangt, fo ift eine SBiffenfd^aft,
bie aU fold^c fc^ön fein foH, ein Unbing. S)enn menn man in il^r atö
5 SSiffenf(^aft na(^ ©rünben unb Seweifen fragte, fo mürbe man hnxäi 8^^
fcJ&madCDoHe auÄfprüd^e (SBonmotö) abgefertigt. — SBai3 ben ge»6]^nli(!^cn
augbrud fd^öne SBif fenf d^aften oeranlafet l^at, ift o^ne ßmelfel nl(it8
anberd, atö ba^ man gang richtig bemerft l^at, ed loerbe gnr f(^5nen j^unfl
in il^rer gangen äSoQtommen^eit Diel SBiffenfd^aft, als 3. S3. j^enntnig
10 alter ©prad^en, Selefenl^eit ber Tutoren, bie für 6laf pfer gelten, ®ef d^id^te,
Äenntnife ber aitcrtl^ümer u.f. tt).i erforbert, unb btS^alb biefe l^iftorifc^en
SBiffenfc^aften, loeil fie gur fd^öncn Äunft bie notl^ttenbige Vorbereitung
unb ©runblage auiSmad^en, gum Sl^eil auc^ loeil barunter felbft bie j^ennt^
nife ber ^robuctc ber fd^önen Äunft (SBerebfamfeit unb ©it^tfunft) be=
15 griffen toorben, burc^ eine SBortoerioed^fclung felbft ft^Sne SBiffenfc^afteu
genannt ^at.
SBenn bie j(un{), bem (Srfenntniffe eines möglid^en ©egenftanbeS
angemeffen, blo^ il^n koirllid^ gu mad^en bie bagu erforberlid^en ^anb«
lungen ocrricfttet, fo ift fte med^anifd^e; l^at jie aber baS ®efül)l ber 8uft
ao gur unmittelbaren abftd&t, fo ^(eifet pc dftl^etifd&e Äunft. 35icfe ift ent=
koeber angenel^me ober fd^öne ^unfi. 2)aS erfte ift fte, wenn berBmedE
berfelben ift, bag bieSuft bie äSorfteHungen als bloge @mpfinbungen,
baS gmeite, ba| fte biefelben als ©rTenntnigarten begleite.
Slngenel^me JCünfte ftnb bie, loelcl^e blog gum ©enuffe abgegmecft
25 toerben; bcrgleidöen alle bie Steige ftnb, »elc^e bie ©efeUfd&aft an einer
SS;afel vergnügen fönnen: als untcrl^altenb gu ergäl^len, bie ©efeUfd^aft in
freimütl^ige unb lebl&afte Oefprdd^igfeit gu Derfe^en, burd& ©d^erg unb
gad^en Pe gu einem geioiffen Sone ber Suftigfeit gu ftimmen, 100, toie man
fagt, manches inS®elag l^inein gefd^ma^t werben lann, unb niemanb über
30 baS, was er fprid^t, DerantwortUd^ fein will, weil eS nur auf bie äugen«
blidlidge ttnterl^altung, ni(^t auf einen bleibenben Stoff gum SRad^beufen
ober Slad^fagen angelegt ifi (^iegu gel^ort benn auc^ bie S(rt, wie ber
5£ifd^ gum ©enuffe auSgerüftet ift, ober wol^l gar bei grogen ®elagen bie
S;afelmupl: ein wunberlid^eS S)ing, welches nur als ein angenel^meS ®e«
35 rfiufdö bie Stimmung ber ©emütl^er gur grö^lid^feit unterl^alten foll unb,
ol^ne bag iemaitb auf bie (Sontpoption berfelben bie minbeße Slufmerffam«
feit üerwenbet, bie freie ©efpräd^igteit eines Slad^barS mit bem anbern
ftttnVB «(Triften. SScrfe. V. 20
306 Äritlf her Urt^eiWfraft. 1. Zf^til Äritif bcr dftl^etlfc^en Urt^ciWfroft.
bcflünfliflt) 3)a8U gel^öreu ferner alle Spiele, bie toeiter fein gntereffe
bei jt(^ führen, al8 ble Seit unDermerft »erlaufen ju machen.
Schöne Äunfl bageflen ifl eine aSorjtetlunflSart, bie für fid^ felbjl
gkDedmdgig iß unb, obglei(!^ ol^ne Qmd, bennod^ bie @ultur ber ©emütl^S«
frftfte äur flefeDiflen SKitt^eilung beförbert. 5
3)ie aUflemeine SKitt^eilbarfeit einer Suft fü^rt e« fd^on in i^rem
Segriffe mit ftd^, bag biefe nic^t eine Suft bei» ©enuffeS au8 bloger @m^
pflnbung, fonbern ber SRefleirton fein muffe; unb fo ijl ftft^etifd&e Äunfl al«
fc^öne j^unft eine folc^e, bie bie reflectirenbe Urt^eitölraft unb nid^t bie
@innenempfinbung gum SRid^tmage l^at. 10
§45.
©d^öne Äunft ift eine Äunft, fofern fie augleid^ 5Ratur gu
fein fd^eint.
Sin einem $robucte ber fd^önen iSunft mu| man ftd^ bekougt »erben,
ba| z& j^unft fei unb nid^t SHatur; aber bo(^ mug bie 3tt)edhnägigfeit in 15
ber gorm beffelben öon allem ßtoönge toiHfürlid&er Jftegeln fo frei fd^elnen,
a\^ ob es ein ^robuct ber bloßen Statur fei. 9luf btefem ®effi^le ber %xt\^
l^eii im Spiele unferer @rlenntnigt)erm5gen, koeldEjeS bod^ gugleid^ gmed*
mdgig fein mu|, berul^t bieienige Sufi, loeld^e allein allgemein mittl^eilbar
ift, o^ne ftc^ bod^ auf begriffe gu gränben. S)ie Statur koar fd^on, toenn so
fte guglei(^ als j^unfi auSfal^; unb bie Jtunft fann nur fd^ön genannt
»erben, toenn koir und betrugt pnb, fte fei j^unft, unb fte und bod^ ald
Slatur ausfielet.
S)enn koir I5nnen allgemein fagen, eö mag bie Statur« ober bie ^unft«
fd^5nl^eit betreffen: fd^ön ift baiS, \x>a& in ber blogen Seurt^eiluhg 25
(nld^t in ber ©innenempfinbung, nod& burd& einen Segrtff) gefüllt.
Stun l^at j^unft iebergeit eine bejiimmte Slbftc^t etmaS l^eroorgubringen.
SBenn biefed aber bloge (Smpflnbung (ettoaiS blog ©ubiectioeS) »fire, bie
mit Suft begleitet fein follte, fo mflrbe bied ^robuct in ber Seurt^eilung
nur Dermittelft bed ©innengefft^tö gefallen. SBdre bie Slbftc^t auf bie 30
^eroorbringung eines beftimmten DbiectS gerichtet, fo tofirbe, »enn fte
burd^ ble Äunft erreid^t toirb, baS Dbiect nur burd^ Segriffe gefallen. 2n
beiben $dllen aber tofirbe bie j(unft nid^t in ber bloßen Seurt^ei«
lung, b. i. nic^t als fd^bne, fonbern med^anifd^e Jhtn{), gefallen.
Slfo mug bie ßmedCmdligfeit Im ißrobucte ber fd^dnen Jhtnfl, ob fie u
2)ebuction ber äft^ettf^en Urtl^eiCe. 307
}toar abftc^tlid^ tft, bod^ ni(^t abfid^tltd^ fd^einen; b. i. fd^one JSunft mug
als 9latur an3u feigen fein, ob man ftd^ il^rer gmar atö j^unft bewußt ift.
818 9latur aber erfd^eint ein $robuct ber ßun{l baburd^, bag gwat ade
$änltltd^feit in ber Übereinhtnft mit Siegeln, nad^ benen aOein ba^
5 $robuct baS loerben fann, maS es fein foQ, angetroffen loirb; aber ol^ne
^einlid^Ieit, ol^ne bag bie @d^ulform burd^blicft, b. i. bl^ne eine @^ur
gu geigen, ba| bie Siegel bem j(&nftler oor ^ugen gefd^mebt unb feinen
©emütl^Slrdften Seffeln angelegt l^abe.
§46.
10 @d^one j^unf} ift j^unft bed ©enieS.
©enie ift baS a;alent (SRaturgabe), toeld^e« ber Äunft bie Siegel
giebt. 2)a baS 2;alent als angeborneS ))robuctik)eS 93erm5gen beS j(ünft=
lerS felbfl gur SRatur ge^rt, fo fonnte man ftd^ aud^ fo auöbrucfen:
©enie ift bie angeborne ©emfitl^Sanlage (ingenium), burd^ toelc^e bie
18 giatur ber Äunji bie 3ftegel giebt.
äßaS es aud^ mit biefer S)efinition für eine 93emanbtni| l^abe, unb
ob fte blog midfürlid^, ober bem S3egriffe, meldten man mit bem SSorte
® e n l e ju Derbinben getool^nt ift, angemeff eu fei, ober nid^t (»elcfteS in bem
folgenben § erörtert loerben foU): fo lann man bod^ fd^on gum SSorauS
20 beioeifen, bag nad^ ber l^ier angenommenen 93ebeutung beS ^orts fd^öne
jtünfte not^menbig als jSfinjte beS ©enieS betrad^tet loerben mäffen.
S)enn eine iebe j^unft fe^t Siegeln DorauS, burd^ beren ©runblegung
aüererfi ein $robuct, menn eS fflnftlid^ feigen foU, als möglid^ oorgefteUt
tt)irb. 35er Segriff ber fcftönen Äunft aber Derfiattet ni(!^t, bafe baS Ur^^
25 tl^eil über bie ©d^onl^eit i^reS $robuctS Don irgenb einer Siegel abgeleitet
»erbe, bie einen Segriff gum SeftimmungSgrunbe l^abe, mitl^in einen
Segriff öon ber «rt, mie eS möglid^ fei, gum Orunbe lege, aifo fann bie
fd&öne Äunft jtd^ felbft nid&t bie Siegel ausbeuten, nad^ ber pe il^r $robuct
gu @tanbe bringen foD. S)a nun gleid^mol^l ol^ne Dorl^ergel^enbe Siegel
30 ein fJrobuct niemals Äunft l^eifeen fann, fo mufe bie SRatur im ©ubjecte
(unb burd^ bie Stimmung ber Vermögen beffelben) ber Äunjl bie Siegel
geben, b. i. bie fd^5ne j^unft i{t nur als $robuct beS ®enieS m5glid^.
9Ran fielet l^ierauS, bag ©enie 1) ein Salent fei, baSienige, mogu
ft^ feine befiimmte Siegel geben lä|t, l^erDorgubringen: nid^t ©efd^iddid^*
35 leitSanlage gu bem, maS nad^ irgenb einer Siegel gelernt loerben tann;
20*
308 Äritt! ber Urt^eilöftaft. 1. X^ell. Ärlti! ber äpl^etifc^cn Urtl^eilÄfraft.
folfllic^ bttfe Driflinalltdt feine erfte ©flenftj&aft fein muffe. 2) ©afe,
ia es aud^ originalen Unftnn geben fann, feine $robucte guglei(^ dufter,
b. i. e^emplarifd^, fein mfiffen; mitl^in, felbjt nid^t burd^ ^lac^al^mung
enifprungen, anbeten bod^ bagu, b. i. gum Sttd^tmage ober Siegel ber 93e^
urtl^eilung, bienen muffen. 3) ©afe eö, toie e« fein ^robuct ju 6tanbc s
bringe, felbft nicfttbef (^reiben, obertt)iffenf(!&aftlid& angeigen fönne, fonbern
bag ed als 9latur bie Sfiegel gebe; unb bal^er ber Url^eber eines ^robucts,
koeld^eS er feinem ®ente Derbanft, felbft nid^t toeig, toie ftd^ in il^m bie
Sbeen baju l^crbei flnben, aud& e« nid&t in feiner ©etoalt bat, bergleid^en
nadb 93elieben ober planmäßig auSjubenren unb anberen in foldben SSor« lo
fdbriften mitgutl^eilen, bie fte in @tanb fe^en, gleidbmdgige $robucte l^er«
Dorjubringen. (3)af)er benn aud^ Dermutl^Ud^ baS Sßort ®enie oon genius,
bem eigent^fimlid^en, einem SRenfd^en bei ber ©eburt mitgegebenen,
fd^ü^enben unb leitenben ®eift, Don beffen @ingebung jene originale ^been
^crrül^rten, abgeleitet ift.) 4) ©afe bie 5Ratur burd^ baS ®enie nicbt ber n
SBiffcnfdbaft, fonbern ber Äunft bie Siegel Dorfd&reibe unb aud^ biefeS nur,
in fofern bicfe lefetere fd^5nc Äunft fein foH.
§47.
(Sriduterung unb Seftdtigung obiger @rtldrung Doni ®enie.
S)arin ift iebermann einig, bag ®enie bem 9lad^abtnungSgetfle ao
gdnglid^ entgegen gu fe^en fei. S)a nun fiernen nid^ts als ^iad^al^men ift,
fo fann bie größte ^Jdl^igfeit, ©elel^rigfeit ((Sapacitdt) als Oelel^rigfeit,
bodb ni(bt für ©enie gelten. SSeun man aber aud^ felb{) beult ober bid^<
tet unb nid^t blog, koaS anbere gebadet l^aben, auffaßt, [a fogar für j^unfl
unb ä8iffenf(^aft mand^eS erfinbet: fo ift bodb biefeS audb nod^ nid^t ber »
redete ©runb, um einen fold^en (oftmals grogen) JSopf (im ©egenfa^e
mit bem, loeld^er, iDeil er niemals etmaS mel^r als blo^ lernen unb nad^^
al^men fann, ein $infel b^igt) ein ©euie gu nennen: koeil eben baS aud^
bdtte fönnen gelernt merben, alfo bocb auf bem natfirlidben SSege beS
^orfd^enS unb 9la(bbenIenS nad^ Sfiegeln liegt unb oon bem, toaS burdb so
%lti^ Dermittelft ber ^lad^al^mung erioorben loerben fann, uicbt fpedfifd^
unterfdbieben ifi. 6o fann man alles, loas 9letoton in feinem unfterb*
lid^en Sierfe ber ^rinci^ien ber 9tatur))l^iIofo))]^ie, fo ein großer Aopf audb
erforberlid^ mar, bergleicben gu erfinben, vorgetragen l^at, gar tüilffi ler«
nen; aber man fann nid^t geiftreid^ bid^ten lernen, fo auSffiJ^rlid^ aud^ 35
S)ebuctton ber &f|]^etif(^en Urtl^dle. 309
attc aSorfcftrlften für bic ©id^tfunjt unb fo öortrefflid^ aud^ bic SRuflcr
berfelben fein mögen. S)ie Urfad^e ift, bag 9temton alle feine @(^rittei
bie er Don ben erßen @Iementen ber ©eometrie an bid ju feinen großen
unb tiefen Srftnbungen ju t^un l^atte, nic^t allein fttj^ felbft, fonbern ie«
5 bem anbern gang anfc^aulic^ unb jur ^ad^folge beftimmt oormad^en
lönnte; fein ^omer aber ober SBielanb angeigen lann, mie ftd^ feine
))]^antafterei(l^en unb bod^ guglei(]^ gebanlenDoDen Sbeen in feinem JSopfe
l^eroor unb gufammen ftuben, barum meil er eiS felbft nid^t aeig unb ed
olfo aud^ feinen anbern lehren fann. gm SBiffenfd^aftlicften alfo ift ber
10 größte @rftnber loom mül^feUgften Stad^al^mer unb Sel^rlinge nur bem
®rabe nad^, bagegen Don bem, meldten bie 9latur fär bie f(^5ne ^unft be»
gabt l^at, fpeciftf(^ unterfd^ieben. 3>nbeg liegt l^ierin feine ^erabfe^ung
iener großen 3R&nner, benen baö menfd^lid^e ©efd^led^t fo t>xt\ gu üerban^
fen l^at, gegen bie ©ftnftlinge ber 9tatur in Slnfe^ung i^red Talents für
15 bie fd&öne Äunft. eben barin, bafe jener Salent gur immer fortfd^reilen*
ben größeren SSollfommenl^eit ber (Srfenntniffe unb alles 9Iu^en$, ber ba«
Don abl^&ngig ift^ imglei(^en gur Sele^rung onberer in eben benfelben
^enntniffen gemad^t ift, befielt ein groger SSorgug berfelben oor benen,
toeld^e bie ei^re öerbienen, ®eniei3 gu l^eifeen: »eil für biefe bie itunft ir*
30 genbmo ftill fte^t, inbem i^r eine ©r&nge gefegt ift, über bie fte nic^t toei»
ter gelten fann, bie oermutl^lid^ aud^ fd^on feit lange l^er erreid^t ift unb
nid^t mel^r ermeitert werben fann; unb überbem eine folc^e ©efc^idFlid^feit
ftd^ aud^ nic^t mittl^eilen lägt, fonbern iebem unmittelbar Don ber ^anb
ber ^Jlatur ertl^eilt fein koill, mit il^m alfo ftirbt, bis bie Statur einmal
25 einen anbern »ieberum eben fo begabt, ber nichts weiter als eines SßtU
fpiels bebarf, um baS 5£alent, beffen er ftd^ bemugt ift, auf dl^nlid^e Slrt
koirfen gu laffen.
©a bie 3laturgabe ber Äunft (als fc^önen Äunft) bie Siegel geben
mug, »eld^erlei SIrt ift benn biefe Siegel? Sie fann in feiner gormel aU
30 gefaxt gur 93orfd^rift bienen; benn fonft mürbe baS Urtl^eil über baS
@d^öne nad^ Säegriffen beftimmbar fein: fonbern bie Siegel mug oon ber
Sl^at, b. i. Dom ^robuct, abftral)irt merben, au toeld^em anbere il^r eigenes
Salent prüfen mögen, um fid^ jenes gum SRufter nid^t ber 9lad^mad^ung,
fonbern berSÜad^a^mung bienen gu laffen. SSBie biefeS möglieft fei, ift
35 fd&mer gu erflären. 3)ie Sbeen beS ÄünftlerS erregen dftnlidfte gbeen fei»
neS SeftrlingS, toenn iftn bie 9latur mit einer fiftnlicften Proportion ber
®emütftsfrdfte Derfel^en ftat. S)ie SRufter ber f(I)önen JSunft finb bafter
310 ^til bec Urtl^eitdfraft. 1. Sl^eiL Mixt bet afll^eHfc^en Urt^eiUfraft
bie eingtgen SeitungfSmittel, biefe auf bie 9lQ(]^fommenf(]^aft ju bringen:
iDelc^ed burd^ bloge Sefd^reibungen nic^t gefc^el^en lonnie (Dornel^mUd^
nic^t im %a6it ber rebenben j^änfte); unb aud^ in biefen lönnen nur bie
in alten, tobten unb je^t nur als geleierte aufbehaltenen @))rad^en claffifd)
koerben. 5
Obsmar med^anifd^e unb fd^öne Jtunft, bie erfte aliS bloge Ihtnft bed
f^IeigeiS unb ber Erlernung, bie gtoeite ald bie beS ©enied, fel^r Don ein^^
anber unterfd^ieben {inb: fo giebt eS boc^ feine fd^öne Jhtnf), in meld^er
nid^t etwa« SRed^anifd^eiS, toAit^^ nac^ Siegeln gefaxt unb befolgt koerben
lann, unb alfo tttoa^ ©d^ulgered^teiS bie mefentlid^e S3ebingung ber 10
ßunft aui»mad^te. S)enn etuaiS mug babei als Srocd gebac^t »erben,
fonft fann man il)r ^robuct gar feiner itunfl gufd^reiben; eö todre ein
bloßes ^robuct bed ßufalld. Um aber einen ßkoedl in<S 38erf gu rid^ten,
bagu koerben befiimmte Siegeln erforbert, Don benen man fid^ nic^t frei
f^red^en barf. k>a nun bie Driginalitdt beS 5£alentd ein (aber ni(^t baS u
einzige) mefentlid^e^S @tädt Dom gl^arafter bed ©enieS audmad^t: fo glau«
ben feid^te ^öpfe, bag jte nid^t beffer geigen fönnen, fie kodren aufblfi^enbe
@ented, aliS koenn fie ftd^ Dom @d^ulgiDange aller Sflegeln loöfagen, unb
glauben, man parabire beffer auf einem foUerid^ten fiferbe. aliS auf einem
@(^ulpferbe. 2)as ®enie fann nur reid^en @toff gu $robucten ber fd^ö* 20
nen Äunft l^ergeben; bie S3erarbeitung beffelben unb bie fjorm crforbert
ein burd^ bie @(^ule gebilbeteS 5talent, um einen ©ebraud^ baoon gu ma»
d^en, ber Dor ber Urt^eildfraft beftel^en fann. 3Benn aber {emanb fogar
in @ad^en ber forgfdltigften ä^emunftunterfud^ung koie ein ®enie fprid^t
unb entfdgeibet, fo ift ed DoDenbS Idc^erlic^; man toeig nid^t rec^t, ob man ss
mel^r über ben ©aufler, ber um jtc^ fo Diel S)unft Derbreitet, mobei man
nid^ts beutlic^ beurt^eilen, aber befto mel^r ftc^ einbilben fann, ober me^r
aber baiS publicum lad^en foll, meld^eiS ftc^ treul^ergig einbilbet, ha% fein
UuDermögen, baS SWeiperftücf ber ©infid^t beutlid^ erfennen unb faffen
gu fonnen, bal^er fomme, koeil il^m neue SBal^rl^eiten in gangen 9Raffen so
gugekoorfen koerben, koogegen il^m baS S)etail (burdd abgemef[ene 6rfld«
rungen unb fd^ulgerec^te $räfung ber ©runbfa^e) nur @tümperkDerf gu
fein f(I)eint.
S)ebucKon ber äfi^ettf(!^en Uctl^etle. 311
§48.
SSom SSer^ältniffe be8*®enied jum ©efd^madt.
3ur Scurtl^cilunß fd&öner ©cflcnftdnbc al8 fold&er »Irb ®e*
fti^mad, jur fd^önen j^unft felbft aber, b. i. ber ^erioorbringung fol^
* d^er ©cflcnftanbe, tolrb ®enie crforbert.
SBenn man bad ®enic ald 5^alent jur fd^önen j^unft &etrad()tet (toel«
d^eS bie eigentl^ümlic^e äSebeutung beS äßortd mit ftc^ bringt) nnb eö in
biefer flbftc^t in bie äSermögen jergliebern tt)iD, bie ein foId^eiS Talent
auiSjumad^en gufammen fommen muffen: fo ijl nötl^ig, guDor ben Unter«
10 fc^ieb ittifc^en ber ^taturfd^önl^eit, beren Seurt^eilung nur ©efd^madt,
unb ber Jtunftfd^önl^eit, beren 3RögIid^feit (worauf in ber Seurtl^eilung
eines bergleid^en ©egenftanbed au(^ 9ft&dtftd^t genommen loerben mug)
®enie erforbert, genau ju befiimmen.
eine 9laturfd^ön]§eit ift ein fd^öned S)ing; bie ^unflfd^önl^eit ift
15 eine fd^öne SSorftelluug oon einem 3)inge.
Um eine 9laturfd^ön](|eit als eine fold^e gu beurtl^eilen, braud^e id^
nic^t Dorl^er einen Segriff baoon gu l^aben, toaiS ber ®egenftanb für ein
S)ing fein folle; b. i. id^ ^abe nid^t n5t^ig, bie materiale 3n)edfmdgig«>
feit (ben ßmedC) gu fenneu, fonbern bie bloge 9orm ol^ne JCenntnig bed
ao ßmecf« gefdnt in ber ©eurtl^eUung für ftd^ felbft SBenn aber ber®egen«
ftanb für ein ^robuct ber j^unft gegeben ift unb atö foId^eS für fd^ön er«
Ilfirt merben foll: fo mug, loeil j^unft immer einen Qrotd in ber Urfad^e
(unb beren @aufalitat) Doraudfe^t, guerft ein ^Begriff oon bem gum ®runbe
gelegt merben, maS bad 3)ing fein foll; unb ba bie 3ufammenfttmmung
25 bed SRannigfaltigen in einem S)inge gu einer innern Seftimmung beffel«
ben als Qtozd bie SBoMommen^eit beS 3)inge« ift, fo toirb in ber Seur«
t^eilung ber j(unftfd^onf)eit gugleid^ bie SSoUfommen^eit beS S)ingeS in
tKnfd^lag gebrad^t »erben muffen, toornac^ in ber Seurtl^eilung einer 9la»
turfc^ön^eit (als einer fold^en) gar nid^t bie grage ift. — ßwör »irb in
so ber Seurtl^ieilung öornel^mlid^ ber belebten ®egenftdnbe ber 5Ratur, g. S.
beS SRenf^en ober eines ^ferbeS, aud^ bie objlectioe ßn^c^nidgigleit ge»
mein{gli(^ mit in Setrad^t gegogen, um über bie @(^ön]^eit berfelben gu
urtl^eilen; alsbann ift aber aud^ baS Urtl^eil nic^t mel^r rein^dft^etif^,
b. i. blofeeS ®efd^mad[Surt]^eil. S)ie ?Ratur loirb nid&t mel^r beurtl^eilt,
35 tote fie als ^unß erfc^eint, fonbern fofern fie mirltic^ (obgtoar fibermenfc^«
lid^e) j^unft ift; unb baS teleologifc^e Urtl^eil bient bem dftl^etifd^en gur
312 ^itif bet Urt^eitdliaft. 1. 2:^eU. JMt» bei; äfil^etird^en UrtJ^tUfraft.
©runblage unb Sebingung, koorauf biefed Slfldftd^t nel^men mug. 3n
einem fold^en %aUt bentt man au(^, menn j. 99. gefagt koirb: baS ift ein
f(!^öne8 SSeib, in ber SXiat nic^tö anber^S ate: bie 9latur {leUt in il^rer
©eftalt bie ßmecfe im koeiblid^en Saue fd^5n üor; benn man mug nod^
über bie bloge i^orm auf einen 99egriff l^inaudfel^en, bamit ber ®egen« s
ftanb auf folc^e Slrt burd^ ein logifd^^bebingteS dftl^etifc^eS Urtl^il ge«
bad^t »erbe.
S)ie fd^one j^unft geigt barin eben il^re SSorjüglic^feit, bag fte S)inge,
bie in ber 9tatur l^dgüd^ ober migf&Ilig fein toürben, fd^ön befc^reibt.
S)ie i^urien, Jtrant^eiten, 93ertt)ü{)ungen bed jtrieged u. b. gl. lonnen ald lo
@d^&bU(!^Ieiten fel^r fd^ön befc^rieben, {a fogar im ®emdlbe oorgefleOt
koerben; nur eine 9lrt ^dglic^feit tann nid^t ber Slatur gem&g oorgefleCit
merben, ol^ne aOeiS dftl^etifd^e äßo^IgefaQen, mitl^in bie jtunfifd^bnl^eit gu
®runbe gu rid^ten: ndmlid^ biejenige, »eld^e Stel ermedt. S)enn »eil
in biefer fonberbaren, auf lauter Sinbilbung berul^enben Smpflnbung ber »
©egenftanb gleid^fam, a\^ ob er ftd^ gum ©enuffe aufbrdnge, toiber ben
tt)ir bod^ mit ©emalt ftreben, oorge^eUt mirb: fo wirb bie lünftlid^e 93or«
fteQung bed ©egenftanbed Don ber 9latur biefeS ©egenltanbeiS felbfi in
unferer @m))ftnbung nid^t mel^r unterfd^ieben, unb jene lann aföbann un*
möglich f&r fd^ön gef^alten merben. Sud^ itat bie Silbl^auerfunfl, »eil 20
an i^ren ^robucten bie Äunft mit ber 5Ratur beinal&e oertoed^felt »irb,
bie unmittelbare SSorfteDung ^dglic^er ©egenftdnbe Don il^ren Silbungen
auSgefd^loffen unb baffir g. 93. ben 2:ob (in einem fc^önen ©eniud), ben
^rieggmutl^ (am 3Rard) burd^ eine Allegorie ober Slttribute, bie ftd^
gefdQig audnel^men, mitl^in nur inbirect Dermittelft einer Auslegung 25
ber aScrnunft unb nic^t für blofe dftl^etifd^e Urtl^eildfraft öorgujieHeu er-
laubt.
@o oiel oon ber fc^önen SBorftellung eineS ©egenftanbed, bie eigent»
liii nur bie gorm ber SDarftellung eineiS aSegriff« ift, burd^ meldte biefer
allgemein mitgetl^eilt »irb. — 33iefe Sorm aber bem ^robucte ber f(^ö* so
neu Äunft gu geben, bagu »irb blofe ©efd^madf erforbert, an »eld^em ber
Aünftler, nac^bem er i^n burc^ mand^erlet 93eifpiele ber ^unfi ober ber
9iatur geübt unb berid^tigt l^at, fein SBerf l^dlt unb nad^ mand^en oft
mü^famen aSerfud^en benfelben gu bcfriebigcn bielenige Sorm finbet, bie
i^m ©enüge t^ut: bal^er biefe nid^t gleid^fam eine @a(^e ber Eingebung, ss
ober eines freien ©d^iounge« ber ®emut]&«frdfte, fonbern einer langfamen
unb gar ))einlid^en 9lad^befferung ift, um fte bem ©ebanfen angemeffen
S)ebuäion ber äfl^eüf4ien Urt^eile. 313
nnb bo(^ ber Steilheit im @))lele berfelben nid^t nad^tl^eilig »erben gu
Ittffen.
©efd^mad i[t aber blog ein Seurt^eilungd^ nid^t ein ))robuctit)eö
93erm5gen;unb maS il^m gemag ift, ift barum eben nid^t ein äSertber
5 fc^önen Jlunft: eS Tann ein gur nfl^Iid^en unb med^anifd^en j^unfi, ober
gar gur SBiffenfd^aft gehöriges ^^ßrobuct nac^ beflimmten ätegeln {ein, bie
gelernt »erben tbnnen unb genau befolgt merben miiffen. S)ie gefdUige
$orm aber, bie man i^m giebt, ift nur bad äSel^ilel ber SRittl^eilung unb
eine SRanier gleid^fam beiS SSortrageS, in Snfe^ung beffen man nod^ in
10 gemiffem 3Ra|e frei bleibt, koenn er bod^ übrigen^ an einen beftimmten
3medF gebunben ifl. @o verlangt man, bag baS 2:i{(^ger&t]^, ober aud^
eine moralifd^e Slbl^anblung, fogar eine $rebigt biefe $orm ber {(^5nen
jSunft, o^ne boc^ gefuc^t ju fd^einen, an fid^ ^aben muffe; man »irb fie
aber barum nid^t SBerfe ber fd^Snen Äunft nennen. Qn ber (enteren aber
15 n)irb ein ©ebid^t, eine 3Ru{tt, eine SilbergaQerie u. b. gl. gegdp; unb ba
rann man an einem feinfoHenben äSerle ber fd^önen j^unft oftmals ©enie
ol^ne ©efd^madf, an einem anbern ©efd^mad ol^ne ®enie »al^mel^men.
§49.
SSon ben SSermögen bed ©emfitl^S, koeld^e bai ©enie
30 auSmad^en.
3Ran fagt Don gemiffen $robucten, Don »eichen man ermartet, bag
fie ftd^, gum 2:^eil koenigftend, als fc^one j^unft geigen foDten: fie ftnb
ol^ne ©eift; ob man gleid^ an il^nen, \oa& ben ©efd^mad betrifft, nid^ts
gu tabeln finbet. (Sin ©ebid^t fann red^t nett unb elegant fein, aber eS ift
25 ol^ne ®eift. (Sine @)ef(^idE)te ift genau unb orbentlid^, aber ol^ne ©eifi @ine
feierlid^e Siebe ift grünblic^ unb gugleic^ gierlid^, aber ol^ne (Seift. SRanc^e
(Sonoerfation ift nic^t ol^ne Unterhaltung, aber bod^ ol^ne @eift; felbft Don
einem f^rauengimmer fagt man mol^l: fie ift l^übfc^, gef))rd(^tg unb artig,
aber ol^ne ®eift. SßaS ift benn bas, toad man ^ier unter (Seijt Derftel^t?
30 ®eift in dftl^etifc^er Sebeutung l^cifet baö belebcnbe ^rincip im ®t^
mutige. S)aSienige aber, moburd^ biefed $rinclp bie @eele belebt, ber
@tof , ben es bagu anmenbet, ift baS, maS bie (Semütl^Sfrdfte gmedtmdgig
in Sd^mung Derfefet, b. i. in ein folc^eö Spiel, weld&e« ftd^ t)on felbft er*
^dlt unb felbft bie Ärdfte bagu ftdrit.
35 3lm bel^aupte id^, biefeS $rincip fei nid^ts anberS, ald bas SSer*»
314 ^itif ber Urtl^cilÄfroft. 1. St^il. Äritlf her aftl^etl^en Urtl^eittfeaft.
mögen bcr ©orflcllunfl dftl^etlfd&cr Sbccn; unter einer äjil^etifd^en
Sbee aber öerflel^e id& bleieniße SBorfteHunfl ber einbilbunfl«fraft, bie \>xtl
gu benfen veranlagt, ol^ne ba% if^x bo(i^ irgenb ein beftimmter ©ebanfe,
b. i. S3egriff , abäquat fein fann, bie folglich leine Sprache DöUig er^^
reld^t unb öerjtfinblic^ mad&en faun. — SKan jtel^t leicht, bofe pe baS 5
©egenftftd (^enbant) oon einer äSernunftibee fei, meiere umgelel^rt ein
Scgriff ift, bem feine Slnfc^auung (SBorftettung ber einbilbungöfraft)
abdquat fein lann.
3)ie ©inbilbunflßfraft (a\^ probuctiDeS erfenntnifeDermögen) ift
ndmlid^ fel^r mäd^tig in Sd&affung gleic^fam einer anbern Slotur au« bem 10
Stoffe, ben il^r bie mirflid^e giebt. Sßir unterl^alten und mit il^r, m un^
bie Srfa^rung ju aOtäglic^ oorfommt; bilben biefe aud^ kool^l um: gioar
nod^ immer nac^ analogifd^en ©efe^en, aber bod^ aud^ nad^ $rinci))ien,
bie l^ö^er l^inauf in ber SBernunft liegen (unb bie un« eben fotool^l natfir*
li(:^ ftnb als bie, nad^ »eld&en berSBerjtanb bie emi)irifd&e9latur auffaßt); 15'
toobet tt)ir unfere fjrei^eit öom ®efe^e ber Jiffociation (»eld^eg bem em=
^irifc^en ©ebraud^e {eneis SBermögend an^dngt) ffil^Ien, nad^ meld^em und
üon ber 5latur gttar ©toff geliel^en, biefer aber öon und gu etwa« gang
anbcrcm, ndmlid^ bem, wa« bie SHatur übertrifft, verarbeitet »erben fann.
SWan fann bergleic^en SSorftettungen ber (äinbilbungöfraft Sbeen m
nennen: eines Sl^eilö barum, toeil pe gu etwa» über bie (ärfal&rungdgrdngc
l^inau« gicgenbem toenigftenS ftreben unb fo einer ©arftellung ber fßtx^
nunftbegriffe (ber inteHectueKen Sbeen) nal^e gu fommen fudöen, meiere«
il&nen ben anfd^ein einer obiectioen SRealitdt giebt; anbrerfeit« unb gtoar
l&aui)tfd(!^Iid&; »eil i^nen afö innern anfd^auungen fein Segrijf ööHig 25
abdquat fein fann. S)er ©id^ter magt e«, SSernunftibeen Don unpd^t^ören
SBefen, bad Sfieic^ ber Seligen, bad ^oHenreid^, bie @migfeit, bie @d^öp^
fung u. b. gl., gu oerpnnlic^en; ober au(!^ bad, »ad gmar Seifpiele in
ber erfa^rung pnbet, g.S. benSob, ben 5Reib unb alle ßafter, imgleid&en
bie Siebe, ben Sfiul^m u. b. gl., über bie Sd^ranfen ber (Srfal^rung l^inaud 30
öermittelft einer ginbilbungdfraft, bie bem aSernunft'93orfi)iele in (Sr*
reic^ung eine« ©rotten nad^eifert, in einer SBoUpdnbigfeit pnnlid^ gu
ma^en, für bie pd^ in ber Sftatur fein SBeifpiel pnbet; unb ed ip eigent-
lich bie 25ic^tfunp, in loeld&er pd^ ba» SSermögen dftl&etifc^er Sbeen in
feinem gangen SWafee geigen fann. 3)iefed SSermbgen aber, für pd^ allein ss
betrachtet, ip eigentlich nur ein a:alent (ber ©nbilbungdfraft).
Sßenn nun einem S3egripe eine SSorPeDung ber (Sinbilbungdfraft
3)ebuctton ber äft^etifd^en UrtWle. 315
untergelegt toirb, bie gu feiner ©arftellung gel^ört, aber für pd^ afletn fo
Diel gu benTen veranlagt, als ^6i niemals in einem beftimmten Segriff
gufammenfaffen Ififet, mithin ben Segriff felbft auf unbegrfinjte SIrt
fiftl^etifd^ ertoeitert: fo ift bie ISinbilbungSTraft l^iebei fd^öpferifd^ unb
6 bringt bad SSermbgen inteHectueKer Sbeen (bie SSernunft) in Setoegung,
mel^r nämlid^ bei Seranlaffung einer Sorftellung gu benTen (mad gmar
gu bem ^Begriffe beS ®egenftanbeö gel^ört), al« in il^r aufgefaßt unb beut«
lid^ gemad^t merben Tann.
2Ran nennt biejenigen formen, toeld^e nitit bie SDarfteHung eined
10 gegebenen SegriffiS felber ausmachen, fonbern nur als Slebentoorftellungen
ber ©inbilbungöTraft bie bamit DerTnüpften fjolgen unb bie 5Ber»anbt*=
fd^aft beffelben mit anbern audbr&den, Attribute (äft^etifd^e) eines
©egenftanbes, beffen Segriff als SSernunftibee nid^t ab&quat bargeftellt
»erben Tann, ©o ift ber abier SupiterS mit bem Slifec in ben Alanen
15 ein älttribut beS m&d^tigen ^immelsTönigS unb ber $fau ber pr&d^tigen
^immelSlönigin. Sie ftellen nid^t teie bie logifd^en Slttribute baS,
teas in unfern Segriffen t)on ber (Srl^abenl^eit unb 3Raieftät ber @(l()5p«
fung liegt, fonbern ettoaS anbereS Dor, maS ber ISinbilbungSTraft Slnlag
giebt, ftd^ aber eine 3Renge Don toerioanbten SorfteQungen gu Derbreiten,
20 bie me^r beulen laffen, als man in einem burd^SBorte beftimmten Segriff
auSbrüdten Tann; unb geben eine dft^etifd^e gbee, bie Jener Sernunft«
ibee ftatt logifdier 2)arftenung bient, eigentlid^ aber um baS ©emütl^ gu
beleben, inbem fie il^m bie 9luSftd|t in ein unabfel^lid^eS $elb Derkoanbter
Sorftellungen eröffnet. SDie fd^öne ^unft aber tl^ut biefeS nid^t allein in
35 ber aWalerei ober Silbl^öuerTunft (mo ber 9lamen ber Attribute gc»5l&nlid&
gebraud&t toirb); fonbern bie S)id^tTunft unb Serebfamleit nel^mcn ben
@eift, ber il^re SBerTe belebt, aud^ lebiglid^ Don ben dftl^etifd^enSlttributen
ber ©egenflänbe l^er, weld&e ben logifd^en gur Seite ge^en unb ber 6in*
bilbungSTraft einen @d^tt)ung geben, mel^r babei, obgtear auf unent«
30 toidtelte art, gu benTen, als fid() in einem Segriffe, mitl^in in einem be«
flimmten ©prad^auSbrudEe gufammenfaffen Ififet. — 3d^ mufe mid^ ber
Äürge toegen nur auf toenige Seifpiele einfd&rduTen.
SBenn ber grofee Äönig fid() in einem feiner ©ebid^te fo auSbrüdtt:
„ßafet uns aus bem Seben ol^ne SKurren weichen unb ol^ne ettoas gu be^
35 bauern, inbem koir bie SBelt nod() alsbann mit SBo^ltl^aten überl^duft gu»
rüdtlaffen. So oerbreitet bie ©onne, nad^bem fte il^ren SageSlauf Doli»
enbet l^at, nod^ ein milbeS Sid^t am ^immel; unb bie legten ©tral^len,
316 Sttxtxt ber Urt^eiMfroft. 1. 2:^<it ^eritif ber dfl^etif^en Urtl^eiUhaft.
bie fte in bie Sufte fd^idt, {inb ll^re legten eeufjer für bai SBol^l ber
SBelt'' : fo belebt er feine SSernunftibee Don tt)ettbürgerli(l()er ®eftnnung
nod^ am @nbe beS SebenS bnxii ein Attribut, mliiti bie ßinbilbung««
Ira^ (in ber Srinnerung an alle annel^mliii^Teiten eine8 vollbrachten
f(l()önen @ommertageiS, bie unS ein l^eiterer abenb xnS ©emfitl^ ruft) 5
fener SSorfteQung beigefellt, unb meld^ed eine SRenge üon 6m:t>finbungen
unb SlebenüorfteUungen rege ma(l()t, fftr bie ft(l() tein SluiSbrud ftnbet.
SlnbererfeitS lann fogar ein inteQectueDer 93egriff umgele^rt gum Attribut
einer SorfteDung ber Sinne bienen nnb fo biefe le^tere hnxii bie ^ite
bed äberftnnlid^en beleben; aber nur inbem baS l[ftl^etif(l()e, mad bem Se* 10
lougtfein beS le^tern fubjectit) anl^&nglid^) ift, l^ieju gebrau(]§t mirb. @o
fagt j. 33. ein gewiffer 3)ld&ter in ber SSefd^reibung eine« fdjjönen SWor«
gen«: „3)ie @onne quoD l^eroor, mie 9iu]^ aiA Sugenb quillt.'' 2)a« Se«
mugtfein ber Slugenb, menn man fid^ auc^i nur in ©ebanTen in bie Stelle
eine« Sugenbl^aften oerfe^t, verbreitet im ©emätl^e eine SRenge erl^abener »
unb berul^igenber ®efü^le unb eine gränjenlofe auSfid^t in eine fro^e
SuTunft, bie fein SuSbrud, toeld^er einem beftimmten Segriffe angemeffen
ift, oöDig erreicht.*)
aWit einem SBorte, bie äftl^etif^e 3bee ifi eine einem gegebenen Se»
griffe beigefeQte SSorfteQung ber @inbilbung«traft, loeld^e mit einer fol» 20
(^en SRanntgfaltigTeit ber £^eiloorftellungen in bem freien ©ebraud^e
berfelben oerbunben ift, bafe fftr jte fein auSbrudt, ber einen beftimmten
ä3egriff begeid^net, gefunben koerben fann, bie alfo gu einem 93egriffe Diel
Unnennbare« l^inju beuten lägt, beffen ®effi]^l bie erfenntnigoermögen
belebt unb mit ber Sprudle, al« bloßem SSud^ftaben, ®eift oerbinbet. 25
3)ie ®emüt]^«frfifte alfo, beren SSereinigung (in getoiffem SSerl^dlt*
niffe) ba« ®enie au«ma(^t, ftnb @inbilbung«fraft unb 93erftanb. 9lur,
ba im ©ebraud^ ber @inbilbung«fraft gum @rtenntniffe bie Sinbilbung««
fraft unter bem 3n)ange be« SSerftanbe« unb ber ^efd()ränfung unter»
»orfen ift, bem begriffe beffelben angemeffen gu fein; in äft^etifd^er ab» so
*) $teUei(!^t ift nie etioad Qxf^ahnm^ d^fagt, ober ein ©ebanfe erhabener
owSgebrAdt morben, aU in jener ^uff(^nft über bem Tempel ber 3f t« (ber Butter
SRatur): „3^ bin atteiS, wo« ba ift; wad ba mar, unb »a« ba fein roirb, unb
meinen @(^Ieier ^at fein (Sterblicl^er aufgebedt^ @egner benu^te biefe 3bee burd^
eine finnrei(^e feiner 92atnrle]^re uorgefe^te SBignette, um feinen Se^rling, ben er in 35
biefen Tempel gu ffi^ren bereit war, »orl^er mit bem ^eiligen ©c^uer gn erfftUen,
ber ba^ @entfit^ gu feierlid^er Slufmerffamfeit ftimmen foU.
S)ebuction ber dfll^etif^en Urtl^tle. 317
ftd^t aber bte (Sinbilbungdfroft frei ift, um nod^ fiber jene Sinflimmung
jum Segriffe, bod^ ungefut^t reld&^atttgen unenttoidelten Stoff für ben
SSerftanb, morauf btefer in feinem Segrtffe nid^t fRüd^dit nal^m, gu lie^^
fem, »eld&en blefer aber nid^t fotool&l objectlö jiim ©rfenntniffe, al8 fub-
5 jectit) gur Belebung ber @rfenntn{gtr&fte, inbirect alfo bod^ aud^ ju 6r«
fenntniffen anksenbef : fo befielet baiS ®enie etgentlid^ in bem glftdlid^en
äSerl^ältniffe, totldit^ feine SBiffenfd^aft leieren unb lein SIeig erlernen
fann, gu einem gegebenen Segriffe Sbeen aufjufinben nnb anbrerfeit« ju
biefen ben SluSbrudC gn treffen, burd^ ben bie baburd() beioirTte fubfectioe
H) ©emütl^dfiimmung, ald Begleitung eines Begriffe, anberen mitgetl^eilt
werben Tann. S)ad le^tere 2:alent ift eigentlid^ badienige, maiS man ®eift
nennt; benn baS Unnennbare in bem ©emfttl^iSguftanbe bei einer gekciffen
93orfieIIung audgubraden unb allgemein mittl^eilbar gu mad^en, ber 9(u8«
brud! mag nun in ©prad&e, ober SKalerei, ober $Iaftif leftel^en: ba« er»
15 forbert ein »ermögen, ba« fernen Dorübergel^enbc ©plel ber ßinbilbungö«
fraft aufgufaffen unb in einen Segriff (ber eben barum original ift unb
gugleid^ eine neue SRegel eröffnet, bie auö feinen Dorl^ergel^enben $rin*
cipien ober S9eif:t)ielen l^at gefolgert koerben fönnen) gu oereinigen, ber fid^
ol^ne SxoMQ ber Siegeln mitt^eilen lägt.
20 9ßenn koir nad^ biefen Serglieberungen auf bie oben gegebene 6r^
ndrung bejfen, toad man ®enie nennt, gurüdEfel^en, fo finben wir: erft»
lid^, bafe e« ein Talent gur Äunft fei, nic^t gur SBiffeufd^aft, in tocld^er
beutlid^ gefannte Sftegeln oorangel^en unb baiS SSerfal^ren in berfelben be»
jttmmen muffen; gtoeiten«, bafe eö als Äunfttalent einen beftimmten
35 Segriff oon bem $robucte als SmedC, mithin Serftanb, aber aud^ eine
(wenn gleid^ unbeftimmte) Sorfteaung Don bem ©toff, b. i. ber aufd^auung,
gur ©arftettung biefeS Segriffs, mitl^ln ein Serl^filtnife ber einbilbungS»
Traft gum Serftanbe oorauSfe^e; bafe eS |id() brittenS nld^t fotool^l in ber
auSfül^rung bes toorgefefeten StoetfS in ©arftellung eines bejlimmten Se*
30 griffs, als oielmel^r im Sortrage, ober bem auSbrudte dftl^etifd^er
Sbeen, toeld()e gu jener abfld&t reid()en Stoff enthalten, geige, mitl^in bie
einbilbungSfraft in il^rer greil&eit oon atter Anleitung ber Sftegeln bennod^
als gioedtmäfeig gur ©arfteHung beS gegebenen SegriffS oorpettig mad^e;
ba^ enblid^ oiertenS bie ungefud^te, unab{id()tUd()e fubjectioe ßtoedCmagig«
318 ^tt! bet Urt^elldfraft. 1.3:^1. MHf ber &{i^ttf(^en Urtl^ett^fraft.
feit in btx freien ÜbereinPimmunfl ber (Sinbilbungdfraft jur ®efe^lic^feit
beS SSerfianbed eine fold^e $ro:t)ortion unb Stimmung biefer 93erm5gen
t)orau8fe^e, als feine 93efoIgung Don Stegein, eiS fei ber 3Biffenf<!^aft ober
me(i^anifd^en Slad^al^mung, bemirfen, fonbern blog bie 9latur beS @ubiect4
l^eröorbrlngen fann. 5
^Qd^ biefen ä^orauSfe^ungen iftOenie: bie mufterl^afte Driginalität
ber SRaturgabe eine« Subjectö im freien ®ebraud^e feiner ßrfenntnife*
oermögen. 9(uf foI(l()e SSeife ift bad ^robuct eines ®enieS (nad^ bem^
jjenigen, koaS in bemfelben bem ©enie, ni(l()t ber mbglid^en ISrIernung ober
ber Qt^vAt gugufd^reiben ifi) ein 9eif:t>iel nic^t ber ülat^a^mung (benn ba 10
koürbe bas, koaS baran @enie ift unb ben ®eift beS SSerfS anSmaiitf Der«
loren gelten), fonbern ber 9la(l()foIge für ein anbered ®enie, meld^ied ba-
burd^ jum ®ef&]^l feiner eigenen Driginalitdt aufgetvedt toirb, StoanQ^-
freil^eit oon Siegeln fo in ber JSunfi auszuüben, bag biefe baburd^ felbfl
eine neue Siegel befommt, tooburd^) baS Talent fid^ al8 mußerl^aft jeigt. u
SBell aber baö ®enie ein ®ünftling ber Sftatur ift, bergleid^en man nur
als feltene erfd^einung anjufel^en l^at: fo bringt fein Seifpiel für anbere
gute Rbp^t eine @d^ule l^eroor, b. i. eine metl^obifd^e Untermeifung nac^
Siegeln, fokoeit man fie auS jenen ©eifteSprobucten unb i^rer iSigentl^flm^
lic^Ieit l^at jiel^en fönnen; unb ffir biefe ift bie fd^öne j(un{t fofem 9lad()« 20
al^mung, ber bie 9tatur burd^ ein ®enie bie Siegel gab.
9(ber biefe 9tad^a]^mung mirb 9lad^äffung, menn ber @d§filer alleS
nad^mad^t bis auf baS, toas baS ®enie als 9Ri^ge{talt nur ^at gulaffen
muffen, meil eS ftd^, ol^ne bie 3bee ju fd^mdd^en, nid^t lool^I megfd^affen
lieg; S)iefer 9Rut^ ift an einem ®enie allein äSerbienfi; unb eine gewiffe 25
jffil^nl^eit im SluSbrude unb ftberl^aupt mand^e Sbn)eid()ung oon ber ge»
meinen Siegel fielet bemfelben kool^l an, ift aber feineSmegeS nad^a^mungS^
n)firb{g, fonbern bleibt immer an {td() ein fSrel^Ier, ben man tt)egiufd()affen
fud^en mug, fär meldten aber baS ®enie gleid^fam :t)riDilegirt ift, ba baS
Unnad^a]^mlid()e feines ®eifteSfd^kDungeS burd^ Angftlid^e Sel^utfamfeit so
leiben koärbe. S)aS SRanieriren ift eine anbere Srt oon 9tad()&ffung,
ndmlid^ ber bloßen @igent^amlid()feit (Originalität) über]^au))t, um
ftd^ ia oon 9lad^a^mern fo meit als möglich i^u entfernen, ol^ne bod^ baS
Salent gu befifeen, babei gugleid^ mufierl^aft ju fein. — Qvoax giebt eS
gmeierlei Slrt (modus) überhaupt ber SufammenfteQung feiner ®ebanfen ss
beS Vortrages, bereu bie eine SRanier (modus aestheticos), bie anbere
9Ret]^obe (modus logicus) l^eigt, bie fid^ barin t)on einanber unter«
S)ebuction ber äf!]^etif(^en Urt^eile. 319
fd^eiben: bag bie erftere fein anbereS Sttd^tmag l^at, als bad ®ef ül^I ber
(Stn^eit in ber S)arftenung, bie anbere aber l^ierin beftimmte $rinct:t)ien
befolflt; ffir bie fd§5ne Äunft gilt alfo nur bie erftere. allein manierirt
l^eigt ein JSunftprobuct nur alsbann, menn ber SSortrag feiner ^bee in
5 bemfelben auf bie @onberbarTeit angelegt unb nid^t ber 3bee angemeffen
gemad^t wirb. S)a« ^ßrangenbe (^reciöfe), ba8 ®ef(^robene unb »ffectirte,
um ^6) nur Dom (Semeinen (aber ol^ne ®eift) ju unterfc^eiben, ftnb bem
Senel^men beSjenigen dl^nli(^, Don bem man fagt, ba^ er fid^ fpred^en
l^5re, ober loel^er ße^t unb gel^t, a\& ob er auf einer S3ü^ne mdre, um
10 angegafft ju kcerben, meld^ed ieberjeit einen ©tümper Derrät^.
§50.
äSon ber äierbinbung beiS ©efd^mads mit ®enie in $robucten
ber fd^bnen Äunfi
3Benn bie gfage Ift, »oran in ©ad^en ber fd^önen Äunft mel^r ge*
15 legen fei, ob baran, ba^ ftd^ an il^nen ©enie, ober ob bag fid^ ©efd^mad!
geige, fo ift bas eben fo oiel, als toenn gefragt mftrbe, ob ed barin mel^r
auf @inbilbung, als auf Urtl^eilSfraft anfomme. 2)a nun eine Aunft in
Slnfel^ung beS erfteren el^er eine geiftreid()e, in Slnfel^ung bed gmeiten
aber aSein eine fd^öne j^unjl genannt gu merben üerbient: fo ift baS
90 le^tere toenigftenS ald unumgänglid^e Sebingung (conditio sine qua non)
bas äSornel^mfte, morauf man in SSeurt^eilung ber JCunft als fd()one JSunft
gu feigen l^at. SReid^ unb original an Sbeen gu fein, bebarf eS nid^t fo
notl^kcenbig gum S3e^uf ber @d^5nl^eit, aber moi^l ber Slngemeffenl^eit jener
ßinbilbungSfraft in il^rer grreil^eit gu ber ®efe^mägigfeit beS SSerftanbeS.
33 S)enn aller Sfteid^tl^um ber erfteren bringt in fl^rer gefe^lofen f^reil^eit
nid^ts als Unftnn ^eroor; bie Urtl^eilSlraft ift hingegen baS äSermögen,
fte bem SSerftanbe angn^)affen.
S)er ©efd^madt ift fo »ie bie Urt^eilSfraft über]^au^)t bie ©ifciplin
(ober Sud^t) beS ©enieS, befc^neibet biefem fel^r bie ^^lügel unb mad^t eS
30 gefettet ober gefd^liffen; gugleid^ aber giebt er biefem eine Seitung, tooruber
unb bis kcie loeit eS fid^ verbreiten foK, um gioedm&gig gu bleiben; unb
tnbem er Älarl^eit unb Drbnung in bie Oebanfenfülle l^ineinbringt, mad&t
er bie Sbeen l^altbar, eines baurenben, gugleid^ aud§ allgemeinen SeifallS,
ber 3Rad()folge anberer unb einer immer fortfd^reitenben (Sultur fdl^ig.
86 ffienn alfo im SBiberpreite beiberlei 6igenfd^aften an einem $robucte
320 Sttim ber Urtl^eildlraft 1. ^eil. Stnm ber äfll^etifd^en Urt^eildfraft.
ctoa« aufflco^)fcrt toerben foll, fo müfetc c8 cl^er auf ber Seite be« ®eme«
gef(l()e]^en: unb bie Urtl^eildfraft, meiere in @ad^en ber f(&5nen j(unfi au8
eigenen ^rincipien ben fluisfprud^ tl^ut, mirb e^er ber ^reil^eit unb beut
äleid^tl^um ber SinbilbungSfraft, aliS bem Ißerftanbe Slbbrud^ i\x tl^un er«
lauben. s
3ur fd&5nen Äunfl »firben olfo (ginbilbunßSfraft, SSerfianb,
®elft unb ©efd^mad erforberlid^ fein*).
§51.
aSon ber eintl&eilung ber \^bntn Äünfte.
SRan Tann überl^aupt Sd^onl^eit (jie mag 9tatur» ober j(unftfd^5n^eit lo
fein) ben auSbrud dftl^etifd^er Sbeen nennen: nur bafe in ber f(l()5nen
j(unft biefe 3bee bur<!^ einen SSegriff Dom Obiect t)eranlagt koerben mug,
in ber fd^önen SRatur aber bie blofee SRefIejcion über eine gegebene »n»
fil^auung o^ne Segriff oon bem, ma8 ber ©egenftanb fein foO, gur @r«
»edung unb SWittl^eilung ber Sbee, oon mläi^x feneS Dbject ali ber is
auSbrud betrad^tet mirb, l^inreit^enb ifi.
SSenn koir alfo bie f<!^5nen j^ünfte eintl^etlen tooDen, fo lönnen mir,
toenigflen« jum SSerfud^je, fein bequemere« ^xmip bagu todl&Ien, al8 bie
Snalogie ber jfunft mit ber Srt beS SuiSbrudiS, beffen ^di ^enfil^en im
©pred^en bebienen, um ftd^ fo DoKIommen, ald möglid^ ift, einanber, b. i. 20
nid^t blog il^ren äSegriffen, fonbern aud^ @mpfinbungen nad^, mitgutl^ei«
len**). — 2)iefer befielet in bem SBorte, ber ® eberbung unb bem Sone
(articuIation,®efticuIation unb äRobuIation). 9lur bie SSerbinbung biefer
brei Srten beiS SuSbrudd mad^t bie üoDftdnbige SRitt^eilung beS Sprec^en^
ben aus. S)enn ®ebanTe, 8[nfd()auung unb Smpftnbung merben baburc^ 25
gugleid^ unb Dereinigt auf ben anbern flbergetragen.
68 giebt alfo nur brelerlei «rten fd()öner fünfte: bie rebenbe, bie
*) ^ie brei erßeren SSermdgen Be!omnien burd^ baiS k>terte oUererfl i^re Qer«
einigunfi. ^ume giebt in feiner ®efd()t(^te ben (i^nglfinbem au Derflel^en, bog,
obaioar fie in i^ren 38er!en feinem 8oIfe in ber 9BeIt in 9(nfe^ung ber ^eweiiSt^fimer so
ber brei erfleren (Sigenf<!^aften, abgefonbert betrachtet, etwad nad^gAben, fiebod^
in ber, meldte fie »ereinigt, i^ren iRad^baren, ben {^ranaofen, nad^fie^en müßten.
**) 2)er 8efer wirb btefen (Entwurf au einer mdglid^en C^nt^eilung ber fc^dnen
Mnfte ni<!^t ald beabfid^tigte Sl^eorie beurtl^eilen. (&& ift nur einer Don ben man^ertei
IBerfuc^en, bie man no(^ anfleUen fann unb foU. ss
3)cbuctlon ber äfl!|etifd^en Urtl&eile. 321
bilbenbeunbbie^unfit beS@))ieU ber Srnpfinbungen (als äußerer
Sinneneinbrfide). 9Ran fönnte biefe @int^eilung aud^ bic^otomifd^ ein«
richten, fo bag bie \ä)bnt JSunft in bie bed SuSbrudS ber ©ebanfen, ober
ber anf^auungen unb bicfe wlcberum blofe nad^ i^rer gorm, ober i^rer
6 SKaterie (ber Smpfinbunfl) eingetl^eilt toürbe. »Hein jte mürbe alsbann
gu abftract unb nid^t fo angemef[en ben gemeinen Segriffen ausfegen.
1) 3)le tcbenbeit Äünfte ftnb »erebfamfeit unb ©id^tfunft.
SBerebfamfeit ift bie Äunp, ein (Sefdöfift be« SSerftanbeö al8 ein freies
&pxü ber einbilbungöfraft ju betreiben; 2)i(fttfun[t, ein freie« Spiel
10 ber (ginbllbungöfraft al8 ein ®ef(!^dft be« SSerftanbe« auSjufübren.
S)er Stebner alfo fünbigt ein ®e{(!^äft an unb fül^rt t^ fo auiS, atö
ob c8 blofe ein Spiel mit 3been fei, um bie ßwl^örer gu unterbalten. SDer
S)i(l()ter Tünbigt blo^ ein unterbaltenbed Spiel mit ^been an, unb eS
Tommt bod^ fo oiel fflr ben SBerftanb ^erauS, als ob er blog beffen ©efd^&ft
15 gu treiben bie 9[bft(^t gehabt b&tte. S)ie SSerbinbung unb Harmonie bei«
ber (Srfenntnifeoermögen, ber ©Innlld&Teit unb beö SSerftanbeö, bie ein«
anber gmar nid^t entbehren Tonnen, aber bod^ aud^ obne Sn^onfl unb
med^felfeitigen Slbbrud^ ^d^ nid^t mobi Dereinigen laffen, mug unabjtd^tlidb
gu fein unb {td^ oon felbft fo gu fügen fd^einen; fonft ift eS nid^t fd^5ne
20 j(un{l. 3)aber alles ©efud^te unb ^einlid^e barin oermiebenmerbenmug;
benn fd^5ne JSunft mu^ in boppelter SSebeutung freie ^unft fein: foioobl
bag fe nidbt als Sobngefd^äft eine Slrbeit fei, bereu ®r5ge jtd^ nad^ einem
beftimmten SRagftabe beurtbeilen, ergtoingen ober begabten l> als aud^,
bag baS ©emütb ftd§ gtoar befd^&fttgt, aber babei bod^, obne auf einen
25 onbern S»edt l^inauSgufel^en, (unabl^fingig oom gol^ne) befricbigt unb er«
toecft fül<.
S)er diebner giebt alfo gmar etmas, tt»aS er nid^t oerfprid^t, nämlid^
ein unterl^altenbeS Spiel ber @inbilbungSTraft; aber er brid^t aud^ bem
ettoaS ab, toas er toerfprid^t, unb toaS bod^ fein angefünbigteS ©efd^dft
30 ift, nämlidb ^^^ Serftanb gioedfmdfeig gu befd^dftigen. 3)er ©id^ter ba«
gegen Derfprid^t »cnlg unb fünbigt ein blofeeS Spiel mit 3been an, leiftet
aber ctmaS, »aS eines ®efd&aftcS »ürbig ift, namlid^ bem SSerflanbe
fpielcnb 5Rabrung gu toerfd^affen unb feinen Gegriffen burd^ (giubilbungS«
!raft geben gu geben: mltl^in jener im ®runbe »eniger, blefer mebr, als
35 eröerfprid^t.
2) 2)ie bilbenbeit Mnfte ober Me bes «usbruds für Sbeen in
ber Sinnenanfd^auung (nid^t burd§ aSorfteHungen ber blofeen ©in«
itant'l 6<!&rift(tt. S^erTe. Y. 21
322 ^it« bcr Urtl&eiUfraft. 1. J^cW. Äritif bcr äftl^etif^eu Urt^ciWItQft.
bilbungSfraft, blc bwräj SBortc aufgcreßt »erben) pnb entwcber bic ber
©innentoa^r^eit ober be« ©innenf d&ein«. SDle erfte l^ei&t bie ?la*
ftif, bte gtoeite bie TOalerei. Seibe mad^en ®epalten im SRaume gum
SluSbrurfe für gbeen: jene mad^t ©eftalten für jtoei Sinne fennbar, bem
©eftd^te unb ©efül^I (objtoar bem legieren nid^t in abftd^t auf ©d^ön^eit), 5
biefe nur für ben erftern. S)ie äpi^etifdEie gbee (»rd^et^pon, Urbilb)
liegt gu beiben in ber (Sinbilbungdfraft gum ©runbe: bie ©eftalt aber,
meldte ben 8luSbrudC berfelben ausmacht (eft^pon, 5tad^bilb), »irb ent*
Weber in il^rer förperli^en auSbel^nung (mie ber ©egenftanb felbft e;ri«
fiirt) ober nac^ ber Slrt, wie biefe fic^ im Slugc malt (nad() i^rer «ppareng 10
in einer Sld^e), gegeben; ober, »aS aud^ baö erftere ift, cnttoeber bie
Segiel^ung auf einen »irflld^en StoedE, ober nur ber Slnfc^ein beffelben ber
Siepejrion gur S3ebingung gemalt.
Sur 5ßlaftif, als ber erften 2lrt fd^öner bilbenber Äünfle, gel^ört bic
SBilbl^auerfunft unb Saufunft. 3)ie erfte ift biejenige, »eld^e Se« i»
griffe üon ©ingen, fo »ie pe in ber Statur ejciftiren fönnten, tbxpex-
m barfteat (boc^ als fc^bne j^unft mit SRüdpc^t auf äftbetifc^e Qm^^
möfeigfeit); bie gioeite ift bie Äunfl, Segriffe üon S)ingen, bie nur
burd^Äunft mögUd^ pnb, unb beren ?yorm nid^t bic 5Ratur, fonbcrn
einen milllürlid^en 3^^Ä gum SeftimmungSgrunbc l^at, gu biefer Slbpd^t, so
bod^ aud^ gugleid^ dftl^etifd^ gmedm&gig barguftellen. 93ei ber legieren ift
ein geioiffer ® ebraud^ beä fünftlid&en (SegenftanbeS bie ^auptfad^c, wor-
auf als SBebingung bie äftl^etifc^en ^been eingefd^r&ntt werben. S3ei ber
erfteren ift ber blofee Äusbrudt äfl^etifd^er gbeen bie ^auptabpd^t. ©0
Pub Silbfäulen üon SKenfc^en, ©öttern, Spieren u. b. gl. Don ber erftern 23
art; aber Sempel, ober ^rad^tgebdube gum fflel^uf öffentlid^er SSerfamm-
lungen, ober aud^ SBol^nungen, Sl^renbogen, ©dulen, Senotapl^ien u. b.
gl, gum ßl^rengebddötnife errid^tet, gur SBaufunft gel^örig. 3a alle $au8*
gerdt^e (bie Slrbeit beS Sifd^lerS u. b. gl. S)inge gum ©ebraud^e) Tonnen
bagu gegd^lt werben: weil bie Sngemeffen^eit bed ^robucts gu einem gc 30
wiffen ©ebraud^e ba« aSefentlidöe eines SauwerlS auSmad^t; bagegen
ein blogeS Silbwert, baS lebiglid() gum anfdbauen gemad^t ift unb für
pd^ felbft gefallen foll, als f örperlid^e ©arPellung blofee SRat^al^mung ber
3latur ift, bod^ mit SRütfpd^t auf dftl&etif^e 3bcen: wobei benn bie ©in*
ncnwairl^cit nid^t fo weit gelten barf, bafe eS aufhöre als Äunft unb 35
$robuct ber SBilltür gu erfd^einen.
£)ie ^al er fünft, als bie gweite Srt btlbenber Mn^t, weld^e ben
S)ebuction ber äfl^etifd^en Urt^eile. 323
Sinnenfd^eln Tünßlid^ mit S^een DerBunben barfteüt, toflrbe id^ in bie
ber fd^onen ©d^ilbcrung bcr 9latur unb tn blc bcr fd^önen Sufam»
mcnftcUuitfl t^rcr $robuctc cintl^cilen. ©Ic crftc toärc blc cigcnt»
Ild^c SKalcrct, bic gtocite bic Suftgärtncrci. 35cnn bic crftc gicbt
5 nur ben @d^ein ber lörpcrlid^cn Sudbel^nung; bic imcite gmar btcfc naij^
bcr 9BQ^rl()eit, aber nur ben Sd^cin oon Senu^ung unb ©ebraud^ gu an«
bercn Qmdtxi, alö blofe für baS Spiel ber (ginbilbung in 35efd&ouung
il^rcr formen*). 3)ic Untere ift niii^t« anberS, alö bic ©d&mücfung be«
S3oben8 mit bcrfelbcn 3Wannigfaltigfeit (®räfern, SBlumen, ©träud^en unb
10 Säumen, felbji ©cttdffcrn, ^ügeln unb Sudlern), »omit it)n bie Slatur
bcm anfd^auen barftellt, nur anberö unb angemeffen getoiffcn 3been gu^
fammcngeftellt. 3)ie fd)öne Sufammcnftellung aber förperlid^er 3)ingc ift
aud^ nur für bad Slugc gegeben, mie bie 9RaIerei; ber @inn bed @eful^I$
fann feine anfd^auHd&c SSorftcHung üon einer fold^en gorm öerf(!öaffen.
15 Qu ber 3RaIerei im toeiten Sinne würbe id^ nod^ bie Sßergierung ber ßint*
mer burd^ Sapeten, Suffä^c unb aM fc^5ne SÜmöblemcnt, koelc^cjS blog
gur änfid^t bicnt, gdl^Ien; imgleid^en bie Äunft ber Äleibung nodö®e»
\iimad (SRinge, S)ofen u. f. ».)• 35^"" ein parterre öon allerlei SBlumen,
ein Siwimer mit allerlei gicratl^en (felbft ben ^u^ ber ©amen barunter
20 begriffen) mad^en an einem ^rad^tfefte eine SIrt t)on ©cmdlbc au§, mel«
d^cö, fo mie bie eigcntlid^ fogenannten (bie nid^t etwa ©cfd^id^tc, ober 9la»
turfenntnig gu Icl^ren bic Sbftd^t l^aben) blog gum 9lnfel|en ba ift, um
bic 6inbilbung§fraft im freien Spiele mit Sbeen gu unterl^alten unb ol^ne
beftimmtf n Qwd bie dft^etifd^e UrtfteilSfraft gu befdjdftigen. S)a8 3Kac|)»
25 merl an allem biefem Sdömucfc mag immer med^antfd^ fe^r unterfd^ic«
•) S)a6 bie guftödrtncrel ot« eine 5lrt üon üRalcrfunJl bctrad^tet werben
fönne, ob fle ^wax \^xt gormen förperlld^ barpeüt, fd^etnt befremblid^ ; bo f!e aber
i^re formen njirflid^ au& ber Statur nimmt (bie Säume, ©eflräud^e, ©röfer unb
l&Iumen aud ^alb unb gelb, wenigftenS uranfönglic^) unb fofern nic^t etma wie
30 bie Sßloflil ^'unft ift, auc^ leinen 93egriff Don bem ©egenftaitbe unb feinem S^^^^^
(roie etwa bie 93au!unft) jur öebingung i^rer 3ufommeufteC(unö l^at, fonbcm bIo6
hai freie @pie( ber C^inbilbuno^fraft in ber Sefd^auung: fo fommt fie mit ber
bIo6 äll^ettf^en «Walerei, bie fein beftimmte« ST^ema ^ot (l^uft, 8anb unb aSBoffer
burd^ 8id^t unb @(^atten unter^oltenb jufammen fteUt), fofern überein. — Über-
35 l^oupt »irb ber 8efer biefeiS nur atd einen $Berfu(^ oon ber S^erbinbung ber fc^önen
fünfte unter einem ^rincip, meI(^eS bieömal ba» btü ?luöbrudö dfl^etifc^er Sbeen
(nad^ ber Analogie einer @prac^e) fein foQ, beurt^eilen unb ni(^t a(d für entf(^ie-
ben gehaltene 9lb(eitung berfetben anfe^en. .
21*
324 ^ti! bcr Urtl^eiUfraft. 1. S^eit. ^itif bcr dfl^ettfd^cn Urtl^etWfraft.
ben fein unb ganj \>tx\ä)xzhtnt Aünftler erforbent; baS ®t\timad&'
urtl^etl ift boäi aber baS, mag in biefer JSunfi fd^ön ift, fofem auf
einerlei art beftimmt: ndmlic^ nur bie gormen (ol^ne atüdpri^t auf einen
QmS) f 0, »ie jte ^ä) bem äuge barbieten^ eingeln ober in il^rer Suföni«
menfe^ung m(Si ber SSBirfung, bie fte auf bie (Sinbilbungdlraft t^un, gu 5
beurt^eilen. — SBie aber bilbenbe itunft gur ©eberbung in einer Spraye
(ber ainaloflie nac^) gegfil^It toerben fbnne, toirb baburd^ gerecä^tfertigt,
ba^ ber ©eift bed i^finftlerS burd^ biefe ©eftalten Don bem, ksaiS unb mie
er gebadet l^at, einen törperlid^en SluSbrud giebt unb bie Sad^e felbfl
gleic^fam mimi[d^ fpred^en mad^t: ein fel^r gemö^nlid^eS @:t>iel unferer lo
^l^antafte, koeld^e leblofen fingen i^rer S^orm gemäg einen ©eift unter«»
legt, ber aud il^nen fprid^t.
3) S)ie JCunft beiS f(i^dtteti &pitU ber Stttpfinbungen (bie üon
äugen ergeugt merben unb baS {id() gleid^mol^l bod^ mug aDgemein mit*
t^eilen laffen) fann nid^ts anberd als bie Proportion ber oerfc^iebenen i&
®rabe ber Stimmung ((Spannung) beS @innS, bem bie Smpfinbung an*
gel^ört, b. i. ben Son beffelben, betreffen; unb in biefer »eitläuftigen Se*
beutung beS SSortS Tann fte in baS Ifinftlid^e @piel ber @mpfinbungen
bes ©el^örd unb ber bed ©eftd^td, mithin in SRufif unb garbenfunft
einget^eilt toerben. — @8 ift merfmurbig: bafe biefe gtoei Sinne aufeer 20
ber empfänglicftfeit für (Sinbrfidfe, fo Diel baöon erforberlid^ ift, um t)on
äu&ern ©egenftdnben öermittelft il^rer Segriffe gu befommen, nod^ einer
befonbern bamit t)erbunbenen (Smpfinbung fällig {tnb, toon welcher man
nic^t red^t auSmad^en lann, ob fie ben @inn, ober bie äiefleicion gum
©runbe ^abe; unb bag biefe Slffectibilität bod^ biStoeilen mangeln fann, 25
obgleid^ ber Sinn ftbrigend, was feinen ©ebraud^ gum @rlenntnig ber
Dbiecte betrifft, gar nid^t mangelhaft, fonbern tool^l gar öorgügUd^ fein
ift. S)aS l^ei^t, man fann nid^t mit ©etoigl^eit fagen: ob eine f^arbe ober
ein Son (^lang) blog angenel^me @mpfinbungen, ober an ftd() fd()on ein
fd^önei^ Spiel t)on (Smpfinbungen fei unb atö ein foId^eS ein äBol^lgefallen 30
an ber gorm in ber äft^etifd^en »eurtl^eilung bei ftd^ fü^re. SBenn man
bie Sd^neQigfeit ber Sid^t* ober, in ber gtoeiten Srt, ber Suftbebungen,
bie aQed unfer 93erm5gen, bie Proportion ber geiteintl^eilung burd^ bie«
felben unmittelbar bei ber SBal^rnel^mung gu beurtl^eilen, »al^rfd^einlidöer^
toeife bei toeitem übertrifft, bebenft: fo foWe man glauben, nur bie SBir* »
fung biefer Sitterungen auf bie elaftifd()en SEl&eile unfer« Äörper« toerbe
empfunben, bie Seiteintl^eilung burd^ biefelben aber nid^t bemerttunb
S)cbuctton hex fiftl^ftifiä^cn Urt^cile. 325
in SBcurtl^cilung flcgogen, mitl^in mit gatbcn uub Stöncn nur Slnncl^mHd^*
feit, nid^t Sd^önl^eit il^rer 6om:t)oftt{on Derbunben. 93ebenlt man aber
bagegen erftlii!^ ba^ 9Rat^emati{(]^e, iDeld^ed ftd^ fiber bie Proportion
biefer ©d^toingunflen in bcr SKujtf unb il^re Seurtl^eilung jagen Idfet, unb
5 beurtl^eilt bie i^arbenabfted^ung, toie billig, nad^ ber 9(nalogie mit ber
le^tern; giel^t man jmeitenS bie, objmar feltenen SSeifpiele Don SRenfd^en,
bie mit bem beften ©efici^te oon ber ^elt nid^t l^aben färben unb mit bem
fd^ärfften ©el^öre nid^t Söne unterfd^eiben lönnen, ju 9iat^, imgleid^en
für bie, ftield^c biefeö fönnen, bie SBal^rnel^imung einer üerdnberten Dua»
10 iitdt (nid^t blog itS ©rabeS ber @m))finbung) bei ben Derfd^iebenen Sin*
fpannungen auf ber Sarben* ober Tonleiter, imgicid&en bafe bie ßa^I ber«
felben für begreifliche Unterfd^icbe beftimmt ift: fo möd^te man pd^
genötl^igt feigen, bie Smpfinbungen t)on beiben nid^t aliS bloßen Sinnen^»
einbrud!, fonbern als bie SBirfung einer Seurtl^eilung ber gorm im Spiele
15 vieler ßmppnbungen anjufel^en. 3)er Unterfd^ieb, ben bie eine ober bie
anbere SWeinung in ber 5Beurtl()eilung beö ®runbeö ber aWuftf giebt, toürbc
aber nur bie S)efinition bal^in oerdnbern, bag man jte entmeber, tote mir
getrau l^aben, für baö f d&öne ©piel ber (gmpfinbungen (burd() ba« ©el^ör),
ober angenel^mer ßmpfinbungen erfldrte. 5Rur nadft ber erftern (Sr*
20 fldrungSart mirb JWuftf gänjUdö al« fd^öne, nad^ ber gmeiten aber als
angenel^me Äunft (menigftenS gum Sl^eil) oorgeflellt merben.
§52.
aSon ber SSerbinbung ber fd^önen Äünftc in einem unb
bemfelben ^robucte.
25 S)lc Serebfamleit fann mit einer malerifd^en JDarfteHung l^rer ©üb*'
jede fomol^l afö ®egen[tdnbe in einem ©d^aufpiele, bie ^oepe mit SKu»
pi im Oefangc, biefer aber gugleid^ mit malcrifd^er (t^eatralifdjer) S)ar*
ftellung in einer Dper, ba« Spiel bcr gmppnbungen in einer 2RupI mit
bem Spiele ber ®eftalten im Sang u. f. m. oerbunben »erben. 8ludö
30 fann bie ©arftellung be« (Srl^abenen, fofern pe gur fc^önen Äunft gel^ört,
in einem gereimten Srauerfpiele, einem Selrgebid^te, einem Dra»
torlum pd& mit ber Sd^önl^eit oereinigen; unb in biefen SBerbinbungen
ift bie fd^5ne ^unft nod^ ffinftlid^er: ob aber anii fd^öner (ba pd^ fo man«
nigfaltige oerfd^iebene 8lrten beö SBol^lgefaHen« einanber burc|)freugen),
»3 fann in einigen biefer gdUe begmeifelt »erben. 3)oc^ in aller frönen
326 Äritü bcr Urt^ciWfraft. l.St^eil. ^tlil bet äft^ettf(||en Urtl&elWfraft.
Äunft befielet baö SBcfcntlid^c in bcr gorm, tocl^c für bic aSeobad^tung
unb äSeurtl^eilung jtDedmägtg i{l, m bie £u{l gugleid^ (Sultur i{i imb ben
®^iii ju Sbeen [ttmmt, mithin il^n mel^rerer folc^er Suft unb UnterJ^al«
tung empf&ngUd^ maiit; nid^t in ber SRaterie ber @mpfinbung (bem
SRcijc ober bcr SRül^rung), too c« blofe auf ©cnufe angelegt ift, weld^er 5
nid^tiS in ber^bee jurüdlägt, ben ®etft ftumpf/ben ©egenftanb nad^ unb
mä^ anelelnb unb ba^ ©emfitl^ burc!^ baS Setougtfein feiner im Urt^eite
ber SSernunft gmedwibrigen Stimmung mit ft(l() felbft unjufrieben unb
launifd^ mad^t.
SBenn bie fd^onen Äünfte nid^t na^e ober fern mit moralifd^en Sbeen 10
in S^erbinbung gebrad^t merben, bie allein ein felbftftanbiged Siol^Igefallen
bei pc^ führen, fo ift baS lefetere il^r enblic^eö ©d^icffal. @ie bienen afö»
bann nur jur ß^i^ftreuung, beren man immer bejto mel^r bebürftig mirb,
als man ftd^ il^rer bebient, um bie Unjufrieben^eit beS ©emütl^iS mit ftd^
felbft baburd^ ju vertreiben, bag man ^6) immer noc^ unnü^lid^er unb 15
mit p^ felbft unjufriebener mad^t. Überhaupt pnb bie ©d^önl^eitcn ber
3flatur ju ber erfteren Slbpd^t am jutrclglid^ften, »enn man fröl^ baju
gemöljnt toirb, pe ju beobad^ten, ju beurtl^eilen unb gu bemunbern.
§53.
SSergleid^ung bed äftl^etifd^en SBertl^d ber fd^onen j^ünfte 20
untereinanbcr.
Unter allen bel^auptet bie ©id^tlunft (bie faft gdnglid^ bem ®cnie
il^ren Urfprung öerbanft unb am loenigften burd^ SSorfd^rift, ober bur^
Seif^jiele geleitet fein toill) ben oberften Slang. @ie eriocitert ba« ®c^
miitl^ baburd^, ba^ Pe bie @inbilbung$fraft in ^reil^eit fe^t unb inner- ss
f)alb ben Sciiranfen eines gegebenen Segriffä unter ber unbegrdngten
äRannigfaltigfeit moglid^er bamit gufammenftimmenber formen bie*
jenige barbietet, toeld^e bie ©arfteHung beffelben mit einer ©ebanfenffille
üerfnflpft, ber fein Sprad^auöbrudt ööllig abäquat ift, unb pd^ alfo
öft^etifd^ ju Sbeen ergebt. @ie ftdrit ba§ Oemütl^, inbem pe eö fein so
freies, felbptl^dtigeS unb oon ber 9laturbeftimmung unab^dngigeS SSer*
mögen füllen Idfet, bic 9latur als @rfd&einung nad& Slnpcfttcn gu betrat^::
ten unb gn beurtl^eilen, bic pe nid^t öon felbft Weber für bm ©inn-nodö
ben aSerftanb in ber ßrfa^rung barbietet, unb pe alfo gum Sel^uf unb
gleid^fam gum @^ema beS Überpnnlid^en gu gebraud^en. @ie fpielt mit S5
©ebuction ber öft^ctift^en Urt^elle. 327
bcm Schein, bcu ftc na^ ScUcbcn bewirft, o^nc bod^ baburc^ ju betrügen;
benn f!e erflärt i^re SBefd^dftigung felbft für blogeS @piel, mel(^ed gleid^«
mol^l t)om SSerftanbe unb ju beffen ®efd^äfte gmedmägig gebraud^t mer^
ben fann. — S)ic Serebjamfeit, fofern barunter bie Äunft ju Überreben,
5 b. 1. burdö ben fd^önen Sd^ein gu l^intergc^en (afö ars oratoria), unb ntd^t
blofee aSBo^lreben^ett (eioqueng unb Stil) öerftanben toirb, ift eine S)ia*
leftif, bie öon ber SJid^tfunjl nur fo Diel entlehnt, qI« nöt^ig ift, bie ®e*
mutiger öor ber Seurt^eilung für ben SRebner ju beffcn SSortl^eil gu ge-
minnen unb biefer bie ^reil^eit gu beneigmen; fann aljo meber für bie
10 ©erid^töfd&ronfen, nod^ für bie Äangeln augeratl^en werben. 3)enn wenn
eiS um bürgerlid^e ®efe^e, um baS Sfied^t eingelner ^erfonen, ober um
bauerl()afte Sele^rung unb Seftimmung ber ©emüt^er gur riij^tigen
Äenntnife unb gewiffenl^aften Seobad&tung i^rer ^flid^t gu t^un ift: fo ift
eö unter ber SBürbe eine« fo wi^tigen ©efd^afte«, aud^ nur eine ©pur
13 Don Üppigfeit beö SBifeeS unb ber @inbilbung8fraft, nod^ me^r aber oon
ber j(unft gu flberreben unb gu irgenb jemanbeS SSortl^eil eingunel^men
bliden gu Iaf[en. S)enn wenn fte gleid^ bisweilen gu an ftd^ red^tma^igen
unb lobeniSwürbigen Slbfid^ten angewanbt werben fann, fo wirb {te bod^
baburd^ üerwerflid^, bafe auf biefe 9lrt bie SKajrimen unb ©ejtnnungen
20 fubjectio öerberbt werben, wenn glei^ bie S:t)at objectio gefefemfifeig ift:
inbem eS nid^t genug ift, bad, waiS Siedet ift, gu t^un, fonbern eS aud^
aus bem ©runbe aUein, weil eiS Sitäjt ift, auSguüben. Slud^ l^at ber bloge
bcutltd^e SBegriff biefer Slrten Don menfd^lid^er Angelegenheit, mit einer
lebl^aften S)arftellung in 93eifpielen ))erbunben unb ol^ne SSerftog wiber
25 bie Siegeln bed SBo^llautS ber @prad^e, ober ber SSol^lanft&nbigfeit bed
SluSbrudfS für Sbeen ber SSernunft (bie gufammen bie SSol^lrebenl^eit aud>
mad^en), fd^on an fid^ l^inreid^enben 6influg auf menfd^lid^e ©emütl^er, atö
ia^ es nötliiig wöre noc^ bie SKafd^inen ber Überrebung l^iebei anzulegen;
weld^e, ba pe eben fowol|l auc^ gur Sef^önigung ober SSerbedtung beS2afterS
30 unb S^rtl^wtnö gebrandet werben fonnen, ben gel^eimen SSerbad^t wegen
einer fünftlid^en Überliftung nid^t gang oertilgen fönnen. 3n ber S)id^t»
fünft ge^t alles el^rlid^ unb aufrichtig gu. @ie erflört jid^, ein blofeeS un=
ter^altenbeS @piel mit ber @inbilbungStraft unb gwar ber f^orm nad^ ein«
flimmig mit SSerftanbeSgefej^en treiben gu wollen; unb »erlangt nid^t ben
35 SSerflanb bur^ jtnnlic^c ©arfleHung gu überfiä^leid^en unb gu öerflridten.*)
*} 3^ mug gefielen: bog ein fd^öneS ©ebid^t mir immer ein reineS SBer«
gnügen gemacht ^at, anflatt bag bie Sefung ber beften 9^ebe eiiieiS rOmifc^en ^olfiS-
328 ^tti! ber Urtl^etl^froft. 1. Sl^etL «rtlt! ber Afl^ettfc^en Uttl^eiUfraft.
9{q(I^ ber S)i(i^tfunft koürbe id^, totnn tS um SReij unb Semegung
bcö ©cmfttl^S ju tl^un ift, btcicnigc, »el^c il^r unter bcn rebcnbcn am
ndd^ften Tommt unb ftd^ bamit anä) fel^rnaturlid^ üereinigen I>, nämlic^
btc Sonlunft, fc^cn. S)enn ob pc jtoar burd§ lauter 6m^)finbunBen
ol^ne Segriffe \pxiäit, mitl()tn nid^t \ok bie ^oefie etmad gum Slad^benTen 5
äbrig bleiben lagt, jo bemegt {te bod^ baS ©emfitl^ mannigfaltiger unb,
obgleid^ blog üorübergel^enb, bod^ inniglid^er; ift aber freüid^ mel^r ®enug
als 6ultur (ba$ ©ebanfenfpieli U)a$ nebenbei baburd^ enegt kstrb, ift
blog bie SBtrfung einer glei^fam med^anifc^en 3(f[ociation); unb l^at,
burd^ aSernunft beurtl^eilt, weniger SBertl^, alö jebe anbere ber fd^önen 10
jlflnfte. S)a]^er tierlangt jie mie teber ©enug 5ftern äBed^fel unb l^&It
bie mel^rmalige äBieberl^oIung nic^t aud, ol()ne Überbrug gu erzeugen.
2)er SReij berfelben, ber |td() fo allgemein mittl^eilen läfet, fd^eint barauf
gu berul^en: bafe jeber 8luSbrudt ber ©prad^e im 3uf<J«nmen^ange einen
Son l^at, ber bem @inne beffelben angemeffen ift; bag biefer %t>n mel^r 13
ober weniger einen 9lf[ect beS €:t)red^enben begeid^net unb gegenfeitig
aud^ im ^brenben hervorbringt, ber benn in biefem umgelel()rt aud^ bie
3bee erregt, bie in ber @^)ra^e mit fold^em Sone auSgebrüdtt »irb; unb
bog, fo mie bie SRobulation gleid^fam eine allgemeine iebem SRenfd^en
Derftfinblid&e ©prad^e ber ©mpfinbungen ift, bie SJ;onfunft btefe für fid() 20
allein in i^rem gangen Sttad^brudfe, ndmlic^ al8 ©prad^e ber^ffecten, au8»
übt unb fo nadft bem Oefefee ber 8lffoclation bie bamlt natürlid^er SBeife
oerbunbenen dftl^etifd^en 3t>een allgemein mtttl^eilt; bafe aber, »eil Jene
ober je^igen IßartameniiS' ober J^anaelrebnerS jeberaeit mit bem unangenehmen @efü^I
ber ^igbinigung einer ^interlirtigen 5(unfl oermengt mar, xvelä^z bie ^enf^en aU n
SJ^afd^inen in mid^tigen 2)tngen 3U einem Urt^eile au bewegen verfielt, bad im
ru!)igen S^ad^benfen aQe& ©ewicl^t bei i()nen oerlieren mug. Serebtl^eit unb 9&o^U
rcben!|eit (aufammcn SR^etorif) ge!)ören jur fd^öncn ^nft; aber Slebnerfunfl (ars
oratoria) ift, aU j^unft fi(^ ber ©c^roö^en ber ^enf(^en au feinen ^bftd^ten au
bebienen (biefe mCgen immer fo gut gemeint, ober andj mirflic^ gut fein, aliS fle 30
woUen), gar fetner ^c^tung »firbig. ^uä) erl^ob fie fxä^ nur fowo^t in 9(tl^en
atß in SRom aur l)öd^ften @tufc au einer 3cit, ba ber (Staat feinem 93erberben au*
eitte unb ma^re patriotif^e S)enfungdart erlofd^en mar. ^ex bei flarer (i^inftc^t
in ©ad^en bie ©prac^e nad^ beren SReid^tl^um unb SRetnigfeit in feiner ©ewalt ^at
unb bti einer frud^tbaren, aur 2)arrteQung feiner Sbeen tüchtigen GtnbilbungiSfraft 35
lebhaften ^eraendantbeil am wahren @uten nimmt, ift ber vir bonus diceDdi peritus,
ber 9f{ebner o^ne j^unfi, aber t)oU ^ad^brud^, wie i^n Cicero ^aben toia, o^ne bo(^
biefem Sbeal felbfl immer treu geblieben au fein.
SXbuction ber ftßl^etifd^en Utt^ette. 329
api^ctifd&cn gbeen feine Segriffe unb beftimmte Oebanfeit finb, bic gorm
ber Sufornmenfe^uiifl blefer (gmpfxnbungen (Harmonie unb SRelobie) nur
ftatt ber gorm einer ©prad^e bagu bient, öermittel|t einer pro^)ortionirten
Stimmung berfelben (meiere, kseil fte bei 5£5nen auf bem äierl^&Unig ber
5 Sal^l ber Suftbebungen in berfelben Seit, fofern bie Zbnt jufllei(]^ ober
aud^ nad^ einanber Derbunben kcerben, berul^t, matbematifd^) unter gen)if[e
Stegein gebrad^t werben Tann) bie aftl^etifd^e 3bee eines gufammenbAngen^
ben ®anjen einer unnennbaren ®ebanTenffine einem gemiffen Sl^ema ge^
m&g, tt»eId^eS ben in bem @tädte benfd^enben Effect auSmad^t, auSgn«
10 brüden. Sin biefer matbematifdien f^orm, obgleid^ nid^t burd^ beftimmte
äSegriffe DorgefteÜt, b^^gt allein badSBoblgefaHen, meines bie blogeäte«
flejcion über eine fold^e 2Menge einanber begleitenber ober folgenber (gm«
^)finbungen mit biefem &pkU berfelben alö für iebermann gültige Sebln*
gung feiner Qdjbni^tit t)erTnüpft; unb fte i{t ei aQein, nad^ meld^er ber
15 ©efd^madC jid^ ein Siedet über baS Urtl^eil Don iebermann gum tooraud
auiSgufpred^en anmaßen barf.
aber an bem Steige unb ber ®emfit^8beb)egung, toeld^e bie ÜRuftt
l^erDorbringt, l^at bie 3Rat]^ematif ftd^erlid^ ni^t ben minbeften Slntbeil;
fonbern fte ift nur bie unumg&nglidje IBebingung (conditio sine qua non)
20 berjenigen Proportion ber (SinbrfidCe in il^rer ^erbinbung fotoo^l a\i
il^rem äBed^fel, tt)oburd() t8 m5gli(b teirb fte gufammen ju faffen unb p
Der^inbern, bafe biefe einanber nic^t gerflören, fonbern ju einer continuir*
lid()en SBemegung unb ^Belebung beS ©emüt^S burd^ bamit confonirenbe
Effecten unb l^iemit gu einem bebaglid()en @elbftgenu^e jufammenftimmen.
23 SBenn man bagegen ben SBert^ ber fd^önen jfünfte nad^ ber (Sultur
fd^ä^t, bie fie bem ®emüt^ Derfd^affen, unb bie (Srmeiterung ber 93er^
mögen, meldte in ber UrtbeilSiraft gum @rfenntniffe jufammen fommen
muffen, jum SRafeflabe nimmt: fo l^at aMufti unter ben fd^önen Äünflen
fofern ben unterften (fo U)ie unter benen, bie gugleid^ nad^ ibrer Slnnebm*
80 lid^Teit geftbä^t toerbeui oiellei(bt ben oberften) $la^, meil fte blog mit
Smpfinbungen fpielt. ^ie bilbenben JCünfte geben ibr alfo in biefem
93etrad()t kseit toor; benn inbem fte bie @inbilbungSlraft in ein freieiS unb
bod§ gugleid^ bem SSerftanbe angemeffeneS Spiel Derfe^en, fo treiben fte
gugleid^ ein ®efd^äft, inbem fte ein ^robuct gu ©tanbe bringen, »eld^e«
35 ben SSerpanbeSbegriffen gu einem bauerbaften unb für fte felbfi ftd& em=
pfel^lenbcn SBebifel bient, bie Bereinigung berfelben mit ber Sinnlicbfeit
unb fo gleid^fam bie Urbanität ber obern 6rfenutni|Ir&fte gu beforbern.
330 ^Tilif ber Urt^ell^fraft. 1. Slljctl. Ärttif her äftljetifc^en UrtJetKfraft.
Seiberlei 9(rt j^änfte nel^tnen einen gang Derfd^iebenen ®ang: bte erftere
oon @mpfinbungen ju unbeftimmten ^it^n; bie gtoeiteSlrt aber üon be»
[timmten 3>been gu (Smpfinbungen. S)ie le^tem jtnb oon bleibenbenif
bie erftern nur Don tranfitorif(^em @tnbru(fe. 3)ie Sinbilbung^traft
lann jene gurfldrufen unb ^6) bamit angenel^m unterl^alten; biefe aber 5
erlöf(!^en entmeber gängli(!^, ober iDenn fte unu)illffirli(6 Don ber Sinbil^
bungSfraft teieberl^olt merben, ftnb jte und el^er läftig al& angenel^m.
Slugerbem l^&ngt ber 3Ru{tf ein getoiffer SRangel ber Urbanit&t an, bag
fte üornel^mlid^ nad^ SSefd^affenl^eit il^rer Instrumente il^ren (Sinflug
weiter, aU man i{)n verlangt, (auf bie 9la(l^barf(!^aft) ausbreitet unb fo lo
ftcft gleit^fam aufbringt, mithin ber fjteil^eit anbrer aufeer ber muftfali=
fc^en ©efeUfc^aft Slbbrud^ tl^ut; »eld^eS bie fünfte, bie gu ben 9(ugen
reben, nid^t t^un, inbem man feine Sugen nur megioenben barf, »enn
man i{)ren @inbrud nid^t einlaffen »id. @ö ift l^iemit faft fo, toxt mit
ber ßrgofeung burd^ einen [\6i meit ausbreitenben ©erut^ bemanbt. 2)er, is
n)eld^er fein parfümirted Sd^nupftud^ auiS ber Safd^e gie^t, tractirt aDe
um unb neben [\6) miber il)ren SÖSiUen unb n5t][)igt fie, luenn fte at^men
iDoQen, gugleic^ gu genießen ; bal^er eS aud^ auS ber SRobe gefommen ift.*)
— Unter ben bilbenben fünften toürbe id^ ber 5KaIerei ben SSorgug
geben: t^eilS »eil fte a\& 3^i4nungSfunft aUen übrigen bilbenben gum so
@runbe liegt ; tl^eild »eil fte lueit me^r in bie 9%egion ber ^been einbringen
unb aud^ bad §elb ber Snfd^auung biefen gem&g mel^r enueitern fann,
als eS ben übrigen Derftattet ift.
§54.
9(nmerfung. 23
3tx)ifd^en bem, »ad blog in ber iBeurtl^eiluug gefällt, unb
bem, ma« öergnügt (in ber ©mpfinbung gefällt), ift, »ie mir oft gegeigt
l^aben, ein mefentliti^er Unterfd)leb. 2)a« lefetere ift etmaö, welche« man
nic^t fO; mie ba*3 erftere jebermann anfinnen fann. Vergnügen (bie VLx*
fac^e beffelben mag immer{)in aud^ in Sbeen liegen) fd^eint iebergeit in so
*) diejenigen, meldte au ben ^du^üd^en 9nba(^tdübunQen oud^ bad Singen
geiftlid^er lieber empfohlen ^aben, bebad^ten nid^t, bag fle bem publicum burd^
eine folc^e larmenbe (eben baburd) gemeiniglich pl^arifäifc^e) ^nbac^t eine groge
SBefc^merbe auflegen, inbem fie bie ^ad^barfdjoft entmeber mit }u fingen ober i^i
©ebQufengefdjilft nieberaulegen nöt^igen- 85
©cbitctlon ber oftl^ctif^cn Urtl^citc. 331
einem ®efül|l ber Seforberung be« gefammten geben« be« 3Wenf()öen, mit
]&in aud^ be« förperltd^en SBol^lbefinben«, b.i. ber ©efunblöeit^gubeftel^ien;
jo bafe ßpifur, ber alle« SBergnügen im ®runbe für forperli^e ßmpfin'
bung ausgab, fofern Dtelleid^t ni(^t Unred^t l^aben mag unb ftc^ nur felb[t
5 mlfeüerftanb, »enn er baS inteHectuelle unb jelbft praftlfd^e SSBol^Igcfanen
ju ben Vergnügen gäl^Ite. SBenn man ben lefetern Unterfd^i^b üor Slugen
^at, fo fann man jtd^ erfWren, toie ein SSergnügen bem, ber e« emppnbet,
felbft mifefatten fönne (mte bie greube eineö burftigen, aber mo^Ibenfen*
ben TOenfd^en über bie erbfd^oft üon feinem il^in liebcnben, aber fargen
10 SJater), ober toie ein tiefer ©d^merj bcm, ber il^n leibet, bod^ gefatten
fonne (bie Sraurigfeit einer SBittmc über i^re« öerbienftöoßen TOanne«
Stob), ober loie ein SBergnügen obenein nod^ gefallen fönne (mie baö an
SBiffenfc^aften, bie loir treiben), ober ein ©(^merj (g. 35. ^a^, 5ßeib unb
SRad^gierbe; uns nod^ baju mißfallen fonne. 35a« SBol^lgefallen ober
15 ajlifef allen beruht l^ier auf ber Vernunft unb ift mit ber Billigung ober
gWifebilligung einerlei; SSergnügen unb ©d^merj aber fönnen nur auf
bem ®efül|l ober ber 9lu«{td^t auf ein (au« n}el(!^em ©runbe e« aud^ fei)
mögliche« SBol^l^ ober Übelbefinben berul^en.
SlBe« »ed^felnbe freie Spiel ber ßmpfinbungen (bie feine abpd^t
20 jum ®runbe liaben) oergnügt, »eil e« ba« ®efü^l ber ®cfunb]^eit beforbert:
wir mögen nun in ber SSernunftbeurt^eilung an feinem ®egenftanbe unb
felbft an biefem SSergnügen ein äSol^lgef allen liaben ober nid^t; unb biefe«
SSergnügen fann bi« gum Effect fteigen, obgleid& wir an bem ®egenftanbe
felbft fein Sntereffe, wenlgften« fein fold^e« nel^men, wa« bem ®rab be«
25 le^tern proportionirt w&re. SBir fönnen fie in« ®lüdt«fpiel, Stonfpiel
unb ®ebanfcnfpiel eint^eilen. S)a« erfte forbert ein 3ntereffe, e«
fei ber ßitelfeit ober be« eigcnnufec«, weld^e« aber bei weitem nid^t fo
grofe ift, als ba« Sntereffe an ber Slrt, wie wir e« un« gu oerfd^affen fud^en;
ba« gweite blofe ben SBe(^fel ber ©mpfinbungen, beren Jebe i^re Se*
30 giel^ung auf Effect, aber ol^ne ben ®rab eine« 8lffectö l^at unb afttietifd^e
Sbecn rege mad^t; ba« britte entfpringt blofe au« bem SBed^fel ber SSor*
fleüungen in ber Urt^eil«fraft, woburd) gwar fein ®ebanfe, ber irgenb ein
Sntereffe bei p(^ fül^rte, ergeugt, ba« ®emüt^ aber bodö belebt wirb.
SBie oergnügenb bie Spiele fein muffen, ofjne bafe man nötl&ig l^citte
86 interefjtrte 8lbpd^t babei gum ®runbe gu legen, geigen alle unfere äbenb»
gefellf(^aften; benn ol^ine Spiel fann pcft beinal^e feine unterl^alten. aber
bie Effecten ber |)offnung, ber %vixi)t, ber greube, be« ßorn«, be« ^oi^nS
332 Jeritir bcr llrt^etlfifraft. 1. 3:5clt. Ärttif ber ftpl^etifiä^«« Urtl^ciWfraft.
fpielen babet, inbem Pe {eben Stugenblid i^re SHoIIe koed^feln, unb {tnb fo
lebhaft, bag baburd^ al8 eine innere Lotion ba8 ganje Sebendgefd^&ft int
Sibxptx beförbert gu fein f(^eint, toie eine baburd^ ergeugte SRunterleit bed
©emfitl^d eis bemeifi, obgleid^ lueber tima^ gewonnen no4 gelernt »orben.
aber ba ba& ®lM»\pxA fein fd^öneS Spiel ifi, fo »ollen tt)ir e8 l^ier bei 5
©eite fefeen. hingegen 3Wupf unb Stoff gum gad^en pnb gtoeierlel «rten
be8 SpieliS mit &ft][)etifd^en ^been, ober aud^ äSerftanbeiSDorftellungen, too*
burd^ am @nbe nid^tiS gebadet mirb, unb bie blog burd^ il^ren SSed^fel unb
bennod^ lebhaft Dergnfigen I5nnen; kooburd^ fie giemlid^ flar gu erfennen
geben, bag bie Belebung in beiben blog fSrperlid^ fei, ob fte gleid^ Don 10
Sbeen beS ©emütl^d erregt toirb, unb bag baiS ©efü^I ber ©efunbl^eit
burd^ eine jenem Spiele correfponbirenbe Semegung ber Singekoeibe bai
gange, für fo fein unb geiftooÖ gepriefene SSergnägen einer aufgemedHen
©efeUfd^aft audmad^t. 31x6)1 bie Seurtl^eilung ber Harmonie in Stonen
ober 3Bi^einf&Den, bie mit il^rer Sd^önl^eit nur gum notl^menbigen SSe^itel »
bient, fonbern ba« beförberte SebenSgefd^dft im Äorper, ber »ffect, ber bie
ISingetoeibe unb baS Btt)erd^fen betoegt, mit einem SBorte ba« ®efü^l ber
©efunbl^eit (meldte jtd^ ol^ne fold^e SBeranlaffung fonfl nid^t ffll^Ien lagt),
mad^en ba« SSergnägen au«, tueld^e« man baran ftnbet, bag man bem
Sibxptx aud^ burd^ bie Seele beifommen unb biefe gum $(rgt Don ienem so
braud^en lann.
3n ber 2Kujtf gel^t biefe« Spiel üon ber ©mpfinbung be« Äörper«
gu dft^etifd^en 3been (ber Obiecte für Effecten), Don biefen al«bann koieber
gurüd, aber mit vereinigter Äraft auf ben Äörper. 3m Sdfterge (ber eben
f omo^I loie iene el^er gur angenel^men, al« fd^önen j^unft gegäl^lt gu toerben ss
Derbient) l^ebt ba« Spiel Don ©ebanfen an, bie in«gefammt, fofern fie fi(^
finnlic^ au«brädEen »ollen, auc^ ben jtorper befd^&ftigen; unb inbem ber
aSerftanb in biefer SarfteUung, toorin er ba« ©rtoartete nid^t finbet, plö^*
lid& nad^Iftfet, fo füp man bie SBirfung biefer SRad^laffung im Äörper
burd^ bie Sd^wingung ber Organen, »eld^e bie ^erfteüung il^rc« ®Ieic^ so
geioic^t« beförbert unb auf bie ©efunbl^eit einen möl^Itl^&tigen ßinßug l^at.
@« mufe in aUem, wa« ein Icbl^afte«, erf^ütternbe« Sad^cn erregen
foH, etma« SBiberftnnige« fein (moran alfo ber SBerftanb an ^6) fein ffiol^l«
gefallen finben fann> 2)a8 gadE)cn ift ein Effect au« ber plö^»
lid^en SSertoanblung einer gefpannten ßrmartuug in nid^t«. 35
eben biefe SSerwanblung, bie für ben SSerftanb gewife nic^t erfreulid^ ifi,
erfreuet bod^ inbirect auf einen Slugenblidt jel^r lebl^aft. aifo mug bie
^ebuction bec äftl^ettfd^en Urt^eile. 333
Urfad^e in bem ßinfluffe bet SSorfteÜung auf ben Sibxptx unb beffen
SSed^fetoirfung auf baS ®emftt]^ befleißen; unb jtear nic^t, fofern bie 93or«
Peilung obiectiD ein ©egenftanb'bed äSergnügenS ifl (benn tt)ie fann eine
get&ufd^te ßnoartung Dergnügen?), fonbern lebiglid^ baburd^, bag fte als
& bloged Spiel ber SSorfteUungen ein ©leid^gemid^t ber £ebenöfr&fte im
Äörper l^erDorbringt.
SSenn {emanb erj&^It: bag ein ^nbianer, bet an ber 2;afel eines
(Sngl&nberS in Surate eine SouteiKe mit Sie öffnen unb alles bieS SBier,
in @d^aum Dermanbeli, l^erauSbringen fal^, mit Dielen Ausrufungen feine
10 groge äSertounberung anzeigte unb auf bie $rage beS @ngI&nberS: BaS
ift benn ^ier fid^ fo fel^r ju Dermunbern? antiuortete: 3d^ tounbere mid^
aud^ nid^t barüber, bag eS^erauSgel^t, fonbern ti)ie i^rS l^abt l^ereinlriegen
fonnen, fo lad^en loir, unb eS mad^t uns einel^erjlid^e Suft: nid^t toeil xo\x
uns etma flflger finben als biefen Unioiffenben, ober fonfi Aber etmaS,
15 koaS uns ber SSerftanb l^ierin Sßol^IgefdlligeS bemerfen liege; fonbern unfre
ßrmartung koar gefpannt unb Derfd^ttinbet plö^Iid^ in 9lid^tS. Ober menn
ber erbe eines reid^en SSertoanbten biefem fein ßeid^enbegdugnig red^t
feierlid^ Deranftalten toill, aber Kagt, bag es t^m l^iemit nid^t red^t gelingen
tooHe; benn (fagt er): ie mel^r id^ meinen Srauerleuten ®elb gebe, betrübt
20 auSjufel^en, befto luftiger fe^en fie auS, fo lachen toir laut, unb ber ®runb
Hegt barin, bag eine ertoartung fid^ plö^d^ in Slidbts Dermanbelt. 9Ran
mug iDol^l bemerfen: bag fie fid^ nidi^t in baS pofttioe ©egentl^eil eines
ermarteten ©egenftanbeS — benn ba« ift immer (StwaS unb fann oft be-
trüben, — fonbern in Sflid^tS oertoanbeln muffe. 3)enn »enn Jemanb uns
25 mit ber ISrg&^Iung einer ©efd^id^te groge Sruartung erregt, unb loir beim
@d^Iuffe bie Unma^r^eit berfelben fofort einfel^en, fo mad^t es uns 9Rig-
fallen; koie j. 99. bie üon Seuten, meldte oor großem ®ram in einer 9ta^t
graue ^aare betommen l^aben foUen. S)agegen koenn auf eine bergleid^en
(Srg&l^Iung gur Srioieberung ein anberer Sd^alt fe^r umft&nblid^ ben
30 ®ram eines Kaufmanns ergd^U, ber, auS ^nbien mit allem feinem SSer»
mbgen in Sßaaren nad^ @uro))a gurüdCfel^renb, in einem fd^meren @turm
alles über Sorb gu toerfen genöil^igt tourbe unb fid^ bermagen grdmte,
bag il^m barüber in berfelben 9lad^t bie Verrüfe grau »arb: fo lad^en
n)ir, unb es mad^t uns SSergnügen, meil koir unfern eignen SRiggriff nad^
35 einem für uns übrigens gleid^güUigen ©egenftanbe, ober oielmel^r unfere
verfolgte 3bee koie einen Sau nod^ eine ßeit lang l^in« unb l^erfd^Iagen,
inbem mir blog gemeint finb il^n gu greifen unb fefl gu l^alten. (Ss ift
334 Ärltif bcr Itrtl&eiWfroft. 1. Zf^tM Äritif bcr äft^cHfd^cn Urtl^eiWfroft.
l^ter nid^t bie Abfertigung eines SügnerS ober S>ummfo))fd, luel^e baS
äSergnügen erteedt: benn aud^ ffir ftd^ iDArbe bie le^tere mit angenommen
ncm ernft erj&^Ue Oefd^ld^te eine ®efeflfd&aft in ein l&clle« 2ad&en Der»
fe^en; unb j[eneg loäre geiDÖl^nlid^ermagen aud^ ber Slufmerffamleit nid^t
toertl^. 5
9RerIn)flrbig tft: bag in allen fold^en f^&Uen ber &pa% immer etmad
in ftd^ entl^alten mug, ml^ci auf einen Slugenblid tduf^en fann; bal^er
ttenn ber ©d^eln in 9li(^t8 Derfd^toinbet, ba5 ®emüt^ wieber gurfidtjtel&t,
um ed mit il^m no(^ einmal gu üerfud^en, unb fo burd^ f^nell l^inter ein«
anber folgenbe Slnfpannung unb Sbfpannung ]^in<> unb jurudfgefd^nellt lo
unb in ©c^toanfung gefegt tt)irb: bie, meil ber Äbfprung Don bem, mad
gleid^fam bie@aite angog, plo^Iid^ (nic^t burd^ ein anm&I^Iiged^lac^Iaffen)
gefc^al^, eine ©emutl^iöbemegung unb mit il^r ^armonirenbe inmenbige
lorperlid^e Seioegung Derurfac^en mug, bie unmintürltd^ fortbauert unb
@rmubung, babei aber aud^ Aufheiterung (bie SBirlungen einer jur ®e« i^
funbl^eit gerei(!^enben 3Rotion) ^erDorbriugt.
2!)enn menn man annimmt, ba^ mit allen unfern ©ebanfen jugleid^
irgenb eine SSemegung in ben Organen beS j^örperd l^armonifd^ Derbunben
fei: fo mirb man fo jiemlid^ begreifen, mie jener {)lö^Ud^en äSerfe^ung bed
©emütl^iS balb in einen, balb in ben anbern ©tanbpunft, um feinen ®e« 20
genftanb gu betrachten, eine med^felfeitige Anfpannung unb Soi^Iaffung
ber elaftifc^en Sl^ieile unferer Singemeibe, bie ftd^ bem SmerdbfeCi mitt^eilt,
correfponbiren fönne (gleid& berjenigen, toeld&e fifelid&e ßeute fallen): too-
bei bie £unge bie Suft mit f(!^nea einanber folgenben Abf&^en ausflogt
unb fo eine ber ©efunbl^eit jutraglic^e Semegung bemirft, meldte allein 23
unb nid^t baiS, toa& im ©emutl^e Dorgel^t, bie eigentliche Urfad^e bei^ SSer»
gnügen« an einem ©ebanfen ift, ber im ®runbc nic^t« DorfteUt. — S3ot
taire fagte, ber ^immel l^abe und gum ©egengemic^t gegen bie Dielen
SRubfeligfeiten bed SebenS gmei 2)inge gegeben: bie Hoffnung unb ben
@d^laf. @r]^&tteno(^bad£ad^en bagure(!^nen tonnen ; toenn bie SRittel so
e« bei SSernünftigen gu erregen nur fo leidet bei ber ^anb »firen, unb
bcr SBi^ ober bie Driginalitdt ber Saune, bie bagu erforberlid^ ftnb, nid^t
eben fo feiten lo&ren, aliSpufig baSS^alent ift, fopf brec^enb mie m^ftifd^e
©rübler, l^aUbred^enb mie ®enie8, ober ^ergbred^enb mie empfinb-
fame Sfiomanfc^reiber (auc^ mol^l bergleid^en äßoraliften) gu bid^ten. 30
3Ran fann alfo, mie mic^ bänft, bem @pifur mo^l einr&umen: bag
alled SSergnügen, menn ed gleid^ burd^ Segriffe Deranlagt mirb, meldte
fS)ebuction ber öfl^ettfc^en Urt^eile. 335
df%tif(J^c Sbccn ertücdEen, anlmalifd^c, b.i. förpcrlid^c, ßmpflubunfl fei;
o^nc baburd^ bcm ßclftißcn ©cjül^l bcr Sld&tung für morallft^c Sbccn,
meld^ed fein SSergnügen ift, fonbern eine @elbftfd^d^ung (ber SRenfd^«
]()eit in unS), bie und über ba8 Sebürfnig beffelben erl^ebt, [a felbft nic^t
5 einmal bem minber eblen bed ©efd^madS im minbejlen Slbbrud^ )u ttjvm,
@toQd QUjS beiben Sufammengefe^ted finbet {td^ in ber 9lai))it&t,
bie ber $(u8bru(!^ ber ber 9ßenf(!^l^ett urfprünglic^ natürlid^en aufri(!^tig»
feit toiber bie jur anbern 3latur geworbene aSerfteUungöfunft ift. 3Ran
iQ^i über bie 6infalt, bie eS nod^ nid^t oerfte][)t ^i^ ju üerftelten; unb er«
10 freut pcft bod^ aud^ über bie ©infalt ber 3tatur, bie jener Äunft l^ier einen
Querftric^ fpielt. 3Ran erwartete bie aDtägli^e ©Itte ber gefünftelten unb
auf ben fd^onen ©d^ein öorpt^tig angelegten tufeerung; unb Pe^e! eS ift
bie unüerborbne, fdöulblofe SRatur, bie man anjutreffen gar nid^t getoärtig
unb bie ber, weld^er fte bliden lieg, gu entblößen aud^ nid^t gemeint war.
15 2)a6 ber fd^öne, aber falf(^e Schein, ber gewö^nli^ in unferm Urt^eile
fel^r üiel bebeutet, l^ier plö^lid^ in 9ltc^t« üermanbelt, bafe glel(^fam ber
. ©d^alf in un5 felbft blofegejlellt wirb, bringt bie Bewegung beS ®emüt^ö
nad^ gwei entgegengefe^ten SRid^tungen na(^ einanber ^erüor, bie gugleid^
ben Äörper l^eilfam [(Rüttelt. 35a6 aber etwa«, waö unenblid^ beffer al8
20 alle angenommene Sitte ift, bie Sauterfeit ber 3)enlung8art (wenigftenö
bie Slnlage bagu), bod^ nid^t gang in ber menfd^Udgen 9latur erlofd^en ift,
mifd^t @rnft unb ^o^fd^ä^ung in biefeS Spiel ber Urt^eitefraft. 3Beil
e« aber nur eine auf furge Seit jtd^ l^erüortl^uenbe erfd^einung ift, unb
bieSede ber aSerjlellungSfunft balb wieber oorgegogen wirb: fo mengt
25 ftd^ gugleic^ ein SBebauren barunter, weld^eö eine SRü^rung ber 3Ärtlid)feit
ift, bie ft(^ als Spiel mit einem fold^en gutl^ergigen Sa(^en fe{|r wol^l t)er«
binben Idgt unb aud^ wirllid^ bamit gewbl^nlid^ Derbinbet, guglei(^ audg
bemienigen, ber ben Stoff bagu l^ergiebt, bie SSerlegen^eit barüber, ba^
er nod^ nid^t nad^ SWenfd^enweife gemifeigt ift, gu üergüten pflegt. — ©ine
30 jhinft, naiD gu fein, ift ba^er ein äSiberfpruc^; allein bie 9laiDität in
einer erbid^teten ^erfon DorgufteHen, ift woi|l möglid^ unb fd^öne, obgwar
audö feltene Äunft 2Rlt ber SRaioitdt mufe offenl^ergige ßinfalt, weld^c
bie SRatur nur barum nid^t üerfünftelt, weil fie ftd^ barauf nid^t Derfie^t,
was jfunft be8 Umganges fei, ni(^t oerwed^felt werben.
33 Q\x bem, was aufmunternb, mit bem SSergnügen auS bem Sad^en
nal^e Derwanbt unb gur Driginalitfit beö ®eifte8, aber eben ni(^t gum
Talent ber fd^önen j^unft gehörig ift, lann aud^ bie launid^te Lanier
336 ^itil ber Uril^eiUfraft. l.^eil. ^tti! ber fifl^etifi^en Urt^etUfraft.
gej&^It tt)erben. Saune im guten SSerftanbe bebeutet n&mlid^ ba« Salent,
jt(^ iDiafürUd^ in eine geiuiffe ©emfttl^dbidpofttion Derfe^en ju lönnen, in
bet alle 3)inge ganj anberg als gemil^nlid^ (fogar umgefe^rt) unb bod^
gemiffen SJernunftprtncipien in einer fold^en ®emät^8ftimmung gemd^
beurtl^eilt luerben. SSer fold^en SSer&nberungen unmiDIürlid^ untermorfen
i{), ift launif d^; loer fie aber milltilrlid^ unbgmedmdgig (gumSSel^uf einer
lebl&aften 5)arPenung üermittelp eine« gad^en erregenben ßontrafte«) an=
gunel^men Dermag, ber unb fein Sl^ortrag l^eigt launid^t. 3>iefe äRanier
ge^rt inbeB mel^r gur angenehmen atö {d^onen j^unft, »eil ber ®egen^
ftanb ber le^teru immer einige äSfirbe an ftd^ geigen mug unb bal^er einen
gewiffen ©ruft in ber SarfteÜung, fo »ie ber ©efd^mad in ber SBeurt^ei=
lung erforbert.
UN''V!:^r-'TY y
2)er ^rirtf ber dft^etift^en Urt^eil^fraft
3tt)eiter Stbf^nüt
SDic 2)ideftif bcr ajl^ctifct)cn Urt^cil«fraft
§ 55.
5 ginc Urtl^cHglraft, blc bialcftifdö l^'n foH, mufe guöörbcrft Dcrnün^
tclnb fein; b. i. blc Urtl^cilc berfclbcn muffen auf atlgemeinl^elt unb gtoar
a priori »nfpruc^ matten*): benn in foI(^er Urtl^eile ©ntßegenfe^ung
befte^t bie ©ialettif. 3)a^er ift ble Unüercinbarfelt ftfil^etifc^er ©inne««
urt^eile (aber ba^ Slngenel^me unb Unangenehme) ntd^t bialefttfd^. ^näi
10 ber SBiberftreit bcr ®efci^mad«urtl&cile, fofern Pcft ein jcbcr bloß auf feinen
eignen ©cfd^mad beruft, mac^t feine S>taleftif beS ©efc^maifd an^: iDcil
niemanb fein Urtl^eU gur allgemeinen 3tegel ju machen gebenft. ßö bleibt
alfo fein Segrlff öon einer Sialcftif übrig, »elc^e ben ®ef(!^ma(I angeben
fonnte, al8 ber einer ©ialcftif ber Äritif bc« ©efc^madt« (nid^t beö ®e*
15 fd^mad« fclbft) in Slnfel^ung i^rer Sßrincipien: ba nämlidö u^er ben
®runb ber Wöglid^feit ber ©cfd^macfSurt^eile überl^aupt einanber miber«
ftreltenbcSegrilfc natfirlid^er unb unDermeiblid&crSBeifc auftreten. Strand*
fccnbentalc Jhitif be8 ®ef(^macfd n)irb alfo nur fofern einen 2:^eil cnt*
iialten, ber ben §Ramcn einer ©ialeftif ber äftl^etifdö^n Urt^eilöfraft f ft^ren
20 tann, toenn ftd^ eine Antinomie ber ^rincipien biefeS SBermögend finbet,
meldte bic ©efe^m&gigfcit beffelben, mitl^in aud^ feine innere 2RögU(!^feit
gtoeifcll^aft mad)t.
♦) (5in öcniünftclnbeö Urtl^eil (iudicium ratiocinans) fann ein jcbed feigen, baö
^6) oW allgemein onfünbigt; benn fofern fann e« ^um Oberfofee in einem Sernnnft«
25 fd^Inffe bienen. (Sin SBernunfturt^eil (iudicium ratiocinatum) fann ba^egen nur ein
fold^eS genannt werben, meld^ed a(d ber @c^lugfa^ uon einem ^ernunftfd^tuffe, folg'
l\^ old a priori gegrftnbet gebod^t mirb.
338 ^iHf bcr Urtl&eiWfroft. 1. X^elt. Äritif ber äft^ctifd^cn Urtl^cilöfroft.
§56.
SSorftellung ber Antinomie beS ©efd^mads.
3)cr crftc ©cmcinort bc« ®c|(^macfg iji in betn Sa^c, »omit jtd^
jeber ©ef^madlofe gegen Sabel gu t)eroa{|ren benft, entl^alteit: ein {eber
|at feinen eignen ©efd^madf. 35a8 l&eifet fo öiel al«: ber Seftlm« s
niungSgrunb biefe^ Urtt)eilö i[t blofe fubjectiü (Vergnügen ober ©(^merj);
unb baiS Urt{)eil l^at fein äted^t auf bie not^menbige SBeiftimmung anberer.
2)cr jtoeite ©cmeinort beffelbcn, ber audö öon benen fogar gebrandet
mirb, bie bem ©efd^madSurtl^eite ba^ SÜed^t einr&umen, für iebermann
gfiltig auSjufpred^en, ift: aber ben ©efd^mad lägt fic^ ni(!^t bid« lo
p u t i r e n. 2)a« l^cifet f o Diel al8 : ber Seftimmungggrunb eine« ®ef (ftmadfö*
urtl^eil« mag gmar aud^ objectiD fein, aber er Idgi [\6i nid^t auf beftimmte
Segriffe bringen; mitl^in fann über ba« Urtl^eil felbft burd& SBewcife
nid^tö entfd^ieben merben, obgleid^ barüber gar toofjll unb mit SRed^t
geftritten werben fann. 2)enn Streiten unb JDigputiren jtnb jwar n
barin einerlei, bag fte burc^ wed^felfeitigen SBiberftanb ber Urtl^eile Sin^
lielligfeit berfelben l^eröorgubringen fud^en, barin aber öerft^ieben, bafe
baö le^tere biefe« nad& bcftimmten ^Begriffen afö Sewei^grünben ju be»
»irfen ^offt, mitl^in objectiöe ^Begriffe alö ®rünbe be§ Urt^eil« an=
nimmt. S3o biefe« aber al« untl}unlid^ betrad^tet wirb, ba wirb ba« 3)1^- 20
putiren eben fowo^I al« unt^unlid^ beurt{)eilt.
9Ran ftel|t leidet, ba^ gwifd^en biefen gwei ©emeinörtern ein @a^
fe{|It, ber jwar nid^t fpri(!^wortlid^ im Umlaufe, aber bod^ in iebermann«
(Sinne entl^alten ift, ndmlidö: über ben ©efd^madE Ififet fld^ ftreiten
(obgleid^ nt(!^t bidputiren). 3)iefer @a^ aber entl^dlt baö ®egcnt]^eil be« 25
oberften ©a^e^j. £)enn worüber e^^ erlaubt fein foU gu ftreiten, ba mug
Hoffnung fein unter einanber überein gu fommen; mitl^in mug man auf
®rünbe be« Urttieilö, bie ni(^t blofe Sßrioatgültigfeit ^aben unb alfo nid^t
blofe fubiectit) ftnb, rechnen fönnen; weld^em gleid^wol^l jener ®runbfa^:
ein iebcr l^at feinen eignen ®efc^madC, gerabe entgegen ift. 30
@S geigt fid^ alfo in Slnfel^iung beS $rincips be« ®efd^madE« folgenbe
Antinomie:
1) S^ef i§. S)a« ®efd&madEöurt^cil grünbet ftd^ nid^t auf ^Begriffen;
benn fonft licfee ftd^ baruber biöputiren (burd^ SBeweife entfd^eiben).
2) Slutit^efi«. S)aö ©efd^madtdurtl^ell grünbet pd^ aufgegriffen; »3
benn fonfi liege ftd^ ungead^tet ber ä^erfd^ieben^eit beffelben barüber aud^
©iQleftif bcr ftftl^eHfd^en Urt^citöfroft. 339
nliftt einmal ftrcitcn (öuf btc not^tiocnblgc ©inftimmung anbcrer mit bic=
fem Urt^eile Snfpruc^ mad^en).
§57.
auflöfung bcr Antinomie bcS ©cfdöwiad«.
5 es ift feine üRöglidjfelt, ben SBiberftrelt jener jebem ®ef(l^macf«ur=
t^eile untergelegten ^rincipien (weld^e nid^tö anber« ftnb, alö bie oben in
berSlnal^ttf DorgefteQten jmeieigentl^iimlid^fetten beS^efd^madESurtl^etld)
ju lieben, al« bafe man jeigt: ber Segriff, worauf man baö Object in
biefer 8lrt Urtl)eile begtel)t, »erbe in beiben aWa;:imen ber äft^etifd^en llr=
10 tl&eitefraft nid^t in einerlei Sinn genommen; biefer jtoiefad^e Sinn ober
®eft(^töpun!t ber S3eurtf(eilung fei nnferer tranöfcenbentalen Urtl^eilöfraft
notf)tt)enbig; aber aud^ ber @(l^ein in ber SSermengung bed einen mit bem
anbern, als naturlit^e Sttufion, unoermeiblici^.
auf irgenb einen Segriff mufe ftc^ ba« ©efd^madtSurtl^eit bejiel^en;
15 benn fonft fönnte e§ fc^led^terbingö nid^t auf notl^toenbige ®uUlgfeit für
iebermann Slnfpruc^ mad^en. aber au« einem SBegriffe barf eS barum
eben nld^t ermeiölidö fein, »eil ein Segriff enttoeber beftimmbar, ober aud^
an ft(^ unbeftimmt unb gugleid^ unbeftimmbar fein fann. 38on ber er*
ftern art ift ber SßerftanbeSbegrIff, ber burc^ $rdbicate ber ftnnlid^en an=
20 fd^auung, bie il^m correfponbiren fann, beftimmbar ift; üon ber ätoelten
aber ber tranöfcenbentale Sernunftbegriff t)on bem Übcrfinnlic^en, »aS
aller jener anfdbauung gum ®runbe liegt, ber alfo weiter nid^t tl^eoretifd^
beftimmt »erben fann.
SRun gel^t ba« ®efdöma*5urt]^eil auf ©egenftdnbe ber Sinne, aber
25 nid^t um einen Segriff berfelben für ben Serftanb ju beftimmen; benn
es ift fein ßrfenntnifeurt^eil. 6« ift baf)er, als auf baS ®efül)l ber Suft
belogene anfd^aulidbe eingelne SorfteHung, nur ein 5ßrioaturtl^eil: unb
fofern mürbe eS feiner ©ultigfeit nac^ auf baS urtl^eilenbe Si^bioibuum
allein befd^rdnft fein: ber ®egenftanb ift für mic^ ein ©egenftanb beS
30 SBol^lgefallenS, für anbre mag eS ftdi) anberS oerl^alten; — ein jeber l^at
feinen ©efd^mad.
©leid^mo^l ift o^ne Qvotx^A im ®efdbmadtSurtl^eile eine erweiterte
Sejie^ung ber SorfteUung beS DbjectS (jugleicft aud^ beS ©ubjeclS) ent«
l^alten, worauf wir eine auSbel^nung biefer art Urt^eile als not^menbig
85 für jebermann grünben: weld^er ballier notl^menbig irgenb ein Segriff jum
22*
340 Ärltif ber Utt^eiWfroft. 1. Sl^cil. Ärltif ber äft^clif(!^en Urtl^eildfraft.
©runbe liegen mug; aber ein Segrtff, ber ftd^ gar nid^t burd^ Sinfd^auung
beftimmen, burc^ bcn ftdö nld^t« crfennen, mithin au(^ fein aSettei« für
bo8 ©cfd^modESurtl^cil fül^rcn Ififet. 6in berglei^cn 33egriff aber ift
ber blofee reine SBernunftbegriff Don bem Überfinnlid^en, toaS bem ®egen=
ftanbe (unb auc^ bem urtl^eilenben ©ubjecte) ofö ©innenobjecte, mitl^in 5
al« (Srfd^einung gum ®runbe liegt. S)enn nfil^ime man eine fold^e Sftü*
{td^t nid^t an, fo »Are ber Slnfpruc!^ beS (Sefc^madSurtl^eiliS auf allgemeine
®ültigfeit nld^t ju retten; toäre ber Segriff, worauf eg jtd& grünbet, ein
nur blog Dermorrener SSerftanbeSbegriff etma Don SSoDtommenl^eit, bem
man correfponbirenb bie jtnnlid^e Slnfd&auung be« ©d^onen beigeben 10
tonnte: fo tofirbe t^ loenigftenö an ftd^ möglid^ fein, bad ©efd^madFiSur«
tl^eil auf ffletoeife ju grünben, »eld^eS ber Sl^efi« toiberfpridöt.
9lun fällt aber aller SBiberfprud^ toeg, loenn id^ fage: ba« ®efd^mad[^=
urtl^eil grünbet ftd^ auf einem begriffe (eines ®runbed überl^aupt Don
ber fubjectiDen ßwcdEmfifeigfeit ber 3latur für bie Urtl^eilSfraft), au« bem 15
aber nid^tö in Slnfel^ung be^ Dbiect« erfannt unb bewiefen »erben fann,
meil er an jtd^ unbeftimmbar unb gum @rfenntnig untauglid^ ift; e« be=
lommt aber burd^ eben benfelben bod^ gugleid^ ©ultigfeit für jebermann
(bei jebem gtoar als eingelne«, bie Slnfd^auung unmittelbar beglcitenbeS
Urtl^eil): weil ber Seftimmung^grunb beffelben Dielleid^t im Segriffe Don 20
bemienigen liegt, was als baS überftnnlic^e ©ubftrat ber 2Renf(!^l^eit an«
gefeiten werben lann.
@S fommt bei ber Sluflofung einer Antinomie nur auf bie SRöglid^««
feit an, bag gwei einanber bem @(!^eine na(!^ wiberftreitenbe @ä^e ein«
anber in ber S^at nid&t wiberfpred^en, fonbern neben einanber befielen 25
fönnen, wenn gletd^ bie grflärung ber aWöglit^feit i^reS SegriffS unfer
@rfenntnigDermögen überfteigt. S)a^ biefer Schein aud^ natürlid^ unb
ber menfd^lidöen SSernunft unDermeiblid^ fei, imgleid^en warum er eS fei
unb bleibe, ob er glei(^ nad^ ber Sluflöfung beS ©d^einWiberfprud^S nt^t
betrügt, lann l^ierauS aud^ begreiflid^ gemad^t werben. ^
SBir nel^men nfimlid^ ben Segriff, worauf bie allgemeingültigfeit
eines Urt^eilS ftd^ grflnben mufe, in beiben wiberftreitenben ttrtl^eilen in
einerlei Sebeutung unb fagen bo^ Don i^m gwei entgegengefe^te ^räbi«
cate auv3. Sn ber SC^efiS follte eS bal^er l^eifeen: S)aS ®ef(ftmacfSurt]&eil
grünbet ftc^ nlc^t auf beftimmten Segriffen; in ber Slntitl^ejiS aber: 35
S)aS ®efd^madCSurt]^eil grünbet fid^ bod^ auf einem, obgwarunbeftimm«
2)iale!ti! ber öft^etifd^eit Urt^eildfraft 341
tcn, JBeflrlffc (ndmHdö ^om fibcrjtnnllc^cn ©ubfttat bcr erfd^ctnungcn);
unb atebann to&xt gmifd^en il^nen lein ^iberftreit.
SRe^r, alö biefen SBiberftreit in ben Slnfprfic^en unb ©egenanfpnV
d^en beö ©efd^madd gu lieben, fönnen mir nid^t leiften. @in beftimmted
5 obiectiüed ^rincip bed @e{(!^mQcf<S, mornac^ bie Urtl^ieile beffelben geleitet,
geprüft unb bemiefen »erben lonnten, ju geben, ift f(!^Ie(!^terbingd unmög«
lid^; benn eö tofire alöbann fein ©efi^uiadEgurtl^eil. S)a8 fubiectiöe ^rin»
cip, nämlich bie unbeftimmte Sbce beö Überpnnlid^en in unö, fann nur
als ber einjige Sd^Iäffel ber @ntr&t^{elung biefeiS un<S felbft feinen Duel*
10 len nad^ verborgenen SSermögend angezeigt, aber burc^ nichts weiter be»
greiflid^ gemacht merben.
35er l^ier aufgeftcHten unb auageglid^enen Slntinomie liegt ber rid^«
tige Segriff bei^ ©efd^madEd, nämlid^ ald einer blog reflectirenben dft^e«
tif(^en Urtl^eilöfraft, jum ©runbe; unb ba »urben beibe bem ©dbeine nad^
15 »iberfireitenbe ©runbfäfee mit einanber vereinigt, inbem beibe »al^r
fein lönnen, melc^eS aud^ genug ift. SBurbe bagegen gum SeftimmungS^
grunbe bei^ ©efd^madCS (megen ber @ingelnl|eit ber SSorfteHung, bie bem
©efd^maddurtl^eil jum ©runbe liegt), mie von @inigen gefd^iel^t, bie 91 n«
nel&mlid^feit, ober, toie Slnbere (megen ber ailgemeingültigfeit beffelben)
20 moüen, baiS ^rincip ber SSollIommenl^eit angenommen unb bieS)eft«
nilion beS ®efc^mad[« barnad^ eingerid^tet: fo entfpringt barauS eine
Antinomie, bie fd^led^terbingS nid^t auiSgugleid^en ift, atö fo, bag man
jeigt, bafe beibe einanber (aber nid^t blofe contrabictorifd^) entgegen*
ftel^enbe ©dfeefalfd^finb: meld^eä bann bemeifet, bafe ber 33egriff, tt)or=
'jö auf ein jeber gegrünbet ift, jtd^ felbft miberfpred&e. SRan jtef(t alfo, bafe
bie Hebung ber Slntinomie ber dft^etifd^en Urtl^eilöfraft einen dl^ntid&en
@ang nel^me mit bem, meldten bie j^ritif in Sluflöfung ber Slntinomieen
ber reinen t^eoretifd^en 3Sernunft befolgte; unb bag eben fo l|ier unb aud^
in ber Äriti! ber praltifd^cn SSernunft bie Slntinomieen miber SQSillen n5-
30 tl^igen, über bad @innlid^e l^inaud gu fe^en unb im Überftnnlid^en ben
SJereinigungöpunft aller unferer Vermögen a priori gu fuc^en: meil fein
anberer 8lu8meg übrig bleibt, bie SSernunft mit pc^ felbft einftimmig gu
mad^en.
SInmerfung L
ro 2)a mir in ber Sranöfcenbental^^l^ilofopl^ie fo oft SSeranlaffung pn*
ben, St^cen oon aSerftanbeSbegriffen gu unterfc^eiben, fo fann es von
342 ^Tittl ber Urtl^eildfraft. h^til ^ittf bei äft^eüf^en Urt^dUfraft.
5Jlufecn fein, il^rcm Untcrfc^lcbc angemcffcnc ÄunftauSbrücIc cinjufül&ren.
3d^ glaube, man »erbe nici^tö banjiber l^aben, toenn id^ einige in SSor^
fd^tafl bringe. — Sbeen in ber aUgemeinften SBebentung pnb nad^ einem
getoiffen (fubjectiüen ober objectiöen) ^ßrincip auf einen ©egenftanb be-
gogene SSorftellungen, fofern pe bodb "ic ^ine ©rfenntnife bcffelben werben 5
fönnen. Sie pnb entmeber nad^ Einern blofe fubjectiüen ^rincip ber Über*
einftimmung ber ©rfenntnifeöermogen unter einanber (ber ßinbilbungS«
Iraft unb bed SSerftanbed) auf eine Snf(!^auung begogen: unb l|eigen als«
bann fiftl^ctifdö^; ober nac^ einem obiectiuen 5Princip auf einen 33egriff
begogen, lönnen aber bod^ nie eine @rfenntnig bed ©egenftanbeS abgeben: m
unb ^eifeen SSernunftibeen; in toeld^em ^Jalle ber Segriff ein tranöfcen*
b enter Segriff ift, welcher öom SJerftanbeöbegriffe, bem jebergeit eine
abdquat correfponbirenbe ßrfal^rung untergelegt werben fann, unb ber
barum immanent Ijeifet, unterf (Rieben ift.
6ine äftl^etifti^e Sbee fann feine ©rfenntnife werben, weil pe eine 15
Slufd^auung (ber ßinbilbungöfraft) ift, ber niemals ein Segriff ab«
dquat gefunbcn werben fann. @ine Sernunftibee fann nie ßrfenntnife
werben, weil pe einen Segriff (öom Überpunlid^en) entl)dlt, bem nie«
mals eine Slnfc^auung angcmeffen gegeben werben fann.
5Run glaube ic^, man fönne bie äfttjetifd^e 3bee eine ine;cponiblc -^o
Sorpellung ber 6inbilbung8fraft, bie Sernunftibee aber einen inbemon«
ftrabeln Segrijf ber Sernunft nennen. Son beiben wirb öorauÄgefe^t,
ba6 pe nid^t etwa gar grunbloS, fonbern (nad^ ber obigen ©rflärung einer
Sbee überl^aupt) gewiffen ^JJrincipien ber erfenntnifeoermögen, wogu pc
gel^oren (Jene ben fubjectiüen, biefe objectioen 5ßrincipien), gemdfe ergeugt 25
feien.
Serftanbeöbegriffe muffen als folc^e jebergeit bcmonftrabel fein
(wenn unter bemonftriren wie in ber änatomie blofe baö ©arftellen
t)erftanben wirb); b. i. ber il^nen correfponbirenbe ©egenftanb mufe jeber^^
geit in ber 8lnfd&auung (reinen ober empirifdöcn) gegeben werben fönnen: 3t>
benn baburd^ allein fönnen pe erfenntuifle werben. S)er Segriff ber
©röfee fann in ber SRaumeSaufd^auung a priori, g. S. einer geraben
Sinie u. f. w., gegeben werben; ber Segriff ber Urfad^e an ber Unburdi)«
bringlid^feit, bem ©tofee ber äbxptx u. f. w. 2Ritl()in fönnen beibe burd^
eine empirifd^e SHufd^auung belegt, b. i. ber ®ebanfe baoon an einem Sei« 35
fpiele gewiefen (bemonftrirt, aufgegeigt) werben; unb biefeS mufe gefd^c«
^iaUmt btx äfi^etifd^en Urtl^eildfraft. 343
l^en fönnen: ttibrigenfaUS man nid^t gemig ift, ob ber®ebanle nid^tleer,
b. i. ol^ne qIIcS Dbjcct fei.
3Ran bebient ftd^ in ber Sogit ber 9lu<Sbrü(fe beö S)emonftrabeIn ober
Snbcmonftrabcln flemcint9licl& nur in Slnfcl&unfl ber Sdfec: ba bie erfte«
ö ren beffer burd^ bie Benennung ber nur mittelbar, bie gleiten ber unmit*
telbar^'getoilfen @fifee fonnten bejcic^net »erben; benn bie reine $^ilo=
fop^ie l^at Qud^ @ö^e Don beiben Slrten, loenn barunter bemeiiSfä^ige unb
betoeiSunfdl^ige »abre @äfee t)er[tanben »erben, allein auö ®rünben
a priori fann pe al« ^l^ilofopl^ie gmar betoeifen, aber nit^t bemonftriren;
10 menn man ni(!^t gang unb gar oon ber äSortbebeutung abgelten toill, nad^
toeld^er bemonftriren (oatendere, exhibere) fo Oiel Reifet, alö (eS fei im
Semeifen ober auc^ blofe im JDepnircn) feinen Segriff jugleid^ in ber an*
fd^auung barfteQen: meldte, menn fte ^nfd^auung a priori ift, baiS @on-
ftruircn beffelben laufet, loenn jie aber au^ empirif^ift, gleid^tool&l bie
15 SSorgeigung beS Dbiectö bleibt, i\xx6i meldte bem begriffe bie obiectioc
SRealität geftd^ert wirb. @o fagt man öon einem Slnatomifer; er bemon=
' ftrire baö menfdölic^e augc, »enn er ben Segriff, ben er oorl^er biScurftü
öorgetragen l^at, oermittelft ber S^rglieberung biefc« DrganS aufd^aulidö
mad^t.
20 ©iefem jufolge ift ber Sernunftbegriff 00m überpnnlid^en @ub|trat
aller ßrfd^einungen fiberl^aupt, ober auc^ t)on bem, loaö unferer SBiUfur
in Scjie^ung auf moralifd^e ©cfcfee gum ®runbe gelegt werben mufe,
nämli^ oon ber tran«fcenbentalen Srei^eit, fd^on ber ©pecicö nad^ ein
inbemonftrabler Segriff unb Sernunftibee, 3;ugcnb aber ift bieö bem
25 ®rabe nad&: meil bem erfteren an jtdö gar nid^t« ber Qualität nad^ in ber
@rfal)rung @orrefponbirenbed gegeben werben lann, in ber gmeiten aber
fein ©rfal^rung^probuct jener ßaufalitdt ben ®rab erreid^t, ben bie Ser=:
nunftibee gur SRegel oorfd^reibt.
@o wie an einer Sernunftibee bie ©inbilbungSfraft mit il^ren
30 anfd^auungen ben gegebenen Segriff nic^t erreid&t: fo erreid^t bei einer
dftl^etifdben 3bec ber Serftanb burd^ feine Segriffe nie bie gange innere
Slnfd^auung ber @inbilbung§Iraft, meldte fte mit einer gegebenen Sor«
fteUung oerbinbet. 3)a nun eine SorfteHung ber (äinbilbungSfraft auf
Segriff? bringen |o üiel l^eifet, alö jte ejrponiren: fo fann bie dfil^etifd^e
35 3bee eine inejrponible Sorftellung berfelben (in ibrem freien Spiele)
genannt werben. 3^ öjerbe üon biefer 9lrt gbjeen in ber golge nodb eint«
geS au^gufü^ren ©elegenl^eit ^aben; jefet bemerfe id^ nur: bafe beibe Slr=
344 ^itif ber Urt^cllÄfroft. 1. ZW- Mixt btt öpi&etifd^en Urt^eiliSfroft.
tcn oon S^ccn, bic SBcrnunftibccn fottol&l atö bie äf%ttf(l^cn, i^rc $rin*
cipten l^öbcn muffen; unb jtüar Bclbc in bcr SScrnunft, jene tn bcn objcc»
tiüen, bicfc in bcn fubicctiücn ^rinclpicn il^rcö ©cbroud^ö.
2Ran fann biefcm jufolflc ©enie audb burc^ baö SBcrmogen djil^cti^
\äiZT 3bccn crflärcn: tooburd^ äUflWd) bcr ®runb angcjcißt »irb, ttarum s
in ^robuctcn be« Ocnicö bie SHatur (be§ ©ubjcct«), nidjt ein überlcßtcr
Swedt ber Äunft (ber ^crDorbrinflunß beö @d)önen) bic Stcßel gicbt.
3)cnn ba ba§ Schöne nic^t mäi Seßriffcn beurt^eilt »erben raufe, fonbern
nad^ ber jtoedt mäßigen ©tlmmung ber ©inbitbungölraft jur Übereinftim'
niung mit bem SSermogen ber 93cgriffe überl^aupt: fo fann nid^t ätcgcl unb lo
SSorftbrift, fonbern nur baö, »a« blofe 9latur im ©ubiecte i[t, aber nU&t
unter SRegeln ober Segriffe gefaxt »erben fann, b. i. ba« überjtnnlic^e
©ubftrat aller feiner SBermögen (weldöcS fein SScrflanbcSbegriff erreicht),
folglid) bad, auf »eld^ed in Sejiel^ung aUe unfere (SrfenntnifeDcrmogcn
gufammenftimmenb ju mad^en, ber Ic^te burc^ baö Sntcttigible unfcrer 15
9latur gegebene ßwecf ift, iener äft^ctifd^en, aber unbebingten 3»^*=
mafeigfeit in ber fc^önen Äunft, bie iebermann gefallen gu muffen rti^U
mäßigen Slnfprud^ mad^en foH, gum fubiectioen Stid^tmafee bienen. @o
ift cd auc^ aUein moglid^, bafe biefer, ber man fein obiectit)ed $rincip
Dorfc^reiben fann, ein fubj[ectiDed unb bod^ angemeingultiged ^rincip 20
a priori gum ®runbe Hege.
Slnmcrfung IL
golgenbe mid^tige 33emerfung bietet jid^ l^ier öon felbft bar; bafe e8
nömllc^ breierlei Slrten ber Slntinomie ber reinen Sßernunft gebe,
bie aber alle barin übereinfommen, bafe fie biefelbe gttingen, Don bcr fonft 25
fet)r natürlid^en SSorauSfefeung, bie ©egenftänbe ber ©inne für bic 3)inge
an pc^ felbft gu galten, abguget)en, pe üielmel^r blofe für ©rfd^einungcn
gelten gu laffen unb i^nen ein inteUigiblcö ©ubftrat (etmaö Übcrpnn«
lic^eS, »ooon ber Segriff nur 3bec ift unb feine eigentliche ©rfcnntnife
gulafet) untergulegen. Dt)ne eine fold^c antinomic ȟrbe bie SSernunft 30
pd^ niemals gu Slnncl^mung eine« folgen ba« gelb i^rer ©pcculation fo
fe^r Dcrengenben ^rincips unb gu Slufopfcrungen, »obei fo Diele fonfi
fcl^r fd^immcrnbe Hoffnungen gdngUd^ oerfc^toinben muffen, entfd^Uefeen
fonnen; benn felbft j|e^t, ba pd^ il^r gur Vergütung biefer ßinbufee ein
um befto größerer ©ebraud^ in praftifd^er StüdCpd^t eröffnet, fc^eint pc ftd§ 35
S)iQle!tt! ber Aft^eüf(^en Urt^ettdfraft 345
nic^t ol^ne @(!^merj Don ienen Hoffnungen trennen unb Don ber alten 8(n«
]^ängli(^fe{t lodmac^en gu lönnen.
S)ag ^ brei 9(rten ber SIntinomie giebt, l^at feinen ®runb barin, bag
e« brei erfenntnifeoermögcn: SSerftanb, Urt^eil^fraft unb SSernunft, ßiebt,
5 bcren febeö (als oberes (ärlenntnifeüermoflen) feine ^rindpicn a priori
l^aben mufe; bo benn bie SSernunft, fofern ftc über biefe $rinci^)ien felbft
unb i^ren ©ebrauc^ urtl^eilt, in Slnfe^ung i^rer aller gu bem gegebenen
S9ebingten unnat^lagliij^ baS Unbebingte forbert, toelil^ed ft(]^ bot^ nie
finben lägt, koenn man baS ©innlid^e alS gu ben S)ingen an ^6i felbft
10 Qe^orig betrat^tet unb il^m ni(!^t Dielmel^r, als bloßer (Srfd^einung, etmaS
Überfinnlit^e« (baS intelligible ©ubftrat ber 5Ratur außer un8 unb in unö)
atö @a(j^e an ft(j^ felb{i unterlegt. S>a giebt ed bann 1) eine Antinomie
ber äSernunft in Slnfel^ung bed t^eoretifc^en ©ebraud^e beS SBerftanbeS
biiS gum Unbebingten l()inauf für baS @rlenntni&t)erm5gen; 2) eine
15 antinomic ber SSernunft in Slnfel^ung be« äfi^etifc^en ®ebrau(!^« ber llr=
tl^eilsfraft für ba8 ©efül^l ber Suft unb Unluft; 3) eine Antinomie
in 9(nfel^ung beS ))rattif(!^en ©ebraut^d ber an ftd^ felbft gefe^gebenben
SSernunft für baö Segel^rungöüermögen: fofern afle biefe Vermögen
il^re obere ^rinci^)ien a priori ^aben unb gemdfe einer unurngdugUd^en
20 f^orberung ber SSernunft nai!^ biefen ^rincipien au(]^ unbebtngt muffen
urtl^eilen unb i^r Dbj[ect beftimmen tonnen.
3n Slnfel^ung gweier Slntinomieen, ber beö tl^eoretifc^en unb ber be«
))raltif(l^en ©ebraut^S, iener obern @rIenntnigt)ermogen l^aben mir bie
Unöermeibli(!^feit berfelben, toenn bergleic^en Urtl^eile nx6it auf ein
25 überftnnlic^eS @ubftrat ber gegebenen Dbiecte aU @rfd^einungen gurüd^^
feigen, bagegen aber aui) bie 9(uf löSli(!^Ieit berfelben, fobalb bad le^tere
gefc^iel^t, f(!^on anbermdrtg gegeigt. SBad nun bie Antinomie im ©ebraut^
ber Urt^eilöfraft gemdfe ber §orberung ber SSernunft unb beren l^ier ge*
gebene Slufl5fung betrifft: fo giebt ed lein anbered SRittel, berfelben auS^
30 gukoeiij^en, als entmeber gu I&ugnen, bag bem äftl^etifd^en ©efc^madi^»
urtl^eile irgenb ein $rincif) a priori gum ©runbe liege, fo bag aller
9lnfpru(j^ auf ^lot^menbigteit allgemeiner SSeiftimmung grunblofer, leerer
Sßal^n fei, unb ein ©efcl^madSurtl^eil nur fofern für rid)tig gel^alten gu
»erben öerbiene, loeil e« fi(!^ trifft, bafe üielc in Slnfel^ung beffelben
35 übereinlommen, unb aut^ biefeS eigentlicj^ ni(!^t um bedmiUen, koeil man
hinter bicfer (Sinftimmung ein ^rincl^) a priori üermut^et, fonbem (wie
im ©aumengefcj^mad) koeil bie Subjecte gufäQiger 3Beife gleichförmig
346 Äritif ber Url^cttöfroft. 1. S^dl. Äriti! bcr öfH^ctlfd^cn Urtl&cllSfraft.
organifirt feien; ober man mügte annel^men, bag baS ®e|c^ma(!durt^eU
elgentltcj^ ein uerftedteö SSernunfturtl^cil über bie an einem ©inge unb bie
äSejtel^ung beS SRannigfaltigen in il^m gu einem Qtotdt entbedte äSoII»
fommcnl^eit fei, mithin nur um ber SScrmorrenl^eit mitten, bie biefer
unferer 9iePe;cion anl^ängt, äftl^etifci^ genannt merbe, ob ed gleiij^ im 3
©runbe teleologifc!^ fei: in melt^em §aDe man bie 9(ufl5fung ber 8lnti>
nomie burc^ tranSfcenbentale ^been für unnötl^ig unb ni(!^tig erfl&ren unb
fo mit ben Dbjecten ber Sinne nlc^t afö blofeen ©rfc^einungen, fonbern
auc^ als S)ingen an fi(jö felbft jene Oefcj^madögefe^e oereinigcn fönnte.
SSie menig aber bie eine fomo^I als bie anbere SuSflud^t oerft^Iage, tft 10
an mel^rern Drten in ber (gjcpoption ber ©efd^madöurtl^eilc gegeigt
morben.
SRdumt man aber unferer ©ebuction toenigften« fo öiel ein, bafe fie
auf bem rechten SBege gefd^el&e, menn gleite noi^ nid^t in allen ©tüden
^eli genug gemad^t fei, fo geigen pd^ brei Sbeen: erftlii!^ bc5 Überftnn« 13
lid[)en überl^aupt ol^ne meitere Seftimmung alö Subftrat« ber Slatur;
gmeitend eben beffelben, ald^rincipd ber f ubjectiüen B^edtmdgigteit ber
5liatur für unfer ßrfenntnifeoermögen; brittenS eben beffelben, ate
$rincipö ber ßmedfe ber ^Jreil^eit unb ^rincipö ber ÜbereinfHmmung bcr»
felben mit iener im Sittlichen. • 20
§58.
S3om Sb^^IiStnu^^ ber Qtozdm&^\%U\t ber 9Ratur fomo^l aU
^unft, aU bem alleinigen $rinci)) ber äft^etif(^en
Urtl^eilöfraft.
^an lann guoörberft baS $rincip beS ©efd^madts entkoeber barin 25
fe^en, bag biefer iebergeit nadi) empirifd^en SSeftimmung^grüuben unb alfo
nad^ folc^en, bie nur a posteriori burd^ Sinne gegeben merben, ober man
fann einräumen, bafe er auö einem ®runbe a priori urt^eile. S)aö erftere
märe ber ßm^jiriöm ber Äritif beö ©efd&madtö, baS gmeite ber 9iatio=
nalidm berfelben. ^adi) bem erften märe baS Dbiect unfereiS äBo^lge« 30
fallend nid^t 00m Slngenel^men, nad^ bem gmeiten, menn bad Urtl^eil
auf beftimmten Segriffen berul^te, uid^t 00m ®uten uuterfd^leben; unb
fo mürbe atte Sd^ön^eit auö ber SBelt meggeldugnet unb nur ein bc*
fonberer 5Wamen, oielleid&t für eine gemiffe ÜKifd^ung oon beiben oorgc«
nannten Wirten beS SBo^lgefallend, an beffen Statt übrig bleiben. SlQein 33
5)iolcftif bcr äft^etif(3&en Urt^ciWfroft. 347
ta}ir l^aben gezeigt, &ag ed ani) ©rflnbe be^i SBol^Igefancn^ a priori gebe,
bie Qlfo mit bem ^rincip bed Statioualidmg iufammen befleißen lönnen,
ungead^tet pe nic^t in beftimmtc Scgriffc gcfafet werben fönncn.
S)cr Sflationaliöm beö ^rincip<§ beö (Sefdömacfjg ift bagegen entmeber
5 ber be8 SRealiömS ber 3n)e(fmä6igfcit, ober beS Sbealiis^mö bcrfclben.
SSeil nun ein ©efd^madiSurt^eil fein ßrfenntnigurtl^eil unb @cl)ön^eit
feine ©cfc^affeul^eit beö DbicctS, für ftcft betrad^tet, ift: fo tann ber
'Jtationalidm beS ^rincipd bed ©efc^madtd niemals barin gefegt merben,
bafe bie ßwcdmafeigfcit in biefem Urtfteile als objectit) gebadet »erbe, b. i.
lu bog baS Urti^eil t^eoretifd^, mithin aud) logijc^ (menn gleid^ nur in einer
öermorrenen SBeurt^eilunp) auf bie SBoBtommen^eit beö Objecto, fonbern
nur äftl^ctifd^, auf bie Übcreinftimmung feiner SSorfteHung in ber @in*
bilbungdfraft mit ben toefentlidöen ^rinctpien ber Urt^eilöfraft über]^au|)t,
im ©ubjecte gel^^. golglic^ fann fclbft nacft bem ^rincip beg Statio«»
13 tiali«m!$ baS ©efc^madöurtl^eil unb ber Unterfd^ieb beö SReali^mö unb
Sbealiömö beffelben nur barin gefefct »erben, bafe entweber jene fubiectiüe
ßtöedtmdfeigfeit im erftern galle alö wirflid^er (abpdötlic^er) 3»^^! ber
5latur (ober ber Äunft) mit unferer Urt^eil^fraft übereinäuftimmen, ober
im jiDeitcn galle nur als eine df)m 3ö)ecl oon felbft unb jufälliger SBeife
20 ftd^ ^eroort^uenbe gmecfmd^ige Übereinftimmung ju bem 93ebürfnig ber
Urtl^eilöfraft in Slnfe^ung ber 9latur unb il^rer nad& befonbern ©cfefeen
erjeugten fjormen angenommen »erbe.
3)em SSeali^^m ber dft^etifd^en S^edmäfeigfeit ber 3flatur, ba man
nfimlid^ annel^men möd^te, ba^ ber ^erDorbringung beS @d^önen eine
25 3bee beffelben in ber l^cröorbringenben Urfad^c, nfimlid^ ein 3ö3ecf gu
®unften unferer ©inbilbung^fraft, jum ®runbe gelegen l^abe, reben bie
fd^önen SBilbungen im SReid^e ber organlfirten Statur gar fe^r ba^ SBort.
S)ie Slumcn, Stützen, ja bie ©eftalten ganzer ©emdcftfe, bie für i^ren
eigenen ®ebraud^ unnotl^ige, aber für unfern ©efc^madt gleid^fam auöge»
30 md^lte 3icrlidöfeit ber tl^ierifd^en Silbungen Don allerlei ©attungen; oor»
ne^mlii^ bie unfern 8tugen fo wo^lgefdUige unb reigenbe SKannigfaltig«
feit unb l^armonifd^e 3ufatttmenfe^ung ber Sarben (am ijafan, an ©d^al*
tl^icren, Snjecten, bi« ju ben gemeinften Slumen), bie, inbem pc blofe bie
Dberfldd^e unb aud^ an biefer nid^t einmal bie Sigur ber ©efd^opfe, »eld^e
35 bod^ noc^ JU ben innern S^zd^n berfelben erforberlid^ fein fönnte, be*
treffen, gdnjlid^ auf dufeere Sefd^auung abgejmedEt ju fein fdjeinen: geben
348 ^^nm ber Urt^etUfraft. 1. Zi^tll SttM ber fift^ehfc^en Urtl^etldhaft.
ber (Srnärungdart burt^ Snnel^mung mirflit^er 3^^^^ ber Statur für
unfcrc äft^ctift^e Urt^cilÄfraft ein ßrofeeS ©ewit^t.
S)Qgegen toiberfe^t {Id^ biefer Snnol^tne ntt^t allein bie SSernunft
burd^ il^re 5Wa]cimen, allermärt« bie unnötl^ige aSerDicIfaltiflung ber $rin=
cipien nad) aller 9RögIi(!^Ieit ju vergüten; fonbern bie 9latur geigt in i^ren 5
freien S3ilbungen äberaU fo Diel med^anifc^en ^ang ju (Srgeugung Don
f^ormen, bie f&r ben äftl^etifd^en ©ebraud^ unferer Urtl^eildtraft gleid^fam
gemad^t gu fein ft^einen, ol^ne ben geringsten ®runb jur SSermut^ung an
bie $anb gu geben, bag t» bagu nod^ etmaS mel^r als il^reS SRed^aniSmd,
blog atö 9latur, beburfe, mornad^ {ie auc^ ol^ne aQe il^nen gum ©runbe lo
Uegcnbe Sbee für unfere SBeurtl^eilung gtoedtuififeig fein Wnnen. S<^ »er*
fte^e aber unter einer freien fflilbung ber 3ftatur biejenige, »oburt^
aud einem $lfif figen in Sftul^e burc^ SSerflftd^tigung ober 8(bfonberung
eine« S^eil« beffelben (biömcilen blofe ber SBärmmaterie) baS Übrige bei
bem S^Pwerben eine beftimmte ®cftalt ober ®e»ebe (^igur ober Sejrtur) is
annimmt, bie nac^ ber fpeciflft^enSSerft^iebenl^eit ber SKaterienoerft^ieben,
in eben berfelben aber genau biefelbe ift ^iegu aber koirb, mag man
unter einer »a^ren glfif Pgfeit jebergeit uerftel^t, nämlic^ bafe bie ÜWaterie
in i^r üöHig aufgelöfet, b. i. ni^t alö ein blofeeö ©emengefeper unb barin
blofe fcftioebenber SEl^eile angufe^en fei, oorauSgefefet. 20
S)ie 93ilbung gefc^ie^t aUbann burt^ 9(nfd^iegen, b. i. burd^ ein
plopc^eS f^eftmerben, nid^t burd^ einen allmä^Hgen Übergang aus bem
Piftgen in ben feften ßuftanb, fonbern gleid^fam burd^ einen Sprung,
toeld^er Übergang aud^ baS J^r^ftalUf iren genannt mirb. S)aSgemeinfte
S3ei|piel oon biefer 9rt 93ilbung ift baS gefrierenbe äSaffer, in meld^em 25
{td^ guerft gerabe Sidfträl^Id^en ergeugen, bie in SBinteln üon 60 ®rab ftd)
gufammenffigen, inbeg fid^ anbere an iebem $unft berfelben eben fo an«
fe^en, bis aUeS gu @is geworben ift: fo bag koäl^renb biefer Seit baS SBaffer
gmtfd^en ben @iSfträ^ld^en nid^t aUmdl^lig g&^er toirb, fonbern fo ooQ»
lommen Pffig ift, als eS bei koeit größerer 9ß&rme fein toärbe, unb bod^ so
bie oöQige @iSt<e l^at. S)ie ftd^ abfonbembe 9){aterie, bie im Slugenblide
beS i^eftmerbenS plö^lid^ entioifd^t, ift ein anfel^nlid^eS Quantum oon
98&rmeftoff, beffen Abgang, ba eS blog gum t^läfftgfein erforbert toarb,
biefeS nunmel^rige @iS ntc^t im minbeften Idlter, als baS lurg oorl^er in
il^m flüf jtge SSaffer gurüdfläfet. ss
aSiele ©alge, imgleid^en Steine, bie eine fr^ftaHinifd^e Sfigur l^aben,
loerben eben fo oon einer im äSaffer, loer meig burd^ toaS ffir SSermitte*
^ioleüif bev äfll^eüfd^en Urtl^eiUfraft. 349
Iuu0, aufgelöteten Srbart erjeugt. 6ben fo bilben jtc^ bie bruftc^ten @on^
figurationen Dieler 3Rinern, beS toürflicj^ten S3leigIangeiS, bed S^otl^gülben«
erge« u.b.gl.^ allem SSermut^en nad^ ani^ im äSaffer unb bur(]^ Snfci^tegen
bet 2:^eile: inbem fte bur(!^ irgenb eine Urfad^e genötl^igt merben, biefeS
5 SBel^ilel gu Derlaffen unb fid) unter einanber in beftimmte äugere ©eftalten
ju Dereinigen.
aber au(i^ innerli(i^ geigen alle SRaterien, koeld^e blog hnxii $t|e
jlüf pg waren unb burci^ ßrfalten Sfeftigfeit angenommen l^aben, im Srud^e
eine beftimmte 5£e;ctur unb laffen barauS urtl^eilen, bag, Wenn nic^t il^r
10 eigene« ®emi(]^t ober bie Suftberül^rung e« gel^inbert l^citte, jie an6i äufeer*
Vidi i^re fpeci^fd^ eigentpmlici^e ®eflalt mürben gemiefen l^aben: ber^
glei(]^en man an einigen SßetaKen, bie nat^ ber @c^melgung dugerlid^
erl^firtet, inmenbig aber nod^ flüffig waren, burd^ 8(bgapfen beS innem,
nod) flüffigen Sl^eilS unb nunmehrige« rul^ige« änfd^iegen be« übrigen
15 inwenbig gurfidtgebliebenen beoba(!^tet l^at. SSiele Don ienen mineralifd^en
j^r^flaüifationen, al« bie @^atbrufen, ber ®Ia«Iopf, bie (Sifenblütbe,
geben oft fiberau« f(!^öne®eftalten, wie pe bie jfunft nur immer audbenfen
möd^te; unb bie ©lorie in ber S^bf^lt Don Sntiparo« ift blog ba« $robuct
eine« ^6) burd^ ®ip«lager burcl^ftdernben äBaffer«.
30 S)a« ^lüjftge ift aDem Slnfel^en nat^ fiberl^aupt älter al« ba« f^efte,
unb fowo^I bie ^flangen al« tl^ierifc^c Xbrptx werben au« PüfPger
SRa]^rung«materie gebilbet, fofern pe Pd^ in SRul^e formt: freilid) gwar in
ber lefetern guDörberft naci^ einer gewiffen urfprüngli(!^en auf S^cdte ge*
rid^teten Einlage (bie, wie im gweiten Steile gewiefen werben wirb, n\6it
25 äftl^etlfi!^, fonbern teleologift^ nad^ bem ^rincip be« Sfleali«m« beurtl^eilt
werben mug); aber nebenbei bod) ani) Dtelleid^t al« bem allgemeinen ®t*
fefee ber aSerwanbtfc^aft ber ?Waterlen gemäfe anjc^iefeenb unb P(!^ in grei^^
l^eit bllbenb. So wie nun bie in einer atmojp^äre, welche ein ©emifd)
Derfd&iebener Suftarten ift, aufgelofeten wfiferigen glüfPgfeiten, wenn pd)
30 bie le^teren burd^ 9(bgang ber SBärme Don iener fd^eiben, Sd^neefiguren
ergeugen, bie nad^ SSerfd^iebenl^eit ber bermaligen Suftmifd^ung Don oft
fe^r (finftlid^ fd^einenber unb fiberau« fd^öner f^igur Pub: fo l> pd^,
o^ne bem teleologifc^en ^rincip ber S3eurtl^eilung ber Drganifation etwa«
gu entgiel^en, wo^l benfen: bafe, wa« bie ©d^ön^eit ber SBlumen, berSSoget
35 febern, ber ?Wufd^eln il^rer ®epalt fowol^l al« garbe nad^ betrifft, biefe
ber 5Ratur unb i§rem SSermdgen, fldb in t^rer grel^eit ol^ne befonbere
barauf gerid^tete S>Dede nac^ d^emifd^en ®efe^en burd^ 8lbfe^ung ber gur
350 ^ritif hti Urt^eilöfroft. 1. ^^xl. Ärittl her äftl^etifd&en Urt^cirgfrofi
Drganifation crforbcrlic^cn SKatcric oud^ äft^etlf(i^=jtt3C(f mdfeiß ju bllbcn,
juflcfd^ricbcn »erben fonne.
SBaö ober ba8 5ßrincip ber Sbealitdt ber Swccfmdfeigfeit im
©d^önen ber SRatur, als bagienige, tociij&e« totr im dfll^etifc^en Urtl^elle
[elbft icbcrgelt jum ®runbe legen, unb toelci^eö unö leinen SRealiSm eine§ &
S»ecfö berjclben für unfere SSorfteQungSfraft gum ©rfldrungögrunbe gu
brauchen erlaubt, gerabegu beweifet: ift, bafe wir in ber SBeurt^eilung ber
©c^ön^eit über^aui)t baö SRii^tmafe berfelben a priori in unö felbfl fucl)eu,
unb bie dfH^etifd^e Urtl^eilöfraft in anfe^ung beg Urtl^eilS, ob etwaö fcl)ön
fei ober nidjt, felbft gefe^gebenb ift, »eldjeö bei annel^mung beg SRealUm^ lo
ber Bwecfmdfeigfeit ber SRatur nid&t Statt finben fann, weil wir ba öon
ber 9latur lernen müfeten, waS mir fd^ön ju finben ^dtten, unb baS ®e=
fc^madSurtl^eil empirift^en $rinci:pien unterworfen fein würbe. S)enn in
einer fold^en SSeurt^eilung fommt eS nidjt barauf an, wag bie %atur ift,
ober auc^ für uns alg Qrü^d ift, fonbern wie wir |te aufnel^men. 6g i-
würbe immer eine objectiöe ßwedmdfeigfeit ber 3flatur fein, wenn jte für
unfer SBo^IgefaÜen ibre Sformen gebilbet bdtte; unb nid^t eine fubjectioe
Swecfmdfeigfeit, weld^e auf bem Spiele ber (äinbilbunggf raft in il^rer %x^U
beit berul^te, wo eg ®nnft ift, womit wir bie SRatur aufnehmen, nicftt
®unft, bie jie ung ergeigt. 3)ie ©igcnfcbaft ber 5Ratur, ba^ fte für ung sd
©elegenbeit enthalt, bie innere 3 wecfmdfeigfeit in bem SBer^dltniffe unferer
®emütbgfrdfte in Söeurt^eilung gewiffer ^^robucte berfelben wal^rgune^men,
unb gwar alg eine fold&e, bie aug einem überjtnnlicl)en ®runbe für notb*
wenbig unb allgemeiugfiltig erfldrt werben foll, fann nicbt 9laturgwedE
fein, ober oielme^r üon ung alg ein folcber beurtl^eilt werben: weil fonft 25
bag Urt^eil, bag baburdi) beftimmt würbe, ^eteronomie, aber nid^t, wie
eg einem ©efd^madEgurt^eile gegiemt, frei fein unb Autonomie gum®runbe
l^aben Würbe.
3n ber fd^önen ,ffunft ift bag ^rlncip beg Sbeallgmg ber Swedf«
mdfeigfeit noc^ beutlid[)er gu erfennen. 2)enn bafe \)kx nic^t ein dftbeti* nr.
f(fter SRealigm berfelben burd^ ßmpflnbungen (wobei fic ftatt fd&oner blofe
angenel^me itunft fein würbe) angenommen werben fonne: ba^ l^^t jte
mit ber fd[)önen Sflatur gemein, allein ba^ bag SBol^lgefaUen burd^ dftl^e»
tifd^e 3been nid&t üon ber ©rreid^ung beftimmter Swedte (alg med^anifd^
abpd&tlid^c Äunft) ab^dngen muffe, folglid^ felbft im SRationaligm bcS 33
$rincipg Sbealitdt ber 3 werfe, nid&t SRealitdt berfelben gum ®runbe liege:
leud^tet aud^ fc^on baburd^ ein, bag fd^one ^unft alg fold^e nid^t alg ein
maUmt her dfH^etifd^en Url|eiWfraft. 351
$robuct bes SSerftanbeS unb ber 3Biffenf(i^att, fonbern b6S®ente8 betrac^^
tet werben mu^ unb alfo bur(]^ äft^ettf(!^e Sbeen, iDeld^e Don 93ernunft<'
ibccn beftimmtcr Qwdt »cfcntHc^ unterfc^icbcn Pnb, il^re SRcgcl bc*
fommc.
5 @o mie bie 3bealitdt ber ®egenftdnbe ber @inne ald ßrfd^einungen
bie cinglge Slrt ift, bie SKögUci^felt ju crHären, bafe il^re formen a priori
beftimmt werben lönnen: \o ift au(!^ ber 3i>c<^HSm ber Qtotdm&^i^Uit
in Seurt^ellung be« ©d^önen ber 9latur unb ber Äunft bie elngigc SSor*
QUdfe^ung, unter ber aQein bie Arittf bie 9RögIi(!^Ieit eines ©eft^macfö»
10 urtl^eilS, »elc^eö a priori ©ultigfeit für iebermann forbert (ol^ne bod& bie
ßtöcdmäfeigfeit, bie am Dbjecte üorgeftettt toirb, auf ^Begriffe gu grün«
ben), erfl&ren fann.
§59.
93on ber @(^ön^eit als Symbol ber @ittli(j^teit.
15 S)ic JRealität unferer ^Begriffe barjutl^un, merben immer 8(nfdöauun=
gen erforbert. Sinb eS empirifd^e fflegriffe, fo l^^ifeen bie legieren Sei«
fpiele. Sinbiene reine Sßerftanbeöbegriffe, fo »erben bie legieren ©d^e»
mate genannt. äSerlangt man gar, bag bie objectioe Sftealit&t ber
SScmunftbegriffe, b. i. ber Sbeen, unb jmar gum Scl^uf beö tl^wretlfd^en
20 @rfenntniffeS berfelben bargetl^an merbe, fo begehrt man etmaS Unmög«
liij^eS, koeil il^nen fd^Ied^terbingS leine Slnfd^auung angemeffen gegeben
toerben lann.
anc ^^potQpofc (©arftcttung, subiectio sab adspectum) al8 38er»
ftnnlid^ung ift gmiefaij^: entmeber f(!^ematifd), ba einem SSegriffe, ben
25 ber SSerftanb fagt, bie correfponbirenbeSnf(!^auung a priori gegeben mirb;
ober f^mbolifd^, ba einem SSegriffe, ben nur bie SSernunft benfen unb
bem feine ftnnlic^e 9(n{c^auung angemeffen fein lann, eine folc^e unter«
gelegt mirb, mit mel(!^er bad SBerfal^ren ber Urtl^eilSlraft bemienigen, loaS
fte im @(!^ematiftren beobad^tet, blog analogifd^ ift, b. i. mit i^m blog
30 ber SRegel blefeS SSerfal^renö, nid^t ber anfdiauung felbft, mitl^ln blofe ber
i^orm ber 9ftefIejcion, nid^t bem ^n^alte nad^ übereintommt.
©8 Ifi ein oon ben neuern Sogifern jmar angenommener, aber pnn«
»erfel^renbcr, unred^tcr ®ebrau(^ beö SBortö f^mbolifd^, ttienn man e«
ber intuitiven SBorfteDungdart entgegenfe^t; benn bie f^mbolifd^e ifi nur
3ä eine 9(rt ber intuitioen. S)ie le^tere (bie intuitioe) lann nämlid^ in bie
fd^ematifd^e unb in bie f^mboIifd^eSSorfteDungdart eingetl^eilt loer«
352 ^tl! bcr Utt|cil«!raft. 1. Sl^etl. Ärtttl bet äfl^ettfd^cn Urtl^cilSfraft.
ben- Selbe pnb ^^pot^pofen, b. i. SJarPellungen (exhibitiones): nid^t
blofee ß^arofteriSmen, b. i. fflejeld^nungen ber Segriffe inx^ beglei*
tenbe {Innlid^e Beteten, bie gar niij^td gu ber Snf(i^auung bt& Obfectö ®e^
porige« entl^altcn, fonbern nur {enen nad^ bem Oefe^c bcr Slffocfation ber
einbllbungöfraft, mithin in fubiectioer abjt(!^t jum ÜWtttel ber 9leprobuc* 5
tion bienen; berglei(!^en flnb entmeber SSorte, ober jtd^tbare (algebraifd^e,
felbft mimlfd&e) Sei(!^en, afö blofee auSbrüde für Segriffe*).
aUe Slnfcftauungcn, bie man Segriffen a priori unteriegt, pnb alfo
entmeber Sd^emate ober Symbole, »ooon bie erftern birecte, bie jiöei»
ten inblrecte 2)ar[teflungen be« Segriffö enthalten. 2)ie erftern tl^un bie* 10
fed bemonftratio, bie j^koeiten oermittelft einer Snalogie (ju melt^er man
fid^ aud^ empirifd^er Sufd^auungen bebient), in toelc^er bie Urtl^eiliStraft
dn boppelte« ©efd^dft öerrid^tet, erftlidi) ben Segrtff auf ben ©egenftonb
einer jinnlic^en Snfd^auung unb bann jmeitenS bie bloge SRegel ber 9te^
Pejcion über Jene änfc^auung auf einen ganj anbern ®egenftanb, üon u.
bem ber erftere nur ba^ Symbol ift, anjumenben. @o wirb ein monar«'
d^ifc^er @taat burd^ einen befeelten Körper, menn er nac^ inneren Solf^
gefe^en, burd^ eine bloge 3Rafd^ine aber (mie etma eine ^anbmfil^Ie),
menn er burd) einen einjelnen abfoluten SBißen be^errfd^t wirb, in beiben
gdHen aber nur f Emboli fd^ üorgefteUt. S)enu gwifd^en einem befpoti* 20
fd^en Staate unb einer ^anbmfll^Ie ift jiDar feine äl^nlid^teit, mol^l aber
gmifd^en ben SRegeln, über bcibe unb il^re ßaufalität gu reffectiren. 2)ieS
®efd^dft ift bis je^t nod^ tt)enig audeinanber gefegt morben, fo fe^r ed
au(i& eine tiefere Unterfud^ung »erbient; allein l^ier ift nid)t ber Drt, jtcft
babei aufgu^alten. Unfere @prad^e ift t)oD t)on berglddien inbirecten n
S^arfieQungen nad^ einer Snalogie, moburd^ ber SluSbrud nid^t baS eigent^
lid^e @(l^ema für ben Segriff, fonbern blog ein Symbol für bie 9flepe;rion
entl^ält. So jlnb bie SBorter ®runb (Stüfee, SafiS), »b^dngen (oon
oben (Sel^alten »erben), toorauö ^liefeen (ftatt ^Jolgen), Subftang (wie
fiodCe {id^ auSbrüdtt: ber Srdger ber Slccibengen) unb ungd^Iige anbere 39
nid|t fd^ematifd^e, fonbern JQmboIifd^e ^^pot^pofen unb 8luSbrüdte für
Segriffe nid^t üermittelfi einer birecten JKnfd^auung, fonbern nur nad^
einer Analogie mit berfelben, b. i. ber Übertragung ber 3flefIeyion über
*) !DQd Sntuitioe ber (Srfenntnig ntug bem S)iiScurrit)en (iü(^t bem ®i)mbo«
lifdj^en) entgegen gefegt toerben. S)q6 erftere ift nun entroeber fd^emattfd^ bur(^ 35
S)emonrtration; ober f^mbolifd^ old SBorfteHungnad^ einer bIo|en Analogie.
^iaUmt ber äfi^eHfd^en Urt^eitöfraft. 353
einen ©egenfianb ber Snfd^iauung auf einen gang anbern Segriff, hzm
))iel(etd^t nie eine 8(nf(!^Quung birect correfponbiren (ann. 3Benn man
eine blofee SSorfteHungöart fd^on ©rfenntnife nennen barf (toelcj^es, toenn
jte ein $rinctp nlt^t ber tl^eoretif(]^en 93eftimmung bed ©egenftanbeS tft|
5 tt)ad er an {ld| fei, fonbern ber prattifd^en, \x>a^ bie Sbee wn il^m fär und
unb ben jtoedmdiigen ®ebrau(^ ber|elben »erben foH, mo^l erlaubt ift):
fo ift ade unfere Srfenntnig Don ®ott blog fQmbolifd^; unb ber, koelc^er
pe mit ben (äigenfd^aften SSerftanb, SBifle u. f. »., bie allein an SBelt*
»efen il^re objecttDe SRealität betoeifen, für fcj^ematifd^ nimmt, gerdt^ in
10 ben Slnt^ropomorpl^iSm, fo mie, rnenn er aUeS ^ntuitioe meglägt, in ben
2)eiöm, tooburd^ überatt nic^t«, aud^ nic^t in praftifc^er abftd^t, erlannt
tt)lrb.
9lun fage id^: baS @(^öne ifi baiS (Symbol bed @ittlid^<®uten; unb
au(6 nur in biefer Slüdftd^t (einer Segiel^ung, bie jebermann natürlid^ ift,
15 unb bie au(^ jebermann anbern als ^flid^t gumut^et) gefäDt ti mit einem
8lnfprudbe auf iebeS anbern 93eiftimmung, mobet fid^ baS ©em&tl^ gugletd^
einer gemiffen SSereblung unb @rl^ebung über bie bloge @mpf&nglid^(eit
einer Suft burd^ ©inneneinbrüdte bemufet ift unb anberer SBert^ aud^ nad^
einer ai^nlic^en aRajrime i§rer Urt^eilafraft fd^&fet. ©a« ift ba& 3ntelli:=
so gibele, vorauf, toie ber Dorige $aragrap^ Slngeige tl^at, ber ©efd^madt
^inaudfte^t, tDOgu ndmlid^ felbft unfere oberen (SrfenntnigDermogen gu«
fammenfiimmen, unb ol^ne iDeld^ed gmifd^en i^rer 9latur, oerglid^en mit
ben anfprüc^en, bie ber ®efd^madt mad^t, lauter SBiberfpradbe ertoad^fen
würben. 3n biefem Vermögen ftel^t fl4 bie Urtl^eilSfraft nic^t, »ie |onft
36 in empirifdber Seurtl^eilung einer $eteronomie ber 6rfa^rung«gefefee un«
terttorfen: fie giebt in Slnfel^ung ber ©egenftanbe eine« fo reinen SBol^t
gefallen« ll^r felbft ba« ®efe^, fo »ie bie SSernunft e« in »nfe^ung be«
Segel^rungSüermögen« tl^ut; unb fielet jt(^ fomol^l toegen biefer innern
SRdglid^teit im ©ubjecte, al« koegen ber augern 3R5glid^(eit einer bamit
30 übereinftimmenben 3latur auf etwa« im ©ubjecte felbft unb aufeer i^m,
»a« nid^t 5Ratur, aud^ nid^t greil^eit, bod^ aber mit bem ®runbe ber lefe«
teren, nämlid^ bem Überfinnlid^en, üerfnüpft ift, bejogen, in toeld^em ba«
t^eoretifdbe SSermögen mit bem praftifc^en auf gemeinfd^aftlidbe unb mt^
befannte 9rt gur (Sinl^eit Derbunben tolrb. 993ir kooDen einige QtM^ bie»
86 fer Slnaloflie anfül^ren, Inbem toir gugletd^ bie SSerfc^iebenl^eit berfelben
nid^t unbemerft laffen.
1) S)a« @dböne gef&Ut unmittelbar (aber nur in ber reflectirenben
«anf« e<9r<ften. »ftfe. V. 23
354 ^tt! ber Urtl^elWfroft. 1. ^til Äriti! bcr Äft^etif(!&en Urtl&cilgfraft.
aufd^auung, ni(%t »ic ©ittlid^leit im fflcflrlffe). 2) 6§ gefallt ol^nc
alU^ SntcrcffcCbaö ©ittlidö^Sutc jwar not^mcnbig mit einem Snter*
effe, aber nid^t einem jold^en, maS t)or bem Urtl^eile fiber ba^ SBol^Ige«
fallen üorl^ergel^t, öerbunben, fonbern maö baburc^ attererft bewirft mirb).
3) S)ie greil^eit ber ßinbilbungöfraft (olfo ber ©innltd^feit uufereS &
aSermögenö) toirb in ber SBeurtl^eilung be8 @d&5nen mit ber ®efe^md&ig^
leit bed SSerftanbeS ald einftimmig DorgefteDt (im moralifd^en Urtl^eile
loirb bie f^rei^eit be^^ äSiQens ald Buf^tnmenfiimmung bed festeren mit
[xii felbft nad^ aDgemeinen SSernunftgefe^en geba(!^t). 4) S>a€ fubjectioe
5ßrincip ber Seurt^eilung be^ Sd^önen »Irb als ollgemein, b. t. für lo
Jebermann gültig, aber burd^ feinen allgemeinen .Segriff fenntlid^ Dor«
geftellt (baö objectiDc ^rtncip ber SKoralitfit ttiirb au(!^ für allgemein, b. i.
für alle @ubiecte, gugleid^ aud^ für alle ^anblungen bef[elben @ubiect8,
unb babei burd^ einen allgemeinen Segriff fenntUd^ erfldrt). S)a^er ift
ba« moralif(!^e Urtl^eil nid)t allein beftimmter conftitutlüer 5ßrincl<)ien w
fd^ig, fonbern ift nur burd^ ©rünbung ber SRajrimen auf biefelben unb
il^re ailgemeinl^eit möglid^.
S)ie 9fiüdf{l(^t auf biefe 9(nalogie ift aud^ bem gemeinen Serftanbe
gemo^nlid^; unb mir benennen fd^öne ©egenftdnbe ber 9latur ober ber
Äunft oft mit Slamen, bie eine ftttlidt)c Seurtl^ellung jum ®runbe ju legen 20
fd^einen. äBir nennen ©ebdube ober Sdume majeftätifd^ unb prdd^ttg,
ober ©efilbe lad^enb unb frö^lic^; felbft färben toerben unfd^utbig, be^^
fdieiben, gdrtlid^ genannt, koeil fte @m))finbungen erregen, bie etmaS mit
bem Sekougtfein eined burd^ moralifil^eUrtl^eile betoirften ©emütl^Sjuftan«
beS 9(nalogifd^eS enthalten. S)er ®efd^mad( mac^t glei(^fam ben Über^ 23
gang 00m @tnnenreij jum l^abituellen moralifd^en Sntereffe ol^ne einen
gu gemaltfamen Sprung möglid^, inbem er bie @inbilbungSfraft auc^ in
il^rer grei^eit alö jttiedtmdfeig für ben Serftanb beftimmbar üorftellt unb
fogar an ©egenftdnben ber @inne aud^ ol^ne @innenreij ein freies SBol^U
gefallen flnben leiert. 30
§60.
Son ber 5Ket^oöenlel^re be« ©efd^madf«.
S)ie (Sint^eilung einer Äritif in (älementarle^re unb ?Wet]^obettle]^re,
meldte oor ber Siffenfc^aft oorl^erge^t, Idgt ft(^ auf bie ®ef(^madsfritif 35
2)iQle!tt! bec dft^etif(!^en Urt^eildlraft. 355
nid^t ontDenben: totil ed leine SBiffenfc^aft beS @(^5nen giebt noi!^ geben
fann, unb baS Urtl^eil bc« (Sefcftmarfg nid^t burd^ ^rincipien bcfttmmbar
i[t. S)enn ma^ bad Sßiffenfd^aftUd^e in lebet j^unft anlangt, »eld^ed auf
SBa^r^eit in bcr ©arftellung il^reö Dbiectö gel^t, fo Ift bicfc« jmar bie
5 unumg&nglid^e Sdebingung (conditio sine qua non) ber fd^önen £un[t,
aber bieje nld^t felber. ßö giebt alfo für bie fd&önc Äunft nur eine 5Wa«
nier (modus), nid^t ge^rart (methodus). 33er 3Keifter mufe eö üor*
matten, maS unb mie t^ ber Sd^filer gu @tanbe bringen foD; unb bie
aflgemeinen Siegeln, worunter er jule^t fein SSerfal^ren bringt, fönnen
10 el^er bienen, bie ^auptmomente beffelben gelegentlid^ in Erinnerung ju
bringen, aU fte i^m üorjuf(^reiben. Riebet mug bennod^ auf ein gemiffeiS
Sbeal 3fiücf|t(^t genommen »erben, meld^eS bie Äunft »or äugen l^aben
mug, ob fte ed gleid^ in il^rer 9(u8iibung nie t)5Dig erreid)t. 9tur burd^
bie aufmedtung ber ©inbilbungötraft be« ©d^ulerö jur angemeffenbeit
15 mit einem gegebenen Segriffe, burd^ bie angemerfte Unjulänglid^feit bed
äuöbrurfö für .bie Sbee, meiere ber »egriff felbft nld^t erreid^it, »eil fte
äft^etifd^ ift, unb burd^ fd^arfe Äritif fann üer^ütet werben, bafe bie Sei*
fpiele, bie t^m oorgelegt »erben, üon i^m nid^t fofort ffir Urbilber unb
etwa feiner nod^ ^öl^ern SHorm unb eigener SBeurtbeilung unterworfene
20 dufter ber 9lad^a^mung gehalten unb fo baiS ®enie, mit i^m aber aud^
bie Srei^eit ber (Sinbilbungöfraft felbft in i^rer ©efefemäfeigfeit erftidEt
werbe, ol^ne weld^e feine fd^5ne ^unft, felbft nic^t einmal ein richtiger fie
beurtl^eilenber eigener ©efd^madt möglid^ ift.
S)ie ^ropdbeutif gu aller fd^önen jtunft, fofern eS auf ben b^d^ften
»5 ®rab i^rer Sßollfommenbeit angelegt ift, fcfteint nid^t in SSorfd^riften, fon*
bern in ber (äultur ber ®emüt^ßfröfte burd^ bicjenigen 38orfenntniffe gu
liegen, weld^e man humaniora nennt: oermutblidb weil Humanität
einerfeitiS bad allgemeine Sil^eilnel^mungdgefA^l, anbererfeitd ha^
äSermogen ftd) innigft unb allgemein mitt^ eilen gu fönnen bebeutet;
30 weld^e Sigenfd^aften, gufammen üerbunben, bie ber SRenfd^^eit ange«
meffene ©efelligteit auSmacben, woburd^ fte pdb ))on ber tl()ierifdben @inge«
fc^r&ntt^eit unterfd^eibet. S)aiS ßeitalter fowobl ald bie SBölfer, in weU
dben ber rege Srieb gur gefehlt d^en ©efeHigfeit, woburd) ein 38olf ein
bauembeS gemeineiS SBefen ausmacht, mit ben großen @c^wierigfeiten
86 rang, welche bie fdbwere aufgäbe, ^rei^eit (unb alfo aud^ ©leicb^eit) mit
einem Sn^^nge (me^r ber Sc^tung unb Unterwerfung auS $fltd^t a\& i^urd^t)
gu Dereinigen, umgeben; ein foldbed 3(ltalter unb ein folc^eiS 93olf mu^te
23*
356 SMm bet Urtl^eildfraft. 1. Sl^eil. JhriHf ber afl^etifc^en Urt^eiUftaft.
bte ^unfi ber loed^felfeitigen SRittl^eilung ber Sbeen beS oudgebtlbetefien
Shells mit bem rolleren, bie 9(bftimtnung ber ßrtoeiterung unb 9[}erfeine^
rung ber erftercn jur natürli(!^cn ginfalt unb Drißinalitdt be« lefetercn
unb auf bieje 9(rt badienige SRittel gtoifd^en ber l^öl^eren Kultur unb ber
genugfamen Statur juerft erfinben, koelt^ed ben rid^tigen, nad^ leinen aU^ 5
gemeinen Siegeln angugebenben SRagftab ani^ ffir ben ©eft^mad, als aD^
gemeinen Sßenft^enfinn, auSmad^t.
@(]^tt)erli(^ tolrbein fjätereö ßeitalter jene 5Wufter entbel^rlii!^ mad^en :
meil es ber 9latur immer loeniger nal^e fein koirb unb ftd^ jule^t, ol^ne
bleibenbe SSeifpiele Don i^r gu ^aben, laum einen ^Begriff Don ber gläcf« 10
lid^en SSereinigung beiS gefe^Ii(!^en B^oangeS ber ]^5(6ften @ultur mit ber
Äraft unb 3fli(j&tigfeit ber il^ren eigenen SBert^ fül^lenben freien SRatur in
einem unb bemfelben SSoIte gu mad^en im @tanbe fein möd^te.
S)a aber ber Oefd^macf im Orunbe ein SBeurtl^eilungSoermögen ber
aSerftunlid^ung fittlici^er Sbeen (oermittelft einer getoiffen Analogie ber 15
SReflefion über beibe) ift, moDon auc^ unb oon ber barauf gu grünbenbcn
größeren @mpfängli(!^feit fär baS ®effi^l aud ben le^teren (mel(^ed baS
moralifd^e l^ei^t) biejenige Suft ftc^ ableitet, koeldie ber ©efd^mad als für
bie 3ßenfd^]^eit überhaupt, nid^t blog fär eines Seben $riüatgefü^l gältig
ertlärt: fo leud^tet ein, bag bie tt)a]^re ^ropäbeutit gur ©rönbung beS 20
©efd^madS bte (Sntkoidtelung {ittlidier Sbeen unb bie @ultur beS mora=
lifd^en ©efäl^ls fei; ba, nur »enn mit biefem bie ©innlid^felt in 6in^
ftimmung gebracht koirb, ber öd(|te ©efd^mad eine beftimmte, unoer&nber^
lic^e f^orm annel^men lann.
2)er
Äritif bcr Urt^eilSlraft
Stveiter S^eil.
Äritit
ber
teleoloötfc^en Urt^eiUfraft
§61.
aSon bcr obicctiöcn Stt^c^Iwtäfetgfcit bcr 5ftatur.
5Kan l^at nai!^ tranöfccnbcntalcn ^rincipicn guten ®runb, tm fubicc«' >
tit)c Stoecfmdfeigfeit bcr 5Jlatur in il^rcn befonbern ®cfc^cn ju bcr ^fafelid^»
5 feit für bic mcnfd&lici^c Urt^cilSfraft unb bcr SRöglic^fcit bcr 58erfnflpfung
bcr befonbern erfa^rungcn in clnS^ftcui bcrfclben anjuncl^mcn ; mo bann
unter ben üielen ^robucten bcrfclben aut^ folc^c als möglid^ crn)artct
werben tonnen, bic, alö ob pc gang cigcntlidö für unfcrc Urt^cilöfraft an=
gelegt todren, fold&c f^jecififd^c i^r angemcffcnc formen enthalten, »elc^c
10 bur(]^ il^rc 3ßannigfaltigteit unb @inl^eit bic ©cmütl^dfr&ftc (bic im ®e^
braud^c biefcS SSermögeng im @^3icle finb) gleic^fam gu ftdrfen unb gu
unterl^altcn biencn, unb benen man ba^cr ben Flamen fd^öner gormen
beilegt.
3)a6 aber S)ingc bcr Statur cinanber als 2WittcI gu Sieden biencn,
15 unb il^rc Sßoglid^fcit felbft nur burc^ biefe Slrt oon @aufalitdt ^inreic^enb
WrftdnbUd^ fei, bagu l^abcn »ir gar feinen ®runb in bcr allgemeinen Sbec
bcr Statur, al« Inbegriffs bcr ®egenftdnbc bcr Sinne. 33enn im obigen
fjalle fonnte bic SSorftellung bcr S)inge, loeil fte etmaS in unS ift, als gu
bcr innerli(]^ gmccfmdgigcn Stimmung unferer SrTenntnigoermögen ge«
20 f(!^i(ft unb tauglid^, gang mo^l aud^ a priori gebadet werben; wie aber
Swcdc, bic nld^t bic unfrigen |tnb, unb bic aucft ber 5Ratur (welche wir
ni^t als intcDigentcS Sßefen annebmen) nid^t gulommen, bod^ eine be^
fonberc Art bcr ßaufalitdt, wcnigftenS eine gang eigne ®efetmd6igfcit
bcrfclben auSmad^cn I5nnen ober foDcn, Idgt ftd^ a priori gar nid^t mit
35 cinfgem ®runbc prdfumiren. SBaS aber nod^ mel^r ift, fo fann uns felbft
bic 6rfal)rung bic SBirflidöIcit bcrfclben nid^t beweifen; cS müfetc benn
eine SScrnünftclci oor^crgcgangcn fein, bic nur ben Segriff beS Qmdi in
360 SMm ber Urtl^eiliSfraft 2. ^eil. Sttim ber teleologifd^en Utt^etldfraft.
bie !Ratur ber S)inge l^ineinf^ielt, aber il^n nid^t Don ben Dbiecten unb
il^rcr grfal^runßÄcrfenntnife l^ernimmt, benfelben alfo mcl^r braucht, bie
3latnx mii ber Snalogfe mit einem fubjectiüen ®runbe ber Serfnflpfung
ber SSorftenungen in un8 begreiflid^ ju mad^en, ali fte an» objectioen
®rfinben gu erTennen. 5
Überbem ift bie pbiectiDe Smedmägigleit, al» ^rincip ber Wlb^lKSi^
(eit ber S)inge ber 9latur, fo iDeit baüon entfernt, mit bem Segriffe ber^
felben notl^menbig gufammengul^ängen: ba^ fie oielmebr gerabe baS ift,
tDorauf man jtd^ üorgäglid^ beruft, um bie Suf&Kidl^it berfelben (ber
Statur) unb il^rer f^orm baraud gu bemeifen. S)enn menn man g. S. ben 10
Sau eines Sogeid, bie ^öl^Iung in feinen ^noc^en, bie Sage feiner t^lfigel
gur Semegung unb beS @d^mange8 gum Steuern u. f. U). anführt: fo fagt
man, bag biefed aUed nad^ bem bloßen nexus effectivus in ber Statur,
ol^ne nod^ eine befonbere Srt ber Saufalität, nctmlic^ bie ber ßu^edte^nexas
finalis), gu ^filfe gu nel^men, im ^5d^ften ®rabe gufdllig fei; b. i. bag fl(^ »
bie Statur, aU bloßer SRed^aniSm betrachtet, auf taufenbfad^e %rt ^abe
anberd bilben (5nnen, ol^ne gerabe auf bie Sinl^eit nad^ einem fold^en
^rincip gu flogen, unb man alfo auger bem Segriffe ber Statur, nid^t in
bemfelben ben minbeften ®runb bagu a priori allein angutreffen l^offen
bürfe. 20
®Iei(^mo]^I mirb bie teleologifc^e Seurtl^eilung, toenigfienS proble*
matifd^, mit Sted^t gur Staturforfd^ung gegogen; aber nur um jte nad| ber
Slnalogie mit ber 6aufalität nad^ Qxotdtn unter ^rincipien ber Seob«
ad^tung unb Stac^forfd^ung gu bringen, ol^ne jtd^ angumagen fie bamad^
guerllären. Sie gel^ört alfo gur reflectirenben, nid^t ber beftimmenben 25
Ürtl^eiUIraft. S)er Segriff oon Serbinbungen unb ^formen ber Statur
nad^ Qxütdzn ift bod^ toenigftenS ein ^rincip mel^r, bie @rfd^einungen
berfelben unter Siegeln gu bringen, too bie ®efe^e ber Saufalität nad|
bem blogen SRed^anidm berfelben nid^t gulangen. 3)enn toir fül^ren einen
teleologifd^en ®runb an, mo toir einem Segriffe Dom Dbiecte, als ob er so
in ber Statur (nid^t in und) befinblid^ mdre, 6aufalit&t in Slnfel^ung eines
Objectd gueignen, ober oielmel^r nad^ ber Analogie einer fold^enSaufalitdt
(bergleid^en toir in und antreffen) und bie SRöglid^Ieit be8 ®egen{!anbe8
Dorfteüen, mitl^in bie Statur als burd^ eignes Sermögen ted^nif d^ beuten;
mogegen, toenn mir i^r nid^t eine fold^e äSirfungSart beilegen, i^re (Sau* 35
falität als blinber SRed^aniSm Dorgefiellt merben mügte. Sßfirben toir
bagegen ber Statur abf id^tlid^^mirlenbe Urfa(i^en unterlegen, mitl^in ber
SBon ber objecttoen BwedPmdgigfett ber !Ratur. 361
Sdeologte nid^tblog ein regulatioed $rinci^ ffir biebloge 93ettrt]^et:>
lung ber @rfd^einungen, benett bie 9latur nad^ il^ren befonbern ©efe^en
ate unteriDorfen gebadet merben fonne, fonbern baburd^ auc^ ein confti»
tutiDed ißrinctp ber Ableitung il^rer $robucte ))on i^ren Urfad^en }um
5 ©runbe legen: fo toflrbe ber Segriff eineiS 9latur3n)edd nid^t mel^r für bie
refledirenbe, fonbern bie beftimmenbe Urtl^eildfraft gel^bren; alsbann aber
in^er S:^at gar nid^t ber Urtl^eildtraft eigent^ümli(!b ange^bren (mie ber
SSegriff ber ©d&önl^eit al« formaler fubjectiöer ßtoedmafeigfeit), fonbern
als äSernunftbegriff eine neue Saufalitdt in ber SlatunDiffenfd^aft ein-
10 ffil^ren, bie toir bod^ nur ))on und felbft entlel^nen unb anbern äSefen bei«
legen, ol^ne fie gleid^mo^l mit und ald gleichartig annel^men }u tt)ollen.
Slnal^tif ber tclfotogifd^eti Urtl^eitäfraft
§62.
fBon ber obiectiüen Qtotdm&^x^Uit, bie blog formal tft,
jum Unterfd^iebe ))on ber materialen. 5
Mt geometri|(^e ^^iguren, Me nad^ einem $rincip gejeid^net merben,
geigen eine mannigfaltige, oft betounberte obiectioe Stoedmägigfeit, nfim»
Ii(4 ber 3:auglid^feit gur SlufI5fung oieler Probleme na(^ einem eingigen
$rinctp unb audb ^^^^ ^^^^^ \^^^^ berfelben auf unenblid^ oerfd^iebene
art, an ftd^. 35te 3»e(Imäfeigteit i[t l^ier offenbar obiectio unb intellec« 10
tuen, nid^t aber blog fublectio unb fiftl^etifd^. S)enn fie brüdt bie Snge^
meffenl^eit ber gigur gur ©rgeugung oieler abgegmedften ©eftalten au«
unb mirb burd^ Vernunft erfannt. allein bie S^^d^&^igt^it mad^t bo^
ben Segriff oon bem ©egenftanbe felbft nid^t mögli(^, b. i. er toirb nid^t
blog in äflüdtfid^t auf biefen ©ebraud^ atö möglich angefe^en. u
3n einer fo einfad^en Sigur, al« ber 6irM ift, liegt ber ®runb gu
einer Sluflöf ung einer 3Renge üon Problemen, beren jebe« für ftd& mand&er»
lei ßurüftung erforbern mürbe, unb bie atö eine oon ben unenblid^
))ielen oortre^Iic^en @igenfd^aften biefer f^igur ftc^ gleid^fam t)on felbfi
ergiebt. Sfl eö g. S. barum gu tl^un, au3 ber gegebenen ©runblinie unb 20
bem i^r gegenüberfte^enben SBinfel einen Triangel gu conflruiren, fo ift
bie Aufgabe unbeftimmt, b. i. fie lägt ftd^ auf unenblid^ mannigfaltige
art auflofen. allein ber @irfel befaßt fte boc^ aQe indgefammt, ald ber
geometrifdbe £)rt für alle ©reiedte, bie biefer Seblngung gemäfe ftnb.
Dber gmei Sinien foBen fld^ einanber fo fd&neiben, bafe baö SRed^tedt au« 25
ben gtoei S^l^eilen ber einen bem Siedötedt au8 ben gmei ^l^eilen ber anbern
gleich fei: fo l^at bie Sluflofung ber Aufgabe bem Stnfelien nad^ oiele
©d^mierigfeit. aber aBe Sinien, bie ftc^ innerl^alb bem ßirfel, beffen
1. «btl^ilutig. Knallt« bet teleolodifd^en Uttl^ildfroft. 363
UmlreiS iebe berfelben begrängt, f^neiben, tl^eilen fi(i& t)on felbft in biefev
^ro^ortion. 3)ie anbem Irummen Sinien geben toieberum anbete itoedC«
mdgige Sluflbfungen an bie ^anb, an bie in bet Siegel, biei^reSonftruction
ausmalt, gar nid^t gebadet »ar. WLt j^egelfd^nitte fftr {i(& unb in 93er«
5 glei^ung mit einanber finb frud^tbar an ^rinctpien jur Suflöfung einer
SRenge mdglid^er Probleme, fo einfad^ au(^ il^re Srflärung ift, iDeld^e
il^ren Segriff benimmt. — 68 Ift eine »al&re greube, ben ©fer ber alten
®eometer aniufel^en, mit bem fie biejen Sigenfd^aften ber Sinien biejer
Slrt nad^forfd^ten, ol^ne {i^ burc^ bie t^rage eingefd^räntter Stbp^t irre
10 machen gn laffen, toogu benn biefe J^enntnig nfi^en joUte; g. 93. bie ber $a«
rabel, ol^ne ba8 ®efe^ ber @(^mere anf ber 6rbe jn (ennen, toeld^eS il^nen
bie antoenbung berfelben auf bie SBurföUnie fci^toerer Xbxptx (beren
Sfiid^tung ber Sd^toere in il^rer Semegung als paraUel angefel^en merben
lann) tofirbe an bie ^anb gegeben l^aben; ober ber 6ni|)fe, ol^ne gu al^nen,
15 bag aud^ eine @(^mere an ^immelStörpern gu finben fei, unb ol^ne i^r
©efe^ in t)erf(^iebenen Entfernungen Dom Slngiel^ungd^unlte gu (ennen,
meld^ed mad^t, bag fte biefe Sinie in freier Semegung befd^reiben. äßdl^renb
beffen, bag fte l^ierin, il^nen felbft unbetougt, ffir bie 9lad^fommenfd^aft
arbeiteten, ergö^ten fte ftd^ an einer Bu^edmA^igteit in bem äSefen ber
20 3)inge, bie fie bod^ DöUig a priori in i^rer 9lot]^U)enbigfeit barfteDen
lonnten. $Iato, felbft SReifter in biefer äSiffenfd^aft, geriet)^ aber eine
fold^e urfprünglid^e Sefd^affenl^eit ber S)inge, loeld^e gu entbeden mir aller
Srfal^rung entbel^ren fönnen, unb über baS Vermögen bed ©emütl^d, bie
Harmonie ber äBefen aud il^rem fiberftnnlid^en $rinci^ fc^öpfen gu tonnen
25 (mogu nod^ bie @igenfd^aften ber QaijUn Tommen, mit benen baS ©emfitl^
in ber SRufit fpielt), in bie Segeifterung, meiere tl^n über bie Srfal^rungd»
begriffe gu 3been erl^ob, bie il^m nur burd^ eine inteKectuene ©emeinfd^aft
mit bem Urfprunge aUer äSefen erRärlid^ gu fein fd^ienen. j^ein äSunber,
bag er ben ber 3ßegfunft Untunbigen an» feiner @d^ule DermieS, inbem
30 er bad, toa& SlnajcagoraiS aus ßrfal^rungSgegenftänben unb il^rer Qmd*
Derbinbung fd^lo^, aud ber reinen, bem menf(^lid^en ©elfte innerltd^ bei«
tool^nenben Slnfd^auung abguleiten badete. S)enn in ber Slotl^menbigfeit
beffen, maS gmedhnd^ig ift unb fo befc^affen ift, als ob eS für unfern
®ebrau(^ ab^d^tlid^ fo eingerid^tet m&re, glet(^tt)o^l aber bem äBefen ber
35 3)inge urfprünglic^ gugutommen fd^efnt, ol^ne auf unfern ©ebraud^ 9%üd«
ftd^t gu nehmen, liegt eben ber ©runb ber großen Seuunberung ber 3Ratur,
nid^t fottol^l auger unS, als in unferer eigenen SBemunft; toobei eS mol^l
364 Sttiiit hex Urtl^eiliSfraft. 2. S^eil. Stxliit hex teleologifc^en Urt^elldfraft.
oergeil^Iid^ ift, ba^ biefe Setounbetung burd^ SRi^üerftanb na^ unb na(^
bis jur Sd^mdrmerei fteigen mod^te.
S)tcfc intcücctuellc 3»f*ni46ifiWt ober, ob jv ßlclift.obicctip i^
(nW mie bte^dftl^etifc^e fubiectiü), lägt jtd^ gleic^mol^l il^rer aRögUd^Ieit
nad^ als blog formale (nid^t reale), b. i. a\i Qxotdm&^iihitf dfjnt bag 5
bod^ etn 3n)e3 il^r gum ©runbe ju legen, mithin 5£eIe0ToQte bagu nötl^ig
toÄrt, gar »ol^I, aber nur im Slllgemeinen begreifen. JDie ßirfelfigur
{{t eine Slnfc^auung, bie burd^ ben 9?erftanb nad^ einem $rincip beftimmt
iDorben: bie Sinl^eit biefeS ^rinci^d, loeld^eS ic^ iDinfürlid^ annel^me
unb als Segriff gum ©runbe lege, angetoanbt auf eine f^orm ber kn* 10
fd^auung (ben Sfiaum), bie gleid^faSs blog atö SSorflellung unb gtoar
a priori in mir angetroffen toirb, mac^t bie Sinl^eit Dieler fid^ aud ber
Sonftructton teneiS 93egriff8 ergebenber Stegein, bie in mancherlei mög»
lid^er abfid^t jmedtm&gig ftnb, begreifUd^, ol^ne biefer dtt)e(Imdgig(e{t
einen QtDtdf ober irgenb einen anbern ®runb berfelben unterlegen gu w
bftrfen. &8 ift biemit nid^t fo bemanbt, ate (Denn id^ in einem in geioiffe
©rängen eingefd^loffenen Inbegriffe Don S)ingen auger mir, g. S. einem
©arten, Drbnung unb 9legelmägigTeit ber Säume, SBlumenbeete,
©änge u. f. 10. anträfe, toeld^e id^ a priori au8 meiner nad^ einer be«
liebigen Siegel gemad^ten Umgrängung eines SiaumS gu folgern nid^t so
l^offen fann: »eil e« eyljilrenbe 35inge finb, bie em|)irtfdö gegeben fein
muffen, um erfannt mxbtn gu Tonnen, unb nic^t eine bloge nad^ einem
^ßrincip a priori beftimmte SSorftellung in mir. S)a]&er bie le^tere (em*
pirifd^e) 3n)ed(mägigfeit, ald real, Don bem Segriffe eined StDedC^ ab«
l&ängig ifi. as
Slber au(^ ber ©runb ber Semunberung einer, obgtoar in bem SBefen
ber S)lnge (fofern ibre Segriffe conftruirt toerben fönnen) »al&rgenom«
menen ßto^^niägigteit lägt fid^ fel^r tool^l unb gmar atö red^tmdgig ein«
feigen. 3!)ie mannigfaltigen Siegeln, bereu ßinl^eit (aud einem ^rincip)
biefe Semunberung erregt, finb inSgefammt f^ntl^etifd^ unb folgen ni(^t so
aus einem Se griffe beS Dbiects, g. S. bed Sirfeld, fonbern bebfirfen
e«, bafe biefeS Dbject in ber anfc^auung gegeben fei. S)abur(^ aber be«
tommt biefe ßinl^eit baS Snfel^en, als ob fte em^irifd^ einen Don unferer
SorfleHungSfraft unterfd^iebenen äugern ©runb ber Siegeln l^abe, unb
alfo bie Übereinftimmung beS DbjectS gu bem Seb&rfnig ber Siegeln, 35
»eld^eS bem Serftanbe eigen ift, an fid^ gufällig, mithin nur burd^ einen
auSbrüdClid^ barauf gerid^teten S^edC m5glid^ fei. Sinn foKte unS gtoar
1. $(bt^eilung. Snal^tü hex teleologifd^en Utt^eiliSlraft. 365
eben biefe Harmonie, meil fte oUer biefer ßti'ccfmfigigfeit ungead^tet ben«
nod& ni^t cmpirifdö» fonbcrn a priori crfannt toirb, üon fclbft barauf
bringen, ba^ bcr S^aum, burd& bcffcn fflcflimmunfl (Dcrmtttcljt bcr ©in«»
bilbungdtraft gemdg einem S3egriffe) ba^ Dbiect allein mbglid^ mar,
6 nid^t eine S3e|(i&affen]^eit ber ©inge aufeer mir, fonbetn eine blofee SSor*»
fMunflSart in mir fei, unb icft alfo in bie ^igur, bie id^ einem Segrif fe
angemeffen 3ei(^ne, b. i. in meine eigene SSor^eUungdart t)on bem, toa^
mir dugerlid^, eS fei an fid^, maS ed rnoUe, gegeben mirb, bie Qvoeä^
mdgigleit l^ineinbringe, nic^t ))on biefem über biefelbe entpirif(^ be»
10 leiert »erbe, folglid& ju jener feinen befonbern Stoed aufeer mir am Dbj[ecte
bebürfe. SBeil aber biefe Überlegung fd^on einen fritifd^en ©ebraiid^ ber
aSernunft erforbert, mitl^in in ber Seurt^eilung be« ©egenftanbeS nad^
feinen ©igenfcftaften nid^t fofort mit entl^alten fein fann: fo giebt mir bie
te^tere unmittelbar nid^tS ald äSereinigung l^eterogener Sftegeln (fogar
16 nad^ bem, mad fte Ungleichartiges an ftd^ l^aben) in einem ^rincip an
bie ^anb, meld^ed, ol^ne einen au|er meinem Säegriffe unb äber]^au))t
meiner SBorfteHung a priori liegenben befonbern ©runb baju i;u forbem,
bennod^ öon mira priori alÄ toal^rl&aft erfannt mirb. 3lun tfl bie SJer*
tt)unberung ein Slnfto^ beS ©emätl^S an ber Unoereinbarteit einer 93or«
80 fteUung unb ber burd^ fte gegebenen Sfiegel mit ben ft^on in il^m }um
®runbe liegenben ^rincipien, meldöer alfo einen S»«fel, ob man aud^
red&t gefeiten ober geurtl^eilt l^abe, hervorbringt; Semunberung aber
eine immer micbertommenbe SSermunberung ungead^tet ber Serfd&minbung
biefeö Smeifelö. Solglid^ ifl bie lefete eine ganj natürlid^e 3Birfung jener
25 beobad&teten Swedtmdfeigfeit in bem SBefen bcr ©inge (al« ©rfd^einungen),
bie audö fofern nid&t getabelt »erben lann, inbem bie SBereinbarung
jener fjorm ber ftnnlid&en Slufd^auung (meiere ^er Sftaum l^eifet) mit bem
gSermbgen ber Segriffe (bem SSerftanbe) nid^t allein beSmegen, bafe pe
gerabe biefe unb feine anbere ift, und unerfldrlid^, fonbern äberbem nod^
30 fftr ba« Oemfltl^ ermeiternb ifl, nod^ etma« über jene finnlid^e SSor*
fteQungen ^inaudUegenbeS gleid^fam ju al^nen, »orin, obgmar und un^
befannt, ber le^te ®runb jener @inftimmung angetroffen merben mag.
3)iefen ju tennen, l^aben mir jmar aud^ nid^t nötl^ig, menn ti blo^ um
formale 3»«*nd6igfeit unferer SSorftettungen a priori gu tl^uni^; aber
85 aud^ nur ba l^inaudfel^en ju mfiffen, flbgt ffir ben ©egenßanb, ber unS
bagu nbtl^igt, gugleid^ 93emunberung ein.
9Ran ift gemol^nt, bie ermdl^nten @tgenfd^aften fomol^l ber geometri*
366 SMm ber Urt^eildfraft. 2. ^exl SMÜt ber teleologifd^en Urt^eil^fraft
f(%cn ©cftalten, al8 aud6 tool&l ber Sohlen ttcflcn ctncr getoljfcn aus ber
Sinfac^l^eit tl^rer 6onftruction nid^t ertüarteten Stt)^<lQi&&i8fcit berfelben
a priori gu aDerlei (Srlenntniggebrauc^ @(^5n]^eit ju nennen; unb fprtc^t
j. 8. t)on biefcr ober jener fc^önen (äigenld^aft be« 6irfeW, welche auf
We|e ober iene art entbedft todr^. allein e8 ijt leine öfH^etifd^e Seur» s
t^eilung, burc^ bie mir fie gmedmdgig {tnben; (eine Seurtl^eilung o^ne
Segriff, bie eine bloge fubiectioe Sn)e(Imdgigreit im freien Spiele
unferer @r(enntnigoerm5gen bemerflid^ mad^te: fonbern eine inteUectuelle
nad^ Segriffen, toelc^e eine objectiDe ßn^ecfmdgigteit, b. i. 2;augli(!^(eit ju
allerlei (ins Unenblic^e mannigfaltigen) B^tdtn, beutlid^ gu ertennen lo
giebt. aRan mfigte fie el^er eine relatiüe Sollfommenl^eit, aU eine
@d^5n]^eit ber mat^ematif^en ^^igur nennen. S)ie ^Benennung einer
intellectuellen @(^ön§eit Tann au<j^ ftberl^aupt ni(^t ffigli(^ erlaubt
toerben: meil fonft bad äßort @d^önl^eit aUe beftimmte Sebeutung, ober
baS inteUectueKe äSol^Igefaflen aUen SSorgug üor bem finnlii^en verlieren is
mfigte. @]^er mürbe man eine S)emonftration fold^er (Sigenfc^aften,
meil burd^ biefe ber S3er{!anb ald 93erm5gen ber Segriffe unb bie @in«
bilbungöfraft al8 Vermögen ber ©arftellung berfelben a priori ftcft ge^
ftärft füllen (meld&eS mit ber ^rdclflon, bie bie SBernunft l^inelnbringt,
gufammen bie @legan} berfelben genannt mirb), fd^5n nennen fönnen: in« 20
bem l^ier bod^ menigftens bad äßol^IgefaUen, obgleid^ ber ®runb beffelben
in Segriffen liegt, fubfectio ifi, ba bie Solltommenl^eit ein obiectioeS
Sßol^Igefanen bei fid^ fA^rt.
§63.
Son ber relati))en ß^^dmdgigteit ber 9latur gum Unterf(^iebe 25
oon ber innern.
3)ie erfa^rung leitet unfere Urtl^etlSlraft auf ben Segriff einer obiec«
tioen unb materialen 3Q>^dind^ig(eit, b. i. auf ben Segriff eines Sxotd^
ber 9latur nur alSbann, menn ein Serl^dltntg ber Urfad^e gur SBirhing
gu beurtl^eilen ift*), melc^eS mir als gefe^lid^ eingufel^en unS nur baburc^ so
*) ^eil in ber reinen SRat^emati! nid^t uon ber G|ifiena, fonbent nur bec aR5g«
lid^Iett ber 2)tnge, nAmlic^ einer il^rem Segriffe correfponbtrenben ^nf^auung,
mitl^in gor niä)t oon Urfai^e unb SBirfung bie SRebe fein fann: fo mug folglich
aUe bafelbfl angemerfte S^tdm&iiqUii blog a(d formal, niemals aU 9{aturgme(f
betrautet merben. S6
1. SCbt^eilune. ttnal^ttl bet teleologifd^en Urt^etldfraft. 367
üermöflcnb finbcn, bafe mir bic Sbec bcr SBirfunß bcr 6aufalität il^rer
Urfad^e, ald bte btefer felbft gum ©runbe liegenbe Sebingung ber
aBöglicftfcit bcr crpcrcn, unterlegen. 3)icfe« fann aber auf jtoiefat^e
Seife gefd^el^en: entoeber inbem mir bte SBirhing unmittelbar al« Äunft»
5 probuct, ober nur a\8 äRatertal fflr bie j^unjl anberer möglicher ^latur::
ttefen, alfo enttoeber atö ßmed, ober a\S SRittel jum jmecfmägigen ®e^
braud^c anberer Urfad^en, anfe^en. S)ie lefetere S^ecfmäfeigteit Reifet bie
SRuparfeit (für '^tn\iitxi), ober aud^ SuträgUd^Wt (für iebe« anbere
®cfd6ö^)f) unb Ift blofe relatiü, inbefe bie erftere eine innere Stt^ed mäfeigfeit
10 be« SlatunoefenS ift.
S)ie Slüffe führen g.». allerlei jum SBad^ötl^um ber ^flangen bienlid^e
erbe mit fid^ fort, bie pe biätoeilen mitten im ganbe, oft aud^ an l^ren
aRünbungen abfegen. 5)ie glut^ fül^rt biefen ©cftlid^ an mand^en lüften
über baS Sanb, ober fe^t il^n an beffen Ufer ab; unb menn ))orne]^mlid^
15 TOenfd&en baju l&elfen, bamit bie ebbe i^n nid&t toieber »egfül^re, fo
nimmt bad frud^tbare Sanb }u, unb baS ©emäc^Sreid^ geioinnt ba $la^,
tDO oorl^er t^ift^e unb @d^altl^iere il^ren Sufent^alt gel^abt l^atten. S)ie
meiften SanbeSermeiterungen auf biefe art l^at mol^l bie 5Ratur felbft
oenicfttet unb fäl^rt bamit audb nod&, objtoar langfam, fort. — Sdun fragt
20 ftd^, ob bieö al8 ein S^Jedt ber SRatur ju beurtl&eilen fei, »eil e8 eine SRu^*
barfeit für ÜRenft^en entl^ält; benn bie für baö ®en)d(%«reid& felber fann
man nid^t in Snfd^lag bringen, »eil bagegen eben fo oiel ben 3Reer»
ge{(^ö:pfen entgogen »irb, ald bem Sanbe SSortl^eil jutoAd^ft.
Ober, um ein Seifpiel oon ber S^trigHi^felt gemiffer Sftaturbinge
26 al8 5Wittel für anbere ©efd&öpfe (»enn man fie al« Qrotdt üorauSfefet)
JU geben: foift fein Soben ben ^ic^ten gebeil^lid^er, al^ ein @anbboben.
9iun l^at bad alte SReer, el^e ed ]ld^ t)om Sanbe gurüdgog, fo üiele @anb«
ftrid^e in unfern norblid^en ©egenben gurüdtgelaffen, bag auf biefem für
alleßultur fonft fo unbraud^baren S3oben meitläuftige f^i(^ten»älber l^aben
so auffcftlagen fönnen, »egen bereu unvernünftiger SluÄrottung »ir l^duflg
unfere SSorfal^ren auflagen; unb ba fann man fragen, ob biefe uralte
Slbfe^ung ber @anbfd^id^ten ein Qrotd ber SRatur »ar gum Sel^uf ber
barauf möglid^en f^id^tentodlber. @o Diel ift flar: bag, »enn man biefe
atö 3tt)e(I ber 9latur annimmt, man jenen @anb aud^, aber nur atö rela«
35 tioen Qxo^d einräumen muffe, »oju »ieberum ber alte ÜKeereöftranb unb
beffen Surüdtjiel^en ba« SKittel mar; benn in ber Steige ber einanber fub-
orbinirten ©lieber einer ßti'^ctoerbinbung mug ein iebeS SRittelglieb ald
368 Stx\m ber Urtl^eildlraft. 2. 2:^IL Stx\m ber teleologifc^en Urt^dliSeraft.
ßmed (obgleid^ eben nt(^t als SnbstoedF) betrad^tet toerben, iDogu feine
näc^fte Urfad^e baS SRittel ift. (Sben jo, (Denn einmal aiinbüie]^, 6(iafe,
$ferbe u. f. to. in ber äSelt fein foUten, fo mugte ®xa^ auf (Srben, aber eS
mußten aut^ ©algtrduter in Sanbmfifien toac^fen, toenn Aameele gebeil^en
foUten, ober aut^ biefe unb anbere graSfreffenbe 3:i^ierarten in Wenge 5
angutreffen fein, tt)enn eS SBbIfe, 2;iger unb Söoen geben foKte. SRitl^in
ifl bie objectioe Sn)e(Iniägigfeit, bie ftd^ auf Butrdglid^teit grünbet, nic^t
eine obiectioe Smedmdfeiflfeit ber ©inge an ftd^ felbfi, al« ob ber ©anb
für ft(^ ald Sßirfung au8 feiner Urfad^e, beut SReere, nid^t fonnte begriffen
werben, ol^ne bem le^tern einen Sioed unter julegen unb ol^ne bie äSirTung, 10
nämlid^ ben @anb, a\i j^unftoerf gu betrad^ten. @ie i^ eine blog rela«
tiüe, bem S)inge felbfi, bem fte beigelegt XDixb, blog guf&Ilige Qmtd^
mägigleit; unb obgleid^ unter ben angeführten Seifpielen bie ©radarten
für fid^ als organifirte ^robucte ber 9latur, mitl^in als lunftreid^ gu beur*
tl^eilen jtnb, fo »erben fte bod^ in Segiel^ung auf Spiere, bie ^(^ baoon u
näl^ren, alS bloge rol^e Materie angefel^en.
äSenn aber ooUenbS ber SJtenfd^ burc^ fSrrei^eit feiner Saufalitdt bie
Slaturbinge feinen oft t^öric^ten Slbfid^ten (bie bunten Sogelfebern
gum ^ufetoerf feiner Sefleibung, farbige ßrben ober ^flangenfdfte gur
@(^minfe), mand^mal auc^ aus t^ernünftiger Slbfi(^t baS $ferb gum so
Gleiten, ben @tier unb in SRinorca fogar ben 6fel unb baS Sd^oein gum
pflügen gutrdglic^ finbet: fo (ann man ^ier audb nid^t einmal einen
relatioen ^aturgmed (auf biefen ®ebrau(^) annel^men. 3)enn feine
Vernunft meig ben 3)ingen eine Übereinflimmung mit feinen miHfür«
li(^en @infdllen, toogu er felbft nid^t einmal t)on ber 9latur prdbeftinirt n
toatf gu geben. 9lur toenn man annimmt, SRenfc^en ^aben auf ßrben
leben foSen, fo muffen boc^ toenigftenS bie Mittel, ol^ne bie fie als Spiere
unb felbft atS oemünftige Siliere (in tt)ie niebrigem ®rabe eS aud^ fei)
nid^t befleißen (onnten, aud^ nid^t fehlen; alsbann aber tofirben biejenigeu
9laturbinge, bie gu biefem Säel^uf unentbel^rlid^ finb, aud^ als SRaturgmede »
angefel^en »erben muffen.
aRan jtel^t l^ierauS Iei(^t ein, bag bie dunere Smedmd^igTeit (ßu«
trdgli(^feit eines 2)ingeS für onbere) nur unter ber Sebingung, bafe bie
@irifteng beSjenigen, bem eS gundd^ß ober auf entfernte äSeife gutrdglid^
ift, für ftd^ felbft 3»ed ber 3lotur fei, für einen dufeem 3latura»ed an« ss
gefe^en »erben tbnne. S)a jenes aber burc^ blo^e Slaturbetrad^tung
nimmermel^r auSgumad^en ift: fo folgt, ba^ bie relatioe 3tt>edmd^igleit,
1. Hbtl^etlung. «noT^ti! ber teleoTogtfd^en Itvtl^elldfraft 369
ob fte flleid^ l^^potl^etifd^ auf ülaturjioede Slnjeige giebt, bennod^ gu feinem
abfoluten teleoloßifd^^n Urtl^elle bered^tige.
2)er @d&nee pd&ert bic Saaten in falten Sdnbern ttiber ben Stoft;
er erletii^tert bie ®emeln|(i&aft ber Wenid^en (burd& ©(^litten); ber Sapp«
5 Idnber finbet bort 3;l)iere, bie biefe ®emeinf(^aft bewirfen (JRenntl^iere),
bie an einem bfirren SRoofe, meld^eS fte jtd^ felbft unter bem @(l^nee
l^erüorfd^arren mäffen, ]^inrei(^enbe ^al^rung ftnben unb gleic^mol^I jtdb
leid&t gd^men unb ber greil^eit, in ber fle pd& gar tool^I erl^alten fbnnten,
tolllig berauben lajfen. 2für onbere SSölfer in berfelben @i«gone ent^U
10 hai 9Reer reichen SBorratl^ an Silieren, bie auger ber Slal^rung unb
JCleibung, bie fie liefern, unb bem ^olge, toelc^ed i^nen baS 3Reer gu
Sßol^nungen gleid^fam ]^inf(ögt, il^nen noc^ Srennmaterien gur 6rm&r=
munfl il^rer ^ütten liefern. $ier ijl nun eine betounbernStoürbige Qn^
fammenfunft oon fo oiel Regierungen ber ülatur auf einen Qwd; unb
15 biefer ift ber ©rönldnber, ber Sa^)pe, ber ©amoiebe, ber Safute u. f. ».
8lber man jtel^tnid^t, loarum überhaupt SRenfc^en bort leben muffen,
aifo fagen: bag barum S)ünfte auS ber Suft in ber f^orm bes @d^nee8
herunterfallen, bad SReer feine Ströme l^abe, »elc^e bad in mdrmern
Sdnbern gett)ad^fene ^olg bal^in fc^memmen, unb groge mit Dl angeffillte
20 ©eetl^iere ba flnb, meil ber Urfac^e, bie alle bie SRaturprobucte l&erbei»
fcftafft, bie Sbee eine« Sßortl^eil« für gemlffe armfelige ®efd^5pfe gum
®runbe liege: todre ein fel^r getoagte« unb toinfürlic^eÄ Urtl^eil. S)enn
»enn aDe biefe 9taturnfi^li(^feit aud^ nid^t ttdre, fo tt)firben mir nid^t«
an ber Suldnglid^feit ber 9tatururfa(^en gu biefer Sefd^affenl^eit Der»
26 miffen; öielmel^r eine folc^e «nlage aud^ nur gu »erlangen unb ber 5Ratur
einen fold^en Qxotd gugumutl^en (ba ol^neba« nur bie gröfete Unoertrdg«
lid^feit ber 3Renfd6en unter einanber fte bis in fo unmirtpare ®egenben
l^at üerfprengen tonnen), lofirbe un« felbft ))ermeffen unb unüberlegt gu
fein bünfen.
30 § 64.
SSon bem eigentpmlid^en Sl^arafter ber S)inge als
SlaturgtDede.
Um eingufel^en, bag ein 2)ing nur als Qmd mbglid^ fei, b. 1^. bie
@aufalitdt feines UrfprungS nid^t im SRed^aniSm ber ^atur, fonbern
35 in einer Urfad^e, beren SSermögen gu mirfen burd^ Segriffe be{!immt mirb,
370 Äriti! bet Urt^elWIraft. 2. %f)e\l Äriti! ber telcologifdjen Urtl^ciKfraft.
fitd^en gu muffen, bagu mirb erforbert: bag feine f^orm nic^t nad^ bloßen
9lQturgefe^en möglid^ fei, b. i. fold^en, meldte ))on und burd^ ben SSerftanb
anein, auf ©egenftanbe ber @inne angemoubt, erfannt »erben Knnen;
fonbern bafe felbft il^r empirlf(iöc* ©rfenntnife i^rer Urfad^^ unb ®ir=
fung nadö Segriffe ber SSernunft öorauSfefee. 2)iefe SufdUiglcit feiner 5
%üxm bei allen em^)irif(^en SRaturgefcfeen in SBejiel^ung auf bie SBernunft,
ba bie SSernunft, mel<^e an einer jeben i^orm eines 9{aturprobuctö aud^
bie ^ot^ttenbigfeit berfelben erfennen mug, uenn fte aud^ nur bie mit
feiner @rjeugung oerfnüpften S3ebingungen einfel^en mitl, gleid^mol^I an
jener gegebenen gorm blefe SRotI(tt)enbigfeit nicftt annel^men fann, ift felbft jo
ein ©runb, bie Saufalit&t beffelben fo anjune^men, als ob fte eben bar«
um nur burd^ SSernunft möglid^ fei; blefe aber ift alsbann baö SSermögen,
nad^ 3tx)ed(en gu l^anbeln (ein äSille); unb baS Dbiect, meld^eS nur als
aus biefem m5glidg DorgefteUt wirb, U3firbe nur als Qtotd fär möglid^
öorgeftellt »erben. 15
äSenn jemanb in einem il^m unbewohnt fd^einenben Sanbe eine
geometrifc^e Sigur, allenfalls ein reguläres ©ed^Sedf, im Sanbe gegeid^net
toal^rnä^me: fo mürbe feine 3fieflej;ion, inbem pe an einem Segriffc ber*
felben arbeitet, ber @inl&eit beS ?rinci^)S ber (Srgeugung beffelben, menn
gleich bunfel, oermittelft ber SSernunft inne »erben unb fo biefer gemäfe 20
ben @anb, baS benat^barte 9}^eer, bie SBinbe, ober aud^ Siliere mit i^ren
^Jufetrltten, bie er lennt, ober Jebe anbere öernunftlofc Urfad&e nid&t als
einen ®runb ber 3Röglid^feit einer fold^en ©efialt beurtl^eilen: »eil i^m
bie SwfÄßlflWtr wit einem fold^en S3egriffe, ber nur in ber SSernunft
m5glid^ ift, gufammen gu treffen, fo unenblid^ grog fd^einen mürbe, bag ^5
eS eben fo gut mare, als ob eS bagu gar fein 9laturgefe^ gebe, ba^ folglich
aud& feine Urfad&e in ber blofe med&anifd^ »irfenbcn 9latur, fonbern nur
ber 33egriff üon einem folt^en Object als S3egriff, ben nur SSernunft geben
unb mit bemfelben ben ©egenftanb oergleid^en Tann, aud^ bie (Saufalitdt
gu einer fold^en SBirfung entl^alten, folglid^ biefe burd^auS als 3»edt, so
aber nid&t 3laturgmedf, b. i. als ^robuct ber Äunft, angefel^en »erben
I5nne (vestigium hominis video).
Um aber et»aS, baS man als 9laturprobuct erlennt, gleid^mo^l bod^
aud^ als Qmd, mitl^in als %aturg»edt gu beurt^eilen: bagu, »ennnic^t
et»a l^ierin gar ein S98iberfprud^ liegt, »irb fd^on mel^r erforbert. 3d^ m
»firbe oorldufig fagen: ein S)ing e;riftirt als 9{aturg»ed, »enneSDon
fid^ felbft (obgleid^ in gwiefad^em ©inne) Urfad^e unb SBirfung ift;
1. $lbt]^etlund. 91nalt)tt! bev teleologtfd^en Itrt^eUiSfraft. 371
•
benn l^ierin liegt eine Saufalitdt, bergleid^en mit beut biegen Segriffe
einer 9latur, o^ne i^r einen Qxoti unterjulegen, niiit üerbunben, aber
a\xi) al^bann itoax ol^ne äSiberfprucI^ gebadet, aber ni(!^t begriffen werben
tann. SBir ttoüen bie Sefttmmung biefer Sbee Don einem SRaturjtuedfc
5 jttöörberft burd^ ein Scifpiel erläutern, el^e »ir jte ööttig auSeinanber
fefeen.
6in Saum geugt erftlid^ einen anbern Saum nad^ einem belannten
9laturgefe^e. S)er Saum aber, ben er erjeugt, ifl oon berfelben ©attung;
unb fo erjeugt er fid^ felbfi ber ©attung nadö, in ber er elnerfeits als
10 SBirlung, anbrerfeit« al« Urfad^e, Don jtc^ felbft unauf^örlid^ l^erüor*
gebrad^t unb eben fo jtd& felbft oft ]^ert)orbringenb, jid6 al8 ®attung be*
ftänbig erl^dlt.
SmeitenS ergeugt ein Saum ftd^ aud^ felbft als Snbioibuum.
S)iefe Slrt oon SBirtung nennen mir gmar nur baS äSad^Stl^um; aber
15 biefeS ift in fold^em Sinne gu nel^men, bag eS ))on jeber anbern ®rögen«
gunal^me nad^ me<^anifd^en ©efe^en gängUd^ unterf<^ieben unb einer
Seugung, »iettol^l unter einem anbern 5Ramen, gleich gu achten i[t. S)ie
SRaterie, bie er ju ftd& l^ingufe^t, »erarbeitet biefe« ®e»d(^8 üorl^er gu
fpecififd^^eigentpmlid^er £lualit&t, loeld^e ber 9laturmed^aniSm auger il^m
20 nii^t liefern fann, unb bilbet ftd& felbft weiter auS »ermtttelft eines
Stoffes, ber feiner SRifd^ung nad^ fein eignes ^robuct ifl. S)enn ob er gmar,
tt)aS bie Seftanbt^eile betrifft, bie er öon ber Diatur aufeer il^m erl^filt,
nur als @buct angefe^en merben mug: fo ift bo(^ in ber @d^eibung unb
neuen ßufammenfe^ung biefeS rollen Stoffs eine fold^e Originalität beS
2b Sc^eibungS« unb SilbungSoermögenS biefer Slrt ^aturmefen angutreffen,
bag alle Sinn^ baoon unenblid^ meit entfernt bleibt, loenn fie eS Derfud^t,
aus ben (Slementen, bie fte burd^ 3^i^fiti^t^cf ung berfelben erl^ält, ober aud^
bem Stoff, ben bie 9latur gur 9tabrung berfelben liefert, J[ene $robucte
beS ®emäd^Srei(!^S toieber l^ergufteKen.
so drittens ergeugt ein S^eil biefeS ©efd^opfS aud^ ftd6 fclbfl fo: bag
bie @r^altung beS einen oon ber Srl^altung ber anbern toed^felSneife
abl^ängt. S)aS Sluge an einem Saumblatt, bem ßmeige eines anbern ein*
geimpft, bringt an einem frembartigen Stocfe ein ©eioäd^S oon feiner
eignen Slrt l^eroor unb eben fo baS. Pfropfreis auf einem anbern Stamme.
3ö S)a]^er Tann man aud^ an bemfelben Saume {eben 3Q>^tfl ober Slatt als
blog auf btefem gepfropft ober oculirt, mitl^in als einen für. ftd^ felbft be«
fte^enben Saum, ber {td^ nur an einen anbern anl^ängt unb parafitifd^
24*
372 Äriti! bct Urtl^eiKTraft. 2. $^cit. Äriti! bet teleoloöifdjen UttieiWfroft.
nälirt, anfcl&cn. Suflt«d6 fnb btc »lättcr jtoar ^robuctc be« SaumS,
erl^oUen aber biefen bo(^ au(^ fi^fl^nfeitig; benn ble mieberl^olte @n^
bidtterung mürbe tl^n tobten, unb fein Sßaci^Stl^um l^&ngt t>on i^rer
äBirTung auf ben Stamm ab. 2)er @elbfil^ülfe ber Statur in biefen ®e«
fc^opfen bei il^rer SSerle^ung, to)o ber äRangel eined 2:l^eild, ber gur @r« s
Haltung ber benad^barten gehörte, ))on ben übrigen ergdngt uirb; ber
ÜRiggeburten ober Wiggeftalten im äßad^dtl^um, ba gemiffe Sil^eile negen
oorfommenber SKängel ober ^inberniffe ftc^ auf ganj neue 8lrt formen,
um bad, tt)ad ba ift, gu erl^alten unb ein anomalifd^eS ©efd^ö^f ]^ert)or«
anbringen : ttiU id^ l^ier nur im SJorbeigel^en ermdl^nen, ungead^tet fie lo
unter bie tounberfamfien Sigenfd^aften organiftrter ®ef(l^5pfe gel^5ren.
§65.
35inge alö 9laturg»edte finb organlfirte SBefen.
9lad^ bem im t)origen § angefül^rten Sl^arafter mug ein S)ing, meld^eS
ald Staturprobuct bod^ gugleid^ nur ald 9laturgmed( m5glid^ erfannt merben n
foU, ftd^ gu ftd^ felbft mec^felfeitig aU Urfad^e unb äBirlung oerl^alten,
toeld^eiS ein etmaS uneigentlic^er unb unbeftimmter 9(u8brudt ift, ber einer
Ableitung t)on einem beftimmten Segriffe bebarf.
S)ie Saufaloerbinbung, fofern fte blog burd^ im SSerftanb gebac^t
wirb, ift eine Sßerfnfipfung, bie eine Sieil^e (oon Urfad^en unb SBirhingen) «>
auSmad^t, neld^e immer abmdrtS gel^t; unb bie S)inge felbft, meldte aU
SBirfungen anbere ald Urfad^e oorau^fe^en, T5nnen t)on biefen nid^t gegen*
fcitig gngleid^ Urfad^e fein. S)iefe Saufaloerbinbung nennt man bie ber
tttrfenben Urfad^en (nexus effectivus). S)agegen aber Tann bod^ aud^
eine ßaufaberbinbung nad& einem Sernunftbegriffe (oon Qwdtn) gcbac^t »s
»erben, »eld^e, toenn man jte al« SReil^e betrad^tete,' fomol^l abtodrtö aU
auftodrtiS Slbl^dngtglett bei fid^ fül^ren toürbe, in ber baS S)ing, oeld^ed
einmal als äSirlung begeid^net ift, bennod^ aufttdrtS ben Flamen einer
Urfad^e beöienigen 35inge8 Dcrbient, tooDon e8 bie fflirlung ift. Sm
^raftifd^en (ndmlid^ ber itunft) flnbet man leidet bergleid^en SSerfnüpfung, »
»ie g. 33. ba« ^au8 gmar bie Urfad^e ber ®elber ift, bie für SJlietl^e etn«
genommen merben, aber bod^ aud^ umgetel^rt bie SSorfteDung t)on biefem
m5glid^en @intommen bie Urfad^e ber @rbauung be« ^aufeS mar. @ine
folt^e Saufaberfnüpfung mirb bie ber Snburfad^en (nexus finalis) ge«
nannt. SRan fönnte bie erftere Oielleid^t fd^idlid^er bie SSertnüpfung ber S5
1. ^tl^ilung. ^(nal^til b^ teIeologif($en Urt^eil^froft. 378
realen, bie gtoeite ber ibealcn Urfad^en nennen, toeil bei btefer Senennung
gugleid^ begriffen toirb, bog eiS niti^t mel^r atö biefe gmet Wirten ber
6aufalU&t geben lönne.
Su einem ©Inge al3 5Raturg»ecIe toirb nun erftlid^ erforbert, bafe
5 bie Steile (il^rem S)afetn unb ber t!orm not^) nur bur(^ il^re Segiel^ung
auf ba8 ®ange mögU(% jinb. 2)enn baS S)ing felbft ift ein 3»e(f, foIglid&
unter einem ^Begriffe ober einer 3bee befaßt, bie aQefS, maS in il^m ent»
l^alten fein f oU, a priori beftimmen mufe. ©ofern aber ein S)ing nur auf
biefe »rt aU möglid^ gebucht »irb, ift eö blofe ein Äunftmerf, b. i. baS
10 gJrobuct einer öon ber SKaterie (ben Sl^eilen) beffelben unterfdöi^bcnen Der*
nünftigen Urfacfte, beren Saufalitdt (in ^erbeifd&affung unb SSerbinbung
ber Steile) bur(!^ il^re 3bee t)on einem baburc^ moglid^en ©angen (mit^:
^in n{(^t burd^ bie 3lat\xx auger il^m) befttmmt toirb.
@oU aber ein S)ing als SRatur^robuct in fic^ felbft unb feiner innern
15 SRöglid^Teit bod^ eine Segiebung auf Qmtdt entl^alten, b. i. nur als Slatur«
gmed unb ol^ne bie ßaufalitdt ber 35egriffe Don öernünftigen SBefen aufeer
il^m möglid^ fein: fo mirb gmettenS bagu erforbert: bag bie 2:^eile bef^
felben ftd^ baburc^ gur @in]^eit eine« ©angen Derbinben, bag fie Don ein«
anber med&felfeitig Urfad^e unb SBirfung i^rer gorm ftnb. 3)enn auf
20 fold^e SSeife ift eS allein mögli(^, bag umgelel^rt (med^felfeitig) bie 2»b.ee
beS ©angen mieberum bie ^^orm unb SSerbinbung aller Sl^eile befttmme:
nid^t ate Urfad^e — benn ba toäre eö ein itunft))robuct — , fonbern alö
(grfenntnifegrunb ber f^ftematifc^en ßin^eit ber gorm unb äSerbinbung
aQeS 9}^annigfaltigen, xoai in ber gegebenen SRaterie entl^atten ift, ffir
36 ben, ber t& beurtl^eilt.
Su einem Äör))er alfo, ber an jic^ unb feiner innern SKogUtbfeit nadö
alö SRaturgtoed beurtl^eilt »erben foU, loirb erforbert, bafe bie Steile
beffelben einanber tnSgefammt ilirer f^orm foioobt als SSerbtnbuug nad^
toedfifelfeitig unb fo ein ®angeö au8 eigener Gaufalität l^eröorbringen,
80 beffen Segriff toieberum umgefebrt (in einem SBefen, meiere« bie einem
fold^en $robuct angemeffene Gaufalitdt nad& Segriffen befdfee) Urfad^e oon
bemfelben nac^ einem ^rinci^) fein, foIglid& bie SJerfniipfung ber mir»
fenben Urfad^en gugleid^ als SSirfung burdb @nburfad^eu be«
urtl^eilt merben tonnte.
85 Sn einem foldben ^robucte ber 9latur wirb ein jeber SEl^eil fo, wie
er nur burd^ ade äbrige ba ift, aud^ als um ber anbern unb beS
©angen millen e;i:iftirenb, b. i. als Sßerfgeug (Organ) gebadet: »eld^eS
374 leritil ber Urt^elliSrraft 2.S£]^I. Jlrttil her teleolodifd^en Urt^etldfraft
aber nic^t genug ifi (benn er {5nnte aud^ SSerlgeug ber Aunjl fein unb
fo nur aU ßmed überl^aupt möglich t^orgefteKt merben); fonbem atö ein
bie onbern Steile (folgU<^ feber ben anbern med^felfeittg) l^erDorbrin^^
genbed Drgan, bergletd^en (ein SBerfjeug ber j^unft, fonbern nur ber
aQen @toff gu Sßertjeugen (felbft benen ber j^unft) liefernben 9latur fein &
(ann: unb nur bann unb barum toirb ein foId^eS $robuct, als organi^
firte« unb fic^ felbft organifirenbe« SBefen, ein SRatur jtoed ge^
nannt toerben fönnen.
Sn einer Ul^r ijt ein Sl^eil ba« SBerfjeug ber SBemegung ber anbern,
aber nic^t ein Stab bie tt)ir(enbe Urfad^e ber ^er))orbringung bed anbern; lo
ein 2;]^eil ift jmar um iti anbern miHeni aber nid^t bur(^ benfelben ba.
S)a]^er ift aud^ bie l^erüorbringenbe Urfad^e berfelben unb il^rer f^orm
nicftt in ber 3latur (btefer SRaterie), fonbern aufeer il^r in einem SBefen,
U3el(^ed na(^ 3been eines bur(^ feine Saufalitdt moglit^en ©angen mirfen
(ann, enthalten. S)al)tx bringt aud^ nid^t ein Stab in ber Ul^r bai anbere, »
no4 U3eniger eine Ul^r anbere Ul^ren l^en^or, fo ba| fte anbere SRaterie
bagu benu^te (fte organifirte); bal^er erfe^t fte aud^ nit^t oon felbft bie
i^r entmanbten Steile, ober »ergütet il^ren SKangel in ber erften SBilbung
burd^ ben ä3eitritt ber fibrigen, ober beffert ftc^ etma felbft au8, b)enn fte
in Unorbnung geratl^en ift: meld^eö aUed mir bagegen t)on ber organiftrten 20
SRatur ermarten (önnen. — ©in organiftrteS SBefen ift alfo ni(^t blofe
9Raf(^ine: benn bie l^at lebiglid^ betoegenbe jfraft; fonbern eS beft^t
in ftd^ btlbenbe j^raft unb jmar eine fold^e, bie ed ben SRaterien miU
t^eilt, »elcfte fte nid&t l^aben (fte organijirt): alfo eine ftd^ fortpflanjenbc
bilbenbe Araft, U)eld^e burd^ bad SemegungdDermögen aüein (ben 25
SRed^aniSm) nid^t erHdrt toerben (ann.
9Ran fagt Don ber Siatur unb tl^rem Vermögen in organiftrten
^robucten bei U3eitem 3U »enig, uenn man biefeS ein Sinalogon ber
Äunft nennt; benn ba ben(t man ftd^ ben Äünftler (ein üernunftigeö
SBefen) aufeer il^r. Sie organiftrt fic^ öielmel^r felbft unb in ieber ©pecieS »
i^rer organiftrten $robucte, gmar nad^ einerlei @^em))lar im ©anjen,
aber bod^ au(^ mit fd^idtlid^en Slbkoeid^ungen, bie bie @elbfterl|altung nad^
bin Umftänben erforbert. 9lal|er tritt man Dielleid^t btefer unerforfd^lid^en
(Sigenfd^aft, menn man fte ein Slnalogon bt& Sebend nennt: aber ba
mu& man entoeber bie SRaterie als bloge 3Raterie mit einer (Sigenfd^aft zb
(WojoiSm) begaben, bie i^rem SBefen »iberftreitet; ober il^r ein fremb«
artiges mit i^r in ©emeinfc^aft fte^enbeS ^rincip (eine Seele) bei«
1. «Ibt^eilung. Slnali)»! ber teleologtfd^en Urtl^eildfroft. 375
flcjcllen: tooju man aber, »cnn ein fold^c« ^robuct ein 3laturprobuct fein
foH, organiprte 5I»atcrie als SBerfjeuß jener ©ecle cntwcber f(^on üor«
auiSfe^t unb jene alfo nid^t im minbeften begreiflid^er mad^t, ober bie
@eele jur Mnftlerin biefed SaumerlS ma<!^en unb {o ba^ ^robuct ber
5 SRatur (ber förperlit^en) entjiel^en mug. ®enau }u reben, ^at olfo bie
Drganifation ber 9latur nld^t« analoflifd&cö mit irgenb einer gaufalitdt,
bie mir fcnnen *). ©d^ön^eit ber SRatur, meil ftc ben ©eßcnftdnben nur in
Sejie^ung auf bie 9iefIe;rion über bie dugere ünfd^auung berfelben,
mitidin nur ber f^orm ber Dberfldc^e megen beigelegt mirb, lann mit
10 äfled^t ein Slnalogon ber j^unft genannt merben. Slber innere !Ratur«
Dolltommenl^eit, mie fte biejenigen S)inge beft^en, meldte nur als
SRaturjmede m5glidö fmb unb barum organijtrtc SBefen Reiften, Ift nad^
tcincr Analogie irgcnb eines un« befannten ^jl^^fifd^cn, b. i. SHaturüer*
mögen«, [a, ba mir felbft jur 5Ratur im meiteften Sßcrftanbc gel^ören, fclbft
15 nid^t einmal burc^ eine genau angemeffene Slnalogie mit menf(^li(^er
^unft benibar unb erflärlid^.
S)er aSegriff eine« 2)inge8, al« an pd^ 9laturjmedf«, ift alfo fein
conftitutiocr Segriff be« SSerjtanbc« ober ber SSernunft, fann aber bod^
ein regulativer Segriff für bie refiectlrenbe Urtljeilöfraft fein, nad^ einer
30 entfernten SInalogie mit unferer ßaufalitdt nad^ B^^^den überl^au^t bie
5Ra(^forfdöung über Oegenjtdnbe biefer 8lrt au leiten unb über t^ren
oberften ®runb nad^jubenlen; ba« le^tere gmar nid^t gum Sel^uf ber
Äenntnift ber SRatur, ober iencä Urgrunbe« berfelbcn, fonbern oielmel^r
eben beffelben ^raftifd^en Semunftoermogen« in un«, mit meld^em mir
25 bie Urfad^e jener 3n)e(fmdgigleit in Analogie betrad^teten.
Drganiprte SB8efcn pnb alfo bie einjlgcn in ber 5Ratur, mel(^e, mcnn
man pe aud^ für pd) unb o^nc ein aSerljdUnift auf anbcre S)inge bc»
trad^tet, bod^ nur al« Qmtdt berfelben möglid^ gebadet merben mü^en, unb
•) aWon fontt uitiflefel^rt einer öc»iffcn Serbtnbung, bie aber aud^ meljr fn ber
so Sbee aU in ber ^irfli^feit angetroffen mirb, bur(^ eine Analogie mit ben genannten
unmittelbaren iRaturamerfen 8i(^t geben, ©o IJat man fic^ bei einer neuerll^ unter»
nommenen gän^lti^en Umbtibung eined grogen Qolfd gu einem ©taat bed SBort(8
Drganifation l^Äufig für ßinri^tung ber 5Wagiftraturen ujro. unb felbft beö
ganzen ©taatdförperiS fel^r fc^icflii^ bebtent. ®enn iebeiS ®Iieb foU freiließ in einem
35 folc^en ®anaen ni(^t blog ^^ittel, fonbern ^n^Uiä^ auc^ S^td unb, inbem ed au
ber «DJöglic^feit be« ©anaen mitrolrft, burc^ bie Sbee beö ®anaen »ieberum feiner
Stelle unb Function nac^ bertimmt fein.
376 Sttim bcr Urtl^elMfroft. 2. ST^ell. Sttim hn telfoloflif«en UrtlJelKfraft.
blc olfo juctft bcm »cgrijfe eine« StocdS, bcr xtW ein praftifd&cr,
fonbcrn S»e(l bcr SRatur ift, objcctiüc 3icalit&t unb baburd^ für bic
SdatunDiffcnfd^aft bcn Orunb ju einer Selcoloflie, b. i. einer Scurt^eilunß«*
ort i^rer Dbjectc nad^ einem befonbcrn ^rincip, Derfd^ajfen, bergleic^en
man in jte einjufü|rcn (meil man bie SKoglid^feit einer fold&en SSrt 5
Sanjalität gar nid^t a priori einfe^en fann) fonft f(^led^terbinflÄ nic^t be*
rec^tigt fein mürbe.
§66.
SJom ^rinci^) ber äBeurtl^eilung ber innern ßtoedfmdfeigteit
in orflanifirten SBefen. 10
S)iefed ^rincip, 3ugleid^ bie S)efinition berfelben, l^eigt: 6in
organifirteiS $robuct ber SRatnr ift baiS, in meld^em alled
3me(f unb »ed^felfeitifl aud^ aWittel ift. 3li(^tö in il&m ift umfonft,
gmedloiS, ober einem blinben 9laturme<^aniiSm gujufd^reiben.
S)iefeiS $rincip ift jmar feiner 93eranlaffung nad^ Don Srfa^rung 15
abzuleiten, n&mli(^ berjenigen, meldte met^obifd^ angeftellt n)irb unb Se«
obad^tung l^eigt; ber SlDgemeinl^eit unb 9totl^menbigfeit megen aber, bie
eiS t)on einer folgen Stoecfmdgigleit augfagt, fann eiS nid^t blo^ auf 6r«
fal^rungiSgrünben berul^en, fonbern mug irgenb ein ^rincip a priori, menn
ti gleich blog regulativ mare, unb jene Qvotdt allein in ber S^ee beS Se«* 20
urtl^eilenben unb nirgenb in einer tDirfenben ttrfad^e lagen, jum ®runbe
^aben. 9ßan fann bal^er obgenannteiS ^rincip eine 3Ra;cime ber 93e^
urtl^eilung ber innern StoedCmdgigleit organijtrter Sßefen nennen.
3)a6 bie ßwglieberer ber ©etodd^fe unb a;]^iere, um il^re ©tructur
gu erfor{(!^en unb bie ®runbe einfel^en gu lönnen, marum unb gu meld^em 25
@nbe fold^e Sl^eile, marum eine fold^e Sage unb SSerbinbung ber 2;i^eile
unb gerabe biefe innere gorm il^nen gegeben toorben, Jene 5IRapme: bafe
nid^tiS in einem fold^en ®efd^5pf um fonft fei, als unumgdnglit^ not^^
menbig annehmen unb {ie eben fo, als ben ©runbfa^ ber allgemeinen
SHaturlel^re: bag nid^ts Don ungefähr gefc^el^e, geltenb mad^en, ift so
befannt. ^n ber S:]^at fönnen fte ftc^ aud^ oon biefem teleologifd^en
©runbfa^e eben fo menig loSfagen, als Don bem allgemeinen pl^^ftfc^en,
meil, fo loie bei S^erlaffung beS le^teren gar leine @rfal^rung überl^aupt,
fo bei ber beS erfteren ©runbfafeeS fein Seitfaben für bie Seobad^tung
einer »rt oon 3laturbingen, bie wir einmal teleologifd^ unter bem »e» w
griffe ber Sflaturgioecfe gebac^t l^aben, übrig bleiben mürbe.
1. «bt^eilung. «nal^til her ieleologtfd^en Urtl^eUiSfraft. 377
3)enn bicfcr Sefliiff fül^rt bic SBcrnunft in eine gang anbete Drbnunfl
ber S>inge, al8 bie eineiS Mögen TltöianiimS ber 9latur, ber uns ^ier ni(^t
me^r genuß tl^un »ill. (gine Sbee foD ber SKöglic^feit be« 5Raturt)robuct8
gum ®runbc liegen, SBeil biefe aber eine abfolute ginl^eit ber SJor*
5 ^eUung i[t, ftatt bag bie SRaterie eine Siell^eit ber S)inge ift, bie für fi(^
leine beftimmte (Sinl^eit ber 3ufammen{e^ung on bie $anb geben tann:
fo mufe, »enn jene ©inl^eit ber Sbee fogar al8 SeftimmungSgrunb a priori
eine« Sttaturgefefeeö ber (Saufalitdt einer fold^en gorm be« S»f<iwmen*
gejefeten bienen foH, ber Qmtd ber 3latur auf aUea, »a« in i^rem $ro*
10 bucte liegt, erftredt »erben. 3)enn toenn »ir einmal berglei(^en SBirfung
im ® an gen auf einen ftberftnnlid^en ääeßimmungSgrunb über ben
blinben ÜRed^aniem ber 9tatur l^inauS begiel^en, mflffen loir jte aud^ gang
nad^ biefem ^rincip beurtl^eilen; unb e« ip fein ®runb ba, bie gorm
eine« fold^en JDinge« nod^ gum SEI^eil üom legieren al8 abhängig angu«
15 nehmen, ba atöbann bei ber 93ermif(^ung ungleid^artiger $rinctpien gar
feine ftd^ere SRcgel ber ffleurtl^eilung übrig bleiben »ürbe.
e« mag immer fein, bafe g. 33. in einem tl^ierifd&en Äörper mand^e
%^t\U als @oncretionen nac^ blog med^anifc^en ®efe^en begriffen »erben
fonnten (als ^dute, ^od^en, 4)aare). S)od^ mufe bie Urfad^e, meld&e bie
20 bagu fd^idflid^c aRaterie ^erbeifd^afft, bieje fo mobificirt, formt unb an
il^ren gehörigen Stellen abfegt, immer teleologifc^ beurt^eilt merben, fo
bag alle« in i^m al« organiftrt betrad^tet merben mug, unb alle« aud^ in
gemiffer Segie^ung auf ba« S)ing felbft mieberum Drgan ift.
§67.
25 58om ^rincip ber teleologifd^en Seurt^eilung ber SRatur
überhaupt al« @qftem ber 3tt)edEe.
Sßir ^aben oben oon ber äußeren 3^^<iin&gigfeit ber 9laturbinge
gefagt: bag fte feine ^inreid^enbe Sered^tigung gebe, jte gugleic^ al«
Qwtdt ber 9latur gu @rtldrung«grünben i^re« S)afein« unb bie gufdllig^
30 gioedtmdfeigen SBirfungen berfelben in ber Sbee gu ©rünben i^re« 2)a=
fein« nac^ bem $rinct:p ber (Snburfad^en gu braud^en. @o fann man bie
glüff e, »eil fte bie ©emeinfcftaft im Snnern ber Sdnber unter aS5lfern
beförbern, bie ® ebirge, »eil fte gu biefen bie Duellen unb gur Srl^altung
berfelben ben ©c^neeoorrat^ für regenlofe ß^lt^n enthalten, imgleic^en
35 ben abrang ber Sdnber, ber biefe ®e»dffer abfül^rt unb ba« 2anb
378 ^itif ber Urtl^eil^fraft. 2. ST^eil. jhritif ber teleologtfi^en Urtl^etliSfraft.
trcden toerben lägt, barum ni<^t fofort für Statur juecfe l^oUen: toeit, ob«
jwar blc{c ®c[talt ber Dbcrfldc^c ber (ärbe gur (äntfle^unfl unb ©rl&altung
beiS ©eto&d^d« unb 3:^ierrei(!^i$ fel^r notl^ig koar, fte bod^ nid^tö an jld^ ^at,
gu beffen 3R5glid)feit man {td^ genotl^igt ffi^e eine 6aufalit&t na(^ 3n)eÄen
anjune^men. (Sben baS gilt Don ©emdd^fen, bie ber äßenfd^ gu feiner 5
9lotl^burft ober @rg5^Ii(!^Ieit nu^t: Don 2:(|ieren, bem jtameele, bemäitnbe,
beul ipferbe, ^unbe u. f. »., bie er ti)t\U gu feiner 5fta^rung, tl)eltö feinem
S)ienfie fo oielfdltig gebraud^en unb grogentl^eitö gar ni(!^t entbel^ren
fann. SSon 3)ingen, bereu feine« für jtdt) afö Qmtd angufe^en mon Urfa^e
l^at, lann ba« dugere SSer^dltni^ nur ]^9t)otl^etif(^ für gioedtmdgig be« 10
urt^eilt »erben.
(Sin 2)ing feiner iunern fjorm Ijalber al8 SRaturgtoedt beurtl^eilen, ift
gang etioa« anbered, aliS bie @rifteng biefe« S)inged für Smtd ber Statur
galten. 3« ^^^ le^tern Scljouptung bebürfen wir nid^t blofe ben Segriff
oon einem möglid^en ^md, f onberu bie @rlenntuig beS (SnbgmedEe (scopus) u
ber SRatur, meldte« eine Segiel^ung berfelben auf etwas Überftnnlid^e« be=
barf, bie aDe unfere teleologifd^e Staturerfenntnig meit überfteigt; benn ber
Smed ber ejrifteng ber SRatur felbft mufe über bie SRatur ^inau« gefud^t
»erben. 3)ie innere gönn eines blofeen ©raSl^almS fann feinen blofe
nac^ ber 3fiegel ber ßttJedfe möglid^en Urfprung für unfer menfd^Ud&e« 20
Seurt^eUungS0erm5gen ^inreid^enb beweifen. ©el^t man aber baoon ab
unb fte^t nur auf ben ®ebraud^, ben anbere 9laturtt)efen buDon ma^en,
oerldgt alfo bie SSetrad^tung ber innern Drganifation unb ftel|t nur auf
dugere gmedFmdgige Regierungen, mie baS ®raS bem SSiel^, mie biefeS
bem SRenfd^en als ^Kittel gu feiner @;rifteng nöt^ig fei; unb mau itel^t 20
nic^t, warum es benn nöt^ig fei, ba^ SRenfc^en e;riftiren (wetc^eS, wenn
man etwa bie SReufjoBdnber ober Seuerldnber in ©ebanfen l^at, fo leidet
uic^t gu beantworten fein möchte): fo gelangt man gu feinem fategorifd^en
BwedFe, fonbern aUe biefe gwedCmdgige Segiel^ung berul^t auf einer immer
weiter l^inauSgufe^enben Sebingung, bie atS unbebingt (baS S>afein eines so
S)ingeS als ßnbgwed) gang augerl^alb ber pl^^fildd^^teteologifd^en SBelt«
betrac^tung liegt. SdSbann aber ift ein foId^eS S)ing auc^ nic^t SRatur^
gwedC; benn eS ift (ober feine gange ©attung) nic^t als 9laturprobuct an«
gufe^en.
68 ift alfo nur bie SRaterie, fofern fte organiprt ift, welche ben Se- 35
grijf oon il^r als einem Slaturgwerfe notl^wenbig bei fic^ fü^rt, weil biefc
il^re f^)ecififdöe gorm gugleid^ "ißrobuct ber 3latur ift. aber bicfer 33egriff
1. ^Ibtl^eilunfi. ^nal^ttl ber teleologifd^en Urtl^eildhoft. 379
f&l^rt nun notl^menbig auf bte 3bee ber gefammten 9latur atö eines
Softem« nadö ber Siegel ber Qmdt, toeld^er Sbee nun aller ÜWed^aniöm
ber Statur nad^ ^rincipien ber SJernunft (menigfteniS um baran bte
9laturerf(^cinun0 gu üerfucften) untergcorbnet »erben ntufe. 3)a3 ^rinclp
5 ber SSernunft ift il^r als nur fubjectit), b. i. als 9Ra;rtme, guft&nbig: SllleS
in ber SSelt ift irgenb mogu gut; nid)ts ift in i^r umfonft; unb man ift
burc^ baS S9eifpiel, baS bie Statur an il^ren organifc^en ^robucten giebt,
bered^tigt, ia berufen, Don il^r unb il^ren ©efe^en nid^ts, als »aS im
®anjen jmedmd^ig ift, gu erwarten.
10 es öerftel^t jid&, bafe biefeS nid^t ein 5ßrincip für bie beflimmenbe,
fonbern nur für bie reflectirenbe Urtl^ellsfraft fei, bafe eS regulatiü unb
ntc^t conftitutiü fei, unb »ir baburdö nur einen ßeitfaben befommen, bie
9taturbinge in SBegiel^ung auf einen SSeftimmungSgrunb, ber fc^on ge^^
geben ift, nad^ einer neuen gefe^lid^en Drbnung gu betrachten unb bie
15 9laturfunbe nac^ einem anbern ^rincip, ndmlid^ bem ber @nburfad^en,
bod^ unbcf(^abet bem beS aWed^aniSmS i^rer ßaufalitdt gu ertoeitern.
Übrigens mirb baburd^ feineSmegeS ausgemacht, ob irgenb etioaS, baS mir
nad^ biefcm sprincip beurtl^cilen, abfid^tlic^ ßmedf ber Statur fei: ob bie
®rdfer für baS SRinb ober ©d^af unb ob biefeS unb bie übrigen Statur«
20 binge für ben SKeufd^en ba ftnb. (Ss ift gut, felbft bie uns unangenel^men
unb in befonbern S3egiel|ungen gmedCmibrigen 2)inge aud^ oon biefer Seite
gu betradt)ten. @o fönnte man g. SB. fagen: baS Ungegiefer, koeld^eS bie
SJtenfd^en in il^ren Kleibern, paaren ober SBettftellen ^lagt, fei nad^ einer
»eifen Staturanftalt ein antrieb gur Sieinlicftteit, bie für p(^ fc^on ein
2b mtd^tigeS SJtittel ber (Srl^altung ber ©efunbl^eit ift. Dber bie SRoSquito«
müden unb anbere ftec^enbe ^nfecten, mel<!^e bie äSüjten oon Slmerifa
ben SBilben fo befd^merlid^ mad^en, feien fo Diel @tad^eln ber Sl^dtigfeit
für bicfe ange^enbe SRenf^en, um bie SKordfte abjuleiten unb bie bid^ten
ben £uftgug ablfaltenben äBdlber lic^t gu machen unb baburd^, imgleid^cn
30 burdb ben Slnbau beS SSobenS i^ren 9(ufentl|alt gugleid^ gefünber gu
machen. @elbft maS bem SRenfd^en in feiner innern Drganifation miber«
natürlich gu fein fcfteint, »enn eS auf bicfe SBeife bel^anbelt mirb, giebt
eine unterj^altenbe, bisioeilen aud^ bele^renbe SluSftc^t in eine teleologifd^e
Drbnung ber 3)inge, auf bie uns of)ne ein fold^eS ^xxndp bie blofe
»5 pl^^ftfc^e Setrad^tung allein nid^t fül)ren mürbe. @o mie einige ben
SBanbmurm bem SRenfc^eu ober Siliere, bem er beimol^nt, gleid^fam gum
(Srfa^ eines geloiffen SRangelS feiner SebenSorganen beigegeben gu fein
380 Äritll bct Urt^itöfraft. 2, Z^til MÜt ber teleoloflif(^en Urt^lWfraft.
urtl^cUcn: fo »ürbc id^ fragen, ob ni(^t bie Sräume (ol^nc blc niemals
ber ©(^laf ift, ob man ftd^ filel(^ nur feiten berfelben erinnert) eine jtoe*
mdfelfle anorbnunß ber 3latur fein mößen, inbem ftc näuiU(^ bei bem
abfpannen aBer I6rperll(^en bewegenben Ärdfte baju bienen, Dcrmittelft
ber Stnbilbungdfraft unb ber großen ©efc^dftigteit berfelben (bie in &
biefem 3«flönbe me^rentl^elW bi« jum Sljfecte peigt) bie 8eben«organen
innigft }u bemegen; fo »ie fte auc^ bei fiberfüQtem ^agen, wo biefe 93e»
megung um befto notl^iger ift, im ^lad^tfd^Iafe gemeiniglich mit befto
mel^r Sebl^oftlgfeit fpielt; bafe folglid^ o^nc bieje innerlich bemegenbe
j(raft unb ermflbenbe Unruhe, U)orüber loir bie 2;r&ume antlagen (bie lo
bo(^ in ber S^at oielleid^t Heilmittel ftnb), ber ©d^laf felbft im gefunben
Suftanbe »o^l gar ein DöDigeiS Srlofc^en beS SebenS fein »firbe.
üud^ @(^ön^eit ber !flatur, b. i. il^re Sufammenftimmung mit bem
freien Spiele unfercr ßrfenntnifeoermögen in ber Sluffaffung unb Seur«
tl^eilung il^rer (Srfd^einung, fann auf bie Slrt atö objectioe ßioecEmdglgteit 15
ber Statur in il^rem ©anjen, a\^ Softem, »orin ber SRenft^ ein ®Iieb
ift, betrad^tet merben: menn einmal bie teleologifd^e 93eurt^eilung ber<
felben burd^ bie Slaturgtoede, meldte unS bie organiftrten äBefen an bie
4)anb geben, ju ber 3bee eine« grofeen Softem« ber Swede ber Sftatur
unö bered^tigt ^at SBir lönnen e« ate eine ®unft*), bie bie SRatur für 20
uniS gehabt ^at, betrad^ten, bag fte über ba8 9lü^li(^e no(^ €(^5nl^eit unb
SRelje fo relc^lld^ auStl^eltte, unb fte beSl^alb lieben, fo mie il^rer Uner^
meglic^Ieit loegen mit üc^tung betrachten unb unS felbfl in biefer 93e«
trad^tung oerebelt fül^Ien: gerabe als ob bie Slatur gang eigentlich in
biefer abftt^t il^re ^enlic^e 93ä^ne aufgeft^lagen unb auSgefd^mücft §abe. ss
SBir »ollen in biefem § nid^ts anberS fagen, als ba^, menn mir ein»
mal an ber 5Ratur einSSermögen entbedt^aben, ^robuctel^erüorjubringen,
bie nur nad^ bem Segriffe ber @nburfad^en Don unS gebac^t merben I5nnen,
mir meiter gelten unb aud^ bie, meldte (ober il^r, obgleich gmedmdgigeS,
*) 3n bem öfl^ettf(!^en ^etle »urbe gefügt: mir fä^en bte \^önt 9latiir 30
mit @unft an, inbem mir an il^rer (form ein gana freiem (untnterefftrteS) SBo^t'
gefoUen l^aben. 2)enn in biefem bloßen ©ef^mocfdurt^eUe wirb gor nicj^t barauf
!Rfl^ic^t genommen, au »eld^em Qxotäz biefe SRaturfc^önl^eiten e^iftiren: ob um
und eine ^uft au erweden, ober o^ne aUe ©eaieljung auf un« aU SwedPe. 3n einem
teIeo(ogif(^en Qrt^eile ober geben mir ouc^ auf biefe ^eatel^ung 9c^t; unb ba Tonnen 3&
mir ed ald ®unft ber 9latur anfe^en, bog fie und burd^ StuffleUung fo oieler
f(!^5nen <S$eftaUen aur (SuUur ^ot befdrber(i(^ fein motten. y
1. «Bt^eilmtg. «nol^ti! ber teleotoöifiä^cit Urtl^eiWfraft. 381
SSerl^älfnig) es eben nid^t not^menbig mad^en, fiber ben SRed^aniSm ber
blinb mirlenben ttrfad^en l^inauS ein anber ^rincip ffir i^re SJIögltd^Ieit
aufjufud^en, bennod^ als ju einem ©Aftern ber Qmtdt gel^örig beurt^eiten
bürfen: meil unö bie erftere 3bee fdfeon, »a« t^rcn ®runb betrifft, über
ft bie @innenmelt l^inauSffil^rt; ba benn bie 6tnl^eit beS überftnnlic^en
^rincipS nid^t blog für gemiffe @pedeS ber 9latum)efen, fonbern für ba8
9laturgange als @))ftem auf biefelbe Slrt als gültig betrachtet »erben mu^.
§68.
SSon bem ^rincip ber 5teIeoIogie als innerem ^rinci))
10 ber 3laturtt)iffenf(!^aft.
S)ie $rtncipien einer äBiffenfd^aft ftnb berfelben entioeber innerlid^
unb toerben einlieimifd^ genannt (principia domestica); ober jte finb auf
^^S^iff^r ^^^ nur auger il^r $la^ ^nben lönnen, gegrünbet unb ftnb auS«
todrtige ^ßrincipien (peregrina). SBiffenfd^aften, toeld^e bie le^teren ent^
15 lialten, legen il^ren Seigren Selinf&^e (Lemmata) jum ®runbe; b. i. fie
borgen irgenb einen Segriff unb mit i^m einen ®runb ber Slnorbnung
üon einer anberen SBiffenfd^aft.
(Sine iebe SBiffenfd^aft ift für fid^ ein Softem; unb eS ift nid^t genug,
in il^r nad^ ^rincipien ju bauen unb alfo ted^nifc^ ju Derfal^ren, fonbern
20 man mug mit il^r, als einem für {td^ befte^enben ®ebäube, aud^ ar<!^itet
tonifd^ JU SSerle gelten unb fte nid^t »ie einen anbau unb als einen Sl^eil
eines anbern ©eb&ubeS, fonbern als ein ©anjeS für ftc^ bel^anbeln, ob
man gleid^ nad^^er einen Übergang aus biefem in ieneS ober med^felfeitig
erri(!^ten lann.
S5 äBenn man alfo für bie Slatunoiffenfd^aft unb in i^ren Sontejct ben
SBegriff üon ®ott hereinbringt, um flc^ bie S»«<Iwdfeigfeit in ber SRatur
erlldrlid^ ju mad^en, unb ^ernac^ biefe 3^^dm&gigleit toieberum brandet,
um gu beweifcn, bafe ein ®ott fei: fo ift in feiner oon belben SBiffenfd^aften
innerer Seftanb; unb ein tdufd^enbeS S)ianele bringt jebe in Unfid^erl^eit,
30 baburd^ bag fte il^re ©rdngen in einanber taufen laffen.
S)er aiuSbrudf eines Qmdi ber 3latur beugt biefer JBertoirrung
fd^on genugfam cor, um 9laturtoiffenfd^aft unb bie SSeranlaffung, bie fic
gur teleologifd^en 93eurt^ei(ung il^rer ©egenftdnbe giebt, nid^t mit ber
©otteSbetrad^tung unb alfo einer tl^eologifi^en Ableitung gu oermengen;
35 unb man mug eS nid^t als unbebeutenb anfeilen, ob man ienen 9uSbrud(
382 Ärtti! bet Urt]&ell«!raft. 2. ST^eit. ^Ittf ber tclcologifd^en Urt^eitSfroft.
mit bem eine« göttlid^en ßwccf« in bcr Slnorbnunfl bcr Slatur Dcmc^fclc,
ober XDtifjH gar bcn Ic^tcrn für fd^idttld^cr unb einer frommen Seele an»
gemeffener ausgebe, meil eiS bod^ am ßnbe ba^in fommen muffe, jene
jmedmäfeige formen in ber 5iatur oon einem loelfen SBeltur^eber ab^
juleiten; fonbern ftd^ forgfdltig unb befc^elben auf ben auöbrud, bcr 5
gerabe nur fo oiel fagt, al8 mir miffen, ndmli(^ eine« 3»ccf8 ber 5»atur,
elnfcl^ranfen. 3)enn el^e mir nocl& nad^ ber Urfad^e ber 9iatur felbft frogen,
finben mir in ber 9latur unb bem £aufe il^rer Srjeugung bergleid^en ^xo^
bucte, bie nad^ befannten Srfal^rungdgefe^en in il^r erzeugt merben, na^
melci^en bie 9iaturmifienfd^aft il^re Oegenjlänbe beurt^eilen, mithin oud^ 10
bcren (Saufalltdt na(!^ ber Siegel ber ^totdt in i^r felbft fud^en mufe.
S)a^cr mufe fte il^rc ®rdnjc nid&t überfpringen, um baS, beffen Segriffc
gar leine ßrfal^rung angemeffen fein tann, unb moran man fid^ allererft
nad^ SSoUcnbung ber SRaturmiffcnfd^aft gu magen befugt ift, in pe felbft
aliS einl^eimifd^eS $rinci^ hinein ju jiel^en. 13
9taturbefdöaffenl&eiten, bie pc^ a priori bemonftriren unb alfo il^rer
SWogli(^feit nad& au« allgemeinen ^rincipien ol^ne allen ^Beitritt ber 6r=
fal^rung einfelien laffen, lonnen, ob fte gleich eine ted^nifd^e Smd'^
mdgigfeit bei ftd^ führen, bennod^, toeil fte fd^led^terbing« not^menbig
finb, gar nic^t gur 2;eleologie ber SRatur, al« einer in bie ^i^qftl gehörigen 20
aRet^obc bie fragen berfelben aufgulöfen, gejd^lt merben. 8lrit^mctif(^e,
geometrifd^e Slnalogieen, imgleic^en allgemeine med^anifd^e ©efe^e, fo fel^r
un« auc^ bie SSereinigung oerfd^iebener bem Slnfd^ein na<!^ oon einanber
gaitj unabl|dngtger Siegeln in einem $rincip an i^nen befrembenb unb
bemunbermSmfirbig oorfommen mag, entl^alten bedmegen leinen Slnfprud^ 20
barauf, teleologifdt)e (Srlldrungdgrfinbe in ber ^l^^ftf gu fein; unb menn
fte gleid^ in ber aUgemeinen Sl^eorie ber ßmedtmdgigleit ber S)inge ber
9latur fiber^au))t mit in Setrad^tung gegogen gu merben oerbienen, fo
mfirbe biefe bod^ anbermdrt« l^in, ndmlid^ in bie 9Reta))^i)ftf, gel^ören
unb lein inneres $rinctp ber 9laturmiffenfc^aft audmad^en: mie eS mol^l ^>
mit ben emt)irifd^en ©efe^en ber 9laturgmedEe an organiftrten SBefen nid^t
allein erlaubt, fonbern audfe unöcrmelblidfe ift, bie teleologifcfte ©cur«
t^eilungSart gum ^rincip ber 9}aturlel)re in Slnfel^ung einer eigenen
6laffe il^rer Oegenjidnbe gu gebraud&en.
S>amit nun ^^X)^t ftd^ genau in il^ren ©rängen l^alte, fo abftral^irt z^
fte oon ber^rage, ob bie 9laturgmedFe eS abfic^tlid^ ober unabfidE)tlid^
finb, gdnglid^; benn bad mfirbe @inmengung in ein frembed ©efc^dft
1. Wt^etlimg. ^nal\)ixt ber teteologtfc^eit Urt^eil^fraft. B83
(nämlid^ ba« bcr 3Rcta^)]^9Jif) fein, ©cnug, e« pitb nad^ Sttaturgcfc^cn, bic
wir un« nur unter bcr 3bee ber S»ecfe aW $rtnclp benfen f5nncn, einglg
unb allem erf Idrbare unb blofe auf biefe SBeife i^rer innern gorm m6),
fogar aud^ nur innerlid^ erlennbare ©egenftänbe. Um ftc^ alfo aud^
5 nid^t ber minbeften Slnmagung, atötooDte man etmaiS, loaS gar ni<^t in
bie $l|t)|tf gel^ört, n&mlidt) eine fibernaturlid^e ttrfad^e, unter unfere @r»
tenntniggrfinbe mtfc^en, Derbdd^tig gu mad^en: fprid^t man in ber Ztk^
oloflie jmar öon ber 9iatur, alÄ ob bie Swecfmafeigfeit in il^r abfid^tlic^
fei, aber bod^ gugteid^ fo, bag man ber 9latur, b. i. ber Materie, biefe
10 abjic^t beilegt; moburd) man (meil l^icrüber fein SRifetjerftanb Statt
finben fann, inbem öon felbft fc^on feiner einem leblofen ©toffe abjtdöt in
eigentlicher S9ebeutung bed 3Bortd beilegen mirb) angeigen »in, bag biefe«
SBort I)ier nur ein ^rincip ber reflectirenben, nid^t ber beftimmenben
Urt^eilfSfraft bebeute unb alfo feinen befonbern ®runb ber (Saufalit&t
15 einfül^ren foUe, fonbern auc^ nur gum ®ebrau(^e ber JBernunft eine anbere
9[rt ber 9lad^forf(!^ung, aU bie nad^ mec^anifc^en ©efe^en ift, l^inguffige,
um bie Unguldnglic^feit ber le^teren felbft gur em))irifd^en üuffuc^ung
aller befonbern ®efe^e ber 3latur gu ergangen. 2)a^er f^)rid^t man in ber
Senologie, fo fern pe gur $f)9pf gegogcn mirb, gang rerf)t öon ber SBeiä»
•^0 ^eit, ber ©parfamfeit, bcr 33orforge, ber SBopl^ätia^it ber 9iatur, o^ne
baburd^ aud il^r ein oerftänbigcfS SBefen gu mad^en (meil baö ungereimt
märe); aber aud^ ol|ne pc^ gu erfuljnen, ein anbere«, öerftänbigcö SB8efen
fiber fie als SBcrfmeiftcr fefeen gu motten, meil blefeS öermePen*) fein
mürbe: fonbern e« foU baburc^ nur eine 3(rt ber Saufalitdt ber 9}atur
25 nad^ einer Slnalogie mit ber unfrigcn im te(^nifcf)en ©ebraud^e ber 93er^
nunft begeic^nct merben, um bie Sflegel, moruad^ gemiffen *^5robucten ber
9}atur nad^geforfd^t merben mug, oor Slugcn gu tjaben.
äSarum aber mad^t bod^ bie Seleologie gemö^nlic^ feinen eigenen
2:^eil ber tl^eoretifd^en 9laturmiffenfd^aft aus, fonbern mirb gur 2;^eologie
30 als $ro))dbeutit ober Übergang gegogcn? S)iefeS gefd^ie^t, um baS
*) S)aS beutfc^e 9Bort Dermeffen ift ein guted, bebeutungdt^oUeS SBort. (S^in
Urt^eil, bei toelc^eitt man ba& Sdngenmag feiner Gräfte (bed Serftanbed) ju über«
fd^Iagen t^ergigt, fann bisweilen fel^r bemfit^tg Hingen unb mac^t bo(^ groge ^n«
fprftd^e unb ifi bod^ fe^r Derme{fen. $on ber 9lrt ftnb bie meifien, »obur(^ man
bie göttUd^e äBeiS^eit gu ergeben Dorgiebt, inbem man il^r in ben SBerfen ber
©(^öpfung unb ber ^r^altung ^bftci^ten unterlegt, bie eigentlich ber eigenen ^eidl^eit
beS ÖemfinftleriS (Si^xt machen fotten.
384 ÄriH! bet UrtlJeiWfroft. 2. Sl&eit. Ärlt« ber teteoloflif(^en Urfl^eiWfroft.
@tubium ber 9latur nad^ il^rem 9Re(^antdm an bemiertigen feft gu Italien,
toaS »ir unfcrcr Scobac^tung ober ben ejrperlmcnten fo untemjcrfen
fönnen, bag mir ed gleid^ ber 9}atur tt^enigfienS ber tl^nlid^Teit ber ®efe^e
nad^ felbft hervorbringen lönnten; benn nurfot)ieI fielet man DoDflänbig
ein, als man nad^ Säegriffen felbft machen unb ju @tanbe bringen fann.
Organifation aber als innerer 3^^^ ber 9latur uberßeigt unenbUd^ aQeS
Vermögen einer Al^nlid^en S)arfteaung burd^ Jhinft: unb maS fingere für
jtoedmfifeig gel&altene SRatureinrid^tungen betrifft (g. SB. SBlnbe, Sftegen
u. b. gl), fo betrachtet bie ^l^^ftt mo^l ben 9J)e(^aniSm berfelben; aber
i^re SBegiel^ung auf Qtotdt, fo fern biefe eine gur Urfad^e notl^ioenbig ge»
l^örige Sebingung fein foB, fann fic gar nid^t barfteüen, »eil biefe SRot^
toenbigfeit ber 5Berfni4)fung gdnjlid^ bie Serbinbung unfercr Segriffe
unb ni(^t bie 93efd^affenl^eit ber S)inge angelet.
35ialcftif ber teleologifd^en Urtl^eiUfraft.
§69.
aSa« eine Slntinomic bcr Urtl^cllSfraft fei.
5 S)ie befttmmenbe Urt^eildlratt ^at für {id^ feine $rinci^ien, meldte
Segriffc öon Dbjecten grünben. ©icift teinc Autonomie; benn fic
fubfumirt nur unter gegebenen ©efe^en, ober ääegriffen, als ^rinci^ien.
@ben barum ift {te aud^ feiner ®efal^r i^rer eigenen Sintinomie unb feinem
SBiberftreit il^rer ^rincipien auiSgefe^t. @o mar bie tranSfcenbentale Ur^
10 t^eitefraft, meiere bie fflebingungen unter Äategorieen gu fubfumiren ent*
t|ielt, für {td^ nic^t nomot^etifd^; fonbern nannte nur bie 93ebingum
gen ber ftnntic^en 9nf(^auung, unter meldten einem gegebenen Segriffe,
aU ©efeie beiS SSerftanbeiS, SHealit&t (Snmenbung) gegeben merben fann:
moräber {te niemals mit fid) felbft in Uneinigfeit (menigftenS ben $rin«
15 cipien nadb) gerat^en fonnte.
StQein bie reflectirenbe Urt^eilSfraft foQ unter einem ©efe^e fub«
fumiren, melc^eS nodb nic^t gegeben unb alfo in ber 2:bat nur ein ^rincip
ber 9fiePe;rion aber ©egenftänbe ift, fftr bie e^ uns obiectio gänili(^ an
einem ®efe^e mangelt, ober an einem ä3egriffe oom Dbiect, ber 3um
20 $rinci)) für oorfommenbe %a\lt binreid^enb m&re. S)a nun fein ©ebraud^
ber ßrfenntnifeoermögen ol^ne ^rinctpien »erftattet »erben barf, fo wirb
bie reflectirenbe Urtl^eitöfraft in folc^en %a\ltxi xfjx felbft jum $rincip
bienen muffen: meiere«, meil t^ ni(^t obiectio ift unb feinen für bie
Sbftd^t ^inrei(^enben (Srtenntniggrunb beS DbjectS unterlegen fann, atö
23 blo6 fubiectioeiS ißrincip gum jmectmdgigen ©ebraud^e ber Srfenntntg«
oermogen, ndmli(^ über eine SSrt ©egenftdnbe ju reflectiren, bienen foH.
9lfo bat in SSegiebung auf fold^e f^älle bie reflectirenbe Urtbeitötraft i^re
Sßajcimen unb gmar notbmenbige jum S3ebuf ber (Srfenntnig ber Statur«
386 ^rttif bcr Urt^cilöfraft. 2. S^eit. Äriti! btx teleoloßtfd^en Urt5€t(«!roft.
gcfcfcc in ber örfal^runfl, um öcrmittclft bcrfclbcn gu Segriffen gu 9C=
langen, foHten blcfc aucft SBcrnunftbcßriffc fein; wenn jicfoldfeer bur^au«
bebarf, um bic SRatur nacft il&rcn emplrifd^cn ®efc^cn blofe fennen ju
lernen. — Swifd&en bicfen not^wenbigcn 2Rafimcn ber repectirenben
UrtfieiUfraft fann nun ein SBibcrftreit, mitl^ln eine Slntinoraie ©tatt 5
finben, morauf {td^ eine 2)ialeltil grünbet, bie, meun iebe Don gtüei ein^
anber »iberftreltenben ÜRajrimen in ber Sttatur ber grfenntni^Dermögen
i^ren ®runb (|at, eine natfirtid^e ^ialeftit genannt werben fann itnb ein
unDermelbUd^er Schein, ben man in ber Äritif entblößen unb ouflöfen
m\x% bamit er nid^t betrüge. 10
§70.
SBorftellung biefer ünttnomie.
@o fern bie 9}ernunft e$ mit ber 9latur ald Inbegriff ber ©egen*
ftdnbe äußerer <Sinne gu t^un l^at, fann jte ftd^ auf ®efe|$e grünben, bie
ber Serftanb t^eilö felbft a priori ber 9latur üorfc^reibt, tl^eil« burd& bie u
in ber ßrfa^rung öorfommenben empirifd^en SBeftimmungen in« Unab^
fel^lid^e ermeitern fann. Qwx ünmenbung ber erlern Srt Dou ©efe^en,
ndmlic^ ber allgemeinen ber materiellen ^atur uberl^aupt, braud^t bie
Urt^eilSfraft fein befonbereS ^rincip ber SReflefion; benn ba ip pe bc*
pimmenb, weil tl|r ein obiectiüeS Sßrlncip burc^ ben SSerPanb gegeben 2i>
ip. aber toaö bie befonbern Ocfefee betrifft, bie un« nur burcft ©rfal^rung
funb werben fönnen, fo fann unter i^nen eine fo grofee SWannigfaltigleit
unb Ungleid^artigfeit fein, bag bie Urtlieitöfraft pd^ felbp gum ^rincip
bienen mug, um aud^ nur in ben (Srfd^einungen ber 9latur na(^ einem
©efe^e gu forfc^en unb tS audgufp&^en, inbem pe ein fold^eS gum itxU 25
faben bebarf, menn Pe ein gufammen^ngenbeS ßrfa^rung^erfenntnig
nad^ einer burd^gdngigen ©efe^mdgigfeit ber 9latur, bie Sinl^eit ber^
felben nac^ empirifc^en ©efe^en, aud^ nur ^open foQ. 93ei biefer gu-
fdnigen @inl^eit ber befonberen ©efe^e fann t^ pdb nun gutragen: bag
bie ttrt^eitöfraft in il^rer 9lepe;rion üon gmei SRajcimen audge^t, beren 30
eine i^r ber blofee aSerftanb a priori an bie ^anh giebt; bie anbere aber
burd^ befonbere Srfal^rungen veranlagt loirb, meldte bie SSernunft ins
Spiel bringen, um nad^ einem befonbern ^rincip bie Seurtl^eilung ber
förperlid^en 9latur unb il^rer ©efe^e angupeKen. 35a trifft e8 pd& bann,
bag biefe gioeierlei 3Ra;rimen nic^t mol^l neben einanber bepel^en gu S5
2. «atl^ettung. 2)iale!ti! hex teleologlfc^en Urt^etWfraft. 387
lönnen ben 9ln[d^etn l^oben, mitl^in fid^ eine ^ialeftit l^eroortl^ut, toeld^e
bie Urtl^eilgfrajt in bem ^rincip il^rcr Sleflejcion irre mad^t.
2)lc crfte SKajcime berfelben ift ber Safe: 8inc grjeugung mate*
rletter 2)ingc unb i^rer formen mufe al8 nad^ blofe me(J^anif(^en ®efe^en
r> mögltd^ beurtl^eilt merben.
3)te jweite aRajcimc ift ber ©egenfafe: einige ^robuctc ber
materieDen 9}atur f5nnen nid^t als nad^ blog mec^anifd^en ®efe^en möglid^
beurt^eilt »erben (il^re IBeurtl^eilung erforbert ein gang anbered ®efe^
ber Saufditdt, n&mlid^ baS ber enburfad^en).
10 3Benn man biefe regulativen ®runbf&^e für bie Slad^forfd^ung nun
in conftitutiüe ber SWöglid^feit ber Dbjecte felbft üerwanbelte, fo würben
fie fo lauten:
@a^: Sltle Srjeugung materieller S)inge ift nad^ blog med^anifd^en
©efefeen möglid^.
15 ©egenfa^: @inige (Srjeugung berfelben ift nad^ blo^ med^anifd^en
©efe^en nid^t möglic^.
3n biefer Ic^teren öualitftt, al8 objectiDe ^rincipien für bie be*
flimmenbe Urtl^elföfraft, »flrben fie einanber miberfpredfeen, mithin einer
\>on beiben @d^en notl^menbig falfc^ fein; aber baS m&re aldbann ffoax
20 eine Antinomie, bod^ nid^t ber Urtl^ellSfraft, fonbern ein SBiberftrelt in
ber ©cfe^gebung ber SScrnunft. 3)ie SSernunft fann aber toeber ben einen
noc^ ben anbern biejer ©runbfäfee bemeifen: »eil mir üon ÜKöglid^feit ber
2)inge nad^ blofe empirifd^en ©efefeen ber 3Ratur fein befttmmenbeS
sprincip a priori ^aben fonnen.
25 äSaiS bagegen bie guerft vorgetragene ÜRajcime einer reflectirenben
Urtl^eiUfraft betrifft, fo entl^alt pe in ber SCI^at gar feinen SBiberfprud^.
S)enn menn id^ fage: id^ mug alle @reignif[e in ber materiellen !Ratur,
mitl^in aud^ alle formen als $robucte berfelben i^rer SRöglid^feit nad^
nad^ blog med^anifd^en ©efe^en beurtl^eilen, fo fage id^ bamit nid^t:
30 fte finb barnad^ allein (auSfd^lie|ungSmeife oon jeber anbern 8lrt
ßaufalität) möglich; fonbern bai^ min nur anzeigen: id^ foll iebergelt
über biefelben nad^ bem ^rlnclp beS blogen SJfed^aniSmS ber 9tatur
reflectiren unb mitl^in biefem, fomeit id^ fann, nad^forfd^en, mell, o^ne
i^n }um ©runbe ber !flad^forfd^ung gu legen, eS gar feine eigentlid^e
35 5Raturerfenntni6 geben fann. 3)icfe8 i^inbert nun bie gmeite SRajclme bei
gelegentlicher SBeranlaffung nic^t, n&mlid^ bei einigen ^laturformen (unb
auf bereu 9Seranlaffung fogar ber gangen 9tatur), nac^ einem $rincip gu
25*
388 ^titi! bcr Url^eilgfroft. 2. SC^ell. ÄritI! ber tetcologifc^en Urtlftrilöfroft.
f))uren unb Aber fie ju reßectiren; toelt^eS Don ber (Srfldrung nad^ bem
^ec^antöm bcr 9latur gang Derfc^ieben ift, ndmlid^ bem ^rincip ber
enburfac^en. 2)enu bie 3dePc;cion nad^ ber crften aRajcimc »Irb baburcft
nicftt aufgehoben, olelmel^r »irb e« geboten, jte, fo loeit man fann, gu
üerfotgen; aud^ mirb baburd^ nic^t gefagt, i>a^ nad^ bem 9Re<^antöm ber 0
'3tatur jene formen nid^t mögUd^ lofiren. 3lux toxxb bel^auptet, bafi; bie
menfc^Uc^c SSernunft in Sefolgung berfelben unb auf biefe 8lrt
niemals üon bem, maiS bad ©pecififc^e eineis 9laturgmed(iS auSmad^t, ben
minbeften @runb, mol^l aber anbere @rfenntniffe oon 9laturge{e^en mirb
auffinben tonnen; mobei eS atö unaudgemac^t bal^in gefteOt mirb, ob 10
nid)t in bem nn^ unbetannten inneren ®runbe ber 9latur felbft bie
pl^q{tfd^:^med^anifd^e unb bie ßmedtoerbinbung an benfelben S)ingen in
einem $rincip ^ufammen l^dngen mögen: nur ba^ unfere SSernunft {te in
einem foldt)en nid()t ju Dereinigen im Staube ift, unb bie Urtl|eil8fraft
alfo atö (aus einem fubiectioen ®runbe) reflectirenbe, nic^t als (einem 1^
objectiuen $rinci)) ber ^öglic^feit ber S)inge an ft(^ infolge) befiimmenbe
Urttieilöfraft genöt^igt ift, für gewiffe formen in ber 9latur ein anbereS
$rincip, als baS beS Skturmed^aniSmS jum ©runbe i^rer SNögtid^feit gu
benfcn.
§ 71.
Vorbereitung jur Sluflöfung obiger Antinomie.
SBir tonnen bie UnmogUd^teit ber (Srgeugung ber orgonijtrten SHatur^
probucte burd^ ben bloßen SRed^aniSm ber 9latur teineSmegeS beueifen,
meil mir bie unenblid^e SRannigfaltigteit ber befonbern 9laturgefe^e, bie
fftr uns guf&Dig pnb, ba fie nur empirifc^ ertannt »erben, il^rem erfien 2^
innern ©runbe nad^ nid^t einfelien unb fo baS innere, burd^gängig gu*
reid^enbe ^rincip ber SRöglid^teit einer Statur (melc^eS im Überfinnlic^en
liegt) fd^lec^terbingS nid^t erreid^en tonnen. Db alfo baS probuctiDe
äSermögen ber Slatur aud^ für basienige, maS mir als nad^ ber Sbee Don
Stoecfen geformt ober Derbunben beurt^eilen, nid^t eben fo gut als f&r baS, »
loogu mir blog ein ÜRafd^ineumefen ber 9latur gu beb&rfen glauben, gu^^
lange; unb ob in ber S^at für S)inge als eigentlidbe Slaturgmede (mie mir
fie notbmenbig beurt^eilen muffen) eine gang anbere Slrt oonurfprfingUd^er
ßaufalitdt, bie gar nid&t in ber materiellen Dlatur ober i^rem inteHigibelcn
@ubftrat entl^alten fein tann, ndmlic^ ein ar(^itettonifdber SSerftanb, gum »
2. «btl^etlunö. 3)iaTe!af ber tcleotogifd^en Urt^eiföfraft. 389
®runbe liege: barübcr fann unferc in »nfel^ung beö Segrljf« ber 6au*
falität, wenn er a priori fpecipcirt »erben foH, fel^r enge eingefd&rdnftc
SSemunft fd^Ied^terbing« feine ÄuSlunft geben. — Aber bafe refpecttt) auf
unfer erfenntnifeoermögen ber blofee ^Red^aniSm ber 9latur für bic ®r»
6 geugung organijtrter SSefen aud^ feinen @rfldrungdgruub abgeben fonne,
tft eben fo ungejmeifelt gewife. fjür bie reflectirenbe Urtl^cilöfraft
ift alfo baiS ein ganj rid^tiger ©rnnbfa^: bag für bie fo offenbare äSer»
fnftpfung ber S)inge nad^ Snburfad^en eine Dom 9Red^anidm unter«
fd^i^bene ^aufalitftt, nfimli(^ einer nad^3n>e(fen ^anbelnben (oerftdnbigen)
10 Sßeltürfaci^e, gebadet merben muffe; fo übereilt unb unermeistid^ er au(!^
für bie bejiimmenbe fein »ürbe. 3» bem erfteren ^alle ift er Mofee
ÜBoyime ber Urt^eilöfraft, wobei ber begriff Jener (Saufalitdt eine blo^e
Sbee ijt, ber mon feineÄmegeö SRealitdt gujugefte^en unternimmt, fonbern
{te nur jum Seitfaben ber fRt^tfxon brandet, bie babei für ade mec^anifc^e
15 SrfldrungSgrünbe immer ojfen bleibt unb fid^ nid^t aud ber @innentt)elt
Derttert; im gmeitcn %aVit loürbc ber ©runbfafe ein objectioeö $rincip
fein, baö bie SSernunft »orfd^ricbe unb bem bie Urt^cilSfraft |td& be*
ftimmenb unter»erfen müfete, loobei jte aber über bie ©innentoelt l^inauö
jtc^ in« Überfd^wenglid^e oerliert unb öielleid^t irre gefül^rt wirb.
20 aller anfd^ein einer Antinomie jtt)ifdt)en ben 9Raf imen ber eigentlid^
pl^^Pfd^en (med^anif(^en) unb ber teleologifd^en (ted^nifd^en) grndrung§=
art berul^t alfo barauf: ba^ man einen ©runbfa^ ber reflectirenben
Urtl^eilefraft mit bem ber beftimmenben unb bie Autonomie ber erfteren
(bie blofe fubjectiü für unfern aSernunftgebraud^ in Slnfe^uug ber befon*
25 beren ©rfal^rungSgefe^e gilt) mit ber ^eteronomie ber anberen, mcld&e
ftdb nad^ ben Don bem SSerftanbe gegebenen (allgemeinen ober befonbern)
©efe^en rid^ten mu^, Denoec^felt.
§72.
aSon ben mand^erlei ©^ftemen über bie ßwedfmdfeigfeit
30 ber Statur.
^ie SRid^tigfeit beiS ©runbfa^eiS, bag über gemiffe S)inge ber 9latur
(organifirtc SBefen) unb i|re SWJglid^feit nac^ bem SSegriffe öon ©nb«
urfad^en geurt^eilt merben muffe, felbft au(^ nur menn man, um i^re
aSefd^affen^eit bur<^ a3eobad^tung fennen gu lernen, einen Seitfaben
35 »erlangt, ol^ne pd^ bis jur Unterfuc^ung über i^ren erften Urfprung gu
390 SttM bet Urtl^eildlraft. 2. ^\l ftrtttf ber !eIeoIogif(^en Urtl^etldfrafL
ücrftcigcn, l^at nod^ nlcmanb bcjtocifclt ©icgragc fatm alfo nur fein:
ob biefer ©ruttbfa^ blog fubfectiD gültig, b. i. blog 3]ta;rime unferer
Urtl^cUöfraft, ober ein oblectioe« ?rinclp ber SRatur fei, nad^ toeldöem il^r
auger il^rem SRet^anidm (nad^ Mögen Seioegungdgefe^en) nod) eine
anbere 8(rt Don (Saufalit&t jutomme, nämlic^ bie ber 6nburfa(!ben, ä
unter benen lene (bie beioeflenben Gräfte) nur al8 SRittelurfoc^en ftdnben.
9lun fonnte man biefe ^rage ober Aufgabe f&r bie Speculatton
g&njlid^ unauSgemac^t unb unaufgeI5fet laffen: toeil, toenn toir und mit
ber lefeteren innerl&alb ben ®rfinjen ber Wogen SHaturerfenntnig begnügen,
toir an {enen SRajrimen genug l^aben, um bie 9latur, fo toeit ald menfi^ lo
li(^e j^rdfte rei(!^en, gu ftubiren unb il^ren Derborgenften ®el^eimnif[en
nac^iufpüren. @d ijt alfo mol^I eine gen)iffe Sl^nung unferer Vernunft,
ober ein üon ber 9latur und gleit^fam gegebener SSinI, bag mix t>tx^
mittelft ieneS S3egriffS t)on (Snburfac^en tool^I gar über bie 9latur l^inauS^^
langen unb jie felbft an ben l^öd^ften ^unft in ber JRei^e ber Urfad^en u
fnüpfen fönnten, »enn »ir bie 5Rad^forf(^ung ber Sflatur (ob toir gleid^
barin no(^ nid&t toeit gefommen finb) Derliegcn, ober toenigfien« einige
Seit ausfegten unb üorl^er, worauf Jener grembling in ber 5ftatur^
toiffenfd&aft, nftmlid^ ber Segriff ber SHaturjtoedfe, fül^re, ju erfunben
»erfuciöten. w
^ier mügte nun freilid^ jene unbeftrittene 9Ra;rime in bie ein toeiteä
$elb ju ©treitigteiten erbffnenbe Aufgabe übergel^en : ob bie Qxocdotx^
Inüpfung in ber Statur eine befonbere 8(rt ber (Saufalit&t für biefelbe be«
toeife; ober ob fie, an fid) unb nad^ objectioen ^rinctpien betrad^tet,
nidbt t)ielme^r mit bem SRedbaniSm ber 9latur einerlei fei, ober auf einem n
unb bemfelben ©runbe bcrul^e: nur bag toir, ba biefer für unfere Slad^^
forfd^ung in mauiften 5latur))robucten oft gu tief oerftedtt ifl, e« mit einem
fubjectiDen ^rincii), ndmlid^ bem ber Äunft, b. i. ber Gaufalitfit nac^
Sbeen, ocrfud^en, um pe ber 9latur ber Analogie nac!^ unterjulegen;
toeldb^ Slotl^plfe un8 aud^ in t)ielen ^dllen gelingt, in einigen gtoar ju ao
miglingcn fd^elnt, auf alle Sdlle aber nid^t berechtigt, eine befonbere, oon
ber Gaufalitdt nad^ blog med^anifd^en ®efe^en ber 5ßatur felbft unter»
fc^iebene SBirlungdart in bie 9laturtoiffenf(!^aft einguffil^ren. SBir toollen,
inbem toir bas SSerfal&ren (bie ßaufalitdt) ber 5ßatur toegen be« Qmd^
dl^nlidb^"/ toeld^eS toir in xijxtn ^robucten finben, Ztijnif nennen, biefe n
in bie abfid^tlid^e (technica intentionalis) unb in bie unabftd^tlid^e
(technica naturalis) eintl)eilen. $ie erfte foll bebeuten: bag baS probuc-
2. «ibtl^eUung. 3)ialelttl ber teleotofiifi^en Uvil^eil^raft. 391
ttöc aScrmögcn ber SHatur nad^ enburfac^cn für eine befonbcrc «rt Don
Saufalitdt gel^alten tDcrben mfiffe; bie smeite: bag fie mtt bem 3Red^ani8m
ber 9latur im ®runbe gang einerlei fei, unb bad juf&atge 3ufammen<
treffen mit unferen itunftbegriffen unb i^ren SRegeln, ate blofe fubjectiDe
5 S3ebingung fte gu beurt^eilen, f&lfd^Iid^ für eine befonbere Slrt ber Slatur«
ergeugung auiSgebeutet »erbe.
äSenn toxv ie^t Don ben ©Qftemen ber ^aturerfl&rung in Slnfel^ung
ber Snbnrfad^en reben, fo mug man mol^l bemerfen: bag jte inSgefammt
bogmatifd^, b. i. über oblectioe ^rincipien ber 9RögUd)teit ber 3)inge, eS
10 fei bur(^ abjtd^tlid^ ober lauter unabftd^tlid^ mirfenbe Urfad^en, unter ein«
anber ftreittg finb, ni(!^t aber etma über bie fubiectit)e SRaitime, über bie
Urfad^e fold^er gmedFm&gigen $robucte blog gu urtl^eilen: in U)el(!^em
le^tern f^aDe bi^parate $rinci))ien nod^ »o^I Dereinigt merben lönnten,
anftatt bag im erfteren contrabictorifd^^entgegengefe^te einanber
15 aufgeben unb neben fid^ nidjt beftel^en f5nnen.
a5ie @9fteme in an(el)ung ber Sed^nif ber 9latur, b. i. ll^rer probuc=
tiDen Sixa\t nad^ ber Siegel ber ßtoedFe, pnb gttiefad^: beS ^i^^ttltömuS,
ober be« SfiealiSmuÄ ber SRaturjioedfe. 2)er erftere ift bie SSe^auptung:
bag aQe BtoedCmdgigteit ber Statur unabfid^tlid^; bergmeite: bag einige
20 berfelben (in organijtrten SBefen) abfi(!^tlid^ fei; koorauS benn aud^ bie
ald ^qpot^efe gegrünbete $olge gegogen merben fönnte, ba^ bie 2;ed^ni{
ber 9latur, aud^ maö alle anbere ^robucte berfelben in Segiel^ung auf
baä 9laturgange betrifft, abftc^tlid^, b. i. Qxotd, fei.
1) 35er 3beali8m ber Stt>cdfmfi6igfeit (id^ Derftel^e l^ier immer bie
25 obiectit)e) ift nun entmeber ber ber ßafualitdt, ober ber f^atalitdt
ber 9taturbeftimmung in ber gmedFm&gigen f^orm il^rer ^robucte. S)a8
erPere ^rincip betrifft bie SBegie^ung ber ÜRaterie auf ben pl&Qftfd^en
©runb il^rer f^orm, n&mlid^ bie 93eit)egungSgefe|e; bad gleite auf il^ren
unb ber gangen 5Ratur l^Qperpl^^fifc^en ®runb. S)aö ©Aftern ber
30 @afualitdt, »eld^eiS bem @pitur ober 3)emoIritu8 beigelegt koirb, ift,
nad^ bem SSud^ftaben genommen, fo offenbar ungereimt, bag ed un8 nid^t
aufl^alten barf ; bagegen ift bais @t|ftem ber ^atalit&t (mooon man ben
@pinoga gum Urheber mad^t, ob e8 gleid^ aDem Slnfel^en nad^ oiel Alter
ift), meld^ed ftd^ auf etmad Überftnnlid^ed beruft, iDO^in alfo unfere @in«
3$ fid^t nic^t reid)t, fo leidet nid^t gu tuiberlegen: barum meil fein ä3egriff
Don bem Urtoefen gar nid^t gu Derftel^en ift. @o oiel ift aber flar: bag
bie 3tt)e(Ii)erbinbung in ber Sßelt in bemfelben als unabftd^tlid^ ange»
392 Ärltt! bet Urt^W^aft. 2. 3:^11. Äritif bcr teleoloßiWeii UrtlJeiWfröft.
nommen loerben mug (xotxl fie t)on einem Uroefen, aber nid^t Don feinem
SSerftanbe, mltl^in feiner abjtd^t beffelben, fonbern au« ber 9lot]^menbig*
feit feiner 9latur unb ber baDon abftammenben SSelteinl^eit abgeleitet
tDirb), mitl^in ber ^atalidmuS ber SQ)^<{inAgigfeit jugleid^ ein ^bealiSm
berfelben ift.
2) S)er 8fleaU8m ber Stoedfmäfelgfeit ber SHatur ift au* cnttoeber
pl^^fif^ ober 1^9perp]^9f{f(^. S)er erfte grünbet bie Qroedt in ber !Ratur
auf bem Slnalogon eined nad^ Sbfic^t l^anbelnben SSermögenS, bem Seben
ber 9Waterie (in il^r, ober aud^ burd^ ein belebcnbe« innere« IJrincip,
eine SBeltfeele) unb l^eifet ber ^^logoiSm. 2)er jioeitc leitet pe oon bem
Urgrunbe bed SBeltaHd, als einem mit abfielt l^eroorbringenben (ur«
fprünglid^ lebenben) Derflfinbigen SBefen ab unb ift ber SEI^eiöm *)
§73.
Äeine« ber obigen ©ijfteme leitet ba«, loaö e8 oorgiebt.
äBaS tooQen aQe fene @9fteme? @te tooOen unfere teleologifd^en
Urtl^elle über ble Statur erfldren unb gelten bamit fo gu SBerfe, bafe ein
S^eil bie SBal^rl^eit berfelben Idugnet, mitl^in fie für einen ^bealiSm ber
9latur (ald j^unft DorgefteQt) erflärt; ber anbere S^eil {te aU ma^r an«
erfennt unb bie 2R5glicfefeit einer 9latur nad^ ber Sbee ber gnburfac^en
barjutl^un t)erfprid^t.
1) 3)ie für ben 3beali«m ber ßnburfad&en in ber 5ftatur flreitenben
@t|ßeme laffen nun einerfeitS gmar an bem $rinctp berfelben eine (Sau-
falitdt nad^ ädetoegungdgefe^en gu (buxi^ meldte bie SRaturbinge gmed«
m&gig ejriftiren); aber fie Idugnen an i^r bie Sntentionalit&t, b. i.
*) ^an fielet l^ieraud: bai in ben mefflen fpeculatt&en 2)tngen ber reinen Ser* 25
nunft, toai bie bogmatif^en ^el^auptungen betrifft, bie plgilofop^tfc^en ®(^ulen ge*
gentetnigUd^ aUe $(ufI5fungen, bie über eine gewiffe t^rage m5gU(!^ flnb, Derfuc^t
l^aben. ®o l^at man über bie Bn>e(fmd6ig!ett ber 9lQtur balb entroeber bie leb-
lofe Wiaitxie, ober einen leblofen (Bott, balb eine lebenbe 3)^aterie, ober
au^ einen lebenbigen @ott au biefem Sel^ufe t)erfud§t. t^fir m9 bleibt ntd^td so
übrig, ald, wenn ed 9lot^ tl^un foUte, oon aUen biefen obiectit)en S3e^aup*
tungen abguge^en unb unfer Urt^eilblog in ^egtel^ung auf unfere ^rfenntnig'
oermdgen Iritifd^ au erwägen, um i^rem $rinclp eine, loo ni(^t bogmatifc^r,
bod§ aum fiesem Semunftgebrau^ l^inreic^eube ®flUigfeit einer 3){a;tme au tjer«
fd^affen. 35
2. Kbt^eilung. ^ialefftf ber teteologifd^en Urtl^etlShaft. 393
bag fte abfid^tlid^ ju biefer il^rer gtoedmdgigen $en)orbrinpng beftimmt,
ober mit anbcren SSBorten ein 3»^* i>i« Urfa(!^e fei. JDlcfeö Ift bie gr*
fldrungSart gplfur«, nacft »cld^cr ber Unterfd&ieb einer SEeiftnlf ber 9tatur
t)on ber blogen SRed^antt s&njltd^ abgeldugnet lolrb, unb nld^t aQeln für
ß ble ÜberetnfUmmung ber ergeußten 5ßrobucte mit unfern SSeflrlffen Dom
S»ecfe, mltl&ln für ble Sedö^i'» fonbern fclbft für ble Sefllmmung ber
Urfad^en biefer (Srjeugung na(!^ SSemegungdgefe^en, mttl^ln ll^re 9Re(!^anl{
ber bltnbe ßufall gum Srll&rungSgrunbe angenommen, alfo nld^td, aud^
nlii^t einmal ber @(%eln In unferm telcologlfii^en Urtl^elle erfWrt, mltl^ln
10 ber t)orgebll(fte 3beallöm In bemfelben felneötoege« bargetl^an tolrb.
anbererfeltö totU Spin oga uns aller Slad&frage nad^ bem ®runbe
ber 3Kögll(!^felt ber Qmdt ber 9ktur baburi!^ fiberl^ebeu unb biefer Sbee
aQe 9lealttät nel^men, bag er fte überl^aupt nld^t für ^robucte, fonbern
für einem Urmefen Inl^ärlrenbc aicclbenjen gelten Idfet unb blefem SBefen,
15 als Subftrat jener Slaturblnge, In »nfel^ung berfelben nld^t Saufalltdt,
fonbern blofe ©ubflftenj beilegt unb (megen ber unbeblngten ^lotl^ioen*
blgfelt beffelben fammt allen 9laturblngen, alö ll^m Inl^drlrenben Slccl^
beugen) b^n 9laturformen gmar ble Slnl^elt bed ©runbed, ble gu aller
Sttedfmdfelgfelt erforberlld^ Ift, pc^ert, aber guglelc^ ble 3ufdlllgfelt ber*
20 felben, ol^ne ble feine Bwccfelnl^elt gebad&t merben fann, entreifet unb
mit ll^r alles abfld^tlldje, fo mle bem Urgrunbe ber 9iaturblnge allen
äSerftanb megnlmmt.
3)er ©plnojlöm lelftct aber ba« nld^t, »a« er tolH. ©r tolU einen
©rfldrungSgrunb ber Swccf\)erfnüpfung (ble er nld^t Idugnct) ber JDlngc
23 ber Siatur angeben unb nennt blofe ble ©Inl^elt beS ©ubjectö, bem fle alle
lnf)drlren. aber menn man l^m aud& blefe Art gu e;rlftlren für ble SBelt*
toefen elnrdumt, fo Ift bod^ jene ontologlfc^e @ln^elt barum no(!^ nld^t
fofort Stoedfelnl^elt unb mad^t blefe felneSmege« begrelflld^. 3)le lefetere
ift ndmlld^ eine gang befonbere art berfelben, ble au« ber SSerfnüpfung
30 ber S)lnge (ffieltmefen) In einem ©ubjecte (bem Urmefen) gar nlii^t folgt,
fonbern burc^au« ble SSegtel^ung auf eine Urfad^e, ble Serflanb l^at,
bei fld^ fül^rt unb felbft, menn man alle blefe S)lnge In einem etnfat^en
©ubjecte oerclntgte, bod^ niemals eine ßw^tlbegle^ung barflellt: mofern
man unter l^ncn nld&t erftlld^ Innere SBlrfungen ber ©ubflang al8
35 einer Urfad^e, gmeltenS eben berfelben als Urfad^e burd^ ll&ren SSer^^
ftanb beult. Dl^ne blefe formalen SBeblngungen ift alle einigelt blofee
9laturnotl[imenblgIelt unb, »Irb fte gleld^kool^l 3)tngen beigelegt, ble mir
394 Ärltlf bct Urt^clWfraft. 2. 3:i^eH. Äritlf btx teleologiWen Urt^elWfroft.
atö au^er einanber DDrfteOen, bltnbe Slotl^tDenbigfett. SBitt man aber
ba8, »aS bie Sd^ule bie trandfcenbentale SBoOfommenl^eit ber S)tnge (in
Sejiel^ung auf il^r eigene^ äSefen) nennt, naif »eld^er aOe 3)inge aUeS
an {1(^ l^aben, tuad erforbert loirb, um fo ein S)ing unb fein anbered gu
fein, Swcrfmfifeigfclt ber 5ftatur nennen: fo ift ba« ein linbifd^e» Spiel» 5
merl mit Sorten ftatt »egriffen. 3)cnn »enn äße ©inge alö Qxo^t gc*
bad^t tDerben muffen, alfo ein S)ing fein unb Qxotd fein einerlei ijt, fo
giebt ed im ®runbe nid^ts, n)a8 befonber^ als 3tt>^di>orgefteUt gu »erben
Derbiente.
9Ran fielet l^ierauS mol^I: bag Spinoja baburc^, bag er unfere Se» 10
griffe Don bem ßmecfmdgigen in ber 9latur auf baS Semugtfein unferer
felbft in einem allbefaffcnben (hoii juglei(% einfachen) SBefen gurücffiil&rte
unb iene $orm blog in ber ©inl^eit bed le^tem fud^te, niiii ben 9fieaUiSm,
f onbern blofe ben SbealiSm ber Sm^dfmÄfeigfeit berfelben gu behaupten bie
abfidjt ^aben mufete, biefe aber felbft bod& nic^t betoerffteHlgen fonnte, w
n)eil bie bloge SorfteDung ber ßinl^eit bed @ubjtrat8 aud^ nid^t einmal
bie S'bee Don einer aud^ nur unabftd^tlid^en Bn)eAnägigfeit bemirlen fann.
2) S)ie, midie ben 9tealiiSm ber ^kturjioede nid^t blog bel^aupten,
fonbern i^n aud^ gu erfldren Dermeinen, glauben eine befonbere «rt ber
6anfalitdt, n&mlid^ abfid^tUc^ koirlenber Urfad^en, menigftend i^rer 9R5g« 20
lid^feit nad^ einfel^en gu f5nnen; fonft fonnten fte ed nic^t unternel^men
jene erfldren gu tootten. 35enn gur Sefugnife felbft ber gemagtejien ^^po*
tl^efe mug n)enigften8 bie 2R5glid^fett beffen, n)ad man als ®runb an«
nimmt, gern ig fein, unb man mu^ bem Segriffe beffelben feine obiectioe
Sflealitdt pd^ern fönnen. »6
aber bie 3Köglid^feit einer lebenben SKaterie (bereu Segriff einen
SBiberfprud^ entpit, meil Seblofigfeit, inertia, ben mefentlid^en (S^arafter
berfelben auSmad^t) Idgt fid^ nid^t einmal benfen; bie einer belebten 3Ra^
terie unb ber gefammten SHatur, al8 eine« Silier«, fann nur fofern (gum
Sel^uf einer ^^potl^efe ber ßw^tfmdfeigfeit im Orofeen ber Sdatur) burf* »0
tiger 3Beife gebraust merben, aliS fie unS au ber Drganifation berfelben
im Äleinen in ber ßrfal^rung offenbart mirb, feineömege« aber a priori
il^rer SRögUd^feit nac^ eingefe^en merben. @d mug alfo ein 6irtel im
Srtldren begangen n)erben, menn man bie ßmedEmd^igfeit ber !flatur an
organiftrten SSefen auiS bem Beben ber SRaterie ableiten miU unb biefed ss
Seben iDieberum nid^t anberS als in organiftrten SBefen fennt, alfo o^ne
2. «btl^ilund. 3)iale!ti! ber ieleotogtfd^en Urtl^eilSTraft. 395
bcrglcld^cn erfaJ^ninß Pc!^ feinen Seßriff öon ber ÜRößlic^feit berfelben
mad^en fann. S)er ^qlogoidm leiftet alfo bad nit^t, »ad er t)erf))ri(l^t.
S)er Sl^etöm lann enbH(^ bie aRöglid^feit ber 5Roturjti)edfe al8 einen
@d)lflffel jur Seleologie eben fo menig bogmatifc^ begrfinben; ob er jtuar
5 Dor allen (Srflärungdgrftnben berfelben bartn ben SSorjug \iat, bag er burc^
einen SSerftanb, ben er bem Urn)efen beilegt, bie 3Q)cdm&gigteit ber 9latur
bem 3beali8m am befteu entreifet unb eine abpcJ^tUt^e ßaufalitdt für bie
(grjeugung berfelben einfül^rt.
2)enn ba müfete allererft, für bie beftimmenbe Urtl^ettefraft l^in«
10 reid^enb, bie UnmögUd^teit ber ßmecteinl^eit in ber SRaterie burd) ben
blofeen SRed^ani^m berfelben beriefen toerben, um bered^tigt ju fein ben
®runb berfelben über bie 9latur l^inaud auf beftimmte SBeife ju fe^en.
3Bir lönnen aber nid^td miUx l^eraudbringen, als bafe nad^ ber Se«
fd^affenl^eit unb ben @d)ranTen unferer @rtenntnigDerm5gen (inbent ttir
15 ben erften, inneren ®runb felbft biefe« SWed^ani^m« nidjt einfe^en) mir
auf feinerlei SBeife in ber SRaterie ein ^rincip beftimmter Swctfbejle-
l^ungen fud^en muffen, fonbern ffir und feine anbere Seurt^eilungdart
ber ßrjeugung il^rer ^ßrobucte ol8 SRaturgtoedfe übrig bleibe, al8 bie burd&
einen oberften SSerftanb ate SBelturfad^e. 2)a8 ift aber nur ein ®runb
ao für bie reftectirenbe, nid^t für bie beftimmenbe UrtJ^cilSfraft unb fann
fd^led^terbingd ju feiner objectiüen SSel^auptung bered^tigen.
§74.
3)ie Urfad&e ber Unmöglid^feit, ben S3egriff einer Sed^nif
ber 9tatur bogmatifd^ gu bel^aubeln, ift bie Unerflärlid^teit
25 eines SRaturjtoedf«.
SBir Derfal^ren mit einem Segriffe (menn er gleid^ empirifd^ bebingt
fein foQte) bogmatifd^, n)enn toir il^n als unter einem anberen Segriffe
beS DbjectS, ber ein ^rindp ber Vernunft auSmad^t, cntl^alten betrad^ten
unb il^n biefem gemäfe bestimmen. SBir üerfal^ren aber mit il&m blofe
30 fritifd^, toenn »ir il^n nur in Segiel^ung auf unfer erfenntnifeüermögen,
mithin auf bie fubfectiDen Sebingungen il^n gu benfen betrad^ten, ol^ne eS
gu unternel^men über fein Object etmaS gu entfd^eiben. S)aS bogmatifd^e
aSerfal^ren mit einem Segriffe ift alfo baSjenige, meldte« für bie beftim*
menbe, baS tritifd^e baS, meld^eS blofe für bie reflectirenbe Urtl^eilsfraft
35 gefefemdfeig ift.
396 i^ritif ber Urt^eiUfrafi 2. %f^til Stxim bei ieteotogifd^en Urt^tUfraft.
9lun ijl bcr aSegriff öon einem ©inge al8 Sttaturjtoetfe ein ©egriff,
ber bie 9latur unter eine 6oufalit&t, bie nur burd^ SSernunft benfbar ifi,
fubfumirt, um naii biefem ^rincip aber baS, toad t)om Objecte in ber
@rfa]^rung gegeben ift, gu urtl^eilen. Um il^n aber bogmatifd^ für bie be«
ftimmenbe ttrtl^eilsfraft gu gebraud^en, matten toir ber obiectioen fftta- s
litfit biefe« aSegriff« gut)or Derp(%ert fein, toeil wir fonfl fein SRaturbing
unter il^m fubfumtren fönnten. 3)er Segriff eine« 35inge8 a\i 3tatax^
gwedtö iji aber gwor ein empirifd^ bebingter, b. t. nur unter gewiffen in
ber Srfal^rung gegebenen 93ebingungen mögli(!^er, aber bod^ t)on ber^
felben nid^t gu abftra^irenber, Jonbern nur na(!^ einem aSernunftprincip lo
in ber aSeurtl^eilung bed ©egenftanbeS möglicher Segriff. @r fann alfo
als ein foId^eS ^rincip feiner obiectiDen 9teaIitAt na(!^ (b. i. bag t^m ge«
m&g ein £)biect möglich fei) gar nic^t etngefel^en unb bogmatifd^ begrfinbet
»erben; unb n)ir tuiffen nid^t, ob er blog ein Dernfinftelnber unb objectit)
leerer (conceptus ratiocinans), ober ein SSernunftbegriff, ein erfenntnife is
grünbenber, Don ber SScrnunft beftfttigter (conceptus ratiocinatus), fei.
Sllfo fann er ni(!^t bogmatift^ für bie beftimmenbe Urtl^eilöfraft bel^anbelt
tDerben: b. i. eiS fann nid^t aQein nid^t audgemad^t tuerben, ob S)inge ber
9latur, als 9laturjn)e(Ie betrad^tet, fflr t^re @rgeugung eine Saufalit&t
öon gang befonberer Jlrt (bie na(ft 8lbft(^ten) erforbern, ober nid&t; fonbem io
ed fann aud^ nic^t einmal barnad^ gefragt merben, toeil ber Segriff eined
^Raturgmed« feiner obiectioen Sfiealit&t nad^ burd^ bie Sernunft gar ntd^t
ertoeiölidö ift (b. i. er ifi nid^t fftr bie beftimmenbe Urtl^eiföfraft con|*itutiD,
fonbern für bie rePectirenbe bloß regulatio).
©afe er eö aber nid^t fei, ift barauS flar, »eil ;er al8 Segriff t)on »
einem IRaturprobuct ^laturnotl^menbigfeit unb boc^ gugleid^ eine ßu«
f&Uigfeit ber ^^orm bed Dbiectd (in Segiel^ung auf bloge ©efe^e ber 9latur)
an eben bemfelben S)inge ald Qvotd in ftd^ fagt; folglid^, »enn l^ierin
fein SBiberfprud& fein fott, einen ®runb für bie SRbglic^feit be« S)inge«
in ber 9latur unb bod^ aud^ einen ©runb ber Wöglid^feit biefer !Ratur so
felbft unb il^rer Segiel^ung auf et»aiS, baS nid^t empirifd^ erfennbare
fflatur (überjtnnlic^), mitl^ln für un« gar nid^t erfennbar ift, entl^alten
mu6, um nad^ einer anbern art ^aufalitdt al8 ber be« 9laturmedöani8mö
beurtl^eilt gu »erben, »enn man feine ÜRoglic^feit audmad^en »tQ. S)a
alfo ber Segriff eined S)inge8 al8 SRaturgmedFS für bie beftimmenbe 35
Urt^eiUtraft überfd^menglid^ ift, »enn man baS £)biect burd^ bieSer-
nunft betrad^tet (ob er g»ar für bie reflectirenbe Urt^elföfraft in »n^
2. «bt^ciTuttö. 3)lale!tif ber teleotogifc^en Urt^cilrtraff. 397
fel^ung ber ©egenftdnbe ber Srfa^rung immanent fein mag), mithin i^m
für beftimmcttbe Urtl^eile bie objecttüe SReoUtftt nid^t Derfc^afft »erben
fann: fo ift l^ierau^ begretflid^, mie alle ©Qfleme, bie man für bie bog*
matifd^e SBel^anblung beS iBegriffS ber Slaturgtoede unb ber 9latur, atö
& eined burd^ 6nburfa(i^en gufammenl^&ngenben ©anjen, nur immer ent«
werfen mag, meber objectiö bcjal^enb, no(6 objcctit) Dcrneinenb irgenb
etmaS entfd^eiben fonnen; meil, wenn 3)inge unter einem SSegriffe, ber
blog probIematif(!^ ift, fubfumirt merben, bie fqnt^etifd^en ^r&bicate bef«
felben (j. S. ^ier: ob ber Smedt ber SRatur, ben »ir un8 gu ber gr*
10 geugung ber 3)tnge benten, abftd^tlid^ ober unabfit^tlid^ fei) eben fold^e
(problematifd^e) Urt^eile, pe mögen nun beja^enb ober oerneinenb
fein, t)om Dbject abgeben muffen, inbem man nid^t meig, ob man über
etma« ober Slid^t« urt^eilt. 2)er SBegriff einer ßaufaUtdt buriJb ßmecfc
(ber j^unft) ^at aüerbingd objectioe Siealttät, ber einer Saufalit&t möi
1» bem 3We(ftani8m ber Jlatur eben f owol)!. aber ber Scgriff einer (Eaufalitdt
ber 9latur nad^ ber Siegel ber B^tde, nod^ mel^r aber eineiS SBefenS, ber«
gleichen und gar nid^t in ber ßrfal^rung gegeben merben ,fann, ndmlic^
eines fold^en atö ttrgrunbed ber ^Jtatur, tann gmar o^ne SBiberfprud^ ge*
badbt ©erben, aber gu bogmatifd^en SBefiimmungen bod^ nid^t taugen:
20 »eil i^m, ba er nic^t auö ber (Srfal^rung gegogen werben fann, auc^ gur
ÜRöglidbfeit berfelben nid&t erforberlid^ ift, feine obiectit)e SRealitdt burd&
ni(!^td gefid^ert werben fann. ©eft^d^e biefeS aber aud^, wie fann id^
3)inge, bie für ^Probucte göttUd^er Äunft beftimmt angegeben werben, nod^
unter $robucte ber Statur gdl^len, beren ttnfd^igfeit, bergleid^en nadb il^ren
25 @efe^en l^ert)orgubringen, eben bie Berufung auf eine oon i^r unter*
fc^iebene llrfadbe notl^wenbig mad^te?
§75.
2)er Segriff einer objectlDen Swcdtmdfeigfeit ber 5ftatur ift
ein fritifd&e« ?Jrinci^) ber Sernunft für bie reflectirenbe
30 Urt^eilÄfraft.
@8 ift bod^ etwas gang Slnbered, ob ic^ fage: bie @rgeugung gewiffer
S)inge ber 9tatur, ober auc^ ber gefammten ^atur ift nur burd^ eine
Urfa(^e, bie fid^ nad^ abfid^ten gum ^anbeln beftimmt, möglid^; ober
id^ fann nadb ber eigentl^fimlidjen 93efd^affen]^eit meiner
35 Srfenntnigoermögen über bie 3R5gIid^feit iener S)inge unb i^re
398 Äriti! her Utt^cllWroft. 2. S^elt. Ärlttf bcr teleologif^en UrQcitöfraft.
@rjeugung tiid^t anberiS urtl^eUen, als loenn id^ mir ju biefer eine Urfad^e,
bie no(J& abjtd^ten toirlti mithin ein 28efen benfe, welche« nac^ ber Sna^
loßi'e'mit ber ßaufalitdt eines SBerftanbe« probuctiD ift. Sni ^rjiercn
Solle toiU i(^ etmad über baS Object auSmad^en unb bin Derbunben, bie
objectit)e ätealität eineä angenommenen SSegriffS barjutt)un; im jmeiten 5
benimmt bie SSernunft nur ben ®ebraud^ meiner erlenntnifeöcrmöflen
angemeffen i^rer 6igent^ümlid)leit unb ben mefentlid^en Sebingungen
il^reS UmfangeS fott)O^I, als il^rer Sd^ranten. Stlfo ift baS erfte ^rincip
ein objectiDer ©runbfafe für bie befiimmenbe, ba« jweite ein fubjectiüer
®runbfafe blofe für bie reflectirenbe Urtl^eilöfraft, mitl^in eine ÜKajrime 10
berfelben, bie i^r bie SSernunft auferlegt.
SBir l^aben nAmlid^ nnentbel^rlic^ nötl^ig, ber 9latur ben Segriff
einer abfielet unterzulegen, tuenn mir i^r andi nur in il)ren organifirten
$robucten bur(^ fortgefe^te Seobad^tung nad^forfd^en moUen; unb biefer
Segriff ift alfo fd^on für ben erfa^rungSgebrauc^ unferer SBernunft eine «
fd^Ied^terbingS notl^menbige SRajrime. 6d ift offenbar: bag, ba einmal
ein fold^er Seitfaben bie 9latur ju ftubiren aufgenommen unb bemäl^rt
gefunben ift, koir bie gebac^te 3Ra;rime ber Urtl^eilSfraft aud^ am ©anjen
ber 9latur menigßend Derfud^en muffen, meil |td^ nad^ berfelben noc^
mand^e ®efe^e berfelben bflrften aufflnben laffen, bie uns nad^ ber ©c« »
fdbrdniung unferer Sinfid^ten in baS innere beS 3>2ed^aniSmS berfelben
fonft verborgen bleiben toürben. Sber in Slnfel^ung beS le^tern ©ebraud^S
ift jene aKajcime ber Urtl^eilSfraft gmar nüfelift, aber nid^t unentbel^rliift,
»eil uns bie 9latur im ©anjen als organijtrt (in ber oben angefül^rten
engften äSebeutung beS SBortS) nid^t gegeben ift. ^^ingegen in Slnfel^ung r^
ber ^robucte berfelben, meldte nur als abfidbtlid^ fo unb nid^t anberS
geformt muffen beurtl^eilt koerben, um ani) nur eine @rfa^rungSertenntnig
il^rer innern SSefd&affenl^eit ju befommen, ift jene 3Wajrime ber reflecti»
renben Urtl^eilStraft »efentlid^ not^toenbig: toeil felbft ber ®eban!e ))on
i^nen als organiftrten S)ingen, o^ne ben ©ebanfen einer (Srjeugung mit so
Slbftd^t bamit ju t)erbinben, unmöglid^ ift.
9lun ift ber Segriff eines ©ingeS, beffen ©fifteng ober gorm mir
uns unter ber Sebingung eines Sn)edFS als möglid^ oorfteUen, mit bem
Segriffe einer SufaUigleit beffelben (nad^ Sftaturgefefeen) unjertrennlid&
t)erbunben. S)a]^er mad^en aud^ bie 9laturbinge, kveld^e mir nur als S5
Stoedc möglid^ pnben, ben t)orne^mfken SemeiS für bie SufftHigfeit beS
äBeltgangen aus unb ftnb ber eingige für ben gemeinen Serftanb eben
2. ^bt^tlung. 2)talefttf ber teleologifi^en Uri^eil^Traft. 399
foioo^l al^ ben ^l^Uofopl^en geltenbe SemeiiSgrunb ber Slbl^dngigteit unb
beS Urfprungö beffelben t)on einem auger ber SBelt e;rf ftirenben unb gwar
(um jener jtDedfmägigen $orm miQeu) Derfldnbigen SBefen: ba^ alfo bie
äieleologie feine SSoflenbung bed Sluffd^luffed für il^re 9ta(^forfd^ungen,
5 als in einer Sl^eologie pnbet.
SBaS bemeifet nun aber am 6nbe aud^ bie aQerDoQftdnbigfte Seleo«
logie? iBemeifet ße etma, bag ein foId^eS üerftänbigeS SSefen ba [ei?
9lein; ni(^tö »eiter, als ba| mir na(i^ Sefd^affen^eit unferer @rfenntnig«
t)erm5gen, alfo in SSerbinbung ber ßrfal^rung mit ben obersten ^rindpien
10 ber äS^nunft und f d^Ied^terbingS feinen Segriff t)on ber ÜRöglid^feit einer
fold^ Sßeltmad^en fönnen, als fo, bag tüxx uns eine a&fi(i^tli(^«n)ir«
fenire oberfte Urfac^e berfelben benfen. DbiectiD fonnen iDiralfo nid^t
ben @a^ bart^un: eS ift ein DerftänbigeS Urmefen; fonbern nnr fubfectio
für ben ®ebraud& unferer ttrtl^eilsfraft in il^rer 9tePef ion über bie ßwcdfe
15 in be^ tftatiir, bte nad^ feinem anberen $rincip als bem einer abfid^tlic^en
ßaufalität einer ^öd^ften ttrfad^e gebadet werben fönnen.
äBoDten voix ben oberften @a^ bogmatifd), auS teleologifd^en
®rünben, bart^un: fo n)ärben mir Don ©d^mierigteiten befangen merben,
aus benen mir unS nid^t l^erauSmidteln fönnten. S)enn ba mfirbe biefen
so @d^lflffen ber @a^ jum @)runbe gelegt werben muffen: bie organifirten
SBefen in ber SBelt {tnb nid^t anberS, als burd^ eine abftd^tlid^^mirfenbe
Urfad^e m5glid^. £)a| aber, meil mir biefe ^inge nur mtter ber Sbee ber
ßmedte in i^rer ßaufaloerbinbung t)erfolgen unb biefe nad& il^rer ®efe^*
mdgigfeit erfennen fönnen, mir aud^ bered^tigt mdren, eben biefeS aud^
98 für icbeS benfenbe unb erfennenbe SBefen als not^menbige, mithin bem
Dbjecte unb nid^t blog unferm Subfecte anl^dngenbe S3ebingung DorauS«
jufe^en: baS mfigten mir l^iebei unoermeiblid^ bel^aupten moQen. über
mit einer fold^en S3e]^auptung fommen mir nidbt burd^. S)enn ba mir
bie 3medEe in ber !Ratur als abpd^tlid^e eigentlid^ nid^t beobad^ten,
30 fonbern nur in ber 3flepe;rion über i^rc ^robucte biefen ^Begriff als einen
Seitfaben ber Urt^eilSfraft ^inju benfen: fo ftnb fte unS nid^t burd^ baS
Dbiect gegeben. A priori ift eS fogar für unS unmbglid^, einen fold^en
^Begriff feiner obiectit)en SRealitdt nad^ als annel^mungSfd^ig gu red^t«
fertigen. @S bleibt alfo fd^led^terbingS ein nur auf fubjectioen SSebin^»
85 gungen, ndmlid^ ber unferen 6rfenntnigt)erm5gen angemeffen reflectiren«
ben Urt^eilSfraft, beru^enber @a|, ber, menn man il^n als obiectit)^bog«
matifd^ geltenb auSbrüdfte, feigen mürbe: (SS ift ein ®ott; nun aber für
400 StMl bet nrt^eiUhaft. 2. 3:^eU. jeritil ber teleologif^en Utt^eildfraft.
un8 SRenfd^ctt nur blc clngefd^r&nltc gotmcl erlaubt: SBir fönncn und
bie ßmedmägigleit, bte felbft unferer @rfcnntntg ber inneren äRöglid^^
feit uteler 9laturbinge gum ©runbe gelegt merben mug, gar nidbt an-
berd beuten unb begreifUd^ mad^en, aU inbem mx fle unb äber]^au))t bie
ä&elt und als ein ^robuct einer oerftdnbigen Urfad^e (eine« @otted) Dor^ 3
ftenen.
ä&enn nun biefer auf einer unumg&nglid^ notl^menbtgen 3Ra;rime
unferer Urt^eitötraft gegrfinbete @a^ aUeui fomol^l fpeculatioen atö prat
tifd^en ©ebraud^e unferer SSernunft in jeber menfd^lid^en Slbfid^t t)oQ«
tommen genugtl^uenb ift: fo möchte id^ xotif)l n)iffen, mad und bann bar» 10
unter abgebe, bag mx i^n nid)t aud^ für ^ol^ere äSefen gültig, ndmlid^
aud reinen obiectit)en (Srünben (bie leiber unfer Vermögen äberßeigen),
bereifen tonnen. 6d ift nämlid^ gang gewig, bag mir bie organiftrten
äSefen unb bereu innere SRöglic^teit uac^ blog med^anifc^en ^rinctpien
ber !Ratur nid^t einmal gureid)enb tennen lernen, üiel weniger und er« 10
tl&ren tonnen; unb gmar fo gemig, bag man breift fagen tann: ed ift für
3Renfd^en ungereimt, aud^ nur einen fold^en Slnfc^lag ju faffen, ober ju
l^offen, bag nod^ etma bereinft ein 9lemton aufftel^en tonne, ber aud^ nur
bie (Srgeugung eined ®rad^almd nad^ ^aturgefe^en, bie teine Sbftd^t ge«
orbnet ^at, begreiflid^ mad^en merbe; fonbern man mug biefe Sinftdbt 20
ben 3Renfd^en fd)led^terbingd abfprec^en. S)ag bann aber auc^ in ber
9latur, koenn mir bid jum $rincip berfelben in ber @pecification i^rer
allgemeinen und betannten ©efe^e burd^bringen tonnten, ein l^lnreid^enber
©runb ber 3Röglid^tett organiftrten 3Befen, ol^ne il^rer @rjeugung eine
Slbftd^t untergulegen (alfo im blogen 3Red^anidm berfelben), gar nid^t S5
oerborgen liegen tonne, bad mdre mieberum oon und gu Dermeffen ge^^
urtl^eilt; benn mol^er moDen mir bad mtffen? äSal^rfd^einlid^teiten faQen
^ier gar meg, mo ed auf Urtl^eile ber reinen SSernunft antommt. — Slfo
tonnen mir über ben @a^: ob ein nad^ Slbftd^ten ^anbelnbed Sßefen ald
SBelturfad^e (mithin ald Url^eber) bem, mad mir mit Stedjt SlaturgmedFe ao
nennen, gum ©runbe liege, objectio gar nic^t, meber beia^enb nod^ Der»
neinenb, urtl^eilen; nur fo oiel ift fidler, ba^, menn mir boc^ menigftend
nad^ bem, mad und eingufel^en burd^ unfere eigene 9latur üergonnt ift
(nad^ ben 93ebingungen unb Sc^ranten unferer SSernunft), urtl^eilen
follen, mir fd^led^terbingd nid^td anberd ald ein oerftänbiged SSefen ber 35
9Röglid[)teit iener Slaturgmede gum ©runbe legen tonnen: meld^ed ber
SRufime unferer reflectirenben Urt^eildtraft, folglich einem fubiectioen,
2. Slbtl^eilung. S)iareltil ber tereologifd&en Urtl^eildlraft. 401
bem menfc^Uc^en ©efd^Ied^t uitnaij^laglid^ anl^&ngenben ©tunbe attein
gmd^ ift.
§ 76.
Snmerfung.
5 S)ie[e Betrachtung, iDeld^e ed gar fel^r Derbient in ber SranSfcen beu'
talpl^iIofo:p^{e umftdnblid^ auSgefäl^rt ju toerben, mag l^ier nur epifobifd^
jur Erläuterung (uid^t jum Setoeife bed l^ier Vorgetragenen) eintreten.
S)ie SSernunft ift ein aSermögen ber $rincipien unb gcl^t in il^rer
dugerften ^orberung auf bad Unbebingte; ba l^ingegen ber SSerftanb il^r
10 immer nur unter einer gemiffen Sebingung, bte gegeben »erben mu^, ju
S){enften ßel^t. D^ne 93egri{fe beS ä^erßanbed aber, meldten obfectiDe
SRealitdt gegeben »erben mufe, lann bie SJernunft gar ni(^t objectio (f^n^^
t^etifi^) urt^eilen unb enthält al« tl^eoretifd^e äSernunft für ft(^ fd^Ie^ter«
bingS leine conftitutiüe, [onbern blofe regulatiöe gJrlncipien. SRan toirb
15 balb inne: bag, mo ber SBerftanb ni(^t folgen fann, bieäSernunft Aber«
fc^tteuglid^ »irb unb in gwar gegrfinbeten Sbeen (ate regulatioen $rin«
cipien), aber nid^t obiectio gültigen Segriffen fi(!^ I^eroortlgut; ber 93er«
ftanb aber, ber mit il^r niii^t (Schritt l^alten fann, aber boc^ gur ©ültigleit
für Dbjecte nötl^ig fein mürbe, bie ©ültigleit jener Sbeen ber SSernunft
20 nur auf ba« Subject, aber bod^ allgemein für alle oon biefer ©attung,
b. i. auf bie 93ebingung einfd^rdnle, bagnad^ ber 9latur unfered (menfd^«'
lid^en) ßrfenntnigoermogend ober gar überl^aupt nad^ bem Segriffe, ben
mir und oon bem Vermögen eined enblid^en oernünftigen SBefenö über«
^aupt mad^en fönnen, xtiiii anberö a\i fo tonne unb muffe gebadet
93 merben: ol^ne bod^ ju bel^aupten, bag ber ©runb eineis fold^en Urtl^eitö
im Dbiecte liege. SSBir wollen Selfpiele anfül^ren, bie jmar gu öiel SBic^«
tigteit unb aud^ ©(^mlerigteit l^aben, um fie l^ier fofort alö ermiefene
@d^e bem Sefer aufgubringeui bie il^m aber Stoff gum Stad^benfen geben
unb bem, maS l^ier unfer eigentpmlid^ed ©efd^dft ift, gur ISrlduterung
30 bienen tbnnen.
ISS ift bem menfd^lid^en Verftanbe unumgdnglid^ notl^menbig, 9R5g>
Ud^teit unb SBirtli^feit ber 3)inge gu unterfd^eiben. S)er ®runb baoon
liegt im @ubiecte unb ber 9latur feiner (Srfenntnigoermögen. S)enn
mdren gu biefer il^rer Ausübung nid^t gmei gang l^eterogene @tüdFe, 93er«
35 ftanb für 93egriffe unb finnlid^e Slnfd^auung für Dbfecte, bie il^nen
correfponbiren, erforberli^: fo Würbe eS feine folc^e Unterfd^eibung
Itant'« 6(^ttftett. mttU. V. 26
402 ^ttt! ber^Urt^etlfSfroft. 2.%^. JMtil ber ieleologif^en Urt^etldfraff.
(jtoif(]^en bem SRöglid^en unb äSirlltii^en) geben. SB&re n&mli^ unfer
SSerftanb anfd^auenb, fo l^&tte er feine ©egenftdnbe als bai Sirflic^e.
aSeßriffe (bie blofe auf ble ÜRöglic^felt eine« (Segenjlanbe» ßel&en) unb
finnlid^e Slnfd^auungen (meiere uns etmaS geben, ol^ne ed baburd^ boc^
als ®eflcnftanb erfennen gu laffen) mürben beibe »egfaHen. 3lun berul^t s
aber aQe unfere Unterfd^eibung beS bIo| 9R5gIi(l^en Dom SBirflid^en bar«
auff bag baS erftere nur bie ^ofttion ber SSorfteQung eines S)ingeS
refpectio auf unfern begriff unb überl^au))t baS SBermögen }u benfen, baS
le^tere aber bie @e|ung beS S)ingeS an ftd^ felbft (au^er biefem Segriffe)
bebeutet. Sllfo ift bie Unterfc^eibung m5gli(i^er 3>inge loon koirftid^en lo
eine fold^e, bie bIo| fubfectit) für ben menfd^Iid^en SSerfianb gilt, ba iDir
n&mlid^ ettoaS immer noc^ in ©ebanlen l^aben fönnen, ob eS gleid^ nid^t
ifl, ober etmaS als gegeben uns t)orftenen, ob xoxx gleid^ nod^ leinen Se«
griff baüon ^aben. S)ie @d^e alfo: ba^ S>inge möglich fein fönnen, ol^ne
tt)irtlid^ gu fein, ba^ alfo auS ber blogen SRöglid^feit auf bie äSirllii^feit u
gar nid^t gef^loffen toerben t5nne, gelten gang ri^tig für bie menfd^lid^e
SSernunft, ol^ne barum gu bemeifen, ba| biefer Unterfd^ieb in ben 2>ingen
felbfl liege. S)enn bag biefeS nid^t barauS gefolgert toerben tonne, mithin
jene @d^e gkoar aüerbingS aud^ Don Obfecten gelten, fo fern unfer (Sr*
fenntni^üermögen als jtnnlic^^bebingt fid^ aud^ mit Öbiecten ber @inne 20
befd^äftigt, aber nid^t Don S)ingen überl^aupt: leud^tet auS ber nnab«
laglid^en ^orberung ber SBernunft ein, irgenb ein ßtmaS (ben Urgrunb)
als unbebingt notl^menbig ejctftirenb angunel^men, an meld^em 3R5glid^Ieit
unb SBirflldöfeit gar nid^t mel^r unterfc^ieben »erben follen, unb für »eld^e
3bee unfer äSerftanb fd^lec^terbingS feinen Segriff l^at, b. i. feine Urt auS« n
flnben fann, toie er ein fold^eS 3)tng nnb feine Slrt gu ejrtftiren ftd^ toor»
[teilen folle. 2>enn loenn er eS benft (er mag eS benfen, ttie er tuill), fo
ift es blog als mSglic^ Dorgeftellt. ^\t er fid^ beffen als in ber anfc^auung
gegeben bemugt, fo ift eS »irflid^, ol^ne ftd^ l^iebei irgenb etttas Don
SRöglid^feit gu benfen. S)al^er ift ber Segriff eines abfolut>inotl^n)enbigen 30
SßefenS gkoar eine unentbe]^rli(!^e Sernunftibee, aber ein für ben menfc^«
lid^en Serftanb unerreid^barer ))roblematifd^er Segrtff. 6r gilt aber bod^
für ben ®ebraud^ unferer ISrfenntnigDermögen nad^ ber eigentl^ümlid^en
Sefd^affenl^eit berfelben, mitl^in ni(^t Dom Dbiecte unb l^iemit für iebe«
erfennenbe Sßefen: toeil id^ nid^t bei iebem baS S>enfen unb bie 9n« »
f(!^auung, als gioei Derfd^iebene Sebingungen ber $(uSübung feiner @r«
fenntnifeDermögen, mithin ber SDlöglidöfeit unb SBtrflid^feit ber 3)inge,
2. «bt^eiluitfi. 2)ialeftir bn teleologtfd^en Utt^eildhaft. 403
Doraudfe^en tann. ^flr einen SSerfianb, bei bem btefer Unterfd^ieb ni(^t
einträte, »ürbe e8 l^clfeen: alle Dbjecte, bie id^ etfenne, f inb (eylftiren);
unb bie aRöglid^feit einiger, bie bod^ ni# e^iftirten, b. i. ßuf&nigteit
berfelben, toenn jle epftiren, alfo auii^ bie booon gu nnterfd^eibenbe 9lotl^:»
5 iDenbigfeit iDärbe in bie SSorfteÜung eines fold^en äBefenS gar ni^t
fommen I5nnen. SSad tinferm äSerftanbe aber fo befd^merli^ fdOt, ber
aSernunft l^ier mit feinen Segrijfen e« glei^ gu tl^un, i[t blofe: bafe für ll^n
atö menfd^Uc^en 93erflanb baSjenige äberfd^menglic^ (b. i. ben fubiectiDen
a^ebingungen feine« (grfenntnlffeg unmögliiJ^) ift, »a« bod& bie SSernnnft
10 als gum Dbiect gel^orig gum $rincip mad^t. — {hierbei gilt nun immer
bie SRaicime, bag mir aUe Dbiecte ba, m i^r Srfenntnig bad SSermogen
beS SSerftanbed uberfteigt, nad^ ben fubiectiDen, unferer (b. i. ber menfd^«
liefen) 9tatur notl^toenbig anl^ängenben SBebingungen ber 8luSftbung il^rer
9$erm5gen benlen ; unb toenn bie auf biefe Slrt^gefftUten Urt^eile (tote eS
15 aud^ in Slnfel^ung ber fiberfd^menglid^en SSegriffe nid^t anberd fein lann)
nid^t confiitutlüe ^rincipien, bie ba« Dbject, »ie e« befd^affen i[t, be*
fitimmen, fein fönnen, fo n)erben eS bo^ regulative, in ber 8udfibung
immanente unb fidlere, ber menfd^lid^en Slbftd^t angemeffene ^rindpien
bleiben-
20 @o tt)ie bie SSernunft in tl^eoretifd^er ä3etrad^tung ber 9latur bie ^bee
einer unbebingten Stotl^menbigteit i^res Urgntnbe« annel^men mug: fo
fe^t pe aud^ in praftif(fter i^re eigene (in Slnfcl&ung ber SJiatur) unbcbingte
Saufalit&t, b.Il^rei^eit, oorauS, inbem fie ftd^ il^red moralifd^en ©ebotS
beiofi^ ift. SBeil nun aber l^ier bie obiectioe 9totl^n)enbig{eit ber ^anblung
95 als $flid^t berienigen, bie fte als aSegebenl^eit l^aben kofirbe, loenn il^r
®runb in ber 9tatur unb nid^t in ber $reil^eit (b. i. ber aSernunftcaufaUt&t)
l&ge, entgegengefe^t unb bie moralifd^^fc^led^t^in^not^menbige ^anblung
pl^^Pfd^ als gang gufäQig angefe^en »irb (b. i. bag baS, loaS notl^toenbig
gefd^el^en follte, bod^ öfter ni^t gefd^iel^t): fo iß flar, bag eS nur oon
30 ber fubiectioen a3efd^affenl&eit unferS praftifd^en SSermögenS l^enül&rt, bafe
bie moralifd^en ®efe^e als ©ebote (unb bie il^nen gem&ge ^anblungen
als $f[id^ten) oorgefteQt »erben muffen, unb bie Sernunft biefe 9lot]^*
toenbigfeit nid^t burd^ ein @ein (©efc^el^en), fonbern Sein^SoQen
auSbrfidFt: meld^eS nic^t Statt finben mürbe, menn bie SSernunft ol^ne
SS @innlid^{eit (als fubfectioe ä3ebingung il^rer Slnmenbung auf ®egen>
ftdnbe ber 9latur) x^xzx (Saufalit&t nad^, mitl^in als Urfad^e in einer
intelligibelen, mit bem moralifd^en ®efe^e burd^g&ngig übereinftimmen*
26*
404 JMiil ber Urt^eildfroft. 2. %^til Stniif ber teleolodtfd&en UrtljyeiUfroft.
ben Sßelt betrad^tet tourbe, ti)o gkoifc^en Sollen unb S^utt, itDifd^en einem
praftifd^en ©efe^e Don bem, tta^ burd^ uni m5gU(i^ tft, unb bem tl^eo»
retifd^en t)on bem, toa& burd^ und toirflid^ ift, fein Unterfd^ieb fein toärbe.
Db nun aber gleid^ eine inteQigibele fRtlt, in »eld^er aUeS barum koirflidg
fein tofirbe, blog nur meti e8 (als etioas ®uted) möglich ifl, unb felbft bie 5
i^reil^eit ate formale Sebingung berfelben ffir unS ein überfd^toenglid^er
äBegrijf ifi, ber ju feinem conftitutioen ?rindp, ein Dbjcct unb beffen
obfectioe äiealit&t gu befiimmen, tauglid^ ift: fo bleut bie Untere bod^ nad^
ber Sefd^affenl^eit unferer (gum S^eil finnlld^en) SRatur unb SSermögen«
für uns unb aUe oernünfttge mit ber Slnnenmelt In äSerblnbung ftel^enbe 10
SBefen, fo melt mir jie un8 nad^ ber Sefd^affenl^elt unferer SSernunft Dor»
fteOen fönnen, ju einem allgemeinen regulatloen ^rlncip, u(eld^ed bie
93efd^affen]^eit ber ^reil^ett als ^orm ber ßaufallt&t ntd^t objectlt) be»
ftlmmt, fonbern unb jmar mit nld^t mlnberer ©filtigfeit, als ob blefed
gefd^&l^e, bte Siegel ber l^anblungen nadb {euer 3bee für febermann }u n
©eboten mad^t.
@ben fo fann man auc^, toas unfern oorl^abenben f^aQ betrifft, ein*
r&umen: mir mfirben jmifd^en Silaturmed^anlSm unb Sed^nlt ber 9}atur,
b. t. ßmedtoerfnüpfung In berfelben, feinen Unterfd^leb pnben, mfire unfer
SSerftanb nld^t üon ber 8(rt, bag er 00m SlDgemelnen gum 93efonbern 90
gelten mug, unb bte UrtJ^ellSfraft alfo In anfel^ung beS Sefonbern feine
SmedFm&glgtelt erfennen, mltl^ln feine beftlmmenbe Urt^elle f&Den fann,
ol^ne ein ungemeines ®efe^ ju l^aben, morunter fie {eneS fubfumlren
fönne. S)a nun aber baS S3efonbere als ein fold^es In anfe^ung beS
allgemeinen etmaS ßuf&lllgeS entl^dlt, gleld^mol^l aber bie SSernunft in ber n
ä^erbinbung befonberer ©efe^e ber 9}atur bod^ aud^ Slnl^elt, mithin
@efe^lld)felt erforbert (meiere ©efe^lld^felt beSSaf&Otflen ßtoecfmd^igfeit
l^elgt), unb bie Ableitung ber befonberen ®efe^e aus ben allgemeinen in
Slnfe^ung beffen, maS {ene Suf&lligeS In fid^ entl^alten, a priori burd^
Seftlmmung beS S3egrlffS 00m Dbiede unm5glld^ Ift: fo mirb ber Segriff so
ber Swcdtmfifelgfclt ber Sßatur In tl^ren Sßrobucten ein für bie menfd^ll^e
Urtl^ellsfraft In «nfel&ung ber 5Ratur notl^menblger, aber nld^t bie Se^
ftlmmung ber Dbjecte felbft angel^enber Segriff fein, alfo ein fubiectloeS
^rlnclp ber Sernunft für bie Urt^ellsfraft, »eld^eS als regulativ (nld&t
conftitutto) f ür unfere menfdöll(%e Urtl^ellSfraft eben fo notl^menblg 35
gilt, als ob es ein obiectloeS ^rlnclp m&re.
2. 9(bt^ei(ung. S)tatertil ber teleoTogifd^en Urtl^eildfraft. 405
§77.
93on ber @igentpmltd^feit beiS menfd^Iid^en SSerftanbeS,
moburt^ uniS ber begriff eines SiaturjiDediS m5gli(^ mirb.
äßir l^aben in ber anmerfung Sigentl^ümlid^feiten unfereiS (felbft
5 beS oberen) @rrenntnigDerm5gen8, meldte »ir leid^tlid^ ald obiectioe
^räbicate auf bie @ad^en felbft überjutragen Derleitet merben, angefül^rt;
aber fic betreffen Sbeen, benen angemeflen fein ©egenftanb in ber gr»
fal^rung gegeben »erben fann, unb bie alSbann nur gu regulatit)en $rin«
cipien in SSerfoIgung ber legieren bienen lonnten. Wt bem ä3egriffe
10 eineiS SiaturgmedFiS Derl^< ed {td^ gioar eben fo, roas bie Urfadde ber
3ffögUd^Ieit eines fold^en $rdbicatö betrifft, bie nur in ber 3bee liegen
fann; aber bie i^r gemd^e golge (ba« ^robuct felbft) i|t bod^ in ber
Statur gegeben, unb ber ä3egriff einer Saufalitdt ber le^teren, als eines
nad^ Qmätn l^anbelnben SSefenS, fd^eint bie ^bee eines SlaturjlDedfS gu
15 einem conftitutit)en $rincip beffelben gu mad^en: unb barin l^at {te ettoaS
üon aUen anbern 3i>wn Unterfd^eibenbeS.
S)iefeS Unterfd^eibenbe befielet aber barin: bag gebadete ^bee nid^t
ein Sßernunftprincip für bcn SSerftanb, fonbern für bie Urtl^eilSfraft, mit*
l^in lebiglid^ bie antoenbung eines SerftanbeS äberl^aupt auf möglid^e
20 ©egenftdnbe ber (Srfal^rung ift; unb jtoar ba, mo baS Urtl^eil nid^t be«
ftimmenb, fonbern blofe refiectirenb fein fann, mitl&ln ber ©egenftanb
gioar in ber (Srfal^rung gegeben, aber barüber ber 2!bee gemd^ gar nid^t
einmal beftimmt (gefd^ioeige oöUig angemeffen) geurtl^eilt, fonbern
nur über il^in rejiectirt »erben fann.
25 @S betrifft alfo eine Sigent^fimlid^reit unfereS (menfd^Iid^en) SBer«
ftanbeS in «nfel^ung ber Urtl^eilSfraft in ber SReflejrion berfelben über
S)inge ber 9latur. SBenn bas aber ift, fo mug §ier bie ^bee oon einem
anbern mögUd^en SSerftanbe, als bem menfd^Iid^en gum ©runbe liegen
(fo mie »ir in ber j^ritit ber r. 93. eine anbere möglid^e Slnfd^auung in
so ®ebanfen l^aben mußten, menn bie unfrige als eine befonbere 8lrt, ndm*
lid^ bie, fftr mlüit ©egenftdnbe nur als Srfd^einungen gelten, gel^alten
»erben foUte), bamit man fagen fönne: geuoi^e SRaturprobucte mfiffen
nad^ ber befonbcrn Sefd&affenl^eit unfereS äJerftanbeS »on unS i^rer
aRöglid^feit nad^ als abftd^tud^ unb als Sxotdt ergeugt betrad^tet
35 »erben, ol^ne bod^ bar um gu oerlangeni ba| es »irflid^ eine befonbere
406 ftritil bet Urtl^eiUfraft. 2. 3:i^ei(. Stdm ber teteobgif^en Urt|eildftaft.
Urfad^e, meldte bieSBorftellung eines S^^^^ 8^ ^^^^^ SefttmmungSgrunbe
l^at, flebe, mitl^in ol^ne in »brebe ju giel^en, bafe nid^t ein anberer (^öl^crcr)
SSerftanb, als ber menfd^Ud^e aud^ im SRed^aniSm ber 9latur, b. t. einer
Saufaberbinbung, iu ber nid^t auSld^IiegunsSmeife ein SSerftanb als Ur«
fad^e angenommen »irb, ben ®ntnb ber SRbglid^feit fold^er ^robucte ber s
SHatur antreffen fönne.
@S fommt l^ier alfo auf baS SSer^alten unferes SSerftanbeS jur Ur*
tl^eilSfraft an, ba^ »Ir ndmlit^ barin eine gemiffe BufiHigteit ber Se*
fd^affen^eit beS unfrigen aufjud^en, nm biefe als @igentpmli(^feit unferes
SSerftanbeS jum Unterfd^iebe Don anberen m5glidben angumerfen. lo
S)iefe BufdUigfeit ftnbet pd^ ganj natarli(^ in bem Sefonbern,
»eld^eS bie Urtl^ellstraft unter baS allgemeine ber 93er{tanbeSbegriffe
bringen foll; benn burd^ baS angemeine unfereS (menfd^Ii^en) 9Ser{ian«
bed ift ba^ Sefonbere nid^t beftimmt; unb eS ifi gutAUig, auf »ie Dieler«
lei ürt unterfd^iebene S)inge, bie bod^ in einem gemeinfamen SRerfmale u
flbereinfommen, unferer SSal^rnel^mung oorTommen fönnen. Unfer Ser«
fianb i|t ein Vermögen ber Segriffe, b. i. ein biScurftoer SSerftanb, für
ben es freilid^ gufdüig fein mug, »eld^erlei unb mie fel^r oerfd^ieben baS
Sefonbere fein mog, bas il^m in ber 9latur gegeben merben unb baS unter
feine Segriffe gebrad^t merben fann. äßetl aber gum @rfenntnig bod^ audb »^
anfdbauung gel^ört, unb ein SBermögen einer oblligen @))ontaneit&t
ber Sinfd^auung ein oon ber Sinnlid^feit unterfc^iebeneS unb baoon
gang unabl^&ngigeS (Srfenntnigoermögen, mitl^in SBerftanb in ber aOge^
meinften Sebeutung fein mürbe: fofann manftd^ au(^ einen intuitioen
aSerflanb (negatio, ndmlid^ blog als nid^t biScurfioen) beuten, meld^er ^
nid^t Dom aOgemeinen gum Sefonberen unb fo gum Singeinen (burd^ 9e*
griffe) gel^t, unb für meldten jene Sufdüigteit ber Sufammenfiimmung
ber 5Ratur in i^ren ^robucten nad^ befonbern Oefe^en gum SSerftanbe
ni(i)t angetroffen mirb, meldte bem unfrigen e« fo f(^U)er mad^t, bad Wen«
nigf altige berfelben gur Sinl^eit beS (SrfenntniffeS gu bringen; ein ®e« so
fd^dft, baS ber unfrige nur burdb Übereinftimmung ber !RaturmertmaIe
gu unferm Vermögen ber »egriffe, meldte fel^r gufdflig ift, gu ©tanbe
bringen Tann, beffen ein anfd^auenber Serftanb aber nid^t bebarf.
Unfer SBerftanb ^at alfo baS eigene für bie Urtl^eitefraft, bafe im
(Srfenntnig burdd benfelben burd^ baS ungemeine baS 93efonbere nic^t be« »
fiimmt mirb, unb biefeS alfo Don {enem aOein nid^t abgeleitet merben
lann; glei(^mo]^I aber biefes SBefonbere in ber aRannigfaltigfeit ber 9la«
2. «Ibt^etlung. 3)tole!tiI ber teleologifd^en Urt^eitthoft. 407
tut gum angcmcincn (burd^ SScgriffc unb ©efcfec) gufammcnftimmen foll,
um barunter fubfumirt toerben gu fönnen, loeld^e Sufammenfiimmung
unter fold^en Umftdnben fel^r gufällig unb für bie Urtl^eilsfraft ol^ne U*
ftimmteiS ^tincip fein mu^.
5 Um nun gleid^tDol^I bie 3fföglid^{eit einer fold^en Sufammenftimmung
ber ©inge ber 9latur gur Urtl^eiWfraft (»eld^e »ir al8 gutfittig, mithin
nur burd^ einen barauf gerid^teten Qmd als m5glid^ DorfteQen) wenig*
ftend beuten gu fönnen, mflffen toir un8 gugleid^ einen anbern 3$er{ianb
beuten, in 33egie]^ung auf »eld^en unb gwar t)or allem il^m betgelegten
10 3»ed »ir j[ene 3ufammenftimmung ber 9iaturgefe^e mit unferer Urtl^eila»
fraft, bie für unfern SBerjtanb nur burt^ bai 9$erbinbung8mittel ber
ßmede benfbar ift, ald not^wenbig t)orfteI[en (5nnen.
Unfer SSerftanb nämlid^ l&at bie eigenfd&aft, bafe er in feinem ©r»
fenntniffe, g. S. ber Urfad^e eineiS ^robuctd, Dom Slnal^tifd^^SlUge«
15 meinen (üon Segriffen) gum ©efonbern (ber gegebenen enU)lrifd&en an=
f^auung) gelten mu^; tDobci er alfo in Slnfel^ung ber 3RannigfaIttgrett
beS le^tern nid^td beftimmt, fonbern biefe Seftimmung für bie Urtl^eifö«
Iraft t)on ber @ubfumtion ber empirifd^en anft^auung (wenn ber ®egen<
ftanb ein 9{aturprobuct ift) unter bem Segriff erwarten mug. 9lun f5nnen
20 »ir uns aber aud^ einen aSerftanb beulen, ber, »eil er nid^t wie ber unfrtge
biScurfiD, fonbern intuitiD ift, üom @9nt]^etifd^=aUgemeinen (ber
Sinfd^auung eines ©angen als eines fold^en) gum Sefonbern gel^t, b. t.
Dom ©angen gu ben 2;]^eilen; ber alfo unb beffen SorfteKung bes ©äugen
bieSufdUigfeit ber Serbinbung htxZ^tilt nid^t in f\i) entl^dlt, um
23 eine bestimmte f^orm beS ©angen moglid^ gu ma^en, bie unfer Serftanb
bebarf, weld^er oon ben 2;]^eilen als aOgemeingebad^ten ©rünben gu uer^
fd^iebenen barunter gu fubfumirenben m5gUd^en f^ormen als i^olgen fort*
gelten mufe. 9lad^ ber SBefd^affenl^eit unfereS SSerftanbeS ift l^ingegen ein
reales ©ange ber 9tatur nur als SBirlung ber concurrirenben bewegenben
so jbrdfte ber Sl^eile angufel^en. äßoHen wir unS alfo nid^t bie SRöglid^Ieit
beS ©äugen als t)on ben Sil^eilen, wie eS unferm biScurftDen Serftanbe
gemdg ijt, fonbern uad^ SRa^gabe beS intuitiDen (urbilblid^en) bie 3Rögs
Ud^Ieit ber2;^eile (il^rer Sefd^affenl^eit unb SSerbinbung nad^) als t)om
©angen abl^dngenb DorfteQen: fo tann biefeS nad^ eben berfelben ©igen*
35 tl^ümli^feit unfereS SSerftanbeS nid^t fo gefci^el^en, ba^ baS ©ange ben
©runb ber SRbglit^Ieit ber Serrnü{)fung ber Sl^eile (weld^es in ber bis«
curfiDen @rlenntni|art äSiberfprud^ fein würbe), fonbern nur ba| bie
408 ^Hr ber Urtl^eildfraft. 2. Z:f^\l Mut ber teleologtfd^en Uttl^eUaftaft
aSorftellung eines ©anjeit ben ®runb ber 3RigIid^feit ber^orm beffe^
ben unb ber baju gehörigen 9Sertnfipfung ber Sl^eile entl^alte. 3)a ba^
®anje nun aber al«bann eine SSirfung, ^robuct, fein »urbe, bcffen
äSorftellung als bie Urfad^e feiner SRöglid^feit angefel^en koirb, baS
$robuct aber einer Urfadde, beren SeftimmnngSgrunb blog bie SBorftet» ^
Inng il^rer SBirlung ift, ein Qxotd ^eigt: fo folgt barauS, bag eS blog eine
Solge au« ber befonbern Sefd^affenfteit unfere« SSerftanbe« fei, »enn »ir
$robucte ber 9latur nad^ einer anbern 9lrt ber Saufalit&t, atö ber ber
9laturgefe^e ber SRaterie, ndmlit^ nur nod) ber ber Qmdt unb @nbur«
f ad^en, unS aU möglid^ oorfteUen, utA bag biefed $rincip nid^t bie 9I5g« lo
lid^Iett folc^er S)inge felbft (felbft als $^dnomene betrad^tet) nadb biefer
@rjeugungSart, fonbern nur bie unferem 93erftanbe mögli^eSeurt^eilung
berfelben angelte. äSobei wir gugleid^ einfel^en, toaxum wir in ber 9tatur^
funbe mit einer Srfldrung ber $robucte ber 9latur burc^ Saufalit&t nadb
Stoedten lange nidbt iufrieben ftnb, »eil »ir nämlid^ in berfelben bie 9la« 15
turerjeugung blofe unferm aSermögen fie gu beurtl^ellen, b. i. ber refiecti*
renben Urtl^eitötraft unb nit^t ben S)ingen felbft gum Sel^uf ber befiim*
menben Urt^eitöfraft angemeffen gu beurtl^eilen t)erlangen. @« i{t Riebet
aud^ gar nid^t nötl^ig gu bemeifen, bag ein fold^er miellectus archetypns
möglich fei, fonbern nur bag mir in ber S)agegenldaltung unfere« biScur« 20
ftoen^ ber Silber bebiirftigen SSerftanbeS (iDtellectus ectypus) unb ber
Suf&Qigleit einer fold^en Sefd^affentieit auf fene 3[bee (eines intellectus
archetypus) geführt toerben, biefe aud^ feinen SBiberfprud^ entl^alte.
SSenn mir nun ein ©angeS ber ÜRaterie feiner f^^orm nad^ al8 ein
Sßrobuct ber Steile unb it|rer j(rdfte unb Vermögen fid^ Don felbfl gu t)er^ S5
binben (anbere SRaterien, bie biefe einanber guffi^ren, l^ingugebad^t) be«
trad^ten: fo fteOen mir und eine med^anifd^e SrgeugungSart beffelben Dor.
aber e« fommt auf fold^e Slrt fein S3egriff t)on einem ®angen ate Qw^d
l^erauS, beffen innere 3)f5glid^teit burd^auS bie ^hte Don einem ©angen
DorauSfe^t, Don ber felbft bie ädefd^affenl^eit unb SßirfungSart ber Sl^eile so
ab^dngt, mie »ir un8 bod^ einen organifirten Mxptx Dorftellen muffen,
hieraus folgt aber, mie eben gemiefen morben, nidbt, bag bie med^anifd^e
Srgeugung eines fold^en Rbxpa^ unmöglid^ fei; benn baS mürbe foDiel
fagen, als, eS fei eine fold^e Sinl^eit in ber SBerfnfi^fung beS SRannigfal«
tigen für {eben SSerflanb unmöglid^ (b. i. miberfpred&enb) fid^ Dorgu« 35
fieOen, ol^ne ba^ bie 3!bee berfelben gugleid^ bie ergeugenbe Urfad^e ber«
felben fei, b. i. ol^ne abftd^tlid^e ^erDorbringung. ©leid^mol^l mürbe biefeS
2. «bt^eilung. S)mIeTti! ber ieUoXo^\\^tn Urt^eildfraft. 409
in ber 2:]^at folgen, toenn mir materielle Sßefen a\S S)inge an jtd^ felbft
angufel^en bered^tigt to&ren. S!)enn olSbann m&rbe bie (Sinl^eit, meldte ben
©runb ber 9R5gIi(^feit ber Slaturbilbungen au^mad^t, lebigltd^ bie @in«
l^eit beS SfiaumS fein, meld^er aber fein Stealgrunb ber (Srieugungen, fon«
5 bem nnr bie formale Sebingung berfelben ift; obmol^I er mit bem äteal«
grunbe, toeld^en mir fu^en, barin einige Si^nlid^reit l^at, bag in il^m lein
S^eil ol^ne in SSerl^dltnife auf ba^ ®anje (bejfen JBorfteDung alfo ber
aRoglid^teit ber Sl^eile jum ®runbe liegt) beftimmt merben fann. S)a eS
aber bod^ menigftenS mögUd^ ift, bie materieQe SSelt als bloge @rfd^ei«
10 nung gn betrad^ten unb etmaS a\S S)ing an ftd^ felbft (meld^eiS nid^t @r«
fcfteinung ift), al« Subftrat, ju benfen, biefem aber eine corrcfponbirenbe
intellectuelle Slnfc^auung (wenn jtc gleld& nid^t bie unfrige ift) unterju*
legen: fo mürbe ein, objmar für und unerfennbarer, überpnnlid^er SReal«
grunb für bie 9latur Statt finben, gu ber mir felbft mitgel^oren, in mel»
i& d^er mir alfo baS, mad in il^r als ©egenftanb ber @inne notl^menbig ift,
nad^ med^anifd^en ©efe^en, bie Bufammenftimmung unb @in]^eit aber
ber befonberen ®efe^e unb ber f^ormen nad^ benfelben, bie mir in 9ln=
fel^ung iener als guf&Qig beurtl^eilen muffen, in il^r als ©egenftanbe ber
Vernunft (fa baS Slaturgange als Softem) gugletd^ nad^ teleologifd^en
20 ©efe^en betrad^ten unb fte nad^ gmeierlei ^rincipien beurtl^eilen mürben,
ol^ne ba^ bie med^anifd^e SrflarungSart burd^ bie teleologifd^e, als ob fte
einanber miberfpräd^en, auSgefd^loffen mirb.
hieraus l> jtd^ aud^ baS, mas man fonft gmar leidet t)ermutl^en,
aber fd^merli^ mit ©emigl^eit bel^aupten unb bemeifen tonnte, einfe^en,
25 bag gmar baS ^rincip einer med^anifd^en Ableitung gmedtm&^iger 9latur«
probucte neben bem teleologifd^en beftetien, biefeS le^tere aber teineSmegeS
entbel^rlid^ mad^en fbnnte: b. i. man fann an einem S)inge, melc^eS mir
als 9laturjmed[ beurtl^eilen mfif[en (einem organiftrten SBefen), gmar alle
belannte unb nod^ gu entbedtenbe ©efe^e ber med^anifd^en Srgeugung oer^
30 fud^en unb aud^ l^offen bürfen bamit guten Sortgang gu l^aben, niemals
aber ber Berufung auf einen baoon gang unterfc^iebenen @rgeugungS«
grunb, n&mlid^ ber 6aufalitdt burd^ S^oedte, für bie 3Röglid^teit eines
fold^en ^robucts übert|oben fein; unb fd^led^terbingS fann feine menfd^«
lid^e 93ernunft (audb feine enblidge, bie ber Qualit&t nad^ ber unfrigen
35 d^nlid^ mfire, jie aber bem ®rabe nad^ nod) fo fel^r überfliege) bie ©rgeu»
gung audb nur eines ©rdSd^enS aus blog med^anifd^en Urfad^en gu Der«
ftel^en l^offen. S)enn menn bie teleologifd^e a3erfnü))fnng ber Urfac^en unb
410 ^til bet Urt^eili^fraft. 2. ^t\l SMüf ber teleologifd^en Urt^eiliSfraft.
SBirfunflen gur SKößUd&fctt eine« foI(%en ©eflenjtanbe« für blc Urtl^cite*
fraft ganj unentbel^rlid^ ift, felbft um biefe nur am Seitfaben ber @rfal^
rung gu ftubiren; »enn für äugere ®egen{)dnbe als Srf^einungen ein
fid^ auf 3Q>e(Ie begiel^enber l^inreid^enber ©runb gar nid^t angetroffen
merben fann, fonbern biefer, ber aud^ in ber 9latur liegt, bod^ nur im 5
überftnnlid^en Subftrat berfelben gefud^t »erben mug, t)on »eld^em und
aber alle moglid^e @injtd^t abgefd^nitten ift: fo ift ed und fd^Ie(^terbing8
unmöglid^, auS ber 9latur felbft l^ergenommene ©rtldrungSgrünbe für
Bmedoerbinbungen gu fd^öpfen, unb ed ift nat^ ber S3efd^affen§eit bed
menfd^Iid^en ßrlenntnigoermögen« notl^YDenbig, ben oberfien ®runb bagu 10
in einem urfprünglid^en SSerftanbe al« SSelturfat^e gu fud^en.
§78.
93on ber SSereinigung bed $rincip« beS allgemeinen
ÜRed^aniömu« ber SRaterie mit bem teleologif^en in ber
Sed^nif ber 9latur. u
@« liegt ber SSernunft unenblid^ i^iel baran, ben 3Red^ani«m ber !Ra«
tur in i^ren @rgeugungen nic^t faUen gu laffen unb in ber SrK&rung ber»
felben nid^t t)orbei gu ge^en: toeil o^ne biefen feine (Sinfit^t in bie %atur
ber ^inge erlangt merben fann. SBenn man und gleid^ einrdumt: bag
ein pc^fter 8lr(ftiteft bie ^Jormen ber 3latur, fo »ie fte oon je l^er ba pnb, w
unmittelbar gefc^affen, ober bie, melt^e ftc^ in il^rem Saufe continuirli^
nad^ eben bemfelben SItufter bilben, prdbeterminirt l^abe: fo ift bod^ ba-
burd^ unfere @r!enntni^ ber 9latur nid^t im minbeften gefbrbert: meil ttir
iened äBefenS ^anblungdart unb bie 3been beffelben, toeld^e bie $rin«
cipien ber 3RögIid^feit ber ^laturkoefen entl^alten follen, gar nid^t tennen ss
unb t)on bemfelben als t)on oben l^erab (a priori) bie Statur nid^t erftdren
fonnen. SBollen mir aber t)on ben formen ber ©egenftdnbe ber (Srfal^*
rung, alfo oon unten l^inauf (a posteriori), meil mir in biefen B^oedEmd^ig^
feit angutreffen glauben, um biefe gu erflären, und auf eine nad& Qxotdtn
mirfenbe Urfad^e berufen: fo mürben mir gang tautologifc^ erftdren unb »
bie SSernunft mit 3Borten tdufd^en, ol^ne nod^ gu ermdl^nen: bag ba, mo
mir und mit biefer ßrfldrungdart iud Überfd^menglid^e verlieren, mol^in
und bie Slaturerfenntni^ nid^t folgen fann, bie SBernunft bid^terifc^ gu
fd^mdrmen oerleitet mirb, meld^ed gu loerl^üten eben il^re ))orgügll(^[te 99e«
ftimmung ift. 35
2. Stbt^etlutid. ^\aUmt bet teleologifd^en Itri^eUdhaft. 411
SSon ber anbern @ette ift e8 eine eben fotool^I notl^toenbige 9Ra;time
ber SSernunft, baS ^rincip ber Qmdt an ben ^robucten ber 9{atur ntc^t
Dorbei ju gelten: loeil eS, menn eiS gleid^ bie @nt{)e]^ungSart berfelben unS
eben nicftt beflreipi<!öer mad&t, bod^ ein l^euripifd^e« ^rlnctp i% ben be=
5 fonbem ©efe^en ber 9latur nad^juforfc^en; gefegt au^, ba^ man baoon
feinen ©ebraud^ mad^en tooDte, um ble 9latur felb{i bama^ gu erHdren,
inbem man fte jo lange, ob fte gleid^ abfid^tlid^e Smedelnl^eit augenjii^etn«
li(!Ö barlegen, nod& immer nur SRaturgiüede nennt, b. i. ol^ne fiber ble 5Ra*
tur l^lnau« ben ®runb ber aRögltd^fett berfelben ju fud^en. SBetl eS aber
10 bodi am @nbe }ur $rage megen ber (enteren fommen mug: fo ift eS eben
fo notl^toenbig für pe, eine befonbere «rt ber gaufalitdt, bie pc^ nld^t in
ber 5Ratur üorpnbet, gu benfen, al« ble aWed^anU ber Slatururfad^en bie
il^rlge l^at, inbem gu ber SReceptiDitdt mel^rerer unb anberer formen, al8
bereu bie ÜRaterie nad^ ber Unteren fdl^ig Ifi, nod^ eine Spontaneität einer
13 Urfad&e (ble alfo nld^t 3Raterie fein fann) l^lngufommen mufe, ol&ne m\6it
Don tenen formen fein ®runb angegeben merben !ann. Qtoax mug bie
SSernunft, e^e pe biefen ©d^rltt tl^ut, bel^utfam t)erfa]^ren unb nid^t jjebe
Sed&nil ber SHatur, b. i. ein ^jrobucttoe« Vermögen berfelben, mW&
Swedmdfeigfelt ber ©eftalt fftr unfere blofee ap^jrel^enpon an pd^ geigt (»le
20 bei reguldren Äfirpern), für teleologlfcft gu erüdren fucften, fonbem Immer
fo lange ffir blog med)anlfd^-m5gUd^ anfe^en; aQeln barüber baö teleolo-
glfc^e ^rlnclp gar auSfc^Iiegen unb, tt)o bie 3n>edtmdglglelt ffir ble 93er«
nunftunterfud^ung ber 9R5gIld^(eit ber 9laturformen burd^ i^re Urfad^en
Pd^ gang unidugbar atö S3egiel^ung auf eine anbere 9lrt ber (Saufalltdt
35 geigt, bod^ immer ben bloßen SRed^aniSm befolgen mollen, mug bie äSer-
nunft eben fo p^antaftlfd^ unb unter ^Irngefplnften oon 9lotun)ermögen,
ble pd^ gar nlc^t beulen laffen, l^erumfc^melfenb mad^en, als eine blog
teleologlf d^e ßrtldrungiSart, bie gar feine Sflfidpd^t auf ben 9laturmed^antöm
nimmt, fie fdbmdrmerlfd^ machte.
-eo Sin einem unb eben bemfelben S)lnge ber 9tatur la^en pd^ nld^t belbe
^rlnclplen, als ©runbfd^e ber (Srfldrung (S)ebuctton) elned oon bem am
bern, oerfnfipfen, b. i. als bogmatifd^e unb conftltutloe ^rlnclpien ber
5RaturelnPd^t für ble bepimmenbe ttrtl^eitöfraft vereinigen. SBenn ld&
g. 93. oon einer !Ißabe annel^me, pe fei a\i $robuct bes blogen SRed^anlS«
35 muS ber SRaterie (ber neuen Sllbung, ble pe für pd^ felbfi betoerfftelligt,
»enn lt|re (Slemente burd^ f^dulnlg In f^rell^elt gefegt toerben) angufe^en:
fo fann Id^ nun nld^t ))on eben berfelben SRoterle, als einer (Saufalltdt
412 ^ttir ber Urt^eildfraft. 2. Sl^eil. Stviiif ber teleologif<^en Urtl^ldfraft.
nad^ S(otdtn gu l^anbeln, eben baffelbe ^robuct ableiten. Umgefel^rt,
toenn id^ baffelbe $robuct als Staturgtoed annel^me, fann id^ nid^t auf
eine me^anifd^e (StgeugungiSart beffelben red^nen unb foId)e atö conftitu«
tioed ^rincip gur Seurtl^eilung beffelben feiner 3R5gKd^teit nad^ annel^«
nten unb fo beibe ^rincipien t)ereintgen. 2)enn eine @rf(arungSart fd^Iie^t 5
bie anbete aud; gefegt aud^, ba^ objectiD beibe ®rfinbe ber 3Riglid^feit
eines folc^en ^robuctö auf einem einzigen berul^ten, mir aber auf blefen
nic^t JRüdtpd^t nfil^men. Saö ^rincip, »elc^e« bie SBereinbarfelt beiber in
Seurtl^eilung ber 9latur nad^ benfelben möglid^ mad^en foD, mug in bem,
\x>a& auger^alb beiben (mitl^in aud^ auger ber möglichen empirijd^en %as lu
turDorfteüung) liegt, non biefer aber bod& ben ®runb ent^ÄU, b. i. im
Überftnnlid^en, gefegt unb eine iebe beiber SrüfirungSarten barauf bego«
gen merben. 3)a mir nun non biefem nid^tS a\& ben unbeftimmten Se»
griff eines ©runbeS l^aben fbnnen, ber bie Seurt^eilung ber !ßatur nad^
empirifd^en ©efe^en moglid^ mad^t, übrigens aber i^n burdb lein $r&bi« u
cat n&^er beftimmen fönnen: fo folgt, bag bie SSereinigung beiber $rin«
cipien nid^t auf einem ©runbe ber @r(Idrung (@jcpIication) ber 9R5g«
lid^feit eines $robuctS nad^ gegebenen ®efe^en für bie beftimmen be,
fonbern nur auf einem ©runbe ber ßrörterung (@jrpofttion) berfelben
für bie repcctirenbe Urtl^eilSfraft berul^en lönne. — S)enn erflären l^eifet 20
Don einem ^rincip ableiten, meld^eS man alfo beutlid^ mug erfennen unb
angeben fonnen. 9tun mfiffen gmar baS ^rincip beS SRed^aniSmS ber 9la»
tur unb baS ber 6aufalit&t berfelben nad^ Sn^^^^n an einem unb eben bem^
felben Staturprobucte in einem eingigen oberen ^rincip gufammenl^ängen
unb barauS gemeinfd^aftlid^ abpiie^en, meil fte fonft in ber 9laturbetrad^« 25
tung nid^t neben einanber befleißen tbnnten. äBenn aber biefeS obiectio^
gemeinfd^aftlid^e unb alfo aud^ bie ©emeinfd^aft ber baoon ab^&ngenben
ÜRajrime ber Slaturforfc^ung bered^tigenbe ^rincip oon ber Art ift, bafe
es gmar angegeigt, nie aber beftimmt erfannt unb f&r ben ©ebraud^ in
oorfommenben t^&llen beutlid^ angegeben merben fann: fo Idgt fid^ auS »
einem fold^en $rincip feine @rflarung, b. i. beutlid^e unb beftimmte Ab-
leitung, ber ^öglid^feit eines nad^ jenen gmei l^eterogenen ^rincipien
möglid^en 9laturprobuctS gießen. 3flun ift aber baS gemeinf(^aftlid^e
^rincip ber med^anifd^en einerfeitS unb ber teleologifdben Ableitung an«
brerfeits baSÜberfinnlid^e, meld^eS mir ber 9latur als ^l^&nomen un* 35
terlegen mfiffen. SSon biefem aber fönnen mir unS in tJ^eoretifdb^i^ Übftd^t
nic^t ben minbeften bejal^enb befttmmten 93egriff mad^en. 3Bie alfo nad^
2. «btl^eilung. 2}ialerti! ber teleologif^en Urtl^eUdrroft. 413
bemfelbeti, als ^rincip, bie 9latur (nad^ il^ren bejonbern ©efe^en) ffir
und ein @Qftem auSmad^e, meld^ed fott)oI|l nad^ bem $rinctp ber 6rjeu»
gung Don ))]^9jifd^en aU bem ber @nburfad)en als möglid^ erlannt loerben
fbnne: Idgt fid^ teinedmeged erfldren; fonbern nur, menn ed ft(^ jutrAgt;
& bog ®egenft&nbe ber 9lQtur Dorfommen, bie nad^ bem ^rincip beS äße«
d^aniSmS (melc^eS jeberjeit an einem 9taturu)efen Slnfpru(j^ l^at) i^rer
^bglid^feit nac^, o^ne uns auf teleologifd^e ®runbf&^e gu ftü^en, Don
uns nt(^t rönnen gebadet merben, oorausfe^en, bag man nur getrofi bei«
ben gem&g ben 9laturgefe^en nad^forfd^en bflrfe (nad^bem bie ^5glid^leit
10 il^re« 5ßrobuct« auö einem ober bem anbern $rincip unferm SSerftanbe
erfennbar iß), ol^ne ftd^ an ben fc^einbaren SSiberftreit gu fto^en, ber {td^
gmifd^en ben$rincipien berSBeurtl^eilung beffelben l^erDortl^ut: meUmenig«'
ftenS bie äRbglid^feit, bag beibe aud^ objectit) in einem ^rincip vereinbar
fein mbd^ten (ba fie @rfd^einungen betreffen, bie einen überftnnlid^en
15 Orunb DorauÄfefeen), gefid&ert ift.
Db alfo gleid^ fomol^l ber ^ed^aniSm ald ber teleologifd^e (abftt^t«
lid^e) Sed^niciSm ber 9latur in Slnfel^ung ebenbeffelben ^robuctö unb
feiner Sßöglid&feit unter einem gemein|(^aftlid&en obern ^rincip ber Sta-
tur nad^ befonbern ©efe^en ftel^en mögen: fo fönnen mir bod^, ba biefeS
20 $rincip tranSfcenbent Ift, nac^ ber @ingefd^rdnft^eit unfereS SSerftan-
be« beibe ^rindpien inberertldrung eben berfelbcn Slaturergeugung
aisbann nid^t vereinigen, menn felb{i bie innere ^öglid^feit biefeS $ro«
buctS nur burd^ eine ßaufalitdt nad^ Smedten oerftdnblid^ifi (mie or*
ganifirte Materien t)on ber Srt finb). €S bleibt alfo bei bem obigen
25 ®runbfa^e ber Seleologie: bag nad^ ber Sefd^affen^eit beS menfd^Iid^en
aSerjlanbeS für bie 3Äöglld&feit organiftfter aSBcfen in ber SRatur feine an-
bere als abfid^tlit^ loirtenbe Urfac^e (önne angenommen merben, unb
ber bloge SJZed^aniSm ber 9iatur gur Srfldrung biefer i^rer ^robucte gar
nid^t l^inldnglid) fein fönne; ot|ne boc^ baburc^ in Anfel^ung ber ^öglid^«
30 feit^olc^er 3)inge felbft burd^ biefen ©runbfa^ entfd^eiben gu mollen.
S)a ndmli(^ biefer nur eine 5Kaf Ime ber reflectirenben, nid^t ber be^
ftimmenben Urtl^eilSfraft ift, bal^er nur fubjectit) für unS, nidf)t ob{ectiD
für bie 2RögIid()feit biefer »rt 2)inge felbft gilt (wo belberlei ©rgeugungS«
arten mo^I in einem unb bemfelben ®runbe gufammenl^dngen tonnten);
35 ba ferner ol^ne aQen gu ber teleologifd^-geba^ten ßrgeugungSart ^ingu«
lommenben Segriff üon einem babel gugleid^ angutreffenben SÄed^aniSm
ber 9latur berglei(^en (Srgeugung gar nid^t als 9latur))robuct beurtl^eilt
414 ^ttil bet Uvt^eitiShaft. 2. 3||eH. Mixt bet teleologtf^ett Urt^tldfraft.
koerben fönnte: fo fül^rt obige SRojcime su0lei(^ bie 9lotl^menbigtett einer
SSereinigung beiber $rincipien in ber SeurtJ^eilung ber ^inge al8 Blatur*
gmede bei fid^, aber nid^t nm eine ganj, ober in geioiffen @tüden an bie
Stelle ber anbern gn fe^en. 3)enn an bie Stelle beffen, toa& (oon und
»enigftenS) nur aliS mii übfic^t uioglid^ gebadet ttirb, la^t {id^ fein 3R^ '^
d^aniSm; unb an bie SteDe beffen, »aS nat^ biefem al8 notl^ioenbig er^
tannt ivirb, lagt fi(^ leine Sufdaigfeit, bie eined QxotdS jum Seflim»
mungSgrunbe bebürfe, annel^men: fonbem nur bie eine (ber äRed^aniSm)
ber anbern (bem abP(!^tH(l^en Sed^niciSm) unterorbnen, toeld^eiS nad^ bem
tramSjcenbentalen $rincip ber Btti^dmA^igteit ber 9latur ganj ttol^I ge» lo
fd^e^en barf.
S)enn »o Qxotdt als ©rünbe ber 9ß5glid^feit geiDiffer 3)inge gebadet
I merben, ba mug man aud^ 3Rittel annel^meUf beren Sßirfungdgefe^ für
fi(^ nid^tS einen Sxotä SSorauSfe^enbeS bebarf, mitl^in mec^anifd^ unb
bod^ eine untergeorbnete Urfad^e abfi(^tlidber SSirtungen fein fann. S>a^ is
l^er Idgt fid^ felb{i in organif^en $robucten ber 9latur, nod^ mel^r aber,
I toenn mir, burd^ bie unenblid^e SRenge berfelben veranlagt, baiS abftd^t*
I lid^e in ber SBerbinbung ber ^atururfad^en nad^ befonbern ©efe^en nun
aud^ (menigftenS burd^ erlaubte $9potl^efe) gum allgemeinen $rinci))
ber reflectirenben Urt^eildlraft für baä Slaturganje (bie äßelt) annehmen, so
eine groge unb fogar allgemeine SSerbinbung ber med^anif(^en ®efe^e
I mit ben teleologifd^en in ben Erzeugungen ber !ßatur beuten, ol^ne bie
^rincipien ber 93eurt^eilung berfelben gu »erioed^feln unb eines an bie
Stelle beS anbern gu fe^en: meil in einer teleologifd^en Seurtl^eilung bie
!D{aterie, felb{l menn bie Sorm, »eld^e fte annimmt, nur al8 nad^ Sbfid^t »^
m5glid^ beurt^eilt wirb, bod^ il^rer 9tatur nad^ med^anif(^en ®ef e^en gemdg
ienem DorgefleHten Qwät aud^ gum SRittel untergeorbnet fein lann; nie«
»ol^l, ba ber ®runb biefer SSereinbarfeit in bemjenigen liegt, ivaS meber
baiS eine nod^ bad anbere (meber ^ed^anidm, no(|| Smedberbinbung), fon«
bem bad überfinnlid^e Subftrat ber 9latur i{t, r>t>n bem »ir nichts er« so
fennen, für unfere (bie menfd^lid^e) SSernunft beibe SSorfiellungSarten ber
3R5glid^reit fol(^er Obiecte nid^t gufammeniufd^melgen flnb, fonbem tt)ir
fte nid^t anberS ald nad^ ber SSerfnüpfung ber Snburfad^en auf einem
oberften SBerftanbe gegrünbet beurt^eilen fönnen, U)obur(^ alfo ber teleo«
logifd^en ErfldrungiSart nid^td benommen ttirb. »
SBeil nun aber gang unbeftimmt unb für unfere SSernunft audb auf
immer unbeftimmbar i{t, »ieDiel ber Sßed^aniSm ber Slatur a\S 3Rittel gu
2. 5IBtöeiTunfi. fDioIef«! bcr teleologifd^en Urtl&eltefrnft. 415
ieber Snbabjid^t in berfelben tl^ue; unb toegen beS obertoäl^nten intelligi«
belen $rincip8 ber äßöglic^feit einer 9iatur ilberl^aupt gar angenommen
»erben fann, bo^ fte burd^gdngig nad^ beiberlei allgemein jufammen«
ftimmenben ©efe^en (ben ^l^Qfifd^en nnb ben ber @nbnr)a$en) möglid^
5 fei, mietool^I mir bie Sirt, mie biefed guge^e, gar ntd^t einfel^en fönnen: fo
loiffen mir aud^ nid^t, mie meit bie für unS mdglid^e med^anifd^e (Srlld«
rung8art gel^e, fonbern nur fo üiel gemife: ia% |o toeit »ir nur immer
barin lommen m5gen, fte bod^ allemal für S)inge, bie mir einmal ald 9la«
turgmedte anerlennen, unjureid^enb fein unb mir alfo nad^ ber Sefd^offem
10 l^eit unfereS 93er{lanbe8 jene ©rünbe indgefammt einem teleologifd^en
^rindp unterorbnen muffen.
hierauf grünbet fic^ nun bie Sefugnig unb megen ber SBi^tigleit,
meldte baS 9taturftubium nad^ bem $rincip bed ^ed^anidmiS für unfern
tl^eoretifd^en SSernunftgebraud^ l^at, aud^ ber Seruf: ade $robucte unb
15 (Sreigniffe ber Slatur, felbft bie gmedfmä^igflen fo meit med^anifd^ gu er«
Hdren, al8 eS immer in unferm SSermögen (beffen ©d^ranfen mir inner*
§alb biefer Unterfud^ungSart nid^t angeben f5nnen) fielet, babei aber nie»
mals aM btn Slugen gu verlieren, bag mir bie, meldte mir aOein unter
bem ^Begriffe üom Swedte ber SSernunft gur Unterfud&ung felbft aud^ nur
20 aufj^eOen lonnen, ber mefentlid^en SBefd^affenl^eit unferer SSernunft gemäg,
iene med^anifd^en Urfad^en ungead^tet, bod^ gule^t ber @aufalität m^
Smedfen unterorbnen muffen.
aWctl^obenlcl^re ber teleologifd^en Urtl^cilglraft
§79.
Ob bie Seleologie als gur 9laturlel^re ge^5renb abgel^anbelt
tterben mäffe. 5
@ine iebe 3ßif[enfd^aft mug in ber (Snc^flopäbie aVitx Sßiffenf(^aften
tl&rc bcfttmmtc Stcüe l^abcn. Sft c« eine pl^llofopl&ifcftc SBiffenfd^aft, fo
mug il^r i^re SteQe in bem ttieoretijd^en ober prattifii^en 2:]^eU berfelben
unb, l^at pe il^ren ^Iq^ im erftcren, entmeber in ber 9?aturlel^re, fo fem
fte baS, tt)aiS ©egenftanb ber Srfal^rung fein fann, erm> (folglid^ ber 10
Äör|)erle]^re, ber ©eelenlel^re unb allgemeinen SBeUtoiffenfd^aft), ober in
ber ©ottedlel^re (oon bem Urgrunbe ber SBelt alÄ Snbegriff aller ®egen=
ft&nbe ber ßrfa^rung) angemiefen »erben.
9iun fragt {id^: äßeld^e ©teQe gebai^rt ber Steleologie? ©el^drt fie
gur (eigentlich fogenannten) 9iaturtt)iffcnfd&aft, ober jur SE^eologie? @in8 15
oon beiben mug fein; benn gum Übergange auS einer in bie anbere lann
gar feine SBiffenfd^aft gel^oren, »eil biefer nur bie articulation ober Or»
ganifation beiS SqftemS unb leinen $la^ in bemfelben bebeutet.
S)ag jte in bie Sl^eologie ald ein Sl^etl berfelben nid^t gel^5re, obgleidb
in berfelben oon il^r ber »id^tigfte ©ebraud^ gemad^t »erben fann, ift für 20
ftd^ felbft flar. 3)enn fie ^at Staturergeugungen unb bie Urfadf)e ber«
felben gu il^rem ®egenftanbe; unb ob fte gteid^ auf bie le^tere, ald einen
au^er unb fiber bie Statur belegenen ©runb (göttlid^en Url^eber) l^inaud«
»eifet, fo t^ut fte biefed bod^ nid^t ffir bie bejlimmenbe, fonbern nur (um
bie SBeurtl^eilung ber S)inge in ber äSelt bur^ eine fold^e Sbee bem ^
menfd^Ud^en 93er[tanbe angemeffen ald regulati^ed $rincip gu leiten) blog
fAr bie reßectirenbe Urtl^eilSfraft in ber 9laturbetrad^tung.
^nl^ang. üJ^etl^obenlel^re ber teleologtfd^en Urt^eildfroft. 417
@ben fo toenig fd^eint fte aber aud^ in bie 9lQtumiffenfd^aft ju ge*
l^ören, [toelc^c bcftimmenbcr unb nid^t blofe rcflcctircnbcr ^rtndplcu bc=
barff um Don Siaturmirfungeu obiectbe ©rimbe anzugeben, ^n ber 5£l^at
ip au(^ für bie Sl^eorle ber 3latur, ober bte mecftanifd^e ©rflSrunß ber
6 $^&nomene berfelben burd^ il^re loirfenben Urfadben baburd^ nid^tö ge«
loonnen, bag man fie nadb bem SSerl^dltniffe ber Su}edte ju etnanber be^^
trad^tet. 3)ie auffteDung ber Qtotdt ber Slatur an il^ren ^robucten, fo
fern {te ein @qftem nad^ teleologifd^en Segriffen auSmad^en, i{i eigentlid^
nnr gur 9laturbefd^retbung geprig, meiere nad^ einem befonbern Seit«
10 faben abgefaßt ift: too bie SSernunft jwar ein ^errlidbe« unterrid^tenbe«
unb {)raftifd^ in mand^erlei abpddt gYoedm&giged ©efd^&ft oerridbtet, aber
über bad Sntfte^en unb bie innere SRdglidbfeit btefer f^ormen gar feinen
auffd^Iu^ giebt, morum eS bod^ ber tl^eoretifd^en SRaturkoiffenfd^aft
eigentlid^ ju t^un ift.
15 S)ie Seleologie alö 338if[cnf(ftaft gel^ört alfo gu gar feiner 3)octrin,
fonbern nur gur j^ritif unb gmar eined befonbern @rfenntnigt)ermögeniS,
nomlid^ ber Urtl^eilöfraft. aber fo fern fte Sßrincipien a priori enttjölt,
fann unb mug fte bie SDtetl^obe, mie über bie 9latur nad^ bem ^rinclp ber
(Snburfac^en geurt^eilt merben mfiffe, angeben; unb fo l^at il^re SRet^oben«
20 lelire menigPen« negatioen ßinflufe auf ba« SSerfal&ren in ber t^eoretifd^en
9laturn)if[enfdbaft unb aud^ auf bad 93er^&Itnig, toeld^eS biefe in ber
3Retap^9fit gur Sl^eologie aliS ^rop&beutif berfelben ^oben fann.
§80.
S3on ber notl^ioenbigen Unterorbnung beiS ^rincipS beS
25 SRed^aniömS unter bem teleologifd^en in @rflarung eines
2)ingeiS aU 9laturgtt)edfiS.
S)ie 93ef ug ni^ auf eine blog med^anifc^e Srfl&rungSart aller 9latur«
probucte audgugel^en ifi an ftd^ gang unbefd^rdnft; aber baiS SBer«
mögen bamit aQein audgulangenift naä) ber Sef^affenl^eit unfereiS
30 SSerftanbeS, fofern er eS mit fingen al8 SHaturgkoedten gu tl^uu ](|at, nid^t
allein fet|r befd^rdntt, fonbern auc^ beutlid^ begrdngt: ndmlid^ fo, bag
nad^ einem Jßrincip ber Urtl^eilSfraft burd^ baS erftere SBerfal^ren allein
gur @rtldrung ber le^teren gar nid^td audgerid^tet toerben fönne, mitl^in
bie Seurt^eilung fol^er ^robucte jjebergeit oon unS gugleid^ einem teleo«
35 logifd^en ^rincip untergeorbnet »erben mfiffe.
SianVB ۊ)ti^tttL SerCe. V. 27
418 Ärttif bcr Urt^ctlgftaft. 2. ^eil. Sttim her tcleologifd^en Urtl^etWMt.
68 ifi bal^er Dcrnünftifl, ja öerbienpU(^, bcm ^laturmcd^anUm jum
Scffuf einer ©rflärung ber SHaturprobucte fomeit nad^gugel^en, qIä e« mit
SBal^rfc^cinlidöfeit gefd^el^en fann, ja biefcn SSerfud^ nid^t barum aufgu*
geben, tneil es an f{(!^ unmöglich fei auf feinem SBege mit ber 3^^^*
mdligfeit ber Dktur jufammenautreffen, fonbern nur barum, toeil e8 ffir 5
und al8 äRenfd^en unmögli(i^ tft; inbem bagu eine anbere a(8 {tnnlid^e
9lnf(]^auung unb ein beftimmted @rlenntnig be8 inteQigibelen @ubftrat8
ber 9latur, morauS felbft t)on bem SRed^aniSm ber Srfd^einungen naii
befonbern ©efe^en ®runb ongegeben werben fönne, erforberlid^ fein
mürbe, U)eI(!^eiS alled unfer SSermögen g&njlid^ uberfteigt. lo
S)amit alfo ber 9laturforf(i)er nid^t auf reinen SSerluft arbeite, fo
mug er in Seurtl^eilung ber S)inge, beren 93egriff ald ^Ratur^nede unbe»
jmeifelt gegrfinbet ift (organiftrter SBefen), immer trgenb eine urfprüng*
lid^e Drganijation jum ®runbe legen, »cld^c jenen ÜRed^aniSm felbjt
benu^t, um anbere organiftrte t^ormen l^eroorjubringen, ober bte feintge u
ju neuen Oeftaltcn (bie bod^ aber immer au8 jenem ßwerfe unb i^m ge»
mafe erfolgen) ju entwidfcln.
@8 ift rü]^mli(!^, oermittelft einer comparattoen Anatomie bie groge
Sd^öpfung organiftrter Staturen burd^jugel^en, um gu fe^en: ob ftd^ baran
nid^t etmaS einem Softem 9(^nlid^e8 unb jkoar bem ßrgeugungdprinctp so
nadi) oorfinbe; ol^ne bag mir nötl^ig l^aben, beim blogen 93eurt]^eilung8^
princip (melc^ed für bie (Sinftd^t il^rer (Srgeugung feinen Sluffd^Iug giebt)
[teilen gu bleiben unb mut^Io8 aÜen Slnfprud^ auf 9latureinfid^t in
biefem gelbe aufzugeben. 35ie tiberetnfunft fo oielcr S^l^iergattungen in
einem gemiffen gemetnfamen @d^ema, baS nid^t aQein in i^rem j^nod^en« s^
bau, fonbern aud^ in ber anorbnung ber übrigen Stl^eile gum Orunbc gu
liegen fd^eint, mo beiounbrungSmürbige (Sinfalt be8 ®runbrtffe8 burc^
SSerfürgung einer unb äSerldngerung anberer, burc^ SinmidCelung biefer
unb 9(u8ioideIung jener Sl^eile eine fo groge SRannigfaltigteit oon
@pecie8 l^at l^erioor bringen fonnen, lä^t einen obgleid^ fd^mad^en Stral^I »
Don i^offnung in ba8 ®emät§ faQen^ bag ^ier uool^I etmaS mit bem
^rincip be8 9Red^ani8mu8 ber Statur, ol^ne »eld^eS e8 überl^aupt leine
Slaturmiffenfd^aft geben fann, au8guridf)ten fein möd^te. S)iefe 8lnalogie
ber t^ormen, fofern {te bei aller SSerfd^iebenl^eit einem gemeinfd^aftli(^en
Urbilbc gemäfe ergeugt gu fein fd^einen, oerftarft bie SSermut^ung einer 35
»irflid^en SSermanbtfd^aft berfclben in ber @rgeugung öon einer gemein«
fd^aftUd^en Urmutter burd^ bie ftufenartige 8(nn&l^erung einer S^^ier«
Unl^ong. SÄet^obenlc^re hex tcleofoglfc^en Urtljcilöfroft. " 419
gattung jur anbern, öon bcricnißen an, In welcher baö ^Princip bet Qtotdt
am meiften bemä^rt ju fein fc^eint, n&mlic^ bem SRenfc^en, btö gum
$ol9)), Don biefem fogar bis gu SRoofen unb ^led^ten imb enblid^ gu ber
ntcbrigftcn un« mcrflid^cn Stufe ber 9latur, jur rollen SWaterie: auS
5 meld^er unb il^ren j^r&ften nat^ mec^anifd^en ©efe^en (gleich benen, toor«
nad) fie in J^n^ftaHergeugungen iDtrft) bie gange 2:e(i^nit ber 9latur, bie
uns in organiflrten SSefen fo unbegreifliii^ ift, bag xoxx un8 bagu ein
anbereS $rtnci)) gu benfen genotl^igt glau&en, abgu^ammen fd^eint
$ier ftel^t ed nun bem 91 rd^A otogen ber Statur frei, auiS ben übrig»
u gebliebenen ©puren il^rer dlteften Sfleoolutionen nad^ allem i^m befannten
ober gemutl^imafeten SKedjaniSm bcrfelben jene grofee gamilie üon ®e»
fd^öpfen (benn fo mfigte man fte ftd^ ))orfteQen, loenn bie genannte burc^*
gdngig gufammen^dngenbe SBerioanbtfd^aft einen Orunb l^aben foU) ent*
fpringen gu laffen. &x !ann ben STOutterfc^oofe ber (grbe, bie eben auS
tö i^rem c^aotif^en 3uft<tnbe l^erauiSging (gleid^fam als ein grogeiS Stiier),
anfänglich ©efd^opfc oon minber*gtöedmfifeigcr Sorm, biefe mieberum
anbere, toelc^e angemeffener il^rem S^ugungSpla^e unb il^rem SSerl^<niffe
unter einanber jtd^ auöbilbeten, gebfiren laffen; bis biefe ®ebdrmutter
felbft, erftarrt, fid^ oerfnod^ert, il^re (äeburten auf beflimmte, fernerl^in
2a nid^t auSartenbe SpecieS eingefd^rdnlt ^dtte, unb bie 3Rannigfaltigfeit fo
bliebe, mie fte am ©nbc ber Operation jener frud&tbaren SilbungSfraft
ausgefallen mar. — attein er mufe glcic^tool^l gu bem @nbe biefer allge^
meinen SRutter eine auf alle biefe ®ef(^5pfe gmedmdBig geftellte Drgani«
fation beilegen, mibrigenfaüs bie ßn^ccffotm ber ^robucte beS Silier« unb
35 $flangenreid^Si]^rer9Rögli(^feitna4 gar nid^tgu beuten i[i*) SllSbann
*) (Sine ^^pot^efe tyon fold^er 9lrt !ann mau ein qtxoaqM tlbenteuer ber Ver-
nunft nennen; unb eS mögen wenige felbft öon ben f^arffinnigften Sflaturforf^ern
fein, benen eS nt(^t bisweilen burc^ ben jl'opf gegangen w&re. 2)enn ungereimt ifl
eS eben nt^t, rote bie generatio aequivoca, worunter man bie (^5eugung einei8 orga-
30 ntftrten SBefend burd^ bie Tleä^amt ber rollen unorgantfirten Tlattxxe tierftel^t. @le
märe immer no^ generatio nniToca in ber aUgemeinpen 99ebeutung beS SßßortS,
fofem nur elmaS £)rganif(3^eS ouS einem anbern Organifci^en, ob^war unter biefer
^rt 3Befen fpeciftf^ tyon i^m Unterf^tebenen, eraeugt märbe; a. ^. wenn gemtffe
Saffert^iere ft^ nad^ unb nac^ au ©umpft^ieren mib auS btefen naä^ einigen
35 Seugungen au Canbtl^ieren auSbübeten. A priori, im Urll^etle ber bloßen 53emunft,
miberftreitet fic^ baS nid^t. allein bie ^rfal^rung a^igt baoon fein 93eifpiel, naci^
ber oielme^r alle Beugung, bie mir fennen, generatio homonyma tfi, nid^t blo6
univoca im ©egenfa^ mit ber Seugung aud unorgantfirtem @toffe, fonbem an^
27*
420 ^ttif ber Urtl^dldfraft. 2. S^etl. SMtif ber teleotogife^en Uril^etUfraft.
ober f)at er bett @rflfirungegrunb nur koetter oufgefil^obett unb fann ft^
ttiij^t anmagettr bie (Srjeugune iener ^toet Steid^e ))Ott ber ääebingung ber
ISnburfad^en unabl^Angig gemad^t }u l^aben.
@elb[i, toaS bie SSer&nberung betrifft, meld^er getoiffe 3nbtt>tbuen ber
organiprten ©ottungen gufÄHigcrtoelfe untertoorfen »erben, toenn man s
finbet, bag il^r fo abgeAnberter ßl^arafter erblii!^ unb in bie B^ugung^
traft aufgenommen mirb, fo fann fte ni(^t fSgUi!^ anberS benn a\8 ge«
legentUd^e ISntioidelung einer in ber @pecie£ urfprfingUd^ Dorl^anbenen
atoedmd^igen Anlage gur Selbfierl^altung ber Srt beurtl^etlt »erben:
»eil baö StuQm feine« gleid^en bei ber burd&gdngigen inneren Qtotd* lo
mdgigfeit eine« organifirten SBefen« mit ber Sebingung nid^t« in bie
SeugungSfraft aufgunel^men, ma« nid^t aud^ in einem fold^en @q{iem
Don Stt)eden gu einer ber unentioidelten urfprünglic^en ünlagen gehört,
fo nal^e oerbunben ift. S)enn menn man oon biefem firincip abgel^t, fo
fann man mit Sid^erl^eit nid^t toiffen, ob nid^t mel^rere '@tfide ber je^t u
an einer ©pecie« angutreffenben gorm eben fo gufdüigen gtoedflofen ttr^
fprung« fein mögen; unb ba« ^rincip ber Seleologte: in einem organi«
firten SBefen nid^t« oon bem, \oaS fd^ in ber f^ortpflangung beffelben
erpU, al« ungtoedm&gig gu beurtl^eiten, mügte baburd^ in ber Xntoenbung
fel^r unguoerldfftg »erben unb lebiglid^ für ben Urftamm (ben »ir aber so
nid^t mel^r fennen) gültig fein.
$ume mac^t loiber biejentgen, »etd^e für aQe fold^e ülaturgtoedFe
ein teleologlfc^e« $rincip ber SBeurtl^eilung, b. i. einen ard^iteftonifd^en
SSerftanb, angunel^men nötl^ig finben, bie Sinioenbung: bag man mit
eben bem Sfted^te fragen f5nnte, toie benn ein fold^er SSerftanb mbglic^ fei, 33
b. t. mie bie mand^erlei Vermögen unb (Sigenfd^aften, n^eld^e bie ^ög^
lid^feit eine« SSerftanbe«, ber gugleid^ au«ffi]^renbe 9Rad^t l^at, au«mad|en,
fid^ fo gioedCmdgig in einem SBefen l^aben gufammen finben fönnen. ÜDein
biefer Siniourf ift nid^tig. S)enn bie gange @d^mierigfeit, meldte bie
gtagc tocgen ber crftcn ßrgeugung eine« in jtd^ felbft Qmdt cntl^altenben 30
unb burd^ fe aQein begreiflid^en S)inge« umgiebt, berul^t auf ber 9tad^^
frage nad^ ISinl^eit be« ®runbe« ber SBerbinbung be« SRannigfaltigen
aufeereinanberin biefem ^robucte; ba benn, toenn biefer ®runb in
ein in bei Drganifation fe(bft mit bem (Srgeugettben gleichartige« $robuct l^eroot*
bringt, imb bie generatio heteronyma, fo meit unfere Chrfal^rungdfenntnig ber fftatut ss
xti^i, nirgenb angetroffen wirb.
Eingang. SRetl^obetilel^re bet teteologifd^en Urtleildhaft. 421
bem äJerftanbe einer ^er^orbringenben ttrfadge als einfacher 6ubftan)
gefeilt »Irbi jene $roge, fofern fte teleologifc^ ift, l^inreld^enb beantwortet
mirb, »enn aber bie Urfa(i^e blog in ber SRaterie, als einem Slggregat
t>kUx @ub{lanjen auger einanber, gefudbt tt)irb, bie Sinl^eit beS $rincip8
5 fär bie innerlit^ jioedmdgige $orm il^rer Silbung s&niUd^ ermangelt;
unb bie autotratte ber SRaterie in 6rgeugungen, mtliit Don unferm
SSerftanbe nur ald Qwtdt begriffen »erben tdnnen, ift ein Sßort ol^ne
ääebeutung.
2)a]^er tommt t», bag biejenigen, meldte für bie obiectiü^gmedm&gigen
10 formen ber SRaterie einen oberften ®runb ber aRöglid^feit berfelben
fu(^en, ol^ne il^m eben einen 93erftanb aujugeftel^en, bad äßeltganse bod^
gern ju einer einigen, aUbefaffenben Sub^ang (^antl^eiSm), ober (meld^eS
nur eine beftimmtere Srndrung beS vorigen ift) gu einem Inbegriffe
üieler einer einigen einfad^en @ubftang inl^drirenben Seftimmungen
15 (@pinogiSm) ma<]^en, blog um jene Sebingung aller Btoedm&gigteit, bie
Sinl^eit bed ®runbe8, l^erauS gu befommen; n)obei fie gmar einer 99e^
bingung ber Hufgabe» ndmlid^ ber (Sinl^eit in ber 3ti>(dbegie]^ung, \>tx»
mittelft bed blog ontologifdb^n SSegriffS einer einfad^en Subßang ein ®e«
nage tl^un, aber für bie anbere Sebingung, ndmlid^ baiS SSerl^dltnig
30 berfelben gu il^rer f^olge atö S^^d, »oburd|) iener ontologifc^e ®runb
für bie Srage ndl^er beftimmt »erben foO, nid^ts anfül^ren, mitl^in bie
gange f^rage tetnedkoegeS beantworten. Slud^ bleibt fie fc^letibterbingS
unbeantmortlid^ (für unfere SSernunft), menn »ir fenen Urgrunb ber
3)inge nit^t atö einfädle @ubfiang unb biefer il^re (Sigenfd^aft gu ber
25 fpecififd^en »efd&affen^eit ber auf fie ftd^ grfinbenben 9laturformen,
ndmlic^ ber 3wedtein^eit, nic^t atö bie einer intelligenten Subftang, bas
aSerpitnife aber berfelben gu ben legieren (wegen ber SufdUigfeit, bie wir
an aOem finben, was wir und nur als Qtotd m5glid^ beuten) nid^t als
baS SSerl^dltnig einer Saufalitdt uns DorfteQen.
ao § 81.
93on ber Seigefellung beS SRed^aniSmuS gum teleologifd^en
$rincip in ber Srtldrung eines fRaturgwedS als
9taturprobuctS.
(Sleid^ wie ber 3Red^aniSm ber Statur nadb bem ))or]^ergel^enben §
35 allein nid^t gulangen lann, um fid^ bie 3Röglid^Ieit eines organiitrten
422 Ärlti! ber Urt^eiWfraft. 2. SJell Ärltif bet teleoIogif(^en Urt^eiWfraft
SBcfcn« bornad^ gu bcnfcn, fonbcrn (©cnigften« nacft bcr Scfcfeaffcn^eit
unfcr« erfcnntnlfeocrmöflen«) einer abpcfttUd^ »Irfcnbcn Urfac^e ur*
fprfingU* untergeorbnet »erben mufe: jo langt eben fo menig ber blofee
teleologifd^e ®runb eined fold^en SBefend ^in, ed guglei(^ ald ein ^robuct
ber IRotur gu betrauten unb gu beurt^ellen, menn nic^t ber SRed^ani^m 3
ber le^teren bem crfteren beigefeüt wirb, gleicftfam als ba« SBerfjeug einer
abjtdbtliij^ mirtenben Urfad^e, beren Qrotdt bie9latur in i^ren med^antf^en
®efe^en gleid^wol^I untergeorbnet ift. 3)ie ÜRöglld^feit einer fold&en SBer«
eintgung gweier gonj t}erf(^iebener arten Don 6aufalitdt, ber SHatur in
i^rer aUgemeinen ©efe^m&gigfeit mit einer ^bte, meldte fene auf eine 10
bejonbere gorm einft^rdnft, »oju pe für jic^ gar feinen Orunb enthält,
begreift unfere SSernunft nic^t; pe liegt im überpnnlid&en Subftrat ber
Slatur, tDooon »ir ni(^td beja^enb beftimmen tonnen, al8 bag t» baS
SSefen an Pd^ fei, \>on meld^em mir blog bie (Srfd^einung Fennen, aber
baS $rincip: aUed, mai^ mir a\& gu biefer 9latur (Phaenomenon) gel^örig n
unb als $robuct berfelben annel^men, aud^ nad^ mec^anift^en ©efegen
mit i^r t}erfnüpft benfen ju muffen, bleibt nld^td befto meniger in feiner
jtraft: meil o^ne biefe Srt t}on Saufalit&t organiprte SBefen, als Qtotdt
ber 9latur, boc^ feine 9latur{)robucte fein mürben.
SBenn nun ba« teleologi|d6e ?|Jrincip ber ©rgeugung biefer SBefen an* »o
genommen mirb (mie ti benn nid^t anberS fein tann): fo fann man ent»
meberben DccafionaliSm, ober ben $rdpabtltdm ber Urfac^e i^rer
innerlid^ gmecfm&gigen $orm gum ©runbe legen. 9lac^ bem erPeren
mürbe bie oberpe SBelturfad^e il^rer Sbee gem&fe bei ©elegenl^eit einer je«
ben Segattung ber in berfelben pd^ mifc^enben SRaterie unmittelbar bie 25
organifd^e S9tlbung geben; na(i^ bem gmeiten mürbe pe in bie anfdnglid^en
Sßrobucte biefer il^rer SBeiS^eit nur bie Anlage gebracht l^aben, öermitteip
bereu ein organifc^eS äBefen feines ©leieren l^erDorbringt unb bie SpecieS
pd^ felbp bepdnbig erl^dlt, imgleic^en ber Abgang ber SnbiDibuen burd^
l^re gugleid^ an il^rer ßerpörung arbeitenbe 3latur continuirlid^ erfe^t 3..
mirb. 3Benn man ben DccaponaliSm ber ^eroorbringung organtprter
SBefen annimmt, fo gel^t alle 9latur l^iebei gdngUd^ verloren, mit il^r aud^
aller äSernunftgebrauc^, über bie äßöglid^Teit einer fold^en SSrt $robucte
gu urt^eilen; ba^er man DorauSfe^en lann, bag niemanb biefeS S^Pem
annel^men mirb, bem e« irgenb um $^llofop^ie gu ttjm ip. 35
S)er ^rdpabiliöm fann nun mieberum auf gmiefac^ Srt öerfa^*
ren. .@r ^etrac^tet ndmli(^ ein iebeS Don feines ®lei(^n gegeugte organi«
«n^ang. SRet^obenlel^re ber tefeologifd^en ttrtl^eiliSfraft. 423
\äit SBefen entoeber ate bod Sbuct, ober old baS ^robuct beiS erfteren.
S>a& @Q[tem ber Beugungen a\^ btoger Sbucte })e\^t ia^ ber inbiDi»
buellen ^raformation, ober aud^ bte (SooIutioniStl^eorie; baiS ber
Beugungen als ^robucte »irb bad Softem ber @{)tgene{iiS genannt.
5 tiefes le^tere fann auc^ @9ftem ber generifc^en ^räformation ge-
nannt merben: meil baS probuctioe SSermögen berB^ugenben boc^ nad^
ben inneren gme(tm&gigen anlogen, bte il^rem Stamme gu 2:]^eil lourben,
alfo bic jpecifijcl^c gorm virtualiter praformirt toar. £Diejcm gemfife
»urbe man bte entgegenftel^enbe 2:]^eorie ber inbiotbueüen ^rdformation
10 anSi befferSnooIutiondtl^eorte (ober bie ber @infd^ad^telung) nennen
fonnen.
£Dle äBerfedöter ber (SooIuttoniStl^eorie, toeld^e jebe« Subtoibuum
oon ber btlbenben j^raft ber Statur auSnel^men, um ed unmittelbar aud
ber ^anb bed @(l^5pferiS fommen gu laffen, moQten ed alfo bod^ ntd^t toa»
15 gen, biefed nad^ ber ^qpot^efe bed OccaftonaliSrnd gefd^el^en gu laffen,
fo bafe bie ^Begattung eine blofee gormalitfit lodre, unter ber eine oberfte
oerftdnbige 3SeItur{ad^e befd^Ioffen l^ätte, iebeSmal eine grud^t mit un^
mittelbarer ^anb gu bilben unb ber SRutter nur bie Sluömidelung unb
gruÄl^rung berfelben gu öberlaffen. @ie erfldrten pd^ für bie ^rdfor«
20 mation; gleid^ a\6 menn ed nid^t einerlei lodre, übernatfirlid^er SBeife im
anfange ober im gortlaufe ber SBelt bergleid^en iJormen entftel^en gu
laffen, unb nid^t Dielmel^r eine groge SRenge übernat&rlic^er Snftalten
burd^ gelegentlid^e @d^5pfung erfpart mürbe, meldte erforberlic^ mdren,
bamit ber im anfange ber äBelt gebilbete @mbrt)o bie lange Beit l^inburd^
25 bis gu feiner (Sntmtdelung nid^t oon ben gerftorenben j^rdften ber 9tatur
litte unb ftd^ unoerle^t erl^ielte, imgteid^en eine unermeglid^ größere B^il^l
fotd^er oorgebilbeten SSefen, als jemals entmidelt koerben foQten, unb mit
il^nen eben fo oiel @d^5pfungen baburd^ unnöt^ig unb gmedRoS gemad^t
mürben. SlDein fte mollten bod^ menigftenS etmaS l^ierin ber Statur über«
so laffen, um nid^t gar in oöDige ^^perpl^^ft! gu gerat^en, bie aller SHatur^^
erfldrung entbel^ren lann. Sie l^ielten gmar nod^ feft an i^rer ^^per*
pftqftf, felbfl ba jte an IKifegeburten (bie man bod^ unm6glid& für Qmdt
ber Statur Italien fann) eine bemunberungSmürbige Bu)ecfmdgigreit.fan«
ben, fönte fte aud^ nur barauf abgegtelt fein, bag ein Slnatomifer einmal
35 baran, als einer gmedElofen Bwcdtmdfeigfeit, 8ln[to6 nel)men unb nicber*
fd^lagenbe 93emunberung fül^len follte. Slber bie (Srgeugung ber Saftarte
tonnten fte fd^led^terbingS nid^t in baS Softem ber ^rdformation l^ineim
424 ^tif bet Urt^eiliSfraft. 2. SE^eiC. Sttittl btt teleologifd^ nttl^eiföhaft.
))affen, fonbem mußten beut Samen ber männlid^en ®efd^5pfe, bem fe
fibrlgenS nid^tö al« bte med^anijd^e (Sigenfd^afti gum erften Slal^rungS'
mittel beS ßmbr^o ju btenen, gugeftanben Rotten, bo<]^ nod^ obenein eine
gmedmdgig bilbenbe Jbraft gugeftel^en: toeldb^ fte bod^ in Snfel^ung beS
gongen ^robuctS einer Srgeugung ))on gtoei ®ef(i^5pfen berfelben (Sattung s
feinem Don beiben einrdumen moDten.
äßenn man bagegen an bem SSertl^eibiger ber (SpigenefiS ben gn>«
^en SSorgug, ben er in Snfel^ung ber @rfa^rung8grünbe gum Semeife
feiner Sl^eorle wx bem erfteren l^at, gletd^ nid^t fennte: fo mürbe bte Ser»
nunft bod^ fd^on gum SSorauS für feine (Srtlärungdart mit oorgüglid^er i»
®un[t eingenommen fein, meil fie bie 9latur in Snfel^ung ber S)m%t,
meldte man urfprflnglid^ nur na6i ber SaufalitAt ber 3^edEe ftd^ ald mög*
lid^ DorfteQen fann, bod^ menigftenS, ttad bie fSrortpflangung betrifft, als
felbft l^ert)orbringenb, nid^t blog als entmidtelnb betrachtet unb fo bod^
mit bem tleinft-mögtid^en Sufmanbe bed Übernatürlid^en aUe^S fjrolgenbe n
mm erften Slnfange an ber Statur fiberlfifet (ol^ne aber über biefen erfien
ünfang, an bem bie $^t)fir überl^aupt fd^itert, fie mag eS mit einer j^ette
ber Urfad^en Derfud^en, mit toetc^er fie ttolle, etmas gu beftimmen).
3n flnfel^ung biefer Sl^eorie ber @))igene|i8 l^at niemanb mel^r fo«
m\jl gum SBetoeife berfelben, als aud^ gur ©rünbung ber äd^ten ^rin= 20
cipien il^rer flntoenbung gum Sl^eil burd^ bie Sefd^räntung eineiS gu Der«
meffenen ©ebraud^S berfelben geleiftet, ald .!g)err ^ofr. 93Iumenbad^.
aSon organifirtcr ÜRaterie l&ebt er alle p^^pfd^e 6rlldrung8art biefer SSil«
bungen an. SDenn bag ro^e SRaterie ftc^ nad^ med^anifd^en ©efe^en ur*
fprünglid^ felbft gebilbet l^abe, bag aud ber Slatur bed Seblofen geben 25
l^abe entfpringen unb SRaterie in bie f^orm einer {td^ felbft erl^altenben
ßmedtmäfeigfelt fld^ Don felbft l^abe fügen Wnnen, erfWrt er mit SRedbt für
Dernunftmibrig; l> aber gugleic^ bem Slaturmed^aniSm unter biefem
uns unerforfd^lic^en $rinci)) einer urfprünglid^en Drganifation einen
unbeftimmbaren, gugleid^ bod^ aud^ unDerfennbaren Slntbeil, n)ogu bad 30
äSermogen ber SJ^aterie (gum Unterfd^lebe Don ber il^r allgemein beimo!^«
nenben blog medbanifd^en SilbungiStraft) Don il^m in einem organi«
ftrten j^drper ein (gleid^fam unter ber l^öberen Seitung unb Snmeifung
ber erfteren ftel^enber) Silbungdtrieb genannt mirb.
Slnl^ang. Wltt^ohtnlt^xe ber teleologifd^en Urtl^eiföfraft. 425
§82,
93on bem teleologifdien Softem in ben dugern SSerl^dltniffen
orßanfflrtcr SBcfcn.
Unter bcr dufecrn 3tt>C(fmd6lflfcit öcrPcl^c id^ bicicniflc, bo ein ©ing
5 ber 9latur einem anbern als SRittel gum Qxotdt bient. 9lun fönnen 3)inge,
bte feine innere Sw^clmd^ißfcit l^aben, ober ju il^rer aRöglid^felt üorau8=
fefeen, g. 33. (ärben, Suft, SBaffer u. f. t»., gleidimolöl dufeerlid^, b. i. im
93er^dltnig auf anbere Sßefen, fel^r gmedEmdgig fein; ober biefe muffen
iebergeit organiprte SBefen, b. i. 5Raturgtt)ecfe, fein, benn fonji fönnten
10 Jene anöi nid^t al8 SRittel beurtl^eilt »erben. @o Knnen ffiaffer, 8uft
unb @rben nid)t a\& SRittel gu Stnl^dufung Don ©ebirgen ongefel^en mer«
ben, meil biefe an fid^ gar ni(^tö enthalten, maö einen ®runb i^rer 9R5g»
lx6iMt nad^ 3tt>«rf<?n erforberte, »orauf in aäegieJ^ung alfo il^re Urfad^e
niemals unter bem ^rdbicate eined SJIittelS (baS bagu nü^te) oorgeftedt
15 merben fann.
£Die dugere StoedCmdgigfeit ift ein gang anberer Segriff, als ber 99e«
griff ber inneren, »etd^e mit ber äRögUd^teit eined ©egenftanbeS, unon»
gefeiten ob feine SBirflid&feit felbft Qmd fei ober nld&t, t)erbunben ift.
SRan lann oon einem organijtrten 3Befen nod^ fragen: äBogu ift eS ba?
20 aber nid)t leidet oon £Dingen, an benen man blog bie SBirfung Dom We»
d^aniSm ber 5Ratur erfennt. 3)enn in Jenen ftellen mir un« fd^on eine
6aufalitdt nac^ 3»^*«« h^ ^¥^^ inneren 3W5gli(^feit, einen f^affenben
SBerftanb, oor unb begießen blefeS t^dtige Vermögen auf ben SBeftim^
mungSgrunb beffelben, bie ^bftd^t. @d giebt nur eine eingige dugere
25 3wcdfmd6igfeit, bie mit ber tnnern ber Drganifation gufammen^dngt
unb, o^ne bag bie ^^rage fein barf, gu ioeId)em @nbe biefeiS fo organifirte
Sßefen eben l^abe e^iftiren muffen, benno(^ im dugeren SSer^dltnig eines
äßittels gum 3n)ede bient. £DiefeS ift bie Organifation beiberlei ®e«
fd^led^t« in Segiel^ung auf einanber gur gortppangung i^rer »rt; benn
30 ^ier fann man immer nod^ eben fo mie bei einem ^nbioibuum fragen:
aSarum mugte ein fotd^eS ^aar ejciftiren? 3)ie 9(ntmort ift: 3)iefeS l^ier
mad^t aüererft einorganifirenbeS ©ange auS, obgioar nid^t ein orga»
nifirteS in einem eingigen Xbxptx.
SBenn man nun fragt, loogu ein £Ding ba ift, fo ifl bie Slntkoort ent«
35 koeber: @ein ^afein unb feine (Srgeugung l^at gar feine Segiel^ung auf
eine nad^ Slbfid^ten toirfenbe Urfad^e, unb alsbann oerftel^t man immer
426 Stniif ber Urtl^eiliSfraft 2. S^eil. Antif ber teleologtfd^en Uri^eiliShaft.
einen Urfprung bcrfclben au8 bem aJlcd^aniSm ber Slatur; ober: 6« ifl
irflenb ein abft(^tli(l&er Oruub feine« 3)afein« (al8 eine« jut&Iligen Sttatur-
mefend), unb biefen ©ebanten fann man fd^merlid^ Don bem begriffe
eines organijtrten S)inged trennen: meit, ba mir einmal fetner innern
3R5gIi(6Ieit eine (Saufalität ber Snburfad^en unb eine 3bee, bie biefer &
gum ©runbe liegt, unterlegen mfiffen, mir aud^ bie @;rifteng biefe« $rO'
bucte« nid^t anber« benn alö Qmd benfen fönnen. £Denn bie üorgefielltc
äSirfung, beren äSorfteDung gugleid^ ber SeftimmungSgrunb ber Derftän»
bigeu toirlenben Urfac^e gu il^rer ^eröorbringung ift, l^eifet 3»^*- S"
biefem göHe alfo fann man cntmebcr fagen: S)er Swed ber ©yifteng eine« lo
folii^en Slaturmefend ift in i^m felbft, b. t. ed ift nic^t blog Smtd, fonbern
au(^ Snbjmed; ober: S)tefer ift auger i^m in anberen 9laturmefen, b. i.
eiS e;riftirt gmedmägig nid^t a\i Snbgmed, fonbern notl^menbig gugleii^
al« SKittel.
äSenn mir aber bie gange Statur burd^gel^en, fo ftnben mir in i^r aU u
9latur fein 3Befen, melc^eS auf ben SSorgug, @nbgmed ber Sd^öpfung gu
fein, Slnfpruc^ mad^en fönnte; unb man fann fogar a priori bcmeifen:
bag baSjenige, mai^ etma nod^ für bie Slatur ein le^ter Qrotd fein
fönnte, nad^ aflcn erbenfUd^en Sefttmmungen unb ßigeufd^aftcn, womit
man eS auiSräften m5d^te, bod^ ald 9laturbing niemals ein Snbgmed so
fein fönne.
SBenn man bad ©emäc^dreid^ anfielt, fo fönnte man anfdnglid^
burd^ bie unermcfeUd^e grud^tbarfeit, bur(^ mel(^e eö pd^ beinahe über
ieben SBoben oerbrcitet, auf ben ©cbanfen gcbrad^t mcrben, eS für ein
blo^d ^robuct beS ^ed^aniSmS ber Statur, meldten fte in ben ädilbun« n
gen beS SRineralreid^S geigt, gu Italien. 6ine n&l^ere j^enntnig aber ber
unbefd^reiblidö melfen Drganifation in bemfelben Idfet un8 an biefem ®e=
banfen nid^t Ruften, fonbern üeranlafet bie grage: SBogu pnb biefc ®e*
fd&öpfe ba? SBenn man fid^ antmortet: fjür baS Sll^ierreidö, meld&cs ba=
burd^ gen&l^rt mirb, bamit eS ftd^ in fo mannigfaltigen Gattungen über ao
bie erbe l^abe oerbrelten fönnen, fo fommt bie grage mieber: SBogu finb
benn biefe ^)Pangen»öerge]örenben St^iere ba? 3)ic «ntmort mürbe ctma
fein: gür bie 3flaubtl)iere, bie ftd^ nur oon bem nähren fönnen, mag £eben
^at. enblid^ ift bie fjrage: SBogu finb biefe fammt ben oorigen Sßotur*
reid^en gut? 5ür ben aReufd^en gu bem mannigfaltigen ®ebraud^e, ben »
i^n fein SSerftanb oon allen jenen ©efd^öpfen mad^en lel&rt; unb er Ift ber
Icfete 3med ber Schöpfung Ijier auf ©rben, meil er baS eingige SBefen auf
SCnl^ang. SRetl^obenlel^re ber teleoIogif(|en Urtleildfraft. 427
bcrfclben Ift, »cl(%c« fitö einen Segrljf Don 3»^*^« mad&en unb au8 einem
Aggregat Don imedm&iig gebilbeten S)ingen burc^ feine SSernunft ein
@9ftem ber Qmdt ma^tn fonn.
9Ran I5nnte audb tnit bem SÜttter £inne ben bem Sd^etne nad^ um«
5 gefeierten SBeg gelten unb fagen: S)le gewät^Sfreffenben Siliere jtnb ba,
um ben üppigen SBud^d beS ^Pangenreid^d, »»oburd^ Diele @pecied ber«
felben erflidt »erben ttürben, gu m&feigen; bie SRaubtl^iere, um ber ®e«
fräfeigfeit jener Ordnjen ju fe^en; enblic^ ber SWenftö, bamit, inbem er
biefe Derfolgt unb Derminbert, ein gemiffeS ©leid^gewid^t unter ben l^er«
10 Dorbringenben unb ben jerpörenbcn Gräften ber Slatur geftiftet »erbe.
Unb fo »ürbe ber SKeufd^, fo fel^r er ouc^ in gewiffer SBejielöwwö ^W Qmd
getDürbigt fein mbc^te, bo(^ in anberer mieberum nur ben Sftang eines
5Wittelö l^aben.
äßenn man ftd^ eine obiectioe StoedFmdgigleit in ber Mannigfaltig«
16 feit ber (Gattungen ber ©rbgefcftöpfe unb il^rem dufeern SBerl^dltniffe ju
einanber, atö gn)ed(mdgig conftruirter SBefen, gum ^rtncip mad^t: fo ift
e« ber SSernunft gemdfe, fid^ in biefcm aSerl^dltniffe toieberum eine gewiffe
Drganifation unb ein ©qftem aller Sflaturreid^e nad) ©nburfad^en ju ben«
fen. allein l^ier fiftelnt bie ©rfafirung ber aSernunftma^ime laut ju »iber*
90 fpre(6en, Dornel^mlid^ mad einen legten Qxotd ber 9tatur betrifft, ber bod^
gu ber 9Wögli(^feit eine» folc^en Softem« erforberlit^ ift, unb ben ti)ir
nirgenb anber« als im 3Wenfc^en fefeen fonnen: ba Dielmel^r in anfel)ung
biefeS, a\d einer ber Dielen S^^iergattungen, bie Statur fo menig Don ben
gerftörenben a\& ergeugenben ^rdften bie minbefte Sludnal^me gemad^t
25 i^at, alles einem Med^aniSm berfelben ol^ne einen Qxotd gu unterwerfen.
3)aS erfte, \oaS in einer Slnorbnung gu einem gtoedCmdgigen ©angen
ber Slaturoefen auf ber 6rbe abftc^tlic^ eingerid^tet fein mügte, iDürbe
mol^l i^r äßol^npla^, ber Soben unb bad @lement fein, auf unb in n)el«
d^em fte il^r gortfommen ^aben follten. allein eine genauere Äenntnife
30 ber äSefd^affenl^eit biefer ©runblage aller organifd^en @rgeugung giebt
auf feine anberen als gang unabftd^tlicft wirfenbe, ja e^er no(^Derttüflenbc,
als @rgeugung, Orbnung unb ßtDede begfinftigenbe Urfad^en angeige.
Sanb unb 3D?eer entl^alten nic^t allein 3)enfmdler Don alten mdd^tigen
SSenofiftungen, bie pe unb alle ©efd^öpfe auf unb in bemfelben betroffen
35 ^aben, in ftd^; fonbern i^r gangeS Sau werf, bie ©rblager beS einen unb
bie ©rdngen beS anbern l^aben gdnglid^ bas anfeilen beS $robuctS milber,
allgewaltiger Ärdfte einer im d^aotifd^en ßuftanbe arbeitenben Sdatur.
428 Stxim ber Urt|eiUfraft. 2. ^11. JbrIHf ber teleologifi^n Urt^dUfraft.
@a ffotdm&^ii oud^ je^t bie ©eftalt, baS Saumerl unb ber übl^ang ber
Sdnber für bie üufnol^ine ber ®en)&ffer auS ber Suft, für bie SDueUabem
iioifd^en (Srbfd^iii^ten loon mannigfaltiger Strt (ffir mand^erlei ^robucte)
unb ben £auf ber @trdme angeorbnet gu fein f (feinen mbgen: fo bemeifet
boc^ eine ndl^ere Unterfuij^ung berfelben, bag ße blog ald bie SBirlung s
tl^eitö feuriger, tl^eitö »dfferiger (Sruptionen, ober aud^ @mp5rungen beS
Dceand gu Staube getommen ftnb; \o\oo\jH »ad bie erfte Srgeugung biefer
©eflalt, ald üornel^mltd^ bie nail^malige Umbilbung berfelben gugleid^ mit
bem Untergange i^rer erflen organifd)en ©rjeugungen betrifft.*) SBenn
nun ber äSol^npIa^, ber SRutterboben (bed Sanbed) unb ber ^utterfdboog lo
(be8 aWeere«), für aüe bicfe ©efd^öpfe auf leinen anbern al8 einen gänj»
lid^ unabfid^tlid^en SRed^aniSm feiner @rgeugung üngeige giebt: »ie unb
mit U)el(]^em Siedet fönnen mir ffir biefe le^tern $robucte einen anbern
Urfprung Dertangen unb bel^aupten? SBenn gleid^ ber aRenfdbi tt)ie bie
genauefte Prüfung ber Überrefte {euer 9laturt>ermüftungen (nad^ (S.am= n
pex'& Urtl^eile) gu bemeifen fc^eint, in biefen SfteDoIutionen nid^t mit be^
griffen mar: fo ifi er bod^ Don ben übrigen Srbgefd^opfen fo abl^dngig,
ba^f menn ein über bie anberen aügemeinmaltenber SRed^anidm ber 9ta^
tur eingerdumt mirb, er als barunter mit begriffen angefel^en merben mug;
menn i^n gteid^ fein SSerftanb (grogentl^eilS menigftend) unter i^ren SSer^ 20
müßungen l^at retten lonnen.
3)iefe8 Argument f(]^eint aber mel^r gu bemeifen, als bie übfid^t ent^
l^ielt, mogu ed aufgefteöt mar: nSrnAxi^ nid)t blo^, bag ber 9Renf(^ fein
le^ter 3»edC ber 9latur unb au8 bem ndmlid^en ®runbe bas Aggregat ber
organifirten 9laturbinge auf ber @rbe ni(i^t ein Softem üon 3Q)edten fein as
fonne; fonbern bag gar bie Dorl^er für 9laturgmedte gel^altenen 9laturpro«
bucte feinen anbern Urfprung l^aben, als ben 2Red[)anidm ber 9latur.
*) SBenn ber einmal angenommene SRame ^laturgefd^ic^te ffir SRaturbe-
f(^retbung bleiben foH, fo fann man ba^, mad bie erflere bu(!bftäbltc^ angeigt, näm«
It^ eine ^orfteUung beiS el^emaligen, alten Buftaubed ber (Srbe, morfiber moni
menn man gleii^ ^eine €^en>iB^eit l^offen barf, bo4 mit gutem (fi^ntnbe iBermut^ungen
magt, bie Slrd^ftologie ber 9latur im (i^egenfa^ mit ber ftunfl nennen. Svt
jener mfirben bie ^etrefacten, fo wie gu biefer bie gefci^nittenen steine u. f. m. ge-
l^dren. 2)enn ba man boc!^ koirf(i(!6 an einer foldgen (unter bem SRamen einer
2:^eorie ber (Sxht) beflAnbig, wenn gteic^ »ie biQig langfam arbeitet, fo wdre biefer
Flamen eben ni^t einer blog eingebilbeten 9{aturforf(!^ung gegeben, fonbern einer
fot(!^en, au ber bie !Ratur felbfi und einlabet unb aufforbert.
$(n]§ang. SRetl^obentel^re ber teleolofltfi^en Urtl^eil^fraft. 429
aUeln in ber obigen Suflöfung ber Antinomie ber $rinci{)ten ber
medlanifil^en unb ber teleoIogif<]^en ßrgeugungdart ber organifd^en 9latur«
mefen l^aben »Ir gefeiten : bog, ba fie in Sinfel^ung ber mäi il^ren befon*
bem ©efe^en (jn beren f^fiematifd^em Sufammenl^ange und aber ber
5 ©d^lflffel fel^lt) bllbenben 9lotur blofe ^ßrincipien ber reflectlrenben Ur*
t^eilöfroft jtnb, bie ndmlid^ il^ren Urfprung nid^t an fid^ bejlimmen, fon«
berh nur fagen, bag mir nad^ ber Sefd^affenl^eit unfered SBerfianbed unb
unfrer SSernunft il^n in biefer Sri äßefen nid^t anberS als nad^ 6nbur«
fachen beuten f5nnen, bie grögtmöglid^e Seftrebung, ja ftül^nl^eit in S3er«
10 fud^en fie med^anifd^ )u erR&ren nid^t allein ertaubt ifi, fonbern »ir aud^
burd^ SBernunft baju aufgerufen finb, ungeachtet »ir uiffen, bag mir ba=
mit aud fubiectioen ©rünben ber befonbern flrt unb Sefd^rdnfung unfereS
Serftanbed (unb nid^t etma, meil ber SJted^anidm ber (Srjeugung einem
Urfprunge nad^ ßtoeden an ftd^ miberfpräd^e) niemal« auslangen tonnen ;
15 unb bag enblid^ in bem überfinnlid^en $rincip ber 9tatur (fomol^l auger
uns als in und) gar totl^l bie SBereinbarfeit beiber arten ftd^ bie 2lt5gli(^«
teit ber 9latur oorinfteUen liegen f5nne, inbem bie SBorftenungdart nadb
©nburfad^en nur eine fubjectiüe Sebingung unfere« JBernunftgebraucftÄ
fei, menn jte bie Seurtl^eitung ber (Segenfiänbe nid^t blog aU ISrfd^einun«
20 gen angefieUt koiffen U)iD, fonbern biefe @rfd^einungen felbft fammt il^ren
^rincipien auf baS äberfinnlic^e @ubftrat gu begiel^en verlangt, um ge«
miffe ®efe^e ber (Sinl^eit berfelben m5glid^ gu finben, bie fte ftd^ nic^t an^^
berS atö burd^ Qmedt (mooon bie SBernunft au^ fold^e l^at, bie über«
finnlid^ finb) üorfieQig mad^en tann.
25 § 83.
93on bem legten Qtotdt ber Slatur als eines
teleologifd^en S^ftemS.
SBir l^aben im loorigen gejeigt, bag mir ben SRenfd^en nid^t btog koie
aQe organifirte SBefen als 9laturgn)ed(, fonbern auc^ l^ier auf (Srben als
30 ben legten Qtotd ber 9latur, in Sejiel^ung auf toeld^en alle übrige Slatur*
binge ein @9{tem t>on S^^den auSmad^en, nad^ ©runbf A^en ber 93emunft
gmar nid&t für bie beftimmenbe, bod& für bie reflecttrenbe Urtl^eilStraft
gu beurtl^eiten l^inreid^enbe Urfac^e l^aben. äßenn nun baSienige im
SKenfd^en felbft angetrojfen »erben mufe, toaS als 3»«cf burd^ feine SSer«
35 Inüpfung mit ber 9latur beförbert werben foQ: fo mug enttoeber ber Qrotd
430 ftriai ber Urtl^eildfraft. 2.5t^etl. 5hriti! ber teleologifö^en Uril^ettöfraft.
öon ber Art fein, bafe er fclbfl burc^ ble 9latur in il^rcr SBol^ItJ^fttigfcit
befrfcbigt werben fann; ober e8 ift bic Saußlit^feit unb ®ef(löt(!U(^feit ju
Allerlei Srndtn, iDOgu bie 3tat\xx (dugerltd^ unb iunerlid^) oon i^m ge»
ftraucftt tüerbcn fönne. 2)er erfte ßwed ber Slatur mürbe bic @ lüdjelig'*
feit, ber jweite bie 6ultur be« aBenfd^en fein. 5
S)cr Seflriff ber Olütffelißfeit ift nid^t ein fol(^er, ben ber ÜRenfc^
ettoa t)on feinen SnPincten abftral^irt unb fo auö ber Sl^ierl^eit in i^m
felbft l^ernimmt; fonbern ift eine blofee 3b ee eine« 3uftÄwl>c*f welcher er
ben legieren unter blog empirifd^en Sebingungen (meld^eS unmögUd^ ifl)
abdquQt mad^en miD. @r entmirft fte ftd^ felbft unb gmar auf fo Der« 10
fd^iebene Slrt burd^ feinen mit ber (Sinbilbungdfraft unb ben Sinnen Der«
ttidtelten SSerftonb; er änbert fogar biefen fo oft, ba| bteSHotur, »enn fic
audö feiner SBiDfur gdnjlid^ unterworfen »äre, bo^ f(^le(^terbing8 lein
beftimmte« aQgemeine« unb fefte« ©efe^ annel^men fönnte, um mit biefem
fd^manfenben 33egrlff unb fo mit bem ßwcdf, ben jeber ftd& toiüfürlid^er n
SSeife oorfefet, übereinjuftimmen. aber felbft wenn wir entweber biefen
auf ba« wa^rl^afte ^laturbebürfnig, worin unfere Gattung bur(!bgAngtg
mit fid^ übereinftimmt, l^crabfe^cn, ober anbererfeit« bie ©efd^idflic^feit
ftd^ eingebilbete Qwdt ju Derf Raffen noc^ fo l^oc^ fteigern wollten: fo
würbe bo(^, waS ber SWenfdb unter ®lü(f feligfcit öerpe^t, unb wog in ber »
Stl^at fein eigener le|ter Slaturgwedf (nid^t ßwecf ber ^r^i^cit) ift, oon
il^m nie erreicht werben; benn feine Slotur ift nid^töon ber »rt, irgenbwo
im S3eft|e unb ©enuffc auf jul^ören unb befriebigt ju werben, änbrerfeit«
ift fo weit gefel|lt, bag bie 9latur il^n ju i^rem befonbern fiiebling auf«
genommen unb Dor allen 5^l^ieren mit SBol^ltl^un begftnftigt l^abe, bag fte n
x^n oielmel^r in il^ren Derberblid^en SBIrtungen, in ^ejt, junger, ffiaffer*
gefal^r, groft, SlnfaU Don anbern großen unb flelnen Sil^i^ten u. b. gl.,
eben fo wenig Derfc^ont, wie {ebe« anbere Sil^ier; nod^ mel^r aber, bag baS
SBiberpnnifdöe ber Slaturanlagen in il^m il^n nod^ in felbfterfonnenc
plagen unb nod^ anbere Don feiner eigenen ©attung burd^ ben 3)rud ber so
^errfd^aft, bie ^Barbarei ber Kriege u. f. w. in fold^e Slotl^ Derfe^t unb er
felbft, fo Diel an il^m ift, an ber ß^rftörung feiner eigenen ©attung
arbeitet, bafe felbft bei ber wol^It^ätigften 3flatur aufeer unö ber ^md
berfelben, wenn er auf bie ©liidfeligfeit unferer ©pecleS gefteHt wfire, in
einem Softem berfelben auf ©rben nic^t erreid^t werben würbe, weil bie m
9latur in un« berfelben nid^t empf&nglid^ ift. @r ift alfo immer nur
©lieb in ber ^ette ber ^Tlaturgwedte: {war ^rincip in änfel^ung manc^ed
Slnl^aitg. ÜWetl^obenlel&re bcr telcoToglfc^en Urt()ctt«fraft. 431
3tt)cd8, töoju bic Slahir il^n in il^rer anloßc bepimmt gu l^oben fd^eint,
inbem er ftd^ felbft baju mad^t; aber boc^ au(^ äRittel gur ßrl^altung ber
Smedm&gigfeit im SRed^onidm ber übrigen ©lieber. 3lld baS einjige
SBefcn auf (Srben, »eld^e« SSerftanb, uiitl^in ein SSermögen l^at, ftd^ felbft
5 ttinffirlid^ Bmd^ ju fe^en, ift er jwar betitelter ^err ber 5Ratur unb,
»enn man biefe alö ein teleologlfd^^* Softem anpeilt, feiner 93epimmung
nad^ ber le^te 3tt)ed ber 9latur; aber immer nur bebingt, nämlic!^ bag er
t^ t}erPe]^e unb ben Sßillen l^abe, biefer unb il^m felbp eine fold^e Qxotd^
bejiel^ung ju geben, bie unabl^ängig Don ber 9latur pd^ felbft genug,
10 mithin (SnbjtDed fein f5nne, ber aber in ber 9tatur gar nid^t gefud^t
merben mug.
Um aber auiSgupnben, morein mir am äJIenfc^en menigPenS fenen
leisten S^^d ber 9latur gu fe^en l^aben, mü^en tt)ir baSjenige, n)ad bie
!Ratur ju leiften oermag, um i^n gu bem üorgubereiten, n)a8 er felbp t^un
15 mug, um (SnbgiDed gu fein, ^eraud{ud^en unb eiS Don aQen ben ßmeden
abfonbern, beren SRöglid^feit auf 93ebingungen berul^t, bie mau allein
öon bcr 9latur erwarten barf. SSon ber lefctern Slrt ift bie ©lüdEfeligfcit
auf @rben, worunter ber Inbegriff aller burd^ bie 9latur auger unb in
bem 3Renf(^en möglichen Q^tdt beweiben DerPanben wirb; baS ip bie
20 aWateric aUer feiner Swede auf ©rbeu, bie, wenn er pc gu feinem gangen
3toedfe mad^t, il^n unfäl)ig mad^t, feiner eigenen ©jriPeng einen ßnbgwed
gu fe^en unb bagu gufammen gu pimmen. @iS bleibt alfo oon allen feinen
ßweden in ber 9latur nur bie formale, fubiectioe SBebingung, nfimlid^
ber Sauglid^feit: pc^ felbp überl^auf t Stoede gu fe^en unb (unabl^angtg
35 Don bcr 9latur in feiner Swedbepimmung) bie Sflatur ben aRayimen feiner
freien 3tt)cde überl^aupt angemePen als SRittcl gu gebraud^cn, übrig, load
bic 9tatur in Slbpc^t auf ben (Snbgtoed, ber au^er i^r liegt, audrid^ten unb
»cld^ea alfo al« i^r le^tcr Qxotd angefel&en »erben faun. 2)ie ^crDor-
bringung ber 2:augli(i^feit eines Dcrnunftigen SBefenS gu beliebigen
80 3w«den übcrl^aupt (folglid^ in feiner fjrcil^eit) ip bic dultur. Sllfo fann
nur bic (Sultur bcr le^te Qxotd fein, ben man bcr 9latur in Slnfel^ung ber
aRcnfd^engattung beigulegcn Urfac^c ^at (nid^t feine eigene ©Ifldfcligfeit
auf @rbcn, ober mol^l gar blog baö Dorne^mpe SBcrtgeug gu fein, Drb«
nung unb ßinl^eUigfcit in ber ocrnunftlofen ^atur au^er il^m gu piften).
35 9bcr nid^t jcbc @ultur ip gu biefem legten Qxozdt ber 9latur l^in«
Idnglic^. 3)icbcr ©cfd^idlid^fcit ip freilid^ bic Dornel^mftc fubiccttoe
Scbingung ber 3:auglid^feit gur SBeforbcrung ber3^(dc öberl^aupt; aber
432 Ärittf bet Urt^elföfroft. 2. ^txl Äritif bet teleologifd^en Urt^ctUfraft.
bod^ nid^t l^inreid^enb, ben äßiUen in ber Sefttmmung unb SBal^l feiner
ßmede gu beförbern, meldte \>o6i gum gangen Umfange einer Stauglic^teit
gu Qrotdtn mefentlid^ gel^ört. S)te le^tere Sebingung ber Sauglid^Ieif,
toeld^e man ble 6uUur ber Su4t (SDlfcipUn) nennen fönnte, ip negatio
unb befielet in ber 93efreiung bed Sßillenä -oon bem S)efpotii$m ber Se» 5
gierben, »oburd^ mir, an gemiffe 9laturbinge gel^eftet, unfähig gemacht
merben, felbft gu »d^len, in bem mir uniS bie triebe gu §effeln bienen
laffen, ble un8 ble Sflatur nur ftatt 2eltffiben beigegeben l^at, um bie
S9e{limmung ber Sll^terl^eit in unS nid^t gu Dernad^lä{{tgen, ober gar gu
perlenen, tnbeg mir boc^ frei genug jtnb, fte angugiel^en ober nat^gulaffen, 10
gu oerlfingern ober gu üerfftrgen, nad&bem e8 bie 3»^dte ber SBernunft
erforbern.
2>le ©efd^ldlid^feit tann in ber 9Renfd^engattung nid^t mol^I ent>
midCelt merben, als ))ermlttelft ber Unglei(i^l^elt unter 9Renf(]^en: ba ble
größte Qa\)[ ble StotJ^menblgfelten beS SebenS gleld^fam med^anlfd^, ol^ne 15
bagu befonberiS ^unft gu bebflrfen, gur ©em&t^Iid^felt unb SRuge anberer
beforgt, meldte ble mlnber notl^menblgen @tä(te ber (Sultur, S93lffenf(]^aft
unb j^unfl, bearbeiten, unb üon blejen In einem @fanbe bed S)rudE8,
faurer Slrbeit unb menlg ©enuffeiS gel^alten mirb, auf meldte @laffe ft(^
benn bod^ mand^eS Don ber 6ultur ber l^5l^eren nad^ unb nad^ aud^ t>tT* ao
breitet. 3)lc 5ßlagen aber mad^fen Im gortfd^ritte berfelben (beffen ^öl&e,
menn ber $ang gum Sntbel^rUd^en fd^on bem Unentbel^rllc^en Slbbruc^ gu
tl^un anfängt, Su^uiS l^elgt) auf belben Seiten gleid^ mdc^tlg, auf ber
einen burd^ frembe ©emalttl^&ttgfelt, auf ber anbern burd^ innere ttnge«
nfigfamteit; aber bad glingenbe @lenb Ifl bod^ mit ber (Sntmldtelung ber ss
Slaturanlagen In ber SKeufd^engattung t)erbunben, unb ber 3»^* ^^^
Statur felbfi, menn eS gleld^ nid^t unfer Qmtd ifi, mlrb bod^ l^iebei erreid^t.
£Die formale 93eblngung, unter meld^er ble 9latur blefe ll^re (Snbabfid^t
allein enelc^en fann, Ift blejenlge aSerfaffunglm aSerl&ftltnlffe ber SKenfd^en
unterelnanber, mo bem Slbbrud^e ber elnanber med^felfeitlg mlberflreiten' »
ben ^rell^elt gefe^mdgtge ©emalt In einem fangen, meld^ed bfirgerlid^e
®ef ellfd^aft l^elfet, entgegengefe|t mlrb; benn nur In ll^r fann ble größte
SntmldCelung ber Slaturanlagen gefd^el^en. 3u berfelben mare aber bo(^,
menn gleld^ SRenfd^en {te auSguflnben fing unb fid^ ll^rem S^i^ange miOig
gu untermerfen melfe genug m&ren, nod^ ein meltbfirgerlld^eS ®ange, 33
b. l. ein Softem aQer Staaten, ble auf elnanber nad^tl^eillg gu mlrfen In
©efal^r ftnb, erforberlld^. S« beffen Ermangelung unb bei bem ^Inber*
Slnl^ang. üWctl^obcnMtc bex telcologifc^cn Urt^ciWfraft. 433
ni|, meld^eS (Sl^rfud^t, ^enfc^fu^t unb ^obfud^t Dornel^mUd^ bei benen,
blc ®e»att in $dnbcn ^oben, fclbft bcr ÜKögUd^fcit eine« jold^en 6nt*
wurfiS entgegen fe^en, l[t ber Ärieg (tj^eils in meiern p(^ Staaten ger*
jpalten unb in tleinere auf(5fen, tl^eild ein @taat anbere, Heinere mit fid^
6 vereinigt unb ein gröfecre« ®anje gu bilben prebt) unüermeibltc^: ber,
fo toie er ein unabjt(J^tHd)cr (burcft gügellofe 2eibenfc^aften angeregter)
aSerfud^ ber SWenfd^en, bod^ tief verborgener, utelleic^t abpcj^tlid^er ber
oberften SBeiöl^eit ift, ©ejefemäfeigfeit mit ber fjreil^eit ber Staaten unb
babur(!^ @in]^eit eines moralijdb begrfinbeten S^ftemiS berfelben, mo nid^t
10 gu ftiften, benno(ft öorjubereiten unb ungead&tet ber fd&redflid&ften JDrang*
[ale, momit er baiS menfd^Iic^e ©efc^Ied^t belegt, unb ber oielleid^t nodb
gröfeern, momit bie beftfinbige a5ereitf(]&aft bagu im fjrieben brütft, ben«»
nod^ eine Slriebfeber mel^r ift (inbeflen bie Hoffnung gu bem Slul^eftanbe
einer aSoIteglücffeligfeit pd^ immer toeiter entfernt) aüe Salente, bie gur
15 Kultur bienen, bis gum l^öc^ften ©rabe gu entmideln.
äBaS bie 3)ifci))Un ber Steigungen betrifft, gu benen bie 9laturaulage
in 9(bfic^t auf unfere Seftimmung al$ einer Sl^iergattung gang grned«*
mäfeig i[t, bie aber bie gntwldelung ber SWenfc^l^eit fcl^r erfc^meren: fo
geigt pd^ bo(^ aud& in Unfel^ung biefeS gmeiten (ärforberniffeS gur Gultur
20 ein gmedm&giges Streben ber 9latur gu einer SluSbilbung, meldt^e und
l|5l^erer ß^^de, atö bie Statur felbft liefern tann, empfänglid^ mad^t. S)aS
Übergemic^t ber Übel, meldte bie 93erfeinerung beS ©efd^mads hü gur
gbealiprung beffelben unb felbft ber gujruS in SBiffenfd^aften, als einer
Slal^rung für bie (Sitelfeit, burd& bie ungubefriebigenbe 5Wenge ber baburc^
25 ergeugten Steigungen über unS auSfd^üttet, ift nid^t gubeftreiten: bagegen
aber ber Qto^d ber Statur auc^ nid^t gu oerfennen, ber ätol^iglelt unb bem
Ungeftüm berjenigen Steigungen, meldte mel^r ber Sl^terl^eit in unS ange«
l^ören unb ber SluSbilbung gu unferer l^ö^eren )Seftimmung am meinen
entgegen pnb (ber Steigungen beS ©enuffeS), immer me^r abgugemlnnen
30 unb ber @ntloidelung ber SRenfd^l^eit ^la| gu mad^en. Sd^öne j^unft
unb SBiffenfc^aften, bie burd& eine Suft, bie pd^ allgemein mitt^eilen Ififet,
unb burd^ ®cf(^liffenl&eit unb aSerfeinerung für bie ©efcllfd^aft, loenn
gleid^ ben SRenfc^en ni^t pttlic^ beffer, boc^ gefittet mad^en, geminnen ber
Sqrannei beS Slnncnl^angeS fe^r oiel ab unb bereiten baburd^ ben
35 SBenfc^cn gu einer ^errfd^aft oor, in meld^er bie Vernunft allein ®c»alt
l^aben foD: inbeg bie Übel, momit uns tl^eils bie Statur, tl^eils bie unoer«
tragfameSelbftfud^t ber SRenfd|en l^eimfud^t, gugleid^ bie Gräfte ber Seele
^ant'l 6(^r{ften. «Serfe. V. 28
4B4 J^ritil ber Urt^eiUfraft. 2.S^iI. Ihriti! b«r teteologtfd^en Urt^etldlraft.
aufbieten, fteigerit ttnb jldl^Ieti, um ienen nid^t }u unterliegen, unb und
fo eine 2:augU(l^feit ju ^ö^eren Stoeden, bie in uniS verborgen liegt, f fielen
laffen.*)
§ 84.
aSon bem enbjwecfe be« S)af einö einer SBelt, b. l. ber s
@d)öpfung felbft.
@nbgtt>ed ift berienige Qtotd, ber feines anbem a\i SBebingung
feiner 9W5gU(^feit bebarf.
Sßenn ffir bie StoedmAgigteit ber fftatux ber bloge SKec^anidm ber«
felben jum ISrfl&rungdgrunbe angenommen »irbi fo fann man ni(!^t lo
fragen: moju bie SDinge in ber Sßelt ba ftnb; benn ed ift atöbann nad^
einem fold^en ibealiftifc^en Softem nur üon ber pl^Qftfd^en Sßöglid^feit
ber S)inge (uselc^e und als Q\»tdt gu benfen bloge SSernünftelei ol^ne
Dbject fein mürbe) bie Siebe: man mag nun biefe f^orm ber 3)ittge auf
ben Sufall, ober blinbe Slotl^menbigreit beuten, in beiben tSrdUen mdre 15
jene grage leer. Slel^men mir aber bie 3wc*>«tblnbung in ber SBelt ffir
real unb ffir {te eine befonbere 9rt ber Saufalit&t, n&mlid^ einer ab«
fi(!^tlt(^mir{enben Urfad^e, an, fo lönnen mir bei ber f^rageni(]^t {leiten
bleiben: »oju £Dinge ber SBelt (organiftrte SBefen) biefe ober jene gorm
l^aben, in biefe ober jene SSerl^dltniffe gegen anbere Don ber SRatur gefegt »)
pnb; fonbern ba einmal ein äSerßanb gebatikt mirb, ber als bie Urfa(^e
ber 9R5gli(l^feit fold^er formen angefe^en merben mug, mie fte mirlli(^
an 2)ingen gefunben merben, fo mu^ auc^ in eben bemfelben nac^ bem
*) SSBad baS ^ben ffir unS ffir einen Sßert| ^abe, menti biefer blo^ nac^ bem
gefc^d^t mirbp loaiSmangeniegt (bem natfirlidC)en Smed ber®umme aller !Retgun-
gen, ber ©Ifidfeltgfett), ifl let^t au entfd^etben. Qn finft unter !Run; beun mer »oute
too^i bai Seben unter benfelben SBebingunoen, ober au(^ naö^ einem neuen, felbfl'
entworfenen (bo(^ bem SRaturloufe gemägen) $(ane, ber aber auä^ blog auf Qknu^
gefteHt niftre, aufiS neue antreten? 9BeI(!^en Sßeri^ ha^ Beben bem aufolge (abe,
maS t^, na^ bem Bn)ed(e, bzn bie 9latur mit und l^at, geffi^rt, tu fic^ ent^&It unb
meines in bem befielt, maS man tl^ut (nic^t blog geniest), wo wir aber immer
boöi nur Mittel au unbeflimmtem (fnbamede ftnb, tfi oben geaeigt morben. (£d
bleibt alfo wo^l ni^td fibrig, aU ber 993ert^, ben nir unferem ^ben felbft geben
bur(^ ba9, naiS wir nic^t aKein t^un, fonbern aud^ fo unabl^ängig tion ber 9latur
awedtm&gig t^un, bag felbft bie ^^iflena ber IRatur nur unter biefer 93ebtngung
BroedP fein fann.
Slnl^ang. STOet^obenlel&rc ber leleoloßifd^cn Urtl&eiWfroft. 435
obiectitien ®runbc gefragt werben, ber biefen probuctitien Serftanb gu
einer SBirfung biefer 8lrt befilmmt l^aben fönne, welcher bann ber 6nb*
gioed ijt, moju bergleid^cn JDinge ba pnb.
SdÖ l^abe oben gefagt: bafe ber (gnbitocdC fein Qmd fei, »cld^en ju
5 betDtrfen unb ber Sbee beffelben gemfi^ l^erDor^ubringen, bie 5Ratur l^ln*
retd^enb märe, meil er unbebingt Ift. 35enn eö i[t nid^tö in ber 5Ratur (alö
einem ©innenioefen), tooju ber in i^r felbft befinblid^e SeftimmungSgrunb
ni^t Immer mieberum bebingt to&re; unb biefed gilt nid^t blog ))on ber
SHatur aufeer unö (ber materiellen), fonbern avaSi in unö (ber benfenben):
10 mol^l gu üerftel^cn, bafe i(^ in mir nur ba« betrad&te, toa« SRatur ift. ein
S>ing aber, ma« not^wenbig feiner objectioen Sefd^affenl^eit tt)egen al«
(gnbgtoed einer üerftänbigen Urfac^e ejriftiren foll, mufe öon ber »rt fein,
bafe eä in ber Orbnung ber Qmdt »on feiner anbermeitigen Sßebingung,
a\& blog feiner St^ee abl^ängig ift.
15 9lun l^aben mir nur eine eingige 9lrt SBefen in ber SESelt, beren Saufa«
litfit teleologildö, b. i. auf SwedCe gerid&tet, unb bod^ gugleid^ fo befc^affen
ijt, bag baS ®efe^, nac^ mel(^em fte ftd^ Qrotd^ gu beftimmen l^aben, r>on
i^nen felbft ald unbebingt unb t)on fßaturbebingungen unabl^&ngtg, an
fi^ aber alö notl^wenbig üorgefteHt mirb. 2)a8 SBefen biefer art ift ber
ao Wenfd^, aber al« 9loumenon betrad^tet; baS eingige ^aturmefen, an mel«
d^em mir bod^ ein überjtnnlid^eö SSermögen (bie Sreil^eit) unb fogar
baS ®efe^ ber Saufalität fammt bem Dbiecte berfelben, meld^eS eS ftd^
al« l^öd^ften Qmd üorfe^en fann (ba« l^öd^ftc ®ut in ber SBelt), Don
Seiten feiner eigenen Sefd^affenl^eit erfennen fönnen.
35 aSon bem SRenfc^en nun (unb fo jebem vernünftigen 2Bcfen in ber
SBelt), als einem moralifd^en SBcfen, fann nic^t meiter gefragt mcrben:
mogu (quem in finem) er ejriftire. ©ein 2)afein l^at ben l^ödöftcn ßmedt
felbft in fid&, bem, fo üiel er üermag, er bie gange 5Ratur untermerfen fann,
menigftenS meld^em gumiber er fid^ feinem @tnfluffe ber 9tatur unter«
30 morfen l^alten barf. — SBenn nun 2)inge ber SBelt, al8 i^rer @;rifteng nad&
abhängige SBefen, einer nad^ Qmd^n l^anbelnben oberjten Urfad^e be»
bürfen, fo ift ber 3Kenf(ft ber Schöpfung ©nbgmedf ; benn ol^inc biefen märe
bie ^ette ber einanber untergeorbneten ßmedFe nid^t DoQftänbig gegrünbet;
unb nur im SRenfd^en, aber aud^ in biefem nur al8 ©ubjecte ber SRoralität
36 ift bie unbebingte ©efe^gebung in Slnfel^ung ber Qtozdt angutreffen, meiere
28*
43G ^ritif ber Urt^cilöfraft. 2. J^etl. *rttif bcr telcorogtfc^cn ttril^eilSfraft.
il^n alfo aDein fdl^ig mad^t ein Snbgtoec! gu fein, bem bie gange 9iatur
tcleologifd^ untergeorbnct i[t*).
§85.
aSon ber ^ß^^jifot^eologie.
3)ie ^l^^ftfotl^cologic ift ber Serfud^ bcr Vernunft, aud ben
Stteden ber Slatur (bie nur empirifc^ erfannt werben fönnen) auf bie
oberfte Urfad^e ber 9iatur unb i^re (Sigenfd&aften gu fd&Hefeen. @inc
9NoraIt]^eoIogte (6t!)ifotl^eoIogie) »fire bcr 3Serfuc^, au« bem mora«
Uferen ßroccfe Dernünftiger SBefen in ber 5Ratur (ber a priori erfannt »er»»
ben fann) auf jene Urfad^c unb il^re ©igenjd^aften gu fd^liefeen.
S)ie erftere gel^t natflrlid^er SBeife tior ber groeiteu Dorl^cr. 2)enn
wenn mir öon ben ©ingen in ber SBelt auf eine ffielturfad&e tcleologif d^
fd^liefeen wollen: fo muffen Qrotd^ ber 5ftatur guerft gegeben fein, für bie
*) Q^ wäre m5g(i(^, bog ^lüdfeligfett ber üentünfttgen Sefen in ber SEßelt ein
3n>c(f ber ^^Qtur roöre, unb aldbann m&re fte auc^ i^r le^terBu'edP. äBenigftend 13
fann man a priori nic^t einfe^en, roarum bie ^aiux nid^i fo eingeri^tet fein foUte,
loeil burt^ i^ren Sl'^ec^aniSm biefe $ßir!ung, menigften^ fo oiel wir einfe^en, mo^I
möglid^ möre. ^ber 3)7oraIität unb eine i^r untergeorbnete ^aufalitdt not^ 3°>^^n
ift fc^Ied^terbingd burd^ ^lotururfoc^en unmöglid^; benn baiS ^rindp i^rer SSeflimmung
5um ^anbeln ift überftnulid^, ift olfo baiS einaige 9J?5gItd^e in ber Drbnung ber 3n>ecfe, 20
toa^ in ^nfe^ung ber 9latur fci^Iet^t^in unbebingt ift unb i^r ©ubject baburdb jum
(Snbawede ber^^öpfung, bem bie gon^e 92atur untergeorbnet ift, aUetn quatift«
drt. -- ©lüdffeligfcit bagegen ifl, wie im üorigen § na^ bem B^ugnig ber
(Srfol^rung gezeigt morben, nic^t einmal ein Qioed ber Slolur in ^nfe^ung ber
!Dlenfc^en mit einem Sorguge oor anberen ©efd^öpfen: weit gefehlt, bog fie ein @nb' 25
jroedPber^^öpfung fein fotlte. 9]^enf(^en mögen fle fic!^ immer ^u intern legten
fubjectioen Bn'edfe machen. SBenn tc^ aber nad^ bem (Snh^rotdt ber Sd^opfung
frage: S^oau ^aben ^^enfd^en e^iftiren muffen V fo ift oon einem obfectioen oberflen
ßwede bie SRebe, wie il^n bie l^öc^fte Vernunft au i^rer ©(^öpfung erforbem würbe,
antwortet man nun barauf : S)amit äBefen e^ifttren, benen jene oberfte Urfac^e mo^I« 30
t^un fönne, fo mtberfpric^t man ber Sebingung, weld^er bie I3ernunft bed SJtenfc^en
felbft feinen innigften SBunfc^ ber ©IfldPfeligfeit unterwirft (n&mUd^ bie ÜbereinfUm-
mung mit feiner eigenen inneren moralif(!^en @efeggebung). S)ieö beweifet: bog bie
©lOdffeligfeit nur bebingter Bn^edF, ber ^enfd^ alfo nur ald moraUfc^ed äBefen (^b«
awedP ber ©d^öpfung fein fönne; xoa^ aber feinen Buf^anb betrifft, (S^lfidTfeligfeit nur »
ald f$o(ge nod^ ^aggabe ber Übereinftimmung mit jenem Bn>e(fei al^ bem Bn^^<^
feinet ^afeiniS, in ^erbinbung fte^e.
SCn^ang. !D^etl^obenIe^re ber teleologtfd^en Urt^ettöfraft. 437
tt)ir nad^l^er einen @nbjtoec! unb für tiefen bann ba8 ^rincip ber (Saufa«
lität biejer oberften Urfac^e gu fud^en l^aben.
3ladi bem teleologtfd^en ^rincip fönnen unb mfiffen Diele 9ta(l^for«
fi^ungen ber ^atur gefc^el^en, ol^ne bag man nad^ bem ©runbe ber ^ög»
5 lid^feit, gmectmdgig gu mirfen, loeld^e mir an uerfc^iebenen ber $robucte
ber Sflatur antreffen, gu fragen Urfa(fte l^at. SBiH man nun aber aud^
](|ieDon einen Segrijf ^aben, fo l^aben mir bagu fd^Ied^terbingd feine meiter^
gel^enbe ßlnfidötf ölS blofe bie 3Kafimc ber repectirenben Urtl^eiföfraft:
ba^ ndmlid^, »enn unS auc^ nur ein eingtged organifc^ed $robuct ber
10 3ltatur gegeben wäre, mir nad^ ber Sefd^affenl^eit unfere« (ärtcnntni^üer-
mögcnS bafür Feinen anbern ®runb beuten Knnen, aW ben einer llrfadö«
ber SRatur fclbft (e8 fei ber gangen 5ftatur ober aud^ nur biefeS ©tiicf« ber»
fcttren), bie burd^ SSerftanb bie ßaufalitfit gu bemfelben ent^filt; ein S9e=
urtl^itungöprincip, moburd^ mir in ber ßrfldruug ber 5Raturbinge unb
15 il^reS Urfprung§ gmar um nickte meiter gebracht merben, ba§ unö aber
bod^ über bie 9latur ^inaud einige 3(udftd^t ero^net, um ben fonft fo um
frud^tbaren Segriff eine« Urmefen« üielleidbt na^cr beftimmen gu tonnen.
9lun fage id^: bie $]()t|ptot]^eologie, fo meit fte aud^ getrieben merben
magi fann un8 bod^ nid^td Don einem @nbgmed(e ber Schöpfung eröff«
20 neu; benn fie reid&t nid^t einmal bis gur gragc nad^ bemfelben. Sie fann
alfo gmar ben SBegriff einer Derftfinbigen SBelturfac^e al« einen fubjectiö
für bie Sefd&affenl^eit unfere« erlenntnifeoermögen« allein tauglichen SBe«
grif oon ber 5Koglic^feit ber ©inge, bie mir un8 nad& Smeden »erftfinb^
li(^ö<ften fönnen, red^tfertigen, aber biefen Segriff meber in t^eoretifd^er
25 nod& praftifd&er abpdbt meiter beftimmen; unb i^r SSerfud^ erreid&t feine
abfid^t nid^t, eine S^eologie gu grfinben, fonbern fte bleibt immer nur eine
p]&9ftfd^e-3:eleologie: meil bie Smedbegie^ung in il^r immer nuralSinber
5Ratur bebingt betrad^tet mirb unb merben mufe; mithin ben Qmd, mogu
bie 9iatur felbft epftirt (mogu ber Orunb aufeer ber SRatur gefud^t merben
30 mu6) gar nic^t einmal in anfrage bringen fann, auf beffen beftimmte
Sbee gleid^mo^l ber bepimmte SBegriff jener oberen Derpfinbigen SBcltur»
fa^e, mithin bie 3R5glid^feit einer S^eologie anfommt.
SBogu bie JDinge i« ber SBelt einanber nüfeen; mogu baö SWannigfal»
tige in einem JDinge für biefeö JDing felbp gut iP; mie man fogar ®runb
35 l^abe angunel^men, bag nid^td in ber SSelt umfonP, fonbern aUed irgenb
mogu in ber 3iatur, unter ber Sebingung bafe gemiRe a)inge (alö Qmdt)
e.riftiren follten, gut fei, mobei mithin unfere SSernunft für bie Urtl^eilg?
438 Ätiti! ber Urt^eilöfrafl. 2. Sl^dl. Äritt! ber tcreologifd^en Urtl^eitefraft.
fraft fein anbete« ^rinclp ber aWöglld^fett be« Dbiect« il^rcr unDermcib^
lld^cn tclcoloflifc^en Seurtl^cilung in il^rem aSermogen l^at, afö baö, ben
3Red^aniöm ber SRatur ber ard^iteftonit eine« Derflfinbigen SBeltnrl^ebcrS
unter juorbnen: ba§ aUeö leiftet bie teleologifd^e SBeltbetratJ^tung fe^r
l^errlic^ unb jur äufeerften Setounberung. SBeil aber ble JData, mithin s
bie ^rindpien, jenen Segriff einer intelligenten SBelturfad&e (alö l^oc^ften
Äünftlerö) ju beftimmen, blo& empirifc^ pnb: fo laffen Pe auf feine
Sigenfc^aften weiter fd^Uegen, als und bie @rfa^rung an ben SBirfungen
berfelben offenbart, loelc^e, ba fie nie bie gefammte 9latur als Softem be-
faffen fann, oft auf (bem «nfc^eine nad^) jenem Segriffe unb unter c{n= lo
anber miberftreitenbe Semeiögrünbe ftofeen mufe, niemals aber, toenn loir
gleid^ Dermögenb »dren aud^ baö gauje Softem, fofcrn e« blofee Statur
betrifft, empirifd^ ju überfd^auen, un« über bie Statur ju bem Qmdt il^rer
ßyiftenj felber unb babur(ft jum beftimmten Segriffe jener obern gntcHi-
genj ergeben fann. 15
SBenn man ftd^ bie Aufgabe, um bereu Suflofung eS einer ^^^pfo«
tl^eologie ju tl^un ift, flein mac^t, fo fd&eint il^re »uflofung lei^t. Scr*
fd^toenbet man nämli(^ ben Segriff oon einer ©ottl^eit an jebeS t)on uns
gebadete üerftänbige SBefen, beren eS eine« ober mehrere geben mag, toel*
öiti oiel unb fel^r groge, aber eben ni^t alle (Sigenfd^aften ^abe, bie ju 30
©rflnbung einer mit bem größtmöglichen ßmede äbereinftimmenben 3ta^
tur überhaupt erforberlid^ finb; ober l^filt man eS für nid^t«, in einer
S^eorie ben ÜRangel beffen, maö bie SemeiSgrünbc leiften, burd^ millfür»
lic^e Sufd&e ^u ergänjcn unb, 030 man nur ®runb l^at Diel Sollfommen*
l^eit angunel^men (unb toa^ ift t)iel für unS?), ft^ ba befugt l^Alt alle ss
möglid^e uorauSjufe^en: fo mad^t bie pl^^ftfc^e Seleologie mic^tige Stn^
fprüdje auf ben Siul^m, eine Sl^eologie gu begrünben. SBenn abcrDerlangt
U)irb angujeigen, toad unS benn antreibe unb fiberbem beredbtige, jene @r«
göuäungen gu mad^en: fo merben »ir in ben ^rincipien be« tl^eoretifd^en
©ebraud^d ber Sernunft, melc^er burd^au« »erlangt, gu @rflärung eine« »
Dbject« ber ©rfal^rung biefem nicftt mel^r ©igenfd^aften beigulegen, al«
empirifd^e ©ata gu ll&rer 3Wögli(^feit angutreffen finb, Dergeblic^ ®runb
gu unferer ^Rechtfertigung fud^en. Sei naiverer Prüfung mürben mir feigen,
ba6 eigentlich eine Sbee üon einem ^ö^ften SBefen, bie auf gang Derftibie»
benem Sernunftgebrau^ (bem praftifc^en) beruht, in un« a priori gum »
®runbe liege, toeld^e un« antreibt, bie mangcll^qfte Sorflellung einer
pl^^fif d^en Jleleologie öon bem Urgrunbe ber Swedte in ber Statur bi« gum
Knl^ang. SRet^obenlel^re ber teleologtfd^en UiH^eildfroft. 489
Segriffc einer ©ottl^elt gu crgdnjen; unb tt)ir toürben un8 nld^t fdlfd&U(l6
einbilben, blefe Sbee, mit ll^r aber eine 3:]&eoIoflle bur^ ben tl^eoretifc^en
SSernunftgebrauc^ ber p]^9ftf(!^en Sßelttenntnig gu @tanbe gebracht, ))iel
weniger, il^re SRealitÄt betoiefen gu l^aben.
5 3Ran fann ed ben Sllten ni(^t fo l^od^ gum ZaM anred^nen, menn
fte {t^ il^re ®5tter als tl^etls tl^rem 93erm5gen, tl^eitö ben abftd^ten unb
äBiQeniSmeinungen nai^ fel^r mannigfaltig Derfc^ieben, alle aber, felbft il^r
Dberl^aupt nid^t aufgenommen, nod^ immer auf menfc^Iid^e SSeife einge«
fd^rdnft bad&ten. 35enn menn pe bic ginrid^tung unb ben ®ang ber
10 S)inge in ber 9tatur betrad^teten, fo fanben jte gtoar ®runb genug etmaS
mel^r ald 9Red^anifd^e8 gur Urfad^e berfelben angunel^men unb Slbftd^ten
geti)iffer oberer Urfa(^en, bie fle nid^t anber« al8 ilbermenfi^Udö ben!en
fonnten, hinter bem aRafd^inentoerf biefer SBelt gu toermutben. SBell fte
aber haS ®ute unb Söfe, ba« S^c^wä^ige unb 3w«dtmibrige in il^r m^
15 nigftend fär unfere Sinjt^t fel^r gemifd^t antrafen unb jid^ nid^t erlauben
fonnten, inSgel^eim bennod^ gum ©runbe liegenbe toeife unb mol^ltbfitige
StoedCe, Don benen fte bod^ ben Setoei« nld^t faben, gum Sebuf ber »ill*
fürlid^en 3bee etneS b^fl^oDfommenen Urhebers angunebmen: fo tonnte
il)r Urtl^eil t)on ber oberften SSelturfa^e fc^werlid^ anberS audfaflen, fo
20 fern fte ndmlid^ nad^ SJ^ajcimen beS blo^ tbeoretif(ben ©ebraucb^ ber Ser«
nunft gang confequent öerful^ren. anbere, bic al« ^l^qpfer gugleicb Sbeo«
logen fein ttoDten, badbten SBefriebigung fär bie SSernunft barin gu pnben,
bafe pc für bie abfolute ©inl^eit be« $rincip« ber SRaturbinge, wcld&e bie
SSernunft forbert, tjermittelft ber 3bec üon einem SBefen forgten, in »el*
w d&em als alleiniger ©ubftang jene in«gefammt nur inl^idrirenbe SBeftim«
mungen tt)dren: meldte @ubftang gtoar nid^t burd^ SSerpanb Urfad^e ber
SBelt, in »eldber aber bodfe al8 Subject aller SBerftanb ber SBeltwefen an=^
gutreffen wdre; ein SBefen folglid^, baS gttar nidbt nac^ Qxotdtn etwa«
berüorbrddöte, in meld^em aber bodb alle JDinge megen ber ©inbeit be§
so @ubiect8, t)on bem Pe blog S3eftimmungen pnb, audb obne B^td unb Slb^
pd^t not^menbig pd^ auf einanber gmedCmdgig begiel^en mußten. @o fül^r«
ten Pe ben ^bealtSm ber ßnburfad^en ein: inbem pe bie fo fd^mer b^raud^
gubringenbe Sinbeit einer 3Renge gmedCmd^ig ))erbunbener @ubftangen
ftatt ber 6aufalabbdngig!eit Don einer in bie ber S^bä^^^nj in c*««^
35 üermanbelten; toelcbe« S^pem in ber ffolge, Don Seiten ber inbdrirenben
SBeltmefen betrad^tet, al8 ^antbeidm, Don Seiten beS allein fubpftireu:^
ben SubjectS als UrioefenS (fpdterl^in) als SpinogiSm, nidbt foiool^lbie
440 Äriti! ber Urt^iWfraft. 2.2:^«. Ärltif ber tcleoloßifd^en Urt^eil^fraft.
fjragc Dom erflcn ®runbc bct Stoetfmäfelafeit ber SRatur auflöfete, al« ftc
Dlclmcl^r für nid^tig crfldrte, tnbcm bcr leitete Scgrlff , aUcr feiner fRtalu
tdt beraubt, gur biegen SRtgbeutung eineS aDgemeinen ontologtfd^en Se^
griffe t)on einem S)inge fiberl^aupt gemad^t mürbe.
9ta(!^ blofe t^eoretlfd^cn ^rincipten be« Bernunftgebrau(j^8 (morauf 5
bie $^9f{fot]^eologte jtd^ aUein gränbet) tann alfo niemals ber Segrtff
einer ©ottl&elt, ber für unfere teleologlfd^e SBeurtl^eilung ber Statur ju^
reichte, ^eraudgebrad^t merben. S)enn mir erflären entmeber aDe Seleo^
logie für blofee Sdufiftung ber Urtl^eitefraft in ber Seurtl^eilung ber (Sau*
faberbinbung ber S){nge unb flüchten uniS ju bem aOeinigen $rtndp 10
eines bloßen SRed^aniSmS ber 9latur, meldte megen ber (Sin^eit ber @ub«
ftang, üon ber fte nid^tiS a\& bad äßanntgfaltige ber Seftimmungen berfel«
ben fei, unS eine aUgemeine Segtel^ung auf Qmdt gu enthalten blog
fd^eine; ober menn mir ftatt biefeS S^ealidmiS ber ßnburfad^en bem ®runb«
fa^e beS SftealiSmd biefer befonbern Slrt ber Saufalität anl^dnglid^ bleiben »
motten, fo mögen mir üiele Derftdnbige Urmefen, ober nur ein einige« ben
9taturgmed(en unterlegen: fobalb mir gu SBegrünbung beS 93egrip üon
bemfelben nid^td ald (Srfal^rungSprincipien, oon ber mirtlit^en Qmdotr^
binbung in ber 3BeU I|ergenommen, gur l^anb ^aben, fo tonnen mir einer»
feit« miber bie SRig^ettigfeit, bie bie 9latur in Slnfe^ung ber Btoecleinl^eit so
in Dielen Seifpielen aufftettt, feinen SRatl^ finben, anbrerfeit« ben Siegriff
einer einigen intelligenten Urfad^e, fo'mie mir il^n, bur(^ bloge ßrfal^rung
bered^tigt, herausbringen, niemals für irgenb eine, auf meldte Srt eS audb
fei, (tl^eoretifi^ ober praftifc^) braud^bare Sl^eologie beftimmt genug baraud
gießen. 25
S>ie pV9ftf<^^ ^eleologie treibt uns gmar an, eine Sl^eologie gu fud^en,
aber fann feine l^eroorbringen, fo meit mir aud^ ber Statur burd^ @rfa^
rung nad^fpüren unb ber in i^r entbedtten 3»^dh)erbinbung burd^ S3er«
nunftibeen (bie gu <)]^9|tfdöcn aufgaben t^eoretifd^ fein muffen) gu ^ülfe
tommen mögen. äBaS ^ilfts, mirb man mit äled^t Hagen, bag mir atten su
biefen ßinri^tungen einen grofeen, einen für uns unermefelicften Serflanb
gum ©runbe legen unb i^n biefe SBelt nad^ abjid^ten anorbnen laffen?
menn uns bie Statur Don ber (Snbabfid^t nid^ts fagt, no(^ jemals fagen
fann, o^ne meldte mir uns bod^ feinen gemeinfd^aftlid^enSegiel^ungSpuntt
aller biefer StaturgmedCe, fein l^inreid^enbeS teleologifd^eS $rincip mad^en 3s
fönnen, tl^eilS bie Qtütdt inSgefammt in einem @^ftem gu erfennen, tl^eilS
uns Don bem oberften SSerftanbe, als Urfad^e einer fold^en Statur, einen
$(nl$ang. S^et^obenlel^re her teleologif^en Urt^eil^rraft. 441
33«9riff ju tnad^en, bet unfercr über jtc tclcologifd^ reflcctircnben Urtl^elte-
traft gum Sti^tmage bienen fönnte. ^äi Ig&tte olSbann gmnr einen
ÄunftDerpanb für gerftreute ßmecfe; aber feine SBeiÄ^eit für einen
Snbgmed, ber bot^ eigentlid^ ben SeftimmungSgrunb uon jenem entbal»
5 ten mug. ^n Snnangelung aber eines SnbgtoedSi ben nur bie reine 33er«
nunft a priori an bie ^anb geben fann (weil alle Qxotdt in ber SBelt cmpi«
rifdb bebingt ftnb unb ni^tö, als n)ad l^iegu ober bagu als guf&diger Slb»
ftd^t, nid^t tDaS fd^Iec^tl^in gut ift, entl^alten lönnen), unb ber mid^ allein
leieren tt)ürbe: meldte Sigenfd^aften, toeld^en ®rab unb meld^eS tBerl^ciltnig
10 ber oberften Urfa^e ber Statur id^ mir gu benfen ^abe, um biefe als teleo»
logifd^eS @9ftem gu beurtl^eilen; mie unb mit meli^em Siedete barf id^ ba
meinen febr eingefdferdnften S9egriff tjon jenem urfprünglidö^n SSerjtanbc,
ben itb auf meine geringe SBeltfenntni^ grünben fann, üon ber SKad^t
blefeS UrmefenS feine Sbeen gur ®irfli(^fcit gu bringen, tjon feinem SBiüen
15 es gu tl^un u. f. m., i^ad^ S3elieben erweitern unb bis gur Sbee eincS aUwei«
fen unenblid^en SßefenS erg&ngen? 3!)ieS mürbe, menn eS tl^eoretifd^ ge«
fd&cl^en foBte, in mir felbft ailmiffenl^elt tjorausfefeen, um bie Qmdt ber
Statur in i^rem gangen ßufammenl^ange eingufel^en unb nod^ obenein alle
anbere m5glid^e $lane benfen gu fönnen, mit benen in SSergleid^ung ber
20 gegentodrtige als ber befte mit Orunbc beurtl^eilt »erben müfete. S)enn
ol^ne biefe Dollenbetc Äenntnife ber SBirfung fann id^ auf feinen beftimm*
ten a3egriff Don ber oberften Urfad^e, ber nur in bem oon einer in allem
Setradbt unenbli^en SnteÜigeng, b. i. bem Säegriffe einer ©ottl^eit, ange«
. troffen merben fann, f(^liegen unb eine ©runblage gur 3:^eologie gu
25 @tanbe bringen.
SBir tonnen alfo bei aller möglid^en (Srmeiterung ber pl^^ftfd^en S'e«
leologie nad^ bem oben angeführten ©runbfa^e mol^l fagen: bag toir nac^
ber a3efdöoffen]^eit unb ben 5ßrinclpien unfereS (SrfenntnifeoermÄgenS bie
Slatur in il^ren uns befannt gemorbenen gmedfm&gigen Snorbnungen ni^t
30 anberS benn als baS ^robuct eines SgcrftanbcS, bem biefe untermorfen ift,
benfen tonnen. Db aber biefer SSerftanb mit bem ®angen berfelben unb
beffen l^eroorbringung nod^ eine Snbabft^t gel^abt l^aben möge (bie als=^
bann nidbt in ber Statur ber ©inncnioelt liegen mürbe): baS fannunS bie
tl^eoretifd^e Slaturforfd&ung nie eröffnen; fonbern eS bleibt bei aller Äennt*
35 nife berfelben nnauSgemad&t, ob jene oberfte Urfad^e überall na(^ einem
(gnbgmedte unb nid^t öielmel^r burc|) einen oon ber blofeen Slotl^menbigfeit
feiner Statur gu ^eroorbringung gemiffer formen beftimmten SSerftanb
442 ^tif ber Urt^iMfroft. 2. ^t\l JTdtif ber teIeologtf(|en Util^ttöfraft.
(nad^ ber Analogie mit betn, xoas mir bei ben 2:]^ieren ben jfunjltnftinct
nennen) Urgrunb berfelben fei: ol&ne ba^ eS nöt^ig fei, il^r barum auc^
nur SSeidl^eit, üiel weniger l^od^fte unb mit aDen anbern gur SSoIltomtnen^
^eit il^red ^robucts erforberlid^en Stgenfd^aften ))erbunbene Beidl^eit htU
äwlegeu. 5
ailfo ift $]^Qfifot^eoIogie eine mi^Derftanbene pl^^fifd^e Sieleologie,
nur ald SSorbereitung (^ropAbeutit) jur Sl^eologie brau^bar unb nur
burd^ ^ingufunft eiued anberioeitigen $rincip^, auf bad fte fiä^ flauen
lann, nid^t aber an ftd^ felbfl, »ie il^r 9lame eS angeigen tDiU, gu biefer
Sibfid^t gureid^enb. k>
§86.
SSon ber Stl^ifotl^eologie.
6S ift ein Urtl^eil, beffen {t^ felbfl ber gemeinfte Serftanb nid^t ent«
f plagen fann, ivenn er über bais ^afein ber 3!)inge.in ber SSelt unb bie
6;rifteng ber Sßelt felbft nad^benft: ba^ ndmli(^ aDe bie mannigfaltigen u
©efd^öpfe, t)on mie groger Aunfteinrid^tung unb ttie mannigfaltigem
gnedmdgig auf einanber begogenen Sufammenl^ange fie aud^ fein mögen,
ja felbft ba« ®ange fo Dieler ©ijfteme berfelben, bie mir unrit^tiger SBeife
SBelten nennen, gu nid^ts ba fein mürben, menn eö in il^nen nid^t ÜRen«
fd^en (oernünftige Sßefen überl^aupt) gäbe; b. i. bag ol^ne ben Wenfi^eu ^
bie gange @d^öpfung eine bloge SSüfte, umfonft unb ol^ne SnbgmedC fein
mürbe. (53 ift aber aud^ nid^t ba« grfenntnifeDermögen beffelbcn (tl^eore»
tifd^e SSernunft), in Segiel^ung auf meld^ed baS 3)afein aUeS Übrigen in
ber aSelt allererft feinen SBertl^ bcfommt, etma bamit irgenb gcmanb ba
fei, meld^er bie äBelt betrauten tonne. 3)enn menn biefe Setrad^tung sö
ber SBelt il^m bod^ nid^t« aU 3)inge ol^ne (Snbgmed DorfieDig machte, fo
fann barau«, bag jte ertannt mirb, bem £)afein berfelben fein Sßert^ er«
mad^fen; unb man mug fd^on einen Snbgmed berfelben tooraudfe^en, in
Scgie^ung auf meldten bie SBeltbcfrad^tung felbft einen ffiertl^ ^abe. Suc^
ift eS nid^t ba$ ©efü^l ber Suft unb ber @umme berfelben, in Segie^ung »
auf meld^ed mir einen @nbgmedC ber @d^5pfung als gegeben beulen, b. i.
nic^t baS äSol^lfein, ber ®enug (er fei förperlid^ ober geiflig), mit einem
SBorte bie ®lüdtfeligfeit, morna^ mir jenen abfoluten SSertl^ fd^äfeen.
©enn: bafe, menn ber SKenfd^ ba ift, er biefe i^m felbft gur enbabpd^t
mad^t, giebt feinen Segriff, mogu er bann über^au))t ba fei, unb meldten »
SBert^ er bann felbft l^abe, um i^m feine @irifteng angenehm gu mad^en.
Sln^aitg. SWetl^obeiilel^re ber teleologtfdftcn Urtl>eil«fraft. 443
(gr^mufe alfo fd^on al8 ßnbgttierf ber ©(^opfung öoraudgefcfet »erben, um
einen Sernunftgrunb gu l^aBen, toarum bie Sttatur ju feiner (STudffeltßfeit
jufaufmen pimmeu muffe, tücnn fle al« ein abfolute« ®ange nac^ ^rin»
clpien ber ßttJecfe betrachtet toirb. — ?[Ifo ifl e8 nur ha& Sege^runflöücr^
5 mögeirr aber hld)t baöicnige, »a« il^n Don ber 5Ratur (burd^ pnnliciöe 8ln«
triebe) äb^ngifl maä^i, nld^t ba8, in Slnfel^iung beffen ber SBertl^ feine«
35afein8 auf bem, »aä er em<)fängt unb genlefet, berul^t; fonbern ber
SSertl^, toeld^en er allein fid^ felbft geben fann, unb welcher in bem beftel^t,
todS er tl^ut, mie unb nad^ melden ^rincipien er ntd^t atö !RaturgIieb,
10 fonbern in ber grel^eit feines Segel&rungöDermögen« lianbelt; b. ^. ein
guter fflillclfr ba8]eiuge, »oburdö fein 2)afein aüein einen abfoluten
SBertl^ unb^ In Segiel^ung auf toeld^eS ba« S)afein ber SSelt einen @nb«
gtDe'cf l^aben fann.
8ludö flimmt bamit baö gemeinpe Urtl^eiJ ber gefunben 9Renfd()en*
15 Dernunft ooDfornmen gufammen: n&mlidb bag ber 3Renfd^ nur ald morali«
fd^efi SBefen ein (änbgtDedf ber ©d^öpfung fein fönne, wenn man bie Seur«
t^eilung nur auf biefe i^rage leitet unb veranlagt fte gu t)erfud^en. 9Ba«
l^ilft«, tDirb man fagen, bag biefer 3Renfd^ fo oiel Salent l^at, bag er ba«
mit fogar fel^r tl^fitig ift unb baburd^ einen nüpc^en @influg auf ba«
20 gemeine SBefen audfibt unb alfo in SSerl^dltnig fomol^I auf feine ®\M^
umft&nbe, al« aud^ auf 8(nberer 9lu^en einen großen Bertis l^at, ttenn er
!einen guten SBillen bcpfet? 6r ift ein üera(l)tung«tt)ürbige8 Object, wenn
man il^n nad^ feinem Innern betrad^tet; unb n)enn bie @d^öpfung nid^t
fiberaH ol^ne ßnbgwecf fein foü, fo mufe er, ber als 3Renf(6 aud^ bagu ge^*
35 ^ört, bod^ als böfer 3Renfd^ in einer Sßelt unter moralifd^en ©efe^en bie»
fcn gemäfe feine« fnb|ectiüen ßw^df« (ber ®lüdffeligfeit) oerlu|lig gelten,
als ber cingigen S3ebingung, unter ber feine @?:ifteng mit bem SnbgmedCe
gufammen befleißen !ann.
SBenn »ir nun in ber SBelt ßttedCanorbnungen antreffen unb, tote
so eS bie Sernunft unüermeiblid^ forbert, bie ßwcdfe, bie eS nur bebingt ftnb,
einem unbcbingten obcrften, b. i. einem ©nbgtoecfe, unterorbnen: fo ftel(t
man erftUdb leit^, bafe alSbann nid^t üon einem Qvo^dt ber 9latur (inner«
l^alb berfelben), fofern pe ey iplrt, fonbern bem Qmdt i^rer Sfiftcng mit
allen i^ren ©inric^tungen, mitl^in t)on bem legten S^oedfe ber @(^öp=
35 fung bie SRcbe ift unb in biefem aud^ eigentli^ Don ber oberften Sebtn«
gung, unter ber allein ein gnbgtoedt (b. i. ber SeftimmungSgrunb eine«
^<i)^tn aSerftanbeS gu ^erDorbringung ber SBeltwefen) Statt pnben lann.
444 Äritif ber UrH^eiWfraft. 2. 3;^eil. Äritlf her teleolo9tf(^en UrtlJetWfraft.
S)a toir nun ben SRcnfd^cn nur afö moraliftj^e« SBcfen ffir bcn 3»ecf
ber ©d^öpfung ancrfcnncn: fo ^abcn »ir crfHid^ ^Iw^n ®runb, »cnigficn«
bte |)au))tb€bingung, bie Sielt ald ein noc^ Qmdtn aufammen^än0enbed
®anje unb als Softem t)on (Snburfad^en angufel^en; Dorne^mlid^ aber
für ble uad^ SBefc^affen^cit unferer Vernunft un5 not^tocnbigc Segiel^ung •
ber Slaturgtocde auf eine üerft&nbtgc SBelturfa(!^e ein ^rincip, bie 3ta^
tur unb Giflenfc^aften biefer erjien Urjad&e afö oberften ©runbeS im ateid^c
ber Qro^dt gu benfen unb fo ben S3egriff berfelben gu beftimmen: »elc^eS
bie pl^Qftfd^e Seleologie nt^t oermod^te, bie nur unbeftimmte unb eben
barum gum tl^ieoretifc^en foiool^I ald praftifd^en ©ebraud^e untaugltd^e lo
Segrijfe üon bemfelben oeranlaffen tonnte.
SluiS blefem fo beftimmten $rinctp ber ^QufalitAt itS UrwefenS loer«
bcn loir t^ ntd^t blofe als gnteüigeng unb gefefegebcnb ffir bie 5latur, fon«
bern aud^ ald gefe^ebenbed Dberl^aupt in einem moralifd^en 9iei(^e ber
Swedfc benfen muffen^ ^n SBegtel^ung auf baS ^ö<ftfte unter feiner 4^err» u
fd^aft aOetn mögliche ®ut, n&mlid^ bie @jrifteng vernünftiger SBefen unter
moralifd^en ©efe^en, merben mir und biefeS Urtoefen alis allmiffenb
benfen: bamit felbft baS ^nnerfte ber ©ejinnungen (meld^ed ben eigent«
lid&en morallfd^en fflertl^ ber ^anblungen oernüuftiger SBeltwefen au«=
mad^t) i^m nid^t verborgen fei; alis allmäd^tig: bamit eö bie gange 9la« so
tur biefem l^öd^ften ßmecfe angemeffen madben fönne; aU allgfltig unb
gugleid^ gered()t: meil biefe beiben Sigenfd^aften (vereinigt bie SBefd«
^eit) bie Sebingungen ber ßaufalitfit einer oberften Urfad&e ber SBelt
als ^öd^ften ®utd unter moralifd^en ®efe^en audmad^en; unb fo aud^ aOe
nod& übrigen tranSfcenbentalen ßigenfd^aften, alößioigfeit, ailgegcn* as
ttart u. f. ti). (benn ®ütc unb ®ered^tigfeit pnb moralift^e ®igenfd^aften),
bie in Segiel^ung aufweinen folc^en ßnbgmect voraudgefe^t toerben, an
bemfelben benfen muffen. — 9luf fold^e Sßeife ergdngt bie moralifi^e
Senologie ben SKangel ber pl^ijfifd^en unb grünbet aHererft eineJ^eo^
logle: ba bie Icfetere, wenn pe nld^t unbemerft au« ber erftercn borgte, 30
fonbern confequent verfahren foDte, ffir ftd^ allein nid^t« ald eine S)dmo«
noiogie, meldte feine« beftimmten 93egri^d fäl^iig ift, begrünben fSnnte.
9[ber baS ^^rincip ber S9egie^ung ber 2Belt loegen ber moralifd^en
ßmecfbeftimmung getoiffer Sßefen in berfelben auf eine oberfie Urfad^e,
ald ®ottl^eit, tl^ut biefed nid^t blog baburd^, bag ed ben p^^ftfd^'teleologi* 35
fc^en 93emei$^grunb ergdngt unb alfo biefen not^toenbig gum ®runbe legt;
fonbern c& ift bagu aud^ für fic^ l^tnreid^enb unb treibt bie Siufmertfam^
In^ong. 3Rel^obcnIe^re ber teleologtf^en Url^ctWfraft. 445
feit auf bie Qmtdt ber 9latur unb bie Slac^forfd^ung ber l^inter i^ren %ox'
men verborgen Uegenben unbegreiflid^ großen St\xn% um ben 2>been, bie
bie reine praftif(%e Scrnunft l^erbeifd&afft, an ben 5Raturj»e(feu belldupge
Sepdtigung ju geben. S)enn ber Segriff Don SBeltoefen unter mordi«»
5 fd^en (Sefe^en ift ein ^rindp a priori^ toornad^ |td^ ber 3Renfc^ not^wen*
big beurtl^eilen mug. 3)aB ferner, menn ed überall eine a6|t(^tUd^ »irtenbe
unb auf einen Qmd gerichtete SBelturfad^e giebt, {eneS moralifd^e 93er«
^ältnig eben fo notl^menbig bie Sebingung ber SRöglid^Ieit einer Qdibp^
fung fein muffe, aU bad nad^ pl^^jtfd^en ®ef e^en (»enn n&mlid^ jene Der«
10 fldnbtge Urfa(i^e aud^ einen ßnbjmed l^at): fte^t bie SSernunft aud^ a priori
aW einen für fte jur teleologifdben Seurtl^eilung ber @j:iftenj ber 3)ingc
not^tt)enbigen ©runbfa^ an. 9lun Tommt ed nur barauf an: ob mir ir«
genb einen für bie SJernunft (e« fei bie fpeculatioe ober praftifd^e) l^in*
reid^enben ®runb l^aben, ber nad^ Qmtdtn l^ianbelnben oberften Urfad^e
15 einen ßnbjioed beizulegen. S>enn bag aldbann biefer nad^ ber fubjlecti^
oen Sefd^affenl^eit unferer SSernunft, unb felbft tt)ie mir und aud^ bie
aSernunft anberer SBefen nur immer benfen mögen, fein anberer al8 ber
SRenfd^ unter moralifd^en ®efe^en fein fönne: tann a priori für
und ald gemig gelten ; ba l^ingegen bie Smecte ber 9latur in ber pl^^ji^
20 fd^en Drbnung a priori gar nicftt fönnen erfannt, oornel^mlid^, bafe eine
5Ratur o^ne fold^e nid^t eyiftiren fonne, auf feine SBeife fann eingefel^en
merben.
anmerfung.
@e^et einen äRenf^en in ben augenblidfen ber Stimmung feines
25 ®emüt^d iur moralifd^en Smpfinbung! äSenn er fid^, umgeben oon einer
fc^onen 3lat\xx, in einem ruhigen, Reitern (Senuffe feined 2)afein8 befinbet,
fo fül^lt er in |td^ ein Sebürfnig, irgenb jemanb baffir bantbar gu fein.
Dber er fe^e ftd^ ein anbermal in berfelben ©emütl^doerfaffung im ®e«
bränge oon $pid^ten, benen er nur burdb freimiUige Aufopferung ©enüge
30 leiften fann unb mill; fo fü^lt er in ftc^ ein 93ebärfnig, ^temit gugleid^
etmad 93efol|lne8 ausgerichtet unb einem Dberl^erren gel^or^t ju ^aben.
Ober er ^abe ftd^ etma unbebac^tfamer SBeife miber feine $flid^t oer»
gangen, moburci^ er bod^ eben nid^t SReufd^en oerantmortlic^ gemorben
ift; fo »erben bie ftrengen Selbfloermeife bennoc^i eine ©prad&e in il^m
36 fül^ren, al« ob fle bie Stimme eine« Olic^tcr« mdren, bem er barüber
446 Stüixt htt Urt^eildfraft. 2. Sll^eil. «ritt! ber teleologif^en Urt^eiUIraft.
aied^enld^aft abjulegcn l^fttte. ÜRit einem SBorte: er bebarf einer mora«
lifd^en SnieUigeng, um für ben Qvotd, moju er e;rifttrt, ein SSefen gu l^aben,
toelc^eiS biefem gem&g Don il^m unb ber Seit bie Urfa^e fei. Xriebfebern
l^inter biefen ©effi^Ien ^erauSgutunfteln, ift üergebli^; benn fte l^dngeit
unmittelbar mit ber reinften moralifc^en ©eftnnung gufammen, loeil 5
S)anlbarfeit, ©el^orfam unb ^emütl^igung (Untermerfung unter
))erbiente S^^tigung) befonbere ©emütl^Sftimmungen gur ^flid^t ftnb, unb
bad gu ßrmeiterung feiner moralifiib^n ®eftnnung geneigte ©emütl^ l^ier
{t(^ nur einen ©egenftanb freimiDig benft, ber nid^t in ber Sßelt ift, um
m möglich aud^ gegen einen fold^en feine $fli(^t gu bereifen. (S& ift olfo 10
menigftenS möglid^ unb aud^ ber ©runb bagu in moralifd^er S)enfungdart
gelegen, ein reined moralifd^ed Seburfnig ber (Srifteng eines Sßefend ftd^
I DorgufteDen, unter toeld^em entmeber unfere Sittlid^feit mel^r @t&rfe ober
aud^ (»entgftenS unferer SSorfteDung na(^) mel^r Umfang, nämlic^ einen
neuen ®egenfianb für il^re Sudfibung, geminnt; b. i. ein moralifc^-gefe^« 15
gebenbed SBefen auger ber Sßelt ol^ne ade Stüdfid^t auf tl^eoretifc^en Se*
miSi no(^ meniger auf felbftffi^tigeS ^nt^^^ff^ ^u8 reinem moralif^en,
Don allem fremben ßinfluffe freien (babei f reiliift nur f ubiectioen) ©runbe
angunel^men, auf bloge Slnpreifung einer für jic^ aÜein gefe^gebenben
reinen praftifd^en SSernunft. Unb ob gleid^ eine fold^e Stimmung be£ so
®emüt^8 feiten oorf&me, ober auc^ ni(^t lange l^aftete, fonbern flüd^tig
unb ol^ne bauernbe SSirTung, ober aud^ ol^ne einiget 9lad^benlen über ben
in einem fold^en @d^attenbilbe oorgeftellten ©egenftanb unb o^ne 93e^
mü^ung il^n unter beutlic^e Segriffe gu bringen oorüberginge: fo ift boii
ber ®runb bagu, bie moralifd^e sinlage in uniS, als fubjectioeS $rincip, 23
fid^ in ber äBeltbetradbtung mit il^rer BmedCmdgigteit burd^ !Ratururfad^en
nid^t gu begnügen, fonbern il^r eine oberfte nad^ moralifd^en ^rincipien
bie SRatur bel^errfdbenbe Urfat^e untergulegen, unöerfennbar. — SBogu
no(^ fommt, bag mir, nad^ einem allgemeinen l^öd^ften Sxotdt gu flreben,
uns burd^ baS moralifd^e ®efe^ gebrungen, unS aber bodb unb bie ge« 30
fammte 9iatur tl^n gu erreid^en uuDermögenb fül^len; bag loir, nur fo fern
toir barnadb ftreben, bem (gnbgtoecfe einer oerftfinblgen SBelturfa^fte (menn
e« eine fold&e gfibe) gemdfe gu fein urt^eilen bürfen; unb fo ift ein reiner
moraltfd^er ©runb ber praftifc^en SSernunft üorl^anben, biefe Urfac^e (ba
es ol^ne SBiberfprud^ gefd^el^en fann) angunel^men, mo ni(^t me^r, bod^ ss
bamit mir {ene Seftrebung in il^ren äBirtungen nid^t fflt gang eitel angu«
feigen unb baburd^ fte ermatten gu laffen ®t\a^x laufen.
Knl^ong. SRet^obenlel^re ber teleologifd^en Urtl^eiDSfraft. 447
SKit blcfcm allem foU l^iet nur fo Diel gefagt tDcrben: bafe ble %vix(tii
gtt)ar guctp ®otter (S)dmonen), aber btc SSernunft üermittelfl il^rer
moralifd^cn ^rlncipien jucrft bcn »egrlff öon ®ott l^obe l^erüorbrlngen
fönnen (aud^ felbft loenn man in ber Seleologie ber 9latur, »ie gemeinig«
5 H(^, fe^r unmtffenb, ober audb ^^g^n ber Sd^miertgleit, bie einanber l^ierin
miberfprec^enben grfd^einungen burd^ ein genugfam bewäl^rteS ^rinci))
auiSgugletdb^n, fel^ir gtoeifel^aft loar); unb bag bie innere moralifc^e
Swecfbeftimmung feine« JDafein« ba« ergdngte, ma« ber SRaturfenntnife
abging, inbem fie n&mlid^ antDie«, }u bem (Snbgmede Dom S>afe{n aDer
10 35inge, »ogu bad ^rinclp nic^t anbcr« als et^if (%, ber äJernunft genug-
tl^uenb ift, bie oberfte Urfad^e mit (Sigenf^aften, nomit {te bie gange
5Ratur jener einjigen abpd^t (gu ber bicfe blofe ffierfjeug ift) ju unter»
»erfen Dcrmögenb ift, (b, i. oU eine ©ottl^cit) gu beulen.
§87.
15 äJon bem moralifd^en Seioeife be« SJafein« ®otte«.
g« giebt eine p^^fifc^e 3:eleologie, loelti^e einen für unfere
t^eoretif^ reßectirenbe Urtl^eitötraft J^inreic^enben SSemeiSgrunb an bie
^anb giebt, baö 2)afein einer oerftönbigcn SBelturfadfee angunel^men. SBir
finben aber in unö felbfl unb nod^ mel&r in bem Segriffe eine« »ernünftigen
20 mit grcil^eit (feiner ßaujalität) begabten SBefen« überhaupt aud^ eine
moralifd^e Seleologie, bie aber, meil bie BtDedbegiel^ung in unS felbfl
a priori fammt bem ®efe^e berfelben beftimmt, mithin ald notl^menbig
erfannt »erben fann, gu biefem Sel^uf feiner Derftdnbigen Urfadbe aufeer
uns ffir biefe innere ©efe^mägigteit bebarf : fo menig als mir bei bem,
95 loaS mir in ben geometrifd^en Sigenfd^aften ber Figuren (für allerlei
mdglid^e ^uuftauSübung) SmedmägigeS finben, auf einen il^nen biefeS
ert^eilenben l^öd^ften SSer^anb ^inauS fe^en b&rfen. SIber biefe moralifc^e
Seleologie betrifft bo4 unS als äBeltmefen unb alfo mit anbern fingen
in ber SBelt Derbunbene äBefen: auf meldte legieren entmeber als ßmedCe,
30 ober als ®egenftdnbe, in ^nfel^ung bereu mir felbft @nbgmed( finb, unfere
Seurt^eilung gu rid^ten, eben biefelbcn moralifd^en ©efcfee uns gur S3or*
fd^rift machen. 93on biefer moralifc^en Seleologie nun, meldte bie S3e«
giel^ung unferer eigenen @aufalität auf 3med(e unb fogar auf einen @nb-
gmedC, ber Don uns in ber SBelt beabpt^tigt merben mug, imgleid^en bie
35 mec^felfeitige Segiel^ung ber äSelt auf jenen ftttlid^en QwA unb bie
448 ^tif ber Urtl^ettöfraft. 2. Sl^eil. Sttitil ber teleologifd^en Urt^I^rraft.
äußere 9R5gIt(i^f€it feiner SuSful^rung (tocju feine pl^Qftfd^e Seleologie virt&
anleitung geben fann) betrifft, gel^t nun bie notl^menbige f^rage auS: ob
fte unfere Dernfinftige 93eurt^eilung nötl^ige, über bie SBelt l^inauis gu
gelten unb ju fener Sejiel^ung ber 9lQtur auf baS ©ittlid^e in und ein
üerftänbigeS oberfted $rinci)) gu fu^en, um bie 9latur aud^ in Segie^ung »
auf bie moralifd^e innere ©efe^gebung unb beren mbgltd^e Suöfü^rung
und als gmedmägig t)oriuftenen. Solglid^ giebt ed aQerbingd eine mora«
lifd^e Seleologie; unb biefe l^ängt mit ber 9lomotl^etil ber f^rei^eit
einerfeits unb ber ber 9latur anbererfeits eben fo not^menbig gufammen
als bfirgerliti^e ©efe^gebung mit ber $rage, mo man bie ejrecutioe ©emalt le
fudben foH, unb flberl^aupt in aDem, »orin bie SSernunft ein $riucip ber
aBirtUi^Ö^it einer geaiffen gefe^rndfeigen, nur nad^ Sbeen mögliti^en Orb»
nung ber 3)inge angeben foll, ßuf ammenl^ang tft. — SBir »oflen ben gort*
fcftritt ber Vernunft Don Jener moralifc^en Seleologie unb i^rer Sejie^ung
auf bie pl^Qftfd^e gur S^eologie aUererft vortragen unb nad^^er Aber bie i^
ÜRöglid^feit unb Sünbigfeit biefer @d^Iugart äSetrad^tungen anfteUen.
SBenn man ba« 3)afetn gemiffer 35inge (ober ou(ft nur gemiffer
formen ber S>inge) a\& jufällig, mitl^in nur burd^ etmaS Ruberes als
Urfad^e möglid^ annimmt: fo fann man ju biefer Saufalitdt ben oberften
unb alfo ju bem Sebingten ben unbedingten ®runb entmeber in ber »
f>]^Qftfd^en, ober teleologifd^en Drbnung fud^en (nad^ bem nexu effectivo,
ober finali). S). i. man fann fragen: meld^eS ift bie oberfte ]^ert)orbrtm
genbe Urfad^e? ober maS ift ber oberfte (fd^Iec^tl^iu unbebingte) Qmtd
berfelben, b. i. ber (änbjmedt il^rer ^ertjorbringung biefer ober aller i&rer
$robucte überl^iaupt? loobei bann freilieft oorauÄgefe^t toirb, bafe biefe 25 *
Urfad^e einer SSorfteHung ber Smede fdl^ig, mitl^in ein oerftdnbige» SBefen
fei, ober tt)enig[ten8 t)on und ald nad^ ben @efe^en eines fold^en äBefenS
l^anbelnb gebadet »erben mfiffe.
Sflun ift, »enn man ber lefetern Drbnung nad^ge^t, e« ein ®runb:=
f a^, bem felbft bie gemeinfte SRenfd^enoernunft unmittelbar äSeifaU ju 30
geben genot](|igt ift: bag, toenn überall ein Snbgmed , ben bie SSernunft
a priori angeben mufe, ©tatt finben foll, biefer fein anberer, al* ber
9Renfd& (ein jebe« Dernünftlge SBeltwefen) unter moralifd^en ®t^
f e^en fein fönne.*) 3)enn (fo urt^eilt ein ieber): bcftdnbe bie SBelt au«
*) 3^ ff^d^ mit gletg: unter moraltfd^en (S^efe^en. 9ltd^t ber^Dlenfc^ na^ ss
moralifd^en <defe^en, b. t. ein fold^er, ber fid^ i^nen gem&g ttvf^ölt, ift ber dnh'
tn^ang. äJ^et^obenle^te ber teleoTogtfd^en Urtl^eiUfraft. 449 |
lauter leblosen, ober gtoar gum ^t\l auS lebenben, aber toernunftlofen
SBefen, fo »ftrbe baS 3)afein einer fold^en Seit gar feinen SBertl^ l^aben,
meil in ll^r fein SBefen ey ijiirte, ba« Don einem SBertl^e ben minbeften
JBegriff ^at. SBftren bagegen aud^ vernünftige SBefen, beren SSernunft
6 aber ben SBertl^ beö JDafeinS ber JDinge nur im SSerl^ältnlffe ber SHotur
ju il^nen (i^rem SSo^lbefinben) ju fe^en, nid^t aber ftc^ einen fold^en ur^
fprünglid^ (in ber Srei^eit) felbfl ju öerfd&affen im ©tanbe märe: fo
»dren jtoar (relatiöe) ßtt^ccfc in ber Seit, aber fein (abfoluter) @nb jaed,
»eil baS JDafein fold^er vernünftigen SBefen bod^ immer gioedlo« fein
10 »ürbe. S)ie moralifc^en ®efc^e aber finb von ber eigcnt^ümlid^en SSe*
fcftaffen^eit, bafe fie etwa« als ^md cHjnt SBebingung, mitl)in gerabe fo,
toie ber SBegriff eine« enbjtoedf« c8 bebarf, für bie SSernunft öorjd&reiben:
unb bie @j:ifteng einer fold^en aSernunft, bie in ber SttJcdtbejiel^ung il^r
felbft ba« oberfte ®efe^ fein fann, mit anbern SBorten bie ejripeng Der*
15 nüuftiger SBefen unter moralifd^en ©efe^en, fann alfo allein als @nb«
%toed ber ^d^öpfung. 2)enn mit bem le^iem tudbrudre »firben loir me^r fagen,
als mix wifTen: nämlid^ bag ed in ber (BeiDalt eined ^Belturl^ebersS fte^e, 3U mad^en,
bag ber ÜRenfd^ ben moralifc^en @efe^en ieberaeit fic^ angemeffen verhalte; mel^ied
einen äSegriff Don f^ei^eit unb ber !Ratur (Don roel^er le^tern man aUetn einen dugern
20 Urheber beulen fann) Doraudfegt, ber eine (Sinfid^t in bad fiberjlnnlid^e ©ubftrat ber
9{atur unb befTen (Sinerletl^eit mit bem, »ad bie Saufalitat burd^ S^eil^ett in ber äBelt
möglid^ ma^t, enthalten mügte, bie roeit über unfere Sernunfteinftd^t ^inaudge^t.
!nurt)om SJ^^eufd^en unter moralifc^en ©efe^en f5nnenn)ir, o^nebie®c^ran!en
unferer (Sinftd^t au überfd^reiten, fagen: fein ^afein mad^e ber ^elt (Bnh^totd auS.
35 ^iefeiS fttmmt aud^ boHTommen mit bem Urt^eile ber moralifc^ über ben SBeltlauf
reflectirenben aKenfdftenDemunft. 3öir glauben bie (Spuren einer weifen 3wedfbc-
aie^ung auc^ am 8öfen ma^raunelgmen, menn loir nur fe^en, ba^ ber frevelhafte
8öfett)id^t nid^t el^er flirbt, ald bid er bie roo^berf^ulbete ©träfe feiner Unt^aten
erlitten l^at. fflaä^ unferen Begriffen Don freier Saufalitftt berul^t baS fBo^h ober
30 dbeber^alten auf unsS; bie ^Od^fte SßeiiS^eit aber ber ^eltregierung fe^en »ir barin,
bai au bem erfteren bie Seranlaffung, für beibed aber ber (Erfolg nad^ moralif^en
@efe^en Der^Angt fei. 3n bem Unteren befielt eigentlich bie @^re ©otteiS, meldte
ba^er üon ^toloqtn nic^t unf^lidflic^ ber le^te Qxotd ber @d^5pfung genannt
tt)irb. — fflo^ ijl anaumerfen, bag roir unter bem SBort (Sd^öpfung, wenn »ir und
35 beffen bebienen, nic^td anberd, ald mad ^ier gefagt morben ift, n&mlidb bie Urfac^e
oom2)afein einer SB e(t, ober ber 3)inge in il^r (ber ©ubftanaen), derfte^en; »ie
bad aud^ ber eigentlid^e 93egriff biefed Sßortd mit fld^ bringt (actuatio substantiae
est creatio): melc^ied mithin nid^t fd^on bie SBoraudfe^ung einer freiwirfenben, folglid^
oerftdnbigen Urfad^e (beren S)afein mir aQererft bemeifen moKen) bei ftd^ fü^rt.
Äa«t'l6<^tiftfn. ©erfe. V. 29
450 Stniif bet Urt^elWfroft. 2. S^ell. ^Itlf ber te!coIoglf(i^eti ttrt^cU«froft.
jiDcd t)om S)Qfein einer Sßelt gebac^t tt)erben. 3fi bagegen biefeS ntd^t
f 0 betoanbt, fo Hegt bem 3)afein berfelben entmeber gar lein 3»crf in ber
Urfac^e, ober eiS liegen il^m Qxo^dt ol^ne Snbjmed gum ©ninbe.
S)aS moralifd^e ®efe^ ald formale SSemunftbebingung bed ®ebratt(^
unferer ^rei^eit üerbinbet unS für fi^ aQein, ol^ne Don irgenb einem &
Sn)edte als materialer Sebingung abjul^iängen; aber ed benimmt und
bo(!^ au^ unb gwar a priori einen Snbgmed, »elclbem nac^gußreben tS
und ))erbinbli(!^ mad^t: unb biefer ift bad l^5d^ße burc^ f^reil^eit moglid^e
®utinber9SeIt.
S)ie fubiectioe Sebingung, unter meld^er ber ÜRenfd^ (unb nac^ aDen lo
unfern Segriffen au(^ iebeS üernfinftige enblid^e SBefen) fid^ unter bem
obigen ©efe^e einen Snbitoedt fe^en lann, ifl bie ®Ifi(ffeligTeit. f^olglid^,
baS l^öd^fte in ber äSelt mbglid^e unb, fo Diel an und ifl, ald Snbjtted
gu beförbernbe pl^Qjtfd^e ®ut ift ©I&dfeligleit: unter ber obfectioen
SSebingung ber (Sinftimmung bed SRenfc^en mit bem ©efe^e ber @ittli<!^=' i>
leit, ald ber äSürbigfeit glüdli(^ gu fein.
S)iefe gtoei ISrforberniffe beS und burd^ bad moralifd^e ®efe| aufge^
gebenen Snbgmedd tonnen toir aber nad^ allen unfern 93emunftt)erm5gen
ald burd^ bloge 9{atururfad^en Derfnfipft unb ber 2li^ee bed gebadeten
Snbgtoedd angemeffen unmöglid^ und DorfteQen. Sllfo ftimmt ber Segriff so
oon ber praftifd^en ^Rotl^menbigfeit eined fold^en 3tt>edd burd^ bie
Slnioenbung unferer i?rdfte nid^t mit bem tl^eoretifd^en Segriffe Don ber
))]^9fifd^en3R5gIic^feitber Semirfung beffelben gufammen, tt)enn toir
mit unferer ^^rei^eit feine anbere (Saufalitdt (eined SRitteld), ald bie ber
5Ratur Derfnüpfen. »
Solglid^ muffen \oxx eine moralifc^e äBelturfad^e (einen äBeltur^eber)
annel^men, um und gem&| bem moralifd^en ®efe^e einen Snbgmed Dor»
gufe^en; unb fo toeit ald bad le^tere notl^menbig ifl, fo meit (b. i. in bem«
felben ®rabe unb aud bemfelben ®runbe) ift au$ bad erfiere not^uenbig
angunel^men: nämlic^ ed fei ein ®ott.*) »
S)iefer Semeid, bem man leidet bie i^orm ber logif^en ^räcifton an-
paffen tann, mtll nid^t fagen: ed ift eben fo notl^menbig bad S)afein ®otted
*) ^iefeiS moralifc^e Argument fott leinen objectii^-gfiltigen 8emetd Dom
S)Qfeln (S^otted an bie ^anb geben, ni(^t bem Biv^iMol^ubigen bemeifen, bog ein
^n^ang. SRetl^obeuIe^re ber teleologtf^en Urt^eildfroft. 451
anjunel^men, afö bte ©filtigleit beS moralift^en ®efe|ed anjuerlennen;
mttl^in, mer ft^ t)om erftern nid^t überjeugen Tann, I5nne jl^ t)on ben
äSerbtnbli^feiten nad) beut le^tern loS gu fein urtl^eilen. 3lletn! nur bie
93eabft^tigung bed burd) bie SSefoIgung beS le^tern gu beiDirlenben
5 SnbgioedS in ber äBelt (einer mit ber Sefolgung moralifd^er ®efe^e
l^amtonijd^ jufammentreffenben ©lädfeligfeit Dernfinftiger äBefen, als
beS l^od^ften äBeltbeften) mügte alsbann aufgegeben merben. (Sin feber
äSernünftige mftrbe fid^ an ber SSorfd^rift ber @itten immer nod^ als
ftrenge gebunben erfennen muffen; benn bie®efe^e berfelben finb formal
10 unb gebieten unbebingt, ol^ne Siüdfic^t auf Smede (als bie SDtaterie beS
äBoÜenS). aber baS eine (Srforbernii beS SnbgmedS, iDie il^n bie praltif^e
SSernunft ben äßeltiDefen Dorfddreibt, ifl ein in fte burdd il^re 9latur (als
enblid^er SSefen) gelegter unttiberfteblid&er ßwed, ben bie SSernunft nur
bem moralifii^en ©efe^e als unDerle^lid^er Sebingung untertDorfen,
15 ober au(^ nad) bemfelben allgemein gemad^t miffen mitl unb [o bie 93e«
förberung ber ©lüdfeligfeit in ßinftimmung mit ber @ittlid^feit gum
enbjmede mad^t. S)iefen nun, fo üiel (was bie erfteren betrifft) in unfe«
rem ä3erm5gen ift, gu beförbern, mitb unS bur(!^ baS moralifii^e ®efe| ge*
boten; ber SluSfd^lag, ben biefe 93emfll^ung l^at, mag fein, tt)el(!ber er tooQe.
20 3)ie (grfüüung ber ^flicbt beftcl&t in ber §orm beS ernftlidöen SBittenS,
nid^t in ben SRittelurfad^en beS Gelingens.
®efe^t alfo: ein SRenfd^ uberrebete jtdd, t^eils burd^ bie S^mdcbe
aller fo fe^r gepriefenen fpeculatioen Slrgumente, tl^eils burd^ manii^e in
ber 9latur unb Sittenmelt il^m Dorfommenbe Unregelm&gigfeiten bewogen,
25 oon bem @a^e: eS fei fein ®ott; fo toürbe er bod^ in feinen eigenen Singen
ein Slid^tSmürbiger fein, menn er barum bie ®efe^e ber ^flid^t für blog
eingebilbet, ungAltig, unoerbinblid^ l^alten unb ungefd^eut gu Abertreten
bef daliegen wollte. @in folc^er würbe au(i^ alsbann no^, wenn er ftcb in
ber $olge oon bem, maS er anfangs begweifelt l^atte, übergeugen I5nnte,
80 mit iener S)enfungSart bod^ immer ein SticbtSmürbiger bleiben: ob er
gleid^ feine ^fiicbt, aber auS $urd^t, ober auS lol^nfüc^tiger Slbfid^t, ol^ne
&oii fei; fonbent bai, menn er moralifc^ confequent benfen miU, er bie Knnel^mung
btefed (Saj^eS unter bie OJ^a^cimen feiner praftifc^ien 93emunft oufnel^men mfiffe.
— (5« foff bomit au6) nid^t gefaßt werben: eS ift gur ©IttUd^Ieit notl^-
85 roenbio, bie (S((üdtfeligfeit aller i^ernfinftigen äßelhoefen gemäg il^rer SRoralität
anaunel^men; fonbem: e« ifi burd^ fie not^menbig. WlxfS^in ift eS ein f ubiectit),
für moralifc^e SBefen, ^inrei^enbeS Uroument.
29*
452 ^tif ber Urt^eiMfraft. 2. S^eil. ffntif bet teleologtf^en Urtl^iUfraft.
p^id^toerel^renbe ©efinnung, ber äBirlung nad^ fo pfinftUd^, loie eS immer
verlangt merben mag, erffiOte. Umgelel^rt, menit er fte als ®Idubiger
feinem SetDugtfein nad^ aufrid^tig unb uneigennfi^ig befolgt unb glei(!|«
mobil fo oft er gum Serfud^e ben %aVi fe^t, er I5nnte einmal flbergeugt
»erben, e8 fei fein ®ott, jid^ fogleid^ Don aller ftttlid&en SSerbinblicbfeit frei 5
glaubte: mfigte eS bod^ mit ber Innern moralifd^en ©eftnnung in i^m
nur fcbled^t befteOt fein.
Sßir f5nnen alfo einen red^tfd^affenen 3Rann (mie etma ben Spinoga)
annel^men, ber ftd^ feft überrebet l^ält: ti fei fein ®ott unb (meil eiS in
9lnfe^ung beS ObiectiS ber SRoralitAt auf einerlei f^olge l^inaudlfiuft) aud^ 10
fein fünftigeS Seben; mie toirb er feine eigene innere Stoedtbeflimmung
burd^ baS moralifd^e ®efe^, toeldgeS er tl^dtig Derebrt, beurtl^eilen? 6r
verlangt t)on Befolgung beffelben fflr fld^ feinen SSortbeil, meber in biefer
nod^ in einer anbern Sßelt; uneigennä^ig tt)ill er Dielmel^r nur baS ®ute
ftiften, tt)03U ieneS l^eilige ®efe^ allen feinen j(rdften bie Sfiid^tung giebt. »
aber fein Seftreben ift begränjt; unb Don ber 9latur fann er gtoar l^in
unb mieber einen jufdDigen Seitritt, niemals aber eine gefe^mdgige unb
nad^ beftdnbigen Stegein (fo mie inn'erlid^ feine SRaitimen finb unb fein
muffen) eintreffenbe Sufammenftimmung ju bem Qmät erwarten, toeld^en
iu beiDirfen er fld^ bod^ Derbunben unb angetrieben fül^lt. betrug, ®e« 90
malttl^dtigfeit unb 9leib tt)erben immer um ibn im Sd^mange gelten, ob
er gleich felbft reblid^, friebfertig unb mol^lmoHenb ifl; unb bie Sied^ifc^affe«
nen, bie er auger fid^ no$ antrifft, merben unangefel^en aller il^rer äSür«
bigfeit glfidFIic^ ju fein bennoc^ burdg bie 9latur, bie barauf nic^t achtet,
aQen Übeln beS ^angeliS, ber j(ranf^eiten unb beiS ungeitigen SobeS gleidd 25
ben übrigen Silieren ber @rbe untermorfen fein unb ed aud^ immer blei>
ben, h\& ein meiteS ®rab fte iniSgefammt (reblid^ ober unreblic^, ia& gilt
bier gleit^üiel) Derfd^lingt unb fie, bie ba glauben fonnten, @nbimedt ber
Sddöpfung gu fein, in ben Sd^lunb be3 gmedElofen Sl^aod ber äRaterie
jurfidt toirft, au« bem fte gejogen »aren. — S)en 3»^ ölfo, ben biefer »
SBoblgefinnte in Befolgung ber moralifc^en ®efe^e ))or Slugen l^atte unb
baben follte, mflgte er aOerbingd ald unm5gUd^ aufgeben; ober miO er au(b
l^ierin bem Stufe feiner ftttlicben inneren Seflimmung anl^dnglid^ bleiben
unb bie Sld^tung, toelcbe bad ftttlid^e ®efe^ ibm unmittelbar }um ®ebor«
d&en einfloßt, nic^t burcfe bie 5Ridötigfeit beS eingtgen il^rer l^oben gorbe» ss
rung angemeffenen ibealifdden SnbiioedC« fcbmdd^en (meld|)ed ol^ne einen 1
ber moralifc^en ®eftnnung koiberfal^renben 8lbbru(!^ nii^t gef ebenen fann):
$lnl^Qng. 3)^etl^obenle]^re ber teIeoIogif(!^en Urt^eitöfraft. 453
fo mu^ er, toeld^eS er aud^ gar m^ ttfnn Tann, inbem ed an ft(i^ toentg«
ften« nic^t totberfpred^enb ip, in praftlfc^er 8lbP(^t, b. i. um ftdö tocnigPen«
öon bcr SKJßUd^feit bes l^m morallfd^ Dorgefdiriebenen enbgwedt« einen
^^gnff gu madden, bai S)afein eines moralifd^en SSeltur^eberS, b. i.
5 ®otte$, annehmen.
§88.
93ef(idr&nfung ber ©ftltigleit beS moralifd^en Sett)eifed.
S){e reine SBernunft als prafttfd^eS 93erm5gen, b. i. als SSermogen
ben freien ®ebrau(l& unferer ßaufalltdt burd^ 3been (reine SSernunftbe^
10 griffe) ju bepimmen, enthält nid^t allein im moralift^en ©efefee ein regu^
latiüeS ^rincip unferer ^anblungen, fonbern giebt aui) baburdd gugleid^
ein fub|ectit)^conPitutiöe8 in bem Segriffe eines DbiectS an bie ^anb,
tDeI(^eS nur SBernunP benfen fann, unb melc^es burd^ unfere ^anblungen
in ber Sßelt nad^ ienem ®efe^e mirftid^ gemad()t merben foU. S)ie Sbee
15 eines ßnbjmedCs im ©ebrau^e ber f^reil^eit nadd moralifii^en ©efe^en
l^at alfo fubiectiö=praftif d^e SRealitfit. SBir Pub a priori burdt) ble SSer«
nunft bepimmt, baS 3BeltbePe, loelc^eS in ber SBerbinbung beS gr5gten
SBol^lS ber vernünftigen SBeltmefen mit ber l^öd^pen Sebingung beS ®u=
ten an benfelben, b. i. ber allgemeinen ©Ifidtfeligfeit mit ber gefe^m&gig«
80 Pen Sittlid^feit, befielet, na(^ atten Äraften gu befbrbern. 2n blefem
(gnbjtoedte ift bie SRöglid^feit beS einen ^^\l», nömlid^ ber ©lüdtfeligfeit,
empirifd^ bebingt, b. i. oon ber Sefd&affen^eit ber Statur (ob pe ju biefem
SmedCe flbereinpimme ober nid^t) ablgfingig unb in tl^eoretifdier Slficipd^t
problematifd^; inbeg ber anbere Sl^eil, nämlid^ bie @ittlid^feit, in Sin«
^ fel^ung beren mir oon ber !RaturmitmirIung frei pnb, feiner Sßoglid^fett
nadg a priori fep pel^t unb bogmatifd^ gekoig ip. Qnx obiectioen tl^eoreti»
f(^en SHealität alfo beS SegriffS öon bem enbjtoedte vernünftiger SBelt-
toefen toirb erforbert, bafe ni(!^t allein noir einen unS a priori oorgefe|tcn
@nbjtDed( l^aben, fonbern bag aud^ bie Sd^bpfung, b. i. bie SBelt felbp,
30 il^rer (Sjcipenj nad^ einen (Snbgmedt l^abe: meld^eS, toenn eS a priori be^^
toiefen merben Ibnnte, jur fubiectiven äiealitdt beS @nbjmedCS bie objec«
tioe l^injutl^un mürbe. S)enn ^at bie @(^5pfung überall einen (Snbgmedt,
fo fönnen wir i^n nid^t anberS benfen, als fo, bafe er mit bem morali=
f^en (ber allein ben SSegriff oon einem ßtotdt moglid^ mad^t) überein»
454 Stxim ber Urtl^eitdfrafi 2. X^eiL Stxiiit bet teteolodif^ett Urtl^eildfraft
fttmmen mfiffe. ^utt ftnben toir aber in ber Sßelt ffoax Stotdt: unb bte
pl^^ftfd^e Seleologie jleDt fte in folc^em SRage bar, bag, toenn mir ber
Sernunft gemfig urtl^eilen, mir jum ^rindp ber Slad^forfii^ung ber 9latur
Sule^t anjunel^men ®runb l^aben, bag in ber 9latur gar nid^td ol^ne S^oot^
fei; aUein ben Snbgmed ber 9latur fud^en mir in il^r felbft Dergeblid^. 5
JDiefer lann unb mu^ bal^er, fo mlc ble Sbee baöon nur in ber SSemunft
liegt, felbfl feiner obiectiöen ^Wöglid^Ieit na(% nur in vernünftigen SBefen
gefud^t merben. 35ie praftifd^e Vernunft ber lefeteren aber giebt biefcii
Snbgmedt nid^t aOein an, fonbern beftimmt aud^biefen Segriff in Snfel^ung
ber SSebingungen, unter meldten ein ßnbgmedC ber @d^5|)fung aUein Don 10
uns gebadet merben lann.
(Si ift nun bie ffrage: ob bie obfectioe Slealitdt bed SegrijfS oon
einem @nbjmed( ber @(^5pfung nid^t aud^ für bte tl^eoretifd^en f^orberun^
gen ber reinen SSernunft l^inreid^enb, menn gleidb nid^t apobiftif^ für bie
ftimmenbe, bo^ l^inreic^enb für bie 3Rajrimen ber tl^eoretifd^^reflectirenbcn w
Urtl^eiUIraft f5nne bargetl^an merben. S)iefe8 ift bad minbeße, mad man
ber fpeculatioen ^Igilofop^ie anftnnen fann, bie ben fittlid^en Qtotd mit
ben Slaturjmedten oermittelft ber Sbee eine« einjigen Q\otd& ju oerbinben
jid^ anl^ieifd^ig mad^t; aber aud^ biefed 3Benige ift bodb meit mel^r, ald fte
ie )u leiften oermag. so
Slad^ btm ^rincip ber tl^eoretifd^^rePectirenben Urtl^eilfihaft mürben
mir fagen: Sßenn mir ®runb l^aben, gu ben gmedhn&gigen ^robucten ber
5Ratur eine oberfte Urfad&e ber 9iatur anjunel^men, beren ßaufalitdt in
Slnfel&ung ber SBirflic^fcit ber Unteren (ble Sd^öpfung) oon anberer SIrt,
als gum SJieddaniSm ber 9latur erforberlidb ift, ndmlic^ atö bie eines 93er= n
ftanbeS, gebadet merben mug: fo merben mir au(^ an biefem Urmefen nid^t
blog aUentl^alben in ber 9tatur 3tt)edte, fonbern aud^ einen @nbgmed( gu
benfen l^inreic^enben ©runb l^aben, menn gleidb nic^t um baS S)afein
eines fold^en SßefenS bargutl^un, bo(^ menigflenS (fo mie eS in ber pl^^ft*
fd^en SEeleologie gefd^al^) unS gu übergeugen, bag mir bie SRöglidbleit »
einer fold^en 9SeIt nid^t blog nadb 3n)edFen, fonbern audb nur baburd^,
bag mir i^rer @;rifteng einen @nbgmed[ unterlegen, uns begreiflid^ machen
fönnen.
ancin (SnbgmedC ift blofe ein Segriff unferer praftif(^en SBernunft
unb fann auS feinen JDatiS ber ©rfal^rung gu tl^eoretifd^er Seurtl^eilung 35
ber 3latur gefolgert, nod^ auf erfenntnife berfelben begogen merben. es
ift fein ®ebraud^ oon biefem Segriffe mbglid^, als lebiglid^ für bie pxat*
^In^ong. ÜRetl^obenlel^re ber teleologifc^en Urt^eitdfroft. 455
tif(i^c aScniunft nad& moraIif(%cn ©cfe^cn; unb ber gnbjtocdC ber @(^5p»
fung ift bieienige Sefd^offen^eit ber Sßelt, bie gu bem, \oa^ iDtr aQein na(i^
®efe|en beftimmt angeben lönnen, nämltdg bem Snbjtoede unferer reinen
i)raftif(l^en aSemnnft, unb jtDar fo fern fle praftifd^ fein fott, überein*
6 ftimmt. — 9lun l^aben mir burd^ ba^ moralifc^e @efe|;, meltl^ed unS bie[en
lefetern anferlegt, in praftif(%er abpd^t, nämlid^ um unfere Ärdfte jur
SetDirfung beffelben anjutoenben, einen ©runb, bie ^öglic^feit, Slui$»
fül^rbarfeit beffelben, mitbin au(b (meil ol^ne beitritt ber Statur gu einer
in unferer ©emalt nid^t [tel^enben Sebingung berfelben bie SSemirlung
10 beffelben unm5glid^ fein toürbe) eine Statur ber S)inge, bie baju überein«
ftimmt, angunel^men. Sllfo b^ben mir einen moraIif(!ben ®runb, uniS an
einer SSelt aud^ einen SubgmedE ber @d^5pfung gu benfen.
S)iefed i{l nun nod^ nid^t ber @d^Iug ))on ber moraIif(!ben STeleoIogie
auf eine S^eologie, b. i. auf bad S)afein eines moralifcben Sßelturl^eberd,
15 fonbern nur auf einen ßnbgmedt ber ©d^öpfung, ber auf biefe Slrt be»
fiimmt toirb. JDafe nun gu biefer Sd^5pfung, b. i. ber 6? ifteng ber ©inge
gemfife einem, enbgtoedte, erftliib ein oerftfinbigeS, aber gtoeitenö ni(^t
blofe (»ie gu ber 2»5glid()Ieit ber S)inge ber Statur, bie mir a\& ßtoedCe
gu beurtbeilen genötbigt waren) ein DerftänbigeS, fonbern ein gugleid^
20 moralifd^eS SBefen als Sßelturbeber, mitbin ein @ott angenommen
tocrben muffe: ift ein gmeiter ©dblufe, toeliiber fo befdbaffen ift, ba^ man
Pebt, er fei blofe für bie Urtbeiföfraft naij Gegriffen ber praftifd^en S3er^
nunft unb atö ein fol^er für bie reflectirenbe, nid^t bie beftimmenbe Ur*
tbeiföfraft gefäüt. S)enn mir lönnen un8 nid^t anmafeen eingufeben: bafe,
25 obgmar in uns bie moralif(!b«praftifd^e Vernunft oon ber te^nifd^«prafti*
fdben ibren ^rincipien nad^ mefentlid^ unterfd&ieben ift, in ber oberften
SBelturfad^e, menn fte als gnteUigeng angenommen mirb, eg aud^ fo fein
mfiffe, unb eine befonbere unb üerfd^iebene Slrt ber ßaufalitdt berfelben
gum enbgmedte, als blofe gu ßwedtcn ber Statur erforberlid^ fei; bafe mir
30 mitbin an unferm gnbgmedt nid^t blofe einen moralif(!ben®runbba*
ben, einen (änbgmecl ber ©(bSpfung (als SBirfung), fonbern audd ein
moralifd^eS SBefen als Urgrunb ber ©cböpfung angunebmen. SBobl
aber Knnen mir fagen: bafe nadb ber Sefd^affenbeit unfereS SSer»
nunftoermögens mir unS bie SJtöglicbleit einer fold()en auf baS mo^
36 ralifd&e Oefejj unb beffen Obiect begogenen Bto^clmdfeigfeit, als in bie=
fem @nbgmedte ift, ol^ne einen SBelturbeber unb Sflegierer, ber gugleid^
moralifd^er ©efe^geber ift, gar nid^t begrciflid^ machen lonnen.
456 ^itif ber Utt^iUlraft. 2. Z:^. MÜt ber teleoloaif^en Urtl^eildfroft.
Jbie Sßirflid^feit eineiS l^öd^ßen moraHf<!^^gefe|ge6enben Ur^eberiS ift
olfo Blog für ben praltif c^en ©ebrauc!^ unferer Vernunft ^inretdb^nb
barget^an, ol^ne in Slnfel^ung beS S)QfeiniS beffelben ettoad tl^eoretifc^ gu
beßimmen. S)enn biefe bebarf jur 3R5gU(l^feit tl^red Qxotd^, ber und
oud^ ol^nebaS burd^ il^re eigene ®efe|;gebung aufgegeben ifi, einer Sbee, 5
moburc^ baS {^inberni^ aud bem UnDermbgen il^rer Befolgung na<!^ bem
blofeen giaturbegrljfe Don ber fflelt (für bie reflectirenbe Urt^eitefraft ^in^
reicbenb) toeggerAumt loirb; unb biefe ^bt^ belommt baburd^ praltifd^e
JRealitfit, toenn i^r gleid^ alle SKittel, il^r eine folc^e in t^eoretifd^er «b*
ftd^t jnr Srflfirung ber Statur unb 93eßimmung ber oberflen Urfad^e gu 10
Derfd&affen, für ba« fpeculatiüe (Srfenntnife gftnjHdö abgeben, ^r bie
tl^eoretif^ reflectirenbe Urtl^eitölraft betoieö bie pl^^jtfd^e ieleologie aud
ben Sieden ber 5Ratur l^inreiiJ&enb eine uerfidnbige SBelturfad^e; für bie
praftifdde bemirft biefed bie moralifd^e burd^ ben Segriff eineiS enbitoedEd,
ben fie in praftifd^er ab|id()t ber Sd^bpfung beijulegen genötl^igt i{t. 2>ie u
obiectit)e Sfiealitdt ber 3bee ))on ®ott, atö moralifd^en äSeltur^eberS, tann
nun jmar nid^t burd^ pl^^fift^eßko^dCe allein bargetl^an loerben; gletd^
mol^I aber, menn i^r ßrfenntnig mit bem bed moralifd^en üerbunben mirb«
ftnb iene Dermbge ber SRajcime ber reinen Sernunft, (Sinl^eit ber $rin^
cipien, fo Diel ftc^ tl^un lägt, gu befolgen, Don großer Sebeutung, um ber 90
praftifd^en SRealitdt j[ener 3bee burd^ bie, koeld^e fie in tl^eoretifd^er übftd^t
für bie Urtl^eilSlraft bereits l^at, gu ^ülfe gu lommen.
Riebet ift nun gu S^erl^ütung eines leidet eintretenben SRigüerfidnb«
nif[eS ^öd^fl n5t^ig angumerlen, bag koir erfilic^ biefe ßigenfc^aften bed
l^öd^ften SßefenS nur nad^ ber Analogie beuten tbnnen. 2)enn mie moQ« »
ten mir feine Statur, moDon uns bie (Srfa^rung ni^tS Sl^nlid^eS geigen
lann, erforfd^en? S^^eitenS, bag mir eS burd^ biefelbe au^ nur beulen,
niddt barnad^ erfennen unb fie il^m etma tl^eoretifd^ beilegten tonnen;
benn baS mire für bie beftimmenbe Urtl^eilSfraft in fpecuIatiDer Slbftc^t
unferer SSernunft, um, maS bie oberfte 3BeIturfad^e an f id^ fei, eingufe^en. 30
$ier aber ift eS nur barum gu tl^un, meltl^en begriff mir unS nad^ ber
Sefc^affenl^eit unferer 6rfenntnigDerm5gen Don bemfelben gu madgen unb
ob mir feine @irifteng angunel^men l^aben, um einem ßmedCe, ben unS reine
praftifcbe SSernunft ol^ne ade foI(!^e SSorauSfe^ung a priori na(^ atten
j^rdften gu bemirfen auferlegt, gleic^faUS nur praTtifc^e Siealitdt gu Der» 35
fc^affen, b. i. nur eine beabftd()tete 3Birfung als mbglid^ benfen gu fbnnen.
3mmer^in mag iener Segriff für bie fpeculatioe SSemunft überfd^meng«
Sdil^anfi. ^ü^ohtnlt^tt bet UUolo^\\6)tn Urtl^eildfroft. 457
Ud^ fein; aud^ mögen bie Sigenfd^aften, bie tt)ir bem baburd^ gebadeten
äßefen beilegen, obiectiD gebrandet, einen 9inÜixopomoxp^xSm in {id^ Der^
bergen: bie SIbßdgt il^red ©ebraud^d ifl aud^ nid^t, feine fär und unerreid^«
bare Statur, f onbem und felbfl unb unferen äSiÜen bamad^ beflimmen 3U
5 moUen. So tote mir eine Urfad^e nac^ bem Segriffe, ben mir Don ber SSir<
lung l^aben, (aber nur in Slnfel^ung il^rer Sflelation )u biefer) benennen,
ol^ne barum bie innere SSefc^a^enl^eit berfelben burd^ bie @igenfd()aften,
bie und t)on bergleid^en Urfad^en einzig unb aUein belannt unb burd^ @r«
fal^rung gegeben merben mü^en, innerlid^ beftimmen gu moDen; fo mie
10 mir j. 33. ber Seele unter anbern audg eine vim locomotivam beilegen,
meil mirllid^ Semegungen bed j^örperd entfpringen, beren Urfad^e in il^ren
Sorftenungen liegt, o^ne i^r barum bie eingige Srt, mie mir bemegenbe
Ärdfte lennen, (nfimlidt) bur^ »ngiel^ung, 3)rudC, ©tofe, mitl^in Seme*
gung, meldte febergeit ein audgebel^nted SBefen Doraudfe^en) beilegen gu
15 moHen: — eben fo merben mir etmad, bad ben Orunb ber 5IRöglicftfcit
unb ber praltifdgen Sfiealit&t, b. i. ber SludfüJ^rbarTeit, eined notl^menbigen
moralifd^en @nbgmectd entl^filt, annel^imen mäffen; biefed aber nadd 39e«
fd^affen^eit ber oon il^m ermarteten SBirf ung und ald ein meifed, nac^ mo«
ralifd&en ®efefeen bie SBelt be^errfd^enbed SBefen benlen Knnen unb ber
so IBcfd^affenl^eit unferer erfenntnifeoermSgen gemdfe ald oon ber Statur un*
terfd^iebenc Urfadbe ber 3)inge benfen muffen, um nur bad SSerl^filtnife
biefed alle unfcre ©rfenntnifeöermögen überpeigenben SBefend gum Ob«»
}ecte unferer praftifdgen Vernunft audgubrüdCen: ol^ne bodb baburd^ bie
eingige und belannte ßaufalitdt biefer Slrt, ndmlidg einen Serftanb unb
26 SBiQen, tl^m barum tl^eoretifd^ beilegen, {a felbfi aud^ nur bie an il^m ge«
badete Saufalitdt in Slnfel^ung beffen, mad f fir und (Snbgmed ift, ald in
btefem SBefen felbp oon ber ßaufalltdt in Snfel^ung ber 5Ratur (unb beren
BmedFbeflimmungen fiber]^aut)t) obiectio unterfd^eiben gu moQen, fonbern
biefen Unterfc^ieb nur ald fubiectit) notbmenbig ffir bie 93ef d^affenbeit un«
30 fered @rfenntnif|0erm5gend unb gältig ffir bie re^ectirenbe, nid^t ffir bie
obiectio bcftimmenbe Urtl^eildlraft annel^men Runen. SBenn ed aber auf
bad ^raltifcbe anlommt, fo ift ein fold^ed regulatiöed ^rindp (ffir bie
Älugl^eit ober SBeidl^eit): bem, mad nad^ Sefdbaffenl&eit unferer ©rfennt«
nigoerm5gen oon und auf gemiffe SBeife allein ald möglid^ gebadet merben
35 Tann, ald ^wdt gemdg gu l^anbeln, gugleid^ conftitutio, b. i. praltifdb
beftimmenb; inbeg eben baffelbe ald ^rincip bie obiectioe aR5glid^feit ber
S)inge gu beurt^eilen (einedmeged tl^eoretifd^^^beftimmenb (ba| ndmlid^
458 Mtil bet Uttl^eitöfraft. 2. ^ü. iTritil ber teteoIog{f(i^en Urtl^iUfraft.
aud^ bem Dbiecte bie einjige Srt ber aRSglid^Iett guTomme, bie unfenn
Vermögen gu benfen gulommt), fonbern ein blofi regulati^ed ^rincip
fftt bie repectirenbe Urt^eilSfraft x%
Slnmerfung.
S)ief6r moralifd^e Setoeid i[t nid^t ettoü ein neu erfunbener, fonbern 5
aDenfülId nur ein neu erörterter 93en)eidgrunb; benn er l^at üor ber frfil^e«
[ten aufleimung bed menfd^Iid^en 93ernunftDenn5gen8 ft^on in bemfelben
gelegen unb toirb mit ber fortgel^enben ßultur beffelben nur immer mel^r
entwidelt. ©obalb bie 5Wenf(^en über Sfle^t unb Unrcd&t ju re^ectiren
anfingen, in einer S^it, koo fte über bie 3tt)e(Imdgigreit ber 9latur no(^ 10
gleid^gültig koegfal^en, pe nü^ten, ol^ne fid^ babei etioad SlnbereS atö ben
getDol^nten Sauf ber 9latur gu benfen, mu^te ftd^ bas Urtl^eil unDermeib«
lid^ einfinben: baf; eS im SluSgange nimmermehr einerlei fein I5nne, ob
ein SRenfd^ fid^ reblid^ ober falfd^, billig ober getoaltt^dtig üerl^alten l^abe,
menn er gleidd bis an fein Seben^enbe, loenigftenS fi(!^tbarU(!^, für feine u
Sugenben lein ©lud, ober für feine Serbred^en feine Strafe angetroffen
^abe. @d i[t: als ob fie in fid^ eine Stimme toal^rnäl^men, ed muffe an«
beriS iuge^en; mitl^in mugte aud^ bie, obgleid^ bunfle, SSorfteÜung üon
&tDaS, bem fie nadgjuftreben fid^ oerbunben füllten, oerborgen liegen,
aomtt ein fold^er SluSfd^Iag ftd^ gar nid^t gufammenreimen laffe, ober 100« ^
mit, koenn fie ben SSeltlauf einmal als bie einzige Drbnung ber S)inge
anfal^ien, fie loieberum jene innere Bmedbeftimmung il^reS ©emütl^S nic^t
gu bereinigen mufiten. !Run mod^ten fie bie Srt, mie eine fol^e UnregeU
m&gigfeit (meldte bem menfd^lid^en ©emütl^e »eit em))5renber fein mug,
als ber blinbe SufaQ, ben man ettoa ber !Raturbeurtl^eilung gum ^rincip 25
unterlegen toollte) auSgeglid^en merben fönne, fid^ auf mand^erlei nodg fo
grobe 3Beife t)orftellen; fo tonnten fie fi^ bod^ niemals ein anbereS $rin«
cip ber 3W5gHd^feit ber SBcreinigung ber 5Ratur mit il^rem inneren Sitten«
gefe^e erbenfen, als eine nad^ moralifd^en ®efe^en bie äSelt bel^errfc^enbe
oberfte ttrfad^e: toeil ein als ^flid^t aufgegebener (Snbgtoedf in i§nen unb »
eine Statur ol^ne allen Snbgtoed auger il^nen, in meld^er gleid^tool^l fener
3)oed toirflid^ merben foQ, im SSiberfprud^e ftel^en. Über bie innere Se^
fd^affenl^eit j|ener SSelturfadde fonnten fie nun manchen Unftnn ausbrüten;
jenes moralifd^e SSer^dltni^ in ber SBeltregierung blieb immer baffelbe,
tt)eld^es für bie unangebautefte SSernunft, fofem fie ftd^ als praftlfci^ be» »
trad^tet, allgemein fa|Ii(^ ift, mit meld^er l^ingegen bie fpeculatiüe bei
^nl^ang. Tl^i^obtnU^xt ber teteologifc^^en Urtl^eitöTraft. 459
löcitcm nt(ftt QUiiitn Stftritt l^altcti fann. — «uc^ würbe aller SBal^r«»
fd&einli(%felt nad^ burd^ biefe« morallfd^e Sntereffe allereril bie aufmerl«
famfeit auf bie Sd^inl^eit unb 3tt)e^e ber Slatur rege gemacht, bie a\^^
bann {ene 3bee ju bejldrfen vortrefflich biente, fte aber bod^ nid^t be^
5 grnnben, nod^ weniger {eneS entbel^ren tonnte, weil felbft bie Slad^forfd^ung
ber Smdt ber 9latur nur in Se^iel^ung auf ben SnbjwedC basjenige un«
mittelbare Sntereffe befommt, welches ftdg in ber Seounberung berfelben
ol^ne Sfifldftc^t auf irgenb barauS gu giel^enben SBortl^eil in fo gro|em
SRage geigt.
10 § 89.
93on bem Sinken bed moralifd^en Slrgumentd.
S)ie einf d&rdnf ung ber Sernunf t in 8lnf el^ung aller unf erer Sbeen üom
ttberfinnlid^en auf bie Sebingungen i^red praltifdden (Sebraud^d l^at, XDa&
bie Sbee öon ®ott betrifft, ben unoerfennbaren 9lufeen: bafe Pe öerptet,
15 ba| S^eologie jidd nid^t in %ffto^op^it (in üernunftoerwirrenbe über*
fd^wengUc^e Segriffe) ))erfteige, ober gur Simonologie (einer antl^ropo«
morp^iftifdgen äSorfteOungSart beS ]^5d^ften äBefend) ^erabfinfe; bai fRt^
ligion ni(^t in 3;]^eurgte (ein fd^wdrmerifd^er äSalgn, t>on anberen über»»
jlnnlic^en Sßefen ©effil^l unb auf fie wieberum ßinflu^ §aben gu tonnen),
20 ober inSbololatrie (ein aberglfiubifd^er SBal^n, bem l^bd^ften SBefen
fi^ burd^ anbere SRittel, aliS burd^ eine moralifdde ©eftnnung wol^lgefdllig
mad&en gu Knnen) geratl^e*).
©enn wenn man ber (gitelfeit ober SSermeffenl^eit be« SBernünfteln«
in Slnfe^ung beffen, wad fiber bie ©innenmelt l^inaudliegt, mäi nur bas
39 minbefte tl&eoretifc^ (unb erfenntnife^erweitemb) gu beftimmen einrdumt;
wenn man mit Sinftdgten ))om S)afein unb Don ber SSefd^affenl^eit ber
göttlid^en 9latur, Don feinem SSerftanbe unb SSiDen, ben ®efe|;en beiber
unb ben baraud auf bie äBelt abfliegenben @igenfd^aften grog gu tl^un
toerftattet: fo möchte id^ wol^l wiffen, wo unb an welcher (Stelle man bie
so *) $(b06tterei in proftif^em Sßerflanbe ifl no^ immer bieienige Steligion,
wel^e fld^ bad J^i^^ftt SBefen mit (Sigenfi^^often benft, na^ benen nod^ ehoad
onberd, atö ai^orolitftt bie für Itd^ tauglid^e IBebingung fein Mnne, feinem SS^iUen
in bem, »od ber Sl'^enfc^ au t^un üermag, gemäfi gu fein. S)enn fo rein unb frei
üon finnlid^en IBilbem man au(!^ in t^eoretifd^er !Rficffid^t ienen Segriff gefogt
S5 l^Qben mag, fo ift er im ^roltifd^en al^bonn bemtod^ otiS ein 3bol, b. i. ber Se-
fd^offen^eit feineiS SBiUend na^ antl^ropomorp^iflifi!^, DorgefteHt.
460 MH! ber Uttl^eUdfraft. 2. ^til jtrttil ber teleolo^if^i^n Urtl^eittfroft
anmagungen ber Vernunft begr&njen toofle; benn too iene @infid^ten ^ei>
genommen ftnb, eben bal^er Tbnnen ia nod^ meistere (menn man nur, toie
man meint, fein Ütac^benlen anftrengte) erwartet merben. S)ie Segr&n»
gung fold^er Snfprfic^e mfigte bo(^ nac^ einem getoiffen $rinrip gefd^e^en,
nid^t ehoa blo^ aus bem ®runbe, loeil toir ftnben, bag atte Serfuc^e mit
benfelben biSl^er fel^lgefd&Iagen finb; benn baö bemeifet nickte »iber bie
3W5gli(%Ielt eine« befferen auSfd^lag«. ^ier aber ifl fein ^rinci^) mög*
lid^, ate entmeber angunel^men: ba| in Snfel^ung beS Überftnnlid^en
fdiled^terbingS gar nid^td t^eoretifd^ (als lebiglid^ nur negativ) befümmt
»erben Knne, ober ba^ unfere SSernunft eine no(^ unbenufete ^unbgrube
ju mer meig mie grogen, für und unb unfere 9{ad^Iommen aufbewahrten
ertöeiternben Äenntniffen in fidö entl^alte. — SBa« aber SfleHgion betrifft,
b. i. bie 3Roral in SBejiel^ung auf ®ott ate ©efej^geber: fo mug, menn bie
tl^eoretifd^e (Srlenntnig beffelben Dorl^erge^en mügte, bie 3Roral fi(^ nad^
ber SEl^eologie rid^ten unb nid)t allein flatt einer inneren notl^menbigen
©efe^gebung ber Vernunft eine fingere minfftrli^e eine« oberften äSefen«
eingefäl^rt merben, fonbern auc^ in biefer alle«, iDa« unfere @infi(^t in
bie Jlatur beffelben ÜRangell^afte« ^at, jtc^ auf bie fittlid^e SBorfc^rift er=
ftreden unb fo bie Sieligion unmoralifd^ maijtn unb üerTel^ren.
3n Slnfe^ung ber Hoffnung eine« fftnftigen Seben«, koenn mir ftott
be« (Snbgmed«, ben mir ber SSorfd^rift be« moralifdgen ©efe^e« gemdg
felbfl ju öoUffll^ren l^aben, jum 2eitfaben be« SSemunfturtl^eil« über unfere
Seftimmung (meldte« alfo nur in praltifc^er 93ejiel^ung al« not^ioenbig,
ober anne]^mung«mflrbig betrad^tet mirb) unfer tl^eoretifd^e« 6rlenntnig«
t)erm5gen befragen, giebt bie Seelenlel^re in biefer Slbßd^t, fo mie oben
bie Sl^cologie nid^t« me^r al« einen negatiöen Segriff Don unferai ben»
lenben äSefen: bag nimlid^ feine feiner ^anblungen unb @rfd^einungen
be« Innern Sinne« materialiftifdö erfldrt merben fönne; bag alfo üon il^rer
abgefonberten 5Ratur unb ber 35auer ober Slid^tbauer il&rer ^erfönli^feit
nad^ bem2;obe un« fd^led^terbing« fein ermeiternbe«, beftimmenbe« ttrtl^eil
au« fpeculatiDen ©rünben burd^ unfer gefammte« tl^eoretifd^e« Srfenntnig^
vermögen mögli^ fei. S)a alfo alle« })kx ber teleologifdgen SBeurt^eitung
unfere« S)afein« in praftifd^er not^menbiger Sifidtftd^t unb ber Hnnel^«
mung unferer iJortbauer, al« ber ju.bem un«öon ber Vernunft fd^ledbter-
bing« aufgegebenen SnbjmedE erforberlid^en 93ebingung, überlaffen bleibt, ^
fo seigt {t(^ l^ier guglei(^ ber 9lu|;en (ber gmar beim erften anblidC SSerluft
au fein fd^eint): bag, fo mie bieSSl^eologie für un« nie Sl^eofop^ie merben
9(n]|Qn9. üRetl^obeitle^re ber te(eolofiif(!^en Uct^eildfraft. 461
lann, bie rationale ^f^tl^ologfe niemald ^neumatologie als ertoet^
ternbe 3Biffen{(i^aft koerben f5nne, fo loie fie anbrerfettö aud^ ge{t(^ert ift,
in feinen ÜRaterialiäm gu öerfatten; fonbern baf; jte öielmcl^r blofe Sin*
tl^ropologie be^S innern Sinnes, b. i. JCenntnig unfered benfenben Selbft
5 im geben, fei unb ald tl^eoretiftl^eS (SrTenntni^ aud^ blog eutpirifd^
bleibe; bagegen bie rationale ^f^d^ologie, »aS bie $rage fiber unfere
etoige 6? Iftena betrifft, gar feine tl^eoretifd^e 38i|fenf(]^aft ifl, fonbern auf
einem eingigen @d^(uffe ber moralifd^en Seleologie berul^t, tote benn aud^
il^r ganger ®ebrau(^ blog ber le^tern als unfererpraftifd^en SSeßimmung
10 loegen notl^ioenbig ifi.
§90.
93on ber Slrt beS ^firioa^rl^altenS in einem teleologifd^en
Setoeife beS S)afein« ©otteS.
ßuerft toirb gu iebem Semeife, er mag (toie bei bem Seioeife burd^
15 SSeobad^tung beS ©egenftanbeS ober 6;rperiment) burd^ unmittelbare em-
pirifd^e S)arftellung beffen, maS betoiefen toerben foQ, ober burd^ äSernunft
a priori auS ^rlnci:plett geführt toerben, erforbert: ba^ er nic^t über«
rebe, fonbern übergeuge, ober toenigftenS auf Übergeugung toirfe;
b.l. i>a^ ber SemeiSgrunb, ober ber 6(^lufi nid^t blo| ein fubiectioer
20 (aftl^etifd^er) Sepimmungögrunb bcS Seifalls (bloficr ©d^ein), fonbern
obiecttt)=gültig unb ein logifd^er ®runb ber erfenntnif; fei: benn fonft
tt)irb ber SBerftanb berüdt, aber nid^t überführt. SSon iener SIrt eines
@d()einbeU)eifeS ift bertenige, toeld^er Dielleid^t in guter Slbftd^t, aber bod^
mi! oorfe^lic^er äSerl^e^lung feiner @dbtoid^e in ber natürlid^en Sl^eologie
2ß gefül&rt toirb: toenn man bie grofie SRenge ber SetoeiStl^fimer eines Ur»
fprungS ber Siaturblnge nad& bem ^rincip ber Bwede l^erbeigle^t unb fid^
ben blog fubjectioen ©runb ber menfd^lid^en SBernunft gu 9ltt^e mac^t,
nämlid^ ben il^r eigenen ^ang, too eS nur ol^ne Sßiberfprud^ gefd^el^en
fann, ftatt Dieler $rinciplen ein elngigeS unb, »o in biefem ^rincip nur
30 einige ober aud^ Diele ©rforberniffe gur ©eftimmung eines SegriffS ange*
troffen koerben, bie fibrigen l^ingugubenfen, um ben Segriff beS S)ingeS
burd^ toiQf&rlid^e @rgängung gu ooUenben. S)enn freilid^, toenn mir fo
Diele $robucte in ber 9latur antreffen, bie fär unS Singeigen einer Der«
[tdnbigen Urfad^e finb: marum foUen toir ftatt Dieler folc^er Urfad^en niddt
86 lieber eine eingige unb gtoar an biefer nid^t etma blog großen Serftanb,
462 Jtrttil btx Urtl^eiliBIrQft. 2. St^eil. ftrttif ber teleo(Dfi{f(^en Urt^etldfraft.
SRac^t u. f. \o., fonbem ntd^t Dielmel^r ailioeidl^eit, aQmüddt, mit einem
äBorte {le ald eine fold^e, bie ben fftr aQe möglid^e 2)inge gureid^enben
®runb fold^er (Stgenf^aften entl^alte, benfen? unb über bad biefem einigen
aUeS üerm5genben Uroefen nid)t blog für bie SHatnrgefej^e unb ^^robucte
ä3er[tanb, fonbem au(l() als einer moralif^en äSelturfad^e ^oc^fte ^ttlxitt s
praltifd^e SSemunft beilegen; ba burd^ biefe SSoKenbung beS Segriff iS ein
für Slatureinftt^t foiDol^I als moralifc^e äßeisl^eit jufammen l^inreid^enbes
^rinctp angegeben mirb, unb fein nur einigermaßen gegrunbeter Sinmurf
miber bie 9R5gli(^Ieit einer foldien 3bee gemacht merben fann? Serben
l^iebei nun gugleid^ bie moralifdben SSriebfebern bed ®emüt^8 in Seme» lo
gung gefegt unb ein lebl^afte« Sntereff c ber lefeteren mit rebnerifd^er ©tdrfc
(beren fie aud^ mol^I mürbtg finb) l^injugefügt: fo entfpringt barauS eine
Überrebung Don ber obiectioen Bulänglid^leit bed SBemeifeS unb ein (in
ben meiften fällen feines ©ebraud^S) auc^ l^eilfamer @(^ein, ber aUer
Prüfung ber logifdden @dS)&rfe beffelben ftd^ ganj überl^ebt unb fogar ba^ u
miber, ald ob i^r ein freoell^after Qmtx\ü jum ®runbe Idge, Sbfdb^ unb
äBibermiQen tr>. — 9lun ifi l^iermiber mo^I nid^td gu fagen, fo fern
man auf populdre 93raud^barfeit eigentlid^ SlüdFftd^t nimmt, äiaein ba
bo^ bie ßerf&llung beffelben in bie gmei ungleid^artigen Stüde, bie biefeS
Slrgument enthalt, ndmlid^ in baS, ma& gur pl^Qfifc^en, unb baS, maS gur 20
moralifd^en Seleologie gel^5rt, nid^t abgel^alten merben fann unb barf, in^
bem bie ßufammenfd^melgung beiber es untenntlid^ mad^t, mo ber eigent^
Ii(^e 9leroe beS SemeifeS liege, unb an meld^em Sl^eile unb mie er müßte
bearbeitet koerben, um für bie ®ültigfeit beffelben t)or ber fd()drffien $rü^
fung @tanb l^alten gu I5nnen (felbfi »enn man an einem Sil^eile bie »5
@d^mdd^e unferer Sernunfteinfid(ft eingugeftel^en genbtl^igt fein foUte): fo
ift es für \>tn ^^ilofop^en $fiid^t (gefegt baß er aud^ bie Slnforberung ber
S[ufri(!^tigleit an il^n für nid^ts rechnete), ben obgleid^ nod^ fo l^eilfamen
@d^etn, meieren eine folc^e SSermengung l^erDorbringen (ann^ aufgubeden
unb, maS bloß gur Überrebung gel^5rt, t)on bem, \oai auf Übergeugung »
fü^rt, (bie beibe ni(^t bloß bem @rabe, fonbern felb{l ber Slrt nad^ unter«
f(!^iebene SSeftimmungen beS SSeifaUS ftnb) abgufonbern, um bie ®emütl^S*
faffung in biefem SSemeife in il^rer gangen Sauterfeit offen bargufteKen unb
biefen ber ftrengften Prüfung freimfitl^ig untermerfen gu lönnen.
(Sin 93en)eiS aber, ber auf Übergeugung angelegt ift, lann toieberum 35
gtoiefad^er Srt fein, enttoeber ein fold^er, ber, maS ber ®egenfianb an
fid^ feir ober maS er für unS (SRenf^en überl^aupt) na(!^ ben uns notl^
Unl^ang. a^et^obenlel^re ber teleologifd^n Urt^eitd!raft. 463
ttenbiflcti Scrnunftprinc4)lcn feiner Seurtl^ellung fei (ein Setoel« xat*
aX>]&etav ober xotx* otvdpcöicov, baS Untere SBort in allgemeiner Sebentung
^■lr aRenfd^en überl^aupt genommen), auSmad^^n föB* 3tn erfteren %aUt
ift er auf l^lnreid^enbe ^rinctpien für bie beftimmenbe, im smettenblog fftr
6 ble reflectirenbe Urtl^elUfraft gegrünbet. ^m le^terngalle fann er, auf blofe
t^eoretlfdöen ^rincipien berul^enb, nlemol^ auf Überjeugung »irlen; legt
er ater ein prafttfd^eiS SSernunftprincip jum ©runbe (meld^eS mithin aD«
gemein unb not^wenbig gilt), fo barf er \oofy\ auf eine in reiner praftifc^er
Slbfic^t l^inreid^enbe, b. i. moralifd^e, Überjeugung Slnfprud^ matten. @ln
10 SebciS aber wirft auf Überjeugung, ol^ne nocft ju überjeugen, toenn
er blog auf bem Sßege bal^in gefül^rt mirb, b. i. nur obiectit)e ©rflnbe baju
in ftd^ entl^<, bie, ob {te glei^ nod^ nic^t jur ©emifil^eit l^inreldgenb,
bennod^ oon ber Srt finb, ba| {te ni(^t blog als fubiectioe ©rfinbe bed Ur«
tl^eilS jur Überrebung bleuen.
15 Sllle t^eoretlfd^e 93en)eiiSgrfinbe reid^en nun entkoeber ju: 1) gum S9e«
weife burd^ logijd^^'ftrenge SBernunftfd^lüffe; ober, wo biefe« ni(%t ift,
2) jum @(^luffe nad^ ber Slnalogie; ober, flnbet aud^ blefeS etwa nic^t
@tatt, bod^ noc^ 3) gur ma^rfc^einUdden Sßeinung; ober enbllc^,
was baS ^inbefte ift, 4) gur annel^mung eines blog mögli^en @rfld«
20 rungSgrunbeS, als ^^potl^efe. — 9tun fage l^: bag aQe 93ewelSgr&nbe
überl^aupt, bie auf tl^eoretifii^e Übergeugung »Irfen, fein gürwal^rldalten
bleuer art üon bem l^od^pen bl« gum nlebrlgften ®rabe beffelben bewlrfen
fbnnen, wenn ber Sajj oon ber (äflftenj eines UrmefenS, als eines ®otteS
In ber bem gangen Snl^alte blefeS SBegrlffS angemeffenen Sebeutung,
25 nftmlid^ als eines moralifc^en äBelturl^eberS, mitl^ln fo, ba| burd^ ll^n
gugleidd ber (SnbgmedC ber @d()5pfung angegeben wirb, bewlefen wer=
ben foll.
1) 3BaS ben loglfd^» gerechten, t)om Slllgemeinen gum Sefonberen
fortgel^enben SeweiS betrifft, fo Ift In ber Äritif l^lnrelt^enb bargetl^an
30 worben: ba|, ba bem 93egrlffeoon einem äBefen, welches über ble Slatur
l^lnauS gu fud^en ijl, feine unS mögltd^e «ufd^auung correfponblrt, beffen
»egrtjf alfo felbft, fofern er burd^ f^ntl^etlf^e ^räblcate tl^ieoretifd^ be^»
fWmmt werben foll, für unS febergelt problematlfd^ bleibt, fd^led^terbingS
fein (Srfenntnlfe beffelben (woburd^ ber Umfang unfereS tl^eoretifd^en
85 äSiffenS im minbeften erweitert würbe) @tatt flnbe, unb unter ble allge«
meinen $rincipien ber SRatur ber 3)lnge ber befonbere Segrljf eines ü^er*
finnlid^en äßefenS gar ni(!^t fubfumirt werben f5nne, um ))on ienen auf
464 ftritif bet Urtl^eil^fraft. 2. S^e il. ftrttif bet teleolofitfd^ Urt^»hoft
biefed gu fd^Hegen; toeil fene ^rincipien lebiglid^ für bte Statur als 0e*
genftanb ber Sinne gelten.
2) 3Ran Tann ft(^ gmar ))on gioei ungleichartigen 3)ingen eben in bem
fünfte il^rer ttngleidgartigfeit eineiS berfelben bod^ nac^ einer Sn alogie*)
mit bem anbem benf en; aber auS bem, morin {le ungleichartig finb, nid^t s
ton einem nad^ ber Analogie auf bad anbere f daliegen, b. i. biefeiS 3Rer{«
mal bed fpecififd^en Unterfii^iebed auf bad anbere übertragen. @o lann
id^ mir nad^ ber Analogie mit bem ®efe^e ber (Slei^l^eit ber äSirtung
unb ©egenmirlung in ber loed^felfeitigen anjiel^ung unb abftogung ber
*) Knalogie (in quolitatbet Sebeutung) ift bieSbentitdt bed Oerl^&ItnifTfd lo
I 5iotf(!^en ©rfinben unb folgen (UrfatS^en unb SBirfungen), f ofem fte ungeod^tet ber
I fpedftfc^en SJerfd^ieben^dt ber S)inge, ober bertenigen (Stgenfc^often an ^ä^, »eld^e
ben CS^runb Don ft^nlid^en Solgen entgolten (b. t. ouger biefem Qerl^Itniffe betrautet),
@tatt finbet. @o benfen wir und au ben ^nfl^anblungen ber ^il^iere in 9ergtei«
d^ung mit benen M 9)^enfd^en ben (S^runb biefer SSirfungen in ben erfieren, ben »ir »
nid^t fennen, ntit bem ®runbe d^nlitS^er SBitTungen bed SRenfd^en (ber Qemunft),
ben »ir lennen, a\9 ^Inologon ber9)emunft; unb motten bamit äuglet^ anaeigen:
bog ber CS^runb bed t^ierifd^en 5hmfloermdgend unter ber ^Benennung eined SnfttnctS
Don ber SBemunft in ber S^at fvedfifd^ unterf(!(ieben, bod^ auf bie S^irfung (ber Sbau
I ber Biber mit bem ber SRenfd^en oergli(!^en} ein d^nli^eiB Serl^AItnifi l^abe. ~ S)ed* ^o
! megen aber !ann \^ baraud, »eil ber 3Kenfd^ ^u feinem Bauen 9) ernunft brauet.
' nid^t fd^Itegen, ba% ber Biber audg bergleid^en ^aben mfiffe, unb ed einen ©d^Iug
I nad^ ber $(naIogie nennen. Kber aud ber d^nli^en äBirfimgdart ber ^iere (moDon
I mir ben @runb nic^t unmittelbar ma^me^men lönuen), mit ber bed SRenfc^n (beffen
mir und unmittelbar bemugt finb) Derglic^en, lönnen mir gana rid^tig nad^ ber si
Analogie f erliegen, bag bie ^iere aud^ nad^ Borftellungen l^anbeln (nic^t,
mie (Sartefiud miQ, SJ^af^inen flnb) unb ungeachtet i^rer fpedfifd^en Berfd^ieben^eit
bodg ber Gattung nad^ (ald lebenbe SBefen) mit bem SRenfd^en einerlei flnb. S)Qd
$rinclp ber Befugnig, fo au fd^liegen, liegt in ber C^inerlei^eit bed ®runbed, bie
2:^iere in ^nfe^ung gebac^ter Beftimmung mit bem OJ^enfd^en, ald ^{enfd^n, fo meit 3o
mir fle Augerlic^ nad^ i^ren ^anblungen mit einanber oergleid^en, au einerlei Gattung
au a&dlen. (5d ifi par ratio, dhen fo !ann id^ bie ^aufalltät ber oberflen SSelt«
urfac^e in ber Bergleid^ung ber atoedCmögigen $robude berfelben in ber SSelt mit ben
^unfimerfen bed ^enfd^en nad^ ber Analogie eined Berftanbed benfen, aber nid^t auf
biefe (Sigenf Soften in bemfelben na^ ber Analogie fd^liegen: loeU ^ier bad ^ndp 33
ber 9)i?dglid^!eit einer folc^en ©c^lugart gerabe mangelt, n&mlidg bie paritas rationis,
bad l^ö^fte äBefen mit bem SJlenfc^en (in 9lnfe^ung i^rer bdberfeitigen Saufalität)
au dner unb berfelben Gattung au a&^len. S)ie ^aufalitdt ber Beltmefen, bie immer
finnlid^'bebingt (berglei(i)en bie burc^ Berftanb) ift, !ann nic^t auf ein SBefen flbep
tragen merben, meld^ed mit ienen feinen (S^attungdbegdff, ald ben eined 3)tnged 4o
fiber^au^t gemein l^at.
«n^onfl. gWctl^obentcl^rc ber tcleotogifd^en Urtl^ciWIroft. 465
Äörpcr unter elnanbcr aud^ bic ®cmcinf(i^aft bcr ©lieber eine« gemeinen
aSBefenä nad^ Siegeln be« 9ied((tö benlen; aber jene fpedflfd^en Scftimmun«
gen (bie materieOe Slnjiel^ung ober Slbjlogung) ntd^t auf biefe übertragen
unb fie ben Sürgern beilegen, um ein ©Aftern, meld^eS @taat l^ei^t, auS^
5 gumad^en. — Oben fo bftrfen »ir vooijjl bie ßaufalität be8 Urtoejenö in
anfel^ung ber S)inge ber SSelt, ald ^taturgioecfe, nad^ ber Slnalogie eines
aSerftanbeö, al8 ©runbe« ber fjormen gemiffer ^robucte, bie wir Äunf^
merle nennen, benlen (benn biefes gefd^iel^t nur jum Sel^uf beS t^eore«
tifdöen ober praltift^en ®ebraud^ö unfere« erfenntni^DermögenS, ben wir
10 t)on biejem Segriffe in ?tnfel)ung ber Slaturbinge in ber SBelt nat^ einem
gewiffen ^rincip gu mad^en l^aben): aber mir fonnen barauö, ba^ unter
SBeltmefen ber Urfac^e einer SSirlung, bie als lünftlid^ beurtl^eilt wirb,
SSerfianb beigelegt tterben mufe, feineSmegeS nad^ einer Analogie fd^lie^en,
bag aud^ bem 38efen, melc^eS Don ber Statur gänglic^ unterschieben ijl, in
15 anfe^ung ber 9latur jelbft eben biefelbe ßaufalität, bie mir am 3Renfdöen
toal^rnel^men, gufomme: toeil biefeö eben ben 5ßunft ber Ungleid^artlgfeit
betrifft, ber gttjifc^en einer in Änfe^ung i^rer SBirfungen pnnlid^*bebingten
Urja^e unb bem überpnnlidöen Urtoejen jelbft im Segriffe beffelben ge^^
bad^t koirb unb alfo auf biefen nid^t übergetragen merben fann. — @ben
20 barin, ba^ ic^ mir bie göttliche (Saufalit&t nur nad^ ber Analogie mit
einem äSerftanbe (melc^eS SBermögen mir an feinem anberen Sßefen als
bem pnnli(^*bebingten ÜHenfd^en fennen) beuten foU, liegt baS SSerbot, i^m
biefen nid^t in ber eigentUd^en Sebeutung beigulegen*).
3) Weinen flnbet in Urtl^eilen a priori gar nid^t Statt; fonbern man
25 erfennt burd^ fie entmeber etmaS als gang gemig, ober gar nid()ts. SSenn
aber aud^ bie gegebenen SemeiSgrünbe, Don benenmir auSgel^en (mie l^ier
üon ben Smcdten in ber SBelt), empirif(^ pnb, fo fann man mit biefen bod^
über bie Sinnenmelt l^inauS nid^ts meinen unb folc^en gesagten Urt^eilen
ben minbeften »nfpruc^ auf SBal^rfd^einlid^feit gugeftel^en. 3)enn SBa^r«
30 f(^einlic^feit ift ein St^eil einer in einer gemiffen Sleil^e ber ®rünbe mogli«
d&en ©emifel^eit (bie ®rünbe berfelben »erben barin mit bem Sureid^enben
als Sl^eile mit einem ®angen t)erglid^en), gu meldten iener ungureid^enbe
•) SDf^an öermifet babnx^ nie^t ba« SWinbeflc in bcr ^Sorflettung ber ©credit»
nlffc bicfcS 3öefenS ^ur 2öclt, fotool^I waS bie t^coretift^cn al« praltifc^eit golge-
35 rangen auS biefem Segriffe betrifft. S^aS eS an fi(^ fetbft fei, erforf(!^en au moUen,
ifi ein eben fo awetfCofer atiB t)ergebU4er ^orwi^.
ftant'« ®d^tiften Serfc V. 30
466 ^ittl ber Uril^ett^fraft. 2. 2:^etl. SttM bet teleologtfd^eit tttt^etUhaft
®runb mu^ ergänjt »erben finnen. äSeil {te aber als SeflimmungS^
grunbe ber ©emigl^eit eined unb beffelben Urtl^eild gleid^arttg fein möffen,
Inbem fle fonft nlc^t jufamuien eine ©röfee (bergleid&en bfe ®c»ife]^ett ifl)
ausmalen Q)urben: fo lann niii^t ein Sl^eil berfelben innerhalb ben
©rdnjen mogltd^er ©rfal^rung, ein anberer augerl^alb aUer mbglid^en Sr« ^
fa^rung liegen. SRit^in, ba blog^empirifd^e Semeidgrünbe auf nid^tö
Überftnnlid^eS fuhren, ber 9Rangel in ber Steil^e berfelben aud^ burc^ nid^tS
ergdngt merben lann: fo finbet in bem SSerfu^e, burd^ fte jum Uberfinn«
liefen unb einer Srfenninig beffelben ju gelangen, nid^t bie minbefle Sn^
nd^erung, folglid^ in einem Urtl^eile über bad le^tere burd^ üon ber @t^ lo
fa^rung l^ergenommene Argumente aud^ leine äBal^rfd^einlic^feit Statt.
4) SBad als ^^potlgefe gu (Srlldrung ber SRöglic^Ieit einer gegebe«
nen (Srfd^einung bienen foQr baDon mu^ koenigfiend bie 9R5glid^feit D5Dig
gett)ig fein. @d ift genug, bag id^ bei einer .^^potl^efe auf bie @rfenntni{^
ber SBirnid^feit (bie in einer fär mal^rfd^einlid^ auegegebenen SReinung u
nod^ tel^auptet mirb) SSergic^t tl^ue: mel^r fann id^ nic^t $reie geben; bie
SRöglic^Ieit beffen, maS id^ einer Srlldrung gum ®runbe lege, mug tte-
nigftenö feinem Qrotx^A auögefefet fein, »eil fonft ber leeren $imgef|)!n[te
lein @nbe {ein tofirbe. S)ie !IRöglid^feit aber eined nad^ gemiffen 93egriffen
beftimmten uberfinnlid^en äßefend angunel^men, ba l^iegu leine Don btn »
erforberlid^en Sebingungen einer Srienntnig nad^ bem, maiS in il^r auf
Slnfc^auung berul^t, gegeben ift, unb alfo ber bloge 6a^ beS Sßiberfpru^S
(ber nichts als bie SRoglic^feit bed S)enfenS unb nid^t beS gebac^ten ®e«
genftanbeS felbft bemeifen lann) als jbriterium biefer 9R5gli(^feit äbrig
bleibt, »firbe eine üöllig grunblofe SSorauafe^ung fein. 25
S)aS Siefultat l^ieioon ift: ba^ fär baS S)afein bed Urtoefend als einer
©ottl^eit, ober ber @eele als eines unfterblid^en ©eifteS fd^led()terbingS fein
93en)eiS in tl^eorettfd^er Slbftd^t, um au(^ nur ben minbeften ®rab beS
^ürma^rbaltenS gu toirfen, für bie menfc^lid^e äSernunft möglich fei; unb
biefeS aus bem gang begreiflid^en ®runbe: »eil gur 93eftimmung ber 30
gbectt beS Überftunlid^en für unS gar fein ©toff ba ift, inbem »ir biefen
legieren oon S)ingen in ber @innentoelt l^ernel^men müßten, ein fold^er
aber jenem Dbiecte fd^led^terbingS nid^t angemeffen ift, alfo ol^ne aUe S3e*
ftimmung berfelben nid^ts mel^r, als ber 93egriff Don einem ni^tftnnlid^en
@t»as übrig bleibt, meld^eS ben legten ©runb ber @innen»elt entl^alte, ss
ber noc^ fein erfenntnife (als ©rioetterung beS SegriffS) üon feiner inne*
ren SBefd^affenl^eit auSmad^t.
$Cn]^ang. 9)letl&obenle^re ber teleologifd^en Urtl^ettdfraft. 467
§91.
SSon ber Slrt beS S^ürkoal^rl^altenS burd^ einen prattifd^en
©lauben.
äBenn toir blog auf bie 9irt feigen, tote etmad für und (nad^ ber
5 jubiectiüen Scfd^affenl^elt unferer aSorftettungSiräfte) Dbject ber Srlennt*
nife (res cognoscibilis) fein tann: fo »erben alöbann ble Segriffe nid^t mit
ben Dbjecten, fonbern blo^ mit unfern @rfenntnigDerm5gen unb bem
©ebrau^e, ben biefe Don ber gegebenen SSorfteÜung (in tl^eoretifd^er ober
))raftifd^er übftd^t) mad^en f innen, gufammengel^alten; unb bie ^rage,
10 ob cttoa» ein erfennbare« SBefen fei ober nid&t, ift feine Srage, bie bie
?K5glid&feit ber 35inge felbfi, fonbern unferer ßrfenntnife berfelben angelet.
(Srtennbare 3)inge ftnb nun t)on breifad^er 9(rt: @ad^en ber
5Keinung (opinabile), Sl^atfad^jen (scibile) unb ©laubenSfad^en
(mere credibile).
15 1) ®egenftänbe ber blogen SSernunftibeen, bie für had tl^eoretifd^e
@rlenntnig gar ni(!^t in irgenb einer möglid^en @rfa^rung bargefteQt
merben fönnen, finb fofern aud^ gar nld&t erlennbare a)inge, mithin
lann man in ünfel^ung il^rer nid^t einmal meinen; toie benn a priori ju
meineil fd^on an ^d^ ungereimt unb ber gerabe Sßeg gu lauter ^trnge^
20 fpinpen ift. (gnttoeber unfer Safe a priori tfi alfo gemife, ober er enthält
gar nid&ts gum gürma^rl^alten. aifo ftnb ÜReinungSfad^en fcberjelt
Dbjecte einer loenigfienö an fid(( möglid^en ©rfal^rungö^rlenntnife (®egen=
ftdnbe ber ©innentoelt), bie aber nac^ bem blofeen ®rabe biefcg Ser»
mögen«, ben »ir bep^en, f ür un« unmoglid^ ift. ©o ift ber shl^er ber
25 neuern ^l^qftfer, eine elaftifd^e, alle anbere SRaterien burd^bringenbe (mit
il^nen innigfl t)ermifd^te)glüfiigfeit, eine blofee SKeinungSfad^e, immer bod^
noc^ Don ber Slrt, bag, menn bie äußern Sinne im ^öc^ften ®rabe gefc^ärft
lodren, er toal^rgenommen »erben fönnte; ber aber nie in irgenb einer
93eobad()tung, ober @;rperimente bargeftellt »erben lann. Vernünftige Se»
30 »ol^ner anberer Planeten angune^men, ifl eine Sat^e ber SMeinung; benn
»enn »ir biefen ndl^er fommen lönnten, »eld^ed an fid^ m5glid^ ifi, »är«
btn »ir, ob fie ftnb, ober nid^t ftnb, burd^ Srfal^rung auSmad^en; aber
»ir »erben il^nen niemals fo nal^e lommen, unb fo bleibt eiS beim 3Reinen.
allein aJleinen: ba^ eS reine, o^ne Äörpcr benfenbe ©eifter im materiellen
35 ttnioer« gebe (»enn man n&mlid^ gemiffe bafur ausgegebene »irtlid^e (Sr«
fd^einungen, »ie billig, Don ber .^anb »eifet), l^ei^t bid^ten unb ift gar
30*
468 ^itlf ber Urt^eiWfraft. 2. Zf^til Äriti! her teteotoöifd&en UttlJelBfrQft.
feine ©ad^c ber SRcinung, fonbern eine blofee Sbec, toeld^e übrig Bleibt,
toenn man t)on einem benlenben 3Befen aUed SRaterieQe megnimmt unb
il^m bod^ baö ©enfen übrig löfet. Ob aber alsbann baö Sediere (»eld^e«
toir nur am SKenfd^en, b. t. in Serbinbung mit einem Äorper, lenncn)
übrig bleibe, fonnen toir nid^t auSmad^en. ein fold^eö ©ing ijl ein \>tx^ 5
nünftelteS SBefen (ens rationis ratiocinantis), lein SSernunfttoefen
(eDs rationis ratiociDatae); Don melc^em le|teren eS bod^ mogltd^ ift, bie
objectiDe Siealitdt feined Segrip toenigjtend für ben praftifc^en ©ebrauc^
ber aSernunft l^inreid^enb bargutl^un, »eil biefer, ber feine eigentl^fimlii^en
unb apobiltif^ geteiffen ^rincipien a priori l^at, il|n fogar er^eifd^t u>
(populirt).
2) ®egen[tänbe für Segriffe, beren objectlDe Siealitdt (e« fei burd^
reine Vernunft, ober burd^ ©rfal^rung unb im erfteren fjatte au« t^eore*
tifc^en ober praTtifd^en £)ati« berfelben, in aQen $äQen aber Dermittelft
einer i^nen corrcfponbirenben anft^auung) bettiefen »erben fann, ftnb 15
(res facti) S^atfad^en*). ^Dergleichen ftnb bie matl^ematifd&en ©gen«
fc^aften ber ©röfeen (in ber ©eometrle), toell fte einer ©arfkellung
a priori für ben tl^eoretlf^en Sernunftgebraud^ fdl^lg flnb. IJerner flnb
2)inge, ober Sefc^affenl^eiten berfelben, bie bur(^ (grfa^rung (eigene ober
frembe ©rfal^rung uermittelft ber Scwßttiffe) bargetl^an »erben fönnen, 20
gleid^fattö S^atfac^en. — SBa« aber fel^r merfmürblg Ift, fo pnbet ft^
fogar eine SSernunftibee (bie an ftd& feiner ©arftettung in ber Slnfd&auung,
mitl^in auc^ felneö t^eoretifc^en Semelfeö l^rer SWöglic^feit fdl^ig ift) un^
ter ben S^atfac^en; unb iaS Ift bie gbee ber grell^ett, beren Siealltät
al« einer befonbern Slrt üon ©aufalitdt (öon »eld^er ber SSegriff In tl^eorc* 25
tlfd^em Setrac^t übeirft^ttenglld^ fein würbe) ftcft burc^ praftifd^e ®efe^c
ber rdnen SSernunft unb blefen gemdfe In »trflid&en .^anblungen, mitl^in
in ber ©rfa^rung bartl^un Idfet. — 35le elnjlge unter aUen Sbeen ber
reinen Vernunft, beren ©egenftanb 5l:]^atfad^e ift unb unter bie scibilia
mit gered^net merben mug. 30
*) 3ä) ermettere l^ier, toxt mi(^ bünit, mit ffttä^it ben iBegriff einer 2^atfa<!^e
fiber bie gerod^nli^e )9ebeutuno biefed SBortd. ^enn ed tfi ni(^t ni^t^ig, ia niti^t
einmal t^unlid^, biefen KuSbrudf blog auf bie mirflii^e (Srfal^rung einauf^rdnf^n,
menn Don bem SSer^ältniffe ber 3)inge au unferen (^rfenntnifeuermögen bie JRebe ift,
ba eine blog mdg(i(^e Chrfa^rung f(^on ^inreic^enb ifl, am t)on i^nen blog alä ©egen«
fiänben einer beflimmten (Srfenntni|art au reben.
«nl^ang. fD^et^obenlel^re ber teleologifd^en Urtl^eildfraft. 469
3) ®egenfldnbe, tie in Segiel^ung auf ben pfli(]^tm&gigen ©ebroui]^
bev reinen prafttfd&en SScrnunft (e8 fei als Solßcn, ober alö ®rönbe)
a priori gebac^t koerben ntäffen, aber für ben tl^eoretifc^en ®ebrau(!^ ber«
felbeu überfd^toengUd^ ftnb, finb bloge ©laubenSfad^en. S)erglet(l^en
5 ift baS pc^fte burd^ S^reil^eit gu bemirfenbe ®ut in ber 9BeIt, beffen Sbt^
griff in feiner f&r unS möglid^en ISrfa^rung, mitl^tn für ben tl^eoretifc^en
aSernunftgebraud^) ^inreid^enb feiner objectiDen SRealitdt na^ beriefen
»erben fann; beffen ©ebraud^ aber jur beftmoglid^en 93eQ)irIung {ened
Qmd& boc^ burdii prattifd^e reine Vernunft geboten ift unb mitl^in ald
10 möglid^ angenommen »erben mug. SDiefe gebotene SBirfung jufammt
ben einjigen für unö be.nfbaren Sebingungen il^rer SKoglid^*
feit, ndmlid^ bem SDafein ®otte« unb ber @eeIen«Unfterblid&feit, pnb
©laubenSfad^en (res fidei) unb jtoar bie eingigen unter aUen ®egen«
fldnben, bie fo genannt werben fönncn*). 3)cnn ob oon un« gleid^, »aS
15 mir nur Don ber Srfal^rung anberer burd^ S^ugnig lernen fönnen, ge*
glaubt merben mug, fo ift eS barum bod^ nod^ nid^t an ftd^ ®IaubenSfad^e;
benn bei iener Saugen @inem mar ed boc^ eigene (Srfal^rung unb kl^aU
fad^e, ober toirb als foId()e oorauSgefe^t. Subem mug eS m5gUd^ fein,
burc^ biefen SBeg (beS l^iftorifd^en ©laubenS) gum 3Bif[en ju gelangen;
20 unb bie Öbjecte ber ©eft^ic^te unb ®eograp]^ie, mie alles uberl^aupt, »aS
gu toiffen nac^ ber 93ef4affenl^eit unferer Srfenntnigoermogen »enigftenS
m5gli(^ ift, gel^ören nic^t ju ©laubenSfac^en, fonbern ju 2:]^atfad^en.
3lur ©egenftdnbe ber reinen SSernunft fönnen attenfaüS ©laubcnSfadben
fein, aber nid^t als ©egenftdnbe ber bloßen reinen f))eculatioen Vernunft;
25 benn ba fonnen fte gar ni^t einmal mit Sid^erl^eit gu ben @ad^en, b. i.
Dbjecten ieneS fär uns moglid^en @rfenntnif[eS, gegd^lt »erben. @S ßnb
Sbeen, b. i. abgriffe, benen man bie objectioe Siealitdt t^eorettfd^ nic^t
fiebern fann. dagegen ift ber oon unS gu bemirfenbe l^öd^fte (SnbjtoedF,
baS, n)oburc^"i»ir allein »flrbig »erben f5nnen felbft @nbg»edF einer
80 Sd&5pfung ju fein, eine 3bee, bie für unS in praftifd^er Segiel^ung ob*
iectioe SRealitdt l^at, unb @ad&e; aber barum, »eil »ir bicfem Segriffe in
*) &iauhm^\atf)en finb aber barum ni^t (Blaubendartilel, mennman unter
ben le^teren fol^e ©Ipuben^fat^en üerftel^t, gu bereniBefenntnig (innerem ober
äugerem) man üerpflid^tet merben lann: berglei(]^en alfo bie natür(i(^e ^l^eologie
ni^t enthält. S)enn ba fle atö ®laubeni3fa(i^en fi(^ nic^t (gteici^ ben 2:^atfa^en} auf
tl^eoretif^e Semelfe grfinben I5nnen: fu ift eS ein freies t^ürmal^rl^alten unb axiä^
nur als ein foId^eS mit ber 3J?oraIitat beS 8ubiectS vereinbar.
470 ^ritil bec Urtl^ettdfraft. 2. S^eit Sttitii bec teleo(ofiif(!^en Urt^eilöTrafi.
tl^eoretifd^er abßd^t bie[e Sleatttdt nid^t Derfd^affen finnen, bloge ®lau«
bendfad^e ber reinen äSentunft, mit il^m aber jugleid^ ®ott unb ttnßerb«
lid^feit, als bie Sebingungen, unter benen alletn koir nad^ ber Sefdbaffen^
l^eit unferer (ber menf^Uc^en) SSernunft und bie SRögUd^Ieit fened Effects
|( bed gefe^md^igen ©ebraud^S unferer ^reil^eit benfen lonnen. 2)a8 %üx* &
V tta^rl^alten aber in ©laubenSfac^en ift ein ^ürmal^rl^alten in reiner pxaU
tifd^er Slbfi^t, b. i. ein moraUJc^er ©laube, ber nid^ts für baS tl^eoretifd^e,
fonbem blo^ fitr bai prattifd^e, auf 93efoIgung fetner ^ßid^ten gertd^tete,
reine SSernunfterlenntnig betoeifet unb bie Speculattoui ober bie prafti»
fd^en Jflugl^eitSregeln nad^ bem ^rincip ber Selbftliebe gar nid(|t erweitert lo
SBenn haS oberfte $rincip aQer Sittengefe^e ein ^oftulat ift, fo mirb )u«
gleich bie 9KogIid&feit il^re« l^öd&ften Dbiectö, mitl^ln au(^ bie JBebingung,
unter ber mir biefe 9R5gIi(^feit beulen fonnen, baburd^ gugleic^ mit pofiu^
Urt. S)aburd^ n)|rb nun baS ßrtenntnig ber festeren toeber SSiffen nod^
SWclnung Don bem 3)afein unb ber Sefd&affenl^eit biefer Seblngungen, w
als tl^eoretifc^e (Srfenntnigart, fonbem blog Hnnabme in prattifd^er
unb ba}u gebotener Segiel^ung für ben moralifd^en ®ebraud^ unferer Skt»
nunft-
SBürben mir aud^ auf bie S^tde ber !Ratur, bie und bie pl^Qfifd^e
Seleologie in fo reid&em SKafee t)orIegt, einen bejlimmten Segriff oon »
einer Derftdnbigen SSelturfad^e fd^einbar grfinben fönnen, fo mdre bad
^afein biefeS SBefenS bod^ niäft ©laubenSfa^e. S>enn ba biefe« nid^t
gum Sel^uf ber Erfüllung meiner $fiic^t, fonbem nur jur ^rfldmug ber
Statur angenommen mirb, fo mürbe e« blofe bie unferer SSernunft ange^^
meff enpe Meinung unb ^^potl&efe fein. 5ftun fü^rt Jene Seleologie feine«« n
mege« auf einen beftimmten 99egrif[ oon ®ott, ber hingegen allein in bem
Don einem moraltfc^en SSelturl^eber angetroffen mirb, meil biefer allein
ben @nbgmed angiebt, gu meld^em mir und nur fofern jdl^Ien fönnen, al«
mir bem, maS und bad moralifd^e ®efe^ als Snbgmed auferlegt, mithin
uns oer:t)fiid^tet, unS gemdg oerj^alten. f^olgli^ betommt ber Segrijf oon so
®ott nur burd§ bie Segiel^ung auf baS Obiect unferer $flid^t, als 8e-
bingung ber 9K5glid^feit ben enbjmcd berfelben ju erreid^en, ben SSorjug
in unferm ^flrmal^rl^alten als ©laubenSfad^egu gelten; bagegen eben ber«
felbe 93egrtff bo^ fein Dbiect nid^t als Sl^atfad^e geltenb matten fann:
meil, obgmar bie Slotl^menbigfeit ber ^flid^t für bie praftifd^e SSemunft »
mo^l Har ifi, bod^ bie @rreid^ung beS (SnbgmedS berfelben, fofern er nid^t
gang in unferer ®emalt ift, nur jum ®e]&uf beS )}raftifdöcn ®ebraud&S ber
9ii(fyanq, ^tt^obenU^n ber teleologifd^en Urtl^eitölraft. 471
SSernunft angenommen, alfo n{d()t fo toie bie ^pid^t felbfi praftifd^ notl^«
toenbtfl ijl*).
®Iaube (als habitus, nid^t als actos) ift bie moraUf(!^e S)enlung^::
art ber SSernunft im f^üriDol^rl^aUen beSjentgen, mad ffir baS tl^eotetifd^e
@rrenntni| unjugAnglic^ i{}. @r {{t alfo ber bel^arrlid^e ©runbfa^ beS
®emfit]^S, baS, koad gur SRöglid^feit beS ^(j^ften moralifd^en Snbgioeds
als Sebingung Doraudgufe^en not^menbtg ift, toegen ber ^erbtnbli^Ieit
ju bemfelben ate mal^r anjune^mcn**); obgioor bie SWögUc^feit beffel»
*) 2)er (Snb^toed, ben ba^ moralifd^e ®efe^ 5U bef5tbent auferlegt, ifl ni^t
10 ber @runb ber ^fli^t; benn biefer liegt im mordtf^ien @efe^e, loel^ed olS formale«
praftif(^ed $rtncip !ategorifc|f leitet, unangefe^en ber Dbiecte beS ^egel^ningSoer«
mögend (ber 9J?aterie bed SßoQenS), mitl^in frgenb eined Sn)e(fd. S)iefe formale
93ef4affen^eit meiner {)anblungen (Unterorbnung berfelben unter ba^ $rincip ber
$(]Igemeingütttg!eit), morin allein il^r innerer moratif<i^er Sßert^ befielet, ift g&nali^
15 in unferer (Bemalt; unb i4 fann t)on ber ^ögli<!^fe{t, ober UnauSfix^rbarfeit ber
3n)e(fe, bie mir jenem (S^efe^e gemd6 du befdrbem obliegen, gar loo^l abftral^iren
(meit in il^nen nur ber äu§ere äBertl^ meiner ^anblungen befte^t), aU oon etmad,
mel^e« nie DdKig in meiner Gemalt ift, um nur auf ba» au feigen, mad meine« V^vm»
ifl. HUein bie Slbft^t, ben (gnbamec! aller öemftnftigen ©efen (©lütffeligfeit, fo weit
20 fie einftimmig mit ber $fli^t mdglid^ ift) au bef5rbem, ift bod^ eben bur^ ba« ®efe^
ber $fli(i^t auferlegt. Hber bie fpeculatioe Vernunft fie^t bie ^udfü^rbarfeit berfelben
(Weber öon ©eitcn unfere« eigenen p^^f!f(%en S^ermögen«, nod^ ber ÜRitwirfung ber
92atur) gar ni(i^t ein; Dielmel^r mug ^e an« folgen Urfa^en, fo oiel wir oemixnftiger
Seife urt^eilen fönnen, einen folgen Q^rfolg unfere« SBBo^loer^alten« oon ber bloften
35 9laiux (in un« unb auger un«), ol^ne ®ott unb Unfterbliti^feit anaune^men, für eine
ungegrünbete unb ni^tige, wenn gleich wol^lgemeinte (Erwartung l^alten unb, wenn
fie Don biefem Urt^eile völlige (Bewig^eit ^aben tonnte, ba« moralifä^e @efet felbfl
al« Möge Säuf<|ung unferer 9)emunft in praftif^er 9{üdffi4t anfeilen. S)a aber bie
fpeculatiDe l^Semunft fi4 odllig ftberaeugt, bag ba» letztere nie gefc^el^en fonn, ba>
30 gegen aber jene 3been, beren ©egenfianb über bie 9latur l^inau« liegt, ol^ne S^iber-
fpruclf gebaut werben fönnen: fo wirb fie für il^r eigene« praftif(^e« @efe$ unb bie
baburc^ auferlegte Aufgabe, alfo in moralifi^er 9{üc!fi(^t, jene 3been al« real aner-
lennen muffen, um ni^t mit fid^ felbft in Siberfprud^ au fommen.
**) (it ift ein Sertranen auf bie S3er]^ei§ung be« moralif(!^n (Befe^e«; aber
35 ni(i^t al« eine fol^e, bie in bemfelben entl^alten ift, fonbeni bie \ä) l^ineinlege unb
awar au« moralift^ l^inrei<!^eubem ®runbe. S)enn ein ^nbawed fann bun!^ fein
@efet ber Vernunft geboten fein, ol^ne ba^ biefe auglei(^ bie (Srreid^barfeit beffelben,
wenn glei^ ungewig, Derfpre^e unb ^iemit aui^ ba« f^ürwal^r^alten ber einaigen
IBebingungen bered^tige, unter benen nnfere Vernunft ftd^ biefe allein benfen fann.
40 S)a« Sort Fides brüdt biefe« an^ f(^on an^i unb e« fann nur htbtnUid^ fd^einen,
wie biefer $(u«brudP unb biefe befonbere 3bee in bie moralif<^e ^^ilofopl^ie hinein*
472 ^ritif ber Urt^eildfraft. 2. Sl^eU. Stüiii her teleologifd^en Urt^etUfraft.
ben, aber eben \o mol^I auc^ bte Unmöglid^feit Don und nt(!^t etngefe^en
»erben fann. S)er Olaube (f^led^tl&in fo genannt) ijt ein SSertrauen gu bcr
errcid^ung einer Slbftd^t, bcren Seförberung ^pi^t, bie aRoglid^fcit bcr
StuSfu^rung berfelben aber für und nid^t ein^ufel^en ift (folglid^ au^
nid^t bie ber einjlgen fftr un8 benlbaren Sebingungcn). S)cr^®laubc alfo, s
ber ftd^ auf befonbere ©egenftdnbe, bie ni(i^t ©egenftänbe bed mog«
liefen SBtffen« ober 3Weinen5 finb, beiiel^t (in »elc^em lefetern gaDc er,
oorne^mlid^ im l^iftorifd^en, Seid^tgläubigteit unb nid^t ©laube l^eigen
mufete), ift ganj moralif^. @x ift ein freie« göwa^rl^alten ni(]^t beffen,
moju bogmatifd^e Säemeife für bie %oreiif(!Q beftimmenbe Urtl^eitöfraft lo
anzutreffen ftnb, nod^ nogu mir un^ üerbunben l^alteU; fonbern beffen, mad
tolr gum Se^uf einer abjid^t nad^ ®efe^en ber Srei^elt annel^mcn; aber
bod^ nid^t toie etma eine Meinung ol^ne l^inreid^enben ®runb, fonbern atö
in ber SSernunft (obtoo^l nur in anfel^ung il^reö ^)ra!tifc^en ©ebrau^S),
für bie abfid^t berfelben l^inreid^enb, gegrünbet: benn ol^nc t^n u
^at bie moralifc^e S)enfungdart bei bem 9$erftog gegen bie Slufforbe^
rung ber t^eoretifd&en SSernunft gum SSetoeife (ber 5K5glid^feit be« DbjcctS
ber SKoralität) feine fefte SBebarrlid^Ieit, fonbern fc^wanlt gmifd^en praftt=
f^en ®eboten unb tl^eoretifc^en 3»cif«ln- K ngldubif (^ fein, l^eifet ber
9Ka;rime nad^l^ängen, S^ugntffen fiberl^aupt nid^t gu glauben; unglau« ^o
big aber ift ber, meld^er jenen SSernunftibeen, koeil ed il^nen an tl^eore^
ttf d^er aSegrünbung ibrer 3fiealität fcl^lt, barum atte ®ültigfeit abfprid^t.
@r urt^eilt alfo bogmatifd&. ©in bogmatifd^er Unglaube fann aber mit
einer in ber 3)enfung$art l^errfd^enben fittlic^en SRajrime nid^t gufammen
bcftel^en (benn einem 3tt)edte, ber für nichts al« ^irngefpinft erfannt »Irb, as
nad^gugeben, fann bie SSernunft nid^t gebieten); lool^l aber ein QtDti\tU
glaube, bem bcr TOongel ber Ubergeugung bur(^ ®rflnbe ber fpecula*
tiöen aSemunft nur ^inbernife ijl, »elddem eine fritifd^e ginpd^t in bie
©d^ranfen ber lefetern ben ©inpufe auf ba« SSerbalten benehmen unb
fomme, ba fie aUererit mit bem (S^rtfient^um eingefül^rt luorben, unb bie ^[nnal^me
berfelben )}ienei^t nur eine f^mei^lerif(!^e SRa^al^mung fetner ^pxa^t 5U fein f^etnen
bittfte. 8Iber ba& i{l nt(^t ber etnaige %aU, ba blefe »unberfame SRellgion in ber
grüßten (Einfalt i^red $$ortraged bie ^l^ilofop^ie mit meit befHmmteren unb reineren
^Begriffen ber ©ittlid&feit bereid^ert bot, aW biefe bi« boljin ^otte liefern fönnen,
bie aber, roenn fie einmal ba finb, t)on berlBernunft frei gebiDligt unb old foli^e
angenommen merben, auf bie fie mo^I Don felbft b^tte lommen unb fie einfül^ren
!dnnen unb follen.
%nf^anq. Tlü^ohenltf^xt bet teteologifd^en Urtl^eildfraft. 473
tl^m ein uberteiegenbeS ))raftif(i^ed f^firtoal^rl^alten gum @rfQ^ l^infteQen
lann.
SBcnn man an bic ©teile ßetolffer Derfel^Uen SSerfud^c in ber $^ilo=
\t>p^k ein anbered $Tincip oufffil^ren unb il^m @influg Derf^affen wiü,
5 fo gereicht e8 ju großer äefricbigung, einäufe^en, »ic jene nnb »arum
jte fel^l fd^Iagen mußten.
®ott, grei^ett unb Seelenunftetblid^Ieit jinb bicicnigen auf*
gaben, gu beren Sluflöfung aUe 3uru{tungen ber SRetapl^^ftl, als il^reut
legten unb atteinigen Swcdte, abgiclen. 3flun glaubte man, bafe bie Seigre
10 Don ber ^rei^ett nur atö negative 93ebingung für bie praltifc^e ^l^ilo^
fopl^ie nötl^ig fei, bie Seigre Don ®ott unb ber ©eelenbefd^affenl^eit l(in«
gegen, jur t^eoretifd^en gel^örlg, für jicft unb abgefonbert bargetl^an »er*
ben muffe, um beibe nac^^er mit bem, toai baS moralifd^e ©efe^ (ba^
nur unter ber fflebingung ber greil^eit mögUdö Ift) gebietet, gu Dcrfnü^)fen
15 unb fo eine ^Religion gu Staube gu bringen. SRan lann aber balb ein=
fe^en, bag biefe Sßerfud^e fel^l fd^lagen mugten. S)enn au« bloßen onto*
logifdöen Segriffen Don ©ingen überl^aupt, ober ber ßjcifteng eine« not^*
toenblgen SBefen« Idfet fi(^ fd^lcc^terbing« fein burd& $räbicate, bie ftd^ in
ber (grfal^rung geben laffen unb alfo gum ßrfenntniffe bienen fbnnten,
20 beftimmter Segriff Don einem Urtoefen mad&en; ber aber, »eldö^t auf (gr*
fal^rung Don ber pl^^ftfd&en Swerfmd^igfelt ber 5ftatur gegrünbet »urbe,
fonnte toieberum feinen für bie SRoral, mithin gur Srfenntnig eine« ®otte«
l^inreid^enben Setoei« abgeben. @ben fo menig fonnte aud^ bie Seelen*
fenntnife burd& (Srfal&rung (bie toir nur in biefem geben aufteilen) einen
25 Segriff Don ber geiftigen, unfterblid^en ^llatur berfelben, mitl^in für bie
3Roral gureid^enb oerfd^affen. Sl^eologie unb $neumatologie, al«
aufgaben gum fflel^uf ber SBiffenfc^aften einer fi)eculatiöen Sernunft, »eil
beren Segriff für alle unfere ©rfenntnifeDermbgen überft^menglid^ ift,
fönnen burd^ feine empirifc^e 3)ata unb ^ribicate gu Staube fommen. —
30 3)ie Seftimmung belber Segriffe, ®otte« fotool^l ate ber Seele (in an*
fel^ung ll^rer Unfterblld&feit), fann nur burc^ ^rdbicate gefd&el^en, bie, ob
pe gleich fclbft nur au8 einem überpunlid^en ®runbe mbglid^ pnb, bennoc^
in ber ßrfal^rung ll^re SRealitdt bewcifen muffen: benn fo allein fönnen
fte Don gang überpunlid^en SBefen ein (grfenntnife möglich mad^en. —
35 2)ergleic^en ift nun ber eingige in ber menfd^lid^en Sernunft angutreffenbe
474 itritil ber ttrt^eiUfraft. 2. 2:^1 Sb^ixi bet teleologifd^en Urt^dtöfraft.
Segriff ber ^rreil^eit beS SRenfd^en unter moralifc^en ©efe^en iufammt
bem @nbgkDede, ben {ene burd^ biefe Dorfd^reibt, tt)ot)on bte erftertt betn
Url^eber ber 3latur, ber jwette bem 3Menfc^en bleienigen etflenfd^aften bei=
gulegen taugli(!§ jtnb, toel^e }u ber SRöglid^Ieit beiber bie notl^tDenbige
Sebtngung enthalten: fo bag eben aus biefer 3bee auf bie @jri{ien} unb &
ble SefdbÄffenl^cit jener fonjl ßänjlid^ für unS verborgenen SBefen ge«
fd^Ioffen »erben lann.
aifo liegt ber ®runb ber auf bem blofe tl^eoretifiJ^en SBege üerfel^Iten
abfid^t, ®ott unb Unflerblid^Ieit gu beioeifen, barin: bag Don bem Über«
finnlid^en auf biefem SBege (ber 5Raturbegriffe) gar fein ISrfenntnig mog^ w
lidb ift* 2)ag es bagegen auf bem moraIif(^en (beS ^reil^eitsbegriffs) ge«
lingt, l^at biefen ®runb: bag l^ier baS Überftnnlid^ei melc^eS babei jum
®runbe liegt (bie ^i^^i^^iOf burd^ ein beftimmteS ®efe^ ber (Saufalit&t,
tpeld^eS au8 il^m entfpringt, nic^t allein Stoff jum ISrfenntnig bed anbern
Überftnnlid^en (bed moralifd^en SnbgtoedtS uub ber Sebingungen feiner »
auSfül^rbarleit) oerfd^afft, fonbern aud^ als 2;]^atfad^e feine Siealität in
^anblungen bartl^ut, aber eben barum aud^ feinen anbern, als nur in
praftifd^er Slbftd^t (meiere auc^ bie einzige ift, beren bie Sieligion bebarf)
gültigen SemeiSgrunb abgeben fann.
(gS bleibt l^iebei immer fel^r merhoürbig: bafe unter ben brei reinen »
aSernunftibeen, ®ott, ?f reil^eit unb Unflerblid^feit, bie ber grcil^cit
ber einjige SSegriff beS Überfinnlii^en ift, wetd^er feine obiectiDe Siealität
(oermittelft ber Saufalität, bie in il^m gebadet toirb) an ber 9latur burc^
i^re in berfelben mögliche äSirfung bemeifet unb eben baburd^ bie Ser-
fnüpfung ber beiben anbern mit ber SHatur, aUer brei aber unter einan» 25
ber gu einer Sfleligion mbglid^ mad^t; unb ba^ mir alfo in unS ein $nn«
dp l^aben, koelc^eS bie ^bee beS'Überfinnlid^en in unS, baburd^ aberaud^
bie beffelben auger uns ju einer, obgleid^ nur in :t)raftifd^er Hbftd^t mog*
lid^en, @rfenntnig gu befiimmen üermogenb ift, kooran bie blog fpeculatiDe
^l^ilofopl^ie (bie auc^ oon ber fjreil^eit einen blofe negativen Segriff geben »
fonnte) oerjmeifeln mufete: mitl^in ber greil^eitsbegriff (als ©runbbegriff
aller unbebingt^praf tifd^en ®efe^e) bie Vernunft über bleienigen ®r&ngen
erweitern fann, innerljalb beren jeber SRaturbegriff (tl^eoretifd^er) ol^ne
Hoffnung eingefd^r&nft bleiben mügte.
Sdil^ang. SRet^obente^re ber teleologifd^en Urtlfteildhaft. 475
Singemeine Slnmerfung gut 5teIeoIogte.
SSenn bie ^roge tft: loeld^en Sflang bad moralifd^e Argument, teel«
d^eiS bad S)afe{n ®otted nur als ©laubendfac^e für bie praftifc^e reine
äSernunft bemeifet, unter ben äbrigen in ber ^l^ilofopl^ie behaupte: fo
5 lägt ftc^ ber gange Sefi^ biefer le^teren leicht überfd^Iagen, mo eS ftd^ bann
auSmeifet, bag l^ier nt^t ju mahlen fei, fonbern il^r t^eoretifd^eS SSermo«
gen Dor einer ttn^)orteiifd()en Äritif aUe feine Slnfprüd^e öon felbft aufge*
ben mftffe.
8luf 2;]^atfa(^emug fte aUed ^firiDal^rl^alten juDorberft grünben, menn
10 e« nid&t tJöUig grunbloS fein fott; unb eS fann alfo nur ber einjige Unter==
f(]^ieb im 93en)eifen Statt finben, ob auf biefe STl^atfai^e ein f^ürmal^rl^a^
ten ber barau^ gejogenen ^Jolgerung al« SBiffen für ba« tljeoretifd^e,
ober blog atö ©lauben für bad praltifd^e Srfenntnig I5nne gegrünbet
»erben. Slllc S^atfad^en gel^ören entweber jum Sdaturbegriff , ber feine
15 ätealitat an \>m oor aUen 9laturbegriffen gegebenen (ober ju geben mög«
liefen) ®egenftänben ber Sinne beweifet; ober gum greil^eitsbegriff e,
ber feine SRealitdt burdö bie ßaufalitat ber SSernunft in Slnfel^ung gcmifler
burc^ fie möglichen SSirlungen in ber Sinnenmelt, bie fie im moralifd^en
®efe^e unmiberlegli^ poftulirt, l(inrei(^enb bart^ut. S)er Slaturbegriff
20 (blofe jur tl^eoretifc^en (grfenntnife gel^örige) ifi nun entweber metapt)^»
fifd^ unb obUig a priori; ober ))l^9ftfd^, b. i. a posteriori unb notl^menbig
nur burd^ beftimmte Srfal^rung bentbar. S)er metapl^Qfif^e 9laturbegriff
(ber !eine beftimmte (ärfol^rung öorauSfefet) ifi alfo ontologifc^.
^er ontologifd^e SetDeid oom ^afein ®otted auS bem Segriffe
25 eineiS Urmefend ift nun entmeber ber, toeld^er auS ontologifc^en $räbica^
ten, moburd^ es allein burc^gdngig benimmt gebadet »erben lann, auf
ha& abfolut^notl^menbige S)afein, ober aud ber abfoluten 9lotl^menbigfeit
beS S)afeinS irgenb eined S)ingeS, meld^eS ed auc^ fei, auf bie ^rdbicate
bed Urmefend f fliegt: benn gum 93egriffe eined Urkoefen« gel|5rt, bamit
30 es nid^t abgeleitet fei, bie unbebingte 9tot^menbigfeit feined S)afeinS unb
(um biefe fid^ oorguftellen) bie burd^g&ngige Seftimmung burc^ ben 93e«
griff befjelben. Seibe (ärforberniffe glaubte man nun im fflegriffe ber on»
tologifc^en 3bee eine« allerrealften SBefenä gu pnben: unb fo ent*
fprangen gtoei meta:p]^9fifd^e 93emeife.
35 35er einen blog metai)^t(flfc^en 9laturbegri|f gum ®runbe legenbe
(eigentUd^'Ontologif^ genannte) ^mtis fd^lo| auS bem Segriffe beS aQer«
476 ^tttf ber Urtlfteildfraft. 2. 2;]^eil. SMiii bec teleologifd^en Urt^eUiSfraft.
tcalficn SBefcnö auf feine fd^Iet^tl^in notl^toenbtge ©jcijienj; bcnn (Reifet
es;) totmi es nid^t e;tiftirle, jo mürbe il^m eine Siealität, namlid^ bie (Sfi-
[tenj, manflcln- — ©er anbere (ben man aud^ ben metapl^^ftfd^'fogmo«
logifd^en Seu)eiS nennt) f(^Io| an^ ber ^tot^toenbigleit ber ßjciftenj ir«
genb eines S)ingeiS (bergleid^en, ba mir im @elbftbemugtfein ein S)afetn &
gegeben tft, burd^auS eingeräumt toerben mug) auf bie burc^gängige Se^
ftimmung beffelben als allerrealften SBefend: »eil alled @;rifttrenbe burc^^
gängig beftimmt, bas fd^led^terbingS SRotl^menbige aber (nämlid^ toaS mir
als ein fold^eS, mitl^in a priori erlennen foQen) burc^ feinen Segri ff
burdögfingig beftimmt fein muffe; meldöeS fi(^ aber nur im Segriffe eine« lo
allerrealften S)ingeS antreffen laffe. @S ift ^ier nid^t nötl^ig, bie Sopl^i^
fterei in beiben Sd^läffen aufgubeden, meld^eS fd^on anbermärts gefc^el^en
ift; fonbern nur gu bemerlen, bag folc^e Semetfe, menn fte fid^ aud^ burc^
aQerlet bialeltifd^e @ubttUt&t t)erfed()ten liegen, bod^ niemals über bie
@d^ule l^inauS in baS gemeine Sßefen l^inüberlommen unb auf ben bloßen 15
gefunben äSerftanb ben minbefien @inpug ^aben fönnten.
©er JBemeiS, melc^cr einen 5Raturbegrlff, ber nur em^)irif(% fein fann,
bennoc^ aber über bie ©rängen ber9latur als Inbegriffs ber ©egenftänbe
ber Sinne l^inauSfü^ren foU, jum ©runbe legt, lann fein anberer, als
ber Don ben gmeden ber Statur fein: beren S3egriff ftd^ gmar nic^t a priori, 20
fonbern nur burd^ bie Srfal^rung geben lägt, aber bod^ einen fold^en 93e^
griff oon bem Urgrunbe ber 9latur oerl^eigt, meld^er unter allen, bie mir
beuten tonnen, allein ftd^ g^m Überftnnlid^en fc^idt, nämlid^ ben oon einem
]^5d^ften äSerftanbe als äSelturfad^e; melc^eS er auc^ in ber Sl^at nac^
^rinci^jien ber reflectirenben Urt^eilSfraft, b. i. nad^ ber SBefc^affen^eit 25
unfereS (menfc^lic^en) ©rfenntnifetjermögenS, t)ollIommen auSrid&tet. —
Db er nun aber auS benfelben ©atis biefen ^Begriff eines oberften, b. i.
unabl^ängigen, oerftänbigen SSefenS auc^ als eines ©otteS, b. i. Url^eberS
einer SBelt unter moralifd^en ©efe^en, mithin ^inreid^enb beftimmt für
bie 3bee oon einem gnbgmedfe beS S)afeinS ber SBelt ju liefern im ©tanbe 30
fei, baS ift eine Srage, morauf aUeS anfommt; mir mögen nun einen tl&eo»
retifd^ l^inlänglid^en S3egriff oon bem Urmefen gum Sel^uf ber gefammten
Slaturfenntnife, ober einen prattifc^en für bie Sieligion oerlangen.
35iefeS aus ber p^^pfiften Seleologie genommene Argument ift ocr*
e^rungSmertl^. (5S tl^ut gleiche 2Birfung gur Übergeugung auf ben gemei* 35
ncn aSerftanb, als auf ben fubtilften 2)enfer; unb ein 3leimaruS in fei=
nem nod^ nic^t übertroffenen SBerfe, morin er biefen S3emeiSgrunb mit ber
Unlftanfl. Tltt^obmle^xt ber teteoloöifd^en Urt^citSfraft. 477
il^m eigenen ©rfinbltc^feft unb j^larl^eit tDettl&uftig auSfül^rt, l^at fid^ ba^
burd^ ein unperblic^c« SSerbienft cmorben. — Slfleln »oburd^ gewinnt
biefer Sewei« fo gctoaltigen (äinflufe auf ba« ®cmüt^, Domcl^mlidö in ber
Seurt^ctlung burd^ falte SBernunft (bcnn bie aiül^rung unb ßr^cbung
6 beffelben burd^ bieSBunber ber9laturf5nnte man jurüberrebung red&ncn),
auf eine rul^ige, ftc^ ganjUc^ ba^in gebenbe Seiftimmung? @S ftnb nid^t
bie i)]^t)Pfd^en Swedte, bie aüe auf einen unergrünbUc^en SBerftanb in ber
SSelturfad^e l^inbeuten; benn biefe finb baju unjureid^enb, loeil fte ba§
SBebfirfnife ber fragenben SSernunft nid^t befriebigen. JDenn wogu flnb
10 (fragt biefe) atte Jene fflnflUd&e SRaturblnge; »oju ber SRenfd^ felbft, bei
bem mir ate bem legten für un§ benfbaren ^mtdt ber Slatur (teilen blei*
ben muffen; tDOju i^ biefe gefammte Slatur ba, unb »aS ift ber @nbgn)edt
fo großer unb mannigfaltiger Äunft? 3uw ©enlefeen, ober gum «n^
fd^auen, 93etrac^ten unb Semunbern (toeld^e^, menn ^ babet bleibt, aud^
15 nid^tg teeiter atö ©enug t)on befonberer Sri ift), atö bem legten @nbgn)edF,
»arum bie SBelt unb ber 3Renfd& fclbfl ba ijt, gcfd^affen ju fein, fann bie
SSernunft nic^t befriebigen: benn biefe fe^t einen perfönlic^en SSert^, ben
ber SRenfc^ ftd^ allein geben fann, ald 93ebingung, unter koelc^er aQetn er
unb fein SJafein ©nbjttedf fein fann, öorau«. 3« ©rmangelung beffelben
20 (ber allein eine« bcftimmten ^Begriffs fd^ig ift) t^un bie Qmdt ber SRa*
tur feiner 9la(^frage nid^t ©enfige, ))orne^mli(!§ »eil fte feinen bejttmm»
ten 93egriff Don bem l^od^ften äSefen atö einem aUgenugfamen (unb eben
barum einigen, eigentlich fo gu nennenben 1^5 elften) Sßefen unb ben ®e»
fe^cn, nac^ benen fein Serftanb Urfat^e ber SBelt ift, an bie ,&anb geben
25 f5nnen.
S)ag alfo ber pl^^fifc^^teleologifdbe SemeiS, gleich ald ob er gugleid^
ein t]^eologlfd)er wdre, ftberjeugt, rü^rt nicftt Don ber Senüfeung ber 3been
öonSweden ber 3latur als fo oiel empirifd^en SBetoeiögrünben eines ^od^«
ftenSSerftanbeS ^er; fonbern eS mifd^t fl(^ uuDermerft ber {ebem ÜRen»
30 fdden betmol^nenbe unb t^n fo innigft bewegenbe moralift^e Sewelsgrunb
in ben @d^lug mit ein, nac^ melc^em man bem Sßefen, koeld^eS ftd^ fo un«
begreifUdö fünftlid& in ben 3»C(fen ber Sdatur offenbart, auc^ einen ®nb*»
j»ed[, mithin SBeiS^eit (objwar ol^nc baju burd& bie SBal^me^mung ber
erfleren bered^tigt gu fein) beilegt unb alfo jene« Argument in «nfel^ung
35 beö aRangel^aften, meld^eö i^m noc^ anl^dngt, toiUfürlid^ ergdngt. Sn ber
a^at bringt alfo nur ber moralifc^e SBetoeiSgrunb bie Übergeugung unb
au(% biefe nur in moralifd^er 3lftdfj{c^t, mogu jebermann feine SBelftim«
478 ^ttif bet Urtl^eildfroft. 2. %^ül ^ttf her teleologifd^en ttti^Udfraft.
mung innigfl ffi^It, l^erDor; ber )>]^9ftf(J^teIeoIogtf(i^e aber l^at nur baS
SSerbienjt, bai^ ©emütl^ in ber ffieltbetra^tung auf ben 9Seg ber Soede,
baburc^ aber auf einen Derfiänbigen äBeltur^eber gu leiten: ba benn
ble morali|(%e Sejiel^ung auf S»ecle unb bie S^ee eines eben folc^en ®e=
fe^geberd unb äSelturl^eberiS, atö tl^eologifdier Segriff, ob er gmar reine s
Sugabe ift, fOf bennod^ ava {enem Setoeidgrunbe Don felbft ju entoitfeln
fi^eittt.
^iebei fann man t& in bem getoö^nlid^en SSortrage fernerl^in aud^
bekoenben laffen. S)enn bem gemeinen unb gefunben Serftanbe mirb eS
gemeiniglich fd^mer, bie üerfc^iebenen $rincipien, bie er oermifd^t, unb lo
aus beren einem er koirflid^ allein unb rid^tig folgert, toenn bie Slbfonbe^
rung oiel 9ta(^benlen bebarf, ald ungleid^artig wn einanber gu fd^eiben.
S)er moralif^e SdetoeiSgrunb Dom S)afein ®otteS ergängt aber eigene
lid^ aud^ nic^t ettoa blog ben pl^^jtfd^^teleologifd^en gu einem oollfiänbigen
Setoeife; fonbern er ift ein befonberer SemeiS, ber ben SRangel ber Über- »
geugung anS bem legieren erf ej^t: inbem biefer in ber 3:|at nid(|tö leijien
tann, als bie SSernunft in ber SBeurt^eilung bed ®runbed ber Statur unb
ber gufdlligen, aber betounberungdmftrbigen Drbnung berfelben, loeld^e und
nur burd^ (Srfabrung belannt mirb, auf bie (Saufalitdt einer Urfad^e, bie
nad^ Swedten itn ®runb berfelben enthält, (bie toir nad& ber Sefd^affen^ so
l^eit unferer (grfenntnifeoermögen al« »erftdnbige Urfa^e beuten muffen)
gu lenfen unb aufmerffam, fo aber be« moralifd&en SetoeifeS empfdng»
lid^er gu mad^en. S)enn bad, mad gu bem le^tern S3egriffe erforberlid^ \%
ift oon allem, mad 9taturbegriffe entl^alten unb leieren lönnen, fo mefent»
Uä) unterfd^ieben, ba^ eS eined befonbern, oon ben oorigen gang unab« 2s
l^dngigen SeweiSgrunbeS unb Sctocffe« bebarf, um ben Segriff Dom Ur*
mefen ffir eine Sl^eologie l^inreic^enb angugeben unb auf feine @;rifteng gu
f^iefeen. — S)er moralifd^e Semei« (ber aber freilid(( nur ba« S)afein
®otted in ^raftifd^er, bod^ auc^ unnad^laglid^er SlüdEfid^t ber Vernunft
bekoeifet) m&rbe ba^er nod^ immer in feiner ^aft bleiben, menn toir in so
ber SBelt gar feinen, ober nur gweibeutigen Stoff gur pl^^jtfc^en SCeleologte
antrdfen. 6« Idfet pd^ beulen, i>a% pd^ vernünftige SBefen öon einer fol*
d^en 9latur, loeld^e leine beutlid^e &p\xx oon Drganifation, fonbern nur
SBirfungen oon einem blogen 3ßed^ani8m ber rollen SRaterie geigte, um«
geben fd^en, um berentmiQen unb bei ber SBerdnberlic^Ieit einiger blog S5
guf dllig gtoedhnd^igen f^ormen unb Serl^dltniffelein ®runb gu fein fd^iene,
auf einen oerftdnbigen Url^eber gu f^lie^en; mo alsbann aud^ gu einer
Sn^ang. Snetl^obente^re bec teleotogif^en Urtl^ellSfraft. 479
))^9{{fd^en Seleologte leine 93eranlaf[ung fein ti)firbe: unb bennod^ ti)firbe
bie SSernunft, bie burd^ Slaturbegrijfe l^ier feine Einleitung belommt, im
t^reil^eitsbegriffe unb in ben {ic^ barauf gränbenben ftttltd^en 3been einen
pra!tifc^»]^inreid()enben ®runb finben, ben Seßtiff be« Urocfen« bicfen
5 angemeffen, b. i. al8 einer ©ott^eit, unb bie 5ftatur (felbjl unfer eigene«
S)afein) al« einen jener unb il^ren ®efe^en gemäßen ^nbgmed gu poftu«
liren unb gttiar in St&dfid^t auf baS unnad^laglicl^e ©ebot ber praftifd^en
Vernunft. — 35a6 nun aber in ber »irflic^en ffielt für bie vernünftigen
SBefen in il^r rei^Ud^er @toff gur pl^^fifd^en Steleologie ift (meiere« eben
10 nid^t notl^teenbig »Are), bient bem moralifdb^n Argument ju eroAnf^ter
Seft&tigung, fomeit Statur ettioad ben SSernunftibeen (ben moralifd^en)
analoges aufjuftetlen vermag. 2)enn ber Segriff einer oberjien Urfad^e,
bie SSerftanb l^at (me^eS aber für eine Sll^eologie lange nid^t l^inreid^enb
ift), belommt baburd^ bie für bie reflectirenbe Urtl^eilStraft l^inrei^enbe
15 9%ealit&t; aber er ift niddt erforberlid), um ben moralifd^en Sekoei« barauf
gu grünben: noc^ bient biefer, um tenen, ber für fid^ aUein gar nid^t auf
SRoralität l^inmeifet, bur(^ fortgefe^ten @d()Iu^ nad^ einem eingigen $rin«
cip JU einem Seweife ju ergdnjen. Swei fo unglei^artigc ?rinci^)ien,
als 9latur unb ^reil^eit fönnen nur gmei loerfd^iebene Semeidarten abgeben,
20 ba benn ber Serfud^, benfelben au« ber er^eren gu fül^ren, für ba«, maö
bemiefen merben foS, unguldnglidd befunben mirb.
SBenn ber )>]^9Jtfd^«teIeoIogifd^e Semei«grunb gu bem gefud^ten Se^
meife gureic^te, fo mdre e« für bie fpcculatiöe Sernunft febr befriebigenb;
benn er mürbe Hoffnung geben, eine 2:]^eofo:p^ie l^erDorgubringen (fo mürbe
25 man n&mlid^ bie t^eoretif(^e @rfenntnig ber göttlid^en Statur unb feiner
(gjrtfteng, meldte gur (grfldrung ber SBeltbefd^affenl^eit unb gugleid^) ber
Sejtimmung ber pttlic^en ©efe^e gurei^te, nennen muffen). @ben fo koenn
^f^d^ologie gureid^te, um baburd^ gur (Srfenntnig ber Unfierblic^feit ber
@eele gu gelangen, fo mürbe jte eine ^neumatologie, meldte ber fpeculati«
30 Den aSernunft eben fo miUfommen märe, möglich mad^en. Selbe aber, fo
lieb e« aud^ bem S)ünTel ber SBipegierbe fein mag, erfüllen nid^t ben
Sßunfc^ ber Sernunft in Slbfid^t auf bie 2:^eorie, bie auf j^enntnig ber
3Ratur ber 2)inge gegrünbet fein mflfete. Db aber nid^t bie erftere al8
*£]^eologie, bie gmeite al« Sntl^ropologie, betbe auf ba« ftttli(^e, b. i. ba«
36 fSrreil^eitSprincip gegrünbet, mitl^in bem praltifd^en ©ebraud^e ber Ser«
nunft angemeffen, il^re objectiöc @nbabjid((t beffer erfüllen, ift eine anbere
$rage, bie mir l^ier nid^t nbtl^ig l^aben iDeiter gu verfolgen.
480 ^tif ber Urt^ciWfroft 2. 5J^eil. Äriti! bei tcTeoloötfd&cit Urtl^elKfröft.
2)er :|)]^)){tfd|4eIeoIogtfd^e SetoeiSgrunb ret^t aber barum ni(^t
gur Sl&cologic ju, »dl er feinen ffir biefe abft(!^t l^inreid^enb bejilmm«
ten 93egriff Don bem Urtoefen giebt, nod^ geben tann, fonbern man
biefen gänjUti^ anbermfirtd l^ernel^men, ober feinen SRangel baburti^ als
burd^ einen miQf ürliti^en 3ufa^ er je^en mug. Sb^ f<^Iiegt anS ber großen 5
ßwecfmäfeigfeit ber SRaturformen unb il^rer Serl^dltniffc auf eine üerfiÄn«
bigeSSelturfad^e; aber auf loeltib^n ®rab biefedSSerfianbe^? Dl^ne3Q)eifel
fönnt 3[b^ @u^ nid^t anmagen: auf ben bod^fi^moglid^en SSerfianb; benn
baju mürbe erforbert »erben, bafe 3^r einfd^et, ein größerer SBerjlanbi
als tooüon ^v Se»ei«tl^ümer in ber SBelt toal^rnel^met, fei nicftt benfbar: 10
»eld^eö @u(l^ felber SlDtDiffen^eit beilegen l^iege. @ben fo fd^Iieit 3br au$
ber ©röfec ber SBelt auf eine febr grofee SRacbt bc8 Url^eber«; aber ^t
»erbet (Su(ib befd^eiben, bag biefeiS nur comparatit) ffir Sure ^a^ungdtraft
93ebeutung l^at, unb, ba ^^r nid^t alleiS 3R5glidbe ertennt, um t& mit ber
SBeltgröfee, f 0 toeit 3^r pc fennt, ju öergleidben, gl^r nad^ einem fo fleinen u
SKafeftabe feine ailmadbt be^S Urbeber« folgern fönnet, u, f. ». SRun ge=
langt S'^r baburd^ gu feinem befiimmten, ffir eine 2;beologte tauglidben
^Begriffe eine« UrmefeuiS; benn biefer fann nur in bem ber aßb^t ber mit
einem SSerftanbe vereinbarten SSoIltommenl^eiten gefunben »erben, »ogu
@ud^ blog empirifd^e S)ata gar nid^t t)erbelfen f5nnen: ol^ne einen fol< 20
d^en beftimmten 93egriff aber fönnt ^f)x aud^ nid^t auf ein einige« Der-
ftSnbige« Urmefen fd^liefeen, fonbern (eS fei gu »eld^em Sel^uf) ein fol«
d^eS nur annebmen. — 9lun fann man e« g»ar gang »ol^l einr&umen,
bafe 3bt (ba bie SSernunft nidbt« ©egrfinbeteS ba»iber gu fagen bat) »iU«
ffirlid^ b^ngufe^t: »0 fo Diel äSoQfommenbeit angetroffen »irb, möge 25
man »ol^l aDe SSoDfommenl^eit in einer eingigen äSelturfa^e Dereinigt
annel^men; »eil bie äSernunft mit einem fo bestimmten ^rincip tbeoretifd^
unb praftifd^ beffer gured&t fommt. aber Sbt fönnt benn bod^ biefen Se«
griff be« UrmefenS nid^t als Don @ud^ be»iefen anpreifen, ba 3b^ tl^n nur
gum Se^uf eines beffern aSernunftgebraud^S angenommen l^abt. aileS 30
Sammern alfo ober ol^nm&d^tigeS ßfirnen fiber ben Dorgeblid^en fSrreDel,
bie Sunbigfeit @urer Sd^lugfette in 3»eifel gu giel^en, ift eitle ®rog^
tl^uerei, bie gern bctben möd^te, bai man ben S^^if^l »eldb^n man gegen
@uer Argument frei l^erauSfagt, ffir 99eg»eifelung bdiiger äBabrl^dt bal«
ten möd^te, um nur binter biefer S)ecfe bie Seidbtigfeit beffelben burd(|^ »
fd^lfipfen gu laffen.
S)ie moralifd^e Sieleologie l^ingegen, »eld^e nid^t minber feft gegrfin«
fivä^cmq. SRetl^obenle^te ber teleologtfd^en Urtl^eiUfraft. 481
bct tfl ti)ic bic pl&9Pf<fte, Didmcl&r babur(%, bafe jte a priori auf öon unfcrcr
SScrnunft untrennbaren §ßrincipien berul&t, SJorjug Derbient, fü^tt auf
\>a^, loaS sur SRögUd^teit einer Si^eologie erforbert nirb, ndmlid^ auf
einen befiimmten Segriff ber oberften ttrfad^e ald äßelturfad^e nad^ mo«
5 ralifdjen ©efe^en, mitl^in einer fold^en, bie unferm moralifdjen Snbi^mecfe
©enfige tl^ut: mogu nic^tö meniger als Sllniffen^eit, SKlmacbt, SIDgegen«
mart u. f. m. ald baju gehörige 9latureigenf^aften erforberlid^ ftnb, bie
mit bem moralifd^en 6nbgn)e(fe, ber unenblic^ ijl, ald oerbunben, mit«
l^in i^m ab&quat gebaut merben mfiffen, unb fann fo ben Segriff eines
10 einzigen SSeltur^eberd, ber gu einer S^eologie tauglid^ ift, ganj aUein
t)erfdöttffen.
auf fol(!^e Sßeife fu^rt eine Sl^eologie anäi unmittelbar gur 9%e«
Hgion, b. i. ber (ärfenntnife unferer ^ßfUc^ten al« göttlid^er ®e-
böte: meil bie Srlenntnig unferer $fli(^t unb beiS barin und burd^ SSer«
16 nunft auferlegten ©nbjmecfö ben Segriff öon ®ott guerft beftimmt ^eroor«
bringen fonnte, ber alfo fd^on in feinem ttrfprunge t)on ber Serbinblid^:^
feit gegen biefe« SBefen ungertrennlicft ift; anftatt bafe, »enn ber Segriff
t)om Urmefen auf bem blog t^eoretifc^en Sßege (ndmli(!^ beffelben alö
blofeer Urfadbe ber 5ftatur) aud^ beftimmt gefunben ©erben fönnte, eö nad^«
20 l^er no4 niit großer Sd^mierigleit, Dielleic^t gar ttnmöglid^feit ed ol^ne
miUturlid^e 6in|d^iebung gu leiften üerbunben fein »ürbe, biefem äSefen
eine @aufalität nadb moralifd^en ©efe^en hnväi grünblid^e Semeife beigu*
legen, ol^ne bie bod^ jener angeblid^ tl^eologifd^e Segriff feine ©runblage
gur Sfieligion audmad^en fann. @elbfi menn eine 9teligion auf biefem
2s t^eoretifd^en 9Bege gegrfinbet merben tonnte, mürbe fte in Slnfe^ung ber
®e{tnnung (morin bod^ i^r äßefentUd^eiS befielet) mirtlic^ t)on berjenigen
unterfdjieben fein, in meld^er ber Segriff Don ®ott unb bie (praftifd^e)
Übergeugung Don feinem SDafein aud ©runbibeen ber ©ittlidjfeit ent«
fpringt; 3)enn menn mir SlUgemalt, atlmiffenl^ett u. f. m. eined Beltur«
30 l^eberä atö anberm&rtiS l^er uniS gegebene Segriffe Doraudfe^en müßten,
um nad^^er unfere Segriffe Don $flid^ten auf unfer Ser^dltntg gu il^m
nur angumenben, fo müßten biefe fe^r ftarf ben Slnftrid^ Don Stt)ang unb
abgenötl^igter Unterwerfung bei ftd^ fAl^ren; ftatt beffen, menn bie ^o6i^
ad^tung für bad ftttlid^e®efe^ und gang frei lautSorfd^rift unferer eigenen
35 Sernunft ben ISnbgmecf unferer Seftimmung DorfteDt, mir eine bamit
unb gu beffen Sudfül^rung gufammenftimmenbe Urfad^e mit ber maJ^r«
l^aftePen (S^rfurd^t, bie gdnglid^ Don pat^ologifd^er giirdbt unterfd^ieben
482 Sttm ber llrtl^etliSf raft. 2. St^eil. ledtif ber teteologifd^en Urt^eildfraft.
ift, in unfere moralifd^en audft<]^ten mit oufnel^men unb und berfelben
ttiHig untcmcrfcn*).
3Senn man fragt, tDarutn und benn etttod baran gelegen fei, über«
l^Qupt eine Sl^eologie ^w l^aben: fo leudbtet flor ein, bog fte nid^t jur St»
Weiterung ober S9eri(fttigunfl unferer Sttaturlenntnift unb über^au^)t irgenb
einer Sl^eorie, fonbern lebiglid^ jur 3fleUgion, b. i. bem praftifi^en, na^
mentlid) bem moralifc^en ©ebraud^e ber SSernunft, in fubjiectiDer 9bft(!^t
nöt^ig fei. f^-inbet fid) nun, bog ia& eingige SIrgument, melc^ed gu einem
beftimmten ^Begriffe bed ®egen[tanbeö ber St^eologie fü^rt, felbft mora*
lifd^ ift: fo n)irb ed nid^t oDein nidjt befremben, fonbern man »irb aud)
in ainfe^ung ber Sul&ngli(^feit bed f^ürtoal^rl^altend aud biefem Semeid«
grunbe gur @nbabft(^t beffelben ni(!^td oermiffen, menn geftanben mirb,
bog ein fol(!^ed Argument bad S>Qfein ®otted nur für unfere moraIifd)6
Seftimmung, b. i. in praftifti^er abftd^t, ftinreic^cnb bart^ue, unb bie
@peculQtion in bemfelben i^re @tdr(e feinedmeged bemeife, ober ben Um«
fang i^red ©ebietd baburc^ ermeitere. Slud) mirb bie ä3efrembung, ober
ber Dorgebli(fte SBiberfpruc^ einer l&ier bel^aupteten ÜRoglid^Ieit einer Sl^eo«
logie mit bem, mad bie jfritil ber fpeculatioen SSemunft Don ben j^ate»
gorieen fagte: bog biefe nämlidb nur in Sumenbung auf ©egenftänbe ber
Sinne, feinedmeged aber auf bad Überfinnli(!^e angemanbt, @rlenntni§
l^eroorbringen fönnen) Derfd^minben, menn man fte ^ier gu einem @r!ennt«
nig ©otted, aber nid^t in tl^eoretifc^er (nac^ bem, mad feine und unerforfc^«
lic^e 9latur an fid^ fei), fonbern lebiglld^ in praftifc^er abpd&t gebraucht
Pe^t. — Um bei biefer ©elegenl^eit ber SRife beutung Jener fel^r notl^men==
bigen, aber aud) gum SSerbrufe bed blinben S)ogmatiferd bie Vernunft in
i^re ©ringen gurficfmeifenben Seigre ber Aritit ein @nbe gu mad^en, fäge
id^ l^ier nad^ftel^enbe (Srlduterung berfelben bei.
SBenn ic^ einem Äorper bemegenbe Äraft beilege, mitl^in i^n
*) 2)ie Sewunberung ber @4Anl^eit fott>o(I, ald bie 9{ü^rung bur4 bie fo
manntdfatttgen ßn^ede ber Statur, welche ein nad^benfenbed ©emfitl^ no4 t)or einer
Itaren Sorfieüung eined k>ernanfti()en Ur^eberd ber SBelt ju ffi^Ien im Staube ifl,
(oben etioad einem religiöfen @effil^( ^^nlid^ed an ft^. @ie f feinen ba^er auerfl
bur4 eine ber morolifd^en analoge S3eurt^eilungdart berfelben auf ha^ moraUfc^e
(Kefül^l (ber 2)Qn!barfeit unb ber ^ere^rung gegen bie und unbefannte Urfa^e)
unb alfo burc^ Erregung moralifd^er Sbeen auf bad (Bemütl^ ju toirfen, menn fie
biefenige SBemunberung einflflSen, bie mit weit me^rerem Sntereffe oerbunben tfl,
ald bloge t^eoretifc^e Setra^tung roirfen fann.
flnl^ong. fD^et^obenlel^re ber te(eoIogif(^en Utt^etldfrafi 483
burd^ bie j^ategorie ber @QufQlit&t benle: fo ertenne id^ i^n baburd^
gugletd^, b. i. id^ beftimme ben 93egriff beffelben ali ObjectS äber{|Qupt
burd^ baS, »qS il^m als @egen[tanbe ber @inne für ftd^ (als 33ebingung
ber 3)}öglic^feit jener 9teIation) gufommt. S>enn ift bie bewegenbe ^raff,
5 bie iii il^m betlege, etneabftogenbe: fo fommt i^m (menn id^ glei(!^ noc^
nid^t einen onbern, gegen ben er fte ausübt, neben i^m fe^e) ein Drt im
Sfiaume, ferner eine Sudbel^nung, b. i. SHaum in il^m felbft, überbem @r«
fflUung befjelben burc^ bie abftofeenben Ärdfte feiner Steile ju, enblid^
QU(^ bad ©efe^ biefer Erfüllung (ba^ ber ®runb ber Slbftogung ber le^te«
10 ren in berfelben Proportion abnel)men muffe, atö bie Siudbel^nung bed
J^örperS mdd^ft, unb ber 9iaum, ben er mit benfelben Steilen burdb biefe
Äraft erfüllt, gunimmt).— ^Dagegen menn id) mir ein überftnnli(fte« SBefen
al« ben erften Semeger, mitl^in burcft bie Äategorie ber ©aufalitfit in
Änfel^ung berfelben SBeltbeftimmung (ber ©emegung berTOaterie) benfe:
15 fo mug id) es nic^t in irgenb einem Orte im 9iaume, eben fo menig als
auSgebel^nt, Ja ic^ barf eS nid)t einmal als in ber 3eit unb mit anbern
3Ugleid^ e;riftirenb benfen. Sllfo ^abe id^ gar feine 93efttmmungen, meldte
mir bie Sebingung ber SKögltd^feit ber Semegung burc^ biefeS SBefen als
®runb oerftdnblid) mad)en fonnten. f^olglid^ erfenne idb baffelbe bur(^
20 baS ^rabicat ber Urfa(fte (als erften Semeger) für ftd) nid)t im minbeflen:
fonbern ic^ l^abe nur bie SBorfteUung oon einem StmaS, meldjeS ben ©runb
ber Semegungen in ber SBelt entljält; unb bie Sielotion beffelben ju btefen,
als beren Urfadbe, ba fte mir fonft nichts jur Sefd^affen^eit beS S>tngeS,
meldies Urfa(fte ift, ®e^5rigeS an bie $anb giebt, Idfet ben Segriff öon
35 biefer gang leer. 3)er ®runb baoon ift: meil ic^ mit 5ßräbicaten, bie nur
in ber ©innenmelt i^r Dbfect finben, gmar gu bem S>afein Don @tmaS,
maS ben ®runb ber legieren entl^alten mug, aber ni(!^t gu ber Seftimmung
feines Begriffs als äberftnnli(!^en SBefenS, meld)er alle jene $rdbtcate aus»
flögt, fortfc^reiten tann. S>urd^ bie j^ategorie ber Saufalitdt alfo, menn
w td^ fte burc^ ben Segrtff eines erften SemegerS beftimme, erfenne id^,
maS ©Ott fei, nid^t im minbeften; k)ielleid)t aber mirb eS beffer gelingen,
menn id^ auS ber SBeltorbnung Slnlag nel^me, feine Saufalitdt, als bie
eines oberften SerftanbeS nid^t blog gu benfen, fonbern i^n aud^ burd^
biefe Sefllmmung beS genannten SegriffS gu erfennen: »eil ba bie
35 Idftige Sebingung beS SiaumeS unb ber SluSbel^nung megfdUt. — SlUeri*
bingS nötl^igt unS bie groge ßtt'edtmdgigfeit in ber SBelt, eine oberfte Ur«
fad^e gu berfelben unb beren Saufalitdt als burd^ einen Serfianb gu
31*
484 ^til ber Urt^etldfraft. 2. S^etl. ^rüif ber teleologifd^en Urt^eUdfraft.
benfen; aber babur(^ finb xdxt gar niitt befugt, ibr biefen beijulegen
(mie j. 93. bie emigfeit ©otted qI§ S)Qfein gu aOer Qtit gu benfen, tteil
mir unö fonft gar feinen Segriff Dom blofeen 35afein alg einer ©rofee,
b. i. aliS S>auer, machen fönnen; ober bie göttlidje üdgegenmart atö 3)0«
fein in aQen Orten ju benfen, um bie unmittelbare ©egenmart für 3)inge »
auger einanber uns fagltcb gu mad)en, ol^ne gleid^mol^l eine biefer Se*
ftimmungen ®ott ald etmad an il^m @rfannteiS beilegen gu bfirfen). Sßenn
id^ bie (Saufalitdt beS SRenfdieu in SInfebung gemtffer $robucte, n^el^e
nur burcb abficbtlicbe 3tt)edFmägigfeit erfldrltcb ftnb, baburcb beftimme,
bag id^ fte als einen SBerftanb beffelben benfe: fo braud^e tc^ nicbt babei io
ftel^en gu bleiben, fonbern fann ibm biefeS $räbicat als mol^lbefannte
gigenjd^aft beffelben beilegen unb il^n baburcb erfennen. 35cnn iäi »eife,
bag Knfcbauungen ben @innen bed SRenfdjen gegeben unb burd^ ben 93er>
ftanb unter einen Segriff unb l^iemit unter eine Siegel gebracht »erben;
bafe biefer Segriff nur bag gemeinfame ÜRerfmal (mit SBeglaffung beö «
Sefonbern) entl^alte unb alfo biöcurjto fei; bafe bie Siegeln, um gegebene
SSorftedungen unter ein Semugtfein überl^aupt gu bringen, t)on ibm nod^
Dor jenen Slnfd^auungen gegeben merben, u.f.U).: id^ lege alfo biefe gigen«
fdbaft bem SRenfcben bei als eine folcbe, mobur(!b i(^ i^n ertenne. äBiD
id^ nun aber ein überjinnlid)e« SBefen (®ott) als SnteÜigeng benfen, »
fo ift biefeS in gemiffer Sftüdtftcbt meines SSernunftgebraucbS nid^t allein
erlaubt, fonbern aud^ unoermeiblicb; aber il)m SSerftanb beigulegen unb
es baburd^ als burdb eine ßigeufd^aft beffelben erfennen gu fönnen, ftd^
fd^meid^eln, ift feineSmegeS erlaubt: meil icb alsbann alle jene Sebingun«
gen, unter benen id^ allein einen Serjlanb fenne, meglaffen mug, mitl^in s»
baS ^r&bicat, baS nur gur Seftimmung beS 3Renfd^en bient, auf ein über«
flnnlicbeS Object gar nid^t begogen werben fann, unb alfo burcb eine fo
beftimmte (Saufalität, toaS ®ott fei, gar nid^t erfannt »erben fann. Unb
fo gel^t es mit aDen ^ategorieen, bie gar feine Sebeutung gum @rfenntnig
in tl^eoretifd^er SRüdpd^t baben fönnen, »enn fte nidjt auf ®egenftänbe »
möglieber ©rfal^rung angemanbt »erben. — aber nad^ ber Analogie mit
einem Serftanbe fann id^, ja mufe id^ mir »ol^l in getoiffer anbercr SRücf*
ftd^t felbfi ein uberfinnlid^eS 3Befen benfen, ol^ne eS glei(btt)ol^l babur^
tl^eoretifd^ erfennen gu »ollen; »enn ndmlicb biefe Seftimmung feiner
Saufalitdt eine SBirfung in ber 3Belt betrifft, bie eine moralifcb»notbtten* ss
bige, aber für @innen»efen unausführbare Slbftd&t enthält: ba alsbann
ein ISrfenntnig ®otteS unb feines S)afeinS (S^eologie) burd^ blog nad^
Hn^ang. SRet^obenle^re ber teleologtfd^en Urt^etldfraft. 485
ber Analogie an W^m gebadete Sigenfd^aften unb Sefittnmungen feiner
(Saufalit&t niögU^ x% meld^eiS in praftif^er Segiel^ung, aber aud^ nur
in Sfificf fid^t auf btef e (al8 moralifdöc) ade erforbcrlid&e Siealitat ^at. —
@i$ ift alfo mol^l eine Stl^ilotl^eologie möglid^; benn bie 3Roral lann gmar
mit i^rer Siegel, aber nid^t mit ber @nbabftd^t, meiere eben biefelbe auf:»
erlegt, ol^ne S^eologie befielen, o^ne bie SSemunft in Slnfe^ung ber le^tei*
ren im blofeen ju laffen. aber eine t^cologifd^e (Stt)\t (ber reinen SSer«
nunft) ift unmöglid^: mcil ©efe^e, bie nidjt bie SJemunft urfprungUc^ felbft
giebt, unb bereu Befolgung jte atö reine« praftifc^eö SSermögen auc^ be=
mirlt, nid^t moralifd^ fein tonnen. @ben fo mürbe eine t^eologifdje $^9fit
ein Unbing fein, »eil jte leine Sdaturgefe^e, fonbern Änorbnungen eine«
l^öd^ften SBillen« Dortragen mürbe; mogegen eine pl^9fif(!^e (eigentlid^ p^^^
pfd^4eleologifd^e) Sl^eologie bod^ menigften« al« ^ropäbeutit jur eigent^^
lid^en Sil^eologie bienen fann: inbem fte burc^ bie 93etra(l^tung ber Statur«
jmecfe, oon benen fte reid^en @toff barbietet, gur 3bee eine« Snbjmecfe«,
ben bie Statur nid^t aufftellen fann, anlafe giebt; mithin ba« Sebürfnife
einer Sl^eologie, bie ben Segriff öon ®ott für ben pd)ften praftifd&en ©e^
braud^ ber SSernunft gureid^enb beftimmte, gmar fül^lbar machen, aber fte
nid^t hervorbringen unb auf il^re 9emei«t]^umer gulänglic^ grünben lann.
Anmerkungen.
Jlritiß öei pxaMxfd^m 'Vernunft.
Herausgeber: Paul Natorp.
Einleitang.
6. Erdmann (in der Einleitimg zur Stt, b, r. 9)., Bd. IV S. 573 ff.) hat be-
reits darauf aufmerksam gemacht, daß die ihrttif ber reinen Semunft nach der
ursprünglichen Absicht Kants die kritische Grundlegung zur reinen prafttf(!^en
äBeltmetdl^ett oder SRetapl^^fi! ber ©Uten mitenthalten sollte. Der Plan einer
besonderen j^rttif ber praltifd^en Vernunft taucht erst sp&t auf; und es Yer-
lohnt wohl der Mühe, seinem Ursprung nachzuforschen.
Schon die frühste deutliche Ankündigung des kritischen Unternehmens,
die SRad^rtc^t Don ber (Sinrid^tung fetner SBorlefungen in bem Sßinterl^albenial^re
non 1765^1766, spricht yon einer SMiif unb S$orf(!^rift ber gefammten ^elt>
weid^ett a\ü eined @an)en, welche IBetrad^tungen fiber ben Urfpning t^ret (Sin-
fid^ten fomo^t, aU i^er Srrtl^fimer anfieQen unb ben genauen ©runbri^ entwerfen
soll, nad^ totlä^tm ein folc^ed @eb&ube ber S^eniunft bauerl^aft unb regelmügtg
foH aufgefü^ werben (II 310). Und wenig sp&ter (an Lambert, 31. Dec. 1765,
X 53) Yerheisst Kant eine Untersuchung über bte eigentl^fimlid^e SD^et^obe ber SReta*
p]^9fict unb oermittelfl berfelben ouc^ ber gefamntten ^(tlofop^ie. Er will aber
biefeiS SBerf, alü baiS ^auptaiel aller btefer $(u0f!d^ten, nod^ ein wenig au^fe^en,
weil es ihm noch an Se^fpieCen mangle, an denen er in concreto bad etgen>
t^fintltd^ie ISerfa^ren geigen könnte. Aus diesem Grunde will er einige fleinere
Kudarbettungen Doranfd^icfen, beren ©toff oor mir fertig liegt, worunter bte
metap]^9fif(!^e 9(nfangiSgrfinbe ber nati^rltd^en Beltweidl^eit unb bte
ntetap]^: ^Infangdgr: ber praftifd^eu SSeltweiiS^ett bte erften fe^n werben,
bamit bie ^auptfd^rift ntd^t bur^ gar )u weitläuftige unb bod(| unaulängltd^e
Se^fpiele al^u fel^r gebel^net werbe.
Zu diesen Ausarbeitungen kam es damals nicht Der Brief an Mendels
söhn Yom 8. April 1766 (X 66 ff.) über die inzwischen erschienenen S^rdume etned
@et|ierfe]^erd zeigt Kant gewillt und gerüstet, direct auf sein ^aupt^itl los-
zugehen. Der Eifer, mit dem ein Lambert auf den entscheidenden Gedanken
einging, die Metaphysik yon der Seite der Methode in sicheren Gang zu bringen,
hat dazu jedenfalls kr&ftig mitgewirkt Kant konnte sich, wie er am 2. Sept 1770
490 Sttiiif ber |irQfttf(!^en Semunft.
(mit Übersendung der Dissertation) an Lambert schreibt (X 93 f.), ntd^t entf<!^(te|eit
tima^ minbtxtß, ald einen beutUc^en Sbrifl Don 'ber (Beftalt, bartmt ic^ biefe SBinen«
f(f)aft erbltcfe, unb eine beftimie 3bee ber eigent^fimlid^en SRet^obe in berfelben
dem redlich um Verständigung bemühten Manne vorzulegen. Die Dissertation
selbst aber genügt ihm nicht einmal als Unterlage der brieflichen Verhandlung
mit Lambert, sondern er stellt diesem einen neuen Kbrtd btefer ganzen SOBiffen«
fd^aft ... in einigen wenigen S3rtefen in Aussicht; will sich aber dazu nodi
etwas Zeit nehmen und inzwischen — zur Erholung! — biefen SBinter seine
Unterfud^ungen fiber bie reine mora/ifd^e äBeltweid^eit, in ber feine empirif^e
principitn anzutreffen ftnb unb glet(!^fam bie metaphyfic ber Sitten, in Orbnung
bringen unb ausfertigen, um dadurch zugleich ben toi^tigfien Kbftd^ten bei) ber
üerünberten ^orm ber !D?etap^Qfl(f ben S3eg ^u b&^nen; dies offenbar in der
früher bekundeten Meinung: um bei der neuen methodologischen Grundlegung
der Philosophie auf die concreten Beispiele schon hinweisen zu können.
Wir wundem uns nicht, dass die Ausführung dieser Absicht auch diesmal
unterblieb. Die noch ungelöste Hauptaufgabe musste wohl auf Kant eine
stärkere Anziehungskraft ausüben, seitdem er eingesehen, dass (nach dem kräftig
aufklärenden Worte der Diss. § 23) in phüosophia pura . . . Methodus anievtrtit
omnem acienliam, et quidquid tentatur ante huius praeeepta probe excussa et ßrmiter
»tahiliUif temere conceptum et inter vana mentis ludibria reüeiendum videiur.
So finden wir ihn im Briefe an Herz, 7. Juni 1771 (X 117} wieder ganz
dabei, ein Serf, meldjeS unter bem %\ttU S)te ©renken ber ©innlid^feit
unb ber S^ernunft bad Ser^ältnid ber oor bie Stnnennelt beftimten ®runb<
begriffe unb @efe^e ^ufammt bem dhitmurfe beffen, mad bie 92atur ber @ef4mactd'
le^re, ^etap^^fict u. 3RoraI audma^t, enthalten foll, etioad audfül^rli^) üvO'
zuarbeiten. S)en SSinter ^inbur^ — denselben Winter, in dem er die Metaphysik
der Sitten hatte ausfertigen wollen — ist er alle materiaUen ba^u burd^gegongen,
hat alled geflutet, gemogen, an etnanber gepaßt; ist aber mit dem Plane nur erfl
Ifirzli^ fertig geworben; welcher Plan aus der obigen losen Aneinanderreihung:
Grundbegriffe und Gesetze der Sinnenwelt ^ufammt Geschmackslehre, Metaphysik
und Moral, freilich nicht deutlich wird.
Genauere Auskunft giebt der Brief an Herz yom 21. Februar 1772 (X 123 ff.).
Wir vernehmen hier von zwei verschiedenen Plänen. Nach dem ersten sollte
das Werk von den Grenzen der Sinnlichkeit und der Vernunft zwei T heile er-
halten, einen theoretischen und einen praktischen; deren Inhalt und
weitere Gliederung angegeben wird. Als er dann zwar daran ging, den theore-
tischen Theil vollständig zu durchdenken, thaten sich neue Schwierigkeiten
auf. Er glaubt dieser aber in der Hauptsache Herr geworden und nunmehr im
Stande zu sein, eine (^riticf ber reinen Vernunft, meldte bie SHatur ber
t^eoretif^en fo mo^i aH practi^ä^tn (Srfentnid, fo fem fie blöd inuüeetual
ift, enthält oor^ulegen, und zwar will er ben erflen ^^eil, ber bie CueQen ber
Metaphyfic^ i^re Methode u. (Bren^^en entl^&It, guerfl unb barauf bie reinen
princqnm ber ©tttlid^fett auiSorbeiten.
Einleitung. 491
Die Gliederung der ^ritt! bei reinen Vernunft in einen theoretischen
und einen praktischen Theil scheint aber wieder aufgegeben in dem nächsten
Zeugniss, dem Brief von (Oct. ?) 1773 an Herz (X 138), wo wieder ganz deutlich,
wie früher, der einzigen Srandfcenbentalp^ilofopl^ie oder ©rttif ber reinen Ver-
nunft die zwei Theile der Metaphysik: Metaphysik der Natur und der
Sitten, gegenüberstehen; von diesen beabsichtigt er noch immer die letztere
zuerst herauszugeben. Sie war ja seit langem vorbereitet: bereits 1765 lag ber
@totf öor i^m fertig; am 9. Mai 1767 (X 71) schreibt er an Herder, dass er
daran arbeitet; im Winter 1770/71 hatte er sie, bloss zur Erholung von der
schwereren Arbeit an dem Methodenwerk, fertig zu machen gedacht; auch nach
dem Briefe von 1772 (X 124) hatte er es in diesem Felde fc^on Oor^er giemlt^
toett gebrad^t, hatte er die Principien dafür fd^on norl&ngft 3U feiner gtemlic^en
SBefriebigung enttonrfen. Aber auch jetzt kam es zur Ausführung nicht; alle
andern Ausarbeitungen wurden durch seine Hauptarbeit an der ^r. b. r. V. mt
burd^ einen S)amm ^urflcf gehalten (X 185).
Jene Grunddisposition aber, wonach der einen ungetheilten ^rttif die zwei-
theilige 9Retop]^t)fif, der Natur und der Sitten, gegenübersteht, scheint auch in den
weiteren Documenten, die sich leider nicht ganz direct hierüber aussprechen, fest-
gehalten zu werden. Der Brief vom 24. Nov. 1776 an Herz (X 185, worüber Erdmann
a. a. 0. 576) widerspricht dieser Annahme keineswegs, wie wir hernach sehen
werden; der andre vom 28. Aug. 1778 (Erdm. 582) bestätigt sie eher. Völlig
klar aber l&sst der Brief an Mendelssohn, 16. Aug. 1783 (X 325) erkennen, dass
in der inzwischen erschienenen Stxiixf ber reinen Vernunft die Verarbeitung unb
fiebere Seftimmung der Grenze und des gesammten Inhalts der ganzen
menschlichen Vernunft seiner Meinung nach gegeben war und nur die
Ausarbeitung der Metaphysik selbst noc^ obigen (d. h. den in der ^r. b. r. V.
dargelegten) critifc^en @runbfä^en noch fehlte. Diese gedachte er in Lehrbuch-
form (vgl. auch den Brief von 1778, X 224) und in niedrer Popularität als sein
Hauptwerk nach und nach auszuarbeiten; und zwar hoffte er im nächsten
Winter bereits den ersten Theil seiner Moral wo nic^t OoUig, bo(^ meifl
zu Stande zu bringen.
Es ist demnächst die ^rttif ber reinen Vernunft selbst ins Auge zu
fassen : aus ihr muss doch eine klare Antwort auf die Frage zu gewinnen sein, ob
die kritische Bodenbereitung zur Metaphysik nach des Verfassers Meinung mit
diesem Werk abgeschlossen, oder erst zur Hälfte geleistet war. Ein Hinweis auf
die fehlende andre Hälfte konnte, da doch reine Vernunft nach Kants Begriffen
eine vollkommene Einheit, ein nicht in sich, sondern nur in der Betrachtung
theilbares Ganzes darstellt, unmöglich unterbleiben.
Ein solcher Hinweis aber findet sich an keiner einzigen Stelle der
^itif ber reinen Vernunft von 1781; sondern durchweg wird, wie es ja auch
diesem Titel entspricht, das ganze Geschäft der Kritik als in diesem Werke
beendet angesehen; es wird daher keine fernere Kritik, sondern nur, wie
immer bisher, die Metaphysik der Natur und der| Sitten in Aussicht gestellt.
492 Sttm ber proftif^ett Semunft.
1. Nach der Vorrede (IV9 dieser Ausgabe} bedeutet die SMAf ber reinen
9eniunft: bie beiB SernunftDermdgend überhaupt in ICnfel^ung atler i^-
fenntniffe, au benen fie unabhängig Don aUtx (^al^rung ftreben mag u. s. f.
Die einzige übrigbleibende philosophische Aufgabe ist die Metaphysik selbst,
oder das System. (Sin folc^ed @9ftem ber reinen (fpecnlattoen) Cemunft ^offc
t4 unter bem Stttel g^etapl^^fil ber SRatur felbft au liefern (13). Hier deutet
der Zusatz in Klammem ohne Zweifel auf den ebenso wesentlichen andern Theil
des Systems, die Metaphysik der Sitten; aber nichts deutet darauf, dass die
Kritik selbst noch einer Ergänzung in Hinsicht des praktischen Gebrauchs der
Vernunft bedürfte. Der Verleger Hartknoch (19. Not. 1781, X 261) rechnet auf
eben diese beiden Werke, „da dies zur Vollendung Ihres Plans gehört u.
ein Ganzes ausmacht* Keiner denkt, und Kant selbst denkt in dieser Zeit
nicht an eine zweite Kritik. Daher „brennt'' z, B. Schütz (10. Juli 1784, X 371)
.Yor Begierde und Sehnsucht* nach seiner Metaphysik der Natur, der er
„doch auch gewiss eine Metaph. der Sitten folgen lassen* werde.
2. Der Schlussabschnitt der Einleitung, der Yon der Eintheilung der
Transscendentalphilosophie handelt, schränkt zwar den Begriff der letzteren und
damit den der jhritif ber reinen Sernunft ein auf das Gebiet der reinen, blod
fpeculatioen Vernunft (25). Aber diese Einschränkung wird nur dadurch
begründet, dass bei den obersten Grundsätzen und (irundbegriffen der Moralitat,
obgleich sie Erkenntnisse a priori sind, doch Begriffe empirischen Ursprungs
(der Lust und Unlust, der Begierden und Neigungen, der Willkür etc.) vor-
ausgesetzt werden müssten. Dies bedarf der Erklärung, da Kant mindestens
seit 1770 (Diss. § 9) annimmt und unerschütterlich daran festhält, dass die
Principien der Moral der reinen Vernunft entstammen und also zur reinen
Philosophie gehören. (S. bes. an Lambert, 1770, X 93: reine mora/ift^e fBelt-
mtlS^tit, in ber leine emprrifd^e prindpitn onautreffen finb, und an Herz, 1772,
X 126: bie ^atvLx ber t^oretif(!^en fomol^I ald praen\^tn (SrfenntniiS, \o fem fte
blod ifUelUetual ift). Aber die Erklärung liegt nicht fem: auch bei den obersten,
völlig reinen (Grundsätzen und Grundbegriffen der Moral müssen dennoch die
empirischen Begriffe der Lust, Unlust etc. insofern noraudgefe^t werden, als ein
menschlicher Wille niemals ohne SJtaterie ist. Aber diese Materie geht nicht
als ^rinclp oder Sebingung in die reinen sittlichen Grundsätze oder Grund-
begriffe mit ein. So Stx, b. r. ®., 111 384: SRoralifd^e begriffe jinb nid^t gftna«
(ic^ reine S^emunftbegriffe, meil i^nen etmad dhnpirif^ed (8ufl ober Unlufl) gum
@runbe liegt. ©letd^moi^l fönnen jie in Stnfel^ung beiS $rtncip0 . . . (alfo
menn man bIo6 auf i^re ^orm ^^t l^at) gar roo^I aunt S3eifptele retner 8er>
nunftbegriffe bienen. Durch diese wohlbekannte Distinction erklären sich schein-
bar empiristische Äusserungen wie im Brief an Herz 1773 (X 138) oder Stt, HI
520 Anm.
Aber kann denn eine Metaphysik der Sitten, kann die Aufstellung
reiner Principien der Moral einer voraufgehenden Kritik entrathen? Gfüt hier
etwa nicht, dass Meihodus arUevertit omnem acientiamf
Einleitung. 493
Gewiss bedarf sie der kritischen Bodenbereitung: aber diese ist in der
Äritil ber reinen (fpeculotinen) Vernunft zugleich gegeben. Eben sie
bat (III 249) ben ©oben au jenen maieftatifc^en fittUd^en ©ebäuben thm unb
baufeft au madien. Sie thut es durch Sicherung der Idee, besonders der Idee
der Freiheit, welche, obwohl selbst eine rein speculative, doch schon Yon der
Dissertation (1770) an (§ 9. Anm.) die Grundidee der praktischen Erkennt-
niss ist, ja überhaupt den Begriff des Praktischen erst giebt: j?r. III 246 f. $lato
fanb feine 3been öoraügltd) in ollem, n?a« praftlfc^ tfl, b. i. auf Steilheit
beruht, welche if)rerfeit« unter (Srfenntniffen fte^t, ble ein eißent^fimlid^e« $robuct
ber Vernunft Ftnb; III 384 Sbeen . . . bie ptaftlfd^e 5hraft . . . ^aben unb ber
ÜRöO^t^^eit ber SoHfornmen^eit gerotffer ^anbUngen sunt ®ninbe liegen. Die
„transscendentalen'' Ideen aber, insbesondere die der Freiheit, erhalten ihre
Sicherung durch die Ärltil ber reinen SJernunft und erwarten sie nicht erst von
einer zweiten, noch ausstehenden ihitil ber praftifdjen S^emunft. Name und
Begriff einer solchen ist in der 1. Aufl. der j^r. b. r. IB. ganz unbekannt. Was
noch aussteht, ist nicht eine zweite Kritik, sondern nur die Ausfahrung der
Moral selbst, welche empirischer Begriffe (der Lust, Unlust etc., kurz der Materie
des Willens) nicht entrathen kann und deshalb nicht zur Aufgabe der ^tif, der
einzigen, nämlich der der in sich einigen reinen Vernunft, gehört.
3. Dies ist durchweg die Auffassung der ^. b. r. 8. von 1781. Aller-
dings steht (nach III 332) die reine 9)^orQl — gleich der reinen Mathematik,
auch diese Vergleichung ist zu beachten — ausser derTransscendentalphilosophie;
doch werden die traniSfcenbentalen IBemunftbegriffe oder Sbeen . . . otelletc^t ton
ben fRaturbeqriffen au ben prafttfc^en einen Übergang mögli^ ntad^en . . . (255);
sie machen die tl^eoretifc^e ©tä^e der moralischen Ideen und Grundsätze
aus, mit der diese (stehen und) fallen (325). Denn auf die transscendentale Idee
der Freiheit gründet sich der praktische Begriff derselben; die Aufhebung
der ersteren würde zugleich die letztere vertilgen (363 f.). Es wird dann die
Deduction der Möglichkeit der Freiheit auf Grund der Unterscheidung von Er-
scheinung und Ding an sich, mitsammt der allgemeinen Erklärung des Sollens
(371), das eine gana anbere Siegel unb Drbnung, aU bie S^laturorbnung ift, ein-
fuhrt (373), wenn auch kurz, gegeben, also der Kerngedanke der (S^runblegung
wie der Jbrittf ber praftif^en Vernunft Yorweggenommen, ohne dass doch der
Boden der rein speculativen Untersuchung damit verlassen würde, denn überall
handelt es sich hier um die t^eoretif^e @tÜ^e der Moral, noch nicht um
diese selbst.
Es werden auch die praktischen Postulate bereits angedeutet (421 ff., 518);
es wird endlich im j^anon ber reinen Vernunft, der als wesentlicher Bestandtheil
der Transscendentalpbilosophie schon im Briefe an Herz 1776, X 186, bezeichnet
worden war,*) der Obergang ins praktische Gebiet ganz offen vollzogen; denn
0 Also widerspricht dieser Brief nicht der Voraussetzung, dass es nur
eine Kritik der Vernunft giebt.
494 ^tti! her proftif^en S^ernuiift.
der Kanon betrifft ausdrücklich den praktischen und nicht den
speculativen Vernunftgebrauch (III 518). Man Yersteht, dass es hier
Kant selbst um die Gin^eit bed <S^ftemd fast bange wird (520); es kommt die
Gefahr hinzu, von dem neuen @toffe oder dem (S^egenfianb, ber ber tranSfcenben«
talen ^l^ilofopl^ie frentb tfl, zu wenig zu sagen und es so an Deutlichkeit oder
Überzeugung fehlen zu lassen (ebenda). In der That aber ist die Orenze der
bloss speculativen Untersuchung auch hier in aller Strenge eingehalten. Gehören
einerseits — wie hier wiederum betont wird — die praktischen Begriffe, eben
als praktische, d. h. auf Lust und Unlust (der Materie nach) bezogen, ntc^t in
ben Inbegriff ber Srandfcenbentolp^ilofopl^ie (520 Anm.), so gehört umgekehrt
das Problem der transscendentalen Freiheit nicht für die Vernunft im prakti-
schen Gebrauch, sondern betrifft bloss das speculative Wissen; es kann, sofern
es ums Praktische zu thun ist, sogar als gan^ fileid^gültig bei Seite gesetzt
werden (522); Moral braucht (unmittelbar) nur die Freiheit im prolttfd^en Ser«
flanbe, die sogar burd^ ^rfo^rung beroiefen merben kann (521). So auch (523):
Die Frage SBad foH i(^ t^un? ist blog prafttfci^. @te lann aU eine folc^e auot
ber reinen SBemunft angehören, ift aber alSbann bo^ nid^t trandfcenbental,
fonbern moralifc^, mithin fann fte unfere ^ritil an ft^ felbjl nt(!^t befc^äftigen.
Nur bei oberflächlichem Lesen könnte man hier in unfere j^ntif die Hindeutung
auf eine andere Kritik, n&mlich die der praktischen Vernunft, finden. Die
schroffe Entgegensetzung nic^t trandfcenbental, fonbern moralif^ kann aber nach
allem Frühem (bes. nach IV 24) nur so verstanden werden, dass im Begriff des
Moralischen die Hinzunahme empirischer Begriffe mitgedacht ist. Also nicht im
Gegensatz zu einer andern Kritik, sondern nur im Gegensatz zur Moral selbst
als einem Theil des Systems der Philosophie ist der Ausdruck unfere ^tif zu
verstehen.
4. Noch bleibt übrig die Slrdftiteftontf ber reinen Vernunft, in der doch
am ehesten eine endgültige Entscheidung unserer Frage zu finden sein sollte.
Was ergiebt sie? III 543 f.: 2)ie (Befe^gebung ber menfd^ltc^en Vernunft ($^tIo-
fop^ie) l^at gmei @egenftönbe, ÜRatur unb greil^ett, unb enthält alfo foroo^l bad
9laturgefe^, aU au(^ bad ©tttengefe^, anfangt in ^mei befonberen, ^ule^t aber in
einem einzigen p^tlofop^ifc^en ©Aftern. . . . ^ie $^iIofop^ie ber reinen Ver-
nunft ift nun entmeber ^ropöbeutif . . . unb ^eigt ^ritif, ober ^»ettend baS
(Softem ber reinen $$ernunft (äBiffenf^aft) ... unb ^eigt Sl^etap^Qfif ... S)te
Wltiapf)X)fif t^etlt f!(^ in bie bed fpeculatioen unb proftifd^en (Bebraud^d ber i
reinen Vernunft unb ift alfo entmeber SRetapl^Qfif ber SRatur, ober SWeta- i
pl^J)fif ber (Sitten. Auch hier kein Wort von einer entsprechenden Ein- |
theilung der Kritik; vielmehr muss man sagen, eine solche wird durch diese |
Erklärung geradezu ausgeschlossen, da zum wenigsten hier, fast am Ende des
Werks, von dem noch fehlenden andern Theil der Kritik, wenn ein solcher vor-
ausgesetzt wäre, nicht hätte geschwiegen werden können. Aber es heisst noch-
mals am Schluss desselben Hauptstucks (549): 9)7 etapl^^fil alfo fomo^I ber
SRatur, alö ber bitten, Dorne^mlid^ bie j^ritil ber fi(!^ auf eigenen i^Qgebi
Einleitung. 495
Wagenben SBernunft, rodele öorftbcnb (propäbcutljtfe) öorl^ergel^t, madjtn ciflent-
li^ aüetn badientge aud, mQ& toit im ö^ten ißerftanbe Iß^ilofop^te nennen
fdnnen. Auch tiier nicht die entfernteste Andeutung eines noch fehlenden
praktischen Theils der „Propädeutik*.
Nach diesem allen ist es ganz, was man erwartet, dass Kant nach dem
Erscheinen der Sttiiif ber reinen Vernunft alsbald die Abfassung der Metaphysik
und zwar des Theils, dessen Fertigstellung er sich so oft schon vorgenommen
und immer wieder zurückgestellt hatte, der Metaphysik der Sitten ins Auge fasst
(8. Hamann an Hartknoch 7. Mai und 23. Okt. 1781, 11. Jan. 1782»), Gilde-
meister II 368, und Hamanns Werke VI 222, 236; Hartknoch an Kant 19. Nov.
1781, X 261; Erdmann IV 602 f., Menzer 625; und besonders den schon erwähnten
Brief Kants an Mendelssohn 16. Aug. 1783, X 325).
Aber auch das ist nur, was wir erwarten, dass die mit der ^rttt! ein-
geschlagene neue Gedankenrichtung ihn noch nicht losliess; dass, eben als er
nun an die Ausarbeitung der Metaphysik der Sitten ernstlich herantrat, die für
diese in der j^rtttf ber reinen Vernunft geleistete kritische SBorarbettung ihm
noch nicht ganz genügen wollte. Denn sie enthielt zwar dem Kerne nach die
kritische Grundlegung auch zur reinen Moral, aber nur in knapper, mehr ge-
legentlicher und noch manchem Einwand ausgesetzter Ausführung. So versteht
es sich, dass aus dem erften X^eit fetner !D2oraI (im Brief an Mendelssohn) ein
$robromu$ oder Sßlon (X 373) zur Metaphysik der Sitten, und endlich eine
(Srunblegung zu dieser wurde (Menzer 626 f.); die in der That nichts anderes
als eine vollständigere, von der Kritik der reinen, bloss speculativen Vernunft
soviel möglich losgelöste, mit den Problemen der Moral selbst in deutlichere und
vollständigere Beziehung gesetzte kritische Bodenbereitung zur reinen Moral
oder Metaphysik der Sitten ist.
In der (leider nicht datirten) Vorrede dieser Schrift nun — deren Manu-
script am 19. Sept. 1784 abgeschickt wurde, und deren erste Exemplare Kant
am 7. April 1785 erhielt (Menzer 628) — tritt überhaupt zum ersten Mal
der Name und Begriff einer Ärittf ber praftijc^en ©ernunft auf. Was soll
sie denn noch, neben der 5lrittf ber reinen Vernunft und der ©runblegung jur
!0}etap^t)ftl ber (Sitten? Was kann eine ^ittl ber praftifc^en Vernunft anders
sein als eben die (kritische) (Brunblegung zur Metaphysik der Sitten?
Die Vorrede selbst giebt darauf Antwort (IV 391); 3m S5orfQje nun, eine
SÄetapl^tlfif ber ©itten bereinft au liefern, kffe iö) biefe (SJrunblegung
öorangel^en. S^^^ ßic'&t ^* eigentlic!^ feine onbcre ©runblage berfelben, aliS bie
J^rtttt einer reinen prafttfd^en SSernunft, fo n>ie aur 3J^etap^l)ftI (der
Natur) bie fd^on gelieferte ^ittt ber reinen fpecuIatiDen 193emunft. Und jeder
Leser beider Schriften weiss ja, dass die ®runb(. und die Jh. b. pr. fB. sich
wirklich dem Hauptinhalt nach decken, dass sie sich fast nur formal, und
0 Bei Menzer, IV 625, ist versehentlich 1783 angegeben, richtig Erd-
mann S. 608.
496 Mti! ber ptofttf^en 9)ernunft.
zwar 80 unterscheiden, dass die Gedankenentwicklang in der (Bninblegimg mehr
einen analytischen, in der Stt. b. pt, O. einen synthetischen Gang befolgt Es
wird ja im 3. Abschnitt der Grunblegung direct der Übergang zur Kritik der
reinen praktischen Vernunft Yollzogen, und Yon dieser die ^u unferer 91bft<^t
^tnlöngltd^e ^auptjfige bereits dargestellt (IV 445). Nur in Vollständigkeit
ist diese Kritik auch hier noch nicht geliefert; zu ihrer Vollendung nämlich
wird noch erfordert (391), dass die Einheit der praktischen mit der specn-
lativen Vernunft in einem gemeinschaftlichen Princip aufgezeigt werde,
»eil ed boc^ am (Snbe nur eine unb biefelbe Vernunft fein !ann, bte bloft in ber
Snmeiibung unterf^teben fein ntug*
Und hieraus endlich glauben wir zu yerstehen, weshalb Kant auch nach
Vollendung der ®runblegung (sowie der SRetap^^fifd^en Ibtfangdgrflnbe ber
9laturn)tfTenf<l^aft) ungefduntt jur t)ölltgen Qudarbeitung, nicht der SMtil ber
;)raftif(^en Oemunft, sondern der ^tiapf^r^^xf ber Sitten geht (an Schätz,
13. Sept. 1785, X 383). Auch noch in dem Brief an Bering Yom 7. April 1786
(X 418) will er die Bearbeitung des Systems der Metaphysik (im engem,
theoretischen Sinne) noch etxoai metter (tnaudfe^en, um fflr baii @9fient ber
pxact[\ä)tn fBeltmeiiS^ett geit au gemtnnen, toeld^tü mit bem erfleren Dtr-
gefc^miftert ifl unb einer a^nlt<l^en ^Bearbeitung bebarf, miemol^I bie ©d^mtertgfett
be^ bemfelben nid^t fo gro6 tfl. Kant gedachte also alles Ernstes die Sttiüf ber
;)rafttf(!^en 8emunft, welche zum Abschluss des ganzen kritischen
Systems die Einheit der speculativen und praktischen Vernunft darthun sollte,
erst nach Vollendung des Systems der Metaphysik der Natur sowohl als der
Sitten Yorzulegen. Nur so begreift sich, dass noch am 14. Mai 1787, kurz Tor
dem Erscheinen der Stt. b. pr. 9}. (nach dem Briefe Yon Jenisch an Kant, X 463)
alled nur mit @ebnfud^t seiner Metaphysik der Sitten, und nicht dei
Kr. d. pr. V. entgegensah.
Von dieser Absicht nun aber doch wieder abzugehen bestimmte ihn, so
scheint es, hauptsächlich die Rücksicht auf die Beurtheilungen sowohl der
^. b. r. 9. als der Q^runblegung, welche gerade das, was er der .(tr. b. pv, S.
Yorbehalten hatte: den überzeugenden Beweis der Einheit der speculativen und
der praktischen Vernunft vermissten, namentlich Anstoss nahmen an der im t^eo«
rettf(^en (^fenntntg geleugneten unb im prafttf^en bel^aupteten obiectinen SRealttät
ber auf !Roumenen angemanbten j^ategorien und an der parabo^en {^orberung,
fl<l^ ald ©ubject ber grei^ett ^um 9^oumen, augleic!^ aber aud^ in $Cbfi^t auf bte
9latur aum ^l^änomen in feinem eigenen empirifd^en 8emu6tfein a» nta<l^en {Stt,
b. pr. Q., 9onebe, oben S. 6 f.). Diesen immer wiederholten Einwänden gründ-
lich zu begegnen, entschloss er sich, so scheint es, nun doch die ^til ber
praftif<l^en Vernunft der Metaphysik der Sitten vorauszuschicken. Diese Moti-
vation ergiebt
1. die Vorrede der jhr. b. pr. 9). selbst (S. 6f.): fflut eine audfü^rlic^e
SMt\l ber |)raftif(!^en Vernunft fann alle biefe SRigbeutung (eben unb bie confe-
quente ^enlungdart, meiere eben i^ren grdgten Soraug audmad^t, in ein f^tUH
Einleitung. 497
^\^i fe^en. (Nur eine ausführliche Kritik: die ^aupt^fige enthielt ja schon die
Q^runblegung.)
2. Euns Yor der Vollendung des Buches der Brief an Schütz Tom 25. Juni
1787, X467: 3^ ^obe meine Ärttif bcr |)ro!tifc^en öernunft fo weit
fertig, bog ic^ fie benfe fünftige SSod^e nac^ ^olle aum S)ru(i ^u fc^idfen. 2)iefe
wirb beffer, al9 aüt @ontrot)erfen mit Seber imb ^bel . . . bie (^rgön^ung beffen,
wad i(^ ber fpefutattnen Vernunft abfprat^, burd^ reine praftif^e, unb bie ü)^öglic^«
feit berfelben beweifen unb faglid^ ma^en, welc^ed boä) ber eigentltd)e ©tein bed ^n«
ftogeö ift, ber j[ene ^öimer ndtl^tgt, lieber bie untl^unli^ften, ja gar ungereimte $3ege
einauf^Iagen, um bad fpefutattne Vermögen biS oufd Überfinnliij^e audbel^nen au
fönnen, e^e fie ft^ jener t^nen gutta troftloS fd^einenben ©entena ber ^itif unterwürfen.
3. Gleich nach dem Erscheinen des Buches der Brief an Reinhold vom
28. Dec. 1787, X487: 3n bicfem md)U\n werben öiele Söiberfprüc^e, welche bie
^n^ünger am Sllten in meiner ^ritif au ftnben uermeinen, l^inreid^^enb gehoben;
bagegen biefenigen, barin fie ftd^ felbft unt)ermeibli(!^ üerwidfeln, wenn fie i^r alte^
Slidfwerf nic^t aufgeben wollen, flar genug eor Kugen gefteKt.
Dazu kommen 4. die in unsrer Schrift besonders zahlreichen und directen
Beziehungen auf gegnerische Beurtheilungen : auf den Mendelssohn-Jacobi-Streit,
an dem Kant betheiligt war durch die Schrift ^a^ ^eigt fid^ im Genien orientiren?
und Wizenmanns Entgegnung; auf die Tübinger Recension der (Srunblegung (von
Flatt; Grundgedanke: „Inconsequenz") und Tittels Widerlegung (neue fformet,
nicht neues Princip, und wieder die Inconsequenz) ; auf den wal^i^ettliebenben SRe*
cenfenten (Vorr. S. 8: Pistorius in der Allg. Deutschen Bibliothek) und manche anbere
(Einwürfe, von denen in den sachlichen Erläuterungen zu reden sein wird; endlich
5. die jedenfalls nach Kants eignen Angaben abgefasste Ankündigung der
jtr. b. pr. $., im Verein mit der 2. Aufl. der ^r. b. r. SB., in der Allgemeinen
Literaturzeitung vom 21. November 1786 (abgedruckt bei Erdmann, III 556), in
welcher es heisst: ,,Auch wird, zu der in der ersten Auflage enthaltenen
Kritik der reinen speculativen Vernunft in der zweyten noch eine
Kritik der reinen practischen Vernunft hinzukommen, die dann ebenso
das Princip der Sittlichkeit wider die gemachten oder noch zu machenden
Einwürfe zu sichern, und das Ganze der kritischen Untersuchungen, die
Yor dem System der Philosophie der reinen Vernunft vorhergehen müssen, zu
vollenden dienen kann.*
Auf diese Ankündigung bezieht sich wohl Hamanns Äusserung im Briefe
an Jacobi vom 30. Jan. 1787 (Gildemeister, J. G. Hamanns Leben und Schrif-
ten, 1857 ff. V 452): „Aus der Zeitung habe ersehen, dass selbige', näm-
lich die neue Ausgabe der ^ b. r. 8., deren Manuscript kurz zuvor ab*
gegangen war, „mit einer Kritik der praktischen Vernunft vermehrt
werden wird.* Diese allerengste Verbindung, in der die beiden Kritiken
gradezu als ein Werk gedacht waren, ist dann wohl schon aus äusseren Gründen
aufgegeben worden; die neue Ausgabe der Stv. b. r. S). erschien, ohne die an-
gekündigte Vermehrung, im Frühjahr 1787 (die Vorrede ist unterzeichnet im
StanV» 6<l^tiftcii. S3crfe. V. 32
498 Ärlttf ber proftifcJ^en »ernunft.
StprUmonat 1787). Doch war die ^'r. b. pv, fß. bereiU am 25. Juui desselben
Jahres (nach dem schon erwähnten Briefe an Schätz unter diesem Datum, X 467}
nahezu druckfertig; sie war nach einem Briefe an Jakob (X471), den Reicke
(allerdings zweifelnd) auf den 11. Sept desselben Jahres ansetzt, bei Gmnert im
Druck; auch hier heisst es: @ie ent^dlt tnanc^eö, roeld^ed bte SKM^nerftänbniffe ber
ber t^eotetifd^en (eben fann. Unter demselben Datum giebt Kant bereits dem
Drucker Anweisung über die zu Tersendenden Freiexemplare (X 483). Immer-
hin schob sich der Druck dann noch etwas hinaus, weil Gmnert das Werk mit
neuen und scharfen Lettern drucken lassen wollte, die erst 8 Tage nach der
Michaelismesse ihm geliefert wurden (ebenda). Doch waren kurz Yor Weih-
nachten 6 Exemplare auf Schreibpapier (X 483) in Kants Händen; in Briefen
an Herz (24. Dec, X 485) und an Reinhold (28. Dec, X 487) stellt er diesen
solche in Aussicht, die durch Grunert ihnen zugestellt werden sollen. Der
letzterwähnte Brief nennt zum ersten Mal die drei Kritiken, welche für die
drei Theile der Philosophie die Principien a priori nachweisen; während
noch die Vorrede der 2. Aufl. der Jh. b. r. 93. nur die Ausführung der „BReto*
t)]^t|f!f ber !RQtut fotno^t al« ber ©Uten, aU i^efldttguno ber SRtc^tiofeit ber Stntif
ber fljeculatiöen fowolfel al« praftifc^en öemunft" noch in Aussicht stellte (III 26).
An den Neuauflagen der Schrift hat Kant allem Anschein nach in
keiner Weise mitgewirkt. Die 2. Auflage sollte (nach den Briefen des jungem
Hartknoch vom Aug. u. Sept. 1789, XI 71 u. 88) schon zur Ostermesse 1790
fertig werden; wirklich erschien sie erst mit der Jabrzahl 1792. Dieser zweiten
folgte 1797 nicht die dritte, sondern die vierte; von einer dritten ist bisher
keine Spur gefunden. Ich vermuthe, dass der Verleger die thatsächlich dritte
Auflage als vierte hat bezeichnen lassen, nachdem die zweite (nach X 71) sogleich
in 2000 (statt wie sonst 1000) Exemplaren gedruckt worden war. Mitgewirkt
hat Kant bei dieser Auflage (nach dem Briefe an Hartknoch vom 28. Jan. 1797,
XII 146) nicht. Eine fünfte Auflage erschien 1818, eine sechste 1827. Nach-
drucke sind 1791 und 1795 zu Frankfurt und Leipzig und 1796 zu Grätz er-
schienen.
Lesarten.
Für die Textgestaltung konnte von den Originalausgaben ausser der ersten
höchstens noch die zweite in Frage kommen. Die vierte ist ein genauer Wieder-
abdruck der ersten, mit der sie, bis auf seltene Versehen, auch die Besonderheiten
der Sprache, Orthographie, Interpunction, durchweg auch die Abtheilung der
Seiten und meist die der Zeilen gemein hat Die Verbesserungen der 2. Auflage
haben in ihr so wenig Berücksichtigung gefunden wie das Druckfehlerverzeichniss
von Grillo. Nur eine richtige Änderung der 2. Aufl. (7927) und eine falsche
(38 so) findet sich ebenfalls in der vierten. Einige neue Fehler sind hinzu-
gekommen (2526, 2824, 8585). Die fünfte und sechste Auflage, lange nach Kants
Tode erschienen, sind genaue Wiederabdrücke der vierten, einschliesslich der
obbemerkten Abweichungen dieser von der ersten. Der Sats ist enger; aus den
Lesarten. 499
292 Seiten der 1., 2. und 4. Auflage sind 285 in A^, 236 in A^ geworden. A*
hat noch einige neue Versehen aufzuweisen (25 16, 329, 3634); was nur deshalb
erwähnt wird, weil Hartenstein diese Auflage zu Grunde gelegt und ihi^ Fehler
wiederholt hat. In wenigen Fällen (5031, 5434, 5826) sind kleine Versehen Yon
A*** (Interpunctionsfehler) in A*** übereinstimmend mit A' verbessert, aber
diese Verbesserungen sind sicher nicht aus A^ geschöpft, da andere, viel wichtigere
Verbesserungen der 2. Auflage unbeachtet geblieben sind. In einem Fall
(52 12) ist ein Interpunctionsversehen von A**'** in A***, in einem weiteren
(1119.20) ein ebenfalls unbedeutender Fehler von A'-* in A* verbessert
Aber auch an den Abweichungen der 2. von der 1. Auflage hat Kant
selbst wahrscheinlich keinen Antheil. Die besonders auf den ersten Bogen zahl-
reichen Verschiedenheiten in Schreibung, Interpunction und Gebrauch der
Schwabacher Lettern kommen jedenfalls nur auf Rechnung der Setzer oder
Coi;rectoren. Sachlich aber bringt zwar die 2. Auflage eine Anzahl zweifelloser
Berichtigungen (23i7, 5232, 556, 7333, 7927, 120i9, 12723 und 29, 12827, 1427,
16183), von denen eine (7927) mit einer Randbemerkung in Kants Handexemplar
zusammentrifft Aber die drei weiteren Correcturen des letzteren (24s5, 26 32,
13216) haben in A^ keine Aufnahme gefunden; eine beträchtliche Zahl auch
solcher Versehen, die der Autor bei eigener Durchsicht schwerlich stehen ge-
lassen hätte, ist geblieben, eine Anzahl neuer hinzugekommen (lOs nic^tö st
nt(j^t; 8830 der hässliche Fehler ©eelenru^e st @eelenunru^e ; 47 21 ^iberfinntgeS
st SBiberfinntfc^ed; 49 17 ^renje st ©renken; 76 is ju st ^iir, während eherauch
Z. 17 3ur zu schreiben gewesen wäre; 85 11 fehlt befte^t; 9234 im st in; 94 12
ni(!t)td st. nt^t; 1(X)37 fehlt ouc^); und, was besonders beweisend ist, in wenigstens
}wei Fällen (37 13 und besonders 125 15) ist die erste Auflage falsch corrigirt.
(Dazu ist auch 38 so zu rechnen, wenn dort etwa nicht ein Druckversehen,
sondern eine vermeintliche Berichtigung vorliegt.)
Auch nach dem Briefwechsel Kants ist nicht anzunehmen, dass dieser bei
der Textgestaltung der 2. oder 4. Auflage irgendwie betheiligt gewesen wäre. Für
die vierte geht das Gegentheil direct hervor aus den Briefen XII 145, 146, wonach
Kant den unveränderten Wiederabdruck mit Rücksicht auf seine je^ige Un*
t)ü6li(^fett, die ihm oUe Kopfarbeit fe^t erfc^roert genehmigte. Aber auch für
die 2. Auflage hat Kant, nach XI 71 und 88, nicht etwa ein von ihm durch-
gesehenes Exemplar an den Drucker (Mauke in Jena, da Grunert in Halle nicht
Zeit hatte) gesandt, sondern offenbar hat, eben weil keinerlei Änderungen von
Kant beabsichtigt waren, Hartknochs Vertreter in Leipzig, Hertel, Exemplare
der vorigen Auflagen der beiden gleichzeitig üeu zu druckenden Kritiken (jhr.
b. r. 9)., 3. Aufl., und Stx. b. pr. IB., 2. Aufl.) dem Drucker als Druckvorlagen
übersandt, und der Neudruck ist dann einfach nach diesen bewirkt worden. Auch
von einer sachverständigen Überwachung des Drucks, wie die Urausgabe der
jhrttif ber Urtl^etl^froft sie erfahren hat, hören wir nichts. Zwar konnten die
zum Theil von Nachdenken zeugenden Verbesserungen eine solche vermuthen
lassen. Aber auch dann würden diese eine höhere Autorität als die der
82*
500 Ärltif bcr prafttfdften Vernunft.
späteren Herausgeber nicht beanspruchen können. Zu beachten ist auch, dass
beim Druck der vierten Auflage nicht, was doch am nächsten lag, die zweite,
sondern die erste als Vorlage gedient hat
Bei dieser Sachlage war es angezeigt, dem gegenwärtigen Abdmck die
erste Auflage zu Grunde zu legen, alle nicht ganz belanglosen Abweichungen
der zweiten und der folgenden aber im Apparat wenigstens zu verzeichnen.
Von den späteren Herausgebern hat Hartenstein, wie schon gesagt, die 6.,
Rosenkranz die 2., Kehrbach die 1. Auflage zu Grunde gelegt; doch haben
Hartenstein und Kehrbach die 2. auch zu Rathe gezogen, die wesentlichsten
Verbesserungen daraus aufgenommen, in Nebendingen aber sich je an ihre Vor-
lage gehalten. Weit die meisten eigenen Verbesserungen hat, wie stets, Harten-
stein aufzuweisen. Grillos Druckfehlerverzeichniss (Philos. Anzeiger, I. Jahrg.,
1795, 41.— 48. Stück) enthält neben vielem Werthlosen immerhin über ein Dutzend
wirklicher Berichtigungen, die zwar fast alle auch von den späteren Heraus-
gebern, ohne Kenntniss dieses Verzeichnisses, gemacht worden sind.
Bei allem blieb dem Herausgeber noch genug zu thun übrig. Er sah
sich bei seiner Arbeit in dankenswerther Weise unterstützt durch drei jüngere
Gelehrte, A. Görland in Hamburg, A. Nolte in Gasse! und K. Vorländer
in Solingen, die fast jede der nachstehend verzeichneten Stellen, zum Tbeil
wiederholt, mit ihm geprüft, manche sichere oder mögliche Verbesserung selbst
gefunden oder auf vorhandene Schäden hingewiesen haben. Solches Zusammen-
arbeiten hat besonders das Gute, gegen die eignen Vermuthungen misstrauisch
zu machen. Aus diesem Misstrauen ist eine ziemliche Zahl mehr oder minder
wahrscheinlicher Verbesserungen nicht in den Text gesetzt, sondern nur im
Apparat mitgetheilt worden. Besonders bei den so häufigen Fehlem und Frei-
heiten der Satzconstruction ist darüber, was Kant geschrieben oder zu schreiben
beabsichtigt habe, volle Sicherheit meist nicht zu erreichen, und thut man daher
besser nicht zu ändern, auch wenn das Überlieferte sicher falsch ist.
Erst nach dieser gemeinsamen Durcharbeitung erschienen die «Oorrecturen
und Conjecturon zu Kants ethischen Schriften^ von E. Adickes (Kantstudien Y;
zur ^r. b. pr. IB. S. 211—214) und die „Conjecturen zu Kants Kritik der prakti-
schen Vernunft** von E. Wille (ebenda VH! 467—471). Beide dienten in
mehreren Fällen zu erwünschter Bestätigung des von uns bereits Gefundenen, in
andern zu weiterer Aufhellung. Einige neue Verbesserungsvorschläge finden
sich in Voriänders Ausgabe 1906, S. XLVII.
526 i^nen] il^m Erdmann, Kants Kriticismus 1878 S. 243 || 5» bed leiteten]
auch Adickes; ber leiteten A || 733 um] Hartenstein unb A (möglich auch: unb —
einfcl&en laffen) || 7-27 bcvfelben] A^-*-« beffclben A> || 9« einen ©ebrauc^ ber Ser.
nunft] bet 9}emunft einen (Bebrau^? || lOs ni^t] A^ nt^t« A> || 10? Qltmtnit]
(SrfenntniS Voriänder 1906 1| 1128 fonnte] fönntel || 14u ©egenfiänbe üufierer S)tnge]
schwerlich richtig; entweder ©egenfidnbe oder allenfalls (Begenflanbe (dunere 2)inge)
II 1413 anl^dnöc] A^-*^ anl^ängt A> ||
Lesarten. 501
1518 berfelben] beffelbenl || 16» t^rer] unb t^re Natorp, il^re Vorl&nder,
Adickes || 20ii ber ^anblung] ^ur ^anblung Adickes || 21 20 ^u machen] Grilio,
Rosenkrans, Hartenstein machen A || 2136 i^rer — blcfc] feiner — bicfc« liegt
nahe (so auch Wille), doch ist der Übergang in den Plaralis bei Kant möglieb ||
23i7 e«] A», Rosenkranz, Hartenstein er A^-*-« || 2435 fein obere«] Kants Hand-
eiemplar, Hartenstein fein A || 25 16 ©elbftgenugfamfett] Ai-'*-* ©etbftgenüg»
famfett A« II 2538 fo ifl] A»-> ift A*-« || 2632 oaein pe ift] Kants Handexemplar,
Hartenstein 1 allein A aUein fie enthält Hartenstein' || 28? ed] fie Adickes, aber ed
dürfte nach dem Pr&dicat construirt sein wie im Lateinischen, Tgl. z. B. 3433 ||
2884 fein] A>-» ein A*-«, doch fein auch A* auf S. 50, Z. 31 || 2922 be« SBitten«!
bed freien Stillend Hartenstein (dem Sinne nach richtig, doch ist das Oberlieferte
baltbar, wenn man Terstehen darf: be« S^iQend in btefent galle) || 2928.29 unfere
— e«] unfer — eÄ oder unfere — fie? Doch ist ein Wechsel bei Kant wohl
möglich II 2930 il^r] Hartenstein fein A || 308.9 bcn erfteren — bem leftteren] Es
liegt nahe, beidemal ben (nämlich ©runbfAj^en oder ©efe^en) zu schreiben;
möglich aber ist auch beidemal bem (nämlich SettJugtmerben und dabei $C(^t'
(oben) — und so am Ende auch der Wechsel || 3024 iintt)tberf}el)lid^ : ob] un*
miberfle^lic^, ob A. Die geänderte Interpunction erledigt wohl den Anstoss, den
man an der Satzconstruction nehmen könnte || 31 11. 12 mithin — gebockt] das erste
ald ist dem zweiten untergeordnet (Nolte); daher war das zweite nicht etwa zu
streichen, sondern nur nach mithin Komma zusetzen || 329. 10 ^erfc^tebenl^eiten]
A^-^ ^^erf^iebenl^eit A* Hartenstein || 3225 beren] Hartenstein beffen A || 3238
objecttD] obiectioed läge nahe, doch lässt sich das Oberlieferte vertbeidigen ||
3238 fdnnte] Hartenstein fonnte A || 33i9 ber greibeit] bie Srei^ett? jj 348
if^x] i^nen? Doch vgl. z. B. 32 16-28 alle enblic^e S^efen — an Jenem — Der-
nflnftigem — afftctrtem — bei jenen || 3427 »el^ed] »el^e^ || 3429 üorauci«
dufe^en] ooraudfe^en? || 3433 biefed] nach dem Prädicat construirt (vgl. zu 287),
oder auf den Infinitiv ju beförbem bezüglich? || 35ö fonnte] Natorp fömtte A ||
3527 baüon] nach Kantiscbem Sprachgebrauch möglich || 36 is gelegt] erg. »erben
(doch der Ausfall bei Kant möglich) || 36 19 empfiehlt] A empfinbet Hartenstein.
Ich habe nicht ändern wollen, da das Oberlieferte sich nach Z. 25 rät( an,
27 anrät^ig tfi vielleicht deuten lässt || 3634geftimmte] A^-^ beftimmte A* Harten-
stein II 3636 au ber] bie? || 37i3wiaj A»-*-« t^un »ifl A» || 383o ©eelenunru^e]
A' zweifellos richtig nach Z. 15; ©eelcnrulfee A*-« || 398.9 einjlgen formalen] ist
schwierig. Vielleicht war formalen zwischen die Zeilen oder an den Rand ge-
schrieben und ist an falscher Stelle eingefügt worden; passen würde es nach
oorgetragenen Z. 10 || 433s^orm] gorm berfelben (nämlich der Verstandeswelt) ?
Oder darf man verstehen: S)er (Sinnenmelt bie ^oxm, ald einem (Sanken ber«
nünftiger SBefen, )u ert^etlen? || 4429 beffelben] ist schwierig; am einfachsten zu
streichen || 453 SJ^a^men aU (Befe^ed] vgl. 27 15-19 (oder soll ®efe^eiS sich auf
ftllflenieingflltigleit i^rer 9Ra;imen beziehen?) || 45 11 fpeculatiüen] Grilio, Kehr-
bach practif^en A || 459o ISorfteÜungen] Hartenstein 193orfielIung A || 4634 bie-
felbe] baffelbe Hartenstein, doch s. 0. zu 2988.89 || 47 16 fönntc] A» fonnte Ai-*-« ||
502 <^rttif ber praftifc^en Vernunft.
47 18 burd^ iSrfa^rung] burd^ feine (Srfa^rung Grillo aud^ bitrc^ iStfal^rung nk^t
Adickes, der auch Z. 16 feine st. aUe lesen mochte. Doch ist nach Kantischem
Sprachgebrauch möglich die Negation aus dem Anfang des Satzes hinzuzudenken ||
4781 SBöibcrfiimlf^ffi] A»-* ©iberjlnntgeö A»-*«« || 4724 betecifen] bemetfen fönn
oder fonnte? || 4727 baö ber {^ret^eit] man erwartet bt^ ber grei^ett (Natorp); doch
ist der Accusativ baS bei Kant wohl möglich als abhängig Yon annel^men (Nolte) ||
48 1« Urfac^en] Urfat^e Hartenstein (nicht zwingend) || 49i7 ©renaen] A*-*-*
(Brenae A' || 4937 ben fie] ben fie ftc^? {| 5087 ber leiteten] Hartenstein beiS
legieren A. — Der Satz ist schwierig, aber, wie Adickes bemerkt hat, schliess-
lich möglich, iodem die Participia gebad)t — berttmmt — ermettert zu ^aben mir
Z. 18 zu beziehen sind. Auch proftifi^er (Bebrau^ Z. 29 ist bei Kant möglich ||
5032-34 alle flnfec^tung — n)e((^ — mochten] entweder sollte beidemal Sing,
oder beidemal Plur. stehen (so auch Wille); doch kommen Freiheiten solcher
Art auch sonst bei Kant vor || 518.9 SBerbinbung, bie aroifcj^en einem 2)tngf unb
einem anbeten] Serbinbung amifd^en ic, Rosenkranz Sßerbinbung, bie — befielt
Kehrbach || 52io bennoc^] fte benno^? || 52i& ermatten] ju ermarten? || 52a
mtQ ic^] A* Grillo, Rosenkranz, Hartenstein mitt A^*^^ || 556 nm] A' Rosen-
kranz, Hartenstein unb A^-^-^ || 5523 feinet 24 feine] auf SBtOend bezüglich. Man
erwartet i^rer i^re nach Z. 21 bie ntd|t . . ., doch ist solcher Beziehungs-
wechsel bei Kant nichts Unerhörtes || 5530.3i 9{ea(itcit] dteoUtät nac^ Hartenstein,
doch lässt das Oberlieferte sich wohl halten || 55s3 t^eorettfc^et befHmmtet] es
läge nahe umzustellen, doch sind solche Wortstellungen bei Kant nicht ganz
selten, z. B. 8618.19 motaIifd)en gettöumten SoUfommenl^eiten || 55m inoQte]
foUte? II 579 bebienen] bebienen, annimmt Hartenstein ||
57 17 begriffe] ^Begriffe eineiS ©egenftanbed schiene mir eine unbedingt
sichere Verbesserung, die ich gleichwohl dem etwa Zweifelnden nicht aufdrängen
mochte || 5828 ©ubfecte] Dbjecte A || 603i neningett] öetringette? || 6O35 i^n]
Hartenstein fie A || 61 7 unmittelbar] ffit unmtttelbat A ffit unmtttelbat gut
Hartenstein || 62? bet leiteten] Nolte, bed letzteren A || 63i et] Hartenstein ed A 1'
63 16 ^atte] ^dtte Hartenstein*, doch l^atte Hartenstein', welches sich in der
That vertheidigen lässt || 64i3-i5 foüte), — bcftimmte.j Hartenstein folltc, —
beftimmete). A || 64 n @efü§Ie] ®efe$e A ®efä^t Hartenstein |{ 66s.6 (bed praht-
f(j^en Setmdgend) bet $(udfü^rung feinet ^bfi^t] bet SluiSfä^tung feinet
ftbftc^t (bed ptaltif(^en SBerm5geniS)1 || 686 miberftnntft^] A, nach Kantiscbem
Sprachgebrauch; miberfinntg Rosenkranz, Hartenstein || 69 1 bie] Hartenstein
ber A II 6923 fie bu] bu fie Grillo, doch ist die betonte Stellung des bu vielleicht
beabsichtigt || 70? bei ^anb] A bei ber ^anb Grillo Rosenkranz, aber bei ^anb
ebenfalls 147 15, I6816 jj 70i4 gemeinften] Hartenstein (vgl. Z. 2) teinfien A |i
7Ü37 »c((f)er] Hartenstein meldet A || 71 10 weil] Hartenstein momit A j] 71i5-25
Die Construction ist schwierig, aber bei Kant yielleicht doch denkbar. Adickes
will Z. 23 ba fie streichen. Ich würde lieber bie st. ba fie schreiben, ziehe aber
Yor, nichts zu ändern ||
Lesarten. 503
727 Idtine] Adickes fordert bflrfe, doch ist Fdnne möglich im Hinblick anf
den nachfolgenden Bedingungssatz || 72 19 fle ed] ed fie Adickes, doch ist das
Oberlieferte möglich, in dem Sinne: inbem fte (diese Triebfeder, das moralische
Gesetz) ed (nämlich eben Triebfeder) if). Der Wechsel des Subjects erklärt sich
ähnlich wie Z. 26, wo man auch ed st. fie erwarten könnte || 73a6 ©innttd^feit]
Görland, Nolte, Adickes, Wille ©ittUd^feit A || 7333 (S^efü^tö, bod] A» Rosenkranz,
Hartenstein ©cfül^l« bcd A»-*-« || 74 15 fei] ifl Vorländer || 7422.23 bcr crftcrcn]
Adickes, Wille bed erfteren A || 756 auf] aufd? || 75i2.i3 berfelben, bad ®efeU
Hartenstein berfelben bad @efe^ A || 752ö ©tnnltd^feit] Nolte, Wille (ygl. 76io)
©ittlt^fdt A II 76 10 ed] fle Vorländer, doch ist ed allenfalls haltbar, indem vor-
schwebt, dass Achtung nicht bloss eine Wirkung aufs Gefühl, sondern eben
damit selbst ein Gefühl ist || 76 17 ^u] aur Kehrbach || 76i8 3ur] Ai*«-^ dU A« ||
784-8 das Anakoluth (bag — fo fteOt und — not) nicht zu ändern || 78i2 fein]
t^r Hartenstein, doch ist das Masc. bei Kant durchaus möglich, bezüglich auf
,den betreffenden** || 7927 bcrul^t] A»-*-« Grillo, Kants Handexemplar brandet A» ||
SOio berfelben] A beffelben Hartenstein, der angiebt, dass A' so habe; in meinem
Exemplar steht aber berfelben, was sehr wohl haltbar als auf $((^tung bezüg-
lich Ij 8011 tft ed] Hartenstein ift A || 826 fdnnten] Nolte fönnen A || 8223 unb]
Rosenkranz, Hartenstein unb und A {| 8229 abaufürjen] Kehrbach abfürjen A ||
8330 i^n] ed Hartenstein, doch s. o. zu 78 12 || 843 ed] Grillo, Rosenkranz,
Hartenstein, vgl. Z. 2 u. 4 er A || 848 biefetbe] als starker Plural nicht zu
ändern; biefelben Rosenkranz || 8426 unb] um? || 85? mftrben] Hartenstein
»flrbe A II 85 11 mel^ed] roel^ed ed Rosenkranz, Hartenstein (das Überlieferte
bei Kant möglich) || 85ii befielt] A»-*-« fehlt A» || 8522 feine] vgl. zu 78i2 ||
85 25 btefe] A»-» bte A*-* Hartenstein || 8618.19 moroltf^en getrüuiuten] vgl. zu
5538 II 8934 Äriti! ber HnQlt)tlf berfelben] ist jedenfalls falsch, aber die Ver-
besserung nicht sicher. Ich vermuthe: i^ritil berfelben . . . (roeld^ed bte etgent«
li^e Slufgabe ber Slnal^ttl tft), indem ber ^nal^tiC erst vergessen war, am Rand
oder zwischen den Zeilen nachgetragen wurde und im Satz an die falsche
Stelle geriet. Nolte möchte i^ritif ber streichen || 90io mit ber] mit ber ber?
Aber die Auslassung ist bei Kant möglich, vgl. z. B. 89 18, wo auch ber ber
anberen genauer wäre || 9024.27 ^u(^ — qu^] wohl nicht zu ändern. Rosen-
kranz streicht das zweite aud^ \\ 91 12 fonnte] Grillo, Hartenstein fönnte A |{
9123 feined] nämlich des Menschen; nicht zu ändern || 9226.27 (reinem SRou«
men)] keinesfalls richtig. Ich vermuthe (feinem !Roumen); Adickes (t)on einem
9h)umen); vielleicht habe Kant geschrieben n. einem, woraus dann beim Ab-
schreiber oder Setzer reinem geworden sei || 9234 in] A^-^-* im A' || 9332 aber]
oben? II 9412 ni(^t] A^-«-« nichts A^ || 9428 im] Rosenkranz, Hartenstein in A jj
973 nun ald] nun A || 974 üugeren @inne] st. äußerer Sinne bei Kant sprach-
lich möglich; beö duneren ©inned Grillo dugeren ©inned Rosenkranz, Harten-
stein* ber äußeren @tnne Hartenstein', Kehrbach || 9727 benen] Vorländer
bem A ben Hartenstein || 988. 10. 11 er] auf bad vernünftige SBefen bezüglich,
8. zu 7812 II 10024-27 uufere oomel^mfte 5BorQu«fe^ung — obauge^en] u. n. ©. —
504 ^ttf ber pralttf(!^en Vernunft.
Qufaugeben Hartenstein noit nnferer t)ome(niften SSotau^fe^iuig — abauge^enl ||
10037 Qud^] A»'*-« fehlt A' || einräumen, bte] Hartenstein emröumen: S)ie Grillo
einräumen. 2)ie A || lOli? biejenige] ygl. 848 bieienigen Rosenkranz, Harten-
stein II 10211 oliS] Hartenstein fehlt A || 102 13 ^u t^m] aU au i^m Hartenstein
(nicht noth wendig) || öe^örig] Hartenstein fehlt A || 102 14 gefc^iel^t] A*^ flc*
fc^ii^t A^ (wohl Druckfehler) || 10228 bem] A>-«-« ben A^ doch bem S. 183
unter dem Text j| lOdsi bag] Rosenkranz, Hartenstein bag i^ A || 1048 mteberum
bebingt] mieber unbebingt A mieber bebingt Hartenstein || mfi^te] Hartenstein^
mufete A Hartenstein» || 104 18 foUte] Hartenstein fofle A || 104« wiberfpre^e]
wohl nicht in n)iberfpred^en zu ändern; der Sing, bezieht sich auf den Satz
8. S3. — au beufen (Z. 24—27) Nolte. — Das scheinbare Anakoluth Z. 27—31
löst sich auf, wenn man Z. 30 nach ge^drig ift, nochmals gehörig aus Z. 28
hinzudenkt || 1059 ben fie] fällt aus der Construction ; doch nicht zu ändern i|
10627 biefed ©efc^äfte] Grillo btefe @ef Raffte oder biefe Gef^äfte A bied (Bef4&ft
Hartenstein ||
10723 Derrietl^e] Rosenkranz, Hartenstein neniet^ Grillo nerriet^en A ||
1104 3)iefe] A»-> 3>ie A*-« (Druckfehler) || lllu ber erflcren — au ber le^tern]
au zu streichen läge nahe, doch kommt Ähnliches auch sonst Yor || 11483 feinem]
vgl. zu 78 13 II 11715-19] Die Construction ist verwirrt, aber schwer zusagen, wo der
Fehler liegt. Hartenstein und Eehrbach setzen Z. 18 unb st a% aber ^(^tung — aU
^emugtfein hat guten Sinn, also ist der Fehler an früherer Stelle zu suchen. Ich ver-
muthe Z. 16 ald st. ift olfo, oder: ift, aU, in welchem Fall ift Z. 19 zu streichen wäre ||
11729 bur^] bur^d Vorländer 1906 || llSss i^rer] feiner? Vorländer, doch ist der
Plural möglich in Beziehung auf ^itleib unb Sl^eilnel^mung || 120 19 ni^td]
A» Grillo, Rosenkranz nid^t A>-*-« || 12l6-i8] fehlt das Subject fie, entweder
nach bog Z. 6, oder nach miberfpred^en, Zeile 8 Vorländer, Wille || 12515 oberfle
Urfac^e ber] Grillo, Hartenstein oberfte ber A»-*-« oberjte A« || 12728 beffelben]
A« beffen A»-*-« || 12737 über bie] Hartenstein über A jj 12739 ergaben] A» wohl
richtig, erhoben A»-*-« || 12827 ber (S^riflen] A» be« (S^riflen Ai-*-« i| 128«
eiS] nämlich bod gutrauen? Natöriicher wäre i^n (den Menschen) || 129i9.ao
»iltfürlidöe — awföHige] roillfürlit^er — aufälliger Hartenstein, doch
solche Construction bei Kant möglich; vgl. Z. 17 aU bad Dbiect unb ben (ihib*
amedt, wo man auch Gen. erwartet || 12923—27 das scheinbare Anakoluth (Nolte,
Wille) nicht zu ändern || 132 lo unmittelbar] Hartenstein mittelbar A || 132i5
nic^t] Kants Handexemplar, fehlt A bad fpeculatiue (^rfenntnig nid^t Hartenstein ||
13311.12 bie foömologifc^c Sbee — unb ba« SBeroufetfein] man erwartet den Dativ
(Nolte); doch nicht zu ändern || 134ii t^eoretifc^enj Hartenstein t^eologif(!^en A
teleologifc^en Grillo || 13528 ftnb, ba^] Grillo, Hartenstein ftnb. S)a« A || 1366
o^ne] Hartenstein ober A || 13629-34] der Satz hat zwei Subjecte: bag — (abe
und bie [Realität ber begriffe. Vielleicht ist ein b. i. vor bie ^Realität Z. 32
ausgefallen || 1403 i^n] der Sinn scheint ed zu fordern (Nolte), doch sind solche
Incongruenzen bei Kant nicht selten || 14029 au] aum Hartenstein (nicht zwingend) ]|
Sachliche Erl&uterungen. 505
Ulis 311 oerl^flten] ftllt aus der Construction, ist jedoch nicht zu ändern; es
lehnt sich dem Sinne nach an den vorausgehenden Satz an: die Deduction der
Kategorien war nötbig, um zu verhüten || 14li5-2(] fehlt ein Nachsatz || 1427
Urgrunbeö] A» Grillo Ungrunbefi A»-*-« || 143i6.i7 unb grüiibet jlc^ nid^t etwa auf
Steigung] correct wäre: unb fic^ — grflnbet || 1448 unb man wirb] Rosenkranz,
Hartenstein unb wirb man A || 14631 öefH] A»-*-« »cP^c A> |i
15135—1521 bie aud — a&l^Ien ma^] es fehlt ein Yerbum || 1528 beffelben]
Nolte berfetbcn A || 154i3.i3 nic^t — nic^t] nicht zu ändern, vgl. 9034.9? ^ud^
— QU^; 1577.9 mel^r — me^r Nolte || 15433 alö] Hartenstein fehlt A || löGsi'.si
Pe — fie — fif] cd — cd — c3? Vorländer; mir schien richtig nicht zu ändern;
als Subject ist (aus dem vorigen Satz) bte ©ittUd^fett gedacht || 15630 unoer«
mengt oon] so A || 1577.9 me^r — me^r] Hartenstein streicht das erste mel^r,
doch s. 0. zu 15413.13 || 15789 auf alle anbete (Brunblage] so A; zu ändern
schiene mir nicht richtig || 159 11-13 unb ift in bemfelben Sdemugtfein beiS ®e«
fe^ed — ungertrennltc^] ist nicht bloss schwierig wegen der Verbindung tfl un«
3erttennlt^ in, sondern es ist auch nicht klar, was das Subject zu unjertrennlicl^
und oerbunben sein soll. Ich vermuthe: unb ifi k)on bemfelben bad iBemugtfetn
bed @efe|ed oder: unb ifl t)on bemfelben SSemugtfein ba^ bed (Befe^ed oder: unb
ifl üon bemfelben IBemugtfein bad 93etDu6tfetn bed @efe|ed u. s. f. || 159 15 her-
felben] lässt sich auf Srtebfeber beziehen, ist also haltbar. Im übrigen ist der
Relativsatz zwar wunderlich construirt (ber (Effect giebt Hoffnung ju fetner Se-
mitfung), aber schliesslich zu verstehen || 159i7 reine moralifcf^e] rein moraltf<l^e? ||
16133.34 a»n«^*n^nber] A' june^menben A^-^-« ||
Sachliche Erläntenmgen.
Eine erschöpfende Untersuchung über die polemischen Rücksichten, die
bei der Abfassung der jhr. b. pr. 9. mitgewirkt haben und in ihr zum Aus-
spruch gekommen sind, ist nicht dieses Orts; doch scheint es nützlich die
wichtigsten Daten zusammenzustellen.
1. Hamann schreibt an Jacobi am 13. Mai 1786 (Gildem. V 322) über
einen Besuch bei Kant: „Eine Autorangelegenheit ging ihm auch im Kopf
herum, die er mir sogleich mittheilte. Es ist die Tübingiscbe Recension
seiner Moral. Schütz hatte ihn auf eine Widerlegung eines Kirchenraths Tittel
vorbereitet, der ein Commentator des Feders sein soll, der mir bisher ganz un-
bekannt geblieben ist. Vielleicht ist die ganze Widerlegung diese kahle Recen-
sion, die Kanten nicht anficht, aber für wichtig genug von schwachen Freunden
gehalten worden, sie ihm zu Gefallen hier nicht cirkullren zu lassen.*
Die Tübingische Recension der (Brunblegung (Tüb. gel. Anz. 1786, 14. Stück,
16. Febr., S. 105 ff.) ist nicht von Tittel, sondern (wie sich unschwer beweisen
lässt) von dem Tübinger Professor J. Fr. Flatt, der aber mit Tittels Ansichten
506 i^ttil ber prafttfd^en Sentunft
sehr öbereinstimmt Er war st&ndiger RecenBent philosophischer Schriften in
genannter Zeitschrift; er hat namentlich eine grosse Zahl von Schriften, die
sich direct oder indirect, freundlich oder feindlich mit Kant beschäftigen, daselbst
besprochen und dabei unermüdlich dieselben Einwände wiederholt.
Die »Widerlegung** des Kirchenratbs Gottlob August Tittel in Carls-
ruhe ist die Schrift „Ober Herrn Kants Moralreform. Frankfurt u. Leipzig bey
den Gebrudern Pßihler. 1786.* Als «Gommentator des Feders* wird er Yon
Hamann mit Grund bezeichnet, da er «Erläuterungen der theoretischen und
practischen Philosophie nach Herrn Feder^s Ordnung in fünf Abtheilungen*
1783—94 erscheinen Hess (Adickes, Kant-Bibliogr. n. 297); den schwachen
Schatten des schwachen F(eder) nennt ihn Biester in einem Briefe an Kant
(11. Juni 1786, X 434), aus dem man ersieht, dass Kant ernstlich daran dachte
eine Vertheidigung gegen die Angriffe von Feder und Tittel bekannt zu machen.
Auch Jakob thut der Schrift gegen Kant Erwähnung (17. Juli 1786, X 438),
und dieser lässt sie sich dann durch Schütz schicken (s. dessen Brief y. 3. Nov.,
X 445). Sie ist in der Vorrede der ibr. b. pr. S. ausgiebig berücksichtigt.
Schon im Vorwort seiner Schrift tadelt Tittel den „gar zu häufigen Gebrauch
abstrakter Terminologien* (S. 4). Er vertheidigt gegen ihn Jenes unschuldige
und liebenswürdige System, das Glückseligkeit und Sittlichkeit aufs innigste
zusammenverknüpft^ (S. 5), wirft mehrmals Kant „Mystik* vor und wiederholt
besonders oft die Behauptung, dass dieser „längstbekannte Dinge in einer un-
vemehmlichen Sprache, als neu, verkündiget* (so S. 25). .Soll denn die ganze
Kantische Moralreform etwa nur auf ein neue Formel sich beschränken?* (35).
„Herr Kant, nachdem er auf diese Art sein vermeintes neues Princip der
Sittenlehre ausgeführt und befestiget zu haben glaubt . . .* (55). „Man sollte
kaum denken, dass so gemeine und bekannte Sätze einer so kunstreichen
Verdunkelung fähig wären . . . Warum muss ich erst den Menschen in zwei
Welten versetzen? Warum die fremdlautende — und darum etwas neues ver-
sprechende, und doch nichts neues enthaltende Nahmen von Autonomie und
Heteronomie so tief herausführen? Wozu so viel technische Imperativen? Wozu,
bei einer so leichten Sache, der ganze schwerfällige Gang?* (82) u. s. t
Hiemach gehen vorzugsweise auf Tittel die kritischen Bemerkungen der Vorrede
Kants, 828 £f., lOasff. (mit eiyem Seitenblick aufGarve-Feders bekannte Recension der
Ar. b. r. 8., vgl. 1334fF.); aber auch die Kritik 284ff. passt besonders auf Tittel,
der keine Schwierigkeit darin fand, dass das Gesetz, seine eigene und Andrer
Glückseligkeit zu befördern, wirklich als allgemeines Gesetz für alle vernünftige
Naturen, in unbedingter praktischer Noth wendigkeit, gelte (S. 56 s. Schrift);
sie passt allerdings auch auf Flatt, der sich (wie Tittel S. 31) besonders darauf
beruft, dass Kant selbst, im Widerspruch mit seiner These, dass überhaupt
keinem empirischen Princip Allgemeinheit zukomme, in der (Brunblegung zuge-
standen habe, die Absicht auf Glückseligkeit komme allen vernünftigen Wesen
„nach einer Naturnoth wendigkeit* zu. und so wird sonst noch manches sich
auf diese beiden zunächst beziehen, obgleich es daneben auch Andre trifft;
Sachliche Erläuterungen. 507
z. B. spottet aber die neue Terminologie auch die Besprechung der ®runb«
legung in den „Kritischen Beyträgen zur neuesten Geschichte der Gelehrsamkeit*
I. :202ff. (Adickes n. 236), wie schon früher namentlich Feder; auch Meiners
in der Vorrede seines .Grundrisses der Seelenlehre'', deren Zurückweisung Kant
seinen Freunden überliess (X 446, 456). So ist der allgemeine Vorwurf der
.Inconsequenz" — 4a8, 536 — natürlich von vielen ausgesprochen worden; mit
besonderer Vorliebe aber von Flatt in seinen zahlreichen Recensionen.
2. Kant selbst nennt mit Namen, im Briefe an Schütz vom 25. Juni 1787
(X467), Feder und Abel, beten bct erfte gor feine (Srfenntnife a priori,
bet anbere eine, bie )roif4)en ber empirifc^eii unb einer a priori bad ^Rittel galten
foU, behauptet. Beider hatte kurz vorher gegen ihn Bering Erwähnung gethan
(28. Mai, X 465). Auf den ersteren bezieht sich ersichtlich der Schluss der
Vorrede (126ff.): ©0* ©c^lintmere« fönnte ober biefcn ©emü^ungen moftl ni<^t
begegnen, al^ menn jemonb bie unerwartete (^ntbecfung machte, bag ed fi ber oll
gor fein (Srfenntnig a priori gebe, no(^ geben fOnne; obgleich auch schon
früher C. G. Seile (Berl. Monatsschr. 1784, Dec.) mit dem , Versuch eines Be-
weises, dass es keine reinen, von der Erfahrung miabhängigen Vernunftsbegriffe
gebe^, gegen Kant aufgetreten war. Die Schrift Feders, die Kant in jenem
Briefe im Auge hat, ist wohl sicher: „Ober Raum und Caussalitat zur Prüfung
der Kantischen Philosophie. Göttingen 1787'', deren Vorrede das Datum
31. Januar 1787 trägt und die wohl zur Ostermesse erschien, also Kant früh
genug bekannt werden konnte, um in einem Nachtrag zu seiner Vorrede noch
Berücksichtigung zu finden. Kants Ausführung trifft genau auf jene Schrift (bes.
§9, S. 35ff.) zu. Dagegen sind Abels Schriften («Plan zu einer systematischen
Metaphysik'' und „Versuch über die Natur der speculativen Vernunft zur Prüfung
des Kantischen Systems'', beide 1787) in der ^. b. pr. $. nicht berücksichtigt;
Kant hielt ja eigentlich oHe SontroDerfen mit diesen Gegnern für überfläss% (vgl.
X 487 über bie ftn^Anger am Slten); nur ihres sachlichen Interesses halber hat er
jene weitestgehende „(Sntbetfung" Feders doch der Berücksichtigung werth gehalten.
3. Und so bat er jedenfalls nicht diese Männer im Auge, wenn er (6i8) auf
jene er^eblt^ften Stntofirfe miber bie i^ritif, die ihm bisher vorgekommen seien,
Bezug nimmt: näintic^ einerfeitiS im t^eoretifd^en @rfenntntg geleugnete etc. Auch
nicht an Ulrich ist hierbei zu denken, der in seinen „Institutiones logicae et meta-
pbysicae'' (Jena 1785), die er selbst Kant zusandte (X 378. 398), S. 233 die Frage
der Anwendbarkeit der Kategorien auf das „transcendentale Object" (das er dem
„Ding an sich* gleichsetzt) nur in theoretischer Hinsicht berührt. Sondern Kant hat
schon hier den hernach (825) deutlicher bezeichneten n)a^rl)eit(tebenben unb f(!^orfeii,
babei alfo bo(^ immer ac^tungdmftrbigen 9lecenfenten seiner ®runblegung im Auge,
der ihm auch den Einwurf gemacht hatte, dass der Begriff des Guten vor dem
moralischen Princip hätte festgesetzt werden müssen. Es ist der Recensent der
„Allgemeinen deutschen Bibliothek", nach Jenischs richtiger Angabe (an Kant,
14. Mai 1787, X 463) „Probst Pistorius auf Femaru, der Übersezzer des Hart-
ley''. Es kommt aber hier nicht nur die Recension der (iirunblegung (A. d. B.,
508 Stx\m ber praftifc^en Sernunft.
Bd. 66 S. 447 ff.), soodern, gerade was die tiefergehenden Einw&nde wegen der
Anwendbarkeit der Kategorien aaf Noamena und der Doppelnatur des Menschen
als Pbaenomenon und Noumenon betrifft, die umfönglichere Besprechung von
Schultz' Erl&uterungen (ebenda S. 92 ff.) in Frage, wo diese Einwurfe eingehend
und verständig entwickelt werden; nicht ohne ein Gompliment an den «^ebenso
wahrheitliebenden als tiefdenkenden Weltweisen'', welches dieser mit dem
Wort 825 also nur erwiedert. Pistorius hat dann in seiner Besprechung der
Stt, b. pr. 193. (A. d. B., Bd. 117, S. 78 ff., auf S. 96) auf Kants Bemerkung wiederum
Bezug genommen.
4. Der einzige Beurtheiler, der in der ^. b. pr. 9, selbst mit Namen ge-
nannt ist (14333), ist Thomas Wizenmann, der Verfasser der in Leipzig 1786
ohne Automamen erschienenen Schrift „Die Resultate der Jacobi'schen und
Mendelssohn'schen Philosophie, kritisch untersucht Yon einem Frey willigen" ;
ein intimer Freund und Gesinnungsgenosse Jacobis, aus dessen Briefwechsel mit
Hamann man Näheres über ihn erfthrt. Auf die genannte, damals viel beachtete
Schrift hatte Kant Bezug genommen in der Abhandlung der «Berliner Monats-
schrift'': Sad ^ei^t: ft^ im. 2)enlen orientiren? (Oct 1786), welche Wizen-
mann beantwortete durch die im , Deutschen Museum* (1787, I 116—156) er-
schienene Abhandlung: „An den Herrn Professor Kant von dem Verfasser der
Resultate Jacobi'scher und MendeIssohn*scher Philosophie.* Wizenmann, der
eine Zeitlang bei dem Freunde in Pempelfort lebte, starb am 22. Februar 1787
in Muhlheim (Jacobi an Hamann 12.— 27. Febr., Gildem. V 455). — Die Er-
wähnung Wizenmanns steht in Zusammenhang mit dem bekannten Streit
zwischen Mendelssohn und Jacobi über den Spinozismus Lessings. Einen
ferneren Nachhall dieses Streits erkennen wir in der Bezugnahme auf den fonfl
fd^arf finnigen SRenbeldfo^n, 101 20; wo die Warnung vor der Gonsequenz des
Spinozism (1021.8), wenn man sich zum Kriticismus nicht entschliessen kann, zu
beachten ist
517.18 Qutd-^Uatii,] Hor.Sat. I 1, 19.
12 14 (ex pumice aquam)] aquam a pumice postulare (sprichw.: von jemand
etwas verlangen, was er seiner Natur nach nicht leisten kann). Plaut Pers.
I, 1, 42.
136 ff. ^ume] vgl. 5082 ff. Kants Meinung, daß Hume die Sätze der Mathe-
matik für analytisch und apodiktisch gehalten habe (ISis, 524), fußt auf dessen
Inquiry concerning Human Unders tandin g, Sect IV. Aber in Sect XII, 2 der-
selben Schrift werden Zweifel darüber angedeutet, und im älteren, ausführlicheren
Werk, dem Treatise on Human Nature, sieht Hume wenigstens die Sätze der
Geometrie offenbar für synthetisch und von Erfahrung abhängig, mithin nicht
apodiktisch, an. Kant hat demnach das ältere Werk nicht gekannt oder nicht
genauer beachtet.
1328 S)et Slinbe bt& S^efelben] der Bericht des Anatomen W. Cheselden
jiber einen operirten Blinden (aus den PAiY. TVafuacftoM, 1728, XX.XV 447)
mag Kant bekannt geworden sein durch Kästners Bearbeitung von Rob. Smith
Orthographie, Interpunction und Sprache. 509
»Vollständigem Lehrbegriff der Optik" (1755), wo dieser Bericht deutsch wieder-
gegeben ist. Vg). Apelt Metaphysik S. 520 ff.
407 ßrufiuö] Chr. Aug. Crusius (Professor der Theologie in Leipzig)
z. B. im „Entwurf der noth wendigen Vernunft-Wahrheiten** (2. Aufl. 1753)
§ 283, 284, 286.
50s2ff. 2)aöib ^umc . . . 524 ff. 3)te SWatlfeematt! . . .] vgl. zu 136 ff.
6026 bcn ©toifer] Cic. Tusc. II, 25, 61.
9327 (na(^ $(otod ttrtl^etle)] im Staat 522 ff.
97 16 mit Setbni^en $pirUuaU] Tbeodicee, Ess. sur la bonte de Dieu etc. 52,
403 (Philos. Sehr. her. v. Gerhardt, VI, 131, 356); ähnlich in den Auseinander-
setzangen mit Bayle (Oerh. IV, 505 ff., 536 ff., 549) u. o.
98 82 trieft let)] The doctrine of philosophical necessity, London 1777, S.86ff.
101 8 ein ^aucanfonfc^ed Slutomat] Vaucansons Automaten (Flötenspieler,
fressende Ente etc.), zuerst gezeigt in Paris 1738, wurden von den Materialisten des
18. Jahrh. (so de la Mettrie, L^homme machine, 1748) gern zur Unterstützung der
mechanistischen Hypothese angeführt. Lange, Gesch. d. Mat., 2. Aufl., I 356.
10120 3)^enbeIdfo^n] Morgenstunden (1785), Abschn. XL
15833 Suüenol] Sat. III, 8, 79—84; von Kant ebenfalls citirt in der
SÜeligton etc. (in dieser Ausgabe Bd. VI 4927) und in der fRtO^Mif^xf (VI 3344.5).
16019 (laudatur et alget)] probitas kmdatur et alget Juven. Sat. I, 1, 74.
Paul Natorp.
Orthographie^ Interpunction und Sprache.
Orthoflrraphie« Vocale. Die Eingriffe beschränken sich auf wenige
Fälle: oa in Unmaagung (daneben Qnmogung), ^aa^ fc^aal; — e statt ft in
Ungefe^r, nemlid^, onbermert«; — e^ in gre^^ctt, jinc^, 3»ct)te, ©(l^mämterek),
einerlei u. ä., getne^net, fe^, fegn (esse), be^; — ie zuweilen in gieng (daneben
oorl^erglng, anfing). — Consonanten. Dehnungs-^ steht in SB^tUffl^r, fehlt in
mol (doch auch SBol^lDer^oIten, mol^Igeme^nt), oomemlid^, aÜmAIig. — c steht
sehr h&ufig da, wo wir ! setzen : ^rittf, Kategorie, ^l^arocter, 6om5bte, ^atecf^iöm,
practif^, opobicttf<l^, biolectifc^, f^ncretiflifd^, coiSmoIogifc^, pfinctlic^ u. a. — Einzel-
fälle sind ^oliceQ, @ef<l^dffte, tndgefamt, caussa (sonst (Sauf alttät). — Anfangs-
buchstaben. Am meisten stört die Minuskel in substantivirten Adjectiven:
ber üerfuc^tefle, bad fd^ä^barfte, im t^eoretlf^en (doch werden sie auch oft gross
geschrieben: bad Unbebingte), tixoa^ äfll^etifd^ed, besonders in Adjectiv-Ver-
bindungen: bed unbebingt-®uten, beiS tnoralif^-^uten, bad überfd^menglic^-Oroge.
— Die Majuskel tritt zuweilen in zusammengesetzten Adjectiven auf, deren
erster Theil ein Substantiv ist: SBe^fattiS' ob« XabeWrofirbig. — Wortver-
bindung, fo gar musste mehrfach zusammengeruckt werden. — Eigen-
namen. Seibni^, (Spicur, @ptcur&er zeigen die damals übliche Schreibung.
510 Ärttif her prof«f*en ©ernunft.
laterpiiiietloii« Komma ist reichlich angewendet: vor Satztheiien, die
durch unb angeknöpft sind, auch vor entsprechendem ober« das keinen Gegen-
satz hervorheben soll; vor und hinter adverbialen Bestimmungen nnd adjectivi-
sehen Attributen, wenn letztere durch andere Bestimmungen erweitert sind
(z. B. 22».8S in ber, aud irgenb etned @egenfianbe« fBtrfli^feit au empfhiben'
ben, Suft); hinter atd und einer Vergleichung oder Apposition; hinter gleich-
artigen Satztheilen, -die durch Komma von den vorangehenden getrennt oder
durch ein mithin, fo tott, luqUiä^, Dielme^r an sie angeschlossen werden;
zwischen lod^renb ha%, allein bo, benn ba, gefegt ba|; vor Klammem oder darin,
während es dahinter stehen mässte z. B. 244o— 25i ift Vernunft nur^ fo fem fte
für fl(^ fclbft ben Söiflen beftimmt, (ni^t im S)ienfte ber SReigunöen ift.) ein
ma^re^ ... — Doch fehlt es in allen diesen Fällen auch oft. — Viel seltener
als gestrichen musste es eingesetzt werden; zuweilen vor aber, öfter vor und
hinter Appositionen, die durch b. i., ndmlic^ eingeleitet werden, am häufigsten
noch zwischen gleichartigen ad jecti vischen Attributen (z.B. 1577.8 mit f (!^meldenben
loeid^^eraiflen (Beffi^len). — Andere Zeichen blieben meist unangetastet; doch
musste wie in den andern Drucken zuweilen Semikolon durch Kolon oder Komma
ersetzt werden, wenn das Yerhältniss der Unterordnung schärfer betont war.
Sprache. Laute. Vocale Einen Eingriff in die Stammsilben erforderten:
Qn!ömmt (nur 82 n; sonst fommt), atdbenn (stets), ftfinben, oerftftnbe (je 1 mal
belegt), SBftrfung (7^37; sonst SBirfung, mirflit^, beioirft). — Ableitungssilben,
e ist 1 mal im Superlativ erhalten: mel^^reften 147 is (vgl. dagegen fubtUfte,
fleinfte u. a.); recht häufig aber in schwachen Verbalformen, wenn auch die
Synkope überwiegt; so im Ind. Imp. fteQete, t^eilete, mö^Iete, fel^^Iete, ffl^rete
btenete, beftimmeten, oermengete, folgeten; im Conj. Imp. oerme^nete, fennete,
rü^mete, befttmmete, poffeten, on^eigete ; in der unflectirten Form des Part. Perf.
aufgefteüet, bet)gefeUet, gefdQet, erfläret, begehret, gefü^ret, gelel^ret, ungerfic^et.
gelonget, Quf()ebe(fet, in der flectirten S^o^tgeflnneten, gemeifiete, bebro(|ete.
Wieder beobachten wir, dass vorangehende Liquida oder Resonans erhaltend
wirkt. — Von Adverbien ist allein nunmel(|ro zu nennen (3 mal belegt; sonst
stets nunmehr, auch oor^er, bo^er u. a.). — Flexionssilben. Für das e der
3 Pers. Sing. Praes. gelten dieselben Bemerkungen wie für die Ableitungssilben.
Beispiele sind urt^eilet, etl^^ellet, offenbaret, geziemet, berul^iet, ndt^tget, ooraud*
fe^et. — Unorganisches e weist nur einmal ](|ie(te auf 115i7 (sonst stets (ielt,
ent^ie(t). — Consonanten. erfobem, erfoberltd^ ist im ganzen Druck sehr häufig,
daneben kommt forbem und erforberUc^ vor. — Flexion, fepn steht für flnb
1039 3215 3517 459 9435 141 17, für feien 292s. — jween findet sich 112is. —
Wortbildung, fonften ist 23 ao belegt (im übrigen fonfl). — Auch die
Syntax erregt nur vereinzelt Anstoss. Adjective: unter problematifc^en, affer«
torifd^en unb apobtctifc^en SBeftimmungdgrunbe 11 19.20; {eher au(^ nur mittelmü|tg
e^rlic^er SRann 8736; jeber anberer S^Adtfic^t 151 24. 25 — Pronomina, berer (rela-
tivisch) o- beten 92 1»; benen 3 mal «- ben, z. B. 10690. — Zahlwörter, ^mif^^
amepen . . S)tngen 11927.88. Verben, auf einer genaueren Unterfuc^ung . . an«
Yergleicbende Tabelle der Seitenziffem des Ori^nals und des Neudruckes. 511
föme 9410-12. !^iefe . . 6en)Q](|rt ffir beni (^ni^irtiSm 7029.30. — Conjunctionen.
beim steht 2 mal = bann, z.B. 1308. — Geschlecht. Sebfirfnig ist 2 mal als
Femin. gebraucht, z. B. 25 si, sonst als Neutr.
Ewald Frey.
Yergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals nnd
des Nendmekes.
Die stehenden Ziffern geben die Seitenzahlen des Originaldruckes (A*) an.
1 1 •
33
17
65
37 1
97
55 21
2 2
34
18
66
3724
98
563
3 3i
35
19 1
67
38 7
99
5624
4 3h
36
19 15
68
3829
100
57 7
5 44
37
20 13
69
40
101
5725
6 4i2
38
203C
70
41 1
102
58 12
7 02
39
21 19
71
4124
103
5832
8 5 19
40
222
72
42i
104
59 15
9 536
41
2222
73
4220
105
60i
10 6 IS
42
23 11
74
434
106
6021
11 6»
43
2333
75
4325
107
6l3
12 7n
44
24 16
76
44 7
108
6123
13 7»
45
2439
77
4427
109
626
14 88
46
25 23
78
45 11
110
6226
15 8 16
47
262
79
4531
111
63io
16 93
48
2625
80
46 13
112
6330
17 94
49
27 14
81
4634
113
64 13
18 96
50
28i
82
47 17
114
6433
19 i0i3
51
2824
83
48i
115
65 14
20 1026
52
297
84
4820
116
6535
21 Jf2i
53
2929
85
493
117
66 16
22 122
54
30 17
86
4923
118
67i
23 /^j
55
31 1
87
506
119
67 20
24 12i3
56
3t 24
88
50 2S
120
683
25 /5!»
57
32io
89
5i9
121
6823
26 i<?(;
58
3233
90
5129
122
696
27 1322
59
33i6
91
52 11
123
6925
28 i5«
60
343
92
5231
124
70 10
29 15 1
61
3426
93
53 16
125
7030
30 f5M
62
35 11
94
5335
126
71 13
31 itfj
63
35 33
95
54 19
127
7131
32 1621
64
36is
96
55 1
128
72 14
512 Vergleichende Tabelle der Seitenziffem des Originals und des Nendrackes.
129 72 ai
130 7390
131 744
132 7423
133 75 6
134 75 26
135 76 9
136 7629
137 77 n
138 77«
139 78 12
140 75«
141 79 17
142 7^57
143 5(?^
144 81 3
145 5/«o
146 826
147 52 w
148 &?ff
149 8322
150 S4io
151 84 ao
152 55 14
153 55 m
154 86 16
155 5^30
156 57 ip
157 55,
158 55 w
159 894
160 8921
161 90 6
162 ^i»7
163 P/if
164 9132
165 d^iff
166 9236
167 55 i«
168 P4i
169 9422
170
956
171
95 26
172
969
173
9629
174
97 13
175
97 22
176
98 16
177
9886
178
99 18
179
100 1
180
100 21
191
101 4
182
10124
183
102 8
184
10228
185
103 12
186
10382
187
104 17
188
104 37
189
10520
190
106 3
191
10624
192
1071
193
107 16
194
1082
195
10823
196
109 6
197
10926
198
110 9
199
110 26
200
111 9
201
11129
202
112 12
203
112 32
204
113 13
205
11331
206
114 16
207
1152
208
115 21
209
1164
210
11624
211 117 8
312 11728
213 11811
214 118 31
215 119 14
216 119 82
217 120 17
218 121 1
219 12121
220 1228
221 12227
222 123 12
223 123 19
224 124 14
225 12436
226 12520
227 1263
228 12624
229 127 7
230 127 18
231 128 1
232 12822
233 129 16
234 12986
235 130 19
236 1313
237 i5iif
238 /52«
239 13226
240 /55jf
241 13332
242 i;9^i5
243 i^^M
244 135 19
245 id^5
246 13623
247 i57r
248 i<?7;97
249 1383
250 i35M
251 139 14
252 id9M
253 i^i7
254 140 sr
255 i4/i«
256 1426
257 i45,«
258 ^4^9
259 14329
260 i44f
261 14422
262 /45i9
263 i^f
264 14621
265 /47 7
266 i47f7
267 149
268 /5&
269 151 1
370 ^5/18
271 152 1»
272 i55w
273 153 14
274 i55«
275 /54/7
276 154 yr
277 /Ä5i«
278 1562
279 i^^ü
280 i57«
281 15726
282 /55 s
283 15823
284 i59is
285 /5Pss
286 16016
287 /^0M
288 161 19
289 i^2»
290 1622»
291 /^^f
292 /55ff
JirifiR 6er 'gCrföeifeRrafl.
Herausgeber: Wilhelm Windelband.
Einleitung.
Der Springpunkt für die Entstehungsgeschichte der j^ritif ber UrtljetldfrQft
liegt genau an derselben Stelle, von der auch die grossen historischen Wirkungen
des Buches ausgegangen sind : es ist die Behandlung der Probleme Ton Schön-
heit und Kunst mit denjenigen des organischen Lebens unter einem gemein-
samen Gesichtspunkt. Die beiden sachlichen Gebiete, welche in den beiden
Theilen des Werks als ^tif ber Aftl^ettfd^en und ber teleologifcj^n Urtl^etUfraft
neben einander stehen, haben Kant je für sich lange und viel beschäftigt und
zu mannigfachen Untersuchungen und Äusserungen angeregt; aber die Gon-
yergenz beider Problemreihen, vermöge deren sie zugleich ihren Abschluss unter
einem gemeinsamen Princip fanden, hat sich nicht etwa stetig und allmählich
durch ein Anspinnen sachlicher Beziehungen zwischen beiden Gegenständen
vollzogen, sondern sie ist verhältnissmässig schnell und dem Philosophen selbst
gewissermassen überraschend durch die Einordnung beider Fragen unter ein
formales Grundproblem der kritischen Philosophie herbeigeführt worden.
Die teleologische Betrachtung der NatUr ist für Kant, wie für das ganze
18. Jahrhundert, umsomehr zu einem Hauptproblem geworden, als die ganze
Entwickelung seiner Erkenntnisslehre darauf hinauslief, die philosophischen
Grundlagen für die reine Naturwissenschaft, d. h. für Newtons mathematisch-
physikalische Theorie, zu finden. Je schärfer diese um den Begriff der mecha-
nischen Causalität concentrirt war, umsomehr erwies sich das organische Leben
als ein Grenzbegriff für die theoretische Naturerklärung. So hatte Kant bereits
in der SlUgemetnen 9laturgef^tc^te unb 2:^eorie beiS ^immelS erklärt: bag el^er
bie ^ilbung aüer ^immel^fdrper, bte Urfad^e tl^rer Semegungen, !ura, ber Ur-
fprung ber ganzen gegenmürttgen ^erfaffung bed äBeltbaued merbe fönnen ein«
gefel^ien merben, e^e bie ^aeugung eined einaigen ^autd ober einer fRaupt aud
medganifi^^en (Brünben beutli^ unb DoQfl&nbig funb werben »trb 0* Nachdem aber
in der Jhitif ber reinen SSernunft die Lehre von den j^ategorien und den ®runb«
ffi^en bed reinen Serfianbed mit principiellem Ausschluss des Zweckbegriffes fest-
gelegt worden war, hatte der Philosoph von seiner Ideenlehre aus in dem Hn«
1) Vorrede, vgU I 230.
«anf« €^tintn. ©erfe. V. 38
514 Ärttif bcr Urt^eiI«Traft.
J)anq ber traniSfcenbentalen ^ialeftif, wo er von der (^babfic^t bft nat&xlidfm
S)ia(e!tif ber menfd^lid^en Vernunft handelte, der teleologischen Betrachtung der
Natur die regulative Bedeutung zuerkannt, die Dinge der Welt, sofern ihre
erschöpfende Erklärung nach den Grundsätzen der mechanischen Erklärung
sich als unmöglich erweist, so anzusehen, als ob sie von einer höchsten
Intelligenz ihr Dasein hätten. Besondere Veranlassung aber, der Frage
der organischen Teleologie näher zu treten, bot sich Kant in der mit seinen
geschichtsphilosophischen Überlegungen zusammenhängenden SefHmmung beS
SegrtffeiS einer ^enfd^enrace. Die Stellung, die er mit dieser im November-
heft 1785 der „Berliner Monatsschrift' erschienenen Abhandlung eingenommen
hatte, vertheidigte er gegen einen Angriff Georg Forsters in der Schrift
Über ben @ebrau(^ teleologifd^er ^rincipten in ber $^t(ofop^te, die im Januar-
Heft 1788 des „Deutschen Merkur'' gedruckt wurde. Die hier vorgetragenen
Principien sind durchweg dieselben, wie dereinst in der ^tttf ber reinen Ver-
nunft und wie nachher in der Mtif ber Urt^etliSfraft, wo sie mit dem ganzen
Reichthum mannigfacher Anwendung ibre nähere Ausführung gefunden haben.
Aber nichts in dieser Schrift, die zur Zeit des Abschlusses der ^ti! ber prof«
tifc^en Sßemunft geschrieben worden ist, lässt auf die Absicht des Verfassers,
den Gegenstand in grösseren Dimensionen zu behandeln, und nichts darin lässt
auf einen Zusammenhaag schliessen, in den diese Fragen mit den ästhetischen
Problemen gebracht werden sollten.
Mit nicht minder lebhaftem persönlichen Interesse hat Kant von froh an
die ästhetischen Fragen verfolgt Schon die Beobachtungen über bad ®efü^I
bed @(^5nen unb (Sx^ahtmn zeigen eine ausserordentliche Fülle feinsinniger
Bemerkungen aus einem weiten Umkreise der Kenntniss, und aus seinen Vor-
lesungen, wie aus seinen Reflexionen geht hervor, dass er mit den Erscheinun-
gen der schönen Literatur und mit den kunstkritischen Theorien seiner Zeit
in einem ausserordentlich ausgedehnten Maasse vertraut gewesen ist>). Aber
sein Interesse daran war zunächst ein lediglich anthropologisches. Er betrachtete
diese Gegenstände nur vom Standpunkt der Psychologie aus und hielt ihnen
gegenüber die Möglichkeit einer anderen Doctrin damals für ausgeschlossen.
Damit war es durchaus vereinbar, dass Kant in dieser seiner „ empiristischen *"
Periode auf dem Katheder die Ästhetik ganz im Baumgartenschen Sinne als Er-
gänzung und in Parallele zur Logik behandelte. So heisst es in der 9lad^rid^t
öon ber (5inri(J6tunö feiner SSorlefungcn in bem SBinter^albja^re öon 1765—1766
(11,311) am Schlüsse der Ankündigung der Logik: SBobei augletc^ bie fe^r no^e
S3em)Qnbtf^aft ber ^attmn ^nlag gtebt, bei ber ^rittl ber Vernunft einige
SßMe auf bie ^ritif besS Gefti^macfd, b. i. bie äfi^etif, au n>erfen, baDon
bie SRegeln ber einen jeberaeit ba^u bienen, bie ber anbem au erl&utem, unb
l^re Slbfted^ung ein SKittcl ifl, beibe beffer a« begreifen. Auch weiterhin schrieb
*) Das sehr umfangreiche Material dazu findet sich bisher am ausführ-
lichsten fl^esammelt bei Otto Schlapp, Kants Lehre vom Genie und die Kritik
der Urteilskraft. Göttingen, 1901.
Einleitang. 515
Kant sachlich den Fragen des Geschmacks so viel Bedeutung zu, dass, als er im
Jahre 1771 nach der Inauguraldissertation ein Werk unter dem Titel S)ie ®ren^en
bfc @inn(i^fett unb ber 9)ernunft plante, er auch sie darin behandeln
wollte 1). Es kam ihm damals wesentlich darauf an, meldten grogen (Sinflud bie
gemiffe unb beutlic^e (Sinfic^t in ben Unterf4ieb beffen, ma^ auf subjectioi\d)tn
prineipitn bet menf^Itc^en ©eelenfr&fte nic^t aKein bei ©innltd^feit, fonberii au^
beiS SM^anbeiS berul^t, non bem mad gerobe auf bie (BegenftAnbe ge^t in bet
ganzen ^eltmeid^eit, ja fo gar auf bie mi^ttgfien Qwtdt ber aJIenfd^en überhaupt
J^abt. Wenn in diesem Sinne auch der (Sntmurf beffen, mad bie SRatur ber (Be«
fc^madfdle^re, Wetop^^iidT u. äUorol audmac^t, in dem geplanten Werke enthalten
sein sollte, so hatte das offenbar den Sinn, dass die Geschmackslehre als eine
rein empirische und durch apriorische Principien nicht bestimmte Lehre dar-
gestellt worden wäre. Denn diesen Standpunkt nimmt Kant noch in der ^td
ber reinen Vernunft ein, wo es in der Einleitung zur transscendentalen Ästhetik
folgendermassen lautet *): 2)te 2)eutf4en finb bie einzige, meiere fi^ jeftt beiS
SBortd ^fl^etif bebienen, um babur^ bad ju beaei^nen, mad anbre i^ritif beiS
(Befc^madTd l^eigen. (&i liegt l^ier eine t>erfe^lte Hoffnung jum ©runbe, bie ber
oottteffli^e Unal^fl 93oumgarten fugte, bie friüfc^e Seuttl^eilung bti €4dnen
unter Semunftprincipien ju bringen unb bie ^Regeln berfelben ^vx 9Biffenf(|aft a»
ergeben. Kllein biefe Semfll^ung ift Dergebli^. S)enn gebuchte SRegeln ober SM*
terien Ttnb i^ren Quellen nadg blöd empirifd^ unb fönnen alfo niemals au @e-
fe^en a priori bienen, momac^ fi^ unfer ®efd^ma<idurt^eil rieten mügte; Dielmel^ir
ma^i bad leitete ben eigentlichen $robirfietn ber SRi^ttgfeit ber erfieren auiS.
Um bedwillen ift eiS rat^fam biefe ^Benennung mieberum einge)^ a^ laffen unb fle
berienigen Seigre aufaubel^alten, bie ma^re fBiffenf^aft ifi, moburc^ man auc^ bet
©prac^e unb bem @inne ber Eliten n&l^et treten toütbe.
In der fortschreitenden Beschäftigung mit diesen Gegenständen hat sich
aber Kants Auffassung allmählich Terändert Schon die II. Auflage der ihitif
ber reinen 8etnunft, deren Manuscript dem Jahre 1786 entstammt, giebt jener
Stelle eine bemerkenswerte Veränderung. Statt i(|ren Ouellen heisst es hier*)
il^iren nomel^imften Quellen und statt au ®efe^en nur noch au beflimmten (Be-
fe^en. Es muss also ein, wenn auch nur äusserst geringes Maass von Apriorität
in dem ästhetischen Verhalten zu dieser Zeit Yon Kant wenigstens nicht mehr
ganz für unmöglich gehalten worden sein. Dazu kommt noch, dass er an der
gleichen Stelle neben dem Vorschlage, die Baumgartensche Terminologie wieder
aufzugeben, jetzt auch noch die andre Möglichkeit ins Auge fasst, fic^ in bie
^Benennung mit ber fpeculotioen $(|ilofop^ie au tfieilen unb bie ift^etif tl^eild im
ttaniSfcenbentalen @inne, tl^eild in pf^c^ologifd^et ^ebeutung au nehmen. Aber
gerade diese terminologische Goncession, die sich in der Folge dazu erweitert
hat, dass Kant selbst für die Verwendung der Ausdrucke %ft(|etif und Afl^tifd^
1) Siehe Kants Brief an Marcus Herz, vom 7. Juni 1771, X 117.
^ jeritif ber reinen Vernunft, 1. Aufl., S. 21, Anmerkung. IV 30.
^ III 50 Anmerkung.
33*
516 Ärittf ber Urt^ctttfroft.
in dem heutigen Sinne die entscheidende Bestimmung ausgeübt hat, zeigt doch
an dieser Stelle, dass er auch damals noch die Ästhetik, welche die Stxitif bed
®ef^ma(fiS bedeuten sollte, wesentlich in psychologischer Bedeutung nehmen
und Yon ihrer Parallelstellung zu den transscendentalen Disciplinen nichts
wissen wollte.
Offenbar aber ist seine Beschäftigung mit diesen Problemen immer mehr
zu so geschlossenen Ergebnissen gelangt, dass er schon während der Zeit, als
er seine ethischen Grundwerke ausführte, mit der kritischen Darstellung der
Geschmackslehre beschäftigt war. Wir sehen aus einem Briefe von Bering')
an ihn (28. Mai 1787), dass der Leipziger Messkatalog bereits für das Jahr 1787
eine Grunblegung jur dritil bed ®t\ä)madS von Kant angekündigt hatte; und
er selber berichtet in einem Briefe an Schütz vom 25. Juni desselben Jahres^,
worin er auch mittheilt, dass er in der künftigen Woche das Manuscript der
^til ber praftifc^en Vernunft nach Halle zum Druck zu schicken denke, am
Schluss, dass er nun alsbald zur ®runblage bev ^ritif bed &e]^madß gehen
müsse. Nach diesen Ausdrücken scheint die Annahme (Benno Erdmanns) nicht
ausgeschlossen, dass Kant eine Zeitlang daran gedacht hat, ebenso wie er
der j^tttf ber profttfd^en Vernunft die (Brunblegung jur SJ^etop^^ftl ber Sitten
Yorangeschickt hatte, auch der ^ttl bed ^ef^tnadtd eine ähnliche Grundlegung
vorangehen zu lassen, die dann wohl ebenso die Aufgabe gehabt hätte, die
Überführung Ton der populären Auffassung des Schonen zu der philoso-
phischen, d. h. kritischen Behandlung darzulegen. Sie würde in diesem Falle
den Entwickelungsgang von Kants eigener Betrachtung des Gegenstandes, ihre
Umlegung aus dem psychologischen auf den transscendentalen Standpunkt dar-
zustellen berufen gewesen sein. Ob aber Kant ernstlich daran gegangen ist,
eine solche Theilung auch auf diesem Gebiete vorzunehmen, wird sich nicht
mehr entscheiden lassen.
Jedenfalls hat das Jahr 1787 den Umschwung in der Theorie des Ge-
schmacks für Kant mit sich gebracht. Sein Brief an Reinhold vom 28. De-
cember 1787'), worin er diesem für die ,,Briefe über die Kantische Philosophie^
dankt und ihm zugleich das Manuscript der Abhandlung Über bte telologifc^en
^rtndpten für den „Deutschen Mercur* einsendet, lässt nicht den geringsten
Zweifel darüber, dass die neue Erkenntniss, die Kant bei seiner Beschäftigung
mit der ^tif ber ©efc^madd gewonnen hat, wesentlich zurückging auf bad
®Qftemattf4ie, bad bte ß^i^d^i^^^ning ber t)or(|er betrachteten 9)erm5gen mic^ im
menf(!^ltd^en (Bemüte l^atte entbedPen laffen, unb wtlä^tü ju bemunbem unb loo«
möglich gu ergrünben, mir noc^ Stoff genug für ben ftberrefjt meinet Sehend an
bie i^anb geben mtrb. Dies Selbstbekenntniss Kants ist umso wichtiger, als es
nicht nur im Allgemeinen die Bedeutsamkeit des systematischen Moments in
seiner Art des Philosophirens erkennen lässt, sondern es auch deutlich aus
1) X 465.
2) X 467.
«) a. a. 0. S. 487 f.
Einleitung. 517
spricht, dass das gewaltigste seiner Werke auf der Wirksamkeit dieses syste-
matischen Momentes in dem Sinne beruht hat, dass er dadurch zu einer tief-
gehenden, ihm selbst unerwarteten Änderung seiner Auffassung sich genÖthigt
gesehen hat. Er sagt in diesem Briefe ausdrücklich, er sei auf diesem syste-
matischen Wege dazu gelangt, Principien a priori auf einem Gebiete zu finden,
wo er dies vorher für unmöglich gehalten habe, und er zeichnet hier in kurzen
Strichen den Grundriss für die Eintheilung der kritischen Philosophie über-
haupt, den er nachher in der Einleitung zur ^rittl ber Urtl^eildfraft — und zwar
in deren beiden Formen gleichmässig — durchgeführt hat: 2)er ^ermdgeti bed
@emfit^d finb bret: ©ifenntitigDertnögen; @efü^l ber 9u{t unb Unlufi, unb 9e-
gel^irungdoermdgen. gfic bad erfle l^abe id^ in ber Sriti! ber reinen (t^eorettfdgen),
ffir bad britte in ber (Sritif ber practifc^en IJemunft principien a priori ge-
funben. Die Aufgabe der ^ttf bed ®ef(^ma(fd ist also zu dieser Zeit dabin
bestimmt, Principien a priori für das Gefühl der Lust und Unlust zu finden,
und Kant bezeichnet diesen Theil der Philosophie, indem er ihn neben die
theoretische und die praktische Philosophie stellt, als Sieleologte.
Diese Gleichsetzung der SttiWl bed ®ef(!^ma(fd mit der Teleologie würde
unmöglich gewesen sein, wenn Kant nicht schon damals die Erkenntniss ge-
wonnen hätte, dass die Apriorität des ästhetischen Urtheils auf der subjectiyen
Zweckmässigkeit im Zusammenspiel der Erkenntnissyermögen und damit auf der
allgemeinen Mittheilbarkeit des darauf beruhenden Gefühls, in letzter Instanz
somit auf dem SBemugtfein flberl^iaupt oder bem fiberfinnlid^en ©ubftrat ber
SRenfd^l^ieit beruht. Für das Verständniss der Gedankenentwickelung, die Kant
zu diesem, ihn selbst überraschenden Ergebniss hat kommen lassen, besitzen
wir keine authentischen Angaben und sind wir deshalb auf die Begründungen
des Ergebnisses angewiesen, die in der jhdtif ber Urtl^eitdfrafi selbst enthalten
sind. Danach aber ist es klar, dass die neue Erkenntniss für Kant aus seinen
Untersuchungen über die logische Structur des ästhetischen Urtheils erwachsen
ist Deshalb ist es für ihn und seine ästhetische Philosophie durchaus wesent-
lich, dass die ^nol^tif beiS (Schönen nach dem Schema seiner Kategorienlehre
gegliedert ist, und es ist nicht zu verkennen, dass das entscheidende Problem,
das gerade aus dieser Behandlungsweise herausspringt, in der Frage besteht,
wie mit dem singularen Charakter des ästhetischen Urtheiles seine Allgemein-
giltigkeit vereinbar sei. Diese Fassung des ästhetischen Problems schliesst sich
mit einer zwingenden Analogie an diejenige erkenntnisstheoretische Unterschei-
dung, welche Kant zur Erläuterung seiner Kategorienlehre in den $rolegomena
neu eingeführt hatte: die Unterscheidung des SBol^ime^mung^urt^eiled und des
(Srfa^ntngdurt^etled. Die Analogie dieses Verhältnisses zu demjenigen zwischen
den Urtheilen über das Angenehme und das Schöne nach der Kantischen Auf-
fassung liegt unmittelbar auf der Hand>). Dort nun hatte Kant gefunden, dass
>} Diese Analogie ist ausgeführt bei Fr. Blencke, Die Trennung des Schönen
Tom Angenehmen in Kants Kritik der aesthetischen Urteilskraft. Leipzig 1889.
518 Stüül ber Urt^eildhaft.
das singulare fBal^ntel^mungdurtl^eil zum (Stfal^ntngiSttrtldeil mit dem Ansprache
auf Allgemeingiltigkeit nur dadurch werden könne, dass als Princip der Be-
gründung eine Kategorie, d. h. ein Begriff, hinzutritt Bei dem SchönfaeitsurtheU
dagegen war diese Begründung durch einen Begriff ausdrücklich auszuschliessen,
und dadurch wurde es für den Philosophen zu einem logischen Problem. In
dem Augenblick, wo Kant in jener subjectiyen Zweckmässigkeit das apriorische
Moment entdeckte, welches die Allgemeingiltigkeit des ästhetischen ürtheiles
trotz seiner formalen Singularität und trotz seiner Unabhängigkeit von Be-
griffen verstehen Hess, musste ihm die Ästhetik aus dem Bereiche der
Psychologie in dasjenige der Transscendentalphilosophie hinüberrücken. Damit
war auch das dritte Gebiet des Seelenlebens, wie es Kant mit den gleichzeitigen
Eintheilungen von Sulzer, Mendelssohn und Tetens annahm, das Gefühl, zum
Gegenstande der kritischen Methode geworden.
Wenn nun auch der Brief an Reinhold vom 28. December 1787 die
Gleichsetzung dieser philosophischen Kritik des Gefühlsvermögens mit der Teleo-
logie ausspricht, so enthält er andererseits nicht die geringste Andeutung dar-
über, dass etwa dieser neuentdeckte Theil der Philosophie noch andere Probleme
enthalten sollte, und er bietet ganz besonders nicht den geringsten Anhalt da-
für, dass irgend ein Zusammenhang dieser transscendentalen Ästhetik des
Schonen mit solchen Fragen in Aussicht genommen wäre, wie sie sonst und
auch von Kant gleichzeitig als teleologische bezeichnet zu werden pflegrten.
Die für die systematische Gesamtgestaltung der ^rittf ber Urt^etldfraft ent-
scheidende Bestimmung und die Beziehung der beiderseitigen Probleme auf das
Grund princip der reflectirenden Urtbeilskraft war somit um diese Zeit noch nicht
gefunden oder wenigstens nicht zu deutlicher Erkenntniss und Formulirung ge-
langt Daher gingen auch die Hoffnungen, welche Kant am 24. December 1787
brieflich an Marcus Herz über den baldigen Abschluss seines gesamten philo-
sophischen Hauptwerkes geäussert hatte 0« nicht in Erfüllung, und es kamen
nicht nur die Rectoratsgeschäfte, von denen er in dem Briefe an Reinhold vom
7. März 1788 spricht^, und dann die Abfassung der Streitschrift gegen Eber-
hard verzögernd dazwischen, sondern hauptsächlich die Neugestaltung der Pro-
bleme, die zuerst darin zum Ausdruck kommt, dass das Werk in dem Briefe an
Reinhold vom 12. Mai 1789 zum ersten Mal unter dem Titel meine (SxUXt bec
Urt^eiUfraft (oon ber bie 6ritil bed eefc^madT« ein Sl^eil ift) für die nächste
Michaelismesse in Aussicht gestellt wird *). Jetzt also erst war die Vereinigung
der ästhetischen und der im engeren Sinne teleologischen Probleme unter dem
Princip der Urtbeilskraft gelungen: und es fragt sich, wie diese abschliessende
Wendung der Kantischen Philosophie gefunden worden ist. Die Utt^eitölraft,
von der nun die Rede ist, hat bekanntlich als die reflectiteRbe Urtl^eiUlraft einen
ganz anderen Sinn, als jene Htt^eildfraft, von der Kant in der ^if ber reinen
1) X 486.
>) X 605.
«) XI 39.
Einleituncr. 519
IJenmnft gehandelt hatte, die dort in der $(nal^tif ber ©runbffi^e als die tcaniS«
fcenbentale Urtl^eitöfyaft eingeführt und von der eben die Analytik der Grund-
sätze die trandfcenbentole 2)octcin gebildet hatte. Dieser befiimmenben Urtheils-
kraft wird nun die reflectttenbe als dasjenige Princip gegenübergestellt, welches
die transscendentalen Bedingungen für die apriorischen Functionen des Gefühls-
Termogens enthalten soll.
Auch hierbei sind für Kant wesentlich systematische Erwägungen maass-
gebend gewesen. Für die drei Gebiete des Seelenlebens, die er als Vorstellungs-
Termogen, Gefnhlsvermögen und BegehrungSTermögen unterschied, konnten aprio-
rische Principien, wenn es solche gab, wiederum nur in den drei Arten des
sogenannten oberen Erkenntnissvermogens gesucht werden. Diese aber waren
Verstand, Urtheilskraft und Vernunft. Die Principien apriorischer Erkenntniss
hatte er im Verstand, d. h. in den Kategorien und den Grundsätzen, diejenigen
des Begehrungsvermogens oder des reinen Willens nach den Untersuchungen
der jbritif ber praftifc^en ISBemunft in der „Vernunft*' im engeren Sinne des
Wortes gefunden. So blieb für ein Apriori des Gefühls, wenn es ein solches
geben sollte, nur die Urtheilskraft als Quelle übrig. Diese Function aber konnte
die Urtheilskraft nicht in Gestalt der Bedeutung übernehmen, welche sie in der
traniSfcenbentolen 2)ebuction ber reinen Serftanbedbegriffe als die Unterordnung
der Daten der Sinnlichkeit unter die Kategorien besass. Vielmehr musste in
diesem FaUe eine ganz andersartige Function der Urtheilskraft angenommen
werden. Im Allgemeinen sah Kant das Wesen der Urtheilskraft darin, die
Unterordnung des Besonderen unter ein Allgemeines zu Tollziehen. Wo diese
Unterordnung so erfolgt, dass die Specification des Allgemeinen zum Beson-
deren als eine begriffliche Nothwendigkeit eingesehen werden kann, da haben
wir es mit der bestimmenden Urtheilskraft als einem transscendentalen oder
empirischen Vermögen zu thun: die transscendentale Urtheilskraft hatte Kant in
diesem Sinne in der transscendentalen Analytik als die Subsumption der Sinn-
lichkeit unter die Kategorien yermoge des ©d^ematidtnud ber reinen ^erftanbed«
begriffe dargelegt. Nun hatte Kant gefunden, dass die Nothwendigkeit und
AUgemeingiltigkeit, welche das ästhetische Urtheil für sich in Anspruch nimmt
auf der subjectiven Zweckmässigkeit der Form des Gegenstandes für das Zu-
sammenspiel der Erkenntnisskräfte, Sinnlichkeit und Verstand, niemals aber auf
Begriffen beruht. Hier zeigte sich also eine Art der Urtheilskraft, worin der
Torgestellte Gegenstand nicht mehr für die Erkenntniss auf allgemeine Begriffe,
sondern Tielmehr für das Gefühl auf ein Princip der Zweckmässigkeit in allge-
meingültiger Weise bezogen wurde. So entdeckte Kant das Princip einer Ur-
theilskraft ohne allgemeine Begriffe, und dieses nannte er die reflectirende Ur-
theilskraft, in welcher das Allgemeine, worunter das Besondere subsumirt
werden soll, nicht in Begriffen gegeben ist, sondern erst gesucht werden muß.
Damit war einerseits der Weg gefunden, Gefühle, wie die der Lust und
Unlust, die im Allgemeinen durchaus empirischen Characters sind, auf die re-
flectirende Urtheilskraft zu beziehen und ihnen damit den apriorischen Gbaracter
520 Stxiüt bcr Urrteilüfraft.
zu gewinnen, andererseits aber anch die Möglichkeit gegeben, im Bereiche der
Erkeuntnisstbätigkeit überall da, wo die Unterordnung des Besonderen unter das
Allgemeine in der Form der bestimmenden Urtheilskraft unmöglich war, die
Betrachtung der reflectirenden Urtheilskraft für sie eintreten zu lassen. Wenn
die synthetische Einheit des Mannigfaltigen durch die begriffliche Function der
bestimmenden Urtheilskraft nicht einzusehen ist, so kann an ihre Stelle die
reflectirende mit dem Princip der Unterordnung des Mannigfaltigen unter einen
einheitlichen Zweck treten. Unter diesem Gesichtspunkte konnte die Zweck-
mässigkeit der organischen Naturproducte, deren Nothwendigkeit aus den be-
grifflichen Voraussetzungen des causalen Mechanismus nicht zu verstehen war,
von der reflectirenden Urtheilskraft angesehen werden. Insbesondere aber
eignete sich dieses Princip zur Ergänzung von Kants Bemühungen um die
Metaphysik der Natur. Denn wenn in dieser die Ableitung des Besonderen
aus dem Allgemeinen, die Specification des Allgemeinen zum Besonderen auf
dem begrifflichen Wege der bestimmenden Urtheilskraft unmöglich war, wenn
deshalb die besonderen Erscheinungen und Gesetzmässigkeiten der Natur im
Sinne einer begrifflich erkennbaren Nothwendigkeit zufällig blieben, so konnte die
synthetische Einheit der Erscheinungen, die wir als Natur denken, nach dem
Princip der reflectirenden Urtheilskraft als ein zweckmäßiges Ganzes betrachtet
werden.
Den springenden Punkt für die Beziehung des GefühlsTermögens auf die
im engeren Sinne sogenannten teleologischen Probleme müssen wir deshalb
wiederum in logisch-erkenntnisstheoretischen Problemen allgemeinster Art suchen.
Denn von der Auffassung der nachher sogenannten objectiven Zweckmässigkeit
der organischen Wesen führt zu der sogenannten subjectiven Zweckmässigkeit
in dem Zustande des Gemüthes, der das ästhetische Urtheil begründet, kein
directer Weg. Das Zwischenglied, das die letzte Vereinheitlichung in den Ge-
danken der kritischen Philosophie vermittelt hat, liegt vielmehr bei denjenigen
Überlegungen, welche Kant als das Problem der ©peciftcotton ber SRatitr be-
zeichnet hat. Es ist die Frage, wie weit aus den Grundsätzen des reinen Ver-
standes, die zugleich die allgemeinen Gesetze sind, welche nach der trandfcen*
betttalen ^ebuction ber reinen Serfianbedbegriffe ber Setftanb ber 9latinr dot«
fc^reibt, sich die besonderen Naturgesetze deduciren lassen. Diese Frage blieb
für Kant, nachdem er in den metapl^i^flfc^en Knfangdgtünben ber fRatur-
miffenfc^aft durch die Combination der kategorialen Grundsätze mit mathema-
tischen Principien bereits weiter in die Besonderheit des Systems der Natur-
gesetze eingedrungen war, ein systematisches Hauptinteresse, und er hat an
ihrer Beantwortung bekanntlich in seinem Alter mit unermüdlich erneuten Vei^
suchen gearbeitet, die in dem hinterlassenen Manuscript über den Übergang aud
ber 9Retap]^^fiI in bie $^Qf!I niedergelegt sind. Dass ihn dies in der Zeit der
Entstehung der jhitif bet Utt^eiCdfiaft beschäftigte, sehen wir aus dem Briefe
an Marcus üerz, wo er am 26. Mai 1789 schreibt: mir, ber t(^ in tnefatem
66 ft» Sa^re no^ mit einer mettlöufttgen Urbeit meinen ^lan au DoUenben (t^tt
Einleitung. 521
in Lieferung bed legten ^etliS ber @ritif, nämlic^ bem ber Urtl^eildftafi, mdö^tx
balb ^eraudfommen foll, t^etld in ^udarbettung eined ©Qflemd ber 3)htap]^Qitf,
ber fRatur forool^I old ber ©itten, {enen crttifd^en gorberungen gemAg,) betaben
binO* Si* erkennt also die metop^^fifc^en ^nfang^grfinbe ber 9laturn>tffen-
f4iaft noch nicht als Metaphysik der Natur an, ebenso wenig wie die Stcitif
ber prafttfiten S^emunft als 9Uetap](|Qftf ber (Sitten. Die Herleitung der beson-
deren Naturgesetze aus den transscendentalen Principien erkannte er aber da-
mals noch mit vollkommen kritischer Schärfe als eine Unmöglichkeit, und er
fand hier nur den Ausweg der teleologischen Betrachtung, wonach die Zusammen-
stimmung aller einzelnen, der empirischen Erkenntniss zugänglichen Gesetz-
mässigkeiten zu einem einheitlichen System der Erfahrung als die Zweckmässig-
keit der Natur für die Erkenntnissthätigkeit angesehen werden sollte. Das ist
der Grund gesichtspunkt der teleologischen reflectirenden Urtheilskraft, welcher
diese mit der ästhetischen reflectirenden Urtheilskraft in unmittelbare Analogie
treten Hess. Daher handelt es sich auch in den beiden Einleitungen in die
^ttif ber Urtl^ieildfraft — sowohl in derjenigen, welche Kant schliesslich an die
Spitze des Werkes gestellt hat, als auch in derjenigen, von der wir nur die
Auszuge Ton Sigismund Beck kennen — , wo von den teleologischen Problemen
die Rede ist, nicht in erster Linie um die Frage nach der Zweckmässigkeit der
Lebewesen, sondern vielmehr principiell zunächst um das Problem der Einheit
der Natur als eines Systems der Erfahrung. In demselben Sinne gliedert sich auch
für die Einleitung der ^ritif ber Urt^ellölraft das Princip der formalen Qtüed*
tndgigfeit ber !Ratur mit den AbschniUen VII und VIII in die äftl^etifc^^e ^ox»
fteQung non ber StotdmliiiqUii ber 9lQtur und die lo giftige SSorfteQung t^on
ber ßxotdmliilqhit ber ![Ratur. Offenbar liegt dabei das aus der ^ttil ber reinen
Vernunft bekannte Einteilungsschema von Ästhetik und Logik zu Grunde und
wird, wie dort auf die Erkenntniss a priori, so hier auf die apriorische Be-
trachtung der reflectirenden Urtheilskraft bezogen. Aber das Gemeinsame für
beide Theile bleibt die Vemunftnothwendigkeit einer formalen Zweckmässigkeit
der Natur. Dies war der neue Grenzbegriff, den Kant in der Durchführung
der kritischen Metaphysik auf dem Boden der ^iti! ber reinen S^emunft ent-
deckte, und so mussten die ästhetische und die teleologische Problemreihe mit-
einander auf das Princip der reflectirenden Urtheilskraft convergiren.
Nachdem auf diese Weise unter einem völlig neuen Gesichtspunkte der
systematische Rahmen für das neue Werk gefunden war, konnte die Aus-
arbeitung verhältnissmässig schnell alle die besonderen Untersuchungen zusammen-
fassen, welche Kant zum grossen Theil im Anschluss an seine Vorlesungen über
die ästhetischen und über die teleologischen Probleme im Einzelnen schon fort-
während angestellt hatte. Das Wesentliche der principiellen Entwickelung
bildete die Einsicht in den Zusammenhang zwischen dem Gefühlsvermogen und
der reflectirenden Urtheilskraft: nachdem Kant gefunden hatte, dass es die
1) XI 49.
522 SMm bet Urt^eil^fraft.
letztere ist, welche für das erstere die Begrandang der Apriorit&t ihrer ästhe-
tischen Functionen im Schönen wie im Erhabenen abgiebt, musste der Theorie
des ästhetischen Urtheils diejenige des im engeren Sinne teleologischen Unheils
an die Seite gestellt werden, weil auch diese darauf hinauslaufen muss, seine
Begründung in der von der reflectirenden Urtheilskraft bestimmten Betrachtang
der Natur als eines zweckmässigen Systems der Erfahrung darzulegen. Die so
überaus wirkungsvolle Zusammenfassung der Probleme des organischen Lebens
und der Kunst hat sich also unter dem den letzten Abschluss der Kantisehen
Weltanschauung bestimmenden Gedanken von der Einheit des Systems der Er-
fahrung als eines zweckmässigen Ganzen vollzogen. In den ursprünglichen
Voraussetzungen der Kantischen Erkenntnisslehre mit ihrer scharfen Sonderang
von Form und Stoff lag es begründet, dass der gegebene Inhalt der Erfahnmg
den synthetischen Formen des Erkenntnissvermögens gegenüber in letzter Instanz
etwas ZuHÜliges bleiben musste und dass seine Formbarkeit durch Kategorien, seine
Subsumirbarkeit unter die Grundsätze eine unbegreifliche, ^glückliche' Thatsache
bildete, die einen Charakter der Nothwendigkeit nicht mehr für die begriffliche
Einsicht, sondern nur noch für die teleologische Betrachtung erhalten konnte:
von diesem Verhältniss aus gesehen, bildet die SMtit her Urtl^etldfraft eine
ebenso unerlässliche Ergänzung für die jhitil bet reinen Vernunft, wie sie nach
einer andern Richtung durch die Sttitit bei prafttf^en 9)eniunft von Kant
gegeben ist So hat die Gedankenarbeit des 9. Jahrzehnts vollendet, was in
der des 8. Jahrzehnts begonnen worden war.
Nachdem Kant diese Gedankenzusammenhänge zu ihrem systematischen
Abschluß gebracht hatte, ist die Abfassung der ftrtttf bei Urt^etliSfroft, wie es
scheint, verhältnissmässig schnell von statten gegangen. Wegen des Verlages
hatte Kant mit dem Berliner Buchhändler de la Garde abgeschlossen. Der Sohn
seines alten Verlegers, Johann Friedrich Hartknoch in Riga, dem Kant auf seine
Bitte um den Veriag der Stnül bed fi^^önen ©ef^ntafd, (vgl. dessen Brief vom
15./26. August 1789)0 eine unbestimmte Zusage ertheilt hatte, war davon, wie
sein Brief vom 9./20. October 1790 zeigt*), schmerzlich überrascht Die Wahl
Kants scheint durch Rücksiebten auf die Leistungsfähigkeit des Verlags hin-
sichtlich der Schnelligkeit der Herstellung und der Sicherheit des Betriebes
veranlasst gewesen zu sein: denn er schreibt an seinen Schüler Kiesewetter,
den er de la Garde als Gorrector empfohlen hatte (Brief an de la Garde vom
15. October 1789 und von Kiesewetter vom 19. November 1789)») bei Gelegenheit
der Absendung des ersten Theils des Manuscriptes am 21. Januar 1790, es solle,
falls de la Garde das Werk nicht bis zur Ostermesse fertig zu bringen ver-
möchte, Kiesewetter Verhandlungen mit einem andern Buchhändler, Himburg,
einleiten *), An de la Garde schreibt er an demselben Tage, mit der Znsendung
') XI 71.
>) XI 217.
») XI 95 u. 106.
*) XI 121.
Einleitung. 523
des Manuscripttheils : S)ie etfie unb Dome^mfle IBebingung, tmtet ber i(^ (Sto:
^o^ebelgeb. biefed Mcrpt. ^ Syrern S^erlQQe übergebe, ift: bog ed aut redeten
geit auf ber ndd^ften 8eipa. Dßermeffe fertig geliefert »erbe, ©oaten @ie btefed
au leiflen fid^ ni4t getrauen, fo bitte ed an $m. Kieaewetter au ntelben, ber
hierüber Don mir einen Kuftrag befomntt. ^Eein i^ l^offe: bag eiS bod^ irgenb
eine treffe in Berlin ober bem benachbarten ©ac^fen geben mirb, wel^e in 14
2:agen 5 8ogen brudfen »irb, babur(| benn ber 2)rudC gana a^i^ifi t)oaenbet fe^n
fann. S)a i^ aber nic^t atoeifle: ba6 ®ie einen folgen 9ud^brufer in Berlin
antreffen werben, fo mieberl^ole meine (Smpfel^lung, ben ^m. Kieseweuer aum
Corrector au brauchen, ben @ie bann aud^ bafür f o ret4|li(^ ald für bergletc^en
Krbeit nur au gefd^e^en pflegt, au beaa^ten belieben »erben'). Die Briefe Kiese-
wetters und de 1& Gardes vom 29. Januar 1790^) zeigen, dass Verleger und
Corrector die Wünsche Kants auf das eifrigste zu befolgen begannen. Kant
lless dann am 9. Februar eine zweite Manuscriptsendung an de la Garde ab-
gehen, wonach vom Text nur noch ein kleiner Rest ausstand'). Er zeigte in
dem weiteren Briefwechsel mit dem Verleger und dem Corrector^) eine rohrende
Bescheidenheit in der Bekundung seiner Zufriedenheit über die Ausstattung
und die Drucklegung des Buches. Der Corrector hatte dabei, wie sein Brief
vom 3. M&rz 1790 beweist, mancherlei Verlegenheiten zu überwinden: „es sind
nämlich Stellen im Manuscript, die offenbar den Sinn entstellende Schreibfehler
enthalten, und wo ich mich genöthigt gesehen habe zu ändern.* Wir erfahren
dabei auch, dass er »bei der Corrector vom 2ten bis 6*«» Bogen krank war, und
also ein anderer, der dem Manuscripte treulich folgte, die Correktur übernahm^.
Dabei sei es zu seinem grössten Ärger gekommen, dass zwei den Sinn ent-
stellende Fehler stehen blieben, die unter den Errata aufgeführt werden sollten^).
Am 9. März 1790 hat dann Kant (vgl. Brief an de la Garde) ^) den Rest des
Textes im Manuscript an den Verleger abgeschickt und Vorrede und Einleitung
für das Ende der Passionswoche in Aussicht gestellt Die letztere Zusicherung
wurde sodann am 32. März erfüllt (vgl. den Brief an de la Garde vom 25. März
1790)^. Zugleich giebt Kant die Adressen für seine Dedikations-Exemplare an,
deren Zusammenstellung nicht uninteressant ist: Graf von Windisch-Grätz in
Böhmen, Geheimerat Jacob! in Düsseldorf, Professor Reinbold in Jena, Professor
Jacob in Halle, Professor Blumenbach in Göttingen, ferner Geheimer Finanzrath
Wloemer in Berlin, D. Biester, Kiesewetter, D. u. Prof. Hertz ^). Inzwischen
») XI 122 f.
2) XI 124 u. 126.
») XI 129 f.
*) Vgl. XI 141, 193, 383.
5) XI 136.
•) XI 140 f.
^ XI 142 f.
^ Dazu sind nach dem Verzeichniss in de la Gardes Brief vom 22. Mai
1790 (XI 172) noch Salomon Maimon und Prof. Michelsen gekommen.
524 Äritt! her Urt^elWIraft.
hatte Kant, wie aus dem Brief an Kiesewetter Tom 20. April 17900 zu ersehen,
einen Theil der Probebogen durchgesehen, aber er schreibt darüber: 34 fötfi
an fte bur^juge^n, (roegen ber ^rucffel^Ier} aber ed mar mir naä^qexabt Der«
briedltc!^ unb fd^ob ed alfo auf, bi^ t(| me^r berfelben befommen (oben toflrbe,
um f^ auf einmal ab^umaä^tn. Er legt dann einen Kuffa^ Don ben gefunbenen
2)rudPfe^(em, aud^ einen ^lu^IaffungSfel^ler, htt), meiere Dieüei^t nodg bem S^rrfe
ange^öngt merben fdnnen, und spricht dann des Näheren über einen Schreib-
fehler, der bei einer Überschrift untergelaufen war. Jenes freilich sehr wenig
sorgüLltige Druckfehlerverzeichniss ist dann der ersten Auflage des Werkes bei-
gefügt worden, die rechtzeitig nach Kants Wunsch zur Ostennesse 1790
erschien.
Mit dem Absatz des Buches war, wie Kiese wetter schon im Mai 1790 an
Kant berichtete'), der Verleger so zufrieden, dass er für das folgende Jahr
schon eine neue Auflage in Aussicht nahm. Auch de la Garde best&tigt dies
in dem Briefe vom 22. Mai 1790*). Indessen kam es nicht so bald zur zweiten
Auflage. Kant fragte am 2. September und nochmals am 19. Oktober 1790*)
bei dem Verleger an, bis wann er spätestens seine Verbesserungen für die
neue Auflage einzusenden habe. Die Antwort darauf (Briefsammlung 427a) ist
nicht erhalten, sie muss, wie wir aus dem Briefe von de la Garde vom 5. Juli
1791 ersehen^), dahin gelautet haben, dass die neue Auflage bis zum Sommer
1791 Zeit habe; nunmehr schreibt de la Garde, dass er nach der Michaelmesse
den Druck beginnen möchte und schickt ein durchschossenes Exemplar, dessen
Empfang Kant nnter dem 15. August 1791 quittirt. Die Bitte des Verlegers,
die Verbesserungen bis zu Ende October zu erhalten, hat Kant nach seinem
Briefe vom 28. October 1791 nicht erfüllen können: ba ic^ not^menblg meine gan^e
Bett ununterbro(i^en bem 2)ur(^ben!en ber l^ier abge^anbelten ©ac^en mibmen
mu6, meldte t(4 aber im »ergangenen (Sommer bid in ben Dctober hinein, bitrd^
ungemol^nte ^mtdgef^äfte unb auc^ manche litterörtf4ie unDermeiblid^e S^P^^u«
ungen abgel^alten, nic^t f^obt gewinnen lönnen^. Er bat damals um Aufschub
nur bis Ende November, theilte dann aber — wie sich de la Garde dazu stellte,
wissen wir nicht, da seine Antwort (Briefsammlung Nr. 463 a) nicht erhalten
ist — erst am 30. März 1792 dem Verleger mit, dass er das corrigirte Exemplar
bald nach Ostern ^u überfc^idfen bebac^t fe^n merbe^). In der That ist dies, wie
der Brief vom 12. Juni besagt,^) am 10. Juni geschehen. Die Oorrectur zur Ein-
leitung freilich kam erst am 2. Oktober 1792, und Kant bemerkte dabei: Vuf
ben Sitel ben Sludbtud: amei)te Serbefferte SlufSgabe au fe^en, l^olte id^ ni^t
0 XI 151 f.
^ XI 161.
») XI 172.
*) XI 193 f. u. 216 f.
5) XI 257 f.
«) XI 288.
^ XI 317.
•) XI 327.
Einleitung. 525
fflt fddidlid^, weil ed nid^t gana el^rlit^ ift; benn bte S^erbefferungen finb bod^ nid^t
toi^ltifi genug, um fle aum befonberen Semegung^gtunbe bed Sniaufd )u maci^en:
beiS^alb ic^ jenen Studbrul au^l DetbttteO* Was die letztere Frage angeht, so war
Kant, nachdem ihm de la Garde unter dem 2. November 1792 bedauernd mit-
getheilt hatte, dass im Messkatalog schon „zweite yerbesserte Auflage^ stehe*),
auch damit einyerstanden, weil es im Grunde wenig zu bedeuten habe. Er
schrieb darüber am 21. December 1792: Untna^r ifi ed menigflend ni4t, tnenn
ed mir gleid^ ein tnenig prablenb su fe^n f(!^ien'). Auf dem Titel des Buchs
ist aber dann der Zusatz .yerbesserte* doch fortgefallen. Jedenfalls aber konnte
Kant schon am 4. Januar 1793 dem Verleger für das ^errltd^ gebunbene (S^emplac
der neuen Auflage seinen Dank abstatten^). Die Änderungen, die Kant für
die zweite Auflage selbst gemacht hat, lassen sich schwer und auf jeden Fall
nur hypothetisch yon denjenigen unterscheiden, zu welchen offenbar, wie Kiese-
wetter bei der ersten Auflage, der Berliner Corrector auch jetzt freie Hand
hatte. Wer aber in diesem Falle der Corrector gewesen ist, lässt sich nicht
mehr feststellen. Dass es wieder Kiesewetter gewesen sein sollte, ist nicht an-
zunehmen, einerseits weil sich in der fortlaufenden Correspondenz mit diesem
nichts darüber findet, andrerseits weil zwischen ihm und Kant wegen der Logik
Kiesewetters eine yorübergehende Verstimmung eingetreten war (vgl. Brief yon
Kiesewetter 3. Juli 1791, yon de la Garde 5. Juli 1791, yon Kant 2. Aug. 1791);
der Briefwechsel mit Kiesewetter wird dann erst am 15. Juni 1793 von diesem
wieder aufgenommen, nachdem ihm Kant durch die Zusendung einer Schrift —
der SReligton tnnetl^alb ber ©renken ber blogen ISemunft — entgegengekommen
war). Der Corrector der zweiten Auflage war also ein Anderer, und sicher
auch ein wissenschaftlich gebildeter Mann. Jedenfalls ist seine Hand überall
in der Vermeidung sprachlicher Härten und der Abrundung des Ausdrucks
mitth&tig gewesen.
Noch eine dritte Auflage des Werks ist bei Kants Lebzeiten im Jahre
1799 bei de la Garde erschienen. Allein über diese schweigen die brieflichen
Nachrichten yollständig. Aus der Correspondenz mit de la Garde und mit
Kiesewetter ist nichts erhalten, was mit dieser neuen Auflage in Zusammen-
hang stünde. Selbst der Versuch, darüber in dem ungedruckten Briefwechsel
zwischen de la Garde und dem Kriegsrath Scheffner Auskunft zu finden, hat
nur ergeben, dass de la Garde am 4. August 1798 (Briefwechsel Nr. 773 a) an
Kant eine Anweisung für das Honorar der dritten Auflage der Kritik schickte
und dabei meinte, Kant solle wohl sich seines Versprechens erinnern und ihm
yon seinen Werken wenigstens eines noch zukommen lassen; und weiterhin
findet sich in dem Briefe yom 30. September 1798 eine Bemerkung über die,
wie es scheint, nicht eben freundliche Art, in der Kant, yielleicht unter dem
*) XI 359.
») XI 869.
•) XI 383.
*) XI 389.
526 SMm ber Urtlftdl^fraft.
Druck seines körperlichen Zustandes, die Verbindung mit dem Verieger abge-
brochen hatte: „Was Sie mir von Kant sagen, erklärt freilich in etwas sein
sonderbares Benehmen gegen mich. Gleich nach meiner Rückkunft aus Paris
überschickte ich ihm das Honorarium der dritten Auflage seiner Kritik und
dankte bei der Gelegenheit für die freundschaftliche Äußerungen gegen Vg.
(Vieweg) ferner noch Gesch&fte mit mir machen zu wollen. Als ich nach zwei
Uonat keine Antwort Yon ihm erhielt, bat ich ihn, mir wenigstens der Ordncmg
wegen den Empfang des Geldes anzuzeigen, allein hierauf hat er bis jetzt mit
keiner Sylbe geantwortet. Er scheint zu glauben, dass mein Dank eine Auf-
forderung enthält, von seinem jetzigen Verleger abzugehen. Dadurch würde er
nun wohl freyiich sein Versprechen erfüllen, allein mich nicht so sehr beglücken, da
ich mehr Verlagsprojecte habe als meine Kräfte es erlauben in 3 Jahren zu bestreiten.'
Die dritte Auflage stimmt zwar in der Seitenzahl und in der Abtheilung
der Seiten mit der zweiten durchgängig überein, ist aber doch nicht, wie man
wohl gemeint hat, ein unveränderter Abdruck davon, sondern zeigt wiederum
eine Anzahl sprachlicher Veränderungen und gelegentlich auch eine sachliche
Abweichung, — Änderungen, die sich stilistisch in der Richtung derjenigen
der zweiten Auflage bewegen. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, obwohl
in keiner Weise bezeugt, dass hier derselbe unbekannte Corrector mitgewirkt
hat, wie bei der zweiten Auflage, und dass er wiederum dazu freie Hand hatte.
Was wir somit von der Geschichte des Drucks der drei Auflagen wissen,
lässt es als ausgeschlossen erscheinen, mit Sicherheit eine Form des Werkes
herzustellen, die in jeder Hinsicht auf Kants eigene Textprnfung zurückginge.
Schon bei der ersten Auflage haben Kiesewetter und gelegentlich ein anderer
Corrector ihre Hand im Spiele gehabt; bei der zweiten gehen zweifellos die
bedeutsamsten Textänderungen auf Kants durchschossenes Exemplar zurück,
aber es sind auch die stilistischen Ausfeilungen durch den unbekannten
Corrector hinzugekommen; bei der dritten endlich haben wir keinen Qrund
zu der Annahme, dass Kant bei den Änderungen direct mitgewirkt hätte, wohl
aber zu der Voraussetzung, dass der Philosoph wiederum seine allgemeine
Einwilligung zu den Änderungen gegeben hat, welche der uns unbekannte
Corrector vornahm. Über das Verhältniss der drei Texte zu einander hat Benno Erd-
mann in seiner Sonderausgabe der jbriti! ber Urt^eüdfraft (1880) eine vergleichende
Untersuchung von so umfassender Sorgfalt gemacht, dass darauf hier verwiesen
werden muss. Für die vorliegende Ausgabe ist im allgemeinen auf Grund der
dargelegten Verhältnisse der Text der zweiten Auflage (A^ zu Grunde gelegt
worden als derjenigen, bei der Kant selbst noch in nachweisbarer Weise, wenn
auch nicht allein mitgewirkt hat. Doch erwies es sich als zweckmässig und
unter Umständen als erforderlich, gewisse Änderungen der dritten Auflage für
welche ja die Legitimation von Seiten Kants schliesslich auch soweit reicht,
wie für viele der Änderungen der zweiten Auflage, an denjenigen Stellen ein-
zusetzen, wo sie offenbare Verbesserungen des Ausdrucks oder Erleichterung
des Verständnisses bedeuteten.
Einleitung. Sachliche Erläuterungen. 527
Dneke: 1. 6titi£ bei Uctl^eUdfraft t>on Immanuel ftant. iSBetltn unb Bibou,
be^ Sogarbe unb Sneberi^, 179a
2. gme^te Auflage. ^Berlin, Be^ g. ^. Sagorbe. 1793.
3. S>ritte «uflage. öerlin, be^ g. $. ßaßarbe. 1799. (2 Drucke.)
Es erschienen ausserdem noch drei Naehteieke:
1. Sranffurt unb Selpalg 1792.
2. Slcucflc Auflage, gronffurt unb öeipalg 1794.
8. !Reuefle, mit einem SRegiftec Dennel^rte $(uftage. 2 IBbe. ®r&j^ 1797.
Sachliche ErUnterungen.
1689.10 fidleren alleinigen öcJH] Der überlieferte Text fidleren, aber einigen
fBefit ist verständlich, wenn man einigen im Sinne von einzigen nimmt, macht jedoch
mit dem aber eine Schwierigkeit, die Erdmann zu heben suchte, indem er statt
aber: ober conjicirte. Auch dies jedoch ist sachlich nicht ohne Bedenken, und
deshalb wurde die Schwierigkeit durch alleinigen zu umgehen gesucht
20433 Stofefifcl^e ©ad^em]. Sachem bedeutet eine Art von Häuptling oder
Friedenshäuptling: ygl. „Eantstudien*^ Bd. I, S. 155 f. Die yon Kant mitgetheilte
Anecdote beruht, wie P. Menzer gefunden hat, auf einer Stelle bei Charlevoix,
hjstoire et description generale de la Nouvelle-France. III S. 322. Paris 1744.
„Des Iroquois, qui en 1666 allerent a Paris, et ä qui on fit voir toutes les
maisons royales et toutes les beautes de cette grande ville, n'y admirerent rien,
et auraient pr^f^re les yillages ä la capitale du plus florissant royaume de
l'Europe, s*ils n'ayaient pas yu la nie de la Huchette, oü les boutiques des ro-
tisseurs, qu'ils trouvaient toujours gamies de viandes de toutes les sortes, les
charmerent beaucoup.^
224» (woran iä) bod^ gar nid^t smeifle)] Da die beiden ersten Auflagen
in dieser Klammer schreiben: moran id^ bod^ gar fel^r jineifle, so lag hier ein
Punkt totaler sachlicher Verschiedenheit vor. Denn dass in der dritten Auflage
das nid^t an die Stelle des fel^r getreten ist, kann unmöglich nur die Sache eines
Druckfehlers sein. Diese Änderung der dritten Auflage, die yermuthlich auf
deren Corrector zurückgeht und die in den Text dieser Ausgabe aufgenommen
ist, entspricht nämlich durchaus der Stellung, welche Kant zu den dort berührten
Fragen eingenommen hat. An der Eul ersehen Theorie, der Undulationstheorie
des Lichts, hat nämlich Kant, wie namentlich schon eine Stelle in seiner Pro-
motionsscbrift De igne zeigt, in der That nicht gezweifelt. Er nennt diese Theorie
dort (Sectio II, Prop. VIII; I, 378): hypoihetm nctturae legibus maxime congruatn
et nuper a clarissimo Eulero novo praeeidio munitam. In den 3]^etap]^Qfif(^en $ln«
fang^grünben ber !Ratunoi1fenfd^aft behandelt er (2. Hauptst. Lehrs. 8 Anm. 1
Note IV, 520) Eulers Hypothese mit entschiedener Zustimmung und sucht
die ihr aus der nur geradlinigen Fortpflanzung des Lichts erwachsende Schwierig-
keit auf eine gar mol^l oenneiblic^e matl^ematifc^e ^^orfteHung ber 8i(!^tmaterie
528 Sbdm ber Urt^dldfraft.
zuräckzaführen: vgl. daselbst 520, 21 S. Auch die Wendung in der Anthropologie
§ 19 (Vir, 1564) kann nicht als eine Concession an die Emissionstheorie des
Lichtes angesehen werden. Jedenfalls hat Kant in der ^tif ber Urt^etldfraft
überall Licht und Schall in Bezug auf die beiden .höheren*' Sinne nach dieser
Richtung durchaus parallel behandelt. Vgl. z. B. § 42 S. 302? oder § 51 S. 324 17
und 32481. Aber auch, was das Wichtigere und wesentlich Bedeutsame ist, die
ästhetische Verwendung dieser physicalisch-physiologischen Theorie, wonach die
reinen Farben wie die reinen Töne nicht bloss eine Wirkung auf den (Sinn,
sondern eine 9tefle;ton auf das regelmässige Spiel der Eindrücke enthalten, ist
von Kant überall ausdrücklich bejaht worden. Zwar führt er die eingehendere
Erwägung dieser «Frage im § 51, 3 (S. 324iof.) mit der Bemerkung ein, man
könne nicht recht ausmachen, ob die Besonderheit der Ton- und Farbenempfin-
dung den Sinn oder die Reflexion zum Grunde habe, — man könne nicht mit
Gewissheit sagen, ob eine gatbe ober ein 3:on blog angenehme @mpftnbungen,
ober an fit^ fd^on ein fd^dne« ©piel t)on Q^mpfinbungen fei unb a\9 ein folc^eä
ein Söo^IgefaDen an ber fjorm in ber fift^etifd^en ©eurt^eilung bei fid^ fü^re.
Aber seine weiteren Ausführungen lauten dann ausdrücklich: @o ntöd^te man
fid^ gendt^tgt fe^en, bie (^mpftnbungen oon betben ni^t aU bloßen @tnneneinbrudC,
fonbem ald bie SBitfung einer Seurt^eilung ber Sorm im @piele oieler Chnpfht«
bangen anjufe^en. Daraus folgt ihm dann, dass die Musik als schöne Kunst
und zwar als ein fc^öneiS @piel ber (Smpfinbungen burd^ bdi ©el^dr erklärt
werden soll: und dasselbe gilt nach dem Eingange des Abschnitts für die Farben-
kunst. Damit wird ausdrücklich bejaht, woran Kant nach der Lesart der ersten
und zweiten Auflage an dieser Stelle gar fel^r gezweifelt haben soll. Ebenso
aber heisst es §42 S. 3028 f. von Licht und Schall: biefe finb bie einzigen dtti'
pftnbungen, meldte nic^t blog ^innengefül^I, fonbem aud^ dlefle^on über bie gorm
ber ÜRobiflcationen ber (Sinne oerftatten. Und weiterhin (3294 f.) sagt Kant bei
Behandlung der Tonkunst hinsichtlich der proportionirten Stimmung, weld^e, weil
fie bei 2'önen auf bem i^er^öltnig ber S^^l ber 8uftbebungen in berfelben Seit,
fofern bie Xbne jugleic^ ober aud^ nac^einanber oerbunben n^erben, berul^t, mat^e«
matifd^ unter gemtffe Siegeln gebrad^t merben fann: Stn biefer matl^ematifc^en
Sfotm, obgIei(^ ni^t burd^ beftimmte begriffe oorgefteUt, ^dngt alletn bad äBo^l-
gefallen, melc^eiS bie bloge fRtfle^non über eine fold^e Tttnqt einanber beglettenber
ober folgenber Q^mpfinbungen mit btefem ©piele berfelben ald für {ebermann gültige
SBebtngung feiner ©d^ön^eit Derlnüpft; unb fie ift eiS anein, na6^ meld^er ber®e'
fc^macf fic^ ein S^ed^t über bai Urt^eil Don {ebermann jum S^oraud auiS^ufpre^en
anmaßen barf. Selbst wenn es also, wie yermuthlich, der unbekannte Gorrector
der dritten Auflage sein sollte, auf den die Ersetzung des gar fe^r durch das
gar nid^t zurückgeht, und selbst wenn die yon ihm mit Anschluss an den
früheren Text eingesetzte Form einen etwas zu starken Ausdruck hergestellt
hätte, so entspricht doch diese Änderung der von Kant in dem Werke durch-
gängig yertretenen Ansicht derart, dass ihre Aufnahme in den Text nicht nur be-
rechtigt, sondern auch erforderlich schien.
Sachliche Erläuterungen. 529
315s3f. Die Verse lauten im Original:
nOui, finissons sans trouble, et mourons sans regrets,
Kn laissant l'Univers comble de nos bienfaits.
Ainsi TAstre du jour, au bout de sa carriere,
Repand sur l'horizon une douce lumiere,
Et les demiers rayons qu'il darde dans les airs
Sont ses derniers soupirs quMl donne k l'Univers/
Sie finden sich am Schlüsse der Epitre XVIII, Au Mar^chal Keith, Imi-
tation du troisi^me livre de Lucr^ce: ,Sur les vaines terreurs de la mort et
les frayeurs d'une autre Yie", in den Poesies diverses, Berlin 1762, Bd. 2, S. 447;
vgl. Oeuvres de Fred^ric le Grand, 1846 flf. tome X, p. 203.
31618 Der Vers steht in den «Academischen Gedichten^ von Withof im
3. Gesang der „Sinnlichen Ergötzungen', Leipzig 1782, 1, S. 70, und lautet genau:
„Die Sonne quoll hervor, wie Ruh* aus Güte quillt*
(Nachgewiesen von E. Schmidt und R. M. Heyer.)
343 13 meiere] Richtiger wäre melc^eiS bezogen auf barftellen. Denn das,
was, wenn sie (nämlich die Anschauung) a priori ist, das Construiren heisst, ist
eben das In bcr Slnfc^auunß barftettcn.
35320 Dorige ^oragrapt)] Dies Selbstcitat konnte sich im § 58 nur auf den
Nebensatz Seite 35028 f. btc au^ einem überfinnlid^en ©runbe für not^tüenbig
unb Qllgemetngülttg erflärt roerben foll beziehen. Viel wahrscheinlicher ist es,
dass Kant an dieser Stelle das im Auge hatte, was er im § 57 von dem itber*
finnlid^en ©ubftrat ber SJ^enfd^^ett als dem etnaigen ®6)lü^tl ber (^nttöt^elung
des Geschmacksurtheils (vgl. S. 34021 und 341 7 ff.) dargelegt und in der An-
merkung I näher ausgefährt hatte. Damach hiesse es genauer: ber DorDorige
^aragtap]^.
42422 ISIumenbQ^] Vgl. Erl. zu VII 895 und B's. Schrift „Ober den
Bildungstrieb und das Zengungsgeschäfte^, Gottingen 1781 und mit dem abge-
kürzten Titel: „Ober den Bildungstrieb" ebenda 1789.
4274 Sinne] S^gl. Caroli a Linn^, Systema naturae ed. XII Holmiae 1766
I p. 17: „Politia naturae manifestatur ex tribus naturae regnis simul: quemadmodum
enim imperantium causa populi non sunt nati, sed subditorum ordinis servando
imperantes constituti, ita vegetabilium causa animalia phytiphaga, phytigorum
Carnivora, et ex his maiora ob parva, homo (qua animal) ob maxima et singula,
sese vero praecipue, saeva mercede conducta tyrannidera exercent, ut proportio
cum nitore reipublicae naturae perennet"
428 16.16 Camper] Vgl. VII 896 und die Erläuterung dazu.
46719.20 ^irngefptnfte — ^irngcfpenRer] beide Formen finden sich auch
sonst in dem überlieferten Text Eantischer Werke, Hirngespinste z. B. in der
^'ritil ber reinen Vernunft III 145 16, Hirngespenster in den ^anl^etten bed
j^opfed il 263 16 und 26487. Dass Kant in einem und demselben Werk beide
Aatit'9 et^riften. ScrfeV. 34 '
530 Ärltif ber IW^cllöfraft.
Formen angewendet haben sollte, ist kaum anzunehmen; die Verschiedenheit
scheint auf Rechnung der Setzer bzw. der Gorrectoren zu fallen, zumal da an
dieser Stelle die auf alle Fälle fehlerhafte Form von A 4)inigefpinftcr auf ^im«
gefpenfier geführt haben dürfte. Der Gleichmässigkeit halber war deshalb auch
hier •^imgefpinftc zu setzen, was an drei andern Stellen, 411a«, 466 is, 47226
sicher überliefert ist.
47686.87 SIelinaruÄ In feinem nod^ nit^t übertroffcnen Söerfc] Gemeint ist
R's. Schrift: »Die vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion in zehn
Abhandlungen auf eine begreifliche Art erkl&rt und gerettet' Hamburg 1754
u. 0. Vgl. II 161 aa.
Lesarten.
16711 bem] ben? Vorlander || 167 is fann. — alfo] !onn: fo, bafe bte 6rltif
A> unb bementfpre(!genb Z. 20 nt^tS übrifl Idgt A> || 167a5 btenen] fehlt A^ |{
168s das erste ber] fehlt? Hartenstein || I6810 oUeintgen] Windel band ober einigen
A ober etnatgen Erdmann || meiere] A»-» bie A» || 1696 jie — fie] Vorländer e«
— ed A II 16926 logifc^e] te(eologif4e? Rosenkranz || 1715 Sogtf $rtndpten] A^-^
Öogir t^ut, bie ber gorni A^ || 1735 «Raturle^re gegolten, enbUdft? Erdmann ||
nSeöorfci^nften]? Kehrbach 1| 173i5.i6 untermorfen —alfo] fehlt A» || 17335.36
oor^ergel^enbe] üorgel^enbe A || 1742? unb i^re] A>» unb auf »elc^em t^re A^ ;|
175s fle] A>-» jeneA» || 17582 aber] fehlt A» || 17587 al«] A*-» alfo A» || 1764
beten] A'.» baoon bie A» || 1765 fofl] fehlt A» || 176io »el(^e5] A*-» wa« A» |1
17685 überbem] überbteiS? Rosenkranz, fehlt Erdmann || 17721 ff. Die Anmerkung
ist Zusatz von A'' || 179 1 burd& ba«] A»*» burd&S A» || 179 2 00m] Erdmann Don A 1|
17982 aUgemetnen] A»-» aflgemetn A» || I8O15 blefe flcb nlc^t] Erdmann biefe ntc^t A ||
180«4 beffetben] Windelband berfelben A || 1836 ifl. — tfl] A»- » ifl, unb unter biefen
©efe^en \ft A^ || 18326 fönnen); — «nfeljmig] A»-» fönnten); unb in «nfe^ung
beten A^ || 18333.84 92atutbingen — befonbeten] Erdmann 9tatutbinge — fold^e
befonbere A || 184i7.i8 etfteuet — metben] A*'* steht A* erst nach dem Condi-
cionalsatze »enn — antreffen || 184ao überbem] übeibied? Rosenkranz || 185?
na<Sji] Zus. Hartenstein || 187 u jebet] {enet? Hartenstein || 1872s. 29 abt^etlung]
A>-a Slbt^eilungen A» || 18734 ba«] A»-» mad A» || 1884 tyoran^ fogte] A»-« öot-
^erfagte A» jj 1886 eine] A»-» eine fold^e A» || 1896 fein mögen] A«-» fe^n A^ || 18924
ja — ol^ne] A»-» jo o^ne fogat A' || 190i3 5öeffen ©egenflonbeö] A«-» (gin ©egen«
ftanb, beffen A^ || 190i9 überhaupt] überhaupt gllttg? Erdmann jj 190ao ben]
bem'? Rosenkranz || 191 19 ein] A^ fehlt A>'> || 19125 tnetben] Erdmann »ttb
A II 1926 am] Dom? Erdmann || 192io entfpmngeneiS] entfprungen? Erdmann ||
19211 wirb] Windelband fehlt A »erben Erdmann || 193 19 unb] A»-* unb bet
A» II 19337 enthält] Windelband enthalte A || 195ii lönnten] A»-> »nnen A» ||
19526 gemdg i^ten] A>*> gem&iS biefet i^ren A^ || 19682.88 teinen unb praltif^en]
A«-* teinen ptaftif^en A^.
Lesarten. 531
20422 tDQd] AI-' bad A> || 20433.34 nberbem] überbted? Rosenkranz || 20434
auf — giouffcautfc^] A»-» auf gut SRouffcauifcft auf bie öitclleit ber ©rogeii
A3 II 2052S eben] A»« fo eben A' || 206» Möge] blog? Erdmann || 206i3 ha bie]
A»-' ba nur bie A» || 206i7 we^e«] A>-' ba« A» || 2O621.28 erlenntnißüermögcn]
A3-» ericnntntfi A» || 20687 mein] ein? Hartenstein || 207a ©egenftanbe] Erdmann
©egenflönbe A» ©egenjlänben A»-» || 2078.» fo gar] A«-» fogar A* || 207 11 Ur-
t^eilend] Utt^etlö? Hartenstein || 20730 welc^eiS] A^-» bad A^ || 2O813 anbre
3ufö^e] A»-» anbem Suffixen A' || 208 22 aufgelegt — ber] A»-» ouferlegt mad^t.
«ber nott ber A> || 20830 an p«^] fehlt A» || bloß] A>-» nur bloÄ A^ jj 209i
abfoluten fehlt A^ || 2098 ungea^tet] A»*' unerad^tet A^ || 20921.29 9lt4|t — ge«
föQt] Zusatz A' II 20922 2)agegen] Rosenkranz S)a]^er A || 20927 (meber — pral-
tifd^ed)] A>-s (ein tl^eoretifc^ed) A^ || 2105 gebilligt] fehlt A^ || 2108.9 aber —
t^ierif^e] Zusatz A» || 210 13. u benn — ab] A>-» benn ein Siitercffc, fowo^l ba«
ber (Sinne, aU ba« ber Vernunft, gmingt ben SSeifaü ah A^ || 21O17 einatge] A^-^
etnaig A» || 21O17.18 einer, welcher] A>-» ber, fo A» || 21080 obiectio] A>» aud^
AI II 2IO35 einen] Erdmann eine« A || 211 20 ^inge] A^-* l^Angte A> || 211 ss
au«nta4ienb] Windelband au«ma(^en A^ fl. au«mad^en l. au«mad^en Druckfehler-
verz. A^ audmac^e A^*» au«auma(^en Rosenkranz; Erdmann stellt, um au«ma(^e
beizubehalten, wdre vor die Klammer || 212 15 in] fehlt A* || 2122i in] A'*» unb in
AI II 21222 alfo] fehlt A» || eigenen] A*» befonbent A^ || 21230 SReia] A»-> (Jinen
0leia A^ II 21236 Stnberer] A>-' anbere A^ || 2134 befonbem] eignen Erdmann
ygl. zu 21222 II 21316.17 Das Eingeklammerte Zusatz ^on A> || 213i7 le^teren]
A«-» le^tere A^ || 21323 das zweite beim fehlt A» i| 21331 feine] A»-» i^re A» H
21337 geblieben] fehlt? Erdmann || 2146 gebrouc^en] A»-» braud^en A» || 214a
leglic^em] A»-» jegli^en A» || 21436 beaci^net] fehlt A^ i| 215ii fie] A» fld^
A«-» II 21512 logif^en] fehlt A^ || 215 17 fönnen — Urt^eile] A» fann e« ni^t
bie £^uantität eine« obiectio- gemeingültigen Urt^etl« A^-' || 21524 öft^etifc^en]
A»*' ;aft]^etif(^e« A^ ein dftl^etifd^e« Rosenkranz || 215% ii^erud^e] Erdmann @e-
braud^e A || 21527 ein] fehlt A^ || 2I62 auffc^magen] A» abf^wa^en A^ be«
f^roaften A» || 2166 glaubt] A»-» fo glaubt A» || 216 7 ben öctra^tenben] A»
i^n A'-> II 2I612 betrachtet] A^*» angefe^en A> || 2I616 e«] A> er A>'> || 21627.28
wenn — föflte] loiber bie er aber öfter« fe^t unb — fäHet A» || 21723 befonbere]
befHmmtc? Hartenstein || 21726 an] A»-» in A» || 21730 S)ief er] A»-» unb biefer
A* II 219B.6 unbeftimmter] A^'' sc. begriiflich unbestimmter beftimmtcr A» ||
21910 fofem] A»-» menn A> || 219i7 einaeln] A»-» einaclnc A» || 2192i für] A«-'
al« fiir AS Erdmann || 220 1 BmedF] ber Bmedt? Hartenstein || 220 i3.u Das Ein-
geklammerte Zusatz von A^ || 22023 Urfad^en] A^*» Utfa^e A^ || 22024 einem]
A>-> einen A» || 2213 ber] fehlt A* || 221 20 aSorfteDung bon] Zusatz von A> ||
22133 ein ^aufaloerldöltnig] A^«« ein befonbere« Saufaber^dUnig A' || 22l33/222i
nur ieberaeit] feberaeit nur? Vorl&nder || 2224 Unluft] ber Unluft? Erdmann ||
22214 nur] A^* nur al«benn A> || 22220 Urt^eil l&ingegen] A»-' aber A» || 22228
einen] Erdmann ein A || 22236 analogtfd^] analog? Erdmann || 223? biefe«]
Windelband biefe A || 223 16 Snbeffen] A>-» Snbeft A» jj 223 17 an] A«-»für A> ||
34*
532 Äritifbcrttrt^eiWhaft.
22381 t>on ber] fehlt A> || 22333 (M formale) Zusatz von A* || 224i8 Detbtenten]
AI-» oetbicnen A» || 224i4 au gcUen] A*» gc^atten a» »erben A» || 224ti gletcje]
A»» folcfte A» II 224« nic^t] A» fe^r A»-» vgl. Erläuterungen || würbe] A«-»
würben A> || 224m welken] Erdmanu welcher A || 225i9 waiS] fehlt A^ || 225S3
belebt] A*-' beliebt A' j| 22594 erflere] A'-* fd^öne f^orm A> i| 225» blofeed]
fehlt A> II 2261.8 bie — fie] Zusatz von A' || 2268.8 er^lten] A>*> ergeben A^ ||
2264 $arergQ)] fehlt A^ || 2268 (i^nfoffungen — ober] fehlt A^ |I 226 le Das Einge-
klammerte Zusatz von A> || 22730 ^xetoon ift], weld^e oon ber quantitatioen etc.
A^ II 22789.88 bei weld^em] ber A^ || 2288 woau] womit? Erdmann || 2284.5
wenn ed — w6re] Zusatz von A* || 228» eine — fubiectioe] A'*' formalen fubtectit>en
A^ II 22818 Unterft^ieb] A»-» Unterfd^ieb ber A^ || 228i3.i4 ber — ber] Vorländer
bie — bie A || 2288o grfinbcn] A»-» grünbet A» || 228ai einalg] A» einig A^-> || 228»
in ber Seftimmung] fehlt A^ || 22890 fofem fie] A*-> bie A^ || 22888 wollte — nennen]
A>-* Ä^etifcft nennen woUte A» || 22884 oorftcttte] A»-» oorftettt A» || welche« — wiber«
fprid^t] Zusatz von A» || 229 1.2 ol« — Urtl^eil«] A» ber öeftimmung beffelben A»-« ||
22914 ^rten ber] Zusatz von A' || 229i9 jemanb] A^-' niemonb A' || 22980 baran] A
barin Erdmann || 22986 ber $arabiedoogel] A**' bie ^arabieiSoögel A^ || 2293i
^l^antaFteen] A^*» ^^antafiren A> j| 230 1 wobun!^] A»-' bog babur^ A^ |'
2305 @(^dn^ett] fehlt A^ || 230? ooraud] erst nach l^oEfommen^eit A' || 2dOi4
©efaDenbe] A»-» gefaUenbe« A» || 230i7 i^rem] A«-» i^ren A> || 23O22.8S ein
SBol^lgefallen, bad auf einem SSegriffe gegrünbet ift A^, auf einem begriffe gegrünbete^
SBol^lgef allen A>*>, ein Zusatz Vorländer || 2303s das erste wobur^] A'** babur«!^
A^ II 28031-83 awar — fönnen] A>*> ifl ^max nic^t allgemein, bod^ lönnen i^m
in — werben A» || 23086 jene«] A*-» jener A» || 2316 wobur*] A«-» babun!^ A» !]
23117 auf] A3*> ber auf A> || 23183 ^alte] A>'3 wenbe A^ jj 2328 nach aurei^enbe
noch einmal empirif^e A»*' || 2328 anberen] A'-» anbere A» || 232io wer aber]
A*'> ber aber, fo AMI 232i4 wonad^] A*-* barna^ A^ || 23281 bem eine«] Zusatz
Windelband || 23233 193er&nberung] A> Ser&nberungen A^*' || 23284 lebenben]
A^* lebenben ®pxa^m A> || 23287 W] A'-* be^< A> || 2338 bie] A btefeV
Erdmann || 23381 eined fehlt A^ || 23324 feiner] Erdmann einer A || 23332 bed]
AI-» ber A> II 2346,7 ©ewufttfein, ein] A'» öewuStfein, au reprobudren, ein öitb
AI II 23414 in bem] A*-' ber A' || 234 21 das erste unb] A'-> nebfi A' || 23426-28 liegt
— wo — ©runbe] A«-* ifl biefe ®eftali ba« Sbeal be« — ba — angeflellt wirb A^l
23428.2» unter — öebingungen fehlt A^ || 23429 eine — Sflormalibee] A»-»
ein anbere« Sbeal A» || 2348? i^ren] Ai-» i^rer A» || 2352 ganae fehlt A» ||
23524 weither] A»-» ber A^ || 23Ö26 wer] A>-» ber A> || 236i barin] A»-»
baran A* || 236 14 bem (fi^egenftanbe] A^-* ben ®egenfldnben A* || 23621 mm]
A«-» aber A» || 23688 wo] A»-» ba A> || 28626.27 eine — beutti*] A'-»
beutlic^ eine SwedhnftSigWt A» || 2378 wo] A»-» ba A» || welker] A>-» ber
A^ II 237» al«] Wiudelband wie A wie ein Erdmann || 23728 IBeiftimmung fehlt
AI II 238 10.11 na4 — bunfel] A**' na(|, il^nen al« nur bunfel A> || 2382« wo-
bur^] A'-> babur^ A^ || 28888 beffelben] Vorländer berfdben A || 239io mug]
AI fehlt A«*' II 23929 bad — fubiectio] Windelband awar bad ^^ncip nur fub-
Lesarten. 533
fectiD A jmar — fubjecttt) ift Erdmann 1| 240i4 unb] A'*' um A' || 240i7 oom]
A'-» bed A» II 24132-35 SGBo — »ol^rgcnmnmen wirb] A**» 3öo eine fXbfi^t
— in einer C^intl^eitung A^ || 242i6 oldbann] A^* fehlt A> || 242i9 nobei] A^-s
wo AI II 24229 !DlöbeIn] A>*3 SJ^obilien A^ || 242si biefer] A btefe Erdmann ||
24316.17 wogegen bie bort] A>>' bagegen ba^ bie borten A^ || 24384 inbeffen ba^]
A»-» wÄ^enb A« ||
24482 (baiS ©d^öne) fehlt A> || 245i.s (haß (fi^efü^l bed (Sr^abnen) fehlt
A' II 24510 ent^aU] A>-> fehlt A^ || 245 is föl^rt] Windelband fül^re A ||
2451» l^ingegen] A» flatt bcffen A»-^ || 24521 jwar] A>» gar A» || 24528
aber] A»-» fehlt A» || 24529 aufgefaßt] A»-» abgefaßt A' || 246io jur — ber] A»-»
fehlt A^ II 24618 SSegriff] A>*> fehlt A^ || 246 le fo gar] Hartenstein fogar A ||
24619 n*] A>-» fle A> || 247io Sntereffe, ber] A Sntereffe fein, ber Erdmann jj
2488 wad] A^-* etwa« A' || atd fagen] A> aU au fagen A^-» || 248i2 ifi — wirb]
A^-s ift er nid^t A' || 248i8 ed] Erdmann er A || 248i4 6d] A>-> (ihr A^ jj 24828
bie — ledern] A»-» biefer i^re ©röfee A^ || 24834 fie] A»-» eß A» || 24882.83 Sei-
fiintmung] Hartenstein IBeftimmung A || 249 lo übrigend] A**> mm A^ || 249i3 be-
iirtl^eilenben] fehlt A^ || 24928 entl^Alt] Windelband enthalte A || 250 16 werbe]
A»-« würbe A» || 2öOi9.2o 3:ele«!opc SKifroiSfope] A»-* Xeleöcopien aJliaofcopien
A» II 25024.26 auf eine reelle] A»» ald einer reellen A» || 250 8o-s2 Hein. SRitl^in
ift — erhoben] A'-« Hein, mithin ©eifleöftimmung — ifi ergaben A' || 2516.? jmar
— nur burc^] A*-« jwar nur befiimmte — fei, burt^ A» || 25224 Sbee] Windelband
Sbeen A || 25288 nermifd^t) unb] A nermif^t) ift unb Erdmann? |j 253io ber]
AI Druckfehlerverz. bie A || 25322 biefe] A bie Erdmann? || 25382.88 ifi — gwedt«]
mögiged A'*' ift etwa«, wad awar — awedtmög^d iftr A^ || 15328 Sufammenfej^ung] A
Sufammenfaffung Erdmann? || 254? Sufammenfe^en] A Sufammenf äffen Erdmann ||
25426 fid^ baffelbe] A>-> eiS fid^ A^ || 25485 ^ad — Unenbli(^e] A>*> S)ad Unenbli(|eAM|
255i 9{oumenond] A^*' 9toumendAM| 25521 gegebenen fehltAM|25528bie] Znsatz
Windelband || 25526 biefed — l^ermdgend] A*** biefed IQI^ermdgend, Wel^ed im ^ort«
f(^reiten unbegrenjt ift A> || 25586.86 welche«] A'» bad A' || 2566 fie] A' fld^ A»-» ||
256? erl^abenen] Vorländer erhabenen A || 256 18 wenn — fl^i] wenn ed fid^ A» wenn,
inbcm eö fld^ A»-» || 25622 i^ren] A«-« i^rer A^ || finbet] A»-» befinbet A» || 256si bie
unermeSlici^e] A» ber unermepc^en A'-» || 25683 laffen] Wftt Hartenstein || 2574
eine il^nen] i^nen eine Erdmann || 257 14 unoerdnberliddeiS] A'-' t)erftnberlii^ed A^ ||
257 17 in — ®anaed] A'*' in einem @anaen A' Hartenstein |j 25729 ju — buri^]
A>-> fflr bie burd^ A^ || 25781 mit] A»*' au A' || 2589 ber l^emunft] Erdmann btß
I93erftanbe« A || unangemeffen] A^* angemeffen A* || 25820 bie fehlt A^ || 2582?
l^er] fehlt A> || 25829 ober] fehlt A^ || 2593 einer] einer {eben Erdmann || 2594
wobur4] A*-' baburi^ A' || 2599 aber aur] Erdmann aber, aU aur A ||259i8 fie]
A e« Vorl&nder || 259 19 warb] A»-» würbe A» Druckfehlerverz. || 25922 ald gegeben]
Windelband ald blo^ gegeben A*** ald gana gegeben A^ Erdmann || 25923.24 weil
— gar] A»-» weil auf — SWaa^, ba gar A» || 25980 tufeerfle] A>-« äußere A» || 260»
(Sinbilbungdfraft — alS] A>'> (^nbilbungdfraft ffir — ChnoeAtng boi^ aU A* ||
2608 wirb aber] A>'> aber wirb A' || 26022 bem] A"» »e^em A> jj 2612 i^n]
534 ^ttf bet Uctl^etliSfraft.
A1.2 3]^„ A» II 3613 »er A»-«] ©er A» || 2616 Sener] A»» ©r A' || 261 e ©^eu]
A2-> biefen (Sd^eu A» || 26188 p^tfö^c ^ehl* A» || 262 1 wobei] A" babei A> ||
2628 foI(^e fehlt A« || anaufel^en] Erdmann anfeilen A || 26231 bleibt] A>>3 ift
AI II 2637 ^anbeUgeift] A^ ^onblungdgeift A^*' || 263i6 über fehlt A' || 26330^i
beftnbet — In ber] A»-» Ifl in qot fetner A» || 26332 gana freie«] A»-» awang-
freie« A» || 26334 ber] A^-a feiner A' j| 26335.36 eine — erfcnnt] A»-^ einer feinem
SBiaen gemdgen (Srl^abenbeit ber G^efinnung an i^m felbfi bewugt \\i A^ || 2648
bem fiberma^tigen] A»*» baiS fibennft<!^tige A« || 26423 biefelbe] A^-^ f|e a^ || 2653
ben] A »•» bem A» || 2653.4 unter — berfelben] A*-^ unter blefer i^rcr ©orau«fe<^ung
A> II 2655 le^tem] A»-^ le^tere A' || 26530 ju bem] A^» ben A^ || 2667 im
!D2enf4en fehlt A' || 2667.8 anä^ biefem] A»*^ ^em A^ || 266ii bie] biefelbe
Erdmann || 266 14 wflrben] A'*^ »firbe A* || 266 n ^inüberaie^n] A^'3 herüber«
sieben A» || 26636 worin] A^-a barin A» || 2679 bie fehlt A> || 26783 biefelbe — 3»ctfe]
A9-3 bie 8n>e^e A^ || 2689 biefer] Windelband biefen A || 2693.4 bur^ ein
SBerfaeug] A^ einem SBerfaeuge A»-> || 269io weld^e] A^-» fo pe A» || 26930 n*]
Zus. Windelband bie «Qatur Erdmann || 26931 bod^] A»-' nur A^ || 26984 bod^] A»-a
benno^i A^ || 270i8 oW] A» fehlt A'-» || 27021 mad^t: benn] A'-s mad^t, oor«
fleHen, benn A' || 2716 öerfe^en öerfe^ten Vorlander || 27134 gewiffe] A«-^
bie A^ II 27135 moralifd^e] Hartenstein menfd^Iic^e A |{ 2726.7 mac^t — be-
ftimmen] A^-^ ma4it fid^ nad^ freier Überlegung burd^ ©runbfd^e au befUmmen
A^ II 2747 in bem] Erdmann inbem A || 27426 (Bpo^e] A>'> $eriobe A^ || 2758
©innlid^Ieit] A^-s ©ittlid^feit A» || 27524 roooon] A»^ baoon A» || 27525 und
felbft, waS] Erdmann unS, felbfi wad A || 27530 fonbem au^] A^ unb A^'- ||
27534 genug fein] A^ genug a« fein A»-* || 276i4 felbft unter] felbfi unb unter
Erdmann? || 27624 ©auffure] A^-s ö. ©auffure A^ || 2772 rt^Rologlfd^e] A«-»
Pf^c^ologlfdie A» || 27730 fogar] A»-^ fo gar A> || immer] A^-« aUei A» ||
27831-33 ^erbeiauf(!^affen — S)enn] A^-^ l^erbeiaufd^affen, fo ifl bod^ eine tran«f cen-
bentale (Erörterung biefeiS S^ermögend aur Jhitil beiS &e\^mad& mefentlid^ gel^brig;
benn A» || 27883 berfelbe] A»-« biefer A» || 27836 53em)erfung8au«fprü(^e] A»-^ i
S^enoerfungiSurt^eile A^ || I
27886-2791 ©a« Übrige — Urt^eile] A»-» ©ritte« »uc^. ©ebuction ber
dfi^etifc^en Urt^eile AK cf. Kantus Sriefmed^fel II 136, 152 unb A^ Druckfehlerrerz. ||
27910 mu6] A>-3 muftte A» || 279 is (Bemflt^ - a"flt] A»-» ©emütl^ gemdfe ifl
A^ II 27924 hingelangt] A^^^ Einlangt A* || 2804.5 das erste werben — 193eran-
laffung] A^-^ werbe, weld^er fld^ bewufet au werben, bie Sluffaffung — ©egenflonbeö,
bie blofte Seranlaffung giebt A> || 280i6 entl^<] A*-» ifl A« || 280i6.i7 ber Ur-
t^eile über] berer über A' || 28025 inbeg] A^-s inbeffen bag A^ || 2803« liaben]
Aa-3 tft AI II 2816 lönne fehlt A> || 2816 l^at] A» ^aht A^-» || 2817^ aü6i — für]
A«-3 auc^ ein SEBo^gefaHen für A\|| 2817 bürfe] A»» bürfte A^ || 281 16.17 erfllid^ —
bie] A«-3 erfllid^ ber — einer logifc^en — fonbem ber A» 1| 281 22 worin] A*-'
barin AJ II 28218 unter — anberer] A«-s unter anberer i^ren Urtl^eilen A» ||
28215-17 belehren — auÄfprec^en] A«-» belehren, mithin nid^t — gefäUt, folglich
a priori oudgefproc^en werben A» jj 282i5.i6 audfpred^en] nach A' abfpred^en A^* ||
Lesarten. 535
28220 @tlenntnt6] (Mttminii'ise. Urtl^etle) Erdmann || 28233 publicum«, no^] A»*^
$ublicumd, nic^t bur^ boiS A' || 28281 blog] fehlt A^ || 2835.e ^erDotaubringen]
A ^'3 b^rooraubringen, bartbueA^psSn Dorgegangen] vorangegangen v. Kirchmann ||
283 i9babenniag] fehlt A' || 283 38 einen] A^-Scinem A» || 28328oblenien] A»-^ abaulernen
AI II 2847 jleUen] A^-^ anjleaen AMI 284 is bte — ®<äbönbelt] A»-^ bie ber ©dbönbcit«.
Seurtbetlung A^ || abgebe; bag] A^^ abgebe unb ba| A^ || 284i6 mögen fehlt A^ ||
28416.17 baben — binretd^enbet] A^-^ ^q],^„ ^\<^^ b^nreicbenben A> || 284 is mit-
bin (ogif(!^en fehlt A^ || 284so aud^] A>-^ menigfleniS A^ || 28432 iä^ ftopfe] A»-^
fo fiopfe leb A" II 28432.33 feine — Vernünfteln] A«» na* Wnen ©rünben unb
Vemfinfteln A^ || 28484 feien] Hartenstein fe^n A || 285? audb] A'-^ unb
AI II 2859 meinem] fehlt A\ \\ 285i7 mac^t] A^'^ ^f^^^^ ^i || 2866 ben]
A3-3 um ben A' || 286? fonbem] A»-^ fonbem um A» || 287s beffelben (bag] A»-» ber-
felben (aum A* || 2877.8 woburd^] A*-^ babur* A' j 287 loa. ii.w gufommenfebung]
Bufammenfaffung Erdmann || 287 ii bed S^erflanbeiS] A^-^ ben IQI^erflanb A' ||
28714 ( ) fehlt AI jj 287 is iBebingung, bag] Windelband Sebingungen
bag A iBebingungen, moburdb Erdmann || 28723 ber (Srtenntnigt^ermögen],
Erdmann bed Crfenntni^oermögend A || 288 19 bamit — merbe] A^*^ um au begreifen
A» II 2882S mo - fi(b] Aa-3 ibr A» || 2906.7 eingef^rönft] A» eingericbtet A^-^ ||
2907 auf] A^-3 fehlt A» || 29022.38 baben. - unoermeiblit^c] A^-s i^bcn, wel^e«
festere ^roax unoermeibüc^e A^ j| 291 s-i lann — benommen] A'*^ fann, baburi^
obtr boc^ — benommen wirb A^ || 291 u atö] A^'^ ^^^ ^^^ ^i y 291 le ein
fehlt A» II 29116.17 SRatur — für] A»-« 3Ratur, ber ibrem — anbinge, angefel^en
merben mugte, für] A^ || 291 19 ^irflic^feit] ^irffamfeit Hartenstein? || 291 20
offen] A2'3bIoö A' || 29134 @tnnei8empfinbung] Windelband cf. 29127 ©innenempfin-
bung A umgekehrt Erdmann || 29138 bei ber] A^'^ burdb bie A^ || 292i4-is bot. —
beret^tigt] A>'> ^at, morauf aber, ba6 anbere — id^ nicbt — bere^tigt bfai A^ || 29239
oermittelfi — SJerfabren«] A^s bur* ein ©erfabren A» || 29234 ben] A»-»
feinen A^ || 29236 genötbigt fehlt A^ || 2934 das zweite nW fehlt A^ || 29336
awar fehlt A» j| 29326 bierin] A»-^ in blefem A' || 294i anberer] A»-» anberer
ibre A' || 2946 bem] A^-^ unferm A' || 294i7u.i8 benfen] A^-^ ju benfen A» ||
29423 unb — ift] A«-^ unter meldten bad größte ifl A' || flc^ - SRegeln] A^ fi*
bie 9latunegeln A» bie 9latur fii^ Siegeln A> ficb bie 9latur ben Siegeln Erdmann ||
29428 fein] A» ibr A^-a || 295 11 wcgfebt] Windelband wegfegen A »egfeben
fann Erdmann || 295 is bie ~ »erfianbe«] A^-^ bie bed 9)erftanbe« Ai || 29538
ba| fehlt A» || 29583 mieberum fehlt A> || 2963 oerfe^t] A^^ fe^t A' ||
29618.19 baft — oerbunben] A^*^ bo6 ein folcbe«, nad^bem — »orben,
bamit nic^t Oerbunben A^ || 29628 ald] ald bie Erdmann || 29634 bem]
A>'3 ben A» || 298i e«] A»-^ fo A* || 298io-i2 Wune - Urfai^e] A»-»
fönne, meld^er, ob er ni(^t— fömte, mir — Urfad^e baben A* || 298 u öom] A**«
©on bem A^ || 298 le biefe] A«-^ fie A* || 2983i öfter] A^ öfter« A^ oft A» ||
29838 aber fehlt A^ || 29834 b^ben] au b^^^^n Erdmann || 29836 unb bai fehlt
A^ II 2996 aur] A^'» a» A^ Vorländer || 299i6 ibm fehlt A^ || 29983 mai] A>->
rne^e« A^ || 29928 roaö] A*-» ba« A^ || 29929.30 nur — oerbunbene«] A>-» nur
536 Mti! ber Urt^eiliSlraft.
mit — üerbunben A' || 29938,34 adeln — ern)e«fen] A*-^ an fener allebi —
SnterefTe au nehmen A* || 29988 um fehlt A< || 30084 »eichet A^-^ fo A* || 301 ii
unb] Erdmann mit A || 30184 ermeden] Zus. Krdmann || 302 1? feiner] t^
Erdmann, nicht nöthigr |{ 80239 Igatte] A^*' (at A^ || 30287 foQen] A^-^ foHien
A^ II 303» beffelben] Vorländer berfetben A || 30384 feiner Urfad^e nor feiner
SHrni^feit] Windelband i^r - il^ A || 3046 Befd^Aftigung] A^ aU 8e<
fc^&ftigung A' || 304i6 ^nbraerfen] A**^ ^anbwerfent A' || 3058.6 man — ab-
gefertigt] A^3 man und — abfertigen A^ || 805io ber] in ben Erdmann || 305u
be«^alb] A^ um ba^ A^ || 30534 munberlid^ed] A»*^ »unberlid^ A^ || SOGsi
ald] mie Erdmann || 306» M] »ie Erdmann || 3076 ol^ne — bitn^blicfl] fehlt
AI II 80796.27 mitl^in — lege] A'*^ mitl^in o^ne einen >- 9runbe an legen A^ |;
3084 boc^] not^ Rosenkranz? || 3086 bef^reiben ober] fehlt A^ || 308 lo folcfeen
fehlt A^ II 30816.17 unb — fd^öne] A^-^ unb biefed au^ nur, fofem fie fc^dne
A* II 30897 melier — etn)ad[ A^*^ ber, weil er niemals mad A^ || 30834 norge«
tragen f^ai fehlt A^ || 309 16 fener] A»*' jener i^ A^ || 309i6 ber (Srienntniffe]
A'<3 in (Srfemttniffen A^ || 30929 gormel] ^otm Erdmann || 31026 mobet] A'-^
bei bem A' || 3114 ber] A^-» aur A^ || 31I21 fftr] ald Erdmann || 312io.ii aU
®d^dbli((leiten fehlt A^ || 312i8 bie] A»*« ber A^ || 312 le aufbr&nge] A^*» anf'
brdngte A^ || 31281 meld^em] meldten Erdmann || 313i berfelben] jener Erdmann ||
31310 bleibt] A»*' ift A> || 313so benn bad] A^'^ bad bemi A^ || 3144 bie] A<*^
ben A^ II 31417 nad^ — und] A^' fo ba| uniS nac^ bemfelben A^ || 314i8.io btefer —
bem] A^'^ber non und aber — anberem unb A* || 3156 nftmlid^ fehlt A^ || 3158 gemacl^t]
A«« gebadet A> || 315i4 3uptter«] A«-» bed Supiter« A« || 3169 le^tere] A» festem
A'-s II 3I611 an^glid^] anhängig y. Eirchmann || 3162L ber] A*-» oon A' || 31638
bie] A3 ber A^-^ \\ 31694 beffen] A»' banon bad A» || 316s7 audma^t]
Windelband audmad^en A || 8I628.29 dHnbilbungdfraft] A^-^ erftere A' ||
31629 ©erflanbe« || A»-» »erflanbe« fielet A> || 3168o-3l7i «bfi*t -
über] Ai'> «bfid^t fie l^ingegen frei ift, um no^ Aber A^ || 3172 boc^] A>-'
no4 AI II 317 u 2)ad legiere] A>-« 2)e« le^tem A» || 317i4 ba«] A»-> bie« A^ ||
31719 ber Siegeln fehlt A^ || 3I811.12 nerloren gelten] A^'^ megfaOen A> || 318so
biefe] A»-^ bie A^ || 3I829 melden] A^-^ bergleid^en A^ || 3199 weli^ fehlt A^ ||
31921 f^dne] fd^dner Erdmann || 81982.23 8let4 — ttngemeffen^it] Ai*> Sunt
IBel^uf ber@d^ön(eit bebarf e« nic^t fo not^wenbig, reid^— a>< fein, aU oielme^r berSn-
gemeffen^eÜ A» || 31926 hingegen] A^ aber A>-» || 319si ed] A^^ ex A^ || 3214 unb
fehlt A»-» II 3216 nidftt — Gegriffen] A»-» ben gemeinen »egriffen nid^t fo anö^
meffen A» || 321? tebenben] rebenben A || 321 12 ßu^^rer] A^ 3ufd^auer A'*^ {|
32117 Idnnen fehlt A^-^l, 32128 aU] Erdmann fonbem A || 32184.36 mithin -
nerfprid^t. fehlt A^ || 3224.6 bem — le|teren] fflr ha9 (i^efidgt — fih: ba» letteie
Erdmann || 322 11 wad] Windelband wenn A^ bad erftere seil. Urbilb || 32226 das
zweitenon] A^'^auA» || 322 28 aQe] Erdmann aOedA || 3228ogcaa^It]Ai-3ge»A]itt A> ||
32281 bagegen] A^-^ wogegen A^ || 3236 oon — (i^ebraudg] A'-' einer Senu^ugunb
(»tUavafi AI II 32318.14 ber — fann] A^ unb ber @inn bed ^efül^I« fann A^
ber $imt M ^effil^U aber fann A> || 32332 ift, um] A»*< ift, unb um A« || 32335
Lesarten. 537
t>on ber] A^ bie A>-» || 323 w «nologie] A» «itlage A*» || 324 1.2 etfotbctn —
über] A»>erforbeni, fo ifl bo^ ba« teeWmatfdurtl^eü über A> || 324 15 loffen)] Frey,
dies Klammerzeiehen in A nach merben Z. 14. || 324 17.18 ber — (i^tnpflnbungen] A^*^
mit bem Zone bec (Sin4)finbun8 A^ || 324m (ihnpftnbungen] Chnpfinbung Erdmann ||
32430 fd] A> fc^it A» fden A» || 32481 fftljre] A« führen A'-« || 32438.M n. 32437
Mefelben] Erdmann, blcfelbc A || 3256 aie^t — 3 »eitert«] A«-^ aweiten«, ^it^
man] A» || 32Ö8 au dtatf) feiilt A» || 325ii imgji^ä^tn] A^'^\tmtt A» || 325 17-10 man
- erflärte] A»-^ fle - erfl&ften A» || 325i8 fd^öne] fd^öne A || 32028 Dpet] A»-^
Dpera A» || 326e.7 na(!gunb nad^ fehlt A^ || 3278 beffen] A^-a feinem A« || 327 11 ober]
A2-3unb A* II 327 16 irgenb jemonbe«] A»-» feinem A^ (| 327 n-w laffen. — öerwerflidft]
A'-^Iaffen, meldte, wenn — bod^baburd^Dermerfli^mirb A^ || 327 21.99 das zweite e« —
tfi] Aa-3 btefe« and^ au« bem ©runbe, weil e« attein SRed^t ifl A> || 32796.27 bie —
au«mad^en] A»-» weld^e« — audmad^t A» || 3272? an] A»'3 für A» || 328 1 um]
A^3 um ben A^ || 328i7 benn] bann Rosenkranz j| 32821.22 au«übt] A^ au«flbe
A'-« II 32823 mitt^eilt] A^ mitt^ette A»-» || 32834 beren] A»-» l^m A» || 3299
Bufammenfe^ung] Sufammenfaffung Erdmann || 329s bient] A^ biene A^** || 32935
fle] Windelband fl^ A || 3308-18 lußerbem — gefommen ift fehlt wie die An-
merkung 33031-8S A^ II 33024 § 54 fehlt A || 33084 auflegen] A» auflegten A^ ||
33035 ndt^igen] A> ndt^igten A» || 331i7.i8 Slu«fid^t — möglid^e«] A^-^ «udflc^t
eine«, au« -- fei, auf ein mögli^e« A> || 33126 in«] A^-^ in A» || 33128 ba« —
an] A»-3 ba« an A» || 332 1 i^re SRoHe fehlt A» || 3326 «hingegen] A>-3 «ber A» ||
3328.9 unb benno^ fehlt A* || 332i2 jenem] A>-« {euer i^rem A> || 332i9 ma^en]
mac^t Erdmann || 33280 ©c^wingung] A^'^ Schwingungen A> || 3333 ifi (benn]
A^-^ ifi, wie etwa bei einem, ber t)on einem großen ^anblung«gewinn fQad^riddt
befommt (beim] A» || 3335 ®lei(^gewi(^t] A»-3 ©pid A> || 333? ein] A^s al«
ein A» || 3339 fa^, mit] A^-s fa^ unb mit A» || 333io anaeigte unb auf] A^-^
anaeigte, auf A' || 333i8 wi0, aber] A^-^ will unb A^ || 33322 pofitioe fehlt A^ ||
33328 oft] A2-3 öfter« A^ || 33386 lang] A«-« bur* A' || 3344 Hufmerffomfeit]
A3'3 9Rü^e A^ II 33414 aBewegung fehlt A^ || 33428.24 Idnne — bie Suft] A^'^ lönne,
wel^e (glei^ — füllen) bie 8uft A^ || 33498 fagte] fagt Erdmann || 33439
finb] A3'3 ifl AI II 33433 Ifl fehlt ^i y 3353 Q^eld^e«] AP'^ wel^e A^ H 335i9
Dor{!d^tig]forgf&Uig Erdmann? || 335i4bie] fehlt AMI weld^er] A»*» fofie A> || 33598 eine
— (Srfd^einung] A>*3 nur einefuraeBeitChrfd^einung A^ || 33527.98 augleid^ — barfiber]
A^3 anglei^ au4 bie SBerlegen^eit beffen, ber — l^ergiebt, barüber A> || 33529
gewiftigt] A»-> gewi^t A^ ||
33720 finbet] A»*^ oorftnbet A' || 338s6 ungeachtet] A>*3 unerad^tet
A> II 33921 wa«] A^*» wel^e« A^ || 33922 tl^eoretifd^] fehlt A' ||
33935 ba^er] fehlt A^ |j 3404 wa«] A^*» ba« A» || 3406 al«] fehlt A> ||
34O10 beigeben] A^-^ geben A> || 341 10 aber] ober Hartenstein? || 34127
mit — weld^en] A^-s al» ben A' || 3422 efatige] A«-» welche A' || 342io
Mnnen] A»-» unb »nnen A> || 34224 woau] A^-^ baau A» || 34228.29
(wenn — wirb) fehlt A> || 3438 werben, «nein] A^^ werben; aber A^ ||
31311 im] A^ in A^-s || 343i8 weld^e] welche«? Windelband || 343i4 wenn —
538 ^UifberUrt^elldfroft.
ifi] A»-3 ifi 5|efe ober auä^ emptrif^ Ai || 34323 Don bet] A>-3 ber A' || 3439«
ifl bied fehlt A^ {{ 344 14 bad — Beaie^ung] A' bad, toorauf in Seaie^ung A*
baiS, in Sßt^kf^vinq auf n>e(((ed A^ || 3452i befammen] A^** f oQen befttmtnen A> .{
34531 fo hai] Windelband bag A unb ^u behaupten, ba% Hartenstein b. L gu
behaupten, bag Erdmann || 346i feien] finb Rosenkranz || 3473 ungeachtet] A**^
unera^tet A^ || 347io im a^eiten S^Ue feliit A^ || 34733.8s ber — ©c^alt^ieten]
A2-3 tjon garben (am gafan, ©t^alt^ieren A^ || 348 lo i^nen] A^-^ i^r A« ||
34816 bem] A»-3 im A« || 34838 ffiÄnnefloff) A»-^ ©dtmfloff A» || 349io eigene« —
Suftberfil^rung] A^*^ ^igen dkwiä^t ober Suftberäl^rung A> || 349 u nunmehrigem
tu^tged] Erdmann nunmehrigen rut^igen A || 349 so ft^ben] Hartenstein f Reibet
A II 350i9.ao @unft — eraeigt] A»-3 eine foldje, bie — eraeugt A» || 350» würbe]
Erdmann mürbe A j| 35126 unb] A^*^ aber A^ |1 35129 ifl] Erdmann fehlt A j|
352 1 exhilntiones] A^*' exhibitio A* || 35222 btti Siegeln] Erdmann ber Siegel A ||
3535 an fid^ fei] Windelband an fi(^ A an fi^ ifi Erdmann || 3535 ber] fehlt A* ||
35816 iBeiflimmung] A^-^ ^efUmmung A> || 3548 ma«] Ai' melc^e^ A^ || 3544
wo«] A3-3 mel^eiS A« || 35430 finben] A^-^ ju finben A» || 355o worunter] A»-^
barmtter A' || 3553i (Befedigfeit] A' ©Iflcffeligfeit A»-» || 35536 einem] A^' befn
A3 II 3568 be«] Windelband ber A || 356 16 wooon — ber] AP^ baoon aut^ unb
ber A» II 35619 eine« Scben] A»-» |ebe« fein A' || 3562a.2s fei — eine] A^^ fei; mü
weld^em in (Sinflimmung bie @innti(!^feit gebrai^t, ber dd^te (Befcl^macf allein eine A^ ||
3596 ein] A»'^ einem A» j| 3599 foI*e — gormen] Erdmann eine foli!^ —
Sorm A II 3602S ber] A>*' au ber A> || 3603i beftnbli^] A^-^ belegen A^ || 36088
wogegen] A^-» bagegen A» || 3618 ein fehlt A> || 361 s öegriff] A«-^ ber A» ||
363u a^nen] A^-^ a^nben A» || 3633s fo] A^-^ wa^ fo A> || 36334 gletd^wo^l
aber] A^-^ »a« gleii^wo^l A». || 364 19.20 meiner — Umgrdnaung] A^-^ meiner
beliebigen Umgrdnaung A> || 3659 empirifd^] fehlt A' || 3652i welcher] A»-^
wel(!^e A^ || 3652S bem] Erdmann ben A || 36581 a^nen] A''*^ al^nben A> ||
36582-86 mag. — ein] A^'^ mag, welchen au fernien — nötl^ig l^aben, wenn — tljun
ifi, wo^in aber aiid^ nur — mftffen für — einflöftt. A» || 366 1.2 wegen — dr.
fenntniggebrauc^] A^'^ um — (Shrfenntniggebraud^ willen A^ || 3668 ma^te] A^ mac^t
A2-3 II 36612 3)ic] A»» 3)iefe A» || 86621 beffelben] A^-» berfelben A« || 36681-»
©eil — werben] A^*^ S)o^er, weil — fann, alle bafelbfl — werben muft A» ||
3679 inbe6] A^-^ inbeffen t>a% A» || 367i6 gewinnt] A»-» nimmt A» || 3672$
3we(fc] A» SRittel A^'-^ || 3689 feiner] einer Hartenstein || 86821 ben (5fel unb]
fehlt A» II 36822 autrÄglid^] A^ autrdglid^er A^-s || 3699 »ölfer] fehlt A» || 369i5
ber SoJute] A»-3 ober 3- AH| 3692o aKe bie] aHe blefe Erdmann || 3692« o§ne bai8] A«-»
o^nebem A» || 36933 b. 5.] A»-» b. i. A» b. i. üxn Erdmann || 3709 glei^wo^
Erdmann gleit^wol^l aber A || 370i7ein — ©eiä^äedf] A^-^ 00m regulftren @ed^«etfe A* ||
37037 (obglei^ — @inne)] fehlt A» || 371 ib biefeS] A»-^ biefer A» ij tS] A»-^ er A' ||
37118 er] A ed Erdmann || 371 19 il^m] Erdmann il^r A || 37126 bag — unenbUd^]
A3-3 oon ber aHe Äunft unenbliiäS A» || 87127 erhält] fehlt A» iJ 37184 ba«] A« ber
AI II 3723 ll^rer] A^-« biefer ll^w« A» || 372io ungeachtet] A»-» unerac^tet A» j| 373 1
Urfa^en] Urfac^e Rosenkranz || 37332 $rincip fein] Windelband ^ncip A ^ndp
Lesarten. 539
tfl Erdmann || 374io ein fRab] fehlt A* || be«] A'-^ bec A« || 374 15 au4
ntd^t ein] A^ aud^ fo mentg »te ein A»-» || 37433 eiS] A^ fie A> fie fehlt A> ||
37423 e«] A3 fie A'-^ || 375ii »le fie bieienigen] A^-s bergtei^en A' || 37523
berfclben] A«-3 beffclben A» || fonbem] A^-s al« A' || 37632 non] fehlt A^ ||
37633 ^Serloffung] A^-^ «BcranlafTnng A» || 3775 bog] A»-« beffen A^ || 377 10-13
3)enn, »enn — ba] A^-^ well roenn — bestellen, wir fic aud^ — beurtl^eileii
muffen nnb !eln — ba ifl A» || 377 1» ®o(ä^ mufe] A»-^ fo mu6 bo^ A' || 37720
formt] fehlt A^ || 37725 das zweite ber] Erdmann aber A || 37732 l^ölfem] A^ SBölfer
A»-a II 3797 baö] Hartenstein baft A || 3792? feien] A^-a finb A» || 380» ba6 — oftne]
A»-3 unb bo6, o^nc A* || 380 10 ermfibenbe] A'-s bie ermfibenbe A* || 38O20 ^ai]
A2-3 i^ben A» || e«] Vorländer fie A || 38031 i^rer] A^-^ biefer il^tet A» || 381 13
$IaW A3-3 i^ren Ißlaft A« || 38126 hereinbringt] A^-» hineinbringt A^ || 3826 nur]
fehlt A^ II 38215 einl^eimifci^ed] ein^eitli^ed Erdmann? || 3843 ben (S^erimenten]
A2-3 (Jjperimenten A* 1|
3858 feinem] Erdmann einem A || 3866.7 febe — miberfirettenben]
^3.3 jg5g jmeier einanbcr roiberflreitenber A^ || 386i8 ber allgemeinen
A3 ben allgemeinen Ai-« || 38631 eine] A2-3 bie eine A> || 387i ^eröort^ut] A>'3
^^emorfinbet A» || 387 20 bod^] A«-3 aber A» || 38723 oon] Don ber Vorländer ||
38736 bei einigen] k^-^ einigen A» || 388 1 f puren] A«-3 na(^a«fpfiwn A> || 388 u
ni^t — t)ereinigen] A^-s 3U Dereinigen nid^t A^ || 389 10 au^] fehlt A^ || 3906
bie] Erdmann ber A || 390i8.i9 grembling — ber] A^-^ ^rembling Dom S3e-
griffe in — nämli(^ ber ber A^ || 391 11 finb — etwo] A2-3 fmb unb niti^t etwa
A* II 39133 aufhalten] A^-s oermeilen A» || 394 is be«] Erdmann ber A || 39433
t^rer] A3-3 feiner A> || 396ö müfeten] Kirchmann muftten A || 396i4 Mofe] A»-3
ni^t blo6 A» II 39621 bamac^] fe^lt A» || 3975 eined — ©anjen] A»'3 ein —
^ängenbe« ©an^ed A* || 397 15 eben fomol&l] A^-s eben fo wol^l A> ebenfowol^l
Hartenstein ebenfo roo^l Erdmann || 398 so ben — ©raeugung] A^-^ bie einer (Sr*
aeugung A^ || 3992 be«] fehlt A» || 3993 ©efen] A» Sßefen« A^-s || 3993-5 baft
— finbet] A3-3 unb bie Seleologle finbet — 2:^eologie A> jj 3998 na(^] A2-3 natft
ber A> II 39918 öon] A^-s unter A^ || 400i SWenf^en] A»'3 aU SKenfc^en A» ||
4005 (einea @otteiS) fehlt A^ || 40028 gar] A gana Hartenstein || 401 le a^ar]
Rosenkranz aut^or A || 40126 liege] A^*' liegt A3 || 401 27 unb aud^ ©d^mierigleit
fehlt A^ II 4028 ge^en] fehlt A» || 4029 (außer — ^Begriffe)] fehlt A» || 40221.22 unab-
lagli^en] A^*3 unna^la6li(!^en A^ || 40236 feiner] Windelband i^rer A || 4039
(Menntniffeö] (Menntniffed na(^ Erdmann || 403 u biefe] A''3 ^i^ ^1 jj 40326
ber] A^-a in ber A3 || 404i4 mit ni^t] A»-» nid^t mit A3 || 404i5 Siegel] Siegeln
Erdmann || 404 17 öor^abenben] A*-^ öorllegenben A3 || 40581 bie] Hartenstein
ber A || 40533.84 ^erftanbed — abft^tli^] l^erftanbe« il^rer SRöglid^feit na^
t)on und ald abfid^tlid^ A^ l^erftanbed, Don und i^cer !Dlögli(^!eit nad^ abri(!^tli(^
A»-» II 4069 biefe] A^ bie A>-» || 40626 (negatio — bidcurfioen) fehlt A> || 4063S
beffen] fehlt A> || 4086 i^rer] Erdmann feiner A || 408 12 bie — möglid^e]
Hartenstein ber — mdgli(!^en A || 4109 ed ifl fehlt A^ || 4i0i8 bie] Erdmann
ber A II 41033 Slaturerfenntnig] A3 Slaturfenntnift A'» Ij 4118 barlegen] Erdmann
540 ^ittr ber ttrt^iUhaft.
bortegt A || 411» gar] A gana Erdmann || 4124 ^ux] ber Hartensteia || 412»
bem] A'-naiA^ \\ 412n.i3 im Uberfinnü^en] A>*Mn« Aberflnnlic^e A» || 412n
na^ Bu>ecfen] Zusatz Erdmann biir4 Sed^nil Schopenhauer-Rosenkranz || 413s
audma^e] A' auimaä^t A*-* || 4138? abfid^tU^] eine abfid^tti^ Erdmann? ||
41383 i^] Zusatz Erdmann || 414s8 liegt] fehlt A^ || 4159 fein] sc. mfiffe; fe^ii
A feien Rosenkranz fei Erdmann ||
416 1 Knbang fehlt A^ || 41882 rndf^ed — feine] A»-* ba« e« o^ne
bem feine A> || 419s8 wfirbe] A>** tourbe A* || 41988 unwoca] univoca ifi
Erdmann || 4204 inet^er] A«* ber A> || 420? fo — ffigtic^] A^^ fann nid^t ffig-
li4 AI II benn] Zusatz Vorl&nder || 420s4 ein] A^-^ nie A' || 4214 aufier]
Hartenstein aud A || 421 n gmedbegie^ung] A^*' 3n)c<ft>erbinbung A^ || 421»
bie] Zusatz Erdmann || inlefligenten] A»-» inteQigibelen A> || 421 ss finben]
Zusatz Windelband || 42183 $rincip] fehlt A> || 4224 ^in] fehlt A^ au Rosen-
kranz II 4226 ber] A> bed A>-3 || 423fi C^pigenefid] A>-> (Spigenefi^ A> ||
^iefed — ®9fiem] A'-^ biefed fann au^ baiS ©Aftern A> || 423 u
»oEten] A*-3 moUen A> || 423«) im] A>-» ob im A' jj 423» wären] A" fein
wflrben A' || 42329 mfirben! A^'^ mürben A> || 42388.34 fanben] Erdmann finben
A II 42516.17 Segtiff] fehlt A^ || 42528 bient. S)iefed] A>-3 bient unb biefe A> |j
4267 benn] Zusatz Vorländer || 4268 beren — ^ngüti^^ A^^ bie augleid^ A> ||
42625 welchen] A' mzl^tü A^-^ || 42680 mannigfaltigen] Windelband monnig«
faltige A || 4276.? berfelben] beffelben Erdmann || 4277.8um — jener]
A9-3 jener ibrer (Sefrägigfeit A^ || 42786 (SrMager] (Shrblagen Erdmann ||
4281 anä;i] A»-» mie au<f^ A> || 428ii einen] Zusatz Yorl&nder || 428i8 biefe] bie
Erdmann || 429 ii ungead^tet] A^'^ unerad^tet A^ || 429is.i4 Serflonbed — fönnen]
A>*3 Qerflanbed niemaliS auslangen fdnnen (unb nid^t — wiberfprdd^) A^ || 429i6
fi4] A>*s unb AI II 42928 vorigen] Dorigen Paragraphen Erdmann || 43029 in —
no4] A»-3 {^n felbft A' || 4319 genug] A'-» gnugfam A> || 432 1 ben Spillen
A>-> bie Srei^eit A^ || 432io inbeg] A^^ {nbeffen bag A> || 432ii Semunft]
^Qkux Erdmann? || 43280 we^fetfeiHg] A*-» roed^fetfeitigen A' || 43288 gefd|K^.
Su berfelben] A^*^ gef^e^, au meld^er A^ || 43287 erforberlid^ — (Ermangelung] A*-'
wäre, in (Ermangelung beffen A> || 4338 ift] fehlt A^ || 4335 unnermeiblid^: ber] A'-^
nnbermeiblid^ 1% ber A^ || 433? Dielleidbt] fehlt A' |j 433 lo Doraubereiten— nngead^tet]
A>-3 Doraubereiten, unera^tet A^ || 43323 unb fehlt A' || 48327.28 angeboren] A^*' ge-
l^dren A» || 43329 (ber — ®enuffe«] A* (benen bed ©enuffed) A^ (ben 9leigungen bed
(SenufTeiS A^ || 43332 burd^] A>'> bie A> || 43386 inbe^ A^^ inbeffen bog A> || 434 1
au unterliegen] A» unterauliegen Ai*> || 43427 ober] A>*< aber A^ || 43427.28 felbfl-
entworfenen] Windelband felbfl entworfenen A || 43429.80 Seben — nad^] A*'*Seben
^aU, nad) bem, ma^ ed nad^ A> || 4348i weld^e« fehlt A> || 436i ein] fehlt A> ||
43624.25 ber 3Renfd^en] A'-^ beiS aRenfd^en A^ || 43632 bie] Erdmann ber A || 437 is
bad] A^ bie A^ || 438 15 fann] Hartenstein fdrnien A jj 438 16 e< fehlt A^ ||
43819.20 wel^ed oiel] A> baiS Diel A* wel^ed Diele A^ || 43838 ftt(^. — fel^] A**»
fu4en unb bei näl^rer Prüfung feigen A^ || 4396.6 wenn — O^ötter] A'-^ fie entweber
i^re mtttt fld^ al« A^ || 439i8 eined] A»*» eineiS einigen A^ || 48926 wären — ®ub-
Lesarten. 541
fton^] Ä2-3 »Ären, ble jroar A* || 439« »örc; — gwor] A»-^ »fite, welche« jwar
AI II 439S1.M mußten. — ein] A»-« muftten, unb ?o ben 3beatt«m — eüifü^reten A» ||
44012 ber] A*"3 ferner A» || 441 ie.i7 ergöngenV — Dorouöfeien] A*-^ ergflnaen,
roeld^ed wenn — t>oraudfet^en wörbe A^ || 441 90 benn] Zusatz Vorländer || 4426
»i^fifot^eologle] A»-> ble ^^^ficot^eologie A^ || 442i6 wie — wie] A«-3 fo — fo
A' II 442 21 eine Mo^e SSBflfte fehlt A' || 442 24 etwa — 3emanb] A»-» nic^tetwa
bamit trgenb wer A' || 442 2».26 !Betra<!^tung — Seit] A^-^ Sßeltbetra^tnng A^ ||
442 ae er bann] A^'^ er, ber SJ^enf«, bann A> || 443 8 welker fehlt A> || 443 11
miUt, ift badjenige] A^-» SBtae, badjenige A^ || 448 83 bent] A»-» ^^n bem A^ ||
443 84 t)on bem] A»*» bem A> || 443 86 ift] A**^ fe^ A^ \\ Uii nad^] A'-» na^
ber AI II 44420 ed] Erdmann er A || 44424.25 aQe — übrigen] A^*^ aOe fibrige
A> II 444 26 (benn — (i^igenf^aften] fehlt A> || 445 6 S)aB] S)a Rosenkranz ||
445 21.22 fann — werben A'-^ etngefe^en werben fann A^ || 446 1 l^atte] Erdmann
l^tte A II 446 8 biefem gemdg] A"*' bamad^ A^ || 446? (^emflt^dftimmungen]
A<'> ®emflt^dbeflimmungen A^ || 446i2.i8 fic^ DoraufkQen] fehlt A^ || 446» ge-
winnt] A>*s gewinne A* || 446 84 ttrfa^e] A^-^ Urfat^en A> || 446 86 in i^ren
SBirfungen fehlt AMI 4471 biefem] fehlt AI || 447i6 Seleologie] A'-^^^eoIogie
A» II 447 80 ober — unfere] A'-» ober unö felbfl in ünfel^ung i^rer aU ©nb^wecf,
unfere A^ || 447 84 bie] A^^ ber A^ || 4482 betrifft fehlt A^ || 448 13 Bufammen-
l^ang ift] A^*^ ^ufammen^ängt A^ || 448 19 ben] Erdmann ber A || 44828 ge-
badet] A>-3 öorgeftettt A» || 449 1 awar — 3:^eil] A»-^ jum SlJeU gwar A» ||
44918 Der^alte] A^ lonffili A^ t>txf)alien A> || 450 88—45137] Die Anmerkung
fehlt AI II 4512 erftem] A» le^tem Ai-> || 451 8 (entern] A^ erfteren A i'> || 451 4
letztem] A^ erfteren A^-^ || 451 7 beiS ^öd^ften SBeltbeften] Erdmann bad l^öc^fte
SBeltbeße A || 451 10 p^ne — bie] A»-^ unangefel^en aUer Bvi>^t (aU ber A« ||
452 2 erfüflte. Umgefe^rt] A»-« erfftEte; unb umgefe^rt A^ || 452 8 wie — @pi.
noaa] fehlt A' || 452 9 feft] A^-» fefiigli^ A' || 452 19 Bufammenftimmung] A»-»
Bufammenflimmung ber 9latur A* || 453 12.18 Dbjectd — unb welilbe^ ^^'^ ^^'
fectd, wel^ed — fann, an bie {)anb, bad burc^ A> || 453 10 benfelben] A^ bem*
felben A'-* || 45324 inbeg] A''> inbeffen bag A^ || 454 26 mug] A^ mugte Ai-> ||
4557.8 9(udffl^rbarfeit] (t(u«ffl^rbarfeit) Erdmann || 45521 mfiffe] A> mußte A'-*
II 455 28 möffe] A» mußte A»-> || 455 29.30 fei — mithin] A»» fei, mithin wir A»
II 45618 moralifc^en] moralif^en (Snbawedfd Brdmann || 456 22 bereite] Harten-
stein bereit A ij 456 2? biefelbe] Erdmann baffelbe A || 456 29 befiimmenbe] A^*»
beftimmte A^ || 456 36 beabfld^tete] beabfid^tigte Erdmann || 457 6 au biefer] Erd-
mann btefer A || 457 13 dnaie^ung] fehlt A> || 457 86 inbeg] A*-» inbeffen bag
A> II 458 27 SBeife] A«-3 ürt A» || 45832 innere fehlt A» || 459 36 Sbol] A^-»
Sbeal A* II 46017 werben] Zusatz Windelband || 460 is auf] A^*s ^„^ ^^ j^i y
©orf^rift] A»-3 ©orfld^t A» || 46022 über] A» für A^-s || 46027 !eine] Harten-
stein feineiS A || 460 ss |)raftif(!^er not^wenbiger] praftif(^-not^wenbiger Vor-
länder II 46086 erforberlit^en] A^*^ erforberli^er A' || 461 12 teleologifc^en]
Rosenkranz moralif^en A || 461 19 nid^t— [ein] A»*^ nic^t ein blog A' || 462 6
einer fehlt A» || 462 28 müftte] A^-s mußte A^ || 463 11 er- ba^in] A»-3 er auf
542 MHfbetUrt^eildfroft.
bem SBege baju A' || 463u.u Urt^etliS] A^ Uttl^eUend A^ || 463 ss @a^~ bei]
A«-3 @Q^^ 5ie öpftena A» || 464 n ungeachtet] A^-^ unerad^tet A» || 464 is-m
fi4 — @tatt] A3'3 Ti^ (b. t. — betracl^tet), roelcl^e ben (Brnnb — enthalten, flott
A^ II 46417 ^nalogon] A^-^ anlogen A' || 464 so mit bem] mit Erdmann ||
464 39 (bergleic^en — SSerftonb) ift, fann] A»-3 (bergleit^en ifl bie bur^ ©etftanb)
fann A» || 465 23 nid^t] fehlt A^ || 466 S3 olfo] A^ aber A»-» i| 467 7 unfern] A«-^
unferm A^ || 467 19.20 ^imgefptnften] Erdmann ^imgefpinftem A* {)irngefpenfleni
A»-» cf. 41 1 2«, 472 26 II 467 sb wirfllcic fehlt A » || 468 le (— ) X^acJ&en] A^-^ ^^f
facl^en (— ) A» || 468 « an p*] A»-^ fl<^ an A* || 469 s.» fann — burci^] A^-s !ann, aber
bo(^ burd^ A< || 469 10-13 äBirfung — Glaubend fachen] A^-^ äBirfung ifi, )ufammt
— Unfterbltfi^feit, ©laubenSfad^en A^ || 469 20 unb ®eograp^ie fehlt A> ||
469 35-36 fi^ nic^t (gleid^ ~- grünben] Windelband (SlaubemSfa^en ffirma^r^alten
(gleid^ — nici^t grfinben A» fld^ (gleicj^ — nld^t grflnben A^-^ || 470 9.10 ober bie
— ©elbftUebe fehlt A* || 470 13 sugletd^ fehlt A^ || 4717.8 »egen — bemfelben]
A^'^ um ber — bemfelben millen A^ || 471 le obliegen] obliegt Erdmann || 471 17
Don] Zusatz Erdmann || 471 20 ^fli^t] A^-^ Slbfi^t A* || 471 26 das erste unb] fehlt
A> II 471 84-36 aber — ©runbe] fehlt A> || 472 1 ober] A»-> jeboc^ A^ || 472 9 beffen
fehlt A» II 472 31 feiner] A^ i^rer A»-» || 473 22 fonnte] A^-s fönntc A> || 473 31
i^rer] A^-^ ^jefer i^irer A> || 474 11 ifl. S)a6] A^-^ ift unb bai A» || 474 15 ber]
A2-3 II 5en A> || 474 is beren] A»-» bie A^ || 474 28 beffelben] A" bedjentgen
AI II 475 3 praftifd^e] A> praftif* A»-» || 475» bcr — lefctcren] A»-^ biefcr il^r
ganaer ©efife A» || 475 9 fic] A»-» p* A^ || 475 31 ben] A»-3 ben blofeen A» |;
476 5 mir] A» mir A' un« A^ || 476 10 muffe] A«-^ „„g ^1 || 4761, i^ffe]
A»-3 lögt A» II 476 23 ben] A^ ber A>-» || 476 31 nun] A»-^ un« A« || 477 19-21
öorauS. 3n — Oenöge] A**^ norauö; in — beffen (— ) bie S^^^^ — ©enüge
tbun AI II 477 24 fein] A^ ein A^-^ || 47737 ^enfij^ung] Hartenstein SBemfil^ung
A II 477 80 i^n fehlt A» || 477 32 in ben] A«-^ im A» || 477 36—4782 ergänzt. Sit
— boö] ergänzt, fo bag in ber Zf)at nur — f ü^U, hervorbringt, ber — aber nur ba«
IBerbienft f^at, ba^ A* || 478 5 t^eologif^er] A^-^ t^eorettfd^er A^ || 478 u etma
fehlt A^ II 47818 er fehlt A^ || 478 23 SSegriffe] S3eweife Erdmann || 478 32 ^16^
— ©efen] A»-> nemünftige ©efen fic^ A^ || 4796 jener] A«-» jenen A» |i
47913 meiere«] A'-^ meld^er A» || 47933 müfete] A*-3 tnu§te A» j| 48O20
(Su6i] A*-3 auö) A» || 48029 anpreifen] A«-« augpreifen A» || 4808i nor«
gebli^en] A^-^ oergebli(!ten A« || 48032 (Jurer] A»-^ einer ©d^hifefette A^ |,
48033.34 melden — ^erau^fagt] A* ben — A* welcher gegen — l^eraud-
gefagt »irb A^ || 4825 !«oturfcnntni6] A^-a 9laturerfenntni6 A» || 482 10 aUein
nldjt] A2-3 allein A» || 482 12 beffelben] Windelband berfelben A || 48226 aber —
in] A2-3 ober jum SSerbrufe — ©cmunft auc^ in A» || 48227 naci^fle^enbe] A'-s bei-
ge^enbe A^ || 48229 ©d^önl^eit] A»-3 (Schönheiten A» || 4885 i^m] A»-^ i^nen A» |:
48320 erften] A^ erfteren A'-^ || 48822 beffelben] Erdmann berfelben A || 48336
Bn>eAnögig!eit] A'-^ ßn^^^^i^binbung A^ || 4843 und] Zusatz ▼. Kirchmann ;|
48418 i(^] A»-3 unb A» || 48423 bur* eine] A»-^ einer A^.
Wilhelm Windelband.
Orthographie, Interpunction und Sprache. 543
Orthographie^ Interpunctioii nnd Sprache.
Trotz ihres bedeutenden Umfanges enthält die ^ti! b. Uttl^. wenig störende
Schreibungen und Sprachformen, von denen allerdings manche durch häufiges
Vorkommen das Bild des Druckes bestimmen. Andrerseits treten orthographische
und sprachliche Besonderheiten auf, die unserm Brauch entsprechen, dagegen
in den Kantdrucken sonst fast gamicht belegt sind. Die Sprache des Druckes
und der gleichzeitigen Kant-Manuscripte stehen sich zwar nahe, decken sich
aber nicht.
Orthographie* Vocale. Charakteristisch ist nur das aa in ÜRaag (selten
anmagen), das e^ in %xtt)fit\i, SBefre^ung, ame^, ^rotr^it, atoe^erleQ, gemet)net, fe^,
fe^n (esse), SRalere^ (doch fällt mehrfach et auf: J^eil^eit öfter, ^voei, feinmesse,
beilegen!). — Consonanten. Widerspruchsvoll ist wie so oft die Behandlung
der f 'Laute, c steht häufig in Wörtern griechischer Abkunft: ^rttif, SRicrofcop,
^lefcop, (E^aractec, bialecttfc^, apobictifd^, colojfaltfc^, categonfc^, practifc!^ (doch
auch oft ^taftif^) ; vgl. dazu ^ameel, Orcan, $unct. Hingegen haben aus dem
Lateinischen stammende !: $röbifat, ^robult, Obieft, 3it|thi!t, $uMtfum, trof-
tirt, refleltirenb (indessen überwiegt hier c: $robuct, Dbiect, reflectirenb).
Auffallig ist femer f vor Consonant und im Auslaut: iSBegrif, Segrtf 18, @tof
(selten öegrfff, ©toff), ^ofnung, eröfnet, ^erbe^gejd^aft, betrift, Dortreflic^. —
Dehnungs-1^ war verbältnissmässig selten zu beseitigen: ©ebe^rbe, @pu^r, n^iH-
ffl^^rlti!^, ftö^irt (häufiger: roiüfürüd^, aerflörenb). — Auch die f-Laute boten
wenig Anlass zu Eingriffen: ff in IRudfd^Iieffung, l^eiffen, auffer (vorwiegend g:
einft^liefeen, blofee, aufier u. s. w.), SauffalttÄt (selten (Saufolltöt). — Sonst findet
sich noch t> statt u: $ropdbe))tif, ^neDmatoIogte. — Anfangsbuchstaben.
Abweichungen von der Regel sind selten: S)octrinaIen (®ef(^dft), @a))Ot)tf(^e
93auet; unglet(!^arttgeiS, etnad b(og fubJectiDed. — Zusammensetzung. Es
finden sich: ob ^tnac (auch oh^roat), ob gleich, oben ein, fo fort. — Eigen-
namen: (Spicur, @(!^afefpeare.
InterpuncÜoii* Der Gebrauch von Komma und Semikolon stört recht oft
Komma schliesst häufig adverbiale Bestimmungen ein, steht vor Satztheilen,
die durch unb angefügt sind, aber auch hinter anderen, welche durch mithin,
aber, ^uqUiä), fonbem, wie eingeleitet werden. Es erscheint vielfach überflüssig
vor und hinter Appositionen mit aliS, in Verbindungen wie unb, ba ; unb, wenn ;
benn, menn; benn, metl; benn, ba^\ halber, menn; bagegen, toenn; aUetn, wenn.
Doch fehlt es in allen diesen Fällen auch oft. — Wiederum vermissen wir es
an Satzgrenzen, vor ob3toar, aber, o^ne gu, zwischen unverbundenen gleich-
artigen Satztheilen, vor und hinter Appositionen, praedicativen Attributen 250 15.10;
doch steht es in der Regel. — Recht beliebt ist im Drucke Semikolon, das
vielfach im Verhältniss der Subordination durch Kolon 190 17 191 20 u. a., oder,
besonders zwischen nebengeordneten Satztheilen, auch durch Komma 1932t 30920
311 4 ersetzt werden mnsste.
Sprache. Laute. Vocale. Den Umlaut vermissen wir bei abjul^angen,
fiberl^angenbe, aufammen^angenben u. ä. (nicht immer; im Ganzen 8 Beispiele). —
544 Vergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals und des Neudrucks.
aldbenn steht 9 mal, sonst stets aldbann. Die Formen wechseln. Ein Unter-
schied nach Bogen wie in manchen älteren Drucken ist weder hier noch bei
anderen Schwankungen zu beobachten. — Ableitungs- und Flexionssilben sind
wie immer beim Verbum am wenigsten fest Wir finden die Ind. Imp. berufen,
audt^dlete (aber z. B. a&^Ue); die Conj. Imp. f&Uete, beitrt^eilete, lemtete,
beruhete (aber z. B. fehlte, erfftüte, DorfieOte, ffll^tte, befiimmte, glaubte); die
unflectirten Part. Perf. gefteKet, beQgefeÜet, geffil^et, beftimmet, na^gea^met,
abgefoffet, fiberjeuget (16 Belege; Synkope herrscht, z. B. DorgefieQt, erf^mert,
benimmt, entfernt, aufgefaßt, gefd^öj^t, erzeugt u. s. w.) und I mal die flectirte
Form fiberffiQetem. -^ Dem entspricht die 3. Pers. Sing. Präs. erhellet, gehöret,
befiimmet, flel^et, Deranlaffet, hinflöget, Sä^di^tt, beforget u. a. (17 mal; sonst
Synkope: gefällt, fpielt, ffi^rt, beftimmt, f^eint, ge^t, l&|t, fd^d^i gelangt u. s. w.). —
Von Substantifen sind zu nennen Xli^aä) 181 93.23 (sonst Urfac^ei z. B. 181 S4^
2:if4ger&t^ 313 11 (Sing.), je 1 mal. — Consonanten. Einzelfölle sind 3,\tt'
ratzen 2264, gefc^td^t 40329. — < Flexion. Auch hier stören nur vereinzelte
Formen: ber ®eban!en 3423$ 343 1 (Sing., 2 mal), ber IBlumenbeeten (1 mal),
fe^n B feien 28434 (nur 1 mal!, sonst ist stets finb, 4 mal auch fet)en gesetzt!). —
Wortbildung. Es finden sich mel^rmalen (1 Beleg) und mehrfach Dorndmli^
(vielleicht orthographisch aufzufassen). — Syntax. Änderungen wurden gleich-
falls nur vereinzelt nöthig: auiS einem gemetnf(j^aftU(^em @runbe; 5U beten
S3efenntntg (innerem ober äugeren); benen-ben (173 20); an allem biefen ®<!^mucre,
mit allem feinen Vermögen, mit btefem allen; amifiiben btefen aroet)en Gemein-
örtent, jenen awe^en ^riucipien, jener ame^en ^tl^t, oon amepen (Slefc^öpfen ;
anfommen auf m. Dativ 205 10— 12; nor {e^t 240 13.14 (statt ffirje^t). Die ange-
führten Fälle sind je nur 1 mal belegt, die beiden ersten vielleicht aus Druck-
fehlern zu erklären. Ewald Frey.
Tergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals und
des Neudrucks.
Die stehenden Ziffern geben die Seitenzahlen des Originaldruckes (A^ an.
I
165
XVI
17334
XXXI
18217
XLVI
19035
11
166
XVII
17418
XXXII
183 1
XL VII
19119
in
167
XVIII
175 3
XXXIII
18322
XLVIII
1923
IV
167 h
XIX
17023
XXXIV
1845
XLIX
192 22
V
168 4
XX
1761
XXXV
18420
L
193 8
VI
168 20
XXI
17625
XXXVI
18510
LI
19329
vn
169 1
XXII
17711
XXXVII
185 31
LH
19413
VIII
169 n
XXIII
178 1
XXXVIII
1861^
LIII
194 34
XI
16933
XXIV
178 2
XXXIX
18635
LIV
19515
X
170 13
XXV
17815
XL
18721
LV
195 30
XI
171 1
XXVI
179 ao
XLI
1884
LVI
196 13
XII
171 IG
XXVII
180 6
XLII
188 25
LVII
197 e
XIII
1729
XXVIII
18028
XLIII
18911
LVIII
198
XIV
17230
XXIX
181 12
XLIV
18930
LIX
199 1
XV
173 14
XXX
181 32
XLV
190 14
LX
199 13
Vergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals und des Neudrucks. 545
1 201
43
225 36
85
25021
127
2763
2 202
44
22621
86
2516
128
276 28
3 203i
45
2275
87
25126
129
277 13
4 20311
46
22726
88
25212
130
278 1
5 20411
47
22810
89
25232
131
27832
6 20430
48
22831
90
25315
132
27916
7 20516
49
22915
91
25335
133
280 4
8 206i
50
230 1
92
25421
134
28023
9 20622
51
23021
93
255 4
135
2816-
10 2Ö7<y
52
2314
94
255 25
136
28128
11 20725
53
23125
95
2569
187
28212
12 SÖÄiö
54
23210
96
25630
138
28233
13 20830
55
232 24
97
25714
139
283 16
14 2OP9
56
23314
98
25735
140
284 1
15 2ÖP30
57
23334
99
25819
141
284 20
16 210 20
58
23418
100
2593
142
285 6
17 2// 5
59
235 1
101
259 22
143
285 25
18 211 23
60
23515
102
2606
144
286 8
19 2/2/2
61
236 5
103
26026
145
28629
20 2/252
62
23612
104
26113
146
28713
21 21318
63
2379
105
26133
147
28733
22 2/4 5
64
23729
106
262 17
148
288 16
23 214 23
65
23814
107
26237
149
28836
24 2/5 7
66
238 34
108
26321
150
28919
25 2/5 25
67
239 n
109
264 4
151
2904
26 216 11
68
2403
110
26425
152
29015
27 2/(?29
69
24023
111
26510
153
29116
28 21714
70
24118
112
265 29
154
2923
29 2/7 jj
71
242 1
113
26612
155
29223
30 2/5 i7
72
24232
114
26635
156
2936
31 219 1
73
24322
115
26726
157
29326
32 2/P2/
74
244 3
116
26814
158
294 10
33 2208
75
244 22
117
2692
159
29426
34 22Ö2»
76
245 9
118
26928
160
29514
35 22/ i«
77
245 31
119
27018
161
295 32
36 222 1
78
24615
120
27/7
162
29618
37 22227
79
247 1
121
27133
163
2973
38 2235
80
24723
122
272 13
164
29723
39 22<?2«;
81
2488
123
273 10
165
298 7
40 224 i2
82
24829
124
27336
166
29827
41 224 33
83
24915
125
274 26
167
29913
42 225 i5
84
250 1
126
27514
168
29933
Jtant'l «((tifttii. Snfe. V.
35
546 Vergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals und des Neudrucks.
169 SOOii
170 301 1
171 301 21
172 3026
173 302 2n
174 3a'i9
175 'Wi*j9
176 304 9
177 304^9
178 .'i^)^!»
179 3003
180 <%^'2M
181 307 u
182 ^3r>7 3«
183 -?Ö«/j
184 30H33
185 .V<>/>w
186 3103
187 .y/ry«
188 /yi///
189 31132
190 /y/2 7«
191 312^
192 5/.?/«
193 .yy4j
194 314 23
195 5/5 7
196 3ir,''28
197 .7/6' //
198 316*26
199 57770
200 .y/Äi
201 318 22
202 /y//>5
203 3U)25
204 5^(?«
205 32a 23
206 52i75
207 5^i56
208 322 19
209 5^5 j
.1210 323 12
211 524 7
212 524 37
213 325 11
214 525 5/
215 526- i7
216 3272
217 527 25
218 32Hi
219 526' yj
220 321)10
221 52^5/
222 55ry/4
223 3312
224 55/2$
225 332 16
226 5554
227 555 .w
228 334 20
229 555*
230 335 33
231 557/
232 557//
233 3389
234 5^V8j/
235 33Uis
236 540/
237 5402/
238 3415
239 54/2^
240 342 12
241 545 j
242 54529
243 544/7
244 5457
245 345 33
246 546*2/
247 3476
248 34726
249 545^7
250 34H31
251 54^ i5
252 54^ 35
253 550 /i>
254 55/ jr
255 35123
256 552(7
257 35223
258 555/0
259 555 jry
260 354 14
261 5545/
262 35515
263 555 55
264 556* /j.
265 357
266 55tS
267 35ifi
268 55.9/7
269 5tf0//
270 360 32
271 5^2/
272 56*2/^
273 3638
274 565 29
275 364 13
276 5^4 54
277 56-5/7
278 366 1
279 5ÖÖ22
280 567«
281 ^7 29
282 56'5/2
283 368 33
284 56'.9 77
285 3704
286 57024
287 3718
288 57/50
289 572 i2
290 37231
291 575/7
292 374 1
293 574 22
294 575 5
295 37519
296 57tf/2
297 37633
298 577/7
299 57,S/
300 378 22
301 57i/«
302 379 2ß
303 5^09
304 5Ä02J
305 38114
306 5^7 55
307 38221
308 5Ä?5
309 55.525
310 5S4 7
311 385 1
312 385 26
313 5^^«
314 38629
315 5<V7/5
316 557 A?
317 38S20
318 5V.9 4
319 38924
320 5^/ö
321 5505/
322 391 14
323 55^/54
324 392 13
325 5i>55
326 595 2<>
327 394 10
328 59450
329 395 15
330 590/
331 59^2/
332 397 4
333 597 24
334 398 10
335 59550
336 599 24
Vergleichende Tabelle der Seitenzahlen des Originals und des Neudrucks. 547
337 39934
338 400 17
339 401s;
340 40123
341 402 le
342 4035
343 40331
UA 404 21
345 4^5 7
346 406 23
347 406 14
348 40634
849 4ö7i7
350 408i
351 4ÖS3/
352 409 4
353 4()Pm
354 4i6i«
355 41029
356 4// 74
357 41135
358 4^2 M
359 4132
360 4/.?«
361 4/4 7
362 4/4 27
363 4/5 i(?
364 416 1
365 4/^ii>
366 417 12
367 4i757
368 4/8 /<j
369 41837
370 4/920
371 4202
372 42Ö23
373 42/ w
874 42130
375 422 75
376 42236
377 425/9
378 4245
379 42423
380 425«
881 425 28
382 42^75
383 42^55
384 427 77
385 42^7
386 42812
387 4295
388 42^25
389 4309
390 456 jo
391 45/ 7J
392 43133
393 452 77
394 455 7
395 43322
396 434 4
397 454 75
398 4.55 75
399 435 34
400 45^5
401 4575
402 43725
403 455p
404 43830
405 4.?i^7J
406 43934
407 44Ö7*
408 44/7
409 44/22
410 4426
411 44226
412 445 70
413 44552
414 444 14
415 444 54
416 445 77
417 44^ <;
418 44632
419 447 75
420 4455
421 44525
422 44834
423 4496
424 45^72
425 45031
426 45/72
427 452 7
428 45221
429 4534
430 455 29
431 454 10
432 454 50
433 45513
434 455 55
435 45^75
436 46635
437 45775
438 455 7
439 45826
440 45^75
441 45926
442 4^6^77
443 4^6^57
444 4^/79
445 4624
446 46224
447 4^56
448 46326
449 4<?4 5
450 4^4 <?
451 4^5 77
452 465 gf
453 4^^ 75
454 46635
Abb 467 18
456 468 3
457 4^5 75
468 4699
459 4^925
460 47(?72
461 47033
462 47/5
463 4727
464 47274
465 4735
466 475 2.;
467 474 77
468 474 31
469 475 21
470 47^72
471 47636
472 477 2«
473 475 75
474 4794
475 47929
476 480 18
477 45/7
478 48134
479 45275
480 455 74
481 454 4
482 454 50
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