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Full text of "Kants gesammelte Schriften Bd. 15 = Abt. 3, Handschriftlicher Nachlass ; Bd. 2. Anthropologie : Hälfte 1[/2]"

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Hanf« 


oon  bsc 


Banlr  v 


Berlin 

I^tuA  utiJb  Beckg  oon  (Seocg  Betmer 
1908 


"&^nV^  Wtxkt 


%vxfxk  bsr  JErfJ^Btfehrap. 


BBtlttt 

J^ruA  unb  ©«rlag  xion  (Scorg  Bnmcr 
1908 


GENER/ri 


^nffdMkxMt  6e6  '^anbes. 


1788. 


Äritil  bcr  |)raftif(]^cn  aScrnunft i 

«orrebe 3 

(ginleitung.    »on  ber  Sbee  ehiet  Ärili!  ber  prafttfd^en  55emunft  .  .      15 

ßrftcr  %f)txh  ßlcmctttarlcl^rc  ber  reinen  pxattx^äftn  SSernunft    n 
et^  Sn^.    (Die  »nal^ttf  ber  reineti  pxamSü^zn  ^vmnft  ...      19 
(Srfied  ^auptflüdt.    S$on  ben  ®runbfA<^en  ber  reinen  praltif^en 

«emunft 19 

J.  Son  ber  S)ebuäion  ber  (S^ninbf&j^e  ber  reinen  praftif^en 

Semunft 42 

II.  Qon  ber  Sefugnig  ber  reinen  S3ernunft  im  praftifd^en 
Qkbxauä^t  ^u  einer  C^noeitening,  bie  il^r  im  fpeculatioen 

für  p^  nid^t  möfllid^  ip 50 

3»eited  ^auptflfidf.  8on  bem  SSegriffe  eine«  @egenfianbed  ber 

reinen  profttf^en  Vernunft 57 

«on  ber  STripif  ber  reinen  praltif^en  Urt^eiWfraft 67 

S)ritted  ^auptftfidf.    Qon  ben  2:riebfebem  ber  reinen  praftifc^en 

«emunft 71 

Ihitifd^e  Seleu^tung  ber  ^nal^tif  ber  reinen  praftifc^en  Vernunft      89 

Sweüe«  »u^.    S)ialeftif  ber  reinen  praftifcfeen  ^enrnnft-  ....    107 
(Srfied  ^auptftüdf.    Son   einer  ^ioleftif  ber  reinen  praftifi^en 

«emunft  über^oupt 107 

Bweited  ^auptflüdf.    Son  ber  2)ta(eftil  ber  reinen  S^emunft  in 

aSeftimmung  bed  Segriff d  Dom  ^dc^ften  @ut 110 

I.  3)ie  Antinomie  bcr  praftifc^en  Vernunft 113 

II.  jhritife^e  tufl^ebung  ber  SInttnomie  ber  praftifd^en  Ver- 
nunft   114 


I  -;  (:  '  ^  '^ 


VI 

III.  $$on  bem  Primat  ber  reinen  praftif^en  Sl^emunft  in 

il^rer  ^erbinbung  mit  ber  fpeculottoen 119 

IV.  2)ie  Unfterbltc^fett  ber  @eele,  ald  ein  ^ofinlat  ber  reinen 

pra!tif4en  Vernunft 122 

y.  ^aiS  2)afetn  ©otteiS,  ald  ein  $o{hiIat  ber  reinen  pral« 
^  «Wen  Semunft 124 

VI.  Über  bie  $o{htIate  ber  reinen  praftif^en  IBemunft  Ober- 

haupt     132 

VII.  SBte  eine  @rtoeiterung  ber  reinen  Vernunft  in  praftif<3^er 

^h^^t,  o^ne  bamtt  i^r  (Menntnig  al9  fpeculatio 
augleit^  du  erweitern,  su  benfen  ntbgli^  fei?    ...    134 
VIII.  Sont  Sürma^r^alten  au&  einem  Sebürfniffe  ber  reinen 

»emunft 142 

IX.  SSon  ber  ber  praftifiJ^en  ^efiimmung  bed  !D{enfd^ 
meiiSlic^  angemeffenen  ^oportion  feiner  CMenntnig* 
vermögen     • 146 

Smeiter  ^tih    SNetl^obenlel^re  ber  reinen  ptaltt\<fftn  äSer» 
nunft 149 

»ef(^lu6 161 


1790. 

Äritif  ber  Urt^eilöfraft 165 

aJorrebe 167 

Einleitung 171 

I.  IBon  ber  (Sint^eilung  ber  ^l^ilofop^ie 171 

IL  SBom  Gebiete  ber  $^i(ofop^ie  überhaupt 174 

IIL  SSon  ber  jbritif  ber  Urt^eiliSfraft,  aliS  einem  Serbinbung^mittel 

ber  aroei  2:^etle  ber  $^iIo|op^ie  su  einem  ®onaen 176 

IV.  S3on  ber  Urtl^eildfroft,  ald  einem  a  priori  gefe^^gebenben  Vermögen  179 

V.  2)aiS  $nncip   ber  formolen  Bn)e(fmö6tg!eit  ber  92atur  ift  ein 

trondfcenbentale«  $rtnctp  ber  Urt^eildfraft    . 181 

VI.  9)on  ber  Serbinbung  be^  @effi^IiS  ber  8ufl  mit  bem  Segriffe  ber 

SroecfmögigWt  ber  3Ratur 186 

VII.  $on  ber  aft^etifd^en  S^orflenung  ber  3n>edFma6ig!eit  ber  Statur  .  188 

VIII.  ^on  ber  logifd^en  QorfieHung  ber  Sroedfmägigfeit  ber  92atur .   .  192 
IX.  $on  ber  ^erfnäpfung  ber  @efe^gebungen  bed  Serflanbed  unb  ber 

©emunft  bunft  bie  ttrtl&eiWfroft 195 

(Sintbeilung  bed  ganaen  SBerfiS 199 


VII 

^fiet  S^eiL    jtrittt  ber  ift^ettfc^en  ttrt^eiUfraft 201 

erfler  «l^^nitt.    Unal^tif  bet  ftfU^eitf^eti  ttrt^eitöftaft 203 

1.  a^oment  bed  (Bef^madFdurtl^eUd  ber  OuoIitAt  nad^  ....    203 

§  l.  S)a«  (Bef((mo(fdurt^iI  ifi  dfll^etif^ 203 

§  2.  ^ad  SBo^lgefaüen,  meld^ed  bad  ©ef^madTdurt^il  be- 

flimtnt,  ifl  o^ne  aHed  Sntereffe 204 

§  8.  2)a«  SBo^lgefaÜen  am  Slngene^men  ift  mit  3n* 

tmffe  Derbunben 205 

§  4.  2)0«  Bol^IgefaUen  am  (Buten  ij)  mit  Sntereffe  Der- 

bunben 207 

§  5.  8erglei((ung   ber   brei  fpedfif^  Derf^iebenen  9lrten 

bed  So^Igefattend 209 

2.  SRoment  be«  (Befd^madt^urt^etl«,  namli^  feiner  Quantität  nac^    211 
§  6.  S)ad  €<3^öne  ift  ba«,  ma«  o^ne  begriff  ald  Dbiect 

eine«  allgemetnen  SBol^lgefallen«  Dorge^eHt  mirb  .  •  211 
§  7.  ®erglei^ung  be«  @d^i^nen  mit  bem  ^(ngenel^men  unb 

(Buten  burd^  obige«  aRerlmal 212 

$  8.  2)ie  tlllgemeinbeit  be«  äBo^Igefaüen«  »irb  in  einem 

(Bef(!^madt«urt]^eile  nur  al«  fubjectit)  DorgefleÜt  .  .  .  213 
i  9.  Unterfu^ung  ber  ^age:   ob  im   (Befd^madfdurtl^eile 

ba«  (Bef&^l  ber  8uft  oor  ber  SSeurtbeilung  be«  (Begen« 

fionbe«,  ober  biefe  oor  fener  oorl^rgel^e 216 

3.  aJloment   ber    (Befd^modf«urtl^eiIe    m6^    ber  ^Relation  ber 
Swecfe,  meli^e  in  i^nen  in  Setrad^tung  geaogen  mirb    .  .    219 

§  10.  IBon  ber  Bmedmögigfeit  fiberl^aupt 219 

§  11.  2)a«  ®ef<^ma(f«urt^eU  ^at  niti^t«  al«  bie  gorm  ber 

Btoedtmagigfeit  eine«  (Begenftanbe«  (ober  ber  Cor« 
ße0ung«art  beffelben)  aum  ®runbe 221 

§  12.  <Dq«  (Befd^madr«urt]^i(  berul^t  auf  (S^rfinben  a  priori    221 

§  18.  S)a«  reine  (Befd^maddurt^eil  ifl  oon  9leia  unb  difi^rung 

unabl^Angig 223 

i  14.  (Erläuterung  burc^  SBeifpiele 223 

$  15.  ^a«  (Befd^madt«urt]^eil  ift  oon  bem  Segriffe  ber  ^oH* 

lommen^eit  g&naliti^  unabl^öngig 226 

§  16.  S)a«  (Befd^ma(f«urt^eU,  woburc^  ein  (Begenftanb  unter 
ber  Sebingung  eine«  beftimmten  Segriff«  fikr  fd^ön 
crfldrt  mirbi  ift  nid^t  rein 229 

§  17.  Som  3beale  ber  @(!^5nbeit 231 

4.  SRoment  be«    (Befc^ma(I«urt4ei(«  nac!^    ber  ÜJ^obalitdt  be« 

SBolb^d^faHen«  on  bem  Oegenfianbe 236 


VIII 


§  18.  SBad  bte  a)7obaIitöt  eine«  ^efd^macf^urt^eiliS  fet .  .  .  .    236 

§  19.  2)te    fubjecttDe    9lot^menbtgfeit,    bie    mir    bem    ®e- 

f^modÄurt^eile  beilegen,  ifi  bebingt 237 

§  20.  2)ie  SBebingung  bet  ^^otl^fDenbigfett,  bie  ein  ©efe^madf«- 

urtfteil  öorgiebt,  ift  bie  3bee  eine«  ©emeinfinnc«  ...    237 

§  21.  Db  man  mit  ®runbe  einen  @emeinflnn   Dorau^fej^en 

!önne 238 

§  22.  2)ie  ^Jlot^menbigfeit  bet  allgemeinen  Seiftimmung,  bie 
in  einem  (Seft^madF^urt^eil  gebaut  mirb,  ift  eine  fub* 
iectioe  Sf^ot^menbigfeit,  bie  unter  ber  Soraudfe^ung  eine« 
®emeinfinnd  ald  objectit)  oorgefteflt  mirb 239 

ungemeine  Slnmerfung  aum  erflen  $(bfe^nitte  ber  Slnal^ti!  .  .    240 
Smeited  iBu^.    9(naU)tif  be«  Grl^abenen 

§  23.  Übergang  oon  bem  S3eurt^eiIungdDerm5gen  beiS  ©d^önen 

5U  bem  bed  ürl^abenen 244 

§  24.  $3on  ber  (Sint^eilung  einer  Unterführung  beiS  (Beffl^Id 

beiS  (Erhabenen 247 

A.  Som  ^atl^ematifc^-^r^abenen 248 

§  25.  9lamener!(&rung  bed  (^^abenen 248 

§  26.  93on  ber  (S^rögenf^d^ung  ber  9{aturbinge,  bie  aur  3bee 

bed  (Sr^abenen  erforberli^  ift 251 

§  27.  $$on    ber   Qualität   beiS  SBo^IgefaQend  in  ber  Seur- 

t^eUung  be«  (Erhabenen 257 

B.  S)om  2)t)namifd^«(^]rabenen  ber  fflaiux 260 

§  28.  $$on  ber  SRatur  aU  einer  ^ad)t 260 

§  29.  93on  ber  a^obalit&t  bed  Urt^eil«  fiber  bad  C^^abene  ber 

SRatur 264 

Slllgemeine  Slnmerfung  aur  C^^pofltion  ber  Aftl^eäfciren  reflec« 

ttrenben  Urtl^elle 266 

S)ebuction  ber  reinen  äfH^etiffJ^en  Urtl^eile 279 

§  30.  2)ie  2)ebuction  ber  äft^etif^en  Urt^eile  über  bie  @egen- 

ft&nbe  ber  SRatur  barf  nic^t  auf  bad,  »aiS  mir  in  biefer  er- 

l^aben  nennen,  f  onbem  nur  auf  baiS  (^c^dne  gerietet  »erben  279 

§  31.  $on  ber  SJ^et^obe  ber  lS)ebuction  ber  eef^madfiSurt^eile  280 

§  32.  @rfte  (Sigent^ümlicirfeit  bed  (Befd^madtiSurtireild    ....  281 

§  33.  3n)eite  (Sigent^fimliiirfeit  bed  (S^efd^maddurtl^eitö  ....  284 

§  34.  (&^  ift  fein  objediDed  $rindp  beiS  ©efd^macfd  m5gli(^  .  285 
§  35.  2)aiS  $rincip  beiS  ©ef^madf«  ift  baiS  fubiecüoe  ^rincip 

ber  Urt^eiWfraft  überl&oupt 286 

§  36.  S)on  ber  Slufgabe  einer  2)ebuction  ber  ^efd^ma^durtl^eile  287 
§  37.  äBa«  wirb  eigentlich  in  einem  (E'^ft^madf^urt^eile  Don 

einem  (S^egenftanbe  a  priori  behauptet? 289 


IX 

§  38.  2)ebuctiou  ber  <&$ef(^inacI«urt^eUe 289 

§  39.  Qon  ber  S^itt^etlbarfeit  einer  (Smpfinbung 291 

§  40.  Qom  <S^ef4mad!e  al8  einer  Urt  t)on  sensus  communis  .   .  293 

§  41.  I^om  empirif((en  Shtereffe  am  ®^önen 296 

§  42.  9)om  inteUectueHen  Sntereffe  am  ®4dnen 298 

§  43.  8on  ber  ^unfl  überhaupt 303 

§  44.  8on  ber  frönen  Stmft 304 

§  45.  ®4dne  5hinft  ift  eine  ^nfl,  fofern  fie  auglei^  9latur 

3U  fein  f^eint 306 

§  46.  @<j^dne  jhinfi  ifl  jhinft  be«  (Benied 307 

§  47.  (Srlduterung   unb  Sdefidtigung   obicjer  Srfldrung   x>om 

©enie     308 

§  48.  Som  Ser^aitntffe  bed  ®enieiS  aum  (Befc^mad  ....  311 
§  49.  l3on  ben  «ermögen  beS  @emüt^«,  welche  ba&  (Benie 

anomalen 313 

§  50.  8on  ber  Serbtnbung  bed  (&t\d^mad9  mit  (Benie  in  $r0- 

bucten  ber  f<^önen  Stnnfi 319 

}  51.  aSon  ber  C^int^eilung  ber  fci^dnen  Stün\lt 320 

§  52.  Son  ber  Serbinbung  ber  ft^dnen  IHinfte  in  einem  unb 

bemfelben  ^robucte 325 

§  53.  Qerglei^ung  bed  äfil^eiifd^en  f&txif^ü  ber  fc^önen  Mnfie 

untereinanber 326 

§  54.  tnmerfung 330 

Sioeitec  »bfdftnitt*    ^e  SHaleftif  ber  ftft^tif^en  ttvi^eUöftaft ....  337 

§  55 337 

§  56.  ^orfleUung  ber  Antinomie  be«  (Befi^^macfd 338 

§  57.  9ufI5fung  ber  Kntinomie  beiS  ©efd^madf« 339 

f  58.  Som  Sbeali^mud  ber  SmedmAgigfeit  ber  9{atur  fowo^l 
ald  Stan%  alS  bem  alleinigen  $rincip  ber  aft^etife^en 

Urt^eiWfraft 346 

§  59.  I^on  ber  ©(^dnl^eit  aU  ®t)mboI  ber  ©ittlid^feit    ...  351 

§  60.  Hn^ang.    8on  ber  üJ^et^obenle^re  bei  (Bef^madtiS    .  .  354 

Sweiter  S^eiL    Jtritil  ber  teleologtfc^en  ttrt^eildfraft  ...  357 

$  61.  8on  ber  obiectioen  Bmedmögigfeit  ber  9{atur    ....  359 

erfte  Hbt^eilnttg«    »nal^tif  ber  teleologifAen  ttrt^itölraft  .  362 

§  62.  8on  ber  objectiDen  Smecfmdgigfett,  bie  blog  formal  ifl, 

dum  Unterf^tebe  Don  ber  materialen 362 

§  63.  Qon  t^r  relatioen  BnedTmögigfeit  ber  9latur  aum  Unter- 
triebe oon  ber  innem     366 

b 


§  64.  S3on  bent  ctgent^amltc^eit  ^l^aroftrr  bec  ^inge  aliS  9la» 

tuQttcde 369 

§  65.  2)inge  aU  9taint^medt  finb  organifirte  SBefen  ....  372 
§  66.  8ont  ^ttnci^  bei  Sefirt^^dlung  ber  innent  8n)e(fni&6ig- 

leit  in  otganiRrten  ^efen 376 

§  67.  Born  $rindp  ber  teleologifc^en  Beurteilung  ber  fftatnt 

flberl^oupt  ald  @Qftem  ber  Bmecfe 377 

§  68.  Sou  bem  $rtndp  ber  Seleologte  aM  innerem  ^ndp 

ber  9latum)t{Tenfd^aft 381 

3tt»eUe  «bt^eilttitd.    2)ialefttt  ber  teIeoIogif#en  Ur«^etl«fraft .    385 

§  69.  ma»  eine  SCnHnomte  ber  Urtl^eiUfraft  fei 385 

§  70.  SorfieQung  biefer  «ntinDmie 386 

§  71.  8orbecettiing  aut  $(uf(dfung  obiger  Slntinomie  ....  388 
§  72.  Son  ben  man^erlei  ©Qftemen  iUber  bie  Stotdmä^iqftit 

ber  9btitt 389 

§  73.  i^eined  ber  obigen  6t){tone  leiftet  baiB,  »a«  ed  oorgiebt  392 
§  74.  2)ie  Urfoc^e  ber  Unmögli((feit,  ben  iBegriff  einer  2:e4ni! 
ber  9taint  bogmatifc!^  ^u  bel^anbeln,  ifl  bie  Unerfl&rli^feit 

eined  ^laturgroecfd 395 

§  75.  S)er  l^egriff  einer  obiectioen  Swedhnftftigfeit  ber  Statur 
ift  ein  Iritif^eiS  ^rincip  ber  Vernunft  fftr  bie  refledirenbe 

Urll^eilöfraft 397 

§  76.  «nmerfung 401 

§  77.  Son  ber  C^igent^ümlie^feit  bc«  ntenf(|^Iid^en  S^erfianbeiB, 

mobur4  und  ber  S9egriff  eineiS  fRaturgwecfiS  möglid^  mirb    405 
§  78.  Son   ber  Bereinigung  beiB  $rtncipd  bed  aügenteinen 
SRed^iiSmud  ber  SD^aterie  mit  bem  teleologif^en  in  ber 
Se^nil  ber  9latur 410 

^nl^ong.  ay^etl^obenle^re  ber  teleologifilNn  ttrtl^eiUfraft ...  416 
§  79.  Df>  bie  2:eIeologie  altf  }ur  Sflaturle^re  gel^5renb  abge- 

^Qubelt  »erben  muffe 416 

§  80.  ^on  ber  not^menbigen  Unterorbnung   beiS  $rtncipd  beiS 

^ed^aniiSmd  unter  bem  teleologif^en  in  (Srflörung  eineiS 

S)inge0  aU  Jtatüx^rotä» 417 

§  81.  $on  ber  SeigefeÜung  bed  SRee^onidmuS  aunt  teleolo- 

giften  Sßrindp  in  ber  (Srüdrung  eined  SRatur^mediS  ald 

9laturprobuä« 421 

§  82.  ®on  bem  teleologif^en  6^ftem  in  ben  ftugem  Serl^&(t* 

nilfen  organifirter  SBefen 425 

§  83.  9)on  bem  legten  S^"^^^  ^  9tatax  ald  eined  teleolo* 

gifcl^en  ©Qpem« 429 


XI 

§  84.  8i>n  bem  dnh^toede  be«  IDafein«  einer  93eU«  b.  i.  ber 

@(|dpfung  felbfl 434 

§  85.  8on  bet  ^^^{llot^eologte 436 

§  86.  Don  ber  (St^ilot^ologte 442 

§  87.  8on  bem  moroUf^en  Sen>etfe  be«  SDafetnd  (Botted  .  .  447 

$  8&  »ef^rdnfunfi  ber  eiflitigfeit  beiB  mocoltf^eic  fB^mt^ .  453 

§  89.  t3on  htm  fflni^tn  bed  moralif^en  VrgumentiB 459 

§  90.  8on  ber  ^tt  be«  günoa^rl^altend  in  einem  teleologif^en 

Semeife  be«  2)afeind  ®otte« 461 

§  91.  Son  ber  Mrt  beiS  d^tmaJ^tfyxUtnü  burd^  einen  prafttf^en 

Glauben 467 

ungemeine  ^Inmerlung  aur  ^eleologie 475 


ADmerkungen 487 


bcr 


Don 


Smmannel  £ant 


itant*«  ^(^rCften.    Qerfr.  V. 


Sorret>e. 


SBorum  bic[eÄritif  itid^t  cineÄritif  bcr  reinen  <)rafttfd6en,  fonbern 
fdgledgtl^in  ber  praftif ^en  SBetnunft  fiberl^aupt  betitelt  mlrb,  obgleid)  ber 
^araUeliSm  berfelben  mit  ber  f|)eculatit)en  ba«  erflere  gu  erforbern  \iitint, 

5  bar&ber  giebt  biefe  Hbl^anblung  l^inreid^enben  Suffdglug.  @ie  foll  blod 
bart^un,  bag  t&  reine  )>ratttf(]^e  SBernunft  gebe,  unb  tritiflrt  in 
biefer  abfielt  il^r  ganged  prattifd^ed  äSermögen.  äSenn  eS  il^r  ^iemit 
gelingt,  fo  bcbarf  fte  ba«  reine  SJermJgen  felbji  nid^t  jufritiftren,  um 
gn  feigen,  ob  fid^  bie  SBemunft  mit  einem  fold^en  als  einer  bloßen  Slnma« 

10  gungnid^tüberfteige(mieeSn)o]^ImitberfpecuIatit)enge[d^ie]^t).  S>enn 
wenn  jte  al«  reine  JBernunft  toirllid^  praftifd^  ift,  fo  beweifet  fle  il^re  unb 
il^rer  ^Begriffe  Sltealitdt  burd^  bie  S£^at,  unb  aUeS  SSemünfteln  toiber  bie 
9R5glidg{eit,  eS  gu  fein,  ift  mgeblid^. 

9Rit  biefemSSermdgen  ftel^taud^  bie  tranSfcenbentale  t^reil^eitnun« 

15  mel^r  feft,  unb  gmar  in  berfenigen  abfoluten  SBebeutung  genommen,  toorin 
bie  f^)eculatloe  SSemunft  beim  Oebraud^e  beS  Segriff«  ber  (Saufalitdt  flc 
beburfte,  um  fid^  ttiber  bie  Slntinomie  gu  retten,  barin  fle  unoermeiblid^ 
gerdtl^,  menn  fie  in  beräfteil^e  ber (Saufaloerbinbung  {td^  bad  Unbebingte 
benfen  rniS,  meldten  SSegriff  fie  aber  nur  problematifc^,  ald  nid^t  unm5g« 

20  lid^  gu  benfen,  auf  [teilen  tonnte,  ol^ne  i^m  feine  obiectioe  9%ealit&t  gu 

fi(^ern,  fonbern  aQein  um  nid^t  burd^  oorgeblid^e  Unmöglid^Ieit  be|fen, 

tt)a8  fie  bod^  menigfienS  als  bentbar  gelten  Ia|fen  mug,  in  i^rem  3Sefen 

angefod^ten  unb  in  einen  abgrunb  bed  ScepticiSmS  geftürgt  gu  merben. 

©er  JBegriff  ber  Sreil^eit,  fo  fern  beffen  fRealltdt  burcft  ein  o^jobiftif 

35  fd^eS  ®e[eg  ber  (raftifd^en SSernunft  bemielen  ift,  mad^t  nun  ben @d^iug« 
f  tein  oon  bem  gangen  ©ebdube  eines  @9ftemS  ber  reinen,  felbft  ber  fpecu» 

1* 


4  ftriti!  ber  pmftifi^en  i^entunftn 

lottDcn  SBernunft  aus,  unb  alle  anbete  begriffe  (bie  Don  ®ott  unb  Un« 
flerbli(i^!eit),  toelii^c  al8  Mofee  Sbeen  in  bicfer  ol^ne  Haltung  bleiben, 
f(^Iiegen  ^6^  nun  an  il^n  an  unb  belommen  mit  il^m  unb  burd^  i^n  Se* 
flanb  unb  obiectiDe  Sfiealitdt,  b.  i.  bie  SRöglicIfeit  berfelben  mirb  ba^ 
burii^  bett)ie[en,  bafe  grei^elt  toirtlid^  iP;  benn  biefe  Sbec  offenbart  jt(|  5 
burdgiS  moralif(!^e  ®efe^. 

f^reil^eit  ift  aber  aud^  bie  eingige  unter  aUen  S^een  ber  fpecuIatiDen 
Vernunft,  tooDon  toir  bie  SWöfllici^feit  a  priori ^toiffen^  o^ne  jle  bod^  ein» 
jufe^en,  loeil  fte  bie  Sebingung*)  beiS  moralif(!^en  ©efe^ed  ifl,  meld^eS  mir 
loiffen.  S)ie  Sbeen  Don  ®ott  unb  ltnfterbli(!^teit  finb  aber  nid^t  99e»  10 
bingungen  beS  ntoraIi[dgen  ©efe^eS,  fonbern  nur  Sebingungen  bed  notl^» 
ttenbigen  DbiectS  eined  burd^  bie[ed  ®efe^  befiimmten  äBiUenS,  b.  i.  beS 
blog  pratti[d^en  ®ebrau(!^d  unferer  reinen  SSernunft;  alfo  tonnen  loir  Don 
ienen  Sbeen  aud^,  id^  miO  nid^t  blog  fagen,  ni(^t  bie  äßirllic^Ieit,  fonbern 
audb  nid^t  einmal  bie  9R5gli(!^Ieit  ju^rlenneujunb  eingufel^en  bel^au))«  is 
ten.7  ©leid^iDOl^l  aber  finb  fie  bie  Sebingungen  ber  Slnioenbung  beS  mo« 
ralifd^  befiimmten  SBiSenS  auf  fein  i^m  a  priori  gegebenes  Dbiect  (baS 
l^öd^fte  ®ut).  Solglid^  lann  unb  mu^  il^re  3R5glid^feit  in  biefer  pralti« 
fd^en  SBegiel^ung  angenommen  ti)erben,  ol^ne  fie  bod^  tl^eoretifd^  ju  er^ 
tennen  unb  einzuleiten.  f^ürbiele^tere^orberungiftinprattifd^erSlbfid^t  ao 
genug,  bag  fie  leine  innere  Unmöglid^Ieit  (äBiberfprud^)  entl^alten.  ^ier 
ift  nun  ein  in  äSergleid^ung  mit  ber  f)>eculatiDen  SSernunft  blog  fubfec« 
tiDer  ©runb  bes  ^ftriDal^rl^altenS,  ber  bod^  einer  eben  fo  reinen,  aber 
praftifd^en  SSernunft  obJectiD  gültig  ift,  baburd^  ben  ^bttn  Don  ®ott 
unb  Unflerblic^feit  Dermitteljt  be«  Segriff«  ber  Srrei^eit  obJectiDe  «ealltdt  25 
unb  Sefugnife,  |a  fubJectiDe  SHotl^menbigWt  (Sebflrfnife  ber  reinen  SJer» 
nunft)  fie  angune^men  Derfd^afft  Doirb,  ol^ne  bag  baburd^  bod^  bie  SSernunft 


*)  2)amtt  man  l^ier  ntc^t  Snconfequenaen  anautreffen  toA^ne,  tvenn  i^  jef^t 
bie  Steilheit  bie  iBebingung  bed  moralifd^en  ©efe^ed  nenne  unb  in  ber  9lb^anblung 
naä;if)ex  Ui^auptt,  hai  ha^  moralifc^e  @efe^  bie  SBebingung  fei,  unter  ber  mir  30 
und  aUererft  berffreil^eit  bewugt  werben  fönnen,  fü  will  \^  nur  erinnern,  hai 
bie  {^rei^eit  aUerbingd  bie  ratio  essendi  bed  moraIif(]^en  @efe|ed,  bad  ntoralif^e 
©efe^  ober  bie  ratio  cog^noscendi  ber  f^reil^eit  fei.  2)enn  w&re  ni(!^t  bad  mora« 
Iif(ie®efe|  in  unferer  SSernunft  el^er  beutlid^  gebac^^t,  fo  würben  wir  und  niematö 
berec^ttgt  Italien,  fo  etwa«,  al«  JJrcil^eit  x\t  (ob  biefe  gleid^  fic^  nic^t  wiberfpric^&t),  35 
anaunel^men.  Sßdre  aber  !eine  grei^eit,  fo  wftrbe  ba«  moralifci^e  ©efe^  in  m» 
gar  nic^t  anautreffen  fein. 


9oTttbt.  5 

im  t^eoretifc^etiiSSrtenntniff^  erkoeitert,  fonbem  nur  bie  SRöglid^feit,  bte 
Dorl^er  nur  Problem  loar,  ^ter  Slffertion  »irb,  gegeben  unb  fo  ber  praf« 
tif^e  (Sebraud^  bet  SJemunf  t  mit  ben  Elementen  bed  t^eoretifd^en  üerfnäpft 
mirb.  Unb  biefeS  ä3ebürfnig  ifi  nid^t  etma  ein  I^Qpotl^etifd^eiS  einer  be:> 

5  liebigen  9lb|t(i^t  ber @)>eculation,  bag  man  etmaS  annel^men  muffe,  menn 
man  gur  SSoQenbung  beS  SSernunftgebraud^S  in  ber  Speculation  l^inauf« 
fteigen  loill,  fonbern  ein  gefe^Iid^ed,  etmad angunel^men,  ol^ne  »eld^ed 
nid^t  gefd^el^en  lann,  »aS  man  ßd^  jur  Sbfid^t  feines  St^unS  unb  SaffenS 
unnad^Ia^lid^  fe^en  f oll 

10  (Ss  toAre  allerbtngS  befriebigenber  fär  unfere  fpecuIatiDe  SSernunft, 
ol^ne  biefen  Umf^meif  jene  aufgaben  für  fid^  aufjulöfen  unb  fte  als  (Sin^^ 
ftd^t  5um  prattifd^en  ®ebraud^e  aufgubema^ren;  attein  ed  i[t  einmal  mit 
unferem  äSermogen  ber  Speculation  nid^t  fo  gut  beftettt.  S)ieienige,  meldte 
ft(4  fold^er  l^ol^en  @rfenntniffe  rfll^men,  foOten  bamit  nidgt  gurüdl^alten, 

15  fonbern  fie  bffentlid^  gur^rflfung  unb  ^od^f^A^ung  barfteUen.  @ie  »oQen 
beioeifen;  tool^Ian!  fo  mögen  fie  benn  beioeifen,  unb  bieiCritit  legt  il^nen 
als  ©iegern  il^re  ganje  Stftftung  gu  f^figen.  Quid  statis?  Nolint.  Atqui 
licet  esse  beatis.  —  S)a  fte  alfo  in  ber  Sl^at  nic^t  n)oIIen,  Oermutl^Iid^ 
»eil  fte  nid^t  fönnen,  fo  muffen  mir  iene  bod)  nur  mieberum  gur  ^anb 

20  nel^men,  um  bieSegriffe  oon  ®ott,  $reil(|eit  unb  Un jterblid^f eit,  ffir 
»elt^e  bie  @peculation  nid^t  ^inreid^enbe  ©emA^rleiftung  i^rer  3StbQ^ 
lidbleit  finbet,  in  moralifd^em  ®ebrau(^e  ber  SSernunft  gu  fud^en  unb 
auf  bemfelben  gu  gränben. 

^ier  erfldrt  fid^  audb  aUererft  baS  Stätl^fel  ber  Aritif,  toie  man  bem 

25  fiberfinnlidben  ®ebraud§e  ber  j(ategorien  in  ber  @pecuIation  obiectioe 
9teaIitAt  abf)>red^en  unb  il^nen  bo(^  in  9(nfel^ung  ber  Dbiecte  ber 
reinen  praltifc^en  SSernunft  biefe  StealitAt  gugeftel^en  I5nne;  benn 
Dorl^er  mug  biefeS  notl^menbig  inconfequent  ausfeilen,  fo  lange  man 
einen  fold^en  praftifd^en  ®ebrau(^  nur  bem9lamen  na(!b  tennt.  SBirb  man 

30  aber  je^t  burdb  eine  oottftänbige  ßerglieberung  bee  le^teren  inne,  bag 
gebadete  SiealitAt  l^ier  gar  auf  (eine  tl^eoretifd^e  93eftimmung  berjfa« 
tegorien  ^nb  (Srmeiterung  beS (SrtenntniffeS  gum Überftnnlid^en  l^inauS« 
gel^e,  fonbern  nur  l^ieburdb  gemeint  fei,  ba^  il^nen  in  biefer  93egie^ung 
äberaD  ein  Dbiect  guTomme,  meil  fie  entmeber  in  ber  not^menbigen 

36  SSiDendbeftimmung  a  priori  entl^alteUiOber  mit  bem®egenftanbe  berfelben 
ungertrennli^  oerbunben  finb,  fo  oerfd^minbet  ieneSnconfequeng,  meil  man 
einen  anbern  ®ebraud^  i)on  ienen  93egriffen  mad^t,  als  fpeculatiDe  93er^ 


6  Stxiixt  ber  )mi!tif<^en  $)evnunft. 

nunft  bcbarf.  ©agcflcn  eröffnet  ftd^  nun  eine  Dotier  faum  gu  eroattenbe 
nnb  fc^r  befriebiflenbe  Seftätigung  ber  confequenten  ©cnfnnflSort 
ber  fpeculatit^en  JCritit  barin,  bag,  ba  bieje  bie  ©egenPnbe  ber  (Srfal^rung 
al8  fold^e  unb  baruntcr  felbfl  unfcr  eigene«  Subject  nur  ffir  (Srld^ei* 
nun  gen  gelten  gu  laffen,  i^nen  aber  glei^mo^I  S)inge  an  fid^  felbft  gum  5 
®runbe  gu  legen,  alfo  nid^t  alle«  ÜberPnnlid^e  für  ßrbid^tung  unb  beffen 
Segriff  für  leer  an  Sn'&alt  gu  l^alten  einfd^firfte:  |)raftif(^e  JBernunft  {e^t 
für  jtd)  felbft,  unb  o^ne  mit  ber  fpeculatlDen  SSerabrebung  getroffen  gu 
^aben,  einem  überfinnlid^en  ©egenpanbe  ber  j^ategorie  ber  @aufalität, 
nämli^  ber  greil^eit,  Sfiealitdt  Derfd^afft  (obgleid)  al8  praftifd^em  ©e-  10 
griffe  aud^  nur  gum  praftifd^en  ©ebraud^e),  alfo  badienige,  loaS  bort  blog 
gebadet  merben  lonnte,  burd^  ein  factum  beftdtigt.  Riebet  erl^ält  nun 
gugleid^  bie  befremblid^e,  obgmar  unftreitige,  93e^auptung  ber  fpeculatiDen 
j^ritif,  bag  fogar  ba«  benlenbe  @ubj[ect  il^m  felbft  in  bet  innerett 
Knfc^auung  blog  @rf d^einung  fei,  in  ber  Aritil  ber  praTtifd^en  S3er<^  15 
nunft  aud^  i^re  ooOe  SSeft&tigung,  jo  gut,  bag  man  auf  jie  Tommen  mug, 
toenn  bie  erftere  biefen  @a^  aud^  gar  nid^t  beriefen  ^fttte*). 

4)ieburdö  toerfte^e  id^  aud^,  toarum  bie  erl^eblid^Pen  einwürfe  »iber 
bie  j^ritil,  bie  mir  bi«]^er  nod^  oorgelommen  ftnb,  fic^  gerabe  um  biefe 
gioei  Slngel  breiten:  nAmlid^  einer  feit«  im  tl^eoretifdben  Srtenntnig  ge»  20 
leugnete  unb  im  ))raftifd^en  bel^auptete  objectioe  [Realität  ber  auf  SRou« 
menen  angemnbten  Jtategorien,  anbererfeit«  bie  parabojre f^orberung, 
ftd^  al«  @ubiect  ber  ^reil^eit  gum  9loumen,  gugleid^  aber  aud^  in  Slbfid^t 
auf  bie  9latur  gum  ^^dnomen  in  feinem  eigenen  empirifd^en  93emugt(ein 
gu  mad^en.  S)enn  fo  lange  man  fid^  nod^  (eine  beftimmte  Segriffe  oon  25 
©ittlid^feit  unb  f^reil^eit  mad[)te,  lonnte  man  nid^t  erratl^en,  loa«  man 
einerfeit«  ber  oorgeblid^en  (Srfd^einung  al«  Sloumen  gum  ®runbe  legen 
moQe,  unb  anbererfeit«,  ob  e«  überall  aud^  moglid^  fei,  fld^  nod^  oon  il^m 
einen  Segriff  gu  mad^en,  loenn  man  oor^er  alle  Segriffe  be«  reinen  Ser« 
ftanbe«  im  t^eoretifc^en  ©ebraud^e  fc^on  au«fd^liegung«n)eife  ben  blogen  so 
grfd^einungen  gewibmet  l^ätte.  SRur  eine  au«fül^rlidbe  Äritif  ber  prafti« 

'')  S)ie  S3ereinigund  ber  Gaufalit&t  qU  greil^eit  mit  i^r  aU  ^ainxmeä^anx^m, 

bat)Oit  bie  erfie  burc^d  (Sittengefe^,  bie  anieite  burd^d  Sfloturgefe^,  unb  ^toax  in 

\  einem  unb  bemfelben  ©ubjccte,  bem  9Wenfc^en,  fcfl  ftel&t,  Ifl  unmöglich,  obne  biefen 

ün  SBeaiciung  auf  baö  erftere  'aU  3Söefen  on  fic^  felbfl,  auf  baö  aweite  aber  ol«  35 

©rfc^einung,  jene«  im  reinen,  biefe«  im  empirifc^en  SBewugtfein  ooraufleUen. 

D^ne  biefe«  ift  ber  äBiberfprud^  ber  S3emunft  mit  fid^  felbfl  unoermeibli^ 


Combe.  7 

f^eti  aSerimnft  tonn  alle  bicfe  SRifebeutung  l&ebcn  unb  blc  confequcntc 
3)cnfun9«ttrt,  »eld^c  c6en  i^rcn  flrJfetcn  SBorjuß  au8mad&t,  in  ein  ^eUc« 
2i(|t  fe^en. 

©0  Diel  jur  Sflccltfcrtlgung,  toarum  In  blefcmSBertc  bicSegriffc  unb 

5  ©runbfd^e  ber  reinen  fpeculatioen  SSernunft,  ioeI(|e  bodg  i^re  befonbere 
Äritif  fd^on  erlitten  l^aben,  ^ler  l^in  unb  »lebet  nod^mal«  ber  Prüfung 
unterworfen  »erben,  »eld^e»  bem  f^flematifdöen  ©anje  einer  ju  errid^ten- 
ben  SBiffenfcftaft  fonji  ni^t  »o^l  flejiemt  (ba  abgcurt^eUte  ©ad^en  bittlg 
nur  ttngefül^rt  unb  nid^t  »ieberum  in  Unreflunfl  gebrod^t  »erben  muffen), 

10  bod^  ^ier  erlaubt,  Ja  nötl^ig  »ar:  »eil  bie  SBernunft  mit  fenen  Segriffen 
im  Übergange  gu  einem  ganj  anberen  ©ebraud^e  betrad^tet  »irb,  ald  ben 
pe  bort  Don  il^nen  mad^te.  (Sin  folc^er  Übergang  mad^t  aber  eine  SSer^^ 
gleld^ung  btS  älteren  mit  bem  neuem  ©ebraud^e  notl^»enblg,  um  ba8 
neue  (SleiS  t)on  htm  Dorlgen  »ol^l  ju  unterfc^eiben  unb  gugletd^  ben  Q\x^ 

15  fammenl^ang  berfelben  bemerten  gu  laffen.  9Ran  »trb  alfo  Setrad^tungen 
blefer  Srt,  unter  anbern  bie|enlge,  »eld^e  nod^mald  auf  ben  93egrtff  ber 
^rell^eit,  aber  im  praftlfcfeen  ©cbraud^e  ber  reinen  Vernunft,  gerld^tet 
»orben,  nld^t  »te  @ln{(^ieb{el  betrachten,  bie  et»a  nur  baju  bleuen  foQen, 
um  Süden  beS  trltlfd^en  ©^ftemd  ber  fpeculatloen  SSernunft  auSiufülleu 

90  (benn  blefed  Iß  In  feiner  Slbfld^t  DoOftfinbig)  unb,  »le  ed  bei  einem  aber« 
eilten  93aue  berjuge^en  ppegt,  bintennad^  noc^  Stufen  unb  Strebepfeiler 
angubringen,  fonbern  aU  »a^re  .©lieber,  bie  ben  Sufammen^ang  bed 
@Q{temd  bemertUd^  ma^en,  um  93egrlf[e,  bie  bort  nur  problematifd^  Dor« 
gefteHt  »erben  fonnten,  ie^t  In  Ibrer  realen  aJarjtcUung  elnfeben  ju  laffen. 

SS  S)iefe  Erinnerung  gebt  Dornebmllc^  ben  ä3egrlff  ber  ^relbelt  an,  Don  bem 
man  mit  SBefrembung  bemerten  mug,  bag  nod^  fo  Diele  Ibn  ganj  »o^l 
eln^ufeben  unb  bie  aRögllc^telt  berfelben  ertldren  ju  lönnen  fid^  rübmen, 
Inbem  ^e  Ibn  blog  In  ))fQd^ologlfd^er  äSeglebung  betrachten,  Inbeffen  bag, 
»enn  fie  Ibn  l)orber  In  tranSfcenbentaler  genau  er»ogen  b&tten,  fie  fo»obl 

30  feine  nnentbe]^rlic^{eltate))roblematlfcbena3egrlffS  In  DoQftänblgem 
©ebraud^e  ber  fpeculatlDenSSernunft,  als  aud^  bie  völlige  Unbegreiflich« 
lelt  beffelben  bAtten  erfennen  unb,  »enn  fie  nadbber  mit  Ibm  jum  praftl« 
fd^en  ©ebraud^e  gingen,  gerabe  auf  blendmlld^eSeftlmmung  beS  legieren 
In  Slnfebung  feiner  ©runbfd^e  Don  felbft  bdtten  fommen  mfiffen,  gu  »el« 

35  d^er  fie  fic^  fonft  fo  ungern  Derfteben  »oQen.  ^er  Segriff  ber  f^relbelt  Ift 
ber  ©teln  bcd  anfto^eS  fAr  atte  @m))lrlften,  aber  aud^  ber  Sc^lftffel  gu 
ben  erlb^benften  ))raftlfd^en  ©runbfd^en  für  trltlfd^e  äfforallften,  bie  ba« 


8  Stxxm  ber  fmiftif^en  S^emunft. 

burd^  cinfcl&cn,  bofe  pc  notl^toenbig  rational  ijcrfal^rcn  tnfiffcn.  Um  h^^ 
iDtUen  erfud^e  iä^  ben  2e[er,  baS,  \x>a^  gum  @(^luf[e  ber  9(nalQttt  über 
biefen  S3egriff  gejagt  mirb,  nid^t  mit  fia(^tigem  äuge  gu  überfe^en. 

Db  ein  folc^e«  ©^[tem,  al8  l^icr  Don  ber  reinen  praftifc^cn  aSernunft 
ani  ber  j^ritif  ber  festeren  entmidelt  »irb,  olel  ober  toenlg  SRül^e  gemalt  5 
l^abe,  um  oorne^mltd^  ben  rechten  ©efld^tiSpunlt,  auS  bem  baS  ©ange  ber» 
felben  rid^tig  oorgejei(|net  toerben  tann,  ni(^t  gu  Derfel^Ien,  mug  id^  ben 
Kennern  einer  bergleid^en  Slrbelt  gu  beurtl^ellen  Aberlaffen.  &&  fe^t  gtoar 
bie  ©runblegung  jur  SRetapl^^flf  ber  ©Uten  öorau«,  aber  nur  in 
fo  fern,  al8  blefe  mit  bem  ^xxncxp  ber  Wi^t  oorlfiuflge  ffielanntfcfeaft  10 
mad^t  unb  eine  beftlmmte  gormel  ber[elben  anglebt  unb  reci^tfertlgt*); 
fonft  befielt  ti  burd^  ftd^  [elbft.  S)a^  ble  (Slnt^ellung  aOer  praftlid^en 
SSlffen[d^aften  gur  SSolIfldn  bigfett  nl(^t  mit  beigefügt  tt)orben,ime  eS  ble 
j(rltt{  ber  fpeculatloen  SSernunft  lelftete,  bogu  ift  au(^  gültiger  ®runb  In 
berSeld^ajfcn^eit  blefe«  <)raftlfdöenSScrnunftoermögen«  angutreffen.  35enn  15 
ble  befonbere  Seftimmung  ber  ^ffld^ten  al8  aRenfd^enppid^ten,  um  jle 
eingut^eilen,  ift  nur  mSglic^,  »enn  oorl^er  baS  Subject  blejer  Seftlmmung 
(beraRen|d§)  nad§  ber  ffiefd^affenl^elt,  mit  ber  er  »Irflld^  Ift,  obgioar  nur  fo 
olel  als  In  93egle^ung  auf  $pid^t  überhaupt  nötbig  Ift,  ertannt  »orben; 
blefe  aber  gehört  nld^t  In  eine  JSrltlt  ber  praftlfd^en  SSernunft  überl^aupt,  so 
ble  nur  ble  ^rlnclplen  l^rer  SKöglld^felt,  l^reij  Umfanget  unb  ©rengen 
t^oUftdnbig  ol^ne  befonbere  93eglebung  auf  ble  menfd^llc^e  9latur  angeben 
fott.  3)le  eintl^ellung  gel^brt  alfo  ^ler  gum  elftem  ber  SBiffenfd^aft,  nld^t 
gum  ©Aftern  ber  ^rltil. 

^6)  l^abe  einem  gemlffen  »al^rldeltllebenben  unb  fd^arfen,  babel  alfo  2& 
bod^  Immer  ad^tungiSmürblgen  SRecenfenten  {euer  ©runblegung  gur 
aRetapb^fit  ber  @ltten  auf  feinen  eintourf,  bag  ber  äSegrlff  beS 


*)  (Sin  !Recenfent,  ber  etmoS  gum  2:abel  biefec  ©d^rtft  fagen  tooHte,  ^ot  ed 
beffer  getroffen,  aU  er  mol^l  felbft  gemeint  l^aben  mag,  tnbem  er  fagt:  bab  bann 
fein  neueiS  $rincip  ber  9){oraUtdt,  fonbem  nur  eine  neue  Formel  aufgefteUt  30 
worben.  SBer  »oUte  aber  aud^  einen  neuen  @runbfa^  aUer  ©ittltc^fett  einführen 
unb  btefe  glet(i^f am  guerß  erftnben?  gleich  ald  ob  Dor  tl^m  bie  äBelt  in  bem,  toaö 
$fltd^t  fei,  unn)iffenb  ober  in  burc^göngigem  3ntl;ume  gett)efen  »äre.  3Ber  aber 
weife  was  bem  3J?at^cmatiIer  eine  Sormel  bebeutet,  bi^  baö,  »a«  au  t^un  fei, 
um  eine  $(ufgabe  gu  befolgen,  gana  genau  beftimmt  unb  nic^t  oerfe^len  lögt,  wirb  35 
eine  gormel,  welche  biefed  in  ^nfel^ung  aUer  ^flid^t  überhaupt  t^ut,  nic^t  für 
etwas  UnbebeutenbeiS  unb  Sntbel^rlicied  l^alten. 


8onebf.  9 

®uten  bort  ntd^t  (wie  eS  feiner  9Reitmng  nad^  ndtl^ig  gewefen  tvdre) 
öor  bem  morolif d^en  ^rinci|)  feflgefc^t  worben*),  in  bem  itoeiten 
^au{)t{täde  ber  Slnd^tif,  tt)ie  id^  l^offe,  ©enüge  get^an;  eben  fo  auc^  auf 
mand^e  anbere  Sintoärfe  Si&dtfid^t  genommen,  bie  mir  oon  SRdnnern  gu 
^dnben  gefommen  ftnb,  bie  ben  SSiUen  bilden  laffen,  bag  bie  Sßal^rl^eit 
anSgumitteln  il^nen  am  bergen  liegt  (benn  bie,  {o  nur  il^r  alteS  @Qftem 
DorSugen  l^aben,  unb  bei  benen  {c^on  oorl^er  befd^Ioffen  tft,  tt)ad  gebilligt 
ober  mi^biOigt  merben  fott,. verlangen  bod^  leine  (Srbrterung,  bie  i^rer 


*)  Tian  fdnnte  mir  nod^  ben  (Einwurf  machen,  warum  i^  nic^t  au(!^  btn 

10  IBegrlff  bed  IBege^rungdDermdgend,  ober  beiS  @efü^liS  ber  Suft  tiorl^er  er- 
ll&rt  l^abe;  obgTeid^  biefer  ^oriourf  unbiQtg  fein  mürbe,  weil  man  biefe  (SrHärung, 
a\S  in  ber  $f^(^ologie  gegeben,  billig  foHte  ))oraui8fe4^en  fdnnen.  (&&  fbnnte  aber 
^m^  bie  S)efinition  bafelbft  fo  eingerichtet  fein,  bag  baiS  &ef^l  ber  Mt  ber 
S3eßtmmung  bed  i99ege^rungdoermdgend  aum  @runbe  gelegt  w&rbe  (mie  eiS  aud^ 

15  u>ir!U4  gemeinl^in  fo  au  gefd^el^en  pflegt),  baburc^  aber  baß  oberfle  ^rincip  ber 
praftif^en  tßl^ilofopl^ie  notl^wenbig  empirifd^  auffalten  mügte,  weld^ed  bod^  aller- 
erfi  au^aumad^en  ift  unb  in  biefer  jhritif  g&na(i(^  wiberlegt  wirb,  ^a^er  xoxU  id^ 
biefe  ©rflfirung  l^ier  fo  geben,  wie  fie  fein  muß,  um  biefen  ftreitigen  ?unft  wie 
biHig  im  SInfange  unentfc^ieben  au  laffen.  —  SeBen  ifl  bad  Vermögen  eined  S3e- 

20  fend,  na4  @efe^en  bed  9ege^rungdt)ermögend  au  ^anbeln.  ®ad  IBegel^nntgöi« 
lyenabgenift  baS  IBermdgen  beffelben,  burd^  feine  ^orfiellungen  Urfat^e 
t)on  ber  SSirflic^feit  ber  @egenftänbe  biefer  ^orftellungen  au  fein. 
Snft  ift  bie  Sorflellung  ber  äbereinftimmung  bed  @egenftanbed  ober 
ber  ^anblung  mit  ben  fnbiectinen  93ebingungen  bed  gebend,  b.  i.  mit 

25  bem  Vermögen  ber  (Saufalität  einer  ^orftellung  in  ^nfel^ung  ber  SBirl« 
ti(|feit  il^reö  Dbjectd  (ober  ber  Seftimmung  ber  5h&fte  beg  ©ubjectd  aur 
.^anblung  ed  l^ert^oraubringen).  ÜRel^r  brauche  td^  nic^t  a"m  Sel^uf  ber  SMWl  oon 
Segriffen,  bie  aud  ber  ^fl^d^ologie  entlel^nt  werben,  baß  übrige  letfiet  bie  ^iti! 
felbfi.  9Ran  wirb  leidet  gewal^r,  bai  bie  grage,  ob  bie  8uft  bem  S^gel^rungdoer« 

30  mögen  jeberaeit  aum  (Brunbe  gelegt  werben  muffe,  ober  ob  fte  aud^  unter  gewiffen 
93ebingungen  nur  auf  bie  93efltmmung  beffelben  folge,  burd^  biefe  (Srflörung  un« 
entfc^ieben  bleibt;  benn  fie  ift  aud  lauter  !D?erf malen  beiS  reinen  Serftanbed,  b.  i. 
Kategorien,  aufammengefe^t,  bie  nid^td  (Smpirifc^eS  enthalten.  (Sine  folc^e  Sel^ut« 
fomfeit  ift  in  ber  ganaen  $^Uofop^ie  fel^r  empfe^lungdwürbig  unb  wirb  bennod§ 

35  oft  oerabfdumt,  nämlid^  feinen  Urt^eilen  oor  ber  DoUft&nbigen  gerglieberung  beiS 
SegriffiS,  bie  oft  nur  fel^r  fpöt  erreid^t  wirb,  burd^  gewagte  2)efinition  ni(^t  oor* 
augreifen.  9Ran  wirb  au(^  burc^  ben  ganaen  Sauf  ber  j^ritif  (ber  tl^eoretifd^en  fo* 
wol^l  ald  praftif^en  S3emunft)  bemerfen,  bag  f!(^  in  bemfelben  mannigfaltige  $er- 
anlaffung  oorfinbe,  nmnt^e  a^ängel  im  alten  bogmatifc^en  ®ange  ber  ^l^ilofopl^ie  au 

40  erg&naen  unb  gel^ler  abaudnbem,  bie  nid^t  el^er  bemerft  werben,  ald  wenn  man  oon 
^Begriffen  einen  (Bebraud^  ber  Vernunft  mad^t,  ber  aufiS  @anae  berfelben  ge^t. 


10  ^ti!  ber  proüifc^en  Vernunft. 

$rtt)ata6pd^t  im  SBege  fein  !5nnte);  unb  fo  merbe  i^  ed  aud^  femerl^in 
Italien. 

äSenn  ti  um  bie  Sefiimmung  eines  befonberen  93erm5gen8  ber 
menfd^Iid^en  @eele  na^  feinen  Dueaen,  3n^alte  unb  ©rengen  gu  tl^un  ifl, 
fo  Tann  man  gioar  na^  ber  9latur  beS  menfd^Hd^en  @r{enntniffed  nic^t    5 
anberiS  als  Don  ben  Steilen  berfelben,  i^xzx  genauen  unb  (fo  Diel  als 
nac^  ber  je^igen  Sage  unferer  f(!^on  erlDorbenen  @lemente  berfelben  m5g' 
lid^  ift)  oonft&nbigen  S)arfteDung  anfangen.  Slber  eS  ift  nod^  eine  gloeite 
$lufmerffam(eit,  bie  mel^r  pl^ilofopl^ifd^  unb  ardgitettonif (^  ift:  ndmlid^ 
bie  3[bee  bed  ®  angen  rid^tig  gu  faffen  unb  aus  berfelben  aÜe  {ene  SE^eile  10 
in  il^rer  tt)e(j^felfeitigen  SBegielgung  auf  elnanber  üermittelft  ber  Ableitung 
berfelben  oon  bem  93egriffe  {enes  ©angen  in  einem  reinen  SSernunftDer« 
mSgen  inS  Sluge  gu  fa|fen.   S)iefe  Prüfung  unb  ©eioä^rleifitung  iß  nur 
burc^  bie  innigfte  äSefanntfd^aft  mit  bem  Softem  miglid^,  unb  bie,  meldte 
in  Slnfel^ung  ber  erfteren  SRaii^forfd&ung  »erbroffen  gewefen,  alfo  biefe  äße*  u 
fanntfd^aft  gu  ermerben  nic^t  ber  SRü^e  tt)ertl^  geacl^tet  l^aben,  gelangen 
ntc^t  gur  gmeiten  ©tufe,  nämlic^  ber  Überfielet,  tt)el(^e  eine  f^ntl^etifd^e 
äSieberfel^r  gu  bem|enigen  ift,  uaS  Dorl^er  anal^tifd^  gegeben  Sorben, 
unb  eS  ift  lein  äSunber,  menn  fie  aDeradrtS  Snconfequengen  ftnben,  oh^ 
glcid^  bie  Süden,  bie  biefe  Dermutl&en  laffen,  nid^t  im  Softem  felbft,  20 
fonbern  bloS  in  il^rem  eigenen  ungufammenl^ängenben  ©ebanlengange 
angutreffen  finb. 

3(^  beforge  in  Snfel^ung  bieferSbl^anblung  nid^ts  Don  bemSSormurfe, 
eine  neue  @))radge  einful^ren  gu  moQen,  meil  bie  ßrlenntnigart  ftd^  ^ier 
Don  felbß  ber  $o))ularit&t  nal^ert.  S)iefer  SSormurf  lonnte  audb  nieman^^  as 
ben  in  Snfel^ung  ber  erfteren  Jlritif  beifallen,  ber  fie  ni(^t  blo8  burc^ge« 
blättert,  fonbern  burc^gebad^t  l^atte.   3Reue  SBorte  gu  ffinfteln,  loo  bie 
@prad^e  fdbon  fo  an  SluSbrädfen  für  gegebene  93egriffe  feinen  SRangel 
l^at,  ifl  eine  (inbifd^e  Semübung,  pdb  unter  ber  SRenge,  mnn  *nid^t  burd^ 
neue  unb  »abre  ©ebanten,  bodb  burdb  einen  neuen  Sappen  auf  bem  alten  30 
bleibe  auSgugeidbnen.   äSenn  bal^er  bie  Sefer  jener  Schrift  populärere 
SluSbrüdfe  miffen,  bie  bo(^  bem  ©ebanfen  eben  fo  angemeffen  finb,  als 
mir  Jene  gu  fein  fd^einen,  ober  etma  bie  SRid^tigleit  blefer  ©ebanten  felbjl, 
mitbin  gugleidb  iebeS  SluSbrudS,  ber  i^n  begeid[)net,  bargutl^un  fidb  ge« 
trauen:  fo  ȟrben  fte  mic^  burdb  baS  erftere  febr  oerbinben,  benn  idb  mill  35 
nur  oerftanben  fein,  in  Slnfebung  beS  gleiten  aber  fic^  ein  SSerbienft  um 
bie  ^l^ilofopbie  erioerben.    @o  lange  aber  iene  (Sebanfen  nod^  ftel^en, 


«orrfbf.  11 

iioeifele  i(t)  fel^r,  bog  il^nen  angemeftene  unb  bod^  gangbarere  8u8brfid(e 
bajtt  aufgefunben  »erben  bürften/) 


*)  TleJ^x  (aU  {ene  UnDerflAnblic^feit)  beforge  i^  l^iet  l^tn  unb  koiebfr  Wi6- 
beutung  in  ^(nfel^ung  einiger  HuiSbrfltfe,  bie  xä^  ntit  größter  ©orgfatt  au^fu(!^te, 

6  um  ben  93egriff  ni(]^t  Derfel^len  au  laffen,  barauf  fle  »eifen.  @o  l^at  in  ber  2:QfeC 
ber  Kategorien  ber  praftifc^en  9)ernunft  in  bem  Sitel  ber  SRobalität  bad  (Sr* 
laubte  unb  Unerlaubte  (praftifc^-obiectit)  9ff5gti(]^e  unb  Unm5gli(]^e)  mit  ber 
n&d)flfoIgenben  j^ategode  ber  $  fliegt  unb  beö  $fU(3^iu)ibrigen  im  gemeinen 
@pra(]^gebrau4e  beinal^  einerlei  ®tnn;  ^ier  aber  foll  bad  erfiere  badjenige  be* 

10  beuten,  wad  mit  einer  hM  m^glid^en  pro!tif(^en  Sorfd^rift  in  (Sinftimmung  ober 
Sßiberftreit  ifi  (mie  ettoa  bie  Hufiöfung  aUer  Probleme  ber  Geometrie  unb  9Re« 
(^ani!),  bnd  an'eite,  mad  in  fold^er  Se^iel^ung  auf  ein  in  ber  Semunft  Aber- 
^aupt  wirüid^  liegenbe«  ©efe^  ftel^t;  unb  biefer  Unterfd^ieb  ber  8ebeutung  ifl 
Qut^  bem  gemeinen  ®pra(3^gebraud^e  ni^t  ganj  fremb,  menn  gleid^  eitoa^  unge- 

15  n>5bnli(^.  @o  ifi  ed  3.  193.  einem  SRebner  ald  folc^em  unerlaubt,  neue  SBorte 
ober  SBortfügungen  au  fc^mieben;  bem  ^id^ter  ift  ed  in  gewifTem  a)^age  erlaubt; 
in  feinem  Don  beiben  mirb  l^ier  on  ^flitgt  gebac^t.  2)enn  mer  fic^  um  ben  9l{uf 
eined  9iebnertS  bringen  miQ,  bem  fann  e^  niemanb  meieren.  (Sd  ifl  l^ier  nur  um 
ben  Unterfd^ieb  ber  Sniperatioen  unter  problematif^em,  affertorifc^em 

20  unb  apobi!tif(!^em  ^eftimmungiSgrunbe  au  tl^un.  (Sben  fo  l^abe  i(|  in  berfeni* 
gen  92ote,  mo  id^  bie  moralifd^en  Sbeen  praftift^er  ^olüommenl^eit  in  oerfc^iebe- 
nen  pl^ilofopl^ifd^en  ©d^ulen  gegen  einanber  flellte.  bie  3bee  ber  Sßeidbeit  oon 
ber  ber  ^ eilt gfeit  untetf Rieben,  ob  id§  fie  gleich  felbft  im  (Brunbe  unb  objectiD 
filr  einerlei  erfl&rt  l^abe.  Ullein  ic^  oerftefie  on  biefem  Drte  barunter  nur  biejenige 

25  SeiiS^eit,  bie  fi(^  ber  !D{enfd^  (ber  ^toifer)  anmagt,  alfo  fubjectio  aU  (Sigenft^aft 
bem  Sl^^enfd^en  angebic^tet.  (SBieHeid^t  fdnnte  ber  ^udbrudC  Singen b,  loomit  ber 
©toiler  au(^  großen  @taat  trieb,  beffer  bad  iSl^arafterifiifd^e  fetner  @(|ule  beaeid)nen.) 
Slber  ber  SluiSbrudt  eine«  $oflulatd  ber  reinen  praltifd^en  Vernunft  fonnte  nod^ 
am  meiflen  SRigbeutung  tteranlaffen,  menn  man  bamit  bie  ^beutiing  vermengte, 

30  meldte  bie  ^oflulate  ber  reinen  Watl^ematif  l^aben,  unb  toelc^e  apobiftift^e  @en)ift« 
^eit  bei  fid^  ffll^ren.  ICber  biefe  pofluliren  bie  a)?öglid^!eit  einer  ^anblung, 
beren  ©egenftanb  man  a  priori  tl^eoretifc^  mit  oOUiger  (Sewigb^it  aU  mdglid^ 
oorau«  erfannt  ^at.  3^ne«  aber  poflulirt  bie  SJ^bgli^feit  eine«  (Begenftanbed 
(@otted  unb  ber  Unflerbli(^feit  ber  Seele)  felbft  aud  apobütifdgen  praftif(^en 

35  (Befe^en,  alfo  nur  aum  SBe^uf  einer  praftifd^en  Semttnft;  ba  benn  biefe  ©emt^beit 
ber  poflulirten  aJ^bglid^feit  gar  nic^t  t^eoretifd^,  mitl^in  aud§  nid^t  apobiftifd^,  b.  i. 
in  Snfe^ung  be£  DbiectS  erfaitnte  9lotbmenbig!ett,  fonbem  in  Unfel^ung  bed  6ub- 
jectd  au  ^Befolgung  tl^rer  obiectioen,  aber  prafttfc^en  (S^fej^e  itot^toenbige  ^nne^* 
mung,  mitbin  blo«  notl^menbige  .^^potbefid  iß.    3cb  mugte  fi^r  biefe  fubjectioe, 

40  aber  boc^  wa^re  unb  unbebingte  IBemunftnot^menbigfeit  feinen  befferen  HuiSbrudr 
mtdaufiuben. 


12  Stx\m  ber  px(M]^tn  Sernunft. 

%uf  biefe  SBeife  »dren  benn  nunmel^r  bie  $rinci))ten  a  priori  gtoeier 
lßenn5g€nbe8®emut]^S,  beS  Srlenntnig^unb  Segel^rungdDermdgenS,  mS^ 
gemittelt  unb  nad^  ben  Sebingungen,  bem  Umfange  unb  ©rengen  ifjxzS 
©ebraud^S  beftimmt,  ^ieburc^  aber  gu  einer  f^{iteinatt[d^en,  tl^eoretifd^en 
\oxo6fH  als  <)raftifdöen  ^J^ilofopl^le  aU  2Biffenfd&aft  pd^erer  ®runb  gelegt,    s 

SSaS  @(^Iimmered  finnte  aber  biefenSemii^ungen  uo^I  nid^t  begeg« 
nen,  als  toenn  iemanb  bie  unerwartete  @ntbedung  mad^te,  ba^  ed  überall 
gar  lein  @rlenntnig  a  priori  gebe,  nod^  geben  fönne.  Slldn  t&  l^at  l^iemit 
leine  SHotl^.  @8  wäre  eben  fo  Diel,  als  ob  iemanb  burd^  SBernunft  beQ)ei[en 
tooate,  bag  ti  leine  Vernunft  gebe.  S)enn  mir  fagen  nur,  bag  mir  etioaS  lo 
burdg  SBernunft  erfennen,  koenn  mir  und  bemugt  finb,  bag  mir  eS  aud^ 
l^dtten  miffen  Ibnnen,  menn  es  uns  aud^  nid^t  fo  in  ber  (Srfa^rung  oorge« 
tommen  märe;  mitl^in  ift  93ernunfter(enntnig  unb  (Srienntnig  a  priori 
einerlei.  SluS  einem  (Srfa^rungSfa^e  9lot]^menbigfeit  (ex  pumice  aqaam) 
auSpreffen  moQen,  mit  biefer  audg  malere  Slllgemein^eit  (ol^ne  meldte  fein  is 
SSernunftfd^lug,  mitl^in  aud^  nidbt  ber  Schlug  aus  ber  Analogie,  meldte 
eine  menigfienS  pr&fumirte  Allgemeinheit  unb  ob|ectioe  Slotl^menbigfeit 
ift  unb  biefe  alfo  bod^  immer  DorauSfe^t)  einem  Urtl(|eile  l)erf^affen  moQen, 
ijt  geraber  SBiberfprudb.  ©ubiectioe  3Rot]^menbigreit,  b.  i.  ©emo^nl^eit, 
[tatt  ber  obj[ectiDen,  bie  nur  in  Urtl^eilen  a  priori  ftattpnbet,  unlerfc^ieben,  20 
^eigt  ber  SSernunft  baS  SSermigen  abfpre^en,  aber  ben  ©egenfianb  gu 
urtl^eilen,  b.  i.  i^n,  unb  mas  i^m  gulomme,  gu  erfennen,  unb  g.  93.  k)on 
bem,  mas  öfters  unb  immer  auf  einen  gemiffen  t)or^erge]^enben  ßuftanb 
folgte,  nid^t  fagen,  bag  man  auS  biefem  auf  ieneS  f d^lie^en  tinne  (benn 
baS  mfirbe  obiectioe  SRotl^menbigteit  unb  93egriff  oon  einer  SBerbinbung  ss 
a  priori  bebeuten),  fonbern  nur  ä]^nlid[)e  f^dlle  (mit  ben  Spieren  auf  d^n« 
li^e  art)  ermarten  bürfc,  b.  i.  ben  Segriff  ber  Urfad^e  im  ®runbe  als 
falfd^  unb  bloßen  Oebanlenbetrug  üermerfen.  JDiefem  ÜWangel  ber  obfec 
tioen  unb  barauS  folgenben  allgemeinen  ©ültigteit  baburd^  abl(|elfen 
mollen,  bag  man  bod^  (einen  ®runb  fdl^e,  anbern  oernfinf tigen  SBefen  eine  so 
anbere  SSorftellungSart  beigulegen,  menn  baS  einen  gültigen  @d^lug  ab« 
gdbe,  fo  mürbe  uns  unfere  ttnmiffenl&eit  mel^r  ©ienfte  gu  ©rmeiterung 
unferer  ßrfenntni^  leiften,  als  aEeS  SRad^benfen.  S)enn  bloS  beSmegen, 
mcil  mir  anbere  vernünftige  SBefen  aufeer  bem  SWenfd^en  nid^t  lennen, 
mürben  mir  ein  Stecht  l^aben,  ße  als  fo  befc^affen  angunel^men,  mie  mir  35 
uns  ertennen,  b.  i.  mir  mürben  fte  mirflid^  fennen.  3<4  ermdl^ne  l^ier  nid^t 
einmal,  ba^  nid^t  bie  Slllgemeinl^eit  bes  f^ürmal^rl^altens  bie  obiectioe 


»webe.  13 

®ültifi!eit  eines  Urt^eilS  (b.  i.  bie  efiltigteit  bepfeen  a»  6r(enntniffed) 
betoeife,  fonbern,  »enn  jene  au<^  gufdQigerSSeife  jutr&fe,  biefeS  bod^  no<]^ 
ntd^t  einen  SetoeiS  ber  Übereinftimntung  mit  bem  Object  abgeben  linne; 
))ielmel^r  bie  obiectioe  ©filtigleit  aUein  ben  ®runb  einer  not^menbigen 

9  aUgemetnen  Sinftimmung  auSmad^e. 

^ttnte  toürbe  fid^  bei  biefem  ©Aftern  be8  allgemeinen  (Smpl* 
xximi  in  ®ntnbf&^en  an(^  fel^r  ttol^I  befinben;  benn  er  t^erlangte,  mie 
betannt,  nid^tö  mel^r,  atö  bag  {latt  aQer  obiectioen  Sebeutnng  ber  9lot]^' 
menbigfeit  im  Segriffe  ber  Urfad^e  eine  bloS  fubiectit^e,  ndmiidg  ©emol^n« 

10  ^eit,  angenommen  loerbe,  um  ber  SSernunft  aned  llrtl^eil  Aber  ®ott,  f^rei« 
l^eit  unb  Unflerblid^teit  abjufprecl^en;  unb  er  t^erftanb  fid^  gettig  fel^rgut 
baranf,  nm,  toenn  man  il^m  nur  bie  ^rincipien  gugefianb,  @(^Ififfe  mit 
aller  logifd^en  Sfinbigfeit  barauS  gu  folgern.  SIber  fo  allgemein  l^at  felbft 
$ttme  ben  Sntpiridm  nid^t  gemad^t,  um  au(!^  bie  3Rat^ematit  barin  ein« 

15  gufd^Iiegen.  @r  ^ielt  il^re  @ä^e  für  analqtifd^,  unb  koenn  baS  feine  9%i(^« 
tigfeit  l^Atte,  Q)firben  fie  in  ber  3;^at  aud^  apobi{tif(^  fein,  gIeid^tt)ol^I  aber 
barauS  lein  @d^Iug  auf  ein  SBermögen  ber  SSernunft,  aud^  in  ber  $l^tIo» 
fop^ie  apobiftifdtie  Urtl^eile,  n&mlid^  fold^e,  bie  f^ntl^etifd^  »Aren  (mie  ber 
@a^  ber  Saufalit&t),  gu  f&nen,  gegogen  toerben  fönnen.  9ld^me  man  aber 

20  ben  6m)>iridm  ber  $rinct))ien  allgemein  an,  fo  to&xt  au(^  SRatl^ematil 
bamit  eingeflod^ten. 

äßenn  nun  biefe  mit  ber  SSernunft,  bie  bloS  empirifd^e  ©runbfd^e 
guldgt,  in  98iberfireit  gerdtl^,  loie  biefeS  in  ber  9(ntinomie,  ba  SRat^e« 
matif  bie  unenblid^e  Sl^eilbarteit  bed  SiaumeS  unmiber jpred^Iid^  bemeifet, 

33  ber  ßmpiridm  aber  {ie  nid^t  Derftatten  lann,  unoermeiblidg  ift:  fo  i{it 
bie  größte  möglidge  @Dibeng  ber  S)emonftration  mit  ben  Dorgeblid^en 
@dg(fi{fen  aus  Srfal^rungSprincipien  in  offenbarem  3Siber|)>rud^,  unb  nun 
mug  man  u»ie  ber  Slinbe  beS  Sl^efelben  fragen:  »aS  beträgt  midg,  baS 
(Sefid^t  ober  ©efül^l?   (S)enn  ber  @m))iridm  grünbet  fic^  auf  einer  ge^* 

30  füllten,  ber  SRationali«m  aber  auf  einer  eingefel^enen  SRot^wenbig* 
feit.)  Unb  fo  offenbart  fid^  ber  aUgemeine  SmpiriSm  als  ben  dd^ten 
@ce)>ticiSm,  btn  man  bem  ^ume  fdlf^lid^  in  fo  unbefd^rdntter  SSebeu« 
tung  beilegte*),  ba  er  menigftenS  einen  fidleren  $robirftein  ber  ßrfal^rung 


*)  Flamen,  »eld^e  einen  ©ectenanl^ong  be^eic^^nen,  l^aben  au  oUer  geit  oiet 

SS  S^e^tSDerbrel^ung  bei  fi(^  gefül^rt;  itngef&l^r  fo,  aU  »enn  iemanb  fogte:  N.  ifl  ein 

Sbealifi  l^enn  ob  er  g^iti^  burc^^aud  nid^t  oUein  einrftumt,  fonbem  barauf  bringt, 


14  ftrttif  ber  (»talHf^en  iSl^emimft. 

an  berSRatl^ematil  übrig  Ueg,{iatt  bo%  jener  fd^Ieii^terbingS  leinen  $robir<> 
fiein  berfelben  (ber  immer  nur  in  ^rincipien  a  priori  angetroffen  »erben 
lann)  t^erftattet,  obikoar  biefe  bo(|  ni<||t  aus  bloßen  ®efü]^lenr  fonbem 
m^  aus  Urtl^eilen  befielet. 

S)od^  ba  es  in  biefem  pl^ilofopl^ijd^en  unb  fritif(|en  Seitalter  fii^loer»  & 
Hd^  mit  jenem  (Sm))iri8m  Srnft  fein  lann,  unb  er  ))ermut]§li(j^  nur  gur 
Übung  ber  Urtl^eildlraft,  unb  um  burd^  ben  (Sontraft  bie  9totl^tDenbigfeit 
rationaler  $rinci|)ien  a  priori  in  ein  l^eSereS  Sid^t  gu  fe|en,  aufgefteUt 
U)irb:  fo  !ann  man  eS  benen  bodd  S)an{  loiffen,  bie  fd^  mit  biefer  fonß 
eben  nid^t  bele^renben  Arbeit  bemftl^en  toollen*  lo 


ba6  unferen  SorfleHungen  dugerer  2)inge  rnkKid^e  iS^egenflftnbe  Augerer  2)inge 
cortefponbiren,  fo  will  er  bo<^,  bag  bie  fform  ber  ^nfc^auung  berfelben  ntc^^t 
il^nen,  fonbem  nur  bem  menf^ilic^en  @entfitl^e  anl^änge. 


Sitttcituttö. 

SSon  ber  3bee  einer  Atiiil  bet  ^raltifd^en  Sernunfi. 

S>tt  tlgeoretifd^e  ©ebraud^  ber  Sernuntt  befd^&ftigie  fid^  mit  ®egen« 
ftdnben  beS  bloßen  @rlenntni^t)enn5gen8,  unb  eine  Jtritil  berfelben  in 

5  aibfi^t  auf  biefen  ®ebrau(^  betraf  eigentlid^  nur  baS  reine  Srienntnig« 
Dermögenr  meil  biefeS  SSerbad^t  erregte,  ber  fd^  aud^  l^emad^  beftdtigte, 
bag  ed  f{(!^  leid^tlid^  Aber  feine  (Srenjen  unter  unerreid^bare  ®egenftdnbe, 
ober  gar  einanber  koiberftreitenbe  Segriffe  ))erlire.  SRit  beut  praftifd^en 
(Sebraud^e  ber  Vernunft  Derl^&lt  tS  fid^  fc^on  anberS.  3n  biefent  befd^&f«   '  \ 

10  figt  fid^  bie^SSemunTt  mit  93eftimmurig8grfinben  htS  SSiüenS,  »eld^er  ein      ' 
JBermogen  ift,  ben  SSorPellungen  entfpred&enbe  ©egenjidube  entweber  l^er- 
ooriubringen,  ober  bod^  ftd^  felbft  gu  93en)irlung  berfelben  (baS  p^^\iit 
SermSgen  mag  nun  l^inreid^enb  fein,  ober  nid^t),  b.  t.  feine  Saufalitdt, 
2tt  beftimmen.  S)enn  ba  tonn  loenigfienS  bie  SSernunft  gur  SSillenSbe« 

u  ftimmung  gulangen  unb  l^aFfo  fern  immer  obiectioe  ätealitdt,  atö  zi  nur 
auf  \>ai  SBöIIen  atflommt.  ^\tx  ift  alfo  bie  erfte  Srrage:  ob  reine  fßtx» 
nunft  gnr  Seftimmung  beS  SßillenS  fflr  fid^  allein  gulange,  ober  ob  fie  nur 
als  em))irifd^«bebingte  ein  SBeftimmungSgrunb  bcpffelben  fein  T5nne.  9tun 
tritt  l^ier  ein  burd^  bie  JSritil  ber  reinen  SSernunft  gered^tfertigter,  obgioar 

so  leiner  em^irifd^en  S>ar{ieIIung  fdl^iger  Segriff  ber  Saufalitdt,  ndmlid^ 
ber  ber  grreil^eit,  ein,  unb  koenn  ttir  anfe^t  ©rfinbe  auSfinbig  mad^en 
Ibnnen,  gu  bekoeifen,  bag  biefe  (Sigenfd^aft  bem  menfd^Iid^en  SSiOen  (unb 
fo  aud^  bem  SBiOen  aUer  oemünftigen  äßefen)  in  ber  Zfiat  gufomme,  fo . ' 
mlrb  baburd^  nid^t  allein  barget^an,  ba|  reine  Vernunft  praltifd^  fein 

9»  Bnne,  fonbem  ba|  fie  aUein^  unb  nid^t  bie  empirifc^^befd^rdnfte  unbebing« 
tertoeife  ^raltifd^  fei.  $oIgIid^  loerben  loir  nid^t  eine  j^itil  ber  reinen 
))raltifd^en,  fonbem  nur  ber  ^raltifd^en  Vernunft  äberl^aupt  gu  be« 


16  SMiil  bec  t^raftifd^en  S^emunft.    (Smlextmq. 

arbeiten  l^aben.  S)enn  reine  äjernunft,  loenn  allererft  barget^an  toorben, 
bafe  e8  eine  fold^e  ßebe,  bebarf  leiner  Ärittf.  Sie  ift  e8,  toeld^e  felbji  bic 
9iid6tfd&nur  jnr  Ärltll  alle»  il^re«  ®ebrand&8  ent^dlt.  2)ie  Äritil  ber 
praftifc^en  SSernnnft  über]^au|)t  l^at  alfo  bie  Dbliegenl^eit,  bie  empirifd^  be« 
bingte  Vernunft  üon  ber  Slnma^ung  abgul^alten,  augfd^tiefeunflStoeife  ben  5 
S3eftimmung8gmnb  beS  SBiOenS  aUein  abgeben  ju  kDoIlen.  S)er  ©ebraut^ 
b?r  rdneirWrnun|E7  toen^nr5af'e8lIneTot$e  gcFe,  auSgemad^t  ifi,  ifl 
aOein  immanent;  ber  emJpirifd^^bebingte,  ber  {id^  bie  Stnein^errfd^aft  an» 
ma^t,  iff  bagegen  tranSfcenbent  unb  Augert  fic^  in  Sumntl^ungen  unb 
Geboten,  bie  gang  Aber  il^r  ©ebiet  ^inanggel^en,  »eld^eS  gerabe  baiS  um«  10 
geleierte  Serl^&Unig  ))on  bem  ift,  toa9  ))on  ber  reinen  SSernunft  im  fpecn» 
latiüen  ©ebraud^e  gejagt  »erben  Tonnte. 

Snbeffen,  ba  e8  immer  noc^  reine  SSernunft  ijl,  beren  (Srienntnife 
l^ier  bem  praltifd^en  ©ebrand^e  gnm  ©rnnbe  liegt,  fo  toirb  boc^  bie  Sin« 
tl^eilung  einer  ^ritil  ber  praltif(!ben  Sernunft  bem  aOgemeinen  äbriffe  is 
nad^  ber  ber  fpeculatiüen  gemftfe  angeorbnet  »erben  mfiffen.  SBir  »er» 
ben  alfo  eine  eiementarlel^re  unb  2Retl^obenle^reberfelben,  in  Jener 
als  bem  erften  2:i^eile  eine  Snal^til  als  Siegel  ber  Sßal^rl^eit  unb  eine 
S)ialeTti{  aU  S^arftellung  unb  9[ufl5fung  belS  @d^eind  in  Urt^eilen  ber 
praftifd^en  SSernunft  l^aben  mfiffen.   SWein  bie  Drbnung  in  ber  Unter*  20 
abtl^eilung  ber  ünal^til  »irb  toieberum  baiS  Umgetoanbte  üon  ber  in  ber 
Äritil  ber  reinen  fpeculatiöen  SSernunft  fein.  3)enn  in  ber  gegenioftrtigen 
»erben  »ir  t)on  ©runbf ft^en  anfangenb  gu  Segriffen  unb  »on  biefen 
allererft,  »0  möglid^,  gu  ben  Sinnen  gelten;  ba  »ir  hingegen  bei  ber  fpe* 
culatioen  93ernunft  oon  ben  @innen  anfingen  unb  bei  ben  ©runbf&^en  25 
enbigen  mußten.  $ie))on  liegt  ber  ©runb  nun  »ieberum  barin:  ba^  »ir 
es  fe^t  mit  einem  SBillen  gu  tl^un  l^aben  unb  bie  SBernunft  nid^t  im  93er«: 
pltnig  auf  ©egenfi&nbe,  fonbern  auf  biefen  äßillen  unb  beffen  ^lufali^ 
t&t  gu  erto&gen  l^aben,  ba  benn  bie  ©runbfä^e  ber  empirifc^  unbebingten 
@aufalitdt  ben  Anfang  mad^en  mfiffen,  nadg  »eld^em  ber  SSerfud^  gemacht  so 
merben  {ann,  unfere  Segriffe  üon  bem  SeftimmungSgrunbe  eined  fold^en 
SBillenS,  il^rer  ünioenbung  auf  ©egenft&nbe,  jule^t  auf  baS  @ubtect  unb 
beffen  Sinnlid^Ieit,  allererft  feftgufe^en.  S)ai  ©efe^  ber  (Saufalit&t  auis 
^rei^eit,  b.  i.  irgenb  ein  reiner  praftifd^er  ©runbfa^,  mad^t  l^ier  unt)er» 
meiblid^  ben  Anfang  unb  beftimmt  bie  ©egenftdnbe,  »orauf  er  allein  b^  35 
gogen  »erben  lann. 


S)tx 
Äritif  ber  praftif(^en  SJcrnunft 

(Stfttt  S^eil. 

Stementarle^re 

ber 

rcittctt  pra!tif(!^ctt  fßtxmnft. 


«■■t1  Citriftcii.  «mit.  V. 


2)ie  %m^üt  bcr  reinen  praftifci^en  SSernunft, 

Son  ben  ©runbf&^en  ber  reinen  praTtifd^en  Sernunft. 

s  §  1. 

(SrIIdrung. 

^raftifd^e  ®runbf&^e  finb  €ä^e,  koeld^e  eine  aOgemeine  SBefttm» 
mung  beS  SBiUenS  enthalten,  bie  meistere  praftifc^e  Siegeln  unter  fic^  ^at. 
@ie  finb  fubiectis.ober  3Rajrimen,  toenn  bie  Sebingung  nur  ote  für  ben 
10  SBiDen  ^r@ubiectö  gültig  Don  i^m  angefel^en  toirb;  objectio  aber  ober 
))raltif(^e  ®ef ej^ertoenn  iene  dd  obiectit),  b.  i.  für  ben  SSiOen  iebe&  Der» 
nünftigen  äBefenS  gültig,  erlannt  mirb. 

Snmerlung. 

Senn  man  annimmt,  bag  reine  Vernunft  einen  pralttfd^,  b.  t.  gur  SSiEeni»- 

IS  beftimmung  ^inreid^enben  ®runb  in  fid^  entl^alten  t5nne,  fo  giebt  ed  praftifd^e 

©efefte;  »o  aber  nid^t,  fo  »erben  atte  praftifd^e  ©runbfS^e  blofee  SWapmen  {ein. 

Sneftiem  patl^ologif^-afficirten  SBitten  tme^  Dernünftigen  SBefen«  fann  ein 

SBiberfireit  ber  ÜRo^imen  toiber  bie  Don  il^m  felbft  erlannte  praltifd^e  ®efe^e 

angetroffen  »erben.  3. 33.  e§  lann  jtd&  jemanb  gur  SWa^rlme  mad^en,  feine  Se- 

90  leibigung  ungeräd^t  gu  erbulben,  unb  bod^  2uglei(|  einfe^en,  bag  biefed  lein  pral- 

tif^eiJ  ®efe^,  fonbem  nur  feine  aJlajrlme  fei,  bagegen  afö  Siegel  für  ben  SBiUen 

eined  {eben  Demunftigen  SBefend  in  einer  unb  berfelben  SRa^ime  mit  ftd^  felb^ 

ni^t  jufammen  jHmmen  lönne.  3n  ber  3flaturerlenntni|  Pnb  bie  Sßrlnclpien  beffen, 

»ad  gefd^iel^t,  (3.  S.  bad  gSrindp  ber  ©leid^l^eit  ber  üBirlung  unb  ®egen»irlung 

25  in  ber  SRittl^eilung  ber  Setoegung)  3ugleid^  ®efe^e  ber  9latur;  benn  ber  (gebraut^ 


20        SMÜf  ber  praftiftä^en  fBentunft    1.  ^\l  1.  Sud^  1.  ^ouptflüÄ. 

bcraScmunft  ift  bort  t]^corcttf(|  unb  bur(|  bicSefd&affcnl^ctt  bcö  Db|cd§  befllmmt. 
3n  bcr  pralttfd&en  ®rlettntni|,  b.  f.  bcrjcnigen,  »clc^c  cS  bloS  mit  »cflimmung«- 
flrunbcn  bcS  SBittcni  gü  ^m  l^at,  finb  Orunbfdfcc,  bicman  pd^  mad^t,  "bafum. 
itod^  nid^V®efc^e,  barunfer  man  unbcrmdbH(|  jlcl^c,  »cll  bic  aScmunft  im  ^af- 
tifd&cn  c5  mit  bcm  ©ubjccte  gu  tl^un  l^at,  nämlid^  bem  Scflcl^runBSöcrmögcn,  na(]^  5 
beff  cn  befonbcrer  Sefd^ajfcnl^eit  ftd^  bie  SRcgcl  blclf  dltig  rld^tcn  lann.  —  Die  prat- 
tifti^c  gtcflcl  Iji  icbcrjcit  ein  ^obud  ber  SScntunft,  »eil  fte  ^atiblung  al§ Jffiittel 
!  gur  SBirlung  afö  «bpci^t  öorfd^rdbt.  JDiefe  SRegel  ip  aber  für  ein  ®efen,"bei 
bem  SSemunff  nid^t  ganj  oUcin  ©epimmüng^grünb  be«  SBiUenö  ifl,  ein  Sm-^ 
))eratiD,  b.  i.  dne  Siegel,  bie  burd^  ein  SoDen,  toel(|ed  bie  obiedive 9löt]^tgung  10 
ber  ^anblung  audbrudH,  bejeid^nd  mirb/  unb  bebeutd,  bag,  »enn  bie  SSemunft 
ben  SBiOen  g&njli^  befiimmte,  bie  ^anblung  unaudbleibli^  nad^  biefer  9iegel 
gef (leiten  »firbe.  Die  Smperatiöen  gelten  alfo  obiedio  unb  finb  »on  SKajrlmen, 
atö  fubiectiben  ®runbfd|en,  gSngttd^  unteVfd^ieben.  Sene  betHmmen  aber  ent- 
tt)eber  bie  Sebingungen  ber  ßaufalitSt  bed  bernünftigen  SBefend,  ald  mirlenber  15 
Urfad^e,  bloö  in  änfel^ung  ber  SBirfung  unb  Suldnglld^fdt  gu  berfelben,  ober  fte 
befiimmen  nur  ben  äBiUen,  er  mag  gur  äBtrIung  l^inreid^enb  fein  ober  nid^t.  Die 
erpere  loürben  l^^potlftetifd^e  Smperatioen  fein  unb  bIo|e  aSorfd&riften  ber  Oefd^idt- 
lid^Ieii  entl^alten;  bie  gleiten  »ürben  bagegen  lategorifd^  unb  allein  praftifd^e  ®e- 
fe^efein.  aRa^imen  {inb  alfo  gioar  ©runbfd^ei  aber  nid^t  ^mperatioen.  20 
Die  Simperatiben  felber  aber,  menn  {te  bebtngt  ftnb,  b.  i.  nid^t  ben  SBiDen  fd^Ie(^t- 
l^in  atö  SBiDen,  fonbern  nur  In  änfel^ung  einer  begehrten  SffiirJung  befiimmen,  b.i. 
l^^potl^etifd^e  Smperatiben  finb,  jinb  g»ar  praftif(|e  Sorfd^riften,  aber  feine 
®efe^e.  Die  le^tem  muffen  ben  SBiUen  aW  SBitten,  noi^  cl^e  id^  frage,  ob  id& 
gar  ba«  gu  dner  begel^rten  SBirhing  erforberlid&e  Vermögen  l^abe,  ober  loaS  mir,  25 
um  biefe  l^erborgubringen,  gu  tl^un  fei,  l&inrdd^enb  befiimmen,  mitl^in  fategorlfd^ 
fdn,  fonfl  finb  e8  leine  ®efe^e:  loril  il^nen  bie  9lotl&ioenbig!dt  fel^It,  »eli^e,  toenn 
fle  praftif(^  fdn  fott,  bon  patl^ologifc^en,  mttl^in  bem  aSBiUen  gufdttig  antlebenben 
Sebingungen  unabl^dngig  fein  mu|.  @agd  femanben,  g.S3.  bog  er  in  ber  Sugenb 
arbdten  unb  fporen  mäffe,  um  im  SIter  nid^t  gu  barben;  fo  ifl  biefed  dne  rid^tige  so 
unb  gugldd^  mic^tige  praltif d^e  SSorfd^rift  be»  SBiKend.  SDlan  fielet  aber  ld(^t,  bag 
ber  äSiOe  l^ier  auf  ettoad  $Inbered  berioiefen  merbe,  mobon  man  boraudfe^i, 
ba|  er  t^  begel^re,  unb  biefe«  Segel^ren  mu^  man  il^m,  bem  Sl^dter  felbjl,  über- 
laffen,  ob  er  nod^  anbere  ^ülfdquetten  auger  feinem  felbfl  ertoorbenen  SBermögen 
borl^erfel^e,  ober  ob  er  gar  nid^t  l^offe  alt  gu  »erben,  ober  jtd^  beult  im  gatte  ber  35 
Sflotl^  bereinfl  fd^Ied^tbel^elfen  gu  Mnnen.  Die  SSernunft,  au«  ber  allein  alle  Sftegel, 
bie  9lotl|tt)enbigIeit  entl^alten  fott,  entfpringen  lann,  legt  in  biefe  l^re  Sorfd^rift 
gtoar  oud^  Slotl^menbigleit  (benn  ol^ne  ba«  mdre  fie  rdn  Smperatio),  aber  biefe  ifl 
nur  fubiedi»  bebingt,  unb  man  lann  fie  nid&t  in  allen  ©ubjeden  in  gldd&em®rabe 
boraudfe^en.  3u  il^rer®efej^gebung  aberu)irb  erforbert,  ba|  fte  blo«  fid^  felbfl  40 


Sott  ben  (Bninbf&j^en  bei  reitten  ))ra!ttf4ett  Semunft.  21 

k»oraud}ufe^ett  bebfirfe,  meil  bie  Siegel  ttur  atöbantt  obiedib  uttb  aUgemein  gfil- 
tig  \%  totnn  {ie  ol^ne  juf&nige,  fubiectioe  93eb{nguttgen  gilt,  bie  ein  vernünftig 
9Be{en  Don  bem  anbeten  unterfd^eiben.  9lun  f agt  jemanben,  er  foHe  niemals  lugen- 
l^aft  t^erfpred^en,  fo  ifl  bied  eine  SRegel,  bie  bloS  feinen  SBiOen  betrifft;  bie  Stb- 

5  fixten,  bie  ber  äRenfd^  l^aben  mag,  mögen  bur(|  benf elben  erreid^t  loerben  lönnen, 
ober  ni(^t;  bad  bloge  SBoHen  iß  bad,  toai^  burd^  jene  Siegel  t)illig  a  priori  be- 
fUmmt  »erben  foO.  ginbet  ftd^  nun,  bag  biefe  Siegel  ))raltifd^  rid^tig  fei,  fo  ifl  fte 
ein  ®efe^,  toeit  fte  ein  lategorifd^er  Sntperatio  ifl.  Sllfo  bejiel^en  fid^  praltifd^e 
®efe^e  aOein  auf  ben  üBiOen,  unangefel^en  beffen,  mad  burd^  bie  &aufalitit  bed- 

10  felben  ausgerichtet  toirb,  unb  man  lann  oon  ber  le^tem  (atö  gur  ©innentoelt  ge- 
hörig) abflral^iren,  um  ^e  rein  }u  l^aben. 

§2. 
Se^rfafe  I. 

aUc  praftlfcfte^rincipien,  bie  ein  Db ject  (TOaterie)  be«  »egel^rungS« 

15  Derm5gen8  als  SefiimmungSgrunb  beS  SBiUenS  ))orauSfe^en,  ftnb  inS« 
gefammt  empirifc^  unb  fönnen  feine  praltifc^e  ©efe^e  abgeben. 

3d^  ))erftel^e  unter  ber  3Jtaterie  beS  Segel^rungSDermdgenS  eineQ  ®e« 
fiengAnb^  beffen  SBirflid^feit  begel^rt  loirb.  Sßenn  bie  SBegierbe  nad^  biefem 
©egenftanbe  nun  oor  ber  prahif c^en  Siegel  üorl^ergel^t  unb  bie  93ebingung 

20  ifi,  fte  ftd^  gum  $rincip  gu  mad^en,  fo  fage  id^  (erftlid^):  biefeS  ^rincip 
ift  aisbann  iebergeit  empirifc^.  S)enn  ber  SeftimmungSgrunb  ber  SSSiUIur 
ift  aisbann  bie  äSorfteUung  eines  DbiectS  unb  baStenigeSBer^ältnig  berfel« 
ben  gum  Subject,  »oburd^  baS  Sege^rungSDermögen  gur  äSirflic^mad^ung 
beffelben  beftimmt  toirb.  (Sin  folc^eS  äSerl^ältnig  aber  gum  @ubiect  l^ei^t 

25  bie  £uft  an  ber  SSirllid^Ieit  eines  ©egenftanbeS.  Sllfo  mfigte  biefe  als 
Sebingung  ber  3R5glid^feit  ber  Seftimmung  ber  äßiQIfir  üorauSgefe^t 
loerben.  @S  lann  aber  oon  feiner  SBorfteüung  irgenb  eines  ©egenftanbeS, 
toelc^c  fte  aud^  fei,  a  priori  erfannt  »erben,  ob  fie  mit  Suft  ober  Unluft 
oerbunben,  ober  inbifferent  fein  werbe,  aifo  mu§  in  fold^em  Tratte  ber 

30  SeftimmungSgrunb  ber  SBiOfür  |ebergeit  emplrifd^  fein,  mithin  auc^  baS 
praftifd^e  materiale  $rincip,  »eld^eS  i^n  als  Sebingung  oorauSfe^te. 

S)a  nun  (gmeitenS)  ein  $rincip,  baS  fic^  nur  auf  bie  fubjectioe  IBe* 
bingung  ber  empfängUd^feit  einer  Suft  ober  Unlufl  (bie  jebergeit  nur 
entpirtfd^  erfannt  unb  nid^t  ffir  aQe  oernfinftige  SSSefen  in  gleid^er  Slrt 

35  gültig  fein  fann)  grünbet,  gmar  koo^l  für  baS  @ubiect,  baS  fte  beft^t,  gu 
i^rer  SKayime,  aber  aud^  für  biefe  felbft  (»eil  es  il^m  an  obiectloer 


22       'S^nm  bct  praftif^en  Semunfi.    1.  Z^.  1.  Su^.   1.  ^au|)tflfli!. 

Stot^toenbigfeit,  ble  a  priori  ertanni  loerben  mu|,  mangelt)  ntd^t  gum 
®efe^e  bienen  lann,  \o  fann  ein  fold^ed  $rind))  niemals  ein  ^raftif(^e8 
®e{e|  abgeben. 

§  3. 

Se^rfafe  II.  5 

ülle  materiale  praltifd^e  $rinci))ien  finb,  atö  fold^e,  inSgefammt  üon 
einer  unb  berjelben  Slrt  unb  gel^iren  unter  baS  allgemeine  $rincip  ber 
@elbftliebe  ober  eigenen  ©lücffeligfeit. 

35ie  Sujt  au«  ber  aSorjteÜung  ber  ejriftenj  einer  Öad^e,  fo  fern  fle  ein 
93e{timmungSgrunb  beS  Segel^renS  biefer  Sad^e  fein  foll,  grünbet  fi<l^  10 
auf  ber  SmpfängUd^Ieit  beS  ©ubiectö,  tteil  fte  Don  bem  S)afein  eined 
©egenftanbeö  abl^ängt;  mitl^in  ge](|5rt  fte  bem  @inue  (®efül^l)  unb  nid^t 
bem  äSerftanbe  an,  ber  eine  SSejiel^ung  ber  SSorfteDung  auf  ein  Dbiect 
nac^  Segriffen,  aber  nid^t  auf  bau  Subject  nad^  ©efül^len  auSbr&cft.  Sie 
ift  alfo  nur  fo  fern  praftifc^,  als  bie  (Smpfinbung  ber  Sinnel^mUc^Ieit,  bie  15 
baS  @ubiect  t)on  ber  SSirllid^reit  beS  ©egenftanbeiS  ertoartet,  haS  99e« 
gel^rungdoermögen  beftimmt.  9lun  ift  aber  baS  IBemugtfein  eines  oer« 
nfinftigen  SBefenS  Don  ber  Slnnel^imlid^reit  beS  SebenS,  bie  ununterbro<l^en 
fein  ganje«  3)afeln  begleitet,  bie  ©lüdfeligleit,  unb  ba8  ^rincip,  biefe 
fid^  jum  ^id^ften  SSeftimmungiSgrunbe  ber  SBiQTär  ju  mad^en,  baiS  $rin«  90 
cip  ber  @elbftliebe.  Sllfo  finb  aUe  materiale  ^rincipien,  bie  ben  93e» 
ftimmungdgrunb  ber  SBiUIfir  in  ber  auS  irgenb  eines  ©egenfianbeS  SBirl« 
lid^Ieit  gu  empfinbenben  Suft  ober  Unluft  fe^en ,  fo  fern  gänjlid^  Don 
einerlei  9rt,  bag  fie  inSgefammt  gum  ^rincip  ber  @elbfiliebe  ober 
eigenen  ®lftd(felig{eit  gehören.  3s 

Folgerung. 

SUle  materiale  praftifd^e  Siegeln  fe^en  ben  SeftimmungSgmnb  beS 
äBiUenS  im  unteren  äSegel^rungSo  ermögen,  unb,  g&be  eS  gar  feine 
bloS  formale  ©efe^e  beffelben,  bie  ben  SßiQen  ]^inrei(^enb  beftimmten, 
foMrbeaud^  lein  oberes  SBegel^rungSoermogen  eingeräumt  merben  so 
tonnen. 

anmerluttg  I. 

SWan  mwl  jtd^  »unbcm,  tote  fonfl  fd^arffinnigc  SWdnner  einen  Unterfii^ieb 
jtoifd^en  bem  unteren  unb  oberen  SegeJ^rungSuermSgen  barin  gufhtben 


8oii  bell  entnbfd^ftt  ber  teinen  praftif^eti  aSrniirnft.  23 

«laubm  I5ntten,  ob  bie  SovfteHtmgett,  bie  tnii  bem  ®effl]^I  ber  8up  oerbunben 
ftnb,  in  ben  Sinnen,  ober  bem  SSerflanbe  il^ren  ttrfpnmg  l^aben.  S)enn  ed 
fommt,  toenn  man  naiij  ben  Seftinimungdgrflnben  bed  Segel^rend  fr&gt  unb  fte 
in  einer  t)on  irgenb  ettoad  enoariden  9(nne|tnli(]^feit  fe^t,  gar  niii^t  barauf  an, 

5  tt)o  bie  93orpeIIung  biefed  oergnäflenben  ©egen^anbed  l^erlomnte,  fonbem  nur 
loie  fel^r  fie  Dergnfigt  9Benn  eine  SorfieDung,  fie  mag  immerl^in  im  SSerflanbe 
i|ren  ®i^  unb  Urfprung  l^aben,  bie  SBiOtfir  nur  baburd^  befümmen  lann,  bag  fie 
ein  ®efu^I  einer  Sufl  im  ©ubiecte  t)oraudfe^t,  fo  ifl,  bag  fte  ein  Seflimmungd- 
grunb  ber  äBiUar  fei,  ginjlt^  oon  ber  Sefd^affenl^eit  bed  inneren  ®inned  ab- 

10  ]^&ngig,  bag  biefer  n&mli(|  baburd^  mit  äinnel^mlid^Ieit  afficirt  loerben  lann.  Die 
aSorfleOungen  ber  ©egenfldnbe  m5gen  nod^  fo  ungleichartig,  fte  mögen  SSerftanbei^-, 
felbfi  aSernunftborfleÄungen  im  Oegenfafce  ber  SBorflcttungen  ber  Sinne  fein,  fo 
ifl  bod^  bad  ©eful^I  ber  8ufl,  moburd^  jene  bod^  eigentlid^  nur  ben  Seftimmungi»- 
grunb  bei^  SiUend  audmac^en,  (bie  Slnne^mlid^Ieit,  bad  SSergnfigen,  boiS  man 

15  baoon  ermartet,  tt)el(|ed  bie  Sl^dtigteit  gur  ^eroorbringung  bed  Dbfectd  antreibt) 
nic^t  oDein  fo  fem  oon  einerlei  $(rt,  ba^  ed  jebergeit  blod  empirifd^  erlannt  loerben 
lann,  fonbem  aud^  fofem,  ald  ed  eine  unb  btefelbe  Sebendlraft,  bie  fi(|  im  93e- 
gel^mngdoermSgen  du^ert,  afficirt  unb  in  biefer  Segiel^ung  oon  jebem  anberen 
Seßimmungdgrunbe  in  nid^td  ald  bem  ®rabe  oerfd^ieben  fein  lann.  äßie  loürbe 

ao  man  fonfl  }mif(^en  }tt)ei  ber  äSorflellungdart  nad^  gdnjlid^  oerfd^iebenen  Se- 
ftimmungdgrünben  eine  SBerg(ei(!^ung  ber  ©rbge  nad^  aufteilen  linnen,  um  ben, 
ber  am  meiften  bai^  Sege^mngdoennbgen  afficirt,  oorjujiel^en?  ®ben  berfelbe 
SRenfd^  lann  ein  i^m  lel^neid^ei^  9u(|,  bad  il^m  nur  einmal  gu  ^inbm  lommt, 
ungelefm  guru'dgeben,  um  bie  3agb  nid^t  ju  oerfdumen,  in  ber  SRitte  einer  f d^5nen 

35  Stebe  meggel^en,  um  gur  ÜRal^Igeit  nid^t  gu  fpdt  gu  lommen,  eine  ttnterl^altung 
burd^  oemünftige  ©efprdd^e,  bie  er  fonfl  fel^r  fd^d^t,  t^erlaffen,  um  fid^  an  ben 
Spieltifd^  gu  fe^en,  fogor  einen  Srmen,  bem  mol^Iguti^un  il^m  fonft  greube  ift, 
abmeifen,  meil  er  iej^t  eben  ni(^t  mel^r®elb  in  ber  2:afd^e  l^at,  ald  er  brandet,  um  ben 
@intritt  in  bie  Jtombbie  gu  bqal^Ien.  Seml^t  bie  SBiQendbeißimmung  auf  bem  @e- 

30  ffi^le  ber  9(nnel^mlid^feit  ober  Unannel^mlid^Ieit,  bie  er  aui^  irgenb  einer  Urfad^e  er- 
martet,  fo  ift  ed  il^m  gdnglid^  einerlei,  burd^  meldte  SSorfleKungdart  er  afficirt  loerbe. 
9lur  tt^ie  ftart,  tt)ie  lange,  U)te  leidet  enoorben  unb  oft  mieberl^olt  biefe  %nne]^mli(|- 
leit  fei,  baran  liegt  ed  il^m,  um  ^d^  gur  äBal^I  gu  entfd^Iiegen.  So  mie  bemjenigen, 
ber  @oIb  gur  Slu^gabe  brandet,  gdnglic^  einerlei  ifi,  ob  bie  SRaterie  bef[elben,  bad 

36  @olb,  aud  bem  ®ebirge  gegraben,  ober  aud  bem  Sanbe  gemafc^en  ifl,  loenn  t^  nur 
aUentl^alben  ffir  benf  elben  9Bertl^  angenommen  mirb,  fo  frdgt  lein  ÜRenfd^,  loenn  ed 
il^m  blöd  an  ber3(nnel^mli(|Ieit  bei^  gebend  gelegen  ifl,  ob  Serflanbed-oberSinned- 
oorpeDungen,  fonbern  nur  mie  oiel  unb  gro^ed  SBergnägen  fie  il^m  auf  bie 
ldngfte3eit  oerf (Raffen.  9lur  biefenigen,  meldte  ber  reinen  SSemunft  bad  SermSgen, 

40  ol^ne  Soraudfe^ung  irgmb  eined  ©ef&l^ld  ben  SEBiKen  gu  beflimmen,  gerne  ableiten 


24       ^iti!  ber  praftifc^en  Sentunft    l.Sl^etL  l.S9ud&.  l.^uptflfldC 

m5(|ten,ICmten  fd^  fo  \Dtü  Don  il^rer  eigenen  (Srflftrung  oerirren,bad,  mad  fie  felbfl 
))or]^er  auf  ein  unb  eben  bajfelbe  ^rind^  gebrad^t  l^aben,  bennod^  ^txnaii  fixt  ganj 
ungleid^arttg  8u  erlldren.  ©o  flnbet  fi(^  j.  S3.,  bafe  man  au<|  an  bloßer  Äraf tan- 
toenbung,  an  bem  Setoußtfeln  feiner  ©eelenjlftrle  in  ftbeminbungber4>inbemijfe, 
bie  ftd^  unferem  SSorfa^e  entgegenfe|en,  an  ber  @ultur  ber  ©etfledtalente  u.  f.  to.  5 
aSergnfigen  flnben  »nne,  unb  toir  nennen  baö  mit  SRed^t  fernere  greuben  unb  ®r- 
gö^ungen,  »eil  fie  mel^r  »ie  anbere  in  unferer  ©etoalt  finb,  fid^  nld^t  abnu^en,  bad 
©efäl^I  gu  nod^  me]§rerem@enug  berfelben  Dielmel^r  fl&rlen  unb,  inbem  fie  ergaben, 
gug(ei(|  cultibiren.  Slllein  fie  barum  ffir  eine  anbere  9xt,  ben  SiUen  gu  beflimmen, 
als  blod  burd^  ben  @inn,  auiSgugeben,ba  fie  bod^  einmal  jur  9R5gIid^Ieit  jener  93er-  10 
gnägen  ein  barauf  in  und  angelegteiS  ©efül^l  afö  erfie  Sebingung  biefed  Sol^I* 
gefallend  ooraudfe^en,  ifl  gerabe  fo,  ald  loenn  Umoijfenbe,  bie  gerne  in  ber  ÜReta- 
pl^^flf  pfufd^em  möchten,  fld^  bie  SKaterie  f 0  fein,  fo  überfein,  bafe  fie  felbfl  barfiber 
f(|tt)inblig  »erben  möd^ten,  beuten  unb  bann  glauben,  auf  biefe  Slrt  fW^  ein  geifli- 
g  e  d  unb  bod^  audgebel^nted  Sßefen  erbaut  gu  |aben.  SBenn  U)ir  ed  mit  bem  ® p  i-  15 
lur  bei  ber  2:ugenb  aufd  bloge  SBerpfigen  audfe^en,  bad  fie  berfprid^t,  um  ben 
aSBitten  gu  be^immeni  fo  Mnnen  toir  il^n  ]§ema(|  ni(|t  tabeln,  ba|  er  biefeö  mit 
benen  ber  gribflen  @inne  ffir  gang  gleid^ariig  l^ält;  benn  man  l^at  gar  nid^t  ©runb 
il^m  aufguburben,  ba|  er  bie  SSorfteUungen,  moburd^  biefed  ®eful^l  in  und  erregt 
tofirbe,  blod  ben  fdrperlid^en  ©innen  beigemeffen  l^itte.  @r  l^at  bon  t)ie(en  berf elben  ao 
ben  Duell,  fo  biet  man  erratl^en  lann,  eben  fotool^I  in  bem  ©ebraud^  bed  l^öl^eren 
©rlenntnigoermögend  gefud^t;  aber  bad  l^inberte  il^n  nid^t  unb  lonnte  il^n  aud^  nid^t 
linbem,  nad^  genanntem  $rincip  bad  SBergnfigen  felbß,  bad  und  jene  aüenfalld  in- 
teüectuelle  SSorfteKungen  gem&l^ren,  unb  moburcl  fte  allein  Seftimmungdgrfinbe 
bed  SBiKend  fein  lönnen,  gdnglid^  für  gleichartig  gu  l^alten.  60 nf  equent  gu  fein,  25 
tft  bie  grigte  Obliegenheit  eined  ^l^ilofopl^en  unb  mirb  bod^  am  feltenflen  an- 
getroffen. 2)ie  alten  griec^if d^en  ©deuten  geben  und  baoon  mel^r  Seifpiele,  ald  toir 
in  unferem  f^nlretiflifd^cn  Seitalter  antreffen,  »0  ein  getolffed  ©oalitiond- 
f^flem  toiberfprcd^enber  ©runbfS^e  ooK  Unreblid^Ieit  unb  ©eid^Kgfeit  erfunflelt 
toirb,  »eil  ed  ftd^  einem  ^blicum  beffer  empfiel^lt,  bad  gufrieben  i%  t>on  attem  m 
ettoad  unb  im  ©angen  nid^td  gu  toiffen  unb  babei  in  aUen  @&tteln  gerecht  gu  fein. 
2)ad  Jprinclp  ber  eigenen  ©lüdtfeligf eit,  f 0  oiel  SSerfianb  unb  SSemunft  bei  il^m  aud^ 
gebrandet  »erben  mag,  »urbe  bod^  für  ben  äSiOen  leine  anbere  ä3eftimmungd- 
grünbe,  ald  bie  bem  unteren  aSegel^rungdoermögen  angemeffen  ftnb,  in  ft(|  faffen, 
unb  ed  giebt  alfo  enttoeber  gar  lein  obered  Segel^rungdoermögen,  ober  reine  ss 
aJe  r  n  unf  t  mufe  für  fid^  aHein  praöifd^  fein,  b.  i.  ol^ne  SSoraudfe^ung  irgenb  eined 
(Seful^ld,  mithin  ol^ne  SSorftellungen  bed  9(ngenel^men  ober  Unangenel^men  ald 
ber  ÜRaterie  bed  Segel^rungdoermögend,  bie  iebergeit  eine  empirifd^e  iSebingung 
ber  ^rincipien  ift,  burii^  bie  bloße  gorm  ber  praftif(|en  Siegel  ben  ®illen  beftim- 
men  IJnnen.  JUdbann  allein  ifl  Vernunft  nur,  fo  fem  fie  für  fid^  felbfl  ben  SBiHen  40 


tßm  ben  ®runbfd|^en  ber  reinen  pxalii^^n  Qemunft.  26 

bcfHmmt  (n^t  lm5)icnflc  ber  ^leljung«»  W»  ^^  »al^re«  obere«  öeflel^nmflÄ' 
DermSgen,  htm  bad  pati^ologifd^  befiimmbare  untergeorbnet  ijl,  unb  mhrliii]^,  {a 
f  pecif if d^  t)on  biefem  unterf4|ieben,  fo  bag  fogar  bie  minbejle  Seimif(|ung  Don 
ben  antrieben  ber  le^teren  i^rer  ®tarle  unb  SSorjuge  Slbbrud^  tl^ut,  fo  mie  bad 

5  nttnbefle  @m))irff(l^e,  ald  Sebingung  in  einer  ntat^matifd^en  S)emon{iration,  il^re 

ffifirbe  unb  ^a^bmd  l^crabfe^t  unb  öemiii^tet.  Die  SJemunft  benimmt  in  einem 

praltif(l^en®efe^e  unmittelbar  ben  SiHeni  nid^i  t)ermtttelfi  eined  bajwifd^en  fom- 

mcnben  ©effll^W  ber  Suji  unb  Unlup,  felbjl  nid^t  an  biefem  @e[c^e,  unb  nur,  bafe 

Je  ald  reine  Vernunft  praRtfd^  [ein  lann,  mat^t  ed  i^r  moglid^,  gefe^gebenb 

10  ju  fein. 


3(nmerlung  II. 

(Slfidlic^  JU  fein,  ifl  notl^ioenbig  bad  SBerlangen  {ebed  oemfinfttgen,  aber  enb« 
Rd^enffiefenö  unb  alfo  ein  unöcrmeiblid^er  Sefllmmungdgrunb  feine«  Segel^rungö* 
vermögen«.  iDenn  bie  Sufrlebenl^eit  mit  feinem  ganjen  ©afein  ift  nld^t  etwa  ein 

»  urfprfinglid^er  Sefi^  unb  eine  ©eligleit,  loeld^e  ein  S3etougtfetn  feiner  unabl^ftngi- 
gen  ©elbpgenugfamleit  Dorauöfe^en  »ürbe,  fonbem  ein  burd^  feine  enbli(|e  9latur 
felbjl  il^m  aufgebrungeneS  Sßroblem,  »eil  e«  bebürftig  ift,  unb  btefe«  Sebfirfnife  be- 
trifft bie  ajtaterie  feine«  Segel^rungdt^ermSgen«,  b.  i.  etwa«,  toa«  ftd^  auf  ein  fub- 
iecüD  gum  ©runbe  liegenbe«  ©efü^l  ber  Suft  ober  Unluft  begießt,  baburd^  ba«,toa« 

20  eSjuräufriebenl^eit  mit  feinem  3ufianbebebarf,befHmmttt)lrb.  Stber  eben  barum, 
»eil  blefer  motertale  Seflimmungögrunb  oon  bem  Subjcrte  blo«  emplrifd^  erfannt 
werben  Tann,  ift  e«  unmdglid^  biefe  Slufgabe  al«  ein  ®efe^  ju  betrat^ten,  weil  bie- 
fe«  al«  ob|ectlö  in  allen  gällen  unb  für  atte  »emfinftige  SBefen  eben  benfelben 
Seflimmung« grün b  be«  äBiUen«  entl^alten  mu^te.  !Denn  obgleid^  ber  S3egriff 

d5  ber  ©lüdffellgfeit  ber  praftifd^en  Segiel^ung  ber  Dbjectc  auf«  Scge]^rung«üer- 
mögen  aHerwirt«gum  ®runbe  liegt,  fo  ifi  er  bod^  nur  ber  aQgemeine  Sitel  ber 
fubjectiDen  9eflimmung«grunbe  unb  beftimmt  nid^t«  fpecififd^,  barum  e«  bod^  in 
btefer  praltifd^en  9(ufgabe  aOein  gu  tl^un  ift,  unb  o^ne  welche  Seftimmung  fle  gar 
nid^t  aufgeUfet  werben  lann.  Sßorin  nimlid^  ieber  feine  ©ludtfeligleitgu  fe^en  l^abe, 

30  fommt  auf  febe«  fein  befonbere«  Oeful^I  ber  8uft  unb  Unlufl  an,  unb  felbjl  in  einem 
unb  bemfelben  ©ubj[ect  auf  bie  Sertt^iebenl^eit  be«  Sebflrfniffe«  nad^  ben  abdnbe- 
rungen  biefe«  Oefüi^l«,  unb  ein  fubjectio  notl^wenbige«  ®efe^  (al^  SHatur- 
gefe^)  ift  alfo  obfectio  ein  gar  fel^r  gufdUige«  praltifd^e«  girind)),  ba«  in  t)er- 
fd^iebenen  @ubieäen  fel^r  oerfd^ieben  fein  lann  unb  mug,  mitl^in  niemal«  ein  ®efe^ 

35  abgeben  fann,  weil  e«  bei  ber  Segierbe  nad^  ®lüdtfeligleit  nid^t  auf  bie  gorm  ber 
®efe^m&|igfeit,  fonbem  lebiglic^  auf  bie  SRaterie  an{ommt,ndmIid^  ob  unb  wieoiel 
Vergnügen  id^  in  ber  Befolgung  be«  ®efe^e«  gu  erwarten  l^abe.  ^inci{)ien  ber 
©elbfüiebe  f  önnen  gwar  allgemeine  SRegeln  ber  ®efd^idtlid^!elt  (3JlitteI  gu  Slbfl(|ten 


26       ^ti!  ber  profttf^en  Vernunft.    1.  3:i^eU.  1.  Sud^.  1.  ^au))tflfli!. 

aui^juflnben)  enfl^alten,  atöbann  finb  ed  aber  iM  tl^foreKfc^e  ^ndpien*)  (j.  S. 
»ic  bcrjenigc,  bcr  gerne  S3rot  effen  möii^tc,  fld^  eine  9Kül^Ie  au«gubenfen  l^abc). 
9(ber  pralHfd^e  SSorfd^riften,  bie  ft(|  auf  fte  gränben,  lönnen  niemald  aSgemein 
fein,  benn  ber  SejHmwungögntnb  beö  Segel^rungööermögeni^  ifl  auf  baS  Oefül^l 
ber  8u{l  unb  tlnlujl,  bad  ntemald  ald  allgemein  auf  biefelben  @egenflinbe  gerid^tet  5 
angenommen  merben  tann,  gegrunbet. 

916er  gefegt,  enblid^e  bemfinftige  äßefen  bdd^ten  aud^  tnStnfel^ung  beffen^toad 
fie  fürDbiecte  il^rer^effil^le  bedSSergnügend  ober  ©d^merjend  angune^men  l^&tten, 
imgleid^en  fogar  in  Slnf el^ung  ber  aRittel,  beren  fte  tt(|  bebienen  muffen,  um  bie 
erflem  ju  erreid^en,  bie  anbem  abgul^alten,  bur(^ge^enb§  einerlei,  fo  wfirbe  ba«  lo 
Sßrincip  ber  ©elbflliebe  bennod^  oon  il^nen  burc^auiS  ffir  Iein))rartif(^ed 
@efe^  ausgegeben  werben  tinnen;  benn  biefe  @inl^enigteii  tt)dre  felbfl  bod^  nur 
gufdQig.  !Der  SefHmmungdgrunb  »Sre  immer  bo(|  nur  fubiectio  gältig  unb  b(o§ 
empirif(|  unb  l^dtte  biejenige  SHotJ^toenbigfeit  ni(|t,  bie  in  einem  {eben  Oefefte  ge- 
ba(|t  toirb,  ndmlld^  bie  objectibe  auä  ©rünben  a  priori;  man  müfete  benn  biefe  is 
giotl^toenbiglelt  gar  nid^t  ffir  praltifd^,  fonbern  für  bloö  p^^pfd^  ausgeben,  ndmlid^ 
ba^  bie  ^anblung  burd^  unfere  9letgung  und  eben  fo  unauSbletbli(|  abgenitl^igt 
tourbe,  als  baS  ©dienen,  »enn  mir  anbcre  gdl^nen  feigen.  SKan  »urbe  el^er  bel^aup- 
ten  Wnnen,  bafe  eS  gar  feine  praftifd^e  Oefe^e  gebe,  fonbern  nur  Slnratl^ungen 
jum  Sel^uf  unferer  Segicrben,  als  bafe  bloS  fubjectiöe  ^ncipien  jum  SRange  praf-  20 
tif(|er  Oefe^e  erl^oben  lourben,  bie  burd&auS  objectibe  unb  ni(|t  bloS  fubiectioc 
fRotl^menbigleit  l^aben  unb  burd^  Siemunft  a  priori,  nid^t  burd^  ©rfal^tung  (fo 
empirifd^  allgemein  biefe  aud^  fein  mag)  erfannt  fein  muffen.  Selbjl  bie  Siegeln 
einftimmiger  (Srfd^einungen  toerben  nur  9laturgefe^e  (}.  S.  bie  met^anifd^en)  ge- 
nannt, »enn  man  fie  enttoeber  mirllid^  a  priori  erlennt,  ober  bod^  (mie  bei  ben  ss 
d^emifd^en)  annimmt,  jte  toürben  a  priori  auS  objectiDen  ©rfinben  erfannt  toerben, 
toenn  unfere  Sinftd^t  tiefer  ginge.  SUlein  bei  bloS  fubjectioen  praftifd^en  ginn- 
cipien  toirb  baS  auSbrudflid^  gur  Sebingung  gemad^t,  ba^  il^nen  nid^t  obiectibe, 
fonbern  fubiectibe  Sebingungen  ber  äBillfur  gum  ©runbe  liegen  muffen;  mitl^in, 
bag  jie  iebergeit  nur  als  bloge  Snapmen,  niemals  aber  als  praftifd^e  ®efe^e  bor-  so 
fteOig  gemad^t  toerben  burfen.  fDiefe  le^tere  Slnmerfung  fd^eint  beim  erflen  Snblidfe 
blofee  gßortf lauberei }u fein;  allein  jie ijl bie SBortbeftimmung  beS  aUertoid^tigjlen 
nnterf(^iebeS,  ber  nur  in  prattif(|en  Unterfud^ungen  in  SSetrad^tung  fommen  mag. 

*)  (Sd^e,  mel^e  in  ber  3)?at^emQtt!  ober  SRoturle^re  praf  tif  (^  genannt  »erben, 
foüten  eigentlid^  ted^ntfc^  feigen.  2)enn  um  bie  -SBiUenöbertimmung  ift  eS  biefen  3& 
^ebren  gar  ntd^t  gu  tbun;  fie  geigen  nur  baS  SJ^onnigfalttge  ber  möglichen  ^anblung 
an,  toelc^eS  eine  gemiffe  SSSirfung  beroorgubringen  binreid^enb  ifl,  unb  finb  atfo  eben 
fo  tbeoretifc^  atS  oUe  @d(e,  meldte  bie  ^erlnOpfung  ber  Urfat^e  mit  einer  )9S^lifimg 
auSfagen.  Sem  nun  bie  te^tere  beliebt,  ber  mug  fic^  auc^  gefallen  laffen,  bie  erftere 
au  fein.  40 


Son  ben  (Bninbf&j^en  ber  reinen  pralttf^en  S3entunft.  27 

§*. 

Se^rfafe  IIL 

SBenn  ein  t)emftnfttge8  Sefen  ftd^  feine  SRo^tmen  atö  praltifd^e  aU^ 
gemeine  ®efe|e  benlen  foll,  fo  fann  eS  fid^  biefelbe  nur  als  fold^e  $rin« 

5  d^^ien  benfen,  bie  ni(^t  ber  SRaterie,  fonbern  bloS  ber  grorm  na(^  ben 
SeßimmungSgrunb  be8  SSiüenS  enthalten. 

S)it  SRaterie  eines  praftifd^en  principe  ift  ber  ®egenj}anb  beS  9SiI« 
lend.  S)iefer  ift  entmeber  ber  Seftimmungdgrunb  beS  legieren  ober  nic^t. 
3{l  er  ber  39eftimntung8grunb  beffelben,  fo  mfirbe  bie  Siegel  be8  SBiUenS 

10  einer  empirifd^en  Sebingung  (bem  SSerl^ältniffe  ber  beftimmenben  Sor« 
fiellnng  gunt  ©effil^Ie  ber  Suft  unb  Unlufi)  unterworfen,  folglich  lein  pxah 
tifd^ed  ®efe^  fein.  9tun  bleibt  üon  einem  ®efe^e,  wenn  man  aDe  SRaterie, 
b.  i.  {eben  ©egenftanb  beS  SBiOenS,  (als  Sefiimmung9grunb)  ba))on  ab« 
fonbert,  nid^tS  Abrig,  als  bie  bloge  fjrorm  einer  aOgemeinen  ©efe^gebung. 

15  aifo  lann  ein  t>ernänftige8  Sßefen  fid^  feine  fubiectio^praltif^e  $rin« 
cipien,  b.  i.  ÜRajrimen,  entmeber  gar  nid^t  gugleit^  als  aOgemeine  ®efe^e 
benlen,  ober  eS  mug  annel^men,  bag  bie  bloge  Sorm  berfelben,  nad^  ber 
j[ene  fid^  gur  allgemeinen  ©efe^gebung  fc^icfen,  fie  für  fi(^  aOein 
gum  ))rattif(^en  ©efe^e  mad^e. 

20  Slnmerlung. 

Seld^e  Sorm  in  ber  Umajrime  ftd^  gur  aSgemetnen  ©efe^gebung  f(|td(e,  »eld^e 
nid^t,  bad  Tann  ber  gemeinfte  SSerftanb  ol^ne  UntenDeifung  unterfd^eiben.  Sd^  l^abe 
g.  S.  es  mir  gur  SWapme  gemad^t,  mein  SSermögen  burd^  alle  jtd^ere  SWittel  gu  öer- 
grögern.  3e^t  ift  ein  2)epi)f itum  in  meinen  ^dnben,  bejfen  @igentl^umer  t)er- 

25  fiorben  ifi  unb  leine  ^anbfd^rift  baräber  gurudfgelaffen  f^at  Üflatürlid^eriDeife  ift 
bieS  ber  gall  meiner  SWapme.  Se^t  »ill  td^  nur  »iff  en,  ob  jene  SKapme  aud^  alS 
allgemeines  ))raItifd^eS  @efe^  gelten  Unne.  3d^  toenbe  jene  alfo  auf  gegeniDärtigen 
%aU  an  unb  frage,  ob  fte  mol^I  bie  gorm  eines  ©efe^eS  annel^men,  mitl^in  id^  »ol^I 
burd^  meine  SRa^rime  gugleid^  ein  foId^eS  ®efe^  geben  lonnte:  bag  {ebermannein 

30  iDepofttum  ableugnen  burfe,  beff en  9lieberlegung  il^m  niemanb  beioeifen  lann.  3d^ 
werbe  fofort  gewal^r,  bafe  ein  fold^eS^rincip,alS  ®cfefc,  ftd^  felbfl  ijernic^ten  toürbe, 
»einRTOTödJeniöfltbe,  bafe'es  gar  fein  JDcpofitum  gäbe.  (Sin })raftifd^eS ©efeft, 
maS  id^  baffir  erlenne,  mug  ft(|  gur  aOgemeinen  ©efe^gebung  qualificiren ;  bieS  ift 
ein  ibentifd^er  @a^  unb  alfo  für  ft(!^  Aar.  ®age  i(^  nun:  mein  3BiIte  fielet  unter 

35  einem  prattifd^en  ®  ef  efe e ,  fo  fann  id^  nid^t  meine  Sleigung  (g.  S.  im  gegenwdrti- 
gen  %aUt  meine  {)abfud^t)  als  ben  gu  einem  allgemeinen  praHifd^en  ©efe^e  fd^idC- 


28       ^riti!  bec  t)ra!tif(|en  S^ernunft.    1.  Sl^eil.   1.  ^n^.  1.  ^ou))tfifi(f. 

Itd^en  S3efHmmungdgrunb  beffelBen  anfül^rett;  benn  biefe,  mdt  gefel^tt  bog  fie 
gu  einer  allgemeinen  ©efetg^bung  tanglid^  fein  foUte,  fo  muß  jte  ülelmel^r  in  ber 
gorm  eines  allgemeinen  Oefe^eS  fid^  felbji  aufreiben. 

es  ifl  bal^er  tounberlid^,  toie,  ba  bie  Segierbe  aur  ©Ifltffellglelt,  mitl^in  aud^ 
ble  SKa^lme,  baburd^  fid^  jeber  biefe  le^tere  gum  SefHmmungSgrunbe  felneS    5 
2BiDen§  fej^t,  attgemein  ift,  e§  öerftdnbigen  9Kdnnem  l^abe  in  ben  ©inn  lommen 
Wnnen,  e«  barum  für  ein  attgemein  })raltif(l^e8  ®efe^  auSgugeben.  ®enn ba 
fonfi  ein  allgemeine^  9laturgefe^  allein  einflimmig  mad^t,  fo  mflrbe  l^ier,  tt)enn  man 
ber  aJlajrime  bie  aügemeinl^eit  elneö  ®efefceö  geben  mollle,  grabe  ba8  du|erfle 
Sßiberfpiel  ber  @infUmmung,  ber  drgfie  äBIberfireit  unb  bie  gänglid^e  SSemid^tung  lo 
ber  aJlaylme  felbfl  wnb  il^rer  8lbft(|t  erfolgen.  JDenn  ber  ffltUe  «Ker  l^at  atebann 
nid^t  ein  unb  baffelbe  Dbject,  fonbem  ein  leber  i)at  baö  feinige  (fein  eigenes  SBol^I- 
befinben),  »eld^e«  jtd^  gioar  guf ottigenoeife  aud&  mit  anbcrer  il^ren  ?lbfl(|ten,  bie  fte 
gleid^faQd  auf  ftd^  felbfl  rieten,  bertragen  lann,  aber  lange  nid^t  gum  ©efe^el^in- 
reid^enb  ifl,  meil  bie  SfuSnal^mcn,  bie  man  gelegentlich  gu  mad^en  befugt  ifl,  enbloS  15 
ftnb  unb  gar  nid^t  beflimmt  in  eine  allgemeine  Siegel  befaßt  locrben  fönnen.  @8 
lommt  auf  biefe  9trt  eine  Harmonie  l&erauS,  bie  berjenigen  d^nlid^  ifl,  meldte  ein 
gemiffeS  ©pottgebld^t  auf  bie  ©eeleneintrad^t  gioeier  ftd^  gu  ©runbe  rid^tenben 
©l^eleute  fd^ilbert:  D  tounberoolle  Harmonie,  loaS  er  »ill,  toill  aud^ 
fiejc,  ober  mag  öon  ber  änl^eifd^igmad^ung  Äöntg  grang  beS  (Srflen  gegen  20 
ÄaiferÄarl  bengünften  ergdl^ltmirb:  ma«  mein  Sruber  Äarl  l^aben  »ill(8Wai- 
lanb),  bad  idIH  i^  aud^  l^aben.  @mpirtf(^e  S3eflimmungdgrunbe  taugen  gu  leiner 
allgemeinen  dugeren  ©efe^gebung,  aber  aud^  eben  fo  loenig  gur  innern;  benn  ieber 
legt  fein  ©ub|ect,  ein  anberer  aber  ein  anbereS  ©ubject  ber  Steigung  gum  ®runbe, 
unb  in  jebem  ©ubject  felber  ifl  balb  bie,  balb  eine  anbere  im  Sorguge  beS  Sin-  25 
fluffeS.  ein  ©efeft  auSfinbig  gu  mad^en,  baS  fte  inSgefammt  unter  blefer  Sebin- 
gung,  ndmlid^  mit  aUerfeitiger  (Sinflimmung,  regierte,  ift  fd^lec^terbingd  unmöglid^. 


§5. 
Slufgabe  I. 

ä^orauSgefe^t,  bag  bie  bloge  gefe^gebenbe  f^orm  ber^Rajrimeu  allein  so 
ber  gureid^enbe  IBeftimmungSgrunb  eines  äBiQenS  fei:  bie  SBcfd^affenl^eit 
beSienigen  äSiQenS  gu  finben,  ber  baburd^  allein  beftimmbar  ifl. 

S>a  bie  biege  gform  beS  ©efe^eS  lebiglid^  Don  ber  äSernunft  ))orge<s 
fteüt  »erben  fann  unb  mitl^in  fein  ©egenftanb  ber  ©inne  ifl,  folglid^  aucfe 
nid^t  unter  bie  6rf (Meinungen  gel^ort:  fo  ift  bie  SorfteQung  berfelben  als  35 
93eftimmungSgrunb  beS  SßiQenS  oon  allen  SeftimmungSgrAnben  ber  93e« 
gebenl^eiten  in  ber  Statur  na(^  bem  ©efe^e  ber  (Saufalit&t  unterfd^ieben, 


8on  ben  (Bninbf&j^en  ber  reinen  pvaftifd^en  8emunft.  29 

iDril  bei  btefen  bie  beftimmenben  ®rünbe  felbft  (Srfd^einungen  fein  mfiffen. 
SBettn  aber  au^  lein  anberer  IBeftimmunadgrunb  be8  Sidend  für  biefen 
gnm  ®efe|  bienen  fann,  ali  blod  jjene  allgemeine  gefe^gebenbe  Sorm:  fo 
mug  ein  fold^er  SSille  atö  flänjlid^  nnabl^Angig  üon  bent  9laturgefe^  ber 
5  (Srf(^einungen,  nfimlid^  bem  ®efe^e  ber  ^aufalitdt,  bejiel^ungSiDeife  auf 
elnanber  gebadet  werben.  (Sine  fold^e  Unabl^Ängißfelt  aber  l^eifet  ^rei» 
l^cit  im  Prenflpen,  b.  i.  tranSfcenbentalen,  SSerftanbe.  ai{o  ip  ein  SBiUe, 
bem  bie  blo^e  gefe|gebenbe  f^orm  ber  3Ra;cime  aUein  )um  ©efe^e  bienen 
fann,  ein  freier  SBiUe. 

10  §  6, 

aufgäbe  II. 

SSorauSgefe^t,  bag  ein  SBiQe  frei  fei,  bad  ®efe^  ju  pnben,  mliiti 
il^n  allein  notbmenbig  gu  bepimmen  tauglich  ip. 

S)a  bie  aRaterie  bed  prattifc^en  ©efe^ed,  b.  i.  ein  Object  ber  9Ra]rime, 

15  niemals  anberS  ald  empirifc^  gegeben  »erben  lann,  ber  freie  äSiOe  aber, 
al8  ))on  em)[^irifd^en  (b.  i.  gur  Sinnenmelt  gebörigen)  Sebingungen  unab« 
b&ngig,  benno(b  bepimmbar  fein  mu^:  |o  mug  ein  freier  SSiQe,  unab< 
gängig  Don  ber  SRaterie  beS  ©efe^eS,  bennod)  einen  93epimmungdgrunb 
in  bem  ®efe^e  antrejfen.  @S  ift  aber  au^er  ber  SRaterie  beiS  ®efe|e8 

90  nid^tö  meiter  in  bemfelben  al8  bie  gefe^gebenbe  $orm  entbalten.  SUJo  ip 
bie  gefe^gebenbe  f^orm,  fo  fern  fie  in  ber  SRairime  entbalten  ip,  baiS  ein« 
jige,  was  einen  Seftimmungdgrunb  bei»  SSBiOenS  auSmad^en  fann. 

Snoterlung. 

greil^eit  unb  unbcbtngteS  praftlfd^c§  ®efe^  »elfcn  olfo  »ed^fetöweife  auf  cln- 

J5  anber  jürüdf.  3(5  page  ^icr  nun  ni(bt :  ob  fle  au(b  in  ber  2l^at  üerf d^ieben  feien,  unb 

ni(|t  Diclmebr  ein  unbebingteö  ©efcft  bloS  ba§  ©elbflbetoufetfein  einer  reinen  praf- 

tif(]^en  SSemunp,  biefe  aber  ganj  einerlei  mit  bem  poftttDcu  Segriffe  ber  Sreibeit 

fei;  fonbem  »oDon  unfere  (Srlenntnife  bei^  unbebingt  gJratttfd^eu  anbebe,  ob 

öon  ber  greibeit,  ober  bem  prafttfd^en  ©efe^e.  3Jon  ber  grelbclt  fann  eS  nld^t  an- 

30  beben;  benn  bereu  lönnen  mir  und  meber  unmittelbar  bemugt  loerben,  meil  i^r 

erfler  Segriff  negativ  ip,  nod^  barauf  aud  ber@rfabrung  fd^Iie|en,  benn  @rfabrung 

giebt  und  nur  bad  ©efe^  ber  @rfd^einungen,  mitbin  ben  ^Red^anidm  ber  9tatur, 

bad  gerabe  SBiberfpiel  ber  greibeit,  }u  erlennen.    ?nfo  ip  ed  bad  moraIif(be 

®ef  e^,  beffen  mir  und  unmittelbar  bemüht  merben  (fo  balb  mir  und  9naj:tmen  bed 

35  Sittend  entmerfen),  meld^ed  pd^  und  }uerp  barbietet  unb,  inbem  bie  SSemunp 


30       SMm  ber  praYtifd^en  aSernunft.    1.  X^etC.   1.  IBu^.  1.  ^uptflüdf. 

iened  a\&  ebten  bur<i&  leine  flnnlt<ige  8eMngungen  ju  äbemiegenben,  fa  bat^on 
d&nali^  unabJ^&ngigen  Sejtimmungi^grunb  barjleKt,  gerabe  auf  ben  8egri{f  ber 
greil^eit  ffi^rt.  SBie  ifl  aber  au(^  bad  Semugtfein  fened  moraIif<i^en  ©efe^ed  m6a- 
Ii(!^?  9Bir  ISnnen  und  reiner  praltif(!^er  ©efe^e  befugt  »erben,  eben  fo  koie  »ir 
und  reiner  tl^eoretif^er  ©runbfd^e  befugt  finb,  inbem  toir  auf  bie  9iotl^tt)enbigIeit,  5 
»omit  fie  und  bie  93emunft  t)orf(!^reibt,  unb  auf  Slbfonberung  aKer  empirif(!^en  Se- 
bingungen,  baju  und  {ene  l^imoetfet,  $(^t  l^aben.  S)er  Segriff  eined  reinen  äBiKend 
ent{))ringt  aud  ben  erfleren,  rolt  bad  Semugtfeln  eined  reinen  SSerftanbed  aud  bem 
legieren.  2)afe  biefed  Me  wal^re  ttnterorbnung  unferer  Segriffe  fei,  unb  ©ittli(i6' 
leit  und  guerfl  ben  Segriff  ber  Sreil^eit  entbede,  ntitl^in  praltif(!^e  Sernunft  lo 
guerfi  ber  f))eculatit)en  bad  unaufldd(i(!^fle  ^oblem  mit  biefem  Segriffe  aufßeOe, 
um  fte  imii  benfelben  in  bie  grigte  Serlegenl^eit  gu  fe^en,  erl^eOt  f(!^on  baraud: 
ba|,  ba  aud  bem  Segriffe  ber  greil^eit  in  ben  @rf<jgeinungen  nid^td  erHirt  werben 
lann,  fonbem  l^ier  immer  9laturme(!^anidm  ben  Seitfaben  audma<i^en  mug,  über- 
bem  anii  bie  Stntinomie  ber  reinen  Semunft,  koenn  fie  jum  Unbebingten  in  ber  u 
ätdl^e  ber  Urf a(!^en  auffteigen  toWL,  f{(!^  bei  einem  f o  fel^r  wie  bei  bem  anbem  in  Un- 
begreifli<jgleiten  DeriDidCelt,  inbeffen  ba|  boäi  ber  le^tere  (9Re(!^anidm)  menigftend 
Sraud^barleit  in  ©rtlarung  ber  @rf<jgeinungenVt,  man  niemald  ju  bemSBagflfldCe 
gelommen  fein  mürbe,  Sreil^eit  in  bie  äBiffenfd^aft  einjuffi^ren,  »dre  ni^t  bad 
@ittengefe^  unb  mit  il^m  ))raltifd^e  Semunft  bagu  gelommen  unb  l^dtte  und  biefen  so 
Segriff  ni(^t  aufgebrungen.  9(ber  anä^  bie  @rfal^rung  beft&tigt  biefe  Drbnung  ber 
Segriffe  in  und.  (Be^et,  bag  femanb  t)on  feiner  »oSüftigen  Steigung  Dorgiebt,  fie 
fei,  menn  il^m  ber  beliebte  ©egenftanb  unb  bie  ©elegenl^eit  bagu  Dorl&men,  für  il^n 
gang  uniDiberftel^Iid^:  ob,  »enn  ein  ©algen  oor  bem  ^aufe,  ba  er  biefe  ©elegen^eit 
trifft,  aufgeridjitet  lo&re,  um  i^n  fogleid^  na<ig  genoffener  SBonuft  baran  gu  Infipfen,  96 
er  aldbann  ni<|t  feine  Steigung  begioingen  n)ürbe.  SRan  barf  ni<i^t  lange  ratl^en, 
»ad  er  antworten  loürbe.  gragt  il^n  aber,  ob,  »enn  fein  ^rft  i^m  unter  Snbrol^ung 
berfelben  unoergSgerten  Sobedftrafe  gumutl^ete,  ein  falfd^ed  3eugni|  »iber  einen 
el^rlid^en  SRann,  ben  er  gerne  unter  fd^einbaren  Sonodnben  oerberben  m5(!^te,  ab- 
gulegen,  ob  er  ba,  fo  gro|  anii  feine  8iebe  gum  8eben  fein  mag,  fie  mol^I  gu  über-  so 
»inben  für  mSglid^  l^alte.  £)b  er  ed  tl^un  loürbe,  ober  nid^t,  »irb  er  oieUeid^t  ^^ 
nid^t  getrauen  guoer^d^em;  bag  ed  il^m  aber  mögU(!^  fei,  mug  er  ol^ne  Sebenfen 
einrdumen.  @r  urtl^eilt  alfo,  bag  er  etioad  lann,  barum  »eil  er  fid^  betonet  ift,  bag 
er  ed  foS,  unb  erlennt  in  fid^  bie  Sreil^eit,  bie  il^m  fonfl  ol^ne  bad  moralifd^e  ©efe^ 
unbelannt  geblieben  »dre.  sb 

§7. 
©runbgefe^  ber  reinen  praltifd^en  Sernunft. 

$anble  fo,  ba|  bie  aRa;cime  beined  SBiUend  iebergeit  gugleid^  ald 
^rinclp  einer  aOgemeinen  ©efe^gebung  gelten  fdnne. 


Son  ben  (Brimbfdj^en  bet  reinen  praftifd^en  S^ernimfi  31 

Snmerlung. 

3)te  rebte  ©eomeirie  l^at  $o{btIate  ald  )>ratKf<ige  ®a^e,  bie  aber  nid^tö  weiter 
entl^alten  ald  bie  93oraui^fe^ung,ba|  man  etoad  tl^im  Idnne,  menn  etoa  geforbert 
ttmrbe,  man  foOe  ed  tl^un,  unb  biefe  finb  bie  einjigen  ®d^e  berfelben,  bie  ein  2)afein 

!(  betreffen.  @d  flnb  olfo  praltifd^e  Stege  In  unter  einer  ))robIemati[d^en  S3ebingung 
bed  SBitend.  $ter  aber  fagt  bie  Siegel:  man  foSe  fd^Ied^tl^in  auf  gemiffe  SBeife  ber* 
fol^ren.  S)te  pratttfd^e  Siegel  ijt  alfo  unbebtngt,  mitl^in  ald  lategorifi!^  )>raltif(l^er 
@a^  a  priori  DorgefieKt,  iDoburd^  ber  3BiIle  f^led^terbingd  unb  unmittelbar  (burd^ 
bie  ))ralHfd^e  Siegel  felbft,  bie  alfo  l^ier  ®efe^  tfl)  objectit)  befiimmt  wirb.  S)enn 

10  reine,  an  f id^  pr altif d^e  Vernunft  ijt  l^ier  unmittelbar  gefe^gebenb.  2)er  Sille 
mirb  old  unabl^ängig  )?on  empirifc^en  8ebingungen,  mithin,  a(d  reiner  SBitte, 
bnrd^  bie  bloge  Sorm  bed  ®efe^ed  a(d  befttmmt  gebadet  unb  biefer  Se- 
ßimmungdgrunb  als  bie  oberfte  Sebingung  aSer  SDRa^imen  angefel^en.  IDie  @ad^e 
ift  befremblic^  genug  unb  l^at  il^red  gleid^en  in  ber  gangen  übrigen  pralti|d^en  @r- 

u  lenntnil  nic^t.  3>enn  ber  ®ebanle  a  priori  t)on  einer  mSglid^en  allgemeinen  ®efe^i> 
gebung,  ber  alfo  blöd  problemattfd^  ift,  loirb,  ol^ne  bon  ber  (Srfal^rung  ober  irgenb 
einem  &ugeren  äBiOen  etmad  gu  entlegnen,  al§  ®efej^  unbebingt  geboten.  @d  ift 
aber  aud^  nid^t  eine  93orf(!^rift,  nac^  totl^tx  eine  {)anblung  gef(!^el^en  foO,  ba- 
burd^  eine  begel^rte  Sirbtng  m9gli(!^  ift  (benn  ba  loare  bie  Siegel  immer  pl^^fifd^ 

90  bebingt),  fonbem  eine  Siegel,  bie  bloi^  ben  äßiSen  in  Slnfel^ung  ber  Sorm  feiner 
ÜRo^imen  a  priori  beftimmt,  unb  ba  ift  ein  ®efe^,  loeli^ed  blöd  jum  Sel^uf  ber 
fubfectioen  $orm  ber  ®runbf&^e  bient,  als  ä3efHmmungdgrunb  burd(|  bie  ob- 
je  et  i  De  gorm  eined  ®efe^ed  überl^aupt,  loenigftend  ju^  beulen  nid^t  unmdglid^. 
üRan  lann  bad  S)eu)ugtfein  biefed  ®runbgefe^ed  ein  factum  ber  SSemunft  nennen, 

SS  meil  man  ed  nid^t  aud  borl^ergel^enben  S)atid  ber  SSernunft,  g.  S.  bem  Seiougtfein 
ber  Sreil^eit  (benn  biefed  ift  und  nid^t  borl^er  gegeben),  l^eraudoernänfteln  lann, 
fonbem  loeil  ed  fi$  ffir  fid(|  felbft  und  aufbringt  ald  ftintl^etif d^er  ®a^  a  priori,  ber 
auf  feiner,  meber  reinen  nod^  empirifd^en,  Slnfd^auung  gegrünbet  ift,  ob  er  gleid^ 
anal^tif^  fein  mfirbe,  koenn  man  bie  Sreil^eit  bed  SBiaend  ooraudfej^te,  loogu  aber, 

so  ald  pofitibem  Segriffe,  eine  inteQectuelle  Stuf d^auung  erf orbert  merben  lofirbe,  bie 
man  ^ier  gar  nic^t  annel^men  barf.  S)od^  mug  man,  um  biefed  ®efe^  ol^ne  SRig- 
beutung  ald  gegeben  angufel^en,  »ol^l  bemerten:  ba^  ed  lein  empirifd^ed,  fonbem 
bad  eingige  gactum  ber  reinen  SSemunft  fei,  bie  {td^  baburd^  ald  urfprünglid^  gefe^- 
gebenb  (sie  volo,  sie  jabeo)  antunbigt 

»  Srolgerunfl- 

Sieine  93ernunft  ift  ffir  fid^  aOein  praltifd^  unb  giebt  (bem  aRenfd^en) 
ein  aügemeined  ®efe^,  meld^ed  mir  bad  @ittengefe^  nennen. 


32       SttM  bet  i^taltif^en  Senmnfi.    1.  Zf^til  1. 99ud^.   1.  ^aupi^M. 

anmerluttfl. 

2)ad  ))or]^er  genannte  factum  iß  unleugbar.  SRon  barf  nur  bai^  Urtl^eil  jer- 
gliebem,  meines  bie  aRenfd^en  fiber  bie  ®efe^m&|igleit  il^rer  {>anblungen  f&Ben: 
fo  toirb  man  {eberjeit  flnben,  ba|,  »ad  aud^  bie  Steigung  bajmif^en  fpred^en  mag, 
f^re  Semunfi  benno4  unbefled^Ii^  unb  burd^  fld^  f elbfl  ge3tt)ungen,  bie  9Ra^me  s 
bed  SiUend  bei  einer  ^anblung  iebergeii  an  ben  reinen  äBiten  l^alte,  b.  i*  an  {!d^ 
felbfl,  inbem  fie  ftd^  ald  a  priori  ))rattifd^  betra<|tet.  3)iefed  Ißrinci))  ber  @ittli(^leit 
nun,  eben  um  ber  äEgemeinl^eit  ber  ©efe^gebung  koillen,  bie  ed  }um  formalen  ober- 
ftot  SefUmmungdgrunbe  bed  SBiUend  unangefel^en  aUer  fubiecttben  SSerfd^ieben- 
l^eiten  beffelben  mad^t,  erUdrt  bie  Vernunft  suglei<ig  gu  einem  @efe^e  fflr  aKe  ber-  lo 
nfinftige  äBefen,  fo  fem  fie  uberl^au))!  einen  äBiHen,  b.  i  ein  93erm5gen  l^aben,  il^re 
6aufalit&t  bur^  bie  SSorftellung  oon  Stegein  gu  befümmen,  mitl^in  fo  fem  fie  ber 
^anblungen  nad^  ®mnbf&^en,  folglid^  aud^  nad^  prattif^en  gSrincipien  a  priori 
(benn  bief e  l^aben  aUein  biefenige  9totl^tt)enbigIeit,  meiere  bie  SSemunfi  gum  ®mnb- 
fa^e  f orbert)  filzig  finb.  ®« fd^ränft  fid^  alf o  ni(^t  bloö  auf  aJlenfd^en  ein,  fonbem  15 
gel^t  auf  alle  enbli(!^e  SBefen,  bie  SSemunfi  unb  SBiQen  l^aben,  fa  fd^liegt  fogar  bad 
unenbUd^e  SBefen  als  oberfle  SnteHigeng  mit  ein.  3m  erfieren  galle  aber  l^at  baflf 
®efe^  bie  Sorm  eined  Smperatibd,  meil  man  an  jenem  gniar  ald  bemfinftigem 
SBefen  eiucn  reinen,  aber  atö  mit  Sebiirfniffen  unb  finnlid^m  Sewegurfaii^en 
afficirtem  SBefen  leinen  l^eiligen  9BiIlen,  b.  i.  einen  fold^en,  ber  leiner  bem  mo-  20 
ralifd^en  ®efefee  »iberflreitenben  aJlajrimen  filzig  »4re,  borauöfefeen  fann.  2)a« 
moralifd^e  ®efe^  ifl  bal^er  bei  fenen ein  Smperatio,  ber lategorifd^  gebietet,  meit 
baö  ®efc^  unbebingt  ifl;  las  »erl^dltnife  eine«  fold^en  ®iUenS  gu  biefem®efe^e  ifl 
9(bl^dngigleit,  unter  bem9lamenber93erbinblid(|Ielt,tt)el(!^e  eine9l5t]|igung, 
obgtoar  burd^  blofee  SSemunft  unb  bereu  obJcctibeS  ®efe^,  gu  einer  ^anblung  be-  26 
beutet,  bie  barumgJflid^tl^eigt,  meil  eine  patl^ologifi^  afflcirte  (obgleid^  baburd^ 
nid^t  befHmmte,  mitl^in  aud^  immer  freie)  äBiUlßr  einen  Sßunfd^  bei  fid^  ffi^  ber 
aus  fubfectiiien  ttrfad^en  entfpringt,  bal^er  aud^  bem  reinen  obiectiben  93e- 
fUmmungSgrunbe  oft  entgegen  fein  lann  unb  alfo  eines  SffiiberftanbeS  ber  praftifd^n 
äSernunft,  ber  ein  innerer,  aber  inteUectueller  B^dtiq  genannt  werben  lann,  als  30 
moralift^er  9l5tl^igung  bebarf.  3n  ber  aHergnugfamflen  SnteHigeng  wirb  bie  SBill- 
fftr  als  feiner  aHajrfme  fällig,  bie  ntd^t  guglcid^  objectio  ®efefe  fein  I5nnte,  mit  SRedfft 
öorgejleHt,  unb  ber  Segriff  ber  |)eili gf  eit,  ber  il^r  um  beStoitten  gulommt,  fc^t  fie 
gtoarnid^t  über  alle  prattifi^e,  aber  bod^  über  alle  praftifd^-cinfd^rdnlenbe  ®efe^e, 
mitl^in  SSerbinblii^Ieit  unb  ^flid^t  meg.  S)iefe  ^eiligleit  beS  äSBinenS  ifl  gleid^mol^l  35 
eine  praltifd^e  Sbee,  meldte  notj^menbig  gum  Urbilbe  bienm  mug,  meld^em  fid^  ins 
Unenblii^e  gu  ndl^em  baS  eingige  ifl,  maS  allen  enblid^en  bernfinftigen  äBefen  gu- 
fielet,  unb  n)eld^e  baS  reine  @ittengefe^,  baS  bamm  felbfl  l^eilig  ]^ei|t,  il^nen  be- 
fldnbig  unb  ri(!^tig  bor  Stugen  l^dlt,  bon  n>eld^em  ins  Unenblid^  gel^enben  ^0- 


5 


8on  ben  ^runbfd^ti  ber  reinen  praTtifd^en  Semunfi  33 

greffui^  fdner  SRa^tmen  unb  UniDanbelbarleit  berfelben  gum  befidnbigen  Sott- 
f(!^reiten  fieser  ju  fein,  b.  i.  Sugenb,  bad  ^öcfefle  ift,  »ad  enblii^e  praltifd^e 
93entunftbemirlenlann,bie  felbfl  iDieberum  »eniejiend  atö  natärlid^  emorbened 
93erm50en  nie  DoOenbet  fein  lann,  »eil  bie  (Bid^erl^eit  in  f old^em  SaHe  niemals 
a))obtfHf  d^e  ©etoigl^dt  mirb  unb  ald  Überrebung  fel^r  gefdl^rlid^  ijL 


§8. 
2e^rfafe  IV. 

3)ie  Autonomie  beS  SBillend  ifl  baS  alleinige  $rinci))  aDer  moxa» 
lifd^en  ®efe^e  unb  ber  il^nen  gemäßen  ^{lid^ten:  aKe  ^eteronomie  ber 

10  SSifllfir  gränbet  bagegen  nid^t  aQein  gar  (eine  93erbinblt(^!eit,  fonbent  ifi 
Dtelmel^r  bem  $rincip  berfelben  unb  ber  SittUd^Ieit  bed  äSillend  entgegen. 
3n  ber  Unabl^&ngtgfeit  ndmlic^  Don  aUer  9Raterie  beS  ®efe^eiS  (nfimlic^ 
einem  begehrten  Obfecte)  unb  gugleid^  bod^  93eftimmung  ber  SBiOtür  burd^ 
bleTlofi'e  aflgemeine  gefefegebenbe  fjorm,  beren  eine  aWajcime  fäl&lg  fein 

15  mug,  befielet  baiS  aUeinige  $rtncip  ber  6ittlid^feit.  S^ne  Unabl^&ngig^ 
teil  aber  ift  i^reil^eit  im  negatiDen,  biefe  eigene  ©efe^gebung  aber 
ber  reinen  unb  al8  fold^e  praltif(^en  SSernunft  ift  ^rei^eit  im  pofitiDen 
Serflanbe.  aifo  brfidt  bad  moralifd^e  ®efe^  nichts  anberS  aM,  als  bie 
Sutonomie  ber  reinen  praftifcften  Vernunft,  b.  i.  ber  grei^eit,  unb  biefe 

so  ifl  felbft  bie  formale  SSebingung  aKer  3Ra;rimen,  unter  ber  fte  aQein  mit 
bem  oberjten  praftifd^en  ©efe^e  jufammenftimmen  fönnen.  Sßenn  bal^er 
bie  9Raterie  beS  äBoUen«,  mel(^e  nidgts  anberd  atö  ba&  Dbject  einer  93e« 
gierbe  fein  fann,  bie  mit  bem  ®efe^  Derbunben  mirb,  in  baS  prattifd^e 
®efe^  aU  SBebittgung  ber  SRdgHd^Ieit  beffetben  l^ineinlommt,  fo  tt)irb 

35  barauS  ^eteronomie  ber  SBilKur,  n&mlid^  abl^&ngigleit  Dom  Slaturgefe^e, 
irgenb  einem  antriebe  ober  Steigung  ju  folgen,  unb  ber  SBiDe  glebt  ftd^ 
nld^t  felbft  ba«  ®efefe,  fonbern  nur  bie  SSorfc^rift  jur  oernünftigen  Se« 
folgung  patl^ologifd^er  ®efefee;  bie  aWayimc  aber,  bie  auf  fold^e  SBeife 
niemals  bie  allgemein  «gefe^gebenbe  $orm  in  ftc^  entl^alten  fann,  [tiftet 

90  auf  biefe  Seife  nidgt  allein  leine  SBerbinblidgfeit,  fonbern  ift  felbft  bem 
$rincip  einer  reinen  praltifdgen  iBernunft,  l^iemit  alfo  au(^  ber  ftttlic^en 
(beftnnung  entgegen,  menn  gleid^  bie  ^anblung,  bie  barauS  entfpringt,  ge« 
fe^magig  fein  foUte. 


JTaiit'«  €»^r{ft(tt.   Serfr.  V. 


34        ^ttf  ber  ^rattifij&en  SSemunft.  1.  ^et(.   l.Sud^.   1.  «^auptflüdP. 

änmerfunfl  I. 

Bunt  prafttfd^en  ©cfc^e  mufe  alfo  nicmate  ctnc  praftif^e  Sorfd^rlft  gejdl&tt 
»crbett,  bie  rine  matcrialc  (tnitl^in  cmpWji^c)  ©ebingung  bei  p(^  fu^rt.  2)cnn  baö 
®e|c|  bcS  reinen  SBiUenä,  ber  frei  i%  fe^t  bfefcn  in  eine  gang  anbere  ©pl^ire  al« 
bie  emplri|d^c,  unb  bie  Stotl^ioenbiglcit,  bie  eö  auöbrüdft,  ba  pe  leine  Slaturnotl^-  & 
menbigleit  fein  foll,  lann  aI|o  (loS  in  formalen  SSebingungen  ber  3R5gIi(^Ieit  eined 
©cjefeeö  überl^aupl  befleißen,  äüe  aWatcric  praftifi^er  Siegeln  berul^t  immer  auf 
fubjectiDen  35ebingungen,  bie  il^r  leine  ällgemeinl^eit  für  Dernunftige  SBefen,  al« 
lebiglii^  bie  bebingte  (im  gaUe  id^  bicfeS  ober  jenes  begel^re,  loaö  16)  atöbann 
tl^un  muffe,  um  eS  toirflic^  gu  machen)  Derfd^affen,  unb  fie  breiten  flc^  inögefammt  lo 
um  baö  Sßrincii)  ber  eigenen  ©lütffeligleit.  5Run  ifl freilid^  unleugbar,  bafe 
aUed  SBollen  aud^  einen  ®egenfianb,  mitl^in  eine  ^Raterie  l^aben  muffe;  aber  biefe 
ifl  barum  nid^t  eben  ber  S3eftimmungdgrunb  unb  Sebingung  ber  SRairime;  benn 
ifl  fie  ed,  fo  l&^t  biefe  ftd^  nii^t  in  aUgemein  gefe^gebenber  gorm  barfteOen,  toeil 
bie  (Srtoartung  ber  @]rifteng  bed  ®egenflanbei^  ali^bann  bie  befUmmenbe  Urfai^e  u 
ber  ®ilHur  fein  würbe,  unb  bie  Slbl^dngigleit  beö  Segel^rungSöermögend  oon  ber 
(S^fteng  irgenb  einer  @ad^e  bem  äBoSen  gum  ®runbe  gelegt  werben  mügte,  meldte 
immer  nur.  in  empirifd^en  Sebingungen  gefud^t  merben  unb  ballet  niemals  ben 
®runb  gu  einer  notl^nienbigen  unb  allgemeinen  Siegel  abgeben  lann.  @o  mirb 
frember  SBefen  ©Ifidffeligleit  ba«  Dbiect  beö  Tillen«  eine«  oemünftigen  SBefenS  ao 
fein  lönnen.  SBdre  fie  aber  ber  33efHmmungSgrunb  ber  SWajrime,  fo  müfete  man 
oorauSfe^en,  bag  n)ir  in  bem  äSol^lfein  anberer  nid^t  allem  ein  natürlii^ed  SSer' 
gnügen,  fonbem  aud^  ein  Sebürfnife  finben,  fo  wie  bie  ftimpat^etlfd^e  ©inneSart 
bei  aJlenfd^en  eS  mit  fl(^  bringt.  Stber  biefeö  Seburfnife  fann  id^  nld^t  bei  jebem 
^vernünftigen  äBefen  (bei  ®ott  gar  nii^t)  t^orauSfe^en.  SUfo  lann  gmar  bie  SRaterie  25 
ber  SWajrime  bleiben,  fte  mufe  aber  nid^t  bie  Sebingung  berfelben  fein,  benn  fonft 
würbe  biefe  nid^t  gum  ©efe^e  taugen.  ^Ifo  bie  bloge  gorm  eined  ©efe^eS,  meld^eS 
bie  9Raterie  einf<|rinlt,  mug  gugleic^  ein  @runb  fein,  biefe  SRaterie  gum  äBiUen 
l^ingugufügen,  aber  fte  nid^t  oorauSgufe^en.  S)ie  SOtaterie  fei  g.  S.  meine  eigene 
©lüdCfeligfeit.  JDiefe,  wenn  ii)  jie  Jebem  beilege  (wie  xä)  eS  benn  in  ber  Z^ai  bei  30 
enblid^en  SBefen  t^un  barf),  lann  nur  atöbann  ein  objectikved  praftifd^ed  @e« 
fe^  werben,  wenn  i(^  anberer  i^re  in  biefelbe  mit  einfi^liege.  9(lfo  entfpringt  bad 
®efeft,  anberer  ©lüdffeligleit  gu  bef  Jrbem,  nid^t  oon  ber  aSorauSfe^ung,  bafe  biefeS 
ein  Dbiect  für  jebeS  feine  SffitUfür  fei,  fonbem  bloS  barauS,  ia^  bie  gorm  ber  9lll- 
gemeinl^eit,  bie  bie  SSemunft  als  Sebingung  bebarf,  einer  SKapme  ber  ©elbfüiebe  35 
bie  objectioe  ©ültigfeit  eines  ©efe^eS  gu  geben,  ber  SefiimmungSgrunb  beS 
SBiUenS  wirb,  unb  alfo  war  baS  Dbject  (anberer  ©lüd^eligfeit)  nid^t  ber  SefHm- 
mungSgrunb  beS  reinen  SiHenS,  fonbem  bie  bloge  gefe^lid^e  gorm  war  eS  allein, 
baburd^  id^  meine  auf  9ieigung  gegrünbete  HRa^me  einfd^r&nlte,  um  il^r  bie  Sm« 


®on  ben  (Bruttbffi^en  ber  reinen  praftifti^en  Sentunft  35 

gemeinl^eit  eined  ®efe|e$  ju  Derfd^affen  unb  fte  f o  ber  rebten  praWfii^en  SSemunft 
aitgemeffen  ju  machen,  aud  ueld^er  @inf<i&rdntung,  unb  ni^t  bem  3ufa^  einer 
äußeren  Sriebfcber,  ottbann  berSegriff  ber  aSerbtnbllc^ifeit,  bie ÜHo^rlme mei- 
ner ©elbpebe  au^  auf  bie  ©ludfeligleit  anberer  ju  enoeitern,  allein  entfpringen 
5  lonnte. 

Stnmerlung  IL 

2)a8  gerabe  ffiiberfplel  be«  ^nctpÄ  ber  ©ittßd^Ietl  ifl:  wenn  ha»  ber  ctflc- 
nen  ©lütffeliglelt  jum  ©ejHmmungögrunbe  bc«  SBittenÄ  gemad^t  totrb,  »ogu,  »le 
\i)  oben  gejeigt  l^abe,  aQed  üiex^anpi  gegal^lt  merben  rm%  mad  ben^eflimmungd- 

10  grunb,  ber  }um  ©efe^e  bienen  foQ,  irgenb  worin  anberi^  att  in  ber  gefe^gebenben 
Sorm  ber  ÜRa^rime  fe^t.  2)iefer  9Biberjheit  \ft  aber  ntd^t  blod  logif<|,  wie  ber 
gtoifd^en  empirif<|-bebingten  JRegcIn,  bie  man  bod^  ju  not^wenbigen  Srfenntnife- 
))rincipien  erl^eben  wollte,  f onbern  f)rafti|d^  unb  würbe,  wäre  nid^t  bie  Stimme  ber 
SScmunft  in  ©cjiel^ung  auf  ben  SBillen  fo  beutlid^,  fo  unflberfd^reibor,  felBfl  für  ben 

15  gemeinften  9Renfd^en  fo  Demel^mltd^,  bie  <SittIid^Ieit  gdnalii^  }U  ®runbe  rid^ten;  fo 
aber  tann  fie  ftd^  nur  nod^  in  ben  Io))fDerwirrenben  ©peculationen  ber  @d^ulen 
erl^alten,  bie  brei^  genug  jtnb,  fid^  gegen  jene  l^immlifi^e  Stimme  taub  ju  mad^en, 
um  eine  I^eorie,  bie  lein  Äopfbreii^en  foftet,  aufredet  gu  erl^alten. 

3Benn  ein  bir  fonft  beliebter  UmgangiSfreunb  ^(^  bei  bir  wegen  eined  falfd^en 

80  abgelegten  3eugniffeÄ  baburd^  gu  rcd^tfertigen  »ermeinte,  bafe  er  guerfl  bie  feinem 
Sorgäen  nad^  l^eiKge$|Iid^t  ber  eigenen  ®lüd[|eligfeit  t)orfd^ü^te,attbann  bieSor- 
t^eile  l^erg&I^Ite,  bie  er  fid^  aKe  boburd^  erworben,  bie  Jtlugl^eit  namhaft  machte,  bie 
er  beobad^tet,  um  wiber  alle  (Sntbedbtng  {id^er  gu  fein,  felbfl  wiber  bie  uon  Seiten 
beiner  felbjl,  bem  er  bad  ©el^eimnig  barum  aSein  o{fenbart,  bamtt  er  ed  gu  aller 

n  3elt  ableugnen  Knne;  bann  aber  im  gangen  Smjl  vorgäbe,  er  l^abe  eine  wal^re 
aRenf(^en))fii(^t  ausgeübt:  fo  wfirbefl  bu  il^m  entweber  gerabe  ini^  ©efi^t  lad^en, 
ober  mit  «bfd^eu  baüon  gurüdfbeben,  ob  bu  gleii^,  wenn  {emanb  bloö  auf  eigene 
SJortl^elle  feine  ©runbfd^e  gejieuert  ^at,  wiber  blefe  gjla|rcgeln  nld^t  baS  min« 
befte  einguwenben  l^&tteft.    Dber  fe^et,  ed  entpfel^Ie  eud^  jemanb  einen  SRann 

30  gum  ^auöl^alter,  bem  il^r  alle  eure  Stngelegenl^eiten  blinblingS  anoerirauen  Mnnet, 
unb,  um  eud^  3ntrauen  eingufI0|en,  rül^mte  er  il^n  att  einen  fingen  SRenfd^en,  ber 
{id^  auf  feinen  eigenen  ä^ortl^eil  meifler^aft  oerftel^e,  au(^  att  einen  raftlod  wirf- 
famen,  ber  feine  ©elegenl^eit  bagu  ungenu^t  k^orbeigel^en  liege,  enblii^,  bamtt  anii 
[a  nt(!^t  Seforgnlffe  wegen  eineö  pöbelhaften  ©igennu^cö  beffelben  im  äBege  ftan- 

35  ben,  rfil^mte  er,  wie  er  red^t  fein  gu  leben  oerftdnbc,  nii^t  im  ©elbfammeln  ober 
brutaler  llppigfeit,  fonbcm  in  ber  erweiterung  feiner  Äenntniffe,  einem  wolkige- 
wühlten  bele^renben  Umgange,  felbft  im  SBo^ltl^un  ber  {Dürftigen  fein  Vergnügen 
fud^te,  übrigen«  aber  wegen  ber  2Rittel  (bie  bod^  i^xtn  SBertl^  ober  Unwert!^  nur 
9om  Zwät  entlel^nen)nid^t  bebenflii!^  wdre,  unb  frembed  @elb  unb  ®ut  il^m  l^iqu, 


36        ^tttf  ber  praftif(!6en  Semunft.  1.  Sl^eil.  1.  9u4.  1.  {)au)9t[lfidf. 

fo  balb  er  nur  tt)if[e,  bag  er  ed  unentbedt  unb  ungel^inbert  tl^utt  ISnne,  f o  gut  mie 
fein  eigene^  lo&re:  fo  mfirbet  il^r  entoeber  glauben,  ber  (Stnpfel^lenbe  l^abe  tuäi  gam 
beflcn,  ober  er  l^abe  ben  SJerflanb  verloren.  —  ©o  beutlli^  unb  fd^arf  flnb  ble 
©rengen  ber  ©ittltd^Ieit  unb  ber  ©elbjUiebe  abgef d^nttten,  ba|  felbfi  ba§  gemeinde 
3(uge  ben  Unter{d^i^,  ob  etoad  }u  ber  einen  ober  ber  anbem  gel^öre,  gar  nid^t  der-  s 
fel^Ien  lann.  ^olgenbe  loentge  Semerlungen  ISnnen  gmar  bei  einer  fo  offenbaren 
9Bal^rl^eU  uberflüffig  f (feinen,  aDein  fie  bienen  bo(!^  »enigjiend  bagu,  bem  Urtl^eile 
ber  gemeinen  aRenfd^enoemunft  tixoa^  mt^x  £)eutU(!^teit  gu  oerfd^a^en. 

S)ad  $rinci|)  ber  ©lüdFfeligleit  lann  amar  aRajrimen,  aber  niemals  fold^e 
abgeben,  bie  ju  ©efe^en  bed  SBillend  tauglid(|  udren,  felbfi  menn  man  fid^bte  all«  lo 
gemeine  ©Ifidtfeliglelt  gum  Dbiecle  mad^tc.  2)enn  »eil  biefer  il^re  erlenntntfe 
auf  lauter  (Srfal^rungdbatid  berul^t,  tt)ei(  jebei^  Urtl^eil  barüber  gar  f el^r  oon  {ebed 
feiner  SOteinung,  bie  nod(|  bagu  felbfi  fel^r  oer&nberli^  ifi,  abl^i&ngt,  fo  lann  ed  mol^I 
generelle,  aber  niemals  unioerfelle  Siegeln,  b.  i.fo(d^e,  bie  im  S)urd^fd^nitte 
am  Sfterfien  gutreffen,  nid^t  aber  fold^e,  bie  jebergeit  unb  notl^menbig  gfiltig  fein  n 
muffen,  geben,  mitl^in  I5nnen  leine  ))raIHfd^e®efe^e  barauf  gegrunbet  merben. 
®ben  barum  loeil  ^ier  ein  Dbfect  ber  IBttttur  ber  Siegel  berfelben  gum  ®runbe 
gelegt  unb  alfo  oor  biefer  oor^ergel^en  mug,  fo  lann  biefe  nid^t  vorauf  anberiS 
als  auf  bad,  mad  man  empflel^It,  unb  alfo  auf  @rfal^rung  begogen  unb  barauf  ge- 
grfinbet  werben,  unb  ba  mni  bie  Serfd^iebenl^eit  bed  Urtl^eitö  enblod  fein.  S)iefed  20 
^incip  fd^reibt  alfo  nid^t  aQen  oernünftigen  9Befen  eben  biefelbe  praltif(!^e  Siegeln 
bor,  ob  fie  gmar  unter  einem  gemeinfamen  Sitel,  ndmlid^  bem  ber  ©lödCfeligfeit, 
fiel^en.  S)ad  moralifd^e  ®efe^  mirb  aber  nur  barum  atö  obiectib  notl^menbig  ge- 
badet, meil  ed  für  iebermann  gelten  foQ,  ber  SSemunft  unb  äBitten  l^at 

Die  aJlayime  ber  ©elbfiliebe  (Älugl^eit)  rätl^  bloö  an;  baS  ®efe^  ber  ©ttt-  25 
lid^teit  g  eb  ietet.  @S  ifi  aber  bod^  ein  großer  Unterfd^ieb  gn)ifd^en  bem,  loogu  man 
und  anr&t^ig  ifi,  unb  bem,  loogu  loir  r> erbinblid^  finb. 

9Bad  nadd  bem  ^incip  ber  Autonomie  ber  IBiUtfir  gu  tl^un  fei,  ifi  für  ben 
gemeinfien  SSerfianb  gang  leidet  unb  o^ne  Sebenlen  eingufel^en;  mad  unter  SSor- 
auöfefeung  ber  4)eteronomie  borfelben  gu  tl^un  fei,  fd^ioer  unb  erforbert  SBeltfennt-  so 
nig;  b.  i.  mad  $f iid^t  fei,  bietet  fid^  iebermann  oon  felbfi  bar;  mad  aber  majoren, 
bauerl^aften  SSortl^eil  bringe,  ifi  aUemal,  »enn  biefer  auf  baS  gange  JDafein  erflredtt 
werben  foH,  in  unburd^bringU^ed  2)unlel  eingel^üOt  unb  erforbert  biel  jilugl^eit, 
um  bie  praltifc^e  barauf  gefümmte  Siegel  burdg  gefd(>idHe  ^(udnal^men  aud^  nur  auf 
ertr&glid^e  3(rt  ben  3tt>edfen  beS  Sebend  angupaffen.  (gleid^mol^I  gebietet  bad  fitt-  35 
lid^e  ®efe^  jebermann,  unb  gmar  bie  )>ünttlid(>fie,  S3efoIgung.  (Sd  mug  alfo  gu  ber 
S3eurtl^eUung  beff en,  toad  nad^  il^m  gu  tl^un  fei,  nid^t  fo  fd^mer  fein,  ba|  ni(|t  ber 
gemeinfie  unb  ungeübtere  SSerfianb  felbfi  ol^ne  SBeltQugl^eit  bamit  umgugel^en 
tt)ü|te. 

S)em  laiegorifd^en  ©ebote  ber  ©UiUc^Ieit  ©enüge  gu  leifien,  i^  in  iebed  ®e-  4o 


Qon  ben  (SlrimbfAt^en  bet  leineti  praüif^en  Cetnunft.  37 

»alt  3u  aKer  3eit,  ber  enipirf jt^bebingten  SSorfi^rift  ber  ©Ifidfeligleit,  nur  feiten 
unb  bei  weitem  nid^t  au$  nur  in  Snfel^ung  einer  einzigen  Xbfid^t  für  febermann 
mislid^.  3)ie  Urf a(!^e  ift,  »eil  ed  bei  bem  erfleren  nur  auf  bie  aJla^me  anlommt, 
bie  dd^t  unb  rein  fein  ntu^,  bei  ber  festeren  aber  aud^  auf  bie  Jtrdfte  unb  bad  pl^^- 

5  fifcj^e  Sermigen,  einen  begel^rten  ©egenjianb  »irllid^  ju  mad^en.  @in  ®ebot,  bag 
febermann  fid^  glüdRid^  gu  mad^en  fud^en  foDte,  »dretl^drid^t;  benn  man  gebietet 
niematö  iemanben  bad,  »ad  er  fd^on  unaudbleiblid^  Don  felbft  »ilL  9)lan  ntügte 
i^m  blod  bie  SRa^egeln  gebieten,  ober  bielntel^r  barreii^en,  »eil  er  nid^t  aOed  bad 
fann,  »ad  er  »iO.  ©ittßd^teit  aber  gebieten  unter  bem  Flamen  ber  ^^löjit  iß  ganj 

10  t>emänftig;  benn  beren  Sorfd^ift  »iQ  erfllii!^  eben  nid^t  febermann  gerne  gel^or- 
d^en,  »enn  fie  mit  Steigungen  im  SBiberflreUe  ifi,  unb  »ad  bie  SRa^regeln  betrifft, 
»ie  er  biefed  ®efe^  befolgen  Idnne,  fo  bfirfen  biefe  l^ier  nic^t  geleiert  »erben;  benn 
»ad  er  in  biefer  Segiel^ung  »iD,  bad  lann  er  aud^. 

5Der  im  (Spiel  berloren  l^at,  lann  fid^  »ol^I  über  fid^  felbft  unb  feine  Un- 

15  nugl^eit  drgern,  aber  »enn  er  {!$  be»ugt  ifl,  im ®piel  betrogen  (obg»ar  ba- 
burd^  ge»onnen)  )u  l^aben,  fo  mu|  er  fid^  felbft  berad^t en,  fo  balb  er  fid^  mit  bem 
ftttli(^en  ®efe^e  oergleid^t.  iDiefed  mug  alfo  bod^  »ol^l  et»ad  Slnbered,  ald  bad 
fJrindp  ber  eigenen  Olüdffeligleit  fein.  Denn  gu  fid^  felbcr  fagen  au  mfijfen:  i(^  bin 
ein  !ßi(^td»firbiger,  ob  i(^  gleidg  meinen  Seutel  gefflOt  l^abe,  mu^  bo(^  ein 

so  onbered  9ti(^tma|  bed  Urtl^eild  l^aben,  ald  fid^  felbft  SeifaE  ju  geben  unb  gu  fagen: 
id^  bin  ein  Iluger  9Renfd^,  benn  id^  l^abe  meine  @affe  bereid^ert. 

@nblid^  ift  nod^  et»ad  in  ber  Sbee  unferer  prattifd^en  SSetnunft,  »eld^ed  bie 
Übertretung  eined  fittlid^en  (Sefe^ed  begleitet,  ndmlid^  il^re  ®traf»urbigteit. 
9lun  Idgt  {t(^  mit  bem  begriffe  einer  Strafe,  ald  einer  fold^en,  bod^  gar  nid^t  bad 

M  2:l^eill^aftig»erben  ber  ©Ifidffeligleit  berbinben.  !Denn  obgleid^  ber,  fo  ba  firaft, 
»ol^l  gugleii^  bie  gfitige  Slbfid^t  l^aben  lann,  biefe  Strafe  aud^  auf  biefen  B»ed(gu 
rid^ten,  fo  mu6  fte  bo(^  gubor  ald  ©träfe,  b.i.  ald  bloBedÜbel,  für  fid^  felbft  gereift- 
fertigt  fein,  f o  baft  ber  Oeßrafte,  »enn  ed  babei  bliebe,  unb  er  aud^  auf  feine  fid^ 
hinter  biefer  $drte  oerbergenbe  ®unfi  l^inaudfd^e,  felbft  gejiel^en  mu%  ed  fei  i|m 

30  Sted^t  gefd^el^en,  unb  fein  Sood  fei  feinem  SSerl^alten  ooHIommen  angemeffen.  3n 
jeber  ©träfe  ald  fold^er  muft  juerjl  ©ered^tigleit  fein,  unb  biefe  mac^t  bad  fflcfent- 
li^e  biefed  Segriffd  aud.  9Riti^r  Tann  g»ar  aud^  @utigteit  berbunben  »erben, 
aber  auf  biefe  l^at  ber  ©lraf»firbige  nad^  feiner  Slufffil^rung  nid^t  bie  minbefie  Ur- 
fadde  fi(i  Sted^nung  gu  matten.  Slifo  ift  ©träfe  ein  pl&9fifd(>ed  Abel,  »el^ed,  »enn 

3s  ed  oudg  nidgt  ald  nat£rlid^e  golge  mit  bem  moralifd^  S3bfen  berbunben  »dre, 
bod^  ald  Solge  nad^  gjrincipien  einer  fittlic^en  ©efe^gebung  berbunben  »erben 
vxS^t.  fflenn  nun  atted  SBerbret^en,  aud^  o^ne  auf  bie  Jpl^^ftfdfien  golgen  in  «n- 
fel^ung  bed  Sl^dterd  gu  feigen,  f&r  fi(^  ftrafbar  ift,  b.  i.  ©lüdtfeligleit  (»enigftend 
gum  Vfdl)  benoiitt,  fo  »dre  ed  offenbar  ungereimt  gu  fagen:  bad  33erbred^en  l^abe 

40  bartn  eben  beftanben,  boB  er  fid^  eine  ©träfe  gugegogen  l^at,  inbem  er  feiner  eigenen 


38        ^ti!  ber  ptafttf^en  «emunft.  1.2:|eil.   hSBuä^.  1.  «auptftüdT. 

©Ifidfeligleit  Stbbrud^  tl^at  (»eld^ed  nad^  bem  ^ndp  bet  SelbfUiebe  beteigent- 
liäit  »egrljf  aUe«  SScrbrcd^en«  fein  mfifetc).  2)ic  ©träfe  mürbe  auf  btcfc  Slrt  ber 
©ruttb  fefat,  etmai^  ein  Serbred^en  ju  nennen,  unb  bie  ©ered^tigfeit  ntügte  Dlelmel^r 
barin  befielen,  alle  Seflrafung  gu  unterlaffen  unb  felbfi  bie  natfirlid^e  gu  berl^in- 
bem;  benn  atöbann  tt»dre  in  ber  {)anblung  nid^tö  93öfeS  mel^r,  iDeit  bie  Übel,  bie  5 
fonft  barauf  folgten,  unb  um  beren  uiiHen  bie  |)anblun0  allein  böfe  l^ieg,  nun- 
ntel^r  abgehalten  mdren.  SSoUenb^  aber  aUed  ©trafen  unb  Selol^nen  nur  ald 
bad  9Rafd^inentt)erI  in  ber  ^anb  einer  l^dl^eren  SRad^t  angufel^en,  meld^ed  vernünf- 
tige aSBefen  baburd^  ju  il^rer  (Snbabfld^t  (ber  ©lüd^eligleit)  in  Sl^ätigfelt  gu  fe^en 
allein  bienen  foUte,  ift  gar  gu  fid^tbar  ein  alle  greil^eit  auf^ebenber  SRec^anidm  10 
il^red  äBiOend,  ald  bag  z^  nSt^ig  tt)äre  uni^  l^iebei  aufgu^alten. 

geiner  nod^,  obgleid^  eben  f 0  untoal^r,  ifl  baö  Sorgeben  berer,  bie  einen  ge- 
miffen  moralifd^en  befonbem  @inn  annel^men,  ber,  unb  nid^t  bie  äjemunft,  bad 
ntoralifd^e  @efe^  bejUmmte,  nad§  meld^em  bad  S3ett)ugtfein  berSugenb  unmittelbar 
mit  Sufriebenl^eit  unb  SSergnfigen,  bad  bed  Safterd  aber  mit  ©eelenunrul^e  unb  15 
©d^merg  verbunben  iDdre,  unb  f  0  aQed  bo(^  auf  ä^erlangen  nad^  eigener  ®Iudt{elig- 
leit  audfe^en.  D^ne  bad  l^iel^er  gu  giel^en,  tt)ad  oben  gefagt  U)orben,  miH  id(|  nur 
bie  S:&ufd^ung  bemerlen,  bie  l^iebei  borgel^t.  Um  ben  Safterl^aften  als  burd^  bad 
Setoufetfein  feiner  Vergeltungen  mit  ©emütl^öunrul^e  geplagt  öorguflellen,  muffen 
fte  il^n  ber  Domel^mften  ©runblage  feined  (Sl^aralterd  nad^  fd^ion  gum  boraud  ald  20 
toenigflenS  in  einigem  ®rabc  moralifi^  gut,  fo  wie  ben,  »eld^en  bad  SBewufetfein 
pflid^tmdgiger  ^anblungen  ergoßt,  iior^er  jd^on  ald  tugenbl^aft  DorfteHen.  ^Ifo 
mu^te  bo(^  ber  ©egriff  ber  aRoralitdt  unb  gjpi^t  bor  aller  JRfidtji^t  auf  biefe  3u- 
friebenl^eit  oorl^ergel^en  unb  fann  bon  biefer  gar  nid^t  abgeleitet  werben.  5Run  mu^ 
man  bod^  bie  Sßii^tigleit  beffen,  wad  wir  g^ßii^t  nennen,  bad  Stnfe^en  bed  morali-  S5 
fd^en  ©efe^eS  unb  ben  unmittelbaren  SBertl^,  ben  bie  Sefolgung  beffelben  ber 
$erfon  in  il^ren  eigenen  Kugen  giebt,  borl^er  f^d^en,  um  {ene  Bufriebenl^eit  in  bem 
Setoufttfein  feiner  Slngemeffenl^eit  gu  berfelben  unb  ben  bitteren  SertoeiÄ,  wenn 
man  fid^  beffen  Übertretung  borwerfen  lann,  gu  ful^Ien.  SOtan  lann  alfo  biefe  3u- 
friebenl^eit  ober  ©eelenunrul^e  nid^t  bor  ber  ®rfenntni§  ber  SSerbinblid^Ieit  ffil^len  30 
unb  fie  gum  ®runbe  ber  le^teren  mad^en.  ^Ran  mug  wenigftend  auf  bem  l^alben 
äBege  f(^on  ein  el^rlid^er  ÜRann  fein,  um  ftd^  bon  jjenen  (Smpfinbungen  auc^  nur 
eine  SSorfleHung  matten  gu  lönnen.  S)a|  fibrigeniS,  fo  wie  Dermdge  ber  greil^eit 
ber  men{(^lid^e  Sßille  burd^d  moralifd^e  ©efe^  unmittelbar  beftimmbar  ift,  anii  bie 
dftere  Sludübung  biefem  IBefHmmungdgrunbe  gemdg  fubiectib  gule^t  ein  ®efü^l  35 
ber  Sufriebenl^eit  mit  ft(^  felbft  Wirten  lönne,  bin  i(^  gar  nid^t  in  ^brebe;  oielmel^r 
gel^ört  ed  felbft  gur  ^fli^t,  biefeiS,  wel^ed  eigentli^  allein  bad  moralif^e  ©efül^l 
genannt  gu  werben  berbient,  gu  grfinben  unb  gu  cultioiren;  aber  ber  Segriff  ber 
$fli(^t  lann  babon  nid^t  abgeleitet  werben,  fonft  mägten  wir  und  ein  ©efül^l  eineiS 
®efe|ed  atö  eined  fold^en  beulen  unb  bad  gum  ©egenftanbe  ber  @mpfinbung  40 


Son  beit  (Bnuibfä^en  ber  reinen  praftifd^en  Vernunft.  39 

ma<l^en,  mad  nur  buri!^  SSemunft  gebadet  merben  lann;  toeld^ed,  menn  ed  nfd^t  ein 
platttt  äBiberfpmd^  metben  foH,  aOen  Segriff  ber  giflid^t  ganj  aufl^eben  unb  an 
beren  @tatt  bloS  ein  med^anifAed  ®piel  feinerer,  mit  ben  gröberen  bidtoeilen  in 
3»tfl  geratl^enbet  Steigungen  fe^en  »ürbe. 

6  aSenn  mir  nun  unferen  f  or ma  len  oberjlen  ®runbfa^  ber  reinen  praftifd^en 
aSernunft  (als  einer  Autonomie  bed  ®illenö)  mit  atten  biöl^crigen  materlalen 
^rincipien  ber  ©ittUd^Ieit  bergleid^en,  fo  lönnen  koir  in  einer  Safel  aUe  äbrige  atö 
fotd^e,  baburd^  tt)ir!Ii(^  gugleid^  aUe  miglid^e  anbere  gdtte  auger  einem  einjigen 
formalen  erfd^öpft  flnb,  öorfleUig  mad^en  unb  f o  burd^  ben  augenfd^cin  betoeijen, 

10  bag  ed  Dergeblitb  fei,  fid(>  nad^  einem  anbem  ^incip  ald  bem  {e^t  borgetragenen 
umgufel^en.  —  %0e  möglid^e  33e{timmungdgrünbe  beiS  äßiUenS  ftnb  nSmlid^  ent- 
loeber  blod  f ub|ectio  unb  alfo  empirifd^,  ober  aud^  obfectio  unb  rational;  beibe 
aber  enttoeber  äußere  ober  innere. 


40        Äritt!  ber  ^jraftifd^  «emunft.   l.ST^eU.   l.»ud^.   1.  ^ttu»)tf»df. 


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8oti  ben  ®runbfdt^en  bet  reinen  pxixW\<l^m  Vernunft.  41 

!Die  auf  ber  Knien  @eite  ftel^enbe  ftnb  indgefornntt  empirtf^  unb  taugen  offen- 
bor gar  nt<|t  gum  aUgemetnen  ^ßrinrip  ber  @lttH<|Wl.  Slbcr  bie  auf  ber  redeten 
(Seite  grünben  fid^  auf  ber  SSernunft  (benn  SSoSIomnten^eit  als  Sef  (^af  f  enl^eit 
ber  S)inge  unb  biel^Sd^jle  SSoOIontmenl^eit,  in  ©ubftana  borgefteHt,  b.  i.  @ott, 

6  finb  betbe  nur  burd^  aSemunPegriffe  gu  beulen).  aUetn  ber  erftere  Segrijf,  ndm- 
lid^  ber  SoUIonimcnl^eit,  lann  enttoeber  in  tl^eoretlfd^er  Sebeutung  ge- 
nommen merbeu,  unb  ba  bebeutet  er  nid^td,  als  SSoIIjidnbiglett  eined  {eben  S)tnged 
in  feiner  Strt  (trandfcenbentale),  ober  eine«  2)inge«  bloS  alö  JDingeö  fiberl^aupt 
(metopl^tjftfd^e),  unb  baöon  lann  l^ier  ntd^t  blc  Siebe  fein.  5)er  33egriff  ber  SSoIl- 

10  tommenl^cit  in  praltif c^er  Sebeutung  aber  ifl  bie Sauglid^Ieft  ober  Suldnglid^- 
teit  eine«  JDingeö  ju  allerlei  Btotdetu  3)lefe  SSoDfommenl^eit  ate  Sefd^aff  en- 
l^eit  bed  änenfd^en,  folglid^  innerli^e,  ifi  nid^td  anberiS  ald  Salent  unb,  mad 
biefeS  ftirlt  ober  ergdngt,  ©efd^idClid^Ieit.  ^e  l^dd(>f)e  SSoOIommenl^eit  in 
©ubfiang,  b.  i.  @ott,  folglich  dußerlid^e,  (in praBifd^er  «bfld^t  betrad^tet)  ift  bie 

15  Suldnglid^feit  biefed  äßefend  gu  aSen  3o>tdm  fiberl^aupt.  SSenn  nun  alfo  und 
3koede  borl^er  gegeben  loerben  möffen,  in  S3egiel^ung  auf  xoeliit  ber  S3egriff  ber 
93ollfommen]^ett  (einer  inneren  an  und  felbft,  ober  einer  dugeren  an  ®ott) 
allein  Seftimmungdgrunb  bed  äSiKend  loerben  lann,  ein  Swtä  aber  afö  Dbiect, 
n)eld^ed  oor  ber  äSiSendbefÜmmung  burd^  eine  prattifd^e  Siegel  borl^ergel^en  unb 

so  ben  ®runb  ber  SDRögliii^feit  einer  fold^en  cntl^alien  mu6,  mithin  bie  SWatcrle  bed 
SßiOend,  atö  SefHmmungdgrunb  beffelben  genommen,  {ebergeit  empirifd^  ifi,  mit- 
l^in  gum  epilurif  d^en  gJrlndp  ber  ©IfidtfeligleltSlel^re,  niemals  aber  gum  reinen 
aSemunftprindp  ber  Sittenlehre  unb  ber  gJfiid^t  bienen  fann  (»ie  benn  Talente 
unb  il^e  S3eförberung  nur,  »eil  fte  gu  SSortl^ellen  bed  gebend  beitragen,  ober  ber 

n  äBiOe  ©otted,  loenn  (Sinflimmung  mit  i^m  ol^ne  Dorl^erge^enbed,  bon  bef[en  3bee 
unabbdngtged  praltifd^ed  ^ncip  gum  Dbiecte  bed  äBiDend  genommen  loorben, 
nur  burd^  bie  ©ludCfeligf eit,  bie  tt)ir  baoon  ermarten,  ä3emegurfa(^e  beffelben 
merben  Wunen),  fo  folgt  erfilid^,  baft  alle  l^ier  aufgefleHte  ^ndpien  material 
finb,  gleitend,  bag  fie  aDe  miglid^e  materiale  ^rincipien  befaffen,  unb  baraud 

30  enblid^  ber  ©d^Iug:  ba^,  loeil  materiale  ^incipien  gum  oberften  @ittengefe^  gang 
untauglid^  finb  (»ie  beioiefen  »orben),  bad  formale  praftif (^e  5ßrinclp  ber 
reinen  aSemunft,  nad^  »eitlem  bieblo^egorm  einer  burd^  unfereSWajrimen  mög- 
liäitn  allgemeinen  ®efe^gebung  ben  oberften  unb  unmittelbaren  SSeftimmungd- 
grunb  bed  SSillend  audmad^en  mu|,  bad  eingige  mdglid^e  fei,  melc^ed  gu  laiC" 

35  gorif(!^en  Smperatiioen,  b.  i.  praftifd^en  ®efe^en  (loeld^e  {)anblungen  gur  $fl{(^t 
mad^en),  unb  überl^aupt  gum  ^[hrindp  ber  ®ittlid(>Ieit  fomol^l  in  ber  SSeurt^eilung, 
old  aud^  ber  $(n)oenbung  auf  ben  menfc^lid^en  äBiUen  in  SefHmmung  beffelben 
tttuglidg  ifl. 


42        ^Uil  ber  praftift^en  Secnunft.  1.  SE^eU.   1.  mä^.   1.  i^auptftüd. 

L 

äSon  ber  S)ebuction  ber  ©runbfd^e  ber  reinen 
praltifd^en  aScrnunft. 

3)iefe  anal^til  tl^ut  bar,  bafe  reine  SSernunft  praftifd^  fein,  b.  t.  für 
{td^f  unabhängig  Don  aDem  Smpirifc^en,  ben  SSiKen  beftimmen  lönne  —  5 
unb  biefeiS  jmar  bnxii  ^in  f^actum,  morin  ftd)  reine  SSernunft  bei  uniS  in 
ber  Sl^at  praftifdg  bemeifet,  nämlid^  bie  Slutonomie  in  bem  ©runbfa^e  ber 
©ittlid^feit,  moburc^  jte  ben  SBiflen  jur  Sl^at  beftimmt.  —  Sie  geigt  ju» 
gleich,  bag  biefed  factum  mit  bem  93e)Du|tfein  ber  greil^eit  beS  SBiDenS 
ungertrennlid^  Derbunben,  \a  mit  il^m  einerlei  fei,  »oburd^  ber  äBiUe  lo 
eines  Dernfinfttgen  äBefenS,  bad,  aliS  jur  Sinnenmelt  gehörig,  ft(!^  gleid^ 
anberen  »irtfamen  Urfac^en  notl^menbig  ben  ©efe^en  ber  @aufalitdt  unter«' 
toorfen  erfennt,  im  ^raltifc^en  bod^  guglei(!ö  ft(i  auf  einer  anbern  ©eite, 
nämU(^  a\8  Sßefen  an  ft(!^  felbft,  feinet  in  einer  inteUigibelen  Drbnung 
ber  S)inge  beftimmbaren  S)afeind  bemugt  ift,  gmar  nic^t  einer  befonbern  u 
Slnfc^auung  feiner  felbft,  fonbern  gemiffen  b^namifc^en  ©efe^en  gemdg, 
bie  bie  6aufalitdt  beffelben  in  ber  Sinnenmelt  beftimmen  tbnnen;  benn 
bag  f^reil^eit,  menn  fte  und  beigelegt  tt)irb,  und  in  eine  intelligibele  £)rb^ 
nung  ber  S)inge  Derfe^e,  ift  anbermdrtd  l^inreid^enb  beriefen  morben. 

SBenn  »ir  nun  bamit  ben  anal^tifd&en  SE^eil  ber  Äritif  ber  reinen  »o 
f))eculatiDen  äSernunft  oergleid^en,  fo  geigt  {td^  ein  merlmfirbiger  6ontraft 
beiber  gegen  einanber.    Slid^t  ©runbfd^e,  fonbern  reine  ftnnlic^e  Hn» 
fd^auung  (SRaum  unb  Seit)  mar  bafelbji  bad  erfte  3)atum,  meldte«  ©r«' 
ienntnig  a  priori  unb  gmar  nur  für  ©egenftdnbe  ber  @inne  mbglid^ 
machte.  —  Sqnt^etifdge  ©runbfd^e  aud  blogen  Segriffen  ol^ne  änfc^au«  25 
ung  maren  unmöglich,  Dielmel^r  lonnten  biefe  nur  in  Segiel^ung  auf  jene, 
mel(^e  ftnnlic^  mar,  mithin  auc^  nur  auf  ©egenftdnbe  m5glict|er  @rfal^rung 
ftattftnben,  meil  bie  ^Begriffe  beS  SSerftanbed,  mit  biefer  Slnfc^auung  Der^ 
bunben,  attein  badjenige'Srlenntnig  m5gli(^  mad^en,  melc^ed  mir  ßrfal^' 
rung  nennen.  —  Über  öie  ßrfal^rungSgegenpdnbe  l^inaud,  alfo  üon  3)in*  so 
gen  als  Stoumenen,  mürbe  ber  fpeculatioen  SSernunft  alled  ^ofttioe  einer 
•^erlenntniCotit  üoDigem  SHedöte  abgeft)roc^en.  —  3)o(^  leipete  biefe  fo 
Diel,  bafe  fte  ben  Söegriff  ber  3floumenen,  b.  i.  bie  SRöglidöfeit,  [a  ^otif^ 
menbigfeit  bergleic^en  gu  beulen,  in  ©id^erl^eit  fefete  unb  g.  83.  bie  grei-» 
l^eit,  negatit)  betrachtet,  angunel^men  als  gang  Dertrdglid^  mit  ienen®runb«  35 
fd^en  unb  (Sinfd^rdntungen  ber  reinen  t^eoretifd^en  SSernunft  mtber  alle 


9on  ben  (Bnittbfftt^en  bet  reinen  pxa^\\ä^tn  Vernunft.  43 

StniDfirfe  rettete,  ol^ne  bod^  t)on  folgen  ®egenfldnben  irgenb  etioad  93e« 
fltmmted  unb  (SmeiternbeS  gu^rlennen^ju  geben,  inbem  fie  Dielmel^r  ade 
Slttdftd^t  ba^in  g&nsltd^  abfc^itltt. 

Zugegen  giebt  baS  moralifc^e  ®efe^,  menn  gleich  feine  Sudfid^t, 

5  bennod^  ein  fd^Iec^terbingS  aud  allen  3>attö  ber  Sinnenioelt  unb  bem 
ganjen  Umfange  unfereS  tl^eoretifc^en  93ernunftgebraud^d  unerfl&rlii^ed 
factum  an  bte  ^anb,  baS  auf  eine  reine  SSerf^anbeSmett  8ngeige  giebt, 
ja  biefe  fogar  ))ofitiD  beftimmt  unb  unS  etn)a8  t)on  i^r,  ndmlid^  ein 
®efe^,teTtennemIdgt. 

10  S)iefeS  ®efe^  foU  ber  @innenn)elt,  als  einer  finnlic^en  Statur, 
(maS  bie  vernünftigen  äBefen  betrifft)  bte  $orm  einer  Sßerftanbedmelt, 
b.  {.  einer  fiberfinnlid^en  9latur,  Derfd^affen,  ol^ne  boc^  iener  il^rem 
SRed^aniöm  8lbbru<%  gu  t^un.  SRun  ift  %atur  im  aUgemeinften  SSerftanbe 
bie  (S;rtfteng  ber  S)inge  unter  @efe^en.  S)ie  ftnnlii^e  !Ratur  Dernfinftiger 

i§  SSefen  äber]^au))t  ift  bie  S^cifteng  berfelben  unter  em^irifc^  bebingten  ®e» 
fe^en,  mitl^in  fär  bie  Sernunft  «^eteronomie.  S>te  Aberftnnlic^e  9latur 
eben  berfelben  Sßefen  ift  bagegen  il^re  @;ciften}  nac^  ®efe^en,  bie  t)on  aller 
em|)irtf(^en  IBebingung  unabl^&ngig  ftnb,  mitl^in  gur  Slutonomie  ber 
reinen  SSernunft  gel^ören.  Unb  ba  bie  (Sefe^e,  nad^  meieren  bad  S>afetn 

so  ber  S>inge  t)om  (Srfenntnig  abl^&ngt,  ))raltif(^  finb:  fo  ift  bie  überftnnlit^e 
Statur,  fo  mit  mir  un8  einen  Segriff  Don  il^r  mad^en  Unnen,  nidgtd  an> 
berS  atö  eine  Statur  unter  ber  Autonomie  ber  reinen  ))ralti« 
fc^en  SSernunft.  S>ai  ®efe^  biefer  Autonomie  aber  ift  baS  moralifd^e 
@efe|,  meld^eiS  alfo  baS  ®runbgefe^  einer  überffnnlid^en  Statur  unb  einer 

25  reinen  JBerpanbeamelt  ift,  bereu  ®egenbilb  in  ber  ©innenmelt,  aber  bod^ 

gugleid^  ol^ne  Slbbrud^  ber  ©efe^e  berfelben  ejcifliren  foU.  SRan  !5nnte 

jene  bie  urbil blicke  (natura  archetypa),  bie  mir  bloö  in  ber  93ernunft 

[erlennen,  biefe  aber,  »eil  fte  bie  mögliche  SBirfung  ber  3bee  ber  erfteren 

atö  IBeflimmungdgrunbeS  beS  SSiDend  entl^&lt,  bie  nac^gebilbete  (natura 

30  ectypa)  nennen.  S)enn  in  ber  Sll^at  Derfe^t  uns  bad  moralif c^e  ®efe^  ber 
Sbee  na<%  in  eine  Statur,  in  melc^er  reine  93ernunft,  menn  fte  mit  bem  il^r 
angemeffenen  pl^^ftfc^en  SSermögen  begleitet  m&re,  bad  l^bc^fte  ®ut  l^er^» 
vorbringen  m&rbe,  unb  beftimmt  unferen  äSiOen  bie  f^orm  ber  ©innen« 
melt,  als  einem  ®angen  vernünftiger  SSefen,  gu  ertl^eilen. 

35  S)ag  biefe  Sbee  mirflid^  unferen  SßillenSbeftimmungen  gleid^fam  ald 
Sorgeic^nung  gum  SRufler  liege,  beft&tigt  bie  gemeinfte  Slufmer!famleit 
auf  fi(^  felbfi. 


44       Jtriti!  ber  t)ra!tif4en  Vernunft,   l.^eil.  l.S9u<l|.   l.^auptflfidr. 

SSenn  bie  9Ra;rime,  mii  ber  id^  ein  3^ugnig  abzulegen  gefonnen  b{»i 
burd^  bie  prafttfd^e  SBernunft  geprüft  mirb,  fo  fe|e  td^  immer  bamac^,  mie 
fte  jein  mürbe,  menn  fte  ald  aOgemeineS  Slaturgefe^  gölte.  (SS  ift  offen« 
bar,  in  biefer  Srt  mürbe  ed  iebermann  gur  äBal^rl^aftigleit  not^igen.  S)enn 
ed  tonn  nic^t  mit  ber  aOgemeinl^eit  eines  !Raturgefe^ed  befleißen,  SiuSfagen  s 
für  bemeifenb  unb  bennod^  a\&  t)orfe^n<%  nnmal^r  gelten  ju  laffen.  @ben  fo 
mirb  bie  SRajrime,  bie  i<%  in  an{el^ung  ber  freien  S)id))ofitton  über  mein 
Seben  nel^me,  fofort  beftimmt,  menn  idb  mi<%  frage,  mie  fte  fein  mügte,  ba* 
mit  ftcb  eine  9latur  nad^  einem  ®efe^e  berfelben  erl^alte.  Offenbar  mürbe 
niemanb  in  einer  fold^en  Statur  fein  £eben  milllürlicb  enbigen  lönnen,  lo 
benn  eine  fold^e  äJerfaffung  mürbe  leine  bleibenbe  9laturorbnung  fein, 
unb  fo  in  allen  übrigen  $&aen.  9tun  ift  aber  in  ber  mirüid^en  9latur,  fo 
mie  fie  ein  ®egenftanb  ber  (Srfal^rung  ifi,  ber  freie  SBiUe  nid^t  Don  felbfi 
gu  fold^en  3Stafmen  beftimmt,  bie  für  ßd^  felbfi  eine  9latur  na<%  allge« 
meinen  ©efe^en  grünben  lönnten,  ober  aud^  in  eine  folc^e,  bie  nad^  i^nen  i§ 
angeorbnet  märe,  oon  felbft  pagten;  oielmel^r  jtnb  es  ^rioatneigungen, 
bie  gmar  ein  SlaturgangeS  nad^  ))at]^oIogtfd^en  (pl^Qftfd^en)  ®efe^en,  aber 
ni(^t  eine  Statur,  bie  allein  burd^  unfern  äBiUen  nat^  reinen  {»rattifd^en 
©efe^en  möglid^  m&re,  auSmad^en.  ©leic^mol^l  ftnb  mir  unS  burc^  bie 
SSernunft  eined  ©efe^eS  bemugt,  mel(^em,  aU  ob  burd^  unferen  SBillen  )u«  20 
glei(^  eine  9laturorbnung  entfpringen  mügte,  alle  unfere  SRairimen  unter« 
morfen  ftnb.  Sllfo  mug  biefeS  bie  3bee  einer  nid^t  em))irifd^' flegebenen 
unb  bennod^  burc^  ^rei^eit  m5glid^en,  mitl^in  überfinnlid^en  Statur  fein, 
ber  mir,  menigftenS  in  praltifd^er  S3ejie^ung,  obiectioe  9tealit&t  geben, 
meil  mir  fte  ald  Object  unfered  äSillenS  als  reiner  oernünftiger  äSefen  t6 
anfeilen. 

S)er  Unterfd^ieb  alfo  gmifd^en  ben  ©efe^en  einer  Statur,  meld^er  ber 
äBille  untermorfen  ifi,  unb  einer  Statur,  bie  einem  äBillen  (in 
anfel^ung  beffen,  maS  Segiel^ung  beffelben  auf  feine  freie  ^anblungen  l^at) 
untermorfen  ifi,  berul^t  barauf,  bag  bei  iener  bie  Dbiecte  Urfad^en  ber  10 
SBorftellungen  fein  muffen,  bie  ben  SBillen  beftimmen,  bei  biefer  aber  ber 
98iae  Urfad^e  oon  ben  Dbjecten  fein  foll,  fo  bag  bie  Saufalit&t  beffelben 
il^ren  SeftimmungSgrunb  lebiglic^  in  reinem  93emunftoermogen  liegen 
^at,  meld^es  beS^alb  aud^  eine  reine  ))raftif(:^e  SBernunft  genannt  merben 
!ann.   ^  u 

S)ie  gmei  Aufgaben  alfo:  mie  reine  äSemunft  einerfeits  a  priori 
Dbjecte  erJennen  unb  mie  fte  anbererfcit»  unmittelbar  ein  Seftinu» 


8oit  ben  ®runbf&t^en  ber  reinen  proftifd^en  Qemunfi.  45 

mungdgrunb  be8  SSinenö,  b.  i.  ber  Saufdität  bed  Dernfinftigen  äßefenS 
in^Hnfe^uitfl  ber  SBIrflic^fcit  ber  Dbiecte,  (Mo«  burd^  ben  ©ebonfen  ber 
aOgemeingfiltigfeit  i^rer  eigenen  9Ra;rtmen  ald  ©efe^ed)  fein  I5nne,  ftnb 
fel^r  Derf(i^ieben. 
5  3)ie  erfie,  als  gur  j(ritif  ber  reinen  fpecuIatiDen  Vernunft  ge]^5rig, 
erforbert,  bag  jnDor  erftdrt  »erbe,  nie  9nf(i^auungen,  o^ne  toeld^e  nnd 
flberall  lein  Dbiect  gegeben  unb  alfo  aud)  feined  f^nt^etifd^  erfannt  toer* 
ben  fann,  a  priori  miglid^  {inb,  unb  i^re  Suflöfung  f&nt  ba^in  aud,  bo^ 
fie  inSgefantmt  nur  finnlic^  {inb,  bo^er  auc^  lein  fpecuIatiDed  ßrlenntnig 

10  mftglid^  merben  laffen,  bad  meiter  ginge,  aU  mögliche  (Srfal^rung  reid^t, 
unb  bag  bal^er  aQe  ®runbfä^e  iener  reinen  fpecuIotiDen  Sernunft  nid^tö 
»eiter  auSridjten,  als  (Srfal^rung  entmeber  Don  gegebenen  ®egenßänben, 
ober  benen,  bie  ind  Unenblic^e  gegeben  merben  mögen,  niemals  aber  doD« 
ft&nbig  gegeben  {inb,  mftglici^  gu  ma(i^en. 

w  ©ie  jweite,  ol8  jur  Äritif  ber  ^)roftlfd^en  SBernunft  gehörig,  forbert 
feine  SrAdrung,  ttie  bieDbfecte  bed  93ege^rungdt)ermögend  möglid^  ftnb, 
benh  baS  bleibt  aU  aufgäbe  ber  tl^eoretifd^en  Slaturerfenntnig  ber  j(ritit 
ber  fpeculatiöen  SSemunft  ilberlaffen,  fonbern  nur,  nie  SSernunft  bie 
Vtaxime  beS  SBiaend  beftimmen  finne,  ob  ti  nur  oermittelft  entpirifd^er 

30  S6r|teUungen  atö  SeßimmungSgrfinbe  gefd^e^e,  ober  ob  aud^  reine  f&zx* 
nunft  pTaftif(^  unb  ein  ®efe^  einer  möglid^en,  gar  ni(|t  empirifc^  er« 
fennbaren  3laturorbnung  fein  »ürbe.  S)ie  5K5glid^feit  einer  folc^en  über^» 
^nnlic^en  9latur,  beren  Segriff  jugleid^  ber  ©runb  ber  SSirllic^feit  ber« 
\  "inben  hmäi  utiferen  freien  äSiUen  fein  fbnne,  bebarf  feiner  anfc^auung 
*  n  a  priori  (einer  inteUigibelen  äSelt),  bie  in  biefem  ^aOe,  ald  äberfinnlid^, 
für  und  aud^  unmbglid^  fein  mfigte.  Senn  ed  fommt  nur  auf  ben  Se* 
pimmungdgrunb  beS  SBoUenS  in  ben  ÜRa^rimen  beffelben  an,  ob  iener  em« 
pxxx\if,  ober  ein  Segriff  ber  reinen  Sernunft  (t)on  ber  ®efe^m&gigfeit  ber« 
felben  fiber^aupt)  fei,  unb  ttie  er  le^tered  fein  fönne.  Ob  bie  Saufalitdt 

90  beS  SBiOen«  gur  SSirflidifeit  ber  Dbiecte  gulange,  ober  nic^t,  bleibt  ben 
tl^eoretifc^en  ^rinci^ien  ber  Sernunft  gu  beurt^eilen  ftberlaffen,  ald  Un« 
terfud^ung  ber  9Röglid)feit  ber  Dbjlecte  beS  äßoQend,  beren  Sufd^auung 
alfo  in  ber  |)rattifd^en  Aufgabe  gar  fein  9Roment  berfelben  ausmacht. 
!Rur  auf  bie  S3inen«befiimmung  unb  ben  SeftimmungSgrunb  ber  SRa^rime 

»  beffelben  als  eine«  freien  äSiOenS  fommt  ed  l^ier  an,  nid^t  auf  ben  Sr« 
folg.  3)enn  toenn  ber  SBille  nur  fflr  bie  reine  Sernunft  gefe^md^ig  ifi, 
fo  mag  es  mit  bem  Vermögen  beffelben  in  ber  auSfftl^rung  ftel^en,  mic 


46        Sttiiit  ber  proftifd^en  «Vernunft.   1.  ^eit.   1.  Sud^.   1.  ^ouptflfidf. 

e8  \DoUt,  es  mag  nac^  tiefen  3Stafxmtn  ber  @efe^gebung  einer  ni5gU(i^en 
Statur  eine  fold^e  ttirtlid^  baraud  entf))ringen,  ober  ni(i^t,  barum  befflm« 
mert  fid^  bie  ftritit,  bie  ba  unterfu^t,  ob  unb  nie  reine  Sernunft  t)raftif(^, 
b.  i.  unmittelbar  miQenbeftimmenb,  fein  fönne,  gar  nic^t. 

3n  biefem  ®ef(^dfte  fann  fie  alfo  ol^ne  Säbel  unb  mug  fte  Don  rei»  s 
nen  praftifd^en  ®efe^en  unb  bereu  SBirRid^feit  anfangen.  6tatt  ber  Sn« 
fd^auung  aber  legt  fie  benfelben  ben  Segriff  i^res  S)afein8  in^ber^intjOi' 
gibelen  SBrtt,  nftmlid^  ber  Steij^ctt,  jum  ®runbe.  ä)enn  biefer  bebeutet 
nid^ts  anberiS,  unb  fene  ®efe^e  finb  nur  in  Sejie^ung  auf  f^rei^eit  beS 
äSiOend  m5gli(6,  unter  SSorauSfe^ung  berfelben  aber  notl^menbig,  ober  lo 
umgele^rt,  biefe  ift  notl^menbig,  »eil  iene  ®efe^e  als  ^rattifd^e  ^oftulate 
not^menbig  ftnb.  äßie  nun  biefed  Semugtfein  ber  moralifc^en  ®efe^e  ober, 
tteld^eS  einerlei  ifl,  bad  ber  f^reil^eit  möglich  fei,  Idgt  ftd^  ni(6t  toeiter  er« 
tlären,  nur  bie  Sulftffigleit  berfelben  in  ber  t^eoretifc^en  j^ritil  gar  mo^l 
üertl^eibigen.  15 

S)ie  (S^rpofition  beS  oberßen  ®runbfa^eS  ber  ^raltifd^en  SSemunft 
ift  nun  gefc^el^en,  b.  i.  erßlic^,  maö  er  entl^alte,  bag  er  gftnilid^  a  priori 
unb  unabhängig  Don  em^irifd^en  ^rincipien  fftr  fid^  befleiße,  unb  bann, 
»orin  er  fic^  oon  allen  anberen  praltifc^en  ®runbfd^en  unterfd^eibe,  ge» 
jeigt  morben.  SRit  ber  S)ebuction,  b.  i.  ber  Sfled^tfertigung  feiner  objec«  20 
tioen  unb  aOgemeinen  ®AltigIeit  unb  ber  @inft(^t  ber  9R5glid^feit  eines 
fol(6en  f^ntl^etifd^en  @a^eS  a  priori,  barf  man  nid^t  fo  gut  fortgufommen 
hoffen,  als  eS  mit  ben  ®runbfd^en  beS  reinen  t^eoretifd^en  SSerßanbeS 
anging.  S)enn  biefe  belogen  fid^  auf  ®egenPnbe  mSglic^er  ßrfal^rung, 
nämlid^  auf  @rfd^einungen,  unb  man  lonnte  betteifen,  bog  nur  baburd^,  95 
bag  biefe  @rfc^einungen  nac^  SRaggabe  teuer  ®efe^e  unter  bie  Kategorien 
gebrad^t  »erben,  biefe  (Srfd^einungen  als  ®egenft&nbe  ber  (Srfal^rung  er« 
f  annt  »erben  fönnen,  folglich  alle  m5glid^e  (Srfal^rung  biefen  ®efe^en  an« 
gemeffen  fein  mäffe.  @inen  fold^en  ®ang  fann  id^  aber  mit  ber  ^ebuo 
tion  beS  moralifdjen  ®efe^eS  nic^t  nel^men.  S)enn  eS  betrifft  nic^t  baS  so 
(Srlenntni^  oon  ber  Sefd^affenl^eit  ber  ®egenft&nbe,  bie  ber  äiernunft  ir« 
genb  »oburd^  anberm&rts  gegeben  »erben  mögen,^onbern  ein  Srienntnig, 
f 0  fern  eS  ber  ®runb  oon  ber  6;rifteni  ber  ®egenftänbe  felbß  »erben  lann 
unb  bie  SSernunft  burd)  biefelbe  @aufalit&t  in  einem  oernfinftigen  SBefen 
l^at,  b.  t.  reine  Vernunft,  bie  als  ein  unmittelbar  ben  SBinen  beftimmen«  » 
beS  äSermögen  angefel^en  »erben  fann. 

9lun  ift  aber  aOe  menfc^lid^e  @inftd^t  ju  (Snbe,  fo  balb  »ir  ju  ®runb* 


IBon  btn  @ritnbf&|en  ber  reinen  t>rQfttf(!§en  Vernunft.  47 

fr&ften  ober  (Srunbuermögen  gelangt  finb;  benn  beren  9R5gIicl^Iett  lann 
burd^  ntd^tö  begriffen,  barf  aber  aud^  eben  fo  mentg  beliebig  erbid)tet  unb 
angenommen  »erben.  S>afjex  lann  und  im  t^eoretifc^en  ©ebraud^e  ber 
SSernunft  nnr  Srfa^rung  baju  bered^tigen,  fe  anjune^men.  S)iefed  ©ur« 

s  rogat,  jiatt  einer  2)ebuction  and  SrIenntnigqueQen  a  priori  em:pirtf(^e 
Semeife  an^uful^ren,  i[t  und  l^ier  aber  in  3lnfe^ung  bed  reinen  :praftifd^en 
SSernunftoermögend  anc^  benommen.  S)enn  maS  ben  Semeidgrunb  feiner 
Siirflic^feit  oon  ber  @rfa^rung  l^ergul^olen  bebarf,  mug  ben  (Srünben  fei« 
ner  3K5gIi(i^feit  nad^  oon  @rfa]^rungs:princi))ien  abl^&ngig  fein,  ffir  ber» 

10  gleichen  aber  reine  unb  bod&  praftifdje  äJernunft  fd&on  i^re«  Segriff« 
megen  unm5glid^  gel^alten  toerben  fann.  8u(^  ift  baö  moralifc^e  ®efe^ 
gleid^fam  ald  ein  f^actum  ber  reinen  SSernunft,  beffen  mir  und  a  priori 
bettugt  ftnb  unb  meld^ed  apobiftif(|  gemig  ift,  gegeben,  gefegt  bag  man 
aud^  in  ber  Srfal^rung  lein  Seifpicl,  ba  ed  genau  befolgt  märe,  auftreiben 

15  f5nnte.  aifo  fann  bie  obfectioe  Slealität  bed  moralifc^en  ©efe^ed  burd^ 
leine  S)ebuction,  burd^  aOe  Snftrengung  ber  t^eoretifd^en,  fpeculatioen 
ober  empirifd)  unterftu^ten  SSernunft,  bemiefen  unb  alfo,  menn  man  aud^ 
auf  bie  apobiftif(6e  ©emig^eit  SSergid^t  t^un  ttoQte,  burd^  ßrfal^rung  be^ 
flfitigt  unb  fo  a  posteriori  beriefen  toerben,  unb  fte^t  benno(^  f&r  fid^ 

20  felbft  feft. 

etuad  anbered  aber  unb  gan}  3Siberftnnifd^ed  tritt  an  bie  ©teQe 
biefer  oergeblid^  gefuc^ten  S)ebuction  tt^  moralifdben  ^rincipd,  n&mlid^ 
ba^  ed  umgefel^rt  felbft  jum  $rinci:p  ber  S)ebuction  eined  unerforfd)Itd^en 
S3erm5gend  bient,  melc^ed  feine  6rfa]^rung  bemeifen,  bie  f^eculatioe  93er« 

85  nunft  aber  (um  unter  il^ren  fodmologifc^en  ^been  bad  Unbebingte  feiner 
Saufalitdt  nad^  ju  finben,  bamit  fie  fid^  felbft  nid^t  »iberfpred^e)  menig* 
fiend  ald  möglich  annehmen  mugte,  nämlid^  bad  ber  f^rei^eit,  oon  ber  bad 
moralifcfte  ®efe^,  »el^cd  felbft  feiner  rct^tfertigcnben  ®rflnbe  bebarf, 
nid)t  blöd  bie  aRbglic^feit,  fonbern  bie  äßirflic^teit  an  SBefen  bemeifet,  bie 

30  bied  ®efe^  ald  für  fie  oerbinbenb  erfennen.  S)ad  moralif(^e  ®efe^  ift  in 
ber  S^at  ein  ®efe^  ber  ßaufalität  huxi)  ^reil^eit  unb  alfo  ber  9R6glid^« 
feit  einer  &ber|innlid^en  Statur,  fo  »ie  bad  meta:pl(|^ftf(6e  ©efeb  ber  S3e« 
gebentieiten  in  ber  Sinnenmelt  ein  ®efe^  ber  Saufalitdt  ber  finnlic^en 
9latur  »ar,  unb  jjened  beftimmt  alfo  bad,  xoa^  f:peculatioe  ^^ilofopl^ie 

35  unbefiimmt  laffen  mugte,  ndmlid^  bad  ®efe^  für  eine  6aufalität,  beren 
Segriff  in  ber  Unteren  nur  negatio  »ar,  unb  oerfc^afft  biefcm  alfo  juerft 
obiectioe  SfleoUt&t 


48       Sttiill  bn  pramf^en  l^ernunft.  1.  %^t\l  1.  Sud^.   1.  ^auptftfidf. 

S)iefe  Urt  Don  SrebttiX)  beiS  moralifd^en  ©efe^e«,  ba  ed  felbß  als  ein 
^rinclt)  bcr  ©ebuctlon  bcr  ^^eil^cit  al«  einer  ©aufalitfit  bcr  reinen  Ser«' 
nunft  aufgehellt  mirb,  iß,  ba  bie  t^eoretifd^e  äSernunft  menigftend  bie 
9RögIi(^Ieit  einer  ^eil^eit  an gunel^men  gen5t^igt  »ar,  gu  (Srgdnjung 
eines  SBebürfniffeS  berfelben  ßatt  aOer  SHec^tfertigung  a  priori  DoOtg  ^in^    5 
reid^enb.    S)enn  baS  moralifc^e  ®efe^  betteifet  feine  Stealitdt  baburd^ 
aud^  ffir  bie  j(ritit  ber  ft)ecuIatiDen  ä^rnunft  genugt^uenb,  ta^  ed  einer 
blo«  negatit)  gebadeten  6aufalitftt,  beren  SWöglid^feit  jener  jUnbegreifUdliy 
unb  bennod^  fie  anjunel^men  nöt^ig  toar,  pofitiDe  Seftimmung,  n&mlid^ 
ben  SSegriff  einer  benSBiOen  unmittelbar  (burd^  bie  Sebingung  einer  aQ«  lo 
gemeinen  gefe^lic^en  $orm  feiner  SRajcimen)  6e[timmenben  SSernnnft, 
l^inguffigt  unb  fo  ber  Sernunft,  bie  mit  il^ren  3>i^een,  »enn  fie  fpeculatit) 
»erfahren  toollte,  immer  fiberfd^ttenglid^  tturbe,  gum  erflenmale  obiectioe, 
obgleid^  nur  praltif(|e  Sflealit&t  gu  geben  Dermag  unb  i^ren  tranSfcen« 
beuten  ®ebraud^  in  einen  immanenten  (im  f^elbe  ber  (Srfal^rttng  burd^  is 
Sbeen  felbft  mirfenbe  Urfad^en  gu  fein)  Dermanbelt. 

S)ie  Seftimmung  ber  Saufalitdt  ber  SBefen  in  ber  Sinnenmelt  ald 
einer  fold^en  lonnte  niemals  unbebingt  fein,  unb  bennod^  mug  ed  gu  aDer 
Sfleil^e  ber  Sebingungen  not^menbig  etmad  UnbebingteS,  mitl^in  aud^  eine 
fi(^  gdnglid^  üon  felbfi  beftimmenbe  Saufalitdt  geben.  S)a^er  mar  bie  so 
Sbee  ber  Steilheit  als  eines  äSermögenS  abfoluter  @pontaneitdt  nic^t  ein 
Sebfirfnig,  fonbern,  maS  beren  3R5gU(^teit  betrifft,  ein  anal^tifd^er 
®runbfa^  ber  reinen  ft)eculatiüen  Vernunft,  illlein  ba  eS  fd^lec^terbingS 
unmöglich  ift,  i^r  gemdg  ein  SBeif^iel  in  irgenb  einer  (Srfal^rung  gu  geben, 
meil  unter  ben  Urfad^eh  ber  S)inge  als  @rf(^einungen  feine  SBeftimmung  n 
ber  Saufalitdt,  bie  {(^led^terbingS  unbebingt  mdre,  angetroffen  merben 
lann,  fo  tonnten  mir  nur  ben  ©ebanlen  oon  einer  frei^anbelnben  Ur» 
fad^e,  menn  mir  biefen  auf  ein  SSBefen  in  ber  @innenmelt,  fo  fern  eS  an« 
bererfeits  aud^  als Stoumenon  betrachtet  mirb,  anmenben,  Dertl^eibigen, 
inbem  mir  geigten,  ia^  eS  fi(^  nid^t  miberft)re(!^e,  alle  feine  ^anblungen  so 
als  p^tj^\üi  bebingt,  fo  fern  fie  Srfc^einungen  finb,  unb  bod^  gugleid^  bie 
Saufalitdt  berfelben,  fo  fern  baS  l^anbelnbe  Sßefen  ein  äSerftanbeSmefen 
ift,  als  p^Qftfd^  unbebingt  angufe^en  unb  fo  ben  Segriff  ber  ^reil^eit  gum 
regulativen  ^rinci^  ber  Vernunft  gu  ma^en,  moburc^  i(6  gmar  ben  ®e« 
genftanb,  bem  bergleid^en  Saufalitdt  beigelegt  mirb,  gar  nid^t  erlenne,  ss 
maS  er  fei,  aber  bod^  baS  ^inberni^  megnel^me,  inbem  id^  einerfeits  in 
ber  (Srfldrung  ber  SBeltbegebenl^eiten,  mitl^in  aud^  ber  ^anblungen  Der« 


Sott  beit  (BrunbfA^en  ber  reinen  praftif^en  Oemunft.  49 

nünftiger  Sßefen,  bem  SRed^anidmuS  ber  9tatumotl^menbigfeit,  Dom  Se« 
bingten  }ur  SBebingung  tnS  Unenbli^e  }urüd(juge^en,  ®ere(6ttgteit  »iber« 
fahren  laffe,  anbererfeitö  aber  ber  fpeculatitten  Semunft  ben  für  ße  leeren 
$Ia^  offen  erl^alte,  nämli(6  baS  SnteQigibele,  um  baS  Unbebingte  bal^in 

s  gu  üerfe^en.  Sd^  lonnte  aber  btefen  ©ebanlen  m(i^t  realif iren,  b.  i.  il^n 
nid^t  in  Srienntnig  eines  fo  l^anbelnben  äBefeniS  aud^  nur  blod  feiner 
3R5glid^fett  na(|  oermanbeln.  S)iefen  leeren  $Ia^  füQt  nun  reine  prafttfd^e 
SSernunft  bur(^  ein  beftimmteS  ®efe^  ber  ßaufalit&t  in  einer  inteOigibe' 
len  93elt  (burd^  i^reil^eit),  namlid^  baS  moralifd^e  ®efe^,  au«,  ^ieburd^ 

10  lodd^fl  nun  gmar  ber  f:pecuIatiDen  äSernunft  inJHnfel^ung  i^rer  Sinftc^tj 
nid^tSgu,  aberbod^  in(9lnfe]^ung  ber  Sid^erung^il^reSproblematifd^en 
Segriff«  ber  ^reil^eit,  toeld^em  l^ier  obiectioe  unb,  obgletd^  nur  t)raltifd^e, 
bennoc^  ttnbejteeifeUe  3flealitat  üerf^afft  tolrb.  ©elbft  ben  SÖegriff  ber 
@aufalitdt,  beffen  antoenbung,  mitl^in  au(^  Sebeutung  eigentlld^  nur  in 

15  SSegiel^ung  auf  Srfd^einungen,  um  fie  gu  @rfa^rungen  gu  oerfnfipfen, 
ftottpnbel  (»ie  bie  Äritif  ber  reinen  SSernunft  betoelfet),  ertoeltert  jte  nid^t 
fo,  ba^  fie  feinen  ®ebraud^  Aber  gebac^te  ®rengen  auSbel^ne.  S)enn  menn 
fie  barauf  ausginge,  fo  mügte  fie  geigen  tooUen,  toie  baS  logifd^e  SSer« 
^dltnig  beS  ©runbeS  unb  ber  f^olge  bei  einer  anberen  Srt  Don  9nf(^au« 

w  ung,  als  bie  finnlid^e  ifi,  f^ntl^etifd^  gebrandet  toerben  f5nne,  b.  i.  toie 
causa  noumenon  m5glic^  fei;  tt)el(^e8  fte  gar  ni(^t  leiften  fann,  »orauf 
fie  aber  aud^  ali  ^raftifd^e  93ernunft  gar  nid^t  SRudffic^t  nimmt,  inbem  fie 
nur  ben  SSeftimmungdgrunb  ber  ^aufalitdt  beS  SRenfd^en  als  @innen« 
»efen«  (»eld^e  gegeben  ifi)  in  ber  reinen  SJernunft  (bie  barum  ^)rat 

25  tifd^  l^eigt)  fe^t  unb  alfo  ben  Segriff  ber  Urfad^e  felbft,  oon  beffen  9in* 
menbung  auf  Dbj|ecte  gum  Sel^uf  tl^eoretifd^er  @r(enntniffe  fie  l^ier  gdng» 
lid^  abflral^iren  fann  (meil  biefer  Segriff  immer  im  Serfianbe,  aud^  un«* 
ab^dngig  Don  aKer  anfd^auung,  a  priori  angetroffen  toirb),  nid^t  um 
®egenftdnbe  gu  erfennen,  fonbern  bie  @aufalitdt  in  ^(nfel^ung  berfelben 

30  überl^au^t  gu  beftimmen,  alfo  in  leiner  anbern  als  praftifd^en  8(bf{(^t 
brandet  unb  bal^er  ben  SeftimmungSgrunb  beS  äßiUenS  in  bie  inteOigibele 
Drbnung  ber  S)inge  Derlegen  fann,  inbem  fie  gugleid^  gerne  geftel^t,  baS, 
»aS  ber  Segriff  ber  Urfad^e  gur-j^rfenntnife^ biefer  2)lnge  für  eine  Se* 
flimmung  l^aben  m5ge,  gar  nid^t  gu^erftel^en.j^  S)ie  6aufalitdt  in  Snfe" 

35  l^ung  ber  ^anblungen  beS  SBiUenS  in  ber  @innentt)elt  mug  fie  aUerbingS 
auf  beftimmte  9Beife(trIennen,;jbenn  fonfl  fönnte  ^raltifd^e  Sernunft  toirl« 
lid^  feine  Sl^at  l^erDorbringen.  über  ben  Segriff,  ben  fie  Don  il^rer  eige« 

itavt'i  ec^tiften.   »crfe.  Y.  4 


50        Siviiit  ber  pTam\^  Sernunft.   1.  ^til   1.  »n^.   1.  ^oupiftfidf. 

tten  Saufalit&t  aU  9toumenon  mad^t,  hxauiit  {te  nid^t  t^eorettfd^  ^um 
Sel^uf  ber  @rfenntutg  il^rer  fibetftnnlid^en  @;rifieni  gu  beftimmen  unb 
alfo  il^m  fo  fern  Sebeiitung  geben  gu  tdnnen.  S)enn  Sebeutung  befommt 
er  ol^nebem,  obgleid^  nur  gum  praftifd^en  (Sebraud^e,  nämlid^  burc^S  tno«^ 
ralifc^e  ®efe^.  Sud^  t]^eorettf(^  betrad^tet  bleibt  er  immer  ein  reiner,  5 
a  priori  gegebener  SJerftanbeSbegriff,  ber  auf  ®egen{tdnbe  angen)anbt 
werben  lann,  fie  mögen  finnlid^  ober  nic^t  ftnnlidi)  gegeben  »erben;  »ie« 
mol^l  er  im  legieren  t^aQe  leine  befiimmte  t]^eoretif(^e  Sebeutung  unb  8n« 
menbung  ^at,  fonbern  bloS  ein  formaler,  aber  bo(6  mefentlid^er  ®ebanfe 
bed  Serftanbed  Don  einem  Dbiecte  fiberl^aupt  ift.  S)ie  SBebeutung,  bte  lo 
il^m  bie  Vernunft  burd^S  moralifd^e  ©efe^  ))erf(^afft,  iß  lebiglid^  praltifd^, 
ba  nämlid^  bie  3bee  beS  ®efe^e«  einer  @aufaUt&t  (beS  äBiKeniS)  felbft 
@aufalit&t  l^at,  ober  x\ix  Seßimmungdgrunb  ift. 


IL 

9Son  ber  Sefugnlfe  ber  reinen  Vernunft  im  praftifd^en        n 
®ebraud^e  gu  einer  Srmeiterung,  bie  il^r  im  fpeculatioen  fär 
fic^  nic^t  möglid^  ift. 

Sn  bem  moralifd^en  ^rincip  ^aben  n)ir  ein  ®efe^  ber  ßaufalitdt  auf* 
geftellt,n)elc^e8  ben  SSeftimmungSgrunbber  le^teren  fiber  aUe  Sebingungen 
ber  @innen»elt  toegfe^t,  unb  ben  SSiDen,  mie  er  a\9  gu  einer  inteüigibelen  20 
äßelt  gel^brig  beftimmbar  fei,  mitl^in  bad  Subject  biefed  äSiUend  (ben 
3Renf(ben)  nid^t  blöd  ald  gu  einer  reinen  SSerftanbeSmelt  gel^örig,  obgleid^ 
in  biefer  Segiel^ung  a\i  und  unbelannt  (mie  ti  nad^  ber  ftritil  ber  reinen 
fpeculatioen SSernunft  gefc^el^en  fonnte)  gebadet,  fonbern ibn aud^  in  8n* 
fel^ung  feiner  Saufalitdt  Dermittelft  eines  ®efe^ed,  »eld^eS  gu  gar  feinem  25 
Slaturgefefee  ber  ©innentoelt  gegä^lt  »erben- fann,  beftimmt,  alfo  unfer 
@rlenntnig  aber  bie  ©renjen  ber  legieren  erioeitert,  »etd^e  SInmagung 
bod^  bie  ^ritil  ber  reinen  SSemunft  in  aDer  @pecuIation  für  ni(!^tig  er« 
n&rte.   SSie  ift  nun  l^ier  :praftif(6er  ®ebraud^  ber  reinen  SSernunft  mit 
bem  tl^eoretifd^en  eben  berfelben  in  Snfel^ung  ber  ©rengbeftimmung  il^reö  30 
SSermigend  gu  Dereinigen? 

S)aoib  $ume,  Don  bem  man  fagen  fann,  ba^  er  aUe  Snfed^tung 
ber  Sfie^te  einer  reinen  äSemunft,  \oA6it  eine  gdnglid^e  Unterfud^ung  ber>s 
felben  notl^menbig  machten,  eigentlid^  anfing,  fd^lo|  fo.   S)er  Segriff  ber 


8on  ben  Orunbfft^en  ber  reinen  pralttfd^en  Semunft.  51 

Urfüi^c  iH  ein  »cgriff,  ber  bie  giotl^toenbtflfclt  bcr  gSerfnüt)fun8  ber 
e^ifteng  bed  Serfd^iebenen  unb  gmar,  fo  fern  tS  üerfc^ieben  ifi,  ent^ftlt,  fo 
ba^,  mm  A  gefegt  »irb,  id^  erlenne,  bag  etuad  baüon  gang  93erf(i^tebe» 
neS,  B,  notl^ioenbtg  aud^  ejtißiren  muffe.   Slotl^ttenbigfeit  lann  aber  nur 

5  einer  Serfnfipfunß  bcißeleflt  »erben,  fo  fern  fte  a  priori  erfannt  »Irb; 
benn  bie  @rfa^rung  »ärbe  üon  einer  SSerbinbung  nnr  gu  erlennen  geben, 
ba|  fte  fei,  aber  nid^t,  ba|  fie  fo  not^menbigeroeife  fei.  9lun  ifl  ed,  fagt 
er,  unmftglid^,  bie  93erbinbung,  bie  gtoifd^en  einem  S)inge  unb  einem  an» 
ber en  (ober  einer  SSeflimmung  unb  einer  anberen,  gang  oon  il^r  Derfd^ie« 

10  benen),  toenn  fie  ni(6t  in  ber  SBa^mel^mung  gegeben  »erben,  a  priori  unb 
als  not^aenbig  gu  erfennen.  aifo  ifi  ber  93egrif[  einer  Urfad^e  felbft  Iflgen« 
^aft  unb  betrftgerifd^  unb  ifl,  am  gelinbefien  baDon  gu  reben,  eine  fo  fern 
nod^  gu  entfd^ttlbigenbe S&ufd^ung,  ba  bie ©emol^nl^eit  (eine f ubfectit^e 
5(lot]^tt)enbigfett),  getoiffe  S)inge  ober  il^re  JBefHmmungen  bfter«  neben  ober 

IS  nad^  einanber  il^rer  @irifieng  nad^  ald  fic^  beigefeOt  toa^rgune^men,  un* 
Dermerft  fär  eine  objectiDe  9tot^U)enbigfeit,  in  ben  ©egenftdnben  felbft 
eine  folcfte  aSerfnlH)fung  gu  fefeen,  genommen  unb  fo  ber  ^Begriff  einer  ttr* 
fad^e  erf(^Ii(6en  unb  nid^t  red^tmägig  erkoorben  ift,  ia  auc^  niemals  er« 
morben  ober  beglaubigt  merben  fann,  »eil  er  eine  an  ftc^  nid^tige,  d^imd« 

80  rifd^e,  i^or  leiner  SSernunft  faltbare  SBerfnü^fung  forbert,  ber  gar  fein 
£)bj[ect  femals  correfponbiren  lann.  —  @o  marb  nun  guerfl  in  anfe^ung 
aQeS  Srlenntniffe«,  iai  bie  @;rifteng  ber  S)inge  betrifft  (bie  ÜRat^ematif 
blieb  alfo  baoon  nod^  ausgenommen),  ber  @mpiriSmuS  als  bie  eingige 
OueOe  ber  ^rinci^ien  eingeführt,  mit  i^m  aber  gugleid^  ber  l^drtefte 

25  €ce^ticiSm  felbfi  in  Snfe^ung  ber  gangen  9tatur»iffenf(^aft  (als  $]^ilo» 
fo)>]^ie).  S)enn  »ir  Ibnnen  nad^  folc^en  ®runbfd^en  niemals  aus  gegebe» 
nen  SSeflimmungen  berS)inge  il^rer  @jcifteng  nad^  auf  eine  grolge  f  daliegen 
(benn  bagu  mürbe  ber  Segriff  einer  Urfad^e,  ber  bie  Stotl^menbigfeit  einer 
fold^en  SSerlnüpfung  entl^dlt,  erforbert  merben),  fonbern  nur  nad^  ber 

30  aUegel  ber  (SinbilbungSlraft  d^nlic^e  SrdDe  mie  fonft  efmarten,  meldte  (Sr« 
martung  aber  niemals  fidler  ifl,  fte  mag  aud^  no(^  f o  oft  eingetroffen  fein.  Sa 
bei  feiner  Segeben^eitfönnte  manfagen:  eS  muffe  etmas  \>ox  \\)x  Dorl^er« 
gegangen  fein,  morauf  fte  notl^menbig  folgte,  b.i.  fie  muffe  eine  Urf  ad^e 
l^aben,  unb  alfo,  menn  man  aud^  nod^  f o  5ftere  f^dUe  fennte,  mo  bergleid^en 

36  Dorl^erging,  fo  ba^  eine  Siegel  baüon  abgegogen  »erben  fonnte,  fo  fönnte 
man  barum  eS  nid^t  als  immer  unb  not^menbig  fic^  auf  bie  8rt  gutragenb 
annehmen,  unb  fo  muffe  man  bem  blinben  ßufalle,  bei  »eld^em  aller  Sitx^ 


52       ^iti!  ber  prahtfil^en  Sernunft.   1.  ^^eil.  1.  9ud|.  1.  ^auptflüdf. 

nunftgebraud^  aufhört,  aud^  fein  9ted^t  laffen,  toeld^ed  benn  ben  &ctptx* 
cidm  in  Slnfel^ung  ber  Don  SBirfungen  }u  Urfad^en  auffteigenben  6(l^läffe 
fefl  gränbet  unb  unwiberleglit^  mad^t. 

S)ie  SRat^ematil  aar  fo  lange  nod^  gut  loeggetommen,  »eil  $ume 
baf &r  l^ielt,  bag  tl^re  @ä^e  aQe  analqtif (^  m&ren,  b.  i.  Don  einer 99efttmmung   s 
jur  anbern  um  ber  S^entität  miQen,  mithin  nad^  bem  @a^e  bed  äStber« 
fprud)d  fortfd^ritten  (»elc^ed  aber  falfc^  ift,  inbem  fie  Dielmel^r  aUe  fqn« 
tl^etifc^  Pnb,  unb,  obgleich  j.  99.  bie  ©eometrie  eS  nid^t  mit  ber  6;rifteng 
ber  ^inge,  fonbern  nur  il^rer  99eftimmung  a  priori  in  einer  moglid^en 
9lnfd)auung  gu  tl^un  l^at,  bennod^  eben  fo  gut  mie  burc^  @aufalbegrif[e  Don  lo 
einer  S3efltmmung  A  gu  einer  gang  Derfd^iebenen  B,  al8  bennod^  mit  j|ener 
notl^menbig  Derlnfipft,  ftbergel^t).  Aber  enblit^  mug  iene  »egen  i^rer  apo« 
bittif(6en  ®emigl(|eit  fo  ^od^gepriefene  Sßiffenfd(|aft  bod^  bemiSmpiridmuS 
in  ®runbfd^en  aud  Demfelben  ®runbe,  »arum  ^ume  an  ber  SteUe  ber 
obiectiDen  Stot^menbigfeit  in  bem  äSegriffe  ber  Urfad^e  bie  (Semol^nl^eit  u 
fe^te,  au(^  unterliegen  unb  ftc^  unangefe^en  aQed  i^red  @toIgeS  gefaQen 
laffen,  il^re  fä^ne,  a  priori  Seiflimmung  gebietenbe  Slnfprüd^e  l^erab« 
guftimmen,  unb  ben  S3eifaU  für  bie  SlDgemeingältigleit  i^rer  @d^e  Don  ber 
®unft  ber  SSeobac^ter  erwarten,  bie  als  Saugen  eiS  boc^  nic^t  meigern 
D)&rben  gu  geße^en,  bag  fie  baiS,  toai  ber  ©eometer  aU  ©runbfd^e  Dor»  20 
trägt,  iebergeit  aud^  fo  n)a^rgenommen  l^ätten,  foIgUd^,  ob  ed  gleid^  eben 
nid^t  notl^wenbig  »dre,  bod^  fernerhin,  e«  fo  ermarten  gu  bflrfen,  erlauben 
würben,   auf  biefe  SBeife  fä^rt  ^umenS  SmpiriSm  in  ®runbfd^en  aud^ 
unDermeiblid^  auf  ben  @ccpticidm  felbft  in  Ünfe^ung  ber  SRatl^ematif, 
folglid^  in  allem  »iffenfc^aftlid^en  tl^eoretifc^en  ®ebrau(fte  ber  SSer-  25 
nunft  (benn  biefer  gehört  ent»)eber  gur  ^^ilofop^ie,  ober  gur  9Rat^e« 
matif).    Db  ber  gemeine  SSernunftgebrauc^i  (bei  einem  fo  fd^redlid^en 
Umfturg,  als  man  ben  ^duptern  ber  (Srtenntnig  begegnen  fte^t)  beffer 
burd)fommen,  unb  nid^t  Dielme^r  nod^  unmieberbringlit^er  in  eben  biefe 
SerjWrung  alle«  SBiffen«  »erbe  Derwidelt  toerben,  mithin  ein  allgemein  so 
ner  @cepticiSm  nid^t  aus  benfelben  ®runbfd^en  folgen  mfiffe  (ber  frei* 
lic^  aber  nur  bie  ®clel^rten  treffen  toürbe),  baö  will  id^  ieben  felbft  be« 
urt^eilen  laffen. 

SBa«  nun  meine  Bearbeitung  in  ber  Äritil  ber  reinen  Vernunft  be« 
trifft,  bie  gwar  burd^  iene  ^umifd^e  ß^'^if^Hel^re  Deranlagt  warb,  bod^  35 
Diel  weiter  ging  unb  baS  gange  ^Sfelb  ber  reinen  tl^eoretifc^en  SSernunft  im 
f^nt^etif^en  ®ebrau(^e,  mithin  aud^  besienigen,  wad  man  SRetopl^^ftt 


8on  ben  (S^runbfä^en  ber  reinen  praftifd^en  Semunft.  53 

ibtxfiaupt  nennt,  befaßte:  fo  üerfu^r  id^  in  anfel^ung  ber  ben  ^Begriff  ber 
ßanfalität  betreffenben  S^^\^l  beS  fd^ottifd^en  $]^ilofot)^en  auf  folgenbe 
Slrt.  S)a^  ^ume,  toenn  er  (mie  eS  bod^  aud^  foft  fiberad  gefd^tel^t)  bie 
®e0enfl&nbe  ber  (Srfal^rung  fär  ^inge  an  fi(^  felbft  na^m,  ben  Segriff 

5  ber  Urfad^e  für  Irfiglid^  unb  falfi^eS  Slenbnert  erflärte,  baran  tl^at  er 
gang  re^t;  benn  Don  S)ingen  an  {id^  felbft  unb  beren  Seftimmungen  als 
fold^en  lann  nic^t  eingefel^en  »erben,  mie  barunti  toeil  etmaS  A  gefegt  »trb, 
etoaS  anbereö  B  au(^  not^menbig  gefegt  toerben  mflffe,  unb  alfo  lonnte 
er  eine  fold^e  (Srtenntnig  a  priori  oon  fingen  an  {id^  felbfl  gar  nid^t  ein« 

10  rdumen.  @tnen  enipirifd^en  Urft)rttng  btefed  Segrip  tonnte  ber  f^arf» 
ftnntge  SRann  nod^  meniger  üerftatten,  meil  biefer  gerabeju  ber  9lot^:» 
menbigfeit  ber  SSertnflf fung  ttiberfprid^t,  meldte  bad  SSSefentUd^e  bed  93e« 
griffe  ber  6aufalit&t  audmad^t;  mitl^in  aarb  ber  Segriff  in  bie  9ld^t 
erftdrt,  unb  in  feine  @teDe  trat  bie  ©erool^n^eit  im  Seobad^ten  beS  £auf8 

15  ber  SSSal^rne^mungen. 

9u«  meinen  Unterfuc^ungen  aber  ergab  eS  ftd^,  bag  bie  ®egenft&nbe, 
mit  benen  mir  eS  in  ber  (Srfa^rung  ju  tl^un  l^aben,  feinedmeged  ^tnge  an 
ftc^  felbft,  fonbern  bloe  (Srfc^einungen  ftnb,  unb  bag,  obgleid^  bei  S)ingen 
an  fid^  felbft  gar  nid^t  abgufe^en  ift,  [a  unmöglich  ift  einiiufe^en,  mie,  menn 

30  A^gefe^t  tbirb,  e8  miberfpred^enb  fein  foHe,  B,  melt^eS  oon  A  ganj  oer» 
f(^ieben  ift,  ntd^t  ju  fe^en  (bie  Slotl^menbigfeit  ber  Sertnfi:pfung  gmifc^en 
A  ald  Urfat^e  unb  B  ald  SSir(ung),  eg  fid^  bo(|  gan^  mo^l  benfen  laffe, 
bag  fie  atö  @rf(^einungen  in  einer  (Srfa^rung  auf  gemiffe  Seife (g.S. 
in  9lnfe^ung  ber  S^ü^ct^&itniffe)  not^menbig  oerbunben  fein  mflffen  unb 

95  nid^t  getrennt  merben  Iftnnen,  o^ne  berj[enigen  Serbinbung  ju  miber« 
fpred^en,  oermittelft  beren  biefe  Srfal^rung  möglich  ift,  in  meld^er  fte 
©egenftdnbe  unb  un«  aQein  erfennbar  finb.  Unb  fo  fanb  eS  fid^  aud^  in 
ber  S^at:  fo  bag  id^  ben  Segriff  ber  Urfad^e  nic^t  allein  nad^  feiner  ob« 
iectioen  Sfiealit&t  in  Snfel^ung  ber  ®egenftdnbe  ber  Srfal^rung  bemeifen, 

so  fonbern  il^n  au(6  al8  Segriff  a  priori  megen  ber  SHot^wenbiglelt  ber  Ser* 
fnfipfung,  bie  er  bei  {td^  fü^rt,  bebuciren,  b.i.  feine  SRöglid^feit  aud 
reinem  Serftanbe  ol^ne  empirifc^e  Quellen  bartl^un,  unb  fo,  nad^  äBeg« 
f(^affung  bed  (Smpiridmud  feines  Urfprungd,  bie  unoermeiblic^e  ^olge 
beffelben,  ndmlid^  ben  6cepticiSm,  guerft  in  Slnfe^ung  ber  9laturmiffen> 

35  fd^aft,  bann  auc^,  megen  bed  ganj  ooUfommen  aud  benfelben  ®rfinben 
Solgenben,  in  Snfel^ung  ber  ^Ratl^ematif,  beiber  S93iffenf(^aften,  bie  auf 
Oegenftdnbe  mbglid^er  (Srfa^rung  bejogen  merben,  unb  l^iemit  ben  totalen 


54        ^tü  ber  proftifd^en  Sentunft.   1.  ^ül  1.  ^n^.  1.  ^auptflüd. 

gioeifd  an  anem,  mos  tl^eoretifc^e  äJernunft  einaufel^en  bel^auptet,  aus 
htm  ®ruiibe  lieben  tonnte. 

aber  mie  mirb  t&  mit  ber  antoenbung  biefer  J(ategorie  ber  Saufalitdt 
(unb  fo  aud^  aller  übrigen;  benn  o^ne  fie  Idgt  {i(^  (ein  6rlenntnig  beS 
6jcl^irenben  ju  @tanbe  bringen)  auf  S){nge,  bie  nic^t  ®egenft&nbe  mög«   & 
lid^er  Srfal^rung  ftnb,  fonbern  fiber  biefer  t§re  ©renje  l^inaud  liegen? 
£)enn  id^  §abe  bie  objlectiDe  Stealität  biefer  Segrife  nur  in  8(nfe^ung  ber 
®egenfi&nbe  möglicher  (Srfa^rung  bebuciren  (ftnnen.    9ber  eben 
biefeSi  ba^  id^  fie  au(i^  nur  in  biefem  %aVit  gerettet  ^abe,  bag  id^  gemiefen 
^abe,  es  laffen  fi(i^  baburd^  bo(^  Obfectebenfen,  obgleid^  nid^t  a  priori  lo 
beflimmen:  biefeS  ifi  t»,  toaS  i^nen  einen  $Ia^  im  reinen  ^erflanbe  giebt, 
Don  bem  fie  auf  Dbjecte  überl^aupt  (finnlid^e,  ober  nid^t  ftnnli(^e)  bejogen 
»erben.  Benn  etmaS  nod^  fel^lt,  fo  ifl  es  bie  Sebingung  ber  Sntoenbung 
biefer  Kategorien  unb  namentlid^  ber  ber  Saufalttdt  auf  ©egenftftnbe, 
n&mlic^  bie  flnfd^auung,  toeld^e,  mo  fie  ni(|t  gegeben  ift,  bie  Sumenbung  ib 
jum  Sel^uf  ber  tl^eoretifd^en  ertenntnig  bes  ©egenftanbeS  als 
^oumenon  unm5gU^  mad^t,  bie  alfo,  menn  es  jemanb  barauf  magt,  (mie 
aud^  in  ber  j(riti(  ber  reinen  SBernunft  gefc^el^en)  gdnjlid^  oerme^rt  mirb, 
inbeffen  bag  bod^  immer  bie  objectioe  9tealitdt  beS  äSegriffS  bleibt,  aud^ 
Don  Siloumenen  gebrandet  »erben  tann,  aber  ol^ne  biefen  Segriff  tbeoretifd^  20 
im  minbeflen  beftimmen  unb  baburd^  ein  (Srtenntnig  bemirfen  gn  tftnnen. 
S)enn  bag  biefer  ^Begriff  aud^  in  Sejie^ung  auf  ein  Dbiect  nid^ts  Unmbg« 
lid^eS  entl^alte,  »ar  baburd^  bemiefen,  ba^  i^m  fein  @i^  im  reinen  SBer« 
ftanbe  bei  aQer  Slnmenbung  auf  ©egenftdnbe  ber  @inne  gefiebert  mar,  unb 
ob  er  gleid^  l^ernad^  etma,  auf  S)inge  an  fid^  felbft  (bie  nid^t  ®egenftdnbe  25 
ber  Srfal^rung  fein  (innen)  begogen,  (einer  Seftimmung  gur  9SorfteQung 
eines  beftimmten  ©egenftanbeS  gum  93e^uf  einer  t^eoretifdlien  @r« 
(enntnig  fd^ig  ift,  fo  (onnte  er  bod^  immer  nod^  gu  irgenb  einem  anberen 
(oieUeid^t  bem  ^ra{tifd^en)  SBe^uf  einer  SSeftimmung  gur  Slnmenbung  beS« 
felben  fd^ig  fein,  meld^eS  ni(|t  fein  m&rbe,  menn  nad^  ^ume  biefer  äSegriff  30 
ber  ßaufalitdt  etmas,  baS  überaU  gu  beuten  unm5glid^  ift,  entl^ielte. 

Um  nun  biefe  99ebingung  ber  Snmenbung  beS  gebac^ten  sbegriffs  auf 
9loumenen  ausfinbig  gu  mad^en,  b&rfen  mir  nur  gurfldtfe^en,  mesmegen 
mir  nid^t  mit  ber  Slnmenbung  beffelben  auf  (SrfairungSgegen« 
fidnbe  gufrieben  finb,  fonbern i^n  aud^  gern  oon S)ingen  an  fid^  felbfl  35 
braud^en  möchten,  ^enn  ba  geigt  fid^  balb,  ba^  eS  nid^t  eine  tl^eoretifd^e, 
fonbern  ^ra{tifd^e  Slbftd^t  fei,  meiere  uns  biefeS  gur  9lot^menbig(eit  mad^t. 


Qon  htn  (Brunbfdjien  ber  reinen  praftif^en  i@ernunft.  55 

3ur  @)>eculat{ott  mürben  toir,  mm  ti  mi  bamit  aud^  sel&nge,  bod^ 
tdnen  maleren  (Srioerb  in  Slaturfenntnig  unb  überl^QU4)t  in  Snfel^ung  ber 
®egen{l&nbe,  bie  und  irgenb  gegeben  »erben  mögen,  machen,  fonbern 
aUenfoDs  einen  meiten  @Aritt  Dom  Sinnlid^bebingten  (bei  meliigem  ju 

5  bleiben  nnb  bie  j(ette  ber  Ürfad^en  fleißig  bur(l^iun)anbem  mir  fo  f(^on 
genug  gu  tl^un  l^aben)  jum  äberftnnlid^en  tl^un,  um  unfer  (Srfenntni^  Don 
ber  Seite  ber  ®rfinbe  ju  DoKenben  unb  }u  begrenjen,  inbeffen  bag  immer 
eine  unenblic^e  i(Iuft  ittifd^en  iener  ®renge  unb  bem,  roai  mir  fennen,  un^ 
auegeffint  flbrig  bliebe,  unb  mir  me^r  einer  eiteln  Brragfuc^t,  atö  einer 

10  grfinbli(6en  äßigbegierbe  ©el^dr  gegeben  l^itten. 

Slu^er  bem  äSerl^dltniffe  aber,  barin  ber  93erßanb  gu  ©egenftänben 
(im  l^eoretifd^en  (Srienntniffe)  fte^t,  ^at  er  au(i^  eined  gum  SBege^rungS:^ 
vermögen,  baS  barum  ber  äBiQe  ^ei^t,  unb  ber  reine  SBiQe,  fo  fern  ber 
reine  Serfianb  (ber  in  fold^em  %atit  93ernunft  l^eigt)  burd^  bie  bloge  IBor«^ 

u  fteQung  eined  ®efe^ed  praftif(^  ift.  ^ie  objectioe  Siealitdt  eine«  reinen 
SBinenS  ober,  meldte«  einerlei  i[t,  einer  reinen  praltifc^en  Sernunft  ift  im 
moralifd^en  ®efe^e  a  priori  gleid^fam  burd^  ein  factum  gegeben;  benn  fo 
fann  man  eine  äBidenSbefiimmung  nennen,  bie  unoermeiblid^  ifi,  ob  fie 
gleidb  nid^t  auf  empirif^en  ^rincipien  berul^t.  3m  ^Begriffe  eined  SSiUenS 

so  aber  iß  ber  99egriff  ber  Saufalit&t  fd)on  enthalten,  mithin  in  bem  eine« 
reinen  SBiOenS  ber  93egriff  einer  Saufalitftt  mit  f^reil^eit,  b.  i.  bie  nid^t 
nad^  Slaturgefe^en  beftimmbar,  folglich  leiner  empirifd^en  Snfd^auung  atö 
Semeifed  feiner  9tealit&t  f&l^tg  ift,  bennod^  aber  in  bem  reinen  t)raltifd^en 
®efe^e  a  priori  feine  obiectioe  Stealit&t,  boc^  (mie  leidet  eingufel^en)  nid^t 

3s  gum  Sel^ufe  beS  tl^eoretifd^en,  fonbern  blod  prattifd^en  ©ebraud^d  ber  IBer:' 
nunft,  ooQfommen  redbtfertigt.  !Run  ift  ber  Segriff  eineSäSefend,  baS  freien 
SiiDen  l^at,  ber  äSegriff  einer  causa  nournenon,  unb  bag  ft(^  biefer  93e» 
griff  nid^t  felbft  miberfprec^e,  bafur  ift  man  fc^on  babur(6  gefid^ert,  bag 
ber  Segriff  einer  Urfad^e  atö  g&nglid^  oom  reinen  SBerftanbe  entf))rungen, 

30  gugleid^  auc^  feiner  obj|ectioen9fteaUt&t  in  Snfe^ung  ber  ©egenftdnbe  über« 
l^aupt  burd^  bie  S)ebuction  gefid^ert,  babei  feinem  Urfprunge  mit  oon 
aQen  finnlid^en  Sebingungen  unabl^&ngig,  alfo  filr  fid^i  auf  $^änomene 
nid^t  eingefc^r&nft  (ed  fei  benn,  mo  ein  t^eoretift^er  beftimmter  ®ebraud^ 
baDon  gemad^t  merben  moDte),  auf  S)inge  ale  reine  SerftanbeSmefen  afler» 

85  bingd  angemanbt  merben  fönne.  SSeil  aber  biefer  Snmenbung  leine  am 
fd^auung,  als  bie  febergeit  nur  finnlid^  fein  tann,  untergelegt  merben  fann, 
fo  ift  causa  nournenon  in  Slnfel^ung  beS  t^eoretifd^en  ®ebraud^9  ber  SSer« 


56        SMtit  htt  ^raltifd^en  Semunft.  1.  Sil^eil.  1.  S3u^.  2.  ^auptflfidf. 

nunft,  obglcidö  ein  möfllidöer,  benf barer,  bcirnoc^  leerer  ^Begriff.  5Run  Der* 
lange  \ii  aber  aud^  baburd^  ni(|t  bie  SSefc^affenl^eit  eines  äßefend,  fo  f  ern 
es  einen  reinen  SBiUen  ^at,  tl^eoretifd^  gu  fennen;  eS  ifi  mir  genug, 
es  baburd^  nur  als  ein  fold^eS  gu  begeic^nen,  mitl^in  nur  ben  Segriff  ber 
^aufalitdt  mit  bem  ber  f^rei^eit  (unb  »aS  baDon  ungertrennlid^  ifi,  mit  s 
bem  moralifd^en  ®efe^e  als  SeftimmungSgrunbe  berfelben)  gu  üerbinben; 
kDeld^e  93efugnig  mir  vermöge  beS  reinen,  nid^t  empirif d^en  Urf)>rungS  beS 
93egriffS  ber  Urfad^e  aUerbingS  gufiel^t,  inbem  i(^  baDon  leinen  anberen 
@ebraud^,  als  in  S3egie^ung  auf  bas  moralifc^e  ®efe^,  baS  feine  9%ealit&t 
beftimmt,  b.  l  nur  einen  prattifc^en  ®ebraud^,  gu  machen  mid^  befugt  lo 
^alte. 

^dtte  id^  mit  ^umen  bem  begriffe  ber  Saufalitdt  bie  obiectiDe  fRtalu 
t&t  im  )>raftif(6en  ®ebrau(^e  nid^t  allein  in  ^Infel^ung  ber  @a(6en  an  fid^ 
felbft  (beS  Überftnnlid^en),  fonbern  aud&  in  «nfcl^ung  ber  ©egenpdnbe  ber 
@inne  genommen:  fo  mdre  er  aQer  Sebeutung  oerluftig  nni  als  ein  tl^eo«  is 
retifd^  unmoglid^er  93egrif[  ffir  gdnglid^  unbraud^bar  erfldrt  toorben,  unb, 
ba  oon  nid^ts  fi(^  aud^  fein  ©ebraud^  mad^en  Id^t,  ber  praftifd^e  ®ebraud^ 
eines  tl^eoretifd^^nid^tigen  ^Begriffs  gang  ungereimt  gemefen.  SRun 
aber  ber  SSegriff  einer  empirifd^  unbebingten  Saufalitdt  ll^eoretifd^  gmar 
leer  (ol^ne  barauf  fid^  fd^idCenbe  8(nf d^auung),  aber  immer  bod^  m5glid^  ifi  ao 
unb  fic^  auf  ein  unbeftimmt  Dbject  begiel^t,  ftatt  biefeS  aber  i^m  bod^  an 
bem  moralifd^en  ®efe^e,  folglid^  in  :praftif(^er  Segiel^ung,  93ebeutung  ge« 
geben  toirb,  fo  l^abe  ic^  gmar  leine  Snfc^auung,  bie  i^m  feine  objectioe 
t^eoretifd^e  SHealitdt  be^immte,  aber  er  l^at  nidb^S  befto  meniger  n)irfli(|e 
Slnttenbung,  bie  fid^  in  concreto  in  ®e{tnnungen  ober  3Ra]cimen  barßeOen  2$ 
Idgt,  b.  i.  :praltif(|e  SRealitdt,  bie  angegeben  n)erben  fann;  meld^eS  benn 
gu  feiner  IBered^tigung  felbft  in  Slbftd^t  auf  Sloumenen  ^inreic^enb  iß. 

aber  biefe  einmal  eingeleitete  objcctioc  SRealitdt  eines  reinen  SSer» 
ftanbeSbegriffS  im  treibe  beS  Uberfinnlidben  giebt  nunmel^r  allen  fibrigen 
Jtategorien,  obgleich  immer  nur  fo  fern  fie  mit  bem  SBeftimmungSgrunbe  ao 
beS  reinen  SßiDenS  (bem  moralifd^en  ®efe^e)  in  notl^ttenbiger  SSer» 
binbung  fte^en,  a\x6i  obiectioe,  nur  leine  anbere  als  bloS  praftifc^^an« 
toenbbare  Stealitdt,  inbe{feu  fte  auf  tl^eoretifdbe  (Srienntniffe  biefer  ©egen« 
ftdnbe,  als  (Sinftd^t  ber  Statur  berfelben  burd^  reine  SSernunft,  nid^t  ben 
minbeften  @influg  l^at,  um  biefelbe  gu  ermeitern.  SSie  toir  benn  aud^  in  n 
ber  f^olge  finben  toerben,  bag  fie  immer  nur  auf  Sßefen  als  ^ntelligen:^ 
gen,  unb  an  biefen  au(^  nur  auf  baS  93er^dltnig  ber  SSernunft  gum 


$on  bem  S3egnffe  etneiS  @egenftanbeiS  ber  reinen  praltif^en  S^emunft.    57 

SSillen,  mitl^in  immer  nur  auf8  $raItif(l^eS3egte^ung  l^aben  unb  toei« 
ter  l^inauS  fic^  lein  (Srlenntni^  bcrf elften  anmaßen;  aad  aber  mit  i^nen 
in  äSerbinbung  nod^  fonft  für  @igenf(^aften,  bie  gur  t^eoretifd^en  93or» 
fteDungSart  fold^er  äberfinnlicl^en  S)inge  gelobten,  l^erbetgegogen  merben 

5  mo(!bten,  biefe  indgefammt  atöbann  gar  ni(^t  gum  äBiffen,  fonbern  nur 
gur  SBefugnii  (in  :praftif(l^er  abfid^t  aber  gar  gur  üiotl^menbigfeit)  fie  am 
gunel^men  unb  DorauSgufe^en  gegil^lt  toerben,  felbfi  ba,  too  man  über^ 
ftnnli(6e  äßefen  (als  ®ott)  nac^  einer  Analogie,  b.  i.  bem  reinen  äSernunft« 
üerl^&ltniflei  beffen  mir  in  ^nfel^ung  ber  {tnnlid^en  und  praltifd^  bebienen, 

10  unb  fo  ber  reinen  t^eoretifd^en  SJernunft  burd^  bie  Sntoenbung  aufS  Über' 
fnnlic^e,  abernur  inpraltifd^er  abfid^t,  jum  @d^mdrmen  inS  Überfd^meng^ 
lid^e  nid^t  ben  minbeften  SSorfd^ub  giebt 


©er  Slnal^tif  ber  praftifd^en  Sernunft 
3tt»eite«  ^uytftädr. 

15  93on  bem  SSegriffe  eines  ©egenftanbed  ber  reinen 

praftifd&en  JBernunft. 

Unter  einem  Segriffe  ber  praftifd^en  SSernunft  Derftel^e  i(^  bie  Siox» 
fteHung  eines  DbiectS  als  einer  möglichen  SSirlung  burd^  Srei^eit.  @in 
@egenftanb  ber  praltifd^en  (Srienntnig  als  einer  fold^en  ju  fein,  bebeutet 

20  alfo  nur  bie  Sejiel^ung  beS  SSiUenS  auf  bie  ^anblung,  babur(^  er  ober 
fein  ©egentl^eil  tDirflid^  gemad^t  mürbe,  unb  bie  SBeurtl^eilung,  ob  etmaS 
ein  ©egenfianb  ber  reinen  ^)raftifd^en  SSernunft  fei,  ober  nid^t,  ift  nur  bie 
Unterfc^eibung  ber  SRögUc^teit  ober  UnmbgUc^Iett,  bieienige  ^anblung 
gu  moUen,  moburd^,  toenn  mir  baS  SSermögen  bagu  ptten  (morüber  bie 

25  (Srfal^ntng  urtl^eilen  mug),  ein  gemiffeS  Dbiect  mirtUd^  merben  mfirbe. 
Sßenn  baS  Dbiect  als  ber  SSeftimmungSgrunb  unfereS  Sege^rungSoer« 
mögenS  angenommen  mirb,  fomug  bie  pl^^fifd^e  SRöglic^Ieit  beffelben 
burd^  freien  (Sebraud)  unferer  Jlrdfte  oor  ber  S3eurt^eilung,  ob  eS  ein  &t^ 
genfianb  ber  praltifc^en  93ernunft  fei  ober  nid^t,  oorange^en.  S)agegen 

30  menn  baS  ®efe^  a  priori  als  ber  SSeftimmungSgrunb  ber  ^anblung,  mit« 
l^in  biefe  als  burd^  reine  praftifd^e  SSernunft  beftimmt  betrachtet  merben 
lann,  fo  ift  baS  Urt^eil,  ob  etmas  ein  ©egenftanb  ber  reinen  praltifd^en 
äSernunft  fei  ober  nid^t,  oon  ber  SSergleid^ung  mit  unferem  pl^^ftfd^en 


58        ^til  ber  proftif^en  Semitnft.  1.  ZW-  1*  »ud^.  2.  ^auptflfltf. 

S3em5gen  gatig  unabl^dngtg,  unb  bie  f^age  i[i  nur,  ob  mir  eine  ^anb^* 
lung,  bie  auf  bie  ejriftenj  clneö  Dbicct«  gerichtet  iji,  »oUcn  bürfen, 
uenn  biefeS  in  unferer  ©ettolt  mdre,.  mitl^in  mu^  bie  moralif d^e  ÜRög« 
lic^teit  ber  ^anblung  oorangel^en;  benn  ba  ifl  nid^t  ber  ®egen^anb,  fon« 
bem  baS  ®efe^  beS  SSiüend  ber  Seftimmungdgrunb  berfelben.  5 

S)ie  aUelnigen  Dbiecte  einer  prattifd^en  äSernunft  ftnb  alfo  bie  üom 
® Uten  unb  S3dfen.  S)enn  burd^  hai  erftere  üerfie^t  man  einen  not^» 
ttenbigen  ©egenftanb  bes  Segel^rungS',  burd^  baS  gmeite  beS  SSerab« 
f(|euungdt)ermögen«,  beibeS  aber  nad^  einem  ^rincip  ber  IBemunft. 

SBenn  ber  begriff  beS  ®uten  nid^t  r>on  einem  Dor^ergel^enben  prat  lo 
tifc^en  ®efej^e  abgeleitet  »erben,  fonbern  biefem  Dielmel^r  jum  ®runbe 
bienen  foD,  fo  fann  er  nur  ber  S3egrif  Don  etnaS  fein,  beffen  Siriftenj  Suft 
oerl^ei^t  unb  fo  bie  6aufalit&t  beS  @ubiect8  gur  ^erDorbringung  beffelben, 
b.  i.  bad  Segel^rungSoermögen,  beftimmt.   äBeil  ed  nun  unmoglid^  i[t 
a  priori  eingufel^en,  tteld^e  SSorfieKung  mit  £uft,  toelc^e  l^ingegen  mit  15 
Unluft  »erbe  begleitet  fein,  fo  I&me  eS  lebiglid^  auf  Srfal^rung  an,  eS 
audgumat^en,  »ad  unmittelbar  gut  ober  bofe  fei.  S)ie  (Sigenfc^aft  beiS 
(Subjectd,  »orauf  in  93ejie]^ung  biefe  @rfa^rung  aUein  angefteUt  »erben 
lann,  ift  bad  ©efü^I  ber  £uft  unb  Unluft,  als  eine  bem  inneren  @inne 
ange^ftrige  SReceptiüität,  unb  fo  »firbe  ber  SSegriff  oon  bem,  »aS  un«  so 
mittelbar  gut  ift,  nur  auf  ba&  gelten,  »omit  bie  @mpfinbung  bed  93 er« 
gnägenS  unmittelbar  üerbunben  iß,  unb  ber  Don  bem  fc^Ied^t^in  Sbfen 
auf  baS,  roaS  unmittelbar  Sd^merg  erregt,  aUein  begogen  »erben  mflffen. 
Sßeil  aber  bad  bem  Sprad^gebraud^e  fd^on  gu»iber  ift,  ber  baS  Singe« 
genehme  Dom  ©uten,  baS  Unangenel^me  oom  SBofen  unterfd^eibet  35 
unb  verlangt,  bag  ®uted  unb  Sdb\t&  febergeit  burc^  äSernunft,  mithin 
burd^  Segriffe,  bie  |id^  allgemein  mitt^eilen  laffen,  unb  nid^t  burd^  blo^e 
Sm^pfinbung,  »eld^e  fid^  auf  eingelne  @ubiecte  unb  bereu  6mpfdngli(^Ieit 
einfd^r&ntt,  beurt^eilt  »erbe,  gleid^»o^l  aber  für  fic^  felbft  mit  leiner 
SorfteDung  eines  £)biectS  a  priori  eine  Suft  ober  Unluft  unmittelbar  Der«  so 
bunben  »erben  lann,  fo  »firbe  ber  ^^ilofopl^,  ber  fid^  gen5tl^igt  glaubte, 
ein  ®effil)l  ber  fiuft  feiner  :praftifd^en  93eurt^eilung  gum  ®runbe  gu  legen, 
gut  nennen,  »aS  etnüRittel  gum  Slngene^men,  unb  Söfed,  »a$  Ur« 
fac^e  ber  Unannel^mlid^Ieit  unbbeS  ©d^mergenS  if);  benn  bie  Seurtl^eilung 
'  bed  äSerl^&ltniffeS  ber  SRittel  gu  ßtoedCen  gehört  aÜerbingS  gur  äSernunft.  35 
Dbgleid^  aber  SSernunft  allein  Derm5genb  ift,  bie  SBerfnäpfung  ber  SRittel 
mit  il^ren  Slbfic^ten  eingufel^en  (fo  ba^  man  aud^  ben  SßiQen  burd^  bas 


Son  beut  Segriffe  etned  (Begenflonbed  ber  reinen  ptaftif^en  ä^emunft.    59 

Vermögen  ber  Qmdt  befinirett  Idnnte,  inbem  fe  iebergeit  SefiimmungS« 
grfinbe  bt&  Segel^rungSüerrnftgenS  nad^  $rinclpien  finb),  fo  mürben  bod^ 
bte  praftifc^ett  äRajcimen,  bie  aM  bem  obigen  Segrife  bed  ®uten  blöd 
al&  SRittel  folgten,  nie  etoaS  fftr  fd^  felbft,  fonbern  immer  nurirgenb 

5  tt)ogu  ®ute«  }um  ®egenftanbe  beS  SSiUend  entl^alten:  baiS  ®ute  toflrbe 
ieberjeit  blod  ba«  9lfl^Iid^e  fein,  unb  ba8,  mogu  ed  nu^t,  mugte  aDemal 
aUgerl^alb  bem  Sßlllen  in  ber  (SmpPnbung  Hegen.  Sßenn  biefe  nun,  ald 
angenel^me  em)>finbung,  Dom  Segriffe  beiS  ®uten  unterfc^ieben  merben 
mfigte,  fo  tD&rbe  es  überall  nic^tö  unmittelbar  ®uteS  geben,  fonbern  bag 

10  ®ute  nur  in  ben  ÜRitteln  gu  etmaS  anberm,  ndmlid^  irgenb  einer  9lnnel)m« 
lid^Ieit,  gefuc^t  »erben  muffen. 

68  ift  eine  alte  gformel  ber  @cl^ulen:  nihil  appetimus,  nisi  sab  ra- 
tione  boni;  nihil  aversamur,  nisi  sab  ratione  mali;  unb  fie  Ijat  einen 
oft  rid^tigen,  aber  aud^  ber  ^l^ilofop^ie  oft  fel^r  nac^tl^eiligen  ®ebraud^, 

15  meil  bie  SludbrüdCe  bed  boni  unb  mali  eine  ßkoeibeutigteit  enthalten,  bar« 
an  bie  @tnf(^r&nlung  ber  @pra(6e  @(6ulb  ift,  nad^  loeld^er  fie  eines 
boppelten  @inne8  fdl^ig  finb,  unb  halber  bie  praftifd^en  ®efe^e  unDermeib« 
Ud^  auf  ©(^rauben  fteQen  unb  bie  $l^iIofop^ie,  bie  im  ®ebraud^e  berfel« 
beu  gar  m\fl  ber  Serfd^ieben^eit  beS  93egriffd  bei  bemfelben  Sorte  inne 

20  merben,  aber  bod^  leine  befonbere  SudbrüdFe  bafür  finben  fann,  gu  fubti« 
len  S)ißinctionen  nötl^igen,  über  bie  man  fid^  nad^l^er  ni(|t  einigen  (ann, 
inbem  ber  Unterfc^ieb  bur(^  feinen  angemeffenen  8(uSbrud(  unmittelbar 
bejeid^net  »erben  fonnte.  •) 

S)te  beutfd^e  Sprad^e  ^at  bad  ®lüdF,  bie  SuiSbrüdfe  }u  beft^en,  meldte 

25  biefe  aSerfd((ieben]&eit  nic^t  überfeinen  lajfen.  gür  ba«,  toa«  bie  gateiner 
mit  einem  einjigen  SBorte  bonum  benennen,  ^at  fte  jttei  fel^r  oerfc^iebene 
^Begriffe  unb  aud^  eben  fo  oerfd^iebene  Sudbrüdte:  für  bonum  baiS  ®ute 
unb  baS  SSol^l,  für  malum  baS  S3öf  e  unb  iaS  Übel  (ober  äße^),  fo 


*)  ftberbem  ift  ber  Hu^brutf  snb  rfttione  boni  Qud^  ameibeutig.  2)enn  er  lonn 
30  fo  Diel  fogen:  n>ir  fieQen  uniS  etwad  ald  gut  oor,  menn  unb  meil  mir  eiS  begel^ren 
(looHen);  aber  and^i  wir  begehren  etmaiS  barum,  roeil  toir  ed  und  ald  gut  Dor« 
fiellen,  fo  bai  entweber  bie  ^egierbe  ber  ^eflimmungdgrunb  bed  IBegriffd  beiS 
Dbiectd  aU  eined  ®uien,  ober  ber  Segriff  bed  ®uten  ber  IBeftimmungdgrunb  bed 
iBege^rend  (bed  SBiQeniS)  fei;  ba  benn  had  sab  ratione  boni  im  erfleren  gaUe  be- 
35  beuten  rofirbe,  wir  »ollen  etu)ad  unter  berSbeebed  (&uitn,  im  ^weiten,  au 
Solge  bief er  3bee,  weld^e  Dor  bem  SS^oHen  ald  S3eftimmung«grunb  beffelben  t)o^ 
fierge^en  mu^. 


60       ^ittl  ber  prafttfd^en  Vernunft.   1.  ZW-  1.  Sud^,  2.  ^auptßfldC 

bo^  es  gmet  ganj  Derft^iebene  SeurtJ^eilungen  finb,  ob  loir  bei  einer  ^anb«» 
lung  ba«  Oute  «nb  SSöfe  berfelben,  ober  unfer  SBol^I  unb  SBel^  (Übel) 
in  93etrad^tun0  gießen,  hieraus  folgt  fd^on,  bo^  obiger  ipf^d^ologifd^er 
@a|^  menigftend  nod^  fel^r  ungemi^  fei,  menn  er  fo  äberfe^t  wirb:  loir  be» 
gel^ren  nid^tS,  al8  in  Stüdftd^t  auf  unfer  äßol^I  ober  äSel^;  bagegen  er,  & 
toenn  man  i^n  fo  giebt:  loir  moden  nad^  Slntoeifung  ber  93ernunft  nid^ts, 
ald  nur  fo  fern  loir  tS  ffir  gut  ober  bbfe  l^alten,  ungejmeifelt  getoi^  unb 
jugleid^  ganj  ttar  auSgebrfidt  wirb. 

Sias  äBol^I  ober  Übel  bebeutet  immer  nur  eine  Sejtiel^ung  auf  um 
feren  3uftanb  ber  Slnnel^mlid^teit  ober  Unannel^mlic^Ieit,  beS  äSer«  lo 
gnftgend  unb  @(^merjend,  unb  loenn  loir  barum  ein  Dbject  begel^ren  ober 
oerabfd^euen,  fo  gefd^ie^t  e£  nur,  fo  fern  eS  auf  unfere  @innlidbleit  unb 
baS  ®efä]^I  ber  Suft  unb  Unluft,  bad  es  bewirft,  begogen  wirb.  Sias 
®ute  ober  S5f e  bebeutet  aber  jebergeit  eine  Segie^ung  auf  ben  äBillen, 
fo  fem  biefer  burc^S  93ernunftgef e^ beftimmt  loirb,  ftd^  ttioaS  gu  feinem  u 
Dbiecte  gu  mad^en;  mie  er  benn  burd^  ba£  Dbfect  unb  beffen  äSorfteQung 
niemals  unmittelbar  beftimmt  mirb,  fonbern  ein  SSermbgen  ift,  ftdb  eine 
aUegel  ber  SSernunft  gur  SBeioegurfad^e  einer  ^anblung  (baburdb  ein  Dh 
iect  mirtlid^  loerben  lann)  gu  mad^ien.  S)aS  ®ute  ober  SBbfe  loirb  alfo 
eigentlich  auf  ^anblungen,  nid^t  auf  ben  @mpfinbungSgu{tanb  ber  $er»  »o 
fon  begogen,  unb  foUte  etmaS  fc^Ied^t^in  (unb  in  aller  Sibfic^t  unb  ol^ne 
toeitere  Sebingung)  gut  ober  böfe  fein  ober  baffir  gel^alten  werben,  fo 
mflrbe  eS  nur  bie  ^anblungSart,  bie  3Ra;cime  beS  SBiUenS  unb  mitl^in  bie 
l^anbelnbe  $erfon  felbft  als  guter  ober  bifer  SRenfd^,  nid^t  aber  eine  @ad^e 
fein,  bie  fo  genannt  loerben  Ibnnte.  25 

äßan  mochte  alfo  immer  ben  @toiter  auSlad^en,  ber  in  ben  l^eftigften 
©id^tfd^mergen  ausrief:  @d^merg,  bu  magft  mid^  noc^  fo  fel^r  foltern,  idb 
loerbe  bod^  nie  geftel^en,  ba^  bu  etmaS  SBbfeS  (xaxov,  malum)  feift!  er 
l^atte  bod^  rec^t.  @in  Übel  mar  es,  baS  füllte  er,  unb  baS  oerrietl^  fein 
®efd^rei;  aber  bag  il^m  baburd)  ein  IB5feS  anl^inge,  l^atte  er  gar  nidbt  Ur»  so 
fad^e  eingurdumen;  benn  ber  Sd^merg  verringert  ben  SBertl^  feiner  $erfon 
nid^t  im  minbeften,  fonbern  nur  ben  Sßertl^  feines  ßuftanbeS.  Sine  ein* 
gtge  Sflge,  beren  er  fld^  bemufet  gemefen  mfire,  Wtte  feinen  aRutl^  nieber* 
f dalagen  mfiffen;  aber  ber  @d^merg  biente  nur  gur  äSeranlaffung,  il^n  gu 
erl^eben,  menn  er  fid^  bemugt  mar,  bag  er  il^n  burd^  feine  unred^te  ^anb^»  35 
lung  oerfd^ulbet  unb  {td^  baburd^  ftrafmürbig  gemad^t  l^abe. 

SBaS  mir  gut  nennen  follen,  mu^  in  iebeS  oernfinftigen  3Renfd^en  Ur« 


Sott  bem  ^Begriffe  eine^  ^kgenponbed  ber  reinen  praftifc^en  Semunft.    61 

t^eil  ein  Oegenftanb  beS  Segel^rungSDermögen«  fein,  unb  baiS  935fe  in  ben 
9ugen  t)on  iebermann  ein  Oegenftanb  beS  Slbfd^eued;  mithin  bebarf  ed 
au^er  bem  @inne  gu  biefer  IBeurtl^eilung  not^  äSernunft.  ®o  ift  eiS  mit 
ber  aSol^rl^aftigreit  im  ©egenfo^e  mit  ber  Säge,  fo  mit  ber  ©ered^tigteit 

5  im  (S)egenfa^  ber  @en)altt^dtigteit  k.  bewanbt.  SSir  tonnen  aber  etmad 
ein  Übel  nennen,  xodijti  bod^  {ebermann  gugleii!^  fflr  gut,  bidmeilen  mittel» 
bar,  bidmeilen  gar  unmittelbar,  erfldren  mu^.  ^er  eine  d^irur^ifdie  Dpe* 
ration  an  ftd^  Derrtd^ten  Idgt,  fül^It  fte  ol^ne  ßn^eifel  atö  ein  Übel;  aber 
bur(!^  äSernunft  erfldrt  er  unb  iebermann  fie  für  gut.  äßenn  aber  jemanb, 

10  ber  friebliebenbe  Seute  gerne  nedt  unb  beunrul^igt,  enblid^  einmal  aniduft 
unb  mit  einer  tü(!^tigen  3:ra(!^t  @(!^Idge  abgefertigt  mirb:  fo  ift  biefeS 
aQerbingö  ein  Übel,  aber  iebermann  giebt  baju  feinen  93eifaa  unb  f^ölt  ed 
an  {t(!^  für  gut,  menn  aud^  nidbtS  meiter  barauS  entfprdnge;  {a  felbft  ber, 
ber  fle  empfdngt,  mu§  in  feiner  Vernunft  erfennen,  ba^  i^m  Äed^t  ge« 

15  fd^el^e,  meil  er  bie  Proportion  gnifd^en  bem  3Bo^Ibefinben  unb  SBol^loer« 
galten,  meldte  bie  Vernunft  i^m  unüermeiblid^  Dorl^dlt,  l^ier  genau  in 
auöübung  gebrad^t  fie^t. 

@8  fommt  anerbingS  auf  unfer  SSol^I  unb  SSeld  in  ber  Seurtl^eilung 
unferer  praltifd^en  äSernunft  gar  fel^r  Diel  unb,  toaS  unfere  9latur  ald 

20  ftnnlidber  äßefen  betrifft,  alled  auf  unfere  (Slüdfeligteit  an,  loenn  biefe, 
»ie  SSernunft  eö  Dorgüglid)  forbert,  nid^t  nadb  ber  Dorübergel^enben  ßm« 
pfinbung,  fonbern  nad^  bem  ßinfluffe,  ben  biefe  SufdOigteit  auf  unfere 
ganje  ßjtifieng  unb  bie  Sufriebenl^eit  mit  berfelben  l^at,  beurt^eilt  wirb; 
aber  alles  überl^aupt  lommt  barauf  bod^  nid^t  an.    S)er  SRenfd^  ift 

95  ein  bebürftigeS  SBefen,  fo  fern  er  jur  Sinnentoelt  gel^ört,  unb  fo  fern  l^at 
feine  93ernunft  aOerbingS  einen  nid^t  abgulel^nenben  Auftrag  toon  Seiten 
ber  ©innlid^feit,  pdb  um  ba«  Sntereffe  berfelben  ju  befümmern  unb  ftd& 
praltifd^e  aRajrimen,  aud^  in  Slbftd^t  auf  bie  ©Ifidtfeligteit  biefeS  unb  mo 
miglid^  audb  eine«  gufünftigen  Bebend,  gu  mad^en.  Slber  er  ift  bod^  nid^t 

30  fo  gang  Silier,  um  gegen  aOeS,  toaS  äJernunft  für  {td^  felbft  fagt,  gleid^« 
fifiltig  gu  fein  unb  biefe  bloS  gum  SBerfgeuge  ber  Sefriebigung  feines  Se« 
bürfnijfe«  aU  ©innentoefenö  gu  gebrauchen,  ©enn  im  SBert^e  über  bie 
blofee  SD^ier^eit  erl^ebt  il&n  ba«  gar  nid^t,  bafe  er  Vernunft  l^at,  wenn  pe 
il^m  nur  gum  Sel^uf  beöjenigen  bienen  foH,  »aS  bei  Silieren  bergnftinct 

35  oenid^tet;  fie  U)dre  aUbann  nur  eine  befonbere  SRanier,  bereu  pd^  bie 
Statur  bebient  l^dtte,  um  ben  SRenfd^en  gu  bemfelben  Su'^de,  bagu  fte 
Spiere  beflimmt  l^at,  auSgurüften,  ol^ne  il^n  gu  einem  l^dl^eren  Qm^dt  gu 


62        ftritt!  ber  praftifd^ett  Vernunft.   1.  3:^eiL   1.  Bü^.  2.  ^auptflfidt. 

lieflimmen.  @r  bebarf  alfo  freilid^.nad^  biefer  einmal  mit  il^m  getroffenen 
Slaturanßalt  SSernunft,  um  fein  äßol^l  unb  9Sel^  iebergeit  in  Setrad^tung 
gu  gleiten,  aber  er  l^at  ^e  flberbem  nod^  gu  einem  l^b^eren  Sel^uf,  ndmlid^ 
aud^  iait  Q)a9  an  ft<l^  gut  ober  bbfe  ift,  unb  iDorüber  reine,  ftnnlid^  gar 
nid^t  intereffirte  93ernun[t  nur  allein  urtl^eilen  tann,  nid^t  aUein  mit  in  k 
Überlegung  gu  nel^men,  fonbern  biefe  SBeurt^eilung  oon  jener  gdnglid^ 
gu  unterfd^eiben  unb  fte  gur  oberften  SBebingung  ber  Unteren  gu  mad^en. 

Sn  biefer  Seurtl^eilung  bed  an  fi(!^  ®uten  unb  Sbfen,  gum  Unter« 
fd^iebe  oon  bem,  maö  nur  begiel^ungSmeife  auf  SBo^l  ober  Übel  fo  genannt 
merben  fann,  lommt  eS  auf  folgenbe  fünfte  an.  (Sntmeber  ein  SSernunft«  lo 
princip  mirb  fd^on  an  fi(!^  ald  ber  Seßimmungdgrunb  beS  SßiDenS  ge« 
bad^t,  ol^ne  S^fidfid^t  auf  mbgU(!^e  Dbiecte  beS  Segel^rungSoermbgenS 
(alfo  blos  burd^  bie  gefe^Ii(!^e  i^orm  ber  ^a;cime),  aldbann  ift  jenes  $rin«> 
dp  pratt\\äit8  ®efe|  a  priori,  unb  reine  SSernunft  mirb  für  ft(!^  praRifd^ 
gu  fein  angenommen.  S)ad  ®efe^  beflimmt  alebann  unmittelbar  ben  is 
äBiUen,  bie  il^m  gem&ge  ^anblung  ift  an  fid^  felbfl  gut,  einSSiOe, 
beffen  üRajcime  febergeit  biefem  ®efe^e  gemftg  ift,  ift  f  d^led^terbingS, 
in  aller  Slbfid^t,  gut  unb  bie  oberfte  SBebingung  alles  ®uten: 
ober  es  gel^t  ein  8eftimmungSgrunb  beS  SBegel^rungSDermögenS  Dor  ber 
SRarime  beS  äBiUenS  Dörfer,  ber  ein  Dbfect  ber  Suft  unb  Unlufl  DorauS»  20 
fe^t,  mitl^in  etmas,  baS  Dergnflgt.ober  fd^mergt,  unb  bie  SRajrime  ber 
SSernunft,  jene  gu  beförbern,  biefe  gu  oermeiben,  beftimmt  bie^anblungen, 
U)ie  fie  begiei^ungSmeife  auf  unfere  9leigung,  mitl^in  nur  mittelbar  (in 
Städtfid^t  auf  einen  anberioeitigen  Qmd,  als  Mittel  gu  bemfelben)  gut 
ftnb,  unb  biefe  SRajcimen  tonnen  alSbann  niemals  ®efe^e,  bennod^  aber  23 
Dernanftige  prattifd^e  S3orf(!^riften  l^ei^en.  S)er  Stotd  felbfl,  baS  93er^ 
gnfigen,  baS  mir  fud^en,  ift  im  Unteren  %aUt  nic^t  ein  ®uteS,  fonbern 
ein  äSol^I,  nid^t  ein  Segriff  ber  Sernunft,  fonbern  ein  empirifd^er  93e« 
griff  t)on  einem  ©egenflanbe  ber  Smipfinbung;  allein  ber  ©ebraud^  beS 
SRittelS  bagu,  b.  i.  bie  ^anblung  (meil  bagu  Demflnftige  Überlegung  er«  so 
forbert  U)irb),  ^eigt  bennod^  gut,  aber  nid^t  fd^led^tl(|in,  fonbern  nur  in 
Segiel^ung  auf  unfere  Sinnlic^Ieit,  in  Slnfe^ng  i^reS  ©efül^lS  ber  £uft 
unb  Unluft;  ber  SSiae  aber,  beffen  aRajrime  baburd^  afftcirt  mirb,  ift  nid^t 
ein  reiner  SBille,  ber  nur  auf  baS  gel^t,  mobei  reine  SSernunft  für  ftd^  felbfl 
praltifdb  fein  tann.  » 

^ier  ift  nun  ber  £>rt,  baS  $arabojcon  ber  üRetl^obe  in  einer  JSrltil 
ber  ipraftlfd^en  SSemunft  gu  erfldreti:  ba^  ndmlid^  ber  93egriff  beS 


Sßon  bent  Segriffe  eined  (S^egenflanbed  ber  reinen  pra!tif(!^en  Vernunft.    63 

(Suten  unb  935fen  nid^t  Dor  bem  moralifd^en  ©efe^e  (bem  er 
bem  Slnfd^ein  nod^  fogar  gum  ®runbe  gelegt  loerben  mfl^te), 
fonbern  nur  (mt  l^ier  an^i  gefil^iel^t)  na(!^  bemfelben  unb  burd^ 
baffelbe  beftimmt  »erben  ntfiffe.  äSenn  ttir  n&mlid^  aixäi  nid^t 

5  mii^ten,  bo^  had  $rtncip  ber  @ittUc^feit  ein  reineS,  a  priori  ben  SSiUen 
beftimmenbeS  ®efe|  fei,  fo  mfigten  loir  bod^,  um  nid^t  ganj  umfonft  (gra- 
tis) @runbf&^e  anjunel(|men,  ti  anfänglich  menigftenö  unauSgemad^t 
la^en,  ob  ber  SBiDe  bloS  empirifd^e,  ober  aud^  reine  Seftimmungdgrünbe 
a  priori  l^abe;  benn  ed  ift  raiber  aOe  ®runbregeln  bed  pl^ilofopl^ifd^en 

10  äSerfal^renö,  bad,  morfiber  man  aüererfi  entfdljeiben  foll,  fd^on  gum  DörauS 
als  entfd^ieben  angune^men.  ®efe^t,  mir  moDten  nun  t)om  93egri{fe  beS 
®uten  anfangen,  um  baoon  bie  ©efe^e  bed  SBiDend  abguleiten,  fo  mflrbe 
biefer  Segriff  oon  einem  ©egenftanbe  (als  einem  guten)  gugleid^  biefen 
als  ben  einigen  Seftimmungdgrunb  beS  äBillenS  angeben.  SBeil  nun 

16  biefer  Segriff  fein  praftifd^e«  ®efe^  a  priori  ju  feiner  Sliii^tfd&nur  l^atte, 
fo  fönnte  ber  ^robirfiein  beS  ®uten  ober  935fen  in  nid^tS  anberS,  a\8  in 
ber  Übereinflimmung  beS  @egenflanbe8  mit  unferem  ®effl^Ie  ber  2uft 
ober  Unluji  gefefet  merben,  unb  ber  ®ebrau(^  ber  SSernunft  fönnte  nur 
barin  befleißen,  t^eilö  biefe  Suft  ober  Unluft  im  gangen  Sufammenl(|ange 

90  mit  aDen  ßmpfinbungen  meines  S)afeind,  tl^eilS  bie  SRittel,  mir  ben  @e« 
genfianb  berfelben  gu  oerf(t)af[en,  gu  beftimmen.  S)a  nun,  maS  bem  ®t' 
fül^Ie  ber  Suft  gemäg  fei,  nur  burd^  Srfal^rung  auSgemad^t  toerben  fann, 
baS  praftifd^e  ®efe|  aber  ber  Angabe  nad^  bod^  barauf  ald  Sebingung 
gegränbet  merben  foD,  fo  mürbe  gerabegu  bie  9R5gIid^feit  praltifd^er  ®e« 

35  fe^ea  priori  auSgefd^loffen:  meil  man  oorl^er  nötl^ig  gu  finben  meinte, 
einen  ©egenftanb  für  ben  3BiDen  auSgufinben,  baoon  ber  Segriff  a\S  eines 
®uten  ben  aDgemeinen,  obgmar  empirifc^en  SeflimmungSgrunb  bed 
SSiUenS  auSmadben  mflffe.  9tun  aber  mar  bod^  oorl^er  nbtl^ig  gu  unter» 
fud^en,  ob  ti  nid^t  audb  einen  Seftimmungdgrunb  beS  SßiUend  a  priori 

so  gebe  (meld^er  niemals  irgenbmo  anberS,  als  an  einem  reinen  praltifd^en 
©efe^e,  unb  gmar  fo  fern  biefeS  bie  bloge  gefe^Iidb^  %o^^  ol^ne  StüdEftdbt 
auf  einen  ©egenftanb  ben  SRajcimen  i^orfd^reibt,  märe  gefunben  morben). 
SBeil  man  aber  \iion  einen  ©egenflanb  nad^  Segriffen  beS  ©uten  unb 
Sbfen  gum  ©runbe  alles  praltifd^en  ©efe^eS  legte,  jener  aber  o^ne  oor» 

35  l^ergel^enbeS  ©efe|  nur  nad^  empirifd^en  Segriffen  gebadet  merben  fonnte, 
fo  l^tte  man  jid^  bie  SRbglidb'^^f  ein  reineS  prattifd^eS  ©efe^  aud^  nur  gu 
beulen,  f(!^on  gum  DorauS  benommen;  ba  man  im  ©egentl^eil,  menn  man 


64       ^iti!  ber  praltif^en  lOernunft.  1.  ^eil.  1.  ^6^.  2.  ^au{)iflüd(. 

bem  le^teren  Dörfer  anal^tifd^  nad^geforfdft  l^&tte,  gefunben  l^aben  toürbe, 
bag  nid^t  bei  Segriff  beS  ®uten  a\i  eines  ®egenftanbed  baS  moralift^e 
®efe^,  fonbern  umgelel^rt  baö  moralifd^e  ®efe^  aüererft  ben  Segriff  bed 
®uten,  fo  fern  eiS  biefen  Flamen  f(!^le(!^t]^in  Derbient,  beftimme  unb  m5g« 
lid^  mad^e.  5 

S)tefe  9(nmerlung,  »eld^e  bloS  bte  SRet^obe  ber  oberften  moralifd^en 
ttnterfud^nngen  betrifft,  ift  Don  SBid^ttgleit.  Sie  erfidrt  auf  einmal  ben 
Deranlaffenben  ®runb  aDer  äSerirrungen  ber  $^iIofopl^en  in  8nfel^ung 
beiS  oberften  ^rincipö  ber  SRoral.  S)enn  fie  fud^ten  einen  ®egenflanb  be£ 
SSiDendauf,  um  il^n  jur  SRaterie  unb  bem®runbe  eines  ®efe^e8  gu  ma(^en  10 
(melc^eS  alSbann  nid^t  unmittelbar,  fonbern  Dermittelfl  {ened  an  baS  ®e« 
fü^I  ber  8uft  ober  Unluf)  gebrad^ten  ®egenftanbeS  ber  SeftimmungSgrunb 
bed  äBiOend  fein  follte),  anftatt  bag  fie  guerft  nad^  einem  ®efe|e  ^dtten 
forfdben  foUen,  ba^  a  priori  unb  unmittelbar  ben  äßillen  unb  biefem  gemft^ 
aUererft  ben  ®egenftanb  beftimmte.  9lun  modbten  fie  biefen  ®egenftanb  u 
ber  Suft,  ber  ben  oberften  Segriff  be«  ®uten  abgeben  foflte,  in  ber  ©lüdt* 
feligteit,  in  ber  Sodtommenl^eit,  im  moralifd^en  ©efül^le,  ober  im  SiUen 
®otte8  fe^en,  fo  mar  il^r  ®runbfa^  aUemal  ^eteronomie,  fie  mußten  unDer« 
meiblic^  auf  empiri[d^e  Sebingungen  }u  einem  moralifd^ien  ®efe^e  fto^en: 
meil  fie  il^ren  ®egenflanb,  ald  unmittelbaren  SeftimmungSgrunb  beS  SBil»  ao 
lend,  nur  nad^  feinem  unmittelbaren  Serl^alten  gum  ®efü]^I,  toeldbeS  aQe« 
mal  em:pirifd^  ift,  gut  ober  b5fe  nennen  fonnten.  3lnx  ein  formales  ®efe^, 
b.  i.  ein  fold^es,  meld^eS  ber  Sernunft  nid^ts  Leiter  als  bie  f^orm  il^rer  all« 
gemeinen  ®efe^gebung  jur  oberften  Sebingung  ber  SRajcimen  oorfd^reibt, 
lann  a  priori  ein  SeftimmungSgrunb  ber  praftifd^en  Semunft  fein.  S)ie  25 
Sllten  Derrietl^en  inbeffen  biefen  ^^el^Ier  baburdb  uuDerl^ol^Ien,  ba^  fie  i^re 
moralifd^e  Unterfud^ung  g&nglid^  auf  bie  Seftimmung  beS  SegriffS  Dom 
]^5d^ften®ut,  mithin  eines  ®egenftanbeS  festen,  meldten  fie  nad^^er  gum 
SeftimmungSgrunbe  beS  äBiOenS  im  moralifdfen  ®efe^e  gu  madben  ge« 
badeten:  ein  Dbject,  loeld^eS  meit  i^interl^er,  loenn  baS  moralifd^e  ®efe^  so 
aüererft  fflr  fid)  bemdl^ri  unb  als  unmittelbarer  SeftimmungSgrunb  beS 
äSiUenS  gered^tfertigt  ift,  bem  nunmehr  feiner  $orm  nad^  a  priori  be- 
ftimmten  äBiDen  als  ®egenftanb  Dorgefteüt  loerben  tann,  meld^eS  mir  in 
ber  S)ialettit  ber  reinen  prattifd^en  SSernunft  uns  unterfangen  moOen.  S)ie 
bleueren,  bei  benen  bie  f^rage  über  baS  l^5dbfte  ®ut  au^er  ©ebraud^  ge»  ss 
fommen,  gum  menigften  nur  9lebenfad^e  geworben  gu  fein  fd^eint,  Derfteden 
obigen  ^el^ler  (nie  in  Dielen  anbem  f^&Den)  hinter  unbeftimmten  Borten, 


9)on  bem  begriffe  etned  ©egenftanbed  ber  reinen  praftifc^en  Semunft.    65 

inbeffen  bag  man  tl^n  gleid^mol^l  aus  il^ren  @9ftemen  l^erDorblidCen  ftel^t, 
ba  et  atöbann  aUent^alben  ^eteronomie  ber  pratttfd^en  Vernunft  Derr&tl^, 
baraui^  nimmermel^r  ein  a  priori  allgemein  gebietenbeS  moralifd^ed  ®efe$ 
entfpringen  tann. 

5  S)a  nun  bie  SBegriffe  beS  ®uten  unb  S95fen  ald  folgen  ber  äSiOend« 
beftimmung  a  priori  aud^  ein  reineS  praftifd^eS  $rincip,  mttl^in  eine  6au« 
falit&t  ber  reinen  SSernunft  uoraudfe^en :  jo  bejiel^en  fte  jtd^  urfprüngUd^ 
ni(!^t  (etma  atö  Seftimmungen  ber  f^ntl^etifd^en  @tnl^eit  bed  SRanntgfaU 
tigen  gegebener  Slnjd^auungen  in  einem  Settugtfein)  auf  Obfecte,  n)ie  bie 

10  reinen  aSerjtonbeabegriffe  ober  Äategorien  ber  tJ&eoretifd^  gebrauchten  JBer» 
nunft,  fte  fe^en  btefe  Dielmel^r  a\&  gegeben  üorauS;  fonbern  fie  finb  indge« 
fammt  modi  einer  eingigen  Kategorie,  n&mlxii  ber  ber  Saufalität,  fo  fern 
ber  Seftimmungdgrunb  berfelbenin  berSSernunftDorfiellung  eines  ©efe^eS 
berfelben  befielet,  »elc^ed  als  ®efe^  ber  f^reil^eit  bie  äSernunft  {t(!^  felbft 

15  giebtunb  baburd^  fid^  a  priori  als  praftifd^  beioeifet.  S)a  inbeffen  bie  ^anb^ 
lungen  einerfeits  jmar  unter  einem  ®efe|e,  baS  teinSlaturgefe^,  fonbern 
ein  ®efe^  ber  ^reil^eit  ifl,  folglid^  gu  bem  SSerl^alten  inteüigibeler  SBefen, 
anbererf eitS  aber  bo6i  aud^  als  93egebenl^eiten  in  ber  Sinnenmelt  gu 
ben  Srfd^einungen  gehören,  fo  merben  bie  Seftimmungen  einer  praltif c^en 

20  SSernunft  nur  in  Segiel^ung  auf  bie  le^tere,  foIgU(!^  gtoar  ben  Kategorien 
beS  SBerflanbeS  gem&g,  aber  nic^t  in  ber  abfid^t  eines  tl^eoretifd^en  @e» 
braud^S  beffelben,  um  baS  üRannigfaltige  ber  (Pnnlid^en)  Snfd^auung 
unter  ein  SSettu^tfein  a  priori  gu  bringen,  fonbern  nur  um  baS  SRannig« 
faltige  ber  93ege]^rungen  ber  Sinl^eit  beS  äSemugtfeinS  einer  im  mora« 

25  Itfd^en  ®efe^e  gebietenben  praltifd^en  Vernunft  ober  elneS  reinen  äßlllenS 
a  priori  gu  unterwerfen,  @tatt  l(|aben  fdnnen. 

©iefeÄategorien  ber  grcil&eit,  benn  fo  tooUen  toir  fle  ftatt  iener 
tl^eoretifd^en  Segriffe  als  j^ategorien  ber  Statur  benennen,  l^aben  einen 
augenf(!^einl{(!^en  SSorgug  oor  ben  le^teren,  bag,  ba  biefe  nur  ©ebanten« 

30  formen  ftnb,  toeldfe  nur  unbeftimmt  Qbj[ecte  über]^au|)t  fflr  iebe  uns  mbg« 
Ud^e  Knfd^auung  buri!^  ungemeine  93egriffe  begetc^nen,  biefe  l^ingegen,  ba 
pe  auf  blc  Sefiimmung  einer  freien  SBillfftr  gelten  (ber  groar  feine  ?ln* 
fd^auung  DbQig  correfponbirenb  gegeben  merben  (ann,  bie  aber,  todifti 
bei  feinen  Segriffen  beS  tl^eoretifd^en  ©ebraud^S  unfereS  Srfenntnigoer« 

35  mbgenS  ftattftnbet,  ein  reineS  praftifdbeS  ®efe^  a  priori  gum  ®runbe  lie« 
gen  l^at),  als  praftifd^e  (Elementarbegriffe  ftatt  ber  f^orm  ber  Slnfd^auung 
(9taum  unb  Seit),  bie  nid^t  in  ber  Vernunft  felbft  liegt,  fonbern  anber^ 


66       Mtif  ber  pra!ttf(^en  «Vernunft.  1.2:^eil.  l.Bud^.  2.^auptfUt(l 

m&rtS,  ndtnlid^  Don  ber  Sinnlid^teit,  ^ergenontmenmerben  mug,  bie  S^o  r  m 
eineiS  reinen  äßillenS  in  i^r,  mitl^in  bem  S)enhing8Derm5gen  felbß,  als 
gegeben  gum  ®runbe  Hegen  l^aben;  boburd^  eiS  benn  gefd^ie^t,  ba^,  ha  ti  in 
aUen  äSorfd^riften  ber  reinen  praltifd^en  SBernuntt  nur  um  bie  äBillenS« 
beßimmung,  ni(!^tum  bie  9latutbebingungen  (beiS  prattifd^en  SSermö«  5 
gend)  ber  S(u8ffi]^rung  feiner  Sbfid^t  ju  tl^un  ift,  bie  pratKfcl^en  99e« 
griffe  a  priori  in  Segie^ung  auf  bad  oberfie  $rinci|)  ber  greil^eit  fogleid^ 
(Srtenntniffe  »erben  unb  nid^t  auf  Slnfd^auungen  warten  bftrfen,  um  93e* 
beutung  gu  betommen,  unb  gmar  aud  biefem  mertmürbigen  ®runbe,  meil 
fte  bie  äSirtlicIifeit  beffen,  worauf  fte  fi^i  begießen,  (bie  äBiOenSgefinnung)  10 
felbp  l^eröorbringen,  meiere«  gar  niii^t  bie  Sac^e  tl^eoretifii^er  Segriffe  ift. 
9lur  mu^  man  lool^l  bemerfen,  ba^  biefe  j^ategorien  nur  bie  praltif<l^e  93er= 
nunft  äberl^aupt  angeben  unb  fo  in  il^rer  Orbnung  Don  ben  moralifi!^  nod^ 
unbefttmmten  unb  itunlid^  bebingten  gu  benen,  bie,  ßunlii!^  unbebingt,  bloö 
bur(!^8  moralifd^e  ®efe^  beflimmt  finb,  fortgel^en.  15 

a:afei 

ber  j^ategorien  ber  Sreil^eit  in  Slnfel^ung  ber  Segriffe  be£ 
®uten  unb  995fen. 
1. 
!Set  Ouatttttit  20 

SubfectiD,  nad^  WajrimenCSBillenSmeinungen  be8  ^nbiDtbuum) 
DbiectiD,  nai^  $rlnci^)ien  (SSorfd^riften) 

A  priori  objedtDe  fowol^l  als  fubiectiDe  ^rincipien  ber  f^reil^eit  (®ef  e^e> 
2.  3. 

Set  OitalttÜ  Set  Delation  2» 

$raltifd^e  Siegeln  bed  Segel^enS        Sluf  bie  ^erfdnlid^Ieit 

(praeoeptivae)  Huf  ben  3  u  ft  a  n  b  ber  $erf on 

$rattif(!^e Siegeln  bedUnterlaff eng    Sed^felfeitig  einer  ^erfon  auf 

(prohibitivae)  ben  S^Pönb  ber  onberen. 

^rattifd^e  Siegeln  ber  Sludnal^men  30 

(exceptivae). 

4. 

Siai  erlaubte  unb  Unerlaubte 

3)ie  $flid^t  unb  baS  $flid^tU)ibrige  35 

SBolKommene  unb  uuDollIommene  ^flid^t. 


8dn  htm  Segriffe  eined  ^egenfiattbed  ber  reinen  praftif(!^en  lOemunft.    67 

SRan  tt)irb  l^ier  balb  gemabr,  bag  in  biefer  Safel  bie  g^rei^eit  als  eine 
9rl  Don  @QufQlit&t,  bie  aber  empirifd^en  8eftimmungdgrünben  nid^t 
untertDorfen  ift,  in  ünfel^ung  ber  burd^  {ie  m5gli(!^en  ^anblungen  ald  @r« 
fd^einungen  in  ber  Sinnenmelt  betrad^tet  »erbe,  foIgUd^  ftd)  auf  bie  j(ate» 

5  gorien  i^rer  9laturm5glid^leit  bejiel^e,  inbeffen  bag  bo(!^  jebe  j^ategorie  fo 
aOgemein  genommen  mirb,  ba^  ber  SBeftimmungdgrunb  iener  Saufalit&t 
a\x6i  au^er  ber  Sinnenmelt  in  ber  ^rei^eit  al8  @igen{d^aft  eines  intelli« 
gibelen  äSefenS  angenommen  merben  tann,  bid  bie  J(ategorien  ber  SSoba» 
Ittdt  ben  Übergang  Don  praftifd^en  ^rinctpien  fiberl^aupt  ju  benen  ber 

10  @ittUdbfe{t,  aber  nur  problema  tif  d^  einleiten,  »eld^e  nad^^er  burt^S  mo< 
raUf(!^e  ®efe^  aUererji  bogmatifdii  bargeileUt  »erben  fönnen. 

3d^  ffige  l^ier  nichts  meiter  jur  Erläuterung  gegenwärtiger  Safel  bei, 
meil  fte  fär  {id^  DerftAnblid^  genug  ift.  S)ergleid^en  na(!^  ^rincipien  abge» 
fa^te  (SintJ^eilung  ift  aUer  äßiffenfdbaft  i^rer  ©runblic^teit  fotto^I  als  Sier« 

15  ftdnblid^teit  l^alber  fel^r  guträglid^.  @o  »eig  man  j.  99.  aus  obiger  Safel 
unb  ber  eriten  Stummer  berfelben  fogleid^,  »ooon  man  in  praftifd^en  @r» 
mägungen  anfangen  mflf[e:  oon  ben  9Ra;timen,  bie  |eber  auf  feine  Steigung 
grünbet,  ben  äSorfd^riften,  bie  für  eine  ©attung  Dernflnftiger  SSefen,  fo 
fern  fie  in  ge»if[en  Steigungen  übereintommen,  gelten,  unb  enblid^  bem 

20  ®efeie,  »eld^eS  für  alle  unangefe^en  il^rer  Steigungen  gilt,  u.  f.  ».  auf 
bieje  äßetfe  überfielet  man  ben  ganjen  ^lan  t)on  bem,  »aS  man  gu  leiften 
l^at,  fogar  j[ebe$rage  ber  prattifd^en  ^l^ilofopl^ie,  bie  gu  beantworten,  unb 
gugleid^  bie  £>rbnung,  bie  gu  befolgen  ift. 


aSon  ber  SlQpif  ber  reinen  praftifd^en  ttrtl^eilsfraft. 

35  3)ie  Segriffe  beS  ©uten  unb  935fen  beftimmen  bem  Sßillen  guerft  ein 
Dbject.  Sie  fielen  felbfl  aber  unter  einer  praftifdben  SRegel  ber  Vernunft, 
meldbe,  »enn  fie  reine  SSernunftift,  ben  SBiUen  a  priori  in  9(nfel(|ung  feines 
@egenftanbeS  beftimmt.  Db  nun  eine  unS  in  ber  Sinnlid^Ieit  mögliche 
^anblung  ber  t^all  fei,  ber  unter  ber  Siegel  ftebe,  ober  nid^t,  bagu  gel^ört 

so  praftifd^e  ttrtl^eilSfraft,  »oburd^  baSfenige,  »aS  in  ber  SWegel  allgemein 
(in  abstracto)  gefugt  »urbe,  auf  eine  ^anblung  in  concreto  angemanbt 
»trb.  äSeil  aber  eine  praltifd^e  Siegel  ber  reinen  SSernunft  erftlid^,  als 
prattif d^,  bie  @;tifteng  eines  ObjectS  betrifft  unb  g»eitenS,  als  pral» 
tif  d^e  Siegel  ber  reinen  SSemunft,  Stotl^menbigleit  in  Slnfel^ung  beS  S)a^ 

35  feinS  ber  ^anblung  bei  fid^  fü§rt,  mitl^ln  praltifd^eS  ®efe^  ift  unb  g»ar 

5* 


68        J^ritt!  ber  prafttf^en  Vernunft.   1.  2:^eil.   1.  SBu(^.  3.  ^auptflfitf. 

tiid^t  9latuTgefe^  burd^  empirtfd^e  SBeftimmungSgrflnbe,  fonbern  ein  ®efe^ 
ber  i^reil^eit,  nad^  mli^tm  ber  SBtlle  unabl^Angig  t)on  aOem  @mpiri{(t)en 
(blod  burd^  bie  SSorfleUung  eines  ®efe|ee  flberl^aupt  unb  beffen  f^orm)  6e» 
ftimmbar  fein  foQ,  ade  Dorfommenbe  %öXit  ju  miglid^en  ^anblungen  aber 
nur  empirifd^,  b.  i.  gur  (Srfal^rung  unb  Statur  gel^brig,  fein  tonnen:  fo  5 
fd^eint  e«  wiberfinnifd^,  in  ber  ©innenmelt  einen  gatt  antreffen  ju  »oUen, 
ber,  ba  er  immer  fo  fern  nur  unter  bem  9laturgefe^e  fielet,  bod^  bie  Sln^' 
ttenbung  eine«  ®efe^e3  ber  fjteil&eit  auf  fid^  »erftatte,  unb  ouf  »eiligen 
bie  überftnnlid^e  3bee  beS  fittUd^  ©uten,  bad  barin  in  concreto  bargefteDt 
»erben  foll,  angetoanbt  werben  fönne.  aifo  ift  bie  Urtl&eilafraft  ber  reinen  lo 
praltifd^en  äSernunft  eben  benfelben  @d^tt)ierigfeiten  untermorfen,  als  bie 
ber  reinen  tl^eoretifd^en,  »eld^e  le^teregleid^lvol^I,  anS  benfelben  gutommeur 
ein  3Rittel  gur  ^anbl^atte:  ndmlid^  ba  eS  in  si^nfel^ung  beS  tl^eoretifd^en 
®ebraud^8  auf  anf(!^auungen  anfam,  barauf  reine  93erflanbeSbegriffe  an« 
gemanbt  toerben  lönnten,  bergleid^en  Slnfd^auungen  (obgivar  nur  t>on  n* 
©egenftfinben  ber  ©inne)  bod^  a  priori,  mitl^in,  »a«  bie  Serfnüpfung  beS 
SKannigfaltigen  in  benfelben  betrifft,  ben  reinen  SBerftanbeÄbcgriffen  a 
priori  gemfife  (al8  ©d^emate)  gegeben  »erben  fönnen.  J&ingegen  ift  ba« 
ftttUd^  ©Ute  etiDad  bem  Dbiecte  nad^  Über|tnnlid^ed,  für  ba«  alfo  in  leiner 
finnlid^en  Slnfd^auung  etmad  ^orrefponbirenbeS  gefunben  merben  (ann,  20 
unb  bie  Urtl^eitötraft  unter  ©efe^en  ber  reinen  :praftifdben  SSernunft  f(!^eint 
bal^er  befonberen  Sdbttierigteiten  unterworfen  gu  fein,  bie  barauf  berul^en, 
ba^  ein  ®efe^  ber  i^eil^eit  auf  ^anblungen  als  Segebenl^eiten,  bie  in  ber 
©innenmelt  gefd^el^en  unb  alfo  fo  fern  gur  9latur  gehören,  angetoanbt 
»erben  fott.  25 

HUein  l^ier  eröffnet  ftd^  bod^  »ieber  eine  gfinfltge  SluSfid^t  für  bie 
reine  praftifd^e  Urtl&eiWfraft.  6«  ift  bei  ber  ©ubfumtion  einer  mir  in  ber 
©innentoelt  mögli(!^en  ^anblung  unter  einem  reinen  praltifd^en  ®e« 
fe^e  nid^t  um  bie  SRbglid^teit  ber  ^anblung  al«  einer  Segebenl^eit  in 
ber  ©innentoelt  gu  tl^un;  benn  bie  gel&brt  für  bie  SBeurtl^eilung  be«  tl^eore*  so 
tifc^en  ©ebraud^d  ber  äSernunft  nad^  bem  ®efe^e  ber  @aufalitftt,  eine« 
reinen  SBerftanbeSbegriff«,  für  ben  fie  ein  Sd^ema  in  ber  finnlid^en  9(n« 
fd^auung  l^at  S)ie  pl^^ftfc^e  Saufalitüt,  ober  bie  Sebingung,  unter  ber 
fie  ftattfinbet,  gel^irt  unter  bie  9laturbegriffe,  beren  @d^ema  tranSfcenben« 
tale  @inbUbungStraft  entwirft.  $ier  aber  ift  eS  nid^t  um  bas  @d^ema  ss 
eines  ^aUeS  na(^  ©efe^en,  fonbern  um  baS  @d^ema  (wenn  biefeS  SBort 
l^ier  ft^iddid^  ift)  eine«  ©efe^eS  felbft  gu  tl^un,  »eil  bie  SßillenSbe« 


Son  btm  iBegriffe  eine«  ®fgenfianbed  ber  reinen  (nroftifd^en  SDeniunft.    69 

fiimmung  (nid^t  bie  ^anblung  in  Segtel^ung  auf  il^ren  @rfo(e)  burd^S 
®efe^  aUm,  ol^ne  einen  anbeten  Sefttmmungögrunb,  ben  Segriff  ber 
Saufalitdt  an  gang  anbete  Sebingungen  btnbet,  atö  biej[enige  ftnb,  koeld^e 
bie  9latutt>etlnft))tung  audmad^en. 

5  S)em  9latutgefe^e  als  ®efe^e,  loeld^em  bie  ©egenfl&nbe  {tnnlid^er 
anf(!^auung  alö  fold^e  untettootfen  ftnb,  mug  ein  ©d^ema,  b.  i.  ein  aUge»« 
meines  SBetfal^ten  bet  @inbtlbung«ttaft  (ben  teinen  Setftanbesbegtiff, 
ben  baS  ®efe|  beftimmt,  ben  Sinnen  a  priori  batguftellen),  cottefponbiten. 
8bet  bem  @efe^e  bet  f^teii^eit  (als  einer  gat  nid^t  finnlii!^  bebingten  @au« 

10  falität)  mitl^in  aud^  bem  Segriffe  beS  unbebingt  ®uten  fann  feine  an» 
fd^auungi  mitl^in  (ein  @d^ema  gum  93e^uf  feinet  9nmenbung  in  concreto 
untetgetegt  loetben.  $oIgli(!^  I^at  baS  @tttengefe^  fein  anbeted  bie  Sn« 
ttenbung  beffelben  auf  ®egenft&nbe  ber  Statut  DermittelnbeS  (Srtenntni^« 
Detmögen,  als  ben  Sßetfianb  (nid^t  bie  SinbilbungSltaft),  meldtet  einet 

ift  3bee  bet  93emunft  nid^t  ein  @d^ema  bet  Sinnlitbleit,  fonbetnein  @e|e^, 
abet  bod^  ein  fold^eS,  baS  an  ®egenft&nben  bet  @inne  in  concreto  batge» 
fteOt  metben  lann,  mithin  ein  Slatutgefe^,  abet  nnt  feinet  $otm  nad^,  als 
®efe^  jum  Söel^uf  bet  Uttl^eilsftaft  untetlegen  fann,  unb  biefeS  fönnen 
U)it  ba^et  ben  k^pn^  beS  @iitengefe^es  nennen. 

»0  ©le  aiegel  bet  Uttl^eilSftaft  untet  ©efefeen  bet  teinen  ptaftifd^en  aSet» 
nunft  ift  biefe:  f^tage  bid^  felbft,  ob  bie^anblung,  bie  bu  üor^aft,  totnn 
fie  nad^  einem  ©efe^e  bet  Statut,  t)on  bet  bu  felbft  ein  S^eil  m&tefl,  ge^^ 
fd^el^en  foUte,  jie  bu  »ol^l  als  butd^  beinen  äßinen  möglid^  anfeilen  fönnteft. 
9tad^  biefet  Sfiegel  beuttl^eilt  in  bet  S^at  iebetmann  ^anblungen,  ob  fie 

n  ^Ü\x6i  gut  obet  böfe  ftnb.  @o  fagt  man:  SSie,  toenn  ein  jebet,  mo  et 
feinen  SSottl^eil  }u  fd^affen  glaubt,  fid^  etlaubte,  gu  bettfigen,  obet  befugt 
hielte,  fid^  baS  Seben  abgufutjen,  fo  balb  i^n  ein  üdUiget  Übetbtug  bef« 
felben  befdDt,  obet  anbetet  9lot^  mit  DoQiget  ©leid^gflltigfeit  anfd^e,  unb 
bu  gel^btteft  mit  gu  einet  foldben  Dtbnung  bet  S)inge,  ttfttbeft  bu  batin 

so  tDOl^I  mit  (Sinftimmung  beineS  SBiUenS  fein?  9lun  meig  ein  febet  mol^l: 
bag,  menn  et  ftd^  ingel^im  Settug  etlaubt,  batum  eben  nid^t  jebet» 
mann  es  aud^  tl^ue,  obet,  menn  et  unbemettt  lieblos  ift,  nic^t  fofott  lebet« 
mann  aud^  gegen  i^n  es  fein  mütbe;  ballet  ift  biefe  SBergleic^ung  ber 
3Raf\mt  feiner  ^anblungen  mit  einem  attgemeinen  Slaturgefe^e  aud^  nid^t 

35  bet  SSeftimmungSgtunb  feines  äBiUenS.  Slbet  baS  leitete  ift  bod^  ein 
£9))uS  bet  93eutt]^eilung  bet  etfteten  nac^  fittlid^en  ^rincipten.  SBenn 
bie  SRa^rime  bet  ^anblung  nic^t  fo  befd^affen  ift,  ba|  fie  an  bet  $otm  eines 


70       ftrttif  btx  pralttf^en  Sernunft.   1.  ^t\l  1.  Su^.  3.  ^auptflfi(f. 

9laturgefe|eS  flberl^aitpt  bie  $robe  l^ält,  fo  iß  fie  {ttiU(]^  unmdglid^.  @o 
urtl^eilt  felbfl  ber  getneinfte  93erftanb;  benn  ba&  9taturgefe^  liegt  aDen 
feinen  gem5^nU(!^fien,  felbft  ben  Srfal^rungSurt^eilen  immer  gum  @runbe. 
@T  l^at  tS  alfo  jebergeit  bei  ber  ^anb,  nur  bag  er  in  f^dOen,  too  bie  Sau« 
falit&t  aüd  Sreil^eit  beurtl^eilt  loerben  foD,  {eneiS  9laturgefe^  blod  jum  5 
S^puS  eines  ©efe^eS  ber  f^rei^eit  mad^t,  meil  er,  ol^ne  etma^r  toa&  er 
gum  Seifpiele  im  Srfal^rungdfaDe  machen  f5nnte,  bei  ^anb  gu  ^aben,  bem 
®efe^e  einer  reinen  praftifd^en  SSernunft  nid^t  ben  ©ebrauc^  in  ber  8n« 
n>enbung  Derfd^affen  f5nnte. 

(S&  ift  alfo  Qud^  erlaubt,  bie  9latur  ber  @innenmeU  a\S  S^puS  lo 
einer  intelligibelen  9latur  gu  braud^en,  fo  lange  id^  nur  nid^t  bie  ^xu 
fd^auungen,  unb  maS  baDon  abhängig  ift,  auf  biefe  übertrage,  fonbem 
blod  bie  $orm  ber  ©efe^mi^tgfeit  flberl^aupt  (beren  begriff  aud^  im 
gemeinften  3}ernunftgebrau(!^e  ftattfinbet,  aber  in  (einer  anberen  Sbfid^t, 
als  blod  gum  reinen  prattifd^en  ©ebraud^e  ber  äSernunft  a  priori  be»  15 
ftimmt  ertannt  loerben  (ann)  barauf  begiel^e.  S!)enn  ®efe^e  ald  fold^e  ftnb 
fo  fern  einerlei,  fie  mögen  i^re  Seftimmungdgrünbe  l^ernel^men,  mol^er  fte 
rnoUen. 

Übrigens,  ba  Don  aDem  ^nteüigibelen  fd^led^terbingS  nid^ts  als  (Der« 
mittelft  bes  moralifd^en  ®efe^eS)  bie  f^reibeit  unb  aud^  biefe  nur,  fo  fern  so 
fie  eine  t)on  jenem  ungertrennlid^e  SSorauSfe^ung  ift,  unb  ferner  alle  in^» 
telligibele  ®egenftdnbe,  auf  »eld^ie  unS  bie  Vernunft  m6i  Anleitung  jenes 
©efe^eS  etma  nod^  f&l^ren  möd^te,  mieberum  für  unS  teine  Stealitdt  loeiter 
l^aben,  als  gum  Se^uf  beffelben  ®efe^eS  unb  beS  ©ebraud^eS  ber  reinen 
prattifd^en  SSernunft,  biefe  aber  gum  S^puS  ber  Urtl^eilStraft  bie  9latur  2& 
(ber  reinen  SSerftanbeSform  berfelben  na(^)  gu  gebraud^en  bered^tigt  unb 
aud^  benöt^igt  ift:  fo  bient  bie  gegenmdrtige  Snmerlung  bagu,  um  gu  r>tx^ 
^üten,  ba^,  maS  bloS  gur  S^pit  ber  93egriffe  gel^irt,  nid^t  gu  ben  ^t^ 
griffen  felbfi  gegdl^lt  merbe.  S)iefe  alfo  als  S^pil  ber  Urtl^eilsfraft  bema^rt 
Dor  bem  empir  iSm  ber  praftifd^en  Vernunft,  ber  bie  prattifd^en  Segriffe  so 
beS  ©Uten  unb  935fen  bloS  in  @rfa]^rungSfolgen  (ber  fogenannten  ®lüdC» 
feligleit)  fe^t,  obgmar  biefe  unb  bie  unenblid^en  nfl^lid^en  i^olgen  eines 
burd^  @elbftliebe  beflimmten  äSiQenS,  menn  biefer  ft^  felbft  gugleid^  gum 
allgemeinen  SRaturgefe^e  mad^te,  aUerbingS  gum  gang  angemeffenenS^puS 
ffir  bas  ftttlid^  ®ute  bienen  fann,  aber  mit  biefem  bod^  nid^t  einerlei  ift.  35 
@ben  biefelbe  S^pil  bemal^rt  aud^  oor  bem  SJZ^fticiSm  ber  praltifd^en 
9$ernunft,meld^er  baS,n)aS  nur  gum  Symbol  biente,  gum  @d^ema  mad^t, 


Son  ben  SrieBfebeni  ber  reinen  )n:altif4en  Oemunft.  71 

b.  {.  tDirdid^e  unb  bod^  nid^t  finnlid^e  anfd^auungen  (eines  unfid^tbaren 
fRtxiSi^  ®otted)  ber  antoenbung  ber  moralifc^en  begriffe  unterlegt  unb  tnS 
Öberfil^kDengUd^e  ^inauSfd^ueift.  S>em  ©ebraud^e  ber  moralifd^en  ^^egriffe 
ift  bloS  ber  diationaliöm  ber  Urt^eitötraft  angemeffen,  ber  Don  ber 
5  finnlid^en  9latur  n{(!^td  toeiter  nimmt,  atö  toai  auc^  reine  SSemunft  für 
ft(^  beulen  fann,  b.  i.  bie  ®efe|m&gigleit,  unb  in  bie  ftberftnnltc^e  ntditd 
l^ineintr&gt,  als  toai  umgelel^rt  ftt^  burd^  ^anblungen  in  ber  @inuenn>elt 
nad^  ber  formalen  Siegel  eines  9laturgefe|eS  äberl^aupt  iDirtltd^  barfteDen 
I&^t.   Snbeffen  i{i  bie  äSertoal^rung  Dor  bem  ßmpiriSm  ber  praftifc^en 

10  aSemunft  Diel  mid^tiger  unb  anratl^ungSmürbiger,  meil  ber  SR^fticiSm 
ft$  bod^  nod^  mit  ber  Sieinigteit  unb  ßr^aben^eit  beS  moralifd^en  ®efe^eS 
gufammen  Dertr&gt  unb  au^erbem  es  nid^t  eben  natürlid^  unb  ber  gemeinen 
S)enIttngSart  angemeffen  i{t,  feine  ßinbilbungSlraft  bis  gu  überftnnlid^en 
anfd^auungen  angufpannen,  mitl^in  auf  biefer  Seite  bie  ®efa^r  nid^t  fo 

15  allgemein  ift;  ba  hingegen  ber  ßmpiriSm  bie  @ittlid)teit  in  ®efinnungen 
(morin  bod^,  unb  ni^t  bloS  in  ^anblungen,  ber  i^ol^e  äBert^  befielet,  ben 
fiii  bie  aRenfd^l^eit  burd^  fie  Derfd^affen  fann  unb  foU)  mit  ber  äSurjel  auS« 
rottet  unb  il^r  gang  etmaS  anbereS,  uAmlid^  ein  empirifd^eS  Sutereffe,  tt)0« 
mit  bie  Steigungen  fiberl^auipt  unter  jid^  93erle^r  treiben,  ftatt  ber  ^flid^t 

ao  unterf  triebt,  über  bem  aud^  eben  barum  mit  aDen  Steigungen,  bie  (fte  mögen 
einen  3ufd^nitt  befommen,  meldten  fte  mollen),  menn  fie  gur  äSftrbe  eines 
oberfien  praltifd^en  $rtncipS  erhoben  merben,  bie  SRenfc^l^eit  begrabiren, 
unb  ba  fie  gleid^n)o^l  ber  Sinnesart  aUer  fo  günftig  finb,  aus  ber  Urfad^e 
meit  gefft^rlid^er  ifi  als  alle  Sd^mdrmerei,  bie  niemals  einen  baurenben 

95  Suftanb  bieler  SReufd^en  auSmad^en  fann. 


drittes  i^attpi9M. 

aSon  ben  3;riebfebern  ber  reinen  praftifd^en  SScrnunft. 

S)aS  äSefentlid^e  alles  ftttlid^en  äßertl^S  ber  ^anblungen  fommt  bar» 
auf  an,  bag  baS  moralifd^e  ®efe^  unmittelbar  benäBillen  be« 
30  ftimme.  ©efd^iel^tbieSSiOenSbeftimmung  gmargem&g  bemmoralifd^en 
®efe^e,  aber  nur  oermittelft  eines  ©efA^lS,  n)eld^er  Slrt  es  aud^  fei,  bas 
oorauSgefe^t  loerben  mu^,  bamit  jenes  ein  l^inreid^enber  SBeftimmungS» 
grunbbeSSiillenSn>erbe,  mitl^innid^t  um  beS  ®efe^es  millen:  fomirb 
bie  ^anblung  gmar  Segalitdt,  aber  nid^t  SRoralitdt  entl^alten.  SBenn 


72        ^til  l>er  tnrafttfc^en  Sentunft.  1.  ^e\l  1.  Sud^.  3.  ^auptftödP. 

nun  unter  SriebfeberCelateranimi)  ber  fubiectitoe  Sefitmntungdgrttnb 
beö  Sßittend  eines  SSefen«  Derftanben  »irb,  beffen  SBernunft  nid^t  f(!^ott 
Dermbge  feiner  9latur  bem  ob|ectit)en  ®efe^e  notj^menbig  gem&g  iß,  fo  »irb 
er{)Ii$  barauS  folgen:  ba^  man  bem  göttlid^en  äBillen  gar  leine  5£rieb« 
febern  beilegen  t5nne,  bie  Sriebfeber  beS  menfd^Iid^en  SßinenS  aber  (unb  5 
bed  Don  jlebem  erft^affenen  t)ernunftigen  SBefen)  niemals  etoaS  anbered 
ate  bai  moralifd^e  ®efe^  fein  I5nne,  mithin  ber  objectiDe  IBeftimmungö» 
grunb  ieberjeit  unb  gau}  aDein  gugleid^  ber  fubiectiu  l^inreid^enbe  9e« 
ftimmungdgrunb  ber  ^anblung  fein  muffe,  loenn  biefe  nic^t  bloS  ben 
99u(!^fiaben  beS  ®efe^e8,  ol^ne  ben  ®eifi*)  beffelben  gn  entl^alten,  er*  lo 
ffiOen  foL 

S)a  man  alfo  gum  Sel^uf  beS  moralifd^en  ®efe^ed,  unb  um  il^m  Sin« 
fing  auf  ben  äßiUen  ju  Derfc^affen,  feine  anbenoeitige  3:rtebfeber,  babei  bie 
beS  moralifd^en  ©efe^eS  entbel^rt  merben  fbnnte,  fud^en  mu^,  loeil  baö  aDeS 
lauter  ®Iei^nerei  ol^ne 93e{tanb  bemirten  mürbe,  unb  fogar  e«  bebenllid^  u 
ift,  au$  nur  neben  bem  moralifd)en  ®efe^e  nod^  einige  anbere  Srieb« 
febern  (atö  bie  beS  äSortl^eilS)  mitwirlen  gu  laffen:  fo  bleibt  nit^ts  äbrig, 
ald  blöd  forgf&ltig  gu  befiim'men,  auf  meldte  9(rt  ba&  moralifd^e  ®efe^ 
Sriebfeber  merbe,  unb  toad,  inbem  fte  tS  ift,  mit  bem  menfctflid^en  Se^* 
gel^rungsoermigen  als  SBirlung  jenes  93eftimmungSgrunbeS  auf  baffelbe  so 
Dorgel^e.  S)enn  mie  ein  ®efe^  ffir  fi(!^  unb  unmittelbar  SBeftimmungSgrunb 
beS  SBiaenS  fein  lönne  (nel^eS  bod^  baS  äBefentlid^e  aOer  3Roralität  ift), 
baS  ift  ein  fflr  bie  menfd^lic^e  äSernunft  unauflöSlid^eS  Problem  unb  mit 
bem  einerlei:  tt)ie  ein  freier  Siille  möglid^  fei.  Silfo  werben  mir  nid^t  ben 
®runb,  mo^er  baS  moralifd^e  ®efe^  in  {td^  eine  Sriebfeber  abgebe,  fonbern  2s 
maS,  fo  fern  eS  eine  fold^e  ift,  pe  im  ©emütl^e  mirft  (beffer  ju  fagen,  mirfen 
mu^),  a  priori  angugeigen  ffabtw. 

S)aS  Sßefentlic^e  aller  Seftimmung  beS  SBillenS  burd^S  ftttUd^e  ®efe| 
ift:  bag  er  als  freier  3BilIe,  mitl^in  nid^t  bloS  o^ne  SRitmirtung  ftnnlid^er 
eintriebe,  fonbern  felbft  mit  Sibmeifung  aller  berfelben  unb  mit  Slbbrud^  so 
aller  Steigungen,  fo  fern  fie  jenem  ®efe^e  gumiber  fein  f5nnten,  bloS  burd^S 
®efe^  beftimmt  merbe.  @o  meit  ift  alfo  bie  SBirtung  beS  moralifd^en  ®e* 
fe^eS  als  SSriebfeber  nur  negatio,  unb  als  f olc^e  lann  biefe  Siriebfeber  a  pri- 
ori erlannt  merben.  3)enn  aDe  3^eigung  unb  jeber  finnlid^e  antrieb  ift  auf 

*)  Tlan  lann  t>on  jeber  gefe^mägtgen  ^anblung,  bie  bo4  nttigt  um  beS  ©efe^eS  95 
miHen  gef(j^e^en  \\t,  fagen:  fie  fei  bloiS  bem  ^u^^ahtn,  aber  nit^t.bem  ®eifte  (bec 
<Bef!nnung)  nac!^  moralif<J|  gui. 


$on  ben  Sriebfebexn  ber  reinen  praftif^en  IBemunft  73 

®t\&^  gegrfinbet,  unb  bte  negative  äBirlung  aufe  (Sefül^I  (burd^  ben  Sb« 
brudb,  ber  ben  Steigungen  gefd^id^t)  ifl  felbft  ®effl]^l.  Solglid^  fönnen  tt)ir 
a  priori  einfe^en,  bog  baS  moralifd^e  ®efe^  als  SeftimmungSgrunb  beiS 
SBiQend  baburd^,  bag  t&  allen  unferen  Steigungen  Eintrag  tl^ut,  ein  ®e« 

6  fft^l  benirfen  mfiffe,  »eld^eS  Sd^merg  genannt  loerben  lann,  unb  l^ier 
l^aben  loir  nun  ben  erften,  üieQei^t  au(!^  eingigen  $all,  ba  n)ir  a\xS  Se^ 
griffen  a  priori  baS  Serl^&ltnig  einei»  @rlenntniffed  (l^ier  ift  eS  einer  reinen 
praltifd^en  SSernunft)  gum  ®efä]^l  ber  fiuft  ober  Unlufi  befiimnten  tonnten. 
aUe  Steigungen  sufantmen  (bie.aui!^  »ol^l  in  ein  ertr&gli(!^ed  Softem  ge« 

10  brad^t  loerben  fönnen,  unb  beren  Sefriebigung  atöbann  eigene  ©Ifidtfelig« 
leit  l^ei^t)  mad^en  bie  @elbftf ud^t  (solipsismus)  au8.  S>iefe  ift  entmeber 
bte  ber  @elbfiliebe,  eines  Aber  alles  gel^enben  Sol^ln)ollenS  gegen 
fi(6  felbft  (Philautia),  ober  bte  beS  äßol^lgef allenS  an  ftdt)  felbft  (Arro- 
gantia).  3^ne  l^ei^t  befonberS  Sigenliebe,  biefe  @igenbüntel.  S)ie 

u  reine  ))raltifd^e  Sernunft  tl^ut  ber  @igenliebe  blos  übbrud^,  inbem  fte 
fol^e,  als  naturlid^  unb  nod()  oor  bem  moraltfc^en  ®efe^e  in  unS  rege,  nur 
auf  bie  93ebingung  ber  einfiimmung  mit  biefem  ®efe^e  einfd^r&ntt;  ba 
fte  aisbann  DernAnftige  @elbftliebe  genannt  loirb.  Slber  ben  @igen« 
b&nlel  fd^l&gt  fie  gar  nieber,  inbem  alle  anfprflc^e  ber  @elbftfd^d^ung, 

90  bie  oor  ber  Übereinftimmung  mit  bem  ftttlit^en  ®efe^e  Dorl^ergel^en,  nid^ttg 
unb  ol^ne  alle  99efugnig  ftnb,  inbem  eben  bie  ©etoi^l^eit  einer  ®e|innung, 
bie  mit  biefem  ®efe^e  Abereinftimmt,  bie  erfte  93ebingung  alles  SBertl^S 
ber  $erfon  ift  (mie  loir  balb  beutlid^er  mad^en  »erben)  unb  aOe  Slnmagung 
oor  berfelben  falfdd  unb  gefe^mibrig  ift.  Stun  gel^ört  ber^ang  gur  @elbft< 

as  fd^&^ung  mit  gu  ben  Steigungen,  benen  bas  moralifd^e  ®efe^  Slbbrud^  t^ut, 
fo  fern  fene  bloS  auf  ber  @innlid^teit  berul^t.  Sllfo  f(i)ligt  baS  moralifd^e 
©efe^  ben  Sigenbfinfel  nteber.  ^a  biefes  ®efe^  aber  bod^  etmaS  an  ftc^ 
$ofttit)eS  ift,  n&mltd^  bie  t^orm  einer  inteDectuellen  ßaufalitdt,  b.  i.  ber 
grreil^eit,  foift  eS,  inbem  eS  im  ®egenfa^e  mit  bem  fubfectiDen  äßiberfpiele, 

30  ndmlid^  ben  Steigungen  in  uns,  ben  @igenbfinfel  fd^mäd^t,  gugleid^  ein 
®egenftanb  ber  Sld^tung  unb,  inbem  eS  il^n  fogar  nieberfd^Iägt,  b.  i. 
bemütl^igt,  ein  ©egenftanb  ber  größten  Sld^tung,  mithin  aud^  ber®runb 
eines  pofitiDen  ©efül^lS,  baS  nid^t  empirifd^en  UrfprungS  ift  unb  a  priori 
erfannt  toirb.  aifo  ift  ^d^tung  ffirS  moralifd^e  ®efe^  ein  ©efAl^l,  loeld^eS 

35  burd^  einen  inteQectuellen  ®runb  geioirtt  loirb,  unb  biefeS  ®efä]^l  ift  baS 
eingige,  toeld^eS  »ir  Döllig  a  priori  erfennen,  unb  beffen  Stot^toenbigfeit 
loir  einfel^en  I5nnen. 


74       Ärltil  ber  proftiWen  Scmunft.   1.  %^l  1.  »u*.  3.  ^oiH)t|iö(I. 

Sßir  l^aben  im  ))or{0en  ^aitptftüdCe  gefeiten:  ba^  atteö,  toa«  {!$  alS 
Dbicct  bcS  SBiUcnö  uor  bem  moraUfd^cn  ©cfc^c  barbietet,  »on  ben  Sb^ 
fiimmunflöflrünbcn  be«  SBlDcn«  unter  bem  SHamen  bc«  unbeblngt  ®utcn 
bnxäi  bicjeg  ®cfcfe  fclbfl,  al8  bic  obcrftc  Scbingung  bcr  praltifc^cn  Scr» 
nunfi,  auagef^^Ioffen  »erbe,  unb  bofe  bie  blofee  prattifd^e  gorm,  ble  in  ber  5 
Saufllid^feit  ber  SWajrimen  jur  attflemeinen  ©efe^gebunß  befielt,  juerft 
baS,  ttaS  an  jid^  unb  fd^Ied^terbingS  gut  ift,  befiinime  unb  bie  3Stafmt 
eine«  reinen  SBiDenö  grünbe,  ber  aUein  in  aUer  «bfi^t  gut  ijl.  «un  flnben 
»ir  oberunfere  5Ratur  alä  flnnlid^er  SBefen  fo  befd^affen,  bafe  bie  SWateric 
bes  93egel^rungdt)erm5genS  (©egenftdnbe  ber  Steigung,  e«  fei  ber  Hoffnung  lo 
ober  gurd&t)  pd^  guerjl  aufbringt,  unb  unfer  pat^ologlf^  beflimmbare« 
Selbft,  ob  es  gleid^  burd&  feine  SWajrimen  gur  allgemeinen  ®efe^gebung 
gang  untauglid^  ift,  bennodb,  gleid^  als  ob  ed  unfer  gange«  @elbfi  au«< 
mad^te,  feine  Slnfprfic^e  oorl^er  unb  al«  bie  erften  unb  urfprflnglid^en 
geltenb  gu  machen  beftrebt  fei.  SRan  lann  biefen  $ang,  ftd^  felbft  nad^  n 
ben  fubjectiDen  IBeftimmung«grünben  feiner  äSilltfir  gum  obiectiDen  93e» 
fiimmungSgrunbe  be«  SßiUen«  überi^aupt  gu  mad^en,  bie  @elbfiliebe 
nennen,  meiere,  toenn  fie  ft(^  gefe^gebenb  unb  gum  unbebingten  praftifd^en 
$rincip  mad^t,  @igenbäntel  feigen  (ann.  9lun  fd^liegt  ba«  moralifd^e 
®efe^,  meldte«  allein  mal^rl^aftig  (n&mlid^  in  aller  Sbfid^t)  obiectiD  x%  so 
ben  @influ^  ber  @elbftliebe  auf  ba«  oberfte  praltifd^e  ^rinctp  g&ngli(^ 
au«  unb  tl^ut  bem  @igenbitntel,  ber  bie  fubiectioen  SBebingungen  ber  erfte» 
ren  al«  ©efe^eDorfd^reibt,  unenblid^en  sibbrud^.  äSa«  nun  unferem  ßigen" 
b&ntel  in  unferem  eigenen  Urtl^eil  abbrud^  tl^ut,  ba«  bemütl^igt.  Sllfo  be« 
mätl^igt  ba«  moralifd^e  ®efe^  unDermeiblid^  {eben  SRenfc^en,  inbem  biefer  26 
mit  bemfelben  ben  finnlic^en  ^ang  feiner  9latur  oergleid^i  S)a«jienige, 
beffen  SSorfteQung  al«  99eftimmung«grunb  unfere«  äSillen«  un« 
in  unferem  @elbftbett)ugtfein  bemütl^igt,  erioedtt,  fo  fern  al«e«  pofitio  unb 
Seftimmung«grunb  ift,  für  fid^  Sld^tung.  aifo  ift  ba«  moralifd^e  ®efe| 
au^  fubiectio  ein  ®runb  ber  Sld^tung.  S)a  nun  alle«,  ma«  in  ber  @elbft»  so 
liebe  angetroffen  wirb,  gur  Steigung  ge^Jrt,  alle  Steigung  aber  auf  ®e» 
fül^len  beruht,  mitl(|in,  ma«  allen  Steigungen  in«gefammt  in  ber  Selbftliebe 
Slbbrud^  tl^ut,  eben  baburd^  not^koenbig  auf  ba«  ®efft]^l  (Sinflug  ^at,  fo 
begreifen  mir,  mie  e«  moglid^  ift,  a  priori  eingufeben,  bog  ba«  moralifd^e 
®efe^,  inbem  e«  bie  Steigungen  unb  ben  ^ang,  fie  gur  oberften  praftifd^en  35 
Sebingung  gu  mad^en,  b.  i.  bie  Selbftliebe,  oon  allem  Seitritte  gur  ober» 
ften  ®efe^gebung  au«fd^lie|t,  eine  SBtrfung  auf«  ©efül^l  ausüben  lönnei 


iBon  bm  Xriebfebent  bet  reinen  pra!tif<i(en  Vernunft.  75 

tt>eld^e  einerfeite  blod  negativ  ifl,  anbererfeitö  unb  gttar  in  Slnfel^ung 
bed  einf(]^rdnlenben  ®runbed  ber  reinen  praftifd^en  93ernunft  pof itit)  i[t, 
unb  tooju  gar  leine  befonbere  Slrt  Don  ®efül^Ie  unter  bem  Flamen  eined 
praftifd^en  ober  mordifd^en  aU  Dor  bem  moralifd^en  ®efe|^e  Dorl^ergel^ienb 
9  unb  il^m  gum  ®runbe  liegenb  angenommen  tt)erben  barf. 

®le  negative  aSirfung  auf  Ocfül^I  (ber  ttnannel^mlicftleit)  ift,  fo  tole 
aUer  ISin^ug  auf  baffelbe unb  teie  j[ebed  ©efAl^l flberl^aupt,  |)at]^oIogif d^. 
atö  äSirlung  aber  Dom  Semu|tfein  bed  moralifd^en  ©efe^ed,  foIgUd()  in 
93egiel(|ung  auf  eine  inteOigibele  Urfa^e,  nfimlic^  ba8  Subfect  ber  reinen 

10  yraltifd^en  äSernunft  a\&  oberften  ®efe^geberin,  l^ei^t  biefed  ®effl]^l  eines 
Dernänftigen  t)on  Steigungen  afficirten  ©ubjects  gtoar  S)emüt]^igung  (in« 
teOectuene  SSerad^tung),  aber  in  IBegiel^ung  auf  ben  pofitiDen  ®runb  ber« 
felben,  baS  ®efe^,  gugleidti  Sichtung  für  baffelbe,  für  loeld^eiS  ®efe^  gar 
lein  ®efül^l  ftatt^nbet,  fonbern  im  Urtl^eile  ber  S^ernunft,  inbem  eS  ben 

15  äSiberftanb  au8  bem  Sege  fd^afft,  bie  SSegr&umung  eines  ^inberniffeS 
einer  pofitiDen  Sefbrberung  ber  Saufalitat  gleid^gef(b&|^t  loirb.  S)arum 
tann  biefeS  ©efül^l  nun  aud^  ein  (Sefül^l  ber  Sichtung  für«  moralifd^e  ®e« 
fe^,  aus  beiben  ®rünben  jufammen  aber  ein  moralifd^eS  ®ef ü^l  ge« 
nannt  toerben. 

30  S)aS  moralifd^e  ®efe^  alfo,  fo  loie  eS  formaler  SeftimmungSgrunb 
ber  ^anblung  ift,  burd^  praftifd^e  reine  SSernunft,  fo  toie  eS  gioar  aud^ 
materialer,  aber  nur  objectioer  SSeftimmungSgrunb  ber  ®egenftAnbe  ber 
^anblung  unter  bem  Flamen  beS  ®uten  unb  SBöfen  ift,  fo  ift  eS  au(^  fub» 
fectiDer  SeftimmungSgrunb,  b.  i.  5{;rtebfeber,  gu  biefer  ^anblung,  inbem 

35  es  auf  bie  @innli(^teit  beS  ©ubfects  @influB  l^at  unb  ein  ©efül^l  bemirft, 
meld^eS  bem  (Sinfluffe  beS  ©efe^eS  auf  ben  SSiOen  beförberlic^  ift.  .^ier 
gel^t  lein  ®efül^l  im  @ubiect  Dörfer,  baS  auf  9Roralit&t  geftimmt  te&re. 
S)enn  baS  iß  unmbglid^,  »eil  alles  ©efül^l  finnlic^  ift;  bie  Sriebfeber  ber 
fittlid()en  ®e|innung  aber  mu|  t>on  aller  pnnlid()en  Sebingung  frei  fein. 

30  SSielmel^r  ift  baS  finnlid^e  ©efül^l,  toaS  aEen  unferen  Steigungen  gum 
®runbe  liegt,  gtoar  bie  Sebingung  berienigen  @m^finbung,  bie  loir  Sd^« 
tung  nennen,  aber  bie  Urfad()e  ber  93eftimmung  beffelben  liegt  in  ber  reinen 
prattifd^en  SSernunft,  unb  biefe  @m|)finbung  fann  ba^er  il^res  UrfprungeS 
toegen  nid^t  |)at]^ologifd(),  fonbern  mu|  prattifd^  getoirtt  ]^ei|en:  inbem 

S5  babur(b,  ba|  bie  SSorftellung  beS  moralifd^en  ®efe^eS  ber  (Selbftliebe  ben 
(Stußu^  unb  bem  (Sigenbüntel  ben  äBal^n  benimmt,  baS  ^inberni|  ber 
reinen  praftifd^en  SSernunft  oerminbert  unb  bie  33orftellung  beS  9}orjugeS 


76        5h:ttil  t>er  ))ralttfd^en  Vernunft.  1.  S^eU.  1.  93u<i(.  8.  ^ais))tflüdP. 

il^rc«  obiccttoen  ©cfcfte«  t)or  bcn  antrieben  ber  ©innlid^Ieit,  mltl^ln  ba« 
®ett)id^t  beiS  erfteren  relatb  (in  Snfel^nng  eines  burd^  bie  le^tere  afflcir« 
ten  SSiUend)  hvLX<li  bie  SBegfc^affung  beS  ©egengetoid^tö  im  Urtl^eile  ber 
SSernunft  l^ierDorgebrac^t  ttirb.  Unb  fo  ift  bie  ^(bhtng  ffirS  ®efe^  nid^t 
Sriebfeber  gur  Sittlid^Ieit,  fonbem  fie  i[t  bie  @ittlid)teit  felbft,  fnbiectit)  5 
als  5{;riebfeber  betrad^tet,  inbem  bie  reine  |)raltifd^e  93ernunft  baburd^,  ba| 
fie  ber  @elbftliebe  im  ®egenfa^e  mit  il^r  aQe  ainf|)rüd^e  abfd^I&gt,  bem 
©efe^e,  bai  fe^t  aQein  6in^ug  l^at,  Snfel^en  i9erfd()afft.  ^iebei  ift  nun  gu 
bemerlen:  bag,  fo  tt)te  bie  ad()tung  eine  SBirhtng  aufiS  ©efftl^l,  mitl^in  auf 
bie  Sinnlid^Ieit  eine«  Dernfinftigen  SBefen«  ift,  eS  biefe  Sinnli^teit,  mit«  lo 
l^in  aud^  bie  @nblid^leit  fold^er  SSefen,  benen  bad  moralifc^e  ®efe^  ad§< 
tung  auferlegt,  üorauSfe^e,  unb  bag  einem  ^bc^ften,  ober  aud^  einem  i9on 
aller  @innlid^Ieit  freien  SBefen,  n)eld()em  biefe  alfo  aud^  lein  $inberni| 
ber  praltifd^en  93ernunft  fein  lann,  ^d^tung  färS  ®efe^  nW  beigelegt 
toerben  lönne.  » 

S)iefed  ©effll^l  (unter  bem  Flamen  bed  moralifc^en)  ift  alfo  lebiglid^ 
burd^  äSernunft  bemirtt.  6S  bient  nic^t  ju  SBeurtl^eilung  ber  ^anblungen, 
ober  too^l  gar  jur  ®rünbung  be«  objeclitien  ©ittengefefec«  felbft,  fonbem 
bloS  gur  5£riebfeber,  um  biefeiS  in  ftd^  gur  3Rarime  ju  mad^en.  3Rit  tt)eld^em 
atamen  aber  tbnnte  man  biefeS  fonberbare  ©efill^l,  mViiti  mit  feinem  ao 
|)at]^ologifd^en  in  äSergleid^ung  gegogen  »erben  lann,  fd^idtlic^er  belegen? 
(S^  ift  fo  eigentJ^ümlid^er  Srt,  ba^  eS  lebiglic^  ber  SSernunft  unb  gioar 
ber  praftifd^en  reinen  Vernunft  gu  ®ebote  gu  ftel()en  fdf)eint. 

9 d^ tung  ge^t  iebergeit  nur  auf  ^erfonen,  niemals  auf  @ad()en.  S)ie 
le^tere  WnnenSRcigung  unb, wenn  eSSl&iere  ftnb(g.a3.$ferbe,^unbeK.),  »5 
fogar  Siebe,  ober  auc^  i^urc^t,  wie  baS  SReer,  ein  93ulcan,  ein  Staub« 
tl^ier,  niemals  aber  Sld^tung  in  unS  erweden.  (StmaS,  was  biefem  ®e« 
fül^l  fc^on  nftl^er  tritt,  ift  Sewunberung,  unb  biefe  als  Effect,  baS  er« 
ftaunen,  fann  auc^  auf  Sachen  gelten,  g.  S3.  l^immell^ol^e  Serge,  bie®röge, 
SRenge  unb  Sßeite  ber  SSeltI5r|)er,  bie  @t&rfe  unb  ®efd()winbigteit  mancher  ao 
2:^iere  u.  f.  w.  Slber  alles  biefeS  ift  nid^t  Sichtung.  (Sin  SReufd^  lann  mir 
aud§  ein  ®egenftanb  ber  Siebe,  ber  Surd^t,  ober  ber  99ewunberung,  fogar 
bis  gum  (Srftaunen,  unb  bod^  barum  !ein  ®egenftanb  ber  Sd^tung  fein. 
@eine  fd^ergl^afte  Saune,  fein  3Rut^  unb  @tdr{e,  feine  3Rad^t,  burd^  feinen 
SRang,  ben  er  unter  anberen  l^at,  tonnen  mir  bergleid^en  (Smpfinbungen  » 
einflbien,  eS  fel^lt  aber  immer  nod^  an  innerer  Sc^tunj)  gegen  il^n.  fronte« 
nelle  fagt:  93or  einem  äSornel^men  b&de  id^  mi^,  aber  mein  ®eifl 


©on  ben  3:r!ebfebent  her  reinen  ^jraftifd^eu  Sernunft.  77 

büdt  f  id^  nid^t.  3(i^  lann  l^ingu  fe^en:  SSor  einem  niebrieen,  burgerlid^ 
gemeinen  SRann,  an  bem  id^  eineSted^tfd^affenl^ett  beS  S^aralterS  in  einem 
geiDiffen  SRage,  atö  id^  mir  tion  mir  felbft  nid^t  bettu^t  bin,  ttal^rnel^me, 
büdtt  fid^  mein  (Seift,  ic^  mag  ttoDen  ober  nid^t  unb  ben  Aopf  nod^ 

5  fo  ^od^  tragen,  um  il^n  meinen  SSorrang  nid)t  überfeinen  ju  laffen.  SBarum 
baS?  @ein  Seifpiel  l^&It  mir  ein  ®efe^  tior,  baS  meinen  (Sigenbfinfel 
nieberfd^I&gt,  koenn  id^  eS  mit  meinem  äSerl^alten  Dergleid^e,  unb  beffen 
Sefolgung,  mitl^in  bie  SEl^unlic^feit  beffclben,  id^  burdfe  bieSSil&at  be« 
toiefen  tior  mir  fel^e.   9lun  mag  id^  mir  fogar  eined  gleid^en  ®rabed  ber 

10  SHec^tfd^af en^eit  bemüht  fein,  unb  bie  Sd^tung  bleibt  bod^.  3)enn  ba  beim 
^Renfd^en  immer  aUed  ®ute  mangell^aft  ift,  fo  fd^I&gt  baS  ©efe^,  burd^ 
ein  8eifpiel  anfd^aulid^  gcma(^t,  bod^  immer  meinen  Stolg  nieber,  oogu 
ber  SRann,  ben  id^  oor  mir  fe^e,  beffen  Unlauterfeit,  bie  il^m  immer  nod^ 
anl^&ngen  mag,  mir  nid^t  fo  loie  mir  bie  meinige  belannt  ift,  ber  mir  alfo 

15  in  reinerem  Sid^te  erfd^eint,  einen  SRagftab  abgiebt.  Sd^tung  ift  ein 
3:ribut,  ben  toir  bem  SSerbienjte  nid^t  Denoeigern  f5nnen,  »ir  mögen 
moDen  ober  nid^t;  tt)ir  mbgen  aQenfaHS  du^erlid^  bamit  jurüd^alten,  fo 
I5nnen  mir  bod^  nid^t  l^erl^fiten,  fie  innerlid^  ju  empfinben. 

S)ie  Sid^tung  ifl  fo  koenig  ein  ©effil^I  ber  Suft,  bag  man  Ttd^  xfix  in 

ao  anfel^ung  eines  SRenfd^en  nur  ungern  Aberlfigt.  SRan  fud^t  etmaS  auS« 
finbig  gu  machen,  mad  unS  bie  Saft  berfelben  erleid^tern  tonne,  irgenb 
einen  Sabel,  um  und  »egen  ber  S^emfitl^igung,  bie  und  burd^  ein  fold^ed 
Seifpiel  miberfdl^rt,  fdf)ablo8  gu  l^alten.  Selbft  Serftorbene  finb,  üornel^m« 
lid^  menn  il^r  Seifpiel  unnac^aJ^mlid^  fd^eint,  tior  biefer  j^ritil  nid^t  immer 

«5  gefid^ert.  Sogar  baämoralifd^e  ®efe|j  felbft  in  feiner  feierlid^en  SRa* 
ieftdt  ift  biefem  Seftreben,  ftd^  ber  ^d^tung  bagegen  gu  ermel^ren,  auS«> 
gefejjt.  SWeint  man  tool^I,  bafe  eS  einer  anberen  Urfad^e  guäufd^reiben  fei, 
tt>e8tt)egen  man  eS  gern  gu  unferer  Dertraulid()en  9leigung  l^erabmfirbigen 
möd^te,  unb  fid^  auS  anberen  Urfad^en  aDed  fo  bemalte,  um  e8  gur  beliebten 

80  SSorfd^rift  unfered  eigenen  lool^toerftanbenen  SSortl^eitö  gu  mad()en,  ald  bag 
man  ber  abfd^redtenben  8ld()tung,  bie  und  unfere  eigene  Unmfirbigfeit  fo 
ftrenge  Dorl^&It,  lod  koerben  m5ge?  ©kid^mol^I  ift  barin  bod^  aud^  mieberum 
fo  menig  Unluft:  ba^,  toenn  man  einmal  ben  @igenbfinTel  abgelegt 
unb  iener  Sd^tung  praltifd^en  @influ6  oerftattet  l^at,  man  fic^  koieberum 

35  an  ber  ^errlid^Ieit  biefed  ©efe^eS  nid()t  fatt  feigen  lann,  unb  bie  @eele  fid() 
in  bem  SRa^e  felbft  gu  erl^eben  glaubt,  als  fie  baS  ^eilige  ®efe^  über  fid^ 
unb  il^re  gebred^ltd^e  Slatur  erl^aben  {ie^t.  Qxoax  tbnnen  gro|e  Salente  unb 


78       Mtil  ber  ^^rafafd^en  a^emuiift.  1.  ^t\l  1.  Sud^.  3.  ^auptflflde. 

eine  il^nen  ))ro))ortionirte  Sl(|fitigfeit  aud^  Sld^tung  ober  ein  mit  berfelben 
analogifdieg  ©efü^I  betoirfen,  ed  ifi  au(^  gang  anftdnbig  t^  i^nen  gu 
koibmen,  unb  ba  fc^eint  eS,  aU  ob  Setounberung  mit  fener  Smpftnbung 
einerlei  fei.  8Qein  koenn  man  nöl^er  gufiel^ti  fo  ttirb  man  bemerfen,  bag, 
ba  es  immer  ungekoig  bleibt,  oie  Diel  bad  angeborne  Salent  unb  mie  Diel  s 
Kultur  burd^  eigenen  t^leig  an  ber  ®e{d)idni(i^feit  Stl^eU  l^abe,  fo  fteQt  und 
bie  SSemunft  bie  Untere  mutl^maglid^  ald  ^rud^t  ber  @ultur,  mitl^in  als 
SSerbienft  Dor,  m\iit&  unferen  ßigenbfinlel  mertlic^  l^erabftimmt  unb  uns 
barfiber  entoeber  93ortt)&rfe  mad^t,  ober  unS  bie  Sefolgung  eines  fold^en 
SeifpielS  in  ber  Sri,  mie  eS  unS  angemeffen  ift,  auferlegt.  @ie  ift  alfo  lo 
nid^t  bloge  Seiounberung,  biefe  Sichtung,  bie  U)ir  einer  fold^en  ^erfon 
(eigentlid^  bem  ©efe^e,  maS  unS  fein  93eifpiel  Dorl^AIt)  beU)eifen;  tt)eIdl)eS 
^d^  aud^  baburd()  beftAtigt,  ba^  ber  gemeine  {^aufe  ber  2tebl(|aberi  loenn  er 
baS  @(])Ied^te  beS  ßl^arafterS  eines  fold^en  SRanneS  (tt)ie  etma  SSoltaire) 
fonft  tt)ol^er  erlunbigt  gu  l^aben  glaubt,  ade  Sd^tung  gegen  il^n  aufgiebt,  i» 
ber  U)a]^re  ®elel^rte  aber  fte  nod^  immer  loenigftenS  im  ©efid^tspuntte 
feiner  Salente  fül^lt,  m\\  er  felbft  in  einem  ©efd^&fte  unb  Serufe  Der« 
tt)idelt  ift,  teeld^eS  bie  ^Rac^al^mung  beffelben  il^m  geoiffermagen  gum  ®e« 
fe^e  mad^t. 

Sd^tung  fürs  moralifd^e  ®efe^  ift  alfo  bie  eingige  unb  gugleid^  un«  20 
begD)eifeIte  moralifd^e  5{;riebfeber,  fo  U)ie  biefeS  ©efül^I  aud^  auf  lein  Cb« 
iect  anberS,  als  lebiglid^  auS  biefem  ®runbe  gerid^tet  ift.  ßuerft  beftimmt 
baS  moralifd^e  ®efe|^  obfectiD  unb  unmittelbar  ben  SBillen  im  Urtl^eile  ber 
äSernunft;  Srei^eit,  beren  SaufalitAt  bloS  burd^S  ®efe|^  beftimmbar  ift, 
befielet  aber  eben  barin,  ba^  fie  alle  9leigungen,  mitl^in  bie  SdbA^ung  ber  25 
$erfon  felbft  auf  bie  Sebingung  ber  Befolgung  il^reS  reinen  ©efe^eS  ein« 
fd()rAnIt.  ^iefe  @infd^rdnlung  t^ut  nun  eine  SBirlung  aufS  ©effil^l  unb 
bringt  ßmpfinbung  ber  Unluft  l^erDor,  bie  aus  bem  moralifd^en  ®efe|^e. 
a priori  erlannt  toerben  lann.  ©a fte  aber  bloS  fo  fem  eine  negatioe SBir« 
lung  ift,  bie,  als  aus  bem  @tnfluffe  einer  reinen  prattifc^en  SSernunft  ent«  30 
fprungen,  Dornel^mlid^  ber  Sl^Atigleit  beS  SubfectS,  fo  fern  Steigungen  bie 
SeftimmungSgrfinbe  beffelben  ftnb,  mitl^in  ber  Meinung  feines  perfftn» 
lid^en  SBertl^S  Slbbrud^  t^ut  (ber  ol^ne  (Sinftimmung  mit  bem  moralifd^en 
®efe|^e  auf  nidgts  l^erabgefe^t  koirb),  fo  ift  bie  SBirlung  biefeS  ©efe^eS 
aufs  ©efül^l  bloS  S)emät]^igung,  toeld^e  mir  alfo  gioar  a  priori  einfel^en,  ss 
aber  an  il^r  nid^t  bie  j^raft  beS  reinen  prattifd^en  ©efe^eS  als  Sriebfeber, 
fonbem  nur  ben  SBiberflanb  gegen  Sriebfebern  ber  ©innlid^feit  erfennen 


Sßon  ben  Sciebfebern  ber  reinen  praftifc^en  93ernunft.  79 

I5nnen.  Sßeil  aber  baffeltie  ©efej^  bod^  obiectik),  b.  i.  in  ber  SSorfteDung 
ber  reinen  äSernunft,  ein  unmittelbarer  Seftimmungdgrunb  beiS  SBiQend 
iflf  folfllid^  biefe  S)emfitbi0ung  nur  relativ  auf  bie  9teinigleit  bed  ©efe^ed 
ftattfinbet,  fo  ift  bie  ^erabfe^ung  ber  anfprfidb^  ber  moralifd^en  @elbft» 

5  ftbi^ung,  b.  i.  bie  S^emütl^igung  auf  ber  {tnnlid^en  @eite,  eine  Srl^ebung 
ber  moralifd^en,  b.  t.  ber  ))raftifd^en  @(I^A|^ung  beS  ®efe^ed  felbft,  auf  ber 
inteUectueDen,  mit  einem  SBorte  Sld^tung  ffird  ®efe|^,  alfo  aud)  ein  feiner 
tnteDectueUen  Urfad^e  nad^  pofttiDeiS  ©efil^I,  baS  a  priori  ertannt  oirb. 
3)enn  eine  febe  SSerminberung  ber  ^inberniffe  einer  Sl^ätigfeit  ifl  SBeför» 

10  berung  biefer  Sl^&tigfeit  felbft.  S)ie  Snerlennung  bed  moralifc^en  ©efej^eS 
aber  ift  bad  Semultfein  einer  2:t)AtigIeit  ber  praltifc^en  SSernunft  aud 

.  obiectiDen  ©rauben,  bie  blod  barum  nic^t  il^re  SBirlung  in  ^anblungen 
ftufeert,  weil  fubiectiüe  Urfadien  (patl^ologifcfte)  jie  l^inbern.  SHfo  mufe  bie 
ad^tung  füriS  moralifd()e  ®efe^  au(b  ald  ^ofitiDe,  aber  inbirecte  SBirfung 

15  beffelben  aufs  (Seffil^I,  fo  fem  jened  ben  ^inbernben  (Sinflug  ber  9leigun« 
gen  burd^  S)emfit]^igung  be«  @igenbün{ete  fd^toAc^t,  mitl^in  als  fubiectiüer 
®runb  ber  X^Atigteit,  b.  i.  aliS  Srtebf eber  gu  Befolgung  beffelben,  unb 
ali  (Srunb  gu  3Raj:imen  eines  tl^m  gemAgen  Sebensmanbetö  angefel^en 
»erben,  «u«  bem  ©egriffe  einer  SCriebfeber  entf|)ringt  ber  eine«  Snter» 

20  ef  f  e,  weld^eS  niemals  einem  SBefen,  als  ttaS  SSernunft  l^at,  beigelegt  wirb 
unb  eine5{;riebf eber  beS  SillenS  bebeutet,  fo  fern  fie  burd^  93ernunft 
oorgefiellt  wirb.  S)a  baS  ®efe^  felbft  in  einem  moralifd^  guten  SBiDen 
bie  Sriebfeber  fein  mufe,  fo  ift  baS  moraltfd^e  gntereffe  ein  reines 
ftnnenfreieS  Sntereffe  ber  blogen  |)raltifd^en  SSernunft.  auf  bem  Segriffe 

85  eines  Sntereffe  grünbet  fidf)  aud^  ber  einer  SRajctme.  ©iefe  ift  alfo  nur 
aisbann  moralifdb  Ad^t,  wenn  fie  auf  bem  bloßen  Sntereffe,  baS  man  an 
ber  Befolgung  beS  @efe|^eS  nimmt,  berul^t.  aDe  brei  Segriffe  aber,  ber 
einer  SCriebfeber,  eines  Sntereffe  unb  einer  SWajcime,  fönnen  nur 
auf  enblid^e  äSefen  angewanbt  werben.  S)enn  fie  fe^en  inSgefammt  eine 

so  @ingefd^rAn(t]^eit  ber  !Ratur  eines  äSefenS  DorauS,  ba  bie  fubfectiDe  Sdt^ 
fd^affenl^eit  feiner  SBiOtfir  mit  bem  obiectioen  ®efe^e  einer  praltifd^en 
äSemunft  nid^t  t)on  felbft  übereinftimmt;  ein  Sebftrfnig,  irgenb  woburd^ 
gur  S:^AtigIeit  angetrieben  )u  werben,  weil  ein  inneres  ^inbemi|  berfel« 
ben  entgegenflel(|t.  auf  ben  göttlid^en  SBiUen  tbnnen  fie  alfo  nitbt  ange« 

35  wanbt  werben. 

es  liegt  fo  etwas  SefonbereS  in  ber  grengenlofen  ^od^fd^A^ung  beS 
reinen,  Don  allem  S^ortl^eil  entblb|ten  moralif d()eu  ®efe^eS,  fo  wie  eS  ^raN 


80        ^ritil  bei  prafttfd^en  l^ernunft.   1.  Sl^eil.   1.  Sud^.  3.  i^auptfliUe. 

tifd^c  aSernunft  un«  jur  Scfolgung  üorflcnt,  bcren  Stimme  aud)  bcn  f ül^n« 
ften  f^retiler  gittern  madgt  unb  il^n  nötl^igt,  fid)  k)or  feinem  Snblide  gu  t)eri^ 
bergen:  bag  man  fd^  nid^t  kounbern  barf,  biefen  (Sin^ug  einer  bloS  in» 
tellectuellen  gbee  auf«  (Sefü^l  für  fpeculalitie  JBernunft  unergrünblid&  ju 
finben  unb  fid^  bamit  begnügen  gu  möffen,  bag  man  a  priori  bod^  no(^  fo  5 
Diel  einteilen  lann:  ein  folc^e«  ©eful^l  fei  ungertrennlid^  mit  ber  SSor^eU 
lung  be«  moralifd^en  ®efe^eS  in  j[ebem  enblid^en  tiernünftigen  SBefen  Der« 
bunben.  9B&re  biefeS  ©efül^I  ber  Sid^tung  patl^ologifc^  unb  alfo  ein  auf 
b^m  inneren  @inne  gegrfmbeteS  ®eful^I  ber  Suft,  fo  koflrbe  e«  Dergeblic^ 
fein,  eine  SSerbinbung  berfelben  mit  irgenb  einer  3bee  a  priori  gu  ent«  w 
bedCen.  9lun  aber  ift  e«  ein  ©effll^I,  koaS  blo«  aufS  $ra!tifd^e  gel^t  unb 
gmar  ber  SSorfteHung  eine«  ©efe^e«  lebiglid^  feiner  $orm  nad^,  nid^t 
irgenb  eine«  Dbiect«  beffelben  ttegen  anl^&ngt,  mitl^in  koeber  gum  93er^ 
gnägen,  nod^  gum  @(^merge  gered^net  koerben  lann  unb  bennod^  ein  3n< 
tereffe  an  ber  Befolgung  beffelben  l^erüorbringt,  toeld^e«  »ir  ba«  mo«  u 
ralifdf)e  nennen;  »ie  benn  aud^  bie  ^Äl^igleit,  ein  fold^eg  Sntereffe  am 
©efei^e  gu  nel^men,  (ober  bie  9(d^tung  fflrS  moralifd^e  ®efe^  felbft)  eigent« 
Iid^badmoraUf(^e®effi^Uft. 

3)a8  Setöufetfein  einer  freien  Untertoerfung  be8  SBiUen«  unter  ba« 
®efe^,  bod^  ald  mit  einem  unDermeiblidden  Stt^^nge,  ber  aQen  Steigungen,  ao 
aber  nur  burd^  eigene  SSernunft  anget^an  toirb,  t)erbunben,  ift  nun  bie 
Sld^tung  fürs  ®efe^.  3)a&  ©efe^,  toaS  biefe  Sd^tung  forbert  unb  aud()  ein^ 
flö^t,  ift,  toie  man  fielet,  fein  anbereiS  aliS  bad  moralifd^e  (benn  lein  anbe» 
reiS  fd^Iiegt  alle  Steigungen  üon  ber  Unmittelbarleit  il^red  (Sin^uffeiS  auf 
ben  SSillen  ani).  S)ie  ^anblung,  bie  nad^  biefem  ®efe^e  mit  SluSfd^Iie«  25 
gung  aller  SeftimmungSgrünbe  au«  Steigung  objectit)  ))raltifd^  ift,  l^eigt 
^flic^t,  koeld^e  um  biefer  Sludfd^Iiegung  koiQen  in  i^rem  Segriffe  pxah 
tifd^e  9l5tl^igung,  b.  i.  SBeftimmung  gu  ^anblungen,  fo  ungerne,  loie 
fie  aud()  gefd^el^en  mögen,  entl^dlt.  S)a8  ©efül^I,  baiS  aud  bem  Settultfein 
biefer  Slöt^igung  entf))ringt,  ift  ni(^t  ^atl^ologifc^,  atö  ein  fold^ed,  toaS  30 
t)on  einem  ©egenftanbe  ber  Sinne  gemirft  toürbe,  fonbern  allein  |)raftifd^, 
b.  {.  burd^  eine  t)or]^erge]^enbe  (obfectit^e)  äBiUenSbeftimmung  unb  (Saufa< 
lit&t  ber  SSernunft,  möglid^.  @8  entl^dlt  alfo,  al«  Unterkoerfung  unter 
ein  ®efe^,  b.  i.  als  ©ebot  (meld^eS  für  baS  ftnnlid^  afpcirte  @ub|ect  Strang 
anfünbigt),  leine  Suft,  fonbern  fo  fern  oielmel&r  Unluft  an  ber  ^anblung  35 
in  fid^.  S)agegen  aber,  ba  biefer  StoanQ  hloi  burd^  ©efe^gebung  ber 
eigenen  S^emunft  auggeübt  )9irb,  enthält  ti  aud^  Srl^ebung,  unb  bie 


Son  ben  3:riebfebeni  her  reinen  ^)ra!ttfd^en  5)ernunft.  81 

fubicctiüc  SBirfung  auf«  ®effl]^I,  fo  fern  baüon  reine  <)rafttf(!^e  Sernunft 
Me  aHeinige  Urfad^e  ift,  tann  alfo  bloö  @eIbft6iUigung  in  Slnfel^ung 
ber  festeren  l^cifeen,  inbcm  man  ftd^  bagu  ol^ne  atte«  Sntereffe  Mo«  burc^« 
®efe^  beflimmt  erlennt  unb  {id^  nunmel^r  eine«  ganj  anberen,  baburd^ 

5  fttbiectlö  j^eroorgebrad^ten  Sntereffe,  »eld&e«  rein  praftifd^  unb  frei  ifl, 
bettugt  wirb,  oeld^e«  an  einer  ))flid^tmdgigen  ^anblung  gu  nel^men,  nid^t 
etwa  eine  SHeigung  anrätJ^ig  ift,  fonbcrn  bie  SBernunft  burd^«  praltifd^e 
®cfe^  fc^led^tl^in  gebietet  unb  aud^  »irflid^  Ifterüorbrlngt^barum  aber  einen 
flanj  eiflent^ümlid^cn  Flamen,  nämlid^  ben  ber  «(^tung,  fül^rt. 

10  3)er  »egriff  ber  $flidf)t  forbert  alfo  an  ber  ^anblung  objectio 
Ubereittftimmung  mit  bem  ®efe^e,  an  ber  SRajcime  berfelben  aber  fubiec»: 
tio  ad^tung  für«  ®efe^,  al«  bie  alleinige  a3eftimmung«art  be«  äBtaen« 
burd^  baffelbe.  Unb  barauf  berul^t  ber  Unter{dE)teb  gmifdgen  bem  f6m\x%U 
fein,  pfUc^tmAgig  unb  au«  $fU<i^tr  b.  i.  au«  8[d()tung  ffir«  ®efe^,  ge« 

15  ^anbelt  }u  l^aben,  baDon  ba«  erftere  (bie  Segalit&t)  aud^  moglid^  ift,  toenn 
Steigungen  blo«  bie  IBeftimmung«gränbe  be«  SBiDen«  gen)efen  lodren, 
ba«  jmeite  aber  (bie  SWoraliidt),  ber  morallfd^e  SBertl^,  lebigUd^  barin 
gefeilt  koerben  mug,  bag  bie  ^anblung  au«  ^flid^t,  b.  i.  blo«  um  be«  ®e« 
fe^e«  toiEen,  gefd^e^e.*) 

20  (S«  ift  t)on  ber  größten  SSid^tigleit  in  allen  moralifd^en  Seurtl^eilun« 
gen  auf  ba«  fubiectioe  $rtncip  aller  SRajrimen  mit  ber  duger{ten  ©enauig« 
feit  Sl(^t  )u  l^aben,  bamit  alle  äßoralitdt  ber  ^anblungen  in  ber  Slotl^^ 
koenbigleit  berfelben  au«  $flid^t  unb  au«  9l(t)tung  fär«  ®efe^,  ni(^t  au« 
Siebe  unb  Suneigung  gu  bem,  toa«  bie  ^anblungen  l^eroorbringen  foQen, 

25  gefejjt  »erbe.  Sfür  ?Wenfd^en  unb  alle  erfd^affene  oernünftige  SBefen  ifl  bie 
moralifij^e  Stotl^menbigteit  9t5tl^igung,  b.  i.  Sßerbinblid^feit,  unb  {ebe  bar« 
auf  gegrfinbete  ^nblung  al«  ^fli(^t,  nid^t  aber  al«  eine  un«  oon  felbft 
fd^on  beliebte,  ober  beliebt  »erben  lönnenbe  SBerfal^rungSart  oorguflellen. 
®leid^  al«  ob  »ir  e«  bal^in  femal«  bringen  tonnten,  ba^  ol^ne  Sld^tung 


30  *)  SBenn  man  ben  SBegrtff  ber  %^imq  ffir  $erfonen,  fo  toie  er  t)orl^er  bor- 

gelegt  toorben,  genau  ertodgt,  fo  wirb  man  gewal^r,  bag  f!e  immer  auf  bem  S3en)u|t« 
fein  einer  ^flic^t  beruhe,  bie  un«  ein  S3eifpiel  oorl^&ti,  unb  bog  alfo  9[<!^tung  niemal« 
einen  anbem  al«  moralifc^en  ©runb  l^aben  I5nne,  unb  ed  fel^r  gut,  fogar  in  pf^c^olo« 
gif^er  9{bf!(!^t  gur  ^enf^enfenntnig  fel^r  nfi^li^  fei,  aUerwört«,  too  wir  biefen  $lu«- 

35  brudf  brauchen,  auf  bie  gel^eime  unb  wunbemdwfirbige,  babei  aber  oft  oorfommenbe 
difi^c^t,  hie  ber  SKenfc^  in  feinen  S3eurt^eilungen  auf«  moralif^e  ®efe^  nimmt,  fld^t 
gul^ben. 

«atiff  «(Triften.    SBeifc.  V.  6 


82        ^itil  ber  praftifd^en  «ertmnft.  1. 2:^fil.  1.  Sud^.  3.  ^auptfHtd. 

fflrö  ®efc^,  tocld^c  mit  gutii^t  ober  tocnlgftcti«  »cforgnife  t>ox  Übertretung 
t)erbunben  Ift,  tt)ir  oie  bie  fiber  aQe  abl^ängigfett  erl^abene  ©ottl^eit  Don 
felbfi,  gletd^fam  burd^  eine  unS  gur  Statur  gekoorbene,  niemals  gu  t)er« 
rfidenbe  Übereinftimmung  bed  SBiUeniS  mit  bem  reinen  jSittengefe^e  (rotU 
d^ed  alfo,  ba  mir  niemals  oerfud^t  merben  tonnten,  il^m  untreu  gu  merben,  s 
mol^I  enblid)  gar  aufl(|ören  lönnte  ffir  und  ®ebot  gu  fein),  {emals  in  ben 
93e^^  einer  ^eiligfeit  beS  SßiQeniS  fommen  tonnten. 

S)a&  moralifc^e  ®efe^  ift  ndmlid^  für  ben  SBillen  eines  aüerDoIItom« 
menften  äßefenS  ein  ®efe^  ber  ^eiligleit,  ffir  ben  SSiOen  {ebed  enb* 
Iid)en  bernfinftigen  SSefend  aber  ein  ®efe|  ber  $fli4t,  ber  moralifd^en  lo 
9l5t]^igung,  unb  ber  Seftimmung  ber  ^anblungen  beffelben  burd^  ad^< 
tung  ffir  bieS  @efe^  unb  auS  @]^rfurd()t  ffir  feine  $flid^t.  Sin  anbereS 
fubjectiDeS  $rinci|)  mug  gur  Sriebfeber  nid^t  angenommen  iDerben,  benn 
fonft  tann  gmar  bie  ^anblung,  mie  baS  ®efe^  pe  i9orf(breibt,  ausfallen, 
aber  ba  f!e  gmar  |)flid^tmdgig  ift,  aber  nid^t  aus  $flid^t  gefd)ie^t,  fo  ift  » 
bie  @epnnung  bagu  nic^t  moralifd^,  auf  bie  eS  bod^  in  biefer  (Sefe^gebung 
eigentlich  antommt. 

@S  ift  fel^r  fd^bn,  aus  Siebe  gu  SRenfd^en  unb  tl^eilnel^menbem  SSol^I« 
moQen  il^nen  ®uteS  gu  tl^un,  ober  auS  Siebe  gur  Drbnung  geredet  gu  fein, 
aber  baS  ift  noc^  nid^t  bie  &d^te  moralifc^e  SRajcime  unferS  SBerl^altenS,  so 
bie  unferm  @tanb|)unlte  unter  oernftnftigen  SSefen  als  SRenfd^en  an« 
gemeffen  tft,  menn  mir  unS  anmaßen,  gleid^fam  als  SSolont&re  unS  mit 
ftolger  ßinbilbung  fiber  ben  ®ebanten  t)on  $flid^t  meggufe^en  unb,  als 
oom  ®ebote  unabhängig,  bloS  auS  eigener  Suft  baS  tl^un  gu  moDen,  mogu 
ffir  uns  tein  ®ebot  nbtl^ig  märe.  SBir  ftcl^en  unter  einer  3)ifci|)lin  ber  w 
Vernunft  unb  mfiffen  in  aUen  unferen  SRajrimen  ber  Untermfirflgteit  unter 
berfelben  nid^t  Dergeffen,  il^r  nid^ts  gu  entgleisen,  ober  bem  älnfel^en  beS 
®efe^eS  (ob  eS  gleid^  unfere  eigene  Vernunft  giebt)  burd^  elgenllebigen 
SBal^n  baburd^  etmaS  abguffirgen,  ba^  mir  ben  SeftlmmungSgrunb  unfe« 
res  SBiDenS,  menn  gleich  bem  ®efe^e  gemdg,  bod^  morin  anberS  als  im  so 
®efe^e  felb{i  unb  in  ber  Sld^tung  ffir  biefeS  ®efe^  festen,  ^flid^t  unb 
@(^ulbigtelt  finb  bie  ^Benennungen,  bie  mir  aQeln  unferem  SSer^dltniffe 
gum  moralifc^en  ®efe^e  geben  mfiffen.  9Bir  ftnb  gmar  gefe^gebenbe  ®lie» 
ber  eines  burdfe  ^rel^eit  miglid^en,  burd^  1)rattifd6e  SSernunft  unS  gur 
Sc^tung  oorgejlellten  Sieic^S  ber  Sitten,  aber  bod^  gugleic^  Untertl^anen,  ss 
ntd^t  baS  Oberhaupt  beffelben,  unb  bie  SSertennung  unferer  nieberen  Stufe 
als  ®ef(^bpfe  unb  SBeigerung  beS  @lgenbfintels  gegen  baS  ^Infel^en  beS 


8on  ben  Siriebfebent  ber  reinen  ))roftifd^eii  Oermmft  83 

l^eiltgen  ©efe^eiS  tft  fd^on  eine  Slbtrünniglett  t>on  bemfel6en  bem  ©elfte 
nad^,  loenn  gleid^  ber  Sud^ftabe  beffelben  erfüQt  toürbe. 

Eternit  [ttmmt  aber  bieSRoglit^teit  eine«  folgen  ©ebots  al&:  Siebe 
@ott  ikber  alle«  unb  beinen  SlA^ften  aU  bid^  felbft*)  ganj  xooifi 

5  gufammen.  3)enn  ed  forbert  bod()  als  ®ebot  Sc^tung  für  ein  ®efej^,  baS 
Siebe  befiehlt,  unb  überl&gt  ed  nid^t  ber  beliebigen  äSal^I,  ßd^  biefe 
}uni  ^rincip  )u  mad^en.  Slber  Siebe  gu  @ott  als  Steigung  (patl^ologifc^e 
Siebe)  ifi  unmöglich;  benn  er  ijl  fein  ®egenftanb  ber  Sinne.  @ben  bie« 
felbe  gegen  9Renf(ben  ifi  goar  möglich,  lann  aber  nid^t  geboten  »erben; 

10  benn  ed  fielet  in  leineS  3Renfd^en  SSermögen,  {emanben  bloS  auf  iBefel^I  ju 
lieben.  ^Ifo  ift  ed  bloS  bie  pr alt ifdb^  Siebe,  bie  in  ienem  Jtern  aQer 
®efe^e  Derftanben  teirb.  ®ott  lieben,  l^eigt  in  biefer  Sebeutung,  feine 
®ebote  gerne  tl^un;  ben  Stddiften  lieben,  l^eigt,  aUe  $flid()t  gegen  i^n 
gerne  auSfiben.  SDad  ®ebot  aber,  bad  biefeS  gur  Sftegel  mad^t,  {ann  aud^ 

15  nid^t  biefe  ©efinnung  in  ))^id^tmägigen  ^anblungen  gu  l^aben,  fonbern 
blod  barnad^  gu  ftreben  gebieten.  S)enn  ein  ®ebot,  ia^  man  ttxoai  gerne 
tl^un  foD,  ift  in  fid^  tDiberfpred^enb,  »eil,  »enn  »ir,  »aS  und  gu  tl^un  oh 
liege,  fd^on  i9on  felbft  toiffen,  »enn  mir  und  itberbem  aud^  bemugt  mdren, 
ed  gerne  gu  t^un,  ein  ®ebot  barfiber  gang  unnötl^ig,  unb,  tl^un  wir  ti 

20  gtoar,  aber  eben  nid^t  gerne,  fonbern  nur  aM  SLc^tung  fftrS  ®e{e^,  ein 
®ebot,  loeld^eS  biefe  Sichtung  eben  gur  Sriebfeber  ber  ÜRajcime  madbt,  ge« 
rabe  ber  gebotenen  ®efinnung  gumiber  ttirten  »ürbe.  ^eneS  ®efe^  aQer 
®efe^efleat  alfo,  tt)ie  aQe  moralifd^e  SSorfd^rift  beS  (Soangelii,  bie  fittlic^e 
©efinnung  inil^rer  gangen  SBoQfommenl^eit  bar,  fo  toie  fie  als  ein^beal  ber 

35  ^eiligleit  t)on  {einem  ®efd^5))fe  eneid^bar,  bennod^  baS  Urbilb  ift,  meld^em 
»ir  uns  gu  ndl^eren  unb  in  einem  ununterbrod^enen,  aber  unenblid^en 
^rogreffuS  gleid^  gu  »erben  ftreben  foUen.  j^önnte  n&mlic^  ein  üemanftig 
@ef(^öpf  iemals  bal^in  fommen,  aUe  moralifd^e  ©efe^e  D51lig  gerne  gu 
tl^un,  fo  »ürbe  baS  fo  Diel  bebeuten  als,  es  f Anbe  ftd^  in  il^m  aud()  nid^t  ein« 

30  mal  bie  SRiglid^feit  einer  SBegierbe,  bie  il^n  gur  Sbmeid^ung  Don  il^nen  reig« 
te;  benn  bie  Uberminbung  einer  fold^en  foftet  bem  @ubiect  immer  Siufopfe» 
rung,  bebarf  alfo  @elbftg»ang,  b.  i.  innere  9löt]^igung  gu  bem,  maS  man 


*)  aJlit  biefem  ©efe^e  ma^t  baS  ^rinctp  ber  eigenen  ©lüdEfeligfeit,  meI(^eS 
einige  sunt  oberfien  ^yruiibfa^e  ber  @ittlic^!eit  mo^en  woUen,  einen  feltfomen  6on- 
35  traft;  biefeS  würbe  fo  lauten:  Siebe  bi(!^  felbft  über  alleS,  (Sott  aber  unb 
beinen  9l&<^fien  nm  bein  felbft  millen. 

6* 


84        ^tif  bet  ptaftif(^en  9)ernunft.  1.  3:^ett.   1.  Sud^.  8.  ^auptflücf. 

nid^t  ganj  gern  tl^ut.  Qn  biefer  @tufe  ber  moralifd^en  ®e{tnnung  aber 
tann  ed  ein  ®ef45))f  niematö  bringen.  3)enn  ha  ed  ein  ®ef(b5pf,  mitl^in 
tn  anjel^ung  beffen,  »ad  eis  gur  gänglid^en  ßufriebenl^eit  mit  feinem  ßu« 
[ianbe  forbert,  immer  abl^dngig  ifl,  fo  lann  zi  niemaliS  Don  Segierben 
unb  Steigungen  gang  frei  fein,  bie,  meil  pe  auf  pl^^fifdben  Urfac^en  be«  5* 
rul^en,  mit  bem  moralifd^en  ®efe^e,  baS  gang  anbere  Duellen  ^at,  ni^t 
Don  felbft  ftimmen,  mitl^in  e«  febergeit  notl^tt)enbig  mad^en,  in  atfidfid^t 
auf  biefelbe  bie  ©efinnung  feiner  ^ajrimen  auf  moralifd)e  9l5t^igung, 
nid^t  auf  bereitteiQige  (Srgebenl^eit,  fonbern  auf  Sid^tung,  tteldde  bie  SBefol* 
gung  bed  ®efe^eS,  obgleich  fte  ungeme  gefc^i^e,  forbert,  nic^t  auf  Siebe,  lo 
bie  leine  innere  äBeigerung  beS  SBiDeniS  gegen  bad  ®efe^  beforgt,  gu  grfln« 
ben,  gleid^kool^I  aber  biefe  letztere,  n&mlid^  bie  bloge  Siebe  gum  Oefej^e, 
(ba  ei  alSbann  aufl^ören  tt)ärbe  ®ebot  gu  fein,  unb  3RoraUt&t,  bie  nun 
fubfectiD  in  ^eiligleit  fiberginge,  aufl^bren  n)ürbe  3;ugenb  gu  fein)  fid^ 
gum  beft&nbigen,  obgleid^  unerreichbaren  QkU  feiner  Seftrebung  gu  15 
ma(!^en.  S)enn  an  bem,  toai  mir  l^od^fd^&^en,  aber  bod^  (megen  bed  Se«* 
mugtfeind  unferer  @d^m&d^en)  f dienen,  üermanbelt  fid^  burd()  bie  mel^rere 
Seidbtigfeit  il^m  ©nfige  gu  tl^un  bie  el^rfurd^tStioDe  Sd^eu  in  Suneigung 
unb  Sld^tung  in  Siebe;  menigfieni!  mfirbe  eS  bie  SSoOenbung  einer  bem 
®efe^e  gemibmeten  ®eßnnung  fein,  menn  eS  {emaU  einem  ®efd^5))fe  mbg«  20 
lid^  wäre  fie  gu  erreid^en. 

S)iefe  93etrad^tung  tft  l^ier  nid^t  fomol^I  bal^in  abgegmectt,  bad  ange» 
ffll^rte  eDangelifd^e  ®ebot  auf  beutlic^e  Segriffe  gu  bringen,  um  ber  SRe« 
ligionSfd^mdrmereiin  Snfel^ung  ber  Siebe  ©otte«,  fonbern  bie  fttt« 
lid^e  ©ejinnung  aud^  unmittelbar  in  llnfe^ung  ber  ^flid^ten  gegen  aRen^^  25 
fd^en  genau  gu  beftimmen  unb  einer  blöd  moralifd()en  @d^mdrmerei, 
mKfit  oiel  ^bp\e  anftedtt,  gu  fteuren,  ober  wo  mbglidb  t)orgubeugen.  3)ie 
fittlid^e  Stufe,  worauf  ber  äßenfd^  (aOer  unferer  (Sinftd^t  nad§  aud^  febeS 
Dernfinftige  ®efd^5))f)  fielet,  ift  Sichtung  ffirS  moraltfd^e  ©efe^.  SDie  &f 
finnung,  bie  i^m,  biefed  gu  befolgen,  obliegt,  ift,  tS  ani  $fii(^t,  nid^t  aud  30 
freiwilliger  Suneigung  unb  aud^  allenfalls  unbefo^lener,  Don  felbft  gern 
unternommener  Seftrebung  gu  befolgen,  unb  fein  moralifd()er  ßuftanb, 
barin  er  |ebe«mal  fein  lann,  ijt  Sugenb,  b.  i.  moralifc^e  ®efinnung  im 
jtam|)fe,  unbnid^t^eiligfeit  imDermeintlid^enSBefi^e  einer  tiölligen 
Sfieinigleit  ber  ©efinnungen  bed  SBiDend.  (Sd  ift  lauter  moralifd^e  35 
@d^wärmerel  unb  Steigerung  bed  (Sigenbfinleld,  wogu  man  bie  ©emfit^er 
burd^  Aufmunterung  gu  |)anblungen  ald  ebler,  erhabener  unb  gro|« 


Soit  ben  Sriebfeb«m  ber  Teilten  )nra!tif<i(eii  Semunft.  85 

mfitl^iger  ftimmt,  baburd^  man  fie  in  ben  Sal^n  t)erfe^t,  aU  koAr^  tS  nid^t 
^^W,  b.  i.  ac^iung  für«  ®efe^,  beffen  3o(^  (bas  gleic^mo^I,  toeil  e« 
und  Sernunft  felbfi  auferlegt,  {anft  ift)  ^t,  menn  gleid)  ungern,  tragen 
mflgten,  ttad  ben  Seftimmungdgrunb  il(|rer  ^anblungen  auSmad^te,  unb 

5  meines  ^e  immer  nod()  bemütl^igt,  inbem  {te  tS  befolgen  (il^m  gel^or^i 
d^en);  fonbem  ali  ob  jene  ^anblungen  nid^t  auS  ^^i^t,  fonbern  ald 
baarer  Serbienfl  Don  i^nen  erwartet  taoürben.  ^enn  nid^t  allein  ba|  fte 
burc^  9lad^a^mung  fold^er  Saaten,  ndmltd()  aus  fold^em  $rinci{>,  ntd^t  im 
minbeften  bem  ®eifte  beS  ®efe^ed  ein  ®enfige  getrau  l^dtten,  rotKfitt  in 

10  ber  bem  ®efe|e  fid^  untertoerfenben  @efinnung,  ni^t  in  ber  ®efe|^m&^ig« 
feit  ber  ^anblung  (ba«  $rinct))  m5ge  fein,  tt)eld^e8  aud^  tDoHt)  befielt, 
unb  bie  2:riebfeber  patl^ologif  d^  (in  ber  @9m))atl^ie  ober  au(^  ^l^ilautie), 
nid^t  moralifcb  (im  ®efe^e)  fe^en,  fo  bringen  fte  auf  biefe  8rt  eine  ttini* 
bige,  ftberfliegenbe,  pl^antafiifd^e  ^enlungdart  l(|ert)or,  fid^  mit  einer  frei« 

15  miUigen  (Sutartigleit  i^red  ®emftt^«,  ba«  meber  &poxn8  nod^  SAg^l  be* 
bürfe,  für  meld^ed  gar  nW  einmal  ein  ®ebot  n5tl^ig  fei,  gu  fd^meic^eln 
unb  barüber  il^rer  @d^ulbigleit,  an  meldte  fie  bod^  el^er  beulen  foUten  als 
an  93erbienft,  gu  Dergeffen.  68  laffen  fid^  »ol^l  ^anblungen  anberer,  bie 
mit  großer  Aufopferung  unb  )tt)ar  bloS  um  ber  $ßi(^t  koillen  gefc^el^en 

20  finb,  unter  bem  !Ramen  ebler  unb  erl^abener  2:^aten  greifen,  unb  bod§ 
au(^  nur  fo  fern  Qpnxtn  ba  {tnb,  meli^e  Dermut^en  laffen,  bag  pe  gang 
aud  %4tung  für  feine  $^i(^t,  nid^t  aud  ^ergenSaufmaDungen  gefd^el^en 
finb.  äßiU  man  femanben  aber  fie  als  Seifpiele  ber  9la(bfolge  DorfteQen, 
fo  mug  burd^auS  bie  Sd^tung  für  ^flid^t  (ald  baS  eingige  dd^te  moralifc^e 

25  Oefül^l)  gur  Sriebfeber  gebrandet  werben:  biefe  emjte,  l^cilige  SSorfd^rift, 
bie  es  nid^t  unferer  eitelen  @elbftliebe  überl&gt,  mit  yatl^iologifd^en  An« 
trieben  (fo  fern  fte  ber  Sßoralitdt  analogifd()  finb)  gu  tdnbeln  unb  und  auf 
Derbienfllid^en  SBertl^  toai  gu  ®ute  gu  tl^un.  Sßenn  mir  nur  mol^l  nad^« 
fud^en,  fo  werben  wir  gu  allen  ^anblungen,  bie  anpreifungdwürbig  finb, 

ao  f(^on  ein  ®efe|^  ber  $flid^t  flnben,  weld^ed  gebietet  unb  nid^t  auf  unfer 
Selieben  anlommen  Id|t,  wad  unferem  ^ange  gefdQig  fein  möd^te.  S)ad 
ift  bie  eingige  S)arftenungeart,  weld()e  bie  @eele  moralifd^  bilbet,  weil  fie 
aDein  fefler  unb  genau  beftimmter  ©runbfd^e  fdl^ig  ift. 

Senn  @d^wdrmerei  in  ber  aQergemeinfien  99ebeutung  eine  nad^ 

35  ®runbfd|en  unternommene  Überfc^reitung  ber  ®rengen  ber  menfd^lid^en 
aSernunft  ift,  fo  ift  moralifd^e  @d^wdrmerei  biefe  Überfd^reitung  ber 
®rengen,  bie  bie  praltifd^e  reine  SSernunft  ber  ÜRenfd^l^eit  fe^t,  baburd^ 


86       ^ttl  bet  praltift^en  Semunft.  1.  S^etl.  1.  S9ud^.  3.  ^au))tflü(f. 

fe  verbietet  ben  fubjectitien  93e{tttnmun0dgrunb  ))fUd^tm&^igeT  ^anblun«» 
gen,  b.  i.  bie  tnoralif(be  2:riebfeber  berfelben,  irgenb  loorin  anberfi  ald  im 
©efe^e  felbft  unb  bie  ©eftnnung,  bie  babur(b  in  bie  SRajrimen  gebrad^t 
tt)irb,  irgenb  anbemirts  als  in  ber  !l(i^tung  für  bied  ®efe^  gu  fe^en,  mit« 
l^in  ben  alle  Srrogang  foool^I  aliS  eitele  ^l^ilautie  nieberfd^Iagenben  5 
®ebanten  Don  $flt<i^t  jum  oberften  £ebenS))rinci|)  aUer  9RoraIit&t  im 
SRenfd^en  gu  mad^en  gebietet. 

äSenn  bem  alfo  i{t,  fo  l^aben  nic^t  aQein  Sfiomanfc^reiber,  ober  em«» 
pflnbelnbe  @rjiel^er  (ob  fie  gleid^  nod^  fo  fel(|r  miber  @m|)finbelei  eifern), 
fonbern  bidtt)eilen  felbft  ^l^ilof opl^en ,  ja  bie  ftrengften  unter  aHen,  bie  lo 
@toiIer,  moralifd^e  @(bn)Armerei  ftatt  nüd^terner,  aber  tveifer  S)ifci' 
plin  ber  @itten  eingefül^rt,  mnn  gleich  bie  @(]^n)Armerei  ber  legieren  mel^r 
leroifd^,  ber  erfteren  Oon  fd^aler  unb  fc^meljenber  Sefd^affenl^eit  »ar,  unb 
man  fann  eiS,  ol^ne  gu  l^eud^eln,  ber  moraUfd^en  Se^re  bed  SDangelii  mit 
aller  äBal^rl(|ett  nac^fagen:  bag  t&  guerft  bur(^  bie  S^einigleit  bed  morali«  » 
fc^en  ^rincipS,  gugleic^  aber  burd^  bie  Sngemeffenl^eit  beffelben  mit  ben 
@d^ranfen  enblid^er  SBefen  alled  SBol^toerl^alten  beS  ÜRenfc^en  ber  Sud^t 
einer  il^nen  i9or  Sugen  gelegten  $flid^t,  bie  fie  nid^t  unter  moralifd^en  ge* 
träumten  SSollfommenl^eiten  fdjto&rmen  l&|t,  untertoorfen  unb  bem  ßigen« 
bflnfel  foiool^l  ald  ber  ßigenliebe,  bie  beibe  gerne  il^re  ®rengen  i^ertennen,  so 
Scftranfen  ber  3)emut^  (b.  i.  ber  ©elbfierlenntnife)  gefefet  babe. 

$f  lid^t!  bu  erl^abener,  groger  9lame,  ber  bu  nid^tS  SBeliebted,  miS 
einfd^meid^elung  bei  jicft  fül^rt,  in  bir  faffeft,  fonbern  Unterwerfung  ber« 
langft,  bod^  aud^  nichts  brol^ejt,  toaS  natilrlid^e  Abneigung  im  ®emüt^e 
enegte  unb  fd^redte,  um  ben  SSiOen  gu  bekoegen,  fonbern  bloS  ein  ®efe|^  s» 
auffteUft,  tt)eld^e8  Don  felbft  im  ©emfitl^e  (Singang  ftnbet  unb  bod^  ^d§ 
felbß  koiber  SSillen  SSerel^rung  (menn  gleich  nid)t  immer  Befolgung)  er^ 
koirbt,  oor  bem  ade  Steigungen  oerftummen,  koenn  fte  gleid^  Ingelheim  il^m 
entgegen  koirlen:  mM^tS  ift  ber  beiner  koärbige  Urfprung,  unb  mo  finbet 
man  bie  SBurgel  beiner  eblen  Slbhtnft,  meldte  alle  äSermanbtfd^aft  mit  ao 
Steigungen  ftolj  audft^ldgt,  unb  k)on  koeld^er  SSnrgel  ab^uftammen,  bie 
unna(^laglid)e  Sebingung  bei^ientgen  äßertl^d  ift,  ben  fid^  äßenfc^en  aOein 
felbft  geben  Wnnen? 

(SS  lann  nid^ts  SRinbered  fein,  atö  \oaS  ben  SRenfd^en  ober  ftd^  felbft 
(ald  einen  Sl^eil  ber  @innenkoelt)  erl^ebt,  maS  il^n  an  eine  Drbnung  ber  35 
S)inge  Inüfft,  bie  nur  ber  SSerßanb  beuten  fann,  unb  bie  jugleid)  bie 
gange  6innenn)elt,  mit  il^r  baS  em|)irifd§  beftimmbare  S)afein  beiS  SRen- 


8on  ben  Stiebfebent  bei  feinen  praliifd^  S^emunft.  87 

fd^en  in  ber  Seit  ttnb  bai  (Sänge  aUer  Sn)ede  (meld^ed  allein  folc^en  unbe^« 
bingten  ))ratti{d^en  (Befe^en  atö  ba8  moralifd^e  angemeffen  ifi)  unter  fid^ 
^at  6d  ift  nid^ts  anberd  als  bie  $erf önli^Ieit,  b.  i.  bie  grrei^eit  unb 
Unab^ängigleit  Don  bem  3Re<i^amiSm  ber  gangen  9latnr,  bo(^  gugleic^  ald 

5  ein  aSermftgen  eined  äSefend  betrachtet,  toelc^e«  eigentJ^ümlid^en,  n&mUd^ 
Don  feiner  eigenen  Vernunft  gegebenen,  reinen  prattifd^en  ®efe|^en,  bie 
$erfon  alfo,  ald  gur  Sinnenoelt  gel^brig,  il^rer  eigenen  ^erfbnlic^feit  un^* 
ter»orfen  ift,  fo  fern  fie  guglei^  gur  intelligibelen  %It  gel^5rt;  ba  ed  benn 
nt(ftt  gn  Derwunbern  l|t,  »enn.ber  jWenfd^,  aW  gu  beiben  SBelttn  gehörig, 

10  fein  eigene«  Sefen  in  Segiel^ung  auf  feine  gmeite  unb  l^öd^lte  Seftimmung 
nid^t  anberS  als  mit  Serel^rung  unb  bie  ®efe^e  berfeiben  mit  ber  l^öd^ften 
ad^tung  betrad^ten  mu^. 

8uf  biefen  Urfprung  grfinben  fid()  nun  mand^e  KuSbrüde,  oeld^e  ben 
Sßertl^  ber  ®egen{tdnbe  nad^  moralifd^en  Sbeen  begeid^nen.  S)ad  mora« 

i&  Ufd^e  ®efe^  ift  ^eilig  (unoerle^Iid^).  S)er  SRenfd^  ift  gmar  un^eilig  ge* 
nug,  aber  bie  ^enfd^l^eit  in  feiner  $erfon  mug  il^m  heilig  fein.  3n 
ber  gangen  @d()5|)fung  lann  aUed,  voai  man  koill,  unb  oorflber  man  etkoad 
Dermag,  aud^  blöd  a\»  SRittel  gebraucht  n)erben;  nur  ber  aßenfd^  unb 
mit  il^m  febed  Dernfinftige  ®ef(^ö))f  \^Qmd  an  f id^  felbft.  @r  ift  nAm« 

90  Ixii  bad  Subfect  beiS  moralifd^en  ®efe|^ed,  meld()e8  l^eilig  ifi,  Dermbge  ber 
Autonomie  feiner  f^reil^eit.  (Sben  um  biefer  toiHen  ift  ieber  äßille,  felbft 
ieber  $erfon  i^r  eigener,  auf  {te  felbft  gertd()teter  SBille  auf  bie  93ebin« 
gung  ber  (Sinftimmung  mit  ber  Autonomie  beS  Dernünftigen  äSefend 
eingefd^r&ntt,  ed  nAmlid^  feiner  Slbitd^t  gu  unterwerfen,  bie  nid^t  nad^ 

n  einem  ®efe^e,  aeld^eiS  aud  bem  SßiQen  beS  leibenben  Subiectd  felbft  ent» 
fpringen  Idnnte,  mbglid)  ifi;  alfo  biefeS  niemals  bloS  als  Mittel,  fonbern 
gugleid^  felbft  als  Qm^d  gu  gebraudben.  2)iefe  Sebingung  legen  mir  mit 
9lted)t  fogar  bem  gbttlidjen  Sßillen  in  Snfel^ung  ber  Dernunftigen  Sßefen 
in  ber  SBelt  als  feiner  ®ef(^ipfe  bei,  inbem  fie  auf  ber  $erfönli(^Ieit 

30  berfelben  berul^t,  baburc^  aUein  jie  Qmzdt  an  fid)  felbft  finb. 

^iefe  Sichtung  ermedenbe  Söee  ber  ^erfönlid^feit,  meldte  uns  bie  6r« 
^abenl^eit  unferer  !Ratnr  (i^rer  Sefiimmung  nad))  oor  äugen  ftedt,  inbem 
^e  uns  gugleid^  ben  SRangel  ber  Sugemeffenl^eit  unfereS  SSer^altenS  in 
Slnfel^ung  berfelben  bemerten  lägt  unb  baburd)  ben  @igenbAntel  nieber«* 

s»  fc^l&gt  ift  felbft  ber  gemeinften  3Renfd^enoernunft  natürlid^  unb  leidet  be> 
merflic^.  ^at  nid^t  jeber  aud^  nur  mittelmäßig  el)rlid^e  3Rann  biSmeilen 
gefunben,  ba|  er  eine  fonfl  unfc^&blic^e  S&ge,  baburd^  er  ftd^  entmeber 


88        ^tif  ber  \>xafi\\^tn  Semunft.   1.  Sl^eit.   1. 8ud^.  3. 4>au|)tf)fidr. 

felbft  aus  einem  t)erbrieBIi(^en  ^anbel  giel^en,  ober  idoI^I  gar  einem  ge^* 
liebten  unb  DerbienflDoIlen  ^eunbe  Sinken  fd^affen  lonnte,  bloS  barum 
unterließ,  um  fi(b  inge^eim  in  [einen  eigenen  Jiugen  nic^t  i^erac^ten  ju 
bftrfen?  |)&U  nid^t  einen  rec^tfd^affenen  SRann  im  größten  Unglfide  bed 
SebenS,  ba&  er  Dermeiben  lonnte,  menn  er  fi(b  nur  l^&tte  Aber  bie  $fli(^t  5 
toegfe^en  tonnen,  nod^  ba$  99en)u|tfein  aufrecht,  ba|  er  bie  SRenfd^l^eit  in 
feiner  $erfon  bo(^  in  il^rer  äSürbe  erl^alten  unb  geeiert  l^obe,  bag  er  fid^ 
nid^t  k)or  {id^  felbft  gu  fc^Amen  unb  ben  inneren  Sublid  ber  €elbjl^riltung 
ju  fd()euen  Urjac^e  l^abe?  S)iefer  Slrofl  ift  nid^t  ©lütffeligleit,  aud§  nid^t 
ber  minbefte  Sl^eil  berfelben.  S)enn  niemanb  tt)irb  {id^  bie  ©elegenl^eit  lo 
baju,  aud^  DieOeic^t  nid^t  einmal  ein  Beben  in  fold^en  Umft&nben  tt)finfd^en. 
älber  er  lebt  unb  tann  ed  ntd|t  erbulben,  in  feinen  eigenen  älugen  bed 
EebeniS  unttfirbig  }u  fein.  S)iefe  innere  Serul^igung  ift  alfo  bloS  negatit) 
in  Snfel^ung  aQeiS  be^en,  maS  baS  £eben  angenel^m  mad^en  mag;  n&mlid^ 
fie  ift  bie  Slbl^altung  ber  ®efal^r,  im  |)erfinlid^en  Sßertl^e  gu  {tnfen,  nad^«  i5 
bem  ber  feinet  BuftanbeiS  Don  il^m  fd^on  g&njlid^  aufgegeben  n)orben.  @ie 
ift  bie  SSirhing  oon  einer  Sld^tung  für  etmaiS  ganj  anbered  ald  baS  geben, 
momit  in  Sergleid^ung  unb  (Sntgegenfe^ung  ba8  Seben  oielmel^r  mit  aQer 
feiner  Slnnel^mUc^feit  gar  feinen  SBertl^  l^at.  @r  lebt  nur  nod()  aus  ^ßid^t, 
nid^t  oeil  er  am  Seben  ben  minbeften  ©efd^ntadt  finbet.  20 

@o  ift  bie  Ad^te  Sriebfeber  ber  reinen  ))raltifd^en  93ernunft  bef (Raffen; 
fte  ift  feine  anbere  atö  ba8  reine  moralifdbe  ®efe^  felber,  fo  fern  e8  un8 
bie  (Srl^Qbenl^eit  unferer  eigenen  überftnnlid^en  @;rijteni  f^üren  l&^t  unb 
fubiectio  in  SRenfd^en,  bie  ftd^  gugleid^  il^reS  finnlid^en  S)afeine  unb  ber 
bamit  oerbunbenen  Slbl^ängigteit  Don  i^rer  fo  fern  fe^r  yat^ologifd^  äfft«  25 
cirten  !Ratur  betonet  finb,  ^Id^tung  für  i^re  ^bl^ere  Seftimmung  tt)irft. 
SIlun  laffen  fid^  mit  biefer  Sriebfeber  gar  n)o^l  fo  oiele  SReige  unb  9n« 
nel^mlid^feiten  \>t&  £ebenS  oerbinben,  ba^  aud^  um  biefer  oillen  aDein 
fd^on  bie  tlägfte  SBa^l  eines  oernünftigen  unb  aber  baiS  größte  SBol^l  bed 
Bebend  nad^benfenben  @pifureeriS  fid^  für  baS  fittlid^e  Sol^loerl^ialten  30 
erflfiren  lofirbe,  unb  e8  fann  aud^  ratl^fam  fein,  biefe  SluSfid^t  auf  einen 
fröl^lid^en  ®enug  beiS  SebeniS  mit  jener  oberften  unb  fc^on  f&r  fi(^  allein 
l^inlfinglid^  beftimmenben  Seoegurfac^e  gu  oerbinben;  aber  nur  um  ben 
anlotfungen,  bie  ba&  £after  auf  ber  ®egenfeite  oorgufpiegeln  nid^t  er* 
mangelt,  baS  (Segengeioic^t  gu  l^alten,  nid^t  um  l^ierin  bie  eigentlid()e  be«  35 
tt)egenbe  Jtraft,  aud^  nid^t  bem  minbeften  Steile  nad^,  gu  fe^en,  oenn  oon 
$flid^t  bie  Sfiebe  ift.  S)enn  baS  »Arbe  fo  oiel  {ein,  al8  bie  moralifc^e  ®e* 


j(rit{f<i^  18eleu4tung  ber  9nal))tif  ber  reinen  proftifd^en  Vernunft.      89 

ftnnung  in  i^ter  Ouelle  Derunreinigen  ooHen.  S)ie  (Sl^rkofirbigfeit  ber 
^flid^t  l^at  ni(btö  mit  gebenSgenu^  gu  fd^affen;  jte  ^at  il^r  eigentj^ümlid^ed 
®efe^,  au(^  il^r  eigent^ümlid^eiS  @erid^t,  unb  toenn  man  aud^  beibe  noc^ 
fo  {e^r  gufammenfd^fltteln  kooUte,  um  {ie  t)ermif(^t  gleid^fam  als  Slrgenei« 
5  mittel  ber  Iranfen  @eele  gujureic^en,  fo  fd^eiben  [xt  {td^  bod^  aldbalb  tion 
felbft,  unb  t^un  fie  t&  nid^t,  fo  oirtt  baS  erfte  gar  nid^t,  menn  aber  aud^ 
baiS  pi^Qftfd^e  £eben  l^iebei  einige  Araft  geio5nne,  fo  koArbe  bod()  baS  mo» 
ralifc^e  ol^ne  9tettung  bal^in  fd^toinben. 


j^ritifd()e  iBeleud^tung  ber  Snal^til  ber  reinen 
10  ^)ro!tifd^cn  SSernunft. 

3d^  t)erftel(|e  unter  ber  Iritifd^en  Seleud^tung  einer  Sßiffenf(^aft,  ober 
eined  Sbfc^nittS  berfelben,  ber  f&r  ftd()  ein  Softem  audmad^t,  bie  Unter« 
fuc^ung  unb  Sted^tfertigung,  toarum  {ie  gerabe  biefe  unb  feine  anbere  fq« 
ftematifd^e  i^orm  ^aben  mfiffe,  loenn  man  {ie  mit  einem  anberen  @qftem 

15  i)ergleid^t,  baS  ein  dl^nlid^ed  erlenntni^oermögen  )um  ®runbe  l^at.  3tnn 
l^at  praltifd^e  SSernunft  mit  ber  fpeculatioen  fo  fern  einerlei  @rtenntnig« 
vermögen  gum  ©runbe,  als  beibe  reine  SSernunft  finb.  Sllfo  koirb  ber 
Unterfd^ieb  ber  f^ftematifd^en  S^orm  ber  einen  oon  ber  anberen  burc^  93er« 
gleid^ung  beiber  beflimmt  unb  ®runb  baoon  angegeben  n)erben  mflffen. 

20  S)te  analQtif  ber  reinen  tl^eoretifd^en  SBernunft  l^atte  eS  mit  bem  Sr« 
lenntniffe  ber  ©egenft&nbe,  bie  bem  SSerftanbe  gegeben  n)erben  mögen,  gu 
t^un  unb  mugte  alfo  oon  ber  9(nfd^auung,  mitl^in  (meil  biefe  iebergeit 
finnlid^  ifi)  Don  ber  @innli(^leit  anfangen,  Don  ba  aber  aUererft  gu  IBe« 
griffen  (ber  ©egenftänbe  biefer  Snfd^auung)  fortfd^reiten  unb  burfte  nur 

25  nad^  beiber  SSoranfd^idtung  mit®runbfd^en  enbigen.  S)agegen,  )t)eU 
prattifd^e  SBernunft  eS  nic^t  mit  ®egenft&nben,  fie  gu  ertennen,  fonbem 
mit  il^rem  eigenen  Vermögen,  iene  (ber  (Srfenntnife  berfelben  gemftfe)  mith 
lid^  gu  madben,  b.  i.  eS  mit  einem  äSillen  gu  tl^un  l^at,  n)eld^er  eine 
6aufalitftt  ift,  fo  fern  SBernunft  ben  SBeftimmungSgrunb  berfelben  entl^ftlt, 

30  ba  fie  folglich  fein  Dbiect  ber  Sinfd^auung,  fonbem  (meil  ber  a3egri(f  ber 
Saufalitdt  jjebergeit  bie  iBegtel^ung  auf  ein  ®efe^  entl^&It,  »eld^ed  bie 
(Sjrifteng  be§  SRannigfaltigen  im  äSerl^&ltniffe  gu  einanber  beflimmt)  al8 
^raltifd^e  SBernunft  nur  ein  ®efe|  berfelben  angugeben l^at:  fo  mug  eine 
Jtritil  ber  Slnalqtif  berfelben,  fo  fern  {ie  eine  ))rattifd^e  93ernunft  fein 

35  foD  (n)eld^ed  bie  eigentUd()e  Aufgabe  ift),  oon  ber  3Rbglid()Ieit  pralti« 


90        Sttxiit  hex  praftifd^en  Vernunft.  1.  ^f^ül  1.  »u^.  3.  ^att))tflüd. 

fd^er  @runbfd|e  a  priori  anfangen.  Son  ba  tonnte  {te  allein  gu 
S3egriffen  ber  ©egenftdnbe  einer  praltifd^en  SSernunft,  ndmlid^  benen 
beS  f(i)Ied)t]^in  ®uten  unb  Söfen,  fortgel^en,  um  fte  jenen  ©runbfä^en  ge» 
mag  aUererft  ju  geben  (benn  biefe  ftnb  Dor  jenen  $rincipien  als  ®uted 
unb  S3o|eS  burd^  gar  fein  ^rfenntnigDermögen  }u  geben  möglich),  unb  s 
nur  aldbann  fonnte  allererft  baS  le^te  ^auptftüd,  n&mlid^  ia&  Don  bem 
S3er]^&(tnif[e  ber  reinen  praftif(^en  SSernunft  jur  @innli(^feit  unb  il^rem 
notl^menbigen,  a  priori  ju  ertennenben  @inf[uffe  auf  biefelbe,  b.  i.  Dom 
moralifc^en  ©effi^le,  ben3:^eU  befc^Iiegen.  @o  t^eilte  benn  bie  8na* 
I^tit  ber  prattif(i)en  reinen  ä^ernunft  gang  anaIogif(^  mit  ber  t^eoretifd^en  lo 
ben  gangen  Umfang  aUer  93ebingungen  i^reS  ©ebrauc^iS,  aber  in  umgc 
tel^rter  Crbnung.  S)ie  Snal^tit  ber  tl^eoretifd^en  reinen  SSernunft  »urbe 
in  tranefcenbentale  ^ft^etif  unb  tranSfcenbentale  Sogit  eingetl^eilt,  bie 
ber  praftifd^en  umgetel^rt  in  Sogif  unb  ^ft^etif  ber  reinen  praftifd^en 
aSernunft  (wenn  e«  mir  erlaubt  ift,  biefe  fonft  gar  ni(^t  angemef[ene  Se»  w 
nennungen  bloiS  ber  Analogie  megen  ^ier  gu  gebraud^en),  bie  Sogil  mieber« 
um  bort  in  bie  Snal^tit  ber  Segri^e  unb  bie  ber  ©runbf&^e,  l^ier  in 
bie  ber  ©runbffi^e  unb  Segriffe.  S)ie  ^ft^etif  ^atte  bort  nod^  itoti  Steile 
kt)egen  ber  boppelten  Sri  einer  {tnnU(i)en  Slnfc^auung;  l^ier  mirb  bie  @inn« 
lic^fett  gar  nic^t  al«  anfd^auungdfä^igteit,  fonbern  h\(A  atö  ®efü^I  (ba0  ao 
ein  fubjjectioer  ®runb  bed  Segel^reniS  fein  fann)  betrautet,  unb  in  8n» 
fel^ung  beffen  oerfiattet  bie  reine  prattifc^e  SSernunft  teine  »eitere  Sin* 
tl^eilung. 

aud^  bag  biefe  6tnt^eilung  in  gtoei  Sl^eile  mit  beren  Unterabtl^eilung 
nid^t  mirtlid^  (fo  tote  man  kt)o^l  im  anfange  burd^  baiS  93eifpiel  ber  erfteren  ss 
herleitet  merben  fonnte,  gu  Derfud^en)  l^ier  vorgenommen  mürbe,  bauon 
l&fet  fld&  aud^  ber  ®runb  gar  mo^l  einfe^en.  3)enn  »eil  e«  reine  aSer» 
nunft  ift,  bie  ^ier  in  il^rem  praftifd^en  ©ebraud^e,  mithin  oon  ®runb« 
f&^en  a  priori  unb  nid^t  Don  empirifd^en  99eftimmung$grünben  auSgel^enb 
betrautet  mirb:  fo  mirb  bie  Sint^eilung  ber  SnalQtif  ber  reinen  praftt^^  so 
fd^en  äSernunft  ber  eines  SSernunftfc^luffeS  dl^nUd^  audfaHen  müQen, 
n&mli(^  Dom  Mgemeinen  im  Dberfa^e  (bem  moralif(^en  $rincip) 
burd^  eine  im  Unterfa^e  vorgenommene  ©ubfumtion  möglicher  ^anb« 
lungen  (atö  guter  ober  b5fer)  unter  jenen  gu  bem  ©(^lu^a^e,  n&mlid^ 
ber  fubiectioen  SBillenöbeftimmung  (einem  Sntereffe  an  bem  praftifd^  » 
mbglid^en  ®uten  unb  ber  barauf  gegrilnbeten  SRajcime),  fortgel^enb. 
S)emienigen,  ber  fid^  Don  ben  in  ber  Slnal^tif  Dorfommenben  @d^en  ^at 


ibritif<)^  Seleu^tung  ber  Knat^til  bet  reinen  (nraftif^en  S^entunft.      91 

fiberjeugen  fönnen,  iDerben  fold^e  9$erglei(^ungen  äSergnflgen  mad^en; 
benn  fte  Dcronlaffen  mit  Siedet  bie  Srmartung,  ed  DieUeic^t  bereinft  bU 
gut  (Sinftd^t  ber  (Sin^eit  beiS  ganjen  reinen  Sernunftoermögend  (bed  t^eo« 
retifc^en  foiDO^l  al8  praftifd^en)  bringen  unb  aDefl  auiS  einem  $rincip  ah» 

5  leiten  gu  Ibnnen;  »elc^eS  baS  unuermeiblid^e  SBebflrfni^  ber  menfc^lic^en 
Sernunft  ift,  bie  nur  in  einer  DoQft&nbig  f^jlematifd^en  (Sinl^eit  il^rer 
erfenntniffe  t^öQige  Sufriebenl^eit  ftnbet. 

Betrachten  »ir  nun  aber  aud^  ben  Snl^alt  ber  @rfenntntg,  bie  tt)ir 
Don  einer  reinen  praftifd^en  Vernunft  unb  burd^  biefelbe  l^aben  fönnen, 

10  fo  »ie  il^n  bie  Snal^til  berfelben  barlegt,  fo  flnben  fi4  bei  einer  merf* 
tt)ürbigen  Analogie  gtoifd^en  ibr  unb  ber  t^eoretifd^en  nid^t  weniger  mert 
»firbige  Unterfd^iebe.  SnSnfebung  ber  tbeoretifd^en  tonnte  baSSSermö« 
gen  eined  reinen  SSernunfterfenntniffeS  a  priori  burd^  SSeifpiele 
aus  äßiffenfc^aften  (bei  benen  man,  ba  fte  ibre  ^rincipien  auf  fo  mand^er« 

16  lei  9rt  burcb  met^obifcben  ®ebrau(^  auf  bie  $robe  fteOen,  nicbt  fo  leidet 
»te  im  gemeinen  @rfenntntffe  gebeime  99eimif(bung  empirifd^er  @rfennt:> 
ni^grftnbe  gu  beforgen  b^t)  gang  leidet  unb  eDibent  bettiefen  »erben. 
8ber  bag  reine  SSernunft  obne  Seimifd^ung  irgenb  eine«  empirifcben  9e« 
fiimmungSgrunbeiS  fftr  ftcb  allein  aud^  praltifd^  fei:  ba&  mu^te  man  au8 

2u  bem  gemeinften  praftifcben  Sernunftgebraud^e  bart^un  tonnen, 
inbem  man  ben  oberften  prattifd^en  (Srunbfa^  atö  einen  folcben,  ben  febe 
natflriicbe  SRenfcbenuernunft  als  t)öllig  a  priori,  Don  teinen  ftnnli^en 
Siatii  abbfingenb,  fär  baS  oberfte  ®efe^  feines  SStflenS  ertennt,  be« 
glaubtgte.  3Ran  mugte  ibn  guerft  ber  Steinigteit  feines  UrfprungS  na(b 

96  felbft  im  Urt^eile  biefer  gemeinen  SSernunft  bemdbren  unb  rec^to 
fertigen,  ebe  il^n  no(b  bie  Sßiffenfcbaft  in  bie  ^änbe  nebmen  tonnte,  um 
(Sebraud^  oon  ibm  gu  macben,  gleicbfam  als  ein  f^actum,  baS  Dor  allem 
Sernflnfteln  ftber  feine  SRöglid^feit  unb  allen  ^Folgerungen,  bie  barauS  gu 
gieben  fein  mdd^ten,  oorbergebt.   Sber  biefer  Umftanb  I&^t  ftcb  aucb  auS 

90  bem  turg  t^orl^er  flngefül^rten  gar  tool^I  ertldren:  »eil  prattifd^e  reine  93ero 
nunft  notbmenbig  oon  ®runbf&^en  anfangen  mug,  bie  alfo  aller  Sßiffen« 
fd^aft  als  erfte  S)ata  gum  (Srunbe  gelegt  merben  muffen  unb  ni(bt  aller« 
erft  aus  il^r  entfpringen  tdnnen.  S)iefe  JRecbtfertigung  ber  moralifd^en 
$rincipien  als  ®runbf&^e  einer  reinen  SSernunft  tonnte  aber  aucb  i^ctt* 

35  um  gar  »o^l  unb  mit  gnugfamer  @id^er]^eit  burcb  bloge  Berufung  auf 
baS  Urtl^eil  beS  gemeinen  SRenfd^enDerflanbeS  geffil^rt  »erben,  »eil  ftd^ 
alles  (Smpirifd^e,  »aS  ftd^  als  BeftimmungSgrunb  beS  SßillenS  in  unfere 


92        ihrttil  ber  praftif^en  Vernunft,   l.^l^eil.  1.  ^u^.  3.  ^au))tflft(!. 

aRajrtmen  einfd^Ieid^en  mö(^te,  burd^  ia&  ©effl^l  beS  SSergnügenS  ober 
Sii^merjenS,  ba«  i^m  fo  fem,  al8  tS  Segierbe  erregt,  notl^ioenbig  an^dngt, 
f  of  ort  lenntlid^mad^t,  bief  em  aber  fene  reine  praftif  cft  e  Sernunft  gerabe- 
gu  miberfte^t,  t&  in  i^r  $rincip  atöSebingung  aufjune^men.  S)ie  Un» 
gleid^arttgfeit  ber  93eftimmungdgrünbe  (ber  empirif(!ben  unb  rationalen)  5 
toirb  burd^  biefe  SSiberftrebung  einer  praftifd^  gefe^gebenben  SSentunft 
toiber  aUe  {t(^  einmengenbe  fReigung,  burd^  eine  eigentl^ümlic^e  9rt  Don 
(Smpfinbung,  toeld^e  aber  nic^t  Dor  ber  (Sefe^gebung  ber  praftijd^en 
Sßemunft  üorl^ergel^t,  fonbern  Dielmel^r  burc^  biefelbe  aDein  unb  jtoar  ald 
ein  S^tx^ng  getoirft  ttirb,  ndmlid^  burd^  baS  ©efül^I  einer  Sldbtung,  ber«  lo 
gleichen  fein  9Renf(^  für  Steigungen  l^at,  fie  mögen  fein,  toeld^er  8rt  fte 
moDen,  kool^l  aber  fflriS  ©efe^,  fo  fenntlic^  gemad^t  unb  fo  gel^oben  unb 
l^erDorftec^enb,  bag  feiner,  aud^  ber  gemeinfte  SRenfd^euDerftanb  tneinejtn 
vorgelegten  Seifpiele  nid^t  ben  Slugenblidt  inne  toerben  foQte,  bag  burd^ 
empirifd^e  ®rünbe  bed  SSoHenS  i^m  gtoar  il^ren  ^nreijen  ju  folgen  ge^  u 
ratl^en,  niemals  aber  einem  anberen  als  lebiglid^  bem  reinen  prafttfd^en 
SSernunftgefe^e  gu  gel^orc^en  gugemutl^et  toerben  ffinne. 

S)ie  Uuterfd^eibung  ber  ©lädfeligfeitslel^re  t>on  ber  €itten« 
leiere,  in  beren  erfteren  empirifd^e  $rincipien  baS  gange  f^nbament,  Don 
ber  gleiten  aber  aud^  nid^t  ben  minbeften  99eifa^  berfelben  auSmad^en,  ifi  so 
nun  in  ber  flnal^tit  ber  reinen  :praftijd^en  SSernunft  bie  erfte  unb  rol6i* 
tigfte  il^r  obliegenbe  ääefc^&ftigung,  in  ber  {ie  fo  pünttlid^,  ia,  toenn  ed 
aud^  ^iege,  peinH(^  oerfal^ren  mn^,  ali  je  ber  ©eometer  in  feinem  ®t^ 
fd&dfte.  &S  fommt  aber  btm  fJ^ilofopl^en,  ber  l^ier  (»ie  iebergeit  im  Ser* 
nunfterfenntniffe  burd^  bloge  SSegriffe,  ol^ne  (Sonftruction  berfelben)  mit  25 
größerer  @d^ti)ierigfeit  gu  fdmpfen  l^at,  toeil  er  feine  Snfd^auung  (reinem 
9toumen)  gum  ©runbe  legen  fann,  bod^  aud^  gu  ftatten:  bag  er  beinahe 
toie  ber  6^emift  gu  aller  Seit  ein  ©jcperlment  mit  icbe«  SKenfd&en  prafti« 
fd^er  äSernunft  aufteilen  fann,  um  ben  moralif(^en  (reinen)  IBeftimmungS« 
grunb  Dom  empirifd^en  gu  unterf (Reiben;  toenn  er  ndmli(^  gu  bem  em«  so 
pirifd^  afficirten  äßillen  (g.  S3.  beSienigen,  ber  gerne  lugen  mfid^te,  toeil 
er  ftd^  babur(^  loaS  erloerben  fann)  baS  moralifc^e  ®efe^  (uls  Seftim« 
mungSgrunb)  gufe^t.  @S  ift,  als  ob  ber  @(^eibefünftler  ber  Solution  ber 
Äalferbe  in  ©alggeift  aifali  gufefet;  ber  Salggelfi  oerldfet  fofort  ben  Äalf, 
oereinigt  fi(^  mit  bem  Sllfali,  unb  fener  mirb  gu  93oben  gefiürgt.  @ben  fo  35 
l^altet  bem,  ber  fonft  ein  el^rlid^er  äRann  ift  (ober  ft(^  bod^  bieSmal  nur 
in  ©ebanfen  in  bie  @tene  eines  el^rlid^en  SRanneS  berfe^t),  baS  moralifd^e 


jfntif^  fBtltnö^mq  ber  $(nal^tif  ber  reinen  proftifc^en  i^Sernunfi.       93 

@efe|  Dor,  an  bem  er  bie  Slid^töttfirbigfeit  eines  SfigneriS  erletmt,  fofort 
Derifi^t  feine  praltifc^e  SSernunft  (im  Urtl^eil  über  baS,  ttaS  Don  i^m  ge* 
fd^el^en  foDte)  ben  SSort^eil,  Dereinigt  ftd^  mit  bem,  maS  il^m  bie  Sc^tung 
für  feine  eigene  $erfon  erl^dlt  (ber  SBal^r^aftigfeit),  unb  ber  SSortl^eil  mirb 
5  nun  Don  iebermonn,  nad^bem  er  Don  aUem  Snl^dngfel  ber  SSernun^  (nelc^e 
nur  gdnjlid^  auf  ber  @eite  ber  $flid^t  ift)  abgefonbert  unb  geuxifd^en 
rnorben,  gebogen,  um  mit  ber  SSernunft  no(!^  doo^I  in  anberen  gr&IIen  in 
SBerbinbung  gu  treten,  nur  nic^t  »o  er  bem  moralifd^en  ©efe^e,  Doeld^ei» 
bie  aSernunft  niemal«  DerWfet,  fonbern  fid^  innigft  bamit  Dereinigt,  gu« 

10  toiber  fein  fönnte. 

aber  biefe  Unterfd^eibung  bed  ®läd({eligfeiti$princtpd  Don  bem 
ber  @ittlid^feit  ifl  barum  nic^t  fofort  (Sntgegenfe^ung  beiber,  unb  bie 
reine  praftifc^e  äSernunft  min  nid^t,  man  foUe  bie  2in]pxütie  auf  ©lud« 
feligteit  aufgeben,  fonbern  nur,  fo  balb  Don  $flid^t  bie  Siebe  ift,  barauf 

1»  gar  nid^t  siädtfic^t  nel^men.  @S  famt  fogar  in  gemiffem  Setrad^t $flid^t 
fein,  für  feine  (Slftdfeligfeit  ju  forgen:  tl^eil«  »eil  jie  (mogu  ®efd&icf lieft* 
feit,  Oefunbl^eit,  äieid^tftum  geftort)  SRittel  gu  (Srfüllung  feiner  ^flid^t 
entft&lt,  tfteilS  meil  ber  SRangel  berfelben  (g.  93.  armutft)  äSerfucftungen 
entl^&lt,  feine  $fli(ftt  gu  übertreten.  9lur,  feine  ®lfidC)eligfeit  gu  beförbern, 

20  fann  unmittelbar  niemals  $flid^t,  nod^  meniger  ein  $rtncip  aOer  ^fiid^t 
fein.  S)a  nun  alle  99eftimmungSgrünbe  beS  SBiUenS  auger  bem  einigen 
reinen  praltlfd^enSSernunftgefe^e  (bem  moralifd^en)  inSgefammt  empirifd^ 
ftnb,  als  fold^e  alfo  gum  ®lü(ffeligteitS))rincip  gel^ören,  fo  muffen  fte 
inSgefammt  Dom  oberften  {ittli(ften  ®runbfa^e  abgefonbert  unb  iftm  nie 

25  als  99ebingung  eiuDerleibt  D)erben,  meil  biefeS  eben  fo  feftr  allen  ftttltd^en 
Sertl^,  als  emplrifd^e  Seimifd^ung  gu  geometrifd^en  ©runbfdj^en  alle 
mat]^ematif(fte  (SDibeng,  baS  SSortrefflid^fte,  maS  (nad^  $latoS  Urtl^eile) 
bie  SRatl^ematit  an  {i(ft  ftat,  unb  baS  felbft  allem  Stufen  berfelben  Dorgeftt, 
aufgeben  D)ürbe. 

30  Statt  ber  £)ebuction  beS  ober{ien  ^rincips  ber  reinen  praftifd^en 
äSernunft,  b.  i.  ber  (Srfldrung  ber  ÜR6gli<ftfeit  einer  bergleid^en  ßrlennt« 
nig  a  priori,  tonnte  aber  nid^ts  totittx  angeführt  merben,  als  bag,  menn 
man  bie  9Röglid^feit  ber  ^reifteit  einer  mirtenben  Urfad^e  einfdfte,  man 
aud^  nid^t  etioa  bloS  bie  SRbglid^teit,  fonbern  gar  bie  9lotftD)enbigteit  beS 

3&  moralifdben  ®efe|eS  als  oberften  praltifd^en  ©efe^eS  Dernünftiger  SSefen, 
benen  man  f^reifteit  ber  Saufalttdt  iftreS  äBiUenS  beilegt,  einfeften  mürbe: 
iDdl  beibe  begriffe  fo  ungertrennlid^  Derbunben  ßnb,  bag  man  praftifd^e 


94       i^ritif  bec  )>raftif4en  S3entunft.   1.  Sl^eil.  1.  Sud^.  3.  ^au))tflüdt. 

f^rei^eit  aud^  burd^  Unabl^&ngigfeit  beS  SSiDenS  Don  iebem  anbeten  auger 
aDetn  bem  moralifd^en  ©efej^e  beflniren  tonnte.  SUein  bie  ^reil^eit  einer 
mirfenben  Urfad^e,  Dornel^mlic^  in  ber  Sinnentoelt,  fann  il^rer  SRdglid^feit 
nad^  leineSmegeS  eingefel^en  werben;  glfidtüd^!  ttenn  tt)ir  nur«.  ba|  teinSe« 
toeTS  tl^rer  ttnm5glid^fett  ftattfinbet,  l^inreid^enb  üerftd^ert  »erben  fönnen .  s 
uül  nun,  \>\xxäi8  moralijc^e  ®efe^,  meld^eS  biejelbe  poflunrt,  geiioil^igt, 
eben  baburd^  aud^  berechtigt  »erben,  fie  anjune^men.  Seit  eS  inbeffen 
nod^  Diele  glebt,  »elc^e  biefe  tjrel^eit  nod^  immer  glauben  nad&  tvxpxxU 
fd^en  ^riucipien  »ie  j[ebeS  anbere  9taturDermfigen  erfldren  gu  tonnen  unb 
{ieaI«pf9(^o[ogif(^e  @igenfd^aft,  beren  6rtl&rung  Iebigli(^  auf  eine  lo 
genauere  Unterfud^ung  ber  91a tur  ber  @eele  unb  ber  Sriebfeber  beS 
äSiOend  ant&me,  ni(^t  a\i  tranSfcenbentaleS  ^räbicat  ber  (Saufalität 
eined  äBefeniS,  baS  gur  @innenttett  gel^drt,  (»ie  ed  boii  l^ierauf  toirtlid^ 
allein  antommt)  betrad^ten  unbffo  bie  l^enlid^e  Srbtfnung,  bie  und  bur(^ 
reine  prattifd^e  SSernunft  Dermittelft  beS  moralifd^en  ®efe^e8  toiberfdl^rt,  is 
nämlid^  bie^eriffnungjeiner  inteUigibelen  SBelt  burd^  SRealtfirung  bc« 
fonfl  tranSfcenbenten  SegriffS  ber  f^eil^eit,  unb  l^iemit  baS  moralifd^e 
®efe^  [elbft,  »eld^eS  burd^auS  teinen  empirifd^en  SeftimmungSgrunb  an* 
nimmt,  aufgeben:  fo  toirb  t&  n5t^ig  fein,  l^ier  no(^  etmaS  jur  SSermal^rung 
tt)iber  biefed  Slenbtoert  unb  ber  2)arftenung  bed  Empirismus  in  ber  20 
ganjen  SSlöge  feiner  @eid^tigteit  angufü^ren. 

S)er  93egriff  ber  Saufalitdt  als  Staturnotl^toenbigteit  gum  Unter« 
fd^icbe  berfclben  als  greil^cit  betrifft  nur  bie  ©ylfteng  ber  SJinge,  fo  fern 
fie  in  ber  Seit  beftimmbar  ift,  folglid^  als  (grfd&einungen  im  ®egen* 
fa^e  i^rer  Saufalitdt  als  S){nge  an  {id^  felbft.  Stimmt  man  nun  bte  93e*  25 
ftimmungen  ber  eyifteng  ber  3)ingc  in  ber  Seit  für  Seftimmungen  ber 
S)inge  an  fid^  felbft  (meld^eS  bie  getoö^nlic^fte  SorfteOungSart  ift),  fo 
Idgt  fic^  bie  !Rotl^tt)enbigteit  im  Saufaloer^dltniffe  mit  ber  grei^eit  auf 
teinerlci  SBcife  Dereinigen;  fonbern  fie  jtnb  einanber  contrabictorifd^  ent«- 
gegengefe^t.  S)enn  auS  ber  erfteren  folgt:  bag  eine  \tbt  Segebenl^eit,  so 
folglid^  aud^  {ebe  ^anblung,  bie  in  einem  Seitpuntte  Dorgel^t,  unter  ber 
Sebingung  beffen,  toas  in  ber  Dor^ergel^enben  Seit  toar,  notj^toenbig  fei. 
S)a  nun  bie  Dergangene  Seit  ni(^t  me^r  in  meiner  ©etoalt  ijl,  fo  mug 
febe  ^anblung,  bie  id^  ausübe,  burd^  beftimmenbe  ©rflnbe,  bie  ni(^t  in 
meiner  ®eU)alt  finb,  not^menbig  fein,  b*  i.  id^  bin  in  bem  Seitpunite,  35 
barin  id^  ^anble,  niemals  frei,  ^a,  »enn  id^  glei^  mein  gangeS  S)afein 
als  unabl^dngig  Don  irgenb  einer  fremben  Urfad^e  (etU)a  Don  ®ott)  an» 


5hriiifd^e  Seleu^iung  ber  Vnot^ti!  ber  reinen  proftifd^en  83entunft.       95 

n&l^me,  fo  bag  bie  Se{limmungdgtänbe  meiner  SaufaUt&t,  fogar  metner 
ganjen  6]ri{ieng,  gar  nid^t  au|er  mir  mAren:  fo  »firbe  biefed  j|ene  Statur« 
not^ioenbigfeit  boc^  nid^t  im  minbeften  in  Srei^ett  Dermanbeln.  S)enn 
in  febem  S^itpunfte  ftel^e  id^  boc^  immer  unter  ber  Slot^menbigfeitf  burc^ 

6  baiS  ium  ^anbeln  beftimmt  ju  fein,  toaS  nid^t  in  meiner  ®emalt  ift, 
unb  bie  a  parte  priori  unenbli(!^e  Steil^e  ber  Segebenl^eiten,  bie  id^  immer 
nur  na(^  einer  fd^on  t)or^erbe[timmten  Orbnung  fortfe^en,  nirgenb  wn 
felbft  anfangen  ȟrbe,  todre  eine  ftetige  Slaturfette,  meine  Saufalitdt  alfo 
niemals  ^reil^it. 

10  SSid  man  alfo  einem  SBefen,  beffen  2>afein  in  ber  Seit  beftimmt  ift, 
Stei^it  beilegen,  fo  fann  man  t^  fo  fern  »enigftend  Dom  ®efe^e  ber 
^aturnotl^ttenbigfeit  aOer  Segebenl^eiten  in  feiner  @jctftenj,  mitl^in  aud^ 
feiner  ^anblungen  nid^t  auSnel^men;  benn  baS  mdre  fo  Diel,  ald  ed  bem 
blinben  Ungefdl^r  übergeben.   S)a  biefeg  ®efe|  aber  unDermeiblid^  aQe 

u  gaufalität  ber  S)inge,  fo  fern  il^r  ©afein  in  ber  Seit  beftimmbar  ift, 
betrifft,  fo  »ftrbe,  menn  biefeö  bie  Slrt  todre,  koornad^  man  fid^  auc^  baS 
£)afein  b{eferS){nge  an  fic^  felbft  Dorsufteüen ^dtte,  bie^reil^eit 
als  ein  nichtiger  unb  unmbgHd^er  Segriff  uermorfen  toerben  muffen,  golg« 
H(^  toenn  man  fte  nod^  retten  ttill,  fo  bleibt  fein  SBeg  übrig,  als  baS  £)a« 

20  fein  eine«  S)ingc«,  fo  fern  e«  in  ber  Seit  befiimmbar  ijt,  f olglid^  au(^  bie 
Saufalitdt  nad^  bem  ®efe^e  ber  Slaturnot^toenbigfeit  blo«  ber  Qv 
fd^einung,  bie  ^reil^eit  aber  eben  bemfelben  äSefen  aU  S)inge 
an  f i(^  felbft  beizulegen.  @o  ift  eS  aUerbingiS  unDermeiblid^,  »enn  man 
beibe  einanber  toibenodrtige  99egriffe  jugleid^  erl^alten  mtll;  aOein  in  ber 

95  Snmenbungr  toenn  man  fte  als  in  einer  unb  berfelben  ^anblung  vereinigt 
unb  alfo  biefe  äSereinigung  felbft  erRdren  tt)ill,  t^un  fid^  bo(^  gro^e 
Sd^iDierigfeiten  l^en^or,  bie  eine  folc^e  93ereinigung  untl^unlidb  gu  machen 
fd^einen. 

äßenn  id^  t)on  einem  9Renfd^en,  ber  einen  £)iebftal^l  t^erübt,  fage, 

30  biefe  Sl^at  fei  nad^  bem  Slaturgefe^e  ber  Saufalitdt  auS  ben  Seftim« 
mungSgrünben  ber  Dor^ergel^enben  Seit  ein  not^menbiger  (Srfolg,  fo  mar 
es  unmbglid^,  bag  fie  ^at  unterbleiben  fönnen:  toie  tann  benn  bie  Seur« 
tl^eilnng  nad^  bem  moralifc^en  (Sefe^e  hierin  eine  ^nberung  mad^en  unb 
DorauSfe^en,  ba^  fte  bo4  l^abe  unterlaffen  toerben  fbnnen,  meil  baS  @t* 

35  fe^  fagt,  fte  l^dtte  unterlaffen  merben  follen,  b.  i.  mie  fann  berfenige  in 
bemfelben  Seitpunfte  in  Sbftd^t  auf  biefelbe  ^anblung  gang  frei  l^eigen, 
in  »eld^em,  unb  in  berfelben  Sbfid^t,  er  bodd  unter  einer  unuermeiblid^en 


96        ^ritif  bec  prafttfd^en  H^etnunft.   1.  3:(etl.   1.  9ud^.  3.  ^auptflfidt. 

9laturnotl^tt)enbtgreit  jlel^t?  Sine  9u«flud^t  barin  fud^en,  bog  man  blod 
bxt  art  ber  Seftimmungdgrünbe  fetner  Saufalitdt  na(^  bem  9taturgefe|e 
einem  comparatitjen  Segriffe  bon  greil^elt  anpaßt  (mäi  »eld^em  ba« 
biStoeilen  freie  SBirfung  l^eigt,  bat)on  ber  beftimmenbe  Slaturgrunb  inner«« 
Ud&  im  »irlenben  SBefen  ließt,  j.  S.  baS  toaS  ein  gettorfener  ÄJrper  Der«  ö 
rid^tct,  »enn  er  in  freier  Setoegnng  ifi,ba  man  ba8  SBort  Sfreil^eit  braud&t, 
meil  er,  todl^renb  bag  er  im  f^Iuge  ift,  nid^t  wn  ou^en  tooburd^  getrieben 
»irb,  ober  toie  toir  bie  SSetoegung  einer  U^r  aud^  eine  freie  Bewegung 
nennen,  tocil  |te  il^ren  S^ifl^t  felbft  treibt,  ber  olfo  ni<^t  fiufeerlid^  gefdfeo» 
ben  werben  barf,  eben  fo  bie  ^anblungen  beiS  SRenfd^en,  ob  ^e  gleid^  burd^  lo 
il^re  SeftimmungSgrfinbe,  bie  in  ber  3^it  üorl^ergel^en,  not^ttenbig  finb, 
benno(^  frei  nennen,  mW  ed  bod^  innere,  burc^  unfere  eigene  j(r&fte  l^er^ 
t)orgebra(^te  SSorfteQungen,  baburd^  nac^  Deranlaffenben  Umftftnben  tx^ 
geugte  Segierben  unb  mithin  nad^  unferem  eigenen  Selieben  bemirlte 
^anblungen  finb),  ift  ein  elenber  Sel^elf,  toomit  ftd^  no<^  immer  einige  u 
l^inl^alten  laffen  unb  fo  ieneS  fc^mere  Problem  mit  einer  Reinen  SESort* 
flauberei  aufgelöfet  }u  ^aben  meinen,  an  beffen  Sluflofung  3><^]^rtaufenbe 
oergeblid^  gearbeitet  l^aben,  bie  bal^er  too^I  fc^merlid^  fo  gang  auf  ber 
Dbex^fid^e  gefunben  toerben  bfirfte.  (SiS  fommt  n&mlid^  bei  ber  f^age 
na(^  berjenigen  ^reil^eit,  bie  aUen  moralifd^en  ©efe^en  unb  ber  il^nen  ao 
gemeinen  ßured^nung  jum  ®runbe  gelegt  toerben  mug,  barauf  gar  nic^t 
an,  ob  bie  nad^  einem  !Raturgefe^e  beftimmte  (Saufalität  burd^  Seßim^» 
mungiSgrünbe,  bie  im  @ubiecte,  ober  auger  i^m  liegen,  unb  im  erfteren 
%aVi,  ob  fie  burd^  Snftinct  ober  mit  SSernunft  gebadete  SSeflimmungd«« 
grünbe  not^toenbig  fei;  ttenn  biefe  beftimmenbe  SorfteDungen  na(^  bem  25 
®eflfinbniffc  eben  biefer  SRänner  fclbft  ben  ®runb  i^rer  ©yipenj  bod^  in 
ber  Seit  unb  gmar  bem  oorigen  S^ftcinbe  l^aben,  biefer  aber  toieber 
in  einem  oor^ergel^enben  k.,  fo  mögen  fie,  biefe  93eftimmungen,  immer 
innerlid^  fein,  fie  mögen  pf^d^ologifd^e  unb  nid^t  med^anifd^e  @aufalit&t 
l^aben,  b.  i.  burd^  äSorfteDungen  unb  nid^t  burd^  Ibrperlid^e  Semegung  30 
^anblung  l^eroorbringen,  fo  ftnb  ti  immer  SBeftimmungSgränbe  ber 
ßaufalität  eine«  SBefen«,  fo  fern  fein  JDafein  in  ber  Seit  beftimmbar  ifl, 
mithin  unter  notl^toenbig  mad^enben  93ebingungen  ber  vergangenen  S^it 
bie  alfo,  menn  baeSubject  l^anbeln foU,  nid^t  me^r  in  feiner  ©eioalt 
finb,  bie  alfo  gmar  pfqd^ologifd^e  f^reil^eit  (menn  man  ia  biefe«  SSort  35 
Don  einer  blo«  inneren  SSerlettung  ber  SorfteUungen  ber  @eele  braud^en 
iDiU),  aber  bod^  Slaturnotl^ioenbigleit  bei  ft(^  fftl^ren,  mitl^in  feine  Iran«^ 


ltrttif<^e  8eleu(!^tung  ber  tnat^tt!  bcr  reinen  praliifd^en  83etnunft.       97 

fcenbentate  f^reil^eit  übrig  laffen,  meiere  als  Unabl^&ngigleit  t)on 
allem  ISmptrifc^en  unb  alfo  t)on  ber  Slatur  überl^aupt  gebadet  toerben  mug, 
fie  mag  nun  ate  ©egenftanb  bt&  inneren  @inne8  bloiS  in  ber  S^t,  ober 
aud^  äußeren  Sinne  im  SÜaume  unb  ber  S^it  gugleic^  betrad^tet  merben, 

s  o^ne  meldte  Stei^eit  (in  ber  Unteren  eigentlid^en  Sebentung),  bie  aUein 
a  priori  praltifcb  ift,  (ein  moralifc^  ®efe^,  (eine  3ured^nung  nad^  bem^ 
felben  möglid^  iß.  @ben  um  beSmillen  (ann  man  au(^  aQe  9totbtt)enbig< 
(eit  ber  Segebenl^eiten  in  ber  ßcit  na(^  bem  Sflaturgefe^e  ber  (Saufalität 
ben  9te(^ani8mu8  ber  9tatur  nennen,  ob  man  glei(^  barunter nid^t Der« 

10  ftel^t,  bag  S)inge,  bie  il^m  untenoorfen  jinb,  mirnid^e  materielle  9Raf  d^t< 
nen  fein  mfi^ten.  ^ter  toirb  nur  auf  bie  9lot^menbig(eit  ber  Ser{nflp« 
fung  ber  Segebenbeiten  in  einer  S^itreil^e,  fo  »ie  jte  fid&  nad&  bem  3latur« 
gefe|e  enttoidelt,  gefeben,  man  mag  nun  bad  @ubiect,  in  meld^em  biefer 
8blauf  gefd^iebt,  Aatomaton  materiale,  ba  baS  SRafd^inentoefen  burd^ 

15  äRaterie,  ober  mit  £eibnigen  spiritaale,  ba  eS  bur(b  SSorfteDungen  be« 
trieben  toirb,  nennen,  unb  menn  bie  ^reibeit  unfereiS  SSiUend  (eine  anbere 
als  bie  le^tere  (etma  bie  ))f9d^ologifd^e  unb  com))aratiDe,  nid^t  tranSfcen* 
bentale,  b.  i.  abfolute,  gugleicb)  U)äre,  fo  to&rbe  jie  im  ©runbe  nid^td 
beffer,  aU  bie  f^eibeit  eineiS  Sratentoenberö  fein,  ber  aud^,  toenn  er  ein« 

20  mal  aufgewogen  morben,  oon  felbft  feine  Semegungen  uerrid^tet. 

Um  nun  ben  fd^einbaren  SBiberfprud^  jtolfd^en  9laturmed^ani8mud 
unb  f^reibeit  in  ein  unb  berfelben  ^anblung  an  bem  vorgelegten  f^aQe 
aufgu^eben,  mug  man  {id^  an  baS  erinnern,  roa^  in  ber  Ariti(  ber  reinen 
93ernunft  gefagt  mar  ober  baraud  folgt:  bag  bie  9talurnot^n)enbij(eit, 

35  toeld^e  mit  ber  ^reil^eit  beS  @ubiects  nid^  gufammen  befteben  (ann,  bloi$ 
ben  Seftimmungen  beSjenigen  S)ing'ed  anb&ngt,  bad  unter  ßj^itbebjn* 
gun^en  ftel^t,  tölfllid^  nur  bcnen  be«  ^anbelnben  ©ubject«  alö  erfd^eU 
nung,  ba§  alfo  fo  fern  bie  äBeftimmungggrünbe  einer  feben  ^anbliirig 
Öfffeüftn  in  bemfenigen  liegen,  toa«  jur  vergangenen  S^lt  gehört  unb 

30  nid^t  mebr  in  feiner  ®emalt  ijt  (mogu  aud^  feine  f(bon begangene 
^atm  unb  ber  i^m  baburd^  beftimmbare  ^^axatttx  in  feinen  eigenen 
Singen,  ald  $b&nomeniS,  gejd^lt  merben  muffen).  SIber  ebenbaffelbe  @ub« 
Ject,  ba«  fld^  anberjeit«  au^  feiner  ql«  S)inge«  an  ftd&  felb"p  Bewiiferillr 
betrocbtet  aud^  fein  ©afeinrfo  fern  e«  ni  d^Tunte'r  Seitl)e})ingungett 

35  fty^t,ini5  felbfl  aber  nur  alS  beftimmbar  burcb  ®efe^e,  bie  c8  ftd^  burd^ 
Vernunft  felbft  gicbt,  unb  in  biefem  feinem  ©afein  ift  ibm  nld^tö  voriger« 
gel^nb  oot  feiner  SBilleni»befiimmung,  fonbem  j[ebe  ^anblung  unb  über« 

«ant'l  6(^tiftcii.   Seife.  Y.  7 


98        ^Tittl  ber  praftif(^en  Vernunft.   1.  ^etl.  1.  Bnü^.  .3.  ^ouptflüct 

^Qupt  jebe  bem  tnnern  @tnne  gem&g  toed^felnbe  Seßimtnung  feines  S)a* 
fein«,  felbjl  bie  ganje  Sleil^enfolfle  feiner  ejcifteng  d«  ©innenwefen  ift 
im  93mu|^tfein  feiner  inteDigibelen  (S^riftenj  nid^tö  a(«  f^olge,  niematö 
aber  atö  SeftimmungSgrunb  feiner  @au|aUtat,  a\&  StoumenS,  angu«' 
feigen,  ^n  biefem  Setrad^t  nun  fann  ba»  vernünftige  SBefen  Don  einer  » 
{eben  gefe^mibrigen  ig^anblung,  bte  t&  verübt,  ob  fie  gleid^  als  (Srfc^ei«» 
nung  in  bem  SSergangenen  ^inreic^enb  beftimmt  nnb  fo  fern  nnauSbleib« 
li(^  not^toenbjg  ifl,  mit  Sted^t  fagen,  bag  er  ftej^&tte  unterlaffen  fönnen; 
benn  fte  mtf  aüem  SSergangenen,  baS  fie  bestimmt,  gel^firt  gu  einem  ein« 
gigen  $^ftnomen  feines  SJ^aratterS,  ben  er  ftd^  felbfi joerft^afft,  unbjtac^  lo 
tDt^m  et  ]ldr<tls  einer  von  oQer  (Sinnlit^feit  unabl^dngigen  Urfat^e  bie 
Saufalitdt  jener  Srfd^einungen  felbft  gurec^net. 

^iemit  Timmen  aud^  bie  Süid^terauSfprüd^e  beSjenigen  »unberfamen 
SSermögenS  in  uns,  tteld^eS  mir  ®eU)if[en  nennen,  DoQfommen  überein. 
(Sin  3Renfd^  mag  tünfteln,  fo  viel  als  er  toiQ,  um  ein  gefe^mibrigeS  S3etra«  i5 
gen,  beffen  er  {id^  erinnert,  ftd^  alS  unoorfe^lic^eS  SSerfe^en,  als  bloge 
Unbel^utfamteit,  bie  man  niemals  gftnglic^  vermeiben  Tann,  folglid^  als 
etmaS,  tt)orin  er  vom  Strom  ber  Slaturnot^menbigfeit  fortgeriffen  tt&re, 
vorgumalen  unb  fid^  barüber  für  fc^ulbfrei  gu  ertl&ren,  fo  flnbet  er  bo(^, 
ba^  ber  Hbvocat,  ber  ju  feinem  ißortl^eil  fpric^t,  btn  anH&ger  in  i^m  so 
teineSttegeS  jum  SSerftummen  bringen  tbnne,  menn  er  ftd^  betvu^t  ift,  bag 
er  ju  ber  S^itf  als  er  baS  Unred^t  verübte,  nur  bei  Sinnen,  b.  i.  im  ®e« 
brauche  feiner  greil^eit,  mar,  unb  gleid^mo^l  ertl&rt  er  ftd^  fein  93erge]^en 
aus  gemiff er  Übeln,  bur(^  aOmd^lige  SSemad^ldffigung  ber  Sld^tfamfeit 
auf  fid^  felbft  jugejogener  ©emol^nl^eit  bis  auf  ben  ®rab,  bag  er  eS  als  25 
eine  natürlid^e  f$^olge  berfelben  anfeilen  lann,  o^ne  bag  biefeS  i^n  gleid^mol^l 
miber  ben  Selbfttabel  unb  ben  SSermeiS  fiebern  fann,  ben  er  fi(^  felbft 
mad^t.  S)arauf  grünbet  fid^  benn  aud^  bie  äieue  über  eine  Idngfi  begann 
geneStl^at  bei  feber  (Erinnerung  berfelben;  eine  fc^mergl^afte,  burd^  mora« 
Ufd^e  (Seiinnung  gemirfte  Smpflnbung,  bie  fo  fem  prattifc^  leer  ift,  als  so 
fie  ni(^t  baju  bienen  fann,  baS  (Sefd^el^ene  ungefd^el^en  gu  mad^en,  unb 
fogar  ungereimt  fein  mürbe  (mie  ^rieftle^  als  ein  dd^ter,  con{equent 
verfal^renber  ff  atalift  fie  aud^  bafiür  erfldrt,  unb  in  «nfe^ung  meld^er 
Dffenl^ergigfelt  er  me^r  SeifaH  verbient  als  bieienige,  mel(^e,  inbem  fie 
ben  aRec^aniSm  beS  SßiKenS  in  ber  SXiat,  bie^reil^eit  bepben  aber  mit  35 
SSorten  behaupten,  nod^  immer  bafür  gel^alten  fein  moQen,  bag  fie  fenei 
o^ne  bod^  bie  SKbglid^Ieit  einer  fold^enSutec^nung  begreiflid^  3U  mad^eui 


Aritif^e  IBeteud^tung  bec  Knal^H!  ber  reinen  fnraftif^en  9}emunft       99 

in  il^rem  f^nlretiftifd^en  Softem  mit  einfd^liegen),  aber  ali  Sd^merj  bo(^ 
gang  re(^tma^ig  ifi,  meil  bie  SSernunfti  U)enn  ed  auf  baS  ®efe^  unferer 
intedigibelen  S^riftenj  (bad  moralifd^e)  antommt,  leinen  S^itunteTf(t)ieb 
anerlennt  unb  nur  fragt,  ob  bie  Gegebenheit  mir  atö  Stl^at  angehöre,  ali* 

s  bann  aber  immer  biefelbe  Smpflnbung  bamit  moralifd^  üerinfipft,  Pe  mag 
je^t  gef^el^en  ober  oorlängfl  gefd^el^en  fein.  3)enn  bad  @ Innenleben 
^at  in  Slnfel^ung  bed  tntelligibelen  SemugtfeinS  feines  3)afein8  (ber 
Sreil^eit)  abfolute  Sinl^eit  eines  ^l^dnomeniS,  totliiti,  fo  fern  ed  bloS  @r« 
fc^einungen  oon  ber  ©eftnnung,  bie  baS  moralifd^e  ®efe^  angebt,  (oon 

10  bem  Sl^aratter)  entl^ält,  nid^t  nad^  ber  ^Raturnotl^menbigfeit,  bie  i^m  als 
Srfd^einung  gutommt,  fonbern  nacb  ber  abfoluten  Spontaneität  ber  $rei« 
^eit  beurtl^eilt  merben  mug.  9Ran  fann  alfo  einräumen,  bag,  koenn  eS 
ffir  uns  möglich  »äre,  in  eines  aßenfd^en  Senf ungSart,  fo  »ie  pe  ftd)  burd^ 
innere  fomo^l  als  äußere  l^anblungen  geigt,  fo  tiefe  @inftd^t  gu  l^aben, 

15  bag  lebe,  aud^  bie  minbefte  Sriebfeber  bagu  unS  betannt  toflrbe,  imgleid^en 
aUe  auf  biefe  mirtenbe  dugere  SSeranlaffungen,  man  eines  SRenfd^en  fß^x^ 
galten  auf  bie  Butunft  mit  ©ettig^eit,  fo  toie  eine  jDtonb*  ober  @onnen« 
finfiemig  ausrechnen  tonnte  unb  bennoc^  babei  behaupten,  ba^  ber  3Renf(^ 
frei  fei*  äßenn  mir  ndmUd^  nod^  eines  anbern  S3UdS  (ber  uns  aber  frei* 

20  U(^  gar  ni(^t  oerliel^en  ifl,  fonbern  an  beffen  Statt  mir  nur  ben  SBemunft« 
begriff  ^aben),  n&mlid^  einer  intenectueUen  Slnfd^auung  beffelben@ub|ectS, 
fdl^ig  mdren,  fo  märben  mir  bod^  inne  merben,  bag  biefe  gange  j(ette  t>on 
@rf(^einungen  in  Slnfel^ung  beffen,  maS  nur  immer  baS  moralifdbe  ®efe^ 
angeben  tonn,  Don  ber  @))ontaneitdt  beS  @ubtects  als  3)inges  an  f((| 

9s  felbfi  abl^dngt,  üon  beren  SBeftimmung  ftdb  gar  Teine  pl^ftfdbe  @rlldrung 
geben  Idgt.  ^n  @rmangelung  biefer  anf^auung  oerfid^ert  unS  baS  mo^ 
raUfd^e  ®efe^  biefen  Unterf(^ieb  ber  SSegiel^ung  unferer  ^onblungen  als 
(Srfd^einungen  auf  baS  @innenmefen  unfereS  SubfectS  oon  berfenigen, 
baburd^  biefeS  @innenmefen  felbft  auf  baS  inteUigibele  Subftrat  in  unS 

80  begogen  »irb.  —  3n  biefer  SRfldtftdjt,  bie  unferer  SSernunft  natürlich,  ob« 
gleid^  unerndrlid^  ift,  laffen  fid^  au(^  IBeurtl^eilungen  rechtfertigen,  bie^ 
mit  aUer  ©emiffenl^aftigteit  gef&nt,  benno(^  bem  erften  Slnfc^eine  nad^ 
aDer  IBiKigfeit  gang  gu  miberftreiten  fd^einen.  SS  giebt  ^dOe,  mo  ÜRem 
fd^en  Don  jtinb^eit  auf,  felbfi  unter  einer  ßrgie^ung,  bie  mit  ber  irrigen 

33  gugleid^  anbern  erfpriefilid^  n)ar,  bennod^  fo  fräl^e  S3oS^eit  geigen  unb  fo 
bis  in  il^re  SRanneSial^re  gu  fteigen  fortfal^ren,  bag  man  fie  ffir  gebome 
935femid^ter  unb  gdnglid^,  maS  bie  S)enlungSart  betrifft,  ffir  unbefferlid^ 


100     iMH!  ber  praftifd^en  ü^entunft.   1.  Z:f^til  1.  Sßn^,  3.  ^aupmd. 

fj6lt,  gleiii^tool^l  aber  fie  toegen  il^red  Zfjmi  unb  £af[en8  eben  fo  rid^tet, 
il^nen  i^rc  SBcrbrcd^en  eben  fo  al8  @<^ulb  Dertoeifet,  [a  jtc  (bie  Älnber) 
jelbft  biefe  SSeroeifc  fo  ßang  gegrünbet  finben,  al8  ob  fte  ungeachtet  ber 
il^nen  beigemeffenen  ^offnungSlofen  9laturbefd^affen^eit  i^vti  (Semfltl^S 
eben  fo  öerant»ortUd&  blieben,  als  ieber  anbete  STOcnfcl^.  2)iefe8  »ftrbe'  5 
nld&t  gefcfte^en  Mnnen,  toenn  tt>lr  nid^t  »orauÄfefeten,  ba^  alle«,  aa«  au8 
feiner  SBiWftr  entfprlngt  (mie  ol^ne  S»elfel  iebc  Dorfe^lid^  t)erfibte  |)anb« 
lung),  eine  freie  Saufalit&t  gum  ®runbe  ^abe,  meldte  t)on  ber  fräßen 
3ugenb  an  il^ren  ®^arafter  in  ibren  (Srfd^etnungen  (ben  ^anblungen) 
auebrfldtt,  bie  megen  ber  ©letd^fSrmigfeit  bed  SSer^altenS  einen  ülaturgu«  lo 
fammenbang  Tenntlid^  macben,  ber  aber  nid^t  bie  arge  SBefdbaff^nl^^U  be« 
SBiDenS  notl^ttenbig  ntad^t,  fonbern  Dielmel^r  bie  $olge  ber  frettDiUig  an- 
genommenen böfen  unb  unmanbelbaren®runbfA^e  ift,  toelc^e  il^n  nur  no(^ 
um  befto  üern)erfli(^er  unb  firafmürbiger  mad^en. 

Slber  nod^  fielet  eine  @(^n)ierigleit  ber  f^reil^eit  beoor,  fo  fern  fie  15 
mit  bem  9laturmed^aniSm  in  einem  2Befen,  ba«  jur  Sinnenuelt  gebort, 
«vereinigt  toerben  foll;  eine  ©d^tDietigfeit,  bie,  felbft  nad^bem  aUefl  bi«i* 
berige  eingemiOigt  morben,  ber  f^reibeit  bennod^  mit  i^rem  g&njUd^en 
Untergange  bro^t.  Slber  bei  biefer  ©efal^r  giebt  ein  Umflanb  bo(b  iVi^ 
gletcb  Hoffnung  gu  einem  für  bie  93el^auptung  ber  grreil^eit  nodb  glüd»  20 
lid^en  Ausgange,  n&mlid^  bag  biefelbe  Scbmterigfeit  Diel  ftärfer  (in  ber 
2:b^t,  toie  tolr  balb  feigen  werben,  aQeln)  ba«  @9flem  bri^dFt,  in  toelcbem 
bie  in  ß^it  unb  Staum  beftimmbare  (Sjriftenj  für  bie  (S;ciflenj  ber  3)inge 
an  ftd^  felbft  gel^alten  tolrb,  fte  uns  alfo  nid^t  nötl^igt,  unfere  Dornel^mfie 
93orau«fe|ung  wn  ber  Sbealit&t  ber  Seit  als  bloßer  f^orm  ftnnlid^er  8ln«  35 
fd^auung,  folgli(^  als  bloßer  SorfteUungSart,  bie  bem  €ub)ecte  als  jur 
Sinnentoelt  gel^drig  eigen  ift,  abjugel^en,  unb  alfo  nur  erforbert  fte  mit 
biefer  Sbee  ju  bereinigen. 

SBenn  man  uns  ndmlid^  audb  einräumt,  bag  baS  intelligibele  @ub« 
iect  in  Snfel^ung  einer  gegebeneu  ^anblung  nod^  frei  fein  fann,  obgleid^  so 
es  als  Subject,  baS  aud^  gur  Sinnenmelt  ge^5rig,  in  flufe^ung  berfelben 
med^anifcb  bebingt  ift,  fo  fd^eint  eS  bod^,  man  muffe,  fo  balb  man  an* 
nimmt,  @ott  als  allgemeines  Urmefen  fei  bie  Urf acbe  au(b  ber  &fi* 
fteng  ber  @ubftanj  (ein  @a^,  ber  niemals  aufgegeben  rotxhtn  barf, 
o^ne  ben  Segriff  oon  ®ott  als  SBefen  aUer  SBefen  unb  l^iemit  feine  911^  35 
genugfamleit,  auf  bie  aQeS  in  ber  Sl^eologie  anfommt,  gugleid^  mit  auf» 
jugeben),  and^  einräumen,  bie  ^anblungen  beS  SRenfc^en  l^aben  tu 


Jtvitif(|e  S3eleu(|tung  ber  ICnal^tif  bet  reinen  praftifd^en  SentunfL     101 

bemfenigen  il^ren  6ejiitnttienben®ninb,  toai  g&nxU(^  au^er  il^rer  ®e^ 
ttalt  ift,  itdtnU^  in  btx  SaufalitAt  etnefl  lotn  il^m  unterf(t)iebenen  f^bii* 
ften  SSefen«,  wn  mWm  baS  S)afein  beS  erftern  unb  ble  gange  fbf 
ftimmung  feiner  (Saufalität  ganj  unb  gar  obl^&ngt  ^n  berX^at:  m&ren 

5  bie  ^anblungen  beS  Stenfd^en,  fo  mie  fe  gu  feinen  Seftimmungen  in  bet 
3eit  gehören,  nid^t  blo^e  Seftimmungen  beffelben  als  ßrfc^elnung,  fon^ 
bern  aU  S)ingeiS  an  ft(^  felbft,  fo  »flrbe  bie  ^rei^eit  nW  gu  retten  fein. 
S>er  SRenfc^  »&re  SRarionette,  ober  ein  SSaucanfonfc^e«  Automat,  ge» 
gimmert  unb  aufgegogen  t)on  bem  oberften  SReifter  aQer  j(unftn)erle,  unb 

10  bai  Selbftbettugtfein  toürbe  eS  gttar  gn  einem  bentenben  Slutomate 
mad^en,  in  »elc^em  aber  ba^  Semugtfetn  feiner  @pontaneitdt,  loenn  fte 
für  Srei^eit  gehalten  mirb,  bloge  S&ufc^ung  ro&xt,  inbem  fte  nur  compa« 
ratio  fo  genannt  gu  »erben  oerbient,  »eil  bie  n&d)ften  beftimmenben  Ur« 
fad^en  feiner  Semegung  unb  eine  lange  Sieil^e  berfelben  gu  il^ren  be> 

15  ftimmenben  Urfad^en  l^inauf  gttar  innerlid^  finb,  bie  le^te  unb  l^5(t)fte 
aber  bod^  gänglic^  in  einer  fremben  ^anb  angetroffen  tt)irb.  Sia^tx  fel^e 
id^  nic^t  ab,  koie  bieientge,  »elc^e  no(^  immer  babei  bel^arren,  Qtit  unb 
fRavixa  fär  gum  S)afein  ber  S)inge  an  fic^  felbft  gel^örige  SBeftimmun« 
gen  angufel^n,  l^ier  bie  Satalit&t  ber  ^anblungen  oermeiben  tooQen,  ober, 

90  »enn  fie  fo  gerabegu  (mle  ber  fonft  fd^arffinnige  SRenbelSfo^n  t^at) 
betbe  nur  als  gur  (Sjrifteng  enblid^er  unb  abgeleiteter  9Sefen,  aber  nic^t  gu 
ber  bei$  unenblic^en  UrwefenS  not^menbig  gel^örige  SBebingungen  ein« 
r&umen,  ftd^  rechtfertigen  tooKen,  »o^er  fte  biefe  Sefugnig  nel^men,  einen 
fold^en  Unterfc^ieb  gu  mad^en,  fogar  »ie  fie  aud^  nur  bem  Siberfprud^e 

SS  audtoeid^en  toollen,  ben  fte  begel^en,  menn  fte  baS  ^afein  in  ber  ß^it  atö 
ben  enblid^en  2)ingen  an  ftc^  not^menbig  anl^&ngenbe  S3eftimmung  an« 
feigen,  ba  ®ott  bie  Urfad^e  biefeS  S)afeinS  ift,  er  aber  bod^  nid^t  bie  Ur« 
fad^e  ber  Qtit  (ober  be«  SRaum«)  felbft  fein  fann  (»eil  biefe  als  not^- 
koenbige  99ebingung  a  priori  bem  S)afein  ber  S)tnge  ooraudgefe^t  fein 

so  mug),  feine  Saufalit&t  folglid^  in  ^nfel^nng  ber  (Sjrifteng  biefer  S)tnge 
felbft  ber  Seit  nad^  bebingt  fein  mug,  toobei  nun  alle  bie  äSiberfprüc^e 
gegen  bie  Segriffe  feiner  Unenblid^feit  unb  Unabl^&ngigfeit  unoermetblid^ 
eintreten  mflffen.  «hingegen  ift  e«  und  gang  leidet,  bie  Seflimmung  ber 
gbttlid^en  (Sjrifteng  als  unabhängig  oon  allen  ßeitbebingungen  gum  Unter« 

n  fd^iebe  oon  ber  eines  SBefen«  ber  @tnnenmelt  al«  bie6]cifteng  eine« 
BefenS  an  fi(^  felbft  oon  ber  eine«  Ringes  in  ber  (Srfd^einung 
gu  unterfd^eiben.  Salier,  toenn  man  iene  3bealit&t  ber  ßeit  unb  be«  StaumS 


102      Aritif  ber  praftlfd^en  Sentunft.  h^tll  l.JBu«.  3.^auptflü(l 

ttid^t  annimmt,  nur  aOein  ber  @pino}i8m  übrig  bleibt,  in  loeld^em 
Staum  itnb  Qüt  mefentlid^e  93efKmmungen  beiS  Umefend  felbft  finb,  bie 
l)on  il^m  abl^&ngige  SÜn^t  aber  (alfo  andi  toir  felbft)  nid^t  @ub[tangen, 
fonbern  bIo2  ibm  inl^rirenbe  accibenjen  {inb:  loeil,  »enn  biefe  S)inge 
bloS  atö  feine  Sßirfungen  in  b er  Seit  ejtiftiren,  n)el(^e  bie  S3ebingung  s 
tl^rer  6]ri{ten)  an  pd^  mdre,  aud^  bie  ^anblungen  biefer  SBefen  blod  feine 
^anblnngen  fein  mügten,  bie  er  irgenbmo  unb  irgenbttann  auSfibte.  S)a« 
l^er  fc^liegt  ber  @pinoii8m  unerad^tet  ber  Ungereimtl^eit  feiner  Orunbibee 
bodb  U)eit  bünbiger,  als  es  nad^  ber  Sd^bpfungStbeorie  gefc^el^en  fann, 
toenn  bie  ffir  Subßanjen  angenommene  unb  an  {t(^  in  ber  S^it  ejrifii«  lo 
renbe  SBefen  aU  SBirfungen  einer  oberften  Urfac^e  unb  bod^  nid^t  }U:> 
glei(!b  jtt  i^m  unb  feiner  ^anblung  gel^örig,  fonbern  für  fid^  als  @ub> 
ftangen  angefel^en  merben. 

S)ie  auflöfung  obgebad^ter  Sd^ttierigleit  gefd^iel^t  (urg  unb  ein» 
leud^tenb  auf  folgenbe  Slrt:  SBenn  bie  @]tiftenj  in  ber  S^tt  eine  bloge  15 
ftnnlid^e  SSorfteDungSart  ber  benfenben  äSefen  in  ber  SSelt  ift,  folglid^  {ie 
als  S)inge  an  fid^  felbft  nic^t  angebt:  fo  ifl  bie  Scböpfung  biefer  SBefen 
eine  ©d^bpfung  ber  S)inge  an  fid)  felbft,  meil  ber  SSegriff  einer  @d^öpfung 
nid^t  p  ber  ftnnlid^en  SSorfteUungSart  ber  @irifteng  unb  jur  S^aufalitdt 
gebort,  fonbern  nur  auf  9loumenen  begogen  merben  lann.  f^olglicb,  toenn  20 
i(b  t)on  SBefen  in  ber  @innen»elt  fage:  fie  ftnb  erf(i)af[en,  fo  betrad^te  idb 
fie  fo  fern  als  Sloumenen.  @o  mie  eS  alfo  ein  äSiberfpru(b  n)dre,  gu  jagen, 
©Ott  fei  ein  Scbbpfer  Don  Srfd^einungen,  fo  ift  eS  aucb  ein  äSiberfprud^, 
gu  fagen,  er  fei  als  @d^bpfer  Urfad^e  ber  ^anblungen  in  ber  ©innentoelt, 
mitl^in  als  @rfd^einungen,  tt)enn  er  gleid^  Urfac^e  beS  3)afeinS  ber  l^an«  25 
belnben  SBefen  (als  SRoumenen)  ift.  3ft  eS  nun  mbglicb  (»enn  mir  nur 
baS  ^afein  in  ber  Seit  für  etmas,  koaS  bloS  Don  (Srfcbeinungen,  nid^t  Don 
S)ingen  an  ftd^  felbft  gilt,  annehmen),  bie  f^rei^eit  unbefcbabet  bem  9latur« 
med^aniSm  ber  ^anblungen  als  @rf(^einungen  gu  bebaupten,  fo  lann,  bag 
bie  bcinbelnben  SBefen  ®efd^5pfe  finb,  ni(bt  bie  minbefte  ^nberung  bierin  so 
mad&en,  toeil  bie  ©cbopfung  i^re  intelligibele,  aber  nicftt  fenftbele  (Sjrifteng 
betrifft  unb  alfo  ni(bt  als  93eftimmungSgrunb  ber  @rfd^einungen  ange« 
feigen  merben  fann;  meld^eS  aber  gang  anberS  ausfallen  mürbe,  menn  bie 
Sßeltmefen  als  S)inge  an  fld^  felbft  in  ber  Seit  e]riftirten,  ba  ber  @d^öp« 
fer  ber  @ubflang  gugleicb  ber  Url^eber  beS  gangen  SRafc^inenmefenS  an  85 
biefer  @ubftang  fein  mürbe. 

Son  fo  groger  SBid^tigleit  ift  bie  in  ber  j^itif  ber  reinen  fpecu» 


ftritifd^e  Seleu^tung  btt  Knal^til  ber  reinen  ^raftif^en  Qermmft.     lOS 

fotiüen  93ernunft  oerrid^tete  Slbfonberung  ber  Seit  (fo  toie  be8  SlaumS) 
Don  ber  6]riften)  ber  S)inge  an  fic^  felbft. 

S)ie  l^ier  ^vorgetragene  Sluflifung  ber  €d^ttierigTeit  l^at  aber,  mirb 
man  fagen,  bo(^  Diel  ©d^toereiS  in  fic^  unb  ift  einer  feilen  2>arfteKung 

5  taum  empf&ngli^-  Allein  ift  benn  jebe  anbere,  bie  man  Derfud^t  l^at  ober 
Derfnc^en  mag,  letzter  nnb  faglid^er?  ISl^er  möchte  man  jagen,  bie  bog« 
matifd^en  Se^rer  ber  aReta))b9Jit  l^dtten  mel^r  i^re  SSerf^mi^t^eit  als  Sluf:* 
ridbtigfeit  barin  bemiefen,  bag  fie  biefen  fc^mierigen  $untt  fo  meit  mie 
mögU(^  aus  ben  Slugen  brad^ten,  in  ber  Hoffnung,  bag,  menn  fie  baDon 

10  gar  nid^t  fprdd^en,  au(^  mol^l  niemanb  leid^tlic^  <^n  i^n  benlen  koürbe. 
äSenn  einer  äSiffenfd^aft  gel^olfen  merben  foQ,  fo  mflffen  alle  ©d^mierig« 
leiten  aufgebedt  unb  fogar  biefenigen  aufgefud^t  merben,  bie  il^rnod^ 
fo  Ingelheim  im  ffiege  liegen;  benn  febe  berfelben  ruft  ein  ^filfSmittel  auf 
mel^ed,  ol^ne  ber  Sßiffenfd^aft  einen  Sunad)^,  ed  fei  an  Umfang,  ober  an 

15  Seftimmtl^eit,  gu  Derf(^affen,  nid)!  gefunben  »erben  lann,  moburtb  alfo 
felbfl  bie  ^inbemiffe  93ef5rberungdmittel  ber  @rfinblici)reit  ber  SSiffen« 
fd^oft  merben,  2)agegen,  merben  bie  Sc^mierigfeiten  abfic^tUc^  mbeitt, 
ober  blöd  burcb  jßalliatiDmittel  gehoben,  fo  brechen  fie  fiber  fura  ober  lang 
in  unl^eilbare  äbel  aus,  meiere  bie  Siffenfd^aft  in  einem  g&ujlid^en 

90  @cepticiöm  gu  ®runbe  richten. 


©a  es  eigenlli(%  ber  Segriff  ber  greil^eit  ifl,  ber  unter  aDen  Sbeen 
ber  reinen  fpeculatiDen  Vernunft  aUein  fo  groge  (Srmeiterung  im  treibe 
bed  Überfinnlic^en,  menn  gleid^  nur  in  Slnfe^ung  bed  praftifcben  (Srtennt« 
niffeS  Derfc^afft,  fo  frage  id^  mi(^:  mol^er  benn  i^m  auSfcblie^ungS^ 

36  meife  eine  fo  groge  $ru(^tbarfeit  gu  Sl^eil  gemorben  fei,  in« 
beffen  bie  öbrigen  gmar  bie  leere  @telle  für  reine  mögliCDe  SSerftanbedmefen 
begei^nen,  ben  Segriff  t)on  il^nen  aber  burc^  nicbtS  befiimmen  lönnen. 
3d^  begreife  balb,  bag«  ba  idb  nid^ts  o^ne  JCategorie  benfen  fann,  biefe 
aud^  in  ber  3öec  ber  SSernuijft  Don  ber  greibeit,  mit  ber  id^  midft  befcftdf« 

30  tige,  guerfi  muffe  aufgefu(^t  merben,  meiere  l^ier  bie  J(ategorie  ber  @au« 
falitdt  ift,  unb  bag,  menn  glei(^  bem  ä^ernunf tbegriffe  ber  fSrrei^eit 
als  überfd^menglid^em  Segriffe  feine  correfponbirenbe  Slnfc^auung  unter« 
gelegt  merben  fann,  bennod^  bemSerftanbeSbegriffe(ber  (Saufalitdt), 
für  beffen  S^nt^eftS  jener  baS  Unbebingte  forbert,  guoor  eine  ^nnlid^e 

S5  Snfd^auung  gegeben  merben  mflffe,  baburd^  il^m  guerg  bie  ob|ectioe  Sieali« 


104      ^britil  ber  ))ramf(i^en  Serminft.  1.  tf^^l  1.  »u^.  3.  ^ouptflfidt. 

f&t  gejtc^ert  toirb.  Slun  pnb  ade  jliategorien  in  gtoei  klaffen,  bie  matl^e» 
matifd^e,  ioel(^e  bloiS  auf  bie  Sinl^eit  ber  Sqntl^eftS  in  ber  SorjleDung 
ber  Dbiecte,  unb  bie  b^namifd^e,  tt)el(j^e  auf  bie  in  ber  93orjleUung  ber 
(gjrifteng  ber  Dbj[ecte  gelten,  eingetl^eilt.  S)ie  erftere  (bie  ber  (Sröfee  nnb 
ber  Qualität)  entl^alten  ieberjeit  eine  S^nt^eßiS  beS  ©leid^ artigen,  in  5 
koeld^er  baiS  Unbebingte  gu  beut  in  ber  {innUd^en  Slnfc^auung  gegebenen 
SBebingten  in  Slaum  unb  3eit,  ba  eS  felbft  mieberum  gum  Slaume  unb  ber 
Seit  gel^bren  unb  alfo  immer  mieberum  bebingt  fein  vxü^U,  gar  nid^t 
lann  gefunben  merben;  ba^er  aud^  in  ber  S)ialeftil  ber  reinen  t^eoretifc^en 
93ernunft  bie  einanber  entgegengefe^te  SrteUr  baiS  Unbebingte  unb  bie  lo 
Sotalit&t  ber  S3ebingungen  für  {te  gu  flnben,  beibe  falfd)  toaren.  2)ie 
J(ategorien  ber  gleiten  (Slaffe  (bie  ber  @aufalitdt  unb  ber  Stotl^menbigfeit 
einei$  S)ingeiS)  erforberten  biefe  ®leid^artigfeit  (bed  93ebingten  unb  ber 
S3ebingung  in  ber  ©qntl^efis)  gar  nic^t,  meil  l^ier  nid^t  bie  8nf(^auung, 
U)ie  {te  aus  einem  ÜRannigfaltigen  in  i^r  gufammengefe^t,  fonbern  nur  u 
koie  bie  (Sjrifteng  beS  il^r  correfponbirenben  bebingten  ®egenfianbe8  gu  ber 
@;Afieng  ber  Sebingung  (im  SSerftanbe  als  bamit  t)er(nilpft)  l^inguTomme, 
DorgefteUt  »erben  follte,  unb  ba  mar  eis  erlaubt,  gu  bem  burd^gdngig  Sbt* 
bingten  in  ber  @innenmelt  (fomol^I  in  flufe^ung  ber  6aufalitdt  als  bed 
guf&digen  S)afein8  ber  S)inge  felbfi)  baS  Unbebingte,  obgmar  äbrigeni$  20 
unbeftimmt,  in  ber  inteUigibelen  3BeIt  gu  fe^en  unb  bie  S^nt^eftS  tranS« 
fcenbent  gu  mad^en;  bal^er  benn  au(^  in  berS)iaIefti{  ber  reinen  fpeculati^ 
Den  Sernunft  {id^  fanb,  bag  beibe  bem  Sd^eine  nad^  einanber  entgegenge^ 
fe^te  9lrten  ba^  Unbebingte  gum  Sebingten  gu  flnbeu,  g.  93.  in  ber  S^n« 
tl^efls  ber  Saufalitdt  gum  Sebingten  in  ber  Sleil^e  ber  Urfac^en  unb  äßir^  25 
fungen  ber  Sinnenmelt  bie  @aufalitdt,  bie  meiter  nic^t  ftnnlid^  bebingt  ift, 
gu  beuten,  fid^  in  ber  2:i^at  nid^t  miberfpred^e,  unb  bag  biefelbe^anblung, 
bie,  a\8  gur  Sinnentoelt  gel^brig,  febergeit  {tnnlic^  bebingt,  b.  i.  med^anlfd^ 
notl^menbig  ift,  boc^  guglei^  audb,  als  gur  ^aufalitdt  beiS  l^anbelnben  9Se« 
f enS,  fo  fern  ed  gur  inteOigibelen  SBelt  gel^brig  ift,  eine  finnlidb  unbebingte  so 
Saufalitdt  gum  ®runbe  l^aben,  mitl^in  als  frei  gebadet  merben  fbnne.  9lun 
fam  es  bloS  barauf  an,  ba^  biefeiS  ftbnnen  in  ein  @ein  Dertt)anbelt  loArbe, 
b.  i.,  bag  man  in  einem  mirflid^en  %aUt  gleid^fam  burd^  ein  f^dctum  be« 
meifen  Ibnne:  bag  gemiffe  ^anblungen  eine  foldbe  ^aufalitdt  (bie  inteUec« 
tueUe,  {innli(^  unbebingte)  X)oraudfe^en,  {te  mbgen  nun  mirllid^,  ober  aud^  n 
nur  geboten,  b.  i.  obiectit)  prattifd^  notl^menbig  fein.  S(n  toirlUc^  in  ber  @r« 
fa^rung  gegebenen  ^anblungen,  al£  S3egebenl^eiten  ber  @innentoeIt,  f onn« 


ftritifd^e  Seleud^iung  ber  ffnal^til  ber  reinen  proftifd^en  iBemunft.     105 

ten  mir  biefe  93erfnfi))fttng  nid^t  anzutreffen  l^off^n,  toeil  bie  Saufalttdt 
burdg  t^rei^eit  immer  auger  ber  Sinnenveit  im  SntediAibelen  gefud^t 
toerben  mug.  Slnbere  S>inge  auger  ben  6innentt)efen  ftnb  und  aber  jur 
SSa^rnel^mung  unb  Seobad^tung  nid^t  gegeben.   8lfo  blieb  nid)td  übrig, 

5  als  ba%  etma  ein  unioiberfprec^lid^er  unb  }tt)ar  obiectiüer  (Srunbfa^  ber 
Saufalltät,  loeld^er  ade  finnlid^e  Sebingung  oon  i^rer  Seftimmung  auS« 
fd^liegt,  b.  i.  ein  ®runbfa^,  in  meld^em  bie  SSernunft  fid^  nid^t  melter  auf 
etmaS  SnbereiS  als  8eftimmungdgrunb  in  Sufebung  ber  Saufalitdt  be« 
ruft,  fonbern  ben  {!e  burc^  {enen  ®runbfa^  fd^on  felbft  entbält,  unb  »o  {te 

10  alfo  als  reine  Sernunft  felbft  praftifib  ift,  gefunben  »erbe.  3)iefer 
(Srunbfa^  aber  bebarf  feines  Sud^end  unb  feiner  (Srftnbung;  er  ifi  Idngft 
in  aOer  ^enfd^en  äJernunft  gemefen  unb  il^rem  SBefen  einverleibt  unb  ift 
ber  ®runbfai  ber  @ittli  d^f e  it.  ailfo  ift  iene  unbebingte  @aufalität  unb 
baS  Vermögen  berfelben,  bie  ^reil^eit,  mit  biefer  aber  ein  SSefen  (\^  \tU 

15  ber),  meld^ed  jur  ©innenvelt  gel^ört,  bod^  jugleidb  cAi  8ur  intedigibelen 
gehörig  nid^t  bIo8|unbeftimmt|Unb  problematifc^  gebadet  (meldbe«  fdbon 
bie  fpecuIatiDe  SSemunft  als  tbunlic^  auSmitteln  fonnte),  fonbern  fogar 
in  anfel^ung  bed  @efegeS  i^rer@aufalitdtbeftimmt  unb  affertorifd^ 
erfannt  unb  fo  uns  bie  SSirflid^feit  ber  intedigibelen  Sßelt,  unb  gmar  in 

20  ))raft{fd^er  Sfiädtfid^t  bestimmt,  gegeben  »orben,  unb  biefe  8eftimmung, 
bie  in  tl^oretifdber  abfid^t  tranSfcenbent  (aberfd^menglidb)  fein  ȟrbe, 
ift  in  praftifd^er  immanent.  S)ergleid^en  ©dbntt  aber  fonnten  totr  in 
anfel^ung  ber  gmeiten  b^namifdben  3bee,  ndmlidb  ber  eines  notbwenbi« 
gen  SBefenS,  nidbt  t^un.  SSir  fonnten  gu  il^m  aus  ber  @innentt)elt  ol^ne 

35  SBermittelung  ber  erfteren  b^namlfdben  Sbee  nid^t  l^inauf  fommen.  S)enn 
moUten  mir  es  üerfud^en,  fo  müßten  mir  ben  Sprung  gemagt  l^aben,  alles 
baS,  maS  uns  gegeben  i{t,  gu  Derlaffen  unb  unS  gu  bem  bingufdbmingen, 
moüon  uns  aud^  nidbtS  gegeben  ift,  moburdb  mir  bie  SSertnüpfung  eines  fol« 
d^en  inteUigibelen  SßefenS  mit  ber  @innenmelt  vermitteln  fbnnten  (meil 

30  baS  notl^menbige  SBefen  als  auger  uns  gegeben  erfannt  merben  foUte); 
meld^eS  bagegen  in  Slnfebung  unfereS  eignen  Subfects,  fo  fern  es  fid^ 
burdb^  moralifd^e  ®efe^  einerf eits  als  intelligibeleS SBefen  (Dermbge  ber 
^ei^eit)  beftimmt,  anbererfeits  als  nad^  biefer  Seftimmung  in  ber 
@innenmelt  tl^dtig  felbft  erfennt,  mie  fe^t  ber  Sugenfc^ein  bartl^ut,  gang 

35  mol^l  mbglid^  ift.  S)er  einzige  93egriff  ber  f^ei^eit  verftattet  eS,  bag  mir 
nid^t  auger  uns  l^inauSgeben  bürfen,  um  baS  Unbebingte  unb  SnteQigibele 
gu  bem  Sebingten  unb  @innlid^en  gu  finben.  ^enn  eS  ift  unfere  SBernunft 


106      ftritil  ber  proftif^ett  93ernunft.  1.  V^til  2.  9ud§.  1.  ^auptflüdT. 

felber,  bie  fid^  burd^S  l^&d^fie  unb  unbebingte  prattifd^e  ®efe^  unb  bai 
äBefen,  baS  ft(^  biefed  ®efe^e8  bemüht  ift,  (unfere  eigene  $erfon)  ald  gut 
reinen  Serftanbedmelt  gel^örig  unb  gmar  fogar  mit  Seftimmunfl  ber  9iitf 
tt)ie  es  als  ein  fold^ed  t^fittg  fein  finne,  ertennt.  @o  Idgt  fid^  begreifen, 
toarum  in  bem  gangen  Sernunftoermögen  nur  bad  $ra(tif d^e  badfenige  5 
fein  tbnne,  koel^ed  und  über  bie  ^innenmelt  l^inauS^ilft  unb  Srfennt« 
niffe  Don  einer  äberfinnlic^en  Orbnung  unb  SSerfn&pfung  Derfc^affe,  bie 
aber  eben  barum  freilid^  nur  fo  koeit,  ald  eS  gerabe  für  biereine  praltift^e 
abfid^t  nötl^ig  ift,  auSgebel^nt  merben  fönnen. 

9tur  auf  Sined  fei  ed  mir  erlaubt  bei  biefer  ©elegenl^eit  nod^  auf«  io 
mertfam  gu  mad^eu,  nfimlid^  bag  feber  ©d^ritt,  ben  man  mit  ber  reinen 
Sernunft  tl^ut,  fogar  im  prattifc^en  fSrelbe,  mo  man  auf  fubtile  Specu« 
lation  gar  nid^t  ätficffic^t  nimmt,  bennod^  {i(^  fo  genau  unb  gmar  oon 
felbft  an  aUe  3Romente  ber  j^rittf  ber  tl^eoretifd^en  SBernunft  anfd^liege, 
als  ob  teber  mit  überlegter  93orfid)t,  blod  um  biefer  Sefi&tigung  gu  oer«  15 
fdjaffen,  auiSgebad^t  m&re.    (Sine  folc^e  auf  feinerlei  SBeife  gefugte,  fon« 
bern  (mie  man  ftd)  felbft  baoon  flbergeugen  lann,  toenn  man  nur  bie  mo« 
ralifd^en  9}adbforfd^ungen  bis  gu  i^ren  $rincipien  fortfe^en  mill)  fid^  oon 
felbft  flnbenbe  genaue  @intreffung  ber  mid^tigften  @d^e  ber  praftifd^en 
Sernunft  mit  ben  oft  gu  fubtil  unb  unnöt^ig  fd^einenben  Semertungen  20 
ber  j^ritit  ber  fpeculatioen  fiberrafdijt  unb  fe^t  in  SSermunberung  unb  be» 
ft&rft  bie  fd^on  Don  anbern  erfannte  unb  gepriefene  3Ra;rlme,  in  {eber 
tDiffenfd^aftltd^en  Unterfud^ung  mit  aDer  möglid^en  (Senauigfeit  unb 
Offenheit  feinen  ®ang  ungeftbrt  fortgufe^en,  o^ne  fic^  an  bad  gu  teuren, 
koomiber  fie  auger  i^rem  f^elbe  etkoa  oerftogen  mbd^te,  fonbern  fte  f&r  ftd^  95 
aQein,  fo  Diel  man  fann,  n^a^r  unb  oollftdnbig  gu  ooQffil^ren.  £)ftere  93e» 
obad[)tung  l^at  mid^  äbergeugt,  bog,  koenn  man  biefeS  ©efdb&fte  gu  @nbe 
gebradbt  ^at,  baS,  xoai  in  ber  ^dlfte  beffelben  in  SBetrac^t  anberer  £e^ren 
auger^alb  mir  bidmeilen  fel^r  bebenflic^  fc^ien,  menn  id^  biefe  äSebenflidb« 
feit  nur  fo  lange  aud  ben  Slugen  lieg  unb  blöd  auf  mein  ®efd^dft  8d^t  so 
l^atte,  bis  eS  Dotlenbet  fei,  enblid^  auf  unern^artete  Sßeife  mit  bemienigen 
ooUIommen  gufammenftimmte,  koaS  fid^  o^ne  bie  minbefte  Slädftd^t  auf 
tene  Se^ren,  ol^ne  ^arteilicftfeit  unb  Vorliebe  für  biefelbe  Don  felbfi  ge^» 
fnnben  l^atte.    @d^riftfteDer  koürben  ftd^  mand^e  ^rti^Atner,  manche  Der« 
lorne  9Rfl]^e  (meil  fte  auf  93lenbtt)ert  gefteüt  toar)  erfparen,  koenn  fte  {id^  95 
nur  entfd^liegen  tonnten^  mit  etmaS  mel^r  Offenl^eit  gu  SBerle  gu  gelten. 


8oR  (faier  Sialdtil  bn  xtitun  ptaltifil^  Sentunft  fliei^oupK       107 
Statut»  fßn^. 

2>ialc!tif  ber  reinen  ^raftifd^en  SBernunft» 

Son  einer  S)ialeltit  ber  reinen  praltifc^enSernnnft 
5  äberl^aupt. 

S>ie  reine  Sernunft  l^at  {ebergeit  il^re  S){aleltil,  man  mag  fte  in  i^rem 
f:pecnIatiDen  ober  :praftif(l^en  ®ebrau4e  betrachten;  benn  fie  Derlangt  bie 
abfolute  2:otaIitdt  ber  Sebingungen  gu  einem  gegebenen  8ebingten,  unb 
biefe  tann  fd^Ied^terbingd  nur  in  S)tngen  an  ftd^  felbft  angetroffen  merben. 

10  S>a  aber  aUe  begriffe  ber  S)inge  auf  anfd^auungen  begogen  merben 
muffen,  »eld^e  bei  und  SRenfd^en  niemals  anberd  ald  finnlit^  fein  (innen, 
mitl^in  bie  ®egenß&nbe  nidbt  al8  S)inge  an  fid^  felbfi,  fonbern  bloS  atö 
(Srfd^einungen  erfennen  laffen,  in  bereu  äleibe  beSSebingten  unb  ber  8e« 
bingungen  ba»  Unbebingte  niemals  angetroffen  koerben  tann,  fo  entfpringt 

15  ein  unüermeiblid^er  ©d^ein  aud  ber  Sinmenbung  biefer  SSernunftibee  ber 
24)ta(itdt  ber  Sebingungen  (mithin  beS  Unbebingten)  auf  Srfd^elnungen, 
als  mdren  fie  Sadjen  an  fid^  felbft  (benn  bafAr  merben  fte  in  Srmange^ 
lung  einer  iDamenben  j(ritit  febergeit  gel^alten),  ber  aber  niemals  als 
trüglid^  bemerft  merben  märbe,  menn  er  fid^  nid^t  burd^  einen  SB i ber« 

20  ftreit  ber  SSernunft  mit  fidb  felbfi  in  ber  Slnmenbung  il^reS  (Srunbfa^eS, 
baS  Unbebingte  gu  aUem  Sebingten  DorauSgufe^en,  auf  ßrft^einungen 
felbfi  oerrietl^e.  ^ieburd^  mirb  aber  bie  Vernunft  genitl^igt,  biefem 
€d^eine  nad^gufpüren,  toorauS  er  entf))ringe,  unb  mie  er  gehoben  merben 
t&nne,  meld^eS  nid^t  anberS  als  burt^  eine  üoQfi&nbige  J(ritif  beS  gangen 

25  reinen  93emunfti>erm5genS  gefdbe^^n  (ann;  fo  bag  bie  Antinomie  ber 
reinen  SSernunft,  bie  in  il&rer  S)ialefti!  offenbar  »irb,  in  ber  a:]^at  bie 
mo^lt^dtigfie  ä^erirrung  ifi,  in  bie  bie  menfd^lid^e  äJemunft  j|e  l^at  ge» 
ratl^en  tbnnen,  inbem  fie  unS  gule^t  antreibt,  ben  Sd^läffel  gu  fud^en, 
aus  biefem  Sab^rintl^  l^rauSguIommen,  ber,  menn  er  gefunben  morben, 

do  nod^  baS  entbedtt,maS  man  nidj^t  fut^te  unb  bod^  bebarf,  ndmlid^  eine  SuS» 
ftdbt  in  eine  l^ol^ere,  unoerdnberlid^e  Drbnung  ber  S>inge,  in  ber  mir  fd^on 
ie^t  ftnb,  unb  in  ber  unfer  S)afein  ber  1^5d^ften  SBernunftbeftimmung 


108      ^^  ber  praftlfd^en  S^entunft.  1.  ^^\l  2.  Sud^.  1.  ^auptflfidT. 

gem&g  fortjufe^en,  tt)tr  burd^  be{ltmmte  SSorfd^riften  nunmel^r  angeiDiefen 
loerben  f5nnen. 

SBie  im  fpeculattDen  ©ebraud^e  ber  reinen  SSernunft  fene  natArlid^e 
S)ialeltil  auf julöfen  unb  ber  Srrt^um  aud  einem  übrigens  natütUd^nt 
Scheine  ju  Der^fiten  fei,  lann  man  in  ber  j^ritif  iened  SSermögenö  au8«  s 
fä^rlic^  antreffen.  SIber  ber  93ernunft  in  iQrem  praltifc^en  (Sebraud^e 
gel^t  t^  um  nici)tiS  beffer.  @ie  fu(j^t  ald  reine  pxattx\i)t  Sernunft  gu  bem 
))raltif(^  S3ebingten  (maS  auf  Steigungen  unb  Slaturbebärfnig  berul^t) 
ebenfaQS  bad  Unbebingte,  unb  gtt)ar  nic^t  al£  Seftimmungdgrunb  beö 
äSiUenS,  fonbern,  koenn  biefer  aud^  (im  moralifd^en  ®efe^e)  gegeben  koor«  lo 
ben,  bie  unbebingte  2;otaIitdt  bti  ©egenftanbeS  ber  reinen  ))ratttfd^en 
SSernunft,  unter  bem  Flamen  bed  Ifii^^ttn  ©utd. 

S)tefe  3bee  vraftijc^,  b.  i  f&r  bie  9Ra;rime  unfereiS  vernünftigen  Ser« 
J^altenS,  ^inreic^enb  }u  beftimmen,  ift  bie  äSeidl^eitdlel^re,  unb  biefe 
kDieberum  al«  SBiffenfc^aft  ift  ^^ilofopl^ie  in  ber  SBebeutung,  mie  n 
bie  alten  baö  SSort  üerftanben,  bei  benen  fie  eine  Snioeifung  ju  bem  Se- 
griffe ttar,  loorin  bad  ^bc^fte  ®ut  ju  fe^en,  unb  gum  SSerl^alten,  burdb 
loeld^eS  eS  gu  ertoerben  fei.  @d  todre  gut,  toenn  toir  biefed  SBort  bei  feiner 
alten  SBebeutung  liegen,  aU  eine  Se^re  ))om  1^5(4 ften  ®ut,  fo  fern  bie 
aSemunft  beftrebt  ift,  eö  barin  gur  SBiffenfd&aft  gu  bringen.    3)enn  «o 
einedtl^eilS  loürbe  bie  angebdngte  einfd^r&nlenbe  93ebingung  bem  griedbi' 
fd^en  SluSbrucfe  (meld^er  Siebe  gur  äSeidl^eit  bebeutet)  angemeffen  unb 
boc^  gugleid^  l^inreidbenb  fein,  bie  Siebe  gur  SBiffenfc^aft,  mitl^in  aOer 
f^eculatiüen  erfenntnlfe  ber  SJernunft,  f o  fem  fie  il&r  fomol^l  gu  jenem  Sbt* 
griffe,  als  aud^  bem  praltifd^en  SeftimmungSgrunbe  bienlid^  ift,  unter  n 
bem  9lamen  ber  ^^ilofopl^ie  mit  gu  befaffen,  unb  bod^  ben  i^au^tgmedt, 
um  beffentmiQen  fie  aUein  SßeiiS^eitdle^re  genannt  toerben  tann,  nic^t  aud 
ben  äugen  verlieren  laffen.   Ruberen  Zfitxli  toürbe  eS  au(^  nidbt  übel 
fein,  ben  @igenbünfel  beSienigen,  ber  ed  »agte  fic^  bed  2;itel8  eined  $^i« 
lofo))l^en  felbft  angumagen,  abgufdbredten,  toenn  man  il^m  fd^on  burd^  bie  so 
S)efinition  ben  SRa^tab  ber  @elbftfd^d^ung  vorhielte,  ber  feine  Slnfprüdge 
fel^r  l^erabftimmen  mirb;  benn  ein  äßeiöl^eitdle^rer  gu  fein,  mbd^tekool^l 
etioaS  me^r  ald  einen  Sd^üler  bebeuten,  ber  nodb  immer  nid^t  tveit  genug 
gelommen  ift,  um  fid^  felbft,  Dielioeniger  um  anbere  mit  fidlerer  Qmax* 
tung  eines  fo  l^ol^en  Qvotdi  gu  leiten;  ed  ȟrbe  einen  SReifter  in  ss 
JSenntnigberSBeiSl^eit  bebeuten,  »elc^ed  mel^r  fagen  koill,  als  ein  be« 
fc^eibener  3Rann  ftd^  felber  anmaßen  tvirbi  unb  ^^ilofop^ie  mürbe  fo  mie 


Son  einer  2)iale!ilf  bet  reinen  proTtifd^en  Vernunft  überhaupt.        109 

bie  äßeiiSl^eit  felbfi  nod^  immer  ein  Sfbeal  bleiben,  toeld^ed  obfectiD  in  ber 
Semunft  aOein  DoDftdnbig  Dorgeftedt  koirb,  fubiectio  aber,  ffir  bie^erfon, 
nur  bad  3ict  feiner  unauf^örlid^en  Seftrebung  ifi,  unb  in  beffen  Seji^ 
unter  bem  angemaßten  Flamen  eined  ^^ilofopl^en  ju  fein,  nur  ber  Dorgu^ 

5  geben  berechtigt  ift,  ber  auc^  bie  unfehlbare  Sßirfung  berfelben  (in  9e« 
^errftbung  feiner  felbfi  unb  bem  ungegmeifelten  Sntereffe,  bad  er  ))orjäg« 
lid^  am  allgemeinen  ®uten  nimmt)  an  feiner  ^erfon  als  Seifpiele  auf« 
fteüen  fann,  totliiti  bie  Eilten  aud^  forberten,  um  {enen  @l^rennamen 
üerbienen  3U  f&nnen. 

10  3n  Snfel^ung  ber  S)ialerti(  ber  reinen  praftifdb^n  äJernunft,  im 
fünfte  ber  Seftimmung  beö  93egriff8  Dom]^54ften®ute  (meiere,  n)enn 
i^re  Sluflölung  gelingt,  eben  fott)0^t  al8  bie  ber  t^eoretifd^en  bie  \otliiU 
tl^dtigjte  SBirtung  erwarten  Id^t,  baburdb  bag  bie  aufri^tig  angefteOte 
unb  nid^t  Derl^el^lte  SBiberfprfid^e  ber  reinen  praltifd^en  Sernunft  mit  ibr 

15  felbfi  gur  DoDjt&nbigen  Shxtil  i^reS  eigenen  SßermögenS  nötl^igen),  ^aben 
tx)ir  nur  noc^  eine  Erinnerung  tooranjufdbiden. 

S)ai  moralifd^e  ®efe^  ifi  ber  alletnige  8eftimmungdgrunb  beS  reinen 
SBiDend.  S)a  biefeS  aber  blöd  formal  ifi  (n&mlicb  aOein  bie  f^orm  ber 
9Ra]rime  aliS  allgemein  gefe^gebenb  forbert),  fo  abftrabirt  eS  als  Sefiim« 

20  mungSgrunb  üon  aller  SRaterie,  mitbin  Don  allem  Dbiecte  beS  SBoDenS. 
3Ritbin  mag  baS  ]^&(bfie®ut  immer  ber  gange  ®egen{ianb  einer  reinen 
praftifcben  SBernunft,  b.i.  eines  reinen  SßillenS,  fein,  fo  ift  es  barum  bod^ 
nidbt  fftt  ben  8efiimmungSgrunb  beffelben  gu  galten,  unb  baS  mora« 
Ufd^e  ®efe^  mug  allein  als  ber  ©runb  angefel^en  »erben,  ieneS  unb  beffen 

95  Seioirfung  ober  9ef5rberung  ftd^  gum  Dbiecte  gu  ma^en.  S)iefe  6r« 
innerung  ift  in  einem  fo  belicaten  f^alle,  als  bie  Seftimmung  fittlid^er 
$rincipien  ift,  too  aud^  bie  tleinfte  SRißbeutung  ®eftnnungen  oerfdlfdbt, 
oon  Srl^eblidbleit.  S)enn  man  mirb  auS  ber  SlnalQtif  erfel^en  l^aben,  bag, 
toenn  man  Dor  bem  moralifdben  ®efe|e  irgenb  ein  Dbfect  unter  bem  9la« 

30  men  eines  ®uten  als  SeftimmungSgrunb  beS  SSillenS  annimmt  unb  oon 
i^m  bann  baS  oberfie  :pra(tifdbe  ^rincip  ableitet,  biefeS  alsbann  feber« 
geit  $eteronomie  l^erbeibringen  unb  baS  moralifd^e  $rinctp  oerbrdngen 
toürbe. 

(SS  oerftel^t  fidb  aber  oon  felbft,  bag,  loenn  im  SSegriffe  beS  l^&cbften 

35  ®uts  baS  moralifd^e  ®efe^  als  oberfte  Sebingung  fd^on  mit  eingefd^loffen 
ifi,  alsbann  baS  ^öd^fte  ®ut  nid^t  bloS  Dbjlect,  fonbern  auc^  fein  Segriff 
unb  bie  Sorftellung  ber  burd^  unfere  ^rafttfd^e  93ernunft  m&glid^en  (Sfu 


110     SMtif  ber  profüfd^en  Vernunft.   1. 3:iftdL  2. 9u4.  2.  ^a^ipifOid. 

fteng  beffelben  gugleid^  ber  Seßimmungdgrunb  btS  reinen  äßinenS 
fei:  xotil  aliSbann  in  ber 2:^at  bad  in  biefem  Segriffe  fd^on  eingefcbloffene 
unb  mttgeba(i^te  moralifc^e  ®efe^  unb  lein  anberer  ©egenftanb  nad^  bem 
Vrtncip  ber  Autonomie  ben  SßiOen  beftimmt.  S)iefe  Orbming  ber  9e» 
griffe  oon  ber  SBiUenSbeftimmung  barf  nid^t  aud  ben  Singen  gelaffen  & 
n)erben:  loeil  man  fonft  fid^  felbft  mlgoerflel^t  nnb  ftd^  ju  loiberfprec^en 
glaubt,  m  bo(^  aUeS  in  ber  üoQIommenften  Harmonie  neben  einanber 

Sioeited  OanptftftdC» 

93on  ber  S)ialeltil  ber  reinen  SBernunft  in  8eftimmung  beö     lo 
Segriffs  Dom  l^bc^ften  ®ttt. 

S)er  äSegriff  beS  ^bd^fien  entl^&It  fd^on  eine  ßioeibetttigteit,  bie, 
menn  man  barauf  nid^t  Sld^t  l^at,  unn5tl(|ige  Streitigfeiten  Deranlaffen 
lann.  S)ad  ^öd^fte  fann  bad  Dberfle  (sapremam)  ober  au(4  bad  SoH^ 
enbete  (consammatam)  bebeuten.  S)ad  erftere  ift  biefenige  SBebingung,  » 
bie  felbfi  unbebingt,  b.  i.  (einer  anbern  untergeorbnet,  ifi  (originariam); 
ba»  jkoeite  badjenige  ®ange,  bad  tein  "SX^exl  eined  nod^  größeren  ©anjen 
Don  berfelben  fürt  ift  (perfectissimum).  S)ag  Sugenb  (ald  bie  9Bftrbig<> 
(eit  glfictlid^  gu  fein)  bie  oberfte  Sebingung  aUeö  beffen,  mad  unS  nur 
koünfc^enSmertl^  fd^einen  mag,  mitl^in  aud^  aUer  unferer  SBeioerbung  um  ao 
®Iü(ffeUgfeit,  mithin  baS  oberfte  ®ut  fei,  tfl  in  ber  «[nalqtil  bemiefen 
»orben.  S)arum  ift  fte  aber  nod^  nid^t  baS  gange  unb  DoUenbete  ®ut, 
als  ©egenftanb  bed  Segel^rungSoermögenS  Dernänftiger  enblid^erSBefen; 
benn  um  bad  ju  fein,  »irb  aud^  ©Iflcff  eligleit  bagu erforbert  unb  gtoar 
nid^t  blod  in  ben  parteiifd^en  Slugen  ber  $erfon,  bie  ft(4  felbft  gum  Qm^t  25 
mad^t,  fonbern  felbft  im  Urtl^eile  einer  un)}arteiifd^en  9$emunft,  bie  tene 
Aber]^au))t  in  ber  SBelt  als  SioedC  an  ft(^  betrad^tet.  S)enn  ber  eiadfelig« 
(eit  bebürftig,  il^rer  aud^  toflrbig,  bennod^  aber  berfelben  nid^t  tl^eil^aftig 
}u  fein,  (ann  mit  bem  DoIIfommenen  SßoDen  eines  DernAnftigen  äSefenS, 
loeld^eS  gugleid^  aUt  ®en)alt  ^dtte,  toenn  koir  unS  aud^  nur  ein  foId^eS  gum  so 
SSerfudbe  ben(en,  gar  nic^t  gufammen  befleißen.  60  fern  nun  Sugenb  unb 
®tädfelig(eit  gufammen  ben  Seft$  beS  l^bc^ften  ®ut8  in  einer  $erfon, 
l^iebei  aber  aud^  ®IAd(feUg(eit,  gang  genau  in  Proportion  ber  Sittlid^feit 
(als  Sßert^  ber  ^erfon  unb  beren  S9Bfirbig(eit  glfidtlic^  gu  fein)  auSget^eift, 
bas  l^bd^fte  ®ut  einer  mögUd^en  SSelt  auSmad^en:  fo  bebeutet  biefeS  baS  35 


^.  b.  S)ialeftil  b.  reinen  Vernunft  in  IBettimmung  b.  Segrip  r>.  %bd^^.  9ni.  111 

(Sanje,  bad  DoHenbete  ®ute,  koortn  bod^  Slugenb  immer  ald  Sebingung 
baS  oberfle  ®ut  tft,  meil  eS  loeiter  feine  Sebingung  Aber  [xi)  ^at,  ©lild« 
feltgfeit  immer  etoaS,  mad  bem,  ber  fte  befi^t,  ffoax  angenel^m,  aber  nid^t 
für  fi(i^  aQein  fd^Ied^terbingd  unb  in  aQer  äiftdjid^t  gut  iß,  fonbern  ieber» 
5  jeit  bad  moralifc^e  gefe^mfigtge  S^erl^alten  ald  Sebingung  üorauiSfe^t 
3Q)ei  in  einem  Segrtffe  not^menbig  üerbunbene  S3e[timmungen 
mfiffen  aU  ®runb  unb  $olge  toerfnfipft  fein,  unb  ivoax  entoeber  fo,  bag 
blefe  Sinl^eit  ate  analqtifd^  (logifd^e  Serfnüpfung)  ober  atö  fi^ntJ^e* 
tif d^  (reale  SSerbinbung),  jene  nac^  bem  ®efe^e  ber  Sbentit&t,  biefe  ber 

10  Saufalitfit  betrad^tet  mirb.  S)ie  SSerfnäpfung  ber  2;ugenb  mit  ber  ®Iä(t» 
feligleit  fann  alfo  entmeber  fo  Derftanben  »erben,  bag  bie  Seftrebung 
tugenb^aft  ju  fein  unb  bie  üernfinftige  äSetoerbung  um  (Slfidfeligleit  nid^t 
gttei  Derfd^iebene,  fonbern  gang  ibentifd^e  ^anblungen  lodren,  ba  benn 
ber  erfteren  (eine  anbere  9Ra]cime,  atö  ju  ber  (entern  gum  ©runbe  gelegt 

15  }u  loerben  brandete:  ober  jene  Serfnfipfung  loirb  barauf  audgefe^t,  ba^ 
a;ugenb  bie  ®IAd()eUg(eit  aU  etmad  Don  bem  äSetougtfein  ber  erfteren 
Unterjd^iebened,  toie  bie  Urfad^e  eine  SBirfung,  l^eroorbrtnge. 

3$on  ben  alten  gried^ifd^en  @d^ulen  maren  eigentUd^  nur  gtoei,  bie  in 
Seflimmung  beS  SegriffS  oom  ]^5d^ften  ®ute  fo  fern  gmar  einerlei  3Re« 

80  t^obe  befolgten,  ba%  {te  Slugenb  unb  ©lüdtfeligteit  nid^t  als  gtoei  toerfd^ie« 
bene  Slemente  bed  l^öc^ften  ®ut8  gelten  liegen,  mithin  bie  @ittl^eit  bed 
$rinci)}8  nad^  ber  Siegel  ber  3bentitat  fud^ten;  aber  barin  fc^ieben  fte  fid^ 
»ieberum,  bag  fte  unter  beiben  ben  ©runbbegrijf  Derfd^iebentlid^  todblten. 
©er  epilureer  fagte:  fld^  feiner  auf  ©lüdtfeligfeit  fül^renben  SKajclme 

25  beiDugt  fein,  bad  ift  Sugenb;  ber  @toi(er:  fic^  feiner  2:ugenb  betougt 
fein,.ip  ©ludtfeligfeit.  3)em  erflern  toar  Älugl^eit  fo  Diel  al«  ©ittlic^^ 
teit;  bem  gmetten,  ber  eine  ^il^ere  Benennung  für  bie  Sugenb  todl^lte,  toar 
@ittlid^(eit  aOein  loal^re  3Bei«^eit. 

ÜKan  mug  bebauren,  bag  bie  @d^arf{tnnig(eit  biefer  SR&nner  (bie 

30  man  bod^  gugleid^  barüber  betounbern  mug,  bag  fte  in  fo  frül^en  Qtikn 
fd^on  alle  erbentlid^e  SBege  ))^ilofo))l^ifd^er  @roberungen  Derfud^ten)  un^: 
glüctlid^  angetoanbt  toar,  gmifd^en  du^erfl  ungleid^artigen  Gegriffen,  bem 
ber  ©lüdfeligteit  unb  bem  ber  Stugenb,  j^entitdt  gu  ergrübein.  SQein  ed 
»ar  bem  btaleftifd^en  ©eifie  i^rer  Qtxttn  angeme^en,  mad  aud^  ie^t  V\&* 

36  koeilen  fubtile  J^öpfe  oerleitet,  toefentltd^e  unb  nie  gu  ))erein{genbe  Unter« 
fd^iebe  in  ^rincipten  baburd^  aufgul^eben,  bog  man  fie  in  SBortftreit  gu 
»ertoanbeln  fud^t  unb  fo  beih  @d)eine  nad^  (Sinl^eit  beS  Begriffs  blöd  untet 


112      SMi\t  ber  praltifd^en  S^emunft.  l.^til  2.  Su^.  2.  ^auptflfid. 

))erf(]^{ebenen  Senennungen  erfänjlelt,  unb  biefeS  trifft  gemeiniglich  fold^e 
f^&Qe,  tt)o  bie  Bereinigung  ungleid^arttger  ®rünbe  fo  tief  ober  l^od^  liegt, 
ober  eine  fo  gdnjlid^e  Um&nberung  ber  fonft  im  p^ilofop^ifd^en  Softem 
angenommenen  Se^ren  erforbern  »firbe,  bag  man  Sd^eu  tr&gt  fid^  in  ben 
realen  Unterfd^ieb  tief  einjulaffen  unb  x^n  lieber  atö  Uneinigteit  in  bloßen  & 
Normalien  bel^anbelt. 

3[nbem  beibe  Schulen  Sinertei^eit  ber  praftifd^en  $rincipien  ber  Su* 
genb  unb  ®IüdtfeUg(eit  gu  ergrfibeln  fud^ten,  fo  loaren  fie  barum  ni(^t 
unter  fid^  einl^eOig,  loie  f[e  biefe  Sbentttfit  l^eraudikotngen  »ollten,  fonbern 
fd^ieben  fid^  in  unenblid^e  Sßeiten  Don  einanber,  inbem  bie  eine  i^r  ^rin«  lo 
cip  auf  ber  fifi^etifd^en,  bie  anbere  auf  ber  logifd^en  Seite,  fene  im  93e« 
kougtfein  bti  {tnnlid^en  93ebürfniffed,  bie  anbere  in  ber  Unab^dngigleit 
ber  praftifd^en  SSernunft  oon  aOen  ftnnlid^en  93efttmmungdgrflnben  fe^te. 
S)er  Segritf  ber  Sugenb  lag  nad^  bem  6)>itureer  fd^on  in  ber  SRajcime 
feine  eigene  (Slädtfeltgfeit  }u  beförbern;  bad  ©efAl^l  ber  (Slücffeligteit  mar  » 
bagegcn  nad^  bem  @toiIer  fd^on  im  Semugtfein  feiner  Sugenb  entl^alten. 
9Bad  aber  in  einem  anbern  SSegriffe  entl^olten  ift,  ift  gmar  mit  einem 
Sl^eile  beS  @ntl^altenben,  aber  nic^t  mit  bem  ®anjen  einerlei,  unb  amei 
©anje  (5nnen  fiberbem  fpecififd^  Don  einanber  unterfd^ieben  fein,  ob  {te 
gmar  ans  eben  bemfelben  Stoffe  befte^en,  menn  n&mlid^  bie2:]^eile  in  9o 
bciben  auf  gang  oerfd^iebene  Srt  }u  einem  ©angen  oerbunben  toerben. 
S)er  ©totfer  behauptete,  Sugenb  fei  bad  gange  ^5d^fte  ®ut  unb  ©IfidC* 
feligteit  nur  ba«  SBemu^tfein  beS  Seft^eS  berfelben  ald  gum  Suftanb  beS 
SubfectS  ge]^5rig.  S)er  Spifureer  bel^auptete,  ®lfidCfeligIeit  fei  bad  gange 
]^5d^fte  ®ut  unb  5£ugenb  nur  bie  ^orm  ber  SRajcime  ftd^  um  fie  gu  be»  26 
merben,  ndmlid^  im  Dernfinftigen  ©ebraud^e  ber  SRittel  gu  berfelben. 

!Run  ift  aber  aud  ber  analqttl  dar,  bag  bie  SRajrimen  ber  Sugenb 
unb  bie  ber  eigenen  ©lüdfeliglett  in  Slnfe^ung  il^red  oberften  praftifd^en 
^rincipS  gang  ungleid^artig  ftnb  unb,  meit  gefel^lt,  einbettig  gu  fein,  ob 
^e  gleid^  gu  einem  ^Sd^ften  ®uten  gehören,  um  baS  le^tere  migltc^  gu  so 
mad^en,  einanber  in  bemfelben  @ubiecte  gar  fel^r  einfc^r&nten  unb  Sb« 
brud^  tl^un.  aifo  bleibt  bie  f^rage:  toie  ift  bad  ^id^fte  ®ut  prattifd^ 
m5glid^?  nod^  immer  unerad^tet  aOer  bidl^erigen  SoalitiondDerfud^e 
eine  unaufgel5fete  Slufgabe.  S)aS  aber,  koaiS  ^e  gu  einer  fd^toer  gu  Ibfen« 
ben  Slufgabe  mad^t,  ift  in  ber  9lnalQtit  gegeben,  ndmlid^  bag  ®lfid(felig«  S6 
teit  unb  @ittUd(|feit  gioei  fpeciflfd^  gang  oerfd^iebene  Slemente  beS 
l^dd^ften  ®ut8  Pub,  unb  il^re  äSerbinbung  alfo  nid^t  anal^tifd^  erfannt 


9.  b.  2)iale!t{!  b.  rehten  Vernunft  in  Beftimmimg  b.  Segriff«  t>.  l^i^fL  Out.  118 

toerben  {&nne  (bag  etoa  ber,  fo  feine  ®lfidtfelig(eit  füd^t,  in  biefem  feinem 
ä^erl^olten  fld^  burd^  bloge  aufl&fung  feiner  Segriffe  tugenb^aft,  ober  ber, 
fo  ber  S£ugenb  folgt,  fic^  im  Setougtfein  eineiS  folc^en  äJer^altenS  fd^on 
ipso  faoto  glüdlid^  finben  merbe);  fonbern  eine  S^ntl^efid  ber  Segriffe 

5  fei.  Sßeil  aber  biefe  Serbinbung  als  a  priori,  mitl^in  )}raltif(l^  notl^menbig, 
folglid^  ni^t  ald  aus  ber  Srfal^rung  abgeleitet  erfannt  »irb,  unb  bie  9R&g« 
lid^feit  htS  l^dd^fien  ©utd  alfo  auf  leinen  empirifd^en  ^rincipien  berul^t, 
fo  mirb  bie  S)ebuction  biefed  Segriffs  trandf  cenbental  fein  mfiffen. 
es  tfi  a  priori  (moralifcti)  not^menbig,  bad  l^idbfte  ®ut  burdb  Sftei« 

10  l^eit  bed  SBillenSl^erborgubringen;  ed  mu^  alfo  aud^  bie  Sebin« 
gung  ber  SRöglid^Ieit  beffelben  lebiglid^  auf  (SrfenntniggrAnben  a  priori 
berul^en. 

I. 

3)ie  Antinomie  ber  praftifd()en  Sertiunft. 

u  3n  bem  ]^5d(|ften  fflr  uns  praltifd^en,  b.  i.  burd^  unfern  SßiUen  ioir{* 
Ud^  gtt  mac^enben,  ®ute  merben  2;ugenb  unb  ®lüd(feligleit  als  notl^ioenbig 
oerbunben  gebadet,  fo  bog  baS  eine  burd^  reine  praltifd^e  Semunft  nid^t 
angenommen  merben  fann,  o^ne  bag  baS  anbere  au^  gu  il^m  ge^&re. 
%un  ift  biefe  Serbinbung  (mie  eine  iebe  äberl^aupt)  entmeber  anal^tif  (^, 

20  ober  f ^tttl^etif  d^.  S)a  biefe  gegebene  aber  nid^t  anal^tifc^  fein  tann,  mie 
nur  eben  Dorl^er  gejeigt  morben,  fo  mug  fie  f^ntl^etifdb  unb  jmar  als  ^tu 
{nfipfung  berUrfad^e  mit  ber  Sßirfung  gebälgt  merben:  meil  fie  ein  prat* 
tifdbeS  ®ut,  b.  i.  maS  burd^  ^anblung  mfiglid^  ifi,  betrifft.  SS  mug  alfö 
entmeber  bie  Segierbe  nad^  ®lAd(felig{eit  bie  Semegurfad^e  ju  SRa^imen 

M  ber  2:ugenb,  ober  bie  9Rajrime  ber  SEugenb  mufe  bie  mirfenbe  Urfadb^  ber 
®lfidfeligleit  fein.  3)aS  erfte  ift  f d^led^terbingS  unmiglid^:  meil  (mie 
in  ber  Snal^til  bemiefen  morben)  SRa^rimen,  bie  ben  SefHmmungSgrunb 
beS  SBidenS  in  bem  Serlangen  nad)  fetner  ®lfld(feligfeit  fe^en,  gar  nid^t 
moralifc^  finb  unb  leine  Sugenb  grAnben  tonnen.    S)aS  gmeite  ift  aber 

le  aud^  unm5gli(!^,  meil  alle  praltifd^e  Serfnüpfung  ber  Urfad^en  unb  bet 
SBirtungen  in  ber  äBelt  als  Srfolg  ber  SBiUenSbeftimmung  fi4  nid^t  na(( 
moralifd^en  ©eftnnungen  beS  SBiQenS,  fonbern  ber  J^enntnig  ber  9latur« 
gefe^e  unb  bem  p^^fift^en  Sermögen,  {te  gu  feinen  Sbfid^ten  gu  gebraud^etr, 
rid|tet,  folglid^  leine  notl^menbige  unb  gum  ^5d^fien  ®ut  gureic^enbe  Ser« 

u  tnfipfung  ber  ®lüdtfeligfeit  mit  ber  Sugenb  in  ber  äßelt  burd^  bie  pfintt^ 


114      j^ntil  bet  praTtif^en  Vernunft.  l.Sl^eil.  2.^ndi.  2.  ^aufitfiüd. 

«(ftfte  »cpbaditung  bcr  moraltfdöcn  ©cfe^c  ermattet  »erben  fann.  3)a 
nun  bie  Seförberung  bed  l^bc^ften  ®utd,  meines  biefe  SSertnflpfuna  in 
feinem  ©egriffe  entl^dlt,  ein  a  priori  notl^w^nblge«  Dbiect  unfere«  aBillenS 
ift  unb  mit  bem  moratifdien  ®efe^e  unjertrennlii^  gufammenl^&ngt,  \o 
mug  bie  Unmöglid^Ieit  bed  erfteren  audb  bie  f(alf(^^eit  bed  gmeiten  be«  5 
meifen.  Sft  a\\o  bad  l^bd^fte  ®ut  nad^  ))rattif(lben  Sftegeln  unm&glii^,  fo 
mui  aud^  bad  moralifdie  @efe^,  koeldbeS  gebietet  baffelbe  gu  beforbem, 
{)]^antaftifd^  unb  auf  leere  eingebilbete  3^^^^  g^teOt,  mitl^in  an  fi(^ 
falfc^  fein. 

IL  10 

Aritifdie  Slufl^ebung  ber  Slntinomie  ber  praltifd^en 
Sernnnft. 

Sn  ber  Antinomie  ber  reinen  f)}eculatit)en  Sernunft  finbet  fid^  ein 
fi^nltc^er  SBiberftreit  an>if(^en  9iaturnot^n)enbigteit  unb  ^rell^eit  in  ber 
@aufalit&t  ber  Gegebenheiten  in  ber  Sßelt.  @r  »urbe  baburi^  gel^oben,  15 
bag  beriefen  »urbe,  ed  fei  fein  toal^rer  Biberftreit,  menn  man  bie  Sbt» 
geben^eiten  unb  felbp  bie  SBelt,  barin  fte  pt^  ereignen,  (mie  man  au(ft 
fott)  nur  atö  (Srfd^einungen  betra(]^tet;  ba  ein  unb  baffelbe  l^anbelnbe 
SBefen  al8  erfd&einung  (felbft  Dor  feinem  eignen  innern  ©inne)  eine 
Saufalitdt  in  ber  @innenmelt  bat,  bie  feDergeit  bem  Slaturmedb^nidm  so 
gem&g  ift,  in  Slnfel^ung  berfelben  Segebenl^eit  aber,  fo  fem  fidb  bie  l^an« 
beinbe  $erfon  gugleid^  atö9loumenon  betrachtet  (ald  reine  SnteQigen}, 
in  feinem  nid^t  ber  ßeit  nad^  beftimmbaren  S)afein),  einen  SeftimmungS* 
grunb  jener  Saufalitfit  nad|  9laturgefe^en,  ber  felbft  Don  aOem  SItatur* 
gefe^e  frei  ift,  enthalten  tbnne.  >& 

SRit  ber  Dorliegenben  Antinomie  ber  reinen  praltifdben  ä^ernunft  ift 
ed  nun  eben  fo  bemanbt.  S>er  erfte  Don  ben  jmei  @&^en,  bag  bad  93e« 
ftreben  nadb  ®lüdt|eligfett  einen  ®runb  tugenbl^after  ®efinnung  l^erDor« 
bringe,  ift  fd^led^terbingS  falfd(i;  ber  gmeite  aber,  bag  2:ugenbgefin« 
nung  notl^menbig  ®lüdtfelig(eit  l^erDorbringe,  ifi  nid^t  fd^led^terbingS,  so 
fonbern  nur  fo  fern  fie  al8  bie  ^orm  ber  6aufalit&t  in  ber  ©innenioett 
betrad^tet  n)irb,  unb  mithin,  toenn  idb  bae  S)afein  in  berfelben  f flr  bie  ein« 
gige  Srt  ber  @jrifteng  bed  Dernflnftigen  SßefenS  annel^me,  alfo  nur  be« 
bingter  äßeif  e  falf^.  S)a  idb  aber  nid(|t  allein  befugt  bin,  mein  S)afein 
and^  als  9loumenon  in  einer  SSerftanbesmelt  gu  benfen,  fonbern  fogar  » 


S.  b.  S)ialeltil  b.  reinen  Skmunft  fn  SefHmmung  b.  Segriffd  \).  l^O^ft.  6ut.  115 

am  morolifdben  ®efe^e  einen  rein  intenectueOen  SeftimmunsSgrunb 
meiner  (Saufalitftt  (in  Der  ©innentoelt)  l&abe,  fo  ift  eS  ni*t  unm6fllid&, 
bag  bie  ©ittlicbfeit  ber  ©efinnung  einen,  mo  ntd^t  unmittelbaren,  bod^ 
mittelbaren  (»ermittelfi  eine«  inteHißlbelen  ttrl&eber«  ber  »atur)  unb  jtoar 

5  not^menbigen  Sufammenl^ang  ald  Urfad^e  mit  ber  ®ludfeligfeit  dd  fRix* 
fung  in  ber  @tnnenn)elt  l^abe,  loelc^e  Serbinbung  in  einer  SItatur,  bie 
blo«  Dbiect  ber  @inne  ift,  niemald  anberS  als  gufdllig  ftattfinben  unb 
gum  ]^54ften  ®ute  nic^t  gulangen  (ann. 

Sllfo  ifi  unerad)tet  biefe«  f(i^einbaren  SBiberftreit«  einer  praltifd^en 

10  Vernunft  mit  ft(^  felbft  bad  ]^5(iße  ®ut  ber  notl^koenbige  ^öd^fte  Bmecf 
eine«  moralifc^  beftimmten  äBiUenS,  ein  majores  Dbiect  berfelben;  benn 
tS  ift  ))raftif(^  möglid^,  unb  bie  aRa;rimen  bed  legieren,  bie  jtd)  barauf 
il^rer  SRaterie  nac^  bejiel^en,  ^aben  obiectioe  Sltealttdt,  mli^z  anf&ngUd^ 
bur(4  jiene  antinomie  in  9$erbinbung  ber  ©ittlid^teit  mit  ©lädfeligfeit 

15  na(4  einem  aDgemeinen  ®e{e^e  getrojfen  mürbe,  aber  auS  blogem  9Rig« 
Der^anbe,  meil  man  bad  Ser^dltnig  imifd^en  (Srfc^einungen  ffir  ein  ä^er« 
l^äUnig  ber  S)inge  an  {td^  felbfi  gu  biefen  Srfdjeinungen  ^ielt. 

äSenn  mir  und  genöt^igt  fe^en,  bie  aR5gli4)teit  bed  ^5d^{len  ®utd, 
biefe«  burc^  bie  Sernunft  aOen  üernflnftigen  SSefen  auSgeftedtten  QitlS 

so  aQer  il^rer  moralifc^en  SSünfdbCr  in  fol^er  SBeite,  ndmlii^  in  ber  SBer« 
fnflf  fung  mit  einer  intelligibelen  äSelt,  gu  fut^en,  fo  mug  ed  befremben, 
bag  gleic^mol^l  bie  ^l^ilofop^en  alter  fomo^l  aU  neuer  S^ten  bie  Slädt* 
feligleit  mit  ber  Slugenb  in  gang  gegiemenber  $ro)}ortion  fc^on  in  biefem 
Seben  (in  ber  @innenmelt)  l^aben  finben,  ober  fidb  i^rer  bemüht  gu  fein 

25  l^aben  ftberreben  f5nnen.  S)enn  (Spitur  fomo^l,  ald  bie  @toiter  erl^oben 
bie  ®läd(feligfeit,  bie  auS  bem  äSemugtfein  ber  Slugenb  im  Seben  ent* 
f))ringe,  fiber  alle«,  unb  ber  erftere  mar  in  feinen  praftifd^en  SSorfd^riften 
nidbt  fo  niebrig  gefinnt,  al«  man  au«  ben  $rinci)>ien  feiner  2:i^eorie,  bie 
er  gum  (Srlldren,  nic^t  gum  Sanbeln  brandete,  fdjUegen  möd^te,  ober  mte 

30  fie  üiele,  burc^  ben  au«brud(  SBollu{l  fär  Sufriebenl^eit  oerleitet,  au«« 
beuteten,  fonbern  red^nete  bie  unetgennfi^igfte  Slu«fibung  be«  ®uten  mit 
gu  ben  ®enugarten  ber  innigften  $reube,  unb  bie  ®nAgfamteit  unb  99dn« 
bigung  ber  SIteigungen,  fo  mie  fie  immer  ber  ftrengfte  SRoralp^ilofopl^ 
forbem  mag,  gel^brte  mit  gu  feinem  $lane  eine«  Sßergnägen«  (er  oerftanb 

»  baruttter  ba«  ftet«  frö^lic^e  $erg);  mobei  er  Jjon  ben  ©toücrn  oomel^m» 
Hdb  nur  barin  abmid^,  bag  er  in  biefem  Sßergnfigen  ben  ä9emegung«grunb 
fejj^e,  meldte«  bie  ledern,  unb  gmar  mit  Sted^t,  üermeigerten.  3)enn  eine«« 

8* 


116      ^ritif  ber  ))raftif<!^en  SentunfL   1.  ^i(.  2.  fBud^.  2.  ^uptftfldT. 

tl^eil«  fiel  ber  tugenb^afte  6p{fur,  fo  loie  nod^  j|e^t  Diele  moraltfd^  tool^l« 
flefinnte,  obgleid)  aber  tl^re  ^rinctpien  ntd^t  tief  genug  nad^benfenbe 
SR&nner,  in  ben  f^el^ler,  bie  tugenb^afte  ®efinnunginben  ^erfonen 
fd^on  üorauiSgufe^en,  fflr  bie  er  bie  2;riebfeber  gur  Sugenb  juerft  angeben 
toollte  (unb  in  ber  Sll^at  fann  ber  Sled^tfcbaffene  ft(^  nid^t  glüdüd^  finben,  s 
tt)enn  er  {id^  nid^t  guDor  feiner  Sled^tfcbaffen^eit  bemüht  i{l:  »eil  bei  {euer 
®eftnnung  bie  Senoeife,  bie  er  bei  Übertretungen  fid^  felbft  ju  mad^en 
burd^  feine  eigene  S)entungSart  gen5tl^igt  fein  tofirbe,  unb  bie  moralifd^e 
©elbftDerbammung  i^n  alled  ®enuf[ed  ber  anne^mlid^feitr  bie  fonft  fein 
Sufianb  enthalten  mag,  berauben  »firben).  allein  bie  f^age  ift:  mo*  lo 
burd^  U)irb  eine  fold^e  (Sefinnung  unb  ^entungdart,  ben  Sßert^  feines 
S)afeiniS  gu  fd^d^en,  guerft  m5glic4,  ba  t)or  berfelben  nod^  gar  fein  (Sefäl^l 
für  einen  moralifd^en  SBert^  äberl^aupt  im  Subfecte  angetroffen  »erben 
koflrbe?  S)er  9Renfd^  birb,  menn  er  tugenb^aft  i\t,  freiließ,  ol^ne  fidb  in 
feber  ^anblung  feiner  Sled^tfd^affenl^eit  bemugt  gu  fein,  bed  bebend  nid^t  is 
frol^  »erben,  fo  gflnfiig  il^m  aud^  baS  ®lüdC  im  p^^ftfd^en  Suftanbe  bef* 
felben  fein  mag;  aber  um  il^n  aDererft  tugenbl^aft  gu  mad^en,  mitl^in  el^ 
er  nod^  ben  moralifd^en  SSertb  feiner  @]rifteng  fo  l^od^  anfd^ldgt,  lann  man 
i^m  ba  »o^l  bie  @eelenrube  anpreifen,  bie  au8  bem  SBemugtfein  einer 
Sled^tfd^affenl^eit  entfpringen  »erbe,  für  bie  er  bo(^  leinen  Sinn  bat?       so 

änbrerfeitd  aber  liegt  l^ier  immer  ber  ®runb  gu  einem  gebier  beS 
@rfdbleid^enS  (vitium  subreptionis)  unb  gleid^fam  einer  optifdben  Sllufion 
in  bem  @elbfibe»ugtfein  beffen,  »ad  man  tl^ut,  gum  ttnterfd^iebe  beffen, 
»ad  man  empfinbet,  bie  aud^  ber  SSerfudbte^e  nid^t  D5Ilig  oermeiben 
fann.  S)ie  moralifd^e  ©efinnung  ift  mit  einem  Semugtfein  ber  Seftim«  n 
mung  bedSBiUend  unmittelbar  burd(|d  ®efe^  notl^menbig  üerbunben. 
Stun  ift  bad  äSemugtfein  einer  SefHmmung  bed  93egebrungdoerm5genS 
immer  ber  ®runb  eined  SBoblgefallend  an  ber  ^anblung,  bie  baburd^  l^er« 
Dorgebracbt  »irb;  aber  biefe  £uß,  biefe«  Sßoblgefallen  an  fid^  felbft,  ift 
nicbt  ber  Seftimmungdgrunb  ber  ^anblung,  fonbern  bie  Seftimmung  so 
bed  SßillenS  unmittelbar,  blöd  burdb  bie  SBemunft,  ift  ber  ®runb  bed  ®t^ 
ffil^ld  ber  Suft,  unb  jene  bleibt  eine  reine  prattifdge,  nid^t  dß^etifd^e  Se» 
ftimmung  bed  Segel^rungdoermögend.  S)a  biefe  Seftimmung  nun  inner« 
lidb  gerabe  biefelbe  SBirtung  eined  Sntriebd  gur  Si^dtigfeit  tl^ut,  ald  ein 
®efü^l  ber  annebmlid(|feit,  bie  aud  ber  begehrten  ^anblung  enoartet  » 
»irb,  »ürbe  getl^an  l^aben,  fo  feigen  »ir  bad,  »ad  »ir  felbft  t^un,  leidet« 
lid^  für  et»ad  an,  »ad  »ir  blöd  leibentlid^  ffil^len,  unb  nel^men  bie  tno* 


S.  b.  S)iaIdtU  b.  rehten  Qemunft  in  ^efHmmung  b.  ^egriffiS  t>.  I^ö^fl.  Out.  117 

raliftfee  Sriebfeber  f&r  finnlid^en  eintrieb,  loie  hai  aDemal  in  ber  foge« 
nannten  Sdufd^ung  ber  Sinne  (l^ier  bed  innern)  gu  gefdiel^en  pflegt.  @8 
ift  etmad  fel^r  Sr^abeneö  in  ber  menfdilid^en  Slatnr,  unmittelbar  burc^ 
ein  reines  Semunftgefe^  ju  ^anblungen  beftimmt  }tt  »erben,  unb  fogar 
5  bie  2;&uf(^ung,  bad  Snbiectiüe  biefer  intenectueflen  äSeftimmbarfeit  beS 
SiOend  für  etmad  äjt^tifc^eS  unb  Sßtriung  eines  befonbern  finnlit^en 
(Sefft^lS  (benn  ein  inteUectueaeS  tt)dre  ein  9Biberf)}ru(!^)  )u  l^alten.  6S  ifl 
aud^  Don  groger  Sßid^ttgfeit,  auf  biefe  iSigenfd^aft  unferer  $erf5nli(i^feit 
aufmertfam  gu  machen  unb  bie  SBirfung  ber  Sernnnft  auf  biefeS  ®efai^l 

10  befhndglid|{i  gu  cultioiren.  8ber  man  mng  fld^  aud^  in  Sd^t  nehmen, 
burdb  un&(^te^o(^preifungen  biefed  moralifd^enSeftimmungdgrunbeS  ald 
Sriebfeber,  inbem  man  il^m  ®efä^Ie  befonberer  Sreuben  als  ®r&nbe  (bie 
bod^  nur  Solgen  finb)  unterlegt,  bie  eigentliche,  dd^te  2:riebfeber,  baS  ®e« 
fe^  felbfi,  gleid^fam  loie  burd^  eine  falfd^e  Solie  l^erabgufe^en  unb  ju  oer« 

15  unftalten.  Sichtung  unb  nic^t  93ergnügeu  ober  ®enug  ber  ®Ifid(felig(eit 
ifi  alfo  etmaS,  mofär  fein  ber  SSernunft  gum  ®runbe  gelegtes,  Dorl^er« 
gel^enbeS  ®efü]^l  (meil  biefeS  febergeit  dftbetifc^  unb  patbologifd(|  fein 
märbe)  möglich  ift,  als  93eiDugt{ein  ber  unmittelbaren  SRöt^igung  beS 
aSiUenS  burd^  ®efe^,  ift  faum  ein  Slnalogon  beS  ®etü^lS  ber  £uft,  inbem 

so  es  im  äSerl^dltniffe  gum  SBege^rungSDermögen  gerabe  eben  baffelbe,  aber 
aus  anbem  DueOen  tl^ut;  burd^  biefe  SSorfiedungSart  aber  tann  man 
aUein  erreid^en,  toaS  man  fuc^t,  ndmlid^  bag  |)anblungen  ni(j^t  bloS 
pflidbtmdgig  (angenel^men  ®effi^len  gu  f^olge),  fonbern  aus  $flic^t  ge« 
f(^el^en,  »eld^eS  ber  xoafixt  Qxotd  aQer  moralifc^en  Silbung  fein  mug. 

95  $at  man  aber  nidbt  ein  äßort,  loelc^eS  ni(]^t  einen  ®enttg,  mie  baS 
ber  ®lfi(ffeligfeit,  begeidinete,  aber  boc^  ein  äSoblgefaQen  an  feiner  @;ci« 
fteng,  ein  Slnalogon  ber  ®läd(feligreit,  meiere  baS  93emugtfein  ber  Sugenb 
notl^menbig  begleiten  mug,  angetgte?  3a!  biefeS  äßort  ift  @elbftgu* 
trieb enl^eit,  melci^eS  in  feiner  etgentlid^en  Sebeutung  {ebergeit  nur  ein 

so  negatitoeS  SSoJ^lgefaUen  an  feiner  (Sjrifteng  anbeutet,  in  xotläitm  man  nidbts 
gu  bebfirfen  fid(|  bemugt  ift.  Steilheit  unb  baS  SBemugtfein  berfetben  als 
eines  93erm5genS,  mit  fibermiegenber  @e{tnnung  baS  moraltfc^e  ®e|e^  gu 
befolgen,  ift  Unabl^dngigteit  oon  SHeigungen,  »enigftenS  als  beftim» 
menben  (»enn  gleid^  nic^t  als  afficirenben)  Semegurfac^en  unfereS 

95  Sege^renS,  unb,  fo  fern  als  ic^  mir  berfelben  in  ber  Befolgung  meiner 
moraliftben  SRa^imen  bemüht  bin,  ber  eingige  Ouell  einer  notbmenbig 
bamit  oerbunbenen,  auf  feinem  befonberen  ©efül^le  beru^enben,  unoer» 


118     ^Titil  ber  praftifd^n  Vernunft.  1.  Zf^tit  2.  S^u^.  2.  «^auptflfidT.    . 

inberlic^en  Sufriebenl^it,  unb  biefe  tann  inteDectuell  l^elgen.  S>ie  fifil^e« 
tifd^e  (bie  uneigentlid^  fo  genannt  toirb),  meldte  auf  ber  93ef riebigung  ber 
Neigungen,  fo  fein  fie  aud^  immer  audgeflägett  merben  mögen,  berul^t, 
fann  niemals  bem,  kDad  man  {t(^  barüber  benit,  abdquat  fein.  S>enn  bie 
Steigungen  toed^feln,  koad^fen  mit  ber  äSegfinßigung,  bie  man  il^nen  miber«  5 
fal^ren  l&gt,  unb  laffen  immer  ein  nod^  grdgered  SeereS  äbrig,  ald  man 
auszufüllen  gebaut  ^at.  S>a]^er  finb  fie  einem  vernünftigen  SBefen  ieber» 
geit  l&ßig,  unb  loenn  eS  fie  gleid^  nid^t  abjulegen  Dermag,  fo  nöt^tgen 
fte  i^m  bo(^  ben  9Bunf(i^  ab,  i^rer  entlebigt  gu  fein.  @elbft  eine  Steigung 
{um  $fli(^tmdgigen  (g.  S.  gur  SBo^U^dtigleit)  tann  gtoar  bie  Sßirffamteit  lo 
ber  moralifd^en  SRajrimen  fel^r  erleichtern,  aber  feine  l^eroorbringen. 
S)enn  alles  mug  in  biefer  auf  ber  SorfieDung  beS  ©efe^eS  als  SBeftim« 
mungSgrunbe  angelegt  fein,  menn  bie  ^anblung  nid^t  Mos  Legalität, 
fonbern  auc^  9RoraIit&t  entl^alten  foU.  Steigung  ift  blinb  unb  fned)tifd^, 
fie  mag  nun  gutartig  fein  ober  nid^t,  unb  bie  SSernunft,  too  eS  auf  @itt«  is 
lic^Ieit  antommt,  mug  nid^t  bloS  ben  äJormunb  berfelben  oorfteSen,  fon* 
bern,  ol^ne  auf  {te  Slüdtfic^t  gu  nehmen,  als  reine  ))raftifd^e  Sernunft  il^r 
eigenes  Sntereffe  gang  aOein  beforgen.  Selbfi  bieS  ®efül^I  beS  SRltleibS 
unb  ber  koeid^^ergigen  S^eilne^mung,  koenn  eS  oor  ber  Überlegung,  loaS 
^flic^t  fei,  oor^ergel^t  unb  SBeftimmungSgrunb  toxxb,  ift  too^lbenfenben  so 
$erfonen  felbft  I&jtig,  bringt  i^re  überlegte  SRa^men  in  Serkoirrung  unb 
bemirft  ben  Sßunfd^,  il^rer  entlebigt  unb  aHein  ber  gefe^gebenben  93er« 
nunft  untenoorfen  gu  fein. 

hieraus  Idgt  ftd^  oer^el^en:  loie  baS  SBeiougtfein  biefeS  äSerm5genS 
einer  reinen  praftifc^en  Sßernunft  burc^  S^at  (bie  Sugenb)  ein  Sekougtfein  35 
ber  Obermad^t  über  feine  Steigungen,  ^iemit  alfo  ber  Unabl^dngigfeit  toon 
benfelben,  foIglid(|  aud(|  ber  ttngufriebenl^eit,  bie  biefe  immer  begleitet,  unb 
alfo  ein  negatioeS  SBol^lgefallen  mit  feinem  Suftanbe,  b.  i.  S»f  ri«l>ctt' 
l^eit,  ]^ert)orbringen  tbnne,  koelc^e  in  il^rer  Quelle  3ufriebenl^eit  mit  feiner 
^erfon  ift.   ©ie  ffreil^eit  felbft  wirb  auf  fold&e  SBeife  (ndmlid()  inbirect)  so 
eines  ®enuf{eS  fdl^ig,  meld^er  nid^t  @lädtfeligteit  l^eigen  (ann,  toeil  er 
nid^t  toom  pofttioen  Seitritt  eines  ®effi^ls  abfängt,  auc^  genau  gu  reben 
nic^t  Seltgfeit,  meil  er  uid^t  gdnglid^e  ttnabl^dngigteit  Don  Steigungen 
unb  93ebärfniffen  entl^dlt,  ber  aber  bod^  ber  lej^tern  dl^nlid^  ift,  fo  fem 
ndmlic^  menigftenS  feine  äBiUenSbeftimmung  fid^  Don  il^rem  @in^uf[e  frei  35 
l^alten  tann,  unb  alfo  »enigftenS  feinem  Urfprunge  nad^  ber  6elbftgenug» 
famfelt  analogifd^  ift,  bie  maanur  bem  l^bt^ften  SSefen  beilegen  tann. 


e.  b.  2)ialeftif  b.  teinen  93emunfi  in  ^eflimmuttg  b.  Segtiff«  t>.  1^5d§j!.  (Biit.  119 

9(ud  biefer  aufl&fung  ber  antinomie  ber)}raftif(ben  reinen  SSemunft 
folgt,  bag  ftd)  in  prattifil^en  ®runbfd^en  eine  natflrlii^e  unb  not^toenbige 
Serbinbung  gmifc^en  bem  93ett)ugtfein  ber  Sittlic^feit  unb  ber  Srmartung 
einer  i^r  proportionirten  ®lä(ffeligleit,  al0  i^olge  berfelben,  Q)entgftend 
»  old  mögUd)  beulen  (baruut  aber  freilid^  no(!b  eben  nid)t  erfennen  unb  ein» 
fe^en)  laffe;  bagegen  bag  ®runb{&^e  ber  SBemerbung  um  ®lä(tfeUgfeit 
unui5gU(]^  @ittlt(!t)rett  l^eroorbringen  tonnen;  bag  alfo  bad  oberfte  ®ut 
(als  bie  erfte  Sebingung  bed  ^bdiften  ®utö)  ©ittlit^reit,  ©lädfeligfeit 
bagegen  gmar  bad  gmeite  Clement  bejfelben  audma(i^e,  bod^  fo,  bag  biefe 

10  nur  bie  moraltft^  bebingte,  aber  bo<^  noti)menbige  ^olge  ber  erfteren  fei. 
3n  biefer  ttnterorbnung  aUein  ift  baiS  ^od^fie  ®ut  bad  ganjeCbfect  ber 
reinen  ))raftifd|en  Sernunft,  bie  ed  fi(^  not^menbig  aliS  mbglid)  oor fteUen 
mug,  loeil  ed  ein  ®ebot  berfelben  i%  ju  beffen  ^eroorbringung  aOed  Wig« 
Hd^e  beizutragen.    Seil  aber  bie  SRöglid^fett  einer  folc^en  Serbinbung 

15  bed  Sebingten  mit  feiner  SBebingung  gdnglii^  ^nm  ilber{tnnli(t)en  Sßtx* 
^dltniffe  ber  3)inge  gehört  unb  nad)  ®efe^en  ber  Sinnenmelt  gar  nid^t 
gegeben  merben  tann,  objtoar  bie  ^raftifdb^  f^olge  biefer  3bee,  ndmlid^ 
bie  ^anblungen,  bie  barauf  abfielen,  baö  l^öc^fte  ®ut  mirtlic^  gu  machen, 
gur  ©innenmelt  gel^ören:  fo  merben  mir  bie  ®runbe  iener  9R5gUc^Ieit  erft« 

20  Hd^  in  Snfel^ung  beffen,  maö  unmittelbar  in  unferer  ®emalt  ift,  unb  bann 
gmeitend  in  bem,  mad  und  Sernunft  a\&  @rgdngung  unfereö  UnDermigenö 
gur  3RögUd(|Ieit  bed  ]^5d(|ften  ®utd  (nad^  pra(tifd(|en  ^rincipien  notl^men« 
big)  barbietet  unb  nid^t  in  unferer  Gemalt  ift,  bargufieQen  fuc^en. 

III. 
25  93on  bem  Primat  ber  reinen  ))rattifd^en  SBernunft 

in  i^rer  93erbinbung  mit  ber  fpeculatioen. 

Unter  bem  Primate  gmifd^en  gmei  ober  mel^reren  burd^  93ernunft  üer« 
bunbenen  S>ingen  üerftel^e  id^  ben  SSorgug  bed  einen,  ber  erfte  SSeftim« 
mungSgrunb  ber  93erbinbung  mit  allen  übrigen  gu  fein,    ^n  engerer, 

30  )n:attifd^er  Sebeutung  bebeutet  ti  ben  Sorgug  beS  Sntereffe  beS  einen,  fo 
fem  i^m  (meld^ed  feinem  anbern  nad^gefe^t  merben  tann)  bad  ^ntereffe 
ber  anbern  untergeorbnet  ift.  @inem  {eben  SBermbgen  bed  ®ematl^ö  lann 
man  ein  Sntereffe  beilegen,  b.  i.  ein  ^rindp,  melc^eS  bie  Sebingung 
entl^dlt,  unter  meld^er  aOein  bie  üueübung  beffelben  beförbert  mirb.  2)ie 

36  Sernunft  ald  baS  93ermögen  ber  $rinci{uen  beftimmt  hai  ^ntereffe  aller 


12Q     ftrittf  bet  prdftif^en  eermmft.   1.  Z^eil.  3. 9ud^.  2.  ^auptftfidE. 

®emätl^Sfr&fte,  baS  il^ge  aber  fid^  felbfL  3)a8  Sntereffe  tl^reS  fpecula^^ 
tioen  ®ebratt(^8  befielet  in  ber  Srlenntni^  bed  Dbiect«  bi«  gu  ben 
l^5(||ten  ^rincipien  a  priori,  baS  bed  ^raltifc^en  ©ebraud^S  in  ber  Sßt^ 
Kimmung  beS  SBiUen jS  in  Unfe^ung  bed  legten  unb  DoQft&nbigen  Qmd&. 
S>a8,  voai  gur  SRöglidbleit  eined  93ernunftgebrau(|8  überbaupt  erforber«  5 
U(|  i{l,  n&mU(^  bag  bie  $rincipien  unb  SSeJ^aiiptungen  berfelben  einanber 
ni^t  tDiberf))red^en  mfiffen,  mad^t  feinen  iX)til  i^reS  Sntereffe  auS,  fon* 
bern  i{l  bie  Sebingung  überl^aupt  Vernunft  gu  l^aben;  nur  bie  (Snoeite^ 
rungi  nid^t  bie  blo^e  Sufammenflimmung  mit  ^(^  felbft  mirb  gum  3n« 
tereffe  berfelben  geg&blt  le 

SBenn  praltifd^e  Semunft  nid^tö  weiter  annel^men  unb  als  gegeben 
beulen  barf,  als  tt>a8  f))ecuIatiDe  Sernunft  für  ftd^  il^r  aus  i^rer  @inftd^t 
barreid^en  bunte,  fo  ffil^rt  bieje  baS  Primat  ®e|e^t  aber,  fie  l^&tte  für 
fid^  urjprftngUd^e  ^rinctpieu  a  priori,  mit  benen  gemiffe  t^eoretif (^e  $ofi« 
tionen  ungertrennli(^  »erbunben  mdren,  bie  fid^  gleid^mol^I  aOer  mbglic^en  » 
Sinfid^t  ber  fpeculatioen  IBernunft  entgbgen  (ob  fie  gttar  berfelben  auc^ 
nic^t  tDiberf))red^en  mfi^ten),  fo  ift  bie  f^rage,  meld^eS  Sntereffe  baS  oberfte 
fei  (nid^t,  meld)e8  toeid^en  mA^te,  benn  eines  »iberftreitet  bem  anbern 
nid)t  not^menbig):  ob  fpeculatbeSSernunft,  bie  nid^ts  bon  aOem  bem  toeig, 
tt)ad  prattifd^e  il^r  angunel^men  barbietet,  biefe  @&^e  aufuel^men  unb  fie,  so 
ob  fie  gleich  für  fie  überfd^menglid^  finb,  mit  il^ren  Segriffen  als  einen 
fremben,  auf  fie  übertragenen  Sefi^  gu  vereinigen  fud^eti  muffe,  ober  ob 
fie  bered^tigt  fei,  il^rem  eigenen,  abgefonberten  Sntereffe  ^artnddKg  gu 
folgen  unb  nad^  ber  Jtanonil  bed  @t)i{ur8  aQed  aI8  leere  SSernünftelei 
audgufd^lagen,  toad  feine  obfectiDe  9lealit&t  nic^t  bur(4  augenfd^einUc^e,  35 
in  ber  Srfal^rung  aufgufteUenbe  Seifpiele  beglaubigen  {ann,  menn  t& 
gleich  nocb  fo  fel^r  mit  bem  Sntereffe  be«  i)raftifd&en  (reinen)  ®ebraud&8 
üermebt,  an  ft4  aud^  ber  tl^eoretifcben  nid^t  tDiberfpre(!^enb  toäre,  bloS  meil 
ed  U)irflid^  fo  fern  bem  Sntereffe  ber  fpeculatioen  93ernunft  Slbbrud)  tbut, 
bag  ed  bie  (Strengen,  bie  biefe  ftc^  felbft  gefegt,  aufgebt  unb  fie  aOem  Un«  so 
ftnn  ober  äBabnfinn  ber  (SinbilbnngSfraft  preidgiebt. 

3n  ber  S^at,  fo  fern  praltifd^e  Sßemunft  aU  pat^ologifc^  bebingt, 
b.  i.  baS  S^ntereffe  ber  Steigungen  unter  bem  ftnnli(4en  ^rincip  ber  ®lüd« 
feligteit  bIoi$  »enoaltenb,  gum  ®runbe  gelegt  mürbe,  fo  lie^e  fi(4  biefe  Qn» 
mut^ung  an  bie  ft)eculatit)e  SSemunft  gar  nicbt  t^un.  SRa^ometS  ^a«*  35 
rabieS,  ober  ber  £^eofot)]^en  unb  SK^ftüer  fc^melgenbe  ^Bereinigung 
mit  ber  (Sottl^eit,  fo  mie  {ebem  fein  @inn  fte^t,  mürben  ber  SSemunft  il^re 


^.  b.  2)iale!ti7  b.  reinen  Vernunft  in  Sefüntmung  b.  ^egtip  t>.  %b^ft.  (Kut.  121 

Itngel^etter  aufbringen,  unb  eS  tt>&re  eben  fo  gut,  gar  {eine  gu  l^aben,  als 
fte  auf  foI(^e  SSeife  aÖen  5£rdumereien  ^reidgugeben.  aQein  menn  reine 
SSernunft  für  fid^  ^rafttfd^  fein  lann  unb  tS  toirfltd^  ifl,  mie  baS  Sömu^U 
fein  be8  moralifc^en  ©ejej^eS  eS  auSmeifet,  fo  ifl  eS  bod^  immer  nur  eine 

i  unb  biefelbe  SSemunft,  bie,  eS  fei  in  tl^eoretifd^er  ober  praftifd^er  übfid^t, 
nad^  ^rincipien  a  priori  uril^eilt,  unb  ba  ifl  eS  flar,  bag,  toenn  i^r  93er^ 
mdgen  in  ber  erfieren  gleid^  nid^t  gulangti  getoiffe  @&^e  bel^auptenb  feft« 
gufe^en,  inbeffen  ba^  fie  i^r  aud^  eben  nid^t  miberfi)re(^en,  eben  biefe 
@ä^e,  fobalb  ^e  unabtrennlid^  gum  ))raltif  d^en  Snteref  f  e  ber  reinen 

10  SSernunft  ge^bren,  gn)ar  atö  ein  il^r  frembeS  Slngebot,  baS  nid^t  auf  il^rem 
IBoben  enoa^fen,  aber  bo(^  ^inreic^enb  beglaubigt  iß,  annehmen  unb  fie 
mit  aOem,  maS  fie  als  f))eculatit)e  SSernunft  in  il^rer  SRad^t  l^at,  gu  üer« 
gleid^en  unb  gu  Derlnü))fen  fud^en  mfiffe;  bod^  fid^  befd^eibenb,  bag  biefeS 
nic^t  il^re  Ginfid^ten,  aber  bod^  @rmeiterungen  il^reS  ®ebrau(^8  in  irgenb 

u  einer  anberen,  ndmlid^  praftifd^en,  abfielt  finb,  koeld^ed  il^rem  ^ntereffe, 
boS  in  ber  (Sinfc^r&nfung  beS  fpeculati^en  %xtt>Ai  beftel^t,  gang  unb  gar 
ni(^t  gumiber  ifl. 

3n  ber  SSerbinbung  alfo  ber  reinen  fpeculatiben  mit  ber  reinen  pxaU 
tifd^en  SSemunft  gu  einem  (Srienntniffe  fü^rt  bie  le^tere  baS  Primat, 

20  oorauSgefe^t  ndmlid^,  ba^  biefe  SSerbinbung  nid^t  ettoa  guf&Ilig  unb 
beliebig,  fonbem  a  priori  auf  ber  SSernunft  felbft  gegrünbet,  mithin  notl^« 
menbig  fei.  S)enn  eS  »firbe  ol^ne  biefe  Unterorbnung  ein  SBiberftreit 
ber  SSernunft  mit  il^r  felbfl  entftel^en:  meil,  menn  fie  einanber  bloS  beige« 
orbnet  (coorbinirt)  m&ren,  bie  erftere  fflr  ftd^  i^re  ®renge  enge  Derf(f)lie^en 

36  unb  nid^td  i^on  ber  legieren  in  il^r  ®ebiet  aufnehmen,  biefe  aber  il^re 
(Srengen  bennod^  aber  aOeS  auSbel^nen  unb,  mo  eS  i^r  Sebfirfnig  erl^eifd^t, 
jene  innerl^alb  ber  il^rigen  mit  gu  befaffen  fud^en  mfirbe.  S)er  fpeculatiDen 
SBemunft  aber  untergeorbnet  gu  fein  unb  alfo  bie  £)rbnung  umgulel^ren, 
tann  man  ber  reinen  prattifdien  gar  ni(i)t  gumutl^en,  meil  aDeS  Sntereffe 

30  gule^t  praftifd^  ift,  unb  felbft  bai  ber  fpeculatioen  SSernunft  nur  bebingt 
unb  im  prattifd^en  ®ebraud^e  aOein  DoÜftdubig  ift. 


122      <Mtl!  bei  ))raltif<!^en  Sentunft.   1.  V^til  2.  Sud^.  3.  ^uptßüct 


IV. 

©ic  Unflcrblidblett  ber  Seele, 
aU  ein  $oftulQt  ber  reinen  pralti{(^en  SSernunft. 

S>ie  Sewirlung  be«  ^bd^flen  ®utö  in  ber  SSelt  ift  bai  notl^menbige 
Dbject  eines  burd^S  moralifd^e  ®efe^  beftimmbaren  SßiQenS.   3n  biefem    s 
aber  i{t  bie  völlige  flngemeff en^eit  ber  ®e{innungen  gum  moraltfc^en 
®efe^e  bie  oberfte  Sebingung  bed  l^bd^ften  ®ut&  @ie  mng  alfo  eben  fo* 
mol^l  möglid^  fein  a\i  il^r  Dbject,  weil  fie  in  bemfelben  ®ebote  biefeS  gn 
befbrbern  entl^alten  ifi.  3>ie  DbOige  «ngemeffenl^eit  be«  SBiUend  aber  gum 
moralif(^en  ®efe^e  i{l  ^eiligleit,  eine  SBoOfornmen^eit,  beren  fein  oer«  lo 
nünftigeS  Befen  ber  Sinnenmelt  in  feinem  Seitpunfte  feines  S>Qfein8 
f&^ig  ift.  S)a  fie  inbeffen  glei(^tt)o]^I  aU  pxaft\\i^  notl^menbig  geforbert 
mirb,  fo  fann  fie  nur  in  einem  inS  Unenblid^e  gel^enben  $rogreffu8 
}u  iener  obDigen  üngemeffenl^eit  angetroffen  merben,  unb  eS  ift  nac^  $rin« 
cipien  ber  reinen  praftifc^en  Vernunft  notl^menbigr  eine  fold^e  praftifc^e  u 
Sortfd^reitung  als  bad  reale  Obfect  unfered  SBiQenS  anjune^men. 

S)iefer  unenblidbe  $rogreffu8  ift  aber  nur  unter  SSorauöfe^ung  einer 
ind  Unenblid^e  fortbaurenben  @;cifteng  unb  $erf5nli(^feit  beffelben 
Dernfinftigen  SßefenS  (meldte  man  bie  Unfterblid^teit  ber  Seele  nennt) 
mbglid^.  aifo  ifi  baS  l^bd^^e  ®ut  t)raftif(l^  nur  unter  ber  9k)rau«fe^ung  so 
ber  Unfterblid^feit  ber  @eele  mbglid^,  mitl^in  biefe,  als  ungertrennlid)  mit 
bem  moralifdb^n  ®efe^  Derbunben,  ein  ^ofbtloi  ber  reinen  praftifdb^n 
SSemunft  (toorunter  id^  einen  tl^eorettf d^en,  als  folc^en  aber  ni(^t  er« 
meiSlid^en  €a^  Derftel^e,  fo  fem  er  einem  a  priori  unbebingt  geltenben 
praftifd^en  ©efe^e  ungertrennlid^  anl^dngt).  25 

©er  @a^  Don  ber  moralifd^en  Seflimmung  unferer  Statur,  nur  aOein 
in  einem  inS  Unenblid^e  ge^enben  f^ortfd^ritte  gur  Dbnigen  Sngemeffenl^eit 
mit  bem  €ittengefe^e  gelangen  gu  tonnen,  ift  Don  bem  größten  9{u^en, 
nid^t  bloS  in  Stadfid^t  auf  bie  gegentodrtige  @rg&ngung  beS  Unvermögens 
ber  fpecuIatiDen  Vernunft,  fonbern  aud^  in  ünfe^ung  ber  ^Religion,  ^n  ßr«  so 
mangelung  beffelben  toirb  enttoeber  baS  moralifd^e  ®efe^  Don  feiner  $ei« 
ligteit  gdnglid^  abgeD)ürbigt,  inbemmaneS  {i(^  als  nad^f  i(l^tlid^(inbuU 
gent)  unb  fo  unferer  Se^aglid^feit  angemeffen  Dertfinftelt,  ober  au4  feinen 
Seruf  unb  gugleic^  (Snoartung  gu  einer  unerreid^baren  Seftimmung,  n&m« 
lid^  einem  Derl^offten  DöDigen  Snoerb  ber  ^eiligteit  beS  SBiDenS,  \pamt  ss 


S.  b.  S)ia(e!tt!  b.  rdnen  SSemirnft  in  IBeftitnmung  b.  Segrip  ]k).  I^A^fl.  9ut.  128 

unb  fld^  in  fd^mdnnenbe,  bem  €elbfterfenntn{^  ganj  toiberfpred^enbe 
tl^eofo^l^ifc^e  Sr&ume  verliert,  bttr(^  koeld^ed  beibed  baS  unauf^örlid^e 
Streben  gur  ))ünftli(^en  unb  burd^g&ngtgen  Sefolgung  eine«  firengen, 
unna(l^f{(^tli(^en,  bennod)  aber  nic^t  ibealifd^en,  fonbern  magren  äSernunft' 

5  gebotS  nur  »erl^inbert  U)irb.  6inem  üernönftigen,  aber  enblid^en  SSefen  ijl 
nur  ber  $rogreffud  inS  Unenblid^e  Don  nieberen  gu  ben  ^ö^eren  Stufen  ber 
moralifd^en  äSoUfonimenl^eit  m5gli(^.  3)er  UnenbUd^e,  bem  bie  Qtxtht» 
bingung  9li(^tiJ  ift,  fielet  in  biefer  für  und  enblofen  Steil^ie  baS  ®anje  ber 
angemeffen^eit  mit  bem  ntorali|(ften  Oefe^e,  unb  bie  4>eiltgfeit,  bie  fein 

10  ®ebot  unna(l(|Ia^li(^  forbert,  um  feiner  ®ere(|ttgleit  in  bem  Sntl^eil,  ben 
er  lebem  am  l^d^ften  ®ute  beftimmt,  gemfi^  gu  fein,  ift  in  einer  eingigen 
inteUectueUen  Unfd^auung  beS  S)afeind  »ernfinftiger  SSBefen  gang  angu» 
treffen.  äßaS  bem  ©efd^öpfe  aOein  in  ünfebung  ber  Hoffnung  biefeS  ^n^ 
tl^eild  gulommen  lann,  mftre  baS  93en)u^tfein  feiner  erprüften  ©eftnnung, 

t5  um  aud  feinem  bisherigen  ^ortfd^ritte  Dom  Sd^led^teren  gum  moralifc^ 
Sefferen  unb  bem  baburd^  il^m  betannt  geworbenen  untoanbelbaren  SSor« 
fa^e  eine  fernere  ununterbrochene  fSrortf e^ung  beffelben,  mie  meit  feine  ®fu 
fleug  aud^  immer  reiben  mag,  felbfl  über  biefeS  Seben  l^inauS  gu  l^offen*) 
unb  fo  gioar  niemals  ^ier,  ober  in  irgenb  einem  abfel^lic^en  fünftigen 

so  S^tpunfte  feines  S)afeinS,  fonbern  nur  in  ber  (®ott  aQein  überfel^baren) 


*)  2)te  Überaeugung  Don  ber  Unwanbelbarleit  fetner  (S^efinnung  int  Sott« 
fd^ritte  aum  ©uten  fc^eint  gleic^tpo^l  auc^  einem  ©ef^dpfe  fflr  fic^  unmöglii^  au 
fein.  Um  beStPiKen  l&gt  bie  c^rifllid^e  SHeligioniSle^re  fie  and^  Don  bentfelben  (Steifte, 
ber  bie  Heiligung,  b.  i.  btefen  fefien  Sorfa^  unb  mit  i^m  bad  ^ewugtfein  ber  IBe- 

25  f^nliäfleit  im  moralifc^en  ^rogreffuiS,  »trft,  allein  obflantmen.  ^er  auc^  natflr^ 
li^er  SBeife  barf  berjienige,  ber  fi(^  bemüht  ifl,  einen  langen  S^eil  fdned  gebend  biS 
au  (Snht  beffelben  im  gortfc^ritte  aum  SBeffenti  unb  ^max  aud  &d^ten  moraltf(^en  93e- 
wegungSgrünben,  angehalten  au  ^aben,  fic^  »o^l  bie  tröftenbe  Hoffnung,  »enn  glei^ 
nii^t  ©ekoig^eit,  mad^en,  ba^  er  auc^  in  einer  über  biefed  geben  iinaud  fortgefe^ten 

30  d^iflena  bei  biefen  @runbfd^en  beharren  merbe,  unb  wiewohl  er  in  feinen  eigenen 
ICugen  l^ier  nie  gere^tfertigt  ift,  noc^  bei  bem  »erhofften  fünftigen  ^(nmac^d  feiner 
92atun}oniommen^eit,  mit  i^r  aber  au(^  feiner  $fli<^ten  eiS  jemals  l^offen  barf,  bennoc^ 
in  biefem  Sortfd^ritte,  ber,  ob  er  a^oar  ein  inS  Unenblid^e  binauSgerüAeS  Siel  be- 
trifft, benno^  für^ott  ald^efit)  gilt,  eine  ICuSfid^t  in  eine  fei  ige  Sufunf  traben; 

35  benn  biefeS  ifi  ber  HuSbrutf,  beffen  fi(^  bie  Vernunft  bebient,  um  ein  Don  allen  au- 
fOntgen  Urfaci^en  ber  9Belt  unabhängiges  DoUft&nbtgeS  SBol^l  gu  beaeic^nen,  melc^eS 
eben  fo  »ie  ^eiligfeit  eineSbee  ift,  welche  nur  in  einem  unenblicä^en  ^ogreffuS 
unb^  beffen  S4)talit&t  enthalten  fein  lann,  mitl^in  oom  ®ef(^dpfe  niemals  DdUig  er- 
reu^t  wirb. 


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[    *•-'■'•'"••  :.;.::yY    ; 

V- 


124      ^ti!  ber  proftif^en  Vernunft.   1.  S^eil.  2.  Sudft.  2.  4)au))tflfld(. 

Uncnblicftfdt  fetner  gortbaucr  bcm  aSBitten  beffctten  (ol^tic  »ad^fld&t  ober 
erlajTung,  toeld^e  pc^  mit  ber  ®ere(|tig{eit  nic^t  iufammenreimt)  DöQis 
ab&quat  gu  fein. 

V. 

S)QS  3)ofein  ®otte8,  al8  ein  ^ojiulat  ber  reinen  l)rattif(^en   6 

aSernunft. 

S)aS  moralifc^e  ®efe^  fül^rte  in  ber  Dorl^ergel^enben  S^tglieberung 
gur  <)raftifd&en  Aufgabe,  »eld^e  ol^ne  otten  Seitritt  Pnnlid&er  Sriebfebem, 
blöd  burd^  reine  Vernunft  Dorgef(^rieben  loirb,  ndmlid^  ber  notl^wenbigen 
IBoQft&nbigleit  beS  erften  nnb  oomel^mften  "SSjtil^  bed  l^öc^ften  ®utd,  ber  lo 
eittlid^f eit,  unb,  ba  biefe  nur  in  einer  Swigleit  oöQig  aufgeUfet  merben 
{ann,  gum  $ojluIat  ber  Unfterblic^Ieit.  @ben  biejed  ®efe^  mug  auc^ 
gur  SRdglid^teit  bed  gtoeiten  Clements  bed  ^öd^ften  ®ut0,  n&mlid^  ber 
jener  @ittli^Ieit  angemeffenen  ©Utcffeligfeit,  eben  {o  nneigenn&^ig  tt>ie 
t>oxf)tx,  aM  bloßer  un^arteiifd^er  Sßemunft,  n&mlid^  auf  bie  S^orauSfe^ung  u 
be«  ©ofeinfi  einer  biefer  SBirfung  abdquaten  Urfad^e  föl^ren,  b.  i.  bie 
@;rifteng  ®otteS,  ol«  gur 3Röglic^feit  bei»  l^öc^ften  ®ut«  (neldied  Obfect 
unfered  SSiQend  mit  ber  moralifd^en  ®efe^gebung  ber  reinen  SSernunft 
not^menbig  oerbunben  ift)  notl^toenbig  gel^5rig,  ^oftuliren.  SSir  »oUen 
biefen  Sufammenl^ang  ubergeugenb  barfteQen.  20 

®lüdfelig!eit  ift  berSuftanb  eine«  vernünftigen  SBefen»  In  ber 
SSSelt,  bem  e«  im  ®angen  feiner  @;rifteng  alle«  nad^  Sßunfc^  unb 
äßillen  gel^t,  unb  berul^t  alfo  auf  ber  Übereinitimmung  ber  Statur  gu 
feinem  gangen  Qrotdt,  imglei(f)en  gum  U)ef entließen  SeftimmungSgrunbe 
feine«  SBiDen«.  9lun  gebietet  ba«  moralifd^e  ®efe^  al«  ein  ®efe^  ber  fSrrei«  35 
l^eit  burd^  S3eftimmung«grünbe,  bie  Don  ber  9latur  unb  ber  Übereinftim» 
mung  berfelben  gu  unferem  S3egel^rung«oerm5gen  (al«  S^riebfebern)  gang 
unabhängig  fein  foUen;  ba«  l^anbelnbe  oernunftige  SBefen  in  beräBelt 
aber  ift  bo(4  nii^t  guglei(^  Urfad^e  ber  Seit  unb  ber  9latur  felbjl.  aifo 
ift  in  bem  moralif^en  ®efe^e  nid^t  ber  minbejle  ®runb  gu  einem  not^«  so 
toenbigen  3ufammenl^ang  gioifd^en  Sittlid^feit  unb  ber  i^r  proportionirten 
®läd(feligfeit  eine«  gur  äSSelt  al«  S^eil  gel^5rigen  unb  ba^er  oon  il^r  ab« 
^dngigen  äBefen«,  meiere«  eben  barum  burc^  feinen  äSiUen  nid^t  Urfad^e 
biefer  Slatur  fein  unb  fle,  tta«  feine  ®iad(f eligleit  betrifft,  mit  feinen  pral* 
tifc^en  ®runbfd^en  au«  eigenen  j^dften  nic^t  burd^gdngig  einfiimmig  S6 


S.  b.  Sialeftt!  b.  reinen  SBemunft  in  8eflimmung  b.  Segriffd  \>.  l^Ad^fl.  (But.  125 

mai^tn  fann.  ©leid^tool^I  mirb  in  ber  praftifd^en  Sufgabe  ber  reinen  Ser« 
nnnft,  b.  i.  ber  not^toenbigen  Bearbeitung  jum  l^öd^ften  ®ute,  ein  fold^er 
Sufammenl^ang  oliS  not^wenbig  poftulirt:  toir  follen  bai  ^ö(f)fte  ®ut 
(weld^ed  alfo  bod^  mögltcb  fein  mu^)  gu  beförbern  fuc^en.  fllfo  mirb  aud^ 

5  baS  S>a{ein  einer  t)on  ber  9{atur  unterfc^iebenen  Urfoi^e  ber  gefammten 
Statur,  meldte  ben  ®runb  biefeS  Snfammenbanged,  n&mlid)  ber  genauen 
Übereinftimmung  ber  ©lactfeligleit  mit  ber  Sittlid^Ieit,  enthalte,  ^oflu« 
lirt.  S)ie{e  oberfte  Urfa(f)e  aber  foD  ben  ®runb  ber  Übereinftimmung  ber 
«atur  nid^t  bIo8  mit  einem  ©efejje  beS  SBiOenö  ber  Dernünftigen  SBefen, 

10  fonbem  mit  ber  SSorfteUung  bieie«  ®efe^ed,  fo  fem  biefe  e«  fid^  jum 
oberften  Sejtimmungdgrunbe  beSäßillen«  fe^en,  alfo  nid^t  blod 
mit  ben  Sitten  ber  $orm  nad^,  fonbem  aud^  il^rer  Sittlid^Ieit  al8  bem 
Semegnngögrunbe  berfelben,  b.  i.  mit  il^rer  moralifd)en  ®efinnung,  ent« 
galten,  aifo  ift  ba«  bb(^fle  ®ut  in  ber  äßelt  nur  mbglid^,  fo  fern  eine 

15  oberfte  Urfad^e  ber  9latur  angenommen  toirb,  bie  eine  ber  moralifd^en  ®e« 
finnung  gem&^e  SaufalitAt  l^at.  9lun  ift  ein  SSefen,  bad  ber  ^anblungen 
nac^  ber  IBorjteOung  t)on  ®efej^en  f&l^ig  ift,  eine  Sntelligeng  (vernünftig 
äBefen)  unb  bie  Saufalitdt  eines  fold^en  93efend  nad^  biefer  SSorfteQung 
ber  ®efe^e  ein  SSille  beffelben.  aifo  ift  bie  oberfte Urfac^e  ber  9latur,  fo 

so  fem  {ie  gum  bod^fl^n  ®ute  üorauSgefe^t  »erben  mug,  ein  Sßefen,  baS 
burd^  Serftanb  unb  äBillen  bie Urfad^e  (folglid^  ber  Url^eber)  ber SHatur 
ift,  b.  i.  ®ott  Solglic^  ift  baS  $oftuIat  ber  3R5gIid)Ieit  beiS  ^5(^ften 
abgeleiteten  ®uts  (ber  beften  SBelt)  gugleld^  bad  $oftuIat  ber  SBirf«' 
lid^Ieit  eined  l^bc^ften  urfprfinglid^en  ®uts,  ndmlid^  ber  6;ri{teng 

85  ®otteö.  9lun  »ar  e«  $fli(^t  ffir  unS  baS  l^öd^jte  ®ut  gu  beförbern,  mit« 
l^in  nic^t  aOein  Sefugnig,  fonbem  aud^  mit  ber  ^flid^t  atö  S3eburfni^ 
Derbunbene  SHot^menbigleit,  bie  aR&glid^leit  biefeiS  ^ftd^ften  ®ut«  Doraud' 
iufe^en,  votliitS,  ba  t&  nur  unter  ber  Sebingung  beS  2)afeind  ®otted 
ftattfinbet,  bie  SSorauSfe^ung  beffelben  mit  ber  $flid)t  ungertrennlid^  oer« 

80  binbet,  b.  i.  ti  ift  moralifd^  notbtoenbig,  baiS  S)afein  ®otted  angunel^men. 

^ier  ift  nun  ttol^l gu  mer{en,  bag  biefe  moralifd^e  ^lotbtoenbigteit  f  üb« 

iectiü,  b.  i.  Sebflrfnii  unb  nid&t  obfectiD,  b.  i.  felbft  ^flid&t,  fei;  benn 

eS  {ann  gar  leine  ^fiid^t  geben,  bie  @;rifteng  eine«  3>ingeS  angunel^men 

(meil  biefeS  blod  ben  t^eoretifd^en  ®ebraud^  ber  SSernunft  angebt).  Sud^ 

85  U)irb  l^iemnter  nid)t  Derftanben,  bag  bie  Snnebmung  bed  S)afein«  ®otted, 
aU  eines  Orunt^eS  aller  SSerbinbUd^Ieit  überhaupt,  not^menbig 
fei  (benn  ^biefer  beru^  wie  l^inreid^enb  bettiefen  ttorben,  lebiglid^  auf  ber 


126      ftriHf  ber  praftif^en  «ernunft.  1.  S^eil.  3.  IBu(^.  2.  ^avptft&d. 

Slufonomie  ber  SSernunft  felbft).  Sur  ^flic^t  gehört  ^ier  nur  ble  9»e« 
arl)eitung  ju  |^ert)orBringung  unb  Sef5rberung  beS  l^öd^ften  ®utö  in  ber 
SBelt,  beffen  aRJgltcftfett  alfo  i)oPulirt  »erben  fonn,  bte  aber  unfere  SSer* 
nunft  nic^t  anberS  benfbar  ftnbet,  als  unter  IBoraudfe^ung  einer  l^ötbften 
SnteQigenj,  beren  S)afein  angunel^men  alfo  mit  bem  Setougtfein  unferer  5 
^fltd^t  Derbunben  ijt,  obgwar  biefe  flnnel^mung  felbft  für  bte  t^eoretifc^e 
S^emunft  gehört,  in  Snje^ung  beren  allein  fte,  als  @rflAmngdgrunb  be« 
trad^tet,  |)9pot^efe,  in  Sejiel^ung  aber  auf  bie  SerftdnbliiJ^teit  eine« 
und  bo(!^  burc^S  moralifd^e  ®efe^  aufgegebenen  DbiectiJ  (bed  ^5(l^jlen 
®utOr  mitl^in  eined  Seb&rfniffed  in  t)raftif(l^er  abü(|t,  ®Iaube  unb  lo 
gwar  reiner  SSernunftglaube  l^ei^en  tann,  toeil  blöd  reine  SSemunft 
(fomo^l  il^rem  t^eoretifcben  atö  {^rattifd^en  ©ebrauc^e  na(^)  bie  Quelle 
x%  baraud  er  entft)ringt. 

9ud  biefer  S)ebuction  U)irb  ed  nunmehr  begreiflidbr  tt)arum  bie 
gried^if (j^en  Sd^ulen  gur  auflöfung  il^reS  $roblemd  Don  ber  prattifc^en  i& 
aR5gli(i)Ieit  beS  l^öd^ften  ®utd  niemals  gelangen  lonnten:  meil  fie  nur 
immer  bie  Siegel  bed  ®ebraud^d,  ben  ber  SßtUe  beS  SRenfd^en  Don  feiner 
ff rell^eit  mad^t,  jum  einjigen  unb  für  jlcft  allein  jureidöenbcn  ©runbe  ber* 
felben  machten,  ol^ne  il^rem  Sebänten  nad)  bad  S)afein  ®otteS  bagu  gu 
bebArfen.  ßmar  traten  fie  baran  rec^t,  bog  {ie  bad  ^rincip  ber  Sitten  un«'  so 
abb&ngig  Don  biefem  ^oftulat  für  {td^  felbft  aud  bem  Ser^dltni^  ber  93er« 
nunft  aUein  gum  SSiaen  feftfe^ten  unb  eS  mithin  gur  ober jlen  t)raltifd^en 
Sebingung  bed  l^öc^ften  ®ut8  machten;  eS  mar  aber  barum  nid^t  bie 
gange  Sebingung  ber  aR5glid^(eit  beffelben.  S)ie69ilureerl^attennun 
gmar  ein  gang  falf(^e8  ^rincip  ber  Sitten  gum  oberjlen  angenommen,  ss 
n&mli(4  baS  ber  ®lüdfeligleit,  unb  eine  aRa;rime  ber  beliebigen  SSal^l 
nac^  jjebeS  feiner  Steigung  für  ein  ®efe^  untergef droben:  aber  barin  Der» 
ful^ren  fie  bod^  conf equent  genug,  ba^  fie  i^r  ^5d^fteS  ®ut  eben  fo,  n&m« 
lid^  ber  9liebrigleit  il^reS  ©runbfa^ed  t)roportionirlid^,  abmürbigten  unb 
feine  gr5gere  ©lüdfeligteit  erwarteten,  als  bie  ftd^  burd^  menfd^lid^e  jtlug«  so 
l^eit  (mogu  aucb  Sntl^altfamleit  unb  SRd^igung  ber  Steigungen  gebort)  er« 
merben  l&gt,  bie,  U)ie  man  meig,  fümmerlic^  genug  unb  nad^  Umft&nben 
fe^r  Derfc^iebentlid^  ausfallen  mug;  bie  SluSna^men,  meldte  il^re  9Ra;rimen 
unaufhörlich  einräumen  mußten,  unb  bie  fie  gu  ©efe^en  untauglid^  mad^en, 
nid^t  einmal  gered^net.  S)ie  @toiter  l^atten  bagegen  i^r  ober^eS  prat  35 
tifc^eS  $rinci|),  ndmlid^  bie  Sugenb,  als  Sebingung  beS  l^öc^ften  ®utS 
gang  rid^tig  genifil^lt,  aber  inbem  fie  ben  ®rab  berfelben,  ber  für  baS  reine 


8.  b.  S)ia(eftif  b.  reinen  Setnunft  in  S3efttmmund  b.  Segriff«  t>.  ^d^ß.  ®ut.  127 

(Skfe^  berfel&en  erforberlid^  {{i,  als  in  biefem  geben  DöQig  erreichbar  üop 
fteHten,  ni(|t  aOein  bas  moralifd^e  9Serm5gen  bed  SRenfd^en  unter  bem 
%amen  elned  Sßeif  en  aber  alle  Sd^ranlen  feiner  Statur  l^o(^  gef))annt  unb 
tbnaS,  baS  aOer  SRenftbenfenntni^  U)iberf))ri(l^t,  angenommen,  fonbern 

&  aud^  t)Drnel^mIid6  bad  gmeite  gum  l^bcbften  ®ut  gel^örige  Seftanbftüd, 
n&mli(^  bie  ®Ifi(tfeügfeit,  gar  nidbt  für  einen  befonberen  ®egenftanb  bed 
menfc^Iic^en  Segel^rungSDermbgeniJ  moQen  gelten  laffen,  fonbern  il^ren 
Seifen  glei(^  einer  ®ott^eit  im  Semu^tfeln  ber  93ortreffli(^{eit  feiner 
$erfDn  Don  ber  9latur  (in  81bft(^t  auf  feine  Sttfi^ici>cn]^eit)  gang  unabi» 

10  ^dngig  gema(^t|  inbem  fie  i^n  gtoar  Übeln  bed  SebenS  audfe^ten,  aber 
nidbt  untenoarfen  (ungleich  auc^  ald  frei  Dom  85fen  barfteOten)  unb  fo 
n)irni(^  baS  jmeite  Clement  be«  ^5(^flen  ®ut«,  eigene  (Siactfeligteit,  »eg« 
liegen,  inbem  fie  t&  bloi  im  {^anbeln  unb  ber  Sufriebenl^eit  mit  feinem 
perf&nlid^en  Sert^e  festen  unb  alfo  im  Semugtfein  ber  fittli(^en  ^en« 

15  fungdart  mit  etnfd^loffen,  morin  fie  aber  burtb  bie  Stimme  i^rer  eigenen 
SHatnr  ^inreid^enb  I^dtten  miberlegt  »erben  lönnen. 

S)ie  Seigre  beS  S^riftentl^umS^),  menn  man  fie  au(^  nod^  nid^t  ali 
KeligionSle^re  betrachtet,  giebt  in  biefem  Stflde  einen  Segriff  beS  I)5(^ften 


*)  man  ffiU  demeiniglif^  baffir,  bie  (^riflUd^e  Qorfd^rtft  ber  ©itten  ^abe  in 

20  Vnfel^ung  i^rer  d^einigfeit  Dor  bem  moraIif<!^en  Begriffe  ber  ®toiIer  nii^td  »oraud; 
allein  ber  Unterfc^ieb  beiber  ifl  bo^  febr  fi^tbar.  S)ad  floifc^e  ©Qfiem  machte  bad 
Sewn^tfein  ber  @eeIenftArfe  jum  9(ngel,  um  ben  ficb  alle  fittlic^e  (Befinnungen  loenben 
fönten,  unb  ob  bie  ICnbAnger  beffelben  an^ar  »on  l^ic^ten  rebeten,  au<^  fie  gan) 
»0^1  beflimmten,  fo  festen  fie  bo^  bie  3:riebfeber  unb  ben  eigentlichen  iBeflimmungd- 

9A  grunb  M  SBiüend  in  einer  (Srl^bung  ber  S)enlungdart  fiber  bie  niebrige  unb  nur 
bnrt!^  ©eelenf^mAd^e  mad^t^abenbe  Sriebfebem  ber  @inne.  Sugenb  »ar  alfo  bei 
il^nen  ein  gemiffer  ^oi^m  bed  fiber  bie  tbierifc^e  9latur  bed  9Renf(^en  fi^  erbebenben 
fOeifen,  ber  i^m  felbfi  genug  ift,  anbem  an>ar  ^ic^ten  DortrAgt,  felbft  aber  fiber 
fie  ergaben  unb  leiner  S)erfu(^ung  au  äbertretung  bed  fittUc^en  (S^efej^e«  unterworfen 

so  ifL  S)iefed  alle«  aber  fonnten  fie  nic^t  t^un,  »enn  fie  fi(^  biefed  (3$efe^  in  ber  SReinig- 
feit  mib  Strenge,  a(d  t»  bie  8orf(^rift  be«  (Soangelti  t^ut,  DorgefteQt  l^Atten.  äBenn 
ic^  unter  einer  3bee  eine  Oofliommen^eit  oerfie^ei  ber  nic^td  in  ber  (Srfabrung 
abdquat  gegeben  werben  fann,  fo  finb  bie  moralifd^en  Sbeen  barum  ni(^t«  Über- 
fc^wenglid^e«,  b.  i.  bergleidb^n,  wooon  wir  au<!^  nic^t  einmal  ben  ^Begriff  btnreii^enb 

35  beftimmen  Ibnnten,  ober  Don  htm  ed  ungewiß  ifi,  ob  i^m  fiberaU  ein  (Slegenftanb 
conefponbire,  wie  bie  3been  ber  fpeculatioen  Vernunft,  fonbern  bienen  oB  UrbUber 
ber  pMÜ\^^  8olI!ommen^eit  aur  unentbel^rlic^en  düd^tfd^nur  beiS  fittlidjien  Ser^ 
^ttend  unb  auglelc^  aum  SRa^ftabe  berSergleic^uug.  SBenn  id^  nun  bie  c^rift- 
U^t  Woral  Don  i^rer  pl^ilofop^if^en  ®eite  betraute,  fo  wftrbe  fie,  mit  ben  3been 


128      Jtrittl  ber  pxam\^m  SSernunft.  1.  ^t\l  2. 8ud^.  2.  ^auptflM. 

®utd  (beS  9%eid^8  ®otte«),  ber  alletn  ber  ftrenflllen  f^orberung  ber  ))rat 
tifd^en  äSemunft  ein  ®näge  tl^ut.  3>aS  moraltjd^  ®efe^  t{l  l^eilig  (un* 
nad^fid^tlid^)  unb  forbert  ^eiligfeit  ber  6ttteti,  obgleid^  aKe  moralifd^e 
SSoniommenl^elt,  gu  weld^er  ber  ^Renfd^  gelangen  tann,  immer  nur  Sugenb 
x%  b.  i.  gefe^mdfiige  ©efinnung  auS  SiJ^tung  färS  ®e|e^,  folglich  Se«  s 
ttu^tfein  eined  continuirlic^en  $ange«  gur  Übertretung,  »enigfienS  Un* 
lauterleit,  b.  i.  Seimifd^ung  Dieler  un&(^ter  (nid^t  mi)rQHfd^er)a3e»)egungd< 
gränbe  gur  ^Befolgung  beS  ©efe^ed,  f olglid^  eine  mit  3>emut^  Derbunbene 
Selbftfd^ä^ung  unb  alfo  in  Slnfe^ung  ber  ^eiligfeit,  koeld^e  baS  dbtiftlic^e 
®efei  forbert,  mijt&  ald  fjfortfd^ritt  inS  Unenblid^e  bem  ®ef(^5))fe  Abrig  lo 
Ifi^t,  eben  bal^er  ober  aud^  baffelbe  gur  {Hoffnung  feiner  ind  Unenblid^e 
gel^enben  ^ortbauer  bered^tigt.  3>er  SSertl^  einer  bem  moralifc^en  ®e* 
fe^e  DöUig  angemeffenen  ®efinnung  ift  unenblid^:  meil  aUt  m5gli(^e 
®lfidtfeligfeit  im  Urtl^eile  eines  meifen  unb  aQe«  Derm5genben  SuStl^eilerS 
berfelben  feine  anberelSinfc^rdnfung  l^at,  als  ben  9RangeI  berSngemeffen«  u 
^eit  Dernfinftiger  Sßefen  an  i^rer  $fli(^t.  aber  baS  moralifd^e  ®efe^  fflr 
f  d^  »erl^ei^t  bod^  feine  ©lüdfeligfeit;  benn  biefe  ifl  nad^  Gegriffen  Don 
einer  Slaturorbnung  überl^aupt  mit  ber  Befolgung  beffelben  nid^t  not^ 
loenbig  oerbunben.  S)ie  d^riftlid^e  @ittenlel^re  erg&ngt  nun  biefen  SRangel 
(beS  gleiten  unentbel^rlid^en  SefianbftüdS  bed  l^ö(^ften  ®ut8)  burc^  bie  20 
S)arfteaung  ber  SSBelt,  barin  Dernünftige  ffiefen  fic^  bem  fittlid^en  ®efe^e 
Don  ganger  @eele  loei^en,  ald  eined  SReid^S  ®otte8,  in  meldbem  9latur 
unb  Sitten  in  eine  ieber  oon  beiben  fär  fid^  felbfi  frembe  Harmonie  burc^ 
einen  ^eiligen  Urheber  fommen,  ber  bai  abgeleitete  I^öc^fte  ®ut  mbglic^ 
mac^t.  S)ie  ^eiligfeit  ber  Sitten  mirb  i^nen  in  blefem  Seben  fd^on  gur  25 


ber  griec^ifc^en  (Sd^ulen  Dergltc^en,  fo  erfc^einen:  S)ie  Sbeen  ber  CSl^niler,  bndpi' 
lureer,  ber  ®totIer  unb  ber  (S^riflen  f!nb:  bie  !Ratureinfalt,  bie^lug](»eit, 
bie  Sßeid^eit  unb  bie  ^eiligleit.  3n  llnfe^ung  bed  Sßege^,  baau  gu  gelangen, 
unterf4|ieben  fi^  bie  grie^ifc^en  $^iIofo^^en  fo  Don  einanber,  bag  bie  (Seniler  boau 
ben  gemeinen  SRenf^enDerftanb,  bteanbernnur  beni^g  ber  SBiffenf<!^aft,  so 
beibealfo  bo<^  bloßen  (Gebräu 4  ber  natfirUd^en  ^r&fte  baju  ^inreic^enb  fan- 
ben.  2)ie  d^riflltc^e  ÜJ^oral;  »eil  fie  i^re  $orf(^rift  (roie  tß  auc^  fein  ntu^}  fo  rein  unb 
unnad^fidbtlic^  einrid^tet,  benimmt  bem  9)i?enf(^en  ba0  Sutrauen,  »enigflend  ^ier  im 
8eben,  i^r  DöIIig  abdquat  au  fein,  rid^tet  e^  aber  boti^  anä)  babiird^  mieberum  auf, 
ba^,  memt  »ir  fo  gut  l^^anbeln,  ald  in  unferem  Vermögen  ifl,  wir  hoffen  fönnen,  35 
ba6,  mad  nic^t  in  unferm  Vermögen  tfl,  und  anberweitig  merbe  au  ftatten  fommen, 
mir  mdgen  nun  »tffen,  auf  welche  Urt,  ober  ni(^t.  ttrifloteled  unb  ^(ato  unter* 
fc^ieben  fi^  nur  in  ICnfe^ung  M  nrf))rungiS  unferer  fittlic^en  lOegriffe« 


S.  b.  S)ia(e!ttl  b.  reiiien  Vernunft  tn  ^erttmmung  b.  begriff «  d.  ^5d§ft.  &ni.  129 

Siid^tf^nur  angetoiefen,  bad  btefer  proportionirte  SSol^I  aber,  bie  @eltg« 
feit,  nur  alö  in  einer  ewigfeit  erreichbar  tjorgejtellt:  weil  Jene  immer 
bM  Urbilb  tlired  93erl)altend  in  iebem  @ianbe  fein  mug,  nub  bad  %oxU 
fd^reiten  gu  il^r  fd^on  in  biefem  £eben  möglid^  unb  notl^menbig  i[t,  biefe 

3  aber  in  blefer  SBelt  unter  bem  Slamen  ber  ©lüdfeligleit  gar  nic^t  erreicht 
merben  fann  (fo  t)iel  auf  unfer  äSermögen  anlommt)  unb  bal^er  lebigUd^ 
gum  ©egenftanbe  ber  Hoffnung  gemacht  iDtrb.  S)iefem  ungead^tet  ift  ba^ 
(^riftlicfte  5ßrinrip  ber  21  oral  felbft  bo<|  nid&t  t^eologifd^  (mithin  ^etero« 
nomie),  fonbern  Autonomie  ber  reinen  |)raftif(^en  SSernunft  für  jic^  felbft, 

10  toeil  fte  bie  @rlenntnig  ©otteS  unb  feines  SSiDend  nid^t  gum  ®runbe  biefer 
©efe^e,  fonbern  nur  ber  ®elangung  gum  l^ö(f)ften  ®ute  unter  ber  33e« 
bingung  ber  äSefolgung  berfelben  mac^t  unb  felbft  bie  eigentlid^e  2;rieb<s 
f eber  gu  Befolgung  ber  erfteren  nid^t  in  ben  gemünfd^ten  f^olgen  ber« 
felben,  fonbern  in  ber  SSorfteDung  ber  $flic^t  allein  fe^t,  ald  in  beren 

u  treuer  Beobachtung  bie  SSurbigfeit  beig  @rmerbd  ber  le^tern  allein  beftel^t. 

9luf  folc^e  SBeife  fu^rt  bad  moralifc^e  ®efe^  burd^i  ben  Segriff  beS 

Idöc^ften  ®utd,  als  baS  Dbject  unb  ben  (Snbgioecf  ber  reinen  praftifd^en 

aSemunft,  gurJReligion,  b.i.  gur  (ärtenntnife  aller  ^flic^ten  al8 

gbttlid^er  ©ebote,  nic^t  als  @ancttonen,  b.i.  millfürlid^e,  für 

20  fid{(  felbft  gufÄlligeSSerorbnungen  eine«  frembenSBillenS,  fon« 
bem  als  mefentlid^er  ®  efe^e  eines  {eben  freien  SBillenS  fär  ft(^  felbft,  bie 
aber  bennod^  als  ©ebote  beS  ]^5(!^[ten  äSefenS  angefe^en  merben  mftffen, 
iDeil  U)ir  nur  t)on  einem  moralifd^  ))oIlfommenen  (l^eiligen  unb  gfitigen), 
gugleid^  aud^  allgemitigen  SBiDen  baS  l^öd^fte  ©ut,  ttield^eS  gum  ©egen« 

25  ftanbe  unferer  Seftrebung  gu  fej^en  unS  baS  moralifc^e  ©efe^  gur  $fli(^t 
mad^t,  unb  alfo  burd^  Übereinftimmung  mit  biefem  SBiUen  bagu  gu  ge« 
langen  Reffen  fönnen.  Slud^  l^ier  bleibt  bal)er  atteS  uneigennüfeig  unb  bloS 
auf  $pi(ftt  gegrünbet;  ol^nc  ba^  ^nri^t  ober  Hoffnung  als  SCriebfebern 
gum  ©runbe  gelegt  merben  bürften,  bie,  menn  fie  gu  ^rincipien  »erben, 

30  ben  gangen  moralifd^enSSertl^  ber  ^anblungen))ernid^ten.  S>aS  moralifc^e 
©efe^  gebietet,  baS  l^öd^fte  mSgUd^e  ©ut  tn  einer  SSelt  mir  gum  legten 
©egenftanbe  aUeS  9SerI)altenS  gu  mad^en.  S)iefeS  aber  lann  id^  nid^t  gu 
bemirlen  l^offen,  als  nur  burd^  bie  Übereinftimmung  meines  äSiOenS  mit 
bem  eines  l^eiligen  unb  gütigen  SSelturl^eberS;  unb  obgleich  in  bem  93e« 

35  griffe  beS  pd^ften  ©uts  als  bem  eines  ©angen,  »orin  bie  größte  ©lüd> 
feligWt  mit  bem  größten  aWafee  pttlic^er  (in  ©efc^öpfen  möglicher)  SSolt 
fommen^eit  als  in  ber  genauften  ^ro^ortion  ))erbunben  PorgefteUt  mirb, 

JtaKt'l  «(i^tiftcn.   Seife.  Y.  9 


130      Ätltlt  ber  prafttfd^en  «cruunft.   1.  S^ell.  2.  Bnä^.  2.  ^aitptftficf. 

meine  etflene  ©lüdfcUflfelt  mit  entl^alten  ip:  fo  ijt  bod^  ni(^t  jte, 
fonbern  baö  moraUf(J&e  ®efe|  (meldte«  tJielmel^r  mein  unbegrenjte«  fßtx^ 
langen  baxnaii  auf  Seblngungen  [trenge  clnfc^rÄnft)  ber  Sejlimmunßö« 
grunb  be8  SBiUen«,  ber  gur  Seförberung  be8  ^ocftften  (SuW  angemiefen 
ö)irb.  6 

JDal^er  Ift  möi  ble  SWoral  nid^t  eigentlid^  bie  Seigre,  »ie  »ir  un« 
glücfltcft  ma(^en,  fonbern  mie  »tr  ber  ®lücffeUg!cit  »ürbig  merben 
f ollen.  9lur  bann,  menn  Sfieligion  ba ju  lommt,  tritt  anc^  ble  Hoffnung  ein, 
ber  (SlüdCfeligfelt  beremft  in  bem  SWafee  t^eill^aftig  gu  »erben,  afö  loir 
barauf  bebad^t  getoefen,  i^rer  nic^t  unmurbig  gu  fein.  lo 

SB ur big  ift  jemanb  be«  »eflfee«  einer  @ad&e  ober  eine«  Suftanbe«, 
wenn,  bafe  er  in  blefcm  Seftfee  fei,  mit  bem  ^6(ftften  ®ute  gufammen« 
ftimmt-  SRan  fann  jc^t  leid&t  elnfel^en,  bafe  aOe  SBürbigfelt  auf  ba«  fttt* 
lid^c  aSerl^alten  anlommc,  »eil  biefe«  im  ^Begriffe  be«  l^5(^ften  ®ut8  ble 
Sebingung  beö  übrigen  (»a«  gum  ßupanbe  gel^ört),  nftmlid^  be«  antl^eil«  is 
an  ®lüdtfeUgfeit,  auSmad^t.  SHun  folgt  l^ierauS:  bafe  man  bie  ÜR oral  an 
fid&  niemal«  al«  ®lüdtfeligfeit«lelöre  bel^anbeln  muffe,  b.i.  al«  eine 
Slnttietfung  ber  ®lfid[|eligleit  t^eil^aftig  gu  »erben;  benn  fte  l^at  e«  lebig« 
li(^  mit  ber  aSernunftbebingung  (conditio  sine  qua  non)  ber  Unteren, 
ni^t  mit  einem  (grwerbmittel  berfelben  gu  tl^un.  ffienn  fte  aber  (bie  Wo«  »o 
^flic^ten  auferiegt,  nid^t  eigennü^igen  SBünfd^en  SWaferegeln  an  bie  $anb 
giebt)  DoUftänbig  vorgetragen  »orben:  al«bann  allererft  fann,  nad^bem 
ber  pd^  auf  ein  ®efe|  grünbenbe  moralifd^e  SBunfd^  ba«  ^Jd^fte  ®ut  gu 
beförbern  (ba«  3lel(^  ®otte«  gu  un«  gu  bringen),  ber  Dorl^er  leiner  eigen« 
nü^igen  @eele  auffteigen  fonnte,  erttiedEt  unb  tl^m  gum  Sel^uf  ber  Sd^ritt  25 
gur  Sfleligton  gefd^el^en  ift,  biefe  Sittenlel^re  aud^  ®lü(Ifeligfeit«Ie]^re  ge* 
nannt  »erben,  »eil  ble  Hoffnung  bagu  nur  mit  ber  äleliglon  aUcrerfl 
anl^ebt. 

Slud^  lann  man  l^ierau«  erfel^en:  bag,  »enn  man  nad^  bem  lej^ten 
S»edte  ®otte«  in  @c^5pfung  ber  Sßelt  fragt,  man  nid^t  bie  ®lfid(<»  so 
feligfelt  ber  vernünftigen  SBefen  in  il^r,  fonbern  ba«  l^ödbPe  ®ut 
nennen  mfiffe,  »eld^e«  jenem  Sßunfd^e  biefer  SBefen  no(^  eine  Sebingung, 
n&mlid^  ble  ber  ®l&d[feligfeit  »ürbig  gu  fein,  b.  i.  bie  Sittlid^Ieit  eben 
berfelben  vernünftigen  SBefen,  i^lngufügt,  bie  allein  ben  2Mafeftab  entl&ält, 
nad^  »eld^em  pe  allein  ber  erfteren  burd^  bie  ^anb  eine«  »eifen  Ur«  35 
lieber«  t^eil^aftig  gu  »erben  l^open  tonnen.  S)enn  ba  9Bei«]&eit,  tl^eo» 
retifd^  betrad^tet,  bieSrtenntni^  be«]^öd^pen®ut«unbpraftifd^bie 


^.  b.  S)iQlefitf  b.  reinen  Vernunft  m  SBertimmung  b.  ^egriffd  D.  (5(|fl.  @ut.  131 

angemcffcn^cit  beö  aSfUen«  gum  l^öd^ftcn  ®utc  bebeutet,  fo  fann 
man  einer  ^5(!bften  felbftftAnbigen  SBeiiSl^eit  nid^t  einen  Qxütd  beilegen, 
ber  blo«  ouf  ©fitigteit  gegrünbet  »fire.  JDeitn  biefer  il^re  SBlrfung  (in 
Sinfel^ung  ber  ©lüdfeligfeit  ber  üernünftigen  SSefen)  lann  man  nur  unter 

5  ben  einfcQr&nlenben  Sebingungen  ber  Übereinftimmung  mit  ber  ^eilig« 
leit*)  feine«  SBiUenS  alö  bem  bSc^ften  urfprünglid&en  ®ute  angemeffen 
beuten.  3>a]^er  bieienige,  loeld^e  ben  Qmd  ber  @d^5pfung  in  bie  @br^ 
©otteS  (üorau^gefe^t,  bag  man  biefe  nid^t  antl^ropomorpl^iftifd^,  als  9lei« 
gung  gepriejen  gu  »erben,  benft)  festen,  n)obt  ben  beften  üuSbrud  ge» 

10  troffen  l^aben.  2)enn  nid^ts  el^rt  ®ott  mel^r  als  baS,  toaS  baS  @c^d^barfte 
in  ber  SSelt  ijl,  bie  Sld^tung  für  fein  ®ebot,  bie  Seobad^tung  ber  beiligen 
$flid^t,  bie  und  fein  ®efe^  auferlegt,  ttenn  feine  l^errlid^e  ünflolt  bagu 
lommt,  eine  fold^e  fd^one  Drbnung  mit  angemeffener  ®lü(lfeligleit  gu 
frönen.  SBenn  i^n  ba8  festere  (auf  menfd&lld^e  Slrt  gu  reben)  Heben«* 

15  mürbig  mad^t,  fo  ifl  er  burd^  baS  erflere  ein  @egenftanb  ber  Anbetung 
(aboration).  Selb^  SReufd^en  tonnen  fl(^  burd^  Sßobltl^un  gtoar  £iebe, 
aber  baburd^  allein  niemal«  Sd^tung  erioerben,  fo  ba^  bie  größte  SSol^l« 
tbdtigteit  il^nen  nur  baburd^  (Sl^re  mac^t,  ba^  ^e  nad^  äSflrbigteit  au«ge« 
übt  ttirb. 

so  S)a^  in  ber  Drbnung  ber  Qto^t  ber  SRenfd^  (mit  i^m  |ebe«  Der* 
nunftige  äSefen)  Smed  an  f id^  f elbft  fei,  b.  i.  niemal«  blo«  al«  aRittel 
oon  jemanben  (felbft  nid^t  oon  ®ott),  ol^ne  gugleidb  l^iebei  felbft  Qwtd  gu 
fein,  tonne  gebrandet  »erben,  bag  alfo  bie  SRenf d^l^eit  in  unferer  $erfon 
un«  felbft  l^eilig  fein  muffe,  folgt  nunmetir  ))on  felbft,  »eil  er  ba«  @ub> 

93  iect  be«  moralifd^en  ®efe^e«,  mitl^in  beffenifl,  »a«  an  fid^  l^eilig  ift. 


*)  .Riebet,  unb  um  bai8  (Stgent^fimlid^e  btefer  begriffe  lenntlid^  au  mad^en, 
merfe  i^  nur  no^  an:  hai,  ba  man  @ott  oerfd^iebene  (i^igenfd^aften  beilegt,  beren 
Qualität  man  aud^  ben  ©efc^dpfen  angemeffen  finbet,  nur  bag  ße  bort  gum  ^5(^ften 
(S^rabe  erhoben  »erben,  a.  fö.  ^aä^t,  SBiffenfc^aft,  Gegenwart,  ®üte  tc  unter  ben 

30  ^Benennungen  ber  Mmad^t,  ber  ^Eroiffenl^eit,  ber  ^lllgegenroart,  ber  Wlgütigleit  tc, 
e«  boc^  bret  giebt,  bie  awSfi^ItegungiSweife  unb  bo(|  ol^ne  S3eifa^  Don  ©rdge  (Bott 
betgelegt  werben,  unb  bie  indgefammt  moraltfd^  finb :  er  ifl  ber  allein  {)eilige, 
ber  allein  Selige,  ber  altein  3Beife;  weil  biefe  begriffe  f^on  bie  Uneinge- 
f(^r&n!t]^eit  bei  fi^l  führen.  9la(^  ber  Drbnung  berfelben  ift  er  benn  alfo  antli  ber 

35  ^eilige  ^efe^geber  (unb  @d^5pfer),  ber  gütige  9legierer  (unb  (Sr^alter)  unb 
ber  gerechte  SHi^ter:  brei  (Z^igenfc^aften,  bie  alleiS  in  fi^l  enthalten,  moburd^  (^ott 
ber  iBegenftanb  ber  SReligion  wirb,  unb  benen  angemeffen  bie  metap^tiflfd^en  QoU« 
lommenl^etten  fi<!^  oon  felbß  in  ber  Semunft  ^inau  f Agen. 

9* 


132      Ärttit  ber  praftiMcn  Semuttft.   1.  S^eit.   ±  9u<^.  2.  ^auptflüd. 

um  beffen  ttiiQen  unb  in  Sinftimmung  mit  melc^em  aud^  überl^aupt  nur 
etma«  l^cilig  genannt  »erben  fann.  S)enn  bicfe«  moralifd&e  ®efe^  grünbet 
jtd^  auf  ber  Autonomie  feines  SSiDenS,  ald  eines  freien  äBiOenS,  ber  nad^ 
feinen  aOgemeinen  ©efe^en  not^wenbtg  ju  bemfenigen  gugleic^  mu^  ein« 
ftimmen  Unnen,  loelc^em  er  fid^  unterwerfen  foD. 


VI. 

Über  bie  $oftulate  ber  reinen  praftifd^en  SBernunft 
über]^aui)t. 

@ie  ge^en  alle  üom  ®runbfa|e  ber  3ßoralitAt  aus,  ber  lein  $oftulat, 
fonbern  ein  ®efe^  ifi,  burd^  n)eld)eS  SSernunft  unmittelbar  ben  SßiQen  U^  lo 
ßimmt,  toeld^er  äBiDe  eben  baburc^,  bag  er  fo  beftimmt  ift,  als  retner 
aSBine,  blcfe  not^menbige  Sebingungen  ber  Befolgung  feiner  SSorfcftrift 
forbert.  S)tefe  $oftuIate  ftnb  nt(!^t  t^eoretifc^e  2)ogmata,  fonbern  93  or« 
auSfe^ungenin  notl^menbig  prattifd^er  Siüdfid^t,  ermeitern  alfo  gmar 
nic^t  baS  fpeculatiüe  Srienntnig,  geben  aber  ben  ^bttn  ber  fpeculati))en  n 
aSernunft  im  allgemeinen  (öermittelft  il^rer  a9ejie]^ung  aufs  ^raftifd^e) 
objectide  Sfiealitdt  unb  bered^tigen  fie  gu  Gegriffen,  beren  9R5glid^Ieit  aud^ 
nur  gu  behaupten  fie  ftd^  fonft  nid^t  anmaßen  lönnte. 

2)iefe  $oftulate  finb  bie  ber  U nflerblid^Ieit,  ber  f^rei^eit,  po{ttiD 
betrad^tet  (als  ber  Saufalitdt  eines  SBefenS,  fo  fern  eS  gur  inteQigibelen  8o 
äSelt  gehört),  unb  beS  S)af  eins  ©otteS.  S)aS  erfte  fliegt  aus  ber  pxaU 
tifc^  notl^menbigen  93ebingung  ber  Sngemeffenl^eit  ber  S)auer  gur  SSoll'» 
fidnbigleit  ber  SrfüQung  beS  moralifd^en  ©efe^eS;  baS  gmeite  auS  ber 
notl^wenbigen  SSorauSfe^ung  ber  Unabl^ängigfeit  üon  ber  @innenU)elt  unb 
beS  SSermbgenS  ber  Seftimmung  feines  SBiQenS  nad^  bem  ®efe^e  einer  ss 
intelligibelen  äBelt,  b.  i.  ber^rei^eit;  baS  britte  aus  ber  9lot^menbigIeit 
ber  93ebingung  gu  einer  fold^en  inteHigibelen  SBelt,  um  baS  ^bc^fie  ®ut 
gu  fein,  bur(^  bie  SSorauSfe^ung  beS  l^5d(|ften  felbftftdnbigen  ®utS,  b.  i. 
beS  S)afeinS  ©otteS. 

S)ie  burd^  bie  Sichtung  fürs  moralifd^e  ®efe^  notJ^oenbige  abfid^t  so 
aufs  l^bd^fte  ®ut  unb  barauS  fliegenbe  SSorauSfe^ung  ber  obfectiDen 
Jftealitdt  beffelben  f ft^rt  alfo  burd^  ^oftulate  ber  praftifd^en  SSernunft  gu 
^Begriffen,  meldte  bie  fpeculati))e  äSernunft  gmar  als  aufgaben  k)ortragen, 
fie  aber  nid^t  auflbfen  fpnnte.  aifo  1.  gu  berjienigen,  in  beren  auflbfung 


9.  b.  S)tQ(emi  b.  reinen  Vernunft  in  93ertimmuna  b.  begriff«  t).  (5e^fl.  €(ut.  133 

bie  Untere  ntd^tö  old^aralogiiSmen  begel^en  lonnte  (ndmUd^  ber  Um 
fterblid^rett),  toetl  ed  i^r  am  SRerfmale  ber  Sel^arrlic^feit  fehlte,  um  ben 
pfQc^oIogij^en  Segriff  eined  legten  Subjectö,  meld^cr  ber  @eele  im  @elb{l» 
bemugtfein  not^menbig  beigelegt  loirb,  gur  realen  SSorfteQung  einer  @ub« 

5  [tang  ju  ergdngen,  toeld^eS  bie  praltif(f)e  SSernunft  burd^  bad  $o[tuIot  einer 
jur  angemeffen^eit  mit  bem  moralifc^en  ©efe^e  im  l^5c^[ten  ®ute,  als 
bem  ganjen  Qtotdz  ber  praftifd^en  SSernunft,  erforberlic^en  3)auer  au«* 
rid^tet.  2.  $ü^rt  jte  gu  bem,  moDon  bie  fpeculatiue  SSernunft  nxiitö  al« 
Sntinomie  enthielt,  beren  Suflöfung  fie  nur  auf  einem  problematifc^ 

10  gmar  benfbaren,  aber  feiner  objectiDen  9iealitfit  nac^  für  fte  nid^t  ermeiS« 
lid^en  unb  beftimmbaren  IBegriffe  grünben  fonnte,  n&mlid^  bie  (odmo* 
logifc^e  3bee  einer  inteUigibelen  SBelt  unb  ba«  Scmufetfein  unfere« 
3)afein«  in  berfelben,  üermittelft  be«  ^oftulatö  ber  greil^eit  (beren  Sfiea* 
litdt  fie  bnxi^  bad  moralifc^e  ®efe^  barlegt  unb  mit  il^m  ^ugleid^  ba^  ®t* 

15  fe^  einer  inteUigibelen  SBelt,  »orauf  bie  fpeculatiüe  nur  l^inmeifen,  il^ren 
Segriff  aber  ni(^t  beftimmen  fonnte).  3.  SSerfc^afft  pc  bem,  »a«  fpecu* 
latiöe  SBernunft  gioar  Renten,  ober  al8  blofee«  transjcenbentale«  Sbeal 
unbeftimmt  laffen  mufete,  bem  tlieologifd&en  Segriffe  be«  Urmefen«, 
Sebeutung  (in  praltifd^er  Slbfid^t,  b.  i.  als  einer  Sebingung  ber  ÜRöglld^* 

20  feit  beS  Dbiectd  eines  burci^  {eneS  ®efe^  beftimmten  SBiUenS)  als  bem 
oberften  ^rincif)  beS  ^öd^ften  ®uts  in  einer  inteUigibelen  Sßelt  burc^  ge* 
ttaltl^abenbe  moralifd^ie  ©efe^gebung  in  berfelben. 

SBIrb  nun  aber  unfer  ©rfenntnife  auf  folc^e  art  burd&  reine  praftifd^e 
Vernunft  »irflid^  erttieitert,  unb  ifi  baS,  maS  f&r  bie  fpeculatiüe  tranS* 

23  fcenbent  mar,  in  ber  praftifd^en  immanent?  SlUerbingS,  aber  nur  in 
praftifd^ierSlbfid^t.  2)enn  mir  erlennen  gmar  baburd^  meber  unferer 
Seele  !Ratur,  nod^  bie  intetligibele  SSelt,  nod^  baS  ^öc^fte  Sßefen  nad^  bem, 
maS  jte  an  ftd&  felbft  ftnb,  fonbern  l^aben  nur  bie  Segriffe  üon  ilinen  im 
prattifd^en  Segriffe  beS  l^öd^ften  ®uts  t)ereinigt,  als  bem  Dbiecte 

30  unfereS  SSitlenS,  unb  oöHig  a  priori  burd^  reine  Sernunft,  aber  nur  \>a» 
mittelft  beS  moralifc^en  ©efe^eS  unb  au(4  blos  in  Segie^ung  auf  baffelbe, 
in  «nfel^ung  bcS  ObiectS,  baS  eS  gebietet.  SBic  aber  aud^  nur  bie  Steilheit 
m5glid^  fei,  unb  mie  man  fid^  biefe  Slrt  Pon  Saufalitdt  tljeoretifc^  unb 
pofttiD  üorguftellen  ^abe,  mirb  baburd^  nid^t  eingefe^en,  fonbern  nur,  bag 

36  eine  f old^e  fei,  burd^S  moralifc^e  ©efe^  unb  gu  beffen  Sel^uf  poftulirt.  @o 
ifi  es  aud^  mit  ben  fibrigen  Sbeen  bemanbt,  bie  nad^  il^rer  SRbglid^feit 
{ein  menfd^lid^er  Serftanb  femalS  ergrünben,  aber  aud^,  ba^  fie  nid^t 


134      ^ritil  ber  praftifc^en  9)ernunft.   1.  ^l^eil.  2.  ^u((.  2.  jQüVipi^ind. 

toal^rc  Scflriffc  Pnb,  feine  ©opl^iperei  ber  Überjeuflung  felbft  beS  ge* 
meinften  äßenfc^en  iematö  entreißen  ttiirb. 


VII. 

9Bie  eine  Srioeiterung  ber  reinen  SSernunft  in 
praltifd^er  S(bft'(^t,  o^ne  bamit  i^r  Srienntnig  aU  fpecuIatiD    5 
gugleid^  ju  ertoeitern,  ju  benlen  mögUd^  fei? 

SSir  »oUen  biefe  f^roge,  um  nic^t  ju  abftroct  iu  toerben«  fofort  in 
9ntt)enbung  auf  ben  üorliegenben  $all  beanttoorten.  —  Um  ein  reined 
6rfenntniB  praftifd^  gu  erioeitern,  mug  eine  Slbfid^t  a  priori  gegeben 
fein,  b.  i.  ein  Qmd  als  Dbiect  (bed  äSiIlend)r  toelc^eS  unabhängig  Don  10 
aQen  tl^eoretifc^en  ©runbf&^en  burci^  einen  ben  äBiUen  unmittelbar  be« 
ftimmenben  (tategorifd^en)  ^ImperatiD  ald  pratttfd^  notl^menbig  uorgefleUt 
mirb,  unb  bad  i{i  ^ier  bad  l^od^fte  @ut.  S)iefeS  ift  aber  nitbt  möglidb» 
ol^ne  brei  t^eoretifd^e  Segriffe  (für  bie  ftc^,  toeil  {ie  bloge  reine  Ißernunft« 
begriffe  finb,  feine  corref^onbirenbe  Snfc^auung,  mitl^in  auf  bem  t^eore»  i& 
tifd^en  SBege  feine  objlectiDe  SReaUt&t^nben  Id^t)  Doraudjufe^en:  ndmlid) 
Srei^eit,  Unfterblidbfeit  unb  ®ott.  [aifo  ttirb  burc^d  praftifdje  ©efe^ 
meld^eiS  bie  (Sjriften)  bed  ^5d^fien  in  einer  äSelt  m5gU(I^en  ®utS  gebietet, 
bie  SKöglic^feit  jener  Dbjecte  ber  reinen  fpeculatiüen  SSernunft,  bie  ob» 
iectiDe  SRealitdt,  »eld^e  biefe  i^nen  nic^t  ftd^ern  fonnte,  poftulirt^moburd^  20 
benn  bie  tl^eoretifc^e  @rfenntni^  ber  reinen  SSernunft  aDerbing«  einen  3u» 
mac^S  betommt,  ber  aber  blod  barin  befielet,  bag  jene  fiir  ße  fonft  proble« 
matifdbe  (bloö  benfbare)  Segriffc  je^t  affertorif(^  für  fold^e  ertlftrt  »er* 
ben,  benen  tDirfUd^Dbfecte  jufommen,  meil  praftifd^e  SSernunft  bie  @;ciftenj 
berfelben  gur  3R5gIid^feit  t^red  unb  gttiar  praftifdb  f (l^lec^tl^in  notl^menbigen  25 
DbiectiS,  bed  ^öc^ften  ©uts,  uuDermeiblid^  bebarf,  unb  bie  tl^eoretifc^e  ba« 
burd^  beredbtigt  toirb,  fie  Doraudgufe^en.  S)iefe  @rtt)eiterung  ber  t^eo' 
retifd^en  JBernunft  ift  aber  feine  ©rweiterung  ber  ©peculation,  b.  i.  um 
in  tl^eoretifc^er  Slbfic^t  nunmel^r  einen  pofitiDen  ®ebrau(^  bauon  gu 
mad^en.  S)enn  ba  nichts  »eiter  burc^  t)raftif(^e  SSernunft  Riebet  geleiftet  30 
»orben,  al8  bafe  jene  Segriffe  real  ftnb  unb  toirflid^  il^re  (mßglid&e)  Db* 
iecte  l^aben,  babei  aber  und  nic^tiS  Don  8[nf(4auung  berfelben  gegeben  mirb 
(»elc^eS  au(4  ntd^t  geforbert  »erben  fann),  fo  ift  fein  f^nt^etifd^er  @a^ 
burc^  biefe  eingeräumte  9iealit&t  berfelben  möglid^.  ^olglic^  l^ilft  und 
biefe  Eröffnung  nid^t  im  minbeften  in  fpeculatioer  ^bftd^t,  »ol^l  aber  in  35 


9).  b.  S)tale!til  b.  reinen  Vernunft  in  SBeftimmung  b.  ^egtiffd  t),  l^öc^fi.  @ut.  135 

9(nfe][)ung  bed  praftifc^en  ©ebraud^S  ber  reinen  SSernunft  j\ur  @rtt)etterung 
biefe«  unfcre»  grienntniffeö.  2)lc  obige  brci  gbcen  ber  fpeculatioen  SSer* 
itunft  Pnb  an  Pcft  nod^  feine  (Srfenntniffe;  bod&  ftnb  c«  (tranöfcenbente) 
©ebanfen,  in  benen  nichts  Unmögüd^eS  ift.  9tun  befommen  fte  burc^  ein 

5  Qpobiftifc^ed  prattifc^eS  ®efe^,  alS  notl^menbige  SSebingungen  ber  aRög« 
!i(ftfeit  bcffcn,  wa»  biefe«  pd^  gum  Dbjecte  ju  madöen  gebietet,  objec* 
tiüe  9ficalitdt,  b.  i.  wir  »erben  burcft  jeneö  angetolefen,  bafe  fie  £)b jecte 
l^aben,  ol&ne  bod^,  »le  pcft  i^r  Segritf  auf  ein  Dbject  bci^iel^t,  augelgen 
iu  fönnen,  nnb  baiS  ift  aud^  nod^  itic^t  @rtenntnig  btef  er  Ob  jecte;  benn 

10  man  lann  baburc^  gar  nid^td  über  pe  f^ntl^etifc!^  urtl^eilen,  nod^  bie  8n« 
»enbung  berfelben  tl^eoretifd^  beftimmen,  mitl^in  ))on  il|nen  gar  feinen 
%oretifdöen  ®ebraud&  ber  SSernunft  machen,  al8  toorin  eigentltd^  alle 
fpeculatit)e  (Srtenntnig  berfelben  bepelzt.  3(ber  bennoc^  marb  bad  tl^eo« 
retifd^e  (Srfenntnife  jwar  nid&t  biefer  Dbjecte,  aber  ber  SSernunft  über* 

15  l^aupt  baburc^  fo  fern  erweitert,  bag  burt^  bie  ))rafti{(4en  $oPulate  jenen 
Sbeen  bo(t)Dbje€te  gegeben  »urben,  inbem  ein  blöd  problentatif(!^er 
©ebanfe  baburt^  aUererp  objectioe  Sfiealität  befam.  aijo  mar  eS  feine 
Erweiterung  ber  (Srfenntnife  oon  gegebenen  überfinnlic^en  ©egen« 
ftdnben,  aber  bocft  eine  Erweiterung  ber  tbeorctif(!^en  SSernunft  unb  ber 

20  Ertenntnig  berfelben  in  Slnfebung  bed  Überpnnlic^en  fiberbau))t,  fo  fern 
als  pe  genötl^igt  würbe,  bag  eiS  fold^e  ©egenftdnbe  gebe,  eingurdu« 
men,  ol^ne  Pe  bocft  ndl^er  beftimmen,  mithin  biefe«  (ärfenntnife  oon  ben 
Dbjecten  (bie  il^r  nunmehr  aus  |)raltifcl)em  ®runbe  unb  aud&  nur  guin 
praftifd&en  (Sebrauc^e  gegeben  worben)  felbft  erweitern  ju  fönnen,  welchen 

26  3nwa(^S  alfo  bie  reine  tbeoretifd^e  SSernunft,  für  bie  alle  jene  ^be^n 
tranSfcenbent  unb  otine  Dbject  pnb,  lebiglic^  il^rem  reinen  praftifc^en 
SSermögen  gu  oerbanfen  bat.  ^ier  werben  pe  immanent  unb  conftitu» 
tio,  inbem  pe  ®rünbe  ber  9R5glic^teit  pnb,  baS  not^wenbige  Dbject 
ber  reinen  praftif(!ben  SSernunft  (baö  böcl)fte  ®ut)  wirflic^  gu  mad^en, 

80  ba  pe  ol^ne  bieS  tranSfcenbent  unb  blöd  regulative  ^rincipien  ber 
fpeculatioen  SSernunft  pnb,  bie  ibr  nid^t  ein  neue«  Object  über  bie  @r* 
fal^rung  binauS  angunel^men,  fonbern  nur  il^ren  ©ebraud^  in  ber  @rfa{|« 
rang  ber  SSoUftdnbigfeit  gu  ndberen  auferlegen,  3[t  aber  bie  SSernunft 
einmal  im  33epfee  biefeg  3uw>acl&f^*f  fo  »'^b  pe  als  fpeculatiöe  SSernunft 

36  (eigentlicb  nur  gur  ©icberung  ibreS  praftifdben  ©ebraudbS)  negatio,  b.  i. 
nic^t  erweiternb,  fonbern  Iduternb,  mit  jenen  3been  gu  SBerfe  gelten,  um 
einerfeitS  ben  Slntl^ropomorp^iSm  als  ben  DueU  ber  ©uperpition, 


136      ^til  ber  ptalttf(|en  93emunft.  1.  Sl^eU.  2.  Su^.  2.  ^auptftüdP. 

ober  f(|einbare  Snoeiterung  j|ener  Segriffe  burd^  Dermeinte  @rfa{)rung, 
anbererfeitö  ben  f^anaticiiSm,  ber  fte  bur(|  überftnnltd^e  Snjd^auung 
ober  bergleld&en  ©effil&le  üerfpricftt,  abgul^olten;  »elcfteö  aUt^  ^inberniffc 
beS  praftif(!^en  ©ebrauc^d  ber  reinen  ä^ernunft  ftnb,  beren  Slbioel^rung 
alfo  ju  ber  (grmeiterung  unferer  (grfenntnife  in  ^)raftif(^er  Stbjtd&t  aller*  s 
bingS  gel^ört,  ol^ne  bag  eiS  biefer  koiberfpri^t,  gugleic^  gu  geftel^en,  bog 
bie  äSernunft  in  fpeculatioer  Slbftd^t  baburd^  im  minbeften  nichts  geioon« 
nen  Igabe. 

3u  febem  ©ebroud^e  ber  SSernunft  in  Slnfel^ung  eines  ^egenftanbed 
»erben  reine  S8er[tanbe«begriffe  (Kategorien)  crforbert,  o^ne  bie  fein  lo 
©egenfianb  gebadet  loerben  fann.  S>iefe  fönnen  gum  tl^eoretifc^en  @t^ 
braud&e  ber  aSemunft,  b.  i.  ju  bergleic^en  ©rfenntnife,  nur  angemanbt 
»erben,  fo  fern  il^nen  jugleid^  an|d&auung  (bie  ieberjeit  ftnnlid^  ift)  unter* 
gelegt  »irb,  unb  alfo  bloS,  um  burd^  fie  ein  Object  m5glid^er  Srfal^rung 
ijorjufteUen.  3lun  ftnb  l^ier  aber  gbeen  ber  Vernunft,  bie  in  gar  feiner  is 
@rfal^rung  gegeben  »erben  f5nnen,  bad,  »ad  ic^  burd^  Kategorien  beuten 
mügte,  um  ed  gu  ertennen.  Slllein  ed  ift  l^ier  au(^  nic^t  um  bad  t^eore» 
tifdfee  (grfenntntfe  ber  Dbiecte  biefer  3been,  fonbern  nur  barum,  bafe  fie 
überl^aupt  Dbiecte  l^aben,  gu  tl^un.  35iefe  3fiealitdt  oerfd^afft  reine  )fxah 
tifd^e  SSernunft,  unb  l^iebei  ^at  bie  tl^eoretifd^e  SSernunft  nid&t«  »citer  gu  so 
tl^un,  als  tene  Dbjecte  burd^  Kategorien  bloS  gu  beuten,  »elc^ed,  »ie 
»ir  fonft  beutlid^  ge»iefen  l^aben,  gang  »ol^l,  ol^ne  Slnfc^auung  (»eber 
ftnnlic^e,  nod&  überjtnnlidöe)  gu  bebfirfen,  angelet,  »eil  bie  Kategorien  im 
reinen  Serftanbe  unabl^dngig  unb  oor  aller  knfc^auung,  lebiglid^  atö 
bem  SSermögen  gu  beuten,  if)xtn  6ife  unb  Urfprung  l^aben,  unb  fie  immer  25 
nur  ein  Dbfect  uber]^au))t  bebeuten,  auf  »eld)e  8lrt  eS  unS  aud^  immer 
gegeben  »erben  mag.  9lun  ift  ben  Kategorien,  fo  fern  fie  auf  fene 
Sbeen  ange»anbt  »erben  foUen,  g»ar  tein  £)bj[ect  in  ber  ünfc^auung  gu 
geben  möglieft;  e«  ift  il&nen  aber  bod^,  bafe  ein  folcfte«  »irtlicft  fei, 
mitl^in  bie  Kategorie  als  eine  bloge  ©ebantenform  l^ier  ni(ftt  leer  fei,  fon«  30 
btxn  SBebeutung  ftabe,  burd^  ein  Dbject,  »elcfteiS  bie  praftif(fte  äSernunft 
im  Segriffc  be«  l^öcftften  ®ut8  ungeg»cifelt  barbietet,  bie  3fleaUtdt  ber 
begriffe,  bie  gum  ©el^uf  ber  SWöglid^teit  beö  l^öd^ften  ®ut8  gel^ören, 
l^inreid^enb  gejicftert,  o^ne  gleid^»ol)I  burd^  biefen  Bu»ad^S  bie  minbefte 
@r»eiterung  beS  @rtenntniffeS  nad^  tl^eoretifd^en  ©runbfd^en  gu  be»irten.  35 


S.  b.  2)tale!ti!  b.  reinen  Vernunft  in  iSeftimmung  b.  iBegriffd  D.  ^h^^t  @ut.  ]37 

SBenn  nftd^jlbcm  blefc  Sbccn  \>on  ®ott,  einer  inteUtgibelen  SBelt 
(beut  aUetc^e  ®otte«)  unb  ber  Unfterblicftfeit  burd^  ^rdbicatc  beftlmmt 
loerben,  bie  wn  unferer  eigenen  Statur  j^ergenommen  ftnb,  fo  barf  man 
biefe  aSefümmung  tocber  al3  SBcrfinnlic^ung  jener  reinen  SScrnunft» 

5  ibeen  (ant]^ro))omor))]^i8men),  noc^  al$  fiberfd^toenglid^ed  (Srtenntni^ 
nberfinnlld^er  ©egenftänbc  anfeilen;  benn  biefe  ^rdbicate  ftnb  feine 
anbere  a\&  aScrjianb  unb  SBiUe,  unb  j»ar  fo  im  SSerl&ättniffe  gegen  ein* 
anber  Utxaä)M,  ald'fie  im  moralifd^en  ©efe^e  gebac^t  merben  mäffen, 
alfo  nur  fo  »eit  oon  il^nen  ein  reiner  {)rattif(i^er  ®ebrau(|  gemad^t  »irb. 

10  93on  aOem  fibrigen,  toa^  biefen  Segrijfen  ))f9(l^ologifc^  anl^dngt,  b.  i.  fo 
fern  wir  biefe  unfere  SSermögen  in  i^rer  8lu8übung  em^)irif<l&  beob* 
achten,  (g.  S.  bafe  ber  SSerftanb  beS  SÄenfcften  biöcurpt)  ift,  feine  JBorfiel* 
lungen  alfo  Gebauten,  nid^t  Sinfd^auungen  ftnb,  bag  biefe  in  ber3eitauf 
einanber  folgen,  ba^  fein  3BiDe  immer  mit  einer  Slbl^dngigfeit  ber  Qw 

15  friebenl^eit  üon  ber  ejriftenj  feine«  ®egenpanbe8  belauftet  ip  u.  f. ».,  »el* 
c^ed  im  ]^5(^f}en  Sßefen  fo  nid^t  fein  tann)  wirb  aldbann  abftral^irt,  unb 
fo  bleibt  Don  ben  ^Begriffen,  burd^  bie  wir  und  ein  reine«  SSerftanbedtoefen 
benfen,  nichts  mel^r  übrig,  ald  gerabe  gur  9R5gUd^feit  erforberlid^  ift,  fid^ 
ein  moralift^  ®efe^  gu  beulen,  mitl^in  gmar  ein  @rfenntni^  ®ottee,  aber 

20  nur  in  praftifd^er  Segiel^ung,  woburd^,  wenn  wir  ben  SSerfut^  machen, 
e8  gu  einem  tl^eoretifd^en  gu  erweitern,  wir  einen  93erftanb  beffelben  U* 
tommen,  ber  nic^t  benft,  fonbern  auf  d^aut,  einen  SSiDen,  ber  auf  ©egen» 
Pdnbe  gerichtet  ifi,  oon  bereu  ßjfifteng  feine  Swfriebenl^elt  nid&t  im  9D?in» 
befien  abfangt  (id^  Witt  nid^t  einmal  ber  trandfcenbentalen  ^rdbicate  er«* 

25  wdl^nen,  aliS  g.  9.  eine  ®r5ge  ber  @]rifteng,  b.  i.  3)auer,  bie  aber  nid^t  in 
ber  Seit,  als  bem  cingigen  unö  möglidöenSWittel  un«  S)afein  oUSröfee  oor» 
guftellen,  ftattfinbet),  lauter  ISigenfc^aften,  t)on  benen  wir  uniS  gar  feinen 
Segriff,  gum  ©rfenntniffe  beö  ©egenftanbeö  taugltd^,  mad^en  fönnen, 
unb  baburd^  belehrt  werben,  bag  fte  niemals  gu  einer  2;i^eorie  oon  über^ 

30  finnlid^en  ffiefen  gebroud&t  werben  fönnen  unb  aI|o  auf  biefer  Seite  ein 

fpeculatiüeö  erfenntnlfe  gu  grünben  gar  nid^t  vermögen,  fonbern  il^rcn  ®e» 

braud^  lebiglid^  auf  bie  SluSübung  beS  moralifd^en  ©eje^eiS  einfd^rdnfen. 

S)iefed  (entere  ift  fo  augenf(^einlid^  unb  fann  fo  f(ar  burd^  bie  Sl^at 

bewiefen  werben,  bafe  man  getroft  aUeoermeintenatörlid^e  ®otteö» 

85  gelehrte  (ein  wunberlic^er  SRame)*)  aufforbern  fann,  auc^  nur  eine  bie» 

♦)  ©ele^rfamfeit  ifl  eiöentllc^  nur  ber  Snbegriff  ^i|lorif(!6er  SBiffcn- 
f haften.    Solglit!^  fann  nur  ber  Se^rer  ber  geoffenbarten  ^^eologie  ein  @otteS- 


138      SMiif  ler  proftift^en  i93ernunft.   L  St|^et(.  2.  m^.  2.  ^upiftM. 

fcn  il^rctt  ©cgcnftanb  (über  blc  *lo8  ontologifd^en  ^räbicate  ^Inau«)  bc* 
ftimmenbe  ßigenfd^aft,  etma  bed  Serftanbed  ober  bed  SSiQeniS,  gu  nennen, 
an  ber  man  nid^t  unmiberfpred^Uc^  bart^un  fonnte,  bag,  menn  man  alled 
9(nt^ro))omorpbiftif(^e  bwoon  abfonbert,  und  nur  baS  bloge  SSort  übrig 
bleibe,  ob^e  bamit  ben  minbeften  S3egr{ff  üerbinben  }u  f5nnen,  baburd^  s 
eine  erweiterung  ber  tbeorctifcften  (Srfenntnife  flebofft  »erben  bürfte.  Sn 
Stnfebung  bed  $rattif(!^en  aber  bleibt  un«  Don  ben  Sigenfd^aften  eined 
äSerftanbeS  unb  SStUend  bod^  nocb  ber  93egri{f  eines  SSerl^dltniffeS  übrig, 
meldb^ni  bad  ))raftifd^e  ®efc|$  (bad  gerabe  biefeS  SSerbältnig  beö  SSerftan« 
beS  gum  äBitlen  a  priori  beftimmt)  obiectit)e  äftealit&t  t)erf(;bQ{ft.  3{l  biefed  lo 
nun  einmal  gefd^eben,  fo  »irb  bem  Segriffe  bed  Objectö  eined  moralifc^ 
/beftimmten  SBiUend  (bem  beiS  bö^fien  ©utiS)  unb  mit  ibm  ben  93ebin^ 
gungen  feiner  ^5gli^teit,  ben  2!been  üon  ®ott,  f^rei^eit  unb  Unfierblidb' 
feit,  aud^  äiealit&t,  aber  immer  nur  in  93e;iiebung  auf  bie  Slueübung  bed 
moralifdben  ©efe^ed  (ju  feinem  fpeculatiüen  93ebuf)  gegeben.  u 

9lad)  biefen  Erinnerungen  ift  nun  aucb  bie  SBeantiDortung  ber  toxii^ 
tigen  Srage  lei^t  ju  finben:  ob  ber  ^Begriff  Don  ®ott  ein  jur  ^b9f  if 
(mitbin  aud^  jur  äRetapb^rtli  (A^  bie  nur  bie  reinen  ^rincipien  a  priori 
ber  erfteren  in  allgemeiner  SÖebeutung  entbält)  oberelnjuraRoralge«* 
börigerSegrif f  fei.  3latureinridbtungen,ober  berenSSerdttberung  ju  er»  »o 
tlären,  toenn  man  ba  gu  ®ott  atö  bem  Urbeber  aDer  S)inge  feine 3uflu(bt 
nimmt,  iftioenigfiend  feine  ))b9ftfdbe  @rfldrung  unb  überad  ein  ©eftdnb« 
nig,  man  fei  mit  feiner $biIofo)>^i^  gu@nbe:  »eil  man  genötbigt  ift,  etmad, 
»ooon  mau  fonft  für  ftcb  feinen  Segriff  bat,  anjuncl^men,  um  fid)  oon  ber 
SRöglitbfeit  beffen,  »aS  man  oor  Slugen  fielet,  einen  Segriff  machen  gu  2& 
f5nnen.  S)ur(b  9Retapb9{^(  <^ber  oon  ber  j^enntnig  biefer  äßelt  gum  Se* 
griffe  oon  ®ott  unb  bem  Semeife  feiner  Sitifteng  burd^  fidlere  @(blüff e 
gu  gelangen,  ift  barum  unmoglid^,  meil  mir  biefe  äBelt  atö  bad  ooll* 
fommenfte  möglid^e  ®ange,  mitbin  gu  biefem  Sel^uf  alle  möglidöe  SBclten 
(um  jte  mit  biefer  oergleicben  gu  fönnen)  erfennen,  mitl)in  aHmiffenb  fein  so 


geleierter  (eigen.  SßoHte  man  ober  au((  ben,  ber  im  8e{t^e  Don  Vernunft« 
»iffenfcbaften  (^ot^ematt!  unb  $(tIofopbie)  ift,  einen  ©elel^rten  nennen,  obglei^ 
biefed  fc^on  ber  ^Bortbebeutuug  (aU  bie  jebergeit  nur  badjenige,  toa^  man  burcb* 
au^  geleiert  werben  mug,  nnb  xoa^  man  alfo  ntd^t  üon  felbft,  burd^  S^emunft, 
etfinben  fann,  aur  @ele(rfam!eit  a&^lt)  rotberpretten  »flrbe:  fo  möchte  roo^l  ber  35 
^iilofop^  mit  feiner  ©rfenntniS  ©otte«  al3  pofitiüer  SBiffenfc^aft  eine  gu  fcble^te 
^igur  machen,  um  ft((  b^&i^alb  einen  ©elebrten  nennen  gu  laffen. 


^.  b.  S)ioIeftt!  b.  reinen  Vernunft  in  iBeflimnmng  b.  Segrip  D.  ^öd^ft.  (S^ut.  139 

mügten,  um  ju  jagen,  bog  jle  nur  burd^  einen  ®ott  (mie  toxx  im«  biefen 
93egriff  benfen  muffen)  mdglid^  U)ar.  SBoHenbiS  aber  bte  (S^ifieng  bie[eS 
SBefenS  aud  biegen  äSegrijfen  gu  er{ennen,  ift  fd^Iet^terbingd  unmögli^, 
»eil  ein  jeber  @jci[tential[a^,  b.  t.  ber,  fo  t)on  einem  SBefen,  t)on  bem  id^ 

5  mir  einen  Segriff  mac^e,  fagt,  bag  ed  ejciftire,  ein  fqntl^etifd^er  @q^  ifi, 
b.  i.  ein  fold^er,  babur(^  id^  über  jenen  Segriff  l^inauSgel^e  unb  mel^r  Don 
il^m  fage,  als  im  Segriffe  gebadet  n)ar:  nämlid^  bag  biefem  Segriffe  im 
Serfianbe  nod^  ein^egenftanb  auger  bem  Serftanbe  corref^onbirenb 
gefegt  fei,  »eld^eS  offenbar  unmöglich  ift  burc^  irgenb  einen @(^Iug  ^erauS» 

10  jubringen.  aifo  bleibt  nur  ein  einjige«  Serfal^ren  für  bie  Sernunft  übrig, 
gu  biefem  @rfenntnif[e  gu  gelangen,  ba  fie  ndmlid^  ald  reine  Sernunft, 
t)on  bem  oberften  ^rincip  il^red  reinen  ))raftif(!^en  ©ebraud^ö  au^gel^enb 
(inbem  biefer  ol^nebem  blod  auf  bie  @jri[teng  üon  (StmaS,  ald  ^olge  ber 
Sernunft,  gerichtet  ifl),  i^r  Object  beftimmt.  Unb  ba  geigt  ftc^  nid^t  aQein 

15  in  il^rer  unt)ermeibli(^en  9(ufgabe,  nfimlid^  ber  notl^nenbigen  Sfiic^tung 
bee  äBillenS  auf  bad  l^ö(!^fte  ®ut,  bie  ^totl^menbigteit,  ein  folc^ed  Urmefen 
in  Segiel^ung  auf  bie  SRbglici^feit  biefeig  ®uten  in  ber  SBelt  angunel^men, 
fonbern,  »ad  ba«  ^erfmürbigfte  ift,  ettoad,  mad  bem  Fortgänge  ber  Ser« 
nunft  auf  bem  Slatunoege  gang  mangelte,  n&mli(^  ein  genau  beftimm» 

20  terSegriff  biefeSUrmefen«.  3)a  toir  biefe SBelt  nur  gu  einem  fleinen 
Sl^eile  fennen,  noc^  weniger  fte  mit  aUen  möglit^en  äSelten  oergleid^en 
f  önnen,  fo  Ibnnen  mir  üon  il^rer  Drbnung,  giDedmägigleit  unb  ©röge  mo^I 
auf  einen  »eifen,  gütigen,  mad^tigen  :c.  Urheber  bcrfelben  fc^liegen, 
aber  nid^t  auf  feine  SlUttiffen^eit,  Slllgütigfeit,  Sllmad^t  u.  f.  m. 

25  SRan  tann  aud^  gar  mol^I  einrdumen:  bag  man  biefen  unüermeiblid^en 
SRangel  burd^  eine  erlaubte,  gang  t)ernünftige  $Qpotl)efe  gu  ergdngen  U)o]^I 
befugt  fei;  bag  n&mlit^,  ttenn  in  fo  üiel  @tüd(en,  aliS  fid^  unferer  naiveren 
Äenntnig  barbieten,  SBeigl^eit,  ©ütigfeitK.  l^ertjorleuc^tet,  in  allen  übrigen 
ed  eben  fo  fein  loerbe,  unb  eS  alfo  oernünftig  fei,  bem  SBelturl^eber  alle 

30  mbglid^e  SoUtommenl^eit  beigulegen;  aber  baS  finb  feine  @d^lüffe,  mo* 
burd^  mir  nn^  auf  unfere  (Sinftd^t  ettoad  bünIen,fonbem  nurSefugniffe,  bie 
man  uns  nad^fe^en  fann,  unb  boc^  noc^  einer  anbertoeitigen  Smpfel^lung 
bebürfen,  um  baüon  ©ebrauc^  gu  mad^en.  S)er  Segriff  Don  ®ott  bleibt 
alfo  auf  bem  empirifd^cn  SBege  (ber  ^^^pf)  immer  ein  ni(!^t  genau  be« 

35  ftimmtcr  Segriff  üon  ber  Sollfommenl^eit  beö  erftcn  SBefen«,  um  i^n 
bem  Segriffe  einer  Oott^eit  für  angemeffen  gu  l&alten  (mit  ber  SWetapl^^fil 
aber  in  i^rem  traniSfcenbentalen  2;^eile  ift  gar  nid^tiS  auSgurid^ten). 


140     stritt!  ber  ^tafttf(|en  Vernunft.   1.  Z^tll  2.  Sud^.  2.  {^auptflüd. 

3<^  ücrfud^e  nun  biefcn  Segriff  an  ba«  Obfect  bcr  prafttfd^en  SSer» 
nunft  ju  Italien,  unb  ba  ftnbe  i(^,  bag  ber  moralifd^e  ©runbfa^  i^n  nur 
atö  mSglid^  unter  SSorauSfe^ung  eineiS  3SeItur](|eber8  oon  l^ö elfter  93 oll« 
tommenl^eit  guloffe.  @r  mug  allmiffenb  fein,  um  mein  SSerl^alten  bid 
gum  ^nnerften  meiner  ©efinnung  in  allen  möglid^en  fräßen  unb  in  aDe  5 
Sufunft  }u  erlennen;  allmäd^tig,  um  il^m  bie  angemeffenen  f^olgen  gu 
ert^eilen;  eben  fo  allgegenm&rtig,  ewig  u.  f.  m.  SRit^in  beftimmt  bad 
moralifd^e  ©efe^  burd^  ben  93egriff  bed  l^Sd^ften  ®utiS,  ald  ©egenflanbeS 
einer  reinen  praftif(^en  SSernunft;  ben  Segrlff  bcSUrmefen«  alö^c^flen 
Sßefend,  meld^eiS  ber  pl^Qf^fd^e  (unb  ^öl^er  fortgefe^t  ber  meta))^Q{i|(^e),  lo 
mitl^in  ber  gange  f))eculatit)e  ®ang  ber  äSernunft  nic^t  bewirten  tonnte, 
aifo  ift  ber  93egriff  öon  ®ott  ein  urfprüngU^  nic^t  gur  ^^^pt  i>.  i.  für 
bie  fpeculatioe  SBernunft,  fonbern  gur  SWoral  gehöriger  Segriff,  unb  eben 
ba»  fann  man  aud^  oon  ben  ftbrigen  SSernunftbegriffen  fagen,  ))on  benen 
mir  aU  ^oftulaten  berfelben  in  il^rem  ))rattifc^en  ©ebraud^e  oben  ge*  15 
l^anbelt  baben. 

äßenn  man  in  ber  ®efcbi(!bte  ber  gried^ifd^en  $]^ilofopbi^  A^^^  ben 
Slna^agoraS  b^naud  feine  beutlid^e  @puren  einer  reinen  SSernunfttbeo« 
logie  antrifft,  fo  ift  bcr  ®runb  nidbt^barin  gelegen,  bafe  eö  ben  alteren 
^bllöfopl^en  an  SSerftanbe  unb  (Sinpd^t  fel^lte,  um  burcft  ben  SBeg  ber  20 
6^)eculation  menigPen«  mit  SBeibülfc  einer  gang  »ernünftigen  ^tipott)t\t 
ftcb  bal^in  gu  erbeben;  xoaS  tonnte  leidster,  mad  natürlicher  fein,  ald  ber 
ftd^  oon  felbft  jebermann  barbietenbe  ©ebante,  jtatt  unbeftimmter  ®rabe 
ber  SBoDIommenbeit  ))erf(biebener  äßelturfacben  eine  eingige  oernflnftige 
angunebmen,  bie  alle  aSolltommenbeit  bot?  Aber  bie  Übel  in  ber  25 
SBelt  fcbienen  il)nen  \)\t\  gu  mid^tige  Sinmürfe  gu  fein,  um  gu  einer  fold^en 
^^pottiefe  ficb  für  bcrecbtigt  gu  balten.  SRitbin  geigten  jie  barin  eben  SJer* 
ftaub  unb  (Stnftcbt,  ha^  fte  ^tb  jene  nicbt  erlaubten  unb  oielmebr  in  ben 
9latururfad^en  b^^um  fud^ten,  ob  fte  unter  ibnen  nid^t  bie  gu  Urmefen  er« 
forberlid^e  5Befcbaffenl(eit  unb  SSermögen  antreffen  mod^ten.  Aber  nad^bem  30 
biefeS  fcbarf  jtnnige  SJolt  fo  meit  in  5Ra(bforf(bungen  fortgerüdCt  »ar,  felbft 
fittlid^e  ©egenftanbe,  barüber  anbere  äSölter  niemals  mel^r  aU  gefd^ma^t 
l^aben,  pl^ilofopl^ifd^  gu  be^anbeln:  ba  fanben  fte  aUererft  ein  neues  ä3e« 
bürfnig,  nämlicb  ein  praltifd^eS,  meld^eiS  nicbt  ermangelte  ibnen  ben  S3e« 
griff  bed  Urmefend  bejtimmt  angugeben,  toobei  bie  fpeculatioe  SSemunft  ss 
ba«  3ttfc'&«w  ^ötte,  bftdbfienö  no^  baö  SSerbienft,  einen  SBegriff,  ber  nicbt 
auf  il^rem  äSoben  erma^fen  mar,  auSgufc^müdFen  unb  mit  einem  ©efolge 


9$.  b.  S)toIefti!  b.  reinen  Vernunft  in  l^deftintmung  b.  S3egdffd  b.  ^d^fl.  @ut.  141 

Don  SBefldtigungen  aud  ber  9laturbetrad^tuug,  bie  nun  aüererft  ]^ert)or« 
traten,  tt)o](|l  ni(!^t  bad  9(nfel^en  beffelben  (meiere«  fd^on  gegrünbet  »ar), 
fonbem  üielmel^r  nur  ia&  @eprdnge  mit  Dermeinter  tl^eoretifd^er  93er^ 
nunfteinf\c^t  gu  bef5rbern. 


5  Äu8  blcfcn  (grtnnctunflcn  »irb  ber  £efer  ber  Äritif  ber  reinen  fpecu« 
lotioen  SSernunft  ftd^  DoDfommen  überzeugen:  mie  l^bd^ftnbtbig,  Q)ie  er» 
fpriefelicft  für  S^eologie  unb  3Roral  fene  mü^famc  2)ebuction  ber  Äate« 
gorten  voax.  S)enn  baburd^  allein  fann  t)erl^ütet  merben,  fte,  menn  man 
1ie  im  reinen  93erftanbe  fe^t,  mit  $lato  für  angeboren  au  Italien  unb 

10  barauf  überft^menglid^e  9(nmagungen  mit  S^eorien  beiS  ÜberRnnlid^en, 
looüon  man  tein  6nbe  abfielt,  gu  grfinben,  baburd^  aber  bie  2:^eoIogie 
jur  SÄuberlaterne  öon  ^irngefpenftem  ju  machen;  menn  man  fie  aber  für 
erU)orben  l^ält,  gu  \>tx^ükn,  baß  man  nid^t  mit  @pilur  aUen  unb  {eben 
Oebraudö  berfelben,  felbft  ben  in  praftifcfter  Slbftd^t,  blo«  auf  ®egen[tänbe 

n  unb  93eßimmungdgränbe  ber  @inne  einfd^rdnle.  9lun  aber,  nat^bem  bie 
Äritif  in  Jener  3)ebuction  erftlid^  bemieS,  bafe  jte  nit^t  empirifd^en  Ur» 
fprungS  ftnb,  fonbern  a  priori  im  reinen  SSerftanbe  il)ren  @i^  unb  OueUe 
l^aben;  gmeitend  au(^,  ba^,  ba  fie  auf  @egenftänbe  überl^aupt,  un» 
abl^fingig  Don  il^rer  Slnfc^auung,  belogen  merben,  fte  gmar  nur  in  9(u« 

20  meubung  auf  empirild^e  ©egenftänbe  tl^eoretift^eS  (ärfenntnife  ju 
@tanbe  bringen,  aber  bod^  aud^,  auf  einen  burc^  reine  praltifd^e  SSernunft 
gegebenen ©egenjtanb  ange»anbt,  jum  beftimmtenS)enfen  be«Über^ 
ftnnlid^en  bienen,  iebod^  nur  fo  fern  biefeiS  bloS  burc^  folc^e  ^rdbicate 
beftimmt  öoirb,  bie  notl(»enbig  gur  reinen  a  priori  gegebenen  praf  tif  d^en 

25  abfid^t  unb  beren  aRöglic^feit  gel^ören.  ©peculatioe  @infc^rdnlung  ber 
reinen  SSernunft  unb  praftifc^e  6r»citerung  berfelben  bringen  biefelbe 
aUererft  In  baSjenige  SSerl^dltnife  ber  ®lei(^^|ett,  »orin  SSernunft 
überl^aupt  gmedCmdgig  gebraucht  merben  {ann,  unb  biefeiS  SSeifpiel  be« 
»eifet  beffer  al8  fonft  eine«,  ba^  ber  SBeg  gur  3B ei 81^ ei t,  »enn  er  ge* 

30  fid^ert  unb  ntc^t  ungangbar  ober  irreleiten b  merben  foQ,  bei  und  SRenfc^en 
unoermetbUd^  burd^  bie  SBiffenfd^aft  burd^ge^en  muffe,  koooon  man  aber, 
bafe  biefe  gu  jenem  3iri«  fü^te,  nur  nac^  SSoUenbung  berfelben  übergeugt 
merben  lann. 


142      ftrittl  ber  praftifd^en  l^ernunft.   1.  Sl^etC.  2.  SBuc^.  2.  ^auptftfldr. 

VIII. 

SSom  Särmal^rl^aUen  auS  einem  Sebitrfniffe  ber  reinen 

SSernunft. 

@tn  SBebArf  nig  ber  reinen  SSernunft  in  il^rem  fpeculatit>en  ®ebrau(|e 
fül^rt  nur  auf  ^9^)ot^efen,  hai  ber  reinen  praftijcften  SSemunft  aber  ju 
$oftuIaten;  benn  im  erfteren  %aUt  [teige  id^  Dom  Slbgeleiteten  fo  ^oc^ 
j^inouf  in  ber 9fieit|e ber ©rflnbe,  »ieid^millfUnb bebarf eined Urgrunbed, 
nic^t  um  ienem  Slbgeleiteten  (j.  93.  ber  (SaufQlt)erbinbung  ber  3)inge  unb 
SBerdnberungen  in  ber  SBelt)  obfectiöe  SRealitdt  gu  geben,  fonbern  nur  um 
meine  forfcftenbc  SSernunft  in  Änfel^ung  beffelben  DoÜftänbig  ju  befricbigen. 
@o  fel^e  icft  Drbnung  unb  Sw^rftnfifeigfeit  in  ber  3iatur  tjor  mir  unb  be« 
borf  nid^t,  um  mid^ t)on  bereu  SSirf lit^f eit  ju t)erft(^ern,  jur  Speculation 
gu  fd^reiten,  fonbern  nur,  um  {te  gu  er{l&ren,  eine  ©ottl^elt  als  beren 
Urfad^e  oorauS  gu  fe^en;  ba  benn,  toeil  Don  einer  äßirtung  ber  @d^Iug 
auf  eine  beftimmte,  Dornel^mlid^  fo  genau  unb  fo  DoQftdnbig  beftimmte 
Urfai^e,  aliS  mir  an  ®ott  gu  beuten  l^aben,  immer  unftd^er  unb  mi^Ii(^  ift, 
eine  fold^e  SBorauSfe^ung  nid^t  toeiter  gebracht  toerben  fann,  als  gu  bem 
®rabe  ber  für  un«  ajienfc^en  aUeröernünftlgften  SKeinung.*)  ©agegen  ift 
ein  aSebürfnife  ber  reinen  |)raftif(^eu  SSernunft  auf  einer  ^flic^t  ge« 
grünbet,  etmaS  (bad  ]^5d)fte  ®ut)  gum  ©egenftanbe  meine«  äBiUeniS  gu 
machen,  um  ed  nad^  allen  meinen  JCrdften  gu  bef5rbem;  mobei  id^  aber 
bieSD'Iöglic^Ieit  beffelben,  mitl^in  aud^  bieSBebingungenbagu,  ndmlid^  ®ott, 
t^reil^eit  unb  Unfierblid^feit,  oorauSfe^en  mug,  meil  id^  biefe  burd^  meine 
f))eculatiDe  SSernunft  nid^t  betoeifen,  obgleid^  aud^  nid^t  miberlegen  lann. 
S)iefe  ^flid^t  grünbet  fid^  auf  einem  freiließ  Don  biefen  legieren  SSoraud» 
feftungen  gang  unab^dngigen,  für  fic^  felbft  apoblftifd^  gemiffen,  ndmlic^ 
bem  moralifc^en  ©efe^e  unb  ift  fo  fern  (einer  anbermeitigen  Unterftü^ung 


so 


•)  Slbcr  fclbfl  anäi  ^itx  würben  U)lr  nlc^t  ein  ©ebürfnlft  ber  ©ernunft  Dor- 
fd^fl^en  fdnnen,  Iftge  ni^t  ein  problemotifd^er,  aber  boc^  unDermetbUd^er  S3egrtff  ber 
SBernunft  Dor  trugen,  n&mlic^  ber  eined  fc^Ied^terbingd  not^wenbigen  äBefend.  S)iefer  so 
93egTiff  »tU  nun  beflimmt  fein,  unb  hai  ifi,  wenn  ber  Sdeb  aur  (^rweitermig  ba^u 
fommt,  ber  objectioe  ®runb  eineiS  SSebürfniffeiS  ber  fpeculatit>en  Vernunft,  nftmli^  ben 
iSegrtff  eineiS  not^roenbigen  äBefeniS,  welc^eö  anbem  gum  Urgrunbe  bienen  foO,  nd^ 
gu  beftimmen  unb  biefed  (e^te  alfo  woburd^  fenntUd^  p  machen.  D^ne  fotd^e  Doroud- 
ge^enbe  not^wenbige  Probleme  giebt  ed  feine  S3ebftrfniffe,  wenigftend  ntc^t  ber  35 
reinen  Vernunft;  bie  ftbrigen  flnb  ^ebftrfmffe  ber  9lei0un0. 


».  b.  <Biatc!tfI  b.  reinen  ajernunft  In  »cftimmunö  b.  »egriff«  ö.  l^öd^ft.  ©iit.  143 

bur(!ö  tl^eorctifd^e  SWcinung  üon  bcr  Innern  Scfti^affcnl^eit  ber  ©Inge,  ber 
gel^eiuien  Slbjwecfung  ber  SBeltorbnunfl,  ober  eine«  il^r  öorfte^enbcn  Sfic^ 
gierer^  bebürftig,  um  m&  auf  bad  t)oIIfomnteufie  gu  unbebingt  gefe^» 
tnäfelgen  ^anblungen  ju  »erbinben.  aber  ber  fubiectiöe  ©ffect  blefe«  ®c* 

5  fe^ed,  ndmlid^  bie  il^m  angemeffene  unb  burd^  baffelbe  aud^  not^menblge 
©efinnung,  bad  prattlft^  mögliche  I^Sd^fte  @ut  gu  beförbern,  fe^tbod^ 
mnigftend  t)oraud,  bog  baS  leitete  möglid^  f^lr  tt)lbrigenfaDd  e«  prottifc^ 
unmöglich  märe,  bem  Objecte  eined  SSegriffeiS  nac^guftreben,  mliitx  im 
®runbe  leer  unb  ol^ne  Dblect  »dre.  9lun  betreffen  obige  ^oftulate  nur 

10  bie  pl^9itft^e  ober  meta:pb9[if^^r  ^il  Einern  SBorte  in  ber  9{atur  ber  S)inge 
liegenbe  Sebingungen  ber  aRöglid^teit  beS  l^öc^ften  ®utö,  aber  nid)t 
gum  Sel^uf  einer  beliebigen  fpeculatloen  Slbfi(|t,  fonbern  eine^  praftifc^ 
notbwenblgen  Qmd^  bed  reinen  SSernunftwillend,  ber  l^ier  nid^t  mdl^U, 
fonbern  einem  unnad^Iaglid^en  SSernunftgebote  gel^ord^t,  toelc^eS  feinen 

15  ®runb  objlectiü  in  ber  S3ef d^affcnbeit  berSJingel^at,  fo  mie  pc  burcft  reine 
SBernunft  aDgemein  beurtl^eilt  merben  muffen,  unb  grfmbet  fid^  nid^t  etma 
auf  Steigung,  bie  gum  SBel^uf  beffen,  mad  mir  aud  blöd  fubiectioen 
©rünben  münfc^en,  fofort  bie  SRittel  bagu  aU  möglich,  ober  ben  ©egen»» 
ftanb  mol^l  gar  ald  mirdid^  angunel^men  feinedmegeiS  bered^tlgt  ifl.  Sllfo 

20  x\t  biefed  ein  93ebürfnig  in  fd^le(!^terbingS  notbmenbiger  Slbfid^t 
unb  red^tfertigt  feine  SSorauöfe^ung  nid^t  bloS  ald  erlaubte  ^qpotl^efe, 
fonbern  als  ^oftulat  in  praltifd^er  Slbpc^t;  unb  gugeftanben,  bag  baiS  reine 
moraUf(!^e  ®efe^  febermann  ald  ®ebot  (nic^t  ald  Jdugl^eitSregel)  unnad^«> 
laglid^  Derbinbe,  barf  ber  9fie(^tfd^affene  mo^l  fagen:  it^  mill,  bag  ein 

25  ®ott,  bafe  mein  S)afein  in  biefer  SJclt  auc^  aufeer  ber  SRaturoerfnüpfung 
nod^  ein  S>afein  in  einer  reinen  SSerftanbeSmelt,  enblic^  aud^  ia^  meine 
3)auer  enblod  fei,  id^  bel^arre  barauf  unb  laffe  mir  biefen  ®lauben  nid^t 
nel^men;  benn  biefc«  ip  baö  eingige,  mo  mein  Sntereffe,  meil  i(^  oon  bem« 
felben  nic^td  nad^laffen  barf,  meinUrtl^eil  unocrmeiblid^  befttmmt,  ol^ne 

30  auf  SSemflnfteleien  gu  ad^ten,  fo  menig  id^  aud^  barauf  gu  antmorten  ober 
il^nen  fc^einbarere  entgegen  gu  ftellen  im  ©tanbc  fein  möd^te-*) 


•)  3«n  bcutWen  SWufeum,  gebr.  1787,  finbet  fl<^  eine  «b^anblung  Don  einem 

fe^r  feinen  unb  Reffen  Äopfe,  bem  fei.  SBBiaenmann,  beffen  früher  %oh  gn  bebouren 

ifl,  borin  er  bie  ^efugnig,  auiS  einem  iBebürfniffe  auf  bie  objectioe  SRealitAt  bei^  ©egen« 

35   flanbe«  beffelben  gu  fiäjlie|en,  beftreitet  unb  feinen  ©egenftanb  burdj  ba^  öeifpiel 


144      Ärlti!  ber  profüfd^en  Vernunft.   1.  S^eil.  2.g3u*.  2.  ^auptflüdf. 

Um  bei  bcm  ©cbraud^c  eines  nod&  fo  ungemol^uten  S3cflri|fö,  al8  ber 
eine«  reinen  prafti|d&en  aSernunftglauben«  ift,  aWifebeutungen  guüerl^üten, 
fei  mir  erlaubt  nod^  eine  Slnmerfung  ^iniuguffigen.  —  @«  foHte  faft 
f(!^einen,  ald  ob  biefer  SSernunftglaube  l^ier  felb[t  al8  ®ebot  angefünbigt 
merbe,  ndmlid^  baS  ^bc^fie  ®ut  ffir  möglid^  anjunel^men.  @in  ©laube  s 
aber,  ber  geboten  loirb,  ift  ein  Unbing.  SRan  erinnere  ftd^  aber  ber  obigen 
SluSeinanberfej^ung  beffen,  xoa»  im  Segriffe  beiS](|öd^ften®uteangunel^men 
t)erlangt  mirb,  unb  man  n)irb  inne  merben,  bag  biefe  3R5gIi(^feit  anju« 
nel^men  gar  nic^t  geboten  »erben  bürfe,  unb  feine  ^)raftifd&e  ©ejinnungen 
forbere,  fte  einjurdumen,  fonbern  bafe  f^)eculatioe  SSernunft  fte  o^nc  lo 
©efud^  gugeben  muffe;  benn  bag  eine  bem  moralifc^en  ©efe^e  angemeffene 
SBürbigfeit  ber  t)ernfinftigen  SBefen  in  ber  SBelt,  glüdlid^  gu  fein,  mit  einem 
biefer  ^}roportionirten  aSep^e  biefer  ©lücffeligfelt  in  SBerbinbung  an  [\6) 
unmöglid^  fei,  fann  bod^  niemanb  bel^aupten  moHen.  9lun  giebt  und  in 
Slnfel^ung  beS  erften  StüdS  beS  l^öc^ften  ©uts,  ndmlic^  load  bie  @ittli(^feit  15 
betritt,  bad  moralifd^e  ®efe^  bloiS  ein  ©ebot,  unb  bie  aRoglic^felt  fened 
SeftanbftudS  2^  bejmeifeln,  todre  eben  fo  t)iel,  ald  baiS  moralifc^e  ®efe^ 
felbft  in  Q\x)ii\z\  gießen.  SßaS  aber  baS  gioeite  @tfi(!  iened  £)btectS,  ndm*» 
lit^  bie  iener  äSürbigfeit  burd^gdngig  angemeffene  ©lädfeligteit,  betrifft,  fo 
ift  gmar  bie  SRöglid^Ieit  berfelben  äberl^aupt  eingurdumen  gar  nic^t  eine«  20 
©ebotiS  bebarftig,  benn  bie  tl^eoretifc^e  SSernunft  l^at  felbft  nit^t«  baioiber: 
nur  b  ie  Art,  »ie  loir  und  eine  fold^^^armonie  ber  5Raturgefe^e  mit  benen 


eineiS  Serliebten  erläutert,  ber,  inbem  er  ft^  in  eine  Sbee  Don  ©c^dn^eit,  mel^e 
blod  fein  «^imgefpinfi  tfl,  oemorrt  ^&tte,  fc^liegen  »oüte,  bag  ein  folc^ed  Dbject 
rotrflic^  wo  e^tftire.  S^  gebe  t^m  hierin  t)oU!ommen  red^t  in  aQen  t^dtten,  mo  bad  95 
^ebürfnig  auf  SReigung  gegrünbet  tfl,  bie  ntc^t  einmal  not^wenbig  für  ben,  ber 
bamtt  angefod^ten  ift,  bie  @;iflena  i^tt^  Dbjectd  poftuliren  fann,  oiel  roeniger  eine 
für  iebermann  gültige  J50rberung  entl^dtt  unb  ba^er  ein  blöd  fubjectioer  ®nmb 
ber  äBünfc^e  ift.  .^ier  aber  ift  ed  ein  SBernunftbebürfntg,  aud  einem  objectiDen 
SeftlmmungiSgrunbe  bed  SBiUeniS,  nftmlid^  bem  ntoralifc^en  @efe^e,  entfpringenb,  roel«  so 
c^ed  jebed  vernünftige  SBefen  notl^wenbig  Derbinbet,  alfo  aur  ^oraudfe^ung  ber  i^m 
angemeffenen  SBebingungen  in  ber  9latur  a  priori  berechtigt  unb  bie  le^tem  Don  bem 
DoUft&nbigen  praftifc^en  ©ebrauc^e  ber  9)ernunft  nnaertrennlic^  nta^t.  (&&  ift  $flic^t, 
ha^  l^dc^fte  @ut  nac^  unferem  grdgten  Vermögen  mirfli^  au  mad^en;  ba^er  mug 
e&  boc^  aud^  möglich  fein;  mitl^in  ift  t»  für  Jebed  vernünftige  äBefen  in  ber  Seit  35 
auc^  unoermeiblid^,  badjenige  Dorau^aufet^en,  maS  au  beffen  obiectiDer  Sn^gli^feit 
not^roenbig  ift.  S)ie  ä^oraudfe^ung  ift  fo  notl^roenbig  aU  bad  moralifd^e  (^fe^,  in 
^eaiel^ung  auf  m^t&  fie  ou^  nur  gültig  ift. 


5J.  b.  Sioteftif  b.  reinen  Sernunft  in  »efUmmnng  b.  öeßriff«  o.  ^öd&ft.  ©ut.  145 

ber  grci!)cit  benfcn  foKen,  l^at  ctoa«  an  pc^,  in  Slnfcl^mig  bcffcn  un8  eine 
SBal^l  gufommt,  »eil  tj^eoretifd^e  SSernunft  hierüber  nid^td  mit  a))obiIti' 
fd^er  ©emigl^eit  entfd^eibet,  unb  in  9(nfe^ung  biefer  fann  eS  ein  moxalU 
fd^e«  Sntercjfe  geben,  ba«  ben  auöfd^Iag  ßiebt 

0  Oben  ^tte  i(!^  gefagt,  bag  nad^  einem  bloßen  9laturgange  in  ber 
SSelt  bie  genau  bem  {tttlic^en  äßertl^e  angemef[ene  ®lüd()eltgleit  nid^t  }u 
ermarten  unb  ffir  unm5gUd^  ju  Italien  fei,  unb  bag  alfo  bie  ÜRögUd^« 
feit  beS  l^öd^ften  ®\xti  t>on  biefer  Seite  nur  unter  ^oraudfe^ung  eined 
moralif^en  Sßelturl^eberd  fdnne  eingeräumt  merben.  S^  l^ielt  mit  SSor« 

10  bebo(^t  mit  ber  einfd^ränfung  biefe«  Urt^eilö  auf  bie  ^ubjectiöcn  Se» 
bingungen  unferer  SSernunft  gurüd(,  um  nur  bann  aUererft,  menn  bie  9(rt 
il^red  ^^firioal^rl^altend  näl^er  beftimmt  »erben  follte,  baoon  ©ebraud^  ju 
machen.  Sn  ber  2;i^at  ift  bie  genannte  Unm5glid^feit  bloS  fubiectio, 
b.  {.  unfere äSernunft  ftnbet  eSil^runmöglid^^ftd^  einen  fo  genau  ange« 

15  meffenen  unb  burd^gängig  gmedCmdgtgen  S^fammenl^ang  gmtfc^en  jmei 
nad^  fo  Derfd^iebenen  ©efe^en  ftd^  erfiugnenben  äBeltbegeben^eiten  nad^ 
einem  biegen  Sl^aturlaufe  begreifUd^  ju  mad^en,  ob  fte  gmar  mie  bei  aUem, 
load  fonft  in  ber  Statur  S^edFmägige^  ift,  bie  Unmoglit^teit  beffelben  nad^ 
aUgemeinen  9laturgefe^en  boc^  aud^  nic^t  bemeifen,  b.  i.  auiS  obiectioen 

20  ©rünben  l^inreid^enb  bart^un  fann. 

Sinein  ie^t  fommt  ein  Sntfd^eibung^grunb  Don  anberer  Slrt  ind  @piel, 
um  im  @d^U)anten  ber  fpeculatioen  SSernunft  ben  9(udfd^Iag  gu  geben. 
S>a^  ®ebot,  bad  l^dd^fte  ®ut  gu  beförbern,  ift  objectio  (in  ber  praftif(^en 
äSernunft),  bie  9R5glid^feit  beffelben  überl^aupt  gleid^faDd  objectiD  (in  ber 

35  tl^eoretifd^en  SSernunft,  bie  nic^tö  bamiber  l&at)  gegrünbet.  allein  bie  «rt, 
iDte  »ir  und  biefe  9R5glic^feit  DorfieKen  foDen,  ob  na(^  allgemeinen  Statur« 
gefe^en  ol^ne  einen  ber  Statur  oorftel^enben  toeifen  Urheber,  ober  nur  unter 
beffen  SSoraudfe^ung,  bad  fann  bie  SBernunft  obiectit)  nic^t  entfd^eiben. 
^ier  tritt  nun  eine  f ubjectiöe  SBebingung  ber  SBernunft  ein:  bie  eingige 

30  i^r  tl^eoretifcft  mögliche,  gugleid^  ber  SKoralitftt  (bie  unter  einem  obiecti» 
öen®efefee  berSSernunft  fielet)  allein  guträglid^e  »rt,  ftc^  bie  genaue  3u* 
fammenftimmung  \>e&  Sfieid^d  ber  Statur  mit  bem  Sfteid^e  ber  Sitten  atö 
SSebingung  ber  SR5glid^feit  bed  l^bd^ften  ®utd  gu  benfen.  S)a  nun  bie 
S3eförberung  beffelben  unb  alfo  bie  SSoraudfe^ung  feiner  SR5glid^feit  ob« 

35  iectio  (aber  nur  ber  ^)raftifc^en  aSemunft  gu  golge)  notl&menbig  ift,  gu« 
gleich  aber  bie  SIrt,  auf  meldte  Sßeife  mir  ed  unS  al^S  möglid^  benfen 
tooQen,  in  unferer  äßa^l  ftel^t,  in  loeld^er  aber  ein  freies  Sntereffe  ber 

Staui'9  «(Triften.   fBkttt.  Y.  10 


146      StcMxt  ber  ptatttfd^en  SSemunft.   1.  Sf^eW,  2.  9u(!^.  2.  ^oit))tflfldt. 

reinen  ))raftif4en93ernunft  für  bieSlnnel^mung  eined  iDeifen  SSelturl^eberd 
entldÖ^il^^t-  fo  i[t  baö  $rincip,  »aö  unfer  Urtl^eil  l^icrln  bcftimmt,  gioar 
fubiectiD  als  ä9ebärfnig,  ober  aud^  gugleic^  atö  SefSrberungdmittel 
bejfen,  »aS  obiecttt)(prttftif(^)not]^»enbiß  Ip,  ber®runb  einer  2Raylme 
beS  t^ürmal^r^alteniS  in  moralij^er  Slbftd^t,  b.  i.  ein  reiner  praltifd^er  5 
SSernunf  tglaube.  S)iefer  ift  alfo  nidbt  geboten,  [onbern  old  freimiCiige, 
gur  moralifc^en  (gebotenen)  Slbltd^t  gutr&glid^e,  überbem  no^  tnit  bem 
tbeoretifc^cn  SÖebürfniffe  ber  SJernunft  cinftimmige  Seftimmung  unfere« 
Urt^eilS,  jene  @ici[teng  ongunel^men  unb  bem  SSernunftgebraud^  ferner 
gum  ©ninbe  gu  legen,  felbft  aud  ber  moralifd^en  ®efinnung  entfprungen;  10 
fonn  aljo  öfterd  felbft  bei  SBol^flgejinnten  biSroeilen  in  @d^n)an!en,  nie« 
mal«  aber  in  Unglauben  geratl^en. 


IX. 

SSon  ber  ber  praftifcften  Seftimmung  be8  SWenfd^en 

»eiSlid^  angemeffenen  $ro<)ortion  feiner  is 

(Srlenntnigoermögen. 

äSenn  bie  menfd^lid^e  9latur  gum  l^öc^ften  ®ute  gu  ftreben  befiimmt 
ift,  fo  mug  aud^  bad  3Rag  ibrer  @rfenntnigt)erm5gen,  t)ornel^mli(b  ii^r 
SSerb&ltni^  unter  einanber,  alö  gu  biefem  Qm^dt  fc^idlic^  angenommen 
werben.  5Run  bemeifet  ober  bie  Äritif  ber  reinen  fpeculatioen  SSernunft  20 
bie  grbgte  Unguldnglic^feit  berfelben,  um  bie  loid^tigften  Aufgaben,  bie 
il^r  vorgelegt  toerben,  bem  Qw^dt  angemeffen  aufgulöfen,  ob  Pe  gtoar  bie 
natürlid^en  unb  nid^t  gu  überfe^enben  SBinfe  eben  berfelben  SSernnnft, 
imgleid^en  bie  großen  @(^ritte,  bie  fie  tl^un  (ann,  nic^t  oerfennt,  um  fic^ 
biefem  großen  Qidt,  bad  ibr  auiSgeftedt  ift,  gu  naiveren,  aber  bod^,  ol^ne  25 
e«  iemaliJ  für  ft^  felbft  fogar  mit  »eiplfe  ber  grbfeten  Slaturfenntnife  gu 
errei(!ben.  Sllfo  fcbeint  bie  9tatur  l^ier  und  nur  ftiefmütterli(!^  mit  einem 
gu  unferem  Qm^dt  benötl^igten  SJermögen  öerforgt  gn  l^aben. 

®efe^t  nun,  fte  mare  l^ierin  unferem  äBunfcbe  »iQfd^rig  getoefen 
unb  l^dtte  uns  biejenige  ginfidötaffil^igfeit  ober  ßrleud^tung  ert§eilt,  bie  so 
toir  gerne  beft^en  m5cl)ten,  ober  in  beren  IBeft^  einige  mol^l  gar  »dienen 
ftcb  mirflid^  gu  befinben,  mad  mürbe  allem  Slnfel^n  nad^  too^l  bie  Solge 
bieoon  fein?  äBofern  nit^t  guglei(!b  unfere  gange  %atur  umgednbert  mdre, 
fo  koürben  bie  Steigungen,  bie  boc^  allemal  bad  erfte  Sßort  ^aben,  gu* 


S.  b.  2)tale!ti!  b.  reinen  Senmtift  in  ^efHmmung  b.  ^e^ip  b.  ^a^ft.  ®ut.  147 

cr|l  t^rc  aScfrlebtgung  unb,  mit  Dernünftiger  Überlegung  »erbunbcn,  i^rc 
gr5gtm5gli(^e  unb  baurenbe  SBefriebigung  unter  bem  Flamen  ber  ®Iü(!« 
f  eligf  ei  t  Derlangen;  bad  moralt[(^e®e[e^  mftrbenac^l^er  fprec^en,  um  iene 
in  il^ren  gejiemenben  @(^ran{en  gu  galten  unb  fogor  jte  afle  inögefammt 

5  einem  I^SI^eren,  auf  feine  9leigung  9iä(!ßc^t  nel^menben  SQ>^<t^  3U  unter« 
U)erfen.  ^ber  fiatt  beiS  Streits,  ben  j[e^t  bie  moralifd^e  ©eftnnung  mit 
ben  Steigungen  gu  fahren  ^at,  in  meiern  nat^  einigen  9lieberlagen  bod^ 
admätiUg  moralifd^e  @tdr!e  ber  @eele  gu  ermerben  ift,  mfirben  ®ott  unb 
(Stoigfeit  mit  il^rer  furd^tbaren  SRajcftät  un«  unabWfjig  üor  Slugen 

10  liegen  (benn  loaiS  mir  üollfommen  bett)ei(en  lonnen,  gilt  in  Snfel^ung  ber 
©eioigl^eit  uniS  jo  Diel,  als  n)0))on  toir  und  burd^  ben  Sugeufd^ein  t)er^ 
pd^ern).  S)ie  Übertretung  beS  ©efe^e«  »ürbe  freiltd^  »ermieben,  ba«  ®e^ 
botene  getl^on  merben;  meil  aber  bie  ©efinnung,  aud  »eld^er  $anb» 
lungen  gefd^e^en  foHen,  burc^  fein  ©ebot  mit  eingeflößt  U)erben  fann,  ber 

15  @tad^el  ber  ST^dtigf eit  l^ier  aber  fogleid^  bei  |)anb  unb  dugerlid^  tft,  bie 
aSernunft  alfo  fic^  nid^t  aUererft  empor  orbeiten  barf,  um  Äraft  gum 
äBiberftanbe  gegen  Steigungen  burd^  lebenbige  93orfteDung  ber  SBürbe  beS 
®efe|ed  gu  fammeln,  fo  mftrben  bie  mel^rften  gefe^m&gigen  ^anblungen 
aus  f^urd^t,  nur  menige  aud  Hoffnung  unb  gar  feine  aud  $flid^t  ge« 

30  fd^e^en,  ein  moralifd^er  SBertl^  ber  ^anblungen  aber,  »orauf  bod^  allein 
ber  SBertl^  ber  $erjon  unb  felbft  ber  ber  SSBelt  in  ben  Slugen  ber  l^ocftften 
SBei«l&elt  anfommt,  »ürbe  gar  nid^t  ejriftiren.  3)aS  aSerl^alten  ber  aßen« 
fd&en,  fo  lange  i^xt  SRatur,  »ie  Pe  fefet  ift,  bliebe,  toürbe  alfo  in  einen 
blogen  URed^anidmud  t)ertt)anbelt  koerben,  too  \o\t  im  SRarionettenfpiel 

23  alled  gut  gefticuliren,  aber  in  benf^iguren  bod^  feinSeben  angu^» 
treffen  fein  mürbe.  9lun,  ba  e8  mit  un«  gang  anber«  befc^affen  ift,  ba  »ir 
mit  aller  Slnftrengung  unferer  SSernunft  nur  eine  fel^r  bunfele  unb  gmei« 
beuttge  Sluöpt^t  in  bie  Sufunft  l^aben,  ber  SBeltregierer  unö  fein  3)afein 
unb  feine  ^errlic^feit  nur  mutl^mafeen,  nid^t  erblidten,  ober  flar  bemeifen 

30  Id^t,  bagegen  bad  moralifd^e  ®efe^  in  unS,  ol)ne  und  etmaiS  mit  @id^er« 
^eit  gu  t)er^eigen,  ober  gu  brol^en,  üon  und  uneigennA^ige  Sichtung  forbert, 
übrigens  aber,  menn  biefe  Ächtung  tptig  unb  l^errfcftenb  geworben,  aller» 
erp  aldbann  unb  nur  baburc^  Sludpc^ten  ins  Sfieit^  bes  Überpnnli(^en, 
aber  aud^  nur  mit  ft^mad^en  93lid(en  erlaubt:  fo  fann  mal^rl^afte  pttlid^e, 

35  bem  ®efe^e  unmittelbar  gemetl^te  ©epnnung  pattpnben  unb  baS  Der« 
nünftige  ©efd^öpf  beS  Slntl^eilS  am  l^öd^pen  ®ute  iDürbig  mxbtn,  baS 
bem  moralifd^en  SBertl^e  feiner  $erfon  unb  nid^t  bloS  feinen  ^anblungen 

10* 


148      ^iti!  ber  proTtifd^en  «ernunft.   1.  S^il.  2.  9ud^.  2.  ^uptflfidP. 

angemeffen  ifl.  Stlfo  möd^te  ed  aud^  l^ier  mol^l  bamit  [eine  Slid^tisfeit 
l^aben,  »od  und  baS  @tubium  ber  9tatur  unb  beS  3Renf(^en  {onß  l^in« 
rei(^enb  le^rt,  baft  bie  ttnerforfd^lidöc  SeiSl^eit,  butc^  bie  wir  ejrilllren, 
nid^t  minber  Derel^rungSrnfirbig  ifl  in  bem,  toai  {te  un8  Derfagte,  atö  in 
bem,  »ad  fle  und  au  tl^eil  merben  lieg. 


2)er 
Äritil  ber  ptatt\'\(i^tn  aSernunft 

3wdtev  S^eil. 

ber 
reinen  ^raftift^en  SJernunft. 


Unter  bcr  ^Kctl^obcnlel^rc  bct  reinen  ^)raftifd^cn  SBernunft  fann 
man  nid^t  bie  Srt  (fornol^I  im  9lad^benfen  atö  im  93ortrage)  mit  reinen 
:praltif(i^en  ©runbfd^en  in  9(bf{(^t  auf  ein  miffenft^aftlic^ed  @rfennt^ 
nife  berjelben  gu  toerfal^rcn  t)erpe]^cn,ttcl(^e8  man  fonft  imSl^eoretif c^en 

5  etgentli(|  allein  SRet^obe  nennt  (benn  ^)Oi)uWre«  grfenntnife  bebarf  einer 
aWanier,  SBiffenfc^aft  aber  einer  SRctl^obe,  b.  i.  eine«  SSerfol^ren«  nai) 
^rincipien  ber  SSernunft,  moburd^  bad  SRannigfaltige  einer  @rtenntni^ 
allein  ein  Softem  »erben  fann).  JBielme^r  toirb  unter  biefer  SKetl^oben»» 
leiere  bie  Hrt  Derfianben,  »ic  man  ben  ®efefeen  ber  reinen  praftifd^en 

10  SSernunft  @ingang  in  bas  menfd^Iid^e  ©emfitl^,  @influg  auf  bie  3)fa^i« 
men  beffelbcn  t)erf (Raffen,  b.  i.  bie  objectiö  praftifdö«  SSernunft  auc^  f  üb« 
jectit)  :praltijd^  mad^en  fönne. 

SRutt  iji  gwar  Ilar,  bafe  bieienigen  ©eftimmung§grünbc  bc5  SBillen«, 
tteld^e  allein  bie  3Ra;rimen  eigentlid^  moralifd^  mad^en  unb  i^nen  einen 

15  fittlid^en  SBertl^  geben,  bie  unmittelbare  SSorfteUung  be<S  ©efe^eS  unb  bie 
objectio  notl^menbige  Befolgung  beffelben  atö  ^flid^t,  atö  bie  eigentli(!^en 
Sriebfebern  ber  ^anblungen  öorgeftellt  »erben  muffen,  »eil  fonft  jtoar 
Segalitdt  ber  ^anblungen,  aber  nicftt  5Woralitfit  ber  ®c(tnnungen  be» 
toirlt  werben  toürbe.  Allein  nid^t  fo  flar,  üielmel^r  beim  erften  anblidc 

so  ganj  unmal^rfd^einlid^  mug  eiS  {ebermann  t)orfommen,  ba^  aud^  fubj[ectiD 
jene  S)arftenung  ber  reinen  Sugenb  mel^rSItad^t  aber  bai^  menfc^lid^e 
®emüt]^  l^aben  unb  eine  »cit  ftdrfcre  Striebfcber  abgeben  fönne,  fclbft  iene 
Segalitdt  ber  ^anblungen  ju  betöirfen  unb  frdftigere  ©ntfd^llefeungen 
l^ertoorgubringen,  baS  ®efe^  aud  reiner  Sld^tung  für  baffelbe  jeber  anberen 

25  aiüdtji^t  t)orjujie]^en,  al«  ade  «nlodtungen,  bie  au«  SSorfpiegelungen  üon 
SSergnügen  unb  überhaupt  ädern  bem,  \oa&  man  jur  ®lAdt{eIigfeit  ga^Ien 


152  ^itil  bet  prafttf^en  S^entunft.   2.  2:^eil. 

mag,  ober  aud^  aQe  Snbro^ungen  t)on  Sd^merj  unb  Übeln  iemaliS  mirlen 
lönnen.  ©lei^mol^l  ift  eS  mirtlid^  jo  bemanbt,  unb  to&re  eS  nii^t  fo  mit 
ber  menfd^lic^en  9latur  befc^affen,  fo  mfirbe  aud^  feine  SBorßellungdart  beiS 
®e{e^ed  bur(i^  Umf(^ttetfe  unb  empfel^lenbe  SRittel  iemald  ^oralitdt  ber 
©ejinnung  l^erDorbringen.  aUed  m&re  lauter  ©letgnerei,  baS  ®eje^  toürbe  5 
gel^agt,  ober  too^l  gar  oerai^^tet,  inbeffen  bo(^  um  eigenen  SSort^eitö  miUen 
befolgt  »erben.  35er  aSud^jtabe  be«  ©efe^e«  (ßegalitdt)  mürbe  in  unferen 
^anblungen  angutreffen  fein,  ber  ®eijt  beffelben  aber  in  unferen  ©epn* 
nungen  (SKoralltdt)  gar  nic^t,  unb  ba  mir  mit  aller  unferer  Semü^ung 
un8  bod^  in  unferem  Urt^eile  ni(^t  gang  oon  ber  SSernunft  I08  mad^en  lu 
ßnnen,  fo  mürben  mir  unoermetbli(ö  in  unferen  eigenen  »ugen  ate  nid^t««» 
mürbige,  oermorfene  3Wenf(ften  erfd^elnen  muffen,  menn  mir  un«  gleich 
für  biefe  j^r&nlung  oor  bem  inneren  Siid^terftu^l  baburd^  f(^ablo8  gu 
l^alten  oerfud^ten,  bag  mir  und  an  ben  SBergnügen  ergöj^ten,  bie  ein  oon 
und  angenommenes  natürlid^eS  ober  göttlid^ed  ®efe^  unferem  SBal^ne  15 
na(^  mit  bem  SRafd^inenmefen  il^rer  $oliget,  bie  ft(^  bloS  nad^  bem  ric^« 
tete,  tt)a8  man  tl^ut,  ol^ne  jid^  um  bie  Semegungdgrünbe,  marum  man 
eiS  tl^ut,  gu  belümmerni,t)erbitnben  l^dtte. 

ßmar  fann  man  nid^t  in  abrebe  fein,  bafe,  um  ein  entmeber  no(fi  un* 
gebilbeted,  ober  aud^  oermilberted  ®emüt]^  guerft  inS  ®leiiS  beS  moralifd^  20 
®uten  gu  bringen,  ed  einiger  oorbereitenben  Anleitungen  bebürfe,  ed  buxtf 
feinen  eigenen  SSort^eil  gu  lodten,  ober  burd^  ben  @d^aben  gu  fd^reden; 
alletn  fo  balb  biefeS  SRafc^inenmerf,  biefeS  ©dngelbanb  nur  einige  äBir« 
lung  getrau  l^at,  fo  mug  burd^aud  ber  reine  moralifc^e  Semegungdgrunb 
an  bie  @eele  gebrad^t  merben,  ber  nid^t  allein  baburd^,  bag  er  ber  eingige  -•ih 
ift,  meld^er  einen  6^ara(ter  (prattifd^e  confequente  S)enrungdart  nad^  un» 
oerdnberlid^en  3Ra;rimen)  grünbet,  fonbern  aud^  barum,  meil  er  ben  3Ren> 
fc^en  feine  eigene  Sßfirbe  fül^len  le^rt,  bem  ®emflt]^e  eine  il^m  felbft  un« 
ermartete  Äraft  glebt,  jtd^  oon  aller  ftnulld^en  anl&dnglic^feit,  fo  fern  jie 
](ierrfd^enb  merben  mill,  loSgureigen  unb  in  ber  Unabl^dngigleit  feiner  30 
intelligibelen  9latur  unb  ber  @eelengr5ge,  bagu  er  {td^  beftimmt  fielet,  für 
bie  Dpfer,  bie  er  barbringt,  reid^lic^e  entfd^dbigung  gu  flnben,   SBir 
moDen  alfo  biefe  Sigenfd^aft  unfered  ®emüt^e,  biefe  (Smpfdnglid^feit  eines 
reinen  moralifc^en  Sntereffe  unb  mitl^in  bie  bemegenbe  Äraft  ber  reinen 
äSorftellung  ber  Sugenb,  menn  fie  gehörig  and  menfd^lid^e  $erg  gebrad^t  35 
mirb,  als  bie  mdd^tigfte  unb,  menn  ed  auf  bie  S)auer  unb  $ünftlid^(eit  in 
aSefolgung  moralifd^er  SRajcimen  anfommt,  eingige  Striebfeber  gum  ®uten 


awptl&obenlel^rc  ber  reinen  proftif^en  SSernunft.  153 

burd^  Seobad^tungen,  bie  ein  {eber  anfteüen  fonn,  bemeifen;  tojobei  bod^ 
pgleid^  erinnert  lüerben  mug,  ia%  toenn  biefe  Seobad^tungen  nur  bie 
SBirni(^teit  eines  folc^en  ©effl^ls,  nid^t  ober  baburd^  gu  @tanbe  gebrachte 
fittlid^e  Sefferung  bereifen,  biefeS  ber  einjigen  9Ret]()obe,  bie  objectio 

5  praltifd^en  ©efe^e  ber  reinen  SSernunft  burd^  bloge  reine  SSorfteüung  ber 
$f[i(^t  fubjlectit)  praftifd^  ju  tnad^en,  leinen  8lbbni(^  t^ue,  gleid^  als  ob 
ße  eine  leere  ^l^antafterei  todre.  S)enn  ba  biefe  SRet^obe  nod^  niemals  in 
®ang  gebrad^t  morben,  fo  lann  aud^  bie  @rfa^rung  no(^  nichts  t)on  il^rem 
Srfolg  aufgeigen,  fonbern  man  tann  nur  iBemeiStl^fimer  ber  Smpfdnglid^:» 

10  feit  fold^er  Sriebfebern  forbern,  bie  id^  iej^t  Ifirglid^  vorlegen  unb  barnad^ 
bie  SRetl^obe  ber  ®ränbung  unb  (Sultur  äd^ter  moralifc^er  ©ejinnungen 
mit  ttenigem  entwerfen  miQ. 

SBenn  man  auf  ben  ®ang  ber  ©efpr&d^e  in  gemifd^ten  ©efeUfd^aften, 
bie  ni^t  bloS  aus  ©elel^rten  unb  ä^ernünftlern,  fonbern  au(^  aus  Seuten 

15  Don  ©efdjdften  ober  Sf^auengimmer  befleißen,  Sld^t.l^at,  fo  bemerft  man, 
bag  auger  bem  (Srgd^len  unb  @d^ergen  noc^  eine  Unterhaltung,  ndmlid^ 
baS  9{dfonntren,  barin  $la^  finbet:  toeil  baS  erftere,  toenn  eS  9leuigteit 
unb  mit  i^r  gnterejfe  bei  ftc^  fül^ren  foH,  balb  erfd^öpft,  baS  gmeite  aber 
leicht  fd^al  loirb.   Unter  allem  SÜdfonniren  ift  aber  (eines,  maS  mel^r  ben 

20  Seitritt  ber  ^erfonen,  bie  fonft  bei  allem  JBernünfteln  balb  lange  SBeile 
liaben,  enegt  unb  eine  getoiffe  Sebl^aftlgfeit  in  bie  ®efellf(^aft  bringt,  als 
baS  über  ben  fittlid^en  SBert^  biefer  ober  iener  4>anblung,  baburc^  ber 
®^arafter  irgenb  einer  ^erfon  auSgemad^t  »erben  foll.  ©iejenige,  meldten 
fonft  alles  ©ubtile  unb  Orüblerifdöe  in  tj^eoretlfd^en  fragen  trodten  unb 

25  öerbriefelid^  ift,  treten  balb  bei,  toenn  es  barauf  anfommt,  ben  moralifd^en 
®e]^alt  einer  ergd^lten  guten  ober  böfen  ^anblung  auSgumad^en,  unb  ftnb 
fo  genau,  fo  grüblerifd^,  fo  fubtil,  alles,  »aS  bie  SReinigfeit  ber  abfielt 
unb  mitl^in  ben  ®rab  ber  Stugenb  in  berfelben  toerminbern,  ober  aud^  nur 
k)erbd(^t{g  machen  lönnte,  auSguftnnen,  als  man  bei  feinem  Dbj[ecte  ber 

30  ©peculation  fonft  oon  i^nen  erwartet.  5Wan  fann  in  biefen  JBeurtl^eilungen 
oft  ben  ßl^arafter  ber  über  anbere  urtl^eilenben  ^erfonen  felbft  l^eroor« 
fd^immem  feigen,  bereu  einige  üorgüglid^  geneigt  fd^einen,  inbem  pe  i^r 
SRld^teramt  oornel^mlic^  über  SSerftorbene  ausüben,  baS  ®ute,  maS  oon 
biefer  ober  Jener  Sl^at  berfelben  ergdl^lt  wirb,  »iber  alle  frdnfenbe  ©n« 

35  ȟrfe  ber  Unlauterfeit  unb  gule^t  ben  gangen  ftttUc^en  SBertl^  ber  $erfon 
wiber  ben  SSoriourf  ber  SSerftellung  unb  gel^eimen  SöSartigfeit  gu  Dertl^ei« 
bigen,  anbere  bagegen  mel^r  auf  auflagen  unb  Sefd^ulbigungen  pnnen. 


154  Stdtlt  ber  proftifd^en  l^eniunft.  2.  %f^l 

biefen  Sßertl^  ongufed^ten.  S)odg  lann  man  ben  leiteten  nid^t  immer  bte 
Sbpd^t  beimeffen,  Sugenb  auS  aOen  Seifptelen  ber  9Renf(!^en  g&nglid^ 
loegtoernänfteln  ju  wollen,  um  fte  boburd^  gum  leeren  Stamen  gu  ma(|en, 
fonbern  ed  ift  oft  nur  mol^Igemeinte  Strenge  in  Sejtimmung  beiS  fid^ten 
jtttlid^en  ©el^altö  nodg  einem  unnad^{i(^tlid^en  ®eje^e,  mit  meld^em  unb  5 
nid^t  mit  Seifpielen  Derglid^en  ber  @tgenbfin(el  im  ÜRoralifd^en  fel^r  finft, 
unb  S)emut]^  nid^t  ettoa  blod  geleiert,  fonbern  bei  fd^orfer  Selb^prüfung 
Don  iebem  gefül^It  mirb.  S)ennod^  fann  man  ben  Sert^eibigern  ber  Steinig«^ 
feit  ber  Slbfid^t  in  gegebenen  iBeifpielen  ed  mel^rentl^eild  anfeilen,  ba^  fte 
il^r  ba,  mo  fie  bie  SSermutl^ung  ber  Sted^tfd^affenl^eit  fär  fid^  l^at,  aud^  ben  10 
minbeften  %Ud  gerne  abtoif^en  möchten,  aud  bem  Seioegungfigrunbe, 
bamit  nid^t,  toenn  allen  iBeifpielen  il^re  SSal^rl^aftigleit  geftritten  unb 
aUer  menfd^lid^en  Sugenb  bie  gauterleit  tt)eggeleugnet  mürbe,  biefe  nid^t 
enblic^  gar  für  ein  blogeS  ^irngefpinft  gel^alten  unb  fo  alle  iBeftrebung 
gu  berfelben  als  eitles  Regiere  unb  träglid^er  @igenbün(el  geringfd^d^ig  is 
gemacht  merbe. 

Sd^  mei^  nid^t,  warum  bie  Srgiel^er  ber  Sugenb  t)on  biefem  ^ange 
ber  SSernunft,  in  aufgeworfenen  praftifd^en  Silagen  felbft  bie  fubtilfte 
Prüfung  mit  SSergnfigen  eingufd^lagen,  nid^t  fd^on  l&ngft  ©ebraud^  ge^ 
mad^t  l^aben,  unb,  nad^bem  fte  einen  blo8  moralifc^en  ^ated^iSm  gum  20 
®runbe  legten,  fte  nid^t  bie  Siograpl^ien  alter  unb  neuer  Seiten  in  ber 
abjic^t  burd^fud^ten,  um  Sel&ge  gu  ben  vorgelegten  ^flid^ten  bei  ber  ^anb 
gu  l^aben,  an  benen  fte  Dorne^mlid^  burd^  bie  SSergleid^ung  dl^nlid^er^anb« 
lungen  unter  öerfc^iebenen  Umftänben  bie  ©eurtl^eilung  ll^rer  ßöglingc 
in  2:^ätigfeit  festen,  um  ben  minbern  ober  größeren  moralifd^en  ©el&alt  25 
berfelben  gu  bemerfen,  al«  worin  fte  felbft  bie  frftl^e  3ugenb,  bie  gu  aller 
(Speculation  fonft  nod^  unreif  ift,  balb  fel^r  fd^arffid^tig  unb  babei,  Weil 
jte  ben  gortfc^ritt  il&rer  Urt^eitefraft  fül^lt,  nid^t  wenig  intereffirt  flnben 
werben,  waö  aber  bad  93orne{|mfte  ift,  mit  @id^erl^eit  hoffen  fönnen,  bag 
bie  öftere  Übung,  baS  äBol^loer^alten  in  feiner  gangen  äieinigfeit  gu  (ennen  30 
unb  il^m  SBeifaU  gu  geben,  bagegen  felbft  bie  fleinfte  Slbweid^ung  Don  i^r 
mit  Sebauern  ober  SScrad^tung  gu  bemerfen,  ob  e«  gwar  bis  bal^in  nur 
als  ein  Spiel  ber  Urt^eilSlraft,  in  weld^em  j^inber  mit  einanber  wett<> 
eifern  fönnen,  getrieben  wirb,  bennoc^  einen  bauerl^aften  ©inbrudt  ber 
^od^fd&dfeung  auf  ber  einen  unb  beS  abf(fteueS  auf  ber  anbern  Seite  so 
gurfidClaffen  werbe,  welche  burc^  bloge  ©ewol^nl^eit,  folc^e  ^anblungen  als 
beifaES«  ober  tabelswürbig  öfters  angufel^en,  gur  Sied^tfd^affenl^eit  im 


aRet§obenIe§re  ber  reinen  ptaftif^en  Vernunft.  155 

fänftigen  SebenStoanbel  eine  gute  ©runblage  auSmad^en  toürben.  91ut 
iDünfcibe  td^  fie  mit  Seifpielen  fogenannter  ebler  (übert)erb{en{itn(^er) 
^anblungen,  mit  toeld^en  itnfere  empflnbfame  @d^riften  fo  t)iel  um  ftd^ 
oerfen,  ju  Derfd^onen  unb  aViti  Mo8  auf  ^{lic^t  unb  ben  SBertl^,  ben  ein 

5  SRenfd^  fid^  in  feinen  eigenen  ^ugen  burd^  baö  Setougtfein,  fie  ni(|t  über« 
treten  gu  l^aben,  geben  fann  unb  mug,  auSgufe^en,  meil,  toaS  auf  leere 
Sünfc^e  unb  6e]^nfu(|ten  nad^  unerfteiglid^er  SSoüIommenl^eit  l^inauS«' 
läuft,  lauter  Slomanl^elben  ]^ert)orbringt,  bie,  inbem  fie  fi^  auf  i^r  ®efä]^l 
ffir  bas  überfd^toenglid^  ®ro&e  t)iel  ju  ®ute  tl^nn,  ftd^  bafür  t)on  ber  Se« 

10  obad^tung  ber  gemeinen  unb  gangbaren  €dbulbigfeit,  bie  al8bann  il^nen 
nur  unbebeutenb  Hein  fc^eint,  frei  fpreci^en.*) 

SBenn  man  aber  frftgt,  toa«  benn  eigentlid^  bie  reine  Sittlic^feit  ifl, 
an  ber  al8  bem  ^robemetaQ  man  jeber  ^anblung  moralifcl^en  ©el^alt 
prüfen  muffe,  fo  mug  i(^  geftel^en,  bag  nur  $^i(ofo:p^en  bie  @ntfd^eibung 

16  biefcr  Sfrage  gtoeifell^aft  mad^en  fönnen;  benn  in  ber  gemeinen  SRenfcften» 
Dernunft  ift  fie,  itoar  ni(!^t  burd^  abgezogene  aOgemeine  Srormeln,  aber 
bod^  burd^  ben  gemöl^nlid^en  ©ebraud^,  gleic^fam  a\&  ber  Unterfd^ieb 
giöifd^en  ber  redeten  unb  linfen  ^anb,  Icingft  entfc^iebcn.  SBfr  wollen  alfo 
oorerfi  ia»  ^räfungömerlmal  ber  reinen  2:ugenb  an  einem  Säeifpiele  gei« 

30  flen  unb,  inbem  toir  unä  oorfleUen,  bafe  e«  etwa  einem  gel^niöl^rlgen  Ana* 
Ben  jur  Seurt^eilung  öorgelegt  toorben,  feigen,  ob  er  audö  öon  f eiber,  ol^ne 
burc^  ben  Seigrer  bagu  angemiefen  gu  fein,  notl^menbig  fo  urtl^eilen  mu^te. 
9Ran  ergäl^le  bie  ©efd^id^te  eines  reblid^en  SRanned,  ben  man  bewegen 
»in,  ben  aSerleumbern  einer  unfd^ulbigen,  übrigen«  nid^t«  oermögenben 

95  $erfon  (wie  etwa  Sinna  Don  Solen  auf  ^nllage  ^einrid)  YIII.  Don  @ng« 
lanb)  beigutreten.  3Wan  bietet  ©ewinne,  b.  i.  grofee  Oefd^enfe  ober  l^ol^en 
aHang,  an,  er  fc^l&gt  fie  auS.  3)iefe8  wirb  blogen  Seifall  unb  Billigung 

*)  ^anblungen,  aud  benen  groge,  uneigennü^ige,  tl^eilne^menbe  ©efinnung  unb 
!D?enf(j^Ii(^feit  l^erDorteuc^tet,  au  greifen,  ift  gana  rat^fam.  ^er  man  mug  ^ter  ni^t 

30  foU7o^(  auf  bie  ©eelenerl^ebung,  bie  fe^r  flüchtig  unb  t^or&bergel^enb  ifl,  ald  Diel- 
mel^r  auf  bie  ^eraendunterwerfung  unter  ^fli(!|t,  XDo\)on  ein  Idngerer  ^in> 
brud  erwartet  »erben  fann,  meil  fie  @runbfA^e  (jene  aber  nur  SlufroaUungen)  mit 
fi(^  fü^rt,  aufmerffam  macj^en.  Wlan  barf  nur  ein  wenig  nac^finnen,  man  wirb  immer 
eine  ©c^ulb  finben,  bie  er  fit^  irgenb  noburc^  in  $(nfe^ung  bed  SJ^enft^engefctilet^td 

3$  aufgelaben  l^at  (foUte  ed  au^  nur  bie  fein,  bag  man  bur^  bie  Unglei^l^eit  ber 
!I)2enf(!|en  in  ber  bürgerlid^en  Sßerfaffung  ^ortl^eile  geniest,  um  bereu  roillen  anbere 
befto  me^r  entbehren  mflffen),  um  burc^  bie  eigenliebige  C^inbilbung  beiS  Serbien  fi- 
lteren ben  ®ebanfen  an  $f  li^t  ni^t  au  t^erbröugen. 


156  Miit  ber  praftifc^en  Vernunft.  2.  ^IL 

in  bcr  @cclc  bc8  Qn^tttS  toirten,  mil  c«  ®eiDinn  ip.  Slun  fftngt  man 
e«  mit  anbrol^ung  bed  ä^erluße  an.  @8  ftnb  unter  btefen  SSerleumbern 
feine  6eftcn  greunbe,  bie  il^m  Je^t  il^re  grcunbfd^aft  auffagen,  nal^e  SBer* 
tDQnbte,  bie  il^n  (ber  ol^ne  SSermögen  ift)  ju  enterben  breiten,  SRäd^tige, 
bie  il^n  in  }ebem  £)rte  unb  Suftanbe  verfolgen  unb  Irdnien  fönnen,  ein  6 
Sanbeäfürft,  ber  ll^n  mit  bem  Serluft  ber  greil^elt,  ja  be8  geben»  felbft 
bebro^t.  Um  il^n  aber,  bamit  ba»  ÜRag  bed  Seibene  r>oVi  fei,  aud^  ben 
@(^merj  ful^len  gu  laffen,  ben  nur  baS  ftttlii^  gute  ^erj  red^t  inniglidg 
füllen  lann,  mag  man  feine  mit  öufeerfter  5Rot^  unb  3)ürftig!eit  bebrol^tc 
f^amilie  i^n  um  9ta(3^giebigleit  anflel^enb,  il^n  felbft,  obgmar  red^t*^  lo 
fd^affen,  bod^  eben  nid^t  t)Dn  feften,  unempfinblid^en  Organen  bed  ®ef&^tö 
für  SRitleib  fottol^I  als  eigener  3to%  in  einem  augenblid,  barin  er  toünfc^t 
ben  2;ag  nie  erlebt  ju  ^aben,  ber  il^n  einem  fo  unaudf:pred^lid^en  Sc^merg 
auiSfe^te,  bennod^  feinem  SSorfa^e  ber  SfiebUd^Ieit,  ol^ne  gu  manlen  ober 
nur  gu  gweifeln,  treu  bleibenb  t)orfteaen:  fo  loirb  mein  j[ugenblid^er  3u«  15 
](|örer  ftufenmeife  oon  ber  bloßen  Billigung  gur  iBetounberung,  t)on  ba 
gum  @rftaunen,  enblid^  biö  jur  gr5gten  SSere^rung  unb  einem  lebl^aften 
äSunfc^e,  felbft  ein  fold^er  3Jtann  fein  gu  fönnen  (obgmar  freilid^  nid^t  in 
feinem  ßuftanbe),  crl&oben  werben;  unb  glei(^too]^l  ift  l^ier  bie  Jugenb 
nur  barum  fo  t)iel  toertl^i,  meil  fte  fo  Diel  toftet,  nid^t  toeil  {te  etwad  ein«  20 
bringt.  S)ie  gange  SBetounberung  unb  felbft  Seftrebung  gur  ^nlic^teit 
mit  biefem  6l^ara(ter  berul^t  l^ier  g&nglid^  auf  ber  äteinigleit  bed  ftttlid^en 
©runbfa^ee,  meiere  nur  baburd^  red^t  in  bie  Slugen  faQenb  DorgefteUt 
merben  (ann,  bag  man  aEeS,  maS  äRenfc^en  nur  gur  ©lädtfeligteit  galten 
mögen,  oon  ben  5£riebfebern  ber  ^anblung  megnimmt  Ulfo  mug  bie  35 
©ittlid^feit  auf  baS  menfd^lid^e  $erg  befto  mel^r  j^raft  l^aben,  je  reiner  fie 
bargeftellt  toirb,  SBorau«  benn  folgt,  bafe,  toenn  baS  ®efejj  ber  Sitten 
unb  baS  S3tlb  ber  ^eiligfeit  unb  Sugenb  auf  unfere  @eele  überall  einigen 
etnflufe  ausüben  foll,  fte  biefen  nur  fo  fern  ausüben  Wnne,  al8  fie  rein, 
untermengt  oon  Sbfid^ten  auf  fein  Sßol^lbefinben,  als  2;nebfeber  ans  $erg  so 
gelegt  mirb,  barum  meil  {te  fic^  im  Seiben  am  l^errlid^ften  geigt,  ^as« 
tenige  aber,  beffeu  SSegr&umung  bie  ^irfung  einer  bemegenben  JCraft 
t)erpärft,  mufe  ein  ^inberniß  getoefen  fein.  Solglid^  ift  aUe  Seimifc^ung 
ber  Sriebfebern,  bie  oon  eigener  ©lüdtfeligfeit  l^ergenommen  »erben,  ein 
^inbernig,  bem  moralifd^en  ©efe^e  Sinßug  aufS  menfd^lid^e  ^erg  gu  Der«  35 
fd^affen.  —  3d^  behaupte  ferner,  bafe  felbft  in  jener  bemunberten  ^anb* 
lung,  toenn  ber  93en)egungSgrunb,  barauS  {te  gefd^al^,  bie  ^od^fc^&^ung 


aWetl^obentcl^rc  bct  reinen  profttf^en  Vernunft.  157 

[etiler  ^flid&t  toax,  üttbann  eben  bicfe  acfttung  für«  ®efe^,  nid)t  etroa 
ein  8[nf:pru^  auf  bie  innere  SReinung  oon  ©roginut^  unb  ebler,  nerbienft* 
lid^er  S)enlang8art,  gerabe  auf  bad  ©emätl^  beS  ßufd^auerS  bie  größte 
j(raft  l^abe,  folglich  WW»  nic^t  SSerbienft  ben  nid^t  aUein  beftimmtejten, 

5  fonbern,  »enn  jte  im  redeten  Sichte  \i)xev  Unöerle^liij^fcit  DorgcfteHt  mirb, 
aud^  ben  einbringenbften  Sinßu^  aufd  ©emfitb  ^aben  muffe. 

3n  unfern  Seiten,  U)D  man  me^r  mit  fd^meljenben,  toeidil^erjigen 
©efftl^len,  ober  l^oc^fliegenben,  aufbld^enben  unb  bad  $erj  el^er  toell  als 
ftarl  mad^enben  Snmagungen  über  baS  ©emütl^  me^r  audgurid^ten  l^offt, 

10  atö  burd^  bie  ber  menfd^Iid^en  Untoolllommenl^ett  unb  bem  f^ortfc^ritte  im 
Outen  angemefenere  trodne  unb  ernftl^afte  SSorftellunfl  ber  ^pid^t,  ip  bie 
^inweifung  auf  biefe  SRetl^obe  nbt^iger  als  fematö.  j^inbern  ^anblun« 
gen  Ol«  ebele,  grofemütl&ige,  öerbienftlid^e  gum  aRufter  aufgujieUen,  in  ber 
SReinung,  fie  burc^  @in{lögung  eine«  @nt^ufia«mu«  fär  biefelbe  eingu« 

13  nehmen,  ifi  t)ollenb«  gtoedmibrig.  S)enn  ba  fie  nod^  in  ber  Seobad^tung 
ber  gemeinften  ^flld^t  unb  felbfl  in  ber  rid^tigen  Seurtl^eilung  berfelben 
fo  weit  gurftd  jinb,  fo  l^clfet  baS  fo  Diel,  al«  fie  bei  Selten  gu  ^l^antaften 
gtt  mad^en.  8lber  aud^  bei  bem  belel^rtern  unb  erfal^rnern  5£^eil  ber  9)ten» 
fd^en  ift  biefe  »ermeinte  Striebfeber,  m  nid^t  Don  nadjtl^eiliger,  toenigflen« 

30  üon  feiner  dd^ten  moralifd^en  SBirfung  auf«  ^erg,  bie  man  baburc^  bod^ 
l^at  gutoegebringen  loollen. 

^Ue  ©efä^le,  Dornel^mlid^  bie,  fo  ungetool^nte  Slnftrengung  be« 
»irfen  foHen,  muffen  in  bem  augenblirfe,  ba  jie  in  i^rer  ^eftigfeit  jinb, 
utib  el^e  {te  oerbraufen,  il^re  SSBirlung  t^un,  fonft  tl^un  fie  nid^t«:  inbem 

25  ba«  |)erg  natürllc^ermeife  gu  feiner  natürlid^en,  gem&feigten  Äeben«bewe« 
gung  gurildtel^rt  unb  fonad^  in  bie  ^attigteit  oerfdllt,  bie  i^m  oor^er 
eigen  mar,  »eil  gioar  etwa«,  ma«  e«  reigte,  nid^t«  aber,  ba«  e«  ftdrfte,  an 
baffelbe  gebrad&t  war.  (Srunbfd^e  muffen  auf  Segriffe  errid^tet  werben, 
auf  alle  anbere  (Srunblage  fbnnen  nur  Slnwanbelungen  gu  @tanbe  fommen, 

30  bie  ber  ?erfon  feinen  moralifd^en  SEBert^,  ja  nid^t  einmal  eine  Suoerjid^t 
auf  fid^  felbft  oerfd^affen  fonnen,  ol^ne  bie  ba«  93emugt|ein  feiner  morali* 
fd^en  ®e{innung  unb  eine«  fold^en  61§arafter«,  ba«  l^öd^fte  ®ut  im  3Ren« 
fd^en,  gar  nic^t  ftattfinben  fann.  2)iefc  Segrijfe  nun,  wenn  fie  fub|ectio 
praftifc^  werben  foHen,  muffen  nid^t  bei  ben  objectioen  ®efe^en  ber  @itt« 

35  lic^feit  ftel^en  bleiben,  um  fie  ju  bewunbern  unb  in  Segiel^ung  auf  bie 
SDlenfd^l^eit  l^od^gufd^d^en,  fonbern  i^re  Sorfiellung  in  Sfielation  auf  ben 
SDlenfd^en  unb  auf  fein  Snbioibuum  betrad^ten;  ba  benn  fene«  ®efe^  in 


158  Äriti!  bet  ptaftifd^en  Cemunft.  2.  $^|cil. 

einer  gtoar  l^öc^ft  ad^tungdtoärbigen,  aber  nid^t  fo  gefdlligen  (Sejialt  er« 
fd^eint,  alö  ob  ed  ju  bem  @leaiente  gehöre,  baran  er  naturlid^er  SSeife  ge« 
iDol^nt  ift,  fonbern  mie  eS  il^n  n5t^tgt,  biefei^  oft  nid^t  ol^ne  €elb{ioerIeug« 
nung  gu  oerlaffen  unb  {td^  in  ein  l(|o^ered  gu  begeben,  barin  er  {td^  mit 
unaufprli(i)er  Seforgnig  beS  Stüdtfalld  nur  mit  ÜRül^e  erl^alten  fann.  5 
3R\t  einem  SBorte,  baS  moralif^e  ®efe^  t)erlangt  Befolgung  au$  ^flid^t, 
nid^t  aus  SSorliebe,  bie  man  gar  nid^t  ooraudfe^en  fann  unb  foll. 

Sagt  uni^  nun  im  Seifpiele  feigen,  ob  in  ber  SSorfteUung  einer  $anb« 
lung  aU  ebler  unb  grogmfttl^iger  ^anblung  me^r  fubjectio  bemegenbe 
JSraft  einer  Sriebfeber  liege,  alö  menn  biefe  bIo8  ald  ^ßic^t  in  Serl^dlt«  10 
nig  auf  baiS  ernfte  moralifd^e  ®efe^  oorgefteUt  mirb.  S)ie  ^anblung, 
ba  iemanb  mit  ber  größten  ©efa^r  beö  Seben$  Seute  auö  bem  @(^iff brud^e 
ju  retten  fud^t,  menn  er  gulej^t  babei  felbft  fein  Seben  einbüßt,  mirb  gtoar 
einerfeitiS  gur  ^ßid^t,  anbererfeitd  aber  unb  größtent^eitö  aud^  für  Der« 
bienftlid^e  ^anblung  angered^net,  aber  unfere  ^o(^f(^&^ung  berfelben  15 
mirb  gar  fe^r  burd^  ben  Segriff  üon  ^fltd^t  gegen  fi(^  felbft,  meldbe 
l^ier  etmad  9lbbru(^  gu  leiben  fd^eint,  gefd^m&d^t.  @ntfc^eibenber  tft  bie 
grogmfltl^ige  Aufopferung  feines  Sebend  gur  (Srl^altung  beiS  äSaterlanbeS, 
unb  bod^i  ob  ed  aud^  fo  toolltommen  ^flic^t  fei,  fid^  oon  felbß  unb  unbe« 
fohlen  biefer  Sbflc^t  gu  meil^en,  barüber  bleibt  einiger  Scrupel  übrig,  90 
unb  bie  ^anblung  l^at  nid^t  bie  gange  ^raft  eines  ÜRufterS  unb  Antriebes 
gur  9lad^al^mung  in  ftd^.  ^\i  eS  aber  unerläßliche  ^flidbt,  beren  Über« 
tretung  bas  moraIi|(^e  ®e{e^  an  {tc^  unb  titim  9tüdtfi(^t  auf  SRenfc^en« 
tool^l  oerle^t  unb  beffen  ^eiligfeit  gleid^fam  mit  %ü^tn  tritt  (bergleid^en 
$fli(^ten  man  ^ßid^ten  gegen  ®ott  gu  nennen  pflegt,  meil  mir  unS  in  25 
il^m  baS  Sbeal  ber  4>eiligfeit  in  ©ubftang  benfen),  fo  mibmen  mir  ber  »€• 
folgung  beffelben  mit  Aufopferung  alles  bef[en,  maS  für  bie  innigfie  aller 
unlerer  9leigungen  nur  immer  einen  SSSertl^  ^aben  mag,  bie  allerüoll« 
fommenfte  ^od^ad^tung,  unb  mir  finben  unfere  @eele  burd^  ein  fol(^eS 
SSeifpiel  geftärlt  unb  erl^oben,  menn  mir  an  bemfelben  unS  übergeugen  so 
tonnen,  baß  bie  menfd^lid^e  9latur  gu  einer  fo  großen  @r^ebung  über  aUeS, 
maS  Slatur  nur  immer  an  2:riebfebem  gum  ©egent^eil  aufbringen  mag, 
fd^ig  fei.  3uoenal  fteUt  ein  folc^eS  Seifpiel  in  einer  Steigerung  oor, 
bie  ben  fiefer  bie  Äraft  ber  Strlebfeber,  bie  im  reinen  ©efefee  ber  $flid^t 
als  $flid^t  fteift,  lebl^aft  empfinben  Idßt:  35 

Esto  bonus  miles,  tutor  bonus,  arbiter  idem 
Integer;  ambiguae  si  quando  citabere  testis 


SD^etl^obenUl^Te  ber  reinen  praltif^en  Vernunft.  159 

Incertaeque  rei,  Pbalaris  licet  imperet,  ut  sis 
Falsus,  et  admoto  dictet  periuria  tauro, 
Summum  crede  nefas  animam  praeferre  pudori 
Et  propter  yitam  vivendi  perdere  causas. 

5  äßenn  toir  trgenb  etoaS  @(l^mei<]^ell^afte«  oom  SSerbienftlid^en  in 
unjcrc  ^anblung  bringen  fönncn,  bann  i[t  bie  Sriebfeber  fdjon  mit  ßigcn» 
Ucbc  cttoa«  Dcrmifci^t,  ^at  alfo  eintße  »eiplfe  Don  bcr  Seite  ber  ©inm 
Ud^feit.  aber  ber  {^eiligteit  ber  ${Ii(^t  aQein  aUeS  na^fej^en  unb  {td^  be« 
»ufet  »erben,  bafe  man  e«  Ibnnt,  weil  unferc  ciflcnc  SSernunft  biefe«  al« 

10  i^r  @ebot  anerfemit  unb  fagt,  bag  man  eS  t^un  foUe,  ia&  ^eigt  ^i^ 
fllcid^fam  über  bie  ©innenttelt  felbjt  gänjUd^  erl^eben,  unb  ijt  in  bemfclben 
SeiDu^tfein  beS  ®efe^ed  au(^  ald  Sriebfeber  eine«  bie@innlid^feit 
bel^errjdb^nben  Vermögend  unjertrennlid^,  loenn  gleid^  nid^t  immer 
mit  Sffect  t)erbunben,  ber  aber  bod^  aud^  burd^  bie  bftere  SBefd^&ftigung 

15  mit  berfelben  unb  bie  anfangs  Keinem  Serfud^e  il^reä  ®ebrau(^«  ^ojf« 
nung  iu  feiner  ä9etoir(ung  giebt,  um  in  und  nad^  unb  nad^  ba«  größte, 
aber  reine  moraltfd^e  ^ntereffe  baran  l^erDorgubringen. 

S)ie  SRetl^obe  nimmt  alfo  folgenben  ®ang.  ßuerft  ifl  e«  nur  barum 
iU  t^un,  bie  Senrt^eilung  nad^  moralifd^en  ©efe^en  gu  einer  natürlid^en, 

90  ade  unfere  eigene  fomo^l  atö  bie  ä3eobad^tung  frember  freier  ^anblungen 
begleitenben  iBefd^dftigung  unb  gleic^fam  gur  ©emol^nl^eit  gu  mad^en  unb 
fie  gu  fd^drfen,  inbem  man  Dorerji  fragt,  ob  bie  ^anblung  objectiD  bem 
moralifc^en  ©efe^e,  unb  toelc^em,  gemäg  fei;  mobei  man  benn  bie 
Kufmerifamleit  auf  baSfenige  ®efe^,  melc^eö  bloS  einen  ®runb  gur  SSer« 

25  binblid^Ieit  an  bie  ^anb  giebt,  Don  bem  unterfd^eibet,  meldte«  in  ber  SE^at 
Derbinbenb  ift  (leges  obligandi  a  legibus  obligantibus),  (tt)ie  g.  S. 
ba«©efe^  beöienigen,  roa«  baSSebürfnlfe  bcr  SWenfdjen,  im  ®egen« 
fa^e  beffen,  mad  bad  Siedet  berfelben  Don  mir  forbert,  moDon  baS  Se^tere 
mefentlid^e,  baö  @rftere  aber  nur  augermefentlid^e  fjflid^ten  Dorfd^reibt) 

30  unb  fo  Derfc^iebene  ^{lic^ten,  bie  in  einer  ^anblung  gufammenlommen, 
unterfd()eiben  lel^rt.  ^er  anbere  $unlt,  toorauf  bie  äufmerffamleit  ge« 
richtet  merben  mug,  ift  bie  i^rage:  ob  bie  ^anblung  au(^  (fubjectiD)  um 
beö  moralifd^en  ®ef  e^eS  millen  gefd^e^en,  unb  alfo  fie  nld^t  aUein 
f{ttli(^e  SHid^tigteit  a\»  S^at,  fonbern  aud^  ^ttlid^en  SBert^  alö  ©eftnnung, 

36  il^rer  SWayime  nad^,  ^abe,  3llun  ift  !ein  S^eifel,  bafe  biefe  Übung  unb 
ba«  SBemufetfein  einer  barau«  entfpringenben  ßuUur  unferer  bIo8  fiber 
bai  ^raftifd^e  urt^eilenben  äSemunft  ein  gemiffes  3ntereff e  felbft  am  ®e« 


160  ^itif  ber  prahifd^en  Vernunft.  2.  Sl^eil. 

fe^e  berfelben,  mithin  an  f!ttli(j^  guten  ^anblungen  nad^  unb  nad^  l^er« 
Dorbrtngcn  müjfc.  2)cnn  mir  gctoinncn  cnblid^  baS  lieb,  beffcn  Setrad^* 
tung  und  ben  ermeiterten  ®ebrauc^  unferer  (Srfenntntgfrdfte  empfinben 
I&gt,  tt)el(^en  t)Drne]§mU(^  ba^tenige  beförbert,  morin  mix  moralif(^e 
afÜc^tigtelt  antreffen:  »eil  jtc^  bte  SBernunft  in  einer  \o\6itn  Drbnunfl  5 
ber  S)tnge  mit  il^rem  SSermögen,  a  priori  nad^  $rincipien  gu  beftimmen, 
ttaiS  gef(!^eben  foll,  allein  gut  finben  fann.  ©eminnt  bodb  ^in  9taturbeob« 
ad^ter  ®egenft&nbe,  bie  feinen  Sinnen  anfangt  anftögig  {tnb,  enblid^  lieb, 
loenn  er  bie  groge  StoeÄmfigigfeit  il^rer  Drganifation  baran  entbed(t  unb 
fo  feine  SScrnunft  an  i^rer  Setrad^tung  weibet,  unb  geibnij  brachte  ein  10 
Snfect,  tocld^e«  er  burc^«  SKifroffop  forgffiltig  betrad^tet  l^atte,  fd&onenb 
mieberum  auf  fein  93latt  jurüdt,  meil  er  fid^  burdb  feinen  8(nblidjl  belel^rt 
gefunben  unb  üon  i^m  gleit^fam  eine  SBol^ltl^at  genoffen  l^atte. 

Slber  biefe  Säefd^&ftigung  ber  UrtlieilSlraft,  loeld^e  und  unfere  eigene 
erfenntnifefröfte  füblcn  läfet,  ift  nod^  nid^t  bad  Sntereffe  an  ben  ^anb*  15 
lungen  unb  i^rer  SRoralitdt  felbft.    Sie  mat^t  blöd,  bag  man  fid^  gerne 
mit  einer  folc^en  SBeurtl^eilung  unterl^dlt,  unb  giebt  ber  Sugenb  ober  ber 
S)enfungöart  nad^  moralif(ften  ®efe^en  eine  gorm  ber  ©d^önl&eit,  bie  be= 
munbert,  barum  aber  no(^  nid^t  gefud^t  wirb  (laudatur  et  alget);  wie 
aUed,  beffen  Betrachtung  fubiectit)  ein  8eu)u^tfein  ber  Harmonie  unferer  20 
SSorfteDungdfr&fte  bewirft,  unb  mobei  mir  unfer  ganged  Srlenntni^Der« 
mögen  (SSerftanb  unb  ©nbilbungdfraft)  gefilärft  fül^len,  ein  SBoJ^lgefallen 
l^erDorbringt,  bad  ftd^  aud^  anbern  mittl^eilen  lä^t,  mobei  gleid^mol^l  bie 
6;ciftenj  bed  £)biectd  und  gleidbgältig  bleibt,  inbem  ed  nur  ald  bie  9Ser« 
anlaffung  angefe^en  mirb,  ber  Aber  bie  Sl^ierl^eit  erhabenen  Anlage  ber  25 
Talente  in  und  inne  ju  merben.   9tun  tritt  aber  bie  gmeite  Übung  il^r 
©efc^&ft  an,  ndmlid^  in  ber  lebenbigen  S)arftenung  ber  moralifd^en  ®e« 
ftnnung  an  iBeifpielen  bie  SÜeinigfeit  bed  äBiOend  bemerllid^  gu  mad^en, 
t)orerft  nur  ald  negativer  SBolirommenl^eit  beffelben,  fo  fern  in  einer  ^anb« 
lung  aud  $f[i(^t  gar  feine  5£riebfebern  ber  Steigungen  ald  Seftimmungd«  su 
grünbe  auf  ibn  einfließen;  moburd^  ber  Sel^rling  bod^  auf  bad  iBemußt« 
fein  feiner  ^reil^eit  aufmerffam  erl^alten  koirb,  unb,  obgleid^  biefe  @nt« 
fagung  eine  anfdnglid^e@mpfinbung  üonSd^merg  erregt,  bennodb  baburd^, 
baß  fie  jenen  Sel^rling  bem  Su'Ange  felbjt  magrer  Sebürfniffe  entgiel^t, 
i^m  guglei(^  eine  ääefreiung  oon  ber  mannigfaltigen  Ungufrieben^eit,  35 
barin  il^n  alle  biefe  SBebfirfniffe  toerfled^ten,  angetfinbigt  unb  bad  ©emfitl^ 
für  bie  (Smpfinbung  ber  Bufriebenl^eit  aud  anberen  Duellen  empfdnglid^ 


a^etl^obenlel^re  ber  rdnen  )>ra!ttf4en  i^ernunft.  161 

gemod^t  tttrb.  S)a«  $erg  toirb  bod^  ))on  einer  Saft,  bie  ti  iebet^eit  tnge« 
l^etm  brfidtt,  befreit  unb  erleid^tert,  toenn  an  reinen  moralif^en  ßntfd^Ue« 
jungen,  bat)on  Seifpiele  Dorgelegt  toerben,  bem  9Renf(^en  ein  innere^, 
i^m  felbft  fonft  nic^t  einmal  red^t  befannteS  Vermögen,  bie  innere 

5  Sreil^eit,  anfgebedtt  toirb,  fd^  Don  ber  ungeftümen  Subringlid^Ieit  ber 
Steigungen  bermagen  lofigumac^en,  ba^  gar  feine,  felbft  bie  beliebtere 
nid^t,  auf  eine  ßntfc^Iiegung,  gu  ber  ttir  uns  ie^t  unferer  SBernunft  be« 
bienen  {oÜen,  Sinftug  l^abe.  3n  einem  ^aUt,  »o  id^  nur  allein  mx%, 
bag  baS  Unred^t  auf  meiner  @eite  fei,  unb,  obgleich  baS  freie  ®eftdnbni^ 

10  beweiben  unb  bie  Slnerbietung  gur  ®enugt]^uung  an  ber  @ttelleit,  bem 
(Sigennuj^e,  felbft  bem  fonft  nid^t  unred^tm&^igen  äBibertoillen  gegen  ben, 
beffen  9ied^t  Don  mir  gefd^m&lert  ift,  fo  großen  äBiberfpruc^  finbet,  ben» 
nod^  mid^  fiber  aDe  biefe  äebenflid^Ieiten  megfe^en  fann,  ift  boc^  ein  Se«* 
tDu^tfein  einer  Unabl^&ngigleit  Don  Steigungen  unb  Don  ®lfld(Sumftdnben 

15  unb  ber  SRögUd^teit  fic^  felbft  genug  gu  fein  entl^alten,  meldte  mir  aber« 
aU  au(i^  in  anberer  Slb^d^t  l^eilfam  ift.  Unb  nun  ftnbet  baö  ®efe^  ber 
${li(^t  burd^  ben  {)ofitiDen  äSertl^,  ben  un«  bie  Befolgung  beffelben  tm^ 
pfinben  lAgt,  leid^teren  (Singang  burd^  bie  Sd^tung  fflr  unS  felbft  im 
Semufetfein  unferer  greil^eit    «uf  biefe,  »enn  jie  mol^l  gegrünbet  ift, 

20  )Denn  ber  SRenfd^  nid^ts  ft&rfer  freuet,  als  fic^  in  ber  inneren  @elbft- 
prfifung  in  feinen  eigenen  Siugen  geringfd^d^ig  unb  Dermerflic^  gu  finben, 
(ann  nun  iebe  gute  fitttid^e  (Sefinnung  gepfropft  toerben:  »eil  biefe» 
ber  befte,  \a  ber  eingige  äB&d^ter  ift,  baS  Sinbringen  unebler  unb  Derber« 
benber  antriebe  Dom  ®emät^e  abgul^alten. 

35  3d^  l^abe  ^iemit  nur  auf  bie  angemelnften  aRajcimen  ber  9)tetl^oben« 
leiere  einer  moralifd^en  Stlbung  unb  Übung  l^inmeifen  oonen.  £Da  bie 
3Kannigfaltigfeit  ber  ^flid^ten  für  iebe  »rt  berfelben  nod&  befonbere 
Seftimmungen  erforberte  unb  fo  ein  toeitlduftigeg  ©efd^&fte  audmad^en 
iDÜrbe,  fo  mirb  man  mid^  für  entfc^ulbigt  l^alten,  menn  ic^  in  einer  ©c^rift 

so  mie  biefe,  bie  nur  SSorfibung  ift,  eS  bei  biefen  ®runbgägen  bemenben 
laffe. 

93ef(^lug. 

BiDei  S)inge  erfüllen  baS  ®emütl^  mit  immer  neuer  unb  gunel^men« 

ber  Setounberung  unb  g^rfurd^t,  ie  öfter  unb  anl^altenber  ftc^  baS  Slad^« 

35  beulen  bamit  befc^dftigt:  ber  beftirnte^immel  über  mir  unb  baS 

moralifd^e  ®efe^  in  mir.    IBeibe  barf  id^  nid^t  als  in  S>unlell^eiten 


162  ^tif  ber  pra!ttf(]^n  Vernunft.  2.  S^eil. 

toerl^üSt,  ober  im  Uberfd^toengltcl^en,  auger  meinem  ©eftd^töfreife  fud^en 
ttttb  Mo8  Dermutl^en;  ic^  fel^e  jtc  öor  mir  unb  üerfnftpfe  Pc  unmittelbar 
mit  bem  Semugtfein  metner  @;riftetig.  S)ae  erße  f&ngt  Don  bem  $Ia^e 
an,  ben  i(^  in  ber  dufeern  ©innenioelt  einnel^me,  unb  ertoeitert  bie  SSer* 
(näpfung,  barin  id)  ftel^e,  inS  unabfel^Uc^  ®roge  mit  SBelten  fiber  Selten  5 
unb  S^flemen  oon  S^ftemen,  flberbem  no(ft  in  grengenlofc  Selten  il^rcr 
:periobifc^en  Setoegungr  beren  Anfang  unb  ^ortbauer.  S)a8  jmeite  fängt 
oon  meinem  unpdötbaren  ©elbft,  meiner  ^erf5nli(^feit,  an  unb  peUt  mid^ 
in  einer  SBelt  bar,  bie  »al^re  Mnfnblld^feit  5ätr  aber  nur  bem  SBerfianbe 
fpftrtar  ip,  unb  mit  welcher  (baburd^  dter  aud^  jugleic^  mit  allen  jenen  10 
fi($tbaren  SBelten)  ic^  mid^  ni(^t  oie  bort  in  bloiS  gufdQiger,  fonbern  all« 
gemeiner  unb  notl^ioenbiger  JBerfnüpfung  erfenne.  2)er  erPere  Änblicf 
einer  jal^llofen  SBeltenmenge  Dernic^tet  glett^fam  meine  äBi(^tigTeit,  als 
eines  tl^ierifd^en  ©efc^öpfd,  baS  bieüRaterie,  barau8  e8  loarb,  bem 
Planeten  (einem  blogen  ^unft  im  äBeltall)  mieber  gurAd(geben  mug,  nad^«  u 
bem  e«  eine  furge  ßelt  (man  meife  nld^t  tele)  mit  8eben8lrap  Derfel^en  ge* 
»efen.  3)er  jttelte  ergebt  bagegen  meinen  SBertl^,  als  einer  gtttcUigenj, 
unenblid^  burc^  meine  ^erfönlic^feit,  in  mel(^er  bai  moralifd^e  ®efe^  mir 
ein  Don  ber  S^ier^eit  unb  felbp  Don  ber  gangen  €innenmelt  unab^dngt« 
ge8  Seben  offenbart,  toenigpenS  fo  Diel  p(^  a\x9  ber  gmedmdgigen  iBepim^  90 
mung  meineiS  S)afein8  burd^  biefeS  ®efe^,  loeld^e  nid^t  auf  iBebingungen 
unb  ©rengen  biefeS  Bebend  eingefd^rdnft  ift,  fonbern  inS  Unenblld^e  gel^t, 
abnel^men  Idgt. 

aillein  SeiDunberung  unb  Stiftung  I5nnen  gmar  gur  Stad^forfd^ung 
reigen,  aber  ben  ÜRangel  berfelben  nic^t  erfej^en.    SBaS  ip  nun  gu  tl^un,  35 
um  biefe  auf  nu^bare  unb  ber  (Sr^abenl^eit  bed  ©egenpanbeS  angemeffene 
art  angupeUen?    Seifpiele  mögen  Riebet  gur  SSamung,  aber  aud^  gur 
Sladbal^mung  bienen.    S)ie  äBeltbetrad^tung  png  Don  bem  l^errlic^pen 
anblide  an,  ben  menfd^lid^e  @inne  nur  immer  Dorlegen  unb  unfer  93er« 
Panb  in  il^rem  melten  Umfange  gu  Derfolgen  nur  immer  oertragen  fann,  so 
unb  enblgte  —  mit  ber  ©ternbeutung.   3)ie  SWoral  png  mit  ber  ebelpen 
(Sigenfd^aft  in  ber  menfd^lid^en  9tatur  an,  beren  Sntmidtelung  unb  (Sultur 
auf  unenblid^en  9lu^en  ^inauSpel^t,  unb  enbigte  —  mit  ber  ©d^iodrmerei, 
ober  bem  Aberglauben.  So  gel^t  ed  allen  nod^  rollen  SSerfuc^en,  in  benen 
ber  Dornel^mpe  ^tü  beS  ®e|d^dpe8  auf  ben  ®ebrau(§  ber  äBernunp  an«  ss 
fommt,  ber  nid^t  fo  mie  ber  ©ebraud^  ber  f^fige  pd^  Don  felbp  Dermitteip 
ber  5pern  SluSfibung  pnbet,  Dornel^mlid^  menn  er  Sigenfd^apen  betrifft, 


Wlti^obtwUf^xt  htx  reinen  ^rofttfd^en  Vernunft.  163^ 

bic  Pd^  nld^t  fo  unmittelbar  in  ber  gemeinen  ©rfal^tung  barfteHen  laffen. 
5Rac^bem  aber,  »lemol&l  fp4t,  ble  SRaylme  in  Sd^toang  gefommen  toar, 
aUc  ©d^rltte  Dörfer  wol^l  ju  überlegen,  ble  ble  SSernunft  gu  tbun  t)orl&at, 
unb  {le  nid^t  anberd  ald  im  ©leife  einer  Dorl^er  mol^l  flberbad^ten  ^etbobe 

5  il^ren  ®ang  mad^en  ju  laffen,  fo  belam  bie  Seurtl^eilung  beS  SBeltgebäu^ 
beiS  eine  gana  anbere  Sliid^tung  unb  mit  biefer  jugleid^  einen  ol^ne  SBer« 
gleid^ung  glüdlid^ern  SfuiSgang.  S)er  %aVi  eine«  Steint,  bie  Setoegung 
einer  ©d^leuber,  in  il^re  Elemente  unb  babel  jid^  äufeernbe  Äräfte  auf* 
gelöft  unb  matl^ematifd^  bearbeitet,  brad^te  gule^t  bieienige  Ilare  unb  für 

10  aUe  ßufunft  unt)eränberlidbe  @ln{t(^t  In  ben  SSSeltbau  ^eroor,  bie  bei  fort« 
ge^enber  Seobad^tung  l^offen  lann,  ftd^  Immer  nur  gu  ermeitern,  niemals 
aber  äurfldtgeften  gu  muffen  fürchten  barf. 

S)tefen  9Beg  nun  in  Se^anblung  ber  moralifc^en  Anlagen  unferer 
9latur  gleid^faüd  eingufc^lagen,  (ann  nni  jjened  Seifpiel  anr&tl^ig  fein  unb 

15  ^opung  gu  ä^nlid^em  guten  @rfolg  geben.  SBir  ^aben  bo(^  ble  Seifplele 
ber  moralifc^  urtl^eilenben  SSernunft  bei  $anb.  3)iefe  nun  in  il^re  eie- 
mentarbegriffe  gu  gergliebern.  In  @rmangelung  ber  3Rat^ematif  aber 
ein  ber  Sl^emie  fi^nlid^eS  SBerfal^ren  ber  ©(Reibung  be8  (Smptrifc^en 
t)om  Siationalen,  baö  fd^  in  i^nen  t)orfinben  möd^te,  In  toieber^oUen  Ser« 

so  fud^en  am  gemeinen  3)fenfd^enDerftanbe  i^orgunel^men,  tann  un8  Seibed 
rein  unb,  »aS  Sebeö  für  fi^  allein  leifien  fönne,  mit  ®emife^eit  fennbar 
machen  unb  fo  t^eilä  ber  SJerlrrung  einer  no^  rol&en,  ungeübten  Seur« 
tl^ellung,  t^eile  (meld^eiS  toeit  nbt^iger  ift)  ben  ©enlefd)» fingen  oor« 
beugen,  burc^  toeld^e,  toie  t^  oon  8lt)e)>ten  beiS  @telnd  ber  SSSelfen  gu  ge« 

25  fd^e^en  ^pßegt,  o^ne  aUe  met^oblfd^e  9}ad)forf(^ung  unb  j(enntnl|  ber 
SRatur  getr&umte  €d^d|$e  kierfproc^en  unb  »al^re  t)erf(^leubert  merben. 
mt  einem  Sßorte:  SSiffenfd^aft  (tritlfd^  gefud^t  unb  met^obifd^  eingeleitet) 
ifi  bie  enge  Pforte,  bie  gur  SBeiSl^ieltSlel^re  ffi^rt,  menn  unter  biefer 
nld^t  bloS  oerflanben  mlrb,  loaS  man  tl^un,  fonbern  toaS  Seigrem  gur 

30  Silc^tfc^nur  bleuen  foH,  um  ben  äßeg  gur  SBeidl^elt,  ben  febermaun  gelten 
fon,  gut  unb  lenntlld^  gu  bal^nen  unb  anbere  oor  Srrtoegen  gu  {teueren; 
eine  SSiffenfd^aft,  bereu  Slufbewal^rerln  iebergelt  ble  ^^ilofop^ie  bleiben 
mug,  an  beren  fubtller  Unterfud^ung  bad  publicum  (einen  Slntl^ell,  mo^l 
aber  an  ben  Seigren  gu  nel^men  l^at,  bie  ll^m  nad^  einer  fold^en  ä3ear« 

S5  beltung  aQererft  red^t  l^ell  elnleud^ten  Ibnnen. 


11^ 


ber 


oon 


3mmatmel  &ml 


Sorrctc 

jur  crftcn  Stuflage,  1790. 

SRan  lann  baS  93enn5gen  ber  Srlenntnig  aud  $rtnd^ten  a  priori 
bie  reine  äSernunft  unb  bte  Unterfud^ung  ber  SRöglid^feit  unb  ®r&ngen 

5  berfelben  äberl^aupt  bie  j^ritil  ber  reinen  SSernunft  nennen:  ob  man  gleid^ 
unter  biefem  S3erm5gen  nur  bie  SSemunft  in  i^rem  tl^eoretifd^en  ©ebraud^e 
Derßel^t,  n)ie  ti  aud^  in  bem  erften  SBerle  unter  jener  Benennung  gefd^el^en 
ift,  ol^ne  nod^  il^r  SSermögen  atö  praftifd^e  SSernunft  nad^  il^ren  befonbe« 
ren  $rincipien  in  Unterfud^ung  giel^en  gu  moUen.   S^ne  gel^t  alsbann 

10  bIo6  öuf  unfer  SSermögen,  S)inge  a  priori  gu  erfennen,  unb  befd^äfttgt 
ftd^  alfo  nur  mit  bem  @rIenntniBt)ermogen  mit  SluiSf^lie^ung  beS 
®effi]^te  ber  Suft  unb  Unlu[t  unb  bed  Segel^rungdoermdgend;  unb  unter 
ben  (Srfenntni^Dermögen  mit  bem  SSerftanbe  nad^  feinen  ^rincipien  a 
priori  mit  SuSfd^Iiegung  ber  Urtl^eilSlraft  unb  ber  SBernunft  (als 

15  gum  t^eoretifd^en  @rlenntnig  gleid^faUS  gel)5riger  S3erm5gen),  meil  ed  fid^ 
in  bem  Fortgänge  finbet,  bag  lein  anbered  SrlenntnigDermbgen  ald  ber 
SSerftanb  conftitutiioe  6rlenntni^principien  a  priori  an  bie  $anb  geben 
lann.  S>ie  JMtil  alfo,  »eld^e  fte  tnSgefammt  nad^  bem  Slnt^eile,  ben  jebejS 
ber  anberen  an  bem  baaren  93e|t^  ber  Srfenntnig  au8  eigener  SBurgel  gu 

30  l^aben  Dorgeben  möd^te,  fixtet,  lägt  nid^ts  ilbrig,  als  mad  ber  äSerftanb 
a  priori  als  ®efe^  für  bie  9latur,  als  btn  3>nbegriff  Don  (Srfd^einungen 
(bereu  gorm  eben  fotool^l  a  priori  gegeben  ift),  Dorfd^reibt;  Dertoeifet  aber 
aQe  anbere  reine  93egri^e  unter  bie  Sbeen,  bie  für  unfer  t^eoretifd^eS  @r« 
fenntnigDermögen  überf(!^n)englid^,  babei  aber  bod^  nid^t  etma  unnü^  ober 

35  entbel^rlid^  finb,  fonbern  als  regulative  ^rincipien  bienen:  tl^eils  bie  be« 
forglid^en  Unmagungen  beS  SerftanbeS,  als  ob  er  (inbem  er  a  prfori  bie 
93ebingungen  ber  3R5glid^Ieit  aUer  S)ingei  bie  er  erlennen  lann,  angu« 


168  ^tt»  bet  Utt^eiUfraft 

geben  t)ermag)  iahuxäi  aud^  bie  ÜRöglt^Ieit  aller  2>inge  fiberl^aupt  in 
biefen  ©rdngen  bef^Ioffen  l^abe,  gurfid  gu  l^dten,  tJ)ei\i  um  ll^n  felbfi  in 
ber  SSetrad^tung  ber  9latur  nad^  einem  $rinct|)  ber  SSoOftdnbigfeit,  mie» 
lool^I  er  fte  nie  erreid^en  fann,  gu  leiten  unb  babnrd^  bie  ^nbabfid^t  alled 
©rfenntnlffea  gu  beförbern.  5 

(S&  n)Qr  alfo  eigentlid^  ber  Serftanb,  ber  fein  eigenes  ®ebiet  unb 
gtoar  im  (Srlenntni^t>erm5gen  ffat,  fofem  er  conftitutit)e  ^rfenntnig* 
princtpien  a  priori  entl^&U,  aelc^er  burd^  bie  im  allgemeinen  fo  benannte 
Jbritit  ber  reinen  SBemunft  gegen  aDe  äbrige  kompetenten  in  fixeren 
aOeinigen  Seft^  gefegt  loerben  foUte.  @ben  fo  ift  ber  SSernunft,  meldte  10 
nirgenb  a\&  lebiglid^  inanfel^ung  beiS  ä3ege^rung8t)ermögend  confti» 
tutioe  ^rincipien  a  priori  entl^ftlt,  in  ber  Ärltif  ber  ^)raftifd^en  SSernunft 
i^r  Se^l^  angetoiefen  morben. 

£)b  nun  bie  Urtl^eiUIraft,  bie  in  ber  £)rbnung  unferer  Srlennt« 
ni^Dermögen  gtoif^en  bem  Serftanbe  unb  ber  SSernunft  ein  SRittelglieb  15 
ausmalt,  au^  ffir  {t^  ^rincipien  a  priori  l^abe;  ob  biefe  conftitutit)  ober 
blog  reguIatiD  {inb  (unb  alfo  fein  eigene^  (Sebiet  beioeifen),  unb  ob  jte 
bem  ®efä^Ie  ber  Sufl  unb  ttnluft,  aU  bem  3RitteIgIiebe  gioifd^en  bem  (Sx^ 
lenntni^oermogen  unb  SegebrungiSoermbgen,  (eben  fo  toie  ber  SSerftanb 
bem  erfieren,  bie  SSernunft  aber  bem  le^teren  a  priori  ®efe^e  üorfd^reiben)  20 
a  priori  bie  Siegel  gebe:  baS  ifl  eS,  toomit  ft(!^  gegenm&rtige  j(riti!  ber 
ttrtl^eiiafroft  bef(ftdftigt. 

@ine  Stxitxt  ber  reinen  Sernunft,  b.  i.  unfered  SermbgenS  nad^  $rin« 
cipien  a  priori  }u  urtl^eilen,  mürbe  unDoSftdnbig  fein,  loenn  bie  ber  Ur« 
tl^eitelraft,  meldte  fär  ftd^  als  @rlenntnig))erm5gen  barauf  aud^  anfprud^  95 
ma^t,  ni^t  als  ein  befonberer  SCl^eil  berfelben  abge^nbelt  toärbe;  ob« 
glei^  il^re  ^rincipien  in  einem  Softem  ber  reinen  $l^ilofopl^ie  leinen  be« 
fonberen  S^eil  gmif^en  ber  tl^eoretif^en  unb  praftifd^en  auSmad^en  bur« 
fen,  fonbern  im  9lot^faIle  jebem  oon  beiben  gelegentlid^  angefd^loff en  mer« 
ben  tbnnen.  9)enn  toenn  ein  fold^eS  Softem  unter  bem  allgemeinen  9la«  so 
men  ber  ÜRetapl^^fil  einmal  gu  @tanbe  fommen  foll  (toeld^eS  ganj  t)on« 
ftdnbig  gu  bemerffteatgen,  mbglid^  unb  für  ben  ®ebraud^  ber  äSernunft 
in  aller  93egie]^ung  ^öd^ft  mid^tig  ift):  fo  mug  bie  Jhitil  ben  93oben  gu 
biefem  ®ebäube  ))or^er  fo  tief,  als  bie  erfte  ®runblage  beS  SSermfigenS 
Don  ber  Srfal^rung  unabhängiger  $rincipien  liegt,  erforfd^t  l^aben,  bamit  S5 
es  nic^t  an  irgenb  einem  2:^eile  finle,  toeld^eS  ben  Sinfturg  beS  ®angen 
uuDermeiblid^  nad^  fid^  gleiten  tofirbe. 


©orrebe.  169 

Vtan  (anti  aber  aus  ber  SHatur  ber  Urtl^eilsfraft  (beren  rtd^tiger  ®e« 
brauch  fo  not^toenbig  unb  allgemein  erforberlid^  ifl,  bog  ballet  unter  bem 
9}Qmen  bed  gefunben  Serj^anbe«  fein  anbered,  aliS  eben  biefeiS  93erm5gen 
gemeint  loirb)  leidet  abnehmen,  bag  eiS  mit  großen  Sc^ttierigfeiten  bt^ 
5  gleitet  fein  mäffe,  ein  eigent^fimliii^ed  $rincip  berfelben  audjufinben  (benn 
irgenb  einiS  mug  fie  a  priori  in  fid^  entl^alten,  toeil  fie  fonft  nid^t,  als  ein 
befonbereS  @rfenntnigt>erm5gen,  felbft  ber  gemeinften  ^rlti!  ausgefegt 
fein  märbe),  aeld^ed  gleid^ioobl  ni(^t  ani  Segriffen  a  priori  abgeleitet  fein 
mng;  benn  bie  gehören  bem  SSerflanbe  an,  unb  bie  Urtbeitofraft  gebt  nur 

10  auf  bie  antoenbung  berfelben.  Sie  foH  alfo  felbft  einen  Segriff  angeben, 
bur(b  ben  eigentlid^  fein  S)ing  erfannt  loirb,  fonbern  ber  nur  ibr  felbfl 
gur  Siegel  bient,  aber  ni^t  ju  einer  obfectiDen,  ber  fie  ibr  Urtl^eil  anpaffen 
f ann,  meil  bagu  tt)ieberum  eine  anbere  Urtbeildf raft  erf orberli^  fein  mürbe, 
um  unterfcbeiben  gu  f5nnen,  ob  ed  ber  ^aQ  ber  9liegel  fei  ober  nid^t. 

i&  S)iefe  Serlegenbeit  aegen  eined  ^rlndps  (t&  fei  nun  ein  fubiectiDed 
ober  obfectioeS)  finbet  fi(!b  bauptfdcblic^  in  benfenigen  Seurtbeilungen,  bie 
man  dftbetif^  nennt,  bie  bad  @d^5ne  unb  (Sx^dbnt  ber  9latur  ober  ber 
jtunft  betreffen.  Unb  glei(bkDobl  ift  bie  fritifd^e  Unterfud^ung  eines  $rin>> 
dp»  ber  Urtbeitöfraft  in  benfelben  bai  tt)i(!btigfte  @tfid  einer  ^ritit  biefed 

20  93ermögeni$.  S)enn  ob  fie  gleid^  ffir  ficb  aQein  gum  Srfenntni^  ber  2>inge 
gar  nid^td  beitragen,  fo  geboren  fie  bod^  bem  6rfenntniB))erm5gen  aQein 
an  unb  bereifen  eine  unmittelbare  93egiebung  biefeS  93ermögen8  auf  baS 
®efübl  ber  Suft  ober  ttnluft  nad^  irgenb  einem  $rincip  a  priori,  ol^ne  eS 
mit  bem;  roai  SeftimmungiSgrunb  bei$  Segel^rungdoermögend  fein  fann, 

23  gu  Dermengen,  meil  biefeS  feine  $rincipien  a  priori  in  93egriffen  ber  SSer* 
nunft  ^at.  —  SBad  aber  bie  logifd^e  93eurt^eilung  ber  9latur  anbelangt, 
ba,  mo  bie  (Srfal^rung  eine  ®efe^mä^igfeit  an  S)ingen  auffteüt,  meldte  gu 
Derfiel^en  ober  gu  erfl&ren  ber  aQgemeine  SSerftanbedbegriff  t}om  Sinn» 
lieben  ni(bt  mel^r  gulangt,  unb  bie  UrtbeilSfraft  aud  ftd^  felbft  ein  $rin« 

30  cip  ber  93egiebung  beü  Slaturbinged  auf  bad  unerfennbare  Überfinnlid^e 
nel^men  fann,  ed  andi  nur  in  Slbp^t  auf  ftd^  felbft  gum  @rfenntnig  ber 
9latur  brausen  mug,  ba  fann  unb  mug  ein  fold^ed  ^rinctp  a  priori  gtoar 
gum  6rfenntni|  ber  SBeltmefen  angemanbt  toerben  unb  eröffnet  gugleid^ 
SluSfid^ten,  bie  ffir  bie  praftif^e  SSernunft  Dortbeilboft  finb:  aber  tS  b^t 

35  feine  unmittelbare  Segie^ung  auf  baS  ®efübl  ber  üiuft  unb  Unluft,  bie 
gerabe  baS  aHätl^felbafte  in  bem  ^rincip  ber  Urtl^eitöfraft  ift,  toeld^ed  eine 
befonbere  Hbtl^eUung  in  ber  ^ritit  f&r  biefed  SSermdgen  notl^aenbig 


170  Äritl!  bet  Urt^eiWfraft.    Sßm^l^. 

mad^t,  ba  bte  logifd^e  Seurtl^eilung  nad^  Segriffen  (ans  loeld^en  niematö 
eine  unmittelbare  Folgerung  auf  bad  ®efü^l  ber  Suft  unb  ttnluft  gegogen 
»erben  !ann)  aOenfans  bem  tl^eoretifc^en  Steile  ber  $^ilofo|)^te  fammt 
einer  Iritifd^en  (Sinjd^rdnlung  berfelben  l^ätte  angehängt  »erben  fdnnen. 

2>a  bie  Unterführung  beS  ®ef(^mQ(IdDerm5gend,  ale  dftl^etifd^er  Ur«    5 
t^eitötraft,  l^ier  ntd^t  jur  Silbung  unb  Sultur  bed  ©efd^madS  (benn  biefe 
»irb  aud^  ol^ne  alle  folc^e  Slad^forf d^ungen,  »ie  bid^er,  f 0  fernerl^tn,  il^ren 
®ang  nehmen),  fonbem  blog  in  tranSfcenbentaler  ab^d^t  angejieat  »irb: 
fo  »irb  fie,  »ie  id^  mir  fd^met^Ie,  in  Snf e^ung  ber  39^ angel^aftig!eit  {ened 
3»ed(8  aud^  mit  Slad^ftd^t  beurt^eilt  »erben.  SBaS  aber  bie  le^tere  9b^  10 
iid^t  betrifft,  fo  mug  fie  fid^  auf  bie  fhrengfie  Prüfung  gefaxt  mad^en. 
Hber  au(^  ba  fann  bie  gro^e  @dr»ierigleit,  ein  Problem,  »eldje^  bie  %a« 
tur  fo  t)er»idelt  l^at,  aufgulbfen,  einiger  nid^t  gang  ju  t>ermetbenben  S)un« 
lel^eit  in  ber  Huflöfung  beffelben,  »ie  id^  l^o^e,  jur  Sntfd^ulbigung  bienen, 
»enn  nur,  bag  bas  $rinctp  rid^tig  angegeben  »orben,  flar  genug  bar«  » 
getl^an  ift;  gefegt  bie  Srt  baS  ^l^dnomen  ber  Urtl^eitölraft  baoon  abiu« 
leiten  l^abe  ni^t  alle  S)eutli(!^feit,  bie  man  anberȊrtiS,  n&mlid^  Don 
einem  @r{enntni^  na(!^  Gegriffen,  mit  SHed^t  forbern  !ann,  bie  i^  aud^  im 
}»eiten  Steile  biefe«  9SerId  erreid^t  gu  ^aben  glaube. 

^iemit  enbige  id^  alfo  mein  ganjeS  Iritifc^ed  ©efd^dft.  ^d^  »erbe  so 
ungef&umt  gum  boctrinalen  f(!^reiten,  um  »0  mbgli^  meinem  gunel^men« 
ben  Snter  bie  bagu  nod^  einigermaßen  gfinftige  Qtxt  nod^  abguge»innen. 
68  Derftel^t  fid^  DOn  felbft,  bag  fflr  bie  Urt^eilsfraft  barin  fein  befonberer 
SJ^eil  fei,  »eil  in  Snfel^ung  berfelben  bie  ^riti!  ftatt  ber  2;^eorie  bient; 
fonbem  bag  nad^  ber  @int^eilung  ber  ^l^ilofop^ie  in  bie  tl^eoretifd^e  unb  25 
praTtifd^e  unb  ber  reinen  in  eben  fold^e  Sl^eile  bie  3Reta))l)9P{  ber  9latur 
unb  bie  ber  Sitten  ieneS  ©efc^&ft  auiSmac^en  »erben. 


(ginleituttö. 


93pn  ber  6intl^eilung  ber  ^l^ilofopl^ie. 

SBcnn  niQn  bic  ^^llpfop^ic,  fofern  ftc  ^rincipicn  ber  SBcrnunft« 

5  erlennttiig  ber  S^inge  (nid^t  blog  loie  bie  Sogit  ^rincipien  ber  Sorm  bed 
S)tnUn&  überl^aupt  ol^ne  Unterfd^ieb  ber  Objecte)  bur^  Segriffe  entl^&tt, 
tt)ie  gettdl^nlid^  in  bie  tl^eoretij^e  unb  praüifd^e  eintl^eilt:  foDerfd^rt 
man  ganj  red^t.  8ber  alsbann  mfiffen  aud^  bie  Segriffe,  toeld^e  ben  ^rin* 
cipien  biefer  93ernunfterlenntnig  il^r  Dbtect  antt)et|en,  fpecififd^  t)erj(^ie' 

10  ben  fein,  meil  {ie  jonfl  gu  leiner  (Sintl^eilung  bere^tigen  tofirben,  meldte 
ieberg^eit  eine  @ntgegenfe^ung  ber  ^rincipien  ber  gu  ben  t)erf(^iebenen 
SEl^eilen  einer  äSiffenf(!^aft  gel^brigen  SSernunftertenntnig  DorauiSfe^t. 

6d  ftnb  aber  nur  gtoeierlei  93egriffe,  »eld^e  eben  fo  t^itl  t>erfd^iebene 
$rincipien  ber  SRbglid^feit  il^rer  ®egenfi&nbe  gulaffen:  n&mlid^  bie  Sla» 

15  turbegriffe  unb  ber  gfreil^eitsbegriff.  SJa  nun  bie  erfieren  ein 
t^eoretifd^eiS  @rlenntnig  nad^  ^rincipien  a  priori  mögUdb  mad^en,  ber 
g»eite  aber  in  Unfel^ung  berfelben  nur  ein  negatives  $rinci))  (ber  bloßen 
Sntgegenfe^ung)  fd^on  in  feinem  Segriffe  bei  ft(!b  ful^rt,  bagegen  für 
bie  äBiUeniSbeftimmung  ermeiternbe  ®runbf&^e,  meiere  barum  praftifd^ 

30  feigen,  errid^tet:  fo  mirb  bie  $l^iIofo)>]^ie  in  gtoei  ben  ^rincipien  nadi 
ganj  Derfd^iebene  £^eile,  in  bie  t^eoretifc^e  a\i  Staturpl^ilofop^ie  unb 
bie  praftifd^e  al8  ÜRoralpl^ilofppl^ie  (benn  fo  loirb  bie  praüifd^e  ®t* 
fe^gebung  ber  93ernunft  nad^  bem  grreil^eUdbegriffe  genannt),  mit  äie^t 
einget^eilt.  (Si  ^at  aber  bidl^er  ein  groger  SRiPraud^  mit  biefen  ^rxi^ 

25  brfldlen  }ur  Sint^eilung  ber  ))erfd^iebenen  ^rincipien  unb  mit  il^nen  aud^ 
ber  $]§iIofopl^ie  gel^enfd^t:  inbem  man  baiS  $rattifd^e  nad^  Slaturbegriffen 
mit  btm  ^ra!tif(^en  na(^  bem  fjrreil^eitdbegriffe  für  einerlei  na^m  unb  fo 


172  Stx\m  ber  Urt^tUfraft. 

unter  benfelben  93enennungen  einer  tl^eoretifd^en  unb  |)rartif(^en  $^Ho« 
fop^ie  eine  ßintl^eUung  mad^te,  burd^  loeld^e  (ba  beibe  Steile  einerlei 
^rincipien  ^aben  tonnten)  in  ber  S^at  ni^tS  einget^eilt  toar. 

S)er  SBiQe,  als  Segel^rungdoernibgen,  ift  n&mlit^  eine  ))on  ben  man« 
d^erlei  Slatururfad^en  in  ber  Sßelt,  ndmlic^  biejenige,  tt)eld^e  naci^  9e»  & 
griffen  mirft;  unb  Wit&,  \oai  atö  burd^  einen  SSiUen  mdglid^  (ober  not^ 
aenbig)  DorgefteUt  U)irb,  l^eigt  ))raltifd^*m5gli(l^  (ober  not^toenbig):  gum 
Unterfc^iebe  oon  ber  pl^^ftf^en  9R5gli(!^Ieit  ober  9lot]^»enbigIeit  einer 
3Bir!ung,  »ogu  bie  Urfad^e  nid^t  burd^  ^Begriffe  (fonbern  »ie  bei  ber  leb« 
lofen  äRaterie  burc^  SRed^ani^m  unb  bei  Silieren  burd^  3nftinct)  gur  lo 
Saufalit&t  beftimmt  airb.  —  ^ier  U)irb  nun  in  anfe^ung  bed  $raftifd^en 
unbeftimmt  gelaffen:  ob  ber  Segriff,  ber  ber  ^aufalitdt  bed  SBiQend  bie 
JRegel  giebt,  ein  SRaturbegriff,  ober  ein  greil^eitabegriff  fei. 

S)er  le^tere  Unterfd^ieb  aber  ift  tt)efentli(!^.  S)enn  ift  ber  bie  Saufa« 
lität  beftimmenbe  Segriff  ein  SRaturbegriff,  fo  ftnb  bie  ^rinclpien  ted^*  u 
nif  ^'praftif  d^;  ift  er  aber  ein  ^rei^eitsbegriff,  fo  ftnb  biefe  moralif d^« 
prattifd^:  unb  »eil  ti  in  ber  ßintl^eilung  einer  SSernunftmiffenfd^aft 
gdnjlid^  auf  biefenige  Serf^ieben^eit  ber  ©egenftänbe  anlommt,  beren 
@rfenntnig  oerf^iebener  $rinci))ien  bebarf,  fo  loerben  bie  erfteren  jur 
t^eoretifd^en  ^^ilofop^ie  (al8  Slaturlel^re)  gel^ören,  bie  anbern  aber  gang  20 
aQein  ben  gueiten  3!^eil,  ndmlid^  (al«  Sittenlehre)  bie  praltifd^e  $Po« 
fopl^ie,  audmad^en. 

aOe  ted^nifd^^praltifd^e  Siegeln  (b.  i.  bie  ber  j^unft  unb  ®ef(^idElid^« 
teit  fiberl^au^t,  ober  auii  ber  JSlugl^eit,  ald  einer  (^efd^ictlid^teit  auf 
3Renfd^en  unb  il^ren  äSiUen  Sin^ug  gu  ^aben),  fo  fern  il^re  ^rinclpien  23 
auf  Gegriffen  berul^en,  muffen  nur  al«  Gorollaricn  gur  t^eoretifd^en  ^^i» 
lofop^ie  gegd^lt  merbeti.  S)enn  fie  betreffen  nur  bie  aR5glid^!eit  ber  3)inge 
nad^  Slaturbegriffen,  tt)ogu  nid^t  aUein  bie  SRittel,  bie  in  ber  9latur  bagu 
angutreffen  ftnb,  fonbern  felbft  ber  SBiQe  (als  Sege^rungd*,  mithin  als 
9laturoerm5gen)  gel^ört,  fofern  er  bur^  SEriebfebern  ber  9latur  jenen  dtt^  so 
geln  gemdg  beftimmt  toerben  fann.   S)od^  l^ei^en  bergleid^en  praltifd^e 
Siegeln  ni^t  ®efe^e  (etma  fo  mie  pl^Qpfd^e),  fonbern  nur  SSorjd^riften: 
unb  gioar  barum,  »eil  ber  SBiDe  nic^t  blog  unter  bem  9laturbegriffe,  fon« 
bern  aud^  unter  bem  Srei^eitSbegriffe  ftel^t,  in  Segiel^ung  auf  »eldden  bie 
^rincipien  beffelben  ®efe^e  l^eigen  unb  mit  i^ren  Folgerungen  ben  gmei«  ss 
ten  S^eil  ber  $^ilofop]^ie,  ndmlic^  ben  praftifc^en,  aDein  au8mad(|en. 

@o  »enig  alfo  bie  Sluflofung  ber  Probleme  ber  reinen  ©eometrie  gu 


(Stnlettund.  173 

citicin  befonbcren  VitiU  bcrfclbcn  gel^ört,  ober  bic  Sclbmefefunjl  ben  5Ra= 
mett  einer  )>rart{fd^en  Geometrie  }um  Itnterfd^iebe  t)on  ber  reinen  a\i  ein 
itoeiter  3:]^eil  ber  Geometrie  iiberl^aupt  Derbient:  fo  unb  nod^  toeniger  barf 
bie  med^anifd^e  ober  d^emif^e  ^unft  ber  Sjrperimente  ober  ber  Seobad^^ 

5  tungen  fflr  einen  praftifd^en  Sil^eil  ber  !RaturIel^re,  enblic^  bie  ^au8^ 
Sanb^  Staatsmirtl^fddaft,  bie  Jhinft  beiS  UmgangeiS,  bie  SSorfc^rift  ber 
3>idtetlf ,  felbfi  nld^t  bie  aOgemeine  Glfidfeligfeitdlel^re,  jogar  nid^t  ein^ 
mal  bie  Sej&l^mung  ber  Steigungen  unb  93&nbigung  ber  Effecten  gum 
99e]§uf  ber  le^teren  gur  praftifd^en  ^l^ilofop^ie  gej&l^U  »erben,  ober  bie 

10  (enteren  kool^l  gar  ben  gtoeiten  X^eil  ber  ^l^ilofopl^ie  überl^aupt  ani^ 
mo^en;  tt)eil  {ie  indgefammt  nur  Stegein  ber  Gefc^idni^Ieit,  bie  mitl^in 
nur  ted^nifd^*))raftif(!^  {inb,  entl^alten,  um  eine  Sßirlung  ^ert)orjubringen, 
bie  nad^  Staturbegriffen  ber  Urfad^en  unb  Sßirtungen  moglid^  ifi,  loeld^e, 
ba  {ie  gur  tl^eoretifd^en  ^^ilofopl^ie  gehören,  jenen  SSorfd^riften  ali  blogen 

15  SoroQarien  a\xi  berfelben  (ber  Staturmiffenfd^aft)  untermorfen  jinb  unb 
alfo  leine  Stelle  in  einer  befonberen  ^l^ilofop^ie,  bie  praftijt^e  genannt, 
verlangen  Iftnnen.  S)agegen  madjen  bie  moraUfd^*praftif(!^en  SBorfd^riften, 
bie  fi(^  g&ngUd^  auf  bem  3rreil^eit«begritfe  mit  i^dlliger  Sudf^Ue^ung  ber 
Seftimmungdgrflnbe  be«  äSiQend  aM  ber  Statur  grfinben,  eine  gang  be^' 

so  fonbere  Slrt  t)on  93or[d^riften  auS:  toel^e  aud^  gleich  ben  Siegeln,  toeld^en 
bie  Statur  ge^ord^t,  fd^Ied^t^in  ®efe^e  l^eigen,  aber  nid^t  mie  biefe  auf 
finnlic^en  Sebingungen,  jonbern  auf  einem  überftnnlid^en  ^rincip  be« 
ru^en  unb  neben  bem  tl^eoretifd^en  2;i^eile  ber  ^l^llofopl^ie  ffir  fid^  gang 
aQein  einen  anberen  Sl^eil  unter  bem  Stamen  ber  praltifd^en  ^^ilofopl^ie 

95  forbern. 

Stau  fielet  l^ierauiS,  bag  ein  Inbegriff  praltifd^er  äSorfd^riften,  meldte 
bie  $l^iIo[o|)^ie  giebt,  nic^t  einen  befonberen,  bem  tl^eoretifc^en  gur  @eite 
gefegten  S^eil  berfelben  barum  auSmadje,  loeil  fie  praltifd^  finb;  benn 
baS  Ibnnten  fie  fein,  menn  i^re  ^rincipien  gleid^  g&nglid^  aud  ber  t^eo* 

90  retif(^en  (Srfenntnig  ber  Statur  hergenommen  m&ren  (atö  ted^nifd^^pral« 
tifd^e  Siegeln);  fonbern,  tt)eil  unb  menn  il^r  ^rincip  gar  nid^t  Dom  Statur« 
begriffe,  ber  iebergeit  jinnll^  bebingt  ijt,  entlel^nt  ift,  mitl^in  auf  bem 
Überflnnlid^en,  toeld^ed  ber  ^teil^eitdbegriff  aQein  burd^  formale  ®efe^e 
lennbar  mad^t,  berul^t,  unb  fie  alfo  moralifd^^praftifc^,  b.  i.  nid^t  blog 

35  Sorfd^riften  unb  Stegein  in  biefer  ober  {euer  Slbfid^t,  fonbern  ol^ne  ))or« 
^ergel^enbe  Segugnel^mung  auf  Stotdt  unb  Slbftd^ten  ®efe^e  finb. 


174  ^tif  bcr  Urt^etWftQft. 

II- 

SSom  ©ebiete  ber  $]^tIo{op]^ie  itber^au))t. 

So  »cit  Segriffc  a  priori  ll^rc  Sltttocnbung  l^aben,  fo  toclt  reid^t  ber 
©ebraud^  unfered  SrfenntntgDermögenS  nad^  $rincipten  unb  mit  tl^m  bie 
^l^ilofop^ie.  s 

JDcr  Snicgriff  aller  ©eflenjtfinbe  aber,  toorouf  jene  ^Begriffe  beiogen 
»erben,  um  \üo  möglid^  ein  @rlenntnig  berfelben  gu  @tanbe  gu  bringen, 
fann  nad^  ber  i^erf^iebenen  Bulänglic^feit  ober  UnguI&nglic^Ieit  unferer 
Vermögen  gu  bie[er  Übftc^t  einge%ilt  loerben. 

99«fltiffe,  fofern  fte  auf  ©egenftänbe  begogen  »erben,  unongefe^en  lo 
ob  ein  ©rfenntni^  berjelben  mögli^  fei  ober  nl^t,  l^aben  i^r  gfelb,  ml* 
dgeS  blog  mii  bem  SBerli&Uniffe,  baS  il^r  Dbj[cct  gu  unferem  @rfenntnig« 
vermögen  lUerl&aupt  l^at,  benimmt  »irb.  —  S)er  SEI^eil  biefe«  gelbe«, 
toorin  für  un8  ßrfenntnife  möglich  ift,  iji  ein  ©oben  (territorium)  für 
biefe  Segriffe  unb  ba«  bagu  erforberlid^e  Srienntnigoermbgen.  S)er2:^eil  15 
be«  93oben«,  morauf  biefe  gefe^gebenb  finb,  ijl  ba«  ©ebiet  (ditio)  biefer 
SBegriffe  unb  ber  il^nen  gujiel^enben  ßrfenntnifeoermbgen.  ©rfal^rung«* 
begriffe  l^aben  alfo  gtoar  i^ren  SSoben  in  ber  SRatur,  aU  bem  Inbegriffe 
aDer  ©egenft&nbe  ber  @inne,  aber  fein  ©ebiet  (fonbern  nur  i^ren  Sufent« 
l^alt,  domioilium):  »eil  fie  g»ar  gefe^lid^  ergeugt  »erben,  aber  ni^t  ge«  20 
fe^gebenb  finb,  fonbern  bie  auf  fte  gegrünbeten  Siegeln  empirifd^,  mithin 
gufdaig  finb. 

Unfer  gefammte«  erlenntnigoermbgen  l^at  g»ei  ®ebiete,  ba«  ber 
9laturbegriffe  unb  baS  be«  f^ret^eitsbegrtff« ;  benn  burd^  beibe  ifi  e«  a 
priori  gefe^gebenb.  S)ie  ^l^ilofop^ie  tl^eilt  fi^  nun  aud^  biefem  gemdg  in  as 
bie  tl^eoretifc^e  unb  bie  prattifd^e.  9lber  ber  93oben,  auf  »eld^em  ibr  ®e« 
biet  errid^tet  unb  il^re  ©efe^gebung  ausgeübt  »irb,  ift  immer  bod^  nur 
bcr  Snbcgriff  ber  ©cgenjifinbe  aller  möglid^en  (ärfal^rung,  fofern  fie  für 
nid^t«  me^r  al«  bloge  (Srfd^einungen  genommen  »erben;  benn  ol^nebad 
»ürbe  feine  ©efe^gebung  beS  93erftanbe«  in  Snfel^ung  berfelben  gebucht  30 
»erben  fönnen. 

S)ie  ©efe^gebung  burd^  92aturbegriffe  gefd^iel^t  burc^  ben  SSerflanb 
unb  ift  t]^eoretif(!^.  S>ie  ©efe^gebung  burd^  ben  grei^eitsbegriff  gefd^iel^t 
oon  ber  Sernunft  unb  ift  blo^  praf  tifd^.  !Rur  allein  im  $raftifd^en  fann 
bie  äSernunft  gefe^gebenb  fein;  in  Slnfel^ung  beS  tl^eoretifd^en  (SxUnnU  35 
niffeS  (ber  9latur)  fann  fte  nur  (atö  gefe^funbig  oermittelft  be«  SSerftan* 


(Einleitung.  175 

bed)  aus  gegelienen  ®efe^en  burci^  @d^Iflffe  ^Folgerungen  giel^en,  bie  bod^ 
immer  nur  bei  ber  3latur  Uelzen  bleiben,   ttmgefel^rt  aber,  too  JRegeln* 
:t)raltifd^  jinb,  ifi  bieäSernunft  nid^t  barum  fofort  gefe^gebenb,  metl  {ie 
aud^  te^nifc^'praftifc^  fein  I5nnen. 

6  SSerftanb  unb  Vernunft  l^aben  alfo  gmei  i^erjd^iebene  ®e{e^gebungen 
auf  einem  unb  bemfelben  S9oben  ber  6rfal^rungi  o^ne  bag  eine  ber  anbe« 
ren  Eintrag  tl^un  barf.  S)enn  fo  toenig  ber  9laturbegri^  auf  bie  ®efe^ 
gebung  burcft  ben  fjrell^eitöbegrlff  (älnflufe  l^at,  eben  fo  »enig  fibrt  btefer 
bie  ©efe^gebung  ber  SRatur.  —  3)ie  ÜRöglid&feit,  baö  ßuföwmenbeftelien 

10  beiber  ©efe^gebungen  unb  ber  baju  gel^brigen  93erm5gen  in  bemfelben 
Subject  |t(^  »enigflenS  o^ne  äßiberfprud^  }u  benfen,  bemieS  bie  Ärittl 
ber  reinen  Sernunft,  inbem  fie  bie  ßintofirfe  batoiber  burd^  SufbedEung 
beiS  bialeftifd^en  @d^etn8  in  benfelben  t)erni^tete. 

Slber  bag  biefe  gmei  t>erfd^iebenen  ©ebiete,  bie  fid^  jtoar  nid^t  in 

15  i^rer  ©efe^gebung,  aber  bo(^  in  i(|ren  äSirfungen  in  ber  Sinnentoelt  um 
aufPrlic^  einfc^rdnfen,  nid^t  @ineS  auSmad^en,  fommt  bal^er:  bag  ber 
9taturbegriff  jmar  feine  ©egenftänbe  in  ber  Snfd^auung,  aber  nid^t  ald 
©inge  an  fid^  felbfi,  fonbem  al«  blofee  (grfd&einungen,  ber  fjrei^eiföbegriff 
bagegen  in  feinem  Dbiecte  gtoar  ein  S)ing  an  ftd^  felbft,  aber  nid^t  in  ber 

20  anfd^auung  DorfteOig  matten,  mithin  feiner  Dou  beiben  ein  tl^eoretifd^e^ 
ßrfenntnife  öon  feinem  Dbiecte  (unb  felbft  bem  benfenben  ©ubjecte)  als 
S)inge  an  fid^  oerfd^affen  lann,  meld^ed  ba&  Überfinnlid^e  fein  mfirbe,  mo« 
Don  man  bie  2ibee  gtoar  ber  3R5gli^feit  aQer  jener  ®egenft&nbe  ber  @r* 
fa^rung  unterlegen  mu^,  fie  felbft  aber  niemals  gu  einem  @rfenntniffe 

25  erl^eben  unb  ertoeitern  lann. 

&&  giebt  alfo  ein  unbegrdngteS,  aber  aud^  unjugängli^eS  f^elb  für 
unfer  gefammte«  erfenntnlfeöermögen,  nfimlic^  ba«  gelb  be«  Überflnn» 
lid^en,  morin  toir  leinen  99oben  ffir  und  finben,  alfo  auf  bemfelben  loeber 
ffir  bie  SSerfianbejS*  nod^  SSernunftbegriffe  ein  ©ebiet  jum  tl^eoretifd^en 

30  @rfenntnig  ^aben  fbnnen;  ein  t^elb,  mli^tS  mir  gmar  gum  Sel^uf  bed 
t^eoretif^en  fomo^l  als  praftifd^en  ©ebraud^S  ber  SSernunft  mit  3been 
befe^en  mflffen,  benen  mir  aber  in  Sejiel^ung  auf  bie  ©efe^e  aus  bem 
grei^eitsbegriffe  feine  anbere  als  praftifd^e  JRealitdt  üerfc^affen  fbnnen, 
moburd^  bemnad^  unfer  t^eoretif^eS  @rfenntnig  nid^t  im  SRinbeften  gu 

35  bem  Überftnnlid^en  ermeitert  mirb. 

Db  nun  gmar  eine  unüberfel^bare  j^luft  jmifd^en  bem  ©ebiete  beS 
SRaturbegriffS,  als  bem  ©innlid^en,  unb  bem  ©ebiete  beS  fSfteil^eitS» 


176  ^iitf  ber  Urt^ettöfroft. 

begriff«,  qI8  bcm  Übcrfinnlid&cn,  bcfeftigt  tfl,  fo  bafe  t)Ott  bcm  crjleren 
2um  anberen  (alfo  ))ermittelft  be«  t^eoretifd^en  ©ebraud^«  ber  Vernunft) 
fein  Übergang  mbglic^  ift,  gleid^  aU  ob  ti  fo  t)iel  t)erfd^tebene  SSelten 
to&ren,  beren  erfte  auf  bie  jioeite  leinen  (Sinflug  l^aben  fann:  fo  foll  bod^ 
biefe  auf  iene  einen  (Sinflug  l^aben,  ndmlid^  ber  f^eiJ^eitSbegriff  foll  ben  s 
burd^  feine  ®efe^e  aufgegebenen  Qmd  in  ber  Sinnentoett  toirllidi)  mad^en; 
unb  bie  9latur  mug  folglid^  aud^  fo  gebadet  merben  Ibnnen,  bog  bie  ®efe^« 
m&gig!eit  il^rer  ^orm  toenigflen«  jur  9RögUd^!eit  ber  in  i^r  ju  beioirten:: 
ben  Qmdt  nad^  f^reil^eitdgefe^en  gufammenftimme.  —  9Ifo  mug  ed  bod^ 
einen  ©runb  ber  Sinl^eit  beS  Überfinnlid^en,  meldte«  ber  Statur  gum  lo 
©runbe  liegt,  mit  bem,  toa«  ber  ^reil^eitsbegriff  praftifd^  ent^&It,  geben, 
loooon  ber  93egriff,  menn  er  glei^  »eber  tl^eoretifd^  nod^  praftif(!b  ju  einem 
Srfenntniffe  beffelben  gelangt,  mitl^in  lein  eigentl^fimlic^e«  ©ebiet  ^at, 
bennod^  ben  Übergang  oon  ber  S)enlung«art  nad^  ben  ^rincipien  ber 
einen  gu  ber  nad^  ^rincipien  ber  anberen  mbglic^  mat^t.  is 

III. 

S3on  ber  ^ritit  ber  Urtl^eilstraft,  ali  einem  SBerbinbunge^» 

mittel  ber  gioei  S^l^eile  ber  ^l^ilofopl^ie  gu  einem  ©angen. 

S)ie  ^ritil  ber  6rfenntniBt)erm5gen  in  Slnfel^ung  beffen,  ma«  fie  a 
priori  leiften  fönnen,  l^at  eigentlid^  (ein  ®ebiet  in  Snfe^ung  ber  Obfecte:  20 
meil  fie  feine  S)octrin  ift,  fonbern  nur,  ob  unb  U)ie  nad^  ber  Seaanbtni^, 
bie  ed  mit  unferen  SSermbgen  ^at,  eine  S)octrin  burd^  fte  möglich  fei,  gu 
unterfuc^en  l^at.  3^r  f^elb  erßredFt  fid^  auf  alle  Unmagungen  berfelben, 
um  fie  in  bie  ©rängen  il^rer  SHed^tm&gigteit  gu  fe^en.  Sßad  aber  nid(|t  in 
bie  6int^eilung  ber  ^l^ilofop^ie  fommen  fann,  ba«  fann  bo^  a\i  ein  25 
^aupttl^eil  in  bie  j^ritif  be«  reinen  @rfenntnigoerm5gen«  Aberl^aupt  fom< 
men,  toenn  e«  n&mlid^  ^rincipien  entl^&It,  bie  fftr  fid^  meber  gum  tl^eo« 
retifd^en  nod^  praftifd^en  ©ebraud^e  tauglid^  finb. 

S>ie  9laturbegriffe,  loelt^e  ben  ©runb  gu  aUem  tl^eoretifd^en  Srfennt« 
uig  a  priori  entl^alten,  berul^ten  auf  ber  ©efe^gebung  beS  Serfianbed.  —  30 
S)er  ^rei^eitdbegriff,  ber  ben  ©runb  gu  aQen  finnli(^«unbebingten  praf« 
tifd^en  93orf(!^riften  a  priori  entl^ielt,  beruhte  auf  ber  ©efe^gebung  ber 
SSernunft.  93eibe  Siermögen  alfo  l^aben  auger  bem,  bag  fle  ber  logifd^ien 
f^orm  nad^  auf  ^rincipien,  toeld^en  Urfprungd  fie  aud^  fein  mbgen,  an« 
gemanbt  loerben  tonnen,  uberbem  nod^  iebeS  feine  eigene  ©efe^gebung  » 


(ginleitaiiö.  177 

bem  Snl^alte  nad^,  aber  ble  ed  !eine  anbere  (a  priori)  giebt,  unb  bie  bal^er 
btc  eint^cUung  ber  ^^ilofop^ic  in  bic  t]^corettf(:^c  unb  pralttf<!^c  rcc^t* 
fertigt. 

Slttein  in  ber  Familie  ber  oberen  (Srfenntnigt>erm5gen  giebt  eiS  bod^ 

5  nod^  ein  aRittelglieb  gmifc^en  bem  Serftanbe  unb  ber  93ernunft.  S)ie{ed 
ift  bie  Urt^eiUfraft,  Don  welcher  man  tlrfad^e  ^at  naäi  ber  Analogie 
)u  Dennut^en,  bag  fie  eben  fo»o^l,  menn  gleid)  nt(!^t  eine  eigene  ®efe^* 
gebung,  bo4  ein  il^r  eigene^  $rinci))  mdi  ©efe^en  gu  fudjen,  aQenfaDiS 
ein  bIo6  fubjectioe«,  a  priori  in  ft(^  entbalten  bürfte:  »elcbed,  »enn  i^m 

10  gleich  fein  f^elb  ber  ©egenftdnbe  als  fein  ®ebiet  guft&nbe,  bod^  irgenb 
einen  JBoben  ftaben  fann  unb  eine  gemiffe  »efd^affen^eit  beffelben,  »ofür 
gerabe  nur  biefeiS  ^rinclp  geltenb  fein  mic^te. 

^iergu  lommt  aber  nod^  (nad^  ber  Slnalogie  ju  urt^eilen)  ein  neuer 
®runb,  bie  Urt^eildfraft  mit  einer  anberen  Drbnung  unferer  äSorftellungd« 

15  fr&fte  in  Sßerlnfipfung  gu  bringen,  »eld)e  Don  nod^  größerer  SBiditigrelt 
gu  fein  fc^eint,  atö  bie  ber  93er»anbtfd^aft  mit  ber  Familie  ber  6rfennt* 
nigoermbgen.  S)enn  alle  ©eelenoermögen  ober  i^&^igleiten  tonnen  auf 
bie  brei  gurüd  geffll^rt  merben,  loeld^e  ftcb  nidit  ferner  aud  einem  gemein» 
fc^aftlid^en  ©runbe  ableiten  laffen:  baS  Srtenntntgoermigen,  bad 

90  ®efäl^I  ber  Suft  unb  Unluft  unb  bad  Segel^rungdt}erm5gen*). 

*)  (Sd  ifl  Don  9^u|en:  au  IBegriffen,  toelti^e  man  aU  empirif<^e  ^rtncipien 
brauet,  »enn  man  Urfad^e  ^at  gu  t^ermutl^en,  bag  fie  mit  bem  reinen  (i^rfenntnig- 
vermögen  a  priori  in  8ern)anbtf(i^aft  flehen,  biefer  SBeaie^ung  wegen  eine  trand- 
fcenbentale  2)eftnition  au  t)erfu(^en:  nämli(^  burc^  reine  ^ategorieen,  fofern  biefe 

25  aUetn  fc^on  ben  Untertrieb  bed  t>orliegenben  Segriffd  oon  anberen  ^inrei(!^enb  an- 
geben, ^an  folgt  hierin  bem  S3eifpiel  bzß  Sl^at^entatiferd,  ber  bie  empirifc^en  2)ata 
feiner  Aufgabe  unbeflimmt  lAgt  unb  nur  i^r  ^er^öUnig  in  ber  reinen  69ntl^fid 
berfelben  unter  bie  Segriffe  ber  reinen  Slrit^metif  bringt  unb  \i6)  baburc^  bie  $(uf* 
I^fung  berfelben  oeraUgemeinert  —  Wlan  f)at  mir  aud  einem  ä^nlic^en  ^erfa^ren 

90  iStnt  ber  pxaft,  9).,  @.  16  [9]  ber  Sonebe)  einen  9)om>urf  gemalt  unb  bie  S)efinition 
bed  Sege^rungdt)ermdgend,  aU  Sermdgend  burc^  feine  SBorflellungen  Ur* 
fa^e  oon  ber  SBirlUc^feit  ber  (BegenßAnbe  biefer  ^orflellungen  au 
fein,  getabelt:  roeil  bloge  9Bfinf(^e  bo(^  au(^  iSege^rungen  mären,  uon  benen  \i6^ 
bo(!^  feber  beft^eibet,  bag  er  burc^  biefelben  allein  i^r  Dbject  rti6)t  l^ert>orbringen 

35  Unne.  —  2)iefed  aber  bemeifet  ni^td  meiter,  al^  hai  ed  auc^  ^ege^rungen  im 
SRenf^en  gebe,  moburi!^  beifelbe  mit  fi4  felbfl  im  SBiberfpruc^e  fte^t:  inbem  er 
bwcö^  feine  SorfteQung  aUein  gur  ^erootbringung  bt^  Dbiectd  ^inmirft,  t)on  ber 
er  bo(i^  feinen  (Erfolg  ermarten  lann,  meil  er  fi^  bewußt  ifl,  bag  feine  mec^anif^en 
jh&fte  (menn  \^  bie  rd^i  pfi^^ologifc^en  fo  nennen  foU),  bie  burt^  {ene  SSorfteUung 

Kant'«  C<9Tiftes.    »erfe.  V.  12 


178  ^tif  ber  UrtWW^aft 

$flr  bad  (SrrenntnigDermögen  ifl  aQein  ber  SSerftanb  gefe^gebenb,  loenn 
iened  (»ie  eS  qu(!^  gefc^el^en  mug,  toenn  t&  für  ftd^,  o^ne  SSermifd^ung 
mit  bem  99ege]^rungi$t)erm5gen,  betrautet  »irb)  atö  SBermdgen  eined 
t]^eoretif(^en  SrlenntniffeS  auf  bie  Statur  belogen  tt)irb,  in  Sn« 
Teilung  beren  aQein  (ald  Srfc^etnung)  ed  un8  möglich  ifl,  bur(^  Slotur«  5 
begriffe  a  priori,  »elc^e  eigentlid^  reine  ScrftanbeSbegrlffe  pnb,  ®efc^c 
ju  geben.  —  f^ür  bad  S3ege^rungdt}ermogen,  aU  ein  oberem  93erm5gen 
nad^  bem  Srei^eitöbegriffe,  ift  aUeln  bie  Vernunft  (in  ber  attein  biefer 
SÖegriff  Statt  l^at)  a  priori  gefefegebenb.  —  Slun  ijt  jtoijd^en  bem  6r« 
lenntnig'  unb  bem  93egel^rung8Derm5gen  bad  ®efäl^l  ber  Suft,  jo  mie  10 
}n)if(!ben  bem  SSerftanbe  unb  ber  93ernunft  bie  Urt^eilSlraft  enthalten. 
®i  ift  alfo  loemgften)^  Dorl&ufig  ju  Dermut^en,  bag  bie  Urt^eildfraft  eben 
fo  iDOl^l  für  fid^  ein  $rinctp  a  priori  enthalte  unb,  ba  mit  bem  Segel^» 
rungöDermögen  not^ioenbig  Suft  ober  Unluft  oerbunben  ift  (t&  fei,  bag 
fie  toit  beim  unteren  t>or  bem  ^rinctp  beffelben  Dor^ergel^e,  ober  toxt  beim  m 


befittnmt  werben  tnüglen,  um  bod  Object  (tnit^tn  mittelbar)  au  bemtrfen,  entneber 
nic^t  aulöngtid^  finb,  ober  gar  auf  etmad  nntnöglic^ed  ge^en,  3.  SB,  bad  (Skfc^e^ene 
ungefc^e^en  au  matten  (0  mihi  praeteritos,  etc.)  ober  im  ungebulbigen  Darren 
bie  Sn>if<^cnaett  h\$  aum  ^erbetgetoünf(||ten  Slugenblidf  t)ttn\^ten  au  lönnen.  —  Dh 
XDXx  und  qU'tä^  in  folt^en  p^antaftif(i^en  93ege^rungen  ber  Unauldngltc^feit  unferer  20 
SorfieQungen  (ober  gar  i^rer  Untauglic^feit),  Urfat^e  i^rer  (iegenfidnbe  au  fein, 
bemugt  finb:  fo  ift  bo^  bie  IBeaie^ung  berfelben  aU  IMaä^t,  mitl^in  bie  iBorfleHung 
t^rer  (Saufalität  in  iebem  S3unf(^e  entl^alten  unb  oome^mlii^  aldbann  fi^tbar, 
wenn  biefer  ein  ttffect,  ndmlii^  @e^nfu(^t,  ift.  2)enn  biefe  beneifen  babur^,  bag 
fie  bai  ^era  audbe^nen  unb  well  ma^  unb  fo  bie  jtr&fte  erf^dpfen,  bag  bie  25 
5(r&fte  burc^  IBorfteÜungen  »ieber^olentltc^  angefpannt  werben,  aber  ba^  (Skmfit^ 
bei  ber  SRfidfici^t  auf  bie  Unmöglic^feit  unauf^örUt^  wieberum  in  Grmattung  aurütf 
flnfen  laffen.  (Selbft  bie  (Bebete  um  Hbwenbung  groger  unb,  fo  tiel  man  einfielt, 
unoermeiblic^er  äbel  unb  manche  abergldubif^e  SJ^ittel  au  (^et^ung  natürli^er* 
weife  unmdglii^er  ^totde  beweifen  bie  ^aufalbeaiel^ung  ber  SorfteHungen  auf  il^re  so 
Dbjecte,  bie  fogar  bur^  bad  i93ewugtfein  tl^rer  Unaulduglic^fett  aum  C^ect  oon  ber 
Seftrebung  baau  nit^t  abgehalten  werben  famt.  —  SBarum  aber  in  unfere  !Ratur 
ber  i^ang  a»  mit  SBewugtfein  leeren  Oegel^rungen  gelegt  worbeii,  bad  ift  eine  an« 
tbropologif(||-teleologif(^e  $^rage.  <Sd  fc^eint:  bag,  follten  wir  nt(!^t  e^er,  aU  bid 
wir  und  oon  ber  gulänglic^feit  unfereiS  9)ermögend  au  .^eroorbringung  eine«  fDh'  35 
iectd  oerftt^ert  bitten,  aur  5traftanwenbung  beflimmt  werben,  biefe  grogent^eild  un- 
benu^t  bleiben  wfirbe.  2)enn  gemeinigli^i  lernen  wir  unfere  Jhdfte  nur  babur4 
aUererfl  fennen,  bag  wir  fie  oerfut^en.  2)iefe  Släufcbung  in  leeren  SBflnfcb^n  ift  alfo 
nur  bie  Ofolge  oon  einer  wol^lt^&tigen  Slnorbnung  in  unferer  9^atur. 


(Einleitung.  179 

oberen  nur  ani  ber  Sejlimntung  beffelben  burd^  baS  moralifd^e  ®efe^ 
folge),  eben  fo  »o^l  einen  Übergang  Dom  reinen  @rfenntnigoerm5gen, 
b.  {.  Dom  ®ebiete  ber  9laturbegriffe,  )um  ®ebiete  be«  f^rei^eitöbegriffS 
betotrien  tt)erbe,  ate  fie  im  Iogif(!^en  ©ebraud^e  ben  Übergang  oom  93er« 

5  {tanbe  gar  Vernunft  möglid^  mad^t. 

äBenn  alfo  gletd^  bie  ^^ilofopl^ie  nur  in  jioei  $au|)tt]^eUe,  bie  t^eo* 
retifd^e  unb  pratttfd^e,  eingetl^eilt  »erben  fann;  menn  gleid^  aUed,  load 
mir  oon  ben  eignen  $rinctpien  ber  ttrt^eitölraft  gu  fagen  Ibaben  motten, 
in  i^r  gum  t^eoretifd^en  Steile,  b.  i.  bem  aSernunfterlenntni^  nad^  9latur» 

10  begriffen,  gejd^lt  »erben  mfigte:  fo  befielet  bo(^  bie  ^ritif  ber  reinen  93er« 
nunft,  bie  atted  biefed  oor  ber  Unternel^mung  {ened  S^ftemd  gum  93e^uf 
ber  SRoglic^feit  beffelben  auSmad^en  mug,  an»  brei  Steilen:  ber^ritit 
bed  reinen  SerftanbeiS,  ber  reinen  Urtl^eildfraft  unb  ber  reinen  SSernunft, 
meldte  Vermögen  barum  rein  genannt  »erben,  »eil  fie  a  priori  gefe^- 

15  gebenb  finb. 

IV. 

93on  ber  Urtl^eiUIraft,  aU  einem  a  priori  gefe^gebenben 

93ermögen. 

Urt^eitötraft  über]^au|)t  ift  ba8  93ermögen,  bad  Sefonbere  als  ent» 

20  Italien  unter  bem  aUgemeinen  gu  beulen.  ^\t  baß  SQgemeine  (bie  Sftegel, 
baS  $rincip,  baiS  ®efe^)  gegeben,  fo  ift  bie  Urtl^eildfraft,  »eld^e  ba«  93e« 
fonbere  barunter  fubfumirt,  (aud^  »enn  fie  a\^  traniSfcenbentale  Urt^eild« 
traft  a  priori  bie  Sebingungen  angiebt,  »eld^en  gem&g  allein  unter  fenem 
Siagemeinen  fubfumirt  »erben  fann)  beftimmenb.   3ft  aber  nur  ha» 

35  Sefonbere  gegeben,  »ogu  fie  t>a&  Siagemeine  finben  foU,  fo  ift  bie  Urt^eild« 
fraft  blo6  reflectirenb. 

3)ie  beftlmmenbe  Urt^eilSfraft  unter  allgemeinen  tranSfcenbentalen 
@efe^en,  bie  ber  93erftanb  giebt,  ift  nur  fubfumirenb;  ba&  ®efe^  ift  i^r 
a  priori  )?orgegeid^net,  unb  fie  l^at  alfo  ni^t  not^ig,  ffir  {td^  felbft  auf  ein 

so  ®efe^  gu  beuten,  um  bad  Sefonbere  in  ber  9tatur  bem  SÜgemeinen  unter« 
orbnen  gu  Wnnen.  —  ÄDein  e«  finb  fo  mannigfaltige  formen  ber  SHatur, 
gleic^fam  fo  oiele  SRobtficationen  ber  adgemetnen  traniSfcenbentalen  9la« 
turbegriffe,  bie  burd^  j[ene  ®efe^e,  »eld^e  ber  reine  SSerftanb  a  priori  giebt, 
»eil  biefelben  nur  auf  bie  SRöglid^feit  einer  9latur  (als  ©egenftanbed  ber 

35  @inne)  fiber^au:pt  ge^en,  unbeftimmt  gelaffen  »erben,  bag  bafftr  bod^ 

12* 


180  SMm  ber  Urtl^eiUftaft. 

au(^  ©efe^e  fein  muffen,  bie  gioar  old  empirifd^e  nac^  unferer  SBerfton« 
bedeinftc^t  juf&Qig  fein  m&gen,  bie  aber  boßi,  menn  {le  ©efe^e  l^eigen 
foUen  (mie  ed  au(^  ber  Segriff  einer  9latur  erforbert),  au9  einem,  menn 
gleich  und  itnbetannten,  $rinci:p  ber  @in^eit  bed  Stannigfaltigen  ald 
not^menbig  angefe^en  merben  muffen.  —  ©ie  reflectirenbe  Urt^elWfraft,  5 
bie  t>on  bem  Sefonbern  in  ber  9tatur  jum  SlUgemeinen  aufgufleigen  bie 
Dbliegenfteit  ^at,  bebarf  alfo  eined  ^rincipd,  meld^ed  {ie  nid)t  t>on  ber 
(Srf Gärung  entlegnen  tonn,  meil  ed  eben  bie  ßin^eit  oller  empirifc^en 
^rincipien  unter  gleid^faUd  empirifc^en,  aber  ^5^eren  ^rincipien  unb 
alfo  bie  9R5gli(^teit  ber  f9ftematifd)en  Unterorbnung  berfelben  unter  ein»  10 
anber  begränben  foO.  @in  fold^ed  trandfcenbentaled  $rtncip  tann  alfo 
bie  reflectirenbe  Urt^eiWfraft  ficft  nur  felbft  alö  ®efe^  geben,  nicftt  anber« 
mdrtd  ^ernel^men  (meil  fie  fonfl  beftimmenbe  Urt^etldtraft  fein  mürbe), 
no(^  ber  9latur  Dorfdjrciben:  meil  bie  SRefle^rton  über  bie  ®efe^e  ber  9la« 
tur  ftd)  nac^  ber  9latur  unb  biefe  ftd)  nic^t  nac^  ben  Sebingungen  richtet,  15 
nad)  meldjen  mir  einen  in  Slnfe^ung  biefer  gang  guf&Uigen  Segriff  t>on 
xf)X  ju  ermerben  trad)ten. 

9lun  lann  biefed  ^rincip  lein  anbered  fein  ald:  bag,  ba  allgemeine 
9laturgefe^e  i^ren  ©runb  in  unferem  Serftanbe  ^aben,  ber  fte  ber  9latur 
(obgmar  nur  naii  bem  aQgemeinen  begriffe  t>on  i^r  ald  9latur)  Dor«  ao 
fd)reibt,  bie  befonbern  emptrifd^en  ©efe^e  in  Slnfel^ung  beffen,  mad  in 
i^nen  buri!^  jene  unbeftimmt  gelaffen  ift,  nac^  einer  folc^en  Sinl^eit  be« 
trachtet  merben  muffen,  ald  ob  gleidbfaQd  ein  SSerflanb  (menn  glei(ib  nic^t 
ber  unfrige)  jie  jum  Sel^uf  unferer  ©rfenntnifeoermögen,  um  ein  Softem 
ber  @rfa^rung  na(!^  befonberen  9laturgefe^en  möglii!^  gu  machen,  gegeben  n 
l^dtte.  9lic^t  atö  menn  auf  biefe  Slrt  mtrtlic^  ein  folc^er  äSerftanb  an:^ 
genommen  merben  mü^te  (benn  ed  ift  nur  bie  reßectirenbe  Urt^eildtraft, 
ber  biefe  Sbee  gum  ^rinctp  bleut,  gum  Sleflectiren,  nid^t  gum  S3epimmen); 
fonbcrn  biefe«  JBermögen  giebt  fid^  baburd^  nur  felbft  unb  nic^t  ber  Slatur 
ein  ®efe^.  so 

aBeil  nun  ber  Segriff  öon  einem  Dbject,  fofern  er  gugleid^  ben  @runb 
ber  SBirflic^teit  biefe«  Dbject«  ent^&lt,  ber  Sw^cl  unb  bie  Übereinftim« 
mung  eines  3)inged  mit  berjenigen  Sefc^affen^ett  ber  S)inge,  bie  nur  nac^ 
3medfen  möglid^  ift,  bie  3tt)e(f  md^igfeit  ber  gorm  beffelben  l^eifet:  fo 
ift  ba«  ^rincip  ber  Urt^elt«fraft  in  Slnfe^ung  ber  gorm  ber  3)inge  ber  35 
^atur  unter  empirifd^en  ©efe^en  überl^aupt  bie  3^^clmdgigteit  ber 
31a tur  in  il^rer  SRannigfaltigfeit.  3).  i.  bie  9latur  mirb  bur^  biefen  Se- 


(Einleitung.  181 

ßriff  fo  üorflcflcnt,  al«  ob  ein  SSerftanb  bcn  ®runb  ber  Sin^elt  bc8  SRan* 
nigfdttgen  tl^rer  empirifd^en  ®efe^e  entl^alte. 

JDtc  3»«*md6lflfcit  ber  Sflatur  ifl  alfo  ein  befonberer  ©egrlff  a 
priori,  ber  lebiglic^  in  ber  reflectirenben  Urtl^eitötraft  feinen  Urfprung 

»  l^at.  S)enn  ben  ^atnrprobucten  fonn  man  fo  etmaS  ate  SBegiel^ung  ber 
Sftatur  an  il^nen  auf  3»^«*^  nld^t  beilegen,  fonbern  biefen  Segriff  nur 
brau(!^en,  um  über  fie  in  Snfel^ung  ber  93erfnä:pfung  ber  (Srf(i^einungen 
in  il^r,  bie  nad^  empirifc^en  ®efe^en  gegeben  ift,  ju  reßectiren.  Su(^  ift 
biefer  Segriff  oon  ber  praftif^en  Su^^dmagigfeit  (ber  menfd^Iid^en  JSunft 

10  ober  au(i^  ber  Sitten)  ganj  unterfc^teben,  ob  er  jtoar  nac^  einer  Snalogie 
mit  berfelben  gebac^t  mirb. 

V. 

S)a&  $rinc{))  ber  formalen  3tt)e€fmdgigleit  ber  ^atur  ift 
ein  trandfcenbentalea  ^rlnclp  ber  Urtl&eiUIraft. 

15  (Sin  traniSfcenbentaIed  ^rinci^  ift  badjenige,  burd^  toeld^eS  bie  ad« 
gemeine  SBebingung  a  priori  DorgefteUt  toirb,  unter  ber  allein  3>inge  Db« 
tecte  unferer  (Srienntnig  Aberl^aupt  toerben  Ibnnen.  S)agegen  l^eigt  ein 
^rinctp  meta^l^Qjtfd^,  menn  t&  bie  Sebingung  a  priori  Dorflellt,  unter 
ber  allein  £)biecte,  beren  ^Begriff  empirifd^  gegeben  fein  mug,  a  priori 

ao  toeiter  beflimmt  »erben  fönnen.  @o  ift  ba«  $rincl|)  ber  (grfenntnife 
ber  Körper  ald  Subftangen  unb  al8  Derftnberlic^er  Subflanjen  trand« 
fcenbental,  toenn  baburc^  gefagt  mirb,  ba^  il^re  SSerdnberung  eine  Ur:* 
fac^e  l^aben  muffe;  ed  ift  aber  metap^^jifc^,  u)enn  baburd^  gefagt  toirb, 
il^re  äSeränberung  mfiffe  eine  dugere  Urfa(!^e  l^aben:  toeil  im  erfteren 

35  pralle  ber  ^bxptx  nur  burc^  ontologifd^e  $rdbicate  (reine  SSerflanbed» 
begriffe),  g.  93.  ald  @ubftana,  geba(^t  »erben  barf,  um  ben  @a|  a  priori 
ju  erfennen;  im  gleiten  aber  ber  empirifc^e  Segriff  eined  Jtörperd  (al8 
eined  beuegli^en  S)inged  im  SRaum)  biefem  @a|e  gum  ®runbe  gelegt 
merben  mu^,  aldbann  aber,  ba^  bem  ^bxptx  bad  le^tere  ^dbicat  (ber 

so  Semegung  nur  burd^  dugere  Urfad^e)  gutomme,  odOig  a  priori  ein«» 
gefe^en  »erben  lann.  —  @o  ift,  »ie  id^  fogleid^  geigen  merbe,  bad^rincip 
ber  Smedtmdfeigfelt  ber  9latur  (in  ber  URannigfaltigfelt  il^rer  empirififcen 
©efe^e)  ein  tran«fcenbentale0  ^incip.  S>enn  ber  »egriff  Don  ben  Db« 
iecten,  fofem  fle  al«  unter  biefem  ^rincip  fle^enb  gebacftt  »erben,  ift  nur 

S6  ber  reine  »egriff  öon  ©egenftdnben  be8  mbglicften  grfal&rung8erfennt= 


182  Ärttif  htt  Urt^eilfifraft. 

niffeS  flberl^aupt  unb  entl^dlt  nid^tö  (Sm:plrif(]^ed.  S)ageeen  m&re  bad 
$rincip  ber  prQttif(i)en  Smectmägigfett,  bie  in  ber  ^bee  ber  Seftim« 
tnung  eined  freien  Sillend  gebaij^t  »erben  mu^,  ein  metapb^^f^eiS 
^rincip:  meil  ber  Segrijf  eined  Sege^rungdDennö0en8  ald  eine«  äBiUend 
bo(!^  empirifd^  gegeben  merben  mug  (ni(!^t  ju  ben  traniSfcenbentalen  $rd«  s 
bicaten  gel^ört).  SBeibe  $rincipien  aber  finb  bennod^  ntc^t  empirifd^, 
fonbern  ^rincipien  a  priori:  meil  e«  jur  Serbinbung  beS  ^rdbicatö 
mit  bem  empirij^en  Segriffe  bed  Subiectd  il^rer  Urt^eile  feiner  weiteren 
(Srfa^ntng  bebarf,  fonbern  {ene  tbüiq  a  priori  eingefel^en  merben  (ann. 

S>a^  ber  Segriff  einer  ßmedmägigleit  ber  9latur  gu  ben  trandfcem  lo 
bentolen  ^rincipien  gehöre,  lann  man  auS  ben  aRajrtmen  ber  Urt^eild« 
Iraft,  bie  ber  Slacbforfd^ung  ber  Slatur  a  priori  gum  ®rnnbe  gelegt 
»erben,  unb  bie  benno(!b  auf  nic^td  ald  bie  aRogli^Ieit  ber  Srfa^rung, 
mitl^in  ber  @rtenntni^  ber  9latur,  aber  nidbt  blo^  ald  9latur  überhaupt, 
fonbern  atö  bur4  eine  SRannigfaltigfeit  befonberer  ®efe|e  beftimmten  u 
giatur,  geben,  ^inreid^enb  erfeben.  —  ©ie  fommen,  als  ©entenjen  ber 
meta:pb9f^f<^en  äSeidbett,  bei  ©elegenl^eit  mancher  Stegein,  beren  9lot^ 
menbigfeit  man  nic^t  aM  Segriffen  bartl^un  fann,  im  Saufe  btefer 
9Biffenf(^aft  oft  genug,  aber  nur  gerftreut  Dor.  „^^e  Slatur  nimmt  ben 
färgeften  9Beg  (lex  parsimoniae);  fte  t^ut  gleid)n)0^l  leinen  €:prung,  m 
meber  in  ber  Srolge  t^rer  SSerdnberungen,  no(^  ber  ßufammenftellung 
fpecififc^  oerfdbiebener  Srormen  (lex  continui  in  natura);  i^re  groge 
SRannigfaltigleit  in  emptrif^en  ®efe^en  ifl  gleid^mobl  (Sin^eit  unter 
wenigen  ^rincipien  (principia  praeter  necessitatem  non  sunt  multipli«- 
canda)";  u.  b.  g.  m.  n 

SSenn  man  aber  t)on  biefen  ®runbfd^en  ben  Urfprung  angugeben 
benft  unb  ed  auf  bem  pfq^ologif^en  Sßege  t)erfu(i)t,  fo  ift  bieS  bem 
©inne  berfelben  gdn;^li(!b  gumiber.  3)enn  fie  fügen  ni(^t,  mad  gefd)ie^t, 
b.  i.  na^  meldjer  SRegel  unfere  @r(enntnigtrdfte  ibr  ©piel  mirtlidb  treiben, 
unb  toie  geurtbeilt  mirb,  fonbern  mie  geurt^eilt  merben  foK;  unb  ba  lommt  ao 
biefe  logifcbe  obfectioe  9lot]^menbigteit  nid)t  l^eraud,  menn  bie  ^rincipien 
blo^  emptrifc^  finb.  aifo  ift  bie  Sn>eclmdgigteit  ber  Statur  für  unfere 
Srfenntnigoerm5gen  unb  i^ren  ®ebraud^,  meiere  offenbar  auS  i^nen  l^r* 
Dorleudbtet,  ein  trandfcenbentaled  $rinct))  ber  Urt^eile  unb  bebarf  alfo 
a\x6i  einer  trandfcenbentalen  S)ebuction,  oermtttelft  beren  ber  (Srunb  s» 
fo  gu  urtl^eilen  in  ben  SrtenntntgqueUen  a  priori  aufgefu^t  merben  mug. 

3Btr  flnben  ndmltc^  in  ben  ®rünben  ber  aR5gli(^teit  einer  Sr^ 


(Einleitung.  183 

fal^rung  guerft  freiltd)  etmad  9lot^U)enbiged,  nomltd^  bie  allgemeinen 
®efe|e,  ol^ne  toel^e  9latur  überhaupt  (atö  ©egenftanb  ber  @tnne)  nidbt 
gebaut  »erben  tann;  unb  biefe  berufen  auf  ben  J(ategorieen,  angeisanbt 
auf  bie  formalen  Sebtngungen  aQer  und  mögUd^en  Slnfd^auung,  fofern 

5  fle  gleichfalls  a  priori  gegeben  ift.  Unter  biefen  ®efe^en  nun  ift  bie 
Urt^eitöfraft  beftimmenb;  benn  fie  l^at  nid^td  gu  tl^un,  ald  unter  gegeb« 
nen  ®efe^en  ju  fubfumiren.  3-  93-  ber  SSerftanb  fagt:  »Ue  SBerdnDe* 
rung  l^at  i^re  Urfac^e  (allgemeine^  9laturgefe^);  bie  tranSfcenbentale 
Urtl^eildfraft  ^at  nun  n\ii\&  metter  gu  t^un,  ald  bie  Sebingung  ber 

10  6ubfumtion  unter  bem  vorgelegten  SSerftanbedbegriff  a  priori  anzugeben: 
unb  ba8  ift  bie  ©ucceffton  ber  SBeftimmungen  eines  unb  beffelben 
S)ingeS.  Sär  bie  !Ratur  nun  überl^aupt  (als  ©egenftanb  mögU(!^er  @^ 
fal^rung)  mlrb  ieneS  ®efe^  alä  fc^lecftterbing«  not^menbtg  erfannt.  — 
%un  jtnb  aber  bie  ©egenftdnbe  ber  empirifd^en  Srfenntnig  auger  iener 

u  formalen  S^ttbebingung  noc^  auf  mancherlei  flrt  beftimmt,  ober,  fo  Diel 
man  a  priori  urtl^eilen  fann,  beftimmbar,  fo  bag  fpecifif(b«))erf(4iebene 
Staturen  auger  bem,  maS  fte  als  gur  !Ratur  überhaupt  gehörig  gemein 
^aben,  noc^  auf  unenblid)  mannigfaltige  SBeife  Urfac^en  fein  fönnen; 
unb  eine  jebe  biefer  Jlrten  mufe  (nac^  bem  SBegriffe  einer  Urfadje  über* 

30  l^aupt)  i^re  Siegel  l^aben,  bie  ®efe^  ift,  mithin  Stot^menbigteit  bei  Itc^ 
fölirt:  ob  mir  glei^  na(!^  ber  Sefdjaffenl^eit  unb  ben  ©cftranfen  unfe» 
rer  ßrtenntnigoermögen  biefe  9lot^menbigteit  gar  ni^t  einfe^en.  Sllfo 
muffen  mir  in  ber  Sftatur  in  Slnfel^ung  il^rer  blofe  empirifc^en  ©efe^e 
eine  SRöglicbfeit  unenbli^  mannigfaltiger  empirif(!^er  ©efe^e  benfen,  bie 

9ft  fflr  unfere  @in{i(^t  bennoc^  SufäUig  finb  (a  priori  nic^t  erfannt  merben 
tonnen);  unb  in  beren  Slnfe^ung  beurtl^eilen  mir  bie  9latureinl^eit  nad^ 
empirifc^en  ©efej^en  unb  bie  SRöglic^teit  ber  ßin^eit  ber  @rfa^rung  (als 
6^ftemS  nad)  empirifc^en  ©efe^en)  als  gufdUig.  SBeil  aber  bod)  eine 
fol^e  (Sinl^eit  notl^menbig  oorauSgefe^t  unb  angenommen  merben  mu^, 

90  ba  fonft  fein  burd^gdngiger  Sufammenl^ang  empirifc^er  @rfenntniffe  gu 
einem  (Sangen  ber  Srfal^rung  Statt  finben  tofirbe,  inbem  bie  allgemeinen 
9taturgefe^e  gmar  einen  folcben  ßufammen^ang  unter  ben  S)ingen  i^rer 
Gattung  nad),  als  !Raturbingen  itberl^aupt,  aber  nic^t  fpeciflfii^,  als 
fold)en  befonberen  9laturmefen,  an  bie  ^anb  geben:  fo  mug  bie  Itrt^eilS« 

35  traft  für  il^ren  eigenen  ©ebraud^  eS  als  ^rincip  a  priori  annehmen,  bag 
baS  fAr  biemenfc^lic^eeinfid^tBufdllige  in  ben  befonberen  (emptrifd^en) 
9laturgefe^en  bennod^  eine  für  uns  gtoar  nid^t  gu  ergrAnbenbe,  aber  bod^ 


184  SMtil  btt  Urt^eitdfraft. 

benibare  gefe^Iid^e  (Sinl^eit  in  ber  Serbtnbung  il^red  Stanntgfaltigen  gu 
einer  an  {i(^  möeU(i)en  Srfal^rung  enthalte.  Solgli^,  metl  bie  sefe^U^e 
(Sin^eit  in  einer  SSerbinbung,  bie  mir  gmar  einer  notl^wenbigen  ftbfi^t 
(einem  Sebflrfnig  bed  Serßanbei^)  gem&g,  aber  gugleic^  bod^  ald  an  ftd^ 
iuf&dtg  erfennen,  ald  S^^<find6igteit  ber  Dbiecte  (^ier  ber  9latur)  t)or«  & 
gefteUt  mirb:  fo  mu^  bie  Urtl^eiljStraft,  bie  in  anfe^ung  ber  ^inge  unter 
migUd^en  (nod^  ju  entbedenben)  em))trif(^en  (Sefe^en  blo^  reflecttrenb 
ift,  bte  9latur  in  ünfel^ung  ber  legieren  na4  einem  $rinctp  ber 
Smedmdgigfeit  ffir  unfer  Srfenntnigoermögen  benfen,  melc^ed  bann 
in  obigen  Wajrimen  ber  Urt^eildtraft  auSgebrflcft  mirb.  3)iefer  tranS«  lo 
fcenbentale  SBegriff  einer  S»e(Imdfeigfeit  ber  9latur  ift  nun  meber  ein 
!Raturbegriff,  noc^  ein  fSrreil^eitöbegritf,  meil  er  gar  niij^td  bem  Dbtecte 
(ber  9latur)  beilegt,  fonbern  nur  bie  einjige  «rt,  mie  mir  in  ber  JReflejriDn 
über  bie  ®egenftdnbe  ber  9latur  in  abji^t  auf  eine  burc^gdngig  in* 
fammen^dngenbe  (Srfa^rung  »erfahren  muffen,  DorfteUt,  folgli^  ein  fub«  u 
{ectioed  ^rincip  (Wajrime)  ber  Urt^eildtraft;  bal^er  mir  au4,  gleich  atö 
ob  ed  ein  glfidlidier  unfre  Sbjid^t  begflnftigenber  Sufall  mdre,  erfreuet 
(eigentlich  eineö  Sebürfniffeö  entlebigt)  merben,  menn  mir  eine  fold^e 
f^ftematifcbe  Sinl^eit  unter  blo^  em))irif(^en  ®efe^en  antreffen:  ob  mir 
gleich  notl^menbtg  annel^men  mußten,  t&  fei  eine  fol^e  Sinl^eit,  ol^ne  ba|  20 
mir  ^e  bo(^  einsufe^en  unb  ju  bemeifen  Dermo^ten. 

Um  fld^  oon  ber  9ii(!btigleit  biefer  2>ebuction  bed  Dorliegenben  S^ 
griffe  unb  ber  ülot^menbigteit  tl^n  aU  trandfcenbentaied  6rtenntni6< 
princi:p  angunel^men  gu  ftberjeugen,  bebenfe  man  nur  bie  ®röge  ber 
aufgäbe:  aus  gegebenen  äßalirnel^mungen  einer  aUenfalld  unenblid^e  n 
ÜRannigfaltigfett  empirifd^er  ®efe^e  entl&altenben  Statur  eine  äufammen« 
l^dngenbe  (Srfal^rung  gu  ma^en,  meiere  aufgäbe  a  priori  in  unferm 
ä^erftanbe  liegt.  S)er  SSerftanb  ift  jmar  a  priori  im  Sejt^e  allgemeiner 
®efe^e  ber  Statur,  ol^ne  meiere  fte  gar  fein  ®egenftanb  einer  6rfal^rung 
fein  tonnte:  aber  er  bebarf  boc^  auc^  ftberbem  nod^  einer  gemiffen  Drb«  so 
nung  ber  SRatur  in  ben  befonberen  SRegeln  berfelben,  bie  il&m  nur  empi* 
rif4  befannt  merben  lönnen,  unb  bie  in  anfel^ung  feiner  gufdDig  finb. 
S)ief(  Siegeln,  o^ne  meiere  lein  t^ortgang  t)on  ber  allgemeinen  analogie 
einer  möglichen  Srfal^rung  fiberl^aupt  gur  befonberen  Statt  finben  mürbe, 
mufe  er  fl.cft  alö  ®efe^e  (b.  i.  als  notl^menbig)  beulen:  meil  pe  fonft  feine  3* 
ütaturorbnung  auiSma^en  mürben,  ob  er  gleich  il^re  Stot^menbigfeit  nid^t 
erfennt,  ober  fematö  einfel^en  fonnte.   Db  er  alfo  gleid^  in  anfel^ung  ber^ 


(Anleitung.  185 

felben  (Objecte)  a  priori  nic^tö  beftimmeu  fanitr  fo  mug  er  bo^,  um 
biefen  emipirif^en  fogenannten  ®efe^en  nad^juge^en,  ein  $rinci:p  a  priori, 
ba^  n&tnli(b  nadb  t^nen  eine  erfennbare  Drbnung  ber  !Ratur  moglid)  fei, 
aUer  älefleirion  über  biefelbe  gum  ®runbe  legen,  bergleid^en  ^rincif 

&  nadifolgenbe  @d^e  audbrficfen:  ba^  t&  in  il^r  eine  fAr  und  faglic^e 
Unterorbnung  Don  Gattungen  unb  SIrten  gebe;  bag  {ene  ftd^  einanber 
mieberum  nac^  einem  gemeinf^aftlic^en  $rincip  ndl^ern,  bamit  ein 
Übergang  oon  einer  ju  ber  anberen  unb  babur^  ju  einer  l^il^eren  ®at« 
tung  möglid^  fei;  bog,  ba  für  bie  fpeciftfd^e  SSerfc^iebenbeit  ber  Slatur» 

10  mirtungen  eben  fo  Diel  Derfcbiebene  Xrten  ber  ßaufalitdt  annehmen  gu 
m&ffen  unferem  SSerftanbe  anfdnglid^  unoermeibli^  fd^eint,  fie  bennod^ 
unter  einer  geringen  ßal^I  oon  ^rincipien  fielen  mögen,  mit  beren  Suf« 
fu^ung  mit  und  gu  befc^dftigen  l^aben,  u.  f.  xo.  S)iefe  ßufammenftimmung 
ber  9latur  gu  unferem  6rfenntnigt)erm5gen  mirb  Don  ber  Urtl^eilsfraft 

15  gum  Sel^uf  il^rer  9fieflej:ion  über  biefelbe  nad^  i^ren  em))irif(!ben  ®e« 
fe^en  a  priori  Doraudgefe^t,  inbem  fie  ber  SSerflanb  gugleid^  obtecttD  als 
gufdDig  anertennt,  unb  blog  bie  Urtl^eitötraft  fte  ber  %atur  als  trand« 
fcenbentale  ßttedtmdgigleit  (in  Segiel^ung  auf  bad  (Srlenntni^Dermögen 
bed  @ubiectd)  beilegt:  meil  ttir,  ol^ne  biefe  Doraudgufe^en,  leine  Drb« 

so  nung  ber  9latur  nad^  empirifc^en  ®efe^en,  mithin  feinen  Seitfaben  für 
eine  mit  biefen  nad^  oder  il^rer  SRannigfaltigfeit  angufteQenbe  Srfal^rung 
unb  ^lad^forfc^ung  berfelben  l^aben  tourben. 

S)enn  ed  Idgt  fid^  mo^I  beulen:  bag  ungeachtet  aller  ber  ®Ieid^« 
förmigfeit  ber  !Raturbinge  nad^  ben  aDgemeinen  ©efe^en,  ol^ne  meiere 

95  bie  $orm  eined  (SrfaJ^rungderfenntniffed  fiberl^aupt  gar  nic^t  Statt  ftnben 
mfirbe,  bie  fpecififd^e  äSerf^iebenl^eit  ber  em))irif(^en  ®efe^e  ber  9latur 
fammt  il^ren  Sßirfungen  bennoc^  fo  grog  fein  lönnte,  bag  ed  für  unferen 
Serftanb  unmöglid^  mdre,  in  il^r  eine  fagUc^e  Drbnung  gu  entbeden, 
il^re  $robucte  in  (Gattungen  unb  Srten  eingutl^eilen,  um  bie  ^rincipien 

30  ber  Srfldrung  unb  bed  Serftdnbniffed  bed  einen  aut^  gur  (Srfldrung  unb 
Segreifung  bed  anbern  gu  gebrauchen  unb  aud  einem  für  und  fo  Der« 
)9orrenen  (eigentlid^  nur  unenblicj^  mannigfaltigen,  unferer  f^affungd« 
fraft  nid^t  angemeffenen)  @toffe  eine  gufammenl^dngenbe  @rfa^rung  gu 
mad^en. 

S5  S)te  Uril^eildfraft  l^at  alfo  auc^  ein  $rinci|)  a  priori  für  bie  3Rög« 
lid^feit  ber  9lainr,  aber  nur  in  fubiectioer  älüctftc^t  in  ftdb,  ivoburd^  fte, 
nid^t  ber  9latur  (ald  Autonomie),  fonbem  il^r  felbft  (ald  ^eautonomie) 


186  Jhritif  ber  Urt^itöfraft. 

für  bic  SRcflcylon  über  jene,  ein  ®efe^  öorfiftreibt,  toelc^e«  man  baö  ®e* 
fe^  ber  ©pecificatton  ber  Statur  in  «nfel^unfl  l^rer  em^jirifcften 
®efe^e  nennen  Knnte,  bad  pe  a  priori  an  il^r  niiftt  erfennt,  fonbem 
jum  Sebuf  einer  für  unferen  äSerftanb  erfennbaren  Drbnung  berfelben 
in  ber  @int^eUung,  bie  fie  oon  ibren  aDgemeinen  ®efe^en  ma^t,  on*  & 
nimmt,  »enn  pe  biefen  eine  SWannißfaltigfeit  ber  befonbcrn  unterorbnen 
miU.  SSenn  man  alfo  fagt:  bie  9tatur  fyecipcirt  ibre  aUgemeinen  ®efe^e 
nod^  bem  ^rincip  ber  3»€<I»ici6iflfeit  für  unfcr  grfenntnifeDermögen, 
b.  i.  )ur  S(ngemePenbeit  mit  bem  men{d)U(ben  SBerftanbe  in  feinem  notb» 
menbigen  ®ef(bafte,  gum  Sefonberen,  toel^ed  ibm  bie  SBabrnebmung  lo 
barbietet,  baiS  aUgemeine  unb  gum  SBerfcbiebenen  (für  iebe6peclcÄ  jwar 
ungemeinen)  mieberum  SBerfnüipfnng  in  ber  ßinbeit  bed  $rinctp8  gu 
Pnben:  fo  f treibt  man  babttr<b  meber  ber  9latur  ein  ®efe^  )dov,  no^ 
lernt  man  eines  K)on  i^r  bur(b  Seobacbtung  (obgmar  jenes  $rincip  burc^ 
biefe  bepatigt  »erben  tann).  S)enn  ed  ip  nicbt  ein  girinclp  ber  bepim-  15 
menben,  fonbern  blofe  ber  repectircnben  Urt^eitöfraft;  man  »tu  nur, 
ba6  mau,  bie  9tatur  mag  ibren  allgemeinen  ®efe^en  na(b  eingertcbtet 
fein,  mie  pe  moUe,  burtbauS  nad)  ienem  ^rincip  unb  ben  Ptb  barauf 
grünbenben  SRa^imen  ibren  em))irtf(ben  ®efe^en  nacbfpüren  müpe,  meil 
mir,  nur  fo  meit  als  {eneS  Statt  pnbet,  mit  bem  ®ebrau(be  unfereS  93er«  so 
panbeS  in  ber  Srfal^rung  fortfommen  unb  (Srfenntnig  ermerben  tinnen. 

VI. 

93on  ber  SSerbinbung  beS  ®efüblS  ber  2up  mit  bem  Segriffe 
ber  Swcrfwidfeigfeit  ber  SHatur. 

S)ie  gebacbte  ÜbereinPimmung  ber  9latur  in  ber  SRannigfaltigfeit  ss 
ibrer  befonberen  ®efe^e  gu  unferem  SBebürfniffe,  atlgemeinl^eit  ber  $rin* 
cipien  für  pe  aufgupnben,  mug  nacb  aOer  unferer  ßinPi^t  als  gufädtg 
beurtbetlt  merben,  gleicbmobi  aber  bo(b  für  unfer  SerftanbeSbebürfnig 
als  unentbebriicb,  mitbin  als  3n)^dni&6tgfeit,  moburcb  bie  9latur  mit 
unferer,  aber  nur  auf  (grfenntnife  gerii^teten  abpdjt  übereinftimmt.  —  ,10 
S)ie  aUgemeinen  ®efe^e  beS  SerftanbeS,  loelcbe  guglei<b  ®efe^e  ber  9latur 
pnb,  pnb  berfelben  eben  fo  notbmenbig  (obglei^  auS  Spontaneität  ent:^ 
fprungen),  als  bie  SemegungSgefe^e  ber  9Raterie;  unb  i^re  (Srgeugung 
fe^t  feine  0bp(bt  mit  unferen  Srtenntnigoermögen  DorauS,  meil  mir  nur 
bur(b  biefelben  öon  bem,  maS  ©rfenntnil  ber  3)inge  (ber  Sdatur)  fei,  gu«  ss 


(Shileituitg.  187 

erft  einen  Segriff  erl^atten,  unb  fie  ber  Statur  a\i  Dbfect  unferer  @r« 
lenntnig  überl^aupt  notbn)enbig  sulommen.  SlQein,  bog  bie  brbnung 
ber  9latur  na<^  t^ren  befonberen  ©efe^en  bei  aUer  unfere  ^affung^traft 
fiberfteigenben  menigftend  mdglid^en  SRannigfaltigleit  unb  Ungleichartig« 

6  feit  bodb  btefer  uirflic^  angemeffen  fei,  i\t,  fo  t>M  mir  einfeben  t&nnen, 
guf&Uig;  unb  bie  Siuffinbung  berfelben  ift  ein  ©efc^dft  bed  SSerftanbed, 
loelcbeft  mit  Sbfi(i)t  gu  einem  notl^menbigen  Qmtdt  beffelben,  n&mlid^ 
(Sinbeit  ber  $rinci))ien  in  fte  hineinzubringen,  geful^rt  wirb:  U)el(^en 
ßmedt  bann  bie  Urtl^eitötraft  ber  9latur  beilegen  mug,  meil  ber  93erftanb 

10  ll^r  l^lerftber  fein  ®efe|  Dorfdjreiben  tonn. 

S)ie  (Srreidbung  feber  9lbfid)t  ift  mit  bem  ©effll^Ie  ber  Suft  Derbun« 
ben;  unb  ifi  bie  Sebingung  ber  erflern  eine  SSorfteKung  a  priori,  U)ie 
l^ier  ein  $rinci|)  für  bie  reflectirenbe  Urt^eildfraft  äberbaupt,  fo  ift  ba« 
®effibl  ber  Suft  au^  burc^  einen  ®runb  a  priori  unb  für  febermann 

1»  gültig  beftimmt:  unb  ^max  blog  burd^  bie  Segiebung  bed  Dbiecti^  auf 

baS  @rfenntnig))erm5gen,  ol^ne  bag  ber  93egriff  ber  Su^eclmdgigfeit  I|ier 

im  9Rinbeften  auf  baS  SBegebrung^Derm&gen  9lä(f{ld)t  nimmt  unb  fidb 

alfo  oon  aUer  |)raftif(i)en  ßn^eclmdgigfeit  ber  9)atur  gftuiilicb  unterf(i)eibet. 

3n  ber  S^at,  ba  mir  t)on  bem  Sitf^Qtntentreffen  ber  äßabrnel^mun« 

90  gen  mit  ben  ©efe^en  mit  allgemeinen  Slaturbegriffen  (ben  Äategorieen) 
nidbt  bie  minbefte  äBirtung  auf  baS  @effibl  ber  Suft  in  und  antreffen, 
and)  ni(bt  antreffen  fönnen,  meil  ber  SBerftanb  bamit  unabficbtlid)  natb 
feiner  Statur  notl^menbig  Derfd^rt:  fo  ift  anbrerfeit«  bie  entbedte  Serein» 
barfeit  jmeier  ober  mebrerer  empirifc^en  l^eterogenen  Sftaturflefcjje  unter 

86  einem  fie  beibe  befaffenben  $rincip  ber  ®runb  einer  fel^r  merflicben  Suft, 
oft  fogar  einer  Semunberung,  felbft  einer  foldjen,  bie  nidjt  aufhört,  ob 
man  fc^on  mit  bem  ©egenpanbe  berfelben  genug  befannt  ift.  Qtoax 
fpfiren  mir  an  ber  ^aglic^feit  ber  Statur  unb  ibrer  ßinl^eit  ber  Slbtl^ei« 
lung  in  (Sattungen  unb  8(rten,  moburd^  allein  empirifij^e  Segriffe  mog» 

ao  li4  finb,  bur^  mel^e  mir  fte  nad)  il^ren  befonberen  ©efe^en  erfennen, 
feine  merflic^e  Suft  mel^r:  aber  fie  ift  gemife  gu  il^rer  ßeit  gemefen,  unb 
nur  meil  bie  gemeinfte  Srfa^rung  ol^ne  fie  niij^t  m5gli(!b  fein  märbe,  ift 
fie  aUmdblig  mit  bem  bloßen  @rfenntniffe  Dermtf(bt  unb  niij^t  me^r  be« 
fonber«  bemerft  morben.  —  68  gebort  alfo  etmaö,  ba«  in  ber  SBeurtbei« 

85  lung  ber  Statur  auf  bie  Sw^ctmdfeigfeit  berfelben  für  unfern  JBerftanb 
aufmerffam  ma^t,  ein  Stubium  ungleicbartige  ©efej^e  berfelben  mo 
möglid^  unter  l^&^ere,  obmol^l  immer  no4  empirifc^e,  gu  bringen,  bagu, 


188  Ariti!  bet  Urtl^dfraft. 

um,  tt)enn  ei  gelingt,  an  tiefet  (Sinftimmung  berfelben  ffir  unfer  (Sr* 
fenntni^Dermagen,  bie  tt)ir  atö  blog  iuf&Dig  anfeilen,  £ufi  ju  empfinben. 
S)agegen  loftrbe  nnd  eine  SorfteDung  ber  Statur  burii^aud  mißfallen, 
bur4  ttelc^e  man  uni^  wxani  fagte,  bag  bei  ber  minbefien  Sla^forf^ung 
über  bie  gemeinfte  Srfal^rung  l^inaud  tt)ir  auf  eine  $eterogeneit&t  i^rer  5 
®efe^e  ftogen  mftrben,  mel^e  bie  ^Bereinigung  il^rer  befonberen  ®efe^e 
unter  aUgemeinen  empirif(i^en  für  unferen  SSerflanb  unmöglich  madbte: 
loeil  bied  bem  $rinci{)  ber  fubiectiü«gu)edmftgigen  Specification  ber  9la« 
tur  in  il^ren  ®attungen  unb  unferer  reflectirenben  Urtl^eilstraft  in  ber 
abfielt  ber  leiteten  miberjlreitet.  10 

S)iefe  SSoraudfe^ung  ber  Urtl^eildfraft  iji  gleiij^iool^l  barflber  fo  un* 
beflimmt,  n)ie  loeit  fene  ibealif(^edtt)c^&6is'€tt  ber  Statur  für  unfer  Sr* 
!enntnigt)erm5gen  auSgebel^nt  merben  folle,  bag,  »enn  man  und  fagt, 
eine  tiefere  ober  auSgebreitetere  Jtenntnig  ber  Statur  bur4  Seobaij^tung 
muffe  gule^t  auf  eine  SRannigfaltigleit  oon.^efe^en  ftogen,  bie  fein  u 
menfc^Iic^er  SBerftanb  auf  ein  $rincip  jurüdfül^ren  tann,  mir  eS  au^ 
{ufrieben  ftnb,  ob  mir  eS  gleich  lieber  1^5ren,  menn  anbere  und  Hoffnung 
geben:  bag,  ie  me^r  mir  bie  !Ratur  im  inneren  (ennen  mürben,  ober  mit 
Anderen  und  für  fe^t  unbefannten  ©liebern  Dergleichen  (önnten,  mir  fie 
in  i^ren  ^rincipien  um  befto  einfa^er  unb  bei  ber  f^einbaren  ^etero«  so 
geneität  il^rer  empirif^en  (Sefe^e  einl^eUiger  finben  mürben,  {e  meiter 
unfere  ßrfal^rung  fortfd^ritte.  S)enn  ti  ifi  ein  ©el^eig  unferer  Urtl^eild« 
fraft,  nad^  bem  $rincip  ber  Sngemeffenl^eit  ber  Slatur  gu  unferem  @r« 
lenntni^oermigen  gu  oerfal^ren,  fo  meit  ed  rei^t,  ol^ne  (meil  ed  (eine 
beftimmenbe  Urt^eildlraft  ift,  bie  und  biefe  Siegel  giebt)  au8gumad)en,  n 
ob  ed  irgenbmo  feine  ©rdnjen  l^abe,  ober  nic^t:  meil  mir  jmar  in  Sn« 
fel^ung  bed  rationalen  ©ebraud^d  unferer  (Srfenntnigoermögen  (Srftngen 
beftimmen  (önnen,  im  empirifd^en  $elbe  aber  teine  (Sr&ngbeftimmung 
m5glid)  ifi 

VII.  so 

93on  ber  dft^etifd^en  SSorflellung  ber  Stoedmft^igfeit 
ber  Statur. 

Sßad  an  ber  äSorfteOung  eined  Dbtedd  blog  fubiectiD  ifi,  b.  i.  il^re 
Segiebung  auf  bad  Subject,  nic^t  auf  ben  ®egenftanb  audma^t,  ift  bie 
aftl^etifc^e  93ef(^affenl^eit  berfelben;  mad  aber  an  i^r  jur  Seftimmung  ss 


d^inleitung.  189 

bti  ©egenftanbed  ()um  (Srfenntniffe)  bient  ober  gebraud)t  toerben  lann, 
ift  il^re  logifd^e  ®aitigteih  ^tt  bem  (Srtenntntffe  eine«  ©egenftanbeS 
ber  Sinne  tommen  beibe  Seiie^ungen  {ufammen  \)ot.  ^n  ber  @innen« 
DorfteOnng  ber  S)inge  auger  mir  ift  bie  Dualit&t  bed  9laumd,  koorin  mir 

s  {le  anfd)auen,  baft  blog  SubiecttDe  meiner  SorfteDung  berfelben  (mo- 
burd),  mad  fie  aU  Obfecte  an  fid)  fein  mögen,  unanftgemad^t  bleibt),  nm 
welcher  Sejie^nng  mitten  ber  ©egenflanb  and)  baburcb  bloi  ald  Srfd^ei« 
nung  gebac^t  mirb;  ber  SRaum  ift  aber  feiner  blog  fubjectioen  Dualit&t 
ungead^tet  gIei(!^mo^l  bod^  ein  erfenntnigftäd  ber  S)inge  ald  6rf(^einun« 

10  gen.  (Smpfinbung  (^ier  bie  dugere)  brfidt  eben  fomol^l  bai^  blog 
Subjectioe  unferer  Sorftettungen  ber  S)inge  auger  und  ani,  aber  eigent« 
li4  baft  SRateriette  (SReale)  berfelben  (moburc^  etmad  Sjtiftirenbed  ge- 
geben  mirb),  fo  mie  ber  SRaum  bie  bloge  $orm  a  priori  ber  9RögU(4feit 
il^rer  Snfc^auung;  unb  gleic^mol^l  mirb  iene  auc^  gum  Srtenntnig  ber 

i&  Dbiecte  auger  und  gebraust 

S)adienige  @ubiectioe  aber  an  einer  SSorftettung,  mad  gar  fein 
(Srfenntnigftfidt  merben  tann,  ift  bie  mit  il^r  Derbunbene  Suf t  ober 
Unluft;  benn  burc^  fie  ertenne  id^  nic^td  an  bem  ©egenftanbe  ber  93or* 
ftettung,  obgleich  fie  mol^l  bie  SBirtung  irgenb  einer  (Srtenntnig  fein  lann. 

80  9lun  ift  bie  Stt)ectmägigfeit  etned3)inged,  fofern  jie  in  ber  SBa^rne^mung 
oorgeftettt  mirb,  auc^  feine  93ef(^affen^eit  bed  Dbiectd  felbfl  (benn  eine 
fold^e  fann  ntc^t  ma^rgenommen  merben),  ob  fie  glei^  aud  einem  @r« 
ifenntniffe  ber  S)inge  gefolgert  merben  fann*  S)ie  ßmecfmAgigteit  alfo,  bie 
oor  bem  ßrfenntniffe  eined  Cbfectd  oor^ergel^t,  ja  fogar,  o^ne  bie  SSorftel* 

25  lung  beffelben  ju  einem  (Srfenntnig  braud^eQ  gu  motten,  gleid^mo^l  mit  i^r 
unmittelbar  oerbunben  mirb,  ift  bad  @ubiectioe  berfelben,  mad  gar  fein 
(Srfenntnigftfid  merben  fann.  Slfo  mirb  ber  ®egenftanb  aldbann  nur 
barum  gmedm&gig  genannt,  meil  feine  IBorftettung  unmittelbar  mit  bem 
©effil^le  ber  Suft  oerbunben  ift;  unb  biefe  Sorftettung  felbft  ift  eine 

so  dftl^etif^e  SSorftettung  ber  3n)ectmdgigfeit.  —  (Sd  fragt  ftd^  nur,  ob  ed 
überhaupt  eine  folc^e  SBorftettung  ber  ßn^eifmdgigfeit  gebe. 

SBenn  mit  ber  blogen  »uffaffung  (apprehensio)  ber  gorm  eine« 
©egenftanbed  ber  Snf^auung  o^ne  ä3eiie^ung  berfelben  auf  einen  ^t^ 
griff  gu  einem  beftimmten  6rfenntnig  Suft  oerbunben  ift:  fo  mirb  bie 

36  äSorftettung  baburc^  nid^t  auf  baS  Object,  fonbern  lebiglic^  auf  bad 
Subiect  begogen;  unb  bie  Suft  fann  nic^td  anberd  ald  bie  Slngemeffenl^eit 
beffelben  gu  ben  (Srfenntnigoermigen,  bie  in  ber  reflectirenben  Urtl^eitö* 


190  Stmt  ber  Urt^etldfcaft. 

fraft  im  Spiel  finb,  unb  fofern  jie  barin  {inb,  alfo  blog  eine  fubiertiDe 
formale  Sniecfmftgigfeit  beS  DbiectS  au^braden.  S)enn  jene  aujfaffung 
ber  tSrormen  in  bie  Sinbtlbung^fraft  !ann  niemals  gef^el^en,  o^ne  ba| 
bie  reflectirenbe  ttrtl^eitötraft,  aud^  unabfi^tlic^,  fie  loenigftenS  mit  i^rem 
SSermögen,  Snfc^auungen  auf  Segriffe  gu  bejiel^en,  Derglid^e.  äßenn  nun  6 
in  biefer  Sßergleid^ung  bie  (Sinbilbungdtraft  (atö  äjerm&gen  ber  Slnfc^au« 
ungen  a  priori)  jum  Serflanbe  (al9  Vermögen  ber  Segriffe)  bur^  eine 
gegebene  SSorfleOung  unabfic^tli^  in  (Sinftimmung  üerfe^t  unb  baburd^ 
ein  ®effll^I  ber  Suft  enoedt  mirb,  fo  mu^  ber  ®egen{lanb  aldbann  aU 
jioedmftgig  für  bie  reflectirenbe  Urt^eildtraft  angefej^en  werben.  @in  lo 
foldie«  Urt^eil  ift  ein  dft^etifd^ed  Urt^eil  über  bie  Sioedmä^igfeit  bed 
Dbiectd,  meld^ed  ^äi  auf  feinem  oorl^anbenen  Segriffe  Dom  ®egenjianbe 
grfinbet  nnb  leinen  Don  il^m  oerfd^afft.  Sßeffen  ®egenftanbe8  f^orm 
(nid^t  bad  SRateriede  feiner  SorfteUung,  dd  (Smpfinbung)  in  ber  blogen 
9ftefIe;tion  über  biefelbe  (o^ne  übftd^t  auf  einen  Don  i^m  gu  ermerbenben  u 
Segriff)'  als  ber  ®runb  einer  Suji  an  ber  SorfteUung  eines  folc^en  Db* 
iectd  beurt^eilt  loirb:  mit  beffen  Sorfleüung  loirb  biefe  £uft  au^  al« 
notl^U)enbig  Derbunben  geurtl^eilt,  folglich  als  ni^t  blog  für  baS  @ubiect, 
xoAiiti  biefe  $orm  auffaßt,  fonbern  für  {eben  Urtl^eilenben  überhaupt. 
S)er  ©egenftanb  l^ei^t  aisbann  fd^ön;  unb  bad  Sermbgen,  burd^  eine  so 
folc^e  Suft  (folglid^  au(^  aügemeingültig)  gu  urt^eilen,  ber  ©efdbmad. 
S)enn  ba  ber  ®runb  ber  Suft  bIo6  tn  ber  $orm  beS  ®egenjianbeS  für 
bie  9fief[e;rion  überl^aupt,  mitl^in  in  feiner  Smpfinbung  beS  ®egenftanbeS 
unb  au(4  obne  Segie^ung  auf  einen  Segriff,  ber  irgenb  eine  Slbfi^t  ent« 
l^ielte,  gefegt  lotrb:  fo  ift  eS  allein  bie  ®efe^m&gigteit  im  empirifd^en  ss 
®ebrau4e  ber  UrtbeilSfraft  überhaupt  (@in^eit  ber  ßinbilbungSfraft 
mit  bem  Serflanbe)  in  bem  ©ubjecte,  mit  ber  bie  SorfteUung  be«  Db« 
tects  in  ber  9iefIe;rion,  beren  Sebingungen  a  priori  allgemein  gelten,  gu» 
fammen  ftimmt;  unb  ba  biefe  ßuf^inmenftimmung  bed  ®egenflanbed 
mit  ben  Vermögen  beö  eubjcct«  guffiWg  ift,  fo  bewirft  fie  bie  Sor-  so 
fteQung  einer  Svedm&^igfeit  beffelben  in  Snfel^ung  ber  (SrfenntnigDer«» 
mögen  beS  SubiectS. 

$ier  ift  nun  eine  Suft,  bie  toie  afle  Suft  ober  Itnluft,  toeld^e  nid^t 
burcft  ben  greibeitsbegriff  (b.  i.  burdb  bie  Dor^ergebenbe  Seftimmung  be« 
oberen  Segel^rungSDermbgenS  burc^  reine  Sernunft)  gemirft  mirb,  nie»  ss 
mald  aus  Segriffen  als  mit  ber  SorfteOung  eines  ®egenftanbeS  not^ 
menbig  Derbunben  eingefe^en  loerben  fann,  fonbern  jebergeit  nur  burd^ 


(Sinlettunfi.  191 

reflectirte  Sßol^rnel^mung  ald  mit  biefer  i)erTnü:pft  erlannt  loerben  mug, 
fol0(t4  mie  ade  empirifc^e  Urtl^eile  feine  obiectioe  9lotl^menbigfeit  an« 
tflnbigen  unb  auf  ©ültigfeit  a  priori  Slnfpru^  machen  lann.  aber  bad 
©efd^modSurtl^eil  mad^t  auc^  nur  Slnfpru^,  uie  iebed  anbete  empirifc^e 

5  Urteil,  für  iebermann  gu  gelten,  »eld^e«  ungeadö^rt  ^^^  inneren  Su* 
f&digfeit  beffelben  immer  möglich  ift.  3>ad  Sefrembenbe  unb  Sb« 
meic^enbe  liegt  nur  barin:  bag  ed  nid^t  ein  empirifd^er  Segriff,  fonbern 
ein  ®effi^I  ber  Sufl  (folglich  gar  fein  Segriff)  i|),  meldte«  bod^  burc^  bad 
@efd^madCSurt^eiI,  gleid^  ald  ob  ed  ein  mit  bem  6rlenntniffe  bee  Dbjectd 

10  oerbunbeneS  $r&bicat  mdre,  iebermann  gugemut^et  unb  mit  ber  fßox» 
ftedung  beffelben  Derfnüpft  tverben  foD. 

(Sin  einjelned  (Srfal^rungdurtl^eil,  g.  93.  t)on  bem,  ber  in  einem 
aSergfr^ftaÜ  einen  bemeglid^en  Sropfen  SBaffer  »al^rnimmt,  »erlangt  mit 
Siedet,  bafe  ein  Jeber  anbere  e«  eben  fo  flnben  muffe,  weil  er  biefeS  Ur= 

15  tl^eil  nad^  ben  allgemeinen  Sebingungen  ber  beftimmenben  Urtl^eildlraft 
unter  ben  ®efe^en  einer  mögUd^en  @rfa^rung  uberl^aupt  gefdUt  l^at. 
@ben  fo  ma^t  berjenige,  toelcl^er  in  ber  blogen  9flefle]rion  aber  bie  f^orm 
eineö  ®egenftanbeS  ol^ne  9flä(ffi(^t  auf  einen  Segriff  Suft  empftnbet,  ob^ 
imar  biefed  Urtl^eil  empirifd^  unb  ein  eingelneS  Urt^etl  ifl,  mit  Siecht 

30  9[nfpru(^  auf  S^bermanni^  Seiftimmung:  mxl  ber  ®runb  gu  biefer  Suft 
in  ber  allgemeinen,  obgmar  fubiectioen  Sebingung  ber  reflectirenben  IXx^ 
t^eile,  n&mlid^  ber  jmedmA^igen  Übereinftimmung  eined  ©egenftanbeft 
(er  fei  ^robuct  ber  9tatur  ober  ber  jtunft)  mit  bem  SSer^dltnig  ber  6r« 
fenntnigoermögen  unter  fic!^,  bie  gu  iebem  empirifc^en  ßrfenntnig  erfor« 

25  bert  toerben  (ber  Sinbilbung^fraft  unb  bed  Serftanbed),  angetroffen 
mirb.  S)ie  Suft  ift  alfo  im  ©efd^mad^urtl^eile  gmar  oon  einer  empiri:^ 
fd^en  Sorftellung  abl^dngig  unb  tann  a  priori  mit  feinem  Segriffe  üerbun- 
ben  toerben  (man  tann  a  priori  nic^t  beftimmen,  mel(!^er  ®egenftanb  bem 
®efd^mad(e  gemdg  fein  merbe,  ober  nid^t,  man  mug  fl^n  oerfuc^en);  aber 

30  fie  ift  bo(!^  ber  Seftimmungdgrunb  biefeö  Urtl^ils  nur  baburdi),  ba^  man 
fid^  bemüht,  ift,  fie  berul^e  blog  auf  ber  9flefIe;cion  unb  ben  allgemeinen, 
obmol^l  nur  fubjectiDen,  Sebingungen  ber  Übereinftimmung  berfelben 
gum  @rfenntni6  ber  Dbiecte  überhaupt,  für  meldte  bie  f^orm  bed  Dbiectd 
gmectmdgig  ift. 

35  S)ad  ift  bie  Urfad^e,  marum  bie  Urt^eile  beS  ©efd^madCd  i^rer  SRög* 
Ud^feit  nad^,  toeil  biefe  ein  $rincip  a  priori  oorauiSfe^t,  aud^  einer  ^ritif 
unterworfen  finb,  obgleid^  biefed  ^rincip  meber  ein  ßrfenntnigprincip 


192  Sttxiil  ber  Uri^eildlraft. 

ffir  ben  Serflanb,  nod^  ein  yraftifc^eS  für  ben  SBiDen  unb  alfo  a  priori 
gar  nic^t  beftimmenb  ift. 

S)ie  @m))fängl{(^feit  einer  Sufi  aud  ber  9iefIe;rion  fiber  bie  f^ormen 
ber  ©a^en  (ber  Statur  fomo^I  als  ber  Jtunft)  bejei^net  aber  nic^t  allein 
eine  d^cctin&gigteit  ber  Dbiecte  in  SBer^dltnig  auf  bie  reflectirenbe  Ur-  s 
t^etlStraft,  gemdg  bem  Staturbegriffe,  am  @ubiect,  fonbern  au(^  um« 
gefeiert  bed  Subjectö  in  Sinfel^ung  ber  ©egenft&nbe,  il^rer  i^orm,  {a  felbft 
il^rer  Unform  nad^,  )ufolge  bem^rei^eitöbegriffe;  unb  babur(!^  gefc^ie^t 
ed:  ba^  ba^  &fti)etif4e  Urtl^eil  nic^t  blog  atö  ©efcbmactdurtl^eil  auf  bad 
Schöne,  fonbern  au^,  atö  aM  einem  ©eifteSgefül^I  entfprungenei^,  auf  lo 
bai^  (Sr^abene  be;iogen  mirb,  unb  fo  {ene  Jtritit  ber  äfi^etifc^en  Ur^ 
t^eildfraft  in  guei  biefen  gem&^e  ^auptt^eile  gerfaUen  mu^. 

VIII. 
äSon  ber  logifd^en  SBorftellung  ber  Stt^^tlt^ä^tfif^it 

ber  Slatur.  u 

8ln  einem  in  berSrfal^rung  gegebenen  ®egenftanbefannSnedmdgig« 
feit  öorgefteHt  ©erben:  entoeber  au§  einem  blofe  fubiectlöen  ®runbe,  al8 
Übereinftimmung  feiner  gorm,  in  ber  Sluffaffung  (apprehensio)  bef* 
felben  Dor  aQem  Segriffe,  mit  ben  Srtenntnigoermbgen,  um  bie  Snf^au« 
ung  mit  Segriffen  ju  einem  (Srlenntnig  fiber^aupt  gu  Dereinigen;  ober  to 
a\x&  einem  objectioen,  ald  Übereinftimmung  feiner  f^orm  mit  ber  SRög» 
Ii(!^fett  beiS  3)inged  felbft,  na(i^  einem  begriffe  t)on  il^m,  ber  Dor^ergel^t 
unb  ben  ®runb  biefer  ^orm  ent^&It.  äßir  ^aben  gefeiten:  bag  bie  Sor« 
fteUung  ber  ßwcdm&feigfeit  ber  erfteren  8lrt  auf  ber  unmittelbaren  2uft 
an  ber  f^orm  bed  ©egenftanbeiS  in  ber  bloßen  9fiefIe]rion  über  {ie  beruhe;  95 
bie  alfo  Don  ber  3n)ectmd6igteit  ber  geexten  9rt,  ba  fie  bie  ^^orm  bed 
Dbiectö  nici^t  auf  bie  erfenntnifeüermögen  beiS  ©ubiects  in  ber  «uf*^ 
faffung  berfelben,  fonbern  auf  ein  beftimmteS  ßrfenntntg  bed  (Segen« 
ftanbed  unter  einem  gegebenen  Segriffe  begiel^t,  l^at  nic^td  mit  einem  ®e« 
fü^le  ber  Suft  an  ben  S)ingen,  fonbern  mit  bem  Serftanbe  in  Seurtl^i«  so 
lung  berfelben  gu  tl^un.  Sßenn  ber  Segriff  Don  einem  ©egenftanbe  ge* 
geben  ift,  fo  befielt  baö  ©efd^dft  ber  Urt^eilöfraft  im  ®ebrau(^e  beffelben 
gum  Srtenntni^  in  ber  S>arftellung  (exhibitio),  b.  i.  barin,  btm  Se= 
griffe  eine  correfponbirenbe  Slnfc^auung  gur  Seite  gu  ftellen:  eiS  fei,  ba^ 
biefed  burd^  unfere  eigene  (Sinbilbungdtraft  gefc^el^e,  ©ie  in  ber  Jtunft,  ss 


(i^inleitunc).  193 

toenn  tx>\x  einen  Dorl^ergefa^ten  Segriff  t)on  einem  ©egenftanbe,  ber  fftr ' 
un«  Qmed  i(t,  realiftren,  ober  bur^  bie  ?Ratur  in  ber  Stec^nif  berfelben  (wie 
bei  orflanljirten  Körpern),  toenn  toir  il^r  unferen  ©egriff  Dom  Qro^d  jur 
Seurt^eilung  i^red  $robuctS  unterlegen;  in  melcl^em  f^aUe  nid^t  blog 

5  Qtotäm&^i^Uxi  ber  SJlatur  in  ber  fjorm  beö  ©ingeg,  fonbern  biefe« 
il^r  ^robuct  ate  Jlaturjwetf  »orgeftellt  »irb.  —  Dbjmar  unfer  Segriff 
oon  einer  fubiectioen  ßmecfmdgigleit  ber  9latur  in  il^ren  f^ormen  nad^ 
empirifd^en  ©efe^en  gar  fein  Segrtff  Dom  Object  i[t,  fonbern  nur  ein 
^rinctp  ber  Urtl^eitefraft  ft^  in  biefer  i^rer  übergroßen  SRannigfaltig^ 

10  leit  begriffe  gu  Derf (Raffen  (in  il^r  orientiren  ju  Wunen):  fo  legen  mir 
i^r  bod^  l^ieburd^  gleic^fam  eine  Slfidjic^t  auf  unfer  6rfenntnigDerm5gen 
nad^  ber  Slnalogie  eines  S^^^^^  ^^i;  "nb  fo  Wunen  toir  bie  Slatur« 
f(i^5n]^eit  als  S)arftenung  bes  Segriffs  ber  formalen  (bloß  fubtecti« 
Den)  unb  bie  Slaturgmedte  als  JDarfteHung  bes  Segriffs  einer  realen 

15  (obiectiDen)  3n)edm&gig(eit  anfe^en,  beren  eine  toir  burd^  ®ef$mad( 
(fift^etifc^,  Dermittelft  beS  ©efäl^ls  ber  Suft),  bie  anbere  burd^  Serftanb 
unb  Sernunft  Gogifi^,  nad^  Segriffen)  beurtl^eilen. 

hierauf  grünbet  jid6  bie  ein%ilung  ber  Äritil  ber  Urtl^eilsfraft  in 
bie  ber  dftl^ettfd^en  unb  teleologifd^en:  inbem  unter  ber  erfteren  bas 

20  Sermögen,  bie  formale  Sw^dwäfe^ö'^l*  (fonft  aud^  fubjectioe  genannt) 
burdö  baS  Oeful^l  ber  2uft  ober  Unluft,  unter  ber  jiDeiten  bas  Sermögen, 
bie  reale  Sw^^iwafeigfeit  (objectiüe)  ber  5ftatur  burd^  Serftanb  unb  Ser* 
nunft  gu  beurtl^eilen,  Derftanben  mirb. 

3n  einer  Äritif  ber  Urtl^eilSfraft  tft  ber  Sl^eil,  toeld^er  bie  dfil^etifd^e 

25  Urt^eilStraft  entl^dlt,  i^r  ttefentlid^  angel^orig,  meil  biefe  allein  ein  ^rin- 
cip  entl^dlt,  melc^eS  bie  Urtl^eilSfraft  DöBig  a  priori  il^rer  3tefle;rion  über 
bie  9latur  gum  ©runbe  legt,  ndmlid^  baS  einer  formalen  S^^^md^igfeit 
ber  5Jlatur  na^  i^ren  bef onberen  (empirifc^en)  (Sefe^en  für  unfer  (grfennt= 
nigoermogen,  ol^ne  meldte  ft(^  ber  Serftanb  in  fie  nid^t  finbenlönnte:  an« 

30  fiatt  bag  gar  lein  ©runb  a  priori  angegeben  toerben  tann,  \a  nid^t  ein- 
mal bie  9R6gU(^Iett  baDon  aus  bem  Segriffe  einer  9latur,  als  ®egen=^ 
fianbe  ber  Srfal^rung  im  Allgemeinen  fomol^l  als  im  Sefonberen,  erl^ellt, 
bafe  es  obiectiüe  Swedfe  ber  Statur,  b.  i.  2)inge,  bie  nur  als  5Raturgö)ed[e 
möglich  finb,  geben  muffe;  fonbern  nur  bie  Urt^eilSfraft,  ol&ne  ein  $rin« 

35  cip  bagu  a  priori  in  ftc^  gu  entl^alten,  in  Dorfommenben  ^dden  (gemiffer 
^robucte),  um  gum  Se^uf  ber  Sernunft  Don  bem  Segriffe  ber  ßtoedfe 
®ebraud^  gu  mad^en,  bie  Siegel  ent^dlt,  nad^bem  feneS  transfcenbentale 

iranflCt^riften.   »erfe.  V.  13 


194  ^rit«  ber  Utt^eiWfraft. 

^rtncip  fd^on  ben  Segriff  eines  QtotdS  (n>entg{tenS  ber  %otm  nad^)  auf 
bie  9latur  ansumenben  ben  Serftanb  vorbereitet  l^at. 

2)er  tranSfcenbentale  ©runbfa^  aber,  ftd^  eine  S^^dCinägigteit  ber 
^latnv  in  fubjectiDer  IBejiel^ung  auf  unfer  (Srfenntni6t)ermögen  an  ber 
%oxm  eined  ^inged  ald  ein  $rtncip  ber  Seurtl^eilung  berfelben  oorgu«    5 
fteUeUi  I&gt  ed  gdnglid^  unbeftimmt,  mo  unb  in  »eichen  SrfiOen  id^  bie 
Seurt^eilung,  ali  bie  eined  $robuctd  nad^  einem  ^rindp  ber  Qmtdß 
mfi^igfeit  unb  nic^t  Dielmel^r  blog  na$  allgemeinen  9laturgefe^en,  angu« 
fteOen  l^abe,  unb  überldgt  eS  ber  äftl^etif^en  Urt^eitöfraft,  im  ®e» 
jd[)ma((e  bie  9[ngemef[en^eit  beffelben  (feiner  $orm)  gu  unferen  Srfennt«  10 
ni^oermögen  (fofern  biefe  nid^t  burc^  Übereinftimmung  mit  ^Begriffen, 
fonbern  burc^  bad  ®effi]^(  entf^eibet)  auiSjumac^en.  3>agegen  giebt  bie 
teIeo(ogif4*gebrau4te  Urtl^eitölraft  bie  ä3ebingungen  beftimmt  an,  unter 
benen  etaaS  (j.  93.  ein  organifirter  ^bxptx)  na<4  ber  3bee  eines  Qmtdi 
ber  9latur  gu  beurteilen  fei;  fann  aber  feinen  ®runbfa^  auS  bem  ^t^  u 
griffe  ber  9iatur  ald  ®egenftanbeS  ber  Srfal^rung  für  bie  Sefugnig  an^^ 
fahren,  il^r  eine  Segiel^ung  auf  QmS^  a  priori  beijulegen  unb  aud^  nur 
unbeftimmt  bergleic^en  t)on  ber  mirflidijen  Srfa^ung  an  folc^en  $ro« 
bucten  angune^men:  mooon  ber  ®runb  ift,  bag  Diele  befonbere  @rfa^« 
rungen  angefteOt  unb  unter  ber  @inl^eit  i^ed  ^rincips  betrad^tet  merben  20 
mfiffen,  um  eine  obfectine  3n)ed[mägigleit  an  einem  gemiffen  ©egenftanbe 
nur  empirif(!b  erfennen  gu  linnen.  —  S)ie  äft^tifd^e  UrtJ^eilSfraft  ift  alfo 
ein  befonbereS  Vermögen,  S)inge  nad^  einer  Siegel,  aber  nid^t  nad^  93e» 
griffen  gu  beurteilen.   S)ie  teleologifc^e  ift  fein  befonbereS  Vermögen, 
fonbern  nur  bie  reßectirenbe  Urteilstraft  überhaupt,  fofern  fte  mie  fiber-  25 
an  im  teoretifc^en  @rfenntniffe  nac^  ^Begriffen,  aber  in  Snfebung  ge« 
)9iffer  ®egenftanbe  ber  9latur  nac^  befonberen  ^rincipieu,  n&mlid^  einer 
blo^  reflectirenben,  niiit  Objecte  beftimmenben  UrteüSfraft,  oerfAe^r 
alfo  ie^r  Slntoenbung  nad^  gum  teoretifd^en  S^ile  ber  ^eiofoi)^^  g^ 
l^ort  unb  ber  befonberen  ^rincipien  toegen,  bie  nid^t,  toit  eS  in  einer  ao 
S)octrin  fein  mug,  beftimmenb  finb,  an^  einen  befonberen  %\itH  ber 
j(ritif  ausmachen  mu^;  anftatt  ba^  bie  dftetifc^e  UrteilSfraft  gum  @r« 
fenntnig  i^er  ©egenftdnbe  nid^ts  beiträgt  unb  alfo  nur  gur  j(ritif  beS 
urteilcnben  SubjectS  unb  ber  @rfenntnigt)ermögen  beffelben,  fofern  fie 
ber  $rincipien  a  priori  fd^g  finb,  oon  meldiem  ©ebraud^e  (bem  t^ore^  ^ 
tifd[)en  ober  prattifc^en)  biefe  AbrigenS  au(^  fein  mögen,  gegd^lt  merben 
mui  meldbc  ^^^  ^ropdbeutit  aller  ^e^ofope^  ift- 


Einleitung.  195 

IX. 

93on  ber  93er(nfipfung  ber  ©efe^gebungen  btS  äSerftanbed 
unb  ber  SSernunft  burc^  bie  Urtl^ciUIraft. 

3)cr  SScrftanb  ift  a  priori  gcfc^gcbcnb  fflr  blc  5llatur,  oW  Db|cct  ber 

3  @inne,  gu  einem  tl^eoretijd^en  Srfenntnig  berjelben  in  einer  mogliij^en 
erfa^rung.  S)ie  Scrnunft  ift  a  priori  gefefegebenb  für  bie  greil^eit  unb 
il^re  eigene  ßaufalitdt,  als  baS  Überftnnli(j^e  in  bem  @ubj[ecte,  gu  einem 
unbebingt:=praftifcften  erfenntnife.  S)a«  (Scbiet  be8  5Raturbegriffö  unter 
ber  einen  unb  ba&  beS  f^reil^eitöbegriffd  unter  ber  anberen  ©efe^gebung 

10  jtnb  gegen  allen  »ed^felfeitigen  ©inpufe,  ben  pe  für  jic^  (ein  {cbeö  nacft 
feinen  ©runbgefe^en)  auf  etnanber  ^aben  Knuten,  burc^  bie  groge  j^luft, 
melij^e  iai  Überpnnlid^e  Don  ben  @r|c^einungen  trennt,  gdnjlid^  abge« 
fonbert.  3)er  f5rei^eit«begriff  beftimmt  nid^t«  in  Slnfe^ung  ber  t^eore* 
ti|(j^en  fSrfenntnig  ber  9tatur;  ber  9laturbegriff  eben  fomo^I  nid^tiS  in  8n« 

15  fe^ung  ber  praftifd^en  ®efe^e  ber  grei^eit:  unb  eö  ift  in  fofern  nid&t  mög^ 
Ii(^,  eine  Srfide  Don  einem  ©ebiete  gu  bem  anbern  ^infibergufd^Iagen.  — 
flUein  menn  bie  Seftimmungdgrünbe  ber  Saufalitdt  nac^  bem  ^reil^eitd- 
begriffe  (unb  ber  praftifd^en  SRegel,  bie  er  enthält)  gleich  nid^t  in  ber  5la= 
tur  belegen  jtnb,  unb  bad  Sinnlid^e  ha^  Überfinnlic^e  im  Subiecte  nic^t 

20  befiimmen  fann:  fo  ift  biefeS  boc^  umgele^rt  (gmar  nic^t  in  Slnfel^ung  btö 
(Srfenntniffed  ber  9latur,  aber  boc^  ber  folgen  aM  bem  erfteren  auf  bie 
le^tere)  möglid^  unb  fd)on  in  bem  Segriffe  einer  Saufalität  burd^  t^rei* 
l^eit  enthalten,  beren  SBirfung  biefen  i^ren  formalen  ©efe^en  gemäfe  in 
ber  SBelt  gefc^e^en  foll,  obgmar  bad  SSort  Urfad^e,  Don  bem  Überfinn^ 

25  lidben  gebraud&t,  nur  ben  ®runb  bebeutet,  bie  ßaufalitat  ber  Slaturbinge 
gu  einer  SSirlung  gemag  i^ren  eigenen  ^aturgefe^en,  gugleid^  aber  bod^ 
aud^  mit  bem  formalen  ^rincip  ber  SSernunftgefej^e  einhellig  gu  beftim» 
men,  moDon  bie  SRöglidbfeit  gmar  nic^t  eingefe^en,  aber  ber  ßinmurf  Don 
einem  vorgeblichen  Sßtberfpruc^,  ber  ftc^  barin  f&nbe,  ^inreid^enb  mtber* 

30  legt  »erben  fann*).  —  35ie  SBirfung  nacft  bem  grell^eitsbegriffe  ift  ber 


*)  (Seiner  ))on  ben  Derfc^iebenen  vermeinten  SSiberfprüd^en  in  biefer  gdnglid^en 
Unterfi^ung  ber  9{aturcaufalitöt  t>on  ber  bur^  greil^eit  ifi  ber,  ba  man  i^r  ben 
Sonourf  mac^t:  baft,  menn  i(^  t)on  4>inberniffen,  bie  bie9latur  ber  (Saufalit&t 
nad^  grei^eit^efe^en  (ben  tnoralifc^en)  legt,  ober  il^rer  iBeförberung  bur^  bie« 
felbe  rebe,  id)  bo4  ber  erfleren  auf  bie  Untere  einen  (Sinflug  einräume.  Vber  wenn 

13* 


196  Äritif  bei  Utl^lWfraft. 

(änbjtocd,  bcr  (ober  bcffcn  grfdicinunfl  in  bcr  Sinncnwclt)  crlflircn  foll, 
moju  bie  Sebingung  ber  SRöglic^feit  beffelben  in  ber  9latur  (bed  SubfectS 
als  @innenn)efeniS,  ndmlic^  aliS  SRenfc^)  »oraudgefe^t  mirb.  3)ad,  »ad 
biefe  a  priori  unb  ol^ne  aftfidfid^t  auf  baS  ^rattifc^e  oorauSfe^t,  bie  Ur^ 
tl^eilsfraft,  glebt  ben  Dermittelnbcn  Segriff  gmifcftcn  ben  ^Raturbegriffcn  5 
unb  bem  f^reil^eitöbegriffe,  ber  ben  Übergang  Don  ber  reinen  tl^eoretifd^en 
gur  reinen  praftifd^en,  Don  ber  ©efe^mdgigfeit  na(^  ber  erfien  jum  @nb^ 
gmede  nac^  bem  legten  möglid^  mac^t,  in  bem  Segriffe  einer  ßtoed- 
m&Mgfeit  ber  9latur  an  bie  ^anb;  benn  baburij^  mirb  bie  SRöglic^feit 
bed  (Snbgmedd,  ber  allein  in  ber  9latur  unb  mit  @infttmmung  i^rer  ®e«  10 
fe^e  mirflic^  merben  fann,  erfannt. 

3)er  SBerftanb  glebt  burc^  bie  SWögUcftfeit  feiner  ®eje|e  a  priori  für 
bie  9latur  einen  Seioeid  bat)on,  bag  biefe  ))on  und  nur  alS  @rf(beinung 
erfannt  merbe,  mithin  gugleid^  Snjeige  auf  ein  überfinnlic^eS  @ubfirat 
berfelben,  aber  lagt  biefed  g&nglic^  unbeftimmt.  S)ie  Urt^eiUfraft  Der«  is 
fc^afft  burc^  il^r  $rincip  a  priori  ber  Seurtl^eilung  ber  9latur  nad^  m5g' 
lid^en  befonberen  ©efe^en  berfelben  i^rem  überftnnliij^en  @ubftrat  (in 
uniS  fomo^I  ald  auger  und)  Sefttmmbarleit  burc^  bad  intellec^ 
tuelle  Vermögen.  S)ie  Sernunft  aber  giebt  eben  bemfelben  bur(6  il^r 
praftifd^ed  ®efe^  a  priori  bie  Seftimmung;  unb  fo  mad^t  bie  Urt^eiU^^  20 
fraft  ben  Übergang  00m  ®ebtete  bed  9laturbegriffd  gu  bem  bed  f^rei^eitd« 
begriffe  möglic^. 

3fn  anfel^ung  ber  ©eelenüermögen  flber]^au^)t,  fofern  fte  al8  obere, 
b.  i.  als  fold^e,  bie  eine  Slutonomie  entl^alten,  betrautet  »erben,  ift  ffir 
bad  @rfenntnigoermögen  (bad  tl^eoretifd^e  ber9latur)  berSerflanb  n 
badjenige,  loeld^ed  bteconßitutioen  ^rincipien  a  priori  ent^&lt;  für 
bad  ®ef fil^l  ber  Suft  unb  Unluft  ift  ed  bie  Urtl^eildlraft  unabhängig 
Don  Segriffen  unb  @m:pfinbungen,  bie  ftd^  auf  Seftimmung  bed  Sege^^ 


man  bod  ®efagte  nur  oerftel^en  »in,  fo  ift  bie  Sf^igbeutung  fel^r  lei^t  gu  Derbfiten. 
2)er  äBiberftanb,  ober  bie  SBefdrberung  iß  nic^t  atoif^en  ber  9latur  unb  ber  Sret^eit,  so 
fonbern  ber  erfteren  olS  (Srf(^einung  unb  ben  Stillungen  ber  le^tem  ald  Chrfc^ei« 
nungen  in  ber  ©innenmelt;  unb  felbft  bie  @auf  alttftt  ber  Sretbeit  (ber  reinen  unb 
praftifclien  S^ernunft)  ift  bie^aufalitftt  einer  jener  untergeorbneten  fRatururfoc^e 
(bed  (Bubjectd,  old  9J2enf(^,  folglich  ald  (Srftlieinung  betrad^tet),  Don  beren  9e- 
fl immun g  bad  Sntettigible,  toeld^t^  unter  bergrei^eit  gebort  wirb,  auf  eine  flbrt«  35 
gend  (eben  fo  wie  eben  baffelbe,  wad  ba^  fiberflnnli(!^e  ©ubfirat  ber  9latur  oud- 
ma^t)  unerft&rU(!^e  flrt  ben  (S^runb  enthält. 


Einleitung.  197 

ruiigd))frm5gen8  begleiten  unb  baburd^  unmittelbar  ))ralttf(i^  fein  Ibnnten; 
fftr  baS  IBege^rungSDermögen  bie  93ernunft,  meiere  ol^ne  93ermitt&» 
lung  irgenb  einer  Suft,  »o^er  fte  au(^  fomme,  ))raltt|(^  ift  unb  bemfelben 
ald  oberes  äSermögen  ben  (SnbgtoedC  beftimmt,  ber  gugleid^  bai  reine  in» 

5  teHectueHe  SBol^lflefotten  am  Dbjecte  mit  jtdb  ffi^rt.  —  S)er  »egriff  ber 
Urt^eitötraft  Don  einer  Qmtdm&^iQUxt  ber  ^atur  t{i  nod^  gu  ben  9latur^ 
begriffen  ge]^5rig,  aber  nur  ali  regulatives  $rincip  beS  @r(enntnitt)er^ 
mögend,  obgmar  baS  dft^etifc^e  .Urtl^eil  Aber  gemiffe  ©egenftAnbe  (ber 
!Ratttr  ober  ber  j(un{t),  toeld^eS  il^n  ))eranlagt,  in  flnfel^ung  beS  ®effi^lS 

10  ber  Suft  ober  Unluß  ein  con^ituti))ed  $rtncip  ift.  S)ie  Spontaneität  im 
Spiele  ,ber  @rfenntnigoermögen,  bereu  Sufammenftimmung  ben  ®runb 
biefer  £uft  entl^dlt,  mad^t  ben  gebac^ten  Segriff  gut  93ermtttelung  ber 
aSerfnüpfung  ber  ©ebiete  be«  Sdaturbegriff«  mit  bem  8fteil&ett8begrlffe  in 
i^ren  f^olgen  tauglid^,  inbem  biefe  )uglei(^  bie  @mpfdngli(^teit  bed  ®e» 

15  müt^S  fflr  iai  moralifd^e  ®efu^l  beforbert.  —  f^olgenbe  2;afel  fann  bie 
Überfielt  aUer  oberen  93erm5gen  t^rer  fqftemattfc^en  (Sinl^eit  nad^  er- 
leichtern*). 


*)  Tim  l^at  ed  bebenüt^  gefunben,  bog  meine  (Sintl^eilungen  in  bet  reinen 
^^ilofop^ie  faß  immer  breitl^eilig  audfaUen.    S)ad  liegt  aber  in  ber  ffiainx  ber 

30  ®a4e.  @oU  eine  (Sint^eilung  a  priori  gef(!^e^en,  fo  wirb  fie  enhoeber  anal^tifc^ 
fein  na4  htm  &a^t  be^  SBiberfpruc^d;  unb  ba  ift  fie  ieberaeit  aweitl^eUtg  (quodlibet 
eD8  est  aut  A  aut  non  A).  JDber  fie  ift  f^nt^etifd^;  unb  wenn  fie  in  biefem 
gfoUe  and  Segriffen  a  priori  (ni(^t  mie  in  ber  9)>{at^emoti!  auiS  ber  a  priori  bem 
^griffe  correfponbirenben  Unfd^auung)  foU  geffll^rt  werbeni  fo  mug  nad^  bemienigen, 

25  umd  au  ber  f^nt^ifd^en  (J^in^eit  ikberl^aupt  erforberCtc^  ift,  n&mltc^  1)  IBebingung, 
2)  ein  SSebingte^,  3}  ber  93egriff,  ber  auiS  ber  ^Bereinigung  bed  S9ebingten  mit 
feiner  Sebingung  entfpringt,  bie  ^ntfjeilung  notl^wenbig  Sric^otomie  fein. 


198  ^iti!  hex  Urt^i»haft.    Einleitung. 


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be«  ganjctt  SBcrf«. 

^ritit  ber  ftft^ettfd^en  Urt^eildtraft 

Knd^tif  ber  Afl^eti{(^en  Urt^ildtroft. 
erfted  Sud^. 

StoeiteS  SBud^. 
and^tit  b«S  (Srl^abcnen. 

3»(iter  9[bf(^nitt. 
3>ialemf  ber  &fl^ettf(j^en  Urt^eilStraft. 

Btoeiter  X^eil. 
Ätittf  ber  telcologifd^en  Urt^cilsfroft. 

@rfie  abt^eilung. 
analqtif  ber  teleoloflifd^en  Urt^itötraft. 

Btveite  Kbtl^eilung. 
S)taleft»  ber  teIeoIogif(^en  Urt^ilstraft. 

3)}etl^obenIe^re  ber  teleologifc^en  Urt^eiUtraft. 


2)er 
^ritif  ber  Urt^cilSfraft 

ilrtti! 

ber 


5tnal9tif  bc8  ©^önitu 

5  ©rftcg  SIRDmetit 

bes  ©cj^marfäurtl^eifö*)  ber  Qualität  na^. 

§1. 

S)a8  ©efd^matfiSurtl^eil  ifl  aftl^etifc^. 

Um  ju  unterfd^eiben,  ob  etioaS  fd^on  fei  ober  nid^t,  begleiten  xo'xx  bie 
10  äSorfteUung  ntc^t  burc^  ben  ä^erftonb  auf  baS  Obfect  gum  @rfenntniffe, 
fonbern  burc^  bie  (Sinbilbungdfraft  (t^ieUetc^t  mit  bem  SBerftanbe  üer^ 
bunben)  auf  baS  @ub]ect  unb  ba^  ©effll^I  ber  Sufi  ober  Unluft  befffiben. 
S)ad®ef(i^ma(Idurt^eiI  ift  alfo  fein  @rfenntnigurt]^eil,  mitl^in  nid^t  logifc^i 
fonbern  dfH^etifd^,  worunter  man  baSjenige  üerfte^t,  beffen  Seftimmungö» 
15  gruhb  nt^t  anberS  als  fubfectio  fein  fann.  9Qe  93e}ie]^ung  ber  Sor? 
fleDungen,  felbft  bie  ber  (Smpflnbungen  aber  fann  obiectio  fein  (unb  ba 
bebeutet  fie  bad  SReale  einer  empirifd^en  SSorßeQung);  nur  nic^t  bie  auf 

*}  ®te  S)eftmtion  beS  Qefd^macfiS,  mel^e  l^ier  jum  ©runbe  gelegt  xonh,  ifi: 
hai  et  bad  fßetmtQtn  ber  ^eurtbeilung  bed  (B^bntn  fei.  Sßa«  ahtt  baju  erforbert 

30  mirb,  um  einen  (S^egenfionb  fc^ön  au  nennen,  baö  nrni  bie  flnal^fe  ber  Urtl^eile  beiS 
(Bef(3^moöEd  entbecfen.  S)ie  Stomente,  worauf  btefe  Urt^eiliSfraft  in  il^rer  ffit^tjcion 
^^i  ^,  ^abe  \<i^  na<^  Anleitung  ber  (ogifcl^en  gfunctionen  gu  urtl^eilen  aufgefüllt 
(benn  im  ©ef^motfiSurtl^etle  ift  immer  noc!^  eine  SSeaie^ung  auf  ben  Serftanb  ent- 
ölten), ^ie  ber  Qualitöt  l^abe  id)  guerft  in  ^Betrachtung  gegogen,  weil  bad  Aftl^e« 

d&  tif^e  Uril^eil  über  bad  (Simone  auf  biefe  ^uerft  SRfidftd^t  nimmt. 


204    ^til  ber  Urtl^ettölraft.  l.S^eil.  JbrtH!  her  dß^if^en  Urtl^I^Iraft. 

baS  ®effil^l  ber  2ufl  unb  Unlufl,  ivoburd^  gar  nid^tö  im  &bj[ecte  begeic^net 
»irb,  fonberti  in  ber  bas  @ubiect,  mie  ti  burd^  bie  SSorfteQung  afficirt 
»irb,  P(%  jclbft  fü^lt. 

@in  regelm&gigeS,  gmedhnAgige«  ©ebäube  mit  feinem  6rfenntntgüe^ 
mögen  (eS  fei  in  beutUc^er  ober  Denoorrener  SSorfteQungdart)  gu  befaffen,    s 
ift  gan)  ehoad  onberS,  als  f{(^  biefer  SBorfieDung  mit  ber  6mpftnbung  bed 
SBol^IgefaDenS  bemugt  )u  fein,   ^izx  »irb  bie  SorfteUung  gdnjlid^  auf 
baS  @ubiect  unb  gmar  auf  bad  SebenSgefül^l  beffelben  unter  bem  Flamen 
be«  ®effil^I^  ber  Sufi  ober  Unluft  begogen:  m\6itS  ein  gang  befonbereS 
nnterf(^eibungS«  unb  Seurtl^eilungdDermögen  grünbet,  bad  gum  @rfennt«  lo 
nig  nid^tS  beiträgt,  fonbern  nur  bie  gegebene  SSorfteDung  im  @ubj[ecte 
gegen  bM  gange  SBerm5gen  ber  äSorfteUungen  l^dlt,  beffen  ftd^  baS  ®emüt^ 
im  ®efA]^l  feine«  3uftanbed  bemugt  mirb.   (begebene  SSorfteOungen  in 
einem  Urtl^eile  tonnen  empirifd^  (mitl^in  &ft^etif(^)  fein;  bad  ttrt^eil  aber, 
bad  burd^  fie  gefällt  mirb,  ift  logifd^,  menn  {ene  nur  im  Urtl^eile  auf  bad  is 
Obiect  belogen  »erben.   Umgefel^rt  aber,  »enn  bie  gegebenen  Sorfte^ 
lungen  gar  rational  »dren,  »firben  aber  in  einem  Urtl^eile  lebiglid^  auf 
bas  @ubiect  (fein  ®efft^l)  begogen,  fo  finb  fie  fofern  iebergeit  dft^etifd^. 

§  2. 
S)ai^9Bo]^Igefanen,  koeld^ed  baiS  (Sefd^matf^urtl^eil  beftimmt,  20 
ifi  ol^ne  alleS  Sntereffe. 

Sntereffe  »irb  bad  Sol^lgefaQen  genannt,  \x>ai  mir  mit  ber  Sorftel» 
lung  ber  6]rifteng  eines  ®egenftanbe8  Derbinben.  (Sin  foId^eS  l^at  ba^er 
immer  gugleid^  Segiel^ung  auf  baS  Sege^rungSoermbgen,  entmeber  ald  ^ 
ftimmungSgrunb  beffelben,  ober  bod^  atö  mit  bem  SeftimmungSgrunbe  bef^  25 
felben  not^menbig  gufammen^dngenb.  9lun  miO  man  aber,  menn  bie  $rage 
ift,  ob  etmaS  f d^ön  fei,  nic^t  »iffen,  ob  uns  ober  irgenb  iemanb  an  ber  @]ri^ 
fteng  ber  @a(^e  irgenb  etmaS  gelegen  fei,  ober  auc^  nur  gelegen  fein  tonne; 
fonbern,  »ie  mir  fie  in  berbIogen99etrad^tung(8nfd^auung  ober9tefIe]cion) 
beurt^eilen.  Senn  mid^  jemanb  fragt,  ob  id^  ben  ^alaft,  ben  id^  üor  mir  30 
fel^e,  fd^ön  finbe,  fo  mag  id^  gmar  fagen:  id^  liebe  bergleid^en  3)inge  nid^t, 
bie  bloSfür  baS  Singaffen  gemad^tfinb,  ober,tt)ie  teuer  ^rotefifd^e  @ad^em, 
i^m  gefaQe  in  $ariS  nid^td  beffer  al8  bie  (Sartfic^en;  i(^  lann  nod^  ftber« 
bem  auf  Die  @itelfeit  ber  ®rogen  auf  gut  Stouffeauifc^  fd^mdlen,  meldte 
ben  Sd^ioeig  bes  Solls  auf  fo  entbel^rlid^e  S)inge  üermenben;  id^  tann  36 


1.  99it$.    9(nal9H!  be«  @45nen.    (^fied  9)}oment.  205 

mid^  enblid^  gar  Uiüit  äberjeugen,  bag,  menn  i(^  mic^  auf  einem  unbe- 
mo^nten  @ilanbe  o^ne  Hoffnung  iernals  mieber  gu  ÜRenfc^en  gu  fommen 
befdnbe,  unb  i(^  burc^  meinen  biegen  9Bun|(^  ein  fold)e^  ^rac^tgebaube 
l^ingaubern  fönnte,  ic^  mir  aud^  nic^t  einmal  biefe  SRul^e  barum  geben 

5  tDfirbe,  toenn  x6i  fdbon  eine  ^fitte  l^ätte,  bie  mir  bequem  genug  mare.  9Ran 
fann  mir  aUeS  biefeS  einräumen  unb  gutl^eigen;  nur  baoon  tft  je^t  nit^t 
bie  Sflebe.  2Ran  »iO  nur  miffen,  ob  bie  bloge  SorfteOung  beS  ®egenftan^ 
beS  in  mir  mit  SBol^Igefanen  begleitet  fei,  fo  gleichgültig  i^  au(^  immer 
in  Snfe^ung  bet  @;rifteng  bed  ®egenftanbed  biefer  SorfteDung  fein  mag. 

10  ÜRan  fte^t  leidet,  bag  ed  auf  bad,  »ad  id^  aM  biefer  SBorfteUung  in  mir 
felbfl  mad^e,  nic^t  auf  bad,  toorin  iti  üon  bet  (Sjrifteng  beS  @egenftanbe^ 
abl^dnge,  anfomme,  um  gu  fagen,  er  fei  f(^5n,  unb  gu  bemeifen,  id^  ^abe 
®ef4ma(I.  @in  ieber  mug  eingeftel^en,  bag  ba^ienige  Urt^eil  Aber  Sd^ön» 
^eit,  morin  ftd^  baS  minbefte  Jntereffe  mengt,  fel^r  ))arteilid^  unb  fein 

u  reine«  ®ef(l)mad(durt^eil  fei.  ÜRan  mug  nid^t  im  minbeften  für  bie  6iri« 
fleug  ber  Sad^e  eingenommen,  fonbern  in  biefem  Setrad^t  gang  gleid^« 
gültig  fein,  um  in  Sad^en  bed  ®efd^mads  ben  äfltc^ter  gu  fpielen. 

Sir  fönnen  aber  biefen  @a^,  ber  üon  Dorgüglid^er  (Sr]^ebli4)feit  ift, 
nid^t  beffer  erläutern,  al8  »enn  mir  bem  reinen,  uninterefftrten*)  SBo^I« 

90  gefaOen  im  (Sefd^madfdurt^eile  batSjenige,  toaiS  mit  ^ntereffe  üerbunben 
ifl,  entgegenfe^en:  üomel^mUc^  menn  mir  gugleid^  gemig  fein  fönnen,  bag 
t&  nid^t  me^r  Srten  bed  Sntereffe  gebe,  ald  bie  eben  je^t  namhaft  gemad^t 
koerben  foOen. 

§  3. 
s6  S)ad  äSBol^Igefallen  am  Slngenel^men  tft  mit  Jnteref fe  berbunben. 

Kngenel^m  ift  bad,  roa^  ben  Sinnen  in  ber  (Smpfinbung 

gef dllt.    ^ier  geigt  fid^  nun  fofort  bie  ©elegen^eit,  eine  gang  gemö^n« 

lid^e  Serme^felung  ber  bo))pelten  Sebeutung,  bie  ba^  SBort  (Smpfinbung 

^aben  fann,  gu  rügen  unb  barauf  aufmerffam  gu  mad^en.    aUed  9Bo^t 

so  gefallen  (fagt  ober  benft  man)  ift  felbjl  ©mpflnbung  (einer  8uft).  SWitl^in 

*)  (Sin  Urtl^il  über  einen  @egenftanb  bed  SBoblfiefaÜend  Tann  gang  uninter • 
effirt,  ober  bo(!^  fe^r  interef fönt  fein,  b.  i.  eö  grflnbet  f!(^  auf  feinem  Stitereffe, 
aber  ed  bringt  ein  Sntereffe  ^er))or;  bergletcben  finb  aUe  reine  moralifc^e  Urt^eile. 
9ber  bie  ®ef4ma(!durtf)etle  begrünben  an  fi(^  au(^  gar  fein  Sntereffe.  !Rur  in  ber 
35  ®efellf(!^aft  mirb  eö  intereffant,  @efc^ma(f  au  l^aben,  wot)on  ber  @runb  in  ber 
9oige  angezeigt  werben  wirb. 


206    ^rittf  bcr  Urtl^etWfroft.   1.  ^e\l  Äriti!  ber  Äft^etifd^en  Urtl^elWfraft. 

iß  alles,  loa^  fiefdDt,  eben  l^ierin,  bog  es  gefdUt,  angenel^m  (unb  na(i^  ben 
))er{(!^{ebenen  Kraben  ober  aud^  SSer^dltniffen  }u  anbern  angenel^men  6m« 
pftnbungen  anmutl^ig,  liebliii^,  ergö^enb,  erfreuUd^  u.  f.  ».)• 
äSirb  aber  bas  eingeräumt,  fo  finb  (Sinbrfide  ber  6inne,  toeld^e  bie  3ltU 
gung,  ober  ®runb{ä^e  ber  Sernunft,  toeld^e  ben  SStUen,  ober  bloge  reflec«  » 
tirte  formen  ber  Slnfc^auung,  meiere  bie  Urtl^eilsfraft  beftimmen,  mai  bie 
äßirtung  auf  baS  ©efdl^l  ber  £uft  betrifft,  gdniliij^  einerlei.  S)enn  biefe 
mdre  bie  Snne^mlid^feit  in  ber  @m))finbung  feines  3uftanbeS,  unb  ba  bo(b 
enblid^  aOe  Bearbeitung  unferer  äJermögen  aufS  ^raftifc^e  auSgel^en  unb 
ftc^  barin  als  in  ibrem  QMt  Dereinigen  mug,  fo  fönnte  man  i^nen  feine  lo 
anbere  ©db&j^ung  ber  S)inge  unb  i^reS  SBert^S  gumutl^en,  als  bie  in  bem 
SSergnügen  befielt,  loelc^es  fte  ))erft)re(^en.  8uf  bie  Srt,  tt)ie  fie  bagu  ge« 
langen,  lommt  es  am  @nbe  gar  nic^t  an;  unb  ba  bie  SBal^l  ber  SRittel 
l^ierin  aUein  einen  Unterfc^ieb  mad^en  fann,  fo  fpnnten  SRenfd^en  ein* 
anber  mobl  ber  S^orbeit  unb  beS  UnoerftanbeS,  niemals  aber  ber  ^lieber«  n 
trdij^tigfeit  unb  93oSl^eit  befd^ulbigen:  loeil  fte  bocb  ade,  ein  feber  na(^ 
feiner  9(rt  bie  Sachen  ju  fe^en,  na^  einem  Siele  laufen,  meld^eS  für  ieber^ 
mann  bas  SSergnügen  ift. 

SBenn  eine  SSeftimmung  beS  ®efflblS  ber  Suft  ober  Unluft  6mpfin« 
bung  genannt  mirb,  fo  bebeutet  biefer  fluSbrutf  etmas  ganj  anbereS,  als  »o 
loenn  i(^  bie  SSorfteOung  einer  ©ad^e  (burdb  @inne,  als  eine  jum  (Srfennt« 
nigoermögen  gehörige  9ieceptioitdt)  (Smpfinbung  nenne.  S)enn  im  le^tern 
SaOe  loirb  bie  SJorfteDung  auf  baS  Dbiect,  im  erftern  aber  lebiglic^  auf 
baS  ©ubiect  bejogen  unb  bient  gu  gar  feinem  @rfenntnif[e,  aud^  nidbt  ju 
bemjenigen,  moburc^  jtcl^  baS  ©ubject  felbfi  erfennt.  25 

SSir  Derfteben  aber  in  ber  obigen  @rf(drung  unter  bem  äSorte  6m« 
pfinbung  eine  obfectiDe  SorfteUung  ber  Sinne;  unb  um  nid^t  immer  @e» 
fabr  ju  laufen,  miggebeutet  ju  merben,  moDen  mir  baS,  maS  jeberjeit  bloS 
fubiectio  bleiben  mug  unb  fd)lecbterbingS  feine  SSorfteUung  eines  ®egen« 
ftanbeS  auSmad^en  fann,  mit  bem  fonft  üblicben  9tamen  beS  ®efftblS  so 
benennen.  S)ie  grflne  Sarbe  ber  SBiefen  gebort  gur  objectioen  @m))fin' 
bung,  als  SBabrnebmung  eines  ©egenftanbes  beS  Sinnes ;  bie  Snnebm:^ 
lid^feit  berfelben  aber  jur  fubiectioen  Smpfinbung,  moburcb  fein  ©egen- 
fianb  oorgeftellt  mirb:  b.  i.  gum  ©effibl,  moburcb  ber  ©egenftanb  als  Ob« 
iect  beS  SBoblgefaflenS  (»eld^es  fein  erfenntnife  beReiben  ift)  betrod^tet  35 
mirb. 

S)ag  nun  mein  Urtl^eil  über  einen  ®egen{tanb,  moburd^  id(i  \\)n  für 


1.  Bu(^.    ttnal^iif  be«  @c^6nen.    (Sxftt&  SRoment.  207 

anflCttc^m  erfWre,  ein  Sntetejfe  an  bemfclben  au^brüde,  ift  barauö  fd^on 
Rar,  bag  ed  bur(^  (£m))ftnbung  eine  Segierbe  nac^  bergleid^en^egenftanbe 
rege  mad^t,  mithin  bad  Sßo^IgefaUen  nic^t  baS  bloge  Urt^eil  fiber  i^n, 
fonbern  bie  Sejie^ung  feiner  @;riftenj  auf  meinen  Su^anb,  fofern  er  burc^ 

r>  ein  foli^ed  Dbiect  afficirt  tt)irb,  Doraudfe^t.  S)a^er  man  üon  bem  ünge^ 
nehmen  nic^t  bloS  fagt:  ti  gefällt,  fonbern:  ed  üergnfigt.  @d  ift  nic^t 
ein  bloger  Beifall,  ben  i(b  i^m  tt)ibme,  fonbern  9leigung  »irb  baburd^  er« 
jeugt;  unb  gu  bem,  mad  auf  bie  lebl^aftefte  Srt  angenel^m  ift,  gel^ört  fo 
gar  fein  Urteil  über  bie  Sef  c^affenl^eit  bei^DbiectS,  bag  bieienigen,  meldte 

10  immer  nur  auf  ba^  ©eniegen  audgel^en  (benn  ba^  ift  ba£f  SSort,  momit 
man  bad  innige  beiS  93ergnfigene  bejeic^net),  fid^  gerne  aOeS  Urtl^eilend 
überleben. 

S)aS  Wohlgefallen  am  ®uitn  ift  mit  Sntereffe  oerbunben. 

15  @ut  ift  baS,  loaS  oermittelft  ber  Vernunft  burcb  ben  blogen  Segriff 
gefADt.  SBir  nennen  einiget  toogu  gut  (baS  9lü^li(^e),  maS  nur  ali^ 
ÜRittel  gef&Qt;  ein  anbereg  aber  an  fi(^  gut,  ma^  fflr  ftc^  felbft  gef&at. 
3n  beiben  ift  immer  ber  Segriff  eines  Qrotd^,  mitl^tn  bad  Ser^ältni^  ber 
Vernunft  jum  (menigftenS  möglid^en)  SBoOen,  folglid^  ein  SBo^lgefallen 

20  am  S)afein  eines  £)bj[ect8  ober  einer ^aublung,  b.  i.  irgenb  ein  3ntereffe, 
entl^alten. 

Um  etmaS  gut  gu  finben,  mug  id^  iebergeit  miffen,  xoa»  ber  ®egen« 
ftanb  für  ein  S)tng  fein  foQe,  b.  i.  einen  Segriff  oon  bemfelben  l^aben. 
Um  @(^in^eit  »oran  gu  finben,  l^abe  ic^  baS  nic^t  nöt^ig.    Slumen, 

25  freie  ßeid^nungen,  o^ne  8bfid)t  in  einanber  gefd^lungene  ßfig^/  unter  bem 
9Ramen  beS  £aubiDerfd,  bebeuten  nid^ts,  ^Angen  üon  feinem  beftimmten 
Segriffe  ab  unb  gefaUen  bod^.  2)a8  SBol^lgefaUen  om  @d^önen  mug  ))on 
ber  8iefIeyion  über  einen  Oegenftanb,  bie  gu  irgenb  einem  Segriffe  (unbc» 
ftimmt  tt)el(^em)  fü^rt,  abl^Angen  unb  unterfc^eibet  fid^  baburc^  auc^  t)om 

30  ängenel^men,  tt)eldbeS  gang  auf  ber  (gmpfinbung  beruht. 

B»ar  fd^eint  baS  Slngene^me  mit  bem  ®uten  in  Dielen  t^AOen  einer« 
lei  gu  fein.  @o  tt)irb  man  gemeiniglid^  fagen:  alles  (oorne^mlic^  bauer« 
]^afte)Sergnügen  ift  an  fi4)  felbfi  gut;  loeld^eS  ungefA^r  fo  Diel  l^ei^t.  alS: 
bauert)aft«angene^m  ober  gut  fein,  ift  einerlei,    allein  man  fann  balb 

35  bemerten,  bag  biefeS  bloS  eine  fe^lerl^afte  SBortDertaufd^ung  fei,  ba  bie 
Segriffe,  meldte  biefen  auSbrüdten  eigent^ümlid^  an^Angen,  feineSioegeS 


208    Äritlf  ber  Urt^eiWfroft.   1.  Sl^eil.  Ärltif  bcr  äp^etif^en  Urt^eltefraft. 

gegen  einanber  auiSgetaufd^t  werben  tonnen.  S)aS  8ngene]|me,  bai  ald  ein 
folc^es  ben  (Segenßanb  lebiglid^  in  Sejtel^ung  auf  ben  @lnn  DorfteQt,  mug 
aflercrji  burc^  ben  Scgriff  eine«  Qmtd^  unter  ^rincipien  ber  SSernunft 
gebracht  »erben,  um  eiS  ald  ©egenftanb  bed  SBiUenS  gut  gu  nennen.  S)ag 
biefe«  aber  atöbann  eine  ganj  anbere  SSejiel^ung  auf  bad  SBo^IgefaUen  5 
fei,  menn  ic^  baiS,  mad  üergnfigt,  gugleic^  gut  nenne,  ifi  barauS  gu  erfe» 
l^en,  ba^  beim  ®uten  immer  bie  f^rage  ift,  ob  ti  iloi  mittelbar*gut  ober 
unmittelbar«gut  (ob  nfi^Iiii^  ober  an  ftc^  gut)  fei;  ba  l^ingegen  beim  8n« 
genel^men  hierüber  gar  ni(^t  bie  f^rage  fein  fann,  inbem  bad  Sßort  {eber» 
geit  etmad  bebeutet,  »ad  unmittelbar  gefdQt.  (@ben  fo  ift  ed  aud^  mit  bem,  10 
»ad  i(b  fd^ön  nenne,  betoanbt.) 

@elbft  in  ben  gemeinften  Sieben  unterjc^eibet  man  bad  ^ngenel^me 
t>om  ©Uten.  93on  einem  burc^  ©eioürge  unb  anbre  Suf A^^  ben  ®ef(^macf 
erl^ebenben  ©eric^te  fagt  man  o^ne  Sebenfen,  ed  fei  angenehm,  unb  ge« 
fte^t  gugleid^,  bag  ed  nid^t  gut  fei:  meil  ed  gioar  unmittelbar  ben  Sinnen  15 
besagt,  mittelbar  aber,  b.  i.  bur<^  bie  SSernunft,  bie  auf  bief^olgen  l^in« 
aus  fte^t,  betrachtet,  miM&at.  Selbfl  in  ber  aSeurtl^eilung  ber  ©efunb^eit 
lann  man  nod^  biefen  Unterfd^ieb  bemerfen.  @ie  ift  jebem,  ber  fie  beft^t, 
unmittelbar  angenel^m  (»enigftend  negatio,  b.  i.  ald  Entfernung  aDer 
förperlic^en  @dbmergen).  Slber  um  gu  fügen,  bag  fte  gut  fei,  mu^  man  {te  90 
nod^  burc^  bie  äJernunft  auf  Qxotdt  rid^ten,  ndmlid^  bag  fte  ein  Suftanb 
ift,  bcr  uns  gu  allen  unfern  ©efcftdften  aufgelegt  macfet.  3«  Slbjtdöt  ber 
®lüd(feligfeit  glaubt  enblic^  bod)  iebermann,bie  größte  Summe  (berSRenge 
fomo^l  als  flauer  nad^)  ber  Slnnel^mlid^feiten  bed  Bebend  ein  »al^red,  ja 
fogar  bad  l^öc^fte  ®ut  nennen  gu  fönnen.  flQein  auc^  ba»iber  jirdubt  ftd^  n 
bie  aSernunft.  anne^mlid^feit  ift  Oenufe.  SP  ed  aber  auf  biefen  aHein 
angelegt,  fo  mdre  ed  t^örid^t,  fcrupul5d  in  flnfe^ung  ber  SRittel  gu  fein, 
bie  il^n  und  Derfdbaffen,  ob  er  leibenb,  ))on  ber^reigebigfeit  ber  9latur,  ober 
burc^  @elbfit^dtigfeit  unb  unfer  eigned  SBirfen  erlangt  mdre.  S)ag  aber 
eined  SRenfc^en  Sjrifleng  an  fid^  einen  9ßert^  l^abe,  meld^er  blog  lebt  (unb  so 
in  biejer  9lb|ld^t  nod^  fo  fel^r  gefd^dftig  ift),  um  gu  gen  legen,  fogar  »entt 
er  babei  flubern,  bie  aUe  eben  fo  »ol^l  nur  aufd  ©enteren  audge^en,  ald 
aßittel  bagu  aufd  befte  beforberlid^  mdre  unb  gmar  barum,  meil  er  burd^ 
S^mpatl^ie  aOed  93ergnfigen  mit  gen5f[e:  bad  »irb  ftd^  bieäSernunft  nie 
äberreben  laffen.  ^3lur  burc^  bad,  »ad  er  tl^ut  ol^ne  Siödftdbt  auf  ®enug,  ss 
in  t)o(ler  Qrrei^eit  unb  unab^dngig  oon  bem,  roa^  il^m  bie  9tatur  auc^  lei* 
benb  oerfd^affen  fönnte,  giebt  er  feinem  S)afein  ald  ber  (Sjctfieng  einer  ^er« 


1.  Bud^.    Knal^H!  M  ®d^5nen.    (SrfleiS  anoment.  209 

fon  einen  abfoluten  Sßertl^;  unb  bte  Glüdfeligleit  ift  mit  ber  ganjen  t^fille 
il^rer  Slnnel^mlid^teit  bei  »eitern  nic^t  ein  unbebingteS  ®ut*). 

8ber  ungeachtet  aQer  biefer  äSerfc^iebenl^eit  guifc^en  bem  Sngene^* 
men  unb  ©uten  fommen  beibe  bod)  barin  überein:  ia^  fte  ieberjeit  mit 

5  einem  3[nteref[e  an  i^rem  ©egenftanbe  Derbunben  finb,  nic^t  aUein  baS  9[n« 
genehme,  §  3,  unb  baS  mittelbar  ®ute  (baS  ^lu^Uc^e),  mliia  als  ältittel 
}u  trgenb  einer  Snnel^mlic^Ieit  gef&Dt,  fonbern  au(^  baiS  fiJ^lec^terbingiS 
unb  in  aller  flbjic^t  ©ute,  ndmliij^  baS  moralifd^e,  »elc^ed  bad  ^öc^fte 
3ntereffe  bei  pd^  fül^rt.  3)enn  ba&  ®utc  ift  baä  Dbiect  bc§  SBiflcn«  (b.  i, 
10  etneiS  burd^  SSernunft  beftimmten  Segel^rungSDermögeniS).  ßtmas  aber 
»oDen  unb  an  bem  S)afein  beffelben  ein  Sßol^lgefallen  l^aben,  b.  i.  baran 

-  ein  Swt^cff^  nel^men,  ijt  ibentifc^. 

§5. 
Sergleid^ung  ber  brei  fpecififd^  üerfc^iebenen  9rten  be8 
15  Sßol^lgefallen«. 

S)ad  flngenel^me  unb  ®ute  l^aben  beibe  eine  Sejiel^ung  auf  baS  Se« 
gel^rungSüermögen  unb  fül^ren  fofern,  jened  ein  pat]^ologi|d)«bebingte8 
(burc^  anreige,  stimulos),  biefeö  ein  reinei^  ^)raftiftöe8,  SBo^lgcfaflen  bei 
fid^,  meld^e^  nid^t  blog  burc^  bie  SSorfteOung  beä  ©egenftanbeS,  fonbern 

20  gugleid^  burd^  bie  Dorgeftellte  SSerfnü))fung  beS  ©ubjectd  mit  ber  &fU 
fteng  beffelben  beftimmt  mirb.  9tid^t  blog  ber  ©egenftanb,  fonbern  auc^ 
bie  ßjtifteng  beffelben  gef&ttt.  S)agegen  ift  bad  ®ef(!^ma(IiSurt^eil  blog 
contemplatiö,  b.  i.  ein  Urtl^eil,  »elc^cä,  inbifferent  in  9lnfe^ung  be8 
3)afein«  eine«  ©egenftanbe«,  nur  feine  Seft^affcnl^eit  mit  bem  ®efül)l  ber 

35  Suft  unb  Unluft  gufammenl^&lt.  Siber  biefe  6ontem:plation  felbft  ift  aud^ 
nic^t  auf  Segriffe  gerid^tet;  benn  bad  ©efd^maddurtl^eil  ift  fein  @rfennt« 
nl6urt!|ell  (meber  ein  tl^eoretifd^eö  noc^  praftifd^cö)  unb  bal^er  aud^  nicf)t. 
auf  Segriffe  gegrßnbet,  ober  auc^  auf  fold^e  abgegwedt 

S)ai  flngenel^me,  baS  @d^öne,  bad  ©ute  begeic^nen  alfo  brei  Derfc^ie«' 

30  bene  Ser^ältniffe  ber  äSorftellungen  gum  ©efä^l  ber  Suft  unb  Unluft,  in 


*)  (Sine  IBerbinblidifeit  gum  ©eniegen  ifl  eine  offenbare  Ungereimtl^ett.   (Shen 

bali  mni  alfo  au^  eine  oorgegeliene  Serbtnblidifeit  ^n  allen  ^anblungen  fein,  bie  ^u 

il^rent  3i^le  bloS  bad  ® eniegen  l^aben :  biefed  mag  nun  fo  geifiig  audgeba(^t  (ober 

DerbrAmt)  fein,  n>ie  e^  wolle,  unb  wenn  eö  aiiä)  ein  m^ftift^er,  fogenannter  l^imm« 

35  lif^er  (S^enug  »Are. 


210     JMttf  bet  Uvt^iUfraft.   1.  S^eU.  ftrUi!  ber  &{t^eHf<!^  ttrtl^eittfraft 

SSegiel^ung  auf  iselc^ed  isit  ®e0enftdtibe  ober  SorfiellungSarten  Don  ein^ 
anber  unterfd^eiben.  Sud^  finb  bte  iebem  angemeffenen  auSbrflde,  tto« 
mit  man  bie  (Som))Iacens  in  benfelben  bejei(]^net,  nid^t  einerlei.  Snge« 
nel^m  l^etgt  Semanbem  baS,  toaS  i^n  tiergnftgt;  fd^ön,  toaS  i^m  bloS 
0efdnt;  gut,  toa»  gefd^d^t  gebilligt,  b.  i.  isorin  Don  i^m  ein  obfec^  & 
tioer  Sßert^  gefegt  mirb.  Snnel^mUd^teit  gilt  aud^  ffir  oemunftlofe  Sil^iere; 
@d^ön]^ett  nur  ffir  SRenfd^en,  b.  i.  t]^ierif(^e,  aber  bod^  Dernfinftige  SBefen, 
aber  aud^  ntd^t  blo«  als  fold^e  ().  S.  ®eifter),  fonbem  gugleid^  als  t^ie- 
rifd^e;  ba«  ®ute  aber^fftr  iebed  oernfinftige  äBefen  überl^aupt;  ein  6a^, 
ber  nur  in  ber  golge  feine  DoUft&nbige  Sted^tferttgung  unb  (SrllArung  be»  lo 
Tommen  fann.  SRan  Tann  fagen:  bag  unter  aDen  biefen  brei  Srten  beS 
äSol^IgefaUenS  baS  bed  ©efd^madd  am  6(^5nen  eingig  unb  allein  ein  un* 
interefftrte«  unb  freies  SBo^lgefallen  fei;  benn  fein  Sntereffe,  toeber  baS 
ber  Sinne,  nod^  baS  ber  SBernunft,  gmingt  ben  SeifaD  ab.  S)a^er  fbnnte 
man  oon  bem  äBol^lgefaDen  fagen:  ti  begiel^e  fid^  in  ben  brei  genannten  is 
SäDen  auf  9leigung,  ober  ®un{t,  ober  Sd^tung.  S)enn  ®nnft  ifi  baS 
einzige  freie  äSol^lgefaDen.  (Sin  ©egenftanb  ber  Steigung  unb  einer,  mU 
d^er  burd^  ein  SBernunftgefe^  uns  gum  Segel^ren  auferlegt  »irb,  laffen 
uns  feine  Sreil^eit,  unS  felbft  irgenb  »orauS  einen  ®egenftanb  ber  £uft 
gu  mad^en.  SlDeS  Sntereffe  fe^t  Sebfirfntg  oorauS,  ober  bringt  eines  20 
l^en)or;  unb  als  SeftimmungSgrunb  beS  Seifalls  Idgt  eS  baS  Urt^eil  über 
ben  ®egenftanb  nid^t  mel^r  frei  fein. 

äSaS  baS  Sntereffe  ber  Steigung  beim  Sngenel^men  betrifft,  fo  fagt 
iebermann:  junger  ift  ber  befie  j^od^,  unb  beuten  Don  gefunbem  appetit 
fd^medt  aDeS,  loaS  nur  e^ar  ifi;  mitl^in  bemeifet  ein  fold^eS  SBol^lgef allen  ss 
feine  Sßal^l  nad^  ®ef(^madF.  9lur  menft  baS  Sebürfni^  befriebigt  ifi,  fann 
man  unterfd^eiben,  toer  unter  SBielen  ®efd^mad  ^abe,  ober  nid^t.  6ben  fo 
giebt  es  Sitten  (6onbutte)  ol^ne  Sugenb,  ^bflid^feit  o^ne  SBol^lkoollen,  Sin« 
ft&nbigfeit  ol^ne  iS^rbarfeit  u.  f.  m.  S)enn  too  baS  fittlid^e  ®efe^  fprid^t, 
ba  giebt  eS  obiectio  toelter  feine  freie  SBal^l  in  Snfel^ung  beffen,  koas  gu  » 
tl^un  fei;  unb  ®efd^madE  in  feiner  Sluffäl^rung  (ober  in  93eurt^eilung  an« 
berer  i^rer)  geigen,  ift  etmaS  gang  anbereS,  als  feine  moralifd^e  S)enfungS« 
art  Andern:  benn  biefe  ent^&lt  ein  ®ebot  unb  bringt  ein  99ebürfni^  l^er« 
))or,  ba  l^ingegen  ber  ^ttlid^e  ®efd^mad(  mit  ben  ®egenfi&nben  beS  Siol^l« 
gefallenS  nur  f))ielt,  ol^ne  ftd^  an  einen  gu  l^dngen.  ss 


1 .  8u4.    «nol^ti!  bed  Sä^bmn.    SmtiM  SRomeitt.  211 

aus  bem  erftenSRomente  gefolgerte  6tII&rung  bti  Sd^önen. 

©efd^mad  tft  baS  Seurtl^eilungSüennögen  eines  ©egenftanbeS  ober 
einer  S^orfleUungSart  bnxii  ein  SBol^lgefaUen  ober  SRigf allen  ol^ne  alles 
Sntereffe.  S)er  ®egeniianb  eine«  fold^en  SBol^IgefaUenS  l^eigt  f d^in. 

bei  ©efd^madtSurtl^eitö,  nämlid^  feiner  SHuantttöt  nad^* 

§6. 

Sias  @(]^öne  ift  baS,  koaS  ol^ne  begriffe  als  Object  eines 

attgemeinen  SBol^IgefallenS  üorgeftellt  isirb. 

10  3>iefe  erll&rung  beS  Sd^önen  fann  auS  ber  oorigen  (Srfldrung  bef« 
felben,  als  eines  ©egenftanbeS  beS  äßol^IgefaUenS  ol^ne  aUeS  ^ntereffe, 
gefolgert  werben.  S)enn  baS,  mt>on  jemanb  ftd^  beiougt  tft,  bog  bas  äBol^l 
gefallen  an  bemfelben  bei  il^m  felbft  ol^ne  aUeS  Sntereffe  fei,  baS  fann 
berfelbe  nid^t  anberS  als  fo  beurtl^eilen,  bag  eS  einen  ®runb  bzS  SBol^l« 

15  gefaUenS  fär  {ebermann  entl^alten  mfiffe.  S)enn  ba  eS  ftd^  nid^t  auf  irgenb 
eine  9leigung  beS  ©ubjects  (nod^  auf  irgenb  ein  anbereS  überlegtes  Snter« 
effe)  grünbet,  fonbern  ba  ber  ttrtl^eilenbe  jid^  in  »nfel^ung  beS  Sol^lge* 
faUenS,  iseld^eS  er  bem  ©egenftanbe  loibmet,  oöUig  frei  fäl^lt:  fo  fann  er 
feine  ^riüatbebingungen  als  ©rünbe  beS  SBo^lgefaDenS  auffinben,  an  bie 

so  {td^  fein  Subject  allein  l)inge,  unb  mug  eS  bal^er  als  in  bemienigen  be« 
grünbet  anfeilen,  mas  er  aud^  bei  iebem  anbern  üorauSfe^en  fann;  folglid^ 
mug  er  glauben  ®runb  )u  l^aben,  {ebermann  ein  il^nlid^es  SBol^lgefallen 
jugumutl^en.  @r  mirb  bal^er  t)om  @d^5nen  fo  fpred^en,  als  ob  @d^5n^elt 
eine  Sefd^affenl^eit  beS  ®egenftanbeS  unb  baS  Urtl^eil  logifd^  (burd^  93e« 

95  griffe  üom  Öbjecte  eine  (Srfenntnig  beffelben  auSmad^enb)  kodre;  ob  eS 
gleid^  nur  dfll^ettfd^  {{i  unb  blog  eine  Segiel^ung  ber  SSorfteUung  beS 
©egenjianbeS  auf  baS  6ubiect  entl^&lt:  barum  loeil  eS  bod^  mit  bem  logl« 
fd^en  bte  ^l^nlid^feit  l^at,  bag  man  bie  ©ultigfeit  beffelben  für  jebermann 
baran  oorauSfe^en  fann.  Slber  auS  Segriffen  fann  biefe  ailgemein^eit 

30  audb  nid^t  entfpringen.  S)enn  üon  ^Begriffen  giebt  eS  feinen  Übergang  gum 
®effi^le  berSuft  ober  Unluji  (ausgenommen  in  reinen  praftifd^en  ®efe^en, 
bie  aber  ein  Sntereffe  bei  jid^  führen,  bergleld^en  mit  bem  reinen  ®e« 

14* 


212     ^itif  hex  Urtl^ciWfroft.   1.  SEl^eil.   Äritt!  ber  ftpl&etlfij^en  UrtlJciWfroft. 

fd&madSurtl^cilc  nid^t  ücrbunbcn  Ift).  SolgH^^  mufe  bem  ®t\äimadi\xx^ 
tl^cile  mit  bem  Scmufetfcin  bcr  abfonberung  in  bcmfclbcn  Don  aUcm  3«* 
tcreffc  ein  »nfprudfi  auf  ©uUiflfctt  für  icbcrmann  o^nc  auf  Oblectc  gc^ 
fteDte  Singemeinl^ett  an^&ngen ,  b.  i.  ed  mug  bamit  ein  S(nf))rud^  auf 
fubfectioe  SHIgemeinl^eit  t)eTbunben  fein. 


§7. 

SSergleid^ung  beS  @d^önen  mit  bem  Sngenel^men  unb  ©uten 

burd^  obigem  3Rerfmal 

3n  Slnfel^ung  beöangcncl^men  befd&eibet  jtd^  ein  {eber:  bafe  fein 
Urtl^eil,  mcld^cö  er  auf  ein  ^riöatgefül^l  grfinbet,  unb  tooburd^  er  Don  ^o 
einem  Oegenjianbe  fagt,  bafe  er  il^m  gefalle,  jtd^  aud^  blofe  auf  feine  ^erfon 
cinfd&rdnfe.  Salier  ift  er  eö  gern  gufrieben,  bafe,  menn  er  fagt:  ber  Sana« 
rienfect  i{l  angenel^m,  i^m  ein  anberer  ben  S(udbrud  t)erbeffere  unb  il^n 
erinnere,  er  foUe  fagen:  er  ift  mir  angenel^m;  unb  fo  nid^t  aQein  im  ®e» 
fd^mad  ber  S^nge,  bed  @aumen8  unb  bed  Sd^Iunbed,  fonbern  aud^  in  bem,  ^^ 
kDaiS  für  Singen  unb  Dl^ren  j[ebem  angenel^m  fein  mag.  S)em  einen  ifi  bie 
Diolette  garbc  fanft  unb  lieblid^,  bem  anbern  tobt  unb  erftorben.  (jiner 
liebt  ben  SEon  bcr  SlaSinftrumente,  ber  anbre  ben  Don  ben  ©aiteninftru« 
menten.  Sarübcr  in  ber  8lbjid^t  ju  flreiten,  um  ba8  Urtl^eil  anberer, 
iDcldöeS  üon  bem  unfrigen  ocrfd^ieben  ift,  gleid^  al§  ob  eS  biefem  logifd^  »o 
entgegen  gefefet  märe,  für  unri(!^tig  gu  f dielten,  mdre  Stl^orl^eit;  in  an* 
fel^ung  beS  ängenel^men  gilt  alfo  ber  ©runbfa^:  ein  jeberl^at  feinen 
eigenen  ®efd^mad(ber  Sinne). 

3Rit  bem  ©d^onen  ifl  eö  ganj  anber*3  bemanbt.  6«  toärc  (gerabe  um* 
gefeiert)  l&d^erlid^,  menn  jemanb,  ber  fid^  auf  feinen  ©efd^madi  etmaiS  ein^  »^ 
bilbete,  ftd^  bamit  gu  red^tfertigen  gebdd^te:  biefer  ©egenftanb  (baS  ®e« 
bdube,  toaS  koir  feigen,  baS  ^leib,  koas  jener  trdgt,  baiS  Soncert,  toaS  mir 
^ören,  baiS  ©ebid^t,  meldte«  gur  S3eurtl^eilung  aufgefteUt  i{t)  ift  ffir  mid^ 
fd^5n.  S)enn  er  mug  eS  ni^t  fd^ön  nennen,  menn  eS  blog  i^m  gefdOt. 
aieig  unb  Slnnel^mlid^felt  mag  für  i^n  Diele«  l&aben,  barum  befümmert  pd^  so 
niemanb;  menn  er  aber  etmaiS  für  fd^ön  audgiebt,  fo  mutl^et  er  anbern 
eben  baffelbe  SBo^lgefaHen  gu:  er  urt^eilt  nid^t  blog  für  ftd^,  fonbern  für 
iebermann  unb  fprid^t  alsbann  Don  ber  @d^5n]^eit,  aliS  mdre  pe  eine  @igen^ 
fd^aft  ber  S)inge.  (Sr  fagt  ba^er:  bie  @ad^e  ift  fd^on,  unb  red^net  nid^t 
etma  barum  auf  Slnberer  (Sinftimmung  in  fein  Urtl^etl  beiS  SBo^lgefallend,  S6 


l.muä),   SCnalQtü  bei3  @(^önen.  Swdiei  ^omtnl  213 

loeil  er  fte  mel^nnalS  mit  bem  feinigen  einjiimmtg  befunben  l^at,  fonbern 
f orbert  eö  Dmi  i^nen.  6r  tabclt  pe,  menn  pc  anber«  urtl^eilen,  unb  fprtd&t 
t^nen  ben  ©efd^mad  ab,  üon  bem  er  bod^  t^erlangt,  bag  fte  il)n  ^aben  foQen; 
unb  fofern  fann  man  nid^t  fagen:  ein  jeber  ^at  feinen  befonbern  ®e= 

5  f(^mad.  tiefes  würbe  fo  t)tel  l^eigen,  aliS:  t^  giebt  gar  feinen  ©efd^mad, 
b.  i.  lein  äftl^etifd^eiS  Urtl^eil,  meld^eiS  auf  jebermannd  Seiftimmung  red^t« 
m&gigen  Snfpruc^  matten  lönnte. 

©letc^mo^I  finbet  man  aud^  in  Slnfel^ung  beS  Stngenel^men,  ba^  in 
ber  Seurtl^eilung  beffelben  pd^  (Sinl^elligfeit  unter  5Kenfd^en  antreffen  laffe, 

10  in  Stbpd^t  auf  toeld^e  man  bod^  einigen  ben  ©efd^mad  abfprid^t,  anbern 
tl^n  gugefie^t  unb  gwar  nic^t  in  ber  Sebeutung  als  Drganpnn,  fonbern 
als  Seurt^eilungSDermögen  in  Slnfel^ung  beiS  Slngenebmen  überl^aupt. 
®o  fagt  man  üon  iemanben,  ber  feine  ®&fte  mit  anne^mlid^Ieiten  (beiS 
©enuffeS  burd^  aUe  @inne)  fo  gu  unterhalten  toeig,  bag  eS  il^nen  in^ge^ 

15  fammt  gefdllt:  er  ^abe  ©efd^mad.  SIber  l^ier  toirb  bie  Sllgemeinl^eit  nur 
comparatio  genommen;  unb  ba  giebt  eö  nur  generale  (wie  bie  empiri* 
fd^en  aUe  pnb),  nid^t  uni))erf  ale  Siegeln,  meldte  legieren  bad  ©efd^madS^ 
urtl^eil  aber  baS  @d^öne  pd^  unternimmt  ober  barauf  ^nfprud^  mad^t.  @S 
ift  ein  Urtl^eil  in  Sejiel^ung  auf  bie  ©efefligfeit,  fofern  pe  auf  empirifd^en 

20  siegeln  berul^t.  Su  Slnfel^ung  beiS  ©uten  mad^en  bie  Urtl^eile  gioar  au^ 
mit  Siedet  auf  ©ültigleit  für  febermann  Slnfprud^;  aDein  bad  ©ute  wirb 
nur  burc!^  einen  Segriff  aU  Dbject  eines  aUgemeinen  SBo^IgefaHenS 
oorgefleUt;  meld^eS  weber  beim  9(ngene^men  nod^  beim  @d)5nen  ber 
Satt  tp. 

25  §8. 

S)ie  Sdlgemeinl^eit  beS  äSol^lgefallenS  wirb   in  einem  ©e^ 
fd^madSurtl^eile  nur  aU  fubj[ectio  Dorgeftellt. 

S)tefe  befonbere  S3epimmung  ber  Slflgemeinl^eit  eines  dftl^etijd^en  Ur^ 
tl^eilS,  bie  pd^  in  einem  ©efd^madSurtl^eile  antreffen  lA^t,  ift  eine  3RerI> 

30  würbigfeit,  gwar  nid^t  für  ben  fiogifer,  aber  wo^l  für  ben  SEranSfcenben* 
taU^l^ilofopl^en,  weld^e  feine  nid^t  geringe  SSemü^ung  aufforbert,  um  ben 
Urfprung  berfelben  ju  entbeden,  bafür  aber  aud^  eine  ©igenfd^aft  unfereS 
@rIenntnigoermögenS  aufbedt,  weld^e  o^ne  biefe  S^tglieberung  unbelannt 
geblieben  wäre. 

35         Suerp  mug  man  pd^  baüon  üollig  überzeugen  i  ba^  man  burd^  baS 


214    ^Ui!  ber  Urtl^eiUfcaft.    l.Z^til   jhriti!  ber  fifll^etif^en  Urtl^eUdfraft. 

©efd^mod^urt^eil  (über  ba«  6(l^öne)  bai^  äßol^IgefaUen  an  einem  ®egen^ 
ftanbe  iebermann  anftnne,  ol^ne  ftd^  bod^  auf  einem  SSegrifTe  gu  grfinben 
(benn  ba  m&re  eS  baS  ©ute);  unb  bag  biefer  anf))rud^  auf  ailgemeingüt 
tigfeit  fo  mefentlti]^  ju  einem  Urtl^ell  gel^öre,  moburd^  loit  etoas  für  f  d^ön 
erlldren,  bag,  ol^ne  biefelbe  babei  gu  beulen,  eS  ntemanb  in  bie  ©ebanfen  s 
lommen  tDurbe,  btefen  audbrud  ju  gebraud^en,  fonbem  alles,  toad  ol^ne 
Segriff  gef&nt,  }um  Sngenel^men  gegd^It  treiben  tDftrbe,  in  Snfe^ung  bef« 
fen  man  jegUd^em  feinen  Äopf  für  fid^  l^aben  Ififet,  unb  feiner  bem  anbern 
(Sinftimmung  gu  feinem  ©efd^madCSurt^eile  gumutl^et,  koeld^eö  bod^  im  ®e^ 
fd^madtdurtl^eile  über  Sd^ön^eit  febergeit  gefd^ie^t.  3d^  lann  ben  erfien  lo 
ben  @innen'®efd^mad,  ben  gleiten  ben  9iefIe;rion8«®efd^mad  nennen:  fo« 
fem  ber  erjiere  blog  ^rioaturtl^eile,  ber  gioeite  aber  Dorgeblid^e  gemein^ 
gültige  ())ubUfe),  beiberfeitö  aber  äfll^etifd^e  (nid^t)}raItifdE)e)Urt^eile  über 
einen  ©egenftanb  blog  in  Snfe^ung  beS  SSer^&Uniffed  feiner  äSorfteQung 
gum  ®efü]^I  ber  Sufl  unb  Unlujl  fiat.  !fiun  ift  eS  bod^  befremblid^,  bag,  15 
ba  üon  bem  Sinnengefd^mad  nid^t  aOein  bie  Srfal^rung  geigt,  bag  fein 
Urtl^eil  (ber  £uft  ober  Unluji  an  irgenb  etioad)  nid^t  aKgemein  gelte,  fon^ 
bern  iebermann  aud^  oon  felbft  f 0  befd^eiben  ift,  biefe  (Sinftimmung  anbern 
nid^t  eben  anguftnnen  (ob  ftdb  gleid^  mirflid^  bfter  eine  fel^r  ausgebreitete 
Sinl^eDigteit  aud^  in  biefen  Urtl^eilen  Dorfinbet),  ber  9flefIe]rioniS»®efd^mad,  20 
ber  bod^  aud^  oft  genug  mit  feinem  anf))rud^e  auf  bie  aUgemeine  ®ültig« 
feit  feined  Urt^eilS  (über  baS  6(^one)  für  Iebermann  abgeisiefen  toirb, 
mie  bie  Srfal^rung  lel^rt,  gleid^iool^I  eS  mbglid^  ftnben  fbnne  (meld^eS  er 
aud^  toirllic^  tl^ut)  {td^  Urtl^eile  ooraufiellen,  bie  biefe  Sinftimmung  aDgei> 
mein  forbern  Ibnnten,  unb  fie  in  ber  Sl^at  für  febed  feiner  ©efd^madls^  25 
urtl^eile  ieberütann  gumut^et,  ol^ne  bag  bie  Url^eilenben  isegen  ber  3Rbg« 
lid^feit  eines  fold^en  Snf)}rud^8  in  Streite  finb,  fonbem  fid^  nur  in  befom 
bern  f^dtten  isegen  ber  rid^tigen  Snioenbung  biefeS  SSermbgenS  nid^t 
einigen  fbnnen. 

^ier  ift  nun  aüererft  gu  merfen,  bag  eine  ailgemeinl^eit,  bie  nid^t  auf  30 
Gegriffen  00m  Dbiecte  (wenn  gleich  nur  empirifd^en)  berul^t,  gar  nid&t 
logifdbi  fonbem  äft^etifc^  fei,  b.  i.  feine  objectioe  Duantitdt  bes  Urtl^eil«, 
fonbem  nur  eine  fubjectioe  enthalte,  für  iseld^e  id^  ani)  ben  SluiSbrud  ® e* 
meingültigfeit,  loeld^er  bie  ©ültigfeit  nid^t  oon  ber  Segiel^ung  einer 
SSorflcIIung  auf  ba«  (grfenntnifeoermögen,  fonbem  auf  ba«  ©effll^I  ber  u 
gufl  unb  Unluft  für  |ebe§  ©ubfect  begeid^net,  gebraud^e.  (SRan  fann  jtc^ 
aber  audf)  bcffelben  8lu8brud«  für  bie  logifd^e  Quantität  bes  Urt^eil»  be* 


Ufßud).   Snat^tt!  bed  @(^^nen.  S»etted  SRoment.  215 

bienen,  menn  man  nur  bagufe^t  obiectiüe  Sngemeingfiltigfeit  gum  Unter« 
\iiitbt  Don  ber  blog  fubiectben,  meldte  aUemal  äftl^etifd^  iji.) 

9lun  ift  ein  obiectiD  allgemeing&Itige«  ttrt^eil  aud^  {ebetgett 
fubjlectiD,  b.  {.  koenn  baS  Urt^eil  für  aOed,  toai  unter  einem  gegebenen 
ft  .Segriffe  entl^alten  ift,  gilt,  fo  gilt  ed  au(^  f&r  febermann,  ber  fi(]^  einen 
Oegenflanb  bnxäi  biefen  Segriff  Dorfledt.  aber  Don  einer  fubiectioen 
ailgemeingflltigfeit,  b.  i.  ber  dlll^etifd^en,  bie  auf  feinem  Segriffe 
berul^t,  Idgt  ftd^  nid)t  auf  bie  logifd^e  f daliegen:  toeil  iene  Srt  Urtl^eile  gar 
nid^t  auf  baS  Object  ge^t.   @ben  barum  aber  mu^  aud^  bie  äfil^etifd^e 

10  aOgemein^it,  bie  einem  Urtl^eile  beigelegt  mirb,  Don  befonberer  Slrt  fein, 
meil  fie  ba«  ^rfibicat  ber  @d^5n]^ett  nid^t  mit  bem  Segriffe  bed  ObjectS, 
in  feiner  gangen  logifd^en  @p]^dre  betradbtet,  Dertnflpft  unb  bod^  eben  bafi» 
felbe  über  bie  gange  @p]^äre  ber  Urt^eilenben  auSbel^nt. 

3n  anfel^ung  ber  logifc^en  Duantit&t  ftnb  atte  ®efd^mad<surtl^eile 

16  eingelne  Urtl^eile.  S)enn  toeil  id^  ben  ©egenfianb  unmittelbar  an  mein 
®effl]^I  ber  Suß  unb  Unluft  Italien  muB  unb  bod^  nid^t  burd^  Segriffe,  fo 
lönnen  jene  nid^t  bie  Ouantit&t  obiecttD'gemeingüItigerUrtl^eile  l^aben; 
obgleid^,  menn  bie  eingelne  Sorfiellung  bed  Objiect«  be«  ©efd^madiSurtl^eilg 
nad^  ben  Sebingungen,  bie  baiS  Untere  beflimmen,  burd^  Sergleid^ung  in 

20  einen  Segriff  oermanbelt  mirb,  ein  logifd^  aUgemeineiS  Urt^eil  baraud 
»erben  fann:  g.  S.  bie  9tofe,  bie  id^  anblidEe,  erfldre  id^  burd^  ein  @e« 
fd^madFSurtl^eil  für  fd^5n.  3)agegen  ift  ba^S  Urtl^eil,  koelc^eS  burd^  Ser^ 
gleid^ung  Dieler  etngelnen  entfpringt:  bie  Stofen  überl^au{)t  ftnb  fd^ön,  nun« 
mel^r  nid^t  blog  al8  dftl^etifdiieS,  fonbern  als  ein  auf  einem  äftl^etifd^en 

36  gegrftnbeted  logifd^eS  Urtl^eil  auSgefagt.  !fiun  ift  ba«  Urtl^eil:  bie  Slofe 
ift  (im  ®erud^e)  angenel^m,  gmar  aud^  ein  ifll&etifd^eS  unb  eingelneS,  aber 
lein  ®efd^madE8^  fonbern  ein  Sinnenurtl^etL  &»  unterfd^eibet  ftd^  n&m« 
lid^  Dom  erfteren  barin:  ba^  bai  ©efd^madSurtl^eil  eine  äft^etif(|e 
S^uantitdt  ber  aUgemeinl^eiti  b.  i.  ber  ©üUigfeit  für  iebermann,  bei  ftd^ 

30  fül^rt,  toeld^e  im  Urtl^etle  über  bas  Sngenel^me  nid^t  angetroffen  merben 
Tann.  9lur  aDein  bie  Urtl^eile  über  bad  ®ute,  ob  fte  gleid^  aud^  baS  Sßol^I' 
gefallen  an  einem  ©egenftanbe  beftimmen,  l^aben  logifd^e,  nid^t  blog  dfil^e- 
tifd^e  angemeinl^eit;  bcnn  fie  gelten  Dom  Dbject,  aU  ©rfenntniRe  bef« 
felben,  unb  barum  für  iebermann. 

35  äBenn  man  £)bj[ecte  blog  nad^  Segriffen  beurtl^eilt,  fo  gel^t  aQe  So^ 

fteOung  ber  Sd^önl^eit  oerloren.  aifo  fann  eS  aud^  leine  Sftegel  geben,  nadb 
ber  iemanb  genöt^lgt  »erben  follte,  etwa«  für  fd^ön  anguerfennen.  Db 


216    ^tti!  ber  Urt^eiliSfraft.    1.  Sll^e».   ^rtti!  ber  äfil^tifd^en  Urt^eiUfraft. 

ein  Älctb,  ein  ^au§,  eine  Slume  fd^ön  fei:  baju  Idfet  man  fi(^  fein  Urtl^ctt 
bvixdi  feine  ®rünbe  ober  ©runbf&^e  auffd^ma^en.  3Ran  U)ill  bad  Obiect 
feinen  eignen  Slugen  untermerfen,  gleid^  ald  ob  fein  äSo^IgefaUen  t)on  ber 
@mpftnbung  abginge;  unb  bennod^,  toenn  man  ben  ©egenfianb  atöbann 
\dibn  nennt,  glaubt  man  eine  allgemeine  Stimme  ffir  fid^  gu  l^aben  unb  5 
mad^t  anfprudö  auf  ben  ^Beitritt  öon  iebermann,  ba  l^ingegen  jebe  ^riDat« 
empftnbung  nur  für  ben  Setrad^tenben  aDein  unb  fein  äBol^IgefaDen  ent«' 
f(^eiben  mürbe, 

$ier  ift  nun  gu  fe^en,  bag  in  bem  Urtl^eile  beS  ©efd^madEd  nid^ts  ))oflu« 
lirt  kotrb,  als  eine  fold^e  allgemeine  Stimme  in  Snfe^ung  beiS  SBol^I-  10 
gefallend  ol^ne  SSermittelung  ber  Segriffe;  mitl^in  bieSRögUd^teit  eineiS 
fiftl^ettfd^en  Urtl^eilS,  toeld^ed  gugleid^  atö  für  jebermann  gültig  betrad^tet 
merben  tonne.  k>aS  ©efd^madSurt^eil  felber  ))of}ulirt  nidbt  iebermann« 
Sinftimmung  (benn  baS  fann  nur  ein  logifd^  aUgemeinedi  meil  eS  ©rünbe 
anfül^ren  fann,  tl^un);  eiS  finnt  nur  {ebermann  biefe  6in{iimmung  an,  n 
aU  einen  Sali  ber  SRegel,  in  Slnfel^ung  beffen  e8  bie  SBepätigung  nid^t  üon 
Segriffen,  fonbern  Don  anberer  Seitritt  erwartet.  3)ie  allgemeine  Stimme 
ift  alfo  nur  eine  3bee  (worauf  pe  berul^e,  mirb  l^ler  nod&  nid^t  unterfud^t). 
JDafe  ber,  loeldier  ein  ©efti^madöurtl^ell  gu  fallen  glaubt,  in  ber  S^at  bie* 
fer  ^bte  gem&g  urtl^eile,  fann  ungewiß  fein;  aber  bag  er  ed  bod^  barauf  20 
begleite,  mitl^in  bafe  e«  einOefd^madSurtl^eil  fein  folle,  fünblgt  er  burd&  ben 
Sludbrud  ber  Sd^önl^eit  an.  §ür  ftd)  felbft  aber  fann  er  burd^  baS  bloge 
Semugtfein  ber  Slbfonberung  alleiS  beffen,  maS  gum  Slngenel^men  unb 
@uten  gel^ört,  üon  bem  Sßol^lgefallen,  koas  i^m  nod^  übrig  bleibt,  baüon 
gemig  merben;  unb  bas  ift  alles,  koogu  er  ft(^  bie  Seiftimmung  üon  ieber«»  25 
mann  t)erfpridöt:  ein  Änfpruc^,  loogu  unter  biefen  Sebingungen  er  ani) 
bered^tigt  fein  würbe,  wenn  er  nur  wiber  fte  nit^t  öfter  fel^lte  unb  barum 
ein  irriges  ®ef(!^madsurt^eil  fällte. 

§9. 

Unterfud^ung  ber  grage:  ob  im  ©efd&madsurtl^eile  bas  ®e*  30 
fül^l  ber  Äuft  r>ox  ber  Seurtl^eilung  be§  ©egenftanbes,  ober 
biefe  üor  Jener  üorl^ergel^e. 

3)ie  auflofung  blefer  aufgäbe  ip  ber  Sd&lüffel  gur  ffritif  beö  ®e- 
fd^mads  unb  bal^er  aller  8lufmerffamfeit  würbig. 

®inge  bie  Suft  an  bem  gegebenen  ®egenftanbe  üorl^er,  unb  nur  bie  35 


1.  ÜBu^.   ^nal))til  bed  @^onen.   SioeiteS  ÜH^oment  217 

aKgemeine  SRittl^eilbarfeit  berfelben  follte  im  ©efd^madiSuTt^eite  ber  Siox^ 
fteKung  bz&  ©egenftanbeS  juertannt  merben,  fo  milrbe  ein  fold^eS  93er- 
fahren  mit  pc^  felbft  Im  SBiberfprud^e  fielen.  2)enn  bergleld^enSuji  würbe 
feine  anbere,  al«  ble  blofee  Slnnel^mUdöWt  in  ber  ©tnnenempfinbunfl  fein 

5  unb  bal^er  il)rer  Statur  nad^  nur  $rit)atgfiltigfeit  ^aben  fönnen,  meil  fie 
t)on  ber  äSorfteDung,  »oburd^  ber  ©egenftanb  gegeben  U)irb,  unmittel- 
bar abginge. 

aifo  ift  es  bie  ollgemeine  SRittl^eilung^fäl^igfeit  beS  ®emfltl^Sgufian» 
bed  in  ber  gegebenen  SSorfteDung,  toeld^e  als  fubiectit)e  SSebingung  beS 

10  ®t\iimad^vixtfial^  bemfelben  gum  ©runbe  liegen  unb  bie  Suft  an  bem 
©egenftanbe  gur  i^olge  ^aben  mug.  @8  tann  aber  nid^ts  allgemetn  mit:' 
getl^eilt  »erben  aU  ßrfenntnife  unb  Sorftellung,  fofern  jte  gum  erfenntnife 
gel^ört.  S)enn  fofern  ift  bie  le^tere  nur  aUein  objectiD  unb  ^at  nur  baburd^ 
einen  aUgemeinen  Segiel^ungiSpunft,  momit  bie  93orfteDungdIraft  Silier  gu< 

15  fammenguftimmen  genötl^igt  toirb.  @oIl  nun  ber  SeftimmungSgrunb  bed 
Urtl^eilS  über  biefe  allgemeine  SRittl^eilbarfeit  ber  SSorfteUung  blog  fub« 
lectiD,  ndmlic^  ol^ne  einen  Segriff  Dom  ©egenftanbe,  gebadet  loerben,  fo 
fann  er  lein  anberer  ald  ber  ©emütl^Sguftanb  fein,  ber  im  SSerl^dltniffe 
ber  S8orjieIlung«Irdfte  gu  etnanber  angetroffen  »irb,  fofern  jie  eine  ge» 

20  gebene  SBorfteDung  auf  @rlenntnig  über^au)}t  begielgen. 

S)ie  erfenntuMräfte,  bie  burd^  biefe  SorfteÜung  in«  Spiel  gefegt 
»erben,  Pub  l^iebeuin  einem  freien  Spiele,  weiUein  bcftimmter  Segriff 
pe  auf  eine  befonbereßrfenntniBregel  elufd^rdnltjÄlfo  mufe  ber  ©emütl^S- 
gupanb  in  biefer  SorfteUung  ber  eine«  ®efül^l«  be«  freien  Spiel«  ber  93or« 

23  jienung«frdfte  an  einer  gegebenen  SSorpeüung  gu  einem  erfenntnifle  über^ 
l^aupt  jein.  9tun  gehören  gu  einer  SorfteDung,  »oburd^  ein  ©egenftanb 
gegeben  mirbi  bamit  überhaupt barau« Srienntnig merbe,  Sinbilbung«^ 
Iraf t  für  bie  ßufammenfe^ung  be«  SRannigfaltigen  ber  Slnfd^auung  unb 
SSerftanb  für  bie  ßinl^eit  be«  Segriff«,  ber  bie  SSorftellungen  bereinigt. 

3o,lDlefer  Supanb  eine«  freien  Spiel«  ber  grfenntnifeDermögen  bei  einer 

^Sorftedung,  looburd^  ein  ©egenftanb  gegeben  loirb,  mug  Pd^  allgemein 

mittl^eilen  laffen:  toeil  @rfenntmg  al«  Seftimmung  be«  Object«,  momit 

gegebene  Sorpellungen  (in  meld^em  Subjecte  e«  aud^  fei)  gufammen  ftim^ 

men  foQen,  bie  eingige  SßorpeDung«art  ift,  bie  für  jebermann  gilt 

35  3)ie  fubiectiüe  allgemeine  SRittl^eilbarfeit  ber  93orfteIlung«art  in 
einem  ©efd^madfSurtl^eile,  ba  pe,  ol^ne  einen  beftimjnten  Segriff  t)orau«gu« 
fe^en.  Statt  pnben  foQ,  lann  nid^t«  anber«  al«  bei/®emut]^«guPanb  in  bem 


218    5eriti!berUrt]^ei»!raft.    1.  2:^etL   ^dtif  ber  Aftl^ettf^en  Urt^eitöfraft. 

freien  @))iele  ber  (Sinbilbungdfraft  unb  bed  SBerftanbed  (fofern  fte  unter 
einonber,  loie  eS  )u  einem  (Srfenntniffe  ftber^aupt  erforberlid^  til,  gu^ 
fammen  flimmen)  fein,  inbem  mir  unS  bemüht  ftnb,  bag  biefed  ium  @r« 
Tenntnig  fiber]^au))t  fd^idlid^e  fubfectiDe  SBerl^dUnig  eben  fo  mol^I  für  {eber^ 
mann  gelten  unb  folglid^  aUgemein  mitt^eilbar  fein  mfiffe,  als  eS  eine  jebe  & 
beftlmmte  ©rfenntnife  ift,  bie  bod^  immer  auf  jenem  SBerl^dltnig  alÄfub* 
iectiDer  SBebingung  UxuitJ 

3)iefe  blog  fubjectioe  (&ft]^etif(|e)  Seurtl^eilung  beS  ©egenftanbeS, 
Dber  ber  äSorftellung,  looburc^  er  gegeben  loirb,  ge^t  nun  r>ox  ber  Suft  an 
bemfelben  üor^er  unb  ift  ber  ®runb  biefer  Suft  an  ber  Harmonie  ber  6r*  lo 
fenntnigt)ermögen;  auf  jener  Slllgemeinl^eit  aber  ber  fubiectit)en  S3ebin* 
gungen  ber  Seurt^eilung  ber  ®egenft&nbe  grfinbet  {td^  allein  biefe  äuge« 
meine  fubjectiDe  ®ülttgteit  beiS  SBol^IgefaUenS,  loeld^eS  mir  mit  ber  Box^ 
fteDung  beS  ©egenftanbeS,  ben  mir  fd^5n  nennen,  üerbinben. 

S)ag,  feinen  ©emütl^iSiuftanb,  felbft  aud^  nur  in  anfel^ung  ber  (Sr«  15 
Ienntnigt)ermogen,  mittl^eilen  ju  fönnen,  eine  Suji  bei  ftd^  ffll^re,  tonnte 
man  au8  bem  natfirlid^en  {»ange  beS  9){enfd^en  gur  ©efeÖigfeit  (em^irifd^ 
unb  ))f9d^oIogifd^)  leid^tlid^  bartl^un.  S)a&  ift  aber  gu  unferer  Sb{t(^t  nxiit 
genug.  3)ie  Suft,  bie  mir  fül)len,  mutigen  mir  jebem  anbern  im  ©efd^mads^ 
urtl^eile  atö  notl^menbig  gu,  gleid^  ali  ob  ^^  für  eine  Sefd^affenl^eit  beS  so 
®egenftanbe8,  bie  an  i^m  nac^  S3egriffen  beftimmt  ift,  angufel^en  m&re, 
menn  mir  etmaS  fd^ön  nennen;  ba  bod^  @d^5n]^eit  ol^ne  Segiel^ung  auf  ba8 
©efü^l  beS  SubjectS  für  jid^  uid^td  ift.  S)ie  @rörteruug  biefer  fjfrage  aber 
muffen  mir  und  bis  gur  93eantmortung  berjenigen:  ob  unb  mie  dft^etifd^e 
Urt^eile  a  priori  mbglid^  ftnb,  Dorbel^alten.  n 

Se^t  befd^dftigen  mir>n8  nod^  mit  ber  minbern  f^rage:  auf  meldte 
9rt  mir  uns  einer  med^felfeitigen  fubjectiüen  äbereinfKmmung  ber  (Sx^ 
fenntnigfrdfte  unter  einanber  im  ©efd^madCSurtl^eite  bemugt  merben,  ob 
dftl^etifd^  burd^  btn  blogen  innern  Sinn  unb  (Smpflnbung,  ober  inteUec« 
tuell  burd^  baS  93emugtfein  unferer  abfid^tiid^en  Sl^dtigfeit,  momit  mir  jene  30 
ins  @))iel  fe^en. 

SSdre  bie  gegebene  SSorfteUung,  meldte  baS  ©ejd^madSurtl^eil  Deran» 
lagt,  ein  Segriff,  meld^er  SSerfianb  unb  SinbilbungSfraft  in  ber  Seurtl^ei» 
lung  bes  ®egenftanbeS  gu  einem  Srfenntniffe  beS  Objects  vereinigte,  fo 
mdre  baS  Semugtfein  biefeS  SSerl^dltniffeS  inteUectuell  (mie  im  objectioen  35 
@d^ematiSm  ber  Urtl^eilSfraft,  moüon  bie  ^ritit  l^anbelt).  Slber  baS  Ur^ 
t^eil  mdre  aud^  aisbann  nid^t  in  99egie]^ung  auf  Suft  unb  Unluft  ^efdKt, 


1.  )8ud^.   $(nal^tif  be^  ©c^dnen.   ®rütei8  Moment.  219 

mithin  fein  ©efd^madSurt^eil  Slun  beftimmt  aber  baS  ©efd^madSurtl^eil 
unabl^&ngig  ))on  Segrtjfen  bad  Dbiect  in  Snfel^ung  be«  äSol^IgefonenS 
unb  beS  $rdbicatd  ber  Sd^Snl^eih  Sllfo  lann  jene  fubiecttt)e  (Sinl^eit  bed 
SSerl^dltniffed  jtd^  nur  burd^  Smpfinbung  tenntUA  mad^en.  S)ie  ^Belebung 

5  beiber  SSermögen  (ber  ßinbilbungdtraft  unb  bed  9Serftanbe^)  )u  unbe« 
ftimmter,  aber  bo^  üermittelft  beS  3[nlaffe8  ber  gegebenen  SBorfieUung 
ein^eQiger  2:]^dtigfeit,  berjienigen  ndmlid^,  bie  ^u  einem  6rfenntnig  über« 
l^aupt  gehört,  ift  bie  (Smpfinbung,  beren  allgemeine  3Rittl^eilbarfeit  bad 
®efd^ma(ISurt^ei(  ))oftuUrt.   Sin  obiectiüeS  Serl^dltntg  fann  gioar  nur 

10  gebadet,  aber,  fo  fern  eS  feinen  Sebingungen  nad^  fubiectio  ift,  bod^  in  ber 
SBirfung  auf  baS  ®emät]^  empfunben  n)erben;  unb  bei  einem  93erl^dUnif[e, 
meld^ed  feinen  Segriff  gum  ®runbe  legt  (mie  baS  ber  aSorftenungSfrdfte 
}u  einem  SrfenntnigDermögen  flberl^aupt),  iji  auc^  fein  anbereS  Semu^t^ 
fein  beffetben,  aM  burd^  Smpftnbung  ber  äJBirfung,  bie  im  erleid^terten 

15  @piele  beiber  burd^  toed^felfeitige  Sufammenftimmung  belebten  ©emfltl^d« 
frdfte  (ber  (ginbilbungSfraft  unb  be«  SSerftanbe«)  befielt,  mögUd&.  eine 
äSorfieOung,  bie  aU  einjeln  unb  ol^ne  SSergleid^ung  mit  anbern  bennod^ 
eine  3ufatnnien[ttmmttng  gu  ben  Sebingungen  ber  SDgemeinl^eit  l^at, 
toeldbe  baS  @efd^dft  hz&  äSerftanbed  fiber]^au))t  auSmad^t,  bringt  bie  6r« 

20  fenntnigüermbgen  in  bie  proportionirte  Stimmung,  bie  mir  gu  aQem  6r« 
fenntnifle  forbern  unb  bal^er  aud^  für  iebermann,  ber  burd^  SSerfianb  unb 
@inne  in  SSerbinbung  gu  urt^eilen  befiimmt  ift  (für  ieben  ^Ötenfc^en),  gül^ 
tig  galten. 

KuS  bem  gleiten  äßoment  gefolgerte  (Srfldrung  be8@d^5uen. 
95         @d^ön  ifi  baS,  \oaS  ol^ne  ^Begriff  aOgemein  gefdllt. 


2)rttte8  aRoment 

ber  ©efd^ntarfäurtl^eite  nad^  ber  SÄelation  ber  3wcrfe,  ml6)t  in 
i^nen  in  SSetrac^tung  gegogen  wirb* 

§  10. 
90  !Bon  ber  S^^^ntdgigteit  über^au))t. 

Sßenn  man,  mas  ein  3^cd  f^i  nad^  feinen  tranSfcenbentalen  SBeftim« 
mungen  (ol^ne  etmaS  ßmpirifd^eS,  bergleic^en  ba«  ©eful^l  ber  Suft  ifi, 


220    ^riti!  ber  Urtl^ettölraft.   1.  S^etL   5httif  ber  äfil^etifd^en  Urtl^eiliSfraft. 

öorauSjufefeen)  erflfircn  toill:  fo  ift  Qmtd  bcr  ©egcnftanb  eine«  Seßriffö, 
fofcrn  btefcr  als  bic  Urfad&c  öon  icnem  (bcr  reale  ®runb  feiner  aRöglid^* 
feit)  ongefcl^en  loirb;  unb  bie  ßaufalitdt  eine«  SBeflrlffö  in  anfe^unfl 
feines  Dbjectd  iß  bie  Sn)^(Itndgigteit  (forma  iinalis).  Sßo  alfo  nid^t  etioa 
blofe  bie  ©rfenntnife  üon  einem  ©egenflanbe,  fonbern  ber  ©egenftanb  felbfl  » 
(bie  Sform  ober  @;rtfteng  beffelben)  als  äSirfung  nur  old  burd^  einen  ^t* 
griff  ))on  ber  le^tern  möglid^  gebadet  mirb,  ba  benft  man  ftd)  einen  Qmd. 
ajle  SSorftellung  ber  SBirfung  ijl  ^ier  ber  SepimmungSgrunb  il^rer  Ur* 
fad^e  unb  gel^t  Dor  ber  le^tern  t)or^er.  S)aS  Semu^tfein  ber  Saufalitfit 
einer  SorfteHung  in  abji(^t  auf  ben  Suft^nb  be«  ©ubiectö,  e«  in  bemfelben  lo 
gu  er  Italien,  lann  l^ier  im  allgemeinen  baS  begeii^nen,  maS  man  Sufi 
nennt;  mogegen  Unluft  biefenige  SSorjiellung  ifi,  bie  ben  Suftanb  ber  93or« 
{leOungen  ju  i^rem  eigenen  ©egentl^eile  gu  beftimmen  (fte  abgu^alten  ober 
ttcfliufd^affen)  ben  ©runb  enthält. 

S)ad  Sdege^rungiSDermbgen,  fofern  eS  nur  burd^  ^Begriffe,  b.  i.  ber  15 
SSorfteDung  eines  Qrotdi  gemd^  gu  l^anbeln,  beftimmbar  ift,  mflrbe  ber 
SSiQe  fein,  ßni^clntägig  aber  l^eigt  ein  Dbiect,  ober  ©emütl^Sguftanb,  ober 
eine  ^anblung  aud^,  menn  gleid^  il^re  9)25gli(!^felt  bie  SSorfteDung  eines 
Qmd&  nid^t  not^toenbig  DorauSfe^t,  blog  barum,  meil  il^re  SRöglic^feit 
öon  uns  nur  erfWrt  unb  begriffen  »erben  fann,  fofern  loir  eine  ßaufalitat  20 
nad^  Qwedtn,  b.  i.  einen  SBiDen,  ber  fte  nac^  ber  SSorfteOung  einer  gemiffen 
3fiegel  fo  angeorbnet  ^dtte,  gum  ®runbe  berfelben  annel^men.  3)ie  Smd^ 
mdgigteit  fann  alfo  ol^ne  Qxozd  fein,  fofern  toir  bie  Urfad^en  biefer  f^orm 
nid^t  in  einem  SBiUen  fe^en,  aber  bod^  bie  (Srtldrung  i^rer  SRöglid^Ieit 
nur,  inbem  mir  fte  Don  einem  SßiHen  ableiten,  unS  begreiflid^  mad^en  ss 
f5nnen.   9lun  l^aben  mir  bas,  mas  mir  beobad^ten,  nid^t  immer  nbt^ig 
burd^  SSernunft  (feiner  9){öglid^feit  nad^)  eingufel^en.    8llfo  tonnen  mir 
eine  3^^dmd^ig!eit  ber  i^orm  nad^,  aud^  ol^ne  bag  mir  il^r  einen  Qxozd 
(als  bie  3Raterie  beS  nexus  finalis)  gum  ®runbe  legen,  menigftenS  beob« 
ad^ten  unb  an  ®egenftdnben,  miemol^l  nid^t  anbers  als  burd)  9fiefle;rion,  so 
bemerfen. 


1.  93u<^.    Stnal^tif  bed  Sd^önen.   S)rUted  SRoment.  221 

§11. 

S)a8  ©efd^madSurtl^eil  l^at  nid^ts  aliS  bie  f^ovm  ber  Stt'etf« 

mAgigleit  eineiS  ©egenflanbeiS  (ober  ber  SSorfietlungSart 

bcffclbctt)  jum  ®runbc. 

5  SDer  Qrotdf  loenn  er  als  ©runb  bed  SSol^IgefaHenS  angejel^en  koirb, 
fül^rt  immer  ein  Sntereffe,  al«  JBcftlmmungöflrunb  be8  Urtl^eitö  über  ben 
©egenftanb  ber  Suft,  bei  ftd^.  Sllfo  lann  bem  ©efti^madSurtl^eil  fein  fub« 
jectioer  Qrotd  3um  ©runbe  liegen.  9(ber  aud^  feine  SSorfteUung  eines  ob« 
iectioen  Stoedt«,  b.  i.  ber  2R5gUd&feit  be«  ©egenjlanbe«  fetbft  nad^  $rin- 

10  cipien  ber  Smedoerbinbung,  mithin  fein  SBegriff  beö  ®uten  fann  baS  ®e» 
fd)mad(Surt^eiI  beftimmen:  meil  eS  ein  dft^etijd^eS  unb  fein  Srfennhtig« 
nrtl^eil  ift,  meldte«  alfo  feinen  Segriff  »on  ber  SSefdböffenl^rit  unb  innern 
ober  andern  3R5gItd^feit  beS  ®egenftanbe8  burd^  biefe  ober  jene  Urfac^e, 
fonbern  blofe  ba^  SSerl^filtnife  ber  SSorfteHungfifrdfte  gu  einanber,  fofcrn  fie 

15  burc^  eine  SSorfteDung  benimmt  werben,  betrifft 

9lun  ift  biefe«  SBerl^dltnife  in  ber  SSeftimmung  eine«  ©egenjianbeS, 
ald  eines  fd^onen,  mit  bem  ©efü^Ie  einer  £uft  oerbunben,  bie  burd^  bad 
©efd^madiSurt^eil  gugleid^  ald  für  {ebermann  gültig  erflcirt  mirb;  folglid^ 
fann  eben  fo  menig  eine  bie  SSorftellung  begleitenbe  Slnnel^mlid^feit  als 

20  bie  äSorftellung  oon  ber  SSoDfommenl^eit  beS  ®egen{lanbe8  unb  ber  ^Begriff 
beö  ®uten  ben  SeftimmungSgrunb  enthalten,  aifo  fann  nid^t«  anber« 
als  bie  fubjectioe  ßtoedmögigfeit  in  ber  SSorftellung  eined  ®egenftanbeS 
ol^ne  aUen  (meber  objectiöen  nod&  fubjectioen)  S^ed,  folglid^  bie  blofee 
f^orm  ber  3tt)cdmagigfeit  in  ber  SSorfteUung,  moburd^  und  ein  ®egeno 

25  ftanb  gegeben  wirb,  fofern  mir  un8  i^rer  bemufet  jinb,  ba^  SBo^lgefaÜen, 
meld^eiS  mir  ol^ne  Segriff  als  allgemein  mittl^eilbar  beurt^eilen,  mitl^in 
ben  SeftimmungSgrunb  beS  ®efc^madSurt]^eiId  auiSmac^en. 

§12. 
S>aS  ®efd^mad8urt]^eil  berul^t  auf  ®rfinben  a  priori. 

30  3)ie  SBerfnüpfung  beö  ®efü^W  einer  Suft  ober  Unlufl  al«  einer  SBir- 
fung  mit  irgenb  einer  aSorfleUung  {©mpflnbung  ober  Segriff)  als  i^ret 
Urfad^e  a  priori  auSgumad^en,  ift  f(bIed^terbingS  unmdglid^;  benn  baS  mdre 
ein  (Saufaberl^dltnig,  meld^eS  (unter  ®egenftdnben  ber  erfal^rung)  nur 


222    ftrlHf  ber  ttrtJeiWfraft.   h^tW.  Ärltl!  bet  äWetlf^en  Utt^eltehaft 

icberjelt  a  posteriori  unb  Dermittclft  bcr  (Srfal^rung  felbp  crfannt  »erben 
fann.  Qmax  l^aben  mir  in  ber  Ärltif  ber  ^jrattifdfien  SSernun^t  mirflld^  ba8 
®efä^I  ber  Kd^iung  (ali  eine  befonbere  unb  eigentl^fimlid^e  SRobification 
biejeS  ©efül^ld,  neld^ed  toeber  mit  ber  Suft  nod^  Unluft,  bie  mir  t)on  em« 
pirifd^en  ©egenftanben  befommen,  red^t  übereintreffen  totQ)  Don  aUge«  s 
meinen  ftttlic^en  SSegriffen  a  priori  abgeleitet.  SIber  mir  tonnten  bort  aud^ 
bie  ©rängen  ber  @rfa]^rung  fiberf d^retten  unb  eine  @aufalit&t,  bie  auf  einer 
überpnnlid&en  SBefd^aifenl^elt  beg  ©ubjcctd  berutjte,  nfimli(|  bie  bcr  ffrei* 
l^eit,  l^erbei  rufen,  allein  felbft  ba  leiteten  mir  eigentlid^  nid^t  biefed  ®e« 
f fi^l  t)on  ber Sbee  beS  @ittlid^en  als  Urfad^e  l^er,  fonbern  blog  bie  Sßillen^  lo 
beftimmung  mürbe  baDon  abgeleitet.  S)er  ©emütl^Sjuftanb  aber  eines 
irgenb  moburd^  bejiimmten  äSillenS  ift  an  fid^  fd|on  ein  ©efftl^l  ber  Suft 
unb  mit  i^m  ibentijd^,  folgt  alfo  nic^t  ald  äSirfung  baraud:  meld^eS  le^tere 
nur  angenommen  merben  mägte,  menn  ber  S3egriff  be§  Sittlid^en  als  eines 
©uts  üor  ber  äßillenSbeftimmung  burc^  baS  ®efe^  ))orl^erginge;  ba  als«  is 
bann  bie  Suft,  bie  mit  bem  Segriffe  üerbunben  mdre,  aus  biefem  als  einer 
bloßen  (Srfenntnig  Dergeblic^  mürbe  abgeleitet  merben. 

9lun  ift  es  auf  fi^nlid^e  3Beife  mit  ber  Suft  im  äft^etijd^en  Urtl^eile 
bemanbt:  nur  bafe  Pe  l^ier  blofe  contem^)latiD,  unb  o^ne  ein  Snterefle  am 
Dbiect  gu  bemirfen,  im  moralifd^en  Urtl^eil  l^ingegen  praltifd^  i{l.   S)aS  so 
93emu§tfein  ber  blog  formalen  S^edEmdgtgfeit  im  Spiele  ber  6rfenntni§< 
fräfte  beS  SubjedS  bei  einer  SSorftellung,  moburd^  ein  ©egenftanb  gegeben 
mirb,  ift  bie  Suji  felbft,  meil  eS  einen  ä3eftimmungSgrunb  ber  Sl^dtigleit 
bes  SubtectS  in  Änfel^ung  ber  S3elebung  ber  ßrfenntnigfr&fte  beffelben, 
alfo  eine  innere  6aufalitdt  (meldte  gmedmdgig  ift)  in  anfel^ung  ber  (Sx*  35 
lenntnig  fiberl^aupt,  aber  ol^ne  auf  eine  beftimmte  @r!enntnig  eingefd^rdnft 
}u  fein,  mitl^in  eine  bloge  S^orm  ber  fubjectiDen  Smedmdgigfeit  einer  93or« 
fteHung,  in  einem  dft^etijd^en  Urt^eile  ent^dlt.  3)iefe  Suft  ift  aud^  auf 
leineriet  äBeife  praltifdb,  meber  mie  bie  aus  bem  :|)at]^ologifd^en  ©runbe 
ber  annel^mlid^Ieit,  uod^  bie  aus  bem  inteDectuellen  beS  üorgeftellten  so 
©Uten.   @ie  ^at  aber  bod^  Saujalitdt  in  ftd^,  ndmltd^  ben  3uftanb  ber 
SSorftellung  felbft  unb  bie  Sefd^dftigung  ber  grfenntnifefrdfte  ol^ne  meitere 
.  abjtdöt  gu  erl^alten.   SBir  meilen  bei  ber  IBetrad^tung  beS  ©d^önen, 
meil  biefe  Setraddtung  ftd^  felbft  ftdrft  unb  reprobucirt:  mtliizi  berj[enigen 
SSermeilung  analogifd^  (aber  bo^  mit  il^r  nid^t  einerlei)  ift,  ba  ein  Sfleig  35 
in  ber  SBorfteUung  beS  ©egenftanbeS  bie  aufmerffamfeit  mieberl^olentlid^ 
ermedt,  mobei  baS  ©emfitl^  pafftD  ift. 


1.  »U(ä6.   «nol^tl!  b€«  S^önen.   ©ritte«  3»oment.  223 

§13. 

Sias  reine  ®efd^mad«urt^eil  tfi  üon  Sfteig  unb  Sftfll^rung 

unabl^&ngig. 

aOeS  Sntereffe  üerbtrbt  baS  ©efd^madSurtl^eil  unb  nimmt  i^m  feine 
s  Unpartl^eilid^Ieit,  Dornel^mlid^  loenn  ed  nid^t  fo  »ie  baS^ntereffe  betSSer^ 
nunft  bie  ßwedt rnftfeigfeit  \>ox  bem  ©efül^Ic  ber  Suji  Doranfd&idt,  fonbern 
fie  auf  biefed  granbet;  meldte«  festere  aUemal  im  dftl^etift^en  Urt^eile  Aber 
etoaö,  fofern  e«  ücrflnfißt  ober  fd^merjt,  gefd^iel^t.  2)a^er  Urtl^eile,  bie  fo 
afficirt  jinb,  auf  angemeingfiUigeS  äBol^Igefaden  enttoeber  gar  feinen,  ober 

10  fo  oiel  koeniger  Slnfprud^  mad^en  tonnen,  al8  fid^  oon  ber  gebadeten  Srt 
(Smpfinbungen  unier  ben  Seftimmungdgränben  beS  ©efd^madd  befinben. 
®er  ©efd^madt  ifi  feberjeit  not^  barbarifd^,  m  er  bie  Seimifd^unö  ^^^ 
9fie  ig  e  unb  91  &  Irrungen  gum  äSol^IgefaKen  bebarf,  fa  lool^I  gar  biefe  gum 
ÜRagftabe  feines  SeifaKs  mad^t. 

15  Snbeffen  tocrben  SRetge  bod^  ifter  nid^t  allein  gur  ©d^önl^eit  (bie  bod^ 
eigentUd^  blofe  bie  gorm  betreffen  foHte)  al8  Seitrag  gum  äpi^etf fd&en  all^ 
gemeinen  SBo^lgefallen  gegäl^lt,  fonbern  fte  »erben  »ol^l  gar  an  jldfe  felbft 
für  6(^5n]^eiten,  mitl^in  bie  SRaterie  beS  äSol^IgefadenS  für  bie  gorm  auS« 
gegeben:  ein  aRigt)erf}anb,  ber  fid^  fo  toie  mand^er  anbere,  koeld^er  bo(^ 

20  uod^  immer  etmaS  SSa^reS  gum  ®runbe  l^at,  burd^  forgf&ltige  S3e{limmung 
biefer  begriffe  lieben  läfet. 

@in  ®ef(^maddurt^eil,  auf  loeld^eS  Sfteig  unb  älfil^rung  feinen  @in« 
f[u§  l^aben  (ob  fte  {i(^  gleid^  mit  bem  SSo^IgefaOen  am  ®d^bnen  üerbinben 
taffen),  meld|e8  alfo  blog  bieStt)edEmdgigfett  ber  f^orm  gum  Seftimmungd« 

25  grunbe  l^at,  ifl  ein  reines  ©efd^madESurtl^eit. 


§14. 
(grlduterung  burd^  a3eifi)iele. 

^{tl^etifd^e  Urtl^eile  fönnen  eben  fomol^l  als  tl^eoretifd^e  Gogifdde)  in 
em))irif(^e  unb  reine  einget^eilt  merben.  S)ie  erftern  ftnb  bie,  meldte  Sin« 
30  nel^mlid^feit  ober  Unannel^mlid^fett,  bie  gioeiten  bie,  koeld^e  6d^on]^eit  oon 
einem  ©egenftanbe,  ober  Don  ber  SBorfteUungSart  beffelben  auSfagen;  iene 
pnb  ©innenurtl^eile  (materiale  djll^etifd&e  Urtl^eile),  biefe  (als  formale) 
aUein  eigentlid^e  ®ef(l^mad(Surt]^eiIe. 


224    Äriti!  ber  Utt^elUfroft.   1.  S^eil.  Mtif  ber  fiWettWen  Urt^ttfroft 

6in  ©efd^madiSurtl^eil  tft  alfo  nur  fofern  rein,  ald  lein  blog  em» 
pirifd^eS  SBo^IgefaUen  btm  SBeftimmungiSgrunbe  beffelben  beigemifd^t 
ttirb.  3)iefe8  aber  gef(!^iel^t  allemal,  loenn  SÜeij  ober  Sftä^rung  einen  Hn« 
t^eil  an  bem  Urt^eile  ^aben,  toobur^  tttoai  für  f(i^5n  erfl&rt  toerben  foll. 

9lun  t^un  fid^  mieber  mand^e  @{nn)firfe  J^eroor,  bie  gule^t  ben  Steij    s 
nid^t  blog  gum  notl^menbtgen  Sngrebiend  ber  @d^önl|eit,  fonbem  mol^l 
gar  al«  für  fic^  allein  binreid^enb,  um  fd^ön  genannt  ju  werben,  uor^ 
f))iegeln.  @ine  bloge  f^arbe, ).  93.  bie  grüne  eines  SHafenpIa^ed,  ein  bloger 
Ston  (}um  Unterfd^iebe  k)om  @d^aDe  unb  ©erdufd^),  mie  etma  ber  einer 
SSioIine,  mirb  k)on  ben  ^Reiften  an  fid^  für  fd^ön  erfidrt;  obimar  beibe  lo 
blog  bie  SRaterie  ber  äSorfteÜungen,  n&mlid^  lebiglid^  @mpfinbung,  jum 
©runbe  gu  l^aben  fd^einen  unb  barum  nur  angenel^m  genannt  gu  loerben 
Derbienten.  SKein  man  loirb  bod^  gugleid^  bemerlen,  bag  bie  Smpfin» 
bungen  ber  f^arbe  foiool^I  ald  beS  SonS  {td^  nur  fofern  für  f(^5n  gu  gelten 
bered^tigt  l^alten,  aU  beibe  rein  ftnb;  toeld^eS  eine  Seftimmung  ift,  bie  15 
fd^on  bie  t^orm  betrifft,  unb  aud^  baS  eingige,  maS  fid^  oon  biefen  93or« 
fteOungen  mit  ©etoig^eit  aflgemein  mitt^eiten  l&gt:  meil  bie  Öualitdt 
ber  ßmpfinbungen  felbft  nid^t  in  aKen  Subjecten  aliS  einflimmig  unb  bie 
anne^mlid&feit  einer  garbe,  oorgüglid^  üor  ber  anbern,  ober  beö  Son« 
eines  mufilalifd^en  SnftrumentS  oor  bem  eines  anbern  {td^  fd^merlic^  bei  20 
jebermann  als  auf  gleid^e  9lrt  beurtl^eilt  annehmen  lögt. 

Stimmt  man  mit  ßulern  an,  bag  bie  i^arben  gleid^geitig  auf  ein« 
anber  folgenbe  ©erlöge  (pulsus)  beS  Stt^erS,  fo  mie  Jone  ber  im  ©dralle 
erfd^ütterten  Suft  ^nb,  unb,  maS  baS  SSornel^mfte  ift,  baS  ©emütl^  nic^t 
blo^  burd^  ben  @inn  bie  SBirfung  bat)on  auf  bie  SSelebung  beS  DrganS,  25 
fonbem  aud^  burd^  bie  8fieflc;rion  baS  regelmäßige  Spiel  ber  ginbrürfe 
(mitl^in  bie  gorm  in  ber  SSerbinbung  öerfd^iebener  SorfleBungen)  mal^r- 
nel^me  (woran  id^  bod^  gar  nic^t  gweifle):  fo  würbe  garbe  unb  Son  nid^t 
bloße  @mpfinbungen,  fonbern  fc^on  formale  Seftimmung  ber  (Sin^eit 
eines  SRannigfaltigen  berfelben  fein  unb  alsbann  au(^  für  fic^  gu  ©d^ön^  so 
l^eiten  gegd^lt  werben  Ibnnen. 

S)aS  Steine  aber  einer  einfad^en  (SmpfinbungSart  bebeutet,  baß  bie 
©leid^förmigteit  berfelben  burd^  leine  frembartige  @mpfinbung  gefiört 
unb  unterbrod^en  wirb,  unb  gel^ört  bloß  gur  Srorm:  weil  man  babei  Don 
ber  Dualitdt  j[ener  @mpftnbungSart  (ob  unb  weld^e  f^arbe,  ober  ob  unb  33 
weld^en  5£on  Pe  oorfteQe)  abftral^iren  tann.  S)a]^er  werben  alle  einfädle 
i^arben,  fofern  fte  rein  finbi  für  fd^ön  gel^alten;  bie  gemifd^ten  ^aben  biefen 


1.  ^näj.    tCitoI^til  bed  @(i^anen.    2)rtiied  aRoment.  225 

Sorjug  nic^t:  eben  barum  meili  ba  fie  nid^t  einfach  {inb,  man  leinen  SRq^^ 
[tab  ber  ä9euri]^eilung  l)Qt,  ob  man  jte  rein  ober  unrein  nennen  folle. 

äßad  aber  bie  bem  ©egenftanbe  feiner  f^orm  megen  beigelegte  @(bon^ 
l^eit,  fofern  fie,  lote  man  meint,  b\xx^  Steij  iool)I  gar  lönne  erl^ol^t  merben, 

5  anlangt  fo  tft  bie«  ein  gemeiner  unb  bem  deuten,  «nbeftod&enen,  grftnb* 
li^en  ©efd^made  fel^r  nad^tl^eiliger  3rrtl)um;  ob  {i(^  gmar  aUerbingd 
neben  ber  @(^5n]^eit  aud^  nod)  9leije  l^injufägen  laffen,  um  iai  ©emätl^ 
burd^  bie  93or[teIlung  beS  ©egenftanbe«  auger  bem  trodenen  SBol^IgefaÜen 
no(^  3u  interefftren  unb  fo  bem  ©ef^madCe  unb  beffen  6ultur  jur  Sn« 

10  preifung  ju  bienen,  oornel)mli(^  menn  er  noij  xo^  unb  ungeäbt  i^.  aber 
fie  t^un  tt)irlli(b  bem  ©efd^madSurtl^eite  Slbbrud^,  menn  fie  bie  aufmerf:* 
famfeit  ald  Seurtl^eilungdgrünbe  ber  Sd^önl^eit  auf  fid^  jiel^en.  3)enn  eS 
Ift  fo  meit  gefel^lt,  bafe  fte  bagu  beitrugen,  bafe  fte  olelmelir  al8  gremb» 
linge,  nur  fofern  fie  jjene  fd^öne  f^orm  nid^t  [toren,  menn  ber  ©efc^mad 

15  nod^  fc^mad^  unb  ungeübt  ift,  mit  9lad^ftd^t  muffen  aufgenommen  merben. 

3n  ber  aWalerei,  Silb^auerfunfi,  ja  allen  bilbenben  fünften,  in  ber 

IBaufunfl,  (Sartenlunft,  fofern  fie  fd()6ne  Äünfte  finb,  ift  bie  Sei d^ nun g 

baiS  äBefentlid^e,  in  meld^er  ni^t,  mad  in  ber  @mpfinbung  oergnügt,  fon< 

bem  blog  mai  burd^  feine  f^orm  gefdUt,  ben  ©runb  aUer  Anlage  ffir  ben 

20  (Sefd^mad  auSmad^t.  3)ie  i^arben,  meldte  ben  Slbrig  iDuminiren,  gel^bren 
jum  9teij;  ben  ©egenftanb  an  ftd^  lonnen  fte  3toar  fftr  bie  @mpfinbung 
belebt,  aber  nid^t  anfd^auung^mfirbig  unb  fc^on  mad^en:  oielmel^r  merben 
fte  burd^  ba«,  wa8  bie  f(^öne  fjorm  erforbert,  mel^rentl^eil«  gar  fel^r  elnge« 
fd^rdnft  unb  felbft  ba,  mo  ber  9leij  jugelaffen  mirb,  burd^  bie  erftere  allein 

35  oerebelt. 

alle  f^orm  ber  ©egenftdnbe  ber  Sinne  (ber  dugern  fomol^l  als  mittel« 
bar  aud^  be«  innern)  ift  entmeber  QJeftalt,  ober  Spiel;  im  lefetern  galle 
entmeber  Spiel  ber  ©efialten  (im  9^aume  bie  SRimit  unb  ber  Sang);  ober 
blofee«  Spiel  ber  ©mpfinbungen  (in  ber  S^it).  3)er  3fiei g  ber  färben, 

30  ober  angenel^mer  Söne  be8  Snftrument«  fann  l^ingufommen,  aber  bie 
3 ei  $  nun  g  in  ber  erften  unb  bie  @ompofttion  in  bem  legten  mad^en  ben 
eigentlid^en  ©egenftanb  beS  reinen  ®efd^mad(«urtl^eitö  au«;  unb  bag  bie 
Sflcinlglelt  ber  fjarben  fomol^l  alö  ber  2one,  ober  aud^  bie  SKannigfaltig« 
feit  berfelben  unb  i^re  abfted^ung  gur  Sd^önl^eit  beigutragen  fcfteint,  mitt 

35  nic^t  fo  Diel  fagen,  bag  fie  barum,  meil  fte  für  ftd^  angenel^m  ftnb,  gleid^« 
fam  einen  glei^artigen  Suföfe  3U  bem  SBol^lgefanen  an  ber  Sorm  abgeben, 
fonbern  meil  fie  biefe  le^tere  nur  genauer,  beftimmter  unb  oollftänbiger 

Äanfl  «(^tiften.  '«Serfe.  V.  15 


226    ^ittf  bcc  Urtl^etWfrQft.   1. 2:5<^IT.  Ärlti!  hex  m^m^n  UrH^ciliSfroft. 

anfd^aulid^  tnad^en  unb  fiberbem  bur^  i^ren  Sleij  bie  SSorfteUung  beleben, 
inbem  jie  bie  aufmerffamfeit  auf  ben  ©eßenftanb  felbp  erweden  unb  er= 
l^alten. 

©elbft  toaS  man  ßteratl^en  (^arerga)  nennt,  b.  t.  ba^ienige,  toa« 
nid^t  in  bie  gange  SSorfteüung  beS  ©egenftanbeS  a\^  SBeftanbftfid  inner«  & 
li^r  fonbern  nur  dugerlid^  als  ßut^at  gel^ört  unb  baS  äBol)lgefanen  be« 
©efd^ntactS  Dergrogert,  tl^ut  biefeS  bodg  anäi  nur  burd^  feine  i^orm:  mie 
(Sinfaffungen  ber  ©emdlbe,  ober  ©emdnber  an  @tatuen,  ober  Säulen^ 
gänge  um  ^rad^tgebäube.  Sepel^t  aber  ber  S^txat^  nld^t  felbft  in  ber 
f(^5nen  9orm,  ift  er  n^ie  ber  golbene  Sial^men  blog,  um  burd^  feinen  Steig  lo 
bad  ®em&lbe  bem  ä9eifall  gu  empfehlen,  angebrad^t:  fo  l^eigt  er  alSbann 
@(l^mud(  unb  tl^ut  ber  äd^ten  @d^5n]^eit  Slbbrud^. 

Släl^rung,  eine  (Smpfinbung,  U)o  Slnnel^mlid^feit  nur  üermittelft 
augenblltllid&er  Hemmung  unb  barauf  erfolgenber  fidrferer  ßrgiefeung  ber 
gebenSfraft  getoirft  tolrb,  gel^brt  gar  nicftt  jur  Sd&önl^eit.  ©rl^abenl^eit  15 
(mit  toeld^er  ba«  ©efül^l  ber  SRül^rung  Derbunben  ift)  aber  erforbert  einen 
anbern  9Ragftab  ber  Seurtl^eilung,  ald  ber  ®ef(!^ma(I  ftd^  gum  @)runbe 
legt;  unb  fo  l^at  ein  reines  ©efc^madSurll^eil  meber  9ieig  nod^  äläl^rung, 
mit  einem  28orte  feine  @m<)ftnbung,  al«  SMaterie  be«  dfl^etifd)en  Urt^eil«, 
gum  93e[timmung«grunbe.  20 

§  15. 

2)a8  ®ef(J^ma(I«urt]^ell  l[t  Don  bem  begriffe  ber  SSolN 

fommenl^eit  gdnglid^  unabl)ängig. 

3)ie  objectiDe  Sxotdmi^iglftit  fann  nur  »ermittelft  ber  SBegiel^ung 
be«  SKannigfaltigen  auf  einen  beftimmten  Qvotäf  alfo  nur  bur^  einen  25 
Segriff,  erfannt  koerben.  hieraus  allein  f^on  erl^eUt:  bag  bad  Sd^one, 
beffen  Seurtl^eilung  eine  blofe  formale  ß^edfmdfeigfeit,  b.  i.  eine  ßtoed« 
md^igfeit  ol^ne  Qtoti,  gum  ©runbe  l^at,  Don  ber  SBorflellung  bed  ®uten 
gang  unab^ngig  fei,  »eil  bad  le^tere  eine  oblectiDe  3n)ecfmägigleit,  b.  i. 
bie  Segiel^ung  beS  ©egenfianbed  auf  einen  beftimmten  Qmd,  DorauSfe^t.  ao 

3)ie  obiectiDe  Stoedmdfeigleit  ift  enttoeber  bie  dufeere,  b.  i.  bie9lüfe* 
li(^feit,  ober  bie  innere,  b.  i.  bie  SJollIommenl^eit  be8  (SegenftanbeS. 
3)a^  bad  SBol^lgefaHen  an  einem  ©egenftanbe,  meiSl^alb  wir  il^n  fd^ön 
nennen,  ni^t  auf  ber  SBorfteHung  feiner  9Rü^lid^feit  berul^^n  fönne,  ift  aus 
beiben  Dorigen  ^auptftfidCen  l^inreid^enb  gu  erfel^en:  n^eil  eS  alSbann  nid^t  35 


1.  Bud^.    !(nalQtiI  be^  (Bäfinen.    S)ritted  aRoment.  227 

ein  unmittelbares  SBol^Igefallen  an  bem  ®egenftanbe  fein  n^ürbe,  \oAäiei 
Untere  bie  uoefenttid^e  SBebingung  beiS  Urt^eilS  aber  ©d^önl^eit  tft.  Sber 
eine  obiectioe  innere  Sw^^näfeigfeit,  b.  i.  Soüfommenl&eit,  fommt  bem 
^räbicate  ber  ©d^önl^eit  f(!^on  ndl^er  unb  ift  bal^er  and)  Don  naml^aften 

5  $l)ilofop^en,  bod^  mit  bem  Seifaj^e,  wenn  fie  Dermorren  gebadet 
wirb,  für  einerlei  mit  ber  S(!^önl|eit  gel&alten  worben.  68  ift  üon  ber 
größten  SSic^tigfeit,  in  einer  Stxiüt  bed  ®efd^mac(8  ju  entfd^eiben,  ob  ftd^ 
au(^  bie  @^5n]^eit  wirllid^  in  ben  ä9egriff  ber  SSoDfommenl^eit  auftöfen 
laffe. 

10  S)ie  obiectiDe  ßtoedmägigfeit  ju  beurtl^eilen,  bebürfen  mir  febergeit 
ben  SBegriff  eine«  S^edt«  unb  (wenn  ienc  3wc*wö6igWt  nid^t  eine  dufeere 
[5Rü^li(^feit],  fonbern  eine  innere  fein  fott)  ben  Segriff  eine«  innern 
3tt)ed(«,  ber  ben  ©runb  ber  innern  SRögli^Ieit  be«  ©egenftanbeS  entl^alte. 
©0  wie  nun  Qwtd  überhaupt  bagfenige  ift,  beffen  Segrif  f  afö  ber  ®runb 

15  ber  SKöglid&feit  beS  ©egenftanbe«  felbft  angefel^en  werben  fann:  fo  wirb, 
um  fid^  eine  objectiDe  S^^^nidgigfeit  an  einem  S)inge  Dorguftellen,  ber 
Segriff  Don  biefem,  wa«  e«  für  ein  3)ing  fein  foUe,  Doran  gelten; 
unb  bie  Bufammenftimmung  be«  Mannigfaltigen  in  bemfelben  gu  biefem 
Segriffe  (weld&er  bie  Siegel  ber  ffierbinbung  beffelben  an  il^m  giebt)  ift 

20  bie  qualitatiDc  ffiollfommenl&eit  eine«  3)inge«.  ^ierDon  ift  bie 
quantitatiDe,  al«  bie  SßoQftdnbigfeit  eine«  feben  S)inge«  in  feiner  Slrt, 
gdnjlid^  unterfd^ieben  unb  ein  blofeer  ©röfeenbegriff  (ber  Slfll^eit),  bei 
weld^em,  wad  baS  S)ing  fein  folle,  fc^on  jum  DorauS  al«  beftimmt 
gebadet  unb  nur,  ob  alle«  baju  (grforberlid^e  an  il^m  fei,  gefragt  wirb. 

25  S)a8  fjormale  in  ber  Sorftellung  eine«  ©inge«,  b.  i.  bie  Sufammenftim* 
mung  be«  ÜWannigfaltigen  gu  einem  (unbeftimmt  wa8  e«  fein  fofle),  giebt 
für  fid^  gang  unb  gar  feine  obiectiDe  ßwedmdgigfeit  gu  erlennen:  weil, 
ba  Don  biefem  ©inen  al8  Qtozd  (wa8  baö  3)ing  fein  folle)  abftral^irt 
wirb,  nichts  al8  bie  fubjectiDe  Swccfmdfeigfeit  ber  Sorftellungen  im  ©e- 

30  mutige  beS  Slnfd^auenben  übrig  bleibt,  welche  wol^l  eine  gewiffe  Qmtd^ 
mdgigleit  be«  SSorftellungSgufianbe«  im  Subject  unb  in  biefem  eine  Se:: 
l^aglid^feit  beffelben  eine  gegebene  f^orm  in  bie  @inbilbung«Traft  aufgu« 
faffen,  aber  feine  Solllommenl^eit  irgenb  eine«  Obiect«,  ba«  l^ier  burc^ 
feinen  Segriff  eine«  QtotdS  gebaut  wirb,  angiebt.   SBie  g.  S.,  wenn  id^ 

S5  im  SBalbe  einen  Sfiafenpla^  antreffe,  um  weld^en  bie  Säume  im  6irfel 
fte^en,  unb  i(^  mir  babei  nic^t  einen  S^td,  ndmlid^  bag  er  etwa  gum 
l&nblid^en  Stange  bleuen  foUe,  Dorftelle,  nic^t  ber  minbefte  Segriff  Don 

15* 


228    Ärillf  ber  Urtl^ctlöfroft.   l.ä^eil.  ^riti!  ber  öfl^cti^en  Urt^cilSfraft. 

SSonfommenl^ett  burc^  bie  blo^e  9orm  gegeben  loirb.  @ine  formale  ob^ 
tectiöe  Stt>ftfinä6iflWt  aber  ol^ne  Qt^^d,  b.  i.  bie  blofee  5orm  einer  38  oU^ 
Iommen^eit(o]^neane2Ratcrie  unb  Segriff  öon  bem,  »ogu  gufammen= 
geftimmt  n)irb,  wenn  tS  auc^  blog  bie  ^bee  einer  ©efej^mägigfeit  öber^ 
l^aupt  ©dre),  jttft  DorjufteHen,  ift  ein  »alirer  SBiberfpru^.  » 

9lun  ift  bas  ©efd^madSuri^eil  ein  äflfietifd^eS  Urtl^eil,  b.  i.  ein  foU 
d^eS,  toa^  ai\\  fubiectioen  Q^rünben  berul^t,  unb  beffen  SBeflimmung^grunb 
fein  93egrtff,  mithin  aud^  nid^t  ber  eines  beftimmten  Qmd&  fein  lann. 
Sllfo  tt)irb  burd^  bie  ©^ön^eit,  aU  eine  formale  fubjectioe  Qmdma^xf^- 
leit,  feinedmegeiS  eine  S^oülommenl^eit  be8  ©egenflaubed  al^  oorgeblid^  lo 
formale,  gleid^mol^l  aber  bo(^  objectioe  S^oedCmdgigfeit  gebadet;  unb  ber 
Unterfd^ieb  gioifd^en  ben  ^Begriffen  beS  @^önen  unb  ©uten,  als  ob  beibe 
nur  ber  logifd^en  §orm  na^  unterf^ieben,  ber  erfte  blofe  ein  oertoorrener, 
ber  smeite  ein  beutlic^er  93egriff  ber  SSoQtommen^eit,  fonfi  aber  bem  3n» 
l^alteunb  Urfprunge  nad^  einerlei  tofiren,  ift  ni^tig:  meil  alSbann  itoif^en  15 
il^nen  fein  fpecififd^er  Unterfd^ieb,  fonbern  ein  ©efc^madtSurt^eil  eben 
fo  tool^l  ein  Srfenntnigurtl^eil  tt)dre,  als  baS  Urtl^eil,  tooburc^  etmaS  für 
gut  erfldrt  toirb;  fo  mie  ettoa  ber  gemeine  SMann,  wenn  er  fagt,  bafe  ber 
SBetrug  unred^t  fei,  fein  Urtlieil  auf  oertoorrene,  ber  ^l^llofop]^  auf  beut^ 
lid&e,  im  ®runbe  aber  beibe  auf  einerlei  aSernunft^rincipien  grflnben.  20 
3d^  l^abe  aber  fc^on  angeführt,  bag  ein  dftl^etif^eS  Urtlieil  einzig  in  feiner 
Slrt  fei  unb  fd^le^terbingS  fein  @rfenntni^  (aud^  ni^t  ein  oermorreneS) 
Dom  Dbfect  gebe:  meld^es  le^tere  nur  burd^  ein  logifd^eS  Urtlieil  gefc^ie^t; 
ba  {eneS  l)ingegen  bie  SSorfteQung,  kooburd^  ein  Dbtect  gegeben  mirb, 
lebiglidd  auf  baS  @ubj[ect  begielit  unb  feine  SSefd^affenl^eit  beS  ©egenftam  2s 
beS,  fonbern  nur  bie  gtoerfmdfeige  fjorm  in  ber  Seftimmung  ber  SSorftet 
lungSfrdfte,  bie  jt(^  mit  jenem  bef^dftigen,  gu  bemerfen  giebt.  3)a8  Ur^ 
t^eil  l^eiBt  aud^  eben  barum  dftl^etifd^,  loeil  ber  SeftimmungSgrunb  bef^ 
felben  fein  SÖegriff,  fonbern  baS  ®efü^l  (beS  innern  Sinne«)  Jener  6in= 
l^eUigfeit  im  Spiele  ber  ©emütl^öfrdfte  ifi,  fofern  jte  nur  empfunben  so 
werben  fann.  S)agegen  wenn  man  verworrene  S3egriffe  unb  bas  objectioe 
Urt^eil,  baS  fte  gum  ©runbe  l^at,  wollte  dftl)etif(^  nennen,  man  einen 
aSerpanb  l^aben  würbe,  ber  ftnnlid^  urtlieilt,  ober  einen  Sinn,  ber  bur(^ 
Segriffe  feine  Dbjecte  Dorftellte,  welc^ev^  beibe«  ft^  wiberfprid^t.  3)a« 
SSermögen  ber  SSegriffe,  pe  mögen  verworren  ober  beutlid^  fein,  ift  ber  35 
äSerftanb;  unb  obgleid^  gum  ©efd^macfSurtl^eil,  als  dftl^etifd^em  Urtl^eile, 
aud^  (wie  gu  alten  Urt^eilen)  SSerftanb  gel^ort,  fo  gel^ört  er  gu  bemfelben 


1.  IBu^.    Knal^ttf  bed  ©d^dnen.    IS^riited  SRoment.  229 

bo<]^  nid^t  als  93ermogen  ber  @rfenntnig  einei^  ©egenftanbeS,  fonbern  olS 
aScrmSflen  bcr  SBcftimmung  bcö  Urt^cifö  unb  feiner  aSorpellunfl  (ol^nc 
Seflriff)  na(^  bem  aSerlältnife  berfelben  auf  ba8  ©ubject  unb  beffen 
innereis  ©effil^I,  unb  jmar  fofern  biefed  Urtl^eil  mi)  einer  allgemeinen 
5  Siegel  möglich  i[t. 

§16. 

S)aiS  ©efd^maddurtlieil,  tooburd^  ein  ©egenftanb  unter  ber 

Sebinguufl  eine«  bepimmten  Segriff«  für  fd^on  erllärt  toirb, 

ift  ni(!^t  rein. 

10  (Si  glebt  jweierlei  SIrten  Don  Sc^onl&eit :  freie  ©d^önl^elt  (pulchritudo 
vaga),  ober  bie  blog  an|dngenbe  Sd^onl^eit  (pulchritudo  adhaerens).  3)ie 
erfterc  fc^t  feinen  Segriff  üon  bem  DorauÄ,  xoai  ber  ®egenftanb  fein  foH; 
bie  jmeite  fe^t  einen  fold^en  unb  bie  SBoQfommenl^eit  bed  ©egeni^anbed 
nad^  bemfelben  üorau8.  SDle  arten  ber  erftern  l^elfeen  (für  jt^  beftel^enbe) 

15  ©d^ön^eiten  biefeS  ober  ieneiS  S)inge8;  bie  anbere  mirb,  als  einem  Segriffe 
anl^ängenb  (bebingte  @d^ön^eit),  Dbj[ecten,  bie  unter  bem  Segriffe  eined 
befonbern  3^^'^  ft^^^n,  beigelegt. 

Slumen  ftnb  freie  Slaturfd^önl^eiten.  SßaS  eine  Slume  für  ein  S)ing 
fein  fon,  koeig  auger  bem  Sotanifer  ft^merlitb  fonft  iemanb;  unb  felbft 

20  biefer,  ber  boran  ba«  Sefrud^tungöorgan  ber  ^Panje  erlennt,  nimmt,  »enn 
er  barüber  burd^  ©efd&macf  urt^eilt,  auf  biefen  Slaturjtoedf  feine  Sflüdf jtd^t. 
(Sd  mirb  alfo  feine  Sollfommenl^eit  Don  irgenb  einer  Slrt,  feine  innere 
Smecfmdgigfeit,  auf  meldte  fid^  bie  3ufammenfe^ung  be8  SRannigfaltigen 
bejiel^e,  biefem  Urt^eile  jum  ®runbe  gelegt.  SSiele  Sögel  (ber  Papagei, 

25  ber  Solibrit,  ber  ^arabieSDogel),  eine  SRenge  @d^altl)iere  bed  SReereS  finb 
ffir  {i$  Sc^önl^eiten,  bie  gar  feinem  nad^  Segriffen  in  Slnfe^ung  feines 
Swecf«  beftimmten  ®egenftanbe  gufommen,  fonbern  frei  unb  für  jtd&  ge* 
fallen.  @o  bebeuten  bie  Seid^nungen  a  la  grecque,  baS  Saubmerf  ju  @in« 
faffungen  ober  auf  $apierta|}eten  u.  f.  m.  für  fid^  ni^tiS:  fte  ftellen  nichts 

30  Dor,  fein  Dbject  unter  einem  beftimmten  Segriffe,  unb  finb  freie  ©ddon^ 
l^eiten.  3Ran  fann  aud^  bad,  mad  man  in  ber  SRujif  $l^antafteen  (o^ne 
äil^ema)  nennt,  ia  bie  ganje  SRuftf  ol^ne  Sejrt  gu  berfelben  9(rt  g&^len. 

3n  ber  Seurtlieilung  einer  freien  ©c^bnl^eit  (ber  blofeen  3form  nad^) 
ifl  baS  ©efd^macfiSurt^eil  rein.   (SS  ift  fein  Segriff  Don  irgenb  einem 

35  Qvotdt,  tDOgu  baS  SRannigfaltige  bem  gegebenen  Dbjecte  bienen  unb  toaS 


230    Ärltil  her  Urt^eiWfraft.    1.  a:^««.  !hlttf  ber  äfl^etifd^en  UrtlftelWfraft. 

bicfe»  alfo  DorpcUen  foHc,  DorauSßefcfet,  wobur^  blc  grcil^cit  bcr  ein* 
bilbungSfraft,  bie  in  Seobad^tung  ber  ®eftalt  gleid^fam  fpielt,  nur  ein» 
gef^r&ntt  merben  tourbe. 

SHein  bie  @^öul)eit  eined  3Renf(I)en  (unb  unter  biefer  9(rt  bie  eines 
SRanneS  ober  Sßeibed  ober  j(inbed),  bie  @(l^onl)eit  eines  $ferbe8,  eines  5 
®ebdubeS  (als  Älrd^e,  $alaft,  arfenal  ober  ©artenl^auS)  fefet  einen  »e« 
flriff  oom  Qtozdt  öorauS,  melier  beflimmt,  maS  baS  S)inß  fein  foll,  mit* 
l^in  einen  Segriff  feiner  SSoDIommenl^eit,  unb  ift  alfo  blog  ab^drirenbe 
S^onl^eit.  @o  wie  nun  bie  SBerbinbung  beS  Slngcnel^men  (ber  @mpfin= 
bung)  mit  ber  ©c^önl^elt,  bie  eigentUd^  nur  bie  gorm  betrifft,  bie  3fleinig*  10 
teit  beS  ®ef(!bmadtSurt]^eilS  oer^inberte:  fo  tl^nt  bie  SSerbinbung  beS  ®uten 
(woju  ndmli^  baS  SRannigfaltige  bem  S)inge  felbft  nai)  feinem  3^^^^ 
gut  ift)  mit  ber  @d^önl^eit  ber  Sfieinigfeit  beffelben  abbrud^. 

SRan  toürbe  oieleS  unmittelbar  in  ber  Slnf^auung  ©efallenbe  an 
einem  @ebäube  anbringen  Knnen,  koenn  eS  nur  nid^t  eine  JCird^e  fein  foQte;  u 
eine  ©eftalt  mit  allerlei  @(^n5r(eln  unb  leidsten,  boc^  regelmäßigen  S^^ 
gen,  U)ie  bie  üleufeeldnber  mit  itirem  Slettamiren  tl)un,  oerfd^önern  tonnen, 
wenn  eS  nur  nid^t  ein  SRenfd^  wdre;  unb  biefer  fonnte  t)iel  feinere  ßägc 
unb  einen  gefälligeren,  fanftern  Umrig  ber  ©efid^tsbilbung  l^aben,  wenn 
er  nur  ni^t  einen  3Rann,  ober  gar  einen  friegerifd^en  üorfteDen  foQte.       20 

9lun  ift  baS  SBoJ^lgefaHen  an  bem  SRannigfaltigen  in  einem  S)inge 
in  SSejiel^ung  auf  ben  Innern  Qxotdt  ber  feine  ^öglic^Teit  beftimmt,  ein 
auf  einem  SSegriffe  gegrünbeteS  Sßo^lgef allen;  baS  an  ber  @(^5n^eit  aber 
ift  ein  fold^eS,  weld^eS  feinen  Segriff  oorauSfe^t,  fonbern  mit  ber  93or* 
ftellung,  woburd^  ber  ®egenftanb  gegeben  (nid^t  woburd^  er  gebadet)  wirb,  23 
unmittelbar  üerbunben  ift.  SBenn  nun  baS  ®efd^mad(SurtI)eil  in  Slnfel^ung 
beS  le^teren  oom  QtDtdc  in  bem  crfteren,  als  SSernunfturtl^eile  abl^dngig 
gemacht  unb  baburd&  eingef^rdnft  wirb,  fo  ift  Jenes  ni^t  me^r  ein  freies 
unb  reines  ©ef^madsurtl^eil. 

Swar  gewinnt  ber  ©efd^mad  burd^  biefe  SSerbinbung  beS  dftl^etifc^en  30 
äBol^lgefallenS  mit  bem  inteDectuellen  barin,  baß  er  fi^irt  wirb  unb  gwar 
ni^t  allgemein  ift,  il)m  aber  bo^  in  Slnfel^ung  gewiffer  gwedCmdßig  be* 
ftimmten  Dbjecte  SRegeln  oorgefd^rieben  werben  fönnen.  3)iefe  ftnb  aber 
alSbann  aud^  feine  Siegeln  beS  ©efd^madCS,  fonbern  bloß  ber  Vereinbarung 
beS  ®efd^mads  mit  ber  Vernunft,  b.  i.  beS  @d^önen  mit  bem  ®uten,  bur(^  33 
weld^e  jenes  gum  Snftrument  ber  abftd^t  in  Slnfe^ung  beS  le^tern  braud^* 
bar  wirb,  um  biejenige  ©emiitl^Sftimmung,  bie  fid^  felbft  er^dlt  unb  oon 


1.  8ud^.    ^nalQtil  bed  ®d(|5nen.    S)rtHed  ÜRontent.  231 

fubiectioer  allgemeiner  ©ülttgleit  ift,  berienigen  S)enlung8art  unterju«' 
legen,  bie  nur  burd^  mfi][){amen  SSorfa^  erl^alten  »erben  fann,  aber  ob- 
iectio  aUflcmeln  gültig  i[t.  gigentHd&  aber  gewinnt  »eber  bie  SBoUfommen» 
^eit  bur^  bie  @(^bn^eit,  no(^  bie  @^ön^eit  bur$  bie  SSoUfornmenl^eit; 

5  fonbern  meil  t^  nit^t  Dermieben  merben  lann,  loenn  mir  bie  SSorfteUung, 
moburtb  uni^  ein  ©egenftanb  gegeben  mirb,  mitbem£)bj|ecte(inSlnfe]^ung 
beffen,  voaS  ed  fein  foQ)  burd^  einen  Segriff  Dergleichen,  {te  gugleid^  mit 
ber  @mpfinbung  im  Subjecte  gufammen  gu  l^alten,  fo  gemtnnt  \>aS  ge« 
f ammte  Vermögen  ber  SSorftellungSfraft,  loenn  beibe  ©emüt^Sjuftänbe 

10  gufammen  [timmen. 

@in  ©efd^mad^urt^eil  mörbe  in  Slnfel^ung  eineiS  ©egenftanbed  üon 
befümmtem  innern  Qwdt  nur  aldbann  rein  fein,  wenn  ber  Urt^ellenbe 
entmeber  öon  biefem  S^ede  feinen  Segriff  l&dtte,  ober  in  feinem  Urtl^eile 
baDon  abftral)irte.  Slber  alsbann  mürbe  biefer,  ob  er  gleich  ein  richtiges 

15  ©efd^madi^urtl^eil  fdOte,  inbem  er  ben  ©egenftanb  ald  freie  ©d^ön^eit  be« 
urtl^eilte,  bennod^  Don  bem  anberu,  melc^er  bie  @(!bönl^eit  an  il^m  nur  ald 
anl^ängenbe  ä9ef(!^affen^eit  betra<i^tet  (auf  ben  ßtoed  bed  ©egenftanbeS 
fielet),  getabelt  unb  eines  falfd^en  ©efc^madd  befd^ulbigt  merben,  obgleid^ 
beibe  in  ilirer  Art  rit^tig  urt^eilen:  ber  eine  nad^  bem,  ma«  er  öor  ben 

20  ©innen,  ber  anbere  naä)  bem,  mag  er  in  ©ebanlen  l^at.  S)urd^  biefe  Un- 
terfd^eibung  lann  man  mand^en  3n)ift  ber  ©efc^madSrid^ter  über  @d^5n<> 
l^eit  beilegen,  inbem  man  il^nen  geigt,  bag  ber  eine  jtd^  an  bie  freie,  ber 
anbere  an  bie  anl^&ngenbe  @d^5n]^eit  l^alte,  ber  erftere  ein  reine«,  ber  gmeite 
ein  angemanbteS  ©efd^madsurtl^eil  fälle. 

25  §  17. 

aSom  ^btaU  ber  ©d^onl^eit. 

68  lann  feine  obiectioe  ®efd^mad8regel,  meldte  burd^  Segriffe  be^^ 
ftimmte,  ma«  f^ön  fei,  geben.  SDenn  afle«  Urtl^eil  au8  biefer  Quelle  ift 
äfl^etif^;  b.  i.  baS  ©efü^l  beS  @ubiectiS  unb  fein  Segriff  eines  Dbiectd  ift 

30  fein  SeftimmungSgrunb.  6in  ^rincip  beS  ©eft^mads,  meld^eS  bad  all- 
gemeine  Kriterium  be«  Schönen  burd^  beftimmte  Segriffe  angdbe,  gu  fud&en, 
ift  eine  fruc^tlofe  Semü^ung,  meil,  maS  gefud^t  mirb,  unm5glid^  unb  an 
fid^  felbft  miberfpred&enb  ift.  JDie  allgemeine  SKittl^eilbarfeit  ber  @mpfin= 
bung  (beS  SBol^lgefallenS  ober  SRigfaHenS)  unb  gmar  eine  fold^e,  bie  o^ne 

35  Segriff  @tatt  finbet,  bie  Sinl^eUigleit,  fo  oiel  möglid^,  aller  Seiten  unb 


232    Ärltll  ber  ttrtl^etWrraft.  l.^tll  5h:lttf  ber  Äfl^ettfcäften  llrt^cUShaft. 

aSölfer  in  anfcl^ung  tiefe«  ©efül^l«  in  ber  aSorftelluna  flcwlffer  ©egen^» 
fl&nbe:  ift  bai  empirifd^e,  tt)ieb)o]^l  fd^toad^e  unb  laum  gut  SBermutl^ung 
gureid^enbe  j(riterium  ber^bftammung  eines  fo  burc^  SBeifpiele  beiod^rten 
©efd^mactS  Don  beut  tief  verborgenen,  allen  SOtenfd^en  gemeinjc^aftli^en 
®runbe  ber  (Sinl^elliflleit  in  Seurtl^ellung  ber  formen,  unter  benen  i^nen  5 
©egenftdnbe  gegeben  »erben. 

S)a]^er  fielet  man  einige  ^robucte  beS  ©efd^mads  aUejcempIarifd^ 
an:  nid&t  al8  ob  (Sefc^mad  fönne  ertoorben  »erben,  inbem  er  anberen 
nad^al^mt.  S)enn  ber  ©ef^mad  mu^  ein  felbft  eigene«  äSermögen  fein; 
wer  aber  ein  SOlufter  nad^al^mt,  jeigt,fofern  al3  er  eS  trifft,  jtoar  ©efi^tdt*  10 
lid&feit,  aber  nur  ©efc^mad,  fofern  er  biefe«  üßufter  felbfl  beurt^eilcn 
fann.*)  hieraus  folgt  aber,  bafe  baS  l^ö^fte  SRufter,  baö  Urbilb  be«  ®e* 
f^mad«,  eine  blofee  3bee  fei,  bie  feber  in  ftd^  felbft  l^erDorbringen  mufe, 
unb  wonach  er  alle«,  loaS  Object  be«  ©efd^mads,  »a«  Seifptel  ber  Seur« 
tlieilung  burc^  ®ef(!^mad  fei,  unb  felbft  ben  ©efd^mad  k)on  iebermann  be^  15 
urtl^eilen  mufe.  3bee  bebeutet  eigentlich  einen  Sernunftbegriff  unb  3beal  | 

bie  SSorfteQung  eine«  einjelnen  al«  einer  3bee  abdquaten  äBefen«.  S)al^er 
lann  iene«  Urbilb  be«  ©ef^mad«,  koeld^e«  freilid^  auf  ber  unbeftimmten 
Sbec  ber  SSernunft  Don  einem  SWaicimum  berul^t,  aber  bo(%  nid&t  burd^  S9e* 
griffe,  fonbern  nur  in  einjelner  JDarftellung  fann  Dorgeftettt  »erben,  beffer  20 
ba«  3beal  be«  @d^önen  genannt  »erben,  berglei(!ben  »ir,  »enn  »ir 
gleid^  nid^t  im  äSeft^e  beffelben  ftnb,  boc^  in  un«  J^erüorgubringen  ftreben. 
e«  »irb  aber  blofe  ein  Sbeal  ber  6inbilbung8fraft  fein,  eben  barum  »eil 
e«  nid^t  auf  Gegriffen,  fonbern  auf  ber  S)arftellung  berul^t;  ba«  SSermögen 
ber  3)arftellung  aber  ift  bie  ©inbilbungöfraft.  —  SBie  gelangen  »ir  nun  25 
gu  einem  folc^en  Sbcale  ber  ©d^onl^eit?  A  priori  ober  empirifd^?  3m* 
gleid^en:  »eld^e  ©attung  be«  @d^onen  ift  eine«  Sbeal«  f filzig? 

ßuerft  l[t  »ol^l  gu  bemerten,  bafe  bie  ©(ftönl^eit,  gu  »eld&er  ein  Sbeal 
gefud^t  »erben  foU,  !eine  öagc,  fonbern  burd&  einen  SBegriff  üon  objectioer 
S»edmd6igfeit  ftjcirte  ©d^önliicit  fein,  folgli^  feinem  Obfecte  eine«  gang  30  j 

reinen,  fonbern  bem  eine«  gum  £l)eil  inteUectuirten  ®efd^mad«urtl^etl«  ' 


*)  üJ^ufter  bed  (^t^ä^mad»  in  Stnfe^ung  ber  rebenben  Sänfte  muffen  in  einet 
tobten  unb  geleierten  @pra(|e  obgefagt  fein:  baiS  erfte,  um  ni^t  bie  S^er&nberuno 
erbulben  gu  muffen,  welche  bie  lebenben  unoermeiblid^er  3öeife  trifft,  boß  eble  5lu«- 
brü(fe  platt,  getDöl^nltc^e  veraltet  unb  neugefc^affene  in  einen  nur  fura  baurenben  Um>  35 
lauf  gebrad^t  werben;  ba^  a^^ü^'  bamii  fie  eine  ®rammattf  l^abe,  meiere  feinem  mut^- 
winigen  SBßec^fel  ber  Tloht  unterworfen  fei,  fonbern  i^re  unt)eranberU(^e  Siegel  l^at. 


I 


1.  ^ü^.    9[nalt)ttf  bed  @^5nen.    ^xxtM  9J?ometit.  233 

ongel^örcn  muffe.  ©.  i.  in  »clever  Slrt  öon  ®rönbcn  ber  Scurtl^cilunß  ein 
Sbcal  Statt  pnbcn  foll,  bo  mufe  irgcnb  eine  Sbee  ber  SSernunft  mä)  be= 
flimmteu  Segtiffcn  gum  ®runbe  liegen,  bie  a  priori  ben  Qwd  bcftimmt, 
iDorauf  bie  innere  SKöglic^feit  beS  ©egenftanbe«  berul^t.  6in  Sbeal  jd&oner 

5  äSIumen,  eines  fronen  3(meubIementS,  einer  f d^önen  SuiSftd^t  Idgt  [xä^  ni^t 
benten.  aber  aud^  öon  einer  beflimmten  Stoedten  anl^dngenben  ©d^ön^eit, 
g.  93.  einem  fd^Snen  äSol^nl^aufe,  einem  f^5nen  Säume,  fd^5nen  ©orten 
u.  f.  ti).,  Wfet  p^  lein  Sbeal  öorfteflen;  üermutl^Ud^  toeil  bie  S^oedfe  burd^ 
il^ren  Segriff  nit^t  genug  beftimmt  unb  fijcirt  jinb,  folglich  bie  Qxotd^ 

10  mägigfeit  beinal^e  fo  frei  ift,  atö  bei  beroogen  @d^onl^eit.  9lur  bad,  xoai 
ben  Swed  feiner  (gjrifteng  in  pd&  felbft  ^at,  ber  3Wenf(!^,  ber  ftd(  burd& 
SJernunft  feine  S^edte  felbft  be[timmen,  ober,  wo  er  fte  oon  ber  fiufeern 
aSSal^rnel^mung  ^ernel^men  mufe,  bod^  mit  wefentlidben  unb  allgemeinen 
SkoedCen  gufammen^alten  unb  bie  Sufammenftimmung  mit  jjenen  aliSbann 

15  aud^  dftl^etlfd^  beurtl^eilcn  fann:  biefer  ÜRenf(^  ift  alfo  eine«  Sbeal«  ber 
Sd^önl^eit,  fo  toie  bie  3Kenfd^][)eit  in  feiner  ^erfon,  al3  SnteUigeng,  be« 
Sbeate  ber  SJollIommenlieit  unter  allen  ©egenftfinben  in  ber  SBelt 
allein  f&l^ig. 

^tegu  gelobten  aber  gwei  ©tüdfe:  erftlid^  bie  äftl^etifd^e  SlormaU 

20  ibee,  weld&e  eine  eingelne  8lnf(ftauung  (ber  (Sinbilbungöfraft)  ift,  bie  ba« 
Sit^tmafe  feiner  Seurtl^eilung,  alÄ  eine«  gu  einer  befonberen  Sl^ierfpecie« 
gehörigen  3)ingeö,  »orfteUt;  gtoeitenSbieSSernunftibee,  toel^e  bie 
ßroedfe  ber  SKenfd^^eit,  fofern  fte  nid^t  ftnnlid^  oorgefteüt  werben  !önnen, 
gum  ^rincip  ber  Seurt^eilung  feiner  ©eftalt  mad^t,  burd^  welche  als  iijxt 

25  SBirfung  in  ber  ©rfd^einung  ftd^  jene  offenbaren.  S)ie  Slormalibee  mufe 
il^re  eiemente  gur  ®efialt  eine«  Silier«  oon  befonberer  ©attung  auS  ber 
grfal^rung  nel^men;  aber  bie  größte  Swedtmäfeigfeit  in  ber  ßonfiruction 
ber  ©eftalt,  bie  gum  allgemeinen  Sfiid^tmag  ber  dfll^etifc^en  Seurtl^eilung 
lebeS  (Singeinen  biefer  @pecieS  tauglid^  wdre,  baS  S3ilb,  was  gleic^fam 

30  abftd^tlid^  ber  S;ed^mt  ber  9latur  gum  ©runbe  gelegen  I)at,  bem  nur  bie 
©attung  im  ©angen,  aber  fein  @ingelneS  abgefonbert  abdquat  ift,  liegt 
bo^  blo6  in  ber  Sbee  bes  Seurtl^eilenben,  welche  aber  mit  i^ren  ^ropor== 
tionen  als  dfil^etifd^e  Sbee  in  einem  ?Kufterbilbe  ooflig  in  concreto  bar» 
geftellt  werben  fann.  Um,  wie  biefcS  gugel^e,  einigermaßen  begreiflid^  gu 

35  mad^en  (benn  wer  fann  ber  9latur  il^r  ©el^eimnig  g&nglid^  ablodten?), 
wollen  wir  eine  pfqd^ologifd^e  @rtldrung  oerfud^en. 

@S  ift  angumerfen:  ba^  auf  eine  unS  gdnglid^  unbegreiflid^e  9lrt  bie 


234    ^tt!  bet  Urtl^eiWftraft.  L5QcU.  Ärit«  ber  äft^etif(j^en  Urtl^clWfraft. 

(ginbilbunggfraftnid^t  allein  bicSei(äöen  furScgriffc  gclcgcntUd^JcIbftüon 
langer  Q^xt  I)cr,  äurüdfgurufen;  fonbcrn  a\x6i  ba«  SBilb  unb  bic  ®cftalt  beö 
(SegcnftanbeS  au8  einer  unauSfpred&Ud&en  3öl&l  öon  ©eßenftänben  oer^ 
fd^iebener  8lrten  ober  au(%  einer  unb  berfelben  Slrt  ju  rcprobuciren;  \a 
aniji  wenn  ba&  ©emütl^  eiS  auf  äSergleic^ungen  anlegti  aUem  SSermut^en  5 
nad^  mirllid^,  wenn  glei^  nit^t  l^inreid^enb  gum  ääetDugtfein,  ein  93ilb 
glei(!^fam  auf  bai^  anbere  faUen  gu  Iaf[en  unb  bur(!b  bte  Songrueng  ber 
mcl^rern  öou  berfelben  art  ein  aRittlereS  l^erauögubefommen  tolffe,  mlS^t^ 
aUen  gum  gemeinfd^aftlid^en  ^a^e  bient.  Semanb  l^at  taufenb  erttac^fene 
SßanniSperfonen  gefeiten.  äBiS  er  nun  über  bie  üergleid^ungSmeife  gu  10 
fd^d^enbe  SRormalgröfee  urtljeilen,  fo  läfet  (meiner  SReinung  na^)  bie  @in* 
bilbungslraft  eine  grofee  ßo^l  ber  Silber  (oielleid^t  aUe  Jene  taufenb)  auf 
einanber  faÜen;  unb  tDenn  t&  mir  erlaubt  ijl,  l^iebei  bie  Analogie  ber 
optifd^en  ^arfteUung  angumenben,  in  bem  Siaum,  koo  bie  meiften  ft(|  Der« 
einigen,  unb  innerl^alb  bem  Umriffe,  wo  ber  ^la^  mit  ber  am  ftdrfften  u 
aufgetragenen  garbe  illuminirt  ift,  ba  wirb  bie  mittlere  ©röfee  fennt» 
li(!^,  bie  fomol^l  ber  ^il^e  aU  93reite  nad^  t)on  ben  äu^erften  Qirdngen  ber 
größten  unb  Ileinften  Staturen  gleid^  weit  entfernt  ift;  unb  bieS  tfi  bie 
@tatur  für  einen  fd^onen  SRann.  (Silan  fönnte  ebenbaffelbe  med^anifd^ 
l^erauS  befommen,  wenn  man  alle  taufenb  mfifee,  il^re  ^bl^en  unter  ftd^  »0 
unb  33reiten  (unb  S)i(Ien)  für  jt^  gufammen  abbirte  unb  bie  @umme 
burd)  taufenb  bioibirte.  SlEein  bie  @inbilbungdfraft  tljut  eben  biefeS  burd^ 
einen  b^namifd^en  @f[ect,  ber  auS  ber  Dielfältigen  Sluffaffung  fol(ber  ©e- 
ftalten  auf  ba$  Drgan  beS  innern  @inneS  entfpringt.)  SBenn  nun  auf 
äl^nli^e  art  für  biefen  mittlem  ÜWann  ber  mittlere  Äopf,  für  bicfen  bie  25 
mittlere  SRafe  u.  f.  w.  gefud^t  wirb,  fo  liegt  biefc  ®eftalt  ber  SRormalibee 
beS  f d^bnen  3Ranne$  in  bem  Sanbe,  wo  biefe  SSergleid^ung  angefteUt  wirb, 
gum  ®runbe;  bal^er  ein  Sfleger  notl^wenbig  unter  biefen  empirifd^en  Se« 
bingungen  eine  anbere  9lormalibee  ber  @d^önl)eit  ber  ©eftalt  l^aben  mug, 
als  ein  SBeifeer,  ber  ßl&inefe  eine  anbere,  als  ber  ©uropäer.  9Wit  bem  so 
5Kufter  eine«  fd^önen  ^PferbeS  ober  ^unbeö  (oon  gewiffer  Sftace)  würbe 
eö  eben  fo  gel)cn.  —  3)iefc  Siormalibee  ift  nid&t  au8  oon  ber  6rfal|rung 
l^ergenommenen  ^Proportionen,  als  beftimmten  Siegeln,  abgeleitet; 
fonbern  nad^  il^r  werben  aQererft  9flegeln  ber  S3eurtl^eilung  mbglic^.  @ie 
ift  baS  gwif^en  aQen  eingelnen,  auf  mand^erlei  SBeife  Derfc^iebenen  Sin»  35 
fd^auungen  ber  ^nbioibuen  |d^webenbe  Silb  für  bie  gange  ©attung,  weld^eS 
bie  SRatur  gum  Urbilbe  il^ren  ©rgeugungcn  in  berfelben  ©pecieS  unterlegte. 


1.  Sßnä).    ^nal^tif  M  ©d^önen.    S)nttefS  3)?oment.  235 

aber  in  feinem  @in}elnen  DöIIig  erteilt  gu  l^aben  fd^eint.  @te  ift  feines* 
koeged  baiS  ganje  Urbilb  ber  @(i)5n]^eit  in  biefer  ©attung,  fonbern  nur 
bie  i^orm,  tDel(!^e  bie  unna(j^lagli<^e  SSebingung  aQer  @(|onl^eit  auSmad^t, 
mitl^fn  blofe  bie  giid^tigfeit  in  S)arfteUung  ber  ©attung.  Sie  ifl,  wie 

5  man  ^ol^f Iet§  berfilimten  S)orQp^DruS  nannte,  bie  Siegel  (eben  baju 
fonnte  aud^  SKqronö  Äu^  in  ilirer  Gattung  gebrandet  toerben).  ©ie  faun 
eben  barum  aud^  nichts  @pect jtf(!be6^arafteriftif(!bed  enthalten ;  benn  fonft 
mdre  fie  nic^t  SRormalibee  för  bie  ®attung.  3f)re  ©arfteüung  gefällt 
aud^  nit^t  burd^  ©(^ön^eit,  fonbern  blofe  meil  jte  feiner  Sebingung,  unter 

10  weld&er  allein  ein  JDing  biefer  ©attung  fd^ön  fein  fann,  »iberfpric^t.  S)le 
S)ar[tellung  ijl  blofe  fd^ulgered^t.*) 

SBon  ber  5Rormalibee  beö  ©d^önen  ift  bod^  nod^  baS  Sbeal  beffclben 
unterf(!^ieben,  meines  man  lebiglid^  an  ber  menf^ liefen  ©eft alt  au3 
fd^on  angeführten  ©runben  erwarten  barf.   Sin  biefer  nun  befielet  bag 

15  Sbeal  in  bem  Sluöbrucfe  beö  ©ittlidijen,  o^ne  wcldöeö  ber  ©egenftanb 
nid^t  allgemein  unb  bagu  pofttio  (nid^t  blog  negatio  in  einer  fd^ulgerec^ten 
3)arfteflung)  gefallen  mürbe.  3)er  pc^tbare  SluSbrucf  ftttlid^er  Sbecn,  bie 
ben  3Renf(^en  innerli^  bel^errfd^en,  fann  jmar  nur  auS  ber  Srfal^rung 
genommen  merben;  aber  i^re  SSerbinbung  mit  allem  bem,  mad  unfere 

20  SSernunft  mit  bem  @ittlidö=®uten  in  ber  3bee  ber  l&öd^ften  Sw^cdEmfifeigfeit 
Derfnüpft,  bie  Seelengute,  ober  Sieinigfeit,  ober  ©tdrfe  ober  9lu^e  u.  f.  m. 
in  forperlit^er  Slufeerung  (al8  SBirfung  bed  Snncrn)  gleid^fam  ftd^tbar  ju 
mad^en:  baju  gel^ören  reine  Sbeen  ber  SSernunft  unb  grofee  aWad^t  ber 
©nbilbungöfraft  in  bemjenigen  oereinigt,  meld^er  jte  nur  beurtl^eilen,  oiel» 

25  mel^r  no(^  mer  fie  barfteHen  will.  JDic  SRic^tigfeit  eine«  fold^en  SbeaB 


*)  Tlan  wirb  pnbcn,  ba6  ein  öoUfommen  rcflelmöSigcS  ©cficftt,  wcld^eö  ber 
SRaler  i^m  3um  SJ^obeU  ju  fi^en  bitten  mi^c^te,  gemeiniglich  nid[)td  fagt:  weil  ed  nid^tiS 
^l^arafteriftifdjeiS  enthält,  olfo  me^r  bie  3bee  ber  @)attung,  a\i  ha^  ©pecifif^e 
einer  $erfon  ouSbrüdK.    lS)Qd  ^l^orafterifltf^e  Don  biefer  3(rt,  moS  übertrieben  \\t, 

30  b.  i.  weld;ed  ber  !RonnaUbee  (ber  Su>e(Imd6igTett  ber  Gattung)  felbft  ^bbruc!^  t^ut, 
^eigt  (SaricQtnr.  ^u^  a^id^  bie  (^fa^rung,  bag  iene  gana  regelmögigen  ©etlc^ter 
im  3nnern  gemeiniglit^  anä)  nur  einen  mittelmägigen  ^enfc^en  oerratl^en;  oermutl^- 
l\d^  (n>enn  angenommen  werben  barf,  bag  bie  9latur  im  äugeren  bie  Proportionen  bed 
Snneren  audbrfide)  beiSwegen :  weil,  wenn  feine  t)on  ben  ©emfttl^danlagen  Aber  bie* 

35  ienige  ghroportion  ^eroorftec^enb  ift,  bie  erforbert  wirb,  blog  einen  felglerfreien  SD^en« 
f^en  aui^auma^en,  nic^tiS  t)on  bem,  toa&  man  @enie  nennt,  erwartet  werben  barf,  in 
welchem  bie  9latnr  oon  i^ren  gemd()n(i(!^en  S^erl^ältniffen  ber  @emftt^dfrafte  aum  ^or> 
tl^eit  einer  einaigen  abauge^en  fc^eint. 


236    StxHif  bet  Urtl^eilfiftfaft.  1.  S^ell.  Äritl!  ber  Äfl§cttf(3|en  Urt^ll«!raft. 

ber  @(^5n]^eit  betoeifet  ftd^  barin:  bag  ed  feinem  @innenreij  ftd^  in  baS 
SBo^lgefaKen  an  feinem  Dbiecte  gu  mif^en  erlaubt  unb  bennod^  ein  grogeS 
Sniereffe  baran  nel^men  lagt;  meld^eS  bann  betoeifet,  bag  bie  Seurtl^eilung 
na4  einem  folgen  3Ragftabe  niemals  rein  dftl^etifd)  fein  fönne,  unb  bie 
SBeurtl^eilung  nad^  einem  2!beale  ber  @d^5n]^eit  lein  bloged  Urtl^eil  beä  5 
©efc^madS  fei. 

9i\xi  biefem  britten  Sßomente  gefd^loffene  @rll&rung 
bes  Sd^onen. 

©(J^ön^eit  ift  gorm  ber  ßtoeclmdgigfeit  eine«  ®eflenjlanbe«,  fo* 
fern  jte  ol^ne  SSorfiellung  eines  QxotdS  an  il^m  »alörgenommen  10 
toirb.*) 

SSiertcS  aWomeut 

be8  ©efd^marfSurt^eilS  nad^  ber  aWobalität  beS  SBol^tgefaffeng 

an  bem  ©egenftanbe. 

§    18.  15 

SBaS  bie  aßobalität  eines  ©efd^madSurt^eilS  fei. 

93on  einer  ieben  SSorfteHung  fann  \^  fagen:  menigftenS  eS  fei  mög:' 
lidö,  bafe  fte  (als  erlenntnig)  mit  einer  2uft  Derbuuben  fei.  SSon  bem, 
»aS  ic^  angenel^m  nenne,  fage  id^,  bag  eS  in  mir  »irllid^  2uft  bemirfe. 
SSom  @(l^5nen  aber  benit  man  fic^,  bag  eS  eine  notl^meubige  Sejiel^ung  20 
auf  baS  SBo^IgefaHen  l^abe.  ^iefe  9lot^menbigfeit  nun  ift  Don  be« 
fonberer  Art:  nid^t  eine  t]^eoretif(|e  obiectioe  Slotl^tocnbigfeit,  too  a  priori 

,  *)  Tlan  fönnte  wiber  biefe  (^nArirng  aU  3ttftana  anfül^ren:  bog  eiS  S)tnge  gtebt, 
an  benen  man  eine  awedfm&gige  gorm  fie^t,  ol^ne  an  il^nen  einen  S^^^  du  erfennen; 
3.  ^.  bie  öfter  auS  alten  ©rabl^ügeln  geaogenen,  mit  einem  So(^e  alS  au  einem  {>efte  25 
terfel^enen  fleinernen  @eröt^e,  bie,  ob  fie  att>ar  in  il^rer  (Beftalt  eine  3tt)e(Im&gigfeit 
beutli(^  Derratl^en,  f ßr  bie  man  ben  Qmä  ni(^t  fennt,  barum  glei^mol^l  nic^t  für  ft^ön 
erft&rt  n)erben.  Sldein,  bag  man  fie  für  etn.^nftwer!  anfielet,  ifi  f^on  genug,  um  ge« 
fte^en  au  muffen,  bag  man  i^re  gigur  auf  irgenb  eine  $lbfic§t  unb  einen  befiintmten 
Sn)e(f  beaiel^t.  S)al^er  aud^  gar  fein  unmittelbares  ^ol^lgefaUen  an  i^rer  $(nf(^auung.  30 
(Sine  93lnme  l^ingegen,  a*  ^-  eine  ^ulpe,  wirb  für  f(t)5n  gel^alten,  weit  eine  gewiffe 
3»edmä6igfeit,  bie  fo,  wie  mir  fie  beurtl^eilen,  auf  gar  feinen  Qtotd  beaogen  wirb,  in 
il^rer  SBa^rne^mung  angetroffen  wirb. 


I.  Sud^.    $(nalt)til  bed  Sd^dnetf.    Sterted  !D7oment.  237 

erfannt  loerben  fann,  ba^  jebermann  btefes  3Bol^IgefaIleu  an  bem  Don  mir 
fd^5n  genannten  ©egeni^anbe  fällten  n>erbe;  aud^  nic^t  eine  praltifd^e, 
too  burd^  SBeöriffe  eine«  reinen  Sßernunftwillen«,  welker  freil^anbelnben 
SBefen  gur  Siegel  bient,  biefeS  SBol^lgefaHen  bie  notlimenbige  §oIge  eine« 

5  objectiDen  ©efe^eS  ift  nnb  nichts  anber«  bebeutet,  al«  bog  man  fd^leij^ter«' 
bing«  (ol^ne  iveitere  Slbjic^t)  auf  gen)iffe  Slrt  ^anbeln  foUe.  <Sonbern  fie 
fann  atö  ^lot^menbigfeit,  bie  in  einem  dftl^etifc^en  Urt](|ei(e  gebadet  wirb, 
nur  e;rem))Iarifd^  genannt  koerben,  b.  i.  eine  Slot^menbigfeit  ber  Sei« 
ftimmung  aller  gu  einem  Urtl^eil,  koad  aU  Seifpiel  einer  allgemeinen 

10  [Regel,  bie  man  ni(]^t  angeben  fann,  angejel^en  toirb.  3)a  ein  dft^etifd&eö 
Urt^eil  lein  objectioeS  unb  (Srlenntnigurt^eil  ift,  fo  lann  biefe  ülotl^men« 
bigfeit  nic^t  aud  beftimmten  Segriffen  abgeleitet  n)erben  unb  ift  alfo  nid^t 
apobiftifd^.  aSiel  loeniger  fann  fte  auS  ber  Sügemeinl^eit  ber  Srfal^rung 
(pon  einer  burd^gdngigen  (Sinl^eDigfeit  ber  Urt^eile  Aber  bie  @(^5nl^eit 

15  eine«  getoiffen  ©egenflanbe«)  gefcftloffen  werben.  S)enn  ni(!^t  allein  bafe 
bie  ßrfal^rung  l^ieju  fd()toerlid&  l^inreid&enb  üiele  Seifige  fd^affen  toflrbe, 
fo  l&gt  fi^  auf  empirifi^e  Urt^eile  fein  Segriff  ber  Slotl^toenbigfeit  biefer 
Urtl^eile  grünben. 

§  19. 
20  S)ie  fubiectioe Slotl^menbigfeit,  bie  toir  bem  ©efd^madSurtl^eile 

beilegen,  ift  bebingt. 

S)a«  ®efd^madt«urt^eil  finnt  lebermann  Seiftimmung  an;  unb  n^er 
etwa«  für  fd^ön  erfl&rt,  n^ill,  bag  iebermann  bem  oorliegenben  (Segen» 
ftanbe  Seifall  geben  unb  i^n  gleid^faü«  für  fd^ön  erflfiren  folle.   S)ai 

35  @ ollen  im  fipetifd^en  Urt^eile  mirb  alfo  felbft  nad^  aQen  S)ati«,  bie  gur 
Seurtl^eilung  erforbert  toerben,  bo^  nur  bebingt  au«gefprod^en.  ^an 
mirbt  um  j[ebe«  anbern  Seiftimmung,  voeil  man  bagu  einen  ®runb  l^at, 
ber  allen  gemein  ift;  auf  toeld^e  Seiftimmung  man  aud^  red^nen  fbnnte, 
menn  man  nur  immer  ftd^er  m&re,  bag  ber  i^all  unter  j[enem  ©runbe  al« 

30  Siegel  be«  SeifaU«  ri^tig  fubfumirt  märe. 

§20. 

S)ie  Sebingung  berSlotl^ioenbigfeit,  bie  ein  ©efd^maddurt^eil 

oorgiebt,  ijt  bie  Sbee  eine«  ©emeinfinne«. 

SBenn  ©efd^madfäurtl^eile  (glei(^  ben  ßrfenntnifeurtl^eilen)  ein  be* 
35  ftimmte«  obiectioe«  $rincip  ^fitten,  fo  mürbe  ber,  meld^er  fte  nac^  bem 


238    Äritif  ber  Urt^eilöfraft.   1.  St^eil.  Ärltif  bcr  Äfi^etif^en  Urt^etföfraft. 

Icfetcrn  fdnt,  auf  unbcbinfltc  SHot^menbigfeit  feine«  Urtl^cUö  8[nfpru(!^ 
machen.  äBären  fte  ol^ne  aUed  ^rinctp,  mie  bie  bed  bloßen  @tnuenge« 
fd^mad«,  fo  mürbe  man  pd^  gar  feine  SRofl^menbigleit  berfclben  in  bic  ®c» 
banfen  fommen  laffen.  Sllfo  mfiffen  fte  ein  fubjectioeS  $nncip  ^aben, 
iDeld^e«  nur  burd^  ©efül^I  unb  nid^t  burc^  Segriffe,  bod^  aber  allgemein«  & 
gültig  beftimme,  waö  gefalle  ober  mifefaüe.  6in  fold^e«  $rlncip  aber 
fönnte  nur  als  ein  ®emeinfinn  angefel^en  »erben,  weiter  Dom  ge«* 
meinen  JBerftanbe,  ben  man  biömeilen  au(^  (Semeinpnn  (sensaa  commu- 
nis) nennt,  mefentlic!^  unterfd^ieben  tft:  inbem  le^terer  ni(bt  nad^  ©eful^I, 
fonbern  iebergeit  nac^  93egriffen,  tt)ien)o]^I  gemeinigU^  nur  a\i  nad^  bunfel  lo 
üorgeftellten  ^rincipien,  nrtl^eilt. 

älfo  nur  unter  ber  ffiorauöfe^ung,  ba^  eS  einen  ®emeinPnn  gebe 
(moburc^  mir  aber  feinen  äußern  @inn,  fonbern  bie  SSirfung  au8  bem 
freien  Spiel  unfrer  erfenntnifefräfte  öerfteljen),  nur  unter  5Borau«fe^ung, 
fage  id^,  eine«  fold^en  ®emeinpnniS  fann  baS  ©efd^macfSurtl^eU  gef&dt  i^ 
»erben. 

§21. 
Db  man  mit  ®runbe  einen  ©emeinfinn  üorauSfefeen  fönue. 

ßrfenntniffc  unb  Urt^eile  müPen  pd^  fammt  ber  Überjeugung,  bie  Pe 
begleitet,  aDgemein  mitt^eilen  la^en;  benn  fonft  f&me  i^nen  feine  Über^  20 
einftimmung  mit  bem  Dbiect  gu:  pe  m&ren  indgefammt  ein  blog  fub« 
Jectioeö  Spiel  ber  SSorfteDungöfrfifte,  gerabe  fo  mie  e«  ber  SfepticiSm 
»erlangt.  Sollen  p(^  aber  Srfenntniffe  mittl^eilen  laffen,  fo  mufe  pd^  aud^ 
ber  ®emut^«juftanb,  b.  i.  bie  Stimmung  ber  ©rfenntnifefrdftc  gu  einer 
erfenntnife  überhaupt,  unb  gmar  biejenige  Proportion,  tt)eld)e  pd^  für  25 
eine  SSorftellung  (woburc^  un«  ein  ®egenftanb  gegeben  mirb)  gebül^rt, 
um  barauS  @rfenntnig  gu  mad^en,  aDgemein  mittl^eilen  la^en:  meil  ol^ne 
biefe  al5  fubjectiüe  Sebingung  beS  ßrfennenS  baö  ©rfenntnife  al«  SBir= 
fung  nid&t  entfpringen  fonnte.  S)iefeS  gefcftiel^t  auc^  mirflidb  iebergeit,  menn 
ein  gegebener  ®egenftanb  üermittelp  ber  Sinne  bie  ßinbilbungöfraft  gur  30 
Sufammenfe^ung  be5  SKannigfaltlgen,  biefe  aber  ben  SSerftanb  gur  (Sin* 
l^eit  beffclben  in  Segriffen  in  St^dtigfeit  bringt.   Slber  biefe  Stimmung 
ber  (Srfenntnifefrdftc  l^at  nac^  SSerfd^iebenl^eit  ber  Dbjccte,  bie  gegeben 
merben,  eine  üerfc^iebene  Proportion.  ®lei(^U)o]^l  aber  mug  eS  eine  geben, 
in  melier  btefeS  innere  Serl^dltnife  gur  Belebung  (einer  burc^  bie  anberc)  35 
bie  gutrdglid&fte  für  beibe  ®emüt^öfrdfte  in  abpc^t  auf  ©rfenntuife  (ge« 


I.  »u^.    «Cnoltiti!  be«  ©d&5nen.    5Bicrte«  3»omcnt.  239 

ßebencr  ©Cßettftdnbc)  übcrl^aupt  ift;  unb  bicfc  Stimmung  fann  nid^t 
anber«  als  burii^  ba«  ©cffll^l  (nl(!^t  nad^  Gegriffen)  bcftimmt  tocrbcit.  ©a 
p(%  nun  bicfc  Stimmung  felbft  mufe  allgemein  mittl^cilcn  laffen,  mltl^tn 
aud^  baS  ©cffil^l  berfelben  (bei  einer  gegebenen  SSorfteDung);  bie  allge^ 

5  meine  5Kitt]^eilbarfeit  eine«  ©efül^Iö  aber  einen  ©emeinftnn  DorauSfefet: 
fo  mirb  biefer  mit  ©runbc  angenommen  U)erben  fonnen,  unb  jmar  ol^ne 
jid^  beSfaÜS  auf  pfq(!^oIogif(!^e  Beobachtungen  gu  fugen,  fonbern  als  bie 
notl^wenbigc  Sebingung  ber  allgemeinen  5IKittl|eilbarfeit  unferer  @r!cnnt» 
nife,  toel^e  in  ieber  8ogif  unb  iebem  ^rincip  ber  ßrfenntniffe,  baS  nid&t 

10  ffeptifd^  ip,  DorauSgefe^t  werben  mufe. 

§22. 

S)ic9Rotl^tt)enbigIeit  ber  allgemeinen SSeiftimmung, 

bie  in  einem  ©efd^madCSurtl^eil  gebadet  mirb,  ift  eine  fubj[cctioe 

9lot]^menbigfcit,  bie  unter  ber  SSorauSfe^ung  eines 

15  ©emeinfinnS  als  objectit)  Dorgeftellt  toirb. 

3n  allen  Urtl^eilen,  tooburd^  toir  etmaS  für  fd^on  erHaren,  öerftatten 
toir  feinem  anberer  ÜRelnung  ju  fein;  ol^ne  gleic^mol^l  unfer  Urtl^eil  auf 
begriffe,  fonbern  nur  auf  unfer  ©efül^l  gu  grünben:  meltfteS  toir  alfo  nid^t 
als  ^riöatgefül^l,  fonbern  als  ein  gemeinfd&aftlid^eS  gum  ®runbe  legen. 

20  9{un  fann  biefer  ©emeinftnn  gu  biefem  Sel^uf  nid^t  auf  ber  Srfal^rung 
gegrünbet  »erben;  benn  er  toill  jullrtl^eilen  bered^tigen,  bie  ein  Sollen 
entl^alten:  er  fagt  nid&t,  bafe  iebermann  mit  unferm  Urtl^elle  überein= 
ftimmen  toerbe,  fonbern  bamit  gufammenftimmen  folle.  Sllfo  ift  ber 
©emeinfinn,  Don  beffen  Urtl^eil  i^  mein  ©efd^macfSurtl^eil  Ijier  als  ein 

25  S3eif<)iel  angebe  unb  meStoegen  i(^  \i)m  eyemplarifd^e  ©flltigfeit  bei* 
lege,  eine  bloge  ibealifd^e  9lorm,  unter  beren  SSorauSfe^ung  man  ein  Ur« 
t^eil,  toeld^eS  mit  il^r  gufammenftimmte,  unb  baS  in  bemfelben  auSge» 
brüdtte  SBol^lgefallen  an  einem  Dbject  für  jebermann  mit  Siedet  gur  JRegel 
mad^en  fönnte:  toeil  baS  ^rincip,  gtoar  nur  fubiectio,  bennod^  aber,  für 

30  fubiedio^allgemein  (eine  jlebermann  notbtoenbige  2!bee)  angenommen,  maS 
bie  einl^elligfeit  oerfd^iebener  Urtl^eilenben  betrifft,  gleld^  einem  objectioen 
allgemeine  Seiftimmung  forbern  fönnte;  menn  man  nur  pd^er  mdre,  bar* 
unter  richtig  fubfumirt  gu  l^aben. 

3)iefe  unbepimmte  SRorm  eines  ®emeinpnnS  toirb  oon  unS  toirflid^ 

35  DorauSgefe^t:  baS  betoeifet  unfere  ^nmagung  ©efd^madtSurtl^eile  gu  fdllen. 


240    *ritir  bcr  Urtl^ciWfroft.   1.  St^eil.  Äritif  ber  äftl^ctifd^cn  Urt^etWfraft. 

DB  c8  in  bcr  Sl&at  einen  folc^en  (Semempnn  aU  confiitutlüe«  ^rincip  ber 
3Köflli(%feit  bcr  ßrfaljrung  gebe,  ober  etn  no(%  l&öl&creS  $rincl<)  ber  SSer« 
nunft  c«  uns  nur  gum  regulatioen  5ßrincip  tnad^e,  allererfl  einen  ®cmein» 
ftnn  ju  ]^5^ern  SmedFen  in  und  l^erüorgubringen;  ob  alfo  ©efd^mad  ein 
ur[prüngli(^e8  unb  naturltd^cS,  ober  nur  bie  ^bee  oon  einem  noc^  gu  er:=  5 
toerbenben  unb  lünftlid^en  äSermögen  fei,  fo  bag  ein  ©efd^madFSurt^eil 
mit  feiner  ßumut^ung  einer  allgemeinen  S3eiftimmung  in  ber  Zffat  nur 
eine  SBernunftforberuug  fei,  eine  folc^e  @in]^eQigIeit  ber  @inne£art  ^er^ 
üorgubringen,  unb  bad  ©oDen,  b.  i.  bie  objlectioe  Slot^toenbigleit  bed  S^^ 
fammenfliegenS  beS  ©ef&^tö  Don  iebermann  mit  febed  feinem  befonbern,  10 
nur  bie  aR5gli(^Ieit  I)ierin  einträ(%tig  gu  toerben  bebeute,  unb  ba«  ®e* 
fc^madSurttieil  nur  ))on  Snioenbung  biefee  ^rincipS  ein  33eifpiel  auf  [teile: 
baS  tooUen  unb  fönnen  toir  l^ier  nod^  ni(^t  unterfud^en,  fonbern  ^ben  für 
ie^t  nur  bai  ©efd^macfsoermogen  in  feine  Stemente  aufgulöfen  unb  {te  gu^ 
le^t  in  ber  Sbee  eine«  ®emeinflnnö  gu  oereinigen.  15 

aus  bem  vierten  SKoment  gefolgerte  6rIIdrung 
Dom  @(!^5nen. 

@d^5n  ifl,  loaS  ol^ne  Segriff  als  ©egenftanb  eines  not]^tt)enbigen 
SBol^IgefaUenS  erfannt  »irb. 


allgemeine  anmerfung  gum  erften  abfd^nitte  ber  analqtif.  20 

äSenn  man  baS  Sflefultat  aus  ben  obigen  S^rglieberungen  gie^t,  fo 
pnbet  fidö,  bafe  alles  auf  ben  33egriff  beS  ©efd^mads  l^erauSlaufe:  bafe  er 
ein  33eurt]^eiIungSoerm5gen  eines  ©egenftanbeS  in  Segiel^ung  auf  bie 
freie  Oefe^mfifeigfeit  ber  ©inbilbungSfraft  fei.  SS8enn  nun  im  ®e- 
fc^madSurtl^eile  bie  (ginbilbungSlraft  in  il^rer  fjrei^eit  betraci^tet  »erben  25 
mufe,  fo  Joirb  pe  erpli(%  ni(%t  re^jrobuctio,  »ie  (ie  ben  affociationSgefefeen 
unterworfen  ift,  fonbern  als  probuctio  unb  felbftt^dtig  (als  Url^eberin 
miDIurlic^er  f^ormen  m5glt(j^er  anfd^auungen)  angenommen;  unb  ob  fte 
gtt)ar  bei  bcr  auffaffung  eines  gegebenen  ®egcnftanbeS  ber  Sinne  an  eine 
beftimmte  gorm  biefeS  DbjectS  gebunben  ift  unb  fofern  fein  freies  ©piel  30 
(tt)ie  im  3)i(%tcn)  ^at,  fo  löfet  pd^  bo(%  nod^  tool^l  begreifen:  bafe  ber  ®e« 
genflanb  il^r  gcrabe  eine  folc^e  gorm  an  bie  $anb  geben  fönne,  bie  eine 


1.  )Bu(^.    VnalQttf  bed  ©c^dnen.    ungemeine  Snmerfung.  241 

Sufatnmenfe^ung  beS  Mannigfaltigen  entl^&lt,  mie  fie  bie  Sinbilbungd« 
fraft,  wenn  pc  fi(^  felbft  frei  überlaffen  mdre,  in  ginftlmmung  mit  ber 
Serftanbedgefe^mägigteitäber^auptentmerfenmärbe.  Mein  bag  bie 
Sinbilbungdtraft  frei  unb  boc^  Don  felbfi  gefe^m&gig  fei,  b.  i. 

5  bag  fte  eine  Autonomie  bei  ftc^  fül^re,  ift  ein  SBiberfprud).  S)er  93er[tanb 
allein  giebt  ha&  ®efe^.  SBenn  aber  bie  (Sinbilbungdlraft  nac^  einem  be> 
ftimmten  ©efe^e  gu  oerfa^ren  genotl)igt  mirb,  fo  loirb  il^r  ^robuct  ber 
%oxm  nad^  burc^  begriffe  beftimmt,  loie  e«  fein  foU;  aber  atöbann  ift  ba£ 
SBol^lgefaUen,  mie  oben  gegeigt,  nic^t  bad  am  Schönen,  fonbern  am  ®uten 

10  (ber  äSoQfommen^eit,  aDenfaUd  blog  ber  formalen),  unb  bad  Urt^eil  ift 
lein  Urt^eil  burd)  ©efd^mad.  @d  loirb  alfo  eine  @}efe^mä6igfeit  ol^ne 
®efe^  unb  eine  fubiectioe  Übereinftimmung  ber  (Stnbilbungdtraft  jum 
SSerftanbe  ol^ne  eine  obiectioe,  ba  bie  SSorfteDung  auf  einen  beftimmten 
SBegriff  oon  einem  @egenftanbe  begogen  loirb,  mit  ber  freien  ©efe^m&gig:' 

15  feit  be«  SBerftanbe«  (meiere  au(%  S^ecf mfifeigfeit  ol^ne  Qvotd  genannt  mor« 
ben)  unb  mit  ber  (Stgentl^ämlic^teit  eined  ©efc^madSurtl^eile  aQein  gu« 
fammen  beftel^en  tonnen. 

SRun  werben  geometrifd^sregelmftfeigc  Oeftalten,  eine  Girfelfigur,  ein 
Duabrat,  ein  SBürfel  u.  f. ».,  Don  if ritifern  be«  ©efc^madö  gemeinigU(% 

20  al^  bie  einfad^ften  unb  ungmeifelfiafteften  93eifpiele  ber  @(^önl)eit  ange« 
fu^rt;  unb  bennoc^  merben  fie  eben  barum  regelm&gig  genannt,  toeil  man 
fte  nicl)t  anberd  DorfteUen  (ann  ald  fo,  bag  fte  fär  bloge  2)arfteIIungen 
eine«  beftimmten  SBegriff«,  ber  Jener  ®eftalt  bie  3tegel  Dorfdjreibt  (naci^ 
ber  fte  allein  moglid^  ift),  angcfel(en  »erben,  -©ineö  öon  beiben  mufe  alfo 

26  irrig  fein:  entroeber  jene«  Urt^eil  ber  Ärttifer,  gebad&ten  ®eftalten  ©c^ön» 
l&eit  beigulegen;  ober  ba«  unfrige,  toeldöeö  SttJ^^wifife^^it  otjne  SBegriff  gur 
Sc^ön^eit  nöt^ig  ftnbet. 

Sliemanb  mirb  leid^tltd^  einen  SRenfc^en  ))on  ©efc^mad  bagu  nötl^ig 
finben,  um  an  einer  SirMgeftalt  meljr  SBol^lgefaUen,  al«  an  einem  fri^- 

30  tid^en  Umriffe,  an  einem  glei(!bfeitigen  unb  glei(%edFigen  SSiered  mel|r,  ate 
an  einem  fd^iefen,  ungleid^feitigen,  gleid^fam  Derlruppelten  gu  finben;  benn 
bagu  gebort  nur  gemeiner  SJerftanb  unb  gar  lein  ®efc^madf.  SBo  eine  ab« 
ftd^t,  g.  93.  bie  ®roge  eined  ^^ßta^eS  gu  beurtl^eilen,  ober  bad  äSerl^&ltnig 
ber  Steile  gu  einanber  unb  gum  ©angen  in  einer  (Sintl^eilung  \a^lxS)  gu 

36  macl)en,  loal^rgenommen  loirb:  ba  ftnb  regelm&gige  ©eftalten  unb  gtoar 
bie  Don  ber  einfac^ften  Srt  nöt^ig;  unb  bad  SBol^lgefaUen  rul^t  nic^t  un« 
mittelbar  auf  bem  Slnblide  ber  ®eftalt,  fonbern  ber  Sraud^barleit  ber« 


242    Äritlf  bcr  Urtl^cllöfroft.   1.  S^ctl.  Ärit«  bcr  äjll&etif^en  Urtl^cllöfraft. 

felben  gu  aUerlet  möglid^er  aPbftd^t.  (Sin  Sitnmer,  beffen  SS&nbe  fc^tefe 
Sßinfel  machen,  ein  ©artenpla^  Don  f olc^er  Srt,  felbft  aDe  Sßerle^ung  ber 
@quimetrte  fomo^l  in  ber  ®e[talt  ber  Spiere  (g.  S.  einiugig  gu  fein),  ald 
ber  ©eb&ube  ober  ber  SBlumenftüdFe  migf&nt,  weil  tS  gtoeAoibrig  ift,  ntc^t 
aUein  praltifd^  in  Slnfel^ung  eined  beftimmten  ®ebrau(^d  biefer  S>inge,  5 
fonbern  auc^  für  bie  Senrt^eilung  in  aUerlei  möglicher  Slb{t(^t;  melc^ed 
ber  %eSl  im  ®ef4|macfSurt]^eiIe  ntd^t  ift,  loeld^eiS,  menn  ed  rein  ift,  Sol^I' 
gefaUen  ober  SRigfaüen  ol^ne  SRudftd^t  auf  ben  ©ebraud^  ober  einen  QxDtd 
mit  ber  bloßen  93etraci)tung  bed  ©egenftanbed  unmittelbar  oerbinbet. 

S)ie  Slegelmfigigleit,  bie  gum  begriffe  oon  einem  ©egenftanbe  ffil^rt,  10 
ift  gmar  bie  unentbehrliche  Sebingung  (conditio  sine  qua  non),  ben  ®e« 
genftanb  in  eine  einzige  SBorfteDung  gu  faffen  unb  bad  9RannigfaItige  in 
ber  iJorm  beffelben  gu  beftimmen.  S)iefe  Seftimmung  ift  ein  S^td  in 
anfe!|ung  ber  (ärfenntnife;  unb  in  SBegle^ung  auf  biefe  ift  pe  auc^  Jeber* 
geit  mit  SSo^IgefaDen  (n)elc^e^  bie  Semirtung  einer  feben  auc^  blog  pro«  15 
blematifc^en  Slbfid^t  begleitet)  Derbunben.  @d  ift  aber  aldbann  blog  bie 
SBiCiigung  ber  Sluflöfung,  bie  einer  Slufgabe  ®nfige  t^ut,  unb  nic^t  eine 
freie  unb  unbeftimmt«gn)edFm&6ige  Unterhaltung  ber  ©emutl^dtrfifte  mit 
bem,  mad  n)ir  fd^ön  nennen,  unb  mobei  ber  SSerftanb  ber  @inbilbungdlraft 
unb  nid^t  biefe  ienem  gu  S)ienften  ift.  20 

9ln  einem  S)inge,  bad  nur  burd^  eine  Slbjtd^t  möglich  ift,  einem  ®e« 
b&ube,  felbfl  einem  S^ier  mug  bie  Süegelmägigfeit,  bie  in  ber  Symmetrie 
beftel^t,  bie  6iu()eit  ber  8lnl(!^auung  audbrüden,  meldte  ben  Segriff  be^ 
ßmedtd  begleitet,  unb  gehört  mit  gum  Srtenntniffe.  Slber  mo  nur  ein 
freies  @piel  ber  SSorfteQungdfr&fte  (boc^  unter  ber  SBebingung,  bag  ber  25 
SBerftanb  babei  feinen  Slnftofe  leibe)  unterhalten  ©erben  foll,  in  fiuftgdrtcn, 
©tubenoergierung,  aDerlei  gefd^macfooUem  ©erdtl^eu.b.gl.,  mirb  bie  Sieget 
m&gigfeit,  bie  fidb  ald  3n>ang  antfinbigt,  fo  Diel  möglich  oermieben;  ba^er 
ber  englifci)e  ®efci)madt  in  ©arten,  ber  SBarodgefci)ma(f  an  SRöbeln  bie 
f^rei^eit  ber  Sinbilbungdlraft  koo^l  e^er  bis  gur  9lnn&^erung  gum  ®ro«  so 
teöfen  treibt  unb  in  biejcr  8lbfonberung  oon  allem  Qtoan^t  ber  Sftegel  eben 
ben  %aü  fe^t,  »0  ber  ©efdjmadt  in  entwürfen  ber  ßinbllbungSfraft  feine 
gröfete  aSoUIommenl&eit  geigen  fann. 

SlDeS  Steif'äiegelmägige  (maS  ber  matl^ematifd^en  Siegelm&gigfeit 
nal^e  lommt)  ^at  bad  ®efci)madtn)ibrige  an  ftdl):  bog  eS  teine  lange  Unter«  S5 
Haltung  mit  ber  ©ctrad^tung  beffelben  gewährt,  fonbern,  fofern  c«  nlc^t 


1.  S9ud^.    S(nali)ttf  beiS  (Sd^önen.    ungemeine  Slnmerfung.  243 

audbrüdlid^  ba£  6rlenntnig,  ober  einen  beftimmten  praltijd^en  3^^^  gur 
Sbftd^t  ^at,  lange  Sßeile  mad^t  S)agegen  ift  bad,  momit  Sinbilbungdtraft 
ungefud^t  unb  gmedmdgig  fpielen  tann,  und  iebergeit  neu,  unb  man  mirb 
feine«  anblidö  nid^t  überbrüjpg.  SKarSbcntn  feiner  Sefc^reibung  oon 

5  Sumatra  mad^t  bie  SInmerfung,  bag  bie  freien  @(^5n]^elten  ber  9latur 
ben  B^f^ciuer  bafelbft  überall  umgeben  unb  baljer  loenig  Slngiel^enbed 
me^r  für  it)n  l^aben:  bagegen  ein  $feff ergarten,  voo  bie  Stangen,  an  benen 
ftc^  biefe«  ®en)&(^«  ranft,  in  ^araUellinien  StUeen  gn)i{ci)en  fi(^  bilben, 
menn  er  i^n  mitten  in  einem  Sßalbe  antraf,  für  i^n  t)tel  9ßeij  l^atte;  unb 

10  fc^Iiegt  baraud,  bag  n)ilbe,  bem  Snfc^eine  nad^  regellofe  Sd^ön^eit  nur 
bem  gur  Slbmec^felung  gefalle,  ber  {td^  an  ber  regelmäßigen  fatt  gefeiten 
l^at  allein  er  burftc  nur  ben  SScrfud)  machen,  pd^  einen  Sag  bei  feinem 
^feffergarten  aufzuhalten,  um  inne  gu  werben,  baß,  menn  ber  SSerfianb 
burc^  bie  SRegclmäBigfeit  pd^  in  bie  Stimmung  gur  Drbnung,  bie  er  aller« 

15  lodrtd  bebarf,  uerfe^t  ^at,  i^n  ber  ©egenftanb  nid)t  l&nger  unterl^alte, 
üielmel^r  ber  ßinbilbungdfraft  einen  Idftigen  S>^^ng  ant^ue:  mogegen  bie 
bort  an  3Rannigfaltlgfeiten  big  jur  Üppigfeit  oerfdjmenberifdje  5Ratur,  bie 
feinem  SöJ^nge  fünftlid^er  [Regeln  untermorfen  ift,  feinem  ©efcbmade 
für  beftftnbig  9la^rung  geben  tonne.  —  Selbft  ber  ®efang  ber  33ögel,  ben 

20  tt)ir  unter  feine  mupfalifdje  Sflegel  bringen  fönnen,  fdjeint  me^r  iJtei^eit 
unb  barum  me^r  für  ben  ©efd^mad  }u  entl^alten,  ald  felbft  ein  menfci^« 
IxS^tx  ©efang,  ber  nad^  allen  Siegeln  ber  Sontunft  geführt  mirb:  toeil  man 
be«  le^tern,  menn  er  oft  unb  lange  Seit  mieberftolt  toirb,  weit  e^er  über« 
brüf pg  mirb.  allein  ftier  oertauft^en  mir  oermutl^lid)  unferc  S^eilnel^mung 

35  an  ber  Suftigfeit  eines  fleinen  beliebten  S^ierdjenö  mit  ber  Sc^on^elt 
feine«  ©efange«,  ber,  menn  er  oom  3Wenf(^en  (roie  bie«  mit  bem  Silagen 
ber  9ta(^tigall  biSmeilen  gefd^iel^t)  ganj  genau  nad^geal^mt  mirb,  unferm 
D^re  gau/i  gefci)madno«  gu  fein  bünft. 

9loc^  pnb  fci)5ne  ©egenpdnbe  oon  fd^önen  au«pdbten  auf  ©egen» 

30  ftdnbe  (bie  öfter  ber  (Sntfernung  megen  nid^t  mel^r  beutlic^  erfannt  merben 
fönnen)  gu  unterfc^eiben.  3n  ben  lefetern  fc^cint  ber  ©efd^madt  nic^t  fo» 
mo^l  an  bem,  ma«  bie  @inbilbung«fraft  in  biefem  treibe  auffaßt,  al« 
oielme^r  an  bem,  ma«  pe  l^iebei  gu  biegten  anlag  befommt,  b.  i.  an  ben 
eigentlid^en  ^^antapeen,  momit  pd^  ia^  ©emüt^  unterl^dlt,  inbeffen  baß 

35  e«  burd^  bie  SRannigfaltigfeit,  auf  bie  ba«  äuge  ftößt,  continuirlic^  zx^ 
medtt  mirb,  gu  Ruften;  fo  mie  etma  bei  bem  anblid  ber  oerdnberlid^en  ®e:^ 
ftalten  eine«  Äaminfeuer«  ober  eine«  riefelnben  Sadbe«,  meld&e  beibc  feine 

16* 


244    Äritif  bn  Urt^eilgftoft.   1.  S^cil.  ^Ittf  ber  ftfll^tif^en  Urtl^ctlöfroft. 

@(^on]^eUen  {tnb,  aber  boc^  fär  bie  6inbUbungd(raft  einen  SReij  bei  {t(^ 
fähren,  meti  {te  i^r  freies  @piel  unterhalten. 


3tt»etteö  99ttd^. 

Slnal^til  bcg  ©rl^abcnem 

§  23.  5 

Übergang  Don  bem  Seurtl^eilung£))ermögen  beS  Sd^önen 
gu  bem  bed  @r^abenen. 

S)ad  @d^one  fommt  barin  mit  bem  @r^abenen  äberein,  \>a%  beibed 
ffir  ft(^  felbft  gefällt.   Serner  barin,, bag  beibeiS  lein  @inned»  nod^  ein 
logif(^«beftimmenbed,  fonbern  ein  9lefIe;rion£urt^eU  Doraudfe^t:  folglich  lo 
ba^  SBo^IgefaDen  ni(^t  an  einer  @mpfinbung  mie  bie  bed  flngenel^men, 
noc^  an  einem  beftimmten  ^Begriffe  mie  bad  äSol^IgefaDen  am  ©uten  ^&ngt, 
gIeici)n)o]^I  aber  hoii  auf  SSegriffe,  objmar  unbeftimmt  tt)eld^e,  begogen 
mirb;  mithin  baS  SBo^Igef allen  an  ber  bloßen  S)arfteQung  ober  bemSßer^ 
mögen  berfelben  gefnäpft  ift,  moburd^  bad  Vermögen  ber  S>arftenung  is 
ober  bie  @inbilbungdfraft  bei  einer  gegebenen  Slnfc^auung  mit  bem  SSer« 
mögen  ber  SBcgriffe  be«  ajerftanbeö  ober  ber  äJernunft,  aW  ©eförberung 
ber  le^tern,  in  (Sinftimmung  betrat^tet  toirb.  S)a^er  finb  aud^  beiberlei 
Urt^eile  einzelne  unb  bod)  ftc^  für  aOgemeingfiltig  in  Slnfel^ung  iebed 
@ubtectd  anffinbigenbe  Urt^eile,  ob  fte  gmar  blog  auf  bae  ©efü^l  ber  Suft  20 
unb  auf  fein  (Srfenntntg  bed  ©egenftanbed  9lnfpru(^  machen. 

Snein  eiS  {tnb  auc^  namhafte  Unterfd^iebe  gmtfc^en  beiben  in  bie 
SSugen  faUenb.  S>a£  Sd^öne  ber  ^atur  betrifft  bie  $orm  bed  ©egen« 
ftanbed,  bie  in  ber  S3egr&njung  befte^t;  bad  (Srl^abene  ift  bagegen  auc^ 
an  einem  formlofen  ©egenftanbe  gu  finben,  fofern  Unbegrfingt^eit  an  25 
il^m  ober  burc^  beffen  JBeranlaffung  üorgefleDt  unb  boc^  a;otaIitdt  berfelben 
l^ingugeba(!^t  toirb:  fo  bag  ba^  ©d^öne  für  bie  3)arftenung  eines  unbe» 
ftimmten  SSerftanbegbegriff«,  ba«  erhabene  aber  eine«  bergleid^cn  SSer» 
nunftbegrip  genommen  gu  loerben  fd^eint.  aifo  ift  ba«  äBol^lgefallen 
bort  mit  ber  SSorfteDung  ber  Dualit&t,  l^ier  aber  ber  Duantitdt  »er«  so 
bunben.  8ludö  ift  ba«  Untere  ber  art  nad^  oon  bem  erfteren  SBol^lgefaüen 
gar  feftr  untcrfdbieben:  inbem  biefe«  (baö  @(!^öne)  birccte  ein  ®efü^l  ber 
Seforberung  be«  geben«  bei  fic^  fül^rt  unb  bal^er  mit  Steigen  unb  einer 


2.  aSud^.    Snal^tif  M  (Sr^abenen.  245 

fpielenben  6inBiIbung£traft  Dereinbar  ifl;  iened  aber  (bad  ®eful^I  bed 
erhabenen)  eine  Suft  tft,  wcld^c  nur  inbircctc  entfpringt,  nämlic^  fo  ba^ 
{te  burd^  bad  ®efü^(  einer  augenbU(!Iici)en  Hemmung  ber  fiebenSfräfte 
unb  barauf  fogleid^  folgenbeu  befto  ffärlern  @rgiegung  berfelben  ergeugt 

ft  mirb,  mitl^in  ald  Siiil^rung  tetn  @piel,  fonbern  @rnft  in  ber  SBefd^aftigung 
ber  ginbilbungSfraft  gu  fein  fd^cint  S)a^cr  e«  auc^  mit  SRcigen  unDer= 
einbar  i[t,  unb,  inbem  bad  ®emütl)  Don  bem  ©egenflanbe  ntcl)t  blog  an« 
gegogen,  fonbern  tt)e(^felsn)eife  aud^  immer  toieber  abgeflogen  koirb,  bad 
Sßo^Igefallen  am  (Srl^abenen  nic^t  foiool^I  pofttioe  Suft  a\6  oielme^r  93e» 

10  munberung  ober  Sichtung  enthält,  b.  i.  negatioe  fiuft  genannt  gu  merben 
Derbient. 

S)er  midj^tigfte  nnb  innere  Unterfd^ieb  aber  bed  @rl^abenen  üom 
@d^5nen  ift  n)o]^I  biefer:  bag,  koenn  mir  mie  billig  l^ier  guoörberft  nur 
baS  Sr^abene  an  9taturobiecten  in  SBetrad^tun^  giel^en  (hai  ber  j(unft 

15  loirb  ndmlid^  immer  auf  bie  Sebingungen  ber  Ubereinftimmung  mit  ber 
Silatur  eingefc^rdnlt),  bie  SHaturfd^önl^eit  (bie  felbjtftänbigc)  eine  S»^* 
mdgigleit  in  il)rer  §orm,  moburd^  ber  ©egenftanb  ffir  unfere  Urt^eild» 
traft  gleic^fam  oorl^erbeftimmt  gu  fein  fc^eint,  bei  fi(^  fül)rt  unb  f o  an  fic^ 
einen  ©egenftanb  beS  Bo^IgefaUend  auSmad^t;  l^ingegen  baS,  mad  in  und, 

20  o^ne  gu  »ernünfteln,  blog  in  ber  Sluffaffung  bad  ©effi^I  beiS  @r]^abenen 
enegt,  ber  i^orm  nad^  gmar  gmedmibrig  f&r  unfere  Urt^eiliStraft,  unan«* 
gemeffen  unferm  S>arfteaungdoermögen  unb  gleid^fam  gemaltt^dtig  fflr 
bie  (Sinbilbungdfraft  erfd^einen  mag,  aber  bennod^  nur  um  befto  erl^abener 
gu  fein  geurtl^eilt  mirb. 

S5  3Ran  fielet  aber  ^ierauiS  fofort,  bag  loir  und  überl^aupt  unrichtig  aud« 
brüden,  menn  mir  irgenb  einen  ©egenftanbber^atur  erlauben  nennen, 
ob  mir  gmar  gang  rid^tig  fet)r  Diele  berfelben  fd^ön  nennen  lönnen;  benn 
mie  fann  bad  mit  einem  ^udbrude  bed  93eifa(ld  begeid^net  merben,  mad 
an  fid^  ald  gmedtmibrig  aufgefaßt  mirb?  SBir  lonnen  nic^t  mel^r  fügen,  ald 

30  bag  ber  ©egenftanb  gur  S)arftenung  einer  (Srl^abenl^eit  tauglid^  fei,  bie 
im  ®emfit^e  angetroffen  merben  fann;  benn  baö  eigentlid^e  erhabene 
fann  in  feiner  finnlid^en  gorm  entl^alten  fein,  fonbern  trifft  nur  Sbcen 
ber  SSernunft:  meldte,  obgleich  feine  i^nen  angemeffene  S^arfteUung  mbg« 
lid^  ift,  eben  burt!^  biefe  Unangemeffenl^eit,  meldte  ftc^  finnlic^  barfteDen 

36  Id^t,  rege  gemad^t  unb  ind  ©emüt^  gerufen  merben.  @o  fann  ber  meite, 
burc^  @tfirme  empörte  Ocean  ni(^t  erl^aben  genannt  merben.  @ein  Sin«» 
blidt  ift  grdglid^;  unb  man  mug  baS  ©emütl^  fd^on  mit  mand^erlei  3ibeen 


246    Stx\m  ber  Urtl^etUhaft.  1.  %^l  SMiif  ber  ftftl^etifd&en  Urtl^eitöfroft. 

angefüHt  l^aben,  mnn  ed  bvnäi  eine  fold^e  Slnfd^auung  gu  einem  ®efu]^l 
geftimmt  metben  foll,  loeld^ed  felbft  erlauben  ift,  tnbem  baS  ®emüt]^  bie 
@{nnU(^teit  ju  ))erlaffen  unb  pt^  mit  S^een,  bie  ^öl^ere  Sn)edmä|igleit 
enthalten,  gu  befd^dftigen  angereijt  wirb. 

S)te  felbft[t&nbtge  SRaturfd^önl^eit  entbedt  und  eine  Sed^nil  ber  SHatur,    5 
loeld^e  {te  otö  ein  @Qjlem  nad^  ®efe^en,  beren  ^rincip  tt>ir  in  unferm 
gangen  SSerftanbedDermögen  nid^t  antreffen,  oorfteQig  mad^t,  n&mlid^  bem 
einer  StoedEmdfeigfeit  refpectiD  auf  ben  ®ebraud^  ber  Urt^eilSfraft  in  an^ 
fel)ung  ber  @rf(i^einungen,  fo  ba%  biefe  ni(i^t  blo^  als  gur  9latur  in  i^rem 
gtoedlofen  ^Red^aniSm,  fonbern  au(^  als  gur  Slnalogie  mit  ber  j^unft  ge«  10 
l^ötig  beurtl^eilt  kserben  muffen.    @ie  erweitert  alfo  kDirllic^  gmar  nid^t 
unfere  ©rlenntnife  ber  9laturobiecte,  aber  bo(^  unfern  Segriff  üon  ber 
Statur,  namli(^  atö  blogem  SRed^aniSm,  gu  bem  Segriff  tion  eben  berfelben 
als  j^unft:  meld^eS  gu  tiefen  ttnterfud^ungen  fiber  bie  3K5gIi(^Ieit  einer 
fold^en  $orm  einlabet.  Slber  in  bem,  voaS  mir  an  il^r  erl^aben  gu  nennen  u 
pflegen,  ift  fo  gar  nid^ts,  toaS  auf  befonbcre  objectitie^lSrincipien  unb  biefen 
gem&ge  formen  ber  !Ratur  fäl^rte,  ba^  biefe  üielmel^r  in  il^rem  @l^aoS 
ober  in  il^rer  milbefien,  regellofeftcn  Unorbnung  unb  SSenouftung,  wenn 
ft(^  nur  ®r5ge  unb  SRad^t  bliden  Idgt,  bie  Sbeen  beS  @r^abenen  am 
meiflen  erregt.    ©arauS  feigen  tt)ir,  bafe  ber  ©egriff  beS  ©rl^abenen  ber  20 
9latur  bei  mettem  ni(!^t  fo  mic^tig  unb  an  ^Folgerungen  reic^l^altig  fei,  als 
ber  beS  @d^5nen  in  berfelben;  unb  ba^  er  überhaupt  nid^tS  S^^dntdgigeS 
in  ber  9latur  felbft,  fonbern  nur  in  bem  möglichen  ©ebraud^e  il^rer  8ln« 
fd^auungen,  um  eine  oon  ber  9tatur  gang  unabl^dngtge  Buicclnidgigteit  in 
uns  felbft  fül^lbar  gu  mad^en,  angeige.    Q\xm  @d^5nen  ber  Statur  muffen  ss 
»ir  einen  Orunb  aufeer  unS  fuc^en,  gum  erhabenen  aber  blofe  in  unS  unb 
ber  3)enfungSart,  bie  in  bie  SSorftcIlung  ber  erfieren  ©rl^abenl^eit  hinein« 
bringt;  eine  fel^r  nöt^igc  oorldupge  fflemcrfung,  meldte  bie  ^bten  beS  ©r* 
l^abcnen  üon  ber  einer  S^edEmd^igfeit  ber  Statur  gang  abtrennt  unb  auS 
ber  2:^eorie  beffelben  einen  bloßen  Slnl^ang  gur  dft^etifd^en  Seurt^eilung  30 
ber  Srocdmdfeigfeit  ber  Statur  mac^t,  meil  baburd^  feine  befonbere  Sorm 
in  biefer  oorgeftellt,  fonbern  nur  ein  gmedfmdfeiger  ©cbraud^,  ben  bie  ©in» 
bilbungSfraft  oon  t^rer  SorfteCiung  mac^t,  entmidtelt  mirb. 


2.  8u4.    Sfnal^ti!  bed  (Srl^abeneti.  247 

§24. 

93on  ber  (Sint^eilung  einer  Unterfud^ung  beS  ©efü^U 
bed  @r]^abenen. 

äßae  bie  (Sintl^eilung  ber  3Romente  ber  dftl^etift^en  Seurtl^eilung  ber 

s  ©egenfi&nbe  in  Segie^ung  anf  bad  ©efül^l  beS  (Srl^abenen  betrifft,  fo  loirb 
bie  Snal^til  nac^  bemfelben  ^rincip  fortlaufen  I5nnen,  tt>ie  in  ber  Qex*» 
glieberung  ber  ©efd^maddurtl^eile  gefd^e^en  ift.  S)enn  al£  Urtl^eil  ber 
Aßl^etifd^en  reflectirenben  Urt^eitölraft  mug  \>a&  SBol^Igefallen  am  (Sr« 
l^abenen  eben  foiool^l  old  am  @(^5nen  ber  Duantitdt  nad^  aUgemein^^ 

10  gfiltig,  ber  Dualität  nad^  ol^ne  Sntereffe,  ber  ^Relation  nad^  fubfectiüe 
Stt^edm&gigteit  unb  ber  SRobalit&t  nad^  bie  le^tere  ald  not^toenbig  Dor^ 
flellig  mad^en.  hierin  mirb  alfo  bie  3Ret^obe  Don  ber  im  üorigen  Sbfc^nitte 
nid^t  abmeid^en:  man  mflgte  benn  ba&  für  etmaS  red^nen,  bag  tt)ir  bort, 
koo  bad  dfll^etifd^e  Urtl^eil  bie  i^orm  beS  ObiectS  betraf,  üon  ber  Unter« 

IS  fud^ung  ber  Dualitdt  anfingen;  l^ier  aber  bei  ber  f^ormlofigfeit,  loeld^e 
bem,  xoa^  mir  ergaben  nennen,  gulommen  fann,  üon  ber  Duantitit,  atd 
bem  erften  3Roment  bed  fiftl^etifd^en  Urt^eilS  über  bad  (Sr^abene,  an« 
fangen  merben:  moju  aber  ber  ®runb  aud  bem  Dorl^ergel^enben  §  gu  er« 
feigen  ip. 

so  3(ber  eine  (Sintl^eilung  ^at  bie  Snal^fiS  beS  ßrl^abenen  nötl^ig,  loeld^e 
bie  bed  @d^önen  nid^t  bebarf,  n&mlid^  bie  in  bad  üßatl^ematifd^:^  unb  in 
bai  S)9namifd^::@rl^abene. 

S)enn  ba  ba£  ©efül^I  beS  (Srl^abenen  eine  mit  ber  SBeurtl^eilung  be£ 
®egen[tanbe8  Derbunbene  Semegung  bed  ©emütl^d  al8  feinen  6^aralter 

25  bei  fid^  fufirt,  anftatt  bag  ber  ®efd^mad  am  Schönen  bai^  ©emätl^  in 
ruhiger  Kontemplation  ))orau8fe^t  unb  er^dlt;  biefe  Semegung  aber  als 
fubjectio  gmedtmdiig  beurtl^eilt  merben  foll  (meil  bad  6r^abene  gefdUt):  fo 
mirb  fie  burd^  bie  @inbilbungdfraft  entmeber  auf  \>a&  6rtenntnig« 
ober  auf  ba^  93egel^rungdt)ermögen  belogen,  in  beiberlei  SBejiel^ung 

30  aber  bie  ßn^^^mdgigteit  ber  gegebenen  SßorfteQung  nur  inSnfe^ung  biefer 
gSermögen  (ol^ne  Stt^edober  Sntereffe)  beurt^eilt  merbcn:  ba  bann  bie 
erfle  al£  eine  matl^ematif(^e,  bie  {meite  aU  b^namifc^e  Stimmung 
ber  @inbilbungdfraft  bem  Objecte  beigelegt  unb  bal^er  biefeS  auf  gebac^te 
jmiefac^e  Srt  ald  erl^aben  DorgefteCit  n)irb. 


248    ^ttif  ber  Urtl^eiliSfraft.   1.  S^cil.  Ärft«  ber  äfll^eltWcn  Urtljci(«fraft. 

A. 

3Som  aJiatl^cmatifd^^Krl^abencn. 

§25. 
SHamcncrfldrunfl  bc«  erhabenen. 

Srl^aben  nennen  loir  ba£,  mad  fd^Ied^t^tn  grog  ift.    ®rog  fein    & 
aber  unb  eine  ©roge  fein,  ftnb  ganj  Derfc^iebene  begriffe  (magnitudo  unb 
quantitas).    ^mgleic^en  fc^lec^tmeg  (simpliciter)  fagen,  bag  etmad 
grog  fei,  ift  au(^  ganj  maS  anbereiS  ald  fagen,  bag  ed  fc^Iet^t^tn  grog 
(absolute,  non  comparative  magnum)  fei.  S)ad  festere  ijt  baS,  ttaS  Aber 
alle  S5erglei(^ung  grofe  ift.  —  SBaö  »iU  nun  aber  ber  auSbmd,  ba^  lo 
cttüa«  grojj,  ober  Hein,  ober  mittelmäßig  fei,  fagen?  ©in  reiner  S3erftam 
bedbegriff  ift  e£  nid^t^  mos  baburd^  bejeicl)net  mirb;  noc^  mentger  eine 
Sinnenanf(%auung;  unb  eben  fo  toenig  ein  SSernunftbegriff,  »eil  e«  gar 
fein  ^rinctp  ber  grfenntnife  bei  flc!^  fü^rt.    @§  mufe  alfo  ein  Segrtff  ber 
Urtbeitöfraft  fein,  ober  Don  einem  foI(^en  abftammen  unb  eine  fubiectit)e  u 
Swedfmdfeigfeit  ber  SSorpeDung  in  fflejiebung  auf  bie  UrtbeiWfraft  jum 
®runbe  legen.  3)afe  etwa«  eine  ®rö6e  Cquantum)  fei,  läßt  jic^  auS  bem 
S)inge  felbft  ol^ne  alle  SBergletd^ung  mit  anbern  erlennen:  loenn  ndmlid^ 
SSiel^eit  bei  ® Vielartigen  jufammen  @xm»  auSmad^t.   SBie  groß  ed 
aber  fei,  erforbert  ieberjeit  etwa«  anbereS,  toeld^e«  aud^  ©röße  ift,  gu  so 
feinem  3Raße.   SBeil  tS  aber  in  ber  Seurtbeilung  ber  ®roße  nidj^t  bloß 
auf  bie  aSielbeit  (Scil^Oi  fonbern  aud^  auf  bie  ®r5ße  ber  ©inbeit  (be« 
SKaßeö)  anfommt,  unb  bie  ®röße  biefer  le^tern  immer  »ieberum  ettoa« 
SlnbereiS  ald  Sßaß  bebarf,  tt)omit  fte  ))erglid^en  »erben  fonne:  fo  feigen 
mir,  ba^  aUe  ®rößenbeftimmung  ber  (Srfd^einungen  fdl)Ietbterbingd  leinen  ss 
abfoluten  Segriff  öon  einer  ®röße,  fonbern  allemal  nur  einen  aSerglei»= 
c^ungöbegriff  liefern  fonne. 

äSenn  id^  nun  fc^led^tmeg  [age,  baß  etkoaS  groß  fei,  fo  fd^eint  eS, 
baß  i(^  gar  feine  SSergleidbung  im  Sinne  b^be,  loenigftend  mit  feinem 
objectiDen  3Raße,  meil  baburd^  gar  nid^t  beftimmt  toirb,  mie  groß  ber  ®es  so 
genftanb  fei.  Db  aber  gleid^  ber  SRaßftab  ber  Sergleldöung  bloß  fubiectlD 
ift,  fo  mad^t  baS  Urtbeil  nicbt«  befto  weniger  auf  allgemeine  SBeijiim» 
mung  2lnfprud&;  bie  Urtbeile:  ber  SKann  ift  ftbön,  unb:  er  ift  groß,  ft^rdn^» 
ten  fi(^  ui(^t  bloß  auf  baiS  urt^eilenbe  Subject  ein,  fonbern  t)eriangen 
gleidb  t^eoretifd^en  Urt^eilen  iebermanniS  SBeiftimmung.  S5 


2.  8u^.    ^nalt^m  be«  (Sr^abenen.    A.  $)om  SRatl^emotifd^lSr^obenen.  249 

Seil  aber  In  einem  Urt^cile,  »oburd^  etaa«  fd^lec^tmeg  aW  flrofe  be= 
jeiii^nct  wirb,  tiid&t  blofe  gcfagt  »erben  »ill,  bafe  ber  ©egenftanb  eine 
(Sröfee  ^abe,  fonbern  biefe  t^m  gugleic^  öorjufl«tt)eife  t)or  fielen  anbern 
flleidjer  Slrt  beigeleflt  toirb,  o^ue  boc^  biefen  SBorjuß  beftimmt  anjußeben: 

5  fo  tt)trb  bemfelben  aaerbingd  ein  ^Rafeftab  jum  ©runbe  gelegt,  ben  man 
für  jebermann  atö  eben  benfelben  annel^men  ju  tonnen  öorauöfe^t,  ber 
aber  ju  feiner  logifdö^n  (mat]^emattf(^=beftimmten),  fonbern  nur  dft^eti« 
fd^en  Seurtl&eilung  ber  ©röfee  braud^bar  ift,  »eil  er  ein  blofe  fubiectiü 
bem  über  ®röfee  reftectirenben  Urt^eile  gum  ®runbe  liegenber  SRafeftab 

10  ift.  er  mag  übrigen«  em:pirtfd^  fein,  tote  etwa  bie  mittlere  ©rofee  ber 
un«  befannten  SKenft^en,  Sll^iere  öon  gemiffer  Art,  SBdume,  ^dufer,  »erge 
u.  b.  gl. ;  ober  ein  a  priori  gegebener  2Ragftab,  ber  burc^  bie  Mängel  bed 
beurtl^eilenben  Subiect«  auf  fubjectioe  SBebingungen  ber  ©arfteflung  in 
concreto  eingefd^räntt  ift:  al«  im  ^raftif4)en  bie  ©röfee  einer  gewiffen  a:u= 

16  genb,  ober  ber  öffentli^en  ffrei^eit  unb  ©ered&tigfeit  in  einem  Sanbe; 
ober  im  Sl^eoretifd^en  bie  ©röfee  ber  SRic^tigfeit  ober  Unric^tigfeit  einer 
gemad^ten  Dbferoation  ober  ÜReffung  u.  b.  gl. 

^ier  ift  nun  merfmürbig:  ba^,  toenn  toir  gleid()  am  Dbiecte  gar  fein 
Sntereffe  l&aben,  b.  i.  bie  (Sfiftenj  beffelben  un«  gleichgültig  ift,  bod^  bie 

20  blofee  ©rft&e  beffelben,  felbft  menn  eS  al«  formlo«  betrachtet  »trb,  ein 
SBol^lgefaUen  bei  jtd^  fül^ren  fönne,  ba«  allgemein  mtttl&eilbar  ift,  mithin 
Settufetfein  einer  fubiectioenSttccfmdfeigfeit  im®ebrau(^e  unfrer@rfennt= 
nigDermögen  entl^dlt;  aber  nid^t  etma  ein  äSo^lgefaUen  am  Dbjecte,  toie 
beim  Sd^önen  (metl  e«  formlos  fein  lann),  too  bie  reflcctirenbe  Urt^eil«^ 

s5  traft  fid^  in  SBegiel^ung  auf  ba§  6rlenntnig  überl^aupt  gmedmdgig  ge« 
ftimmt  pnbet,  fonbern  an  ber  (ärtoeiterung  ber  6inbilbung«fraft  an  fid^ 
felbft. 

3Benn  »ir  (unter  ber  obgenannten  ©infd^rdnlung)  üon  einem  ®e« 
genftanbe  fc^led^ttoeg  fagen,  er  fei  grofe:  fo  ift  bie«  fein  mat]^ematifdö»be= 

30  pimmenbeö,  fonbern  ein  blofee«  SüeflefionSurtl&eil  über  bie  SJorftellung 
beffelben,  bie  für  einen  gemiffen  ®ebrau(^  unferer  ßrfenntnifefrdfte  in  ber 
©rögenfd^d^ung  fubfectio  gtoedFmdgig  ift;  unb  totr  oerbinben  alSbann  mit 
ber  SJorftellung  iebergeit  eine  Slrt  t)on  ac^tung,  fo  »le  mit  bem,  »aö  »tr 
fd^led^ttoeg  flein  nennen,  eine  SSerac^tung.  Übrigen«  ge^t  bie  SBeurtl^eilung 

35  ber  3)inge  al«  grofe  ober  flein  auf  alle«,  felbft  auf  alle  Sefd^affenl^eiten 
berfelben;  ba^er  mir  felbft  bie  @d^5n]^eit  grog  ober  flein  nennen:  mooon 


250    Sttm  bn  Utt^eltefrofh   1.  Sl^eil.  SMtit  bcr  äWcliWcn  Urtl&citöfraft. 

bcr  ®runb  barin  ju  fud^cn  i[t,  bafe,  »aö  toir  nac^  SSorfdörift  ber  Urtl^citö* 
Iraft  in  bcr  anfd^auunß  nur  immer  barjtcflen  (mithin  fifH^ctifd^  Dor* 
{leiten)  mögen,  indgefammt  @r{(^einung,  mitl^in  aud^  ein  S^uantum  ifi. 

SSenn  loir  aber  etmas  ni(!^t  aQein  gro^,  fonbem  fd^Iec^tl^in,  abfo^ 
lut,  in  aller  abpdöt  (^^^^  ciHe  aSergleld^unfl)  grofe,  b.  i.  erl^aben,  nennen,  5 
fo  {ie^t  man  balb  ein:  bag  n)ir  für  baffelbe  feinen  t^m  angemef[enen  äRag- 
ftab  auger  il^m,  fonbem  blog  in  i^m  gu  fud^en  Derftatten.  @d  ift  eine 
©röge,  bie  blog  ftc^  felber  gleit^  ifi.  3>ag  ha^  Sr^abene  alfo  ni(^t  in 
ben  fingen  ber  9latur,  fonbem  aflein  in  unfern  Sbeen  ju  fud&en  fei,  folgt 
l^ierau«;  in  teeren  e«  aber  liege,  mufe  für  bie  ©ebuction  oufbe^alten  10 
werben. 

3)ie  obige  SrHärung  fann  aud^  fo  ausgebrüdt  merben:  Srl^aben 
ift  baS,  mit  meld^em  in93erglei(^ung  alles  anbere  Ileinift.  ^ier 
fte^t  man  leidet:  ba^  nid^ts  in  ber  !Ratur  gegeben  merben  lönne,  fo  grog 
ald  es  aud^  oon  und  beurt^eilt  loerbe,  tt)aS  nic^t,  in  einem  anbem  fßtv  n 
]^&ltniffe  betrachtet,  bis  gum  Unenblic^ « JSleinen  abgetoürbigt  tt)erben 
lönnte;  unb  umgelel^rt  nichts  fo  Hein,  maS  fi(^  ni(^t  in  SSergleid^ung  mit 
nod^  Heinern  ÜRagftdben  ffir  unfere  @inbilbungStraft  bis  gu  einer  äBelt^^ 
gröfec  erweitern  liege.  S)ie  Seleflope  l^abcn  unS  bie  erfiere,  bie  aRifro« 
ftope  bie  le^tere  Semerfung  gu  mad^en  reid^lid^en  Stoff  an  bie  $anb  ge«  so 
geben.  9li(%tS  alfo,  was  ®egenftanb  ber  Sinnen  fein  lann,  ift,  auf  biefen 
gufe  bctrad^tet,  erl^aben  ju  nennen.  SIber  eben  barum,  bafe  in  unfercr 
einbilbungSfraft  ein  SBeftreben  gum  gortf(ftritte  inS  Unenblid^e,  in  un» 
ferer  SSernunft  aber  ein  anfprudö  auf  abfolutc  a;otalitdt  als  auf  eine 
reelle  3bee  liegt:  ift  felbjt  jene  Unangcmeffenl^cit  unfereS  SSermögenS  ber  25 
©röfeenfd&äfeung  ber  S)inge  ber  ©innenmelt  für  biefe  Sbee  bie  erwedfung 
beS  ©efü^ls  eines  überftnnlic^en  93erm5genS  in  unS;  unb  ber  ©ebraud^, 
ben  bie  Urt^eilSfraft  üon  gewiffen  ©egenftfinben  gum  SBe^uf  beS  legieren 
(®efül&lS)  natürlicher  SSBeife  mad^t,  nic^t  aber  ber  ©egenftanb  ber  ©inne 
ijt  f(^led)tlöin  grofe,  gegen  i^n  aber  jeber  anbere  ©ebrauc^  Hein.  SRitl^in  30 
ift  bie  ©eifteSftimmung  burc^  eine  gemiffe  bie  reflectirenbe  Urtl^eilSfraft 
beft^dftigenbe  aSorfteflung,  nid^t  aber  baS  Dbject  erliaben  gu  nennen. 

SBir  fönnen  alfo  gu  ben  vorigen  gormein  ber  ©rfldrung  beS  ßrl^a* 
benen  nod^  biefe  ^ingut^un:  @r^aben  ift,  was  auc^  nur  beulen  gu 
lönnen  ein  aSermögen  beS  ©emüt^S  beweifet,  baS  leben  5Kafe*  35 
ftab  ber  ©inne  übertrifft. 


2.  !8u4-    Inatt^tif  btü  (SxJ^htntn.    A.  Com  !D^at^emQtif(|-(Srl^abenen.  251 

§26. 

äSon  ber  ®r5genfd^&^ung  ber  Slaturbinge,  bie  gut  3bee  beS 
(Sr^abetten  erforberlid^  t^. 

£Dlc  ©rdfeetifd^ft^ung  burd^  Söl&lbcßriffc  (ober  bereit  Stii^tn  in  ber 

5  aigebra)  ijl  mat^ematif4  bie  aber  in  ber  bloßen  Snfd^auung  (nad^  beut 
anflenmafee)  ift  ftftl^etlf^.  9lun  fönnen  wir  g»ar  beftimmte  »egriffe  ba« 
Don,  loie  gro^  ettoaS  fei,  nur  burd^  S^^^^l^n  (aOenfalld  8(nnd^erungen 
burcft  in«  Unenblid&e  fortgel^enbe  Sal^lrei^en)  befommen,  beren  Cinl^eit 
bad  9Rag  ifi;  unb  fofern  ijl  aUe  logifd^e  ®r5Benf(J^d^nng  mat^ematifd^. 

10  aOein  ba  bie  (Srbge  bed  ÜRa^ed  boc^  als  belannt  angenommen  »erben 
mug,  fo  mürben,  loenn  biefe  nun  loieberum  nur  burd^  SaW^i  ^^^ ^n  6in« 
l^eit  ein  anbered  3ßag  fein  mägte,  mithin  matl^ematifd^  gefc^A^t  loerben 
fönte,  mir  niemals  ein  erfteS  ober  ®runbmag,  mitl^in  au(^  feinen  be» 
jiimmten  Segriff  Don  einer  gegebenen  ®r5ge  l^aben  I5nnen.  Sllfo  mug 

15  bie  @d^d^ung  ber  ®röge  beS  ©runbmaged  blog  barin  befte^en,  bag  man 
{te  in  einer  Slnfd^auung  unmittelbar  faffen  unb  bur(^  (SinbilbungSlraft 
)ur  SDarfleDung  ber  Sa^I'&^g^iffc  braud^en  lann:  b.  i.  alle  ©rögenfd^d^ung 
ber  ®egenftdnbe  ber  Statur  ift  gulefet  dft^etifc^  (b.  i.  fubjectio  unb  nid^t 
obiectiD  beftimmt). 

so  !Run  giebt  eS  gmar  für  bie  matl^ematifd^e  ©rögenfd^d^ung  fein  ®xb%* 
teS  (benn  bie  5IRad^t  ber  Qa^tn  ge^t  in«  Unenblii^e);  aber  für  bie  dftl^e* 
tifc^e  ©rbgenfdj^d^ung  giebt  ed  aDerbingd  ein  ©rögteS;  unb  Don  biefem 
fage  i(^:  ba^,  menn  ee  als  abfoluteS  3ßa^,  über  bad  fein  größeres  fub» 
jectit)  (bem  beurt^eilenben  (Subfect)  mdglic^  fei,  beurtl^eilt  toirb,  eS  bie 

25  3bee  bes  Srl^abenen  bei  fid^  fül^re  unb  biejenige  Siül^rung,  meldte  feine 
mat^ematifd^e  @d^d^ung  ber  @}r5gen  burdb  S^¥^n  (^^  f^i  ^^nn,  fo  meit 
jened  dft^etifd^e  ©runbmag  babei  in  ber  Sinbilbungdfraft  lebenbig  er^aU 
ten  wirb)  bemirfen  fann,  l&erDorbringe:  toeil  bie  Untere  immer  nur  bie 
relatioe  ®roge  burd^  S}ergleidl)ung  mit  anbern  gleid^er  8lrt,  bie  erftere 

30  aber  bie  ®röfee  fdbled^t^in,  fo  meit  ba^  ©emütl^  pe  in  einer  anfc^auung 
faffen  fann,  barfteUt. 

3lnfdöauli(^  ein  Quantum  in  bie  (SinbilbungSfraft  aufjunel^men,  um 
ed  gum  3Rage  ober  als  @inl^eit  gur  ®r5genfc^d^ung  burdi)  ß^^^I^n  brau* 
dben  gu  fönnen,  bagu  geboren  gmei  |)anblungen  biefed  SBermögenS:  Sluf^ 

35  f a f f u n g  (apprehensio)  unb  ßufammenfaffung  (comprehensio  aesthe- 
tica).  3Rit  ber  auffaffung  l^at  e5  feine  9lot^:  benn  bamit  fann  e«  ins 


252    Jhritt!  ber  Urtl^ettiSItQft.  1.  S^tl.  SMüt  bet  dill^if^en  Urt^eildlraft. 

Uncnblid^c  ge^cn;  aber  bic  3ufammenfaf[unfl  »trb  immer  fdö^J^^cr,  Je 
weiter  bie  Sluffaffung  fortrüdft,  unb  gelangt  balb  ju  i^rem  3Kaj:lmum, 
nämlid^  bem  dftl^etif(]^>gr5gten  ®runbmage  ber  ©rö^enfc^ä^ung.  S)enn 
tt)enn  bie  Suffaf[ung  fo  meit  gelangt  ift,  ba^  bie  guerjl  aufgefaßten  Sl^eit 
l^orfteUungen  ber  Sinnenanfc^auung  in  ber  SinbilbungSlraft  fc^on  ju  er«  s 
löfc^en  anl&eben,  inbefe  baß  biefe  gu  auffaffung  mel^rerer  fortrüdEt:  fo  üer« 
Uert  fte  auf  einer  Seite  eben  fo  olel,  ald  fte  auf  ber  anbem  gewinnt,  unb 
in  ber  S^fammenfaffung  ift  ein  ©roßte«,  fiber  loeld^ed  {te  ni(^t  l^inaue> 
lommen  tann. 

S)araud  läßt  ftc^  erlldren,  toad  @at)ar))  in  feinen  Slad^rid^ten  üon  lo 
^g9:pten  anmerlt:  baß  man  ben  ^Qramiben  nid^t  fel^r  nal^e  fommen,  eben 
fo  koenig  ald  gu  loett  bat)on  entfernt  fein  muffe,  um  bie  gange  Siül^rung 
Don  il^rer  ®roße  gu  befommen.  S)enn  ift  baS  le^tere,  fo  ftnb  bie  Sl^eile, 
bie  aufgefaßt  »erben,  (bie  Steine  berfelben  übereinanber)  nur  bunfel 
oorgeftetlt,  unb  t^re  SSorfteDung  tl^ut  leine  SBirfung  auf  ba£  dftl^ettfc^e  is 
Urtl^eil  bed  SubtectS.   ^\t  aber  baS  erftere,  fo  bebarf  ha&  fluge  einige 
Seit,  um  bie  Suff  äff  ung  t)on  ber  ®runbfl&(^e  bi^  gur  @pi^e  gu  ooDenben; 
in  biefer  aber  erlöfd^en  immer  gum  Stl^eil  bie  erfteren,  e^e  bic  ßinbilbungö* 
Iraft  bie  le^teren  aufgenommen  l&at,  unb  bie  gufammenfaffung  ift  nie 
ooUpdnbig.  —  eben  baffelbe  lann  aud^  ^inreii^en,  bie  SBeftürgung  ober  20 
Slrt  üon  Serlegenl&cit,  bie,  wie  man  ergd^lt,  ben  Sufc^auer  in  ber  6t.  ^e« 
teröfird^e  in  SRom  beim  erften  gintritt  antoanbelt,  gu  erfldren.  SJenn  e^ 
ip  l^ier  ein  Oefül^l  ber  Unangemeffenl^eit  feiner  ®inbilbung«fraft  für  bie 
3bee  eine«  ©angen,  um  fte  barguftellen,  worin  bie  @inbilbung£traft  il^r 
5Wayimum  erreicht  unb  bei  ber  Seftrebung  e«  gu  erweitern  in  ftd^  felbfl  25 
guräd  finit,  baburd^  aber  in  ein  rfil^renbeS  SSol^lgefaUen  oerfe^t  wirb. 

3d^  wiQ  ie^t  nod^  nid^tS  oon  bem  ©runbe  biefe«  SBol^lgefaDend  an- 
fäl^ren,  weld^ed  mit  einer  $$orfiellung,  wot)on  man  e«  am  wenigften  er« 
warten  foQte,  bie  ndmlid^  un«  bie  Unangemeffen^eit,  folglich  aud^  fubtec« 
tiöc  Ungwedtmdßigfeit  ber  SSorftellung  für  bie  Urtl^eiföfraft  in  ber  ®rößen«  30 
fd^d^ung  merfen  Idßt,  oerbunben  ift;  fonbern  bemerfenur,  baß,  wenn  ba« 
dft^etifc^e  Urtbeil  rein  (mit  feinem  tcleologifd^en  als  SJernunftur« 
t^cile  üermifd^t)  unb  baxan  ein  berÄritif  ber  dft^etifc^en  Urtl^ell«» 
Iraft  oöDig  an)}affenbe«  SBeifpiel  gegeben  werben  foU,  man  nid^t  ba«  6r» 
l^abene  an  j^unftprobucten  (g.  93.  ©ebduben,  Sdulen  u.  f.  w.)/  wo  ein  35 
menfc^Ud^er  Qmtd  bie  ^orm  fowo^l  ald  bie  ©röße  beftimmt,  nod^  an 
9laturblngen,  bereu  SSegrif f  f c^on  einen  beftimmten  Qvotd  bei  fid^ 


fül^rt  (j.  33.  2:^icren  t)on  bcfanntcr  Slaturbcftlmmung),  fonbcrn  an  bcr 
ro^cn  5Ratur  (unb  an  bicfcr  fogar  nur,  fofcrn  pc  für  ftc^  feinen  SReig,  ober 
Siü^rung  au«  ttirflldber  ®cfa^r  bei  flc^  fü^rt),  blofe  fofern  pc  Oröfec  ent» 
l^dlt,  aufgclgen  mwflc-   3>enn  in  biefcr  Art  ber  SSorpeDung  entl^dtt  bic 

5  9latur  ni^tö,  ma^  ungeheuer  (nod^  mad  prächtig  ober  grägUd^)  m&re;  bie 
®r5ge,  bie  aufgefaßt  loirb,  mag  fo  »eit  angemacl^fen  fein,  als  man  toiK, 
»enn  pe  nur  burc^  Sinbilbungdtraft  in  ein  ©angeS  gufammengefagt  »er« 
ben  tann.  Ungel^euer  tP  ein  ©egenpanb,  menn  er  bur^  feine  ®röge 
ben  Qmd,  ber  ben  SSegriff  beffelben  ausmacht,  öernic^tet.  Äoloffalifd^ 

10  aber  wirb  bie  blofee  S)arfteIIung  eine«  Segriff«  genannt,  ber  für  alle 
S)arPeIlung  beinahe  gu  grofe  ip  (an  ba«  relatio  Ungel^eure  grängt):  weil 
ber  Qxoed  ber  S)arpeaung  eine«  Segrip«  baburc^,  ba^  bie  anfc^auung 
be«  ©egenpanbe«  für  unfer  fluffapungdoermogen  beinahe  gu  gro6  iP, 
ix\iiXDZxt  »Irb.  —  ein  reine«  Urt^eil  über  ba«  ©rl^abene  aber  mufe  gar 

15  feinen  Qxotd  be«  £)biect«  gum  93ePimmung«grunbe  ^aben,  koenn  e«  &\tiie^ 
tlf(^  unb  nic^t  mit  irgenb  einem  SSerpanbe«-  ober  SBernunfturt^cile  t)er« 
mengt  fein  foU. 


aSBeil  alle«,  »a«  ber  blofe  repectirenben  Urt^eil«fraft  ol^ne  gntereffe 
gefallen  Joll,  in  feiner  SSorpeünng  fubiectiüe  unb  als  folc^e  aagemein*gül= 

20  tige  Swedmftfeigfeit  bei  pd^  führen  mu^,  gletdjmo^l  aber  l^ier  feine  Smed* 
mdfeigfelt  ber  gor m  be«  ©egenpanbc«  (roie  beim  ©t^önenX  ber  a3eur= 
tl^eilung  gum  ®runbe  liegt,  fo  fragt  pc^:  tocldjc«  ip  biefc  fubjectiüe 
Smedmd^igfeit?  unb  tooburd^  mirb  pe  al«  ^orm  t)orgef(!^rieben,  um  in 
ber  blogen  ®r56enfd^ä^ung  unb  gtoar  ber,  toeld^e  gar  bi«  gur  Unange« 

25  meffenfteit  unfere«  Vermögen«  ber  (ginbilbung«fraft  in  ©arfteUung  be« 
Segriff«  Don  einer  ©röfee  getrieben  morben,  einen  ®runb  gum  allgemein* 
gültigen  SBol^lgef allen  abgugeben? 

S)le  6inbilbung«fraft  fd^teitet  in  ber  Sufammenfe^ung,  bie  gur 
®r5gent)orPellung  erforberlid^  ift,  oon  felbp,  ol^ne  bag  il^r  etma«  ^inber» 

30  li(^  ttfire,  in«  Unenblld^c  fort;  ber  SSerpanb  aber  leitet  pe  bur(^  QaliU 
begriffe,  tt)ogu  jene  ba«  Sd&ema  l^ergcben  mufe:  unb  in  bicfem  SSerfal^ren, 
al«  gur  loglfc^en  ©röfeenfd^ö^ung  gel^orlg,  ip  gmar  etwa«  obiectio  3tt)cdf:= 
m&gige«  nad^  bemSegrtffe  oon  einem  Stoede  (bergleid^en  jebe  Slu«meffung 
iP),  aber  nic^t«  für  bie  aP^etlfd^e  Urt^ell«fraft  Swcdfmdfeige«  unb  ®e* 

S5  faUenbe«.  @«  ip  aud^  in  biefer  abpd^tlid^en  3tt)edm&glgfelt  nid^t«,  tt)a« 


254    Sttim  bet  Urtl^eiliSfraft.   1.  3:^etL  ^ttf  ber  äfl^etif^en  Urt^dtöfraft. 

bie  ®r5ge  bed  SRageS,  mitl^in  ber  dufcimmenfaffung  bed  Sielen  in 
eine  anfd^auung  bis  jur  ©rdnje  bed  SBermogend  bet  Sinbilbungdtraft 
unb  fo  meit,  mie  biefe  in  S)arjlenungen  nur  immer  reichen  mag,  gu  trei« 
ben  nötl^iflte.  S)enn  in  ber  SBerftonbeÄfd^ftfeung  ber  ©röfeen  (ber  aritl^* 
metif)  tommt  man  eben  fo  n)ett,  ob  man  bie  3ufammenfaffung  ber  (Sin«  s 
gelten  bi«  jur  ßa^  10  (in  ber  2)ef obif),  ober  nur  bi«  4  (in  ber  Setraftif) 
treibt;  bie  n)eitere  ©rögenerjeugung  aber  im  3ufammenfe^en,  ober,  »enn 
bad  Quantum  in  ber  ünfc^auung  gegeben  ift,  im  Suffaffen  blog  pro« 
gref pD  (nicftt  compre^cnflo)  nad^  einem  ongenommenen  ^rogrcf jton«prin^ 
cip  t)erri(^tet.  3)er  SSerftanb  »irb  in  biefer  matl^ematifdjen  Oröfeen»  lo 
fd)d^ung  eben  fo  gut  bebient  unb  befriebigt,  ob  bie  (Sinbilbungdfroft  jur 
@in^eit  eine  ®röge,  bie  man  in  einem  SBIid  faf[en  fann,  g.  93.  einen 
iJufe  ober  SRutl^e,  ober  ob  fie  eine  beutfci^c  5Weile,  ober  gar  einen  örbburcft« 
me^er,  bereu  Suffaffung  gmar,  aber  nic^t  bie  ßufammenfaffung  in  eine 
Slnfd^auung  ber  @inbilbungdtraft  (nid^t  burd)  bie  comprehensio  aesthe-  u 
tica,  obgmar  gar  mo^l  bur(^  comprehensio  logica  in  einen  S<^^Ibegriff) 
möglid)  ift,  lo&ble.  ^n  beiben  ^dßen  ge^t  bie  logifc^e  ®r5genfc^i^ung 
ungel^inbert  ind  Unenbli(!be. 

9tun  aber  l^ort  bad  ©emut^  in  ftc^  auf  bie  @timme  ber  SSernunft, 
meldte  gu  aQen  gegebenen  ©rögen,  felbft  benen,  bie  gmar  niemals  gang  so 
aufgefaßt  merben  fönnen,  gleid^mol^l  aber  (in  ber  ftnnlid^en  SSorfteQung) 
alö  gang  gegeben  beurtfteilt  ©erben,  SEotalitfit  forbert,  mithin  ßufammen» 
faffung  in  eine  8lnfci)auung  unb  für  aUe  jene  ©lieber  einer  fortf(!breitenb« 
tt)a(^fenben  S<i^(feit)e  S)arftellung  verlangt  unb  felbft  bad  Unenblid)e 
([Raum  unb  oerfloffene  Seit)  oon  biefer  Sorberung  nic^t  aufnimmt,  oiel*  25 
me^r  ed  unoermeibUc^  mad^t,  fid)  baffelbe  (in  bem  Urtbeile  ber  gemeinen 
SSernunft)  ald  gang  (feiner  2:otalit&t  nac^)  gegeben  gu  beuten. 

S)ad  Unenblid^e  aber  ift  fc^Iec^tl^in  (nid^t  blog  comparatio)  grog. 
3Rit  biefem  oergItd)en,  ift  aUed  anbere  (oon  berfelben  SIrt  ®rögen)  Hein, 
aber,  maS  bad  SSorne^mfte  ift,  eS  aH  ein  ®angeiS  aud^  nur  beuten  gu  so 
tonnen,  geigt  ein  SSermbgen  bed  ©emfit^S  an,  melc^ed  aQen  ^agftab  ber 
Sinne  übertrifft.  S)enn  bagu  mürbe  eine  Suf^möiwienfaflung  erforbcrt 
merben,  toeld^e  einen  äRa^tab  als  @inbeit  lieferte,  ber  gum  Unenblid)en 
ein  beftimmteS,  in  S^^^l^n  angebliches  SSer^dltnig  ^dtte:  melc^eS  unmög« 
lid^  ift.  S)aS  gegebene  Unenblic^e  aber  bennod^  obne  äSiberfpruc^  au(^  35 
nur  beuten  gu  tonnen,  bagu  toirb  ein  SSermögen,  baS  felbft  überfinm 
li(^  ifl,  im  menfc^lic^en  ©emütl^e  erforbert.  S)enn  nur  burc^  biefeS  unb 


2.  Büä^.    Knal^tif  b«8  erhabenen.    A.  ^om  ^atf^iaiil^^Qtxl^aUnm.  255 

Deffen  3bee  eines  9loumenond,  melc^ed  felbft  leine  Slnfc^auung  Derftattet, 
aber  bod^  ber  SBeltanfc^auung,  ald  bloßer  6rf(!beinung,  jum  Subftrat  un« 
tergelegt  toirb,  toirb  bai  Unenbltd^e  ber  Sinnenwelt  in  ber  reinen  inteüec« 
tuellen  ®r5genf(i^d^ung  unter  einem  S9egrtffe  gang  gufammengefagt, 

5  obgwar  ti  in  ber  matl^ematifc^en  burd^  S^'^'^^nbegriffe  nie  ganit  8^- 
bad^t  »erben  lann.  @elbft  ein  SSermogen,  ftd^  baS  Unenblid^e  ber  über« 
ftnnlid^en  9nf(^auung  ald  (in  feinem  inteUigibelen  @ub{trat)  gegeben 
benfen  ju  lonnen,  übertrifft  allen  3Ragflab  ber  Sinnlid^feit  unb  ift  über 
ane  93ergle{4ung  felbft  mit  bem  3^erm5gen  ber  mat^ematifd^en  @(^d^ung 

10  grob;  freilid^  tt)o^I  nid^t  in  t^eoretifc^er  Stbftd^t  gum  Sel^uf  bed  6rfennt« 
ni^Dermögend,  aber  boii  als  ßrnieiterung  bed  ©emüt^S,  U)el(^ed  bie 
Sd^ranfen  ber  Sinnli^feit  in  anberer  (ber  prattifd^en)  Slbfid^t  gu  über« 
fd^retten  {t(^  üermogenb  fül^It. 

(Srl^aben  ift  alfo  bie  ^atur  in  berjenigen  tl^rer  ISrfc^einungen,  beren 

15  anf(!^auung  bie  3bee  il^rer  Unenblid^teit  bei  ftd^  fü^rt.  S)iefed  le^tere 
fann  nun  nid^t  anberd  gefc^e^en,  ald  burd^  bie  Unangemeffen^eit  felbft 
ber  größten  99eftrebung  unferer  (Sinbilbung^fraft  in  ber  ®r56enf(^ä^ung 
eined  ©egenftanbeS.  9lun  ift  aber  für  bie  matl^ematifd^e  ®rögenfd^a§ung 
bie  @inbilbungSfraft  j|ebem  ©egenftanbe  gemad^fen,  um  für  biefelbe  ein 

20  l^inldnglic^ed  äßag  gu  geben,  nieil  bie  S^^i^^g^^ff^  ^^  93erftanbed  burd^ 
^rogref  jton  iebe«  SWafe  einer  jeben  gegebenen  ®röfee  angemeffen  mad^en 
tonnen.  9llfo  mug  ed  bie  dftl^etif d^e  ©rogenfd^&^ung  fein,  in  meld^er  bie 
Seftrebung  gur  Bufammenfaffung,  bie  bad  S3erm5gen  ber  (SinbilbungiS' 
fraft  überfd^reitet,  bie  progrefpoe  Sluffaffung  in  ein  ©anged  ber  Slnfd^au« 

25  ung  gu  begreifen,  gefüllt  unb  babei  gugleid)  bie  Unangemeffenl)eit  biefed 
im  ^ortfc^reiten  unbegr&ngten  SSermögenS  ma^rgenommen  mirb,  ein  mit 
bem  minbeften  Slufmanbe  bed  SBerftanbei^  gur  ®rogenfd[)ä^ung  tauglid^eS 
©runbmag  gu  faffen  unb  gur  ®r5genfd^ä^ung  gu  gebraud^en.  %un  ift 
baS  eigentlid^e  unDeranberlid^e  ©runbmag  ber  9tatur  bad  abfolute  ©ange 

30  berfelben,  meld^ed  bei  il^r  als  Srfc^einung  gufammengefagte  Unenblid^feit 
ift.  2)a  aber  biefeö  ©runbmafe  ein  ftdi)  felbft  »iberfpredjenber  Segriff 
ift  (megen  ber  Unmbglid^feit  ber  abfoluten  Siotalit&t  eined  $rogreffud 
ol^ne  @nbe):  fo  mug  biejenige  ©röge  eined  ^laturobjectiS,  an  nield^er  bie 
(SinbilbungStraft  i^r  gaugeS  SSermögen  ber  Sufammenfaffung  frud^tlod 

36  öermenbet,  ben  Segriff  ber  9latur  auf  ein  überpunlic^eiS  ©ubftrat  (mel* 
d^ed  i^r  unb  gugleid^  unferm  Vermögen  gu  benfen  gum  ©runbe  liegt)  fül^« 
ren,  meldte«  über  allen  SWafeftab  ber  ©inne  grofe  ift  unb  bal^er  nid^t  fo« 


256    ftrltlf  bcr  Urt^elWfraft.   l.ST^ell.  ÄrlHf  bcr  ft|i]|cttWcn  Urt^dWfraft. 

mol^l  ben  ®egenftanb,  atö  üielme^r  bie,®emfitl^dftimmung  in  @(j^&^ung 
beffelben  atö  erl^aben  beurtl^eilen  lägt. 

Sllfo,  gleic^mte  bie  äft^etif(^e  Urt^eitöfraft  in  93eurtl^eilung  be«  &iib- 
nen  bie  6tnbilbung8lraft  in  i^rem  freien  Spiele  auf  benSSerftanb  begießt, 
um  mit  beffen  Segriffen  überhaupt  (o^ne  Seftimmung  berfelben)  gu^  s 
fammenguftimmen:  fo  begiel^t  fie  baffelbe  93erm5gen  in  Seurtl^eilung  eined 
£)tnged  ald  erl^obenen  auf  bie  SBernunft,  um  gu  beren^been  (unbe:^ 
ftimmt  toeld^en)  fubj|ectiD  äbereinguftimmen,  b.  i.  eine  ©emfitl^Sflimmung 
l^erDorgubringen,  weld^c  berienigen  gemfife  unb  mit  il^r  DertrdgUcft  ip,  bie 
ber  einflufe  beftimmter  Sbeen  (prattifd^er)  auf  bo«  ®efü^l  bemirfen  lo 
mürbe. 

3Ran  fte^t  l^ierauS  auc^,  bag  bie  U)a^re  Sr^abenl^eit  nur  im  @e= 
mutige  be«  UrtJ^eilenben,  nid^t  in  bem  SRaturobjecte,  beffen  SBeurtl^ellung 
biefe  Stimmung  beffelben  veranlagt,  mftffe  gefud^t  werben.  2Ber  mollte 
aud^  ungeftalte  ©ebirgdmaffen,  in  milber  Unorbnung  über  einanber  ge=  is 
tl^ürmtr  mit  il^ren  ßiSp^ramiben,  ober  bie  bflftere  tobenbe  See  u.  f.  to. 
erl^aben  nennen?  aber  baö  ®emutl^  fü^lt  jtt^  in  feiner  eigenen  SBeur» 
tl^eilung  gel^oben,  menn  eö,  inbem  e«  fidb  in  ber  SBetradbtung  berfelben 
o^ne  Siüdfi^t  auf  i^re  i^orm  ber  @inbtlbungdfraft  unb  einer,  obfd^on 
gang  ol^ne  beftimmten  Qxotd  bamit  in  SBerbinbung  gefegten,  fene  blog  20 
ermeiternben  SSernunft  überldfet,  bie  gange  SRadöt  ber  ©inbilbungöfraft 
bennodö  i^^^n  Sbeen  unangemeffen  ftnbet. 

Seifpiele  Dom  Wat^emattf(^«@r]^abenen  ber  9latur  in  ber  blogen 
Snft^auung  liefern  und  aQe  bie  i^älle,  mo  und  nid^t  fomo^I  ein  grbgerer 
ßa^lbegrijf,  afö  oielmel^r  grofee  (Sinl^eit  ald  SWafe  (gu  SSerfürgung  ber  35 
Sal^lrei^en)  für  bie  @inbtlbungdfraft  gegeben  mirb.   @in  S3aum,  ben  mir 
nad^  3ßanndl^5^e  fd^&^en,  giebt  allenfalls  einen  SRagftab  für  einen  Serg; 
unb  menn  biefer  etma  eine  3Reile  fjoii  m&re,  lann  er  gur  Sinl^eit  für  bie 
Sa^lr  meiere  ben  grbburd^meffer  auSbrüdt,  bienen,  um  ben  legieren  an* 
fd^aulid^  gu  machen,  ber  ßrbburc^meffer  für  bad  und  befannte  Planeten«  90 
fqftem,  biefeö  für  ba«  berSRildöftrafee;  unb  bie  unermefelid^e  3Renge  fold^er 
awtlc^ftrafeenf^fteme  unter  bem  Sflamen  ber  SRebelfterne,  meldte  oermut^* 
Ud^  mieberum  ein  bergleid^en  Softem  unter  ftc^  auiSmac^en,  laffen  und 
l^ier  feine  ©rdngen  ermarten.   9tun  liegt  baö  ©rl^abene  bei  ber  öftl^eti« 
fd^en  Seurtl^eilung  eines  fo  unermefelid^en  ®angen  nid^t  fomo^l  in  ber  35 
@r5ge  ber  S^^Ir  atö  barin,  bag  mir  im  ^ortfdbritte  immer  auf  befto  gr5« 
gereßin^eiten  gelangen;  mogu  bie  f^ftematifd^e  Slbt^eilung  bed  SBeltge« 


2.  fßu^.    9CnaI^tt!  be«  (Stl^abenen.    A.  Som  SRotl^emattfd^'Gr^aBenett.  257 

b&ubed  beitr&gt,  bie  unS  aUeS  ®roge  in  ber  9}atur  immer  U)ieberum  aU 
flein,  eigentU^  aber  unfere  Stnbtlbung^Iraft  in  il^rer  gangen  ©r&njloftg:^ 
feit  unb  mit  i^r  bie  Statur  al«  gegen  bic  Sbecn  ber  SSernunft,  »cnn  pe 
eine  il^nen  angemeffene  S)arfteaung  Derfd^affen  foH,  Derfc^ioinbenb  Dor- 
5  ftettt. 

§27. 

93on  ber  Dualität  beS  SBoJ^IgefaUenS  in  ber  93eurt^eilung  beS 

(Sr^abenen. 
S)a8  ®effll^l  ber  Unangemeffen^eit  unfere«  5Bermögen8  jur  (grrel» 

10  dgung  einer  3bee,  bie  für  und  ®efe^  ift,  ift  Häftanq.  9lun  ift  bie 
3bee  ber  ßufammenfaffung  einer  {eben  ©rfd^einung,  bie  uniS  gegeben  U)er:^ 
ben  mag,  in  bie  Slnfd^auung  eines  ©angen  eine  folc^e,  mläit  nM  bmäf 
ein  ®efe^  ber  Sernunft  auferlegt  ift,  bie  fein  anbere«  beftimmteiS,  für 
iebermann  güItigeiS  unb  unDeränberlid^ed  3ßag  erlennt,  aliS  bad  Sbfolut:: 

15  ®ange.  Unfere  SinbilbungSfraft  aber  bemeifet  felbft  in  i^rer  größten  Sin« 
firengung  in  Slnfel^ung  ber  t)on  i^r  »erlangten  ßufammenfaffung  eines 
gegebenen  ®egenftanbed  in  ein  ©anjeS  ber  Slnfd^aunng  (mitl^in  gur  S)ar» 
ftettung  ber  S^ee  ber  Vernunft)  ll^re  ©d^ranfen  unb  Unangemeffcn^eit, 
bod^  aber  gugleid^  i^re  93e{timmung  gur  Semirlung  ber  Slngemeffenl^eit 

ao  mit  berfelben  als  einem  ©efe^e.  9llfo  ift  bad  ©effil^l  bed  @rl^abenen  in 
ber  %atur  Sld^tung  fär  unfere  eigene  93eftimmung,  bie  mir  einem  Dbiecte 
ber  SRatur  burd^  eine  gemiffe  ©ubreption  (SSermed^felung  einer  ad^tung 
für  ba«  Obiect  ftatt  ber  für  bie  gbee  ber  SRenfd^^eit  in  unferm  ©ubjecte) 
bemeifen,  meld^ed  unS  bie  Überlegenl^eit  ber  SSernunftbeftimmung  unferer 

35  @rfenntnigDermbgen  über  baS  grbgte  SSermögen  ber  Sinnlid^teit  gleid^« 
fam  anfd^aulid^  mad^t. 

SDaS  ©efül^I  beS  Srl^abenen  ifi  alfo  ein  ©effil^I  ber  Unluft  aud  ber 
Unangemeffenl^eit  berSinbilbungSfraft  in  ber  äftl^etifd^en^rö^enfd^ä^ung 
gu  ber  @d^&^ung  burd^  bie  SSernunft  unb  eine  babei  gugleid^  ermedtte  Suft 

80  au8  ber  Übereinftimmung  eben  biefe«  Urtl^eild  ber  Unangemeffenl^eit  beö 
größten  jtnnlid&en  Vermögen«  mit  SSernunftibeen,  fofern  bie  Seftrebung 
gu  benfelben  bod^  für  un<S  ®efe^  ift.  @d  ift  nämlid^  für  und  ®efe^  (ber 
SSernunft)  unb  gel^ort  gu  unferer  93eftimmungr  aQed,  maS  bie  9tatur  als 
®egenftanb  ber  @inne  für  unS  ®rogeS  entl^&It,  in  SSergleid^ung  mit  Sbeen 

35  ber  äSernunft  für  Hein  gu  fd^&^en;  unb  maS  baS  ®efül^I  biefer  überftnn« 
lid^en  Sefiimmung  in  uns  rege  mad^t,  ftimmt  gu  jenem  ®efe^e  gufammen. 

Jtant'l  •t^xlUtn,   Octfc  Y.  17 


258    Ärlti!  bcr  Urt^ctlöfraft.   1.  3^cil.  Ärtttf  ber  Sft^etifd^cn  Urt^ctWfroft. 

Sßun  ift  bic  grofetc  Seftrcbung  bcr  ©inbilbungöfraft  in  ©arpelluug  bcr 
einl^ctt  für  bic  ©röfecnfd^dfeung  eine  Scjic^ung  auf  etwa«  8lbfolut= 
©ro^eS,  foIgUd^  aud^  eine  ^cgiel^ung  auf  baS  ®efe^  bcr  SScrnunft,  btefcS 
allein  gum  oberften  ÜWa^e  bcr  ©röfeen  anjuncl^men.  Sftfo  ip  bic  innere 
SBal^rncl^mung  bcr  Unangemeffcn^eit  aUeS  ftnnlid^en  ^a^tabeS  gur  ®rö=  5 
feenfd^ä^ung  ber  SBcrnunft  eine  Überciupimmung  mit  ®efe|cn  bcrfclbcn 
unb  eine  UnluP,  tocld^c  ba«  (Seffil^l  unferer  fiberfinnlid^cn  Scftimmung 
in  und  rege  mac^t,  müi  meld^er  cd  gmedEmdgig,  mitl^in  Sup  ip,  {eben 
SWafePab  bcr  ©innlid^fcit  benSbeen  ber  SSernunft  unangemeffen  gu  pnben. 

3)aö  ©cmutl^  fü^U  pd^  in  ber  SSorPeUung  bc8  erhabenen  in  ber  10 
9latur  bckDCgt:  ba  cd  in  bem  dpl^ctifd^cn  Urtl^cilc  über  baS  ©d^one  ber^^ 
felbcn  in  r ulkiger  (Sontcmplation  ip.   2)icfe  Sctocgung  fann  (Dorncl^m« 
lic^  in  il^rcm  anfange)  mit  einer  ©rfd^üttcrung  Dcrgli(!^en  »erben,  b.  t. 
mit  einem  fdEincQmcc^fcInbcn  Sbpogen  unb  Slngicl^cn  eben  beffclben  Db^ 
jectg.  3)aö  Übcrfd^menglid^c  für  bic  ßinbilbungSfrap  (bi«  gu  meldöem  pe  15 
in  ber  ^luffa^ung  ber  Sln{(!^auung  getrieben  tt)irb)  ip  gleid^fam  ein  ^i^ 
grunb,  n)orin  Pe  p(!^  felbp  gu  verlieren  fürd^tet;  aber  bod^  aud^  für  bic 
Sbec  ber  SBernunft  Dom  ÜbcrpnnUd^en  nid^t  überfd^wengUd^,  fonbern  ge» 
fc^mdfeig,  eine  jold^c  SePrebung  ber  (Sinbilbungöfraft  l^cröorgubringcn: 
mitl^in  in  eben  bem  9)7a^e  tDieberum  angiel^enb,  als  c8  für  bic  blogc  20 
@innlid^leit  abpo^cnb  mar.   S>ai$  ttrtl^eil  fclber  bleibt  aber  l^icbci  immer 
nur  dpi^ctifd^,  toeil  c8,  o^ne  einen  bepimmten  Segriff  Dom  Dbiede  gum 
©runbc  gu  l^abcn,  blog  baiS  fubiectiDc  @picl  bcr  ©cmütl^dfrdpc  (6inbil* 
bung«fraft  unb  SSernunft)  felbp  burd^  i^ren  (Sontrap  afö  l^armonifd^  Dor«» 
peUt.  S)cnn  fo  tt)ie  SinbilbungiSfrap  unb  SSerpanb  in  bcr  Scurtl^cilung  35 
beg  @(!^öncn  burd^  il^rc  Sinl^clliglcit,  fo  bringen  ^inbilbungSfraft  unb 
SSernunft  l^ier  burd^  il^ren  SBiberpreit  fubJectiDc  Sro^dwififeiö^^i*  ^^^ 
®emüt^öfrdfte  l^crDor:  ndmlid()  ein  ®efü^l,  bafe  mir  reine,  felbppdnbige 
SSernunft  l^abcn,  ober  ein  SSermögen  ber  ©rbfeenfd&d^ung,  beffcn  SSorgüg« 
lid^fcit  burd^  ni(!^tö  anf(^auli(!^  gemad^t  merben  lann,  atö  burc^  bic  Ungu«  so 
Idnglic^Icit  bedienigen  SScrmogeniS,  meld^cS  in  3)arpellung  ber  ©r&gcn 
(pnnlid^cr  ©cgcnpdnbc)  felbp  unbegrdngt  ip. 

ÜRcffung  eineö  3iaumö  (aW  «uffaffung)  ip  gugleicft  SSefd^reibung 
bepclbcn,  mithin  objcctiDc  93ett)egung  in  bcr  @inbilbung  unb  ein  $ro^ 
greffug;  bic  Sufammeufaffung  ber  SSiell^eit  in  bic  ßinl^cit,  nid^t  be§  ®e*  35 
banicnd,  fonbern  ber  Slnfd^auung,  mithin  beS  @uccefpo«  Aufgefaßten  iu 
einen  «ugcnblidt,  ip  bagegen  ein  9iegrcPu8r  ber  bic  ßcitbebingung  im 


2.  ^uc^.    Slnal^ttf  beiS  (Srl^abenen.    A.  9)om  !D?at^emaiif(!^-Chr^olenen.  259 

$roflrcjfuS  bcr  6inbUbun8«fraft  »icbcr  aufl&cbt  unb  baS  ßwöl^i^f^i" 
anfd^auitc]^  tnocl^t.  @{e  ift  olfo  (ba  bie  S^itfolge  eine  Sebingung  beiS 
innern  Sinne«  unb  einer  anfd^auung  ift)  eine  fubjectioe  Setoeanng  bcr 
6inbilbungdlraft,  nioburd^  fte  bem  innern  @tnne  ©ewdt  antl^ut,  bie  befto 

5  merflid^er  fein  mug,  je  größer  ba«  Duantunt  ift,  meiere«  bie  @inbUbung«« 
Iraft  in  eine  anf(]^auung  gufammenfafet.  2)ie  »eftrebung  alfo,  ein  ©iafe 
für  @rögen  in  eine  einzelne  Slnfd^anung  auf june^men,  »eld^e«  auf  jufaffen 
merf lid^e  Seit  erforbert,  ift  eine  SJorftellungöart,  meiere,  fubjectiD  betrad^« 
tet,  jmedtoibrig,  obiectiD  aber  gur  @)rögenf(^ä^ung  erforberlid^,  mitl^in 

10  gmedEmägig  ift:  iDObei  aber  bod^  eben  biefelbe  ©ewalt,  bie  bem  ©ubjectc 
burc^  bie  6inbilbung«fraft  wiberffi^rt,  für  bie  gange  Seftintmung 
be«  ®emütl^«  als  gmedm&gig  beurtl^eilt  mirb. 

3)ie  Qualität  beö  ©efül^l«  beö  (Srl^abenen  ift:  bafe  pc  ein  ©efül^I 
ber  ttniuft  über  baS  äftl^etifd^e  S3eurtt)eilung«t)ermögen  an  einem  ®egen« 

15  ftanbe  ift,  bie  barin  io6)  gugleid^  al«  gioedmagig  tiorgefteUt  mirb;  toüi^^S 
baburc^  möglid^  ift,  ba^  ba«  eigne  UnDermogen  ba«  Sewugtfein  eine« 
unbefd^ränlten  äSermogen«  beffelben  @ubj[ect«  entbedEt,  unb  ba«  ©emütl^ 
ba«  festere  nur  burd^  ba«  erftere  dftl^etifd^  beurtl^eilen  lann. 

3[n  ber  Iogif(!^en  ©rögenfd^&^ung  marb  bie  Unmöglid^teit,  bwxii  ben 

»0  $rogreffu«  ber  äßeffung  ber  3)inge  ber  Sinnenmelt  in  Seit  unb  9?aum 
jemal«  jur  abfoluten  Sotalitfit  gu  gelangen,  für  objectit),  b.  i.  eine  Un^' 
m5glid^feit,  ba«  Unenblid^e  al«  gegeben  gu  benfen,  unb  nid^t  al«  blog 
fubjectiü,  b.  i.  al«  Unvermögen  e«  gu  faffen,  erfannt:  toeil  ba  auf  ben 
©rab  ber  Si^f ^inmenfaffung  in  eine  ^nfd^auung  al«  Wag  gar  nid^t  ge^^ 

35  feigen  n)irb,  fonbern  alle«  auf  einen  S^^Ibegriff  anfommt.  Allein  in  einer 
fiftl^etifd^en  ©rdgeufd^äfeung  mufe  ber  S^l^Ibegriff  »egfallen  ober  öerfin^ 
bert  loerben,  unb  bie  dontprel^enfton  ber  6inbilbung«rraft  gur  (Sinl^eit 
be«  STOafee«  (mitl^in  mit  SJermeibung  ber  begriffe  Don  einem  ©efefee  ber 
fuccefftöen  (Srgeugung  ber  Oröfeenbegriffe)  ift  allein  für  fte  gmedtmäfeig. 

30  —  SSßenn  nun  eine  ®röfee  beinal^e  ba«  Stufeerfte  unfere«  SSermogen«  bcr 
Sufammenfaffung  in  eine  flnfd^auung  erreid^t,  unb  bie  6inbilbung«traft 
bod^  burd^  S^^lfltögen  (für  bie  toir  un«  unfere«  Vermögen«  al«  unbe« 
grfingt  bemüht  ftnb)  gur  fift^etifd^en  Suf^n^wenfaffung  in  eine  grofeere 
gin^eit  aufgeforbert  »irb,  fo  fül^len  mir  un«  im  ©emütl^  al«  fiftl^etifd^  in 

S5  ©r&ngen  eingefd^loffen;  aber  bie  Unluft  mirb  bod^  in  ^inftd^t  auf  bie 
notl^menbtge  @rtt)eiterung  ber  @inbilbung«fraft  gur  angcmeffen^eit  mit 
bem,  n)a«  in  unferm  SSerm&gen  bcr  SSernunft  unbegr&ngt  ift,  nAmlid^  ber 

17* 


260    Äritif  ber  Urtlj|cll«!roft.   1.  $^cil.  Ärltü  ber  äfll^ettfci^cn  Urt^eiföfroft. 

Sbee  bes  abfoluten  ©angetir  mitl^in  bie  Ungmedmägigfeit  bed  S3erm5gen8 
ber  (SinbtIbungiSiraft  bod^  für  SJernunftibeen  unb  beren  SmedEung  atö 
gwedEmdgig  DorgefteUt.  (Sben  baburd^  tDirb  aber  baS  äf%tif(l^e  ttrtl^eil 
felbft  fubiectiD^jmedhn&gig  für  bie  Vernunft,  als  Ouell  ber  2!been,  b.  i. 
einer  fold^en  intenectueOen  Sufammenfaffung,  für  bie  alle  äftl^etifd^e  Dein 
ift;  unb  ber  ®egen|lanb  mirb  als  erl^aben  mit  einer  Suft  aufgenommen, 
bie  nur  t)ermittel{i  einer  Unluft  mbglid^  ift. 


B. 
SBom  3)9namtfd^'(£r]^aBcncn  ber  9Zatur. 

§  28.  10 

Son  ber  SRatur  al«  einer  ÜWad^t. 

SRad^t  ift  ein  Sermigen,  toeld^eS  großen  ^inberniffen  Aberlegen  ift. 
@ben  biefelbe  l^eigt  eine  ©etoalt,  toenn  fte  audi  bem  Sßiberftanbe  beffen, 
mi  felbft  3Radöt  bePfet,  überlegen  ift.  3)ie  5Ratur,  im  dft^etifd^en  Urtl^eile 
als  ^ac^t,  bie  über  uns  feine  ©eioalt  l^at,  betrad^tet,  i^  b^namifd^^er-  u 
l^aben. 

SBenn  Don  unS  bie  Statur  b^namifd^  als  ergaben  beurt^eilt  merben 
foH,  fo  mug  fte  als  f^rd^t  erregenb  Dorgeftellt  »erben  (obgleid^  nid^t  um« 
gefe^rt  {eber  gurd&t  erregenbe  ®egenftanb  in  unferm  ftpl^etifd^en  Urt^eile 
erl^aben  gefunben  tt)lrb).  S)enn  in  ber  dfH^etifd^en  »eurt^eilung  (ol)ne  20 
Segriff)  fann  bie  Überlegenl^eit  über  ^inberniffe  nur  nad^  ber  ©röfee  beS 
SBiberftanbeS  beurt^eilt  »erben.  9lun  ift  aber  baS,  bem  mir  }u  toiber« 
ftel^en  bcftrebt  jtnb,  ein  Übel  unb,  menn  mir  unfer  SJermögen  bemfelben 
nid^t  gema(!^fen  flnben,  ein  ®egen|tanb  ber  f^urd^t.  9lfo  fann  für  bie 
dftl^ctifdbe  Urtl^eilSfraft  bie  Statur  nur  fofern  als  SRad^t,  mitl^ln  bqna*  w 
mlfd^^erl^aben  gelten,  fofern  fte  als  ©egenflanb  ber  fjurc^t  betrad^tet  mirb. 

SRan  fann  aber  einen  ©egenftanb  als  fur(!^tbar  betrad^ten,  ol^ne 
ftc^  t)or  il^m  gu  fürd^ten,  menn  mir  il^n  ndmlid^  fo  beurt^eilen,  bag  mir 
uns  blog  ben  %aVi  benfen,  ba  mir  il^m  etma  SBiberftanb  tl^un  moUten, 
unb  bag  aisbann  aKer  äBiberftanb  bei  meitem  Dergeblid^  fein  mürbe.  @o  30 
fürd^tet  ber  Sugenbl^afte  ®ott,  ol^ne  ftd^  Dor  i^m  gu  fürd^ten,  meil  er  il^m 
unb  feinen  Geboten  miberßel^en  gu  moHen  pd^  als  feinen  Don  i^mbeforg« 


2.  Bud).    ^nal\)i\f  bej  Srl^abenen.    B.  9}om  ®Qnamifd|'(5r]^aBenen.    261 

Itd^en  t^aQ  benit.  SIber  auf  {eben  fold^en  f^rall,  ben  er  qI8  an  fid^  nid^t 
unmoglid^  bentt,  erfcnnt  er  i^n  oXi  furd^tbar. 

9Ber  ftd^  fürd^tet,  lann  aber  baö  ßrl^abene  ber  %atur  gar  nid^t  ur« 
tl^eilen,  fo  »enig  als  ber,  meld^er  burd^  Sleigung  unb  appetit  eingenom- 

5  men  tft,  über  baS  @d^öne*  S^ner  fliel^t  ben  Slnblid  eines  ©egenftanbes, 
ber  il^m  @d^eu  einiagt;  unb  eS  ifi  unmoglid^,  an  einem  Sd^reden,  ber 
ernftlid^  gemeint  »dre,  SBo^lgefaDen  gu  finben.  S)a^er  ift  bie  «nnel^m«» 
li(!^feit  auö  bem  »ufl^ören  einer  Sefd^merbe  boS  gfrol^f ein.  5)iefeS  aber, 
»egen  ber  Befreiung  oon  einer  ©efal^r,  ift  ein  Sfrol&t^in  mit  bem  SJorfa^e, 

10  fic^  berfelben  nie  me^r  auSgufe^en;  \a  man  mag  an  jene  @mpfinbung 
nid^t  einmal  gerne  jurüdbenlen,  meit  gefel^lt,  bag  man  bie  ©elegenl^eit 
bagu  felbft  auffu(!^en  foUte. 

^fil^ne,  überl^angenbe,  gleid^fam  brol^enbe  i^elfen,  am  ^immel  fid^ 
auftprmenbe  S)onnertt)oIfen,  mit  93Ii^en  unb  Ürai^tn  einl^erjie^enb, 

15  Sulcanc  in  il^rer  gonjen  gerftörenben  Oetoalt,  Orfane  mit  il^rer  gurüd* 
gelaffenen  SSermüftung,  ber  gr&ngenlofe  Dcean,  in  Smpörung  gefegt,  ein 
l^ol^er  SBafferfaD  eines  mdd^tigen  f^IuffeS  u.  b.  gl.  mad^en  unfer  SSermö* 
gen  gu  miberftel^en  in  SSergleid^ung  mit  il^rer  Sßad^t  gur  unbebeutenben 
Äleinigfeit.  aber  i^r  anblid  »irb  nur  um  bcfio  angiel^enber,  je  furd^t^ 

20  barer  er  ift,  menn  mir  uns  nur  in  @id^erl^eit  beftnben;  unb  tt)ir  nennen 
biefe  ©egenftdnbe  gern  erl^aben,  meil  fie  bie  @eelen|ldrfe  Aber  il^r  getDol^n^ 
li(!^eS  SRittelmag  erl^öl^en  unb  ein  Vermögen  gu  »iberftel^en  üon  gang 
anberer  9(rt  in  uns  entbeden  laffen,  meld^eS  uns  SRutl^  mac^t,  unS  mit 
ber  fd^einbaren  3ingemalt  ber  9latur  meffen  gu  tonnen. 

25  S)enn  fo  mie  U)ir  gmar  an  ber  Unermeglid^Ieit  ber  9tatur  unb  ber 
Unguldnglid^feit  unf  eres  Vermögens  einen  ber  dft^etifd^en®r5genfd^d^ung 
il^reS  ©ebiets  proportionirten  aßagftab  gu  nehmen  unfere  eigene  (Sin« 
fd^rdnlung,  glei(^mol^l  aber  boc^  aud^  an  unferm  93ernunftDermögen  gu« 
gleidö  einen  anbern,  ntc^t»flnnlic^en  SRafefiab,  meld^er  ienc  Unenblid^!eit 

90  felbft  als  (Sin^eit  unter  fid^  l^at,  gegen  ben  alles  in  ber  9latur  flein  i|t, 
mithin  in  unferm  ©emütl^e  eine  Uberlegenl^eit  über  bie  Slatur  felbft  in 
il^rer  Unermeilic^feit  fanben:  fo  giebt  aud^  bie  Unmiberflel^Ud^feit  il^rer 
gWad^t  uns,  als  Sftaturmefen  betrad^tet,  gmar  unfere  pl^qjtfd^e  Dl^nmod^t  gu 
erlennen,  aber  entbedt  gugleic^  ein  SBermögen,  unS  als  Don  i^r  unab^dn- 

35  gig  gu  beurtl^eilen,  unb  eine  Überlegenl^eit  über  bie  9latur,  tt)orauf  ftd^ 
eine  ©elbfierbaltung  Don  gang  anbrer  Art  grünbet,  als  biejenlge  ift,  bie 
Don  ber  Statur  auger  uns  c^ngefod^ten  unb  in  ©efal^r  gebrad^t  merben 


262    Äritlf  bet  Urt^elWfraft.   1.2:^«.  JWtlf  bcr  Äfl^ctlfd^en  Urtl^eiWlroft. 

lann,  »olöci  btc  ÜRcnfdöl^clt  in  unfcrcr  ?ßcrfon  uncrnicbrlgt  bleibt,  obglcid^ 
bcr  SKcnfd^  jener  ©eujalt  unterlieflen  müfete.  Sluf  fold^e  SBeife  »irb  bte 
SHatur  in  unferm  äftl^etifd^en  Urtl^eik  ni(^t,  fofcrn  jle  furd^tcrrcgenb  Ift, 
alö  erl^aben  bcurt^eilt,  [onbern  »eil  Pe  unfere  Äroft  (ble  nld^t  Sflatur  ift) 
in  uns  aufruft,  um  bog,  woffir  mir  beforgt  ftnb,  (®uter,  ©efunbl^eit  unb  5 
geben)  alö  Hein  unb  ba^er  t^rc  SKadöt  (ber  mir  in  Slnfel^ung  biefer  ©tüdc 
allerbingö  unterworfen  |tnb)  für  unS  unb  unfere^erfönlii^felt  bemungeac!^« 
tet  boc^  für  teine  fold^e  ©emalt  angufel^en,  unter  bie  mir  uns  ju  beugen 
l^dtten,  menn  eS  auf  ttnfre  l^öd^fle  ©runbf&^e  unb  beren  93e^auptung  ober 
SSerlaffung  anl&me.  9lIfo  l^ei^t  bie  Sttatur  l^ier  ergaben,  blog  meil  fte  10 
bie  @inbilbungSfraft  gu  S)arftellung  berjenigen  %&üt  ergebt,  in  meldten 
bad  ©ernüt^  bie  eigene  (Srl^obenl^eit  feiner  93eftimmung  felbft  über  bie 
Statur  {td^  fühlbar  mad^en  fann. 

3)iefe  @elbftfd^&^ung  t)erliert  baburd^  ni(!^td,  ha^  mir  unS  fi(!^er  fe^en 
muffen,  um  biefe«  begeifiernbe  SBo^lgef allen  gu  empfinben;  mithin,  meil  15 
es  mit  ber  ©efa^r  nid^t  @rnft  ift,  eS  anif  (mie  eS  fc^einen  mod^te)  mit 
berer^abcnl^eit  unfere«  ®eifte8uermögen«  eben  fo  menigernft  fein  mod^te. 
S)enn  baS  SBol^lgefaUen  betrifft  l^ier  nur  bie  ftd^  in  fold^em  ^aUe  ent« 
bedfenbe  Seftiramung  unfereS  Vermögens,  fo  mie  bie  Anlage  gu  bem= 
felben  in  unferer  Statur  ift;  inbeffen  ba^  bie  @ntmidfelung  unb  Übung  20 
beffelbcn  unä  überlaffen  unb  obliegcnb  bleibt.  Unb  l^ierin  ift  SBal^rl^eit, 
fo  fe^r  ftd^  aud^  ber  SReufd^,  menn  er  feine  3flcflej:lon  bl«  bal^ln  erftredtt^ 
feiner  gegenmdrtigen  mlrflid^en  Dl^nmad^t  bemugt  fein  mag. 

3)iefeS  ^rincip  fd^elnt  gmar  gu  melt  ^ergcl^olt  unb  vernünftelt,  mit* 
l^ln  für  ein  äft^ettfd^eö  Urt^cll  überjc^menglld^  gu  fein:  allein  bie  Seob«  n 
ad^tung  beS  SJ^enfd^en  bemeifet  baS  ©egentl^eil,  unb  ba%  eS  ben  gemein* 
ften  Seurtl^eilungen  gum  ®runbe  liegen  fann,  ob  man  jtd^  gleich  beffelben 
nld^t  Immer  bemüht  Ift.  S)enn  maS  ift  baS,  maS  felbft  bem  SBllben  ein 
©egenftanb  ber  größten  Semunberung  Ift?    ©In  SRenfc^,  ber  nld^t  er» 
fc^rldt,  ber  fid&  nld^t  fürd&tet,  alfo  ber  ®efa^r  nid^t  meiert,  gugleic^  aber  » 
mit  oöniger  Überlegung  rüftig  gu  SBerfe  gel^t.   Äud^  im  allergepttetften 
Suftanbe  bleibt  biefe  oorgüglid&e  §odöa(!^tung  für  ben  Ärleger;  nur  bafe 
man  nod^  bagu  )?erlangt,  bag  er  gugleld^  aQe  2;ugenben  beS  fyrlebenS, 
Sanftmütig,  ^Itlelb  unb  felbft  geglemenbe  Sorgfalt  für  feine  eigne  $er» 
fon,  bemelfe:  eben  barum  meil  baran  ble  Unbegmlnglld^felt  feines  ©emüt^S  ss 
burc^  Oefal^r  erfannt  mlrb.  2)a]^er  mag  man  noc^  f 0  Diel  In  ber  SSerglei* 
d^ung  bes  Staatsmanns  mit  bem  ^elbl^errn  über  bie  93orgüglid^Ieit  ber 


2.  IBudl.    ^Inal^tir  bed  (Srl^aBenen.    B.  IBom  ^^namif^-lSr^abenen.    263 

ad^tung,  ble  einer  öor  bcm  anbern  Dcrbfent,  ilrclten;  ba«  äfil^etifc^e  ttr» 
tl^cH  entfd^eibet  für  bcn  Untern,  ©clbft  ber  Äricg,  tocnn  er  mit  Drbnung 
unb  $eiUga(!^tun8  ber  bfirgerlid^en  ^tifit  geful^rt  mirb,  Ijat  etmaS  @r^ 
^abeneS  an  fid^  unb  mad^t  gugletd^  bie  S)enfungiSart  beS  ^olti,  toe^eS 

5  il^n  auf  biefe  Slrt  fül^rt,  nur  um  befto  erl^abener,  je  mel^reren  ©efal^« 
ren  e8  ausgefegt  mar  unb  {td^  mutl^ig  barunter  l^at  be]^au))ten  t5n<* 
nen:  ba  l^ingegen  ein  langer  ^rieben  ben  blofeen  ^anbelSgeift,  mit  il^m 
aber  ben  nicbrlgen  etgennufe,  Sfeig^eit  unb  SBei(^lid^Iett  l&errfd^enb  ju 
mad^en  unb  bie  S)enIungiSart  bed  93oIl8  gu  erniebrigen  ))f(egt. 

10  SBiber  biefe  Sluflöfung  beiS  93egriffiS  bed  ISrl^abenen,  fofern  biefeiS  ber 
3Rad^t  beigelegt  toirb,  fd^eint  gu  [treiten:  bafe  »ir  ®ott  im  Ungetoitter, 
im  Sturm,  im  ßrbbeben  u.  b.  gl.  al«  im  Sorn,  gugleid^  aber  aud^  in  fei* 
ner  (Sr^abenl^eit  fid^  barfteUenb  DorfteHig  gu  mad^en  pflegen,  toobei  bod^ 
bie  Sinbilbung  einer  Überlegenheit  unfered  ©emfttl^S  über  bie  SBirfungen 

15  unb,  »ie  eiS  fd^eint,  gar  aber  bie  Slbfid^ten  einer  fold^en  SRad^t  Sl^orl^eit 
unb  Srrei^el  gugleid^  fein  »ärbe.  ^ier  fd^eint  fein  ®efä^l  ber  Sr^abenl^eit 
unferer  eigenen  Sflatur,  fonbern  öielmel^r  Unterwerfung,  Sfliebergefd^lagen^^ 
l^eit  unb  ©efü^l  ber  g&nglid^en  D^nmad^t  bie  ©emftt^iSflimmung  gu  fein, 
bie  ftd^  für  bie  ßrfd^einung  eined  fold^en  ©egenftanbed  fd^idft  unb  aud^  ge^ 

20  tt)5]^nlid^ermagen  mit  ber  ^bee.beffelben  bei  bergleid^en  Slaturbegebenl^ett 
t)erbunben  gu  fein  pflegt,  ^n  ber  9%eligion  überl^aupt  fd^eint  Sliebertoerfen, 
Anbetung  mit  nieberl^dngenbem  Raupte,  mit  gerfnirfd&ten,  angftöollen 
©eberben  unb  Stimmen  bad  eingig  fc^idltd^e  Sdene^men  in  ©egenmart 
ber  ©ott^eit  gu  fein,  meld^eS  ba^er  aud^  bie  meiften  S35ller  angenommen 

35  l^aben  unb  nod^  beobad^ten.  allein  biefe  ©emütl^Sftimmung  ift  aud^  bei 
weitem  nid^t  mit  ber  3lbee  berSrl^abenl^eit  einer  ^Religion  unb  il^reS 
©egcnftanbeS  an  fid^  unb  notl^menbig  Dcrbunben.  3)er  3Kenfd^,  ber  jid^ 
kDirtlid^  ffird^tet,  weil  er  bagu  in  fid^  Urfad^e  ftnbet,  inbem  er  fi(^  bemugt 
{{t,  mit  feiner  t)ertt}erflid^en  ©efinnung  miber  eine  3Rad^t  gu  t)erfiogen, 

30  beren  SBiQe  unmiberftel^lic^  unb  gugleic^  geredet  ifi,  befinbet  jld^  gar  nid^t 
in  ber  ©emfitl^iSfaffung,  um  bie  göttlid^e  ©r5ge  gu  bemunbern,  mogu  eine 
Stimmung  gur  ruhigen  Kontemplation  unb  gang  freie«  Urt^eil  crforber» 
lid^  ifi.  9lur  aldbann,  menn  er  fid^  feiner  aufrid^tigen  gottgefälligen  ©e« 
finnung  bemugt  ift,  bienen  j|ene  SSirfungen  ber  3ßad^t,  in  i^m  bie  Sbee 

35  ber  (Srl^abenl^eit  biefeS  SBefenS  gu  ermeden,  fofern  er  eine  beffen  SBillen 
gem&ge  @r^abenl^eit  ber  ©efinnung  bei  ftd^  felb|l  erTennt  unb  baburd^ 
über  bie  iJurd^t  öor  fold^en  SBirfungen  ber  Slatur,  bie  er  nid^t  al«  3[u8- 


264    ^ittf  ber  UrtljielWfraft.   1.  S^clI.  Ärltif  bcr  dfl^etlfd^en  UrtljieiWfraft. 

brftd^e  feines  ßorniS  anfielet,  erl^oben  toirb.  @elbft  bie  S)emut]^  als  un« 
nad^pdötlid^e  »eurtl^eilunfl  feiner  aMängel,  bie  fonft  beim  »ewufetf ein  guter 
©efinnunflen  Uxi)t  mit  ber  ©ebred^Iid^feit  ber  menfd^lidöen  Statur  bemän« 
telt  toerben  fonnten,  tft  eine  erhabene  ©emütl^öftimmung,  ft(j^  ttiflfürild^ 
bem  ©d^merje  ber  ©elbfloertoeife  ju  unterwerfen,  um  bie  Urfad^e  baju  5 
nad^  unb  nad^  ju  vertilgen,  »uf  fold^e  SBeife  allein  unterfd^eibet  ftd&  in^ 
nerlic^  afteligion  Don  SuiJerftition,  meldte  lefetere  nid^t  (Sl^rfurd^t  für  ba« 
erhabene,  fonbern  gurc^t  unb  Slngfl  öor  bem  übermdd^tigen  SQäefen,  beffen 
38illen  ber  erfc^recfte  SRenfd^  ftd^  untertoorfen  fielet,  o^ne  il^n  bod^  l^od^gu^ 
fd^&^en,  im  ©emütl^e  grfinbet:  moraud  benu  freilid^  nid^td  ald  ©unftbe«  10 
merbung  unb  @infd^meid^elung  ftatt  einer  Sfieligion  beS  guten  £eben8^ 
manbelS  entfpringen  fann. 

aifo  ift  bie  erl^abenl^eit  in  feinem  2)inge  ber  Siatur,  fonbern  nur  in 
unferm  ©emüt^e  entl^alten,  fofern  niir  ber  9latur  in  und  unb  baburc^  auc^ 
ber  SRatur  (fofern  fte  auf  unö  einfließt)  außer  und  fiberlegen  gu  fein  unS  « 
bemüht  koerben  t5nnen.  SllleiS,  toa^  biefeiS  ©efül^l  in  unS  erregt,  »oju  bie 
3Wad&t  ber  SHatur  gehört,  meldte  unfere  Äräfte  oufforbert,  l^eifet  aWbann 
(objtoar  unetgentlid^)  ergaben;  unb  nur  unter  ber  SSorauSfe^ung  biefer 
Sbee  in  unö  unb  in  Segiel^ung  ouf  fie  finb  mir  fdl^ig,  gur  Sbee  ber  6r* 
l^abenl^eit  beiSjenigen  äBefend  gu  gelangen,  »eld^eS  nid^t  bloß  burd^  feine  so 
SRac^t,  bie  eS  in  ber  9tatur  bemeifet,  innige  Sichtung  in  und  mirft,  fon« 
bem  nod^  mel^r  burd^  bad  93ermbgen,  tteld^ed  in  und  gelegt  ifl,  jene  o^ne 
$urd^t  gu  beurtl^eilen  unb  unfere  39e[timmung  ald  über  biefelbe  ergaben 
gu  benfen. 

§29. 

SSon  ber  aßobalit&t  bed  Urt^eild  über  bad  (Srl^abene 

ber  Statur. 

(Sd  giebt  ungdl^lige  S)inge  ber  fc^onen  Statur,  morüber  iDir  6infttm:> 
migfeit  bed  Urtl^eild  mit  bem  unfrigen  {ebermann  gerabegu  anfinnen  unb 
aud^,  o^ne  fonberlic^  gu  fel^len,  erwarten  fönnen;  aber  mit  unferm  Ur*  *> 
tl^eile  über  bad  grl^abene  in  ber  Statur  fönnen  mir  und  nic^t  fo  leicht  ©in« 
gang  bei  anbern  Derfprec^en.  3)enn  ed  fd^eint  eine  bei  weitem  größere 
6ultur  nic^t  bloß  ber  dftl^etifd&en  Urt^eildfraft,  fonbern  aud^  ber  ©rfennt« 
nifeDermogen,  bie  i^r  gum  (Srunbe  liegen,  erforbcrlic^  gu  fein,  um  über 
biefe  aSorgügUd^feit  ber  Slaturgegenftdnbe  ein  Urtl^eil  fdllen  gu  fönnen.  »6 


2.  ^n(^.    9(tta(t)til  beiS  (Sr^aBenen.    6.  ^om  2)9namif(^«(Sr]^abenen.    265 

2)ic  Stimmung  bc«  ©craütl^ö  gum  ©cfül^I  beö  (grl^abencn  erforbert 
eine  ©nipfänglid^Ieit  beffelben  für  ^been;  benn  eben  in  ber  Unangemeffen^ 
l^eit  ber  Slatur  ju  ben  le^tern,  mitl^in  nur  unter  ber  SorauSfe^ung  ber« 
felben  unb  ber  »nfpannung  ber  ©InbilbungSfraft,  bie  SRatur  alö  ein 

5  @d^ema  für  bie  le^tern  gu  bel^anbeln,  beftel^t  baiS  9[bf(!^re(fenbe  für  bie 
Sinnlid^Teit,  »eld^eS  boc^  gugleic^  angiel^enb  ifi:  weil  ed  eine  ©ewalt  ift, 
n)el(^e  bie  Sernunft  auf  jene  audübt,  nur  um  fte  i^rem  eigentUd^en  ®e« 
biete  (bem  praftifd^en)  angemeffen  gu  ermeitern  unb  fte  auf  \>a^  Unenb« 
lid^e  l^inouöfel^en  gu  laffen,  »elc^eö  für  jene  ein  SIbgrunb  ift.   3n  ber 

10  Sl^at  mirb  o^ne  Sntmidelung  fittlid^er  2>been  bai^,  maS  iDtr,  burd^  6ultur 
Dorbereltet,  erl^aben  nennen,  bem  rollen  3Menf(^en  blofe  abfd^redenb  oor* 
fommen.  6r  mirb  an  ben  Semeistl^ümern  ber  ©eaalt  ber  9tatur  in  ilirer 
Serflörung  unb  bem  grofeen  SRafefiabe  i^rer  SKad^t,  »ogegen  bie  feinige 
in  3li(l>t8  Derfd^tDinbet,  lauter  aRü^feligleit,  ©efal^r  unb  SRotl^  feigen,  bie 

15  ben  SRenfd^en  umgeben  mürben,  ber  bal^in  gebannt  mdre.  @o  nannte  ber 
gute,  übrigen«  öerftänbige  faoo^ifc^e  Sauer  (toie  §r.  o.  ©auffure  ergftl^lt) 
aQe  Siebl^aber  ber  (Sidgebirge  ol^ne  Sebenfen  Starren.  äSer  meig  aut^, 
ob  er  fo  gang  Unred^t  gel^abt  l^dtte,  »enn  jener  Seobad^ter  bie  ©efal^ren, 
benen  er  fid^  l^ier  ausfegte,  blog,  mie  bie  meiften  Sleifenbe  pflegen,  au« 

ao  Siebl^aberei,  ober  um  bereinft  patl^etifd^e  Sefd^reibungen  buDon  geben  gu 
tonnen,  übernommen  l^ätte?  @o  aber  mar  feine  Slbftd^t  äSelel^rung  ber 
^JRenfd^en;  unb  bie  feelenerl^ebenbe  ßmpfinbung  ^atte  unb  gab  ber  t^or- 
trefflid^e  SRann  ben  Sefern  feiner  Steifen  in  il^ren  Äauf  oben  ein. 

S)arum  aber,  meil  ba«  Urtl^eil  über  ba«  Srl^abene  ber  9latur  @ultur 

25  bebarf  (mel^r  al«  ba«  über  ba«  @d^öne),  ift  eS  bod^  baburd^  nid^t  eben  oon 
ber  Kultur  guerft  ergeugt  unb  etma  blog  conoenttonämägig  in  ber  ©efell» 
fd^aft  eingefül^rt;  fonbern  e«  l^at  feine  ©runblage  in  ber  menfd^Ud^en  5Ra« 
tur  unb  gmar  bemjienigen,  ma«  man  mit  bem  gefunben  93er[taube  gugleid^ 
jebermann  anfinnen  unb  oon  il^m  forbern  lann,  n&mlid^  in  ber  Einlage 

30  gum  ®efü^l  für  (praltifc^e)  Sbeen,  b.  i.  gu  bem  moralifc^en. 

hierauf  grünbet  jid^  nun  bie  Slotl^menbigfeit  ber  Seiftimmung  be« 
Urtl^eil«  anberer  öom  ©rl^abenen  gu  bem  unfrigen,  meldte  »tr  in  biefem 
gugleic^  mit  einfd^Ue^en.  S)enn  fo  mie  mir  bem,  ber  in  ber  Seurt^eilung 
eine«  ®egenftanbe«  ber  Statur,  meieren  mir  fc^on  finben,  gleid^güUig  ift, 

36  aßangel  be«  ©efd^mad«  oormerfen:  fo  fügen  mir  oon  bem,  ber  bei  bem, 
ma«  mir  erl^aben  gu  fein  urtl^eilen,  unbemegt  bleibt,  er  l^abe  fein  ®ef ü^l. 
93eibe«  aber  forbern  mir  oon  j[ebem  Sßenfd^en  unb  fe^en  eS  auc^,  menn 


266    ibritif  ber  Urt^eil^frafi.   1.  ^til  SMÜf  htt  Afl^eHft^en  Urt^eildfraft. 

er  einige  @ultur  l^at,  an  tl^m  DorouiS:  nur  mit  bem  Unterfi^iebe,  bag  mir 
bad  erflere,  »eil  bie  Urt^eilSfraft  barin  bie  ginbilbung  blofe  auf  ben  SSer* 
|lanb  ald  SBernt5gen  ber  Segriffe  bejiel^t,  gerabegu  t)on  iebermann,  hai 
gmeite  aber,  meil  fie  barin  bie  @inbilbung8Traft  auf  Vernunft  atö  Ser< 
mögen  ber  gbeen  bejiel^t,  nur  unter  einer  fubjectiDen  SSorauÄfe^ung  (bie  5 
tDtr  aber  iebermann  anftnnen  gu  burfen  und  bered^tigt  glauben)  forbern, 
n&mlid^  ber  bed  moralifd^en  ©ef&^Id  im  Wenfd^en,  unb  l^iemit  ani^  bie* 
fem  dft^etift^en  Urtl^eile  ^lotl^menbigfeit  beilegen. 

3n  btefer  3RobaIit&t  ber  äftl^etifd^en  Urt^eile,  nämlid^  ber  angemag« 
ten  SRotl^ttenbigfelt  berfelben,  liegt  ein  ^auptmoment  für  bie  Äriti!  ber  10 
Urtl^eitöfraft.  S)enn  bie  ma(!^t  eben  an  i^nen  ein  $rinci|)  a  priori  fennt* 
lic^  unb  ^ebt  fie  auS  ber  empirifc^en  $fq(I|oIogie,  in  »eld^er  fie  fonft  unter 
ben  ©eful^Ien  bed  SSergnügenö  unb  Sd^merjenö  (nur  mit  bem  ni<^t8> 
fagenben  Seimort  eined  feinern  ®effil)Id)  begraben  bleiben  märben,  um 
fte  unb  oermittelft  i^rer  bie  Urtl^eiföfraft  in  bie  Stoffe  berer  gu  fteUen,  u 
meldte  $rinci))ien  a  priori  gum  ®runbe  ^aben,  atö  fold^e  aber  fie  in  bie 
Srandfcenbentalpl^ilofopl^iel^inübergugie^en. 


SHIgemeine  Slnmerlung  gur  @;rpofition  ber  dftl^etifd^en 
reflectirenben  Urtl^etle. 

3n  Segiel^ung  auf  bad  (Sefül^I  ber  Suft  ift  ein  ©egenflanb  entmeber  20 
gum  Slngenel^men,  ober  @(!^5nen,  oberSrl^abenen,  ober  ®uten 
(fd^led^tl^in)  gu  g&I^Ien  (iucundum,  pulohrum,  sublime,  honestam). 

S>a^  Sngenel^me  ift  ald  Sriebfeber  ber  Segierben  burc^gängig  t)on 
einerlei  9lrt,  molier  es  aud^  lommen  unb  mie  fpecififc^^üerfd^ieben  aud^  bie 
SJorfteDung  (beö  Sinne«  unb  ber  ©mpfinbung,  obiectiD  betrad^tet)  fein  25 
mag.  35a]^er  fommt  e«  bei  ber  Seurt^eilung  be«  6influf[e«  beffelben  auf 
bad  ©emätl^  nur  auf  bie  3Renge  ber  Sfieige  (gugleid^  unb  nac^  einanber) 
unb  gleid^fam  nur  auf  bie3){affe  ber  angenehmen  @mpfinbung  an;  unb 
biefe  l&gt  ftc^  alfo  burd^  nid^tS  aU  bie  £^uantit&t  Derftdnblid^  madben. 
@d  cultii^irt  aud^  nid^t,  fonbern  gel^ört  gum  bloßen  ©enuffe.  —  £ad  so 
@d^5ne  erforbert  bagegen  bie  SSorflellung  einer  gemiffen  Qualität  be« 
£)bj|ect8,  bie  fid^  auc^  Derft&nblid^  mad^en  unb  auf  Segriffe  bringen  Idgt 
(miemo^l  ed  im  dft^etifd^en  Urtl^eile  barauf  nid^t  gebrad^t  mirb);  unb 
cultioirt,  iubem  eö  gugleic^  auf  Sm^dhndfeigleit  im  Oefü^le  ber  guft  Jld^t 
gu  l^aben  le^rt.  —  ^aS  @r^abene  befte^t  blog  in  ber  Sftelation,  morin  u 


2.  SBud^.  (dlgem.  $(nmer!.  3.  (S^poption  ber  Afll6ettf(!§en  reflectirenb.  Urtl^eile.  267 

bad  @innlt(i^e  in  ber  SSorfieUung  ber  Statur  fär  einen  mfiglid^en  überfinn« 
Ii(!^en  ®ebrauc^  beffelben  al«  tauglich  beurtl^cilt  »irb.  —  35a«  ©dölc^^t« 
]^ln»®ute,  fubiectiö  nad^  bem  ©cfül^le,  »cld&eö  e«  einflöfet,  beurtl^eUt, 
(ba3  Dbject  be«  moralifci^en  ©efül^te)  afö  bic  Sejiimmbarfeit  ber  Äräfte 

5  beS  @ubiectö  burd^  bie  äSorfteUung  eineiS  fd^Ied^tl^in^nötl^igenben 
©efefecö,  unterfd^eibet  pdfe  Dornel^mltd^  burd^  bie  3» ob ali tat  einer  auf 
Segriffen  a  priori  berul^enben  SHotl^toenbigfeit,  bie  nid^t  Wofe  anf^jrud^, 
fonbern  aud^  ©ebot  be<S  äSeifaOd  für  {ebermann  in  ftd^  entl^dlt,  unb  ge« 
l^ört  an  jtd^  gtoar  nid^t  für  bie  äfilietifd^e,  fonbern  bie  reine  inteUectuelle 

10  Urtl^eiföfraft;  »irb  ani)  nid^t  in  einem  blofe  reflectirenben,  fonbern  be« 
ftimntenben  Urtl^eile,  nid^t  ber  Sßatur,  fonbern  ber  iJreilö^it  beigelegt, 
aber  bie  Seftimmbarfett  beä  ©ubject«  burd&  biefe  Sbee  unb  gioar 
eines  @ubiectö,  »eld^eS  in  ftc^  an  ber  @innlid|feit  ^inberniff  e,  gugleic^ 
aber  Überlegenl^eit  über  biefelbe  burd^  bie  Übenoinbung  berfelben  ali 

15  aWobificatton  feine«  Suftanbe«  empfinben  fann,  b.  i.  ba«  moralifd&c 
(Sefü^l,  ift  bod^  mit  ber  dftl^etifd^en  Urtl^eilöfraft  unb  bereu  formalen 
SSebtngungen  fofern  oermanbt,  bag  e«  bagu  bienen  fann,  bie  ®efe^ 
mdgigfeit  ber  ^anblung  au«  $fUd^t  gugleid^  al«  dftl^etifd^,  b.  i.  al«  er^ 
l^aben,  ober  aud^  al«  fc^ön  oorfteüig  gu  mad^en,  ol^ne  an  feiner  SReinigTeit 

so  eingubfigen:  U)el(^e«  nid^t  @tatt  finbet,  menn  man  e«  mit  bem  ©efül^l  be« 
Slngenel^men  in  natürliche  SSerbinbung  fe^en  mollte. 

SBenn  man  ba«  diefultat  au«  ber  bi«]^erigen  @;rpojttion  beiberiet 
arten  dftl^etifd^er  Urt^eile  jiel^t,  fo  würben  ftd^  barau«  folgenbe  furge  ©r* 
Ildrungen  ergeben: 

25  @  (^  ön  ift  ba«,  loa«  in  ber  bloßen  Seurtl^eilung  (alfo  nid^t  t)ermittelft 
ber  ©mpfinbung  be«  Sinne«  nad^  einem  Segriffe  be«  Serftanbe«)  gefdflt. 
^ierau«  folgt  oon  fclbft,  bafe  e«  ol^ne  alle«  Sntereffe  gefatten  müf[c. 

(grl^aben  ift  ba«,  »a«  burd^  feinen  SBiberftanb  gegen  ba«  Sfntereffe 
ber  Sinne  unmittelbar  gefdllt. 

30  Seibe  al«  ISrHdrungen  dftl^etifclier  afigemeingültiger  Seurt^eilung 
begiel^en  fid^  auf  fubfectioe  ®rünbe,  ndmlid^  einerfeit«  ber  ©innlic^feit, 
fo  löie  fie  gu  (Sunften  be«  contempIatiDen  SBerftonbe«,  anbererfeit«  »ic  fie 
»iber  biefelbe,  bagegen  für  bie  SwcdEe  ber  iJraftifd^en  Vernunft  unb  boc^ 
beibe  in  bemfelben  ©ubjecte  oereinigt,  in  Segiel^ung  auf  ba«  moralifd^e 

35  Oefül^I  gtoedfmdfeig  ftnb.  2)a«  Schone  bereitet  un«  Dor,  etwa«,  felbft  bie 
SRatur  o^ne  Sntercffe  gu  lieben;  ba«  ©rl^abene,  e«  felbft  »iber  unfcr  (ftnn= 
lid^e«)  Sntereffe  l^odöjufc^d^en. 


268    Äritif  bet  Urt^clWfraft.  1.  3:i^cll.  Ärltll  bcr  ftfU^etlfd^cn  Urt^dWfron. 

SKan  fann  bai  (gr^abenc  fo  bcf einreiben:  c8  ifl  ein  ®cgcnftanb  (bcr 
92atur),  bejf  en  SBorftedung  ba§  ©emätl^  beftimmt,  \iii  bte  Un^ 
crrcic^barfeit  ber  SRatur  aU  ©arftcUung  oonSbccn  gu  benfcn. 

Sud^ftdblidö  genommen  unb  loglfd^  bctrod&tet,  ttnnen  gbeen  ni(]&t 
barflefteHt  »erben.  Slber  »cnn  tüir  unfer  empirifd^e«  SSorfteHunaöüer»  5 
möflen  (mat^ematifc]&,  ober  bijnamifd^)  für  bie  anfd^auung  ber  SRatur  er* 
vettern:  fo  tritt  unaudbleiblic^  bie  SSernunft  I|inju,  aU  SSermögen  ber 
gnbe^enbenj  ber  abfoluten  Sotalltdt,  unb  bringt  bie,  objwar  t)ergebH(!^c, 
Seftrebung  be«  ©emütl^ö  l^erDpr,  bie  SBorfteDung  ber  ©inne  biefer  ange« 
meffen  ju  mad^en.  3)iefc  Scftrebung  unb  t>a^  ®efü^l  ber  Unerreid^barfeit  w 
ber  2!bee  burd^  bie  SinbilbungSfraft  ift  felbft  eine  S^arfteHung  ber  fubiec« 
tiöen  Sw^dtndfeigfeit  unfereS  ®emut]^8  im  ©ebrauc^e  ber  ©inbilbungö* 
fraft  für  beffen  überftnnlid^e  93eftimmung  unb  nöt^igt  und,  fubiectio  bie 
SRatur  felbft  in  i]^rer5J:otaIitat,  aföSJarftettung  oon  etma«  Öberfinnlid^em, 
ju  benfen,oI|ne  biefe S)arfteDung  obiectio  ju @tanbe bringen  gufönnen.  i& 

S)enn  bad  »erben  mir  balb  inne,  bag  ber  Statur  im  Siaume  unb  ber 
Seit  bas  Unbebingte,  mitl^in  aud^  bie  obfolute  ®r5ge  gang  abgelte,  bie 
boc^  oon  ber  gemeinften  SSernunft  verlangt  mirb.  @ben  baburti^  koerben 
koir  auc^  erinnert,  ba%  mir  ed  nur  mit  einer  Statur  atö  (Srfc^einung  gu 
tt|un  t(aben,  unb  biefc  felbft  noc^  al«  blofee  35arftellung  einer  SRatur  an  20 
ftc^  (w^eld^e  bie  SBernunft  in  ber  jbee  l^at)  muffe  angefel^en  »erben.  SDlefe 
Sbee  beg  äberjinnlid^en  aber,  bie  »ir  gmar  nid^t  meiter  befiimmen,  mit» 
l^in  bie  Statur  ald  ^arfteHung  berfelben  nid^t  ertennen,  fonbern  nur 
beulen  fönnen,  »irb  in  unS  burd^  einen ®egenftanb  erwedt,  beffen  äftl^eti* 
f d^e  Seurt^eilung  bie  @inbilbungfSlraft  big  gu  i^rer  ®rdn}e,  ed  fei  ber  @r«  ^ 
Weiterung  (matJ^ematifd^),  ober  i^rer  ÜRac^t  über  ba§®cmütl^  (b^namifd^), 
anf))annt,  inbem  fte  fic^  auf  bem  ®effl]^le  einer  93eftimmung  beffelben 
grünbct,  »eld&e  ba«  ®ebiet  ber  erfteren  gdnglic^  überfd^reitet  (bem  morali» 
fdben  ®efü^l),  in  SUnfe^ung  beffen  bie  äiorfteQung  beS  ®egenftanbeS  ald 
fubiectiO'gmedfmdgig  beurtl^eilt  »irb.  so 

3n  ber  S^at  Idgt  ftc^  ein  ®efü^l  für  baS  Srl^abene  ber  Statur  nic^t 
tool^l  beulen,  ol^ne  eine@timmung  bed®emütl^$,  bie  ber  gum  moralifd^en 
dl^nlidg  ifi,  bamit  gu  oerbinben;  unb  obgleid^  bie  unmittelbare  Suft  am 
I  @d^onen  ber  Statur  gleid^faQi^  eine  gemiffe  Siberalitdt  ber  S)enlungd' 

I  art,  b.  i.  Unabl^dngigfeit  be«  SBol^lgcfaUeuö  00m  blofeen  ©innengenuffe,  » 

oorauöfe^t  unb  cultioirt,  fo  toirb  baburdb  bod^  me^r  bie  fjreil&eit  im 
@piele,  aU  unter  einem  gefeilteren  ©efc^df  te  oorgeftellt:  meld^eS  bie 


2.  S3u(!§.  mqm.  ^nmerf.  3.  (S^pofition  ber  Aftl^etifd^en  reflecttrenb.  Urtl^eile.  269 

dd^tc  SBcfc^affcnl^cit  bcr  ©ittli(%fcit  bc«  ÜWcnft^en  Ift,  »0  bic  SBernunft  ber 
@innli(^fett  ©ettalt  antl^un  mug,  nur  bag  im  dft^etifd^en  Urtl^eUe  über 
bad  @r^abene  biefe  ®ma\t  burc^  bie  einbilbungSlraft  felbft,  a\^  burc^ 
ein  äBerljeug  ber  Vernunft,  ausgeübt  oorgefteOt  mirb. 

5  3)a«  SBol^lflefaHen  am  (Srl^abenen  ber  5Ratur  ift  bal^er  aud^  nur  ne« 
gatiD  (fiatt  beffen  bad  am  Sd^önen  pofitit)  ift),  nämlic^  ein  ©efü^I 
ber  Seraubung  ber  greil^elt  ber  (5inbllbung«lraft  burd^  pc  felbft,  inbem 
jie  nad^  einem  anbern  ©efe^e,  ald  bem  beiS  empirif(!^en  ©ebraud^iS  jtt)ed(^ 
m&^ig  beftimmt  toirb.  S)abur(^  belommt  jte  eine  ISrnieiterung  unb  SRad^t, 

10  toüi^t  grbfeer  ift  alö  ble,  »eld^e  pe  aufopfert,  beren  ®runb  aber  il|r  felbft 
»erborgen  ift,  ftott  beffen  pe  bie  »ufopferung  ober  bie  Beraubung  unb 
gugleid^  bie  Urfa(!^c  fül^lt,  ber  pe  unteriüorfen  tolrb.  3)ie  SScrtounbe* 
rung,  bie  an  ©d^red  grfinjt,  baö  ©raufen  unb  ber  l^eilige  Sd^auer,  »et 
d^er  ben  Sufd^auer  bei  bem  anblidte  l^immelanftelgenber  (ScbirgSmajfen, 

15  tiefer  Sd^lünbe  unb  barin  tobenber  ®ett)ftffer,  tiefbefd^atteter,  gum  fdbti)cr= 
müt^igen  Slad^bcnfen  einlabcnber  ©inöben  u.  f.  to.  ergreift,  ift  bei  ber 
©idfeerl^eit,  »orin  er  pd^  toeife,  nid^t  mlrflid&c  giird^t,  fonbern  nur  ein 
Serfucft,  unö  mit  ber  (ginbilbungöfraft  barauf  einjulaffen,  um  bie  SWad^t 
ebenbef[elben  Vermögens  gu  füt(len,  bie  baburd^  erregte  Scmegung  beS 

20  ©emütl^S  mit  bem  Sftul^ePanbe  beffelben  gu  oerbinben  unb  fo  ber  9tatur 
in  unö  felbp,  mitl^in  aud^  ber  aufeer  uns,  fofern  pe  auf  baö®efül^l  unfere« 
SBol^lbefinben«  ©inpufe  l^aben  lann,  überlegen  gu  fein.  JDenn  bie  (Sin* 
bilbungöfraft  nad^  bem  affociationögefefee  mad^t  unferen  ßwf^Änb  ber 
Sufrieben^eit  pl^qpfd^  abhängig;  aber  eben  biefelbe  nad»  ^rinclpien  beö 

25  ©d^ematiSmö  ber  Urt^eilöfraft  (folglid^  fofern  bcr  ^Jrei^eit  untergeorb* 
net)  ijt  SBerfgeug  ber  Vernunft  unb  il^rer  3been,  als  fold^eö  aber  eine 
SKad^t,  unfere  Unabl^dngigfeit  gegen  bie  Sttatureinpüffe  gu  bel^aupten, 
baö,  toa«  nad^  ber  erfteren  grofe  ip,  als  flein  abgumürbigen  unb  fo  baS 
Sd^Ied^t^im®rofee  nur  in  feiner  (beS  SubjectS)  eigenen  SSepimmung  gu 

30  fe^en.  2)iefe  SHePeyion  ber  fift^etifd^en  Urt^eilSfraft,  pcft  gur  angemeffcn- 
l^eit  mit  ber  SBernunft  (boc^  ol^nc  einen  beftimmtcn  Segriff  berfelben)  gu 
erl^eben,  fteOt  ben  ®egenpanb  felbp  burc^  bie  objectiDe  Unangemeffenl^eit 
bcr  einbilbungöfraft  in  il^rer  grofetcn  ertoeiterung  für  bic  Vernunft  (als 
gSermogen  ber  Sbeen)  bod^  als  fubiectiHtoedmäfeig  m. 

35  ajlan  mufe  ^ier  überl^aupt  barauf  ad^t  l^aben,  maS  oben  fd^on  er* 
innert  »orben  ift,  bafe  in  ber  tranSfcenbentalen  lipi^etif  ber  Urtl^eilsfraft 


270    ^tif  her  Urt^cilöfraft.    1.  S^eil.  Äritif  ber  öfl^etiftl^en  Urtl^ctl«frnft. 

lebtglid^  t)on  reinen  äp^etifd^en  Urtl^eilcn  bie  Siebe  fein  muffe,  folglid^ 
bie  Seifpiele  nid^t  Don  fold^en  fd^önen  ober  erl^abenen  ©egenftänben  ber 
SRatur  l^ergenommen  werben  bürfen,  bie  ben  Segriff  üon  einem  Qtotät 
Doraudfe^en;  benn  atöbann  lourbe  e^  entmeber  teleologifd^e,  ober  fid^  auf 
blofeen  ßmpfinbungcn  eine«  ©egenflanbeS  (35ergnügen  ober  ©d&merj)  5 
grünbenbe,  mitl^in  im  erfteren  SaHe  nid^t  dfH^elifd^e,  im  jmeiten  nid^t 
bloge  formale  ßtoedm&gigfeit  fein.  SBenn  man  alfo  ben  Slnblid  bed  be» 
ftirntcn  ^immels  erljaben  nennt,  fo  mufe  man  ber  S3eurtl)cilung  bef« 
felben  ni(^t  93egnffe  Don  SBelten,  Don  Dernunftigen  SBefen  bemol^nt,  unb 
nun  bie  l^eQen  fünfte,  momit  mir  ben  9%aum  über  uniS  erfuQt  feigen,  atö  10 
il^re  Sonnen  in  fe^r  gioedfm&gig  für  fte  gefieUten  Greifen  bemegt,  gum 
©runbe  legen,  fonbern  blo^,  mie  man  il^n  fte^t,  als  ein  meiteS  ©emölbe, 
toa«  alleö  befafet;  unb  blofe  unter  biefer  SSorfteHung  muffen  mir  bie  (Sr^ 
l^abenl^eit  fe^en,  bie  ein  reineS  aftl^etifd^eiS  Urtl^eil  biefem  ©egenfianbe 
beilegt.  @ben  fo  ben  Slnblid  beS  DceanS  nid^t  fo,  mie  mir,  mit  allerlei  i& 
^enntniffen  (bie  aber  nid^t  in  ber  unmittelbaren  Snfd^anung  entl^alten 
ftnb)  bereid^ert,  il^n  benfen;  etma  ate  ein  meite«  9leid^  Don  SBafferge» 
fd^öpfen,  afö  ben  großen  SBafferfd^a^  für  bie  8lu«bünftungen,  meldte  bie 
£uft  mit  SBoUen  jum  Sel^uf  ber  ß&nber  befd^mängern,  ober  aud^  atö  ein 
@lement,  bad  gmar  SBelttl^eile  Don  einanber  trennt,  gleid^mol^l  aber  bie  »> 
größte  ©emeinfd^aft  unter  il^nen  möglid^  mad^t:  benn  baiS  giebt  lauter 
teleologifd^e  Urtl^eile;  fonbern  man  mug  ben  Dcean  blog,  mie  bieS)id^ter 
es  t^un,  nad^  bem,  maS  ber  9(ugenfd^ein  geigt,  etma,  menn  er  in  fRnljt  be« 
trad^tet  mirb,  als  einen  Haren  SBaffcrfpiegel,  ber  blofe  Dom  ^immel  be* 
gr&ngt  ift,  aber,  ift  er  unrul^ig,  mie  einen  aQeS  gu  Derfd^lingen  bro^enben  95 
abgrunb,  bennod^  erliaben  pnben  fönnen.  ©ben  baS  ift  Don  bem  (Srl^a^ 
benen  unb  ©d^önen  in  ber  SKcnfd^engeftalt  gu  fagen,  mo  mir  nid^t  auf 
Segrijfe  berßwedEe,  mogu  alle  feine  ©liebmafeen  ba  jtnb,  als  Seftim« 
mungSgrünbe  beS  Urtl^eilS  gurfidfel^en  unb  bie  ßufammenftimmung  mit 
il^nen  auf  unfer  (alsbonn  nid^t  me^r  relneS)  fiftl^ctifd^eS  Urt^eil  nid^t  so 
einfließen  laffen  muffen,  obgleld^,  bafe  fie  fenen  nid^t  miberftreiten,  frei* 
lid^  eine  notl^menbige  Sebingung  aud^  beS  dftlietifd^en  SBol^lgefaUenS  ift. 
S)ie  fiftl^etifc^e  BiDedtmäfeigfelt  ift  bie  ©cfefemäfeigfeit  ber  Urtl^eilShraft  in 
il^rer  ^rei^eit.  SaS  SBo^lgefaKen  an  bem  ©egenftanbe  l^dngt  Don  ber 
Segie^ung  ob,  in  meld^er  mir  bie  ßinbilbungSfraft  fe^en  »ollen:  nur  bafe  35 
fte  für  ftd^  felbft  baS  ®emüt^  in  freier  S3efd^&ftigung  unterhalte.  SSenn 
bagegen  etmaS  anbereS,  es  fei  Sinnenempflnbung  ober  SSerftanbeSbegriff, 


2.  öud^.  Ullöem.  SCnmcrf.  a-  (Jipofitlon  bcr  Äftl&etifd^en  rcflcctireub.  Itrt^cile.  271 

baS  Urt^eil  beftimmt:  fo  ift  eS  gkoar  gefe^mdgig,  aber  ntd^t  bad  Urtl^eil 
einer  freien  Urt^eilöfraft. 

SBeun  man  alfo  üon  IntellectuellerSiJ^önl^elt  ober  ©rl&abenl^eit  fprid^t, 
fo  finb  erftlid^  biefe SluSbräde  nid^t  gang  rii^tig,  toeil  eS  &f%tif(]^e  S3or» 

6  fteüung^arten  pnb,  ble,  »enn  toir  blofee  reine  3nteßig«njen  mären  (ober 
nn«  aud^  in  ®ebanfen  in  biefe  Qualitdt  üerfe^en),  in  un8  gar  nid^t  an:^ 
guireffen  fein  ü}firben;  gmeitenS,  obgleid^  beibe  als  ©egenft&nbe  eines 
Inteüectuellen  (moralifc^en)  SBo^Igefaüenö  gioar  fofern  mit  bem  fiftl^eti* 
fc^en  vereinbar  finb,  al«  pe  auf  feinem  Sntereffe  berul^en:  fo  pnb  pe 

10  bod^  barin  loieberum  mit  biefem  fd^ioer  gu  vereinigen,  »eil  pe  ein  gnter« 
epe  bewirten  foQen,  meld^eiS,  loenn  bie  S)arftellung  gum  S93oI)Igefanen 
in  ber  fipi^etifiJ^en  SBeurtl^eilung  gufammenftlmmen  foH,  in  biefer  niemal« 
anberd  alö  burd^  ein  @innenintereffe,  loelc^ed  man  bamit  in  ber  S)arPe[« 
lung  oerbinbet,  gefd^el^en  mfirbe,  moburd^  <il>cr  ber  inteHectuellen  Qmd^ 

15  mfigigleit  Sübbrud^  gef^iel^t,  unb  pe  Derunreinigt  koirb. 

35er  ®egenftanb  eine«  reinen  unb  unbebingten  inteHectuellen  SBol^t 
gefaüeniS  ift  baiS  moralifd^e  ®efe^  in  feiner  3Rad^t,  bie  tS  in  nn^  über  alle 
unb  iebe  t)or  i^m  Dorl^ergel^enbe  Sriebfebern  beS  ®emfit]^d  auefibt; 
unb  ba  biefe  ^ad^t  pd^  eigentlich  nur  burc^  Aufopferungen  fipi^etifd^« 

so  tenntlid^  mad^t  (meld^eS  eine  Beraubung,  obgleid^  gum  Sel^uf  ber  innern 
Sreil^eit,  iß,  bagegen  eine  unergrfinblid^e  Siefe  biefeS  fiberpnnlid^en  93er« 
mögen«  mit  il^rcn  in«  Unabfel^lid^e  pc^  erftredfenben  folgen  in  un8  auf» 
bedft):  fo  ift  baö  SBo^lgef allen  üon  ber  äftl^ietifd^en  Seite  (in  »egiel^ung 
auf  ®innli(^feit)  negatio,  b.  i.  loiber  biefe«  S^tereffe,  oon  ber  inteHectuel« 

25  len  aber  betrad^tet,  poptio  unb  mit  einem  Sntereffe  oerbunben.  hieran« 
folgt:  ba|  ba«  intellectuelle,  an  pd^  felbft  gtt)ectm&gtge  (ba«  SRoralifd^«) 
@ute,  aftl^etifd^  beurtl^eilt,  nid^t  fomol^l  fd^dn,  al«  oielme^r  erl^aben  Dor« 
gepellt  »erben  mftpe,  fo  bag  e«  mel^r  ba«  ®efü^l  ber  Sld^tung  (meldte« 
ben  SReig  Derfd^mäl^t),  al«  ber  Siebe  unb  Dertraulid^en  ßuneigung  ermede; 

30  »eil  bie  menfc^lid^e  ilatnx  nic^t  fo  oon  felbft,  fonbern  nur  burd^  ©emalt, 
meiere  bie  äSernunft  ber  @innlid^teit  ant^ut,  gu  jenem  ©uten  gufammen« 
Pimmt.  Umgefel^rt  mirb  aud^  ba«,  ma«  »ir  in  ber  9latur  auger  un«, 
ober  aud^  in  un«  (g.  33.  ge»iffe  Effecten)  erl^aben  nennen,  nur  al«  eine 
SWad^t  be«  ®emüt]^,  pd^  über  gemif  f  e  ^inberniffe  ber  Sinnlic^feit  burd^ 

35  moralifd^e  ®runbfd^e  gu  fd^mingen,  oorgefteHt  unb  baburd^  intereffant 
»erben. 

^6i  »tu  bei  bem  le^tern  et»a«  oenoeilen.  S)ie  3bee  be«  ®uten  mit 


272    ^rtti!  ber  Urt^eildfroft.   1.  ^eil.  ftritif  ber  Afl^etif^en  Krt^elldfraft. 

Effect  ][)ei|t  ber  Sntl^ufiaSm.  S)tefer  ©emütl^djuftanb  fd^etnt  erl^aben 
gu  fein,  bermagen  ba^  man  gemeiniglid^  Dorgiebt:  ol^ne  U)n  lönne  nic^tö 
©rofec«  auöflcrid^tct  »erben.  9lun  ift  aber  jeberaffect*)  bitnb,  entocber  in 
ber  ffia^l  feine«  ßw^d«,  ober  »enn  biefer  aud^  burd&Sernunftgegebeniöor* 
ben,  in  ber  SluiSful^rung  beffelben;  benn  er  ift  biejenige  Sekoegnng  bt§  & 
©emüt^«,  meldte  tS  unDermögenb  mad^t,  freie  Überlegung  ber  ©runbfd^e 
angufteQen,  um  ftd^  barnad^  gu  beftimmen.  ülfo  tann  er  auf  leineriet 
3Beife  ein  SSoJ^IgefaDen  ber  äSernunft  üerbienen.  ^ftl^etifd^  gleii^tDol^I  ifi 
ber  @nt^ufta8m  erl^aben,  »eil  er  eine  Slnfpannung  ber  j(r&fte  burd^  ^been 
ifi,  meldte  bem  ©emftt^e  einen  @(i^tDung  geben,  ber  »eit  mdd^tiger  unb  lo 
bauerl^after  »irft,  als  ber  «ntrieb  burd^  SinnenDor fteHungen.  aber  (»eU 
d)e5  befrembliiJ^  fd^eint)  felbft  affectlofigfeit  (Apatheia,  Phlegma  in 
significatu  bono)  eineS  feinen  unu>anbelbaren  ©runbfä^en  nad^brfidflid^ 
nad^ge^enben  ©emflil^S  ift  unb  gtoar  auf  meit  Dorgüglid^ere  Sri  erl^iaben, 
»eil  fte  gugleid^  ba«  SBol^lgefaHen  ber  reinen  SBernunft  auf  i^rer  Seite  u 
l^at  6ine  bergleid^en  ©emütl^dart  ^eigt  aDein  ebel:  meld^er  SluSbrud 
nad^^er  aud^  auf  @ad^en,  g.  93.  ©ebäube,  ein  j^leib«  6d^reibart,  Ktptx* 
lid^en  Slnftanb  u.  b.  gl.,  angemanbt  mirb,  menn  biefe  nid^t  fomol^l  93er« 
»unberung  (affect  in  ber  SSorfteHung  ber  SHeutgfeit,  »eld^e  bie  ßrtoar* 
tung  ftberfteigt),  ald  93emunberuug  (eine  SSermunberung,  bie  beim  so 
SSerluft  ber  9leuigfeit  nid^t  aufl^ört)  erregt,  koeld^eS  gefd^ie^t,  n)enn  Sbeen 
in  il^rer  S^arfteQung  unabfid^tlid^  unb  ol^ne  ^unft  gum  dftl^etifd^en  Sßol^l» 
gefaDen  gufammenftimmen. 

@in  ieber  Slffect  Don  ber  toacfertt  9lxt  (ber  n&mlid^  baS  Semugtfein 
unferer  j^r&fte  {eben  SSiberftanb  gu  überminben  (animi  strenui)  rege  2s 
mad^t)  ift  fiftlietifdö  erl^iaben,  g.  33.  ber  3orn,  fogar  bie  SSergtoeiflung 
(ndmlid^  bie  entrüftete,  nid^t  aber  bie  oergagte).  S)er  «ffect  Don  ber 
fc^melgettbett  art  aber  (rocld^er  bie  Seftrcbung  gu  »iberpel^en  felbft  gum 
@egenftanbe  ber  Unluft  (animum  languidum)  mad^t)  l^at  nid^tS  @belee 


•)  Effecten  finb  öon  öeibenfd^aftcn  fpeclfif(!&  unterfd^lebpn.  S^nt  be-  so 
3te|en  ftd^  blog  auf  bai^  (BefA^I;  biefe  gehören  bem  SBege^rungdoermdgen  an  unb 
fnib  Steigungen,  meiere  oUe  93eftimmbot!ett  ber  äi^tQfflr  buic^  (Brunbfö^e  erf^me- 
ren  ober  unmOgltc^  ma^en.  3^ne  f^nb  ftftrmifd^  unb  unDorfd^Itc^,  biefe  an^altenb 
unb  überlegt:  fo  ift  ber  UntotUe  aliS  Born  ein  Effect;  aber  ald  ^a%  (9iac^gier) 
eine  ^ibenf(!^aft.  S)ie  legtere  !ann  niemals  unb  in  feinem  Ißert^&Itnig  ergaben  35 
genannt  werben:  weil  im  9lffect  bie  ^Jreil^it  bed  ©emßt^d  a^ar  gehemmt,  in 
ber  Seibenfd^aft  aber  aufgehoben  roirb. 


2.  öii^.  Slüöcm.  «nmerf.  3.  (Sfpofltlon  ber  äfll^etifd^cn  reflcctircnb.  Urt^cite.  273 

an  jt(J^,  fann  aber  gum  ©(J^öncn  bcr  ©inncSart  flCjdp  toerbcn.  ©al^cr 
ftnb  bie  SRul^rutigenr  meldte  bis  gum  Effect  ftarl  toerben  fönnen,  aud) 
fcl^r  üerf(^icbcn.  ÜWan  l^at  mutl&igc,  man  ^at  järtUd^c  SRü^rungen. 
3)ic  Ic^tcrn,  locnn  jtc  biß  gum  Effect  ftctflen,  taugen  gar  nid^W;  ber  ^ang 

3  bagu  l^eigt  bie  6m))finbelei.  (Sin  tl^etlnel^menber  @c^merg,  ber  ftd^  nid^t 
toin  tröjien  laffen,  ober  auf  beu  toir  unö,  »enn  er  erbiiJ^tete  Übel  betrifft, 
bis  gur  2:&uf(li)ung  burd^  bie  $]^anta{ie,  als  ob  eS  mirflid^e  to&ren,  üor^ 
fd^Iid^  einladen,  bemeifet  unb  mad^t  eine  toeid^e,  aber  gugleid^  fd^ioad^e 
@eelc,  bie  eine  fd^bne  @eite  geigt  unb  gmar  pl^antaftifd^,  aber  ntd^t  ein« 

10  mal  entl^ufiaftifd^  genannt  tt)erben  fann.  ä^omane,  toeinerlid^e  Sd^au^^ 
fpicie,  fetale  ©ittenöorjd^riften,  bie  mit  (obgnjar  ffilfd^lid))  fogenannten 
eblen  ©eftnnungen  t&nbeln,  in  ber  Zl^at  aber  baS  $erg  toell  unb  für  bie 
flrenge  SSorfd^rift  ber  ^flid^t  uneml)finblic^,  aller  a^tung  für  bie  SBurbe 
ber  3Renfd^^eit  in  unferer  ^erfon  unb  baS  Siedet  ber  SRenfd^en  (»eld^ed 

15  gang  ettt3a8  anbere«  als  i^re  ®IüdEfeligfcit  ift)  unb  uberl^aupt  aller  feften 
®runbf&^e  unf&l^ig  mad^en;  felbft  ein  9ieligionSDortrag,  loeld^er  fried[)enbe, 
niebrige  ©unftbemerbung  unb  Sinfd^meid^elung  empfiel)It,  bie  aUeS  93er« 
trauen  auf  eigenes  93erm5gen  gum  SSiberftanbe  gegen  baS  99öfe  in  uns 
aufgiebt,  ftatt  ber  ruftigen  @nt{d^Ioffen^eit,  bie  j^rifte,  bie  unS  bei  aUer 

20  unjcrer  ©ebred^lidöfeit  bod^  nod&  übrig  bleiben,  gu  Übertoinbung  ber  5Wei= 
gungen  gu  ))erfud^en;  bie  falfd^e  S)emut]^,  meldte  in  ber  SelbftDerad^tung, 
in  ber  minfelnben  erl^eud^elten  9leue  unb  einer  blo6  leibenben  ©emfitl^S^ 
faffung  bie  9lrt  fe^t,  mie  man  allein  bem  pd^ften  SBefen  gefällig  loerben 
fönne:  vertragen  [\6)  nid^t  einmal  mit  bem,  maS  gur  ©d&önl^eit,  toeit  toc« 

25  niger  aber  nod^  mit  bem,  ti)aS  gur  Srl^abenl^eit  ber  ©emüt^Sart  geg&^lt 
tDerben  lönnte. 

aber  aud^  ftfirmifd^e  ©emfitl^Sbemegungen,  fie  mögen  nun  unter  bem 
Slamen  ber  ßrbauung  mit  gbeen  ber  SReligion,  ober  als  blofe  gur  ßultur 
gel^brig  mit  Sbeen,  bie  ein  gefeUfd^aftlid^eS  Sntereffe  entl^alten,  oerbunbcn 

so  merben,  tonnen,  fo  fel^r  fie  aud^  bie  ßinbilbungSfraft  fpannen,  feineSmegeS 
auf  bie  Sl^re  einer  erl^abenen  S)arfieDung  anf))ru^  mad^en,  »enn  fie 
nid^t  eine  ©emfitl^Sfiimmung  gurfidlaffen,  bie,  menn  gleid^  nur  inbirect, 
auf  baS  aSemufetfein  feiner  ©tdrfe  unb  entfd^loffenl^eit  gu  bem,  toaS  reine 
inteHectueHe  Swedtmfifeigfeit  bei  fid^  fül^rt  (bem  ilbcrjtnnlid^cn),  ßinflufe 

S5  l^at.  S)enn  fonfl  gel^ören  alle  biefe  SHäl^rungen  nur  gur  Lotion,  »eld^e 
man  ber  ®efunbl^eit  toegen  gerne  ^at.  S)ie  angenehme  ^attigfeit,  meldte 
auf  eine  fold^e  ätüttelung  burd[)  baS  Spiel  ber  Effecten  folgt,  ift  ein  &t^ 

StanVB  C^rfftciu    mtttt.  V.  18 


274    Ätitlf  ber  Url^elWfraft.   1.  $^eil.  Äritif  bei  ä^etlfd^en  Urt^etWfraft. 

nug  btS  SBol^Ibeftnbend  ouiS  bem  l^ergefteHten  ©leid^getDtd^te  ber  mand^er:» 
Ici  gcbenÄfrfiftc  In  un8:  tocld^cr  am  ©nbe  auf  baffclbc  J^inauSIäuft,  al« 
berienige,  ben  bie  äßollfifilinge  beS  Drientd  fo  bel^Qgli(^  finben,  loenn  {ie 
il^ren  jtorper  gleid^fam  burd^fneten  unb  aDe  tl^re  SRuü^teln  unb  ©elenfe 
fanft  brfidten  unb  biegen  laff en ;  nur  bog  bort  bad  belDegenbe  ^rtncip  gr5B«  5 
tentl)eiIiS  in  un^,  l^ier  l^ingegen  g&njlic^  auger  uniS  ift.  S)a  glaubt  ftd^ 
nun  mand^er  bur(^  eine  $rebigt  erbaut,  in  bem  bo(^  nidb^^  aufgebauet 
(fein  Softem  guter  ÜRajrimen)  ift;  ober  burc^  ein  Srauerf|)iel  gebeffert, 
ber  blog  Aber  glüdlid^  ))ertriebne  Sangemeile  frol^  ift.  Sllfo  mug  baS  gr« 
^abene  leberjeit  SBejiel^ung  auf  bie  S)enf ungSart  ^aben,  b.  i.  auf  SDffayi^  10 
men,  bem  ^ntellectuellen  unb  ben  SSernunftibeen  aber  bie  @innltd^Ieit 
Obermad^t  ju  üerfc^affen. 

3Ran  barf  nid^t  beforgen,  bag  bad  ®effi](|I  bee  Srl^abenen  burd()  eine 
bergleid^en  abgezogene  S^arfteQungeart,  bie  in  Snfel^ung  btS  @innli(]^en 
gfinjlid^  negatio  mirb,  verlieren  »erbe;  benn  bie  (äinbUbung^Fraft,  ob  fie  » 
jmar  fiber  baft  Sinnliche  l^inaud  nid^tS  finbet,  moran  |te  fi(^  l^alten  fann, 
ffil^lt  fidg  bod^  aud^  eben  hnxS)  biefe  Sßegfd^affung  ber  @(^ranten  berfelben 
unbegrdngt:  unb  {ene  SIbfonberung  ift  alfo  eine  S)arftenung  beS  Unenb« 
liefen,  meldte  gmar  eben  barum  niemals  anberd  atö  blog  negative  S)ar« 
fteüung  fein  lann,  bie  aber  bod^  bie  @eele  ermeitert.  SSielleic^t  giebt  ^  m 
feine  erl^abenere  Stette  im  ®efe^bud^e  ber  ^uben,  al8  baS  ®ebot:  S)u 
fottft  bir  lein  Silbnig  mad^en,  nod^  irgenb  ein  ©leid^nig,  meber  beffen, 
maS  im  ^immel,  no^  auf  ber  @rben,  nod^  unter  ber  (Srben  ift  u.  f.  m. 
S)iefeS  ®ebot  allein  fann  ben  Sntl^uftaSm  erfl&ren,  ben  baS  iflbifd^e  SBoII 
in  feiner  gefttteten  Spod^e  für  feine  SReligion  ffil^Ite,  menn  eiS  fid^  mit  an^  n 
bem  SSölFern  oerglid^,  ober  benienigen  @toIj,  ben  ber  SRol^ammebanidm 
einflögt.    6ben  baffelbe  gilt  aud^  oon  ber  äSorfteClung  bee  moralifd^en 
®efe^eS  unb  ber  Anlage  gur  3Roralit&t  in  un&   @d  ift  eine  gang  irrige 
Seforgnig,  bag,  menn  man  fte  aDee  beffen  beraubt,  mad  fie  ben  Sinnen 
empfel^len  fann,  fie  alsbann  feine  anbere  ald  falte,  leblofe  Billigung  unb  » 
feine  bemegenbe  j^raft  ober  SRfll^rung  bei  ftd^  fül^ren  mürbe.   @8  ift  ge« 
rabe  umgefe^rt;  benn  ba,  mo  nun  bie  @inne  nid^tig  mel^r  oor  ftd^  feigen, 
unb  bie  unoerfennlic^e  unb  unauSlöfd^lid^e  ^bee  ber  @ittlid^feit  bennod^ 
übrig  bleibt,  mürbe  eS  el^er  nötl)ig  fein,  ben  @(^mung  einer  unbegrdngten 
@inbilbungdfraft  gu  m&gigen,  um  il^n  nid^t  bis  gum  (Sntl^uftaSm  fteigen  ss 
gu  laffen,  al«  au«  Surc^t  üor  Äraftloftgfeit  biefer  gbeen  für  fie  in  »iU 
bem  unb  finbifc^em  a))))arat  ^filfe  gu  fuc^en.  S)al^er  l^aben  au^  Slegie* 


2.  IBud^.  Vngein.  ^nmett  a.  C^^rporttion  ber  fiftl^etif^en  reflecürenb.  Urtl^eile.  275 

rungen  gerne  erlaubt,  bie  äteligion  mit  bem  le^tern  ßubel^or  reid^Iid^  Der« 
forgen  ju  laffett,  unb  fo  bem  Untertl^an  bie  ^fil^e,  gugleic^  aber  audb  bad 
Vermögen  gu  benel^men  gejud^t,  feine  ©eelenfrdfte  fiber  bie  Sdö^^nfen 
audjubel^inen,  bie  man  il^m  koilltfirlid^  fe^en  unb  kooburd^  man  i^n,  al$ 

5  blog  paffiD,  leichter  bel^anbeln  lann. 

S)iefe  reine,  feelenerl^ebenbe,  blog  negative  S)arftenung  ber  Sittlid^« 
feit  bringt  bagegen  feine  ©efal^r  ber  Sd^märmerei,  meldte  ein  SBa^n 
ift,  über  alle  ®rdnge  ber  Sinnlid^Ieit  ^inauiS  tttoai  feigen,  b.  i. 
mii  ®runbfdfeen  träumen  (mit  Vernunft  rafen),  gu  tooUen;  eben  ba'rum 

10  koeit  bie  S^arfteKung  bei  iener  blog  negatit)  ift.  S)enn  bieUnerforfc^« 
lid^feit  ber  ^btz  ber  ^rei^eit  fd^neibet  atter  ))o{ttiDen  S)arftenung 
gängli^  ben  Sßeg  ab:  baS  moralifd^e  ®efe^  aber  ift  an  ft(^  felbfl  in  un$ 
l^inreid^enb  unb  urfprflnglic^  beftimmenb,  fo  bag  ed  nid^t  einmal  erlaubt, 
uns  nad^  einem  SeftimmungSgrunbe  auger  bemfelben  umgufel^en.  SBenn 

i&  ber  6nt]^uftadm  mit  bem  SBal^nfinn,  fo  ift  bie  @d^tt)&rmerei  mit  bem 
äSal)nn)i^  gu  Dergleichen,  moDon  ber  le^tere  ftd^  unter  allen  am  menig« 
ften  mit  bem  Srl^abenen  oeilragt,  meil  er  grüblerifd^  lAd^erlid^  i[i.  ^m 
ent^ufia^m  als  Effect  ift  bie  (SinbilbungdfraftgügelloS;  in  ber  @d^n)dr* 
merei  al8  eingenjurgelter  brütenber  2eibenf(ftaft  regello«.  S)er  erftere  ift 

so  üorflbergel^enber  Sufall,  ber  ben  gefunbeften  SBerftanb  bismeilen  tool^l  be« 
trifft;  ber  gtoeite  eine  itranfl^eit,  bie  il^n  gerrüttet. 

einf alt  (funftlofe  S^ectmdfeigfeit)  ift  gleic^fam  ber  ©til  ber  5»atur 
im  @r]^abenen  unb  fo  aud^  ber  Sittlic^teit,  koelc^e  eine  gleite  (überftnn« 
lid^e)  Slatur  ifi,  moDon  mir  nur  bie  ©efej^e  tennen,  ol)ne  baS  uberftnnlid^e 

S5  SSermbgen  in  unS  felbft,  maS  ben  ®runb  biefer  ©efe^gebung  entl^dlt, 
burd^  Slnfd^auen  eneid^en  gu  tonnen. 

9tod^  ift  angumerlen,  bag,  obgleid^  ha»  SSoJ^lgefallen  am  @(^5nen 
eben  foioo^l,  als  baS  am  @r^abenen  nid^t  allein  burd^  allgemeine  SRit« 
tl^eilbarleit  unter  ben  anbern  dftl^etif d^en  Seurtl^eilungen  lenntlic^  un« 

80  terfd^ieben  ift,  fonbern  aud^  burd^  blefe  ßigenfc^aft  in  aftegiel^ung  auf-®e* 
feUfd^aft  (in  ber  eS  fid^  mitt^eilen  Idgt)  ein  ^ntereffe  belommt,  gleid^mol^l 
bod^  aud^  bie  Sbfonberung  Don  aller  ®efellfd^aft  als  etmaS  Srl^a« 
beneS  angefel^en  merbe,  wenn  fte  auf  ^been  berul^it,  meiere  über  aQeS  ftnn- 
lid^e  Sntereffe  l^inmeg  felien.  @id^  felbft  genug  fein,  mitl^in  ©efellfd^aft 

35  nid^t  bebflrfen,  ol^ne  bod^  ungefellig  gu  fein,  b.  i.  fte  gu  fiiel^en,  ift  etmaS 
bem  Srl^abenen  fid^  9ldl^ernbeS,  fo  loie  tebe  Übergebung  Don  Sebärfniff en. 
S)agegen  ift  ÜRenfd^en  gu  fliel^en,  auS  9Rifant|fropie,  meil  man  fie  an« 

18* 


276    Sttim  ber  Urt^etldfraft.   1.  St^ett.  jertitf  ber  dft^eiifd^eti  Urll^eildfraft. 

feinbet,  ober  QudSlnt]^ro))o))]^obie  (9Renf(^enf(^eu),  meil  man  {te  a\i 
feine  ^etnbe  furd^tet,  t^eild  i^&^lici^,  tl^eilS  Deräc^tltd^.  ®lei(]^mo^I  giebt 
ed  eine  (fel^r  uneigentli^  fogenannte)  SRifantl^ropie,  »ogu  bie  Anlage  {id^ 
mit  bem  aiter  in  oieler  mol^lbenfenben  SRenfd^en  ©emütl^  eingufinben 
pflegt,  tteld^e  gmar,  toaS  \>a»  SBo^ImoIIen  betri^,  pl^ilontl^ropifd^  genug  s 
ifi,  aber  Dom  SBol)IgefaUenan  SRenfd^en  burd^  eine  lange  traurige  6r« 
fal^rung  meit  abgebrad^t  i{t:  loooon  ber  ^ang  gur  (Singejogenl^eit,  ber 
pl^antaftifd^e  SSunfd^  auf  einem  entlegenen  Sanbft^e,  ober  aud^  (bei  jun* 
gen  $erfonen)  bie  ertr&umte  ©Ifldfeligteit  auf  einem  ber  übrigen  Belt 
unbefannten  (Silanbe  mit  einer  Reinen  l^amilie  feine  Seben^geit  gubringen  lo 
gu  rönnen,  n)eld^e  bie  Stoma nfd^reiber  ober  S)id^ter  ber  älobinfonaben  fo 
gut  gu  nu^en  miffen,  S^ugnig  giebt.  t^alfd^l^eit,  Unbantbarfeit,  Ungered^« 
tigfeit,  bad  j(inbifd^e  in  ben  oon  und  felbfi  fflr  ttid^ttg  unb  grog  gel^alte« 
nen  ßwccfen,  in  bcren  Verfolgung  fid^  SRenfd^en  felbft  unter  einanber 
alle  erbentlic^e  Übel  antl^un,  fiel^en  mit  ber  2!bee  beffen,  \oa^  fte  fein  t5nn«  15 
ten,  menn  fie  loollten,  fo  im  Sßiberfpruc^  unb  ftnb  bem  lebl^aften  SBunfd^e, 
fte  beffer  gu  feigen,  fo  fel^r  entgegen:  bag,  um  fte  nid^t  gu  l^affen,  ba  man 
fte  nid^t  lieben  fann,  bie  SSergic^ttl^uung  auf  alle  gefellfdbaftli^e  f^reuben 
nur  ein  Weine«  Dpfer  gu  fein  fd^eint.  25iefe  Sraurigfeit,  nic^t  Aber  bie 
Übel,  meiere  baiS  ©c^idffal  fiber  anbere  3Renfd^en  Derl^Angt  (moDon  bie  20 
@9mpatl^ie  Urfad^e  ip),  fonbern  bie  fte  ftd^  felbft  antl^iun  (toeld^e  auf  ber 
antipat^ie  in  ®runbffi^en  berul^t),  ift,  »eil  fte  auf  Sbeen  berul^t,  erl^aben, 
inbeffen  ba|  bie  erftere  allenfalls  nur  für  fc^ön  gelten  fann.  —  S)er  eben 
fo  geiftreid^e  ale  grünblic^e  @  auf  füre  fagt  in  ber  SBefd^reibung  fetner 
SU|)enreifen  DonSonl^omme,  einem  ber  faD09if(|en®ebirge:  „(&S  ^errfd^t  25 
bafelbft eine gekoiffe abgef d^madtte Sraurigf eit.^  @r fannte bal^er bod^ 
aud^  eine  intereffante  Sraurigleit,  meldte  ber  Slnblidt einer  @inöbe  ein« 
flögt,  in  bie  ftd^  3)ffenf(^en  mol^l  Derfe^en  möd^ten,  um  üon  berSSelt  nid^te 
meiter  gu  l^ören,  nod^  gu  erfal^ren,  bie  benn  bod^  nic^t  fo  gang  unmirt^ar 
fein  mug,  bag  fte  nur  einen  ]()öc^ft  muffeligen  Sufentl^alt  für  SRenfc^en  so 
barböte.  —  3^  raad^t  biefe  Sumerlung  nur  in  ber  Slbftd^t,  um  gu  erin« 
nern,  bag  aud^  93etrübni|  (nid^t  niebergefd^lagene  älraurtgleit)  gu  ben 
ruft  igen  Effecten  gegfip  »erben  fönne,  wenn  fte  in  moralifcften  ^bttn 
il^ren  ®runb  l^at;  »enn  fte  aber  auf  @9mpat^ie  gegrünbet  unb  als  fold^e 
auc^  liebenSmfirbig  ift,  fte  blog  gu  ben  fd^melgenben  Effecten  gel^öre:  35 
um  babur^  auf  bie  ©emütl^sftimmung,  bie  nur  im  erfteren  f^alle  er^a« 
ben  ifi,  aufmerlfam  gu  ma(i^en. 


2. 8ud^.  KUgein.  Unmerf.  a*  (S;pofition  ber  Afl^etifd^en  refUdirenb.  Urtl^eile.  277 


3Ran  fann  mit  ber  {e^t  burd^gefäl^rten  trandfcenbentalen  (Sjcpofition 
ber  dfil^etifd^en  Urtl^eile  nun  aud^  bie  pl^^fiologifd^e,  mte  {te  ein  Surfe 
unb  Diele  fd^arfjtnnige  3R&nner  unter  une  bearbeitet  l^aben,  oergleid^en, 
um  gu  feigen,  »ol^tn  eine  blog  empirifd^e  @]rt)o{ition  beS  @rl^abenen  unb 

5  ©d^önen  fül^re.  Surfe*),  ber  in  biefer  art  ber  Sel^anblung  alö  ber  öor« 
nel^mfte  Serfaffer  genannt  gu  »erben  Derbient,  bringt  auf  biefem  Sßege 
(@.  223  feine«  SBerfS)  l^erau«:  Mi  baS  ©efül^il  beiS  (Srl^abenen  {id^  auf 
bem  triebe  gur  ©elbperl^altung  unb  auf  Surd^t,  b.i.  einem  ©d^merge, 
ßrünbe,  ber,  »eil  er  nid^t  bi«  gur  toirflid^en  S^^öttwng  ber  förperlid^en 

10  Sl^eile  ge^t,  Sekoegungen  l^erDorbringt,  bie,  ba  fie  bie  feineren  ober  grö« 
bereu  Oeffifee  oon  gefSl^rlid^en  unb  befd^toerlid^en  SSerfiopfungen  reinigen, 
im  ©taube  finb,  angenehme  Smpfinbungen  gu  erregen,  gmar  nid^t  Suft, 
fonbern  eine  Srt  Don  lool^IgefAlligem  ©d^auer,  eine  gekoiffe  Siul^e,  bie  mit 
©d^reden  oermifd^t  ift."   3)ad  ©d^öne,  mläit^  er  auf  Siebe  grflnbet  (mo* 

16  Don  er  bod&  bie  Segierbe  abgefonbcrt  »iffen  miü),  fül^rt  er  (©.  251—252) 
„auf  bie  9tad^laffung,  SoSfpannung  unb  (Srfd^laffung  ber  f^ibem  hti  Sbx^ 
per«,  mitl^in  eine  Srioeid^ung,  Suflöfung,  @rmattung,  ein  ^inftnfen,  $in« 
fterben,  äSegfd^melgen  Dor  SSergnfigen  ^inau«".  Unb  nun  beftAtigt  er 
biefe  (SrfldrungSart  nid^t  allein  burd^  ^dOe,  in  benen  bie  ßinbilbungS« 

30  traft  in  Serbinbung  mit  bem  Serftanbe,  fonbern  fogfir  mit  ©inneSemp* 
finbung  in  und  baS  ®efA^I  be«  ©d^5nen  fomol^I  a\8  be«  @rl^abenen  erre:» 
gen  fönne.  —  911«  pf^d^ologifd^e  Semerfungen  finb  biefe  ß^tglieberungen 
ber  ^l^duomene  unfere«  ©emiitl^«  flberauS  fc^ön  unb  geben  reid^en  ©toff 
gu  ben  beliebteften  3ltad^forfd§ungen  ber  empirifd^en  antl^iropologie.   @d 

25  ift  aud^  nid^t  gu  Idugnen,  ba^  alte  SSorfteQungen  in  und,  fte  mögen  ob* 
jectiD  blofe  pnnlid^,  ober  gang  inteClectuell  fein,  bod^  fubfectiD  mit  Sergnü« 
gen  ober©dbmerg,  fo  unmerflid^  beibed  aud^  fein  mag,  oerbunben  toerben 
f5nnen  (toeil  jie  indgefammt  baö  ©effil^l  be«  geben«  afflciren,  unb  feine 
berfelben,  fofern  al«  fe  5Kobiflcation  bc«  ©ubfect«  ift,  inbifferent  fein 

30  fann);  fogar  ba|,  loie  @pifur  bel^auptete,  immer  Vergnügen  unb 
©d^merg  gule^t  bod^  f5rperltd^  fei,  e«  mag  nun  Don  ber  (Sinbilbung, 
ober  gar  Don  SerfianbedDorfteUungen  anfangen:  meil  ba«  geben  ol^ne  ba« 

*)  fflad^  ber  beutfc^en  äberfe^ung  feiner  @c^rift:  ^^ilofop^ifd^e  Unterfud^un- 
gen  ftber  ben  Urfprung  imferer  begriffe  Dom  @(^dnen  unb  ®r|abenen.    9{iga,  bei 
36  ^artfno«^  1773. 


278    Äritl!  ber  Urtl^elWfraft.   l.SCI^cH.   Ätitif  bcr  äfl^ettWen  Urtl&eltSfraft. 

®efü^l  beS  törperlid^en  Drgand  Mog  93ett)u|tfein  feiner  Siciftenj,  ober 
fein  ©efül^I  beS  3Bol^l»  ober  Übelbefinbenö,  b.  i.  ber  JBeforbcrunfl  ober 
Hemmung  ber  Sebcnäfrdftc,  fei;  »eil  bai  ®emütl^  für  jid^  allein  gonjge« 
ben  (ba8  Sebenöprindp  felbft)  ifl,  unb  4)inberniffe  ober  Seförberungen 
aufeer  bemfelben  unb  bod^  im  aKenfd^en  felbft,  mitl^ln  in  ber  SSerbinbunß  5 
mit  feinem  j^orper  gefud^t  »erben  muffen. 

@e^t  man  aber  baS  äSol^IgefaUen  am  ©egenftanbe  ganj  unb  gar 
barin,  bag  biefer  burd^  äteij  ober  burd^  Sifi^rung  oergnügt:  fo  mu|  man 
aud^  feinem  anbern  jumutl^ien,  gu  bem  äft^etifd^en  Urt^eile,  »ad  koir 
fdllen,  beiguftimmcn;  benn  barüber  befragt  ein  |eber  mit  3ie(^t  nur  feinen  10 
^rioatftnn.  SlliSbann  aber  l^ört  aud^  aße  @enfur  beiS  ©efd^macfs  g&ngli(^ 
auf;  man  mfigte  benn  baiS  SSeifpiel,  toeld^eS  anbere  burd^  bie  juf&nige 
Übereinftimmung  ibrer  Urt^eile  geben,  gum  ®ebot  beiS  SeifaKd  für  uns 
mad^en,  miber  meld^ed  $rincip  ttir  und  \>o^  oermutl^Ui^  ftr&uben  unb  auf 
ia^  natürlid&e  SRed^t  berufen  »ürben,  ba«  Urtl^eil,  loeld^eö  auf  bem  un=  15 
mittelbaren  ©eful^Ie  bt&  eigenen  SBol^lbefinbenS  beruht,  feinem  eigenen 
Sinne  unb  nid^t  anberer  il^rem  gu  untertoerfen. 

aSenn  alfo  ba«  ®ef(^madf3urtl^eil  nid^t  für  egoiftifd^^fonbern  feiner 
inncrn  5ftatur  nad^,  b.  i.  um  fein  felbft,  nid^t  um  ber  SBeifpiele  willen,  bie 
anbere  oon  il^rcm  ©efd^madf  geben,  not^wenbig  al«  pluraliftifc^  gelten  ao 
mug,  menn  man  eS  als  ein  fold^eS  toürbigt,  toeld^es  gugleid^  oerlangen 
barf,  bafe  iebermann  ibm  beipflid^ten  foH:  fo  mufe  i^m  irgenb  ein  (e«  fei 
obiectioe«  ober  fubiectit)eö)^rincip  a  priori  gum  ®runbe  liegen,  gutoeld^em 
man  burd^  ?(uffpä^ung  empirifd^er  ®efefee  ber  ®emüt^8oerfinberungen 
niemals  gelangen  fann:  meil  biefe  nur  gu  erfennen  geben,  mie  geurtl^eilt  25 
toirb,  nid^t  aber  gebieten,  mie  geurt^eilt  »erben  foQ,  unb  gioar  gar  fo,  bag 
baS  ®ebot  unbebingt  ift;  bergleid^en  bie  ®efd^madrsurtbeite  oorauS^ 
fe^en,  inbem  {te  baS  SBo^lgefaßen  mit  einer  äSorftellung  unmittelbar 
oerfnüpft  miffen  moßen.  9llfo  mag  bie  empirifc^e  (Sjtpofttion  ber  dfll^eti^ 
fd^en  Urtl^eile  immer  ben  Anfang  mad&en,  um  ben  Stoff  gu  einer  ^öl^ern  » 
Uuterfud^ung  l^erbeigufd^affen;  eine  tranSfcenbentale  Erörterung  biefe« 
93erm5genS  ift  bod^  moglid^  unb  gur  j^ritif  beS  ®efd^madS  toefentlid^  ge« 
l^örig.  3)enn  ol^ne  bafe  berfelbe  ^rincipien  a  priori  Ijabe,  fönnte  er  un= 
möglid^  bie  Urtl^eile  anberer  rid^ten  unb  über  fie  aud^  nur  mit  einigem 
©d^eine  beS  SRed&tS  a3illigungS=  ober  aSermerfungSauSfprüd^e  ffiUen.         S5 

3)a8  übrige  gur  Slnalqtif  ber  dftl^etifd^en  Urtl^eilSfraft  ®e](|5rige  cnt* 
l^dlt  guoörberjl  bie 


S)ebuctiott  ber  Af|]^fiif(|en  Uril^eile.  279 


S)cbuction  bcr  reinen  äftl^etifci^en  Urtl^eite^ 

§30. 

35ic  ©cbuctlon  bcr  dfH^ctlfd^cn  Urtl&eilc  über  btc  ®egen^ 

jlänbe  ber  3lat\xx  barf  nid^t  auf  bad,  toad  mir  in  biefer 

5     erl^aben  nennetii  fonbern  nur  auf  baS  @d^one  gerid^tet 

toerben. 

S>er  ^n\pxn(t)  eines  Aft^etifd^en  Urt^eilS  auf  aOgemeine  ©filtigfeit 
für  iebe^Subject  bebarf  alö  ein  Urt^eil,  mläi^S  ft(4  auf  irgenb  ein^rincip 
a  priori  fufeen  mufe,  einer  ©ebuction  (b.  i.gegitimation  feiner  anmafeunfl), 

10  koelc^e  über  bie  @;r))ofttion  beffelbeu  nod^  l^injufommen  mug,  menn  t8 
nAmlid^  ein  äSol^IgefaHen  ober  ^igfaUen  an  ber  f^orm  beS  ObiectS 
betrifft.  SJergleiiJ^en  jtnb  bie  ©efdömadöurtl^eile  über  ba«  ©d^öne  ber 
SRatur.  3)enn  bie  SioedmAgigteit  ^at  aldbann  io^  im  Obtecte  unb  feiner 
©eftalt  il^ren  ®runb,  menn  fte  glei(]^  nid^t  bie  Sejiel^ung  beffelben  auf 

15  anbere  ®egenft&nbe  nad^  Segriffen  (jum  grtenntnigurtl^eile)  anzeigt; 
fonbern  blofe  bie  Sluffaffung  biefer  fjorm,  fofern  pe  bem  Vermögen  fo* 
»ol^I  ber  Segriffe,  aI8  bem  ber  ©arfteHung  berfelben  (nield^e«  mit  bem 
ber  auffaffung  eine«  unb  baffelbe  ift)  im  ©emütl^  fid^  gemfife  jeigt,  über^ 
^au:|)t  betrifft.  3Ran  fann  ba^er  audi^  in  Sinfebung  bed  @d^önen  ber  Statur 

20  mand^erlei  f^ragen  aufmerfen,  loeld^e  bie  Urfad^e  biefer  3tt)edmägigTeit 
ibrer  formen  betreffen:  3.  S.  toie  man  erllären  toolle,  »arum  bie  SRatur 
fo  oerfd^menberifd^  aUerwärtö  ©d^önbeit  oerbreitct  babe,  felbft  im  (Srunbe 
bed  Ocean«,  mo  nur  feiten  ba«  menfc^lid^e  Sluge  (ffir  meld^eS  iene  bod^ 
aQein  gttedtmciBig  ift)  bingetangt,  u.  b.  gl.  m. 

25  ancin  baö  ©rbabene  ber  SRatur  —  »enn  loir  barüber  ein  reine« 
äftbetifd^e«  Urtbeil  f&Ken,  melcbe«  nid^t  mit  Segriffen  üon  SoUfommenbeit 
ai«  objediDer  Stoedtmägigfeit  oermengt  ift;  in  meld^em  f^aUe  e«  ein  teleo^ 
logifd^e«  Urtbeil  fein  toürbe  —  fann  gang  al«  formio«  ober  ungeftalt, 
bennodb  ^ber  al«  ©egenftanb  eine«  reinen  SBoblgefallen«  betrad^tet  merben 

30  unb  fubjectioe  3n)edtm&6igfeit  ber  gegebenen  SorfteUung  geigen;  unb  ba 
fragt  e«  ficb  nun:  ob  gu  bem  Aftbetifd^en  Urtbeile  biefer  Srt  aud^  au^er 
ber  @]rpofition  beffen,  loa«  in  ibm  gebadet  mirb,  nod^  eine  S)ebuction  feine« 
anfprud^«  auf  irgenb  ein  (fubiectioe«)  $rinäp  a  priori  verlangt  »erben 
tbnne. 


280    ^ttif  ber  Urt^ttöfraft.   1.  S^iL  Stnüt  ber  Aft^etifc^en  Urt^eitöfraft 

hierauf  bient  jur  üntioort:  bag  \>a&  ßrl^abene  ber  Statut  nur  un« 
eigentlid^  fo  genannt  merbe  unb  eigentUd^  blog  ber  S)enlung^art,  ober 
otelmel^r  ber  ©runblage  gu  berfelben  in  ber  menfd^Ucl^en  Statur  beigelegt 
werben  muffe.  3)iefer  ftd^  bemüht  gu  merben,  giebt  bie  ^(uffaffung  eine^ 
fonft  formlofen  unb  unjmedmdgigen  ©egenftanbed  blog  bie  Seranlaffung,  & 
meld^er  auf  fold^e  Sßeife  fubjecttp^imedmägig  gebrandet,  aber  nic^t  ald 
ein  folc^er  für  fid^  unb  feiner  gorm  wegen  beurtl^eilt  »irb  (glei(%fam 
species  finalis  accepta,  non  data).  S)aijtr  war  unfere  Sjcpofition  ber 
Urt^eile  ober  ia^  (Srl^abene  ber  9tatur  gugleid^  i^re  3)ebuction.  S>enn 
wenn  wir  bie  Sfleflejcion  ber  Urt^eildfraft  in  benfelben  gerlegten,  fo  fanben  lo 
wir  in  il^nen  ein  gwedmägigeig  äSerl^dltnig  ber  ßrfenntnigoermogen,  wet 
d^ed  bem  SSermogen  ber  Qmdt  (bem  SBilleit)  a  priori  gum  ©runbe  gelegt 
werben  mug  unb  ba^er  felbft  a  priori  gwedm&gig  ift:  weld^ed  benn  fofort 
bie  2)ebuction,  b.  i.  bie  Sied^tfertigung  bed  anfprud^d  eineiS  bergleid^en 
Urt^eitö  auf  aUgemein^notl^wenbtge  ©filtigfeit,  ent^&It.  u 

SBir  werben  alfo  nur  bie  S)ebuction  ber  ©efd^madSurtl^eile,  b.  i.  ber 
Urtl^ieile  über  bie  @d^önl^eit  ber  Slaturbinge,  gu  fui^en  l^aben  unb  fo  ber 
Aufgabe  für  bie  gefammte  äft^etifc^e  Urtl^ieildlraft  im  ®angen  ein  ®e^ 
nflge  tl^un. 

§  31.  20 

S8on  ber  ?lRet]^obe  ber  ©ebuction  ber  ©efd^madsurt^eile. 

3)ie  Obliegenl^eit  einer  ©ebuction,  b.i.  ber  (Sewfil^rleiftung  berSHec^t* 
m&gigteit,  einer  9(rt  Urt^eile  tritt  nur  ein,  wenn  baiS  Urt^eil  Slnfprud^  auf 
Slotl^wenbigleit  mad^t;  weld^eS  ber  %aVi  aud^  alSbann  ift,  wenn  eiS  fub« 
iectiDe  Singemein^eit,  b.  i.  jebermannS  Seiftimmung,  forbert:  inbeg  eS  25 
bod^  lein  @rtenntnigurtl^eil,  fonbern  nur  ber  Suft  ober  Unluft  an  einem 
gegebenen  ©egenftanbe,  b.  i.  Anmaßung  einer  burd^gängig  für  iebermann 
geltenben  fubjectioen  Swcdmfifeigfeit,  ift,  bie  ii(%  auf  leine  begriffe  Don 
ber  Sac^e  grünben  foQ,  weil  eS  ©efd^madSurtJ^eil  ift. 

3)a  wir  im  le^tern  Satte  lein  @rfenntni^urt|feil,  Weber  ein  tl^eoreti«  30 
f(^ed,  weld^ed  ben  Segriff  einer  Slatur  übet^aupt  bur(4  ben  Serftanb, 
nodö  ein  (reine«)  praftifd^e«,  weld^e«  bie  3bee  ber  ffr eiltet t  ate  a  priori 
bur(4  bie  SSernunft  gegeben  gum  ©runbe  legt,  oor  unS  l^aben;  unb  alfo 
Weber  ein  Urtl^eil,  welche«  DorfteQt,  wa«  eine  @a(^e  ift,  nod^  bag  id^,  um 
fte  l^eroorgubringen,  etwa«  oerric^ten  fott,  nac^  feiner  ®üttigfeit  a  priori  35 
gu  red^tfertigen  ^aben:  fo  wirb  blog  bie  allgemeine  ©ültigfeit  eines 


S)ebu€aon  ber  fifl^etifd^en  Urtl^eite.  281 

ein j einen  Urtl^eifö,  njeldö^S  bte  fubiectiüe  Swedm&feigfeit  einer  emplrl^ 
f(^en93orjteaung  berf^orm  eined  ®egenfianbeS  audbrfldt,  für  bie  Urtl^eil^« 
Iraft  überl^aupt  barjutl^un  fein,  um  ju  erflären,  toie  ed  möglid^  fei,  bag 
etwa«  blofe  in  ber  SBeurt^eilung  (o^nc  ©innenempflnbung  ober  Segrijf) 

5  gefallen  t5nne,  unb,  fo  n)ie  bie  Seurt^eilung  eines  @egenftanbeS  jum 
Se^uf  einer  (Srfenntnig  überhaupt  aQgemeine  Siegeln  ^at,  aud^  baS 
SSo^Igef allen  eines  3^ben  ffir  {eben  anbern  als  Siegel  bflrfe  angeffinbigt 
merben. 

SSenn  nun  biefe  Slllgemeingültigteit  fid^  nid^t  auf  @timmenfamm« 

10  lung  unb  ^ernmfragen  bei  anbern  wegen  ibrer  ärt  gu  empfinben  grün« 
ben,  fonbern  gleid^fam  auf  einer  Slutonomie  beS  über  baS  ©effibl  ber 
2uft  (an  ber  gegebenen  SBorfteUung)  urtbeilenben  SubiectS,  b.  i.  auf 
feinem  eigenen  ©efd^macfe,  beruben,  gleid^wobl  aber  bod^  aucb  nid^t  üon 
Segriffen  abgeleitet  merben  foK:  fo  bot  ein  folcbcS  Urtbeil  —  »ie  baS 

15  ©efcbmadSurtbeil  in  ber  Stb^t  if*  —  «ine  gttiefacbe  unb  g»ar  logifcbc 
Sigentbümlid^feit:  nämlid^  erftlic^  bie  ailgemeingältigfeit  a  priori  unb 
bod^  nid^t  eine  logif(^e  Slllgemeinl^eit  nac^  Segriffen,  fonbern  bie  SlOge« 
meinl^eit  eines  einzelnen  Urtl^eilS;  gtoeitenS  eine  9lotbtt)enbigIeit  (bie 
iebergeit  auf  ©rünben  a  priori  berul^en  mu^),  bie  aber  bod^  Don  feinen 

20  SeioeiSgrünben  a  priori  abbfingt,  burcb  beren  SSorflellung  ber  Seifall, 

ben  baS  ©efd^madSurtbeil  (ebermann  anftnnt,  ergtoungen  »erben  tonnte. 

S)ie  auflofung  biefer  logifcben  ISigentbümlid^Ieiten,  morin  ftd^  ein 

©efd^madSurtbeil  oon  allen  (Srfenntnigurtbeilen  unterfd^eibet,  »enn  ttir 

bier  anfängli(^  t)on  allem  3nl(|alte  beweiben,  nämlid^  bem  ®efüt)le  ber 

25  Suft,  abftrabiren  unb  blofe  bie  fiftl^etifdbe  ^orm  mit  ber  Sorm  ber  objec« 
tioen  Urtbeile,  mie  fte  bie  Sogit  oorfd^reibt,  oergleid^en,  n)irb  allein  gur 
3)ebuction  biefeS  fonberbaren  SSermögenS  binreid^enb  fein.  SBir  tooUen 
alfo  biefe  d^aratteriftif dben  @igenfdbaften  beS  ®ef d^mads  guoor,  burd^  Sei:» 
\pitU  erläutert,  oorfteQig  mad^en. 

30  §  32. 

@rfte  @igentbümlid^{eit  beS  ©efd^madSurtl^eilS. 

S)aS  ®efd^madSurtbeil  beftimmt  feinen  ®egenftanb  in  Slnfebung 
beS  SBoblgefaHenS  (als  @d^5nbeit)  mit  einem  Snfprud^e  auf  jebermannS 
Seifiimmung,  als  ob  eS  objectiü  tt&re. 
35         @agen:  biefe  Slume  ift  fcbbn,  l^eigt  eben  fo  i[)iel,  als  i^ren  eigenen 


282    Äritir  bcr  Urtl^flWfroft.   1.  $^e«.  Ärltlf  ber  fip^etl^en  Urt^elWhaft. 

anfprud^  auf  icbcrmann«  SBo^IgcfaHen  il^r  nur  nad^faßen.  35ur(^  bic 
anncl&mlid^tcit  il^rcö  ©crud^Ä  l^at  pc  gar  feine  anfprüdöe.  a)en  einen  er» 
göfet  blefer  ®erud^,  bem  anbern  benimmt  er  ben  Äopf-  S5Ja§  foHte  man 
nun  anber«  barauö  Dermut^en,  al8  bafe  bie  ©d^ön^eit  für  eine  eigenfd^aft 
ber  Slume  felbft  gel^alten  »erben  muffe,  bie  pd^  nid^t  nad^  ber  Serf(^ie^  5 
benl^eit  ber  ^öpfe  unb  fo  Dieler  @inne  rid^tet,  fonbern  iDornac^  pd^  biefe 
rid^ten  muffen,  wenn  pe  barüber  urtl^eilen  »oHen?  Unb  bod^  Derl^ölt  e« 
pd^  nid^t  fo.  ^enn  barin  befleißt  eben  baS  ©efd^madSurt^eil,  bag  ed  eine 
@ad^e  nur  nad^  berjenigen  Sefd^affenl^eit  fd^5n  nennt,  in  meld^er  pe  pc^ 
nad^  unferer  SIrt  pe  aufzunehmen  rid^tet.  10 

ÜberbieS  mirb  Don  {ebem  Urtl^eil,  toeld^eS  ben  ©efc^mad  beiS  @ub« 
jectö  betoeifen  foH,  »erlangt:  bafe  ba«  ©ubject  fflr  pc^,  ol^ne  nöt^ig  gu 
liaben,  burd^  ßrfal^rung  unter  ben  Urtl^eilen  anberer  ]^erumjutap|)en  unb 
pd^  Don  itirem  SBol^IgefaDen  ober  SRigfaQen  an  bemjelben  ©egenpanbe 
üorl^er  ju  belel^ren,  urtl^eilen,  mitl^in  fein  Urtl^eil  nid^t  aliS  %ad^a^mung,  n 
meil  ein  S)ing  ettoa  »trtlid^  aUgemein  gef&Ilt,  fonbern  a  priori  aud^ 
fpred^en  folle.  2Ran  foHte  aber  benfen,  bafe  ein  Urt^eil  a  priori  einen 
Segriff  Dorn  Objcct  cntl^alten  muffe,  gu  beRen  ©rfenntnife  cö  ba^  ^rinci^) 
entl)ftlt;  baö  ©efd^madSurtl^eil  aber  grünbet  Pd^  gar  nidftt  auf  SBegriffe 
unb  ift  überall  nic^t  @rtenntnig,  fonbern  nur  ein  fift^etifd^eiS  Urtl^eit.        20 

©al^cr  läfet  pc^  ein  junger  ©id^ter  öon  ber  Überrebung,  bafe  fein 
©ebid^t  fd^ön  fei,  nid)t  burd^  ba^  Urtl^cil  be«  publicum«,  nodb  feiner 
greunbe  abbringen;  unb  wenn  er  if)nen  ®e^ör  gicbt,  fo  gef(ftiel&t  e«  nid^t 
barum,  toeil  er  e«  nun  anber«  beurt^eilt,  fonbern  »eil  er,  »enn  gleid^ 
(»enigftenö  in  abpd^t  feiner)  baö  ganje  publicum  einen  falfd&en  ®e*  25 
fd^mad  l^ätte,  pd^  bo(^  (felbft  »iber  fein  Urtl^ciO  bem  gemeinen  SBal^ne 
gu  bequemen,  in  feiner  Segierbe  nad^  SSeifaU  Urfad^e  pnbet.  SRur  fpdter« 
^In,  wenn  feine  Urtl^eilöfraft  burd^  Ausübung  mel^r  gefd^drft  »orben,  ge^t 
er  frei»illig  oon  feinem  vorigen  Urt^eile  ab;  fo  »ie  er  e«  aud^  mit  feinen 
Urtl^cilen  l)dlt,  bie  ganj  auf  ber  aSernunft  berul^en.  a)er  ©efc^mad  mad^t  so 
blog  auf  Autonomie  anf))rud^.  ^^rembe  Urttjeile  p(^  gum  Seftimmung«« 
grunbe  beS  feinigen  gu  mad^en,  »Are  ^eteronomie. 

3)a6  man  bie  SBcrfe  ber  Slltcn  mit  SRed^t  gu  SRuftern  anpreifet  unb 
bie  äSerfaPer  berfelben  claf pfd^  nennt  gleid^  einem  gemipen  Slbel  unter  ben 
Sd^riftfieäern,  ber  bem  SSolfe  burd^  feinen  SJorgang  ®efe^e  giebt:  fcfteint  ss 
£luellen  beS  ®efd^madS  a  posteriori  angugeigen  unb  bie  Autonomie  bef« 
felben  in  iebem  ©ubjecte  gu  »iberlegen.  allein  man  Knute  eben  fo  gut 


S)ebuäion  ber  Alll^etird^en  Urt^eile.  283 

fagen,  ba|  bie  alten  ^Rat^emdiler,  bie  bis  ie^t  für  nici^t  tDol^l  ju  entbe)^« 
renbe  Sffufter  ber  l^odbft^t^  ©runblid^feit  unb  @IegQng  ber  fqntl^etifd^en 
SRetl^obe  gel^alten  loerbeti,  aud^  eine  nac^a^menbe  äSernunft  auf  unferer 
Seite  betoiefen  unb  ein  Unvermögen  berfelben,  au8  ji(4  felbft  ftrenge  99e« 

5  »eife  mit  ber  gröfeten  Sntuition  burd^  ßonflruction  ber  Segrlffc  ^ertjor« 
gubringen.  @8  glebt  gar  leinen  ©ebraudb  unferer  ^dfte,  fo  frei  er  aud^ 
fein  mag,  unb  felbft  ber  SSernunft  (bie  afle  il^re  Urtl^eile  aM  ber  gemein^ 
fd^aftlic^en  Quette  a  priori  fc^öpfen  mufe),  tocldö^t,  »enn  iebe«  Subject 
immer  gängli(^  Don  ber  rollen  Anlage  feinet  9latureQd  anfangen  foüte, 

10  nii^t  in  fe^lerl^afte  Serfud^e  gerat^en  mfirbe,  toenn  nid^t  anbere  mit  ben 
il^rigen  il^m  vorgegangen  tvären,  ni(^t  um  bie  9lad^foIgenben  )u  bb^en 
9{ad^al^mern  gu  mac^eui  fonbern  burd^  i^r  SSerfal^ren  anbere  auf  bie  ©pur 
ju  bringen,  um  bie  ^rincipien  in  ftd^  felbft  ju  fud^en  unb  fo  i^ren  eigenen, 
oft  befferen  ®ang  ju  nehmen,  ©elbft  in  ber  Sieligion,  »o  geioife  ein  jeber 

15  bie  SRegel  feines  aSer^alten«  auö  jid^  felbft  l^ernebmen  mufe,  weil  er  bafür 
audd  felbft  t)erantn}ortlid^  bleibt  unb  bie  @d^ulb  feiner  SSergebungen  nid^t 
auf  anbre  ald  ge^rer  ober  äSorg&nger  f(^teben  tann,  toirb  bod^  nie  burd^ 
allgemeine  SSorfd^rif ten,  bie  man  entmeber  von  $rieftern  ober  ^^ofoplien 
befommen,  ober  aud^  aud  fid^  felbft  genommen  l^aben  mag,  fo  Diel  audge^^ 

20  rid^tet  »erben,  als  burd^  ein  SSeifpiel  ber  Sugenb  ober  ^eiligfeit,  meldjed, 
in  ber  ©efd^ic^te  aufgeftellt,  bie  Slutonomie  ber  2:ugenb  auS  ber  eigenen 
unb  urfprfinglid^en  ^bee  ber  @ittlid^teit  (a  priori)  nid^t  eutbe^rlid^  mad^t, 
ober  biefe  in  einen  3Red^aniiSm  ber  9lad^a]^mung  oermanbelt.  9lad^f olge, 
bie  ftd^  auf  einen  Vorgang  begießt,  ni^t  SRac^al^mung  tft  ber  rechte  Slud» 

35  brud  für  allen  Sinflug,  toelc^en  $robucte  eines  e;remplarifd^en  Url^eberS 
auf  anbere  §aben  tonnen;  meld^eS  nur  fo  oiel  bebeutet  alS:  auS  benfelben 
DueDen  fd^opfen,  loorauS  jener  felbft  fd^öpfte,  unb  feinem  93orgänger  nur 
bie  Slrt,  fid^  babei  gu  benehmen,  ablernen.  Sber  unter  allen  !8erm5gen 
unb  2;alenten  ift  ber  ®ef(^madt  gerabe  baSjenige,  meld^ed,  meil  fein  Ur^ 

80  tl^eil  nid^t  burd^  Segrijfc  unb  aSorfd&riften  beftimmbar  ift,  am  meiften 
ber  SBeifpiele  beffen,  mad  fid^  im  Sortgange  ber  @ultur  am  längften  in 
SBeifaü  erl^alten  l^at,  bebürftig  ift,  um  nid^t  balb  mieber  ungefi^lac^t  au 
»erben  unb  in  bie  SRol^igteit  ber  erften  aSerfuc^e  jurüdgufatlen. 


284    SMixl  ber  Urt^eilf^fraft.   1.  ST^etl.  Mut  bet  &rt^ettf(4en  Uril^Udfraft. 

§33. 

Socite  eigentl^umlid^feit  bed  ®ef(]^madSurt]^eiU. 

3)ad  ©efd^maddurt^eil  ift  gar  nid^t  burd^  SetDeiSgrunbe  befitmmbar, 
gleid^  a\&  ob  ed  blo^  fubiectio  mdre. 

äBenn  j[emanb  ein  ©ebdube,  eine  SluSftd^t,  ein  (Sebid^t  nid^t  fd^ön    5 
finbet,  fo  I&|t  er  {id^  erftlid^  ben  SeifaD  nii^t  burd^  l^unbert  Stimmen, 
bie  es  aUe  l^od^  greifen,  innerlid^  aufbringen.  @r  mag  ft(^  jmar  fteflen; 
als  ob  es  i^m  aud^  gefatte,  um  nic^t  für  gef(^madt(oS  angefe^en  ju  mer« 
ben;  er  fann  fogar  gu  gioeifeln  anfangen,  ob  er  feinen  ®ef(4mad(  burd^ 
jfenntntg  einer  genugfamen  SRenge  Don  ®egenftdnben  einer  getoiffen  8lrt  lo 
aud^  genug  gebilbet  l^abe  (»ie  einer,  ber  in  ber  @ntfemung  etmaS  für 
einen  äßalb  gu  erlennen  glaubt,  maS  aOe  anbere  für  eine  @tabt  anfe^en, 
an  bem  Urtl^eile  feines  eigenen  ®ejt(^ts  gtoeifelt).  3)aS  fielet  er  aber  bo^ 
flar  ein:  bag  ber  SeifaU  anberer  gar  feinen  für  bie  SBeurtl^eilung  ber 
@d^5n]^eit  gültigen  SemeiS  abgebe;  bag  anbere  allenfalls  für  i^n  fe^en  15 
unb  beobachten  mbgen,  unb  loaS  Diele  auf  einerlei  8lrt  gefeiten  §aben,  als 
ein  l)inreid^enber  SeioeiSgrunb  für  il^n,  ber  eS  anberS  gefe^en  gu  l^aben 
glaubt,  gum  tl^eoretifd^en,  mithin  logifd^en,  niemals  aber  baS,  koaS  anbem 
gefallen  l^at,  gum  ®runbe  eines  dftl^etifdöen  Urt^eilS  bleuen  fönne.  3)a« 
uns  ungünftige  Urtl^eil  anberer  fann  uns  gmar  mit  Siedet  tn  ünfel^ung  so 
beS  unfrigen  bebenflid^  machen,  niemals  aber  Don  ber  Unrid^tigfeit  bef« 
felben  übergeugen.    Sllfo  giebt  eS  feinen  empirifc^en  SemeiSgrunb, 
baS  ©efd^madSurtl^eil  {emanben  abgunöt^igen. 

ßtoeitenS  fann  nod^  meniger  ein  SemeiS  a  priori  nad^  beßimmten 
SRegeln  baS  Urtl^eil  über  @d^ön^eit  befiimmen.  SBenn  mir  jemanb  fein  ss 
©ebid^t  Dorliefi,  ober  mid^  in  ein  @(^aufpiel  fül^rt,  melc^eS  am  @nbe 
meinem  ©efd^madte  nid^t  besagen  koill,  fo  mag  er  ben  S3atteu;c  ober 
Seffing,  ober  nod^  dltere  unb  berül^mtere  Aritifer  beS  ©efd^madtS  unb 
alle  Don  il^nen  aufgehellte  Siegeln  gum  Semeife  anfül^ren,  bag  fein  ®e^ 
bid^t  {d^ön  fei;  aud^  mögen  gemiffe  Stellen,  bie  mir  eben  mißfallen,  mit  30 
Siegeln  ber  @(^5n^eit  (fo  loie  fie  bort  gegeben  unb  allgemein  anerfannt 
ftnb)  gar  mol^l  gufammenftimmen:  ic^  fto))fe  mir  bie  Dl^ren  gu,  mag  feine 
®rünbe  unb  fein  SSernünfteln  l^ören  unb  merbe  el^er  annel^men,  bag  fene 
Siegeln  ber  Äritifer  falfd^  feien,  ober  toenlgftenS  ^ier  nld^t  ber  gatt  tl^rer 
Slnmenbuug  fei,  alS  ba^  id^  mein  Urtt^eil  burc^  93emeiSgrünbe  a  priori  35 


2)ebuctton  ber  äfl^etifd^en  Uri^eUe.  285 

foQte  befttmmen  (affett,  ba  ed  ein  ttrtl^eil  bti  ©efd^madd  unb  nid^t  beiS 
JBcrflanbc«  ober  ber  SBernunft  fein  fall. 

6d  fd^eint,  bag  biefed  eine  ber  ^aupturfad^en  fei,  noedmegen  man 
biefed  Aft^etif(^e  IBeurtl^eilung^Demtögen  gerabe  mit  bem  tarnen  bed 
5  ®ef(|ma(Id  belegt  l^at.  S)enn  e$  mag  mir  jemanb  alle  ^ngrebiengien 
eine«  Oeric^t«  l^ergö^Ien  unb  üon  jebem  bemerfen,  bafe  iebe«  bcrfelben 
mir  fonft  angenel^m  fei,  au(^  obenein  bie  ©efunbl^eit  biefeS  @f[end  mit 
Siecht  rfi]()men;  fo  bin  ic^  gegen  aOe  biefe  ©ränbe  taub,  üerfud^e  bad  ®e« 
ric^t  an  meiner  ßunge  unb  meinem  ©aumen:  unb  barna(|  (nid^t  nad^ 

10  allgemeinen  ^rincipien)  fäOe  id^  mein  Urtl^eil. 

^n  ber  Sl^at  mirb  bad  ©efc^madCdurtl^eil  burc^aud  immer  ald  ein 
einzelne«  Urtl^eil  oom  Dbject  gefiDt.  2)er  SSerftanb  fann  burd&  bie  aSer« 
gleic^ung  beS  ObiectiS  im  fünfte  bed  SSol^lgef&aigen  mit  bem  ttrtl^eile 
anberer  ein  allgemeine^  Urt^eil  machen:  g.  S9.  aDe  Sulpen  finb  f(^5n; 

15  aber  ha^  ift  aldbann  fein  ©efc^madiS«,  fonbern  ein  logifc^ei^  ttrt^eil,  toel« 
d^ed  bie  SBegiel^ung  eined  Dbjectd  auf  ben  ©efc^madt  gum  $r&bicate  ber 
S)inge  Don  einer  geioiffen  8lrt  fiberl^aupt  mad^t;  badjenige  aber,  moburd^ 
id^  eine  eingelne  gegebene  ZvApt  f(^5n,  b.  i.  mein  SSolflgefaUen  an  ber- 
felben  aUgemeingflltig,  ftnbe,  ift  allein  bad  ®ef(^madfiSurt^eiI.   S)effen 

20  @igent^flmlid^feit  befielet  aber  barin:  bog,  ob  ed  gleich  blog  fubiectiDe 
@flltigfeit  l^at,  t^  bennoc^  alle  Subjecte  fo  in  Slnfpruc^  nimmt,  atö  t^ 
nur  immer  gefd^el^en  fönnte,  menn  eö  ein  obiectioeö  Urtl^eil  »dre,  ba«  auf 
@rfenntniggrflnben  berul^t  unb  burd^  einen  Semei«  tonnte  ergmungen 
werben. 

26  §  34 

@8  ift  fein  obiectioe«  $rincip  beS  ©efd^madf«  möglich. 

Unter  einem  ^rincip  bed  ©efd^mads  noürbe  man  einen  ®runbfa^ 
oerftel^en,  unter  beffen  93ebingung  man  ben  93egriff  eine«  ©egenftanbe« 
fubfumiren  unb  al«bann  burd^  einen  @d^Iug  l^erauSbringen  fönnte,  bag 

30  er  fd^on  fei.  S)a«  ift  aber  fd^Ied^terbing«  unmöglid^.  S)enn  ic^  mufe  un« 
mittelbar  an  ber  Sorftellung  beffelben  bie  Suft  empfinben,  unb  ftc  fann 
mir  burd^  feine  SBeweiSgrünbe  angef (femafet  merben.  Dbgleid^  alf o  Äritifer, 
mie  $ume  fagt,  fd^einbarer  Dernflnfteln  fSnnen  al«  j(5(^e,  fo  ^aben  fte 
bod^  mit  biefen  einerlei  @d^id!fal.  S)en  SBeftimmungSgrunb  il^re«  Urt^eil« 

35  ftanen  fte  nic^t  oon  ber  ^raft  ber  9Beu>ei«grünbe,  fonbern  nur  Don  ber 


286    ^rltl!  bcr  Urt^eil«!raft.   1.  ^e\l  Ärltlf  bcr  äft^etlfd^cn  Urt^etWfraft. 

9iefle;rion  bed  Subjectö  über  feinen  eigenen  ßufianb  (ber  Suft  ober  ttnlup) 
mit  abtteifung  aller  JBorfd^rlften  unb  Siegeln  erwarten. 

SBoruber  aber  JCrititer  bennod^  üernfinfteln  fönuen  unb  foHen,  fo  bag 
ed  gur  SBerid^tigung  unb  Srmeiterung  unferer  ©efcbmaddurtl^eile  gerei(^e: 
bas  ift  nid^t,  ben  S3e{limmung$grunb  biefer  S(rt  äft^etifd^er  Urt^etle  in  5 
einer  aDgemeinen  braud^baren  Formel  bargulegen,  toeld^eiS  unmSgUd^  ift; 
fonbern  über  bie  ©rfenntnifeüermögen  unb  beren  Oefd^fiftc  in  biefen  Ur= 
tl^eilen  ^kd^forfd^ung  gu  t^un  unb  bie  n)e(!b{elfeitige  fubtectit>e3tt>(^&&ig' 
teit,  Don  meld^er  oben  gejeigt  ift,  bag  i^re  $orm  in  einer  gegebenen  93or« 
ftellung  bie  @d^onl)eit  beS  ©egenftanbeiS  berfelben  fei,  in  Seifpielen  au8  10 
einanber  ju  fefeen.  Sllfo  ift  bie  Äritif  beö  Oefc^madt«  felbft  nur  fubicctio 
in  Snfel^ung  ber  SSorftellung,  tooburd^  unS  ein  Dbtect  gegeben  iDtrb:  n&m» 
lid^  fte  ift  bie  Jtunft  ober  Sßiffenfc^aft,  baS  toed^felfeitige  SBerl^&ltnig  beS 
SSerftanbed  unb  ber  Sinbilbung^Sfraft  gu  einanber  in  ber  gegebenen  SSor- 
ftedung  (ol^ne  Sdegiel^ung  auf  t)or^ergeI)enbe  @m))finbung  ober  Segriff),  u 
mitl^in  bie  Sinl^eDigteit  ober  Sßig^elligfeit  berfelben  unter  Stegein  gu 
bringen  unb  fie  in  Slnfel^ung  il^rer  ©ebingungen  ju  beftimmen.  Sie  ift 
JCunft,  iDeun  fte  biefeS  nur  an  Seifpielen  geigt;  fte  ift  äßiffenfd^aft, 
toenn  fte  bie  3R5glid^feit  einer  fold^en  S9eurt^eilung  Don  ber  9latur  biefer 
93erm5gen,  aU  6rtenntnigoerm5gen  überl^au|)t,  ableitet.  9Rit  ber  le^teren  20 
ald  tran!^fcenbentaleu  JCritif  l^aben  mir  t8  l^ier  überall  allein  gu  tl^un.  @ie 
foQ  baS  fubjectioe  $rincip  bed  ©efc^madd,  al8  ein  ^rincip  a  priori  ber 
Urtl^eifölraft,  cntwid^eln  unb  red&tfcrtigen.  S)ie  Äritif  alÄ  Äunfl  fud^t 
blog  bie  pl^^fiologifd^en  (^ier  pf^d^ologifc^en),  mithin  empirifd^en  Siegeln, 
na(|  benen  ber  ®ef(^mad  airflic^  oerf&^rt,  (ol^ne  über  i^re  9R5glid^feit  » 
nad^gubenten)  auf  bie  Seurtl^eilung  feiner  ©egenft&nbe  angumenben  unb 
Iritlfirt  bie  ^robucte  ber  fd^önen  Äunft;  fo  »Die  Jene  bai  SSermögen  felbfl, 
fie  gu  beurtl^eilen. 

§35. 

S)aS  $rincip  be8  ©efd^madCS  ift  baS  fubiectiDe  $rtncip  ber  so 
Urt^eiUfraft  überl^aupt. 

3)aiS  ®efd^madiSurtl)eil  unterfc^eibet  ftd^  barin  Don  bem  logifd^en: 
bag  bad  le^tere  eine  SBorfteOung  unter  Segriffe  Dom  Dbiect,  bad  erflere 
aber  gar  nic^t  unter  einen  Segriff  fubfumirt,  well  fonft  ber  notJ^wenbige 
allgemeine  SeifaUburc^Seweife  würbe  erjtDungen  werben  t5nnen.  ®leid^'  33 
wol^l  aber  ift  ed  barin  bem  lej^tern  il^nlid^,  ba^  ed  eine  Sillgemeinl^eit  unb 


2)ebuctlon  ber  äft^etif^en  Url^eilc.  287 

9tot]^menbtgfett,  aber  nic^t  nad^  ^Begriffen  Dom  Obfect,  foIgUd^  eine  blog 
fubiectiüe  ))orgiebt.  Sßeil  nun  bie  Segriffe  in  einem  Urtbeile  ben  ^n^ait 
bcffelben  (baö  jum  ßrlenntnife  be§  Dbjecfö  ©eJ^Srige)  auömad^en,  ba« 
®ef(bmadiSurt^eil  aber  ntd^t  hixxäi  93egriffe  befttmmbar  i%  fo  grfinbet  t» 

s  ji(|  nur  auf  ber  fubjectiöen  formalen  Sebingung  eine«  Urtbcilö  fiberl^aupt. 
S)te  fubiectiüe  Sebingung  aller  Urtl^eile  i[t  bai^  äSermögen  gn  urtbetlen 
felbft,  ober  bie  Urt^eiWfraft.  ©iefe,  in  anfel^ung  einer  SSorfteHung,  »o* 
burii^  ein  ©egenftanb  gegeben  iDirb,  gebrandet,  erforbert  gmeier  93orfteI= 
lungdfr&fte  3ufammenftimmuug:  nämli(]b  ber  @inbilbungdlraft  (für  bie 

10  Slnfc^auung  unb  bie  Sufammenfe^ung  bed  SRannigfaltigen  berfelben)  uub 
be8  aSerftanbe«  (für  ben  SBegriff  ate  SSorftellung  ber  Sinbeit  biefer  Su= 
fammenfe^ung).  Beil  nun  bem  Urtl^eile  bi^r  fein  93egriff  Dom  Dbiecte 
j(um  @runbe  liegt,  fo  fann  ed  nur  in  ber  @ubfumtion  ber  @inbilbungd« 
fraft  felbft  (bei  einer  SSorfteHung,  moburcb  ein  Oegenftanb  gegeben  »irb) 

15  unter  bie  SSebingung,  ba^  ber  SSerflanb  überbauet  Don  ber  Slnfd^auung 
}u93egriffen  gelangt,  befteben.  S).i.  meil  eben  barin,  ba^  bieginbilbungd« 
fraft  obne  SBegriff  fcbematijtrt,  bie  greibeit  berfelben  beftebt:  fo  mufe  bad 
©efcbmad^urtbeil  auf  einer  bloßen  Smpfinbung  ber  {t(b  me(bfelfeitig  be= 
lebenben  ßinbilbungdfraft  in  il^rer  ^^reibeit  unb  beö  SSerftanbed  mit 

20  feiner  Oefe^rndfeigfeit,  alfo  auf  einem  ®efüble  beruben,  ba^  ben  ®e» 
genftanb  nacb  ber  ßwedmäfeigfeit  ber  JBorftellung  (moburcb  ein  ©egen^ 
ftanb  gegeben  wirb)  auf  bie  Seförberung  ber  erfenntnifeoermögen  in 
il^rem  freien  @:ptele  beurtbeilen  lägt;  unb  ber  ®ef(bmad(  ald  fubiectioe 
Urtl^eilSfraft  entbftU  ein  ^rinctp  ber  ©ubfumtion,  aber  nicbt  ber  anf(bau= 

»5  ungen  unter  begriffe,  fonbern  beö  SSermögen«  ber  anfcbauungen  ober 
©arpellungen  (b.  i.  ber  ©inbilbungSfraft)  unter  ba«  Vermögen  ber  Se« 
griffe  (b.i.  ben  SBerftanb),  fofern  ba«  erfiere  in  feiner  greibeit  gum 
lefeteren  in  feiner  ©efe^mdfeigfeit  gufammenftimmt. 

Um  biefen  Sted^tiSgrunb  nun  burcb  eine  S)ebuction  ber  ©efcbmacfiS^ 

30  urtbeile  au^finbig  gu  macben,  fonnen  nur  bie  formalen  6igentpmli(b« 
feiten  biefer  Sri  Urtbeile,  mitbin  fofern  an  ibnen  blog  bie  logifcbe  ^^orm 
betracbtet  toirb,  unS  gum  Seitfaben  bienen. 

§36. 
93on  ber  Slufgabe  einer  S)ebuction  ber  ©efcbmactiSurtbeile. 

3s  9Jlit  ber  äSabrnebmung  eineiS  ©egenftanbed  fann  unmittelbar  ber 
S9egriff  Don  einem  Dbiecte  fiberl^aupt,  Don  melcbem  iene  bie  em:pirif(l^en 


288    ^rtH!  ber  Urt^eilSfraft.   1.  St^eU.  MM  ber  ftft^etifd^en  Uri^etldfraft. 

$r&bicate  entl^dtt,  gu  einem  Srfenntnigurtl^eUe  Derbunben  uub  baburd^ 
ein  @rfa]^rungdurt^eil  erzeugt  merben.  S)ief em  Hegen  nun  S9egriffe  a  priori 
Don  ber  fqnt^etifc^en  6tn^eit  bed  ^Rannigfaltigen  ber  anfd^aunng,  um  eS 
atö  Seftimmung  eineiS  Dbiectö  }u  benfen,  jum  ©ruube;  unb  biefe  93e* 
griffe  (bie  JSategorieen)  erforbern  eine  2)ebuction,  bte  auc^  in  ber  JCritit  & 
ber  r.  33.  gegeben  morben,  n)obur(|  benn  aud^  bie  Sluflbfung  ber  Aufgabe 
)u  Staube  tommenfonnte:  SBte  {tnb  fqnt^eti{(^e@rfenntnigurtl^eUea  priori 
mdglid^?  S)iefe  Slufgabe  betraf  alfo  bie  ^rtncipien  a  priori  beS  reinen 
SSerftanbe«  unb  feiner  tl^eoretifd^en  Urt^eile. 

2Rit  einer  SBal^rne^mung  fann  aber  aud^  unmittelbar  ein  ©effll^I  lo 
ber  Suft  (ober  Un(uft)  unb  ein  SS^oJ^IgefaUen  üerbunben  aerben,  weld^e« 
bie  SBorfteUung  bt^  Dbiect«  begleitet  unb  berfelben  ftatt  ^raWcat«  bient, 
unb  fo  ein  iftl^etifd^eS  Urtl^eil,  meld^ed  fein  (Srfenntni^urtl^eil  tjl,  ent« 
fpringen.    @inem  folc^en,  aenn  e^  nid^t  blo^eS  SmpftnbungiS:^,  fonbern 
ein  formales  StefleirionS^^Urtl^eil  ift,  n)eld^ed  biefed  Sßol^Igefallen  jebermann  is 
als  notl^menbig  anfinnt,  mug  etmaS  als  $rincip  a  priori  gum  ©runbe 
liegen,  toeld^eS  aUenfaDS  ein  blog  fubjectiüeS  fein  mag(n)enn  ein  obiectioeS 
ju  fol(!bw  art  Urtl^eile  unmöglich  fein  foHte),  aber  auc^  als  ein  fold^eS 
einer  ©ebuction  bebarf,  bamit  begriffen  »erbe,  wie  ein  fift^ctifc^eS  Urtbeil 
auf  9)otl^n)enbigfeit  Slnfpruc^  mad^en  fbnne.  hierauf  grünbet  ftd^  nun  bie  ao 
Slufgabe,  mit  ber  xolx  uns  je^t  befc^&ftigen:  SSie  ftnb  ®ef(^mad(Surtl^ei(e 
möglich?  SSelc^e  Aufgabe  alfo  bie  ^rihctpien  a  priori  ber  reinen  Urt^eilS^^ 
fraft  in  dft^etifd^en  Urtl^eilen  betrifft,  b.  i.  in  fold^en,  »o  pe  nic^t  (wie 
in  ben  tl^eoretifc^en)  unter  oblectiöen  SSerjtanbeSbegriffen  blofe  gu  fub^ 
fumiren  l^at  unb  unter  einem  ©efefee  fielet,  fonbern  too  fte  jtd^  felbfl  fub»  25 
iectiü  ®egenftanb  fotool^l  als  ®efe^  tft. 

S)iefe  Aufgabe  fann  aud^  fo  t)orge{leat  »erben:  SBie  ift  ein  Urtl^eil 
möglid^,  baS  blog  auS  bem  eigenen  ©efül^l  ber  Suft  an  einem  ©egen^ 
ftanbe  unabl^&ngig  Don  beffen  99egriffe  biefe  Suft,  als  ber  äSorfteKung  bef» 
felben  ObfectS  in  {ebem  anbern  Subjecte  an^&ngig,  a  priori,  b.  t.  so 
ol^ne  frembe  Seiftimmung  abwarten  gu  bürfen,  beurtl^eilte? 

S)ag  ©efd^madfSurtbeile  f^ntl^etifc^e  ftnb,  ift  lei^t  eingufel^en,  »eil 
fte  über  ben  Segriff  unb  felbft  bie  Slnfdbauung  beS  DbiectS  ^inauSgel^en 
unb  etmas,  baS  gar  nid^t  einmal  @rfenntnig  ifl,  nämli^  Oeffil^l  ber  Suft 
(ober  Unluft),  gu  Jener  als  ^rdbicat  l^ingutl^un.  ©afe  fte  aber,  obgleid^  35 
baS  ^rdbtcat  (ber  mit  ber  aSorftellung  t)erbunbenen  eigenen  8uft)  em» 
:pirifd^  ift,  gleid^mol^l,  »aS  bie  geforberte  Seiftimmung  t)on  {ebermann 


^ebuction  her  äfll^ettf^en  Urtl^eite.  289 

betrifft,  Urtl^eile  a  priori  ftnb,  ober  bofür  gel^alten  iDerben  tooHen,  ift 
gleic^faDd  f(!^on  in  ben  audbrfiden  il^red  ^(nfprucl^d  entl^alten;  unb  fo  ge« 
l^ört  blcfe  aufgäbe  ber  Ärltlf  ber  Urtl^citefraft  unter  baö  aügemeine  ^ro= 
blem  ber  StranSfcenbentalp^Uofopl^ie:  9Bie  jtnb  f^ntl^etifc^e  Urt^eile  a  pri- 
5  ori  miflUc^? 

§37. 

SSSaS  koirb  eigentlid^  in  einem  ©efd^madiSurtl^eile  Don  einem 
©egenftanbe  a  priori  bel^auptet? 

2)ag  bie  SSorfteUung  t>on  einem  @egen{lanbe  unmittelbar  mit  einer 

10  Sujl  oerbunben  fei,  fann  nur  innerlid^  ual^rgenommen  merben  unb  mürbe, 
tt)enn  man  ntd^tS  meiter  al8  biefeS  anjeigen  sollte,  ein  blo^  empirifd^ei^ 
Urtl^ell  geben.  S)enn  a  priori  fann  i(|  mit  leiner  SSorftetlung  ein  be* 
ftimmted  @)efül)l  (ber  Suft  ober  ttnluft)  ))erbinbeni  au^er  mo  ein  ben 
SBillen  beftimmenbed  $rincip  a  priori  in  ber  93emunft  gum  ©runbe  liegt; 

15  ba  benn  bie  Suft  (im  moralif(!^en  ©efäl^I)  bie  f^olge  baüon  ift,  eben  barum 
aber  mit  ber  Suft  im  ©efd^made  gar  nid^t  oerglid^en  merben  fann,  meil 
fte  einen  beftimmten  99egriff  Don  einem  ®efe^e  erforbert:  ba  l^ingegen 
iene  unmittelbar  mit  ber  blogen  S3eurtl^eilung  Dor  allem  93egriffe  Der- 
bunben  fein  foH.  ©al^er  finb  auc^  ade  Oefd^macfSurtl^eile  einj^elne  Ur= 

20  t^eile,  meil  fte  il^r  ^räbicat  be8  äßol^Igefallend  nid^t  mit  einem  begriffe, 

fonbern  mit  einer  gegebenen  eingelnen  empirifd^en  Sorftellung  oerblnben. 

aifo  ift  ei  nid^t  bie  Suft,  fonbern  bie  SHIgemeingfiUigfeit 

biefcr  Suft,  bie  mit  ber  bloßen  Seurt^ellung  eineö  ©egenftanbeö  im 

©emfitl^e  ali  üerbunben  mal^rgenommen  mirb,  toeld^e  a  priori  a\i  adge^ 

26  meine  Siegel  für  bie  Urtl^eilSfraft,  für  jebermann  gültig,  in  einem  ®e= 
fd^maddurtl^eile  »orgeftellt  mirb.  6«  ift  ein  empirifd^ed  Urt^eil:  bag  id^ 
einen  ©egenftanb  mit  Suft  mal^rnel^me  unb  beurtl^eile.  &»  ift  aber  ein 
Urt^eil  a  priori :  bag  i(^  il^n  fd^ön  finbe,  b.  i.  ieneS  äBol^lgefallen  feber^^ 
mann  als  notl^menbig  anftnnen  barf. 

30  §38. 

©ebuction  ber  ©efd^madtSurtl^cile. 

äSenn  einger&umt  mirb,  bog  in  einem  reinen  ©efd^madiSurtl^eile  ba^3 
SBoJ^lgefaDen  an  bem  ©egenftanbe  mit  ber  bloßen  93eurt^eilung  feiner 
fSrorm  oerbunben  fei:  fo  ift  t&  niddt«  anberS,  a\9  bie  fubiecti^e  S^vedt« 

StanV^  6<^rifteB.   ®crfe.  T.  19 


290    Ätitif  ber  Urt^eiföfraft   1.  2%ciL  Äritil  ber  äft^etifc^en  Urt^eiWfroft. 

mdfeigfcit  berfclbcn  für  blc  Urt^ciföfraft,  weld&c  toir  mit  ber  Sor[tclIunß 
it^  ©egenftanbei^  im  ©emutl^e  oerbunben  em:pfinben.  3)a  nun  bie  Ur- 
t^cilsfraft  in  anfctiung  ber  formalen  SRcßeln  ber  Seurtl^eUuna,  ol^ne  oBe 
SRaterie  (meber  @innenem|)finbung  noc^  S^egriff),  nur  auf  bie  fubjectioen 
SBebingungen  bed  ©ebraud^iiS  ber  Urtl^eitöfraft  überl^aupt  (bie  aeber  auf  5 
bie  befonbere  Sinnesart,  noc^  einen  befonbern  SSerftanbeiSbegriff  einge« 
fc^ränft  i[t)  gerid^tet  fein  lann;  folglid^  auf  badfenige  @ubiectiüe,  meli^ed 
man  in  aDen  SJlenfd^en  (als  jum  mögUd^en  @r{emitnif[e  überl^aupt  er- 
forbcrlid^)  Dorauöfe^en  lann:  fo  mufe  bie  Übcreinftimmung  einer  SSor* 
fteUung  mit  biefen  SBebingungen  ber  Urtl^eils!raft  als  für  iebermann  10 
gültig  a  priori  angenommen  werben  fonnen.  S).  i.  bie  Suft  ober  fubjectiüe 
^toedm&^igfeit  ber  SSorfteKung  für  baS  SSerl^dltnig  ber  @rfenntnigt>er= 
mögen  in  ber  Seurt^eilung  eines  ftnnlid^en  ©egenftanbeS  überl^aupt  mirb 
iebermann  mit  SRed^t  angefonnen  »erben  fönnen*). 

9(nmertung.  15 

S)iefe  S)ebuction  ift  barum  fo  leidet,  meil  fte  !eine  objectiüe  dlealitat 
eines  Begriffs  gu  red^tfertigen  notl^ig  l^at;  benn  @d^ön^eit  ift  fein  äSegriff 
))om  Obiect,  unb  baS  ©efd^mad^Surtl^eil  ift  fein  Srfenntnigurt^eil.  @S 
be]^au))tet  nur:  bag  mir  bered^tigt  ftnb,  biefelben  fubjecttpen  SBebingungen 
ber  Urtl^eilSfraft  allgemein  bei  febem  3)7enfd^en  ))orauSgu{e^en,  bie  mir  20 
in  uns  antreffen;  unb  nur  nod^,  ba^  mir  unter  biefe  Sebiugungen  baS 
gegebene  Dbject  richtig  fubfumirt  l^aben.  Dbgleid^  nun  bieS  le^tere  un^ 
Dermeiblid^e,  ber  logifd^en  Urt^eilSfraft  nid^t  anl^&ngenbe  @d^mierigfetten 
l^at  (meil  man  in  biefer  unter  93egriffe,  in  ber  aftl^etifd^en  aber  unter  ein 


•;  Um  bcrcd^tißt  au  fein,  auf  aüö^mcinc  SSciftlmmunö  au  einem  bloß  auf  f ub- 
Jectioen  ©rönben  beru^enben  Urt]()eite  ber  äftl)etif(^en  Urtt;eitöfraft  Slnfprud^  au 
madjien,  ift  ö^nug,  bafe  man  einräume:  1)  33ei  alten  9)^enf(!^en  feien  bie  fubjectiüen 
S3ebingungen  biefeiS  SSennögen^,  toa^  baS  SBerl^dttnig  ber  barin  in  ^ätigfeit  gefegten 
(Srfenntnifefräfte  au  einem  ©rrenntnife  überlftaupt  betrifft,  einerlei;  »el^eS  wolftr  fein 
muB,  weil  fid;  fonft  5Wenfct)en  i^rc  löorfteUunöen  unb  f elbft  baö  (SrfenntniB  ni^t  niit- 
tl^eilen  fönnten.  2)  ^a^  Urt^eil  ^ahe  blog  auf  biefeiS  ^erl^dltnig  (mithin  bie  form ale 
a3ebin0unö  ber  Urtl^eiWfraf l)  9lücfrirf)t  ßenommen  unb  fei  rein,  b.  i.  lueber  mit  93e- 
griffen  00m  Dbject  nod^  ©mpfinbungen  M  iBeftimmungögrünben,  öermengt.  SBenn 
in  Änfe^ung  biefe«  lejtem  aud)  gefeljlt  »orben,  fo  betrifft  baS  nur  bie  unnötige  Hn- 
wenbung  ber  öefngnife,  bie  ein  ©efeft  unS  giebt,  ouf  einen  befonbern  ffaU,  woburc^ 
bie  93efugnig  fiber^aupt  niti^t  aufgehoben  roirb. 


3)ebuction  bcr  öfll&ctffd^cn  Urll^ette.  291 

Mofe  euH)finbbare8  SScrl^ältnife  bcr  an  bcr  üorgcPcUtcn  tJorm  bc8  Oblcct« 
tt)c(^fclfcitig  unter  einanber  ftimmenben  @inbtIbungSfraft  unb  ht^  93er« 
fianbcö  fubfumirt,  mo  bic  ©ubfumtion  leidet  trügen  fann):  fo  »Irb  ba= 
burd^  boc^  ber  9fie(|tniägig!eit  beiS  3(nfpru(^iS  ber  Urtl^eitölraft,  auf  a\i- 

5  gemeine  Seiftlmmung  ju  red^nen,  nid^tö  benommen,  »eld^er  nur  barauf 
l^inauiSl&utt,  bie  Sttd^tigfett  beiS  ^l^rincipd  auS  fubiectinen  ©ritnben  fär 
febermann  gültig  gu  urt^eilen.  S)enn  idqS  bte  ©d^mierigfeit  unb  ben 
Sweifel  »egen  ber  JRid^tigfeit  ber  Subfumtion  unter  jene«  ^rincip  be= 
trifft,  jo  macftt  fte  bie  8fled^tmäfeigfeit  be«  anfpruc^ö  auf  biefe  ©ültigfcit 

10  eines  äftl^etifd^en  Urtl^eild  überliQupt,  mitl^in  ba^  ^rincip  felber  fo  menig 
jtteifel^aft,  al«  bie  eben  fowol^l  (obgleid^  nid^t  fo  oft  unb  leidet)  fel^lcr* 
iiiafte  ©ubfumtion  ber  logifd&cn  Urt^eiföfraft  unter  i^r  $rincip  ba«  le^tere, 
»oeld^e«  objectlo  ifl,  gmeifell^aft  mad^en  fann.  SBürbe  aber  bie  grage  fein: 
SBie  ifi  eö  möglich,  bie  5Ratur  aU  einen  Snbegriff  üon  ®egen[tdnben  beS 

15  ©efd^modS  a  priori  angunel^men?  fo  l^at  biefe  Slufgabe  SBegiel^ung  auf  bie 
Ideologie,  toeil  e«  alö  ein  Qxotd  ber  5Ratur  augcfel^en  »erben  müfete,  ber 
t^rem  begriffe  wefentUc^  anl^inge,  für  unfere  Urtl^eitefraft  jttedtmäfeige 
i^ormen  aufgufteDen.  SIber  bie  SRid^tigfeit  biefer  Snnal^me  ift  nod^  fel^r 
gu  bejtteifeln^  inbefe  bie  SBirllid^feit  ber  SJlaturfd^onl^eiten  ber  ßrfal^rung 

20  offen  liegt. 

§39. 
9Son  ber  SKittl^eilbarleit  einer  Smpfinbung. 

3Senn  @mpfinbung  a\&  bad  SReale  ber  SBal^rne^mung  auf  @rfennt= 
ttife  begogen  »irb,  fo  l^eifet  fie  @inne^3empftnbung;  unb  baö  ©pecififd^e 

25  il^rer  Dualit&t  I&|t  ftd^  nur  a\i  burd^g&ngig  auf  gleid^e  ^rt  mittl^eilbar 
DorfteKen,  menn  man  annimmt,  ba^  jebermann  einen  gleid^en  @inn  mit 
bem  unfrigen  l^abe:  biefeS  Idgt  fi^  aber  oon  einer  ©inneiSempfinbung 
fd^Ied^terbingS  nid^t  Doraudfe^en.  @o  !ann  bem,  loeld^em  ber  @inn  be8 
©erud^iS  fel^It,  biefe  3(rt  ber  6mpfinbung  nid^t  mitgetl^eilt  merben;  unb 

30  felbft  menn  er  il^m  nid^t  mangelt,  !ann  man  bod^  nid^t  ftd^er  fein,  ob  er 
gerabe  bie  n&mlid^e  Smpfinbung  Don  einer  93Iume  l^abe,  bie  mir  baoon 
l^aben.  SRod^  mel^r  unterfc^ieben  muffen  mir  un8  aber  bie  SRenfc^en  in 
änfel^ung  ber  9(nnel^mlid^fcit  ober  Unannel^mlid^Ieit  bei  ber  Sm- 
pfinbung  eben  beffelben  ©egenftanbeS  ber  Sinne  oorfteHen;  unb  eö  ift 

35  fd^Ied^terbingd  nid^t  gu  t)erlangen,  bag  bie  Suft  an  bergleid^en  @egenftän= 
ben  oon  {ebermann  gugeftanben  merbe.    SRan  fann  bie  Suft  oon  biefer 

19* 


292    lerita  ber  Urt^ell«fraft.   l.S^e«.  Ärftlf  bcr  dfl^cttfi^en  Urt^cilShaft. 

9(rt,  aetl  fte  burd^  ben  @inn  in  hai  ©emfitl^  !ommt  unb  mir  babei  alfo 
pa\^\>  finb,  bie  Sujt  beS  ©enuffeS  nennen. 

2)aS  So^lflcfaDen  on  einer  ^anblung  um  il^rcr  moralifd^en  Se= 
f(l^affcn][)elt  ©lllen  Ift  bagegcn  feine  Sufl  beö  ®enuffe«,  fonbern  ber  ©elbft^ 
tl^itigfeit  unb  beren  ©emäfel^eit  mit  ber  3bee  feiner  SBeftimmung.  2)iefe«  5 
©efül^l,  tteld^e«  baö  pttUd^e  Reifet,  erforbcrt  aber  Segriffe  unb  ftcHt  feine 
freie,  fonbern  gefe^Iic^eSmedm&gigfeit  bar,  I&gt  ftd^  alfo  aud^  nid^tanbere 
ald  Dermittelft  ber  SSernunft  unb,  foD  bie  Suft  bei  j[ebermann  gleid^artig 
fein,  burd^  fe^r  beftimmte  praftifc^e  SSernunftbegriffe  allgemein  mittl^eilen. 

3)ie  2ufl  am  erhabenen  ber  Sdatur,  al«  Suft  ber  öernünftelnben  10 
(Kontemplation,  mac^t  gmar  aud^  auf  allgemeine  3:]^eilne]^mung  Snfpruc^, 
fe^t  aber  bod^  fc^on  ein  anbereS  ©eful^I,  nämlid^  hai  feiner  fiberftnnlid^en 
SBeftimmung,  t)orau$:  meld^ed,  fo  bunfel  eiS  aud^  fein  mag,  eine  moralifd^e 
Orunblage  l^at.  ©afe  aber  anbere  SRenfc^en  barauf  SRüdtftc^t  nel^men  unb 
in  ber  ^Betrachtung  ber  raul&en  ©röfec  ber  5Ratur  ein  SBol^lgefaHen  finben  lä 
»Derben  (»eld^e«  »al^rl^aftig  bem  SInblidte  berfelben,  ber  el^er  abfd^redtenb 
ift,  ntd^t  gugef^rieben  merben  fann),  bin  id^  nid^t  fd^Ied^tl^in  Dorandju« 
fe^en  bere^tigt.  S)em  ungead^tet  fann  id^  bod^  in  Setrad^t  beffen,  bag 
auf  jene  moralifd^en  Einlagen  bei  jeber  fd^idlid^en  S3eranlaf|nng  Sificfftd^t 
genommen  »erben  foUte,  aud^  ieneö  SBol^lgefallen  iebermann  anjinnen,  20 
aber  nur  oermittelft  beiS  moralif^en  ®efefec8,  toel^e«  fetnerfeit«  »ieberum 
auf  Gegriffen  ber  Vernunft  gegrünbet  ifl. 

S)agegen  ift  bie  Suft  am  @d^önen  meber  eine  2uft  bed  ©enuffeiS,  nod^ 
einer  gefe^Ud^en  5tl|&tigfeit,  aud^  nid^t  ber  t)ernünftelnben  Kontemplation 
na(^  ^bttn,  fonbern  ber  blofeen  SReflejrion.  Dl^ne  irgenb  einen  Qmd  ober  »s 
©runbfa^  jur  9Ud^tf(^nur  ju  l^aben,  begleitet  biefe  Suft  bie  gemeine  Sfuf^ 
faffung  eineiS  ©egenftanbeS  burd^  bie  @inbilbung$fraft,  aliS  SSermögen  ber 
anfd^auung,  in  SBejic^ung  auf  ben  SSerftanb,  al«  Vermögen  ber  begriffe, 
t)ermittelft  eines  SSerfal^rend  ber  Urt^eilSfraft,  töeld^ed  fte  aud^  gum  Sel^uf 
ber  gemeinften  ßrfal&rung  ausüben  mufe:  nur  bafe  pe  e8  l^ler,  um  einen  30 
empirifd^en  obicctlöen  Segriff,  bort  aber  (in  ber  dft^etifd^en  Seurt^eilung) 
blog,  um  bie  ^ngemeffenl^eit  ber  SSorfteQung  gur  l^armonifd^en  (fubiectit)^ 
gtoedmfifeigen)  Sefd^dftigung  beiber  ©rfenntnifeöermögen  in  il^rer  grei^eit 
mal^rgunel^men,  b.  i.  ben  JBorfteDungSguftanb  mit  Suft  gu  empfinben,  gu 
tl^un  gen5t^igt  ift.  S)iefe  Suft  mug  not^tt)enbig  bei  {ebermann  auf  ben  35 
ndmlld^en  Sebingungcn  berul^en,  meil  fte  fubjectiöe  Sebingungen  ber 
aRöglt(^feit  einer  @rfenntni6  überl^aupt  jtnb,  unb  bie  gJroportion  bicfer 


3)ebuctlon  bcr  äfil^ctlfc^en  Urtl^eilc.  293 

erfcnntnifeDcrmögen,  toeld^c  gum  (Scfd^mad  crforbcrt  toirb,  au(|  jum  ge« 
meinen  unb  gefunben  SSerftanbe  erforberlid^  ifl,  ben  man  bei  iebermann 
öorauSfefecn  barf.  eben  barum  barf  aud^  ber  mit  ©cfd^mad  Urtl^cilenbe 
(menn  er  nur  in  biefem  »emufetfcin  ni^t  irrt  unb  nic^t  bie  SRateric  für 
5  bie  5orm,  atelj  für  ©d^ön^eit  nimmt)  bie  f ubjcctiDe  Smedtmäfeigfeit,  b.  i. 
fein  SBo^Igcfatten  am  Dbjecte,  jebem  anbcrn  anjtnncn  unb  fein  ©efül^l 
aliS  aQgemein  mitt^eilbar  unb  gtoar  ol^ne  SSermittelung  ber  begriffe  am 
nel^men. 

§40. 
10        S3om  ©efd^made  ald  einer  Srt  Don  sensus  communis. 

3Ran  fliebt  oft  ber  Urtl^eilgfraft,  toenn  nid^t  fomol&l  il&re  aUcpejcion  al8 
t)ielmelÖr  blofe  baS  SRefultat  berfelben  bemerllid^  ift,  ben  9lamcn  cineä 
6inneö  unb  rebet  Don  einem  SBal^rl^eitgfinnc,  öon  einem  ©inne  für  »n« 
jlänbigfeit,  ©ered^tigfeit  u.  f.  ».;  ob  man  jmar  meife,  »enigftenö  billig 

15  »iffen  fönte,  bofe  eS  nid^t  ein  Sinn  ift,  in  toeld^em  bicfe  ^Begriffe  i^ren 
@i^  l^aben  lönnen,  noc^  meniger,  bag  biefer  ju  einem  SuSfpruc^e  aOge« 
meiner  Siegeln  bie  minbefte  gd^igfeit  l^abc;  fonbern  bafe  un8  üon  SBa^r« 
Ifeit,  ©d^idlid^feit,  ©d^ön^eit  ober  ®ere(!^tigfeit  nie  eine  SJorftellung  biefer 
9lrt  in  ^ebanfen  fommen  fönnte,  loenn  koir  und  nid^t  über  bie  @inne  gu 

20  l^öl^crn  ©rfenntnifeöcrmögen  erl^cbcn  Knuten.  3)er  gemeine  STOenfdöen« 
Derftanbr  ben  man  aliS  blog  gefunben  (nod^  nid^t  cuUioirten)  SSerftanb 
für  ha&  ®eringfte  aufteilt,  beffen  man  nur  immer  jtd^  Don  bem,  welcher 
auf  ben  Flamen  eined  ^enfd^en  Slnfprud^  mad^t,  gem&rtigen  fann,  l^at 
bal^er  auc^  bie  !ranlenbe  @^re,  mit  bem  9)amen  bei^  ©emeinftnneiS  (sensus 

35  communis)  belegt  gu  koerben;  unb  gmar  fo,  bag  man  unter  bem  SBorte 
gemein  (nid^t  blofe  in  unferer  Sprache,  bie  l^ierin  toirflid^  eine  QmtU 
beutigfeit  enthält,  fonbern  aud^  in  mandber  anbern)  fo  Diel  a\€  baS  vulgare, 
roai  man  allenthalben  antrifft,  Derftel^t,  loeld^eS  gu  bellten  fd^led^terbingS 
fein  SSerbienft  ober  SSorgug  ift. 

30  Unter  bem  sensus  communis  aber  mu^  man  bie  ^bee  eines  gemein^ 
fd^aftlld^en  Sinnes,  b.  i.  eine«  SScurtl^eilungSDermögcnS  Derftel^en, 
»eld^e«  in  feiner  3teflcfion  auf  bie  JBorftellungSart  icbeö  anbern  in  ®e= 
banfen  (a  priori)  9iü(f|td^t  nimmt,  um  gleid^f am  an  bie  gefammte  3Ren= 
fd^euDernunft  fein  Urtl^cil  gu  Italien  unb  baburd^  ber  Sllupon  gu  entgegen, 

85  bie  aud  fubiectiDen  ^rioatbebingungen,  meldte  leidet  für  objectiD  gel^alten 
iDerben  lönnten,  auf  ba8  ttrtl^eil  nat^t^eiligen  @influg  ^aben  loürbe. 


294    ^ittf  ber  Urt^etlfSfraft.   1.  3:^et(.  jetittf  ber  äft^ettf(^en  Urt^eitöfraft. 

S)iefefS  gefd^iel^t  nun  baburc^,  bog  man  fein  Urtl^eil  an  anberer  nid^t  fo^ 
nool^I  totrflid^e  ald  nielmel^r  blog  möglid^e  Urtl^eile  l^ält  unb  fid^  in  bie 
@teDe  iebeiS  anbern  Derfe^t,  inbem  man  blog  t)on  ben  Sefd^r&nfungen,  bie 
unferer  eigenen  Seurt^eilung  jufälliger  SBeife  anl^angen,  abftral^irt: 
n)eld^es  tDteberum  baburc^  bemirft  mirb,  bag  man  bad,  mad  in  bem  ^or«  5 
fteQungdjuftanbe  SRaterie,  b.  i.  Smpftnbung,  ift,  fo  üiel  m5gli(^  iDegl&gt 
nnb  lebiglW^  auf  bie  formalen  6igentl^ümli(|feiten  feiner  SSorfteüung  ober 
feineiS  SSorfteQungSiuflanbed  Sld^t  ^at.  9lun  f(|eint  biefe  Operation  ber 
9{efIe;rion  Dieüeid^t  allgu  fßnftlicl^  gu  fein,  um  fie  bem  SSermogen,  meld^ed 
mir  ben  gemeinen  Sinn  nennen,  bcijulegen;  allein  fie  pel^t  au(!^  nur  fo  1« 
aufS,  menn  man  fie  in  abftracten  i^ormeln  audbrfidt;  an  ftd^  ift  nid^tö 
natürlid^er,  a\^  oon  Sieij  unb  Sftül^rung  gu  abfiral^iren,  menn  man  ein 
Urtl^eil  fud^t,  toeld^ed  gur  aQgemeinen  Sflegel  bienen  foll. 

golgenbe  SKa.rimcn  beö  gemeinen  TOenfc^enöcrftanbe«  gel(5ren  gmar 
nid^t  l^iel^er,  al$  2:i^eile  ber  ©efd^mad^^Sfritif,  tonnen  aber  boc^  gut  Sr^  15 
Iduterung  i^rer  ©runbfd^e  bienen.    @^  ftub  folgenbe:  1.  @elbftbenfen; 
2.  an  ber  ©tefle  jebe«  anbern  benfen;  3.  Sebergeit  mit  ftd^  fctbft  ein= 
[timmig  benfen.  2)ie  erfte  ift  bieSWafime  ber  »orurtl^eilfreicn,  bie 
jioeitc  ber  erweiterten,  bie  britte  ber  confequenten  S)enfung§art. 
©ie  erfte  ift  bie  aßajrime  einer  niemals  paff  inen  JBernunft.  ©er  $ang  20 
gur  le^tern,  mitl^in  gur  ^eteronomie  ber 93ernunft  l)eigt  baiS  SBorurtl^eil; 
unb  baö  gröfete  unter  allen  ift,  ftdb  bie  5Ratur  Siegeln,  meldte  ber  SBerftanb 
il^r  burd^  fein  eigene^  mefentlid^eiS  ®efe^  gum  ©runbe  legt,  ald  nid^t  untere 
morfen  üorgufteüen:  b.  i.  ber  SIberglaube.  Befreiung  Dom  Slberglauben 
l^eifet  äufflärung*):  meil,  obfd^on  biefe  ^Benennung  aud^  ber  Befreiung  25 
üon  aSorurt^cilen  überl^aupt  gufommt,  jener  boc^  üorjugömeife  (in  sensu 
eminenti)  ein  SSorurt^cil  genannt  gu  »erben  oerbient,  inbem  bie  a3linb= 
l[)eit,  morin  ber  Aberglaube  ücrfefet,  ja  pe  wol^l  gar  alö  Obliegenheit  forbert, 

*)  aj^an  fielet  üalb,  bag  ^Cufflctrung  aroar  in  ^befi  let^t,  in  ^i)potl^efi  aber 
eine  fd^iuere  unb  langfam  au^aufül^renbe  @a^e  fei:  meil  mit  feiner  S3ernmtft  ni^t  so 
paffiö,  fonbern  ieberjeit  fiij^  felbft  öefefegebcnb  au  fein  aroar  etwoö  ganj  Öei^te5  für 
ben  ^enfti^en  ifl,  ber  nur  feinem  mefentlt(^en  Qwe^t  angeme{fen  fein  roiQ  unb  ba^, 
lua^S  über  feinen  iSBerftanb  ift,  nici^t  5U  roiffen  t)erlangt;  aber  ba  bie  93efirebung  gum 
legieren  faum  au  Derl^üten  ift,  unb  e€  an  anbern,  roelti^e  biefe  SBigbegierbe  befdebigen 
3U  fönnen  mit  uieler  ßuDerfi^t  i^erfprec^en,  nie  \e1)Un  roirb:  fo  mug  ba^  blog  !RegatiDe  35 
(melc^eS  bie  eigentliche  ^ufHärung  au$ma(l)t)  in  ber  2)en!ungdart  (gumal  ber  öffent« 
U(^en)  au  erl^alten  ober  l^eraupeflen  fc^r  fc^mer  fein. 


S)ebuction  ber  Afi^etif^en  Itrtl^eUe.  295 

ba^  Sebfirfnig  Don  anberu  geleitet  gu  toerben,  mithin  ben  Suftanb  einer 
pa{ft))en  äSernunft  t)oriä8li(^  fenntli^  mod^t.  Sßai^  bie  jtoeite  ^ajrime  ber 
©cnfungiSart  betrifft,  fo  pnb  wir  fonft  idoI^I  gewohnt,  benjcnlflen  einge« 
f(^rfinft  (bornirt,  baö  ©egentl^eil  öon  erweitert)  ju  nennen,  beffen  a:o* 

s  lente  gu  feinem  großen  ©ebrau^e  (üornel^mlid^  bem  inten|ioen)  julangen. 
aUcln  l^ier  ift  nid^t  bie  3tebe  Dorn  SBermogen  be8  ßrfenntntffe«,  fonbern 
üon  ber  S)enfungi$art,  einen  giDedmägigen  ©ebraud^  baDon  gu  mad^en: 
aeld^e,  fo  Hein  aud^  ber  Umfang  unb  ber  ®rab  fei,  iDol^in  bie  9laturgabe 
be«  SWenfd^en  reid^t,  beunod^  einen  SRann  öon  ermeiterter  ©enfungS* 

10  art  angeigt,  n)enn  er  jid^  fiber  bie  fubjectiDen  ^rtüatbebingungen  bed  Ur- 
t^eil«,  wogtoifd^en  fo  ötele  anbere  tt)ie  eingeflammert  jtnb,  »egfe^t  unb 
aus  einem  allgemeinen  @tanb|)unTte  (ben  er  baburd^  nur  beftimmen 
lann,  ba^  er  jid^  in  ben  @tanbpunft  anberer  Derfe^t)  über  fein  eigene^S 
Urtl^eil  reflectirt.   S)ie  britte  3Wa.rime,  nftmlic^  bie  ber  confequenten 

35  S)en!ungSart,  ift  am  fd^iDerften  gu  erretd^en  unb  lann  aud^  nur  bur^  bie 
Serbinbung  beiber  erften  unb  nad^  einer  gur  gertigfeit  ge»orbenen  öfteren 
SScfolgung  berfelbcn  erreid^t  »erben.  3Ran  fann  fagen:  bie  erfte  biefer 
5Kaj:imen  ift  bie  SRayime  be2  SSerftaube«,  bie  gweitc  ber  Urt^eilöfraft,  bie 
britte  ber  Vernunft.  — 

ao  2!^  nel^me  ben  burc^  btefe  @pifobe  t)erlaf[enen  $aben  iDieber  auf  unb 
fage:  bag  ber  ®ef(!^madC  mit  mel^rerem' Siedete  sensus  communis  genannt 
n)erben  tonne,  a\&  ber  gefunbe  SSerftanb;  unb  bag  bie  äft^etifd^e  ttr« 

*  t^eiföfraft  el)er  al«  bie  intellectucne  ben  5Ramen  eine«  gemeinfc^aftlid^en 
Sinnes*)  fäl^ren  I5nne,  menn  man  ia  ba«  SBort  @inn  \>on  einer  äBirfung 

25  ber  blofeen  SReflefion  auf  baiS  Ocmutl^  braud^en  ©iU:  benn  ba  üerftel^t 
man  unter  ©inn  ba«  Oefü^l  ber  guft.  30?an  fönnte  fogar  htn  ©efd^mad 
burd^  ba«  Seurt^eilungSüermögen  be«|enigen,  toa«  unfer®efü]^l  an  einer 
gegebenen  SSorfteüung  ol^ne  SSermittelung  eine«  93egriff«  allgemein 
mittl^eilbar  mac^t,  bepnircn. 

30  S)ie  ®ef(!^id[li4)feit  ber  ÜWenfd&en  pd^  il^rc  ©ebanfen  mitgut^eilen  er* 
forbert  aud^  ein  SBer^dltnife  ber  ßinbilbungSfraft  unb  be«  SBerftanbe«,  um 
ben  ^Begriffen  Slnfd^auungen  unb  biefen  mieberum  SBegriffe  gugugefeHen, 
bie  in  ein  Srlenntnig  gufammenfliegen;  aber  al«bann  ift  bie  ßufammen* 
ftimmung  beiber  ®emüt]^«fräfte  gef  efelid^  unter  bem  Spange  beftimmter 


35  *)  ÜRan  !5nnte  ben  ®ef(^mad  burd^  sensus  communis  aestheticus,  ben  ge* 

meinen  SJ^enfci^enoerftanb  burd^  sensus  communis  logicus  begeici^nen. 


296    i^ittf  5er  Urt^eUdfraft.   1.  Z^til  Sttiixt  bec  öfl^etif<i^en  Urtl^eildfroft. 

^Begriffe.  9lur  ba,  koo  SinbilbungStraft  in  il^rer  Steilheit  ben  SSerftanb 
txmdt,  unb  biefer  oline  Segriffe  bie  @tnbilbungdfraft  in  ein  regelmäßige^ 
(Spiel  Derfe^t:  ba  t^eilt  ftd^  bie  SSorfteQung,  nid^t  ald  ®ebanle,  fonbern 
atö  innereiS  ©efül^l  eine^  imedmägigen  Suftanbed  bed  OemütH  tnit. 

S)er  ©efc^mad  i[t  alfo  baS  ä3erm5gen,  bie  äRitt^eilbarfeit  ber  ®e^    s 
fül^le,  toeld^e  mit  gegebener  SBorileUung  (oline  äSermittelung  eined  Se> 
griff«)  »erbunben  jtnb,  a  priori  ju  beurtl^eilcn. 

Sßenn  man  annehmen  bfirfte,  bag  bie  bIo|e  aUgemeine  3Rittl^ei(bar* 
feit  {eines  ©efai^tö  an  ftc^  fc^on  ein  Sntereffe  fär  m^  bei  fid^  fftl^ren 
mflffe  (meld^ed  man  aber  a\x&  ber  99ef(^affenl^eit  einer  bIo|  reflectirenben  lo 
Urtl^eilStraft  gu  fc^Iiegen  nid^t  bered^tigt  ifl):  fo  mürbe  man  {td^  erHiren 
f5nnen,  mol^er  bad  ©efül^l  im  ©efd^madtiSurt^eile  gleic^fam  atö  $flid^t 
iebermann  gugemut^et  toerbe. 

§41. 
S3om  empirifd^en  3!ntereffe  am  €d^5nen.  » 

S)ag  baS  ©efd^madC^urtl^eil  mobur^  ettoaS  f&r  fd^on  erfldrt  mirb, 
fein  Sntereffe  gum  S3eftimmung8grunbe  l^aben  mfiffe,  ift  oben  l^in* 
reic^enb  bargetl^an  morben.  8ber  baraud  folgt  nid^t,  baß,  nad^bem  eS  ald 
reineiS  dft^etifd^eiS  Urtl^eil  gegeben  fborben,  fein  ^ntereffe  bamit  Derbunben 
merben  f5nne.  S)ie[e  SBerbinbung  mirb  aber  immer  nur  inbirect  fein  20 
fonnen,  b.  i.  ber  ©efd^macf  mufe  allererft  mit  etttaö  anberem  öerbunben 
DorgefteDt  toerben,  um  mit  bem  äBo^IgefaQen  ber  bloßen  9iefle;rion  übet 
einen  ©egenftanb  no(^  eine  guft  an  ber  @;rifleng  beffelben  (ald  motin 
aUeS  Sntereffe  befielet)  i)erfnü))fen  gu  fönnen.  S)enn  ed  gilt  ^ier  im 
aftl^etifd^en  ttrtl^eile,  aaS  im  ßrfenntni^urtl^eile  (oon  S)ingen  über^au|)t)  S5 
gefagt  kotrb:  a  posse  ad  esse  non  valet  consequentia.  S)iefej$  Slnbere 
fann  nun  etmaö  @mpirifd^e8  fein,  n&mlid^  eine  Steigung,  bie  ber  menfc^* 
lid^en  9latur  eigen  ift;  ober  etmaS  SnteQectuened  als  @igenfd^aft  bed 
SBiOend,  a  priori  burd^  SSernunft  beftimmt  merben  gu  fonnen:  meiere 
beibe  ein  SBo^Igefallen  am  3)afein  eineiS  DbiectiS  entl^alten  unb  fo  ben  30 
©runb  gu  einem  ^ntereffe  an  bemjenigen  legen  fonnen,  mad  fd^on  für 
ftd^  unb  ol^ne  9iücf jtd^t  aut  irgenb  ein  ^ntereffe  gefallen  l^at. 

empirif(^  interefjirt  baS  ©d^öne  nur  in  ber  Oefellfc^aft;  unb 
menn  man  ben  2;rieb  gur  ©efeDfd^aft  als  bem  3Renfd^en  natürlid^,  bie 
S:auglic^feit  aber  unb  ben  ^ang  bagu,  b.  i.  bie  ©efelligfeit,  gut  @r«  35 


2)ebuction  ber  äft^etifd^en  Urtl^etle.  297 

forbernig  beS  SRenfcl^en  al«  für  bie  ®efeaf(^aft  beftimmten  ©efd^öpfiS,  olfo 
als  jtur  ^umanitdt  gelförlge  @igenf(|Qft,  einräumt:  fo  lann  e$  ntd^t 
felflen,  bag  man  nid^t  auc^  ben  ©efd^madC  aU  ein  Seurtl^ellungSüermögen 
aDe$  beffen,  iDoburd^  man  fogar  fein  ©eful^l  jebem  anbern  mttt][)eilen 

5  tann,  mitl^in  a\^  93ef5rberungiSmittel  beffen,  load  eines  {eben  naturlid^e 
9{eigung  verlangt,  anfeilen  foDte. 

gür  fldö  allein  »ürbe  ein  öerlaffener  aRenfdö  auf  einer  »üften  Snfel 
koeber  feine  ^fitte,  nod^  ftd^  felbft  auSpu^en,  ober  Slumen  auffud^en,  nod^ 
toeniger  fte  |)flangen,  um  ^ii  bamit  audgufcJ^müden;  fonbern  nur  in  @t^ 

10  fenf(|aft  !ommt  eiS  il^m  ein,  nid^t  blog  SRenfc^,  fonbern  aud^  nad^  feiner 
8lrt  ein  feiner  3Kenfdö  gu  fein  (ber  Anfang  ber  ßioiliftrung):  benn  alö 
einen  fold^en  beurtl^eilt  man  benjenigen,  iDeld^er  feine  8uft  anbern  mitju« 
tl^eilen  geneigt  unb  gefd^idtt  ifl,  unb  ben  ein  Object  ntd^t  befriebigt,  menn 
er  baS  SSol^IgefaUen  an  bemfelben  nic^t  in  ©emeinfd^aft  mit  anbern 

15  ffil^Ien  lann.  Suc^  ermartet  unb  forbert  ein  ieber  bie  Sflfidftd^t  auf  aO» 
gemeine  SKittl^eilung  t)on  iebermann,  gleid^fam  a\&  ou8  einem  urfprüng« 
lid^cn  Vertrage,  ber  burc^  bie  SD?enf^]^eit  felbft  blctirt  ifi;  unb  fo  toerben 
freilid^  anfangs  nur  Sfteije,  g.  SB.  färben,  um  ftd^  gu  bemalen  (SRocou  bei 
ben  (Saraiben  unb  Sinnober  bei  ben  Srofefen),  ober  ffllumcn,  SRufd^et 

20  fd&alen,  fd^5nfarbige  SBogelfebern,  mit  ber  3«t  aber  aud^  fd^öne  formen 
(al«  an  ßanotö,  Äleibern  u.  f.  to.),  bie  gar  fein  SSergnügen,  b.  i.  SSBoJ^U 
gefallen  be«  ©enuffe«,  bei  ftd^  föl^ren,  in  ber  ©efeUfd^aft  mld^tig  unb  mit 
großem  Sntereffe  Derbunben:  bis  enblid^  bie  auf  benl^öc^ften  $un!t  ge^ 
fommene  Siüilijtrung  barauS  beinal^e  haS  ^aviptmxt  ber  t)erfeinerten 

25  SReigung  mac^t,  unb  (gmppnbungen  nur  fo  oiel  mertl^  gel^alten  »erben, 
als  fie  ftd^  allgemein  mittl^eilen  laffen;  mo  benn,  loenn  gleich  bieSuft,  bie 
ieber  an  einem  fold^en  ©egenftanbe  l^at,  nur  unbetrad^tlid^  unb  für  ftd^ 
o^nc  merflic^eS  Sntereffe  ift,  bod^  bie  3bee  öon  il^rer  allgemeinen  W\U 
tl^eilbarteit  il^ren  Sßertj^  beinal^e  unenblid^  oergrögert. 

30  S)iefeS  inbirect  bem  @d^onen  burd^  9leigung  gur  ®efellf(^aft  ange^ 
pngte,  mttl^in  empirifc^e  Sntereffe  ift  aber  für  uns  ^ier  oon  feiner  SBic^» 
tigfeit,  bie  mir  nur  barauf  gu  feigen  ^aben,  U)aS  auf  baS  ®efd^ma(fsurt{)eil 
a  priori,  menn  gleid^  nur  inbirect,  SBegiel^ung  ^aben  mag.  3)enn  menn 
aud^  in  biefer  gorm  ftd^  ein  bamit  öerbunbeneS  Sntereffe  entbedten  follte, 

35  fo  mürbe  ©efd^madf  einen  Übergang  unfereS  Seurtl^eilungSDermogenS 
Don  bem  @innengenug  gum  @ittengefäl^l  entbeden;  unb  nic^t  allein,  ba^ 
man  baburd^  ben  ©efc^madC  gmedfm&gig  gu  befd^dftigen  beffer  geleitet 


298    Ärtti!  bcr  Urt^eiWfraft.   1.  X^cll.  Äritif  ber  dfH^etifd^en  Utt^ctKfraft. 

iDcrben  »urbe,  eiS  loürbe  auc^  ein  SRittelgUeb  ber  Jtette  ber  menfd^Uc^en 
S3erm5gen  a  priori,  Don  benen  aDe  ©efe^gebung  abl^Angen  mug,  als  ein 
fold^e«  barfleftcUt  werben.  So  öiel  fann  man  öon  bem  empirifd^cn  3«*^^* 
effc  an  ©egenftftnben  be«  ©efd^madf«  unb  am  ©cfd^mad  felbft  »o^l  fagen, 
bafe  e«,  ba  biefer  ber  Steigung  frol^nt,  obglei^  pe  nod^  fo  verfeinert  fein  s 
mag,  fi(^  boc^  aud^  mit  aDen  Steigungen  unb  Seibenfd^aften,  bie  in  ber 
©efellfd^aft  tl^re  grofete  SWannigfaltigfeit  unb  l^öd^fte  ©tufe  erreid^cn,  gern 
gufammenfc^melgen  I&gt,  unb  baS  Sntereffe  am  @d^5nen,  menn  ed  barauf 
gegrunbet  ift,  einen  nur  fel^r  gmeibeutigen  Übergang  t)om  Slngenel^men 
gum  ®uten  abgeben  fönne.  Db  aber  biefer  nid^t  et»a  bod^  burd&  ben  ®e*  lo 
fd^madf,  toenn  er  in  feiner  Sieinigfeit  genommen  »irb,  beförbert  »erben 
fönne,  ^aben  »ir  ju  unterfud^en  Urfad^c. 

§42. 
SSom  intellectuellen  Sntereffe  am  ©d^önen. 

(S^  gefd^al)  in  gutmfitl^iger  Slbfid^t,  ha^  biejenigen,  »eldge  ade  93e«  15 
fc^&ftigungen  ber  SRenfd^en,  »ogu  biefe  bie  innere  9laturanlage  antreibt, 
gerne  auf  ben  legten  Qxo^d  ber  aWcnfd^^eit,  ndmlid^  baS  5Woralifd^^®ute, 
rid^ten  »outen,  eS  ffir  ein  3^i<4^n  eines  guten  moralifc^en  ßl^arafterd 
l^ielten,  am  ©d^önen  überl^aupt  ein  g^tcreffe  gu  nel^men.  S^nen  ift  aber 
nid^t  ol^ne  ®runb  oon  anbern  »iberfproc^en  »orben,  bie  fic^  auf  bie  @r«  ^ 
fal)rung  berufen,  bafe  SSirtuofen  be«  ©efd^madfs,  nid^t  allein  öfter,  fon* 
bem  »ol^l  gar  getoö^ulid^  eitel,  etgenftnnig  unb  üerberblid^en  Seibenfc^af^^ 
ten  ergeben,  ))ielleid^t  nod^  »eniger  mie  anbere  auf  ben  SSorgug  ber  3ln« 
l^anglid^feit  an  ftttlid^e  ©runbfä^e  Slnfprud^  mad^en  fonnten;  unb  fo 
fd^eiut  e«,  bafe  baö  ®efftl(l  für  ba«  ©d^öne  nld^t  allein  (»ie  eö  aud^  »irf*  25 
lid^  ift)  t)om  moralifd^en  ©efül^l  fpecififd^  unterfc^ieben,  fonbern  aud^  baS 
Sntereffe,  »eld^eS  man  bamit  öcrbinben  fann,  mit  bem  moralifd^en 
f4)tt)er,  feineStoegeS  aber  burd^  innere  Slffinitat  vereinbar  fei. 

3d^  rdume  nun  gtoar  gerne  ein,  bafe  ba«  Sntereffe  am©(^onenber 
^unft  (mogu  id^  aud^  ben  f&nftlid^en  ©ebraud^  berStaturfc^önl^eiten  gum  so 
^u^e,  mitl|in  gur  ©itclfcit  red^ne)  gar  feinen  SBetoelS  einer  bem  SRoralifd^* 
©Uten  anl^&nglid^en,  ober  aud^  nur  bagu  geneigten  S)enfungSart  abgebe, 
dagegen  aber  behaupte  id&,  bafe  ein  unmittelbare«  S^t^^^^ff^  ön  ber 
©d^önl^eit  ber  9latur  gu  nel^men  (nid^t  blo^  ©efd^madf  ^aben,  um  fie  gu 
beurtl^eilen)  jebergeit  ein  Äenngeid^en  einer  guten  ©eele  fei;  unb  bafe,  35 


3)cbuction  bet  äft^eltfd&en  Urtlftcite.  299 

locnn  blefciS  Sntcreffc  liabltucll  ift,  c«  »cnigftcn«  eine  bem  moralffd&en 
©eful^l  gflnfiige  ©emfit^Sfttmmung  angeige,  loenn  eS  jtd^  mit  ber  S3e« 
fd^auung  ber  Statur  gerne  ücrMnbet.  SWan  mufe  jtc^  aber  m\)l  er» 
inncrn,  bafe  iii  l)ier  eiflcntlic^  bie  fd^önen  gormeu  ber  5Ratur  meine,  bie 

5  SReige  bagegen,  iDeI(|e  {te  fo  reid^Iid^  au(^  mit  jenen  }u  t)erbinben  pflegt, 
noc^  jur  ©eite  fefee,  »eil  ba^  Sntereffe  baran  gtoar  aud^  unmittelbar,  aber 
bod^  empirifc^  ift. 

3)cr,  »eld^er  einfam  (uub  ol^ne  abftd^t,  feine  Semerfungen  anbern 
mittl^eilen  ju  moHen)  bie  fd^önc  ®epalt  einer  »ilben  Slume,  eineSSBogel«, 

30  eines  gnfectö  u.  f.  to.  betrad^tet,  um  jie  gu  bemunbern,  gu  lieben  unb  jte 
uid^t  gerne  in  ber  Statur  uberl^aupt  Dermiffen  gu  moHen,  ob  i^m  gleich 
baburd^  einiger  @d^aben  gefd^&l^e,  Diel  meniger  ein  Stufen  barauS  für  i^n 
^eröorleud^tete,  nimmt  ein  unmittelbares  unb  gtoar  inteHectuelle«  3nter= 
effe  an  ber  ©d^önl^eit  ber  SRatur.  S).  i.  nid^t  allein  il^r  5ßrobuct  ber  gorm 

15  nad^,  fonbern  aud^  baS  S)afein  beffelben  gef&Ut  il^m,  ol^ne  bag  ein 
@tnnenreig  baran  9(nt^eil  l^ätte,  ober  er  auc^  irgenb  einen  ßtt^edt  bamit 
t)erbdnbe. 

@S  ift  aber  l^iebei  merftourbig,  bag,  »enn  man  biefen  Siebl)aber 
be«  ©d^onen  inögel^eim  l(intergangen  unb  fünftlid^e  SBlumen  (bie  man 

20  ben  naturlid^en  gang  d^nlid^  oerfertigen  fann)  in  bie  grbe  geftedtt,  ober 
fünftlid^  gefd&nifete  SSogel  auf  S»«i8^  ^^^  Säumen  gefegt  l^dtte,  unb  er 
barauf  ben  Setrug  entbedEte,  baS  unmittelbare  gntcr^ff^f  ^^^  er  Dorl^er 
baran  nal^m,  alsbalb  oerfc^minben,  t)ielleidbt  aber  ein  anbereS,  ndmlid^ 
Das  3ntereffe  ber  ©itelfeit,  fein  ßiinmer  für  frembe  Slugen  bamit  auSgu* 

25  fd^müden,  an  beffcn  ©tette  jtd^  einfinben  »ürbe.  ©afe  bie  Statur  jene 
©d^onl^eit  ^erDorgebrac^t  l^at:  biefer  ©ebanfe  mug  bie  Slnfd^auung  unb 
ateflefion  begleiten;  unb  auf  biefem  grünbet  jid^  allein  baS  unmittelbare 
Sntereffe,  loaS  man  baran  nimmt,  ©onft  bleibt  entioeber  ein  bloßes  ®e« 
fd^madfSurtl^eil  o^ne  alle«  Sntereffe,  ober  nur  ein  mit  einem  mittelbaren, 

30  nfimlid)  auf  bie®efenf(^aft  begogenen,  üerbunbene«  übrig:  »elc^eS  legiere 
feine  pd^ere  Slngeige  auf  moralif(l)=gute  35enfungSart  abgiebt. 

5)iefer  SSorgug  ber  Staturfd^önl^eit  oor  ber  Äunfifd^önl^eit,  »enn  jene 
gleid^  burc^  biefe  ber  iJorm  nac^  fogar  iibertroffen  loürbe,  bennod^  aöein 
ein  unmittelbares  3ntereffe  gu  erioeden,  ftimmt  mit  ber  geläuterten  unb 

35  grünblid^en  35eufungSart  aller  SJtenfd^en  überein,  bie  xijx  fittlid^eS  ®efü]^l 
cultiDirt  l^aben.  SBenn  ein  SRann,  ber  ©efd^madE  genug  ^at,  um  über 
^robucte  ber  fd()onen  Äunft  mit  ber  größten  Stid^tigfeit  unb  geinl^elt  gu 


300    ^itt!  ber  Urtl^eitiSfraft.   1.  ^l^eil.  ^m  hex  äfil^etifc^en  Urtl^eiCdlraft. 

urtl^eilen,  bad  3tmmer  gern  üerl&gt,  in  koeld^em  fene  bie  Sitelfeit  unb 
allenfalls  gefeUfd^aftlid^e  ^reuben  unterl^altenben  @(l^5n]^eiten  angutreffen 
ftnb,  nnb  ftd^  gum  Sd^onen  ber  Statur  loenbet,  um  l^ter  gleid^fam  SSoÜujl 
für  feinen  ®eift  in  einem  ©ebanfengange  gu  ftnben,  ben  er  ^d^  nie  t)5tlig 
entmideln  lann:  fo  merben  nir  biefe  feine  SBa^I  f eiber  mit  ^od^ad^tung  5 
betrad^ten  unb  in  il^m  eine  fd^öne  @eele  Doraudfe^en,  auf  bie  lein  ^unfi« 
lenner  unb  Siebl^aber  um  bt&  3>ntereffe  koillen,  bas  er  an  feinen  ®egen« 
flduben  nimmt,  Slnfprud^  mad^en  lann.  —  SSaS  ift  nun  ber  Unterfd^ieb 
ber  fo  Derfd^iebenen  @d^d^ung  gmeierlei  Dbiecte,  bie  im  Urtl^eile  beS 
bloßen  ©efd^madfiS  einanber  faum  ben  SSorjug  ßreitig  mad^en  kofirben?  10 

SBir  l&aben  ein  SSermögen  ber  blofe  dft^etifc^en  Urtl^eiWfraft,  ol^ne 
Segriffe  über  formen  3uurt^eilen  unb  an  ber  blofeen  SBeurt^eilung 
berfelben  ein  SBol^IgefaUen  3U  ftnben,  koelc^eS  koir  gugleid^  jebermann  gur 
SRegel  mad^en,  ol^ne  bafe  biefeö  Urtl^eil  fid^  auf  einem  Sntereffe  grünbet, 
nocft  ein  fold^eö  l^erüorbringt.  —  Sünbererfeitg  l^aben  toir  audd  ein  JBer«  15 
mögen  einer  inteHectueHen  Urtl^eilöfraft,  für  blofee  formen  praftifd&er 
3Ra;rimen  (fofern  fte  jtd^  gur  allgemeinen  ©efe^gebung  Don  felbft  quali« 
pciren)  ein  SBol^IgefaHen  a  priori  gu  beftimmen,  toeld^eS  mir  febermann 
gum  ©efe^e  machen,  ol^ne  bag  unfer  Urtl^eil  fi(^  auf  irgenb  einem  3>nter:^ 
effe  grünbet,  aber  bod^  ein  folcfte«  l^erüorbringt  S>k  Suft  ober  Un»  20 
luft  im  erfteren  Urtl^eile  Reifet  bie  be8  ©efd^madfö,  bie  gweitc  be«  morali* 
fd^en  ©efüp. 

3)a  cö  aber  bie  SSernunft  aud^  interefprt,  bafe  bie  Sbeen  (für  bie  fte 
im  moralifd^en  ©efül^Ie  ein  unmittelbares  Sntereffe  bekoirft)  aud^  objec« 
tiDe  9tealitdt  ^aben,  b.  i.  bag  bie  ülatur  menigfienS  eine  @pur  geige,  ober  23 
einen  SSinI  gebe,  fte  entl^alte  in  ftd^  irgenb  einen  ©runb,  eine  gefe^mdgige 
Übercinftimmung  il^rer  ^robucte  gu  uuferm  oon  allem  Sntereffe  unab* 
l^ängigen  SSol^IgefaÜen  (iDeld^eS  toir  a  priori  für  iebermann  als  ®efe^ 
erfennen,  ol^ne  biefeS  auf  Setoeifen  grünben  gu  Ibnnen)  angunel^men:  fo 
mufe  bie  aSernunft  an  jeber  äufeerung  ber  Sftatur  öon  einer  biefer  dl^nli*  » 
c^en  Übereinftimmung  ein  Sntereffe  nel^men;  folglid^  lann  baS  ©emütl^ 
ftber  bie  Sd^onl^eit  ber  9latur  ntd^t  nac^benfen,  ol^ne  {td^  babei  gugleid^ 
interefftrt  gu  finben.  3)iefeS  Sntcreffe  aber  ift  ber  aSerioanbtfd&aft  nad^ 
moralifcft;  unb  ber,  loeld&er  eS  am  Sd&önen  ber  SHatur  nimmt,  fann  eS 
nur  fofern  an  bemfelben  nel^men,  als  er  Dorl^er  fc^on  fein  gntereffc  am  » 
©ittlid)»®uten  looblgegrünbet  l^at.   SBen  alfo  bie  ©c^önl^eit  ber  3latur 


2)ebuction  ber  fifl^ettfö^n  Urtl^elle.  301 

unmittelbar  interefftrt,  bei  bem  l^at  man  Urfa()^e,  menigftenS  eine  S(n« 
läge  ju  guter  moralifd^en  ©eftnnung  gu  üermutl^en. 

3Ran  mirb  fagen:  biefe  3)eutung  äftl^tifd^er  Urtl^etle  auf  SSermanbt« 
fd^aft  mit  bem  moralifd^en  ©effil^I  fel^e  gar  gu  ftubirt  auiS,  um  fte  fär  bie 
5  malere  SuiSlegung  ber  ^l^iffrefc^rift  ju  Italien,  »oburd^  bie  9latur  in  i^ren 
f(^5nen  f^ormen  figürlid^  ju  uniS  fpric^t.  SDein  erftli(^  ift  biefe^S  unmit« 
telbare  gntereffe  am  Sd&önen  ber  $Ratur  »irflid^  nid^t  gemein,  fonbern 
nur  benen  eigen,  bereu  3)enIung<Sart  entmeber  jum  ©uten  fd^on  audge«» 
bilbet,  ober  biefer  SiuSbilbung  üorgüglid^  empfänglich  ift;  unb  bann  ffil^rt 

10  bie  Analogie  3tt)ifdE)en  bem  reinen  ©efd^macfiSurtl^eile,  »eld^ed,  ol^ne  Don 
irgenb  einem  3ntereffe  abgul^iängen,  ein  SBol^IgefaQen  füllten  Idgi  unb  t^ 
iugleic^  a  priori  al8  ber  SRenfd^l^eit  fiberl^aupt  anft&nbig  DorfteÜt,  unb 
bem  moraIif(^en  Urtl^eile,  melc^eiS  eben  baffelbe  au$  Segriffen  tl^ut,  aud^ 
o^ne  beutlid^eS,  fubtiied  unb  oorffi^Iid^eö  9lad^benlen  auf  ein  gIeidE)m&6i' 

15  ged  unmittelbares  ^ntereffe  an  bem  ©egenftanbe  beiS  erfteren,  fo  mie  an 
bem  be«  legieren:  nur  bafe  jene«  ein  freies,  biefeS  ein  auf  objectiüe  ®efe^e 
gegrflnbeteS  ^ntereffe  ifi.  IDagu  fommt  noc^  bie  Setounberung  ber  3la^ 
tur,  bie  ftd^  an  il^ren  fd^5nen  firobucten  als  JSunft,  ni(^t  bloB  bur^  3u' 
faK,  fonbern  gleid^fam  abpd^tlid^,  nad^  gefe^magiger  Slnorbnung  unb  als 

20  3n>edmfigigreit  ol^ne  S^oedf,  geigt:  meldten  legieren,  ba  mir  i^n  fiugerlid^ 
nirgenb  antreffen,  mir  natfirlid^er  SBeife  in  uns  felbfl  unb  gmar  in  bem» 
ienigen,  maS  ben  legten  Qmd  unfereS  IDafeinS  auSmad^t,  ndmlic^  ber 
moralifd^en  Seftimmung,  fud^en  (oon  melc^er  ^ad^frage  nad^  bem  ®runbe 
ber  3R5glid&feit  einer  folc^en  Sttaturjmedfmäfeigfelt  aber  atlererfl  in  ber 

25  Steleologie  bie  SRebe  fein  toirb). 

S)ag  baS  SBol^lgefallen  an  ber  fc^önen  j^unft  im  reinen  ©efd^madfs^ 
urtl^ieile  nid^t  eben  fo  mit  einem  unmittelbaren  Sntereffe  öerbunben  ift, 
als  baS  an  ber  fd^bnen  9latur,  ift  aud^  leidet  gu  erfl&ren.  S)enn  jene  ift 
entmeber  eine  folc^e  Slad^al^mung  Don  biefer,  bie  bis  gur  Sdufd^ung  gel^t: 

30  unb  aisbann  t^ut  [k  bie  SBirfung  als  (bafflr  gef^altene)  9laturfdE)5nf)eit; 
ober  fte  ifl  eine  abfid^tlid^  auf  unfer  äßol^lgefaUen  ftc^tbarlid^  gerichtete 
Jhtnft:  aisbann  aber  mürbe  baS  SBo^lgefallen  an  biefem  $robucte  gmar 
unmittelbar  burd^  ®ef(^madC  @tatt  finben,  aber  fein  anbereS  als  mittel« 
bares  ^ntereffe  au  ber  gum  ®runbe  liegenben  Urfad^e  ermedCen,  namlid^ 

35  einer  Äunft,  meldte  nur  burd^  il^ren  Qmed,  niemals  an  fid^  felbft  inter» 
efftren  lann.  9Ran  mirb  t)ielleid^t  fagen,  bag  biefeS  aud^  ber  f^all  fei, 
menn  ein  Dbiect  ber  9latur  burd^  feine  @d()5n]^eit  nur  in  fofern  inter« 


302    ^tttf  ber  Urtl^ettdfroft.   1.  Z^t\l  Sttiiif  ber  fift^ettf(!^en  Utt^eiUfraft. 

efftrt,  aU  tt^x  eine  moraltfd^e  ^bee  beigefellt  toirb;  aber  nid^t  biefeS,  fon« 
bern  bie  Sefc^affenl^eit  betfelben  an  fid^  jelbfi,  ba^  fte  ftd^  ju  einer  folt^en 
SBelflcJeDunfl  qualipcirt,  bie  il^r  alfo  inncrlid^  gufommt,  interef jtrt  unmit 
telbar. 

S)ie  Sieige  in  ber  fd^önen  9latur,  toeld^e  fo  l^duftg  mit  ber  fd^önen    & 
gorm  flleid&fam  jufammenfc^meljenb  angetroffen  »erben,  jtnb  entoeber 
äu  ben  aWobificationen  be8  2id^tö  (in  ber  garbengebung)  ober  beS  ©d^afle« 
(in  Jonen)  gel^örig.   ©enn  biefe  pnb  bie  cingigen  enn)finbungen,  toelc^e 
nid^t  bloB  ©innengeful^I,  fonbern  aud^  9{ef[e;cion  über  bie  f^orm  biefer 
SRobificationen  ber  @inne  üerftatten  unb  fo  gleid^fam  eine  @prad^e,  bie  lo 
bie  %atnr  gu  uniS  fül^rt,  unb  bie  einen  l^öl^ern  @inn  gu  l^aben  fc^eint,  in 
ftd^  entl^alten.  @o  fd^eint  bie  »eige  f^arbe  ber  Silie  ba^  ©emfit^  gu  3be« 
en  ber  Unfc^ulb  unb  nad^  ber  Drbnung  ber  jteben  garben  oon  ber  rotl^en 
an  bis  gur  oiolctten  1)  gur  gbee  ber  ©r^abenl^eit,  2)  ber  Äü^nfteit,  3)  ber 
greimntl^igfeit,  4)  ber  greunblidöfeit,  5)  ber  fflefcftciben^eit,  6)  ber  Stanb-  is 
l&aftigfeit  unb  7)  ber  Sättlid&feit  gu  ftimmen.   3)er  (Sefang  ber  SSögel 
DertAnbigt  t$töl)Itd^feit  unb  ßufrieben^eit  mit  feiner  @;rifieng.   äßenig« 
ften<S  fo  beuten  mir  bie  9tatur  au8,  e^  mag  bergleid^en  i^re  tübftd^t  fein 
ober  nid^t.  tüber  biefed  Sntereffe,  meld^eS  mir  l^ier  an  @d^on^eit  nel^men, 
bebarf  burc^aud,  bag  ed  @d^5n^eit  ber  9tatur  fei;  unb  ed  Derfd^minbet  20 
gang,  fobalb  man  bemerlt,  man  fei  get&ufd^t,  unb  t^  fei  nur  Jtunft:  fo 
gar,  bag  aud^  ber  ®ef(^madC  alsbann  nid^tö  @d^öneiS,  ober  ba^  ©eftd^t 
etmad  SfleigenbeiS  mel^r  baran  finben  fann.  98aiS  mirb  oon  S)idbtem  l^bl^er 
ge^riefen,  aU  ber  begaubernb  fc^öne  @d^lag  ber  ^lad^tigaU  in  einfamen 
©ebfifc^en  an  einem  ftiDen  @ommerabenbe  bei  bem  fanften  Sid^te  be9  ss 
5IKonbeg?  gnbeffen  l^at  man  SBcifpiele,  bafe,  mo  fein  fold^er  Sänger  an- 
getroffen  mirb,  irgenb  ein  luftiger  SBirtl^  feine  gum  ©enug  ber  Sanbluft 
bei  il^m  eingefe^rten  ®&fte  baburc^  gu  il^rer  größten  Sufriebenl^eit  l^inter« 
gangen  l^atte,  bag  er  einen  mutI)miDigen  S3urf(^en,  meld^er  biefen  @d^Iag 
(mit  @d^ilf  ober  9lol^r  im  3Runbe)  gang  ber  9tatur  äl^nlic^  na(^gumad^en  30 
mugte,  in  einem  ©ebüfc^e  ))erbarg.  @obaIb  man  aber  inne  mirb,  bag  ed 
Setrug  fei,  fo  mirb  niemanb  e«  lange  auöl^alten,  biefem  Dörfer  für  fo  rci* 
genb  gel^altenen  ®efange  gugul^oren ;  unb  fo  ift  eis  mit  iebem  anberen  @ing« 
öogel  befd^affen.   (5ö  mufe  Sftatur  fein,  ober  Don  un§  bafür  gel^alten  toer= 
ben,  bamit  mir  an  bem  Schönen  ald  einem  fold^en  ein  unmittelbareis  35 
Sntereffe  nel^men  fönnen;  nod^  mel^r  aber,  menn  mir  gar  anbcm  gu» 
mutigen  bfirfen,  bag  f^e  ed  baran  nel^men  foHen:  meld^eS  in  ber  2:]^at  ge* 


S)ebuction  ber  äftl^ettfc^en  Uri^ette.  303 

fd&icl^t,  inbem  tolr  blc  2)cnfunfl8art  bercr  für  flrob  imb  uncbcl  l^altcn,  bie 
fein  @efu]^I  für  bie  fd^5ne  9latur  ^aben  (benn  fo  nennen  loir  bie  @m» 
:pfdnglid^feit  einei»  ^ntereffe  an  il^rer  Setrad^tung)  unb  {td^  bei  ber  äßal^U 
geit  ober  ber  SouteiUe  am  ©enuffe  bloßer  @{nne^^em:pfinbungen  l^atten. 

5  §43. 

93on  ber  j^unft  überl^aupt. 

1)  Äunfl  tt)irb  öon  ber  9iatur,  »ie  Sl^un  (facere)  üom  ^anbeln 
ober  aSBirfen  überl^au^)!  (agere)  unb  ba8  ^robuct,  ober  bie  golge  ber  er* 
ftern,  aU  SBerf  (opus)  Don  ber  le^tern  als  SBirfung  (effectus)  unter» 

10  f^ieben. 

aSon  JRed^tötoeflen  foUte  man  nur  bie  ^eröorbringung  burdd  greil)ett, 
b.  i.  burd^  eine  äSiUIür,  bie  il^ren  ^anblungen  93ernunft  jum  ©runbe 
legt,  j^unft  nennen.  S)enn  ob  man  gleid^  ba8  $robuct  ber  IBienen  (bie 
regelmdgig  gebaueten  Sßad^dfc^eiben)  ein  JSunftnerl  au  nennen  beliebt,  fo 

15  gefc^iel^t  biefed  bo(^  nur  toegen  ber  Analogie  mit  ber  le^teren;  fobalb  man 

ftc^  ndmli^  beftnnt,  bag  fte  il^re  SIrbeit  auf  feine  eigene  SSernunftflber- 

legung  grünben,  fo  fagt  man  aliSbalb,  eS  ift  ein  $robuct  il^rer  9latur 

(bed  SnftinctS),  unb  ald  jtunft  toirb  eS  nur  il^rem  &6)bp\tx  gugefd^rieben. 

SSenn  man  bei  IDurc^fuc^ung  eines  äRoorbrud^eS,  tt)ie  eS  biSmeilen 

30  gefc^el^en  ift,  ein  @tädf  bel^aueneS  ^olj  antrifft,  fo  fagt  man  ni^t,  eS  ift 
ein  fJrobuct  ber  SRatur,  fonbern  ber  itunft;  bie  l^eröorbringenbc  Urfai^c 
beffelben  l^at  ftc^  einen  Qmd  gebac^t,  bem  biefed  feine  $orm  gu  banfen 
l^at.  @onft  fielet  man  koo^I  auc^  an  allem  eine  j^unft,  loaS  fo  bef(!^affen 
ift,  bag  eine  SBorftellung  beffelben  in  feiner  Urfac^e  Dor  feiner  SBirflid^feit 

25  öorl^ergegangcn  fein  mufe  (toie  felbft  bei  fflienen),  ol^ne  bafe  bod^  bie  SBir* 
fung  oon  i^r  eben  gebac^t  fein  bfirfe;  toenn  man  aber  etivaS  f(!^led()t]^in 
ein  j^unfttoerf  nennt,  um  eS  oon  einer  ^laturkoirfung  gu  unterfd^eiben,  fo 
öerftel^t  man  allemal  barunter  ein  SBerf  ber  SWenfd&en. 

2)  j^unft  als  ©efd^tdttic^feit  beS  SRenfd^en  »irb  au(^  oon  ber 
30  aSBiffenfd&aft  untcrfd&ieben  (können  oom  SBiffen),  als  praftif^eö 

Dom  tl^eoretifc^en  SSermögen,  als  2;ed^nif  oon  ber  Z^toxit  (mie  bie  Selb« 
megfunft  oon  ber  ©eometrie).  Unb  ba  koirb  aud^  baS,  maS  man  fann, 
fobalb  man  nur  weife,  maS  getl^an  »erben  foU,  unb  alfo  nur  bie  begel^rte 
aSirfung  genugfam  fennt,  nld^t  eben  Äunft  genannt.  9lur  baS,  »aS  man, 
35  wenn  man  es  au^  auf  baS  ooaft&nbigfte  fennt,  bennoc^  barum  ju  mad^en 


304    Stxim  ber  Urt^eildliaft.  1.  S^etL  SMüt  ber  aftl^eHfc^en  Urt^dldfraft. 

nod^  nld&t  fofort  ble  Ocfcftidllcftfcit  l^at,  gcl^ört  In  fo  toeit  jur  Äunfl. 
6 am ^ er  befc^reibt  fel^r  genau,  mie  ber  be{le  ©d^ul^  befd^offen  fein  mügte, 
aber  er  fonnte  gewlfe  feinen  ma(J^en*). 

3)  SBirb  aud^  ^unft  Dom  ^anbmerfe  unterfd^ieben;  Me  erfte  ^eigt 
freie,  bie  anbere  fann  au^  Sol^nlunfl  l^eigen.  3Ran  fielet  bie  erfte  fo  5 
an,  a\^  ob  fte  nur  als  @^iel,  b.  t.  Sefd^dftigung,  bie  für  fid^  felbfi  ange* 
nel^m  ift,  gtoedmdgig  auiSfallen  (gelingen)  f5nne;  bie  gmeite  fo,  ba|  fte  al9 
airbeit,  b.  i.  Sefd^dftigung,  bie  für  fid^  felbft  unangenel^m  (befd^toerlic^) 
unb  nur  burd^  il^re  SSirtung  (j.  93.  ben  Sol^n)  anlodfenb  if),  mithin  jmangS« 
mäfeig  auferlegt  werben  fann.  Db  in  ber  SRanglifte  ber  ßfiwfte  U^rmacfter  10 
für  jtünftler,  bagegen  @d^miebe  für  ^anbmerfer  gelten  f ollen:  ba&  bebarf 
eines  anbern  ®efid^tdpunfts  ber  Seurtl^eilung,  als  berienige  ift,  ben  »ir 
l^ier  nel^men;  n&mlic^  bie  Proportion  ber  5ralente,  bie  bem  einen  ober 
anberen  biefer  ©efd^&fte  gum  ©runbe  liegen  muffen.  Ob  aud^  unter  ben 
fogenannten  fieben  freien  j(ünften  nid^t  einige,  bie  ben  ffiiffenfc^aften  bei«  13 
guj&^len,  mand^e  auc^,  bie  mit  ^anbmerfen  ju  oergleid^en  ftnb,  aufgeführt 
»orben  fein  möd^ten:  baDon  min  i(^  l^ier  nic^t  reben.  S)ag  aber  in  allen 
freien  j^ünften  bennod^  etmaS  ßn^cingSmdgigeS,  ober,  mie  man  eS  nennt, 
ein  SRed^aniSmuS  erforberlid^  fei,  ol^ne  meldten  ber  ®eifi,  ber  in  ber 
j^unft  frei  fein  mug  unb  allein  baS  SBerf  belebt,  gar  feinen  j^örper l^aben  20 
unb  gdnglid^  oerbunften  mürbe:  ift  nid^t  unratl^fam  ju  erinnern  (g.  93.  in 
ber  S)id^tfunft  bie  Sprad^rid^tigfeit  unb  ber  Sprad^reic^tl^um,  imgleic^en 
bie  ^rofobie  unb  bas  Sqlbenmag),  ba  manche  neuere  Srgiel^er  eine  freie 
j(unft  am  beften  gu  beforbern  glauben,  menn  fte  allen  QxoarxQ  oon  i^r 
megnel^imen  unb  fie  auS  Slrbeit  in  blogeS  @piel  loermanbeln.  25 

§44. 
S3on  ber  fd^önen  Äunp. 

@S  giebt  meber  eine  äSiffenfd^aft  beS  ©c^önen,  fonbern  nur  ftritif, 
nod^  fd^öne  SBiffenfd^aft,  fonbern  nur  fdE)5ne  jtunft.  2)enn  maS  bie  erftere 
betrifft,  fo  mürbe  in  i^r  miffenfd^aftlic^,  b.  i.  burd^  SÖemeiSgrünbe,  auSge«  30 

*)  3n  meinen  ©egenben  fagt  ber  gemeine  ^am,  tomn  man  i^m  tixoa  eine 
folc^e  Slufgabe  Dorlegt,  »ie  SoIumbuS  mit  feinem  (Su  bad  ifl  feine  ^unft,  eS 
ifl  nur  eine  ©iffenfc^aft.  2).  i.  wenn  mon  eö  mel6,  fo  fann  man  eS;  unb 
eben  blefe«  fogl  et  üon  ollen  Dorgebli(!^en  ^"inflen  beS  2:af(%enfpielerö.  S)ic  beS 
©eiU&naerS  bagegen  wirb  er  gar  ni^t  in  ^brebe  fein,  5(unfi  au  nennen.  35 


2)ebuction  ber  äft^ettfd^en  Urtl^eile.  305 

mod^t  »erben  foHen,  ob  etoaö  für  fd^ön  ju  l^altcn  fei  ober  nicj^t;  ba«  Ur= 
t^eil  über  Sd&önl&eit  würbe  alfo,  »enn  eiS  gur  SBiffcnfcftoft  gel^örte,  fein 
@ef(^maÄdurt]^eiI  fein.  3Sa^  baS  gioeite  anlangt,  fo  ift  eine  SBiffenfd^aft, 
bie  aU  fold^c  fc^ön  fein  foH,  ein  Unbing.   S)enn  menn  man  in  il^r  atö 

5  SSiffenf(^aft  na(^  ©rünben  unb  Seweifen  fragte,  fo  mürbe  man  hnxäi  8^^ 
fcJ&madCDoHe  auÄfprüd^e  (SBonmotö)  abgefertigt.  —  SBai3  ben  ge»6]^nli(!^cn 
augbrud  fd^öne  SBif fenf d^aften  oeranlafet  l^at,  ift  o^ne  ßmelfel  nl(it8 
anberd,  atö  ba^  man  gang  richtig  bemerft  l^at,  ed  loerbe  gnr  f(^5nen  j^unfl 
in  il^rer  gangen  äSoQtommen^eit  Diel  SBiffenfd^aft,  als  3.  S3.  j^enntnig 

10  alter  ©prad^en,  Selefenl^eit  ber  Tutoren,  bie  für  6laf pfer  gelten,  ®ef d^id^te, 
Äenntnife  ber  aitcrtl^ümer  u.f.  tt).i  erforbert,  unb  btS^alb  biefe  l^iftorifc^en 
SBiffenfc^aften,  loeil  fie  gur  fd^öncn  Äunft  bie  notl^ttenbige  Vorbereitung 
unb  ©runblage  auiSmad^en,  gum  Sl^eil  auc^  loeil  barunter  felbft  bie  j^ennt^ 
nife  ber  ^robuctc  ber  fd^önen  Äunft  (SBerebfamfeit  unb  ©it^tfunft)  be= 

15  griffen  toorben,  burc^  eine  SBortoerioed^fclung  felbft  ft^Sne  SBiffenfc^afteu 
genannt  ^at. 

SBenn  bie  j(un{),  bem  (Srfenntniffe  eines  möglid^en  ©egenftanbeS 
angemeffen,  blo^  il^n  koirllid^  gu  mad^en  bie  bagu  erforberlid^en  ^anb« 
lungen  ocrricfttet,  fo  ift  fte  med^anifd^e;  l^at  jie  aber  baS  ®efül)l  ber  8uft 

ao  gur  unmittelbaren  abftd&t,  fo  ^(eifet  pc  dftl^etifd&e  Äunft.  35icfe  ift  ent= 
koeber  angenel^me  ober  fd^öne  ^unfi.  2)aS  erfte  ift  fte,  wenn  berBmedE 
berfelben  ift,  bag  bieSuft  bie  äSorfteHungen  als  bloge  @mpfinbungen, 
baS  gmeite,  ba|  fte  biefelben  als  ©rTenntnigarten  begleite. 

Slngenel^me  JCünfte  ftnb  bie,  loelcl^e  blog  gum  ©enuffe  abgegmecft 

25  toerben;  bcrgleidöen  alle  bie  Steige  ftnb,  »elc^e  bie  ©efeUfd&aft  an  einer 
SS;afel  vergnügen  fönnen:  als  untcrl^altenb  gu  ergäl^len,  bie  ©efeUfd^aft  in 
freimütl^ige  unb  lebl&afte  Oefprdd^igfeit  gu  Derfe^en,  burd&  ©d^erg  unb 
gad^en  Pe  gu  einem  geioiffen  Sone  ber  Suftigfeit  gu  ftimmen,  100,  toie  man 
fagt,  manches  inS®elag  l^inein  gefd^ma^t  werben  lann,  unb  niemanb  über 

30  baS,  was  er  fprid^t,  DerantwortUd^  fein  will,  weil  eS  nur  auf  bie  äugen« 
blidlidge  ttnterl^altung,  ni(^t  auf  einen  bleibenben  Stoff  gum  SRad^beufen 
ober  Slad^fagen  angelegt  ifi  (^iegu  gel^ort  benn  auc^  bie  S(rt,  wie  ber 
5£ifd^  gum  ©enuffe  auSgerüftet  ift,  ober  wol^l  gar  bei  grogen  ®elagen  bie 
S;afelmupl:  ein  wunberlid^eS  S)ing,  welches  nur  als  ein  angenel^meS  ®e« 

35  rfiufdö  bie  Stimmung  ber  ©emütl^er  gur  grö^lid^feit  unterl^alten  foll  unb, 
ol^ne  bag  iemaitb  auf  bie  (Sontpoption  berfelben  bie  minbeße  Slufmerffam« 
feit  üerwenbet,  bie  freie  ©efpräd^igteit  eines  Slad^barS  mit  bem  anbern 

ftttnVB  «(Triften.   SScrfe.  V.  20 


306    Äritlf  her  Urt^eiWfraft.   1.  Zf^til  Äritif  bcr  dftl^etlfc^en  Urt^ciWfroft. 

bcflünfliflt)  3)a8U  gel^öreu  ferner  alle  Spiele,  bie  toeiter  fein  gntereffe 
bei  jt(^  führen,  al8  ble  Seit  unDermerft  »erlaufen  ju  machen. 

Schöne  Äunfl  bageflen  ifl  eine  aSorjtetlunflSart,  bie  für  fid^  felbjl 
gkDedmdgig  iß  unb,  obglei(!^  ol^ne  Qmd,  bennod^  bie  @ultur  ber  ©emütl^S« 
frftfte  äur  flefeDiflen  SKitt^eilung  beförbert.  5 

3)ie  aUflemeine  SKitt^eilbarfeit  einer  Suft  fü^rt  e«  fd^on  in  i^rem 
Segriffe  mit  ftd^,  bag  biefe  nic^t  eine  Suft  bei»  ©enuffeS  au8  bloger  @m^ 
pflnbung,  fonbern  ber  SRefleirton  fein  muffe;  unb  fo  ijl  ftft^etifd&e  Äunfl  al« 
fc^öne  j^unft  eine  folc^e,  bie  bie  reflectirenbe  Urt^eitölraft  unb  nid^t  bie 
@innenempfinbung  gum  SRid^tmage  l^at.  10 

§45. 
©d^öne  Äunft  ift  eine  Äunft,  fofern  fie  augleid^  5Ratur  gu 

fein  fd^eint. 

Sin  einem  $robucte  ber  fd^önen  iSunft  mu|  man  ftd^  bekougt  »erben, 
ba|  z&  j^unft  fei  unb  nid^t  SHatur;  aber  bo(^  mug  bie  3tt)edhnägigfeit  in  15 
ber  gorm  beffelben  öon  allem  ßtoönge  toiHfürlid&er  Jftegeln  fo  frei  fd^elnen, 
a\^  ob  es  ein  ^robuct  ber  bloßen  Statur  fei.  9luf  btefem  ®effi^le  ber  %xt\^ 
l^eii  im  Spiele  unferer  @rlenntnigt)erm5gen,  koeldEjeS  bod^  gugleid^  gmed* 
mdgig  fein  mu|,  berul^t  bieienige  Sufi,  loeld^e  allein  allgemein  mittl^eilbar 
ift,  o^ne  ftc^  bod^  auf  begriffe  gu  gränben.  S)ie  Statur  koar  fd^on,  toenn  so 
fte  guglei(^  als  j^unfi  auSfal^;  unb  bie  Jtunft  fann  nur  fd^ön  genannt 
»erben,  toenn  koir  und  betrugt  pnb,  fte  fei  j^unft,  unb  fte  und  bod^  ald 
Slatur  ausfielet. 

S)enn  koir  I5nnen  allgemein  fagen,  eö  mag  bie  Statur«  ober  bie  ^unft« 
fd^5nl^eit  betreffen:  fd^ön  ift  baiS,  \x>a&  in  ber  blogen  Seurt^eiluhg  25 
(nld^t  in  ber  ©innenempfinbung,  nod&  burd&  einen  Segrtff)  gefüllt. 
Stun  l^at  j^unft  iebergeit  eine  bejiimmte  Slbftc^t  etmaS  l^eroorgubringen. 
SBenn  biefed  aber  bloge  (Smpflnbung  (ettoaiS  blog  ©ubiectioeS)  »fire,  bie 
mit  Suft  begleitet  fein  follte,  fo  mflrbe  bied  ^robuct  in  ber  Seurt^eilung 
nur  Dermittelft  bed  ©innengefft^tö  gefallen.  SBdre  bie  Slbftc^t  auf  bie  30 
^eroorbringung  eines  beftimmten  DbiectS  gerichtet,  fo  tofirbe,  »enn  fte 
burd^  ble  Äunft  erreid^t  toirb,  baS  Dbiect  nur  burd^  Segriffe  gefallen.  2n 
beiben  $dllen  aber  tofirbe  bie  j(unft  nid^t  in  ber  bloßen  Seurt^ei« 
lung,  b.  i.  nic^t  als  fd^bne,  fonbern  med^anifd^e  Jhtn{),  gefallen. 

Slfo  mug  bie  ßmedCmdligfeit  Im  ißrobucte  ber  fd^dnen  Jhtnfl,  ob  fie  u 


2)ebuction  ber  äft^ettf^en  Urtl^eiCe.  307 

}toar  abftc^tlid^  tft,  bod^  ni(^t  abfid^tltd^  fd^einen;  b.  i.  fd^one  JSunft  mug 
als  9latur  an3u feigen  fein,  ob  man  ftd^  il^rer  gmar  atö  j^unft  bewußt  ift. 
818  9latur  aber  erfd^eint  ein  $robuct  ber  ßun{l  baburd^,  bag  gwat  ade 
$änltltd^feit  in  ber  Übereinhtnft  mit  Siegeln,  nad^  benen  aOein  ba^ 
5  $robuct  baS  loerben  fann,  maS  es  fein  foQ,  angetroffen  loirb;  aber  ol^ne 
^einlid^Ieit,  ol^ne  bag  bie  @d^ulform  burd^blicft,  b.  i.  bl^ne  eine  @^ur 
gu  geigen,  ba|  bie  Siegel  bem  j(&nftler  oor  ^ugen  gefd^mebt  unb  feinen 
©emütl^Slrdften  Seffeln  angelegt  l^abe. 

§46. 
10  @d^one  j^unf}  ift  j^unft  bed  ©enieS. 

©enie  ift  baS  a;alent  (SRaturgabe),  toeld^e«  ber  Äunft  bie  Siegel 
giebt.  2)a  baS  2;alent  als  angeborneS  ))robuctik)eS  93erm5gen  beS  j(ünft= 
lerS  felbfl  gur  SRatur  ge^rt,  fo  fonnte  man  ftd^  aud^  fo  auöbrucfen: 
©enie  ift  bie  angeborne  ©emfitl^Sanlage  (ingenium),  burd^  toelc^e  bie 

18  giatur  ber  Äunji  bie  3ftegel  giebt. 

äßaS  es  aud^  mit  biefer  S)efinition  für  eine  93emanbtni|  l^abe,  unb 
ob  fte  blog  midfürlid^,  ober  bem  S3egriffe,  meldten  man  mit  bem  SSorte 
®  e  n  l  e  ju  Derbinben  getool^nt  ift,  angemeff eu  fei,  ober  nid^t  (»elcfteS  in  bem 
folgenben  §  erörtert  loerben  foU):  fo  lann  man  bod^  fd^on  gum  SSorauS 

20  beioeifen,  bag  nad^  ber  l^ier  angenommenen  93ebeutung  beS  ^orts  fd^öne 
jtünfte  not^menbig  als  jSfinjte  beS  ©enieS  betrad^tet  loerben  mäffen. 

S)enn  eine  iebe  j^unft  fe^t  Siegeln  DorauS,  burd^  beren  ©runblegung 
aüererfi  ein  $robuct,  menn  eS  fflnftlid^  feigen  foU,  als  möglid^  oorgefteUt 
tt)irb.  35er  Segriff  ber  fcftönen  Äunft  aber  Derfiattet  ni(!^t,  bafe  baS  Ur^^ 

25  tl^eil  über  bie  ©d^onl^eit  i^reS  $robuctS  Don  irgenb  einer  Siegel  abgeleitet 
»erbe,  bie  einen  Segriff  gum  SeftimmungSgrunbe  l^abe,  mitl^in  einen 
Segriff  öon  ber  «rt,  mie  eS  möglid^  fei,  gum  Orunbe  lege,  aifo  fann  bie 
fd&öne  Äunft  jtd^  felbft  nid&t  bie  Siegel  ausbeuten,  nad^  ber  pe  il^r  $robuct 
gu  @tanbe  bringen  foD.  S)a  nun  gleid^mol^l  ol^ne  Dorl^ergel^enbe  Siegel 

30  ein  fJrobuct  niemals  Äunft  l^eifeen  fann,  fo  mufe  bie  SRatur  im  ©ubjecte 
(unb  burd^  bie  Stimmung  ber  Vermögen  beffelben)  ber  Äunjl  bie  Siegel 
geben,  b.  i.  bie  fd^5ne  j^unft  i{t  nur  als  $robuct  beS  ®enieS  m5glid^. 

9Ran  fielet  l^ierauS,  bag  ©enie  1)  ein  Salent  fei,  baSienige,  mogu 
ft^  feine  befiimmte  Siegel  geben  lä|t,  l^erDorgubringen:  nid^t  ©efd^iddid^* 

35  leitSanlage  gu  bem,  maS  nad^  irgenb  einer  Siegel  gelernt  loerben  tann; 

20* 


308    Äritt!  ber  Urt^eilöftaft.   1.  X^ell.  Ärlti!  ber  äpl^etifc^cn  Urtl^eilÄfraft. 

folfllic^  bttfe  Driflinalltdt  feine  erfte  ©flenftj&aft  fein  muffe.  2)  ©afe, 
ia  es  aud^  originalen  Unftnn  geben  fann,  feine  $robucte  guglei(^  dufter, 
b.  i.  e^emplarifd^,  fein  mfiffen;  mitl^in,  felbjt  nid^t  burd^  ^lac^al^mung 
enifprungen,  anbeten  bod^  bagu,  b.  i.  gum  Sttd^tmage  ober  Siegel  ber  93e^ 
urtl^eilung,  bienen  muffen.  3)  ©afe  eö,  toie  e«  fein  ^robuct  ju  6tanbc  s 
bringe,  felbft  nicfttbef  (^reiben,  obertt)iffenf(!&aftlid&  angeigen  fönne,  fonbern 
bag  ed  als  9latur  bie  Sfiegel  gebe;  unb  bal^er  ber  Url^eber  eines  ^robucts, 
koeld^eS  er  feinem  ®ente  Derbanft,  felbft  nid^t  toeig,  toie  ftd^  in  il^m  bie 
Sbeen  baju  l^crbei  flnben,  aud&  e«  nid&t  in  feiner  ©etoalt  bat,  bergleid^en 
nadb  93elieben  ober  planmäßig  auSjubenren  unb  anberen  in  foldben  SSor«  lo 
fdbriften  mitgutl^eilen,  bie  fte  in  @tanb  fe^en,  gleidbmdgige  $robucte  l^er« 
Dorjubringen.  (3)af)er  benn  aud^  Dermutl^Ud^  baS  Sßort  ®enie  oon  genius, 
bem  eigent^fimlid^en,  einem  SRenfd^en  bei  ber  ©eburt  mitgegebenen, 
fd^ü^enben  unb  leitenben  ®eift,  Don  beffen  @ingebung  jene  originale  ^been 
^crrül^rten,  abgeleitet  ift.)  4)  ©afe  bie  5Ratur  burd^  baS  ®enie  nicbt  ber  n 
SBiffcnfdbaft,  fonbern  ber  Äunft  bie  Siegel  Dorfd&reibe  unb  aud^  biefeS  nur, 
in  fofern  bicfe  lefetere  fd^5nc  Äunft  fein  foH. 

§47. 
(Sriduterung  unb  Seftdtigung  obiger  @rtldrung  Doni  ®enie. 

S)arin  ift  iebermann  einig,  bag  ®enie  bem  9lad^abtnungSgetfle  ao 
gdnglid^  entgegen  gu  fe^en  fei.  S)a  nun  fiernen  nid^ts  als  ^iad^al^men  ift, 
fo  fann  bie  größte  ^Jdl^igfeit,  ©elel^rigfeit  ((Sapacitdt)  als  Oelel^rigfeit, 
bodb  ni(bt  für  ©enie  gelten.  SSeun  man  aber  aud^  felb{)  beult  ober  bid^< 
tet  unb  nid^t  blog,  koaS  anbere  gebadet  l^aben,  auffaßt,  [a  fogar  für  j^unfl 
unb  ä8iffenf(^aft  mand^eS  erfinbet:  fo  ift  bodb  biefeS  audb  nod^  nid^t  ber  » 
redete  ©runb,  um  einen  fold^en  (oftmals  grogen)  JSopf  (im  ©egenfa^e 
mit  bem,  loeld^er,  iDeil  er  niemals  etmaS  mel^r  als  blo^  lernen  unb  nad^^ 
al^men  fann,  ein  $infel  b^igt)  ein  ©euie  gu  nennen:  koeil  eben  baS  aud^ 
bdtte  fönnen  gelernt  merben,  alfo  bocb  auf  bem  natfirlidben  SSege  beS 
^orfd^enS  unb  9la(bbenIenS  nad^  Sfiegeln  liegt  unb  oon  bem,  toaS  burdb  so 
%lti^  Dermittelft  ber  ^lad^al^mung  erioorben  loerben  fann,  uicbt  fpedfifd^ 
unterfdbieben  ifi.  6o  fann  man  alles,  loas  9letoton  in  feinem  unfterb* 
lid^en  Sierfe  ber  ^rinci^ien  ber  9tatur))l^iIofo))]^ie,  fo  ein  großer  Aopf  audb 
erforberlid^  mar,  bergleicben  gu  erfinben,  vorgetragen  l^at,  gar  tüilffi  ler« 
nen;  aber  man  fann  nid^t  geiftreid^  bid^ten  lernen,  fo  auSffiJ^rlid^  aud^  35 


S)ebuctton  ber  &f|]^etif(^en  Urtl^dle.  309 

attc  aSorfcftrlften  für  bic  ©id^tfunjt  unb  fo  öortrefflid^  aud^  bic  SRuflcr 
berfelben  fein  mögen.  S)ie  Urfad^e  ift,  bag  9temton  alle  feine  @(^rittei 
bie  er  Don  ben  erßen  @Iementen  ber  ©eometrie  an  bid  ju  feinen  großen 
unb  tiefen  Srftnbungen  ju  t^un  l^atte,  nic^t  allein  fttj^  felbft,  fonbern  ie« 
5  bem  anbern  gang  anfc^aulic^  unb  jur  ^ad^folge  beftimmt  oormad^en 
lönnte;  fein  ^omer  aber  ober  SBielanb  angeigen  lann,  mie  ftd^  feine 
))]^antafterei(l^en  unb  bod^  guglei(]^  gebanlenDoDen  Sbeen  in  feinem  JSopfe 
l^eroor  unb  gufammen  ftuben,  barum  meil  er  eiS  felbft  nid^t  aeig  unb  ed 
olfo  aud^  feinen  anbern  lehren  fann.   gm  SBiffenfd^aftlicften  alfo  ift  ber 

10  größte  @rftnber  loom  mül^feUgften  Stad^al^mer  unb  Sel^rlinge  nur  bem 
®rabe  nad^,  bagegen  Don  bem,  meldten  bie  9latur  fär  bie  f(^5ne  ^unft  be» 
gabt  l^at,  fpeciftf(^  unterfd^ieben.  3>nbeg  liegt  l^ierin  feine  ^erabfe^ung 
iener  großen  3R&nner,  benen  baö  menfd^lid^e  ©efd^led^t  fo  t>xt\  gu  üerban^ 
fen  l^at,  gegen  bie  ©ftnftlinge  ber  9tatur  in  Slnfe^ung  i^red  Talents  für 

15  bie  fd&öne  Äunft.  eben  barin,  bafe  jener  Salent  gur  immer  fortfd^reilen* 
ben  größeren  SSollfommenl^eit  ber  (Srfenntniffe  unb  alles  9Iu^en$,  ber  ba« 
Don  abl^&ngig  ift^  imglei(^en  gur  Sele^rung  onberer  in  eben  benfelben 
^enntniffen  gemad^t  ift,  befielt  ein  groger  SSorgug  berfelben  oor  benen, 
toeld^e  bie  ei^re  öerbienen,  ®eniei3  gu  l^eifeen:  »eil  für  biefe  bie  itunft  ir* 

30  genbmo  ftill  fte^t,  inbem  i^r  eine  ©r&nge  gefegt  ift,  über  bie  fte  nic^t  toei» 
ter  gelten  fann,  bie  oermutl^lid^  aud^  fd^on  feit  lange  l^er  erreid^t  ift  unb 
nid^t  mel^r  ermeitert  werben  fann;  unb  überbem  eine  folc^e  ©efc^idFlid^feit 
ftd^  aud^  nic^t  mittl^eilen  lägt,  fonbern  iebem  unmittelbar  Don  ber  ^anb 
ber  ^Jlatur  ertl^eilt  fein  koill,  mit  il^m  alfo  ftirbt,  bis  bie  Statur  einmal 

25  einen  anbern  »ieberum  eben  fo  begabt,  ber  nichts  weiter  als  eines  SßtU 
fpiels  bebarf,  um  baS  5£alent,  beffen  er  ftd^  bemugt  ift,  auf  dl^nlid^e  Slrt 
koirfen  gu  laffen. 

©a  bie  3laturgabe  ber  Äunft  (als  fc^önen  Äunft)  bie  Siegel  geben 
mug,  »eld^erlei  SIrt  ift  benn  biefe  Siegel?  Sie  fann  in  feiner  gormel  aU 

30  gefaxt  gur  93orfd^rift  bienen;  benn  fonft  mürbe  baS  Urtl^eil  über  baS 
@d^öne  nad^  Säegriffen  beftimmbar  fein:  fonbern  bie  Siegel  mug  oon  ber 
Sl^at,  b.  i.  Dom  ^robuct,  abftral)irt  merben,  au  toeld^em  anbere  il^r  eigenes 
Salent  prüfen  mögen,  um  fid^  jenes  gum  SRufter  nid^t  ber  9lad^mad^ung, 
fonbern  berSÜad^a^mung  bienen  gu  laffen.   SSBie  biefeS  möglieft  fei,  ift 

35  fd&mer  gu  erflären.  3)ie  Sbeen  beS  ÄünftlerS  erregen  dftnlidfte  gbeen  fei» 
neS  SeftrlingS,  toenn  iftn  bie  9latur  mit  einer  fiftnlicften  Proportion  ber 
®emütftsfrdfte  Derfel^en  ftat.  S)ie  SRufter  ber  f(I)önen  JSunft  finb  bafter 


310    ^til  bec  Urtl^eitdfraft.   1.  Sl^eiL  Mixt  bet  afll^eHfc^en  Urt^eiUfraft 

bie  eingtgen  SeitungfSmittel,  biefe  auf  bie  9lQ(]^fommenf(]^aft  ju  bringen: 
iDelc^ed  burd^  bloge  Sefd^reibungen  nic^t  gefc^el^en  lonnie  (Dornel^mUd^ 
nic^t  im  %a6it  ber  rebenben  j^änfte);  unb  aud^  in  biefen  lönnen  nur  bie 
in  alten,  tobten  unb  je^t  nur  als  geleierte  aufbehaltenen  @))rad^en  claffifd) 
koerben.  5 

Obsmar  med^anifd^e  unb  fd^öne  Jtunft,  bie  erfte  aliS  bloge  Ihtnft  bed 
f^IeigeiS  unb  ber  Erlernung,  bie  gtoeite  ald  bie  beS  ©enied,  fel^r  Don  ein^^ 
anber  unterfd^ieben  {inb:  fo  giebt  eS  boc^  feine  fd^öne  Jhtnf),  in  meld^er 
nid^t  etwa«  SRed^anifd^eiS,  toAit^^  nac^  Siegeln  gefaxt  unb  befolgt  koerben 
lann,  unb  alfo  tttoa^  ©d^ulgered^teiS  bie  mefentlid^e  S3ebingung  ber  10 
ßunft  aui»mad^te.  S)enn  etuaiS  mug  babei  als  Srocd  gebac^t  »erben, 
fonft  fann  man  il)r  ^robuct  gar  feiner  itunfl  gufd^reiben;  eö  todre  ein 
bloßes  ^robuct  bed  ßufalld.  Um  aber  einen  ßkoedl  in<S  38erf  gu  rid^ten, 
bagu  koerben  befiimmte  Siegeln  erforbert,  Don  benen  man  fid^  nic^t  frei 
f^red^en  barf.  k>a  nun  bie  Driginalitdt  beS  5£alentd  ein  (aber  ni(^t  baS  u 
einzige)  mefentlid^e^S  @tädt  Dom  gl^arafter  bed  ©enieS  audmad^t:  fo  glau« 
ben  feid^te  ^öpfe,  bag  jte  nid^t  beffer  geigen  fönnen,  fie  kodren  aufblfi^enbe 
@ented,  aliS  koenn  fie  ftd^  Dom  @d^ulgiDange  aller  Sflegeln  loöfagen,  unb 
glauben,  man  parabire  beffer  auf  einem  foUerid^ten  fiferbe.  aliS  auf  einem 
@(^ulpferbe.  2)as  ®enie  fann  nur  reid^en  @toff  gu  $robucten  ber  fd^ö*  20 
nen  Äunft  l^ergeben;  bie  S3erarbeitung  beffelben  unb  bie  fjorm  crforbert 
ein  burd^  bie  @(^ule  gebilbeteS  5talent,  um  einen  ©ebraud^  baoon  gu  ma» 
d^en,  ber  Dor  ber  Urt^eildfraft  beftel^en  fann.  3Benn  aber  {emanb  fogar 
in  @ad^en  ber  forgfdltigften  ä^emunftunterfud^ung  koie  ein  ®enie  fprid^t 
unb  entfdgeibet,  fo  ift  ed  DoDenbS  Idc^erlic^;  man  toeig  nid^t  rec^t,  ob  man  ss 
mel^r  über  ben  ©aufler,  ber  um  jtc^  fo  Diel  S)unft  Derbreitet,  mobei  man 
nid^ts  beutlic^  beurt^eilen,  aber  befto  mel^r  ftc^  einbilben  fann,  ober  me^r 
aber  baiS  publicum  lad^en  foll,  meld^eiS  ftc^  treul^ergig  einbilbet,  ha%  fein 
UuDermögen,  baS  SWeiperftücf  ber  ©infid^t  beutlid^  erfennen  unb  faffen 
gu  fonnen,  bal^er  fomme,  koeil  il^m  neue  SBal^rl^eiten  in  gangen  9Raffen  so 
gugekoorfen  koerben,  koogegen  il^m  baS  S)etail  (burdd  abgemef[ene  6rfld« 
rungen  unb  fd^ulgerec^te  $räfung  ber  ©runbfa^e)  nur  @tümperkDerf  gu 
fein  f(I)eint. 


S)ebucKon  ber  äfi^ettf(!^en  Uctl^etle.  311 

§48. 
SSom  SSer^ältniffe  be8*®enied  jum  ©efd^madt. 

3ur  Scurtl^cilunß  fd&öner  ©cflcnftdnbc  al8  fold&er  »Irb  ®e* 
fti^mad,  jur  fd^önen  j^unft  felbft  aber,  b.  i.  ber  ^erioorbringung  fol^ 

*  d^er  ©cflcnftanbe,  tolrb  ®enie  crforbert. 

SBenn  man  bad  ®enic  ald  5^alent  jur  fd^önen  j^unft  &etrad()tet  (toel« 
d^eS  bie  eigentl^ümlic^e  äSebeutung  beS  äßortd  mit  ftc^  bringt)  nnb  eö  in 
biefer  flbftc^t  in  bie  äSermögen  jergliebern  tt)iD,  bie  ein  foId^eiS  Talent 
auiSjumad^en  gufammen  fommen  muffen:  fo  ijl  nötl^ig,  guDor  ben  Unter« 

10  fc^ieb  ittifc^en  ber  ^taturfd^önl^eit,  beren  Seurt^eilung  nur  ©efd^madt, 
unb  ber  Jtunftfd^önl^eit,  beren  3RögIid^feit  (worauf  in  ber  Seurtl^eilung 
eines  bergleid^en  ©egenftanbed  au(^  9ft&dtftd^t  genommen  loerben  mug) 
®enie  erforbert,  genau  ju  befiimmen. 

eine  9laturfd^ön]§eit  ift  ein  fd^öned  S)ing;  bie  ^unflfd^önl^eit  ift 

15  eine  fd^öne  SSorftelluug  oon  einem  3)inge. 

Um  eine  9laturfd^ön](|eit  als  eine  fold^e  gu  beurtl^eilen,  braud^e  id^ 
nic^t  Dorl^er  einen  Segriff  baoon  gu  l^aben,  toaiS  ber  ®egenftanb  für  ein 
S)ing  fein  folle;  b.  i.  id^  ^abe  nid^t  n5t^ig,  bie  materiale  3n)edfmdgig«> 
feit  (ben  ßmedC)  gu  fenneu,  fonbern  bie  bloge  9orm  ol^ne  JCenntnig  bed 

ao  ßmecf«  gefdnt  in  ber  ©eurtl^eUung  für  ftd^  felbft  SBenn  aber  ber®egen« 
ftanb  für  ein  ^robuct  ber  j^unft  gegeben  ift  unb  atö  foId^eS  für  fd^ön  er« 
Ilfirt  merben  foll:  fo  mug,  loeil  j^unft  immer  einen  Qrotd  in  ber  Urfad^e 
(unb  beren  @aufalitat)  Doraudfe^t,  guerft  ein  ^Begriff  oon  bem  gum  ®runbe 
gelegt  merben,  maS  bad  3)ing  fein  foll;  unb  ba  bie  3ufammenfttmmung 

25  bed  SRannigfaltigen  in  einem  S)inge  gu  einer  innern  Seftimmung  beffel« 
ben  als  Qtozd  bie  SBoMommen^eit  beS  3)inge«  ift,  fo  toirb  in  ber  Seur« 
t^eilung  ber  j(unftfd^onf)eit  gugleid^  bie  SSoUfommen^eit  beS  S)ingeS  in 
tKnfd^lag  gebrad^t  »erben  muffen,  toornac^  in  ber  Seurtl^eilung  einer  9la» 
turfc^ön^eit  (als  einer  fold^en)  gar  nid^t  bie  grage  ift.  —  ßwör  »irb  in 

so  ber  Seurtl^ieilung  öornel^mlid^  ber  belebten  ®egenftdnbe  ber  5Ratur,  g.  S. 
beS  SRenf^en  ober  eines  ^ferbeS,  aud^  bie  objlectioe  ßn^c^nidgigleit  ge» 
mein{gli(^  mit  in  Setrad^t  gegogen,  um  über  bie  @(^ön]^eit  berfelben  gu 
urtl^eilen;  alsbann  ift  aber  aud^  baS  Urtl^eil  nic^t  mel^r  rein^dft^etif^, 
b.  i.  blofeeS  ®efd^mad[Surt]^eil.   S)ie  ?Ratur  loirb  nid&t  mel^r  beurtl^eilt, 

35  tote  fie  als  ^unß  erfc^eint,  fonbern  fofern  fie  mirltic^  (obgtoar  fibermenfc^« 
lid^e)  j^unft  ift;  unb  baS  teleologifc^e  Urtl^eil  bient  bem  dftl^etifd^en  gur 


312    ^itif  bet  Urt^eitdliaft.   1. 2:^eU.  JMt»  bei;  äfil^etird^en  UrtJ^tUfraft. 

©runblage  unb  Sebingung,  koorauf  biefed  Slfldftd^t  nel^men  mug.  3n 
einem  fold^en  %aUt  bentt  man  au(^,  menn  j.  99.  gefagt  koirb:  baS  ift  ein 
f(!^öne8  SSeib,  in  ber  SXiat  nic^tö  anber^S  ate:  bie  9latur  {leUt  in  il^rer 
©eftalt  bie  ßmecfe  im  koeiblid^en  Saue  fd^5n  üor;  benn  man  mug  nod^ 
über  bie  bloge  i^orm  auf  einen  99egriff  l^inaudfel^en,  bamit  ber  ®egen«  s 
ftanb  auf  folc^e  Slrt  burd^  ein  logifd^^bebingteS  dftl^etifc^eS  Urtl^il  ge« 
bad^t  »erbe. 

S)ie  fd^one  j^unft  geigt  barin  eben  il^re  SSorjüglic^feit,  bag  fte  S)inge, 
bie  in  ber  9tatur  l^dgüd^  ober  migf&Ilig  fein  toürben,  fd^ön  befc^reibt. 
S)ie  i^urien,  Jtrant^eiten,  93ertt)ü{)ungen  bed  jtrieged  u.  b.  gl.  lonnen  ald  lo 
@d^&bU(!^Ieiten  fel^r  fd^ön  befc^rieben,  {a  fogar  im  ®emdlbe  oorgefleOt 
koerben;  nur  eine  9lrt  ^dglic^feit  tann  nid^t  ber  Slatur  gem&g  oorgefleCit 
merben,  ol^ne  aOeiS  dftl^etifd^e  äßo^IgefaQen,  mitl^in  bie  jtunfifd^bnl^eit  gu 
®runbe  gu  rid^ten:  ndmlid^  biejenige,  »eld^e  Stel  ermedt.   S)enn  »eil 
in  biefer  fonberbaren,  auf  lauter  Sinbilbung  berul^enben  Smpflnbung  ber  » 
©egenftanb  gleid^fam,  a\^  ob  er  ftd^  gum  ©enuffe  aufbrdnge,  toiber  ben 
tt)ir  bod^  mit  ©emalt  ftreben,  oorge^eUt  mirb:  fo  wirb  bie  lünftlid^e  93or« 
fteQung  bed  ©egenftanbed  Don  ber  9latur  biefeS  ©egenltanbeiS  felbfi  in 
unferer  @m))ftnbung  nid^t  mel^r  unterfd^ieben,  unb  jene  lann  aföbann  un* 
möglich  f&r  fd^ön  gef^alten  merben.    Sud^  itat  bie  Silbl^auerfunfl,  »eil  20 
an  i^ren  ^robucten  bie  Äunft  mit  ber  5Ratur  beinal&e  oertoed^felt  »irb, 
bie  unmittelbare  SSorfteDung  ^dglic^er  ©egenftdnbe  Don  il^ren  Silbungen 
auSgefd^loffen  unb  baffir  g.  93.  ben  2:ob  (in  einem  fc^önen  ©eniud),  ben 
^rieggmutl^  (am  3Rard)  burd^  eine  Allegorie  ober  Slttribute,  bie  ftd^ 
gefdQig  audnel^men,  mitl^in  nur  inbirect  Dermittelft  einer  Auslegung  25 
ber  aScrnunft  unb  nic^t  für  blofe  dftl^etifd^e  Urtl^eildfraft  öorgujieHeu  er- 
laubt. 

@o  oiel  oon  ber  fc^önen  SBorftellung  eineS  ©egenftanbed,  bie  eigent» 
liii  nur  bie  gorm  ber  SDarftellung  eineiS  aSegriff«  ift,  burd^  meldte  biefer 
allgemein  mitgetl^eilt  »irb.  —  33iefe  Sorm  aber  bem  ^robucte  ber  f(^ö*  so 
neu  Äunft  gu  geben,  bagu  »irb  blofe  ©efd^madf  erforbert,  an  »eld^em  ber 
Aünftler,  nac^bem  er  i^n  burc^  mand^erlet  93eifpiele  ber  ^unfi  ober  ber 
9iatur  geübt  unb  berid^tigt  l^at,  fein  SBerf  l^dlt  unb  nad^  mand^en  oft 
mü^famen  aSerfud^en  benfelben  gu  bcfriebigcn  bielenige  Sorm  finbet,  bie 
i^m  ©enüge  t^ut:  bal^er  biefe  nid^t  gleid^fam  eine  @a(^e  ber  Eingebung,  ss 
ober  eines  freien  ©d^iounge«  ber  ®emut]&«frdfte,  fonbern  einer  langfamen 
unb  gar  ))einlid^en  9lad^befferung  ift,  um  fte  bem  ©ebanfen  angemeffen 


S)ebuäion  ber  äfl^eüf4ien  Urt^eile.  313 

nnb  bo(^  ber  Steilheit  im  @))lele  berfelben  nid^t  nad^tl^eilig  »erben  gu 
Ittffen. 

©efd^mad  i[t  aber  blog  ein  Seurt^eilungd^  nid^t  ein  ))robuctit)eö 
93erm5gen;unb  maS  il^m  gemag  ift,  ift  barum  eben  nid^t  ein  äSertber 

5  fc^önen  Jlunft:  eS  Tann  ein  gur  nfl^Iid^en  unb  med^anifd^en  j^unfi,  ober 
gar  gur  SBiffenfd^aft  gehöriges  ^^ßrobuct  nac^  beflimmten  ätegeln  {ein,  bie 
gelernt  »erben  tbnnen  unb  genau  befolgt  merben  miiffen.  S)ie  gefdUige 
$orm  aber,  bie  man  i^m  giebt,  ift  nur  bad  äSel^ilel  ber  SRittl^eilung  unb 
eine  SRanier  gleid^fam  beiS  SSortrageS,  in  Snfe^ung  beffen  man  nod^  in 

10  gemiffem  3Ra|e  frei  bleibt,  koenn  er  bod^  übrigen^  an  einen  beftimmten 
3medF  gebunben  ifl.  @o  verlangt  man,  bag  baS  2:i{(^ger&t]^,  ober  aud^ 
eine  moralifd^e  Slbl^anblung,  fogar  eine  $rebigt  biefe  $orm  ber  {(^5nen 
jSunft,  o^ne  boc^  gefuc^t  ju  fd^einen,  an  fid^  ^aben  muffe;  man  »irb  fie 
aber  barum  nid^t  SBerfe  ber  fd^Snen  Äunft  nennen.  Qn  ber  (enteren  aber 

15  n)irb  ein  ©ebid^t,  eine  3Ru{tt,  eine  SilbergaQerie  u.  b.  gl.  gegdp;  unb  ba 
rann  man  an  einem  feinfoHenben  äSerle  ber  fd^önen  j^unft  oftmals  ©enie 
ol^ne  ©efd^madf,  an  einem  anbern  ©efd^mad  ol^ne  ®enie  »al^mel^men. 

§49. 

SSon  ben  SSermögen  bed  ©emfitl^S,  koeld^e  bai  ©enie 
30  auSmad^en. 

3Ran  fagt  Don  gemiffen  $robucten,  Don  »eichen  man  ermartet,  bag 
fie  ftd^,  gum  2:^eil  koenigftend,  als  fc^one  j^unft  geigen  foDten:  fie  ftnb 
ol^ne  ©eift;  ob  man  gleid^  an  il^nen,  \oa&  ben  ©efd^mad  betrifft,  nid^ts 
gu  tabeln  finbet.  (Sin  ©ebid^t  fann  red^t  nett  unb  elegant  fein,  aber  eS  ift 

25  ol^ne  ®eift.  (Sine  @)ef(^idE)te  ift  genau  unb  orbentlid^,  aber  ol^ne  ©eifi  @ine 
feierlid^e  Siebe  ift  grünblic^  unb  gugleic^  gierlid^,  aber  ol^ne  (Seift.  SRanc^e 
(Sonoerfation  ift  nic^t  ol^ne  Unterhaltung,  aber  bod^  ol^ne  @eift;  felbft  Don 
einem  f^rauengimmer  fagt  man  mol^l:  fie  ift  l^übfc^,  gef))rd(^tg  unb  artig, 
aber  ol^ne  ®eift.  SßaS  ift  benn  bas,  toad  man  ^ier  unter  (Seijt  Derftel^t? 

30  ®eift  in  dftl^etifc^er  Sebeutung  l^cifet  baö  belebcnbe  ^rincip  im  ®t^ 
mutige.  S)aSienige  aber,  moburd^  biefed  $rinclp  bie  @eele  belebt,  ber 
@tof ,  ben  es  bagu  anmenbet,  ift  baS,  maS  bie  (Semütl^Sfrdfte  gmedtmdgig 
in  Sd^mung  Derfefet,  b.  i.  in  ein  folc^eö  Spiel,  weld&e«  ftd^  t)on  felbft  er* 
^dlt  unb  felbft  bie  Ärdfte  bagu  ftdrit. 

35         3lm  bel^aupte  id^,  biefeS  $rincip  fei  nid^ts  anberS,  ald  bas  SSer*» 


314    ^itif  ber  Urtl^cilÄfroft.   1.  St^il.  Äritlf  her  aftl^etl^en  Urtl^eittfeaft. 

mögen  bcr  ©orflcllunfl  dftl^etlfd&cr  Sbccn;  unter  einer  äjil^etifd^en 
Sbee  aber  öerflel^e  id&  bleieniße  SBorfteHunfl  ber  einbilbunfl«fraft,  bie  \>xtl 
gu  benfen  veranlagt,  ol^ne  ba%  if^x  bo(i^  irgenb  ein  beftimmter  ©ebanfe, 
b.  i.  S3egriff ,  abäquat  fein  fann,  bie  folglich  leine  Sprache  DöUig  er^^ 
reld^t  unb  öerjtfinblic^  mad&en  faun.  —  SKan  jtel^t  leicht,  bofe  pe  baS  5 
©egenftftd  (^enbant)  oon  einer  äSernunftibee  fei,  meiere  umgelel^rt  ein 
Scgriff  ift,  bem  feine  Slnfc^auung  (SBorftettung  ber  einbilbungöfraft) 
abdquat  fein  lann. 

3)ie  ©inbilbunflßfraft  (a\^  probuctiDeS  erfenntnifeDermögen)  ift 
ndmlid^  fel^r  mäd^tig  in  Sd&affung  gleic^fam  einer  anbern  Slotur  au«  bem  10 
Stoffe,  ben  il^r  bie  mirflid^e  giebt.  Sßir  unterl^alten  und  mit  il^r,  m  un^ 
bie  Srfa^rung  ju  aOtäglic^  oorfommt;  bilben  biefe  aud^  kool^l  um:  gioar 
nod^  immer  nac^  analogifd^en  ©efe^en,  aber  bod^  aud^  nad^  $rinci))ien, 
bie  l^ö^er  l^inauf  in  ber  SBernunft  liegen  (unb  bie  un«  eben  fotool^l  natfir* 
li(:^  ftnb  als  bie,  nad^  »eld&en  berSBerjtanb  bie  emi)irifd&e9latur  auffaßt);  15' 
toobet  tt)ir  unfere  fjrei^eit  öom  ®efe^e  ber  Jiffociation  (»eld^eg  bem  em= 
^irifc^en  ©ebraud^e  {eneis  SBermögend  an^dngt)  ffil^Ien,  nad^  meld^em  und 
üon  ber  5latur  gttar  ©toff  geliel^en,  biefer  aber  öon  und  gu  etwa«  gang 
anbcrcm,  ndmlid^  bem,  wa«  bie  SHatur  übertrifft,  verarbeitet  »erben  fann. 

SWan  fann  bergleic^en  SSorftettungen  ber  (äinbilbungöfraft  Sbeen  m 
nennen:  eines  Sl^eilö  barum,  toeil  pe  gu  etwa»  über  bie  (ärfal&rungdgrdngc 
l^inau«  gicgenbem  toenigftenS  ftreben  unb  fo  einer  ©arftellung  ber  fßtx^ 
nunftbegriffe  (ber  inteHectueKen  Sbeen)  nal^e  gu  fommen  fudöen,  meiere« 
il&nen  ben  anfd^ein  einer  obiectioen  SRealitdt  giebt;  anbrerfeit«  unb  gtoar 
l&aui)tfd(!^Iid&;  »eil  i^nen  afö  innern  anfd^auungen  fein  Segrijf  ööHig  25 
abdquat  fein  fann.  S)er  ©id^ter  magt  e«,  SSernunftibeen  Don  unpd^t^ören 
SBefen,  bad  Sfieic^  ber  Seligen,  bad  ^oHenreid^,  bie  @migfeit,  bie  @d^öp^ 
fung  u.  b.  gl.,  gu  oerpnnlic^en;  ober  au(!^  bad,  »ad  gmar  Seifpiele  in 
ber  erfa^rung  pnbet,  g.S.  benSob,  ben  5Reib  unb  alle  ßafter,  imgleid&en 
bie  Siebe,  ben  Sfiul^m  u.  b.  gl.,  über  bie  Sd^ranfen  ber  (Srfal^rung  l^inaud  30 
öermittelft  einer  ginbilbungdfraft,  bie  bem  aSernunft'93orfi)iele  in  (Sr* 
reic^ung  eine«  ©rotten  nad^eifert,  in  einer  SBoUpdnbigfeit  pnnlid^  gu 
ma^en,  für  bie  pd^  in  ber  Sftatur  fein  SBeifpiel  pnbet;  unb  ed  ip  eigent- 
lich bie  25ic^tfunp,  in  loeld&er  pd^  ba»  SSermögen  dftl&etifc^er  Sbeen  in 
feinem  gangen  SWafee  geigen  fann.  3)iefed  SSermbgen  aber,  für  pd^  allein  ss 
betrachtet,  ip  eigentlich  nur  ein  a:alent  (ber  ©nbilbungdfraft). 

Sßenn  nun  einem  S3egripe  eine  SSorPeDung  ber  (Sinbilbungdfraft 


3)ebuctton  ber  äft^etifd^en  UrtWle.  315 

untergelegt  toirb,  bie  gu  feiner  ©arftellung  gel^ört,  aber  für  pd^  afletn  fo 
Diel  gu  benTen  veranlagt,  als  ^6i  niemals  in  einem  beftimmten  Segriff 
gufammenfaffen  Ififet,  mithin  ben  Segriff  felbft  auf  unbegrfinjte  SIrt 
fiftl^etifd^  ertoeitert:  fo  ift  bie  ISinbilbungSTraft  l^iebei  fd^öpferifd^  unb 

6  bringt  bad  SSermbgen  inteHectueKer  Sbeen  (bie  SSernunft)  in  Setoegung, 
mel^r  nämlid^  bei  Seranlaffung  einer  Sorftellung  gu  benTen  (mad  gmar 
gu  bem  ^Begriffe  beS  ®egenftanbeö  gel^ört),  al«  in  il^r  aufgefaßt  unb  beut« 
lid^  gemad^t  merben  Tann. 

2Ran  nennt  biejenigen  formen,  toeld^e  nitit  bie  SDarfteHung  eined 

10  gegebenen  SegriffiS  felber  ausmachen,  fonbern  nur  als  Slebentoorftellungen 
ber  ©inbilbungöTraft  bie  bamit  DerTnüpften  fjolgen  unb  bie  5Ber»anbt*= 
fd^aft  beffelben  mit  anbern  audbr&den,  Attribute  (äft^etifd^e)  eines 
©egenftanbes,  beffen  Segriff  als  SSernunftibee  nid^t  ab&quat  bargeftellt 
»erben  Tann,  ©o  ift  ber  abier  SupiterS  mit  bem  Slifec  in  ben  Alanen 

15  ein  älttribut  beS  m&d^tigen  ^immelsTönigS  unb  ber  $fau  ber  pr&d^tigen 
^immelSlönigin.  Sie  ftellen  nid^t  teie  bie  logifd^en  Slttribute  baS, 
teas  in  unfern  Segriffen  t)on  ber  (Srl^abenl^eit  unb  3Raieftät  ber  @(l()5p« 
fung  liegt,  fonbern  ettoaS  anbereS  Dor,  maS  ber  ISinbilbungSTraft  Slnlag 
giebt,  ftd^  aber  eine  3Renge  Don  toerioanbten  SorfteQungen  gu  Derbreiten, 

20  bie  me^r  beulen  laffen,  als  man  in  einem  burd^SBorte  beftimmten  Segriff 
auSbrüdten  Tann;  unb  geben  eine  dft^etifd^e  gbee,  bie  Jener  Sernunft« 
ibee  ftatt  logifdier  2)arftenung  bient,  eigentlid^  aber  um  baS  ©emütl^  gu 
beleben,  inbem  fie  il^m  bie  9luSftd|t  in  ein  unabfel^lid^eS  $elb  Derkoanbter 
Sorftellungen  eröffnet.  SDie  fd^öne  ^unft  aber  tl^ut  biefeS  nid^t  allein  in 

35  ber  aWalerei  ober  Silbl^öuerTunft  (mo  ber  9lamen  ber  Attribute  gc»5l&nlid& 
gebraud&t  toirb);  fonbern  bie  S)id^tTunft  unb  Serebfamleit  nel^mcn  ben 
@eift,  ber  il^re  SBerTe  belebt,  aud^  lebiglid^  Don  ben  dftl^etifd^enSlttributen 
ber  ©egenflänbe  l^er,  weld&e  ben  logifd^en  gur  Seite  ge^en  unb  ber  6in* 
bilbungSTraft  einen  @d^tt)ung  geben,  mel^r  babei,  obgtear  auf  unent« 

30  toidtelte  art,  gu  benTen,  als  fid()  in  einem  Segriffe,  mitl^in  in  einem  be« 
flimmten  ©prad^auSbrudEe  gufammenfaffen  Ififet.  —  3d^  mufe  mid^  ber 
Äürge  toegen  nur  auf  toenige  Seifpiele  einfd&rduTen. 

SBenn  ber  grofee  Äönig  fid()  in  einem  feiner  ©ebid^te  fo  auSbrüdtt: 
„ßafet  uns  aus  bem  Seben  ol^ne  SKurren  weichen  unb  ol^ne  ettoas  gu  be^ 

35  bauern,  inbem  koir  bie  SBelt  nod()  alsbann  mit  SBo^ltl^aten  überl^duft  gu» 
rüdtlaffen.  So  oerbreitet  bie  ©onne,  nad^bem  fte  il^ren  SageSlauf  Doli» 
enbet  l^at,  nod^  ein  milbeS  Sid^t  am  ^immel;  unb  bie  legten  ©tral^len, 


316    Sttxtxt  ber  Urt^eiMfroft.  1.  2:^<it  ^eritif  ber  dfl^etif^en  Urtl^eiUhaft. 

bie  fte  in  bie  Sufte  fd^idt,  {inb  ll^re  legten  eeufjer  für  bai  SBol^l  ber 
SBelt'' :  fo  belebt  er  feine  SSernunftibee  Don  tt)ettbürgerli(l()er  ®eftnnung 
nod^  am  @nbe  beS  SebenS  bnxii  ein  Attribut,  mliiti  bie  ßinbilbung«« 
Ira^  (in  ber  Srinnerung  an  alle  annel^mliii^Teiten  eine8  vollbrachten 
f(l()önen  @ommertageiS,  bie  unS  ein  l^eiterer  abenb  xnS  ©emfitl^  ruft)  5 
fener  SSorfteQung  beigefellt,  unb  meld^ed  eine  SRenge  üon  6m:t>finbungen 
unb  SlebenüorfteUungen  rege  ma(l()t,  fftr  bie  ft(l()  tein  SluiSbrud  ftnbet. 
SlnbererfeitS  lann  fogar  ein  inteQectueDer  93egriff  umgele^rt  gum  Attribut 
einer  SorfteDung  ber  Sinne  bienen  nnb  fo  biefe  le^tere  hnxii  bie  ^ite 
bed  äberftnnlid^en  beleben;  aber  nur  inbem  baS  l[ftl^etif(l()e,  mad  bem  Se*  10 
lougtfein  beS  le^tern  fubjectit)  anl^&nglid^)  ift,  l^ieju  gebrau(]§t  mirb.  @o 
fagt  j.  33.  ein  gewiffer  3)ld&ter  in  ber  SSefd^reibung  eine«  fdjjönen  SWor« 
gen«:  „3)ie  @onne  quoD  l^eroor,  mie  9iu]^  aiA  Sugenb  quillt.''  2)a«  Se« 
mugtfein  ber  Slugenb,  menn  man  fid^  auc^i  nur  in  ©ebanTen  in  bie  Stelle 
eine«  Sugenbl^aften  oerfe^t,  verbreitet  im  ©emätl^e  eine  SRenge  erl^abener  » 
unb  berul^igenber  ®efü^le  unb  eine  gränjenlofe  auSfid^t  in  eine  fro^e 
SuTunft,  bie  fein  SuSbrud,  toeld^er  einem  beftimmten  Segriffe  angemeffen 
ift,  oöDig  erreicht.*) 

aWit  einem  SBorte,  bie  äftl^etif^e  3bee  ifi  eine  einem  gegebenen  Se» 
griffe  beigefeQte  SSorfteQung  ber  @inbilbung«traft,  loeld^e  mit  einer  fol»  20 
(^en  SRanntgfaltigTeit  ber  £^eiloorftellungen  in  bem  freien  ©ebraud^e 
berfelben  oerbunben  ift,  bafe  fftr  jte  fein  auSbrudt,  ber  einen  beftimmten 
ä3egriff  begeid^net,  gefunben  koerben  fann,  bie  alfo  gu  einem  93egriffe  Diel 
Unnennbare«  l^inju  beuten  lägt,  beffen  ®effi]^l  bie  erfenntnigoermögen 
belebt  unb  mit  ber  Sprudle,  al«  bloßem  SSud^ftaben,  ®eift  oerbinbet.        25 

3)ie  ®emüt]^«frfifte  alfo,  beren  SSereinigung  (in  getoiffem  SSerl^dlt* 
niffe)  ba«  ®enie  au«ma(^t,  ftnb  @inbilbung«fraft  unb  93erftanb.  9lur, 
ba  im  ©ebraud^  ber  @inbilbung«fraft  gum  @rtenntniffe  bie  Sinbilbung«« 
fraft  unter  bem  3n)ange  be«  SSerftanbe«  unb  ber  ^efd()ränfung  unter» 
»orfen  ift,  bem  begriffe  beffelben  angemeffen  gu  fein;  in  äft^etifd^er  ab»  so 


*)  $teUei(!^t  ift  nie  etioad  Qxf^ahnm^  d^fagt,  ober  ein  ©ebanfe  erhabener 
owSgebrAdt  morben,  aU  in  jener  ^uff(^nft  über  bem  Tempel  ber  3f  t«  (ber  Butter 
SRatur):  „3^  bin  atteiS,  wo«  ba  ift;  wad  ba  mar,  unb  »a«  ba  fein  roirb,  unb 
meinen  @(^Ieier  ^at  fein  (Sterblicl^er  aufgebedt^  @egner  benu^te  biefe  3bee  burd^ 
eine  finnrei(^e  feiner  92atnrle]^re  uorgefe^te  SBignette,  um  feinen  Se^rling,  ben  er  in  35 
biefen  Tempel  gu  ffi^ren  bereit  war,  »orl^er  mit  bem  ^eiligen  ©c^uer  gn  erfftUen, 
ber  ba^  @entfit^  gu  feierlid^er  Slufmerffamfeit  ftimmen  foU. 


S)ebuction  ber  dfll^etif^en  Urtl^tle.  317 

ftd^t  aber  bte  (Sinbilbungdfroft  frei  ift,  um  nod^  fiber  jene  Sinflimmung 
jum  Segriffe,  bod^  ungefut^t  reld&^atttgen  unenttoidelten  Stoff  für  ben 
SSerftanb,  morauf  btefer  in  feinem  Segrtffe  nid^t  fRüd^dit  nal^m,  gu  lie^^ 
fem,  »eld&en  blefer  aber  nid^t  fotool&l  objectlö  jiim  ©rfenntniffe,  al8  fub- 

5  jectit)  gur  Belebung  ber  @rfenntn{gtr&fte,  inbirect  alfo  bod^  aud^  ju  6r« 
fenntniffen  anksenbef :  fo  befielet  baiS  ®enie  etgentlid^  in  bem  glftdlid^en 
äSerl^ältniffe,  totldit^  feine  SBiffenfd^aft  leieren  unb  lein  SIeig  erlernen 
fann,  gu  einem  gegebenen  Segriffe  Sbeen  aufjufinben  nnb  anbrerfeit«  ju 
biefen  ben  SluSbrudC  gn  treffen,  burd^  ben  bie  baburd()  beioirTte  fubfectioe 

H)  ©emütl^dfiimmung,  ald  Begleitung  eines  Begriffe,  anberen  mitgetl^eilt 
werben  Tann.  S)ad  le^tere  2:alent  ift  eigentlid^  badienige,  maiS  man  ®eift 
nennt;  benn  baS  Unnennbare  in  bem  ©emfttl^iSguftanbe  bei  einer  gekciffen 
93orfieIIung  audgubraden  unb  allgemein  mittl^eilbar  gu  mad^en,  ber  9(u8« 
brud!  mag  nun  in  ©prad&e,  ober  SKalerei,  ober  $Iaftif  leftel^en:  ba«  er» 

15  forbert  ein  »ermögen,  ba«  fernen  Dorübergel^enbc  ©plel  ber  ßinbilbungö« 
fraft  aufgufaffen  unb  in  einen  Segriff  (ber  eben  barum  original  ift  unb 
gugleid^  eine  neue  SRegel  eröffnet,  bie  auö  feinen  Dorl^ergel^enben  $rin* 
cipien  ober  S9eif:t)ielen  l^at  gefolgert  koerben  fönnen)  gu  oereinigen,  ber  fid^ 
ol^ne  SxoMQ  ber  Siegeln  mitt^eilen  lägt. 


20  9ßenn  koir  nad^  biefen  Serglieberungen  auf  bie  oben  gegebene  6r^ 
ndrung  bejfen,  toad  man  ®enie  nennt,  gurüdEfel^en,  fo  finben  wir:  erft» 
lid^,  bafe  e«  ein  Talent  gur  Äunft  fei,  nic^t  gur  SBiffeufd^aft,  in  tocld^er 
beutlid^  gefannte  Sftegeln  oorangel^en  unb  baiS  SSerfal^ren  in  berfelben  be» 
jttmmen  muffen;  gtoeiten«,  bafe  eö  als  Äunfttalent  einen  beftimmten 

35  Segriff  oon  bem  $robucte  als  SmedC,  mithin  Serftanb,  aber  aud^  eine 
(wenn  gleid^  unbeftimmte)  Sorfteaung  Don  bem  ©toff,  b.  i.  ber  aufd^auung, 
gur  ©arftettung  biefeS  Segriffs,  mitl^ln  ein  Serl^filtnife  ber  einbilbungS» 
Traft  gum  Serftanbe  oorauSfe^e;  bafe  eS  |id()  brittenS  nld^t  fotool^l  in  ber 
auSfül^rung  bes  toorgefefeten  StoetfS  in  ©arftellung  eines  bejlimmten  Se* 

30  griffs,  als  oielmel^r  im  Sortrage,  ober  bem  auSbrudte  dftl^etifd^er 
Sbeen,  toeld()e  gu  jener  abfld&t  reid()en  Stoff  enthalten,  geige,  mitl^in  bie 
einbilbungSfraft  in  il^rer  greil&eit  oon  atter  Anleitung  ber  Sftegeln  bennod^ 
als  gioedtmäfeig  gur  ©arfteHung  beS  gegebenen  SegriffS  oorpettig  mad^e; 
ba^  enblid^  oiertenS  bie  ungefud^te,  unab{id()tUd()e  fubjectioe  ßtoedCmagig« 


318    ^tt!  bet  Urt^elldfraft.   1.3:^1.  MHf  ber  &{i^ttf(^en  Urtl^ett^fraft. 

feit  in  btx  freien  ÜbereinPimmunfl  ber  (Sinbilbungdfraft  jur  ®efe^lic^feit 
beS  SSerfianbed  eine  fold^e  $ro:t)ortion  unb  Stimmung  biefer  93erm5gen 
t)orau8fe^e,  als  feine  93efoIgung  Don  Stegein,  eiS  fei  ber  3Biffenf<!^aft  ober 
me(i^anifd^en  Slad^al^mung,  bemirfen,  fonbern  blog  bie  9latur  beS  @ubiect4 
l^eröorbrlngen  fann.  5 

^Qd^  biefen  ä^orauSfe^ungen  iftOenie:  bie  mufterl^afte  Driginalität 
ber  SRaturgabe  eine«  Subjectö  im  freien  ®ebraud^e  feiner  ßrfenntnife* 
oermögen.  9(uf  foI(l()e  SSeife  ift  bad  ^robuct  eines  ®enieS  (nad^  bem^ 
jjenigen,  koaS  in  bemfelben  bem  ©enie,  ni(l()t  ber  mbglid^en  ISrIernung  ober 
ber  Qt^vAt  gugufd^reiben  ifi)  ein  9eif:t>iel  nic^t  ber  ülat^a^mung  (benn  ba  10 
koürbe  bas,  koaS  baran  @enie  ift  unb  ben  ®eift  beS  SSerfS  anSmaiitf  Der« 
loren  gelten),  fonbern  ber  9la(l()foIge  für  ein  anbered  ®enie,  meld^ied  ba- 
burd^  jum  ®ef&]^l  feiner  eigenen  Driginalitdt  aufgetvedt  toirb,  StoanQ^- 
freil^eit  oon  Siegeln  fo  in  ber  JSunfi  auszuüben,  bag  biefe  baburd^  felbfl 
eine  neue  Siegel  befommt,  tooburd^)  baS  Talent  fid^  al8  mußerl^aft  jeigt.  u 
SBell  aber  baö  ®enie  ein  ®ünftling  ber  Sftatur  ift,  bergleid^en  man  nur 
als  feltene  erfd^einung  anjufel^en  l^at:  fo  bringt  fein  Seifpiel  für  anbere 
gute  Rbp^t  eine  @d^ule  l^eroor,  b.  i.  eine  metl^obifd^e  Untermeifung  nac^ 
Siegeln,  fokoeit  man  fie  auS  jenen  ©eifteSprobucten  unb  i^rer  iSigentl^flm^ 
lic^Ieit  l^at  jiel^en  fönnen;  unb  ffir  biefe  ift  bie  fd^öne  j(un{t  fofem  9lad()«  20 
al^mung,  ber  bie  9tatur  burd^  ein  ®enie  bie  Siegel  gab. 

9(ber  biefe  9tad^a]^mung  mirb  9lad^äffung,  menn  ber  @d§filer  alleS 
nad^mad^t  bis  auf  baS,  toas  baS  ®enie  als  9Ri^ge{talt  nur  ^at  gulaffen 
muffen,  meil  eS  ftd^,  ol^ne  bie  3bee  ju  fd^mdd^en,  nid^t  lool^I  megfd^affen 
lieg;  S)iefer  9Rut^  ift  an  einem  ®enie  allein  äSerbienfi;  unb  eine  gewiffe  25 
jffil^nl^eit  im  SluSbrude  unb  ftberl^aupt  mand^e  Sbn)eid()ung  oon  ber  ge» 
meinen  Siegel  fielet  bemfelben  kool^l  an,  ift  aber  feineSmegeS  nad^a^mungS^ 
n)firb{g,  fonbern  bleibt  immer  an  {td()  ein  fSrel^Ier,  ben  man  tt)egiufd()affen 
fud^en  mug,  fär  meldten  aber  baS  ®enie  gleid^fam  :t)riDilegirt  ift,  ba  baS 
Unnad^a]^mlid()e  feines  ®eifteSfd^kDungeS  burd^  Angftlid^e  Sel^utfamfeit  so 
leiben  koärbe.  S)aS  SRanieriren  ift  eine  anbere  Srt  oon  9tad()&ffung, 
ndmlid^  ber  bloßen  @igent^amlid()feit  (Originalität)  über]^au))t,  um 
ftd^  ia  oon  9lad^a^mern  fo  meit  als  möglich  i^u  entfernen,  ol^ne  bod^  baS 
Salent  gu  befifeen,  babei  gugleid^  mufierl^aft  ju  fein.  —  Qvoax  giebt  eS 
gmeierlei  Slrt  (modus)  überhaupt  ber  SufammenfteQung  feiner  ®ebanfen  ss 
beS  Vortrages,  bereu  bie  eine  SRanier  (modus  aestheticos),  bie  anbere 
9Ret]^obe  (modus  logicus)  l^eigt,  bie  fid^  barin  t)on  einanber  unter« 


S)ebuction  ber  äf!]^etif(^en  Urt^eile.  319 

fd^eiben:  bag  bie  erftere  fein  anbereS  Sttd^tmag  l^at,  als  bad  ®ef ül^I  ber 
(Stn^eit  in  ber  S)arftenung,  bie  anbere  aber  l^ierin  beftimmte  $rinct:t)ien 
befolflt;  ffir  bie  fd§5ne  Äunft  gilt  alfo  nur  bie  erftere.  allein  manierirt 
l^eigt  ein  JSunftprobuct  nur  alsbann,  menn  ber  SSortrag  feiner  ^bee  in 
5  bemfelben  auf  bie  @onberbarTeit  angelegt  unb  nid^t  ber  3bee  angemeffen 
gemad^t  wirb.  S)a«  ^ßrangenbe  (^reciöfe),  ba8  ®ef(^robene  unb  »ffectirte, 
um  ^6)  nur  Dom  (Semeinen  (aber  ol^ne  ®eift)  ju  unterfc^eiben,  ftnb  bem 
Senel^men  beSjenigen  dl^nli(^,  Don  bem  man  fagt,  ba^  er  fid^  fpred^en 
l^5re,  ober  loel^er  ße^t  unb  gel^t,  a\&  ob  er  auf  einer  S3ü^ne  mdre,  um 
10  angegafft  ju  kcerben,  meld^ed  ieberjeit  einen  ©tümper  Derrät^. 

§50. 

äSon  ber  äierbinbung  beiS  ©efd^mads  mit  ®enie  in  $robucten 
ber  fd^bnen  Äunfi 

3Benn  bie  gfage  Ift,  »oran  in  ©ad^en  ber  fd^önen  Äunft  mel^r  ge* 

15  legen  fei,  ob  baran,  ba^  ftd^  an  il^nen  ©enie,  ober  ob  bag  fid^  ©efd^mad! 
geige,  fo  ift  bas  eben  fo  oiel,  als  toenn  gefragt  mftrbe,  ob  ed  barin  mel^r 
auf  @inbilbung,  als  auf  Urtl^eilSfraft  anfomme.  2)a  nun  eine  Aunft  in 
Slnfel^ung  beS  erfteren  el^er  eine  geiftreid()e,  in  Slnfel^ung  bed  gmeiten 
aber  aSein  eine  fd^öne  j^unjl  genannt  gu  merben  üerbient:  fo  ift  baS 

90  le^tere  toenigftenS  ald  unumgänglid^e  Sebingung  (conditio  sine  qua  non) 
bas  äSornel^mfte,  morauf  man  in  SSeurt^eilung  ber  JCunft  als  fd()one  JSunft 
gu  feigen  l^at.  SReid^  unb  original  an  Sbeen  gu  fein,  bebarf  eS  nid^t  fo 
notl^kcenbig  gum  S3e^uf  ber  @d^5nl^eit,  aber  moi^l  ber  Slngemeffenl^eit  jener 
ßinbilbungSfraft  in  il^rer  grreil^eit  gu  ber  ®efe^mägigfeit  beS  SSerftanbeS. 

33  S)enn  aller  Sfteid^tl^um  ber  erfteren  bringt  in  fl^rer  gefe^lofen  f^reil^eit 
nid^ts  als  Unftnn  ^eroor;  bie  Urtl^eilSlraft  ift  hingegen  baS  äSermögen, 
fte  bem  SSerftanbe  angn^)affen. 

S)er  ©efd^madt  ift  fo  »ie  bie  Urt^eilSfraft  über]^au^)t  bie  ©ifciplin 
(ober  Sud^t)  beS  ©enieS,  befc^neibet  biefem  fel^r  bie  ^^lügel  unb  mad^t  eS 

30  gefettet  ober  gefd^liffen;  gugleid^  aber  giebt  er  biefem  eine  Seitung,  tooruber 
unb  bis  kcie  loeit  eS  fid^  verbreiten  foK,  um  gioedm&gig  gu  bleiben;  unb 
tnbem  er  Älarl^eit  unb  Drbnung  in  bie  Oebanfenfülle  l^ineinbringt,  mad&t 
er  bie  Sbeen  l^altbar,  eines  baurenben,  gugleid^  aud§  allgemeinen  SeifallS, 
ber  3Rad()folge  anberer  unb  einer  immer  fortfd^reitenben  (Sultur  fdl^ig. 

86  ffienn  alfo  im  SBiberpreite  beiberlei  6igenfd^aften  an  einem  $robucte 


320    Sttim  ber  Urtl^eildlraft   1.  ^eil.  Stnm  ber  äfll^etifd^en  Urt^eildfraft. 

ctoa«  aufflco^)fcrt  toerben  foll,  fo  müfetc  c8  cl^er  auf  ber  Seite  be«  ®eme« 
gef(l()e]^en:  unb  bie  Urtl^eildfraft,  meiere  in  @ad^en  ber  f(&5nen  j(unfi  au8 
eigenen  ^rincipien  ben  fluisfprud^  tl^ut,  mirb  e^er  ber  ^reil^eit  unb  beut 
äleid^tl^um  ber  SinbilbungSfraft,  aliS  bem  Ißerftanbe  Slbbrud^  i\x  tl^un  er« 
lauben.  s 

3ur  fd&5nen  Äunfl  »firben  olfo  (ginbilbunßSfraft,  SSerfianb, 
®elft  unb  ©efd^mad  erforberlid^  fein*). 

§51. 
aSon  ber  eintl&eilung  ber  \^bntn  Äünfte. 

SRan  Tann  überl^aupt  Sd^onl^eit  (jie  mag  9tatur»  ober  j(unftfd^5n^eit  lo 
fein)  ben  auSbrud  dftl^etifd^er  Sbeen  nennen:  nur  bafe  in  ber  f(l()5nen 
j(unft  biefe  3bee  bur<!^  einen  SSegriff  Dom  Obiect  t)eranlagt  koerben  mug, 
in  ber  fd^önen  SRatur  aber  bie  blofee  SRefIejcion  über  eine  gegebene  »n» 
fil^auung  o^ne  Segriff  oon  bem,  ma8  ber  ©egenftanb  fein  foO,  gur  @r« 
»edung  unb  SWittl^eilung  ber  Sbee,  oon  mläi^x  feneS  Dbject  ali  ber  is 
auSbrud  betrad^tet  mirb,  l^inreit^enb  ifi. 

SSenn  koir  alfo  bie  f<!^5nen  j^ünfte  eintl^etlen  tooDen,  fo  lönnen  mir, 
toenigflen«  jum  SSerfud^je,  fein  bequemere«  ^xmip  bagu  todl&Ien,  al8  bie 
Snalogie  ber  jfunft  mit  ber  Srt  beS  SuiSbrudiS,  beffen  ^di  ^enfil^en  im 
©pred^en  bebienen,  um  ftd^  fo  DoKIommen,  ald  möglid^  ift,  einanber,  b.  i.  20 
nid^t  blog  il^ren  äSegriffen,  fonbern  aud^  @mpfinbungen  nad^,  mitgutl^ei« 
len**).  —  2)iefer  befielet  in  bem  SBorte,  ber  ® eberbung  unb  bem  Sone 
(articuIation,®efticuIation  unb  äRobuIation).  9lur  bie  SSerbinbung  biefer 
brei  Srten  beiS  SuSbrudd  mad^t  bie  üoDftdnbige  SRitt^eilung  beS  Sprec^en^ 
ben  aus.  S)enn  ®ebanTe,  8[nfd()auung  unb  Smpftnbung  merben  baburc^  25 
gugleid^  unb  Dereinigt  auf  ben  anbern  flbergetragen. 

68  giebt  alfo  nur  brelerlei  «rten  fd()öner  fünfte:  bie  rebenbe,  bie 


*)  ^ie  brei  erßeren  SSermdgen  Be!omnien  burd^  baiS  k>terte  oUererfl  i^re  Qer« 
einigunfi.    ^ume  giebt  in  feiner  ®efd()t(^te  ben  (i^nglfinbem  au  Derflel^en,  bog, 
obaioar  fie  in  i^ren  38er!en  feinem  8oIfe  in  ber  9BeIt  in  9(nfe^ung  ber  ^eweiiSt^fimer  so 
ber  brei  erfleren  (Sigenf<!^aften,  abgefonbert  betrachtet,  etwad  nad^gAben,  fiebod^ 
in  ber,  meldte  fie  »ereinigt,  i^ren  iRad^baren,  ben  {^ranaofen,  nad^fie^en  müßten. 

**)  2)er  8efer  wirb  btefen  (Entwurf  au  einer  mdglid^en  C^nt^eilung  ber  fc^dnen 
Mnfte  ni<!^t  ald  beabfid^tigte  Sl^eorie  beurtl^eilen.  (&&  ift  nur  einer  Don  ben  man^ertei 
IBerfuc^en,  bie  man  no(^  anfleUen  fann  unb  foU.  ss 


3)cbuctlon  ber  äfl!|etifd^en  Urtl&eile.  321 

bilbenbeunbbie^unfit  beS@))ieU  ber  Srnpfinbungen  (als  äußerer 
Sinneneinbrfide).  9Ran  fönnte  biefe  @int^eilung  aud^  bic^otomifd^  ein« 
richten,  fo  bag  bie  \ä)bnt  JSunft  in  bie  bed  SuSbrudS  ber  ©ebanfen,  ober 
ber  anf^auungen  unb  bicfe  wlcberum  blofe  nad^  i^rer  gorm,  ober  i^rer 
6  SKaterie  (ber  Smpfinbunfl)  eingetl^eilt  toürbe.  »Hein  jte  mürbe  alsbann 
gu  abftract  unb  nid^t  fo  angemef[en  ben  gemeinen  Segriffen  ausfegen. 

1)  3)le  tcbenbeit  Äünfte  ftnb  »erebfamfeit  unb  ©id^tfunft. 
SBerebfamfeit  ift  bie  Äunp,  ein  (Sefdöfift  be«  SSerftanbeö  al8  ein  freies 
&pxü  ber  einbilbungöfraft  ju  betreiben;  2)i(fttfun[t,  ein  freie«  Spiel 

10  ber  (ginbllbungöfraft  al8  ein  ®ef(!^dft  be«  SSerftanbe«  auSjufübren. 

S)er  Stebner  alfo  fünbigt  ein  ®e{(!^äft  an  unb  fül^rt  t^  fo  auiS,  atö 
ob  c8  blofe  ein  Spiel  mit  3been  fei,  um  bie  ßwl^örer  gu  unterbalten.  SDer 
S)i(l()ter  Tünbigt  blo^  ein  unterbaltenbed  Spiel  mit  ^been  an,  unb  eS 
Tommt  bod^  fo  oiel  fflr  ben  SBerftanb  ^erauS,  als  ob  er  blog  beffen  ©efd^&ft 

15  gu  treiben  bie  9[bft(^t  gehabt  b&tte.  S)ie  SSerbinbung  unb  Harmonie  bei« 
ber  (Srfenntnifeoermögen,  ber  ©Innlld&Teit  unb  beö  SSerftanbeö,  bie  ein« 
anber  gmar  nid^t  entbehren  Tonnen,  aber  bod^  aud^  obne  Sn^onfl  unb 
med^felfeitigen  Slbbrud^  ^d^  nid^t  mobi  Dereinigen  laffen,  mug  unabjtd^tlidb 
gu  fein  unb  {td^  oon  felbft  fo  gu  fügen  fd^einen;  fonft  ift  eS  nid^t  fd^5ne 

20  j(un{l.  3)aber  alles  ©efud^te  unb  ^einlid^e  barin  oermiebenmerbenmug; 
benn  fd^5ne  JSunft  mu^  in  boppelter  SSebeutung  freie  ^unft  fein:  foioobl 
bag  fe  nidbt  als  Sobngefd^äft  eine  Slrbeit  fei,  bereu  ®r5ge  jtd^  nad^  einem 
beftimmten  SRagftabe  beurtbeilen,  ergtoingen  ober  begabten  l&gt;  als  aud^, 
bag  baS  ©emütb  ftd§  gtoar  befd^&fttgt,  aber  babei  bod^,  obne  auf  einen 

25  onbern  S»edt  l^inauSgufel^en,  (unabl^fingig  oom  gol^ne)  befricbigt  unb  er« 
toecft  fül&lt. 

S)er  diebner  giebt  alfo  gmar  etmas,  tt»aS  er  nid^t  oerfprid^t,  nämlid^ 
ein  unterl^altenbeS  Spiel  ber  @inbilbungSTraft;  aber  er  brid^t  aud^  bem 
ettoaS  ab,  toas  er  toerfprid^t,  unb  toaS  bod^  fein  angefünbigteS  ©efd^dft 

30  ift,  nämlidb  ^^^  Serftanb  gioedfmdfeig  gu  befd^dftigen.  3)er  ©id^ter  ba« 
gegen  Derfprid^t  »cnlg  unb  fünbigt  ein  blofeeS  Spiel  mit  3been  an,  leiftet 
aber  ctmaS,  »aS  eines  ®efd&aftcS  »ürbig  ift,  namlid^  bem  SSerflanbe 
fpielcnb  5Rabrung  gu  toerfd^affen  unb  feinen  Gegriffen  burd^  (giubilbungS« 
!raft  geben  gu  geben:  mltl^in  jener  im  ®runbe  »eniger,  blefer  mebr,  als 

35  eröerfprid^t. 

2)  2)ie  bilbenbeit  Mnfte  ober  Me  bes  «usbruds  für  Sbeen  in 
ber  Sinnenanfd^auung  (nid^t  burd§  aSorfteHungen  ber  blofeen  ©in« 

itant'l  6<!&rift(tt.    S^erTe.  Y.  21 


322    ^it«  bcr  Urtl&eiUfraft.   1.  J^cW.  Äritif  bcr  äftl^etif^eu  Urt^ciWItQft. 

bilbungSfraft,  blc  bwräj  SBortc  aufgcreßt  »erben)  pnb  entwcber  bic  ber 
©innentoa^r^eit  ober  be«  ©innenf d&ein«.  SDle  erfte  l^ei&t  bie  ?la* 
ftif,  bte  gtoeite  bie  TOalerei.  Seibe  mad^en  ®epalten  im  SRaume  gum 
SluSbrurfe  für  gbeen:  jene  mad^t  ©eftalten  für  jtoei  Sinne  fennbar,  bem 
©eftd^te  unb  ©efül^I  (objtoar  bem  legieren  nid^t  in  abftd^t  auf  ©d^ön^eit),  5 
biefe  nur  für  ben  erftern.  S)ie  äpi^etifdEie  gbee  (»rd^et^pon,  Urbilb) 
liegt  gu  beiben  in  ber  (Sinbilbungdfraft  gum  ©runbe:  bie  ©eftalt  aber, 
meldte  ben  8luSbrudC  berfelben  ausmacht  (eft^pon,  5tad^bilb),  »irb  ent* 
Weber  in  il^rer  förperli^en  auSbel^nung  (mie  ber  ©egenftanb  felbft  e;ri« 
fiirt)  ober  nac^  ber  Slrt,  wie  biefe  fic^  im  Slugc  malt  (nad()  i^rer  «ppareng  10 
in  einer  Sld^e),  gegeben;  ober,  »aS  aud^  baö  erftere  ift,  cnttoeber  bie 
Segiel^ung  auf  einen  »irflld^en  StoedE,  ober  nur  ber  Slnfc^ein  beffelben  ber 
Siepejrion  gur  S3ebingung  gemalt. 

Sur  5ßlaftif,  als  ber  erften  2lrt  fd^öner  bilbenber  Äünfle,  gel^ört  bic 
SBilbl^auerfunft  unb  Saufunft.  3)ie  erfte  ift  biejenige,  »eld^e  Se«  i» 
griffe  üon  ©ingen,  fo  »ie  pe  in  ber  Statur  ejciftiren  fönnten,  tbxpex- 
m  barfteat  (boc^  als  fc^bne  j^unft  mit  SRüdpc^t  auf  äftbetifc^e  Qm^^ 
möfeigfeit);  bie  gioeite  ift  bie  Äunfl,  Segriffe  üon  S)ingen,  bie  nur 
burd^Äunft  mögUd^  pnb,  unb  beren  ?yorm  nid^t  bic  5Ratur,  fonbcrn 
einen  milllürlid^en  3^^Ä  gum  SeftimmungSgrunbc  l^at,  gu  biefer  Slbpd^t,  so 
bod^  aud^  gugleid^  dftl^etifd^  gmedm&gig  barguftellen.   93ei  ber  legieren  ift 
ein  geioiffer  ® ebraud^  beä  fünftlid&en  (SegenftanbeS  bie  ^auptfad^c,  wor- 
auf als  SBebingung  bie  äftl^etifc^en  ^been  eingefd^r&ntt  werben.  S3ei  ber 
erfteren  ift  ber  blofee  Äusbrudt  äfl^etifd^er  gbeen  bie  ^auptabpd^t.  ©0 
Pub  Silbfäulen  üon  SKenfc^en,  ©öttern,  Spieren  u.  b.  gl.  Don  ber  erftern  23 
art;  aber  Sempel,  ober  ^rad^tgebdube  gum  fflel^uf  öffentlid^er  SSerfamm- 
lungen,  ober  aud^  SBol^nungen,  Sl^renbogen,  ©dulen,  Senotapl^ien  u.  b. 
gl,  gum  ßl^rengebddötnife  errid^tet,  gur  SBaufunft  gel^örig.  3a  alle  $au8* 
gerdt^e  (bie  Slrbeit  beS  Sifd^lerS  u.  b.  gl.  S)inge  gum  ©ebraud^e)  Tonnen 
bagu  gegd^lt  werben:  weil  bie  Sngemeffen^eit  bed  ^robucts  gu  einem  gc  30 
wiffen  ©ebraud^e  ba«  aSefentlidöe  eines  SauwerlS  auSmad^t;  bagegen 
ein  blogeS  Silbwert,  baS  lebiglid()  gum  anfdbauen  gemad^t  ift  unb  für 
pd^  felbft  gefallen  foll,  als  f örperlid^e  ©arPellung  blofee  SRat^al^mung  ber 
3latur  ift,  bod^  mit  SRütfpd^t  auf  dftl&etif^e  3bcen:  wobei  benn  bie  ©in* 
ncnwairl^cit  nid^t  fo  weit  gelten  barf,  bafe  eS  aufhöre  als  Äunft  unb  35 
$robuct  ber  SBilltür  gu  erfd^einen. 

£)ie  ^al  er  fünft,  als  bie  gweite  Srt  btlbenber  Mn^t,  weld^e  ben 


S)ebuction  ber  äfl^etifd^en  Urt^eile.  323 

Sinnenfd^eln  Tünßlid^  mit  S^een  DerBunben  barfteüt,  toflrbe  id^  in  bie 
ber  fd^onen  ©d^ilbcrung  bcr  9latur  unb  tn  blc  bcr  fd^önen  Sufam» 
mcnftcUuitfl  t^rcr  $robuctc  cintl^cilen.  ©Ic  crftc  toärc  blc  cigcnt» 
Ild^c  SKalcrct,  bic  gtocite  bic  Suftgärtncrci.  35cnn  bic  crftc  gicbt 
5  nur  ben  @d^ein  ber  lörpcrlid^cn  Sudbel^nung;  bic  imcite  gmar  btcfc  naij^ 
bcr  9BQ^rl()eit,  aber  nur  ben  Sd^cin  oon  Senu^ung  unb  ©ebraud^  gu  an« 
bercn  Qmdtxi,  alö  blofe  für  baS  Spiel  ber  (ginbilbung  in  35efd&ouung 
il^rcr  formen*).  3)ic  Untere  ift  niii^t«  anberS,  alö  bic  ©d&mücfung  be« 
S3oben8  mit  bcrfelbcn  3Wannigfaltigfeit  (®räfern,  SBlumen,  ©träud^en  unb 

10  Säumen,  felbji  ©cttdffcrn,  ^ügeln  unb  Sudlern),  »omit  it)n  bie  Slatur 
bcm  anfd^auen  barftellt,  nur  anberö  unb  angemeffen  getoiffcn  3been  gu^ 
fammcngeftellt.  3)ie  fd)öne  Sufammcnftellung  aber  förperlid^er  3)ingc  ift 
aud^  nur  für  bad  Slugc  gegeben,  mie  bie  9RaIerei;  ber  @inn  bed  @eful^I$ 
fann  feine  anfd^auHd&c  SSorftcHung  üon  einer  fold^en  gorm  öerf(!öaffen. 

15  Qu  ber  3RaIerei  im  toeiten  Sinne  würbe  id^  nod^  bie  Sßergierung  ber  ßint* 
mer  burd^  Sapeten,  Suffä^c  unb  aM  fc^5ne  SÜmöblemcnt,  koelc^cjS  blog 
gur  änfid^t  bicnt,  gdl^Ien;  imgleid^en  bie  Äunft  ber  Äleibung  nodö®e» 
\iimad  (SRinge,  S)ofen  u.  f.  ».)•  35^""  ein  parterre  öon  allerlei  SBlumen, 
ein  Siwimer  mit  allerlei  gicratl^en  (felbft  ben  ^u^  ber  ©amen  barunter 

20  begriffen)  mad^en  an  einem  ^rad^tfefte  eine  SIrt  t)on  ©cmdlbc  au§,  mel« 
d^cö,  fo  mie  bie  eigcntlid^  fogenannten  (bie  nid^t  etwa  ©cfd^id^tc,  ober  9la» 
turfenntnig  gu  Icl^ren  bic  Sbftd^t  l^aben)  blog  gum  9lnfel|en  ba  ift,  um 
bic  6inbilbung§fraft  im  freien  Spiele  mit  Sbeen  gu  unterl^alten  unb  ol^ne 
beftimmtf n  Qwd  bie  dft^etifd^e  UrtfteilSfraft  gu  befdjdftigen.  S)a8  3Kac|)» 

25  merl  an  allem  biefem  Sdömucfc  mag  immer  med^antfd^  fe^r  unterfd^ic« 


•)  S)a6  bie  guftödrtncrel  ot«  eine  5lrt  üon  üRalcrfunJl  bctrad^tet  werben 
fönne,  ob  fle  ^wax  \^xt  gormen  förperlld^  barpeüt,  fd^etnt  befremblid^ ;  bo  f!e  aber 
i^re  formen  njirflid^  au&  ber  Statur  nimmt  (bie  Säume,  ©eflräud^e,  ©röfer  unb 
l&Iumen  aud  ^alb  unb  gelb,  wenigftenS  uranfönglic^)  unb  fofern  nic^t  etma  wie 

30  bie  Sßloflil  ^'unft  ift,  auc^  leinen  93egriff  Don  bem  ©egenftaitbe  unb  feinem  S^^^^^ 
(roie  etwa  bie  93au!unft)  jur  öebingung  i^rer  3ufommeufteC(unö  l^at,  fonbcm  bIo6 
hai  freie  @pie(  ber  C^inbilbuno^fraft  in  ber  Sefd^auung:  fo  fommt  fie  mit  ber 
bIo6  äll^ettf^en  «Walerei,  bie  fein  beftimmte«  ST^ema  ^ot  (l^uft,  8anb  unb  aSBoffer 
burd^  8id^t  unb  @(^atten  unter^oltenb  jufammen  fteUt),  fofern  überein.  —  Über- 

35  l^oupt  »irb  ber  8efer  biefeiS  nur  atd  einen  $Berfu(^  oon  ber  S^erbinbung  ber  fc^önen 
fünfte  unter  einem  ^rincip,  meI(^eS  bieömal  ba»  btü  ?luöbrudö  dfl^etifc^er  Sbeen 
(nad^  ber  Analogie  einer  @prac^e)  fein  foQ,  beurt^eilen  unb  ni(^t  a(d  für  entf(^ie- 
ben  gehaltene  9lb(eitung  berfetben  anfe^en.  . 

21* 


324    ^ti!  bcr  Urtl^eiUfraft.   1.  S^eit.  ^itif  bcr  dfl^ettfd^cn  Urtl^etWfraft. 

ben  fein  unb  ganj  \>tx\ä)xzhtnt  Aünftler  erforbent;  baS  ®t\timad&' 
urtl^etl  ift  boäi  aber  baS,  mag  in  biefer  JSunfi  fd^ön  ift,  fofem  auf 
einerlei  art  beftimmt:  ndmlic^  nur  bie  gormen  (ol^ne  atüdpri^t  auf  einen 
QmS)  f 0,  »ie  jte  ^ä)  bem  äuge  barbieten^  eingeln  ober  in  il^rer  Suföni« 
menfe^ung  m(Si  ber  SSBirfung,  bie  fte  auf  bie  (Sinbilbungdlraft  t^un,  gu  5 
beurt^eilen.  —  SBie  aber  bilbenbe  itunft  gur  ©eberbung  in  einer  Spraye 
(ber  ainaloflie  nac^)  gegfil^It  toerben  fbnne,  toirb  baburd^  gerecä^tfertigt, 
ba^  ber  ©eift  bed  i^finftlerS  burd^  biefe  ©eftalten  Don  bem,  ksaiS  unb  mie 
er  gebadet  l^at,  einen  törperlid^en  SluSbrud  giebt  unb  bie  Sad^e  felbfl 
gleic^fam  mimi[d^  fpred^en  mad^t:  ein  fel^r  gemö^nlid^eS  @:t>iel  unferer  lo 
^l^antafte,  koeld^e  leblofen  fingen  i^rer  S^orm  gemäg  einen  ©eift  unter«» 
legt,  ber  aud  il^nen  fprid^t. 

3)  S)ie  JCunft  beiS  f(i^dtteti  &pitU  ber  Stttpfinbungen  (bie  üon 
äugen  ergeugt  merben  unb  baS  {id()  gleid^mol^l  bod^  mug  aDgemein  mit* 
t^eilen  laffen)  fann  nid^ts  anberd  als  bie  Proportion  ber  oerfc^iebenen  i& 
®rabe  ber  Stimmung  ((Spannung)  beS  @innS,  bem  bie  Smpfinbung  an* 
gel^ört,  b.  i.  ben  Son  beffelben,  betreffen;  unb  in  biefer  »eitläuftigen  Se* 
beutung  beS  SSortS  Tann  fte  in  baS  Ifinftlid^e  @piel  ber  @mpfinbungen 
bes  ©el^örd  unb  ber  bed  ©eftd^td,  mithin  in  SRufif  unb  garbenfunft 
einget^eilt  toerben.  —  @8  ift  merfmurbig:  bafe  biefe  gtoei  Sinne  aufeer  20 
ber  empfänglicftfeit  für  (Sinbrfidfe,  fo  Diel  baöon  erforberlid^  ift,  um  t)on 
äu&ern  ©egenftdnben  öermittelft  il^rer  Segriffe  gu  befommen,  nod^  einer 
befonbern  bamit  t)erbunbenen  (Smpfinbung  fällig  {tnb,  toon  welcher  man 
nic^t  red^t  auSmad^en  lann,  ob  fie  ben  @inn,  ober  bie  äiefleicion  gum 
©runbe  ^abe;  unb  bag  biefe  Slffectibilität  bod^  biStoeilen  mangeln  fann,  25 
obgleid^  ber  Sinn  ftbrigend,  was  feinen  ©ebraud^  gum  @rlenntnig  ber 
Dbiecte  betrifft,  gar  nid^t  mangelhaft,  fonbern  tool^l  gar  öorgügUd^  fein 
ift.  S)aS  l^ei^t,  man  fann  nid^t  mit  ©etoigl^eit  fagen:  ob  eine  f^arbe  ober 
ein  Son  (^lang)  blog  angenel^me  @mpfinbungen,  ober  an  ftd()  fd()on  ein 
fd^önei^  Spiel  t)on  (Smpfinbungen  fei  unb  atö  ein  foId^eS  ein  äBol^lgefallen  30 
an  ber  gorm  in  ber  äft^etifd^en  »eurtl^eilung  bei  ftd^  fü^re.   SBenn  man 
bie  Sd^neQigfeit  ber  Sid^t*  ober,  in  ber  gtoeiten  Srt,  ber  Suftbebungen, 
bie  aQed  unfer  93erm5gen,  bie  Proportion  ber  geiteintl^eilung  burd^  bie« 
felben  unmittelbar  bei  ber  SBal^rnel^mung  gu  beurtl^eilen,  »al^rfd^einlidöer^ 
toeife  bei  toeitem  übertrifft,  bebenft:  fo  foWe  man  glauben,  nur  bie  SBir*  » 
fung  biefer  Sitterungen  auf  bie  elaftifd()en  SEl&eile  unfer«  Äörper«  toerbe 
empfunben,  bie  Seiteintl^eilung  burd^  biefelben  aber  nid^t  bemerttunb 


S)cbuctton  hex  fiftl^ftifiä^cn  Urt^cile.  325 

in  SBcurtl^cilung  flcgogen,  mitl^in  mit  gatbcn  uub  Stöncn  nur  Slnncl^mHd^* 
feit,  nid^t  Sd^önl^eit  il^rer  6om:t)oftt{on  Derbunben.  93ebenlt  man  aber 
bagegen  erftlii!^  ba^  9Rat^emati{(]^e,  iDeld^ed  ftd^  fiber  bie  Proportion 
biefer  ©d^toingunflen  in  bcr  SKujtf  unb  il^re  Seurtl^eilung  jagen  Idfet,  unb 

5  beurtl^eilt  bie  i^arbenabfted^ung,  toie  billig,  nad^  ber  9(nalogie  mit  ber 
le^tern;  giel^t  man  jmeitenS  bie,  objmar  feltenen  SSeifpiele  Don  SRenfd^en, 
bie  mit  bem  beften  ©efici^te  oon  ber  ^elt  nid^t  l^aben  färben  unb  mit  bem 
fd^ärfften  ©el^öre  nid^t  Söne  unterfd^eiben  lönnen,  ju  9iat^,  imgleid^en 
für  bie,  ftield^c  biefeö  fönnen,  bie  SBal^rnel^imung  einer  üerdnberten  Dua» 

10  iitdt  (nid^t  blog  itS  ©rabeS  ber  @m))finbung)  bei  ben  Derfd^iebenen  Sin* 
fpannungen  auf  ber  Sarben*  ober  Tonleiter,  imgicid&en  bafe  bie  ßa^I  ber« 
felben  für  begreifliche  Unterfd^icbe  beftimmt  ift:  fo  möd^te  man  pd^ 
genötl^igt  feigen,  bie  Smpfinbungen  t)on  beiben  nid^t  aliS  bloßen  Sinnen^» 
einbrud!,  fonbern  als  bie  SBirfung  einer  Seurtl^eilung  ber  gorm  im  Spiele 

15  vieler  ßmppnbungen  anjufel^en.  3)er  Unterfd^ieb,  ben  bie  eine  ober  bie 
anbere  SWeinung  in  ber  5Beurtl()eilung  beö  ®runbeö  ber  aWuftf  giebt,  toürbc 
aber  nur  bie  S)efinition  bal^in  oerdnbern,  bag  man  jte  entmeber,  tote  mir 
getrau  l^aben,  für  baö  f  d&öne  ©piel  ber  (gmpfinbungen  (burd()  ba«  ©el^ör), 
ober  angenel^mer  ßmpfinbungen  erfldrte.   5Rur  nadft  ber  erftern  (Sr* 

20  fldrungSart  mirb  JWuftf  gänjUdö  al«  fd^öne,  nad^  ber  gmeiten  aber  als 
angenel^me  Äunft  (menigftenS  gum  Sl^eil)  oorgeflellt  merben. 

§52. 

aSon  ber  SSerbinbung  ber  fd^önen  Äünftc  in  einem  unb 
bemfelben  ^robucte. 

25  S)lc  Serebfamleit  fann  mit  einer  malerifd^en  JDarfteHung  l^rer  ©üb*' 
jede  fomol^l  afö  ®egen[tdnbe  in  einem  ©d^aufpiele,  bie  ^oepe  mit  SKu» 
pi  im  Oefangc,  biefer  aber  gugleid^  mit  malcrifd^er  (t^eatralifdjer)  S)ar* 
ftellung  in  einer  Dper,  ba«  Spiel  bcr  gmppnbungen  in  einer  2RupI  mit 
bem  Spiele  ber  ®eftalten  im  Sang  u.  f.  m.  oerbunben  »erben.    8ludö 

30  fann  bie  ©arftellung  be«  (Srl^abenen,  fofern  pe  gur  fc^önen  Äunft  gel^ört, 
in  einem  gereimten  Srauerfpiele,  einem  Selrgebid^te,  einem Dra» 
torlum  pd&  mit  ber  Sd^önl^eit  oereinigen;  unb  in  biefen  SBerbinbungen 
ift  bie  fd^5ne  ^unft  nod^  ffinftlid^er:  ob  aber  anii  fd^öner  (ba  pd^  fo  man« 
nigfaltige  oerfd^iebene  8lrten  beö  SBol^lgefaHen«  einanber  burc|)freugen), 

»3  fann  in  einigen  biefer  gdUe  begmeifelt  »erben.   3)oc^  in  aller  frönen 


326    Äritü  bcr  Urt^ciWfraft.   l.St^eil.  ^tlil  bet  äft^ettf(||en  Urtl&elWfraft. 

Äunft  befielet  baö  SBcfcntlid^c  in  bcr  gorm,  tocl^c  für  bic  aSeobad^tung 
unb  äSeurtl^eilung  jtDedmägtg  i{l,  m  bie  £u{l  gugleid^  (Sultur  i{i  imb  ben 
®^iii  ju  Sbeen  [ttmmt,  mithin  il^n  mel^rerer  folc^er  Suft  unb  UnterJ^al« 
tung  empf&ngUd^  maiit;  nid^t  in  ber  SRaterie  ber  @mpfinbung  (bem 
SRcijc  ober  bcr  SRül^rung),  too  c«  blofe  auf  ©cnufe  angelegt  ift,  weld^er  5 
nid^tiS  in  ber^bee  jurüdlägt,  ben  ®etft  ftumpf/ben  ©egenftanb  nad^  unb 
mä^  anelelnb  unb  ba^  ©emfitl^  burc!^  baS  Setougtfein  feiner  im  Urt^eite 
ber  SSernunft  gmedwibrigen  Stimmung  mit  ft(l()  felbft  unjufrieben  unb 
launifd^  mad^t. 

SBenn  bie  fd^onen  Äünfte  nid^t  na^e  ober  fern  mit  moralifd^en  Sbeen  10 
in  S^erbinbung  gebrad^t  merben,  bie  allein  ein  felbftftanbiged  Siol^Igefallen 
bei  pc^  führen,  fo  ift  baS  lefetere  il^r  enblic^eö  ©d^icffal.  @ie  bienen  afö» 
bann  nur  jur  ß^i^ftreuung,  beren  man  immer  bejto  mel^r  bebürftig  mirb, 
als  man  ftd^  il^rer  bebient,  um  bie  Unjufrieben^eit  beS  ©emütl^iS  mit  ftd^ 
felbft  baburd^  ju  vertreiben,  bag  man  ^6)  immer  noc^  unnü^lid^er  unb  15 
mit  p^  felbft  unjufriebener  mad^t.  Überhaupt  pnb  bie  ©d^önl^eitcn  ber 
3flatur  ju  ber  erfteren  Slbpd^t  am  jutrclglid^ften,  »enn  man  fröl^  baju 
gemöljnt  toirb,  pe  ju  beobad^ten,  ju  beurtl^eilen  unb  gu  bemunbern. 

§53. 
SSergleid^ung  bed  äftl^etifd^en  SBertl^d  ber  fd^onen  j^ünfte     20 
untereinanbcr. 

Unter  allen  bel^auptet  bie  ©id^tlunft  (bie  faft  gdnglid^  bem  ®cnie 
il^ren  Urfprung  öerbanft  unb  am  loenigften  burd^  SSorfd^rift,  ober  bur^ 
Seif^jiele  geleitet  fein  toill)  ben  oberften  Slang.  @ie  eriocitert  ba«  ®c^ 
miitl^  baburd^,  ba^  Pe  bie  @inbilbung$fraft  in  ^reil^eit  fe^t  unb  inner-  ss 
f)alb  ben  Sciiranfen  eines  gegebenen  Segriffä  unter  ber  unbegrdngten 
äRannigfaltigfeit  moglid^er  bamit  gufammenftimmenber  formen  bie* 
jenige  barbietet,  toeld^e  bie  ©arfteHung  beffelben  mit  einer  ©ebanfenffille 
üerfnflpft,  ber  fein  Sprad^auöbrudt  ööllig  abäquat  ift,  unb  pd^  alfo 
öft^etifd^  ju  Sbeen  ergebt.  @ie  ftdrit  ba§  Oemütl^,  inbem  pe  eö  fein  so 
freies,  felbptl^dtigeS  unb  oon  ber  9laturbeftimmung  unab^dngigeS  SSer* 
mögen  füllen  Idfet,  bic  9latur  als  @rfd&einung  nad&  Slnpcfttcn  gu  betrat^:: 
ten  unb  gn  beurtl^eilen,  bic  pe  nid^t  öon  felbft  Weber  für  bm  ©inn-nodö 
ben  aSerftanb  in  ber  ßrfa^rung  barbietet,  unb  pe  alfo  gum  Sel^uf  unb 
gleid^fam  gum  @^ema  beS  Überpnnlid^en  gu  gebraud^en.  @ie  fpielt  mit  S5 


©ebuction  ber  öft^ctift^en  Urt^elle.  327 

bcm  Schein,  bcu  ftc  na^  ScUcbcn  bewirft,  o^nc  bod^  baburc^  ju  betrügen; 
benn  f!e  erflärt  i^re  SBefd^dftigung  felbft  für  blogeS  @piel,  mel(^ed  gleid^« 
mol^l  t)om  SSerftanbe  unb  ju  beffen  ®efd^äfte  gmedmägig  gebraud^t  mer^ 
ben  fann.  —  S)ic  Serebjamfeit,  fofern  barunter  bie  Äunft  ju  Überreben, 
5  b.  1.  burdö  ben  fd^önen  Sd^ein  gu  l^intergc^en  (afö  ars  oratoria),  unb  ntd^t 
blofee  aSBo^lreben^ett  (eioqueng  unb  Stil)  öerftanben  toirb,  ift  eine  S)ia* 
leftif,  bie  öon  ber  SJid^tfunjl  nur  fo  Diel  entlehnt,  qI«  nöt^ig  ift,  bie  ®e* 
mutiger  öor  ber  Seurt^eilung  für  ben  SRebner  ju  beffcn  SSortl^eil  gu  ge- 
minnen  unb  biefer  bie  ^reil^eit  gu  beneigmen;  fann  aljo  meber  für  bie 

10  ©erid^töfd&ronfen,  nod^  für  bie  Äangeln  augeratl^en  werben.  3)enn  wenn 
eiS  um  bürgerlid^e  ®efe^e,  um  baS  Sfied^t  eingelner  ^erfonen,  ober  um 
bauerl()afte  Sele^rung  unb  Seftimmung  ber  ©emüt^er  gur  riij^tigen 
Äenntnife  unb  gewiffenl^aften  Seobad&tung  i^rer  ^flid^t  gu  t^un  ift:  fo  ift 
eö  unter  ber  SBürbe  eine«  fo  wi^tigen  ©efd^afte«,  aud^  nur  eine  ©pur 

13  Don  Üppigfeit  beö  SBifeeS  unb  ber  @inbilbung8fraft,  nod^  me^r  aber  oon 
ber  j(unft  gu  flberreben  unb  gu  irgenb  jemanbeS  SSortl^eil  eingunel^men 
bliden  gu  Iaf[en.  S)enn  wenn  fte  gleid^  bisweilen  gu  an  ftd^  red^tma^igen 
unb  lobeniSwürbigen  Slbfid^ten  angewanbt  werben  fann,  fo  wirb  {te  bod^ 
baburd^  üerwerflid^,  bafe  auf  biefe  9lrt  bie  SKajrimen  unb  ©ejtnnungen 

20  fubjectio  öerberbt  werben,  wenn  glei^  bie  S:t)at  objectio  gefefemfifeig  ift: 
inbem  eS  nid^t  genug  ift,  bad,  waiS  Siedet  ift,  gu  t^un,  fonbern  eS  aud^ 
aus  bem  ©runbe  aUein,  weil  eiS  Sitäjt  ift,  auSguüben.  Slud^  l^at  ber  bloge 
bcutltd^e  SBegriff  biefer  Slrten  Don  menfd^lid^er  Angelegenheit,  mit  einer 
lebl^aften  S)arftellung  in  93eifpielen  ))erbunben  unb  ol^ne  SSerftog  wiber 

25  bie  Siegeln  bed  SBo^llautS  ber  @prad^e,  ober  ber  SSol^lanft&nbigfeit  bed 
SluSbrudfS  für  Sbeen  ber  SSernunft  (bie  gufammen  bie  SSol^lrebenl^eit  aud> 
mad^en),  fd^on  an  fid^  l^inreid^enben  6influg  auf  menfd^lid^e  ©emütl^er,  atö 
ia^  es  nötliiig  wöre  noc^  bie  SKafd^inen  ber  Überrebung  l^iebei  anzulegen; 
weld^e,  ba  pe  eben  fowol|l  auc^  gur  Sef^önigung  ober  SSerbedtung  beS2afterS 

30  unb  S^rtl^wtnö  gebrandet  werben  fonnen,  ben  gel^eimen  SSerbad^t  wegen 
einer  fünftlid^en  Überliftung  nid^t  gang  oertilgen  fönnen.  3n  ber  S)id^t» 
fünft  ge^t  alles  el^rlid^  unb  aufrichtig  gu.  @ie  erflört  jid^,  ein  blofeeS  un= 
ter^altenbeS  @piel  mit  ber  @inbilbungStraft  unb  gwar  ber  f^orm  nad^  ein« 
flimmig  mit  SSerftanbeSgefej^en  treiben  gu  wollen;  unb  »erlangt  nid^t  ben 

35  SSerflanb  bur^  jtnnlic^c  ©arfleHung  gu  überfiä^leid^en  unb  gu  öerflridten.*) 

*}  3^  mug  gefielen:  bog  ein  fd^öneS  ©ebid^t  mir  immer  ein  reineS  SBer« 
gnügen  gemacht  ^at,  anflatt  bag  bie  Sefung  ber  beften  9^ebe  eiiieiS  rOmifc^en  ^olfiS- 


328    ^tti!  ber  Urtl^etl^froft.   1.  Sl^etL  «rtlt!  ber  Afl^ettfc^en  Uttl^eiUfraft. 

9{q(I^  ber  S)i(i^tfunft  koürbe  id^,  totnn  tS  um  SReij  unb  Semegung 
bcö  ©cmfttl^S  ju  tl^un  ift,  btcicnigc,  »el^c  il^r  unter  bcn  rebcnbcn  am 
ndd^ften  Tommt  unb  ftd^  bamit  anä)  fel^rnaturlid^  üereinigen  I&gt,  nämlic^ 
btc  Sonlunft,  fc^cn.  S)enn  ob  pc  jtoar  burd§  lauter  6m^)finbunBen 
ol^ne  Segriffe  \pxiäit,  mitl()tn  nid^t  \ok  bie  ^oefie  etmad  gum  Slad^benTen  5 
äbrig  bleiben  lagt,  jo  bemegt  {te  bod^  baS  ©emfitl^  mannigfaltiger  unb, 
obgleid^  blog  üorübergel^enb,  bod^  inniglid^er;  ift  aber  freüid^  mel^r  ®enug 
als  6ultur  (ba$  ©ebanfenfpieli  U)a$  nebenbei  baburd^  enegt  kstrb,  ift 
blog  bie  SBtrfung  einer  glei^fam  med^anifc^en  3(f[ociation);  unb  l^at, 
burd^  aSernunft  beurtl^eilt,  weniger  SBertl^,  alö  jebe  anbere  ber  fd^önen  10 
jlflnfte.  S)a]^er  tierlangt  jie  mie  teber  ©enug  5ftern  äBed^fel  unb  l^&It 
bie  mel^rmalige  äBieberl^oIung  nic^t  aud,  ol()ne  Überbrug  gu  erzeugen. 
2)er  SReij  berfelben,  ber  |td()  fo  allgemein  mittl^eilen  läfet,  fd^eint  barauf 
gu  berul^en:  bafe  jeber  8luSbrudt  ber  ©prad^e  im  3uf<J«nmen^ange  einen 
Son  l^at,  ber  bem  @inne  beffelben  angemeffen  ift;  bag  biefer  %t>n  mel^r  13 
ober  weniger  einen  9lf[ect  beS  €:t)red^enben  begeid^net  unb  gegenfeitig 
aud^  im  ^brenben  hervorbringt,  ber  benn  in  biefem  umgelel()rt  aud^  bie 
3bee  erregt,  bie  in  ber  @^)ra^e  mit  fold^em  Sone  auSgebrüdtt  »irb;  unb 
bog,  fo  mie  bie  SRobulation  gleid^fam  eine  allgemeine  iebem  SRenfd^en 
Derftfinblid&e  ©prad^e  ber  ©mpfinbungen  ift,  bie  SJ;onfunft  btefe  für  fid()  20 
allein  in  i^rem  gangen  Sttad^brudfe,  ndmlic^  al8  ©prad^e  ber^ffecten,  au8» 
übt  unb  fo  nadft  bem  Oefefee  ber  8lffoclation  bie  bamlt  natürlid^er  SBeife 
oerbunbenen  dftl^etifd^en  3t>een  allgemein  mtttl^eilt;  bafe  aber,  »eil  Jene 


ober  je^igen  IßartameniiS'  ober  J^anaelrebnerS  jeberaeit  mit  bem  unangenehmen  @efü^I 
ber  ^igbinigung  einer  ^interlirtigen  5(unfl  oermengt  mar,  xvelä^z  bie  ^enf^en  aU  n 
SJ^afd^inen  in  mid^tigen  2)tngen  3U  einem  Urt^eile  au  bewegen  verfielt,  bad  im 
ru!)igen  S^ad^benfen  aQe&  ©ewicl^t  bei  i()nen  oerlieren  mug.  Serebtl^eit  unb  9&o^U 
rcben!|eit  (aufammcn  SR^etorif)  ge!)ören  jur  fd^öncn  ^nft;  aber  Slebnerfunfl  (ars 
oratoria)   ift,  aU  j^unft  fi(^  ber  ©c^roö^en  ber  ^enf(^en  au  feinen  ^bftd^ten  au 
bebienen  (biefe  mCgen  immer  fo  gut  gemeint,  ober  andj  mirflic^  gut  fein,  aliS  fle  30 
woUen),  gar  fetner  ^c^tung  »firbig.    ^uä)  erl^ob  fie  fxä^  nur  fowo^t  in  9(tl^en 
atß  in  SRom  aur  l)öd^ften  @tufc  au  einer  3cit,  ba  ber  (Staat  feinem  93erberben  au* 
eitte  unb  ma^re  patriotif^e  S)enfungdart  erlofd^en  mar.    ^ex  bei  flarer  (i^inftc^t 
in  ©ad^en  bie  ©prac^e  nad^  beren  SReid^tl^um  unb  SRetnigfeit  in  feiner  ©ewalt  ^at 
unb  bti  einer  frud^tbaren,  aur  2)arrteQung  feiner  Sbeen  tüchtigen  GtnbilbungiSfraft  35 
lebhaften  ^eraendantbeil  am  wahren  @uten  nimmt,  ift  ber  vir  bonus  diceDdi  peritus, 
ber  9f{ebner  o^ne  j^unfi,  aber  t)oU  ^ad^brud^,  wie  i^n  Cicero  ^aben  toia,  o^ne  bo(^ 
biefem  Sbeal  felbfl  immer  treu  geblieben  au  fein. 


SXbuction  ber  ftßl^etifd^en  Utt^ette.  329 

api^ctifd&cn  gbeen  feine  Segriffe  unb  beftimmte  Oebanfeit  finb,  bic  gorm 
ber  Sufornmenfe^uiifl  blefer  (gmpfxnbungen  (Harmonie  unb  SRelobie)  nur 
ftatt  ber  gorm  einer  ©prad^e  bagu  bient,  öermittel|t  einer  pro^)ortionirten 
Stimmung  berfelben  (meiere,  kseil  fte  bei  5£5nen  auf  bem  äierl^&Unig  ber 

5  Sal^l  ber  Suftbebungen  in  berfelben  Seit,  fofern  bie  Zbnt  jufllei(]^  ober 
aud^  nad^  einanber  Derbunben  kcerben,  berul^t,  matbematifd^)  unter  gen)if[e 
Stegein  gebrad^t  werben  Tann)  bie  aftl^etifd^e  3bee  eines  gufammenbAngen^ 
ben  ®anjen  einer  unnennbaren  ®ebanTenffine  einem  gemiffen  Sl^ema  ge^ 
m&g,  tt»eId^eS  ben  in  bem  @tädte  benfd^enben  Effect  auSmad^t,  auSgn« 

10  brüden.  Sin  biefer  matbematifdien  f^orm,  obgleid^  nid^t  burd^  beftimmte 
äSegriffe  DorgefteÜt,  b^^gt  allein  badSBoblgefaHen,  meines  bie  blogeäte« 
flejcion  über  eine  fold^e  2Menge  einanber  begleitenber  ober  folgenber  (gm« 
^)finbungen  mit  biefem  &pkU  berfelben  alö  für  iebermann  gültige  Sebln* 
gung  feiner  Qdjbni^tit  t)erTnüpft;  unb  fte  i{t  ei  aQein,  nad^  meld^er  ber 

15  ©efd^madC  jid^  ein  Siedet  über  baS  Urtl^eil  Don  iebermann  gum  tooraud 
auiSgufpred^en  anmaßen  barf. 

aber  an  bem  Steige  unb  ber  ®emfit^8beb)egung,  toeld^e  bie  ÜRuftt 
l^erDorbringt,  l^at  bie  3Rat]^ematif  ftd^erlid^  ni^t  ben  minbeften  Slntbeil; 
fonbern  fte  ift  nur  bie  unumg&nglidje  IBebingung  (conditio  sine  qua  non) 

20  berjenigen  Proportion  ber  (SinbrfidCe  in  il^rer  ^erbinbung  fotoo^l  a\i 
il^rem  äBed^fel,  tt)oburd()  t8  m5gli(b  teirb  fte  gufammen  ju  faffen  unb  p 
Der^inbern,  bafe  biefe  einanber  nic^t  gerflören,  fonbern  ju  einer  continuir* 
lid()en  SBemegung  unb  ^Belebung  beS  ©emüt^S  burd^  bamit  confonirenbe 
Effecten  unb  l^iemit  gu  einem  bebaglid()en  @elbftgenu^e  jufammenftimmen. 

23  SBenn  man  bagegen  ben  SBert^  ber  fd^önen  jfünfte  nad^  ber  (Sultur 
fd^ä^t,  bie  fie  bem  ®emüt^  Derfd^affen,  unb  bie  (Srmeiterung  ber  93er^ 
mögen,  meldte  in  ber  UrtbeilSiraft  gum  @rfenntniffe  jufammen  fommen 
muffen,  jum  SRafeflabe  nimmt:  fo  l^at  aMufti  unter  ben  fd^önen  Äünflen 
fofern  ben  unterften  (fo  U)ie  unter  benen,  bie  gugleid^  nad^  ibrer  Slnnebm* 

80  lid^Teit  geftbä^t  toerbeui  oiellei(bt  ben  oberften)  $la^,  meil  fte  blog  mit 
Smpfinbungen  fpielt.  ^ie  bilbenben  JCünfte  geben  ibr  alfo  in  biefem 
93etrad()t  kseit  toor;  benn  inbem  fte  bie  @inbilbungSlraft  in  ein  freieiS  unb 
bod§  gugleid^  bem  SSerftanbe  angemeffeneS  Spiel  Derfe^en,  fo  treiben  fte 
gugleid^  ein  ®efd^äft,  inbem  fte  ein  ^robuct  gu  ©tanbe  bringen,  »eld^e« 

35  ben  SSerpanbeSbegriffen  gu  einem  bauerbaften  unb  für  fte  felbfi  ftd&  em= 
pfel^lenbcn  SBebifel  bient,  bie  Bereinigung  berfelben  mit  ber  Sinnlicbfeit 
unb  fo  gleid^fam  bie  Urbanität  ber  obern  6rfenutni|Ir&fte  gu  beforbern. 


330    ^Tilif  ber  Urt^ell^fraft.   1.  Slljctl.  Ärttif  her  äftljetifc^en  UrtJetKfraft. 

Seiberlei  9(rt  j^änfte  nel^tnen  einen  gang  Derfd^iebenen  ®ang:  bte  erftere 
oon  @mpfinbungen  ju  unbeftimmten  ^it^n;  bie  gtoeiteSlrt  aber  üon  be» 
[timmten  3>been  gu  (Smpfinbungen.  S)ie  le^tem  jtnb  oon  bleibenbenif 
bie  erftern  nur  Don  tranfitorif(^em  @tnbru(fe.  3)ie  Sinbilbung^traft 
lann  jene  gurfldrufen  unb  ^6)  bamit  angenel^m  unterl^alten;  biefe  aber  5 
erlöf(!^en  entmeber  gängli(!^,  ober  iDenn  fte  unu)illffirli(6  Don  ber  Sinbil^ 
bungSfraft  teieberl^olt  merben,  ftnb  jte  und  el^er  läftig  al&  angenel^m. 
Slugerbem  l^&ngt  ber  3Ru{tf  ein  getoiffer  SRangel  ber  Urbanit&t  an,  bag 
fte  üornel^mlid^  nad^  SSefd^affenl^eit  il^rer  Instrumente  il^ren  (Sinflug 
weiter,  aU  man  i{)n  verlangt,  (auf  bie  9la(l^barf(!^aft)  ausbreitet  unb  fo  lo 
ftcft  gleit^fam  aufbringt,  mithin  ber  fjteil^eit  anbrer  aufeer  ber  muftfali= 
fc^en  ©efeUfc^aft  Slbbrud^  tl^ut;  »eld^eS  bie  fünfte,  bie  gu  ben  9(ugen 
reben,  nid^t  t^un,  inbem  man  feine  Sugen  nur  megioenben  barf,  »enn 
man  i{)ren  @inbrud  nid^t  einlaffen  »id.  @ö  ift  l^iemit  faft  fo,  toxt  mit 
ber  ßrgofeung  burd^  einen  [\6i  meit  ausbreitenben  ©erut^  bemanbt.  2)er,  is 
n)eld^er  fein  parfümirted  Sd^nupftud^  auiS  ber  Safd^e  gie^t,  tractirt  aDe 
um  unb  neben  [\6)  miber  il)ren  SÖSiUen  unb  n5t][)igt  fie,  luenn  fte  at^men 
iDoQen,  gugleic^  gu  genießen ;  bal^er  eS  aud^  auS  ber  SRobe  gefommen  ift.*) 
—  Unter  ben  bilbenben  fünften  toürbe  id^  ber  5KaIerei  ben  SSorgug 
geben:  t^eilS  »eil  fte  a\&  3^i4nungSfunft  aUen  übrigen  bilbenben  gum  so 
@runbe  liegt ;  tl^eild  »eil  fte  lueit  me^r  in  bie  9%egion  ber  ^been  einbringen 
unb  aud^  bad  §elb  ber  Snfd^auung  biefen  gem&g  mel^r  enueitern  fann, 
als  eS  ben  übrigen  Derftattet  ift. 

§54. 
9(nmerfung.  23 

3tx)ifd^en  bem,  »ad  blog  in  ber  iBeurtl^eiluug  gefällt,  unb 
bem,  ma«  öergnügt  (in  ber  ©mpfinbung  gefällt),  ift,  »ie  mir  oft  gegeigt 
l^aben,  ein  mefentliti^er  Unterfd)leb.  2)a«  lefetere  ift  etmaö,  welche«  man 
nic^t  fO;  mie  ba*3  erftere  jebermann  anfinnen  fann.  Vergnügen  (bie  VLx* 
fac^e  beffelben  mag  immer{)in  aud^  in  Sbeen  liegen)  fd^eint  iebergeit  in  so 

*)  diejenigen,  meldte  au  ben  ^du^üd^en  9nba(^tdübunQen  oud^  bad  Singen 
geiftlid^er  lieber  empfohlen  ^aben,  bebad^ten  nid^t,  bag  fle  bem  publicum  burd^ 
eine  folc^e  larmenbe  (eben  baburd)  gemeiniglich  pl^arifäifc^e)  ^nbac^t  eine  groge 
SBefc^merbe  auflegen,  inbem  fie  bie  ^ad^barfdjoft  entmeber  mit  }u  fingen  ober  i^i 
©ebQufengefdjilft  nieberaulegen  nöt^igen-  85 


©cbitctlon  ber  oftl^ctif^cn  Urtl^citc.  331 

einem  ®efül|l  ber  Seforberung  be«  gefammten  geben«  be«  3Wenf()öen,  mit 
]&in  aud^  be«  förperltd^en  SBol^lbefinben«,  b.i.  ber  ©efunblöeit^gubeftel^ien; 
jo  bafe  ßpifur,  ber  alle«  SBergnügen  im  ®runbe  für  forperli^e  ßmpfin' 
bung  ausgab,  fofern  Dtelleid^t  ni(^t  Unred^t  l^aben  mag  unb  ftc^  nur  felb[t 

5  mlfeüerftanb,  »enn  er  baS  inteHectuelle  unb  jelbft  praftlfd^e  SSBol^Igcfanen 
ju  ben  Vergnügen  gäl^Ite.  SBenn  man  ben  lefetern  Unterfd^i^b  üor  Slugen 
^at,  fo  fann  man  jtd^  erfWren,  toie  ein  SSergnügen  bem,  ber  e«  emppnbet, 
felbft  mifefatten  fönne  (mte  bie  greube  eineö  burftigen,  aber  mo^Ibenfen* 
ben  TOenfd^en  über  bie  erbfd^oft  üon  feinem  il^in  liebcnben,  aber  fargen 

10  SJater),  ober  toie  ein  tiefer  ©d^merj  bcm,  ber  il^n  leibet,  bod^  gefatten 
fonne  (bie  Sraurigfeit  einer  SBittmc  über  i^re«  öerbienftöoßen  TOanne« 
Stob),  ober  loie  ein  SBergnügen  obenein  nod^  gefallen  fönne  (mie  baö  an 
SBiffenfc^aften,  bie  loir  treiben),  ober  ein  ©(^merj  (g.  35.  ^a^,  5ßeib  unb 
SRad^gierbe;  uns  nod^  baju  mißfallen  fonne.    35a«  SBol^lgefallen  ober 

15  ajlifef allen  beruht  l^ier  auf  ber  Vernunft  unb  ift  mit  ber  Billigung  ober 
gWifebilligung  einerlei;  SSergnügen  unb  ©d^merj  aber  fönnen  nur  auf 
bem  ®efül|l  ober  ber  9lu«{td^t  auf  ein  (au«  n}el(!^em  ©runbe  e«  aud^  fei) 
mögliche«  SBol^l^  ober  Übelbefinben  berul^en. 

SlBe«  »ed^felnbe  freie  Spiel  ber  ßmpfinbungen  (bie  feine  abpd^t 

20  jum  ®runbe  liaben)  oergnügt,  »eil  e«  ba«  ®efü^l  ber  ®cfunb]^eit  beforbert: 
wir  mögen  nun  in  ber  SSernunftbeurt^eilung  an  feinem  ®egenftanbe  unb 
felbft  an  biefem  SSergnügen  ein  äSol^lgef allen  liaben  ober  nid^t;  unb  biefe« 
SSergnügen  fann  bi«  gum  Effect  fteigen,  obgleid&  wir  an  bem  ®egenftanbe 
felbft  fein  Sntereffe,  wenlgften«  fein  fold^e«  nel^men,  wa«  bem  ®rab  be« 

25  le^tern  proportionirt  w&re.  SBir  fönnen  fie  in«  ®lüdt«fpiel,  Stonfpiel 
unb  ®ebanfcnfpiel  eint^eilen.  S)a«  erfte  forbert  ein  3ntereffe,  e« 
fei  ber  ßitelfeit  ober  be«  eigcnnufec«,  weld^e«  aber  bei  weitem  nid^t  fo 
grofe  ift,  als  ba«  Sntereffe  an  ber  Slrt,  wie  wir  e«  un«  gu  oerfd^affen  fud^en; 
ba«  gweite  blofe  ben  SBe(^fel  ber  ©mpfinbungen,  beren  Jebe  i^re  Se* 

30  giel^ung  auf  Effect,  aber  ol^ne  ben  ®rab  eine«  8lffectö  l^at  unb  afttietifd^e 

Sbecn  rege  mad^t;  ba«  britte  entfpringt  blofe  au«  bem  SBed^fel  ber  SSor* 

fleüungen  in  ber  Urt^eil«fraft,  woburd)  gwar  fein  ®ebanfe,  ber  irgenb  ein 

Sntereffe  bei  p(^  fül^rte,  ergeugt,  ba«  ®emüt^  aber  bodö  belebt  wirb. 

SBie  oergnügenb  bie  Spiele  fein  muffen,  ofjne  bafe  man  nötl&ig  l^citte 

86  interefjtrte  8lbpd^t  babei  gum  ®runbe  gu  legen,  geigen  alle  unfere  äbenb» 
gefellf(^aften;  benn  ol^ine  Spiel  fann  pcft  beinal^e  feine  unterl^alten.  aber 
bie  Effecten  ber  |)offnung,  ber  %vixi)t,  ber  greube,  be«  ßorn«,  be«  ^oi^nS 


332    Jeritir  bcr  llrt^etlfifraft.   1.  3:5clt.  Ärttif  ber  ftpl^etifiä^««  Urtl^ciWfraft. 

fpielen  babet,  inbem  Pe  {eben  Stugenblid  i^re  SHoIIe  koed^feln,  unb  {tnb  fo 
lebhaft,  bag  baburd^  al8  eine  innere  Lotion  ba8  ganje  Sebendgefd^&ft  int 
Sibxptx  beförbert  gu  fein  f(^eint,  toie  eine  baburd^  ergeugte  SRunterleit  bed 
©emfitl^d  eis  bemeifi,  obgleid^  lueber  tima^  gewonnen  no4  gelernt  »orben. 
aber  ba  ba&  ®lM»\pxA  fein  fd^öneS  Spiel  ifi,  fo  »ollen  tt)ir  e8  l^ier  bei  5 
©eite  fefeen.  hingegen  3Wupf  unb  Stoff  gum  gad^en  pnb  gtoeierlel  «rten 
be8  SpieliS  mit  &ft][)etifd^en  ^been,  ober  aud^  äSerftanbeiSDorftellungen,  too* 
burd^  am  @nbe  nid^tiS  gebadet  mirb,  unb  bie  blog  burd^  il^ren  SSed^fel  unb 
bennod^  lebhaft  Dergnfigen  I5nnen;  kooburd^  fie  giemlid^  flar  gu  erfennen 
geben,  bag  bie  Belebung  in  beiben  blog  fSrperlid^  fei,  ob  fte  gleid^  Don  10 
Sbeen  beS  ©emütl^d  erregt  toirb,  unb  bag  baiS  ©efü^I  ber  ©efunbl^eit 
burd^  eine  jenem  Spiele  correfponbirenbe  Semegung  ber  Singekoeibe  bai 
gange,  für  fo  fein  unb  geiftooÖ  gepriefene  SSergnägen  einer  aufgemedHen 
©efeUfd^aft  audmad^t.  31x6)1  bie  Seurtl^eilung  ber  Harmonie  in  Stonen 
ober  3Bi^einf&Den,  bie  mit  il^rer  Sd^önl^eit  nur  gum  notl^menbigen  SSe^itel  » 
bient,  fonbern  ba«  beförberte  SebenSgefd^dft  im  Äorper,  ber  »ffect,  ber  bie 
ISingetoeibe  unb  baS  Btt)erd^fen  betoegt,  mit  einem  SBorte  ba«  ®efü^l  ber 
©efunbl^eit  (meldte  jtd^  ol^ne  fold^e  SBeranlaffung  fonfl  nid^t  ffll^Ien  lagt), 
mad^en  ba«  SSergnägen  au«,  tueld^e«  man  baran  ftnbet,  bag  man  bem 
Sibxptx  aud^  burd^  bie  Seele  beifommen  unb  biefe  gum  $(rgt  Don  ienem  so 
braud^en  lann. 

3n  ber  2Kujtf  gel^t  biefe«  Spiel  üon  ber  ©mpfinbung  be«  Äörper« 
gu  dft^etifd^en  3been  (ber  Obiecte  für  Effecten),  Don  biefen  al«bann  koieber 
gurüd,  aber  mit  vereinigter  Äraft  auf  ben  Äörper.  3m  Sdfterge  (ber  eben 
f omo^I  loie  iene  el^er  gur  angenel^men,  al«  fd^önen  j^unft  gegäl^lt  gu  toerben  ss 
Derbient)  l^ebt  ba«  Spiel  Don  ©ebanfen  an,  bie  in«gefammt,  fofern  fie  fi(^ 
finnlic^  au«brädEen  »ollen,  auc^  ben  jtorper  befd^&ftigen;  unb  inbem  ber 
aSerftanb  in  biefer  SarfteUung,  toorin  er  ba«  ©rtoartete  nid^t  finbet,  plö^* 
lid&  nad^Iftfet,  fo  füp  man  bie  SBirfung  biefer  SRad^laffung  im  Äörper 
burd^  bie  Sd^wingung  ber  Organen,  »eld^e  bie  ^erfteüung  il^rc«  ®Ieic^  so 
geioic^t«  beförbert  unb  auf  bie  ©efunbl^eit  einen  möl^Itl^&tigen  ßinßug  l^at. 

@«  mufe  in  aUem,  wa«  ein  Icbl^afte«,  erf^ütternbe«  Sad^cn  erregen 
foH,  etma«  SBiberftnnige«  fein  (moran  alfo  ber  SBerftanb  an  ^6)  fein  ffiol^l« 
gefallen  finben  fann>  2)a8  gadE)cn  ift  ein  Effect  au«  ber  plö^» 
lid^en  SSertoanblung  einer  gefpannten  ßrmartuug  in  nid^t«.  35 
eben  biefe  SSerwanblung,  bie  für  ben  SSerftanb  gewife  nic^t  erfreulid^  ifi, 
erfreuet  bod^  inbirect  auf  einen  Slugenblidt  jel^r  lebl^aft.    aifo  mug  bie 


^ebuction  bec  äftl^ettfd^en  Urt^eile.  333 

Urfad^e  in  bem  ßinfluffe  bet  SSorfteÜung  auf  ben  Sibxptx  unb  beffen 
SSed^fetoirfung  auf  baS  ®emftt]^  befleißen;  unb  jtear  nic^t,  fofern  bie  93or« 
Peilung  obiectiD  ein  ©egenftanb'bed  äSergnügenS  ifl  (benn  tt)ie  fann  eine 
get&ufd^te  ßnoartung  Dergnügen?),  fonbern  lebiglid^  baburd^,  bag  fte  als 

&  bloged  Spiel  ber  SSorfteUungen  ein  ©leid^gemid^t  ber  £ebenöfr&fte  im 
Äörper  l^erDorbringt. 

SSenn  {emanb  erj&^It:  bag  ein  ^nbianer,  bet  an  ber  2;afel  eines 
(Sngl&nberS  in  Surate  eine  SouteiKe  mit  Sie  öffnen  unb  alles  bieS  SBier, 
in  @d^aum  Dermanbeli,  l^erauSbringen  fal^,  mit  Dielen  Ausrufungen  feine 

10  groge  äSertounberung  anzeigte  unb  auf  bie  $rage  beS  @ngI&nberS:  BaS 
ift  benn  ^ier  fid^  fo  fel^r  ju  Dermunbern?  antiuortete:  3d^  tounbere  mid^ 
aud^  nid^t  barüber,  bag  eS^erauSgel^t,  fonbern  ti)ie  i^rS  l^abt  l^ereinlriegen 
fonnen,  fo  lad^en  loir,  unb  eS  mad^t  uns  einel^erjlid^e  Suft:  nid^t  toeil  xo\x 
uns  etma  flflger  finben  als  biefen  Unioiffenben,  ober  fonfi  Aber  etmaS, 

15  koaS  uns  ber  SSerftanb  l^ierin  Sßol^IgefdlligeS  bemerfen  liege;  fonbern  unfre 
ßrmartung  koar  gefpannt  unb  Derfd^ttinbet  plö^Iid^  in  9lid^tS.  Ober  menn 
ber  erbe  eines  reid^en  SSertoanbten  biefem  fein  ßeid^enbegdugnig  red^t 
feierlid^  Deranftalten  toill,  aber  Kagt,  bag  es  t^m  l^iemit  nid^t  red^t  gelingen 
tooHe;  benn  (fagt  er):  ie  mel^r  id^  meinen  Srauerleuten  ®elb  gebe,  betrübt 

20  auSjufel^en,  befto  luftiger  fe^en  fie  auS,  fo  lachen  toir  laut,  unb  ber  ®runb 
Hegt  barin,  bag  eine  ertoartung  fid^  plö^d^  in  Slidbts  Dermanbelt.  9Ran 
mug  iDol^l  bemerfen:  bag  fie  fid^  nidi^t  in  baS  pofttioe  ©egentl^eil  eines 
ermarteten  ©egenftanbeS  —  benn  ba«  ift  immer  (StwaS  unb  fann  oft  be- 
trüben, —  fonbern  in  Sflid^tS  oertoanbeln  muffe.  3)enn  »enn  Jemanb  uns 

25  mit  ber  ISrg&^Iung  einer  ©efd^id^te  groge  Sruartung  erregt,  unb  loir  beim 
@d^Iuffe  bie  Unma^r^eit  berfelben  fofort  einfel^en,  fo  mad^t  es  uns  9Rig- 
fallen;  koie  j.  99.  bie  üon  Seuten,  meldte  oor  großem  ®ram  in  einer  9ta^t 
graue  ^aare  betommen  l^aben  foUen.  S)agegen  koenn  auf  eine  bergleid^en 
(Srg&l^Iung  gur  Srioieberung  ein  anberer  Sd^alt  fe^r  umft&nblid^  ben 

30  ®ram  eines  Kaufmanns  ergd^U,  ber,  auS  ^nbien  mit  allem  feinem  SSer» 
mbgen  in  Sßaaren  nad^  @uro))a  gurüdCfel^renb,  in  einem  fd^meren  @turm 
alles  über  Sorb  gu  toerfen  genöil^igt  tourbe  unb  fid^  bermagen  grdmte, 
bag  il^m  barüber  in  berfelben  9lad^t  bie  Verrüfe  grau  »arb:  fo  lad^en 
n)ir,  unb  es  mad^t  uns  SSergnügen,  meil  koir  unfern  eignen  SRiggriff  nad^ 

35  einem  für  uns  übrigens  gleid^güUigen  ©egenftanbe,  ober  oielmel^r  unfere 
verfolgte  3bee  koie  einen  Sau  nod^  eine  ßeit  lang  l^in«  unb  l^erfd^Iagen, 
inbem  mir  blog  gemeint  finb  il^n  gu  greifen  unb  fefl  gu  l^alten.   (Ss  ift 


334    Ärltif  bcr  Itrtl&eiWfroft.   1.  Zf^tM  Äritif  bcr  äft^cHfd^cn  Urtl^eiWfroft. 

l^ter  nid^t  bie  Abfertigung  eines  SügnerS  ober  S>ummfo))fd,  luel^e  baS 
äSergnügen  erteedt:  benn  aud^  ffir  ftd^  iDArbe  bie  le^tere  mit  angenommen 
ncm  ernft  erj&^Ue  Oefd^ld^te  eine  ®efeflfd&aft  in  ein  l&clle«  2ad&en  Der» 
fe^en;  unb  j[eneg  loäre  geiDÖl^nlid^ermagen  aud^  ber  Slufmerffamleit  nid^t 
toertl^.  5 

9RerIn)flrbig  tft:  bag  in  allen  fold^en  f^&Uen  ber  &pa%  immer  etmad 
in  ftd^  entl^alten  mug,  ml^ci  auf  einen  Slugenblid  tduf^en  fann;  bal^er 
ttenn  ber  ©d^eln  in  9li(^t8  Derfd^toinbet,  ba5  ®emüt^  wieber  gurfidtjtel&t, 
um  ed  mit  il^m  no(^  einmal  gu  üerfud^en,  unb  fo  burd^  f^nell  l^inter  ein« 
anber  folgenbe  Slnfpannung  unb  Sbfpannung  ]^in<>  unb  jurudfgefd^nellt  lo 
unb  in  ©c^toanfung  gefegt  tt)irb:  bie,  meil  ber  Äbfprung  Don  bem,  mad 
gleid^fam  bie@aite  angog,  plo^Iid^  (nic^t  burd^  ein  anm&I^Iiged^lac^Iaffen) 
gefc^al^,  eine  ©emutl^iöbemegung  unb  mit  il^r  ^armonirenbe  inmenbige 
lorperlid^e  Seioegung  Derurfac^en  mug,  bie  unmintürltd^  fortbauert  unb 
@rmubung,  babei  aber  aud^  Aufheiterung  (bie  SBirlungen  einer  jur  ®e«  i^ 
funbl^eit  gerei(!^enben  3Rotion)  ^erDorbriugt. 

2!)enn  menn  man  annimmt,  ba^  mit  allen  unfern  ©ebanfen  jugleid^ 
irgenb  eine  SSemegung  in  ben  Organen  beS  j^örperd  l^armonifd^  Derbunben 
fei:  fo  mirb  man  fo  jiemlid^  begreifen,  mie  jener  {)lö^Ud^en  äSerfe^ung  bed 
©emütl^iS  balb  in  einen,  balb  in  ben  anbern  ©tanbpunft,  um  feinen  ®e«  20 
genftanb  gu  betrachten,  eine  med^felfeitige  Anfpannung  unb  Soi^Iaffung 
ber  elaftifc^en  Sl^ieile  unferer  Singemeibe,  bie  ftd^  bem  SmerdbfeCi  mitt^eilt, 
correfponbiren  fönne  (gleid&  berjenigen,  toeld&e  fifelid&e  ßeute  fallen):  too- 
bei  bie  £unge  bie  Suft  mit  f(!^nea  einanber  folgenben  Abf&^en  ausflogt 
unb  fo  eine  ber  ©efunbl^eit  jutraglic^e  Semegung  bemirft,  meldte  allein  23 
unb  nid^t  baiS,  toa&  im  ©emutl^e  Dorgel^t,  bie  eigentliche  Urfad^e  bei^  SSer» 
gnügen«  an  einem  ©ebanfen  ift,  ber  im  ®runbc  nic^t«  DorfteUt.  —  S3ot 
taire  fagte,  ber  ^immel  l^abe  und  gum  ©egengemic^t  gegen  bie  Dielen 
SRubfeligfeiten  bed  SebenS  gmei  2)inge  gegeben:  bie  Hoffnung  unb  ben 
@d^laf.  @r]^&tteno(^bad£ad^en  bagure(!^nen  tonnen ;  toenn  bie  SRittel  so 
e«  bei  SSernünftigen  gu  erregen  nur  fo  leidet  bei  ber  ^anb  »firen,  unb 
bcr  SBi^  ober  bie  Driginalitdt  ber  Saune,  bie  bagu  erforberlid^  ftnb,  nid^t 
eben  fo  feiten  lo&ren,  aliSpufig  baSS^alent  ift,  fopf brec^enb  mie  m^ftifd^e 
©rübler,  l^aUbred^enb  mie  ®enie8,  ober  ^ergbred^enb  mie  empfinb- 
fame  Sfiomanfc^reiber  (auc^  mol^l  bergleid^en  äßoraliften)  gu  bid^ten.         30 

3Ran  fann  alfo,  mie  mic^  bänft,  bem  @pifur  mo^l  einr&umen:  bag 
alled  SSergnügen,  menn  ed  gleid^  burd^  Segriffe  Deranlagt  mirb,  meldte 


fS)ebuction  ber  öfl^ettfc^en  Urt^eile.  335 

df%tif(J^c  Sbccn  ertücdEen,  anlmalifd^c,  b.i.  förpcrlid^c,  ßmpflubunfl  fei; 
o^nc  baburd^  bcm  ßclftißcn  ©cjül^l  bcr  Sld&tung  für  morallft^c  Sbccn, 
meld^ed  fein  SSergnügen  ift,  fonbern  eine  @elbftfd^d^ung  (ber  SRenfd^« 
]()eit  in  unS),  bie  und  über  ba8  Sebürfnig  beffelben  erl^ebt,  [a  felbft  nic^t 

5  einmal  bem  minber  eblen  bed  ©efd^madS  im  minbejlen  Slbbrud^  )u  ttjvm, 

@toQd  QUjS  beiben  Sufammengefe^ted  finbet  {td^  in  ber  9lai))it&t, 

bie  ber  $(u8bru(!^  ber  ber  9ßenf(!^l^ett  urfprünglic^  natürlid^en  aufri(!^tig» 

feit  toiber  bie  jur  anbern  3latur  geworbene  aSerfteUungöfunft  ift.  3Ran 

iQ^i  über  bie  6infalt,  bie  eS  nod^  nid^t  oerfte][)t  ^i^  ju  üerftelten;  unb  er« 

10  freut  pcft  bod^  aud^  über  bie  ©infalt  ber  3tatur,  bie  jener  Äunft  l^ier  einen 
Querftric^  fpielt.  3Ran  erwartete  bie  aDtägli^e  ©Itte  ber  gefünftelten  unb 
auf  ben  fd^onen  ©d^ein  öorpt^tig  angelegten  tufeerung;  unb  Pe^e!  eS  ift 
bie  unüerborbne,  fdöulblofe  SRatur,  bie  man  anjutreffen  gar  nid^t  getoärtig 
unb  bie  ber,  weld^er  fte  bliden  lieg,  gu  entblößen  aud^  nid^t  gemeint  war. 

15  2)a6  ber  fd^öne,  aber  falf(^e  Schein,  ber  gewö^nli^  in  unferm  Urt^eile 

fel^r  üiel  bebeutet,  l^ier  plö^lid^  in  9ltc^t«  üermanbelt,  bafe  glel(^fam  ber 

.  ©d^alf  in  un5  felbft  blofegejlellt  wirb,  bringt  bie  Bewegung  beS  ®emüt^ö 

nad^  gwei  entgegengefe^ten  SRid^tungen  na(^  einanber  ^erüor,  bie  gugleid^ 

ben  Äörper  l^eilfam  [(Rüttelt.  35a6  aber  etwa«,  waö  unenblid^  beffer  al8 

20  alle  angenommene  Sitte  ift,  bie  Sauterfeit  ber  3)enlung8art  (wenigftenö 
bie  Slnlage  bagu),  bod^  nid^t  gang  in  ber  menfd^Udgen  9latur  erlofd^en  ift, 
mifd^t  @rnft  unb  ^o^fd^ä^ung  in  biefeS  Spiel  ber  Urt^eitefraft.  3Beil 
e«  aber  nur  eine  auf  furge  Seit  jtd^  l^erüortl^uenbe  erfd^einung  ift,  unb 
bieSede  ber  aSerjlellungSfunft  balb  wieber  oorgegogen  wirb:  fo  mengt 

25  ftd^  gugleic^  ein  SBebauren  barunter,  weld^eö  eine  SRü^rung  ber  3Ärtlid)feit 
ift,  bie  ft(^  als  Spiel  mit  einem  fold^en  gutl^ergigen  Sa(^en  fe{|r  wol^l  t)er« 
binben  Idgt  unb  aud^  wirllid^  bamit  gewbl^nlid^  Derbinbet,  guglei(^  audg 
bemienigen,  ber  ben  Stoff  bagu  l^ergiebt,  bie  SSerlegen^eit  barüber,  ba^ 
er  nod^  nid^t  nad^  SWenfd^enweife  gemifeigt  ift,  gu  üergüten  pflegt.  —  ©ine 

30  jhinft,  naiD  gu  fein,  ift  ba^er  ein  äSiberfpruc^;  allein  bie  9laiDität  in 
einer  erbid^teten  ^erfon  DorgufteHen,  ift  woi|l  möglid^  unb  fd^öne,  obgwar 
audö  feltene  Äunft  2Rlt  ber  SRaioitdt  mufe  offenl^ergige  ßinfalt,  weld^c 
bie  SRatur  nur  barum  nid^t  üerfünftelt,  weil  fie  ftd^  barauf  nid^t  Derfie^t, 
was  jfunft  be8  Umganges  fei,  ni(^t  oerwed^felt  werben. 

33  Q\x  bem,  was  aufmunternb,  mit  bem  SSergnügen  auS  bem  Sad^en 
nal^e  Derwanbt  unb  gur  Driginalitfit  beö  ®eifte8,  aber  eben  ni(^t  gum 
Talent  ber  fd^önen  j^unft  gehörig  ift,  lann  aud^  bie  launid^te  Lanier 


336    ^itil  ber  Uril^eiUfraft.   l.^eil.   ^tti!  ber  fifl^etifi^en  Urt^etUfraft. 

gej&^It  tt)erben.  Saune  im  guten  SSerftanbe  bebeutet  n&mlid^  ba«  Salent, 
jt(^  iDiafürUd^  in  eine  geiuiffe  ©emfttl^dbidpofttion  Derfe^en  ju  lönnen,  in 
bet  alle  3)inge  ganj  anberg  als  gemil^nlid^  (fogar  umgefe^rt)  unb  bod^ 
gemiffen  SJernunftprtncipien  in  einer  fold^en  ®emät^8ftimmung  gemd^ 
beurtl^eilt  luerben.  SSer  fold^en  SSer&nberungen  unmiDIürlid^  untermorfen 
i{),  ift  launif  d^;  loer  fie  aber  milltilrlid^  unbgmedmdgig  (gumSSel^uf  einer 
lebl&aften  5)arPenung  üermittelp  eine«  gad^en  erregenben  ßontrafte«)  an= 
gunel^men  Dermag,  ber  unb  fein  Sl^ortrag  l^eigt  launid^t.  3>iefe  äRanier 
ge^rt  inbeB  mel^r  gur  angenehmen  atö  {d^onen  j^unft,  »eil  ber  ®egen^ 
ftanb  ber  le^teru  immer  einige  äSfirbe  an  ftd^  geigen  mug  unb  bal^er  einen 
gewiffen  ©ruft  in  ber  SarfteÜung,  fo  »ie  ber  ©efd^mad  in  ber  SBeurt^ei= 
lung  erforbert. 


UN''V!:^r-'TY  y 


2)er  ^rirtf  ber  dft^etift^en  Urt^eil^fraft 

3tt)eiter  Stbf^nüt 

SDic  2)ideftif  bcr  ajl^ctifct)cn  Urt^cil«fraft 

§  55. 

5  ginc  Urtl^cHglraft,  blc  bialcftifdö  l^'n  foH,  mufe  guöörbcrft  Dcrnün^ 
tclnb  fein;  b.  i.  blc  Urtl^cilc  berfclbcn  muffen  auf  atlgemeinl^elt  unb  gtoar 
a  priori  »nfpruc^  matten*):  benn  in  foI(^er  Urtl^eile  ©ntßegenfe^ung 
befte^t  bie  ©ialettif.  3)a^er  ift  ble  Unüercinbarfelt  ftfil^etifc^er  ©inne«« 
urt^eile  (aber  ba^  Slngenel^me  unb  Unangenehme)  ntd^t  bialefttfd^.  ^näi 

10  ber  SBiberftreit  bcr  ®efci^mad«urtl&cile,  fofern  Pcft  ein  jcbcr  bloß  auf  feinen 
eignen  ©cfd^mad  beruft,  mac^t  feine  S>taleftif  beS  ©efc^maifd  an^:  iDcil 
niemanb  fein  Urtl^eU  gur  allgemeinen  3tegel  ju  machen  gebenft.  ßö  bleibt 
alfo  fein  Segrlff  öon  einer  Sialcftif  übrig,  »elc^e  ben  ®ef(!^ma(I  angeben 
fonnte,  al8  ber  einer  ©ialcftif  ber  Äritif  bc«  ©efc^madt«  (nid^t  beö  ®e* 

15  fd^mad«  fclbft)  in  Slnfel^ung  i^rer  Sßrincipien:  ba  nämlidö  u^er  ben 
®runb  ber  Wöglid^feit  ber  ©cfd^macfSurt^eile  überl^aupt  einanber  miber« 
ftreltenbcSegrilfc  natfirlid^er  unb  unDermeiblid&crSBeifc  auftreten.  Strand* 
fccnbentalc  Jhitif  be8  ®ef(^macfd  n)irb  alfo  nur  fofern  einen  2:^eil  cnt* 
iialten,  ber  ben  §Ramcn  einer  ©ialeftif  ber  äftl^etifdö^n  Urt^eilöfraft  f ft^ren 

20  tann,  toenn  ftd^  eine  Antinomie  ber  ^rincipien  biefeS  SBermögend  finbet, 
meldte  bic  ©efe^m&gigfcit  beffelben,  mitl^in  aud^  feine  innere  2RögU(!^feit 
gtoeifcll^aft  mad)t. 

♦)  (5in  öcniünftclnbeö  Urtl^eil  (iudicium  ratiocinans)  fann  ein  jcbed  feigen,  baö 

^6)  oW  allgemein  onfünbigt;  benn  fofern  fann  e«  ^um  Oberfofee  in  einem  Sernnnft« 

25  fd^Inffe  bienen.   (Sin  SBernunfturt^eil  (iudicium  ratiocinatum)  fann  ba^egen  nur  ein 

fold^eS  genannt  werben,  meld^ed  a(d  ber  @c^lugfa^  uon  einem  ^ernunftfd^tuffe,  folg' 

l\^  old  a  priori  gegrftnbet  gebod^t  mirb. 


338    ^iHf  bcr  Urtl&eiWfroft.   1.  X^elt.  Äritif  ber  äft^ctifd^cn  Urtl^cilöfroft. 

§56. 
SSorftellung  ber  Antinomie  beS  ©efd^mads. 

3)cr  crftc  ©cmcinort  bc«  ®c|(^macfg  iji  in  betn  Sa^c,  »omit  jtd^ 
jeber  ©ef^madlofe  gegen  Sabel  gu  t)eroa{|ren  benft,  entl^alteit:  ein  {eber 
|at  feinen  eignen  ©efd^madf.    35a8  l&eifet  fo  öiel  al«:  ber  Seftlm«    s 
niungSgrunb  biefe^  Urtt)eilö  i[t  blofe  fubjectiü  (Vergnügen  ober  ©(^merj); 
unb  baiS  Urt{)eil  l^at  fein  äted^t  auf  bie  not^menbige  SBeiftimmung  anberer. 

2)cr  jtoeite  ©cmeinort  beffelbcn,  ber  audö  öon  benen  fogar  gebrandet 
mirb,  bie  bem  ©efd^madSurtl^eite  ba^  SÜed^t  einr&umen,  für  iebermann 
gfiltig  auSjufpred^en,  ift:  aber  ben  ©efd^mad  lägt  fic^  ni(!^t  bid«  lo 
p  u  t  i  r  e  n.  2)a«  l^cifet  f o  Diel  al8 :  ber  Seftimmungggrunb  eine«  ®ef (ftmadfö* 
urtl^eil«  mag  gmar  aud^  objectiD  fein,  aber  er  Idgi  [\6i  nid^t  auf  beftimmte 
Segriffe  bringen;  mitl^in  fann  über  ba«  Urtl^eil  felbft  burd&  SBewcife 
nid^tö  entfd^ieben  merben,  obgleid^  barüber  gar  toofjll  unb  mit  SRed^t 
geftritten  werben  fann.  2)enn  Streiten  unb  JDigputiren  jtnb  jwar  n 
barin  einerlei,  bag  fte  burc^  wed^felfeitigen  SBiberftanb  ber  Urtl^eile  Sin^ 
lielligfeit  berfelben  l^eröorgubringen  fud^en,  barin  aber  öerft^ieben,  bafe 
baö  le^tere  biefe«  nad&  bcftimmten  ^Begriffen  afö  Sewei^grünben  ju  be» 
»irfen  ^offt,  mitl^in  objectiöe  ^Begriffe  alö  ®rünbe  be§  Urt^eil«  an= 
nimmt.  S3o  biefe«  aber  al«  untl}unlid^  betrad^tet  wirb,  ba  wirb  ba«  3)1^-  20 
putiren  eben  fowo^I  al«  unt^unlid^  beurt{)eilt. 

9Ran  ftel|t  leidet,  ba^  gwifd^en  biefen  gwei  ©emeinörtern  ein  @a^ 
fe{|It,  ber  jwar  nid^t  fpri(!^wortlid^  im  Umlaufe,  aber  bod^  in  iebermann« 
(Sinne  entl^alten  ift,  ndmlidö:  über  ben  ©efd^madE  Ififet  fld^  ftreiten 
(obgleid^  nt(!^t  bidputiren).  3)iefer  @a^  aber  entl^dlt  baö  ®egcnt]^eil  be«  25 
oberften  ©a^e^j.  £)enn  worüber  e^^  erlaubt  fein  foU  gu  ftreiten,  ba  mug 
Hoffnung  fein  unter  einanber  überein  gu  fommen;  mitl^in  mug  man  auf 
®rünbe  be«  Urttieilö,  bie  ni(^t  blofe  Sßrioatgültigfeit  ^aben  unb  alfo  nid^t 
blofe  fubiectit)  ftnb,  rechnen  fönnen;  weld^em  gleid^wol^l  jener  ®runbfa^: 
ein  iebcr  l^at  feinen  eignen  ®efc^madC,  gerabe  entgegen  ift.  30 

@S  geigt  fid^  alfo  in  Slnfel^iung  beS  $rincips  be«  ®efd^madE«  folgenbe 
Antinomie: 

1)  S^ef  i§.  S)a«  ®efd&madEöurt^cil  grünbet  ftd^  nid^t  auf  ^Begriffen; 
benn  fonft  licfee  ftd^  baruber  biöputiren  (burd^  SBeweife  entfd^eiben). 

2)  Slutit^efi«.   S)aö ©efd^madtdurtl^ell  grünbet  pd^  aufgegriffen;  »3 
benn  fonfi  liege  ftd^  ungead^tet  ber  ä^erfd^ieben^eit  beffelben  barüber  aud^ 


©iQleftif  bcr  ftftl^eHfd^en  Urt^citöfroft.  339 

nliftt  einmal  ftrcitcn  (öuf  btc  not^tiocnblgc  ©inftimmung  anbcrer  mit  bic= 
fem  Urt^eile  Snfpruc^  mad^en). 


§57. 
auflöfung  bcr  Antinomie  bcS  ©cfdöwiad«. 

5  es  ift  feine  üRöglidjfelt,  ben  SBiberftrelt  jener  jebem  ®ef(l^macf«ur= 
t^eile  untergelegten  ^rincipien  (weld^e  nid^tö  anber«  ftnb,  alö  bie  oben  in 
berSlnal^ttf  DorgefteQten  jmeieigentl^iimlid^fetten  beS^efd^madESurtl^etld) 
ju  lieben,  al«  bafe  man  jeigt:  ber  Segriff,  worauf  man  baö  Object  in 
biefer  8lrt  Urtl)eile  begtel)t,  »erbe  in  beiben  aWa;:imen  ber  äft^etifd^en  llr= 

10  tl&eitefraft  nid^t  in  einerlei  Sinn  genommen;  biefer  jtoiefad^e  Sinn  ober 
®eft(^töpun!t  ber  S3eurtf(eilung  fei  nnferer  tranöfcenbentalen  Urtl^eilöfraft 
notf)tt)enbig;  aber  aud^  ber  @(l^ein  in  ber  SSermengung  bed  einen  mit  bem 
anbern,  als  naturlit^e  Sttufion,  unoermeiblici^. 

auf  irgenb  einen  Segriff  mufe  ftc^  ba«  ©efd^madtSurtl^eit  bejiel^en; 

15  benn  fonft  fönnte  e§  fc^led^terbingö  nid^t  auf  notl^toenbige  ®uUlgfeit  für 
iebermann  Slnfpruc^  mad^en.  aber  au«  einem  SBegriffe  barf  eS  barum 
eben  nld^t  ermeiölidö  fein,  »eil  ein  Segriff  enttoeber  beftimmbar,  ober  aud^ 
an  ft(^  unbeftimmt  unb  gugleid^  unbeftimmbar  fein  fann.  38on  ber  er* 
ftern  art  ift  ber  SßerftanbeSbegrIff,  ber  burc^  $rdbicate  ber  ftnnlid^en  an= 

20  fd^auung,  bie  il^m  correfponbiren  fann,  beftimmbar  ift;  üon  ber  ätoelten 
aber  ber  tranöfcenbentale  Sernunftbegriff  t)on  bem  Übcrfinnlic^en,  »aS 
aller  jener  anfdbauung  gum  ®runbe  liegt,  ber  alfo  weiter  nid^t  tl^eoretifd^ 
beftimmt  »erben  fann. 

SRun  gel^t  ba«  ®efdöma*5urt]^eil  auf  ©egenftdnbe  ber  Sinne,  aber 

25  nid^t  um  einen  Segriff  berfelben  für  ben  Serftanb  ju  beftimmen;  benn 
es  ift  fein  ßrfenntnifeurt^eil.  6«  ift  baf)er,  als  auf  baS  ®efül)l  ber  Suft 
belogene  anfd^aulidbe  eingelne  SorfteHung,  nur  ein  5ßrioaturtl^eil:  unb 
fofern  mürbe  eS  feiner  ©ultigfeit  nac^  auf  baS  urtl^eilenbe  Si^bioibuum 
allein  befd^rdnft  fein:  ber  ®egenftanb  ift  für  mic^  ein  ©egenftanb  beS 

30  SBol^lgefallenS,  für  anbre  mag  eS  ftdi)  anberS  oerl^alten;  —  ein  jeber  l^at 
feinen  ©efd^mad. 

©leid^mo^l  ift  o^ne  Qvotx^A  im  ®efdbmadtSurtl^eile  eine  erweiterte 
Sejie^ung  ber  SorfteUung  beS  DbjectS  (jugleicft  aud^  beS  ©ubjeclS)  ent« 
l^alten,  worauf  wir  eine  auSbel^nung  biefer  art  Urt^eile  als  not^menbig 

85  für  jebermann  grünben:  weld^er  ballier  notl^menbig  irgenb  ein  Segriff  jum 

22* 


340    Ärltif  ber  Utt^eiWfroft.   1.  Sl^cil.  Ärltif  ber  äft^clif(!^en  Urtl^eildfraft. 

©runbe  liegen  mug;  aber  ein  Segrtff,  ber  ftd^  gar  nid^t  burd^  Sinfd^auung 
beftimmen,  burc^  bcn  ftdö  nld^t«  crfennen,  mithin  au(^  fein  aSettei«  für 
bo8  ©cfd^modESurtl^cil  fül^rcn  Ififet.  6in  berglei^cn  33egriff  aber  ift 
ber  blofee  reine  SBernunftbegriff  Don  bem  Überfinnlid^en,  toaS  bem  ®egen= 
ftanbe  (unb  auc^  bem  urtl^eilenben  ©ubjecte)  ofö  ©innenobjecte,  mitl^in  5 
al«  (Srfd^einung  gum  ®runbe  liegt.  S)enn  nfil^ime  man  eine  fold^e  Sftü* 
{td^t  nid^t  an,  fo  »Are  ber  Slnfpruc!^  beS  (Sefc^madSurtl^eiliS  auf  allgemeine 
®ültigfeit  nld^t  ju  retten;  toäre  ber  Segriff,  worauf  eg  jtd&  grünbet,  ein 
nur  blog  Dermorrener  SSerftanbeSbegriff  etma  Don  SSoDtommenl^eit,  bem 
man  correfponbirenb  bie  jtnnlid^e  Slnfd&auung  be«  ©d^onen  beigeben  10 
tonnte:  fo  tofirbe  t^  loenigftenö  an  ftd^  möglid^  fein,  bad  ©efd^madFiSur« 
tl^eil  auf  ffletoeife  ju  grünben,  »eld^eS  ber  Sl^efi«  toiberfpridöt. 

9lun  fällt  aber  aller  SBiberfprud^  toeg,  loenn  id^  fage:  ba«  ®efd^mad[^= 
urtl^eil  grünbet  ftd^  auf  einem  begriffe  (eines  ®runbed  überl^aupt  Don 
ber  fubjectiDen  ßwcdEmfifeigfeit  ber  3latur  für  bie  Urtl^eilSfraft),  au«  bem  15 
aber  nid^tö  in  Slnfel^ung  be^  Dbiect«  erfannt  unb  bewiefen  »erben  fann, 
meil  er  an  jtd^  unbeftimmbar  unb  gum  @rfenntnig  untauglid^  ift;  e«  be= 
lommt  aber  burd^  eben  benfelben  bod^  gugleid^  ©ultigfeit  für  jebermann 
(bei  jebem  gtoar  als  eingelne«,  bie  Slnfd^auung  unmittelbar  beglcitenbeS 
Urtl^eil):  weil  ber  Seftimmung^grunb  beffelben  Dielleid^t  im  Segriffe  Don  20 
bemienigen  liegt,  was  als  baS  überftnnlic^e  ©ubftrat  ber  2Renf(!^l^eit  an« 
gefeiten  werben  lann. 

@S  fommt  bei  ber  Sluflofung  einer  Antinomie  nur  auf  bie  SRöglid^«« 
feit  an,  bag  gwei  einanber  bem  @(!^eine  na(!^  wiberftreitenbe  @ä^e  ein« 
anber  in  ber  S^at  nid&t  wiberfpred^en,  fonbern  neben  einanber  befielen  25 
fönnen,  wenn  gletd^  bie  grflärung  ber  aWöglit^feit  i^reS  SegriffS  unfer 
@rfenntnigDermögen  überfteigt.  S)a^  biefer  Schein  aud^  natürlid^  unb 
ber  menfd^lidöen  SSernunft  unDermeiblid^  fei,  imgleid^en  warum  er  eS  fei 
unb  bleibe,  ob  er  glei(^  nad^  ber  Sluflöfung  beS  ©d^einWiberfprud^S  nt^t 
betrügt,  lann  l^ierauS  aud^  begreiflid^  gemad^t  werben.  ^ 

SBir  nel^men  nfimlid^  ben  Segriff,  worauf  bie  allgemeingültigfeit 
eines  Urt^eilS  ftd^  grflnben  mufe,  in  beiben  wiberftreitenben  ttrtl^eilen  in 
einerlei  Sebeutung  unb  fagen  bo^  Don  i^m  gwei  entgegengefe^te  ^räbi« 
cate  auv3.  Sn  ber  SC^efiS  follte  eS  bal^er  l^eifeen:  S)aS  ®ef(ftmacfSurt]&eil 
grünbet  ftc^  nlc^t  auf  beftimmten  Segriffen;  in  ber  Slntitl^ejiS  aber:  35 
S)aS  ®efd^madCSurt]^eil  grünbet  fid^  bod^  auf  einem,  obgwarunbeftimm« 


2)iale!ti!  ber  öft^etifd^eit  Urt^eildfraft  341 

tcn,  JBeflrlffc  (ndmHdö  ^om  fibcrjtnnllc^cn  ©ubfttat  bcr  erfd^ctnungcn); 
unb  atebann  to&xt  gmifd^en  il^nen  lein  ^iberftreit. 

SRe^r,  alö  biefen  SBiberftreit  in  ben  Slnfprfic^en  unb  ©egenanfpnV 
d^en  beö  ©efd^madd  gu  lieben,  fönnen  mir  nid^t  leiften.  @in  beftimmted 

5  obiectiüed  ^rincip  bed  @e{(!^mQcf<S,  mornac^  bie  Urtl^ieile  beffelben  geleitet, 
geprüft  unb  bemiefen  »erben  lonnten,  ju  geben,  ift  f(!^Ie(!^terbingd  unmög« 
lid^;  benn  eö  tofire  alöbann  fein  ©efi^uiadEgurtl^eil.  S)a8  fubiectiöe  ^rin» 
cip,  nämlich  bie  unbeftimmte  Sbce  beö  Überpnnlid^en  in  unö,  fann  nur 
als  ber  einjige  Sd^Iäffel  ber  @ntr&t^{elung  biefeiS  un<S  felbft  feinen  Duel* 

10  len  nad^  verborgenen  SSermögend  angezeigt,  aber  burc^  nichts  weiter  be» 
greiflid^  gemacht  merben. 

35er  l^ier  aufgeftcHten  unb  auageglid^enen  Slntinomie  liegt  ber  rid^« 
tige  Segriff  bei^  ©efd^madEd,  nämlid^  ald  einer  blog  reflectirenben  dft^e« 
tif(^en  Urtl^eilöfraft,  jum  ©runbe;  unb  ba  »urben  beibe  bem  ©dbeine  nad^ 

15  »iberfireitenbe  ©runbfäfee  mit  einanber  vereinigt,  inbem  beibe  »al^r 
fein  lönnen,  melc^eS  aud^  genug  ift.  SBurbe  bagegen  gum  SeftimmungS^ 
grunbe  bei^  ©efd^madCS  (megen  ber  @ingelnl|eit  ber  SSorfteHung,  bie  bem 
©efd^maddurtl^eil  jum  ©runbe  liegt),  mie  von  @inigen  gefd^iel^t,  bie  91  n« 
nel&mlid^feit,  ober,  toie  Slnbere  (megen  ber  ailgemeingültigfeit  beffelben) 

20  moüen,  baiS  ^rincip  ber  SSollIommenl^eit  angenommen  unb  bieS)eft« 
nilion  beS  ®efc^mad[«  barnad^  eingerid^tet:  fo  entfpringt  barauS  eine 
Antinomie,  bie  fd^led^terbingS  nid^t  auiSgugleid^en  ift,  atö  fo,  bag  man 
jeigt,  bafe  beibe  einanber  (aber  nid^t  blofe  contrabictorifd^)  entgegen* 
ftel^enbe  ©dfeefalfd^finb:  meld^eä  bann  bemeifet,  bafe  ber  33egriff,  tt)or= 

'jö  auf  ein  jeber  gegrünbet  ift,  jtd^  felbft  miberfpred&e.  SRan  jtef(t  alfo,  bafe 
bie  Hebung  ber  Slntinomie  ber  dft^etifd^en  Urtl^eilöfraft  einen  dl^ntid&en 
@ang  nel^me  mit  bem,  meldten  bie  j^ritif  in  Sluflöfung  ber  Slntinomieen 
ber  reinen  t^eoretifd^en  3Sernunft  befolgte;  unb  bag  eben  fo  l|ier  unb  aud^ 
in  ber  Äriti!  ber  praltifd^cn  SSernunft  bie  Slntinomieen  miber  SQSillen  n5- 

30  tl^igen,  über  bad  @innlid^e  l^inaud  gu  fe^en  unb  im  Überftnnlid^en  ben 
SJereinigungöpunft  aller  unferer  Vermögen  a  priori  gu  fuc^en:  meil  fein 
anberer  8lu8meg  übrig  bleibt,  bie  SSernunft  mit  pc^  felbft  einftimmig  gu 
mad^en. 

SInmerfung  L 

ro  2)a  mir  in  ber  Sranöfcenbental^^l^ilofopl^ie  fo  oft  SSeranlaffung  pn* 
ben,  St^cen  oon  aSerftanbeSbegriffen  gu  unterfc^eiben,  fo  fann  es  von 


342    ^Tittl  ber  Urtl^eildfraft.   h^til  ^ittf  bei  äft^eüf^en  Urt^dUfraft. 

5Jlufecn  fein,  il^rcm  Untcrfc^lcbc  angemcffcnc  ÄunftauSbrücIc  cinjufül&ren. 
3d^  glaube,  man  »erbe  nici^tö  banjiber  l^aben,  toenn  id^  einige  in  SSor^ 
fd^tafl  bringe.  —  Sbeen  in  ber  aUgemeinften  SBebentung  pnb  nad^  einem 
getoiffen  (fubjectiüen  ober  objectiöen)  ^ßrincip  auf  einen  ©egenftanb  be- 
gogene  SSorftellungen,  fofern  pe  bodb  "ic  ^ine  ©rfenntnife  bcffelben  werben  5 
fönnen.  Sie  pnb  entmeber  nad^  Einern  blofe  fubjectiüen  ^rincip  ber  Über* 
einftimmung  ber  ©rfenntnifeöermogen  unter  einanber  (ber  ßinbilbungS« 
Iraft  unb  bed  SSerftanbed)  auf  eine  Snf(!^auung  begogen:  unb  l|eigen  als« 
bann  fiftl^ctifdö^;  ober  nac^  einem  obiectiuen  5Princip  auf  einen  33egriff 
begogen,  lönnen  aber  bod^  nie  eine  @rfenntnig  bed  ©egenftanbeS  abgeben:  m 
unb  ^eifeen  SSernunftibeen;  in  toeld^em  ^Jalle  ber  Segriff  ein  tranöfcen* 
b enter  Segriff  ift,  welcher  öom  SJerftanbeöbegriffe,  bem  jebergeit  eine 
abdquat  correfponbirenbe  ßrfal^rung  untergelegt  werben  fann,  unb  ber 
barum  immanent  Ijeifet,  unterf (Rieben  ift. 

6ine  äftl^etifti^e  Sbee  fann  feine  ©rfenntnife  werben,  weil  pe  eine  15 
Slufd^auung  (ber  ßinbilbungöfraft)  ift,  ber  niemals  ein  Segriff  ab« 
dquat  gefunbcn  werben  fann.  @ine  Sernunftibee  fann  nie  ßrfenntnife 
werben,  weil  pe  einen  Segriff  (öom  Überpunlid^en)  entl)dlt,  bem  nie« 
mals  eine  Slnfc^auung  angcmeffen  gegeben  werben  fann. 

5Run  glaube  ic^,  man  fönne  bie  äfttjetifd^e  3bee  eine  ine;cponiblc  -^o 
Sorpellung  ber  6inbilbung8fraft,  bie  Sernunftibee  aber  einen  inbemon« 
ftrabeln  Segrijf  ber  Sernunft  nennen.  Son  beiben  wirb  öorauÄgefe^t, 
ba6  pe  nid^t  etwa  gar  grunbloS,  fonbern  (nad^  ber  obigen  ©rflärung  einer 
Sbee  überl^aupt)  gewiffen  ^JJrincipien  ber  erfenntnifeoermögen,  wogu  pc 
gel^oren  (Jene  ben  fubjectiüen,  biefe  objectioen  5ßrincipien),  gemdfe  ergeugt  25 
feien. 

Serftanbeöbegriffe  muffen  als  folc^e  jebergeit  bcmonftrabel  fein 
(wenn  unter  bemonftriren  wie  in  ber  änatomie  blofe  baö  ©arftellen 
t)erftanben  wirb);  b.  i.  ber  il^nen  correfponbirenbe  ©egenftanb  mufe  jeber^^ 
geit  in  ber  8lnfd&auung  (reinen  ober  empirifdöcn)  gegeben  werben  fönnen:  3t> 
benn  baburd^  allein  fönnen  pe  erfenntuifle  werben.  S)er  Segriff  ber 
©röfee  fann  in  ber  SRaumeSaufd^auung  a  priori,  g.  S.  einer  geraben 
Sinie  u.  f.  w.,  gegeben  werben;  ber  Segriff  ber  Urfad^e  an  ber  Unburdi)« 
bringlid^feit,  bem  ©tofee  ber  äbxptx  u.  f.  w.  2Ritl()in  fönnen  beibe  burd^ 
eine  empirifd^e  SHufd^auung  belegt,  b.  i.  ber  ®ebanfe  baoon  an  einem  Sei«  35 
fpiele  gewiefen  (bemonftrirt,  aufgegeigt)  werben;  unb  biefeS  mufe  gefd^c« 


^iaUmt  btx  äfi^etifd^en  Urtl^eildfraft.  343 

l^en  fönnen:  ttibrigenfaUS  man  nid^t  gemig  ift,  ob  ber®ebanle  nid^tleer, 
b.  i.  ol^ne  qIIcS  Dbjcct  fei. 

3Ran  bebient  ftd^  in  ber  Sogit  ber  9lu<Sbrü(fe  beö  S)emonftrabeIn  ober 
Snbcmonftrabcln  flemcint9licl&  nur  in  Slnfcl&unfl  ber  Sdfec:  ba  bie  erfte« 
ö  ren  beffer  burd^  bie  Benennung  ber  nur  mittelbar,  bie  gleiten  ber  unmit* 
telbar^'getoilfen  @fifee  fonnten  bejcic^net  »erben;  benn  bie  reine  $^ilo= 
fop^ie  l^at  Qud^  @ö^e  Don  beiben  Slrten,  loenn  barunter  bemeiiSfä^ige  unb 
betoeiSunfdl^ige  »abre  @äfee  t)er[tanben  »erben,  allein  auö  ®rünben 
a  priori  fann  pe  al«  ^l^ilofopl^ie  gmar  betoeifen,  aber  nit^t  bemonftriren; 

10  menn  man  ni(!^t  gang  unb  gar  oon  ber  äSortbebeutung  abgelten  toill,  nad^ 
toeld^er  bemonftriren  (oatendere,  exhibere)  fo  Oiel  Reifet,  alö  (eS  fei  im 
Semeifen  ober  auc^  blofe  im  JDepnircn)  feinen  Segriff  jugleid^  in  ber  an* 
fd^auung  barfteQen:  meldte,  menn  fte  ^nfd^auung  a  priori  ift,  baiS  @on- 
ftruircn  beffelben  laufet,  loenn  jie  aber  au^  empirif^ift,  gleid^tool&l  bie 

15  SSorgeigung  beS  Dbiectö  bleibt,  i\xx6i  meldte  bem  begriffe  bie  obiectioc 
SRealität  geftd^ert  wirb.   @o  fagt  man  öon  einem  Slnatomifer;  er  bemon= 

'  ftrire  baö  menfdölic^e  augc,  »enn  er  ben  Segriff,  ben  er  oorl^er  biScurftü 
öorgetragen  l^at,  oermittelft  ber  S^rglieberung  biefc«  DrganS  aufd^aulidö 
mad^t. 

20  ©iefem  jufolge  ift  ber  Sernunftbegriff  00m  überpnnlid^en  @ub|trat 
aller  ßrfd^einungen  fiberl^aupt,  ober  auc^  t)on  bem,  loaö  unferer  SBiUfur 
in  Scjie^ung  auf  moralifd^e  ©cfcfee  gum  ®runbe  gelegt  werben  mufe, 
nämli^  oon  ber  tran«fcenbentalen  Srei^eit,  fd^on  ber  ©pecicö  nad^  ein 
inbemonftrabler  Segriff  unb  Sernunftibee,  3;ugcnb  aber  ift  bieö  bem 

25  ®rabe  nad&:  meil  bem  erfteren  an  jtdö  gar  nid^t«  ber  Qualität  nad^  in  ber 
@rfal)rung  @orrefponbirenbed  gegeben  werben  lann,  in  ber  gmeiten  aber 
fein  ©rfal^rung^probuct  jener  ßaufalitdt  ben  ®rab  erreid^t,  ben  bie  Ser=: 
nunftibee  gur  SRegel  oorfd^reibt. 

@o  wie  an  einer  Sernunftibee  bie  ©inbilbungSfraft  mit  il^ren 

30  anfd^auungen  ben  gegebenen  Segriff  nic^t  erreid&t:  fo  erreid^t  bei  einer 
dftl^etifdben  3bec  ber  Serftanb  burd^  feine  Segriffe  nie  bie  gange  innere 
Slnfd^auung  ber  @inbilbung§Iraft,  meldte  fte  mit  einer  gegebenen  Sor« 
fteUung  oerbinbet.  3)a  nun  eine  SorfteHung  ber  (äinbilbungSfraft  auf 
Segriff?  bringen  |o  üiel  l^eifet,  alö  jte  ejrponiren:  fo  fann  bie  dfil^etifd^e 

35  3bee  eine  inejrponible  Sorftellung  berfelben  (in  ibrem  freien  Spiele) 
genannt  werben.  3^  öjerbe  üon  biefer  9lrt  gbjeen  in  ber  golge  nodb  eint« 
geS  au^gufü^ren  ©elegenl^eit  ^aben;  jefet  bemerfe  id^  nur:  bafe  beibe  Slr= 


344    ^itif  ber  Urt^cllÄfroft.   1.  ZW-  Mixt  btt  öpi&etifd^en  Urt^eiliSfroft. 

tcn  oon  S^ccn,  bic  SBcrnunftibccn  fottol&l  atö  bie  äf%ttf(l^cn,  i^rc  $rin* 
cipten  l^öbcn  muffen;  unb  jtüar  Bclbc  in  bcr  SScrnunft,  jene  tn  bcn  objcc» 
tiüen,  bicfc  in  bcn  fubicctiücn  ^rinclpicn  il^rcö  ©cbroud^ö. 

2Ran  fann  biefcm  jufolflc  ©enie  audb  burc^  baö  SBcrmogen  djil^cti^ 
\äiZT 3bccn  crflärcn:  tooburd^  äUflWd)  bcr ®runb  angcjcißt  »irb,  ttarum    s 
in  ^robuctcn  be«  Ocnicö  bie  SHatur  (be§  ©ubjcct«),  nidjt  ein  überlcßtcr 
Swedt  ber  Äunft  (ber  ^crDorbrinflunß  beö  @d)önen)  bic  Stcßel  gicbt. 
3)cnn  ba  ba§  Schöne  nic^t  mäi  Seßriffcn  beurt^eilt  »erben  raufe,  fonbern 
nad^  ber  jtoedt mäßigen  ©tlmmung  ber  ©inbitbungölraft  jur  Übereinftim' 
niung  mit  bem  SSermogen  ber  93cgriffe  überl^aupt:  fo  fann  nid^t  ätcgcl  unb  lo 
SSorftbrift,  fonbern  nur  baö,  »a«  blofe  9latur  im  ©ubiecte  i[t,  aber  nU&t 
unter  SRegeln  ober  Segriffe  gefaxt  »erben  fann,  b.  i.  ba«  überjtnnlic^e 
©ubftrat  aller  feiner  SBermögen  (weldöcS  fein  SScrflanbcSbegriff  erreicht), 
folglid)  bad,  auf  »eld^ed  in  Sejiel^ung  aUe  unfere  (SrfenntnifeDcrmogcn 
gufammenftimmenb  ju  mad^en,  ber  Ic^te  burc^  baö  Sntcttigible  unfcrer  15 
9latur  gegebene  ßwecf  ift,  iener  äft^ctifd^en,  aber  unbebingten  3»^*= 
mafeigfeit  in  ber  fc^önen  Äunft,  bie  iebermann  gefallen  gu  muffen  rti^U 
mäßigen  Slnfprud^  mad^en  foH,  gum  fubiectioen  Stid^tmafee  bienen.    @o 
ift  cd  auc^  aUein  moglid^,  bafe  biefer,  ber  man  fein  obiectit)ed  $rincip 
Dorfc^reiben  fann,  ein  fubj[ectiDed  unb  bod^  angemeingultiged  ^rincip  20 
a  priori  gum  ®runbe  Hege. 

Slnmcrfung  IL 

golgenbe  mid^tige  33emerfung  bietet  jid^  l^ier  öon  felbft  bar;  bafe  e8 
nömllc^  breierlei  Slrten  ber  Slntinomie  ber  reinen  Sßernunft  gebe, 
bie  aber  alle  barin  übereinfommen,  bafe  fie  biefelbe  gttingen,  Don  bcr  fonft  25 
fet)r  natürlid^en  SSorauSfefeung,  bie  ©egenftänbe  ber  ©inne  für  bic  3)inge 
an  pc^  felbft  gu  galten,  abguget)en,  pe  üielmel^r  blofe  für  ©rfd^einungcn 
gelten  gu  laffen  unb  i^nen  ein  inteUigiblcö  ©ubftrat  (etmaö  Übcrpnn« 
lic^eS,  »ooon  ber  Segriff  nur  3bec  ift  unb  feine  eigentliche  ©rfcnntnife 
gulafet)  untergulegen.  Dt)ne  eine  fold^c  antinomic  ȟrbe  bie  SSernunft  30 
pd^  niemals  gu  Slnncl^mung  eine«  folgen  ba«  gelb  i^rer  ©pcculation  fo 
fe^r  Dcrengenben  ^rincips  unb  gu  Slufopfcrungen,  »obei  fo  Diele  fonfi 
fcl^r  fd^immcrnbe  Hoffnungen  gdngUd^  oerfc^toinben  muffen,  entfd^Uefeen 
fonnen;  benn  felbft  j|e^t,  ba  pd^  il^r  gur  Vergütung  biefer  ßinbufee  ein 
um  befto  größerer  ©ebraud^  in  praftifd^er  StüdCpd^t  eröffnet,  fc^eint  pc  ftd§  35 


S)iQle!tt!  ber  Aft^eüf(^en  Urt^ettdfraft  345 

nic^t  ol^ne  @(!^merj  Don  ienen  Hoffnungen  trennen  unb  Don  ber  alten  8(n« 
]^ängli(^fe{t  lodmac^en  gu  lönnen. 

S)ag  ^  brei  9(rten  ber  SIntinomie  giebt,  l^at  feinen  ®runb  barin,  bag 
e«  brei  erfenntnifeoermögcn:  SSerftanb,  Urt^eil^fraft  unb  SSernunft,  ßiebt, 

5  bcren  febeö  (als  oberes  (ärlenntnifeüermoflen)  feine  ^rindpicn  a  priori 
l^aben  mufe;  bo  benn  bie  SSernunft,  fofern  ftc  über  biefe  $rinci^)ien  felbft 
unb  i^ren  ©ebrauc^  urtl^eilt,  in  Slnfe^ung  i^rer  aller  gu  bem  gegebenen 
S9ebingten  unnat^lagliij^  baS  Unbebingte  forbert,  toelil^ed  ft(]^  bot^  nie 
finben  lägt,  koenn  man  baS  ©innlid^e  alS  gu  ben  S)ingen  an  ^6i  felbft 

10  Qe^orig  betrat^tet  unb  il^m  ni(!^t  Dielmel^r,  als  bloßer  (Srfd^einung,  etmaS 
Überfinnlit^e«  (baS  intelligible  ©ubftrat  ber  5Ratur  außer  un8  unb  in  unö) 
atö  @a(j^e  an  ft(j^  felb{i  unterlegt.  S>a  giebt  ed  bann  1)  eine  Antinomie 
ber  äSernunft  in  Slnfel^ung  bed  t^eoretifc^en  ©ebraud^e  beS  SBerftanbeS 
biiS  gum  Unbebingten  l()inauf  für  baS  @rlenntni&t)erm5gen;  2)  eine 

15  antinomic  ber  SSernunft  in  Slnfel^ung  be«  äfi^etifc^en  ®ebrau(!^«  ber  llr= 
tl^eilsfraft  für  ba8  ©efül^l  ber  Suft  unb  Unluft;  3)  eine  Antinomie 
in  9(nfel^ung  beS  ))rattif(!^en  ©ebraut^d  ber  an  ftd^  felbft  gefe^gebenben 
SSernunft  für  baö  Segel^rungöüermögen:  fofern  afle  biefe  Vermögen 
il^re  obere  ^rinci^)ien  a  priori  ^aben  unb  gemdfe  einer  unurngdugUd^en 

20  f^orberung  ber  SSernunft  nai!^  biefen  ^rincipien  au(]^  unbebtngt  muffen 
urtl^eilen  unb  i^r  Dbj[ect  beftimmen  tonnen. 

3n  Slnfel^ung  gweier  Slntinomieen,  ber  beö  tl^eoretifc^en  unb  ber  be« 
))raltif(l^en  ©ebraut^S,  iener  obern  @rIenntnigt)ermogen  l^aben  mir  bie 
Unöermeibli(!^feit  berfelben,  toenn  bergleic^en  Urtl^eile  nx6it  auf  ein 

25  überftnnlic^eS  @ubftrat  ber  gegebenen  Dbiecte  aU  @rfd^einungen  gurüd^^ 
feigen,  bagegen  aber  aui)  bie  9(uf  löSli(!^Ieit  berfelben,  fobalb  bad  le^tere 
gefc^iel^t,  f(!^on  anbermdrtg  gegeigt.  SBad  nun  bie  Antinomie  im  ©ebraut^ 
ber  Urt^eilöfraft  gemdfe  ber  §orberung  ber  SSernunft  unb  beren  l^ier  ge* 
gebene  Slufl5fung  betrifft:  fo  giebt  ed  lein  anbered  SRittel,  berfelben  auS^ 

30  gukoeiij^en,  als  entmeber  gu  I&ugnen,  bag  bem  äftl^etifd^en  ©efc^madi^» 
urtl^eile  irgenb  ein  $rincif)  a  priori  gum  ©runbe  liege,  fo  bag  aller 
9lnfpru(j^  auf  ^lot^menbigteit  allgemeiner  SSeiftimmung  grunblofer,  leerer 
Sßal^n  fei,  unb  ein  ©efcl^madSurtl^eil  nur  fofern  für  rid)tig  gel^alten  gu 
»erben  öerbiene,  loeil  e«  fi(!^  trifft,  bafe  üielc  in  Slnfel^ung  beffelben 

35  übereinlommen,  unb  aut^  biefeS  eigentlicj^  ni(!^t  um  bedmiUen,  koeil  man 
hinter  bicfer  (Sinftimmung  ein  ^rincl^)  a  priori  üermut^et,  fonbem  (wie 
im  ©aumengefcj^mad)  koeil  bie  Subjecte  gufäQiger  3Beife  gleichförmig 


346    Äritif  ber  Url^cttöfroft.   1.  S^dl.  Äriti!  bcr  öfH^ctlfd^cn  Urtl&cllSfraft. 

organifirt  feien;  ober  man  mügte  annel^men,  bag  baS  ®e|c^ma(!durt^eU 
elgentltcj^  ein  uerftedteö  SSernunfturtl^cil  über  bie  an  einem  ©inge  unb  bie 
äSejtel^ung  beS  SRannigfaltigen  in  il^m  gu  einem  Qtotdt  entbedte  äSoII» 
fommcnl^eit  fei,  mithin  nur  um  ber  SScrmorrenl^eit  mitten,  bie  biefer 
unferer  9iePe;cion  anl^ängt,  äftl^etifci^  genannt  merbe,  ob  ed  gleiij^  im  3 
©runbe  teleologifc!^  fei:  in  melt^em  §aDe  man  bie  9(ufl5fung  ber  8lnti> 
nomie  burc^  tranSfcenbentale  ^been  für  unnötl^ig  unb  ni(!^tig  erfl&ren  unb 
fo  mit  ben  Dbjecten  ber  Sinne  nlc^t  afö  blofeen  ©rfc^einungen,  fonbern 
auc^  als  S)ingen  an  fi(jö  felbft  jene  Oefcj^madögefe^e  oereinigcn  fönnte. 
SSie  menig  aber  bie  eine  fomo^I  als  bie  anbere  SuSflud^t  oerft^Iage,  tft  10 
an  mel^rern  Drten  in  ber  (gjcpoption  ber  ©efd^madöurtl^eilc  gegeigt 
morben. 

SRdumt  man  aber  unferer  ©ebuction  toenigften«  fo  öiel  ein,  bafe  fie 
auf  bem  rechten  SBege  gefd^el&e,  menn  gleite  noi^  nid^t  in  allen  ©tüden 
^eli  genug  gemad^t  fei,  fo  geigen  pd^  brei  Sbeen:  erftlii!^  bc5  Überftnn«  13 
lid[)en  überl^aupt  ol^ne  meitere  Seftimmung  alö  Subftrat«  ber  Slatur; 
gmeitend  eben  beffelben,  ald^rincipd  ber  f ubjectiüen  B^edtmdgigteit  ber 
5liatur  für  unfer  ßrfenntnifeoermögen;  brittenS  eben  beffelben,  ate 
$rincipö  ber  ßmedfe  ber  ^Jreil^eit  unb  ^rincipö  ber  ÜbereinfHmmung  bcr» 
felben  mit  iener  im  Sittlichen.  •  20 

§58. 
S3om  Sb^^IiStnu^^  ber  Qtozdm&^\%U\t  ber  9Ratur  fomo^l  aU 
^unft,  aU  bem  alleinigen  $rinci))  ber  äft^etif(^en 
Urtl^eilöfraft. 

^an  lann  guoörberft  baS  $rincip  beS  ©efd^madts  entkoeber  barin  25 
fe^en,  bag  biefer  iebergeit  nadi)  empirifd^en  SSeftimmung^grüuben  unb  alfo 
nad^  folc^en,  bie  nur  a  posteriori  burd^  Sinne  gegeben  merben,  ober  man 
fann  einräumen,  bafe  er  auö  einem  ®runbe  a  priori  urt^eile.  S)aö  erftere 
märe  ber  ßm^jiriöm  ber  Äritif  beö  ©efd&madtö,  baS  gmeite  ber  9iatio= 
nalidm  berfelben.  ^adi)  bem  erften  märe  baS  Dbiect  unfereiS  äBo^lge«  30 
fallend  nid^t  00m  Slngenel^men,  nad^  bem  gmeiten,  menn  bad  Urtl^eil 
auf  beftimmten  Segriffen  berul^te,  uid^t  00m  ®uten  uuterfd^leben;  unb 
fo  mürbe  atte  Sd^ön^eit  auö  ber  SBelt  meggeldugnet  unb  nur  ein  bc* 
fonberer  5Wamen,  oielleid&t  für  eine  gemiffe  ÜKifd^ung  oon  beiben  oorgc« 
nannten  Wirten  beS  SBo^lgefallend,  an  beffen  Statt  übrig  bleiben.  SlQein  33 


5)iolcftif  bcr  äft^etif(3&en  Urt^ciWfroft.  347 

ta}ir  l^aben  gezeigt,  &ag  ed  ani)  ©rflnbe  be^i  SBol^Igefancn^  a  priori  gebe, 
bie  Qlfo  mit  bem  ^rincip  bed  Statioualidmg  iufammen  befleißen  lönnen, 
ungead^tet  pe  nic^t  in  beftimmtc  Scgriffc  gcfafet  werben  fönncn. 

S)cr  Sflationaliöm  beö  ^rincip<§  beö  (Sefdömacfjg  ift  bagegen  entmeber 

5  ber  be8  SRealiömS  ber  3n)e(fmä6igfcit,  ober  beS  Sbealiis^mö  bcrfclben. 
SSeil  nun  ein  ©efd^madiSurt^eil  fein  ßrfenntnigurtl^eil  unb  @cl)ön^eit 
feine  ©cfc^affeul^eit  beö  DbicctS,  für  ftcft  betrad^tet,  ift:  fo  tann  ber 
'Jtationalidm  beS  ^rincipd  bed  ©efc^madtd  niemals  barin  gefegt  merben, 
bafe  bie  ßwcdmafeigfcit  in  biefem  Urtfteile  als  objectit)  gebadet  »erbe,  b.  i. 

lu  bog  baS  Urti^eil  t^eoretifd^,  mithin  aud)  logijc^  (menn  gleid^  nur  in  einer 
öermorrenen  SBeurt^eilunp)  auf  bie  SBoBtommen^eit  beö  Objecto,  fonbern 
nur  äftl^ctifd^,  auf  bie  Übcreinftimmung  feiner  SSorfteHung  in  ber  @in* 
bilbungdfraft  mit  ben  toefentlidöen  ^rinctpien  ber  Urt^eilöfraft  über]^au|)t, 
im  ©ubjecte  gel^^.    golglic^  fann  fclbft  nacft  bem  ^rincip  beg  Statio«» 

13  tiali«m!$  baS  ©efc^madöurtl^eil  unb  ber  Unterfd^ieb  beö  SReali^mö  unb 
Sbealiömö  beffelben  nur  barin  gefefct  »erben,  bafe  entweber  jene  fubiectiüe 
ßtöedtmdfeigfeit  im  erftern  galle  alö  wirflid^er  (abpdötlic^er)  3»^^!  ber 
5latur  (ober  ber  Äunft)  mit  unferer  Urt^eil^fraft  übereinäuftimmen,  ober 
im  jiDeitcn  galle  nur  als  eine  df)m  3ö)ecl  oon  felbft  unb  jufälliger  SBeife 

20  ftd^  ^eroort^uenbe  gmecfmd^ige  Übereinftimmung  ju  bem  93ebürfnig  ber 
Urtl^eilöfraft  in  Slnfe^ung  ber  9latur  unb  il^rer  nad&  befonbern  ©cfefeen 
erjeugten  fjormen  angenommen  »erbe. 

3)em  SSeali^^m  ber  dft^etifd^en  S^edmäfeigfeit  ber  3flatur,  ba  man 
nfimlid^  annel^men  möd^te,  ba^  ber  ^erDorbringung  beS  @d^önen  eine 

25  3bee  beffelben  in  ber  l^cröorbringenben  Urfad^c,  nfimlid^  ein  3ö3ecf  gu 
®unften  unferer  ©inbilbung^fraft,  jum  ®runbe  gelegen  l^abe,  reben  bie 
fd^önen  SBilbungen  im  SReid^e  ber  organlfirten  Statur  gar  fe^r  ba^  SBort. 
S)ie  Slumcn,  Stützen,  ja  bie  ©eftalten  ganzer  ©emdcftfe,  bie  für  i^ren 
eigenen  ®ebraud^  unnotl^ige,  aber  für  unfern  ©efc^madt  gleid^fam  auöge» 

30  md^lte  3icrlidöfeit  ber  tl^ierifd^en  Silbungen  Don  allerlei  ©attungen;  oor» 
ne^mlii^  bie  unfern  8tugen  fo  wo^lgefdUige  unb  reigenbe  SKannigfaltig« 
feit  unb  l^armonifd^e  3ufatttmenfe^ung  ber  Sarben  (am  ijafan,  an  ©d^al* 
tl^icren,  Snjecten,  bi«  ju  ben  gemeinften  Slumen),  bie,  inbem  pc  blofe  bie 
Dberfldd^e  unb  aud^  an  biefer  nid^t  einmal  bie  Sigur  ber  ©efd^opfe,  »eld^e 

35  bod^  noc^  JU  ben  innern  S^zd^n  berfelben  erforberlid^  fein  fönnte,  be* 
treffen,  gdnjlid^  auf  dufeere  Sefd^auung  abgejmedEt  ju  fein  fdjeinen:  geben 


348    ^^nm  ber  Urt^etUfraft.  1.  Zi^tll  SttM  ber  fift^ehfc^en  Urtl^etldhaft. 

ber  (Srnärungdart  burt^  Snnel^mung  mirflit^er  3^^^^  ber  Statur  für 
unfcrc  äft^ctift^e  Urt^cilÄfraft  ein  ßrofeeS  ©ewit^t. 

S)Qgegen  toiberfe^t  {Id^  biefer  Snnol^tne  ntt^t  allein  bie  SSernunft 
burd^  il^re  5Wa]cimen,  allermärt«  bie  unnötl^ige  aSerDicIfaltiflung  ber  $rin= 
cipien  nad)  aller  9RögIi(!^Ieit  ju  vergüten;  fonbern  bie  9latur  geigt  in  i^ren  5 
freien  S3ilbungen  äberaU  fo  Diel  med^anifc^en  ^ang  ju  (Srgeugung  Don 
f^ormen,  bie  f&r  ben  äftl^etifd^en  ©ebraud^  unferer  Urtl^eildtraft  gleid^fam 
gemad^t  gu  fein  ft^einen,  ol^ne  ben  geringsten  ®runb  jur  SSermut^ung  an 
bie  $anb  gu  geben,  bag  t»  bagu  nod^  etmaS  mel^r  als  il^reS  SRed^aniSmd, 
blog  atö  9latur,  beburfe,  mornad^  {ie  auc^  ol^ne  aQe  il^nen  gum  ©runbe  lo 
Uegcnbe  Sbee  für  unfere  SBeurtl^eilung  gtoedtuififeig  fein  Wnnen.  S<^  »er* 
fte^e  aber  unter  einer  freien  fflilbung  ber  3ftatur  biejenige,  »oburt^ 
aud  einem  $lfif figen  in  Sftul^e  burc^  SSerflftd^tigung  ober  8(bfonberung 
eine«  S^eil«  beffelben  (biömcilen  blofe  ber  SBärmmaterie)  baS  Übrige  bei 
bem  S^Pwerben  eine  beftimmte  ®cftalt  ober  ®e»ebe  (^igur  ober  Sejrtur)  is 
annimmt,  bie  nac^  ber  fpeciflft^enSSerft^iebenl^eit  ber  SKaterienoerft^ieben, 
in  eben  berfelben  aber  genau  biefelbe  ift  ^iegu  aber  koirb,  mag  man 
unter  einer  »a^ren  glfif Pgfeit  jebergeit  uerftel^t,  nämlic^  bafe  bie  ÜWaterie 
in  i^r  üöHig  aufgelöfet,  b.  i.  ni^t  alö  ein  blofeeö  ©emengefeper  unb  barin 
blofe  fcftioebenber  SEl^eile  angufe^en  fei,  oorauSgefefet.  20 

S)ie  93ilbung  gefc^ie^t  aUbann  burt^  9(nfd^iegen,  b.  i.  burd^  ein 
plopc^eS  f^eftmerben,  nid^t  burd^  einen  allmä^Hgen  Übergang  aus  bem 
Piftgen  in  ben  feften  ßuftanb,  fonbern  gleid^fam  burd^  einen  Sprung, 
toeld^er Übergang  aud^ baS  J^r^ftalUf iren  genannt mirb.  S)aSgemeinfte 
S3ei|piel  oon  biefer  9rt  93ilbung  ift  baS  gefrierenbe  äSaffer,  in  meld^em  25 
{td^  guerft  gerabe  Sidfträl^Id^en  ergeugen,  bie  in  SBinteln  üon  60  ®rab  ftd) 
gufammenffigen,  inbeg  fid^  anbere  an  iebem  $unft  berfelben  eben  fo  an« 
fe^en,  bis  aUeS  gu  @is  geworben  ift:  fo  bag  koäl^renb  biefer  Seit  baS  SBaffer 
gmtfd^en  ben  @iSfträ^ld^en  nid^t  aUmdl^lig  g&^er  toirb,  fonbern  fo  ooQ» 
lommen  Pffig  ift,  als  eS  bei  koeit  größerer  9ß&rme  fein  toärbe,  unb  bod^  so 
bie  oöQige  @iSt&lte  l^at.  S)ie  ftd^  abfonbembe  9){aterie,  bie  im  Slugenblide 
beS  i^eftmerbenS  plö^lid^  entioifd^t,  ift  ein  anfel^nlid^eS  Quantum  oon 
98&rmeftoff,  beffen  Abgang,  ba  eS  blog  gum  t^läfftgfein  erforbert  toarb, 
biefeS  nunmel^rige  @iS  ntc^t  im  minbeften  Idlter,  als  baS  lurg  oorl^er  in 
il^m  flüf jtge  SSaffer  gurüdfläfet.  ss 

aSiele  ©alge,  imgleid^en  Steine,  bie  eine  fr^ftaHinifd^e  Sfigur  l^aben, 
loerben  eben  fo  oon  einer  im  äSaffer,  loer  meig  burd^  toaS  ffir  SSermitte* 


^ioleüif  bev  äfll^eüfd^en  Urtl^eiUfraft.  349 

Iuu0,  aufgelöteten  Srbart  erjeugt.  6ben  fo  bilben  jtc^  bie  bruftc^ten  @on^ 
figurationen  Dieler  3Rinern,  beS  toürflicj^ten  S3leigIangeiS,  bed  S^otl^gülben« 
erge«  u.b.gl.^  allem  SSermut^en  nad^  ani^  im  äSaffer  unb  bur(]^  Snfci^tegen 
bet  2:^eile:  inbem  fte  bur(!^  irgenb  eine  Urfad^e  genötl^igt  merben,  biefeS 

5  SBel^ilel  gu  Derlaffen  unb  fid)  unter  einanber  in  beftimmte  äugere  ©eftalten 
ju  Dereinigen. 

aber  au(i^  innerli(i^  geigen  alle  SRaterien,  koeld^e  blog  hnxii  $t|e 
jlüf pg  waren  unb  burci^  ßrfalten  Sfeftigfeit  angenommen  l^aben,  im  Srud^e 
eine  beftimmte  5£e;ctur  unb  laffen  barauS  urtl^eilen,  bag,  Wenn  nic^t  il^r 

10  eigene«  ®emi(]^t  ober  bie  Suftberül^rung  e«  gel^inbert  l^citte,  jie  an6i  äufeer* 
Vidi  i^re  fpeci^fd^  eigentpmlici^e  ®eflalt  mürben  gemiefen  l^aben:  ber^ 
glei(]^en  man  an  einigen  SßetaKen,  bie  nat^  ber  @c^melgung  dugerlid^ 
erl^firtet,  inmenbig  aber  nod^  flüffig  waren,  burd^  8(bgapfen  beS  innem, 
nod)  flüffigen  Sl^eilS  unb  nunmehrige«  rul^ige«  änfd^iegen  be«  übrigen 

15  inwenbig  gurfidtgebliebenen  beoba(!^tet  l^at.  SSiele  Don  ienen  mineralifd^en 
j^r^flaüifationen,  al«  bie  @^atbrufen,  ber  ®Ia«Iopf,  bie  (Sifenblütbe, 
geben  oft  fiberau«  f(!^öne®eftalten,  wie  pe  bie  jfunft  nur  immer  audbenfen 
möd^te;  unb  bie  ©lorie  in  ber  S^bf^lt  Don  Sntiparo«  ift  blog  ba«  $robuct 
eine«  ^6)  burd^  ®ip«lager  burcl^ftdernben  äBaffer«. 

30  S)a«  ^lüjftge  ift  aDem  Slnfel^en  nat^  fiberl^aupt  älter  al«  ba«  f^efte, 
unb  fowo^I  bie  ^flangen  al«  tl^ierifc^c  Xbrptx  werben  au«  PüfPger 
SRa]^rung«materie  gebilbet,  fofern  pe  Pd^  in  SRul^e  formt:  freilid)  gwar  in 
ber  lefetern  guDörberft  naci^  einer  gewiffen  urfprüngli(!^en  auf  S^cdte  ge* 
rid^teten  Einlage  (bie,  wie  im  gweiten  Steile  gewiefen  werben  wirb,  n\6it 

25  äftl^etlfi!^,  fonbern  teleologift^  nad^  bem  ^rincip  be«  Sfleali«m«  beurtl^eilt 
werben  mug);  aber  nebenbei  bod)  ani)  Dtelleid^t  al«  bem  allgemeinen  ®t* 
fefee  ber  aSerwanbtfc^aft  ber  ?Waterlen  gemäfe  anjc^iefeenb  unb  P(!^  in  grei^^ 
l^eit  bllbenb.  So  wie  nun  bie  in  einer  atmojp^äre,  welche  ein  ©emifd) 
Derfd&iebener  Suftarten  ift,  aufgelofeten  wfiferigen  glüfPgfeiten,  wenn  pd) 

30  bie  le^teren  burd^  9(bgang  ber  SBärme  Don  iener  fd^eiben,  Sd^neefiguren 
ergeugen,  bie  nad^  SSerfd^iebenl^eit  ber  bermaligen  Suftmifd^ung  Don  oft 
fe^r  (finftlid^  fd^einenber  unb  fiberau«  fd^öner  f^igur  Pub:  fo  l&gt  pd^, 
o^ne  bem  teleologifc^en  ^rincip  ber  S3eurtl^eilung  ber  Drganifation  etwa« 
gu  entgiel^en,  wo^l  benfen:  bafe,  wa«  bie  ©d^ön^eit  ber  SBlumen,  berSSoget 

35  febern,  ber  ?Wufd^eln  il^rer  ®epalt  fowol^l  al«  garbe  nad^  betrifft,  biefe 
ber  5Ratur  unb  i§rem  SSermdgen,  fldb  in  t^rer  grel^eit  ol^ne  befonbere 
barauf  gerid^tete  S>Dede  nac^  d^emifd^en  ®efe^en  burd^  8lbfe^ung  ber  gur 


350    ^ritif  hti  Urt^eilöfroft.   1.  ^^xl.  Ärittl  her  äftl^etifd&en  Urt^cirgfrofi 

Drganifation  crforbcrlic^cn  SKatcric  oud^  äft^etlf(i^=jtt3C(f mdfeiß  ju  bllbcn, 
juflcfd^ricbcn  »erben  fonne. 

SBaö  ober  ba8  5ßrincip  ber  Sbealitdt  ber  Swccfmdfeigfeit  im 
©d^önen  ber  SRatur,  als  bagienige,  tociij&e«  totr  im  dfll^etifc^en  Urtl^elle 
[elbft  icbcrgelt  jum  ®runbe  legen,  unb  toelci^eö  unö  leinen  SRealiSm  eine§  & 
S»ecfö  berjclben  für  unfere  SSorfteQungSfraft  gum  ©rfldrungögrunbe  gu 
brauchen  erlaubt,  gerabegu  beweifet:  ift,  bafe  wir  in  ber  SBeurt^eilung  ber 
©c^ön^eit  über^aui)t  baö  SRii^tmafe  berfelben  a  priori  in  unö  felbfl  fucl)eu, 
unb  bie  dfH^etifd^e  Urtl^eilöfraft  in  anfe^ung  beg  Urtl^eilS,  ob  etwaö  fcl)ön 
fei  ober  nidjt,  felbft  gefe^gebenb  ift,  »eldjeö  bei  annel^mung  beg  SRealUm^  lo 
ber  Bwecfmdfeigfeit  ber  SRatur  nid&t  Statt  finben  fann,  weil  wir  ba  öon 
ber  9latur  lernen  müfeten,  waS  mir  fd^ön  ju  finben  ^dtten,  unb  baS  ®e= 
fc^madSurtl^eil  empirift^en  $rinci:pien  unterworfen  fein  würbe.  S)enn  in 
einer  fold^en  SSeurt^eilung  fommt  eS  nidjt  barauf  an,  wag  bie  %atur  ift, 
ober  auc^  für  uns  alg  Qrü^d  ift,  fonbern  wie  wir  |te  aufnel^men.  6g  i- 
würbe  immer  eine  objectiöe  ßwedmdfeigfeit  ber  3flatur  fein,  wenn  jte  für 
unfer  SBo^IgefaÜen  ibre  Sformen  gebilbet  bdtte;  unb  nid^t  eine  fubjectioe 
Swecfmdfeigfeit,  weld^e  auf  bem  Spiele  ber  (äinbilbunggf raft  in  il^rer  %x^U 
beit  berul^te,  wo  eg  ®nnft  ift,  womit  wir  bie  SRatur  aufnehmen,  nicftt 
®unft,  bie  jie  ung  ergeigt.  3)ie  ©igcnfcbaft  ber  5Ratur,  ba^  fte  für  ung  sd 
©elegenbeit  enthalt,  bie  innere  3 wecfmdfeigfeit  in  bem  SBer^dltniffe  unferer 
®emütbgfrdfte  in  Söeurt^eilung  gewiffer  ^^robucte  berfelben  wal^rgune^men, 
unb  gwar  alg  eine  fold&e,  bie  aug  einem  überjtnnlicl)en  ®runbe  für  notb* 
wenbig  unb  allgemeiugfiltig  erfldrt  werben  foll,  fann  nicbt  9laturgwedE 
fein,  ober  oielme^r  üon  ung  alg  ein  folcber  beurtl^eilt  werben:  weil  fonft  25 
bag  Urt^eil,  bag  baburdi)  beftimmt  würbe,  ^eteronomie,  aber  nid^t,  wie 
eg  einem  ©efd^madEgurt^eile  gegiemt,  frei  fein  unb  Autonomie  gum®runbe 
l^aben  Würbe. 

3n  ber  fd^önen  ,ffunft  ift  bag  ^rlncip  beg  Sbeallgmg  ber  Swedf« 
mdfeigfeit  noc^  beutlid[)er  gu  erfennen.  2)enn  bafe  \)kx  nic^t  ein  dftbeti*  nr. 
f(fter  SRealigm  berfelben  burd^  ßmpflnbungen  (wobei  fic  ftatt  fd&oner  blofe 
angenel^me  itunft  fein  würbe)  angenommen  werben  fonne:  ba^  l^^t  jte 
mit  ber  fd[)önen  Sflatur  gemein,  allein  ba^  bag  SBol^lgefaUen  burd^  dftl^e» 
tifd^e  3been  nid&t  üon  ber  ©rreid^ung  beftimmter  Swedte  (alg  med^anifd^ 
abpd&tlid^c  Äunft)  ab^dngen  muffe,  folglid^  felbft  im  SRationaligm  bcS  33 
$rincipg  Sbealitdt  ber  3 werfe,  nid&t  SRealitdt  berfelben  gum  ®runbe  liege: 
leud^tet  aud^  fc^on  baburd^  ein,  bag  fd^one  ^unft  alg  fold^e  nid^t  alg  ein 


maUmt  her  dfH^etifd^en  Url|eiWfraft.  351 

$robuct  bes  SSerftanbeS  unb  ber  3Biffenf(i^att,  fonbern  b6S®ente8  betrac^^ 
tet  werben  mu^  unb  alfo  bur(]^  äft^ettf(!^e  Sbeen,  iDeld^e  Don  93ernunft<' 
ibccn  beftimmtcr  Qwdt  »cfcntHc^  unterfc^icbcn  Pnb,  il^re  SRcgcl  bc* 
fommc. 

5  @o  mie  bie  3bealitdt  ber  ®egenftdnbe  ber  @inne  ald  ßrfd^einungen 
bie  cinglge  Slrt  ift,  bie  SKögUci^felt  ju  crHären,  bafe  il^re  formen  a  priori 
beftimmt  werben  lönnen:  \o  ift  au(!^  ber  3i>c<^HSm  ber  Qtotdm&^i^Uit 
in  Seurt^ellung  be«  ©d^önen  ber  9latur  unb  ber  Äunft  bie  elngigc  SSor* 
QUdfe^ung,  unter  ber  aQein  bie  Arittf  bie  9RögIi(!^Ieit  eines  ©eft^macfö» 

10  urtl^eilS,  »elc^eö  a  priori  ©ultigfeit  für  iebermann  forbert  (ol^ne  bod&  bie 
ßtöcdmäfeigfeit,  bie  am  Dbjecte  üorgeftettt  toirb,  auf  ^Begriffe  gu  grün« 
ben),  erfl&ren  fann. 

§59. 
93on  ber  @(^ön^eit  als  Symbol  ber  @ittli(j^teit. 

15  S)ic  JRealität  unferer  ^Begriffe  barjutl^un,  merben  immer  8(nfdöauun= 
gen  erforbert.  Sinb  eS  empirifd^e  fflegriffe,  fo  l^^ifeen  bie  legieren  Sei« 
fpiele.  Sinbiene  reine  Sßerftanbeöbegriffe,  fo  »erben  bie  legieren  ©d^e» 
mate  genannt.  äSerlangt  man  gar,  bag  bie  objectioe  Sftealit&t  ber 
SScmunftbegriffe,  b.  i.  ber  Sbeen,  unb  jmar  gum  Scl^uf  beö  tl^wretlfd^en 

20  @rfenntniffeS  berfelben  bargetl^an  merbe,  fo  begehrt  man  etmaS  Unmög« 
liij^eS,  koeil  il^nen  fd^Ied^terbingS  leine  Slnfd^auung  angemeffen  gegeben 
toerben  lann. 

anc  ^^potQpofc  (©arftcttung,  subiectio  sab  adspectum)  al8  38er» 
ftnnlid^ung  ift  gmiefaij^:  entmeber  f(!^ematifd),  ba  einem  SSegriffe,  ben 

25  ber  SSerftanb  fagt,  bie  correfponbirenbeSnf(!^auung  a  priori  gegeben  mirb; 
ober  f^mbolifd^,  ba  einem  SSegriffe,  ben  nur  bie  SSernunft  benfen  unb 
bem  feine  ftnnlic^e  9(n{c^auung  angemeffen  fein  lann,  eine  folc^e  unter« 
gelegt  mirb,  mit  mel(!^er  bad  SBerfal^ren  ber  Urtl^eilSlraft  bemienigen,  loaS 
fte  im  @(!^ematiftren  beobad^tet,  blog  analogifd^  ift,  b.  i.  mit  i^m  blog 

30  ber  SRegel  blefeS  SSerfal^renö,  nid^t  ber  anfdiauung  felbft,  mitl^ln  blofe  ber 
i^orm  ber  9ftefIejcion,  nid^t  bem  ^n^alte  nad^  übereintommt. 

©8  Ifi  ein  oon  ben  neuern  Sogifern  jmar  angenommener,  aber  pnn« 
»erfel^renbcr,  unred^tcr  ®ebrau(^  beö  SBortö  f^mbolifd^,  ttienn  man  e« 
ber  intuitiven  SBorfteDungdart  entgegenfe^t;  benn  bie  f^mbolifd^e  ifi  nur 

3ä  eine  9(rt  ber  intuitioen.  S)ie  le^tere  (bie  intuitioe)  lann  nämlid^  in  bie 
fd^ematifd^e  unb  in  bie  f^mboIifd^eSSorfteDungdart  eingetl^eilt  loer« 


352    ^tl!  bcr  Utt|cil«!raft.   1.  Sl^etl.  Ärtttl  bet  äfl^ettfd^cn  Urtl^cilSfraft. 

ben-  Selbe  pnb  ^^pot^pofen,  b.  i.  SJarPellungen  (exhibitiones):  nid^t 
blofee  ß^arofteriSmen,  b.  i.  fflejeld^nungen  ber  Segriffe  inx^  beglei* 
tenbe  {Innlid^e  Beteten,  bie  gar  niij^td  gu  ber  Snf(i^auung  bt&  Obfectö  ®e^ 
porige«  entl^altcn,  fonbern  nur  {enen  nad^  bem  Oefe^c  bcr  Slffocfation  ber 
einbllbungöfraft,  mithin  in  fubiectioer  abjt(!^t  jum  ÜWtttel  ber  9leprobuc*  5 
tion  bienen;  berglei(!^en  flnb  entmeber  SSorte,  ober  jtd^tbare  (algebraifd^e, 
felbft  mimlfd&e)  Sei(!^en,  afö  blofee  auSbrüde  für  Segriffe*). 

aUe  Slnfcftauungcn,  bie  man  Segriffen  a  priori  unteriegt,  pnb  alfo 
entmeber  Sd^emate  ober  Symbole,  »ooon  bie  erftern  birecte,  bie  jiöei» 
ten  inblrecte  2)ar[teflungen  be«  Segriffö  enthalten.  2)ie  erftern  tl^un  bie*  10 
fed  bemonftratio,  bie  j^koeiten  oermittelft  einer  Snalogie  (ju  melt^er  man 
fid^  aud^  empirifd^er  Sufd^auungen  bebient),  in  toelc^er  bie  Urtl^eiliStraft 
dn  boppelte«  ©efd^dft  öerrid^tet,  erftlidi)  ben  Segrtff  auf  ben  ©egenftonb 
einer  jinnlic^en  Snfd^auung  unb  bann  jmeitenS  bie  bloge  SRegel  ber  9te^ 
Pejcion  über  Jene  änfc^auung  auf  einen  ganj  anbern  ®egenftanb,  üon  u. 
bem  ber  erftere  nur  ba^  Symbol  ift,  anjumenben.  @o  wirb  ein  monar«' 
d^ifc^er  @taat  burd^  einen  befeelten  Körper,  menn  er  nac^  inneren  Solf^ 
gefe^en,  burd^  eine  bloge  3Rafd^ine  aber  (mie  etma  eine  ^anbmfil^Ie), 
menn  er  burd)  einen  einjelnen  abfoluten  SBißen  be^errfd^t  wirb,  in  beiben 
gdHen  aber  nur  f Emboli fd^  üorgefteUt.  S)enu  gwifd^en  einem  befpoti*  20 
fd^en  Staate  unb  einer  ^anbmfll^Ie  ift  jiDar  feine  äl^nlid^teit,  mol^l  aber 
gmifd^en  ben  SRegeln,  über  bcibe  unb  il^re  ßaufalität  gu  reffectiren.  2)ieS 
®efd^dft  ift  bis  je^t  nod^  tt)enig  audeinanber  gefegt  morben,  fo  fe^r  ed 
au(i&  eine  tiefere  Unterfud^ung  »erbient;  allein  l^ier  ift  nid)t  ber  Drt,  jtcft 
babei  aufgu^alten.  Unfere  @prad^e  ift  t)oD  t)on  berglddien  inbirecten  n 
S^arfieQungen  nad^  einer  Snalogie,  moburd^  ber  SluSbrud  nid^t  baS  eigent^ 
lid^e  @(l^ema  für  ben  Segriff,  fonbern  blog  ein  Symbol  für  bie  9flepe;rion 
entl^ält.  So  jlnb  bie  SBorter  ®runb  (Stüfee,  SafiS),  »b^dngen  (oon 
oben  (Sel^alten  »erben),  toorauö  ^liefeen  (ftatt  ^Jolgen),  Subftang  (wie 
fiodCe  {id^  auSbrüdtt:  ber  Srdger  ber  Slccibengen)  unb  ungd^Iige  anbere  39 
nid|t  fd^ematifd^e,  fonbern  JQmboIifd^e  ^^pot^pofen  unb  8luSbrüdte  für 
Segriffe  nid^t  üermittelfi  einer  birecten JKnfd^auung,  fonbern  nur  nad^ 
einer  Analogie  mit  berfelben,  b.  i.  ber  Übertragung  ber  3flefIeyion  über 


*)  !DQd  Sntuitioe  ber  (Srfenntnig  ntug  bem  S)iiScurrit)en  (iü(^t  bem  ®i)mbo« 
lifdj^en)  entgegen  gefegt  toerben.    S)q6  erftere  ift  nun  entroeber  fd^emattfd^  bur(^  35 
S)emonrtration;  ober  f^mbolifd^  old  SBorfteHungnad^  einer  bIo|en  Analogie. 


^iaUmt  ber  äfi^eHfd^en  Urt^eitöfraft.  353 

einen  ©egenfianb  ber  Snfd^iauung  auf  einen  gang  anbern  Segriff,  hzm 
))iel(etd^t  nie  eine  8(nf(!^Quung  birect  correfponbiren  (ann.  3Benn  man 
eine  blofee  SSorfteHungöart  fd^on  ©rfenntnife  nennen  barf  (toelcj^es,  toenn 
jte  ein  $rinctp  nlt^t  ber  tl^eoretif(]^en  93eftimmung  bed  ©egenftanbeS  tft| 

5  tt)ad  er  an  {ld|  fei,  fonbern  ber  prattifd^en,  \x>a^  bie  Sbee  wn  il^m  fär  und 
unb  ben  jtoedmdiigen  ®ebrau(^  ber|elben  »erben  foH,  mo^l  erlaubt  ift): 
fo  ift  ade  unfere  Srfenntnig  Don  ®ott  blog  fQmbolifd^;  unb  ber,  koelc^er 
pe  mit  ben  (äigenfd^aften  SSerftanb,  SBifle  u.  f.  ».,  bie  allein  an  SBelt* 
»efen  il^re  objecttDe  SRealität  betoeifen,  für  fcj^ematifd^  nimmt,  gerdt^  in 

10  ben  Slnt^ropomorpl^iSm,  fo  mie,  rnenn  er  aUeS  ^ntuitioe  meglägt,  in  ben 
2)eiöm,  tooburd^  überatt  nic^t«,  aud^  nic^t  in  praftifc^er  abftd^t,  erlannt 
tt)lrb. 

9lun  fage  id^:  baS  @(^öne  ifi  baiS  (Symbol  bed  @ittlid^<®uten;  unb 
au(6  nur  in  biefer  Slüdftd^t  (einer  Segiel^ung,  bie  jebermann  natürlid^  ift, 

15  unb  bie  au(^  jebermann  anbern  als  ^flid^t  gumut^et)  gefäDt  ti  mit  einem 
8lnfprudbe  auf  iebeS  anbern  93eiftimmung,  mobet  fid^  baS  ©em&tl^  gugletd^ 
einer  gemiffen  SSereblung  unb  @rl^ebung  über  bie  bloge  @mpf&nglid^(eit 
einer  Suft  burd^  ©inneneinbrüdte  bemufet  ift  unb  anberer  SBert^  aud^  nad^ 
einer  ai^nlic^en  aRajrime  i§rer  Urt^eilafraft  fd^&fet.  ©a«  ift  ba&  3ntelli:= 

so  gibele,  vorauf,  toie  ber  Dorige  $aragrap^  Slngeige  tl^at,  ber  ©efd^madt 
^inaudfte^t,  tDOgu  ndmlid^  felbft  unfere  oberen  (SrfenntnigDermogen  gu« 
fammenfiimmen,  unb  ol^ne  iDeld^ed  gmifd^en  i^rer  9latur,  oerglid^en  mit 
ben  anfprüc^en,  bie  ber  ®efd^madt  mad^t,  lauter  SBiberfpradbe  ertoad^fen 
würben.  3n  biefem  Vermögen  ftel^t  fl4  bie  Urtl^eilSfraft  nic^t,  »ie  |onft 

36  in  empirifdber  Seurtl^eilung  einer  $eteronomie  ber  6rfa^rung«gefefee  un« 
terttorfen:  fie  giebt  in  Slnfel^ung  ber  ©egenftanbe  eine«  fo  reinen  SBol^t 
gefallen«  ll^r  felbft  ba«  ®efe^,  fo  »ie  bie  SSernunft  e«  in  »nfe^ung  be« 
Segel^rungSüermögen«  tl^ut;  unb  fielet  jt(^  fomol^l  toegen  biefer  innern 
SRdglid^teit  im  ©ubjecte,  al«  koegen  ber  augern  3R5glid^(eit  einer  bamit 

30  übereinftimmenben  3latur  auf  etwa«  im  ©ubjecte  felbft  unb  aufeer  i^m, 
»a«  nid^t  5Ratur,  aud^  nid^t  greil^eit,  bod^  aber  mit  bem  ®runbe  ber  lefe« 
teren,  nämlid^  bem  Überfinnlid^en,  üerfnüpft  ift,  bejogen,  in  toeld^em  ba« 
t^eoretifdbe  SSermögen  mit  bem  praftifc^en  auf  gemeinfd^aftlidbe  unb  mt^ 
befannte  9rt  gur  (Sinl^eit  Derbunben  tolrb.  993ir  kooDen  einige  QtM^  bie» 

86  fer  Slnaloflie  anfül^ren,  Inbem  toir  gugletd^  bie  SSerfc^iebenl^eit  berfelben 
nid^t  unbemerft  laffen. 

1)  S)a«  @dböne  gef&Ut  unmittelbar  (aber  nur  in  ber  reflectirenben 

«anf«  e<9r<ften.   »ftfe.  V.  23 


354    ^tt!  ber  Urtl^elWfroft.   1.  ^til  Äriti!  bcr  Äft^etif(!&en  Urtl&cilgfraft. 

aufd^auung,  ni(%t  »ic  ©ittlid^leit  im  fflcflrlffe).  2)  6§  gefallt  ol^nc 
alU^  SntcrcffcCbaö  ©ittlidö^Sutc  jwar  not^mcnbig  mit  einem  Snter* 
effe,  aber  nid^t  einem  jold^en,  maS  t)or  bem  Urtl^eile  fiber  ba^  SBol^Ige« 
fallen  üorl^ergel^t,  öerbunben,  fonbern  maö  baburc^  attererft  bewirft  mirb). 
3)  S)ie  greil^eit  ber  ßinbilbungöfraft  (olfo  ber  ©innltd^feit  uufereS  & 
aSermögenö)  toirb  in  ber  SBeurtl^eilung  be8  @d&5nen  mit  ber  ®efe^md&ig^ 
leit  bed  SSerftanbeS  ald  einftimmig  DorgefteDt  (im  moralifd^en  Urtl^eile 
loirb  bie  f^rei^eit  be^^  äSiQens  ald  Buf^tnmenfiimmung  bed  festeren  mit 
[xii  felbft  nad^  aDgemeinen  SSernunftgefe^en  geba(!^t).  4)  S>a€  fubjectioe 
5ßrincip  ber  Seurt^eilung  be^  Sd^önen  »Irb  als  ollgemein,  b.  t.  für  lo 
Jebermann  gültig,  aber  burd^  feinen  allgemeinen  .Segriff  fenntlid^  Dor« 
geftellt  (baö  objectiDc  ^rtncip  ber  SKoralitfit  ttiirb  au(!^  für  allgemein,  b.  i. 
für  alle  @ubiecte,  gugleid^  aud^  für  alle  ^anblungen  bef[elben  @ubiect8, 
unb  babei  burd^  einen  allgemeinen  Segriff  fenntUd^  erfldrt).  S)a^er  ift 
ba«  moralif(!^e  Urtl^eil  nid)t  allein  beftimmter  conftitutlüer  5ßrincl<)ien  w 
fd^ig,  fonbern  ift  nur  burd^  ©rünbung  ber  SRajrimen  auf  biefelben  unb 
il^re  ailgemeinl^eit  möglid^. 

S)ie  9fiüdf{l(^t  auf  biefe  9(nalogie  ift  aud^  bem  gemeinen  Serftanbe 
gemo^nlid^;  unb  mir  benennen  fd^öne  ©egenftdnbe  ber  9latur  ober  ber 
Äunft  oft  mit  Slamen,  bie  eine  ftttlidt)c  Seurtl^ellung  jum  ®runbe  ju  legen  20 
fd^einen.  äBir  nennen  ©ebdube  ober  Sdume  majeftätifd^  unb  prdd^ttg, 
ober  ©efilbe  lad^enb  unb  frö^lic^;  felbft  färben  toerben  unfd^utbig,  be^^ 
fdieiben,  gdrtlid^  genannt,  koeil  fte  @m))finbungen  erregen,  bie  etmaS  mit 
bem  Sekougtfein  eined  burd^  moralifil^eUrtl^eile  betoirften  ©emütl^Sjuftan« 
beS  9(nalogifd^eS  enthalten.  S)er  ®efd^mad(  mac^t  glei(^fam  ben  Über^  23 
gang  00m  @tnnenreij  jum  l^abituellen  moralifd^en  Sntereffe  ol^ne  einen 
gu  gemaltfamen  Sprung  möglid^,  inbem  er  bie  @inbilbungSfraft  auc^  in 
il^rer  grei^eit  alö  jttiedtmdfeig  für  ben  Serftanb  beftimmbar  üorftellt  unb 
fogar  an  ©egenftdnben  ber  @inne  aud^  ol^ne  @innenreij  ein  freies  SBol^U 
gefallen  flnben  leiert.  30 

§60. 

Son  ber  5Ket^oöenlel^re  be«  ©efd^madf«. 

S)ie  (Sint^eilung  einer  Äritif  in  (älementarle^re  unb  ?Wet]^obettle]^re, 
meldte  oor  ber  Siffenfc^aft  oorl^erge^t,  Idgt  ft(^  auf  bie  ®ef(^madsfritif  35 


2)iQle!tt!  bec  dft^etif(!^en  Urt^eildlraft.  355 

nid^t  ontDenben:  totil  ed  leine  SBiffenfc^aft  beS  @(^5nen  giebt  noi!^  geben 
fann,  unb  baS  Urtl^eil  bc«  (Sefcftmarfg  nid^t  burd^  ^rincipien  bcfttmmbar 
i[t.  S)enn  ma^  bad  Sßiffenfd^aftUd^e  in  lebet  j^unft  anlangt,  »eld^ed  auf 
SBa^r^eit  in  bcr  ©arftellung  il^reö  Dbiectö  gel^t,  fo  Ift  bicfc«  jmar  bie 

5  unumg&nglid^e  Sdebingung  (conditio  sine  qua  non)  ber  fd^önen  £un[t, 
aber  bieje  nld^t  felber.  ßö  giebt  alfo  für  bie  fd&önc  Äunft  nur  eine  5Wa« 
nier  (modus),  nid^t  ge^rart  (methodus).  33er  3Keifter  mufe  eö  üor* 
matten,  maS  unb  mie  t^  ber  Sd^filer  gu  @tanbe  bringen  foD;  unb  bie 
aflgemeinen  Siegeln,  worunter  er  jule^t  fein  SSerfal^ren  bringt,  fönnen 

10  el^er  bienen,  bie  ^auptmomente  beffelben  gelegentlid^  in  Erinnerung  ju 
bringen,  aU  fte  i^m  üorjuf(^reiben.  Riebet  mug  bennod^  auf  ein  gemiffeiS 
Sbeal  3fiücf|t(^t  genommen  »erben,  meld^eS  bie  Äunft  »or  äugen  l^aben 
mug,  ob  fte  ed  gleid^  in  il^rer  9(u8iibung  nie  t)5Dig  erreid)t.  9tur  burd^ 
bie  aufmedtung  ber  ©inbilbungötraft  be«  ©d^ulerö  jur  angemeffenbeit 

15  mit  einem  gegebenen  Segriffe,  burd^  bie  angemerfte  Unjulänglid^feit  bed 
äuöbrurfö  für  .bie  Sbee,  meiere  ber  »egriff  felbft  nld^t  erreid^it,  »eil  fte 
äft^etifd^  ift,  unb  burd^  fd^arfe  Äritif  fann  üer^ütet  werben,  bafe  bie  Sei* 
fpiele,  bie  t^m  oorgelegt  »erben,  üon  i^m  nid^t  fofort  ffir  Urbilber  unb 
etwa  feiner  nod^  ^öl^ern  SHorm  unb  eigener  SBeurtbeilung  unterworfene 

20  dufter  ber  9lad^a^mung  gehalten  unb  fo  baiS  ®enie,  mit  i^m  aber  aud^ 
bie  Srei^eit  ber  (Sinbilbungöfraft  felbft  in  i^rer  ©efefemäfeigfeit  erftidEt 
werbe,  ol^ne  weld^e  feine  fd^5ne  ^unft,  felbft  nic^t  einmal  ein  richtiger  fie 
beurtl^eilenber  eigener  ©efd^madt  möglid^  ift. 

S)ie  ^ropdbeutif  gu  aller  fd^önen  jtunft,  fofern  eS  auf  ben  b^d^ften 

»5  ®rab  i^rer  Sßollfommenbeit  angelegt  ift,  fcfteint  nid^t  in  SSorfd^riften,  fon* 
bern  in  ber  (äultur  ber  ®emüt^ßfröfte  burd^  bicjenigen  38orfenntniffe  gu 
liegen,  weld^e  man  humaniora  nennt:  oermutblidb  weil  Humanität 
einerfeitiS  bad  allgemeine  Sil^eilnel^mungdgefA^l,  anbererfeitd  ha^ 
äSermogen  ftd)  innigft  unb  allgemein  mitt^ eilen  gu  fönnen  bebeutet; 

30  weld^e  Sigenfd^aften,  gufammen  üerbunben,  bie  ber  SRenfd^^eit  ange« 
meffene  ©efelligteit  auSmacben,  woburd^  fte  pdb  ))on  ber  tl()ierifdben  @inge« 
fc^r&ntt^eit  unterfd^eibet.  S)aiS  ßeitalter  fowobl  ald  bie  SBölfer,  in  weU 
dben  ber  rege  Srieb  gur  gefehlt d^en  ©efeHigfeit,  woburd)  ein  38olf  ein 
bauembeS  gemeineiS  SBefen  ausmacht,  mit  ben  großen  @c^wierigfeiten 

86  rang,  welche  bie  fdbwere  aufgäbe,  ^rei^eit  (unb  alfo  aud^  ©leicb^eit)  mit 
einem  Sn^^nge  (me^r  ber  Sc^tung  unb  Unterwerfung  auS  $fltd^t  a\&  i^urd^t) 
gu  Dereinigen,  umgeben;  ein  foldbed  3(ltalter  unb  ein  folc^eiS  93olf  mu^te 

23* 


356    SMm  bet  Urtl^eildfraft.   1.  Sl^eil.  JhriHf  ber  afl^etifc^en  Urt^eiUftaft. 

bte  ^unfi  ber  loed^felfeitigen  SRittl^eilung  ber  Sbeen  beS  oudgebtlbetefien 
Shells  mit  bem  rolleren,  bie  9(bftimtnung  ber  ßrtoeiterung  unb  9[}erfeine^ 
rung  ber  erftercn  jur  natürli(!^cn  ginfalt  unb  Drißinalitdt  be«  lefetercn 
unb  auf  bieje  9(rt  badienige  SRittel  gtoifd^en  ber  l^öl^eren  Kultur  unb  ber 
genugfamen  Statur  juerft  erfinben,  koelt^ed  ben  rid^tigen,  nad^  leinen  aU^  5 
gemeinen  Siegeln  angugebenben  SRagftab  ani^  ffir  ben  ©eft^mad,  als  aD^ 
gemeinen  Sßenft^enfinn,  auSmad^t. 

@(]^tt)erli(^  tolrbein  fjätereö  ßeitalter  jene  5Wufter  entbel^rlii!^  mad^en : 
meil  es  ber  9latur  immer  loeniger  nal^e  fein  koirb  unb  ftd^  jule^t,  ol^ne 
bleibenbe  SSeifpiele  Don  i^r  gu  ^aben,  laum  einen  ^Begriff  Don  ber  gläcf«  10 
lid^en  SSereinigung  beiS  gefe^Ii(!^en  B^oangeS  ber  ]^5(6ften  @ultur  mit  ber 
Äraft  unb  3fli(j&tigfeit  ber  il^ren  eigenen  SBert^  fül^lenben  freien  SRatur  in 
einem  unb  bemfelben  SSoIte  gu  mad^en  im  @tanbe  fein  möd^te. 

S)a  aber  ber  Oefd^macf  im  Orunbe  ein  SBeurtl^eilungSoermögen  ber 
aSerftunlid^ung  fittlici^er  Sbeen  (oermittelft  einer  getoiffen  Analogie  ber  15 
SReflefion  über  beibe)  ift,  moDon  auc^  unb  oon  ber  barauf  gu  grünbenbcn 
größeren  @mpfängli(!^feit  fär  baS  ®effi^l  aud  ben  le^teren  (mel(^ed  baS 
moralifd^e  l^ei^t)  biejenige  Suft  ftc^  ableitet,  koeldie  ber  ©efd^mad  als  für 
bie  3ßenfd^]^eit  überhaupt,  nid^t  blog  fär  eines  Seben  $riüatgefü^l  gältig 
ertlärt:  fo  leud^tet  ein,  bag  bie  tt)a]^re  ^ropäbeutit  gur  ©rönbung  beS  20 
©efd^madS  bte  (Sntkoidtelung  {ittlidier  Sbeen  unb  bie  @ultur  beS  mora= 
lifd^en  ©efäl^ls  fei;  ba,  nur  »enn  mit  biefem  bie  ©innlid^felt  in  6in^ 
ftimmung  gebracht  koirb,  ber  öd(|te  ©efd^mad  eine  beftimmte,  unoer&nber^ 
lic^e  f^orm  annel^men  lann. 


2)er 
Äritif  bcr  Urt^eilSlraft 

Stveiter  S^eil. 

Äritit 

ber 

teleoloötfc^en  Urt^eiUfraft 


§61. 
aSon  bcr  obicctiöcn  Stt^c^Iwtäfetgfcit  bcr  5ftatur. 

5Kan  l^at  nai!^  tranöfccnbcntalcn  ^rincipicn  guten  ®runb,  tm  fubicc«'  > 
tit)c  Stoecfmdfeigfeit  bcr  5Jlatur  in  il^rcn  befonbern  ®cfc^cn  ju  bcr  ^fafelid^» 
5  feit  für  bic  mcnfd&lici^c  Urt^cilSfraft  unb  bcr  SRöglic^fcit  bcr  58erfnflpfung 
bcr  befonbern  erfa^rungcn  in  clnS^ftcui  bcrfclben  anjuncl^mcn ;  mo  bann 
unter  ben  üielen  ^robucten  bcrfclben  aut^  folc^c  als  möglid^  crn)artct 
werben  tonnen,  bic,  alö  ob  pc  gang  cigcntlidö  für  unfcrc  Urt^cilöfraft  an= 
gelegt  todren,  fold&c  f^jecififd^c  i^r  angemcffcnc  formen  enthalten,  »elc^c 

10  bur(]^  il^rc  3ßannigfaltigteit  unb  @inl^eit  bic  ©cmütl^dfr&ftc  (bic  im  ®e^ 
braud^c  biefcS  SSermögeng  im  @^3icle  finb)  gleic^fam  gu  ftdrfen  unb  gu 
unterl^altcn  biencn,  unb  benen  man  ba^cr  ben  Flamen  fd^öner  gormen 
beilegt. 

3)a6  aber  S)ingc  bcr  Statur  cinanber  als  2WittcI  gu  Sieden  biencn, 

15  unb  il^rc  Sßoglid^fcit  felbft  nur  burc^  biefe  Slrt  oon  @aufalitdt  ^inreic^enb 
WrftdnbUd^  fei,  bagu  l^abcn  »ir  gar  feinen  ®runb  in  bcr  allgemeinen  Sbec 
bcr  Statur,  al«  Inbegriffs  bcr  ®egenftdnbc  bcr  Sinne.  33enn  im  obigen 
fjalle  fonnte  bic  SSorftellung  bcr  S)inge,  loeil  fte  etmaS  in  unS  ift,  als  gu 
bcr  innerli(]^  gmccfmdgigcn  Stimmung  unferer  SrTenntnigoermögen  ge« 

20  f(!^i(ft  unb  tauglid^,  gang  mo^l  aud^  a  priori  gebadet  werben;  wie  aber 
Swcdc,  bic  nld^t  bic  unfrigen  |tnb,  unb  bic  aucft  ber  5Ratur  (welche  wir 
ni^t  als  intcDigentcS  Sßefen  annebmen)  nid^t  gulommen,  bod^  eine  be^ 
fonberc  Art  bcr  ßaufalitdt,  wcnigftenS  eine  gang  eigne  ®efetmd6igfcit 
bcrfclben  auSmad^cn  I5nnen  ober  foDcn,  Idgt  ftd^  a  priori  gar  nid^t  mit 

35  cinfgem  ®runbc  prdfumiren.  SBaS  aber  nod^  mel^r  ift,  fo  fann  uns  felbft 
bic  6rfal)rung  bic  SBirflidöIcit  bcrfclben  nid^t  beweifen;  cS  müfetc  benn 
eine  SScrnünftclci  oor^crgcgangcn  fein,  bic  nur  ben  Segriff  beS  Qmdi  in 


360    SMm  ber  Urtl^eiliSfraft  2.  ^eil.  Sttim  ber  teleologifd^en  Utt^etldfraft. 

bie  !Ratur  ber  S)inge  l^ineinf^ielt,  aber  il^n  nid^t  Don  ben  Dbiecten  unb 
il^rcr  grfal^runßÄcrfenntnife  l^ernimmt,  benfelben  alfo  mcl^r  braucht,  bie 
3latnx  mii  ber  Snalogfe  mit  einem  fubjectiüen  ®runbe  ber  Serfnflpfung 
ber  SSorftenungen  in  un8  begreiflid^  ju  mad^en,  ali  fte  an»  objectioen 
®rfinben  gu  erTennen.  5 

Überbem  ift  bie  pbiectiDe  Smedmägigleit,  al»  ^rincip  ber  Wlb^lKSi^ 
(eit  ber  S)inge  ber  9latur,  fo  iDeit  baüon  entfernt,  mit  bem  Segriffe  ber^ 
felben  notl^menbig  gufammengul^ängen:  ba^  fie  oielmebr  gerabe  baS  ift, 
tDorauf  man  jtd^  üorgäglid^  beruft,  um  bie  Suf&Kidl^it  berfelben  (ber 
Statur)  unb  il^rer  f^orm  baraud  gu  bemeifen.  S)enn  menn  man  g.  S.  ben  10 
Sau  eines  Sogeid,  bie  ^öl^Iung  in  feinen  ^noc^en,  bie  Sage  feiner  t^lfigel 
gur  Semegung  unb  beS  @d^mange8  gum  Steuern  u.  f.  U).  anführt:  fo  fagt 
man,  bag  biefed  aUed  nad^  bem  bloßen  nexus  effectivus  in  ber  Statur, 
ol^ne  nod^  eine  befonbere  Srt  ber  Saufalität,  nctmlic^  bie  ber  ßu^edte^nexas 
finalis),  gu  ^filfe  gu  nel^men,  im  ^5d^ften  ®rabe  gufdllig  fei;  b.  i.  bag  fl(^  » 
bie  Statur,  aU  bloßer  SRed^aniSm  betrachtet,  auf  taufenbfad^e  %rt  ^abe 
anberd  bilben  (5nnen,  ol^ne  gerabe  auf  bie  Sinl^eit  nad^  einem  fold^en 
^rincip  gu  flogen,  unb  man  alfo  auger  bem  Segriffe  ber  Statur,  nid^t  in 
bemfelben  ben  minbeften  ®runb  bagu  a  priori  allein  angutreffen  l^offen 
bürfe.  20 

®Iei(^mo]^I  mirb  bie  teleologifc^e  Seurtl^eilung,  toenigfienS  proble* 
matifd^,  mit  Sted^t  gur  Staturforfd^ung  gegogen;  aber  nur  um  jte  nad|  ber 
Slnalogie  mit  ber  6aufalität  nad^  Qxotdtn  unter  ^rincipien  ber  Seob« 
ad^tung  unb  Stac^forfd^ung  gu  bringen,  ol^ne  jtd^  angumagen  fie  bamad^ 
guerllären.  Sie  gel^ört  alfo  gur  reflectirenben,  nid^t  ber  beftimmenben  25 
Ürtl^eiUIraft.  S)er  Segriff  oon  Serbinbungen  unb  ^formen  ber  Statur 
nad^  Qxütdzn  ift  bod^  toenigftenS  ein  ^rincip  mel^r,  bie  @rfd^einungen 
berfelben  unter  Siegeln  gu  bringen,  too  bie  ®efe^e  ber  Saufalität  nad| 
bem  blogen  SRed^anidm  berfelben  nid^t  gulangen.  3)enn  toir  fül^ren  einen 
teleologifd^en  ®runb  an,  mo  toir  einem  Segriffe  Dom  Dbiecte,  als  ob  er  so 
in  ber  Statur  (nid^t  in  und)  befinblid^  mdre,  6aufalit&t  in  Slnfel^ung  eines 
Objectd  gueignen,  ober  oielmel^r  nad^  ber  Analogie  einer  fold^enSaufalitdt 
(bergleid^en  toir  in  und  antreffen)  und  bie  SRöglid^Ieit  be8  ®egen{!anbe8 
Dorfteüen,  mitl^in  bie  Statur  als  burd^  eignes  Sermögen  ted^nif  d^  beuten; 
mogegen,  toenn  mir  i^r  nid^t  eine  fold^e  äSirfungSart  beilegen,  i^re  (Sau*  35 
falität  als  blinber  SRed^aniSm  Dorgefiellt  merben  mügte.  Sßfirben  toir 
bagegen  ber  Statur  abf  id^tlid^^mirlenbe  Urfa(i^en  unterlegen,  mitl^in  ber 


SBon  ber  objecttoen  BwedPmdgigfett  ber  !Ratur.  361 

Sdeologte  nid^tblog  ein  regulatioed  $rinci^  ffir  biebloge  93ettrt]^et:> 
lung  ber  @rfd^einungen,  benett  bie  9latur  nad^  il^ren  befonbern  ©efe^en 
ate  unteriDorfen  gebadet  merben  fonne,  fonbern  baburd^  auc^  ein  confti» 
tutiDed  ißrinctp  ber  Ableitung  il^rer  $robucte  ))on  i^ren  Urfad^en  }um 

5  ©runbe  legen:  fo  toflrbe  ber  Segriff  eineiS  9latur3n)edd  nid^t  mel^r  für  bie 
refledirenbe,  fonbern  bie  beftimmenbe  Urtl^eildfraft  gel^bren;  alsbann  aber 
in^er  S:^at  gar  nid^t  ber  Urtl^eildtraft  eigent^ümli(!b  ange^bren  (mie  ber 
SSegriff  ber  ©d&önl^eit  al«  formaler  fubjectiöer  ßtoedmafeigfeit),  fonbern 
als  äSernunftbegriff  eine  neue  Saufalitdt  in  ber  SlatunDiffenfd^aft  ein- 

10  ffil^ren,  bie  toir  bod^  nur  ))on  und  felbft  entlel^nen  unb  anbern  äSefen  bei« 
legen,  ol^ne  fie  gleid^mo^l  mit  und  ald  gleichartig  annel^men  }u  tt)ollen. 


Slnal^tif  ber  tclfotogifd^eti  Urtl^eitäfraft 

§62. 

fBon  ber  obiectiüen  Qtotdm&^x^Uit,  bie  blog  formal  tft, 

jum  Unterfd^iebe  ))on  ber  materialen.  5 

Mt  geometri|(^e  ^^iguren,  Me  nad^  einem  $rincip  gejeid^net  merben, 
geigen  eine  mannigfaltige,  oft  betounberte  obiectioe  Stoedmägigfeit,  nfim» 
Ii(4  ber  3:auglid^feit  gur  SlufI5fung  oieler  Probleme  na(^  einem  eingigen 
$rinctp  unb  audb  ^^^^  ^^^^^  \^^^^  berfelben  auf  unenblid^  oerfd^iebene 
art,  an  ftd^.  35te  3»e(Imäfeigteit  i[t  l^ier  offenbar  obiectio  unb  intellec«  10 
tuen,  nid^t  aber  blog  fublectio  unb  fiftl^etifd^.  S)enn  fie  brüdt  bie  Snge^ 
meffenl^eit  ber  gigur  gur  ©rgeugung  oieler  abgegmedften  ©eftalten  au« 
unb  mirb  burd^  Vernunft  erfannt.  allein  bie  S^^d^&^igt^it  mad^t  bo^ 
ben  Segriff  oon  bem  ©egenftanbe  felbft  nid^t  mögli(^,  b.  i.  er  toirb  nid^t 
blog  in  äflüdtfid^t  auf  biefen  ©ebraud^  atö  möglich  angefe^en.  u 

3n  einer  fo  einfad^en  Sigur,  al«  ber  6irM  ift,  liegt  ber  ®runb  gu 
einer  Sluflöf ung  einer  3Renge  üon  Problemen,  beren  jebe«  für  ftd&  mand&er» 
lei  ßurüftung  erforbern  mürbe,  unb  bie  atö  eine  oon  ben  unenblid^ 
))ielen  oortre^Iic^en  @igenfd^aften  biefer  f^igur  ftc^  gleid^fam  t)on  felbfi 
ergiebt.  Sfl  eö  g.  S.  barum  gu  tl^un,  au3  ber  gegebenen  ©runblinie  unb  20 
bem  i^r  gegenüberfte^enben  SBinfel  einen  Triangel  gu  conflruiren,  fo  ift 
bie  Aufgabe  unbeftimmt,  b.  i.  fie  lägt  ftd^  auf  unenblid^  mannigfaltige 
art  auflofen.  allein  ber  @irfel  befaßt  fte  boc^  aQe  indgefammt,  ald  ber 
geometrifdbe  £)rt  für  alle  ©reiedte,  bie  biefer  Seblngung  gemäfe  ftnb. 
Dber  gmei  Sinien  foBen  fld^  einanber  fo  fd&neiben,  bafe  baö  SRed^tedt  au«  25 
ben  gtoei  S^l^eilen  ber  einen  bem  Siedötedt  au8  ben  gmei  ^l^eilen  ber  anbern 
gleich  fei:  fo  l^at  bie  Sluflofung  ber  Aufgabe  bem  Stnfelien  nad^  oiele 
©d^mierigfeit.    aber  aBe  Sinien,  bie  ftc^  innerl^alb  bem  ßirfel,  beffen 


1.  «btl^ilutig.    Knallt«  bet  teleolodifd^en  Uttl^ildfroft.  363 

UmlreiS  iebe  berfelben  begrängt,  f^neiben,  tl^eilen  fi(i&  t)on  felbft  in  biefev 
^ro^ortion.  3)ie  anbem  Irummen  Sinien  geben  toieberum  anbete  itoedC« 
mdgige  Sluflbfungen  an  bie  ^anb,  an  bie  in  bet  Siegel,  biei^reSonftruction 
ausmalt,  gar  nid^t  gebadet  »ar.  WLt  j^egelfd^nitte  fftr  {i(&  unb  in  93er« 

5  glei^ung  mit  einanber  finb  frud^tbar  an  ^rinctpien  jur  Suflöfung  einer 
SRenge  mdglid^er  Probleme,  fo  einfad^  au(^  il^re  Srflärung  ift,  iDeld^e 
il^ren  Segriff  benimmt.  —  68  Ift  eine  »al&re  greube,  ben  ©fer  ber  alten 
®eometer  aniufel^en,  mit  bem  fie  biejen  Sigenfd^aften  ber  Sinien  biejer 
Slrt  nad^forfd^ten,  ol^ne  {i^  burc^  bie  t^rage  eingefd^räntter  Stbp^t  irre 

10  machen  gn  laffen,  toogu  benn  biefe  J^enntnig  nfi^en  joUte;  g.  93.  bie  ber  $a« 
rabel,  ol^ne  ba8  ®efe^  ber  @(^mere  anf  ber  6rbe  jn  (ennen,  toeld^eS  il^nen 
bie  antoenbung  berfelben  auf  bie  SBurföUnie  fci^toerer  Xbxptx  (beren 
Sfiid^tung  ber  Sd^toere  in  il^rer  Semegung  als  paraUel  angefel^en  merben 
lann)  tofirbe  an  bie  ^anb  gegeben  l^aben;  ober  ber  6ni|)fe,  ol^ne  gu  al^nen, 

15  bag  aud^  eine  @(^mere  an  ^immelStörpern  gu  finben  fei,  unb  ol^ne  i^r 
©efe^  in  t)erf(^iebenen  Entfernungen  Dom  Slngiel^ungd^unlte  gu  (ennen, 
meld^ed  mad^t,  bag  fte  biefe  Sinie  in  freier  Semegung  befd^reiben.  äßdl^renb 
beffen,  bag  fte  l^ierin,  il^nen  felbft  unbetougt,  ffir  bie  9lad^fommenfd^aft 
arbeiteten,  ergö^ten  fte  ftd^  an  einer  Bu^edmA^igteit  in  bem  äSefen  ber 

20  3)inge,  bie  fie  bod^  DöUig  a  priori  in  i^rer  9lot]^U)enbigfeit  barfteDen 
lonnten.  $Iato,  felbft  SReifter  in  biefer  äSiffenfd^aft,  geriet)^  aber  eine 
fold^e  urfprünglid^e  Sefd^affenl^eit  ber  S)inge,  loeld^e  gu  entbeden  mir  aller 
Srfal^rung  entbel^ren  fönnen,  unb  über  baS  Vermögen  bed  ©emütl^d,  bie 
Harmonie  ber  äBefen  aud  il^rem  fiberftnnlid^en  $rinci^  fc^öpfen  gu  tonnen 

25  (mogu  nod^  bie  @igenfd^aften  ber  QaijUn  Tommen,  mit  benen  baS  ©emfitl^ 
in  ber  SRufit  fpielt),  in  bie  Segeifterung,  meiere  tl^n  über  bie  Srfal^rungd» 
begriffe  gu  3been  erl^ob,  bie  il^m  nur  burd^  eine  inteKectuene  ©emeinfd^aft 
mit  bem  Urfprunge  aUer  äSefen  erRärlid^  gu  fein  fd^ienen.  j^ein  äSunber, 
bag  er  ben  ber  3ßegfunft  Untunbigen  an»  feiner  @d^ule  DermieS,  inbem 

30  er  bad,  toa&  SlnajcagoraiS  aus  ßrfal^rungSgegenftänben  unb  il^rer  Qmd* 
Derbinbung  fd^lo^,  aud  ber  reinen,  bem  menf(^lid^en  ©elfte  innerltd^  bei« 
tool^nenben  Slnfd^auung  abguleiten  badete.  S)enn  in  ber  Slotl^menbigfeit 
beffen,  maS  gmedhnd^ig  ift  unb  fo  befc^affen  ift,  als  ob  eS  für  unfern 
®ebrau(^  ab^d^tlid^  fo  eingerid^tet  m&re,  glet(^tt)o^l  aber  bem  äBefen  ber 

35  3)inge  urfprünglic^  gugutommen  fd^efnt,  ol^ne  auf  unfern  ©ebraud^  9%üd« 
ftd^t  gu  nehmen,  liegt  eben  ber  ©runb  ber  großen  Seuunberung  ber  3Ratur, 
nid^t  fottol^l  auger  unS,  als  in  unferer  eigenen  SBemunft;  toobei  eS  mol^l 


364    Sttiiit  hex  Urtl^eiliSfraft.  2.  S^eil.  Stxliit  hex  teleologifc^en  Urt^elldfraft. 

oergeil^Iid^  ift,  ba^  biefe  Setounbetung  burd^  SRi^üerftanb  na^  unb  na(^ 
bis  jur  Sd^mdrmerei  fteigen  mod^te. 

S)tcfc  intcücctuellc  3»f*ni46ifiWt  ober,  ob  jv  ßlclift.obicctip  i^ 
(nW  mie  bte^dftl^etifc^e  fubiectiü),  lägt  jtd^  gleic^mol^l  il^rer  aRögUd^Ieit 
nad^  als  blog  formale  (nid^t  reale),  b.  i.  a\i  Qxotdm&^iihitf  dfjnt  bag  5 
bod^  etn  3n)e3  il^r  gum  ©runbe  ju  legen,  mithin  5£eIe0ToQte  bagu  nötl^ig 
toÄrt,  gar  »ol^I,  aber  nur  im  Slllgemeinen  begreifen.  JDie  ßirfelfigur 
{{t  eine  Slnfc^auung,  bie  burd^  ben  9?erftanb  nad^  einem  $rincip  beftimmt 
iDorben:  bie  Sinl^eit  biefeS  ^rinci^d,  loeld^eS  ic^  iDinfürlid^  annel^me 
unb  als  Segriff  gum  ©runbe  lege,  angetoanbt  auf  eine  f^orm  ber  kn*  10 
fd^auung  (ben  Sfiaum),  bie  gleid^faSs  blog  atö  SSorflellung  unb  gtoar 
a  priori  in  mir  angetroffen  toirb,  mac^t  bie  Sinl^eit  Dieler  fid^  aud  ber 
Sonftructton  teneiS  93egriff8  ergebenber  Stegein,  bie  in  mancherlei  mög» 
lid^er  abfid^t  jmedtm&gig  ftnb,  begreifUd^,  ol^ne  biefer  dtt)e(Imdgig(e{t 
einen  QtDtdf  ober  irgenb  einen  anbern  ®runb  berfelben  unterlegen  gu  w 
bftrfen.  &8  ift  biemit  nid^t  fo  bemanbt,  ate  (Denn  id^  in  einem  in  geioiffe 
©rängen  eingefd^loffenen  Inbegriffe  Don  S)ingen  auger  mir,  g.  S.  einem 
©arten,  Drbnung  unb  9legelmägigTeit  ber  Säume,  SBlumenbeete, 
©änge  u.  f.  10.  anträfe,  toeld^e  id^  a  priori  au8  meiner  nad^  einer  be« 
liebigen  Siegel  gemad^ten  Umgrängung  eines  SiaumS  gu  folgern  nid^t  so 
l^offen  fann:  »eil  e«  eyljilrenbe  35inge  finb,  bie  em|)irtfdö  gegeben  fein 
muffen,  um  erfannt  mxbtn  gu  Tonnen,  unb  nic^t  eine  bloge  nad^  einem 
^ßrincip  a  priori  beftimmte  SSorftellung  in  mir.  S)a]&er  bie  le^tere  (em* 
pirifd^e)  3n)ed(mägigfeit,  ald  real,  Don  bem  Segriffe  eined  StDedC^  ab« 
l&ängig  ifi.  as 

Slber  au(^  ber  ©runb  ber  Semunberung  einer,  obgtoar  in  bem  SBefen 
ber  S)lnge  (fofern  ibre  Segriffe  conftruirt  toerben  fönnen)  »al&rgenom« 
menen  ßto^^niägigteit  lägt  fid^  fel^r  tool^l  unb  gmar  atö  red^tmdgig  ein« 
feigen.  3!)ie  mannigfaltigen  Siegeln,  bereu  ßinl^eit  (aud  einem  ^rincip) 
biefe  Semunberung  erregt,  finb  inSgefammt  f^ntl^etifd^  unb  folgen  ni(^t  so 
aus  einem  Se griffe  beS  Dbiects,  g.  S.  bed  Sirfeld,  fonbern  bebfirfen 
e«,  bafe  biefeS  Dbject  in  ber  anfc^auung  gegeben  fei.  S)abur(^  aber  be« 
tommt  biefe  ßinl^eit  baS  Snfel^en,  als  ob  fte  em^irifd^  einen  Don  unferer 
SorfleHungSfraft  unterfd^iebenen  äugern  ©runb  ber  Siegeln  l^abe,  unb 
alfo  bie  Übereinftimmung  beS  DbjectS  gu  bem  Seb&rfnig  ber  Siegeln,  35 
»eld^eS  bem  Serftanbe  eigen  ift,  an  fid^  gufällig,  mithin  nur  burd^  einen 
auSbrüdClid^  barauf  gerid^teten  S^edC  m5glid^  fei.    Sinn  foKte  unS  gtoar 


1.  $(bt^eilung.    Snal^tü  hex  teleologifd^en  Utt^eiliSlraft.  365 

eben  biefe  Harmonie,  meil  fte  oUer  biefer  ßti'ccfmfigigfeit  ungead^tet  ben« 
nod&  ni^t  cmpirifdö»  fonbcrn  a  priori  crfannt  toirb,  üon  fclbft  barauf 
bringen,  ba^  bcr  S^aum,  burd&  bcffcn  fflcflimmunfl  (Dcrmtttcljt  bcr  ©in«» 
bilbungdtraft  gemdg  einem  S3egriffe)  ba^  Dbiect  allein  mbglid^  mar, 

6  nid^t  eine  S3e|(i&affen]^eit  ber  ©inge  aufeer  mir,  fonbetn  eine  blofee  SSor*» 
fMunflSart  in  mir  fei,  unb  icft  alfo  in  bie  ^igur,  bie  id^  einem  Segrif fe 
angemeffen  3ei(^ne,  b.  i.  in  meine  eigene  SSor^eUungdart  t)on  bem,  toa^ 
mir  dugerlid^,  eS  fei  an  fid^,  maS  ed  rnoUe,  gegeben  mirb,  bie  Qvoeä^ 
mdgigleit  l^ineinbringe,  nic^t  ))on  biefem  über  biefelbe  entpirif(^  be» 

10  leiert  »erbe,  folglid&  ju  jener  feinen  befonbern  Stoed  aufeer  mir  am  Dbj[ecte 
bebürfe.  SBeil  aber  biefe  Überlegung  fd^on  einen  fritifd^en  ©ebraiid^  ber 
aSernunft  erforbert,  mitl^in  in  ber  Seurt^eilung  be«  ©egenftanbeS  nad^ 
feinen  ©igenfcftaften  nid^t  fofort  mit  entl^alten  fein  fann:  fo  giebt  mir  bie 
te^tere  unmittelbar  nid^tS  ald  äSereinigung  l^eterogener  Sftegeln  (fogar 

16  nad^  bem,  mad  fte  Ungleichartiges  an  ftd^  l^aben)  in  einem  ^rincip  an 
bie  ^anb,  meld^ed,  ol^ne  einen  au|er  meinem  Säegriffe  unb  äber]^au))t 
meiner  SBorfteHung  a  priori  liegenben  befonbern  ©runb  baju  i;u  forbem, 
bennod^  öon  mira  priori  alÄ  toal^rl&aft  erfannt  mirb.  3lun  tfl  bie  SJer* 
tt)unberung  ein  Slnfto^  beS  ©emätl^S  an  ber  Unoereinbarteit  einer  93or« 

80  fteUung  unb  ber  burd^  fte  gegebenen  Sfiegel  mit  ben  ft^on  in  il^m  }um 
®runbe  liegenben  ^rincipien,  meldöer  alfo  einen  S»«fel,  ob  man  aud^ 
red&t  gefeiten  ober  geurtl^eilt  l^abe,  hervorbringt;  Semunberung  aber 
eine  immer  micbertommenbe  SSermunberung  ungead^tet  ber  Serfd&minbung 
biefeö  Smeifelö.  Solglid^  ifl  bie  lefete  eine  ganj  natürlid^e  3Birfung  jener 

25  beobad&teten  Swedtmdfeigfeit  in  bem  SBefen  bcr  ©inge  (al«  ©rfd^einungen), 
bie  audö  fofern  nid&t  getabelt  »erben  lann,  inbem  bie  SBereinbarung 
jener  fjorm  ber  ftnnlid&en  Slufd^auung  (meiere  ^er  Sftaum  l^eifet)  mit  bem 
gSermbgen  ber  Segriffe  (bem  SSerftanbe)  nid^t  allein  beSmegen,  bafe  pe 
gerabe  biefe  unb  feine  anbere  ift,  und  unerfldrlid^,  fonbern  äberbem  nod^ 

30  fftr  ba«  Oemfltl^  ermeiternb  ifl,  nod^  etma«  über  jene  finnlid^e  SSor* 
fteQungen  ^inaudUegenbeS  gleid^fam  ju  al^nen,  »orin,  obgmar  und  un^ 
befannt,  ber  le^te  ®runb  jener  @inftimmung  angetroffen  merben  mag. 
3)iefen  ju  tennen,  l^aben  mir  jmar  aud^  nid^t  nötl^ig,  menn  ti  blo^  um 
formale  3»«*nd6igfeit  unferer  SSorftettungen  a  priori  gu  tl^uni^;  aber 

85  aud^  nur  ba  l^inaudfel^en  ju  mfiffen,  flbgt  ffir  ben  ©egenßanb,  ber  unS 
bagu  nbtl^igt,  gugleid^  93emunberung  ein. 

9Ran  ift  gemol^nt,  bie  ermdl^nten  @tgenfd^aften  fomol^l  ber  geometri* 


366    SMm  ber  Urt^eildfraft.  2.  ^exl  SMÜt  ber  teleologifd^en  Urt^eil^fraft 

f(%cn  ©cftalten,  al8  aud6  tool&l  ber  Sohlen  ttcflcn  ctncr  getoljfcn  aus  ber 
Sinfac^l^eit  tl^rer  6onftruction  nid^t  ertüarteten  Stt)^<lQi&&i8fcit  berfelben 
a  priori  gu  aDerlei  (Srlenntniggebrauc^  @(^5n]^eit  ju  nennen;  unb  fprtc^t 
j.  8.  t)on  biefcr  ober  jener  fc^önen  (äigenld^aft  be«  6irfeW,  welche  auf 
We|e  ober  iene  art  entbedft  todr^.  allein  e8  ijt  leine  öfH^etifd^e  Seur»  s 
t^eilung,  burc^  bie  mir  fie  gmedmdgig  {tnben;  (eine  Seurtl^eilung  o^ne 
Segriff,  bie  eine  bloge  fubiectioe  Sn)e(Imdgigreit  im  freien  Spiele 
unferer  @r(enntnigoerm5gen  bemerflid^  mad^te:  fonbern  eine  inteUectuelle 
nad^  Segriffen,  toelc^e  eine  objectiDe  ßn^ecfmdgigteit,  b.  i.  2;augli(!^(eit  ju 
allerlei  (ins  Unenblic^e  mannigfaltigen)  B^tdtn,  beutlid^  gu  ertennen  lo 
giebt.  aRan  mfigte  fie  el^er  eine  relatiüe  Sollfommenl^eit,  aU  eine 
@d^5n]^eit  ber  mat^ematif^en  ^^igur  nennen.  S)ie  ^Benennung  einer 
intellectuellen  @(^ön§eit  Tann  au<j^  ftberl^aupt  ni(^t  ffigli(^  erlaubt 
toerben:  meil  fonft  bad  äßort  @d^önl^eit  aUe  beftimmte  Sebeutung,  ober 
baS  inteUectueKe  äSol^Igefaflen  aUen  SSorgug  üor  bem  finnlii^en  verlieren  is 
mfigte.  @]^er  mürbe  man  eine  S)emonftration  fold^er  (Sigenfc^aften, 
meil  burd^  biefe  ber  S3er{!anb  ald  93erm5gen  ber  Segriffe  unb  bie  @in« 
bilbungöfraft  al8  Vermögen  ber  ©arftellung  berfelben  a  priori  ftcft  ge^ 
ftärft  füllen  (meld&eS  mit  ber  ^rdclflon,  bie  bie  SBernunft  l^inelnbringt, 
gufammen  bie  @legan}  berfelben  genannt  mirb),  fd^5n  nennen  fönnen:  in«  20 
bem  l^ier  bod^  menigftens  bad  äßol^IgefaUen,  obgleid^  ber  ®runb  beffelben 
in  Segriffen  liegt,  fubfectio  ifi,  ba  bie  Solltommenl^eit  ein  obiectioeS 
Sßol^Igefanen  bei  fid^  fA^rt. 

§63. 

Son  ber  relati))en  ß^^dmdgigteit  ber  9latur  gum  Unterf(^iebe  25 

oon  ber  innern. 

3)ie  erfa^rung  leitet  unfere  Urtl^etlSlraft  auf  ben  Segriff  einer  obiec« 
tioen  unb  materialen  3Q>^dind^ig(eit,  b.  i.  auf  ben  Segriff  eines  Sxotd^ 
ber  9latur  nur  alSbann,  menn  ein  Serl^dltntg  ber  Urfad^e  gur  SBirhing 
gu  beurtl^eilen  ift*),  melc^eS  mir  als  gefe^lid^  eingufel^en  unS  nur  baburc^  so 

*)  ^eil  in  ber  reinen  SRat^emati!  nid^t  uon  ber  G|ifiena,  fonbent  nur  bec  aR5g« 
lid^Iett  ber  2)tnge,  nAmlic^  einer  il^rem  Segriffe  correfponbtrenben  ^nf^auung, 
mitl^in  gor  niä)t  oon  Urfai^e  unb  SBirfung  bie  SRebe  fein  fann:  fo  mug  folglich 
aUe  bafelbfl  angemerfte  S^tdm&iiqUii  blog  a(d  formal,  niemals  aU  9{aturgme(f 
betrautet  merben.  S6 


1.  SCbt^eilune.    ttnal^ttl  bet  teleologifd^en  Urt^etldfraft.  367 

üermöflcnb  finbcn,  bafe  mir  bic  Sbec  bcr  SBirfunß  bcr  6aufalität  il^rer 
Urfad^e,  ald  bte  btefer  felbft  gum  ©runbe  liegenbe  Sebingung  ber 
aBöglicftfcit  bcr  crpcrcn,  unterlegen.  3)icfe«  fann  aber  auf  jtoiefat^e 
Seife  gefd^el^en:  entoeber  inbem  mir  bte  SBirhing  unmittelbar  al«  Äunft» 
5  probuct,  ober  nur  a\8  äRatertal  fflr  bie  j^unjl  anberer  möglicher  ^latur:: 
ttefen,  alfo  enttoeber  atö  ßmed,  ober  a\S  SRittel  jum  jmecfmägigen  ®e^ 
braud^c  anberer  Urfad^en,  anfe^en.  S)ie  lefetere  S^ecfmäfeigteit  Reifet  bie 
SRuparfeit  (für  '^tn\iitxi),  ober  aud^  SuträgUd^Wt  (für  iebe«  anbere 
®cfd6ö^)f)  unb  Ift  blofe  relatiü,  inbefe  bie  erftere  eine  innere  Stt^ed mäfeigfeit 

10  be«  SlatunoefenS  ift. 

S)ie  Slüffe  führen  g.».  allerlei  jum  SBad^ötl^um  ber  ^flangen  bienlid^e 
erbe  mit  fid^  fort,  bie  pe  biätoeilen  mitten  im  ganbe,  oft  aud^  an  l^ren 
aRünbungen  abfegen.  5)ie  glut^  fül^rt  biefen  ©cftlid^  an  mand^en  lüften 
über  baS  Sanb,  ober  fe^t  il^n  an  beffen  Ufer  ab;  unb  menn  ))orne]^mlid^ 

15  TOenfd&en  baju  l&elfen,  bamit  bie  ebbe  i^n  nid&t  toieber  »egfül^re,  fo 
nimmt  bad  frud^tbare  Sanb  }u,  unb  baS  ©emäc^Sreid^  geioinnt  ba  $la^, 
tDO  oorl^er  t^ift^e  unb  @d^altl^iere  il^ren  Sufent^alt  gel^abt  l^atten.  S)ie 
meiften  SanbeSermeiterungen  auf  biefe  art  l^at  mol^l  bie  5Ratur  felbft 
oenicfttet  unb  fäl^rt  bamit  audb  nod&,  objtoar  langfam,  fort.  —  Sdun  fragt 

20  ftd^,  ob  bieö  al8  ein  S^Jedt  ber  SRatur  ju  beurtl&eilen  fei,  »eil  e8  eine  SRu^* 
barfeit  für  ÜRenft^en  entl^ält;  benn  bie  für  baö  ®en)d(%«reid&  felber  fann 
man  nid^t  in  Snfd^lag  bringen,  »eil  bagegen  eben  fo  oiel  ben  3Reer» 
ge{(^ö:pfen  entgogen  »irb,  ald  bem  Sanbe  SSortl^eil  jutoAd^ft. 

Ober,  um  ein  Seifpiel  oon  ber  S^trigHi^felt  gemiffer  Sftaturbinge 

26  al8  5Wittel  für  anbere  ©efd&öpfe  (»enn  man  fie  al«  Qrotdt  üorauSfefet) 
JU  geben:  foift  fein  Soben  ben  ^ic^ten  gebeil^lid^er,  al^  ein  @anbboben. 
9iun  l^at  bad  alte  SReer,  el^e  ed  ]ld^  t)om  Sanbe  gurüdgog,  fo  üiele  @anb« 
ftrid^e  in  unfern  norblid^en  ©egenben  gurüdtgelaffen,  bag  auf  biefem  für 
alleßultur  fonft  fo  unbraud^baren  S3oben  meitläuftige  f^i(^ten»älber  l^aben 

so  auffcftlagen  fönnen,  »egen  bereu  unvernünftiger  SluÄrottung  »ir  l^duflg 
unfere  SSorfal^ren  auflagen;  unb  ba  fann  man  fragen,  ob  biefe  uralte 
Slbfe^ung  ber  @anbfd^id^ten  ein  Qrotd  ber  SRatur  »ar  gum  Sel^uf  ber 
barauf  möglid^en  f^id^tentodlber.  @o  Diel  ift  flar:  bag,  »enn  man  biefe 
atö  3tt)e(I  ber  9latur  annimmt,  man  jenen  @anb  aud^,  aber  nur  atö  rela« 

35  tioen  Qxo^d  einräumen  muffe,  »oju  »ieberum  ber  alte  ÜKeereöftranb  unb 
beffen  Surüdtjiel^en  ba«  SKittel  mar;  benn  in  ber  Steige  ber  einanber  fub- 
orbinirten  ©lieber  einer  ßti'^ctoerbinbung  mug  ein  iebeS  SRittelglieb  ald 


368    Stx\m  ber  Urtl^eildlraft.  2.  2:^IL  Stx\m  ber  teleologifc^en  Urt^dliSeraft. 

ßmed  (obgleid^  eben  nt(^t  als  SnbstoedF)  betrad^tet  toerben,  iDogu  feine 
näc^fte  Urfad^e  baS  SRittel  ift.  (Sben  jo,  (Denn  einmal  aiinbüie]^,  6(iafe, 
$ferbe  u.  f.  to.  in  ber  äSelt  fein  foUten,  fo  mugte  ®xa^  auf  (Srben,  aber  eS 
mußten  aut^  ©algtrduter  in  Sanbmfifien  toac^fen,  toenn  Aameele  gebeil^en 
foUten,  ober  aut^  biefe  unb  anbere  graSfreffenbe  3:i^ierarten  in  Wenge  5 
angutreffen  fein,  tt)enn  eS  SBbIfe,  2;iger  unb  Söoen  geben  foKte.  SRitl^in 
ifl  bie  objectioe  Sn)e(Iniägigfeit,  bie  ftd^  auf  Butrdglid^teit  grünbet,  nic^t 
eine  obiectioe  Smedmdfeiflfeit  ber  ©inge  an  ftd^  felbfi,  al«  ob  ber  ©anb 
für  ft(^  ald  Sßirfung  au8  feiner  Urfad^e,  beut  SReere,  nid^t  fonnte  begriffen 
werben,  ol^ne  bem  le^tern  einen  Sioed  unter julegen  unb  ol^ne  bie  äSirTung,  10 
nämlid^  ben  @anb,  a\i  j^unftoerf  gu  betrad^ten.  @ie  i^  eine  blog  rela« 
tiüe,  bem  S)inge  felbfi,  bem  fte  beigelegt  XDixb,  blog  guf&Ilige  Qmtd^ 
mägigleit;  unb  obgleid^  unter  ben  angeführten  Seifpielen  bie  ©radarten 
für  fid^  als  organifirte  ^robucte  ber  9latur,  mitl^in  als  lunftreid^  gu  beur* 
tl^eilen  jtnb,  fo  »erben  fte  bod^  in  Segiel^ung  auf  Spiere,  bie  ^(^  baoon  u 
näl^ren,  alS  bloge  rol^e  Materie  angefel^en. 

äSenn  aber  ooUenbS  ber  SJtenfd^  burc^  fSrrei^eit  feiner  Saufalitdt  bie 
Slaturbinge  feinen  oft  t^öric^ten  Slbfid^ten  (bie  bunten  Sogelfebern 
gum  ^ufetoerf  feiner  Sefleibung,  farbige  ßrben  ober  ^flangenfdfte  gur 
@(^minfe),  mand^mal  auc^  aus  t^ernünftiger  Slbfi(^t  baS  $ferb  gum  so 
Gleiten,  ben  @tier  unb  in  SRinorca  fogar  ben  6fel  unb  baS  Sd^oein  gum 
pflügen  gutrdglic^  finbet:  fo  (ann  man  ^ier  audb  nid^t  einmal  einen 
relatioen  ^aturgmed  (auf  biefen  ®ebrau(^)  annel^men.    3)enn  feine 
Vernunft  meig  ben  3)ingen  eine  Übereinflimmung  mit  feinen  miHfür« 
li(^en  @infdllen,  toogu  er  felbft  nid^t  einmal  t)on  ber  9latur  prdbeftinirt  n 
toatf  gu  geben.  9lur  toenn  man  annimmt,  SRenfc^en  ^aben  auf  ßrben 
leben  foSen,  fo  muffen  boc^  toenigftenS  bie  Mittel,  ol^ne  bie  fie  als  Spiere 
unb  felbft  atS  oemünftige  Siliere  (in  tt)ie  niebrigem  ®rabe  eS  aud^  fei) 
nid^t  befleißen  (onnten,  aud^  nid^t  fehlen;  alsbann  aber  tofirben  biejenigeu 
9laturbinge,  bie  gu  biefem  Säel^uf  unentbel^rlid^  finb,  aud^  als  SRaturgmede  » 
angefel^en  »erben  muffen. 

aRan  jtel^t  l^ierauS  Iei(^t  ein,  bag  bie  dunere  Smedmd^igTeit  (ßu« 
trdgli(^feit  eines  2)ingeS  für  onbere)  nur  unter  ber  Sebingung,  bafe  bie 
@irifteng  beSjenigen,  bem  eS  gundd^ß  ober  auf  entfernte  äSeife  gutrdglid^ 
ift,  für  ftd^  felbft  3»ed  ber  3lotur  fei,  für  einen  dufeem  3latura»ed  an«  ss 
gefe^en  »erben  tbnne.  S)a  jenes  aber  burc^  blo^e  Slaturbetrad^tung 
nimmermel^r  auSgumad^en  ift:  fo  folgt,  ba^  bie  relatioe  3tt>edmd^igleit, 


1.  Hbtl^etlung.    «noT^ti!  ber  teleoTogtfd^en  Itvtl^elldfraft  369 

ob  fte  flleid^  l^^potl^etifd^  auf  ülaturjioede  Slnjeige  giebt,  bennod^  gu  feinem 
abfoluten  teleoloßifd^^n  Urtl^elle  bered^tige. 

2)er  @d&nee  pd&ert  bic  Saaten  in  falten  Sdnbern  ttiber  ben  Stoft; 
er  erletii^tert  bie  ®emeln|(i&aft  ber  Wenid^en  (burd&  ©(^litten);  ber  Sapp« 

5  Idnber  finbet  bort  3;l)iere,  bie  biefe  ®emeinf(^aft  bewirfen  (JRenntl^iere), 
bie  an  einem  bfirren  SRoofe,  meld^eS  fte  jtd^  felbft  unter  bem  @(l^nee 
l^erüorfd^arren  mäffen,  ]^inrei(^enbe  ^al^rung  ftnben  unb  gleic^mol^I  jtdb 
leid&t  gd^men  unb  ber  greil^eit,  in  ber  fle  pd&  gar  tool^I  erl^alten  fbnnten, 
tolllig  berauben  lajfen.  2für  onbere  SSölfer  in  berfelben  @i«gone  ent^U 

10  hai  9Reer  reichen  SBorratl^  an  Silieren,  bie  auger  ber  Slal^rung  unb 
JCleibung,  bie  fie  liefern,  unb  bem  ^olge,  toelc^ed  i^nen  baS  3Reer  gu 
Sßol^nungen  gleid^fam  ]^inf(ögt,  il^nen  noc^  Srennmaterien  gur  6rm&r= 
munfl  il^rer  ^ütten  liefern.  $ier  ijl  nun  eine  betounbernStoürbige  Qn^ 
fammenfunft  oon  fo  oiel  Regierungen  ber  ülatur  auf  einen  Qwd;  unb 

15  biefer  ift  ber  ©rönldnber,  ber  Sa^)pe,  ber  ©amoiebe,  ber  Safute  u.  f.  ». 
8lber  man  jtel^tnid^t,  loarum  überhaupt  SRenfc^en  bort  leben  muffen, 
aifo  fagen:  bag  barum  S)ünfte  auS  ber  Suft  in  ber  f^orm  bes  @d^nee8 
herunterfallen,  bad  SReer  feine  Ströme  l^abe,  »elc^e  bad  in  mdrmern 
Sdnbern  gett)ad^fene  ^olg  bal^in  fc^memmen,  unb  groge  mit  Dl  angeffillte 

20  ©eetl^iere  ba  flnb,  meil  ber  Urfac^e,  bie  alle  bie  SRaturprobucte  l&erbei» 
fcftafft,  bie  Sbee  eine«  Sßortl^eil«  für  gemlffe  armfelige  ®efd^5pfe  gum 
®runbe  liege:  todre  ein  fel^r  getoagte«  unb  toinfürlic^eÄ  Urtl^eil.  S)enn 
»enn  aDe  biefe  9taturnfi^li(^feit  aud^  nid^t  ttdre,  fo  tt)firben  mir  nid^t« 
an  ber  Suldnglid^feit  ber  9tatururfa(^en  gu  biefer  Sefd^affenl^eit  Der» 

26  miffen;  öielmel^r  eine  folc^e  «nlage  aud^  nur  gu  »erlangen  unb  ber  5Ratur 
einen  fold^en  Qxotd  gugumutl^en  (ba  ol^neba«  nur  bie  gröfete  Unoertrdg« 
lid^feit  ber  3Renfd6en  unter  einanber  fte  bis  in  fo  unmirtpare  ®egenben 
l^at  üerfprengen  tonnen),  lofirbe  un«  felbft  ))ermeffen  unb  unüberlegt  gu 
fein  bünfen. 

30  §  64. 

SSon  bem  eigentpmlid^en  Sl^arafter  ber  S)inge  als 

SlaturgtDede. 

Um  eingufel^en,  bag  ein  2)ing  nur  als  Qmd  mbglid^  fei,  b.  1^.  bie 

@aufalitdt  feines  UrfprungS  nid^t  im  SRed^aniSm  ber  ^atur,  fonbern 

35  in  einer  Urfad^e,  beren  SSermögen  gu  mirfen  burd^  Segriffe  be{!immt  mirb, 


370    Äriti!  bet  Urt^elWIraft.  2.  %f)e\l  Äriti!  ber  telcologifdjen  Urtl^ciKfraft. 

fitd^en  gu  muffen,  bagu  mirb  erforbert:  bag  feine  f^orm  nic^t  nad^  bloßen 
9lQturgefe^en  möglid^  fei,  b.  i.  fold^en,  meldte  ))on  und  burd^  ben  SSerftanb 
anein,  auf  ©egenftanbe  ber  @inne  angemoubt,  erfannt  »erben  Knnen; 
fonbern  bafe  felbft  il^r  empirlf(iöc*  ©rfenntnife  i^rer  Urfad^^  unb  ®ir= 
fung  nadö  Segriffe  ber  SSernunft  öorauSfefee.  2)iefe  SufdUiglcit  feiner  5 
%üxm  bei  allen  em^)irif(^en  SRaturgefcfeen  in  SBejiel^ung  auf  bie  SBernunft, 
ba  bie  SSernunft,  mel<^e  an  einer  jeben  i^orm  eines  9{aturprobuctö  aud^ 
bie  ^ot^ttenbigfeit  berfelben  erfennen  mug,  uenn  fte  aud^  nur  bie  mit 
feiner  @rjeugung  oerfnüpften  S3ebingungen  einfel^en  mitl,  gleid^mol^I  an 
jener  gegebenen  gorm  blefe  SRotI(tt)enbigfeit  nicftt  annel^men  fann,  ift  felbft  jo 
ein  ©runb,  bie  Saufalit&t  beffelben  fo  anjune^men,  als  ob  fte  eben  bar« 
um  nur  burd^  SSernunft  möglid^  fei;  blefe  aber  ift  alsbann  baö  SSermögen, 
nad^  3tx)ed(en  gu  l^anbeln  (ein  äSille);  unb  baS  Dbiect,  meld^eS  nur  als 
aus  biefem  m5glidg  DorgefteUt  wirb,  U3firbe  nur  als  Qtotd  fär  möglid^ 
öorgeftellt  »erben.  15 

äSenn  jemanb  in  einem  il^m  unbewohnt  fd^einenben  Sanbe  eine 
geometrifc^e  Sigur,  allenfalls  ein  reguläres  ©ed^Sedf,  im  Sanbe  gegeid^net 
toal^rnä^me:  fo  mürbe  feine  3fieflej;ion,  inbem  pe  an  einem  Segriffc  ber* 
felben  arbeitet,  ber  @inl&eit  beS  ?rinci^)S  ber  (Srgeugung  beffelben,  menn 
gleich  bunfel,  oermittelft  ber  SSernunft  inne  »erben  unb  fo  biefer  gemäfe  20 
ben  @anb,  baS  benat^barte  9}^eer,  bie  SBinbe,  ober  aud^  Siliere  mit  i^ren 
^Jufetrltten,  bie  er  lennt,  ober  Jebe  anbere  öernunftlofc  Urfad&e  nid&t  als 
einen  ®runb  ber  3Röglid^feit  einer  fold^en  ©efialt  beurtl^eilen:  »eil  i^m 
bie  SwfÄßlflWtr  wit  einem  fold^en  S3egriffe,  ber  nur  in  ber  SSernunft 
m5glid^  ift,  gufammen  gu  treffen,  fo  unenblid^  grog  fd^einen  mürbe,  bag  ^5 
eS  eben  fo  gut  mare,  als  ob  eS  bagu  gar  fein  9laturgefe^  gebe,  ba^  folglich 
aud&  feine  Urfad&e  in  ber  blofe  med&anifd^  »irfenbcn  9latur,  fonbern  nur 
ber  33egriff  üon  einem  folt^en  Object  als  S3egriff,  ben  nur  SSernunft  geben 
unb  mit  bemfelben  ben  ©egenftanb  oergleid^en  Tann,  aud^  bie  (Saufalitdt 
gu  einer  fold^en  SBirfung  entl^alten,  folglid^  biefe  burd^auS  als  3»edt,  so 
aber  nid&t  3laturgmedf,  b.  i.  als  ^robuct  ber  Äunft,  angefel^en  »erben 
I5nne  (vestigium  hominis  video). 

Um  aber  et»aS,  baS  man  als  9laturprobuct  erlennt,  gleid^mo^l  bod^ 
aud^  als  Qmd,  mitl^in  als  %aturg»edt  gu  beurt^eilen:  bagu,  »ennnic^t 
et»a  l^ierin  gar  ein  S98iberfprud^  liegt,  »irb  fd^on  mel^r  erforbert.    3d^  m 
»firbe  oorldufig  fagen:  ein  S)ing  e;riftirt  als  9{aturg»ed,  »enneSDon 
fid^  felbft  (obgleid^  in  gwiefad^em  ©inne)  Urfad^e  unb  SBirfung  ift; 


1.  $lbt]^etlund.    91nalt)tt!  bev  teleologtfd^en  Itrt^eUiSfraft.  371 

• 
benn  l^ierin  liegt  eine  Saufalitdt,  bergleid^en  mit  beut  biegen  Segriffe 
einer  9latur,  o^ne  i^r  einen  Qxoti  unterjulegen,  niiit  üerbunben,  aber 
a\xi)  al^bann  itoax  ol^ne  äSiberfprucI^  gebadet,  aber  ni(!^t  begriffen  werben 
tann.  SBir  ttoüen  bie  Sefttmmung  biefer  Sbee  Don  einem  SRaturjtuedfc 

5  jttöörberft  burd^  ein  Scifpiel  erläutern,  el^e  »ir  jte  ööttig  auSeinanber 
fefeen. 

6in  Saum  geugt  erftlid^  einen  anbern  Saum  nad^  einem  belannten 
9laturgefe^e.  S)er  Saum  aber,  ben  er  erjeugt,  ifl  oon  berfelben  ©attung; 
unb  fo  erjeugt  er  fid^  felbfi  ber  ©attung  nadö,  in  ber  er  elnerfeits  als 

10  SBirlung,  anbrerfeit«  al«  Urfad^e,  Don  jtc^  felbft  unauf^örlid^  l^erüor* 
gebrad^t  unb  eben  fo  jtd&  felbft  oft  ]^ert)orbringenb,  jid6  al8  ®attung  be* 
ftänbig  erl^dlt. 

SmeitenS  ergeugt  ein  Saum  ftd^  aud^  felbft  als  Snbioibuum. 
S)iefe  Slrt  oon  SBirtung  nennen  mir  gmar  nur  baS  äSad^Stl^um;  aber 

15  biefeS  ift  in  fold^em  Sinne  gu  nel^men,  bag  eS  ))on  jeber  anbern  ®rögen« 
gunal^me  nad^  me<^anifd^en  ©efe^en  gängUd^  unterf<^ieben  unb  einer 
Seugung,  »iettol^l  unter  einem  anbern  5Ramen,  gleich  gu  achten  i[t.  S)ie 
SRaterie,  bie  er  ju  ftd&  l^ingufe^t,  »erarbeitet  biefe«  ®e»d(^8  üorl^er  gu 
fpecififd^^eigentpmlid^er  £lualit&t,  loeld^e  ber  9laturmed^aniSm  auger  il^m 

20  nii^t  liefern  fann,  unb  bilbet  ftd&  felbft  weiter  auS  »ermtttelft  eines 
Stoffes,  ber  feiner  SRifd^ung  nad^  fein  eignes  ^robuct  ifl.  S)enn  ob  er  gmar, 
tt)aS  bie  Seftanbt^eile  betrifft,  bie  er  öon  ber  Diatur  aufeer  il^m  erl^filt, 
nur  als  @buct  angefe^en  merben  mug:  fo  ift  bo(^  in  ber  @d^eibung  unb 
neuen  ßufammenfe^ung  biefeS  rollen  Stoffs  eine  fold^e  Originalität  beS 

2b  Sc^eibungS«  unb  SilbungSoermögenS  biefer  Slrt  ^aturmefen  angutreffen, 
bag  alle  Sinn^  baoon  unenblid^  meit  entfernt  bleibt,  loenn  fie  eS  Derfud^t, 
aus  ben  (Slementen,  bie  fte  burd^  3^i^fiti^t^cf ung  berfelben  erl^ält,  ober  aud^ 
bem  Stoff,  ben  bie  9latur  gur  9tabrung  berfelben  liefert,  J[ene  $robucte 
beS  ®emäd^Srei(!^S  toieber  l^ergufteKen. 

so  drittens  ergeugt  ein  S^eil  biefeS  ©efd^opfS  aud^  ftd6  fclbfl  fo:  bag 
bie  @r^altung  beS  einen  oon  ber  Srl^altung  ber  anbern  toed^felSneife 
abl^ängt.  S)aS  Sluge  an  einem  Saumblatt,  bem  ßmeige  eines  anbern  ein* 
geimpft,  bringt  an  einem  frembartigen  Stocfe  ein  ©eioäd^S  oon  feiner 
eignen  Slrt  l^eroor  unb  eben  fo  baS. Pfropfreis  auf  einem  anbern  Stamme. 

3ö  S)a]^er  Tann  man  aud^  an  bemfelben  Saume  {eben  3Q>^tfl  ober  Slatt  als 
blog  auf  btefem  gepfropft  ober  oculirt,  mitl^in  als  einen  für.  ftd^  felbft  be« 
fte^enben  Saum,  ber  {td^  nur  an  einen  anbern  anl^ängt  unb  parafitifd^ 

24* 


372    Äriti!  bct  Urtl^eiKTraft.  2.  $^cit.  Äriti!  bet  teleoloöifdjen  UttieiWfroft. 

nälirt,  anfcl&cn.  Suflt«d6  fnb  btc  »lättcr  jtoar  ^robuctc  be«  SaumS, 
erl^oUen  aber  biefen  bo(^  au(^  fi^fl^nfeitig;  benn  ble  mieberl^olte  @n^ 
bidtterung  mürbe  tl^n  tobten,  unb  fein  Sßaci^Stl^um  l^&ngt  t>on  i^rer 
äBirTung  auf  ben  Stamm  ab.  2)er  @elbfil^ülfe  ber  Statur  in  biefen  ®e« 
fc^opfen  bei  il^rer  SSerle^ung,  to)o  ber  äRangel  eined  2:l^eild,  ber  gur  @r«  s 
Haltung  ber  benad^barten  gehörte,  ))on  ben  übrigen  ergdngt  uirb;  ber 
ÜRiggeburten  ober  Wiggeftalten  im  äßad^dtl^um,  ba  gemiffe  Sil^eile  negen 
oorfommenber  SKängel  ober  ^inberniffe  ftc^  auf  ganj  neue  8lrt  formen, 
um  bad,  tt)ad  ba  ift,  gu  erl^alten  unb  ein  anomalifd^eS  ©efd^ö^f  ]^ert)or« 
anbringen :  ttiU  id^  l^ier  nur  im  SJorbeigel^en  ermdl^nen,  ungead^tet  fie  lo 
unter  bie  tounberfamfien  Sigenfd^aften  organiftrter  ®ef(l^5pfe  gel^5ren. 

§65. 
35inge  alö  9laturg»edte  finb  organlfirte  SBefen. 

9lad^  bem  im  t)origen  §  angefül^rten  Sl^arafter  mug  ein  S)ing,  meld^eS 
ald  Staturprobuct  bod^  gugleid^  nur  ald  9laturgmed(  m5glid^  erfannt  merben  n 
foU,  ftd^  gu  ftd^  felbft  mec^felfeitig  aU  Urfad^e  unb  äBirlung  oerl^alten, 
toeld^eiS  ein  etmaS  uneigentlic^er  unb  unbeftimmter  9(u8brudt  ift,  ber  einer 
Ableitung  t)on  einem  beftimmten  Segriffe  bebarf. 

S)ie  Saufaloerbinbung,  fofern  fte  blog  burd^  im  SSerftanb  gebac^t 
wirb,  ift  eine  Sßerfnfipfung,  bie  eine  Sieil^e  (oon  Urfad^en  unb  SBirhingen)  «> 
auSmad^t,  neld^e  immer  abmdrtS  gel^t;  unb  bie  S)inge  felbft,  meldte  aU 
SBirfungen  anbere  ald  Urfad^e  oorau^fe^en,  T5nnen  t)on  biefen  nid^t  gegen* 
fcitig  gngleid^  Urfad^e  fein.  S)iefe  Saufaloerbinbung  nennt  man  bie  ber 
tttrfenben  Urfad^en  (nexus  effectivus).  S)agegen  aber  Tann  bod^  aud^ 
eine  ßaufaberbinbung  nad&  einem  Sernunftbegriffe  (oon  Qwdtn)  gcbac^t  »s 
»erben,  »eld^e,  toenn  man  jte  al«  SReil^e  betrad^tete,'  fomol^l  abtodrtö  aU 
auftodrtiS  Slbl^dngtglett  bei  fid^  fül^ren  toürbe,  in  ber  baS  S)ing,  oeld^ed 
einmal  als  äSirlung  begeid^net  ift,  bennod^  aufttdrtS  ben  Flamen  einer 
Urfad^e  beöienigen  35inge8  Dcrbient,  tooDon  e8  bie  fflirlung  ift.  Sm 
^raftifd^en  (ndmlid^  ber  itunft)  flnbet  man  leidet  bergleid^en  SSerfnüpfung,  » 
»ie  g.  33.  ba«  ^au8  gmar  bie  Urfad^e  ber  ®elber  ift,  bie  für  SJlietl^e  etn« 
genommen  merben,  aber  bod^  aud^  umgetel^rt  bie  SSorfteDung  t)on  biefem 
m5glid^en  @intommen  bie  Urfad^e  ber  @rbauung  be«  ^aufeS  mar.  @ine 
folt^e  Saufaberfnüpfung  mirb  bie  ber  Snburfad^en  (nexus  finalis)  ge« 
nannt.  SRan  fönnte  bie  erftere  Oielleid^t  fd^idlid^er  bie  SSertnüpfung  ber  S5 


1.  ^tl^ilung.    ^(nal^til  b^  teIeologif($en  Urt^eil^froft.  378 

realen,  bie  gtoeite  ber  ibealcn  Urfad^en  nennen,  toeil  bei  btefer  Senennung 
gugleid^  begriffen  toirb,  bog  eiS  niti^t  mel^r  atö  biefe  gmet  Wirten  ber 
6aufalU&t  geben  lönne. 

Su  einem  ©Inge  al3  5Raturg»ecIe  toirb  nun  erftlid^  erforbert,  bafe 

5  bie  Steile  (il^rem  S)afetn  unb  ber  t!orm  not^)  nur  bur(^  il^re  Segiel^ung 
auf  ba8  ®ange  mögU(%  jinb.  2)enn  baS  S)ing  felbft  ift  ein  3»e(f,  foIglid& 
unter  einem  ^Begriffe  ober  einer  3bee  befaßt,  bie  aQefS,  maS  in  il^m  ent» 
l^alten  fein  f oU,  a  priori  beftimmen  mufe.  ©ofern  aber  ein  S)ing  nur  auf 
biefe  »rt  aU  möglid^  gebucht  »irb,  ift  eö  blofe  ein  Äunftmerf,  b.  i.  baS 

10  gJrobuct  einer  öon  ber  SKaterie  (ben  Sl^eilen)  beffelben  unterfdöi^bcnen  Der* 
nünftigen  Urfacfte,  beren  Saufalitdt  (in  ^erbeifd&affung  unb  SSerbinbung 
ber  Steile)  bur(!^  il^re  3bee  t)on  einem  baburc^  moglid^en  ©angen  (mit^: 
^in  n{(^t  burd^  bie  3lat\xx  auger  il^m)  befttmmt  toirb. 

@oU  aber  ein  S)ing  als  SRatur^robuct  in  fic^  felbft  unb  feiner  innern 

15  SRöglid^Teit  bod^  eine  Segiebung  auf  Qmtdt  entl^alten,  b.  i.  nur  als  Slatur« 
gmed  unb  ol^ne  bie  ßaufalitdt  ber  35egriffe  Don  öernünftigen  SBefen  aufeer 
il^m  möglid^  fein:  fo  mirb  gmettenS  bagu  erforbert:  bag  bie  2:^eile  bef^ 
felben  ftd^  baburc^  gur  @in]^eit  eine«  ©angen  Derbinben,  bag  fie  Don  ein« 
anber  med&felfeitig  Urfad^e  unb  SBirfung  i^rer  gorm  ftnb.    3)enn  auf 

20  fold^e  SSeife  ift  eS  allein  mögli(^,  bag  umgelel^rt  (med^felfeitig)  bie  2»b.ee 
beS  ©angen  mieberum  bie  ^^orm  unb  SSerbinbung  aller  Sl^eile  befttmme: 
nid^t  ate  Urfad^e  —  benn  ba  toäre  eö  ein  itunft))robuct  — ,  fonbern  alö 
(grfenntnifegrunb  ber  f^ftematifc^en  ßin^eit  ber  gorm  unb  äSerbinbung 
aQeS  9}^annigfaltigen,  xoai  in  ber  gegebenen  SRaterie  entl^atten  ift,  ffir 

36  ben,  ber  t&  beurtl^eilt. 

Su  einem  Äör))er  alfo,  ber  an  jic^  unb  feiner  innern  SKogUtbfeit  nadö 
alö  SRaturgtoed  beurtl^eilt  »erben  foU,  loirb  erforbert,  bafe  bie  Steile 
beffelben  einanber  tnSgefammt  ilirer  f^orm  foioobt  als  SSerbtnbuug  nad^ 
toedfifelfeitig  unb  fo  ein  ®angeö  au8  eigener  Gaufalität  l^eröorbringen, 

80  beffen  Segriff  toieberum  umgefebrt  (in  einem  SBefen,  meiere«  bie  einem 
fold^en  $robuct  angemeffene  Gaufalitdt  nad&  Segriffen  befdfee)  Urfad^e  oon 
bemfelben  nac^  einem  ^rinci^)  fein,  foIglid&  bie  SJerfniipfung  ber  mir» 
fenben  Urfad^en  gugleid^  als  SSirfung  burdb  @nburfad^eu  be« 
urtl^eilt  merben  tonnte. 

85  Sn  einem  foldben  ^robucte  ber  9latur  wirb  ein  jeber  SEl^eil  fo,  wie 
er  nur  burd^  ade  äbrige  ba  ift,  aud^  als  um  ber  anbern  unb  beS 
©angen  millen  e;i:iftirenb,  b.  i.  als  Sßerfgeug  (Organ)  gebadet:  »eld^eS 


374    leritil  ber  Urt^elliSrraft  2.S£]^I.  Jlrttil  her  teleolodifd^en  Urt^etldfraft 

aber  nic^t  genug  ifi  (benn  er  {5nnte  aud^  SSerlgeug  ber  Aunjl  fein  unb 
fo  nur  aU  ßmed  überl^aupt  möglich  t^orgefteKt  merben);  fonbem  atö  ein 
bie  onbern  Steile  (folgU<^  feber  ben  anbern  med^felfeittg)  l^erDorbrin^^ 
genbed  Drgan,  bergletd^en  (ein  SBerfjeug  ber  j^unft,  fonbern  nur  ber 
aQen  @toff  gu  Sßertjeugen  (felbft  benen  ber  j^unft)  liefernben  9latur  fein  & 
(ann:  unb  nur  bann  unb  barum  toirb  ein  foId^eS  $robuct,  als  organi^ 
firte«  unb  fic^  felbft  organifirenbe«  SBefen,  ein  SRatur jtoed  ge^ 
nannt  toerben  fönnen. 

Sn  einer  Ul^r  ijt  ein  Sl^eil  ba«  SBerfjeug  ber  SBemegung  ber  anbern, 
aber  nic^t  ein  Stab  bie  tt)ir(enbe  Urfad^e  ber  ^er))orbringung  bed  anbern;  lo 
ein  2;]^eil  ift  jmar  um  iti  anbern  miHeni  aber  nid^t  bur(^  benfelben  ba. 
S)a]^er  ift  aud^  bie  l^erüorbringenbe  Urfad^e  berfelben  unb  il^rer  f^orm 
nicftt  in  ber  3latur  (btefer  SRaterie),  fonbern  aufeer  il^r  in  einem  SBefen, 
U3el(^ed  na(^  3been  eines  bur(^  feine  Saufalitdt  moglit^en  ©angen  mirfen 
(ann,  enthalten.  S)al)tx  bringt  aud^  nid^t  ein  Stab  in  ber  Ul^r  bai  anbere,  » 
no4  U3eniger  eine  Ul^r  anbere  Ul^ren  l^en^or,  fo  ba|  fte  anbere  SRaterie 
bagu  benu^te  (fte  organifirte);  bal^er  erfe^t  fte  aud^  nit^t  oon  felbft  bie 
i^r  entmanbten  Steile,  ober  »ergütet  il^ren  SKangel  in  ber  erften  SBilbung 
burd^  ben  ä3eitritt  ber  fibrigen,  ober  beffert  ftc^  etma  felbft  au8,  b)enn  fte 
in  Unorbnung  geratl^en  ift:  meld^eö  aUed  mir  bagegen  t)on  ber  organiftrten  20 
SRatur  ermarten  (önnen.  —  ©in  organiftrteS  SBefen  ift  alfo  ni(^t  blofe 
9Raf(^ine:  benn  bie  l^at  lebiglid^  betoegenbe  jfraft;  fonbern  eS  beft^t 
in  ftd^  btlbenbe  j^raft  unb  jmar  eine  fold^e,  bie  ed  ben  SRaterien  miU 
t^eilt,  »elcfte  fte  nid&t  l^aben  (fte  organijirt):  alfo  eine  ftd^  fortpflanjenbc 
bilbenbe  Araft,  U)eld^e  burd^   bad   SemegungdDermögen  aüein  (ben  25 
SRed^aniSm)  nid^t  erHdrt  toerben  (ann. 

9Ran  fagt  Don  ber  Siatur  unb  tl^rem  Vermögen  in  organiftrten 
^robucten  bei  U3eitem  3U  »enig,  uenn  man  biefeS  ein  Sinalogon  ber 
Äunft  nennt;  benn  ba  ben(t  man  ftd^  ben  Äünftler  (ein  üernunftigeö 
SBefen)  aufeer  il^r.  Sie  organiftrt  fic^  öielmel^r  felbft  unb  in  ieber  ©pecieS  » 
i^rer  organiftrten  $robucte,  gmar  nad^  einerlei  @^em))lar  im  ©anjen, 
aber  bod^  au(^  mit  fd^idtlid^en  Slbkoeid^ungen,  bie  bie  @elbfterl|altung  nad^ 
bin  Umftänben  erforbert.  9lal|er  tritt  man  Dielleid^t  btefer  unerforfd^lid^en 
(Sigenfd^aft,  menn  man  fte  ein  Slnalogon  bt&  Sebend  nennt:  aber  ba 
mu&  man  entoeber  bie  SRaterie  als  bloge  3Raterie  mit  einer  (Sigenfd^aft  zb 
(WojoiSm)  begaben,  bie  i^rem  SBefen  »iberftreitet;  ober  il^r  ein  fremb« 
artiges  mit  i^r  in  ©emeinfc^aft  fte^enbeS  ^rincip  (eine  Seele)  bei« 


1.  «Ibt^eilung.    Slnali)»!  ber  teleologtfd^en  Urtl^eildfroft.  375 

flcjcllen:  tooju  man  aber,  »cnn  ein  fold^c«  ^robuct  ein  3laturprobuct  fein 
foH,  organiprte  5I»atcrie  als  SBerfjeuß  jener  ©ecle  cntwcber  f(^on  üor« 
auiSfe^t  unb  jene  alfo  nid^t  im  minbeften  begreiflid^er  mad^t,  ober  bie 
@eele  jur  Mnftlerin  biefed  SaumerlS  ma<!^en  unb  {o  ba^  ^robuct  ber 
5  SRatur  (ber  förperlit^en)  entjiel^en  mug.  ®enau  }u  reben,  ^at  olfo  bie 
Drganifation  ber  9latur  nld^t«  analoflifd&cö  mit  irgenb  einer  gaufalitdt, 
bie  mir  fcnnen  *).  ©d^ön^eit  ber  SRatur,  meil  ftc  ben  ©eßcnftdnben  nur  in 
Sejie^ung  auf  bie  9iefIe;rion  über  bie  dugere  ünfd^auung  berfelben, 
mitidin  nur  ber  f^orm  ber  Dberfldc^e  megen  beigelegt  mirb,  lann  mit 

10  äfled^t  ein  Slnalogon  ber  j^unft  genannt  merben.  Slber  innere  !Ratur« 
Dolltommenl^eit,  mie  fte  biejenigen  S)inge  beft^en,  meldte  nur  als 
SRaturjmede  m5glidö  fmb  unb  barum  organijtrtc  SBefen  Reiften,  Ift  nad^ 
tcincr  Analogie  irgcnb  eines  un«  befannten  ^jl^^fifd^cn,  b.  i.  SHaturüer* 
mögen«,  [a,  ba  mir  felbft  jur  5Ratur  im  meiteften  Sßcrftanbc  gel^ören,  fclbft 

15  nid^t  einmal  burc^  eine  genau  angemeffene  Slnalogie  mit  menf(^li(^er 
^unft  benibar  unb  erflärlid^. 

S)er  aSegriff  eine«  2)inge8,  al«  an  pd^  9laturjmedf«,  ift  alfo  fein 
conftitutiocr  Segriff  be«  SSerjtanbc«  ober  ber  SSernunft,  fann  aber  bod^ 
ein  regulativer  Segriff  für  bie  refiectlrenbe  Urtljeilöfraft  fein,  nad^  einer 

30  entfernten  SInalogie  mit  unferer  ßaufalitdt  nad^  B^^^den  überl^au^t  bie 
5Ra(^forfdöung  über  Oegenjtdnbe  biefer  8lrt  au  leiten  unb  über  t^ren 
oberften  ®runb  nad^jubenlen;  ba«  le^tere  gmar  nid^t  gum  Sel^uf  ber 
Äenntnift  ber  SRatur,  ober  iencä  Urgrunbe«  berfelbcn,  fonbern  oielmel^r 
eben  beffelben  ^raftifd^en  Semunftoermogen«  in  un«,  mit  meld^em  mir 

25  bie  Urfad^e  jener  3n)e(fmdgigleit  in  Analogie  betrad^teten. 

Drganiprte  SB8efcn  pnb  alfo  bie  einjlgcn  in  ber  5Ratur,  mel(^e,  mcnn 
man  pe  aud^  für  pd)  unb  o^nc  ein  aSerljdUnift  auf  anbcre  S)inge  bc» 
trad^tet,  bod^  nur  al«  Qmtdt  berfelben  möglid^  gebadet  merben  mü^en,  unb 


•)  aWon  fontt  uitiflefel^rt  einer  öc»iffcn  Serbtnbung,  bie  aber  aud^  meljr  fn  ber 
so  Sbee  aU  in  ber  ^irfli^feit  angetroffen  mirb,  bur(^  eine  Analogie  mit  ben  genannten 
unmittelbaren  iRaturamerfen  8i(^t  geben,  ©o  IJat  man  fic^  bei  einer  neuerll^  unter» 
nommenen  gän^lti^en  Umbtibung  eined  grogen  Qolfd  gu  einem  ©taat  bed  SBort(8 
Drganifation  l^Äufig  für  ßinri^tung  ber  5Wagiftraturen  ujro.  unb  felbft  beö 
ganzen  ©taatdförperiS  fel^r  fc^icflii^  bebtent.  ®enn  iebeiS  ®Iieb  foU  freiließ  in  einem 
35  folc^en  ®anaen  ni(^t  blog  ^^ittel,  fonbern  ^n^Uiä^  auc^  S^td  unb,  inbem  ed  au 
ber  «DJöglic^feit  be«  ©anaen  mitrolrft,  burc^  bie  Sbee  beö  ®anaen  »ieberum  feiner 
Stelle  unb  Function  nac^  bertimmt  fein. 


376    Sttim  bcr  Urtl^elMfroft.  2.  ST^ell.  Sttim  hn  telfoloflif«en  UrtlJelKfraft. 

blc  olfo  juctft  bcm  »cgrijfe  eine«  StocdS,  bcr  xtW  ein  praftifd&cr, 
fonbcrn  S»e(l  bcr  SRatur  ift,  objcctiüc  3icalit&t  unb  baburd^  für  bic 
SdatunDiffcnfd^aft  bcn  Orunb  ju  einer  Selcoloflie,  b.  i.  einer  Scurt^eilunß«* 
ort  i^rer  Dbjectc  nad^  einem  befonbcrn  ^rincip,  Derfd^ajfen,  bergleic^en 
man  in  jte  einjufü|rcn  (meil  man  bie  SKoglid^feit  einer  fold&en  SSrt  5 
Sanjalität  gar  nid^t  a  priori  einfe^en  fann)  fonft  f(^led^terbinflÄ  nic^t  be* 
rec^tigt  fein  mürbe. 

§66. 

SJom  ^rinci^)  ber  äBeurtl^eilung  ber  innern  ßtoedfmdfeigteit 

in  orflanifirten  SBefen.  10 

S)iefed  ^rincip,  3ugleid^  bie  S)efinition  berfelben,  l^eigt:  6in 
organifirteiS  $robuct  ber  SRatnr  ift  baiS,  in  meld^em  alled 
3me(f  unb  »ed^felfeitifl  aud^  aWittel  ift.  3li(^tö  in  il&m  ift  umfonft, 
gmedloiS,  ober  einem  blinben  9laturme<^aniiSm  gujufd^reiben. 

S)iefeiS  $rincip  ift  jmar  feiner  93eranlaffung  nad^  Don  Srfa^rung  15 
abzuleiten,  n&mli(^  berjenigen,  meldte  met^obifd^  angeftellt  n)irb  unb  Se« 
obad^tung  l^eigt;  ber  SlDgemeinl^eit  unb  9totl^menbigfeit  megen  aber,  bie 
eiS  t)on  einer  folgen  Stoecfmdgigleit  augfagt,  fann  eiS  nid^t  blo^  auf  6r« 
fal^rungiSgrünben  berul^en,  fonbern  mug  irgenb  ein  ^rincip  a  priori,  menn 
ti  gleich  blog  regulativ  mare,  unb  jene  Qvotdt  allein  in  ber  S^ee  beS  Se«*  20 
urtl^eilenben  unb  nirgenb  in  einer  tDirfenben  ttrfad^e  lagen,  jum  ®runbe 
^aben.  9ßan  fann  bal^er  obgenannteiS  ^rincip  eine  3Ra;cime  ber  93e^ 
urtl^eilung  ber  innern  StoedCmdgigleit  organijtrter  Sßefen  nennen. 

3)a6  bie  ßwglieberer  ber  ©etodd^fe  unb  a;]^iere,  um  il^re  ©tructur 
gu  erfor{(!^en  unb  bie  ®runbe  einfel^en  gu  lönnen,  marum  unb  gu  meld^em  25 
@nbe  fold^e  Sl^eile,  marum  eine  fold^e  Sage  unb  SSerbinbung  ber  2;i^eile 
unb  gerabe  biefe  innere  gorm  il^nen  gegeben  toorben,  Jene  5IRapme:  bafe 
nid^tiS  in  einem  fold^en  ®efd^5pf  um  fonft  fei,  als  unumgdnglit^  not^^ 
menbig  annehmen  unb  {ie  eben  fo,  als  ben  ©runbfa^  ber  allgemeinen 
SHaturlel^re:  bag  nid^ts  Don  ungefähr  gefc^el^e,  geltenb  mad^en,  ift  so 
befannt.    ^n  ber  S:]^at  fönnen  fte  ftc^  aud^  oon  biefem  teleologifd^en 
©runbfa^e  eben  fo  menig  loSfagen,  als  Don  bem  allgemeinen  pl^^ftfc^en, 
meil,  fo  loie  bei  S^erlaffung  beS  le^teren  gar  leine  @rfal^rung  überl^aupt, 
fo  bei  ber  beS  erfteren  ©runbfafeeS  fein  Seitfaben  für  bie  Seobad^tung 
einer  »rt  oon  3laturbingen,  bie  wir  einmal  teleologifd^  unter  bem  »e»  w 
griffe  ber  Sflaturgioecfe  gebac^t  l^aben,  übrig  bleiben  mürbe. 


1.  «bt^eilung.    «nal^til  her  ieleologtfd^en  Urtl^eUiSfraft.  377 

3)enn  bicfcr  Sefliiff  fül^rt  bic  SBcrnunft  in  eine  gang  anbete  Drbnunfl 
ber  S>inge,  al8  bie  eineiS  Mögen  TltöianiimS  ber  9latur,  ber  uns  ^ier  ni(^t 
me^r  genuß  tl^un  »ill.  (gine  Sbee  foD  ber  SKöglic^feit  be«  5Raturt)robuct8 
gum  ®runbc  liegen,  SBeil  biefe  aber  eine  abfolute  ginl^eit  ber  SJor* 

5  ^eUung  i[t,  ftatt  bag  bie  SRaterie  eine  Siell^eit  ber  S)inge  ift,  bie  für  fi(^ 
leine  beftimmte  (Sinl^eit  ber  3ufammen{e^ung  on  bie  $anb  geben  tann: 
fo  mufe,  »enn  jene  ©inl^eit  ber  Sbee  fogar  al8  SeftimmungSgrunb  a  priori 
eine«  Sttaturgefefeeö  ber  (Saufalitdt  einer  fold^en  gorm  be«  S»f<iwmen* 
gejefeten  bienen  foH,  ber  Qmtd  ber  3latur  auf  aUea,  »a«  in  i^rem  $ro* 

10  bucte  liegt,  erftredt  »erben.  3)enn  toenn  »ir  einmal  berglei(^en  SBirfung 
im  ®  an  gen  auf  einen  ftberftnnlid^en  ääeßimmungSgrunb  über  ben 
blinben  ÜRed^aniem  ber  9tatur  l^inauS  begiel^en,  mflffen  loir  jte  aud^  gang 
nad^  biefem  ^rincip  beurtl^eilen;  unb  e«  ip  fein  ®runb  ba,  bie  gorm 
eine«  fold^en  JDinge«  nod^  gum  SEI^eil  üom  legieren  al8  abhängig  angu« 

15  nehmen,  ba  atöbann  bei  ber  93ermif(^ung  ungleid^artiger  $rinctpien  gar 
feine  ftd^ere  SRcgel  ber  ffleurtl^eilung  übrig  bleiben  »ürbe. 

e«  mag  immer  fein,  bafe  g.  33.  in  einem  tl^ierifd&en  Äörper  mand^e 
%^t\U  als  @oncretionen  nac^  blog  med^anifc^en  ®efe^en  begriffen  »erben 
fonnten  (als  ^dute,  ^od^en,  4)aare).  S)od^  mufe  bie  Urfad^e,  meld&e  bie 

20  bagu  fd^idflid^c  aRaterie  ^erbeifd^afft,  bieje  fo  mobificirt,  formt  unb  an 
il^ren  gehörigen  Stellen  abfegt,  immer  teleologifc^  beurt^eilt  merben,  fo 
bag  alle«  in  i^m  al«  organiftrt  betrad^tet  merben  mug,  unb  alle«  aud^  in 
gemiffer  Segie^ung  auf  ba«  S)ing  felbft  mieberum  Drgan  ift. 

§67. 

25     58om  ^rincip  ber  teleologifd^en  Seurt^eilung  ber  SRatur 
überhaupt  al«  @qftem  ber  3tt)edEe. 

Sßir  ^aben  oben  oon  ber  äußeren  3^^<iin&gigfeit  ber  9laturbinge 
gefagt:  bag  fte  feine  ^inreid^enbe  Sered^tigung  gebe,  jte  gugleic^  al« 
Qwtdt  ber  9latur  gu  @rtldrung«grünben  i^re«  S)afein«  unb  bie  gufdllig^ 

30  gioedtmdfeigen  SBirfungen  berfelben  in  ber  Sbee  gu  ©rünben  i^re«  2)a= 
fein«  nac^  bem  $rinct:p  ber  (Snburfad^en  gu  braud^en.  @o  fann  man  bie 
glüff e,  »eil  fte  bie  ©emeinfcftaft  im  Snnern  ber  Sdnber  unter  aS5lfern 
beförbern,  bie  ®  ebirge,  »eil  fte  gu  biefen  bie  Duellen  unb  gur  Srl^altung 
berfelben  ben  ©c^neeoorrat^  für  regenlofe  ß^lt^n  enthalten,  imgleic^en 

35  ben  abrang  ber  Sdnber,  ber  biefe  ®e»dffer  abfül^rt  unb  ba«  2anb 


378    ^itif  ber  Urtl^eil^fraft.   2.  ST^eil.   jhritif  ber  teleologtfi^en  Urtl^etliSfraft. 

trcden  toerben  lägt,  barum  ni<^t  fofort  für  Statur juecfe  l^oUen:  toeit,  ob« 
jwar  blc{c  ®c[talt  ber  Dbcrfldc^c  ber  (ärbe  gur  (äntfle^unfl  unb  ©rl&altung 
beiS  ©eto&d^d«  unb  3:^ierrei(!^i$  fel^r  notl^ig  koar,  fte  bod^  nid^tö  an  jld^  ^at, 
gu  beffen  3R5glid)feit  man  {td^  genotl^igt  ffi^e  eine  6aufalit&t  na(^  3n)eÄen 
anjune^men.  (Sben  baS  gilt  Don  ©emdd^fen,  bie  ber  äßenfd^  gu  feiner  5 
9lotl^burft  ober  @rg5^Ii(!^Ieit  nu^t:  Don  2:(|ieren,  bem  jtameele,  bemäitnbe, 
beul  ipferbe,  ^unbe  u.  f. ».,  bie  er  ti)t\U  gu  feiner  5fta^rung,  tl)eltö  feinem 
S)ienfie  fo  oielfdltig  gebraud^en  unb  grogentl^eitö  gar  ni(!^t  entbel^ren 
fann.  SSon  3)ingen,  bereu  feine«  für  jtdt)  afö  Qmtd  angufe^en  mon  Urfa^e 
l^at,  lann  ba«  dugere  SSer^dltni^  nur  ]^9t)otl^etif(^  für  gioedtmdgig  be«  10 
urt^eilt  »erben. 

(Sin  2)ing  feiner  iunern  fjorm  Ijalber  al8  SRaturgtoedt  beurtl^eilen,  ift 
gang  etioa«  anbered,  aliS  bie  @rifteng  biefe«  S)inged  für  Smtd  ber  Statur 
galten.  3«  ^^^  le^tern  Scljouptung  bebürfen  wir  nid^t  blofe  ben  Segriff 
oon  einem  möglid^en  ^md,  f onberu  bie  @rlenntuig  beS  (SnbgmedEe  (scopus)  u 
ber  SRatur,  meldte«  eine  Segiel^ung  berfelben  auf  etwas  Überftnnlid^e«  be= 
barf,  bie  aDe  unfere  teleologifd^e  Staturerfenntnig  meit  überfteigt;  benn  ber 
Smed  ber  ejrifteng  ber  SRatur  felbft  mufe  über  bie  SRatur  ^inau«  gefud^t 
»erben.  3)ie  innere  gönn  eines  blofeen  ©raSl^almS  fann  feinen  blofe 
nac^  ber  3fiegel  ber  ßttJedfe  möglid^en  Urfprung  für  unfer  menfd^Ud&e«  20 
Seurt^eUungS0erm5gen  ^inreid^enb  beweifen.  ©el^t  man  aber  baoon  ab 
unb  fte^t  nur  auf  ben  ®ebraud^,  ben  anbere  9laturtt)efen  buDon  ma^en, 
oerldgt  alfo  bie  SSetrad^tung  ber  innern  Drganifation  unb  ftel|t  nur  auf 
dugere  gmedFmdgige  Regierungen,  mie  baS  ®raS  bem  SSiel^,  mie  biefeS 
bem  SRenfd^en  als  ^Kittel  gu  feiner  @;rifteng  nöt^ig  fei;  unb  mau  itel^t  20 
nic^t,  warum  es  benn  nöt^ig  fei,  ba^  SRenfc^en  e;riftiren  (wetc^eS,  wenn 
man  etwa  bie  SReufjoBdnber  ober  Seuerldnber  in  ©ebanfen  l^at,  fo  leidet 
uic^t  gu  beantworten  fein  möchte):  fo  gelangt  man  gu  feinem  fategorifd^en 
BwedFe,  fonbern  aUe  biefe  gwedCmdgige  Segiel^ung  berul^t  auf  einer  immer 
weiter  l^inauSgufe^enben  Sebingung,  bie  atS  unbebingt  (baS  S>afein  eines  so 
S)ingeS  als  ßnbgwed)  gang  augerl^alb  ber  pl^^fildd^^teteologifd^en  SBelt« 
betrac^tung  liegt.  SdSbann  aber  ift  ein  foId^eS  S)ing  auc^  nic^t  SRatur^ 
gwedC;  benn  eS  ift  (ober  feine  gange  ©attung)  nic^t  als  9laturprobuct  an« 
gufe^en. 

68  ift  alfo  nur  bie  SRaterie,  fofern  fte  organiprt  ift,  welche  ben  Se-  35 
grijf  oon  il^r  als  einem  Slaturgwerfe  notl^wenbig  bei  fic^  fü^rt,  weil  biefc 
il^re  f^)ecififdöe  gorm  gugleid^  "ißrobuct  ber  3latur  ift.  aber  bicfer  33egriff 


1.  ^Ibtl^eilunfi.    ^nal^ttl  ber  teleologifd^en  Urtl^eildhoft.  379 

f&l^rt  nun  notl^menbig  auf  bte  3bee  ber  gefammten  9latur  atö  eines 
Softem«  nadö  ber  Siegel  ber  Qmdt,  toeld^er  Sbee  nun  aller  ÜWed^aniöm 
ber  Statur  nad^  ^rincipien  ber  SJernunft  (menigfteniS  um  baran  bte 
9laturerf(^cinun0  gu  üerfucften)  untergcorbnet  »erben  ntufe.  3)a3  ^rinclp 

5  ber  SSernunft  ift  il^r  als  nur  fubjectit),  b.  i.  als  9Ra;rtme,  guft&nbig:  SllleS 
in  ber  SSelt  ift  irgenb  mogu  gut;  nid)ts  ift  in  i^r  umfonft;  unb  man  ift 
burc^  baS  S9eifpiel,  baS  bie  Statur  an  il^ren  organifc^en  ^robucten  giebt, 
bered^tigt,  ia  berufen,  Don  il^r  unb  il^ren  ©efe^en  nid^ts,  als  »aS  im 
®anjen  jmedmd^ig  ift,  gu  erwarten. 

10  es  öerftel^t  jid&,  bafe  biefeS  nid^t  ein  5ßrincip  für  bie  beflimmenbe, 
fonbern  nur  für  bie  reflectirenbe  Urtl^ellsfraft  fei,  bafe  eS  regulatiü  unb 
ntc^t  conftitutiü  fei,  unb  »ir  baburdö  nur  einen  ßeitfaben  befommen,  bie 
9taturbinge  in  SBegiel^ung  auf  einen  SSeftimmungSgrunb,  ber  fc^on  ge^^ 
geben  ift,  nad^  einer  neuen  gefe^lid^en  Drbnung  gu  betrachten  unb  bie 

15  9laturfunbe  nac^  einem  anbern  ^rincip,  ndmlid^  bem  ber  @nburfad^en, 
bod^  unbcf(^abet  bem  beS  aWed^aniSmS  i^rer  ßaufalitdt  gu  ertoeitern. 
Übrigens  mirb  baburd^  feineSmegeS  ausgemacht,  ob  irgenb  etioaS,  baS  mir 
nad^  biefcm  sprincip  beurtl^cilen,  abfid^tlic^  ßmedf  ber  Statur  fei:  ob  bie 
®rdfer  für  baS  SRinb  ober  ©d^af  unb  ob  biefeS  unb  bie  übrigen  Statur« 

20  binge  für  ben  SKeufd^en  ba  ftnb.  (Ss  ift  gut,  felbft  bie  uns  unangenel^men 
unb  in  befonbern  S3egiel|ungen  gmedCmibrigen  2)inge  aud^  oon  biefer  Seite 
gu  betradt)ten.  @o  fönnte  man  g.  SB.  fagen:  baS  Ungegiefer,  koeld^eS  bie 
SJtenfd^en  in  il^ren  Kleibern,  paaren  ober  SBettftellen  ^lagt,  fei  nad^  einer 
»eifen  Staturanftalt  ein  antrieb  gur  Sieinlicftteit,  bie  für  p(^  fc^on  ein 

2b  mtd^tigeS  SJtittel  ber  (Srl^altung  ber  ©efunbl^eit  ift.  Dber  bie  SRoSquito« 
müden  unb  anbere  ftec^enbe  ^nfecten,  mel<!^e  bie  äSüjten  oon  Slmerifa 
ben  SBilben  fo  befd^merlid^  mad^en,  feien  fo  Diel  @tad^eln  ber  Sl^dtigfeit 
für  bicfe  ange^enbe  SRenf^en,  um  bie  SKordfte  abjuleiten  unb  bie  bid^ten 
ben  £uftgug  ablfaltenben  äBdlber  lic^t  gu  machen  unb  baburd^,  imgleid^cn 

30  burdb  ben  Slnbau  beS  SSobenS  i^ren  9(ufentl|alt  gugleid^  gefünber  gu 
machen.  @elbft  maS  bem  SRenfd^en  in  feiner  innern  Drganifation  miber« 
natürlich  gu  fein  fcfteint,  »enn  eS  auf  bicfe  SBeife  bel^anbelt  mirb,  giebt 
eine  unterj^altenbe,  bisioeilen  aud^  bele^renbe  SluSftc^t  in  eine  teleologifd^e 
Drbnung  ber  3)inge,  auf  bie  uns  of)ne  ein  fold^eS  ^xxndp  bie  blofe 

»5  pl^^ftfc^e  Setrad^tung  allein  nid^t  fül)ren  mürbe.  @o  mie  einige  ben 
SBanbmurm  bem  SRenfc^eu  ober  Siliere,  bem  er  beimol^nt,  gleid^fam  gum 
(Srfa^  eines  geloiffen  SRangelS  feiner  SebenSorganen  beigegeben  gu  fein 


380    Äritll  bct  Urt^itöfraft.  2,  Z^til  MÜt  ber  teleoloflif(^en  Urt^lWfraft. 

urtl^cUcn:  fo  »ürbc  id^  fragen,  ob  ni(^t  bie  Sräume  (ol^nc  blc  niemals 
ber  ©(^laf  ift,  ob  man  ftd^  filel(^  nur  feiten  berfelben  erinnert)  eine  jtoe* 
mdfelfle  anorbnunß  ber  3latur  fein  mößen,  inbem  ftc  näuiU(^  bei  bem 
abfpannen  aBer  I6rperll(^en  bewegenben  Ärdfte  baju  bienen,  Dcrmittelft 
ber  Stnbilbungdfraft  unb  ber  großen  ©efc^dftigteit  berfelben  (bie  in  & 
biefem  3«flönbe  me^rentl^elW  bi«  jum  Sljfecte  peigt)  bie  8eben«organen 
innigft  }u  bemegen;  fo  »ie  fte  auc^  bei  fiberfüQtem  ^agen,  wo  biefe  93e» 
megung  um  befto  notl^iger  ift,  im  ^lad^tfd^Iafe  gemeiniglich  mit  befto 
mel^r  Sebl^oftlgfeit  fpielt;  bafe  folglid^  o^nc  bieje  innerlich  bemegenbe 
j(raft  unb  ermflbenbe  Unruhe,  U)orüber  loir  bie  2;r&ume  antlagen  (bie  lo 
bo(^  in  ber  S^at  oielleid^t  Heilmittel  ftnb),  ber  ©d^laf  felbft  im  gefunben 
Suftanbe  »o^l  gar  ein  DöDigeiS  Srlofc^en  beS  SebenS  fein  »firbe. 

üud^  @(^ön^eit  ber  !flatur,  b.  i.  il^re  Sufammenftimmung  mit  bem 
freien  Spiele  unfercr  ßrfenntnifeoermögen  in  ber  Sluffaffung  unb  Seur« 
tl^eilung  il^rer  (Srfd^einung,  fann  auf  bie  Slrt  atö  objectioe  ßioecEmdglgteit  15 
ber  Statur  in  il^rem  ©anjen,  a\^  Softem,  »orin  ber  SRenft^  ein  ®Iieb 
ift,  betrad^tet  merben:  menn  einmal  bie  teleologifd^e  93eurt^eilung  ber< 
felben  burd^  bie  Slaturgtoede,  meldte  unS  bie  organiftrten  äBefen  an  bie 
4)anb  geben,  ju  ber  3bee  eine«  grofeen  Softem«  ber  Swede  ber  Sftatur 
unö  bered^tigt  ^at  SBir  lönnen  e«  ate  eine  ®unft*),  bie  bie  SRatur  für  20 
uniS  gehabt  ^at,  betrad^ten,  bag  fte  über  ba8  9lü^li(^e  no(^  €(^5nl^eit  unb 
SRelje  fo  relc^lld^  auStl^eltte,  unb  fte  beSl^alb  lieben,  fo  mie  il^rer  Uner^ 
meglic^Ieit  loegen  mit  üc^tung  betrachten  unb  unS  felbfl  in  biefer  93e« 
trad^tung  oerebelt  fül^Ien:  gerabe  als  ob  bie  Slatur  gang  eigentlich  in 
biefer  abftt^t  il^re  ^enlic^e  93ä^ne  aufgeft^lagen  unb  auSgefd^mücft  §abe.  ss 

SBir  »ollen  in  biefem  §  nid^ts  anberS  fagen,  als  ba^,  menn  mir  ein» 
mal  an  ber  5Ratur  einSSermögen  entbedt^aben,  ^robuctel^erüorjubringen, 
bie  nur  nad^  bem  Segriffe  ber  @nburfad^en  Don  unS  gebac^t  merben  I5nnen, 
mir  meiter  gelten  unb  aud^  bie,  meldte  (ober  il^r,  obgleich  gmedmdgigeS, 


*)  3n  bem  öfl^ettf(!^en  ^etle  »urbe  gefügt:  mir  fä^en  bte  \^önt  9latiir  30 
mit  @unft  an,  inbem  mir  an  il^rer  (form  ein  gana  freiem  (untnterefftrteS)  SBo^t' 
gefoUen  l^aben.  2)enn  in  biefem  bloßen  ©ef^mocfdurt^eUe  wirb  gor  nicj^t  barauf 
!Rfl^ic^t  genommen,  au  »eld^em  Qxotäz  biefe  SRaturfc^önl^eiten  e^iftiren:  ob  um 
und  eine  ^uft  au  erweden,  ober  o^ne  aUe  ©eaieljung  auf  un«  aU  SwedPe.  3n  einem 
teIeo(ogif(^en  Qrt^eile  ober  geben  mir  ouc^  auf  biefe  ^eatel^ung  9c^t;  unb  ba  Tonnen  3& 
mir  ed  ald  ®unft  ber  9latur  anfe^en,  bog  fie  und  burd^  StuffleUung  fo  oieler 
f(!^5nen  <S$eftaUen  aur  (SuUur  ^ot  befdrber(i(^  fein  motten.  y 


1.  «Bt^eilmtg.    «nol^ti!  ber  teleotoöifiä^cit  Urtl^eiWfraft.  381 

SSerl^älfnig)  es  eben  nid^t  not^menbig  mad^en,  fiber  ben  SRed^aniSm  ber 
blinb  mirlenben  ttrfad^en  l^inauS  ein  anber  ^rincip  ffir  i^re  SJIögltd^Ieit 
aufjufud^en,  bennod^  als  ju  einem  ©Aftern  ber  Qmtdt  gel^örig  beurt^eiten 
bürfen:  meil  unö  bie  erftere  3bee  fdfeon,  »a«  t^rcn  ®runb  betrifft,  über 
ft  bie  @innenmelt  l^inauSffil^rt;  ba  benn  bie  6tnl^eit  beS  überftnnlic^en 
^rincipS  nid^t  blog  für  gemiffe  @pedeS  ber  9latum)efen,  fonbern  für  ba8 
9laturgange  als  @))ftem  auf  biefelbe  Slrt  als  gültig  betrachtet  »erben  mu^. 

§68. 
SSon  bem  ^rincip  ber  5teIeoIogie  als  innerem  ^rinci)) 
10  ber  3laturtt)iffenf(!^aft. 

S)ie  $rtncipien  einer  äBiffenfd^aft  ftnb  berfelben  entioeber  innerlid^ 
unb  toerben  einlieimifd^  genannt  (principia  domestica);  ober  jte  finb  auf 
^^S^iff^r  ^^^  nur  auger  il^r  $la^  ^nben  lönnen,  gegrünbet  unb  ftnb  auS« 
todrtige  ^ßrincipien  (peregrina).  SBiffenfd^aften,  toeld^e  bie  le^teren  ent^ 

15  lialten,  legen  il^ren  Seigren  Selinf&^e  (Lemmata)  jum  ®runbe;  b.  i.  fie 
borgen  irgenb  einen  Segriff  unb  mit  i^m  einen  ®runb  ber  Slnorbnung 
üon  einer  anberen  SBiffenfd^aft. 

(Sine  iebe  SBiffenfd^aft  ift  für  fid^  ein  Softem;  unb  eS  ift  nid^t  genug, 
in  il^r  nad^  ^rincipien  ju  bauen  unb  alfo  ted^nifc^  ju  Derfal^ren,  fonbern 

20  man  mug  mit  il^r,  als  einem  für  {td^  befte^enben  ®ebäube,  aud^  ar<!^itet 
tonifd^  JU  SSerle  gelten  unb  fte  nid^t  »ie  einen  anbau  unb  als  einen  Sl^eil 
eines  anbern  ©eb&ubeS,  fonbern  als  ein  ©anjeS  für  ftc^  bel^anbeln,  ob 
man  gleid^  nad^^er  einen  Übergang  aus  biefem  in  ieneS  ober  med^felfeitig 
erri(!^ten  lann. 

S5  äBenn  man  alfo  für  bie  Slatunoiffenfd^aft  unb  in  i^ren  Sontejct  ben 
SBegriff  üon  ®ott  hereinbringt,  um  flc^  bie  S»«<Iwdfeigfeit  in  ber  SRatur 
erlldrlid^  ju  mad^en,  unb  ^ernac^  biefe  3^^dm&gigleit  toieberum  brandet, 
um  gu  beweifcn,  bafe ein  ®ott  fei:  fo  ift  in  feiner  oon  belben  SBiffenfd^aften 
innerer  Seftanb;  unb  ein  tdufd^enbeS  S)ianele  bringt  jebe  in  Unfid^erl^eit, 

30  baburd^  bag  fte  il^re  ©rdngen  in  einanber  taufen  laffen. 

S)er  aiuSbrudf  eines  Qmdi  ber  3latur  beugt  biefer  JBertoirrung 
fd^on  genugfam  cor,  um  9laturtoiffenfd^aft  unb  bie  SSeranlaffung,  bie  fic 
gur  teleologifd^en  93eurt^ei(ung  il^rer  ©egenftdnbe  giebt,  nid^t  mit  ber 
©otteSbetrad^tung  unb  alfo  einer  tl^eologifi^en  Ableitung  gu  oermengen; 

35  unb  man  mug  eS  nid^t  als  unbebeutenb  anfeilen,  ob  man  ienen  9uSbrud( 


382    Ärtti!  bet  Urt]&ell«!raft.  2.  ST^eit.  ^Ittf  ber  tclcologifd^en  Urt^eitSfroft. 

mit  bem  eine«  göttlid^en  ßwccf«  in  bcr  Slnorbnunfl  bcr  Slatur  Dcmc^fclc, 
ober  XDtifjH  gar  bcn  Ic^tcrn  für  fd^idttld^cr  unb  einer  frommen  Seele  an» 
gemeffener  ausgebe,  meil  eiS  bod^  am  ßnbe  ba^in  fommen  muffe,  jene 
jmedmäfeige  formen  in  ber  5iatur  oon  einem  loelfen  SBeltur^eber  ab^ 
juleiten;  fonbern  ftd^  forgfdltig  unb  befc^elben  auf  ben  auöbrud,  bcr  5 
gerabe  nur  fo  oiel  fagt,  al8  mir  miffen,  ndmli(^  eine«  3»ccf8  ber  5»atur, 
elnfcl^ranfen.  3)enn  el^e  mir  nocl&  nad^  ber  Urfad^e  ber  9iatur  felbft  frogen, 
finben  mir  in  ber  9latur  unb  bem  £aufe  il^rer  Srjeugung  bergleid^en  ^xo^ 
bucte,  bie  nad^  befannten  Srfal^rungdgefe^en  in  il^r  erzeugt  merben,  na^ 
melci^en  bie  9iaturmifienfd^aft  il^re  Oegenjlänbe  beurt^eilen,  mithin  oud^  10 
bcren  (Saufalltdt  na(!^  ber  Siegel  ber  ^totdt  in  i^r  felbft  fud^en  mufe. 
S)a^cr  mufe  fte  il^rc  ®rdnjc  nid&t  überfpringen,  um  baS,  beffen  Segriffc 
gar  leine  ßrfal^rung  angemeffen  fein  tann,  unb  moran  man  fid^  allererft 
nad^  SSoUcnbung  ber  SRaturmiffcnfd^aft  gu  magen  befugt  ift,  in  pe  felbft 
aliS  einl^eimifd^eS  $rinci^  hinein  ju  jiel^en.  13 

9taturbefdöaffenl&eiten,  bie  pc^  a  priori  bemonftriren  unb  alfo  il^rer 
SWogli(^feit  nad&  au«  allgemeinen  ^rincipien  ol^ne  allen  ^Beitritt  ber  6r= 
fal^rung  einfelien  laffen,  lonnen,  ob  fte  gleich  eine  ted^nifd^e  Smd'^ 
mdgigfeit  bei  ftd^  führen,  bennod^,  toeil  fte  fd^led^terbing«  not^menbig 
finb,  gar  nic^t  gur  2;eleologie  ber  SRatur,  al«  einer  in  bie  ^i^qftl  gehörigen  20 
aRet^obc  bie  fragen  berfelben  aufgulöfen,  gejd^lt  merben.  8lrit^mctif(^e, 
geometrifd^e  Slnalogieen,  imgleic^en  allgemeine  med^anifd^e  ©efe^e,  fo  fel^r 
un«  auc^  bie  SSereinigung  oerfd^iebener  bem  Slnfd^ein  na<!^  oon  einanber 
gaitj  unabl|dngtger  Siegeln  in  einem  $rincip  an  i^nen  befrembenb  unb 
bemunbermSmfirbig  oorfommen  mag,  entl^alten  bedmegen  leinen  Slnfprud^  20 
barauf,  teleologifdt)e  (Srlldrungdgrfinbe  in  ber  ^l^^ftf  gu  fein;  unb  menn 
fte  gleid^  in  ber  aUgemeinen  Sl^eorie  ber  ßmedtmdgigleit  ber  S)inge  ber 
9latur  fiber^au))t  mit  in  Setrad^tung  gegogen  gu  merben  oerbienen,  fo 
mfirbe  biefe  bod^  anbermdrt«  l^in,  ndmlid^  in  bie  9Reta))^i)ftf,  gel^ören 
unb  lein  inneres  $rinctp  ber  9laturmiffenfc^aft  audmad^en:  mie  eS  mol^l  ^> 
mit  ben  emt)irifd^en  ©efe^en  ber  9laturgmedEe  an  organiftrten  SBefen  nid^t 
allein  erlaubt,  fonbern  audfe  unöcrmelblidfe  ift,  bie  teleologifcfte  ©cur« 
t^eilungSart  gum  ^rincip  ber  9}aturlel)re  in  Slnfel^ung  einer  eigenen 
6laffe  il^rer  Oegenjidnbe  gu  gebraud&en. 

S>amit  nun  ^^X)^t  ftd^  genau  in  il^ren  ©rängen  l^alte,  fo  abftral^irt  z^ 
fte  oon  ber^rage,  ob  bie  9laturgmedFe  eS  abfic^tlid^  ober  unabfidE)tlid^ 
finb,  gdnglid^;  benn  bad  mfirbe  @inmengung  in  ein  frembed  ©efc^dft 


1.  Wt^etlimg.    ^nal\)ixt  ber  teteologtfc^eit  Urt^eil^fraft.  B83 

(nämlid^  ba«  bcr  3Rcta^)]^9Jif)  fein,  ©cnug,  e«  pitb  nad^  Sttaturgcfc^cn,  bic 
wir  un«  nur  unter  bcr  3bee  ber  S»ecfe  aW  $rtnclp  benfen  f5nncn,  einglg 
unb  allem  erf Idrbare  unb  blofe  auf  biefe  SBeife  i^rer  innern  gorm  m6), 
fogar  aud^  nur  innerlid^  erlennbare  ©egenftänbe.   Um  ftc^  alfo  aud^ 

5  nid^t  ber  minbeften  Slnmagung,  atötooDte  man  etmaiS,  loaS  gar  ni<^t  in 
bie  $l|t)|tf  gel^ört,  n&mlidt)  eine  fibernaturlid^e  ttrfad^e,  unter  unfere  @r» 
tenntniggrfinbe  mtfc^en,  Derbdd^tig  gu  mad^en:  fprid^t  man  in  ber  Ztk^ 
oloflie  jmar  öon  ber  9iatur,  alÄ  ob  bie  Swecfmafeigfeit  in  il^r  abfid^tlic^ 
fei,  aber  bod^  gugteid^  fo,  bag  man  ber  9latur,  b.  i.  ber  Materie,  biefe 

10  abjic^t  beilegt;  moburd)  man  (meil  l^icrüber  fein  SRifetjerftanb  Statt 
finben  fann,  inbem  öon  felbft  fc^on  feiner  einem  leblofen  ©toffe  abjtdöt  in 
eigentlicher  S9ebeutung  bed  3Bortd  beilegen  mirb)  angeigen  »in,  bag  biefe« 
SBort  I)ier  nur  ein  ^rincip  ber  reflectirenben,  nid^t  ber  beftimmenben 
Urt^eilfSfraft  bebeute  unb  alfo  feinen  befonbern  ®runb  ber  (Saufalit&t 

15  einfül^ren  foUe,  fonbern  auc^  nur  gum  ®ebrau(^e  ber  JBernunft  eine  anbere 
9[rt  ber  9lad^forf(!^ung,  aU  bie  nad^  mec^anifc^en  ©efe^en  ift,  l^inguffige, 
um  bie  Unguldnglic^feit  ber  le^teren  felbft  gur  em))irifd^en  üuffuc^ung 
aller  befonbern  ®efe^e  ber  3latur  gu  ergangen.  2)a^er  f^)rid^t  man  in  ber 
Senologie,  fo  fern  pe  gur  $f)9pf  gegogcn  mirb,  gang  rerf)t  öon  ber  SBeiä» 

•^0  ^eit,  ber  ©parfamfeit,  bcr  33orforge,  ber  SBopl^ätia^it  ber  9iatur,  o^ne 
baburd^  aud  il^r  ein  oerftänbigcfS  SBefen  gu  mad^en  (meil  baö  ungereimt 
märe);  aber  aud^  ol|ne  pc^  gu  erfuljnen,  ein  anbere«,  öerftänbigcö  SB8efen 
fiber  fie  als  SBcrfmeiftcr  fefeen  gu  motten,  meil  blefeS  öermePen*)  fein 
mürbe:  fonbern  e«  foU  baburc^  nur  eine  3(rt  ber  Saufalitdt  ber  9}atur 

25  nad^  einer  Slnalogie  mit  ber  unfrigcn  im  te(^nifcf)en  ©ebraud^e  ber  93er^ 
nunft  begeic^nct  merben,  um  bie  Sflegel,  moruad^  gemiffen  *^5robucten  ber 
9}atur  nad^geforfd^t  merben  mug,  oor  Slugcn  gu  tjaben. 

äSarum  aber  mad^t  bod^  bie  Seleologie  gemö^nlic^  feinen  eigenen 
2:^eil  ber  tl^eoretifd^en  9laturmiffenfd^aft  aus,  fonbern  mirb  gur  2;^eologie 

30  als  $ro))dbeutit  ober  Übergang  gegogcn?    S)iefeS  gefd^ie^t,  um  baS 


*)  S)aS  beutfc^e  9Bort  Dermeffen  ift  ein  guted,  bebeutungdt^oUeS  SBort.  (S^in 
Urt^eil,  bei  toelc^eitt  man  ba&  Sdngenmag  feiner  Gräfte  (bed  Serftanbed)  ju  über« 
fd^Iagen  t^ergigt,  fann  bisweilen  fel^r  bemfit^tg  Hingen  unb  mac^t  bo(^  groge  ^n« 
fprftd^e  unb  ifi  bod^  fe^r  Derme{fen.  $on  ber  9lrt  ftnb  bie  meifien,  »obur(^  man 
bie  göttUd^e  äBeiS^eit  gu  ergeben  Dorgiebt,  inbem  man  il^r  in  ben  SBerfen  ber 
©(^öpfung  unb  ber  ^r^altung  ^bftci^ten  unterlegt,  bie  eigentlich  ber  eigenen  ^eidl^eit 
beS  ÖemfinftleriS  (Si^xt  machen  fotten. 


384    ÄriH!  bet  UrtlJeiWfroft.  2.  Sl&eit.  Ärlt«  ber  teteoloflif(^en  Urfl^eiWfroft. 

@tubium  ber  9latur  nad^  il^rem  9Re(^antdm  an  bemiertigen  feft  gu  Italien, 
toaS  »ir  unfcrcr  Scobac^tung  ober  ben  ejrperlmcnten  fo  untemjcrfen 
fönnen,  bag  mir  ed  gleid^  ber  9}atur  tt^enigfienS  ber  tl^nlid^Teit  ber  ®efe^e 
nad^  felbft  hervorbringen  lönnten;  benn  nurfot)ieI  fielet  man  DoDflänbig 
ein,  als  man  nad^  Säegriffen  felbft  machen  unb  ju  @tanbe  bringen  fann. 
Organifation  aber  als  innerer  3^^^  ber  9latur  uberßeigt  unenbUd^  aQeS 
Vermögen  einer  Al^nlid^en  S)arfteaung  burd^  Jhinft:  unb  maS  fingere  für 
jtoedmfifeig  gel&altene  SRatureinrid^tungen  betrifft  (g.  SB.  SBlnbe,  Sftegen 
u.  b.  gl),  fo  betrachtet  bie  ^l^^ftt  mo^l  ben  9J)e(^aniSm  berfelben;  aber 
i^re  SBegiel^ung  auf  Qtotdt,  fo  fern  biefe  eine  gur  Urfad^e  notl^ioenbig  ge» 
l^örige  Sebingung  fein  foB,  fann  fic  gar  nid^t  barfteüen,  »eil  biefe  SRot^ 
toenbigfeit  ber  5Berfni4)fung  gdnjlid^  bie  Serbinbung  unfercr  Segriffe 
unb  ni(^t  bie  93efd^affenl^eit  ber  S)inge  angelet. 


35ialcftif  ber  teleologifd^en  Urtl^eiUfraft. 

§69. 
aSa«  eine  Slntinomic  bcr  Urtl^cllSfraft  fei. 

5  S)ie  befttmmenbe  Urt^eildlratt  ^at  für  {id^  feine  $rinci^ien,  meldte 
Segriffc  öon  Dbjecten  grünben.  ©icift  teinc  Autonomie;  benn  fic 
fubfumirt  nur  unter  gegebenen  ©efe^en,  ober  ääegriffen,  als  ^rinci^ien. 
@ben  barum  ift  {te  aud^  feiner  ®efal^r  i^rer  eigenen  Sintinomie  unb  feinem 
SBiberftreit  il^rer  ^rincipien  auiSgefe^t.  @o  mar  bie  tranSfcenbentale  Ur^ 

10  t^eitefraft,  meiere  bie  fflebingungen  unter  Äategorieen  gu  fubfumiren  ent* 
t|ielt,  für  {td^  nic^t  nomot^etifd^;  fonbern  nannte  nur  bie  93ebingum 
gen  ber  ftnntic^en  9nf(^auung,  unter  meldten  einem  gegebenen  Segriffe, 
aU  ©efeie  beiS  SSerftanbeiS,  SHealit&t  (Snmenbung)  gegeben  merben  fann: 
moräber  {te  niemals  mit  fid)  felbft  in  Uneinigfeit  (menigftenS  ben  $rin« 

15  cipien  nadb)  gerat^en  fonnte. 

StQein  bie  reflectirenbe  Urt^eilSfraft  foQ  unter  einem  ©efe^e  fub« 
fumiren,  melc^eS  nodb  nic^t  gegeben  unb  alfo  in  ber  2:bat  nur  ein  ^rincip 
ber  9fiePe;rion  aber  ©egenftänbe  ift,  fftr  bie  e^  uns  obiectio  gänili(^  an 
einem  ®efe^e  mangelt,  ober  an  einem  ä3egriffe  oom  Dbiect,  ber  3um 

20  $rinci))  für  oorfommenbe  %a\lt  binreid^enb  m&re.  S)a  nun  fein  ©ebraud^ 
ber  ßrfenntnifeoermögen  ol^ne  ^rinctpien  »erftattet  »erben  barf,  fo  wirb 
bie  reflectirenbe  Urtl^eitöfraft  in  folc^en  %a\ltxi  xfjx  felbft  jum  $rincip 
bienen  muffen:  meiere«,  meil  t^  ni(^t  obiectio  ift  unb  feinen  für  bie 
Sbftd^t  ^inrei(^enben  (Srtenntniggrunb  beS  DbjectS  unterlegen  fann,  atö 

23  blo6  fubiectioeiS  ißrincip  gum  jmectmdgigen  ©ebraud^e  ber  Srfenntntg« 
oermogen,  ndmli(^  über  eine  SSrt  ©egenftdnbe  ju  reflectiren,  bienen  foH. 
9lfo  bat  in  SSegiebung  auf  fold^e  f^älle  bie  reflectirenbe  Urtbeitötraft  i^re 
Sßajcimen  unb  gmar  notbmenbige  jum  S3ebuf  ber  (Srfenntnig  ber  Statur« 


386    ^rttif  bcr  Urt^cilöfraft.  2.  S^eit.  Äriti!  btx  teleoloßtfd^en  Urt5€t(«!roft. 

gcfcfcc  in  ber  örfal^runfl,  um  öcrmittclft  bcrfclbcn  gu  Segriffen  gu  9C= 
langen,  foHten  blcfc  aucft  SBcrnunftbcßriffc  fein;  wenn  jicfoldfeer  bur^au« 
bebarf,  um  bic  SRatur  nacft  il&rcn  emplrifd^cn  ®efc^cn  blofe  fennen  ju 
lernen.  —  Swifd&en  bicfen  not^wenbigcn  2Rafimcn  ber  repectirenben 
UrtfieiUfraft  fann  nun  ein  SBibcrftreit,  mitl^ln  eine  Slntinoraie  ©tatt  5 
finben,  morauf  {td^  eine  2)ialeltil  grünbet,  bie,  meun  iebe  Don  gtüei  ein^ 
anber  »iberftreltenben  ÜRajrimen  in  ber  Sttatur  ber  grfenntni^Dermögen 
i^ren  ®runb  (|at,  eine  natfirtid^e  ^ialeftit  genannt  werben  fann  itnb  ein 
unDermelbUd^er  Schein,  ben  man  in  ber  Äritif  entblößen  unb  ouflöfen 
m\x%  bamit  er  nid^t  betrüge.  10 

§70. 
SBorftellung  biefer  ünttnomie. 

@o  fern  bie  9}ernunft  e$  mit  ber  9latur  ald  Inbegriff  ber  ©egen* 
ftdnbe  äußerer  <Sinne  gu  t^un  l^at,  fann  jte  ftd^  auf  ®efe|$e  grünben,  bie 
ber  Serftanb  t^eilö  felbft  a  priori  ber  9latur  üorfc^reibt,  tl^eil«  burd&  bie  u 
in  ber  ßrfa^rung  öorfommenben  empirifd^en  SBeftimmungen  in«  Unab^ 
fel^lid^e  ermeitern  fann.  Qwx  ünmenbung  ber  erlern  Srt  Dou  ©efe^en, 
ndmlic^  ber  allgemeinen  ber  materiellen  ^atur  uberl^aupt,  braud^t  bie 
Urt^eilSfraft  fein  befonbereS  ^rincip  ber  SReflefion;  benn  ba  ip  pe  bc* 
pimmenb,  weil  tl|r  ein  obiectiüeS  Sßrlncip  burc^  ben  SSerPanb  gegeben  2i> 
ip.  aber  toaö  bie  befonbern  Ocfefee  betrifft,  bie  un«  nur  burcft  ©rfal^rung 
funb  werben  fönnen,  fo  fann  unter  i^nen  eine  fo  grofee  SWannigfaltigleit 
unb  Ungleid^artigfeit  fein,  bag  bie  Urtlieitöfraft  pd^  felbp  gum  ^rincip 
bienen  mug,  um  aud^  nur  in  ben  (Srfd^einungen  ber  9latur  na(^  einem 
©efe^e  gu  forfc^en  unb  tS  audgufp&^en,  inbem  pe  ein  fold^eS  gum  itxU  25 
faben  bebarf,  menn  Pe  ein  gufammen^ngenbeS  ßrfa^rung^erfenntnig 
nad^  einer  burd^gdngigen  ©efe^mdgigfeit  ber  9latur,  bie  Sinl^eit  ber^ 
felben  nac^  empirifc^en  ©efe^en,  aud^  nur  ^open  foQ.  93ei  biefer  gu- 
fdnigen  @inl^eit  ber  befonberen  ©efe^e  fann  t^  pdb  nun  gutragen:  bag 
bie  ttrt^eitöfraft  in  il^rer  9lepe;rion  üon  gmei  SRajcimen  audge^t,  beren  30 
eine  i^r  ber  blofee  aSerftanb  a  priori  an  bie  ^anh  giebt;  bie  anbere  aber 
burd^  befonbere  Srfal^rungen  veranlagt  loirb,  meldte  bie  SSernunft  ins 
Spiel  bringen,  um  nad^  einem  befonbern  ^rincip  bie  Seurtl^eilung  ber 
förperlid^en  9latur  unb  il^rer  ©efe^e  angupeKen.  35a  trifft  e8  pd&  bann, 
bag  biefe  gioeierlei  3Ra;rimen  nic^t  mol^l  neben  einanber  bepel^en  gu  S5 


2.  «atl^ettung.    2)iale!ti!  hex  teleologlfc^en  Urt^etWfraft.  387 

lönnen  ben  9ln[d^etn  l^oben,  mitl^in  fid^  eine  ^ialeftit  l^eroortl^ut,  toeld^e 
bie  Urtl^eilgfrajt  in  bem  ^rincip  il^rcr  Sleflejcion  irre  mad^t. 

2)lc  crfte  SKajcime  berfelben  ift  ber  Safe:  8inc  grjeugung  mate* 
rletter  2)ingc  unb  i^rer  formen  mufe  al8  nad^  blofe  me(J^anif(^en  ®efe^en 

r>  mögltd^  beurtl^eilt  merben. 

3)te  jweite  aRajcimc  ift  ber  ©egenfafe:  einige  ^robuctc  ber 
materieDen  9}atur  f5nnen  nid^t  als  nad^  blog  mec^anifd^en  ®efe^en  möglid^ 
beurt^eilt  »erben  (il^re  IBeurtl^eilung  erforbert  ein  gang  anbered  ®efe^ 
ber  Saufditdt,  n&mlid^  baS  ber  enburfad^en). 

10  3Benn  man  biefe  regulativen  ®runbf&^e  für  bie  Slad^forfd^ung  nun 
in  conftitutiüe  ber  SWöglid^feit  ber  Dbjecte  felbft  üerwanbelte,  fo  würben 
fie  fo  lauten: 

@a^:  Sltle  Srjeugung  materieller  S)inge  ift  nad^  blog  med^anifd^en 
©efefeen  möglid^. 

15  ©egenfa^:  @inige  (Srjeugung  berfelben  ift  nad^  blo^  med^anifd^en 
©efe^en  nid^t  möglic^. 

3n  biefer  Ic^teren  öualitftt,  al8  objectiDe  ^rincipien  für  bie  be* 
flimmenbe  Urtl^elföfraft,  »flrben  fie  einanber  miberfpredfeen,  mithin  einer 
\>on  beiben  @d^en  notl^menbig  falfc^  fein;  aber  baS  m&re  aldbann  ffoax 

20  eine  Antinomie,  bod^  nid^t  ber  Urtl^ellSfraft,  fonbern  ein  SBiberftrelt  in 
ber  ©cfe^gebung  ber  SScrnunft.  3)ie  SSernunft  fann  aber  toeber  ben  einen 
noc^  ben  anbern  biejer  ©runbfäfee  bemeifen:  »eil  mir  üon  ÜKöglid^feit  ber 
2)inge  nad^  blofe  empirifd^en  ©efefeen  ber  3Ratur  fein  befttmmenbeS 
sprincip  a  priori  ^aben  fonnen. 

25  äSaiS  bagegen  bie  guerft  vorgetragene  ÜRajcime  einer  reflectirenben 
Urtl^eiUfraft  betrifft,  fo  entl^alt  pe  in  ber  SCI^at  gar  feinen  SBiberfprud^. 
S)enn  menn  id^  fage:  id^  mug  alle  @reignif[e  in  ber  materiellen  !Ratur, 
mitl^in  aud^  alle  formen  als  $robucte  berfelben  i^rer  SRöglid^feit  nad^ 
nad^  blog  med^anifd^en  ©efe^en  beurtl^eilen,  fo  fage  id^  bamit  nid^t: 

30  fte  finb  barnad^  allein  (auSfd^lie|ungSmeife  oon  jeber  anbern  8lrt 
ßaufalität)  möglich;  fonbern  bai^  min  nur  anzeigen:  id^  foll  iebergelt 
über  biefelben  nad^  bem  ^rlnclp  beS  blogen  SJfed^aniSmS  ber  9tatur 
reflectiren  unb  mitl^in  biefem,  fomeit  id^  fann,  nad^forfd^en,  mell,  o^ne 
i^n  }um  ©runbe  ber  !flad^forfd^ung  gu  legen,  eS  gar  feine  eigentlid^e 

35  5Raturerfenntni6  geben  fann.  3)icfe8  i^inbert  nun  bie  gmeite  SRajclme  bei 
gelegentlicher  SBeranlaffung  nic^t,  n&mlid^  bei  einigen  ^laturformen  (unb 
auf  bereu  9Seranlaffung  fogar  ber  gangen  9tatur),  nac^  einem  $rincip  gu 

25* 


388    ^titi!  bcr  Url^eilgfroft.  2.  SC^ell.  ÄritI!  ber  tetcologifc^en  Urtlftrilöfroft. 

f))uren  unb  Aber  fie  ju  reßectiren;  toelt^eS  Don  ber  (Srfldrung  nad^  bem 
^ec^antöm  bcr  9latur  gang  Derfc^ieben  ift,  ndmlid^  bem  ^rincip  ber 
enburfac^en.  2)enu  bie  3dePc;cion  nad^  ber  crften  aRajcimc  »Irb  baburcft 
nicftt  aufgehoben,  olelmel^r  »irb  e«  geboten,  jte,  fo  loeit  man  fann,  gu 
üerfotgen;  aud^  mirb  baburd^  nic^t  gefagt,  i>a^  nad^  bem  9Re<^antöm  ber  0 
'3tatur  jene  formen  nid^t  mögUd^  lofiren.  3lux  toxxb  bel^auptet,  bafi;  bie 
menfc^Uc^c  SSernunft  in  Sefolgung  berfelben  unb  auf  biefe  8lrt 
niemals  üon  bem,  maiS  bad  ©pecififc^e  eineis  9laturgmed(iS  auSmad^t,  ben 
minbeften  @runb,  mol^l  aber  anbere  @rfenntniffe  oon  9laturge{e^en  mirb 
auffinben  tonnen;  mobei  eS  atö  unaudgemac^t  bal^in  gefteOt  mirb,  ob  10 
nid)t  in  bem  nn^  unbetannten  inneren  ®runbe  ber  9latur  felbft  bie 
pl^q{tfd^:^med^anifd^e  unb  bie  ßmedtoerbinbung  an  benfelben  S)ingen  in 
einem  $rincip  ^ufammen  l^dngen  mögen:  nur  ba^  unfere  SSernunft  {te  in 
einem  foldt)en  nid()t  ju  Dereinigen  im  Staube  ift,  unb  bie  Urtl|eil8fraft 
alfo  atö  (aus  einem  fubiectioen  ®runbe)  reflectirenbe,  nic^t  als  (einem  1^ 
objectiuen  $rinci))  ber  ^öglic^feit  ber  S)inge  an  ft(^  infolge)  befiimmenbe 
Urttieilöfraft  genöt^igt  ift,  für  gewiffe  formen  in  ber  9latur  ein  anbereS 
$rincip,  als  baS  beS  Skturmed^aniSmS  jum  ©runbe  i^rer  SNögtid^feit  gu 
benfcn. 

§  71. 
Vorbereitung  jur  Sluflöfung  obiger  Antinomie. 

SBir  tonnen  bie  UnmogUd^teit  ber  (Srgeugung  ber  orgonijtrten  SHatur^ 
probucte  burd^  ben  bloßen  SRed^aniSm  ber  9latur  teineSmegeS  beueifen, 
meil  mir  bie  unenblid^e  SRannigfaltigteit  ber  befonbern  9laturgefe^e,  bie 
fftr  uns  guf&Dig  pnb,  ba  fie  nur  empirifc^  ertannt  »erben,  il^rem  erfien  2^ 
innern  ©runbe  nad^  nid^t  einfelien  unb  fo  baS  innere,  burd^gängig  gu* 
reid^enbe  ^rincip  ber  SRöglid^teit  einer  Statur  (melc^eS  im  Überfinnlic^en 
liegt)  fd^lec^terbingS  nid^t  erreid^en  tonnen.  Db  alfo  baS  probuctiDe 
äSermögen  ber  Slatur  aud^  für  basienige,  maS  mir  als  nad^  ber  Sbee  Don 
Stoecfen  geformt  ober  Derbunben  beurt^eilen,  nid^t  eben  fo  gut  als  f&r  baS,  » 
loogu  mir  blog  ein  ÜRafd^ineumefen  ber  9latur  gu  beb&rfen  glauben,  gu^^ 
lange;  unb  ob  in  ber  S^at  für  S)inge  als  eigentlidbe  Slaturgmede  (mie  mir 
fie  notbmenbig  beurt^eilen  muffen)  eine  gang  anbere  Slrt  oonurfprfingUd^er 
ßaufalitdt,  bie  gar  nid&t  in  ber  materiellen  Dlatur  ober  i^rem  inteHigibelcn 
@ubftrat  entl^alten  fein  tann,  ndmlic^  ein  ar(^itettonifdber  SSerftanb,  gum  » 


2.  «btl^etlunö.    3)iaTe!af  ber  tcleotogifd^en  Urt^eiföfraft.  389 

®runbe  liege:  barübcr  fann  unferc  in  »nfel^ung  beö  Segrljf«  ber  6au* 
falität,  wenn  er  a  priori  fpecipcirt  »erben  foH,  fel^r  enge  eingefd&rdnftc 
SSemunft  fd^Ied^terbing«  feine  ÄuSlunft  geben.  —  Aber  bafe  refpecttt)  auf 
unfer  erfenntnifeoermögen  ber  blofee  ^Red^aniSm  ber  9latur  für  bic  ®r» 

6  geugung  organijtrter  SSefen  aud^  feinen  @rfldrungdgruub  abgeben  fonne, 
tft  eben  fo  ungejmeifelt  gewife.  fjür  bie  reflectirenbe  Urtl^cilöfraft 
ift  alfo  baiS  ein  ganj  rid^tiger  ©rnnbfa^:  bag  für  bie  fo  offenbare  äSer» 
fnftpfung  ber  S)inge  nad^  Snburfad^en  eine  Dom  9Red^anidm  unter« 
fd^i^bene  ^aufalitftt,  nfimli(^  einer  nad^3n>e(fen  ^anbelnben  (oerftdnbigen) 

10  Sßeltürfaci^e,  gebadet  merben  muffe;  fo  übereilt  unb  unermeistid^  er  au(!^ 
für  bie  bejiimmenbe  fein  »ürbe.  3»  bem  erfteren  ^alle  ift  er  Mofee 
ÜBoyime  ber  Urt^eilöfraft,  wobei  ber  begriff  Jener  (Saufalitdt  eine  blo^e 
Sbee  ijt,  ber  mon  feineÄmegeö  SRealitdt  gujugefte^en  unternimmt,  fonbern 
{te  nur  jum  Seitfaben  ber  fRt^tfxon  brandet,  bie  babei  für  ade  mec^anifc^e 

15  SrfldrungSgrünbe  immer  ojfen  bleibt  unb  fid^  nid^t  aud  ber  @innentt)elt 
Derttert;  im  gmeitcn  %aVit  loürbc  ber  ©runbfafe  ein  objectioeö  $rincip 
fein,  baö  bie  SSernunft  »orfd^ricbe  unb  bem  bie  Urt^cilSfraft  |td&  be* 
ftimmenb  unter»erfen  müfete,  loobei  jte  aber  über  bie  ©innentoelt  l^inauö 
jtc^  in«  Überfd^wenglid^e  oerliert  unb  öielleid^t  irre  gefül^rt  wirb. 

20  aller  anfd^ein  einer  Antinomie  jtt)ifdt)en  ben  9Raf imen  ber  eigentlid^ 
pl^^Pfd^en  (med^anif(^en)  unb  ber  teleologifd^en  (ted^nifd^en)  grndrung§= 
art  berul^t  alfo  barauf:  ba^  man  einen  ©runbfa^  ber  reflectirenben 
Urtl^eilefraft  mit  bem  ber  beftimmenben  unb  bie  Autonomie  ber  erfteren 
(bie  blofe  fubjectiü  für  unfern  aSernunftgebraud^  in  Slnfe^uug  ber  befon* 

25  beren  ©rfal^rungSgefe^e  gilt)  mit  ber  ^eteronomie  ber  anberen,  mcld&e 
ftdb  nad^  ben  Don  bem  SSerftanbe  gegebenen  (allgemeinen  ober  befonbern) 
©efe^en  rid^ten  mu^,  Denoec^felt. 

§72. 

aSon  ben  mand^erlei  ©^ftemen  über  bie  ßwedfmdfeigfeit 
30  ber  Statur. 

^ie  SRid^tigfeit  beiS  ©runbfa^eiS,  bag  über  gemiffe  S)inge  ber  9latur 

(organifirtc  SBefen)  unb  i|re  SWJglid^feit  nac^  bem  SSegriffe  öon  ©nb« 

urfad^en  geurt^eilt  merben  muffe,  felbft  au(^  nur  menn  man,  um  i^re 

aSefd^affen^eit  bur<^  a3eobad^tung  fennen  gu  lernen,  einen  Seitfaben 

35  »erlangt,  ol^ne  pd^  bis  jur  Unterfuc^ung  über  i^ren  erften  Urfprung  gu 


390    SttM  bet  Urtl^eildlraft.  2.  ^\l  ftrtttf  ber  !eIeoIogif(^en  Urtl^etldfrafL 

ücrftcigcn,  l^at  nod^  nlcmanb  bcjtocifclt  ©icgragc  fatm  alfo  nur  fein: 
ob  biefer  ©ruttbfa^  blog  fubfectiD  gültig,  b.  i.  blog  3]ta;rime  unferer 
Urtl^cUöfraft,  ober  ein  oblectioe«  ?rinclp  ber  SRatur  fei,  nad^  toeldöem  il^r 
auger  il^rem  SRet^anidm  (nad^  Mögen  Seioegungdgefe^en)  nod)  eine 
anbere  8(rt  Don  (Saufalit&t  jutomme,  nämlic^  bie  ber  6nburfa(!ben,  ä 
unter  benen  lene  (bie  beioeflenben  Gräfte)  nur  al8  SRittelurfoc^en  ftdnben. 

9lun  fonnte  man  biefe  ^rage  ober  Aufgabe  f&r  bie  Speculatton 
g&njlid^  unauSgemac^t  unb  unaufgeI5fet  laffen:  toeil,  toenn  toir  und  mit 
ber  lefeteren  innerl&alb  ben  ®rfinjen  ber  Wogen  SHaturerfenntnig  begnügen, 
toir  an  {enen  SRajrimen  genug  l^aben,  um  bie  9latur,  fo  toeit  ald  menfi^  lo 
li(^e  j^rdfte  rei(!^en,  gu  ftubiren  unb  il^ren  Derborgenften  ®el^eimnif[en 
nac^iufpüren.  @d  ijt  alfo  mol^I  eine  gen)iffe  Sl^nung  unferer  Vernunft, 
ober  ein  üon  ber  9latur  und  gleit^fam  gegebener  SSinI,  bag  mix  t>tx^ 
mittelft  ieneS  S3egriffS  t)on  (Snburfac^en  tool^I  gar  über  bie  9latur  l^inauS^^ 
langen  unb  jie  felbft  an  ben  l^öd^ften  ^unft  in  ber  JRei^e  ber  Urfad^en  u 
fnüpfen  fönnten,  »enn  »ir  bie  5Rad^forf(^ung  ber  Sflatur  (ob  toir  gleid^ 
barin  no(^  nid&t  toeit  gefommen  finb)  Derliegcn,  ober  toenigfien«  einige 
Seit  ausfegten  unb  üorl^er,  worauf  Jener  grembling  in  ber  5ftatur^ 
toiffenfd&aft,  nftmlid^  ber  Segriff  ber  SHaturjtoedfe,  fül^re,  ju  erfunben 
»erfuciöten.  w 

^ier  mügte  nun  freilid^  jene  unbeftrittene  9Ra;rime  in  bie  ein  toeiteä 
$elb  ju  ©treitigteiten  erbffnenbe  Aufgabe  übergel^en :  ob  bie  Qxocdotx^ 
Inüpfung  in  ber  Statur  eine  befonbere  8(rt  ber  (Saufalit&t  für  biefelbe  be« 
toeife;  ober  ob  fie,  an  fid)  unb  nad^  objectioen  ^rinctpien  betrad^tet, 
nidbt  t)ielme^r  mit  bem  SRedbaniSm  ber  9latur  einerlei  fei,  ober  auf  einem  n 
unb  bemfelben  ©runbe  bcrul^e:  nur  bag  toir,  ba  biefer  für  unfere  Slad^^ 
forfd^ung  in  mauiften  5latur))robucten  oft  gu  tief  oerftedtt  ifl,  e«  mit  einem 
fubjectiDen  ^rincii),  ndmlid^  bem  ber  Äunft,  b.  i.  ber  Gaufalitfit  nac^ 
Sbeen,  ocrfud^en,  um  pe  ber  9latur  ber  Analogie  nac!^  unterjulegen; 
toeldb^  Slotl^plfe  un8  aud^  in  t)ielen  ^dllen  gelingt,  in  einigen  gtoar  ju  ao 
miglingcn  fd^elnt,  auf  alle  Sdlle  aber  nid^t  berechtigt,  eine  befonbere,  oon 
ber  Gaufalitdt  nad^  blog  med^anifd^en  ®efe^en  ber  5ßatur  felbft  unter» 
fc^iebene  SBirlungdart  in  bie  9laturtoiffenf(!^aft  einguffil^ren.  SBir  toollen, 
inbem  toir  bas  SSerfal&ren  (bie  ßaufalitdt)  ber  5ßatur  toegen  be«  Qmd^ 
dl^nlidb^"/  toeld^eS  toir  in  xijxtn  ^robucten  finben,  Ztijnif  nennen,  biefe  n 
in  bie  abfid^tlid^e  (technica  intentionalis)  unb  in  bie  unabftd^tlid^e 
(technica  naturalis)  eintl)eilen.  $ie  erfte  foll  bebeuten:  bag  baS  probuc- 


2.  «ibtl^eUung.    3)ialelttl  ber  teleotofiifi^en  Uvil^eil^raft.  391 

ttöc  aScrmögcn  ber  SHatur  nad^  enburfac^cn  für  eine  befonbcrc  «rt  Don 
Saufalitdt  gel^alten  tDcrben  mfiffe;  bie  smeite:  bag  fie  mtt  bem  3Red^ani8m 
ber  9latur  im  ®runbe  gang  einerlei  fei,  unb  bad  juf&atge  3ufammen< 
treffen  mit  unferen  itunftbegriffen  unb  i^ren  SRegeln,  ate  blofe  fubjectiDe 
5  S3ebingung  fte  gu  beurt^eilen,  f&lfd^Iid^  für  eine  befonbere  Slrt  ber  Slatur« 
ergeugung  auiSgebeutet  »erbe. 

äSenn  toxv  ie^t  Don  ben  ©Qftemen  ber  ^aturerfl&rung  in  Slnfel^ung 
ber  Snbnrfad^en  reben,  fo  mug  man  mol^l  bemerfen:  bag  jte  inSgefammt 
bogmatifd^,  b.  i.  über  oblectioe  ^rincipien  ber  9RögUd)teit  ber  3)inge,  eS 

10  fei  bur(^  abjtd^tlid^  ober  lauter  unabftd^tlid^  mirfenbe  Urfad^en,  unter  ein« 
anber  ftreittg  finb,  ni(!^t  aber  etma  über  bie  fubiectit)e  SRaitime,  über  bie 
Urfad^e  fold^er  gmedFm&gigen  $robucte  blog  gu  urtl^eilen:  in  U)el(!^em 
le^tern  f^aDe  bi^parate  $rinci))ien  nod^  »o^I  Dereinigt  merben  lönnten, 
anftatt  bag  im  erfteren  contrabictorifd^^entgegengefe^te  einanber 

15  aufgeben  unb  neben  fid^  nidjt  beftel^en  f5nnen. 

a5ie  @9fteme  in  an(el)ung  ber  Sed^nif  ber  9latur,  b.  i.  ll^rer  probuc= 
tiDen  Sixa\t  nad^  ber  Siegel  ber  ßtoedFe,  pnb  gttiefad^:  beS  ^i^^ttltömuS, 
ober  be«  SfiealiSmuÄ  ber  SRaturjioedfe.  2)er  erftere  ift  bie  SSe^auptung: 
bag  aQe  BtoedCmdgigteit  ber  Statur  unabfid^tlid^;  bergmeite:  bag  einige 

20  berfelben  (in  organijtrten  SBefen)  abfi(!^tlid^  fei;  koorauS  benn  aud^  bie 
ald  ^qpot^efe  gegrünbete  $olge  gegogen  merben  fönnte,  ba^  bie  2;ed^ni{ 
ber  9latur,  aud^  maö  alle  anbere  ^robucte  berfelben  in  Segiel^ung  auf 
baä  9laturgange  betrifft,  abftc^tlid^,  b.  i.  Qxotd,  fei. 

1)  35er  3beali8m  ber  Stt>cdfmfi6igfeit  (id^  Derftel^e  l^ier  immer  bie 

25  obiectit)e)  ift  nun  entmeber  ber  ber  ßafualitdt,  ober  ber  f^atalitdt 
ber  9taturbeftimmung  in  ber  gmedFm&gigen  f^orm  il^rer  ^robucte.  S)a8 
erPere  ^rincip  betrifft  bie  SBegie^ung  ber  ÜRaterie  auf  ben  pl&Qftfd^en 
©runb  il^rer  f^orm,  n&mlid^  bie  93eit)egungSgefe|e;  bad  gleite  auf  il^ren 
unb  ber  gangen  5Ratur  l^Qperpl^^fifc^en  ®runb.   S)aö  ©Aftern  ber 

30  @afualitdt,  »eld^eiS  bem  @pitur  ober  3)emoIritu8  beigelegt  koirb,  ift, 
nad^  bem  SSud^ftaben  genommen,  fo  offenbar  ungereimt,  bag  ed  un8  nid^t 
aufl^alten  barf ;  bagegen  ift  bais  @t|ftem  ber  ^atalit&t  (mooon  man  ben 
@pinoga  gum  Urheber  mad^t,  ob  e8  gleid^  aDem  Slnfel^en  nad^  oiel  Alter 
ift),  meld^ed  ftd^  auf  etmad  Überftnnlid^ed  beruft,  iDO^in  alfo  unfere  @in« 

3$  fid^t  nic^t  reid)t,  fo  leidet  nid^t  gu  tuiberlegen:  barum  meil  fein  ä3egriff 
Don  bem  Urtoefen  gar  nid^t  gu  Derftel^en  ift.  @o  oiel  ift  aber  flar:  bag 
bie  3tt)e(Ii)erbinbung  in  ber  Sßelt  in  bemfelben  als  unabftd^tlid^  ange» 


392    Ärltt!  bet  Urt^W^aft.  2.  3:^11.  Äritif  bcr  teleoloßiWeii  UrtlJeiWfröft. 

nommen  loerben  mug  (xotxl  fie  t)on  einem  Uroefen,  aber  nid^t  Don  feinem 
SSerftanbe,  mltl^in  feiner  abjtd^t  beffelben,  fonbern  au«  ber  9lot]^menbig* 
feit  feiner  9latur  unb  ber  baDon  abftammenben  SSelteinl^eit  abgeleitet 
tDirb),  mitl^in  ber  ^atalidmuS  ber  SQ)^<{inAgigfeit  jugleid^  ein  ^bealiSm 
berfelben  ift. 

2)  S)er  8fleaU8m  ber  Stoedfmäfelgfeit  ber  SHatur  ift  au*  cnttoeber 
pl^^fif^  ober  1^9perp]^9f{f(^.  S)er  erfte  grünbet  bie  Qroedt  in  ber  !Ratur 
auf  bem  Slnalogon  eined  nad^  Sbfic^t  l^anbelnben  SSermögenS,  bem  Seben 
ber  9Waterie  (in  il^r,  ober  aud^  burd^  ein  belebcnbe«  innere«  IJrincip, 
eine  SBeltfeele)  unb  l^eifet  ber  ^^logoiSm.  2)er  jioeitc  leitet  pe  oon  bem 
Urgrunbe  bed  SBeltaHd,  als  einem  mit  abfielt  l^eroorbringenben  (ur« 
fprünglid^  lebenben)  Derflfinbigen  SBefen  ab  unb  ift  ber  SEI^eiöm  *) 

§73. 
Äeine«  ber  obigen  ©ijfteme  leitet  ba«,  loaö  e8  oorgiebt. 

äBaS  tooQen  aQe  fene  @9fteme?  @te  tooOen  unfere  teleologifd^en 
Urtl^elle  über  ble  Statur  erfldren  unb  gelten  bamit  fo  gu  SBerfe,  bafe  ein 
S^eil  bie  SBal^rl^eit  berfelben  Idugnet,  mitl^in  fie  für  einen  ^bealiSm  ber 
9latur  (ald  j^unft  DorgefteQt)  erflärt;  ber  anbere  S^eil  {te  aU  ma^r  an« 
erfennt  unb  bie  2R5glicfefeit  einer  9latur  nad^  ber  Sbee  ber  gnburfac^en 
barjutl^un  t)erfprid^t. 

1)  3)ie  für  ben  3beali«m  ber  ßnburfad&en  in  ber  5ftatur  flreitenben 
@t|ßeme  laffen  nun  einerfeitS  gmar  an  bem  $rinctp  berfelben  eine  (Sau- 
falitdt  nad^  ädetoegungdgefe^en  gu  (buxi^  meldte  bie  SRaturbinge  gmed« 
m&gig  ejriftiren);  aber  fie  Idugnen  an  i^r  bie  Sntentionalit&t,  b.  i. 


*)  ^an  fielet  l^ieraud:  bai  in  ben  mefflen  fpeculatt&en  2)tngen  ber  reinen  Ser*  25 
nunft,  toai  bie  bogmatif^en  ^el^auptungen  betrifft,  bie  plgilofop^tfc^en  ®(^ulen  ge* 
gentetnigUd^  aUe  $(ufI5fungen,  bie  über  eine  gewiffe  t^rage  m5gU(!^  flnb,  Derfuc^t 
l^aben.  ®o  l^at  man  über  bie  Bn>e(fmd6ig!ett  ber  9lQtur  balb  entroeber  bie  leb- 
lofe  Wiaitxie,  ober  einen  leblofen  (Bott,  balb  eine  lebenbe  3)^aterie,  ober 
au^  einen  lebenbigen  @ott  au  biefem  Sel^ufe  t)erfud§t.  t^fir  m9  bleibt  ntd^td  so 
übrig,  ald,  wenn  ed  9lot^  tl^un  foUte,  oon  aUen  biefen  obiectit)en  S3e^aup* 
tungen  abguge^en  unb  unfer  Urt^eilblog  in  ^egtel^ung  auf  unfere  ^rfenntnig' 
oermdgen  Iritifd^  au  erwägen,  um  i^rem  $rinclp  eine,  loo  ni(^t  bogmatifc^r, 
bod§  aum  fiesem  Semunftgebrau^  l^inreic^eube  ®flUigfeit  einer  3){a;tme  au  tjer« 
fd^affen.  35 


2.  Kbt^eilung.    ^ialefftf  ber  teteologifd^en  Urtl^etlShaft.  393 

bag  fte  abfid^tlid^  ju  biefer  il^rer  gtoedmdgigen  $en)orbrinpng  beftimmt, 
ober  mit  anbcren  SSBorten  ein  3»^*  i>i«  Urfa(!^e  fei.  JDlcfeö  Ift  bie  gr* 
fldrungSart  gplfur«,  nacft  »cld^cr  ber  Unterfd&ieb  einer  SEeiftnlf  ber  9tatur 
t)on  ber  blogen  SRed^antt  s&njltd^  abgeldugnet  lolrb,  unb  nld^t  aQeln  für 

ß  ble  ÜberetnfUmmung  ber  ergeußten  5ßrobucte  mit  unfern  SSeflrlffen  Dom 
S»ecfe,  mltl&ln  für  ble  Sedö^i'»  fonbern  fclbft  für  ble  Sefllmmung  ber 
Urfad^en  biefer  (Srjeugung  na(!^  SSemegungdgefe^en,  mttl^ln  ll^re  9Re(!^anl{ 
ber  bltnbe  ßufall  gum  Srll&rungSgrunbe  angenommen,  alfo  nld^td,  aud^ 
nlii^t  einmal  ber  @(%eln  In  unferm  telcologlfii^en  Urtl^elle  erfWrt,  mltl^ln 

10  ber  t)orgebll(fte  3beallöm  In  bemfelben  felneötoege«  bargetl^an  tolrb. 

anbererfeltö  totU  Spin oga  uns  aller  Slad&frage  nad^  bem  ®runbe 
ber  3Kögll(!^felt  ber  Qmdt  ber  9ktur  baburi!^  fiberl^ebeu  unb  biefer  Sbee 
aQe  9lealttät  nel^men,  bag  er  fte  überl^aupt  nld^t  für  ^robucte,  fonbern 
für  einem  Urmefen  Inl^ärlrenbc  aicclbenjen  gelten  Idfet  unb  blefem  SBefen, 

15  als  Subftrat  jener  Slaturblnge,  In  »nfel^ung  berfelben  nld^t  Saufalltdt, 
fonbern  blofe  ©ubflftenj  beilegt  unb  (megen  ber  unbeblngten  ^lotl^ioen* 
blgfelt  beffelben  fammt  allen  9laturblngen,  alö  ll^m  Inl^drlrenben  Slccl^ 
beugen)  b^n  9laturformen  gmar  ble  Slnl^elt  bed  ©runbed,  ble  gu  aller 
Sttedfmdfelgfelt  erforberlld^  Ift,  pc^ert,  aber  guglelc^  ble  3ufdlllgfelt  ber* 

20  felben,  ol^ne  ble  feine  Bwccfelnl^elt  gebad&t  merben  fann,  entreifet  unb 
mit  ll^r  alles  abfld^tlldje,  fo  mle  bem  Urgrunbe  ber  9iaturblnge  allen 
äSerftanb  megnlmmt. 

3)er  ©plnojlöm  lelftct  aber  ba«  nld^t,  »a«  er  tolH.  ©r  tolU  einen 
©rfldrungSgrunb  ber  Swccf\)erfnüpfung  (ble  er  nld^t  Idugnct)  ber  JDlngc 

23  ber  Siatur  angeben  unb  nennt  blofe  ble  ©Inl^elt  beS  ©ubjectö,  bem  fle  alle 
lnf)drlren.  aber  menn  man  l^m  aud&  blefe  Art  gu  e;rlftlren  für  ble  SBelt* 
toefen  elnrdumt,  fo  Ift  bod^  jene  ontologlfc^e  @ln^elt  barum  no(!^  nld^t 
fofort  Stoedfelnl^elt  unb  mad^t  blefe  felneSmege«  begrelflld^.  3)le  lefetere 
ift  ndmlld^  eine  gang  befonbere  art  berfelben,  ble  au«  ber  SSerfnüpfung 

30  ber  S)lnge  (ffieltmefen)  In  einem  ©ubjecte  (bem  Urmefen)  gar  nlii^t  folgt, 
fonbern  burc^au«  ble  SSegtel^ung  auf  eine  Urfad^e,  ble  Serflanb  l^at, 
bei  fld^  fül^rt  unb  felbft,  menn  man  alle  blefe  S)lnge  In  einem  etnfat^en 
©ubjecte  oerclntgte,  bod^  niemals  eine  ßw^tlbegle^ung  barflellt:  mofern 
man  unter  l^ncn  nld&t  erftlld^  Innere  SBlrfungen  ber  ©ubflang  al8 

35  einer  Urfad^e,  gmeltenS  eben  berfelben  als  Urfad^e  burd^  ll&ren  SSer^^ 
ftanb  beult.  Dl^ne  blefe  formalen  SBeblngungen  ift  alle  einigelt  blofee 
9laturnotl[imenblgIelt  unb,  »Irb  fte  gleld^kool^l  3)tngen  beigelegt,  ble  mir 


394    Ärltlf  bct  Urt^clWfraft.  2.  3:i^eH.  Äritlf  btx  teleologiWen  Urt^elWfroft. 

atö  au^er  einanber  DDrfteOen,  bltnbe  Slotl^tDenbigfett.  SBitt  man  aber 
ba8,  »aS  bie  Sd^ule  bie  trandfcenbentale  SBoOfommenl^eit  ber  S)tnge  (in 
Sejiel^ung  auf  il^r  eigene^  äSefen)  nennt,  naif  »eld^er  aOe  3)inge  aUeS 
an  {1(^  l^aben,  tuad  erforbert  loirb,  um  fo  ein  S)ing  unb  fein  anbered  gu 
fein,  Swcrfmfifeigfclt  ber  5ftatur  nennen:  fo  ift  ba«  ein  linbifd^e»  Spiel»  5 
merl  mit  Sorten  ftatt  »egriffen.  3)cnn  »enn  äße  ©inge  alö  Qxo^t  gc* 
bad^t  tDerben  muffen,  alfo  ein  S)ing  fein  unb  Qxotd  fein  einerlei  ijt,  fo 
giebt  ed  im  ®runbe  nid^ts,  n)a8  befonber^  als  3tt>^di>orgefteUt  gu  »erben 
Derbiente. 

9Ran  fielet  l^ierauS  mol^I:  bag  Spinoja  baburc^,  bag  er  unfere  Se»  10 
griffe  Don  bem  ßmecfmdgigen  in  ber  9latur  auf  baS  Semugtfein  unferer 
felbft  in  einem  allbefaffcnben  (hoii  juglei(%  einfachen)  SBefen  gurücffiil&rte 
unb  iene  $orm  blog  in  ber  ©inl^eit  bed  le^tem  fud^te,  niiii  ben  9fieaUiSm, 
f onbern  blofe  ben  SbealiSm  ber  Sm^dfmÄfeigfeit  berfelben  gu  behaupten  bie 
abfidjt  ^aben  mufete,  biefe  aber  felbft  bod&  nic^t  betoerffteHlgen  fonnte,  w 
n)eil  bie  bloge  SorfteDung  ber  ßinl^eit  bed  @ubjtrat8  aud^  nid^t  einmal 
bie  S'bee  Don  einer  aud^  nur  unabftd^tlid^en  Bn)eAnägigfeit  bemirlen  fann. 

2)  S)ie,  midie  ben  9tealiiSm  ber  ^kturjioede  nid^t  blog  bel^aupten, 
fonbern  i^n  aud^  gu  erfldren  Dermeinen,  glauben  eine  befonbere  «rt  ber 
6anfalitdt,  n&mlid^  abfid^tUc^  koirlenber  Urfad^en,  menigftend  i^rer  9R5g«  20 
lid^feit  nad^  einfel^en  gu  f5nnen;  fonft  fonnten  fte  ed  nic^t  unternel^men 
jene  erfldren  gu  tootten.  35enn  gur  Sefugnife  felbft  ber  gemagtejien  ^^po* 
tl^efe  mug  n)enigften8  bie  2R5glid^fett  beffen,  n)ad  man  als  ®runb  an« 
nimmt,  gern  ig  fein,  unb  man  mu^  bem  Segriffe  beffelben  feine  obiectioe 
Sflealitdt  pd^ern  fönnen.  »6 

aber  bie  3Köglid^feit  einer  lebenben  SKaterie  (bereu  Segriff  einen 
SBiberfprud^  entpit,  meil  Seblofigfeit,  inertia,  ben  mefentlid^en  (S^arafter 
berfelben  auSmad^t)  Idgt  fid^  nid^t  einmal  benfen;  bie  einer  belebten  3Ra^ 
terie  unb  ber  gefammten  SHatur,  al8  eine«  Silier«,  fann  nur  fofern  (gum 
Sel^uf  einer  ^^potl^efe  ber  ßw^tfmdfeigfeit  im  Orofeen  ber  Sdatur)  burf*  »0 
tiger  3Beife  gebraust  merben,  aliS  fie  unS  au  ber  Drganifation  berfelben 
im  Äleinen  in  ber  ßrfal^rung  offenbart  mirb,  feineömege«  aber  a  priori 
il^rer  SRögUd^feit  nac^  eingefe^en  merben.  @d  mug  alfo  ein  6irtel  im 
Srtldren  begangen  n)erben,  menn  man  bie  ßmedEmd^igfeit  ber  !flatur  an 
organiftrten  SSefen  auiS  bem  Beben  ber  SRaterie  ableiten  miU  unb  biefed  ss 
Seben  iDieberum  nid^t  anberS  als  in  organiftrten  SBefen  fennt,  alfo  o^ne 


2.  «btl^ilund.    3)iale!ti!  ber  ieleotogtfd^en  Urtl^eilSTraft.  395 

bcrglcld^cn  erfaJ^ninß  Pc!^  feinen  Seßriff  öon  ber  ÜRößlic^feit  berfelben 
mad^en  fann.  S)er  ^qlogoidm  leiftet  alfo  bad  nit^t,  »ad  er  t)erf))ri(l^t. 

S)er  Sl^etöm  lann  enbH(^  bie  aRöglid^feit  ber  5Roturjti)edfe  al8  einen 
@d)lflffel  jur  Seleologie  eben  fo  menig  bogmatifc^  begrfinben;  ob  er  jtuar 

5  Dor  allen  (Srflärungdgrftnben  berfelben  bartn  ben  SSorjug  \iat,  bag  er  burc^ 
einen  SSerftanb,  ben  er  bem  Urn)efen  beilegt,  bie  3Q)cdm&gigteit  ber  9latur 
bem  3beali8m  am  befteu  entreifet  unb  eine  abpcJ^tUt^e  ßaufalitdt  für  bie 
(grjeugung  berfelben  einfül^rt. 

2)enn  ba  müfete  allererft,  für  bie  beftimmenbe  Urtl^ettefraft  l^in« 

10  reid^enb,  bie  UnmögUd^teit  ber  ßmecteinl^eit  in  ber  SRaterie  burd)  ben 
blofeen  SRed^ani^m  berfelben  beriefen  toerben,  um  bered^tigt  ju  fein  ben 
®runb  berfelben  über  bie  9latur  l^inaud  auf  beftimmte  SBeife  ju  fe^en. 
3Bir  lönnen  aber  nid^td  miUx  l^eraudbringen,  als  bafe  nad^  ber  Se« 
fd^affenl^eit  unb  ben  @d)ranTen  unferer  @rtenntnigDerm5gen  (inbent  ttir 

15  ben  erften,  inneren  ®runb  felbft  biefe«  SWed^ani^m«  nidjt  einfe^en)  mir 
auf  feinerlei  SBeife  in  ber  SRaterie  ein  ^rincip  beftimmter  Swctfbejle- 
l^ungen  fud^en  muffen,  fonbern  ffir  und  feine  anbere  Seurt^eilungdart 
ber  ßrjeugung  il^rer  ^ßrobucte  ol8  SRaturgtoedfe  übrig  bleibe,  al8  bie  burd& 
einen  oberften  SSerftanb  ate  SBelturfad^e.   2)a8  ift  aber  nur  ein  ®runb 

ao  für  bie  reftectirenbe,  nid^t  für  bie  beftimmenbe  UrtJ^cilSfraft  unb  fann 
fd^led^terbingd  ju  feiner  objectiüen  SSel^auptung  bered^tigen. 

§74. 
3)ie  Urfad&e  ber  Unmöglid^feit,  ben  S3egriff  einer  Sed^nif 
ber  9tatur  bogmatifd^  gu  bel^aubeln,  ift  bie  Unerflärlid^teit 
25  eines  SRaturjtoedf«. 

SBir  Derfal^ren  mit  einem  Segriffe  (menn  er  gleid^  empirifd^  bebingt 
fein  foQte)  bogmatifd^,  n)enn  toir  il^n  als  unter  einem  anberen  Segriffe 
beS  DbjectS,  ber  ein  ^rindp  ber  Vernunft  auSmad^t,  cntl^alten  betrad^ten 
unb  il^n  biefem  gemäfe  bestimmen.    SBir  üerfal^ren  aber  mit  il&m  blofe 

30  fritifd^,  toenn  »ir  il^n  nur  in  Segiel^ung  auf  unfer  erfenntnifeüermögen, 
mithin  auf  bie  fubfectiDen  Sebingungen  il^n  gu  benfen  betrad^ten,  ol^ne  eS 
gu  unternel^men  über  fein  Object  etmaS  gu  entfd^eiben.  S)aS  bogmatifd^e 
aSerfal^ren  mit  einem  Segriffe  ift  alfo  baSjenige,  meldte«  für  bie  beftim* 
menbe,  baS  tritifd^e  baS,  meld^eS  blofe  für  bie  reflectirenbe  Urtl^eilsfraft 

35  gefefemdfeig  ift. 


396    i^ritif  ber  Urt^eiUfrafi  2.  %f^til  Stxim  bei  ieteotogifd^en  Urt^tUfraft. 

9lun  ijl  bcr  aSegriff  öon  einem  ©inge  al8  Sttaturjtoetfe  ein  ©egriff, 
ber  bie  9latur  unter  eine  6oufalit&t,  bie  nur  burd^  SSernunft  benfbar  ifi, 
fubfumirt,  um  naii  biefem  ^rincip  aber  baS,  toad  t)om  Objecte  in  ber 
@rfa]^rung  gegeben  ift,  gu  urtl^eilen.  Um  il^n  aber  bogmatifd^  für  bie  be« 
ftimmenbe  ttrtl^eilsfraft  gu  gebraud^en,  matten  toir  ber  obiectioen  fftta-  s 
litfit  biefe«  aSegriff«  gut)or  Derp(%ert  fein,  toeil  wir  fonfl  fein  SRaturbing 
unter  il^m  fubfumtren  fönnten.  3)er  Segriff  eine«  35inge8  a\i  3tatax^ 
gwedtö  iji  aber  gwor  ein  empirifd^  bebingter,  b.  t.  nur  unter  gewiffen  in 
ber  Srfal^rung  gegebenen  93ebingungen  mögli(!^er,  aber  bod^  t)on  ber^ 
felben  nid^t  gu  abftra^irenber,  Jonbern  nur  na(!^  einem  aSernunftprincip  lo 
in  ber  aSeurtl^eilung  bed  ©egenftanbeS  möglicher  Segriff.  @r  fann  alfo 
als  ein  foId^eS  ^rincip  feiner  obiectiDen  9teaIitAt  na(!^  (b.  i.  bag  t^m  ge« 
m&g  ein  £)biect  möglich  fei)  gar  nic^t  etngefel^en  unb  bogmatifd^  begrfinbet 
»erben;  unb  n)ir  tuiffen  nid^t,  ob  er  blog  ein  Dernfinftelnber  unb  objectit) 
leerer  (conceptus  ratiocinans),  ober  ein  SSernunftbegriff,  ein  erfenntnife  is 
grünbenber,  Don  ber  SScrnunft  beftfttigter  (conceptus  ratiocinatus),  fei. 
Sllfo  fann  er  ni(!^t  bogmatift^  für  bie  beftimmenbe  Urtl^eilöfraft  bel^anbelt 
tDerben:  b.  i.  eiS  fann  nid^t  aQein  nid^t  audgemad^t  tuerben,  ob  S)inge  ber 
9latur,  als  9laturjn)e(Ie  betrad^tet,  fflr  t^re  @rgeugung  eine  Saufalit&t 
öon  gang  befonberer  Jlrt  (bie  na(ft  8lbft(^ten)  erforbern,  ober  nid&t;  fonbem  io 
ed  fann  aud^  nic^t  einmal  barnad^  gefragt  merben,  toeil  ber  Segriff  eined 
^Raturgmed«  feiner  obiectioen  Sfiealit&t  nad^  burd^  bie  Sernunft  gar  ntd^t 
ertoeiölidö  ift  (b.  i.  er  ifi  nid^t  fftr  bie  beftimmenbe  Urtl^eiföfraft  con|*itutiD, 
fonbern  für  bie  rePectirenbe  bloß  regulatio). 

©afe  er  eö  aber  nid^t  fei,  ift  barauS  flar,  »eil  ;er  al8  Segriff  t)on  » 
einem  IRaturprobuct  ^laturnotl^menbigfeit  unb  boc^  gugleid^  eine  ßu« 
f&Uigfeit  ber  ^^orm  bed  Dbiectd  (in  Segiel^ung  auf  bloge  ©efe^e  ber  9latur) 
an  eben  bemfelben  S)inge  ald  Qvotd  in  ftd^  fagt;  folglid^,  »enn  l^ierin 
fein  SBiberfprud&  fein  fott,  einen  ®runb  für  bie  SRbglic^feit  be«  S)inge« 
in  ber  9latur  unb  bod^  aud^  einen  ©runb  ber  Wöglid^feit  biefer  !Ratur  so 
felbft  unb  il^rer  Segiel^ung  auf  et»aiS,  baS  nid^t  empirifd^  erfennbare 
fflatur  (überjtnnlic^),  mitl^ln  für  un«  gar  nid^t  erfennbar  ift,  entl^alten 
mu6,  um  nad^  einer  anbern  art  ^aufalitdt  al8  ber  be«  9laturmedöani8mö 
beurtl^eilt  gu  »erben,  »enn  man  feine  ÜRoglic^feit  audmad^en  »tQ.  S)a 
alfo  ber  Segriff  eined  S)inge8  al8  SRaturgmedFS  für  bie  beftimmenbe  35 
Urt^eiUtraft  überfd^menglid^  ift,  »enn  man  baS  £)biect  burd^  bieSer- 
nunft  betrad^tet  (ob  er  g»ar  für  bie  reflectirenbe  Urt^elföfraft  in  »n^ 


2.  «bt^ciTuttö.    3)lale!tif  ber  teleotogifc^en  Urt^cilrtraff.  397 

fel^ung  ber  ©egenftdnbe  ber  Srfa^rung  immanent  fein  mag),  mithin  i^m 
für  beftimmcttbe  Urtl^eile  bie  objecttüe  SReoUtftt  nid^t  Derfc^afft  »erben 
fann:  fo  ift  l^ierau^  begretflid^,  mie  alle  ©Qfleme,  bie  man  für  bie  bog* 
matifd^e  SBel^anblung  beS  iBegriffS  ber  Slaturgtoede  unb  ber  9latur,  atö 
&  eined  burd^  6nburfa(i^en  gufammenl^&ngenben  ©anjen,  nur  immer  ent« 
werfen  mag,  meber  objectiö  bcjal^enb,  no(6  objcctit)  Dcrneinenb  irgenb 
etmaS  entfd^eiben  fonnen;  meil,  wenn  3)inge  unter  einem  SSegriffe,  ber 
blog  probIematif(!^  ift,  fubfumirt  merben,  bie  fqnt^etifd^en  ^r&bicate  bef« 
felben  (j.  S.  ^ier:  ob  ber  Smedt  ber  SRatur,  ben  »ir  un8  gu  ber  gr* 

10  geugung  ber  3)tnge  benten,  abftd^tlid^  ober  unabfit^tlid^  fei)  eben  fold^e 
(problematifd^e)  Urt^eile,  pe  mögen  nun  beja^enb  ober  oerneinenb 
fein,  t)om  Dbject  abgeben  muffen,  inbem  man  nid^t  meig,  ob  man  über 
etma«  ober  Slid^t«  urt^eilt.  2)er  SBegriff  einer  ßaufaUtdt  buriJb  ßmecfc 
(ber  j^unft)  ^at  aüerbingd  objectioe  Siealttät,  ber  einer  Saufalit&t  möi 

1»  bem  3We(ftani8m  ber  Jlatur  eben  f owol)!.  aber  ber  Scgriff  einer  (Eaufalitdt 
ber  9latur  nad^  ber  Siegel  ber  B^tde,  nod^  mel^r  aber  eineiS  SBefenS,  ber« 
gleichen  und  gar  nid^t  in  ber  ßrfal^rung  gegeben  merben  ,fann,  ndmlic^ 
eines  fold^en  atö  ttrgrunbed  ber  ^Jtatur,  tann  gmar  o^ne  SBiberfprud^  ge* 
badbt  ©erben,  aber  gu  bogmatifd^en  SBefiimmungen  bod^  nid^t  taugen: 

20  »eil  i^m,  ba  er  nic^t  auö  ber  (Srfal^rung  gegogen  werben  fann,  auc^  gur 
ÜRöglidbfeit  berfelben  nid&t  erforberlid^  ift,  feine  obiectit)e  SRealitdt  burd& 
ni(!^td  gefid^ert  werben  fann.  ©eft^d^e  biefeS  aber  aud^,  wie  fann  id^ 
3)inge,  bie  für  ^Probucte  göttUd^er  Äunft  beftimmt  angegeben  werben,  nod^ 
unter  $robucte  ber  Statur  gdl^len,  beren  ttnfd^igfeit,  bergleid^en  nadb  il^ren 

25  @efe^en  l^ert)orgubringen,  eben  bie  Berufung  auf  eine  oon  i^r  unter* 
fc^iebene  llrfadbe  notl^wenbig  mad^te? 

§75. 

2)er  Segriff  einer  objectlDen  Swcdtmdfeigfeit  ber  5ftatur  ift 
ein  fritifd&e«  ?Jrinci^)   ber  Sernunft   für  bie  reflectirenbe 
30  Urt^eilÄfraft. 

@8  ift  bod^  etwas  gang  Slnbered,  ob  ic^  fage:  bie  @rgeugung  gewiffer 

S)inge  ber  9tatur,  ober  auc^  ber  gefammten  ^atur  ift  nur  burd^  eine 

Urfa(^e,  bie  fid^  nad^  abfid^ten  gum  ^anbeln  beftimmt,  möglid^;  ober 

id^   fann    nadb    ber   eigentl^fimlidjen    93efd^affen]^eit    meiner 

35  Srfenntnigoermögen  über  bie  3R5gIid^feit  iener  S)inge  unb  i^re 


398    Äriti!  her  Utt^cllWroft.  2.  S^elt.  Ärlttf  bcr  teleologif^en  UrQcitöfraft. 

@rjeugung  tiid^t  anberiS  urtl^eUen,  als  loenn  id^  mir  ju  biefer  eine  Urfad^e, 
bie  no(J&  abjtd^ten  toirlti  mithin  ein  28efen  benfe,  welche«  nac^  ber  Sna^ 
loßi'e'mit  ber  ßaufalitdt  eines  SBerftanbe«  probuctiD  ift.  Sni  ^rjiercn 
Solle  toiU  i(^  etmad  über  baS  Object  auSmad^en  unb  bin  Derbunben,  bie 
objectit)e  ätealität  eineä  angenommenen  SSegriffS  barjutt)un;  im  jmeiten  5 
benimmt  bie  SSernunft  nur  ben  ®ebraud^  meiner  erlenntnifeöcrmöflen 
angemeffen  i^rer  6igent^ümlid)leit  unb  ben  mefentlid^en  Sebingungen 
il^reS  UmfangeS  fott)O^I,  als  il^rer  Sd^ranten.  Stlfo  ift  baS  erfte  ^rincip 
ein  objectiDer  ©runbfafe  für  bie  befiimmenbe,  ba«  jweite  ein  fubjectiüer 
®runbfafe  blofe  für  bie  reflectirenbe  Urtl^eilöfraft,  mitl^in  eine  ÜKajrime  10 
berfelben,  bie  i^r  bie  SSernunft  auferlegt. 

SBir  l^aben  nAmlid^  nnentbel^rlic^  nötl^ig,  ber  9latur  ben  Segriff 
einer  abfielet  unterzulegen,  tuenn  mir  i^r  andi  nur  in  il)ren  organifirten 
$robucten  bur(^  fortgefe^te  Seobad^tung  nad^forfd^en  moUen;  unb  biefer 
Segriff  ift  alfo  fd^on  für  ben  erfa^rungSgebrauc^  unferer  SBernunft  eine  « 
fd^Ied^terbingS  notl^menbige  SRajrime.   6d  ift  offenbar:  bag,  ba  einmal 
ein  fold^er  Seitfaben  bie  9latur  ju  ftubiren  aufgenommen  unb  bemäl^rt 
gefunben  ift,  koir  bie  gebac^te  3Ra;rime  ber  Urtl^eilSfraft  aud^  am  ©anjen 
ber  9latur  menigßend  Derfud^en  muffen,  meil  |td^  nad^  berfelben  noc^ 
mand^e  ®efe^e  berfelben  bflrften  aufflnben  laffen,  bie  uns  nad^  ber  ©c«  » 
fdbrdniung  unferer  Sinfid^ten  in  baS  innere  beS  3>2ed^aniSmS  berfelben 
fonft  verborgen  bleiben  toürben.  Sber  in  Slnfel^ung  beS  le^tern  ©ebraud^S 
ift  jene  aKajcime  ber  Urtl^eilSfraft  gmar  nüfelift,  aber  nid^t  unentbel^rliift, 
»eil  uns  bie  9latur  im  ©anjen  als  organijtrt  (in  ber  oben  angefül^rten 
engften  äSebeutung  beS  SBortS)  nid^t  gegeben  ift.  ^^ingegen  in  Slnfel^ung  r^ 
ber  ^robucte  berfelben,  meldte  nur  als  abfidbtlid^  fo  unb  nid^t  anberS 
geformt  muffen  beurtl^eilt  koerben,  um  ani)  nur  eine  @rfa^rungSertenntnig 
il^rer  innern  SSefd&affenl^eit  ju  befommen,  ift  jene  3Wajrime  ber  reflecti» 
renben  Urtl^eilStraft  »efentlid^  not^toenbig:  toeil  felbft  ber  ®eban!e  ))on 
i^nen  als  organiftrten  S)ingen,  o^ne  ben  ©ebanfen  einer  (Srjeugung  mit  so 
Slbftd^t  bamit  ju  t)erbinben,  unmöglid^  ift. 

9lun  ift  ber  Segriff  eines  ©ingeS,  beffen  ©fifteng  ober  gorm  mir 
uns  unter  ber  Sebingung  eines  Sn)edFS  als  möglid^  oorfteUen,  mit  bem 
Segriffe  einer  SufaUigleit  beffelben  (nad^  Sftaturgefefeen)  unjertrennlid& 
t)erbunben.  S)a]^er  mad^en  aud^  bie  9laturbinge,  kveld^e  mir  nur  als  S5 
Stoedc  möglid^  pnben,  ben  t)orne^mfken  SemeiS  für  bie  SufftHigfeit  beS 
äBeltgangen  aus  unb  ftnb  ber  eingige  für  ben  gemeinen  Serftanb  eben 


2.  ^bt^tlung.    2)talefttf  ber  teleologifi^en  Uri^eil^Traft.  399 

foioo^l  al^  ben  ^l^Uofopl^en  geltenbe  SemeiiSgrunb  ber  Slbl^dngigteit  unb 
beS  Urfprungö  beffelben  t)on  einem  auger  ber  SBelt  e;rf ftirenben  unb  gwar 
(um  jener  jtDedfmägigen  $orm  miQeu)  Derfldnbigen  SBefen:  ba^  alfo  bie 
äieleologie  feine  SSoflenbung  bed  Sluffd^luffed  für  il^re  9ta(^forfd^ungen, 

5  als  in  einer  Sl^eologie  pnbet. 

SBaS  bemeifet  nun  aber  am  6nbe  aud^  bie  aQerDoQftdnbigfte  Seleo« 
logie?  iBemeifet  ße  etma,  bag  ein  foId^eS  üerftänbigeS  SSefen  ba  [ei? 
9lein;  ni(^tö  »eiter,  als  ba|  mir  na(i^  Sefd^affen^eit  unferer  @rfenntnig« 
t)erm5gen,  alfo  in  SSerbinbung  ber  ßrfal^rung  mit  ben  obersten  ^rindpien 

10  ber  äS^nunft  und  f d^Ied^terbingS  feinen  Segriff  t)on  ber  ÜRöglid^feit  einer 
fold^  Sßeltmad^en  fönnen,  als  fo,  bag  tüxx  uns  eine  a&fi(i^tli(^«n)ir« 
fenire  oberfte  Urfac^e  berfelben  benfen.  DbiectiD  fonnen  iDiralfo  nid^t 
ben  @a^  bart^un:  eS  ift  ein  DerftänbigeS  Urmefen;  fonbern  nnr  fubfectio 
für  ben  ®ebraud&  unferer  ttrtl^eilsfraft  in  il^rer  9tePef ion  über  bie  ßwcdfe 

15  in  be^  tftatiir,  bte  nad^  feinem  anberen  $rincip  als  bem  einer  abfid^tlic^en 
ßaufalität  einer  ^öd^ften  ttrfad^e  gebadet  werben  fönnen. 

äBoDten  voix  ben  oberften  @a^  bogmatifd),  auS  teleologifd^en 
®rünben,  bart^un:  fo  n)ärben  mir  Don  ©d^mierigteiten  befangen  merben, 
aus  benen  mir  unS  nid^t  l^erauSmidteln  fönnten.    S)enn  ba  mfirbe  biefen 

so  @d^lflffen  ber  @a^  jum  @)runbe  gelegt  werben  muffen:  bie  organifirten 
SBefen  in  ber  SBelt  {tnb  nid^t  anberS,  als  burd^  eine  abftd^tlid^^mirfenbe 
Urfad^e  m5glid^.  £)a|  aber,  meil  mir  biefe  ^inge  nur  mtter  ber  Sbee  ber 
ßmedte  in  i^rer  ßaufaloerbinbung  t)erfolgen  unb  biefe  nad&  il^rer  ®efe^* 
mdgigfeit  erfennen  fönnen,  mir  aud^  bered^tigt  mdren,  eben  biefeS  aud^ 

98  für  icbeS  benfenbe  unb  erfennenbe  SBefen  als  not^menbige,  mithin  bem 
Dbjecte  unb  nid^t  blog  unferm  Subfecte  anl^dngenbe  S3ebingung  DorauS« 
jufe^en:  baS  mfigten  mir  l^iebei  unoermeiblid^  bel^aupten  moQen.  über 
mit  einer  fold^en  S3e]^auptung  fommen  mir  nidbt  burd^.  S)enn  ba  mir 
bie  3medEe  in  ber  !Ratur  als  abpd^tlid^e  eigentlid^  nid^t  beobad^ten, 

30  fonbern  nur  in  ber  3flepe;rion  über  i^rc  ^robucte  biefen  ^Begriff  als  einen 
Seitfaben  ber  Urt^eilSfraft  ^inju  benfen:  fo  ftnb  fte  unS  nid^t  burd^  baS 
Dbiect  gegeben.  A  priori  ift  eS  fogar  für  unS  unmbglid^,  einen  fold^en 
^Begriff  feiner  obiectit)en  SRealitdt  nad^  als  annel^mungSfd^ig  gu  red^t« 
fertigen.   @S  bleibt  alfo  fd^led^terbingS  ein  nur  auf  fubjectioen  SSebin^» 

85  gungen,  ndmlid^  ber  unferen  6rfenntnigt)erm5gen  angemeffen  reflectiren« 
ben  Urt^eilSfraft,  beru^enber  @a|,  ber,  menn  man  il^n  als  obiectit)^bog« 
matifd^  geltenb  auSbrüdfte,  feigen  mürbe:  (SS  ift  ein  ®ott;  nun  aber  für 


400    StMl  bet  nrt^eiUhaft.  2.  3:^eU.  jeritil  ber  teleologif^en  Utt^eildfraft. 

un8  SRenfd^ctt  nur  blc  clngefd^r&nltc  gotmcl  erlaubt:  SBir  fönncn  und 
bie  ßmedmägigleit,  bte  felbft  unferer  @rfcnntntg  ber  inneren  äRöglid^^ 
feit  uteler  9laturbinge  gum  ©runbe  gelegt  merben  mug,  gar  nidbt  an- 
berd  beuten  unb  begreifUd^  mad^en,  aU  inbem  mx  fle  unb  äber]^au))t  bie 
ä&elt  und  als  ein  ^robuct  einer  oerftdnbigen  Urfad^e  (eine«  @otted)  Dor^  3 
ftenen. 

ä&enn  nun  biefer  auf  einer  unumg&nglid^  notl^menbtgen  3Ra;rime 
unferer  Urt^eitötraft  gegrfinbete  @a^  aUeui  fomol^l  fpeculatioen  atö  prat 
tifd^en  ©ebraud^e  unferer  SSernunft  in  jeber  menfd^lid^en  Slbfid^t  t)oQ« 
tommen  genugtl^uenb  ift:  fo  möchte  id^  xotif)l  n)iffen,  mad  und  bann  bar»  10 
unter  abgebe,  bag  mx  i^n  nid)t  aud^  für  ^ol^ere  äSefen  gültig,  ndmlid^ 
aud  reinen  obiectit)en  (Srünben  (bie  leiber  unfer  Vermögen  äberßeigen), 
bereifen  tonnen.  6d  ift  nämlid^  gang  gewig,  bag  mir  bie  organiftrten 
äSefen  unb  bereu  innere  SRöglic^teit  uac^  blog  med^anifc^en  ^rinctpien 
ber  !Ratur  nid^t  einmal  gureid)enb  tennen  lernen,  üiel  weniger  und  er«  10 
tl&ren  tonnen;  unb  gmar  fo  gemig,  bag  man  breift  fagen  tann:  ed  ift  für 
3Renfd^en  ungereimt,  aud^  nur  einen  fold^en  Slnfc^lag  ju  faffen,  ober  ju 
l^offen,  bag  nod^  etma  bereinft  ein  9lemton  aufftel^en  tonne,  ber  aud^  nur 
bie  (Srgeugung  eined  ®rad^almd  nad^  ^aturgefe^en,  bie  teine  Sbftd^t  ge« 
orbnet  ^at,  begreiflid^  mad^en  merbe;  fonbern  man  mug  biefe  Sinftdbt  20 
ben  3Renfd^en  fd)led^terbingd  abfprec^en.  S)ag  bann  aber  auc^  in  ber 
9latur,  koenn  mir  bid  jum  $rincip  berfelben  in  ber  @pecification  i^rer 
allgemeinen  und  betannten  ©efe^e  burd^bringen  tonnten,  ein  l^lnreid^enber 
©runb  ber  3Röglid^tett  organiftrten  3Befen,  ol^ne  il^rer  @rjeugung  eine 
Slbftd^t  untergulegen  (alfo  im  blogen  3Red^anidm  berfelben),  gar  nid^t  S5 
oerborgen  liegen  tonne,  bad  mdre  mieberum  oon  und  gu  Dermeffen  ge^^ 
urtl^eilt;  benn  mol^er  moDen  mir  bad  mtffen?  äSal^rfd^einlid^teiten  faQen 
^ier  gar  meg,  mo  ed  auf  Urtl^eile  ber  reinen  SSernunft  antommt.  —  Slfo 
tonnen  mir  über  ben  @a^:  ob  ein  nad^  Slbftd^ten  ^anbelnbed  Sßefen  ald 
SBelturfad^e  (mithin  ald  Url^eber)  bem,  mad  mir  mit  Stedjt  SlaturgmedFe  ao 
nennen,  gum  ©runbe  liege,  objectio  gar  nic^t,  meber  beia^enb  nod^  Der» 
neinenb,  urtl^eilen;  nur  fo  oiel  ift  fidler,  ba^,  menn  mir  boc^  menigftend 
nad^  bem,  mad  und  eingufel^en  burd^  unfere  eigene  9latur  üergonnt  ift 
(nad^  ben  93ebingungen  unb  Sc^ranten  unferer  SSernunft),  urtl^eilen 
follen,  mir  fd^led^terbingd  nid^td  anberd  ald  ein  oerftänbiged  SSefen  ber  35 
9Röglid[)teit  iener  Slaturgmede  gum  ©runbe  legen  tonnen:  meld^ed  ber 
SRufime  unferer  reflectirenben  Urt^eildtraft,  folglich  einem  fubiectioen, 


2.  Slbtl^eilung.    S)iareltil  ber  tereologifd&en  Urtl^eildlraft.  401 

bem  menfc^Uc^en  ©efd^Ied^t  uitnaij^laglid^  anl^&ngenben  ©tunbe  attein 
gmd^  ift. 

§  76. 
Snmerfung. 

5  S)ie[e  Betrachtung,  iDeld^e  ed  gar  fel^r  Derbient  in  ber  SranSfcen  beu' 
talpl^iIofo:p^{e  umftdnblid^  auSgefäl^rt  ju  toerben,  mag  l^ier  nur  epifobifd^ 
jur  Erläuterung  (uid^t  jum  Setoeife  bed  l^ier  Vorgetragenen)  eintreten. 

S)ie  SSernunft  ift  ein  aSermögen  ber  $rincipien  unb  gcl^t  in  il^rer 
dugerften  ^orberung  auf  bad  Unbebingte;  ba  l^ingegen  ber  SSerftanb  il^r 

10  immer  nur  unter  einer  gemiffen  Sebingung,  bte  gegeben  »erben  mu^,  ju 
S){enften  ßel^t.  D^ne  93egri{fe  beS  ä^erßanbed  aber,  meldten  obfectiDe 
SRealitdt  gegeben  »erben  mufe,  lann  bie  SJernunft  gar  ni(^t  objectio  (f^n^^ 
t^etifi^)  urt^eilen  unb  enthält  al«  tl^eoretifd^e  äSernunft  für  ft(^  fd^Ie^ter« 
bingS  leine  conftitutiüe,  [onbern  blofe  regulatiöe  gJrlncipien.  SRan  toirb 

15  balb  inne:  bag,  mo  ber  SBerftanb  ni(^t  folgen  fann,  bieäSernunft  Aber« 
fc^tteuglid^  »irb  unb  in  gwar  gegrfinbeten  Sbeen  (ate  regulatioen  $rin« 
cipien),  aber  nid^t  obiectio  gültigen  Segriffen  fi(!^  I^eroortlgut;  ber  93er« 
ftanb  aber,  ber  mit  il^r  niii^t  (Schritt  l^alten  fann,  aber  boc^  gur  ©ültigleit 
für  Dbjecte  nötl^ig  fein  mürbe,  bie  ©ültigleit  jener  Sbeen  ber  SSernunft 

20  nur  auf  ba«  Subject,  aber  bod^  allgemein  für  alle  oon  biefer  ©attung, 
b.  i.  auf  bie  93ebingung  einfd^rdnle,  bagnad^  ber  9latur  unfered  (menfd^«' 
lid^en)  ßrfenntnigoermogend  ober  gar  überl^aupt  nad^  bem  Segriffe,  ben 
mir  und  oon  bem  Vermögen  eined  enblid^en  oernünftigen  SBefenö  über« 
^aupt  mad^en  fönnen,  xtiiii  anberö  a\i  fo  tonne  unb  muffe  gebadet 

93  merben:  ol^ne  bod^  ju  bel^aupten,  bag  ber  ©runb  eineis  fold^en  Urtl^eitö 
im  Dbiecte  liege.  SSBir  wollen  Selfpiele  anfül^ren,  bie  jmar  gu  öiel  SBic^« 
tigteit  unb  aud^  ©(^mlerigteit  l^aben,  um  fie  l^ier  fofort  alö  ermiefene 
@d^e  bem  Sefer  aufgubringeui  bie  il^m  aber  Stoff  gum  Stad^benfen  geben 
unb  bem,  maS  l^ier  unfer  eigentpmlid^ed  ©efd^dft  ift,  gur  ISrlduterung 

30  bienen  tbnnen. 

ISS  ift  bem  menfd^lid^en  Verftanbe  unumgdnglid^  notl^menbig,  9R5g> 
Ud^teit  unb  SBirtli^feit  ber  3)inge  gu  unterfd^eiben.  S)er  ®runb  baoon 
liegt  im  @ubiecte  unb  ber  9latur  feiner  (Srfenntnigoermögen.  S)enn 
mdren  gu  biefer  il^rer  Ausübung  nid^t  gmei  gang  l^eterogene  @tüdFe,  93er« 

35  ftanb  für  93egriffe  unb  finnlid^e  Slnfd^auung  für  Dbfecte,  bie  il^nen 
correfponbiren,  erforberli^:  fo  Würbe  eS  feine  folc^e  Unterfd^eibung 

Itant'«  6(^ttftett.    mttU.  V.  26 


402    ^ttt!  ber^Urt^etlfSfroft.  2.%^.  JMtil  ber  ieleologif^en  Urt^etldfraff. 

(jtoif(]^en  bem  SRöglid^en  unb  äSirlltii^en)  geben.  SB&re  n&mli^  unfer 
SSerftanb  anfd^auenb,  fo  l^&tte  er  feine  ©egenftdnbe  als  bai  Sirflic^e. 
aSeßriffe  (bie  blofe  auf  ble  ÜRöglic^felt  eine«  (Segenjlanbe»  ßel&en)  unb 
finnlid^e  Slnfd^auungen  (meiere  uns  etmaS  geben,  ol^ne  ed  baburd^  boc^ 
als  ®eflcnftanb  erfennen  gu  laffen)  mürben  beibe  »egfaHen.  3lun  berul^t  s 
aber  aQe  unfere  Unterfd^eibung  beS  bIo|  9R5gIi(l^en  Dom  SBirflid^en  bar« 
auff  bag  baS  erftere  nur  bie  ^ofttion  ber  SSorfteQung  eines  S)ingeS 
refpectio  auf  unfern  begriff  unb  überl^au))t  baS  SBermögen  }u  benfen,  baS 
le^tere  aber  bie  @e|ung  beS  S)ingeS  an  ftd^  felbft  (au^er  biefem  Segriffe) 
bebeutet.  Sllfo  ift  bie  Unterfc^eibung  m5gli(i^er  3>inge  loon  koirftid^en  lo 
eine  fold^e,  bie  bIo|  fubfectit)  für  ben  menfd^Iid^en  SSerfianb  gilt,  ba  iDir 
n&mlid^  ettoaS  immer  noc^  in  ©ebanlen  l^aben  fönnen,  ob  eS  gleid^  nid^t 
ifl,  ober  etmaS  als  gegeben  uns  t)orftenen,  ob  xoxx  gleid^  nod^  leinen  Se« 
griff  baüon  ^aben.  S)ie  @d^e  alfo:  ba^  S>inge  möglich  fein  fönnen,  ol^ne 
tt)irtlid^  gu  fein,  ba^  alfo  auS  ber  blogen  SRöglid^feit  auf  bie  äSirllii^feit  u 
gar  nid^t  gef^loffen  toerben  t5nne,  gelten  gang  ri^tig  für  bie  menfd^lid^e 
SSernunft,  ol^ne  barum  gu  bemeifen,  ba|  biefer  Unterfd^ieb  in  ben  2>ingen 
felbfl  liege.  S)enn  bag  biefeS  nid^t  barauS  gefolgert  toerben  tonne,  mithin 
jene  @d^e  gkoar  aüerbingS  aud^  Don  Obfecten  gelten,  fo  fern  unfer  (Sr* 
fenntni^üermögen  als  jtnnlic^^bebingt  fid^  aud^  mit  Öbiecten  ber  @inne  20 
befd^äftigt,  aber  nid^t  Don  S)ingen  überl^aupt:  leud^tet  auS  ber  nnab« 
laglid^en  ^orberung  ber  SBernunft  ein,  irgenb  ein  ßtmaS  (ben  Urgrunb) 
als  unbebingt  notl^menbig  ejctftirenb  angunel^men,  an  meld^em  3R5glid^Ieit 
unb  SBirflldöfeit  gar  nid^t  mel^r  unterfc^ieben  »erben  follen,  unb  für  »eld^e 
3bee  unfer  äSerftanb  fd^lec^terbingS  feinen  Segriff  l^at,  b.  i.  feine  Urt  auS«  n 
flnben  fann,  toie  er  ein  fold^eS  3)tng  nnb  feine  Slrt  gu  ejrtftiren  ftd^  toor» 
[teilen  folle.  2>enn  loenn  er  eS  benft  (er  mag  eS  benfen,  ttie  er  tuill),  fo 
ift  es  blog  als  mSglic^  Dorgeftellt.  ^\t  er  fid^  beffen  als  in  ber  anfc^auung 
gegeben  bemugt,  fo  ift  eS  »irflid^,  ol^ne  ftd^  l^iebei  irgenb  etttas  Don 
SRöglid^feit  gu  benfen.  S)al^er  ift  ber  Segriff  eines  abfolut>inotl^n)enbigen  30 
SßefenS  gkoar  eine  unentbe]^rli(!^e  Sernunftibee,  aber  ein  für  ben  menfc^« 
lid^en  Serftanb  unerreid^barer  ))roblematifd^er  Segrtff.  6r  gilt  aber  bod^ 
für  ben  ®ebraud^  unferer  ISrfenntnigDermögen  nad^  ber  eigentl^ümlid^en 
Sefd^affenl^eit  berfelben,  mitl^in  ni(^t  Dom  Dbiecte  unb  l^iemit  für  iebe« 
erfennenbe  Sßefen:  toeil  id^  nid^t  bei  iebem  baS  S>enfen  unb  bie  9n«  » 
f(!^auung,  als  gioei  Derfd^iebene  Sebingungen  ber  $(uSübung  feiner  @r« 
fenntnifeDermögen,  mithin  ber  SDlöglidöfeit  unb  SBtrflid^feit  ber  3)inge, 


2.  «bt^eiluitfi.    2)ialeftir  bn  teleologtfd^en  Utt^eildhaft.  403 

Doraudfe^en  tann.  ^flr  einen  SSerfianb,  bei  bem  btefer  Unterfd^ieb  ni(^t 
einträte,  »ürbe  e8  l^clfeen:  alle  Dbjecte,  bie  id^  etfenne,  f  inb  (eylftiren); 
unb  bie  aRöglid^feit  einiger,  bie  bod^  ni#  e^iftirten,  b.  i.  ßuf&nigteit 
berfelben,  toenn  jle  epftiren,  alfo  auii^  bie  booon  gu  nnterfd^eibenbe  9lotl^:» 

5  iDenbigfeit  iDärbe  in  bie  SSorfteÜung  eines  fold^en  äBefenS  gar  ni^t 
fommen  I5nnen.  SSad  tinferm  äSerftanbe  aber  fo  befd^merli^  fdOt,  ber 
aSernunft  l^ier  mit  feinen  Segrijfen  e«  glei^  gu  tl^un,  i[t  blofe:  bafe  für  ll^n 
atö  menfd^Uc^en  93erflanb  baSjenige  äberfd^menglic^  (b.  i.  ben  fubiectiDen 
a^ebingungen  feine«  (grfenntnlffeg  unmögliiJ^)  ift,  »a«  bod&  bie  SSernnnft 

10  als  gum  Dbiect  gel^orig  gum  $rincip  mad^t.  —  {hierbei  gilt  nun  immer 
bie  SRaicime,  bag  mir  aUe  Dbiecte  ba,  m  i^r  Srfenntnig  bad  SSermogen 
beS  SSerftanbed  uberfteigt,  nad^  ben  fubiectiDen,  unferer  (b.  i.  ber  menfd^« 
liefen)  9tatur  notl^toenbig  anl^ängenben  SBebingungen  ber  8luSftbung  il^rer 
9$erm5gen  benlen ;  unb  toenn  bie  auf  biefe  Slrt^gefftUten  Urt^eile  (tote  eS 

15  aud^  in  Slnfel^ung  ber  fiberfd^menglid^en  SSegriffe  nid^t  anberd  fein  lann) 
nid^t  confiitutlüe  ^rincipien,  bie  ba«  Dbject,  »ie  e«  befd^affen  i[t,  be* 
fitimmen,  fein  fönnen,  fo  n)erben  eS  bo^  regulative,  in  ber  8udfibung 
immanente  unb  fidlere,  ber  menfd^lid^en  Slbftd^t  angemeffene  ^rindpien 
bleiben- 

20  @o  tt)ie  bie  SSernunft  in  tl^eoretifd^er  ä3etrad^tung  ber  9latur  bie  ^bee 
einer  unbebingten  Stotl^menbigteit  i^res  Urgntnbe«  annel^men  mug:  fo 
fe^t  pe  aud^  in  praftif(fter  i^re  eigene  (in  Slnfcl&ung  ber  SJiatur)  unbcbingte 
Saufalit&t,  b.Il^rei^eit,  oorauS,  inbem  fie  ftd^  il^red  moralifd^en  ©ebotS 
beiofi^  ift.  SBeil  nun  aber  l^ier  bie  obiectioe  9totl^n)enbig{eit  ber  ^anblung 

95  als  $flid^t  berienigen,  bie  fte  als  aSegebenl^eit  l^aben  kofirbe,  loenn  il^r 
®runb  in  ber  9tatur  unb  nid^t  in  ber  $reil^eit  (b.  i.  ber  aSernunftcaufaUt&t) 
l&ge,  entgegengefe^t  unb  bie  moralifd^^fc^led^t^in^not^menbige  ^anblung 
pl^^Pfd^  als  gang  gufäQig  angefe^en  »irb  (b.  i.  bag  baS,  loaS  notl^toenbig 
gefd^el^en  follte,  bod^  öfter  ni^t  gefd^iel^t):  fo  iß  flar,  bag  eS  nur  oon 

30  ber  fubiectioen  a3efd^affenl&eit  unferS  praftifd^en  SSermögenS  l^enül&rt,  bafe 
bie  moralifd^en  ®efe^e  als  ©ebote  (unb  bie  il^nen  gem&ge  ^anblungen 
als  $f[id^ten)  oorgefteQt  »erben  muffen,  unb  bie  Sernunft  biefe  9lot]^* 
toenbigfeit  nid^t  burd^  ein  @ein  (©efc^el^en),  fonbern  Sein^SoQen 
auSbrfidFt:  meld^eS  nic^t  Statt  finben  mürbe,  menn  bie  SSernunft  ol^ne 

SS  @innlid^{eit  (als  fubfectioe  ä3ebingung  il^rer  Slnmenbung  auf  ®egen> 
ftdnbe  ber  9latur)  x^xzx  (Saufalit&t  nad^,  mitl^in  als  Urfad^e  in  einer 
intelligibelen,  mit  bem  moralifd^en  ®efe^e  burd^g&ngig  übereinftimmen* 

26* 


404    JMiil  ber  Urt^eildfroft.  2.  %^til  Stniif  ber  teleolodtfd&en  UrtljyeiUfroft. 

ben  Sßelt  betrad^tet  tourbe,  ti)o  gkoifc^en  Sollen  unb  S^utt,  itDifd^en  einem 
praftifd^en  ©efe^e  Don  bem,  tta^  burd^  uni  m5gU(i^  tft,  unb  bem  tl^eo» 
retifd^en  t)on  bem,  toa&  burd^  und  toirflid^  ift,  fein  Unterfd^ieb  fein  toärbe. 
Db  nun  aber  gleid^  eine  inteQigibele  fRtlt,  in  »eld^er  aUeS  barum  koirflidg 
fein  tofirbe,  blog  nur  meti  e8  (als  etioas  ®uted)  möglich  ifl,  unb  felbft  bie  5 
i^reil^eit  ate  formale  Sebingung  berfelben  ffir  unS  ein  überfd^toenglid^er 
äBegrijf  ifi,  ber  ju  feinem  conftitutioen  ?rindp,  ein  Dbjcct  unb  beffen 
obfectioe  äiealit&t  gu  befiimmen,  tauglid^  ift:  fo  bleut  bie  Untere  bod^  nad^ 
ber  Sefd^affenl^eit  unferer  (gum  S^eil  finnlld^en)  SRatur  unb  SSermögen« 
für  uns  unb  aUe  oernünfttge  mit  ber  Slnnenmelt  In  äSerblnbung  ftel^enbe  10 
SBefen,  fo  melt  mir  jie  un8  nad^  ber  Sefd^affenl^elt  unferer  SSernunft  Dor» 
fteOen  fönnen,  ju  einem  allgemeinen  regulatloen  ^rlncip,  u(eld^ed  bie 
93efd^affen]^eit  ber  ^reil^ett  als  ^orm  ber  ßaufallt&t  ntd^t  objectlt)  be» 
ftlmmt,  fonbern  unb  jmar  mit  nld^t  mlnberer  ©filtigfeit,  als  ob  blefed 
gefd^&l^e,  bte  Siegel  ber  l^anblungen  nadb  {euer  3bee  für  febermann  }u  n 
©eboten  mad^t. 

@ben  fo  fann  man  auc^,  toas  unfern  oorl^abenben  f^aQ  betrifft,  ein* 
r&umen:  mir  mfirben  jmifd^en  Silaturmed^anlSm  unb  Sed^nlt  ber  9}atur, 
b.  t.  ßmedtoerfnüpfung  In  berfelben,  feinen  Unterfd^leb  pnben,  mfire  unfer 
SSerftanb  nld^t  üon  ber  8(rt,  bag  er  00m  SlDgemelnen  gum  93efonbern  90 
gelten  mug,  unb  bte  UrtJ^ellSfraft  alfo  In  anfel^ung  beS  Sefonbern  feine 
SmedFm&glgtelt  erfennen,  mltl^ln  feine  beftlmmenbe  Urt^elle  f&Den  fann, 
ol^ne  ein  ungemeines  ®efe^  ju  l^aben,  morunter  fie  {eneS  fubfumlren 
fönne.   S)a  nun  aber  baS  S3efonbere  als  ein  fold^es  In  anfe^ung  beS 
allgemeinen  etmaS  ßuf&lllgeS  entl^dlt,  gleld^mol^l  aber  bie  SSernunft  in  ber  n 
ä^erbinbung  befonberer  ©efe^e  ber  9}atur  bod^  aud^  Slnl^elt,  mithin 
@efe^lld)felt  erforbert  (meiere  ©efe^lld^felt  beSSaf&Otflen  ßtoecfmd^igfeit 
l^elgt),  unb  bie  Ableitung  ber  befonberen  ®efe^e  aus  ben  allgemeinen  in 
Slnfe^ung  beffen,  maS  {ene  Suf&lligeS  In  fid^  entl^alten,  a  priori  burd^ 
Seftlmmung  beS  S3egrlffS  00m  Dbiede  unm5glld^  Ift:  fo  mirb  ber  Segriff  so 
ber  Swcdtmfifelgfclt  ber  Sßatur  In  tl^ren  Sßrobucten  ein  für  bie  menfd^ll^e 
Urtl^ellsfraft  In  «nfel&ung  ber  5Ratur  notl^menblger,  aber  nld^t  bie  Se^ 
ftlmmung  ber  Dbjecte  felbft  angel^enber  Segriff  fein,  alfo  ein  fubiectloeS 
^rlnclp  ber  Sernunft  für  bie  Urt^ellsfraft,  »eld^eS  als  regulativ  (nld&t 
conftitutto)  f ür  unfere  menfdöll(%e  Urtl^ellSfraft  eben  fo  notl^menblg  35 
gilt,  als  ob  es  ein  obiectloeS  ^rlnclp  m&re. 


2.  9(bt^ei(ung.    S)tatertil  ber  teleoTogifd^en  Urtl^eildfraft.  405 

§77. 

93on   ber  @igentpmltd^feit   beiS    menfd^Iid^en   SSerftanbeS, 
moburt^  uniS  ber  begriff  eines  SiaturjiDediS  m5gli(^  mirb. 

äßir  l^aben  in  ber  anmerfung  Sigentl^ümlid^feiten  unfereiS  (felbft 

5  beS  oberen)  @rrenntnigDerm5gen8,  meldte  »ir  leid^tlid^  ald  obiectioe 
^räbicate  auf  bie  @ad^en  felbft  überjutragen  Derleitet  merben,  angefül^rt; 
aber  fic  betreffen  Sbeen,  benen  angemeflen  fein  ©egenftanb  in  ber  gr» 
fal^rung  gegeben  »erben  fann,  unb  bie  alSbann  nur  gu  regulatit)en  $rin« 
cipien  in  SSerfoIgung  ber  legieren  bienen  lonnten.   Wt  bem  ä3egriffe 

10  eineiS  SiaturgmedFiS  Derl^&lt  ed  {td^  gioar  eben  fo,  roas  bie  Urfadde  ber 
3ffögUd^Ieit  eines  fold^en  $rdbicatö  betrifft,  bie  nur  in  ber  3bee  liegen 
fann;  aber  bie  i^r  gemd^e  golge  (ba«  ^robuct  felbft)  i|t  bod^  in  ber 
Statur  gegeben,  unb  ber  ä3egriff  einer  Saufalitdt  ber  le^teren,  als  eines 
nad^  Qmätn  l^anbelnben  SSefenS,  fd^eint  bie  ^bee  eines  SlaturjlDedfS  gu 

15  einem  conftitutit)en  $rincip  beffelben  gu  mad^en:  unb  barin  l^at  {te  ettoaS 
üon  aUen  anbern  3i>wn  Unterfd^eibenbeS. 

S)iefeS  Unterfd^eibenbe  befielet  aber  barin:  bag  gebadete  ^bee  nid^t 
ein  Sßernunftprincip  für  bcn  SSerftanb,  fonbern  für  bie  Urtl^eilSfraft,  mit* 
l^in  lebiglid^  bie  antoenbung  eines  SerftanbeS  äberl^aupt  auf  möglid^e 

20  ©egenftdnbe  ber  (Srfal^rung  ift;  unb  jtoar  ba,  mo  baS  Urtl^eil  nid^t  be« 
ftimmenb,  fonbern  blofe  refiectirenb  fein  fann,  mitl&ln  ber  ©egenftanb 
gioar  in  ber  (Srfal^rung  gegeben,  aber  barüber  ber  2!bee  gemd^  gar  nid^t 
einmal  beftimmt  (gefd^ioeige  oöUig  angemeffen)  geurtl^eilt,  fonbern 
nur  über  il^in  rejiectirt  »erben  fann. 

25  @S  betrifft  alfo  eine  Sigent^fimlid^reit  unfereS  (menfd^Iid^en)  SBer« 
ftanbeS  in  «nfel^ung  ber  Urtl^eilSfraft  in  ber  SReflejrion  berfelben  über 
S)inge  ber  9latur.  SBenn  bas  aber  ift,  fo  mug  §ier  bie  ^bee  oon  einem 
anbern  mögUd^en  SSerftanbe,  als  bem  menfd^Iid^en  gum  ©runbe  liegen 
(fo  mie  »ir  in  ber  j^ritit  ber  r.  93.  eine  anbere  möglid^e  Slnfd^auung  in 

so  ®ebanfen  l^aben  mußten,  menn  bie  unfrige  als  eine  befonbere  8lrt,  ndm* 
lid^  bie,  fftr  mlüit  ©egenftdnbe  nur  als  Srfd^einungen  gelten,  gel^alten 
»erben  foUte),  bamit  man  fagen  fönne:  geuoi^e  SRaturprobucte  mfiffen 
nad^  ber  befonbcrn  Sefd&affenl^eit  unfereS  äJerftanbeS  »on  unS  i^rer 
aRöglid^feit  nad^  als  abftd^tud^  unb  als  Sxotdt  ergeugt  betrad^tet 

35  »erben,  ol^ne  bod^  bar  um  gu  oerlangeni  ba|  es  »irflid^  eine  befonbere 


406    ftritil  bet  Urtl^eiUfraft.  2.  3:i^ei(.  Stdm  ber  teteobgif^en  Urt|eildftaft. 

Urfad^e,  meldte  bieSBorftellung  eines  S^^^^  8^  ^^^^^  SefttmmungSgrunbe 
l^at,  flebe,  mitl^in  ol^ne  in  »brebe  ju  giel^en,  bafe  nid^t  ein  anberer  (^öl^crcr) 
SSerftanb,  als  ber  menfd^Ud^e  aud^  im  SRed^aniSm  ber  9latur,  b.  t.  einer 
Saufaberbinbung,  iu  ber  nid^t  auSld^IiegunsSmeife  ein  SSerftanb  als  Ur« 
fad^e  angenommen  »irb,  ben  ®ntnb  ber  SRbglid^feit  fold^er  ^robucte  ber  s 
SHatur  antreffen  fönne. 

@S  fommt  l^ier  alfo  auf  baS  SSer^alten  unferes  SSerftanbeS  jur  Ur* 
tl^eilSfraft  an,  ba^  »Ir  ndmlit^  barin  eine  gemiffe  BufiHigteit  ber  Se* 
fd^affen^eit  beS  unfrigen  aufjud^en,  nm  biefe  als  @igentpmli(^feit  unferes 
SSerftanbeS  jum  Unterfd^iebe  Don  anberen  m5glidben  angumerfen.  lo 

S)iefe  BufdUigfeit  ftnbet  pd^  ganj  natarli(^  in  bem  Sefonbern, 
»eld^eS  bie  Urtl^ellstraft  unter  baS  allgemeine  ber  93er{tanbeSbegriffe 
bringen  foll;  benn  burd^  baS  angemeine  unfereS  (menfd^Ii^en) 9Ser{ian« 
bed  ift  ba^  Sefonbere  nid^t  beftimmt;  unb  eS  ifi  gutAUig,  auf  »ie  Dieler« 
lei  ürt  unterfd^iebene  S)inge,  bie  bod^  in  einem  gemeinfamen  SRerfmale  u 
flbereinfommen,  unferer  SSal^rnel^mung  oorTommen  fönnen.  Unfer  Ser« 
fianb  i|t  ein  Vermögen  ber  Segriffe,  b.  i.  ein  biScurftoer  SSerftanb,  für 
ben  es  freilid^  gufdüig  fein  mug,  »eld^erlei  unb  mie  fel^r  oerfd^ieben  baS 
Sefonbere  fein  mog,  bas  il^m  in  ber  9latur  gegeben  merben  unb  baS  unter 
feine  Segriffe  gebrad^t  merben  fann.  äßetl  aber  gum  @rfenntnig  bod^  audb  »^ 
anfdbauung  gel^ört,  unb  ein  SBermögen  einer  oblligen  @))ontaneit&t 
ber  Sinfd^auung  ein  oon  ber  Sinnlid^feit  unterfc^iebeneS  unb  baoon 
gang  unabl^&ngigeS  (Srfenntnigoermögen,  mitl^in  SBerftanb  in  ber  aOge^ 
meinften  Sebeutung  fein  mürbe:  fofann  manftd^  au(^  einen  intuitioen 
aSerflanb  (negatio,  ndmlid^  blog  als  nid^t  biScurfioen)  beuten,  meld^er  ^ 
nid^t  Dom  aOgemeinen  gum  Sefonberen  unb  fo  gum  Singeinen  (burd^  9e* 
griffe)  gel^t,  unb  für  meldten  jene  Sufdüigteit  ber  Sufammenfiimmung 
ber  5Ratur  in  i^ren  ^robucten  nad^  befonbern  Oefe^en  gum  SSerftanbe 
ni(i)t  angetroffen  mirb,  meldte  bem  unfrigen  e«  fo  f(^U)er  mad^t,  bad  Wen« 
nigf altige  berfelben  gur  Sinl^eit  beS  (SrfenntniffeS  gu  bringen;  ein  ®e«  so 
fd^dft,  baS  ber  unfrige  nur  burdb  Übereinftimmung  ber  !RaturmertmaIe 
gu  unferm  Vermögen  ber  »egriffe,  meldte  fel^r  gufdflig  ift,  gu  ©tanbe 
bringen  Tann,  beffen  ein  anfd^auenber  Serftanb  aber  nid^t  bebarf. 

Unfer  SBerftanb  ^at  alfo  baS  eigene  für  bie  Urtl^eitefraft,  bafe  im 
(Srfenntnig  burdd  benfelben  burd^  baS  ungemeine  baS  93efonbere  nic^t  be«  » 
fiimmt  mirb,  unb  biefeS  alfo  Don  {enem  aOein  nid^t  abgeleitet  merben 
lann;  glei(^mo]^I  aber  biefes  SBefonbere  in  ber  aRannigfaltigfeit  ber  9la« 


2.  «Ibt^etlung.    3)tole!tiI  ber  teleologifd^en  Urt^eitthoft.  407 

tut  gum  angcmcincn  (burd^  SScgriffc  unb  ©efcfec)  gufammcnftimmen  foll, 
um  barunter  fubfumirt  toerben  gu  fönnen,  loeld^e  Sufammenfiimmung 
unter  fold^en  Umftdnben  fel^r  gufällig  unb  für  bie  Urtl^eilsfraft  ol^ne  U* 
ftimmteiS  ^tincip  fein  mu^. 
5  Um  nun  gleid^tDol^I  bie  3fföglid^{eit  einer  fold^en  Sufammenftimmung 
ber  ©inge  ber  9latur  gur  Urtl^eiWfraft  (»eld^e  »ir  al8  gutfittig,  mithin 
nur  burd^  einen  barauf  gerid^teten  Qmd  als  m5glid^  DorfteQen)  wenig* 
ftend  beuten  gu  fönnen,  mflffen  toir  un8  gugleid^  einen  anbern  3$er{ianb 
beuten,  in  33egie]^ung  auf  »eld^en  unb  gwar  t)or  allem  il^m  betgelegten 

10  3»ed  »ir  j[ene  3ufammenftimmung  ber  9iaturgefe^e  mit  unferer  Urtl^eila» 
fraft,  bie  für  unfern  SBerjtanb  nur  burt^  bai  9$erbinbung8mittel  ber 
ßmede  benfbar  ift,  ald  not^wenbig  t)orfteI[en  (5nnen. 

Unfer  SSerftanb  nämlid^  l&at  bie  eigenfd&aft,  bafe  er  in  feinem  ©r» 
fenntniffe,  g.  S.  ber  Urfad^e  eineiS  ^robuctd,  Dom  Slnal^tifd^^SlUge« 

15  meinen  (üon  Segriffen)  gum  ©efonbern  (ber  gegebenen  enU)lrifd&en  an= 
f^auung)  gelten  mu^;  tDobci  er  alfo  in  Slnfel^ung  ber  3RannigfaIttgrett 
beS  le^tern  nid^td  beftimmt,  fonbern  biefe  Seftimmung  für  bie  Urtl^eifö« 
Iraft  t)on  ber  @ubfumtion  ber  empirifd^en  anft^auung  (wenn  ber  ®egen< 
ftanb  ein  9{aturprobuct  ift)  unter  bem  Segriff  erwarten  mug.  9lun  f5nnen 

20  »ir  uns  aber  aud^  einen  aSerftanb  beulen,  ber,  »eil  er  nid^t  wie  ber  unfrtge 
biScurfiD,  fonbern  intuitiD  ift,  üom  @9nt]^etifd^=aUgemeinen  (ber 
Sinfd^auung  eines  ©angen  als  eines  fold^en)  gum  Sefonbern  gel^t,  b.  t. 
Dom  ©angen  gu  ben  2;]^eilen;  ber  alfo  unb  beffen  SorfteKung  bes  ©äugen 
bieSufdUigfeit  ber  Serbinbung  htxZ^tilt  nid^t  in  f\i)  entl^dlt,  um 

23  eine  bestimmte  f^orm  beS  ©angen  moglid^  gu  ma^en,  bie  unfer  Serftanb 
bebarf,  weld^er  oon  ben  2;]^eilen  als  aOgemeingebad^ten  ©rünben  gu  uer^ 
fd^iebenen  barunter  gu  fubfumirenben  m5gUd^en  f^ormen  als  i^olgen  fort* 
gelten  mufe.  9lad^  ber  SBefd^affenl^eit  unfereS  SSerftanbeS  ift  l^ingegen  ein 
reales  ©ange  ber  9tatur  nur  als  SBirlung  ber  concurrirenben  bewegenben 

so  jbrdfte  ber  Sl^eile  angufel^en.  äßoHen  wir  unS  alfo  nid^t  bie  SRöglid^Ieit 
beS  ©äugen  als  t)on  ben  Sil^eilen,  wie  eS  unferm  biScurftDen  Serftanbe 
gemdg  ijt,  fonbern  uad^  SRa^gabe  beS  intuitiDen  (urbilblid^en)  bie  3Rögs 
Ud^Ieit  ber2;^eile  (il^rer  Sefd^affenl^eit  unb  SSerbinbung  nad^)  als  t)om 
©angen  abl^dngenb  DorfteQen:  fo  tann  biefeS  nad^  eben  berfelben  ©igen* 

35  tl^ümli^feit  unfereS  SSerftanbeS  nid^t  fo  gefci^el^en,  ba^  baS  ©ange  ben 
©runb  ber  SRbglit^Ieit  ber  Serrnü{)fung  ber  Sl^eile  (weld^es  in  ber  bis« 
curfiDen  @rlenntni|art  äSiberfprud^  fein  würbe),  fonbern  nur  ba|  bie 


408    ^Hr  ber  Urtl^eildfraft.  2.  Z:f^\l  Mut  ber  teleologtfd^en  Uttl^eUaftaft 

aSorftellung  eines  ©anjeit  ben  ®runb  ber  3RigIid^feit  ber^orm  beffe^ 
ben  unb  ber  baju  gehörigen  9Sertnfipfung  ber  Sl^eile  entl^alte.  3)a  ba^ 
®anje  nun  aber  al«bann  eine  SSirfung,  ^robuct,  fein  »urbe,  bcffen 
äSorftellung  als  bie  Urfad^e  feiner  SRöglid^feit  angefel^en  koirb,  baS 
$robuct  aber  einer  Urfadde,  beren  SeftimmnngSgrunb  blog  bie  SBorftet»  ^ 
Inng  il^rer  SBirlung  ift,  ein  Qxotd  ^eigt:  fo  folgt  barauS,  bag  eS  blog  eine 
Solge  au«  ber  befonbern  Sefd^affenfteit  unfere«  SSerftanbe«  fei,  »enn  »ir 
$robucte  ber  9latur  nad^  einer  anbern  9lrt  ber  Saufalit&t,  atö  ber  ber 
9laturgefe^e  ber  SRaterie,  ndmlit^  nur  nod)  ber  ber  Qmdt  unb  @nbur« 
f ad^en,  unS  aU  möglid^  oorfteUen,  utA  bag  biefed  $rincip  nid^t  bie  9I5g«  lo 
lid^Iett  folc^er  S)inge  felbft  (felbft  als  $^dnomene  betrad^tet)  nadb  biefer 
@rjeugungSart,  fonbern  nur  bie  unferem  93erftanbe  mögli^eSeurt^eilung 
berfelben  angelte.  äSobei  wir  gugleid^  einfel^en,  toaxum  wir  in  ber  9tatur^ 
funbe  mit  einer  Srfldrung  ber  $robucte  ber  9latur  burc^  Saufalit&t  nadb 
Stoedten  lange  nidbt  iufrieben  ftnb,  »eil  »ir  nämlid^  in  berfelben  bie  9la«  15 
turerjeugung  blofe  unferm  aSermögen  fie  gu  beurtl^ellen,  b.  i.  ber  refiecti* 
renben  Urtl^eitötraft  unb  nit^t  ben  S)ingen  felbft  gum  Sel^uf  ber  befiim* 
menben  Urt^eitöfraft  angemeffen  gu  beurtl^eilen  t)erlangen.  @«  i{t  Riebet 
aud^  gar  nid^t  nötl^ig  gu  bemeifen,  bag  ein  fold^er  miellectus  archetypns 
möglich  fei,  fonbern  nur  bag  mir  in  ber  S)agegenldaltung  unfere«  biScur«  20 
ftoen^  ber  Silber  bebiirftigen  SSerftanbeS  (iDtellectus  ectypus)  unb  ber 
Suf&Qigleit  einer  fold^en  Sefd^affentieit  auf  fene  3[bee  (eines  intellectus 
archetypus)  geführt  toerben,  biefe  aud^  feinen  SBiberfprud^  entl^alte. 

SSenn  mir  nun  ein  ©angeS  ber  ÜRaterie  feiner  f^^orm  nad^  al8  ein 
Sßrobuct  ber  Steile  unb  it|rer  j(rdfte  unb  Vermögen  fid^  Don  felbfl  gu  t)er^  S5 
binben  (anbere  SRaterien,  bie  biefe  einanber  guffi^ren,  l^ingugebad^t)  be« 
trad^ten:  fo  fteOen  mir  und  eine  med^anifd^e  SrgeugungSart  beffelben  Dor. 
aber  e«  fommt  auf  fold^e  Slrt  fein  S3egriff  t)on  einem  ®angen  ate  Qw^d 
l^erauS,  beffen  innere  3)f5glid^teit  burd^auS  bie  ^hte  Don  einem  ©angen 
DorauSfe^t,  Don  ber  felbft  bie  ädefd^affenl^eit  unb  SßirfungSart  ber  Sl^eile  so 
ab^dngt,  mie  »ir  un8  bod^  einen  organifirten  Mxptx  Dorftellen  muffen, 
hieraus  folgt  aber,  mie  eben  gemiefen  morben,  nidbt,  bag  bie  med^anifd^e 
Srgeugung  eines  fold^en  Rbxpa^  unmöglid^  fei;  benn  baS  mürbe  foDiel 
fagen,  als,  eS  fei  eine  fold^e  Sinl^eit  in  ber  SBerfnfi^fung  beS  SRannigfal« 
tigen  für  {eben  SSerflanb  unmöglid^  (b.  i.  miberfpred&enb)  fid^  Dorgu«  35 
fieOen,  ol^ne  ba^  bie  3!bee  berfelben  gugleid^  bie  ergeugenbe  Urfad^e  ber« 
felben  fei,  b.  i.  ol^ne  abftd^tlid^e  ^erDorbringung.  ©leid^mol^l  mürbe  biefeS 


2.  «bt^eilung.    S)mIeTti!  ber  ieUoXo^\\^tn  Urt^eildfraft.  409 

in  ber  2:]^at  folgen,  toenn  mir  materielle  Sßefen  a\S  S)inge  an  jtd^  felbft 
angufel^en  bered^tigt  to&ren.  S!)enn  olSbann  m&rbe  bie  (Sinl^eit,  meldte  ben 
©runb  ber  9R5gIi(^feit  ber  Slaturbilbungen  au^mad^t,  lebigltd^  bie  @in« 
l^eit  beS  SfiaumS  fein,  meld^er  aber  fein  Stealgrunb  ber  (Srieugungen,  fon« 

5  bem  nnr  bie  formale  Sebingung  berfelben  ift;  obmol^I  er  mit  bem  äteal« 
grunbe,  toeld^en  mir  fu^en,  barin  einige  Si^nlid^reit  l^at,  bag  in  il^m  lein 
S^eil  ol^ne  in  SSerl^dltnife  auf  ba^  ®anje  (bejfen  JBorfteDung  alfo  ber 
aRoglid^teit  ber  Sl^eile  jum  ®runbe  liegt)  beftimmt  merben  fann.  S)a  eS 
aber  bod^  menigftenS  mögUd^  ift,  bie  materieQe  SSelt  als  bloge  @rfd^ei« 

10  nung  gn  betrad^ten  unb  etmaS  a\S  S)ing  an  ftd^  felbft  (meld^eiS  nid^t  @r« 
fcfteinung  ift),  al«  Subftrat,  ju  benfen,  biefem  aber  eine  corrcfponbirenbe 
intellectuelle  Slnfc^auung  (wenn  jtc  gleld&  nid^t  bie  unfrige  ift)  unterju* 
legen:  fo  mürbe  ein,  objmar  für  und  unerfennbarer,  überpnnlid^er  SReal« 
grunb  für  bie  9latur  Statt  finben,  gu  ber  mir  felbft  mitgel^oren,  in  mel» 

i&  d^er  mir  alfo  baS,  mad  in  il^r  als  ©egenftanb  ber  @inne  notl^menbig  ift, 
nad^  med^anifd^en  ©efe^en,  bie  Bufammenftimmung  unb  @in]^eit  aber 
ber  befonberen  ®efe^e  unb  ber  f^ormen  nad^  benfelben,  bie  mir  in  9ln= 
fel^ung  iener  als  guf&Qig  beurtl^eilen  muffen,  in  il^r  als  ©egenftanbe  ber 
Vernunft  (fa  baS  Slaturgange  als  Softem)  gugletd^  nad^  teleologifd^en 

20  ©efe^en  betrad^ten  unb  fte  nad^  gmeierlei  ^rincipien  beurtl^eilen  mürben, 
ol^ne  ba^  bie  med^anifd^e  SrflarungSart  burd^  bie  teleologifd^e,  als  ob  fte 
einanber  miberfpräd^en,  auSgefd^loffen  mirb. 

hieraus  l&gt  jtd^  aud^  baS,  mas  man  fonft  gmar  leidet  t)ermutl^en, 
aber  fd^merli^  mit  ©emigl^eit  bel^aupten  unb  bemeifen  tonnte,  einfe^en, 

25  bag  gmar  baS  ^rincip  einer  med^anifd^en  Ableitung  gmedtm&^iger  9latur« 
probucte  neben  bem  teleologifd^en  beftetien,  biefeS  le^tere  aber  teineSmegeS 
entbel^rlid^  mad^en  fbnnte:  b.  i.  man  fann  an  einem  S)inge,  melc^eS  mir 
als  9laturjmed[  beurtl^eilen  mfif[en  (einem  organiftrten  SBefen),  gmar  alle 
belannte  unb  nod^  gu  entbedtenbe  ©efe^e  ber  med^anifd^en  Srgeugung  oer^ 

30  fud^en  unb  aud^  l^offen  bürfen  bamit  guten  Sortgang  gu  l^aben,  niemals 
aber  ber  Berufung  auf  einen  baoon  gang  unterfc^iebenen  @rgeugungS« 
grunb,  n&mlid^  ber  6aufalitdt  burd^  S^oedte,  für  bie  3Röglid^teit  eines 
fold^en  ^robucts  übert|oben  fein;  unb  fd^led^terbingS  fann  feine  menfd^« 
lid^e  93ernunft  (audb  feine  enblidge,  bie  ber  Qualit&t  nad^  ber  unfrigen 

35  d^nlid^  mfire,  jie  aber  bem  ®rabe  nad^  nod)  fo  fel^r  überfliege)  bie  ©rgeu» 
gung  audb  nur  eines  ©rdSd^enS  aus  blog  med^anifd^en  Urfad^en  gu  Der« 
ftel^en  l^offen.  S)enn  menn  bie  teleologifd^e  a3erfnü))fnng  ber  Urfac^en  unb 


410    ^til  bet  Urt^eili^fraft.  2.  ^t\l  SMüf  ber  teleologifd^en  Urt^eiliSfraft. 

SBirfunflen  gur  SKößUd&fctt  eine«  foI(%en  ©eflenjtanbe«  für  blc  Urtl^cite* 
fraft  ganj  unentbel^rlid^  ift,  felbft  um  biefe  nur  am  Seitfaben  ber  @rfal^ 
rung  gu  ftubiren;  »enn  für  äugere  ®egen{)dnbe  als  Srf^einungen  ein 
fid^  auf  3Q>e(Ie  begiel^enber  l^inreid^enber  ©runb  gar  nid^t  angetroffen 
merben  fann,  fonbern  biefer,  ber  aud^  in  ber  9latur  liegt,  bod^  nur  im  5 
überftnnlid^en  Subftrat  berfelben  gefud^t  »erben  mug,  t)on  »eld^em  und 
aber  alle  moglid^e  @injtd^t  abgefd^nitten  ift:  fo  ift  ed  und  fd^Ie(^terbing8 
unmöglid^,  auS  ber  9latur  felbft  l^ergenommene  ©rtldrungSgrünbe  für 
Bmedoerbinbungen  gu  fd^öpfen,  unb  ed  ift  nat^  ber  S3efd^affen§eit  bed 
menfd^Iid^en  ßrlenntnigoermögen«  notl^YDenbig,  ben  oberfien  ®runb  bagu  10 
in  einem  urfprünglid^en  SSerftanbe  al«  SSelturfat^e  gu  fud^en. 

§78. 

93on  ber  SSereinigung  bed  $rincip«  beS  allgemeinen 

ÜRed^aniömu«  ber  SRaterie  mit  bem  teleologif^en  in  ber 

Sed^nif  ber  9latur.  u 

@«  liegt  ber  SSernunft  unenblid^  i^iel  baran,  ben  3Red^ani«m  ber  !Ra« 
tur  in  i^ren  @rgeugungen  nic^t  faUen  gu  laffen  unb  in  ber  SrK&rung  ber» 
felben  nid^t  t)orbei  gu  ge^en:  toeil  o^ne  biefen  feine  (Sinfit^t  in  bie  %atur 
ber  ^inge  erlangt  merben  fann.  SBenn  man  und  gleid^  einrdumt:  bag 
ein  pc^fter  8lr(ftiteft  bie  ^Jormen  ber  3latur,  fo  »ie  fte  oon  je  l^er  ba  pnb,  w 
unmittelbar  gefc^affen,  ober  bie,  melt^e  ftc^  in  il^rem  Saufe  continuirli^ 
nad^  eben  bemfelben  SItufter  bilben,  prdbeterminirt  l^abe:  fo  ift  bod^  ba- 
burd^  unfere  @r!enntni^  ber  9latur  nid^t  im  minbeften  gefbrbert:  meil  ttir 
iened  äBefenS  ^anblungdart  unb  bie  3been  beffelben,  toeld^e  bie  $rin« 
cipien  ber  3RögIid^feit  ber  ^laturkoefen  entl^alten  follen,  gar  nid^t  tennen  ss 
unb  t)on  bemfelben  als  t)on  oben  l^erab  (a  priori)  bie  Statur  nid^t  erftdren 
fonnen.  SBollen  mir  aber  t)on  ben  formen  ber  ©egenftdnbe  ber  (Srfal^* 
rung,  alfo  oon  unten  l^inauf  (a  posteriori),  meil  mir  in  biefen  B^oedEmd^ig^ 
feit  angutreffen  glauben,  um  biefe  gu  erflären,  und  auf  eine  nad&  Qxotdtn 
mirfenbe  Urfad^e  berufen:  fo  mürben  mir  gang  tautologifc^  erftdren  unb  » 
bie  SSernunft  mit  3Borten  tdufd^en,  ol^ne  nod^  gu  ermdl^nen:  bag  ba,  mo 
mir  und  mit  biefer  ßrfldrungdart  iud  Überfd^menglid^e  verlieren,  mol^in 
und  bie  Slaturerfenntni^  nid^t  folgen  fann,  bie  SBernunft  bid^terifc^  gu 
fd^mdrmen  oerleitet  mirb,  meld^ed  gu  loerl^üten  eben  il^re  ))orgügll(^[te  99e« 
ftimmung  ift.  35 


2.  Stbt^etlutid.    ^\aUmt  bet  teleologifd^en  Itri^eUdhaft.  411 

SSon  ber  anbern  @ette  ift  e8  eine  eben  fotool^I  notl^toenbige  9Ra;time 
ber  SSernunft,  baS  ^rincip  ber  Qmdt  an  ben  ^robucten  ber  9{atur  ntc^t 
Dorbei  ju  gelten:  loeil  eS,  menn  eiS  gleid^  bie  @nt{)e]^ungSart  berfelben  unS 
eben  nicftt  beflreipi<!öer  mad&t,  bod^  ein  l^euripifd^e«  ^rlnctp  i%  ben  be= 

5  fonbem  ©efe^en  ber  9latur  nad^juforfc^en;  gefegt  au^,  ba^  man  baoon 
feinen  ©ebraud^  mad^en  tooDte,  um  ble  9latur  felb{i  bama^  gu  erHdren, 
inbem  man  fte  jo  lange,  ob  fte  gleid^  abfid^tlid^e  Smedelnl^eit  augenjii^etn« 
li(!Ö  barlegen,  nod&  immer  nur  SRaturgiüede  nennt,  b.  i.  ol^ne  fiber  ble  5Ra* 
tur  l^lnau«  ben  ®runb  ber  aRögltd^fett  berfelben  ju  fud^en.  SBetl  eS  aber 

10  bodi  am  @nbe  }ur  $rage  megen  ber  (enteren  fommen  mug:  fo  ift  eS  eben 
fo  notl^toenbig  für  pe,  eine  befonbere  «rt  ber  gaufalitdt,  bie  pc^  nld^t  in 
ber  5Ratur  üorpnbet,  gu  benfen,  al«  ble  aWed^anU  ber  Slatururfad^en  bie 
il^rlge  l^at,  inbem  gu  ber  SReceptiDitdt  mel^rerer  unb  anberer  formen,  al8 
bereu  bie  ÜRaterie  nad^  ber  Unteren  fdl^ig  Ifi,  nod^  eine  Spontaneität  einer 

13  Urfad&e  (ble  alfo  nld^t  3Raterie  fein  fann)  l^lngufommen  mufe,  ol&ne  m\6it 
Don  tenen  formen  fein  ®runb  angegeben  merben  !ann.  Qtoax  mug  bie 
SSernunft,  e^e  pe  biefen  ©d^rltt  tl^ut,  bel^utfam  t)erfa]^ren  unb  nid^t  jjebe 
Sed&nil  ber  SHatur,  b.  i.  ein  ^jrobucttoe«  Vermögen  berfelben,  mW& 
Swedmdfeigfelt  ber  ©eftalt  fftr  unfere  blofee  ap^jrel^enpon  an  pd^  geigt  (»le 

20  bei  reguldren  Äfirpern),  für  teleologlfcft  gu  erüdren  fucften,  fonbem  Immer 
fo  lange  ffir  blog  med)anlfd^-m5gUd^  anfe^en;  aQeln  barüber  baö  teleolo- 
glfc^e  ^rlnclp  gar  auSfc^Iiegen  unb,  tt)o  bie  3n>edtmdglglelt  ffir  ble  93er« 
nunftunterfud^ung  ber  9R5gIld^(eit  ber  9laturformen  burd^  i^re  Urfad^en 
Pd^  gang  unidugbar  atö  S3egiel^ung  auf  eine  anbere  9lrt  ber  (Saufalltdt 

35  geigt,  bod^  immer  ben  bloßen  SRed^aniSm  befolgen  mollen,  mug  bie  äSer- 
nunft  eben  fo  p^antaftlfd^  unb  unter  ^Irngefplnften  oon  9lotun)ermögen, 
ble  pd^  gar  nlc^t  beulen  laffen,  l^erumfc^melfenb  mad^en,  als  eine  blog 
teleologlf d^e  ßrtldrungiSart,  bie  gar  feine  Sflfidpd^t  auf  ben  9laturmed^antöm 
nimmt,  fie  fdbmdrmerlfd^  machte. 

-eo  Sin  einem  unb  eben  bemfelben  S)lnge  ber  9tatur  la^en  pd^  nld^t  belbe 
^rlnclplen,  als  ©runbfd^e  ber  (Srfldrung  (S)ebuctton)  elned  oon  bem  am 
bern,  oerfnfipfen,  b.  i.  als  bogmatifd^e  unb  conftltutloe  ^rlnclpien  ber 
5RaturelnPd^t  für  ble  bepimmenbe  ttrtl^eitöfraft  vereinigen.  SBenn  ld& 
g.  93.  oon  einer  !Ißabe  annel^me,  pe  fei  a\i  $robuct  bes  blogen  SRed^anlS« 

35  muS  ber  SRaterie  (ber  neuen  Sllbung,  ble  pe  für  pd^  felbfi  betoerfftelligt, 
»enn  lt|re  (Slemente  burd^  f^dulnlg  In  f^rell^elt  gefegt  toerben)  angufe^en: 
fo  fann  Id^  nun  nld^t  ))on  eben  berfelben  SRoterle,  als  einer  (Saufalltdt 


412    ^ttir  ber  Urt^eildfraft.  2.  Sl^eil.  Stviiif  ber  teleologif<^en  Urtl^ldfraft. 

nad^  S(otdtn  gu  l^anbeln,  eben  baffelbe  ^robuct  ableiten.  Umgefel^rt, 
toenn  id^  baffelbe  $robuct  als  Staturgtoed  annel^me,  fann  id^  nid^t  auf 
eine  me^anifd^e  (StgeugungiSart  beffelben  red^nen  unb  foId)e  atö  conftitu« 
tioed  ^rincip  gur  Seurtl^eilung  beffelben  feiner  3R5gKd^teit  nad^  annel^« 
nten  unb  fo  beibe  ^rincipien  t)ereintgen.  2)enn  eine  @rf(arungSart  fd^Iie^t  5 
bie  anbete  aud;  gefegt  aud^,  ba^  objectiD  beibe  ®rfinbe  ber  3Riglid^feit 
eines  folc^en  ^robuctö  auf  einem  einzigen  berul^ten,  mir  aber  auf  blefen 
nic^t  JRüdtpd^t  nfil^men.  Saö  ^rincip,  »elc^e«  bie  SBereinbarfelt  beiber  in 
Seurtl^eilung  ber  9latur  nad^  benfelben  möglid^  mad^en  foD,  mug  in  bem, 
\x>a&  auger^alb  beiben  (mitl^in  aud^  auger  ber  möglichen  empirijd^en  %as  lu 
turDorfteüung)  liegt,  non  biefer  aber  bod&  ben  ®runb  ent^ÄU,  b.  i.  im 
Überftnnlid^en,  gefegt  unb  eine  iebe  beiber  SrüfirungSarten  barauf  bego« 
gen  merben.  3)a  mir  nun  non  biefem  nid^tS  a\&  ben  unbeftimmten  Se» 
griff  eines  ©runbeS  l^aben  fbnnen,  ber  bie  Seurt^eilung  ber  !ßatur  nad^ 
empirifd^en  ©efe^en  moglid^  mad^t,  übrigens  aber  i^n  burdb  lein  $r&bi«  u 
cat  n&^er  beftimmen  fönnen:  fo  folgt,  bag  bie  SSereinigung  beiber  $rin« 
cipien  nid^t  auf  einem  ©runbe  ber  @r(Idrung  (@jcpIication)  ber  9R5g« 
lid^feit  eines  $robuctS  nad^  gegebenen  ®efe^en  für  bie  beftimmen be, 
fonbern  nur  auf  einem  ©runbe  ber  ßrörterung  (@jrpofttion)  berfelben 
für  bie  repcctirenbe  Urtl^eilSfraft  berul^en  lönne.  —  S)enn  erflären  l^eifet  20 
Don  einem  ^rincip  ableiten,  meld^eS  man  alfo  beutlid^  mug  erfennen  unb 
angeben  fonnen.  9tun  mfiffen  gmar  baS  ^rincip  beS  SRed^aniSmS  ber  9la» 
tur  unb  baS  ber  6aufalit&t  berfelben  nad^  Sn^^^^n  an  einem  unb  eben  bem^ 
felben  Staturprobucte  in  einem  eingigen  oberen  ^rincip  gufammenl^ängen 
unb  barauS  gemeinfd^aftlid^  abpiie^en,  meil  fte  fonft  in  ber  9laturbetrad^«  25 
tung  nid^t  neben  einanber  befleißen  tbnnten.  äBenn  aber  biefeS  obiectio^ 
gemeinfd^aftlid^e  unb  alfo  aud^  bie  ©emeinfd^aft  ber  baoon  ab^&ngenben 
ÜRajrime  ber  Slaturforfc^ung  bered^tigenbe  ^rincip  oon  ber  Art  ift,  bafe 
es  gmar  angegeigt,  nie  aber  beftimmt  erfannt  unb  f&r  ben  ©ebraud^  in 
oorfommenben  t^&llen  beutlid^  angegeben  merben  fann:  fo  Idgt  fid^  auS  » 
einem  fold^en  $rincip  feine  @rflarung,  b.  i.  beutlid^e  unb  beftimmte  Ab- 
leitung, ber  ^öglid^feit  eines  nad^  jenen  gmei  l^eterogenen  ^rincipien 
möglid^en  9laturprobuctS  gießen.  3flun  ift  aber  baS  gemeinf(^aftlid^e 
^rincip  ber  med^anifd^en  einerfeitS  unb  ber  teleologifdben  Ableitung  an« 
brerfeits  baSÜberfinnlid^e,  meld^eS  mir  ber  9latur  als  ^l^&nomen  un*  35 
terlegen  mfiffen.  SSon  biefem  aber  fönnen  mir  unS  in  tJ^eoretifdb^i^  Übftd^t 
nic^t  ben  minbeften  bejal^enb  befttmmten  93egriff  mad^en.  3Bie  alfo  nad^ 


2.  «btl^eilung.    2}ialerti!  ber  teleologif^en  Urtl^eUdrroft.  413 

bemfelbeti,  als  ^rincip,  bie  9latur  (nad^  il^ren  bejonbern  ©efe^en)  ffir 
und  ein  @Qftem  auSmad^e,  meld^ed  fott)oI|l  nad^  bem  $rinctp  ber  6rjeu» 
gung  Don  ))]^9jifd^en  aU  bem  ber  @nburfad)en  als  möglid^  erlannt  loerben 
fbnne:  Idgt  fid^  teinedmeged  erfldren;  fonbern  nur,  menn  ed  ft(^  jutrAgt; 

&  bog  ®egenft&nbe  ber  9lQtur  Dorfommen,  bie  nad^  bem  ^rincip  beS  äße« 
d^aniSmS  (melc^eS  jeberjeit  an  einem  9taturu)efen  Slnfpru(j^  l^at)  i^rer 
^bglid^feit  nac^,  o^ne  uns  auf  teleologifd^e  ®runbf&^e  gu  ftü^en,  Don 
uns  nt(^t  rönnen  gebadet  merben,  oorausfe^en,  bag  man  nur  getrofi  bei« 
ben  gem&g  ben  9laturgefe^en  nad^forfd^en  bflrfe  (nad^bem  bie  ^5glid^leit 

10  il^re«  5ßrobuct«  auö  einem  ober  bem  anbern  $rincip  unferm  SSerftanbe 
erfennbar  iß),  ol^ne  ftd^  an  ben  fc^einbaren  SSiberftreit  gu  fto^en,  ber  {td^ 
gmifd^en  ben$rincipien  berSBeurtl^eilung  beffelben  l^erDortl^ut:  meUmenig«' 
ftenS  bie  äRbglid^feit,  bag  beibe  aud^  objectit)  in  einem  ^rincip  vereinbar 
fein  mbd^ten  (ba  fie  @rfd^einungen  betreffen,  bie  einen  überftnnlid^en 

15  Orunb  DorauÄfefeen),  gefid&ert  ift. 

Db  alfo  gleid^  fomol^l  ber  ^ed^aniSm  ald  ber  teleologifd^e  (abftt^t« 
lid^e)  Sed^niciSm  ber  9latur  in  Slnfel^ung  ebenbeffelben  ^robuctö  unb 
feiner  Sßöglid&feit  unter  einem  gemein|(^aftlid&en  obern  ^rincip  ber  Sta- 
tur nad^  befonbern  ©efe^en  ftel^en  mögen:  fo  fönnen  mir  bod^,  ba  biefeS 

20  $rincip  tranSfcenbent  Ift,  nac^  ber  @ingefd^rdnft^eit  unfereS  SSerftan- 
be«  beibe  ^rindpien  inberertldrung  eben  berfelbcn  Slaturergeugung 
aisbann  nid^t  vereinigen,  menn  felb{i  bie  innere  ^öglid^feit  biefeS  $ro« 
buctS  nur  burd^  eine  ßaufalitdt  nad^  Smedten  oerftdnblid^ifi  (mie  or* 
ganifirte  Materien  t)on  ber  Srt  finb).  €S  bleibt  alfo  bei  bem  obigen 

25  ®runbfa^e  ber  Seleologie:  bag  nad^  ber  Sefd^affen^eit  beS  menfd^Iid^en 
aSerjlanbeS  für  bie  3Äöglld&feit  organiftfter  aSBcfen  in  ber  SRatur  feine  an- 
bere  als  abfid^tlit^  loirtenbe  Urfac^e  (önne  angenommen  merben,  unb 
ber  bloge  SJZed^aniSm  ber  9iatur  gur  Srfldrung  biefer  i^rer  ^robucte  gar 
nid^t  l^inldnglid)  fein  fönne;  ot|ne  boc^  baburc^  in  Anfel^ung  ber  ^öglid^« 

30  feit^olc^er  3)inge  felbft  burd^  biefen  ©runbfa^  entfd^eiben  gu  mollen. 

S)a  ndmli(^  biefer  nur  eine  5Kaf Ime  ber  reflectirenben,  nid^t  ber  be^ 
ftimmenben  Urtl^eilSfraft  ift,  bal^er  nur  fubjectit)  für  unS,  nidf)t  ob{ectiD 
für  bie  2RögIid()feit  biefer  »rt  2)inge  felbft  gilt  (wo  belberlei  ©rgeugungS« 
arten  mo^I  in  einem  unb  bemfelben  ®runbe  gufammenl^dngen  tonnten); 

35  ba  ferner  ol^ne  aQen  gu  ber  teleologifd^-geba^ten  ßrgeugungSart  ^ingu« 
lommenben  Segriff  üon  einem  babel  gugleid^  angutreffenben  SÄed^aniSm 
ber  9latur  berglei(^en  (Srgeugung  gar  nid^t  als  9latur))robuct  beurtl^eilt 


414    ^ttil  bet  Uvt^eitiShaft.  2. 3||eH.  Mixt  bet  teleologtf^ett  Urt^tldfraft. 

koerben  fönnte:  fo  fül^rt  obige  SRojcime  su0lei(^  bie  9lotl^menbigtett  einer 
SSereinigung  beiber  $rincipien  in  ber  SeurtJ^eilung  ber  ^inge  al8  Blatur* 
gmede  bei  fid^,  aber  nid^t  nm  eine  ganj,  ober  in  geioiffen  @tüden  an  bie 
Stelle  ber  anbern  gn  fe^en.  3)enn  an  bie  Stelle  beffen,  toa&  (oon  und 
»enigftenS)  nur  aliS  mii  übfic^t  uioglid^  gebadet  ttirb,  la^t  {id^  fein  3R^  '^ 
d^aniSm;  unb  an  bie  SteDe  beffen,  »aS  nat^  biefem  al8  notl^ioenbig  er^ 
tannt  ivirb,  lagt  fi(^  leine  Sufdaigfeit,  bie  eined  QxotdS  jum  Seflim» 
mungSgrunbe  bebürfe,  annel^men:  fonbem  nur  bie  eine  (ber  äRed^aniSm) 
ber  anbern  (bem  abP(!^tH(l^en  Sed^niciSm)  unterorbnen,  toeld^eiS  nad^  bem 
tramSjcenbentalen  $rincip  ber  Btti^dmA^igteit  ber  9latur  ganj  ttol^I  ge»  lo 
fd^e^en  barf. 

S)enn  »o  Qxotdt  als  ©rünbe  ber  9ß5glid^feit  geiDiffer  3)inge  gebadet 

I  merben,  ba  mug  man  aud^  3Rittel  annel^meUf  beren  Sßirfungdgefe^  für 

fi(^  nid^tS  einen  Sxotä  SSorauSfe^enbeS  bebarf,  mitl^in  mec^anifd^  unb 
bod^  eine  untergeorbnete  Urfad^e  abfi(^tlidber  SSirtungen  fein  fann.  S>a^  is 
l^er  Idgt  fid^  felb{i  in  organif^en  $robucten  ber  9latur,  nod^  mel^r  aber, 

I  toenn  mir,  burd^  bie  unenblid^e  SRenge  berfelben  veranlagt,  baiS  abftd^t* 

I  lid^e  in  ber  SBerbinbung  ber  ^atururfad^en  nad^  befonbern  ©efe^en  nun 

aud^  (menigftenS  burd^  erlaubte  $9potl^efe)  gum  allgemeinen  $rinci)) 
ber  reflectirenben  Urt^eildlraft  für  baä  Slaturganje  (bie  äßelt)  annehmen,  so 
eine  groge  unb  fogar  allgemeine  SSerbinbung  ber  med^anif(^en  ®efe^e 

I  mit  ben  teleologifd^en  in  ben  Erzeugungen  ber  !ßatur  beuten,  ol^ne  bie 

^rincipien  ber  93eurt^eilung  berfelben  gu  »erioed^feln  unb  eines  an  bie 
Stelle  beS  anbern  gu  fe^en:  meil  in  einer  teleologifd^en  Seurtl^eilung  bie 
!D{aterie,  felb{l  menn  bie  Sorm,  »eld^e  fte  annimmt,  nur  al8  nad^  Sbfid^t  »^ 
m5glid^  beurt^eilt  wirb,  bod^  il^rer  9tatur  nad^  med^anif(^en  ®ef  e^en  gemdg 
ienem  DorgefleHten  Qwät  aud^  gum  SRittel  untergeorbnet  fein  lann;  nie« 
»ol^l,  ba  ber  ®runb  biefer  SSereinbarfeit  in  bemjenigen  liegt,  ivaS  meber 
baiS  eine  nod^  bad  anbere  (meber  ^ed^anidm,  no(||  Smedberbinbung),  fon« 
bem  bad  überfinnlid^e  Subftrat  ber  9latur  i{t,  r>t>n  bem  »ir  nichts  er«  so 
fennen,  für  unfere  (bie  menfd^lid^e)  SSernunft  beibe  SSorfiellungSarten  ber 
3R5glid^reit  fol(^er  Obiecte  nid^t  gufammeniufd^melgen  flnb,  fonbem  tt)ir 
fte  nid^t  anberS  ald  nad^  ber  SSerfnüpfung  ber  Snburfad^en  auf  einem 
oberften  SBerftanbe  gegrünbet  beurt^eilen  fönnen,  U)obur(^  alfo  ber  teleo« 
logifd^en  ErfldrungiSart  nid^td  benommen  ttirb.  » 

SBeil  nun  aber  gang  unbeftimmt  unb  für  unfere  SSernunft  audb  auf 
immer  unbeftimmbar  i{t,  »ieDiel  ber  Sßed^aniSm  ber  Slatur  a\S  3Rittel  gu 


2.  5IBtöeiTunfi.    fDioIef«!  bcr  teleologifd^en  Urtl&eltefrnft.  415 

ieber  Snbabjid^t  in  berfelben  tl^ue;  unb  toegen  beS  obertoäl^nten  intelligi« 
belen  $rincip8  ber  äßöglic^feit  einer  9iatur  ilberl^aupt  gar  angenommen 
»erben  fann,  bo^  fte  burd^gdngig  nad^  beiberlei  allgemein  jufammen« 
ftimmenben  ©efe^en  (ben  ^l^Qfifd^en  nnb  ben  ber  @nbnr)a$en)  möglid^ 
5  fei,  mietool^I  mir  bie  Sirt,  mie  biefed  guge^e,  gar  ntd^t  einfel^en  fönnen:  fo 
loiffen  mir  aud^  nid^t,  mie  meit  bie  für  unS  mdglid^e  med^anifd^e  (Srlld« 
rung8art  gel^e,  fonbern  nur  fo  üiel  gemife:  ia%  |o  toeit  »ir  nur  immer 
barin  lommen  m5gen,  fte  bod^  allemal  für  S)inge,  bie  mir  einmal  ald  9la« 
turgmedte  anerlennen,  unjureid^enb  fein  unb  mir  alfo  nad^  ber  Sefd^offem 

10  l^eit  unfereS  93er{lanbe8  jene  ©rünbe  indgefammt  einem  teleologifd^en 
^rindp  unterorbnen  muffen. 

hierauf  grünbet  fic^  nun  bie  Sefugnig  unb  megen  ber  SBi^tigleit, 
meldte  baS  9taturftubium  nad^  bem  $rincip  bed  ^ed^anidmiS  für  unfern 
tl^eoretifd^en  SSernunftgebraud^  l^at,  aud^  ber  Seruf:  ade  $robucte  unb 

15  (Sreigniffe  ber  Slatur,  felbft  bie  gmedfmä^igflen  fo  meit  med^anifd^  gu  er« 
Hdren,  al8  eS  immer  in  unferm  SSermögen  (beffen  ©d^ranfen  mir  inner* 
§alb  biefer  Unterfud^ungSart  nid^t  angeben  f5nnen)  fielet,  babei  aber  nie» 
mals  aM  btn  Slugen  gu  verlieren,  bag  mir  bie,  meldte  mir  aOein  unter 
bem  ^Begriffe  üom  Swedte  ber  SSernunft  gur  Unterfud&ung  felbft  aud^  nur 

20  aufj^eOen  lonnen,  ber  mefentlid^en  SBefd^affenl^eit  unferer  SSernunft  gemäg, 
iene  med^anifd^en  Urfad^en  ungead^tet,  bod^  gule^t  ber  @aufalität  m^ 
Smedfen  unterorbnen  muffen. 


aWctl^obenlcl^re  ber  teleologifd^en  Urtl^cilglraft 

§79. 

Ob  bie  Seleologie  als  gur  9laturlel^re  ge^5renb  abgel^anbelt 

tterben  mäffe.  5 

@ine  iebe  3ßif[enfd^aft  mug  in  ber  (Snc^flopäbie  aVitx  Sßiffenf(^aften 
tl&rc  bcfttmmtc  Stcüe  l^abcn.  Sft  c«  eine  pl^llofopl&ifcftc  SBiffenfd^aft,  fo 
mug  il^r  i^re  SteQe  in  bem  ttieoretijd^en  ober  prattifii^en  2:]^eU  berfelben 
unb,  l^at  pe  il^ren  ^Iq^  im  erftcren,  entmeber  in  ber  9?aturlel^re,  fo  fem 
fte  baS,  tt)aiS  ©egenftanb  ber  Srfal^rung  fein  fann,  erm&gt  (folglid^  ber  10 
Äör|)erle]^re,  ber  ©eelenlel^re  unb  allgemeinen  SBeUtoiffenfd^aft),  ober  in 
ber  ©ottedlel^re  (oon  bem  Urgrunbe  ber  SBelt  alÄ  Snbegriff  aller  ®egen= 
ft&nbe  ber  ßrfa^rung)  angemiefen  »erben. 

9iun  fragt  {id^:  äßeld^e  ©teQe  gebai^rt  ber  Steleologie?  ©el^drt  fie 
gur  (eigentlich  fogenannten)  9iaturtt)iffcnfd&aft,  ober  jur  SE^eologie?  @in8  15 
oon  beiben  mug  fein;  benn  gum  Übergange  auS  einer  in  bie  anbere  lann 
gar  feine  SBiffenfd^aft  gel^oren,  »eil  biefer  nur  bie  articulation  ober  Or» 
ganifation  beiS  SqftemS  unb  leinen  $la^  in  bemfelben  bebeutet. 

S)ag  jte  in  bie  Sl^eologie  ald  ein  Sl^etl  berfelben  nid^t  gel^5re,  obgleidb 
in  berfelben  oon  il^r  ber  »id^tigfte  ©ebraud^  gemad^t  »erben  fann,  ift  für  20 
ftd^  felbft  flar.  3)enn  fie  ^at  Staturergeugungen  unb  bie  Urfadf)e  ber« 
felben  gu  il^rem  ®egenftanbe;  unb  ob  fte  gteid^  auf  bie  le^tere,  ald  einen 
au^er  unb  fiber  bie  Statur  belegenen  ©runb  (göttlid^en  Url^eber)  l^inaud« 
»eifet,  fo  t^ut  fte  biefed  bod^  nid^t  ffir  bie  bejlimmenbe,  fonbern  nur  (um 
bie  SBeurtl^eilung  ber  S)inge  in  ber  äSelt  bur^  eine  fold^e  Sbee  bem  ^ 
menfd^Ud^en  93er[tanbe  angemeffen  ald  regulati^ed  $rincip  gu  leiten)  blog 
fAr  bie  reßectirenbe  Urtl^eilSfraft  in  ber  9laturbetrad^tung. 


^nl^ang.    üJ^etl^obenlel^re  ber  teleologtfd^en  Urt^eildfroft.  417 

@ben  fo  toenig  fd^eint  fte  aber  aud^  in  bie  9lQtumiffenfd^aft  ju  ge* 
l^ören,  [toelc^c  bcftimmenbcr  unb  nid^t  blofe  rcflcctircnbcr  ^rtndplcu  bc= 
barff  um  Don  Siaturmirfungeu  obiectbe  ©rimbe  anzugeben,  ^n  ber  5£l^at 
ip  au(^  für  bie  Sl^eorle  ber  3latur,  ober  bte  mecftanifd^e  ©rflSrunß  ber 

6  $^&nomene  berfelben  burd^  il^re  loirfenben  Urfadben  baburd^  nid^tö  ge« 
loonnen,  bag  man  fie  nadb  bem  SSerl^dltniffe  ber  Su}edte  ju  etnanber  be^^ 
trad^tet.  3)ie  auffteDung  ber  Qtotdt  ber  Slatur  an  il^ren  ^robucten,  fo 
fern  {te  ein  @qftem  nad^  teleologifd^en  Segriffen  auSmad^en,  i{i  eigentlid^ 
nnr  gur  9laturbefd^retbung  geprig,  meiere  nad^  einem  befonbern  Seit« 

10  faben  abgefaßt  ift:  too  bie  SSernunft  jwar  ein  ^errlidbe«  unterrid^tenbe« 
unb  {)raftifd^  in  mand^erlei  abpddt  gYoedm&giged  ©efd^&ft  oerridbtet,  aber 
über  bad  Sntfte^en  unb  bie  innere  SRdglidbfeit  btefer  f^ormen  gar  feinen 
auffd^Iu^  giebt,  morum  eS  bod^  ber  tl^eoretifd^en  SRaturkoiffenfd^aft 
eigentlid^  ju  t^un  ift. 

15  S)ie  Seleologie  alö  338if[cnf(ftaft  gel^ört  alfo  gu  gar  feiner  3)octrin, 
fonbern  nur  gur  j^ritif  unb  gmar  eined  befonbern  @rfenntnigt)ermögeniS, 
nomlid^  ber  Urtl^eilöfraft.  aber  fo  fern  fte  Sßrincipien  a  priori  enttjölt, 
fann  unb  mug  fte  bie  SDtetl^obe,  mie  über  bie  9latur  nad^  bem  ^rinclp  ber 
(Snburfac^en  geurt^eilt  merben  mfiffe,  angeben;  unb  fo  l^at  il^re  SRet^oben« 

20  lelire  menigPen«  negatioen  ßinflufe  auf  ba«  SSerfal&ren  in  ber  t^eoretifd^en 
9laturn)if[enfdbaft  unb  aud^  auf  bad  93er^&Itnig,  toeld^eS  biefe  in  ber 
3Retap^9fit  gur  Sl^eologie  aliS  ^rop&beutif  berfelben  ^oben  fann. 

§80. 
S3on   ber  notl^ioenbigen   Unterorbnung   beiS   ^rincipS   beS 
25     SRed^aniömS  unter  bem  teleologifd^en  in  @rflarung  eines 
2)ingeiS  aU  9laturgtt)edfiS. 

S)ie  93ef  ug  ni^  auf  eine  blog  med^anifc^e  Srfl&rungSart  aller 9latur« 
probucte  audgugel^en  ifi  an  ftd^  gang  unbefd^rdnft;  aber  baiS  SBer« 
mögen  bamit  aQein  audgulangenift  naä)  ber  Sef^affenl^eit  unfereiS 

30  SSerftanbeS,  fofern  er  eS  mit  fingen  al8  SHaturgkoedten  gu  tl^uu  ](|at,  nid^t 
allein  fet|r  befd^rdntt,  fonbern  auc^  beutlid^  begrdngt:  ndmlid^  fo,  bag 
nad^  einem  Jßrincip  ber  Urtl^eilSfraft  burd^  baS  erftere  SBerfal^ren  allein 
gur  @rtldrung  ber  le^teren  gar  nid^td  audgerid^tet  toerben  fönne,  mitl^in 
bie  Seurt^eilung  fol^er  ^robucte  jjebergeit  oon  unS  gugleid^  einem  teleo« 

35  logifd^en  ^rincip  untergeorbnet  »erben  mfiffe. 

SianVB  ۊ)ti^tttL   SerCe.  V.  27 


418    Ärttif  bcr  Urt^ctlgftaft.  2.  ^eil.  Sttim  her  tcleologifd^en  Urtl^etWMt. 

68  ifi  bal^er  Dcrnünftifl,  ja  öerbienpU(^,  bcm  ^laturmcd^anUm  jum 
Scffuf  einer  ©rflärung  ber  SHaturprobucte  fomeit  nad^gugel^en,  qIä  e«  mit 
SBal^rfc^cinlidöfeit  gefd^el^en  fann,  ja  biefcn  SSerfud^  nid^t  barum  aufgu* 
geben,  tneil  es  an  f{(!^  unmöglich  fei  auf  feinem  SBege  mit  ber  3^^^* 
mdligfeit  ber  Dktur  jufammenautreffen,  fonbern  nur  barum,  toeil  e8  ffir  5 
und  al8  äRenfd^en  unmögli(i^  tft;  inbem  bagu  eine  anbere  a(8  {tnnlid^e 
9lnf(]^auung  unb  ein  beftimmted  @rlenntnig  be8  inteQigibelen  @ubftrat8 
ber  9latur,  morauS  felbft  t)on  bem  SRed^aniSm  ber  Srfd^einungen  naii 
befonbern  ©efe^en  ®runb  ongegeben  werben  fönne,  erforberlid^  fein 
mürbe,  U)eI(!^eiS  alled  unfer  SSermögen  g&njlid^  uberfteigt.  lo 

S)amit  alfo  ber  9laturforf(i)er  nid^t  auf  reinen  SSerluft  arbeite,  fo 
mug  er  in  Seurtl^eilung  ber  S)inge,  beren  93egriff  ald  ^Ratur^nede  unbe» 
jmeifelt  gegrfinbet  ift  (organiftrter  SBefen),  immer  trgenb  eine  urfprüng* 
lid^e  Drganijation  jum  ®runbe  legen,  »cld^c  jenen  ÜRed^aniSm  felbjt 
benu^t,  um  anbere  organiftrte  t^ormen  l^eroorjubringen,  ober  bte  feintge  u 
ju  neuen  Oeftaltcn  (bie  bod^  aber  immer  au8  jenem  ßwerfe  unb  i^m  ge» 
mafe  erfolgen)  ju  entwidfcln. 

@8  ift  rü]^mli(!^,  oermittelft  einer  comparattoen  Anatomie  bie  groge 
Sd^öpfung  organiftrter  Staturen  burd^jugel^en,  um  gu  fe^en:  ob  ftd^  baran 
nid^t  etmaS  einem  Softem  9(^nlid^e8  unb  jkoar  bem  ßrgeugungdprinctp  so 
nadi)  oorfinbe;  ol^ne  bag  mir  nötl^ig  l^aben,  beim  blogen  93eurt]^eilung8^ 
princip  (melc^ed  für  bie  (Sinftd^t  il^rer  (Srgeugung  feinen  Sluffd^Iug  giebt) 
[teilen  gu  bleiben  unb  mut^Io8  aÜen  Slnfprud^  auf  9latureinfid^t  in 
biefem  gelbe  aufzugeben.  35ie  tiberetnfunft  fo  oielcr  S^l^iergattungen  in 
einem  gemiffen  gemetnfamen  @d^ema,  baS  nid^t  aQein  in  i^rem  j^nod^en«  s^ 
bau,  fonbern  aud^  in  ber  anorbnung  ber  übrigen  Stl^eile  gum  Orunbc  gu 
liegen  fd^eint,  mo  beiounbrungSmürbige  (Sinfalt  be8  ®runbrtffe8  burc^ 
SSerfürgung  einer  unb  äSerldngerung  anberer,  burc^  SinmidCelung  biefer 
unb  9(u8ioideIung  jener  Sl^eile  eine  fo  groge  SRannigfaltigteit  oon 
@pecie8  l^at  l^erioor bringen  fonnen,  lä^t  einen  obgleid^  fd^mad^en  Stral^I  » 
Don  i^offnung  in  ba8  ®emät§  faQen^  bag  ^ier  uool^I  etmaS  mit  bem 
^rincip  be8  9Red^ani8mu8  ber  Statur,  ol^ne  »eld^eS  e8  überl^aupt  leine 
Slaturmiffenfd^aft  geben  fann,  au8guridf)ten  fein  möd^te.  S)iefe  8lnalogie 
ber  t^ormen,  fofern  {te  bei  aller  SSerfd^iebenl^eit  einem  gemeinfd^aftli(^en 
Urbilbc  gemäfe  ergeugt  gu  fein  fd^einen,  oerftarft  bie  SSermut^ung  einer  35 
»irflid^en  SSermanbtfd^aft  berfclben  in  ber  @rgeugung  öon  einer  gemein« 
fd^aftUd^en  Urmutter  burd^  bie  ftufenartige  8(nn&l^erung  einer  S^^ier« 


Unl^ong.    SÄet^obenlc^re  hex  tcleofoglfc^en  Urtljcilöfroft.       "     419 

gattung  jur  anbern,  öon  bcricnißen  an,  In  welcher  baö  ^Princip  bet  Qtotdt 
am  meiften  bemä^rt  ju  fein  fc^eint,  n&mlic^  bem  SRenfc^en,  btö  gum 
$ol9)),  Don  biefem  fogar  bis  gu  SRoofen  unb  ^led^ten  imb  enblid^  gu  ber 
ntcbrigftcn  un«  mcrflid^cn  Stufe  ber  9latur,  jur  rollen  SWaterie:  auS 

5  meld^er  unb  il^ren  j^r&ften  nat^  mec^anifd^en  ©efe^en  (gleich  benen,  toor« 

nad)  fie  in  J^n^ftaHergeugungen  iDtrft)  bie  gange  2:e(i^nit  ber  9latur,  bie 

uns  in  organiflrten  SSefen  fo  unbegreifliii^  ift,  bag  xoxx  un8  bagu  ein 

anbereS  $rtnci))  gu  benfen  genotl^igt  glau&en,  abgu^ammen  fd^eint 

$ier  ftel^t  ed  nun  bem  91  rd^A otogen  ber  Statur  frei,  auiS  ben  übrig» 

u  gebliebenen  ©puren  il^rer  dlteften  Sfleoolutionen  nad^  allem  i^m  befannten 
ober  gemutl^imafeten  SKedjaniSm  bcrfelben  jene  grofee  gamilie  üon  ®e» 
fd^öpfen  (benn  fo  mfigte  man  fte  ftd^  ))orfteQen,  loenn  bie  genannte  burc^* 
gdngig  gufammen^dngenbe  SBerioanbtfd^aft  einen  Orunb  l^aben  foU)  ent* 
fpringen  gu  laffen.   &x  !ann  ben  STOutterfc^oofe  ber  (grbe,  bie  eben  auS 

tö  i^rem  c^aotif^en  3uft<tnbe  l^erauiSging  (gleid^fam  als  ein  grogeiS  Stiier), 
anfänglich  ©efd^opfc  oon  minber*gtöedmfifeigcr  Sorm,  biefe  mieberum 
anbere,  toelc^e  angemeffener  il^rem  S^ugungSpla^e  unb  il^rem  SSerl^&ltniffe 
unter  einanber  jtd^  auöbilbeten,  gebfiren  laffen;  bis  biefe  ®ebdrmutter 
felbft,  erftarrt,  fid^  oerfnod^ert,  il^re  (äeburten  auf  beflimmte,  fernerl^in 

2a  nid^t  auSartenbe  SpecieS  eingefd^rdnlt  ^dtte,  unb  bie  3Rannigfaltigfeit  fo 
bliebe,  mie  fte  am  ©nbc  ber  Operation  jener  frud&tbaren  SilbungSfraft 
ausgefallen  mar.  —  attein  er  mufe  glcic^tool^l  gu  bem  @nbe  biefer  allge^ 
meinen  SRutter  eine  auf  alle  biefe  ®ef(^5pfe  gmedmdBig  geftellte  Drgani« 
fation  beilegen,  mibrigenfaüs  bie  ßn^ccffotm  ber  ^robucte  beS  Silier«  unb 

35  $flangenreid^Si]^rer9Rögli(^feitna4  gar  nid^tgu  beuten  i[i*)  SllSbann 


*)  (Sine  ^^pot^efe  tyon  fold^er  9lrt  !ann  mau  ein  qtxoaqM  tlbenteuer  ber  Ver- 
nunft nennen;  unb  eS  mögen  wenige  felbft  öon  ben  f^arffinnigften  Sflaturforf^ern 
fein,  benen  eS  nt(^t  bisweilen  burc^  ben  jl'opf  gegangen  w&re.  2)enn  ungereimt  ifl 
eS  eben  nt^t,  rote  bie  generatio  aequivoca,  worunter  man  bie  (^5eugung  einei8  orga- 

30  ntftrten  SBefend  burd^  bie  Tleä^amt  ber  rollen  unorgantfirten  Tlattxxe  tierftel^t.  @le 
märe  immer  no^  generatio  nniToca  in  ber  aUgemeinpen  99ebeutung  beS  SßßortS, 
fofem  nur  elmaS  £)rganif(3^eS  ouS  einem  anbern  Organifci^en,  ob^war  unter  biefer 
^rt  3Befen  fpeciftf^  tyon  i^m  Unterf^tebenen,  eraeugt  märbe;  a.  ^.  wenn  gemtffe 
Saffert^iere  ft^  nad^  unb  nac^  au  ©umpft^ieren  mib  auS  btefen  naä^  einigen 

35  Seugungen  au  Canbtl^ieren  auSbübeten.  A  priori,  im  Urll^etle  ber  bloßen  53emunft, 
miberftreitet  fic^  baS  nid^t.  allein  bie  ^rfal^rung  a^igt  baoon  fein  93eifpiel,  naci^ 
ber  oielme^r  alle  Beugung,  bie  mir  fennen,  generatio  homonyma  tfi,  nid^t  blo6 
univoca  im  ©egenfa^  mit  ber  Seugung  aud  unorgantfirtem  @toffe,  fonbem  an^ 

27* 


420    ^ttif  ber  Urtl^dldfraft.  2.  S^etl.  SMtif  ber  teleotogife^en  Uril^etUfraft. 

ober  f)at  er  bett  @rflfirungegrunb  nur  koetter  oufgefil^obett  unb  fann  ft^ 
ttiij^t  anmagettr  bie  (Srjeugune  iener  ^toet  Steid^e  ))Ott  ber  ääebingung  ber 
ISnburfad^en  unabl^Angig  gemad^t  }u  l^aben. 

@elb[i,  toaS  bie  SSer&nberung  betrifft,  meld^er  getoiffe  3nbtt>tbuen  ber 
organiprten  ©ottungen  gufÄHigcrtoelfe  untertoorfen  »erben,  toenn  man   s 
finbet,  bag  il^r  fo  abgeAnberter  ßl^arafter  erblii!^  unb  in  bie  B^ugung^ 
traft  aufgenommen  mirb,  fo  fann  fte  ni(^t  fSgUi!^  anberS  benn  a\8  ge« 
legentUd^e  ISntioidelung  einer  in  ber  @pecie£  urfprfingUd^  Dorl^anbenen 
atoedmd^igen  Anlage  gur  Selbfierl^altung  ber  Srt  beurtl^etlt  »erben: 
»eil  baö  StuQm  feine«  gleid^en  bei  ber  burd&gdngigen  inneren  Qtotd*  lo 
mdgigfeit  eine«  organifirten  SBefen«  mit  ber  Sebingung  nid^t«  in  bie 
SeugungSfraft  aufgunel^men,  ma«  nid^t  aud^  in  einem  fold^en  @q{iem 
Don  Stt)eden  gu  einer  ber  unentioidelten  urfprünglic^en  ünlagen  gehört, 
fo  nal^e  oerbunben  ift.  S)enn  menn  man  oon  biefem  firincip  abgel^t,  fo 
fann  man  mit  Sid^erl^eit  nid^t  toiffen,  ob  nid^t  mel^rere  '@tfide  ber  je^t  u 
an  einer  ©pecie«  angutreffenben  gorm  eben  fo  gufdüigen  gtoedflofen  ttr^ 
fprung«  fein  mögen;  unb  ba«  ^rincip  ber  Seleologte:  in  einem  organi« 
firten  SBefen  nid^t«  oon  bem,  \oaS  fd^  in  ber  f^ortpflangung  beffelben 
erpU,  al«  ungtoedm&gig  gu  beurtl^eiten,  mügte  baburd^  in  ber  Xntoenbung 
fel^r  unguoerldfftg  »erben  unb  lebiglid^  für  ben  Urftamm  (ben  »ir  aber  so 
nid^t  mel^r  fennen)  gültig  fein. 

$ume  mac^t  loiber  biejentgen,  »etd^e  für  aQe  fold^e  ülaturgtoedFe 
ein  teleologlfc^e«  $rincip  ber  SBeurtl^eilung,  b.  i.  einen  ard^iteftonifd^en 
SSerftanb,  angunel^men  nötl^ig  finben,  bie  Sinioenbung:  bag  man  mit 
eben  bem  Sfted^te  fragen  f5nnte,  toie  benn  ein  fold^er  SSerftanb  mbglic^  fei,  33 
b.  t.  mie  bie  mand^erlei  Vermögen  unb  (Sigenfd^aften,  n^eld^e  bie  ^ög^ 
lid^feit  eine«  SSerftanbe«,  ber  gugleid^  au«ffi]^renbe  9Rad^t  l^at,  au«mad|en, 
fid^  fo  gioedCmdgig  in  einem  SBefen  l^aben  gufammen  finben  fönnen.  ÜDein 
biefer  Siniourf  ift  nid^tig.  S)enn  bie  gange  @d^mierigfeit,  meldte  bie 
gtagc  tocgen  ber  crftcn  ßrgeugung  eine«  in  jtd^  felbft  Qmdt  cntl^altenben  30 
unb  burd^  fe  aQein  begreiflid^en  S)inge«  umgiebt,  berul^t  auf  ber  9tad^^ 
frage  nad^  ISinl^eit  be«  ®runbe«  ber  SBerbinbung  be«  SRannigfaltigen 
aufeereinanberin  biefem  ^robucte;  ba  benn,  toenn  biefer  ®runb  in 


ein  in  bei  Drganifation  fe(bft  mit  bem  (Srgeugettben  gleichartige«  $robuct  l^eroot* 
bringt,  imb  bie  generatio  heteronyma,  fo  meit  unfere  Chrfal^rungdfenntnig  ber  fftatut  ss 
xti^i,  nirgenb  angetroffen  wirb. 


Eingang.    SRetl^obetilel^re  bet  teteologifd^en  Urtleildhaft.  421 

bem  äJerftanbe  einer  ^er^orbringenben  ttrfadge  als  einfacher  6ubftan) 
gefeilt  »Irbi  jene  $roge,  fofern  fte  teleologifc^  ift,  l^inreld^enb  beantwortet 
mirb,  »enn  aber  bie  Urfa(i^e  blog  in  ber  SRaterie,  als  einem  Slggregat 
t>kUx  @ub{lanjen  auger  einanber,  gefudbt  tt)irb,  bie  Sinl^eit  beS  $rincip8 

5  fär  bie  innerlit^  jioedmdgige  $orm  il^rer  Silbung  s&niUd^  ermangelt; 
unb  bie  autotratte  ber  SRaterie  in  6rgeugungen,  mtliit  Don  unferm 
SSerftanbe  nur  ald  Qwtdt  begriffen  »erben  tdnnen,  ift  ein  Sßort  ol^ne 
ääebeutung. 

2)a]^er  tommt  t»,  bag  biejenigen,  meldte  für  bie  obiectiü^gmedm&gigen 

10  formen  ber  SRaterie  einen  oberften  ®runb  ber  aRöglid^feit  berfelben 
fu(^en,  ol^ne  il^m  eben  einen  93erftanb  aujugeftel^en,  bad  äßeltganse  bod^ 
gern  ju  einer  einigen,  aUbefaffenben  Sub^ang  (^antl^eiSm),  ober  (meld^eS 
nur  eine  beftimmtere  Srndrung  beS  vorigen  ift)  gu  einem  Inbegriffe 
üieler  einer  einigen  einfad^en  @ubftang  inl^drirenben  Seftimmungen 

15  (@pinogiSm)  ma<]^en,  blog  um  jene  Sebingung  aller  Btoedm&gigteit,  bie 
Sinl^eit  bed  ®runbe8,  l^erauS  gu  befommen;  n)obei  fie  gmar  einer  99e^ 
bingung  ber  Hufgabe»  ndmlid^  ber  (Sinl^eit  in  ber  3ti>(dbegie]^ung,  \>tx» 
mittelft  bed  blog  ontologifdb^n  SSegriffS  einer  einfad^en  Subßang  ein  ®e« 
nage  tl^un,  aber  für  bie  anbere  Sebingung,  ndmlid^  baiS  SSerl^dltnig 

30  berfelben  gu  il^rer  f^olge  atö  S^^d,  »oburd|)  iener  ontologifc^e  ®runb 
für  bie  Srage  ndl^er  beftimmt  »erben  foO,  nid^ts  anfül^ren,  mitl^in  bie 
gange  f^rage  tetnedkoegeS  beantworten.  Slud^  bleibt  fie  fc^letibterbingS 
unbeantmortlid^  (für  unfere  SSernunft),  menn  »ir  fenen  Urgrunb  ber 
3)inge  nit^t  atö  einfädle  @ubfiang  unb  biefer  il^re  (Sigenfd^aft  gu  ber 

25  fpecififd^en  »efd&affen^eit  ber  auf  fie  ftd^  grfinbenben  9laturformen, 
ndmlic^  ber  3wedtein^eit,  nic^t  atö  bie  einer  intelligenten  Subftang,  bas 
aSerpitnife  aber  berfelben  gu  ben  legieren  (wegen  ber  SufdUigfeit,  bie  wir 
an  aOem  finben,  was  wir  und  nur  als  Qtotd  m5glid^  beuten)  nid^t  als 
baS  SSerl^dltnig  einer  Saufalitdt  uns  DorfteQen. 

ao  §  81. 

93on  ber  Seigefellung  beS  SRed^aniSmuS  gum  teleologifd^en 

$rincip  in  ber  Srtldrung  eines  fRaturgwedS  als 

9taturprobuctS. 

(Sleid^  wie  ber  3Red^aniSm  ber  Statur  nadb  bem  ))or]^ergel^enben  § 
35  allein  nid^t  gulangen  lann,  um  fid^  bie  3Röglid^Ieit  eines  organiitrten 


422    Ärlti!  ber  Urt^eiWfraft.  2.  SJell  Ärltif  bet  teleoIogif(^en  Urt^eiWfraft 

SBcfcn«  bornad^  gu  bcnfcn,  fonbcrn  (©cnigften«  nacft  bcr  Scfcfeaffcn^eit 
unfcr«  erfcnntnlfeocrmöflen«)  einer  abpcfttUd^  »Irfcnbcn  Urfac^e  ur* 
fprfingU*  untergeorbnet  »erben  mufe:  jo  langt  eben  fo  menig  ber  blofee 
teleologifd^e  ®runb  eined  fold^en  SBefend  ^in,  ed  guglei(^  ald  ein  ^robuct 
ber  IRotur  gu  betrauten  unb  gu  beurt^ellen,  menn  nic^t  ber  SRed^ani^m  3 
ber  le^teren  bem  crfteren  beigefeüt  wirb,  gleicftfam  als  ba«  SBerfjeug  einer 
abjtdbtliij^  mirtenben  Urfad^e,  beren  Qrotdt  bie9latur  in  i^ren  med^antf^en 
®efe^en  gleid^wol^I  untergeorbnet  ift.  3)ie  ÜRöglld^feit  einer  fold&en  SBer« 
eintgung  gweier  gonj  t}erf(^iebener  arten  Don  6aufalitdt,  ber  SHatur  in 
i^rer  aUgemeinen  ©efe^m&gigfeit  mit  einer  ^bte,  meldte  fene  auf  eine  10 
bejonbere  gorm  einft^rdnft,  »oju  pe  für  jic^  gar  feinen  Orunb  enthält, 
begreift  unfere  SSernunft  nic^t;  pe  liegt  im  überpnnlid&en  Subftrat  ber 
Slatur,  tDooon  »ir  ni(^td  beja^enb  beftimmen  tonnen,  al8  bag  t»  baS 
SSefen  an  Pd^  fei,  \>on  meld^em  mir  blog  bie  (Srfd^einung  Fennen,  aber 
baS  $rincip:  aUed,  mai^  mir  a\&  gu  biefer  9latur  (Phaenomenon)  gel^örig  n 
unb  als  $robuct  berfelben  annel^men,  aud^  nad^  mec^anift^en  ©efegen 
mit  i^r  t}erfnüpft  benfen  ju  muffen,  bleibt  nld^td  befto  meniger  in  feiner 
jtraft:  meil  o^ne  biefe  Srt  t}on  Saufalit&t  organiprte  SBefen,  als  Qtotdt 
ber  9latur,  boc^  feine  9latur{)robucte  fein  mürben. 

SBenn  nun  ba«  teleologi|d6e  ?|Jrincip  ber  ©rgeugung  biefer  SBefen  an*  »o 
genommen  mirb  (mie  ti  benn  nid^t  anberS  fein  tann):  fo  fann  man  ent» 
meberben  DccafionaliSm,  ober  ben  $rdpabtltdm  ber  Urfac^e  i^rer 
innerlid^  gmecfm&gigen  $orm  gum  ©runbe  legen.  9lac^  bem  erPeren 
mürbe  bie  oberpe  SBelturfad^e  il^rer  Sbee  gem&fe  bei  ©elegenl^eit  einer  je« 
ben  Segattung  ber  in  berfelben  pd^  mifc^enben  SRaterie  unmittelbar  bie  25 
organifd^e  S9tlbung  geben;  na(i^  bem  gmeiten  mürbe  pe  in  bie  anfdnglid^en 
Sßrobucte  biefer  il^rer  SBeiS^eit  nur  bie  Anlage  gebracht  l^aben,  öermitteip 
bereu  ein  organifc^eS  äBefen  feines  ©leieren  l^erDorbringt  unb  bie  SpecieS 
pd^  felbp  bepdnbig  erl^dlt,  imgleic^en  ber  Abgang  ber  SnbiDibuen  burd^ 
l^re  gugleid^  an  il^rer  ßerpörung  arbeitenbe  3latur  continuirlid^  erfe^t  3.. 
mirb.  3Benn  man  ben  DccaponaliSm  ber  ^eroorbringung  organtprter 
SBefen  annimmt,  fo  gel^t  alle  9latur  l^iebei  gdngUd^  verloren,  mit  il^r  aud^ 
aller  äSernunftgebrauc^,  über  bie  äßöglid^Teit  einer  fold^en  SSrt  $robucte 
gu  urt^eilen;  ba^er  man  DorauSfe^en  lann,  bag  niemanb  biefeS  S^Pem 
annel^men  mirb,  bem  e«  irgenb  um  $^llofop^ie  gu  ttjm  ip.  35 

S)er  ^rdpabiliöm  fann  nun  mieberum  auf  gmiefac^  Srt  öerfa^* 
ren.  .@r  ^etrac^tet  ndmli(^  ein  iebeS  Don  feines  ®lei(^n  gegeugte  organi« 


«n^ang.    SRet^obenlel^re  ber  tefeologifd^en  ttrtl^eiliSfraft.  423 

\äit  SBefen  entoeber  ate  bod  Sbuct,  ober  old  baS  ^robuct  beiS  erfteren. 
S>a&  @Q[tem  ber  Beugungen  a\^  btoger  Sbucte  })e\^t  ia^  ber  inbiDi» 
buellen  ^raformation,  ober  aud^  bte  (SooIutioniStl^eorie;  baiS  ber 
Beugungen  als  ^robucte  »irb  bad  Softem  ber  @{)tgene{iiS  genannt. 

5  tiefes  le^tere  fann  auc^  @9ftem  ber  generifc^en  ^räformation  ge- 
nannt merben:  meil  baS  probuctioe  SSermögen  berB^ugenben  boc^  nad^ 
ben  inneren  gme(tm&gigen  anlogen,  bte  il^rem  Stamme  gu  2:]^eil  lourben, 
alfo  bic  jpecifijcl^c  gorm  virtualiter  praformirt  toar.  £Diejcm  gemfife 
»urbe  man  bte  entgegenftel^enbe  2:]^eorie  ber  inbiotbueüen  ^rdformation 

10  anSi  befferSnooIutiondtl^eorte  (ober  bie  ber  @infd^ad^telung)  nennen 
fonnen. 

£Dle  äBerfedöter  ber  (SooIuttoniStl^eorie,  toeld^e  jebe«  Subtoibuum 
oon  ber  btlbenben  j^raft  ber  Statur  auSnel^men,  um  ed  unmittelbar  aud 
ber  ^anb  bed  @(l^5pferiS  fommen  gu  laffen,  moQten  ed  alfo  bod^  ntd^t  toa» 

15  gen,  biefed  nad^  ber  ^qpot^efe  bed  OccaftonaliSrnd  gefd^el^en  gu  laffen, 
fo  bafe  bie  ^Begattung  eine  blofee  gormalitfit  lodre,  unter  ber  eine  oberfte 
oerftdnbige  3SeItur{ad^e  befd^Ioffen  l^ätte,  iebeSmal  eine  grud^t  mit  un^ 
mittelbarer  ^anb  gu  bilben  unb  ber  SRutter  nur  bie  Sluömidelung  unb 
gruÄl^rung  berfelben  gu  öberlaffen.  @ie  erfldrten  pd^  für  bie  ^rdfor« 

20  mation;  gleid^  a\6  menn  ed  nid^t  einerlei  lodre,  übernatfirlid^er  SBeife  im 
anfange  ober  im  gortlaufe  ber  SBelt  bergleid^en  iJormen  entftel^en  gu 
laffen,  unb  nid^t  Dielmel^r  eine  groge  SRenge  übernat&rlic^er  Snftalten 
burd^  gelegentlid^e  @d^5pfung  erfpart  mürbe,  meldte  erforberlic^  mdren, 
bamit  ber  im  anfange  ber  äBelt  gebilbete  @mbrt)o  bie  lange  Beit  l^inburd^ 

25  bis  gu  feiner  (Sntmtdelung  nid^t  oon  ben  gerftorenben  j^rdften  ber  9tatur 
litte  unb  ftd^  unoerle^t  erl^ielte,  imgteid^en  eine  unermeglid^  größere  B^il^l 
fotd^er  oorgebilbeten  SSefen,  als  jemals  entmidelt  koerben  foQten,  unb  mit 
il^nen  eben  fo  oiel  @d^5pfungen  baburd^  unnöt^ig  unb  gmedRoS  gemad^t 
mürben.  SlDein  fte  mollten  bod^  menigftenS  etmaS  l^ierin  ber  Statur  über« 

so  laffen,  um  nid^t  gar  in  oöDige  ^^perpl^^ft!  gu  gerat^en,  bie  aller  SHatur^^ 
erfldrung  entbel^ren  lann.  Sie  l^ielten  gmar  nod^  feft  an  i^rer  ^^per* 
pftqftf,  felbfl  ba  jte  an  IKifegeburten  (bie  man  bod^  unm6glid&  für  Qmdt 
ber  Statur  Italien  fann)  eine  bemunberungSmürbige  Bu)ecfmdgigreit.fan« 
ben,  fönte  fte  aud^  nur  barauf  abgegtelt  fein,  bag  ein  Slnatomifer  einmal 

35  baran,  als  einer  gmedElofen  Bwcdtmdfeigfeit,  8ln[to6  nel)men  unb  nicber* 
fd^lagenbe  93emunberung  fül^len  follte.  Slber  bie  (Srgeugung  ber  Saftarte 
tonnten  fte  fd^led^terbingS  nid^t  in  baS  Softem  ber  ^rdformation  l^ineim 


424    ^tif  bet  Urt^eiliSfraft.   2.  SE^eiC.  Sttittl  btt  teleologifd^  nttl^eiföhaft. 

))affen,  fonbem  mußten  beut  Samen  ber  männlid^en  ®efd^5pfe,  bem  fe 
fibrlgenS  nid^tö  al«  bte  med^anijd^e  (Sigenfd^afti  gum  erften  Slal^rungS' 
mittel  beS  ßmbr^o  ju  btenen,  gugeftanben  Rotten,  bo<]^  nod^  obenein  eine 
gmedmdgig  bilbenbe  Jbraft  gugeftel^en:  toeldb^  fte  bod^  in  Snfel^ung  beS 
gongen  ^robuctS  einer  Srgeugung  ))on  gtoei  ®ef(i^5pfen  berfelben  (Sattung  s 
feinem  Don  beiben  einrdumen  moDten. 

äßenn  man  bagegen  an  bem  SSertl^eibiger  ber  (SpigenefiS  ben  gn>« 
^en  SSorgug,  ben  er  in  Snfel^ung  ber  @rfa^rung8grünbe  gum  Semeife 
feiner  Sl^eorle  wx  bem  erfteren  l^at,  gletd^  nid^t  fennte:  fo  mürbe  bte  Ser» 
nunft  bod^  fd^on  gum  SSorauS  für  feine  (Srtlärungdart  mit  oorgüglid^er  i» 
®un[t  eingenommen  fein,  meil  fie  bie  9latur  in  Snfel^ung  ber  S)m%t, 
meldte  man  urfprflnglid^  nur  na6i  ber  SaufalitAt  ber  3^edEe  ftd^  ald  mög* 
lid^  DorfteQen  fann,  bod^  menigftenS,  ttad  bie  fSrortpflangung  betrifft,  als 
felbft  l^ert)orbringenb,  nid^t  blog  als  entmidtelnb  betrachtet  unb  fo  bod^ 
mit  bem  tleinft-mögtid^en  Sufmanbe  bed  Übernatürlid^en  aUe^S  fjrolgenbe  n 
mm  erften  Slnfange  an  ber  Statur  fiberlfifet  (ol^ne  aber  über  biefen  erfien 
ünfang,  an  bem  bie  $^t)fir  überl^aupt  fd^itert,  fie  mag  eS  mit  einer  j^ette 
ber  Urfad^en  Derfud^en,  mit  toetc^er  fie  ttolle,  etmas  gu  beftimmen). 

3n  flnfel^ung  biefer  Sl^eorie  ber  @))igene|i8  l^at  niemanb  mel^r  fo« 
m\jl  gum  SBetoeife  berfelben,  als  aud^  gur  ©rünbung  ber  äd^ten  ^rin=  20 
cipien  il^rer  flntoenbung  gum  Sl^eil  burd^  bie  Sefd^räntung  eineiS  gu  Der« 
meffenen  ©ebraud^S  berfelben  geleiftet,  ald  .!g)err  ^ofr.  93Iumenbad^. 
aSon  organifirtcr  ÜRaterie  l&ebt  er  alle  p^^pfd^e  6rlldrung8art  biefer  SSil« 
bungen  an.  SDenn  bag  ro^e  SRaterie  ftc^  nad^  med^anifd^en  ©efe^en  ur* 
fprünglid^  felbft  gebilbet  l^abe,  bag  aud  ber  Slatur  bed  Seblofen  geben  25 
l^abe  entfpringen  unb  SRaterie  in  bie  f^orm  einer  {td^  felbft  erl^altenben 
ßmedtmäfeigfelt  fld^  Don  felbft  l^abe  fügen  Wnnen,  erfWrt  er  mit  SRedbt  für 
Dernunftmibrig;  l&gt  aber  gugleic^  bem  Slaturmed^aniSm  unter  biefem 
uns  unerforfd^lic^en  $rinci))  einer  urfprünglid^en  Drganifation  einen 
unbeftimmbaren,  gugleid^  bod^  aud^  unDerfennbaren  Slntbeil,  n)ogu  bad  30 
äSermogen  ber  SJ^aterie  (gum  Unterfd^lebe  Don  ber  il^r  allgemein  beimo!^« 
nenben  blog  medbanifd^en  SilbungiStraft)  Don  il^m  in  einem  organi« 
ftrten  j^drper  ein  (gleid^fam  unter  ber  l^öberen  Seitung  unb  Snmeifung 
ber  erfteren  ftel^enber)  Silbungdtrieb  genannt  mirb. 


Slnl^ang.    Wltt^ohtnlt^xe  ber  teleologifd^en  Urtl^eiföfraft.  425 

§82, 

93on  bem  teleologifdien  Softem  in  ben  dugern  SSerl^dltniffen 
orßanfflrtcr  SBcfcn. 

Unter  bcr  dufecrn  3tt>C(fmd6lflfcit  öcrPcl^c  id^  bicicniflc,  bo  ein  ©ing 
5  ber  9latur  einem  anbern  als  SRittel  gum  Qxotdt  bient.  9lun  fönnen  3)inge, 
bte  feine  innere  Sw^clmd^ißfcit  l^aben,  ober  ju  il^rer  aRöglid^felt  üorau8= 
fefeen,  g.  33.  (ärben,  Suft,  SBaffer  u.  f.  t».,  gleidimolöl  dufeerlid^,  b.  i.  im 
93er^dltnig  auf  anbere  Sßefen,  fel^r  gmedEmdgig  fein;  ober  biefe  muffen 
iebergeit  organiprte  SBefen,  b.  i.  5Raturgtt)ecfe,  fein,  benn  fonji  fönnten 

10  Jene  anöi  nid^t  al8  SRittel  beurtl^eilt  »erben.  @o  Knnen  ffiaffer,  8uft 
unb  @rben  nid)t  a\&  SRittel  gu  Stnl^dufung  Don  ©ebirgen  ongefel^en  mer« 
ben,  meil  biefe  an  fid^  gar  ni(^tö  enthalten,  maö  einen  ®runb  i^rer  9R5g» 
lx6iMt  nad^  3tt>«rf<?n  erforberte,  »orauf  in  aäegieJ^ung  alfo  il^re  Urfad^e 
niemals  unter  bem  ^rdbicate  eined  SJIittelS  (baS  bagu  nü^te)  oorgeftedt 

15  merben  fann. 

£Die  dugere  StoedCmdgigfeit  ift  ein  gang  anberer  Segriff,  als  ber  99e« 
griff  ber  inneren,  »etd^e  mit  ber  äRögUd^teit  eined  ©egenftanbeS,  unon» 
gefeiten  ob  feine  SBirflid&feit  felbft  Qmd  fei  ober  nld&t,  t)erbunben  ift. 
SRan  lann  oon  einem  organijtrten  3Befen  nod^  fragen:  äBogu  ift  eS  ba? 

20  aber  nid)t  leidet  oon  £Dingen,  an  benen  man  blog  bie  SBirfung  Dom  We» 
d^aniSm  ber  5Ratur  erfennt.  3)enn  in  Jenen  ftellen  mir  un«  fd^on  eine 
6aufalitdt  nac^  3»^*««  h^  ^¥^^  inneren  3W5gli(^feit,  einen  f^affenben 
SBerftanb,  oor  unb  begießen  blefeS  t^dtige  Vermögen  auf  ben  SBeftim^ 
mungSgrunb  beffelben,  bie  ^bftd^t.   @d  giebt  nur  eine  eingige  dugere 

25  3wcdfmd6igfeit,  bie  mit  ber  tnnern  ber  Drganifation  gufammen^dngt 
unb,  o^ne  bag  bie  ^^rage  fein  barf,  gu  ioeId)em  @nbe  biefeiS  fo  organifirte 
Sßefen  eben  l^abe  e^iftiren  muffen,  benno(^  im  dugeren  SSer^dltnig  eines 
äßittels  gum  3n)ede  bient.  £DiefeS  ift  bie  Organifation  beiberlei  ®e« 
fd^led^t«  in  Segiel^ung  auf  einanber  gur  gortppangung  i^rer  »rt;  benn 

30  ^ier  fann  man  immer  nod^  eben  fo  mie  bei  einem  ^nbioibuum  fragen: 
aSarum  mugte  ein  fotd^eS  ^aar  ejciftiren?  3)ie  9(ntmort  ift:  3)iefeS  l^ier 
mad^t  aüererft  einorganifirenbeS  ©ange  auS,  obgioar  nid^t  ein  orga» 
nifirteS  in  einem  eingigen  Xbxptx. 

SBenn  man  nun  fragt,  loogu  ein  £Ding  ba  ift,  fo  ifl  bie  Slntkoort  ent« 

35  koeber:  @ein  ^afein  unb  feine  (Srgeugung  l^at  gar  feine  Segiel^ung  auf 
eine  nad^  Slbfid^ten  toirfenbe  Urfad^e,  unb  alsbann  oerftel^t  man  immer 


426    Stniif  ber  Urtl^eiliSfraft  2.  S^eil.  Antif  ber  teleologtfd^en  Uri^eiliShaft. 

einen  Urfprung  bcrfclben  au8  bem  aJlcd^aniSm  ber  Slatur;  ober:  6«  ifl 
irflenb  ein  abft(^tli(l&er  Oruub  feine«  3)afein«  (al8  eine«  jut&Iligen  Sttatur- 
mefend),  unb  biefen  ©ebanten  fann  man  fd^merlid^  Don  bem  begriffe 
eines  organijtrten  S)inged  trennen:  meit,  ba  mir  einmal  fetner  innern 
3R5gIi(6Ieit  eine  (Saufalität  ber  Snburfad^en  unb  eine  3bee,  bie  biefer  & 
gum  ©runbe  liegt,  unterlegen  mfiffen,  mir  aud^  bie  @;rifteng  biefe«  $rO' 
bucte«  nid^t  anber«  benn  alö  Qmd  benfen  fönnen.  £Denn  bie  üorgefielltc 
äSirfung,  beren  äSorfteDung  gugleid^  ber  SeftimmungSgrunb  ber  Derftän» 
bigeu  toirlenben  Urfac^e  gu  il^rer  ^eröorbringung  ift,  l^eifet  3»^*-  S" 
biefem  göHe  alfo  fann  man  cntmebcr  fagen:  S)er  Swed  ber  ©yifteng  eine«  lo 
folii^en  Slaturmefend  ift  in  i^m  felbft,  b.  t.  ed  ift  nic^t  blog  Smtd,  fonbern 
au(^  Snbjmed;  ober:  S)tefer  ift  auger  i^m  in  anberen  9laturmefen,  b.  i. 
eiS  e;riftirt  gmedmägig  nid^t  a\i  Snbgmed,  fonbern  notl^menbig  gugleii^ 
al«  SKittel. 

äSenn  mir  aber  bie  gange  Statur  burd^gel^en,  fo  ftnben  mir  in  i^r  aU  u 
9latur  fein  3Befen,  melc^eS  auf  ben  SSorgug,  @nbgmed  ber  Sd^öpfung  gu 
fein,  Slnfpruc^  mad^en  fönnte;  unb  man  fann  fogar  a  priori  bcmeifen: 
bag  baSjenige,  mai^  etma  nod^  für  bie  Slatur  ein  le^ter  Qrotd  fein 
fönnte,  nad^  aflcn  erbenfUd^en  Sefttmmungen  unb  ßigeufd^aftcn,  womit 
man  eS  auiSräften  m5d^te,  bod^  ald  9laturbing  niemals  ein  Snbgmed  so 
fein  fönne. 

SBenn  man  bad  ©emäc^dreid^  anfielt,  fo  fönnte  man  anfdnglid^ 
burd^  bie  unermcfeUd^e  grud^tbarfeit,  bur(^  mel(^e  eö  pd^  beinahe  über 
ieben  SBoben  oerbrcitet,  auf  ben  ©cbanfen  gcbrad^t  mcrben,  eS  für  ein 
blo^d  ^robuct  beS  ^ed^aniSmS  ber  Statur,  meldten  fte  in  ben  ädilbun«  n 
gen  beS  SRineralreid^S  geigt,  gu  Italien.  6ine  n&l^ere  j^enntnig  aber  ber 
unbefd^reiblidö  melfen  Drganifation  in  bemfelben  Idfet  un8  an  biefem  ®e= 
banfen  nid^t  Ruften,  fonbern  üeranlafet  bie  grage:  SBogu  pnb  biefc  ®e* 
fd&öpfe  ba?  SBenn  man  fid^  antmortet:  fjür  baS  Sll^ierreidö,  meld&cs  ba= 
burd^  gen&l^rt  mirb,  bamit  eS  ftd^  in  fo  mannigfaltigen  Gattungen  über  ao 
bie  erbe  l^abe  oerbrelten  fönnen,  fo  fommt  bie  grage  mieber:  SBogu  finb 
benn  biefe  ^)Pangen»öerge]örenben  St^iere  ba?  3)ic  «ntmort  mürbe  ctma 
fein:  gür  bie  3flaubtl)iere,  bie  ftd^  nur  oon  bem  nähren  fönnen,  mag  £eben 
^at.  enblid^  ift  bie  fjrage:  SBogu  finb  biefe  fammt  ben  oorigen  Sßotur* 
reid^en  gut?  5ür  ben  aReufd^en  gu  bem  mannigfaltigen  ®ebraud^e,  ben  » 
i^n  fein  SSerftanb  oon  allen  jenen  ©efd^öpfen  mad^en  lel&rt;  unb  er  Ift  ber 
Icfete  3med  ber  Schöpfung  Ijier  auf  ©rben,  meil  er  baS  eingige  SBefen  auf 


SCnl^ang.    SRetl^obenlel^re  ber  teleoIogif(|en  Urtleildfraft.  427 

bcrfclben  Ift,  »cl(%c«  fitö  einen  Segrljf  Don  3»^*^«  mad&en  unb  au8  einem 
Aggregat  Don  imedm&iig  gebilbeten  S)ingen  burc^  feine  SSernunft  ein 
@9ftem  ber  Qmdt  ma^tn  fonn. 

9Ran  I5nnte  audb  tnit  bem  SÜttter  £inne  ben  bem  Sd^etne  nad^  um« 

5  gefeierten  SBeg  gelten  unb  fagen:  S)le  gewät^Sfreffenben  Siliere  jtnb  ba, 
um  ben  üppigen  SBud^d  beS  ^Pangenreid^d,  »»oburd^  Diele  @pecied  ber« 
felben  erflidt  »erben  ttürben,  gu  m&feigen;  bie  SRaubtl^iere,  um  ber  ®e« 
fräfeigfeit  jener  Ordnjen  ju  fe^en;  enblic^  ber  SWenftö,  bamit,  inbem  er 
biefe  Derfolgt  unb  Derminbert,  ein  gemiffeS  ©leid^gewid^t  unter  ben  l^er« 

10  Dorbringenben  unb  ben  jerpörenbcn  Gräften  ber  Slatur  geftiftet  »erbe. 
Unb  fo  »ürbe  ber  SKeufd^,  fo  fel^r  er  ouc^  in  gewiffer  SBejielöwwö  ^W  Qmd 
getDürbigt  fein  mbc^te,  bo(^  in  anberer  mieberum  nur  ben  Sftang  eines 
5Wittelö  l^aben. 

äßenn  man  ftd^  eine  obiectioe  StoedFmdgigleit  in  ber  Mannigfaltig« 

16  feit  ber  (Gattungen  ber  ©rbgefcftöpfe  unb  il^rem  dufeern  SBerl^dltniffe  ju 
einanber,  atö  gn)ed(mdgig  conftruirter  SBefen,  gum  ^rtncip  mad^t:  fo  ift 
e«  ber  SSernunft  gemdfe,  fid^  in  biefcm  aSerl^dltniffe  toieberum  eine  gewiffe 
Drganifation  unb  ein  ©qftem  aller  Sflaturreid^e  nad)  ©nburfad^en  ju  ben« 
fen.  allein  l^ier  fiftelnt  bie  ©rfafirung  ber  aSernunftma^ime  laut  ju  »iber* 

90  fpre(6en,  Dornel^mlid^  mad  einen  legten  Qxotd  ber  9tatur  betrifft,  ber  bod^ 
gu  ber  9Wögli(^feit  eine»  folc^en  Softem«  erforberlit^  ift,  unb  ben  ti)ir 
nirgenb  anber«  als  im  3Wenfc^en  fefeen  fonnen:  ba  Dielmel^r  in  anfel)ung 
biefeS,  a\d  einer  ber  Dielen  S^^iergattungen,  bie  Statur  fo  menig  Don  ben 
gerftörenben  a\&  ergeugenben  ^rdften  bie  minbefte  Sludnal^me  gemad^t 

25  i^at,  alles  einem  Med^aniSm  berfelben  ol^ne  einen  Qxotd  gu  unterwerfen. 

3)aS  erfte,  \oaS  in  einer  Slnorbnung  gu  einem  gtoedCmdgigen  ©angen 

ber  Slaturoefen  auf  ber  6rbe  abftc^tlic^  eingerid^tet  fein  mügte,  iDürbe 

mol^l  i^r  äßol^npla^,  ber  Soben  unb  bad  @lement  fein,  auf  unb  in  n)el« 

d^em  fte  il^r  gortfommen  ^aben  follten.  allein  eine  genauere  Äenntnife 

30  ber  äSefd^affenl^eit  biefer  ©runblage  aller  organifd^en  @rgeugung  giebt 
auf  feine  anberen  als  gang  unabftd^tlicft  wirfenbe,  ja  e^er  no(^Derttüflenbc, 
als  @rgeugung,  Orbnung  unb  ßtDede  begfinftigenbe  Urfad^en  angeige. 
Sanb  unb  3D?eer  entl^alten  nic^t  allein  3)enfmdler  Don  alten  mdd^tigen 
SSenofiftungen,  bie  pe  unb  alle  ©efd^öpfe  auf  unb  in  bemfelben  betroffen 

35  ^aben,  in  ftd^;  fonbern  i^r  gangeS  Sau  werf,  bie  ©rblager  beS  einen  unb 
bie  ©rdngen  beS  anbern  l^aben  gdnglid^  bas  anfeilen  beS  $robuctS  milber, 
allgewaltiger  Ärdfte  einer  im  d^aotifd^en  ßuftanbe  arbeitenben  Sdatur. 


428    Stxim  ber  Urt|eiUfraft.  2.  ^11.  JbrIHf  ber  teleologifi^n  Urt^dUfraft. 

@a  ffotdm&^ii  oud^  je^t  bie  ©eftalt,  baS  Saumerl  unb  ber  übl^ang  ber 
Sdnber  für  bie  üufnol^ine  ber  ®en)&ffer  auS  ber  Suft,  für  bie  SDueUabem 
iioifd^en  (Srbfd^iii^ten  loon  mannigfaltiger  Strt  (ffir  mand^erlei  ^robucte) 
unb  ben  £auf  ber  @trdme  angeorbnet  gu  fein  f (feinen  mbgen:  fo  bemeifet 
boc^  eine  ndl^ere  Unterfuij^ung  berfelben,  bag  ße  blog  ald  bie  SBirlung  s 
tl^eitö  feuriger,  tl^eitö  »dfferiger  (Sruptionen,  ober  aud^  @mp5rungen  beS 
Dceand  gu  Staube  getommen  ftnb;  \o\oo\jH  »ad  bie  erfte  Srgeugung  biefer 
©eflalt,  ald  üornel^mltd^  bie  nail^malige  Umbilbung  berfelben  gugleid^  mit 
bem  Untergange  i^rer  erflen  organifd)en  ©rjeugungen  betrifft.*)  SBenn 
nun  ber  äSol^npIa^,  ber  SRutterboben  (bed  Sanbed)  unb  ber  ^utterfdboog  lo 
(be8  aWeere«),  für  aüe  bicfe  ©efd^öpfe  auf  leinen  anbern  al8  einen  gänj» 
lid^  unabfid^tlid^en  SRed^aniSm  feiner  @rgeugung  üngeige  giebt:  »ie  unb 
mit  U)el(]^em  Siedet  fönnen  mir  ffir  biefe  le^tern  $robucte  einen  anbern 
Urfprung  Dertangen  unb  bel^aupten?  SBenn  gleid^  ber  aRenfdbi  tt)ie  bie 
genauefte  Prüfung  ber  Überrefte  {euer  9laturt>ermüftungen  (nad^  (S.am=  n 
pex'&  Urtl^eile)  gu  bemeifen  fc^eint,  in  biefen  SfteDoIutionen  nid^t  mit  be^ 
griffen  mar:  fo  ifi  er  bod^  Don  ben  übrigen  Srbgefd^opfen  fo  abl^dngig, 
ba^f  menn  ein  über  bie  anberen  aügemeinmaltenber  SRed^anidm  ber  9ta^ 
tur  eingerdumt  mirb,  er  als  barunter  mit  begriffen  angefel^en  merben  mug; 
menn  i^n  gteid^  fein  SSerftanb  (grogentl^eilS  menigftend)  unter  i^ren  SSer^  20 
müßungen  l^at  retten  lonnen. 

3)iefe8  Argument  f(]^eint  aber  mel^r  gu  bemeifen,  als  bie  übfid^t  ent^ 
l^ielt,  mogu  ed  aufgefteöt  mar:  nSrnAxi^  nid)t  blo^,  bag  ber  9Renf(^  fein 
le^ter  3»edC  ber  9latur  unb  au8  bem  ndmlid^en  ®runbe  bas  Aggregat  ber 
organifirten  9laturbinge  auf  ber  @rbe  ni(i^t  ein  Softem  üon  3Q)edten  fein  as 
fonne;  fonbern  bag  gar  bie  Dorl^er  für  9laturgmedte  gel^altenen  9laturpro« 
bucte  feinen  anbern  Urfprung  l^aben,  als  ben  2Red[)anidm  ber  9latur. 


*)  SBenn  ber  einmal  angenommene  SRame  ^laturgefd^ic^te  ffir  SRaturbe- 
f(^retbung  bleiben  foH,  fo  fann  man  ba^,  mad  bie  erflere  bu(!bftäbltc^  angeigt,  näm« 
It^  eine  ^orfteUung  beiS  el^emaligen,  alten  Buftaubed  ber  (Srbe,  morfiber  moni 
menn  man  gleii^  ^eine  €^en>iB^eit  l^offen  barf,  bo4  mit  gutem  (fi^ntnbe  iBermut^ungen 
magt,  bie  Slrd^ftologie  ber  9latur  im  (i^egenfa^  mit  ber  ftunfl  nennen.  Svt 
jener  mfirben  bie  ^etrefacten,  fo  wie  gu  biefer  bie  gefci^nittenen  steine  u.  f.  m.  ge- 
l^dren.  2)enn  ba  man  boc!^  koirf(i(!6  an  einer  foldgen  (unter  bem  SRamen  einer 
2:^eorie  ber  (Sxht)  beflAnbig,  wenn  gteic^  »ie  biQig  langfam  arbeitet,  fo  wdre  biefer 
Flamen  eben  ni^t  einer  blog  eingebilbeten  9{aturforf(!^ung  gegeben,  fonbern  einer 
fot(!^en,  au  ber  bie  !Ratur  felbfi  und  einlabet  unb  aufforbert. 


$(n]§ang.    SRetl^obentel^re  ber  teleolofltfi^en  Urtl^eil^fraft.  429 

aUeln  in  ber  obigen  Suflöfung  ber  Antinomie  ber  $rinci{)ten  ber 
medlanifil^en  unb  ber  teleoIogif<]^en  ßrgeugungdart  ber  organifd^en  9latur« 
mefen  l^aben  »Ir  gefeiten :  bog,  ba  fie  in  Sinfel^ung  ber  mäi  il^ren  befon* 
bem  ©efe^en  (jn  beren  f^fiematifd^em  Sufammenl^ange  und  aber  ber 
5  ©d^lflffel  fel^lt)  bllbenben  9lotur  blofe  ^ßrincipien  ber  reflectlrenben  Ur* 
t^eilöfroft  jtnb,  bie  ndmlid^  il^ren  Urfprung  nid^t  an  fid^  bejlimmen,  fon« 
berh  nur  fagen,  bag  mir  nad^  ber  Sefd^affenl^eit  unfered  SBerfianbed  unb 
unfrer  SSernunft  il^n  in  biefer  Sri  äßefen  nid^t  anberS  als  nad^  6nbur« 
fachen  beuten  f5nnen,  bie  grögtmöglid^e  Seftrebung,  ja  ftül^nl^eit  in  S3er« 

10  fud^en  fie  med^anifd^  )u  erR&ren  nid^t  allein  ertaubt  ifi,  fonbern  »ir  aud^ 
burd^  SBernunft  baju  aufgerufen  finb,  ungeachtet  »ir  uiffen,  bag  mir  ba= 
mit  aud  fubiectioen  ©rünben  ber  befonbern  flrt  unb  Sefd^rdnfung  unfereS 
Serftanbed  (unb  nid^t  etma,  meil  ber  SJted^anidm  ber  (Srjeugung  einem 
Urfprunge  nad^  ßtoeden  an  ftd^  miberfpräd^e)  niemal«  auslangen  tonnen ; 

15  unb  bag  enblid^  in  bem  überfinnlid^en  $rincip  ber  9tatur  (fomol^l  auger 
uns  als  in  und)  gar  totl^l  bie  SBereinbarfeit  beiber  arten  ftd^  bie  2lt5gli(^« 
teit  ber  9latur  oorinfteUen  liegen  f5nne,  inbem  bie  SBorftenungdart  nadb 
©nburfad^en  nur  eine  fubjectiüe  Sebingung  unfere«  JBernunftgebraucftÄ 
fei,  menn  jte  bie  Seurtl^eitung  ber  (Segenfiänbe  nid^t  blog  aU  ISrfd^einun« 

20  gen  angefieUt  koiffen  U)iD,  fonbern  biefe  @rfd^einungen  felbft  fammt  il^ren 
^rincipien  auf  baS  äberfinnlic^e  @ubftrat  gu  begiel^en  verlangt,  um  ge« 
miffe  ®efe^e  ber  (Sinl^eit  berfelben  m5glid^  gu  finben,  bie  fte  ftd^  nic^t  an^^ 
berS  atö  burd^  Qmedt  (mooon  bie  SBernunft  au^  fold^e  l^at,  bie  über« 
finnlid^  finb)  üorfieQig  mad^en  tann. 

25  §  83. 

93on  bem  legten  Qtotdt  ber  Slatur  als  eines 

teleologifd^en  S^ftemS. 

SBir  l^aben  im  loorigen  gejeigt,  bag  mir  ben  SRenfd^en  nid^t  btog  koie 

aQe  organifirte  SBefen  als  9laturgn)ed(,  fonbern  auc^  l^ier  auf  (Srben  als 

30  ben  legten  Qtotd  ber  9latur,  in  Sejiel^ung  auf  toeld^en  alle  übrige Slatur* 

binge  ein  @9{tem  t>on  S^^den  auSmad^en,  nad^  ©runbf A^en  ber  93emunft 

gmar  nid&t  für  bie  beftimmenbe,  bod&  für  bie  reflecttrenbe  Urtl^eilStraft 

gu  beurtl^eiten  l^inreid^enbe  Urfac^e  l^aben.    äßenn  nun  baSienige  im 

SKenfd^en  felbft  angetrojfen  »erben  mufe,  toaS  als  3»«cf  burd^  feine  SSer« 

35  Inüpfung  mit  ber  9latur  beförbert  werben  foQ:  fo  mug  enttoeber  ber  Qrotd 


430    ftriai  ber  Urtl^eildfraft.  2.5t^etl.  5hriti!  ber  teleologifö^en  Uril^ettöfraft. 

öon  ber  Art  fein,  bafe  er  fclbfl  burc^  ble  9latur  in  il^rcr  SBol^ItJ^fttigfcit 
befrfcbigt  werben  fann;  ober  e8  ift  bic  Saußlit^feit  unb  ®ef(löt(!U(^feit  ju 
Allerlei  Srndtn,  iDOgu  bie  3tat\xx  (dugerltd^  unb  iunerlid^)  oon  i^m  ge» 
ftraucftt  tüerbcn  fönne.  2)er  erfte  ßwed  ber  Slatur  mürbe  bic  @  lüdjelig'* 
feit,  ber  jweite  bie  6ultur  be«  aBenfd^en  fein.  5 

S)cr  Seflriff  ber  Olütffelißfeit  ift  nid^t  ein  fol(^er,  ben  ber  ÜRenfc^ 
ettoa  t)on  feinen  SnPincten  abftral^irt  unb  fo  auö  ber  Sl^ierl^eit  in  i^m 
felbft  l^ernimmt;  fonbern  ift  eine  blofee  3b ee  eine«  3uftÄwl>c*f  welcher  er 
ben  legieren  unter  blog  empirifd^en  Sebingungen  (meld^eS  unmögUd^  ifl) 
abdquQt  mad^en  miD.  @r  entmirft  fte  ftd^  felbft  unb  gmar  auf  fo  Der«  10 
fd^iebene  Slrt  burd^  feinen  mit  ber  (Sinbilbungdfraft  unb  ben  Sinnen  Der« 
ttidtelten  SSerftonb;  er  änbert  fogar  biefen  fo  oft,  ba|  bteSHotur,  »enn  fic 
audö  feiner  SBiDfur  gdnjlid^  unterworfen  »äre,  bo^  f(^le(^terbing8  lein 
beftimmte«  aQgemeine«  unb  fefte«  ©efe^  annel^men  fönnte,  um  mit  biefem 
fd^manfenben  33egrlff  unb  fo  mit  bem  ßwcdf,  ben  jeber  ftd&  toiüfürlid^er  n 
SSeife  oorfefet,  übereinjuftimmen.  aber  felbft  wenn  wir  entweber  biefen 
auf  ba«  wa^rl^afte  ^laturbebürfnig,  worin  unfere  Gattung  bur(!bgAngtg 
mit  fid^  übereinftimmt,  l^crabfe^cn,  ober  anbererfeit«  bie  ©efd^idflic^feit 
ftd^  eingebilbete  Qwdt  ju  Derf Raffen  noc^  fo  l^oc^  fteigern  wollten:  fo 
würbe  bo(^,  waS  ber  SWenfdb  unter  ®lü(f feligfcit  öerpe^t,  unb  wog  in  ber  » 
Stl^at  fein  eigener  le|ter  Slaturgwedf  (nid^t  ßwecf  ber  ^r^i^cit)  ift,  oon 
il^m  nie  erreicht  werben;  benn  feine  Slotur  ift  nid^töon  ber  »rt,  irgenbwo 
im  S3eft|e  unb  ©enuffc  auf jul^ören  unb  befriebigt  ju  werben,  änbrerfeit« 
ift  fo  weit  gefel|lt,  bag  bie  9latur  il^n  ju  i^rem  befonbern  fiiebling  auf« 
genommen  unb  Dor  allen  5^l^ieren  mit  SBol^ltl^un  begftnftigt  l^abe,  bag  fte  n 
x^n  oielmel^r  in  il^ren  Derberblid^en  SBIrtungen,  in  ^ejt,  junger,  ffiaffer* 
gefal^r,  groft,  SlnfaU  Don  anbern  großen  unb  flelnen  Sil^i^ten  u.  b.  gl., 
eben  fo  wenig  Derfc^ont,  wie  {ebe«  anbere  Sil^ier;  nod^  mel^r  aber,  bag  baS 
SBiberpnnifdöe  ber  Slaturanlagen  in  il^m  il^n  nod^  in  felbfterfonnenc 
plagen  unb  nod^  anbere  Don  feiner  eigenen  ©attung  burd^  ben  3)rud  ber  so 
^errfd^aft,  bie  ^Barbarei  ber  Kriege  u.  f.  w.  in  fold^e  Slotl^  Derfe^t  unb  er 
felbft,  fo  Diel  an  il^m  ift,  an  ber  ß^rftörung  feiner  eigenen  ©attung 
arbeitet,  bafe  felbft  bei  ber  wol^It^ätigften  3flatur  aufeer  unö  ber  ^md 
berfelben,  wenn  er  auf  bie  ©liidfeligfeit  unferer  ©pecleS  gefteHt  wfire,  in 
einem  Softem  berfelben  auf  ©rben  nic^t  erreid^t  werben  würbe,  weil  bie  m 
9latur  in  un«  berfelben  nid^t  empf&nglid^  ift.  @r  ift  alfo  immer  nur 
©lieb  in  ber  ^ette  ber  ^Tlaturgwedte:  {war  ^rincip  in  änfel^ung  manc^ed 


Slnl^aitg.    ÜWetl^obenlel&re  bcr  telcoToglfc^en  Urt()ctt«fraft.  431 

3tt)cd8,  töoju  bic  Slahir  il^n  in  il^rer  anloßc  bepimmt  gu  l^oben  fd^eint, 
inbem  er  ftd^  felbft  baju  mad^t;  aber  boc^  au(^  äRittel  gur  ßrl^altung  ber 
Smedm&gigfeit  im  SRed^onidm  ber  übrigen  ©lieber.  3lld  baS  einjige 
SBefcn  auf  (Srben,  »eld^e«  SSerftanb,  uiitl^in  ein  SSermögen  l^at,  ftd^  felbft 

5  ttinffirlid^  Bmd^  ju  fe^en,  ift  er  jwar  betitelter  ^err  ber  5Ratur  unb, 
»enn  man  biefe  alö  ein  teleologlfd^^*  Softem  anpeilt,  feiner  93epimmung 
nad^  ber  le^te  3tt)ed  ber  9latur;  aber  immer  nur  bebingt,  nämlic!^  bag  er 
t^  t}erPe]^e  unb  ben  Sßillen  l^abe,  biefer  unb  il^m  felbp  eine  fold^e  Qxotd^ 
bejiel^ung  ju  geben,  bie  unabl^ängig  Don  ber  9latur  pd^  felbft  genug, 

10  mithin  (SnbjtDed  fein  f5nne,  ber  aber  in  ber  9tatur  gar  nid^t  gefud^t 
merben  mug. 

Um  aber  auiSgupnben,  morein  mir  am  äJIenfc^en  menigPenS  fenen 
leisten  S^^d  ber  9latur  gu  fe^en  l^aben,  mü^en  tt)ir  baSjenige,  n)ad  bie 
!Ratur  ju  leiften  oermag,  um  i^n  gu  bem  üorgubereiten,  n)a8  er  felbp  t^un 

15  mug,  um  (SnbgiDed  gu  fein,  ^eraud{ud^en  unb  eiS  Don  aQen  ben  ßmeden 
abfonbern,  beren  SRöglid^feit  auf  93ebingungen  berul^t,  bie  mau  allein 
öon  bcr  9latur  erwarten  barf.  SSon  ber  lefctern  Slrt  ift  bie  ©lüdEfeligfcit 
auf  @rben,  worunter  ber  Inbegriff  aller  burd^  bie  9latur  auger  unb  in 
bem  3Renf(^en  möglichen  Q^tdt  beweiben  DerPanben  wirb;  baS  ip  bie 

20  aWateric  aUer  feiner  Swede  auf  ©rbeu,  bie,  wenn  er  pc  gu  feinem  gangen 
3toedfe  mad^t,  il^n  unfäl)ig  mad^t,  feiner  eigenen  ©jriPeng  einen  ßnbgwed 
gu  fe^en  unb  bagu  gufammen  gu  pimmen.  @iS  bleibt  alfo  oon  allen  feinen 
ßweden  in  ber  9latur  nur  bie  formale,  fubiectioe  SBebingung,  nfimlid^ 
ber  Sauglid^feit:  pc^  felbp  überl^auf  t  Stoede  gu  fe^en  unb  (unabl^angtg 

35  Don  bcr  9latur  in  feiner  Swedbepimmung)  bie  Sflatur  ben  aRayimen  feiner 
freien  3tt)cde  überl^aupt  angemePen  als  SRittcl  gu  gebraud^cn,  übrig,  load 
bic  9tatur  in  Slbpc^t  auf  ben  (Snbgtoed,  ber  au^er  i^r  liegt,  audrid^ten  unb 
»cld^ea  alfo  al«  i^r  le^tcr  Qxotd  angefel&en  »erben  faun.  2)ie  ^crDor- 
bringung  ber  2:augli(i^feit  eines  Dcrnunftigen  SBefenS  gu  beliebigen 

80  3w«den  übcrl^aupt  (folglid^  in  feiner  fjrcil^eit)  ip  bic  dultur.  Sllfo  fann 
nur  bic  (Sultur  bcr  le^te  Qxotd  fein,  ben  man  bcr  9latur  in  Slnfel^ung  ber 
aRcnfd^engattung  beigulegcn  Urfac^c  ^at  (nid^t  feine  eigene  ©Ifldfcligfeit 
auf  @rbcn,  ober  mol^l  gar  blog  baö  Dorne^mpe  SBcrtgeug  gu  fein,  Drb« 
nung  unb  ßinl^eUigfcit  in  ber  ocrnunftlofen  ^atur  au^er  il^m  gu  piften). 

35  9bcr  nid^t  jcbc  @ultur  ip  gu  biefem  legten  Qxozdt  ber  9latur  l^in« 
Idnglic^.  3)icbcr  ©cfd^idlid^fcit  ip  freilid^  bic  Dornel^mftc  fubiccttoe 
Scbingung  ber  3:auglid^feit  gur  SBeforbcrung  ber3^(dc  öberl^aupt;  aber 


432    Ärittf  bet  Urt^elföfroft.  2.  ^txl  Äritif  bet  teleologifd^en  Urt^ctUfraft. 

bod^  nid^t  l^inreid^enb,  ben  äßiUen  in  ber  Sefttmmung  unb  SBal^l  feiner 
ßmede  gu  beförbern,  meldte  \>o6i  gum  gangen  Umfange  einer  Stauglic^teit 
gu  Qrotdtn  mefentlid^  gel^ört.  S)te  le^tere  Sebingung  ber  Sauglid^Ieif, 
toeld^e  man  ble  6uUur  ber  Su4t  (SDlfcipUn)  nennen  fönnte,  ip  negatio 
unb  befielet  in  ber  93efreiung  bed  Sßillenä  -oon  bem  S)efpotii$m  ber  Se»  5 
gierben,  »oburd^  mir,  an  gemiffe  9laturbinge  gel^eftet,  unfähig  gemacht 
merben,  felbft  gu  »d^len,  in  bem  mir  uniS  bie  triebe  gu  §effeln  bienen 
laffen,  ble  un8  ble  Sflatur  nur  ftatt  2eltffiben  beigegeben  l^at,  um  bie 
S9e{limmung  ber  Sll^terl^eit  in  unS  nid^t  gu  Dernad^lä{{tgen,  ober  gar  gu 
perlenen,  tnbeg  mir  boc^  frei  genug  jtnb,  fte  angugiel^en  ober  nat^gulaffen,  10 
gu  oerlfingern  ober  gu  üerfftrgen,  nad&bem  e8  bie  3»^dte  ber  SBernunft 
erforbern. 

2>le  ©efd^ldlid^feit  tann  in  ber  9Renfd^engattung  nid^t  mol^I  ent> 
midCelt  merben,  als  ))ermlttelft  ber  Unglei(i^l^elt  unter  9Renf(]^en:  ba  ble 
größte  Qa\)[  ble  StotJ^menblgfelten  beS  SebenS  gleld^fam  med^anlfd^,  ol^ne  15 
bagu  befonberiS  ^unft  gu  bebflrfen,  gur  ©em&t^Iid^felt  unb  SRuge  anberer 
beforgt,  meldte  ble  mlnber  notl^menblgen  @tä(te  ber  (Sultur,  S93lffenf(]^aft 
unb  j^unfl,  bearbeiten,  unb  üon  blejen  In  einem  @fanbe  bed  S)rudE8, 
faurer  Slrbeit  unb  menlg  ©enuffeiS  gel^alten  mirb,  auf  meldte  @laffe  ft(^ 
benn  bod^  mand^eS  Don  ber  6ultur  ber  l^5l^eren  nad^  unb  nad^  aud^  t>tT*  ao 
breitet.  3)lc  5ßlagen  aber  mad^fen  Im  gortfd^ritte  berfelben  (beffen  ^öl&e, 
menn  ber  $ang  gum  Sntbel^rUd^en  fd^on  bem  Unentbel^rllc^en  Slbbruc^  gu 
tl^un  anfängt,  Su^uiS  l^elgt)  auf  belben  Seiten  gleid^  mdc^tlg,  auf  ber 
einen  burd^  frembe  ©emalttl^&ttgfelt,  auf  ber  anbern  burd^  innere  ttnge« 
nfigfamteit;  aber  bad  glingenbe  @lenb  Ifl  bod^  mit  ber  (Sntmldtelung  ber  ss 
Slaturanlagen  In  ber  SKeufd^engattung  t)erbunben,  unb  ber  3»^*  ^^^ 
Statur  felbfi,  menn  eS  gleld^  nid^t  unfer  Qmtd  ifi,  mlrb  bod^  l^iebei  erreid^t. 
£Die  formale  93eblngung,  unter  meld^er  ble  9latur  blefe  ll^re  (Snbabfid^t 
allein  enelc^en  fann,  Ift  blejenlge  aSerfaffunglm  aSerl&ftltnlffe  ber  SKenfd^en 
unterelnanber,  mo  bem  Slbbrud^e  ber  elnanber  med^felfeitlg  mlberflreiten'  » 
ben  ^rell^elt  gefe^mdgtge  ©emalt  In  einem  fangen,  meld^ed  bfirgerlid^e 
®ef  ellfd^aft  l^elfet,  entgegengefe|t  mlrb;  benn  nur  In  ll^r  fann  ble  größte 
SntmldCelung  ber  Slaturanlagen  gefd^el^en.  3u  berfelben  mare  aber  bo(^, 
menn  gleld^  SRenfd^en  {te  auSguflnben  fing  unb  fid^  ll^rem  S^i^ange  miOig 
gu  untermerfen  melfe  genug  m&ren,  nod^  ein  meltbfirgerlld^eS  ®ange,  33 
b.  l.  ein  Softem  aQer  Staaten,  ble  auf  elnanber  nad^tl^eillg  gu  mlrfen  In 
©efal^r  ftnb,  erforberlld^.  S«  beffen  Ermangelung  unb  bei  bem  ^Inber* 


Slnl^ang.    üWctl^obcnMtc  bex  telcologifc^cn  Urt^ciWfraft.  433 

ni|,  meld^eS  (Sl^rfud^t,  ^enfc^fu^t  unb  ^obfud^t  Dornel^mUd^  bei  benen, 
blc  ®e»att  in  $dnbcn  ^oben,  fclbft  bcr  ÜKögUd^fcit  eine«  jold^en  6nt* 
wurfiS  entgegen  fe^en,  l[t  ber  Ärieg  (tj^eils  in  meiern  p(^  Staaten  ger* 
jpalten  unb  in  tleinere  auf(5fen,  tl^eild  ein  @taat  anbere,  Heinere  mit  fid^ 

6  vereinigt  unb  ein  gröfecre«  ®anje  gu  bilben  prebt)  unüermeibltc^:  ber, 
fo  toie  er  ein  unabjt(J^tHd)cr  (burcft  gügellofe  2eibenfc^aften  angeregter) 
aSerfud^  ber  SWenfd^en,  bod^  tief  verborgener,  utelleic^t  abpcj^tlid^er  ber 
oberften  SBeiöl^eit  ift,  ©ejefemäfeigfeit  mit  ber  fjreil^eit  ber  Staaten  unb 
babur(!^  @in]^eit  eines  moralijdb  begrfinbeten  S^ftemiS  berfelben,  mo  nid^t 

10  gu  ftiften,  benno(ft  öorjubereiten  unb  ungead&tet  ber  fd&redflid&ften  JDrang* 
[ale,  momit  er  baiS  menfd^Iic^e  ©efc^Ied^t  belegt,  unb  ber  oielleid^t  nodb 
gröfeern,  momit  bie  beftfinbige  a5ereitf(]&aft  bagu  im  fjrieben  brütft,  ben«» 
nod^  eine  Slriebfeber  mel^r  ift  (inbeflen  bie  Hoffnung  gu  bem  Slul^eftanbe 
einer  aSoIteglücffeligfeit  pd^  immer  toeiter  entfernt)  aüe  Salente,  bie  gur 

15  Kultur  bienen,  bis  gum  l^öc^ften  ©rabe  gu  entmideln. 

äBaS  bie  3)ifci))Un  ber  Steigungen  betrifft,  gu  benen  bie  9laturaulage 
in  9(bfic^t  auf  unfere  Seftimmung  al$  einer  Sl^iergattung  gang  grned«* 
mäfeig  i[t,  bie  aber  bie  gntwldelung  ber  SWenfc^l^eit  fcl^r  erfc^meren:  fo 
geigt  pd^  bo(^  aud&  in  Unfel^ung  biefeS  gmeiten  (ärforberniffeS  gur  Gultur 

20  ein  gmedm&giges  Streben  ber  9latur  gu  einer  SluSbilbung,  meldt^e  und 
l|5l^erer  ß^^de,  atö  bie  Statur  felbft  liefern  tann,  empfänglid^  mad^t.  S)aS 
Übergemic^t  ber  Übel,  meldte  bie  93erfeinerung  beS  ©efd^mads  hü  gur 
gbealiprung  beffelben  unb  felbft  ber  gujruS  in  SBiffenfd^aften,  als  einer 
Slal^rung  für  bie  (Sitelfeit,  burd&  bie  ungubefriebigenbe  5Wenge  ber  baburc^ 

25  ergeugten  Steigungen  über  unS  auSfd^üttet,  ift  nid^t  gubeftreiten:  bagegen 
aber  ber  Qto^d  ber  Statur  auc^  nid^t  gu  oerfennen,  ber  ätol^iglelt  unb  bem 
Ungeftüm  berjenigen  Steigungen,  meldte  mel^r  ber  Sl^terl^eit  in  unS  ange« 
l^ören  unb  ber  SluSbilbung  gu  unferer  l^ö^eren  )Seftimmung  am  meinen 
entgegen  pnb  (ber  Steigungen  beS  ©enuffeS),  immer  me^r  abgugemlnnen 

30  unb  ber  @ntloidelung  ber  SRenfd^l^eit  ^la|  gu  mad^en.  Sd^öne  j^unft 
unb  SBiffenfc^aften,  bie  burd&  eine  Suft,  bie  pd^  allgemein  mitt^eilen  Ififet, 
unb  burd^  ®cf(^liffenl&eit  unb  aSerfeinerung  für  bie  ©efcllfd^aft,  loenn 
gleid^  ben  SRenfc^en  ni^t  pttlic^  beffer,  boc^  gefittet  mad^en,  geminnen  ber 
Sqrannei  beS  Slnncnl^angeS  fe^r  oiel  ab  unb  bereiten  baburd^  ben 

35  SBenfc^cn  gu  einer  ^errfd^aft  oor,  in  meld^er  bie  Vernunft  allein  ®c»alt 
l^aben  foD:  inbeg  bie  Übel,  momit  uns  tl^eils  bie  Statur,  tl^eils  bie  unoer« 
tragfameSelbftfud^t  ber  SRenfd|en  l^eimfud^t,  gugleid^  bie  Gräfte  ber  Seele 

^ant'l  6(^r{ften.    «Serfe.  V.  28 


4B4    J^ritil  ber  Urt^eiUfraft.   2.S^iI.  Ihriti!  b«r  teteologtfd^en  Urt^etldlraft. 

aufbieten,  fteigerit  ttnb  jldl^Ieti,  um  ienen  nid^t  }u  unterliegen,  unb  und 
fo  eine  2:augU(l^feit  ju  ^ö^eren  Stoeden,  bie  in  uniS  verborgen  liegt,  f fielen 
laffen.*) 

§  84. 
aSon  bem  enbjwecfe  be«  S)af einö  einer  SBelt,  b.  l.  ber         s 
@d)öpfung  felbft. 

@nbgtt>ed  ift  berienige  Qtotd,  ber  feines  anbem  a\i  SBebingung 
feiner  9W5gU(^feit  bebarf. 

Sßenn  ffir  bie  StoedmAgigteit  ber  fftatux  ber  bloge  SKec^anidm  ber« 
felben  jum  ISrfl&rungdgrunbe  angenommen  »irbi  fo  fann  man  ni(!^t  lo 
fragen:  moju  bie  SDinge  in  ber  Sßelt  ba  ftnb;  benn  ed  ift  atöbann  nad^ 
einem  fold^en  ibealiftifc^en  Softem  nur  üon  ber  pl^Qftfd^en  Sßöglid^feit 
ber  S)inge  (uselc^e  und  als  Q\»tdt  gu  benfen  bloge  SSernünftelei  ol^ne 
Dbject  fein  mürbe)  bie  Siebe:  man  mag  nun  biefe  f^orm  ber  3)ittge  auf 
ben  Sufall,  ober  blinbe  Slotl^menbigreit  beuten,  in  beiben  tSrdUen  mdre  15 
jene  grage  leer.  Slel^men  mir  aber  bie  3wc*>«tblnbung  in  ber  SBelt  ffir 
real  unb  ffir  {te  eine  befonbere  9rt  ber  Saufalit&t,  n&mlid^  einer  ab« 
fi(!^tlt(^mir{enben  Urfad^e,  an,  fo  lönnen  mir  bei  ber  f^rageni(]^t  {leiten 
bleiben:  »oju  £Dinge  ber  SBelt  (organiftrte  SBefen)  biefe  ober  jene  gorm 
l^aben,  in  biefe  ober  jene  SSerl^dltniffe  gegen  anbere  Don  ber  SRatur  gefegt  ») 
pnb;  fonbern  ba  einmal  ein  äSerßanb  gebatikt  mirb,  ber  als  bie  Urfa(^e 
ber  9R5gli(l^feit  fold^er  formen  angefe^en  merben  mug,  mie  fte  mirlli(^ 
an  2)ingen  gefunben  merben,  fo  mu^  auc^  in  eben  bemfelben  nac^  bem 


*)  SSBad  baS  ^ben  ffir  unS  ffir  einen  Sßert|  ^abe,  menti  biefer  blo^  nac^  bem 
gefc^d^t  mirbp  loaiSmangeniegt  (bem  natfirlidC)en Smed  ber®umme  aller !Retgun- 
gen,  ber  ©Ifidfeltgfett),  ifl  let^t  au  entfd^etben.  Qn  finft  unter  !Run;  beun  mer  »oute 
too^i  bai  Seben  unter  benfelben  SBebingunoen,  ober  au(^  naö^  einem  neuen,  felbfl' 
entworfenen  (bo(^  bem  SRaturloufe  gemägen)  $(ane,  ber  aber  auä^  blog  auf  Qknu^ 
gefteHt  niftre,  aufiS  neue  antreten?  9BeI(!^en  Sßeri^  ha^  Beben  bem  aufolge  (abe, 
maS  t^,  na^  bem  Bn)ed(e,  bzn  bie  9latur  mit  und  l^at,  geffi^rt,  tu  fic^  ent^&It  unb 
meines  in  bem  befielt,  maS  man  tl^ut  (nic^t  blog  geniest),  wo  wir  aber  immer 
boöi  nur  Mittel  au  unbeflimmtem  (fnbamede  ftnb,  tfi  oben  geaeigt  morben.  (£d 
bleibt  alfo  wo^l  ni^td  fibrig,  aU  ber  993ert^,  ben  nir  unferem  ^ben  felbft  geben 
bur(^  ba9,  naiS  wir  nic^t  aKein  t^un,  fonbern  aud^  fo  unabl^ängig  tion  ber  9latur 
awedtm&gig  t^un,  bag  felbft  bie  ^^iflena  ber  IRatur  nur  unter  biefer  93ebtngung 
BroedP  fein  fann. 


Slnl^ang.    STOet^obenlel&rc  ber  leleoloßifd^cn  Urtl&eiWfroft.  435 

obiectitien  ®runbc  gefragt  werben,  ber  biefen  probuctitien  Serftanb  gu 
einer  SBirfung  biefer  8lrt  befilmmt  l^aben  fönne,  welcher  bann  ber  6nb* 
gioed  ijt,  moju  bergleid^cn  JDinge  ba  pnb. 

SdÖ  l^abe  oben  gefagt:  bafe  ber  (gnbitocdC  fein  Qmd  fei,  »cld^en  ju 
5  betDtrfen  unb  ber  Sbee  beffelben  gemfi^  l^erDor^ubringen,  bie  5Ratur  l^ln* 
retd^enb  märe,  meil  er  unbebingt  Ift.  35enn  eö  i[t  nid^tö  in  ber  5Ratur  (alö 
einem  ©innenioefen),  tooju  ber  in  i^r  felbft  befinblid^e  SeftimmungSgrunb 
ni^t  Immer  mieberum  bebingt  to&re;  unb  biefed  gilt  nid^t  blog  ))on  ber 
SHatur  aufeer  unö  (ber  materiellen),  fonbern  avaSi  in  unö  (ber  benfenben): 
10  mol^l  gu  üerftel^cn,  bafe  i(^  in  mir  nur  ba«  betrad&te,  toa«  SRatur  ift.  ein 
S>ing  aber,  ma«  not^wenbig  feiner  objectioen  Sefd^affenl^eit  tt)egen  al« 
(gnbgtoed  einer  üerftänbigen  Urfac^e  ejriftiren  foll,  mufe  öon  ber  »rt  fein, 
bafe  eä  in  ber  Orbnung  ber  Qmdt  »on  feiner  anbermeitigen  Sßebingung, 
a\&  blog  feiner  St^ee  abl^ängig  ift. 

15  9lun  l^aben  mir  nur  eine  eingige  9lrt  SBefen  in  ber  SESelt,  beren  Saufa« 
litfit  teleologildö,  b.  i.  auf  SwedCe  gerid&tet,  unb  bod^  gugleid^  fo  befc^affen 
ijt,  bag  baS  ®efe^,  nac^  mel(^em  fte  ftd^  Qrotd^  gu  beftimmen  l^aben,  r>on 
i^nen  felbft  ald  unbebingt  unb  t)on  fßaturbebingungen  unabl^&ngtg,  an 
fi^  aber  alö  notl^wenbig  üorgefteHt  mirb.   2)a8  SBefen  biefer  art  ift  ber 

ao  Wenfd^,  aber  al«  9loumenon  betrad^tet;  baS  eingige  ^aturmefen,  an  mel« 
d^em  mir  bod^  ein  überjtnnlid^eö  SSermögen  (bie  Sreil^eit)  unb  fogar 
baS  ®efe^  ber  Saufalität  fammt  bem  Dbiecte  berfelben,  meld^eS  eS  ftd^ 
al«  l^öd^ften  Qmd  üorfe^en  fann  (ba«  l^öd^ftc  ®ut  in  ber  SBelt),  Don 
Seiten  feiner  eigenen  Sefd^affenl^eit  erfennen  fönnen. 

35  aSon  bem  SRenfc^en  nun  (unb  fo  jebem  vernünftigen  2Bcfen  in  ber 
SBelt),  als  einem  moralifd^en  SBcfen,  fann  nic^t  meiter  gefragt  mcrben: 
mogu  (quem  in  finem)  er  ejriftire.  ©ein  2)afein  l^at  ben  l^ödöftcn  ßmedt 
felbft  in  fid&,  bem,  fo  üiel  er  üermag,  er  bie  gange  5Ratur  untermerfen  fann, 
menigftenS  meld^em  gumiber  er  fid^  feinem  @tnfluffe  ber  9tatur  unter« 

30  morfen  l^alten  barf.  —  SBenn  nun  2)inge  ber  SBelt,  al8  i^rer  @;rifteng  nad& 
abhängige  SBefen,  einer  nad^  Qmd^n  l^anbelnben  oberjten  Urfad^e  be» 
bürfen,  fo  ift  ber  3Kenf(ft  ber  Schöpfung  ©nbgmedf ;  benn  ol^inc  biefen  märe 
bie  ^ette  ber  einanber  untergeorbneten  ßmedFe  nid^t  DoQftänbig  gegrünbet; 
unb  nur  im  SRenfd^en,  aber  aud^  in  biefem  nur  al8  ©ubjecte  ber  SRoralität 

36  ift  bie  unbebingte  ©efe^gebung  in  Slnfel^ung  ber  Qtozdt  angutreffen,  meiere 

28* 


43G    ^ritif  ber  Urt^cilöfraft.   2.  J^etl.  *rttif  bcr  telcorogtfc^cn  ttril^eilSfraft. 

il^n  alfo  aDein  fdl^ig  mad^t  ein  Snbgtoec!  gu  fein,  bem  bie  gange  9iatur 
tcleologifd^  untergeorbnct  i[t*). 

§85. 
aSon  ber  ^ß^^jifot^eologie. 

3)ie  ^l^^ftfotl^cologic  ift  ber  Serfud^  bcr  Vernunft,  aud  ben 
Stteden  ber  Slatur  (bie  nur  empirifc^  erfannt  werben  fönnen)  auf  bie 
oberfte  Urfad^e  ber  9iatur  unb  i^re  (Sigenfd&aften  gu  fd&Hefeen.  @inc 
9NoraIt]^eoIogte  (6t!)ifotl^eoIogie)  »fire  bcr  3Serfuc^,  au«  bem  mora« 
Uferen  ßroccfe  Dernünftiger  SBefen  in  ber  5Ratur  (ber  a  priori  erfannt  »er»» 
ben  fann)  auf  jene  Urfad^c  unb  il^re  ©igenjd^aften  gu  fd^liefeen. 

S)ie  erftere  gel^t  natflrlid^er  SBeife  tior  ber  groeiteu  Dorl^cr.  2)enn 
wenn  mir  öon  ben  ©ingen  in  ber  SBelt  auf  eine  ffielturfad&e  tcleologif  d^ 
fd^liefeen  wollen:  fo  muffen  Qrotd^  ber  5ftatur  guerft  gegeben  fein,  für  bie 


*)  Q^  wäre  m5g(i(^,  bog  ^lüdfeligfett  ber  üentünfttgen  Sefen  in  ber  SEßelt  ein 
3n>c(f  ber  ^^Qtur  roöre,  unb  aldbann  m&re  fte  auc^  i^r  le^terBu'edP.   äBenigftend  13 
fann  man  a  priori  nic^t  einfe^en,  roarum  bie  ^aiux  nid^i  fo  eingeri^tet  fein  foUte, 
loeil  burt^  i^ren  Sl'^ec^aniSm  biefe  $ßir!ung,  menigften^  fo  oiel  wir  einfe^en,  mo^I 
möglid^  möre.   ^ber  3)7oraIität  unb  eine  i^r  untergeorbnete  ^aufalitdt  not^  3°>^^n 
ift  fc^Ied^terbingd  burd^  ^lotururfoc^en  unmöglid^;  benn  baiS  ^rindp  i^rer  SSeflimmung 
5um  ^anbeln  ift  überftnulid^,  ift  olfo  baiS  einaige  9J?5gItd^e  in  ber  Drbnung  ber  3n>ecfe,  20 
toa^  in  ^nfe^ung  ber  9latur  fci^Iet^t^in  unbebingt  ift  unb  i^r  ©ubject  baburdb  jum 
(Snbawede  ber^^öpfung,  bem  bie  gon^e  92atur  untergeorbnet  ift,  aUetn  quatift« 
drt.  --  ©lüdffeligfcit  bagegen  ifl,  wie  im   üorigen  §  na^  bem  B^ugnig  ber 
(Srfol^rung  gezeigt  morben,  nic^t  einmal  ein  Qioed  ber  Slolur  in  ^nfe^ung  ber 
!Dlenfc^en  mit  einem  Sorguge  oor  anberen  ©efd^öpfen:  weit  gefehlt,  bog  fie  ein  @nb'   25 
jroedPber^^öpfung  fein  fotlte.   9]^enf(^en  mögen  fle  fic!^  immer  ^u  intern  legten 
fubjectioen  Bn'edfe  machen.    SBenn  tc^  aber  nad^  bem  (Snh^rotdt  ber  Sd^opfung 
frage:  S^oau  ^aben  ^^enfd^en  e^iftiren  muffen V  fo  ift  oon  einem  obfectioen  oberflen 
ßwede  bie  SRebe,  wie  il^n  bie  l^öc^fte  Vernunft  au  i^rer  ©(^öpfung  erforbem  würbe, 
antwortet  man  nun  barauf :  S)amit  äBefen  e^ifttren,  benen  jene  oberfte  Urfac^e  mo^I«  30 
t^un  fönne,  fo  mtberfpric^t  man  ber  Sebingung,  weld^er  bie  I3ernunft  bed  SJtenfc^en 
felbft  feinen  innigften  SBunfc^  ber  ©IfldPfeligfeit  unterwirft  (n&mUd^  bie  ÜbereinfUm- 
mung  mit  feiner  eigenen  inneren  moralif(!^en  @efeggebung).  S)ieö  beweifet:  bog  bie 
©lOdffeligfeit  nur  bebingter  Bn^edF,  ber  ^enfd^  alfo  nur  ald  moraUfc^ed  äBefen  (^b« 
awedP  ber  ©d^öpfung  fein  fönne;  xoa^  aber  feinen  Buf^anb  betrifft,  (S^lfidTfeligfeit  nur  » 
ald  f$o(ge  nod^  ^aggabe  ber  Übereinftimmung  mit  jenem  Bn>e(fei  al^  bem  Bn^^<^ 
feinet  ^afeiniS,  in  ^erbinbung  fte^e. 


SCn^ang.    !D^etl^obenIe^re  ber  teleologtfd^en  Urt^ettöfraft.  437 

tt)ir  nad^l^er  einen  @nbjtoec!  unb  für  tiefen  bann  ba8  ^rincip  ber  (Saufa« 
lität  biejer  oberften  Urfac^e  gu  fud^en  l^aben. 

3ladi  bem  teleologtfd^en  ^rincip  fönnen  unb  mfiffen  Diele  9ta(l^for« 
fi^ungen  ber  ^atur  gefc^el^en,  ol^ne  bag  man  nad^  bem  ©runbe  ber  ^ög» 
5  lid^feit,  gmectmdgig  gu  mirfen,  loeld^e  mir  an  uerfc^iebenen  ber  $robucte 
ber  Sflatur  antreffen,  gu  fragen  Urfa(fte  l^at.  SBiH  man  nun  aber  aud^ 
](|ieDon  einen  Segrijf  ^aben,  fo  l^aben  mir  bagu  fd^Ied^terbingd  feine  meiter^ 
gel^enbe  ßlnfidötf  ölS  blofe  bie  3Kafimc  ber  repectirenben  Urtl^eiföfraft: 
ba^  ndmlid^,  »enn  unS  auc^  nur  ein  eingtged  organifc^ed  $robuct  ber 

10  3ltatur  gegeben  wäre,  mir  nad^  ber  Sefd^affenl^eit  unfere«  (ärtcnntni^üer- 
mögcnS  bafür  Feinen  anbern  ®runb  beuten  Knnen,  aW  ben  einer  llrfadö« 
ber  SRatur  fclbft  (e8  fei  ber  gangen  5ftatur  ober  aud^  nur  biefeS  ©tiicf«  ber» 
fcttren),  bie  burd^  SSerftanb  bie  ßaufalitfit  gu  bemfelben  ent^filt;  ein  S9e= 
urtl^itungöprincip,  moburd^  mir  in  ber  ßrfldruug  ber  5Raturbinge  unb 

15  il^reS  Urfprung§  gmar  um  nickte  meiter  gebracht  merben,  ba§  unö  aber 

bod^  über  bie  9latur  ^inaud  einige  3(udftd^t  ero^net,  um  ben  fonft  fo  um 

frud^tbaren  Segriff  eine«  Urmefen«  üielleidbt  na^cr  beftimmen  gu  tonnen. 

9lun  fage  id^:  bie  $]()t|ptot]^eologie,  fo  meit  fte  aud^  getrieben  merben 

magi  fann  un8  bod^  nid^td  Don  einem  @nbgmed(e  ber  Schöpfung  eröff« 

20  neu;  benn  fie  reid&t  nid^t  einmal  bis  gur  gragc  nad^  bemfelben.  Sie  fann 
alfo  gmar  ben  SBegriff  einer  Derftfinbigen  SBelturfac^e  al«  einen  fubjectiö 
für  bie  Sefd&affenl^eit  unfere«  erlenntnifeoermögen«  allein  tauglichen  SBe« 
grif  oon  ber  5Koglic^feit  ber  ©inge,  bie  mir  un8  nad&  Smeden  »erftfinb^ 
li(^ö<ften  fönnen,  red^tfertigen,  aber  biefen  Segriff  meber  in  t^eoretifd^er 

25  nod&  praftifd&er  abpdbt  meiter  beftimmen;  unb  i^r  SSerfud^  erreid&t  feine 
abfid^t  nid^t,  eine  S^eologie  gu  grfinben,  fonbern  fte  bleibt  immer  nur  eine 
p]&9ftfd^e-3:eleologie:  meil  bie  Smedbegie^ung  in  il^r  immer  nuralSinber 
5Ratur  bebingt  betrad^tet  mirb  unb  merben  mufe;  mithin  ben  Qmd,  mogu 
bie  9iatur  felbft  epftirt  (mogu  ber  Orunb  aufeer  ber  SRatur  gefud^t  merben 

30  mu6)  gar  nic^t  einmal  in  anfrage  bringen  fann,  auf  beffen  beftimmte 
Sbee  gleid^mo^l  ber  bepimmte  SBegriff  jener  oberen  Derpfinbigen  SBcltur» 
fa^e,  mithin  bie  3R5glid^feit  einer  S^eologie  anfommt. 

SBogu  bie  JDinge  i«  ber  SBelt  einanber  nüfeen;  mogu  baö  SWannigfal» 
tige  in  einem  JDinge  für  biefeö  JDing  felbp  gut  iP;  mie  man  fogar  ®runb 

35  l^abe  angunel^men,  bag  nid^td  in  ber  SSelt  umfonP,  fonbern  aUed  irgenb 
mogu  in  ber  3iatur,  unter  ber  Sebingung  bafe  gemiRe  a)inge  (alö  Qmdt) 
e.riftiren  follten,  gut  fei,  mobei  mithin  unfere  SSernunft  für  bie  Urtl^eilg? 


438    Ätiti!  ber  Urt^eilöfrafl.  2.  Sl^dl.  Äritt!  ber  tcreologifd^en  Urtl^eitefraft. 

fraft  fein  anbete«  ^rinclp  ber  aWöglld^fett  be«  Dbiect«  il^rcr  unDermcib^ 
lld^cn  tclcoloflifc^en  Seurtl^cilung  in  il^rem  aSermogen  l^at,  afö  baö,  ben 
3Red^aniöm  ber  SRatur  ber  ard^iteftonit  eine«  Derflfinbigen  SBeltnrl^ebcrS 
unter juorbnen:  ba§  aUeö  leiftet  bie  teleologifd^e  SBeltbetratJ^tung  fe^r 
l^errlic^  unb  jur  äufeerften  Setounberung.  SBeil  aber  ble  JData,  mithin  s 
bie  ^rindpien,  jenen  Segriff  einer  intelligenten  SBelturfad&e  (alö  l^oc^ften 
Äünftlerö)  ju  beftimmen,  blo&  empirifc^  pnb:  fo  laffen  Pe  auf  feine 
Sigenfc^aften  weiter  fd^Uegen,  als  und  bie  @rfa^rung  an  ben  SBirfungen 
berfelben  offenbart,  loelc^e,  ba  fie  nie  bie  gefammte  9latur  als  Softem  be- 
faffen  fann,  oft  auf  (bem  «nfc^eine  nad^)  jenem  Segriffe  unb  unter  c{n=  lo 
anber  miberftreitenbe  Semeiögrünbe  ftofeen  mufe,  niemals  aber,  toenn  loir 
gleid^  Dermögenb  »dren  aud^  baö  gauje  Softem,  fofcrn  e«  blofee  Statur 
betrifft,  empirifd^  ju  überfd^auen,  un«  über  bie  Statur  ju  bem  Qmdt  il^rer 
ßyiftenj  felber  unb  babur(ft  jum  beftimmten  Segriffe  jener  obern  gntcHi- 
genj  ergeben  fann.  15 

SBenn  man  ftd^  bie  Aufgabe,  um  bereu  Suflofung  eS  einer  ^^^pfo« 
tl^eologie  ju  tl^un  ift,  flein  mac^t,  fo  fd&eint  il^re  »uflofung  lei^t.  Scr* 
fd^toenbet  man  nämli(^  ben  Segriff  oon  einer  ©ottl^eit  an  jebeS  t)on  uns 
gebadete  üerftänbige  SBefen,  beren  eS  eine«  ober  mehrere  geben  mag,  toel* 
öiti  oiel  unb  fel^r  groge,  aber  eben  ni^t  alle  (Sigenfd^aften  ^abe,  bie  ju  30 
©rflnbung  einer  mit  bem  größtmöglichen  ßmede  äbereinftimmenben  3ta^ 
tur  überhaupt  erforberlid^  finb;  ober  l^filt  man  eS  für  nid^t«,  in  einer 
S^eorie  ben  ÜRangel  beffen,  maö  bie  SemeiSgrünbc  leiften,  burd^  millfür» 
lic^e  Sufd&e  ^u  ergänjcn  unb,  030  man  nur  ®runb  l^at  Diel  Sollfommen* 
l^eit  angunel^men  (unb  toa^  ift  t)iel  für  unS?),  ft^  ba  befugt  l^Alt  alle  ss 
möglid^e  uorauSjufe^en:  fo  mad^t  bie  pl^^ftfc^e  Seleologie  mic^tige  Stn^ 
fprüdje  auf  ben  Siul^m,  eine  Sl^eologie  gu  begrünben.  SBenn  abcrDerlangt 
U)irb  angujeigen,  toad  unS  benn  antreibe  unb  fiberbem  beredbtige,  jene  @r« 
göuäungen  gu  mad^en:  fo  merben  »ir  in  ben  ^rincipien  be«  tl^eoretifd^en 
©ebraud^d  ber  Sernunft,  melc^er  burd^au«  »erlangt,  gu  @rflärung  eine«  » 
Dbject«  ber  ©rfal^rung  biefem  nicftt  mel^r  ©igenfd^aften  beigulegen,  al« 
empirifd^e  ©ata  gu  ll&rer  3Wögli(^feit  angutreffen  finb,  Dergeblic^  ®runb 
gu  unferer  ^Rechtfertigung  fud^en.  Sei  naiverer  Prüfung  mürben  mir  feigen, 
ba6  eigentlich  eine  Sbee  üon  einem  ^ö^ften  SBefen,  bie  auf  gang  Derftibie» 
benem  Sernunftgebrau^  (bem  praftifc^en)  beruht,  in  un«  a  priori  gum  » 
®runbe  liege,  toeld^e  un«  antreibt,  bie  mangcll^qfte  Sorflellung  einer 
pl^^fif d^en  Jleleologie  öon  bem  Urgrunbe  ber  Swedte  in  ber  Statur  bi«  gum 


Knl^ang.    SRet^obenlel^re  ber  teleologtfd^en  UiH^eildfroft.  489 

Segriffc  einer  ©ottl^elt  gu  crgdnjen;  unb  tt)ir  toürben  un8  nld^t  fdlfd&U(l6 
einbilben,  blefe  Sbee,  mit  ll^r  aber  eine  3:]&eoIoflle  bur^  ben  tl^eoretifc^en 
SSernunftgebrauc^  ber  p]^9ftf(!^en  Sßelttenntnig  gu  @tanbe  gebracht,  ))iel 
weniger,  il^re  SRealitÄt  betoiefen  gu  l^aben. 
5  3Ran  fann  ed  ben  Sllten  ni(^t  fo  l^od^  gum  ZaM  anred^nen,  menn 
fte  {t^  il^re  ®5tter  als  tl^etls  tl^rem  93erm5gen,  tl^eitö  ben  abftd^ten  unb 
äBiQeniSmeinungen  nai^  fel^r  mannigfaltig  Derfc^ieben,  alle  aber,  felbft  il^r 
Dberl^aupt  nid^t  aufgenommen,  nod^  immer  auf  menfc^Iid^e  SSeife  einge« 
fd^rdnft  bad&ten.   35enn  menn  pe  bic  ginrid^tung  unb  ben  ®ang  ber 

10  S)inge  in  ber  9tatur  betrad^teten,  fo  fanben  jte  gtoar  ®runb  genug  etmaS 
mel^r  ald  9Red^anifd^e8  gur  Urfad^e  berfelben  angunel^men  unb  Slbftd^ten 
geti)iffer  oberer  Urfa(^en,  bie  fle  nid^t  anber«  al8  ilbermenfi^Udö  ben!en 
fonnten,  hinter  bem  aRafd^inentoerf  biefer  SBelt  gu  toermutben.  SBell  fte 
aber  haS  ®ute  unb  Söfe,  ba«  S^c^wä^ige  unb  3w«dtmibrige  in  il^r  m^ 

15  nigftend  fär  unfere  Sinjt^t  fel^r  gemifd^t  antrafen  unb  jid^  nid^t  erlauben 
fonnten,  inSgel^eim  bennod^  gum  ©runbe  liegenbe  toeife  unb  mol^ltbfitige 
StoedCe,  Don  benen  fte  bod^  ben  Setoei«  nld^t  faben,  gum  Sebuf  ber  »ill* 
fürlid^en  3bee  etneS  b^fl^oDfommenen  Urhebers  angunebmen:  fo  tonnte 
il)r  Urtl^eil  t)on  ber  oberften  SSelturfa^e  fc^werlid^  anberS  audfaflen,  fo 

20  fern  fte  ndmlid^  nad^  SJ^ajcimen  beS  blo^  tbeoretif(ben  ©ebraucb^  ber  Ser« 
nunft  gang  confequent  öerful^ren.  anbere,  bic  al«  ^l^qpfer  gugleicb  Sbeo« 
logen  fein  ttoDten,  badbten  SBefriebigung  fär  bie  SSernunft  barin  gu  pnben, 
bafe  pc  für  bie  abfolute  ©inl^eit  be«  $rincip«  ber  SRaturbinge,  wcld&e  bie 
SSernunft  forbert,  tjermittelft  ber  3bec  üon  einem  SBefen  forgten,  in  »el* 

w  d&em  als  alleiniger  ©ubftang  jene  in«gefammt  nur  inl^idrirenbe  SBeftim« 
mungen  tt)dren:  meldte  @ubftang  gtoar  nid^t  burd^  SSerpanb  Urfad^e  ber 
SBelt,  in  »eldber  aber  bodfe  al8  Subject  aller  SBerftanb  ber  SBeltwefen  an=^ 
gutreffen  wdre;  ein  SBefen  folglid^,  baS  gttar  nidbt  nac^  Qxotdtn  etwa« 
berüorbrddöte,  in  meld^em  aber  bodb  alle  JDinge  megen  ber  ©inbeit  be§ 

so  @ubiect8,  t)on  bem  Pe  blog  S3eftimmungen  pnb,  audb  obne  B^td  unb  Slb^ 
pd^t  not^menbig  pd^  auf  einanber  gmedCmdgig  begiel^en  mußten.  @o  fül^r« 
ten  Pe  ben  ^bealtSm  ber  ßnburfad^en  ein:  inbem  pe  bie  fo  fd^mer  b^raud^ 
gubringenbe  Sinbeit  einer  3Renge  gmedCmd^ig  ))erbunbener  @ubftangen 
ftatt  ber  6aufalabbdngig!eit  Don  einer  in  bie  ber  S^bä^^^nj  in  c*««^ 

35  üermanbelten;  toelcbe«  S^pem  in  ber  ffolge,  Don  Seiten  ber  inbdrirenben 
SBeltmefen  betrad^tet,  al8  ^antbeidm,  Don  Seiten  beS  allein  fubpftireu:^ 
ben  SubjectS  als  UrioefenS  (fpdterl^in)  als  SpinogiSm,  nidbt  foiool^lbie 


440    Äriti!  ber  Urt^iWfraft.  2.2:^«.  Ärltif  ber  tcleoloßifd^en  Urt^eil^fraft. 

fjragc  Dom  erflcn  ®runbc  bct  Stoetfmäfelafeit  ber  SRatur  auflöfete,  al«  ftc 
Dlclmcl^r  für  nid^tig  crfldrte,  tnbcm  bcr  leitete  Scgrlff ,  aUcr  feiner  fRtalu 
tdt  beraubt,  gur  biegen  SRtgbeutung  eineS  aDgemeinen  ontologtfd^en  Se^ 
griffe  t)on  einem  S)inge  fiberl^aupt  gemad^t  mürbe. 

9ta(!^  blofe  t^eoretlfd^cn  ^rincipten  be«  Bernunftgebrau(j^8  (morauf  5 
bie  $^9f{fot]^eologte  jtd^  aUein  gränbet)  tann  alfo  niemals  ber  Segrtff 
einer  ©ottl&elt,  ber  für  unfere  teleologlfd^e  SBeurtl^eilung  ber  Statur  ju^ 
reichte,  ^eraudgebrad^t  merben.  S)enn  mir  erflären  entmeber  aDe  Seleo^ 
logie  für  blofee  Sdufiftung  ber  Urtl^eitefraft  in  ber  Seurtl^eilung  ber  (Sau* 
faberbinbung  ber  S){nge  unb  flüchten  uniS  ju  bem  aOeinigen  $rtndp  10 
eines  bloßen  SRed^aniSmS  ber  9latur,  meldte  megen  ber  (Sin^eit  ber  @ub« 
ftang,  üon  ber  fte  nid^tiS  a\&  bad  äßanntgfaltige  ber  Seftimmungen  berfel« 
ben  fei,  unS  eine  aUgemeine  Segtel^ung  auf  Qmdt  gu  enthalten  blog 
fd^eine;  ober  menn  mir  ftatt  biefeS  S^ealidmiS  ber  ßnburfad^en  bem  ®runb« 
fa^e  beS  SftealiSmd  biefer  befonbern  Slrt  ber  Saufalität  anl^dnglid^  bleiben  » 
motten,  fo  mögen  mir  üiele  Derftdnbige  Urmefen,  ober  nur  ein  einige«  ben 
9taturgmed(en  unterlegen:  fobalb  mir  gu  SBegrünbung  beS  93egrip  üon 
bemfelben  nid^td  ald  (Srfal^rungSprincipien,  oon  ber  mirtlit^en  Qmdotr^ 
binbung  in  ber  3BeU  I|ergenommen,  gur  l^anb  ^aben,  fo  tonnen  mir  einer» 
feit«  miber  bie  SRig^ettigfeit,  bie  bie  9latur  in  Slnfe^ung  ber  Btoecleinl^eit  so 
in  Dielen  Seifpielen  aufftettt,  feinen  SRatl^  finben,  anbrerfeit«  ben  Siegriff 
einer  einigen  intelligenten  Urfad^e,  fo'mie  mir  il^n,  bur(^  bloge  ßrfal^rung 
bered^tigt,  herausbringen,  niemals  für  irgenb  eine,  auf  meldte  Srt  eS  audb 
fei,  (tl^eoretifi^  ober  praftifc^)  braud^bare  Sl^eologie  beftimmt  genug  baraud 
gießen.  25 

S>ie  pV9ftf<^^  ^eleologie  treibt  uns  gmar  an,  eine  Sl^eologie  gu  fud^en, 
aber  fann  feine  l^eroorbringen,  fo  meit  mir  aud^  ber  Statur  burd^  @rfa^ 
rung  nad^fpüren  unb  ber  in  i^r  entbedtten  3»^dh)erbinbung  burd^  S3er« 
nunftibeen  (bie  gu  <)]^9|tfdöcn  aufgaben  t^eoretifd^  fein  muffen)  gu  ^ülfe 
tommen  mögen.  äBaS  ^ilfts,  mirb  man  mit  äled^t  Hagen,  bag  mir  atten  su 
biefen  ßinri^tungen  einen  grofeen,  einen  für  uns  unermefelicften  Serflanb 
gum  ©runbe  legen  unb  i^n  biefe  SBelt  nad^  abjid^ten  anorbnen  laffen? 
menn  uns  bie  Statur  Don  ber  (Snbabfid^t  nid^ts  fagt,  no(^  jemals  fagen 
fann,  o^ne  meldte  mir  uns  bod^  feinen  gemeinfd^aftlid^enSegiel^ungSpuntt 
aller  biefer  StaturgmedCe,  fein  l^inreid^enbeS  teleologifd^eS  $rincip  mad^en  3s 
fönnen,  tl^eilS  bie  Qtütdt  inSgefammt  in  einem  @^ftem  gu  erfennen,  tl^eilS 
uns  Don  bem  oberften  SSerftanbe,  als  Urfad^e  einer  fold^en  Statur,  einen 


$(nl$ang.    S^et^obenlel^re  her  teleologif^en  Urt^eil^rraft.  441 

33«9riff  ju  tnad^en,  bet  unfercr  über  jtc  tclcologifd^  reflcctircnben  Urtl^elte- 
traft  gum  Sti^tmage  bienen  fönnte.  ^äi  Ig&tte  olSbann  gmnr  einen 
ÄunftDerpanb  für  gerftreute  ßmecfe;  aber  feine  SBeiÄ^eit  für  einen 
Snbgmed,  ber  bot^  eigentlid^  ben  SeftimmungSgrunb  uon  jenem  entbal» 

5  ten  mug.  ^n  Snnangelung  aber  eines  SnbgtoedSi  ben  nur  bie  reine  33er« 
nunft  a  priori  an  bie  ^anb  geben  fann  (weil  alle  Qxotdt  in  ber  SBelt  cmpi« 
rifdb  bebingt  ftnb  unb  ni^tö,  als  n)ad  l^iegu  ober  bagu  als  guf&diger  Slb» 
ftd^t,  nid^t  tDaS  fd^Iec^tl^in  gut  ift,  entl^alten  lönnen),  unb  ber  mid^  allein 
leieren  tt)ürbe:  meldte  Sigenfd^aften,  toeld^en  ®rab  unb  meld^eS  tBerl^ciltnig 

10  ber  oberften  Urfa^e  ber  Statur  id^  mir  gu  benfen  ^abe,  um  biefe  als  teleo» 
logifd^eS  @9ftem  gu  beurtl^eilen;  mie  unb  mit  meli^em  Siedete  barf  id^  ba 
meinen  febr  eingefdferdnften  S9egriff  tjon  jenem  urfprünglidö^n  SSerjtanbc, 
ben  itb  auf  meine  geringe  SBeltfenntni^  grünben  fann,  üon  ber  SKad^t 
blefeS  UrmefenS  feine  Sbeen  gur  ®irfli(^fcit  gu  bringen,  tjon  feinem  SBiüen 

15  es  gu  tl^un  u.  f.  m.,  i^ad^  S3elieben  erweitern  unb  bis  gur  Sbee  eincS  aUwei« 
fen  unenblid^en  SßefenS  erg&ngen?  3!)ieS  mürbe,  menn  eS  tl^eoretifd^  ge« 
fd&cl^en  foBte,  in  mir  felbft  ailmiffenl^elt  tjorausfefeen,  um  bie  Qmdt  ber 
Statur  in  i^rem  gangen  ßufammenl^ange  eingufel^en  unb  nod^  obenein  alle 
anbere  m5glid^e  $lane  benfen  gu  fönnen,  mit  benen  in  SSergleid^ung  ber 

20  gegentodrtige  als  ber  befte  mit  Orunbc  beurtl^eilt  »erben  müfete.  S)enn 
ol^ne  biefe  Dollenbetc  Äenntnife  ber  SBirfung  fann  id^  auf  feinen  beftimm* 
ten  a3egriff  Don  ber  oberften  Urfad^e,  ber  nur  in  bem  oon  einer  in  allem 
Setradbt  unenbli^en  SnteÜigeng,  b.  i.  bem  Säegriffe  einer  ©ottl^eit,  ange« 

.    troffen  merben  fann,  f(^liegen  unb  eine  ©runblage  gur  3:^eologie  gu 

25  @tanbe  bringen. 

SBir  tonnen  alfo  bei  aller  möglid^en  (Srmeiterung  ber  pl^^ftfd^en  S'e« 
leologie  nad^  bem  oben  angeführten  ©runbfa^e  mol^l  fagen:  bag  toir  nac^ 
ber  a3efdöoffen]^eit  unb  ben  5ßrinclpien  unfereS  (SrfenntnifeoermÄgenS  bie 
Slatur  in  il^ren  uns  befannt  gemorbenen  gmedfm&gigen  Snorbnungen  ni^t 

30  anberS  benn  als  baS  ^robuct  eines  SgcrftanbcS,  bem  biefe  untermorfen  ift, 
benfen  tonnen.  Db  aber  biefer  SSerftanb  mit  bem  ®angen  berfelben  unb 
beffen  l^eroorbringung  nod^  eine  Snbabft^t  gel^abt  l^aben  möge  (bie  als=^ 
bann  nidbt  in  ber  Statur  ber  ©inncnioelt  liegen  mürbe):  baS  fannunS  bie 
tl^eoretifd^e  Slaturforfd&ung  nie  eröffnen;  fonbern  eS  bleibt  bei  aller  Äennt* 

35  nife  berfelben  nnauSgemad&t,  ob  jene  oberfte  Urfad^e  überall  na(^  einem 
(gnbgmedte  unb  nid^t  öielmel^r  burc|)  einen  oon  ber  blofeen  Slotl^menbigfeit 
feiner  Statur  gu  ^eroorbringung  gemiffer  formen  beftimmten  SSerftanb 


442    ^tif  ber  Urt^iMfroft.  2.  ^t\l  JTdtif  ber  teIeologtf(|en  Util^ttöfraft. 

(nad^  ber  Analogie  mit  betn,  xoas  mir  bei  ben  2:]^ieren  ben  jfunjltnftinct 
nennen)  Urgrunb  berfelben  fei:  ol&ne  ba^  eS  nöt^ig  fei,  il^r  barum  auc^ 
nur  SSeidl^eit,  üiel  weniger  l^od^fte  unb  mit  aDen  anbern  gur  SSoIltomtnen^ 
^eit  il^red  ^robucts  erforberlid^en  Stgenfd^aften  ))erbunbene  Beidl^eit  htU 
äwlegeu.  5 

ailfo  ift  $]^Qfifot^eoIogie  eine  mi^Derftanbene  pl^^fifd^e  Sieleologie, 
nur  ald  SSorbereitung  (^ropAbeutit)  jur  Sl^eologie  brau^bar  unb  nur 
burd^  ^ingufunft  eiued  anberioeitigen  $rincip^,  auf  bad  fte  fiä^  flauen 
lann,  nid^t  aber  an  ftd^  felbfl,  »ie  il^r  9lame  eS  angeigen  tDiU,  gu  biefer 
Sibfid^t  gureid^enb.  k> 

§86. 
SSon  ber  Stl^ifotl^eologie. 

6S  ift  ein  Urtl^eil,  beffen  {t^  felbfl  ber  gemeinfte  Serftanb  nid^t  ent« 
f plagen  fann,  ivenn  er  über  bais  ^afein  ber  3!)inge.in  ber  SSelt  unb  bie 
6;rifteng  ber  Sßelt  felbft  nad^benft:  ba^  ndmli(^  aDe  bie  mannigfaltigen  u 
©efd^öpfe,  t)on  mie  groger  Aunfteinrid^tung  unb  ttie  mannigfaltigem 
gnedmdgig  auf  einanber  begogenen  Sufammenl^ange  fie  aud^  fein  mögen, 
ja  felbft  ba«  ®ange  fo  Dieler  ©ijfteme  berfelben,  bie  mir  unrit^tiger  SBeife 
SBelten  nennen,  gu  nid^ts  ba  fein  mürben,  menn  eö  in  il^nen  nid^t  ÜRen« 
fd^en  (oernünftige  Sßefen  überl^aupt)  gäbe;  b.  i.  bag  ol^ne  ben  Wenfi^eu  ^ 
bie  gange  @d^öpfung  eine  bloge  SSüfte,  umfonft  unb  ol^ne  SnbgmedC  fein 
mürbe.  (53  ift  aber  aud^  nid^t  ba«  grfenntnifeDermögen  beffelbcn  (tl^eore» 
tifd^e  SSernunft),  in  Segiel^ung  auf  meld^ed  baS  3)afein  aUeS  Übrigen  in 
ber  aSelt  allererft  feinen  SBertl^  bcfommt,  etma  bamit  irgenb  gcmanb  ba 
fei,  meld^er  bie  äBelt  betrauten  tonne.  3)enn  menn  biefe  Setrad^tung  sö 
ber  SBelt  il^m  bod^  nid^t«  aU  3)inge  ol^ne  (Snbgmed  DorfieDig  machte,  fo 
fann  barau«,  bag  jte  ertannt  mirb,  bem  £)afein  berfelben  fein  Sßert^  er« 
mad^fen;  unb  man  mug  fd^on  einen  Snbgmed  berfelben  tooraudfe^en,  in 
Scgie^ung  auf  meldten  bie  SBeltbcfrad^tung  felbft  einen  ffiertl^  ^abe.  Suc^ 
ift  eS  nid^t  ba$  ©efü^l  ber  Suft  unb  ber  @umme  berfelben,  in  Segie^ung  » 
auf  meld^ed  mir  einen  @nbgmedC  ber  @d^5pfung  als  gegeben  beulen,  b.  i. 
nic^t  baS  äSol^lfein,  ber  ®enug  (er  fei  förperlid^  ober  geiflig),  mit  einem 
SBorte  bie  ®lüdtfeligfeit,  morna^  mir  jenen  abfoluten  SSertl^  fd^äfeen. 
©enn:  bafe,  menn  ber  SKenfd^  ba  ift,  er  biefe  i^m  felbft  gur  enbabpd^t 
mad^t,  giebt  feinen  Segriff,  mogu  er  bann  über^au))t  ba  fei,  unb  meldten  » 
SBert^  er  bann  felbft  l^abe,  um  i^m  feine  @irifteng  angenehm  gu  mad^en. 


Sln^aitg.    SWetl^obeiilel^re  ber  teleologtfdftcn  Urtl>eil«fraft.  443 

(gr^mufe  alfo  fd^on  al8  ßnbgttierf  ber  ©(^opfung  öoraudgefcfet  »erben,  um 
einen  Sernunftgrunb  gu  l^aBen,  toarum  bie  Sttatur  ju  feiner  (STudffeltßfeit 
jufaufmen  pimmeu  muffe,  tücnn  fle  al«  ein  abfolute«  ®ange  nac^  ^rin» 
clpien  ber  ßttJecfe  betrachtet  toirb.  —  ?[Ifo  ifl  e8  nur  ha&  Sege^runflöücr^ 

5  mögeirr  aber  hld)t  baöicnige,  »a«  il^n  Don  ber  5Ratur  (burd^  pnnliciöe  8ln« 
triebe)  äb^ngifl  maä^i,  nld^t  ba8,  in  Slnfel^iung  beffen  ber  SBertl^  feine« 
35afein8  auf  bem,  »aä  er  em<)fängt  unb  genlefet,  berul^t;  fonbern  ber 
SSertl^,  toeld^en  er  allein  fid^  felbft  geben  fann,  unb  welcher  in  bem  beftel^t, 
todS  er  tl^ut,  mie  unb  nad^  melden  ^rincipien  er  ntd^t  atö  !RaturgIieb, 

10  fonbern  in  ber  grel^eit  feines  Segel&rungöDermögen«  lianbelt;  b.  ^.  ein 
guter  fflillclfr  ba8]eiuge,  »oburdö  fein  2)afein  aüein  einen  abfoluten 
SBertl^  unb^  In  Segiel^ung  auf  toeld^eS  ba«  S)afein  ber  SSelt  einen  @nb« 
gtDe'cf  l^aben  fann. 

8ludö  flimmt  bamit  baö  gemeinpe  Urtl^eiJ  ber  gefunben  9Renfd()en* 

15  Dernunft  ooDfornmen  gufammen:  n&mlidb  bag  ber  3Renfd^  nur  ald  morali« 
fd^efi  SBefen  ein  (änbgtDedf  ber  ©d^öpfung  fein  fönne,  wenn  man  bie  Seur« 
t^eilung  nur  auf  biefe  i^rage  leitet  unb  veranlagt  fte  gu  t)erfud^en.  9Ba« 
l^ilft«,  tDirb  man  fagen,  bag  biefer  3Renfd^  fo  oiel  Salent  l^at,  bag  er  ba« 
mit  fogar  fel^r  tl^fitig  ift  unb  baburd^  einen  nüpc^en  @influg  auf  ba« 

20  gemeine  SBefen  audfibt  unb  alfo  in  SSerl^dltnig  fomol^I  auf  feine  ®\M^ 
umft&nbe,  al«  aud^  auf  8(nberer  9lu^en  einen  großen  Bertis  l^at,  ttenn  er 
!einen  guten  SBillen  bcpfet?  6r  ift  ein  üera(l)tung«tt)ürbige8  Object,  wenn 
man  il^n  nad^  feinem  Innern  betrad^tet;  unb  n)enn  bie  @d^öpfung  nid^t 
fiberaH  ol^ne  ßnbgwecf  fein  foü,  fo  mufe  er,  ber  als  3Renf(6  aud^  bagu  ge^* 

35  ^ört,  bod^  als  böfer  3Renfd^  in  einer  Sßelt  unter  moralifd^en  ©efe^en  bie» 
fcn  gemäfe  feine«  fnb|ectiüen  ßw^df«  (ber  ®lüdffeligfeit)  oerlu|lig  gelten, 
als  ber  cingigen  S3ebingung,  unter  ber  feine  @?:ifteng  mit  bem  SnbgmedCe 
gufammen  befleißen  !ann. 

SBenn  »ir  nun  in  ber  SBelt  ßttedCanorbnungen  antreffen  unb,  tote 

so  eS  bie  Sernunft  unüermeiblid^  forbert,  bie  ßwcdfe,  bie  eS  nur  bebingt  ftnb, 
einem  unbcbingten  obcrften,  b.  i.  einem  ©nbgtoecfe,  unterorbnen:  fo  ftel(t 
man  erftUdb  leit^,  bafe  alSbann  nid^t  üon  einem  Qvo^dt  ber  9latur  (inner« 
l^alb  berfelben),  fofern  pe  ey iplrt,  fonbern  bem  Qmdt  i^rer  Sfiftcng  mit 
allen  i^ren  ©inric^tungen,  mitl^in  t)on  bem  legten  S^oedfe  ber  @(^öp= 

35  fung  bie  SRcbe  ift  unb  in  biefem  aud^  eigentli^  Don  ber  oberften  Sebtn« 
gung,  unter  ber  allein  ein  gnbgtoedt  (b.  i.  ber  SeftimmungSgrunb  eine« 
^<i)^tn  aSerftanbeS  gu  ^erDorbringung  ber  SBeltwefen)  Statt  pnben  lann. 


444    Äritif  ber  UrH^eiWfraft.  2.  3;^eil.  Äritlf  her  teleolo9tf(^en  UrtlJetWfraft. 

S)a  toir  nun  ben  SRcnfd^cn  nur  afö  moraliftj^e«  SBcfen  ffir  bcn  3»ecf 
ber  ©d^öpfung  ancrfcnncn:  fo  ^abcn  »ir  crfHid^  ^Iw^n  ®runb,  »cnigficn« 
bte  |)au))tb€bingung,  bie  Sielt  ald  ein  noc^  Qmdtn  aufammen^än0enbed 
®anje  unb  als  Softem  t)on  (Snburfad^en  angufel^en;  Dorne^mlid^  aber 
für  ble  uad^  SBefc^affen^cit  unferer  Vernunft  un5  not^tocnbigc  Segiel^ung  • 
ber  Slaturgtocde  auf  eine  üerft&nbtgc  SBelturfa(!^e  ein  ^rincip,  bie  3ta^ 
tur  unb  Giflenfc^aften  biefer  erjien  Urjad&e  afö  oberften  ©runbeS  im  ateid^c 
ber  Qro^dt  gu  benfen  unb  fo  ben  S3egriff  berfelben  gu  beftimmen:  »elc^eS 
bie  pl^Qftfd^e  Seleologie  nt^t  oermod^te,  bie  nur  unbeftimmte  unb  eben 
barum  gum  tl^ieoretifc^en  foiool^I  ald  praftifd^en  ©ebraud^e  untaugltd^e  lo 
Segrijfe  üon  bemfelben  oeranlaffen  tonnte. 

SluiS  blefem  fo  beftimmten  $rinctp  ber  ^QufalitAt  itS  UrwefenS  loer« 
bcn  loir  t^  ntd^t  blofe  als  gnteüigeng  unb  gefefegebcnb  ffir  bie  5latur,  fon« 
bern  aud^  ald  gefe^ebenbed  Dberl^aupt  in  einem  moralifd^en  9iei(^e  ber 
Swedfc  benfen  muffen^  ^n  SBegtel^ung  auf  baS  ^ö<ftfte  unter  feiner  4^err»  u 
fd^aft  aOetn  mögliche  ®ut,  n&mlid^  bie  @jrifteng  vernünftiger  SBefen  unter 
moralifd^en  ©efe^en,  merben  mir  und  biefeS  Urtoefen  alis  allmiffenb 
benfen:  bamit  felbft  baS  ^nnerfte  ber  ©ejinnungen  (meld^ed  ben  eigent« 
lid&en  morallfd^en  fflertl^  ber  ^anblungen  oernüuftiger  SBeltwefen  au«= 
mad^t)  i^m  nid^t  verborgen  fei;  alis  allmäd^tig:  bamit  eö  bie  gange 9la«  so 
tur  biefem  l^öd^ften  ßmecfe  angemeffen  madben  fönne;  aU  allgfltig  unb 
gugleid^  gered()t:  meil  biefe  beiben  Sigenfd^aften  (vereinigt  bie  SBefd« 
^eit)  bie  Sebingungen  ber  ßaufalitfit  einer  oberften  Urfad&e  ber  SBelt 
als  ^öd^ften  ®utd  unter  moralifd^en  ®efe^en  audmad^en;  unb  fo  aud^  aOe 
nod&  übrigen  tranSfcenbentalen  ßigenfd^aften,  alößioigfeit,  ailgegcn*  as 
ttart  u.  f.  ti).  (benn  ®ütc  unb  ®ered^tigfeit  pnb  moralift^e  ®igenfd^aften), 
bie  in  Segiel^ung  aufweinen  folc^en  ßnbgmect  voraudgefe^t  toerben,  an 
bemfelben  benfen  muffen.  —  9luf  fold^e  Sßeife  ergdngt  bie  moralifi^e 
Senologie  ben  SKangel  ber  pl^ijfifd^en  unb  grünbet  aHererft  eineJ^eo^ 
logle:  ba  bie  Icfetere,  wenn  pe  nld^t  unbemerft  au«  ber  erftercn  borgte,  30 
fonbern  confequent  verfahren  foDte,  ffir  ftd^  allein  nid^t«  ald  eine  S)dmo« 
noiogie,  meldte  feine«  beftimmten  93egri^d  fäl^iig  ift,  begrünben  fSnnte. 

9[ber  baS  ^^rincip  ber  S9egie^ung  ber  2Belt  loegen  ber  moralifd^en 
ßmecfbeftimmung  getoiffer  Sßefen  in  berfelben  auf  eine  oberfie  Urfad^e, 
ald  ®ottl^eit,  tl^ut  biefed  nid^t  blog  baburd^,  bag  ed  ben  p^^ftfd^'teleologi*  35 
fc^en  93emei$^grunb  ergdngt  unb  alfo  biefen  not^toenbig  gum  ®runbe  legt; 
fonbern  c&  ift  bagu  aud^  für  fic^  l^tnreid^enb  unb  treibt  bie  Siufmertfam^ 


In^ong.    3Rel^obcnIe^re  ber  teleologtf^en  Url^ctWfraft.  445 

feit  auf  bie  Qmtdt  ber  9latur  unb  bie  Slac^forfd^ung  ber  l^inter  i^ren  %ox' 
men  verborgen  Uegenben  unbegreiflid^  großen  St\xn%  um  ben  2>been,  bie 
bie  reine  praftif(%e  Scrnunft  l^erbeifd&afft,  an  ben  5Raturj»e(feu  belldupge 
Sepdtigung  ju  geben.  S)enn  ber  Segriff  Don  SBeltoefen  unter  mordi«» 

5  fd^en  (Sefe^en  ift  ein  ^rindp  a  priori^  toornad^  |td^  ber  3Renfc^  not^wen* 
big  beurtl^eilen  mug.  3)aB  ferner,  menn  ed  überall  eine  a6|t(^tUd^  »irtenbe 
unb  auf  einen  Qmd  gerichtete  SBelturfad^e  giebt,  {eneS  moralifd^e  93er« 
^ältnig  eben  fo  notl^menbig  bie  Sebingung  ber  SRöglid^Ieit  einer  Qdibp^ 
fung  fein  muffe,  aU  bad  nad^  pl^^jtfd^en  ®ef e^en  (»enn  n&mlid^  jene  Der« 

10  fldnbtge  Urfa(i^e  aud^  einen  ßnbjmed  l^at):  fte^t  bie  SSernunft  aud^  a  priori 
aW  einen  für  fte  jur  teleologifdben  Seurtl^eilung  ber  @j:iftenj  ber  3)ingc 
not^tt)enbigen  ©runbfa^  an.  9lun  Tommt  ed  nur  barauf  an:  ob  mir  ir« 
genb  einen  für  bie  SJernunft  (e«  fei  bie  fpeculatioe  ober  praftifd^e)  l^in* 
reid^enben  ®runb  l^aben,  ber  nad^  Qmtdtn  l^ianbelnben  oberften  Urfad^e 

15  einen  ßnbjioed  beizulegen.  S>enn  bag  aldbann  biefer  nad^  ber  fubjlecti^ 
oen  Sefd^affenl^eit  unferer  SSernunft,  unb  felbft  tt)ie  mir  und  aud^  bie 
aSernunft  anberer  SBefen  nur  immer  benfen  mögen,  fein  anberer  al8  ber 
SRenfd^  unter  moralifd^en  ®efe^en  fein  fönne:  tann  a  priori  für 
und  ald  gemig  gelten ;  ba  l^ingegen  bie  Smecte  ber  9latur  in  ber  pl^^ji^ 

20  fd^en  Drbnung  a  priori  gar  nicftt  fönnen  erfannt,  oornel^mlid^,  bafe  eine 
5Ratur  o^ne  fold^e  nid^t  eyiftiren  fonne,  auf  feine  SBeife  fann  eingefel^en 
merben. 

anmerfung. 

@e^et  einen  äRenf^en  in  ben  augenblidfen  ber  Stimmung  feines 

25  ®emüt^d  iur  moralifd^en  Smpfinbung!  äSenn  er  fid^,  umgeben  oon  einer 

fc^onen  3lat\xx,  in  einem  ruhigen,  Reitern  (Senuffe  feined  2)afein8  befinbet, 

fo  fül^lt  er  in  |td^  ein  Sebürfnig,  irgenb  jemanb  baffir  bantbar  gu  fein. 

Dber  er  fe^e  ftd^  ein  anbermal  in  berfelben  ©emütl^doerfaffung  im  ®e« 

bränge  oon  $pid^ten,  benen  er  nur  burdb  freimiUige  Aufopferung  ©enüge 

30  leiften  fann  unb  mill;  fo  fü^lt  er  in  ftc^  ein  93ebärfnig,  ^temit  gugleid^ 

etmad  93efol|lne8  ausgerichtet  unb  einem  Dberl^erren  gel^or^t  ju  ^aben. 

Ober  er  ^abe  ftd^  etma  unbebac^tfamer  SBeife  miber  feine  $flid^t  oer» 

gangen,  moburci^  er  bod^  eben  nid^t  SReufd^en  oerantmortlic^  gemorben 

ift;  fo  »erben  bie  ftrengen  Selbfloermeife  bennoc^i  eine  ©prad&e  in  il^m 

36  fül^ren,  al«  ob  fle  bie  Stimme  eine«  Olic^tcr«  mdren,  bem  er  barüber 


446    Stüixt  htt  Urt^eildfraft.  2.  Sll^eil.  «ritt!  ber  teleologif^en  Urt^eiUIraft. 

aied^enld^aft  abjulegcn  l^fttte.  ÜRit  einem  SBorte:  er  bebarf  einer  mora« 
lifd^en  SnieUigeng,  um  für  ben  Qvotd,  moju  er  e;rifttrt,  ein  SSefen  gu  l^aben, 
toelc^eiS  biefem  gem&g  Don  il^m  unb  ber  Seit  bie  Urfa^e  fei.  Xriebfebern 
l^inter  biefen  ©effi^Ien  ^erauSgutunfteln,  ift  üergebli^;  benn  fte  l^dngeit 
unmittelbar  mit  ber  reinften  moralifc^en  ©eftnnung  gufammen,  loeil  5 
S)anlbarfeit,  ©el^orfam  unb  ^emütl^igung  (Untermerfung  unter 
))erbiente  S^^tigung)  befonbere  ©emütl^Sftimmungen  gur  ^flid^t  ftnb,  unb 
bad  gu  ßrmeiterung  feiner  moralifiib^n  ®eftnnung  geneigte  ©emütl^  l^ier 
{t(^  nur  einen  ©egenftanb  freimiDig  benft,  ber  nid^t  in  ber  Sßelt  ift,  um 
m  möglich  aud^  gegen  einen  fold^en  feine  $fli(^t  gu  bereifen.  (S&  ift  olfo  10 
menigftenS  möglid^  unb  aud^  ber  ©runb  bagu  in  moralifd^er  S)enfungdart 
gelegen,  ein  reined  moralifd^ed  Seburfnig  ber  (Srifteng  eines  Sßefend  ftd^ 


I  DorgufteDen,  unter  toeld^em  entmeber  unfere  Sittlid^feit  mel^r  @t&rfe  ober 


aud^  (»entgftenS  unferer  SSorfteDung  na(^)  mel^r  Umfang,  nämlic^  einen 
neuen  ®egenfianb  für  il^re  Sudfibung,  geminnt;  b.  i.  ein  moralifc^-gefe^«  15 
gebenbed  SBefen  auger  ber  Sßelt  ol^ne  ade  Stüdfid^t  auf  tl^eoretifc^en  Se* 
miSi  no(^  meniger  auf  felbftffi^tigeS  ^nt^^^ff^  ^u8  reinem  moralif^en, 
Don  allem  fremben  ßinfluffe  freien  (babei  f reiliift  nur  f ubiectioen)  ©runbe 
angunel^men,  auf  bloge  Slnpreifung  einer  für  jic^  aÜein  gefe^gebenben 
reinen  praftifd^en  SSernunft.   Unb  ob  gleid^  eine  fold^e  Stimmung  be£  so 
®emüt^8  feiten  oorf&me,  ober  auc^  ni(^t  lange  l^aftete,  fonbern  flüd^tig 
unb  ol^ne  bauernbe  SSirTung,  ober  aud^  ol^ne  einiget  9lad^benlen  über  ben 
in  einem  fold^en  @d^attenbilbe  oorgeftellten  ©egenftanb  unb  o^ne  93e^ 
mü^ung  il^n  unter  beutlic^e  Segriffe  gu  bringen  oorüberginge:  fo  ift  boii 
ber  ®runb  bagu,  bie  moralifd^e  sinlage  in  uniS,  als  fubjectioeS  $rincip,  23 
fid^  in  ber  äBeltbetradbtung  mit  il^rer  BmedCmdgigteit  burd^  !Ratururfad^en 
nid^t  gu  begnügen,  fonbern  il^r  eine  oberfte  nad^  moralifd^en  ^rincipien 
bie  SRatur  bel^errfdbenbe  Urfat^e  untergulegen,  unöerfennbar.  —  SBogu 
no(^  fommt,  bag  mir,  nad^  einem  allgemeinen  l^öd^ften  Sxotdt  gu  flreben, 
uns  burd^  baS  moralifd^e  ®efe^  gebrungen,  unS  aber  bodb  unb  bie  ge«  30 
fammte  9iatur  tl^n  gu  erreid^en  uuDermögenb  fül^len;  bag  loir,  nur  fo  fern 
toir  barnadb  ftreben,  bem  (gnbgtoecfe  einer  oerftfinblgen  SBelturfa^fte  (menn 
e«  eine  fold&e  gfibe)  gemdfe  gu  fein  urt^eilen  bürfen;  unb  fo  ift  ein  reiner 
moraltfd^er  ©runb  ber  praftifc^en  SSernunft  üorl^anben,  biefe  Urfac^e  (ba 
es  ol^ne  SBiberfprud^  gefd^el^en  fann)  angunel^men,  mo  ni(^t  me^r,  bod^  ss 
bamit  mir  {ene  Seftrebung  in  il^ren  äBirtungen  nid^t  fflt  gang  eitel  angu« 
feigen  unb  baburd^  fte  ermatten  gu  laffen  ®t\a^x  laufen. 


Knl^ong.    SRet^obenlel^re  ber  teleologifd^en  Urtl^eiDSfraft.  447 

SKit  blcfcm  allem  foU  l^iet  nur  fo  Diel  gefagt  tDcrben:  bafe  ble  %vix(tii 
gtt)ar  guctp  ®otter  (S)dmonen),  aber  btc  SSernunft  üermittelfl  il^rer 
moralifd^cn  ^rlncipien  jucrft  bcn  »egrlff  öon  ®ott  l^obe  l^erüorbrlngen 
fönnen  (aud^  felbft  loenn  man  in  ber  Seleologie  ber  9latur,  »ie  gemeinig« 

5  H(^,  fe^r  unmtffenb,  ober  audb  ^^g^n  ber  Sd^miertgleit,  bie  einanber  l^ierin 
miberfprec^enben  grfd^einungen  burd^  ein  genugfam  bewäl^rteS  ^rinci)) 
auiSgugletdb^n,  fel^ir  gtoeifel^aft  loar);  unb  bag  bie  innere  moralifc^e 
Swecfbeftimmung  feine«  JDafein«  ba«  ergdngte,  ma«  ber  SRaturfenntnife 
abging,  inbem  fie  n&mlid^  antDie«,  }u  bem  (Snbgmede  Dom  S>afe{n  aDer 

10  35inge,  »ogu  bad  ^rinclp  nic^t  anbcr«  als  et^if (%,  ber  äJernunft  genug- 
tl^uenb  ift,  bie  oberfte  Urfad^e  mit  (Sigenf^aften,  nomit  {te  bie  gange 
5Ratur  jener  einjigen  abpd^t  (gu  ber  bicfe  blofe  ffierfjeug  ift)  ju  unter» 
»erfen  Dcrmögenb  ift,  (b,  i.  oU  eine  ©ottl^cit)  gu  beulen. 

§87. 
15  äJon  bem  moralifd^en  Seioeife  be«  SJafein«  ®otte«. 

g«  giebt  eine  p^^fifc^e  3:eleologie,  loelti^e  einen  für  unfere 
t^eoretif^  reßectirenbe  Urtl^eitötraft  J^inreic^enben  SSemeiSgrunb  an  bie 
^anb  giebt,  baö  2)afein  einer  oerftönbigcn  SBelturfadfee  angunel^men.  SBir 
finben  aber  in  unö  felbfl  unb  nod^  mel&r  in  bem  Segriffe  eine«  »ernünftigen 

20  mit  grcil^eit  (feiner  ßaujalität)  begabten  SBefen«  überhaupt  aud^  eine 
moralifd^e  Seleologie,  bie  aber,  meil  bie BtDedbegiel^ung  in  unS  felbfl 
a  priori  fammt  bem  ®efe^e  berfelben  beftimmt,  mithin  ald  notl^menbig 
erfannt  »erben  fann,  gu  biefem  Sel^uf  feiner  Derftdnbigen  Urfadbe  aufeer 
uns  ffir  biefe  innere  ©efe^mägigteit  bebarf :  fo  menig  als  mir  bei  bem, 

95  loaS  mir  in  ben  geometrifd^en  Sigenfd^aften  ber  Figuren  (für  allerlei 
mdglid^e  ^uuftauSübung)  SmedmägigeS  finben,  auf  einen  il^nen  biefeS 
ert^eilenben  l^öd^ften  SSer^anb  ^inauS  fe^en  b&rfen.  SIber  biefe  moralifc^e 
Seleologie  betrifft  bo4  unS  als  äBeltmefen  unb  alfo  mit  anbern  fingen 
in  ber  SBelt  Derbunbene  äBefen:  auf  meldte  legieren  entmeber  als  ßmedCe, 

30  ober  als  ®egenftdnbe,  in  ^nfel^ung  bereu  mir  felbft  @nbgmed(  finb,  unfere 
Seurt^eilung  gu  rid^ten,  eben  biefelbcn  moralifd^en  ©efcfee  uns  gur  S3or* 
fd^rift  machen.  93on  biefer  moralifc^en  Seleologie  nun,  meldte  bie  S3e« 
giel^ung  unferer  eigenen  @aufalität  auf  3med(e  unb  fogar  auf  einen  @nb- 
gmedC,  ber  Don  uns  in  ber  SBelt  beabpt^tigt  merben  mug,  imgleid^en  bie 

35  mec^felfeitige  Segiel^ung  ber  äSelt  auf  jenen  ftttlid^en  QwA  unb  bie 


448    ^tif  ber  Urtl^ettöfraft.  2.  Sl^eil.  Sttitil  ber  teleologifd^en  Urt^I^rraft. 

äußere  9R5gIt(i^f€it  feiner  SuSful^rung  (tocju  feine  pl^Qftfd^e  Seleologie  virt& 
anleitung  geben  fann)  betrifft,  gel^t  nun  bie  notl^menbige  f^rage  auS:  ob 
fte  unfere  Dernfinftige  93eurt^eilung  nötl^ige,  über  bie  SBelt  l^inauis  gu 
gelten  unb  ju  fener  Sejiel^ung  ber  9lQtur  auf  baS  ©ittlid^e  in  und  ein 
üerftänbigeS  oberfted  $rinci))  gu  fu^en,  um  bie  9latur  aud^  in  Segie^ung  » 
auf  bie  moralifd^e  innere  ©efe^gebung  unb  beren  mbgltd^e  Suöfü^rung 
und  als  gmedmägig  t)oriuftenen.  Solglid^  giebt  ed  aQerbingd  eine  mora« 
lifd^e  Seleologie;  unb  biefe  l^ängt  mit  ber  9lomotl^etil  ber  f^rei^eit 
einerfeits  unb  ber  ber  9latur  anbererfeits  eben  fo  not^menbig  gufammen 
als  bfirgerliti^e  ©efe^gebung  mit  ber  $rage,  mo  man  bie  ejrecutioe  ©emalt  le 
fudben  foH,  unb  flberl^aupt  in  aDem,  »orin  bie  SSernunft  ein  $riucip  ber 
aBirtUi^Ö^it  einer  geaiffen  gefe^rndfeigen,  nur  nad^  Sbeen  mögliti^en  Orb» 
nung  ber  3)inge  angeben  foll,  ßuf ammenl^ang  tft.  —  SBir  »oflen  ben  gort* 
fcftritt  ber  Vernunft  Don  Jener  moralifc^en  Seleologie  unb  i^rer  Sejie^ung 
auf  bie  pl^Qftfd^e  gur  S^eologie  aUererft  vortragen  unb  nad^^er  Aber  bie  i^ 
ÜRöglid^feit  unb  Sünbigfeit  biefer  @d^Iugart  äSetrad^tungen  anfteUen. 

SBenn  man  ba«  3)afetn  gemiffer  35inge  (ober  ou(ft  nur  gemiffer 
formen  ber  S>inge)  a\&  jufällig,  mitl^in  nur  burd^  etmaS  Ruberes  als 
Urfad^e  möglid^  annimmt:  fo  fann  man  ju  biefer  Saufalitdt  ben  oberften 
unb  alfo  ju  bem  Sebingten  ben  unbedingten  ®runb  entmeber  in  ber  » 
f>]^Qftfd^en,  ober  teleologifd^en  Drbnung  fud^en  (nad^  bem  nexu  effectivo, 
ober  finali).  S).  i.  man  fann  fragen:  meld^eS  ift  bie  oberfte  ]^ert)orbrtm 
genbe  Urfad^e?  ober  maS  ift  ber  oberfte  (fd^Iec^tl^iu  unbebingte)  Qmtd 
berfelben,  b.  i.  ber  (änbjmedt  il^rer  ^ertjorbringung  biefer  ober  aller  i&rer 
$robucte  überl^iaupt?  loobei  bann  freilieft  oorauÄgefe^t  toirb,  bafe  biefe  25  * 
Urfad^e  einer  SSorfteHung  ber  Smede  fdl^ig,  mitl^in  ein  oerftdnbige»  SBefen 
fei,  ober  tt)enig[ten8  t)on  und  ald  nad^  ben  @efe^en  eines  fold^en  äBefenS 
l^anbelnb  gebadet  »erben  mfiffe. 

Sflun  ift,  »enn  man  ber  lefetern  Drbnung  nad^ge^t,  e«  ein  ®runb:= 
f  a^,  bem  felbft  bie  gemeinfte  SRenfd^enoernunft  unmittelbar  äSeifaU  ju  30 
geben  genot](|igt  ift:  bag,  toenn  überall  ein  Snbgmed ,  ben  bie  SSernunft 
a  priori  angeben  mufe,  ©tatt  finben  foll,  biefer  fein  anberer,  al*  ber 
9Renfd&  (ein  jebe«  Dernünftlge  SBeltwefen)  unter  moralifd^en  ®t^ 
f e^en  fein  fönne.*)  3)enn  (fo  urt^eilt  ein  ieber):  bcftdnbe  bie  SBelt  au« 


*)  3^  ff^d^  mit  gletg:  unter  moraltfd^en  (S^efe^en.   9ltd^t  ber^Dlenfc^  na^  ss 
moralifd^en  <defe^en,  b.  t.  ein  fold^er,  ber  fid^  i^nen  gem&g  ttvf^ölt,  ift  ber  dnh' 


tn^ang.    äJ^et^obenle^te  ber  teleoTogtfd^en  Urtl^eiUfraft.  449  | 

lauter  leblosen,  ober  gtoar  gum  ^t\l  auS  lebenben,  aber  toernunftlofen 
SBefen,  fo  »ftrbe  baS  3)afein  einer  fold^en  Seit  gar  feinen  SBertl^  l^aben, 
meil  in  ll^r  fein  SBefen  ey ijiirte,  ba«  Don  einem  SBertl^e  ben  minbeften 
JBegriff  ^at.   SBftren  bagegen  aud^  vernünftige  SBefen,  beren  SSernunft 

6  aber  ben  SBertl^  beö  JDafeinS  ber  JDinge  nur  im  SSerl^ältnlffe  ber  SHotur 
ju  il^nen  (i^rem  SSo^lbefinben)  ju  fe^en,  nid^t  aber  ftc^  einen  fold^en  ur^ 
fprünglid^  (in  ber  Srei^eit)  felbfl  ju  öerfd&affen  im  ©tanbe  märe:  fo 
»dren  jtoar  (relatiöe)  ßtt^ccfc  in  ber  Seit,  aber  fein  (abfoluter)  @nb jaed, 
»eil  baS  JDafein  fold^er  vernünftigen  SBefen  bod^  immer  gioedlo«  fein 

10  »ürbe.  S)ie  moralifc^en  ®efc^e  aber  finb  von  ber  eigcnt^ümlid^en  SSe* 
fcftaffen^eit,  bafe  fie  etwa«  als  ^md  cHjnt  SBebingung,  mitl)in  gerabe  fo, 
toie  ber  SBegriff  eine«  enbjtoedf«  c8  bebarf,  für  bie  SSernunft  öorjd&reiben: 
unb  bie  @j:ifteng  einer  fold^en  aSernunft,  bie  in  ber  SttJcdtbejiel^ung  il^r 
felbft  ba«  oberfte  ®efe^  fein  fann,  mit  anbern  SBorten  bie  ejripeng  Der* 

15  nüuftiger  SBefen  unter  moralifd^en  ©efe^en,  fann  alfo  allein  als  @nb« 


%toed  ber  ^d^öpfung.  2)enn  mit  bem  le^iem  tudbrudre  »firben  loir  me^r  fagen, 
als  mix  wifTen:  nämlid^  bag  ed  in  ber  (BeiDalt  eined  ^Belturl^ebersS  fte^e,  3U  mad^en, 
bag  ber  ÜRenfd^  ben  moralifc^en  @efe^en  ieberaeit  fic^  angemeffen  verhalte;  mel^ied 
einen  äSegriff  Don  f^ei^eit  unb  ber  !Ratur  (Don  roel^er  le^tern  man  aUetn  einen  dugern 

20  Urheber  beulen  fann)  Doraudfegt,  ber  eine  (Sinfid^t  in  bad  fiberjlnnlid^e  ©ubftrat  ber 
9{atur  unb  befTen  (Sinerletl^eit  mit  bem,  »ad  bie  Saufalitat  burd^  S^eil^ett  in  ber  äBelt 
möglid^  ma^t,  enthalten  mügte,  bie  roeit  über  unfere  Sernunfteinftd^t  ^inaudge^t. 
!nurt)om  SJ^^eufd^en unter  moralifc^en  ©efe^en  f5nnenn)ir,  o^nebie®c^ran!en 
unferer  (Sinftd^t  au  überfd^reiten,  fagen:  fein  ^afein  mad^e  ber  ^elt  (Bnh^totd  auS. 

35  ^iefeiS  fttmmt  aud^  boHTommen  mit  bem  Urt^eile  ber  moralifc^  über  ben  SBeltlauf 
reflectirenben  aKenfdftenDemunft.  3öir  glauben  bie  (Spuren  einer  weifen  3wedfbc- 
aie^ung  auc^  am  8öfen  ma^raunelgmen,  menn  loir  nur  fe^en,  ba^  ber  frevelhafte 
8öfett)id^t  nid^t  el^er  flirbt,  ald  bid  er  bie  roo^berf^ulbete  ©träfe  feiner  Unt^aten 
erlitten  l^at.    fflaä^  unferen  Begriffen  Don  freier  Saufalitftt  berul^t  baS  fBo^h  ober 

30  dbeber^alten  auf  unsS;  bie  ^Od^fte  SßeiiS^eit  aber  ber  ^eltregierung  fe^en  »ir  barin, 
bai  au  bem  erfteren  bie  Seranlaffung,  für  beibed  aber  ber  (Erfolg  nad^  moralif^en 
@efe^en  Der^Angt  fei.  3n  bem  Unteren  befielt  eigentlich  bie  @^re  ©otteiS,  meldte 
ba^er  üon  ^toloqtn  nic^t  unf^lidflic^  ber  le^te  Qxotd  ber  @d^5pfung  genannt 
tt)irb.  —  fflo^  ijl  anaumerfen,  bag  roir  unter  bem  SBort  (Sd^öpfung,  wenn  »ir  und 

35  beffen  bebienen,  nic^td  anberd,  ald  mad  ^ier  gefagt  morben  ift,  n&mlidb  bie  Urfac^e 
oom2)afein  einer  SB e(t,  ober  ber  3)inge  in  il^r  (ber  ©ubftanaen),  derfte^en;  »ie 
bad  aud^  ber  eigentlid^e  93egriff  biefed  Sßortd  mit  fld^  bringt  (actuatio  substantiae 
est  creatio):  melc^ied  mithin  nid^t  fd^on  bie  SBoraudfe^ung  einer  freiwirfenben,  folglid^ 
oerftdnbigen  Urfad^e  (beren  S)afein  mir  aQererft  bemeifen  moKen)  bei  ftd^  fü^rt. 

Äa«t'l6<^tiftfn.    ©erfe.  V.  29 


450    Stniif  bet  Urt^elWfroft.  2.  S^ell.  ^Itlf  ber  te!coIoglf(i^eti  ttrt^cU«froft. 

jiDcd  t)om  S)Qfein  einer  Sßelt  gebac^t  tt)erben.  3fi  bagegen  biefeS  ntd^t 
f 0  betoanbt,  fo  Hegt  bem  3)afein  berfelben  entmeber  gar  lein  3»crf  in  ber 
Urfac^e,  ober  eiS  liegen  il^m  Qxo^dt  ol^ne  Snbjmed  gum  ©ninbe. 

S)aS  moralifd^e  ®efe^  ald  formale  SSemunftbebingung  bed  ®ebratt(^ 
unferer  ^rei^eit  üerbinbet  unS  für  fi^  aQein,  ol^ne  Don  irgenb  einem  & 
Sn)edte  als  materialer  Sebingung  abjul^iängen;  aber  ed  benimmt  und 
bo(!^  au^  unb  gwar  a  priori  einen  Snbgmed,  »elclbem  nac^gußreben  tS 
und  ))erbinbli(!^  mad^t:  unb  biefer  ift  bad  l^5d^ße  burc^  f^reil^eit  moglid^e 
®utinber9SeIt. 

S)ie  fubiectioe  Sebingung,  unter  meld^er  ber  ÜRenfd^  (unb  nac^  aDen  lo 
unfern  Segriffen  au(^  iebeS  üernfinftige  enblid^e  SBefen)  fid^  unter  bem 
obigen  ©efe^e  einen  Snbitoedt  fe^en  lann,  ifl  bie  ®Ifi(ffeligTeit.  f^olglid^, 
baS  l^öd^fte  in  ber  äSelt  mbglid^e  unb,  fo  Diel  an  und  ifl,  ald  Snbjtted 
gu  beförbernbe  pl^Qjtfd^e  ®ut  ift  ©I&dfeligleit:  unter  ber  obfectioen 
SSebingung  ber  (Sinftimmung  bed  SRenfc^en  mit  bem  ©efe^e  ber  @ittli<!^='  i> 
leit,  ald  ber  äSürbigfeit  glüdli(^  gu  fein. 

S)iefe  gtoei  ISrforberniffe  beS  und  burd^  bad  moralifd^e  ®efe|  aufge^ 
gebenen  Snbgmedd  tonnen  toir  aber  nad^  allen  unfern  93emunftt)erm5gen 
ald  burd^  bloge  9{atururfad^en  Derfnfipft  unb  ber  2li^ee  bed  gebadeten 
Snbgtoedd  angemeffen  unmöglid^  und  DorfteQen.  Sllfo  ftimmt  ber  Segriff  so 
oon  ber  praftifd^en  ^Rotl^menbigfeit  eined  fold^en  3tt>edd  burd^  bie 
Slnioenbung  unferer  i?rdfte  nid^t  mit  bem  tl^eoretifd^en  Segriffe  Don  ber 
))]^9fifd^en3R5gIic^feitber  Semirfung  beffelben  gufammen,  tt)enn  toir 
mit  unferer  ^^rei^eit  feine  anbere  (Saufalitdt  (eined  SRitteld),  ald  bie  ber 
5Ratur  Derfnüpfen.  » 

Solglid^  muffen  \oxx  eine  moralifc^e  äBelturfad^e  (einen  äBeltur^eber) 
annel^men,  um  und  gem&|  bem  moralifd^en  ®efe^e  einen  Snbgmed  Dor» 
gufe^en;  unb  fo  toeit  ald  bad  le^tere  notl^menbig  ifl,  fo  meit  (b.  i.  in  bem« 
felben  ®rabe  unb  aud  bemfelben  ®runbe)  ift  au$  bad  erfiere  not^uenbig 
angunel^men:  nämlic^  ed  fei  ein  ®ott.*)  » 


S)iefer  Semeid,  bem  man  leidet  bie  i^orm  ber  logif^en  ^räcifton  an- 
paffen tann,  mtll  nid^t  fagen:  ed  ift  eben  fo  notl^menbig  bad  S)afein  ®otted 


*)  ^iefeiS  moralifc^e  Argument  fott  leinen  objectii^-gfiltigen  8emetd  Dom 
S)Qfeln  (S^otted  an  bie  ^anb  geben,  ni(^t  bem  Biv^iMol^ubigen  bemeifen,  bog  ein 


^n^ang.    SRetl^obeuIe^re  ber  teleologtf^en  Urt^eildfroft.  451 

anjunel^men,  afö  bte  ©filtigleit  beS  moralift^en  ®efe|ed  anjuerlennen; 
mttl^in,  mer  ft^  t)om  erftern  nid^t  überjeugen  Tann,  I5nne  jl^  t)on  ben 
äSerbtnbli^feiten  nad)  beut  le^tern  loS  gu  fein  urtl^eilen.  3lletn!  nur  bie 
93eabft^tigung  bed  burd)  bie  SSefoIgung  beS  le^tern  gu  beiDirlenben 

5  SnbgioedS  in  ber  äBelt  (einer  mit  ber  Sefolgung  moralifd^er  ®efe^e 
l^amtonijd^  jufammentreffenben  ©lädfeligfeit  Dernfinftiger  äBefen,  als 
beS  l^od^ften  äBeltbeften)  mügte  alsbann  aufgegeben  merben.  (Sin  feber 
äSernünftige  mftrbe  fid^  an  ber  SSorfd^rift  ber  @itten  immer  nod^  als 
ftrenge  gebunben  erfennen  muffen;  benn  bie®efe^e  berfelben  finb  formal 

10  unb  gebieten  unbebingt,  ol^ne  Siüdfic^t  auf  Smede  (als  bie  SDtaterie  beS 
äBoÜenS).  aber  baS  eine  (Srforbernii  beS  SnbgmedS,  iDie  il^n  bie  praltif^e 
SSernunft  ben  äßeltiDefen  Dorfddreibt,  ifl  ein  in  fte  burdd  il^re  9latur  (als 
enblid^er  SSefen)  gelegter  unttiberfteblid&er  ßwed,  ben  bie  SSernunft  nur 
bem  moralifii^en  ©efe^e  als  unDerle^lid^er  Sebingung  untertDorfen, 

15  ober  au(^  nad)  bemfelben  allgemein  gemad^t  miffen  mitl  unb  [o  bie  93e« 
förberung  ber  ©lüdfeligfeit  in  ßinftimmung  mit  ber  @ittlid^feit  gum 
enbjmede  mad^t.  S)iefen  nun,  fo  üiel  (was  bie  erfteren  betrifft)  in  unfe« 
rem  ä3erm5gen  ift,  gu  beförbern,  mitb  unS  bur(!^  baS  moralifii^e  ®efe|  ge* 
boten;  ber  SluSfd^lag,  ben  biefe  93emfll^ung  l^at,  mag  fein,  tt)el(!ber  er  tooQe. 

20  3)ie  (grfüüung  ber  ^flicbt  beftcl&t  in  ber  §orm  beS  ernftlidöen  SBittenS, 
nid^t  in  ben  SRittelurfad^en  beS  Gelingens. 

®efe^t  alfo:  ein  SRenfd^  uberrebete  jtdd,  t^eils  burd^  bie  S^mdcbe 
aller  fo  fe^r  gepriefenen  fpeculatioen  Slrgumente,  tl^eils  burd^  manii^e  in 
ber  9latur  unb  Sittenmelt  il^m  Dorfommenbe  Unregelm&gigfeiten  bewogen, 

25  oon  bem  @a^e:  eS  fei  fein  ®ott;  fo  toürbe  er  bod^  in  feinen  eigenen  Singen 
ein  Slid^tSmürbiger  fein,  menn  er  barum  bie  ®efe^e  ber  ^flid^t  für  blog 
eingebilbet,  ungAltig,  unoerbinblid^  l^alten  unb  ungefd^eut  gu  Abertreten 
bef daliegen  wollte.  @in  folc^er  würbe  au(i^  alsbann  no^,  wenn  er  ftcb  in 
ber  $olge  oon  bem,  maS  er  anfangs  begweifelt  l^atte,  übergeugen  I5nnte, 

80  mit  iener  S)enfungSart  bod^  immer  ein  SticbtSmürbiger  bleiben:  ob  er 
gleid^  feine  ^fiicbt,  aber  auS  $urd^t,  ober  auS  lol^nfüc^tiger  Slbfid^t,  ol^ne 

&oii  fei;  fonbent  bai,  menn  er  moralifc^  confequent  benfen  miU,  er  bie  Knnel^mung 
btefed  (Saj^eS  unter  bie  OJ^a^cimen  feiner  praftifc^ien  93emunft  oufnel^men  mfiffe. 
—  (5«  foff  bomit  au6)  nid^t  gefaßt  werben:  eS  ift  gur  ©IttUd^Ieit  notl^- 
85  roenbio,  bie  (S((üdtfeligfeit  aller  i^ernfinftigen  äßelhoefen  gemäg  il^rer  SRoralität 
anaunel^men;  fonbem:  e«  ifi  burd^  fie  not^menbig.  WlxfS^in  ift  eS  ein  f  ubiectit), 
für  moralifc^e  SBefen,  ^inrei^enbeS  Uroument. 

29* 


452    ^tif  ber  Urt^eiMfraft.  2.  S^eil.  ffntif  bet  teleologtf^en  Urtl^iUfraft. 

p^id^toerel^renbe  ©efinnung,  ber  äBirlung  nad^  fo  pfinftUd^,  loie  eS  immer 
verlangt  merben  mag,  erffiOte.  Umgelel^rt,  menit  er  fte  als  ®Idubiger 
feinem  SetDugtfein  nad^  aufrid^tig  unb  uneigennfi^ig  befolgt  unb  glei(!|« 
mobil  fo  oft  er  gum  Serfud^e  ben  %aVi  fe^t,  er  I5nnte  einmal  flbergeugt 
»erben,  e8  fei  fein  ®ott,  jid^  fogleid^  Don  aller  ftttlid&en  SSerbinblicbfeit  frei  5 
glaubte:  mfigte  eS  bod^  mit  ber  Innern  moralifd^en  ©eftnnung  in  i^m 
nur  fcbled^t  befteOt  fein. 

Sßir  f5nnen  alfo  einen  red^tfd^affenen  3Rann  (mie  etma  ben  Spinoga) 
annel^men,  ber  ftd^  feft  überrebet  l^ält:  ti  fei  fein  ®ott  unb  (meil  eiS  in 
9lnfe^ung  beS  ObiectiS  ber  SRoralitAt  auf  einerlei  f^olge  l^inaudlfiuft)  aud^  10 
fein  fünftigeS  Seben;  mie  toirb  er  feine  eigene  innere  Stoedtbeflimmung 
burd^  baS  moralifd^e  ®efe^,  toeldgeS  er  tl^dtig  Derebrt,  beurtl^eilen?   6r 
verlangt  t)on  Befolgung  beffelben  fflr  fld^  feinen  SSortbeil,  meber  in  biefer 
nod^  in  einer  anbern  Sßelt;  uneigennä^ig  tt)ill  er  Dielmel^r  nur  baS  ®ute 
ftiften,  tt)03U  ieneS  l^eilige  ®efe^  allen  feinen  j(rdften  bie  Sfiid^tung  giebt.  » 
aber  fein  Seftreben  ift  begränjt;  unb  Don  ber  9latur  fann  er  gtoar  l^in 
unb  mieber  einen  jufdDigen  Seitritt,  niemals  aber  eine  gefe^mdgige  unb 
nad^  beftdnbigen  Stegein  (fo  mie  inn'erlid^  feine  SRaitimen  finb  unb  fein 
muffen)  eintreffenbe  Sufammenftimmung  ju  bem  Qmät  erwarten,  toeld^en 
iu  beiDirfen  er  fld^  bod^  Derbunben  unb  angetrieben  fül^lt.  betrug,  ®e«  90 
malttl^dtigfeit  unb  9leib  tt)erben  immer  um  ibn  im  Sd^mange  gelten,  ob 
er  gleich  felbft  reblid^,  friebfertig  unb  mol^lmoHenb  ifl;  unb  bie  Sied^ifc^affe« 
nen,  bie  er  auger  fid^  no$  antrifft,  merben  unangefel^en  aller  il^rer  äSür« 
bigfeit  glfidFIic^  ju  fein  bennoc^  burdg  bie  9latur,  bie  barauf  nic^t  achtet, 
aQen  Übeln  beS  ^angeliS,  ber  j(ranf^eiten  unb  beiS  ungeitigen  SobeS  gleidd  25 
ben  übrigen  Silieren  ber  @rbe  untermorfen  fein  unb  ed  aud^  immer  blei> 
ben,  h\&  ein  meiteS  ®rab  fte  iniSgefammt  (reblid^  ober  unreblic^,  ia&  gilt 
bier  gleit^üiel)  Derfd^lingt  unb  fie,  bie  ba  glauben  fonnten,  @nbimedt  ber 
Sddöpfung  gu  fein,  in  ben  Sd^lunb  be3  gmedElofen  Sl^aod  ber  äRaterie 
jurfidt  toirft,  au«  bem  fte  gejogen  »aren.  —  S)en  3»^  ölfo,  ben  biefer  » 
SBoblgefinnte  in  Befolgung  ber  moralifc^en  ®efe^e  ))or  Slugen  l^atte  unb 
baben  follte,  mflgte  er  aOerbingd  ald  unm5gUd^  aufgeben;  ober  miO  er  au(b 
l^ierin  bem  Stufe  feiner  ftttlicben  inneren  Seflimmung  anl^dnglid^  bleiben 
unb  bie  Sld^tung,  toelcbe  bad  ftttlid^e  ®efe^  ibm  unmittelbar  }um  ®ebor« 
d&en  einfloßt,  nic^t  burcfe  bie  5Ridötigfeit  beS  eingtgen  il^rer  l^oben  gorbe»  ss 
rung  angemeffenen  ibealifdden  SnbiioedC«  fcbmdd^en  (meld|)ed  ol^ne  einen  1 

ber  moralifc^en  ®eftnnung  koiberfal^renben  8lbbru(!^  nii^t  gef ebenen  fann): 


$lnl^Qng.    3)^etl^obenle]^re  ber  teIeoIogif(!^en  Urt^eitöfraft.  453 

fo  mu^  er,  toeld^eS  er  aud^  gar  m^  ttfnn  Tann,  inbem  ed  an  ft(i^  toentg« 
ften«  nic^t  totberfpred^enb  ip,  in  praftlfc^er  8lbP(^t,  b.  i.  um  ftdö  tocnigPen« 
öon  bcr  SKJßUd^feit  bes  l^m  morallfd^  Dorgefdiriebenen  enbgwedt«  einen 
^^gnff  gu  madden,  bai  S)afein  eines  moralifd^en  SSeltur^eberS,  b.  i. 
5  ®otte$,  annehmen. 


§88. 
93ef(idr&nfung  ber  ©ftltigleit  beS  moralifd^en  Sett)eifed. 

S){e  reine  SBernunft  als  prafttfd^eS  93erm5gen,  b.  i.  als  SSermogen 
ben  freien  ®ebrau(l&  unferer  ßaufalltdt  burd^  3been  (reine  SSernunftbe^ 

10  griffe)  ju  bepimmen,  enthält  nid^t  allein  im  moralift^en  ©efefee  ein  regu^ 
latiüeS  ^rincip  unferer  ^anblungen,  fonbern  giebt  aui)  baburdd  gugleid^ 
ein  fub|ectit)^conPitutiöe8  in  bem  Segriffe  eines  DbiectS  an  bie  ^anb, 
tDeI(^eS  nur  SBernunP  benfen  fann,  unb  melc^es  burd^  unfere  ^anblungen 
in  ber  Sßelt  nad^  ienem  ®efe^e  mirftid^  gemad()t  merben  foU.  S)ie  Sbee 

15  eines  ßnbjmedCs  im  ©ebrau^e  ber  f^reil^eit  nadd  moralifii^en  ©efe^en 
l^at  alfo  fubiectiö=praftif d^e  SRealitfit.  SBir  Pub  a  priori  burdt)  ble  SSer« 
nunft  bepimmt,  baS  3BeltbePe,  loelc^eS  in  ber  SBerbinbung  beS  gr5gten 
SBol^lS  ber  vernünftigen  SBeltmefen  mit  ber  l^öd^pen  Sebingung  beS  ®u= 
ten  an  benfelben,  b.  i.  ber  allgemeinen  ©Ifidtfeligfeit  mit  ber  gefe^m&gig« 

80  Pen  Sittlid^feit,  befielet,  na(^  atten  Äraften  gu  befbrbern.  2n  blefem 
(gnbjtoedte  ift  bie  SRöglid^feit  beS  einen  ^^\l»,  nömlid^  ber  ©lüdtfeligfeit, 
empirifd^  bebingt,  b.  i.  oon  ber  Sefd&affen^eit  ber  Statur  (ob  pe  ju  biefem 
SmedCe  flbereinpimme  ober  nid^t)  ablgfingig  unb  in  tl^eoretifdier  Slficipd^t 
problematifd^;  inbeg  ber  anbere  Sl^eil,  nämlid^  bie  @ittlid^feit,  in  Sin« 

^  fel^ung  beren  mir  oon  ber  !RaturmitmirIung  frei  pnb,  feiner  Sßoglid^fett 
nadg  a  priori  fep  pel^t  unb  bogmatifd^  gekoig  ip.  Qnx  obiectioen  tl^eoreti» 
f(^en  SHealität  alfo  beS  SegriffS  öon  bem  enbjtoedte  vernünftiger  SBelt- 
toefen  toirb  erforbert,  bafe  ni(!^t  allein  noir  einen  unS  a  priori  oorgefe|tcn 
@nbjtDed(  l^aben,  fonbern  bag  aud^  bie  Sd^bpfung,  b.  i.  bie  SBelt  felbp, 

30  il^rer  (Sjcipenj  nad^  einen  (Snbgmedt  l^abe:  meld^eS,  toenn  eS  a  priori  be^^ 
toiefen  merben  Ibnnte,  jur  fubiectiven  äiealitdt  beS  @nbjmedCS  bie  objec« 
tioe  l^injutl^un  mürbe.  S)enn  ^at  bie  @(^5pfung  überall  einen  (Snbgmedt, 
fo  fönnen  wir  i^n  nid^t  anberS  benfen,  als  fo,  bafe  er  mit  bem  morali= 
f^en  (ber  allein  ben  SSegriff  oon  einem  ßtotdt  moglid^  mad^t)  überein» 


454    Stxim  ber  Urtl^eitdfrafi  2.  X^eiL  Stxiiit  bet  teteolodif^ett  Urtl^eildfraft 

fttmmen  mfiffe.  ^utt  ftnben  toir  aber  in  ber  Sßelt  ffoax  Stotdt:  unb  bte 
pl^^ftfd^e  Seleologie  jleDt  fte  in  folc^em  SRage  bar,  bag,  toenn  mir  ber 
Sernunft  gemfig  urtl^eilen,  mir  jum  ^rindp  ber  Slad^forfii^ung  ber  9latur 
Sule^t  anjunel^men  ®runb  l^aben,  bag  in  ber  9latur  gar  nid^td  ol^ne  S^oot^ 
fei;  aUein  ben  Snbgmed  ber  9latur  fud^en  mir  in  il^r  felbft  Dergeblid^.  5 
JDiefer  lann  unb  mu^  bal^er,  fo  mlc  ble  Sbee  baöon  nur  in  ber  SSemunft 
liegt,  felbfl  feiner  obiectiöen  ^Wöglid^Ieit  na(%  nur  in  vernünftigen  SBefen 
gefud^t  merben.  35ie  praftifd^e  Vernunft  ber  lefeteren  aber  giebt  biefcii 
Snbgmedt  nid^t  aOein  an,  fonbern  beftimmt  aud^biefen  Segriff  in  Snfel^ung 
ber  SSebingungen,  unter  meldten  ein  ßnbgmedC  ber  @d^5|)fung  aUein  Don  10 
uns  gebadet  merben  lann. 

(Si  ift  nun  bie  ffrage:  ob  bie  obfectioe  Slealitdt  bed  SegrijfS  oon 
einem  @nbjmed(  ber  @(^5pfung  nid^t  aud^  für  bte  tl^eoretifd^en  f^orberun^ 
gen  ber  reinen  SSernunft  l^inreid^enb,  menn  gleidb  nid^t  apobiftif^  für  bie 
ftimmenbe,  bo^  l^inreic^enb  für  bie  3Rajrimen  ber  tl^eoretifd^^reflectirenbcn  w 
Urtl^eiUIraft  f5nne  bargetl^an  merben.  S)iefe8  ift  bad  minbeße,  mad  man 
ber  fpeculatioen  ^Igilofop^ie  anftnnen  fann,  bie  ben  fittlid^en  Qtotd  mit 
ben  Slaturjmedten  oermittelft  ber  Sbee  eine«  einjigen  Q\otd&  ju  oerbinben 
jid^  anl^ieifd^ig  mad^t;  aber  aud^  biefed  3Benige  ift  bodb  meit  mel^r,  ald  fte 
ie  )u  leiften  oermag.  so 

Slad^  btm  ^rincip  ber  tl^eoretifd^^rePectirenben  Urtl^eilfihaft  mürben 
mir  fagen:  Sßenn  mir  ®runb  l^aben,  gu  ben  gmedhn&gigen  ^robucten  ber 
5Ratur  eine  oberfte  Urfad&e  ber  9iatur  anjunel^men,  beren  ßaufalitdt  in 
Slnfel&ung  ber  SBirflic^fcit  ber  Unteren  (ble  Sd^öpfung)  oon  anberer  SIrt, 
als  gum  SJieddaniSm  ber  9latur  erforberlidb  ift,  ndmlic^  atö  bie  eines  93er=  n 
ftanbeS,  gebadet  merben  mug:  fo  merben  mir  au(^  an  biefem  Urmefen  nid^t 
blog  aUentl^alben  in  ber  9tatur  3tt)edte,  fonbern  aud^  einen  @nbgmed(  gu 
benfen  l^inreic^enben  ©runb  l^aben,  menn  gleidb  nic^t  um  baS  S)afein 
eines  fold^en  SßefenS  bargutl^un,  bo(^  menigflenS  (fo  mie  eS  in  ber  pl^^ft* 
fd^en  SEeleologie  gefd^al^)  unS  gu  übergeugen,  bag  mir  bie  SRöglidbleit  » 
einer  fold^en  9SeIt  nid^t  blog  nadb  3n)edFen,  fonbern  audb  nur  baburd^, 
bag  mir  i^rer  @;rifteng  einen  @nbgmed[  unterlegen,  uns  begreiflid^  machen 
fönnen. 

ancin  (SnbgmedC  ift  blofe  ein  Segriff  unferer  praftif(^en  SBernunft 
unb  fann  auS  feinen  JDatiS  ber  ©rfal^rung  gu  tl^eoretifd^er  Seurtl^eilung  35 
ber  3latur  gefolgert,  nod^  auf  erfenntnife  berfelben  begogen  merben.  es 
ift  fein  ®ebraud^  oon  biefem  Segriffe  mbglid^,  als  lebiglid^  für  bie  pxat* 


^In^ong.    ÜRetl^obenlel^re  ber  teleologifc^en  Urt^eitdfroft.  455 

tif(i^c  aScniunft  nad&  moraIif(%cn  ©cfe^cn;  unb  ber  gnbjtocdC  ber  @(^5p» 
fung  ift  bieienige  Sefd^offen^eit  ber  Sßelt,  bie  gu  bem,  \oa^  iDtr  aQein  na(i^ 
®efe|en  beftimmt  angeben  lönnen,  nämltdg  bem  Snbjtoede  unferer  reinen 
i)raftif(l^en  aSemnnft,  unb  jtDar  fo  fern  fle  praftifd^  fein  fott,  überein* 

6  ftimmt.  —  9lun  l^aben  mir  burd^  ba^  moralifc^e  @efe|;,  meltl^ed  unS  bie[en 
lefetern  anferlegt,  in  praftif(%er  abpd^t,  nämlid^  um  unfere  Ärdfte  jur 
SetDirfung  beffelben  anjutoenben,  einen  ©runb,  bie  ^öglic^feit,  Slui$» 
fül^rbarfeit  beffelben,  mitbin  au(b  (meil  ol^ne  beitritt  ber  Statur  gu  einer 
in  unferer  ©emalt  nid^t  [tel^enben  Sebingung  berfelben  bie  SSemirlung 

10  beffelben  unm5glid^  fein  toürbe)  eine  Statur  ber  S)inge,  bie  baju  überein« 
ftimmt,  angunel^men.  Sllfo  b^ben  mir  einen  moraIif(!ben  ®runb,  uniS  an 
einer  SSelt  aud^  einen  SubgmedE  ber  @d^5pfung  gu  benfen. 

S)iefed  i{l  nun  nod^  nid^t  ber  @d^Iug  ))on  ber  moraIif(!ben  STeleoIogie 
auf  eine  S^eologie,  b.  i.  auf  bad  S)afein  eines  moralifcben  Sßelturl^eberd, 

15  fonbern  nur  auf  einen  ßnbgmedt  ber  ©d^öpfung,  ber  auf  biefe  Slrt  be» 
fiimmt  toirb.  JDafe  nun  gu  biefer  Sd^5pfung,  b.  i.  ber  6? ifteng  ber  ©inge 
gemfife  einem,  enbgtoedte,  erftliib  ein  oerftfinbigeS,  aber  gtoeitenö  ni(^t 
blofe  (»ie  gu  ber  2»5glid()Ieit  ber  S)inge  ber  Statur,  bie  mir  a\&  ßtoedCe 
gu  beurtbeilen  genötbigt  waren)  ein  DerftänbigeS,  fonbern  ein  gugleid^ 

20  moralifd^eS  SBefen  als  Sßelturbeber,  mitbin  ein  @ott  angenommen 
tocrben  muffe:  ift  ein  gmeiter  ©dblufe,  toeliiber  fo  befdbaffen  ift,  ba^  man 
Pebt,  er  fei  blofe  für  bie  Urtbeiföfraft  naij  Gegriffen  ber  praftifd^en  S3er^ 
nunft  unb  atö  ein  fol^er  für  bie  reflectirenbe,  nid^t  bie  beftimmenbe  Ur* 
tbeiföfraft  gefäüt.  S)enn  mir  lönnen  un8  nid^t  anmafeen  eingufeben:  bafe, 

25  obgmar  in  uns  bie  moralif(!b«praftifd^e  Vernunft  oon  ber  te^nifd^«prafti* 
fdben  ibren  ^rincipien  nad^  mefentlid^  unterfd&ieben  ift,  in  ber  oberften 
SBelturfad^e,  menn  fte  als  gnteUigeng  angenommen  mirb,  eg  aud^  fo  fein 
mfiffe,  unb  eine  befonbere  unb  üerfd^iebene  Slrt  ber  ßaufalitdt  berfelben 
gum  enbgmedte,  als  blofe  gu  ßwedtcn  ber  Statur  erforberlid^  fei;  bafe  mir 

30  mitbin  an  unferm  gnbgmedt  nid^t  blofe  einen  moralif(!ben®runbba* 
ben,  einen  (änbgmecl  ber  ©(bSpfung  (als  SBirfung),  fonbern  audd  ein 
moralifd^eS  SBefen  als  Urgrunb  ber  ©cböpfung  angunebmen.  SBobl 
aber  Knnen  mir  fagen:  bafe  nadb  ber  Sefd^affenbeit  unfereS  SSer» 
nunftoermögens  mir  unS  bie  SJtöglicbleit  einer  fold()en  auf  baS  mo^ 

36  ralifd&e  Oefejj  unb  beffen  Obiect  begogenen  Bto^clmdfeigfeit,  als  in  bie= 
fem  @nbgmedte  ift,  ol^ne  einen  SBelturbeber  unb  Sflegierer,  ber  gugleid^ 
moralifd^er  ©efe^geber  ift,  gar  nid^t  begrciflid^  machen  lonnen. 


456    ^itif  ber  Utt^iUlraft.  2.  Z:^.  MÜt  ber  teleoloaif^en  Urtl^eildfroft. 

Jbie  Sßirflid^feit  eineiS  l^öd^ßen  moraHf<!^^gefe|ge6enben  Ur^eberiS  ift 
olfo  Blog  für  ben  praltif c^en  ©ebrauc!^  unferer  Vernunft  ^inretdb^nb 
barget^an,  ol^ne  in  Slnfel^ung  beS  S)QfeiniS  beffelben  ettoad  tl^eoretifc^  gu 
beßimmen.  S)enn  biefe  bebarf  jur  3R5gU(l^feit  tl^red  Qxotd^,  ber  und 
oud^  ol^nebaS  burd^  il^re  eigene  ®efe|;gebung  aufgegeben  ifi,  einer  Sbee,  5 
moburc^  baS  {^inberni^  aud  bem  UnDermbgen  il^rer  Befolgung  na<!^  bem 
blofeen  giaturbegrljfe  Don  ber  fflelt  (für  bie  reflectirenbe  Urt^eitefraft  ^in^ 
reicbenb)  toeggerAumt  loirb;  unb  biefe  ^bt^  belommt  baburd^  praltifd^e 
JRealitfit,  toenn  i^r  gleid^  alle  SKittel,  il^r  eine  folc^e  in  t^eoretifd^er  «b* 
ftd^t  jnr  Srflfirung  ber  Statur  unb  93eßimmung  ber  oberflen  Urfad^e  gu  10 
Derfd&affen,  für  ba«  fpeculatiüe  (Srfenntnife  gftnjHdö  abgeben,  ^r  bie 
tl^eoretif^  reflectirenbe  Urtl^eitölraft  betoieö  bie  pl^^jtfd^e  ieleologie  aud 
ben  Sieden  ber  5Ratur  l^inreiiJ&enb  eine  uerfidnbige  SBelturfad^e;  für  bie 
praftifdde  bemirft  biefed  bie  moralifd^e  burd^  ben  Segriff  eineiS  enbitoedEd, 
ben  fie  in  praftifd^er  ab|id()t  ber  Sd^bpfung  beijulegen  genötl^igt  i{t.  2>ie  u 
obiectit)e  Sfiealitdt  ber  3bee  ))on  ®ott,  atö  moralifd^en  äSeltur^eberS,  tann 
nun  jmar  nid^t  burd^  pl^^fift^eßko^dCe  allein  bargetl^an  loerben;  gletd^ 
mol^I  aber,  menn  i^r  ßrfenntnig  mit  bem  bed  moralifd^en  üerbunben  mirb« 
ftnb  iene  Dermbge  ber  SRajcime  ber  reinen  Sernunft,  (Sinl^eit  ber  $rin^ 
cipien,  fo  Diel  ftc^  tl^un  lägt,  gu  befolgen,  Don  großer  Sebeutung,  um  ber  90 
praftifd^en  SRealitdt  j[ener  3bee  burd^  bie,  koeld^e  fie  in  tl^eoretifd^er  übftd^t 
für  bie  Urtl^eilSlraft  bereits  l^at,  gu  ^ülfe  gu  lommen. 

Riebet  ift  nun  gu  S^erl^ütung  eines  leidet  eintretenben  SRigüerfidnb« 
nif[eS  ^öd^fl  n5t^ig  angumerlen,  bag  koir  erfilic^  biefe  ßigenfc^aften  bed 
l^öd^ften  SßefenS  nur  nad^  ber  Analogie  beuten  tbnnen.  2)enn  mie  moQ«  » 
ten  mir  feine  Statur,  moDon  uns  bie  (Srfa^rung  ni^tS  Sl^nlid^eS  geigen 
lann,  erforfd^en?  S^^eitenS,  bag  mir  eS  burd^  biefelbe  au^  nur  beulen, 
niddt  barnad^  erfennen  unb  fie  il^m  etma  tl^eoretifd^  beilegten  tonnen; 
benn  baS  mire  für  bie  beftimmenbe  Urtl^eilSfraft  in  fpecuIatiDer  Slbftc^t 
unferer  SSernunft,  um,  maS  bie  oberfte  3BeIturfad^e  an  f id^  fei,  eingufe^en.  30 
$ier  aber  ift  eS  nur  barum  gu  tl^un,  meltl^en  begriff  mir  unS  nad^  ber 
Sefc^affenl^eit  unferer  6rfenntnigDerm5gen  Don  bemfelben  gu  madgen  unb 
ob  mir  feine  @irifteng  angunel^men  l^aben,  um  einem  ßmedCe,  ben  unS  reine 
praftifcbe  SSernunft  ol^ne  ade  foI(!^e  SSorauSfe^ung  a  priori  na(^  atten 
j^rdften  gu  bemirfen  auferlegt,  gleic^faUS  nur  praTtifc^e  Siealitdt  gu  Der»  35 
fc^affen,  b.  i.  nur  eine  beabftd()tete  3Birfung  als  mbglid^  benfen  gu  fbnnen. 
3mmer^in  mag  iener  Segriff  für  bie  fpeculatioe  SSemunft  überfd^meng« 


Sdil^anfi.    ^ü^ohtnlt^tt  bet  UUolo^\\6)tn  Urtl^eildfroft.  457 

Ud^  fein;  aud^  mögen  bie  Sigenfd^aften,  bie  tt)ir  bem  baburd^  gebadeten 
äßefen  beilegen,  obiectiD  gebrandet,  einen  9inÜixopomoxp^xSm  in  {id^  Der^ 
bergen:  bie  SIbßdgt  il^red  ©ebraud^d  ifl  aud^  nid^t,  feine  fär  und  unerreid^« 
bare  Statur,  f onbem  und  felbfl  unb  unferen  äSiÜen  bamad^  beflimmen  3U 

5  moUen.  So  tote  mir  eine  Urfad^e  nac^  bem  Segriffe,  ben  mir  Don  ber  SSir< 
lung  l^aben,  (aber  nur  in  Slnfel^ung  il^rer  Sflelation  )u  biefer)  benennen, 
ol^ne  barum  bie  innere  SSefc^a^enl^eit  berfelben  burd^  bie  @igenfd()aften, 
bie  und  t)on  bergleid^en  Urfad^en  einzig  unb  aUein  belannt  unb  burd^  @r« 
fal^rung  gegeben  merben  mü^en,  innerlid^  beftimmen  gu  moDen;  fo  mie 

10  mir  j.  33.  ber  Seele  unter  anbern  audg  eine  vim  locomotivam  beilegen, 
meil  mirllid^  Semegungen  bed  j^örperd  entfpringen,  beren  Urfad^e  in  il^ren 
Sorftenungen  liegt,  o^ne  i^r  barum  bie  eingige  Srt,  mie  mir  bemegenbe 
Ärdfte  lennen,  (nfimlidt)  bur^  »ngiel^ung,  3)rudC,  ©tofe,  mitl^in  Seme* 
gung,  meldte  febergeit  ein  audgebel^nted  SBefen  Doraudfe^en)  beilegen  gu 

15  moHen:  —  eben  fo  merben  mir  etmad,  bad  ben  Orunb  ber  5IRöglicftfcit 
unb  ber  praltifdgen  Sfiealit&t,  b.  i.  ber  SludfüJ^rbarTeit,  eined  notl^menbigen 
moralifd^en  @nbgmectd  entl^filt,  annel^imen  mäffen;  biefed  aber  nadd  39e« 
fd^affen^eit  ber  oon  il^m  ermarteten  SBirf ung  und  ald  ein  meifed,  nac^  mo« 
ralifd&en  ®efefeen  bie  SBelt  be^errfd^enbed  SBefen  benlen  Knnen  unb  ber 

so  IBcfd^affenl^eit  unferer  erfenntnifeoermSgen  gemdfe  ald  oon  ber  Statur  un* 
terfd^iebenc  Urfadbe  ber  3)inge  benfen  muffen,  um  nur  bad  SSerl^filtnife 
biefed  alle  unfcre  ©rfenntnifeöermögen  überpeigenben  SBefend  gum  Ob«» 
}ecte  unferer  praftifdgen  Vernunft  audgubrüdCen:  ol^ne  bodb  baburd^  bie 
eingige  und  belannte  ßaufalitdt  biefer  Slrt,  ndmlidg  einen  Serftanb  unb 

26  SBiQen,  tl^m  barum  tl^eoretifd^  beilegen,  {a  felbfi  aud^  nur  bie  an  il^m  ge« 
badete  Saufalitdt  in  Slnfel^ung  beffen,  mad  f  fir  und  (Snbgmed  ift,  ald  in 
btefem  SBefen  felbp  oon  ber  ßaufalltdt  in  Snfel^ung  ber  5Ratur  (unb  beren 
BmedFbeflimmungen  fiber]^aut)t)  obiectio  unterfd^eiben  gu  moQen,  fonbern 
biefen  Unterfc^ieb  nur  ald  fubiectit)  notbmenbig  ffir  bie  93ef d^affenbeit  un« 

30  fered  @rfenntnif|0erm5gend  unb  gältig  ffir  bie  re^ectirenbe,  nid^t  ffir  bie 
obiectio  bcftimmenbe  Urtl^eildlraft  annel^men  Runen.  SBenn  ed  aber  auf 
bad  ^raltifcbe  anlommt,  fo  ift  ein  fold^ed  regulatiöed  ^rindp  (ffir  bie 
Älugl^eit  ober  SBeidl^eit):  bem,  mad  nad^  Sefdbaffenl&eit  unferer  ©rfennt« 
nigoerm5gen  oon  und  auf  gemiffe  SBeife  allein  ald  möglid^  gebadet  merben 

35  Tann,  ald  ^wdt  gemdg  gu  l^anbeln,  gugleid^  conftitutio,  b.  i.  praltifdb 
beftimmenb;  inbeg  eben  baffelbe  ald  ^rincip  bie  obiectioe  aR5glid^feit  ber 
S)inge  gu  beurt^eilen  (einedmeged  tl^eoretifd^^^beftimmenb  (ba|  ndmlid^ 


458    Mtil  bet  Uttl^eitöfraft.  2.  ^ü.  iTritil  ber  teteoIog{f(i^en  Urtl^iUfraft. 

aud^  bem  Dbiecte  bie  einjige  Srt  ber  aRSglid^Iett  guTomme,  bie  unfenn 
Vermögen  gu  benfen  gulommt),  fonbern  ein  blofi  regulati^ed  ^rincip 
fftt  bie  repectirenbe  Urt^eilSfraft  x% 

Slnmerfung. 

S)ief6r  moralifd^e  Setoeid  i[t  nid^t  ettoü  ein  neu  erfunbener,  fonbern    5 
aDenfülId  nur  ein  neu  erörterter  93en)eidgrunb;  benn  er  l^at  üor  ber  frfil^e« 
[ten  aufleimung  bed  menfd^Iid^en  93ernunftDenn5gen8  ft^on  in  bemfelben 
gelegen  unb  toirb  mit  ber  fortgel^enben  ßultur  beffelben  nur  immer  mel^r 
entwidelt.  ©obalb  bie  5Wenf(^en  über  Sfle^t  unb  Unrcd&t  ju  re^ectiren 
anfingen,  in  einer  S^it,  koo  fte  über  bie  3tt)e(Imdgigreit  ber  9latur  no(^  10 
gleid^gültig  koegfal^en,  pe  nü^ten,  ol^ne  fid^  babei  etioad  SlnbereS  atö  ben 
getDol^nten  Sauf  ber  9latur  gu  benfen,  mu^te  ftd^  bas  Urtl^eil  unDermeib« 
lid^  einfinben:  baf;  eS  im  SluSgange  nimmermehr  einerlei  fein  I5nne,  ob 
ein  SRenfd^  fid^  reblid^  ober  falfd^,  billig  ober  getoaltt^dtig  üerl^alten  l^abe, 
menn  er  gleidd  bis  an  fein  Seben^enbe,  loenigftenS  fi(!^tbarU(!^,  für  feine  u 
Sugenben  lein  ©lud,  ober  für  feine  Serbred^en  feine  Strafe  angetroffen 
^abe.  @d  i[t:  als  ob  fie  in  fid^  eine  Stimme  toal^rnäl^men,  ed  muffe  an« 
beriS  iuge^en;  mitl^in  mugte  aud^  bie,  obgleid^  bunfle,  SSorfteÜung  üon 
&tDaS,  bem  fie  nadgjuftreben  fid^  oerbunben  füllten,  oerborgen  liegen, 
aomtt  ein  fold^er  SluSfd^Iag  ftd^  gar  nid^t  gufammenreimen  laffe,  ober  100«  ^ 
mit,  koenn  fie  ben  SSeltlauf  einmal  als  bie  einzige  Drbnung  ber  S)inge 
anfal^ien,  fie  loieberum  jene  innere  Bmedbeftimmung  il^reS  ©emütl^S  nic^t 
gu  bereinigen  mufiten.  !Run  mod^ten  fie  bie  Srt,  mie  eine  fol^e  UnregeU 
m&gigfeit  (meldte  bem  menfd^lid^en  ©emütl^e  »eit  em))5renber  fein  mug, 
als  ber  blinbe  SufaQ,  ben  man  ettoa  ber  !Raturbeurtl^eilung  gum  ^rincip  25 
unterlegen  toollte)  auSgeglid^en  merben  fönne,  fid^  auf  mand^erlei  nodg  fo 
grobe  3Beife  t)orftellen;  fo  tonnten  fie  fi^  bod^  niemals  ein  anbereS  $rin« 
cip  ber  3W5gHd^feit  ber  SBcreinigung  ber  5Ratur  mit  il^rem  inneren  Sitten« 
gefe^e  erbenfen,  als  eine  nad^  moralifd^en  ®efe^en  bie  äSelt  bel^errfc^enbe 
oberfte  ttrfad^e:  toeil  ein  als  ^flid^t  aufgegebener  (Snbgtoedf  in  i§nen  unb  » 
eine  Statur  ol^ne  allen  Snbgtoed  auger  il^nen,  in  meld^er  gleid^tool^l  fener 
3)oed  toirflid^  merben  foQ,  im  SSiberfprud^e  ftel^en.  Über  bie  innere  Se^ 
fd^affenl^eit  j|ener  SSelturfadde  fonnten  fie  nun  manchen  Unftnn  ausbrüten; 
jenes  moralifd^e  SSer^dltni^  in  ber  SBeltregierung  blieb  immer  baffelbe, 
tt)eld^es  für  bie  unangebautefte  SSernunft,  fofem  fie  ftd^  als  praftlfci^  be»  » 
trad^tet,  allgemein  fa|Ii(^  ift,  mit  meld^er  l^ingegen  bie  fpeculatiüe  bei 


^nl^ang.    Tl^i^obtnU^xt  ber  teteologifc^^en  Urtl^eitöTraft.  459 

löcitcm  nt(ftt  QUiiitn  Stftritt  l^altcti  fann.  —  «uc^  würbe  aller  SBal^r«» 
fd&einli(%felt  nad^  burd^  biefe«  morallfd^e  Sntereffe  allereril  bie  aufmerl« 
famfeit  auf  bie  Sd^inl^eit  unb  3tt)e^e  ber  Slatur  rege  gemacht,  bie  a\^^ 
bann  {ene  3bee  ju  bejldrfen  vortrefflich  biente,  fte  aber  bod^  nid^t  be^ 
5  grnnben,  nod^  weniger  {eneS  entbel^ren  tonnte,  weil  felbft  bie  Slad^forfd^ung 
ber  Smdt  ber  9latur  nur  in  Se^iel^ung  auf  ben  SnbjwedC  basjenige  un« 
mittelbare  Sntereffe  befommt,  welches  ftdg  in  ber  Seounberung  berfelben 
ol^ne  Sfifldftc^t  auf  irgenb  barauS  gu  giel^enben  SBortl^eil  in  fo  gro|em 
SRage  geigt. 

10  §  89. 

93on  bem  Sinken  bed  moralifd^en  Slrgumentd. 

S)ie  einf  d&rdnf  ung  ber  Sernunf  t  in  8lnf  el^ung  aller  unf  erer  Sbeen  üom 
ttberfinnlid^en  auf  bie  Sebingungen  i^red  praltifdden  (Sebraud^d  l^at,  XDa& 
bie  Sbee  öon  ®ott  betrifft,  ben  unoerfennbaren  9lufeen:  bafe  Pe  öerptet, 

15  ba|  S^eologie  jidd  nid^t  in  %ffto^op^it  (in  üernunftoerwirrenbe  über* 
fd^wengUc^e  Segriffe)  ))erfteige,  ober  gur  Simonologie  (einer  antl^ropo« 
morp^iftifdgen  äSorfteOungSart  beS  ]^5d^ften  äBefend)  ^erabfinfe;  bai  fRt^ 
ligion  ni(^t  in  3;]^eurgte  (ein  fd^wdrmerifd^er  äSalgn,  t>on  anberen  über»» 
jlnnlic^en  Sßefen  ©effil^l  unb  auf  fie  wieberum  ßinflu^  §aben  gu  tonnen), 

20  ober  inSbololatrie  (ein  aberglfiubifd^er  SBal^n,  bem  l^bd^ften  SBefen 
fi^  burd^  anbere  SRittel,  aliS  burd^  eine  moralifdde  ©eftnnung  wol^lgefdllig 
mad&en  gu  Knnen)  geratl^e*). 

©enn  wenn  man  ber  (gitelfeit  ober  SSermeffenl^eit  be«  SBernünfteln« 
in  Slnfe^ung  beffen,  wad  fiber  bie  ©innenmelt  l^inaudliegt,  mäi  nur  bas 

39  minbefte  tl&eoretifc^  (unb  erfenntnife^erweitemb)  gu  beftimmen  einrdumt; 
wenn  man  mit  Sinftdgten  ))om  S)afein  unb  Don  ber  SSefd^affenl^eit  ber 
göttlid^en  9latur,  Don  feinem  SSerftanbe  unb  SSiDen,  ben  ®efe|;en  beiber 
unb  ben  baraud  auf  bie  äBelt  abfliegenben  @igenfd^aften  grog  gu  tl^un 
toerftattet:  fo  möchte  id^  wol^l  wiffen,  wo  unb  an  welcher  (Stelle  man  bie 

so  *)  $(b06tterei  in  proftif^em  Sßerflanbe  ifl  no^  immer  bieienige  Steligion, 

wel^e  fld^  bad  J^i^^ftt  SBefen  mit  (Sigenfi^^often  benft,  na^  benen  nod^  ehoad 
onberd,  atö  ai^orolitftt  bie  für  Itd^  tauglid^e  IBebingung  fein  Mnne,  feinem  SS^iUen 
in  bem,  »od  ber  Sl'^enfc^  au  t^un  üermag,  gemäfi  gu  fein.  S)enn  fo  rein  unb  frei 
üon  finnlid^en  IBilbem  man  au(!^  in  t^eoretifd^er  !Rficffid^t  ienen  Segriff  gefogt 

S5  l^Qben  mag,  fo  ift  er  im  ^roltifd^en  al^bonn  bemtod^  otiS  ein  3bol,  b.  i.  ber  Se- 
fd^offen^eit  feineiS  SBiUend  na^  antl^ropomorp^iflifi!^,  DorgefteHt. 


460    MH!  ber  Uttl^eUdfraft.  2.  ^til  jtrttil  ber  teleolo^if^i^n  Urtl^eittfroft 

anmagungen  ber  Vernunft  begr&njen  toofle;  benn  too  iene  @infid^ten  ^ei> 
genommen  ftnb,  eben  bal^er  Tbnnen  ia  nod^  meistere  (menn  man  nur,  toie 
man  meint,  fein  Ütac^benlen  anftrengte)  erwartet  merben.  S)ie  Segr&n» 
gung  fold^er  Snfprfic^e  mfigte  bo(^  nac^  einem  getoiffen  $rinrip  gefd^e^en, 
nid^t  ehoa  blo^  aus  bem  ®runbe,  loeil  toir  ftnben,  bag  atte  Serfuc^e  mit 
benfelben  biSl^er  fel^lgefd&Iagen  finb;  benn  baö  bemeifet  nickte  »iber  bie 
3W5gli(%Ielt  eine«  befferen  auSfd^lag«.  ^ier  aber  ifl  fein  ^rinci^)  mög* 
lid^,  ate  entmeber  angunel^men:  ba|  in  Snfel^ung  beS  Überftnnlid^en 
fdiled^terbingS  gar  nid^td  t^eoretifd^  (als  lebiglid^  nur  negativ)  befümmt 
»erben  Knne,  ober  ba^  unfere  SSernunft  eine  no(^  unbenufete  ^unbgrube 
ju  mer  meig  mie  grogen,  für  und  unb  unfere  9{ad^Iommen  aufbewahrten 
ertöeiternben  Äenntniffen  in  fidö  entl^alte.  —  SBa«  aber  SfleHgion  betrifft, 
b.  i.  bie  3Roral  in  SBejiel^ung  auf  ®ott  ate  ©efej^geber:  fo  mug,  menn  bie 
tl^eoretifd^e  (Srlenntnig  beffelben  Dorl^erge^en  mügte,  bie  3Roral  fi(^  nad^ 
ber  SEl^eologie  rid^ten  unb  nid)t  allein  flatt  einer  inneren  notl^menbigen 
©efe^gebung  ber  Vernunft  eine  fingere  minfftrli^e  eine«  oberften  äSefen« 
eingefäl^rt  merben,  fonbern  auc^  in  biefer  alle«,  iDa«  unfere  @infi(^t  in 
bie  Jlatur  beffelben  ÜRangell^afte«  ^at,  jtc^  auf  bie  fittlid^e  SBorfc^rift  er= 
ftreden  unb  fo  bie  Sieligion  unmoralifd^  maijtn  unb  üerTel^ren. 

3n  Slnfe^ung  ber  Hoffnung  eine«  fftnftigen  Seben«,  koenn  mir  ftott 
be«  (Snbgmed«,  ben  mir  ber  SSorfd^rift  be«  moralifdgen  ©efe^e«  gemdg 
felbfl  ju  öoUffll^ren  l^aben,  jum  2eitfaben  be«  SSemunfturtl^eil«  über  unfere 
Seftimmung  (meldte«  alfo  nur  in  praltifc^er  93ejiel^ung  al«  not^ioenbig, 
ober  anne]^mung«mflrbig  betrad^tet  mirb)  unfer  tl^eoretifd^e«  6rlenntnig« 
t)erm5gen  befragen,  giebt  bie  Seelenlel^re  in  biefer  Slbßd^t,  fo  mie  oben 
bie  Sl^cologie  nid^t«  me^r  al«  einen  negatiöen  Segriff  Don  unferai  ben» 
lenben  äSefen:  bag  nimlid^  feine  feiner  ^anblungen  unb  @rfd^einungen 
be«  Innern  Sinne«  materialiftifdö  erfldrt  merben  fönne;  bag  alfo  üon  il^rer 
abgefonberten  5Ratur  unb  ber  35auer  ober  Slid^tbauer  il&rer  ^erfönli^feit 
nad^  bem2;obe  un«  fd^led^terbing«  fein  ermeiternbe«,  beftimmenbe«  ttrtl^eil 
au«  fpeculatiDen  ©rünben  burd^  unfer  gefammte«  tl^eoretifd^e«  Srfenntnig^ 
vermögen  mögli^  fei.  S)a  alfo  alle«  })kx  ber  teleologifdgen  SBeurt^eitung 
unfere«  S)afein«  in  praftifd^er  not^menbiger  Sifidtftd^t  unb  ber  Hnnel^« 
mung  unferer  iJortbauer,  al«  ber  ju.bem  un«öon  ber  Vernunft  fd^ledbter- 
bing«  aufgegebenen  SnbjmedE  erforberlid^en  93ebingung,  überlaffen  bleibt,  ^ 
fo  seigt  {t(^  l^ier  guglei(^  ber  9lu|;en  (ber  gmar  beim  erften  anblidC  SSerluft 
au  fein  fd^eint):  bag,  fo  mie  bieSSl^eologie  für  un«  nie  Sl^eofop^ie  merben 


9(n]|Qn9.    üRetl^obeitle^re  ber  te(eolofiif(!^en  Uct^eildfraft.  461 

lann,  bie  rationale  ^f^tl^ologfe  niemald  ^neumatologie  als  ertoet^ 
ternbe  3Biffen{(i^aft  koerben  f5nne,  fo  loie  fie  anbrerfettö  aud^  ge{t(^ert  ift, 
in  feinen  ÜRaterialiäm  gu  öerfatten;  fonbern  baf;  jte  öielmcl^r  blofe  Sin* 
tl^ropologie  be^S  innern  Sinnes,  b.  i.  JCenntnig  unfered  benfenben  Selbft 

5  im  geben,  fei  unb  ald  tl^eoretiftl^eS  (SrTenntni^  aud^  blog  eutpirifd^ 
bleibe;  bagegen  bie  rationale  ^f^d^ologie,  »aS  bie  $rage  fiber  unfere 
etoige  6? Iftena  betrifft,  gar  feine  tl^eoretifd^e  38i|fenf(]^aft  ifl,  fonbern  auf 
einem  eingigen  @d^(uffe  ber  moralifd^en  Seleologie  berul^t,  tote  benn  aud^ 
il^r  ganger  ®ebrau(^  blog  ber  le^tern  als  unfererpraftifd^en  SSeßimmung 

10  loegen  notl^ioenbig  ifi. 

§90. 

93on  ber  Slrt  beS  ^firioa^rl^altenS  in  einem  teleologifd^en 
Setoeife  beS  S)afein«  ©otteS. 

ßuerft  toirb  gu  iebem  Semeife,  er  mag  (toie  bei  bem  Seioeife  burd^ 

15  SSeobad^tung  beS  ©egenftanbeS  ober  6;rperiment)  burd^  unmittelbare  em- 
pirifd^e  S)arftellung  beffen,  maS  betoiefen  toerben  foQ,  ober  burd^  äSernunft 
a  priori  auS  ^rlnci:plett  geführt  toerben,  erforbert:  ba^  er  nic^t  über« 
rebe,  fonbern  übergeuge,  ober  toenigftenS  auf  Übergeugung  toirfe; 
b.l.  i>a^  ber  SemeiSgrunb,  ober  ber  6(^lufi  nid^t  blo|  ein  fubiectioer 

20  (aftl^etifd^er)  Sepimmungögrunb  bcS  Seifalls  (bloficr  ©d^ein),  fonbern 
obiecttt)=gültig  unb  ein  logifd^er  ®runb  ber  erfenntnif;  fei:  benn  fonft 
tt)irb  ber  SBerftanb  berüdt,  aber  nid^t  überführt.  SSon  iener  SIrt  eines 
@d()einbeU)eifeS  ift  bertenige,  toeld^er  Dielleid^t  in  guter  Slbftd^t,  aber  bod^ 
mi!  oorfe^lic^er  äSerl^e^lung  feiner  @dbtoid^e  in  ber  natürlid^en  Sl^eologie 

2ß  gefül&rt  toirb:  toenn  man  bie  grofie  SRenge  ber  SetoeiStl^fimer  eines  Ur» 
fprungS  ber  Siaturblnge  nad&  bem  ^rincip  ber  Bwede  l^erbeigle^t  unb  fid^ 
ben  blog  fubjectioen  ©runb  ber  menfd^lid^en  SBernunft  gu  9ltt^e  mac^t, 
nämlid^  ben  il^r  eigenen  ^ang,  too  eS  nur  ol^ne  Sßiberfprud^  gefd^el^en 
fann,  ftatt  Dieler  $rinciplen  ein  elngigeS  unb,  »o  in  biefem  ^rincip  nur 

30  einige  ober  aud^  Diele  ©rforberniffe  gur  ©eftimmung  eines  SegriffS  ange* 
troffen  koerben,  bie  fibrigen  l^ingugubenfen,  um  ben  Segriff  beS  S)ingeS 
burd^  toiQf&rlid^e  @rgängung  gu  ooUenben.  S)enn  freilid^,  toenn  mir  fo 
Diele  $robucte  in  ber  9latur  antreffen,  bie  fär  unS  Singeigen  einer  Der« 
[tdnbigen  Urfad^e  finb:  marum  foUen  toir  ftatt  Dieler  folc^er  Urfad^en  niddt 

86  lieber  eine  eingige  unb  gtoar  an  biefer  nid^t  etma  blog  großen  Serftanb, 


462    Jtrttil  btx  Urtl^eiliBIrQft.  2.  St^eil.  ftrttif  ber  teleo(Dfi{f(^en  Urt^etldfraft. 

SRac^t  u.  f.  \o.,  fonbem  ntd^t  Dielmel^r  ailioeidl^eit,  aQmüddt,  mit  einem 
äBorte  {le  ald  eine  fold^e,  bie  ben  fftr  aQe  möglid^e  2)inge  gureid^enben 
®runb  fold^er  (Stgenf^aften  entl^alte,  benfen?  unb  über  bad  biefem  einigen 
aUeS  üerm5genben  Uroefen  nid)t  blog  für  bie  SHatnrgefej^e  unb  ^^robucte 
ä3er[tanb,  fonbem  au(l()  als  einer  moralif^en  äSelturfad^e  ^oc^fte  ^ttlxitt  s 
praltifd^e  SSemunft  beilegen;  ba  burd^  biefe  SSoKenbung  beS  Segriff iS  ein 
für  Slatureinftt^t  foiDol^I  als  moralifc^e  äßeisl^eit  jufammen  l^inreid^enbes 
^rinctp  angegeben  mirb,  unb  fein  nur  einigermaßen  gegrunbeter  Sinmurf 
miber  bie  9R5gli(^Ieit  einer  foldien  3bee  gemacht  merben  fann?  Serben 
l^iebei  nun  gugleid^  bie  moralifdben  SSriebfebern  bed  ®emüt^8  in  Seme»  lo 
gung  gefegt  unb  ein  lebl^afte«  Sntereff c  ber  lefeteren  mit  rebnerifd^er  ©tdrfc 
(beren  fie  aud^  mol^I  mürbtg  finb)  l^injugefügt:  fo  entfpringt  barauS  eine 
Überrebung  Don  ber  obiectioen  Bulänglid^leit  bed  SBemeifeS  unb  ein  (in 
ben  meiften  fällen  feines  ©ebraud^S)  auc^  l^eilfamer  @(^ein,  ber  aUer 
Prüfung  ber  logifdden  @dS)&rfe  beffelben  ftd^  ganj  überl^ebt  unb  fogar  ba^  u 
miber,  ald  ob  i^r  ein  freoell^after  Qmtx\ü  jum  ®runbe  Idge,  Sbfdb^  unb 
äBibermiQen  tr&gt.  —  9lun  ifi  l^iermiber  mo^I  nid^td  gu  fagen,  fo  fern 
man  auf  populdre  93raud^barfeit  eigentlid^  SlüdFftd^t  nimmt,  äiaein  ba 
bo^  bie  ßerf&llung  beffelben  in  bie  gmei  ungleid^artigen  Stüde,  bie  biefeS 
Slrgument  enthalt,  ndmlid^  in  baS,  ma&  gur  pl^Qfifc^en,  unb  baS,  maS  gur  20 
moralifd^en  Seleologie  gel^5rt,  nid^t  abgel^alten  merben  fann  unb  barf,  in^ 
bem  bie  ßufammenfd^melgung  beiber  es  untenntlid^  mad^t,  mo  ber  eigent^ 
Ii(^e  9leroe  beS  SemeifeS  liege,  unb  an  meld^em  Sl^eile  unb  mie  er  müßte 
bearbeitet  koerben,  um  für  bie  ®ültigfeit  beffelben  t)or  ber  fd()drffien  $rü^ 
fung  @tanb  l^alten  gu  I5nnen  (felbfi  »enn  man  an  einem  Sil^eile  bie  »5 
@d^mdd^e  unferer  Sernunfteinfid(ft  eingugeftel^en  genbtl^igt  fein  foUte):  fo 
ift  es  für  \>tn  ^^ilofop^en  $fiid^t  (gefegt  baß  er  aud^  bie  Slnforberung  ber 
S[ufri(!^tigleit  an  il^n  für  nid^ts  rechnete),  ben  obgleid^  nod^  fo  l^eilfamen 
@d^etn,  meieren  eine  folc^e  SSermengung  l^erDorbringen  (ann^  aufgubeden 
unb,  maS  bloß  gur  Überrebung  gel^5rt,  t)on  bem,  \oai  auf  Übergeugung  » 
fü^rt,  (bie  beibe  ni(^t  bloß  bem  @rabe,  fonbern  felb{l  ber  Slrt  nad^  unter« 
f(!^iebene  SSeftimmungen  beS  SSeifaUS  ftnb)  abgufonbern,  um  bie  ®emütl^S* 
faffung  in  biefem  SSemeife  in  il^rer  gangen  Sauterfeit  offen  bargufteKen  unb 
biefen  ber  ftrengften  Prüfung  freimfitl^ig  untermerfen  gu  lönnen. 

(Sin  93en)eiS  aber,  ber  auf  Übergeugung  angelegt  ift,  lann  toieberum  35 
gtoiefad^er  Srt  fein,  enttoeber  ein  fold^er,  ber,  maS  ber  ®egenfianb  an 
fid^  feir  ober  maS  er  für  unS  (SRenf^en  überl^aupt)  na(!^  ben  uns  notl^ 


Unl^ang.    a^et^obenlel^re  ber  teleologifd^n  Urt^eitd!raft.  463 

ttenbiflcti  Scrnunftprinc4)lcn  feiner  Seurtl^ellung  fei  (ein  Setoel«  xat* 
aX>]&etav  ober  xotx*  otvdpcöicov,  baS  Untere  SBort  in  allgemeiner  Sebentung 
^■lr  aRenfd^en  überl^aupt  genommen),  auSmad^^n  föB*  3tn  erfteren  %aUt 
ift  er  auf  l^lnreid^enbe  ^rinctpien  für  bie  beftimmenbe,  im  smettenblog  fftr 

6  ble  reflectirenbe  Urtl^elUfraft  gegrünbet.  ^m  le^terngalle  fann  er,  auf  blofe 
t^eoretlfdöen  ^rincipien  berul^enb,  nlemol^  auf  Überjeugung  »irlen;  legt 
er  ater  ein  prafttfd^eiS  SSernunftprincip  jum  ©runbe  (meld^eS  mithin  aD« 
gemein  unb  not^wenbig  gilt),  fo  barf  er  \oofy\  auf  eine  in  reiner  praftifc^er 
Slbfic^t  l^inreid^enbe,  b.  i.  moralifd^e,  Überjeugung  Slnfprud^  matten.  @ln 

10  SebciS  aber  wirft  auf  Überjeugung,  ol^ne  nocft  ju  überjeugen,  toenn 
er  blog  auf  bem  Sßege  bal^in  gefül^rt  mirb,  b.  i.  nur  obiectit)e  ©rflnbe  baju 
in  ftd^  entl^&lt,  bie,  ob  {te  glei^  nod^  nic^t  jur  ©emifil^eit  l^inreldgenb, 
bennod^  oon  ber  Srt  finb,  ba|  {te  ni(^t  blog  als  fubiectioe  ©rfinbe  bed  Ur« 
tl^eilS  jur  Überrebung  bleuen. 

15  Sllle  t^eoretlfd^e  93en)eiiSgrfinbe  reid^en  nun  entkoeber  ju:  1)  gum  S9e« 
weife  burd^  logijd^^'ftrenge  SBernunftfd^lüffe;  ober,  wo  biefe«  ni(%t  ift, 
2)  jum  @(^luffe  nad^  ber  Slnalogie;  ober,  flnbet  aud^  blefeS  etwa  nic^t 
@tatt,  bod^  noc^  3)  gur  ma^rfc^einUdden  Sßeinung;  ober  enbllc^, 
was  baS  ^inbefte  ift,  4)  gur  annel^mung  eines  blog  mögli^en  @rfld« 

20  rungSgrunbeS,  als  ^^potl^efe.  —  9tun  fage  l^:  bag  aQe  93ewelSgr&nbe 
überl^aupt,  bie  auf  tl^eoretifii^e  Übergeugung  »Irfen,  fein  gürwal^rldalten 
bleuer  art  üon  bem  l^od^pen  bl«  gum  nlebrlgften  ®rabe  beffelben  bewlrfen 
fbnnen,  wenn  ber  Sajj  oon  ber  (äflftenj  eines  UrmefenS,  als  eines  ®otteS 
In  ber  bem  gangen  Snl^alte  blefeS  SBegrlffS  angemeffenen  Sebeutung, 

25  nftmlid^  als  eines  moralifc^en  äBelturl^eberS,  mitl^ln  fo,  ba|  burd^  ll^n 
gugleidd  ber  (SnbgmedC  ber  @d()5pfung  angegeben  wirb,  bewlefen  wer= 
ben  foll. 

1)  3BaS  ben  loglfd^» gerechten,  t)om  Slllgemeinen  gum  Sefonberen 
fortgel^enben  SeweiS  betrifft,  fo  Ift  In  ber  Äritif  l^lnrelt^enb  bargetl^an 

30  worben:  ba|,  ba  bem  93egrlffeoon  einem  äBefen,  welches  über  ble  Slatur 
l^lnauS  gu  fud^en  ijl,  feine  unS  mögltd^e  «ufd^auung  correfponblrt,  beffen 
»egrtjf  alfo  felbft,  fofern  er  burd^  f^ntl^etlf^e  ^räblcate  tl^ieoretifd^  be^» 
fWmmt  werben  foll,  für  unS  febergelt  problematlfd^  bleibt,  fd^led^terbingS 
fein  (Srfenntnlfe  beffelben  (woburd^  ber  Umfang  unfereS  tl^eoretifd^en 

85  äSiffenS  im  minbeften  erweitert  würbe)  @tatt  flnbe,  unb  unter  ble  allge« 
meinen  $rincipien  ber  SRatur  ber  3)lnge  ber  befonbere  Segrljf  eines  ü^er* 
finnlid^en  äßefenS  gar  ni(!^t  fubfumirt  werben  f5nne,  um  ))on  ienen  auf 


464    ftritif  bet  Urtl^eil^fraft.  2.  S^e il.  ftrttif  bet  teleolofitfd^  Urt^»hoft 

biefed  gu  fd^Hegen;  toeil  fene  ^rincipien  lebiglid^  für  bte  Statur  als  0e* 
genftanb  ber  Sinne  gelten. 

2)  3Ran  Tann  ft(^  gmar  ))on  gioei  ungleichartigen  3)ingen  eben  in  bem 
fünfte  il^rer  ttngleidgartigfeit  eineiS  berfelben  bod^  nac^  einer  Sn  alogie*) 
mit  bem  anbem  benf  en;  aber  auS  bem,  morin  {le  ungleichartig  finb,  nid^t  s 
ton  einem  nad^  ber  Analogie  auf  bad  anbere  f  daliegen,  b.  i.  biefeiS  3Rer{« 
mal  bed  fpecififd^en  Unterfii^iebed  auf  bad  anbere  übertragen.  @o  lann 
id^  mir  nad^  ber  Analogie  mit  bem  ®efe^e  ber  (Slei^l^eit  ber  äSirtung 
unb  ©egenmirlung  in  ber  loed^felfeitigen  anjiel^ung  unb  abftogung  ber 

*)  Knalogie  (in  quolitatbet  Sebeutung)  ift  bieSbentitdt  bed  Oerl^&ItnifTfd   lo 

I  5iotf(!^en  ©rfinben  unb  folgen  (UrfatS^en  unb  SBirfungen),  f ofem  fte  ungeod^tet  ber 

I  fpedftfc^en  SJerfd^ieben^dt  ber  S)inge,  ober  bertenigen  (Stgenfc^often  an  ^ä^,  »eld^e 

ben  CS^runb  Don  ft^nlid^en  Solgen  entgolten  (b.  t.  ouger  biefem  Qerl^Itniffe  betrautet), 

@tatt  finbet.   @o  benfen  wir  und  au  ben  ^nfl^anblungen  ber  ^il^iere  in  9ergtei« 

d^ung  mit  benen  M  9)^enfd^en  ben  (S^runb  biefer  SSirfungen  in  ben  erfieren,  ben  »ir  » 

nid^t  fennen,  ntit  bem  ®runbe  d^nlitS^er  SBitTungen  bed  SRenfd^en  (ber  Qemunft), 

ben  »ir  lennen,  a\9  ^Inologon  ber9)emunft;  unb  motten  bamit  äuglet^  anaeigen: 

bog  ber  CS^runb  bed  t^ierifd^en  5hmfloermdgend  unter  ber  ^Benennung  eined  SnfttnctS 

Don  ber  SBemunft  in  ber  S^at  fvedfifd^  unterf(!(ieben,  bod^  auf  bie  S^irfung  (ber  Sbau 

I  ber  Biber  mit  bem  ber  SRenfd^en  oergli(!^en}  ein  d^nli^eiB  Serl^AItnifi  l^abe.  ~  S)ed*   ^o 

!  megen  aber  !ann  \^  baraud,  »eil  ber  3Kenfd^  ^u  feinem  Bauen  9) ernunft  brauet. 

'  nid^t  fd^Itegen,  ba%  ber  Biber  audg  bergleid^en  ^aben  mfiffe,  unb  ed  einen  ©d^Iug 

I  nad^  ber  $(naIogie  nennen.  Kber  aud  ber  d^nli^en  äBirfimgdart  ber  ^iere  (moDon 

I  mir  ben  @runb  nic^t  unmittelbar  ma^me^men  lönuen),  mit  ber  bed  SRenfc^n  (beffen 

mir  und  unmittelbar  bemugt  finb)  Derglic^en,  lönnen  mir  gana  rid^tig  nad^  ber  si 
Analogie  f erliegen,  bag  bie  ^iere  aud^  nad^  Borftellungen  l^anbeln  (nic^t, 
mie  (Sartefiud  miQ,  SJ^af^inen  flnb)  unb  ungeachtet  i^rer  fpedfifd^en  Berfd^ieben^eit 
bodg  ber  Gattung  nad^  (ald  lebenbe  SBefen)  mit  bem  SRenfd^en  einerlei  flnb.    S)Qd 
$rinclp  ber  Befugnig,  fo  au  fd^liegen,  liegt  in  ber  C^inerlei^eit  bed  ®runbed,  bie 
2:^iere  in  ^nfe^ung  gebac^ter  Beftimmung  mit  bem  OJ^enfd^en,  ald  ^{enfd^n,  fo  meit  3o 
mir  fle  Augerlic^  nad^  i^ren  ^anblungen  mit  einanber  oergleid^en,  au  einerlei  Gattung 
au  a&dlen.    (5d  ifi  par  ratio,    dhen  fo  !ann  id^  bie  ^aufalltät  ber  oberflen  SSelt« 
urfac^e  in  ber  Bergleid^ung  ber  atoedCmögigen  $robude  berfelben  in  ber  SSelt  mit  ben 
^unfimerfen  bed  ^enfd^en  nad^  ber  Analogie  eined  Berftanbed  benfen,  aber  nid^t  auf 
biefe  (Sigenf Soften  in  bemfelben  na^  ber  Analogie  fd^liegen:  loeU  ^ier  bad  ^ndp  33 
ber  9)i?dglid^!eit  einer  folc^en  ©c^lugart  gerabe  mangelt,  n&mlidg  bie  paritas  rationis, 
bad  l^ö^fte  äBefen  mit  bem  SJlenfc^en  (in  9lnfe^ung  i^rer  bdberfeitigen  Saufalität) 
au  dner  unb  berfelben  Gattung  au  a&^len.  S)ie  ^aufalitdt  ber  Beltmefen,  bie  immer 
finnlid^'bebingt  (berglei(i)en  bie  burc^  Berftanb)  ift,  !ann  nic^t  auf  ein  SBefen  flbep 
tragen  merben,  meld^ed  mit  ienen  feinen  (S^attungdbegdff,  ald  ben  eined  3)tnged  4o 
fiber^au^t  gemein  l^at. 


«n^onfl.    gWctl^obentcl^rc  ber  tcleotogifd^en  Urtl^ciWIroft.  465 

Äörpcr  unter  elnanbcr  aud^  bic  ®cmcinf(i^aft  bcr  ©lieber  eine«  gemeinen 
aSBefenä  nad^  Siegeln  be«  9ied((tö  benlen;  aber  jene  fpedflfd^en  Scftimmun« 
gen  (bie  materieOe  Slnjiel^ung  ober  Slbjlogung)  ntd^t  auf  biefe  übertragen 
unb  fie  ben  Sürgern  beilegen,  um  ein  ©Aftern,  meld^eS  @taat  l^ei^t,  auS^ 

5  gumad^en.  —  Oben  fo  bftrfen  »ir  vooijjl  bie  ßaufalität  be8  Urtoejenö  in 
anfel^ung  ber  S)inge  ber  SSelt,  ald  ^taturgioecfe,  nad^  ber  Slnalogie  eines 
aSerftanbeö,  al8  ©runbe«  ber  fjormen  gemiffer  ^robucte,  bie  wir  Äunf^ 
merle  nennen,  benlen  (benn  biefes  gefd^iel^t  nur  jum  Sel^uf  beS  t^eore« 
tifdöen  ober  praltift^en  ®ebraud^ö  unfere«  erfenntni^DermögenS,  ben  wir 

10  t)on  biejem  Segriffe  in  ?tnfel)ung  ber  Slaturbinge  in  ber  SBelt  nat^  einem 
gewiffen  ^rincip  gu  mad^en  l^aben):  aber  mir  fonnen  barauö,  ba^  unter 
SBeltmefen  ber  Urfac^e  einer  SSirlung,  bie  als  lünftlid^  beurtl^eilt  wirb, 
SSerfianb  beigelegt  tterben  mufe,  feineSmegeS  nad^  einer  Analogie  fd^lie^en, 
bag  aud^  bem  38efen,  melc^eS  Don  ber  Statur  gänglic^  unterschieben  ijl,  in 

15  anfe^ung  ber  9latur  jelbft  eben  biefelbe  ßaufalität,  bie  mir  am  3Renfdöen 
toal^rnel^men,  gufomme:  toeil  biefeö  eben  ben  5ßunft  ber  Ungleid^artlgfeit 
betrifft,  ber  gttjifc^en  einer  in  Änfe^ung  i^rer  SBirfungen  pnnlid^*bebingten 
Urja^e  unb  bem  überpnnlidöen  Urtoejen  jelbft  im  Segriffe  beffelben  ge^^ 
bad^t  koirb  unb  alfo  auf  biefen  nid^t  übergetragen  merben  fann.  —  @ben 

20  barin,  ba^  ic^  mir  bie  göttliche  (Saufalit&t  nur  nad^  ber  Analogie  mit 
einem  äSerftanbe  (melc^eS  SBermögen  mir  an  feinem  anberen  Sßefen  als 
bem  pnnli(^*bebingten  ÜHenfd^en  fennen)  beuten  foU,  liegt  baS  SSerbot,  i^m 
biefen  nid^t  in  ber  eigentUd^en  Sebeutung  beigulegen*). 

3)  Weinen  flnbet  in  Urtl^eilen  a  priori  gar  nid^t  Statt;  fonbern  man 

25  erfennt  burd^  fie  entmeber  etmaS  als  gang  gemig,  ober  gar  nid()ts.  SSenn 
aber  aud^  bie  gegebenen  SemeiSgrünbe,  Don  benenmir  auSgel^en  (mie  l^ier 
üon  ben  Smcdten  in  ber  SBelt),  empirif(^  pnb,  fo  fann  man  mit  biefen  bod^ 
über  bie  Sinnenmelt  l^inauS  nid^ts  meinen  unb  folc^en  gesagten  Urt^eilen 
ben  minbeften  »nfpruc^  auf  SBal^rfd^einlid^feit  gugeftel^en.  3)enn  SBa^r« 

30  f(^einlic^feit  ift  ein  St^eil  einer  in  einer  gemiffen  Sleil^e  ber  ®rünbe  mogli« 
d&en  ©emifel^eit  (bie  ®rünbe  berfelben  »erben  barin  mit  bem  Sureid^enben 
als  Sl^eile  mit  einem  ®angen  t)erglid^en),  gu  meldten  iener  ungureid^enbe 


•)  SDf^an  öermifet  babnx^  nie^t  ba«  SWinbeflc  in  bcr  ^Sorflettung  ber  ©credit» 
nlffc  bicfcS  3öefenS  ^ur  2öclt,  fotool^I  waS  bie  t^coretift^cn  al«  praltifc^eit  golge- 
35  rangen  auS  biefem  Segriffe  betrifft.   S^aS  eS  an  fi(^  fetbft  fei,  erforf(!^en  au  moUen, 
ifi  ein  eben  fo  awetfCofer  atiB  t)ergebU4er  ^orwi^. 

ftant'«  ®d^tiften    Serfc  V.  30 


466    ^ittl  ber  Uril^ett^fraft.  2.  2:^etl.  SttM  bet  teleologtfd^eit  tttt^etUhaft 

®runb  mu^  ergänjt  »erben  finnen.  äSeil  {te  aber  als  SeflimmungS^ 
grunbe  ber  ©emigl^eit  eined  unb  beffelben  Urtl^eild  gleid^arttg  fein  möffen, 
Inbem  fle  fonft  nlc^t  jufamuien  eine  ©röfee  (bergleid&en  bfe  ®c»ife]^ett  ifl) 
ausmalen  Q)urben:  fo  lann  niii^t  ein  Sl^eil  berfelben  innerhalb  ben 
©rdnjen  mogltd^er  ©rfal^rung,  ein  anberer  augerl^alb  aUer  mbglid^en  Sr«  ^ 
fa^rung  liegen.  SRit^in,  ba  blog^empirifd^e  Semeidgrünbe  auf  nid^tö 
Überftnnlid^eS  fuhren,  ber  9Rangel  in  ber  Steil^e  berfelben  aud^  burc^  nid^tS 
ergdngt  merben  lann:  fo  finbet  in  bem  SSerfu^e,  burd^  fte  jum  Uberfinn« 
liefen  unb  einer  Srfenninig  beffelben  ju  gelangen,  nid^t  bie  minbefle  Sn^ 
nd^erung,  folglid^  in  einem  Urtl^eile  über  bad  le^tere  burd^  üon  ber  @t^  lo 
fa^rung  l^ergenommene  Argumente  aud^  leine  äBal^rfd^einlic^feit  Statt. 

4)  SBad  als  ^^potlgefe  gu  (Srlldrung  ber  SRöglic^Ieit  einer  gegebe« 
nen  (Srfd^einung  bienen  foQr  baDon  mu^  koenigfiend  bie  9R5glid^feit  D5Dig 
gett)ig  fein.  @d  ift  genug,  bag  id^  bei  einer  .^^potl^efe  auf  bie  @rfenntni{^ 
ber  SBirnid^feit  (bie  in  einer  fär  mal^rfd^einlid^  auegegebenen  SReinung  u 
nod^  tel^auptet  mirb)  SSergic^t  tl^ue:  mel^r  fann  id^  nic^t  $reie  geben;  bie 
SRöglic^Ieit  beffen,  maS  id^  einer  Srlldrung  gum  ®runbe  lege,  mug  tte- 
nigftenö  feinem  Qrotx^A  auögefefet  fein,  »eil  fonft  ber  leeren  $imgef|)!n[te 
lein  @nbe  {ein  tofirbe.  S)ie  !IRöglid^feit  aber  eined  nad^  gemiffen  93egriffen 
beftimmten  uberfinnlid^en  äßefend  angunel^men,  ba  l^iegu  leine  Don  btn  » 
erforberlid^en  Sebingungen  einer  Srienntnig  nad^  bem,  maiS  in  il^r  auf 
Slnfc^auung  berul^t,  gegeben  ift,  unb  alfo  ber  bloge  6a^  beS  Sßiberfpru^S 
(ber  nichts  als  bie  SRoglic^feit  bed  S)enfenS  unb  nid^t  beS  gebac^ten  ®e« 
genftanbeS  felbft  bemeifen  lann)  als  jbriterium  biefer  9R5gli(^feit  äbrig 
bleibt,  »firbe  eine  üöllig  grunblofe  SSorauafe^ung  fein.  25 

S)aS  Siefultat  l^ieioon  ift:  ba^  fär  baS  S)afein  bed  Urtoefend  als  einer 
©ottl^eit,  ober  ber  @eele  als  eines  unfterblid^en  ©eifteS  fd^led()terbingS  fein 
93en)eiS  in  tl^eorettfd^er  Slbftd^t,  um  au(^  nur  ben  minbeften  ®rab  beS 
^ürma^rbaltenS  gu  toirfen,  für  bie  menfc^lid^e  äSernunft  möglich  fei;  unb 
biefeS  aus  bem  gang  begreiflid^en  ®runbe:  »eil  gur  93eftimmung  ber  30 
gbectt  beS  Überftunlid^en  für  unS  gar  fein  ©toff  ba  ift,  inbem  »ir  biefen 
legieren  oon  S)ingen  in  ber  @innentoelt  l^ernel^men  müßten,  ein  fold^er 
aber  jenem  Dbiecte  fd^led^terbingS  nid^t  angemeffen  ift,  alfo  ol^ne  aUe  S3e* 
ftimmung  berfelben  nid^ts  mel^r,  als  ber  93egriff  Don  einem  ni^tftnnlid^en 
@t»as  übrig  bleibt,  meld^eS  ben  legten  ©runb  ber  @innen»elt  entl^alte,  ss 
ber  noc^  fein  erfenntnife  (als  ©rioetterung  beS  SegriffS)  üon  feiner  inne* 
ren  SBefd^affenl^eit  auSmad^t. 


$Cn]^ang.    9)letl&obenle^re  ber  teleologifd^en  Urtl^ettdfraft.  467 

§91. 
SSon  ber  Slrt  beS  S^ürkoal^rl^altenS  burd^  einen  prattifd^en 

©lauben. 

äBenn  toir  blog  auf  bie  9irt  feigen,  tote  etmad  für  und  (nad^  ber 

5  jubiectiüen  Scfd^affenl^elt  unferer  aSorftettungSiräfte)  Dbject  ber  Srlennt* 
nife  (res  cognoscibilis)  fein  tann:  fo  »erben  alöbann  ble  Segriffe  nid^t  mit 
ben  Dbjecten,  fonbern  blo^  mit  unfern  @rfenntnigDerm5gen  unb  bem 
©ebrau^e,  ben  biefe  Don  ber  gegebenen  SSorfteÜung  (in  tl^eoretifd^er  ober 
))raftifd^er  übftd^t)  mad^en  f innen,  gufammengel^alten;  unb  bie  ^rage, 

10  ob  cttoa»  ein  erfennbare«  SBefen  fei  ober  nid&t,  ift  feine  Srage,  bie  bie 

?K5glid&feit  ber  35inge  felbfi,  fonbern  unferer  ßrfenntnife  berfelben  angelet. 

(Srtennbare  3)inge  ftnb  nun  t)on  breifad^er  9(rt:  @ad^en  ber 

5Keinung  (opinabile),  Sl^atfad^jen  (scibile)  unb  ©laubenSfad^en 

(mere  credibile). 

15  1)  ®egenftänbe  ber  blogen  SSernunftibeen,  bie  für  had  tl^eoretifd^e 
@rlenntnig  gar  ni(!^t  in  irgenb  einer  möglid^en  @rfa^rung  bargefteQt 
merben  fönnen,  finb  fofern  aud^  gar  nld&t  erlennbare  a)inge,  mithin 
lann  man  in  ünfel^ung  il^rer  nid^t  einmal  meinen;  toie  benn  a  priori  ju 
meineil  fd^on  an  ^d^  ungereimt  unb  ber  gerabe  Sßeg  gu  lauter  ^trnge^ 

20  fpinpen  ift.  (gnttoeber  unfer  Safe  a  priori  tfi  alfo  gemife,  ober  er  enthält 
gar  nid&ts  gum  gürma^rl^alten.  aifo  ftnb  ÜReinungSfad^en  fcberjelt 
Dbjecte  einer  loenigfienö  an  fid((  möglid^en  ©rfal^rungö^rlenntnife  (®egen= 
ftdnbe  ber  ©innentoelt),  bie  aber  nac^  bem  blofeen  ®rabe  biefcg  Ser» 
mögen«,  ben  »ir  bep^en,  f  ür  un«  unmoglid^  ift.   ©o  ift  ber  shl^er  ber 

25  neuern  ^l^qftfer,  eine  elaftifd^e,  alle  anbere  SRaterien  burd^bringenbe  (mit 
il^nen  innigfl  t)ermifd^te)glüfiigfeit,  eine  blofee  SKeinungSfad^e,  immer  bod^ 
noc^  Don  ber  Slrt,  bag,  menn  bie  äußern  Sinne  im  ^öc^ften  ®rabe  gefc^ärft 
lodren,  er  toal^rgenommen  »erben  fönnte;  ber  aber  nie  in  irgenb  einer 
93eobad()tung,  ober  @;rperimente  bargeftellt  »erben  lann.  Vernünftige  Se» 

30  »ol^ner  anberer  Planeten  angune^men,  ifl  eine  Sat^e  ber  SMeinung;  benn 
»enn  »ir  biefen  ndl^er  fommen  lönnten,  »eld^ed  an  fid^  m5glid^  ifi,  »är« 
btn  »ir,  ob  fie  ftnb,  ober  nid^t  ftnb,  burd^  Srfal^rung  auSmad^en;  aber 
»ir  »erben  il^nen  niemals  fo  nal^e  lommen,  unb  fo  bleibt  eiS  beim  3Reinen. 
allein  aJleinen:  ba^  eS  reine,  o^ne  Äörpcr  benfenbe  ©eifter  im  materiellen 

35  ttnioer«  gebe  (»enn  man  n&mlid^  gemiffe  bafur  ausgegebene  »irtlid^e  (Sr« 
fd^einungen,  »ie  billig,  Don  ber  .^anb  »eifet),  l^ei^t  bid^ten  unb  ift  gar 

30* 


468    ^itlf  ber  Urt^eiWfraft.  2.  Zf^til  Äriti!  her  teteotoöifd&en  UttlJelBfrQft. 

feine  ©ad^c  ber  SRcinung,  fonbern  eine  blofee  Sbec,  toeld^e  übrig  Bleibt, 
toenn  man  t)on  einem  benlenben  3Befen  aUed  SRaterieQe  megnimmt  unb 
il^m  bod^  baö  ©enfen  übrig  löfet.  Ob  aber  alsbann  baö  Sediere  (»eld^e« 
toir  nur  am  SKenfd^en,  b.  t.  in  Serbinbung  mit  einem  Äorper,  lenncn) 
übrig  bleibe,  fonnen  toir  nid^t  auSmad^en.  ein  fold^eö  ©ing  ijl  ein  \>tx^  5 
nünftelteS  SBefen  (ens  rationis  ratiocinantis),  lein  SSernunfttoefen 
(eDs  rationis  ratiociDatae);  Don  melc^em  le|teren  eS  bod^  mogltd^  ift,  bie 
objectiDe  Siealitdt  feined  Segrip  toenigjtend  für  ben  praftifc^en  ©ebrauc^ 
ber  aSernunft  l^inreid^enb  bargutl^un,  »eil  biefer,  ber  feine  eigentl^fimlii^en 
unb  apobiltif^  geteiffen  ^rincipien  a  priori  l^at,  il|n  fogar  er^eifd^t  u> 
(populirt). 

2)  ®egen[tänbe  für  Segriffe,  beren  objectlDe  Siealitdt  (e«  fei  burd^ 
reine  Vernunft,  ober  burd^  ©rfal^rung  unb  im  erfteren  fjatte  au«  t^eore* 
tifc^en  ober  praTtifd^en  £)ati«  berfelben,  in  aQen  $äQen  aber  Dermittelft 
einer  i^nen  corrcfponbirenben  anft^auung)  bettiefen  »erben  fann,  ftnb  15 
(res  facti)  S^atfad^en*).  ^Dergleichen  ftnb  bie  matl^ematifd&en  ©gen« 
fc^aften  ber  ©röfeen  (in  ber  ©eometrle),  toell  fte  einer  ©arfkellung 
a  priori  für  ben  tl^eoretlf^en  Sernunftgebraud^  fdl^lg  flnb.  IJerner  flnb 
2)inge,  ober  Sefc^affenl^eiten  berfelben,  bie  bur(^  (grfa^rung  (eigene  ober 
frembe  ©rfal^rung  uermittelft  ber  Scwßttiffe)  bargetl^an  »erben  fönnen,  20 
gleid^fattö  S^atfac^en.  —  SBa«  aber  fel^r  merfmürblg  Ift,  fo  pnbet  ft^ 
fogar  eine  SSernunftibee  (bie  an  ftd&  feiner  ©arftettung  in  ber  Slnfd&auung, 
mitl^in  auc^  felneö  t^eoretifc^en  Semelfeö  l^rer  SWöglic^feit  fdl^ig  ift)  un^ 
ter  ben  S^atfac^en;  unb  iaS  Ift  bie  gbee  ber  grell^ett,  beren  Siealltät 
al«  einer  befonbern  Slrt  üon  ©aufalitdt  (öon  »eld^er  ber  SSegriff  In  tl^eorc*  25 
tlfd^em  Setrac^t  übeirft^ttenglld^  fein  würbe)  ftcft  burc^  praftifd^e  ®efe^c 
ber  rdnen  SSernunft  unb  blefen  gemdfe  In  »trflid&en  .^anblungen,  mitl^in 
in  ber  ©rfa^rung  bartl^un  Idfet.  —  35le  elnjlge  unter  aUen  Sbeen  ber 
reinen  Vernunft,  beren  ©egenftanb  5l:]^atfad^e  ift  unb  unter  bie  scibilia 
mit  gered^net  merben  mug.  30 


*)  3ä)  ermettere  l^ier,  toxt  mi(^  bünit,  mit  ffttä^it  ben  iBegriff  einer  2^atfa<!^e 
fiber  bie  gerod^nli^e  )9ebeutuno  biefed  SBortd.  ^enn  ed  tfi  ni(^t  ni^t^ig,  ia  niti^t 
einmal  t^unlid^,  biefen  KuSbrudf  blog  auf  bie  mirflii^e  (Srfal^rung  einauf^rdnf^n, 
menn  Don  bem  SSer^ältniffe  ber  3)inge  au  unferen  (^rfenntnifeuermögen  bie  JRebe  ift, 
ba  eine  blog  mdg(i(^e  Chrfa^rung  f(^on  ^inreic^enb  ifl,  am  t)on  i^nen  blog  alä  ©egen« 
fiänben  einer  beflimmten  (Srfenntni|art  au  reben. 


«nl^ang.    fD^et^obenlel^re  ber  teleologifd^en  Urtl^eildfraft.  469 

3)  ®egenfldnbe,  tie  in  Segiel^ung  auf  ben  pfli(]^tm&gigen  ©ebroui]^ 
bev  reinen  prafttfd&en  SScrnunft  (e8  fei  als  Solßcn,  ober  alö  ®rönbe) 
a  priori  gebac^t  koerben  ntäffen,  aber  für  ben  tl^eoretifc^en  ®ebrau(!^  ber« 
felbeu  überfd^toengUd^  ftnb,  finb  bloge  ©laubenSfad^en.  S)erglet(l^en 
5  ift  baS  pc^fte  burd^  S^reil^eit  gu  bemirfenbe  ®ut  in  ber  9BeIt,  beffen  Sbt^ 
griff  in  feiner  f&r  unS  möglid^en  ISrfa^rung,  mitl^tn  für  ben  tl^eoretifc^en 
aSernunftgebraud^)  ^inreid^enb  feiner  objectiDen  SRealitdt  na^  beriefen 
»erben  fann;  beffen  ©ebraud^  aber  jur  beftmoglid^en  93eQ)irIung  {ened 
Qmd&  boc^  burdii  prattifd^e  reine  Vernunft  geboten  ift  unb  mitl^in  ald 

10  möglid^  angenommen  »erben  mug.  SDiefe  gebotene  SBirfung  jufammt 
ben  einjigen  für  unö  be.nfbaren  Sebingungen  il^rer  SKoglid^* 
feit,  ndmlid^  bem  SDafein  ®otte«  unb  ber  @eeIen«Unfterblid&feit,  pnb 
©laubenSfad^en  (res  fidei)  unb  jtoar  bie  eingigen  unter  aUen  ®egen« 
fldnben,  bie  fo  genannt  werben  fönncn*).  3)cnn  ob  oon  un«  gleid^,  »aS 

15  mir  nur  Don  ber  Srfal^rung  anberer  burd^  S^ugnig  lernen  fönnen,  ge* 
glaubt  merben  mug,  fo  ift  eS  barum  bod^  nod^  nid^t  an  ftd^  ®IaubenSfad^e; 
benn  bei  iener  Saugen  @inem  mar  ed  boc^  eigene  (Srfal^rung  unb  kl^aU 
fad^e,  ober  toirb  als  foId()e  oorauSgefe^t.  Subem  mug  eS  m5gUd^  fein, 
burc^  biefen  SBeg  (beS  l^iftorifd^en  ©laubenS)  gum  3Bif[en  ju  gelangen; 

20  unb  bie  Öbjecte  ber  ©eft^ic^te  unb  ®eograp]^ie,  mie  alles  uberl^aupt,  »aS 
gu  toiffen  nac^  ber  93ef4affenl^eit  unferer  Srfenntnigoermogen  »enigftenS 
m5gli(^  ift,  gel^ören  nic^t  ju  ©laubenSfac^en,  fonbern  ju  2:]^atfad^en. 
3lur  ©egenftdnbe  ber  reinen  SSernunft  fönnen  attenfaüS  ©laubcnSfadben 
fein,  aber  nid^t  als  ©egenftdnbe  ber  bloßen  reinen  f))eculatioen  Vernunft; 

25  benn  ba  fonnen  fte  gar  ni^t  einmal  mit  Sid^erl^eit  gu  ben  @ad^en,  b.  i. 
Dbjecten  ieneS  fär  uns  moglid^en  @rfenntnif[eS,  gegd^lt  »erben.  @S  ßnb 
Sbeen,  b.  i.  abgriffe,  benen  man  bie  objectioe  Siealitdt  t^eorettfd^  nic^t 
fiebern  fann.  dagegen  ift  ber  oon  unS  gu  bemirfenbe  l^öd^fte  (SnbjtoedF, 
baS,  n)oburc^"i»ir  allein  »flrbig  »erben  f5nnen  felbft  @nbg»edF  einer 

80  Sd&5pfung  ju  fein,  eine  3bee,  bie  für  unS  in  praftifd^er  Segiel^ung  ob* 
iectioe  SRealitdt  l^at,  unb  @ad&e;  aber  barum,  »eil  »ir  bicfem  Segriffe  in 


*)  &iauhm^\atf)en  finb  aber  barum  ni^t  (Blaubendartilel,  mennman  unter 
ben  le^teren  fol^e  ©Ipuben^fat^en  üerftel^t,  gu  bereniBefenntnig  (innerem  ober 
äugerem)  man  üerpflid^tet  merben  lann:  berglei(]^en  alfo  bie  natür(i(^e  ^l^eologie 
ni^t  enthält.  S)enn  ba  fle  atö  ®laubeni3fa(i^en  fi(^  nic^t  (gteici^  ben  2:^atfa^en}  auf 
tl^eoretif^e  Semelfe  grfinben  I5nnen:  fu  ift  eS  ein  freies  t^ürmal^rl^alten  unb  axiä^ 
nur  als  ein  foId^eS  mit  ber  3J?oraIitat  beS  8ubiectS  vereinbar. 


470    ^ritil  bec  Urtl^ettdfraft.  2.  S^eit  Sttitii  bec  teleo(ofiif(!^en  Urt^eilöTrafi. 

tl^eoretifd^er  abßd^t  bie[e  Sleatttdt  nid^t  Derfd^affen  finnen,  bloge  ®lau« 
bendfad^e  ber  reinen  äSentunft,  mit  il^m  aber  jugleid^  ®ott  unb  ttnßerb« 
lid^feit,  als  bie  Sebingungen,  unter  benen  alletn  koir  nad^  ber  Sefdbaffen^ 
l^eit  unferer  (ber  menf^Uc^en)  SSernunft  und  bie  SRögUd^Ieit  fened  Effects 
|(  bed  gefe^md^igen  ©ebraud^S  unferer  ^reil^eit  benfen  lonnen.  2)a8  %üx*  & 
V  tta^rl^alten  aber  in  ©laubenSfac^en  ift  ein  ^ürmal^rl^alten  in  reiner  pxaU 
tifd^er  Slbfi^t,  b.  i.  ein  moraUJc^er  ©laube,  ber  nid^ts  für  baS  tl^eoretifd^e, 
fonbem  blo^  fitr  bai  prattifd^e,  auf  93efoIgung  fetner  ^ßid^ten  gertd^tete, 
reine  SSernunfterlenntnig  betoeifet  unb  bie  Speculattoui  ober  bie  prafti» 
fd^en  Jflugl^eitSregeln  nad^  bem  ^rincip  ber  Selbftliebe  gar  nid(|t  erweitert  lo 
SBenn  haS  oberfte  $rincip  aQer  Sittengefe^e  ein  ^oftulat  ift,  fo  mirb  )u« 
gleich  bie  9KogIid&feit  il^re«  l^öd&ften  Dbiectö,  mitl^ln  au(^  bie  JBebingung, 
unter  ber  mir  biefe  9R5gIi(^feit  beulen  fonnen,  baburd^  gugleic^  mit  pofiu^ 
Urt.  S)aburd^  n)|rb  nun  baS  ßrtenntnig  ber  festeren  toeber  SSiffen  nod^ 
SWclnung  Don  bem  3)afein  unb  ber  Sefd&affenl^eit  biefer  Seblngungen,  w 
als  tl^eoretifc^e  (Srfenntnigart,  fonbem  blog  Hnnabme  in  prattifd^er 
unb  ba}u  gebotener  Segiel^ung  für  ben  moralifd^en  ®ebraud^  unferer  Skt» 
nunft- 

SBürben  mir  aud^  auf  bie  S^tde  ber  !Ratur,  bie  und  bie  pl^Qfifd^e 
Seleologie  in  fo  reid&em  SKafee  t)orIegt,  einen  bejlimmten  Segriff  oon  » 
einer  Derftdnbigen  SSelturfad^e  fd^einbar  grfinben  fönnen,  fo  mdre  bad 
^afein  biefeS  SBefenS  bod^  niäft  ©laubenSfa^e.   S>enn  ba  biefe«  nid^t 
gum  Sel^uf  ber  Erfüllung  meiner  $fiic^t,  fonbem  nur  jur  ^rfldmug  ber 
Statur  angenommen  mirb,  fo  mürbe  e«  blofe  bie  unferer  SSernunft  ange^^ 
meff enpe  Meinung  unb  ^^potl&efe  fein.  5ftun  fü^rt  Jene  Seleologie  feine««  n 
mege«  auf  einen  beftimmten  99egrif[  oon  ®ott,  ber  hingegen  allein  in  bem 
Don  einem  moraltfc^en  SSelturl^eber  angetroffen  mirb,  meil  biefer  allein 
ben  @nbgmed  angiebt,  gu  meld^em  mir  und  nur  fofern  jdl^Ien  fönnen,  al« 
mir  bem,  maS  und  bad  moralifd^e  ®efe^  als  Snbgmed  auferlegt,  mithin 
uns  oer:t)fiid^tet,  unS  gemdg  oerj^alten.  f^olgli^  betommt  ber  Segrijf  oon  so 
®ott  nur  burd§  bie  Segiel^ung  auf  baS  Obiect  unferer  $flid^t,  als  8e- 
bingung  ber  9K5glid^feit  ben  enbjmcd  berfelben  ju  erreid^en,  ben  SSorjug 
in  unferm  ^flrmal^rl^alten  als  ©laubenSfad^egu  gelten;  bagegen  eben  ber« 
felbe  93egrtff  bo^  fein  Dbiect  nid^t  als  Sl^atfad^e  geltenb  matten  fann: 
meil,  obgmar  bie  Slotl^menbigfeit  ber  ^flid^t  für  bie  praftifd^e  SSemunft  » 
mo^l  Har  ifi,  bod^  bie  @rreid^ung  beS  (SnbgmedS  berfelben,  fofern  er  nid^t 
gang  in  unferer  ®emalt  ift,  nur  jum  ®e]&uf  beS  )}raftifdöcn  ®ebraud&S  ber 


9ii(fyanq,    ^tt^obenU^n  ber  teleologifd^en  Urtl^eitölraft.  471 

SSernunft  angenommen,  alfo  n{d()t  fo  toie  bie  ^pid^t  felbfi  praftifd^  notl^« 
toenbtfl  ijl*). 

®Iaube  (als  habitus,  nid^t  als  actos)  ift  bie  moraUf(!^e  S)enlung^:: 
art  ber  SSernunft  im  f^üriDol^rl^aUen  beSjentgen,  mad  ffir  baS  tl^eotetifd^e 
@rrenntni|  unjugAnglic^  i{}.  @r  {{t  alfo  ber  bel^arrlid^e  ©runbfa^  beS 
®emfit]^S,  baS,  koad  gur  SRöglid^feit  beS  ^(j^ften  moralifd^en  Snbgioeds 
als  Sebingung  Doraudgufe^en  not^menbtg  ift,  toegen  ber  ^erbtnbli^Ieit 
ju  bemfelben  ate  mal^r  anjune^mcn**);  obgioor  bie  SWögUc^feit  beffel» 


*)  2)er  (Snb^toed,  ben  ba^  moralifd^e  ®efe^  5U  bef5tbent  auferlegt,  ifl  ni^t 

10  ber  @runb  ber  ^fli^t;  benn  biefer  liegt  im  mordtf^ien  @efe^e,  loel^ed  olS  formale« 
praftif(^ed  $rtncip  !ategorifc|f  leitet,  unangefe^en  ber  Dbiecte  beS  ^egel^ningSoer« 
mögend  (ber  9J?aterie  bed  SßoQenS),  mitl^in  frgenb  eined  Sn)e(fd.  S)iefe  formale 
93ef4affen^eit  meiner  {)anblungen  (Unterorbnung  berfelben  unter  ba^  $rincip  ber 
$(]Igemeingütttg!eit),  morin  allein  il^r  innerer  moratif<i^er  Sßert^  befielet,  ift  g&nali^ 

15  in  unferer  (Bemalt;  unb  i4  fann  t)on  ber  ^ögli<!^fe{t,  ober  UnauSfix^rbarfeit  ber 
3n)e(fe,  bie  mir  jenem  (S^efe^e  gemd6  du  befdrbem  obliegen,  gar  loo^l  abftral^iren 
(meit  in  il^nen  nur  ber  äu§ere  äBertl^  meiner  ^anblungen  befte^t),  aU  oon  etmad, 
mel^e«  nie  DdKig  in  meiner  Gemalt  ift,  um  nur  auf  ba»  au  feigen,  mad  meine«  V^vm» 
ifl.  HUein  bie  Slbft^t,  ben  (gnbamec!  aller  öemftnftigen  ©efen  (©lütffeligfeit,  fo  weit 

20  fie  einftimmig  mit  ber  $fli^t  mdglid^  ift)  au  bef5rbem,  ift  bod^  eben  bur^  ba«  ®efe^ 
ber  $fli(i^t  auferlegt.  Hber  bie  fpeculatioe  Vernunft  fie^t  bie  ^udfü^rbarfeit  berfelben 
(Weber  öon  ©eitcn  unfere«  eigenen  p^^f!f(%en  S^ermögen«,  nod^  ber  ÜRitwirfung  ber 
92atur)  gar  ni(i^t  ein;  Dielmel^r  mug  ^e  an«  folgen  Urfa^en,  fo  oiel  wir  oemixnftiger 
Seife  urt^eilen  fönnen,  einen  folgen  Q^rfolg  unfere«  SBBo^loer^alten«  oon  ber  bloften 

35  9laiux  (in  un«  unb  auger  un«),  ol^ne  ®ott  unb  Unfterbliti^feit  anaune^men,  für  eine 
ungegrünbete  unb  ni^tige,  wenn  gleich  wol^lgemeinte  (Erwartung  l^alten  unb,  wenn 
fie  Don  biefem  Urt^eile  völlige  (Bewig^eit  ^aben  tonnte,  ba«  moralifä^e  @efet  felbfl 
al«  Möge  Säuf<|ung  unferer  9)emunft  in  praftif^er  9{üdffi4t  anfeilen.  S)a  aber  bie 
fpeculatiDe  l^Semunft  fi4  odllig  ftberaeugt,  bag  ba»  letztere  nie  gefc^el^en  fonn,  ba> 

30  gegen  aber  jene  3been,  beren  ©egenfianb  über  bie  9latur  l^inau«  liegt,  ol^ne  S^iber- 
fpruclf  gebaut  werben  fönnen:  fo  wirb  fie  für  il^r  eigene«  praftif(^e«  @efe$  unb  bie 
baburc^  auferlegte  Aufgabe,  alfo  in  moralifi^er  9{üc!fi(^t,  jene  3been  al«  real  aner- 
lennen  muffen,  um  ni^t  mit  fid^  felbft  in  Siberfprud^  au  fommen. 

**)  (it  ift  ein  Sertranen  auf  bie  S3er]^ei§ung  be«  moralif(!^n  (Befe^e«;  aber 

35  ni(i^t  al«  eine  fol^e,  bie  in  bemfelben  entl^alten  ift,  fonbeni  bie  \ä)  l^ineinlege  unb 
awar  au«  moralift^  l^inrei<!^eubem  ®runbe.  S)enn  ein  ^nbawed  fann  bun!^  fein 
@efet  ber  Vernunft  geboten  fein,  ol^ne  ba^  biefe  auglei(^  bie  (Srreid^barfeit  beffelben, 
wenn  glei^  ungewig,  Derfpre^e  unb  ^iemit  aui^  ba«  f^ürwal^r^alten  ber  einaigen 
IBebingungen  bered^tige,  unter  benen  nnfere  Vernunft  ftd^  biefe  allein  benfen  fann. 

40  S)a«  Sort  Fides  brüdt  biefe«  an^  f(^on  an^i  unb  e«  fann  nur  htbtnUid^  fd^einen, 
wie  biefer  $(u«brudP  unb  biefe  befonbere  3bee  in  bie  moralif<^e  ^^ilofopl^ie  hinein* 


472    ^ritif  ber  Urt^eildfraft.  2.  Sl^eU.  Stüiii  her  teleologifd^en  Urt^etUfraft. 

ben,  aber  eben  \o  mol^I  auc^  bte  Unmöglid^feit  Don  und  nt(!^t  etngefe^en 
»erben  fann.  S)er  Olaube  (f^led^tl&in  fo  genannt)  ijt  ein  SSertrauen  gu  bcr 
errcid^ung  einer  Slbftd^t,  bcren  Seförberung  ^pi^t,  bie  aRoglid^fcit  bcr 
StuSfu^rung  berfelben  aber  für  und  nid^t  ein^ufel^en  ift  (folglid^  au^ 
nid^t  bie  ber  einjlgen  fftr  un8  benlbaren  Sebingungcn).  S)cr^®laubc  alfo,  s 
ber  ftd^  auf  befonbere  ©egenftdnbe,  bie  ni(i^t  ©egenftänbe  bed  mog« 
liefen  SBtffen«  ober  3Weinen5  finb,  beiiel^t  (in  »elc^em  lefetern  gaDc  er, 
oorne^mlid^  im  l^iftorifd^en,  Seid^tgläubigteit  unb  nid^t  ©laube  l^eigen 
mufete),  ift  ganj  moralif^.  @x  ift  ein  freie«  göwa^rl^alten  ni(]^t  beffen, 
moju  bogmatifd^e  Säemeife  für  bie  %oreiif(!Q  beftimmenbe  Urtl^eitöfraft  lo 
anzutreffen  ftnb,  nod^  nogu  mir  un^  üerbunben  l^alteU;  fonbern  beffen,  mad 
tolr  gum  Se^uf  einer  abjid^t  nad^  ®efe^en  ber  Srei^elt  annel^mcn;  aber 
bod^  nid^t  toie  etma  eine  Meinung  ol^ne  l^inreid^enben  ®runb,  fonbern  atö 
in  ber  SSernunft  (obtoo^l  nur  in  anfel^ung  il^reö  ^)ra!tifc^en  ©ebrau^S), 
für  bie  abfid^t  berfelben  l^inreid^enb,  gegrünbet:  benn  ol^nc  t^n  u 
^at  bie  moralifc^e  S)enfungdart  bei  bem  9$erftog  gegen  bie  Slufforbe^ 
rung  ber  t^eoretifd&en  SSernunft  gum  SSetoeife  (ber  5K5glid^feit  be«  DbjcctS 
ber  SKoralität)  feine  fefte  SBebarrlid^Ieit,  fonbern  fc^wanlt  gmifd^en  praftt= 
f^en  ®eboten  unb  tl^eoretifc^en  3»cif«ln-  K  ngldubif (^  fein,  l^eifet  ber 
9Ka;rime  nad^l^ängen,  S^ugntffen  fiberl^aupt  nid^t  gu  glauben;  unglau«  ^o 
big  aber  ift  ber,  meld^er  jenen  SSernunftibeen,  koeil  ed  il^nen  an  tl^eore^ 
ttf  d^er  aSegrünbung  ibrer  3fiealität  fcl^lt,  barum  atte  ®ültigfeit  abfprid^t. 
@r  urt^eilt  alfo  bogmatifd&.  ©in  bogmatifd^er  Unglaube  fann  aber  mit 
einer  in  ber  3)enfung$art  l^errfd^enben  fittlic^en  SRajrime  nid^t  gufammen 
bcftel^en  (benn  einem  3tt)edte,  ber  für  nichts  al«  ^irngefpinft  erfannt  »Irb,  as 
nad^gugeben,  fann  bie  SSernunft  nid^t  gebieten);  lool^l  aber  ein  QtDti\tU 
glaube,  bem  bcr  TOongel  ber  Ubergeugung  bur(^  ®rflnbe  ber  fpecula* 
tiöen  aSemunft  nur  ^inbernife  ijl,  »elddem  eine  fritifd^e  ginpd^t  in  bie 
©d^ranfen  ber  lefetern  ben  ©inpufe  auf  ba«  SSerbalten  benehmen  unb 


fomme,  ba  fie  aUererit  mit  bem  (S^rtfient^um  eingefül^rt  luorben,  unb  bie  ^[nnal^me 
berfelben  )}ienei^t  nur  eine  f^mei^lerif(!^e  SRa^al^mung  fetner  ^pxa^t  5U  fein  f^etnen 
bittfte.  8Iber  ba&  i{l  nt(^t  ber  etnaige  %aU,  ba  blefe  »unberfame  SRellgion  in  ber 
grüßten  (Einfalt  i^red  $$ortraged  bie  ^l^ilofop^ie  mit  meit  befHmmteren  unb  reineren 
^Begriffen  ber  ©ittlid&feit  bereid^ert  bot,  aW  biefe  bi«  boljin  ^otte  liefern  fönnen, 
bie  aber,  roenn  fie  einmal  ba  finb,  t)on  berlBernunft  frei  gebiDligt  unb  old  foli^e 
angenommen  merben,  auf  bie  fie  mo^I  Don  felbft  b^tte  lommen  unb  fie  einfül^ren 
!dnnen  unb  follen. 


%nf^anq.    Tlü^ohenltf^xt  bet  teteologifd^en  Urtl^eildfraft.  473 

tl^m  ein  uberteiegenbeS  ))raftif(i^ed  f^firtoal^rl^alten  gum  @rfQ^  l^infteQen 
lann. 


SBcnn  man  an  bic  ©teile  ßetolffer  Derfel^Uen  SSerfud^c  in  ber  $^ilo= 
\t>p^k  ein  anbered  $Tincip  oufffil^ren  unb  il^m  @influg  Derf^affen  wiü, 

5  fo  gereicht  e8  ju  großer  äefricbigung,  einäufe^en,  »ic  jene  nnb  »arum 
jte  fel^l  fd^Iagen  mußten. 

®ott,  grei^ett  unb  Seelenunftetblid^Ieit  jinb  bicicnigen  auf* 
gaben,  gu  beren  Sluflöfung  aUe  3uru{tungen  ber  SRetapl^^ftl,  als  il^reut 
legten  unb  atteinigen  Swcdte,  abgiclen.  3flun  glaubte  man,  bafe  bie  Seigre 

10  Don  ber  ^rei^ett  nur  atö  negative  93ebingung  für  bie  praltifc^e  ^l^ilo^ 
fopl^ie  nötl^ig  fei,  bie  Seigre  Don  ®ott  unb  ber  ©eelenbefd^affenl^eit  l(in« 
gegen,  jur  t^eoretifd^en  gel^örlg,  für  jicft  unb  abgefonbert  bargetl^an  »er* 
ben  muffe,  um  beibe  nac^^er  mit  bem,  toai  baS  moralifd^e  ©efe^  (ba^ 
nur  unter  ber  fflebingung  ber  greil^eit  mögUdö  Ift)  gebietet,  gu  Dcrfnü^)fen 

15  unb  fo  eine  ^Religion  gu  Staube  gu  bringen.  SRan  lann  aber  balb  ein= 
fe^en,  bag  biefe  Sßerfud^e  fel^l  fd^lagen  mugten.  S)enn  au«  bloßen  onto* 
logifdöen  Segriffen  Don  ©ingen  überl^aupt,  ober  ber  ßjcifteng  eine«  not^* 
toenblgen  SBefen«  Idfet  fi(^  fd^lcc^terbing«  fein  burd&  $räbicate,  bie  ftd^  in 
ber  (grfal^rung  geben  laffen  unb  alfo  gum  ßrfenntniffe  bienen  fbnnten, 

20  beftimmter  Segriff  Don  einem  Urtoefen  mad&en;  ber  aber,  »eldö^t  auf  (gr* 
fal^rung  Don  ber  pl^^ftfd&en  Swerfmd^igfelt  ber  5ftatur  gegrünbet  »urbe, 
fonnte  toieberum  feinen  für  bie  SRoral,  mithin  gur  Srfenntnig  eine«  ®otte« 
l^inreid^enben  Setoei«  abgeben.  @ben  fo  menig  fonnte  aud^  bie  Seelen* 
fenntnife  burd&  (Srfal&rung  (bie  toir  nur  in  biefem  geben  aufteilen)  einen 

25  Segriff  Don  ber  geiftigen,  unfterblid^en  ^llatur  berfelben,  mitl^in  für  bie 
3Roral  gureid^enb  oerfd^affen.  Sl^eologie  unb  $neumatologie,  al« 
aufgaben  gum  fflel^uf  ber  SBiffenfc^aften  einer  fi)eculatiöen  Sernunft,  »eil 
beren  Segriff  für  alle  unfere  ©rfenntnifeDermbgen  überft^menglid^  ift, 
fönnen  burd^  feine  empirifc^e  3)ata  unb  ^ribicate  gu  Staube  fommen.  — 

30  3)ie  Seftimmung  belber  Segriffe,  ®otte«  fotool^l  ate  ber  Seele  (in  an* 
fel^ung  ll^rer  Unfterblld&feit),  fann  nur  burc^  ^rdbicate  gefd&el^en,  bie,  ob 
pe  gleich  fclbft  nur  au8  einem  überpunlid^en  ®runbe  mbglid^  pnb,  bennoc^ 
in  ber  ßrfal^rung  ll^re  SRealitdt  bewcifen  muffen:  benn  fo  allein  fönnen 
fte  Don  gang  überpunlid^en  SBefen  ein  (grfenntnife  möglich  mad^en.  — 

35  2)ergleic^en  ift  nun  ber  eingige  in  ber  menfd^lid^en  Sernunft  angutreffenbe 


474    itritil  ber  ttrt^eiUfraft.  2. 2:^1  Sb^ixi  bet  teleologifd^en  Urt^dtöfraft. 

Segriff  ber  ^rreil^eit  beS  SRenfd^en  unter  moralifc^en  ©efe^en  iufammt 
bem  @nbgkDede,  ben  {ene  burd^  biefe  Dorfd^reibt,  tt)ot)on  bte  erftertt  betn 
Url^eber  ber  3latur,  ber  jwette  bem  3Menfc^en  bleienigen  etflenfd^aften  bei= 
gulegen  taugli(!§  jtnb,  toel^e  }u  ber  SRöglid^Ieit  beiber  bie  notl^tDenbige 
Sebtngung  enthalten:  fo  bag  eben  aus  biefer  3bee  auf  bie  @jri{ien}  unb  & 
ble  SefdbÄffenl^cit  jener  fonjl  ßänjlid^  für  unS  verborgenen  SBefen  ge« 
fd^Ioffen  »erben  lann. 

aifo  liegt  ber  ®runb  ber  auf  bem  blofe  tl^eoretifiJ^en  SBege  üerfel^Iten 
abfid^t,  ®ott  unb  Unflerblid^Ieit  gu  beioeifen,  barin:  bag  Don  bem  Über« 
finnlid^en  auf  biefem  SBege  (ber  5Raturbegriffe)  gar  fein  ISrfenntnig  mog^  w 
lidb  ift*  2)ag  es  bagegen  auf  bem  moraIif(^en  (beS  ^reil^eitsbegriffs)  ge« 
lingt,  l^at  biefen  ®runb:  bag  l^ier  baS  Überftnnlid^ei  melc^eS  babei  jum 
®runbe  liegt  (bie  ^i^^i^^iOf  burd^  ein  beftimmteS  ®efe^  ber  (Saufalit&t, 
tpeld^eS  au8  il^m  entfpringt,  nic^t  allein  Stoff  jum  ISrfenntnig  bed  anbern 
Überftnnlid^en  (bed  moralifd^en  SnbgtoedtS  uub  ber  Sebingungen  feiner  » 
auSfül^rbarleit)  oerfd^afft,  fonbern  aud^  als  2;]^atfad^e  feine  Siealität  in 
^anblungen  bartl^ut,  aber  eben  barum  aud^  feinen  anbern,  als  nur  in 
praftifd^er  Slbftd^t  (meiere  auc^  bie  einzige  ift,  beren  bie  Sieligion  bebarf) 
gültigen  SemeiSgrunb  abgeben  fann. 

(gS  bleibt  l^iebei  immer  fel^r  merhoürbig:  bafe  unter  ben  brei  reinen  » 
aSernunftibeen,  ®ott,  ?f reil^eit  unb  Unflerblid^feit,  bie  ber  grcil^cit 
ber  einjige  SSegriff  beS  Überfinnlii^en  ift,  wetd^er  feine  obiectiDe  Siealität 
(oermittelft  ber  Saufalität,  bie  in  il^m  gebadet  toirb)  an  ber  9latur  burc^ 
i^re  in  berfelben  mögliche  äSirfung  bemeifet  unb  eben  baburd^  bie  Ser- 
fnüpfung  ber  beiben  anbern  mit  ber  SHatur,  aUer  brei  aber  unter  einan»  25 
ber  gu  einer  Sfleligion  mbglid^  mad^t;  unb  ba^  mir  alfo  in  unS  ein  $nn« 
dp  l^aben,  koelc^eS  bie  ^bee  beS'Überfinnlid^en  in  unS,  baburd^  aberaud^ 
bie  beffelben  auger  uns  ju  einer,  obgleid^  nur  in  :t)raftifd^er  Hbftd^t  mog* 
lid^en,  @rfenntnig  gu  befiimmen  üermogenb  ift,  kooran  bie  blog  fpeculatiDe 
^l^ilofopl^ie  (bie  auc^  oon  ber  fjreil^eit  einen  blofe  negativen  Segriff  geben  » 
fonnte)  oerjmeifeln  mufete:  mitl^in  ber  greil^eitsbegriff  (als  ©runbbegriff 
aller  unbebingt^praf tifd^en  ®efe^e)  bie  Vernunft  über  bleienigen  ®r&ngen 
erweitern  fann,  innerljalb  beren  jeber  SRaturbegriff  (tl^eoretifd^er)  ol^ne 
Hoffnung  eingefd^r&nft  bleiben  mügte. 


Sdil^ang.    SRet^obente^re  ber  teleologifd^en  Urtlfteildhaft.  475 

Singemeine  Slnmerfung  gut  5teIeoIogte. 

SSenn  bie  ^roge  tft:  loeld^en  Sflang  bad  moralifd^e  Argument,  teel« 
d^eiS  bad  S)afe{n  ®otted  nur  als  ©laubendfac^e  für  bie  praftifc^e  reine 
äSernunft  bemeifet,  unter  ben  äbrigen  in  ber  ^l^ilofopl^ie  behaupte:  fo 

5  lägt  ftc^  ber  gange  Sefi^  biefer  le^teren  leicht  überfd^Iagen,  mo  eS  ftd^  bann 
auSmeifet,  bag  l^ier  nt^t  ju  mahlen  fei,  fonbern  il^r  t^eoretifd^eS  SSermo« 
gen  Dor  einer  ttn^)orteiifd()en  Äritif  aUe  feine  Slnfprüd^e  öon  felbft  aufge* 
ben  mftffe. 

8luf  2;]^atfa(^emug  fte  aUed  ^firiDal^rl^alten  juDorberft  grünben,  menn 

10  e«  nid&t  tJöUig  grunbloS  fein  fott;  unb  eS  fann  alfo  nur  ber  einjige  Unter== 
f(]^ieb  im  93en)eifen  Statt  finben,  ob  auf  biefe  STl^atfai^e  ein  f^ürmal^rl^a^ 
ten  ber  barau^  gejogenen  ^Jolgerung  al«  SBiffen  für  ba«  tljeoretifd^e, 
ober  blog  atö  ©lauben  für  bad  praltifd^e  Srfenntnig  I5nne  gegrünbet 
»erben.  Slllc S^atfad^en  gel^ören  entweber  jum  Sdaturbegriff ,  ber  feine 

15  ätealitat  an  \>m  oor  aUen  9laturbegriffen  gegebenen  (ober  ju  geben  mög« 
liefen)  ®egenftänben  ber  Sinne  beweifet;  ober  gum  greil^eitsbegriff e, 
ber  feine  SRealitdt  burdö  bie  ßaufalitat  ber  SSernunft  in  Slnfel^ung  gcmifler 
burc^  fie  möglichen  SSirlungen  in  ber  Sinnenmelt,  bie  fie  im  moralifd^en 
®efe^e  unmiberlegli^  poftulirt,  l(inrei(^enb  bart^ut.   S)er  Slaturbegriff 

20  (blofe  jur  tl^eoretifc^en  (grfenntnife  gel^örige)  ifi  nun  entweber  metapt)^» 
fifd^  unb  obUig  a  priori;  ober  ))l^9ftfd^,  b.  i.  a  posteriori  unb  notl^menbig 
nur  burd^  beftimmte  Srfal^rung  bentbar.  S)er  metapl^Qfif^e  9laturbegriff 
(ber  !eine  beftimmte  (ärfol^rung  öorauSfefet)  ifi  alfo  ontologifc^. 

^er  ontologifd^e  SetDeid  oom  ^afein  ®otted  auS  bem  Segriffe 

25  eineiS  Urmefend  ift  nun  entmeber  ber,  toeld^er  auS  ontologifc^en  $räbica^ 
ten,  moburd^  es  allein  burc^gdngig  benimmt  gebadet  »erben  lann,  auf 
ha&  abfolut^notl^menbige  S)afein,  ober  aud  ber  abfoluten  9lotl^menbigfeit 
beS  S)afeinS  irgenb  eined  S)ingeS,  meld^eS  ed  auc^  fei,  auf  bie  ^rdbicate 
bed  Urmefend  f fliegt:  benn  gum  93egriffe  eined  Urkoefen«  gel|5rt,  bamit 

30  es  nid^t  abgeleitet  fei,  bie  unbebingte  9tot^menbigfeit  feined  S)afeinS  unb 
(um  biefe  fid^  oorguftellen)  bie  burd^g&ngige  Seftimmung  burc^  ben  93e« 
griff  befjelben.  Seibe  (ärforberniffe  glaubte  man  nun  im  fflegriffe  ber  on» 
tologifc^en  3bee  eine«  allerrealften  SBefenä  gu  pnben:  unb  fo  ent* 
fprangen  gtoei  meta:p]^9fifd^e  93emeife. 

35  35er  einen  blog  metai)^t(flfc^en  9laturbegri|f  gum  ®runbe  legenbe 
(eigentUd^'Ontologif^  genannte)  ^mtis  fd^lo|  auS  bem  Segriffe  beS  aQer« 


476    ^tttf  ber  Urtlfteildfraft.  2.  2;]^eil.  SMiii  bec  teleologifd^en  Urt^eUiSfraft. 

tcalficn  SBefcnö  auf  feine  fd^Iet^tl^in  notl^toenbtge  ©jcijienj;  bcnn  (Reifet 
es;)  totmi  es  nid^t  e;tiftirle,  jo  mürbe  il^m  eine  Siealität,  namlid^  bie  (Sfi- 
[tenj,  manflcln-  —  ©er  anbere  (ben  man  aud^  ben  metapl^^ftfd^'fogmo« 
logifd^en  Seu)eiS  nennt)  f(^Io|  an^  ber  ^tot^toenbigleit  ber  ßjciftenj  ir« 
genb  eines  S)ingeiS  (bergleid^en,  ba  mir  im  @elbftbemugtfein  ein  S)afetn  & 
gegeben  tft,  burd^auS  eingeräumt  toerben  mug)  auf  bie  burc^gängige  Se^ 
ftimmung  beffelben  als  allerrealften  SBefend:  »eil  alled  @;rifttrenbe  burc^^ 
gängig  beftimmt,  bas  fd^led^terbingS  SRotl^menbige  aber  (nämlid^  toaS  mir 
als  ein  fold^eS,  mitl^in  a  priori  erlennen  foQen)  burc^  feinen  Segri ff 
burdögfingig  beftimmt  fein  muffe;  meldöeS  fi(^  aber  nur  im  Segriffe  eine«  lo 
allerrealften  S)ingeS  antreffen  laffe.  @S  ift  ^ier  nid^t  nötl^ig,  bie  Sopl^i^ 
fterei  in  beiben  Sd^läffen  aufgubeden,  meld^eS  fd^on  anbermärts  gefc^el^en 
ift;  fonbern  nur  gu  bemerlen,  bag  folc^e  Semetfe,  menn  fte  fid^  aud^  burc^ 
aQerlet  bialeltifd^e  @ubttUt&t  t)erfed()ten  liegen,  bod^  niemals  über  bie 
@d^ule  l^inauS  in  baS  gemeine  Sßefen  l^inüberlommen  unb  auf  ben  bloßen  15 
gefunben  äSerftanb  ben  minbefien  @inpug  ^aben  fönnten. 

©er  JBemeiS,  melc^cr  einen  5Raturbegrlff,  ber  nur  em^)irif(%  fein  fann, 
bennoc^  aber  über  bie  ©rängen  ber9latur  als  Inbegriffs  ber  ©egenftänbe 
ber  Sinne  l^inauSfü^ren  foU,  jum  ©runbe  legt,  lann  fein  anberer,  als 
ber  Don  ben  gmeden  ber  Statur  fein:  beren  S3egriff  ftd^  gmar  nic^t  a  priori,  20 
fonbern  nur  burd^  bie  Srfal^rung  geben  lägt,  aber  bod^  einen  fold^en  93e^ 
griff  oon  bem  Urgrunbe  ber  9latur  oerl^eigt,  meld^er  unter  allen,  bie  mir 
beuten  tonnen,  allein  ftd^  g^m  Überftnnlid^en  fc^idt,  nämlid^  ben  oon  einem 
]^5d^ften  äSerftanbe  als  äSelturfad^e;  melc^eS  er  auc^  in  ber  Sl^at  nac^ 
^rinci^jien  ber  reflectirenben  Urt^eilSfraft,  b.  i.  nad^  ber  SBefc^affen^eit  25 
unfereS  (menfc^lic^en)  ©rfenntnifetjermögenS,  t)ollIommen  auSrid&tet.  — 
Db  er  nun  aber  auS  benfelben  ©atis  biefen  ^Begriff  eines  oberften,  b.  i. 
unabl^ängigen,  oerftänbigen  SSefenS  auc^  als  eines  ©otteS,  b.  i.  Url^eberS 
einer  SBelt  unter  moralifd^en  ©efe^en,  mithin  ^inreid^enb  beftimmt  für 
bie  3bee  oon  einem  gnbgmedfe  beS  S)afeinS  ber  SBelt  ju  liefern  im  ©tanbe  30 
fei,  baS  ift  eine  Srage,  morauf  aUeS  anfommt;  mir  mögen  nun  einen  tl&eo» 
retifd^  l^inlänglid^en  S3egriff  oon  bem  Urmefen  gum  Sel^uf  ber  gefammten 
Slaturfenntnife,  ober  einen  prattifc^en  für  bie  Sieligion  oerlangen. 

35iefeS  aus  ber  p^^pfiften  Seleologie  genommene  Argument  ift  ocr* 
e^rungSmertl^.  (5S  tl^ut  gleiche  2Birfung  gur  Übergeugung  auf  ben  gemei*  35 
ncn  aSerftanb,  als  auf  ben  fubtilften  2)enfer;  unb  ein  3leimaruS  in  fei= 
nem  nod^  nic^t  übertroffenen  SBerfe,  morin  er  biefen  S3emeiSgrunb  mit  ber 


Unlftanfl.    Tltt^obmle^xt  ber  teteoloöifd^en  Urt^citSfraft.  477 

il^m  eigenen  ©rfinbltc^feft  unb  j^larl^eit  tDettl&uftig  auSfül^rt,  l^at  fid^  ba^ 
burd^  ein  unperblic^c«  SSerbienft  cmorben.  —  Slfleln  »oburd^  gewinnt 
biefer  Sewei«  fo  gctoaltigen  (äinflufe  auf  ba«  ®cmüt^,  Domcl^mlidö  in  ber 
Seurt^ctlung  burd^  falte  SBernunft  (bcnn  bie  aiül^rung  unb  ßr^cbung 
6  beffelben  burd^  bieSBunber  ber9laturf5nnte  man  jurüberrebung  red&ncn), 
auf  eine  rul^ige,  ftc^  ganjUc^  ba^in  gebenbe  Seiftimmung?  @S  ftnb  nid^t 
bie  i)]^t)Pfd^en  Swedte,  bie  aüe  auf  einen  unergrünbUc^en  SBerftanb  in  ber 
SSelturfad^e  l^inbeuten;  benn  biefe  finb  baju  unjureid^enb,  loeil  fte  ba§ 
SBebfirfnife  ber  fragenben  SSernunft  nid^t  befriebigen.  JDenn  wogu  flnb 

10  (fragt  biefe)  atte  Jene  fflnflUd&e  SRaturblnge;  »oju  ber  SRenfd^  felbft,  bei 
bem  mir  ate  bem  legten  für  un§  benfbaren  ^mtdt  ber  Slatur  (teilen  blei* 
ben  muffen;  tDOju  i^  biefe  gefammte  Slatur  ba,  unb  »aS  ift  ber  @nbgn)edt 
fo  großer  unb  mannigfaltiger  Äunft?  3uw  ©enlefeen,  ober  gum  «n^ 
fd^auen,  93etrac^ten  unb  Semunbern  (toeld^e^,  menn  ^  babet  bleibt,  aud^ 

15  nid^tg  teeiter  atö  ©enug  t)on  befonberer  Sri  ift),  atö  bem  legten  @nbgn)edF, 
»arum  bie  SBelt  unb  ber  3Renfd&  fclbfl  ba  ijt,  gcfd^affen  ju  fein,  fann  bie 
SSernunft  nic^t  befriebigen:  benn  biefe  fe^t  einen  perfönlic^en  SSert^,  ben 
ber  SRenfc^  ftd^  allein  geben  fann,  ald  93ebingung,  unter  koelc^er  aQetn  er 
unb  fein  SJafein  ©nbjttedf  fein  fann,  öorau«.  3«  ©rmangelung  beffelben 

20  (ber  allein  eine«  bcftimmten  ^Begriffs  fd^ig  ift)  t^un  bie  Qmdt  ber  SRa* 
tur  feiner  9la(^frage  nid^t  ©enfige,  ))orne^mli(!§  »eil  fte  feinen  bejttmm» 
ten  93egriff  Don  bem  l^od^ften  äSefen  atö  einem  aUgenugfamen  (unb  eben 
barum  einigen,  eigentlich  fo  gu  nennenben  1^5 elften)  Sßefen  unb  ben  ®e» 
fe^cn,  nac^  benen  fein  Serftanb  Urfat^e  ber  SBelt  ift,  an  bie  ,&anb  geben 

25  f5nnen. 

S)ag  alfo  ber  pl^^fifc^^teleologifdbe  SemeiS,  gleich  ald  ob  er  gugleid^ 
ein  t]^eologlfd)er  wdre,  ftberjeugt,  rü^rt  nicftt  Don  ber  Senüfeung  ber  3been 
öonSweden  ber  3latur  als  fo  oiel  empirifd^en  SBetoeiögrünben  eines  ^od^« 
ftenSSerftanbeS  ^er;  fonbern  eS  mifd^t  fl(^  uuDermerft  ber  {ebem  ÜRen» 

30  fdden  betmol^nenbe  unb  t^n  fo  innigft  bewegenbe  moralift^e  Sewelsgrunb 
in  ben  @d^lug  mit  ein,  nac^  melc^em  man  bem  Sßefen,  koeld^eS  ftd^  fo  un« 
begreifUdö  fünftlid&  in  ben  3»C(fen  ber  Sdatur  offenbart,  auc^  einen  ®nb*» 
j»ed[,  mithin  SBeiS^eit  (objwar  ol^nc  baju  burd&  bie  SBal^me^mung  ber 
erfleren  bered^tigt  gu  fein)  beilegt  unb  alfo  jene«  Argument  in  «nfel^ung 

35  beö  aRangel^aften,  meld^eö  i^m  noc^  anl^dngt,  toiUfürlid^  ergdngt.  Sn  ber 
a^at  bringt  alfo  nur  ber  moralifc^e  SBetoeiSgrunb  bie  Übergeugung  unb 
au(%  biefe  nur  in  moralifd^er  3lftdfj{c^t,  mogu  jebermann  feine  SBelftim« 


478    ^ttif  bet  Urtl^eildfroft.  2.  %^ül  ^ttf  her  teleologifd^en  ttti^Udfraft. 

mung  innigfl  ffi^It,  l^erDor;  ber  )>]^9ftf(J^teIeoIogtf(i^e  aber  l^at  nur  baS 
SSerbienjt,  bai^  ©emütl^  in  ber  ffieltbetra^tung  auf  ben  9Seg  ber  Soede, 
baburc^  aber  auf  einen  Derfiänbigen  äBeltur^eber  gu  leiten:  ba  benn 
ble  morali|(%e  Sejiel^ung  auf  S»ecle  unb  bie  S^ee  eines  eben  folc^en  ®e= 
fe^geberd  unb  äSelturl^eberiS,  atö  tl^eologifdier  Segriff,  ob  er  gmar  reine  s 
Sugabe  ift,  fOf  bennod^  ava  {enem  Setoeidgrunbe  Don  felbft  ju  entoitfeln 
fi^eittt. 

^iebei  fann  man  t&  in  bem  getoö^nlid^en  SSortrage  fernerl^in  aud^ 
bekoenben  laffen.  S)enn  bem  gemeinen  unb  gefunben  Serftanbe  mirb  eS 
gemeiniglich  fd^mer,  bie  üerfc^iebenen  $rincipien,  bie  er  oermifd^t,  unb  lo 
aus  beren  einem  er  koirflid^  allein  unb  rid^tig  folgert,  toenn  bie  Slbfonbe^ 
rung  oiel  9ta(^benlen  bebarf,  ald  ungleid^artig  wn  einanber  gu  fd^eiben. 
S)er  moralif^e  SdetoeiSgrunb  Dom  S)afein  ®otteS  ergängt  aber  eigene 
lid^  aud^  nic^t  ettoa  blog  ben  pl^^jtfd^^teleologifd^en  gu  einem  oollfiänbigen 
Setoeife;  fonbern  er  ift  ein  befonberer  SemeiS,  ber  ben  SRangel  ber  Über-  » 
geugung  anS  bem  legieren  erf ej^t:  inbem  biefer  in  ber  3:|at  nid(|tö  leijien 
tann,  als  bie  SSernunft  in  ber  SBeurt^eilung  bed  ®runbed  ber  Statur  unb 
ber  gufdlligen,  aber  betounberungdmftrbigen  Drbnung  berfelben,  loeld^e  und 
nur  burd^  (Srfabrung  belannt  mirb,  auf  bie  (Saufalitdt  einer  Urfad^e,  bie 
nad^  Swedten  itn  ®runb  berfelben  enthält,  (bie  toir  nad&  ber  Sefd^affen^  so 
l^eit  unferer  (grfenntnifeoermögen  al«  »erftdnbige  Urfa^e  beuten  muffen) 
gu  lenfen  unb  aufmerffam,  fo  aber  be«  moralifd&en  SetoeifeS  empfdng» 
lid^er  gu  mad^en.  S)enn  bad,  mad  gu  bem  le^tern  S3egriffe  erforberlid^  \% 
ift  oon  allem,  mad  9taturbegriffe  entl^alten  unb  leieren  lönnen,  fo  mefent» 
Uä)  unterfd^ieben,  ba^  eS  eined  befonbern,  oon  ben  oorigen  gang  unab«  2s 
l^dngigen  SeweiSgrunbeS  unb  Sctocffe«  bebarf,  um  ben  Segriff  Dom  Ur* 
mefen  ffir  eine  Sl^eologie  l^inreic^enb  angugeben  unb  auf  feine  @;rifteng  gu 
f^iefeen.  —  S)er  moralifd^e  Semei«  (ber  aber  freilid((  nur  ba«  S)afein 
®otted  in  ^raftifd^er,  bod^  auc^  unnad^laglid^er  SlüdEfid^t  ber  Vernunft 
bekoeifet)  m&rbe  ba^er  nod^  immer  in  feiner  ^aft  bleiben,  menn  toir  in  so 
ber  SBelt  gar  feinen,  ober  nur  gweibeutigen  Stoff  gur  pl^^jtfc^en  SCeleologte 
antrdfen.  6«  Idfet  pd^  beulen,  i>a%  pd^  vernünftige  SBefen  öon  einer  fol* 
d^en  9latur,  loeld^e  leine  beutlid^e  &p\xx  oon  Drganifation,  fonbern  nur 
SBirfungen  oon  einem  blogen  3ßed^ani8m  ber  rollen  SRaterie  geigte,  um« 
geben  fd^en,  um  berentmiQen  unb  bei  ber  SBerdnberlic^Ieit  einiger  blog  S5 
guf dllig  gtoedhnd^igen  f^ormen  unb  Serl^dltniffelein  ®runb  gu  fein  fd^iene, 
auf  einen  oerftdnbigen  Url^eber  gu  f^lie^en;  mo  alsbann  aud^  gu  einer 


Sn^ang.    Snetl^obente^re  bec  teleotogif^en  Urtl^ellSfraft.  479 

))^9{{fd^en  Seleologte  leine  93eranlaf[ung  fein  ti)firbe:  unb  bennod^  ti)firbe 
bie  SSernunft,  bie  burd^  Slaturbegrijfe  l^ier  feine  Einleitung  belommt,  im 
t^reil^eitsbegriffe  unb  in  ben  {ic^  barauf  gränbenben  ftttltd^en  3been  einen 
pra!tifc^»]^inreid()enben  ®runb  finben,  ben  Seßtiff  be«  Urocfen«  bicfen 

5  angemeffen,  b.  i.  al8  einer  ©ott^eit,  unb  bie  5ftatur  (felbjl  unfer  eigene« 
S)afein)  al«  einen  jener  unb  il^ren  ®efe^en  gemäßen  ^nbgmed  gu  poftu« 
liren  unb  gttiar  in  St&dfid^t  auf  baS  unnad^laglicl^e  ©ebot  ber  praftifd^en 
Vernunft.  —  35a6  nun  aber  in  ber  »irflic^en  ffielt  für  bie  vernünftigen 
SBefen  in  il^r  rei^Ud^er  @toff  gur  pl^^fifd^en  Steleologie  ift  (meiere«  eben 

10  nid^t  notl^teenbig  »Are),  bient  bem  moralifdb^n  Argument  ju  eroAnf^ter 
Seft&tigung,  fomeit  Statur  ettioad  ben  SSernunftibeen  (ben  moralifd^en) 
analoges  aufjuftetlen  vermag.  2)enn  ber  Segriff  einer  oberjien  Urfad^e, 
bie  SSerftanb  l^at  (me^eS  aber  für  eine  Sll^eologie  lange  nid^t  l^inreid^enb 
ift),  belommt  baburd^  bie  für  bie  reflectirenbe  Urtl^eilStraft  l^inrei^enbe 

15  9%ealit&t;  aber  er  ift  niddt  erforberlid),  um  ben  moralifd^en  Sekoei«  barauf 
gu  grünben:  noc^  bient  biefer,  um  tenen,  ber  für  fid^  aUein  gar  nid^t  auf 
SRoralität  l^inmeifet,  bur(^  fortgefe^ten  @d()Iu^  nad^  einem  eingigen  $rin« 
cip  JU  einem  Seweife  ju  ergdnjen.  Swei  fo  unglei^artigc  ?rinci^)ien, 
als  9latur  unb  ^reil^eit  fönnen  nur  gmei  loerfd^iebene  Semeidarten  abgeben, 

20  ba  benn  ber  Serfud^,  benfelben  au«  ber  er^eren  gu  fül^ren,  für  ba«,  maö 
bemiefen  merben  foS,  unguldnglidd  befunben  mirb. 

SBenn  ber  )>]^9Jtfd^«teIeoIogifd^e  Semei«grunb  gu  bem  gefud^ten  Se^ 
meife  gureic^te,  fo  mdre  e«  für  bie  fpcculatiöe  Sernunft  febr  befriebigenb; 
benn  er  mürbe  Hoffnung  geben,  eine  2:]^eofo:p^ie  l^erDorgubringen  (fo  mürbe 

25  man  n&mlid^  bie  t^eoretif(^e  @rfenntnig  ber  göttlid^en  Statur  unb  feiner 
(gjrtfteng,  meldte  gur  (grfldrung  ber  SBeltbefd^affenl^eit  unb  gugleid^)  ber 
Sejtimmung  ber  pttlic^en  ©efe^e  gurei^te,  nennen  muffen).  @ben  fo  koenn 
^f^d^ologie  gureid^te,  um  baburd^  gur  (Srfenntnig  ber  Unfierblic^feit  ber 
@eele  gu  gelangen,  fo  mürbe  jte  eine  ^neumatologie,  meldte  ber  fpeculati« 

30  Den  aSernunft  eben  fo  miUfommen  märe,  möglich  mad^en.  Selbe  aber,  fo 
lieb  e«  aud^  bem  S)ünTel  ber  SBipegierbe  fein  mag,  erfüllen  nid^t  ben 
Sßunfc^  ber  Sernunft  in  Slbfid^t  auf  bie  2:^eorie,  bie  auf  j^enntnig  ber 
3Ratur  ber  2)inge  gegrünbet  fein  mflfete.  Db  aber  nid^t  bie  erftere  al8 
*£]^eologie,  bie  gmeite  al«  Sntl^ropologie,  betbe  auf  ba«  ftttli(^e,  b.  i.  ba« 

36  fSrreil^eitSprincip  gegrünbet,  mitl^in  bem  praltifd^en  ©ebraud^e  ber  Ser« 
nunft  angemeffen,  il^re  objectiöc  @nbabjid((t  beffer  erfüllen,  ift  eine  anbere 
$rage,  bie  mir  l^ier  nid^t  nbtl^ig  l^aben  iDeiter  gu  verfolgen. 


480    ^tif  ber  Urt^ciWfroft  2. 5J^eil.  Äriti!  bei  tcTeoloötfd&cit  Urtl^elKfröft. 

2)er  :|)]^)){tfd|4eIeoIogtfd^e  SetoeiSgrunb  ret^t  aber  barum  ni(^t 
gur  Sl&cologic  ju,  »dl  er  feinen  ffir  biefe  abft(!^t  l^inreid^enb  bejilmm« 
ten  93egriff  Don  bem  Urtoefen  giebt,  nod^  geben  tann,  fonbern  man 
biefen  gänjUti^  anbermfirtd  l^ernel^men,  ober  feinen  SRangel  baburti^  als 
burd^  einen  miQf ürliti^en  3ufa^  er je^en  mug.  Sb^  f<^Iiegt  anS  ber  großen    5 
ßwecfmäfeigfeit  ber  SRaturformen  unb  il^rer  Serl^dltniffc  auf  eine  üerfiÄn« 
bigeSSelturfad^e;  aber  auf  loeltib^n  ®rab  biefedSSerfianbe^?  Dl^ne3Q)eifel 
fönnt  3[b^  @u^  nid^t  anmagen:  auf  ben  bod^fi^moglid^en  SSerfianb;  benn 
baju  mürbe  erforbert  »erben,  bafe  3^r  einfd^et,  ein  größerer  SBerjlanbi 
als  tooüon  ^v  Se»ei«tl^ümer  in  ber  SBelt  toal^rnel^met,  fei  nicftt  benfbar:  10 
»eld^eö  @u(l^  felber  SlDtDiffen^eit  beilegen  l^iege.  @ben  fo  fd^Iieit  3br  au$ 
ber  ©röfec  ber  SBelt  auf  eine  febr  grofee  SRacbt  bc8  Url^eber«;  aber  ^t 
»erbet  (Su(ib  befd^eiben,  bag  biefeiS  nur  comparatit)  ffir  Sure  ^a^ungdtraft 
93ebeutung  l^at,  unb,  ba  ^^r  nid^t  alleiS  3R5glidbe  ertennt,  um  t&  mit  ber 
SBeltgröfee,  f 0  toeit  3^r  pc  fennt,  ju  öergleidben,  gl^r  nad^  einem  fo  fleinen  u 
SKafeftabe  feine  ailmadbt  be^S  Urbeber«  folgern  fönnet,  u,  f. ».  SRun  ge= 
langt  S'^r  baburd^  gu  feinem  befiimmten,  ffir  eine  2;beologte  tauglidben 
^Begriffe  eine«  UrmefeuiS;  benn  biefer  fann  nur  in  bem  ber  aßb^t  ber  mit 
einem  SSerftanbe  vereinbarten  SSoIltommenl^eiten  gefunben  »erben,  »ogu 
@ud^  blog  empirifd^e  S)ata  gar  nid^t  t)erbelfen  f5nnen:  ol^ne  einen  fol<  20 
d^en  beftimmten  93egriff  aber  fönnt  ^f)x  aud^  nid^t  auf  ein  einige«  Der- 
ftSnbige«  Urmefen  fd^liefeen,  fonbern  (eS  fei  gu  »eld^em  Sel^uf)  ein  fol« 
d^eS  nur  annebmen.  —  9lun  fann  man  e«  g»ar  gang  »ol^l  einr&umen, 
bafe  3bt  (ba  bie  SSernunft  nidbt«  ©egrfinbeteS  ba»iber  gu  fagen  bat)  »iU« 
ffirlid^  b^ngufe^t:  »0  fo  Diel  äSoQfommenbeit  angetroffen  »irb,  möge  25 
man  »ol^l  aDe  SSoDfommenl^eit  in  einer  eingigen  äSelturfa^e  Dereinigt 
annel^men;  »eil  bie  äSernunft  mit  einem  fo  bestimmten  ^rincip  tbeoretifd^ 
unb  praftifd^  beffer  gured&t  fommt.  aber  Sbt  fönnt  benn  bod^  biefen  Se« 
griff  be«  UrmefenS  nid^t  als  Don  @ud^  be»iefen  anpreifen,  ba  3b^  tl^n  nur 
gum  Se^uf  eines  beffern  aSernunftgebraud^S  angenommen  l^abt.  aileS  30 
Sammern  alfo  ober  ol^nm&d^tigeS  ßfirnen  fiber  ben  Dorgeblid^en  fSrreDel, 
bie  Sunbigfeit  @urer  Sd^lugfette  in  3»eifel  gu  giel^en,  ift  eitle  ®rog^ 
tl^uerei,  bie  gern  bctben  möd^te,  bai  man  ben  S^^if^l  »eldb^n  man  gegen 
@uer  Argument  frei  l^erauSfagt,  ffir  99eg»eifelung  bdiiger  äBabrl^dt  bal« 
ten  möd^te,  um  nur  binter  biefer  S)ecfe  bie  Seidbtigfeit  beffelben  burd(|^  » 
fd^lfipfen  gu  laffen. 

S)ie  moralifd^e  Sieleologie  l^ingegen,  »eld^e  nid^t  minber  feft  gegrfin« 


fivä^cmq.    SRetl^obenle^te  ber  teleologtfd^en  Urtl^eiUfraft.  481 

bct  tfl  ti)ic  bic  pl&9Pf<fte,  Didmcl&r  babur(%,  bafe  jte  a  priori  auf  öon  unfcrcr 
SScrnunft  untrennbaren  §ßrincipien  berul&t,  SJorjug  Derbient,  fü^tt  auf 
\>a^,  loaS  sur  SRögUd^teit  einer  Si^eologie  erforbert  nirb,  ndmlid^  auf 
einen  befiimmten  Segriff  ber  oberften  ttrfad^e  ald  äßelturfad^e  nad^  mo« 

5  ralifdjen  ©efe^en,  mitl^in  einer  fold^en,  bie  unferm  moralifdjen  Snbi^mecfe 
©enfige  tl^ut:  mogu  nic^tö  meniger  als  Sllniffen^eit,  SKlmacbt,  SIDgegen« 
mart  u.  f.  m.  ald  baju  gehörige  9latureigenf^aften  erforberlid^  ftnb,  bie 
mit  bem  moralifd^en  6nbgn)e(fe,  ber  unenblic^  ijl,  ald  oerbunben,  mit« 
l^in  i^m  ab&quat  gebaut  merben  mfiffen,  unb  fann  fo  ben  Segriff  eines 

10  einzigen  SSeltur^eberd,  ber  gu  einer  S^eologie  tauglid^  ift,  ganj  aUein 
t)erfdöttffen. 

auf  fol(!^e  Sßeife  fu^rt  eine  Sl^eologie  anäi  unmittelbar  gur  9%e« 
Hgion,  b.  i.  ber  (ärfenntnife  unferer  ^ßfUc^ten  al«  göttlid^er  ®e- 
böte:  meil  bie  Srlenntnig  unferer  $fli(^t  unb  beiS  barin  und  burd^  SSer« 

16  nunft  auferlegten  ©nbjmecfö  ben  Segriff  öon  ®ott  guerft  beftimmt  ^eroor« 
bringen  fonnte,  ber  alfo  fd^on  in  feinem  ttrfprunge  t)on  ber  Serbinblid^:^ 
feit  gegen  biefe«  SBefen  ungertrennlicft  ift;  anftatt  bafe,  »enn  ber  Segriff 
t)om  Urmefen  auf  bem  blog  t^eoretifc^en  Sßege  (ndmli(!^  beffelben  alö 
blofeer  Urfadbe  ber  5ftatur)  aud^  beftimmt  gefunben  ©erben  fönnte,  eö  nad^« 

20  l^er  no4  niit  großer  Sd^mierigleit,  Dielleic^t  gar  ttnmöglid^feit  ed  ol^ne 
miUturlid^e  6in|d^iebung  gu  leiften  üerbunben  fein  »ürbe,  biefem  äSefen 
eine  @aufalität  nadb  moralifd^en  ©efe^en  hnväi  grünblid^e  Semeife  beigu* 
legen,  ol^ne  bie  bod^  jener  angeblid^  tl^eologifd^e  Segriff  feine  ©runblage 
gur  Sfieligion  audmad^en  fann.   @elbfi  menn  eine  9teligion  auf  biefem 

2s  t^eoretifd^en  9Bege  gegrfinbet  merben  tonnte,  mürbe  fte  in  Slnfe^ung  ber 
®e{tnnung  (morin  bod^  i^r  äßefentUd^eiS  befielet)  mirtlic^  t)on  berjenigen 
unterfdjieben  fein,  in  meld^er  ber  Segriff  Don  ®ott  unb  bie  (praftifd^e) 
Übergeugung  Don  feinem  SDafein  aud  ©runbibeen  ber  ©ittlidjfeit  ent« 
fpringt;  3)enn  menn  mir  SlUgemalt,  atlmiffenl^ett  u.  f.  m.  eined  Beltur« 

30  l^eberä  atö  anberm&rtiS  l^er  uniS  gegebene  Segriffe  Doraudfe^en  müßten, 
um  nad^^er  unfere  Segriffe  Don  $flid^ten  auf  unfer  Ser^dltntg  gu  il^m 
nur  angumenben,  fo  müßten  biefe  fe^r  ftarf  ben  Slnftrid^  Don  Stt)ang  unb 
abgenötl^igter  Unterwerfung  bei  ftd^  fAl^ren;  ftatt  beffen,  menn  bie  ^o6i^ 
ad^tung  für  bad  ftttlid^e®efe^  und  gang  frei  lautSorfd^rift  unferer  eigenen 

35  Sernunft  ben  ISnbgmecf  unferer  Seftimmung  DorfteDt,  mir  eine  bamit 
unb  gu  beffen  Sudfül^rung  gufammenftimmenbe  Urfad^e  mit  ber  maJ^r« 
l^aftePen  (S^rfurd^t,  bie  gdnglid^  Don  pat^ologifd^er  giirdbt  unterfd^ieben 


482    Sttm  ber  llrtl^etliSf raft.  2.  St^eil.  ledtif  ber  teteologifd^en  Urt^eildfraft. 

ift,  in  unfere  moralifd^en  audft<]^ten  mit  oufnel^men  unb  und  berfelben 
ttiHig  untcmcrfcn*). 

3Senn  man  fragt,  tDarutn  und  benn  etttod  baran  gelegen  fei,  über« 
l^Qupt  eine  Sl^eologie  ^w  l^aben:  fo  leudbtet  flor  ein,  bog  fte  nid^t  jur  St» 
Weiterung  ober  S9eri(fttigunfl  unferer  Sttaturlenntnift  unb  über^au^)t  irgenb 
einer  Sl^eorie,  fonbern  lebiglid^  jur  3fleUgion,  b.  i.  bem  praftifi^en,  na^ 
mentlid)  bem  moralifc^en  ©ebraud^e  ber  SSernunft,  in  fubjiectiDer  9bft(!^t 
nöt^ig  fei.  f^-inbet  fid)  nun,  bog  ia&  eingige  SIrgument,  melc^ed  gu  einem 
beftimmten  ^Begriffe  bed  ®egen[tanbeö  ber  St^eologie  fü^rt,  felbft  mora* 
lifd^  ift:  fo  n)irb  ed  nid^t  oDein  nidjt  befremben,  fonbern  man  »irb  aud) 
in  ainfe^ung  ber  Sul&ngli(^feit  bed  f^ürtoal^rl^altend  aud  biefem  Semeid« 
grunbe  gur  @nbabft(^t  beffelben  ni(!^td  oermiffen,  menn  geftanben  mirb, 
bog  ein  fol(!^ed  Argument  bad  S>Qfein  ®otted  nur  für  unfere  moraIifd)6 
Seftimmung,  b.  i.  in  praftifti^er  abftd^t,  ftinreic^cnb  bart^ue,  unb  bie 
@peculQtion  in  bemfelben  i^re  @tdr(e  feinedmeged  bemeife,  ober  ben  Um« 
fang  i^red  ©ebietd  baburc^  ermeitere.  Slud)  mirb  bie  ä3efrembung,  ober 
ber  Dorgebli(fte  SBiberfpruc^  einer  l&ier  bel^aupteten  ÜRoglid^Ieit  einer  Sl^eo« 
logie  mit  bem,  mad  bie  jfritil  ber  fpeculatioen  SSemunft  Don  ben  j^ate» 
gorieen  fagte:  bog  biefe  nämlidb  nur  in  Sumenbung  auf  ©egenftänbe  ber 
Sinne,  feinedmeged  aber  auf  bad  Überfinnli(!^e  angemanbt,  @rlenntni§ 
l^eroorbringen  fönnen)  Derfd^minben,  menn  man  fte  ^ier  gu  einem  @r!ennt« 
nig  ©otted,  aber  nid^t  in  tl^eoretifc^er  (nac^  bem,  mad  feine  und  unerforfc^« 
lic^e  9latur  an  fid^  fei),  fonbern  lebiglld^  in  praftifc^er  abpd&t  gebraucht 
Pe^t.  —  Um  bei  biefer  ©elegenl^eit  ber  SRife beutung  Jener  fel^r  notl^men== 
bigen,  aber  aud)  gum  SSerbrufe  bed  blinben  S)ogmatiferd  bie  Vernunft  in 
i^re  ©ringen  gurficfmeifenben  Seigre  ber  Aritit  ein  @nbe  gu  mad^en,  fäge 
id^  l^ier  nad^ftel^enbe  (Srlduterung  berfelben  bei. 

SBenn  ic^  einem  Äorper  bemegenbe  Äraft  beilege,  mitl^in  i^n 


*)  2)ie  Sewunberung  ber  @4Anl^eit  fott>o(I,  ald  bie  9{ü^rung  bur4  bie  fo 
manntdfatttgen  ßn^ede  ber  Statur,  welche  ein  nad^benfenbed  ©emfitl^  no4  t)or  einer 
Itaren  Sorfieüung  eined  k>ernanfti()en  Ur^eberd  ber  SBelt  ju  ffi^Ien  im  Staube  ifl, 
(oben  etioad  einem  religiöfen  @effil^(  ^^nlid^ed  an  ft^.  @ie  f feinen  ba^er  auerfl 
bur4  eine  ber  morolifd^en  analoge  S3eurt^eilungdart  berfelben  auf  ha^  moraUfc^e 
(Kefül^l  (ber  2)Qn!barfeit  unb  ber  ^ere^rung  gegen  bie  und  unbefannte  Urfa^e) 
unb  alfo  burc^  Erregung  moralifd^er  Sbeen  auf  bad  (Bemütl^  ju  toirfen,  menn  fie 
biefenige  SBemunberung  einflflSen,  bie  mit  weit  me^rerem  Sntereffe  oerbunben  tfl, 
ald  bloge  t^eoretifc^e  Setra^tung  roirfen  fann. 


flnl^ong.    fD^et^obenlel^re  ber  te(eoIogif(^en  Utt^etldfrafi  483 

burd^  bie  j^ategorie  ber  @QufQlit&t  benle:  fo  ertenne  id^  i^n  baburd^ 
gugletd^,  b.  i.  id^  beftimme  ben  93egriff  beffelben  ali  ObjectS  äber{|Qupt 
burd^  baS,  »qS  il^m  als  @egen[tanbe  ber  @inne  für  ftd^  (als  33ebingung 
ber  3)}öglic^feit  jener  9teIation)  gufommt.  S>enn  ift  bie  bewegenbe  ^raff, 

5  bie  iii  il^m  betlege,  etneabftogenbe:  fo  fommt  i^m  (menn  id^  glei(!^  noc^ 
nid^t  einen  onbern,  gegen  ben  er  fte  ausübt,  neben  i^m  fe^e)  ein  Drt  im 
Sfiaume,  ferner  eine  Sudbel^nung,  b.  i.  SHaum  in  il^m  felbft,  überbem  @r« 
fflUung  befjelben  burc^  bie  abftofeenben  Ärdfte  feiner  Steile  ju,  enblid^ 
QU(^  bad  ©efe^  biefer  Erfüllung  (ba^  ber  ®runb  ber  Slbftogung  ber  le^te« 

10  ren  in  berfelben  Proportion  abnel)men  muffe,  atö  bie  Siudbel^nung  bed 
J^örperS  mdd^ft,  unb  ber  9iaum,  ben  er  mit  benfelben  Steilen  burdb  biefe 
Äraft  erfüllt,  gunimmt).— ^Dagegen  menn  id)  mir  ein  überftnnli(fte«  SBefen 
al«  ben  erften  Semeger,  mitl^in  burcft  bie  Äategorie  ber  ©aufalitfit  in 
Änfel^ung  berfelben  SBeltbeftimmung  (ber  ©emegung  berTOaterie)  benfe: 

15  fo  mug  id)  es  nic^t  in  irgenb  einem  Orte  im  9iaume,  eben  fo  menig  als 
auSgebel^nt,  Ja  ic^  barf  eS  nid)t  einmal  als  in  ber  3eit  unb  mit  anbern 
3Ugleid^  e;riftirenb  benfen.  Sllfo  ^abe  id^  gar  feine  93efttmmungen,  meldte 
mir  bie  Sebingung  ber  SKögltd^feit  ber  Semegung  burc^  biefeS  SBefen  als 
®runb  oerftdnblid)  mad)en  fonnten.   f^olglid^  erfenne  idb  baffelbe  bur(^ 

20  baS  ^rabicat  ber  Urfa(fte  (als  erften  Semeger)  für  ftd)  nid)t  im  minbeflen: 
fonbern  ic^  l^abe  nur  bie  SBorfteUung  oon  einem  StmaS,  meldjeS  ben  ©runb 
ber  Semegungen  in  ber  SBelt  entljält;  unb  bie  Sielotion  beffelben  ju  btefen, 
als  beren  Urfadbe,  ba  fte  mir  fonft  nichts  jur  Sefd^affen^eit  beS  S>tngeS, 
meldies  Urfa(fte  ift,  ®e^5rigeS  an  bie  $anb  giebt,  Idfet  ben  Segriff  öon 

35  biefer  gang  leer.  3)er  ®runb  baoon  ift:  meil  ic^  mit  5ßräbicaten,  bie  nur 
in  ber  ©innenmelt  i^r  Dbfect  finben,  gmar  gu  bem  S>afein  Don  @tmaS, 
maS  ben  ®runb  ber  legieren  entl^alten  mug,  aber  ni(!^t  gu  ber  Seftimmung 
feines  Begriffs  als  äberftnnli(!^en  SBefenS,  meld)er  alle  jene  $rdbtcate  aus» 
flögt,  fortfc^reiten  tann.  S>urd^  bie  j^ategorie  ber  Saufalitdt  alfo,  menn 

w  td^  fte  burc^  ben  Segrtff  eines  erften  SemegerS  beftimme,  erfenne  id^, 
maS  ©Ott  fei,  nid^t  im  minbeften;  k)ielleid)t  aber  mirb  eS  beffer  gelingen, 
menn  id^  auS  ber  SBeltorbnung  Slnlag  nel^me,  feine  Saufalitdt,  als  bie 
eines  oberften  SerftanbeS  nid^t  blog  gu  benfen,  fonbern  i^n  aud^  burd^ 
biefe  Sefllmmung  beS  genannten  SegriffS  gu  erfennen:  »eil  ba  bie 

35  Idftige  Sebingung  beS  SiaumeS  unb  ber  SluSbel^nung  megfdUt.  —  SlUeri* 
bingS  nötl^igt  unS  bie  groge  ßtt'edtmdgigfeit  in  ber  SBelt,  eine  oberfte  Ur« 
fad^e  gu  berfelben  unb  beren  Saufalitdt  als  burd^  einen  Serfianb  gu 

31* 


484    ^til  ber  Urt^etldfraft.  2.  S^etl.  ^rüif  ber  teleologifd^en  Urt^eUdfraft. 

benfen;  aber  babur(^  finb  xdxt  gar  niitt  befugt,  ibr  biefen  beijulegen 

(mie  j.  93.  bie  emigfeit  ©otted  qI§  S)Qfein  gu  aOer  Qtit  gu  benfen,  tteil 

mir  unö  fonft  gar  feinen  Segriff  Dom  blofeen  35afein  alg  einer  ©rofee, 

b.  i.  aliS  S>auer,  machen  fönnen;  ober  bie  göttlidje  üdgegenmart  atö  3)0« 

fein  in  aQen  Orten  ju  benfen,  um  bie  unmittelbare  ©egenmart  für  3)inge   » 

auger  einanber  uns  fagltcb  gu  mad)en,  ol^ne  gleid^mol^l  eine  biefer  Se* 

ftimmungen  ®ott  ald  etmad  an  il^m  @rfannteiS  beilegen  gu  bfirfen).  Sßenn 

id^  bie  (Saufalitdt  beS  SRenfdieu  in  SInfebung  gemtffer  $robucte,  n^el^e 

nur  burcb  abficbtlicbe  3tt)edFmägigfeit  erfldrltcb  ftnb,  baburcb  beftimme, 

bag  id^  fte  als  einen  SBerftanb  beffelben  benfe:  fo  braud^e  tc^  nicbt  babei  io 

ftel^en  gu  bleiben,  fonbern  fann  ibm  biefeS  $räbicat  als  mol^lbefannte 

gigenjd^aft  beffelben  beilegen  unb  il^n  baburcb  erfennen.   35cnn  iäi  »eife, 

bag  Knfcbauungen  ben  @innen  bed  SRenfdjen  gegeben  unb  burd^  ben  93er> 

ftanb  unter  einen  Segriff  unb  l^iemit  unter  eine  Siegel  gebracht  »erben; 

bafe  biefer  Segriff  nur  bag  gemeinfame  ÜRerfmal  (mit  SBeglaffung  beö  « 

Sefonbern)  entl^alte  unb  alfo  biöcurjto  fei;  bafe  bie  Siegeln,  um  gegebene 

SSorftedungen  unter  ein  Semugtfein  überl^aupt  gu  bringen,  t)on  ibm  nod^ 

Dor  jenen  Slnfd^auungen  gegeben  merben,  u.f.U).:  id^  lege  alfo  biefe  gigen« 

fdbaft  bem  SRenfcben  bei  als  eine  folcbe,  mobur(!b  i(^  i^n  ertenne.  äBiD 

id^  nun  aber  ein  überjinnlid)e«  SBefen  (®ott)  als  SnteÜigeng  benfen,  » 

fo  ift  biefeS  in  gemiffer  Sftüdtftcbt  meines  SSernunftgebraucbS  nid^t  allein 

erlaubt,  fonbern  aud^  unoermeiblicb;  aber  il)m  SSerftanb  beigulegen  unb 

es  baburd^  als  burdb  eine  ßigeufd^aft  beffelben  erfennen  gu  fönnen,  ftd^ 

fd^meid^eln,  ift  feineSmegeS  erlaubt:  meil  icb  alsbann  alle  jene  Sebingun« 

gen,  unter  benen  id^  allein  einen  Serjlanb  fenne,  meglaffen  mug,  mitl^in  s» 

baS  ^r&bicat,  baS  nur  gur  Seftimmung  beS  3Renfd^en  bient,  auf  ein  über« 

flnnlicbeS  Object  gar  nid^t  begogen  werben  fann,  unb  alfo  burcb  eine  fo 

beftimmte  (Saufalität,  toaS  ®ott  fei,  gar  nid^t  erfannt  »erben  fann.  Unb 

fo  gel^t  es  mit  aDen  ^ategorieen,  bie  gar  feine  Sebeutung  gum  @rfenntnig 

in  tl^eoretifd^er  SRüdpd^t  baben  fönnen,  »enn  fte  nidjt  auf  ®egenftänbe  » 

möglieber  ©rfal^rung  angemanbt  »erben.  —  aber  nad^  ber  Analogie  mit 

einem  Serftanbe  fann  id^,  ja  mufe  id^  mir  »ol^l  in  getoiffer  anbercr  SRücf* 

ftd^t  felbfi  ein  uberfinnlid^eS  3Befen  benfen,  ol^ne  eS  glei(btt)ol^l  babur^ 

tl^eoretifd^  erfennen  gu  »ollen;  »enn  ndmlicb  biefe  Seftimmung  feiner 

Saufalitdt  eine  SBirfung  in  ber  3Belt  betrifft,  bie  eine  moralifcb»notbtten*  ss 

bige,  aber  für  @innen»efen  unausführbare  Slbftd&t  enthält:  ba  alsbann 

ein  ISrfenntnig  ®otteS  unb  feines  S)afeinS  (S^eologie)  burd^  blog  nad^ 


Hn^ang.    SRet^obenle^re  ber  teleologtfd^en  Urt^etldfraft.  485 

ber  Analogie  an  W^m  gebadete  Sigenfd^aften  unb  Sefittnmungen  feiner 
(Saufalit&t  niögU^  x%  meld^eiS  in  praftif^er  Segiel^ung,  aber  aud^  nur 
in  Sfificf fid^t  auf  btef e (al8  moralifdöc)  ade  erforbcrlid&e  Siealitat  ^at.  — 
@i$  ift  alfo  mol^l  eine  Stl^ilotl^eologie  möglid^;  benn  bie  3Roral  lann  gmar 
mit  i^rer  Siegel,  aber  nid^t  mit  ber  @nbabftd^t,  meiere  eben  biefelbe  auf:» 
erlegt,  ol^ne  S^eologie  befielen,  o^ne  bie  SSemunft  in  Slnfe^ung  ber  le^tei* 
ren  im  blofeen  ju  laffen.  aber  eine  t^cologifd^e  (Stt)\t  (ber  reinen  SSer« 
nunft)  ift  unmöglid^:  mcil  ©efe^e,  bie  nidjt  bie  SJemunft  urfprungUc^  felbft 
giebt,  unb  bereu  Befolgung  jte  atö  reine«  praftifc^eö  SSermögen  auc^  be= 
mirlt,  nid^t  moralifd^  fein  tonnen.  @ben  fo  mürbe  eine  t^eologifdje  $^9fit 
ein  Unbing  fein,  »eil  jte  leine  Sdaturgefe^e,  fonbern  Änorbnungen  eine« 
l^öd^ften  SBillen«  Dortragen  mürbe;  mogegen  eine  pl^9fif(!^e  (eigentlid^  p^^^ 
pfd^4eleologifd^e)  Sl^eologie  bod^  menigften«  al«  ^ropäbeutit  jur  eigent^^ 
lid^en  Sil^eologie  bienen  fann:  inbem  fte  burc^  bie  93etra(l^tung  ber  Statur« 
jmecfe,  oon  benen  fte  reid^en  @toff  barbietet,  gur  3bee  eine«  Snbjmecfe«, 
ben  bie  Statur  nid^t  aufftellen  fann,  anlafe  giebt;  mithin  ba«  Sebürfnife 
einer  Sl^eologie,  bie  ben  Segriff  öon  ®ott  für  ben  pd)ften  praftifd&en  ©e^ 
braud^  ber  SSernunft  gureid^enb  beftimmte,  gmar  fül^lbar  machen,  aber  fte 
nid^t  hervorbringen  unb  auf  il^re  9emei«t]^umer  gulänglic^  grünben  lann. 


Anmerkungen. 


Jlritiß  öei  pxaMxfd^m  'Vernunft. 

Herausgeber:  Paul  Natorp. 

Einleitang. 

6.  Erdmann  (in  der  Einleitimg  zur  Stt,  b,  r.  9).,  Bd.  IV  S.  573  ff.)  hat  be- 
reits darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  die  ihrttif  ber  reinen  Semunft  nach  der 
ursprünglichen  Absicht  Kants  die  kritische  Grundlegung  zur  reinen  prafttf(!^en 
äBeltmetdl^ett  oder  SRetapl^^fi!  ber  ©Uten  mitenthalten  sollte.  Der  Plan  einer 
besonderen  j^rttif  ber  praltifd^en  Vernunft  taucht  erst  sp&t  auf;  und  es  Yer- 
lohnt  wohl  der  Mühe,  seinem  Ursprung  nachzuforschen. 

Schon  die  frühste  deutliche  Ankündigung  des  kritischen  Unternehmens, 
die  SRad^rtc^t  Don  ber  (Sinrid^tung  fetner  SBorlefungen  in  bem  Sßinterl^albenial^re 
non  1765^1766,  spricht  yon  einer  SMiif  unb  S$orf(!^rift  ber  gefammten  ^elt> 
weid^ett  a\ü  eined  @an)en,  welche  IBetrad^tungen  fiber  ben  Urfpning  t^ret  (Sin- 
fid^ten  fomo^t,  aU  i^er  Srrtl^fimer  anfieQen  unb  ben  genauen  ©runbri^  entwerfen 
soll,  nad^  totlä^tm  ein  folc^ed  @eb&ube  ber  S^eniunft  bauerl^aft  unb  regelmügtg 
foH  aufgefü^  werben  (II  310).  Und  wenig  sp&ter  (an  Lambert,  31.  Dec.  1765, 
X  53)  Yerheisst  Kant  eine  Untersuchung  über  bte  eigentl^fimlid^e  SD^et^obe  ber  SReta* 
p]^9fict  unb  oermittelfl  berfelben  ouc^  ber  gefamntten  ^(tlofop^ie.  Er  will  aber 
biefeiS  SBerf,  alü  baiS  ^auptaiel  aller  btefer  $(u0f!d^ten,  nod^  ein  wenig  au^fe^en, 
weil  es  ihm  noch  an  Se^fpieCen  mangle,  an  denen  er  in  concreto  bad  etgen> 
t^fintltd^ie  ISerfa^ren  geigen  könnte.  Aus  diesem  Grunde  will  er  einige  fleinere 
Kudarbettungen  Doranfd^icfen,  beren  ©toff  oor  mir  fertig  liegt,  worunter  bte 
metap]^9fif(!^e  9(nfangiSgrfinbe  ber  nati^rltd^en  Beltweidl^eit  unb  bte 
ntetap]^:  ^Infangdgr:  ber  praftifd^eu  SSeltweiiS^ett  bte  erften  fe^n  werben, 
bamit  bie  ^auptfd^rift  ntd^t  bur^  gar  )u  weitläuftige  unb  bod(|  unaulängltd^e 
Se^fpiele  al^u  fel^r  gebel^net  werbe. 

Zu  diesen  Ausarbeitungen  kam  es  damals  nicht  Der  Brief  an  Mendels 
söhn  Yom  8.  April  1766  (X  66  ff.)  über  die  inzwischen  erschienenen  S^rdume  etned 
@et|ierfe]^erd  zeigt  Kant  gewillt  und  gerüstet,  direct  auf  sein  ^aupt^itl  los- 
zugehen. Der  Eifer,  mit  dem  ein  Lambert  auf  den  entscheidenden  Gedanken 
einging,  die  Metaphysik  yon  der  Seite  der  Methode  in  sicheren  Gang  zu  bringen, 
hat  dazu  jedenfalls  kr&ftig  mitgewirkt   Kant  konnte  sich,  wie  er  am  2.  Sept  1770 


490  Sttiiif  ber  |irQfttf(!^en  Semunft. 

(mit  Übersendung  der  Dissertation)  an  Lambert  schreibt  (X  93  f.),  ntd^t  entf<!^(te|eit 
tima^  minbtxtß,  ald  einen  beutUc^en  Sbrifl  Don 'ber  (Beftalt,  bartmt  ic^  biefe  SBinen« 
f(f)aft  erbltcfe,  unb  eine  beftimie  3bee  ber  eigent^fimlid^en  SRet^obe  in  berfelben 
dem  redlich  um  Verständigung  bemühten  Manne  vorzulegen.  Die  Dissertation 
selbst  aber  genügt  ihm  nicht  einmal  als  Unterlage  der  brieflichen  Verhandlung 
mit  Lambert,  sondern  er  stellt  diesem  einen  neuen  Kbrtd  btefer  ganzen  SOBiffen« 
fd^aft  ...  in  einigen  wenigen  S3rtefen  in  Aussicht;  will  sich  aber  dazu  nodi 
etwas  Zeit  nehmen  und  inzwischen  —  zur  Erholung!  —  biefen  SBinter  seine 
Unterfud^ungen  fiber  bie  reine  mora/ifd^e  äBeltweid^eit,  in  ber  feine  empirif^e 
principitn  anzutreffen  ftnb  unb  glet(!^fam  bie  metaphyfic  ber  Sitten,  in  Orbnung 
bringen  unb  ausfertigen,  um  dadurch  zugleich  ben  toi^tigfien  Kbftd^ten  bei)  ber 
üerünberten  ^orm  ber  !D?etap^Qfl(f  ben  S3eg  ^u  b&^nen;  dies  offenbar  in  der 
früher  bekundeten  Meinung:  um  bei  der  neuen  methodologischen  Grundlegung 
der  Philosophie  auf  die  concreten  Beispiele  schon  hinweisen  zu  können. 

Wir  wundem  uns  nicht,  dass  die  Ausführung  dieser  Absicht  auch  diesmal 
unterblieb.  Die  noch  ungelöste  Hauptaufgabe  musste  wohl  auf  Kant  eine 
stärkere  Anziehungskraft  ausüben,  seitdem  er  eingesehen,  dass  (nach  dem  kräftig 
aufklärenden  Worte  der  Diss.  §  23)  in  phüosophia  pura  .  .  .  Methodus  anievtrtit 
omnem  acienliam,  et  quidquid  tentatur  ante  huius  praeeepta  probe  excussa  et  ßrmiter 
»tahiliUif  temere  conceptum  et  inter  vana  mentis  ludibria  reüeiendum  videiur. 

So  finden  wir  ihn  im  Briefe  an  Herz,  7.  Juni  1771  (X  117}  wieder  ganz 
dabei,  ein  Serf,  meldjeS  unter  bem  %\ttU  S)te  ©renken  ber  ©innlid^feit 
unb  ber  S^ernunft  bad  Ser^ältnid  ber  oor  bie  Stnnennelt  beftimten  ®runb< 
begriffe  unb  @efe^e  ^ufammt  bem  dhitmurfe  beffen,  mad  bie  92atur  ber  @ef4mactd' 
le^re,  ^etap^^fict  u.  3RoraI  audma^t,  enthalten  foll,  etioad  audfül^rli^)  üvO' 
zuarbeiten.  S)en  SSinter  ^inbur^  —  denselben  Winter,  in  dem  er  die  Metaphysik 
der  Sitten  hatte  ausfertigen  wollen  —  ist  er  alle  materiaUen  ba^u  burd^gegongen, 
hat  alled  geflutet,  gemogen,  an  etnanber  gepaßt;  ist  aber  mit  dem  Plane  nur  erfl 
Ifirzli^  fertig  geworben;  welcher  Plan  aus  der  obigen  losen  Aneinanderreihung: 
Grundbegriffe  und  Gesetze  der  Sinnenwelt  ^ufammt  Geschmackslehre,  Metaphysik 
und  Moral,  freilich  nicht  deutlich  wird. 

Genauere  Auskunft  giebt  der  Brief  an  Herz  yom  21.  Februar  1772  (X  123  ff.). 
Wir  vernehmen  hier  von  zwei  verschiedenen  Plänen.  Nach  dem  ersten  sollte 
das  Werk  von  den  Grenzen  der  Sinnlichkeit  und  der  Vernunft  zwei  T heile  er- 
halten, einen  theoretischen  und  einen  praktischen;  deren  Inhalt  und 
weitere  Gliederung  angegeben  wird.  Als  er  dann  zwar  daran  ging,  den  theore- 
tischen Theil  vollständig  zu  durchdenken,  thaten  sich  neue  Schwierigkeiten 
auf.  Er  glaubt  dieser  aber  in  der  Hauptsache  Herr  geworden  und  nunmehr  im 
Stande  zu  sein,  eine  (^riticf  ber  reinen  Vernunft,  meldte  bie  SHatur  ber 
t^eoretif^en  fo  mo^i  aH  practi^ä^tn  (Srfentnid,  fo  fem  fie  blöd  inuüeetual 
ift,  enthält  oor^ulegen,  und  zwar  will  er  ben  erflen  ^^eil,  ber  bie  CueQen  ber 
Metaphyfic^  i^re  Methode  u.  (Bren^^en  entl^&It,  guerfl  unb  barauf  bie  reinen 
princqnm  ber  ©tttlid^fett  auiSorbeiten. 


Einleitung.  491 

Die  Gliederung  der  ^ritt!  bei  reinen  Vernunft  in  einen  theoretischen 
und  einen  praktischen  Theil  scheint  aber  wieder  aufgegeben  in  dem  nächsten 
Zeugniss,  dem  Brief  von  (Oct.  ?)  1773  an  Herz  (X  138),  wo  wieder  ganz  deutlich, 
wie  früher,  der  einzigen  Srandfcenbentalp^ilofopl^ie  oder  ©rttif  ber  reinen  Ver- 
nunft die  zwei  Theile  der  Metaphysik:  Metaphysik  der  Natur  und  der 
Sitten,  gegenüberstehen;  von  diesen  beabsichtigt  er  noch  immer  die  letztere 
zuerst  herauszugeben.  Sie  war  ja  seit  langem  vorbereitet:  bereits  1765  lag  ber 
@totf  öor  i^m  fertig;  am  9.  Mai  1767  (X  71)  schreibt  er  an  Herder,  dass  er 
daran  arbeitet;  im  Winter  1770/71  hatte  er  sie,  bloss  zur  Erholung  von  der 
schwereren  Arbeit  an  dem  Methodenwerk,  fertig  zu  machen  gedacht;  auch  nach 
dem  Briefe  von  1772  (X  124)  hatte  er  es  in  diesem  Felde  fc^on  Oor^er  giemlt^ 
toett  gebrad^t,  hatte  er  die  Principien  dafür  fd^on  norl&ngft  3U  feiner  gtemlic^en 
SBefriebigung  enttonrfen.  Aber  auch  jetzt  kam  es  zur  Ausführung  nicht;  alle 
andern  Ausarbeitungen  wurden  durch  seine  Hauptarbeit  an  der  ^r.  b.  r.  V.  mt 
burd^  einen  S)amm  ^urflcf gehalten  (X  185). 

Jene  Grunddisposition  aber,  wonach  der  einen  ungetheilten  ^rttif  die  zwei- 
theilige 9Retop]^t)fif,  der  Natur  und  der  Sitten,  gegenübersteht,  scheint  auch  in  den 
weiteren  Documenten,  die  sich  leider  nicht  ganz  direct  hierüber  aussprechen,  fest- 
gehalten zu  werden.  Der  Brief  vom  24. Nov.  1776  an  Herz  (X  185,  worüber  Erdmann 
a.  a.  0.  576)  widerspricht  dieser  Annahme  keineswegs,  wie  wir  hernach  sehen 
werden;  der  andre  vom  28.  Aug.  1778  (Erdm.  582)  bestätigt  sie  eher.  Völlig 
klar  aber  l&sst  der  Brief  an  Mendelssohn,  16.  Aug.  1783  (X  325)  erkennen,  dass 
in  der  inzwischen  erschienenen  Stxiixf  ber  reinen  Vernunft  die  Verarbeitung  unb 
fiebere  Seftimmung  der  Grenze  und  des  gesammten  Inhalts  der  ganzen 
menschlichen  Vernunft  seiner  Meinung  nach  gegeben  war  und  nur  die 
Ausarbeitung  der  Metaphysik  selbst  noc^  obigen  (d.  h.  den  in  der  ^r.  b.  r.  V. 
dargelegten)  critifc^en  @runbfä^en  noch  fehlte.  Diese  gedachte  er  in  Lehrbuch- 
form (vgl.  auch  den  Brief  von  1778,  X  224)  und  in  niedrer  Popularität  als  sein 
Hauptwerk  nach  und  nach  auszuarbeiten;  und  zwar  hoffte  er  im  nächsten 
Winter  bereits  den  ersten  Theil  seiner  Moral  wo  nic^t  OoUig,  bo(^  meifl 
zu  Stande  zu  bringen. 

Es  ist  demnächst  die  ^rttif  ber  reinen  Vernunft  selbst  ins  Auge  zu 
fassen :  aus  ihr  muss  doch  eine  klare  Antwort  auf  die  Frage  zu  gewinnen  sein,  ob 
die  kritische  Bodenbereitung  zur  Metaphysik  nach  des  Verfassers  Meinung  mit 
diesem  Werk  abgeschlossen,  oder  erst  zur  Hälfte  geleistet  war.  Ein  Hinweis  auf 
die  fehlende  andre  Hälfte  konnte,  da  doch  reine  Vernunft  nach  Kants  Begriffen 
eine  vollkommene  Einheit,  ein  nicht  in  sich,  sondern  nur  in  der  Betrachtung 
theilbares  Ganzes  darstellt,  unmöglich  unterbleiben. 

Ein  solcher  Hinweis  aber  findet  sich  an  keiner  einzigen  Stelle  der 
^itif  ber  reinen  Vernunft  von  1781;  sondern  durchweg  wird,  wie  es  ja  auch 
diesem  Titel  entspricht,  das  ganze  Geschäft  der  Kritik  als  in  diesem  Werke 
beendet  angesehen;  es  wird  daher  keine  fernere  Kritik,  sondern  nur,  wie 
immer  bisher,  die  Metaphysik  der  Natur  und  der|  Sitten  in  Aussicht  gestellt. 


492  Sttm  ber  proftif^ett  Semunft. 

1.  Nach  der  Vorrede  (IV9  dieser  Ausgabe}  bedeutet  die  SMAf  ber  reinen 
9eniunft:  bie  beiB  SernunftDermdgend  überhaupt  in  ICnfel^ung  atler  i^- 
fenntniffe,  au  benen  fie  unabhängig  Don  aUtx  (^al^rung  ftreben  mag  u.  s.  f. 
Die  einzige  übrigbleibende  philosophische  Aufgabe  ist  die  Metaphysik  selbst, 
oder  das  System.  (Sin  folc^ed  @9ftem  ber  reinen  (fpecnlattoen)  Cemunft  ^offc 
t4  unter  bem  Stttel  g^etapl^^fil  ber  SRatur  felbft  au  liefern  (13).  Hier  deutet 
der  Zusatz  in  Klammem  ohne  Zweifel  auf  den  ebenso  wesentlichen  andern  Theil 
des  Systems,  die  Metaphysik  der  Sitten;  aber  nichts  deutet  darauf,  dass  die 
Kritik  selbst  noch  einer  Ergänzung  in  Hinsicht  des  praktischen  Gebrauchs  der 
Vernunft  bedürfte.  Der  Verleger  Hartknoch  (19.  Not.  1781,  X  261)  rechnet  auf 
eben  diese  beiden  Werke,  „da  dies  zur  Vollendung  Ihres  Plans  gehört  u. 
ein  Ganzes  ausmacht*  Keiner  denkt,  und  Kant  selbst  denkt  in  dieser  Zeit 
nicht  an  eine  zweite  Kritik.  Daher  „brennt''  z,  B.  Schütz  (10.  Juli  1784,  X  371) 
.Yor  Begierde  und  Sehnsucht*  nach  seiner  Metaphysik  der  Natur,  der  er 
„doch  auch  gewiss  eine  Metaph.  der  Sitten  folgen  lassen*  werde. 

2.  Der  Schlussabschnitt  der  Einleitung,  der  Yon  der  Eintheilung  der 
Transscendentalphilosophie  handelt,  schränkt  zwar  den  Begriff  der  letzteren  und 
damit  den  der  jhritif  ber  reinen  Sernunft  ein  auf  das  Gebiet  der  reinen,  blod 
fpeculatioen  Vernunft  (25).  Aber  diese  Einschränkung  wird  nur  dadurch 
begründet,  dass  bei  den  obersten  Grundsätzen  und  (irundbegriffen  der  Moralitat, 
obgleich  sie  Erkenntnisse  a  priori  sind,  doch  Begriffe  empirischen  Ursprungs 
(der  Lust  und  Unlust,  der  Begierden  und  Neigungen,  der  Willkür  etc.)  vor- 
ausgesetzt werden  müssten.  Dies  bedarf  der  Erklärung,  da  Kant  mindestens 
seit  1770  (Diss.  §  9)  annimmt  und  unerschütterlich  daran  festhält,  dass  die 
Principien  der  Moral  der  reinen  Vernunft  entstammen  und  also  zur  reinen 
Philosophie  gehören.  (S.  bes.  an  Lambert,  1770,  X  93:  reine  mora/ift^e  fBelt- 
mtlS^tit,  in  ber  leine  emprrifd^e  prindpitn  onautreffen  finb,  und  an  Herz,  1772, 
X  126:  bie  ^atvLx  ber  t^oretif(!^en  fomol^I  ald  praen\^tn  (SrfenntniiS,  \o  fem  fte 
blod  ifUelUetual  ift).  Aber  die  Erklärung  liegt  nicht  fem:  auch  bei  den  obersten, 
völlig  reinen  (Grundsätzen  und  Grundbegriffen  der  Moral  müssen  dennoch  die 
empirischen  Begriffe  der  Lust,  Unlust  etc.  insofern  noraudgefe^t  werden,  als  ein 
menschlicher  Wille  niemals  ohne  SJtaterie  ist.  Aber  diese  Materie  geht  nicht 
als  ^rinclp  oder  Sebingung  in  die  reinen  sittlichen  Grundsätze  oder  Grund- 
begriffe mit  ein.  So  Stx,  b.  r.  ®.,  111  384:  SRoralifd^e  begriffe  jinb  nid^t  gftna« 
(ic^  reine  S^emunftbegriffe,  meil  i^nen  etmad  dhnpirif^ed  (8ufl  ober  Unlufl)  gum 
@runbe  liegt.  ©letd^moi^l  fönnen  jie  in  Stnfel^ung  beiS  $rtncip0  .  .  .  (alfo 
menn  man  bIo6  auf  i^re  ^orm  ^^t  l^at)  gar  roo^I  aunt  S3eifptele  retner  8er> 
nunftbegriffe  bienen.  Durch  diese  wohlbekannte  Distinction  erklären  sich  schein- 
bar empiristische  Äusserungen  wie  im  Brief  an  Herz  1773  (X  138)  oder  Stt,  HI 
520  Anm. 

Aber  kann  denn  eine  Metaphysik  der  Sitten,  kann  die  Aufstellung 
reiner  Principien  der  Moral  einer  voraufgehenden  Kritik  entrathen?  Gfüt  hier 
etwa  nicht,  dass  Meihodus  arUevertit  omnem  acientiamf 


Einleitung.  493 

Gewiss  bedarf  sie  der  kritischen  Bodenbereitung:  aber  diese  ist  in  der 
Äritil  ber  reinen  (fpeculotinen)  Vernunft  zugleich  gegeben.  Eben  sie 
bat  (III  249)  ben  ©oben  au  jenen  maieftatifc^en  fittUd^en  ©ebäuben  thm  unb 
baufeft  au  madien.  Sie  thut  es  durch  Sicherung  der  Idee,  besonders  der  Idee 
der  Freiheit,  welche,  obwohl  selbst  eine  rein  speculative,  doch  schon  Yon  der 
Dissertation  (1770)  an  (§  9.  Anm.)  die  Grundidee  der  praktischen  Erkennt- 
niss  ist,  ja  überhaupt  den  Begriff  des  Praktischen  erst  giebt:  j?r.  III  246 f.  $lato 
fanb  feine  3been  öoraügltd)  in  ollem,  n?a«  praftlfc^  tfl,  b.  i.  auf  Steilheit 
beruht,  welche  if)rerfeit«  unter  (Srfenntniffen  fte^t,  ble  ein  eißent^fimlid^e«  $robuct 
ber  Vernunft  Ftnb;  III  384  Sbeen  .  .  .  bie  ptaftlfd^e  5hraft  .  .  .  ^aben  unb  ber 
ÜRöO^t^^eit  ber  SoHfornmen^eit  gerotffer  ^anbUngen  sunt  ®ninbe  liegen.  Die 
„transscendentalen''  Ideen  aber,  insbesondere  die  der  Freiheit,  erhalten  ihre 
Sicherung  durch  die  Ärltil  ber  reinen  SJernunft  und  erwarten  sie  nicht  erst  von 
einer  zweiten,  noch  ausstehenden  ihitil  ber  praftifdjen  S^emunft.  Name  und 
Begriff  einer  solchen  ist  in  der  1.  Aufl.  der  j^r.  b.  r.  IB.  ganz  unbekannt.  Was 
noch  aussteht,  ist  nicht  eine  zweite  Kritik,  sondern  nur  die  Ausfahrung  der 
Moral  selbst,  welche  empirischer  Begriffe  (der  Lust,  Unlust  etc.,  kurz  der  Materie 
des  Willens)  nicht  entrathen  kann  und  deshalb  nicht  zur  Aufgabe  der  ^tif,  der 
einzigen,  nämlich  der  der  in  sich  einigen  reinen  Vernunft,  gehört. 

3.  Dies  ist  durchweg  die  Auffassung  der  ^.  b.  r.  8.  von  1781.  Aller- 
dings steht  (nach  III  332)  die  reine  9)^orQl  —  gleich  der  reinen  Mathematik, 
auch  diese  Vergleichung  ist  zu  beachten  —  ausser  derTransscendentalphilosophie; 
doch  werden  die  traniSfcenbentalen  IBemunftbegriffe  oder  Sbeen  .  .  .  otelletc^t  ton 
ben  fRaturbeqriffen  au  ben  prafttfc^en  einen  Übergang  mögli^  ntad^en  . . .  (255); 
sie  machen  die  tl^eoretifc^e  ©tä^e  der  moralischen  Ideen  und  Grundsätze 
aus,  mit  der  diese  (stehen  und)  fallen  (325).  Denn  auf  die  transscendentale  Idee 
der  Freiheit  gründet  sich  der  praktische  Begriff  derselben;  die  Aufhebung 
der  ersteren  würde  zugleich  die  letztere  vertilgen  (363  f.).  Es  wird  dann  die 
Deduction  der  Möglichkeit  der  Freiheit  auf  Grund  der  Unterscheidung  von  Er- 
scheinung und  Ding  an  sich,  mitsammt  der  allgemeinen  Erklärung  des  Sollens 
(371),  das  eine  gana  anbere  Siegel  unb  Drbnung,  aU  bie  S^laturorbnung  ift,  ein- 
fuhrt (373),  wenn  auch  kurz,  gegeben,  also  der  Kerngedanke  der  (S^runblegung 
wie  der  Jbrittf  ber  praftif^en  Vernunft  Yorweggenommen,  ohne  dass  doch  der 
Boden  der  rein  speculativen  Untersuchung  damit  verlassen  würde,  denn  überall 
handelt  es  sich  hier  um  die  t^eoretif^e  @tÜ^e  der  Moral,  noch  nicht  um 
diese  selbst. 

Es  werden  auch  die  praktischen  Postulate  bereits  angedeutet  (421  ff.,  518); 
es  wird  endlich  im  j^anon  ber  reinen  Vernunft,  der  als  wesentlicher  Bestandtheil 
der  Transscendentalpbilosophie  schon  im  Briefe  an  Herz  1776,  X  186,  bezeichnet 
worden  war,*)   der  Obergang  ins  praktische  Gebiet  ganz  offen  vollzogen;  denn 


0  Also   widerspricht  dieser  Brief   nicht  der  Voraussetzung,   dass  es  nur 
eine  Kritik  der  Vernunft  giebt. 


494  ^tti!  her  proftif^en  S^ernuiift. 

der  Kanon  betrifft  ausdrücklich  den  praktischen  und  nicht  den 
speculativen  Vernunftgebrauch  (III  518).  Man  Yersteht,  dass  es  hier 
Kant  selbst  um  die  Gin^eit  bed  <S^ftemd  fast  bange  wird  (520);  es  kommt  die 
Gefahr  hinzu,  von  dem  neuen  @toffe  oder  dem  (S^egenfianb,  ber  ber  tranSfcenben« 
talen  ^l^ilofopl^ie  frentb  tfl,  zu  wenig  zu  sagen  und  es  so  an  Deutlichkeit  oder 
Überzeugung  fehlen  zu  lassen  (ebenda).  In  der  That  aber  ist  die  Orenze  der 
bloss  speculativen  Untersuchung  auch  hier  in  aller  Strenge  eingehalten.  Gehören 
einerseits  —  wie  hier  wiederum  betont  wird  —  die  praktischen  Begriffe,  eben 
als  praktische,  d.  h.  auf  Lust  und  Unlust  (der  Materie  nach)  bezogen,  ntc^t  in 
ben  Inbegriff  ber  Srandfcenbentolp^ilofopl^ie  (520  Anm.),  so  gehört  umgekehrt 
das  Problem  der  transscendentalen  Freiheit  nicht  für  die  Vernunft  im  prakti- 
schen Gebrauch,  sondern  betrifft  bloss  das  speculative  Wissen;  es  kann,  sofern 
es  ums  Praktische  zu  thun  ist,  sogar  als  gan^  fileid^gültig  bei  Seite  gesetzt 
werden  (522);  Moral  braucht  (unmittelbar)  nur  die  Freiheit  im  prolttfd^en  Ser« 
flanbe,  die  sogar  burd^  ^rfo^rung  beroiefen  merben  kann  (521).  So  auch  (523): 
Die  Frage  SBad  foH  i(^  t^un?  ist  blog  prafttfci^.  @te  lann  aU  eine  folc^e  auot 
ber  reinen  SBemunft  angehören,  ift  aber  alSbann  bo^  nid^t  trandfcenbental, 
fonbern  moralifc^,  mithin  fann  fte  unfere  ^ritil  an  ft^  felbjl  nt(!^t  befc^äftigen. 
Nur  bei  oberflächlichem  Lesen  könnte  man  hier  in  unfere  j^ntif  die  Hindeutung 
auf  eine  andere  Kritik,  n&mlich  die  der  praktischen  Vernunft,  finden.  Die 
schroffe  Entgegensetzung  nic^t  trandfcenbental,  fonbern  moralif^  kann  aber  nach 
allem  Frühem  (bes.  nach  IV  24)  nur  so  verstanden  werden,  dass  im  Begriff  des 
Moralischen  die  Hinzunahme  empirischer  Begriffe  mitgedacht  ist.  Also  nicht  im 
Gegensatz  zu  einer  andern  Kritik,  sondern  nur  im  Gegensatz  zur  Moral  selbst 
als  einem  Theil  des  Systems  der  Philosophie  ist  der  Ausdruck  unfere  ^tif  zu 
verstehen. 

4.  Noch  bleibt  übrig  die  Slrdftiteftontf  ber  reinen  Vernunft,  in  der  doch 
am  ehesten  eine  endgültige  Entscheidung  unserer  Frage  zu  finden  sein  sollte. 
Was  ergiebt  sie?  III  543 f.:  2)ie  (Befe^gebung  ber  menfd^ltc^en  Vernunft  ($^tIo- 
fop^ie)  l^at  gmei  @egenftönbe,  ÜRatur  unb  greil^ett,  unb  enthält  alfo  foroo^l  bad 
9laturgefe^,  aU  au(^  bad  ©tttengefe^,  anfangt  in  ^mei  befonberen,  ^ule^t  aber  in 
einem  einzigen  p^tlofop^ifc^en  ©Aftern.  .  .  .  ^ie  $^iIofop^ie  ber  reinen  Ver- 
nunft ift  nun  entmeber  ^ropöbeutif  .  .  .  unb  ^eigt  ^ritif,  ober  ^»ettend  baS 
(Softem  ber  reinen  $$ernunft  (äBiffenf^aft)  ...  unb  ^eigt  Sl^etap^Qfif  ...  S)te 
Wltiapf)X)fif  t^etlt  f!(^  in  bie  bed  fpeculatioen  unb  proftifd^en  (Bebraud^d  ber  i 

reinen  Vernunft  unb  ift  alfo  entmeber  SRetapl^Qfif  ber  SRatur,  ober  SWeta-  i 

pl^J)fif   ber   (Sitten.     Auch  hier  kein  Wort   von    einer  entsprechenden  Ein-  | 

theilung  der  Kritik;  vielmehr  muss  man  sagen,  eine  solche  wird  durch  diese  | 

Erklärung  geradezu  ausgeschlossen,  da  zum  wenigsten  hier,  fast  am  Ende  des 
Werks,  von  dem  noch  fehlenden  andern  Theil  der  Kritik,  wenn  ein  solcher  vor- 
ausgesetzt wäre,  nicht  hätte  geschwiegen  werden  können.  Aber  es  heisst  noch- 
mals am  Schluss  desselben  Hauptstucks  (549):  9)7 etapl^^fil  alfo  fomo^I  ber 
SRatur,  alö  ber  bitten,  Dorne^mlid^  bie  j^ritil  ber  fi(!^  auf  eigenen  i^Qgebi 


Einleitung.  495 

Wagenben  SBernunft,  rodele  öorftbcnb  (propäbcutljtfe)  öorl^ergel^t,  madjtn  ciflent- 
li^  aüetn  badientge  aud,  mQ&  toit  im  ö^ten  ißerftanbe  Iß^ilofop^te  nennen 
fdnnen.  Auch  tiier  nicht  die  entfernteste  Andeutung  eines  noch  fehlenden 
praktischen  Theils  der  „Propädeutik*. 

Nach  diesem  allen  ist  es  ganz,  was  man  erwartet,  dass  Kant  nach  dem 
Erscheinen  der  Sttiiif  ber  reinen  Vernunft  alsbald  die  Abfassung  der  Metaphysik 
und  zwar  des  Theils,  dessen  Fertigstellung  er  sich  so  oft  schon  vorgenommen 
und  immer  wieder  zurückgestellt  hatte,  der  Metaphysik  der  Sitten  ins  Auge  fasst 
(8.  Hamann  an  Hartknoch  7.  Mai  und  23.  Okt.  1781,  11.  Jan.  1782»),  Gilde- 
meister II  368,  und  Hamanns  Werke  VI  222,  236;  Hartknoch  an  Kant  19.  Nov. 
1781,  X  261;  Erdmann  IV  602 f.,  Menzer  625;  und  besonders  den  schon  erwähnten 
Brief  Kants  an  Mendelssohn  16.  Aug.  1783,  X  325). 

Aber  auch  das  ist  nur,  was  wir  erwarten,  dass  die  mit  der  ^rttt!  ein- 
geschlagene neue  Gedankenrichtung  ihn  noch  nicht  losliess;  dass,  eben  als  er 
nun  an  die  Ausarbeitung  der  Metaphysik  der  Sitten  ernstlich  herantrat,  die  für 
diese  in  der  j^rtttf  ber  reinen  Vernunft  geleistete  kritische  SBorarbettung  ihm 
noch  nicht  ganz  genügen  wollte.  Denn  sie  enthielt  zwar  dem  Kerne  nach  die 
kritische  Grundlegung  auch  zur  reinen  Moral,  aber  nur  in  knapper,  mehr  ge- 
legentlicher und  noch  manchem  Einwand  ausgesetzter  Ausführung.  So  versteht 
es  sich,  dass  aus  dem  erften  X^eit  fetner  !D2oraI  (im  Brief  an  Mendelssohn)  ein 
$robromu$  oder  Sßlon  (X  373)  zur  Metaphysik  der  Sitten,  und  endlich  eine 
(Srunblegung  zu  dieser  wurde  (Menzer  626 f.);  die  in  der  That  nichts  anderes 
als  eine  vollständigere,  von  der  Kritik  der  reinen,  bloss  speculativen  Vernunft 
soviel  möglich  losgelöste,  mit  den  Problemen  der  Moral  selbst  in  deutlichere  und 
vollständigere  Beziehung  gesetzte  kritische  Bodenbereitung  zur  reinen  Moral 
oder  Metaphysik  der  Sitten  ist. 

In  der  (leider  nicht  datirten)  Vorrede  dieser  Schrift  nun  —  deren  Manu- 
script  am  19.  Sept.  1784  abgeschickt  wurde,  und  deren  erste  Exemplare  Kant 
am  7.  April  1785  erhielt  (Menzer  628)  —  tritt  überhaupt  zum  ersten  Mal 
der  Name  und  Begriff  einer  Ärittf  ber  praftijc^en  ©ernunft  auf.  Was  soll 
sie  denn  noch,  neben  der  5lrittf  ber  reinen  Vernunft  und  der  ©runblegung  jur 
!0}etap^t)ftl  ber  (Sitten?  Was  kann  eine  ^ittl  ber  praftifc^en  Vernunft  anders 
sein  als  eben  die  (kritische)  (Brunblegung  zur  Metaphysik  der  Sitten? 

Die  Vorrede  selbst  giebt  darauf  Antwort  (IV  391);  3m  S5orfQje  nun,  eine 
SÄetapl^tlfif  ber  ©itten  bereinft  au  liefern,  kffe  iö)  biefe  (SJrunblegung 
öorangel^en.  S^^^  ßic'&t  ^*  eigentlic!^  feine  onbcre  ©runblage  berfelben,  aliS  bie 
J^rtttt  einer  reinen  prafttfd^en  SSernunft,  fo  n>ie  aur  3J^etap^l)ftI  (der 
Natur)  bie  fd^on  gelieferte  ^ittt  ber  reinen  fpecuIatiDen  193emunft.  Und  jeder 
Leser  beider  Schriften  weiss  ja,  dass  die  ®runb(.  und  die  Jh.  b.  pr.  fB.  sich 
wirklich   dem  Hauptinhalt  nach   decken,   dass   sie   sich   fast  nur  formal,   und 


0  Bei   Menzer,   IV  625,   ist   versehentlich   1783   angegeben,   richtig  Erd- 
mann S.  608. 


496  Mti!  ber  ptofttf^en  9)ernunft. 

zwar  80  unterscheiden,  dass  die  Gedankenentwicklang  in  der  (Bninblegimg  mehr 
einen  analytischen,  in  der  Stt.  b.  pt,  O.  einen  synthetischen  Gang  befolgt  Es 
wird  ja  im  3.  Abschnitt  der  Grunblegung  direct  der  Übergang  zur  Kritik  der 
reinen  praktischen  Vernunft  Yollzogen,  und  Yon  dieser  die  ^u  unferer  91bft<^t 
^tnlöngltd^e  ^auptjfige  bereits  dargestellt  (IV  445).  Nur  in  Vollständigkeit 
ist  diese  Kritik  auch  hier  noch  nicht  geliefert;  zu  ihrer  Vollendung  nämlich 
wird  noch  erfordert  (391),  dass  die  Einheit  der  praktischen  mit  der  specn- 
lativen  Vernunft  in  einem  gemeinschaftlichen  Princip  aufgezeigt  werde, 
»eil  ed  boc^  am  (Snbe  nur  eine  unb  biefelbe  Vernunft  fein  !ann,  bte  bloft  in  ber 
Snmeiibung  unterf^teben  fein  ntug* 

Und  hieraus  endlich  glauben  wir  zu  yerstehen,  weshalb  Kant  auch  nach 
Vollendung  der  ®runblegung  (sowie  der  SRetap^^fifd^en  Ibtfangdgrflnbe  ber 
9laturn)tfTenf<l^aft)  ungefduntt  jur  t)ölltgen  Qudarbeitung,  nicht  der  SMtil  ber 
;)raftif(^en  Oemunft,  sondern  der  ^tiapf^r^^xf  ber  Sitten  geht  (an  Schätz, 
13.  Sept.  1785,  X  383).  Auch  noch  in  dem  Brief  an  Bering  Yom  7.  April  1786 
(X  418)  will  er  die  Bearbeitung  des  Systems  der  Metaphysik  (im  engem, 
theoretischen  Sinne)  noch  etxoai  metter  (tnaudfe^en,  um  fflr  baii  @9fient  ber 
pxact[\ä)tn  fBeltmeiiS^ett  geit  au  gemtnnen,  toeld^tü  mit  bem  erfleren  Dtr- 
gefc^miftert  ifl  unb  einer  a^nlt<l^en  ^Bearbeitung  bebarf,  miemol^I  bie  ©d^mtertgfett 
be^  bemfelben  nid^t  fo  gro6  tfl.  Kant  gedachte  also  alles  Ernstes  die  Sttiüf  ber 
;)rafttf(!^en  8emunft,  welche  zum  Abschluss  des  ganzen  kritischen 
Systems  die  Einheit  der  speculativen  und  praktischen  Vernunft  darthun  sollte, 
erst  nach  Vollendung  des  Systems  der  Metaphysik  der  Natur  sowohl  als  der 
Sitten  Yorzulegen.  Nur  so  begreift  sich,  dass  noch  am  14.  Mai  1787,  kurz  Tor 
dem  Erscheinen  der  Stt.  b.  pr.  9}.  (nach  dem  Briefe  Yon  Jenisch  an  Kant,  X  463) 
alled  nur  mit  @ebnfud^t  seiner  Metaphysik  der  Sitten,  und  nicht  dei 
Kr.  d.  pr.  V.  entgegensah. 

Von  dieser  Absicht  nun  aber  doch  wieder  abzugehen  bestimmte  ihn,  so 
scheint  es,  hauptsächlich  die  Rücksicht  auf  die  Beurtheilungen  sowohl  der 
^.  b.  r.  9.  als  der  Q^runblegung,  welche  gerade  das,  was  er  der  .(tr.  b.  pv,  S. 
Yorbehalten  hatte:  den  überzeugenden  Beweis  der  Einheit  der  speculativen  und 
der  praktischen  Vernunft  vermissten,  namentlich  Anstoss  nahmen  an  der  im  t^eo« 
rettf(^en  (^fenntntg  geleugneten  unb  im  prafttf^en  bel^aupteten  obiectinen  SRealttät 
ber  auf  !Roumenen  angemanbten  j^ategorien  und  an  der  parabo^en  {^orberung, 
fl<l^  ald  ©ubject  ber  grei^ett  ^um  9^oumen,  augleic!^  aber  aud^  in  $Cbfi^t  auf  bte 
9latur  aum  ^l^änomen  in  feinem  eigenen  empirifd^en  8emu6tfein  a»  nta<l^en  {Stt, 
b.  pr.  Q.,  9onebe,  oben  S.  6  f.).  Diesen  immer  wiederholten  Einwänden  gründ- 
lich zu  begegnen,  entschloss  er  sich,  so  scheint  es,  nun  doch  die  ^til  ber 
praftif<l^en  Vernunft  der  Metaphysik  der  Sitten  vorauszuschicken.  Diese  Moti- 
vation ergiebt 

1.  die  Vorrede  der  jhr.  b.  pr.  9).  selbst  (S.  6f.):  fflut  eine  audfü^rlic^e 
SMt\l  ber  |)raftif(!^en  Vernunft  fann  alle  biefe  SRigbeutung  (eben  unb  bie  confe- 
quente  ^enlungdart,  meiere  eben  i^ren  grdgten  Soraug  audmad^t,  in  ein  f^tUH 


Einleitung.  497 

^\^i  fe^en.  (Nur  eine  ausführliche  Kritik:  die  ^aupt^fige  enthielt  ja  schon  die 
Q^runblegung.) 

2.  Euns  Yor  der  Vollendung  des  Buches  der  Brief  an  Schütz  Tom  25.  Juni 
1787,  X467:  3^  ^obe  meine  Ärttif  bcr  |)ro!tifc^en  öernunft  fo  weit 
fertig,  bog  ic^  fie  benfe  fünftige  SSod^e  nac^  ^olle  aum  S)ru(i  ^u  fc^idfen.  2)iefe 
wirb  beffer,  al9  aüt  @ontrot)erfen  mit  Seber  imb  ^bel  .  .  .  bie  (^rgön^ung  beffen, 
wad  i(^  ber  fpefutattnen  Vernunft  abfprat^,  burd^  reine  praftif^e,  unb  bie  ü)^öglic^« 
feit  berfelben  beweifen  unb  faglid^  ma^en,  welc^ed  boä)  ber  eigentltd)e  ©tein  bed  ^n« 
ftogeö  ift,  ber  j[ene  ^öimer  ndtl^tgt,  lieber  bie  untl^unli^ften,  ja  gar  ungereimte  $3ege 
einauf^Iagen,  um  bad  fpefutattne  Vermögen  biS  oufd  Überfinnliij^e  audbel^nen  au 
fönnen,  e^e  fie  ft^  jener  t^nen  gutta  troftloS  fd^einenben  ©entena  ber  ^itif  unterwürfen. 

3.  Gleich  nach  dem  Erscheinen  des  Buches  der  Brief  an  Reinhold  vom 
28.  Dec.  1787,  X487:  3n  bicfem  md)U\n  werben  öiele  Söiberfprüc^e,  welche  bie 
^n^ünger  am  Sllten  in  meiner  ^ritif  au  ftnben  uermeinen,  l^inreid^^enb  gehoben; 
bagegen  biefenigen,  barin  fie  ftd^  felbft  unt)ermeibli(!^  üerwidfeln,  wenn  fie  i^r  alte^ 
Slidfwerf  nic^t  aufgeben  wollen,  flar  genug  eor  Kugen  gefteKt. 

Dazu  kommen  4.  die  in  unsrer  Schrift  besonders  zahlreichen  und  directen 
Beziehungen  auf  gegnerische  Beurtheilungen :  auf  den  Mendelssohn-Jacobi-Streit, 
an  dem  Kant  betheiligt  war  durch  die  Schrift  ^a^  ^eigt  fid^  im  Genien  orientiren? 
und  Wizenmanns  Entgegnung;  auf  die  Tübinger  Recension  der  (Srunblegung  (von 
Flatt;  Grundgedanke:  „Inconsequenz")  und  Tittels  Widerlegung  (neue  fformet, 
nicht  neues  Princip,  und  wieder  die  Inconsequenz) ;  auf  den  wal^i^ettliebenben  SRe* 
cenfenten  (Vorr.  S.  8:  Pistorius  in  der  Allg.  Deutschen  Bibliothek)  und  manche  anbere 
(Einwürfe,  von  denen  in  den  sachlichen  Erläuterungen  zu  reden  sein  wird;  endlich 

5.  die  jedenfalls  nach  Kants  eignen  Angaben  abgefasste  Ankündigung  der 
jtr.  b.  pr.  $.,  im  Verein  mit  der  2.  Aufl.  der  ^r.  b.  r.  SB.,  in  der  Allgemeinen 
Literaturzeitung  vom  21.  November  1786  (abgedruckt  bei  Erdmann,  III  556),  in 
welcher  es  heisst:  ,,Auch  wird,  zu  der  in  der  ersten  Auflage  enthaltenen 
Kritik  der  reinen  speculativen  Vernunft  in  der  zweyten  noch  eine 
Kritik  der  reinen  practischen  Vernunft  hinzukommen,  die  dann  ebenso 
das  Princip  der  Sittlichkeit  wider  die  gemachten  oder  noch  zu  machenden 
Einwürfe  zu  sichern,  und  das  Ganze  der  kritischen  Untersuchungen,  die 
Yor  dem  System  der  Philosophie  der  reinen  Vernunft  vorhergehen  müssen,  zu 
vollenden  dienen  kann.* 

Auf  diese  Ankündigung  bezieht  sich  wohl  Hamanns  Äusserung  im  Briefe 
an  Jacobi  vom  30.  Jan.  1787  (Gildemeister,  J.  G.  Hamanns  Leben  und  Schrif- 
ten, 1857  ff.  V  452):  „Aus  der  Zeitung  habe  ersehen,  dass  selbige',  näm- 
lich die  neue  Ausgabe  der  ^  b.  r.  8.,  deren  Manuscript  kurz  zuvor  ab* 
gegangen  war,  „mit  einer  Kritik  der  praktischen  Vernunft  vermehrt 
werden  wird.*  Diese  allerengste  Verbindung,  in  der  die  beiden  Kritiken 
gradezu  als  ein  Werk  gedacht  waren,  ist  dann  wohl  schon  aus  äusseren  Gründen 
aufgegeben  worden;  die  neue  Ausgabe  der  Stv.  b.  r.  S).  erschien,  ohne  die  an- 
gekündigte Vermehrung,  im  Frühjahr  1787  (die  Vorrede  ist  unterzeichnet  im 
StanV»  6<l^tiftcii.    S3crfe.  V.  32 


498  Ärlttf  ber  proftifcJ^en  »ernunft. 

StprUmonat  1787).    Doch  war  die  ^'r.  b.  pv,  fß.  bereiU  am  25.  Juui  desselben 
Jahres  (nach  dem  schon  erwähnten  Briefe  an  Schätz  unter  diesem  Datum,  X  467} 
nahezu  druckfertig;  sie  war  nach  einem  Briefe  an  Jakob  (X471),  den  Reicke 
(allerdings  zweifelnd)  auf  den  11.  Sept  desselben  Jahres  ansetzt,  bei  Gmnert  im 
Druck;  auch  hier  heisst  es:  @ie  ent^dlt  tnanc^eö,  roeld^ed  bte  SKM^nerftänbniffe  ber 
ber  t^eotetifd^en  (eben  fann.    Unter  demselben  Datum  giebt  Kant  bereits  dem 
Drucker  Anweisung  über  die  zu  Tersendenden  Freiexemplare  (X  483).    Immer- 
hin schob  sich  der  Druck  dann  noch  etwas  hinaus,  weil  Gmnert  das  Werk  mit 
neuen  und  scharfen  Lettern  drucken  lassen  wollte,  die  erst  8  Tage  nach  der 
Michaelismesse    ihm  geliefert  wurden  (ebenda).     Doch  waren  kurz  Yor  Weih- 
nachten 6  Exemplare  auf  Schreibpapier  (X  483)  in  Kants  Händen;  in  Briefen 
an  Herz  (24.  Dec,  X  485)  und  an  Reinhold  (28.  Dec,  X  487)  stellt  er  diesen 
solche  in  Aussicht,   die  durch  Grunert   ihnen    zugestellt  werden   sollen.     Der 
letzterwähnte  Brief  nennt  zum  ersten  Mal    die  drei  Kritiken,   welche  für  die 
drei  Theile  der  Philosophie  die  Principien  a  priori  nachweisen;   während 
noch  die  Vorrede  der  2.  Aufl.  der  Jh.  b.  r.  93.  nur  die  Ausführung  der  „BReto* 
t)]^t|f!f  ber  !RQtut  fotno^t  al«  ber  ©Uten,  aU  i^efldttguno  ber  SRtc^tiofeit  ber  Stntif 
ber  fljeculatiöen  fowolfel  al«  praftifc^en  öemunft"  noch  in  Aussicht  stellte  (III  26). 
An  den  Neuauflagen    der  Schrift   hat  Kant   allem   Anschein   nach  in 
keiner  Weise  mitgewirkt.    Die  2.  Auflage  sollte  (nach  den  Briefen  des  jungem 
Hartknoch  vom  Aug.  u.  Sept.  1789,  XI  71  u.  88)  schon  zur  Ostermesse  1790 
fertig  werden;  wirklich  erschien  sie  erst  mit  der  Jabrzahl  1792.   Dieser  zweiten 
folgte  1797  nicht  die  dritte,  sondern  die  vierte;   von  einer  dritten  ist  bisher 
keine  Spur  gefunden.    Ich  vermuthe,  dass  der  Verleger  die  thatsächlich  dritte 
Auflage  als  vierte  hat  bezeichnen  lassen,  nachdem  die  zweite  (nach  X  71)  sogleich 
in  2000  (statt  wie  sonst  1000)  Exemplaren  gedruckt  worden  war.     Mitgewirkt 
hat  Kant  bei  dieser  Auflage  (nach  dem  Briefe  an  Hartknoch  vom  28.  Jan.  1797, 
XII  146)  nicht.    Eine  fünfte  Auflage  erschien  1818,  eine  sechste  1827.    Nach- 
drucke sind  1791  und  1795   zu  Frankfurt  und  Leipzig  und  1796  zu  Grätz  er- 
schienen. 

Lesarten. 

Für  die  Textgestaltung  konnte  von  den  Originalausgaben  ausser  der  ersten 
höchstens  noch  die  zweite  in  Frage  kommen.  Die  vierte  ist  ein  genauer  Wieder- 
abdruck der  ersten,  mit  der  sie,  bis  auf  seltene  Versehen,  auch  die  Besonderheiten 
der  Sprache,  Orthographie,  Interpunction,  durchweg  auch  die  Abtheilung  der 
Seiten  und  meist  die  der  Zeilen  gemein  hat  Die  Verbesserungen  der  2.  Auflage 
haben  in  ihr  so  wenig  Berücksichtigung  gefunden  wie  das  Druckfehlerverzeichniss 
von  Grillo.  Nur  eine  richtige  Änderung  der  2.  Aufl.  (7927)  und  eine  falsche 
(38  so)  findet  sich  ebenfalls  in  der  vierten.  Einige  neue  Fehler  sind  hinzu- 
gekommen (2526,  2824,  8585).  Die  fünfte  und  sechste  Auflage,  lange  nach  Kants 
Tode  erschienen,  sind  genaue  Wiederabdrücke  der  vierten,  einschliesslich  der 
obbemerkten  Abweichungen  dieser  von  der  ersten.  Der  Sats  ist  enger;  aus  den 


Lesarten.  499 

292  Seiten  der  1.,  2.  und  4.  Auflage  sind  285  in  A^,  236  in  A^  geworden.  A* 
hat  noch  einige  neue  Versehen  aufzuweisen  (25 16,  329,  3634);  was  nur  deshalb 
erwähnt  wird,  weil  Hartenstein  diese  Auflage  zu  Grunde  gelegt  und  ihi^  Fehler 
wiederholt  hat.  In  wenigen  Fällen  (5031,  5434,  5826)  sind  kleine  Versehen  Yon 
A***  (Interpunctionsfehler)  in  A***  übereinstimmend  mit  A'  verbessert,  aber 
diese  Verbesserungen  sind  sicher  nicht  aus  A^  geschöpft,  da  andere,  viel  wichtigere 
Verbesserungen  der  2.  Auflage  unbeachtet  geblieben  sind.  In  einem  Fall 
(52 12)  ist  ein  Interpunctionsversehen  von  A**'**  in  A***,  in  einem  weiteren 
(1119.20)  ein  ebenfalls  unbedeutender  Fehler  von  A'-*  in  A*  verbessert 

Aber  auch  an  den  Abweichungen  der  2.  von  der  1.  Auflage  hat  Kant 
selbst  wahrscheinlich  keinen  Antheil.  Die  besonders  auf  den  ersten  Bogen  zahl- 
reichen Verschiedenheiten  in  Schreibung,  Interpunction  und  Gebrauch  der 
Schwabacher  Lettern  kommen  jedenfalls  nur  auf  Rechnung  der  Setzer  oder 
Coi;rectoren.  Sachlich  aber  bringt  zwar  die  2.  Auflage  eine  Anzahl  zweifelloser 
Berichtigungen  (23i7,  5232,  556,  7333,  7927,  120i9,  12723  und  29,  12827,  1427, 
16183),  von  denen  eine  (7927)  mit  einer  Randbemerkung  in  Kants  Handexemplar 
zusammentrifft  Aber  die  drei  weiteren  Correcturen  des  letzteren  (24s5,  26 32, 
13216)  haben  in  A^  keine  Aufnahme  gefunden;  eine  beträchtliche  Zahl  auch 
solcher  Versehen,  die  der  Autor  bei  eigener  Durchsicht  schwerlich  stehen  ge- 
lassen hätte,  ist  geblieben,  eine  Anzahl  neuer  hinzugekommen  (lOs  nic^tö  st 
nt(j^t;  8830  der  hässliche  Fehler  ©eelenru^e  st  @eelenunru^e ;  47  21  ^iberfinntgeS 
st  SBiberfinntfc^ed;  49 17  ^renje  st  ©renken;  76  is  ju  st  ^iir,  während  eherauch 
Z.  17  3ur  zu  schreiben  gewesen  wäre;  85 11  fehlt  befte^t;  9234  im  st  in;  94 12 
ni(!t)td  st.  nt^t;  1(X)37  fehlt  ouc^);  und,  was  besonders  beweisend  ist,  in  wenigstens 
}wei  Fällen  (37 13  und  besonders  125 15)  ist  die  erste  Auflage  falsch  corrigirt. 
(Dazu  ist  auch  38  so  zu  rechnen,  wenn  dort  etwa  nicht  ein  Druckversehen, 
sondern  eine  vermeintliche  Berichtigung  vorliegt.) 

Auch  nach  dem  Briefwechsel  Kants  ist  nicht  anzunehmen,  dass  dieser  bei 
der  Textgestaltung  der  2.  oder  4.  Auflage  irgendwie  betheiligt  gewesen  wäre.  Für 
die  vierte  geht  das  Gegentheil  direct  hervor  aus  den  Briefen  XII  145,  146,  wonach 
Kant  den  unveränderten  Wiederabdruck  mit  Rücksicht  auf  seine  je^ige  Un* 
t)ü6li(^fett,  die  ihm  oUe  Kopfarbeit  fe^t  erfc^roert  genehmigte.  Aber  auch  für 
die  2.  Auflage  hat  Kant,  nach  XI  71  und  88,  nicht  etwa  ein  von  ihm  durch- 
gesehenes Exemplar  an  den  Drucker  (Mauke  in  Jena,  da  Grunert  in  Halle  nicht 
Zeit  hatte)  gesandt,  sondern  offenbar  hat,  eben  weil  keinerlei  Änderungen  von 
Kant  beabsichtigt  waren,  Hartknochs  Vertreter  in  Leipzig,  Hertel,  Exemplare 
der  vorigen  Auflagen  der  beiden  gleichzeitig  üeu  zu  druckenden  Kritiken  (jhr. 
b.  r.  9).,  3.  Aufl.,  und  Stx.  b.  pr.  IB.,  2.  Aufl.)  dem  Drucker  als  Druckvorlagen 
übersandt,  und  der  Neudruck  ist  dann  einfach  nach  diesen  bewirkt  worden.  Auch 
von  einer  sachverständigen  Überwachung  des  Drucks,  wie  die  Urausgabe  der 
jhrttif  ber  Urtl^etl^froft  sie  erfahren  hat,  hören  wir  nichts.  Zwar  konnten  die 
zum  Theil  von  Nachdenken  zeugenden  Verbesserungen  eine  solche  vermuthen 
lassen.     Aber  auch   dann   würden  diese   eine   höhere   Autorität   als   die   der 

82* 


500  Ärltif  bcr  prafttfdften  Vernunft. 

späteren  Herausgeber  nicht  beanspruchen  können.  Zu  beachten  ist  auch,  dass 
beim  Druck  der  vierten  Auflage  nicht,  was  doch  am  nächsten  lag,  die  zweite, 
sondern  die  erste  als  Vorlage  gedient  hat 

Bei  dieser  Sachlage  war  es  angezeigt,  dem  gegenwärtigen  Abdmck  die 
erste  Auflage  zu  Grunde  zu  legen,  alle  nicht  ganz  belanglosen  Abweichungen 
der  zweiten  und  der  folgenden  aber  im  Apparat  wenigstens  zu  verzeichnen. 

Von  den  späteren  Herausgebern  hat  Hartenstein,  wie  schon  gesagt,  die  6., 
Rosenkranz  die  2.,  Kehrbach  die  1.  Auflage  zu  Grunde  gelegt;  doch  haben 
Hartenstein  und  Kehrbach  die  2.  auch  zu  Rathe  gezogen,  die  wesentlichsten 
Verbesserungen  daraus  aufgenommen,  in  Nebendingen  aber  sich  je  an  ihre  Vor- 
lage gehalten.  Weit  die  meisten  eigenen  Verbesserungen  hat,  wie  stets,  Harten- 
stein aufzuweisen.  Grillos  Druckfehlerverzeichniss  (Philos.  Anzeiger,  I.  Jahrg., 
1795,  41.— 48.  Stück)  enthält  neben  vielem  Werthlosen  immerhin  über  ein  Dutzend 
wirklicher  Berichtigungen,  die  zwar  fast  alle  auch  von  den  späteren  Heraus- 
gebern, ohne  Kenntniss  dieses  Verzeichnisses,  gemacht  worden  sind. 

Bei  allem  blieb  dem  Herausgeber  noch  genug  zu  thun  übrig.  Er  sah 
sich  bei  seiner  Arbeit  in  dankenswerther  Weise  unterstützt  durch  drei  jüngere 
Gelehrte,  A.  Görland  in  Hamburg,  A.  Nolte  in  Gasse!  und  K.  Vorländer 
in  Solingen,  die  fast  jede  der  nachstehend  verzeichneten  Stellen,  zum  Tbeil 
wiederholt,  mit  ihm  geprüft,  manche  sichere  oder  mögliche  Verbesserung  selbst 
gefunden  oder  auf  vorhandene  Schäden  hingewiesen  haben.  Solches  Zusammen- 
arbeiten hat  besonders  das  Gute,  gegen  die  eignen  Vermuthungen  misstrauisch 
zu  machen.  Aus  diesem  Misstrauen  ist  eine  ziemliche  Zahl  mehr  oder  minder 
wahrscheinlicher  Verbesserungen  nicht  in  den  Text  gesetzt,  sondern  nur  im 
Apparat  mitgetheilt  worden.  Besonders  bei  den  so  häufigen  Fehlem  und  Frei- 
heiten der  Satzconstruction  ist  darüber,  was  Kant  geschrieben  oder  zu  schreiben 
beabsichtigt  habe,  volle  Sicherheit  meist  nicht  zu  erreichen,  und  thut  man  daher 
besser  nicht  zu  ändern,  auch  wenn  das  Überlieferte  sicher  falsch  ist. 

Erst  nach  dieser  gemeinsamen  Durcharbeitung  erschienen  die  «Oorrecturen 
und  Conjecturon  zu  Kants  ethischen  Schriften^  von  E.  Adickes  (Kantstudien  Y; 
zur  ^r.  b.  pr.  IB.  S.  211—214)  und  die  „Conjecturen  zu  Kants  Kritik  der  prakti- 
schen Vernunft**  von  E.  Wille  (ebenda  VH!  467—471).  Beide  dienten  in 
mehreren  Fällen  zu  erwünschter  Bestätigung  des  von  uns  bereits  Gefundenen,  in 
andern  zu  weiterer  Aufhellung.  Einige  neue  Verbesserungsvorschläge  finden 
sich  in  Voriänders  Ausgabe  1906,  S.  XLVII. 

526  i^nen]  il^m  Erdmann,  Kants  Kriticismus  1878  S.  243  ||  5»  bed  leiteten] 
auch  Adickes;  ber  leiteten  A  ||  733  um]  Hartenstein  unb  A  (möglich  auch:  unb  — 
einfcl&en  laffen)  ||  7-27  bcvfelben]  A^-*-«  beffclben  A>  ||  9«  einen  ©ebrauc^  ber  Ser. 
nunft]  bet  9}emunft  einen  (Bebrau^?  ||  lOs  ni^t]  A^  nt^t«  A>  ||  10?  Qltmtnit] 
(SrfenntniS  Voriänder  1906 1|  1128  fonnte]  fönntel  ||  14u  ©egenfiänbe  üufierer  S)tnge] 
schwerlich  richtig;  entweder  ©egenfidnbe  oder  allenfalls  (Begenflanbe  (dunere  2)inge) 
II  1413  anl^dnöc]  A^-*^  anl^ängt  A>  || 


Lesarten.  501 

1518  berfelben]  beffelbenl  ||  16»  t^rer]  unb  t^re  Natorp,  il^re  Vorl&nder, 
Adickes  ||  20ii  ber  ^anblung]  ^ur  ^anblung  Adickes  ||  21 20  ^u  machen]  Grilio, 
Rosenkrans,  Hartenstein  machen  A  ||  2136  i^rer  —  blcfc]  feiner  —  bicfc«  liegt 
nahe  (so  auch  Wille),  doch  ist  der  Übergang  in  den  Plaralis  bei  Kant  möglieb  || 
23i7  e«]  A»,  Rosenkranz,  Hartenstein  er  A^-*-«  ||  2435  fein  obere«]  Kants  Hand- 
eiemplar,  Hartenstein  fein  A  ||  25 16  ©elbftgenugfamfett]  Ai-'*-*  ©etbftgenüg» 
famfett  A«  II  2538  fo  ifl]  A»->  ift  A*-«  ||  2632  oaein  pe  ift]  Kants  Handexemplar, 
Hartenstein  1  allein  A  aUein  fie  enthält  Hartenstein'  ||  28?  ed]  fie  Adickes,  aber  ed 
dürfte  nach  dem  Pr&dicat  construirt  sein  wie  im  Lateinischen,  Tgl.  z.  B.  3433  || 
2884  fein]  A>-»  ein  A*-«,  doch  fein  auch  A*  auf  S.  50,  Z.  31  ||  2922  be«  SBitten«! 
bed  freien  Stillend  Hartenstein  (dem  Sinne  nach  richtig,  doch  ist  das  Oberlieferte 
baltbar,  wenn  man  Terstehen  darf:  be«  S^iQend  in  btefent  galle)  ||  2928.29  unfere 
—  e«]  unfer  —  eÄ  oder  unfere  —  fie?  Doch  ist  ein  Wechsel  bei  Kant  wohl 
möglich  II  2930  il^r]  Hartenstein  fein  A  ||  308.9  bcn  erfteren  —  bem  leftteren]  Es 
liegt  nahe,  beidemal  ben  (nämlich  ©runbfAj^en  oder  ©efe^en)  zu  schreiben; 
möglich  aber  ist  auch  beidemal  bem  (nämlich  SettJugtmerben  und  dabei  $C(^t' 
(oben)  —  und  so  am  Ende  auch  der  Wechsel  ||  3024  iintt)tberf}el)lid^ :  ob]  un* 
miberfle^lic^,  ob  A.  Die  geänderte  Interpunction  erledigt  wohl  den  Anstoss,  den 
man  an  der  Satzconstruction  nehmen  könnte  ||  31 11. 12  mithin  —  gebockt]  das  erste 
ald  ist  dem  zweiten  untergeordnet  (Nolte);  daher  war  das  zweite  nicht  etwa  zu 
streichen,  sondern  nur  nach  mithin  Komma  zusetzen  ||  329. 10  ^erfc^tebenl^eiten] 
A^-^  ^^erf^iebenl^eit  A*  Hartenstein  ||  3225  beren]  Hartenstein  beffen  A  ||  3238 
objecttD]  obiectioed  läge  nahe,  doch  lässt  sich  das  Oberlieferte  vertbeidigen  || 
3238  fdnnte]  Hartenstein  fonnte  A  ||  33i9  ber  greibeit]  bie  Srei^ett?  jj  348 
if^x]  i^nen?  Doch  vgl.  z.  B.  32 16-28  alle  enblic^e  S^efen  —  an  Jenem  —  Der- 
nflnftigem  —  afftctrtem  —  bei  jenen  ||  3427  »el^ed]  »el^e^  ||  3429  üorauci« 
dufe^en]  ooraudfe^en?  ||  3433  biefed]  nach  dem  Prädicat  construirt  (vgl.  zu  287), 
oder  auf  den  Infinitiv  ju  beförbem  bezüglich?  ||  35ö  fonnte]  Natorp  fömtte  A  || 
3527  baüon]  nach  Kantiscbem  Sprachgebrauch  möglich  ||  36 is  gelegt]  erg.  »erben 
(doch  der  Ausfall  bei  Kant  möglich)  ||  36 19  empfiehlt]  A  empfinbet  Hartenstein. 
Ich  habe  nicht  ändern  wollen,  da  das  Oberlieferte  sich  nach  Z.  25  rät(  an, 
27  anrät^ig  tfi  vielleicht  deuten  lässt  ||  3634geftimmte]  A^-^  beftimmte  A*  Harten- 
stein II  3636  au  ber]  bie?  ||  37i3wiaj  A»-*-«  t^un  »ifl  A»  ||  383o  ©eelenunru^e] 
A'  zweifellos  richtig  nach  Z.  15;  ©eelcnrulfee  A*-«  ||  398.9  einjlgen  formalen]  ist 
schwierig.  Vielleicht  war  formalen  zwischen  die  Zeilen  oder  an  den  Rand  ge- 
schrieben und  ist  an  falscher  Stelle  eingefügt  worden;  passen  würde  es  nach 
oorgetragenen  Z.  10  ||  433s^orm]  gorm  berfelben  (nämlich  der  Verstandeswelt) ? 
Oder  darf  man  verstehen:  S)er  (Sinnenmelt  bie  ^oxm,  ald  einem  (Sanken  ber« 
nünftiger  SBefen,  )u  ert^etlen?  ||  4429  beffelben]  ist  schwierig;  am  einfachsten  zu 
streichen  ||  453  SJ^a^men  aU  (Befe^ed]  vgl.  27 15-19  (oder  soll  ®efe^eiS  sich  auf 
ftllflenieingflltigleit  i^rer  9Ra;imen  beziehen?)  ||  45 11  fpeculatiüen]  Grilio,  Kehr- 
bach practif^en  A  ||  459o  ISorfteÜungen]  Hartenstein  193orfielIung  A  ||  4634  bie- 
felbe]  baffelbe  Hartenstein,  doch  s.  0.  zu  2988.89  ||  47 16  fönntc]  A»  fonnte  Ai-*-«  || 


502  <^rttif  ber  praftifc^en  Vernunft. 

47 18  burd^  iSrfa^rung]  burd^  feine  (Srfa^rung  Grillo  aud^  bitrc^  iStfal^rung  nk^t 
Adickes,  der  auch  Z.  16  feine  st.  aUe  lesen  mochte.  Doch  ist  nach  Kantischem 
Sprachgebrauch  möglich  die  Negation  aus  dem  Anfang  des  Satzes  hinzuzudenken  || 
4781  SBöibcrfiimlf^ffi]  A»-*  ©iberjlnntgeö  A»-*««  ||  4724  betecifen]  bemetfen  fönn 
oder  fonnte?  ||  4727  baö  ber  {^ret^eit]  man  erwartet  bt^  ber  grei^ett  (Natorp);  doch 
ist  der  Accusativ  baS  bei  Kant  wohl  möglich  als  abhängig  Yon  annel^men  (Nolte)  || 
48 1«  Urfac^en]  Urfat^e  Hartenstein  (nicht  zwingend)  ||  49i7  ©renaen]  A*-*-* 
(Brenae  A'  ||  4937  ben  fie]  ben  fie  ftc^?  {|  5087  ber  leiteten]  Hartenstein  beiS 
legieren  A.  —  Der  Satz  ist  schwierig,  aber,  wie  Adickes  bemerkt  hat,  schliess- 
lich möglich,  iodem  die  Participia  gebad)t  —  berttmmt  —  ermettert  zu  ^aben  mir 
Z.  18  zu  beziehen  sind.  Auch  proftifi^er  (Bebrau^  Z.  29  ist  bei  Kant  möglich  || 
5032-34  alle  flnfec^tung  —  n)e((^  —  mochten]  entweder  sollte  beidemal  Sing, 
oder  beidemal  Plur.  stehen  (so  auch  Wille);  doch  kommen  Freiheiten  solcher 
Art  auch  sonst  bei  Kant  vor  ||  518.9  SBerbinbung,  bie  aroifcj^en  einem  2)tngf  unb 
einem  anbeten]  Serbinbung  amifd^en  ic,  Rosenkranz  Sßerbinbung,  bie  —  befielt 
Kehrbach  ||  52io  bennoc^]  fte  benno^?  ||  52i&  ermatten]  ju  ermarten?  ||  52a 
mtQ  ic^]  A*  Grillo,  Rosenkranz,  Hartenstein  mitt  A^*^^  ||  556  nm]  A'  Rosen- 
kranz, Hartenstein  unb  A^-^-^  ||  5523  feinet  24  feine]  auf  SBtOend  bezüglich.  Man 
erwartet  i^rer  i^re  nach  Z.  21  bie  ntd|t  .  .  .,  doch  ist  solcher  Beziehungs- 
wechsel bei  Kant  nichts  Unerhörtes  ||  5530.3i  9{ea(itcit]  dteoUtät  nac^  Hartenstein, 
doch  lässt  das  Oberlieferte  sich  wohl  halten  ||  55s3  t^eorettfc^et  befHmmtet]  es 
läge  nahe  umzustellen,  doch  sind  solche  Wortstellungen  bei  Kant  nicht  ganz 
selten,  z.  B.  8618.19  motaIifd)en  gettöumten  SoUfommenl^eiten  ||  55m  inoQte] 
foUte?  II  579  bebienen]  bebienen,  annimmt  Hartenstein  || 

57 17  begriffe]  ^Begriffe  eineiS  ©egenftanbed  schiene  mir  eine  unbedingt 
sichere  Verbesserung,  die  ich  gleichwohl  dem  etwa  Zweifelnden  nicht  aufdrängen 
mochte  ||  5828  ©ubfecte]  Dbjecte  A  ||  603i  neningett]  öetringette?  ||  6O35  i^n] 
Hartenstein  fie  A  ||  61 7  unmittelbar]  ffit  unmtttelbat  A  ffit  unmtttelbat  gut 
Hartenstein  ||  62?  bet  leiteten]  Nolte,  bed  letzteren  A  ||  63i  et]  Hartenstein  ed  A  1' 
63 16  ^atte]  ^dtte  Hartenstein*,  doch  l^atte  Hartenstein',  welches  sich  in  der 
That  vertheidigen  lässt  ||  64i3-i5  foüte),  —  bcftimmte.j  Hartenstein  folltc,  — 
beftimmete).  A  ||  64 n  @efü§Ie]  ®efe$e  A  ®efä^t  Hartenstein  |{  66s.6  (bed  praht- 
f(j^en  Setmdgend)  bet  $(udfü^rung  feinet  ^bfi^t]  bet  SluiSfä^tung  feinet 
ftbftc^t  (bed  ptaltif(^en  SBerm5geniS)1  ||  686  miberftnntft^]  A,  nach  Kantiscbem 
Sprachgebrauch;  miberfinntg  Rosenkranz,  Hartenstein  ||  69 1  bie]  Hartenstein 
ber  A  II  6923  fie  bu]  bu  fie  Grillo,  doch  ist  die  betonte  Stellung  des  bu  vielleicht 
beabsichtigt  ||  70?  bei  ^anb]  A  bei  ber  ^anb  Grillo  Rosenkranz,  aber  bei  ^anb 
ebenfalls  147 15,  I6816  jj  70i4  gemeinften]  Hartenstein  (vgl.  Z.  2)  teinfien  A  |i 
7Ü37  »c((f)er]  Hartenstein  meldet  A  ||  71 10  weil]  Hartenstein  momit  A  j]  71i5-25 
Die  Construction  ist  schwierig,  aber  bei  Kant  yielleicht  doch  denkbar.  Adickes 
will  Z.  23  ba  fie  streichen.  Ich  würde  lieber  bie  st.  ba  fie  schreiben,  ziehe  aber 
Yor,  nichts  zu  ändern  || 


Lesarten.  503 

727  Idtine]  Adickes  fordert  bflrfe,  doch  ist  Fdnne  möglich  im  Hinblick  anf 
den  nachfolgenden  Bedingungssatz  ||  72 19  fle  ed]  ed  fie  Adickes,  doch  ist  das 
Oberlieferte  möglich,  in  dem  Sinne:  inbem  fte  (diese  Triebfeder,  das  moralische 
Gesetz)  ed  (nämlich  eben  Triebfeder)  if).  Der  Wechsel  des  Subjects  erklärt  sich 
ähnlich  wie  Z.  26,  wo  man  auch  ed  st.  fie  erwarten  könnte  ||  73a6  ©innttd^feit] 
Görland,  Nolte,  Adickes,  Wille  ©ittUd^feit  A  ||  7333  (S^efü^tö,  bod]  A»  Rosenkranz, 
Hartenstein  ©cfül^l«  bcd  A»-*-«  ||  74 15  fei]  ifl  Vorländer  ||  7422.23  bcr  crftcrcn] 
Adickes,  Wille  bed  erfteren  A  ||  756  auf]  aufd?  ||  75i2.i3  berfelben,  bad  ®efeU 
Hartenstein  berfelben  bad  @efe^  A  ||  752ö  ©tnnltd^feit]  Nolte,  Wille  (ygl.  76io) 
©ittlt^fdt  A  II  76 10  ed]  fle  Vorländer,  doch  ist  ed  allenfalls  haltbar,  indem  vor- 
schwebt, dass  Achtung  nicht  bloss  eine  Wirkung  aufs  Gefühl,  sondern  eben 
damit  selbst  ein  Gefühl  ist  ||  76 17  ^u]  aur  Kehrbach  ||  76i8  3ur]  Ai*«-^  dU  A«  || 
784-8  das  Anakoluth  (bag  —  fo  fteOt  und  —  not)  nicht  zu  ändern  ||  78i2  fein] 
t^r  Hartenstein,  doch  ist  das  Masc.  bei  Kant  durchaus  möglich,  bezüglich  auf 
,den  betreffenden**  ||  7927  bcrul^t]  A»-*-«  Grillo,  Kants  Handexemplar  brandet  A»  || 
SOio  berfelben]  A  beffelben  Hartenstein,  der  angiebt,  dass  A'  so  habe;  in  meinem 
Exemplar  steht  aber  berfelben,  was  sehr  wohl  haltbar  als  auf  $((^tung  bezüg- 
lich Ij  8011  tft  ed]  Hartenstein  ift  A  ||  826  fdnnten]  Nolte  fönnen  A  ||  8223  unb] 
Rosenkranz,  Hartenstein  unb  und  A  {|  8229  abaufürjen]  Kehrbach  abfürjen  A  || 
8330  i^n]  ed  Hartenstein,  doch  s.  o.  zu  78 12  ||  843  ed]  Grillo,  Rosenkranz, 
Hartenstein,  vgl.  Z.  2  u.  4  er  A  ||  848  biefetbe]  als  starker  Plural  nicht  zu 
ändern;  biefelben  Rosenkranz  ||  8426  unb]  um?  ||  85?  mftrben]  Hartenstein 
»flrbe  A  II  85 11  mel^ed]  roel^ed  ed  Rosenkranz,  Hartenstein  (das  Überlieferte 
bei  Kant  möglich)  ||  85ii  befielt]  A»-*-«  fehlt  A»  ||  8522  feine]  vgl.  zu  78i2  || 
85  25  btefe]  A»-»  bte  A*-*  Hartenstein  ||  8618.19  moroltf^en  getrüuiuten]  vgl.  zu 
5538  II  8934  Äriti!  ber  HnQlt)tlf  berfelben]  ist  jedenfalls  falsch,  aber  die  Ver- 
besserung nicht  sicher.  Ich  vermuthe:  i^ritil  berfelben  .  .  .  (roeld^ed  bte  etgent« 
li^e  Slufgabe  ber  Slnal^ttl  tft),  indem  ber  ^nal^tiC  erst  vergessen  war,  am  Rand 
oder  zwischen  den  Zeilen  nachgetragen  wurde  und  im  Satz  an  die  falsche 
Stelle  geriet.  Nolte  möchte  i^ritif  ber  streichen  ||  90io  mit  ber]  mit  ber  ber? 
Aber  die  Auslassung  ist  bei  Kant  möglich,  vgl.  z.  B.  89 18,  wo  auch  ber  ber 
anberen  genauer  wäre  ||  9024.27  ^u(^  —  qu^]  wohl  nicht  zu  ändern.  Rosen- 
kranz streicht  das  zweite  aud^  \\  91 12  fonnte]  Grillo,  Hartenstein  fönnte  A  |{ 
9123  feined]  nämlich  des  Menschen;  nicht  zu  ändern  ||  9226.27  (reinem  SRou« 
men)]  keinesfalls  richtig.  Ich  vermuthe  (feinem  !Roumen);  Adickes  (t)on  einem 
9h)umen);  vielleicht  habe  Kant  geschrieben  n.  einem,  woraus  dann  beim  Ab- 
schreiber oder  Setzer  reinem  geworden  sei  ||  9234  in]  A^-^-*  im  A'  ||  9332  aber] 
oben?  II  9412  ni(^t]  A^-«-«  nichts  A^  ||  9428  im]  Rosenkranz,  Hartenstein  in  A  jj 
973  nun  ald]  nun  A  ||  974  üugeren  @inne]  st.  äußerer  Sinne  bei  Kant  sprach- 
lich möglich;  beö  duneren  ©inned  Grillo  dugeren  ©inned  Rosenkranz,  Harten- 
stein* ber  äußeren  @tnne  Hartenstein',  Kehrbach  ||  9727  benen]  Vorländer 
bem  A  ben  Hartenstein  ||  988. 10. 11  er]  auf  bad  vernünftige  SBefen  bezüglich, 
8.  zu  7812  II  10024-27  uufere  oomel^mfte  5BorQu«fe^ung  —  obauge^en]  u.  n.  ©.  — 


504  ^ttf  ber  pralttf(!^en  Vernunft. 

Qufaugeben  Hartenstein  noit  nnferer  t)ome(niften  SSotau^fe^iuig  —  abauge^enl  || 
10037  Qud^]  A»'*-«  fehlt  A'  ||  einräumen,  bte]  Hartenstein  emröumen:  S)ie  Grillo 
einräumen.  2)ie  A  ||  lOli?  biejenige]  ygl.  848  bieienigen  Rosenkranz,  Harten- 
stein II  10211  oliS]  Hartenstein  fehlt  A  ||  102 13  ^u  t^m]  aU  au  i^m  Hartenstein 
(nicht  noth wendig)  ||  öe^örig]  Hartenstein  fehlt  A  ||  102 14  gefc^iel^t]  A*^  flc* 
fc^ii^t  A^  (wohl  Druckfehler)  ||  10228  bem]  A>-«-«  ben  A^  doch  bem  S.  183 
unter  dem  Text  j|  lOdsi  bag]  Rosenkranz,  Hartenstein  bag  i^  A  ||  1048  mteberum 
bebingt]  mieber  unbebingt  A  mieber  bebingt  Hartenstein  ||  mfi^te]  Hartenstein^ 
mufete  A  Hartenstein»  ||  104 18  foUte]  Hartenstein  fofle  A  ||  104«  wiberfpre^e] 
wohl  nicht  in  n)iberfpred^en  zu  ändern;  der  Sing,  bezieht  sich  auf  den  Satz 
8.  S3.  —  au  beufen  (Z.  24—27)  Nolte.  —  Das  scheinbare  Anakoluth  Z.  27—31 
löst  sich  auf,  wenn  man  Z.  30  nach  ge^drig  ift,  nochmals  gehörig  aus  Z.  28 
hinzudenkt  ||  1059  ben  fie]  fällt  aus  der  Construction ;  doch  nicht  zu  ändern  i| 
10627  biefed  ©efc^äfte]  Grillo  btefe  @ef Raffte  oder  biefe  Gef^äfte  A  bied  (Bef4&ft 
Hartenstein  || 

10723  Derrietl^e]  Rosenkranz,  Hartenstein  neniet^  Grillo  nerriet^en  A  || 
1104  3)iefe]  A»->  3>ie  A*-«  (Druckfehler)  ||  lllu  ber  erflcren  —  au  ber  le^tern] 
au  zu  streichen  läge  nahe,  doch  kommt  Ähnliches  auch  sonst  Yor  ||  11483  feinem] 
vgl.  zu  78 13  II  11715-19]  Die  Construction  ist  verwirrt,  aber  schwer  zusagen,  wo  der 
Fehler  liegt.  Hartenstein  und  Eehrbach  setzen  Z.  18  unb  st  a%  aber  ^(^tung  —  aU 
^emugtfein  hat  guten  Sinn,  also  ist  der  Fehler  an  früherer  Stelle  zu  suchen.  Ich  ver- 
muthe  Z.  16  ald  st.  ift  olfo,  oder:  ift,  aU,  in  welchem  Fall  ift  Z.  19  zu  streichen  wäre  || 
11729  bur^]  bur^d  Vorländer  1906  ||  llSss  i^rer]  feiner?  Vorländer,  doch  ist  der 
Plural  möglich  in  Beziehung  auf  ^itleib  unb  Sl^eilnel^mung  ||  120 19  ni^td] 
A»  Grillo,  Rosenkranz  nid^t  A>-*-«  ||  12l6-i8]  fehlt  das  Subject  fie,  entweder 
nach  bog  Z.  6,  oder  nach  miberfpred^en,  Zeile  8  Vorländer,  Wille  ||  12515  oberfle 
Urfac^e  ber]  Grillo,  Hartenstein  oberfte  ber  A»-*-«  oberjte  A«  ||  12728  beffelben] 
A«  beffen  A»-*-«  ||  12737  über  bie]  Hartenstein  über  A  jj  12739  ergaben]  A»  wohl 
richtig,  erhoben  A»-*-«  ||  12827  ber  (S^riflen]  A»  be«  (S^riflen  Ai-*-«  i|  128« 
eiS]  nämlich  bod  gutrauen?  Natöriicher  wäre  i^n  (den  Menschen)  ||  129i9.ao 
»iltfürlidöe  —  awföHige]  roillfürlit^er  —  aufälliger  Hartenstein,  doch 
solche  Construction  bei  Kant  möglich;  vgl.  Z.  17  aU  bad  Dbiect  unb  ben  (ihib* 
amedt,  wo  man  auch  Gen.  erwartet  ||  12923—27  das  scheinbare  Anakoluth  (Nolte, 
Wille)  nicht  zu  ändern  ||  132 lo  unmittelbar]  Hartenstein  mittelbar  A  ||  132i5 
nic^t]  Kants  Handexemplar,  fehlt  A  bad  fpeculatiue  (^rfenntnig  nid^t  Hartenstein  || 
13311.12  bie  foömologifc^c  Sbee  —  unb  ba«  SBeroufetfein]  man  erwartet  den  Dativ 
(Nolte);  doch  nicht  zu  ändern  ||  134ii  t^eoretifc^enj  Hartenstein  t^eologif(!^en  A 
teleologifc^en  Grillo  ||  13528  ftnb,  ba^]  Grillo,  Hartenstein  ftnb.  S)a«  A  ||  1366 
o^ne]  Hartenstein  ober  A  ||  13629-34]  der  Satz  hat  zwei  Subjecte:  bag  —  (abe 
und  bie  [Realität  ber  begriffe.  Vielleicht  ist  ein  b.  i.  vor  bie  ^Realität  Z.  32 
ausgefallen  ||  1403  i^n]  der  Sinn  scheint  ed  zu  fordern  (Nolte),  doch  sind  solche 
Incongruenzen  bei  Kant  nicht  selten  ||  14029  au]  aum  Hartenstein  (nicht  zwingend)  ]| 


Sachliche  Erl&uterungen.  505 

Ulis  311  oerl^flten]  ftllt  aus  der  Construction,  ist  jedoch  nicht  zu  ändern;  es 
lehnt  sich  dem  Sinne  nach  an  den  vorausgehenden  Satz  an:  die  Deduction  der 
Kategorien  war  nötbig,  um  zu  verhüten  ||  14li5-2(]  fehlt  ein  Nachsatz  ||  1427 
Urgrunbeö]  A»  Grillo  Ungrunbefi  A»-*-«  ||  143i6.i7  unb  grüiibet  jlc^  nid^t  etwa  auf 
Steigung]  correct  wäre:  unb  fic^  —  grflnbet  ||  1448  unb  man  wirb]  Rosenkranz, 
Hartenstein  unb  wirb  man  A  ||  14631  öefH]  A»-*-«  »cP^c  A>  |i 

15135—1521  bie  aud  —  a&l^Ien  ma^]  es  fehlt  ein  Yerbum  ||  1528  beffelben] 
Nolte  berfetbcn  A  ||  154i3.i3  nic^t  —  nic^t]  nicht  zu  ändern,  vgl.  9034.9?  ^ud^ 
—  QU^;  1577.9  mel^r  —  me^r  Nolte  ||  15433  alö]  Hartenstein  fehlt  A  ||  löGsi'.si 
Pe  —  fie  —  fif]  cd  —  cd  —  c3?  Vorländer;  mir  schien  richtig  nicht  zu  ändern; 
als  Subject  ist  (aus  dem  vorigen  Satz)  bte  ©ittUd^fett  gedacht  ||  15630  unoer« 
mengt  oon]  so  A  ||  1577.9  me^r  —  me^r]  Hartenstein  streicht  das  erste  mel^r, 
doch  s.  0.  zu  15413.13  ||  15789  auf  alle  anbete  (Brunblage]  so  A;  zu  ändern 
schiene  mir  nicht  richtig  ||  159 11-13  unb  ift  in  bemfelben  Sdemugtfein  beiS  ®e« 
fe^ed  —  ungertrennltc^]  ist  nicht  bloss  schwierig  wegen  der  Verbindung  tfl  un« 
3erttennlt^  in,  sondern  es  ist  auch  nicht  klar,  was  das  Subject  zu  unjertrennlicl^ 
und  oerbunben  sein  soll.  Ich  vermuthe:  unb  ifi  k)on  bemfelben  bad  iBemugtfetn 
bed  @efe|ed  oder:  unb  ifl  t)on  bemfelben  SSemugtfein  ba^  bed  (Befe^ed  oder:  unb 
ifl  üon  bemfelben  IBemugtfein  bad  93etDu6tfetn  bed  @efe|ed  u.  s.  f.  ||  159 15  her- 
felben]  lässt  sich  auf  Srtebfeber  beziehen,  ist  also  haltbar.  Im  übrigen  ist  der 
Relativsatz  zwar  wunderlich  construirt  (ber  (Effect  giebt  Hoffnung  ju  fetner  Se- 
mitfung),  aber  schliesslich  zu  verstehen  ||  159i7  reine  moralifcf^e]  rein  moraltf<l^e?  || 
16133.34  a»n«^*n^nber]  A'  june^menben  A^-^-«  || 


Sachliche  Erläntenmgen. 

Eine  erschöpfende  Untersuchung  über  die  polemischen  Rücksichten,  die 
bei  der  Abfassung  der  jhr.  b.  pr.  9.  mitgewirkt  haben  und  in  ihr  zum  Aus- 
spruch gekommen  sind,  ist  nicht  dieses  Orts;  doch  scheint  es  nützlich  die 
wichtigsten  Daten  zusammenzustellen. 

1.  Hamann  schreibt  an  Jacobi  am  13.  Mai  1786  (Gildem.  V  322)  über 
einen  Besuch  bei  Kant:  „Eine  Autorangelegenheit  ging  ihm  auch  im  Kopf 
herum,  die  er  mir  sogleich  mittheilte.  Es  ist  die  Tübingiscbe  Recension 
seiner  Moral.  Schütz  hatte  ihn  auf  eine  Widerlegung  eines  Kirchenraths  Tittel 
vorbereitet,  der  ein  Commentator  des  Feders  sein  soll,  der  mir  bisher  ganz  un- 
bekannt geblieben  ist.  Vielleicht  ist  die  ganze  Widerlegung  diese  kahle  Recen- 
sion, die  Kanten  nicht  anficht,  aber  für  wichtig  genug  von  schwachen  Freunden 
gehalten  worden,  sie  ihm  zu  Gefallen  hier  nicht  cirkullren  zu  lassen.* 

Die  Tübingische  Recension  der  (Brunblegung  (Tüb.  gel.  Anz.  1786,  14.  Stück, 
16.  Febr.,  S.  105  ff.)  ist  nicht  von  Tittel,  sondern  (wie  sich  unschwer  beweisen 
lässt)  von  dem  Tübinger  Professor  J.  Fr.  Flatt,  der  aber  mit  Tittels  Ansichten 


506  i^ttil  ber  prafttfd^en  Sentunft 

sehr  öbereinstimmt  Er  war  st&ndiger  RecenBent  philosophischer  Schriften  in 
genannter  Zeitschrift;  er  hat  namentlich  eine  grosse  Zahl  von  Schriften,  die 
sich  direct  oder  indirect,  freundlich  oder  feindlich  mit  Kant  beschäftigen,  daselbst 
besprochen  und  dabei  unermüdlich  dieselben  Einwände  wiederholt. 

Die  »Widerlegung**  des  Kirchenratbs  Gottlob  August  Tittel  in  Carls- 
ruhe ist  die  Schrift  „Ober  Herrn  Kants  Moralreform.  Frankfurt  u.  Leipzig  bey 
den  Gebrudern  Pßihler.  1786.*  Als  «Gommentator  des  Feders*  wird  er  Yon 
Hamann  mit  Grund  bezeichnet,  da  er  «Erläuterungen  der  theoretischen  und 
practischen  Philosophie  nach  Herrn  Feder^s  Ordnung  in  fünf  Abtheilungen* 
1783—94  erscheinen  Hess  (Adickes,  Kant-Bibliogr.  n.  297);  den  schwachen 
Schatten  des  schwachen  F(eder)  nennt  ihn  Biester  in  einem  Briefe  an  Kant 
(11.  Juni  1786,  X  434),  aus  dem  man  ersieht,  dass  Kant  ernstlich  daran  dachte 
eine  Vertheidigung  gegen  die  Angriffe  von  Feder  und  Tittel  bekannt  zu  machen. 
Auch  Jakob  thut  der  Schrift  gegen  Kant  Erwähnung  (17.  Juli  1786,  X  438), 
und  dieser  lässt  sie  sich  dann  durch  Schütz  schicken  (s.  dessen  Brief  y.  3.  Nov., 
X  445).  Sie  ist  in  der  Vorrede  der  ibr.  b.  pr.  S.  ausgiebig  berücksichtigt. 
Schon  im  Vorwort  seiner  Schrift  tadelt  Tittel  den  „gar  zu  häufigen  Gebrauch 
abstrakter  Terminologien*  (S.  4).  Er  vertheidigt  gegen  ihn  Jenes  unschuldige 
und  liebenswürdige  System,  das  Glückseligkeit  und  Sittlichkeit  aufs  innigste 
zusammenverknüpft^  (S.  5),  wirft  mehrmals  Kant  „Mystik*  vor  und  wiederholt 
besonders  oft  die  Behauptung,  dass  dieser  „längstbekannte  Dinge  in  einer  un- 
vemehmlichen  Sprache,  als  neu,  verkündiget*  (so  S.  25).  .Soll  denn  die  ganze 
Kantische  Moralreform  etwa  nur  auf  ein  neue  Formel  sich  beschränken?*  (35). 
„Herr  Kant,  nachdem  er  auf  diese  Art  sein  vermeintes  neues  Princip  der 
Sittenlehre  ausgeführt  und  befestiget  zu  haben  glaubt  .  .  .*  (55).  „Man  sollte 
kaum  denken,  dass  so  gemeine  und  bekannte  Sätze  einer  so  kunstreichen 
Verdunkelung  fähig  wären  .  .  .  Warum  muss  ich  erst  den  Menschen  in  zwei 
Welten  versetzen?  Warum  die  fremdlautende  —  und  darum  etwas  neues  ver- 
sprechende, und  doch  nichts  neues  enthaltende  Nahmen  von  Autonomie  und 
Heteronomie  so  tief  herausführen?  Wozu  so  viel  technische  Imperativen?  Wozu, 
bei  einer  so  leichten  Sache,  der  ganze  schwerfällige  Gang?*  (82)  u.  s.  t 
Hiemach  gehen  vorzugsweise  auf  Tittel  die  kritischen  Bemerkungen  der  Vorrede 
Kants,  828 £f.,  lOasff.  (mit eiyem Seitenblick  aufGarve-Feders  bekannte  Recension der 
Ar.  b.  r.  8.,  vgl.  1334fF.);  aber  auch  die  Kritik  284ff.  passt  besonders  auf  Tittel, 
der  keine  Schwierigkeit  darin  fand,  dass  das  Gesetz,  seine  eigene  und  Andrer 
Glückseligkeit  zu  befördern,  wirklich  als  allgemeines  Gesetz  für  alle  vernünftige 
Naturen,  in  unbedingter  praktischer  Noth wendigkeit,  gelte  (S.  56  s.  Schrift); 
sie  passt  allerdings  auch  auf  Flatt,  der  sich  (wie  Tittel  S.  31)  besonders  darauf 
beruft,  dass  Kant  selbst,  im  Widerspruch  mit  seiner  These,  dass  überhaupt 
keinem  empirischen  Princip  Allgemeinheit  zukomme,  in  der  (Brunblegung  zuge- 
standen habe,  die  Absicht  auf  Glückseligkeit  komme  allen  vernünftigen  Wesen 
„nach  einer  Naturnoth wendigkeit*  zu.  und  so  wird  sonst  noch  manches  sich 
auf  diese   beiden  zunächst   beziehen,    obgleich   es  daneben  auch  Andre  trifft; 


Sachliche  Erläuterungen.  507 

z.  B.  spottet  aber  die  neue  Terminologie  auch  die  Besprechung  der  ®runb« 
legung  in  den  „Kritischen  Beyträgen  zur  neuesten  Geschichte  der  Gelehrsamkeit* 
I.  :202ff.  (Adickes  n.  236),  wie  schon  früher  namentlich  Feder;  auch  Meiners 
in  der  Vorrede  seines  .Grundrisses  der  Seelenlehre'',  deren  Zurückweisung  Kant 
seinen  Freunden  überliess  (X  446,  456).  So  ist  der  allgemeine  Vorwurf  der 
.Inconsequenz"  —  4a8,  536  —  natürlich  von  vielen  ausgesprochen  worden;  mit 
besonderer  Vorliebe  aber  von  Flatt  in  seinen  zahlreichen  Recensionen. 

2.  Kant  selbst  nennt  mit  Namen,  im  Briefe  an  Schütz  vom  25.  Juni  1787 
(X467),  Feder  und  Abel,  beten  bct  erfte  gor  feine  (Srfenntnife  a  priori, 
bet  anbere  eine,  bie  )roif4)en  ber  empirifc^eii  unb  einer  a  priori  bad  ^Rittel  galten 
foU,  behauptet.  Beider  hatte  kurz  vorher  gegen  ihn  Bering  Erwähnung  gethan 
(28.  Mai,  X  465).  Auf  den  ersteren  bezieht  sich  ersichtlich  der  Schluss  der 
Vorrede  (126ff.):  ©0*  ©c^lintmere«  fönnte  ober  biefcn  ©emü^ungen  moftl  ni<^t 
begegnen,  al^  menn  jemonb  bie  unerwartete  (^ntbecfung  machte,  bag  ed  fi  ber  oll 
gor  fein  (Srfenntnig  a  priori  gebe,  no(^  geben  fOnne;  obgleich  auch  schon 
früher  C.  G.  Seile  (Berl.  Monatsschr.  1784,  Dec.)  mit  dem  , Versuch  eines  Be- 
weises, dass  es  keine  reinen,  von  der  Erfahrung  miabhängigen  Vernunftsbegriffe 
gebe^,  gegen  Kant  aufgetreten  war.  Die  Schrift  Feders,  die  Kant  in  jenem 
Briefe  im  Auge  hat,  ist  wohl  sicher:  „Ober  Raum  und  Caussalitat  zur  Prüfung 
der  Kantischen  Philosophie.  Göttingen  1787'',  deren  Vorrede  das  Datum 
31.  Januar  1787  trägt  und  die  wohl  zur  Ostermesse  erschien,  also  Kant  früh 
genug  bekannt  werden  konnte,  um  in  einem  Nachtrag  zu  seiner  Vorrede  noch 
Berücksichtigung  zu  finden.  Kants  Ausführung  trifft  genau  auf  jene  Schrift  (bes. 
§9,  S.  35ff.)  zu.  Dagegen  sind  Abels  Schriften  («Plan  zu  einer  systematischen 
Metaphysik''  und  „Versuch  über  die  Natur  der  speculativen  Vernunft  zur  Prüfung 
des  Kantischen  Systems'',  beide  1787)  in  der  ^.  b.  pr.  $.  nicht  berücksichtigt; 
Kant  hielt  ja  eigentlich  oHe  SontroDerfen  mit  diesen  Gegnern  für  überfläss%  (vgl. 
X  487  über  bie  ftn^Anger  am  Slten);  nur  ihres  sachlichen  Interesses  halber  hat  er 
jene  weitestgehende  „(Sntbetfung"  Feders  doch  der  Berücksichtigung  werth  gehalten. 
3.  Und  so  bat  er  jedenfalls  nicht  diese  Männer  im  Auge,  wenn  er  (6i8)  auf 
jene  er^eblt^ften  Stntofirfe  miber  bie  i^ritif,  die  ihm  bisher  vorgekommen  seien, 
Bezug  nimmt:  näintic^  einerfeitiS  im  t^eoretifd^en  @rfenntntg  geleugnete  etc.  Auch 
nicht  an  Ulrich  ist  hierbei  zu  denken,  der  in  seinen  „Institutiones  logicae  et  meta- 
pbysicae''  (Jena  1785),  die  er  selbst  Kant  zusandte  (X  378. 398),  S.  233  die  Frage 
der  Anwendbarkeit  der  Kategorien  auf  das  „transcendentale  Object"  (das  er  dem 
„Ding  an  sich*  gleichsetzt)  nur  in  theoretischer  Hinsicht  berührt.  Sondern  Kant  hat 
schon  hier  den  hernach  (825)  deutlicher  bezeichneten  n)a^rl)eit(tebenben  unb  f(!^orfeii, 
babei  alfo  bo(^  immer  ac^tungdmftrbigen  9lecenfenten  seiner  ®runblegung  im  Auge, 
der  ihm  auch  den  Einwurf  gemacht  hatte,  dass  der  Begriff  des  Guten  vor  dem 
moralischen  Princip  hätte  festgesetzt  werden  müssen.  Es  ist  der  Recensent  der 
„Allgemeinen  deutschen  Bibliothek",  nach  Jenischs  richtiger  Angabe  (an  Kant, 
14.  Mai  1787,  X  463)  „Probst  Pistorius  auf  Femaru,  der  Übersezzer  des  Hart- 
ley''.    Es  kommt  aber  hier  nicht  nur  die  Recension  der  (iirunblegung  (A.  d.  B., 


508  Stx\m  ber  praftifc^en  Sernunft. 

Bd.  66  S.  447  ff.),  soodern,  gerade  was  die  tiefergehenden  Einw&nde  wegen  der 
Anwendbarkeit  der  Kategorien  aaf  Noamena  und  der  Doppelnatur  des  Menschen 
als  Pbaenomenon  und  Noumenon  betrifft,  die  umfönglichere  Besprechung  von 
Schultz'  Erl&uterungen  (ebenda  S.  92  ff.)  in  Frage,  wo  diese  Einwurfe  eingehend 
und  verständig  entwickelt  werden;  nicht  ohne  ein  Gompliment  an  den  «^ebenso 
wahrheitliebenden  als  tiefdenkenden  Weltweisen'',  welches  dieser  mit  dem 
Wort  825  also  nur  erwiedert.  Pistorius  hat  dann  in  seiner  Besprechung  der 
Stt,  b.  pr.  193.  (A.  d.  B.,  Bd.  117,  S.  78  ff.,  auf  S.  96)  auf  Kants  Bemerkung  wiederum 
Bezug  genommen. 

4.  Der  einzige  Beurtheiler,  der  in  der  ^.  b.  pr.  9,  selbst  mit  Namen  ge- 
nannt ist  (14333),  ist  Thomas  Wizenmann,  der  Verfasser  der  in  Leipzig  1786 
ohne  Automamen  erschienenen  Schrift  „Die  Resultate  der  Jacobi'schen  und 
Mendelssohn'schen  Philosophie,  kritisch  untersucht  Yon  einem  Frey  willigen" ; 
ein  intimer  Freund  und  Gesinnungsgenosse  Jacobis,  aus  dessen  Briefwechsel  mit 
Hamann  man  Näheres  über  ihn  erfthrt.  Auf  die  genannte,  damals  viel  beachtete 
Schrift  hatte  Kant  Bezug  genommen  in  der  Abhandlung  der  «Berliner  Monats- 
schrift'': Sad  ^ei^t:  ft^  im.  2)enlen  orientiren?  (Oct  1786),  welche  Wizen- 
mann beantwortete  durch  die  im  , Deutschen  Museum*  (1787,  I  116—156)  er- 
schienene Abhandlung:  „An  den  Herrn  Professor  Kant  von  dem  Verfasser  der 
Resultate  Jacobi'scher  und  MendeIssohn*scher  Philosophie.*  Wizenmann,  der 
eine  Zeitlang  bei  dem  Freunde  in  Pempelfort  lebte,  starb  am  22.  Februar  1787 
in  Muhlheim  (Jacobi  an  Hamann  12.— 27.  Febr.,  Gildem.  V  455).  —  Die  Er- 
wähnung Wizenmanns  steht  in  Zusammenhang  mit  dem  bekannten  Streit 
zwischen  Mendelssohn  und  Jacobi  über  den  Spinozismus  Lessings.  Einen 
ferneren  Nachhall  dieses  Streits  erkennen  wir  in  der  Bezugnahme  auf  den  fonfl 
fd^arf finnigen  SRenbeldfo^n,  101 20;  wo  die  Warnung  vor  der  Gonsequenz  des 
Spinozism  (1021.8),  wenn  man  sich  zum  Kriticismus  nicht  entschliessen  kann,  zu 
beachten  ist 

517.18  Qutd-^Uatii,]  Hor.Sat.  I  1,  19. 

12 14  (ex  pumice  aquam)]  aquam  a  pumice  postulare  (sprichw.:  von  jemand 
etwas  verlangen,  was  er  seiner  Natur  nach  nicht  leisten  kann).  Plaut  Pers. 
I,  1,  42. 

136  ff.  ^ume]  vgl.  5082 ff.  Kants  Meinung,  daß  Hume  die  Sätze  der  Mathe- 
matik für  analytisch  und  apodiktisch  gehalten  habe  (ISis,  524),  fußt  auf  dessen 
Inquiry  concerning  Human  Unders tandin g,  Sect  IV.  Aber  in  Sect  XII,  2  der- 
selben Schrift  werden  Zweifel  darüber  angedeutet,  und  im  älteren,  ausführlicheren 
Werk,  dem  Treatise  on  Human  Nature,  sieht  Hume  wenigstens  die  Sätze  der 
Geometrie  offenbar  für  synthetisch  und  von  Erfahrung  abhängig,  mithin  nicht 
apodiktisch,  an.  Kant  hat  demnach  das  ältere  Werk  nicht  gekannt  oder  nicht 
genauer  beachtet. 

1328  S)et  Slinbe  bt&  S^efelben]  der  Bericht  des  Anatomen  W.  Cheselden 
jiber  einen  operirten  Blinden  (aus  den  PAiY.  TVafuacftoM,  1728,  XX.XV  447) 
mag  Kant  bekannt  geworden  sein  durch  Kästners  Bearbeitung  von  Rob.  Smith 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  509 

»Vollständigem  Lehrbegriff  der  Optik"  (1755),  wo  dieser  Bericht  deutsch  wieder- 
gegeben ist.    Vg).  Apelt  Metaphysik  S.  520  ff. 

407  ßrufiuö]  Chr.  Aug.  Crusius  (Professor  der  Theologie  in  Leipzig) 
z.  B.  im  „Entwurf  der  noth wendigen  Vernunft-Wahrheiten**  (2.  Aufl.  1753) 
§  283,  284,  286. 

50s2ff.  2)aöib  ^umc  .  .  .  524 ff.  3)te  SWatlfeematt!  .  .  .]  vgl.  zu  136  ff. 

6026  bcn  ©toifer]  Cic.  Tusc.  II,  25,  61. 

9327  (na(^  $(otod  ttrtl^etle)]  im  Staat  522  ff. 

97 16  mit  Setbni^en  $pirUuaU]  Tbeodicee,  Ess.  sur  la  bonte  de  Dieu  etc.  52, 
403  (Philos.  Sehr.  her.  v.  Gerhardt,  VI,  131,  356);  ähnlich  in  den  Auseinander- 
setzangen mit  Bayle  (Oerh.  IV,  505  ff.,  536  ff.,  549)  u.  o. 

98  82  trieft  let)]  The  doctrine  of  philosophical  necessity,  London  1777,  S.86ff. 

101 8  ein  ^aucanfonfc^ed  Slutomat]  Vaucansons  Automaten  (Flötenspieler, 
fressende  Ente  etc.),  zuerst  gezeigt  in  Paris  1738,  wurden  von  den  Materialisten  des 
18.  Jahrh.  (so  de  la  Mettrie,  L^homme  machine,  1748)  gern  zur  Unterstützung  der 
mechanistischen  Hypothese  angeführt.  Lange,  Gesch.  d.  Mat.,  2.  Aufl.,  I  356. 

10120  3)^enbeIdfo^n]  Morgenstunden  (1785),  Abschn.  XL 

15833  Suüenol]  Sat.  III,  8,  79—84;  von  Kant  ebenfalls  citirt  in  der 
SÜeligton  etc.  (in  dieser  Ausgabe  Bd.  VI  4927)  und  in  der  fRtO^Mif^xf  (VI  3344.5). 

16019  (laudatur  et  alget)]  probitas  kmdatur  et  alget  Juven.  Sat.  I,  1,  74. 

Paul  Natorp. 


Orthographie^  Interpunction  und  Sprache. 

Orthoflrraphie«  Vocale.  Die  Eingriffe  beschränken  sich  auf  wenige 
Fälle:  oa  in  Unmaagung  (daneben  Qnmogung),  ^aa^  fc^aal;  —  e  statt  ft  in 
Ungefe^r,  nemlid^,  onbermert«;  —  e^  in  gre^^ctt,  jinc^,  3»ct)te,  ©(l^mämterek), 
einerlei  u.  ä.,  getne^net,  fe^,  fegn  (esse),  be^;  —  ie  zuweilen  in  gieng  (daneben 
oorl^erglng,  anfing).  —  Consonanten.  Dehnungs-^  steht  in  SB^tUffl^r,  fehlt  in 
mol  (doch  auch  SBol^lDer^oIten,  mol^Igeme^nt),  oomemlid^,  aÜmAIig.  —  c  steht 
sehr  h&ufig  da,  wo  wir  !  setzen :  ^rittf,  Kategorie,  ^l^arocter,  6om5bte,  ^atecf^iöm, 
practif^,  opobicttf<l^,  biolectifc^,  f^ncretiflifd^,  coiSmoIogifc^,  pfinctlic^  u.  a.  —  Einzel- 
fälle sind  ^oliceQ,  @ef<l^dffte,  tndgefamt,  caussa  (sonst  (Sauf alttät).  —  Anfangs- 
buchstaben. Am  meisten  stört  die  Minuskel  in  substantivirten  Adjectiven: 
ber  üerfuc^tefle,  bad  fd^ä^barfte,  im  t^eoretlf^en  (doch  werden  sie  auch  oft  gross 
geschrieben:  bad  Unbebingte),  tixoa^  äfll^etifd^ed,  besonders  in  Adjectiv-Ver- 
bindungen:  bed  unbebingt-®uten,  beiS  tnoralif^-^uten,  bad  überfd^menglic^-Oroge. 
—  Die  Majuskel  tritt  zuweilen  in  zusammengesetzten  Adjectiven  auf,  deren 
erster  Theil  ein  Substantiv  ist:  SBe^fattiS'  ob«  XabeWrofirbig.  —  Wortver- 
bindung, fo  gar  musste  mehrfach  zusammengeruckt  werden.  —  Eigen- 
namen.   Seibni^,  (Spicur,  @ptcur&er  zeigen  die  damals  übliche  Schreibung. 


510  Ärttif  her  prof«f*en  ©ernunft. 

laterpiiiietloii«  Komma  ist  reichlich  angewendet:  vor  Satztheiien,  die 
durch  unb  angeknöpft  sind,  auch  vor  entsprechendem  ober«  das  keinen  Gegen- 
satz hervorheben  soll;  vor  und  hinter  adverbialen  Bestimmungen  nnd  adjectivi- 
sehen  Attributen,  wenn  letztere  durch  andere  Bestimmungen  erweitert  sind 
(z.  B.  22».8S  in  ber,  aud  irgenb  etned  @egenfianbe«  fBtrfli^feit  au  empfhiben' 
ben,  Suft);  hinter  atd  und  einer  Vergleichung  oder  Apposition;  hinter  gleich- 
artigen Satztheilen,  -die  durch  Komma  von  den  vorangehenden  getrennt  oder 
durch  ein  mithin,  fo  tott,  luqUiä^,  Dielme^r  an  sie  angeschlossen  werden; 
zwischen  lod^renb  ha%,  allein  bo,  benn  ba,  gefegt  ba|;  vor  Klammem  oder  darin, 
während  es  dahinter  stehen  mässte  z.  B.  244o— 25i  ift  Vernunft  nur^  fo  fem  fte 
für  fl(^  fclbft  ben  Söiflen  beftimmt,  (ni^t  im  S)ienfte  ber  SReigunöen  ift.)  ein 
ma^re^  ...  —  Doch  fehlt  es  in  allen  diesen  Fällen  auch  oft.  —  Viel  seltener 
als  gestrichen  musste  es  eingesetzt  werden;  zuweilen  vor  aber,  öfter  vor  und 
hinter  Appositionen,  die  durch  b.  i.,  ndmlic^  eingeleitet  werden,  am  häufigsten 
noch  zwischen  gleichartigen  ad jecti vischen  Attributen  (z.B.  1577.8  mit  f (!^meldenben 
loeid^^eraiflen  (Beffi^len).  —  Andere  Zeichen  blieben  meist  unangetastet;  doch 
musste  wie  in  den  andern  Drucken  zuweilen  Semikolon  durch  Kolon  oder  Komma 
ersetzt  werden,  wenn  das  Yerhältniss  der  Unterordnung  schärfer  betont  war. 

Sprache.  Laute.  Vocale  Einen  Eingriff  in  die  Stammsilben  erforderten: 
Qn!ömmt  (nur  82  n;  sonst  fommt),  atdbenn  (stets),  ftfinben,  oerftftnbe  (je  1  mal 
belegt),  SBftrfung  (7^37;  sonst  SBirfung,  mirflit^,  beioirft).  —  Ableitungssilben, 
e  ist  1  mal  im  Superlativ  erhalten:  mel^^reften  147 is  (vgl.  dagegen  fubtUfte, 
fleinfte  u.  a.);  recht  häufig  aber  in  schwachen  Verbalformen,  wenn  auch  die 
Synkope  überwiegt;  so  im  Ind.  Imp.  fteQete,  t^eilete,  mö^Iete,  fel^^Iete,  ffl^rete 
btenete,  beftimmeten,  oermengete,  folgeten;  im  Conj.  Imp.  oerme^nete,  fennete, 
rü^mete,  befttmmete,  poffeten,  on^eigete ;  in  der  unflectirten  Form  des  Part.  Perf. 
aufgefteüet,  bet)gefeUet,  gefdQet,  erfläret,  begehret,  gefü^ret,  gelel^ret,  ungerfic^et. 
gelonget,  Quf()ebe(fet,  in  der  flectirten  S^o^tgeflnneten,  gemeifiete,  bebro(|ete. 
Wieder  beobachten  wir,  dass  vorangehende  Liquida  oder  Resonans  erhaltend 
wirkt.  —  Von  Adverbien  ist  allein  nunmel(|ro  zu  nennen  (3  mal  belegt;  sonst 
stets  nunmehr,  auch  oor^er,  bo^er  u.  a.).  —  Flexionssilben.  Für  das  e  der 
3  Pers.  Sing.  Praes.  gelten  dieselben  Bemerkungen  wie  für  die  Ableitungssilben. 
Beispiele  sind  urt^eilet,  etl^^ellet,  offenbaret,  geziemet,  berul^iet,  ndt^tget,  ooraud* 
fe^et.  —  Unorganisches  e  weist  nur  einmal  ](|ie(te  auf  115i7  (sonst  stets  (ielt, 
ent^ie(t).  —  Consonanten.  erfobem,  erfoberltd^  ist  im  ganzen  Druck  sehr  häufig, 
daneben  kommt  forbem  und  erforberUc^  vor.  —  Flexion,  fepn  steht  für  flnb 
1039  3215  3517  459  9435  141 17,  für  feien  292s.  —  jween  findet  sich  112is.  — 
Wortbildung,  fonften  ist  23 ao  belegt  (im  übrigen  fonfl).  —  Auch  die 
Syntax  erregt  nur  vereinzelt  Anstoss.  Adjective:  unter  problematifc^en,  affer« 
torifd^en  unb  apobtctifc^en  SBeftimmungdgrunbe  11 19.20;  {eher  au(^  nur  mittelmü|tg 
e^rlic^er  SRann  8736;  jeber  anberer  S^Adtfic^t  151 24. 25  —  Pronomina,  berer  (rela- 
tivisch)  o- beten  92 1»;  benen  3  mal  «- ben,  z.  B.  10690.  —  Zahlwörter,  ^mif^^ 
amepen  .  .  S)tngen  11927.88.    Verben,  auf  einer  genaueren  Unterfuc^ung  .  .  an« 


Yergleicbende  Tabelle  der  Seitenziffem  des  Ori^nals  und  des  Neudruckes.      511 

föme  9410-12.  !^iefe  .  .  6en)Q](|rt  ffir  beni  (^ni^irtiSm  7029.30.  —  Conjunctionen. 
beim  steht  2  mal  =  bann,  z.B.  1308.  —  Geschlecht.  Sebfirfnig  ist  2  mal  als 
Femin.  gebraucht,  z.  B.  25  si,  sonst  als  Neutr. 

Ewald  Frey. 


Yergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  nnd 
des  Nendmekes. 

Die  stehenden  Ziffern  geben  die  Seitenzahlen  des  Originaldruckes  (A*)  an. 


1    1  • 

33 

17 

65 

37 1 

97 

55  21 

2      2 

34 

18 

66 

3724 

98 

563 

3      3i 

35 

19 1 

67 

38  7 

99 

5624 

4      3h 

36 

19  15 

68 

3829 

100 

57  7 

5      44 

37 

20 13 

69 

40 

101 

5725 

6      4i2 

38 

203C 

70 

41 1 

102 

58 12 

7        02 

39 

21 19 

71 

4124 

103 

5832 

8      5 19 

40 

222 

72 

42i 

104 

59 15 

9        536 

41 

2222 

73 

4220 

105 

60i 

10      6  IS 

42 

23 11 

74 

434 

106 

6021 

11      6» 

43 

2333 

75 

4325 

107 

6l3 

12      7n 

44 

24  16 

76 

44  7 

108 

6123 

13      7» 

45 

2439 

77 

4427 

109 

626 

14      88 

46 

25  23 

78 

45 11 

110 

6226 

15      8 16 

47 

262 

79 

4531 

111 

63io 

16      93 

48 

2625 

80 

46 13 

112 

6330 

17      94 

49 

27 14 

81 

4634 

113 

64 13 

18      96 

50 

28i 

82 

47 17 

114 

6433 

19    i0i3 

51 

2824 

83 

48i 

115 

65 14 

20      1026 

52 

297 

84 

4820 

116 

6535 

21     Jf2i 

53 

2929 

85 

493 

117 

66 16 

22    122 

54 

30 17 

86 

4923 

118 

67i 

23    /^j 

55 

31 1 

87 

506 

119 

67  20 

24    12i3 

56 

3t  24 

88 

50  2S 

120 

683 

25    /5!» 

57 

32io 

89 

5i9 

121 

6823 

26    i<?(; 

58 

3233 

90 

5129 

122 

696 

27     1322 

59 

33i6 

91 

52 11 

123 

6925 

28    i5« 

60 

343 

92 

5231 

124 

70 10 

29     15 1 

61 

3426 

93 

53 16 

125 

7030 

30     f5M 

62 

35 11 

94 

5335 

126 

71 13 

31     itfj 

63 

35  33 

95 

54  19 

127 

7131 

32     1621 

64 

36is 

96 

55 1 

128 

72 14 

512       Vergleichende  Tabelle  der  Seitenziffem  des  Originals  und  des  Nendrackes. 


129  72  ai 

130  7390 

131  744 

132  7423 

133  75  6 

134  75  26 

135  76  9 

136  7629 

137  77 n 

138  77« 

139  78 12 

140  75« 

141  79 17 

142  7^57 

143  5(?^ 

144  81  3 

145  5/«o 

146  826 

147  52 w 

148  &?ff 

149  8322 

150  S4io 

151  84  ao 

152  55 14 

153  55  m 

154  86 16 

155  5^30 

156  57 ip 

157  55, 

158  55 w 

159  894 

160  8921 

161  90  6 

162  ^i»7 

163  P/if 

164  9132 

165  d^iff 

166  9236 

167  55  i« 

168  P4i 

169  9422 


170 

956 

171 

95  26 

172 

969 

173 

9629 

174 

97 13 

175 

97  22 

176 

98 16 

177 

9886 

178 

99 18 

179 

100 1 

180 

100  21 

191 

101  4 

182 

10124 

183 

102  8 

184 

10228 

185 

103 12 

186 

10382 

187 

104 17 

188 

104  37 

189 

10520 

190 

106  3 

191 

10624 

192 

1071 

193 

107 16 

194 

1082 

195 

10823 

196 

109  6 

197 

10926 

198 

110  9 

199 

110  26 

200 

111  9 

201 

11129 

202 

112  12 

203 

112  32 

204 

113  13 

205 

11331 

206 

114  16 

207 

1152 

208 

115  21 

209 

1164 

210 

11624 

211  117  8 

312  11728 

213  11811 

214  118  31 

215  119 14 

216  119  82 

217  120 17 

218  121 1 

219  12121 

220  1228 

221  12227 

222  123 12 

223  123 19 

224  124 14 

225  12436 

226  12520 

227  1263 

228  12624 

229  127  7 

230  127 18 

231  128 1 

232  12822 

233  129 16 

234  12986 

235  130 19 

236  1313 

237  i5iif 

238  /52« 

239  13226 

240  /55jf 

241  13332 

242  i;9^i5 

243  i^^M 

244  135 19 

245  id^5 

246  13623 

247  i57r 

248  i<?7;97 

249  1383 

250  i35M 

251  139 14 


252  id9M 

253  i^i7 

254  140  sr 

255  i4/i« 

256  1426 

257  i45,« 

258  ^4^9 

259  14329 

260  i44f 

261  14422 

262  /45i9 

263  i^f 

264  14621 

265  /47  7 

266  i47f7 

267  149 

268  /5& 

269  151 1 
370  ^5/18 

271  152 1» 

272  i55w 

273  153 14 

274  i55« 

275  /54/7 

276  154  yr 

277  /Ä5i« 

278  1562 

279  i^^ü 

280  i57« 

281  15726 

282  /55  s 

283  15823 

284  i59is 

285  /5Pss 

286  16016 

287  /^0M 

288  161 19 

289  i^2» 

290  1622» 

291  /^^f 

292  /55ff 


JirifiR  6er  'gCrföeifeRrafl. 

Herausgeber:  Wilhelm  Windelband. 

Einleitung. 

Der  Springpunkt  für  die  Entstehungsgeschichte  der  j^ritif  ber  UrtljetldfrQft 
liegt  genau  an  derselben  Stelle,  von  der  auch  die  grossen  historischen  Wirkungen 
des  Buches  ausgegangen  sind :  es  ist  die  Behandlung  der  Probleme  Ton  Schön- 
heit und  Kunst  mit  denjenigen  des  organischen  Lebens  unter  einem  gemein- 
samen Gesichtspunkt.  Die  beiden  sachlichen  Gebiete,  welche  in  den  beiden 
Theilen  des  Werks  als  ^tif  ber  Aftl^ettfd^en  und  ber  teleologifcj^n  Urtl^etUfraft 
neben  einander  stehen,  haben  Kant  je  für  sich  lange  und  viel  beschäftigt  und 
zu  mannigfachen  Untersuchungen  und  Äusserungen  angeregt;  aber  die  Gon- 
yergenz  beider  Problemreihen,  vermöge  deren  sie  zugleich  ihren  Abschluss  unter 
einem  gemeinsamen  Princip  fanden,  hat  sich  nicht  etwa  stetig  und  allmählich 
durch  ein  Anspinnen  sachlicher  Beziehungen  zwischen  beiden  Gegenständen 
vollzogen,  sondern  sie  ist  verhältnissmässig  schnell  und  dem  Philosophen  selbst 
gewissermassen  überraschend  durch  die  Einordnung  beider  Fragen  unter  ein 
formales  Grundproblem  der  kritischen  Philosophie  herbeigeführt  worden. 

Die  teleologische  Betrachtung  der  NatUr  ist  für  Kant,  wie  für  das  ganze 
18.  Jahrhundert,  umsomehr  zu  einem  Hauptproblem  geworden,  als  die  ganze 
Entwickelung  seiner  Erkenntnisslehre  darauf  hinauslief,  die  philosophischen 
Grundlagen  für  die  reine  Naturwissenschaft,  d.  h.  für  Newtons  mathematisch- 
physikalische  Theorie,  zu  finden.  Je  schärfer  diese  um  den  Begriff  der  mecha- 
nischen Causalität  concentrirt  war,  umsomehr  erwies  sich  das  organische  Leben 
als  ein  Grenzbegriff  für  die  theoretische  Naturerklärung.  So  hatte  Kant  bereits 
in  der  SlUgemetnen  9laturgef^tc^te  unb  2:^eorie  beiS  ^immelS  erklärt:  bag  el^er 
bie  ^ilbung  aüer  ^immel^fdrper,  bte  Urfad^e  tl^rer  Semegungen,  !ura,  ber  Ur- 
fprung  ber  ganzen  gegenmürttgen  ^erfaffung  bed  äBeltbaued  merbe  fönnen  ein« 
gefel^ien  merben,  e^e  bie  ^aeugung  eined  einaigen  ^autd  ober  einer  fRaupt  aud 
medganifi^^en  (Brünben  beutli^  unb  DoQfl&nbig  funb  werben  »trb  0*  Nachdem  aber 
in  der  Jhitif  ber  reinen  SSernunft  die  Lehre  von  den  j^ategorien  und  den  ®runb« 
ffi^en  bed  reinen  Serfianbed  mit  principiellem  Ausschluss  des  Zweckbegriffes  fest- 
gelegt worden  war,  hatte  der  Philosoph  von  seiner  Ideenlehre  aus  in  dem  Hn« 


1)  Vorrede,  vgU  I  230. 
«anf«  €^tintn.    ©erfe.  V.  38 


514  Ärttif  bcr  Urt^eiI«Traft. 

J)anq  ber  traniSfcenbentalen  ^ialeftif,  wo  er  von  der  (^babfic^t  bft  nat&xlidfm 
S)ia(e!tif  ber  menfd^lid^en  Vernunft  handelte,  der  teleologischen  Betrachtung  der 
Natur  die  regulative  Bedeutung  zuerkannt,  die  Dinge  der  Welt,  sofern  ihre 
erschöpfende  Erklärung  nach  den  Grundsätzen  der  mechanischen  Erklärung 
sich  als  unmöglich  erweist,  so  anzusehen,  als  ob  sie  von  einer  höchsten 
Intelligenz  ihr  Dasein  hätten.  Besondere  Veranlassung  aber,  der  Frage 
der  organischen  Teleologie  näher  zu  treten,  bot  sich  Kant  in  der  mit  seinen 
geschichtsphilosophischen  Überlegungen  zusammenhängenden  SefHmmung  beS 
SegrtffeiS  einer  ^enfd^enrace.  Die  Stellung,  die  er  mit  dieser  im  November- 
heft  1785  der  „Berliner  Monatsschrift'  erschienenen  Abhandlung  eingenommen 
hatte,  vertheidigte  er  gegen  einen  Angriff  Georg  Forsters  in  der  Schrift 
Über  ben  @ebrau(^  teleologifd^er  ^rincipten  in  ber  $^t(ofop^te,  die  im  Januar- 
Heft  1788  des  „Deutschen  Merkur''  gedruckt  wurde.  Die  hier  vorgetragenen 
Principien  sind  durchweg  dieselben,  wie  dereinst  in  der  ^tttf  ber  reinen  Ver- 
nunft und  wie  nachher  in  der  Mtif  ber  Urt^etliSfraft,  wo  sie  mit  dem  ganzen 
Reichthum  mannigfacher  Anwendung  ibre  nähere  Ausführung  gefunden  haben. 
Aber  nichts  in  dieser  Schrift,  die  zur  Zeit  des  Abschlusses  der  ^ti!  ber  prof« 
tifc^en  Sßemunft  geschrieben  worden  ist,  lässt  auf  die  Absicht  des  Verfassers, 
den  Gegenstand  in  grösseren  Dimensionen  zu  behandeln,  und  nichts  darin  lässt 
auf  einen  Zusammenhaag  schliessen,  in  den  diese  Fragen  mit  den  ästhetischen 
Problemen  gebracht  werden  sollten. 

Mit  nicht  minder  lebhaftem  persönlichen  Interesse  hat  Kant  von  froh  an 
die  ästhetischen  Fragen  verfolgt  Schon  die  Beobachtungen  über  bad  ®efü^I 
bed  @(^5nen  unb  (Sx^ahtmn  zeigen  eine  ausserordentliche  Fülle  feinsinniger 
Bemerkungen  aus  einem  weiten  Umkreise  der  Kenntniss,  und  aus  seinen  Vor- 
lesungen, wie  aus  seinen  Reflexionen  geht  hervor,  dass  er  mit  den  Erscheinun- 
gen der  schönen  Literatur  und  mit  den  kunstkritischen  Theorien  seiner  Zeit 
in  einem  ausserordentlich  ausgedehnten  Maasse  vertraut  gewesen  ist>).  Aber 
sein  Interesse  daran  war  zunächst  ein  lediglich  anthropologisches.  Er  betrachtete 
diese  Gegenstände  nur  vom  Standpunkt  der  Psychologie  aus  und  hielt  ihnen 
gegenüber  die  Möglichkeit  einer  anderen  Doctrin  damals  für  ausgeschlossen. 
Damit  war  es  durchaus  vereinbar,  dass  Kant  in  dieser  seiner  „ empiristischen *" 
Periode  auf  dem  Katheder  die  Ästhetik  ganz  im  Baumgartenschen  Sinne  als  Er- 
gänzung und  in  Parallele  zur  Logik  behandelte.  So  heisst  es  in  der  9lad^rid^t 
öon  ber  (5inri(J6tunö  feiner  SSorlefungcn  in  bem  SBinter^albja^re  öon  1765—1766 
(11,311)  am  Schlüsse  der  Ankündigung  der  Logik:  SBobei  augletc^  bie  fe^r  no^e 
S3em)Qnbtf^aft  ber  ^attmn  ^nlag  gtebt,  bei  ber  ^rittl  ber  Vernunft  einige 
SßMe  auf  bie  ^ritif  besS  Gefti^macfd,  b.  i.  bie  äfi^etif,  au  n>erfen,  baDon 
bie  SRegeln  ber  einen  jeberaeit  ba^u  bienen,  bie  ber  anbem  au  erl&utem,  unb 
l^re  Slbfted^ung  ein  SKittcl  ifl,  beibe  beffer  a«  begreifen.    Auch  weiterhin  schrieb 

*)  Das  sehr  umfangreiche  Material  dazu  findet  sich  bisher  am  ausführ- 
lichsten fl^esammelt  bei  Otto  Schlapp,  Kants  Lehre  vom  Genie  und  die  Kritik 
der  Urteilskraft.    Göttingen,  1901. 


Einleitang.  515 

Kant  sachlich  den  Fragen  des  Geschmacks  so  viel  Bedeutung  zu,  dass,  als  er  im 
Jahre  1771  nach  der  Inauguraldissertation  ein  Werk  unter  dem  Titel  S)ie  ®ren^en 
bfc  @inn(i^fett  unb  ber  9)ernunft  plante,  er  auch  sie  darin  behandeln 
wollte  1).  Es  kam  ihm  damals  wesentlich  darauf  an,  meldten  grogen  (Sinflud  bie 
gemiffe  unb  beutlic^e  (Sinfic^t  in  ben  Unterf4ieb  beffen,  ma^  auf  subjectioi\d)tn 
prineipitn  bet  menf^Itc^en  ©eelenfr&fte  nic^t  aKein  bei  ©innltd^feit,  fonberii  au^ 
beiS  SM^anbeiS  berul^t,  non  bem  mad  gerobe  auf  bie  (BegenftAnbe  ge^t  in  bet 
ganzen  ^eltmeid^eit,  ja  fo  gar  auf  bie  mi^ttgfien  Qwtdt  ber  aJIenfd^en  überhaupt 
J^abt.  Wenn  in  diesem  Sinne  auch  der  (Sntmurf  beffen,  mad  bie  SRatur  ber  (Be« 
fc^madfdle^re,  Wetop^^iidT  u.  äUorol  audmac^t,  in  dem  geplanten  Werke  enthalten 
sein  sollte,  so  hatte  das  offenbar  den  Sinn,  dass  die  Geschmackslehre  als  eine 
rein  empirische  und  durch  apriorische  Principien  nicht  bestimmte  Lehre  dar- 
gestellt worden  wäre.  Denn  diesen  Standpunkt  nimmt  Kant  noch  in  der  ^td 
ber  reinen  Vernunft  ein,  wo  es  in  der  Einleitung  zur  transscendentalen  Ästhetik 
folgendermassen  lautet  *):  2)te  2)eutf4en  finb  bie  einzige,  meiere  fi^  jeftt  beiS 
SBortd  ^fl^etif  bebienen,  um  babur^  bad  ju  beaei^nen,  mad  anbre  i^ritif  beiS 
(Befc^madTd  l^eigen.  (&i  liegt  l^ier  eine  t>erfe^lte  Hoffnung  jum  ©runbe,  bie  ber 
oottteffli^e  Unal^fl  93oumgarten  fugte,  bie  friüfc^e  Seuttl^eilung  bti  €4dnen 
unter  Semunftprincipien  ju  bringen  unb  bie  ^Regeln  berfelben  ^vx  9Biffenf(|aft  a» 
ergeben.  Kllein  biefe  Semfll^ung  ift  Dergebli^.  S)enn  gebuchte  SRegeln  ober  SM* 
terien  Ttnb  i^ren  Quellen  nadg  blöd  empirifd^  unb  fönnen  alfo  niemals  au  @e- 
fe^en  a  priori  bienen,  momac^  fi^  unfer  ®efd^ma<idurt^eil  rieten  mügte;  Dielmel^ir 
ma^i  bad  leitete  ben  eigentlichen  $robirfietn  ber  SRi^ttgfeit  ber  erfieren  auiS. 
Um  bedwillen  ift  eiS  rat^fam  biefe  ^Benennung  mieberum  einge)^  a^  laffen  unb  fle 
berienigen  Seigre  aufaubel^alten,  bie  ma^re  fBiffenf^aft  ifi,  moburc^  man  auc^  bet 
©prac^e  unb  bem  @inne  ber  Eliten  n&l^et  treten  toütbe. 

In  der  fortschreitenden  Beschäftigung  mit  diesen  Gegenständen  hat  sich 
aber  Kants  Auffassung  allmählich  Terändert  Schon  die  II.  Auflage  der  ihitif 
ber  reinen  8etnunft,  deren  Manuscript  dem  Jahre  1786  entstammt,  giebt  jener 
Stelle  eine  bemerkenswerte  Veränderung.  Statt  i(|ren  Ouellen  heisst  es  hier*) 
il^iren  nomel^imften  Quellen  und  statt  au  ®efe^en  nur  noch  au  beflimmten  (Be- 
fe^en.  Es  muss  also  ein,  wenn  auch  nur  äusserst  geringes  Maass  von  Apriorität 
in  dem  ästhetischen  Verhalten  zu  dieser  Zeit  Yon  Kant  wenigstens  nicht  mehr 
ganz  für  unmöglich  gehalten  worden  sein.  Dazu  kommt  noch,  dass  er  an  der 
gleichen  Stelle  neben  dem  Vorschlage,  die  Baumgartensche  Terminologie  wieder 
aufzugeben,  jetzt  auch  noch  die  andre  Möglichkeit  ins  Auge  fasst,  fic^  in  bie 
^Benennung  mit  ber  fpeculotioen  $(|ilofop^ie  au  tfieilen  unb  bie  ift^etif  tl^eild  im 
ttaniSfcenbentalen  @inne,  tl^eild  in  pf^c^ologifd^et  ^ebeutung  au  nehmen.  Aber 
gerade  diese  terminologische  Goncession,  die  sich  in  der  Folge  dazu  erweitert 
hat,  dass  Kant  selbst  für  die  Verwendung  der  Ausdrucke  %ft(|etif  und  Afl^tifd^ 

1)  Siehe  Kants  Brief  an  Marcus  Herz,  vom  7.  Juni  1771,  X  117. 
^  jeritif  ber  reinen  Vernunft,  1.  Aufl.,  S.  21,  Anmerkung.    IV  30. 
^  III  50  Anmerkung. 

33* 


516  Ärittf  ber  Urt^ctttfroft. 

in  dem  heutigen  Sinne  die  entscheidende  Bestimmung  ausgeübt  hat,  zeigt  doch 
an  dieser  Stelle,  dass  er  auch  damals  noch  die  Ästhetik,  welche  die  Stxitif  bed 
®ef^ma(fiS  bedeuten  sollte,  wesentlich  in  psychologischer  Bedeutung  nehmen 
und  Yon  ihrer  Parallelstellung  zu  den  transscendentalen  Disciplinen  nichts 
wissen  wollte. 

Offenbar  aber  ist  seine  Beschäftigung  mit  diesen  Problemen  immer  mehr 
zu  so  geschlossenen  Ergebnissen  gelangt,  dass  er  schon  während  der  Zeit,  als 
er  seine  ethischen  Grundwerke  ausführte,  mit  der  kritischen  Darstellung  der 
Geschmackslehre  beschäftigt  war.  Wir  sehen  aus  einem  Briefe  von  Bering') 
an  ihn  (28.  Mai  1787),  dass  der  Leipziger  Messkatalog  bereits  für  das  Jahr  1787 
eine  Grunblegung  jur  dritil  bed  ®t\ä)madS  von  Kant  angekündigt  hatte;  und 
er  selber  berichtet  in  einem  Briefe  an  Schütz  vom  25.  Juni  desselben  Jahres^, 
worin  er  auch  mittheilt,  dass  er  in  der  künftigen  Woche  das  Manuscript  der 
^til  ber  praftifc^en  Vernunft  nach  Halle  zum  Druck  zu  schicken  denke,  am 
Schluss,  dass  er  nun  alsbald  zur  ®runblage  bev  ^ritif  bed  &e]^madß  gehen 
müsse.  Nach  diesen  Ausdrücken  scheint  die  Annahme  (Benno  Erdmanns)  nicht 
ausgeschlossen,  dass  Kant  eine  Zeitlang  daran  gedacht  hat,  ebenso  wie  er 
der  j^tttf  ber  profttfd^en  Vernunft  die  (Brunblegung  jur  SJ^etop^^ftl  ber  Sitten 
Yorangeschickt  hatte,  auch  der  ^ttl  bed  ^ef^tnadtd  eine  ähnliche  Grundlegung 
vorangehen  zu  lassen,  die  dann  wohl  ebenso  die  Aufgabe  gehabt  hätte,  die 
Überführung  Ton  der  populären  Auffassung  des  Schonen  zu  der  philoso- 
phischen, d.  h.  kritischen  Behandlung  darzulegen.  Sie  würde  in  diesem  Falle 
den  Entwickelungsgang  von  Kants  eigener  Betrachtung  des  Gegenstandes,  ihre 
Umlegung  aus  dem  psychologischen  auf  den  transscendentalen  Standpunkt  dar- 
zustellen berufen  gewesen  sein.  Ob  aber  Kant  ernstlich  daran  gegangen  ist, 
eine  solche  Theilung  auch  auf  diesem  Gebiete  vorzunehmen,  wird  sich  nicht 
mehr  entscheiden  lassen. 

Jedenfalls  hat  das  Jahr  1787  den  Umschwung  in  der  Theorie  des  Ge- 
schmacks für  Kant  mit  sich  gebracht.  Sein  Brief  an  Reinhold  vom  28.  De- 
cember  1787'),  worin  er  diesem  für  die  ,,Briefe  über  die  Kantische  Philosophie^ 
dankt  und  ihm  zugleich  das  Manuscript  der  Abhandlung  Über  bte  telologifc^en 
^rtndpten  für  den  „Deutschen  Mercur*  einsendet,  lässt  nicht  den  geringsten 
Zweifel  darüber,  dass  die  neue  Erkenntniss,  die  Kant  bei  seiner  Beschäftigung 
mit  der  ^tif  ber  ©efc^madd  gewonnen  hat,  wesentlich  zurückging  auf  bad 
®Qftemattf4ie,  bad  bte  ß^i^d^i^^^ning  ber  t)or(|er  betrachteten  9)erm5gen  mic^  im 
menf(!^ltd^en  (Bemüte  l^atte  entbedPen  laffen,  unb  wtlä^tü  ju  bemunbem  unb  loo« 
möglich  gu  ergrünben,  mir  noc^  Stoff  genug  für  ben  ftberrefjt  meinet  Sehend  an 
bie  i^anb  geben  mtrb.  Dies  Selbstbekenntniss  Kants  ist  umso  wichtiger,  als  es 
nicht  nur  im  Allgemeinen  die  Bedeutsamkeit  des  systematischen  Moments  in 
seiner  Art   des  Philosophirens  erkennen  lässt,   sondern  es  auch  deutlich  aus 


1)  X  465. 

2)  X  467. 

«)  a.  a.  0.  S.  487  f. 


Einleitung.  517 

spricht,  dass  das  gewaltigste  seiner  Werke  auf  der  Wirksamkeit  dieses  syste- 
matischen Momentes  in  dem  Sinne  beruht  hat,  dass  er  dadurch  zu  einer  tief- 
gehenden, ihm  selbst  unerwarteten  Änderung  seiner  Auffassung  sich  genÖthigt 
gesehen  hat.  Er  sagt  in  diesem  Briefe  ausdrücklich,  er  sei  auf  diesem  syste- 
matischen Wege  dazu  gelangt,  Principien  a  priori  auf  einem  Gebiete  zu  finden, 
wo  er  dies  vorher  für  unmöglich  gehalten  habe,  und  er  zeichnet  hier  in  kurzen 
Strichen  den  Grundriss  für  die  Eintheilung  der  kritischen  Philosophie  über- 
haupt, den  er  nachher  in  der  Einleitung  zur  ^rittl  ber  Urtl^eildfraft  —  und  zwar 
in  deren  beiden  Formen  gleichmässig  —  durchgeführt  hat:  2)er  ^ermdgeti  bed 
@emfit^d  finb  bret:  ©ifenntitigDertnögen;  @efü^l  ber  9u{t  unb  Unlufi,  unb  9e- 
gel^irungdoermdgen.  gfic  bad  erfle  l^abe  id^  in  ber  Sriti!  ber  reinen  (t^eorettfdgen), 
ffir  bad  britte  in  ber  (Sritif  ber  practifc^en  IJemunft  principien  a  priori  ge- 
funben.  Die  Aufgabe  der  ^ttf  bed  ®ef(^ma(fd  ist  also  zu  dieser  Zeit  dabin 
bestimmt,  Principien  a  priori  für  das  Gefühl  der  Lust  und  Unlust  zu  finden, 
und  Kant  bezeichnet  diesen  Theil  der  Philosophie,  indem  er  ihn  neben  die 
theoretische  und  die  praktische  Philosophie  stellt,  als  Sieleologte. 

Diese  Gleichsetzung  der  SttiWl  bed  ®ef(!^ma(fd  mit  der  Teleologie  würde 
unmöglich  gewesen  sein,  wenn  Kant  nicht  schon  damals  die  Erkenntniss  ge- 
wonnen hätte,  dass  die  Apriorität  des  ästhetischen  Urtheils  auf  der  subjectiyen 
Zweckmässigkeit  im  Zusammenspiel  der  Erkenntnissyermögen  und  damit  auf  der 
allgemeinen  Mittheilbarkeit  des  darauf  beruhenden  Gefühls,  in  letzter  Instanz 
somit  auf  dem  SBemugtfein  flberl^iaupt  oder  bem  fiberfinnlid^en  ©ubftrat  ber 
SRenfd^l^ieit  beruht.  Für  das  Verständniss  der  Gedankenentwickelung,  die  Kant 
zu  diesem,  ihn  selbst  überraschenden  Ergebniss  hat  kommen  lassen,  besitzen 
wir  keine  authentischen  Angaben  und  sind  wir  deshalb  auf  die  Begründungen 
des  Ergebnisses  angewiesen,  die  in  der  jhdtif  ber  Urtl^eitdfrafi  selbst  enthalten 
sind.  Danach  aber  ist  es  klar,  dass  die  neue  Erkenntniss  für  Kant  aus  seinen 
Untersuchungen  über  die  logische  Structur  des  ästhetischen  Urtheils  erwachsen 
ist  Deshalb  ist  es  für  ihn  und  seine  ästhetische  Philosophie  durchaus  wesent- 
lich, dass  die  ^nol^tif  beiS  (Schönen  nach  dem  Schema  seiner  Kategorienlehre 
gegliedert  ist,  und  es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  das  entscheidende  Problem, 
das  gerade  aus  dieser  Behandlungsweise  herausspringt,  in  der  Frage  besteht, 
wie  mit  dem  singularen  Charakter  des  ästhetischen  Urtheiles  seine  Allgemein- 
giltigkeit  vereinbar  sei.  Diese  Fassung  des  ästhetischen  Problems  schliesst  sich 
mit  einer  zwingenden  Analogie  an  diejenige  erkenntnisstheoretische  Unterschei- 
dung, welche  Kant  zur  Erläuterung  seiner  Kategorienlehre  in  den  $rolegomena 
neu  eingeführt  hatte:  die  Unterscheidung  des  SBol^ime^mung^urt^eiled  und  des 
(Srfa^ntngdurt^etled.  Die  Analogie  dieses  Verhältnisses  zu  demjenigen  zwischen 
den  Urtheilen  über  das  Angenehme  und  das  Schöne  nach  der  Kantischen  Auf- 
fassung liegt  unmittelbar  auf  der  Hand>).    Dort  nun  hatte  Kant  gefunden,  dass 


>}  Diese  Analogie  ist  ausgeführt  bei  Fr.  Blencke,  Die  Trennung  des  Schönen 
Tom  Angenehmen  in  Kants  Kritik  der  aesthetischen  Urteilskraft.    Leipzig  1889. 


518  Stüül  ber  Urt^eildhaft. 

das  singulare  fBal^ntel^mungdurtl^eil  zum  (Stfal^ntngiSttrtldeil  mit  dem  Ansprache 
auf  Allgemeingiltigkeit  nur  dadurch  werden  könne,  dass  als  Princip  der  Be- 
gründung eine  Kategorie,  d.  h.  ein  Begriff,  hinzutritt  Bei  dem  SchönfaeitsurtheU 
dagegen  war  diese  Begründung  durch  einen  Begriff  ausdrücklich  auszuschliessen, 
und  dadurch  wurde  es  für  den  Philosophen  zu  einem  logischen  Problem.  In 
dem  Augenblick,  wo  Kant  in  jener  subjectiyen  Zweckmässigkeit  das  apriorische 
Moment  entdeckte,  welches  die  Allgemeingiltigkeit  des  ästhetischen  ürtheiles 
trotz  seiner  formalen  Singularität  und  trotz  seiner  Unabhängigkeit  von  Be- 
griffen verstehen  Hess,  musste  ihm  die  Ästhetik  aus  dem  Bereiche  der 
Psychologie  in  dasjenige  der  Transscendentalphilosophie  hinüberrücken.  Damit 
war  auch  das  dritte  Gebiet  des  Seelenlebens,  wie  es  Kant  mit  den  gleichzeitigen 
Eintheilungen  von  Sulzer,  Mendelssohn  und  Tetens  annahm,  das  Gefühl,  zum 
Gegenstande  der  kritischen  Methode  geworden. 

Wenn  nun  auch  der  Brief  an  Reinhold  vom  28.  December  1787  die 
Gleichsetzung  dieser  philosophischen  Kritik  des  Gefühlsvermögens  mit  der  Teleo- 
logie  ausspricht,  so  enthält  er  andererseits  nicht  die  geringste  Andeutung  dar- 
über, dass  etwa  dieser  neuentdeckte  Theil  der  Philosophie  noch  andere  Probleme 
enthalten  sollte,  und  er  bietet  ganz  besonders  nicht  den  geringsten  Anhalt  da- 
für, dass  irgend  ein  Zusammenhang  dieser  transscendentalen  Ästhetik  des 
Schonen  mit  solchen  Fragen  in  Aussicht  genommen  wäre,  wie  sie  sonst  und 
auch  von  Kant  gleichzeitig  als  teleologische  bezeichnet  zu  werden  pflegrten. 
Die  für  die  systematische  Gesamtgestaltung  der  ^rittf  ber  Urt^etldfraft  ent- 
scheidende Bestimmung  und  die  Beziehung  der  beiderseitigen  Probleme  auf  das 
Grund  princip  der  reflectirenden  Urtbeilskraft  war  somit  um  diese  Zeit  noch  nicht 
gefunden  oder  wenigstens  nicht  zu  deutlicher  Erkenntniss  und  Formulirung  ge- 
langt Daher  gingen  auch  die  Hoffnungen,  welche  Kant  am  24.  December  1787 
brieflich  an  Marcus  Herz  über  den  baldigen  Abschluss  seines  gesamten  philo- 
sophischen Hauptwerkes  geäussert  hatte  0«  nicht  in  Erfüllung,  und  es  kamen 
nicht  nur  die  Rectoratsgeschäfte,  von  denen  er  in  dem  Briefe  an  Reinhold  vom 
7.  März  1788  spricht^,  und  dann  die  Abfassung  der  Streitschrift  gegen  Eber- 
hard verzögernd  dazwischen,  sondern  hauptsächlich  die  Neugestaltung  der  Pro- 
bleme, die  zuerst  darin  zum  Ausdruck  kommt,  dass  das  Werk  in  dem  Briefe  an 
Reinhold  vom  12.  Mai  1789  zum  ersten  Mal  unter  dem  Titel  meine  (SxUXt  bec 
Urt^eiUfraft  (oon  ber  bie  6ritil  bed  eefc^madT«  ein  Sl^eil  ift)  für  die  nächste 
Michaelismesse  in  Aussicht  gestellt  wird  *).  Jetzt  also  erst  war  die  Vereinigung 
der  ästhetischen  und  der  im  engeren  Sinne  teleologischen  Probleme  unter  dem 
Princip  der  Urtbeilskraft  gelungen:  und  es  fragt  sich,  wie  diese  abschliessende 
Wendung  der  Kantischen  Philosophie  gefunden  worden  ist.  Die  Utt^eitölraft, 
von  der  nun  die  Rede  ist,  hat  bekanntlich  als  die  reflectiteRbe  Urtl^eiUlraft  einen 
ganz  anderen  Sinn,  als  jene  Htt^eildfraft,  von  der  Kant  in  der  ^if  ber  reinen 

1)  X  486. 
>)  X  605. 
«)  XI  39. 


Einleituncr.  519 

IJenmnft  gehandelt  hatte,  die  dort  in  der  $(nal^tif  ber  ©runbffi^e  als  die  tcaniS« 
fcenbentale  Urtl^eitöfyaft  eingeführt  und  von  der  eben  die  Analytik  der  Grund- 
sätze die  trandfcenbentole  2)octcin  gebildet  hatte.  Dieser  befiimmenben  Urtheils- 
kraft  wird  nun  die  reflectttenbe  als  dasjenige  Princip  gegenübergestellt,  welches 
die  transscendentalen  Bedingungen  für  die  apriorischen  Functionen  des  Gefühls- 
Termogens  enthalten  soll. 

Auch  hierbei  sind  für  Kant  wesentlich  systematische  Erwägungen  maass- 
gebend  gewesen.  Für  die  drei  Gebiete  des  Seelenlebens,  die  er  als  Vorstellungs- 
Termogen,  Gefnhlsvermögen  und  BegehrungSTermögen  unterschied,  konnten  aprio- 
rische Principien,  wenn  es  solche  gab,  wiederum  nur  in  den  drei  Arten  des 
sogenannten  oberen  Erkenntnissvermogens  gesucht  werden.  Diese  aber  waren 
Verstand,  Urtheilskraft  und  Vernunft.  Die  Principien  apriorischer  Erkenntniss 
hatte  er  im  Verstand,  d.  h.  in  den  Kategorien  und  den  Grundsätzen,  diejenigen 
des  Begehrungsvermogens  oder  des  reinen  Willens  nach  den  Untersuchungen 
der  jbritif  ber  praftifc^en  ISBemunft  in  der  „Vernunft*'  im  engeren  Sinne  des 
Wortes  gefunden.  So  blieb  für  ein  Apriori  des  Gefühls,  wenn  es  ein  solches 
geben  sollte,  nur  die  Urtheilskraft  als  Quelle  übrig.  Diese  Function  aber  konnte 
die  Urtheilskraft  nicht  in  Gestalt  der  Bedeutung  übernehmen,  welche  sie  in  der 
traniSfcenbentolen  2)ebuction  ber  reinen  Serftanbedbegriffe  als  die  Unterordnung 
der  Daten  der  Sinnlichkeit  unter  die  Kategorien  besass.  Vielmehr  musste  in 
diesem  FaUe  eine  ganz  andersartige  Function  der  Urtheilskraft  angenommen 
werden.  Im  Allgemeinen  sah  Kant  das  Wesen  der  Urtheilskraft  darin,  die 
Unterordnung  des  Besonderen  unter  ein  Allgemeines  zu  Tollziehen.  Wo  diese 
Unterordnung  so  erfolgt,  dass  die  Specification  des  Allgemeinen  zum  Beson- 
deren als  eine  begriffliche  Nothwendigkeit  eingesehen  werden  kann,  da  haben 
wir  es  mit  der  bestimmenden  Urtheilskraft  als  einem  transscendentalen  oder 
empirischen  Vermögen  zu  thun:  die  transscendentale  Urtheilskraft  hatte  Kant  in 
diesem  Sinne  in  der  transscendentalen  Analytik  als  die  Subsumption  der  Sinn- 
lichkeit unter  die  Kategorien  yermoge  des  ©d^ematidtnud  ber  reinen  ^erftanbed« 
begriffe  dargelegt.  Nun  hatte  Kant  gefunden,  dass  die  Nothwendigkeit  und 
AUgemeingiltigkeit,  welche  das  ästhetische  Urtheil  für  sich  in  Anspruch  nimmt 
auf  der  subjectiven  Zweckmässigkeit  der  Form  des  Gegenstandes  für  das  Zu- 
sammenspiel der  Erkenntnisskräfte,  Sinnlichkeit  und  Verstand,  niemals  aber  auf 
Begriffen  beruht.  Hier  zeigte  sich  also  eine  Art  der  Urtheilskraft,  worin  der 
Torgestellte  Gegenstand  nicht  mehr  für  die  Erkenntniss  auf  allgemeine  Begriffe, 
sondern  Tielmehr  für  das  Gefühl  auf  ein  Princip  der  Zweckmässigkeit  in  allge- 
meingültiger Weise  bezogen  wurde.  So  entdeckte  Kant  das  Princip  einer  Ur- 
theilskraft ohne  allgemeine  Begriffe,  und  dieses  nannte  er  die  reflectirende  Ur- 
theilskraft, in  welcher  das  Allgemeine,  worunter  das  Besondere  subsumirt 
werden  soll,  nicht  in  Begriffen  gegeben  ist,  sondern  erst  gesucht  werden  muß. 
Damit  war  einerseits  der  Weg  gefunden,  Gefühle,  wie  die  der  Lust  und 
Unlust,  die  im  Allgemeinen  durchaus  empirischen  Characters  sind,  auf  die  re- 
flectirende  Urtheilskraft  zu  beziehen  und  ihnen  damit  den  apriorischen  Gbaracter 


520  Stxiüt  bcr  Urrteilüfraft. 

zu  gewinnen,  andererseits  aber  anch  die  Möglichkeit  gegeben,  im  Bereiche  der 
Erkeuntnisstbätigkeit  überall  da,  wo  die  Unterordnung  des  Besonderen  unter  das 
Allgemeine  in  der  Form  der  bestimmenden  Urtheilskraft  unmöglich  war,  die 
Betrachtung  der  reflectirenden  Urtheilskraft  für  sie  eintreten  zu  lassen.  Wenn 
die  synthetische  Einheit  des  Mannigfaltigen  durch  die  begriffliche  Function  der 
bestimmenden  Urtheilskraft  nicht  einzusehen  ist,  so  kann  an  ihre  Stelle  die 
reflectirende  mit  dem  Princip  der  Unterordnung  des  Mannigfaltigen  unter  einen 
einheitlichen  Zweck  treten.  Unter  diesem  Gesichtspunkte  konnte  die  Zweck- 
mässigkeit der  organischen  Naturproducte,  deren  Nothwendigkeit  aus  den  be- 
grifflichen Voraussetzungen  des  causalen  Mechanismus  nicht  zu  verstehen  war, 
von  der  reflectirenden  Urtheilskraft  angesehen  werden.  Insbesondere  aber 
eignete  sich  dieses  Princip  zur  Ergänzung  von  Kants  Bemühungen  um  die 
Metaphysik  der  Natur.  Denn  wenn  in  dieser  die  Ableitung  des  Besonderen 
aus  dem  Allgemeinen,  die  Specification  des  Allgemeinen  zum  Besonderen  auf 
dem  begrifflichen  Wege  der  bestimmenden  Urtheilskraft  unmöglich  war,  wenn 
deshalb  die  besonderen  Erscheinungen  und  Gesetzmässigkeiten  der  Natur  im 
Sinne  einer  begrifflich  erkennbaren  Nothwendigkeit  zufällig  blieben,  so  konnte  die 
synthetische  Einheit  der  Erscheinungen,  die  wir  als  Natur  denken,  nach  dem 
Princip  der  reflectirenden  Urtheilskraft  als  ein  zweckmäßiges  Ganzes  betrachtet 
werden. 

Den  springenden  Punkt  für  die  Beziehung  des  GefühlsTermögens  auf  die 
im  engeren  Sinne  sogenannten  teleologischen  Probleme  müssen  wir  deshalb 
wiederum  in  logisch-erkenntnisstheoretischen  Problemen  allgemeinster  Art  suchen. 
Denn  von  der  Auffassung  der  nachher  sogenannten  objectiven  Zweckmässigkeit 
der  organischen  Wesen  führt  zu  der  sogenannten  subjectiven  Zweckmässigkeit 
in  dem  Zustande  des  Gemüthes,  der  das  ästhetische  Urtheil  begründet,  kein 
directer  Weg.  Das  Zwischenglied,  das  die  letzte  Vereinheitlichung  in  den  Ge- 
danken der  kritischen  Philosophie  vermittelt  hat,  liegt  vielmehr  bei  denjenigen 
Überlegungen,  welche  Kant  als  das  Problem  der  ©peciftcotton  ber  SRatitr  be- 
zeichnet hat.  Es  ist  die  Frage,  wie  weit  aus  den  Grundsätzen  des  reinen  Ver- 
standes, die  zugleich  die  allgemeinen  Gesetze  sind,  welche  nach  der  trandfcen* 
betttalen  ^ebuction  ber  reinen  Serfianbedbegriffe  ber  Setftanb  ber  9latinr  dot« 
fc^reibt,  sich  die  besonderen  Naturgesetze  deduciren  lassen.  Diese  Frage  blieb 
für  Kant,  nachdem  er  in  den  metapl^i^flfc^en  Knfangdgtünben  ber  fRatur- 
miffenfc^aft  durch  die  Combination  der  kategorialen  Grundsätze  mit  mathema- 
tischen Principien  bereits  weiter  in  die  Besonderheit  des  Systems  der  Natur- 
gesetze eingedrungen  war,  ein  systematisches  Hauptinteresse,  und  er  hat  an 
ihrer  Beantwortung  bekanntlich  in  seinem  Alter  mit  unermüdlich  erneuten  Vei^ 
suchen  gearbeitet,  die  in  dem  hinterlassenen  Manuscript  über  den  Übergang  aud 
ber  9Retap]^^fiI  in  bie  $^Qf!I  niedergelegt  sind.  Dass  ihn  dies  in  der  Zeit  der 
Entstehung  der  jhitif  bet  Utt^eiCdfiaft  beschäftigte,  sehen  wir  aus  dem  Briefe 
an  Marcus  üerz,  wo  er  am  26.  Mai  1789  schreibt:  mir,  ber  t(^  in  tnefatem 
66  ft»  Sa^re  no^  mit  einer  mettlöufttgen  Urbeit  meinen  ^lan  au  DoUenben  (t^tt 


Einleitung.  521 

in  Lieferung  bed  legten  ^etliS  ber  @ritif,  nämlic^  bem  ber  Urtl^eildftafi,  mdö^tx 
balb  ^eraudfommen  foll,  t^etld  in  ^udarbettung  eined  ©Qflemd  ber  3)htap]^Qitf, 
ber  fRatur  forool^I  old  ber  ©itten,  {enen  crttifd^en  gorberungen  gemAg,)  betaben 
binO*  Si*  erkennt  also  die  metop^^fifc^en  ^nfang^grfinbe  ber  9laturn>tffen- 
f4iaft  noch  nicht  als  Metaphysik  der  Natur  an,  ebenso  wenig  wie  die  Stcitif 
ber  prafttfiten  S^emunft  als  9Uetap](|Qftf  ber  (Sitten.  Die  Herleitung  der  beson- 
deren Naturgesetze  aus  den  transscendentalen  Principien  erkannte  er  aber  da- 
mals noch  mit  vollkommen  kritischer  Schärfe  als  eine  Unmöglichkeit,  und  er 
fand  hier  nur  den  Ausweg  der  teleologischen  Betrachtung,  wonach  die  Zusammen- 
stimmung aller  einzelnen,  der  empirischen  Erkenntniss  zugänglichen  Gesetz- 
mässigkeiten zu  einem  einheitlichen  System  der  Erfahrung  als  die  Zweckmässig- 
keit der  Natur  für  die  Erkenntnissthätigkeit  angesehen  werden  sollte.  Das  ist 
der  Grund gesichtspunkt  der  teleologischen  reflectirenden  Urtheilskraft,  welcher 
diese  mit  der  ästhetischen  reflectirenden  Urtheilskraft  in  unmittelbare  Analogie 
treten  Hess.  Daher  handelt  es  sich  auch  in  den  beiden  Einleitungen  in  die 
^ttif  ber  Urtl^ieildfraft  —  sowohl  in  derjenigen,  welche  Kant  schliesslich  an  die 
Spitze  des  Werkes  gestellt  hat,  als  auch  in  derjenigen,  von  der  wir  nur  die 
Auszuge  Ton  Sigismund  Beck  kennen  — ,  wo  von  den  teleologischen  Problemen 
die  Rede  ist,  nicht  in  erster  Linie  um  die  Frage  nach  der  Zweckmässigkeit  der 
Lebewesen,  sondern  vielmehr  principiell  zunächst  um  das  Problem  der  Einheit 
der  Natur  als  eines  Systems  der  Erfahrung.  In  demselben  Sinne  gliedert  sich  auch 
für  die  Einleitung  der  ^ritif  ber  Urt^ellölraft  das  Princip  der  formalen  Qtüed* 
tndgigfeit  ber  !Ratur  mit  den  AbschniUen  VII  und  VIII  in  die  äftl^etifc^^e  ^ox» 
fteQung  non  ber  StotdmliiiqUii  ber  9lQtur  und  die  lo giftige  SSorfteQung  t^on 
ber  ßxotdmliilqhit  ber  ![Ratur.  Offenbar  liegt  dabei  das  aus  der  ^ttil  ber  reinen 
Vernunft  bekannte  Einteilungsschema  von  Ästhetik  und  Logik  zu  Grunde  und 
wird,  wie  dort  auf  die  Erkenntniss  a  priori,  so  hier  auf  die  apriorische  Be- 
trachtung der  reflectirenden  Urtheilskraft  bezogen.  Aber  das  Gemeinsame  für 
beide  Theile  bleibt  die  Vemunftnothwendigkeit  einer  formalen  Zweckmässigkeit 
der  Natur.  Dies  war  der  neue  Grenzbegriff,  den  Kant  in  der  Durchführung 
der  kritischen  Metaphysik  auf  dem  Boden  der  ^iti!  ber  reinen  S^emunft  ent- 
deckte, und  so  mussten  die  ästhetische  und  die  teleologische  Problemreihe  mit- 
einander auf  das  Princip  der  reflectirenden  Urtheilskraft  convergiren. 

Nachdem  auf  diese  Weise  unter  einem  völlig  neuen  Gesichtspunkte  der 
systematische  Rahmen  für  das  neue  Werk  gefunden  war,  konnte  die  Aus- 
arbeitung verhältnissmässig  schnell  alle  die  besonderen  Untersuchungen  zusammen- 
fassen, welche  Kant  zum  grossen  Theil  im  Anschluss  an  seine  Vorlesungen  über 
die  ästhetischen  und  über  die  teleologischen  Probleme  im  Einzelnen  schon  fort- 
während angestellt  hatte.  Das  Wesentliche  der  principiellen  Entwickelung 
bildete  die  Einsicht  in  den  Zusammenhang  zwischen  dem  Gefühlsvermogen  und 
der   reflectirenden  Urtheilskraft:    nachdem  Kant   gefunden  hatte,    dass   es   die 

1)  XI  49. 


522  SMm  bet  Urt^eil^fraft. 

letztere  ist,  welche  für  das  erstere  die  Begrandang  der  Apriorit&t  ihrer  ästhe- 
tischen Functionen  im  Schönen  wie  im  Erhabenen  abgiebt,  musste  der  Theorie 
des  ästhetischen  Urtheils  diejenige  des  im  engeren  Sinne  teleologischen  Unheils 
an  die  Seite  gestellt  werden,  weil  auch  diese  darauf  hinauslaufen  muss,  seine 
Begründung  in  der  von  der  reflectirenden  Urtheilskraft  bestimmten  Betrachtang 
der  Natur  als  eines  zweckmässigen  Systems  der  Erfahrung  darzulegen.  Die  so 
überaus  wirkungsvolle  Zusammenfassung  der  Probleme  des  organischen  Lebens 
und  der  Kunst  hat  sich  also  unter  dem  den  letzten  Abschluss  der  Kantisehen 
Weltanschauung  bestimmenden  Gedanken  von  der  Einheit  des  Systems  der  Er- 
fahrung als  eines  zweckmässigen  Ganzen  vollzogen.  In  den  ursprünglichen 
Voraussetzungen  der  Kantischen  Erkenntnisslehre  mit  ihrer  scharfen  Sonderang 
von  Form  und  Stoff  lag  es  begründet,  dass  der  gegebene  Inhalt  der  Erfahnmg 
den  synthetischen  Formen  des  Erkenntnissvermögens  gegenüber  in  letzter  Instanz 
etwas  ZuHÜliges  bleiben  musste  und  dass  seine  Formbarkeit  durch  Kategorien,  seine 
Subsumirbarkeit  unter  die  Grundsätze  eine  unbegreifliche,  ^glückliche'  Thatsache 
bildete,  die  einen  Charakter  der  Nothwendigkeit  nicht  mehr  für  die  begriffliche 
Einsicht,  sondern  nur  noch  für  die  teleologische  Betrachtung  erhalten  konnte: 
von  diesem  Verhältniss  aus  gesehen,  bildet  die  SMtit  her  Urtl^etldfraft  eine 
ebenso  unerlässliche  Ergänzung  für  die  jhitil  bet  reinen  Vernunft,  wie  sie  nach 
einer  andern  Richtung  durch  die  Sttitit  bei  prafttf^en  9)eniunft  von  Kant 
gegeben  ist  So  hat  die  Gedankenarbeit  des  9.  Jahrzehnts  vollendet,  was  in 
der  des  8.  Jahrzehnts  begonnen  worden  war. 

Nachdem  Kant  diese  Gedankenzusammenhänge  zu  ihrem  systematischen 
Abschluß  gebracht  hatte,  ist  die  Abfassung  der  ftrtttf  bei  Urt^etliSfroft,  wie  es 
scheint,  verhältnissmässig  schnell  von  statten  gegangen.  Wegen  des  Verlages 
hatte  Kant  mit  dem  Berliner  Buchhändler  de  la  Garde  abgeschlossen.  Der  Sohn 
seines  alten  Verlegers,  Johann  Friedrich  Hartknoch  in  Riga,  dem  Kant  auf  seine 
Bitte  um  den  Veriag  der  Stnül  bed  fi^^önen  ©ef^ntafd,  (vgl.  dessen  Brief  vom 
15./26.  August  1789)0  eine  unbestimmte  Zusage  ertheilt  hatte,  war  davon,  wie 
sein  Brief  vom  9./20.  October  1790  zeigt*),  schmerzlich  überrascht  Die  Wahl 
Kants  scheint  durch  Rücksiebten  auf  die  Leistungsfähigkeit  des  Verlags  hin- 
sichtlich der  Schnelligkeit  der  Herstellung  und  der  Sicherheit  des  Betriebes 
veranlasst  gewesen  zu  sein:  denn  er  schreibt  an  seinen  Schüler  Kiesewetter, 
den  er  de  la  Garde  als  Gorrector  empfohlen  hatte  (Brief  an  de  la  Garde  vom 
15.  October  1789  und  von  Kiesewetter  vom  19.  November  1789)»)  bei  Gelegenheit 
der  Absendung  des  ersten  Theils  des  Manuscriptes  am  21.  Januar  1790,  es  solle, 
falls  de  la  Garde  das  Werk  nicht  bis  zur  Ostermesse  fertig  zu  bringen  ver- 
möchte, Kiesewetter  Verhandlungen  mit  einem  andern  Buchhändler,  Himburg, 
einleiten  *),    An  de  la  Garde  schreibt  er  an  demselben  Tage,  mit  der  Znsendung 


')  XI  71. 
>)  XI  217. 
»)  XI  95  u.  106. 
*)  XI  121. 


Einleitung.  523 

des  Manuscripttheils :  S)ie  etfie  unb  Dome^mfle  IBebingung,  tmtet  ber  i(^  (Sto: 
^o^ebelgeb.  biefed  Mcrpt.  ^  Syrern  S^erlQQe  übergebe,  ift:  bog  ed  aut  redeten 
geit  auf  ber  ndd^ften  8eipa.  Dßermeffe  fertig  geliefert  »erbe,  ©oaten  @ie  btefed 
au  leiflen  fid^  ni4t  getrauen,  fo  bitte  ed  an  $m.  Kieaewetter  au  ntelben,  ber 
hierüber  Don  mir  einen  Kuftrag  befomntt.  ^Eein  i^  l^offe:  bag  eiS  bod^  irgenb 
eine  treffe  in  Berlin  ober  bem  benachbarten  ©ac^fen  geben  mirb,  wel^e  in  14 
2:agen  5  8ogen  brudfen  »irb,  babur(|  benn  ber  2)rudC  gana  a^i^ifi  t)oaenbet  fe^n 
fann.  S)a  i^  aber  nic^t  atoeifle:  ba6  ®ie  einen  folgen  9ud^brufer  in  Berlin 
antreffen  werben,  fo  mieberl^ole  meine  (Smpfel^lung,  ben  ^m.  Kieseweuer  aum 
Corrector  au  brauchen,  ben  @ie  bann  aud^  bafür  f o  ret4|li(^  ald  für  bergletc^en 
Krbeit  nur  au  gefd^e^en  pflegt,  au  beaa^ten  belieben  »erben').  Die  Briefe  Kiese- 
wetters und  de  1&  Gardes  vom  29.  Januar  1790^)  zeigen,  dass  Verleger  und 
Corrector  die  Wünsche  Kants  auf  das  eifrigste  zu  befolgen  begannen.  Kant 
lless  dann  am  9.  Februar  eine  zweite  Manuscriptsendung  an  de  la  Garde  ab- 
gehen, wonach  vom  Text  nur  noch  ein  kleiner  Rest  ausstand').  Er  zeigte  in 
dem  weiteren  Briefwechsel  mit  dem  Verleger  und  dem  Corrector^)  eine  rohrende 
Bescheidenheit  in  der  Bekundung  seiner  Zufriedenheit  über  die  Ausstattung 
und  die  Drucklegung  des  Buches.  Der  Corrector  hatte  dabei,  wie  sein  Brief 
vom  3.  M&rz  1790  beweist,  mancherlei  Verlegenheiten  zu  überwinden:  „es  sind 
nämlich  Stellen  im  Manuscript,  die  offenbar  den  Sinn  entstellende  Schreibfehler 
enthalten,  und  wo  ich  mich  genöthigt  gesehen  habe  zu  ändern.*  Wir  erfahren 
dabei  auch,  dass  er  »bei  der  Corrector  vom  2ten  bis  6*«»  Bogen  krank  war,  und 
also  ein  anderer,  der  dem  Manuscripte  treulich  folgte,  die  Correktur  übernahm^. 
Dabei  sei  es  zu  seinem  grössten  Ärger  gekommen,  dass  zwei  den  Sinn  ent- 
stellende Fehler  stehen  blieben,  die  unter  den  Errata  aufgeführt  werden  sollten^). 
Am  9.  März  1790  hat  dann  Kant  (vgl.  Brief  an  de  la  Garde) ^)  den  Rest  des 
Textes  im  Manuscript  an  den  Verleger  abgeschickt  und  Vorrede  und  Einleitung 
für  das  Ende  der  Passionswoche  in  Aussicht  gestellt  Die  letztere  Zusicherung 
wurde  sodann  am  32.  März  erfüllt  (vgl.  den  Brief  an  de  la  Garde  vom  25.  März 
1790)^.  Zugleich  giebt  Kant  die  Adressen  für  seine  Dedikations-Exemplare  an, 
deren  Zusammenstellung  nicht  uninteressant  ist:  Graf  von  Windisch-Grätz  in 
Böhmen,  Geheimerat  Jacob!  in  Düsseldorf,  Professor  Reinbold  in  Jena,  Professor 
Jacob  in  Halle,  Professor  Blumenbach  in  Göttingen,  ferner  Geheimer  Finanzrath 
Wloemer  in  Berlin,  D.  Biester,  Kiesewetter,  D.  u.  Prof.  Hertz  ^).     Inzwischen 


»)  XI  122  f. 
2)  XI  124  u.  126. 
»)  XI  129  f. 

*)  Vgl.  XI  141,  193,  383. 
5)  XI  136. 
•)  XI  140  f. 
^  XI  142  f. 

^  Dazu  sind  nach  dem  Verzeichniss  in  de  la  Gardes  Brief  vom  22.  Mai 
1790  (XI  172)  noch  Salomon  Maimon  und  Prof.  Michelsen  gekommen. 


524  Äritt!  her  Urt^elWIraft. 

hatte  Kant,  wie  aus  dem  Brief  an  Kiesewetter  Tom  20.  April  17900  zu  ersehen, 
einen  Theil  der  Probebogen  durchgesehen,  aber  er  schreibt  darüber:  34  fötfi 
an  fte  bur^juge^n,  (roegen  ber  ^rucffel^Ier}  aber  ed  mar  mir  naä^qexabt  Der« 
briedltc!^  unb  fd^ob  ed  alfo  auf,  bi^  t(|  me^r  berfelben  befommen  (oben  toflrbe, 
um  f^  auf  einmal  ab^umaä^tn.  Er  legt  dann  einen  Kuffa^  Don  ben  gefunbenen 
2)rudPfe^(em,  aud^  einen  ^lu^IaffungSfel^ler,  htt),  meiere  Dieüei^t  nodg  bem  S^rrfe 
ange^öngt  merben  fdnnen,  und  spricht  dann  des  Näheren  über  einen  Schreib- 
fehler, der  bei  einer  Überschrift  untergelaufen  war.  Jenes  freilich  sehr  wenig 
sorgüLltige  Druckfehlerverzeichniss  ist  dann  der  ersten  Auflage  des  Werkes  bei- 
gefügt worden,  die  rechtzeitig  nach  Kants  Wunsch  zur  Ostennesse  1790 
erschien. 

Mit  dem  Absatz  des  Buches  war,  wie  Kiese wetter  schon  im  Mai  1790  an 
Kant  berichtete'),  der  Verleger  so  zufrieden,  dass  er  für  das  folgende  Jahr 
schon  eine  neue  Auflage  in  Aussicht  nahm.  Auch  de  la  Garde  best&tigt  dies 
in  dem  Briefe  vom  22.  Mai  1790*).  Indessen  kam  es  nicht  so  bald  zur  zweiten 
Auflage.  Kant  fragte  am  2.  September  und  nochmals  am  19.  Oktober  1790*) 
bei  dem  Verleger  an,  bis  wann  er  spätestens  seine  Verbesserungen  für  die 
neue  Auflage  einzusenden  habe.  Die  Antwort  darauf  (Briefsammlung  427a)  ist 
nicht  erhalten,  sie  muss,  wie  wir  aus  dem  Briefe  von  de  la  Garde  vom  5.  Juli 
1791  ersehen^),  dahin  gelautet  haben,  dass  die  neue  Auflage  bis  zum  Sommer 
1791  Zeit  habe;  nunmehr  schreibt  de  la  Garde,  dass  er  nach  der  Michaelmesse 
den  Druck  beginnen  möchte  und  schickt  ein  durchschossenes  Exemplar,  dessen 
Empfang  Kant  nnter  dem  15.  August  1791  quittirt.  Die  Bitte  des  Verlegers, 
die  Verbesserungen  bis  zu  Ende  October  zu  erhalten,  hat  Kant  nach  seinem 
Briefe  vom  28.  October  1791  nicht  erfüllen  können:  ba  ic^  not^menblg  meine  gan^e 
Bett  ununterbro(i^en  bem  2)ur(^ben!en  ber  l^ier  abge^anbelten  ©ac^en  mibmen 
mu6,  meldte  t(4  aber  im  »ergangenen  (Sommer  bid  in  ben  Dctober  hinein,  bitrd^ 
ungemol^nte  ^mtdgef^äfte  unb  auc^  manche  litterörtf4ie  unDermeiblid^e  S^P^^u« 
ungen  abgel^alten,  nic^t  f^obt  gewinnen  lönnen^.  Er  bat  damals  um  Aufschub 
nur  bis  Ende  November,  theilte  dann  aber  —  wie  sich  de  la  Garde  dazu  stellte, 
wissen  wir  nicht,  da  seine  Antwort  (Briefsammlung  Nr.  463  a)  nicht  erhalten 
ist  —  erst  am  30.  März  1792  dem  Verleger  mit,  dass  er  das  corrigirte  Exemplar 
bald  nach  Ostern  ^u  überfc^idfen  bebac^t  fe^n  merbe^).  In  der  That  ist  dies,  wie 
der  Brief  vom  12.  Juni  besagt,^)  am  10.  Juni  geschehen.  Die  Oorrectur  zur  Ein- 
leitung freilich  kam  erst  am  2.  Oktober  1792,  und  Kant  bemerkte  dabei:  Vuf 
ben  Sitel  ben  Sludbtud:  amei)te  Serbefferte  SlufSgabe  au  fe^en,  l^olte  id^  ni^t 

0  XI  151  f. 

^  XI  161. 

»)  XI  172. 

*)  XI  193  f.  u.  216  f. 

5)  XI  257  f. 

«)  XI  288. 

^  XI  317. 

•)  XI  327. 


Einleitung.  525 

fflt  fddidlid^,  weil  ed  nid^t  gana  el^rlit^  ift;  benn  bte  S^erbefferungen  finb  bod^  nid^t 
toi^ltifi  genug,  um  fle  aum  befonberen  Semegung^gtunbe  bed  Sniaufd  )u  maci^en: 
beiS^alb  ic^  jenen  Studbrul  au^l  DetbttteO*  Was  die  letztere  Frage  angeht,  so  war 
Kant,  nachdem  ihm  de  la  Garde  unter  dem  2.  November  1792  bedauernd  mit- 
getheilt  hatte,  dass  im  Messkatalog  schon  „zweite  yerbesserte  Auflage^  stehe*), 
auch  damit  einyerstanden,  weil  es  im  Grunde  wenig  zu  bedeuten  habe.  Er 
schrieb  darüber  am  21.  December  1792:  Untna^r  ifi  ed  menigflend  ni4t,  tnenn 
ed  mir  gleid^  ein  tnenig  prablenb  su  fe^n  f(!^ien').  Auf  dem  Titel  des  Buchs 
ist  aber  dann  der  Zusatz  .yerbesserte*  doch  fortgefallen.  Jedenfalls  aber  konnte 
Kant  schon  am  4.  Januar  1793  dem  Verleger  für  das  ^errltd^  gebunbene  (S^emplac 
der  neuen  Auflage  seinen  Dank  abstatten^).  Die  Änderungen,  die  Kant  für 
die  zweite  Auflage  selbst  gemacht  hat,  lassen  sich  schwer  und  auf  jeden  Fall 
nur  hypothetisch  yon  denjenigen  unterscheiden,  zu  welchen  offenbar,  wie  Kiese- 
wetter bei  der  ersten  Auflage,  der  Berliner  Corrector  auch  jetzt  freie  Hand 
hatte.  Wer  aber  in  diesem  Falle  der  Corrector  gewesen  ist,  lässt  sich  nicht 
mehr  feststellen.  Dass  es  wieder  Kiesewetter  gewesen  sein  sollte,  ist  nicht  an- 
zunehmen, einerseits  weil  sich  in  der  fortlaufenden  Correspondenz  mit  diesem 
nichts  darüber  findet,  andrerseits  weil  zwischen  ihm  und  Kant  wegen  der  Logik 
Kiesewetters  eine  yorübergehende  Verstimmung  eingetreten  war  (vgl.  Brief  yon 
Kiesewetter  3.  Juli  1791,  yon  de  la  Garde  5.  Juli  1791,  yon  Kant  2.  Aug.  1791); 
der  Briefwechsel  mit  Kiesewetter  wird  dann  erst  am  15.  Juni  1793  von  diesem 
wieder  aufgenommen,  nachdem  ihm  Kant  durch  die  Zusendung  einer  Schrift  — 
der  SReligton  tnnetl^alb  ber  ©renken  ber  blogen  ISemunft  —  entgegengekommen 
war).  Der  Corrector  der  zweiten  Auflage  war  also  ein  Anderer,  und  sicher 
auch  ein  wissenschaftlich  gebildeter  Mann.  Jedenfalls  ist  seine  Hand  überall 
in  der  Vermeidung  sprachlicher  Härten  und  der  Abrundung  des  Ausdrucks 
mitth&tig  gewesen. 

Noch  eine  dritte  Auflage  des  Werks  ist  bei  Kants  Lebzeiten  im  Jahre 
1799  bei  de  la  Garde  erschienen.  Allein  über  diese  schweigen  die  brieflichen 
Nachrichten  yollständig.  Aus  der  Correspondenz  mit  de  la  Garde  und  mit 
Kiesewetter  ist  nichts  erhalten,  was  mit  dieser  neuen  Auflage  in  Zusammen- 
hang stünde.  Selbst  der  Versuch,  darüber  in  dem  ungedruckten  Briefwechsel 
zwischen  de  la  Garde  und  dem  Kriegsrath  Scheffner  Auskunft  zu  finden,  hat 
nur  ergeben,  dass  de  la  Garde  am  4.  August  1798  (Briefwechsel  Nr.  773  a)  an 
Kant  eine  Anweisung  für  das  Honorar  der  dritten  Auflage  der  Kritik  schickte 
und  dabei  meinte,  Kant  solle  wohl  sich  seines  Versprechens  erinnern  und  ihm 
yon  seinen  Werken  wenigstens  eines  noch  zukommen  lassen;  und  weiterhin 
findet  sich  in  dem  Briefe  yom  30.  September  1798  eine  Bemerkung  über  die, 
wie  es  scheint,  nicht  eben  freundliche  Art,  in  der  Kant,  yielleicht  unter  dem 


*)  XI  359. 
»)  XI  869. 
•)  XI  383. 
*)  XI  389. 


526  SMm  ber  Urtlftdl^fraft. 

Druck  seines  körperlichen  Zustandes,  die  Verbindung  mit  dem  Verieger  abge- 
brochen hatte:  „Was  Sie  mir  von  Kant  sagen,  erklärt  freilich  in  etwas  sein 
sonderbares  Benehmen  gegen  mich.  Gleich  nach  meiner  Rückkunft  aus  Paris 
überschickte  ich  ihm  das  Honorarium  der  dritten  Auflage  seiner  Kritik  und 
dankte  bei  der  Gelegenheit  für  die  freundschaftliche  Äußerungen  gegen  Vg. 
(Vieweg)  ferner  noch  Gesch&fte  mit  mir  machen  zu  wollen.  Als  ich  nach  zwei 
Uonat  keine  Antwort  Yon  ihm  erhielt,  bat  ich  ihn,  mir  wenigstens  der  Ordncmg 
wegen  den  Empfang  des  Geldes  anzuzeigen,  allein  hierauf  hat  er  bis  jetzt  mit 
keiner  Sylbe  geantwortet.  Er  scheint  zu  glauben,  dass  mein  Dank  eine  Auf- 
forderung enthält,  von  seinem  jetzigen  Verleger  abzugehen.  Dadurch  würde  er 
nun  wohl  freyiich  sein  Versprechen  erfüllen,  allein  mich  nicht  so  sehr  beglücken,  da 
ich  mehr  Verlagsprojecte  habe  als  meine  Kräfte  es  erlauben  in  3  Jahren  zu  bestreiten.' 

Die  dritte  Auflage  stimmt  zwar  in  der  Seitenzahl  und  in  der  Abtheilung 
der  Seiten  mit  der  zweiten  durchgängig  überein,  ist  aber  doch  nicht,  wie  man 
wohl  gemeint  hat,  ein  unveränderter  Abdruck  davon,  sondern  zeigt  wiederum 
eine  Anzahl  sprachlicher  Veränderungen  und  gelegentlich  auch  eine  sachliche 
Abweichung,  —  Änderungen,  die  sich  stilistisch  in  der  Richtung  derjenigen 
der  zweiten  Auflage  bewegen.  Es  ist  deshalb  nicht  unwahrscheinlich,  obwohl 
in  keiner  Weise  bezeugt,  dass  hier  derselbe  unbekannte  Corrector  mitgewirkt 
hat,  wie  bei  der  zweiten  Auflage,  und  dass  er  wiederum  dazu  freie  Hand  hatte. 

Was  wir  somit  von  der  Geschichte  des  Drucks  der  drei  Auflagen  wissen, 
lässt  es  als  ausgeschlossen  erscheinen,  mit  Sicherheit  eine  Form  des  Werkes 
herzustellen,  die  in  jeder  Hinsicht  auf  Kants  eigene  Textprnfung  zurückginge. 
Schon  bei  der  ersten  Auflage  haben  Kiesewetter  und  gelegentlich  ein  anderer 
Corrector  ihre  Hand  im  Spiele  gehabt;  bei  der  zweiten  gehen  zweifellos  die 
bedeutsamsten  Textänderungen  auf  Kants  durchschossenes  Exemplar  zurück, 
aber  es  sind  auch  die  stilistischen  Ausfeilungen  durch  den  unbekannten 
Corrector  hinzugekommen;  bei  der  dritten  endlich  haben  wir  keinen  Qrund 
zu  der  Annahme,  dass  Kant  bei  den  Änderungen  direct  mitgewirkt  hätte,  wohl 
aber  zu  der  Voraussetzung,  dass  der  Philosoph  wiederum  seine  allgemeine 
Einwilligung  zu  den  Änderungen  gegeben  hat,  welche  der  uns  unbekannte 
Corrector  vornahm.  Über  das  Verhältniss  der  drei  Texte  zu  einander  hat  Benno  Erd- 
mann in  seiner  Sonderausgabe  der  jbriti!  ber  Urt^eüdfraft  (1880)  eine  vergleichende 
Untersuchung  von  so  umfassender  Sorgfalt  gemacht,  dass  darauf  hier  verwiesen 
werden  muss.  Für  die  vorliegende  Ausgabe  ist  im  allgemeinen  auf  Grund  der 
dargelegten  Verhältnisse  der  Text  der  zweiten  Auflage  (A^  zu  Grunde  gelegt 
worden  als  derjenigen,  bei  der  Kant  selbst  noch  in  nachweisbarer  Weise,  wenn 
auch  nicht  allein  mitgewirkt  hat.  Doch  erwies  es  sich  als  zweckmässig  und 
unter  Umständen  als  erforderlich,  gewisse  Änderungen  der  dritten  Auflage  für 
welche  ja  die  Legitimation  von  Seiten  Kants  schliesslich  auch  soweit  reicht, 
wie  für  viele  der  Änderungen  der  zweiten  Auflage,  an  denjenigen  Stellen  ein- 
zusetzen, wo  sie  offenbare  Verbesserungen  des  Ausdrucks  oder  Erleichterung 
des  Verständnisses  bedeuteten. 


Einleitung.   Sachliche  Erläuterungen.  527 

Dneke:  1.  6titi£  bei  Uctl^eUdfraft  t>on  Immanuel  ftant.  iSBetltn  unb  Bibou, 
be^  Sogarbe  unb  Sneberi^,  179a 

2. gme^te  Auflage.    ^Berlin,  Be^  g.  ^.  Sagorbe.   1793. 

3. S>ritte  «uflage.  öerlin,  be^  g.  $.  ßaßarbe.  1799.  (2  Drucke.) 

Es  erschienen  ausserdem  noch  drei  Naehteieke: 

1. Sranffurt  unb  Selpalg  1792. 

2. Slcucflc  Auflage,    gronffurt  unb  öeipalg  1794. 

8. !Reuefle,  mit  einem  SRegiftec  Dennel^rte  $(uftage.  2  IBbe.  ®r&j^  1797. 

Sachliche  ErUnterungen. 

1689.10  fidleren  alleinigen  öcJH]  Der  überlieferte  Text  fidleren,  aber  einigen 
fBefit  ist  verständlich,  wenn  man  einigen  im  Sinne  von  einzigen  nimmt,  macht  jedoch 
mit  dem  aber  eine  Schwierigkeit,  die  Erdmann  zu  heben  suchte,  indem  er  statt 
aber:  ober  conjicirte.  Auch  dies  jedoch  ist  sachlich  nicht  ohne  Bedenken,  und 
deshalb  wurde  die  Schwierigkeit  durch  alleinigen  zu  umgehen  gesucht 

20433  Stofefifcl^e  ©ad^em].  Sachem  bedeutet  eine  Art  von  Häuptling  oder 
Friedenshäuptling:  ygl.  „Eantstudien*^  Bd.  I,  S.  155 f.  Die  yon  Kant  mitgetheilte 
Anecdote  beruht,  wie  P.  Menzer  gefunden  hat,  auf  einer  Stelle  bei  Charlevoix, 
hjstoire  et  description  generale  de  la  Nouvelle-France.  III  S.  322.  Paris  1744. 
„Des  Iroquois,  qui  en  1666  allerent  a  Paris,  et  ä  qui  on  fit  voir  toutes  les 
maisons  royales  et  toutes  les  beautes  de  cette  grande  ville,  n'y  admirerent  rien, 
et  auraient  pr^f^re  les  yillages  ä  la  capitale  du  plus  florissant  royaume  de 
l'Europe,  s*ils  n'ayaient  pas  yu  la  nie  de  la  Huchette,  oü  les  boutiques  des  ro- 
tisseurs,  qu'ils  trouvaient  toujours  gamies  de  viandes  de  toutes  les  sortes,  les 
charmerent  beaucoup.^ 

224»  (woran  iä)  bod^  gar  nid^t  smeifle)]  Da  die  beiden  ersten  Auflagen 
in  dieser  Klammer  schreiben:  moran  id^  bod^  gar  fel^r  jineifle,  so  lag  hier  ein 
Punkt  totaler  sachlicher  Verschiedenheit  vor.  Denn  dass  in  der  dritten  Auflage 
das  nid^t  an  die  Stelle  des  fel^r  getreten  ist,  kann  unmöglich  nur  die  Sache  eines 
Druckfehlers  sein.  Diese  Änderung  der  dritten  Auflage,  die  yermuthlich  auf 
deren  Corrector  zurückgeht  und  die  in  den  Text  dieser  Ausgabe  aufgenommen 
ist,  entspricht  nämlich  durchaus  der  Stellung,  welche  Kant  zu  den  dort  berührten 
Fragen  eingenommen  hat.  An  der  Eul ersehen  Theorie,  der  Undulationstheorie 
des  Lichts,  hat  nämlich  Kant,  wie  namentlich  schon  eine  Stelle  in  seiner  Pro- 
motionsscbrift  De  igne  zeigt,  in  der  That  nicht  gezweifelt.  Er  nennt  diese  Theorie 
dort  (Sectio  II,  Prop.  VIII;  I,  378):  hypoihetm  nctturae  legibus  maxime  congruatn 
et  nuper  a  clarissimo  Eulero  novo  praeeidio  munitam.  In  den  3]^etap]^Qfif(^en  $ln« 
fang^grünben  ber  !Ratunoi1fenfd^aft  behandelt  er  (2.  Hauptst.  Lehrs.  8  Anm.  1 
Note  IV,  520)  Eulers  Hypothese  mit  entschiedener  Zustimmung  und  sucht 
die  ihr  aus  der  nur  geradlinigen  Fortpflanzung  des  Lichts  erwachsende  Schwierig- 
keit auf  eine  gar  mol^l  oenneiblic^e  matl^ematifc^e  ^^orfteHung  ber  8i(!^tmaterie 


528  Sbdm  ber  Urt^dldfraft. 

zuräckzaführen:  vgl.  daselbst  520,  21 S.  Auch  die  Wendung  in  der  Anthropologie 
§  19  (Vir,  1564)  kann  nicht  als  eine  Concession  an  die  Emissionstheorie  des 
Lichtes  angesehen  werden.  Jedenfalls  hat  Kant  in  der  ^tif  ber  Urt^etldfraft 
überall  Licht  und  Schall  in  Bezug  auf  die  beiden  .höheren*'  Sinne  nach  dieser 
Richtung  durchaus  parallel  behandelt.  Vgl.  z.  B.  §  42  S.  302?  oder  §  51  S.  324 17 
und  32481.  Aber  auch,  was  das  Wichtigere  und  wesentlich  Bedeutsame  ist,  die 
ästhetische  Verwendung  dieser  physicalisch-physiologischen  Theorie,  wonach  die 
reinen  Farben  wie  die  reinen  Töne  nicht  bloss  eine  Wirkung  auf  den  (Sinn, 
sondern  eine  9tefle;ton  auf  das  regelmässige  Spiel  der  Eindrücke  enthalten,  ist 
von  Kant  überall  ausdrücklich  bejaht  worden.  Zwar  führt  er  die  eingehendere 
Erwägung  dieser  «Frage  im  §  51,  3  (S.  324iof.)  mit  der  Bemerkung  ein,  man 
könne  nicht  recht  ausmachen,  ob  die  Besonderheit  der  Ton-  und  Farbenempfin- 
dung den  Sinn  oder  die  Reflexion  zum  Grunde  habe,  —  man  könne  nicht  mit 
Gewissheit  sagen,  ob  eine  gatbe  ober  ein  3:on  blog  angenehme  @mpftnbungen, 
ober  an  fit^  fd^on  ein  fd^dne«  ©piel  t)on  Q^mpfinbungen  fei  unb  a\9  ein  folc^eä 
ein  Söo^IgefaDen  an  ber  fjorm  in  ber  fift^etifd^en  ©eurt^eilung  bei  fid^  fü^re. 
Aber  seine  weiteren  Ausführungen  lauten  dann  ausdrücklich:  @o  ntöd^te  man 
fid^  gendt^tgt  fe^en,  bie  (^mpftnbungen  oon  betben  ni^t  aU  bloßen  @tnneneinbrudC, 
fonbem  ald  bie  SBitfung  einer  Seurt^eilung  ber  Sorm  im  @piele  oieler  Chnpfht« 
bangen  anjufe^en.  Daraus  folgt  ihm  dann,  dass  die  Musik  als  schöne  Kunst 
und  zwar  als  ein  fc^öneiS  @piel  ber  (Smpfinbungen  burd^  bdi  ©el^dr  erklärt 
werden  soll:  und  dasselbe  gilt  nach  dem  Eingange  des  Abschnitts  für  die  Farben- 
kunst. Damit  wird  ausdrücklich  bejaht,  woran  Kant  nach  der  Lesart  der  ersten 
und  zweiten  Auflage  an  dieser  Stelle  gar  fel^r  gezweifelt  haben  soll.  Ebenso 
aber  heisst  es  §42  S.  3028  f.  von  Licht  und  Schall:  biefe  finb  bie  einzigen  dtti' 
pftnbungen,  meldte  nic^t  blog  ^innengefül^I,  fonbem  aud^  dlefle^on  über  bie  gorm 
ber  ÜRobiflcationen  ber  (Sinne  oerftatten.  Und  weiterhin  (3294  f.)  sagt  Kant  bei 
Behandlung  der  Tonkunst  hinsichtlich  der  proportionirten  Stimmung,  weld^e,  weil 
fie  bei  2'önen  auf  bem  i^er^öltnig  ber  S^^l  ber  8uftbebungen  in  berfelben  Seit, 
fofern  bie  Xbne  jugleic^  ober  aud^  nac^einanber  oerbunben  n^erben,  berul^t,  mat^e« 
matifd^  unter  gemtffe  Siegeln  gebrad^t  merben  fann:  Stn  biefer  matl^ematifc^en 
Sfotm,  obgIei(^  ni^t  burd^  beftimmte  begriffe  oorgefteUt,  ^dngt  alletn  bad  äBo^l- 
gefallen,  melc^eiS  bie  bloge  fRtfle^non  über  eine  fold^e  Tttnqt  einanber  beglettenber 
ober  folgenber  Q^mpfinbungen  mit  btefem  ©piele  berfelben  ald  für  {ebermann  gültige 
SBebtngung  feiner  ©d^ön^eit  Derlnüpft;  unb  fie  ift  eiS  anein,  na6^  meld^er  ber®e' 
fc^macf  fic^  ein  S^ed^t  über  bai  Urt^eil  Don  {ebermann  jum  S^oraud  auiS^ufpre^en 
anmaßen  barf.  Selbst  wenn  es  also,  wie  yermuthlich,  der  unbekannte  Gorrector 
der  dritten  Auflage  sein  sollte,  auf  den  die  Ersetzung  des  gar  fe^r  durch  das 
gar  nid^t  zurückgeht,  und  selbst  wenn  die  yon  ihm  mit  Anschluss  an  den 
früheren  Text  eingesetzte  Form  einen  etwas  zu  starken  Ausdruck  hergestellt 
hätte,  so  entspricht  doch  diese  Änderung  der  von  Kant  in  dem  Werke  durch- 
gängig yertretenen  Ansicht  derart,  dass  ihre  Aufnahme  in  den  Text  nicht  nur  be- 
rechtigt, sondern  auch  erforderlich  schien. 


Sachliche  Erläuterungen.  529 

315s3f.    Die  Verse  lauten  im  Original: 

nOui,  finissons  sans  trouble,  et  mourons  sans  regrets, 

Kn  laissant  l'Univers  comble  de  nos  bienfaits. 

Ainsi  TAstre  du  jour,  au  bout  de  sa  carriere, 

Repand  sur  l'horizon  une  douce  lumiere, 

Et  les  demiers  rayons  qu'il  darde  dans  les  airs 

Sont  ses  derniers  soupirs  quMl  donne  k  l'Univers/ 
Sie  finden  sich  am  Schlüsse  der  Epitre  XVIII,  Au  Mar^chal  Keith,  Imi- 
tation du  troisi^me  livre  de  Lucr^ce:     ,Sur  les  vaines  terreurs  de  la  mort  et 
les  frayeurs  d'une  autre  Yie",  in  den  Poesies  diverses,  Berlin  1762,  Bd.  2,  S.  447; 
vgl.  Oeuvres  de  Fred^ric  le  Grand,  1846  flf.  tome  X,  p.  203. 

31618  Der  Vers  steht  in  den  «Academischen  Gedichten^  von  Withof  im 
3.  Gesang  der  „Sinnlichen  Ergötzungen',  Leipzig  1782, 1,  S.  70,  und  lautet  genau: 

„Die  Sonne  quoll  hervor,  wie  Ruh*  aus  Güte  quillt* 
(Nachgewiesen  von  E.  Schmidt  und  R.  M.  Heyer.) 

343 13  meiere]  Richtiger  wäre  melc^eiS  bezogen  auf  barftellen.  Denn  das, 
was,  wenn  sie  (nämlich  die  Anschauung)  a  priori  ist,  das  Construiren  heisst,  ist 
eben  das  In  bcr  Slnfc^auunß  barftettcn. 

35320  Dorige  ^oragrapt)]  Dies  Selbstcitat  konnte  sich  im  §  58  nur  auf  den 
Nebensatz  Seite  35028  f.  btc  au^  einem  überfinnlid^en  ©runbe  für  not^tüenbig 
unb  Qllgemetngülttg  erflärt  roerben  foll  beziehen.  Viel  wahrscheinlicher  ist  es, 
dass  Kant  an  dieser  Stelle  das  im  Auge  hatte,  was  er  im  §  57  von  dem  itber* 
finnlid^en  ©ubftrat  ber  SJ^enfd^^ett  als  dem  etnaigen  ®6)lü^tl  ber  (^nttöt^elung 
des  Geschmacksurtheils  (vgl.  S.  34021  und  341 7  ff.)  dargelegt  und  in  der  An- 
merkung I  näher  ausgefährt  hatte.  Damach  hiesse  es  genauer:  ber  DorDorige 
^aragtap]^. 

42422  ISIumenbQ^]  Vgl.  Erl.  zu  VII  895  und  B's.  Schrift  „Ober  den 
Bildungstrieb  und  das  Zengungsgeschäfte^,  Gottingen  1781  und  mit  dem  abge- 
kürzten Titel:  „Ober  den  Bildungstrieb"  ebenda  1789. 

4274  Sinne]  S^gl.  Caroli  a  Linn^,  Systema  naturae  ed.  XII  Holmiae  1766 
I  p.  17:  „Politia  naturae  manifestatur  ex  tribus  naturae  regnis  simul:  quemadmodum 
enim  imperantium  causa  populi  non  sunt  nati,  sed  subditorum  ordinis  servando 
imperantes  constituti,  ita  vegetabilium  causa  animalia  phytiphaga,  phytigorum 
Carnivora,  et  ex  his  maiora  ob  parva,  homo  (qua  animal)  ob  maxima  et  singula, 
sese  vero  praecipue,  saeva  mercede  conducta  tyrannidera  exercent,  ut  proportio 
cum  nitore  reipublicae  naturae  perennet" 

428 16.16  Camper]  Vgl.  VII  896  und  die  Erläuterung  dazu. 

46719.20  ^irngefptnfte  —  ^irngcfpenRer]  beide  Formen  finden  sich  auch 

sonst  in  dem  überlieferten  Text  Eantischer  Werke,  Hirngespinste  z.  B.  in  der 

^'ritil   ber  reinen  Vernunft  III  145 16,   Hirngespenster  in  den  ^anl^etten  bed 

j^opfed  il  263 16  und  26487.    Dass  Kant  in  einem  und  demselben  Werk  beide 

Aatit'9  et^riften.   ScrfeV.  34  ' 


530  Ärltif  ber  IW^cllöfraft. 

Formen  angewendet  haben  sollte,  ist  kaum  anzunehmen;  die  Verschiedenheit 
scheint  auf  Rechnung  der  Setzer  bzw.  der  Gorrectoren  zu  fallen,  zumal  da  an 
dieser  Stelle  die  auf  alle  Fälle  fehlerhafte  Form  von  A  4)inigefpinftcr  auf  ^im« 
gefpenfier  geführt  haben  dürfte.  Der  Gleichmässigkeit  halber  war  deshalb  auch 
hier  •^imgefpinftc  zu  setzen,  was  an  drei  andern  Stellen,  411a«,  466  is,  47226 
sicher  überliefert  ist. 

47686.87  SIelinaruÄ  In  feinem  nod^  nit^t  übertroffcnen  Söerfc]  Gemeint  ist 
R's.  Schrift:  »Die  vornehmsten  Wahrheiten  der  natürlichen  Religion  in  zehn 
Abhandlungen  auf  eine  begreifliche  Art  erkl&rt  und  gerettet'  Hamburg  1754 
u.  0.    Vgl.  II  161  aa. 


Lesarten. 

16711  bem]  ben?  Vorlander  ||  167  is  fann.  —  alfo]  !onn:  fo,  bafe  bte  6rltif 
A>  unb  bementfpre(!genb  Z.  20  nt^tS  übrifl  Idgt  A>  ||  167a5  btenen]  fehlt  A^  |{ 
168s  das  erste  ber]  fehlt?  Hartenstein  ||  I6810  oUeintgen]  Windel  band  ober  einigen 
A  ober  etnatgen  Erdmann  ||  meiere]  A»-»  bie  A»  ||  1696  jie  —  fie]  Vorländer  e« 
—  ed  A  II  16926  logifc^e]  te(eologif4e?  Rosenkranz  ||  1715  Sogtf  $rtndpten]  A^-^ 
Öogir  t^ut,  bie  ber  gorni  A^  ||  1735  «Raturle^re  gegolten,  enbUdft?  Erdmann  || 
nSeöorfci^nften]?  Kehrbach  1|  173i5.i6  untermorfen  —alfo]  fehlt A»  ||  17335.36 
oor^ergel^enbe]  üorgel^enbe  A  ||  1742?  unb  i^re]  A>»  unb  auf  »elc^em  t^re  A^  ;| 
175s  fle]  A>-»  jeneA»  ||  17582  aber]  fehlt  A»  ||  17587  al«]  A*-»  alfo  A»  ||  1764 
beten]  A'.»  baoon  bie  A»  ||  1765  fofl]  fehlt  A»  ||  176io  »el(^e5]  A*-»  wa«  A»  |1 
17685  überbem]  überbteiS?  Rosenkranz,  fehlt  Erdmann  ||  17721  ff.  Die  Anmerkung 
ist  Zusatz  von  A''  ||  179 1  burd&  ba«]  A»*»  burd&S  A»  ||  179  2  00m]  Erdmann  Don  A  1| 
17982  aUgemetnen]  A»-»  aflgemetn  A»  ||  I8O15  blefe  flcb  nlc^t]  Erdmann  biefe  ntc^t  A  || 
180«4  beffetben]  Windelband  berfelben  A  ||  1836  ifl.  —  tfl]  A»- » ifl,  unb  unter  biefen 
©efe^en  \ft  A^  ||  18326  fönnen);  —  «nfeljmig]  A»-»  fönnten);  unb  in  «nfe^ung 
beten  A^  ||  18333.84  92atutbingen  —  befonbeten]  Erdmann  9tatutbinge  —  fold^e 
befonbere  A  ||  184i7.i8  etfteuet  —  metben]  A*'*  steht  A*  erst  nach  dem  Condi- 
cionalsatze  »enn  —  antreffen  ||  184ao  überbem]  übeibied?  Rosenkranz  ||  185? 
na<Sji]  Zus.  Hartenstein  ||  187 u  jebet]  {enet?  Hartenstein  ||  1872s. 29  abt^etlung] 
A>-a  Slbt^eilungen  A»  ||  18734  ba«]  A»-»  mad  A»  ||  1884  tyoran^  fogte]  A»-«  öot- 
^erfagte  A»  jj  1886  eine]  A»-»  eine  fold^e  A»  ||  1896  fein  mögen]  A«-»  fe^n  A^  ||  18924 
ja  —  ol^ne]  A»-»  jo  o^ne  fogat  A'  ||  190i3  5öeffen  ©egenflonbeö]  A«-»  (gin  ©egen« 
ftanb,  beffen  A^  ||  190i9  überhaupt]  überhaupt  gllttg?  Erdmann  jj  190ao  ben] 
bem'?  Rosenkranz  ||  191 19  ein]  A^  fehlt  A>'>  ||  19125  tnetben]  Erdmann  »ttb 
A  II  1926  am]  Dom?  Erdmann  ||  192io  entfpmngeneiS]  entfprungen?  Erdmann  || 
19211  wirb]  Windelband  fehlt  A  »erben  Erdmann  ||  193 19  unb]  A»-*  unb  bet 
A»  II  19337  enthält]  Windelband  enthalte  A  ||  195ii  lönnten]  A»->  »nnen  A»  || 
19526  gemdg  i^ten]  A>*>  gem&iS  biefet  i^ren  A^  ||  19682.88  teinen  unb  praltif^en] 
A«-*  teinen  ptaftif^en  A^. 


Lesarten.  531 

20422  tDQd]  AI-'  bad  A>  ||  20433.34  nberbem]  überbted?  Rosenkranz  ||  20434 
auf  —  giouffcautfc^]  A»-»  auf  gut  SRouffcauifcft  auf  bie  öitclleit  ber  ©rogeii 
A3  II  2052S  eben]  A»«  fo  eben  A'  ||  206»  Möge]  blog?  Erdmann  ||  206i3  ha  bie] 
A»-'  ba  nur  bie  A»  ||  206i7  we^e«]  A>-'  ba«  A»  ||  2O621.28  erlenntnißüermögcn] 
A3-»  ericnntntfi  A»  ||  20687  mein]  ein?  Hartenstein  ||  207a  ©egenftanbe]  Erdmann 
©egenflönbe  A»  ©egenjlänben  A»-»  ||  2078.»  fo  gar]  A«-»  fogar  A*  ||  207 11  Ur- 
t^eilend]  Utt^etlö?  Hartenstein  ||  20730  welc^eiS]  A^-»  bad  A^  ||  2O813  anbre 
3ufö^e]  A»-»  anbem  Suffixen  A'  ||  208 22  aufgelegt  —  ber]  A»-»  ouferlegt  mad^t. 
«ber  nott  ber  A>  ||  20830  an  p«^]  fehlt  A»  ||  bloß]  A>-»  nur  bloÄ  A^  jj  209i 
abfoluten  fehlt  A^  ||  2098  ungea^tet]  A»*'  unerad^tet  A^  ||  20921.29  9lt4|t  —  ge« 
föQt]  Zusatz  A'  II  20922  2)agegen]  Rosenkranz  S)a]^er  A  ||  20927  (meber  —  pral- 
tifd^ed)]  A>-s  (ein  tl^eoretifc^ed)  A^  ||  2105  gebilligt]  fehlt  A^  ||  2108.9  aber  — 
t^ierif^e]  Zusatz  A»  ||  210 13. u  benn  —  ab]  A>-»  benn  ein  Siitercffc,  fowo^l  ba« 
ber  (Sinne,  aU  ba«  ber  Vernunft,  gmingt  ben  SSeifaü  ah  A^  ||  21O17  einatge]  A^-^ 
etnaig  A»  ||  21O17.18  einer,  welcher]  A>-»  ber,  fo  A»  ||  21080  obiectio]  A>»  aud^ 
AI  II  2IO35  einen]  Erdmann  eine«  A  ||  211 20  ^inge]  A^-*  l^Angte  A>  ||  211  ss 
au«nta4ienb]  Windelband  au«ma(^en  A^  fl.  au«mad^en  l.  au«mad^en  Druckfehler- 
verz.  A^  audmac^e  A^*»  au«auma(^en  Rosenkranz;  Erdmann  stellt,  um  au«ma(^e 
beizubehalten,  wdre  vor  die  Klammer  ||  212 15  in]  fehlt  A*  ||  2122i  in]  A'*»  unb  in 
AI  II  21222  alfo]  fehlt  A»  ||  eigenen]  A*»  befonbent  A^  ||  21230  SReia]  A»->  (Jinen 
0leia  A^  II  21236  Stnberer]  A>-'  anbere  A^  ||  2134  befonbem]  eignen  Erdmann 
ygl.  zu  21222  II  21316.17  Das  Eingeklammerte  Zusatz  ^on  A>  ||  213i7  le^teren] 
A«-»  le^tere  A^  ||  21323  das  zweite  beim  fehlt  A»  i|  21331  feine]  A»-»  i^re  A»  H 
21337  geblieben]  fehlt?  Erdmann  ||  2146  gebrouc^en]  A»-»  braud^en  A»  ||  214a 
leglic^em]  A»-»  jegli^en  A»  ||  21436  beaci^net]  fehlt  A^  i|  215ii  fie]  A»  fld^ 
A«-»  II  21512  logif^en]  fehlt  A^  ||  215 17  fönnen  —  Urt^eile]  A»  fann  e«  ni^t 
bie  £^uantität  eine«  obiectio- gemeingültigen  Urt^etl«  A^-'  ||  21524  öft^etifc^en] 
A»*'  ;aft]^etif(^e«  A^  ein  dftl^etifd^e«  Rosenkranz  ||  215%  ii^erud^e]  Erdmann  @e- 
braud^e  A  ||  21527  ein]  fehlt  A^  ||  2I62  auffc^magen]  A»  abf^wa^en  A^  be« 
f^roaften  A»  ||  2166  glaubt]  A»-»  fo  glaubt  A»  ||  216  7  ben  öctra^tenben]  A» 
i^n  A'->  II  2I612  betrachtet]  A^*»  angefe^en  A>  ||  2I616  e«]  A>  er  A>'>  ||  21627.28 
wenn  —  föflte]  loiber  bie  er  aber  öfter«  fe^t  unb  —  fäHet  A»  ||  21723  befonbere] 
befHmmtc?  Hartenstein  ||  21726  an]  A»-»  in  A»  ||  21730  S)ief er]  A»-»  unb  biefer 
A*  II  219B.6  unbeftimmter]  A^''  sc.  begriiflich  unbestimmter  beftimmtcr  A»  || 
21910  fofem]  A»-»  menn  A>  ||  219i7  einaeln]  A»-»  einaclnc  A»  ||  2192i  für]  A«-' 
al«  fiir  AS  Erdmann  ||  220 1  BmedF]  ber  Bmedt?  Hartenstein  ||  220 i3.u  Das  Ein- 
geklammerte Zusatz  von  A^  ||  22023  Urfad^en]  A^*»  Utfa^e  A^  ||  22024  einem] 
A>->  einen  A»  ||  2213  ber]  fehlt  A*  ||  221 20  aSorfteDung  bon]  Zusatz  von  A>  || 
22133  ein  ^aufaloerldöltnig]  A^««  ein  befonbere«  Saufaber^dUnig  A'  ||  22l33/222i 
nur  ieberaeit]  feberaeit  nur?  Vorl&nder  ||  2224  Unluft]  ber  Unluft?  Erdmann  || 
22214  nur]  A^*  nur  al«benn  A>  ||  22220  Urt^eil  l&ingegen]  A»-'  aber  A»  ||  22228 
einen]  Erdmann  ein  A  ||  22236  analogtfd^]  analog?  Erdmann  ||  223?  biefe«] 
Windelband  biefe  A  ||  223 16  Snbeffen]  A>-»  Snbeft  A»  jj  223 17  an]  A«-»für  A>  || 

34* 


532  Äritifbcrttrt^eiWhaft. 

22381  t>on  ber]  fehlt  A>  ||  22333  (M  formale)  Zusatz  von  A*  ||  224i8  Detbtenten] 
AI-»  oetbicnen  A»  ||  224i4  au  gcUen]  A*»  gc^atten  a»  »erben  A»  ||  224ti  gletcje] 
A»»  folcfte  A»  II  224«  nic^t]  A»  fe^r  A»-»  vgl.  Erläuterungen  ||  würbe]  A«-» 
würben  A>  ||  224m  welken]  Erdmanu  welcher  A  ||  225i9  waiS]  fehlt  A^  ||  225S3 
belebt]  A*-'  beliebt  A'  j|  22594  erflere]  A'-*  fd^öne  f^orm  A>  i|  225»  blofeed] 
fehlt  A>  II  2261.8  bie  —  fie]  Zusatz  von  A'  ||  2268.8  er^lten]  A>*>  ergeben  A^  || 
2264  $arergQ)]  fehlt  A^  ||  2268  (i^nfoffungen  —  ober]  fehlt  A^  |I  226 le  Das  Einge- 
klammerte Zusatz  von  A>  ||  22730  ^xetoon  ift],  weld^e  oon  ber  quantitatioen  etc. 
A^  II  22789.88  bei  weld^em]  ber  A^  ||  2288  woau]  womit?  Erdmann  ||  2284.5 
wenn  ed  —  w6re]  Zusatz  von  A*  ||  228»  eine  —  fubiectioe]  A'*'  formalen  fubtectit>en 
A^  II  22818  Unterft^ieb]  A»-»  Unterfd^ieb  ber  A^  ||  228i3.i4  ber  —  ber]  Vorländer 
bie  —  bie  A  ||  2288o  grfinbcn]  A»-»  grünbet  A»  ||  228ai  einalg]  A»  einig  A^->  ||  228» 
in  ber  Seftimmung]  fehlt  A^  ||  22890  fofem  fie]  A*->  bie  A^  ||  22888  wollte  —  nennen] 
A>-*  Ä^etifcft  nennen  woUte  A»  ||  22884  oorftcttte]  A»-» oorftettt  A»  ||  welche«  —  wiber« 
fprid^t]  Zusatz  von  A»  ||  229 1.2  ol«  —  Urtl^eil«]  A»  ber  öeftimmung  beffelben  A»-«  || 
22914  ^rten  ber]  Zusatz  von  A'  ||  229i9  jemanb]  A^-'  niemonb  A'  ||  22980  baran]  A 
barin  Erdmann  ||  22986  ber  $arabiedoogel]  A**'  bie  ^arabieiSoögel  A^  ||  2293i 
^l^antaFteen]  A^*»  ^^antafiren  A>  j|  230 1  wobun!^]  A»-'  bog  babur^  A^  |' 
2305  @(^dn^ett]  fehlt  A^  ||  230?  ooraud]  erst  nach  l^oEfommen^eit  A'  ||  2dOi4 
©efaDenbe]  A»-»  gefaUenbe«  A»  ||  230i7  i^rem]  A«-»  i^ren  A>  ||  23O22.8S  ein 
SBol^lgefallen,  bad  auf  einem  SSegriffe  gegrünbet  ift  A^,  auf  einem  begriffe  gegrünbete^ 
SBol^lgef allen  A>*>,  ein  Zusatz  Vorländer  ||  2303s  das  erste  wobur^]  A'**  babur«!^ 
A^  II  28031-83  awar  —  fönnen]  A>*>  ifl  ^max  nic^t  allgemein,  bod^  lönnen  i^m 
in  —  werben  A»  ||  23086  jene«]  A*-»  jener  A»  ||  2316  wobur*]  A«-»  babun!^  A»  !] 
23117  auf]  A3*>  ber  auf  A>  ||  23183  ^alte]  A>'3  wenbe  A^  jj  2328  nach  aurei^enbe 
noch  einmal  empirif^e  A»*'  ||  2328  anberen]  A'-»  anbere  A»  ||  232io  wer  aber] 
A*'>  ber  aber,  fo  AMI  232i4  wonad^]  A*-*  barna^  A^  ||  23281  bem  eine«]  Zusatz 
Windelband  ||  23233  193er&nberung]  A>  Ser&nberungen  A^*'  ||  23284  lebenben] 
A^*  lebenben  ®pxa^m  A>  ||  23287  W]  A'-*  be^&lt  A>  ||  2338  bie]  A  btefeV 
Erdmann  ||  23381  eined  fehlt  A^  ||  23324  feiner]  Erdmann  einer  A  ||  23332  bed] 
AI-»  ber  A>  II  2346,7  ©ewufttfein,  ein]  A'»  öewuStfein,  au  reprobudren,  ein  öitb 
AI  II  23414  in  bem]  A*-'  ber  A'  ||  234 21  das  erste  unb]  A'->  nebfi  A'  ||  23426-28  liegt 
—  wo  —  ©runbe]  A«-*  ifl  biefe  ®eftali  ba«  Sbeal  be«  —  ba  —  angeflellt  wirb  A^l 
23428.2»  unter  —  öebingungen  fehlt  A^  ||  23429  eine  —  Sflormalibee]  A»-» 
ein  anbere«  Sbeal  A»  ||  2348?  i^ren]  Ai-»  i^rer  A»  ||  2352  ganae  fehlt  A»  || 
23524  weither]  A»-»  ber  A^  ||  23Ö26  wer]  A>-»  ber  A>  ||  236i  barin]  A»-» 
baran  A*  ||  236 14  bem  (fi^egenftanbe]  A^-*  ben  ®egenfldnben  A*  ||  23621  mm] 
A«-»  aber  A»  ||  23688  wo]  A»-»  ba  A>  ||  28626.27  eine  —  beutti*]  A'-» 
beutlic^  eine  SwedhnftSigWt  A»  ||  2378  wo]  A»-»  ba  A»  ||  welker]  A>-»  ber 
A^  II  237»  al«]  Wiudelband  wie  A  wie  ein  Erdmann  ||  23728  IBeiftimmung  fehlt 
AI  II  238 10.11  na4  —  bunfel]  A**'  na(|,  il^nen  al«  nur  bunfel  A>  ||  2382«  wo- 
bur^]  A'->  babur^  A^  ||  28888  beffelben]  Vorländer  berfdben  A  ||  239io  mug] 
AI  fehlt  A«*'  II  23929  bad  —  fubiectio]  Windelband  awar  bad  ^^ncip  nur  fub- 


Lesarten.  533 

fectiD  A  jmar  —  fubjecttt)  ift  Erdmann  1|  240i4  unb]  A'*'  um  A'  ||  240i7  oom] 
A'-»  bed  A»  II  24132-35  SGBo  —  »ol^rgcnmnmen  wirb]  A**»  3öo  eine  fXbfi^t 

—  in  einer  C^intl^eitung  A^  ||  242i6  oldbann]  A^*  fehlt  A>  ||  242i9  nobei]  A^-s 
wo  AI  II  24229  !DlöbeIn]  A>*3  SJ^obilien  A^  ||  242si  biefer]  A  btefe  Erdmann  || 
24316.17  wogegen  bie  bort]  A>>'  bagegen  ba^  bie  borten  A^  ||  24384  inbeffen  ba^] 
A»-»  wÄ^enb  A«  || 

24482  (baiS  ©d^öne)  fehlt  A>  ||  245i.s  (haß  (fi^efü^l  bed  (Sr^abnen)  fehlt 
A'  II  24510  ent^aU]  A>->  fehlt  A^  ||  245 is  föl^rt]  Windelband  fül^re  A  || 
2451»  l^ingegen]  A»  flatt  bcffen  A»-^  ||  24521  jwar]  A>»  gar  A»  ||  24528 
aber]  A»-»  fehlt  A»  ||  24529  aufgefaßt]  A»-»  abgefaßt  A'  ||  246io  jur  —  ber]  A»-» 
fehlt  A^  II  24618  SSegriff]  A>*>  fehlt  A^  ||  246 le  fo  gar]  Hartenstein  fogar  A  || 
24619  n*]  A>-»  fle  A>  ||  247io  Sntereffe,  ber]  A  Sntereffe  fein,  ber  Erdmann  jj 
2488  wad]  A^-*  etwa«  A'  ||  atd  fagen]  A>  aU  au  fagen  A^-»  ||  248i2  ifi  —  wirb] 
A^-s  ift  er  nid^t  A'  ||  248i8  ed]  Erdmann  er  A  ||  248i4  6d]  A>->  (ihr  A^  jj  24828 
bie  —  ledern]  A»-»  biefer  i^re  ©röfee  A^  ||  24834  fie]  A»-»  eß  A»  ||  24882.83  Sei- 
fiintmung]  Hartenstein  IBeftimmung  A  ||  249  lo  übrigend]  A**>  mm  A^  ||  249i3  be- 
iirtl^eilenben]  fehlt  A^  ||  24928  entl^Alt]  Windelband  enthalte  A  ||  250 16  werbe] 
A»-«  würbe  A»  ||  2öOi9.2o  3:ele«!opc  SKifroiSfope]  A»-*  Xeleöcopien  aJliaofcopien 
A»  II  25024.26  auf  eine  reelle]  A»»  ald  einer  reellen  A»  ||  250 8o-s2 Hein.  SRitl^in 
ift  —  erhoben]  A'-«  Hein,  mithin  ©eifleöftimmung  —  ifi  ergaben  A'  ||  2516.?  jmar 

—  nur  burc^]  A*-«  jwar  nur  befiimmte  —  fei,  burt^  A»  ||  25224  Sbee]  Windelband 
Sbeen  A  ||  25288  nermifd^t)  unb]  A  nermif^t)  ift  unb  Erdmann?  |j  253io  ber] 
AI  Druckfehlerverz.  bie  A  ||  25322  biefe]  A  bie  Erdmann?  ||  25382.88  ifi  —  gwedt«] 
mögiged  A'*'  ift  etwa«,  wad  awar  —  awedtmög^d  iftr  A^  ||  15328  Sufammenfej^ung]  A 
Sufammenfaffung  Erdmann?  ||  254?  Sufammenfe^en]  A  Sufammenf äffen  Erdmann  || 
25426  fid^  baffelbe]  A>->  eiS  fid^  A^  ||  25485  ^ad  —  Unenbli(^e]  A>*>  S)ad  Unenbli(|eAM| 
255i  9{oumenond]  A^*'  9toumendAM|  25521  gegebenen  fehltAM|25528bie]  Znsatz 
Windelband  ||  25526  biefed  —  l^ermdgend]  A***  biefed  IQI^ermdgend,  Wel^ed  im  ^ort« 
f(^reiten unbegrenjt  ift  A>  ||  25586.86  welche«]  A'»  bad  A'  ||  2566  fie]  A'  fld^  A»-» || 
256?  erl^abenen]  Vorländer  erhabenen  A  ||  256 18  wenn  —  fl^i]  wenn  ed  fid^  A»  wenn, 
inbcm  eö  fld^  A»-»  ||  25622  i^ren]  A«-«  i^rer  A^  ||  finbet]  A»-»  befinbet  A»  ||  256si  bie 
unermeSlici^e]  A»  ber  unermepc^en  A'-»  ||  25683  laffen]  Wftt  Hartenstein  ||  2574 
eine  il^nen]  i^nen  eine  Erdmann  ||  257 14  unoerdnberliddeiS]  A'-'  t)erftnberlii^ed  A^  || 
257 17  in  —  ®anaed]  A'*'  in  einem  @anaen  A'  Hartenstein  |j  25729  ju  —  buri^] 
A>->  fflr  bie  burd^  A^  ||  25781  mit]  A»*'  au  A'  ||  2589  ber  l^emunft]  Erdmann  btß 
I93erftanbe«  A  ||  unangemeffen]  A^*  angemeffen  A*  ||  25820  bie  fehlt  A^  ||  2582? 
l^er]  fehlt  A>  ||  25829  ober]  fehlt  A^  ||  2593  einer]  einer  {eben  Erdmann  ||  2594 
wobur4]  A*-'  baburi^  A'  ||  2599  aber  aur]  Erdmann  aber,  aU  aur  A  ||259i8  fie] 
A  e«  Vorl&nder  ||  259 19  warb]  A»-»  würbe  A»  Druckfehlerverz.  ||  25922  ald  gegeben] 
Windelband  ald  blo^  gegeben  A***  ald  gana  gegeben  A^  Erdmann  ||  25923.24  weil 

—  gar]  A»-»  weil  auf  —  SWaa^,  ba  gar  A»  ||  25980  tufeerfle]  A>-«  äußere  A»  ||  260» 
(Sinbilbungdfraft  —  alS]  A>'>  (^nbilbungdfraft  ffir  —  ChnoeAtng  boi^  aU  A*  || 
2608  wirb  aber]  A>'>  aber  wirb  A'  ||  26022  bem]  A"»  »e^em  A>  jj  2612  i^n] 


534  ^ttf  bet  Uctl^etliSfraft. 

A1.2  3]^„  A»  II  3613  »er  A»-«]  ©er  A»  ||  2616  Sener]  A»»  ©r  A'  ||  261  e  ©^eu] 
A2->  biefen  (Sd^eu  A»  ||  26188  p^tfö^c  ^ehl*  A»  ||  262 1  wobei]  A"  babei  A>  || 
2628  foI(^e  fehlt  A«  ||  anaufel^en]  Erdmann  anfeilen  A  ||  26231  bleibt]  A>>3  ift 
AI  II  2637  ^anbeUgeift]  A^  ^onblungdgeift  A^*'  ||  263i6  über  fehlt  A'  ||  26330^i 
beftnbet  —  In  ber]  A»-»  Ifl  in  qot  fetner  A»  ||  26332  gana  freie«]  A»-»  awang- 
freie«  A»  ||  26334  ber]  A^-a  feiner  A'  j|  26335.36  eine  —  erfcnnt]  A»-^  einer  feinem 
SBiaen  gemdgen  (Srl^abenbeit  ber  G^efinnung  an  i^m  felbfi  bewugt  \\i  A^  ||  2648 
bem  fiberma^tigen]  A»*»  baiS  fibennft<!^tige  A«  ||  26423  biefelbe]  A^-^  f|e  a^  ||  2653 
ben]  A  »•»  bem  A»  ||  2653.4  unter  —  berfelben]  A*-^  unter  blefer  i^rcr  ©orau«fe<^ung 
A>  II  2655  le^tem]  A»-^  le^tere  A'  ||  26530  ju  bem]  A^»  ben  A^  ||  2667  im 
!D2enf4en  fehlt  A'  ||  2667.8  anä^  biefem]  A»*^  ^em  A^  ||  266ii  bie]  biefelbe 
Erdmann  ||  266 14  wflrben]  A'*^  »firbe  A*  ||  266  n  ^inüberaie^n]  A^'3  herüber« 
sieben  A»  ||  26636  worin]  A^-a  barin  A»  ||  2679  bie  fehlt  A>  ||  26783  biefelbe  —  3»ctfe] 
A9-3  bie  8n>e^e  A^  ||  2689  biefer]  Windelband  biefen  A  ||  2693.4  bur^  ein 
SBerfaeug]  A^  einem  SBerfaeuge  A»->  ||  269io  weld^e]  A^-»  fo  pe  A»  ||  26930  n*] 
Zus.  Windelband  bie  «Qatur  Erdmann  ||  26931  bod^]  A»-'  nur  A^  ||  26984  bod^]  A»-a 
benno^i  A^  ||  270i8  oW]  A»  fehlt  A'-»  ||  27021  mad^t:  benn]  A'-s  mad^t,  oor« 
fleHen,  benn  A'  ||  2716  öerfe^en  öerfe^ten  Vorlander  ||  27134  gewiffe]  A«-^ 
bie  A^  II  27135  moralifd^e]  Hartenstein  menfd^Iic^e  A  |{  2726.7  mac^t  —  be- 
ftimmen]  A^-^  ma4it  fid^  nad^  freier  Überlegung  burd^  ©runbfd^e  au  befUmmen 
A^  II  2747  in  bem]  Erdmann  inbem  A  ||  27426  (Bpo^e]  A>'>  $eriobe  A^  ||  2758 
©innlid^Ieit]  A^-s  ©ittlid^feit  A»  ||  27524  roooon]  A»^  baoon  A»  ||  27525  und 
felbft,  waS]  Erdmann  unS,  felbfi  wad  A  ||  27530  fonbem  au^]  A^  unb  A^'-  || 
27534  genug  fein]  A^  genug  a«  fein  A»-*  ||  276i4  felbft  unter]  felbfi  unb  unter 
Erdmann?  ||  27624  ©auffure]  A^-s  ö.  ©auffure  A^  ||  2772  rt^Rologlfd^e]  A«-» 
Pf^c^ologlfdie  A»  ||  27730  fogar]  A»-^  fo  gar  A>  ||  immer]  A^-«  aUei  A»  || 
27831-33  ^erbeiauf(!^affen  —  S)enn]  A^-^  l^erbeiaufd^affen,  fo  ifl  bod^  eine  tran«f cen- 
bentale  (Erörterung  biefeiS  S^ermögend  aur  Jhitil  beiS  &e\^mad&  mefentlid^  gel^brig; 
benn  A»  ||  27883  berfelbe]  A»-«  biefer  A»  ||  27836  53em)erfung8au«fprü(^e]  A»-^  i 
S^enoerfungiSurt^eile  A^  ||  I 

27886-2791  ©a«  Übrige  —  Urt^eile]  A»-»  ©ritte«  »uc^.  ©ebuction  ber 
dfi^etifc^en  Urt^eile  AK  cf.  Kantus  Sriefmed^fel  II 136, 152  unb  A^  Druckfehlerrerz.  || 
27910  mu6]  A>-3  muftte  A»  ||  279 is  (Bemflt^  -  a"flt]  A»-»  ©emütl^  gemdfe  ifl 
A^  II  27924  hingelangt]  A^^^  Einlangt  A*  ||  2804.5  das  erste  werben  —  193eran- 
laffung]  A^-^  werbe,  weld^er  fld^  bewufet  au  werben,  bie  Sluffaffung  —  ©egenflonbeö, 
bie  blofte  Seranlaffung  giebt  A>  ||  280i6  entl^&lt]  A*-»  ifl  A«  ||  280i6.i7  ber  Ur- 
t^eile  über]  berer  über  A'  ||  28025  inbeg]  A^-s  inbeffen  bag  A^  ||  2803«  liaben] 
Aa-3  tft  AI  II  2816  lönne  fehlt  A>  ||  2816  l^at]  A»  ^aht  A^-»  ||  2817^  aü6i  —  für] 
A«-3 auc^  ein  SEBo^gefaHen  für  A\||  2817  bürfe]  A»»  bürfte  A^  ||  281 16.17  erfllid^  — 
bie]  A«-3  erfllid^  ber  —  einer  logifc^en  —  fonbem  ber  A»  1|  281 22  worin]  A*-' 
barin  AJ  II  28218  unter  —  anberer]  A«-s  unter  anberer  i^ren  Urtl^eilen  A»  || 
28215-17  belehren  —  auÄfprec^en]  A«-»  belehren,  mithin  nid^t  —  gefäUt,  folglich 
a  priori  oudgefproc^en  werben  A»  jj  282i5.i6  audfpred^en]  nach  A'  abfpred^en  A^*  || 


Lesarten.  535 

28220  @tlenntnt6]  (Mttminii'ise.  Urtl^etle)  Erdmann  ||  28233  publicum«,  no^]  A»*^ 
$ublicumd,  nic^t  bur^  boiS  A'  ||  28281  blog]  fehlt  A^  ||  2835.e  ^erDotaubringen] 
A  ^'3  b^rooraubringen,  bartbueA^psSn  Dorgegangen] vorangegangen v. Kirchmann  || 
283  i9babenniag]  fehlt  A'  ||  283  38  einen]  A^-Scinem  A»  ||  28328oblenien]  A»-^  abaulernen 
AI  II  2847  jleUen]  A^-^  anjleaen  AMI  284 is  bte  —  ®<äbönbelt]  A»-^  bie  ber  ©dbönbcit«. 
Seurtbetlung  A^  ||  abgebe;  bag]  A^^  abgebe  unb  ba|  A^  ||  284i6  mögen  fehlt  A^  || 
28416.17  baben  —  binretd^enbet]  A^-^  ^q],^„  ^\<^^  b^nreicbenben  A>  ||  284 is  mit- 
bin (ogif(!^en  fehlt  A^  ||  284so  aud^]  A>-^  menigfleniS  A^  ||  28432  iä^  ftopfe]  A»-^ 
fo  fiopfe  leb  A"  II  28432.33  feine  —  Vernünfteln]  A«»  na*  Wnen  ©rünben  unb 
Vemfinfteln  A^  ||  28484  feien]  Hartenstein  fe^n  A  ||  285?  audb]  A'-^  unb 
AI  II  2859  meinem]  fehlt  A\  \\  285i7  mac^t]  A^'^  ^f^^^^  ^i  ||  2866  ben] 
A3-3  um  ben  A'  ||  286?  fonbem]  A»-^  fonbem  um  A»  ||  287s  beffelben  (bag]  A»-»  ber- 
felben  (aum  A*  ||  2877.8  woburd^]  A*-^  babur*  A'  j  287  loa.  ii.w  gufommenfebung] 
Bufammenfaffung  Erdmann  ||  287  ii  bed  S^erflanbeiS]  A^-^  ben  IQI^erflanb  A'  || 
28714  (  )  fehlt  AI  jj  287  is  iBebingung,  bag]  Windelband  Sebingungen 
bag  A  iBebingungen,  moburdb  Erdmann  ||  28723  ber  (Srtenntnigt^ermögen], 
Erdmann  bed  Crfenntni^oermögend  A  ||  288 19  bamit  —  merbe]  A^*^  um  au  begreifen 
A»  II  2882S  mo  -  fi(b]  Aa-3  ibr  A»  ||  2906.7  eingef^rönft]  A»  eingericbtet  A^-^  || 
2907  auf]  A^-3  fehlt  A»  ||  29022.38  baben.  -  unoermeiblit^c]  A^-s  i^bcn,  wel^e« 
festere  ^roax  unoermeibüc^e  A^  j|  291  s-i  lann  —  benommen]  A'*^  fann,  baburi^ 
obtr  boc^  —  benommen  wirb  A^  ||  291  u  atö]  A^'^  ^^^  ^^^  ^i  y  291  le  ein 
fehlt  A»  II  29116.17  SRatur  —  für]  A»-«  3Ratur,  ber  ibrem  —  anbinge,  angefel^en 
merben  mugte,  für]  A^  ||  291 19  ^irflic^feit]  ^irffamfeit  Hartenstein?  ||  291 20 
offen]  A2'3bIoö  A'  ||  29134  @tnnei8empfinbung]  Windelband  cf.  29127  ©innenempfin- 
bung  A  umgekehrt  Erdmann  ||  29138  bei  ber]  A^'^  burdb  bie  A^  ||  292i4-is  bot.  — 
beret^tigt]  A>'> ^at,  morauf  aber,  ba6  anbere  —  id^  nicbt  —  bere^tigt  bfai  A^  ||  29239 
oermittelfi  —  SJerfabren«]  A^s  bur*  ein  ©erfabren  A»  ||  29234  ben]  A»-» 
feinen  A^  ||  29236  genötbigt  fehlt  A^  ||  2934  das  zweite  nW  fehlt  A^  ||  29336 
awar  fehlt  A»  j|  29326  bierin]  A»-^  in  blefem  A'  ||  294i  anberer]  A»-»  anberer 
ibre  A'  ||  2946  bem]  A^-^  unferm  A'  ||  294i7u.i8  benfen]  A^-^  ju  benfen  A»  || 
29423  unb  —  ift]  A«-^  unter  meldten  bad  größte  ifl  A'  ||  flc^  -  SRegeln]  A^  fi* 
bie  9latunegeln  A»  bie  9latur  fii^  Siegeln  A>  ficb  bie  9latur  ben  Siegeln  Erdmann  || 
29428  fein]  A»  ibr  A^-a  ||  295 11  wcgfebt]  Windelband  wegfegen  A  »egfeben 
fann  Erdmann  ||  295  is  bie  ~  »erfianbe«]  A^-^  bie  bed  9)erftanbe«  Ai  ||  29538 
ba|  fehlt  A»  ||  29583  mieberum  fehlt  A>  ||  2963  oerfe^t]  A^^  fe^t  A'  || 
29618.19  baft  —  oerbunben]  A^*^  bo6  ein  folcbe«,  nad^bem  —  »orben, 
bamit  nic^t  Oerbunben  A^  ||  29628  ald]  ald  bie  Erdmann  ||  29634  bem] 
A>'3  ben  A»  ||  298i  e«]  A»-^  fo  A*  ||  298io-i2  Wune  -  Urfai^e]  A»-» 
fönne,  meld^er,  ob  er  ni(^t—  fömte,  mir  —  Urfad^e  baben  A*  ||  298 u  öom]  A**« 
©on  bem  A^  ||  298  le  biefe]  A«-^  fie  A*  ||  2983i  öfter]  A^  öfter«  A^  oft  A»  || 
29838  aber  fehlt  A^  ||  29834  b^ben]  au  b^^^^n  Erdmann  ||  29836  unb  bai  fehlt 
A^  II  2996  aur]  A^'»  a»  A^  Vorländer  ||  299i6  ibm  fehlt  A^  ||  29983  mai]  A>-> 
rne^e«  A^  ||  29928  roaö]  A*-»  ba«  A^  ||  29929.30  nur  —  oerbunbene«]  A>-»  nur 


536  Mti!  ber  Urt^eiliSlraft. 

mit  —  üerbunben  A'  ||  29938,34  adeln  —  ern)e«fen]  A*-^  an  fener  allebi  — 
SnterefTe  au  nehmen  A*  ||  29988  um  fehlt  A<  ||  30084  »eichet  A^-^  fo  A*  ||  301  ii 
unb]  Erdmann  mit  A  ||  30184  ermeden]  Zus.  Krdmann  ||  302 1?  feiner]  t^ 
Erdmann,  nicht  nöthigr  |{  80239  Igatte]  A^*'  (at  A^  ||  30287  foQen]  A^-^  foHien 
A^  II  303»  beffelben]  Vorländer  berfetben  A  ||  30384  feiner  Urfad^e  nor  feiner 
SHrni^feit]  Windelband  i^r  -  il^  A  ||  3046  Befd^Aftigung]  A^  aU  8e< 
fc^&ftigung  A'  ||  304i6  ^nbraerfen]  A**^  ^anbwerfent  A'  ||  3058.6  man  —  ab- 
gefertigt] A^3  man  und  —  abfertigen  A^  ||  805io  ber]  in  ben  Erdmann  ||  305u 
be«^alb]  A^  um  ba^  A^  ||  30534  munberlid^ed]  A»*^  »unberlid^  A^  ||  SOGsi 
ald]  mie  Erdmann  ||  306»  M]  »ie  Erdmann  ||  3076  ol^ne  —  bitn^blicfl]  fehlt 
AI  II  80796.27  mitl^in  —  lege]  A'*^  mitl^in  o^ne  einen  >-  9runbe  an  legen  A^  |; 
3084  boc^]  not^  Rosenkranz?  ||  3086  bef^reiben  ober]  fehlt  A^  ||  308 lo  folcfeen 
fehlt  A^  II  30816.17  unb  —  fd^öne]  A^-^  unb  biefed  au^  nur,  fofem  fie  fc^dne 
A*  II  30897  melier  —  etn)ad[  A^*^  ber,  weil  er  niemals  mad  A^  ||  30834  norge« 
tragen  f^ai  fehlt  A^  ||  309 16  fener]  A»*'  jener  i^  A^  ||  309i6  ber  (Srienntniffe] 
A'<3  in  (Srfemttniffen  A^  ||  30929  gormel]  ^otm  Erdmann  ||  31026  mobet]  A'-^ 
bei  bem  A'  ||  3114  ber]  A^-»  aur  A^  ||  31I21  fftr]  ald  Erdmann  ||  312io.ii  aU 
®d^dbli((leiten  fehlt  A^  ||  312i8  bie]  A»*«  ber  A^  ||  312 le  aufbr&nge]  A^*»  anf' 
brdngte  A^  ||  31281  meld^em]  meldten  Erdmann  ||  313i  berfelben]  jener  Erdmann  || 
31310  bleibt]  A»*'  ift  A>  ||  313so  benn  bad]  A^'^  bad  bemi  A^  ||  3144  bie]  A<*^ 
ben  A^  II  31417  nad^  —  und]  A^'  fo  ba|  uniS  nac^  bemfelben  A^  ||  314i8.io  btefer  — 
bem]  A^'^ber  non  und  aber  —  anberem  unb  A*  ||  3156  nftmlid^  fehlt  A^  ||  3158  gemacl^t] 
A««  gebadet  A>  ||  315i4  3uptter«]  A«-»  bed  Supiter«  A«  ||  3169  le^tere]  A»  festem 
A'-s  II  3I611  an^glid^]  anhängig  y.  Eirchmann  ||  3162L  ber]  A*-»  oon  A'  ||  31638 
bie]  A3  ber  A^-^  \\  31694  beffen]  A»'  banon  bad  A»  ||  316s7  audma^t] 
Windelband  audmad^en  A  ||  8I628.29  dHnbilbungdfraft]  A^-^  erftere  A'  || 
31629  ©erflanbe«  ||  A»-»  »erflanbe«  fielet  A>  ||  3168o-3l7i  «bfi*t  - 
über]  Ai'>  «bfid^t  fie  l^ingegen  frei  ift,  um  no^  Aber  A^  ||  3172  boc^]  A>-' 
no4  AI  II  317 u  2)ad  legiere]  A>-«  2)e«  le^tem  A»  ||  317i4  ba«]  A»->  bie«  A^  || 
31719  ber  Siegeln  fehlt  A^  ||  3I811.12  nerloren  gelten]  A^'^  megfaOen  A>  ||  318so 
biefe]  A»-^  bie  A^  ||  3I829  melden]  A^-^  bergleid^en  A^  ||  3199  weli^  fehlt  A^  || 
31921  f^dne]  fd^dner  Erdmann  ||  81982.23  8let4  —  ttngemeffen^it]  Ai*>  Sunt 
IBel^uf  ber@d^ön(eit  bebarf  e«  nic^t  fo  not^wenbig,  reid^— a><  fein,  aU  oielme^r  berSn- 
gemeffen^eÜ  A»  ||  31926  hingegen]  A^  aber  A>-»  ||  319si  ed]  A^^  ex  A^  ||  3214  unb 
fehlt  A»-»  II  3216  nidftt  —  Gegriffen]  A»-»  ben  gemeinen  »egriffen  nid^t  fo  anö^ 
meffen  A»  ||  321?  tebenben]  rebenben  A  ||  321 12  ßu^^rer]  A^  3ufd^auer  A'*^  {| 
32117  Idnnen  fehlt  A^-^l,  32128  aU]  Erdmann  fonbem  A  ||  32184.36  mithin  - 
nerfprid^t.  fehlt  A^  ||  3224.6  bem  —  le|teren]  fflr  ha9  (i^efidgt  —  fih:  ba»  letteie 
Erdmann  ||  322 11  wad]  Windelband  wenn  A^  bad  erftere  seil.  Urbilb  ||  32226  das 
zweitenon]  A^'^auA»  ||  322 28  aQe]  Erdmann aOedA  ||  3228ogcaa^It]Ai-3ge»A]itt  A>  || 
32281  bagegen]  A^-^  wogegen  A^  ||  3236  oon  —  (i^ebraudg]  A'-'  einer  Senu^ugunb 
(»tUavafi  AI  II  32318.14  ber  —  fann]  A^  unb  ber  @inn  bed  ^efül^I«  fann  A^ 
ber  $imt  M  ^effil^U  aber  fann  A>  ||  32332  ift,  um]  A»*<  ift,  unb  um  A«  ||  32335 


Lesarten.  537 

t>on  ber]  A^  bie  A>-»  ||  323 w  «nologie]  A»  «itlage  A*»  ||  324 1.2  etfotbctn  — 
über]  A»>erforbeni,  fo  ifl  bo^  ba«  teeWmatfdurtl^eü über  A>  ||  324 15 loffen)]  Frey, 
dies  Klammerzeiehen  in  A  nach  merben  Z.  14.  ||  324 17.18  ber  —  (i^tnpflnbungen]  A^*^ 
mit  bem  Zone  bec  (Sin4)finbun8  A^  ||  324m  (ihnpftnbungen]  Chnpfinbung  Erdmann  || 
32430  fd]  A>  fc^it  A»  fden  A»  ||  32481  fftljre]  A«  führen  A'-«  ||  32438.M  n.  32437 
Mefelben]  Erdmann,  blcfelbc  A  ||  3256  aie^t  —  3 »eitert«]  A«-^  aweiten«,  ^it^ 
man]  A»  ||  32Ö8  au  dtatf)  feiilt  A»  ||  325ii  imgji^ä^tn]  A^'^\tmtt  A»  ||  325 17-10  man 
-  erflärte]  A»-^  fle  -  erfl&ften  A»  ||  325i8  fd^öne]  fd^öne  A  ||  32028  Dpet]  A»-^ 
Dpera  A»  ||  326e.7  na(!gunb nad^  fehlt  A^  ||  3278  beffen]  A^-a feinem  A«  ||  327 11  ober] 
A2-3unb  A*  II  327 16  irgenb  jemonbe«]  A»-»  feinem  A^  (|  327  n-w  laffen.  —  öerwerflidft] 
A'-^Iaffen,  meldte,  wenn  —  bod^baburd^Dermerfli^mirb  A^  ||  327 21.99 das  zweite  e«  — 
tfi]  Aa-3  btefe«  and^  au«  bem  ©runbe,  weil  e«  attein  SRed^t  ifl  A>  ||  32796.27  bie  — 
au«mad^en]  A»-»  weld^e«  —  audmad^t  A»  ||  3272?  an]  A»'3  für  A»  ||  328 1  um] 
A^3  um  ben  A^  ||  328i7  benn]  bann  Rosenkranz  j|  32821.22  au«übt]  A^  au«flbe 
A'-«  II  32823  mitt^eilt]  A^  mitt^ette  A»-»  ||  32834  beren]  A»-»  l^m  A»  ||  3299 
Bufammenfe^ung]  Sufammenfaffung  Erdmann  ||  329s  bient]  A^  biene  A^**  ||  32935 
fle]  Windelband  fl^  A  ||  3308-18  lußerbem  —  gefommen  ift  fehlt  wie  die  An- 
merkung 33031-8S  A^  II  33024  §  54  fehlt  A  ||  33084  auflegen]  A»  auflegten  A^  || 
33035  ndt^igen]  A>  ndt^igten  A»  ||  331i7.i8  Slu«fid^t  —  möglid^e«]  A^-^  «udflc^t 
eine«,  au«  --  fei,  auf  ein  mögli^e«  A>  ||  33126  in«]  A^-^  in  A»  ||  33128  ba«  — 
an]  A»-3  ba«  an  A»  ||  332 1  i^re  SRoHe  fehlt  A»  ||  3326  «hingegen]  A>-3  «ber  A»  || 
3328.9  unb  benno^  fehlt  A*  ||  332i2  jenem]  A>-«  {euer  i^rem  A>  ||  332i9  ma^en] 
mac^t  Erdmann  ||  33280  ©c^wingung]  A^'^  Schwingungen  A>  ||  3333  ifi  (benn] 
A^-^  ifi,  wie  etwa  bei  einem,  ber  t)on  einem  großen  ^anblung«gewinn  fQad^riddt 
befommt  (beim]  A»  ||  3335  ®lei(^gewi(^t]  A»-3  ©pid  A>  ||  333?  ein]  A^s  al« 
ein  A»  ||  3339  fa^,  mit]  A^-s  fa^  unb  mit  A»  ||  333io  anaeigte  unb  auf]  A^-^ 
anaeigte,  auf  A'  ||  333i8  wi0,  aber]  A^-^  will  unb  A^  ||  33322  pofitioe  fehlt  A^  || 
33328  oft]  A2-3  öfter«  A^  ||  33386  lang]  A«-«  bur*  A'  ||  3344  Hufmerffomfeit] 
A3'3  9Rü^e  A^  II  33414  aBewegung  fehlt  A^  ||  33428.24  Idnne  —  bie  Suft]  A^'^  lönne, 
wel^e  (glei^  —  füllen)  bie  8uft  A^  ||  33498  fagte]  fagt  Erdmann  ||  33439 
finb]  A3'3  ifl  AI  II  33433  Ifl  fehlt  ^i  y  3353  Q^eld^e«]  AP'^  wel^e  A^  H  335i9 
Dor{!d^tig]forgf&Uig  Erdmann?  ||  335i4bie]  fehlt  AMI  weld^er]  A»*»  fofie  A>  ||  33598  eine 
— (Srfd^einung]  A>*3  nur  einefuraeBeitChrfd^einung  A^  ||  33527.98  augleid^  —  barfiber] 
A^3  anglei^  au4  bie  SBerlegen^eit  beffen,  ber  —  l^ergiebt,  barüber  A>  ||  33529 
gewiftigt]  A»->  gewi^t  A^  || 

33720  finbet]  A»*^  oorftnbet  A'  ||  338s6  ungeachtet]  A>*3  unerad^tet 
A>  II  33921  wa«]  A^*»  wel^e«  A^  ||  33922  tl^eoretifd^]  fehlt  A'  || 
33935  ba^er]  fehlt  A^  |j  3404  wa«]  A^*»  ba«  A»  ||  3406  al«]  fehlt  A>  || 
34O10  beigeben]  A^-^  geben  A>  ||  341 10  aber]  ober  Hartenstein?  ||  34127 
mit  —  weld^en]  A^-s  al»  ben  A'  ||  3422  efatige]  A«-»  welche  A'  ||  342io 
Mnnen]  A»-»  unb  »nnen  A>  ||  34224  woau]  A^-^  baau  A»  ||  34228.29 
(wenn  —  wirb)  fehlt  A>  ||  3438  werben,  «nein]  A^^  werben;  aber  A^  || 
31311  im]  A^  in  A^-s  ||  343i8  weld^e]  welche«?  Windelband  ||  343i4  wenn  — 


538  ^UifberUrt^elldfroft. 

ifi]  A»-3  ifi  5|efe  ober  auä^  emptrif^  Ai  ||  34323  Don  bet]  A>-3  ber  A'  ||  3439« 
ifl  bied  fehlt  A^  {{  344 14  bad  —  Beaie^ung]  A'  bad,  toorauf  in  Seaie^ung  A* 
baiS,  in  Sßt^kf^vinq  auf  n>e(((ed  A^  ||  3452i  befammen]  A^**  f oQen  befttmtnen  A>  .{ 
34531  fo  hai]  Windelband  bag  A  unb  ^u  behaupten,  ba%  Hartenstein  b.  L  gu 
behaupten,  bag  Erdmann  ||  346i  feien]  finb  Rosenkranz  ||  3473  ungeachtet]  A**^ 
unera^tet  A^  ||  347io  im  a^eiten  S^Ue  feliit  A^  ||  34733.8s  ber  —  ©c^alt^ieten] 
A2-3  tjon  garben  (am  gafan,   ©t^alt^ieren  A^  ||  348 lo  i^nen]  A^-^  i^r  A«  || 
34816  bem]  A»-3  im  A«  ||  34838  ffiÄnnefloff)  A»-^  ©dtmfloff  A»  ||  349io  eigene«  — 
Suftberfil^rung]  A^*^  ^igen  dkwiä^t  ober  Suftberäl^rung  A>  ||  349  u  nunmehrigem 
tu^tged]  Erdmann  nunmehrigen  rut^igen  A  ||  349  so  ft^ben]  Hartenstein  f Reibet 
A  II  350i9.ao  @unft  —  eraeigt]  A»-3  eine  foldje,  bie  —  eraeugt  A»  ||  350»  würbe] 
Erdmann  mürbe  A  j|  35126  unb]  A^*^  aber  A^  |1  35129  ifl]  Erdmann  fehlt  A  j| 
352 1  exhilntiones]  A^*'  exhibitio  A*  ||  35222  btti  Siegeln]  Erdmann  ber  Siegel  A  || 
3535  an  fid^  fei]  Windelband  an  fi(^  A  an  fi^  ifi  Erdmann  ||  3535  ber]  fehlt  A*  || 
35816  iBeiflimmung]  A^-^  ^efUmmung  A>  ||  3548  ma«]  Ai'  melc^e^  A^  ||  3544 
wo«]  A3-3  mel^eiS  A«  ||  35430  finben]  A^-^  ju  finben  A»  ||  355o  worunter]  A»-^ 
barmtter  A'  ||  3553i  (Befedigfeit]  A'  ©Iflcffeligfeit  A»-»  ||  35536  einem]  A^'  befn 
A3  II  3568  be«]  Windelband  ber  A  ||  356 16  wooon  —  ber]  AP^  baoon  aut^  unb 
ber  A»  II  35619  eine«  Scben]  A»-»  |ebe«  fein  A'  ||  3562a.2s  fei  —  eine]  A^^  fei;  mü 
weld^em  in  (Sinflimmung  bie  @innti(!^feit  gebrai^t,  ber  dd^te  (Befcl^macf  allein  eine  A^  || 
3596  ein]  A»'^  einem  A»  j|  3599  foI*e  —  gormen]  Erdmann  eine  foli!^  — 
Sorm  A  II  3602S  ber]  A>*'  au  ber  A>  ||  3603i  beftnbli^]  A^-^  belegen  A^  ||  36088 
wogegen]  A^-»  bagegen  A»  ||  3618  ein  fehlt  A>  ||  361  s  öegriff]  A«-^  ber  A»  || 
363u  a^nen]  A^-^  a^nben  A»  ||  3633s  fo]  A^-^  wa^  fo  A>  ||  36334  gletd^wo^l 
aber]   A^-^  »a«  gleii^wo^l  A».  ||  364 19.20  meiner  —  Umgrdnaung]  A^-^  meiner 
beliebigen  Umgrdnaung  A>   ||   3659  empirifd^]   fehlt  A'   ||   3652i   welcher]  A»-^ 
wel(!^e  A^  ||  3652S   bem]   Erdmann  ben  A  ||  36581   a^nen]  A''*^  al^nben  A>  || 
36582-86  mag.  —  ein]  A^'^  mag,  welchen  au  fernien  —  nötl^ig  l^aben,  wenn  —  tljun 
ifi,  wo^in  aber  aiid^  nur  —  mftffen  für  —  einflöftt.  A»  ||  366 1.2  wegen  —  dr. 
fenntniggebrauc^]  A^'^  um  —  (Shrfenntniggebraud^  willen  A^  ||  3668  ma^te]  A^  mac^t 
A2-3  II  36612  3)ic]  A»»  3)iefe  A»  ||  86621  beffelben]  A^-»  berfelben  A«  ||  36681-» 
©eil  —  werben]  A^*^  S)o^er,  weil  —  fann,  alle  bafelbfl  —  werben  muft  A»  || 
3679  inbe6]  A^-^  inbeffen  t>a%  A»  ||  367i6  gewinnt]  A»-»  nimmt  A»  ||  3672$ 
3we(fc]  A»  SRittel  A^'-^  ||  3689  feiner]  einer  Hartenstein  ||  86821  ben  (5fel  unb] 
fehlt  A»  II  36822  autrÄglid^]  A^  autrdglid^er  A^-s  ||  3699  »ölfer]  fehlt  A»  ||  369i5 
ber  SoJute]  A»-3  ober  3-  AH|  3692o  aKe  bie]  aHe  blefe  Erdmann  ||  3692«  o§ne  bai8]  A«-» 
o^nebem  A»  ||  36933  b.  5.]  A»-»  b.  i.  A»  b.  i.  üxn  Erdmann  ||  3709  glei^wo^ 
Erdmann  gleit^wol^l  aber  A  ||  370i7ein  —  ©eiä^äedf]  A^-^ 00m  regulftren  @ed^«etfe  A*  || 
37037  (obglei^  —  @inne)]  fehlt  A»  ||  371  ib  biefeS]  A»-^  biefer  A»  ij  tS]  A»-^  er  A'  || 
37118  er]  A  ed  Erdmann  ||  371 19  il^m]  Erdmann  il^r  A  ||  37126  bag  —  unenbUd^] 
A3-3  oon  ber  aHe  Äunft  unenbliiäS  A»  ||  87127  erhält]  fehlt  A»  iJ  37184  ba«]  A«  ber 
AI  II  3723  ll^rer]  A^-«  biefer  ll^w«  A»  ||  372io  ungeachtet]  A»-»  unerac^tet  A»  j|  373 1 
Urfa^en]  Urfac^e  Rosenkranz  ||  37332  $rincip  fein]  Windelband  ^ncip  A  ^ndp 


Lesarten.  539 

tfl  Erdmann  ||  374io  ein  fRab]  fehlt  A*  ||  be«]  A'-^  bec  A«  ||  374 15  au4 
ntd^t  ein]  A^  aud^  fo  mentg  »te  ein  A»-»  ||  37433  eiS]  A^  fie  A>  fie  fehlt  A>  || 
37423  e«]  A3  fie  A'-^  ||  375ii  »le  fie  bieienigen]  A^-s  bergtei^en  A'  ||  37523 
berfclben]  A«-3  beffclben  A»  ||  fonbem]  A^-s  al«  A'  ||  37632  non]  fehlt  A^  || 
37633  ^Serloffung]  A^-^  «BcranlafTnng  A»  ||  3775  bog]  A»-«  beffen  A^  ||  377 10-13 
3)enn,  »enn  —  ba]  A^-^  well  roenn  —  bestellen,  wir  fic  aud^  —  beurtl^eileii 
muffen  nnb  !eln  —  ba  ifl  A»  ||  377 1»  ®o(ä^  mufe]  A»-^  fo  mu6  bo^  A'  ||  37720 
formt]  fehlt  A^  ||  37725  das  zweite  ber]  Erdmann  aber  A  ||  37732  l^ölfem]  A^  SBölfer 
A»-a  II  3797  baö]  Hartenstein  baft  A  ||  3792?  feien]  A^-a  finb  A»  ||  380»  ba6  —  oftne] 
A»-3  unb  bo6,  o^nc  A*  ||  380 10  ermfibenbe]  A'-s  bie  ermfibenbe  A*  ||  38O20  ^ai] 
A2-3  i^ben  A»  ||  e«]  Vorländer  fie  A  ||  38031  i^rer]  A^-^  biefer  il^tet  A»  ||  381 13 
$IaW  A3-3  i^ren  Ißlaft  A«  ||  38126  hereinbringt]  A^-»  hineinbringt  A^  ||  3826  nur] 
fehlt  A^  II  38215  einl^eimifci^ed]  ein^eitli^ed  Erdmann?  ||  3843  ben  (S^erimenten] 
A2-3  (Jjperimenten  A*  1| 

3858  feinem]  Erdmann  einem  A  ||  3866.7  febe  —  miberfirettenben] 
^3.3  jg5g  jmeier  einanbcr  roiberflreitenber  A^  ||  386i8  ber  allgemeinen 
A3  ben  allgemeinen  Ai-«  ||  38631  eine]  A2-3  bie  eine  A>  ||  387i  ^eröort^ut]  A>'3 
^^emorfinbet  A»  ||  387 20  bod^]  A«-3  aber  A»  ||  38723  oon]  Don  ber  Vorländer  || 
38736  bei  einigen]  k^-^  einigen  A»  ||  388 1  f puren]  A«-3  na(^a«fpfiwn  A>  ||  388  u 
ni^t  —  t)ereinigen]  A^-s  3U  Dereinigen  nid^t  A^  ||  389 10  au^]  fehlt  A^  ||  3906 
bie]  Erdmann  ber  A  ||  390i8.i9  grembling  —  ber]  A^-^  ^rembling  Dom  S3e- 
griffe  in  —  nämli(^  ber  ber  A^  ||  391 11  finb  —  etwo]  A2-3  fmb  unb  niti^t  etwa 
A*  II  39133  aufhalten]  A^-s  oermeilen  A»  ||  394 is  be«]  Erdmann  ber  A  ||  39433 
t^rer]  A3-3  feiner  A>  ||  396ö  müfeten]  Kirchmann  muftten  A  ||  396i4  Mofe]  A»-3 
ni^t  blo6  A»  II  39621  bamac^]  fe^lt  A»  ||  3975  eined  —  ©anjen]  A»'3  ein  — 
^ängenbe«  ©an^ed  A*  ||  397 15  eben  fomol&l]  A^-s  eben  fo  wol^l  A>  ebenfowol^l 
Hartenstein  ebenfo  roo^l  Erdmann  ||  398 so  ben  —  ©raeugung]  A^-^  bie  einer  (Sr* 
aeugung  A^  ||  3992  be«]  fehlt  A»  ||  3993  ©efen]  A»  Sßefen«  A^-s  ||  3993-5  baft 
—  finbet]  A3-3  unb  bie  Seleologle  finbet  —  2:^eologie  A>  jj  3998  na(^]  A2-3  natft 
ber  A>  II  39918  öon]  A^-s  unter  A^  ||  400i  SWenf^en]  A»'3  aU  SKenfc^en  A»  || 
4005  (einea  @otteiS)  fehlt  A^  ||  40028  gar]  A  gana  Hartenstein  ||  401  le  a^ar] 
Rosenkranz  aut^or  A  ||  40126  liege]  A^*'  liegt  A3  ||  401 27  unb  aud^  ©d^mierigleit 
fehlt  A^  II  4028  ge^en]  fehlt  A»  ||  4029  (außer  —  ^Begriffe)]  fehlt  A»  ||  40221.22  unab- 
lagli^en]  A^*3  unna^la6li(!^en  A^  ||  40236  feiner]  Windelband  i^rer  A  ||  4039 
(Menntniffeö]  (Menntniffed  na(^  Erdmann  ||  403 u  biefe]  A''3  ^i^  ^1  jj  40326 
ber]  A^-a  in  ber  A3  ||  404i4  mit  ni^t]  A»-»  nid^t  mit  A3  ||  404i5  Siegel]  Siegeln 
Erdmann  ||  404 17  öor^abenben]  A*-^  öorllegenben  A3  ||  40581  bie]  Hartenstein 
ber  A  ||  40533.84  ^erftanbed  —  abft^tli^]  l^erftanbe«  il^rer  SRöglid^feit  na^ 
t)on  und  ald  abfid^tlid^  A^  l^erftanbed,  Don  und  i^cer  !Dlögli(^!eit  nad^  abri(!^tli(^ 
A»-»  II  4069  biefe]  A^  bie  A>-»  ||  40626  (negatio  —  bidcurfioen)  fehlt  A>  ||  4063S 
beffen]  fehlt  A>  ||  4086  i^rer]  Erdmann  feiner  A  ||  408 12  bie  —  möglid^e] 
Hartenstein  ber  —  mdgli(!^en  A  ||  4109  ed  ifl  fehlt  A^  ||  4i0i8  bie]  Erdmann 
ber  A  II  41033  Slaturerfenntnig]  A3  Slaturfenntnift  A'»  Ij  4118  barlegen]  Erdmann 


540  ^ittr  ber  ttrt^iUhaft. 

bortegt  A  ||  411»  gar]  A  gana  Erdmann  ||  4124  ^ux]  ber  Hartensteia  ||  412» 
bem]  A'-naiA^  \\  412n.i3  im  Uberfinnü^en]  A>*Mn«  Aberflnnlic^e  A»  ||  412n 
na^  Bu>ecfen]  Zusatz  Erdmann  biir4  Sed^nil  Schopenhauer-Rosenkranz  ||  413s 
audma^e]  A'  auimaä^t  A*-*  ||  4138?  abfid^tU^]  eine  abfid^tti^  Erdmann?  || 
41383  i^]  Zusatz  Erdmann  ||  414s8  liegt]  fehlt  A^  ||  4159  fein]  sc.  mfiffe;  fe^ii 
A  feien   Rosenkranz  fei  Erdmann  || 

416 1  Knbang  fehlt  A^  ||  41882  rndf^ed  —  feine]  A»-*  ba«  e«  o^ne 
bem  feine  A>  ||  419s8  wfirbe]  A>**  tourbe  A*  ||  41988  unwoca]  univoca  ifi 
Erdmann  ||  4204  inet^er]  A«*  ber  A>  ||  420?  fo  —  ffigtic^]  A^^  fann  nid^t  ffig- 
li4  AI  II  benn]  Zusatz  Vorl&nder  ||  420s4  ein]  A^-^  nie  A'  ||  4214  aufier] 
Hartenstein  aud  A  ||  421  n  gmedbegie^ung]  A^*'  3n)c<ft>erbinbung  A^  ||  421» 
bie]  Zusatz  Erdmann  ||  inlefligenten]  A»-»  inteQigibelen  A>  ||  421  ss  finben] 
Zusatz  Windelband  ||  42183  $rincip]  fehlt  A>  ||  4224  ^in]  fehlt  A^  au  Rosen- 
kranz II  4226  ber]  A>  bed  A>-3  ||  423fi  C^pigenefid]  A>->  (Spigenefi^  A>  || 
^iefed  —  ®9fiem]  A'-^  biefed  fann  au^  baiS  ©Aftern  A>  ||  423 u 
»oEten]  A*-3  moUen  A>  ||  423«)  im]  A>-»  ob  im  A'  jj  423»  wären]  A"  fein 
wflrben  A'  ||  42329  mfirben!  A^'^  mürben  A>  ||  42388.34  fanben]  Erdmann  finben 
A  II  42516.17  Segtiff]  fehlt  A^  ||  42528  bient.  S)iefed]  A>-3  bient  unb  biefe  A>  |j 
4267  benn]  Zusatz  Vorländer  ||  4268  beren  —  ^ngüti^^  A^^  bie  augleid^  A>  || 
42625  welchen]  A'  mzl^tü  A^-^  ||  42680  mannigfaltigen]  Windelband  monnig« 
faltige  A  ||  4276.?  berfelben]  beffelben  Erdmann  ||  4277.8um  —  jener] 
A9-3  jener  ibrer  (Sefrägigfeit  A^  ||  42786  (SrMager]  (Shrblagen  Erdmann  || 
4281  anä;i]  A»-»  mie  au<f^  A>  ||  428ii  einen]  Zusatz  Yorl&nder  ||  428i8  biefe]  bie 
Erdmann  ||  429  ii  ungead^tet]  A^'^  unerad^tet  A^  ||  429is.i4  Serflonbed  —  fönnen] 
A>*3  Qerflanbed  niemaliS  auslangen  fdnnen  (unb  nid^t  —  wiberfprdd^)  A^  ||  429i6 
fi4]  A>*s  unb  AI  II  42928  vorigen]  Dorigen  Paragraphen  Erdmann  ||  43029  in  — 
no4]  A»-3  {^n  felbft  A'  ||  4319  genug]  A'-»  gnugfam  A>  ||  432 1  ben  Spillen 
A>->  bie  Srei^eit  A^  ||  432io  inbeg]  A^^  {nbeffen  bag  A>  ||  432ii  Semunft] 
^Qkux  Erdmann?  ||  43280  we^fetfeiHg]  A*-»  roed^fetfeitigen  A'  ||  43288  gefd|K^. 
Su  berfelben]  A^*^  gef^e^,  au  meld^er  A^  ||  43287  erforberlid^  —  (Ermangelung]  A*-' 
wäre,  in  (Ermangelung  beffen  A>  ||  4338  ift]  fehlt  A^  ||  4335  unnermeiblid^:  ber]  A'-^ 
nnbermeiblid^  1%  ber  A^  ||  433?  Dielleidbt]  fehlt A'  |j  433 lo Doraubereiten— nngead^tet] 
A>-3  Doraubereiten,  unera^tet  A^  ||  43323  unb  fehlt  A'  ||  48327.28  angeboren]  A^*'  ge- 
l^dren  A»  ||  43329  (ber  —  ®enuffe«]  A*  (benen  bed  ©enuffed)  A^  (ben  9leigungen  bed 
(SenufTeiS  A^  ||  43332  burd^]  A>'>  bie  A>  ||  43386  inbe^  A^^  inbeffen  bog  A>  ||  434 1 
au  unterliegen]  A»  unterauliegen  Ai*>  ||  43427  ober]  A>*<  aber  A^  ||  43427.28  felbfl- 
entworfenen]  Windelband  felbfl  entworfenen  A  ||  43429.80  Seben  —  nad^]  A*'*Seben 
^aU,  nad)  bem,  ma^  ed  nad^  A>  ||  4348i  weld^e«  fehlt  A>  ||  436i  ein]  fehlt  A>  || 
43624.25  ber  3Renfd^en]  A'-^  beiS  aRenfd^en  A^  ||  43632  bie]  Erdmann  ber  A  ||  437 is 
bad]  A^  bie  A^  ||  438 15  fann]  Hartenstein  fdrnien  A  jj  438 16  e<  fehlt  A^  || 
43819.20  wel^ed  oiel]  A>  baiS  Diel  A*  wel^ed  Diele  A^  ||  43838  ftt(^.  —  fel^]  A**» 
fu4en  unb  bei  näl^rer  Prüfung  feigen  A^  ||  4396.6  wenn  —  O^ötter]  A'-^  fie  entweber 
i^re  mtttt  fld^  al«  A^  ||  439i8  eined]  A»*»  eineiS  einigen  A^  ||  48926  wären  —  ®ub- 


Lesarten.  541 

fton^]  Ä2-3  »Ären,  ble  jroar  A*  ||  439«  »örc;  —  gwor]  A»-^  »fite,  welche«  jwar 
AI  II  439S1.M  mußten.  —  ein]  A»-«  muftten,  unb  ?o  ben  3beatt«m  —  eüifü^reten  A»  || 
44012  ber]  A*"3  ferner  A»  ||  441  ie.i7  ergöngenV  —  Dorouöfeien]  A*-^  ergflnaen, 
roeld^ed  wenn  —  t>oraudfet^en  wörbe  A^  ||  441  90  benn]  Zusatz  Vorländer  ||  4426 
»i^fifot^eologle]  A»->  ble  ^^^ficot^eologie  A^  ||  442i6  wie  —  wie]  A«-3  fo  — fo 
A'  II  442  21  eine  Mo^e  SSBflfte  fehlt  A'  ||  442  24  etwa  — 3emanb]  A»-»  nic^tetwa 
bamit  trgenb  wer  A'  ||  442  2».26  !Betra<!^tung  —  Seit]  A^-^  Sßeltbetra^tnng  A^  || 

442  ae  er  bann]  A^'^  er,  ber  SJ^enf«,  bann  A>  ||  443  8  welker  fehlt  A>  ||  443 11 
miUt,  ift  badjenige]  A^-»  SBtae,  badjenige  A^  ||  448  83  bent]  A»-»  ^^n  bem  A^  || 

443  84  t)on  bem]  A»*»  bem  A>  ||  443  86  ift]  A**^  fe^  A^  \\  Uii  nad^]  A'-»  na^ 
ber  AI  II  44420  ed]  Erdmann  er  A  ||  44424.25  aQe  — übrigen]  A^*^  aOe  fibrige 
A>  II  444  26  (benn  —  (i^igenf^aften]  fehlt  A>  ||  445  6  S)aB]  S)a  Rosenkranz  || 
445  21.22  fann  — werben  A'-^  etngefe^en  werben  fann  A^  ||  446 1  l^atte]  Erdmann 
l^tte  A  II  446  8  biefem  gemdg]  A"*'  bamad^  A^  ||  446?  (^emflt^dftimmungen] 
A<'>  ®emflt^dbeflimmungen  A^  ||  446i2.i8  fic^  DoraufkQen]  fehlt  A^  ||  446»  ge- 
winnt] A>*s  gewinne  A*  ||  446  84  ttrfa^e]  A^-^  Urfat^en  A>  ||  446  86  in  i^ren 
SBirfungen  fehlt  AMI  4471  biefem]  fehlt  AI  ||  447i6  Seleologie]  A'-^^^eoIogie 
A»  II  447  80  ober  —  unfere]  A'-»  ober  unö  felbfl  in  ünfel^ung  i^rer  aU  ©nb^wecf, 
unfere  A^  ||  447  84  bie]  A^^  ber  A^  ||  4482  betrifft  fehlt  A^  ||  448 13  Bufammen- 
l^ang  ift]  A^*^  ^ufammen^ängt  A^  ||  448  19  ben]  Erdmann  ber  A  ||  44828  ge- 
badet] A>-3  öorgeftettt  A»  ||  449 1  awar  —  3:^eil]  A»-^  jum  SlJeU  gwar  A»  || 
44918  Der^alte]  A^  lonffili  A^  t>txf)alien  A>  ||  450  88—45137]  Die  Anmerkung 
fehlt  AI  II  4512  erftem]  A»  le^tem  Ai->  ||  451  8  (entern]  A^  erfteren  A  i'>  ||  451  4 
letztem]  A^  erfteren  A^-^  ||  451  7  beiS  ^öd^ften  SBeltbeften]  Erdmann  bad  l^öc^fte 
SBeltbeße  A  ||  451 10  p^ne  — bie]  A»-^  unangefel^en  aUer  Bvi>^t  (aU  ber  A«  || 
452  2  erfüflte.  Umgefe^rt]  A»-«  erfftEte;  unb  umgefe^rt  A^  ||  452  8  wie  — @pi. 
noaa]  fehlt  A'  ||  452  9  feft]  A^-»  fefiigli^  A'  ||  452 19  Bufammenftimmung]  A»-» 
Bufammenflimmung  ber  9latur  A*  ||  453 12.18  Dbjectd  —  unb  welilbe^  ^^'^  ^^' 
fectd,  wel^ed  — fann,  an  bie  {)anb,  bad  burc^  A>  ||  453 10  benfelben]  A^  bem* 
felben  A'-*  ||  45324  inbeg]  A''>  inbeffen  bag  A^  ||  454  26  mug]  A^  mugte  Ai->  || 
4557.8  9(udffl^rbarfeit]  (t(u«ffl^rbarfeit)  Erdmann  ||  45521  mfiffe]  A>  mußte  A'-* 
II  455  28  möffe]  A»  mußte  A»->  ||  455  29.30  fei  — mithin]  A»»  fei,  mithin  wir  A» 
II  45618  moralifc^en]  moralif^en  (Snbawedfd  Brdmann  ||  456  22  bereite]  Harten- 
stein bereit  A  ij  456  2?  biefelbe]  Erdmann  baffelbe  A  ||  456  29  befiimmenbe]  A^*» 
beftimmte  A^  ||  456  36  beabfld^tete]  beabfid^tigte  Erdmann  ||  457  6  au  biefer]  Erd- 
mann btefer  A  ||  457  13  dnaie^ung]  fehlt  A>  ||  457  86  inbeg]  A*-»  inbeffen  bag 
A>  II  458  27  SBeife]  A«-3  ürt  A»  ||  45832  innere  fehlt  A»  ||  459  36  Sbol]  A^-» 
Sbeal  A*  II  46017  werben]  Zusatz  Windelband  ||  460  is  auf]  A^*s  ^„^  ^^  j^i  y 
©orf^rift]  A»-3  ©orfld^t  A»  ||  46022  über]  A»  für  A^-s  ||  46027  !eine]  Harten- 
stein feineiS  A  ||  460  ss  |)raftif(!^er  not^wenbiger]  praftif(^-not^wenbiger  Vor- 
länder II  46086  erforberlit^en]  A^*^  erforberli^er  A'  ||  461 12  teleologifc^en] 
Rosenkranz  moralif^en  A  ||  461 19  nid^t— [ein]  A»*^  nic^t  ein  blog  A'  ||  462  6 
einer  fehlt  A»  ||  462  28  müftte]  A^-s  mußte  A^  ||  463 11  er-  ba^in]  A»-3  er  auf 


542  MHfbetUrt^eildfroft. 

bem  SBege  baju  A'  ||  463u.u  Urt^etliS]  A^  Uttl^eUend  A^  ||  463  ss  @a^~  bei] 
A«-3  @Q^^  5ie  öpftena  A»  ||  464  n  ungeachtet]  A^-^  unerad^tet  A»  ||  464  is-m 
fi4  —  @tatt]  A3'3  Ti^  (b.  t.  —  betracl^tet),  roelcl^e  ben  (Brnnb  —  enthalten,  flott 
A^  II  46417  ^nalogon]  A^-^  anlogen  A'  ||  464 so  mit  bem]  mit  Erdmann  || 
464  39  (bergleic^en  —  SSerftonb)  ift,  fann]  A»-3  (bergleit^en  ifl  bie  bur^  ©etftanb) 
fann  A»  ||  465  23  nid^t]  fehlt  A^  ||  466  S3  olfo]  A^  aber  A»-»  i|  467  7  unfern]  A«-^ 
unferm  A^  ||  467 19.20  ^imgefptnften]  Erdmann  ^imgefpinftem  A*  {)irngefpenfleni 
A»-»  cf.  41 1 2«,  472  26  II  467  sb  wirfllcic  fehlt  A »  ||  468  le  (— )  X^acJ&en]  A^-^  ^^f 
facl^en  (— )  A»  ||  468  «  an  p*]  A»-^  fl<^  an  A*  ||  469  s.»  fann  —  burci^]  A^-s  !ann,  aber 
bo(^  burd^  A<  ||  469  10-13  äBirfung  —  Glaubend  fachen]  A^-^  äBirfung  ifi,  )ufammt 

—  Unfterbltfi^feit,  ©laubenSfad^en  A^  ||  469  20  unb  ®eograp^ie  fehlt  A>  || 
469  35-36  fi^  nic^t  (gleid^  ~-  grünben]  Windelband  (SlaubemSfa^en  ffirma^r^alten 
(gleid^  —  nici^t  grfinben   A»  fld^  (gleicj^  —  nld^t  grflnben  A^-^   ||   470 9.10  ober  bie 

—  ©elbftUebe  fehlt  A*  ||  470 13  sugletd^  fehlt  A^  ||  4717.8  »egen  —  bemfelben] 
A^'^  um  ber  —  bemfelben  millen  A^  ||  471  le  obliegen]  obliegt  Erdmann  ||  471  17 
Don]  Zusatz  Erdmann  ||  471  20  ^fli^t]  A^-^  Slbfi^t  A*  ||  471  26  das  erste  unb]  fehlt 
A>  II  471  84-36  aber  —  ©runbe]  fehlt  A>  ||  472  1  ober]  A»->  jeboc^  A^  ||  472  9  beffen 
fehlt  A»  II  472  31  feiner]  A^  i^rer  A»-»  ||  473  22  fonnte]  A^-s  fönntc  A>  ||  473  31 
i^rer]  A^-^  ^jefer  i^irer  A>  ||  474 11  ifl.  S)a6]  A^-^  ift  unb  bai  A»  ||  474  15  ber] 
A2-3  II  5en  A>  ||  474  is  beren]  A»-»  bie  A^  ||  474  28  beffelben]  A"  bedjentgen 
AI  II  475  3  praftifd^e]  A>  praftif*  A»-»  ||  475»  bcr  —  lefctcren]  A»-^  biefcr  il^r 
ganaer  ©efife  A»  ||  475  9  fic]  A»-»  p*  A^  ||  475  31  ben]  A»-3  ben  blofeen  A»  |; 
476  5  mir]  A»  mir  A'  un«  A^  ||  476 10  muffe]  A«-^  „„g  ^1  ||  4761,  i^ffe] 
A»-3  lögt  A»  II  476  23  ben]  A^  ber  A>-»  ||  476  31  nun]  A»-^  un«  A«  ||  477  19-21 
öorauS.  3n  —  Oenöge]  A**^  norauö;  in  —  beffen  (— )  bie  S^^^^  —  ©enüge 
tbun  AI  II  477  24  fein]  A^  ein  A^-^  ||  47737  ^enfij^ung]  Hartenstein  SBemfil^ung 
A  II  477  80  i^n  fehlt  A»  ||  477  32  in  ben]  A«-^  im  A»  ||  477  36—4782  ergänzt.  Sit 

—  boö]  ergänzt,  fo  bag  in  ber  Zf)at  nur  —  f ü^U,  hervorbringt,  ber  —  aber  nur  ba« 
IBerbienft  f^at,  ba^  A*  ||  478  5  t^eologif^er]  A^-^  t^eorettfd^er  A^  ||  478  u  etma 
fehlt  A^  II  47818  er  fehlt  A^  ||  478  23  SSegriffe]  S3eweife  Erdmann  ||  478  32  ^16^ 

—  ©efen]  A»->  nemünftige  ©efen  fic^  A^  ||  4796  jener]  A«-»  jenen  A»  |i 
47913  meiere«]  A'-^  meld^er  A»  ||  47933  müfete]  A*-3  tnu§te  A»  j|  48O20 
(Su6i]  A*-3  auö)  A»  ||  48029  anpreifen]  A«-«  augpreifen  A»  ||  4808i  nor« 
gebli^en]  A^-^  oergebli(!ten  A«  ||  48032  (Jurer]  A»-^  einer  ©d^hifefette  A^  |, 
48033.34  melden  —  ^erau^fagt]  A*  ben  —  A*  welcher  gegen  —  l^eraud- 
gefagt  »irb  A^  ||  4825  !«oturfcnntni6]  A^-a  9laturerfenntni6  A»  ||  482 10  aUein 
nldjt]  A2-3  allein  A»  ||  482 12  beffelben]  Windelband  berfelben  A  ||  48226  aber  — 
in]  A2-3  ober  jum  SSerbrufe  —  ©cmunft  auc^  in  A»  ||  48227  naci^fle^enbe]  A'-s  bei- 
ge^enbe  A^  ||  48229  ©d^önl^eit]  A»-3  (Schönheiten  A»  ||  4885  i^m]  A»-^  i^nen  A»  |: 
48320  erften]  A^  erfteren  A'-^  ||  48822  beffelben]  Erdmann  berfelben  A  ||  48336 
Bn>eAnögig!eit]  A'-^  ßn^^^^i^binbung  A^  ||  4843  und]  Zusatz  ▼.  Kirchmann  ;| 
48418  i(^]  A»-3  unb  A»  ||  48423  bur*  eine]  A»-^  einer  A^. 

Wilhelm  Windelband. 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  543 

Orthographie^  Interpunctioii  nnd  Sprache. 

Trotz  ihres  bedeutenden  Umfanges  enthält  die  ^ti!  b.  Uttl^.  wenig  störende 
Schreibungen  und  Sprachformen,  von  denen  allerdings  manche  durch  häufiges 
Vorkommen  das  Bild  des  Druckes  bestimmen.  Andrerseits  treten  orthographische 
und  sprachliche  Besonderheiten  auf,  die  unserm  Brauch  entsprechen,  dagegen 
in  den  Kantdrucken  sonst  fast  gamicht  belegt  sind.  Die  Sprache  des  Druckes 
und  der  gleichzeitigen  Kant-Manuscripte  stehen  sich  zwar  nahe,  decken  sich 
aber  nicht. 

Orthographie*  Vocale.  Charakteristisch  ist  nur  das  aa  in  ÜRaag  (selten 
anmagen),  das  e^  in  %xtt)fit\i,  SBefre^ung,  ame^,  ^rotr^it,  atoe^erleQ,  gemet)net,  fe^, 
fe^n  (esse),  SRalere^  (doch  fällt  mehrfach  et  auf:  J^eil^eit  öfter,  ^voei,  feinmesse, 
beilegen!).  —  Consonanten.  Widerspruchsvoll  ist  wie  so  oft  die  Behandlung 
der  f 'Laute,  c  steht  häufig  in  Wörtern  griechischer  Abkunft:  ^rttif,  SRicrofcop, 
^lefcop,  (E^aractec,  bialecttfc^,  apobictifd^,  colojfaltfc^,  categonfc^,  practifc!^  (doch 
auch  oft  ^taftif^) ;  vgl.  dazu  ^ameel,  Orcan,  $unct.  Hingegen  haben  aus  dem 
Lateinischen  stammende  !:  $röbifat,  ^robult,  Obieft,  3it|thi!t,  $uMtfum,  trof- 
tirt,  refleltirenb  (indessen  überwiegt  hier  c:  $robuct,  Dbiect,  reflectirenb). 
Auffallig  ist  femer  f  vor  Consonant  und  im  Auslaut:  iSBegrif,  Segrtf  18,  @tof 
(selten  öegrfff,  ©toff),  ^ofnung,  eröfnet,  ^erbe^gejd^aft,  betrift,  Dortreflic^.  — 
Dehnungs-1^  war  verbältnissmässig  selten  zu  beseitigen:  ©ebe^rbe,  @pu^r,  n^iH- 
ffl^^rlti!^,  ftö^irt  (häufiger:  roiüfürüd^,  aerflörenb).  —  Auch  die  f-Laute  boten 
wenig  Anlass  zu  Eingriffen:  ff  in  IRudfd^Iieffung,  l^eiffen,  auffer  (vorwiegend  g: 
einft^liefeen,  blofee,  aufier  u.  s.  w.),  SauffalttÄt  (selten  (Saufolltöt).  —  Sonst  findet 
sich  noch  t>  statt  u:  $ropdbe))tif,  ^neDmatoIogte.  —  Anfangsbuchstaben. 
Abweichungen  von  der  Regel  sind  selten:  S)octrinaIen  (®ef(^dft),  @a))Ot)tf(^e 
93auet;  unglet(!^arttgeiS,  etnad  b(og  fubJectiDed.  —  Zusammensetzung.  Es 
finden  sich:  ob  ^tnac  (auch  oh^roat),  ob  gleich,  oben  ein,  fo  fort.  —  Eigen- 
namen: (Spicur,  @(!^afefpeare. 

InterpuncÜoii*  Der  Gebrauch  von  Komma  und  Semikolon  stört  recht  oft 
Komma  schliesst  häufig  adverbiale  Bestimmungen  ein,  steht  vor  Satztheilen, 
die  durch  unb  angefügt  sind,  aber  auch  hinter  anderen,  welche  durch  mithin, 
aber,  ^uqUiä),  fonbem,  wie  eingeleitet  werden.  Es  erscheint  vielfach  überflüssig 
vor  und  hinter  Appositionen  mit  aliS,  in  Verbindungen  wie  unb,  ba ;  unb,  wenn ; 
benn,  menn;  benn,  metl;  benn,  ba^\  halber,  menn;  bagegen,  toenn;  aUetn,  wenn. 
Doch  fehlt  es  in  allen  diesen  Fällen  auch  oft.  —  Wiederum  vermissen  wir  es 
an  Satzgrenzen,  vor  ob3toar,  aber,  o^ne  gu,  zwischen  unverbundenen  gleich- 
artigen Satztheilen,  vor  und  hinter  Appositionen,  praedicativen  Attributen  250 15.10; 
doch  steht  es  in  der  Regel.  —  Recht  beliebt  ist  im  Drucke  Semikolon,  das 
vielfach  im  Verhältniss  der  Subordination  durch  Kolon  190 17  191 20  u.  a.,  oder, 
besonders  zwischen  nebengeordneten  Satztheilen,  auch  durch  Komma  1932t  30920 
311 4  ersetzt  werden  mnsste. 

Sprache.  Laute.  Vocale.  Den  Umlaut  vermissen  wir  bei  abjul^angen, 
fiberl^angenbe,  aufammen^angenben  u.  ä.  (nicht  immer;  im  Ganzen  8  Beispiele).  — 


544    Vergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  und  des  Neudrucks. 


aldbenn  steht  9  mal,  sonst  stets  aldbann.  Die  Formen  wechseln.  Ein  Unter- 
schied nach  Bogen  wie  in  manchen  älteren  Drucken  ist  weder  hier  noch  bei 
anderen  Schwankungen  zu  beobachten.  —  Ableitungs-  und  Flexionssilben  sind 
wie  immer  beim  Verbum  am  wenigsten  fest  Wir  finden  die  Ind.  Imp.  berufen, 
audt^dlete  (aber  z.  B.  a&^Ue);  die  Conj.  Imp.  f&Uete,  beitrt^eilete,  lemtete, 
beruhete  (aber  z.  B.  fehlte,  erfftüte,  DorfieOte,  ffll^tte,  befiimmte,  glaubte);  die 
unflectirten  Part.  Perf.  gefteKet,  beQgefeÜet,  geffil^et,  beftimmet,  na^gea^met, 
abgefoffet,  fiberjeuget  (16  Belege;  Synkope  herrscht,  z.  B.  DorgefieQt,  erf^mert, 
benimmt,  entfernt,  aufgefaßt,  gefd^öj^t,  erzeugt  u.  s.  w.)  und  I  mal  die  flectirte 
Form  fiberffiQetem.  -^  Dem  entspricht  die  3.  Pers.  Sing.  Präs.  erhellet,  gehöret, 
befiimmet,  flel^et,  Deranlaffet,  hinflöget,  Sä^di^tt,  beforget  u.  a.  (17  mal;  sonst 
Synkope:  gefällt,  fpielt,  ffi^rt,  beftimmt,  f^eint,  ge^t,  l&|t,  fd^d^i  gelangt  u.  s.  w.).  — 
Von  Substantifen  sind  zu  nennen  Xli^aä)  181 93.23  (sonst  Urfac^ei  z.  B.  181 S4^ 
2:if4ger&t^  313 11  (Sing.),  je  1  mal.  —  Consonanten.  Einzelfölle  sind  3,\tt' 
ratzen  2264,  gefc^td^t  40329.  — <  Flexion.  Auch  hier  stören  nur  vereinzelte 
Formen:  ber  ®eban!en  3423$  343 1  (Sing.,  2  mal),  ber  IBlumenbeeten  (1  mal), 
fe^n  B  feien  28434  (nur  1  mal!,  sonst  ist  stets  finb,  4  mal  auch  fet)en  gesetzt!).  — 
Wortbildung.  Es  finden  sich  mel^rmalen  (1  Beleg)  und  mehrfach  Dorndmli^ 
(vielleicht  orthographisch  aufzufassen).  —  Syntax.  Änderungen  wurden  gleich- 
falls nur  vereinzelt  nöthig:  auiS  einem  gemetnf(j^aftU(^em  @runbe;  5U  beten 
S3efenntntg  (innerem  ober  äugeren);  benen-ben  (173  20);  an  allem  biefen  ®<!^mucre, 
mit  allem  feinen  Vermögen,  mit  btefem  allen;  amifiiben  btefen  aroet)en  Gemein- 
örtent,  jenen  awe^en  ^riucipien,  jener  ame^en  ^tl^t,  oon  amepen  (Slefc^öpfen ; 
anfommen  auf  m.  Dativ  205 10— 12;  nor  {e^t  240 13.14  (statt  ffirje^t).  Die  ange- 
führten Fälle  sind  je  nur  1  mal  belegt,  die  beiden  ersten  vielleicht  aus  Druck- 
fehlern zu  erklären.  Ewald  Frey. 

Tergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  und 
des  Neudrucks. 

Die  stehenden  Ziffern  geben  die  Seitenzahlen  des  Originaldruckes  (A^  an. 


I 

165 

XVI 

17334 

XXXI 

18217 

XLVI 

19035 

11 

166 

XVII 

17418 

XXXII 

183 1 

XL  VII 

19119 

in 

167 

XVIII 

175  3 

XXXIII 

18322 

XLVIII 

1923 

IV 

167  h 

XIX 

17023 

XXXIV 

1845 

XLIX 

192  22 

V 

168  4 

XX 

1761 

XXXV 

18420 

L 

193  8 

VI 

168  20 

XXI 

17625 

XXXVI 

18510 

LI 

19329 

vn 

169 1 

XXII 

17711 

XXXVII 

185  31 

LH 

19413 

VIII 

169  n 

XXIII 

178 1 

XXXVIII 

1861^ 

LIII 

194  34 

XI 

16933 

XXIV 

178  2 

XXXIX 

18635 

LIV 

19515 

X 

170 13 

XXV 

17815 

XL 

18721 

LV 

195  30 

XI 

171 1 

XXVI 

179  ao 

XLI 

1884 

LVI 

196 13 

XII 

171  IG 

XXVII 

180  6 

XLII 

188  25 

LVII 

197  e 

XIII 

1729 

XXVIII 

18028 

XLIII 

18911 

LVIII 

198 

XIV 

17230 

XXIX 

181 12 

XLIV 

18930 

LIX 

199 1 

XV 

173  14 

XXX 

181  32 

XLV 

190 14 

LX 

199  13 

Vergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  und  des  Neudrucks.     545 


1    201 

43 

225  36 

85 

25021 

127 

2763 

2    202 

44 

22621 

86 

2516 

128 

276  28 

3    203i 

45 

2275 

87 

25126 

129 

277 13 

4    20311 

46 

22726 

88 

25212 

130 

278 1 

5    20411 

47 

22810 

89 

25232 

131 

27832 

6    20430 

48 

22831 

90 

25315 

132 

27916 

7    20516 

49 

22915 

91 

25335 

133 

280  4 

8    206i 

50 

230 1 

92 

25421 

134 

28023 

9    20622 

51 

23021 

93 

255  4 

135 

2816- 

10     2Ö7<y 

52 

2314 

94 

255  25 

136 

28128 

11    20725 

53 

23125 

95 

2569 

187 

28212 

12    SÖÄiö 

54 

23210 

96 

25630 

138 

28233 

13    20830 

55 

232  24 

97 

25714 

139 

283 16 

14    2OP9 

56 

23314 

98 

25735 

140 

284 1 

15    2ÖP30 

57 

23334 

99 

25819 

141 

284  20 

16    210  20 

58 

23418 

100 

2593 

142 

285  6 

17    2// 5 

59 

235 1 

101 

259  22 

143 

285  25 

18      211  23 

60 

23515 

102 

2606 

144 

286  8 

19    2/2/2 

61 

236  5 

103 

26026 

145 

28629 

20    2/252 

62 

23612 

104 

26113 

146 

28713 

21     21318 

63 

2379 

105 

26133 

147 

28733 

22    2/4  5 

64 

23729 

106 

262 17 

148 

288 16 

23    214  23 

65 

23814 

107 

26237 

149 

28836 

24    2/5  7 

66 

238  34 

108 

26321 

150 

28919 

25    2/5  25 

67 

239  n 

109 

264  4 

151 

2904 

26    216 11 

68 

2403 

110 

26425 

152 

29015 

27    2/(?29 

69 

24023 

111 

26510 

153 

29116 

28    21714 

70 

24118 

112 

265  29 

154 

2923 

29    2/7 jj 

71 

242 1 

113 

26612 

155 

29223 

30    2/5  i7 

72 

24232 

114 

26635 

156 

2936 

31    219  1 

73 

24322 

115 

26726 

157 

29326 

32    2/P2/ 

74 

244  3 

116 

26814 

158 

294 10 

33    2208 

75 

244  22 

117 

2692 

159 

29426 

34    22Ö2» 

76 

245  9 

118 

26928 

160 

29514 

35    22/ i« 

77 

245  31 

119 

27018 

161 

295  32 

36    222  1 

78 

24615 

120 

27/7 

162 

29618 

37    22227 

79 

247 1 

121 

27133 

163 

2973 

38    2235 

80 

24723 

122 

272 13 

164 

29723 

39    22<?2«; 

81 

2488 

123 

273 10 

165 

298  7 

40    224  i2 

82 

24829 

124 

27336 

166 

29827 

41     224  33 

83 

24915 

125 

274  26 

167 

29913 

42    225  i5 

84 

250 1 

126 

27514 

168 

29933 

Jtant'l  «((tifttii.  Snfe.  V. 


35 


546     Vergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  und  des  Neudrucks. 


169  SOOii 

170  301 1 

171  301 21 

172  3026 

173  302  2n 

174  3a'i9 

175  'Wi*j9 

176  304  9 

177  304^9 

178  .'i^)^!» 

179  3003 

180  <%^'2M 

181  307 u 

182  ^3r>7  3« 

183  -?Ö«/j 

184  30H33 

185  .V<>/>w 

186  3103 

187  .y/ry« 

188  /yi/// 

189  31132 

190  /y/2  7« 

191  312^ 

192  5/.?/« 

193  .yy4j 

194  314  23 

195  5/5  7 

196  3ir,''28 

197  .7/6'  // 

198  316*26 

199  57770 

200  .y/Äi 

201  318  22 

202  /y//>5 

203  3U)25 

204  5^(?« 

205  32a  23 

206  52i75 

207  5^i56 

208  322 19 

209  5^5  j 
.1210  323 12 


211  524  7 

212  524  37 

213  325 11 

214  525  5/ 

215  526- i7 

216  3272 

217  527  25 

218  32Hi 

219  526' yj 

220  321)10 

221  52^5/ 

222  55ry/4 

223  3312 

224  55/2$ 

225  332 16 

226  5554 

227  555  .w 

228  334  20 

229  555* 

230  335  33 

231  557/ 

232  557// 

233  3389 

234  5^V8j/ 

235  33Uis 

236  540/ 

237  5402/ 

238  3415 

239  54/2^ 

240  342 12 

241  545  j 

242  54529 

243  544/7 

244  5457 

245  345  33 

246  546*2/ 

247  3476 

248  34726 

249  545^7 

250  34H31 

251  54^  i5 

252  54^  35 


253  550 /i> 

254  55/ jr 

255  35123 

256  552(7 

257  35223 

258  555/0 

259  555  jry 

260  354  14 

261  5545/ 

262  35515 

263  555  55 

264  556* /j. 

265  357 

266  55tS 

267  35ifi 

268  55.9/7 

269  5tf0// 

270  360  32 

271  5^2/ 

272  56*2/^ 

273  3638 

274  565  29 

275  364 13 

276  5^4  54 

277  56-5/7 

278  366 1 

279  5ÖÖ22 

280  567« 

281  ^7  29 

282  56'5/2 

283  368  33 

284  56'.9  77 

285  3704 

286  57024 

287  3718 

288  57/50 

289  572  i2 

290  37231 

291  575/7 

292  374  1 

293  574  22 

294  575  5 


295  37519 

296  57tf/2 

297  37633 

298  577/7 

299  57,S/ 

300  378  22 

301  57i/« 

302  379  2ß 

303  5^09 

304  5Ä02J 

305  38114 

306  5^7  55 

307  38221 

308  5Ä?5 

309  55.525 

310  5S4  7 

311  385  1 

312  385  26 

313  5^^« 

314  38629 

315  5<V7/5 

316  557  A? 

317  38S20 

318  5V.9  4 

319  38924 

320  5^/ö 

321  5505/ 

322  391 14 

323  55^/54 

324  392 13 

325  5i>55 

326  595  2<> 

327  394 10 

328  59450 

329  395  15 

330  590/ 

331  59^2/ 

332  397  4 

333  597  24 

334  398  10 

335  59550 

336  599  24 


Vergleichende  Tabelle  der  Seitenzahlen  des  Originals  und  des  Neudrucks.     547 


337  39934 

338  400 17 

339  401s; 

340  40123 

341  402  le 

342  4035 

343  40331 
UA  404  21 

345  4^5  7 

346  406  23 

347  406 14 

348  40634 
849  4ö7i7 

350  408i 

351  4ÖS3/ 

352  409  4 

353  4()Pm 

354  4i6i« 

355  41029 

356  4//  74 

357  41135 

358  4^2  M 

359  4132 

360  4/.?« 

361  4/4  7 

362  4/4  27 

363  4/5  i(? 

364  416 1 

365  4/^ii> 

366  417 12 

367  4i757 

368  4/8 /<j 

369  41837 

370  4/920 

371  4202 

372  42Ö23 

373  42/ w 


874  42130 

375  422  75 

376  42236 

377  425/9 

378  4245 

379  42423 

380  425« 
881  425  28 

382  42^75 

383  42^55 

384  427  77 

385  42^7 

386  42812 

387  4295 

388  42^25 

389  4309 

390  456  jo 

391  45/ 7J 

392  43133 

393  452  77 

394  455  7 

395  43322 

396  434  4 

397  454  75 

398  4.55  75 

399  435  34 

400  45^5 

401  4575 

402  43725 

403  455p 

404  43830 

405  4.?i^7J 

406  43934 

407  44Ö7* 

408  44/7 

409  44/22 

410  4426 


411  44226 

412  445  70 

413  44552 

414  444 14 

415  444  54 

416  445  77 

417  44^  <; 

418  44632 

419  447  75 

420  4455 

421  44525 

422  44834 

423  4496 

424  45^72 

425  45031 

426  45/72 

427  452  7 

428  45221 

429  4534 

430  455  29 

431  454 10 

432  454  50 

433  45513 

434  455  55 

435  45^75 

436  46635 

437  45775 

438  455  7 

439  45826 

440  45^75 

441  45926 

442  4^6^77 

443  4^6^57 

444  4^/79 

445  4624 

446  46224 

447  4^56 


448  46326 

449  4<?4  5 

450  4^4  <? 

451  4^5  77 

452  465  gf 

453  4^^  75 

454  46635 
Abb  467 18 

456  468  3 

457  4^5  75 
468  4699 

459  4^925 

460  47(?72 

461  47033 

462  47/5 

463  4727 

464  47274 

465  4735 

466  475  2.; 

467  474  77 

468  474  31 

469  475  21 

470  47^72 

471  47636 

472  477  2« 

473  475  75 

474  4794 

475  47929 

476  480 18 

477  45/7 

478  48134 

479  45275 

480  455  74 

481  454  4 

482  454  50 


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