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Full text of "Kleinere Schriften sprachwissenschaftlichen, geschichtlichen, etnographischen und ..."

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BAKTIl; KOPITARS 



ELEINEßE SCHRIFTEN 



SPBACUWISSENSCHAFTLICHp , GESCHICHTLICHEN, 
ETHNOGRAPHISCHEN UND RECHT8HIST0BISCHEN 

INHALTS. 



IIERAUSCF. GEREN 



VOK 



FR. MIKLOSICH. 



ERSTER THEII.. 



WIEN. , 

FRIEDRICH BECK'S UNIVERSITÄTS-BUCnHANDLl^'G. 

1857. 



P6(T • 



INHALT. 



Seite 

I. Selbstbiographie . . , 1 

IL Joachim Stulli > 14 

III. Slarische Inschrift zu Lichtenwald in Unt^rsteier. . 16 

IV. Slarin von J. Dobrorik^. (Recension.) .' 16 

y. Adresse der künftigen slawischen Akademie an den Verfasser des Auf- 
satzes : »Das rormalige und das künftige Illyrien«. Minerta 1809 34 

VI. Aosführliches Lehrgebäude* der böhmischen Sprache ron J. Dobrdrsk^^. 
— Praktische böhmische Grammatik Ton J. Negedl;^. — Horracska 

Grammatika. (Recensionen.) ^. . ä9 

VII. Ü|)er die glagolitische Literatur. Ein Anhang zum Slarin. (Anzeige.) ... 47 

VIII. Bruchstücke aus der Selbstbiographie des O. ObradoTic 49 

IX. Serbien oder Serrien? 56 

X. Faustin Prochazka und Joseph Zlobick^. (Nekrologe.) 58 

XL Patriotische Phantasien eines Slaven 61 

XII. Die Mechitoristen 71 

XIII. Noch etwas über die Meehitaristen 71 

XIV. A. 6azi*s griechischer Merkur. (Anzeige.) 73 

XV. Der Berg Athos und Montenegro 76 

XVL Vollstaudiger Auszug aus 'der Selbstbiographie des D. Obradovic 79 

XVII. 'Eo^üq i \eyw% von A. Gazi. (Recension.) 94 

XVin. Topographische Ansichten gesammelt auf einer ReisA in die Levante 

▼on J. ron Hammer (Anzeige.) 110 

XIX. D. ObradoTic^ (Nekrolog.) 113 

XX. Abbildung und Beschreibung der Südwest- und östlichen Wenden, 

myrier und Slaren tou B. Hacquet. (Recension.) 120 

XXI. Beitrage zur Ober sieht der serbischen Literatur im österreichischen * 

Kaiserstaate 135 

JXn. Miscellen 146 

XXIII. Tix>v) rüi pu}i>aMxns avay»w9tws fu AaTivcxa Yov{i}MtTa tou G. K. 

Roza. (Recension.) 182 



% 



847 



5* 



IV ' 

XXIV. Schalanstalten für die nichtnnierten Griechen in den österreichischen 

Staaten 189 

XXV. Windische Sprachkaniel in Graz 193 

XXVI. Hromadko's böhmische Sprachkansel und Zeitung 1 96 

XXVII. Neugriechische Literatur 198 

XXVIII. /7pay{jkaTi{a Tript rü^ tuv iXknytx^it axot-jK^iiuit cx^uvdVcjIs ron A. 

Georgiadis. (Anzeige.) ."* 209 

XXIX. Sjeni D. Obradovica; Oda mojemu prijatelju M. VitkoTieu (von L. 

Musicki) — ^ Bukvar sfavenskij von P. Solana. (Recensionen.) 209 

XXX. Deutsch-sloTenisches Lesebuch ron J. N. Primitz. (Recension.) .... 211 
XXXI. A'jptxa Ton A. Christopulos. — jTaa jittarcxin no; aecXo^bps/ns yXtanaa; 

Ton A. Christopulos. (Anzeigen.) 228 

XXXII. Geschichte des Ursprungs der Römer iti Dacien von P. Major. (Recension.) 230 

XXXin. Die deutsche Orthographie 243 

XXXIV. Serbische Zeitung 257 

XXXV. Versuch eines schweizerischen Idiotikons Ton F. J. Steilder. (Recension.) * 26§ 

XXXVI. SloTanka Ton J. Dobrorsk^. (Recension.) 272 

XXXVII. Literatur der Grammatiken, Lexica und Wörtersammlungen aller 

Sprachen der Erde Ton J. S. Vater. (Anzeige) • 303 

XXXVIlt. Vocabolario Milanese-Italiaao di F. Cherubini. (Anzeige.) 307 

XXXIX. Griechische Aussprache 309 

XL. Grammatik der serbischen Sprache Ton WoUStefaaoYic. (Recension.) 310 
XLI. Romanische oder macedono-waUchischoSprachlehre von M.G, Bojadschi. 

(Anzeige.) i 320 

XUI. Die SlaTcn im Thaie Rasia ^ /. 323 

XLIII. SlATonien und zum Theil Kroatien tob J. Ton CsaploTics. (Recension.) 331 

XLIV. Berichtigung der »Berichtigungen* des Herrn — y 344 

XLV. Serbisches VolksUederbuch herausgegeben Ton Wolf Stefansohn. 

Zweiter Theil. (Anzeige.) 347 

XLVI. Eine walachische Antikritik 369 

XL VII. Noch ein Wort über Ulrich Liohtenstein*8 Franendienst. 371 

XLVIII. über die Bibelgesellschaften 373 

XLIX. Über den Ursprung und die verschiedenartige .Verwandtschaft der 

europäischen Sprachen von Ch. G. Ton Arndt (Anzeige.) 377 



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r. 

Selbstbiographie. 

fr 

(Gescbrieben 1839.) 

iVopitar (Bartholomäus), Custos an der Hofbibliothek in Wien, ward 
* im Lande Krain 1780 am 23. August geboren und Tags darauf nach 
Landessitte auf den Namen des im Kalender vor- oder rückwärts 
nächsten bekannteren Heiligen (Apostels Bartholomäus) getauft, wel- 
cher Name, im Vorbeigehen zu sagen, in der slavischen Mundart Krains 
i?reniger langweilig lautet: Jemej (auch Jamej, Amej und noch kür- 
zer Am), eine schwer begreifliche Corruption, wenn von Bartholo- 
mäus; aber andrerseits auch ohne Spur, dass sie, etwa wie Albert für 
den böhmischen Vojti^eh, eine willkürliche deutsche Substitution, z. B. 
Arno, wäre. Die Krainer Slaven (Crainenses) kennt Karls des Grossen 
Biograph Eginhard besser als manche jetzt lebende Deutsche, die sie 
meist mit den Kärntnern y^rwechseln : indess sind die neuern wieder 
im Rechte, wenn sie Kärntner als Karantaner nehmen, die schon vor 
Karl dem Grossen, vielleicht seit dem 4 — 5. Jahrhundert (nirgends 
findet sich die Zeit ihrer Einwanderung bemerkt) in dem weit über 
Kärnten hinausreichenden Striche von Noricum und Pannonien ver- 
breitet waren, wo noch heute ihre Mundart zwischen Triest und 
Essek, Agram und Villach, Plattensee und Ödenburg von zwei Mil- 
lionen Seelen gesprochen wird. Einst reichten sie, mächtiger und 
zahlreicher, im Norden und Südosten bis fast zum Inn und der Save- 
Mündung. Sie sind nebst den Bulgaren die frühesten cisdanubiani- 
schen Slaven und nicht nur die frühesten Christen unter allen Slaven, 
I sondern ihre Mundart war es auch, die die sogenannten Slaven- Apostel 
1 Gyrill undMethod, die nach aller Geschichte unter ihnen zuerst und zu- 
I letzt auftraten, zur liturgischen, also Kirchensprache aller Slaven er* 
hoben. Der Umstand jedoch, dass die slavische Liturgie in Pannonien 

1 



nur an 30 Jahre, bis zu ihres Metropoliten und Stifters Method Tode, 
sich erhielt, dann aber hier durch der Ungern Einfall sammt dem 
Christenthum zertreten ward, während sie in der Bulgarei ununter- 
brochen bis auf unsere Tage fortdauert, verhüllte den gewöhnlichen 
Geschichtsforschern diess erste Vaterland der slayischen Liturgie, das 
bereits der geniale DobroYsky nach bloss historischer Combination 
errathen hatte, aber zuletzt (aus einer Art Caprioe? oder Ge&Uigkeit 
fär seine Prager Umgebungen? beides lag in seiner Individualität) 
auch mit den Bulgaren vorlieb nahm. Doch lasst uns von Anfang 
anfEuigen. 

Die Städte des oben bezeichneten karantanischen Bodens Triest, 
Villach, Laibach, Agram, Cilli, Pettau, Radkersburg (von Graz, das 
ausser dem Namen nichts slavisches mehr hat, und vom classischen 
Gamuntum, wovon der Diacon Paulus die Karantaner selbst ableitet, 
nichts zu sagen) sind, wie in Böhmen, meist von Deutschen bevölkert, 
die aber auch die krainische oder windische Mundart sprechen, also 
wo nicht, wie in Triest, viel-, doch wenigstens zweizüngig sind, 
während das Landvolk nur slavisch kann. Kopitar ward unter dem 
Landvolke geboren. Sein Vater war Besitzer einer halben Hube im 
Dorfe Repnje in Oberkrain, so ziemlich in der Mitte zwischen Lai- 
bach, Stein und Krainburg, am südöstlichen Abhänge eines Hü- 
gels (hrib), fern von aller Haupt- oder Heerstrasse. Jede Hube in 
Repnje hatte ihren Ackerantheil östlich imd ihren Bergantheil west- 
lich an ihrem Hause, gleichsam im Angesichte vor sich, ungerech 
net den ebenso ausgemessenen aber entfernteren im Gemeinde- Walde 
und Wiesen. 

Kaiser Josephs H. zum Schulbesuche aufhiuntemde Patente blie- 
ben nicht ohne Wirkung aufs Landvolk. Kopitars Vater, Jakob, hatte 
ausser ihm noch vier lebende Kinder, meist Knaben, darunter Jemej 
in der Mitte stand: zwei andere Mädchen imd ein Knabe waren frü- 
her gestorben. Als Jemej etwa neun Jahre alt war nnd bereits die 
Heerde seines Vaters geweidet und gehütet hatte — welche Davidi- 
sche Rückerinnerung an Berg und Wald noch immer unter seine an- 
genehmsten gehört — fragte ihn einst der Vater, ob er nicht wollte 
„studieren gehen." (Der Vater wollte ihn nämlich auf diesen Fall wie 
der alte Horaz seinen Quintus lieber in der ordentlichen Stadtschule 
anfangen lassen als in der trivialen Pfarrschule, die er freilich näher 
hatte.) Seit jener Zeit fehlte es von des Knaben Seite nicht an Mah- 
nungen, bis ihn endlich am 25. Jänner (Pauli Bekehrung) 1790 der 
Vater nach Laibach fährte. Wiewohl er auf diese Art, da der Schul- 



curs mit 1. November begomien hatte, fiist um den halben Curs zu 
spät kam, ward er doch noch in die erste ') Normalclasse aufgenom- 
men imd konnte in Folge seines Fleisses am Ende des Jahres in die 
folgende Classe yorrücken, wie die Übrigen, so im November ge- 
kommen waren. Dazu verstand er keine Sjlbe deutsch, als er von 
Repnje nach Laibach kam: aber die Lehrer der ersten dasse spre- 
chen auch krainisch. Der liebste Buchstabe beim A-B-C- lernen war 
ihm das i, weil er dabei an das i (hi) dachte, das ihm als Zuruf an 
des Vaters Stute noch wohl bekannt war. Sonst fireilioh lief es beim 
slavischen Knaben mitten unter spöttelnden Deutschen anfangs nicht 
ohne Heimweh ab: doch hatte die Mutter ihm diess oft prophezeit, 
wenn er zu heftig in den Vater drang ihn nach Laibach zu fähren; 
und so siegte das point d'honneur des Studenten (d. i. die Scham vor 
der Mutter Spott) über sein Heimweh. Als er aber im September auf 
die Ferien nach Ebtuse kam, war es nicht ohne Triumph für ihn und 
mehr noch für seine angehörigen, dass er dem Pfarrer bei der Messe 
ministrierte, freilich ohne noch ein Wort von all dem Latein zu ver- 
stehen, das er vom In nomine patris an bis zum Deo gratias mit 
dem Pfarrer dabei wortwechselte: er hatte es aus einem mit deut- 
scher Schrift gedruckten Ministrierbüchel auswendig gelernt. Der 
P&rrer wollte ihm übrigens wohl, weil er den Vater als Earchen- 
probst achtete, eine Ehre, der sich übrigens der Vater nur im Noth- 
fiüle unterzog, sie aber nie suchte, so wenig als die eines Zupans 
(Dorfnchters), die die Grundherrschaft vergab und die er beide im 



^) Die Österreichischen Schulclassen werden anders gezählt als die norddeutschen: 
die erste Normalclasse ist immer die. in der man Tom Ä-B-C heginnt zu ler- 
nen; von der tritt man in die zweite und dritte, die zugleich die erste la- 
teinische Grammaticalcl&sse ist, dann kommt die zweite, mittlere und oberste 
Grammaticalclasse , worauf die erste und zweite Humanitätsciasse folgen, und 
damit ist das Gymnasium beschlossen. Zur allgemeinen Vorbildung gehören 
dann noch zwei Jahre Philosophie und Physik, in beiden zugleich Mathema- 
tik. Von da theilen sich die bisher unzertrennlichen Schulcameraden in die 
yier Winde der Brotstudien, der Theologie, Jus, Medidn et alia omnia. Die 
Tier Oymnasialclassen heissen Ton den Jesuitenzeiten her auch noch die Parva, 
Principia, Qrammatica und Sjmtax, so wie die zwei Humanitätsclassen Rhe- 
torik und Poesie oder früher und jetzt auch umgekehrt: Poesie und Rhetorik. 
Also in allem zehn Jahre allgemeine Vorbildung unter Joseph II.; früher 
reichten zehn Jahre hin um zum Priester geweiht werden zu können , daher 
das ironische Sprichwort von der eilften Schule, wenn einer nach langen Stu- 
dien ein Taugenichts blieb: diese eilfte Schule wird mythisch in Krain in den 
Marktflecken Oberlaibaoh (das alte Nauportus), in Österreich nach Gabliz 
verlegt. 



besten Falle als zeitraubend fär seine eigene Wirthsohaft ansah. Von 
den zwei Ferienmonaten musste Jernej wenigstens alle Werkeltage 
Tom Morgen bis zum Abend mit dem Pfarrer zubringen, der, ein 
Stadtkind, Sohn eines GhitSYerwalters, sich freilich genug aristokra- 
tische ^) Airs gab, aber doch so viel Interesse an dem lernbegierigen 
Bai^emsokn zu finden sohien, um ihn nur zum Schlafengehen nach 
dem eine kalbe Stunde entfernten väterlichen Hause zu entlassen. Er 
hieh streng auf eorreotes deutsch und bereitete den Schüler zum 
Zeitvertreibe während der Ferien fast um einen vollen Gars voraus 
vor, welches beides diesem bald so sehr zu Statten kam, dass er 1792 
in der dritten Normaldasse, die zugleich die Parva fbr das Gymna- 
sium bildete, unter mehr als 250 Mitschülern den ersten Preis davon- 
trug. (Zuf&llig war die lat. professura ordinaria unbesetzt und von 
einem deutschen Lehrer suppliert, der seine rudimenta so gut ausge- 
sdiwitzt hatte, dass er do, das, dare, davi, datum und avis m, auf- 
gab, worüber er sich aber vom Schüler Kopitar zu grossem Jux der 
Mitschüler gutmüthig zurechtweisen liess.) Es wäre von nun an die 
grösste Schande gewesen dieses Principat nicht das ganze Gymna- 
sium hindurch zu behaupten. Eine Folge davon war (den Ruhm, der 
nach Quintilian auch den Knaben beseelt, ungerechnet), dass er nicht 
nur kein Schulgeld bezahlen durfte, sondern vielmehr aus den von 
Joseph IL eingeführten Schulgeldern der Übrigen ein jährliches Sti- 
pendium von fünfzig Gulden als Belohnung seines Fleisses erhielt, und 
von der Grammatik an, 1794, wo seine beiden Altem an einer Epi* 
demie starben, mittelst dieses Stipendiums und Correpetitionen mit 
schwachem Mitschülern nicht nur keiner Nachhülfe zum Unterhalte 
vom väterlichen Hause bedurfte, sondern 1799 als Hauslehrer eines 
Neffen in die Familie des edlen Baron Sigmund Zois kam, der auf 



^) Der krainiiche Landmann hat ein eigenes Wort für die ihm entgegenstehen- 
den Stftdter mit ihrer deutschen Tracht nnd Manier, Sprache und Prfttension : 
gospoda, ein CoUecti^um, das dem Begriffe nach ganz dem franaOsischen 
aristoeratie entspricht ; ihr stehen die slanschen Bauern als kmetje gegen- 
über. Der Pfarrer hatte übrigens die Liebe des Knaben dadurch ToUends neu- 
tralisiert, dass er hohnlachend susah, wie sein Gänserich dem aus Discretion 
wehrlosen Knaben, sobald er ihm den Rücken kehrte, bis über die Treppe 
Bischend und stosseud nachflog, und als der Knabe sagte: wAre der Qftnserich 
eines andern, so wollte er ihm schon mores lehren, ihm erlaubte sich su 
wehren, doch aber dem Thiere nichts su thun, d. h. wasch mir den Pelz, 
aber mach' ihn nicht nass. Die Folge daron war, dass Kopitar selbst die 
Treppe rücklings hinabstieg und so zwar den Feind in Respeet hielt, aber 
zugleich den Pfarrer aus dem Herzen fallen liess. 



aein weiteres Sdiioksal den grössten Einfluss hatte; deim aunli M/ck- 
dem der Zögling Beine Laibaoher Stadien vollendet batte und nach 
Wien geschickt worden war um dort CShemie, Mineralogie «nd 
Technologie zu hören, blieb Kopitar beim ebenso geliebten als lie- 
benswürdigen Sigmund Zois im Hause als dessen Seeret&r, Bibliothe- 
kar und Mineralieneabinets- Au&eher durch acht Jahre, die er unter 
die angenehmsten seines Lebens zählt. Baron Zois war ein lediger 
Mann von fünfzig Jahren, aber so podagrisch, dass er, selbst wenn 
er sieh am besten befand, nur in seinem selbsterfundenen dreirädrigen 
Podagristensessel die siebzehn Zimmer des Yon ihm bewohnten Appar^ 
tements seines dreistöckigen Hauses befahren konnte. Ältester Sohn 
des aus einem armen aber thätigen Handelsoommis zum Eigenthümer 
oder Pächter aller f&enwerke in Inner-Österreich und in Folge eines 
don gratttit von 40,000 Gulden an seine durch den siebenjährigen Krieg 
bedrängte Laadesfürstin Maria Theresia aus dem simpeln Bergamas- 
ken Michel Angelo Zoja (toscanisch Gioja, Edelstein) zum Freiherm 
emporgestiegenen Millionär Zois von Eklelstein war er in der modene- 
sischen Bitter- Akademie von Beggio (vielleicht mit Graf Jos. Gorani) 
erzogen worden, hatte aber seiner socialen Erziehung durch Beisen 
die Krone aufgesetzt, und lebte, als Kopitar in sein Haus kam, als 
der reichste und sonst in jeder Beziehung gebildetste Mann in Lai- 
bach, verehrt und geliebt von klein und gross, wie er es auch im 
hohen Grade verdiente *). Mineralogie und Metallurgie war sein Me- 
tier, wie er sagte; ein 1800 gestorbener Bruder, Karl Zois, war 
ebenso Meister in der Botanik: noch jetzt fähren eine Gampanula und 
eine Viola 2ioisii aus den Alpen Krains seinen Namen, so wie Werner 
einem von Baron Sigmund bekannt gemachten Serpentin den Namen 
Zoisis gab. Also Naturkunde und Technologie waren die Studien des 
Hauses: aber Baron Sigmund war der allzeit bereite und theilneh- 
mende Mäcen jedes andern literarischen oder nützlichen Strebens; so 
erzählt z. B. Abr. Jac. Penzel, der originale Übersetzer des Dio 
Cassius, dass Bai'on S. Zois ihm das in Krakau versetzte Manu- 
script der Übersetzung sammt dem mit Bandanmerkungen bedeckten 
Exemplar des Reinmrus'schen Dio Cassius (um 300 Gulden) ausgelöst 
und ihm geschenkt hättd, damit er die Übersetzung fortsetzen konnte. 
Penzel gibt dabei ziemlich dunkel zu verstehen, dass er die Dedica- 
tion ohne Eigennutz mache; wir können diese Stelle authentisch com- 



*) Vergleiclie Profenoi' Riehtert Nekrolog dieses Maünes, Laibaoh 1820. 4. mit 
dem THelkapfar das Bafen 8. Zola ip seinem Podagralahrsessal. 



6 

mentieren. Penzel war ron 1795— 1798 Professor der ü. Hnmanit&ts- 
classe in Laibaeh, sehr gelehrt und redlieh, aber jeden Abend ebenso 
betranken; Baron Sigmund oder vielmehr seine alte Mutter (wie denn 
die Frauen nicht leicht auf Bekehrungen yerzichten) hatte gehofft die- 
sen Fehler wenigstens zu massigen, wenn sie ihn zu Tische lüden und 
ihm eine volle Bouteille guten Triestiner Weines (vinum Pucinum der 
Kaiserin Li via nach Dio Cassius) vorsetzten. Es versteht sich, dass 
Penzel der alte blieb. Eines Tages sandte ihn Baron Sigmund zu 
Wasser (auf den Nauportusfluss aufwärts) nach dem eine Stunde ent- 
fernten Dorfe Igg (Magnus Yicus bei Appian) um römische Inschrif- 
ten zu copieren, nicht ohne ernst -freundliche Erinnerung ihm nicht 
an demselben Tage den Erfolg zu bringen. Der gute Penzel aber, der 
nicht nur im Pfarrhofe Igg mit slavischer Gastfreundschaft war auf- 
genommen worden, sondern überdiess auf der Hin- und Rückfahrt 
dem reichen Mundvorrath mochte tapfer zugesprochen haben, vergase 
in der Freude über seine Ausbeute an Inschriften aureae aetatis die 
Warnung des Mäcens, und wollte sich, so wie er am Zoisischen Pa- 
lais aus dem Canot ausgestiegen war, ia seiner dassischen Freude, 
aber auch natürlich Weintrunkenheit vor dem Podagristen präsentie- 
ren, dem er aber nur Entsetzen erregte, indem er von Bacchus über- 
wältigt auf dem glatten Zimmerboden vor ihm, dem podagrischen 
perclus, niederstürzte. Zois hatte aber ausser dem allgemeinen mora- 
lischen Ekel vor betrunkenen auch noch eine angebome convulsivi- 
sche Antipathie davor, so wie vor Maikäfern. Penzel ward hinausge- 
tragen und die consequenten Freunde sahen sich seit jener Zeit nicht 
mehr. Um so mehr freute nach so vielen Jahren den Exmäcen des 
ehrlichen Säufers uneigennützige Huldigung. Penzel war auch Kopi- 
tars Professor in der Poesie oder, wie jener lieber (weil er in der Pro- 
sodie nicht fest war) und im Grunde selbst ofBcieller sagte, in der 
zweiten Humanitätsciasse. Dieser originale Mann that nicht gern wie 
andre; gewöhnlich also kamen unter ihm neue Namen an die obersten 
Stellen des Schuladels, d. h. der drei sogenannten Prämifer und ihrer 
fünf Accessisten, worauf erst das übrige Volk der Studenten mit 
erster, zweiter und dritter (der schlechtesten) Classe kamen. Um aber 
auch bei Kopitar original zu bleiben, machte er ihn zum alleinigen 
Prämifer, so wie er ihn allein ins goldene Buch eingeschrieben hatte, 
weil er ihm, wie einst jenem Parva-Mann, wegen davi und avis m.. 
zwar in erster Aufwallung aber nicht ohne Grund widersprochen hatte, 
als er Aeneid. IV. 611 meidtumque malis advertite numen lesen wollte 
malo (weil nur einer, Aeneas, „der Schlingel" wäre): Kopitar sprach 



halblaut aber hastig zum Nachbar in der Bank: nir nutz, esset enim 
hiatus. Penzel: was haben Sie *) gesagt? Kopitar (steht auf, über und 
über errothend, dass er den Professor corrigiert, will aber auch vor 
den Mitschülern nicht zweideutig erscheinen): Ich sagte nix nutz, 
quia esset hiatus. Was that aber darauf Penzel? „Sie haben ganz 
recht und ich schreibe Sie daiiir ins goldene Buch. So soll der Student 
mitth&tig sein.^ Wir hoffen, dass unsere Leser diese Digression ent- 
schuldigen werden, schon darum, weil sie die bisher kaum bespro- 
chenen Gymnasialstudien Österreichs doch etwas beleuchtet. Wir 
werden Kopitars weiteres Leben um so kürzer abthun können. 

Hätten Kopitars Altem Ende 1800 noch gelebt und vor allem 
ohne Sigmimd Zois, so wäre Kopitar wahrscheinlich zur Theologie 
übergetreten, im besten Falle jetzt vielleicht ein Bischof (wie mehrere 
Tor und nach ihm studierende Schulkameraden), und im schlimmsten 
wenigstens ein wohlbepfründeter Pfarrer. So aber hatte der eigen- 
nützige Wunsch •) der CoUateralen nicht Gewicht genug ihn zur 
Theologie zu bestinmien, wiewohl ihm die kirchenget ichichtlichen und 
philologischen Studien der Theologie und selbst der geistliche Beruf 
sehr angenehm gewesen wäre. Kurz er machte 1800 — 1808 einen 
Stillstand von eigentlichen Schulstudien und benützte die ziemlich 
reiche Müsse bei Baron Zois um durch freie Studien die Lücken der 
Schule möglichst auszufällen. Französisch hatte er bereits als Syntaxist 
am Gymnasium gratis gelernt, weil ein Gouverneur den ausgedien- 
ten Sprachmeister seiner Kinder gegen den jährlichen Gehalt von 
300 Gulden dem Lande aufgeredet hatte (weder vor noch nach ihm 
war ein französischer maitre in Laibach) und hatte sich später in Ge- 
sellschaft seines Zöglings privatim durch ein paar Jahre bei dem Mei- 
ster bis zu einem erträglichen Grade correcten Sprechens und Schrei- 
bens vervollkommnet. Italienisch lernte er in Baron Zois halbitalieni- 
schem Hause praktisch sprechen ohne jedoch mit Sicherheit auch 
nur eine Seite in correctem toscanisch schreiben zu können, obwohl 
er ihre Classiker Dante, Boccaccio, Petrarca, Maoohiavelli, Ariosto, 



') Penzel nannte uns Sie; aber in der Ordnung bekam der Student erst in der Philo- 
sophie das Sie, so wie er HSrer der Logik hiess, nicht Schüler wie im Gymnasium. 

*) Eine katholische Bauemfamilie ist glücklich, wenn sie einen Geistlichen unter 
ihren angehörigen zfthlt ; sie beutet ihn bei seinem Leben um die Wette ans 
und beerbt ihn nach dem Tode. Kopitar machte sich einmal den Spass ihr zu- 
reden, wie heilig der geistliche Stand sei etc^ dadurch zu beantworten, dasi er 
dessen heiligsten Grad su wählen entschlossen lei: Capusiner. Da hatte man das 
naire "abmahnen hOren sollen. Warum? weil ein G^uainer aicbtB bMition darf. 



8 

Taaso, Metastasio mehr als einmal gelesen und wohlverstanden. Ekig* 
Usch verstehen lernte er aus den sechs schönen Bänden von Oibbon, 
aber wiewohl er ein paar Monate einen Sprachmeister von Triest be- 
nützte, ist er der Aussprache doch nicht sicher geworden. Dass er 
schon seines Principals wegen auch die Naturgeschichte und Natur- 
kunde pflegte, versteht sich von selbst. Aber auch für sich und als 
heimliche Liebschaft trieb er das griechische und konnte sich an In- 
vernizzi's Aristophanes nie sattlachen. Aber dass er ein Slavist gewor- 
den, ist weniger sein als seiner Lage Verdienst. Baron Zois hatte da- 
mals an dem Ex-Franciscaner Valentin Vodnik, übrigens auch des nach 
vier Jahren Professur ohne Pension entlassenen Penzel Nachfolger am 
Gymnasium, einen Hausslavisten, dem er wie früher dem Penzel den 
Mittagstisch gab, der es aber bis zu seinem 18 17 erfolgten Tode (am 
Schlagfluss). nicht weiter als bis zur Ankündigung eines deutsch-krai- 
nischen Wörterbuches brachte. Vodnik war übrigens ein amious fop- 
pabilis nach Art der Mönche, voll lächerlicher Seiten, z. B. einst 
traute er ein sprachgemischtes Ehepaar in deutscher Sprache, weil 
die Braut nur deutsch konnte: aber was geschah? es zeigte sich, dass 
der Priester das Vater unser nicht mehr konnte, er blieb mitten beim 
täglichen Brot stehen und beendigte es krainisoh. Das war in einer ' 
Wallfahrtskapelle bei Laibach und wir Zeugen von allem hatten bei 
der Rückkunft nichts eiligers zu thun als den scandalösen Vodnik 
bei Baron Zois zu verklagen, der den Spass noch steigerte, indem er 
das Factum für unmöglich erklärte. Aber der Mann antwortete: loh 
kann es ja krainisch (Gott versteht alle Sprachen) und der schönen 
Novizin kann es wohl ihr „zweizüngiger^ Herr bezeugen, dass es das 
echte Vaterunser war. Diese komische Galanterie musste uns wohl 
entwaffnen. Da Baron Zois selbst von der Mutter her das krainische 
vortrefftich sprach, auch gewöhnlich, wiewohl er damals nicht mehr 
ins Theater gieng, für italienische Operisten irgend ein krainisches 
(Couplet dichtete, dessen überraschendes Ertönen Parterre und Logen 
vor vaterländischer Freude ausser sich brachte, so versteht es sich von 
selbst, dass der Secretär Kopitar an all den Dingen Theil nahm. Doch 
sollte sein Beruf lum Slavisten sich noch dringender bewähren. Da 
Baron Zois nicht ausgehen konnte, so kam alles zu ihm, was sich 
nach interessanter Ansprache sehnte: Gouverneur, Militär-Comman- 
dant, Fremde, z. B. Lord Duckworth *), selbst Fürst Mettemich 



') Wenn Reisende zafallig in Laibach verweilten und, besonders Engländer, frag- 
ten, was es da merkwürdiges gebe, so wurden sie immer zu Baron Zois ver- 
wiesen, der alles wissen werde. 



9 

und Erzherzog Johann. Der damalige Müitär-Commandant Graf Bel- 
legarde, ein Bruder des Feldmarschallfi, war 1806 nach Cattaro be- 
ordert worden um diesen Ort den Franzosen zu revindioieren; seine 
Familie, d. h. seine 16jährige Toehter und ihre höchstens 30jährige 
französische Gouvernante blieben in Laibach. Diese klagten bei dem 
nächsten Besuche dem Baron Zois , dass es fiir sie doch fatal sei, dass 
gerade die besten Köchinen Laibachs nichts als krainisch verstünden ; 
mit Dolmetschern gehe es schlecht, und auch diese hätte man nicht 
Tag und Nacht zu Gebote. Die Gouvernante bemerkte noch dazu, die 
Köchin meine, die Herrschaft würde noch schöner sein, wenn sie 
krainisch könnte, desswegen bäten sie ihn, den Baron Zois, um einen 
guten Sprachmeister; wenigstens die Comtesse, wo^ nicht sie beide 
wollten es versuchen auch noch diese Stufe der Schönheit zu erstei- 
gen. Zois lachte vom Herzen über diess komische Missverständniss, 
das der Gouvernante so viel Geist eingegeben hatte; ihm war es klar, 
dass die Köchin nach einem sehr natürlichen Idiotismus gesagt habe: 
Lepsi bi bilo, es wäre schöner (besser), und ihr Dolmetsch, ein wäl- 
scher Oberstlieutenant, der krainisch nur radebrechte, das neutrum 
durch ein femininum müsse übersetzt haben. Kopitar wurde gerufen 
und gefragt, ob er' sich um seine Muttersprache und die Comtesse das 
Verdienst erwerben wolle ihr krainisch zu lehren. Der folgende Tag 
ward zur ersten Lection bestimmt Unsere Leser ahnen wohl nicht die 
ganze Schwierigkeit der Aufgabe, weil sie nicht wissen, dass es, be- 
sonders damals, für solche Patois (im franz. Sinne) fast eben so wenig 
Lectionsbücher gab als für diese und die italienischen selbst. Kopitar 
setzte sich vor allem hin , um für seine schöne Schülerin in französi- 
scher Sprache den ersten Bogen seiner handschriftlichen krainischen 
Grammatik niederzuschreiben. I^eser ward Tags darauf in der ersten 
Lectioh von der Schülerin gelesen und durchstudiert, d. h. im Zwei- 
fel der Sprachmeister um nähere Aufklärung gefragt, in der zweiten 
Lection die Declination, in der dritten die Conjugation ihr dargestellt. 
Sie war durch das französische grammatisch genug vorbereitet und 
fasste alles sehr leicht. In den weitem Lectionen ward sie über diese 
tabellarische Grammatik praktisch eingeübt durch Lesung der zwar 
einzigen, noch dazu grammatisch sehr inoorrecten krainischen Bear- 
beitung des Freimaurers und krainischen Geschichtschreibers Lin- 
bart nach dem franz. La folle joumee und Le mariage de Figaro und 
durch gemeinschaftliche Übersetzung von Dialogen, die die Schüle- 
rin entweder vorher oder im VerhinderungsfiUle in Gegenwart des 
Sprachmeisters echt militärisch oder orientalisch in einem Folio-Cahier 



10 

auf ihren Knien in schöner franz. Schrift und Sprache niedergeschrie* 
ben hatte. Kopitar machte dabei das Lexicon, wenn der Schülerin 
ein Wort fehlte. Nach zwei Monaten konnte sie sich Yollkommen mit 
den krainischen Dienstboten verständigen. Sie kam aber bald darauf 
von Laibach nach Graz, wo ihr Kopitars Lection vollkonunen entbehr- 
lich war, heiratete und starb im Kindbette. Mit diesem Erfolg zog 
einst im Scherze Kopitar Vodnik auf: Wenn er, Vodnik, noch länger 
zaudere, werde er, Kopitar, ihm noch zuvorkommen. Vodnik lachte 
zu dem Manuscript von 5 — 6 franz. Bogen, und glaubte zu seinem 
Unglück nur hinwieder den Kopitar aufziehen zu können, wenn er ihn 
tagtäglich fragte, ob sein Meisterwerk schon beim Buchdrucker sei. 
Auf die erste Fopperei antwortete Kopitar nur: Reizen Sie mich nicht; 
aber die zweite und dritte ward dadurch beantwortet, dass Kopitar 
mit Buchhändler Korn sprach, ob er nicht eine krainische Grammatik 
verlegen wollte; dieser, das Bedürfniss aus der häufigen Nachfrage 
ermessend, schlug um so lieber ein, da Kopitar gar kein Honorar 
verlangte und dafür nur schnellen Druck sich bedung. Vodnik konnte 
die Sache gar nicht glauben, weil er nicht dachte, dass wer eine 
Grammatik in Tabellen französisch machen kann, auch noch leichter 
einen fortlaufenden Vortrag deutsch machen köiine. Sein Verdruss 
gieng so weit, dass am Ende Baron Zois, als Mäcen beider Slavisten, 
dem Verleger für die Güte von Kopitars Arbeit gegen Vodniks Intri- 
guen bürgen musste. Es versteht sieh, dass Vodnik nachher wie vor- 
her der Hausslavist blieb. Vodnik hatte dem Verleger gesagt, Kopi- 
tars Grammatik sei nicht vollständig, und hatte darin mehr recht als 
er vielleicht selbst wusste. Die Syntax ist nur zum Theil in der Wort- 
forschung abgehandelt, und fehlt an ihrem Orte ganz, dafür ist die 
Orthographie, wie schon Dobrovsky bemerkte, „wenn auch gründlich, 
doch viel zu weitwendig^ behandelt. Niemand wusste den wahren 
Grund dieser endlosen Gründlichkeit als der VerfEisser, der ihn aber aus 
Schonung für sich behielt. Ein frommer Geistlicher, der damals noch 
lebte, hatte mehrere krainische Andachtsbücher geschrieben, und da 
er von der Grammatik und Orthographie seiner Muttersprache, die 
er praktisch sehr gut sprach, keine Idee hatte, wie glaubt man wohl, 
dass er sich geholfen? dadurch, dass er mittels der lat. Bibel-Concor- 
danz in der krainischen Bibel die grammaticalische Form des Wortes 
aufsuchte, die er jedesmal brauchte. Und in ähnlicher Verlegenheit 
war, ein halbes Dutzend Dilettanten ausgenommen, der ganze Clerus 
Krains. Wer diesen Umweg nicht scheut, dachte Kopitar, wird froh 
sein, dass mein Buch ihn selbständig gemacht. Und das Buch hatte 



11 

anoh wirklich diesen Erfolg. Ja es gewann selbst einen genialen Jün- 
ger an Professor Raunicher (jetzt Bischof in Triest), der eine neue 
Periode echt krainischer Literatur begründete sowohl durch seine 
eigenen Schriften als durch die Stiftung einer krainischen Sprachkan- 
zel an der Theologie, und letztere besonders ist überall zu wünschen, 
wo die Sprache des Volkes von der Regierung verschieden, wenig- 
stens von der Geistlichkeit als Hauptwerkzeug ihres erhabenen Beru- 
fes nicht nur nothdürftig praktisch, sondern auch theoretisch wi^ 
Deutsch und Latein gekannt sein wiU. So entstand bald darauf an 
der Universität in Graz, dann in Lemberg, dann in Olmüz eine slavi- 
sche Sprachkanzel ; andern ähnlichen sehen wir noch immer in Agram, 
in Pest, in Czemowiz, ja nebst der polnischen auch einer ruthenischen 
in Lemberg und Przemysl als eben so vielen wesentlichen Ausstattun- 
gen der theologischen Anstalten entgegen. Doch während au Kopitars 
krain. Grammatik gedruckt wurde, fand sein Abgang nach Wien 
statt. Acht Jahre praktischen Lebens und selbstgewählter Studien 
hatten ihn die Welt und sich selbst anders kennen gelernt, als er sich 
beides beim Austritt aus der Physik geträumt hatte. Er hatte sich von 
seinem Secretärgehalt mit leichter Mühe ein paar tausend Gulden 
erspart, und Baron Zois, der seinen Entschluss billigte (er hatte vor- 
her keinen Secretär und auch nachher keinen), erbot sich überdiess 
für den Nothfall zum Succurs, von dem indessen Kopitar keinen Ge- 
brauch zu machen nöthig hatte, da er nicht nur auch in Wien für 
Nebenverdienst sorgte, sondern auch schon nach zwei Jahren Aufent- 
halts in Wien zuerst als slavischer und griechischer Censor und bald 
darauf als Hof bibliotheksbeamter eine feste kaiserliche Anstellung er- 
hielt, die in seinen Wünschen lag. Doch um wieder zur Abreise nach 
Wien zurückzukehren, so musste, da sich Ende 1808 der Krieg von 
1809 sichtbar genug vorbereitete, vor allem für unbeirrten Aufent- 
halt in Wien, selbst für den Fall einer Belagerung (der dann wirklieh 
eintrat) gesorgt werden. Kopitar ging also, nachdem er sein kleines 
Patrimonium unter seine Geschwister vertheilt und einen Tag allein 
die Berge und Thäler seines jugendlichen Hirtenlebens wie zum Ab- 
schiede besucht hatte, Anfangs November 1808 nach Wien, und Hess 
sich hier als Studiosus juris immatriculieren. Wiewohl nun die juri- 
stischen Professoren fanden, Kopitar „habe fürs Jus keinen Löffel,^ 
so wird er doch nie bedauern während dieser zwei Jahre gerade die 
theoretischen und historischen Rechtstheile gehört zu haben, deren 
Unkunde manche selbstzufriedene Ghriendrechsler, die sich auch für 
HistoHker halten, so schmählich an den Pranger stellt. 



12 

Von nun an ist von Kopitar nichts mehr zu erzählen als höch- 
stens, dass er 1814, obwohl der letzte Beamte der Hof bibliothek« den 
eben so ehrenvollen als willkommenen Auftrag erhielt die 1809 ent- 
führten Büoher und EEandschriften in Paris zurück zu übernehmen, 
bei welcher Gelegenheit er auch eine Excursion nach London und Ox- 
ford machte. Früher schon hatte er eine Vacanzreise über Prag bis 
Berlin und zurück über Leipzig, Nürnberg und München gemacht, 
endlich 1837 eine Reise auf eigene Kosten über Venedig und Bologna 
nach Rom und zurück über Livorno, Pisa, Florenz, Mailand. Sonst 
lebte er seinem Berufe und schrieb ausser der „Grammatik der slavi- 
sehen Sprache in Krain, Kärnten und Steiermark^, Laibach 1808. 8. 
den „Glagolita Glozianus^S Wien 1836. fol., und den soeben (1839) 
unter der Presse befindlichen „Hesychii glossographi disoipulus russus 
sec. XII. in ipsa urbe Constantinopoli, curoa^aspLariov codicis Vindo- 
bonensis^'; auch sind von ihm in verschiedenen periodischen Schriften 
noch eine grössere Anzahl von Artikeln, deren Veranlassung zum 
Theil wohl auch commentiert werden sollte, womit wir jedoch vor der 
Hand unsere Leser nicht behelligen wollen. Nur über die Streitschrif- 
ten, denen ein eifrigthätiger Schriftsteller um so weniger entgehen 
mag, je höhere Interessen er bespricht, erlaube man ihm noch ein paar 
Worte. Kopitar hatte schon die ersten Jahre seines Wiener Aufenthalts 
dazu benützt um mit Neugriechen, Serben, Walaohen und Albanesen 
zu verkehren. Durch gründliche philologische Studien gegen die Na- 
tional vorurtheile dieser Leute gewappnet, konnte ihm ihr Umgang nur 
nützen^ nicht schaden. Diess scheint der Fall bei dem Melker Profes- 
sor Hermann Neidlinger nicht gewesen zu sein, der sich von Griechen, 
die nach München reisten, zur reuchlinischen Aussprache bekehren 
liess und darüber 1814 einen oberflächlichen Aufsatz in die Wiener 
Allgem. Lit. Zeitung einrücken liess, der den alten Professor Jahn 
ärgerte. Kopitar übernahm es dem Mann bescheidene Winke über 
die Schwäche seiner Sache in derselben Zeitung zu geben. Aber ihm 
begegnete damals, wie nachher noch oft, dass die Gegner Bescheidenheit 
für Schwäche nahmen. Neidlinger liess in Göttingen ein Buch gegen 
ihn drucken: „Über unsere erasmische Aussprache^, während er 
freundschaftlichen Briefwechsel mit Kopitar darüber pflog. Kopitar 
recensierte es umständlich in den Wiener Jahrbüchern und damit ward 
die Sache hoffentlich auf immer abgethan. So hatte Kopitar zweitens 
des in der Propaganda erzogenen walachischen Erzpriesters Georg 
Major Geschichte der Walachen in Dacien (ein walachisoher Quart- 
band) in derselben Wiener Allgem. Lit Zeitung besprochen, und gegen 



13 

den Verfasser fiLr die Mischung der Walachen mit Daciem und Thra- 
ken so wie für den Fortgebrauch des für ihre Sprache wie geschaffe- 
nen cyrillischen Alphabets gestimmt. Der Propagandist hielt den 
(schismatischen) illyrischen Erzbischof für den Becensenten und liess, 
während Kopitar in Paris war, invectiTen gegen den Prälaten dru- 
cken. Kopitar hatte bei der Rückkunft; nichts eiligeres zu thun als 
Majom zu schreiben, dass er, der glaubensverwandte Katholik, Ver- 
fasser jener Anzeige sei. Dafür bekam nun auch er aus des profes- 
sionellen Polemikers grobem Geschütz mehrere Ladungen; er liess 
dem Walachen den Sieg im Schimpfen, denn mittlerweile hatte er drit- 
tens mit demselben Erzbischof, den er nicht unter falschem Verdacht 
leiden liess, selbst einen Streit bekommen, indem er des berühmten 
Vuk Stefiuiovic wirklich reinserbisches Wörterbuch im österr. Beob- 
achter ankündigte. Mit grossen Herren ist es ungerathen Kirschen zu 
essen: der nun auch selige Feldmarschall -Lieutenant Duca (ein Wa- 
lache, der sich aber für einen Serben ausgab, weil die Serben unter 
den österr. Griechisohgläubigen sich für etwas besseres halten als die 
Walachen: sonst unter Nichtserben geben sie sich für Ungern ausj 
war in der Sache der gelehrte Agent gegen Kopitar und hatte des 
hochheiligen Gegners Meisterwerk, das er in den Beobachter ein- 
rücken lassen sollte, durchcorrigiert und rielleicht mit einigen Feh- 
lem noch bereichert. Kopitar beleuchtete es im vierten Band der 
Wiener Jahrb. so stark, dass man geratbener üxid still zu schwei- 
gen. Des blossen Streits über Facta gegen den Polen Borkowski 
über die editio princeps des St. Florianer psalt«rium trilingue wol- 
len wir nur erwähnen, alles weitere wäre überflüssig. Sein fünfter 
noch hangender Streit mit der Clique der Hyperpatrioten von Prag 
ist durch die gedankenlose oder parteiische Redaction des Leip- 
ziger Repertoriums ohne Noth gesteigert worden. Kopitar hatte es 
endlich nöthig gefunden über das Treiben dieser Clique ein wohlbe- 
gründetes Wort zu sagen. Die Redaction aber hielt die ihr von einem 
Mitarbeiter eingesandte Recension von Palacky's Geschichte von Böh- 
men, worin diess Wort enthalten war, nicht nur Jahr und Tag auf, 
Sandern als man ihr die Alternative stellte sie entweder erscheinen 
zu lassen oder zurückzuschicken, anstatt, wie jeder Ehrenmann in 
soldiem Fall gethan hätte, sie zurückzuschicken, entschloss sie sich 
sie zwar zu geben, aber so verstümmelt, dass Kopitar gerade die 
Hauptsache anders gesagt fand, als er sie nach reifer Beurtheilung 
niedergeschrieben hatte. Er hatte nämlich, wie jeder Kritiker thun 
mu0s, gesagt, dass man z. B. vom Fragment der Libasa, dessen 



14 

Unechtheit Dobrovsky in den Jahrb. nmständlich erwiesen hatte, 
und dergleichen spuriis in der Geschiehte keinen Gebrauch machen 
dürfe. Der unberufene und unberechtigte Redacteur änderte diess in 
„keinen so ausgedehnten Gebrauch.^ Seit jener Zeit vergieng Kopi- 
tar die Lust, was immer in ausländischen Blättern drucken zu lassen. 



II. 

Joachim Stulli. 

(Annalen der Literatur und Kunst. Jahrg. 1809. Intelligenzblatt 270—272.) 

Herr P. Joachim Stulli^ Franeiscanerpriester aus der Ragusaner 
Provinz, Verfasser des Lexicon latino-italico-illyricum, ist geboren 
zu Ragusa am 11. April 1730. Nachdem er sein dalmatisch-slavisehes 
Wörterbuch, das erstens nach dem lateinischen, dann nach dem sla- 
Tischen und endlich nach dem italienischen Alphabete sollte aufge- 
schlagen werden können, vollendet hatte, suchte er in Italien, z. B. 
Venedig, einen Patron, der die Druckkosten von drei starken Quar* 
tanten bestritte. Sogar zu Friedrich II. wallfahrtete er dieserwegen 
nach Berlin, dieser aber wies ihn an Kaiser Joseph. P. Stulli kam 
1782 nach Wien und präsentierte sein Manuscript dem Kaiser Jo- 
seph U. Da die slavische Sprache in Istrien, in Militär-Kroatien, in 
Dalmatien, Bosnien, Serbien (die in Slavonien und Ungern angesie- 
delten Serben mit einbegriffen) bis auf einige Provinzialismen die 
nämliche ist, so verdiente ein Wörterbuch dieses slavischen Dialektes 
allerdings die Aufmerksamkeit des grossen Joseph, von dem bekannt- 
lich auch die türkischen Slaven Erlösung hofften. Kaiser Joseph wies 
dem P. Stulli aus dem österreichischen Studienfonde 230 Ghilden jähr-* 
lieh um Kost und Wohnung im Wiener Franoiscanerkloster zu bezah- 
len und ."JO Gulden fiir Postporto zur Gelehrten-Correspondenz an. In- 
dessen wurde das Manuscript verschiedenen Kennern zur Beurthei- 
lung mitgetheilt, und 1778 P. Marianus Lanosovic, Franciscaner der 
Kapistraner Provinz, bekannt durch eine slavonische Grammatik (die 
1778 zu Essek erschien, 1789 die zweite, und später mit ungrischen 
Worterklärungen vermehrt sogar eine dritte Auflage erlebte, wiewohl 
sie der altem des Oberlieutenants Relkovie von 1767 und 1774 an 
grammatischem Verdienst nachstehen dürfte) nach Wien berufen, um 
dem bekannten Plane Joseplis, seine Staaten wo möglich zu germani« 
sieren, zu Folge, statt der italienischen Sprache oder doch neben die^ 



16 

ser die deutsche, die Lanosovie zwar stümperisch genug, Stulli aber 
gar nicht verstand, beizusetzen. Aber die zwei Frati stimmten übel 
zusammen: Stulli hatte den Lanosovic in Verdacht, dass er sein Werk 
bestehle, um seiner Zeit ein anderes Wörterbuch in deutsch-illyrisch- 
italienisch- und lateinischer Sprache unter seinem (Lanosoyie's) Na- 
men herauszugeben und so ihn (Stulli) zu untergraben. Nach Josephs 
Tode suchte daher Stulli bei Lfcopold IL an, dass sein Manuscript dem 
Lanosovie abgenommen und endlieh einmal mit dem Druck der An- 
fang gemacht würde: aber Lanosovic's Freunde wussten es dahin zu 
bringen, dass das Manuscript in die damalige illyrische Hof kanzlei, d. i. 
indirecte wieder in Lanosorie's Hände kam, denn als darauf Stulli in 
die Kanzlei kam um einige Additamenta in sein Manuscript einzu- 
schalten, sagte man ihm geradezu, Lanosovie habe es nach Pest, wo- 
hin er sich nach einem dreijährigen Aufenthalte in Wien begeben 
hatte, mitgenommen. Nach Leopolds Tode und Aufhebung der illyri- 
schen Hof kanzlei sollicitierte Stulli abermal vergebens um die Rück- 
gabe seines Werkes oder dass es doch gedruckt würde. Endlich fand 
er 1793 an dem Agramer Bischof Verhovac auch einen Gönner: die- 
ser erklärte sich das Lexicon in Agram auf seine Kosten drucken 
lassen zu wollen. Die Folge davon war, dass Stulli durch ein Hof- 
clecret vom 12. Mai 1794 beauftragt ward sich nach Pest zu verfügen, 
um die Correctur seines Werkes zu übernehmen, das nun auf Kosten 
der dortigen Universitäts-Buchdruckerei gedruckt werden sollte. 1801 
erschien endlich der erste, lateinisoh-italienisch-illyrische Theil in zwei 
Quartbänden. Weiterhin müssen wieder Misshelligkeiten vorgefallen 
sein, denn 1803 erhielt Stulli auf eine seinige Vorstellung von der 
ungrischen Hofkanzlei den Bescheid: „Suam Majestatem Sacratissi- 
mam clementer resolvere dignatam esse, ut supplicanti manuscriptum 
dictionarii sui sub conditione,ne prima dictionarii sui pars jam impressa 
cum praejudicio typographiae Universitatis Pestiensis reimprimatur, 
neque reliquae duae partes sumptibus typographiae Universitatis ex- 
cudantur, restituatur, et quinquaginta exemplaria primi voluminis jam 
impressi eidem consequentur , libera in patriam redeundi eidem data 
facultate et pensione etiam qua nunc fraitur (nämlich 230 Gulden, 
denn die 30 Gulden zur Correspondenz hatte er schon 1 792 verloren) 
in praemium exantlatorum laborum ad dies vitae relicta.^ Übrigens, 
obwohl der Kenner in Rücksicht des Stullischen Werkes mit dem 
Urtheile des Reeensenten in der Allgemeinen Literaturzeittmg einver- 
standen sein muss, dass es nämlich ein unsortiertes Magazin sei, so 
berechtigen doch auf der anderen Seite Lanosovic's Grammatik kaum 



16 

etwas besseres aas seiner Hand zu erwarten (etiamsi inrentis fiacile 
est addere aut demere), ausser er hätte inzwischen den Adelung und 
DobroYsky recht fleissig studiert um Stulli's Magazin sortieren su 
können. AusDobrovsky hätte er auch den Genius der slavisohen Sprache 
kennen gelernt, den er damals noch nicht kannte, als er jene eines 
Sprachfehlers zieh, die sagen: ti sehe Ijubis: denn nach ihm sollte 
es heissen: ti tebe Ijubis, wie man im deutschen sagt: du liebst dich, 
nicht du liebst sich. 

III. 

SlaTische Anfschrift zn Lichtenwald in üntersteier. 

(Annalen der Literatur and Kunst. Jahrg. 1809. Intelligeusblatt 274. 275.) 

Na pana boha mj davffanie ist gemein böhmisch! Es dürfte 
wohl mehr zu verwundem sein , woher mitten unter den Winden eine 
Aufschrift; in böhmischer Mundart, als dass sie auch mit den, für alt- 
slaviscli gehaltenen, sogenannten glagolischen (auch wohl kroatischen) 
Schriftzügen geschrieben sei, wenn man nicht wüsste, dass die Pro- 
testanten in Krain, Steiermark und Kärnten sowohl mit ihren Glau- 
bensverwandten im Reich als mit denen in Böhmen in immerwähren- 
dem lebhaften Verkehr standen. Entweder es gehörte die Herrschaft 
Lichtenwald damals (in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhun- 
derts) einem Böhmen oder einem, der eine böhmische Gemahlin oder 
einen bölmiisohen Hofcaplan hatte. Soviel also ist gewiss, dass die 
Sprache dieser Aufschrift nicht der windischen und überhaupt keiner 
der südslavischen Mundarten, sondern bestimmt der böhmischen an- 
gehört: über das zufallige Detail der Veranlassung mag ein steiri- 
scher Valvasor oder allenfalls standische Archive näheren Aufschluss 
geben. 

IV. 

S 1 a T i n. 

Bothschafb aus Böhmen an alle slavisohen Völker, oder Beiträge 

zur Kenntniss der slavisohen Literatur nach allen Mundarten. 

Von Joseph Dobrovsk^. Prag 1806. 1—6. Heft. 479 S. 8. 

(Recension. Annalen der Literatar und Kunst. Jahrg. 1810. 1. 424—440. II. 237—256.) 

Europens östliche Hälfte, vom Hämus bis an das Eismeer und 
vom kärntnischen Isonzo (Söca) und der böhmischen Mulda (Vltava) 



> 



iMb «n den Ural, wund fiust aoAschlieBseiii^ iv:on alaviacJiAn V/öU^efai l^ 
wiAnt; meh das nördliche Drittheil von Aisien erkeimt alariaqfre 
Her rsofaalt an und reift in slavisehen P8an«8tftd|;w eju/ppäiß(eber Gul- 
tur entgegen. 

Die SeeleomU dieses Volksstamms, wj<e¥rohl sie kaum das fXiiif- 
theil, ja das Zetmtheil Yon dem ist, was sie unter goastigem miiith' 
lisdben Umständen sein würde, reicht an die 69 Millionen, und njwpt 
deomach anch auf der WeUbßTölkerungsliste einen dem uQgeheuern 
Räume seiner Wohnsitse freilich noch bei weitem nieht westeuropftisqh 
^oportioniekrten, aber dooli immer unt«r den einzelnen Posten der in 
Sf^raebe «ins gel^Uebenen VöUcerstämme vielleicht den stftrJkatan wi. 

Wenn aber auf diese Weise der slansche Yolksstamm schon dem 
bl«8s kosmopoUtisoben Welt- und Völkerbeschauer imposante Absich- 
ten darbietet, so geben ihm heimischere Verbfiltnisae noch ein näj^fpr^s 
Recht auf die besondere Theilnafame des Europäers. Seine Sprache 
eonstituiert ihn zum Japhetideu, zum nahen Verwandten, wo nicht gar 
«am jungem Bruder des Griechen, des Romt^s und des Deutsfjbw. 
Griechenland hat seine herrjiiehen Fruchte bereite getragen; tUnttj 
schon in seiner Ekitstehung ein Gemengsei, hat sich in Italien iselb^t, 
Sponien, Gallien und Britannien mit. deutschen Abenteurern «u .neuen 
Zwitterarten amalgamiert; nur abwischen «den Alpen, dem Rhein (Uttd 
der Oder, im Muiiterlande der Germanen hat sich die deurtsohe ^pracftie 
(in jihrer individuellen Uranlage die rauheste dieser vier) noch unge- 
mengt erhalten. Und ungeachtet dieser, ihr wesentUdben, Ibiiuhßit, 
die einen Gröthe an ihr verzweifeln maphte, .auf welche Stufe der VeU- 
kommenheit haben sie doch eben die Göibe« die LesAiUge, die,K)op- 
stocke., die Wielande., die Schiller, die Vosse etc. in so ^ur;4er«%9it 
Jieben können — wie unerreichbar ihren Zwitterschwestem! ^^-^ ^as 
Jifiagt^ich, nachliefern Beispiel, erst von der slavisohensSpiiMtbo.fatf* 
fen, wenn einst auch ihre Blüthezeit ^bammt! von einer Spi^a^hci» ven 
;der es Voltairen genug gewesen wäre zu wissen, dsAs JsAß keinen >Ar- 
tikel habe, um sie für die glückliche unter den lebenden va ^rltfftren, 
.der es vorbi^alten sei, sich der antiken Versrnsssemit antiker iQcacic 
bedienen zu k/^nnen, und die auf der. andern Seite, -bei fast auf^lauler 
Vocale endenden /Fleodonsfcdrmen . und der Lebensfölle einer Qriginal- 
spi:ache, einst der gemengten italienischen den Vorzug in der Oper 
streit^ maichen wird. (Ist nicht schon jetzt das slavisehe Volk, da es 
nur AOich so zu sagen der .Knecht unter den Europäern ist, nebst 
,dem Italiener das oiiisikalisohei^te auf Erden?) 

JV^aunügfach sind die Ureaqhen, die die Eotwjkskelung desSla^en 

z 



7" 



bisher zarücicgehalten haben^ Tor alleii lange Knechtsohaft, firemde 
Beherrschung, Zerstückelung und dadurch Fremdmachung der Brü- 
derzweige unter einander. (So wie jedoch kein Unglück ohne Glück, 
80 hatte auch die Zerstückelung diese gute Folge, dass nun beinahe 
alle slavischen Haupt- und Unterdialekte zugleich, wie einst die grie- 
chischen geschrieben und bearbeitet werden: jeder derselben hat bei- 
nahe seine gedruckte Grammatik, sein Wörterbuch und seine Bibel- 
Obersetzung aufzuweisen. Welcher Schatz Bar gründliches Stadium 
der slavischen Sprache! Wie unverzeihlich vernachlässigen dagegen 
die Deutschen ihre Mundarten, gleich als ahneten sie die beschämen- 
den Vorzüge mancher derselben vor der herrschenden Schriftsprache.) 
Nach Sohlözer noch über den Nutzen und die Wichtigkeit der 
slavischen Sprache und Geschichtskunde sprechen wollen, hiesse eine 
IKas nach Homer schreiben. Bekanntlich ging dieser (nun seit dem 
9. September 1809 in dem schönen, mit so vielfältigem Verdienst um 
die gesanamte Menschheit gekrönten Alter von 75 Jahren, aber noch 
immer viel zu früh verewigte) Deutsche im Jahre 1761 nach Peters- 
burg, mit dem Plane in petto, von dort aus mit guter Gelegenheit 
den Orient zu bereisen. Er lernte in Petersburg slavisoh, und — 
vergass den Orient über den Reizen dieser Sprache und des Unge- 
heuern, wüsten, aber reichlichen Bebauungslohn versprechenden Fel- 
des slavischer Geschichte. Wäre es ihm nur vergönnt gewesen, wie 
er wünschte, sein ganzes übriges Leben (ein halbes Jahrhundert!) 
diesem Fache zu weihen, so dürfte unsere Geschichte ihren Muratori 
nicht erst erwarten. Immerhin hat er uns nicht nur meisterhafte, er- 
schöpfende Vorschläge, sondern in Stritters Auszügen aus den Byzan- 
tinern, die er veranlasste, und in Nestor's russischen Aunalen, der 
letzten Arbeit seines planmässig thätigen Lebens, auch praktische 
Beispiele zur Behandlung unsrer Geschichts- und Sprftchmaterialien 
hinterlassen; und da das geschehene nun nicht zu ändern ist, so lasst 
uns desto inniger an einen Mann uns anschliessen, der an unpassen- 
der Gelehrsamkeit nicht unter, an tiefer, gründlicher Kenntniss der 
gesammten slavischen Literatur aber, als geborner Slave, leicht über 
Schlözer ist, wir meinen den Redacteur und grösstentheils Verfasser 
der vorliegenden Zeitschrift, Herrn Abb6 Dobrovsky in Prag, den 
Schlözer selbst, im Anhange zum ftinften Theil seines Nestor, wo er 
einige Berichtigungen von Dobrovskys Hand mittheilt, für unstreitig 
einen der gelehrtesten Kenner der gesanmiten slavischen Literatur 
anerkennt, so wie 1807 die neue königl. dänische Commission zur 
Aufbewahrung der Alterthümer sich eben so sehr als unsem Lands- 



'^.> 



1» 

mann (macht die wesentliche Gemeinschaft der Sprache nicht eigent- 
licher den Landsmann als die zuf&llige des Geburtsorts?) durch Auf- 
nahme zu ihrem Mitgliede neben den.grössten Alterthumskennem an- 
derer Nationen geehrt hat. 

Ja, ein^ fortlaufende Zeitschrift sollte der Slayin für alles sein, 
was in die gesammte slavische, alte und neue Völker- und Sprach- 
knnde einsehlägt, ein Vereinigungspunct für alle Slavenfreunde, eine 
Eaicjklopädie vielleicht am Ende alles wissenswürdigen und zu wissen 
möglichen über die Slaven. 

Aber sei es, dass ^die edle superbia quaesita meritis des ver- 
dienten Herausgebers es verschmähte, sein Unternehmen hergebrach- 
terweise in den gelehrten Zeitungen auszuposaunen, oder dass die 
schlendrianische Bequemlichkeit der Verlagshandlung das Werk 
weder gehörig anzeigte noch zu Markte trug, oder sei es, dass 
Fichte niederschlagend Recht haben muss in jenem Beispiele seiner 
Reden an die deutsche Nation, wo er das Schicksal der wendischen 
Sprachen seinen Landsleuten als einen warnenden Spiegel vorhält; 
kurz — der Slavin ward beinahe gar nicht bekannt, selbst Männern 
nicht, die slavica treiben, wie Schlözer (hätte der feurige Greis es 
sonst unterlassen, ihn in den göttingischen Anzeigen frohlockend zu 
bewillkommen?) oder Vater (hätte er sonst pag. XDC. der Einleitung 
seiner praktischen Grammatik der russischen Sprache, Leipzig 1808, 
behaupten können, dass z. B. der Dual der slavischen Sprache von 
den griechischen Bibelüberset2^m, wahrscheinlich mit Gewaltthä- 
tigkeit und gegen die eigenthümliche Einrichtung derselben, ange- 
drungen worden?) Ob der Eifer dieser Annalen die Saumseligkeit der 
alten gut macht? 

Mit Recht unwillig über einen so schnöden Emp&ng der Both- 
schaft aus Böhmen (nur die Krainer verkündigten Freude über die 
Ankunft derselben in dem literarischen Beiblatte ihrer politischen 
Zeitung) sandte der Meister das folgende Jahr gar keine wieder, und 
überschrieb 1808 die bisher erschienenen ersten sechs Hefte neu: 
Slavin. Beiträge zur Kenntniss der slavischen Literatur, Sprachkunde 
und Alterthümer, nach allen Mundarten. Von Jos. Dobrovskj etc. Mit 
Kupfern und Tabellen. Prag 1808. 

Slavische Literatur und Völkerkunde machen die zwei Haupt- 
rubriken, der böhmische Cato (eine gereimte Spraohprobe dieses 
Dialekts aus dem vierzehnten Jahrhundert, aus einer Handschrift von 
1470), russische Sprichwörter mit wörtlicher deutscher Übersetzui^g, 
(meist bibliographische) Anfragen etc. nicht minder interesaMte 



/ 



«0 

N(^benrubriken dies^ Beiti*fige ätui, *diess iSk&t^ ttigenefam »bweok- 
WUid (&ttdi ^öhl, '<l^ Jbumaiform «ü üeb^ mnander oft «m schön- 
Wta Lttüf ftbbk^e^band, wais jisdoeb ein g^ter Index wieder gut matokt). 
Die einzelnen Beitrage, die zur Literatur gehören^ fünAmdzwanz^ 
nh 'der äkhl , fktA ttit fortlanfedd^n arabifiohen Ziftm (und darunter 
"Mit den Buchstaben dto cyrillischen Alphabets ^md den ihnen nach 
d^r n^e^ft GolsifeinfttioA entsprechenden böhmiftch-lateinieohen), die 
tttrif Vdlkerktind'e t^d G^cMchte gehdrigen mit r^misohen Siffbhn be- 
zeichnet, und die Nebenrubriken ohne besondet« Bezeiehnong, Mobs 
WitSti dem jM^M&alJgen Inhalte tLberschrieben. 

Wir i?oll\en fiie hi^ naeh der Reihe anzeigen, und faiör und da 
mitktirzeü Bemet^kuAgen begleiten. (I) fl. Az. A. (S. 1 — 4). Ohne 
Vorrede. Der Vers Lucae II. 14. nach der altslavischen Übersetaung 
'(mit böhmisch -lateiuiiHi^her Orthognsphie) , kritiseli-gramnmtisicb er- 
IftVit^irt, g^r&chsweise zwiischen dem semdenden Meister und Slavin, 
'deir ito Begriff ist s^in^n Bothengaug an alte siavischen Völker anau- 
4irHen. (2) fi. fiid:i. B. (8. 5 — 8). Böhmische Übersetettng desselben 
'Yei^^. UnA Modifleation «obiger altslaTischen Übersetj&uxig aus diem 
'glägolischen Brevier vom Jahi^e 16*8 n»ch der Vulgata. I. (8. 9 — ^14). 
Die 'schöne historische Schttdening der slavischen Völker anKs ' Her- 
d^rrs Idcien %ur Philosophie 'der Geschichte der ]Vf enschlieit. NiciM; vom 
RaTube, aitf Urikoeftevi fremdefn Fleisses, sondern vom ActDerbau und 
Hkndel wollte (und wHl) derSI.'ire leben. Wäre diese kosmopoiiiisobe 
Ai^ge (inddlee) nicht allen Völkern zu wUnsolieih? Da aber in «der 
tMM^geVi Altemativte zwischen Unrecht thun oder Unrecht leiden '>dm 
<8chlifis^<nahi d^ teti^em (sieh Lessings Fabeln) den Slaven so ttbei be- 
kommen, so ist es kein Wunder, dass sie so wenig Nachahmer ge- 
-fUliften. — »Das Rkd d^ todemd<en Zeit drehet sich indess ulilBÜf halt- 
'tom'; 'dnd da die dlaviscben Nationen grösfiPtentbeils den schönsten 
firdstrit^ EiUropas bewohnen, wenn efr ganz bebauet und der Handel 
dähitts eröffiiet würde; du es auch wohl nicht anders zn denkeai idt, 
Ivts daito ^n E>aropa die Gesetogebung und Politik statt desknegeri- 
"söhefi Geistes immel* knehr den stillen Fleiss und das ruhige Verkeh- 
rtn dfer Volker unter einander brförderti werden: so werdet aüfeh ihr 
durch vielfältiges Unglück so tief versunkene, einst fleissige und 
glückliche Völker endlich einmal von euerm langön trägen Schlaf 
ermuntM*t, eure schönen Gegenden vom adriatischen Meer (vom Hä- 
tiaü^) bis zum kavpatisohen Gebirge, vom Don bis zur Midda, tils 
fiij^tlAbmh niHzen und eure alten Feste ^es nihigen Pleisses nid 
OiaMB'auf ihteü fe^m dürfen/' a. (S. 14—16). tTW die Ableitung 



> 



21 

i0ß VwPEL^m d^F IS)4.T€da wird auf Fortuppiti ^uyki^ |(iWiqtfa4Da 9^ 
yn» (Vd. l. yfn^oboxMM 1T85; dev zwtüß B|^q4 ^^itfl i^W 1^4 d«r 
Peatev UiUv«r9it4tar!Pnuik«rei Tergebens enritric^^) ^n^ %mS Qobr^v:- 
akjs eigeae historisch-kritifiehe Unii^suQ^ung, woher ^e SlaY^n ihrap 
Namen hfil)eii, im sechstem Theü der Abhwdbii^gen e^^^ Priva^ß^oll-^ 
sabuft ui Bdhfpen, Ptag 1784, 8., verwiesen und gegßn S^I^özer hfOi* 
tmuptot, daas das n darin nicht, wie er meinte « r^^ea), ^fvader^i de- 
rivativ sei, und folglich Slovan, plur. Slovene, wQbl yon slqvo i^bge- 
l^itet werden könne, als Gegenname der Njcanoi (Peut^e), d^ep 
Ableitung v^n pjem, stumm, Sohlö^er selbst zulasse, (3) fi. Wjedi. 
W. (S. 17 — 24). Anzeige des Neuen Testaments, n^^ d^r Vulgn^ 
im ki«iwob?|i Dialekt, von Japel und Ki^nerdey, LaibiM!^ 1784i und 
di^4^<^ veranlasster Rückblick auf die frühem PßiikpiaUie di^c« 
Pilkiekts %ax 2(eit der Reformation. Analytische RefM^sion der sehr 
•eltenien ^^n IpiMnischen Grammatik von Adapa ]Bohoric, d^^ 1584, 
zugleich qiit der windischen Bibel de9 Georg Dalinatin, in Wi^eor 
\ißTg gedpuokt wurde und si<;h durch die Prolagomenc^ ub^r das s}ftr 
viB<^}id Sehreibewesen überhaupt sehr r^biYlU^h auseeiehnet. Map 
yergleiche hierüber di^ seitdem ef schiepepe Qri^3in^atik der slayiscfaen 
^yrfmhe ip Kraif^, Kärnten und Stej^rpifir^ (Laifo^oh be^ W. E[. Korp 
1808, 8. 4Q0 S.). (4) T- Gl^gfll. Q^ (S. 22—24). Fortpe**u»g von (3) 

• 

«pd Anwigp VW vier Söbriftwi % Avß iPflhmpn, ^lam Vergleiche #ßir 
nes Alp)^^b^ mit iem ajinl^mcl^^n, saoupt eip/^r {([upfertslel, die 
dfwi gla^lia^ha Alphabet m^ einem im b#hmaehen 3tift HQhßB^urt 
«curg^ppdepeii MiaBjU'^Fs'^gmeBt darf^telU. 11. (S. ib-r2S). Sitt^ ^^r 
l^fttm (%us y0D Eqg^l's Gesphichte v^n Palm^^tieii, Kvoitti^p und 8U- 
v^mn^ Qfaie 1788, 4. m. (8. 28—33). Chara^^r dpr lUyrier (aus 
TfMiWß Sfs^eibung d/9ß Königreichs ßlavonien. Leipzig 1777, 8.). 
Tmb^ war eiper der b«issem Volk^rbeobachter, in se weit man es 
nHvi)^^ 9^ kWB, ^im die Spracht 4^ bepbaditet^ Volkes au ken- 
n09 md folglieh ^nvf^rsieren au kön^QB> Indemsn, die Slavenwelt 
ifrt grops md der Arbeiter wepig, n^n muss d^^r j^den, ^uch noch 
f6 loiiDgQlhi^n Beitrag dankbar imnehmciP. VoD^^beobaoht^r, wie 
der lerbis^ie Anaeharsis Qbradovic, die vor altem die Sprache des 
V^f/9B lm^i^9 m deffi sie kommen, sind selten, f^ber defftr au<^ 
deet0 sebAt^barer. Ohne Sprachkenntniss &llen die Reiseberichte 
leieht wie die Ton Usbek in den lettres persanes (nur nicht ipmer 
ee mgeneten nai«^) aus. (5) ^. Dobro. D. (8. 33 — 38). Fortsetzung 
fm (4). iS. S9—M. Der bahmische Cato, aoB einer alten H^dsphrift 
wd Rw«f »M ders^lW» W0i<^ der se{. Adsuet Voigt in den Aeti» 



^ 



22 

litter. Boh. et Morav. Vol. I. S. 132 — 153 beschrieben hat, mit bes- 
sern Worterklärungen, als Voigt, der ein gebomer Deutsch -Böhme 
war, gegeben hatte. IV. (S. 41 — 48). Fortsetzung von HI. (6). 6. 
Jest'. je. e. (S. 49 — 56). Kritische Bemerkungen über die zur sla- 
▼ischen Literatur gehörigen Stücke I — VIII, XV und XVII der Mis- 
cellaneen vom sei. Alter, und gelegenheitlich die merkwürdige Äus- 
serung von Herrn- Dobrovsky: „führte mich mein Schutzgeist noch 
einmal nach Moskau, so wollte ich die Handschriften, aus welchen 
man Proben. zu einer Palaeographia Slavonica geben sollte, wohl an- 
geben, da ich mich der Orter, wo sie sich befinden, recht gut 
erinnere. Die bulgarischen, serbischen und russischen, besonders die 
slavischen Mönche auf dem .Berge Athos, wenn sie Anleitung dazu 
bekämen^ wären auch wohl im Stande ftLr die slavische Palaeographie 
eben das zu leisten, was Montfaucon für die griechische geleistet hat. 
Ich wünsche und hoffe es: aber wie bald, das weiss ich nicht.^ S. 56. 
Fortsetzung des böhmischen Cato. V. (S. 57 — 58). Die Tracht der 
nijrier (aus Hacquets Beobachtungen auf einer Reise nach Semlin). 
Da der vieldeutige Nähme lUyrier wieder in Schwung kommen zu 
wollen scheint, so dürften hier ein paar Worte über denselben nicht 
überflüssig sein. 1) Im religiösen Sinne werden von der österreichi- 
schen Hofkanzlei unter der getreuen illjrischen Nation alle slavischen 
Unterthanen verstanden, die sich zur griechischen Kirche bekennen 
(versteht sich mit Ausnahme der Rusnjaken in Polen und Nord-Un- 
gern), also die serbischen Colonien, sowohl in Slavonien als im eigent- 
lichen südlichen Ungern. (Diese Illyrier im religiösen Sinne nennt der 
gemeine Katholik mit einem eben so allgemeinen Namen Walachen). 
2) Voltiggi, Appendini, so wie vor und neben ihnen andere dalmati- 
nische Schriftsteller gebrauchen die Benennung illyrisch als der von 
slavisch ganz synonym, in der Meinung, dass die alten in der römi- 
schen Geschichte so berühmten Illyrier die Stammväter der Slaven 
gewesen seien und slavisch gesprochen und sich von diesem ihren Ur- 
sitze aus nordwärts, über das alte Pannonien und Dacien nach Böh- 
men, Polen und Russland verbreitet haben, welche Meinung aber 
von den deutschen Geschichtsforschern nicht sowohl widerlegt als auf- 
gegeben worden: widerlegt wird sie sein, wenn einmal ein schulge- 
rechter, sohlözerisch vorbereiteter Sprach- und Geschichtsforscher 
die in den griechischen und römischen Glassikem fär illyrisch und 
daeisch ausgegebenen Wörter, Personen-, Orts-, Fluss- und andere 
Benennungen, wie es Fortis schon vorgeschlagen und P. Appendini 
nur mit zu schwachen Kräften versucht hat, untersucht und f&r nicht- 



^\> 



23 

slaviscfa wird befanden haben. Bishin wollen wir mit denjenigen, die 
der Tradition, dass Pannonien und Illyrien oder wenigstens nach Ne* 
stör das Donau-Ufer in Ungern der Ursitz der Slaven sei, glauben, 
Geduld und Nachsicht haben; denn wenn schon der Name der Sla- 
ven erst im sechsten Jahrhundert in die römischen Geschichtsbücher 
kommt (vielleicht doch schon früher im Strabo: sieh Schlözers Probe 
rassischer Annalen), konnten sie nicht früher unter andern Namen 
(lUyrier, Geten, Daken, Pannonier etc.) versteckt gewesen sein? 
Kommen doch auch die Griechen immer nur als Graeci, nie als Helle* 
nen, und die Deutschen als Germani, nie als Deutisci bei den Römern 
vor. Dazu kommt, dass keine Geschichte die Zeit der ersten Einwan*« 
derung der Slaven über die Donau angibt, und dass alle slavischen 
Dialekte den Italiener Vlach nennen, welches Wort wie das deutsehe 
Walch, Wälisch schon nach Adelungs Bemerkung auf den Gallier 
(Voltaire's Welche; Belga?) hindeutet, wahrscheinlich weil der erste 
Italiener, den der (folglich nicht so weit weg wohnende) Slave und 
Deutsche in den frühesten Zeiten kennen lernte, ein Grallier aus dem 
cisalpinischen Gallien war, was dann erst nach der römischen Erobe* 
rung auch Italien zu heissen anfing. Selbst Dobrovsky h&lt (sieh 
Schlözers Nestor, 5. Band) Nestorß bepreisaufgabte Wolochen f&r 
Grallier, ohne jedoch etwas weiteres daraus zu folgern. — Doch lasst 
uns wieder zu den Illjriem zurückkehren. Am erträglichsten ist die 
Benennung Illjrier in dem dritten, bloss geographischen Sinne, in 
welchem sie von den heutigen Bewohnern des alten eigentlichen lüy-f 
ricums (zu Kaiser Augusts Zeiten die östliche Küste des adriati- 
sehen Meeres von dem Fluss Arsia in Istrien nach den Bäbischen Alpen 
bis Macedonien hinunter) gebraucht wird, ohne auf die Identität oder 
Verschiedenheit zwischen den jetzigen und den alten Bewohnern 
Bücksicht zu nehmen, so wie um aus vielen nur ein Beispiel zu 
geben, die Engländer auch Britten und die cechischen Slaven auch 
Böhmen heissen, wiewohl jene so wenig als diese gallischen Ursprungs 
sind, wie es die wahren Britten und die wahren Bojen waren. Am 
gescheitesten wäre es freilich, man machte einmahl dieser pedanti- 
schen Namen- Anttquomanie ein Ende und nennte die ehrlichen Leute 
bei ihren wahren Namen, so wie man die Franzosen nicht Gallier, 
und die Türken nicht Thraeier nennt, so auch die Illjrier lieber 
Istrianer, Elroaten, Dalmatiner, Hercegoviner, , Bosnier, Serben, 
Bulgaren, Ungrische Serben, Slavonische Serben (denn alle diese 
sprechen eine und dieselbe slavische Mundart, die sie selbst in ihren 
Büehem die slaveno-serl»sche neimen, und dem zu Folge könpte maA 



24 

m^ selbst mit einem Oemein<-Namen' 81avetio*Serben iiemien , glri^h« 
säA dm Amalgun der früher dagewesenen Slftten (Sloyeneii) mit' den 
A. ^40 neu angekommenen Colonien vom kroatischen und Berbisoheti 
Stamm). Die nördliehe Hälfte dieser früher dagewesenen (cisdanu- 
1iiaiin»chen) Slaven, die vor mid zu Karls des Grossen Zeiten bis zum 
Einbruch der Magyaren sich von der Mündung der Save dureh ganz 
PiflDinMniien bis tief in's Noricum hinein verbreitet hatte, aber sp&ter im 
Norden durch die Baiem bis an die Drave zurückgedrängt, im Ostett 
diireh die Magyaren geschmälert und im südöstlichen Winl^el (Slavo^ 
niens) uebt den türkischen Verödungen durch neuere Serben wieder 
ePseftzt wurde, also jetzt nur noch in Krain, Kämt^i, Untersteisr 
und Provinzdalkroatien, zwiscdien den Flüssen Isonzo, Drave und 
Save, ttnd dann als Fortsetzung der Untersteirer in den uBgrieoheti 
Ooliütaten Eisenburg, Schümeg, Salad etc. zwischen der Raab imd 
Mar, im ganzen etwa 1 % Millionen stark sich erhalten hat, ist also, 
wie es auch der specielle Unterschied ihrer Sprache beweiset, nur 
darin von der südlichen Hälfte verschieden, dass sie nicht mit andern 
Slaven serbischen Stamms gemengte, sondern reine Slovenen sind, 
wi« sid sich denn auch in Kärnten, Untersteier und den drei ungri«^ 
mhen Comitaten noch wirklich bloss Slovinci nennen, und wie aodi 
die Provinzialkroaten vor Leopold I. ebenfalls Slov^ci und das Land 
bis an die Kulp Slävonien hiess. — Die südliche, gemengte, jüttgere, 
slaveno^-serbisdie Linie der eisdanubianischen Slaven ist aloi> beut sm 
Tage die stärkere und kann bei der viel grossem Ausdelurang ihi^es 
Gebiets, wenn eihtft günstigere Bevölkeningsttmetände eintreten, der 
Welt einen* miUhtigen Kaiser von Serbien, wie es schon eidst ihr 
grosser Dusan sein wollte, zeigen. Obradovi^, der ersto (sngkieh 
vortreffliche) Sohrifbsteller in nenserbisoher Sprache, stellt das Gebiet 
derselben (Montenegro, Dalmatien, Hereegovina, Bosnien, SerbieA^ 
Militär* [ntin französisch-] Ki-oatien, Istrien, Slatonien, Sirmien, Bar- 
scher G^pansehafi und Battat) dem von Frankreich oder Engkad 
gleich. VI. (S. 6»— 64). Sitten und Gebräuche der Illyrier (d. i. dar 
Serb^i in Slavonmi) von ddn zwei Oftier Professoren Piüer und Mtt^ 
terbaoher (aus von Engels Oeschiefate von Dalmatien, Kreation und 
SkvomAn eto.) mit dartimter gesetzten Origtnslstellen der latäniseh 
geschriebenen Relation der zwei Reiaenden. (7) }K ^iwjete. Z. 
(Si 65^70). Fortsetzung der kritischen Bemetkungeii über di« Slsr 
viee in Altera Msc^aneen, und zwar na Nro. V: aus allem, was 
Alter aus N^tor anführt« lasse sich noch kein Beweis Aikren Air dto 
DlMoin einer ffm%en sluvisohen Bibel soho» zu Nestors Zeiten » ^ 



^^^ 



25 

Stellen beweiscm nur, dadft Nestor einen riaviflehen Psalter, die Eran- 
gelien uüd den Apostol d. i. die Apostelgeschichte and Briefe der 
Apostel nnd ans dem alten Testamente die Seuche Salonons und das 
Bnch Weisheit genannt vorhanden hatte. Nro. VHI. Literatur der 
aJtslayisehen Grammatik will Herr Dobrovsky künftig einmal 
eigens behandeln. Nro. XV. Ein Meisterwort über das sogenannte 
polabisehe Vateronser in Graf Johann Potockis Reise nach Nieder- 
Sachsen. Nro. XVII. Das berühmte statische Erangelienbueh £u 
Rheims, worauf Frankreichs Könige einst bei der Krönung den £iid 
ablegten, mag nach Dobrovskj als ein Geschenk der serbischen Kö- 
nigin Helena, die eine französische Prinzessin war, etwa um das 
Jahr 1250 nach Frankreich gekommen sein. S. 70 — 72. Fortsetzung 
des böhmischen Cato. VII. (S. 73 — 80). Fortsetzung der Sitten und 
Gebräuche der Illyrier. (8) S- Zjelo. Z. (S. 81—87). Proben aus dem 
angesfieigten windischen Neuen Testamente und zwar Luc. II. 14. Der 
eifrige Slavin Ifisst seinem Unwillen über Japels Germanismen freien 
Lauf. „Warum sollten die Windisehen, da sie des Forticommens 
wegen deutsch lernen, nicht auch zu ihrer Erbauung ein reineres 
filavonisoh lesen und verstehen lernen?'^ Darauf erwiedert der Meister: 
^Kommt Zeit, kommt Rath. Bedenke nur, dass sich mitten unter Deut* 
sehen die windische Sprache seit 1200 Jahren wohl mit fremden 
Wörtern Vermischen musste. Mich nimmt es Wunder, dass sie sieh 
niHih so, wie sie ist, erhalten hat.^ Der Bericht hieräber in der oben- 
angefiLhrten „Gh*ammatik der slavischen Sprache in Krain etc.^ und 
cEe neue rein-krainische Übersetzung des Neuen Testamentes von 
1860^-1804 als praktischer Beleg dazu werden hoffentlich sowohl 
den Slatin als den Meister sehr tröstlich überraschen. Was femer der 
MeislKr über Linharts Behauptung , als hätten die Krainer einst die 
gkgoEtischen Schriftzeichen gebraucht, äussert, wird er in jener 
Grammatik gleichfalls bestätigt finden. VIII. (S. 89—92). Fortsetaung 
der Sitten und Gebräuche der Illyrier. IX. (S. 93—96). Zwei um 
die ^äarisehe Literatur verdiente kroatische Obersetaer, Stephan 
CoxMrol und Anton Dalmata, deren Abbildungen heiligen (ans Sclmar^ 
rers slavischem Bücherdruck in Würtemberg). (9) 3. Zemlja. Z. (S. 
97 — lOO). Frischend Programmen von der slavisohen Literatur. Ein 
paar WoHe darüber sammt den voUständigeft Titeln dieser sechs sehr 
seltenen Stücke aus dem Cataloge ier gräflich Saeohenjisehen Na«- 
tionalbibliothek in Pest. Bei Gelegenheit dieser Nationalbiblioihek 
erinnert sich der Slavin wieder lebhaft des Raths und Auftrags seines 
Masters, alles ohne Ausnahme anzumerkeor, was Beaug airf jeden 



26 

Zweig der slayischen Literatur hat. Worauf der Meister erwiedert: 
„Fahr nur fort, mein Trauter; du sollst es nicht bereuen. Vielleicht 
bringst du mit der Zeit^uch einen Catalogum Bibliothecae Slavicae 
zu Stande^. „Das wünschte ich» sagt Slavin; wie viele Mühe würde 
andemForschem dadurch nicht erspart!^ Und uns erinnern dergleichen 
Stellen um so lebhafter an den Verlust, wenn Slavin — nicht wieder 
fortgesetzt werden sollte. (10) H« I^e. I. (S. 100—104). Olagolitischer 
Bücherdruck in Tübingen (grösstentheils aus Sohnurrer, aber doch 
hier und da suppliert aus des Herausgebers eigenen Papieren) sammt 
Sprachproben daraus. X. (S. 105 — 111). Sitten der Moriachen (Mo- 
rovlachen) in Dalmatien. (Aus von Engels Geschichte von Dalmatien.) 
Herr von Engel so wie Herr Hacquet möchten bekanntlich einer Hypo- 
these zu Liebe gerne so viel Slaven zu Tataren und Bulgaren machen 
als möglich. Wäre es nicht natürlicher, die all&lligen Tatarismen der 
türkischen Slaven eben aus dem Umstände tatarisch-türkischer Beherr- 
schung und Nachbarschaft zu erklären? Das morlachische Lied von der 
edlen Frau des Helden Asan-Aga ist ein so zart rührendes Bild der 
Mutterliebe, dass ein Göthe es übersetzt und unter die seinigen auf- 
genommen hat. XI. (S. 112). Literarischer Briefwechsel. (11) I. L i. 
(S. 113 — 120). Fortsetzung vom glagolitischen Bücherdruck. XII. (S. 
120 — 128). Über die Slaven im Thale Resia, 15 italienische Meilen 
von Udine« die zu dem windischen (besser slovenischen) Zweige, der 
sich einst bis in's Tirol hinein erstreckte, gehören. (12) K. Kako. k. 
(S. 129—137). Cyrillischer Bücherdruck in Tübingen. S. 138—140. 
Fortsetzung des böhmischen Cato. XIII. (S. 141 — 154). Briefe über 
Russland? von einem Deutsohep in Moskva an einen Freund in Leip- 
zig. Ehrenvoll für die physische Beschaffenheit der Russen. XIV. (S. 
155 — 158). Biographische Notiz über Hans Freiherm von Ungnad, 
Beförderer der Anstalt zum Drucke kroatischer Bücher mit glagoliti- 
schen und cyrillischen Buchstaben in Tübingen. (Aus Schnurrer.) 
XV. (S. 158—160). Auszüge aus Briefen. (13) A. Ljudie. L. (S. 
161 — 189). Das windische Vaterunser (aus Bohorie und dem Japli- 
schen Neuen Testament) mit dem (berichtigten) Examen Etymologiae 
et Syntaxeos darüber aus Bohorie, worin wir, zu Folge der seitdem 
1808 erschienenen neuen krainischen Grammatik, nur ein paar Kleinig- 
keiten noch zu berichtigen finden, nämlich S. 176 würde nach dem 
Geiste der windischen Mundart odpustimo nie dimittemus heissen, 
sondern, wie odpuscamo, ebenfalls dimittimus, nur mit dem Unter- 
schiede, dass odpustimo gleichsam dimittimus pro nunc (wenn wir so 
barbarisch reden dürfen), odpuscamo aber dimittimus i. e. dimittere 



;- 



27 

solemns bedeutet; und von der Form pelj&m sowohl als von peljem 
ist im Infinitiv und seinen Ableitungen nur peljaü übUeh, peliti 
aber gar nicht: pelj&m und päjem sind femer der Bedeutung nach 
gar nicht unterschieden. S. 186 iskusnja heisst Probe, experimentum 
Cpericulum), skusnj4va ist eigentlich tentatio im theologischen Sinne. 
S. 188 weiset hingegen Herr Dobrovskj mit Gbunde den Bohoric 
zureoht, da er vecen ewig (von vek seculum) mit veden immer- 
während (vedno, wörtlich dem deutschen in einem fort entsprechend) 
verwechselt, und jeder Slavenfreund wiederholt hier mit ihm den 
Wunsch nach einer „Aufzählung der ersten ursprünglich slavischen 
Stammsjlben und Wurzelwörter aus allen Mundarten, um den Etymo- 
logen ihr Geschäft zu erleichtem, däpiit sie in Zukunft sich nicht so 
vergreifen wie hier Bohoric.« XVI. (S. 189—196). Kosaken, Ukrai- 
ner (aus von Engels Oeschichte der Ukraine). (14) fl\, Mysljete. 
M. Die slavenische Declination nach Smotriskij, aber neu geordnet. 
Es wäre sehr zu wünschen, dass die altslavische Grammatik des Mön- 
ches Meletius Smotriskij, die 1619 in der altslavischen Sprache selbst 
verfasst und seitdem oft nachgedruckt worden, zum Gebrauche der 
occidentalischen Slavisten etwa in's lateinische übersetzt oder viel- 
mehr, dass die, zu Folge der krainischen Grammatik 1808, bereits in 
der Baron Zoisischen Bibliothek zu Laibach in Krain befindliche 
Übersetzung derselben, von Abbe Sovic, gedruckt würde, und noch 
unendlich besser wäre es, wenn Herr Dobrovskv selbst, der es bei 
seiner tiefen Kenntniss dessen, was hierin Noth thut, einzig am besten 
vermöchte, uns eine räsonnierte Granmiatik der slavischen Kirchen- 
sprache, wozu er, seinen hier und da gegebenen Winken zur Folge, 
gewiss herrliche CoUectaneen haben muss, geben wollte. XVII. (S. 
196 — 209). Prokops Schilderung der Slaven und Anten (aus Schlözers 
AUg. Nord. Gesch. mit D. E. Wagners Varianten und Anmerkun- 
gen zu dieser Stelle in seiner Geschichte von Polen). (15) N- Nas. N. 
(S. 210 — 212). Des Archimandriten Raic serbische Obersetzung der 
Prokopischen Schilderung, wie es scheint, aus dem lateinischen. Da 
dieses Bruchstück der im kirchenslavischen Dialekt geschriebenen 
und mit cyrillischen Lettern gedruckten serbischen Geschichte des 
Ai'ch. Raic hier, gleichsam zur Probe, in die neue lateinisch-böhmische, 
and wie es scheint, auf alle mit lateinischen Buchstaben schreibende 
Slaven berechnete Orthographie übertragen ist, so ist hier der Ort, 
auch unsere, wie billig mit Grründen belegte Meinung über diese 
neue Orthographie zu sagen, überzeugt, dass dem Meister selbst 
unsere bescheiden geäusserten Zweifel lieber sein werden als anderer 



28 

stajnnie, indolente GMohgükigkQit. Als Torbes^ertet mü «mA MtMi W 
Ckmqequeia gebraohto böbmiflche Ortbogn^pbi« verdient m nxm» n%eli 
unserer Meinong, den voUen BeiibU jadee kritbeb^n QrionHiaüiEQra? 
und den Voraug rw der altem böhmischeii und ihrer Tochter, der 
peJaiflehen, so wie tot der kroatisoken« der daln^atinischen und ijl/^ii 
übrigen Uteinieofe-alavisohen Orthographien, die krainieehe etwa aus- 
genommen^ die sohon Iftnget, wiewohl von andern Prämissen ausgi^*- 
hend» mit sieh selbst eben so consequent ist, und überdiess noch ien 
nieht kleinen Vortheil hat» dass sie mit jeder Druckerei, die iiur 
lateinisehe Typen besitat, zureeht kommt« wi4u*e|id für Qrst^e üb^r^l 
mehrere eigene Tjpen gegossen werden müssen. -^ Abep ^ Sl^^vw 
haben bereite an des h. CTnll griechisob"SIayisebem Alphabet^ eiff 
gar KU schönes Muster, wie man ein ausländisches Alphabet su inläi^*- 
disehem Gebrauehe einrichten soll. Von diesem Ideale ausgehend? 
können wir das, übrigens der Figur nach scheine c ßXv don I^i^ut z 
nieht billigen (CTrill gebraucht keinen seiner grieehisoben Buch9t9tl>^ 
in einer neuen Bedeutung), noch weniger das susamniengeset^^te oki 
und am allerwenigsten das, auch der Figur nach deutsche w ßjtr 4^^ 
echtere t. Das z, s, e möehten uns beinahe, schon aus veraweifelndeip 
Ärger über die bisher statt derselben üblich gewefcaei)) wie 3ehl4^9r 
sagt, albernen Zusammensetaungen ge&Ilen: ab^r gegen die cyrillische 
und überhaupt an den Kanon der BuQhstabenaolurift gehalteifi« ist ep 
doch auch nichts mit ihnen: es £ihlt ihneu stetiger Zusamm^ihaog. 
und die Majuskeln würden in das Quadratm^^sa der Ubpigen Buchr 
Stäben nicht passen. Übrigens wäre es woU sehr ffu w^n^eh^U» ^#p^ 
Herr DobroTsky das Alphabetarium Slavieum (eipe ¥ergleioh994^ 
Darstellung der vielerlei, gewiss auf ein Dutseaad ai^ belfu^^^n 
slaTisehen Orthographien), wie er, nach seiner bohmis^ken lateratur 
auf das Jahr 1780, damals Torhatte, wenigstens jetst h^ra^sgabs. 
Wir kAnnen die schöne Hoffiiung nicht au%eben, dass die mit U^nir 
sehen Buchstaben, naeh den widersinnigsten und oft gerade entgegeii'^ 
gesetxten Methoden schreibende SlaTeahslfte sich endlich 91^ ^paeiii 
gleiehförmigen Systeme rereinigen werde. Man s^hjage ihnen pu^ was 
reohtes ror. Die oft erwähnte „Grammatik deur ajavisehen Sprache ^ 
Krain ete.^ enthiüt Prälimixiarien dazu, die allerdings BehefpigiM^ 
verdienen. Der Theil der Slovenen und Slovenp-S^dPhen, die nun in 
den illyrisdien Provinsen in häufigere Communieation mit f inander 
kommen werden, dürften das selbst aufgeladene Joch ilirer dreierlei 
Orthographien am ersten drückend föhlen, und — abwerfe*. XVIII. 
(S. 213 — 234), literärisobe Correspondena« Von einem sloyakisohen 



die als b^Mkmiie N#ton angeliraclitett Bitoerkittigen «(dl» «ft auoh 
^Mbntliohe Antworten auf Atift«geti sittd) v.om ffieirm HeirauBgebdr 
«elbst. Woher die Benenntiiig Tot fEir Slave bei «^eD Magyiureni, so *«rie 
WenAe )>ei den Dewtseheti ihren Onfiivd habe, i«t tidleiefat üoek donk» 
Icik* als umer Uger (Vager, Vog^) fät* Magya^r «ad Mjemec i&r Dent- 
mher. S. 235--240. Fortsetzimg des bolteischeii Gato. XIX. (S. 
241—264). Un die 6lavi»(^e Utem^dsr T«rdietvte M&aner. Primvs 
^[Vaiberr, der erdtei, der 1550 v^on seiaem Exü ki Sohwaben lam cKe 
Ktuiner ihren Dialekt eohreibMi Murte und in Tübingen «.a'^er S|ntee 
einer grossen Anstalt, «um WoU der Mdsla^mchen Dialekte übtrhanpt, 
ästend (a«» >SckHimtt>). (16) O. On. O. ^. Seö^-^^T). Alte siaTisohe 
Handsefaiiftein. fiin kdsdieker OoinlKienfli|r yom Henm üenMibgeber an 
•Scyü^zers Nestor I. 41. 42. '«n4 zwar (1) t]Aiidsokriften4hn> inbUsdien 
Baeher. Henr Abbe Dobrovskv bBBCJhlieetrt dieiren Artikel mit den 
Worten: ,,Die IVagen: «Welche '¥^fiäiilei*attg leriiitt «die alle cyitUisdhe 
ÜW'setBvmg (des IX. Jahl%mnd«rtA) dieser und jenerlMblisekeniBftehe^ 
au weloben 0eiten und in ivtAcAien LäKndern llng man an die atte 
Sipnldie %u IrerjtLngen? -«irie verhftk sieh ,• abgesehen von 'dar Sfiraehe, 
der^ältere Text su'Aem ne«em? 'nyttGMten'^^itot in einer kOnftigen kriti- 
sehen Besehreibüng der slttvonischen Version igrtndüoh vtai ^vtoUsIdn- 
^Kg *beantwortet werden. Winke dam, auch wohl mehr als Winke 4iabe 
k$h bereits in ewei Aufsfttsen .gegeben-, wovon ein ^andemtnai^. Möge 
diess andere Mal bald kommen, möge Herr DArotsky mit «iner 
kvitisehen Beschreibnng <der slavemsehen Vereion »bald- nicM wir «die 
Slavistet}, sondern alle Bibelfrennde llberhaopt ^firetfen, im^^ge «r 
ersteren ¥or allem dtiroh eine deotsdh 'oder 'latoiinacli tgesdhriebene 
Gtummatik der sfltslarisohen Kfr6h^nsprttohe ä&u iHiUe kownlen,. auf 
dasB ameh 'oocidentalisoke Chdc^Krte an der sla^ehen PhiMogie Theil 
nehmen können, und das 'literalslitfirisehe nieht unter den i&Uiden der 
Rassen zu Grunde gehe! '(2) 'Das slartsche ErangelHtm zu lUieims •*- 
enthielt sehr wahrsoheifdieh auf der einen dohunne die orjrriUisohe 
Übersetzung mit cyrillischen 'Buchstaben und auf der andern deb^qadh 
dd- Volgata abgeänderten ria^isehen Test obit :glagoliltsahen Bnek- 
"Staben igesdirtidben. (H) tE^n^Sbomik <Saitmihfkig «von Henilien ans 
V&tem aum moralischen •Untet'rielit) ^otn« Jahre 1046. (4^£!in-8tikdri0ar 
TfAü Jdhre 1157. 'Oelegi^iitlidi ^bemei^kt Harr 'Dobrotäl^y, idaas «die 
äkeste bifihta'thekailnte Händsehvift der ganamitshmsoheniBibel die in 
M a ska u befindlMie vom Jahre •1499 sei, 'die errjedoch, ungeadhtst der 
rBnpfehhmg «des würdigen und gastfreien Ejnsbisehelb PbAo, bei seiner 



30 

Anwesenheit dort nicht habe können zu sehen bekonunen, so sehr er 
auch wünschte. (5) Des heiligen Cyrill Bücher gegen Julian, die sich 
1610 zu Erfurt in Beucljüns Bibliothek befanden, gehen den slavisohen 
Bibelübersetzer Cjrill nichts an, und Cyrills Apologen sind das Werk 
eines Cyrillus de Quidenon aus dem XIII. Jahrhundert. XX. (S. 
288 — 297). Schldzers Origines Slavicae (ein Auszug aus seinem Nestor 
Thl. II. S. 68 — 74) mit Bemerkungen vom Herausgeber. Jordans 
wahre Lesart: a civitate Novietunense (statt a civitate nova et Sdavino 
Rumenense, welche falsche Lesart noch ganz neuerlich als argumentum 
probans ist gebraucht worden, ungeachtet schon Schönleben, um 1680, 
und Gruter Novi et Vnense anführten) ist dadurch entstanden, dass 
jemand in sein Exemplar des Jordans, etwa zur Erkl&rung, Solavinonun 
oder verkiirzt sdarum über novietunense beischrieb, welches dann in 
den folgenden Abschriften in den Text überging. Die Gallier, die ja 
nach der ganzen Süddonau einst verbreitet waren, bauten so viele 
Novietuna (Newtowns, Neustadt, Neapolis, Novigrad), dass man nicht 
verlegen sein darf, eines um die Donaumündungen zu finden. XXI. 
(S. 298 — 305). Auszüge aus Professor Hacquets Abbildung und 
Beschreibung der Südwest- und östlichen Slaven. I. Der Geilthaler 
und die Geilthalerin. II. Der Krainer und die Kramerin. — Herr 
Hacquet imponiert Ausländem durch die Mine von Pragmatismus, die 
er sich zu geben weiss; wir befürchten aber, dass man einst seine 
Reiseberichte eben so ungerecht herabsetzen werde, als man sie jetzt 
überschätzt. Der Kenner bewundert seine unermüdliche Thätigkeit, 
lobt seine redselige Freimüthigkeit (die griechische -afipyaia wäre hier 
das wahre Wort: dicenda tacenda locutus im'Horaz); beklagt aber 
seinen Mangel an dassischem Sinne, und lächelt endlich zu den vor- 
eilig absprechenden Urtheilen über slavische Sprachen, die der gallo- 
deutsche Mann (dass wir doch auch einmal seine Trapptf^ia nachahmen) 
nach dem, seiner Unkunde zu Liebe vielleicht noch übertriebenen 
Kauderwelsch (Jargon) seiner städtischen Wirthschafkerin scheint geftdlt 
zu haben.Hlebic für Wams z. B. ist gleich so ein quid pro quo: hlebic 
heisst ein Laibel (Brot), ein Brustleibel hingegen hat der Winde wie 
der Slovak sammt der Benennung lajblic oder lajblik vom deutschen 
angenommen. Der Schafyelz wird wohl auch im Geilthale kozuh, 
nicht kosmata (die rauche) heissen. Kraince (die Krainer) ist der 
Accusativ plur.; den Nominativ dolenci (die Unterkrainer) hat Herr 
Hacquet besser getroffen. (17) ü. Pokoj. P. (S. 306), Tabelle der sU- 
venischen Conjugation, besser geordnet als in irgend einer vorher- 
gehenden Sprachlehre. (18) P. Rci. R. (S. 306—318). Bücheranzeigen, 



31 

ond zwar 1) des Igamens (Priors) Eygemi Krsikij Sloyaf Slayjan- 
skij etc. d. i. Kurzes slayenisches Wörterbaoh, mit einem Anhange 
der slayenischen Declinationen und Conjugationen und einiger 
nothwendigern grammatischen Regehi. Petersburg 1784, 8. 127 und 
42 S. Herr Dobrovskj missbilligt mit Recht die unbefugte, selbst in 
die neue Moskauer Auflage der Bibel eingeschlichene, von Aftergram- 
matikern, die ihren Beruf yerkennen, ersonnene Umschaffung der 
eigentlichen Dualform budewa, budeta, budeta in budema, budewa, 
budeta. Zwar budema, statt budewa, in der ersten Person ist in Unter- 
krain, und naph Bandtke auch in Schlesien nicht ungewöhnlich, aber 
budewa fär die zweite Person ist ein monstrum yocis. Bei dieser 
Gelegenheit yergleicht Herr Dobroysky (bekanntlich auch selbst 
Orientalist) das samskrdamische Verbpm substantiyum mit dem sla- 
yenischen, das ihm aufhllend ähnlich ist, ähnlicher als jedes andere. 
(Schade, dass Herrn Fr. Schlegel bei seiner „Weisheit der Indier** der 
Slayin unbekannt war. So ging die slayische Sprache dort so gut als 
leer aus, weil der Ver&sser — sich nicht die Möhe geben wollte, — 
o Fichte I — Notiz yon ihr zu nehmen). Endlich kommt Herr Dobroy- 
sky auf Schldzers Wink zurück, die Grammatiken und Wörterbücher 
der slayenischen Sprache betreffend, „die nicht nach den slayonisehen 
Kirchenbüchern der Bussen allein, sondern aus dem ganzen slayeni- 
schen SprachschJEttze geschöpft und abstrahiert sein sollten,^ und be- 
merkt sehr richtig, dass yor allem andern dazu alte Handschriften 
gebraucht * werden sollen imd müssen, weil die Russen die neuern 
Kirchenbücher nach den Analogien ihrer Mundart hier und da änder- 
ten, wie er es mit mehreren Beispielen belegen könne. Wir aber 
wiederholen hier, wie dort Cato sein Carthaginem censeo esse delen- 
dam, unsem immerwährenden Refrain: Möge uns Herr Dobroysky 
selbst, der es am besten kann, mit einer „echt- und alt-slayonischen^ 
Sprachlehre beschenken! (2) Rukoyodstyo etc. Abraham Mrazoyic, 
Einleitung zur slayenischen Grammatik, Wien 1794, 8. 187 S. S. 
319 — 320. Russische Sprichwörter (aus der Sammlung yon 4291 
russischen Sprichwörtern. Moskau 1787, 8.) (19) G. Slowo. S. (S. 
321 — 361). Verschiedene Bemerkungen über die sla venische Über- 
setzung des Alten Testaments, a) Der slayonisohe Bibelübersetzer wird 
gegen Schlözer yertheidigt. b) Michaelis Urtheil yon der slayischen 
Übersetzung wird berichtigt, c) Kohls begangene Fehler in der Be- 
schreibung der alten Ausgaben 1581 und 1663 werden gerüget, 
d) Richtiger hat Bergius (Lifländischer General-Superintendent) über 
den Text der slayischen Übersetzung geurtheilt als la Croze. e) Altem 



82 

•UrÜieile werden geprüfei, beriehtigt und widerlegt. <20) T. Twoido. 
T. (S. 362—3881). Über die altslavoniaefae Spraebe nacb Seblöaer, Bit 
Anmerkungen ^on J. Dobrovsky. Das altsUvootf ehe d. i. die Sprache 
4er eyrillisohen E^^lngdien ist »aeh Dobrovsky nicht die Mutter- 
8pra<^ der heut tax Tage lebenden sechs slayisdien Haqptamndarten, 
die im neunten See., als Cyrill die Übersetzung verfertigte, bereits als 
selbstst&ndige Species sieh ausgeschieden hatten, sondern seibat eine 
Mundart aus der Ordnung der süd- oder ostslavischen (wosu nach 
ihm das russische, serbische und kroatische [besser windische] gehören, 
so wie das böhmische, polnische und wendische in der Lausiz die 
nord- und westslayisehe Ordnung ausmachen). Das heutige serbische 
(sonst aueh illyriseh genannt) hat sich, nach DobroFsky, Kun&chstüus 
diesem aiLtslaTonischen gebildet und — durch Aufiaahme fremder, 
durch verderbte Aussprache vieler echt slavisohen Wörter -^ verbil- 
det. Wie aber wenn das sogenannte windische in Krain, K&mten 
und Steiermark, in Provinzialkroatien und im cisdanubianischen 
Ungern noch nähern Anspruch auf das altslavonische des heiL Cjrill 
hätte? Die Abweichungen vom altdavonischen sind nicht grösser im 
windischen als im serbischen^ wohl aber die Ahnlichkeiteii, sowohl in 
Erhaltung eineelner, sonst in keinem Dialekte mehr vorkommenden 
Wörter, als ganzer Flexionen, wie des Duals etc. Man vergleiche z. B. 
nur die aus dem griechischen gemachte Uberseteung des Neuen 
Testaments fiir die protestantischen Slaven im Eisenburger, Scbüme- 
ger und Salader Comitat, von Küamie 1771. Diess sind eben die 
Nachkommen jener Slaven des Heailo, denen einst Cyrills Bruder, 
Method, slavische Messen las. Lege man in die Wagsohale noch dieses, 
dass der Lauf politischer Begebenheiten diesen so viel&ch zersttlckel- 
ten windiscben (slovenischen) Stamm (dem die daraus folgende poli- 
tische Unbedeutenheit, so wie dem an sich eben so wichtigen, gegen- 
überwohnenden transdanubianisohen slovakisehen — es ist merk- 
würdig, dass gerade diese zwei Naohbarstämme, gleichsam die Urväter 
der zwei Ordnungen der Slaven, beide den allgemeinen National- 
nahmen: Slovaci [weibi. Slovenky] und Slovenci, auch in^ specie 
führen — auch die .gebührende Beachtung der Schriftsteller, die doch 
aufs wesentliche sehen sollten, entzogen) sogleich wieder um Methods 
Liturgie und Alphabet gebracht hat, während die Serben beide no^h 
jetzt haben. Wenn man das windische mit cyrillischen Lettern schriebe, 
und wenn gar- die Windischen seit Method alle Sonn* und Feiertage 
das altslavonische in der Kirche hörten (wie diess bei den Serben, der 
iFall ist, die also eb^falls, wie. nach Dobrovskys Bemerkuifg, die 



33 

Russen, aus dieser Kirehensprache aueli in ihre Redesprache vieles 
aufiiehmen und — erhalten konnten), so wäre wohl schwerlich nach 
dem altslavonisehen zunächst Tom heutigen serbischen die Rede. Doch 
dem sei, wie ihm wolle, sind doch die zwei cisdanubianischen Dialekte 
im Grunde nur einer (der slovenische), der aber im Süden der SaVe 
und der Kulp von neu hinzugekommenen transdanubianischen kroati- 
schen und serbischen Colonisten zum sloveno»serbischen modificiert 
ward. Am Ende dieses höchst interessanten Wortwechsels zwischen 
den zwei Meistern Schlözer und Dobrovsky lässt uns letzterer bald 
die Vorarbeiten zu einem allgemeinen slavischen Etymologikon er- 
warten. Wer sieht nicht mit Sehnsucht allem entgegen, was aus der 
Feder solcher Meister kommt? S. 389 — 400. Fortsetzung russischer 
Sprichwörter. (21) Oy- Ut- U. y. ik. ü. (S. 401—416). Sla- 
vische Mythologie. Recension des Versuchs einer slavischen Mytho- 
logie von Andrey von Kayssarow, Oöttingen 1804. S. 416. Frage über 
eine in Böhmen gefundene Oötzenfigur von Bronze, wovon ein Kupfer- 
stich beiliegt. (22) O- Fert. F. (S. 417—427). Literarischer Brief- 
wechsel. Auszug eines Briefes aus Charkow in der Ukraine (beson- 
ders über einzelne Wörter der sla venischen Bibel, Alten Testaments, 
um daraus auf den Übersetzer dieses oder jenes Stücks zu schliessen) 
mit Gegenbemerkungen vom Herausgeber. (23) X. Chjer. Ch. (S. 
428 — 433). Bemerkungen über das glagolitische Alphabet. (24) Cd« 
Ot. O. (S. 434 — 452). Der griechische Ritus in slavonischer Sprache 
in Böhmen, nach Chr. Sam. Schmidt, Pfarrer zu Königshayn in der 
Lausiz. Das Resultat dieser strengen Prüfung ist, dass kein anderes 
gewisses Factum von einem slavisch-griechischen Ritus in Böhmen 
bleibt als das durch den h. Prokop errichtete Kloster zu Sazawa im 
11. See. (25) I|. Ci. O. (S. 432). Das Vaterunser aus einer serbischen 
Handschrift der vier Evangelien. S. 453 — 459. Bücheranzeige. Recen- 
sion des Kurzbeckischen Njemeckij i Serbskij Slovar na protrebu 
Serbskago naroda. Wien 1791, 8. Spuren eines besonderen Fleissee, 
der auf diese Arbeit verwendet worden wäre, hat Herr Dobrovky nir- 
gends entdecken können. S. 460 — 464. Beschluss russischer Sprich- 
wörter. 

Diese Inhaltsanzeige des Slavin soll nur zum ausfuhrlichen Be- 
weise dessen dienen, was wir gleich anfänglich von seiner Tendenz 
gesagt haben, dass er nämlich — als fortlaufende Zeitschrift für alles, 
was in die gesammte slavische, alte und neue Völker- und Spraeh- 
kunde einschlägt, als ein Vereinigungspunct für alle Slavenfi^unde, 
als eine Eaicyklopädie endlich alles wissenswürdigen und zu wissen 

3 



34 

möglichen über die Slaven, worin also der Liebhaber nicht nur das 
brauchbare über diesen Gegenstand aus so verschiedenen Werken 
und Sprachen kritisch gedichtet beisammen, sondern, was man sonst 
nicht von Encyklopädien fordert, zugleich so vieles indictum et vel 
indicibile ore alio filnde, — einem dringenden Bedürfiiisse abhelfen, 
eine grosse Lücke ausfüllen sollte. Möge diese nachträgliche Pflicht- 
erfüllung der Annalen dazu beitragen, einerseits das vortreffliche 
Werk bekannter zu machen und andrerseits den Herausgeber zur 
Fortsetzung zu bewegen ! Die cechischen und windischen Patrioten, 
die deutsch geschriebene Bücher lesen können, wären es auch nur die 
Geistlichen, deren Berufssprache slavisch ist, sind wohl hinreichend, 
Tun eine solche Zeitschrift, wenn sie nur gehörig bekannt wird, zu 
bestreiten. Die Polen, Russen und IllTrier mögen sie sich ins fran- 
zösische oder in ihre Landessprachen übersetzen lassen. 



V. 

Adresse der künftigen slaTischen Akademie 

an den Verfasser des Aufsatzes: „Das vormalige und das künf- 
tige lUyrien" im Decemberhefte der von Archenholzischen 

Minerva 1809. 

(VaterUndUche fil&Uer. Jahrg. II. 411—414.) 

Lieber HerrI 
Ihre Ansichten von Ulyrien haben wir mit dem lebhaftesten In- 
teresse gelesen. Um so weher thaten uns einige theils irrige, theils 
unbillige Äusserungen, die Sie, ohne hinlängliche Prüfung, mit auf- 
genommen haben. Erstere sind zwar nicht so au&llend wie z. B. die 
des Freiherrn v. E^gers, der in seiner neuesten „Heise nach Öster- 
reich^ die Gotscheer in Krain als Gothen und die Öicen als Scythen 
Gott weiss welchem Rudbekius nachschreibt, auf die friedliebende 
Indolenz der österreichischen Gelehrten leichthin lossündigend; und 
letztere haben Sie mit der Vulgata der übrigen Deutschen gemein, die 
den (leider verstorbenen) sachkundigen, aber eben desswegen hierin 
ganz heterodoxen Slavenpatron, Schlözer, wohl 'gar verketzern wür- 
den, wenn sich nicht, zu ihrem Verdrusse, alle in Russland lebende 
deutsche Hofmeister und so viele Reisende, besonders jene, die einen 
der slavischen Dialekte sprechen können, entschieden auf seine Seite 
schlügen. Doch, da wir Sie einerseits für einen wahrheitsliebenden 



•«5 

Mann halten, anderers^ts aber derLefierkreis derMinerra ganeEiup^pa 
mnlasst, so ist es leicht erklärbar, warum wir eben von Ihren Aussenm- 
gen Notiz nehmen zu mfissen glaubten. — Zur Sache! 

1. Sie sagen S. 478: ^ylm Nordwesten IllTrienB besteht der mehrste 
Theil der Einwohner aus Deutschen.^ Aber nur der Vülaoher Kreis 
besteht etwa zur Hälfte (eher weniger als mehr) ans Deutschen, sonst 
ist in ganz Uljrien der Landmann durcluMU, und der gemeine Städter 
bei weitem meist Slare. 

2. Sie sagen femer: ,Jn den östlichen ProTinzen sind die meisten 
Einwohner Walachen, Kroaten und sonst slavischen UrsprungSb^ 
Walaehen (genetisch) gibt es ganz und gar keine in dem bisherigen 
IIlTrien, nur im kirchlichen Sinne gibt der römisch-katholische Slare 
seinem Bruder vom griechischen Ritus den Spottnamen Walach (Vlali), 
auch Rkae (d. i. Grecaccio?) und Schismatik; wof&r aber dieser dem' 
katholischen hinwieder nebst Latin, Rimljanin« auch Sokac undBu- 
njeyac zurück gibt. Walach ist also hier im Munde des gemeinen 
Katholiken das, was Illyrier im Style der österreichischen Hofkanzlei 
ist: kein genetischer, kein geographischer, kein politischer, sondern 
ein Beligionsname. Die wahren (genetischen) Walachen, die sich selbst 
Rumuni (Römer) nennen, von den anderen Nationen aber nach dem 
Vorgänge der Slaven Vlahi (d. i. Italiener, od^ umgekehrt, worüber 
noch viel zu sagen wäre) genannt werden, und eine eigene, dem Ma- 
terial nach grösstentheils aus der romana rustica uiid der slavisehai, 
zum Theile neUeioht (quis enim sorutatus est?) auch aus der alten 
gotischen (dacischen) oder der gallischen, selbst -der bulgarischen 
(wenigstens der Gtrammatik nach) gemengte Sprache reden, von der 
österreichischen Regierung aber wegen der Gleichheit ihres Cultos 
den reinen Slaven gleiehgehalten werden, fangen erst im TemesTarer 
Banate an, und ihr Hauptsitz ist in der Moldau und Walachei. Übrigens 
scheinen alle Slaren im Süden der Donau, nach der Sprache zu urthei- 
len, im Grunde einem einzigen Zweige dieses ausgebreitetsten aller 
Völkerstämme, dem windischen, der sich selbst den slovenisdien nennt, 
anzugehören, der aber durch die Einwanderung einer Colonie Kroaten 
und Serben im siebenten Jahrhunderte, im Süden der Kulp und Save, 
etwas modificiert worden ist, so dass man nun die Sprache fäglieh in 
zwei Varietäten untertheilen kann, in die slovenische im engeren Sinne, 
nördlich der Kulp und Save, und in die sloveno-serbisohe (wie sie die 
Eingebomen sehr treffend nennen), südlich derselben. Da Sie, Udber 
Herr, sich mit keiner der slavischen Mündarten je scheinen be&sst sn 
haben, so wollen wir Urnen sut Aufibischung der einzelnen Beweise f&r 

8* 



S6 

unsere Behauptung nielit mehr Langeweile machen, als wir vielleidit 
ofanediess thun. Nur soyiel bitten wir Sie sich darüber noch historisch 
Bu merken, dass unser braver Landsmann, Abbe Dobrovsky in Prag, 
dem Schlöfeer selbst quoad slavica die erste und letzte Stimme zuer- 
kennt, die 50 Millionen Menschen (also beinahe noch einmal so stark, 
als der übrigens auch starke deutsche Stamm), die slarisch reden, zu- 
oberst in zwei Hauptstämme theilt (deren einen, A, man auch den 
östlichen oder südlichen, so wie den anderen, B, den westlichen oder 
nördlichen nennen könnte), und dass er ersterem die Winden (Slove- 
nen im engeren Sinne) zwischen der Donau, Save und Kulp, die 
Serben zwiscdien dem adriatischen und schwarzen Meere, der Kulp, 
Save, Donau und dem Hftmus, und die Russen; letzterem aber die 
Öechen (Böhmen, Mähren, SloTaken), die Polen und die Lausizer 
Wenden (die sich selbst auch Serben nennen) als so viele Unterarten 
zuweiset. 

3. Nun konamen wir auf die unbilligen Äusserungen. Sie sagen 
S. 479: „Weiter im Inneren des Landes findet sich das schon erwähnte 
starre rohe Volk, welches seit Jahrhunderten dort sein slavisc^es We- 
sen treibt.^ Worin soll nun erstens unsere Starrheit bestehen? Etwa 
darin, dass wir unter deutscher Obergewalt nicht sogleich zu Deut- 
schen, unter magyarischer nicht zu Magjaren, unter türkischer nicht 
zu Türken, unter mongolischer nicht zu Mongolen uns umwandeln 
liessen? — Und unsere Rohheit? Grausamer Mann! Der Himmel 
möge Ihre Deutschen vor den Schicksalen unseres Volkes bewahren! 
„Wäre es ein Wunder, bemerkt Herder, wenn nach Jahrhunderten 
der Unterjochung und der tiefsten Erbitterung dieser Nation ihr wei- 
cher Character zur arglistigen, grausamen Knechtsträgheit herabge- 
sunken wäre? Und dennoch ist allenthalben, zumal in Ländern, wo 
sie einiger Freiheit gemessen, ihr altes Gepräge (eine fröhliche, mu- 
sikalische Stimmtmg, Gastfreiheit, Liebe zur Ruhe und zum häusli- 
chen Fleisse etc.) noch kennbar. ^ — Wohl uns, dass £[aiser Franz 
uns besser kennt als die Mitarbeiter der Minerva. „Noch steht (heisst 
es in Nro. 16 der Wiener Zeitung 1810) die illTrisch-walachische Na- 
tion in den k. k. Erbstaaten nicht auf jener Stufe der Gultur, auf der 
sie nach ihren unverkennbar guten Anlagen stehen könnte. Seine Ma- 
jestät machten es sich zu einer besonderen Angelegenheit auf die Un- 
terrichtsanstalten dieses zahlreichen und in so vielfachen Beziehun- 
gen interessanten Volkes die höchste Aufinerksamkeit zu wenden, und 
bei denselben als der Grundlage der Cultur jene Verbesserungen an- 
auordnen , die zu dem vorgesetzten Ziele fähren können. Zu diesem 



37 

Ende haben Allerhdohstdieselben durch eine besondere Entsehliessung 
den durch seine Bildung und die mannigfaltigsten wissensohafitlichen 
Kenntnisse, durch Th&tigkeit und vielseitige andere Verdienste als 
ehemaliger Staatsbeamter ausgezeichneten Hof kriegsraihs - auch 
königlich ungrischen Militärgrenz -Agenten^ Urosius Stephan Ne« 
storovic, zum königlichen Rathe und Oberinspector der sämmtlichen 
illjrisch-walachischen Nationalschulen zu ernennen geruht und dar 
durch dieser Nation einen neuen überzeugenden Beweis gegeben, wie 
werth dieselbe Höchst Ihrem väterlichen Herzen sei.^ — Was fär ein 
Wesen endlich, intoleranter Herr, was sollten wir denn lieber treiben 
als eben slavisches? Nicht jeder ist zum Affen geboren. Tadeltet ihr, 
nach Rousseau, nicht selbst Peter L, dass er seine Russen holländi« 
sches Wesen wollte treiben machen, statt (wie Sokrates an seinen 
jungen Freunden that, z. B. an Plato und Xenophon, die beide ßo 
verschieden und doch beide so vortrefflich sind) vielmehr ihre slavi« 
sehe Individualität ausbilden zu helfen? Ihr wisst am Ende selbst nicht 
was ihr wollt. — Sie halten uns, lieber Herr, diese unwillkührlichen 
Ausbrüche des durch ungerechte Zumuthungen gereizten Selbstge- 
fahleff zu gute! Fuhr Ihnen seihst nicht eine augenblickliche Röthe 
über die Wangen, als Sie, dieser Ihrer Äusserungen in Absicht auf 
uns sich bewusst, nun in eben diesem Joumalhefle S. 4«39 den pedan- 
tischen Petrarca bemitleidet sahen, dass er einen der achtungs- und 
liebenswürdigsten Deutschen einen Barbaren nennt, bloss weil dieser 
Deutsche kein Italiener war? Oder als Sie gerade hinter Ihrem Ar- 
tikel Zimmermanns Jeremiade über Deutschlands Dienstbarkeit und 
sein ängstliches Zureden zum starren Verharren bei dem deutschen 
Wesen lasen? Nun wohl! die nämlichen Beweggründe, die Zimmer- 
mann so siegreich für die deutsche Sprache anfahrt, gelten in einem 
noch höheren Grade für die unsrige. Auch wir haben gleich dem 
Ghiechen und dem Deutschen (diese drei Sprachen sind untereinander 
sogar sehr nahe verwandt, nur dass die deutsche ihrer individuellen 
wesentlichen Anlage nach die rauheste darunter ist, einem Göthe 
selbst unüberwindlich!) „eine ursprüngliche, aus eigenem Vermögen 
sich ergiessende, im ganzen und im einzelnen regsame und mit im- 
mer erneuertem Zuwachs aus sich selbst fortströmende Sprache, die 
nicht, wie die abgeleiteten, aus Roms und Germaniens verlaufenen 
Stnrzbächen zusammengeflossenen Mischlinge um uns her, als abge- 
schnittene todte Massen, nur von Lüftchen des Eigensinns, vom 
Druck der Kunst bewegt, im angewiesenen Danmie der Mode und 
Willkühr steht^und, erlauben Sie uns hinzusBusetzen, eine Spradie, 



38 

die, mit ' AusscUtiss der deutschen, die Anlage hat im Wohlklange 
und in der Singbarkeit sich einst (d. h. sobald die Slaven ein slavi- 
sohes Theater bekommen) mit dem schönen italienischen Mischlinge 
(den jetzt, ob er schon aus swei verlaufenen Sturzbftoben Roms und 
Oermaniens zusammengeflossen ist, doch der ursprüngliche Deutsche, 
so wie der Franzose und der Engländer, beinahe ausschliessend von 
den Lippen seiner S&ngerinen hören will) zu messen. 

Ihnen ist es vielleicht unbekannt, dass Schlözer und Dobrovsky 
eben von der überraschenden, mit den historisch bekannten meist 

« 

traurigen Schicksalen des slavischen Volksstammes angenehm contra- 
stierenden Ausbildung seiner Sprache auf eine firüher dagewesene, aber 
nachher wieder gehemmte und zum Theil zerstörte Kultur desselben 
geschlossen haben. Auch Spittler bemerkt, dass sogar die nördlich- 
sten unserer Brüder, die Novgoroder Slaven, die im neunten Jahr- 
hunderte den schwedischen Burik riefen, unstreitig cultivierter waren 
als dieser Deutsehe und seine Gesellen. Und die neuesten deutschen 
Reisebesohreiber durch Russland (wenigstens die docti utriusque lin- 
guae sind, wie man es ja doch sein muss, wenn man hierin compe- 
tenter Richter sein will) geben sie nicht beinahe einstimmig in Hin- 
sicht auf Agilität des Geistes wie des Körpers (Gelenkigkeit) dem 
slavischen Bauer, unter einigermassen gleichen Umständen, den Vor- 
zug vor ihrem eigenen Landsmann? (Man muss das deutsche Volk ja 
nicht nach dem deutschen Gelehrten beurtheilen; es ist eine ungeheure 
Kluft zwischen beiden. Nur bei den Franzosen und Italienern ist 
hierin Gradation.) Der Slave hat noch keinen nationalen Gelehrten- 
stand, überhaupt noch keine städtische Cultur, weil — seine Städter 
und Herren meist Un-Slaven sind: aber Bauer gegen Bauer vergli- 
chen heissen die Russen z. B. nicht schon die Franzosen des Nordens? 
Auch den stattlichen Süd-Slaven, würdig des pannonischen und illy- 
rischen Bodens, der von jeher grosse Körper- zeugte, wird seiner 
Zeit Gerechtigkeit werden: die Russen (nach Arndt mongolisierte 
Zwerge im Vergleich der hochstämmigen lUyrier) bekamen nur frü- 
her Gehör, weil sie derweil grössere Herren sind (denn die Gelehrten 
sind mitunter auch ein wenig Pöbel: äusserer Schein imponiert auch 
ihnen). Der Illjrier bewohnt vor allen seinen slavischen Brüdern den 
fruchtbarsten Boden: der Hämus trennt ihn von dem griechischen 
Himmel; desswegen ist auch sein Dialekt der wohlklingendste, und 
der heilige Cjrill übersetzte in diesen seine griechische Bibel und 
seine Messe, die noch j^tzt seit 1000 Jahren der Busse wie der 
Serbe ehrfurchtsvoll liest und hört. Der Süd-Slaven Unglück bisher 



39 

^wTur, zerstückelt zu sein, und unbeachtet unter Venetianerny Türken, 
Ungern und Deutschen. Des unvergesslichen Josef II. Blick wusste 
sie zu würdigen: eine illyrische Hofkanzlei entstand; Obradovii^, der 
nxin im Senate zu Belgrad sitzt, besang ihn und Serbiens Hoffiiun- 
gen. — ^^Aber der grosse Monarch starb viel zu frühe. — „Seine Ma- 
jestät der Kaiser Franz haben es sieh nun zu einer besonderen Ange- 
legenheit gemacht auf die Unterrichtsanstalten dieses zahlreichen und 
in so ▼ielfia.chen Beziehungen interessanten Volkes die höchste Auf- 
merksamkeit zu wenden,** und — die Welt wird sehen, ob das bis- 
herige Zurückbleiben Schuld der illjrischen Nation war. 

VI. 

Slavische Sprachkimde. 

1. Ausführliches Lehrgebäude der böhmischen Sprache, zur 
gründlichen Erlernung derselben für Deutsche, zur vollkom- 
menem Kenntniss für Böhmen. Von Joseph Dobrovsk^. Prag. 
1809. 8. — 2. Praktische böhmische Grammatik für Deutsche, 
von Johann Negedl j^. Zweite umgearbeitete und verbesserte Aus- 
gabe. Prag 1809. 8. — 3. Horvaczka Grammatika, oder kroa- 
tische Sprachlehre zum Gebrauche aller jener, besonders der 
deutschen Kroatiens Einwohner (Latinismus für: deutschen 
Einwohner Kroatiens), welche Lust haben die kroatische Sprache 
gründlich zu erlernen, von einem Menschenfreunde verfasst und 

herausgegeben. Agram 1810. 8. 

(Reeengion. Annalen för Literatur und Kunst. Jahrg. 1811- 11. 52 — 68.) 

Fünfzig Millionen Menschen sprechen slavisch. Kein anderer 
europäischer Volksstamm zählt so viele Individuen; aber wenn man 
den ungeheuren Raum (von halb Europa und einem Drittheil von 
Asien), über den die Slaven mehr zerstreut als verbreitet sind, be- 
trachtet, so sind die fünfzig MiUionen vielleicht kaum das Zehntheil 
von dein was sie unter günstigem moralischen Umständen sein würden. 

Sprachen von einiger Ausdehnung zerfallen in Dialekte (man 
denke an die französische, spanische, italienische, deutsche Sprache): 
wie viel mehr musste diess der slavischen Sprache bei ihrer so weiten 
Verbreitung und dadurch beinahe unvermeidlichen politischen Zer- 
stückelung des Volkes wider&hren! 



40 

Aber werin die oberwfthnten westeuropäisolien Nationen» den Ge- 
brauch der Dialekte dem Pöbel überlassend, jede nur eine Schrift- 
oder Büchersprache haben, so erneut sich bei den Slaven der Fall der 
alten Griechen, die ihre verschiedenen Dialekte nicht nur sprachen, 
sondern auch schrieben. Jeder der slavischen Dialekte hat bereits 
eine eigene, mehr oder weniger bedeutende Literatur, je nach dem 
die, die ihn sprechen, es politisch waren oder noch sind. Weit ent- 
fernt den Zeitpunct, da, wie am Ende bei den Griechen, ein Schrift- 
dialekt alle übrigen verschlingt, vor der Zeit herbei zu wünschen, 
freut sich der philosophische Sprachfreund vielmehr des frohnachbar- 
lichen gemeinsamen Lebens aller auch in Schriften (da er sie so inte- 
ressant vergleichen und gegenseitig erläutern kann), und schon das 
Beispiel der Griechen ist Schutzrede genug gegen die Zumuthimgen 
der westeuropäischen Cruscanten. Hätten die Slaven nur auch, eben 
so gut nach dem Beispiele der Griechen ein gleichförmiges Alphabet! 
(Wer ihnen dadurch vereinte Fortschritte zur Cultur möglich macht, 
wird ihr grösster Wohlthäter sein.) 

Es zerfällt aber die slavische Sprache zu oberst in zwei Haupt- 
mundarten, davon die eine, die man nach der heutigen Lage der sla- 
vischen Volkszweige gegen einander die nordwestliche nennen könnte, 
das böhmische oder cechische (in Böhmen, Mähren und der Slovakei 
in Nordimgem), das polnische und die zwei lausizer Mundarten; die 
andere, südöstliche, aber das russische, das sloveno- serbische oder 
sogenannte illjrische (in Südungern, der Bulgarei, Slavonien, Ser- 
bien, Bosnien. Dalmatien, Grenzkroatien und Istrien) und das slo- 
venische (slovensko), von den Deutsehen windisch genannt, in Kärn- 
ten, Krain, Untersteier, Provinzialkroatien und Westungem als so 
viele Unter-Mundarten unter sich begreift. 

Das altslavische, in welchem die liturgischen Bücher der Slaven 
vom griechischen Bitus (mehr als die Hälfte der Slaven bekennen sich 
dazu) und überhaupt ihre ganze ältere Literatur, z. B. die durch 
Schlözers Bearbeitung so berühmt gewordene Chronik des Mönchs 
Nestor, seit dem neunten Jahrhunderte geschrieben sind, war ein süd- 
slavischer Dialekt, in den sich daher auch der Serbe und der Slovene 
am leichtesten hinein findet. Nicht alle Dialekte haben ein gleich- 
grosses Gebiet (der russische wird von 24 — 30 Millionen, der Lau- 
sizer kaum von einer halben gesprochen) und nicht alle sind in der' 
Lage gewesen als Sprache des Staates durch gemeinschaftliche tägli- 
che (Pflege aller fortgebildet zu werden. Der russische wird es erst 
seit Peter I., der polnische wird es wieder, der böhmische war es bis 



41 

1620, der sloyenische und sloveno-serbische (die wohlklingendsten 
damnter) sollen es noch werden. Von diesem Standpuncte aus sehen 
wir leicht, dass man noch kein Dobrovskj zu sein braucht, um eine 
gute Grammatik der böhmischen Mundart, bei ihrer so starken Lite- 
ratur und nach ein paar Dutzend vorhergegangenen Grammatiken, zu 
verfassen (wie wohl, um der Granmiatik den Rang, der ihr unter den 
historisch-philosophischen Wissenschaften gebührt, wieder zu verschaf- 
fen, zu wünschen wäre, dass sich nur Männer wie Dobrovsky damit ab- 
gäben); dass man aber Geduld haben müsse mit dem Verfasser einer 
kroatischen Grammatik, der bei einer äusserst dürftigen, nur auf 
wenige liturgische Bücher beschränkten Literatur und nur nach ein 
paar dürftigen Vorgängern seinen Gegenstand erst dem Volke so zu 
sagen aus dem Munde nehmen muss (und wohl ihm, wenn er nur 
wenigstens gut hört und treu referiert). 

Nach dieser Einleitung, wie sie uns nöthig schien, können wir 
uns nun in der näheren Anzeige der vorliegenden Werke um so kür- 
zer fassen. 

Nro. 1 . Erklärt sich über die Tendenz seiner Arbeit schon be- 
stimmt genug auf dem Titelblatte und noch umständlicher S. XIII. 
der Vorrede: „Wenn ich gleich bei der Abfassung dieser Sprachlehre, 
sagt Dobrovskr, mehrere Zwecke vereinigen musste, um dadurch nicht 
nur den philosophischen Sprachforscher, der den ganzen Bau der 
Sprache in einem vollständigen Abrisse derselben zu überschauen 
wünscht, zu befriedigen, sondern auch dem gebomen Böhmen, der 
sich daraus in zweifelhaften Fällen vollkommener belehren will. Ge- 
nüge zu leisten, so verlor ich dabei den lernenden Anfanger, den 
Deutschen nie aus den Augen. Überall ist vorzüglich f&r ihn gesorgt 
worden. Ich habe, zwar ungern, aber:absichtlich manche kritische 
Bemerkung, wozu sich oft Gelegenheit darbot, bloss desshalb weg- 
gelassen, weil ich sie für seinen Unterricht entbehrlich fand.^ Nur 
muss dieser lernende Anfänger, dieser Deutsche ein wenig Granmia- 
tik überhaupt verstehen; die Empiriker werden noch immer an Tham 
und die besseren darunter an Meidinger-Negedlj ganz ihren Mann 
finden. Und Recensent freut sich im voraus mit allen philosophischen 
Sprachforschem, wenn Dobrovsky, nicht geniert durch Buchhändler- 
zurauthungen, die immer nur Universal- Artikel verlangen, in einer 
Grammatik der altslavischen Kirchensprache, wozu er schon so oft 
aufgefordert worden, weil er sie, wie aus seinem Slavin und selbst aus 
dieser böhmischen Grammatik erhellet, wohl in ganz Europa am gründ- 
lichsten versteht, sich ganz seinem Genius wird überlassen können. 



42 

Einer eigenen, sehr lichtToUen Eintheilung der Sprachlehre zu 
Folge behandelt der Herr Ver&sser, naoh der Darstellung des böhmi- 
schen Alphabets, im ersten Tfieile die Bildung, im zweiten die Bie- 
gung und im dritten die Fügung der Wörter mit streng logischer 
Scheidung. Die Bildung der Wörter, die nicht nur in den slayischen, 
sondern beinahe in allen Grammatiken, Adelungs deutsche ausgenom- 
men, bisher so gut als gänzlich fehlt, ist hier meisterhaft erschöpft. 
Sowohl in dieser, als in jeder andern Rücksicht unterschreibt Recen- 
sent aus Herzensgrund und mit voller Überzeugung den gerechten 
Wunsch des Verfassers, in dieser böhmischen Grammatik auch für die 
Sprachlehrer anderer slavischen Dialekte ein Formular entworfen zu 
haben, nach welchem sie sich in Zukunft sicherer werden richten kön- 
nen." (Sogar die Vorrede sollten sich die übrigen slavischen Grammati- 
ker zum Muster nehmen; so würden sie Zutrauen verdienen, wenn sie 
zeigten, dass sie von der slavischen Sprache überhaupt gesunde Be- 
griffe haben und mit den Arbeiten ihrer Vorgänger bekannt sind.) 

Der VerÜEusser von Nro. 2 hat bei dieser zweiten Auflage die Bil- 
dung der Wörter ganz weggelassen, aber dafür die Übungsbeispiele, 
die zuvor einen besonderen Theil ausmachten, unmittelbar jedem ein- 
zelnen Redetheil mitgegeben, eine Vereinfachung des Zweckes, die 
unsem ganzen Beifall verdient. 

Der Menschenfi^und, dem wir Nro. 3 verdanken, wird uns fol- 
gende Bemerkungen, die sich uns bei der Lesung seines Werkes auf- 
drangen, nicht nur zu gute halten, sondern hoffentlich bei einer 
etwaigen zweiten Auflage auch Rücksicht darauf nehmen. 

1 .) Warum thut der Herr Verfistsser in der kurzen Vorrede derglei- 
chen als sei vor ihm gar keine kroatische Sprachlehre dagewesen? 
Recensent erinnert sich eine von 1783 (ohne Titelblatt, die Vorrede 
war Von Warasdin datiert) gesehen zu haben, deren Verfasser sehr 
gesunde Begriffe von Grammatik verriet; und die von Komig, Agram 
1790, ist allen bekannt. 2.) Wenn die kroatische Sprache mehr Laute 
hat als das lateinische Alphabet Schriftzeichen enthält, folgt dann 
daraus, dass „der Abgang, um die gehörige Aussprache hervorzubrin- 
gen, durch die Zusammensetzung der Buchstaben ersetzt werden 
musste?^ Vom heiligen Cjrill, der das kirchenslavische Alphabet ein- 
gerichtet hat, hätte man lernen sollen, wie ein fremdes Alphabet zu 
eigenem Gebrauche einzurichten sei. Die heutigen Europäer alle, mit 
Ausnahme der griechisch-gläubigen Slaven allein, können die ganze 
Herrlichkeit der Buchstabenerfindung gar nicht fahlen, weil sie nur 
die teutonisch -mönchische Ausartung derselben kennen. Sogar die 



43 

Walaohen haben es hierin besser gemacht (freilich aber durften sie 
nar auf Cjrills Grundlage fortbauen). 3.) Doppellaute haben die sla- 
vischen Sprachen so gut wie andere, nur zeigen sie sie im Schreiben 
besser als andere Teutonisten mittels der Halbirocale j und v an. 
4^) S. 13 heisst es: 9,die Geschlechtswörter werden nicht so häufig wie 
im deutschen 9 sondern wie im lateinischen sehr selten gebraucht'S 
Werden denn im lateinischen welche gebraucht? so wenig wie im 
slayischen. 5.) Zamera heisst nicht die Vermessenheit, sondern das 
sich Vermessen bei jemand, (wie wir in Österreich sagen) die Belei- 
digung. Doch dergleichen kleine Unrichtigkeiten im deutschen lassen 
wir unberührt. 6.) Auffallend ist uns der Singular- Accusativ der leblo- 
sen Masculina auch in a, da er sonst in allen andern Dialdcten 
dem Nominativ, und nicht dem Genitiv gleich ist. Wir besorgen sehr, 
dass der Verfasser hier nicht getreu referiert habe: sagt wirklich der 
echte Kroate: imal sem denes lepoga falata govedine statt lep falat gove- 
dine? 7.) Unverzeihlich ist's, dass der Ver&sser noch keinen Looal- 
Casus annimmt, wenn ihn gleich der adjectivische Genitiv der Sub- 
stantiva auch auf h, das bei anderen Slaven der Endbuchstabe des 
Localcasus ist, länger im Irrthum erhalten konnte. 8.) Eben so un- 
slavisch ist S. 238 sein Verkennen des für alle drei Personen gelten- 
den Reciproci se. Kein echter Slave spricht: ja mene samoga krivim, 
sondern sehe samoga. Lanosovic und Voltiggi räsonnieren eben so un- 
slavisch; nicht so des Franziskaners Lanosovic soldatischer Vorgän- 
ger Relkovic, noch der Verfiisser der Grammatik der slavischen 
Sprache in Krain etc. Es ist Zeit, dass die Grammatiker sich selbst 
kennen letnen; sie sollen treuen Bericht geben wie die Sprache ist 
(je lichtvoller sie diesen Bericht ab£Eissen, desto bessere Grammatiker 
sind sie); aber sie dürfen die Sprache nicht reformieren wollen. 
9.) Sehr übel werden es nur etwas gründlichere Grammatiker dem 
Herrn Verfasser nehmen, dass er die Participia der Verlia auf 
stim in stcen schreibt, da ja in diesem Falle eben das t in c über- 
geht, also schon in c steckt. So schreibt er auch platcen (statt pla- 
cen) von platiti, und doch (richtig) podmicen von podmititi. Das sind 
übereilte Neuerungen! 10.) Unangenehm stört aber überhaupt die 
äusserst einseitige kroatische Orthographie den Slavisten, der conse- 
quentere, auch nui^ lateinisch-slavische Orthographien z. B. die krai- 
nische, die böhmische oder die polnische kennt, von den ojrrillisch- 
russischen nichts zu sagen; denn aus Verdruss über die vielen das 
Auge beleidigenden Zusammenhäufungen von zwei Consonanten zur 
Bezeichnung eines Lautes springen die Kroaten selbst von ihrem 



44 

Systeme ab, so oft sie es ohne beträchtlichen Schaden der Aussprache 
thun zu können glauben. Dadurch aber geschieht es, dass das z bald 
das CTrillisohe zemlja, bald slovo, so wie das s bald das zivdte, bald 
sa vertreten muss: sie schreiben gozt statt goszt, shiska statt shishka 
etc. Wehe dem, der ohne das kroatische gründlicher als die Kroaten 
selbst zu verstehen, aus dieser unbeständigen Orthographie in die 
cyrillische übertragen wollte! IL) Der krainische Dialekt ist als am 
meisten germanisierend yerschrieen, weil man Valvasors einseitigen, 
höchstens von den Städtern geltenden Bericht überall nachgebetet. 
Der Verfasser der Granunatik der slavischen Sprache in Krain etc. 
(Laibach 1808) protestiert lebhaft dagegen. Er hätte vielleicht die 
übrigen Dialekte (böhmisch, polnisch, sogar russisch und kroatisch) 
in dieser Hinsicht herausfordern können, denn alle haben sie mehr 
oder weniger Wörter von ihren Nachbarn aufgenommen. Jedoch nur 
einzelne Wörter, die aber auf die Gesetzgebung der Sprache keinen 
Einfluss haben und im Erforderungsfalle einem slavischen Campe nicht 
viel Mühe machen würden, sei es, dass er sie als überflüssige Syno- 
nymen des Weges schickte, woher sie gekommen, oder mit slavischen 
aus andern Dialekten ersetzte, oder endlich neue aus purem slavischen 
fäsen dafür schmiedete. Solcher Ausländer hat Recensent nur obenhin 
weit über hundert unter den Dedinationsbeispielen der vorliegenden 
Grrammatik gezählt. 12.) Nicht vom Volke, sondern von grammati- 
schen Halbwissem selbstgemachte Wörter, wie slovotiskanje, Buch- 
druckerei; dvoriti, bedienen; drevored, Allee; preobraz, Maske; 
pravdobranitel, Advokat u. dgh sollte man nicht als gangbare Wörter 
auffiihren. Auch darüber wird Dobrovskys Formular unverdorbene 
Grammatiker des wahren belehren. 13.) Recensent hat oben, bei Dar- 
stellung der slavischen Dialekte, sich der Benennung kroatisch ent- 
halten, weil sie ihm in dem jetzt gewöhnlichen Sinne auch 'der vor- 
liegenden Grammatik abusiv und unrichtig scheint. Nach Kaiser Con- 
stantins Bericht hat sich die etwa aus Schlesien und Galizien gekom- 
mene chorbatische Golonie in Dalmatien (nicht in Pannonien) nieder- 
gelassen; das pars quaedam Pannoniam ülyricumque occupavit ver- 
steht selbst der gründliche Forscher Krcelic von Istrien und dem 
heutigen Grenzkroatien, und die Sprache, die in diesen zwei Provin- 
zen dalmatisoh ist, bestätigt seine Behauptung. Wie kommt also ein 
Theil der Slaven in Pannonien, im Norden der Kulp zu dem Namen 
Kroatien? Antwort: Als sich nach der mohacser Schlacht die drei 
slavonischen C!omitate Agram, Kreuz und Warasdin an Ferdinand I. 
ergaben, schlug er sie zu seinem wahren Kroatien eto. (Sieh von 



46 

Eoigels Oesehiohte des ungarischen Reiches und seiner Nebenländer, 
2. Band.) Dadurch aber wurden diese Slavonier (Slovenci) oder untere 
Windische, wie sie der gleichzeitige Bibelübersetzer Trüber (mit Be- 
zug auf die obem Windisehen in Steiermark, Kärnten und Krain, mit 
denen sie vermög der Sprache einen und denselben Zweig ausmachen) 
nennt, doch auch nicht genetisch zu Kroaten metamorphosiert? Oder 
können die Agramer das Oegentheil beweisen? So lange das nicht 
geschieht, können wir dieProvinzialkroaten nicht för Kroaten passie- 
ren lassen. Sie sind Slovenci in der engem Bedeutung des Namens, 
zu deutsch windisch, gleich&lls im engern Sinne. Dass die inneröster- 
reichischen und diese ungrischen Winden sich gegenseitig verachten, 
beweiset — nichts; denn thun das nicht auch die Österreicher und 
die Baiem, wiewohl sie beide — Baiem sind? Die Sprache allein ent- 
scheidet, und an diese und die Geschichte hat sich Recensent gehal- 
ten. 14.) Übrigens hat die Ableitung des Nahmens Chrobaten von 
gora, hora (Berg) Becensenten nie einleuchten wollen. Schon der Laut 
eh ist ja in etymologischer Hinsicht ganz verschieden von g und eh. 
Und selbst in diesem Falle würde der Name wahrscheinlicher goral 
oder goijan gelautet haben. Herr von Engel hat die Chrobaten von 
chrbet abgeleitet, wobei der etymologische Einwurf wegen ch frei- 
lich nicht mehr statt findet, wenn nur chrbet wirklich bei ihnen — 
BergrAcken hiesse; es heisst aber nur der Rücken (dorsum) des Men- 
schen, nicht des Berges. Also auch damit nichts. Eben so gut könnte 
man die Serben (Serbler) für S hribljane (Gebirgsbewohner, Leute, 
die von den Bergen herabkommen) auslegen. Auch die Ableitung der 
Krainer von kraj dürfte sich, wenn man der Entstehung dieses Pro- 
vinzialnaroens tiefer nachforscht, in dem bisher üblichen Sinne nicht 
behaupten. 15.) Die zwei cisdanubianischen(süd-donauischen) Dialekte, 
die wir oben den slovenischen und den slovenoserbischen ^) genannt 
haben, sind aber einander viel, viel näher verwandt als dem dritten, 
russischen. Recensent hegt darüber eine Hypothese, worüber er wohl 
die Meinung einsichtsvoller Slavisten zu hören wünschte. Es ist 
nämlich gewiss, dass es sowohl in Pannonien als in Mösien Slaven 
gab vor der Ankunft der kroatischen und serbischen Emigranten von 
Galizien her. Eben so gewiss ist es, dass nach Krain und Kärnten 
keine Kroaten kamen (von Untersteier und Provinzialkroatien sagen 
wir nichts, weil wir nur atis allgemein zugegebenen Daten räsonnieren 



') Diese konnte man nach unserer Meinung mit eben so riel Recht auch sloreno- 
kroatiioh nennen. 



46 

wollen). Wenn nun zwisohen- der Sprache des Krainers und des Ser- 
ben auf Montenegro z. B. der Unterschied so geringe und schwankend 
ist, dass der Sprachforscher schwerlich so viele charakteristische Dif- 
ferenzen aufbringen wird, als DobroVskj zwischen böhmisch und 
polnisch aufgestellt hat: was ist da natürlicher als zu denken, dass die 
Kroaten und Serben eine solche Sprache aus der Nachbarschaft der 
Slaven yom nordwestlichen Hauptstamme mitgebracht oder dass sie 
nur in kleiner Anzahl herübergekommen und den schon da Torgefun- 
denen Dialekt durch ihren mitgebrachten unmerklich modificiert 
haben? Man wird yielleicht einst, wenn die slavischen Sprachforscher 
beider Hauptst&mme häufiger werden und mehr Communication unter 
einander bekonmien, nachweisen können, was hier jrorkroatisoh ist 
und was die Kroaten eingeführt haben. Der im krainischen erhaltene 
Dual, so wie die dort gebräuchlichen altem Wörter wie slana, res- 
nica u. m. a. und Wortformen wie coln (covn), polz (povz), rolk 
(vovk), volna (yovna), poln (povn), tolca (tovca), wofSir der Serbe 
und Ejroate cun, puz, ruk, vuna, pun, tuca spricht u. dgl., wären 
Winke zu weiterem forschen. — Vielleicht aber müsste man erst un- 
tersuchen, wieviel überhaupt wahres an der Einwanderung der Kroa^ 
ten und Serben vom Norden der Karpaten her sein mag; denn wer ist 
der Gewährsmann dieser Einwanderung? Ein griechischer Kaiser, 
der dreihundert Jahre später lebte, als diese Einwanderung geschehen 
sein soll. Und selbst dieser spricht so davon, dass die Commentatoren 
über sein Bayißaptia nicht einig sind. Also zuerst das Factum sicher 
gestellt, dann erst ist es Zeit über die Folgen desselben zu grübeln. 
16.) Noch eins! Die Kroaten haben so schöne Volkslieder, dass Göthe 
und Herder mehrere derselben, die Fortis mitgetheilt hatte, über- 
setzt imd in die Sammlung ihrer unsterblichen Werke aufgenommen 
haben. Wird sich denn Niemand finden, der sie mit mehr Kritik und 
vollständiger sammelt als'der Franziskaner Kacic? Auch unsere Pseu- 
dokoaten haben schöne. In den Szveti Evangeliumi, koteremi szveta 
czirkva katholiczka szlovenzko * horvaczka sivee. Vu Cseske Ter- 
nave, 1694, 12. (die erste Auflage geschah 1619) kommen von S. 206 
an geistliche, von Jesuiten verfasste Lieder vor, von den Herausge- 
bern dazu bestimmt, um die alten Volkslieder (navadne sztare pogansz- 
ke povevke, kotere priprozti lyudi po imenu senzkoga zpola gozto-* 
krat popevahu, pleszucsi, tanczajucsi, delajucsi, doma, vune na 
polju, na goriczah etc., die üblichen alten heidnischen Lieder, die das 
ein&ltige Volk vom weiblichen Geschlechte häufig beim Tanze, bei 
der Arbeit, zu Hause, draussen auf dem Felde, in den Weinbergen 



k 



47 

sang etc.) zu yerdrftngen. Nach diesem merkwürdigen Vorberichte 
folgt das Ave Maria earmine sapphico; dann das O gloriosa domina, 
na notu: Igralo kolo siroko (d.h. nach der Melodie des anakreontischen 
Volksliedes: Igralo kolo siroko, Tanzen thet das breite kolo [Bad]; 
dami das Ave Maria, na notu: Poszejal szem basulek, poszejal szem, 
draga lyuba (Gesät nun hab' ich das Fasolehen, gesäet hab ich's, theure 
Ltfiebe); dann ein Lied um die Gnade Gottes, na notu: Lepo mi poje 
csemi kosz (Schön singt mir die Amsel schwarz) und endlieh eines 
na notu: Hranila divojka tri szive szokole (Mädchen schön fütterte 
drei graue Falken). Weiss niemand, ob sich diese vier Volkslieder, 
deren interessante Anfisuigsstrophen hier berührt werden, noch unter 
dem Volke erhalten haben? 

Zwar hat die vorliegende Horvaczka Grammatika ims nicht zu 
allen diesen Expectorationen berechtiget, aber man bekommt so sel- 
ten einen dieser Südslaven in solchen Angelegenheiten zu sprechen, 
dass uns ein wenig Zudringlichkeit wohl zu verzeihen ist. 



VII. 

Glagolitiea. 

über die glagolitische Literatur: das Alter der Bukw^tza: ihr 
Muster, nach welchem sie gebildet worden: den Ursprung der 
römisch-slavischeii Liturgie: die Beschaffenheit der dalmatischen 
Übersetzung die man dem Hieronymus zuschrieb u. s. w. Ein 
Anhang zum Slavin. Mit zwei Kupfertafeln. Prag 1 807, 8. 96S. 

(Becension. Annalen für Literatur und Kunftt. Jahrg. 1810. 11. 256 — 259.) 

Es ist doch Schade, dass die dalmatischen Gelehrten (z. B. Ap- 
pendini, dessen vorläufige Abhandlung de vetustate et praestantia 
lingoae illyricae. Ragusii 1806, in der jenaischen Literatur -Zeitung 
so hiunan aufgenommen und der angekündigte Varro Illjricus zum 
voraus so freundlich bewillkommt worden) nicht deutsch können. So 
müssen sie nicht nur alles Lichts, was seit 50 Jahren deutsche Kritik 
über slavische Geschichte überhaupt verbreitet, entbehren, sondern 
nicht emmal gegenwärtige Glagolitica, die doch sie am eigentlichsten 
angehen, werden sie lesen können. Möchte ihnen doch die tausend- 
stimmige Fama davon verkünden, möchten sie sich dieselben über- 
setzen lassen, und — entweder Dobrovskjs kunstgerechte Angriffe 



48 

eben so kunstgerecht abschlagen, oder, wenn das nicht möglich ist, 
endlich einmal, so wie sie die Slayit&t des heil. Hieronymus bereits 
aufgegeben haben, nun auch die Grubissichischen Träumereien sammt 
dem schwer&lligen glagolitischen Alphabete, welches ja durch das 
cyrillische mehr als ersetzt wird, fSEihren lassen. 

Wenn schon der Titel dieses Werkchens, das ein Anhang zum 
Slavin sein soll und uns desto schmerzlicher an das Ausbleiben 
desselben erinnert, seinen Gegenstand bestimmt genug angibt, so 
thut diess noch umständlicher das voran gedruckte Verzeichniss der 
einzelnen Au&chriften. S. 1 — 9. Kamen die glagolitischen Typen 
von Urach (bei Tübingen) in die Typographie der Propaganda zu 
Rom? Antwort: Nein. Sicher ist es, dass Schnitt und Kegel im 
Tübinger glagolitischen Drucke dem römischen im Missali Glago- 
litico Levacovichii 1631 und im Missali Glagolitico Matthaei Ca- 
ramani 1741 nicht gleich ist. Die, womit Levacovichii Missale 
gedruckt ist, liess Kaiser Ferdinand I. (f 1564) zu Graz nieder- 
legen (etwa um Trubers lutherischem Beginnen mit gleichen Waf- 
fen entgegen zu arbeiten?), und Ferdinand U. schenkte sie nach- 
her, ohne davon Gebrauch gemacht zu haben, der Propaganda nach 
Rom. S. 9 — 30. In welche Zeit fällt muthmasslioh die Erfindung 
der glagolitischen Buchstaben? In den Anfuig des dreizehnten 
Jahrhunderts. S. 30 — 50. Linharts Sätze über die beiden slavischen 
Alphabete werden beleuchtet. S. 50 — 54. Durichs spätere Meinung 
von dem Ursprünge des glagolitischen Alphabets. S. 54 — 57. Probe 
der dalmatischen iTbersetzung aus dem Alten Testamente. Sirach 
XXXVin. 16. 17. 18. S. 58—71. Vergleichung der slavischen Über- 
Setzung aus dem griechischen mit dem Texte der glagolitischen Mis- 
sale und Breviere. S. 71 — 78. Alters paradoxe Sätze über das höhere 
Alter der slavischen Recension in glagolitischen Kirchenbüchern wer- 
den berichtigt. S. 78 — 81. Joh. XI. 21 — 27 aus einer serbischen Hand- 
schrift und glagolitischen Missalen. S. 81. Schlözer wird berichtigt. 
S. 83 — 88. Leonhard Frischens Meinung über den Ursprung der glago- 
litischen Schrift wird theils berichtigt theils erläutert. S. 89 — 93. 
Bemerkungen über eine glagolitische bulgarische Handschrift (der 
königlichen Bibliothek in Paris Nr. 2340). S. 94^95. Das illTrische 
Vaterunser aus dem kleinen Normal-Katechismus von Persich. S. 95. 
Die Wochentage aus dem illyrischen Breviere. Die eine Kupfertafel 
(in 8.) enthält Joh. XI. 25 — 27 aus einem handschriftlichen glagoli- 
tischen Missal; die andere (in FoUo) ist nur ein neuer Abdruck der 
a^ur S. 24 des Slavin gehörigen, auf besserm Papier, und enthält das 



49 

^Agolitisohe Alphabet, flammt Abbreyiationen und einigen verzierten 
AnfangsbuohstabeiL 

Da wir nun wissen, dass der Slavin zweierlei Titelblätter hat, 
auf deren einem das Dnickjahr 1806, auf dem andern aber 1808 steht, 
so sind wir nioht in Verlegenheit, wenn wir lesen: Glagolitica 1807 
— ein Anhang zum Slavin. Ob es aber künfdgen Bibliographen eben 
so gut werden wird, wenn sie nicht auch unsere Annalen kennen, 
wissen wir nicht 



VHL 

Brnchstfleke 

aus der serbischen Selbstbiographie des Demetrius Obradovid, 
'eines österreichischen Illyriers. Ein Beitrag zur Menschen-, 

Völker- und Länderkunde. 

(Yaterl&ndigche BUtter. Jahrg. in. 16—20.) 

Vorerinnerung. 
Die südliche Ecke Europas, die Halbinsel des H&mus, Griechen- 
land, wo sich einst, von allen Göttern begünstigt, der Menschheit 
schönste Blüthe entfedtet hatte, so wie der nördliche Abhang des 
H&mus bis zur Donau, so merkwürdig in den Zeiten der römischen 
wie der byzantinischen Kaiser, sind nun, unter dem bleiernen Scepter 
türkischer Willkür, wie die Weimarer Ephemeriden mit Recht be- 
merken, den Geographen und Statistikern wieder eine terra incognita 
geworden. Um so willkommener, hoffen wir, dürften unsem Lesern die 
nachfolgenden Beiträge aus des serbischen Anaeharsis Obradovic 
Sdiriften 'sein, der unter den Slaven des südlichen Ungern um das 
Jahr 1740 geboren, unter den allbelebenden Sonnenstrahlen von, 
Josefs n. Reformation sich aus dem Schlamme des Kalugjerismus 
(griechischen Mönchthums) zu einer Höhe der Ansicht der mensch- 
Uchen Bestimmung emporarbeitete, die seines Vorgängers, des scj- 
Ünschen Anaeharsis, des Freundes von Selon, würdig ist. Obradovic 
sitzt nun, ein Nestor nahe den siebenzig, im serbischen Senate zu 
Belgrad. Er hatte sich in seiner Jugend in verschiedenen Gegenden 
der österreichischen wie der türkischen und venetianischen Slaven als 
Jugendlehrer aufgehalten, hat später Deutsehland, Frankreich, Eng- 
land, Italien und Griechenland zweimal, auch Polen und Russland 
durchreiset, hat die Classiker aller dieser Nationen in ihren eigenen 

4 



50 

Sprachen gelesen, und schrieb, um seinen Landslenten zu derCul- 
tur, die ihn selbst so glücklich machte, zu verhelfen, zuerst für die 
sogenannten Illyrier mit russischen Lettern mehrere Werke im heuti- 
gen serbischen Dialekt, als: Sein Leben und seine Schicksale, Leipzig 
bei Breitkopf 1783; Rath der gesunden Vernunft, ebendaselbst 1784; 
eine Übersetzung der zoUikoferischen Predigt über Jac. 3, 2, dediciert 
dem walachischen Bischof Leon Gika, ebendaselbst 1784; Äsopische 
Fabeln mit sehr ausführlichen Epimjthien, voll Vaterlands- und Jugend- 
Uebe, mit einem Anhange von Briefen, welche die Fortsetzung seiner 
Biographie enthalten, ebendaselbst 1788; Sammlung moralischer Ge- 
genstände zum Nutzen und Vergnügen, Wien 1793. Seitdem er das Eis 
gebrochen, haben auch andere Serben, Jankovic, Solaric etc. im Volks- 
dialekte geschrieben. Erhalten diese Südslaven einst eine europäische 
Verfassung, so wird ihre Literatur eine ge&hrliche Nebenbuhlerin der 
russischen werden. Der serbische Dialekt konunt der alten slavischen 
Kirchensprache viel näher als der russische. — Wir theilen zuerst 
einen Brief von Obradovie im Auszuge mit, der uns einerseits den 
Verfasser als Menschen, andererseits die Leser, fCbr die er schreibt, 
kennen lehrt, und zugleich die Epoche unseres grossen Josef 11.' und 
die Hoffiiimgen des türkischen Europa noch einmal vor unseren 
Augen Torüberf&hrt. 

Obradovic's Brief an seinen Landsma^in Charalamp, als 
Apologie seiner neuserbischen Schriftstellerei, seiner 

Selbstbiographie vorangeschickt. 

Ich hätte gleich nach Empfang deines Schreibens geantwortet, 
wenn ich es nicht für besser gehalten hätte, zu warten, bis die 
Zeit des Weinens und der Betrübniss, die Zeit des Hungers und 
Wehegeheules, mit einem Worte, die Zeit der grossen Fasten vor- 
bei wäre. 

Da die Bohne kaisert und ihre Schwester Linse, 

Da Erbs' und Sauerkraut die Welt regieren. 

Da ist sie nun, die Zeit, die goldene imd frohe, 

Da nicht verwehret ist die Speise! 

Es herrscht des Evangeliums Freiheit, 

Abgeworfen ist der Menschheit Joch, 

Es erklingen König Davids Zjmbeln; 

Nicht mehr heult der Pop' in dem Triod, *) 

^) Triod sowie das folgende Pentikostar sind Namen litnrgiscber Bücher in der 
grieehiBchen Kirche. 



51 



Des Pentikostar fröhlich Buch 

Singt des Heilands Thaten. 

Kinder tunken Brötchen in die Euer, 

Springen mit den Lämmern 'mm im Grase', 

Serbiens junge Töchter pflücken Blumen, 

Flechten Kränze sich zur Hochzeit, 

Zieren mit Rosen sich den Busen, 

Und erheben firohe Stimmen 

Zu des römischen Kaisers Lobe, 

Des österreichischen Hofes Herrn: 

Zweiter Josef! güt'ger Herrscher, 

Der Welt Sonne und Wohlthäter! 

Selig die Mutter, die dich gebar, 

Heilig die Brust, die dich s&ugte! 

Minerva, der Weisheit Göttin, 

Erleuchtete deinen Geist von Jugend auf, 

Themis sitzt mit dir zum Throne, 

Aus deinem Munde spricht Astrea, 

Die. lange schon mit dir auf Erden wandelt. 

Und nun ihre Plane ausf&hrt. 

goldenes Jahrhundert! süsse Zeiten! 

Da allgemeine Liebe entflammet ist! 

Glücklich sind wir, glückliche Töchter Serbiens, 

Und alle walaehischen und magyarischen Mädchen, 

Nicht mehr forchten werden wir das Kloster, 

Nicht entsagen der schönen Gotteswelt', 

Beine Liebe werden wir nicht tödten, 

Nicht der Natur Gesetz mit Füssen treten. 

Wohl uns, Mütter sollen wir werden 

Und dem Kaiser Kriegeshelden geben. 

Für unser ganzes Volk wollen wir ihm flehen, 

Wollen mit Thränen zu ihm sprechen: 

Lichte Krone, grosser Josef! 

Breite aus deine Gnade über das Serbenvolk, 

Dein Antlitz wende und dein beglückend Auge 

Auf deiner Ahnherrn theueres Volk, 

Aufs arme Serbien und auf Bosna, 

Die .uQerträgliche Elnechtschaft leiden. 

Sei dem Herrn des Blimmels ähnlich, 

Ruhm der Welt, erlauchter Kaiser^ 

• 4 ^ 



62 

GKesse aus über die Welt erhabene Gaben, 

Oib den Bulgaren ihre Bojaren wieder. 

Deinen Serben ihre alten Helden wieder. 

Und Griechenland seine Pindare! 
Diese Zeit abo habe ich abgewartet, damit ich, selbst froh, 
dem firohen froh schriebe, dass ich mich gesund befinde und fried- 
lich lebe, da ich weder mit Fruskabergem noch mit Heiligenber- 
gem was zu thun habe ^), wie ihr dorten. 

Ich mache dir nun zu wissen, dass ich von Halle nach Leipzig 
gezogen bin, um auch da zu hören, was gelehrte Leute sprechen. 
Da denke ich weidgstens ein Jahr zu bleiben und mit Crottes* und 
irgend eines gaten Serben Hilfe, mit weltlichen Lettern, in unserer 
serbischen Volkssprache ein Buch in Druck zu geben, das den Titel 
haben wird: „Bath der gesunden Vernunft zum besten meiner Na- 
tion,^ damit meine Leiden und Reisen nicht vergeblich seien. Dieses 
mein Buch wird rein serbisch geschrieben sein, wie dieser Brief 
hier, damit es alle Söhne und Töchter Serbiens verstehen können, 
vom schwarzen Berge (Montenegro , Cmagora) bis Smederevo (Se- 
mendria) und bis in*8 Banat. Ich suche von meinem Buche keinen 
Gewinn; wenn sich nur so viel Geld finde, dass der Drucker gezahlt 
wird. Er hat bisher kein serbisches Buch gedruckt, daher trägt er 
Bedenken es auf seine Kosten zu unternehmen, da er nicht weiss, 
was es f&r ein Glück haben dürfte. 

Ich hoffe zuversichtlich, dass sich in Saraj und Trebinje, in Neu- 
satz und Essek Jemand finden werde, der seiner Nation wohl will, 
und dem Drucker etliche Dukaten zuschickt, um ihn aufzumuntern 
und ihm zu zeigen, dass es Leute gebe, die was gutes serbisches im 
Drucke wünschen. Er soll aber auch nicht Schaden davon haben, 
denn er bekonmit so viele Bücher (Exemplare), ab die Summe aus- 
trägt, die er erlegt. 

Indem ich euch versichere, dass mein Buch sehr nützlich sein 
werde, will ich damit mich nicht loben, sondern jene Männer, von 
denen ich was gutes gelernt habe, aus deren gar weisen firanzösischen, 
deutschen und italienischen Büchern ich die schönsten Gtodanken wie 
Blumen pflücken will und in unsrer gemeinen Sprache herausgeben. 
Wohlan! sieh auch du dich ein wenig um, ob du nicht wen findest. 



^) D. i. den MOnchen auf dem Fruskaberge in Sirmien und auf dem heiligen 
Berge (Monte lanto, Berg Athos der grieduBchen Classiker) in Bomiiien, der 
Ton den heiligen MAnnem, die dort Kloster an Kloeter haben» lo heiut. 



63 

der Theil haben wolle an dem gemeinnützigen Werke: sag' ihm, dass, 
soviel es Serben gibt vom adriatischen Meere bis zum Donaostrome, 
alle ihn loben werden. Ist es nicht ein süsser Trost zu denken, dass 
unsere Namen leben und unserer Nation theuer sein werden wegen 
des guten, so wir ihr gethan, wenn unsere Gebeine längst Staub sind? 
Nach vielen tausend Jahren wird die serbische Jugend noch von uns 
^ reden und unser Andenken den kommenden Geschlechtern lieb und 
werth sein. 

Werfen wir einen Blick auf die au%eklärten Völker von ganz 
Europa: alle bestreben sich in diesem Jahrhundert ihre Landessprachen 
zur Vollkommenheit zu bringen. Eine sehr nützliche Unternehmung, 
denn, wenn gelehrte Leute ihre Gedanken in der dem ganzen Volke 
gemeinschaftlichen Sprache niederschreiben, da bleibt die Erleuchtung 
des Verstandes nicht bei denen allein, die die alte Büchersprache ver- 
stehen, sondern sie erstreckt sich und reicht auch bis zum Bauer, 
indem sie sich dem gemeinsten Manne, dem Schafhirten mittheilt, 
wenn er nur lesen kann. Und wie leicht ist es, in seiner eigenen 
Sprache lesen zu lernen! Wer wird sieh nicht ein wenig Mühe gefidlen 
lassen, um lesen zu lernen, wenn er etwas gescheites und vernünfti- 
ges lieset und sehr leicht versteht, was er lieset? 

Ich weiss, dass man mir einwenden kann, dass, wenn wir anfim- 
gen, in der gemeinen Sprache zu schreiben, uns die alte ^) Sprache 
gleichgiltig werden und allmälieh sich verlieren werde. Darauf ant- 
worte ich: Was nützt uns eine Sprache, die im ganzen Volke von zehn- 
tausenden kaum einer, wie sich's gehört, versteht, und meiner Mutter 
und meinen Schwestern fremd ist? 

„So sollen sie lernen^ das ist leicht gesagt, aber auch gethan? 
Wie viele haben wohl Zeit oder Mittel, die alte Bücherspraohe zu 
lernen? Sehr wenige, aber die gemeine Sprache können alle und können 
darin, wofern sie nur lesen können, ihren Verstand aufklären, ihr 
Herz bessern und ihre Sitten verschönem. Die Sprache hat ihren 



*) Alle Slaven griechisoben Ritus, ▼on Montenegro bis Petersburg, haben eine 
gemeinscbaftlicbe Schriftsprache, die bis auf Peter I. ausschliessende Bücher- 
sprache war, seit ihm aber profane Gegenstände in Russland an die russische 
Mundart abtreten musste, und nach Obradovid in Serbien an die serbische 
abtreten soll. Bibel und Liturgie, Legenden und Obersetzungen griechischer 
KircheuTater, Nestors Chronik, durch Schlözers Commentar so berühmt etc., 
sind Tom Jahre 860 an in dieser Sprache geschrieben, die sieh su den 
neueren slarischen Dif^ekten «twa so verhält vie Homer zu den spfttereq 
griechischeq, 



54 

Werth Yon dem Nutzen, den sie gibt, und welche kann mehr nützen, 
als die gemeinschaftliche Sprache des ganzen Volkes? 

Die Franzosen und Italiener haben nicht gefärchtet, dass die 
lateinische Sprache verfallen würde, wenn sie anfingen in ihren Lan- 
dessprachen zu schreiben, wie sie denn auch nicht verÜBillen ist. 

Auch unsre alte Sprache wird nicht yerfallen: denn die gelehrten 
im Volke werden sie immer können,« und mittels der alten wbrd selbst 
die neue yon Tag zu Tage yollkommener werden. Die Russen (Mos- 
kali, die Moskaer) drucken ihre besten Bücher in ihrer Mundart mit 
weltlichen*) Lettern. Nur Einfalt und Dummheit begnügt sich inmier- 
fort beim alten zu bleiben. Wozu sonst gab 'Gott dem Menschen Ver- 
stand, Urtheilskraft und freien Willen, als damit er beurtheilen und 
wählen könne, was besser ist? Und ist das bessere was anders als das 
nützlichere? Warum also sollen wir Serben Bedenken tragen, in einer 
so nützlichen und löblichen Sache den übrigen berühmten Nationen 
zu folgen? Nicht kleiner als Frankreich oder England ist der Raum 
auf Erden, auf dem die slayeno-serbische Sprache gesprochen wird, 
wenn man die sehr geringe Verschiedenheit der Aussprache abrech- 
net. die in allen andern Sprachen auch stattfindet. Wer weiss es nicht, 
dass die Bewohner des schwarzen Berges (Montenegro), Dalmatiens, 
Hercegoyinas, Bosniens, Serbiens, *) Kroatiens (den Bauer, d. i. Pro- 
yinzialkroatien, ausgenommen), Slayoniens, Sirmiens, des Batschlan- 
des und des Banats (mit Ausnahme der Walachen) eine und dieselbe 
Sprache reden? 

Indem ich für die Völker rede, die in den eben genannten König- 
reichen und Proyinzen leben, yerstehe ich sowohl die Anhänger der 
griechischen als der lateinischen Kirche, und schliesse selbst die 
türkischen Bosnier und Hercegoyer nicht aus; denn Religion und 
Glaube kann sich ändern, aber Herkunft und Sprache nie. Die türki- 
schen Bosnier und Hercegoyer heissen Türken dem Glauben nach, 



*) Die zn Peters I. Zeiten ein Holländer aus den groben Rirchenlettem soll 
Terfeinert haben. Noch immer sehen die Seiten rassisch gedruckter Bücher 
gegen nnsre occidentalischen wie Lapidarplatten ans: alles ist noch Majnskel- 
schrift wie im hebräischen. Der heilige Ryrill brachte, als Grieche des nenn- 
ten Jahrhunderts, freilich lauter Majuskeln mit, und die SlaTen blieben dabei 
bis auf diese Stunde, während Griechen und Lateiner Cursirschrift, Minuskeln, 
fQr den Druck wählten. 

*) ObradoTid scheint hier die bulgarischen SlaTen rergessen zu haben, die DobroTsk^ 
auch zum serbischen Dialekt rechnet, und in Rücksicht deren SchlOzer klagt, 
dass nar toq ihrem Dialekte i|och kein« Grammatik noch Wörterbuch existiere. 



56 

aber der Herkanft und Sprache nach werden ihre Urenkel, so wie es 
ilire Urväter waren, Bosnier und Hercegover bleiben, so lange Gott 
die Welt halt. Sie heissen Türken, so lange die Türken das Land 
beherrschen; aber so wie die rechten Türken zurückkehren in ihr 
Land, daraus sie gekommen, werden die Bosnier Bosnier bleiben und 
sein, was ihre Vorältern waren. Für die gesammte serbische Nation 
-will ich also übersetzen berühmter und weiser Männer Gedanken und 
Rathschläge mit dem Wunsche allen zu nützen. 

Ich kenne aus Er&hrung das Verlangen, die Liebe und den heili- 
gen Eiifer des Hausvaters in Neusatz und Essek, und die in Dalmatien, 
in Saraj und in der Hercegovina, mit welch' brennendem Herzen sie 
ihren Kindern Unterricht wünschen. Nirgends war ich, wo man mich 
nicht gewünscht und aufgehalten hätte. Wie könnte ich also die Liebe 
und Freundschaft; meiner lieben Nation erwidern, als indem ich mich, 
so viel ich kann, vorzüglich für die Aufklärung der Jugend bemühe? 
Und ich kann diess nicht besser erreichen, als dass ich die goldenen 
lind überaus schönen Gedanken gelehrter Männer in unsere Sprache 
übertrage und auf diese Weise sowohl die Altern in ihrem* schönen 
Vorhaben bestärke, als in den Herzen der serbischen Jugend das 
himmlische Feuer für Wissen und Tugend entzünde und das Licht 
der Vernunft bis zum Bauer herab und in die Hütte des Hirten ver- 
breite. In diesen glücklichen Zeiten reichen die Strahlen der Gelehr- 
samkeit und der Philosophie bis an die tartarische Grenze. Ich kann 
hier die grosse Sorgfalt des moldauischen Adels für die Erziehung 
lind den Unterricht der Jugend nicht unberührt lassen: es gibt der- 
mal in Ja^i fjassi) keinen Jüngling, der nicht, ausser seiner (wala- 
chischen) Muttersprache noch griechisch und französisch, latein und 
italienisch könnte. Vor allen aber ist's der alles Lobes würdige, Wissen- 
schaft liebende vortreffliche Herr Leon Gika, romanischer (walachi- 
scher) Bischof in der Moldau, dessen Wissenschafts- und Vaterlands- 
liebe es nicht möglich ist zur Genüge zu rühmen. An einem anderen 
Orte werde ich die Gelegenheit von ihm zu reden nicht vorbeilassen: 
hier kann ich nur so viel erwähnen, dass er als Bischof französisch 
erlernt, eine vortreffliche Bibliothek aufgestellt und verschiedene 
Bücher in seine Muttersprache hat übertragen lassen, und jetzt den 
Oxenstjema, den politischen Schauplatz und den Telemach auf seine 
Kosten drucken lassen und seinem Vaterlande schenken will. ^) 



^) Josefs IL Beispiel wirk^ auf die JSac'ibarn; aber freilich ahmte man nur 
das leichtere nst^h: eiqe Bibliothek errichten, ansUndisphe Werke ül^erset^eq 



66 

Hier hast du nun, Bruder, mein Vorhaben in Leipzig; yon dieser 
Stünde an will ich mich an die Arbeit machen, so viel meine Studien 
mir erlauben; denn ich besuche auch immer noch die CoUegien. Ich 
werde überschwenglich belohnt sein, wenn einst auf meinem grün- 
bewachsenen Grabeshügel ein Landsmann ausruft: Hier liegen seine 
serbischen Gebeine; er liebte seine Nation, sein Andenken dauert ewig! 

Leipzig, 13. April 1783. 

Dein Bruder und Diener Dositej Obradoyic. 



IX. 

Serbien oder Serrien) 

(Vaterländische Blätter. Jahrg. III. 41—42.) 

Sonst hiess es: der Deutsche erschöpft alles, geht überall bis auf 
den Grund, und wird dadurch langsam und langweilig. Aber diese 
Regel bekommt (Dank sei es der bekannten ausserordentlichen Fähig- 
keit dieses Volkes sich fremdes anzueignen) immer mehr Ausnahmen, 
so dass mit der Zeit wohl die jetzigen Ausnahmen Regel, und die 
jetzige Regel Ausnahme werden dürfte. — Da protestiert ein A. Ferd. 
Götze von Zörbig gegen den Namen der Serben und will «ie wieder 
zu Serven (Servi, Sklaven) machen, so viel sie auch fiir die Frei wer- 
dung gelitten haben und noch leiden; und das aus dem Grunde, weil 
— auf einigen der neuerlich in Wien erschienenen Karten in neu- 
griechischer Sprache ihr Land 2EPBIA gestochen ist, und, wie er 
siegreich beweiset, die Neugriechen das ß nicht wie b, sondern wie v 
(soll heissen w, denn das v lautet ja im deutschen wie i) aussprechen. 
Also schreibe man auch den hebräischen Erzvater Jakob nur gleich 
Jakow, denn die Neugriechen sprechen ihn so aus. Quod erat demon- 
strandum. — Gegen diesen gelehrten Herrn erhebt sich ein geborner 
Serbier, Herr Dobriz, der aber in Deutschland seine Muttersprache 
und sogar seinen echt serbischen Nahmen, den der Engländer Dobreedge 
schreiben würde, scheint vergessen zu haben und nur noch weiss, 
dass die serbische Sprache nicht griechisch, sondern slavisch sei, und 



lassen, sogar Normalschnlen einführen (Rasaland) ist leichter als die Leib- 
eigenschaft aufheben, einen Mittelstand schaffen und so ans dem Wohlstande 
aller die natürliche Cultnr herTorgehen machen. Die künstliche Überfimissong 
gibt he^chstens Manieren, bessert aber das Herz der Bojaren nicht, wie alle 
Bdsebeschreiber von Polen« Lielland o. s. w. Tersichem, 



57 

42 Buchstaben habe. Aber die Serbier sehreiben ja ihr Land nicht 
Serbien und ihren Namen nicht Serbier: ien nnd ier sind keine sla- 
▼ischen, folglich keine serbischen Bildungsendungen. Das Land heisst 
Srbija (Srbska zemlja, auch Srbsko: yielleicht erinnert diess welche 
unserer deutschen Leser an Zerbst) und ein Serbe heisst Srbljanin, 
Srbljin, Srbin, im Plural Serblji, Serbi. — Und dann die 42 Buchstaben 
des slayischen Alphabets! Das wah^e daran ist, dass die Slaven yom 
griechischen Ritus, die sich des Alphabets bedienen, welches ihnen 
um das Jahr 860 der griechische Missionär Constantin, später CyriU 
genannt, (indem er zu den vom Hause mitgebrachten brauchbaren 
griechischen Sehriftzeichen noch einige neue zur Bezeichnung der 
eigenthümlich slavischen Laute hinzu erfand) einrichtete, unter den 
neueren Europäern die einzigen sind, die, wie es die Theorie der 
Buchstabenschrift fordert, für jeden einfachen Laut ein einfaches 
Schriftzeichen haben. Der ein&chen Laute aber sind im serbischen 
nicht einmal 30 (Yoltiggi zählt 26), und um diese Zahlen drehen 
sich auch die ein&ehen Laute aller 5 — 6 slavischen Dialekte so wie 
der meisten übrigen europäischen Sprachen (die Engländer haben 
nach Sheridan 9 Vocale und 19 Consonanten, macht 28 einfache Laute), 
und yielleicht überhaupt aller Sprachen. Was ist's also mit den 42 
Bux^hstaben, wo im Grunde nur 26 nöthig sind? Antwort: Einige sind 
compendia scripturae, die man allenfalls behalten kann; andere aber 
wahre Duplicate, die man wegschenken und sich dafür lieber eine 
schöne Minuskelschrift einschaffen sollte, die man bisher noch so gut 
als entbehrt, daher auch die Seiten russischer Bücher aussehen wie 
die Inscriptionen im Gruter us. Als nämlich Constantin lebte, schrieb 
man lauter Majuskeln, und seitdem bekamen die guten Slaven andere 
Dinge zu thun und zu leiden, als dass sie auf Verfeinerung ihrer Typen 
hätten denken können. Was nicht ist, kann werden. Ist man doch auch 
selbst in den eigentlich griechischen Tjpen noch nicht so weit als in 
den lateinischen. Also Scherz und Ernst! Es lebe die zutrauliche 
Unbe&ngenheit, die jeden Einfall sogleich der Gesellschaft offenbart! 
Hätte Herr Götze den EinfEÜil, der beim Anblick des Wortes 2EPBiA 
auf einer griechischen Karte ihm durch den Kopf fuhr,' für sich behal- 
ten, so hätte weder Herr Dobriz Gelegenheit gehabt ihn zurecht zu 
weisen, noch wir, Herrn Dobriz selbst kritisch zu commentiere^. 



58 

X. 

Faustin Prochilzka nnd Joseph Zlobicky. 

(VaterlAndische Bl&tter. Jahrg. III. 42—43.) 

Der Tod hat seit kurzem unter den ohnehin nur dünn gesäeten 
Slavisten nacheinander grausam gemäht. Demunt^rgessIiehenSchlözer 
in Göttingen (gestorhen am 0. September 1809) folgte im Jänner der 
würdige Prochäzka in Prag und den 25. März der unermüdliche 
Forscher und Sammler Zlobieky in Wien. 

Von Schlözer brauchen wir nicht zu reden. Nur so viel dürfen 
und müssen wir hier bemerken, dass, wenn auch das Herz des peters- 
burgischen Professors der russischen Geschichte, des Mitgliedes der 
russischen Akademie, des russischen Wladimirritters und Pension&rs 
sehr natürlich an Russland haogen musste, doch der richtige Blick 
seines Geistes die ungleich yortheilhaftere Lage des Standpunctes 
Wien für gründliche slavische Sprach- und Geschichtsforschung (da 
Österreich über Slaven aller Dialekte herrscht, Rassland nur über 
einen) nicht verkannte, wie man sich aus seiner Recension des polni- 
schen Wörterbuches von Linde in den Göttinger Anzeigen 1809 über- 
zeugen kann. 

O fortunatos nimium, sua si bona norint, Austriacos! 

Herr Franz Faustin Proch4zka ward am 13. Jänner 1749 zu 
Neupaka in Böhmen geboren, studierte die Grammaticalclassen in 
dem schlesischen Cüstercienserstifte Grüssau, die Humuiiora bei den 
Jesuiten in Gitschin, die Philosophie an der Uniyersität zu Prag und 
trat im Jahre 1767 in den Paulaner-Orden, in welchem er den gelehr- 
ten Durich zum Lehrer erhielt, dem er die Keimtniss der hebräischen 
Sprache und seine Liebe zur böhmischen Literaturgeschichte ver- 
dankte. Im Orden selbst bekleidete er durch zwei Jahre das Amt 
eines t'redigers, repetierte mit den jungen Geistlichen die Humaniora, 
war Lector der Kirchengeschichte und Professor der hebräischen und 
griechischen Sprache und .der Hermeneutik des Alten und Neuen 
Testamentes. Nach der Aufhebung seines' Ordens in Böhmen erhielt 
er 1788 das Amt eines k. Censors im theologischen und gemischten 
Fache, 1800 die Stelle eines Gymnasialrepräsentanten bei dem Studien- 
consesse und nach dessen Aufhebung das Direotorat der Prager, 
später der sämmtlichen böhmischen Gymnasien , so wie nach Ungars 
Tode die Bibliothekarstelle an der durch diesen würdigen Vorgänger 
trefflich eingerichteten Universitätsbibliothek, 



59 

Die Nummer 17 der Prager Zeitung vom 7. Februar 1810 be- 
schreibt die schöne Parentation, die das dortige Kleinseitner Gym- 
nasium ihm feierte. Die Herausgabe und Revision der böhmischen 
wenzeslaisohen Bibel, die er 1778 — 1780 mit Durich besorgte; die 
heilige Schrift des Neuen Testamentes, durchgängig mit Erklärungen 
yersehen, böhmisch (1786); die neue Auflage der Bunzlauer Chronik 
(Dalemil) und endlich seine neueste böhmische Bibelübersetzung beur- 
kif^den seine Verdienste um den böhmischen Dialekt; so wie seine 
commentatio de literarum latinarum in Bohemia et Moravia restitu- 
toribus, sein commentarius de secularibus artium liberalium in Mora- 
via &tis (1782), seine Miscellaneen der böhmischen und mährischen 
Literatur um 4ie Literaturgeschichte Böhmens. Er genoss übrigens 
eine jährliche Gehaltszulage, um aus seines Lehrers Durich hinter- 
lassenen Papieren dessen Bibliotheca Slavica, wovon bisher seit 1795 
nur der erste Theil heraus ist, fortzusetzen. Was er dafür geleistet 
und über seinen sonstigen gelehrten Nachlass wünschen wir von 
böhmischen Literaturfreunden belehrt zu werden. Von der Durich- 
soben Bibliotheca Slavica wäre wohl eine Fortsetzung mit etwas weni- 
ger Phrasen, rascherem Fortschreiten zum Ziele und allenfalls unter 
einem etwas glücklicheren kritischen Genie sehr zu wünschen. Do- 
brovskjs Slavin könnte sie freilich herrlich ersetzen, wenn er selbst 
fortgesetzt würde. 

Herr Josef Valentin Zlobickv war geboren zu Velehrad in Mäh- 
ren den 14. Februar 1743, studierte zu Ungrisch-Hradisch, Nikolsburg 
und Brunn, ging nach zurückgelegter Philosophie, 1761, zur Landes- 
ökonomie, trat 1763 in die scientifische Laufbahn zurück, studierte 
die Brochte in Wien (hörte nebstbei die CoUegien über Experimental- 
physik, Chemie, Mechanik), prakticierte bei verschiedenen Stellen, 
ward 1773 mit dem Charakter eines Lehrers der böhmischen Sprache 
und Literatur an der theresianischen Ritterakademie angestellt, 1775 
als Professor der böhmischen Sprache und Literatur an die Universität 
übersetzt, zugleich aber 1776 bei der Justiz-Hofstelle angestellt, wo 
er bis zur Stelle eines Registraturs-Adjuncten vorrückte. Slavisohe 
Sprach- und Geschichtskunde, verbunden mit allgemeiner Literar- 
imd Weltgeschichte, war sein Element. Sein doppeltes Amt, als 
Beamter und Professor, so wie seine seltene Bescheidenheit und Scheu 
vor gelehrten Zänkereien Hessen ihm weder Müsse noch Lust ein 
eigentliches Buch herauszugeben, aber beinahe jeder Autor i der in 
der österreichischen Monarchie über diese Gegenstände sehrieb, Dob- 
ner, Voigt, Ungar, Deluca, Pelzel, Schimek, Durich, Alter u. m. a. 



60 

erfreuten sich dankbar und undankbar seiner Beiträge. In seinem 
Nachlasse finden sich reichhaltige Collectaneen, besonders zur böhmi- 
schen Literatur und Schriftstellerkunde; Abschriften, yielleioht auch 
Originale von Urkunden zur böhmischen Geschichte; Bosa's böhmi- 
sches Lexicon, yon ihm (Zlobicky) aus seiner ftLn&igj&hrigen LectOre 
suppliert und yervoUstandigt, und andere dergleichen Schätze mehr, 
yon denen es zu wünschen und zu hoffen ist, dass sie, so wie Popoyic^s 
und Hejrenbachs schwerlich so reichhaltiger Naohlass, in die kaiser- 
liche Hofbiblioihek kommen. So würde auch die im böhmischen Faohe 
vielleicht vollständige und an Grammatiken und Wörterbüchern der 
übrigen slavischen Dialekte überaus reiche Büchersammlung eine 
schöne Grundlage einer slavischen Bibliothek abgeben und es wäre 
Jammerschade, wenn, was der glückliche Fleiss eines sachkundigen 
Sammlers in ftin&ig Jahren vereinigt hat, durch eine Auction wieder 
in alle vier Winde zersplittert würde, oder auch nur vereint in Privat- 
hände käme, wo sich die nämliche Gefahr bei jedes Besitzers Tode 
immer von neuem wiederhohlte. Österreich, das über Slaven aller 
Dialekte herrseht (Russland theilt nur einen mit uns), kommt es zu- 
nächst zu in seinem Mittelpunkte Wien der bei so viel in- und exten- 
siver Kraft zu Biesenschritten bestimmten slavischen Literatur einen 
Vereinigungspunet anzuweisen. Auf österreichischem Boden vrandel- 
ten ja die heiligen Brüder Cyrill und Method, *) die zuerst im Jahre 
860 die slavische Sprache schrieben und die Bibel darin übersetzten 
und die Liturgie, die nun von Gattatfo bis St. Petersburg und an 
Chinas Grenze hin ertönt. Nach Österreich also gehört der altslavische 
Kirchendialekt zu Hause. So hat Österreich auch hierin die natürli- 
chen, aus der Sache selbst entspringenden Vortheile für sich voraus; 
auch hierin also Österreich über alles, wenn es nur will. *) 



*) Metbod war Erzbischof von Pannonien und Mähren. 

*) Wir sind überzeugt, dass sich SchlOzers Schatten im Elysinm über diese Stimme 
ans Österreich höchlich frenen würde. Was würde er s. B. zu einer Kanzel 
des altslavischen Kirchendialektes in Wien sagen, er, der schon dem blossen 
Rufe Tom Karlovizer Seminarinm so wann (in seinem Nestor) gratulierte! 
Diesem Kirchendialekte sind freilich, als einem selbst südlichen, die heutigen 
südlichen Dialekte am analogesten, aber auch die nördlichen, böhmisch und 
polnisch, um so analoger, je nHher man sie bis an ihre Quelle rerfolgen kann« 



61 
XI. 

Patriotisehe Phantasien eines Slaren« 

(VaterUndiBCha Blfttter. Jahrg. III. 87—93.) 

1) Slavisoher Volksstanim. Der alte europäische Volksstamm 
der Slaven, der Sprache nach sehr nahe yerwandt mit dem deutschen 
und dem griediischen, zwischen welchen beiden er jetzt, und viel- 
leicht von jeher , mitten inne wohnt , ist dermal funMg Millionen 
Seelen stark und köimte unter günstigeren politischen Beyölkerungs- 
umst&nden auf dem ungeheuren Wohnsitze (halb Europa und ein 
Drittheil von Asien) in wenigen Generationen sich leicht Tervierfia^en» 

2) Slavische Sprache. Der vorzüglichen Anlage des Slaven 
zum wahren Erdbürger hat bereits Herder in seinen „Ideen zur Philo- 
sophie der Geschichte der Menschheit^ Gerechtigkeit widerüeihr en lassen ; 
wir dürfen hier nur noch des herrlichen Baues seiner Sprache erwäh- 
nen, die einerseits bei ihrer artikellosen Declination und pronomlosen 
Conjugation ganz fiir die altgriechischen Versmasse geschaffen scheint, 
andererseits aber, da sie mehr Vocalendungen hat, als irgend eine 
der europäischen Ursprachen (die deutsche hat ja jetzt nur die auf e) 
einst allein unter allen Europäerinen es mit dem schonen italieni- 
schen Mischlinge an Singbarkeit für die Oper aufioiehmen wird. 

3) Slavische Volkszweige. Dieser Volksstamm theilt sich 
der Sprache nach in zwei Hauptäste, einen südöstlichen und einen 
nordwesüichen. Zu dem ersteren gehören: 

I. die Bussen mit 25 — 30 Millionen Seelen; 

n. die Sloveno-Serben im Süden der Donau, Save und Kulp bis 
an den Hämus sammt ihren Colonien in Süd-Ungem und Slavonien mit 
etwa 5 — 6 Millionen; 

lU. die Slovenen in Innerösterreich, Provinzialkroatien und um 
den Plattensee in West-Ungem mit etwa 1 V, Millionen; 

zu dem andern 

IV. die Polen mit 10—12 Millionen; 

V. die Böhmen und Mähren sammt den Slovaken in Nord-Un- 
gem mit etwa 5 — 6 Millionen; 

VI. die Lausizer Wenden, die sich auch Serben nennen, mit 
etwa einer MiUion. 

4. Berührungspunct der zwei Hauptäste. Unterhalb Wien 
ist's, an der pannonischen Donau zwischen Pressburg und Komom, 
wo sich die zwei Äste geographisch und (linguistisch-) genetisch, mit- 



62 

telst der Slovaken und Slowenen die Hände reichen. Die«s linguisti- 
sche Datom und der Umstand, dass gerade diese zwei Zweige allein 
sich mit dem blossen allgemeinen Stammesnamen (Sloyak und Slo- 
yenec, bloss mit verschiedener Bildungsendung) begnügten, während 
die Jüngern Zweige noch besondere Namen (Öechen , Lechen [Po- 
len], Kroaten, Serben, Russen) sich beilegten, begünstiget auffal^ 
lend die alte Tradition, dass die pannonische Donau der Stammsitz 
der Slaven sei. 

5. Geschichte der slavischen Kirchensprache. Die Süd* 
Slaven, an Geist und Körper ihres herrlichen Bodens werth, sind heut 
zu Tage, da sie unter ausländischen Herren so viel&ltig zerstückelt 
sind und daher nirgends eine respectable^ Masse bilden, die am mei- 
sten verwahrlosten. Und doch waren sie, wie sich's auch für Südlan- 
der ziemt, unter allen Slaven die ersten, die ihre Sprache schrieben. 

In der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts, als die Kroaten, 
Serben und Bulgaren den Byzantinern Angst machten und der mäh- 
rische Svatopluk seine Slaven an den Franken rächen zu wollen 
schien, traten zwei griechische Missionäre, die Gebrüder Gonstantin 
und Methodius, aus Thessalonike gebürtig, auf Svatopluks und des 
pannonischen Hezilo Begehren, von Konstantinopel gewiss gerne ge- 
sandt, an der pannonischen Donau auf. Sie brachten, sagt die Le- 
gende, eine bereits fertige slavische Übersetzung, wenigstens des 
Neuen Testamentes und der Psalmen mit. Hier übersetzten sie auch 
die griechische Liturgie; der ganze Gottesdienst ward in slavischer 
Sprache gehalten. Hoch freuten sich die Slaven, sagt Nestor, als 'sie 
die Grossthaten Gottes in ihrer Sprache vernähmen. Die salzburgi- 
schen Zehentglauber, die diese Slaven bloss getauft hatten, aber zu 
bequem waren ihre Sprache zu lernen, flohen nach Hause, als sie die 
Anhänglichkeit der Slaven an diese griechischen Apostel sahen. Der 
Papst aber, der diese zwei Gottesmänner auf die Anklage der frän- 
kischen Bischöfe über den slavischen Gottesdienst vorgefordert hatte, 
liess ihren Gründen Recht widerfahren und creirte den Methodius 
zum Erzbischof in Pannonien und Mähren. Konstantin starb in einem 
Kloster, wo er den Namen Cjrill angenommen hatte. Um die slavische 
Sprache zu schreiben, bedienten sich die zwei Brüder-Apostel ihrer 
griechischen Schriftzeichen, die sie aber, weit entfernt von der Un- 
behilflichkeit der teutonischen Schreibemeiater (die den späteren 
Sheridan, Waillj, Klopstock, Schlözer, Voss, Femow etc. so viele 
gerechte achl ausgepresst) mit echt griechischer Einsicht in's Wesen 
der Buchstabenschrift mit neuen, zur Bezeichnung der eigenthüm* 



63 

lioh-8läyisch(9n Laute hinzu erfdndenen Baohstabeh Termehrten. Die 
filayisehe Sprache hat an diffdreissig einfach^ Laute, und das Alpha- 
1>et der Missionäre, später zum Unterschiede des sehwer&lligen gla- 
golitischen das cyrillische genannt, ist das einzige yollständige im 
neuem Europa, das für jeden Laut ein eigenes Sohriftzeichen enthält. 
Die Bibelübersetzung Cyrills und Methods ist noch vorhanden, frei- 
lich aber in den gedruckten Ausgaben von den Russen so wie von den 
Serben selbst mehr oder weniger modernisiert. Eine kritische Recen- 
sion nach alten, in den russischen und türkischen Klöstern befindli- 
chen Handschriften, so wie Abbe Dobrovskj sich traut sie herzustel- 
len, wäre für alle Slaristen ein unschätzbares Geschenk. Ich sage fiir 
Slayisten: wiewohl auch die slayischen Popen sich dazu nicht so wild 
geberden würden, als sie im* Anfange des sechzehnten Jahrhunderts 
gegen den gelehrten Mönch Maximus vom Berge Atiios thaten, der 
als Marter eines ähnlichen Unternehmens in einem russischen Qe- 
f&ngnisse starb. Die Sprache dieser Übersetzung, sie mag nun die 
Altmutter des heutigen sloveno-serbischen Dialekts oder die des slo- 
▼enischen gewesen sein (f&r beides sind Gründe ^la), war auf dem 
Wege gemeinschaftliche Schriftsprache aller slayischen Volkszweige 
zu werden, wäre nicht das Schisma zwischen Rom und Konstantino- 
pel ausgebrochen. Dieses nun liess sie nach Böhmen und Polen gar 
nicht kommen und verdrängte sie selbst aus Pannonien, dem Bischof- 
sitze Methods, und zum Theil aus Dalmatien, wo ein Bischof noch 
bei Methods Lebzeiten f&r seinen Sprengel eine Abschrift des über- 
setzten Psalters genommen hatte. Nur tiefer landeinwärts, im slavi- 
schen Süden und Osten konnte Roms Eifersucht sie nicht erreichen. 
Da blühte sie denn auch als gelehrte Sprache fröhlich fort: nicht nur 
die meisten griechischen Kirchenväter, Leben der Heiligen und der- 
gleichen Kirchenbücher wurden übersetzt , sondern auch profane 
Schriften, z. B. Nestors, durch Schlözers Commentar so wichtig 
gewordene Chronik, wurden darin geschrieben. In dieser Sprache nun 
lesen noch bis auf diese Stunde alle Slaven des griechischen Ritus 
(ihre Hauptsprache mag russisch oder serbisch sein) ihre Bibel und 
singen ihre Liturgie; in dieser Sprache sind die Katechismen geschrie- 
ben. Nur Schade, dass die Russen sie aus ihrem Dialekte immer mehr 
verfUschen, die Serben aber, die sie leichter rein erhalten könnten, 
da sie ihnen auch so, in ihrer ursprünglichen Gestalt bei weitem ver- 
ständlicher ist als' den Russen, ohne gelehrte Schulen, ohne Drucke- 
reien sind (denn die unter Josef II. yon Kurzbeck in Wien errich- 
tete, den russischen nicht einmal an Reinheit der Typen gleichkom- 



64 

mencLe ist nun in fremden Hftnden und scheint sieb Tv:enügi|un das Zu* 
trauen der illyrisohen Nation zu künuneSBi, da das- wenige, was sie 
druckt, auch yor Druckfehlern unlesbar ist). G^proohen wird also 
dieser Kirchendialekt nirgends mehr im Volke nnd taugt vielleicht 
gerade deswegen um so besser zum feierlichen des Gottesdienstes. 
Doch kann man ihn wieder nicht als todte Sprache betrachten, da er 
sich zu den lebenden Mundarten, die noch gesprochen werden, etwa 
so verhält wie Homers Sprache zu den spätem abgesonderten grie- 
chischen Dialekten zu Sokrates und Aristophanes Zeit. Diese slavi- 
sehe Earchensprache ist es, von der Schlözer' (Nestor, Theil III. Seite 
224) seine alten Überzeugungen wiederholt: I. „Unter allen neueren 
Sprachen ist die slavische eine der anisgebildetsten: ihr Reichthum 
und andere Vorzüge gehen mich hier nichts an; ihr Vorbild war die 
griechische, und dieser ihre Eigenthümlichkeiten und Schönheiten 
au&unehmen war die slavonische ganz besonders fähig. U. Unter 
allen neuem Sprachen ist sie am allerfrühesten zur Ausbildung ge- 
kommen. Wie sah es im dreizehnten, vierzehnten Seculo mit dem 
deutschen, französischen, englischen aus! Wie sehr wir Deutsehe 
namentlich uns verspätet haben (denn wirklich schreiben wir erst 
seit siebzig Jahren gebildetes deutsch: das haben wir meistens durch 
die Übersetzungen aus dem französischen und dem englischen ge- 
wonnen), fühle ich lebhaft, wenn ich eine russische (soll heissen: sla- 
vonische) Legende, etwa aus dem vierzehnten Seculo und dann eine 
deutsche Postille,* gedruckt im Jahre 1674, hintereinander lese (wo- 
bei ich vom possirlichen Inhalt der erstem ganz abstrahiere und beide 
nur im Stile vergleiche). Dort finde ich Ordnung im Vortrag, ge- 
schlossene Perioden, Incidentsätze durch zehnerlei Participien an ein- 
ander gereiht, sonore Kraft- und Prachtwörter etc., und nun dagegen 
den ärmlichen deutschen Postillanten (den damaligen Begensburger 
Kanzleimann nicht zu vergessen)^. 

Es existieren einige (Grammatiken über das altslavische, aber aus- 
ser dem, dass sie sehr dürftig sind, sind sie auch altslavisch abge- 
fasst, folglich den Occidentalen unzugänglich. Unter Peter I. ward 
ein (mageres) Lexikon mit griechischer und lateinischer Erklärung 
eompiliert. Schon frtOier war zu Kiew 1627 ein slavonisch-russisehes er* 
schienen. Das neueste mit russischer Erklärung ist das Kirehenlexi- 
kon von Peter Alexjejev. Schlözer klagt, dass er manches Wort sei- 
nes Nestor nicht darin gefunden. Eine Grammatik und Lexikon in 
Adelungs und Dobrovskys (reiste ist also noch zu wünschen. 

6. Literatur der neueren slavischen Sprache in Pan** 



66 

nonien. Die pannonisohen Slaven, die nach Methods und Svator 
pluks Tode unter deutscher oder ungrisoher Oberherrschaft der latei- 
nischen Kirche wheimfielen, fingen erst zur Zeit der Reformation an 
ihre gemeinen Volksdialekte mit lateinischen Buchstaben (die aber 
nicht nach Cjrills Methode yermehrt, sondern nach der teutonischen 
in Krain so, in Kroatien anders und bei den Winden um den Platten- 
see wieder anders oombiniert wurden) zu schreiben. Ihre Literatur ist 
bisher ihrer politischen Unbedeutenheit angemessen. Der Dialekt 
theilt sich in drei Unterarten: krainisch oder windisch in Krain, 
Kärnten und Untersteier, kroatisch in Proyinzialkroatien und wieder 
windisch in den westungrischen Comitaten zwischen der Mur und 
Raab, so den Übergang von krainisch zu kroatisch ausmacht. 

Die Krainer haben eine lutherische Übersetzung der ganzen 
Bibel von Georg Dalmatin, zwei einzelne des Neuen Testaments von 
Trüber und andere Kirchenbücher aus der Reformationszeit, so wie 
eine katholische Bibel von Georg Japel von 1784. Die Kroaten sehen 
einer Bibelübersetzung erst entgegen, haben aber bereits drei brauch- 
bare Lexica ihrer Mundart (von Habdelic, Belostenec, Jambre- 
sic), während das verpfuschte des Pater Marcus und das dürftige und 
deutschmichlische des Pater Gutsmann den Krainem und Winden 
noch immer Schande machep. Die protestantischen ungrischen Win- 
den haben eine vortreffliche Übersetzung des Neuen Testaments aus 
dem griechischen Urtext von Stephan Küzmic 1771. 

7. Literatur der katholischen Sloveno-Serben. Mit die- 
sen verhält sioh's wie mit den vorhergehenden pannonisohen Slovenen: 
sie schreiben ihre drei Mundarten, die ragusanische, bosnische und 
slavonische, mit lateinischen Buchstaben nach verschiedenen teutoni- 
schen Combinationssjstemen. Die Slavonier haben nur erst ein paar 
ziemlich gute Grammatiken, die Bosnier einige Kirchenbücher, die 
Ragusaner aber auch gereimte fromme und sogar erotische Gedichte. 
(Möchte doch sich unter ihnen ein Herder oder auch nur ein Fortis 
finden, der die vielen nicht gereimten Volkslieder sammeitel Die 
Sammlung des Kacic ist bei weitem nicht befriedigend.) Micalia, 
Dellabella, Voltiggi und Stulli haben Lexica und kun^efasste (Gram- 
matiken dieses Dialekts geschrieben. Diese Illyrier (wie sie sich gerne 
nennen hören) besitzen von der Bibel nichts als das Evangelium ge- 
druckt in ihrer Mundart, aber man sagt, dass eine ganze Bibel hand- 
schriftlich in Rom (jetzt vielleicht in Paris) existiere. Übrigens haben 
die Uljrier ihr eigenes verzeihliches Vorurtheil, als wäre ihr Dialekt 
der reinste und älteste von allen, durch ganz Westeuropa zu verbrei« 

5 



66 

ten gewusst, wogegen freilich alle nicht illyrischen Slaren auch aus 
dem Grunde schon protestieren können, weil die Illjrier in ihrer eige- 
nen Sache um so weniger Partei und Richter sein dürfen, da sie die 
Dialekte der übrigen Slaven nicht einmal oberflächlich kennen. Lasst 
uns doch, Brüder, die ohnehin durch unsere weite Verbreitung genug 
erschwerte Communication zwischen Slaven und Slaven durch solche 
Menschlichkeiten nicht noch mehr erschweren! Lernet einander nur 
besser kennen, gewiss, ihr werdet täglich neue Vorzüge an einander 
entdecken! Vereinigt euch, z. B. wenigstens ihr Zweige, die ihr mit 
lateinischen Buchstaben schreibt, vor allem zu einer gleichförmigen 
Orthographie statt der sieben bis zehn, die euch bisher das gegensei- 
tige Lesen verleiden! 

Hier ist auch der Ort des sogenannten glagolitischen Alphabets 
zu erwähnen. Es sind die cjrillischen Buchstaben, aber nach Do- 
brovskjs wahrscheinlicher Hypothese zur Zeit, als auch in Dalmatien 
die slavische Liturgie von Rom aus verfolgt wurde, von irgend einem 
patriotischen Mönche durch absichtliche künsüiche Entstellung so un- 
kenntiich gemacht, dass man sie fbr die Erfindimg des heiligen Hie- 
ronjmus ausgeben und — annehmen konnte. 

PTrills Übersetzung wurde für die romische Messe und Brevier 
zugeschnitten und in diese hieronymische Schrift (wie einst die he- 
bräische Bibel aus dem samaritanischen Alphabet in's chaldäiscbe) 
übertragen, und der Papst liess sich diess, sei's aus Ehrfurcht f&r den 
vorgeblichen Hieronymus, sei's aus weiser Nachgiebigkeit gegen 
Leute, die sonst den griechischen Ritus ergriffen hätten, ge£ftUen. 

Also das glagolitische Alphabet ist eine schwer schreibbare, folg- 
lich hässliche Abart des cyrillischen; die Qlagoliten sind Katholiken, 
die aber die Messe imd das Brevier nicht lateinisch, sondern slavisch 
lesen; die Sprache im glagolitischen Missal und Brevier ist die der cy- 
rillischen Bibel, nur mit andern Schriftzeichen geschrieben. Es gibt 
Glagoliten in Istrien und Dalmatien : man muss sie nicht mit den unier- 
ten Griechen verwechseln, die nur ein paar Dogmen aufgegeben ha- 
ben, übrigens aber graeci ritus sind; die Glagoliten sind latini ritus 
(po zakonu rimskoga dvora), und haben nur das Privilegium der slavi- 
schen Sprache beim Gottesdienste. 

8. Literatur der griechischen Sloveno-Serben. Diese 
ignorierten so wie die Russen bis auf Peter I. vor der Kirchen- und 
Gelehrtensprache ihren Hausdialekt in Büchern, gerade so wie der 
Schwabe oder Niedersachse in Deutschland den seinigen in Büchern 
ignoriert. Erst zu Josefs IL Zeiten 1783 stand der noch lebende sla- 



67 

yische Anacharsis, Obradovic von ÖakoYO in Ungern, unter ihnen, auf^ 
und sprach in neuserhischer Sprache Worte englischer Freiheits- und 
Vaterlands- und Fenelon'scher Tugend-liebe. Seine Selbstbiographie, 
sein Rath der gesunden Vernunft, seine äsopischen Fabeln etc* ver- 
dienen noch lange das Lesebuch der Serben zu sein. Jankovie hat 
einige Comödien von Goldoni übersetzt, Solaric eine Erdbeschreibung, 
Stojkoyic eine Physik herausgegeben. Die serbische Literatur kann 
einst eine gefiihrliche Nebenbuhlerin der russischen werden; der süd* 
liehe Himmel und die altslavische Kirchensprache sind Vortheile, die 
nicht zu übersehen sind. Diese Serben bedienen sich der russischen 
sogenannten CiTilschrifit; aber noch haben sie meines Wissens keine 
Orammatik, noch Lexikon (das Kurzbeckische ist ein Zwitter) mit 
serbischer Schrift aufzuweisen; freilich sind die der katholischen 
Sloveno-Serben auch hier brauchbar. 

9. Literatur der Russen. Unter Peter L yersuchte es ein 
hollandischer Schriftschneider den rohen Kirchentypen eine gefälligere 
Gestalt zu geben und druckte damit einige profane Sachen, als Wech- 
selordnimg etc. (denn die Mönche hütten über Ketzerei geschrien, 
wenn man es gewagt hätte ihren unförmlichen Uncialen in Kirchen- 
büchern diese elegantem Tjpen zu substituieren). Daher der Unter- 
sohied der Earohen- und der Ciyilt}rpen in den russischen Druckereien : 
i^it ersteren wird noch immer alles heihge (theologische), mit letztem 
alles profiuie gedruckt. Wir haben schon oben erinnert, dass bis auf 
Peter I. die Russen ihren Hausdialekt in Büchern ignorierten. Die 
eigentliche russische Literatur datiert erst seit Katharina U. ^Unbe- 
greiflich lange dauerte es nur, sagt Schlözer, ehe die Russen die Pracht 
des Slaronismus (der Kirchensprache) in ihre neurussisohe Sprache 
übertrugen. Nur allererst seit fünfzig Jahren etc.^ Aber wie gesagt, 
die Bibel, die Liturgie und andere heilige Bücher existieren dort nur 
in den altslavischen Kirchensprache. Über das russische haben wir 
brauchbare Grammatiken und Wörterbücher. 

10. Literatur der Böhmen. Von dem nordwestlichen Haupt- 
aste, bis wohin Cjrills Bibel und Alphabet nicht drang, waren die 
Böhmen die ersten, die ihren Dialekt (mit deutschen Lettern nach 
teutonischer Combinations-Methode) schrieben. Sie schreiben seit dem 
dreizehnten Jahrhunderte Bücher, deren Anzahl bis zur Erfindung 
d«r Buchdruckerei nicht unbetrftohtUoh ist, und sie waren unter allen 
Slaven die ersten, die von dieser Kunst zur Verbreitung der in ihrer 
Sprache abgefitssten Bücher Gebrauch machten. Sie liessen schon 
1475 ein Neues Testament und 1488 die ganze Bibel drucken, und 

5» 



6Ö 

Yon dieser Zeit kamen immer mehrere Bücher yersehiedenen Inhaltes 
heraus; Pelzel gibt die Anzahl der gedruckten BClcher vom Jahre 
1500—1600 auf 131 Stück an. Seit 1620 aber dürfen sich die Böhmen 
mit den Polen , imd seit 1700 auch mit den Russen in Rücksicht des 
Bücherwesens nicht mehr messen. ^) DasgoldeneZeitalterderböhmisch- 
slavischen Sprache fallt in das rierzehnte und in den Anfang des fünf- 
zehnten Jahrhunderts, als nach Verordnung der goldenen Bulle Kaiser 
Karls IV. jeder Kurfiirst des deutschen Reiches slavisch lernen sollte, 
und in der böhmischen Literatur, um die Zeit der Kostnitzer Synode, 
schon alles helle war, als es in Deutschland und auch in Frankreich 
nur noch zu tagen anfing. Wäre es mit der Cultur Böhmens so fort- 
gegangen, vielleicht hätte es bei der so nahen*) Verwandtschaft so vieler 
slavisch redenden Völkerschaften in Europa geschehen können, dass 
heute der französische Sprachmeister dem slavischen weichen müsste. *) 
(Und wenn Voss und Fichte Recht haben, dass eine Ursprache besser 
ist als eine gemengte» so hätte Europa bei dem Tausche auch nicht 
verloren.) 

Das slovakische in Nord-Ungem ist eine an sich weniger harte, 
dem altslavischen 'nähere, weniger gebildete, aber auch weniger ver- 
bildete Abart des böhmischen. Indessen lesen der Mähre sowohl als 
der Slovak die böhmische Schriftsprache. Zwar wollten die katholi- 
schen Geistlichen um die 1790erjahre sich unter Bemol&ks Anfüh- 
rung ihrer Mundart annehmen, aber die protestantischen setzten sich 
dagegen, und jetzt wacht die Crusca der slavisch-böhmischen Sprach- 
kanzel in Pressburg über die Reinheit des Öechismus auch unter den 
Slovaken. 

Die Böhmen besitzen von Dobrovskys Hand die beste, dassische 
Grammatik unter allen Slaven (möchte er nur auch eine solche über 
die altslavische Kirchensprache verfassen, wie er wohl allein könnte) 
und ein gutes Wörterbuch von Tomsa (freilich ein vollständigeres im 
Manuscript). 

11. Literatur der Polen. Die Polen erhielten Religion und 
Wissenschaften aus Böhmen. Daher sehrieben sie ihren Dialekt an* 



^) DobroTsk^ Lehrgebäude der böhmischen Sprache. Prag. 1809. 

*) So nahe sind unsere Dialekte einander, wie die griechischen einst waren. Ein 
Sfldslave, der ein wenig an Sprachanalogien gewohnt ist, lernt in neraehii 
Tagen das kirchenslansohe ToUkommen; wie erst, wenn alle Dialekte mit 
einem gleichförmigen Alphabete geschrieben würden, wie die griechischen es 



waren ! 



') Schwartners Statistik von Ungern, zweite Auflage 1810. 



69 

^glich auch mit böhmischen (schwabacher) Lettern und böhmischer 
Orthographie, welche ersteren sie seit dem letzten Drittheil des sieb- 
zehnten Seculums mit den lateinischen yertauscht haben. Ihr Dialekt 
hat die meisten Zischer und tritt, wie Jean Paul bemerkt, wegen seiner 
(nur orthographisch gehäuften) Mitlauter hart und schreiend yor das 
Auge, &llt aber doch im Leben lieblich mild aus. Die Polen haben 
eine reiche Literatur in Prosa und Versen, und von Kopczynski, 
Bandtke und Linde rortreffliche Grammatiken und Wörterbücher. 

12. Literatur der Lausizer Wenden. Den Lausizom com- 
binierte d'er Pastor Bierling 1689 ihre eigene Orthographie mit deut- 
schen Lettern. Der Dialekt theilt sich in zwei Unterarten, den der 
obem und den der niedem Lausiz. Man hat über beide brauchbare 
Grammatiken von Matthäi und Hauptmann; auch soll endlich ein 
Wörterbuch erschienen sein, was Sclureiber dieses aber nicht gesehen 
hat. Die Lausizer besitzen auch eine Übersetzung der ganzen Bibel. 

13. Betrachtungen. I. So war denn schon im neunten Jahr- 
hunderte der Dialekt Cyrills auf dem Wege gemeinschaftliche Schrift* 
spräche aller Slaven zu werden, so wie es für die zwölf Millionen 
Itali^ier der florentinische, für die 28 Millionen Franzosen der Isle 
de France'sche, für die 30 Millionen Deutsche der obersachsische 
u. s. w. ist. Aber das Schicksal wollte es, dass nun alle sechs Haupt« 
dialekte und sogar einige Unterdialekte geschrieben werden wie einst 
die griechischen. Auch gut: schreibe man sie nur auch wie die 
griechischen alle mit einerlei Alphabet und nach einem, nicht nach 
einem Dutzend widersprechender Schreibsjsteme. Hier wäre ein 
weiser Despotismus wünschenswerth, der die Thoren nöihigte ver- 
nünftig zu sein. 

n. Die griechischen Dialekte flössen, nachdem Alexander sich 
an die Spitze der Griechen gestellt hatte, in eine Schriftsprache 
zusammen: so dürfte es einst den slavischen auch wieder ergehen» 
Nur wäre dann zu wünschen, dass diess entweder der alte cyrillische 
oder doch einer der jüngeren südlichen Dialekte wäre, die ihrer Natur 
nach freier von Härten sind als die nördlichen. ^ Sollte indessen das 
Glück selbst dem härtesten das Scepter geben, so fällt derselbe ja doch 
noch immer nach Jean Paul im Vergleich mit anderen Sprachen lieb- 
lich mild aus. 

m. Wie gut wird es einst der slayische Adelung haben, aus so 



') Vergleiehe ScUOzers Beoension des Linde'geheo WOrterbaches Iq den GMUm- 
ger Anzeigen. 1809* 



70 

reichlichen Quellen, als es die Bibeln und Lexika aller Haupt- und so 
vieler Unterdialekte sind, ein vergleichendes Wörterbuch auszuarbeiten! 
14. Auch etwas, was in Österreich noch zu wünschen 
ist. Der böhmische Dialekt hat in der österreichischen Monarchie 
fünf Kanzeln, auf denen er grammatisch gelehrt wird, in Prag, 
Pressburg, Wienerisch-Neustadt und in Wien selbst im Theresiano 
und an der Universität. Österreich herrscht aber über Slaven aller 
Dialekte (das ist, ausser den Böhmen noch über Polen in Schlesien 
und Gküizien, über Russen [flusnjaken] in Galizien und Ost-Ungem, 
über Sloveno- Serben in Süd -Ungern und Slavonien, über Slovenen 
in Innerösterreich, Provinzial- Kroatien und West -Ungern). Billig 
sollte es daher auch alle bedenken. Und alle wären sie zugleich be- 
dacht, die Böhm^d selbst mit, wenn an der Wiener Universität neben 
der böhmischen, und andern Sprachkanzeln auch eine f&r die altslari- 
sche Sprache errichtet würde, der alle heutigen Dialekte um so 
näher kommen, je näher man sie bis an ihren Ursprung verfolgen 
kann. Eben desswegen hat das altslavische fär alle Slavisten ein ge- 
meinschaftliches Interesse, für die österreichischen aber noch das be- 
sondere, dass es hierher zu Hause gehört, also Österreich die Pflege 
desselbennicht den depravierenden Händen der Russen überlassen sollte. 
Der Oeist dieser Blätter treibt uns noch zu einer patriotischen Be- 
merkung, deren Wahrheit schon aus der Natur der Sadie fliesst, zum 
Überflüsse* auch aetenmässig aus Obradovic erwiesen werden kann, 
dass nämlich die zwei bis drei Millionen Serben (Ulyrier), die nach und 
nach ans der Türkei zu uns emigriert sind, nach einem Beweise von liebe- 
voller Würdigung dessen, was ihnen das iheuerste ist, ihrer heiligen 
Sprache, erst der leiblichen Wohlthaten der österreichischen Ober- 
herrschaft doppelt froh werden würden. Man hebe psychologische 
Hindemisse durch psychologische Gegenmittel, mit Liebe für Liebe. — 
Von den übrigen eben noch um ihre Freiwerdung ringenden, türki- 
schen Serben ist es ohnehin bekannt, dass sie nach dem sprach- und 
glaubensverwandten, aber fernen Norden hinauf blickai, weil der 
praesentior deus sich weniger um sie zu kümmern scheint. Und nur 
in Wien, dem Zusammenflüsse von Slaven aller Mundarten, würde 
eine solche Kanzel linguae slavicae antiquissimae communis et ecde- 
siasticae, wie sie Durich nennt, an ihrem wahren Platze und von 
allgemeinem Nutzen sein. Aus dieser Einrichtung, gut geleitet, könnte 
mit der Zeit in diesem Centro eine slavische Central-Akademie her- 
vorgehen, zu der aUe ausser diesem Centro schon jetzt bestehenden 
und noch zu errichtenden nur Filialen wären. 



71 



XII. 

Die JHeehitaristeii. 

(Vaterländische Bl&(ter. Jahrg. IV. 116) 

Die Mechitaristen, welchen Se. Majestät der Kaiser das Kapu- 
'ziner-Kloster am Platzl in Wien einräumten» sind nicht , wie aus- 
wärtige Blätter sagen, griechische, sondern armenisch -katholische 
Mönche. Unter der Regierung Josefs 11. hatten sie sich aus Kon- 
stantinopel nach Triest ühersiedelt. Ihre Bestimmung ist die arme- 
nische Jugend zu unterrichten, Missionäre für den Orient zu bilden 
und Bücher fiir ihre Glaubensgenossen zu verfassen und zu drucken. 
Sie besitzen daher eine eigene Buohdruckerei in den orientalischen 
und occidentalischen Sprachen. Der Ertrag derselben und die Unter- 
stützung ihrer Glaubensgenossen reichet zu ihrem Unterhalte hin. 
Das obenerwähnte Kloster wurde ihnen nicht geschenkt, sondern nur 
auf so lange eingeräumt, als sie dem Staate nicht zur Last fallen und 
in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten sich genau nach den 
Landesgesetzen benehmen werden. Die Nichterfüllung dieser Bedin- 
gungen macht sie des Schutzes rerlustig. Ihr Vorsteher ist der Erz- 
bischof AdeodatuB Babich. 

xm. 

Noch etwas ftber die Mechitaristen. 

(Vaterländische Blätter. Jahrg. IV. 163, 164.) 

Der Orden der Mechitaristen gehört imter die ehrwürdigsten 
Institute. Man höre den Bericht, den der ehemalige Direktor der 
Druckerei der nun aufgelösten, aber nicht ersetzten römischen Pro- 
paganda, Johann Christoph Amaduzzi, in der Vorrede zu seinem 
Alphabetum armenum cum oratione dominicaU, salutatione angelica, 
initio Eyangelii S. loannis et cantico poenitentiae (Romae, 1784. 
Typis s. oongregationis de propaganda fide. 8.) darüber erstattet. 
Nachdem er nändich erzählt hat, dass im fünften Seculum der Reichs- 
kanzler (interpres regum) Mesrob statt der unzulänglichen griechi- 
schen und anderen Buchstaben, womit seine Landsleute und er selbst 
bisher ihre Muttersprache nothdürftig und mangelhaft geschrieben 
hatten, neue, för alle armenischen Laute hinreichende Schriftzeichen 



72 

erilluden *), und der Patriareh Isaac sie bei der ganzen Nation ein- 
geführt habe; dass dann post tot discrimina rerum im Jahre 1662 der 
Patriarch Jacob von Julfa den Erzbischof Osgan Vartabjed nach 
Europa geschickt habe, um da eine armenische Bibel und andere 
Kirchenbücher drucken zu lassen; dass dieser sich in Rom, Venedig 
und Amsterdam nach Formschneidem umgesehen, imd endlich am 
letzteren Orte die besten gefunden habe, wo er also Bibeln, Breviere 
etc. habe drucken lassen; dass seitdem ein Missale zum Chorgebrauch 
in Venedig und endlich andere Bücher in deni näheren Konstantinopel, 
aber schlecht, gedruckt worden seien, fahrt er also fort: „Doch die 
meiste Verschönerung verdanken die armenischen Typen der Congre- 
gation der Mechitaristen. Diese Gesellschaft, die ehedem zu Moden 
inMorea imter venetianischem Schutze bestanden hatte, zog sich 1702, 
weil in Morea Krieg war, auf die Insel S. Lazaro in Venedig, und da 
sie sich nach dem Willen und der Vorschrift ihres Stifters, Mechitar, 
welcher Name soviel bedeutet als Paradetus (Tröster), den Wissen- 
schaften widmete, übernahm sie es auch, die armenischen Drucklet- 
tern zu verschönem. Ihnen verdanken wir eine Bibel, die die Amster- 
damer an Schönheit des Druckes hinter sich lässt, und andere klei- 
nere Werke, die man für die Anfanger zu drucken pflegt. Aber von 
allem, was diese Druckerei geliefert, ist am splendidesten das Wör- 
terbuch der alten armenischen Sprache, von Mechitar selbst mit Hilfe 
seiner Schüler verfiwsst. Dieser Orden hat seitdem immer Männer 
geliefert, die ihre Sprache und Kalligraphie meisterhaft verstanden 
und Übersetzungen und eigene Werke geschrieben haben, die den 
alten classisohen nicht nachstehen. Ihre Schulbücher ftLr Philosophie, 
Rhetorik und Grammatik müssen in Jedermanns Händen sein, der 
die Sprache sicher und gründlich sich eigen machen will." Heil und 
Ehre also dem Institute, welches die heilige Flamme der Cultur einer 
so alten, aber jetzt politisch unglücklichen Nation fromm bewahrt, 
und dem, der ihm Zuflucht und Schutz gewährt. Dem Kaiser von 
Österreich stand diess um so mehr zu, da er unter seinen betrieb- 
samsten Unterthanen in Gbilizien und Ungern ganze Pfarreien ansäs- 
siger Armenier zählt, die das Unglück ihres schönen, aber von jeher 
von den benachbarten Völkern, jetzt von Türken und Persem gemiss- 



*) Der SlaTen&postel Cyrill im nennten Jahrhunderte hat es kosmopolitisch noch 
besser gemacht, indem er die griechischen Bnchstaben, die ei* brauchen konnte, 
beibehielt, und nur für die eigenthümlichen Laute der slarischen Sprache neue 
Schriftzeichen erfand, 



' 73 

handelten Vaterlandes in die Fremde getrieben hat. Übrigens haben 
die Sprachforscher zwischen den Wurzehi, dem grammatischen Bau 
und der Syntax der altindisehen, persischen, armenischen Sprache in 
Asien und der griechischen, deutschen, lateinischen und slavisehen 
in Europa eine so starke Ähnlichkeit gefunden, dass sie daraus auf 
einstmalige Einheit dieser Völkerstämme schliessen eu müssen ge- 
glaubt haben. Noch sei uns erlaubt, unsere Leser darauf aufinerksam 
zu machen, wie einem Armenier zu Muthe sein musste, der eine 
Reise von Eriwan bis Venedig und Amsterdam, aus einem Welttheil 
in den anderen macht, um ein Buch drucken zu lassen. Wie werden 
wir dann dem Glücke danken, das uns der Civilisätion in den Sohoos ^ 
gesetzt! 

XIV. 

Antliimos Gazfs griecliischer Merkur. 

(Vaterltadische Blfttter. Jahrg. IV. 160—162.) 

Man weiss, mit welcher Ehrfurcht der selige Schlözer das Wort 
Zeitung immer aussprach. Ihr allgemeines Gelesen- und Besprochen» 
werden macht diese Art von Schriften zu den bei weitem einflussreieh- 
sten für die Aufklärung der Gesammtmasse eines Volkes und eben 
desswegen zum Gegenstande der aufinerksamsten Beachtung und Lei- 
tung einsichtsvoller Regierungen. Gazi's Merkur, zwar noch nicht 
auf das ganze seiner Nation berechnet, sondern erst nur auf den 
edleren Theil derselben, dem auch noch diese Hülfe, dieser Vereini- 
gungs- und Einverstehungspunct f&r die zerstreuten Apostel der 
Wiedergeburt Gräeiens noth thuty interessiert auch uns aus einem 
doppelten Gesichtspuncte: erstens weil er für Griechen, und zwei- 
tens, weil er in Wien geschrieben wird. 

Für Griechen! Wem von uns ruft dieser Name nicht alles 
schöne und grosse, was je die Menschheit vollbracht, in's Gedächt- 
niss zurück ! Den Griechen verdankt Europa , der kleinste der Welt- 
theile, sein geistiges und eben dadurch auch sein politisches Über- 
gewicht über die übrigen alle. Nie, so lange die ewigen Meisterwerke 
der Griechen gelesen werden, kann Humanität auf Erden untergehen! 
Theils durch Absendung talentvoller Jünglinge auf* die Schulen 
Deutschlands und Italiens, theils durch Errichtung von Schulen in 
Griechenland selbst streben die Griechen mm mehr als jemals nach 
ihrem eigenen schönen Ausdrucke „die Musen in ihre alte Heimaih 
zurückzurufen.^ Heil den Männern, die wie die Gebrüder Zosima 



74 

ihren Reichthum, oder wie Korai und Gazi ihre Kenntnisse, oder 
wie der neue Metropolit der Walachei, Ignatios, beides zugleich 
(sanunt ihrem entscheidenden geistlichen Einfluss) diesem schönen 
Zwecke weihen! Diesem letzteren haben wir eigentlich die endliche 
Erscheinung dieser schon 1805 von Gazi in Venedig durch ein ge- 
drucktes Umlaufschreiben an alle Hellenen projectierten, von Korai 
(in der Fortsetzung seiner Herzensergiessungen über griechische 
Literatur und Sprache vor seinem Plutarch) als äusserst wün- 
schenswerth und folgenreich dargestellten und in Hinsicht auf 
Druckkosten der Gemeinde (d. i. dem Patriarchen) Ton Konstan- 
tinopel zugewiesenen Zeitung zu verdanken. Geboren auf der Insel 
Lesbos (dem Vaterlande der Sappho und des Alkäus) war Ignatios 
früher Metropolit von Arta in Epirus gewesen, ehe ihn die Synode 
von Petersburg als Metropoliten der neu eroberten Walachei nach 
Bukarest schickte. Die Walachei und Moldau (das alte Dacien) 
waren bisher zwei türkische Satrapien, die seit etwa hundert Jahren 
meistens an Griechen verpachtet wurden. Diese griechischen Hospo- 
dare zogen dann, wie natürlich, eine Menge Landsleute, theils als 
Diener, theils als Freunde dahin. Die grössere Freiheit und der 
häufigere Verkehr mit Franken konnten ihre Wirkung auf diese 
Nachkommen des feinsinnigsten aller gewesenen Völker nicht ganz 
verfehlen. Als der Metropolit Ignatios in Bukarest ankam, fand er 
aber doch, nach dem Berichte unseres Merkurs, den Glerus, die Wis- 
senschaften, die Erziehung der Jugend vernachlässigt. Überzeugt, 
dass alles Heil nur auf guter Erziehung der Jugend beruhe, nahm er 
die kaum noch lebende Bukarester Schule unter seine unmittelbare 
Aufisicht und nannte sie Lyceum. Aber nicht bloss der Name der 
Anstalt ward geändert, es wurden auch neue Professoren berufen, 'so 
dass gegenwärtig dort in neugriechischer Sprache gelesen wird über 
Mathematik, Experimentalphysik, Chemie, Zeiehenkunst, Metaphy- 
sik, Logik, Ethik, Naturgeschichte, Geographie, Rhetorik, Poetik, 
Geschichte, Archäologie, über die altgriechische, lateinische, fran- 
zösische, deutsche und russische ^) Sprache. Die Zahl der Studenten 



^} Da es augemaoht ist, dass ein ganzes Volk nicht eher Coltur haben kann, als 
bis es gnte Bücher in seiner Mattersprache hat; da die Bukarester Griechen doch 
auch das Volk, das sie beherbergt, mit bedenken sollten, nm so mehr, da Ig. 
natios nicht bloss Metropolit der Griechen , sondern der ganzen Walachei ist und 
die walachischen Bojaren gewiss betrachtlich zn den Stndienanstalten beistenem 
werden, so ist wohl zn hoffen, dass neben der rassischen anch die einheimSsohe 
ir^achisohe Sprache eine Kanzel erhalten werde. Sie ist ein Pendant der ita- 



75 

zur Zeit des Berichtes (Juli 1810) war über 230. Bei den öffentliehen 
Prüflingen war der Metropolit in Begleitung seines Clerus, der Staats- 
beamten und der Gelehrten zugegen, prüfte selbst die Sohüler und 
beschenkte sie mit Büchern, die Lehrer aber mit goldenen Uhren. 
Um seinem Werke Dauer zu versichern, stiftete er etwas, was selbst 
manche Franken noch entbehren, und was bisher in Elngland am 
schönsten gedieh: eine gelehrte Gesellschaft, bestehend i^us Gelehr- 
ten vom Clerus und vom Adel und aus den vielen, meist in Deutsch- 
land gebildeten Ärzten und Professoren. Ihr Zweck ist, für die Auf- 
nahme der Wissenschaften zu wachen und insbesondere die Cultur 

I 

der neugriechischen Sprache auf der Grundlage der alten sich ange- 
legen sein zu lassen. Diese Gesellschaft nun lag unserem würdigen 
ArchimandritenAnthimos an, Hiand anzulegen an die gelehrte Zeitung 
für Griechen, nach dem Plane, den er und Korai projectiert hatten. 
Und als in einer ihrer Versammlungen ein Brief von Anthimos aus 
Wien abgelesen wurde, in welchem nur noch von 400 Piastern Druok- 
kosten als dem nunmehr noch einzigen Hindemisse der Erscheinung 
derselben Erwähnung geschah, griffen die Herren einmüthig in die 
Taschen und die 400 Piaster waren beisammen. Und so wird diese 
Zeitschrift in Wien gedruckt, nicht weil der Bedacteur hier lebt, 
sondern er lebt hier, weil Wien selbst, die typographischen Bedürf- 
nisse nicht mitgerechnet, der schicklichste Platz ist, um für Griechen 
zu arbeiten. 

Hier ist nicht der Ort, den Inhalt dieser, auch für deutsche und 
überhaupt occidentalische Gelehrte interessanten Zeitschrift umständ- 
lich auseinander zu setzen. Wir wollten nur aus dem Gesichtspuncte 
dieser vaterländischen Blätter aufinerksam machen auf die Entstehung 
und auf den Gegenstand dieser wichtigen Zeitschrift, welcher nach 
den ausdrücklichen Worten der Ankündigung im ersten Hefte ist: 
philologische Nachrichten in Beziehung auf Künste und Wissenschaf- 
ten, Untersuchungen Clber die griechische Sprache, Yergleichung 



lienischen, und kann einst eine eben so schöne Opernsprache werden, wie es 
diese bisher in Europa allein ist. «Die Geschichte der lateinischen und der sla- 
▼ischen Sprache wftrde dnroh eine mit adelnngisoher Spraehphilosophie nnd 
SprachenkenntniBS verfasste Grammatik der walaohischeo Spradie gewiss sehr 
bereichert. Mit der Zeit Hesse sich anch aaf eine Kanael der altdayischen Kir- 
chensprache antragen, die eine betr&chtUche Literatur hat und Ton der die rus- 
sische nur eine sehr junge Schwester ist. Der slansche Theil der walaehischen 
Sprache ist altslaTisdu In früheren Zeiten war altslaTiach die Staats- and Kir* 
ehensptaGhe der Walaehen. 



76 

der Phrasen und EUgentbümlichkeiten der modernen Sprachen mit 
denen der alten» Reinigimg der modernen Sprache , Nachrichten von 
neu erscheinenden griechischen und auch fremdsprachigen Büchern, 
insofeme letztere auf Griechenland Bezug haben , neue Ejrfindungen 
in Künsten und Wissenschaften, Archäologie, Geographie, Geschichte, 
Chronologie, Ökonomie und dergleichen mehr, was zur Aufnahme 
der Wissenschaften dienen kann. 

Alle vierzehn Tage erscheint ein Bogen, und (beinahe hatten 
wir das schönste vergessen) die Bukarester Gesellschaft sendet jeder 
griechischen Schulanstalt in Europa und Asien ein Exemplar unent- 
geltlich zu. 

XV. 

Geographie you Bessarabien^ 

der Moldau, Walachei, Bulgarien, Bosnien, dem Berge 
Athos und Montenegro. Aus dem serbischen. (Auszug über 

den Berg Athos und Montenegro.) 

(Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. Jahrg. 1811. 228—232.) 

Vorbericht des Übersetzers. 

Diese Lander sind gegenwärtig der Schauplatz und zum Theil 
der Gegenstand eines folgenschwangeren Krieges. Um so interessan- 
ter wird hoffentlich fiir unsere Leser das folgende Bruchstück aus des 
berühmten Serben Dositheus Obradoyic (den mehrere deutsche Zei- 
tungen noch immer für einen griechischen ^) Geleluten ausgeben, der 
aber ein gebomer österreichischer Serbe, und dermal der Nestor im 
Bathe der Serben ist) und seines Schülers Solario serbischer Erdbe- 
schreibung (sBMJieoniicaHie, Venedig, 1804. 8.) sein. Das Buch ist 
meist nach Ghuspari'« trefflichem Lehrbuche (das auch, im Vorbeige- 
hen zu sagen, von Herrn Kyriakos Kapetanaki in Wi^n 1808 schon 
zur Hälfte ins neugriechische übersetzt ist) ausgearbeitet. 

I. Im Süden Macedoniens busnet sich das Meer tief in das feste 
Land hinein und bildet eine Halbinsel mit drei Spitzen. An der öst- 
lichen dieser Spitzen liegt der hohe Berg Athos, heut zu Tage Heili- 
ger Berg (Monte Santo, slayisch Sveta Gora) genannt, weil 203 grie-. 



') Schon sein Name auf vid hAtte ihn als Slaren verrathen sollen: als Grieche 
müMtQ er auf (Sfis oder doob auf ffouAos (^OjtfrpaSoffooXes) sich endigen. 



7Y 

chigche Klöster darauf stehen. Dieser Heilige Berg ist eine Kette von 
Bergen, die man auf sieben Meilen in die Länge und drei Meilen in 
die Breite schätzt. Ausser den Klöstern und 500 Kapellen gibt es da 
noch yiele Felsenhöhlen und einzelne Hütten, die von Einsiedlern be- 
wohnt werden, so dass hier an 6000 Anachoreten von allen Theilen 
Europas, Asiens und Afrikas leben. Der Monte Santo ist der hei- 
ligste Ort der griechischen Kirche in Europa. — Aber diese Anacho- 
reten des achtzehnten Jahrhunderts sind nicht wie andere, wohl- 
gefütterte Mönche, die nur Gott för andere Leute bitten, dafür 
aber diesen das Arbeiten überlassen. Auch diese bethen, arbeiten 
aber demungeachtet auch selbst. Sie bauen nämlich die Erde, 
jagen, spinnen, nähen, flechten, weben, erhalten einige Malerei, 
versehiedene Bildnereien in Bein, Holz und Stein, und treiben 
allerlei kleinen Handel. Sie essen nie Bindfleisch, sondern leben von 
Yegetabilien, Brot, Fischen, Öl und Käse. Aber um wie yiel ist denn 
ein kerniger Fisch schlechter als Rindfleisch? und worin besteht das ver- 
dienstliche, dieses nicht zu essen, während man jenen isst? Der Fisch 
ist eben so schmackhaft, eben so nährend wie nur immer das Rind- 
fleisch, folglich leidet die Gourmandise keinen Abbrach. Der Fisch 
hat wie die Landthiere Leben und Empfindung; es ftllt also auch der 
Vorwand des Mitleids mit einem empfindenden Wesen weg. Nüch- 
ternheit ist Faste*). — Die Luft auf dem Athos ist sehr heiter und 
gesund. (Sonst pflegen hohe Berge immer in Wolken gehüllt zu sein.) 
Dazu kommt die Massigkeit und Arbeitsamkeit der Mönche, daher 
sie über 100 Jahre alt werden. In jedem Kloster sind nur drei Büeher- 
mönche, die von der Handarbeit befreit sind und die dortigen gros- 
sen Bibliotheken besorgen. — Der Monte Santo gilt für die Haupt- 
universität der griechischen Christen, ftlr Theologie. Nur hier dürfen 
die Christen Kirchenglocken haben. — Abgesehen Yon den Früchten 
ihres Fleisses, sammeln die Mönche auch noch Almosen. Aber wozu? 
Angeblich um den Schutzzins aufzubringen, den sie der Pforte entp- 
richten müssen und der für den Berg Athos 36,000 Thaler beträgt« 
Aber auch diese 36,000 Thaler liessen sich durch Fleiss und gute 



*) Dergleichen Apostrophen sind h&nflg in Obrftdorid's Schriften. Aber diese 
- ObradoTidisehe Faste (Nfichternheit) ist lebenswierige Pflicht: der gtmeine 
Mensch braucht aber sinnlichere Ansrnhpnncte anf der langen Lebensreise, 
und der Philosoph ist schon xnfrieden« wenn der Wilde nur irgend einen Gott 
erkennt, der seine Wildheit mässigt. Die griechischen Mönche haben noch 
vieles sn thun , um ihrer Nation das zu werden , was unsere Benedict ider 
t. B. uns geworden sind. Dahin leite nian sie. 



?8 

Wirthsohaft wohl gewinnen, denn es kommen auf den Kopf nur secfaiB 
Thaler. Von Rassland, aus der Moldau und Walaehei erhalten die 
Mönche viel, aus Serbien seit einiger Zeit wenig oder gar kein Al- 
mosen, und doch seheinen sie diesen Elntgang nioht zu spüren. — In 
der Mitte des Berges liegt das Dorf Karäs. 

II. Im Nordwesten Albaniens liegt nicht weit Yom Meere ein 
gebirgiges Stück Landes, Montenegro (slayisch Cma Gora, das 
Sehwarzgebirge), von dem die Montenegriner (Cmogorci) ihren Na- 
men haben. Dieser geistlich-militärische Staat, der sich zur griechi- 
schen Kirche bekennt, steht, durch russischen Schutz und schon 
durch seine unangreifbare Lage und die Macht seiner eigenthümlichen 
Bewaffnung vollkommen unabhängig Yon den Osmanen, unter einem 
Bischof, der hier sowohl in geistlichen als in politischen Dingen die 
höchste Gewalt hat. Das Ländchen ist in mehrere Knezien oder Zu- 
panien *) geiheilt, denen ICnezen Yorstehen, die einem weltlichen Statte 
halter, als dem Stellvertreter des Bischofi», untergeordnet sind. Die 
Einwohner (30- bis 40,000 waffentragende Männer) sind geflüchtete 
Serben und Bosnier, aufgeweckte Köpfe, aber ohne alle Aufklärung, 
in ewigen Feindseligkeiten mit den Türken; sie leben von Ackerbau, 
Viehzucht, Gärtnerei, Obst- und Bienenzucht und einigem Handel 
mit Bosnien und Cattaro. Städte haben sie keine. Stanjevici, ein gros- 
ses Kloster, Sitz des Fürstbischofs von Montenegro. Njegusi, ein 
Dorf, aus dem vorzüglich die jedesmaligen Fürstbischöfe so wie ihre 
Stellvertreter genommen werden. Crmnica, Podgorica, Cetinje, Bje- 
lica, Öevo, tiuce, Bjelopavlici u. s. w. montenegrinische Dörfer. 

Bemerkung des Übersetzers. Obradovic spricht in den 
Briefen über seine eigenen Lebensschicksale von einer Gegend Maine, 
in der Nähe von Cattaro. Bekanntlich heisst die Gebirgsgegend im 
Süden Morea's auch so, und ihre Bewohner Mainotten. Diese Mai- 
notten leben, unabhängig von den Osmanen, in ihren Gebirgen, wie 
die Montenegriner. Überraschend ist die Ähnlichkeit in den Sitten 
und Gebräuchen beider. Dazu noch der Gegendname Maina hier und 
dort! Wie wenn die fiir Nachkommen der alten Spartaner ausgegebe- 
nen Mainotten in Morca auch Slaven wären wie die^ Montenegriner? 
Oder wenigstens Nachkonmien von Slav^i? Um die Mitte des achten 
Jahrhunderts hatten Slaven den ganzen Peloponnes überschwemmt 

(iraaa ff U$\on6vvri9os isB\aßiitSti jiai ytyovt ßdpßapos); hundert Jahre 

(brauf schickte der Hof von Konstantinopel eine Armee dahin, um 



*) D. i. Gemeinden, die &1 teste Verfannng der Slaren. 



79 

diese Slaren zn unterjoehen, was ihm auch glückte; nur die Jezeriten 
tind die Milenger, die die südlichen Gebirge bewohnten, konnte man 
nicht unterjochen, sondern begnügte sich mit einem mässigen^Tribut. 
(Siehe Stritters Auszüge aus den Byzantinern.) Büsohing führt noch 
jetzt einen Ort, Sklavoehori (Slayendorf in der peloponnesischen 
Maina) auf. Die ältere Geschichte der Slaven ist noch immer ein 
Chaos, das noch ein halb Dutzend inländischer Schlözer erfordert, 
damit das Licht yon der Finstemiss geschieden werde. 



XVL 

Vollständiger Anszng 

aus der serbischen Selbstbiographie des Demetrius Obradovic 
(als Kalugjer Dositheus genannt), eines österreichischen Illy- 
riers. Ein Beitrag zur Menschen-, Völker- und Länderkunde. 

(Aroliif f&r Geographie, Historie, Staate- und KriegtkanBt. Jahrg. 1811. 267—272.) 

Im vorigen Jahrgange der mit Recht geschätzten vaterländischen 
Blätter für den österreichischen Kaiserstaat, Nro. ü. vom 11. Mai 1810, 
begannen diese Fragmente des Lebens Obradovic's, des serbischen 
Anaeharsis, des Nestors im hohen Bathe zu Belgrad. Sie sind seit- 
dem nicht wieder fortgesetzt worden. Wir glauben unseren Lesern 
ein nicht uninteressantes Geschenk darzubringen, indem wir diese 
Fortsetzung aus den Händen des Verfassers und mit Bewilligung der 
Redaction der vaterländischen Blätter hier nachfolgen lassen. 

Mein Geburtsort ist die Stadt Öakovo im Temesvarer Banat. 
Mein Vater nannte sich Georg Obradovic, von Nation ein Serbe, sei- 
nes Gewerbes ein Kürschner und Handelsmann. Meine Mutter, Kruna, 
war gebürtig aus dem Dorfe Semarton (St. Martin) unweit Öakovo, 
Tochter des Ranko Paunkic. So klein noch verlor ich meinen Vater, 
dass ich mich seiner kaum erinnere; als ich aber heranwuchs, hörte 
ich niemand, weder Serben noch Walachen, ohne einen dehnsuch ts- 
vollenSeu£ser sein gedenken; alle nannten ihn den gutenBruderGjurko 
(Görge), bedauernd dass er so jung gestorben, und wünschend, dass 
seine Kinder ihm ähnlich würden. So jung ich auch war, so erinnere 
ich mich, als wäre es heute, welchen Eindruck diese allgemeine Ach- 
tung meines Vaters auf mich machte; immer hatte ich ihn vor Augen, 
nicht nur als meinen Vater, sondern mehr noch als einen Recht undEhre 
liebenden und liebenswürdigen Mann, den jeder, der ihn kennt, liebt und 



80 

hochschätzt; und dess gedenke ich gut, dass mein Kindesherz feet 
wünschte, ihm ähnlich zu sein und so die Liebe und das Wohlwollen 
anderer zu verdienen. Die Folge dieser Geschichte wird zeigen , da^s 
ich grösstentheils volle Ursache gehabt habe, mit den Menschen, mit 
welchen ich lebte, zufrieden zu sein, aber diess schreibe ich ihrer 
Güte zu: nur so viel kann ich versichern, dass, wenn auch von mei- 
ner Seite etwas gut war, ich es wahrlieh nur dem täglichen Anden- 
ken an meinen guten Vater, dem ich J)is auf diese Stunde inuner ähn- 
licher zu werden und mich so des liebevollen Andenkens meiner Brü- 
der und Landsleute werth zu machen strebe, zu verdanken habe. 
Meine Mutter, nun Witwe mit vier kleinen Kindern, konnte allein 
des Hauses Last nicht tragen; überdiess war sie noch jung, und folgte 
daher zwei Jahre nach meines Vaters Tode einem zweiten Manne. 
Aber in dieser zweiten Ehe war die arme sehr unglücklich. So durch- 
lebte sie anderthalb thränenreiche Jahre in der zweiten Ehe, bis sie 
bei der Geburt der letzten Frucht ihres Leibes zugleich mit derselben 
starb. Ich war damals neun bis zehn Jahre alt. Nach der Mutter Tode 
kamen meine zwei Brüder, Ilija (Elias), der &ltere, und der jüngere 
Luka und ich zu unserm väterlichen Onkel Grujica (Gregor), der uns 
wie ein Vater aufnahm. Er hatte eine ältliche Schwiegertochter mit 
zwei Enkelinen im Hause. Diese unsere Base, Bosiljka mit Namen, 
war uns eine Mutter» wie sie es nur immer ihr^i eigenen zwei Töch- 
tern sein konnte. Untiere Schwester Julijanka (Julchen), die jüngste 
von uns allen, blieb zu Semarton in des Gross vaters Hause, wo sie, 
diese meine unvergessliche Schwester, einige Monajfce darauf starb. 
Erst fünf Jahre alt, versprach sie besondere Schönheit und Scharf- 
sinn, und hätte sie gelebt, sie wäre unserer Mutter vollkommen ähn- 
lich geworden. Noch heute klagt mein Herz nach ihr; so oft ich ihrer 
gedenke, überfallt mich Wehmuth, als wäre sie eben erst gestorben. 
Ich liebte sie so sehr, dass, hätte sie gelebt, ich mich nie von ihr 
hätte entfernen können: aber so wollte es das Schicksal, dass mein 
Herz nichts auf Erden haben sollte, woran es hangen könnte, damit 
CS durch nichts gehindert würde, sich in die weite Welt zu entfernen. 
Von dieser Zeit an nannte ich jeden Menschen, der mir das geringste 
Wohlwollen zeigte, einen Verwandten und Freund, jedes Frauen- 
zimmer, das mich nur eines freundlichen Blickes würdigte, eine 
Schwester und Verwandte. Hier, scheint es mir, bfiginnt der erste 
Anfang meines Lebens. Ln neunten oder zehnten Lebensjahre, ohne 
Vater, ohne Mütter, ohne leibliche Schwester, fing ich an, mich in 
meinem eigenen Geburtsorte als einen Fremdling zu betrachten, und 



81 

mein Herz weissagte mir, dass ich einst umherwandern würde. So 
oft ich von Peterwardein, Ofen, Pest erwähnen hörte, flog mein 
Herz an diese Örter, ich verlangte die Leute kennen zu lernen, die 
dort lebten, h&tte gern gewusst, was es dort für Kinder und Mädchen 
gäbe; ich entsetzte mich, als ich hörte, dass es grössere und breitere 
Flüsse gäbe, als die Temesch, und höhere Berge, als die Hügel um 
Semarton. Um jedoch keinen Uibstand vorbei zu lassen, der einige 
Beziehung auf die Erziehung haben kann, erlaube man mir einen 
Schritt zurückzuthun. Ich hatte noch bei Lebzeiten meiner Altem an- 
gefangen in die Schule zu gehen, und ich gedenke noch wohl, welch 
grosse Freude ich hatte, als ich mit dem Bukvar (Namenbüehlein) 
in der Hand zur Schule ging; nur schmerzte es mich, dass mein Buk- 
var so zerrissen war: mein Bruder Uija hatte nämlich schon daraus 
gelernt und ihn so zugerichtet, als hätten Wölfe darin studiert. Mei- 
ster Dobra (so hiess mein erster Lehrer, ein Mönch), zufrieden mit 
meinem stillen Schulsitzen und meinem öfteren Hersagen der Lectio- 
nen, mit meinem stillen und schüchternen Aufixeten, hatte mich in 
kurzer Zeit vor allen meinen Cameraden liebgewonnen, und da er 
sah, wie furchtsam ich war, indem, wenn er einem der Knaben 
Batzen ') gab, ich gleich mit zu weinen anfing, als sollte unmittelbar 
nach ihm auch an mich die Beihe kommen, so liess der gute Meister, 
um mich von der täglichen Angst zu befreien und um mir Muth zu 
machen, sich mit mir in Gespräche ein, mir zeigend die Ursache, 
die ihn gezwungen diesen und jenen Klnaben zu züchtigen und zu 
schlagen, und dass gute, gehorsame und fleissige Schüler sich vor 
nichts zu fürchten haben. Da er auch sah, wie mitleidig ich nach den 
neuen Bukvaren und Öaslovcen der Mitschüler hinblickte, versprach 
er, sobald ich mit meinem Bukvar fertig sein würde, mir einen neuen 
Öaslovao *) zu schenken. Und er hielt sein Versprechen. Ich weiss 
nicht, ob diess «eine Liebe zu mir that, oder war es eine List meiner 
süssen Mutter"), die durch diesen Gedanken zwei Geschäfte abmachte, 
meine Dankbarkeit nämlich und Liebe zu meinem Lehrer vermehiie 
und doch meinem Bruder Ilija keine Ursache gab, zu schreien und zu 
lärmen , dass er bei seinem alten zerzausten Öaslovac bleiben müsse 



*) So heiuen in den Osterreichischen Schalen .die Streiche mit dem Ferl (femU) 

auf die hohle Hand. 
*) Eigentlich Casoslofac (Horologns), ein litnrgisches Buch, das zugleich das 

Lesebuch der Jngend in den Sdiulen ist. 
') Sladka mati, wie im lateinischen duicis mater. 

6 



82 

Oft nahm er mir zu Hause den meinen weg: doch wenn wir zur Schule 
gingen, gab er mir ihn immer wieder, mich bittend, dass ich nichts 
davon dem Meister sagen möchte, und betheuemd, dass er nie ge- 
sonnen gewesen sei, sich ihn zuzueignen, sondern mir ihn nur auf 
einige Zeit genommen hätte, um zu sehen, was ich ihun würde. Der 
Tod meiner lieben und süssen Mutter. traf mich, als ich im Psalter 
lernte. Mein mütterlicher Onkel, Nikola Parcanin, ein Mann von 
gutem und liebevollem Herzen , da er sah, wie fleissig ich zur Schule 
ging, wollte die Base Bosiljka erleichtem und nahm mich, da er über- 
diess kein männliches Kind hatte, zu sich in der Absicht mich als 
seinen Sohn aufzuziehen. Um diese Zeit trat in Cakovo eine Verände- 
rung ein. Die Öakover Hessen, ich weiss nicht warum, statt des 
Mönchs Dobra einen anderen Lehrer kommen, einen gewissen 
Stefan Mikaiinovic. Mit diesem machte mein Onkel besondere Freund- 
schaft, und vertraute ihm, dass er gesonnen sei, mich, wenn ich gut 
ausstudiert hätte, zu verheiraten und einzupopen (zum Priester wei- 
hen) *); er empfahl mich daher angelegentlich, und gab der Empfeh- 
lung oft Nachdruck, indem er ihm bald einen feinen Hut, bald ein 
Paar grosse seidene Tücher kauft;e. Dergleichen Empfehlungen hatten 
grosse Wirkuiig, der Herr Magister (denn er liess sich nicht Meister 
nennen) hatte ein besonderes Augenmerk auf mich, und gab mir nach 
durchgemachtem Psalter die Kätichisis zu lernen, d. i. das rechtgläu- 
bige Bekenntniss, wobei er mir jede (im altslavischen Kirchendialecte 
abgefasste) Lection auf gemein serbisch dolmetschte. Ich lernte sehr 
leicht auswendig und so konnte ich binnen zwei Jahren nicht nur die 
Katichisis, sondern auch andere handschriftliche Sachen sammt der 
Dolmetschung aus dem Kopfe. Und überdiess, da ich einen gewissen 
angebomen Hang etwas neues zu lernen hatte, verkroch ich mich, so 
oft ich in der Kirche war, in den Altar, machte mich über die vla- 
chischen Unterweisungen (kazanja) her, und las bis der Gottesdienst 
aus war. (Bekanntlich können in Öakovo alle serbischen Kinder auch 
vlachisch.) Die Dolmetschung meines Magisters (bei der Katichisis) 
half mir hier die Prologen *) verstehen: keiner blieb von mir unge- 
lesen; oft schalten mich die Popen, dass ich die Kirchenbücher rui- 



*) Der Verheiratete kann in der griechischen Kirche Priester werden, aber post 
ordines kann weder der ledige mehr heiraten, noch der inzwischen Witwer 
gewordene zur zweiten Ehe schreiten; daher etabliert man sich ante ordines 
und betet für langes Leben der Frau. 

') Kinp Art Le^onden der HHligpn. 



83 

niere, aber vergeblich. Zwei, drei Jahre dieses treibend, wusste ich 
die vlachisohen Unterweisungen, die Evangelien und die Prologen 
auswendig. Wer mich immer anhören mochte, dem sagte ich von 
Morgen bis Abend die Historien aus den Prologen her; wo nur Mei- 
ster imd Gesellen nahten, da ging ich hin und erzählte die' Lehren 
und Leben der verschiedenen Heiligen; jeder hörte gerne diese ihm ^ 
unbekannten Dinge. Alles diess war meinem guten Onkel sehr lieb 
und nach seiner Meinung sehr angemessen den Absichten, die er mit 
mir hatte; mein guter Wohlthäter konnte nicht voraussehen, dass 
eben diess seinem Zwecke schnurstracks entgegen war, wie gleich er- 
hellen wird. Den kindischen Kopf voll mit diesen Unterweisungen 
und 'Prologen, ausser Stande über etwas gehörig zu denken und zu 
urtheilen, setzte ich mir in den Kopf ein Heiliger zu werden. Wenn 
ich überdachte, was die Märtyrer gelitten, bedauerte ich, dass man 
nicht noch jetzt die Christen martere; ich hätte mich auf der Stelle 
für den Glauben braten lassen. Und wenn mir beifiel, was die Ein- 
siedler gethan und gewirket, wünschte ich sehnlich auf einen Einsied- 
ler zu stossen, um mit ihm in Ägyptens und Arabiens Wüsten zu 
fliehen, die keines lebenden Menschen Fusstritt entheiligt. So oft wer 
nach St. Georg, Partes und Bezdin, drei Klöstern unweit Öakovo, 
ging, schloss auch ich mich an, in der Absicht, irgend eine Höhle 
oder Wüste zu finden und dort zu bleiben; als ich aber hier die 
Mönche essen und trinken sah wie andere Menschen, und rund um 
sie von keiner Höhle noch Wüste hörte, dachte ich: diess ist nicht 
der Ort für dich, und kehrte traurig nach Öakovo zurück. Nach mei- 
ner damaligen Überzeugung wäre das Banat viel glücklicher gewesen, 
wenn es lieber voll Einsiedler, als voll Dörfer, Flecken und Städte 
wäre. Mein Wohlthäter fing an meine wunderlichen Wünsche und 
Absichten zu merken, und suchte auf alle Art sie mir auszureden. 
Oft umarmte, küsste er mich und hielt mir mit väterlicher Güte vor, 
dass ich ihn nicht liebte, wie er mich, und dass ich unrecht thäte, 
seine süsse Hoffnung, an mir eine Stütze, Trost und Beruhigung sei- 
nes Alters zu haben, vereiteln zu wollen. Es that, mir wehe diess zu 
hören, und wahrlich! ich liebte ihn sehr; aber wer bringt mir die 
Einsiedler und alle die Dinge aus dem Gehirne, womit ich meinen 
einfältigen Kindskopf angefallt hatte! Man sieht, wie schädlich es ist, 
wenn das Elind hört und liest, was nicht für dasselbe taugt! Ich ant- 
wortete ihm, das Evangelium lehre, dass, wer Gott gefällig sein wolle, 
der Welt und den seinigen entsagen müsse. Er sagte mir, das Evan- 
gelium lehre gut und recht, aber mein kindisclier Verstand sei noch 

6* 



84 

nicht im Stande zu begreifen, was das Eyangeliom damit wolle, und 
ich müsse warten, bis ich erwachsen und mein Verstand reif w&re, 
um die Kraft der Lehre des Erangeliums begreifen zu können. Da 
hielt ich ihm dann entgegen, was der heilige Antonius, Euthymius, 
Paehomius, Onuphrius und tausend andere gethan und der heilige 
Serbe Sava. Der Onkel schüttelte den Kopf und seufzte: Ach, mein 
Söhnchen, nun sehe ich, dass es besser gewesen wäre, du liättest alle 
diese Bücher nicht gelesen! Wer in unseren Tagen Kalugjer wird 
(sich einkalugjert), thut es aus Unwissenheit oder um leichter zu 
leben. Ich bin alt geworden mit allerlei Kalugjem, Jerusalemitem, 
Sinaitem, Heiligenbergem und jenen, die sich in unseren Ländern 
finden: Heiligkeit ist ihre geringste Sorge; Menschen sind sie wie wir; 
essen, trinken, rennen dem Gelde nach wie wir anderen, die wir 
Familie haben. Indem ich so spreche, yerurtheile ich sie nicht; sie 
gestehen das auch selber ein; nur dir will ich sagen, dass wahre Hei- 
ligkeit das ist, dass der jüngere dem älteren gehorche, dass die 
Kinder ihre Altem nicht verlassen, so wenig wie diese jene; dass 
der Mensch gerecht und ehrlich in seinem Hause lebe, von seiner 
Arbeit und Mühe, mit seinem Weibe und Kindern, nichts frem- 
des begehrend. Fände sich einer unter vielen, der eine andere Nei- 
gung in sich spüre, so sei es gut, und nöthig, dass er Rath suche bei 
seinen älteren Freunden und seine 25 bis 30 Jahre abwarte, damit er 
im Stande sei, zu kennen, was er wählen will. Geistlich oder welt- 
lich, wer mit und unter Leuten leben wolle, müsse sehen, wie er auch 
seinerseits ihnen nützlich und nicht zur Last werde. Als er sah, dass 
ich nicht wusste, was ich ihm erwiedern sollte, fiihr er nach einigem 
Schweigen mit grösserer Wärme fort: Mein Demetrius! glaube dei- 
nem Grossvater (wir Kinder alle, meine Brüder und Cousinen, nann- 
ten ihn nur unsem Grossvater); ich habe bereits an die fünfzig Jahre; 
ich kenne die menschliche Natur und Erfahrung; ich liebe dich, als 
wärest du mein Kind; indem ich dir rathe, wünsche ich dein Glück, 
nicht meines; willst du mich nicht hören, so bereue ich das gute 
nicht, so ich dir gethan (mir wird es Gott in jener Welt vergelten): 
aber ich bedauere dich. Jedermann siebt ein, wie gut mir der Onkel 
rieth, ich selbst sehe es jetzt ein: aber wer kann dem Thoren Ver- 
stand geben? Mein Kopf, voll undurchreisbarer Wüsten und Höhlen, 
hatte keinen Platz für etwas anderes. Einige Tage nach diesem Ge- 
spräche hatte ich mich heimlich reisefertig gemacht, um mit einem 
Guardian von Decan (in Serbien) nach der Türkei zu gehen, indem 
icli von ihm gehört liafte. dass es in der Türkei Berge, Wüsten und 



85 

Höhlen gäbe, wo kein lebender Menseh hinkäme. ^H^)^^ i*ief ieh aus, 
^das ist ein Ort für mieb! Glückliebes Türkeuland, das solehe Ein- 
öden hat, die die Menschen mit ihren Sünden nicht beflecken; hier 
kann man leicht heilig werden! Gott miiss diess Land gesegnet haben, 
da es ja Einöden enthält.'^ Mir schien der Iguman (Guardian) von 
Gott selbst gesandt, um mich aus Öakoro wie aus einem Ägypten 
herauszuführen x\nA meine Seele zu retten. Ich ging mit ihm bis 
St. Georg. Als mein guter Onkel mich vermisste, setzte er sich zu 
Pferde, und sieh da! gegen Mittemacht ist er im Kloster (Manastir) 
vor den zwei Guardianen, dem fremden und dem heimischen, die noch 
den Becher am Munde haben. Es entstand kein kleiner Wortwechsel 
mit meinem Decaner; mein Onkel wollte ihn gebunden nach Temes- 
var schicken, indem er ihn einen türkischen Betrüger und Landstrei- 
cher nannte, der, nicht zufrieden, Geld im fremden Lande zusam- 
menzuraffen, auch die unremünftigen Kinder in die Türkei schleppen 
wolle; yernünftige Leute, und die es können, fliehen aus der Türkei 
heraus in friedliche Christenländer, und er entfahre Kinder hinein 
etc. Der Iguman, sich unrermuthet in solch einem Sturme sehend, 
vertheidigte sich, so gut er konnte, betheuemd und schwörend, er 
würde so etwas für sein Leben nicht thun, und er habe mich in 
St. Georg lassen wollen. Mein Onkel, nach rielem Toben, liess sich 
endUch, auf die dringende Fürbitte des Ortsguardians, xmi dem er 
gut bekannt war, besänftigen, und setzte sich mit den beiden zum 
Becher. Nun fing mein Decaner, von dem Donnerschlage sich erho- 
lend, an zu erzählen, welch ein Elend und Noth in der Türkei herr- 
sche, wie unglücklich die Leute dort leben, wie die Pest sie zu tau- 
senden hinraffe, wie armselige Kalugjer herum schwärmen von Dorf 
zu Dorf, Almosen bettelnd und den Türken Geld gebend, sowohl die 
Sinaiter als die Jerusalemiter und die Heiligenberger und alle andern, 
so viel es ihrer gibt! und wer könnte sich vor türkischer Politik und 
Bosheit genug vorsehen! Wo es immer eine schöne Kirche gab, da 
hätten sie selbe sich zugeeignet, und in eine Dzamija verwandelt: 
aber die EJöster hätten sie alle gelassen, wohl wissend, dass da Ka- 
lugjer immer Geld für sie zusanounenpressen würden. Mit einem 
Worte, dadurch, dass wir den Türken Geld zusammenschleppen 
müssen, sind wir der Welt und dem Lande verhasst geworden; jeder 
weicht uns aus wie Wölfen; denn der uns in den Weg konmit, weiss, 
dass er nicht mit heiler Haut davon kommen werde. Auch unterliess 
er nicht, hinzuzusetzen, wie in den ägyptischen und arabischen Wü- 
sten, wo sich zuerst Heilige heiligten, nun des Namens Christi nie 



86 

gedacht werde, da türkische Einsiedler und Dervische sie bewohnen. 
Mein guter Onkel schien vor Freude zu fliegen, da er alles diess 
hörte, und wurde nach einer halben Stunde solchen Gespräches, wäh- 
rend dessen er Becher nach Becher leerte, ein grosser Freund meines 
Deeaners. Wie aber mir bei Anhörung alles dessen zu Muthe war, 
überlasse ich jedem selbst zu bedenken. Aber wer würde es erwarten, 
wer würde es glauben können, wie gross mein Starrsinn war! Wie 
traurig ist es, wenn der junge Mensch sich an Eigensinn gewöhnt! 
Wahrlich, ich wundere mich jetzt selbst, wie ich so habe sein kön- 
nen. Ein Stück nur von einem Menschen damals, stand ich da wie 
ein eigensinniges Pferd, das stehen bleibt mitten im Kothe, und je 
mehr es einer peitscht und sticht, um' es herauszubringen, um desto 
mehr i&urück sich bäumet. — Sieh, in welchen Zustand mich damals 
meine unvernünftigen Prologe gebracht hatten. Ich glaubte fest, Gott 
lasse da eine Versuchung über mich kommen, damit er sehe, ob ich 
in meinem heiligen Vorhaben standhaft sein würde. In meinem liebe- 
vollen Wohlthäter konnte ich damals nichts sehen als einen Einfäl- 
tigen, der keine Unterweisungen noch Prologen gesehen hatte, der 
aus überschwenglicher weltlicher und fleischlicher Liebe sich meiner 
Seligkeit widersetzte, und da er selbst nicht heilig sei, auch andere 
daran hindern wolle. Nun bedenke jeder, der vernünftig denken kann, 
welcher verkehrte Starrsinn und welche schwarze Undankbarkeit bei 
mir aus der Quelle einer vermeintlichen Heiligkeit entsprang! Des 
Onkels unsägliche Güte,* seine väterliche Liebe und Zärtlichkeit, diess 
alles war damals vor meinem verfinsterten Verstände nichts als Lüste 
dieser Welt, die den Menschen von Gott abziehen! Mein Eigensinn 
war böse und verkehrt, ich gestehe es selbst, nur dass er nicht von 
bösem Herzen und Willen herrührte, sondern vom Unverstände und 
Aberglauben. Auch konnte ich nicht anders denken, ich strebte auf- 
richtig nach Heiligung, und andere kamen und stellten sich mir in 
den Weg und wollten es verhindern! Den Decaner hätte ich mögen 
mit beiden Händen bei der Gurgel fassen und erwürgen; ich sah ihn 
an fiir das schwache Rohr, das der geringste Wind beugt; für einen 
wankelmüthigen, furchtsamen, feigen Menschen, der, um nicht ge- 
bunden nach Temesvar geliefert zu werden, de» Glauben verläugnen 
würde. Kur«:, sie alle waren in meinen Augen schwache, sündige, 
fleischliche Mensehen, die alle ihre Seligkeit im Becherleeren fanden; 
ich beklrgte seufzend ihre Seelen als verloren; nur ich allein war der 
gescheite und buchgelehrte Mann; mag sich Himmel und Erde gegen 
mich verbünden, dachte ich, ich will fort, fort! Ich trug gar iein 



87 

Bedenken, mich dem Apostel gleich zh stellen, der da spricht: Wer 
will mich trennen von Christi Liebe? Ich war von Natur furchtsam 
von Kindheit auf und meistens andern unterthänig. Wie konnte ich 
also dem Willen meines Onkels so viel Widerstand entgegensetzen? 
Dieser gute Wohlthäter sprach oft mit väterlicher Zärtlichkeit zu mir: 
Grossvater will dir ein wunderschönes Mädchen anfreien, und wenn 
ich dich dann in meinem Hause verheiratet sehe, dann will ich nicht 
mehr trauern, dass mir Gott kein männliches Kind am Leben Hess; 
dann werde ich glücklich sein. Aber mein mit Heiligkeit vollgepfropf- 
ter Kopf dachte anders. Mich verheiraten! Gott bewahre! Besser dass 
mich- irgend eine wilde Löwin oder Bärin mit ihren Klauen in Stücke 
zerreisse, als dass mich Serbiens schönste Tochter an ihren imschul- 
digen, reinen, jungfräulichen Busen drücke! Ich soll mich wegwer- 
fen und anderen sündigen Menschen gleich machen? Nun und nimmer- 
mehr! Ich will meine Reinheit bewahren. Engeln will ich ähnlich sein. 
— Solch ein Heiliger war ich damals, meine lieben Brüder! Aber 
natürlich musste ich auf solche Irrwege gerathen, da ich Bücher las, 
die nicht für mich geschrieben waren, und vor der Zeit über Jung- 
frauschaft und Ehestand philosophieren wollte, da ich weder wusste, 
was das eine noch das andere sei. Es kann einer denken, äask ich 
bereue, Mönch geworden zu sein, und darum so schreibe: aber ich 
bitte jeden, der diese meine Schicksale lesen wird, nicht voreilig zu 
urtheilen, bis er auch nicht das folgende gelesen haben wird. Ich habe 
schon erklärt, dass ich nicht mich zum Hauptzwecke dieses Auüsaties 
habe, sondern den Nutzen meines nächsten; ich will mich nirgends 
schonen noch entschuldigen; nie will ich die Wahrheit verbergen, ich 
will mich selbst wie vor Gottes Angesicht nach meinem Gewissen 
richten; ich wiU mir nichts, gar nichts verzeihen: nur möge mein 
Leser auch warten, bis er diese ganze Geschichte von einem Ende 
zum anderen durchliest, denn nur dann kaim er das ganze gehörig 
beurtheilen, und dann möge auch jeder das, was er für recht erkennt, 
eben so thun und, was fiir gefehlt, meiden. Ich einmal, wie man ge- 
sehen hat, hatte mir's in den Kopf gesetzt heilig zu werden; gut, gut! 
wir werden sie sehen, diese Heiligkeit! Hätte mein Onkel an seiner 
Statt meinem würdigen Magister Stefan aufgegeben mich zu berathen, 
so hätte er, scheint mir, viel mehr ausgerichtet, wie man aus der 
folgenden kleinen Geschichte entnehmen wird. 



88 



Mein erster Unterricht im Griechischen. 



Es befand sich damals in Cakovo ein griechischer Mönch, Dima. 
Nie konnte die Morgen- oder Abendandacht oder was immer in der 
Kirche geschieht, ohne ihn sein; oft musste der Pope, den die Reihe 
traf, ohne da«s ein Feiertag war, bloss ihm zu ge&Uen in die Kirche 
kommen; Kälte, Hitze, Koth, Regen, nichts hielt ihn ab, zur Zeit 
des Gottesdienstes in der Kirche zu erscheinen; oft erschien er auch 
vor der Zeit und ehe noch die Kirche offen war; da er dann auf die 
saumseligen Popen nicht unterliess wacker griechisch los zu schimpfen: 
KjLTapapivoi Tza^zabu^ ^ov nd$tfV7ai ixt$v6fuvoi (die verfluchten Pfinffen, 
wo stecken sie, die Trunkenbolde!) Diese Worte, die ich oft von 
ihm hörte, waren die ersten, die ich von dieser Sprache lernte. Ich 
glaube, allen Pfarrern von Öakovo hätte er damals eine grössere 
Freude mit seinem Tode gemacht, als der reichste Oberknez. Bla- 
goslovi duse, Svete tichj, Spodobi Gospodi und einige Otpuscajesi*), 
diess alles las er griechisch (sang es laut in der Kirche): geschah es 
ungef^r einmal, dass es ihm der Protopope oder sonst wer zuvor 
wegnahm, so ging er zornig aus der Kirche, als wäre darin nichts 
gebetet worden. Gewiss! hätte er nicht erwartet wenigstens Nvv axo' 
Xveis TOP t^ovXov sovj biaxora bei der Vesper herzusingen, so wäre er 
nicht in die Kirche gekommen. Da ich also diesen alten täglich hörte, 
so fing meine angebome Neugierde für alles, was ich nicht weiss, an, 
mich wie zu spornen, dass ich griechisch lernen sollte. Und sieh da! 
zu meinem Glücke oder Unglücke (man wird es bald sehen) höre ich, 
dass die Griechen eben einen Daskal (Lehrer MdsaaXosi) bekommen 
hätten, der ihre Kinder unterrichte. Gleich den andern Morgen werfe 
ich meine Katichisis auf die Bank und mische mich unter die grie- 
chische Jugend und gehe zum griechischen Lehrer in die Schule. Mein 
Onkel Nikola war damals nicht zu Hause und meine Tante Marica 
(Mariechen) mengte sich nicht in meine Studien; ihr war es genug, 
dass ich nur in die Schule ging, gleichviel in welche. Aber ich dünkte 
mich den Tag in Gottes Paradiese. Gleich als wäre meine Seele vor 
viel tausend Jahren in irgend einem Pjrthagoräer gewesen und hätte 
einst Sokrates und Homers Sprache gekonnt, aber sie nach dem 
Trünke des Lethe vergessen, und, nun auf einmal wieder mit ihrer 
honigfliessenden Süsse in Berührung, sie von neuem mit brennendem 
Eifer zu lernen beginne, so war es mir beim Anblick und Hersagen 



*) Aofangsworte griecbisch-slaviscber KirchengcvAnge. 



89 

der griechischen Buchstaben, Alpha, Vita, Gamma, Delta, Epsilon 
u. s. w. Wie es einer jungen und liebevollen Mutter ist, die ein erst- 
gebomes Kind an der Brust hat, und das schlummernde liebe Kind 
in der Wiege zurücklassend zur nachbarlichen Gasterei geht, und 
wenn sie rückkehrt, die Brust roUtragend des menschlichen Lebens- 
nectars, und findet die theure Frucht ihres Leibes. sehnsuchtsvoll kla- 
gend nach der Mutterbrust; sie hebt es an den Mutterbusen, umarmt 
es zärtlich, küsst es süss und gibt ihm die Brust: so war es mir, als 
ich das erste Mal an das Alphabet des tugendhaften Sokrates kam! 
O Tag unsäglicher Freude und unbeschreiblicher Seligkeit! Wahrlich 
ein solches Vergnügen musste kurz sein. Ich dachte, wenn ich noch 
griechisch erlernt habet wer wird dann gelehrter sein als ich? Als 
ich mich niederlegte, war mir Alpha, Vita, Ganmia, Delta, Epsilon 
auf den Lippen; schlafend träumte ich, als ob ich nicht nur vollkom- 
men griechisch läse, und feiner und schöner ausspräche als Bruder 
Dima, sondern auch griechische Kleider und weite Hosen an hätte« 
Beim Erwachen deutete ich meinen Traum zu meinen Gunsten und 
wollte eben wieder zu meinem Daskal gehen, als auf einmal zwei 
grosse Studenten aus meiner alten Schule ins Haus traten, um mir 
anzukündigen, mein voriger Magister wolle mich sprechen, und ich 
sollte auf der Stelle hingehen, sonst hätten sie den Auftrag im Noth- 
falle Gewalt zu gebrauchen. Ich war nicht gewohnt weder mit Gewalt 
noch von grossen Studenten begleitet in die Schule zu gehen; das war 
nur der Brauch meines jüngeren Bruders Luka, jeden Montag von 
ein paar solchen Sbirren in die Schule oder in die Lehre geschleppt 
zu werden. Es war mir nicht zum besten zu Muthe, und mein Herz 
fing an Böses zu. ahnen: aber auf der andern Seite warf mir mein Ge- 
wissen nichts vor; ich wusste nicht, was ich eigentlich von der gan- 
zen Sache denken sollte; ich nehme also meine Katiohisis, wische 
den Staub davon ab und gehe in meine alte Schule. Mein Magister 
fragt mich, wie lächelnd, wo ich gestern gewesen, mit dem Beisatze, 
er hätte etwas gehört, wünschte jedoch zu mehrerer Glaubwürdigkeit 
es von mir selbst zu hören. Ich sah, dass ihm das gezwungene und 
bo8hafl;e Lächeln nicht von Herzen gehe, doch dessenungeachtet, da 
ich meiner Unschuld mir bewusst war und nichts wusste, warum ich 
mich f&rchten sollte, gab ich mir Muth, und, indem ich selbst auch 
lächelte, erzählte ich ihm alles, wie es war. Er aber sprach: Wisse, 
Demetrius, dass es nichts taugt, wenn junge Leute, die ältere über 
sich haben, nach eigenem Kopfe handeln, und wenn sie in diese Ver- 
suchung fallen, muss man ibne» zeigen, da96 es moht gut ausgeht 



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Dass du also gewiss dich erinnerst sowolil an die Wahrheit meiner 
Wolle, als an die Zeit, da du griechisch anfingst zu lernen, soll 
meine Sorge sein; und diess ausgesprochen, ruft er: Polozi (leg nie- 
der); diess war seine bittere Formel, wenn er einen niederzuwerfen 
befahl. Mich niederlegen! diess war mir ein Niederlegen auf die 
Todtenbahre! Mich, den schüchternen Knaben, der, wenn er für 
einen andern dieses schreckliche Urtheil hörte, zusammenfuhr, als 
fiele der Donnerkeil vor ihm nieder, und zitterte, als hätte er Fieber! 
Viere packten mich nun, warfen und streckten mich auf die Bank, 
hielten mich so gestreckt wie eine Ochsenhaut, die einen bei den 
Händen und beim Kopfe, und andere bei den Füssen, und der Schall 
der Doppelpeitsche erknallte auf meiner blossen Haut. Mit einem 
Worte, damit ich einmal mit dieser GeseJiichte zu Ende komme, er 
mass mir ein Dutzend so brennender Schläge zu, dass glühendes 
Eisen nicht heftiger hätte brennen können. Die Ceremonie hatte solche 
Gewalt über mich, dass ich den Bruder Dima und den Daskal sammt 
den griechischen Hosen verfluchte. Auch weiss ich nicht, was weiter 
mit dem Daskal geschehen ist, denn ich sah ihn nie wieder und hörte 
nie von ihm. Erst einige Jahre nach diesem Vorfalle wachte kaum der 
Wunsch nach Homers Sprache in meinem Herzen wieder auf, und zur 
nämlichen Zeit ging ich aus Sirmien nach Dalmatien, aus Dalmatien 
nach Korfu, von Korfu nach Morea, aus Morea auf den Heiligen Berg, 
und von da nach Smyrna. Diese furchtbare Cur vom Eigenwillen, ich 
rathe sie Altern und Lehrern nicht, den äussersten Nothfall ausge- 
nommen. Hätte sie z» B. mein Onkel an mir gebrauchen wollen, viel- 
leicht wäre ich in meinem Vorhaben, um jeden Preis ein Einsiedler 
zu werden, weniger unerschüttert geblieben. 

Wie ich Deckenmacher und Handelsmann wurde. 

Da mein Wohlthäter sah, dass es unmöglich sei, mir das Reisen 
in die Fremde aus dem Kopfe zu bringen, und dass ich täglich nur 
auf eine gute Gelegenheit passte, um zu entlaufen, beschloss er noch 
einen Versuch mit mir. (Das Ding war wirklich gut ausgedacht, aber, 
gleich als waltete ein Verhängniss über mir, das alle Plane des On- 
kels verwirren und mir in den meinigen helfen sollte, gerade das, 
wodurch er mich abzuleiten gedachte, führte mich erst recht auf mei- 
nen Weg.) Um mich fremdes Brot verkosten zu lassen, fiihrt er mich 
nach Temesvar und thut mich zu einem Deckenmachermeister und 
Handelsmann. Dieser hielt immer zu fiinf bis sechs Burschen, mit 
denen er die grossen Märkte im Banate besuchte, und wenn kein 



91 

Markt war, gal) er ihnen zu nälien. Bei diesem war ich anderthalb 
Jahre, besuchte die Markte und lernte nähen; aber nichts von allem 
dem wollte mir recht gefdlen noch von der Hand gehen. Da mein 
Meister sah, dass ich gerne schrieb, machte er mich wie zu seinem 
Schreiber, gab mir welche alte Rechnungen von vielen Jahren her 
abzuschreiben, was ich gerne that, um nur nicht zu nähen oder 
Waare zu sortieren. Ungeduldig erwartete ich immer den Sonntag 
oder sonst einen Feiertag, nicht um mit den anderen Burschen nach 
der Fabrik oder nach der Mahala spazieren zu gehen, sondern um 
mich wieder einmal am Psalter und an meiner Katiehisis satt zu lesen. 
Grossvater Nikola kam mich häufig besuchen, besprach sich mit mir 
und fragte mich, wie es mir gehe, und da er keine Sehnsucht zur 
Rückkehr bei mir spürte, emp&hl er mir Treue und Gehorsam, gab 
mir welche Gröschchen und ging wieder Ton dannen. Da ich also in 
diesem neuen Stande auf verschiedenen Märkten herumzog, allerlei 
Leute und ihre Beschäftigungen sah, in Temesvar viele Soldaten 
deutschund italienisch sprechen hörte, entstand in mir der Wunsch, 
wie ich diese zwei Sprachen erlernen könnte. Da ich keine Prologen 
noch Unterweisungen mehr las, auch nicht Zeit hatte an diese Dinge 
zu denken und niemanden, dem ich das vorher Gelesene hätte erzählen 
können (deim die andern Burschen, meine Cameraden, scherzten und 
lachten den ganzen Tag mit den deutschen und vlachischen Weibern 
und Mädchen, die von uns kauften, und hatten wenig Lust was hei- 
liges zu hören), so fing ich an meine Grillen beinahe zu vergessen, 
und meine erste Hitze för Einöden und Höhlen kühlte'sioh" merklich 
ab. Da ich überdiess auch die Kalugjer sah, sowohl fremde als hei- 
mische, wie sie sich alle um Dinge dieser Welt bekümmerten, Al- 
mosen zusammenschleppten, Geld zählten, markteten und kauften; 
auf guten Pferden entweder ritten oder damit fuhren, dachte ich an 
die Worte des Grossvaters Nikola, dass jetzt niemand sich einkalu- 
gjert, um sich zu heiligen. Zu allem dem gab mir noch eine beson- 
dere Begebenheit viel zu denken über den Kalugjerstand. Mein Mei- 
ster hatte seinen Laden im Hause des Herrn Jakob Muzul. Dieser 
bewirthete eines Tages unsem damaligen Bischof Georg Popovic, 
und da ich mit den Bedienten des Hauses bekannt war, mengte ich 
mich unter sie unter dem Vorwande, bei der Bedienung zu helfen, 
eigentlich aber, um den Vkdika (Bischof) zu schauen. Nach verschie- 
denen anderen Gesprächen begann gegen das Ende der Mahlzeit ' das 
folgende, so ich treulich angehört und behalten habe. Bischof: Mich 
verurtheilen viele, dass ich öffentlich Fleisch esse; aber ich will lieber, 



92 

I 

dass mich die Leute in ihrer Einfiilt verdammen, als dass es mein 
Gewissen thäte, wenn ich es heimlich und verstohlener Weise ässe. 
Christus und £e Apostel assen Fleisch; warum also sollten Bischöfe 
es nicht essen? Will man etwa, dass wir besser seien als die Apostel? 
Zur Zeit der Apostel und 300 Jahre nach ihnen waren die Bischöfe 
weltliche Obergeistliche und hatten ihre Frauen; wir sehen, dass 
nach dem nicaischen Concilio der Vater des heiligen Gregor des Theo- 
logen von Nazianz, in ehrenvoller Ehe lebend, Bischof war und 
Söhne und Töchter zeugte. So der Bruder des grossen Basilius, so 
der heilige Spiridion und viele Andere. Der heilige Apostel Paulus 
lehrt klar und deutlich, dass der Bischof, der Presbyter und der 
Diakon verheiratet sein müsse, und gibt den Grund an: wer nicht 
im Stande sei sein Haus und seine Familie zu regieren, wie könne 
der würdig sein die Kirche und das Volk zu regieren? Man sieht, 
dass Bischöfe nur die ersten weltlichen Obergeistlichen sind. Episkop 
(Bischof) bedeutet nichts anderes als Aufseher, und Archijerej heisst 
Oberjerej (Oberpriester). Aber seitdem sich die Kalugjer mehrten 
und Oberjerej würden an sich brachten, kam allmälich die Gewohn- 
heit auf, dass der Bischof ein Mönch sein muss, ganz gegen die offen- 
bare Lehre der Apostel, nach welcher so wie nach dem gesunden 
Verstände ein Bischof kein Mönch sein kann. Er ist nicht bestimmt 
in der Einsamkeit zu leben, sondern in der Welt, in Städten und 
Dörfern. Mönch bedeutet allein oder einsam lebend, der sich in Ein- 
öden, auf Bergen isoliert, der der Welt und dem Leben unter Men- 
sehen entsagt hat, der durch Fasten, Wachen und unablässige Arbeit 
seinen Leib abdörrt, so dass ihm (wie der heilige Ephraem sagt) der 
Bauch an dem Rücken klebt, und so zur Mumie eingetrocknet, darf 
er es sich doch noch nicht zutrauen, hervorzukommen vor weibliche 
Augen, die voll Magnet sind und dem dürrsten Körper Leben und 
Bewegung geben können. Auf diese Worte des guten und treuherzi- 
gen Bischofs fingen alle Gäste an wacker zu lachen. Frau Kalinovic, 
*des Hausherrn Schwester, suchte ihr Lachen zu massigen und sprach: 
Geheiligtester Herr! nach eurer Beschreibung wären also wir Weiber 
der Welt zum Verderben, und da wir so böse und unglückbringende 
Augen haben, wäre es nicht besser, wir würden blind geboren? Be- 
wahr' Gott, mein Kind! erwiederte ^er Bischof; lieber möchte die 
halbe Sonne sich verdunkeln als die schönere Hälfte des Menschen- 
geschlechtes ohne Licht bleiben. Gott weiss wohl , was er ihut. Aber 
wie ich sehe, nehmet ihr meine Worte für Scherz: glaubet mir, meine 
Kinder, ich scherze nicht. Doch dürfen die Frauen desswegen nicht 



93 

stolz sein auf ihre Augen, denn was des Weibes Auge dem Manne 
ist, eben das ist des Mannes Auge dem Weibe. Diese Sympathie oder 
Mitleidenschaft, sie ist von Gott* der menschlichen Natur tief einge- 
webt zur Erhaltung des Geschlechts. Viel Mühe und Soige fordert 
das Aufziehen der Kinder, und überdiess wie vielen Mühseligkeiten 
und Krankheiten ist die Mutter ausgesetzt, während sie die Frucht 
ihres Leibes in sich trägt und nährt; wie vielen Schmerzen bei der 
Geburt! Oft bringt sie, indem sie einem anderen Leben gibt, das 
ihrige selbst zum Opfer. Für alle diese Leiden wollte der gütige 
Schöpfer auch einen Ersatz geben dem Manne und dem Weibe, indem 
er ihnen unaussprechli6hes Vergnügen gab in jedem Vergnügen, das 
sie in der heib'gen und reinen Verbindung der Ehe gemessen; im Ge- 
fühle dieser süssen Freuden ertragen sie nicht nur zufrieden, sondern 
sogar gerne die damit verbundene Mühe. Junge Leute, sowohl Jüng- 
linge als Mädchen, sehen in dem ehelichen Bunde wenig anderes als 
Lachen, Spiel und Vergnügen; das finden sie auch: aber diess ist 
nicht der Hauptzweck der Natur, aus ihrem Lachen und Spiel und 
Lust gehen neue Bewohner der Welt und ihre Lebensnachfolger her- 
vor; diess ist nach Gottes Willen der Zweck der Natur, nicht allein 
bei Menschen, sondern auch bei allem, was da lebt, in der Luft, auf 
Erden und im Wasser. Meine Töchter, wenn ihr recht bedächtet und 
überlegtet, zu welcher erhabenen Bestimmung ihr von Gott geschaf- 
fen seid, so müsste euch des Leibes Schönheit nie einfallen; ihr wür- 
det euch schämen, einen Werth in seidenen und bunten Kleidern zu 
suchen. Und Gott nannte das erste Weib Leben, denn sie ist die 
Mutter aller, die auf Erden leben. 'Diess ist euer Ruhm und hohe 
Würde, welche macht, dass alle gesitteten und aufgeklärten Völker 
euch Ehrfurcht beweisen und sich vor euch beugen. (Unvollendet.) 



94 



XVIL 

EpjifjS 6 XoyioSj 1^ ^tXoXoyi^ca ayyeXiaiy vxo AvMuov 
FaSlij iKhtböjiEvai etc. (Hermes der Kundige*), oder litera- 
rische Nachrichten, herausgegeben von Anthimos Gazi. 
Erster Jahrgang. Wien in Österreich^), 1811. 

Heft Jänner — April.) 

* (Recension. Annalen für Literatnr nnd Kunst. Jahrg. 1811. II. 257 — 288.) 

Eine der interessantesten und wichtigsten Erscheinungen der 
neugriechischen Literatur! Um sie gehörig würdigen zu können, 
müssen wir einen Rückblick in die Geschichte des Volkes thun, auf 
■welches sie berechnet ist. Keine andere Nation hat bisher im ganzen 
jene Stufe der Humanisierung erreicht, auf der das Volk des Perikles 
einst stand. Rom hat später zwar Griechenland unterjocht und aus- 
geplündert: doch — Graecia capta ferum victorem cepit; der Römer 
ward beinahe selbst zum Griechen; und nachdem Constantin den Sitz 
des Reiches nach Byzanz als den Mittelpunct der drei Welttheile 
verlegt hatte, gab der Römer Justinian sogar Gesetze in griechischer 
Sprache und noch einmal beherrschte wie unter Alexander der über- 
wundene Grieche die Welt. Zwar war Justinian kein Perikles, kein 
Alexander, und die Griechen seiner Zeit aus den ehemaligen Män- 
nern durch armselige Mönche verkrüppelte Zwerge; aber in jenen 
und den darauf folgenden barbarischen Jahrhunderten waren es am 
Ende doch nur sie, die das Bischen Wissen und Kunst und die Liebe 
dafür noch retteten. Als aber 1453 die rohe Kraft der Türken ihre 
Kaiserstadt (Konstantinopel) erstürmt hatte, als ihr letzter Kaiser auf 
dem Walle fechtend ge&llen, als die wenigen Gelehrten nach Rom, 
Florenz und Venedig geflohen waren und traurig das Vaterland dem 
wilden Mohamedaner preisgegeben ward, war es da ein Wunder, 
wenn die verwahrloste und durch türkische Misshandlungen ver- 
schüchterte Nation, ohne Schulen, ohne Leitung, ohne Aussicht auf 
eine bessere Zukunft den glücklicheren und eben durch geflüchtete 
Griechen erleuchteten Abendländern die Palme reichen musste? 
Überall flohen die Musen vor dem Allah! Allah! der Türken. Nach- 
dem auch die Venetianer Kandia, Cjpem und Morea verloren hatten, 



^) Zum Unterschiede Fon Herme» dem Stehler» Hermes dem Todtengeleiter u. a, 
*) Zum Unterschiede Ton Yienne in Frankreich. ' 



96 

mussten lernbegierige Gbiechen (auch das macht ihnen Ehre, unter 
solchen Umständen Icrubegierig gewesen zu sein) nach Italien und 
Frankreich wallfahrten, um ihren Homer verstehen zu lernen. Zu 
Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hatten zwei Mönche, Makarios 
von Patmos und Gerasimos von Ithaka, auf den venetianischen Inseln 
Zephalonia und Zante, und in Italien nicht allein ihre alten Classiker, 
sobdem auch die bisher im Abendlande getriebenen Wissenschaften 
studiert und sich dann auf Patmos niedergelassen, wo sie, unterstützt 
von Kaufleuten aus Konstantinopel, Smjma und Chios, ein schönes 
Schulgebäude errichteten und die Anstalt so reichlich dotierten, dass 
nicht nur Lehrer unterhalten werden, sondern auch eine Anzahl mit- 
telloser Schüler unentgeltliche Unterkunft finden konnten. Aus dieser 
Anstalt waren nach wenigen Jahren mehrere Gelehrte hervorgegan- 
gen, die wieder in anderen Städten Griechenlands und Asiens Schu- 
len eröffneten. Auf der anderen Seite erhielt der Handelsgeist die 
Nation mit dem gelehrten Abendlande in Berührung; eine Menge 
griechischer Ärzte (die Medicin allein findet auch bei Türken Gnade) 
studierten und studieren noch auf deutschen und italienischen Univer- 
sitäten. Alle glühen sie von dem schönen Enthusiasmus „die Musen 
wieder in ihre alte Heimat zurückzurufen.'^ (Nur eine europäische 
Ver&ssung ui^ dass die Sprache des Volkes auch die Sprache des 
Staates wird, und die Musen beziehen dann gewiss gerne ihren alten 
Pamass wieder.) Was konnte so vielen im In- und Auslande zerstreu- 
ten Vaterlandsfreunden erwünschter und zweckmässiger sein als ein 
gemeinschaftliches Mittheilungs- und Einverstehungsblatt , ein ge- 
lehrtes Journal! Anthimos Gazi von Meliae in Thessalien, gegen- 
wärtig Archimandrit der griechischen Gemeinde in Wien, ein um 
seine Nation hoch verdienter Gelehrter, Verfiisser einer griechischen 
Literargeschichte bis zur Einnahme Konstantinopels (BißAio5i}/ti; 'EX- 
litivinii, Venedig, 1807. 2 Bände. 8.) und eines in Schneiders Geiste 
gearbeiteten Wörterbuches der altgriechischen Sprache mit neugrie- 
chischer Erklärung der Wörter, wovon der dritte und letzte Quart- 
band noch in Venedig unter der Presse ist, Herausgeber einer grie- 
chischen Klarte von Griechenland in zwölf Blättern, von Europa in 
vier Blättern, und von Asien in vier Blättern, Übersetzer von Vol- 
taire*8 Charles XII. (Venedig, 1806. 8.); commentierender Übersetzer 
von Benjamin Martins Grammaire des sciences philosophiques (Wien, 
1799. 8.); commentierender Zut^efärderer und Verleger der Über- 
setzung von Guido Grandios Kegelschnitten (Wien, 1801. 8.), von La 
Caille's Traite des sections eoniques (Wien, 1802. 8.), von Lalande's 



96 

Abrege de Tastronomie (Wien, 1803. 8.), von Foureroy*s Philosophie 
ehimique (Wien, 1802. 8.), Herausgeber von Theotoki's Elementeh 
der Geographie (Wien, 1803. 8.) 9 von des Meletius, Metropoliten 
von Athen, Geographie (Venedig, in vier Ootavbänden mit vier Kar- 
ten) etc., hatte bereits 1806 von Venedig aus den Plan einer solchen 
Nationalzeitung angekündigt; aber Zeitumstände verhinderten die 
Ausführung. Der verehrungs würdige Greis Korai ') in Paris, der all 
sein Leben und Streben dem edlen Zwecke seiner herabgewürdigten 
Nation wieder aufzuhelfen geweiht hat, bewies in den Herzensergies- 
sungen vor seiner Ausgabe Plutarchs (Paris, 1808) den Nutzen und 
die Noth wendigkeit einer solchen Unternehmung, und schlug nament- 
lich unsern Gazi als Bedacteur und Wien oder Venedig als Druckort 
vor; den Vorschuss der Verlagskosten aber muthete er der Gemeinde 
von Konstantinppel zu. Indessen kam das Unternehmen erst zu Stande, 
nachdem der neue Metropolit der Walachei, Ignatios, die Bukarester 
Gelehrten und Honoratioren zu einer philologischen Gesellschaft ver- 
einigt und diese einen Theil der Druckkosten auf sich genommen hat. 
Jede griechische Schulanstalt in Europa und Asien bekommt ein 
Exemplar unentgeltlich, dagegen wird der Direktor derselben auf- 
gefordert ein Verzeichniss der Schülerzahl und der Gegenstände, die 
gelehrt w:erden, der Bedaction einzusenden. Alle vierzehn Tage er- 
scheint ein Bogen. Wir eilen den Inhalt der ersten vier Hefte an- 
zuzeigen: 

I. Das Januarheft enthält: 1) „Ankündigung und Plan des Jour- 
nals/^ Es erscheint durch Aufinunterung und zum Theil auf Kosten 
der neuerrichteten philologischen Gesellschaft des hellenischen Ly- 
ceums in Bukarest. Der Zweck des Journalistik, literarische Nach- 
richten zu geben in Bezug auf Künste und Wissenschaftien, auf Unter- 



') Adamantios Korai ist in Smyrna geboren. Sein Vater war ein ELaufmann aus 
Chios. Von der oberw&hnten Schale der swei edlen MOnche auf Patmos hatte 
sich unter Hierotheos* Leitung, tou dessen Gelehrsamkeit, Güte und Weisheit 
der Serbe ObradoTi<S, der ihn auch hOrte, eine so rührende Beschreibung macht, 
eine blOhende Tochterschule auch in Smyrna etabliert. Korai besuchte sie und 
ward auf immer gewonnen. Nachdem er seiner merkantilen Bestimmung ent^ 
sagt hatte, bereiste er Europa, studierte in Leipsig, Halle, liess sich in 
Montpellier sum Arzt graduieren und lebt nun in Paris als Mitglied des In- 
stituts dem schonen selbstgew&hlten Lebenszwecke. Er besorgt gegenwärtig 
eine neue Ausgabe der griechischen Classiker für die griechischen Schulen. 
Die Gebrfider Zosima, ans Jannina in Albanien, bestreiten die Druckkosten 
dieser schOnen Sammlung. Arme, aber hoffnungsroUe Jünglinge bekommen 
sie unentgeltlich. 



97 

suchiingen über die hellenische Sprache, auf Vergleichung der neu- 
griechischen Wörter und Redensarten mit denen der altgriechiscben, 
auf Reinigung der neugriechischen Sprache selbst; auf neu erschei- 
nende Bücher in griechischer oder auch in anderen Sprachen, insofern 
sie auf griechische Literatur sich beziehen; auf Archäologie, Geogra- 
phie, Geschichte, Chronologie, Ökonomie und mehr dergleichen zur 
Beförderung der Wissenschaften abzielendes.^ (Kurz, das Journal 
scheint ein griechisches Magasin Elncjclopedique werden zu sollen.) 
Alle Edle der Nation, durch ganz Griechenland, werden angefordert, 
dem Herausgeber Beiträge einzusenden (über Geographie, Astrono- 
mie, Naturgeschichte, Archäologie, alte Au&chriften, Lage der alten 
Städte, alte Münzen, Handschriften etc.), die wörtlich eingerückt 
werden sollen. Jed^ Mitarbeiter erhalt ein Gratisexemplar. (Diese 
Aufforderung ist ein stehender Artikel auf dem Umschlage jedes 
Heftes.) Der Jahrgang kostet 15 Piastei^. In Wien haben es die Buch- 
händler C. F. Beck und Ph. Schalbacher, in Bukarest der Oberlehrer 
Konstantin Vardalachos, und in Konstantinopel der Buchhändler 
Georg Zifdii (lies Zissi ^ in Commission. 

2) Errichtung philosophischer Schulen und was darin gelehrt 
wird, a) Ein Bericht aus Bukarest vom 29. Juli 1810, demzufolge 
der neue von Russland eingesetzte Metropolit der Walachei, Ignatios, 
ein gebomer Lesbier, der -vorher Metropolit von Arta in Albanien 
gewesen, „ein weiser Mann und Eiferer ftir das gute,^ in der Über- 
zeugung, dass nur von Erziehung der Jugend alles besserwerden aus- 
gehen könne, die kaum noch lebende Bukarester Schule unter seinen 
besonderen Schutz genommen hat. Er sorgte ftir die Ruhe der Lehrer 
und Schüler, vermehrte die Anzahl der ersteren, so dass gegenwär- 
tig daselbst in neugriechischer Sprache gelehrt wird: Mathematik, 
Experimentalphysik, Chemie, Zeichenkunst, Metaphysik, Logik, 
Ethik, Naturgeschichte, Geographie, Rhetorik, Poetik, Geschichte, 
Archäologie, altgriechische, lateinische, französische, deutsche und 
russische Sprache. Schüler waren zur Zeit des Berichtes über 230. 
Nebst Prämien (den Schülern Bücher, den Lehrern Uhren) und 
anderen Aufinunterungsmitteln wusste dieser würdige') Prälat die 



*) Denn die Griechen spreeheo das Sigma überall, auch swiBchen ivei Vooalen, 
wie 88 ans. So thaten es ohne Zweifel auch die alten Griechen, wie man sich 
mm Überflüsse auch aus dem russischen Alphabete , das aus dem griechischen 
entstanden ist, überzeugen kann. 

*) Mit Recht wendet der Berichterstatter im Kamen des Vaterlandes das home- 
rische T9«c»iT0i i«3i |iO( xari «XXei noXXec iiiv wJic *Ax«««» auf ihn an. 

7 



98 

• 

gebildeten Männer in Bukarest zu einer philologisehen Gesellschaft 
zu vereinigen, die über die Aufnahme der Wissenschaften wachen 
und sich vorzüglich die Ausbildung der neugriechischen Spraclie auf 
der Grundlage der alten soll angelegen sein lassen. Präsident ist Gre- 
gor Brankovan, aus der ersten Familie der Walachei, der Heineccii 
Geschichte der Philosophie und seine I^ogik und Ethik aus dem latei- 
nischen ins neugriechische übersetzt hat. — Bei der feierlichen Er- 
öffnung der Schulen hielt der Oberlehrer (op-j^ibibdana^os) Vardalachos 
eine kurze Rede über Zweck und Nutzen der Philosophie im weitesten 
Sinne (auch Kant wird erwähnt). Die Philosophie wird „nach dem 
Beispiele der weisen Nationen^ in der Muttersprache gelehrt, nach 
des Italieners Soavi Leitfaden, den Gregor Konstantes übersetzt hat'). 
Über die Physik, die in die chemische und mathematische zerfällt, 
tradiert Herr Vardalachos nach eigenen Scripten. Geographie wird 
nach Gaspari, Naturgeschichte nach'Bertuch, die beide von den Ge- 
brüdem Kapetanaki in Wien übersetzt sind, vorgetragen, b, Dess- 
gleichen ist auch in Konstantinopel durch Zuthun des griechischen 
Patriarchen Gregor und des Grossdolmetschers Demetrius Murusi 
u. a. im Jahre 1604 ein Gymnasium errichtet worden, worin Philo- 
sophie und die Anfangsgründe der Experimentalphysik gelehrt werden. 
c. In Kydoniä in Jonien hat der Hierodiakon Benjamin mit Hilfe der 
Einwohner ein Gymnasium errichtet. So gibt es auch eines auf der 
Insel Chios. In Smyrna und Saloniki werden ebenfalls Gymnasien or- 
ganisiert. Das zu Janina blühet schon seit geraumer Zeit durch die 
grossmüthige Pflege der reichen Gebrüder Zosima. In allen diesen 
Gymnasien wird über Philosophie und die übrigen Wissenschaften 
gelesen nach Scripten, die aus den besten abendländischen Büchern 
jedes betreffenden Faches zusammengetragen sind. Davon sind aber 
folgende bereits gedruckt: 

3) Bibliographie. I. Baianis (MsraXdvov) Mathematischer Lehr- 
eurs. Venedig 1775, 3 Bände, 4. 2. Ebendesselben Arithmetik. 
Venedig 1802, Folio. 3. Kosmas Baianis Arithmetik, Algebra und 
Chronologie. Wien 1797, 8. 4. Des Arztes 0^^pofi7io<f6fov) Deme- 
trios BAsi Geometrie, nach einer neueren Methode, Venedig 1780, 4. 
6. Eulers Arithmetik und Algebra vom ArztZissiKavra. Jena 1801, 8. 
6. Metzburgs Arithmetik und Algebra vom Arzt Mich. Christari. Ve- 
nedig 1803, 8. 7. La Caille's Arithmetik und Algebra. Venedig 1800, 
4. 8. Nikiphor Theotoki, Elemente der Mathematik, gedruckt in 



V Obradovio hat ihn auch ins serbische übersetüt. 



99 

Moskra 1800, in drei Octarbänden, auf Kosten der Gebrüder Zo- 
sima, um unentgeltlich yertheilt zu werden. 9. Segners Anfangs- 
gründe der Mathematik, von Eugenios Bulgaris. Leipzig 1778, 8. 
10. Guido Grandi's Kegelschnitte. Wien 1800, 8. 11. La Caille's 
Xegelsohnitte. Wien 1801, 8. 12. Eugenios Bulgaris, Placita Phi- 
losophorum. Wien 1805, 4. 13. Ebendesselben über das Weltge- 
bäude. Wien 1805, 4. 14. Tacquet's Anfangsgründe der Geometrie, 
mit Whiston's Erläuterung, von Eugenios Bulgaris. Wien 1805, 4. 

15. Konstantin Kuma's aus Larissa Elementarcurs der physischen 
und mathematisohen Wissenschaften. Wien 1807. Acht Bände, 8. 

16. Nikiphor Theotoki's Anfangsgründe der Experimentalphysik. 
Leipzig 1778, 2 Bände in 8. (Mehrere andere Physiken tragt man 
in Handschriften herum, worunter auch die von Brisson.) 17. Benja- 
min Martinas Grammaire des sciences philosophiques. Wien 1799, 8. 
18. Soave's Anfangsgründe der Philosophie von Gregor Konstantes. 
Venedig 1804, 8. 19. Heineccius Anfangsgründe der Logik und Moral- 
philosophie von Ghregor Brankovan. Wien 1808, 8. (Um unentgeltlich 
vertheilt zu werden.) 20. Eugenios Bulgaris Logik. Leipzig 1776, 8. 
21. Baumeister's Logik. Wien 1795, 4. 22. Gondillac's Logik von 
D. Philippides. Wien 1800, 8. 23. Eugenios Bulgaris Elemente der 
Metaphysik. Venedig 1804, 3 Bände. 24. Ant. Geuovesi's Anfieings- 
gründe der Metaphysik, von Eugenios Bulgaris. Wien 1803. 25. Das 
nämliche Werk übersetzt und erläutert von Athanasios aus Paros. 
Venedig 1802. 26. Lalande's Auszug der Astronomie, von D. Philip- 
pides. Wien 1803, 2 Bände. 8. 27. Fourcroy^s Philosophie der 
Chemie. Wien 1802, 8. 28. Adet*s Anfangsgründe der Chemie, von 
K. Kuma. Wien 1807, 2 Bände. 8. 29. Des Meletios, Metropoliten 
von Athen, Alte und neue Geographie, erste Auflage. Venedig 1727, 
Folio. 30. Nikiphor Theotoki's Anfangsgründe der Geographie. Wien 
1803. 8. 31. (^aspari's Geographie von den Gebrüdern Kapetanaki. 
Wien 1809, 8. *)• 32. Charte der beiden Hemisphären von Georg 
Gulesko in 4 gr. Bl. 1808. 33. Charte von Europa. Wien 1801, in 
4 gr. Bl. 34. Charte von Asien. Wien 1802, in 4 gr. Bl. 35. Charte 
von Griechenland nach den alten und neuen Benennungen. Wien 1800, 
in 12 kl. Bl. 36. Goldsmith's Geschichte Griechenlands, vom Arzte 
Demetrios Alexandrides. Wien 1806, 3 Bände. 8. 37. RoUin's Alte 
Geschichte. Venedig 1773, 17 Bände. 8. 38. Anthimos Gazi's grie- 



*■) In karzem erscheint auch Guthrie*« Geographie in zehn Bflnden mit RarteUi 
Ton einem Gelehrten aus Kpirus, in Konstantinopel. 

7* ■ 



100 

chische Bibliothek, enthaltend die verlässlicheren Nachrichten von 
den ausgezeichneten griechischen Schriftstellern, in chronologischer 
Ordnung. Venedig. 1807, 2 Bände. 8. 39. Des Arztes Demetrios 
Alexandrides Griechischer Spiegel oder kurzgefasste Biographien der 
griechischen Schriftsteller, die bis aufs 15.Jahrhundert geblüht haben. 
Wien 1806, 8. 40. Alte Geschichte Griechenlands von Gregor Pal- 
liura. Venedig 1806, 2 Bande. 8. 41. Anfangsgründe der Nautik von 
Theodosios ausLesbos. Livorno 1807,8. 42. Rhetorik des Hermogenes 
Yon Tarsus mit einem Commentar von Athanasios aus Faros. Venedig 
1799, 4. 43. Auszug aus des Hermogenes Rhetorik. Wien 1810, 8. 

Beinahe in allen Städten, und Flecken Griechenlands findet man 
zwei Schulen ((sxo^t'ia), eine sogenannte gemeine {aoivop) und eine 
altgriechische {iA.Äijviri6v); in letzterer wird die altgriecliische Sprache 
grammatisch gelehrt und über die von den Europäern sogenannten 
Classiker, nämlich die Dichter, Redner, Mjthographen und Geschicht- 
schreiber gelesen. Die Philosophen, Mathematiker, Geographen imd 
Physiker darunter aber sind zum Theil ein Gegenstand der Gymna- 
sien. Auf dem Berge Athos besteht seit geraumer Zeit eine Schule ; 
daselbst wird nun auch Theologie und Kirchengeschichte tradiert. 

Reoensenten fällt es auf, dass, wie man aus dem obigen Bücher- 
verzeichnisse sieht, beinahe die ganze neugriechische Literatur nur 
erst aus streng wissenschaftlichen Schulbüchern besteht. Die eigent- 
liche Nation (d. i. wenigstens ihre naXonayaSoi) lieset noch gar 
nichts? Nur Studenten? Wäre es nicht zu wünschen, dass man 
auch fiir Nichtgelehrte einige unserer abendländischen belletristischen 
Classiker übersetzte? z. B. Wielands goldenen Spiegel oder andere 
Schriften dieses von den Musen und Grazien erzogenen Dichters, bei 
welchem sich nach Zimmermanns Bemerkung mehr wahre attische 
Urbanität findet als bei allen andern Deutschen, Engländern, Italie- 
nern und Franzosen? Denn ihre alten Classiker dürften die heutigen 
Griechen ungeachtet der Nähe der Sprache und des Bodens bei so 
veränderten Begriffen und meist schwachen autodidaktischen Lehrern 
nicht einmal so gut verstehen als wir. Und doch müssen die Humani- 
tätsstudien als Mensohenberufsstudien allen übrigen Berufsstudien 
vorausgehen, wie es einst Heine in Betreff Russlands, das auch nur 
Brotstudien treibt, bemerkt, Niethammer aber allgemein einleuchtend 
gemacht hat. 

4. Archäologie. Über die älteste Geschichte Griechenlands. 

5. Philologie. Verzeichniss der Schriften Korai's, voran eine 
verdiente Lobrede auf seine hohen Verdienste um Griechenland! 



101 

„Glücklielics Griechenland, wenn dir in diesen Tagen noch mehr 
solche Pfleger würden wie der Hieraroh Ignatios und der gelehrte 
weise Korai!" Korai's Schriften sind: 1. Rechtgläubiges Glaubens- 
bekenntniss der morgenländischen Kirche, verfasst vom Moskraer 
Erzbischof Piaton zum Unterrichte des russischen Grossfiirsten Paul, 
übersetzt aus dem deutschen yon A. Korai, mit sehr vielen theologi- 
schen Erläuterungen. Leipzig 1788, 8. 2. S^vonpdrovs yrepl rijs diro 

Tcbv ivvbpMV rpofTjs^ jitrd Apiriridiv Siffiini>6iiüv. Neapel 1797, 8. 

Unser Merkur bemerkt, dass diese Ausgabe von Kritikern sehr ge- 
^ schätzt wird, und gibt eine kurze Nachricht von diesem Arzte Xeno- 

krates. 3. Inironpdrovs mpi ddpojv^ rox'ooy, vöd7<»}v^ i\X, yoW, mit 

kritischen und medicinischen Anmerkungen. Paris 1800, 2 Bände. 8. 

4. OtofpddTOV y^apan'ifptf ^ i\Xifvia7i yuAAMrl , ßttrd atf/itnoitfop, 

Paris 1799, 8. 5. Beccaria's Buch über Verbrechen und Strafen, 
aus dem italienischen ins neugriechische übersetzt. Paris 1802, 8. 
Korai's Vorrede zu dieser Übersetzung ist wrmderschön (Sav/iatfrdf), 
und verdient von jungen Leuten immer wieder gelesen zu werden» 

6. Tlttoöpofios iXAyviniis ßißKioS9J*itfs xtpHy^t^v K\avbiov AiXiavoh r^v 
xoiJii\yv i6TOpiav^*Hpan^tiöov rov Uovriiiov iiat ICmoXdov rov Zla^aßnif-» 

vov rd 6v}S6}i€P'f, Mit kritischen Anmerkungen und einer Vorrede über 
griechische Sprache und Jugendunterricht. Voran ist der Plan dieser 
Bibliothek, die nach und nach aUe griechischen Classiker liefern soll. 
Der eiserne Mann Korai (rdußidvrivo^ olros avi/f*) hat die gelehrte, die 
Gebrüder Zosima aber die pecuniäre Besorgung dieser Bibliothek 
übernommen. 7. *I<sonpdTovv A oyoi nat ifnoro > aj. Paris 1807, 2Bände. 8. 

8. TlKovTdp)^ov ßioi yrapdX^if'Aoi. Paris 1809, 1810, 1. uud 2.Band. 8. 

9. Tlapepyfav iXAffPtji^s ßiß\toStJAi)s, erster Band: enthält Polyaen's 
Strategemata. Paris 1809, 8. Zweiter Baüd: Jh<i>xov ßivSot. Paris 
1810, 8. 10. ' H-Kiot^ikipov al»ioniaoi>v ßißAia. Paris 1807, 2 Bände. 8. 
Voran ein Brief Korai's an Alexander Basiliussohn, voll Philologie 
und Untersuchungen über den Zustand der heutigen griechischen 
Sprache. 

6) Ankündigung einer wörtlichen Paraphrase Homer's in zwei 
Octavbänden. Ein Konstantinopler Grieche macht mittelst einer dort 
gedruckten Ankündigung bekannt, dass in der reichen Bibliothek des 
verstorbenen Alexander Maurokordatos, wovon ein Theil einem sei- 
ner Verwandten durch Erbschaft angefallen, sich eine prosaische Pa* 
raphrase der ganzen Uias Homer*s Vers für Vers und Wort für Wort 
befinde. Zur Probe wird '/Ain^. (iaij>, £, 1 — 7. mitgetheilt. Das Ma- 
nuscript ist auf Pergament, nach des Ankündigers Meinimg au9 dem 



102 

zwölften Jahrhundert. Das erste Blatt fehlt, desswegen ist weder 
Jahr noch Verfasser bekannt. Der Redacteur erklärt sich aber sehr 
gründlich gegen den vorgebliehen Nutzen solcher entgeistemder 
Paraphrasen. 

7) Bücherrecensionen. 1. Jak. Odoard Smith's Einleitung zu den 
Verhandlungen der linnäischen Gesellschaft in London, über die Ent- 
stehung und Fortgang der Naturgeschichte, neugriechisch über- 
setzt von Demetrios Puli, Venedig 1807, 8. 98 S. (Der Übersetzer 
ist ein siebzehnjähriger Grieche, der in Padua studiert. Seine neu- 
griechischen Ausdrücke sind trefflich und die Vorrede voll Griechen- 
geistes.) 2. Abhandlung über den Zustand unserer (neugriechischen) 
gegenwärtigen gemeinen Sprache, verfasst und verlegt von G. K., 
um unentgeltlich vertheilt zu werden. Moskva, in der Druckerei der 
griechischen Gremcinde, 1808, 8. 355 S. Der Verfasser ist Georg 
Krommydes, von Jannina in Epirus, der aber gegen w;ärtig in Moskva 
undNischen (NiSva) in Russland sich aufhält. Sein Werk ist ein elendes 
Glossarion, voll epirotischer Provinzialismen, gar nicht im Geiste 
Korai's und Gazi's, die die heutige Sprache der alten annähern möch- 
ten. nEi^pi Katiif yXTJvfil^ ruft der Recensent dem Werke zu. 3. Joh. 
Dan. Mesger's (Metzger's) Medicinisch-philosophische Anthropologie, 
übersetzt vom Anastasios Georgiade»*aus Philippopel, Arzt und Chi- 
rurg. Wien 1810, 8. 140 S. Vorrede des Übersetzers 36 S. (Die 
Sprache schlage ins attische, der Übersetzer habe den Autor glück- 
lich gefasst, nur Schade, dass er in der stolzen Vorrede sich dem 
Verdachte einer zu grossen Selbstliebe ausgesetzt habe.) 

8) Miscellen. 1. Kanone auf dem Palais Royal, die den Sonnen- 
mittag ankündigt. 2. Ankündigung der Mondesfinstemiss in der Nacht 
vom 21. auf den 22. August alten Stils, die von 10*/, Uhr Abends 
bis I Uhr nach Mitternacht in ganz Europa sichtbar sein wird. 

II. Februarheft. 1) Philologie. Recensierendes Verzeichniss der 
Schriften des Neophytos Duka aus Epirus, gegenwärtig in Wien: 
I. Altgrieohische Grammatik, unter dem Titel Terpsithea. Wien 1804 
und wieder 1808, 8. 2. Sovxvöidtff. Wien 1806. 10 Bände, 8. Mit 
neugriechischer Pak*aphrase und anderen Erläuterungen. Zur Grund- 
lage diente Duckers Edition (Amsterdam 1731, Folio.) Der Recen- 
sent bedauert, dass der Herausgeber die alten Scholien und das Le- 
ben des Thucydides von Marcellinus nicht beachtet hat. 3. Päanii 
Paraphrase des Eutropius, mit neugriechischer Paraphrase und An- 
merkungen. Wien 1807, 2 Bände. 8. 4. Arrian's Werke. Wien 1809, 
7 Bände, 8., nach den besten abendländischen Ausgaben und mit 



103 

neugriediischer Paraphrase. Der ßeccuseut aählt }yei dieser Gelegen- 
heit die leider verloreneu übrigen Schriften Arriau's auf. 5. Dio 
Chrysostomus achtzig Reden. Wien 1810, 3 Bände. 8. Nach Reiske, 
mit einer Epistel an die Gebrüder Zosima in Jannina, wegen Vereini- 
gung der zwei Schulen daselbst. Der Druck ist schön und correot. 
Der Recensent zählt hier acht verloren gegangene Schriften Dions 
auf. 6. Maximus von Tyrus einundvierzig Reden. Wien 1810, 8. 
423 S. Nach Reiske. Der Recensent lässt der Rhetorik des Sophisten 
Recht widerfahren, deckt aber seine philosophischen Blossen und 
Widersprüche auf. 

2) Alte Aufischrift, in der Vorstadt von Korfu, Stratia genannt, 
über der Altarthüre der Kirche Paläupolis, die dieser Aufschrift zu 
Folge im Jahre 164 erbaut wäre. (Mitgetheilt von Joh. Mavromates 
von Korfii.) 

3) Geographie. Chronologische Übersicht der merkwüi'digsten 
Entdeckungen auf der Erdkugel und der gemachten Reisen zu Wasser 
und zu Lande in älteren und neueren Zeiten. (Wie es seheint, vom 
Redacteur.) 

4) Schulbericht von Bukarest. Reden der Lehrer und des Metro- 
politen bei Eröffnung der Prüfung, und darauf folgende Prämienver- 
theilung (von Büchern und goldenen Uhren). Die Kanzel der Philo- 
logie war den Bürgern bisher unbekannt! Die Musen sollen, nicht 
wie bei Peter I. über Petersbui'g, nun über Bukarest von der Tour 
durch Europa auf den Parnass zurückkehren. 

5) Bericht über die dritte Zusammenkunft der philologischen 
Gesellschaft. 

6) Philologie. Verzeichniss der Schriften des Herrn Spiridion 
Blandis (BAdvrif^) von Kythere, der in Venedig lebt. 1. Magasin des 
Enfans, übersetzt 1793 in 4 Bänden. 8. 1807.; geschah schon die 
vierte Auflage. Der Recensent schätzt das Buch mit Recht, und 
wünscht es zum Lesebuch in allen Volksschulen (besonders für 
Mädchen). 2. Italienisch-griechisches Wörterbuch. Letzte Auflage: 
Venedig 1806, 4. 3. Italienische Sprachlehre für Griechen. Venedig 
1806. 4. Ovid's Metamorphosen übersetzt. Venedig 1798, 2 Bände. 8. 
5. 0)mel. Nepos übersetzt und erläutert. Venedig 1802, 8. 6. Cha- 
ritons Roman von Chäreas und Kallirrhoe nach d'Orville's Ausgabe. 
Venedig 1810, 4. 

7) Germanien. Anzeige und Recension von J. G. Sohneider's Aus- , 
ga|)e der Politik des Aristoteles (Frankfurt an der Oder 1809, 
i— 2. Band). Der Redacteur ist mit Recht unseres verdienten Profes- 



104 

sors Schneider warmer Verehrer, er nennt ihn 6 1repnl^iifs iv ^aibtia 

jS'ii (jpiXo'Xoyia iX^tiPiKy , 6 aya^os ßiot L F. 2v^ibipos^ rou oxoiov ro 
ovofia irpiyrii vd iivai aeßda^iop ßiira^v iis rovs "EXÄifvas^ und benutzt 

die Gelegenheit, um seinen Landsleuten Sehneiders bisherige Be- 
arbeitungen ihrer Autoren aufzufuhren. Am Schlüsse der Recension 
heisst es: bei yielen verderbten und dunklen Stellen bringt der Her- 
ausgeber verschiedene Lesarten bei, die aber auch den Schaden nicht 
heilen. Doch ist nirgends Schneiders Sorgfalt, glückliche Divination 
und Gelehrsamkeit zu verkennen. Nur Schade, setzt der Recensent, 
auch selbst ein Lexikograph wie Schneider, hinzu, dass kein Wörter- 
index dabei ist, der in den Ausgaben solcher Werke nie fehlen sollte; 
der Druck sei rein und correct, bis auf wenige Druckfehler. 

8) Smyma. Das dortige Gymnasium zahlt 150 Schüler und sie- 
ben Professoren, worunter Konst. Kuma aus Larissa in ThessaKen 
(Verfasser obgenannter Mathematik und physikalischer Abhandlungen 
und Übersetzer von Adet's Chemie, Wieii 1807) Professor der Philo- 
sophie, und Konst. Ökonomos von Sarisane bei Elasson in Thessalien 
aber Professor der altgriechischen Sprache, der Rhetorik, Poetik, 
Logik und Geographie ist. 

9) Erste Zusammenkunft der philologischen Gesellschaft von 
Bukarest. Man benutzte dazu den Namenstag der Kaiserin-Mutter 
von Russland, aufweiche, so wie auf ihren Sohn, der Professor der 
Philosophie Athanasios Bogorides vierzehn Verse ablas, die der Me- 
tropolit ihm mit eben so vielen Goldstücken aufwog. Dann hielt der 
Metropolit eine zweckmässige Rede an die vereinten griechischen und 
dac'Ischen (vlaehischen) Mitglieder, „die Religion und Beisammen- 
wohnen schon längst vereint, und nun die Philosophie noch enger 
vereinen soll.'^ Darauf wurden die Statuten abgelesen und von den 
Mitgliedern unterzeichnet, zuerst vom Metropoliten, dann vom Vice- 
präsidenten Generat Engelhart u. s. w. , und zum Beschlüsse las 
Demctrios Schinas eine aus dem französischen ins neugriechische 
Vlbersetzte Abhandlung über den heutigen Zustand der orientalischen 
Kirche, wovon hier ein gedrängter Auszug mitgetheilt wird. Das 
französische Original selbst ist von einem Griechen, der seine Nation 
selir liebt *), auf Verlangen einer grossen Person verfasst worden. 
(Vom Metropoliten Ignatios selbst auf Verlangen des Kaisers 
Alexander?) 



*) Den meisten Gelehrten gibt unser Merkar das schöne Beiwort ^ iXoyt^fit, 
wofür wir, schwächer, wie es scheint, patriotisch sagen« 



105 

10) Verzeichniss der Mitglieder der Bukarester philologischen 
Gesellschaft. Achtzehn ordentliche, zehn correspondierende Mitglieder, 
worunter eines in Paris, eines in Venedig und acht in Wien; unter 
letzteren auch zwei Nichtgriechen (aber fiAi^^'Ayvfs^ Griechenfreunde): 
von Engel und Kopitar. 

IXI. Märzheft. 1) Verzeichniss der Professoren und der Lehr- 
gegenstande in Bukarest. Professoren sind zwölf. Den lateinischen 
Professor vermissen wir darunter, der Rechenmeister Michael ist zu- 
gleich Professor der deutschen Sprache; die französische erfreut sich 
zweier Professoren , jitapav^mv (Laurenzen ?) und Nicolaus Sava 
(^aßßu); Manuel von Byzanz lehrt russisch; altgrieohisch lehren 
f&nf Professoren. Studenten waren im November 1810 244 und ihre 
Zahl wuchs monatlich. Davon frequentierten einige zwei, andere gar 
drei Fächer; Physik und Mathematik hörten zwölf, Geographie acht- 
zehn, Poetik und Briefistil zehn, Arithmetik, Zeichnen etc. dreiund- 
fdnfzig, deutsch sechzehn, französisch vierundfanfzig, russisch fünf- 
undzwanzig. 

2) Ver£EU96ung des Bukarester Ljceums. £)ie Lehrgegenstände 
QiaSi^ßiaTay theilen sich in drei Classen: Wissenschaften, Philologie 
und Sprachen (^^ritr^/iai , fptyc^\oyia nui ^\ft><T(Tat). Die ersteren be- 
greifen: Mathematik, Physik, Chemie, Naturgeschichte, Geographie, 
Metaphysik, Logik und Ethik. Zur Philologie gehören: Rhetorik, 
Poetik, Geschichte, Mythologie und Archäologie. Zu den Sprachen: 
griechisch , lateinisch , russisch , französisch und deutsch ^). Die 
übrigen Vorschriften über Detail des Unterrichtes übergehen wir hier, 
da sie für unsere Leser nicht die Neuheit und das Interesse haben 
können wie für Griechen, die erst Schulen errichten. 

3) Philologie. Verzeichniss der Schriften des Herrn Demetrios 
Darvaris von Klissura in Macedonien, der in Wien lebt*). I. Deutsche 
Sprachlehre fiir Griechen. Wien 1785, 8. 2. K. K. Patent (^friiro) 
über Wechsel. Wien 1787, Folio. 3. Sichere Anleitung zur Men- 
sehenkenntniss oder Theophrasts und Anderer Charakterschilderungen, 



') Wanim nicht auch neugriechisch und walachisch'f Wer seine Muttersprache 
sprechen kann, versteht sie noch nicht grammatisch. Wollen die Griechen ihre 
gemeine Sprache veredeln , so müssen sie ja studieren ! Das nAmliche gilt von 
der walachi sehen. 

*) Der Bedacteur nennt ihn den Campe der Neugriechen und erzAhlt seinen 
Landsleuten, dass dieser Campe gegenwärtig in Germanien blühe, nachdem 
er bisher sehr viele Schriften {yAtat'a ^cXeneviipLara) zur Sitteobildnng der 
Jugend herausgegeben habe. 



106 

neugriechisch. Wien 1795, 8. 4. Wahrer Weg zur Glückseligkeit 
oder drei didaktische Reden, nämlich Plutarch über Kinderzucht, 
Isokrates über Sittsamkeit und Xenophon über Haushaltung. Wien 
1796, 8. 5. Anleitung zur hellenischen (altgriechischeu) Sprache, 
enthaltend verschiedene Gespräche, in drei Centurien. Wien 1798, 
und wieder Venedig 1 807 , 8. 6. Das goldene Buch *) oder Kebes 
Gemälde und Epiktets Handbuch, neugriechisch, mit einem Kupfer 
und Erklärungen und mit einer philosophischen Abhandlung über die 
Pflichten derjenigen, die an eine göttliche Vorsehung glauben. Wien 
1799, 12. 7. Kurzge&sste heilige Geschichte der Kirche des alten 
und des neuen Bundes, übersetzt aus dem russischen, für die Jugend 
der morgenländischen Kirche. Wien 1800, 8. 8. Kleiner Katechis- 
mus mit Fragen und Antworten. Wien 1801, 8. 9. Anleitung zur 
Reehtschaffenheit oder ethisch- politisches Handbuch. Zweite Auf- 
lage. Wien 1802, 8. 10. Handbuch der Christen, enthaltend eine 
kurze Auslegung des Gottesdienstes. Wien 1803. 11. Biblische 
Gescliichte mit Fragen und Antworten. Wien 1803. 12. Leiohtfiusa- 
liehe Arithmetik ^ Studierende und Kaufleute. Wien 1803, 8. 
13. Der Jugendlehrer (raibay<i;>Y6s) oder sittliche Lebensregeln für 
Knaben und Mädchen. Wien 1804, 8. 14. *JS«A.oydpio» ^paimrov 
oder Sanmilung von allerlei Gedanken und Sprüchen, auserlesenen 
Fabeln, Erzählungen, physikalischen Abhandlungen und einer kurz- 
gefassten Mythologie der Griechen und Römer. Wien 1804, 8. 

15. Grosser Katechismus, aus dem russischen. Wien 1805, 8. 

16. Gemeingriechische Grammatik. Wien 1806, 8. 17. Vorbereitung 
zur Erkenntniss Gottes durch Betrachtung der Wesen (tS>v arroav). 
Wien 1806, 8. 19. Griechisch-deutsche Gespräche für die in 4^s 
Kaisers (von Österreich) Staaten lebende Jugend. Wien 1809. In 
deutscher Sprache: 20. Der Stein des Anstosses. Wien 1787. 8. In 
slayischer Sprache: 21. Sittenlehre von Anton von Byzanz. Wien 
1796. 8. 22. Spiegel der Christen. Wien 1801. 8. 23. Kebes und 
Epiktet. Ofen 1801. 8. 

(Man hoffl; nächstens noch mehrere Werke von der Hand dieses 
thätigen Schriftstellers.) Becensent dachte bei Nr. 7 und 15 an Spitt- 
1er; seit Konstantinopels Einnahme ist die vegetierende griechische 
Kirche nicht mehr streitend, sondern leidend. 'Russen müssen Kate- 
chismen für sie verfassen! 



^) XputfGuy iyxoXntoVf das goldene Busen kleinod : bei der griechischen Kleidung 
\iä^% man die Uhr, das Portefeuille etc. wirklieb im Busen. 



107 

4) Recension von des Demetrios Govdelas (von Rhapsana am 
Fusse des Olympits; auch Übersetzer von FenelonsTelemacli) Anfangs- 
gründen der Algebra oder der Mathematik erstem Theil. (Halle 1806, 8. 
Dediciert Alexander I.) 

5) Nekrolog. Lampros Photiades ans Jannina, der durch dreizehn 
Jahre Scholarch in Bukarest gewesen war, von Demetrios Sehinas. 

'6) Nachrichten. 1. In Berlin erscheint seit Anfang 1811 eine 
medicinische Zeitschrift: Asklepieion. Preis 8 Rthlr. 2. Auszeich- 
nungen, die von Sr. Majestät Kaiser BVanz I. verdienten Prager Ge- 
lehrten widerfuhren. 

7) Neu erschienene Bücher: 1. Äsops Fabeln von Fr. de Furia. 
Leipzig 1810. 8. „Die Ausgabe sei splendid, aber sehr unnütz.^ 
2. Musäus von Passow. Leipzig 1810. 12. 3. Platon's Phädros mit 
den Scholien des Hermeias, von Fr. Ast. Leipzig 1810. 8. „Die Er- 
läuterungen des Herausgebers seien sehr gelehrt und glücklich." 
4. Hegewisch geographische und historische Nachrichten von den 
Colonien der Griechen. Altona 1808, 8. „Ein Buch, welches eine 
Übersetzung ins neugriechische verdient.** 6. Fragmente der alten 
Geschichtschreiber der Griechen, Hekatäus, Charon von Lampsakus 
und Xanthus, aus vielen alten Schriftstellern gesammelt. Heidelberg 
1806, 8. 6. Fragmente des Posidonius von Rhodus, von Joh. Wake 
(Bdm). Lejden 1810, 8. 

8) Zweite Versammlung der Bukarester Gesellschaft. Es ward 
viel über die gemeingriechische Sprache geredet. 1. Sie sei nicht 
neueren Ursprunges, wie die Europäer behaupten, sondern alt und 
die sogenannte aoivrf unter den alten Dialekten, am meisten mit der 
alten jonischen verwandt; ihre Ausdrücke seien nicht schlechter als 
die der attischen Mundart. Der griechischen Sprache sei nicht wider- 
fahren was der lateinischen; sie werde noch von einem ganzen Volke 
gesprochen. 2. Aber nach welcher Mundart, mit welchen Einschrän- 
kungen und Modificationen soll man sie in Schriften gebrauchen? Die 
Gesellschaft meint, vor der Hand solle jeder in der Mundart, die ihm 
am geläufigsten ist, schreiben; wenn er nur die Absicht hat der Na- 
tion zu nützen; es werde am Ende aus dem Conflicte schon eine all- 
gemeine Schriftsprache hervorgehen. Indessen solle man doch auch 
die correspondierenden Mitglieder um ihre Meinung über diesen Ge- 
genstand befragen. (Des Redacteurs Gazi Meinung ist, man solle sich 
nach der Mittelsprache des Erzbischofia Nikiphor Tbeotoki [in seinem 
KvpiaAotpcßuov d. i. ^ostille, Moskva 1796, 4.], die zugleich ver- 
iständlich und attisch sei, richten.) Der Metropolit erklärt sich mit 



108 

Recht für den Gebrauch der Volkssprache in den Schalen, und beruft 
sich auf die Erfisüirung aller Nationen und seine eigene. Seitdem man 
Gondillac's Logik nicht altgriechLsch, sondern neugriechisch vortrage, 
hätten unerwachsene Knaben mit Freuden die logischen Vorlesungen 
besucht und Kaufleute, die wenig vom altgriechischen verstanden, 
die Logik vortrefflich erlernt. Und Anfanger im altgriechischen be- 
suchten zugleich die in der gemeinen Muttersprache vorgetragenen 
physikalischen und mathematischen Wissenschaften mit solchem Erfolge, 
dass sie selbst schon andere darin unterrichteten. Aber darüber habe 
bereits Korai überzeugend genug gesprochen, für dessen langes Le- 
ben die ganze Nation täglich beten sollte. ^) Schliesslich berührt er 
noch Korai's Wunsch nach einer — Literaturzeitung: ^oXv aüfKpip^t^ 
sagt er, eh ryv ^irddaaiv rwv fMTwv (des lumieres) vd Ko^vo^oySi^siv 
öi aofol Tov yivovs ras idias ra>f , Adi xtpl tovtov Mivai dvaynäia ßii'x 
^iXoXoyitiif ifiifupis^ lis rifv o^oiav isaS* lis x^MOt^ivßtivox td. iaf^ib^ 
ras Mas TOV, TovTO /fäs t6 avßißovKevti nai 6 sofos Kopütj^^ ogtis fpo- 
v'}iias i6id\e^t rioi u^iov &vbpa rov !4pj^ißiavf'piTifV J^ySi/xov rop ra3ifv. 

Sämmtliche Mitglieder der Gesellschaft stimmten dem Prälaten ein- 
hellig bei und legten ihre Beiträge, sowohl zur Bestreitung der ge- 
wünschten Literaturzeitung als der übrigen Gesellschaftsausgaben 
zusammen. Der Secretär der Gesellschaft ward beauftragt, die Druck- 
kosten für die ^l\p^oylnit iftffieph an Gazi zu übermaohen und ihn 
im Namen der Gesellschaft zur Übernahme der Redactioif aufzufor- 
dern; auch möchte Gazi jeder griechischen Schulanstalt in Europa 
und Asien ein Exemplar der Zeitung gratis zuschicken, dafür aber 
sich den jedesmaligen Status der Schulanstalt ausbitten. Darauf 
ward die ganze Gesellschaft zum Metropoliten zu Mittag geladen. 
Bei der Nachhausefahrt fiel es dem Metropoliten ein, die Schulen zu 
besuchen. Es war eben die Stunde der Arithmetik und Zeichenkunst. 
Alle Schüler antworteten befriedigend, aber ein dreizehnjähriger 
Knabe von Siatista (in Maeedonien) beantwortete nicht nur furchtlos 
die an ihn gerichteten Fragen, sondern that selbst neue Fragen an 
denProfessor. Der erfreute neue griechische Mäcen (o j/ior rwf 'EXXdboff 



*) £8 ist hier nur daram zu thun, die Rechte der Muttersprache geltend zu 
machen, und es versteht sich, dass das altgrieohische als Sprache der Clas- 
siker und schon als Sprache der Liturgie dort noch fleissiger getrieben werden 
muss als bei uns Abendländern. Bemerkenswerth ist noch, dass der Serbe 
Obradoric in Belgrad sich mit seinem heutigen Nationaldialekte gegen die 
altslatische Rirchensprache im nämlichen Verhältnisse befand, und ebenso 
^tschicd wie diese Griechen. 



109 

Mau.rfvas) nahm den Knaben in seinen Wagen, stellte ihn dem Divan 
▼or (wo er reichlich beschenkt wurde), und fiihrte ihn dann in seine 
Metropolie, wo er ihn mit den Mitgliedern der Gesellschaft tractierte. 

9) Auszug eines Briefes aus Bukarest vom 4. Jänner 1811. Der 
gute Hirt Ignatios sorgt für schnelle und vortheilhafte Anstellungen 
fleissiger Studenten. Möchten andere angesehene und reiche diess 
Beispiel nachahmen! Mögen die Handelsleute thun was die Gebrüder 
Zosima und Johann Piinki, und die Vorsteher der Städte, was die 
Kydoniaten, die Klöster, was Batopedon (auf Athos) und die Künst- 
ler, was in Konstantinopel die Pelzmacherzunft gcthan hat. 

10) Des Arztes Joh. Assani Antwort auf die Frage über das 
Brownische System. Die Fortsetzung folgt im Aprilhefte. 

1 1) Archäologie. Über den Feuercultus (xvpoXarptia) der Alten, 
eine kleine Abhandlung von Demetrios Govdel& (die sich aber doch 
bis ins Aprilheft hinauszieht). 

IV. Aprilheft. I) Nachrichten. 1. Nik. Theseus macht durch 
wiederholte Ankündigung vom 4. Jänner 1811 aus Florenz bekannt, 
dass er des Theodor Gazi Paraphrase Homers aus dem Autographon 
dieses Gelehrten, das sich dort in der Bibliothek di S. Lorenzo be- 
finde, sammt dem homerischen Texte in vier Ootavbänden heraus- 
geben wolle. 

2) Zugleich macht Theseus bekannt, dass ein in Florenz studie- 
render Grieche Theophrast's Tcepi fv:S>v iaropias und yvrmiv airia>i' 
mit Schollen und Erläuterungen, und daneben auch die Anfangs- 
gründe der Botanik nach dem Systeme der neueren herauszugeben 
gesonnen sei. Der Redacteur bedauert, dass Theseus nicht nur den 
Namen des Herausgebers uns vorenthalten, sondern nicht einmal 
darüber etwas gesagt habe, ob derselbe alte Handschriften Theo- 
phrast*s, die bei dem äusserst verdorbenen bisherigen Texte dieses 
wichtigen Glassikers unentbehrlich seien, zu Gebote habe. Auch sein 
(des Anthimos Gazi) geliebter Professor Schneider (6 xard xdvra ^i- 
Äoufigtos /ioi) sei mit einer neuen Ausgabe Theophrast's beschäftigt; 
er habe durch eine haUisqhe lit. Zeitung (9iAo\oyiis»/ itpifßupU) den 
Gelehrten dieses sein schönes (»iiiov) Vorhaben bekannt gemacht und 
um Hilfe aus Handschriften angesucht; und gesegnet derjenige von 
uns, schliesst der Redacteur, der für diesen Mann irgend einen alten 
Codex Theophrast's vergleicht und das Resultat mir franco zusendet. 



*) Die aaf Patmos ein« Sehale gestiftet hat. 



110 

3) Ankündigung einer Eneyelopädie filr unser Studium der alt- 
griechisdbien Sprache für Neugriechen von S. Kommitas, in acht 
Octaybänden, davon die ersten fünf der Grammatik , die zwei fol- 
genden der Rhetorik, und der achte der Poetik gewidmet und bereits 
unter der Presse ist. 

4) Bemerkungen über Lehrmethode und Schuleinrichtungen, 
eine Abhandlung von Demetrios Nik. Darvaris, die im Maiheftc fort- 
gesetzt werden soll. Der einsichtsvolle und patriotische Verfasser 
klagt über Mangel an guten Lehrern, an guter Methode und an guten 
Schulbüchern; er zeigt die Wichtigkeit und Nothwendigkeit einer 
baldigen Abhilfe, und glaubt, die Nation solle ihre gründlichen Ge- 
lehrten zur Ausarbeitung guter Schulbücher auffordern. Becensent 
glaubt, dass ein Dutzend in Heyne's oder Wolfs Schule gebildete 
Nationalgriechen und genauere Bekanntschaft mit deutschen Schul- 
büchern statt der französischen die Erreichung des Zweckes um ein 
beträchtliches fordern würden, ersteres, weil die humanistische Bil- 
dung als die allgemein nothwendigste und weitläufigste am dringend- 
sten und meisten Methode braucht; das andere, weil so viele der 
deutschen Schulcompendien selbst nach dem Geständnisse sachkun- 
diger Ausländer (eines Villers z. B.) musterhaft und von Franzosen 
bei weitem nicht erreicht sind. (Unvollendet) 



XVIIL 

Topographische Ansichten, 

gesammelt aufeiner Reise in die Levante, von Jos. von Hammer. 
Mit Kupfern und Karten. Wien 1811. 8. 

(Vaterländische Bl&tter. Jahrg. IV. 327—328.) 

Der Name des hochverdienten VerÜEissers, auf den Österreicli 
und seine orientalische Akademie mit Recht stolz ist, hürgt uns för 
di6 Güte auch dieses kleinen Geschenkes. „EUnegute und vollständige 
Ueisebeschreibung, sagt der Verfasser, muss nicht nur Natur- und 
Völkergeschichte, sondern auch Philologie und Politik umfassen. 
Von allem dem finden die Leser nicihts oder wenig in diesem Buche, 
das daher auch keine Reisebeschreibung sein will und kann. Zu astro- 
nomischen und physischen Beobachtungen war der Verfasser weder 
mit den gehörigen Vorkenntnissen noch mit den nothwendigen Hilfs- 
mitteln ausgerüstet. Die Mittheilung politischer uiftl historischer Bei- 



III 

träge, die er von manchen wichtigen Begebenheiten, denen er als 
Theilnehmer beiwohnte, geben konnte, wird ihm durch seine Dienst- 
verhältnisse untersagt. Ohne Begleiter und ohne Instrumente konnte 
er auf seinec in keinem wissenschaftlichen Zwecke unternommenen 
Reise nur im Durchfluge Ansichten der Örtlichkeit auffassen, die er 
hier getreu, wie sie ihm erschienen, wiedergibt. Sie enthalten über 
ziemlich bekannte Gegenden dennoch manches unbekannte. Der Ver- 
fasser ist der erste Deutsche, der in dem berühmten von Franzosen 
und Engländern über Troja's Ebene geführten Prozesse als Augen- 
zeuge auftritt imd, was er gesehen und gefunden, erzählt. Wie er 
mit Homeros in der Hand den heiligen Boden Uions beschritt, durch- 
ging er auch mit den Geschichtquellen vor Augen auf Rhodos den 
Umfang der gleichnamigen, vormals der Religion geweihten Veste. 
Dort hat er durch die Richtung von Höhen und Strömen die Lage der 
Stadt, des Schlachtfeldes und des Hafens, hier durch Besichtigung 
der Wälle und Basteien die Sammelplätze der Zungen die Vertheidi- 
gungsposten der Ritter bestimmt imd ausgemitteit und Notizen ge- 
liefert zur Terrainkenntniss dieser berühmten Belagerungen alter und 
neuer Zeit." 

„Auf Cypem glückte es ihm, dem ersten Reisenden, die Ruinen 
von Araathus und Altpaphos und in dem Schutte derselben die Mauern 
der alten hochverehrten Venustempel dieser beiden heiligen Städte 
aufzufinden. Durch ein cyprisches Fieber, das er auf dieser Ent- 
deckungsreise davon getragen ,* dem Tode nahe gebracht , fand er 
Genesung an Karamaniens Küsten, wo er zu Telmissos lange genug 
Ruhe und Muse genoss, um Ordnung und Ausgang zu finden im 
Gewühle mannig£Ehltiger Grabmahle, ans dem Labyrinthe gemischter 
Monumente des Todes." 

„Auch den Tempel von Perinthos hat, wie er glaubt, vor ihm 
kein Reisender beschrieben. Doch kann er von dieser Halbinsel und. 
der Insel Chios um so weniger erzählen, als er in beiden nur zwölf 
Stunden verweilte. Eben so viele Tage hielt er sich in Jaffa auf; aber 
Rücksichten , die ihn täglich vor das Thor und in das Lager führten, 
verhinderten ihn zugleich das nur zwölf Stunden entfernte Jerusalem 
zu besuchen und erlaubten ihm nicht, dieser Ansicht grössere und 
merkwürdigere Ausdehnung zu geben. Unter den gesammelten sie- 
benzig Inschriften befinden sich sieben in unentzifferten Alphabeten, 
und mehrere der gelesenen und übersetzten sind selbst nach dem Ur* 
theile des gelehrten und verehrungswürdigen Visconti, der einige 
Bemerkungen dazu gegeben, nicht unmerkwürdig. Einer der Inschrift- 



112 

steine, welcher die Entdeckung des Venustempels von Altpaphos im 
heutigen Dorfe Kukla und den bisher nicht bekannten Beinamen 
Eupator des cyprischen Ptolemäos beurkundet, befindet sich im 
k. k. Antikencabinete in Wien nebst einem anderen aus den Mumien- 
grüflen von Sakara hingeschafften mit Hieroglyphen bedeckten 
Grabsteine.^ 

,,Von Ägypten, wo er diesen Stein hergeholt, und von Konstan- 
tinopel, von wo seine Reise aus- und wohin sie zurückging, hat der 
Verfasser geschwiegen. Von diesem, weil es ungeachtet aller bekann- 
ten Beschreibungen des alten und neuen Byzanz dennoch ein eigenes 
Buch erfordert; von jenem, weil das meiste, was er hievon sagen 
könnte, überflüssig wäre nach den schon erschienenen oder eben 
erscheinenden Beschreibungen äg]rptischer Sachen. Engländer und 
Franzosen sind hierin den Deutschen weit zuvorgekonmien, wie z. B. 
namentlich Herr Clarke, welchem der Schreiber dieser Zeilen die 
Nachricht, dass sich in Silbischer Ruinen bcftnden, und die Ver- 
muthung, dass es die von Sais wären, mitgetheilt, mit dem er die- 
selben besucht, und wo er, indem er die Stufen der dortigen Moschee 
umwenden liess, die schöne jetzt in Cambridge befindliche Isisstatue 
gefunden hat, die (weil er zur Fortschaffung kein eigenes Boot hatte 
und ihm Herr Clarke das seinige hierzu verweigerte) er diesem zu 
überlassen gezwungen war. Was der Verfitsser sonst an ägyptischen 
Notizen gesanmielt, ist theils in des Ritters von Wilson und Dr. Witt- 
manns Werken bereits enthalten, oder wird aller Vermuthung nach 
im Texte des in Paris erscheinenden Prachtwerkes über Ägypten noch 
ausführlicher beschrieben sein. Wirklich hat er in Paris die meisten 
der von ihm in Kairo gesammelten kufischen Inschriften bei Herrn 
Marcel weit genauer und schöner gezeichnet gesehen, als diess ihm 
selber möglich war.^* 

„Endlich könnte der Verfasser die Vorrede nicht schöner schlies- 
sen und das Werk nicht würdiger beginnen, als indem er den Manen 
des an der Pforte als k. k. Internuntius verstorbenen Freiherm von 
Herbert, dieses hochverdienten Staatsmannes, welcher, indem er 
durch seine politischen Verhaltungsbefehle dem Reisenden die Er- 
stattung abgesonderter literarischer Berichte auftrug, die erste 
Veranlassung zu diesem Buche gab, und der auch sonst die Reise 
vielfiich begünstigte, allhier das Opfer der reinsten Dankbarkeit 
darbringt." 

Zu diesem treffenden Selbstberichte des Verfassers haben wir 
nichts hinzuzusetzen, als dass diese interessanten Nachrichten , die. 



113 

weil sie (was so selten ist) von einem mit den Sprachen der bereisten 
Länder vertrauten Manne herrühren, den Stempel der Authenticität 
an sich tragen, auch in einem schönen blühenden Stile geschrieben 
sind. Selbst der leichte Anstrich von orientalisch-allegorischen Re- 
flexionen kleidet ihn nur um so reizender. 



Dositej ObradoTic. 

(Vateriftndische Bl&tter. Jahrg. IV. 365—368.) 

Den 26. März (7. April neuen Stils) starb' zu Belgrad in dem 
schönen Alter von 72 Jahren, aber für seine Nation noch immer viel 
zu früh, der durch Wort und Schrifl um seine Nation hoch verdiente 
serbische Anacharsis, Dositej Obradovic (der Sache, wenn auch nicht 
ganz dem Titel nach) Erzieher der Kinder von Öemi-Georg, Inspec- 
teur de Tlnstruction publique, Senator, Minister des Cultus und der 
auswärtigen Angelegenheiten daselbst. 

Selbviertes Kind eines Kürschners von Öakovo, einem von Ser- 
ben und Walachen bewohnten Städtchen im Temesvarer Banat, verlor 
ei* sehr*fiiUi den Vater und im zehnten Altersjahre auch die geliebte 
Mutter Kruna und seine Schwester Julijana, die er nie vergessen 
konnte. Ein Verwandter, der keine männliche Naclikommenschafb 
hatte, nahm ihn zu sich, in der Absicht, ihn einst, wenn er seinen 
Psalter und seine Katichisis ausgelernt hätte, auf sein Haus zu ver- 
heiraten und dann zum Popen weihen zu lassen. Aber der wissbegie- 
rige Knabe blieb, nachdem er lesen gelernt hatte, nicht bei seinem 
Psalter stehen, sondern stöberte die ganze kleine slavische und wala- 
chische Bibliothek der Kirche seiner Vaterstadt dureh. Oft verkroch 
er sich während des Gottesdienstes hinter den Altar, und las — 
Leben der Heiligen. Unser Dimitar (Demetrius), denn diess war sein 
Taufiiame, las mit kindlichem Ernste, und — wollte auch ein Hei- 
liger werden. Einst liess er sich von einem bettelnden Kalugjer aus 
dem Decaner Kloster in der Türkei entfahren, ward aber noch zu 
rechter Zeit eingeholt. Um ihn durch Beschäftigung von diesen Gril- 
len abzubringen, that ihn nun sein zweiter Vater zu einem Decken- 
macher nach Temesvar in die Lehre. Ein aus Srem (Sirmien) gekom- 
mener Hutmachergeselle erzählt ihm von den dortigen Klöstern. 
Obradovic macht sich in Gesellschaft eines etwas älteren Cameraden 
heimlich davon und ist am dritten Tage in Hopovo, dem schönsten 

8 



114 

der Klöster auf der Fniska Gora (dem mons almus des alten Panno- 
nien, auf dem Kaiser Probus, selbst ein geborener lUjrier, zuerst 
die Rebe pflanzte und dadurch den Grund zum ungrischen Weinbau 
legte). Diess war im Juni und Obradovic vierzelm Jahre alt. Der 
Iguman (/fyovßitvo^^ Guardian) nahm ihn zu seinem eigenen Djak 
(Jünger) an, hätte ihn aber beinahe wieder fortgejagt, als er sah, 
dass er nicht nur den Psalter, sondern jedes slavisch geschriebene 
Buch fertig lesen konnte; denn, sagte er, wenn du hörst, wie ich 
lese, wirst du mich auslachen, und das wird dann nicht gut enden. 
Kaum konnte« Obradovic durch die aufrichtigsten Betheuerungen sei- 
ner Liebe und Ergebenheit diese nicht unpsjchologische Besorgniss 
des guten Giiardians beschwichtigen. In Hopovo fand er eine zahl- 
reiche asoetische Bibliothek, und las nun wieder Leben der Heiligen, 
ÜEtstete oft zu drei Tagen, bis ihm die Knie zitterten und er ohnmäch- 
tig niedersank. Vergebens machte ihm der schlichte Menschenver- 
stand des Guardians die väterliclisten Vorstellungen gegen diese wohl- 
gemeinte Thorheit, bis er ihm strenge mit Fortjagung drohte; denn 
ich will nicht, sprach er, dass du in meiner Nähe ein Selbstmörder 
werdest. Oft prophezeite ihm der brave Alte wohl auch, dass er des 
so jung begonnenen Fanatismus* desto eher satt werden würde und 
diess um so mehr, da er das Bücherlesen so sehr liebe, denn* es sei 
ein Sprichwort in den Klöstern, wer viel lese, faste wenig. Obrado- 
vic war damals freilich weit entfernt ihm diess zu glauben. Das kom- 
mende Frühjahr ward ihm dann der Kopf geschoren und der Kloster- 
name Dositheus, den er sich in der Legende ausgewählt hatte, weil 
der Heilige dieses Namens auch und zwar schon als Kind von sieben 
Jahren aus den Armen der Altern unter die Kalugjer geflohen war, 
mit dem vorigen, Demetrius, vertauscht. Am Karfreitage fährte ihn 
der Iguman nach Karlowiz^, wo ihn der Erzbischof Paul Nenadovie 
zum Diakon weihte, auch mit der Bemerkung, dass dieser so wiss- 
begierige Kalugjer „seinen Platz in Hopovo nicht erwärmen werde.^ 
Oft hatte iet Iguman geäussert, dass er, wenn er reich wäre, seinen 
Dositheus nach der pecerischen Laura bei Eaew *), wo er seinen 



*) Diesei Capitel der Obradoricischen Biographie ist in politischer Hinsicht far 
den Osterreichischen Patrioten besonderfl wichtig. Hear him, hear him! 
Josef II. nnd Leopold II. liessen diesen Russismns der Osterreichischen Slaren 
Tom griechischen Ritus nicht unbeachtet. Man erinnere sich, ^ie auch Fried- 
rich II. gegen Prinx de Ligne über Russlands ReligionsTortheile sich äusserte. 
Es wftre interessant zu erfahren, in vie veit nunmehr das Karlowixer Qjm- 
nasium die Sehnsucht nach Kiew hp'ilt. 



115 

Durst nach Wissen stillen könnte, schicken wollte. Nach drei Jahren 
relegierte der Metropolit diesen Guardian nach Sisatovac. Nichts 
band nun weiter unsem Dositheus in Hopowo. Mit fünfzehn Ducaten, 
die ihm dieser edle, nun selbst bedrängte Wohlthäter (er hiess Theo- 
dor Milutinovic) sammt dem Rathe, sich damit wo möglich nachEaew 
oder Moskva durchzuschlagen, gegeben hatte, entfloh er mit einem 
kroatischen Novizen nach Agram, studierte da die lateinische Gram- 
matik, ward getäuscht in der Aussicht mit einem sogenannten illjri- 
schen Feldkaplan als Gehülfe (Diakon) nach Schlesien zu kommen 
(damals war der siebenjährige Krieg), ging also auf eines Bischofs 
Anrathen nach — Dalmatien, um sich durch Kinderunterricht erst 
das nöthige Reisegeld nach Kiew zu erlehren, verlebte dort drei der 
seligsten Jahre (und ein Dutzend Obradovice wären dort als Kinder- 
lehrer willkommen gewesen), hörte, dass (Heyne's berühmter Schü- 
ler) Eugenios (Bulgaris) auf dem Berge Athos griechischen Unterricht 
gebe, ging also mit hundert ersparten venetianischen Ducaten nach 
Cattaro, um sich dort nach dem ägeischen Meere einzuschiffen, blieb 
jedoch, vom Fieber über&Uen, auch hier eine Zeitlang als Kinder- 
lehrer, liess sich da zu Ostern von dem Montenegriner Bischof Basi- 
lius auf dessen Anerbieten einpopen (zum Priester weihen) , kehrte, 
um seine Gesundheit wieder herzustellen, abermals nach Dalmatien 
zurück, übersetzte da eine von des heiligen Johannes des Gulden- 
mundes Homilien über die Apostelgeschichte aus dem kirchenslavi- 
schen ins heutige *) serbische, die nun in tausend Abschriften unter 
dem Namen Büchlein des Dositej ganz Dalmatien durchlief, und den 
Verfietsser zuerst das süsse Vergnügen, für ein verwahrlostes dank- 
bares Volk zu schreiben und überhaupt an dessen Glücke zu arbeiten, 
empfinden lehrte , ein Vergnügen , in dem sich später alle seine 
Wünsche und Leidenschaften concentrierten. Auch Beichte hörte er, 
nicht ohne Entzücken über die unschuldigen Sitten der Dalmatiner, 
deren grösste Sünden waren, dass sie am Mittwoch oder Freitag 
einen Krebs oder Fisolen mit öl gegessen oder gar ein unfolgsames 
Schaf'ausgeflucht hatten. Die Reise nach dem Berge Athos (sonst 
auch der heilige Berg genannt, weil er von lauter Mönchen bewohnt 
wird) stets im Auge, schifite sich Obradovic nun nach Korfii ein und 



*) Das slaviBche, das in den Kirchenbüchern der Slaren rom griechischen Ritus 
üblich ist, ist ein südslawischer Dialekt des neunten Jahrhunderts, vielleicht 
altserbisch. In Bussland galt es als ausschliessende Büchersprache bis auf 
Peter L, in Serbien bis auf — Obradovic. 

8» 



116 

von dort nach Morea, welche herrliche HalbiniSel er in zwei Monaten 
zu Fuss durchschlenderte. In Nauplia schiffte er sich wieder ein. Als 
er kber auf Athos anlangte, hatten Mönchskabalen den guten Profes- 
sor Eugenios bereits von dort vertrieben. „Wie die Mönche dort leben, 
weiss Jedermann, sagt Obradovie; nun sollte er^s nicht wissen, desto 
besser! Die serbischen und die bulgarischen zanken sich immerfort 
um das Eigenthumsrecht auf das chilendarische Kloster.^ Zu seinem 
Tröste erfuhr er, dass auf der Insel Patmos eine Schule sei, und wollte 
also über Smjma dahin. Aber in Smjma selbst fand er eine Unter- 
richtsanstalt von dreissig Schülern unter der Leitung eines herrliehen 
Mannes, Hierotheos, eines Zöglings jener Schule, die zwei gereiste 
griechische Mönche zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts auf 
Patmos errichtet hatten. (So viel thun Griechen unter Türken aus 
Privatkraft, ruft Obradovie bei dieser Gelegenheit aus: was würden 
sie erst unter einer europäischen Regierung thun!) 

Hierotheos trug ihm grossmüthig Kost und Wohnung in seinem 
Hause unentgeltlich an, „und wären euer ftinfe soweit her um Unter- 
richt gekommen, setzte er hinzu, ich Hess keinen weiter ziehen.^' 
An dieses Sokrates Seite, im Kreise griechischer Mitschüler, verlebte 
Obradovie drei selige Jahre, und hätte noch einmal so viele verleben 
können und wollen, hätte nicht der bevorstehende russisch- türkische 
Krieg ihn genöthigt an seine Sicherheit zu denken; denn in Smjma 
galten Papa Serbos und Papa Moskovitis (der serbische und mosko- 
witische Geistliche) für Synonyma. Also kehrte er in Gesellschaft 
eines Mitschülers, Maximos aus Larissa in Thessalien, über Korinth 
und Patra nach Korfii zurück, machte von da einen interessanten 
Abstecher zu den unabhängigen Albaniem in Hormovo , die ihn 
sammt seinem Gefährten ein Jahr lang bei sich behielten, lernte al- 
banesisch, welche Sprache sehr einfach sei und sich vortrefflich mit 
dem cyrillisch- slavischen Alphabet schreiben lasse *); sagte den AI- 
banesem, dass Lepa Zita, der Name einer ihrer schönsten Gegenden, 
serbisch sei und schöne Saaten bedeute, worauf sie ihm erwiederten: 
Kein Wunder, lieber Kalugjer, wir waren einst mit den Serben ein 
Volk und ein Stamm, und wer die Serben beherrscht, soll auch unser 
König sein: so war's in alten Zeiten. In Korfu las er lateinische und 
griechische Classiker unter geschickten Meistern, ging dann über 
Venedig, Dalmatien und Triest nach Wien, wo er durch sechs Jahre 



*) Alle heutigen Sprachen Hessen sich besser mit dem reichen cyrillischen Al- 
phabete schreiben, als mit den jetzt üblichen Combinationen des lateinischen. 



117 

I 

die serbische und giiechische Jugend unterrichtete, sieb selbst aber 
französiscbe, italienische und deutsche Meister hielt. Der damalige 
österreichisch-serbische Erzbischof VincenzJoanovic Vidak engagierte 
ihn darauf als Priyatlehrer für zwei seiner Neffeu mit der Aussicht, 
ihn mit ihnen nach ein paar Jahren eine Reise nach Deutschland, 
Frankreich und England machen zu lassen. Vidak hielt nicht Wort. 
Obradovic ging also nach Triest, um durch Schulhalten seinen Beu- 
tel wieder zu füllen, auf dass er fiir jene Reise nicht von fremder 
Willkür abzuhängen brauchte. Die Triestiner wollten ihm aber nur 
300 Gulden geben. Zum Glück fand sich ein russischer Archiman- 
drit (Abt), der nach Italien reisen wollte, aber nur russisch und wa- 
lachisch sprach; dieser nahm ihn sehr g^me bis Livorno mit, Ton wo 
er ihn nach Konstantinopel spedierte, um dort griechischen Kaufleu- 
ten französisch und italienisch zu lehren. Also eine zweite Reise durch 
Griechenland! Aber in Konstantinopel zeigte sich die Pest. Obrado- 
vic schiffte sich daher mit einem polnischen Prälaten, der gefangene 
Christen auszulösen nach Konstantinopel gekommen war, nach der 
Moldau ein, wo es ihm nicht an Schülern fehlte. Das Jahr darauf 
ging er in Gesellschaft moldauischer Kaufleute über Lemberg nach 
Leipzig, übernahm in Halle die Aufsicht über zwei junge Moldauer, 
die dort studierten, kleidete sich deutsch, schrieb sich in den Uni- 
versitätskatalog ein, und hörte Eberharden über Philosophie, Ästhe- 
tik und natürliche Theologie. Thränen der Wehmuth traten unserem 
Anacharsis in die Augen, als er hier mehr als tausend Jünglinge aus 
einem CoUegium ins andere eilen und beinahe täglich ein neues Buch 
erscheinen sah, und dagegen an seine yon der Natur so begünstigten, 
aber durch politisches Unglück verwahrlosten Albanier und Serben 
dachte! Wann werden diese paradiesischen Länder auch solche Unter- 
richtsanstalten haben ? seufzte er tief bewegt. Und er blieb nicht bei 
blossen Wünschen. Breitkopf in Leipzig druckte auch russisch ^). 
Obradovic bezog daher mit seinen Zöglingen die Universität Leipzig, 
und liess zuerst, in gemeinserbischer Sprache mit russischen Lettern, 
Leben und Schicksale des Demetrius Obradovic, im Kalugjerthum 



') Im nennten Jahrhunderte richtete der griechische Missionär Cyrillus das sla 
Tische Alphahet ein. unter Peter I. verfeinerte ein Holländer die ungestalten 
Schriftfonnen ein wenig, daher nun zweierlei russische Druckschriften, die 
kirchliche (alte) und die weltliche (civile, politische, neue). Die Serben fan- 
gen auch an diesen Unterschied zu beobachten. Die zwei Schriftarten ver- 
halten sich zu einander etwa wie die alte Schwabacher und die elegantere 
gewöhnliche deutsche Druckschrift. 



118 

Dositheus genannt, von ilun selbst herausgegeben, drucken, ein Bach, 
äusserst interessant durch Inhalt und Vortrag sowie durch die Ten- 
denz des Verfassers, seinen Landsleuten die Nothwendigkeit der Unter- 
richtsanstalten statt so vieler Klöster zu zeigen! *) 

Durch ein anderes Werk: Rath der Vernunft, wollte er seinen 
Serben eine populäre Moralphilosophie geben. *) Nach zwei Jahren 
Aufenthalts in Halle und Leipzig eilte er mit fünfzig Duoaten in der 
Tasche Frankreich und England zu sehen. Nach England kam er ohne 
ein Wort englisch zu können. Der Anblick englischer Frauenzimmer 
entzückte ihn. Man kann nichts schöneres sehen, meint er, noch er- 
sinnen; es gibt auch in anderen Ländern Schönheiten, aber sie wis- 
sen, dass sie es sind, während die Engländerinen sich weder darum 
zu kümmern noch zu denken oder zu wissen scheinen, dass sie schön 
sind wie Engel; sie blicken dich mit so offenen Augen und mit einer 
so unbefangenen, freundlichen Miene an, als kennten sie dich lange 
her. — Obradovic dünkte sich ein römischer Dictator, als er — auf 
dem Verdeck der Postkutsche in London einzog. Er quartierte sich 
bei einem Schulmeister ein und schauderte bei den Schwierigkeiten 
der englischen Aussprache. Sed jacta erat alea. Nach drei Monaten 
erinnerte ihn sein Beutel an die Nothwendigkeit der Rückkehr, aber 
er war am Tage vor der Abreise mit Mr. Livie bekannt geworden, 
der ihn von nun an in sein Haus aufnahm, wie seinen Sohn behan- 
delte, und ihn abwechselnd mit seiner vortrefflichen Gattin englisch 
lehrte. Letztere konnte auch griechisch und liess ihn Äsop's Fabeln 
zur Übung ins englische übersetzen. Nun las er Addison, Swift, 
Pope etc. Er hätte ewig in England bleiben können, hätte nicht der 
Wunsch, seinen Serben wenigstens durch Schriften früher oder spä- 
ter noch nützlich zu werden, ihn dahin gezogen, wo es russische 
Lettern gab. Nach sechs Monaten Aufenthalts in England ging er 
also, von dem berühmten Medicus Fordyce mit einer kleinen engli- 
schen Bibliothek und von seinen übrigen Wohlthätern mit Gnineen 
auf die edelste Weise beschenkt, über Hamburg und Leipzig, hatte 
Aussicht nach Russland zu reisen, musste aber früher in Wien durch 



*) Obradovic scbeint Ton dem Josephinischen Zeitgeiste mit fortgerissen worden 

za sein. Wie nützlich könnten vielmehr Klöster und Stifter, gehörig geleitet, 

besonders in barbarischen Ländern sein! 
*) Im Jahre 1784 übersetzte er Zollikofers Predigt über Jac. 3. 2.; voran ist 

eine walachische Dedication an Leon Gika, Bischof von Roman in der 

Moldan. 



119 

Instructionen seinem erschöpften Beutel neue Kraft verschaffen. Im 
Jahre 1788 Hess er wieder bei Breitkopf in Leipzig etwas für seine 
Landsleute drucken, nämlich 160 äsopische Fabeln aus verschiedenen 
Sprachen, mit ausführlichen, die reinste Tugendliebe und glühenden 
PatriotiBmus athmenden Epimythien, nebst einem Anhang von Brie- 
fen, als Fortsetzung seines Lebens von seiner Entweichung aus Ho- 
powo bis 1788, und — hier versiegt die gedruckte Quelle, aus 
der wir bisher geschöpft haben. Das weitere verdanken wir der ge- 
falligen Auskunft seines Neffen, Gregor Obradovic, walachisch-illj- 
rischen Schuldirectors im Banat. Im Jahre 1788 machte Obradovic von 
Wien aus eine Reise nach Liefland zu seinem grossen Mäcen, General 
Zoric \), kam aber noch im nämlichen Jahre zurück. Im Jahre 1789 
Hess er ein serbisches Lied auf Serbiens Befreiung bei Gelegenheit 
der Einnahme von Belgrad durch die Österreicher drucken, welches 
sehr schön sein soll (Schreiber dieses hat es nicht gesehen). Im Jahre 
1793 gab er in Wien heraus eine Sammlung moralischer Gegenstände 
(318. 8.), darunter auch Lausus und Lydia und die Alpenhirtin aus 
Marmontels^ Contes moraux. Nachdem aber die illyrische Druckerei 
nach Ofen verkauft wurde, ging er 1802 nach Venedig, wo ihm ser- 
bische Kaufleute einen Jahresgehalt von 2000 Gulden aussetzten, auf 
dass er mit Müsse fiir sein Volk sollte arbeiten können. Dort liess er 
nun 1804 durch seinen vortrefflichen Schüler Paul Solaric ein Hand- 
buch der Geographie nach Gaspari herausgeben. Auch soll er dort 
die vortreffliche griechische Postille und Predigten (Kvpiaaobpo^nov) 
des Erzbischoüs Theotoki in Moskva, die die Gebrüder Zosima dort 
auf Schreibpapier haben drucken (1796. 4.) und unentgeltlich an alle 
griechischen Kirchen vertheilen lassen, übersetzt haben; aber Schrei- 
ber dieses hat sie nicht gesehen, auch seine Correspondenten in Ve- 
nedig wollen nichts davon wissen. Als aber 1805 Venedig an Frank- 
reich abgetreten wurde, ging Obradovic nach Karlowiz und wanderte 
im September 180? nach Belgrad aus, um, was er bisher für das 
Wohl sehier Serben nur gewünscht und gepredigt hatte, selbst reali- 
sieren zu helfen. Der Serbe Obradovic ist nun jener griechische Phi- 
losoph, von dem maLchmal die deutschen politischen und gelehrten 
Zeitungen sprachen, dass er in Belgrad Schulen errichtet habe etc. 
Unter den lUyriem (Serben) ist er der erste, der in seinen Schriften 



') Einem General Zoric verdaiken wir auch den berühmten Karaman , der 
das neueste glagolitische Mizsale besorgte. Die Zoric sind aus Dalmatien. 
Pas wachsame Russland weiss aber alles an sich lu ziehen. 



120 

die altslavisehe todte Bücherspraehe mit dem lebenden Dialekt seiner 
Landsleute vertauscht hat. Er hat bald tüchtige Nachahmer gefunden. 
Und wenn einst die serbische Literatur in voller Blüihe da stehen 
wird, so wird Obradovie immer dankbar gerühmt werden als ihr 
erster Urheber. Und dann seine Reisen des Unterrichts wegen, w^i 
erinnern sie nicht rührend an die Reisen des Pythagoras, Thaies, So- 
Ion, Piaton und anderer Weisen der alten Welt, und vor allem an den 
Skythen Anacharsis, der vielleicht selbst auch ein slavisoher Skythe 
war. Er verdient die schöne Grabschrift, die er sich in seinen Schrif- 
ten und auch auf seinem gestochenen Porträt gesetzt hatte: Hier lie- 
gen seine serbischen Gebeine. Er liebte seine Nation. 

XX. 

Slaiische Tftlkerkimde. 

Abbildung und Beschreibung der Südwest- und östlichen 
Wenden, lUyrier und Slaven, deren geographische Ausbrei- 
tung von dem adriatischen Meere bis an den Ponto (Pontus), 
deren Sitten, Gebräuche, Handthierung , Gewerbe, Religion 
u. s. w. Nach einer zehnjährigen Reise und vierzigjährigem 
Aufenthalte in jenen Gegenden dargestellt von B. Hacquet, 
der Weltweisheit und ganzen Arzneigelahrtheit Doctor, k. k. 
Bergrath , ordentlichem Lehrer der Naturkunde aa der Josephi- 
nischen Schule in Ostgalizien, ehemaHgem beständigen Secretär 
und Lehrer der technischen Chemie beider königl. Gesellschaf- 
ten des Ackerbaues und (der) nützUchen Künste im Herzogthume 
Krain, MitgUed dieser wie auch der kaiserl. Gesellschaft der 
Naturforscher im deutschen Reiche, der känigl. grossbritan- 
nischen (Gesellschaft der) Wissenschaften zu Göttingen etc. 
(und sieben anderer). Erster Theil, erstes bis fünftes Heft, 
mit 34 Kupfern. 246. 4. Leipzig 18Ö1. 

(Annalen für Literatur und Kunst. Jahrg. fBii. m. 187—- 214.) 

„Ich habe es öfters zu meinen Freunde gesagt und wiederhole es 
hier öffentlich, dass ich diesen Vortheil fiir eine Art eines solchen 
Glückes achten würde, welches in meiren Gedanken der ansehnlich- 
sten Beförderung in einer vornehmen Stadt Torzuziehen wäre, so ferne 



121 

(nämlioh) ein vermögender Herr mir jährlich nur so viel zu meinem 
und eines Gehilfen Unterhalte reichen liesse, dass ich mit diesem auf 
einige Jahre in demjenigen Striche von Europa, der von Österreich 
aus auf der einen Seite bis zur euxinisohen See, auf der anderen zum 
adriatischen Meerbuse^ reicht, nach meiner Willkür herumreisen 
könnte. Vorher aber müsste ich zu desto gründlicherer Beurtheilung 
der auf dieser Reise mir vorkoipmenden Sprachen und Mundarten 
das arabische lernen, dessen Unkundigkeit für meine etymologischen 
Nachforschungen bisher ein beständiger Stein des Anstosses gewesen. 
Allein diese Wissenschaft getraue ich mir, so weit dieselbe zu meiner 
Absicht dienlich ist, mittelst der Fertigkeit, fremde Sprachen bald 
zu begreifen, deren sich alle Wenden und Slaven rühmen können, 
wie auch durch Beihilfe des hebräischen unter einer guten Anleitung 
in einem halben Jahre zu erlangen. Sodann wollte ich gedachte Ge- 
genden durchstreichen und vomemlich die Untersuchung der slavi- 
schen Mundarten, welche auf dieser Strecke der Länder geredet wer- 
den, zum Hauptziele meiner Reise machen, ohne jedoch die Nach- 
forschung der römischen, griechischen und slavischen Alterthümer, 
die Beobachtung der Pflanzen, Thiere und übrigen Stücke der Natur- 
geschichte zu yernachlässigen. In Ansehung der slaronischen Sprache 
würde ich länger in Bosnien mich aufhalten, welchen Landes Redeart, 
nach dem Urtheile aller slarischen und wendischen Sprachkenner, wie 
auch nach meiner eigenen Prüfung die reinste, die artigste und die 
zierlichste unter allen sowohl slavischen als wendischen Dialekten, 
gleichwie die bulgarische dagegen die gröbste ist. Mein Aufenthalt 
in Bosnien würde den Liebhabern der Gewächse, die ausser Deutsch- 
land erzeugt werden, eine ganz neue Floram moesicam liefern, darin- 
nen sich die Namen vieler Pflanzen befinden sollen, die in heissen 
Ländern wachsen, als in Italien, mit dessen unterem Theile Bosniens 
einerlei Norderbreite hat." *) 

Diess war bereits vor mehr als sechzig Jahren der schöne Wunsch 
des grössten damaligen Gelehrten Österreichs, des wackeren Philo- 
logen und Naturkundigen J. S. V. Popovic, eines gebomen Slaven 



^} Die Wenden oder Winden in Innerösterreich setzt Popovi^ alfi das eine Haupt- 
genas allen übrigen Slaven entgegen. Seitdem hat aber Dobrorsk^ das Ver- 
hftltniss der Mundarten zu einander richtiger entwickelt. 

*) Siehe Untersuchungen vom Meere etc. von einem Liebhaber der Naturlehre 
und der Philologie. Frankfurt und Leipzig 1750. 4. Eine Recension, die 
Adelungische Sprachwissenschaft und Lessingische Lebendigkeit und Vielsei- 
tigkeit des Oeistes verr&th. ' 



122 

aus Steiermark, der aber Professor der deutsehen Sprache in Wien 
war und eine deutsehe Grammatik geschrieben hat, der gegen&ber der 
damalige Leipziger Aristarch Gottsched eine armselige Figur macht. 
Da sich aber damals niemand in Osterreich fand, der auf die Unter- 
stützung^ eines solchen Unternehmens eines solchen Mannes durch 
etwa fanf Jahre zu 6 — 800 Gulden zu verwenden der Mühe werth 
gehalten hätte, ja sogar „einer der verständigsten österreichischen 
Cavaliere, die Popovic näher zu kennen die Ehre gehabt,^ dessen 
aus einer ähnlichen Absicht schon beinahe zur Wirklichkeit gediehene 
Anstellung bei der österreichischen Gesandtschaft in Konstantinopel 
hintertrieb, um einen so gelehrten Mann zum Hofmeister seines 
Mündels zu verbrauchen, so ist das ein Unglück für die gelehrte Welt, 
das leider durch die, dreissig Jahre darauf von dem durch die goldene 
medicinische Praxis reicheren Professor Hacquet auf eigene Kosten , 
unternommenen Vacanzreisen durch einen Theil dieses „Popovic'schen 
Erdstriches^ keineswegs fiir ganz gutgemacht angesehen werden kann. 

Indessen wäre es ungerecht, Herrti Hacquet aus einem Gesichts- 
puncte zu beurtheilen, in welchen er nicht gestellt sein will. Von 
Geburt ein Franzose aus der Bretagne, diente er als Feldchirurg im 
siebenjährigen Kriege. Nach dem Frieden war er Professor der Ana- 
tomie in Laibach durch 24 Jahre, und zuletzt der Naturgeschichte in 
Lemberg und Krakau. Seine Vaoanzen benutzte er zu Excursionen« 
wovon er jedesmal der gelehrten Welt entweder durch eigene Werke 
oder durch Beiträge in Zeitschriften Bericht erstattete. Schlözer, 
Pallas, Reineggs, Fortis etc. waren seine Freunde. Hätte Osterreieli 
nur recht viele solche Professoren! Seinen unverschuldeten Mangel 
an philologischer und ästhetischer Bildung dürfen wir beklagen, diess 
soll uns jedoch nicht hindern, seine Beiträge zur slavischen Völker- 
kunde ungeachtet mancher Mängel mit Dank anzunehmen. Wenig- 
stens verschaffen sie vielleicht einem zweiten Popovic ein geneigteres 
Grehör. Denn ein Volksstamm von fünfzig Millionen Menschen ist es 
wohl werth im Zusammenhange studiert zu werden. Aber der ihn 
gründlich studieren will, muss unerlässlich ein zweiter Popovic sein. 

Schon die Idee, die bereisten Völker abzubilden und kurz zu 
beschreiben, macht dem Herrn VerfEusser Ehre. Schade nur, dass in 
Hinsicht der Abbildung der Verfasser über Ungenauigkeit der Ver- 
lagshandlung zu klagen Ursache hat. Der neue Popovic wird also 
auch hierin manches zu berichtigen haben. Wir wollen die Hefte nach 
einander besprechen. 



123 

I. Heft. S. 1 — 54. Zueignung an Se. Majestät Kaiser Franz I. 
„Da die so ausgebreitete Nation der Slaven zwei Drittheile der Be- 
völkerung aller Kaiserstaaten ausmachen (ausmacht), so dachte ich, 
es sei sehr zweckmässig diese Völker soriel möglich zu studieren.^ 
Vorrede. »fDer Ver£EU3ser hat, nachdem er in seinem achtündvierzig- 
sten Jahre nach Sarmatien (Polen) versetzt worden, zu seinen dina- 
rischen, julischen und kamischen Alpen auch wider Verhoffen die 
ganze Kette der nördlichen Karpaten bereist, und als er damit fertig 
geworden, wurde auch ein Theil der mittägigen Karpaten, wie auch 
das flache Land nach Norden, Osten und Westen, Volhjnien, Podo- 
lien, Lithauen, zum Theil die saporogische, chersonesische und no- 
gaisch- tatarische Steppe, die Halbinsel Kiim, femer, nach Westen 
zu, Schlesien, Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Hannover, Meck- 
lenburg, Holstein und Dänemark bereist. Ob nun gleich ein sechzig- 
jähriges Alter herannahte, so fand er sich an Kräften dennoch nicht 
geschwächt; ein Glück, das er dem siebenjährigen Kriege zu dan- 
ken hat, wo er durch die mitgemachten Campagnen bei verschiede- 
nen Kriegsheeren abgehärtet, und das durch die darauf stets folgen- 
den Reisen in dem Kettengebirge von Europa ferner erhalten wurde.*^ 
„Wie &nd ich, ruft er aus, im Jahre 1797 Bessarabien, die untere 
Moldau u. s. w. gegen 1763 entvölkert!" „Ich versprach in der Vor- 
rede zum vierten Theile der Reise durch die nördlichen Karpaten, 
dass ich von allem, was Literatur sei, abstehe; nur wenn es sich er- 
eignen sollte, in einer grossen Stadt mein Leben zu beschliessen, die 
Trachten der Slaven in der österreichischen Monarchie nach geogra- 
phischer Lage bekannt zu machen. Meine Lebensfrist hat mir ge- 
währt Wort zu halten. Ich habe beinahe mein ganzes Leben unter 
dieser halb rohen Nation (wie sich viele Literaten ausdrücken) zu- 
gebracht '), ich habe mich nicht nur mit dem äusserlichen, sondern 
auch mit dem sittlichen u. s. w. dieser ausgebreiteten Nation bekannt 
gemacht, soviel es möglich war, folglich in den Stand gesetzt, von 
ihrem Charakter einiges sagen zu können. Keine Parteilichkeit weder 
für noch dagegen hat mich hingerissen, nachdem ich erst in meinem 
sechzigsten Jahre alles (?) thun und lassen dieser Nation mit gewiss 
kaltem Blute durchdachte. Es ist keine Menschenrace noch Volk in 
der Welt, das nicht sein gutes und fehlerhaftes hätte; es liegt in 



') Aber doch mehr unter den dentschen and gennanUierten Städtern; der wahre 
Slave ist nur noch auf dem Lande» and man muss dessen Sprache gründlich 
kennen, um ihn gehörig zn studieren. 



124 

der Natur» dass auch dieses Volk keine Ausnahme macheu kann. 
Nicht von einem jeden Volksstamme kommt jederzeit eine ausfuhr- 
liche Beschreibung vor, wenn dessen Sitten, Gebrauche ') u. dgl. 
wenig oder nichts Von denen im vorhergehenden beschriebenen oder 
folgenden abweichen'). Kleidung und Gesiohtsbildung sollen jederzeit 
getreu abgebildet werden. WasdieSchreibartCOrthographie) betrifft, so 
werde ich solche, so wie sie jeder Volksstanmi im Gebrauch hat, bei- 
lassen'). Mein einziger Wunsch geht dahin, dass der Leser und der 
Menschenfreund mit dieser letzten Arbeit meines Lebens zufrieden sei; 
möge er die Fehler, die er darin findet, verbessern und zurechtweisen; 
für mich ist es ausser der Zeit, da ich vielleicht bald zu jenem Stoffe 
zurückkehren werde, welchem ich meine Zusammensetzung zu dan- 
ken habe.^ 

Becensent, der dem achtungswürdigen Herrn Verfasser noch ein 
langes Leben wünscht, hofft, dass dieser die umständUohe Bespre- 
chung seines Werkes für einen Beweis, für wie wichtig er es halte, 
ansehen werde. Sollte sich das Sprichwort nulla propheta in patria 
(S. 68) auch hier bewähren, so bleiben dem Haequet'schen Werke 



') Sprache (Dialekt) h&tte hier als das charakteristische Untersoheidangszeichen 
Tor allein genaont werden sollen. 

*J Wenn sie wenig oder nichts abweichen, so ist's immer nur ein nnd derselbe 
Volksstamm, sollte er anch nnter ein Dutzend Terschiedener Beherrscher oder 
Administrationsdepartements des nämlichen Beherrschers zersplittert sein. Man 
hat diess bisher zn wenig beachtet, wie sich bald zeigen wird. 

') Diess ist freilich das bequemste för den Autor; er braucht nur die Zeichen 
des Wortes aus dem jedesmaligen Lexikon oder der Grammatik zu Übertragen, 
sollte er es auch selbst nicht lesen können. Aber für den Leser steht dann 
so ein Wort oft ganz umsonst da, wenn nicht wenigstens ein deutlicher Vor- 
bericht ihn hierüber belehrt. Hacquet's Vorbericht hat dieses Verdienst nicht. 
Mit Recht ist Herr Linde, Verfasser des polnischen Wörterbuchs, in den 
Osterr. Annalen getadelt worden, dass er die Wörter der übrigen slawischen 
Dialekte* die er mit polnischen Tergleieht, in ihren unkenntlich machenden 
orthographischen Hüllen, und nicht nach einem der sieben lateinisch-slaTischen 
Schreibsysteme (etwa des leichteren Vergleiches wegen gerade nach dem pol- 
nischen) aufführte. DobroTsky gebrauchte zu dieser Absicht in seinem SlaWn 
sein rerbessertes böhmisches. Herr Hacquet hatte das russische zu Gebote. 
Überhaupt sind die neueuroplüschen Orthographien ein Beweis unserer Indolenz, 
besonders für die Deutschen, die eine Originalsprache haben. Nur die Russen 
haben ein Alphabet, wie sie es brauchen, nAmlich so viel Schriftzeichen, al& 
ihre Sprache Laute hat. Doch würde ein nach diesem richtigen Systeme Ter- 
mehrtes lateinisches, wie es sehen Popowic nicht nur für die SlaFsn, sondern 
für alle Neueurop&er wünschte, wegen der eleganteren Form der lateinischen 
>linuskeln bei weitem den Vorzug ▼erdionen. 



125 

noch natürlich gerechte Anfiprüehe genug an unsem lebhaften Dank. 
Möge diese Beschreibung und Abbildung einen Slawen (der aber mit 
Poporic's Kr&ften ausgerüstet sein muss) veranlassen, Hacquet's gut 
ideierte Rubriken mit ganz richtigen Daten auszufuUen! 

Einleitung. Weite Verbreitung der Slaven *) von der Grenze 
Italiens bis an das Eismeer und Kamtschatka. *) Besteht der öster- 
reichische Staat, ruft Hacquei aus, nicht beinahe bloss aus Slaven? 
Nur zwei bis drei Millionen Ungern und eben so viele Deutsche sind 
die einzigen Völker, welche unter die imter der österreichischen 
Botmässigkeit stehenden Slaven gemischt sind. Kaiser Karl IV. hat 
den Stand seines Reiches sehr wohl gekannt, da er in der goldenen 
Bulle cap. III. verlangte, dass jeder Kurfärst die wendische Sprache 
fertig reden solle, in der Absicht selbige zu einer herrschenden Sprache 
zu machen. *) Auch soll der unsterbliche Josef 11. bei Anfang seiner 
Regierung die Frage an seine Minister gemacht haben, was für eine 
Sprache in seinem Reiche allgemein eingeführt werden solle, slavisch 
oder deutsch? Allein es blieb bei der letzteren. Ob diess zum Vor* 
theile des Staates gereiche, ist eine andere Frage; fär das Negative 
sind viele Gründe vorhanden. '^ *) 



^) Der Name Slave (Slovenec) koidint aber nicht, wie Hacqnet glaubt, zunächst 
▼on slava (Ruhm) her. 

') Ebensowenig ist bei Kamtschatka mit Herrn Hacqnet an kamen (Stein) und 
vakam (warten) zu denken. 

') Als es im Tierzehnten Jahrhunderte in Frankreich und Deutschland kaum 
dämmerte, war des gelehrten luxemburgischen BOhmenkOnlgs Karl (alfs Kaiser 
der lY.) Muttersprache schon eine gebildete Sprache und blieb auch Staats- 
sprache Ton Böhmen bis 1620. und wiewohl sie einer der härteren slarisclicn 
Dialekte ist, so ist sie doch nach dem Geständniss competenter Deutscher 
selbst ohne Vergleich musikalischer als die deutsche. »Böhmen ist das Land 
der süssen Töne,« sagt unter anderen der Dichter Werner. 

*) Wenn indess diese Anekdote auch wahr wAre, so kann es nur ein fliegender 
Einfall gewesen sein, denn bei der ersten ernstlichen Ansicht der Sache waren 
die Herren wohl, ausser der Opposition aller deutschen Beamten, auch auf 
innerliche Hindernisse von Seite der Sprache selbst gestossen. Was Hofrath 
Jacobs in München an der altgriechischen Sprache so einzig und in der neueren 
Welt beispiellos findet, n&mlich das N^eneinanderblühen mehrerer Dialekte 
in Schrift wie in der Bede, ist der Fall bei der nur wenige Meilen von 
München ostwArts anfangenden slaTischen Sprache. Mit Übergehung der qnan- 
titatiT unbedeutenderen Dialekte (als des lausizischen , der nur von einer 
halben Million, des windischen, der in Innerösterreich, PrOTinzialkroatien und 
Westungem Ton ly, Million gesprochen wird) wollen wir hier nur des höh' 
mischta (mit 6 Millionen Seilen), des polnischen (10^-12 Millionen) und des 



126 

Was der Verfasser über den Ursprung der Slaven vom Kaukasus 
her anfuhrt, lassen wir dahin gestellt sein; nach diesem ^haben die 
Georgianer und Lesger Ähnlichkeit mit den Kosaken und Polen; die 
Böhmen aber und viele Rossen (Russen) scheinen mehr von Mongolen 
und K[almücken abzustammen, und erst durch langjährige Mischung 
Slaven geworden zu sein, so wie die eingewanderten Schwaben in 
Sarmatien (Polen), deren auffallende Gesichtsbildung sich gewiss mit 
der Zeit yersehönem werde.^ Mehr beweisend sind die eigenthüm- 
liehen slayisohen Benennungen filr asiatische Thiere, als: Ston Ele- 
phant, Rys Panther, WielWad Kameel, und wieder weniger die Klei- 
dung etc. Meist treffend wahr ist der (Tharakter der Slaven im allge- 
meinen Seite 6 — 9 gezeichnet. Wir können hier nur einiges heraus- 
heben. „Sie sind beherzt, und bei jeder gelinderen Regierung eines 
fröhlicheren Herzens als der^Deutsche und die davon abstammenden 
Völker. Kein Kriegsheer in der Welt singt so viel und ist so guten 
Muthes als das russische. Kein gemeines Volk ohne alle Cultur ist so 
viel Dichter als der Illyrier. Gastfreundschaft ist ein Hauptzug ihres 
Charakters, fast bei den mehresten Stämmen.^' 

Bei Gelegenheit ihrer Gleichgültigkeit gegen Tod und Leben 
(mit 50 — 60 Jahren) ruft Herr Hacquet aus: „Man sollte glauben, 
diese Menschen wären aus Hindostan zu Hause.'' Was hätte er erst 
gesagt, wenn er gewusst hätte, dass Keimer auffallende Ähnlichkeit 
zwischen der hindostanischen Sanskritsprache und der slavischen ge- 
funden haben! Bei den ärmsten Völkerschaften dieser Nation in dem 
österreichischen und zum Theil russischen Staate &nd Hacquet kei- 



rassischen (mit 24^-30 Millionen) , die bereits alle drei eine starke TJteratar, 
und des serbischen (mit 5 Millionen), der einen äusserst Tersprechenden An- 
fang derselben aufzuweisen hat, erwähnen. Dazu kommt, die altslansche Mund- 
art, die die griechisch-christlichen Slaven (mehr als 34 MiUionen) in den 
Kirchenbüchern gebrauchen. Österreichs Scepter gehorchen Slaren von allen 
Mundarten. Welche Mundart sollte also als Reichssprache sein, dass sich 
niemand zu beklagen hätte? Hätten die Slaven, da bei ihnen, wie einst bei 
den Griechen, mehrere Dialekte neben einander blühen, doch auch wie diese 
für alle nur ein Alphabet und eine Orthographie! Aber der erbärmliche 
Missbrauch der göttlichen Erfindung der Buchstabenschrift bei den Neueuro- 
päern allen hilft die Isolierung der ohnehin vielfach zerstückelten Slaveu- 
Stämme verewigen. Wahr bleibt es übrigens immer, dass Frankreich und — 
Bussland dadurch doppelt mächtig sind, weil sich dort bei weitem' die Majo- 
rität zu einer Sprache bekennt, die auch Geschäfts- und Commandosprache 
ist, und — dass Österreich im Grunde so gut eine slavische Macht ist wie 
Russlaud, und dass es daher ein ebenso grosses Interesse hat, die Cultur 

« 

seiner Slaven <n fordern. 



127 

nen Bettler , nur in den Städten sei Bettelei durch Klöster und 
Deutsche eingefilhrt worden.^ Ich muss zur Steuer der Wahrheit be- 
kennen ^ sagt er femer, dass ich Feldflüge mit Engländern, Franzosen. 
Deutschen, Bussen und Österreichern gemacht habe, und gefunden, 
dass das Beutemachen bei allen wohl ziemlich das Gleichgewicht hält. 
Was für ein Abstand zwischen einem Slaven und einem englischen 
Soldaten in der Cultur! und wie weit übertrifft nicht letzterer den 
ersten im Beutemachen! Man hat noch nie yon dem österreichischen 
(meist aus Slaven bestehenden) Militär die Schändung des weiblichen 
Geschlechtes gehört, und wenn es ja geschehen, so ist es äusserst 
selten, wie von den Neufranken und Engländern im gegenwärtigen 
Kriege bekannt worden. Die Wollust hat, und noch jetzt, nie in 
einem hohen Grade bei dieser Nation geherrscht, wie ich anderswo 
ein auffallendes Beispiel von den QebirgsYölkern von Kroatien etc. 
gezeigt habe. ^) Der Slave mit allen seinen Abstammungen ist gegen 
seinen Mitbruder wenig zurückhaltend, er liebt ihn, und in der Noth 
ist er auch hilfreich gegen denselben.. Was man ihm aber von tücki- 
scher Gemüthsart zuschreibt, mag doch wohl nur einige kleine Stänmie 
im Westen betreffen. Allein wenn so was statt hat, so liegt die Schuld 
an seinen fremden Beherrschern, die ihn verachten und unterdrücken; 
welches Geschöpf auf Erden wird nicht durch Misshandlung tückisch, 
es sei Hund, Katze oder Mensch? Ich könnte hundert Beispiele an- 
führen, wie oft Deutsche in meiner Gegenwart wider alle Vernunft 
mit Worten und Schlägen diese unterjochten Menschen misshandelten, 
bloss weil sie ihre Sprache nicht verstanden. Von grosser Gelehr- 
samkeit ist der Slave nicht; aber was mechanische Arbeiten betrifft, 
so steht der gemeine Mann darin keiner anderen Nation nach; indes- 
sen hat sioh doch durch gehörige Bildung *) schon manches Genie 
auch in anderen Fächern hervorgethan. Wenn Bussland hierin Schwe- 
den nachsteht, so liegt die Ursache nicht im Klima oder an Seelen- 
filhigkeit dieses Volkes, sondern in der Erziehung, Lebensart, Religion 



') Und doch soll, nach Schultes, die Wollust allen Slaren eingefleischt sein. 
Wenn Schnltes nicht bloss in den Tag hinein schimpfen wollte, sans rime ni 
raison , wie man ihm wohl Schuld gegeben hat , so ist sein Schluss von fran- 
zCselnden Bou^s oder vom Abschaum der polnischen St&dte auf alle Slaren 
wohl immer ein wenig burschikos. Jedes Landvolk hat Sitte, der Slare, be- 
sonders der Gebirgskroate, in besonders hohem Qrade. 

*) Popovic u. m. a. sind auch trotz allem Mangel an gehöriger Bildung treffliche 
Gelehrte geworden. — Aber was Hacquet gleich darauf sagt , macht ja dieses 
sein kleines Unrecht gut. 



128 

lind politischen Verfassung. Sklaverei macht missmuthig und stumpf- 
sinnig, und es hat die Erfahrung gezeigt, dass sich (dort) Menschen« 
die freigebome waren, eben&Us ausgezeichnet haben. Kann man ein 
merkwürdigeres Beispiel anfilhren, als Peter den Grossen! Wie viel 
hat die Welt seinesgleichen hervorgebracht! 

Von Körper sind die Böhmen und Russen kurz und untersetzt; 
die Slovaken, Illjriei , Kroaten und Polen schlank mit verhältniss- 
massigem Körperbaue ').' In der Religion ist der Slave abergläubisch 
(wie jedes andere Volk in seinen Umständen). Aber was liesse sich 
seiner Liebe zu Wallfahrten för eine herrliche Richtung geben! Was 
waren die olympischen Spiele, die um alle Griechen ein gemeinsames 
Band knüpften, anders als veredelte Wallfahrten? Aber die neueren 
Gesetzgeber sind mehr Gameralisten als Psychologen: die alten waren 
letzteres mehr. 

Tafel I. und IL Der Geilthaler und die Geilthalerin. Der Flusa 
Geil in Oberkämten, von dem diese slavischen Anwohner den Namen 
haben, dürfte wohl nicht Gewaltbach übersetzt werden; sein Name 
fangt nicht wie sila (die Gewalt) mit einem scharfen s (slovo), son- 
dern mit dem gelinden s (3) oder vielleicht mit dem gelinden seh (z), 
französisch j, an, wie aus der italienischen und lateinischen Benennung 
der Gegend Val Gilia (Val Zilia) und Vallis Julia erhellet, und ist viel- 
leicht nicht einmal slavisch. Die Geilthaler sind Slovenci (Winden) 
im engeren Verstände (denn Slovenci — Winden, Wenden — ist 
auch der generische Name aller Slaven überhaupt), Nachkommen 
jener Slaven, die 695 den bairischen Tassilo bei Aguiltum (Innichen 
in Tirol) schlugen und durch ganz Pannonien, vielleicht auch in Mö- 
sien verbreitet waren, seit dem neunten Jahrhunderte aber von den 
Baiem bis hinter Graz (das aber doch, wie viele andere Örter in Ober- 
steier und Österreich, den slavischen Namen behielt) hinabgedrängt 
worden sind. Jetzt sind sie in Kärnten, Krain, Steiermark, Provin- 
zialkroatien und Westungern (Eisenburger, Szalader und Sümeger 
Gespanschaft) noch etwa V/^ MUlion Seelen stark. Ihre Sprache, 
die nur in den Städten mit fremden Ausdrücken gemischt ist und 
deren charakteristisches Unterscheidungszeichen von der ihr äusserst 
nahe verwandten serbischen oder eigentlich kroatischen (sogenannten 
illyrischen) das Fragewort kaj (was?) ist, wofür letztere sto sagt, ge- 
hört einerseits wegen ihrer durch Italiens Nähe gewonnenen Abglät- 
tung, andererseits wegen ihrer grossen Ähnlichkeit mit der altslavi- 



^) Schaltes hat in Krain die schOnaten römischen Physiognomien gesehen. 



129 

sehen in Worten und Wortformen, die andere Dialekte weniger bei- 
behalten haben, zu den interessantesten unter den slavisehen Mund- 
arten. Der heilige Methodius, der mit seinem Bruder Constantin oder 
Cyrill das slavische Alphabet eingerichtet und die Bibel nebst den 
übrigen liturgischen Büchern slavisch übersetzt hat, war Erzbisehof 
in dem Pannonien dieser Slaven. Früher war Samo ihr (nicht der 
Böhmen) unabhängiger mächtiger König gewesen. Die fränkischen 
Chronisten nennen sie Karantaner-Slaven, ihr Land, von der Grenze 
Rhätiens bis zum Ausflusse der Save, Karantanien. Recensent ist 
wegen der ungemeinen Dialektähnlichkeit sehr geneigt zu glauben, 
dass alle Slaren im Süden der Donau im Grunde ein Stamm sind, 
der aber im siebenten Jahrhundert durch dazwischengekommene 
serbische und kroatische Colonien im Süden der Save und Kulp etwas 
modificiert worden. Zu bequemerer Übersicht kann man jedoch zwei 
Dialekte annehmen, den (älteren) im Norden der Kulp und Save, und ' 
den (jüngeren) im Süden dieser Flüsse. Die Krainer freilich nennen 
ihre Mundart kranjski: da aber die Slaven in Kärnten, Steiermark, 
Westungem und noch vor zweihundert Jahren auch die Provinzial- 
kroaten, die denselben Dialekt *) sprechen, ihn slovenski, so wie die 
Serben den ihrigen, gleichsam der Idee des Ilecensenten zuvorkom- 
mend, sloveno-serbski nennen, so möchte Recensent, um einmal zu 
einer bestimmten Terminologie zu gelangen, es! auch so machen. 
Statt sloveno-serbski könnte man eben so gut sloveno-hrvatski sagen, 
da die Nachkommen der wahren (genetischen) Kroaten in Grenz- 
kroatien, Dalmatien und Istrien eben so sprechen wie die Serben. 
Von den hier beschriebenen sind der Geilthaler, der Krainer, der 
Wippacher, der Kroat — Slovenen; der Istrianer, der Öice (sogar), der 
Dolenec (weil Hacquet nicht den wahren abgebildet), der Liburnier, 
der Morlach, der Uskok, der likaner, der Dalmatiner, der Slavo- 
nier und der Raiz — Serben und (wahre) Kroaten. Der Gettscheer und 
der Clementiner sind keine Slaven. 

Tafel in. und IV". Der Krainer und die Krainerin. Warum hat 
der Verfasser gerade beim Krainer einen abgelebten Greis gewählt, 
da er sonst meistens Männer und Jünglinge abbilden liess? So inte- 
ressant auch des Greises nachdenkender stiller Gang ist, so hätte ein 
junak (Bursche) in seinem koleda-Aufzuge ungleich mehr ge&llen. 
Übrigens gebraucht Herr Hacquet das Wort Krainer in einem zu 



^) Was im sogenannten kroatischen Dialekt nicht vindisch in Form oder Materie, 
ist dafür immer serbisch. 



130 

engen Sinne bloss vom Oberkrainer: der (wahre) Untorkrainer (süd- 
ostwarts von Laibach an), der Wippacher, der Pojker, die Valvasor 
wegen der Kleidertracht eto. unterscheidet, sind der Sprache nach 
alle echte Krainer, um so mehr, wenn man wie Hacquet ihren Namen 
▼on kraj (Rand, Ende) herleitet. (Ursprünglich hiess Krajna, pagus 
Chreina, Creina in deutschen Diplomen bloss Oberkrain, und nicht 
einmal dieses ganz: demzufolge scheint die Ableitung von gori 
(oben) vor der von kraj den Vorzug zu verdienen.) Die Mischung 
der Ejrainer mit Belohrvaten berühren wir nur, um ein für allemal, 
zu erinnern, dass man Hacquet's ethnographische Bemerkungen und 
grösstentheils auch seine Sprachcitationen und Ableitungen so gut als 
gar nicht gebrauchen kann. Wenn Herr Hacquet wegen seiner Auf- 
klärungsversuche in Krain Händel bekam, so sind sie vielleicht aus 
seiner entschlossenen, raschen Verfahruugsart erklärbar. Die Johan- 
nisfeuer (kres) d. i. Verbrennen der ausgegrabenen und auf einen 
Haufen zusanmiengetragenen Wurzelstöcke (bei Nachtzeit), vielleicht 
ein christlich modificiertes uralt-slaviseiies Fest, hat die Ängstlich- 
keit der Priester und der cameralistische Geist, der den Menschen 
bloss als Arbeitsmaschine betrachtet, verboten, und dadurch die Wald- 
cultur — nicht befordert. Nur Hirtenbuben machen sich noch manch- 
mal diese Unterhaltung, ohne die mindeste heidnische Idee dfunit zu 
verbinden, wie Redtnsent aus eigener Er&hrung versichern kann. — 
Die Spinnstubengesellschaften (S. 26) sind die Bälle der fleissigen 
Krainerinen: unter Erzählungen, Gesängen und Scherzen wird bis 
Mittemacht gesponnen. (Die Zeit der Mittemacht aber wird, weil 
nicht jedes Haus eine Wanduhr hat, aus dem Stand der Sterne er- 
kannt, worauf sich der Landmann überall gut versteht.) Es versteht 
sich, daffs der Krainer den Spass seiner Hochzeitgebräuche als sol- 
chen mitmacht; es gibt nicht leicht nüchternere (kältere) Köpfe, als 
die Krainer, besonders Oberkrainer: man hört kein Mannsbild sin- 
gen (freilich aber wohl die schönen Mädchen), während dagegen der 
Grenzkroate eto. seinen Kraljevic Marko überaU anstimmt. Wenn der 
Krainer in der Hauptstadt (von einer alten Anekdote her, nach der 
ein Laibacher Student als Hofmeister bei einem Wiener, der selbst 
nicht firanzösisch konnte, aber es seinem Sohne gelehrt wissen wollte, 
durch eine echt firanzösische presence d'esprit seinem Zögling binnen 
Jahr und Tag — das krainerische so ziemlich beibrachte) scherzweise 
manchmal der Franzose von Laibach genannt wird, oder wenn er sich, 
aus Nachsicht für die Bewohner der Residenz, denen man es doch 
weniger übel nehmen kann, wenn sie Krain von Kärnten nicht zu 



131 

unterscheiden wissen, als — Bertueh's geographischen Ephemeriden, 
für einen (mehr bekannten) lUjrier ausgeben sollte, so sind diese 
Scherze — mittlerweile beide Wahrheit geworden. Übrigens mag es 
wahr sein, dass der deutsche auf die oft glänzende Carriere guter 
Köpfe aus Krain mit Eifersucht hinblickt; aber ist es Schande 
geschickter zu sein als Michel oder Hans? Recensent fühlt sich 
▼ersucht aus eigener Ansicht und aus Gestandnissen deutscher Rei- 
sender, selbst Hacquet's, eine Parallele zwischen dem deutschen 
und slavischen Bauer zu ziehen, die schwerlich zum Vortheile des 
ersteren laufen würde: doch er erinnert sich noch zu rechter Zeit 
der Fabel vom Kampfe des Menschen mit dem Löwen; es wäre 
unartig im Reiche der Löwen den Menschen als Sieger zu malen. 

Was die Germanismen der krainischen Sprühe (S. 40) anbelangt, 
so haben fiicanekl (fazzoletto) auch die Schweizer (siehe Stadler's 
Idiotikon), aus dem auch die Quelle des krainischen fletni (hübsch), 
nämlich das schweizerische (und wohl überhaupt süddeutsche) flät 
(hübsch, sauber, daher Unflath) erhellet ^). Das ol (Bier), das 
bloss die Krainer haben (alle anderen Slaven haben daf&r pivo), 
hat schon Linhart mit dem englischen ale vierglichen; pirh 
(Osterei, überhaupt jedes Geschenk zu Ostern) ist yielleicht mit 
dem kroatischen pir und dem russischen pirog zu yergleichen; 
pac ist halt, ein slavisehes Bestätigungswort, wie deren jede 
Sprache haben muss, wie das deutsche ja wohl: Herr Hacquet 
wird wohl nicht etwa an das lateinische pace tua gedacht 
haben ! 

Über Tafel V. und VI., Istrianer und Istrianerin, haben wir 
nidits zu bemerken, als was wir schon oben gesagt haben, dass sie 
nicht Winden, sondern Kroaten sind, wie Hacquet selbst, nur ein 
wenig unsicher, andeutet. 

Tafel VII. und VTII. Der Cice und die Cicin. Sie könnten 
Japider oder Japoden sein, wenn Slaren zu der Römer Zeiten da 
waren: aber an Scythen können hier, sowie an Gothen bei den 
Gottscheem, nur Rudbecke denken. Eher könnte ihr Name daher 
sein, weil sie statt kaj (was) immer ca sagen. 

Tafel IX. und X. Der Dolenec und die Dolenka sind in der Be- 
schreibung so ziemlich wahre Dolenci, aber die Abbildung ist nicht 
▼on Doleneen, sondern von Bauern aus dem Metlinger Boden (Met- 



*) Daa Wort Jinterfat (der leinene Unterrock der Weiber in Krain) ist gleich« 
falls, ohne Ton Hac^aet bemerkt worden su sein, das dentsohe Unterpfaid, 



132 

lika), die man, weil sie geographisch noch zu Krain gehören, freilich 
auch zu den Unterkrainem rechnet; und die (wie überall, sehr fehler- 
haft) mitgetheilten Singstrophen (S. 76 und 94) sind uskokisch. 

Tafel XI. und XII. Gottscheer und Gottsoheerin. Diese Deut- 
schen sind (nach Professor Vodnik's Geschichte von Krain für dio 
Schulen. Laibach, 1809) Nachkommen von dreihundert thüringi- 
schen und fränkischen Familien, die Kaiser Maximilian I. im Jahro 
1509 dem Grafen von Ortenburg schenkte, um sie in der (kndnischen) 
Gegend Hoce^je anzusiedeln und die dortigen Wälder urbar zu machen. 
Sie sagen nicht: wo bischt du gewescht, sondern wo bischt du gwan. 
Tafel XIU. und XIV". libumier und Liburnierin. Die Benen- 
nung kann bloss von dem Verfasser herrühren, da sich die Istrianer 
in und bei Fiume nicht so nennen. Das saevis libumis scilicet invi- 
dens privata deduci superbo non humilis mulier triumpho in Horaz 
(Carm. I. 37) ist von Augustus' Brigantinen, dergleichen die Römer 
libumas nannten, nicht von den Libumiem zu verstehen. 

Tafel XV. und XVI. Morlak und Morlakin. Sie sind genetisch 
Serben wie die Uskoken, mit denen man sie, nicht mit Unrecht, oft 
verwechselte. Recensent zweifelt sehr, ob sie sich selbst je Morlah 
(weiblichMorlahinja) nennen. Die katholischen Slaven im Süden nenneu 
ihre Brüder vom griechischen Ritus Walachen, Vlacben, sowie deutsehe 
Literaturzeitungen manchmal von griechischen Übersetzungen forGrie- 
chen — in Polen sprechen. Vlaoh ist vielleicht das slavisohe Synony- 
men für das neugriechische ßn^fialo^^ Grieche (der Religion nach). In 
Rumun, welchen Namen sich die wahren Walachen selbst beilegen, liegt 
das nämliche fiooßidiof zum Grunde. Übrigens wird der Name Vlach 
weder für ehrenvoll genommen noch gegeben. Hacquet erinnert selbst, 
dass sich „viele^ Morlaken Serblier (Serben) nennen. Fortis hat ihnen 
in seinem Viaggio di Dalmazia ein schönes Denkmal errichtet. Wie 
poetisch ist des Morlaken Apostrophe an die Hauptstadt Bosniens. 
Sarajevo (S. 124): 

O Sarajevo! sto si mi neveselo! 
Je li mi te je kuga pomorila, 
Ali mi te je Turcin porobio! 
(O Sarajevo I was bist du mir so traurig? Hat dich mir die Pest ge- 
mordet oder hat der Türke dich mir ausgeraubt?) Hätte uns Herr 
Hacquet doch auch eines von den morlakischen Hochzeitsliedern mit- 
getheilt, die auf heidnische Gottheiten Bezug haben und die das 
Christenthum bis auf diese Stunde nicht hat unterdrücken können. 
(S. 121.) Im Vorbeigehen: Probratimi und Posestrime sind nicht 



133 

Halbbrüder und Halbschwestern, sondern Verbrüderte und Versöhwi- 
sterte, Pftrticipia Praes. Pass. (von pobratiti und posestriti). 

Tafel XVII. und XVIII. Kroat und Kroatin aus Proyinzial- 
kroatien. Wir haben schon oben gesagt, dass diess genetisch keine 
Kroaten, sondern Slovenen (Winden) sind. Herrn Hacquet ist selbst 
der grosse Unterschied zwischen einem Kroaten auf dem flachen Lande 
und einem Uskok, likaner etc. (S. 129) aufgefallen. Seine Beschrei- 
bung aber passt eigentlich auf die (wahren) Grenzkroaten. 

Tafel XIX. und XX. Uskok und Uskokin. Uskok heisst ein 
Flüchtling (Emigrant), von uskocim, ich springe aus. So nennt man 
die Slaren serbischen und kroatischen Stammes, die bei dem Vor- 
dringen der Türken in Bosnien ihre Freiheit in den benachbarten 
Gebirgeh retteten. 

Tafel XXI. und XXII. Likaner und Likanerin. 
Tafel XXIII. und XXIV. Dalmatiner und Dalmatinerin. 
Tafel XXV. und XXVI. (eine einzige Platte). Slavonier und Sla- 
Tonierin. Die Slaronier sind Beste der ursprünglichen Winden, seit 
der Wiedereroberung .dieses Landes von den Türken mit neuen Co- 
lonien von Serben vermischt, so dass die serbische Sprache vorschlägt. 
Tafel XXVn. und XXVIII. Clementiner und Glementinerin. 
Sind Albaneser (Amanten), nicht Slaven. Nach dem wenigen, was 
Thunmann darüber geforscht hat, kann man noch nicht sagen, ob sie 
die alten Illyrier sind. Also non liquet (ist genauer zu untersuchen). 

Tafel XXIX. und XXX. (eine einzige Platte). Bascier oder 
Baizen. Diess sind die Serben, die jetzt, statt selbst zu emigrieren, 
wie die Uskoken und die österreichischen lUyrier im südlichen Ungern, 
lieber die Türken von ihrem väterlichen Boden emigrieren machen 
wollen. 

Zu diesen Haupttafeln sind als Titelkupfer der fönf Hefte noch 
beigegeben: 1) Drei capita jugata als Bepräsentanten der Physiogno- 
mie der Sauromaten (Busnjaken?) aus den nördlichen Karpaten, der 
Illjrier in Kroatien und der Wenden aus dem alten Japidien. Der 
Wende aus Japidien wird wohl der mittlere sein sollen. 2) Eine (sein- 
sollende) Mutter Gottes als Vogel mit einem Fischschwanz und einem 
gekrönten Frauenkopfe mit der slavischen Umschrift: Carica vzducha. 
vodj i zemlji (Kaiserin der Luft, des Wassers und des Landes) aus 
der Ukraine. 3) Der berühmte Wallfahrtsort Luschariberg (Lusarje, 
Vusarje) in Kärnten, auf den auch aus Krain stark gewallfahrtet wird. 
Becensent hat schon oben seinen Wunsch geäussert, dass, statt die 
Wall&hrten unterdrücken zu wollen, man sie lieber %u veredeln 



134 

suchen sollte. Auf der nämlichen Platte ist auch ein Monat des krai- 
nischen Bauernkalenders (pratika, nach dem italienischen) dargestellt. 
Aber der Verfasser irrt, wenn er glaubt, dass er originalkrainisoh sei. 
Recensent hat eben solche flamändische und österreichische Bauern- 
kalender gesehen. Die Heiligenfiguren sind nach der Legende ideiert, 
desswegen liegt z. B. der heilige Alezius unter einer Treppe; bei 
Pauli Bekehrung stürzt ein Reiter von Lichtstrahlen geblendet zu 
Boden etc. Über jede Figur sind fiir Lesekundige auch die Namen 
der Bedeutungen geschrieben. 4) (nach S. 157). Eine Morlakin, die 
ihr gestorbenes Kind in der (nachher zu zertrümmernden) Wiege zu 
Grabe bringt, und der Pope, der den Todten einsegnen soll. 5) (nach 
S. 159). Eine verheiratete Uskokin und ein Gebirgskroate (Roth- 
mäntler). 6) Muster eines griechisch-slavischen Kalenders mit gan- 
zen Heiligenfiguren und Überschriften für Lesekundige aus einem 
handschriftlichen Originale, so ein raizischer Priester, Ste&n Voj- 
novic, im vorigen Jahrhunderte (1710) der römischen Kaiserin Eli- 
sabeth dediciert hat, aus der von Josef II. vom aufgehobenen There- 
sianum nach Lemberg übertragenen Garelli'schen Bibliothek. 

Am Ende theilt Herr Hacquet noch als Probe von der Landpoesie 
und dem Gesang unserer Raizen ein — russisches Lied mit. Da aber 
bereits Soltau m seinen Briefen über Russland dieses Qui pro quo 
gerügt hat, so sind wir dadurch einer unangenehmen Pflicht enthoben. 

Eigentlich sind es also nur südösterreichische Slaven, die uns 
Herr Hacquet abgebildet und beschrieben hat. Diese nur lagen auch 
laut der Vorrede (S. X) in seinem Plane. Der mehr versprechende 
Titel ist vielleicht dem Verleger zuzuschreiben, wiewohl andererseits 
der sauromatische Kopf auf der Titelvignette des ersten Heftes wieder 
dem Titel Recht zu geben scheint. 

Das Resultat der Eindrücke, die die Durchlesung dieser fünf 
Hefte auf Recensenten gemacht, ist: dass Herr Hacquet von allen 
Ausländern uns Slaven noch am erträglichsten gekannt habe. Ganz 
aber wird ein Fremder all unser Thun und Lassen schwerlich je recht 
begreifen: man erinnere sich nur, wie die Engländer, die doch selbst 
halbe Deutsche sind, über Bürger's Leonore ge&selt haben und wie 
noch alle Franzosen üb'er deutsches Wesen faseln. 



135 

XXI. 

Beiträge 

zur Übersicht der serbischen Literatur in dem österreichischen 

Kaiserstaate. 

(VaterUndische BlätUr. Jahrg. IV. 387—391. 573*-575.) 

Die slarische Sprache hat dieses mit der altgriechischen gemein, 
dass sie nach mehreren Dialekten auch gesehriehen wird. Russisch, 
polnisch, lausisdsch, höhmisch, sloyenisch (krainisch uild sogar 
kroatisch) sind die Hauptdialekte. Der böhmischen und polnischen 
Literatur fehlt es nicht an Herolden; von Russland wissen wir, der 
EIntfemung wegen, soviel wie nichts: aber die serbische hat gerech- 
ten Anspruch auf die Theilnahme der österreichischen Literatoren. 

Unter serbisch verstehen wir hier, was man sonst, unhistorisch 
genug, illjrisch nannte. Statt serbisch könnte man auch sagen echt- 
kroatisch. Das Gebiet der serbischen Mundart erstreckt sich von 
Istrien an durch Dalmatien, Grenzkroatien, Bosnien, Serbien, Bul- 
garien bis zu den aus diesen Ländern eingewanderten Colonien in 
Slavonien und Südungem. Vier bis fünf Millionen Menschen sprechen 
diese Mundart. Diese vier Millionen aber sind unter sich getrennt, 
einige, im Westen, bekennen sich zum lateinischen, der grössere 
Theil aber zum griechischen Ritus. Letztere theilen sich wieder in 
unierte und nichtnnierte Griechen. Die Lateiner haben durch Vene- 
digs Nähe und Beherrschung firüher als die Griechen auch eine Pro- 
fanliteratur in ihrer Mundart erhalten. Dafür Hrben die Griechen 
(d. i. die Slaven vom griechischen Ritus) an ihrer Volkszahl, an dem 
Gebrauche des OTrillisohen Alphabetes (welches im neunten Jahrhun- 
derte eigens för die slavisohe Sprache eingerichtet ward) und der alt- 
slavischen Kirchensprache natürliche Vortheile vor den Lateinern. 
Bald werden sie diese hinter sich lassen. 

Wir haben uns (bereits vor zwei Jahren) erzählen lassen, dass 
der Archidiakon Luka Musicki in Karlowiz an einer slavisoheh oder 
doch serbischen Literaturgeschichte arbeite. Möge sein Werk bald 
erscheinen! Wir werden indessen, so oft wir so glücklich sind, ein 
neu erschienenes Werk in dieser oder einer der benachbarten Mund- 
arten in die Hände zu bekonunen, es einzeln dem Publikum anzeigen. 
Aus einzelnen Beiträgen erwächst dann auch ein ganzes. Jeder slavi- 
sohe Autor wird unser Institut verbinden, wenn er ein Exemplar sei- 



136 

nes Werkes gegen Vergütung des Preises an die Strauss'sche Buch- 
handlung einsendet. 

Der um seine Nation hoch verdiente unlängst in einem Alter von 
72 Jahren verstorbene Obradovie war unter den nicht unierten Ser- 
ben der erste, der 1783 mit neurussischen Lettern in dem heutigen 
serbischen Dialekte sein Leben herausgab. Vor ihm war nur der 
altslavische Kirchendialekt, wie in Russland vor Peter L, Bücher- 
sprache ; den heutigen verachtete man als verderbte Sprache des 
Pöbels. Zwei andere gelehrte Serben, Orfelin und Terlajic, wollten 
ebenfalls der Nation mittelst Schriften im gemeinverständlichen ser- 
bisch aufhelfen: Referent hat aber keine dieser Schriften gesehen, 
und kann also auch nichts sicheres darüber sagen. Jankovie hat einige 
Komödien Goldoni's und anderes übersetzt, die Referent aber auch 
nicht zur Hand hat. So wie Obradovie, glaubte auch Jankovie sich 
rechtfertigen zu müssen darüber, dass er neben der bisher allein 
herrschenden altslavischen Büchersprache auch die heutige Mundart 
dazu machen wolle. „Ich schreibe nicht fiir Altslaven (sagt er kurz, 
aber gut), sondern für heutige Serben: folglich nicht altslavisch, son- 
dern serbisch." Auch Stojkovie's Physik hat Referent nicht zur Hand, 
um ihr genaues Druckjahr angeben zu können. Im Jahre 1804 er- 
schien, mit Obradovic's Hilfe, Solaric's Geographie nach Gaspan, 
mit Atlas und einem kleinen mathematischen Schlüssel. So reich die 
slavisehe Sprache an Ausdrücken für den bisherigen Stand der Cultur 
der Nation und so bildsam sie überhaupt ist, so sind doch die Schwie- 
rigkeiten, zuerst eine wissenschaftliche Terminologie, in welcher 
Sprache es sei, zu schaffen, zu bekannt, um Solaric's redliches Rin- 
gen damit zu verkennen. Es könnte aber jemand sagen: die Böhmen 
und die Polen, deren Literatur schon so alt ist, und selbst die jungen 
Russen müssen doch bereits eine wissenschaftliche Terminologie be- 
sitzen: waiiim entlehnt man sie nicht von dort her? Antwort: Von 
den Russen ginge es vielleicht an, weil ihr Dialekt dem serbischen 
näher ist : auch hat der selige Schlözer bei Recension der Stojkovic'- 
schen Physik diese Anmerkung gemacht; aber gestehen muss man es 
doch, dass bei der Schöpfung der russischen Terminologie wenigstens 
keine Ästhetiker präsiflierton, so ellenlang sind meistens die Wörter 
ausgefallen. Also mögen immerliin flie Serben es versuchen, ob sie 
nicht, mehr im Geiste der ersten Spracherfinder, aueli eine ästheti- 
schere, wenigstens minder sch^verßiliige Terminologie schaffen kön- 
nen. Dücli genug davon. Wir gehen nun zur Anzeige der peueren 
Werke, die wir vor uns haben, über. 



137 

Vom. Jahre 1809. 1. RafiTs Naturgeschichte, aerl>iBch von 
Joachim Vujic, geschwomem Notar bei der königlich ungrischen Ju- 
diciartafel und Professor der französischen und italienischen Sprache. 
Ofen, in der UniTersitätsdruckerei. 856. 8. 

Das Werk ist mit cyrillischen Kirchentjpen gedruckt. In Russ- 
land würde man so was mit Ciyiltypen gedruckt haben. Die Serben 
fangen auch an, ihre mächtigeren Bruder hierin nachzuahmen, nur 
festgesetzt ist dieser Alphabetsgebrauch noch nicht. Hinten sind über 
450 Pränumeranten verzeichnet, und doch konnte der Verfasser nicht 
seinem Unternehmen die Ausdehnung geben, die er beabsichtigte. 
Er wollte näjnlich- auf sechzehn Kupferplatten 456 Figuren und dar- 
über einen Commentar nach Linne, Buffon und Funke auf achtzig 
Bogen Uefem. Der Mangel an Pränumeranten hat ihn auf den blossen 
Raff beschränkt. Bei einer erst beginnenden Literatur sind auch die 
Dedicationen weniger blosse Autorcomplimente, und die Männer ver- 
dienen daher auch hier genannt zu werden, die unter Barbaren Mä- 
cene sind. Gegenwärtiges Werk ist dem Priestermönch (Hieromonach) 
Sava Popovic aus dem Kloster Lopa Vina (schöne Weine) in der 
Pakrazer Eparchie und Ephemerius an der illyrischen Earche des 
heiligen Spiridon in Triest gewidmet. Wo der Weingarten gross, der 
Arbeiter aber wenige sind, da mui^s man nicht zu heiklich sein. Frei- 
lich wäre zu wünschen, dass nur Leute von Geschmack und beider 
Sprachen mächtig an Übersetzungen sich machten. Herr Vujic ger- 
manisiert manchmal ein wenig zu arg. Sollte z. B. der Buchfinke, der 
Mergel im serbischen keinen Namen haben? Sicher hat er ihn, aber 
der Stadtgelehrte muss ihn vom Stockbauer zu erfragen wissen, wie 
die edlen Brüder Freiherm Zois in Krain die krainische Nomen- 
clatur der Botanik sowohl als der Zoologie und Mineralogie auf diese 
Weise gesammelt haben. Sie wird einen (wichtigen) Anhang von 
Vodnik's Lexikon ausmachen. Möge dasselbe, schon 1807 als der 
Vollendung nahe angesagt, endlich erscheinen! 

II. Die Fledermaus, ein Lustspiel in einem Aufzuge, verfasst 
vom Professor J. Vujic, verlegt vom Neusatzer Buchhändler G. Da- 
mian Kaulici. Ofen. 61. 8. (Civiltypen.) 

Boza Miric, ein Hauptmann, der den französischen Krieg mit- 
gemacht, gutmüthig und tapfer, aber im höchsten Grade fledermaus* 
scheu, ist nun als Witwer auf seinem Gute und heiratet eine alte 
magyarische Fräule (Ljutaroc), um mittelst ihrer Ducaten sich einiger 
Gläubiger zu erwehren. Aber des Geldes ist nicht soviel als ausgesagt 
war, und die Braut ist unausstehlich. Der Anblick einer Fledermaus 



138 

im Brautgemache treibt den Bräutigam anders wohin schlafen. Aber 
die Fledermäuse haben auch ihr gutes. Eine fliegt herbei und rertragt 
eine Sehuldobligation ins Feuer: der Gläubiger war aber ohnehin ge- 
sonnen sie unbezahlt zu Temichten. Dann unternehmen der Haupt- 
mann und sein treuer Fouriersehütz Triyim eine Vemichtungsexpedi- 
tion gegen die letzte Fledermaus, die sich in einen Winkel des Ge- 
mäuers gerettet hatte, aber da treffen sie zuerst auf ein Rendezvous 
der Ljubica (Tochter des Hauptmanns aus der ersten Ehe) mit einem 
Officier, Baron Baja, der, um mit Ehren aus der Verlegenheit zu 
kommen, sie gleich zur Ehe begehrt. Erster Grund, der Fleder- 
maus dankbar zu sein. Aber im avancieren finden die Helden auch 
einen Schatz schöner gelben Ducaten und blanker Thaler. Die Fleder- 
maus mag nun leben! Inzwischen hatte sich aber die schlinune Braut 
todtgefiülen. — Die Sprache germanisiert stark: sc sikuje (es schickt 
sich) oder stil kanaljo sakramenska im Munde der Weiber, die doch 
nicht unter den Deutschen gewesen sind, ist noch anstössiger, als die 
sakerlotinain etc. des Fourierschützen. 

XU. Angenehme Historien von Gacasenno, Sohn des dummen 
Bertoldin, und von seiner Grossmutter Markoifa, aus dem italieni* 
sehen übersetzt von J. Vujic, verlegt, von Kaulici. Ofen. 75. 8. 
(Civiltypen.) 

Eine ^Art italienischen Eulenspiegels. (Eine Literargeschiehte 
der alten Volksromane ist noch zu wünschen.) 

IV. Geschichte des Philosophen Syndipa (Sjntipas) aus dem 
griechischen. Ofen. 96. 8. (Civiltypen.) Gewidmet dem Herrn Peter 
Stojanovic, Kaufinann und Bürger zu Gross- Arad. 

Das erste Original dieses Werkes soll eigentlich syrisch und die 
griechische Übersetzung als Lesebuch sehr beliebt sein. Eün persischer 
Kaiser, der sieben Frauen hatte, bekommt endlich einen Sohn. Den 
will er bestens erziehen lassen. Aber am Hofe geht's nicht. Er gibt 
ihn daher dem Philosophen Syntipas nach Hause. Dieser macht sich 
anheischig, den Prinzen in sechs Monaten zu einem vollkommenen 
Philosophen zu machen. Wirklich thut er das, indem er in die Zim- 
mer des Prinzen lauter moralisch-philosophische Gegenstände malen 
lässt, um sie ihm recht einzuprägen etc. Nach Verlauf des Termines 
schickt er ihn wieder nach Hofe, er selbst versteckt sich aber auf 
einige Zeit, weil der Prinz, wie der Philosoph in den Sternen gelesen 
hatte, sieben Tage nach seiner Ruckkehr zu Hofe nichts reden darf, 
indem .er sonst plötzlich sterben würde. Natürlich stutzt der Kaiser 
wie der ganze Hof über den stummen jungen Philosophen. Aber Syn- 



139 

tipas, der darüber Bede und Antwort geben sollte, ist nirgends zu 
finden. Endlich übernimmt es eine yon den sieben Frauen des Kaisers, 
dem Prinzen die Zunge zu lösen. Sie nimmt ihn auf ihr Zimmer, lieb- 
koset ihn und erbietet sich dem Papa eine Suppe zu kochen, dass der 
Prinz desto eher den Thron besteige — und sie heirate. Der Unwille 
über ein so abscheuliches Ansinnen entreisst dem Prinzen die Worte : 
„Nach sieben Tagen kriegst du Antwort.^ Aber das erschrockene 
Weib geht dann zum Kaiser, und klagt den Prinzen ihrer Absicht an. 
Der Kaiser will ihn tödten lassen, es waren aber noch sieben andere 
Philosophen da, Räthe des Kaisers. Diese machten es unter sich aus, 
dass alle Tage einer von ihnen zum Kaiser gehen und ihn von dem 
Morde abreden solle. Sie thun es, indem sie ihm Geschichten erzäh- 
len, die aber das Weib jedesmal durch andere Geschichten schlägt, 
bis der siebente Tag kommt, an welchem der letzte Philosoph den . 
Kaiser zur Rücknahme seines Befehls beredet hat, und nun auch der 
Prinz reden darf. Nun soll die Verläumderin sterben, die sich aber 
ebenfiüls du^h Apologen zu retten sucht. Endlich geht des Prinzen 
Meinung durch:* Das Weib soll mit abgeschnittenem Haar und be- 
schmiertem Gesicht auf einem Esel durch die Stadt reiten etc. Syn- 
tipa kommt zum Vorschein und wird kaiserlich belohnt. Es werden 
femer Parabeln erzählt, wodurch der Prinz sich immer mehr Bewun- 
derung erwirbt. Am Ende werden die Gemälde in dem Erziehungs- 
zimmer des Syntipas beschrieben. — Der serbische Übersetzer hat^ 
noch sechs Lieder angehängt: 1) Lied des Prinzen im Geftngnisse, 
gereimt und im Metro des — Pervigilium Veneris. 2) Ein russisches (!) 
Lied zweier Kinder zum Geburtstage der Mutter. 3) Lied eines Leh- 
rers zum Geburtstage seines Zöglings. 4) Sapphische Ode an einen 
Zqgling, dem die Altem nicht mehr erlaubten die Schule zu besuchen. 
5. Serbisches Volkslied. Zehnsilbig wie das von der edlen Frauen des 
Helden Asan-Aga , das Göthe übersetzt *) hat. Zwei Reisende ver- 
fehlen während eines Ungewitters ihres Weges. Endlieh ersehen sie 
von weitem ein altes ScUoss im Walde und gehen darauf zu. Dort 
sitzen an drei reich und kostbar besetzten Tischen Herrschaften (Go- 
spoda), am ersten obenan der Despot Zmaj Vuce, von drei Dienern 
umgeben; ein vierter schlägt die ILirfe. Nach der Tafel werfen diese 
vier Diener «ich vor dem Despoten bittend auf die Knie. Was bittet 
ihr vier Falken? fragt sie gütig der Despot; soll ich eure grauen 



^) Oleich in der enten Zeile heisst aber im glavischen am grünen Berge (gori), 
nicht Walde, wie Fortis den deutschen Dichter verführt hat. 



140 

Flügel vergolden? Ihr habt mir immer treu gedient. Fordert was ihr 
wollt. Aber die vier wackeren Helden sprachen: 

Lichte EjTone! Nicht begehr'n wir Reichthum, 

Nur vergönn' uns, dass nach Haus wir kehren, 
.Von wo schon so lange wir abwesend. 

Schwarz gehüllet haVn sich uns die Mütter, 

Und das Haar gelöset unsre Schwestern, 

Klagen sehnsuchtsvoll sie uns zurücke. 

Denn es sind bereits fünf lange Jahre, 

Seit in deinen Dienst hierher wir kamen. 

Und kein einzig Mal nach Haus gegangen. 

Zu den ihren schickte man zurücke 

Unsre Liebsten, Witwen, weil wir leben. 
All6 Herren winken der Bitte Beifall und fangen auch an den 
Despoten zu bitten. Thränen entstürzen «uch ihm *). Er entlässt sie, 
aber prächtig ausgerüstet, damit, wer sie sieht, spreche: Oj, welch' 
schöner Bursche! er muss Zmaj Vuko's sein! Und dann: Wohl dem 
Knechte, der treu dient seiner Herrschaft! Möge uns der brave Über- 
setzer mehr solche Volkslieder, woran diese Serben und Kroaten so 
reich sind, mittheilen! Sie ergreifen den Leser so wunderbar! 
6) Frühlingslied, im Tone des Pervigilium Veneris. Die Sprache in 
diesem Werke ist durchgängig rein und edel. 

V. (Mit lateinischen Buchstaben nach der dalmatischen Combi- 
iiation.) Abrahams Opfer. Ein Gespräch (Drama) in Versen. Ofen. 43. 8. 

Die Verse sind zwölfsjlbig und gereimt. Die Personen sind: ein 
Engel, Abraham, Sara, Isaak, Sympan und Sofer, Knechte Abra- 
hams, Antha und Thamar, Mägde. Die Verse sind mehr Knittel- 
reime, woraus man jedoch immer die ausgezeichnete poetische Anlage 
der Sprache ersehen kann. 

VI. Rechenkunst, mit Erklärungen, Regeln, Beispielen etc. nach 
ihrer neuesten Gestalt, aus ausländischen Sprachen serbisch verfasst 
von Johann Athanasijev Dosenovic. Erster Theil. Ofen. 320. 8. Ge- 
widmet dem Herrn Ignatius Stankovic. 

Wir kommen hier auf einen Mann, auf den Obradovic's Schrif- 
ten sichtbar gewirkt haben. Schade, dass wir nichts umständlicheres 
von seiner Bildungsgeschichte wissen. Er scheint auch nach Unter- 
richt gereiset zu sein. Er kennt die ausländische Literatur und schreibt 



^) Tiefes inniges Gefühl für Familienglück ist wohl des SlaTen herrlichfite 
Eigenschaft ! 



141 

mit Praciaion. Aus der Vorrede su diesem Werke lernen wir nebst 
dem allgemein verehrten Erzbischof von Stratimirovic Excellenz 
auch noch die Gebrttder Teodorovic (serbische Kaufleute in Triest) 
kennen; die das im kleinen fGor die serbische Nation thun, was die 
Gebrüder Zosima aus Jannina für die Griechen. Über den Gebrauch 
der heutigen serbischen Mundart statt der alten kirchlichen sagt Do- 
senovic: ^Hunderte wollen, dass man slavonisch, aber tausende, dass 
man serbisch schreibe: der Prozess wird also bald entschieden sein/' 
Die Rechenkunst selbst ist meistens nach der des Israeliten S. Gunz 
(dermal Professor der Mathematik in Laibach) verfasst. Am Ende 
folgt auf vier Seiten das Verzeiehniss und die Übersetzung der neu- 
geschmiedeten Terminologie dieses Faches. Noch eine andere Eigen- 
heit des denkenden Verfassers müssen wir hier berühren, seine Or- 
thographie. Er schreibt kein grobes Jerr. Referent gibt ihm seinen 
vollen Beifall: ohnehin ist das russische Alphabet, weil es lauter 
Unzialbuchstaben sind, äusserst Papier verschwendend; wozu noch 
recht unnütze Anhängsel! Möchte doch einmal ein zweiter Cjrill 
konmien, der das elegante und compendiöse lateinische Alphabet so 
für die Slaven einrichtete, wie jener erste das grosse griechische des 
nennten Jahrhunderts! 

VII. Lyrische Gedichte, und noch andere, zum Vergnügen, jetzt 
zum ersten Male gesungen von J. A. Dosenovic. Ofen. 112. 8. 

In der stellenweise mit Versen untermischten Einleitung gibt der 
Ver£EU9ser einen zweckmässigen Überblick der Geschichte und der 
Würde der Poesie (Pjesnotvorstvo d. i. Liedermacherei). Die Ita- 
liener, die ein paradiesisches Land bewohnen, sind ihm unter den 
heutigen Nationen die grössten Dichter. Er nennt den Dante, Pe- 
trarca, Ariost, Tasso, Cesarotti, Vittorelli; von den alten nennt er 
Homer, Pindar, Ovid und. Virgil; von den Engländern Pope; von 
den Deutschen Geliert und Wieland; von den Russen Lomonosov. 
dessen Oden mehrere ins italienische übersetzt seien. Der Verfasser 
selbst will aus — Liebe gedichtet haben und vertheidigt diese gegen 
ihre Feinde mit Casti's sieben Strophen: Vita, principio ed anima 
dell' universo e amore etc. , die er alle im nämlichen Metro serbisch 
übersetzt hat. Überhaupt ist diese ganze Sammlung eine (gelungene) 
Probe, dass die slavische Sprache, ungeachtet sie eine Original- 
sprache ist, überraschende Anlage habe, der gemengten italienischen 
in den neuen Versarten glücklicher als irgend eine der europäischen 
Sprachen nachzustreben. Der Verfasser bemerkt im vorbeigehen, 
dass die Russen die alten Silbenmasse nachzuahmen versucht haben, 



142 

und glaubt, dass der serbische Dialekt auch in dieser Rüstung leich- 
ter einhertreten würde. Nach diesem Vorberichte folgen dann: 
I) 30 Anakreontische Lieder, einander continuierend, zum Theil nach 
Vittorelli; 2) eine Anakreontika für sich, womit ein Liebhaber sich 
von seiner treulos erkannten Geliebten lossagt; 3) Sieben Sonette: 
a) an die Nachtigall, b) Epithalamium, c) der Wanderer bei der 
Rückkehr, d) Blick des Verfassers vom Berge Velebic auf seinen 
Geburtsort nach langer Abwesenheit, e) der todte Engländer an die 
Treulose, f) an den Tod des serbischen Historikers Johann Rajic, 
g) an Paul Solaric, Verfasser der serbischen Geographie; 4) Oden: 
a) an eine Städterin auf dem Lande, dass sie in die Stadt zurück- 
kehren möchte, h) Trauer der Hirten, da ein edles Mädchen Nonne 
wird, c) Über die Eitelkeit der Weiber, nach Obradoric's 119ter 
Fabel, d) Gebet an die Venus um Genesung des Mädchens Philis, 
e) Gespräch mit Anakreon von Lomonosov nach dem russischen. 
(Anakreons Leier ertönt bekanntlich nur von Amor: Lomonosov aber 
will umgekehrt nur die Heldin Katharina singen.) f) die Porträts 
nach Lomonosov. (Anakreon gibt seinem Maler auf, sein [Anakreons] 
Mädchen zu malen: Lomonosov aber Russland.) g) die Amme, an 
eine edle junge Frau, dass sie ihren Sohn selbst säugen müsse. 
5) Eine Anakreontika, nach einer schweren Krankheit 1809. — 
In einer Anmerkung am Ende sagt der Verfasser, dass drei Bogen 
Verse, besonders eine Übersetzung von Voltaire's Taktik, von der 
Censur in Pest gestrichen worden. Er habe noch eine Reue vor dem 
Richterstuhle der Musen in reimlosen Versen (versi sciolti) fertig, 
die er, wofern die Censur bei ihrer Strenge verharrt, sowie die ob- 
genannte Taktik etc. auch anderswo (in Venedig oder Leipzig, sonst 
gibt es keine russischen Lettern) werde zu drucken wissen! 

Vom Jahre 1810. VIII. Der jüngere Robinson von Campe, 
serbisch von Professor J. Vujic. Ofen. 378. 8. (Cyrillische Lettern.) 
Gewidmet seinem lieben Johann Joannovic und dessen Altem Michael 
und Rachel. 

Der Übersetzer hat den Kindern slavische Namen gegeben: 
Milutin, Svetoslav, Slavimir, Zivoin, Milica, wofür seinem Qe- 
sclimacke Lob gebührt. 

IX. Geschichte von dem wunderschönen Josef, in Verse gestellt 
durch Milovan Vidakovic. Ofen, 93. 8. (Cyrillische Lettern.) 

Gereimt in dem sonst gewöhnlichen serbischen zehnsylbigen Metro. 

X. Verjagung des groben Jer oder A-B-C-Sichtung (Asbuko- 
protres). Ofen. 18. 8. (Cyrillische Lettern.) 



143 

Auf diesen 18 Seiten ist mehr Sprachphilosophie als in mancher 
dicken Grammatik. So klare grammatischeVemunft habe ich in Israel 
nicht gefunden. Als im neunten Jahrhunderte der griechische Missionär 
Cyrill das griechische Alphabet für die slavische Sprache einrichtete 
(nicht auf deutsche Art, durch Anhäufung mehrerer Zeichen zur Be- 
zeichnung eines Lautes, sondern durchHinzuerfindung neuer Zeichen für 
neue Laute), £Euid er, dass während griechische Wörter ausser den Vo- 
ealen am Ende nur noch das v, p, s haben, in slavischen Wörtern hin- 
gegen jeder (Konsonant auch am Ende vorkommt: und dass die meisten 
derselben, besonders aber 1, n, t, auch mouilliert sein können. Diese 
Mouillierung zeigte er dadurch an, dass er dem Consonanten das 
Zeichen h (eine Art i) anhing. Wo nun kein solches h angehängt sich 
findet, sollte also der Buchstabe nicht mouilliert, sondern hart und 
trocken lauten. Aber statt dieser Negation hing er in diesem Falle 
dem Consonanten das Zeichen Hb an, so dass in russischen Büchern 
kein Wort, das sich auf einen Consonanten endet, ohne eines der 
beiden Jer, 'B oder b, angetroffen wird. Schon der um die Slaven 
so verdiente Schlözer hat gegen das zweite Jer (T») Vorstellungen 
gemacht. Unser Autor, der sich am Ende der Vorrede S. M. unter- 
schreibt, beutelt nun dieses grobe Jer (b ist das feinere) und das 
ganze slavische Alphabet recht durch (discutit sagt der Lateiner, 
protresa der Slave). „Zuerst, sagt er in der kurzen Vorrede, hat 
Herr Dositej Obradoyic in seinen Schriften das dicke Jer oft weg- 
gelassen. Herr Stojkovic hat sich auch gewürdigt, auf diesen kleinen 
Punct sein scharfes Auge zu werfen. Der Eiferer für sein Volk, Herr 
Tekelja, hält es hierin mit Stojkovic. Aber der süsse Solaric, der 
Ruhm und das Vergnügen der Serben, hat bereits ein System, nach 
dem er, vermöge seines Scharfsinnes, das überflüssige beschneidet 
und das mangelnde ersetzt. Dosenovic zeigt, wie gewinnvoll die 
Bekanntschaft mit ausländischen Oelehrten sei: er folgt zu seinem 
Ruhme den Fussstapfen Solaric's. Andere spintisierten zwar auch 
hier und da über Schreiberei: aber wenige waren, die sich nicht 
fürchteten, auch nur das grobe Jer wegzulassen; beim alten bleiben 
sei zwar das leichteste: aber auch das beste? Dass ich nicht vom wah« 
ren Wege abgewichen, bin ich gänzlich überzeugt; ob man aber das 
Ding nicht anders ausfuhren könnte, mögen Solaricaner, aber nicht 
Baff's Übersetzer entscheiden. Nun geht der VerfiEtsser zur Sache 



*) Solarid mnss also noch was mehreres geschrieben haben als seine Geographie, 
in der sich das i> noch durcbaos findet. 



144 

selbst. Was sind Wörter ? Sprache ? Buchstaben ? Und wie viel 
Buchstaben müssen in dem Alphabet einer Sprache sein? EKese 
Fragen beantwortet er als Sprachphilosoph nicht ohne verdiente Sei- 
tenblicke auf das deutsche Alphabet. Wie viel Buchstaben brauchen 
die Serben für ihre Sprache? Das ABC-Büchlein enthält 42, darunter 
findet der Ver&sser nur 26 wirklich nöthige. Am Ende folgen, nach 
dieser verein&chten Orthographie geschrieben, einige beissende Ant- 
worten auf Einwendungen von Aftergrammatikem a la Gbttsched. 
Überhaupt ist das ganze Werkchen sehr lebhaft geschrieben; selbst 
der heilige Cjrrill muss eine kleine Schlappe mitnehmen. Der Ver- 
fasser kündigt auch eine Sprachsichtung (Jezikoprotres) als Vor- 
läuferin einer serbischen Grammatik an. Mögen beide bald erscheinen! 
Von einem Sprachphilosophen und Sprachenkenner, wie Herr S. M. 
sich in dieser kleinen Abhandlung gezeigt hat, kann man nur etwas 
vortreffliches erwarten. 

Vom Jahre 1811. XI. Abrahams Opfer und des Sünders Ge- 
spräch mit der Gottesmutter. Aus dem griechischen von Vikentij 
(Vincenz) Rakic. Dritte Auflage. Ofen. 64. 8. 

Es ist mit cyrillischen Lettern, beinahe eben das, was wir Nr. V 
als mit lateinischen Buchstaben angezeigt haben; nur dass hier jeder 
Vers um einen Trochäus weniger hat, z. B. 

Nr. V. Probudi se malo i digni, Avrame, 

I obrati amo tvoje lice na me. 
Nr. XI. Probudi se i digni, Avrame, 
I obrati tvoje lice na me. 

Das Gespräch mit der Gottesmutter sind 24 gereimte Disticha^ 
von denen ledes Mal der Sünder eines und das andere die Gottes- 
mutter sagt, und in der Kirchensprache. Das griechische Original 
kennt Referent nicht. 

XII. Neuer und alter ^) illjrischer Kalender auf das gemeine 
Jahr 1811, zum Nutzen und Vergnügen der Slavonier verfasst. Ofen. 
58. 8. Mit lateinischen Lettern , nach der slavonischen Orthographie. 

Referent weiss nicht, ob jährlich so ein Kalender erscheint. Zu 
wünschen wSre es sehr. Nach den Heiligenkalendem der griechischen 
undlateinischen Kirche : a) kommen merkwürdige chronologische Daten, 
als vonErbauungder ersten Stadt des Königreiches Ungern 1577 Jahre; 
vom Beginne des ungrischen Reiches 811 Jahre; seitdem Kroatien, 
Dalmatien und Slavonien unter der ungrischen Krone ist, 741 Jahre; 



^) D. i. nenen und alten Stils« 



145 

seitdem Serbien, Bulgarien, Bosnien unter die nämliche ungrisohe Krone 
gekommen 479 Jahre; seit der Sklaverei Bosniens unter den Türken 
346 Jahre u. s. w. b) Das kaiserliche österreichische Haus, c) Erz- 
bischöfe in Ungern und Bischöfe in Slavonien. d) Wetterprophezeiun- 
gen, e) Sonnen- und Mondesfinstemisse. f) Die festliche Gasterei 
am Annatage, von Klimkboh aus Kapraz, in achtsylbigen Reimen. 
Die deutschen Brocken, wie, Liebe Schwester, du Ljubiza, tvoj je 
Leibspeis Schigiriza, oder Pelagia lustig budi, o drugim sc sad ne 
trudi vermehren das komische dieses lustigen Gedichtes, g) Historie 
Ton einem Säufer, der, weil sein Weib und seine Kinder mit dem 
spät und schon betrunken nach Hause gekommenen nicht von neuem 
zechen wollen, den Teufel zur Gesellschaft bittet. Der Teufel hätte 
ihn beinahe wirklich geholt, hätte der kluge Saufbold nicht noch zu 
rechter Zeit das Kreuz gemacht und den Namen Jesus ausgesprochen 
(1811!). h) Klugheit einer galanten Jüdin, die, da sie schwören soll, 
immer keusch gelebt zu haben, sich auf einen Augenblick heimlich 
in die Wiege legt, und dann vor dem Rabbi schwört, seit sie aus der 
Wiege gekommen, habe sie keinen andern Mann gekannt, als ihren 
Ehemann, i) Die untröstliche Witwe, k) Habsucht der Gemalin des 
Kaisers Theophilus. l) Anekdote vom Prediger: Redet nicht so laut, 
damit ihr den Nachbar nicht aufwecket, m) Anekdote vom Ehemann, 
der seine fVau nicht malen liess fär einen andern, damit er nicht am 
Ende gar des Originals begehrte, n) Märkte in Ungern, Slavonien 
und Sirmien. o) Berechnungstabelle fiir Zahlungen. Wann werden 
diese Kalender da unten den hohen Werth mancher deutschen, z. B. 
der Hebelisch^n, der Andre^schen und Jurende'schen erreichen! 

XIII. Beschreibung des Lebens und der Thaten Napoleons, Kai- 

. sers der Franzosen, Königs von Italien, von seiner Geburt bis zur 

Zeit des in Wien geschlossenen Friedens. Aus der deutschen in die 

(illyrische) Volkssprache übertragen von Anton Nagj. Agram 1811. 

So froh überrascht Referent auch bei dem ersten Anblicke dieses 
Productes einer Literatur wurde, die bisher meist auf Gebetbücher 
u. dgl. beschränkt war, so dauerte seine Freude leider nicht einmal 
durch das ganze Titelblatt, denn gleich einige germanisierende Aus- 
drücke des Titelblattes erschreckten ihn. Und je weiter er las, desto 
mehr häuften sich die Gründe, zu wünschen, dass die Übersetzung 
dieses gewiss stark gelesenen Buches zur Ehre der illyrischen Sprache 
in bessere Hände möchte ge&llen sein. Der Druckfehler, wovon das 
Buch wimmelt (die wir indessen ^eme dem Setzer allein zur Last 
schieben wollen), der schlechtgewäUten und nicht einmal bei dieser^ 

10 



146 

wenn auch schlechten Wahl beharrenden Orthograplüe, der Unbe- 
kanntschaft des Übersetzers mit der französischen und italienischen 
Sprache (er glaubt Ajaccio laute Ajakzio, Brescia wie Breszia, Duroc 
wie Diiroz, Brümaire wie Brumaire etc.) 9 der unverzeihlichen Nach- 
lässigkeit bei Übersetzung von Städte- und Ländernamen (Mailand 
heisst bald Millan, bald Millana, bald Mailand; Egypten bald Egipat, 
bald EgTptum u. s. w.) nicht zu gedenken, so ist der ganze Ausdruck 
(Phraseologie) der Übersetzung meist germanisierend und unslavisch. 
Herr Nagy ist schwerHch ein gebomer Skve. Wenn also ein gebomer 
Slave, etwa ein Serbe wie Solaric, Dosenovic oder der Ver&sser des 
Salo debeloga jera eine zweite tTbersetzung machen wollte, so würde 
er die geographische, militärische, politische und diplomatische Ter- 
minologie, die bei Nagy meist erbärmlich ist, entweder fleissiger 
unter den Illyriem erforschen oder zum Theil von den Bussen ent- 
lehnen (denn unsere Dialekte sind einander so nahe befreundet: 
nur sind manche russische Termini auf TeiAbCTBOBaHie gar zu 
sesquipedal) oder nach dem Oenius der slavisohen Spradie neu er- 
schaffen. Wenn er lateinische Lettern gebrauchte, so würde er auch 
die Orthographie, die Bischof Mandis und Abbe Kermpotio eombi- 
niert und Voltiggi in seinem Wörterbuche gebraucht hat, als die in 
ihrer Art an sich erträglichste (bis zur Erscheinung eines lateinischen 
Cjrrill) und dem Ausländer am wenigsten anstössige, gebrauchen. 
Herrn Nagy geben wir als illyrischen Schriftsteller auf. 



xxn. 

Miscellen. 

1. Ungern ist nicht Pannonien. 

(Vaterlandische Bl&tter. Jahrg. 1813. 60) 

Eine ungrische Grammatik in Joumalform ist imter dem Titel 
Pannonia heraus. 

Schlözer, nachdem er in seinem Nestor bewiesen zu haben glaubt, 
dass der Ursitz der Slaven zwischen der Donau und den Karpaten 
gewesen, bricht in das wunderliche Epiphonema aus: Pannonien also 
ist der Ursitz der Slaven. 

Der berühmte Adam KoUar, ein gebomer Slovak aus Neusohl 
(kein Magyar, als welchen ihn Sehultes bewundert, während er alle 
Slaven exterminiert) , nannte sich auf den Titeln seiner Schriften: 



147 

Adamus' Kollar Pannonius Neosoliensis. Und so muss sich das gute 
Pannonien tausendmal ge&llen lassen, über die Donau hin gezogen 
zu werden. Ich möchte doch nur eine einzige Stelle irgend eines alten 
sehen, die euch dazu berechtigt. Wollen aber und müssen die Ungern 
in lateinischen Büchern statt Hungari oder Madiari schlechterdings 
einen Namen haben, der bei Livius oder doch bei Plinius vorkommt, 
so mögen sie sich lieber Daci oder Bastamae nennen. Freilich 
werden auch diese Namen nicht genau passen, aber doch erträglicher 
sein als der eines Pannoniers, welcher auf den Österreicher, den 
Steiermärker , Krainer, Kroaten, Slavonier eben so gut passt als 
auf den eigentlichen Unger am rechten Uferv der Donau. Pannonius 
Neosoliensis aber klingt gerade wie Polonus Vindobonensis: ein Theil 
Ton Polen gehört wohl zu Österreich wie ein Theil Pannoniens 
zu Ungern» aber Wien liegt eben so wenig in Polen als Neusohl 
in Pannonien. 

2. Ungern, Ungarn oder gar Hungarn? 

(Vaterländische Blätter. Jahrg. 1813. 60) 

Vieil ist gewörtelt worden über die Orthographie des Wortes 
Ungern, aber auch nur gewörtelt, ohne gehörige Gründe. Die Diplome 
dürften für Hungarn entscheiden, wenn es auf die Entscheidung der 
Diplome ankäme. Aber Diplome habeA in der Orthographie lebender 
Völker nichts zu entscheiden, sondern Sprachgründe. Nun ist es aber 
ausgemacht, dass der Name Ungern durch die Slaven in Europa auf- 
gekommen (die Magyaren kennen ihn nicht): in allen slayisehen 
Mundarten lautet aber dieser Name Uger oder, weil auch der sla- 
yische gemeine Mann das Digainma aeolicum liebt, Vuger; polnisch 
(nach der Analogie von d^bina für dubina, m^ka für muka, bfde für 
budu u. s. w.) Wfgier, im Plural Ugri (Vugri), W^grzy. Man sieht 
also, dass die zweite Sylbe ein e, nicht a hat. Ungern ist also richtiger 
ab Ungarn. Femer sieht man, dass dieses e nur ein euphonisches ist, 
welches weg&llt, sobald durch die Declination ein anderer Vocal das 
gr auMmmt (Uger, Ugra, Ugru; Ugri, Ugrov, Ugrom, Ugre 
u. s. w.), also auch ungrisch statt ungerisch oder gar ungarisch. 

Es hat aber jemand haben wollen, dass man wohl die Einwohner 
Ungern, aber zum Unterschiede das Land Ungarn schreiben sollte. 
Diese Gottschedischis Regel ist jedoch schon längst an ihren gehörigen 
Platz gestellt worden. 

So lange man also das Land Sachsen nicht auch Saohsan, Hessen 
nicht Hessan, Baiem nicht Baiam, Böhmen nicht Böhman, Westfiden 

10» 



148 

nicht Westfalan, Preussen nicht Preussan, Polen nicht Polan, Schwe- 
den nicht Schweden n. s. w. schreibt, so knge braucht man andi 
Ungern nicht Ungarn za schreiben. Schldzer und Schwartner haben 
also in diesem Pnncte völlig Recht und ihr Recensent in der Wiener 
Literaturzeitung ofFenbar Unrecht 

3, Originalsprachen. 
(Yaterl&ndische Blätter. Jahrg. 1813. 60--62.) 

,,Wer zweifelt daran?^ Das isfs eben, was Referenten zu dieser 
Berichtigung treibt, dass nicht etwa leere Journalisten, sondern 
Männer wie Adelung und Wolke hierftber ihren Landsleuten ein 
quid pro quo sagen. Es ist aber endlich einmal Zeit, dergleichen be- 
queme Herren, die bisher auf die eompilierende Leichtgl&ubigkeit 
ihrer Landsleute und auf unsere Indolenz lossündigten, dureh ein un* 
erwartetes Nein aus ihrer Sicherheit aufzuschrecken. 

Adelung, der sich um die Übersicht und Zeigliederuug seiner 
Muttersprache das Verdienst einer ganzen Akademie erworben hat 
und dem man also mit Recht in Sprachsachen einen' geübten Blick 
und gründliches Urtheil zutrauen sollte, stellt in seinem Mithridates 
die ongrische Sprache sammt der albanischen als eine granischte 
Sprache auf, aus Gründen, die eines Sprachforschers ganz un- 
würdig sind. 

Der verehrliche Greis Wolke in Dresden, der so lange (von 
1787 — 1801) in Petersburg Sprachlehrer gewesen und der also seinen 
Landsleuten von dieser Seite mit Recht imponiert, erklärt in seinem 
interessanten unter dem Detail erliegenden „Anleit zur deutschen 
G«sammtspraohe (Dresden 1812. 207) die Russin (russische Sprache) 
fär eine abgeleitete Sprache, weil sie wohl nicht weniger Ähnlichkeit 
habe mit der mongolischen, tatarischen, grusinischen, persischen und 
indischen Sprache, als mit der „Griechin, Altromin und Gotin", so 
dass ficust jedes russische Wurzelwort in irgend einer fremden Sprache 
zu finden sei, und weil sie naturwidrig den Ton nicht immer wie die 
„Deutschin" auf der Wurzelsjrlbe habe. 

Auf solchf Gründe könnte man einem wohl nicht besser antwor- 
ten, als mit dem nun vergessenen deutschen Sprichworte: wer viel 
redet, muss entweder viel wissen oder — Aber Wolke's 72 Jahre 
erlauben bloss die folgenden Fragen und Bemerkungen : Glauben Sie 
nicht auch, dass man, besonders mittels Ihrer Figuren und nach so 
willkürlichem Verfahren, als Sie sich mit literae zu lid, Vettel von 
Fidel, Laus von leze (kriecht), zoloto von Gh>ld, zemo von Kern, 



149 

das oc in occidit, sol für Lioht, bielo von albo, Brot von ßpa>rij&d», 
maftlo von Balsam, verstiimmeln von mutilus, ilo vom gothischen 
unsel u. s. w. u. s. w. erlaubt haben, auch aus der ,,Deutschin^ alles 
machen kann? Immer fUit mir bei solchem Etymologisieren Voltaire's 
Ableitung des Menes von Ya mit der kleinen Verwandlung der Sylbe 
Men in Y und des es in u ein. Und was den Ton beiriffit, so wären 
ausser der „Deutschin^' so ziemlieh alle anderen Sprachen abgeleitet, 
weil nur die „Deutsehin^ ihn immer auf der Stammsylbe hat Wer zu 
riel beweiset, beweiset nichts. 

Eine Sprache, deren Wurzeln in den drei oft genannten europäi- 
schen und den fünf asiatischen zu finden wären, müsste, wenn diese 
acht Sprachen unter einander verschieden sind, eine beispiellos ge- 
mischte Sprache sein: sind sie aber selbst Descendenten einer und 
der nämlichen Sprache, wenn auch im Grade verschieden, so sind 
sie ja selbst auch abgeleitete Sprachen, nicht mehr und nicht weniger 
als nach Ihrer Behauptung die slavische. 

Wenn die russiaphen Wurzelwörter für die Russen alle todt 
(d. h. ihnen tmbekannt) sind, so sind die Bussen noch nicht alle Sla- 
ven. Wenige Meilen von Dresden, in Prag, lebt ein Mann, Namens 
Dobrovskj, dem nicht nur die russischen Wurzel Wörter, sondern alle 
slavischen überhaupt und die deutschen nebst noch anderen, daza ohne 
Hilfe der mongolischen, tatarischen, grusinischen, persischen und 
indischen Sprache, und zwar mittels der echten Etymologie recht 
lebendig sind. Den fragen Sie, wie ihn Adelung gefragt hat. 

Übrigens hat mich Ihr Anleit sehr angezogen. Nur bedauere ich, . 
dass Ihr eiserner Ernst nicht vors erste unerbittlicher auf eine ganz 
vernünftige Schreibung des nach den, meinetwegen auch ungerechten, 
Gesetzen des usus tyrannus gesprochenen dringt. Alles übrige käme 
dann von selbst mit der Zeit. Unter einer ganz vernünftigen Schrei- 
bung aber verstehe ich eine solche, nach welcher jeder. Laut sein 
eigenes einfiiches, zusammenhangendes, mit einem Handzuge (ohne 
Absatz) schreibbares DarsteUzeichen hätte. Die Westfalen nur dürf- 
ten bei mir ^x^vntv schreiben, die Oberdeutschen aber nur Ulinken 
(russisch iii = seh) , beides weil sie so reden. Die Betonung wäre 
nach dem Beispiele der Ghriechen (deren y und <a nicht der Betonung 
halber erfunden sind) allerdings mittels der Tonzeichen darzustellen, 
entweder nur in Wörterbüchern oder auch, wie bei den heutigen 
Griechen, immer und überall. Ein gründlicher Reformator der beste- 
henden überaus elenden Schreibung im ganzen neueren Europa und 
vielleicht überhaupt des gesammten Schreibewesens in aUen drei oder 



ISO 

fünf Welttheilen könnte sich wirklich den ewigen Dank und Ruhm 
eines zweiten Schrifterfinders bei allen kommenden Gesohlechtem 
▼erdienen. Aber diese Reformation des Schreibewesens ist ganz un- 
abhängig von der der Sprache selbst und muss von der letzteren alu 
▼on einer dem einzelnen unmöglichen Sache getrennt werden. Sudiet 
▼or allem ein vollkommenes Alphabet, alles übrige wird euch hinau- 
gegeben werden. / 

Ein solches Universal- Alphabet wird uns eben von Pest aus an- 
gekündigt! Gerade in Ungern, wo die bisherigen elenden Zusammen- 
stopplungen des lateinischen 'Alphabets von sechs Nationen (den 
Magyaren, den Deutschen, den Serben, den Walachen, den Kroaten 
und den Slovaken) am grellsten coUidierten, musste die Noth am 
schreiendsten werden. Referent glaubt aber kaum, dass die Neu- 
Europäer sich zum Ideal der Schrift werden erheben können, so weit 
sind sie mit' Ausnahme (mirabile dictu!) der Russen und Waladien 
davon entfernt. 

4. Kobold. 

(Wiener allgemeine Literalinneitung. 1813. 191.) 

Im Freimüthigen (1812. Nr. 230) werden die Kobolde für ur- 
sprünglich wendische Dämonen und Berstuks und Markropeten für 
Synonyma derselben ausgegeben. Alles gut und recht. Aber welcher 
Lausizer Gelehrte kann uns diese drei Benennungen aus der wendi- 
schen Sprache erklären? Gibt es auf der Breslauer Universität nie- 
mand, der slavisch als Lieblings- oder als Berufsstudium triebe? — 
Schreiber dieses, selbst ein Slave. nur (iur diesen Fall leider) nicht 
vom wendischen Dialekt, weiss aus Berstuk, Markropet und Kobold 
nichts zu machen. Dass diese Wörter im wendischen anders dürften 
gelautet haben, ist sehr wahrscheinlich. Selbst bei dem biederen 
deutschen Pfarrer Knauthe (siehe dessen Oberlausizer Kirchenge- 
schiehte, Görliz 1767) lauten sie etwas anders: Barstuccae und 
Marcopetae und Koltki seu Kobali. Koltki (wovon aber der Singular 
nicht Kolek sein kann) hat schon eine slavischere Physiognomie als 
Kobolde, aber auch damit weiss Referent noch nichts zu machen. 
Nur ein Lausizer, der seinen Dialekt vollkommen und gründlich 
kennt, kann uns da aushelfen. Bei dieser Gelegenheit darfein Slave 
auch bemerken, dass Sehlözer's Meinung, die Slaven seien in der 
östlichen Hälfte Deutsehlands Aborigines (quos aliundc venisse nulla 
memoria est) noch nicht historisch widerlegt ist, und dass die Deut- 
schen, die in Italien, Frankreich, Spanien und — Afrika neue Reiche 



151 

stifteten, vom Schwarzen Meere und aus Baiem und Schwaben ka- 
men, und nicht hinter der EUbe her. 

5. Stalder's Idiotikon. 
(Wiener angemeine Liieraturzeitung. 1813. 191.) 

Stalder's Schweizerisches Idiotikon (Aarau 1812. 2 Bde.) ist 
-von^ einem Pfarrer mit Beihilfe von beinahe lauter Pfarrern verfasst 
worden. Von P&rrem sind dergleichen brave Arbeiten am ehesten 
zu erwarten, als die einerseits mitten unter dem Volke an der reich 
fliessenden Quelle sitzen und andererseits durch die wissenschaftliche 
Bildung mehr als die Verwalter und andere Landbeamte geeignet sind, 
aus dieser Quelle gehörig zu schöpfen. Wann wird einmal ein öster- 
reichischer, ein steirischer, ein kärntnerischer Stalder erscheinen? 

6. Ripp9 zu Oberburg in Steiermark. 

(Wiener allgemeine Uteratorzeitnng« 1813. 191. 192) 

In der Kirche zu Oberburg (Gomji Grad), im Cillier Kreise der 
Steiermark, hängt eine ungeheuere Rippe, dergleichen kein jetzt be- 
kanntes Landthier hat. Referent weiss nicht, ob und wann sie in der 
Umgegend ausgegraben worden (in welchem Falle sie auch ein geolo- 
gisches Document wäre). Die Volkssage schreibt sie einem Heiden- 
mädchen (ajdvoska deklica) zu und setzt, wenn sich Referent recht 
erinnert, die Ankunft des jüngsten Tages in die Zeit, da diese Rippe, 
von der jährlich ein Tropfen abfallt, ganz vertröpfelt sein wird. Dass 
doch jemand, nach Büsching's Vorgange, die österreichischen (deut- 
schen und slavischen) Volkssagen und Volkslieder sanmielte! 

7. Hormover in Epirus. 

(Wiener allgemeine Literaturzeitung. 1813. 192.) 

Murhard (Gemälde von Konstantinopel) gibt die tapferen Hor- 
mover in Epirus für Griechen aus, da sie doch, nach Obradovic, der 
über ein Jahr lang unter ihnen lebte, Albanesen sind, wiewohl sie 
auch griechisch verstehen. 

8. Obradovic. 

(Wiener allgemeine Literaturzeitang. 1813. 192.) 

Des serbischen Anacharsis Dositheus Obradovic erstes Werk in neu- 
serbischer Sprache war eine auf Ersuchen einer scrhöneh Popentochter 
gemachfce Übersetzung einer Homilie des* heiligen Chrysostomus über die 



152 

Apostdgeschichte aus dem kirchenslayisclieii , die nun unter dem 
Namen Büchlein des Dositej in tauaend Absohriften ganz Dalmadeo 
durchlief, und dpn Verfasser zuerst das süsse Vergnügen, für ein rer- 
wahrlostes, dankbares Volk zu schreiben, empfinden lehrte, ein Ver- 
gnügen , in dem sich später alle seine Wünsche concentrierten. Wer 
verschafit uns eine der tausend Abschriften dieses auch durch seine 
Veranlassung interessanten Erstlings des verewigten Obradovic, um 
sie drucken zu lassen? 

9. Neckanekdoten. 

(Wiener allgemeine Literaturseitnng. 1813. 207.) 

Die Neckanekdoten benachbarter Völker gegen einander (die 
z. B. Dante und Tassoni so gut zu benutzen wussten) haben Referen- 
ten immer als charakteristische Daten wichtig und sammelnswerth 
geschienen. In einem deutschen Tassoni würden z. B. die Wiener als 
Flascheltrager figurieren , zufolge einer Anekdote , nach der die 
Baiern einen schwarzen salzburgischen Stier mit unendlicher Seife 
weiss waschen wollten, wodurch zwar nicht der Stier, wohl aber die 
Donau weiss wurde. Die Wiener Schlarafien hielten diess Seifenwas- 
ser für Obers (Milch) und liefen mit Flascheln herbei u^ s. w. (Wer 
weiss die Anekdote vollständiger?) — So foppen die Griechen ihre 
Nachbarn, die Albanesen, die ihre Muttersprache noch nicht schrei- 
ben, dass sie diess einst wohl auf einem Krautblatte versucht hätten,' 
aber ein Ochs habe das frische Krautblatt mit vielem Appetit sammt 
der Schrift aufgezehrt. ^ 

10. Papa, papez. 
(Wiener allgemeine Literaturzeitung. 1813. 207.) 

• 

Der Kroate nennt den Papst papa, der Krainer hingegen papez: 
jener nach dem lateinischen papa, dieser vielleicht nach dem grie- 
chischen irüTTUi', Oder ist letzteres natürlicher zu erklären, als aber- 
mals verdorben aus dem selbst verdorbenen. deutschen Papst? 

11. Erstreben, Anstreben, 

(Wiener allgemeine Litcratarzeitung. 1813. 207.) 

Luden gebraucht in seiner „Staatsweisheit^ das Wort erstreben 
immer in der Bedeutung von anstreben, da doch die Vorsilbe er 
sonjst immer schon die Erreichung des Zweckes, nicht erst das Stre- 
ben danach bedeutet, z. B. erwerben, erkaufen, ereilen, ertrotzen, 
erlernen u. a. m. Jeder von seinem Gegenstande lebhaft ergriffen« 



153 

Redner wird sugleioh neaer Spniohachöpfer: aber die Analogie, die 
die ersten Spraohsohöp&r unbewuAst übten, wird er entweder eben 
so imbewuMt auch üben oder er muss sie mit Bewo3st8ein ehren. 

12. Becfl, Dunaj, Viden. 

(Wiener allgemeine literftturieitung. 1813. 208.) 

Die Königin der Donaostädte, Wien, heisst bei mehreren ungri- 
schen Shiven, und wahrscheinlich daher auch bei 'den Magyaren und 
Türken Becs; die Krainer aber und überhaupt die innerösterreichi- 
schen Slaven nennen sie Dunaj, eine Benennung, die die Serben der 
Donau geben. Auch gebrauchen die Krainer ihr Dunaj mit der Prä- 
position na (an), nicht wie bei anderen Städtenamen mit t (in), so 
dasfl es wirklich scheint, als woUten sie nur auf die Donau hindeuten: 
grem na Dunaj (ich gehe an den Dunaj), je na Dunaju (er ist am 
Dunaj). Die Böhmen nennen Wien Videfi, wobei man an die Wieden 
oder an die Vindobona denken möchte? Aber wer erklärt uns das Becs? 

13. Pest, Ofen, Budim. 

(Wiener allgemeine Literaturseitung. 1813. 208.) 

So sind wir auch über die zweite Donaustadt, Pest und Ofen, 
noch nicht ganz im reinen. Dass Ofen die deutsche Übersetzung des 
slayischen Pest sei, ist nun erwiesen: nur möchte B»eferent noch fra- 
gen, ob das slayische pest ursprünglich in der Bedeutung eines Ofens 
(wegen der warmen Öäder) oder in der einer Felsenwand (wegen des 
Schlossberges) gemeint war. Im letzteren Falle wäre Ofen eine schlechte 
Übeirsetsung. Aber die Stadt Ofen heisst Buda, serbisch Budim, 
Wer erklärt uns diesen Namen? 

14. Tot. 

(Wiener allgemeine Litoratnrzeitnng. 1813. 208.) 

Der Magjrar und, wahrscheinlich durch ihn, auch der Walache 
nennt den Slaven und zwar insbesondere den sogenannten slovakischen 
Zweig dieses Volksstammes TJot. Wer erklärt uns diesen Namen? 
In Dobroysky's Slarin (Prag 1808) wird zwar auf die Gothen hin- 
gewiesen, aber ohne Wahrscheinlichkeit. Also wer erklärt ihn uns 
befriedigender? 

15. Küniglhase. 

(Wiener allgemeine Literaturzeitnng. 1813. 240.) 
Im österreichischen Dialekte heisst das Kaninchen Küniglhase 
(den Tob auf der ersten Sylbe), offenbar von cuniculus, richtiger als 



154 

das bücfaerdeatsche Kaninchen. So sind aaoii unsere Augenbram, wie 
schon Popovic bemerkt hat, richtiger, als die auf ein ganz fidsches 
Etymon hinleitenden bücherdeutschen Augenbinunen. Je mehr der 
Österreicher das delphische yv&Si tstavrov (lerne dich selbst kennen) 
üben wird, desto mehr Ursache wird er finden, auch in diesem Punete 
sich vor anderen glücklich zu preisen. 

16. Debekozniki. 

(Wiener allgemeine Literatnrzeitnng. 1813. 240.) 

Die Krainer nennen eine Art dickhäutiger Äpfel debekozniki 
statt debelokozniki (Diokhaut). Diess ist ein Beispiel aus hunderten 
von der Art, wie das Volk zusammengesetzte Wörter bildet, nicht so 
ellenlang wie die Grammatiker von Profession. Vergleiche das deutsche 
Amt aus Ambact. 

17. Sigma. 

(Wiener allgemeine literatuneitong. 1813. 240.) 
Alle abendländischen Grammatiker sagen, das griechische s laute 
wie s, da es doch erweislich wie ss lautete, sowohl bei den alten 
Griechen als bei den Römern. Die heutigen Griechen z. B. (um nur 
einen Beweisgrund zu berühren) sprechen es durchaus wie ss: 
z. B. rnxTovsij tjptussi, nicht tvptusi. Die Russen haben es im 
neunten Jahrhunderte als ss för ihr Alphabet entlehnt. 

18. Korai. 

(Wiener allgemeine literainrzeitting. 1813. 271.) 
Der berühmte Dr. Korai (griechisch Kopa^, also Korai) in Pkris 
ist kein Franzose, sondern ein Grrieche Ton der Insel CSuos, Diese 
Berichtigung steht unserem Blatte um so mehr zu, als wir einerseits 
mitten unter Griechen schreiben und andererseits Korai nicht nur in 
Schneider's neuer Ausgabe der äsopischen Fabeln ein doctissimus gal- 
lus heisst, sondern sogar, was ^eilioh kaum begreiflich ist, in dem 
Vorberichte einer hier gedruckten deutschen Übersetzung seiner fran- 
zösischen Übersetzung von Hippokrates Werk über den Einfluss des 
Klimas (Htpi c^cpcov, vbdr<av nai -oicfov) noch immer für ein^i fran- 
zösischen Arzt ausgegeben wird, wiewohl auch Korai's Vorrede, wo 
er von Griechenland als seinem Vaterlande und von Griechen als sei- 
nen Landsleuten spricht, mit übersetzt ist. Abermals ein Beweis, 
dass der Vorwurf Grübler auf die Deutschen nicht mehr passt. Oder 
wären der Verfasser des Vorberichtes und der Übersetzer nicht eine 
und dieselbe Person? Und hätte ersterer die Vorrede gar nicht gelesen? 



165 

19. MaXÄov. 
(Wiener allgemeine Literainneitung. 1813. 271.) 
Wie mag wohl Buttmann sich in /laA^ov den Cireumflex (also 
Dehnung) und die zwei A,A (also Schärfung des Tones) zugleich er- 
klären? 

20. Spirituss lenis. 

(Wiener allgemeine literaturzeitung. 1813. 271.) 
Bernardi meint, der Spiritus lenis der Ghriechen und das Schwa 
der Hebräer seien unaussprechbar. Referent hält beide für sehr aus- 
sprechbar. 

21. Nändor Ispänj. 

(Wiener allgemeine Literatnrzeitang. 1813. 272.) 

Das ungrische Hofamt des Nandor Isp&ny (comes aulicus) ist 
wohl nicht so viel als Nagy Ur Isp4ny, wie einige meinen, sondern 
offenbar das slavisohe nadvomi span, wie es zum Oberfluss die latei- 
nische Übersetzung beweiset. Es würde überraschende Aufisohlüsse 
zur Geschichte der ersten Ansiedlung und Civilisierung der Magyaren 
in Ungern geben, wenn ein Slovak oder ein Slavonier oder selbst 
ein Winde sich die Mühe gäbe, alle Worte zusanmienzustellen, die 
die Magyaren erweislich von den Slaven entlehnt haben. Fiat! 

22. Deutsche, Slaven. 

(Wiener allgemeine Literatnrzeitang. 1813. 287.) 

Der würdige Verfasser der „Resultate der Sittengeschichte, 
Wien 1812.^ behauptet, die deutsche Sprache werde von den meisten 
Bewohnern Europa's gesprochen, und beruft sich desswegen in einer 
Note auf die „besseren Geographen, die es auch wohl wussten, wie 
Pinkertcm in seiner Untersuchung über die Scythen oder Gothen.^ 
Der Herr Verfasser wird doch die Italiener, Franzosen und Spanier, 
deren Reiche durch deutsche Emigranten gegründet worden, nicht 
als Deutsche mitzählen; nicht einmal die Engländer kann man mehr 
zu den Deutschen rechnen. Die eigentlichen Deutschen also überstei- 
gen selbst nach Arndt wohl nicht die Zahl von 30 bis 36 Millionen. 
Nach eben diesen Grundsätzen gerechnet belaufen sich aber die Sla- 
ven, der Deutschen östliche Nachbarn, auf wenigstens 50 Millionen, 
also beinahe doppelt so stark als die Deutschen. Pinkerton*, dem 
schon die Göttinger Einseitigkeit und gänzliche Unkunde des deut- 
schen vorgeworfen haben, ist ein schlechter Gewährsmann, und so 
sehr er auch in der Vorrede auf- seine mathematische Strenge im 



156 

Bchliessen pocht, so ist diess wieder nur Einseitigkeit. Bekanntlich 
z. B. deuten die griechische, deutsche und slavische Sprache auf einen 
gemeinschaftlichen Urstamm: nach Pinkerton aber hat das slavische 
gar nichts gemein mit dem griechischen, es hat keinen Dual, sondern 
einen Tetral. Und diess alles hat Pinkerton aus Ludolfs 1696 in 
Oxford gf^druckten Orammatica russica, wo es aber nur heisst, dass 
die Russen auch für die Drei- und Vierzahl den Dual gebrauchen 
(also wohl einen Dual haben müssen), mit mathematischer Schliess- 
strenge (scilicet) gefolgert. 

23. Dlugosz. 

(Wiener allgemeine Literataneitung. 1813. 288.) 

Der wahrscheinlich stockdeutsche Ver&sser eines Aufsatzes in 
der Zeitung für die elegante Welt (1812. Nr. 221) über die polnische 
Literatur scheint nicht zu wissen, woher Dlugosz den lateinischen 
Namen Longinus angenommen habe. Es ist aber diess nach der da- 
maligen, nicht einmal ganz tadelnswerthen Mode eine wörtliche Über- 
setzung des polnischen Dlugosz von dhigi (longus): selbst die pol- 
nische Bildungssjlbe entspricht ganz der lateinischen inus. Als Deut- 
scher hätte er Lang oder Lange heissen können. 

24. Revision des orthographischen Prozesses: Ungarn 

oder Ungern? 

(Auch ein letztes Wort.) 

(Vaterländische Bl&tter. Jahrg. 1813. 260. 261.) 

A. hatte in Nr. 1 1 dieser Blätter unter anderem auch diess ge- 
rügt, dass man, dem besseren Beispiele eines Schlözer (seit 1770) 
zu Trotz, doch noch oft Ungarn statt Ungern zu lesen bekomme imd 
dass sogar ein Recensent dem Statistiker Ungerns die bessere Schreib- 
art als Fehler anrechne. A. hatte dess wegen den Schlözerischen Be- 
weis wieder in Erinnerung gebracht. 

B. hat gegen diese etymologische Neuerung (wie es ihm scheint) 
in Nr. 14 im Namen der Grammatik (als sei die Etymologie nicht 
eben auch ein Haupttheil der Grammatik) die alten, schon in dem 
(eingegangenen Brünner) patriotischen Tageblatte vorgebrachten und 
widerlegten Demonstrationen erneuert. Daher hat A. auch nicht 
weiter Rücksicht darauf genommen. 



*) Z. B. der Einwarf, den B. fflr so entscheidend h&lt, dass man dann Ungern 
nicht Ton ungern unterscheiden würde, findet auch awischen englisch und 
englisch, zwischen Gebet und gebet und tausend anderen statt, und doch licss 



15Y 

Indess trag aber C. ganz unabhängig, und wie es scheint, nichts 
wissend von A. noch von B., im Intelligenzblatte der Wiener Litera- 
torzeitong Nr. 3 auf eine Vermittlung beider t^arteien an, so dass 
man die Nation Ungern, das Land aber Ungarn schreiben sollte, 
ersteres, weil es im slayischen, seiner Quelle, ein e^ und letzteres, 
weil es im lateinischen, ebenfalls seiner Quelle, ein a habe. 

C. hatte hier eine Blosse gegeben, und B. hatte daher leichten 
Triumph in Nr. 39. der vaterländischen Blätter. Da er nun TöUig ge- 
siegt zu haben glaubt, so dürften sowohl ftr ihn als fär das orthogra- 
phische Publikum folgende Bemerkungen nicht überflüssig sein: 

1. B. hat den C. nicht recht verstanden. C. weiss nur nicht, woher 
die Slaven die asiatische Horde der Magyaren *) Ungern genannt 
haben, ob vom Flusse Ugra oder etwa, weil sie das magyarische 
Wort Ür (Herr) am häufigsten aus ihrem Munde gehört (wohl keines 
von beiden. A.): dass aber das Wort Unger von den Slaven zu den 
Deutschen und in andere Sprachen gekommen, ist keine blosse Ver- 
muthung, sondern historische Gewissheit, wie es nur irgend eine 
geben kann. . Wenn wir also, seitdem wir das richtigere aus der 
Quelle kennen, mit Recht den Mohammed nicht mehr Mahomet, die 
Kalmüken nicht mehr Kalmuken, die Mongolen nicht mehr Mogoln, 
die Russen nicht mehr Reussen, die Tataren nicht mehr TVirtaren und 
sogar den uralten weisen Zerduscht nicht mehr Zoroaster schreiben 
u. s. w. u. s. w., so muss auch das dem älteren Hungam substituierte 
Ubgam dem noch richtigeren Ungern weichen, müsste ihm selbst 
dann weichen, wenn auch, wie bei Mahomet, der bisherige Sprach- 
gebrauch daftU* wäre. 

2. Der Sprachgebrauch ist ja aber nicht einmal fiir Ungarn, 
sondern fiir Ungern, wie C. ganz richtig bemerkt. Jedermann spricht 
Unger, Ungern, ungrisch. Die streitige Sylbe klingt gerade wie in 
Hunger, hungern xmd hungrig. Auch der Franzose hat es in Hon- 
grois, Hongrie, der Italiener in Ungheria, der (3rieche in Oüyypos 
rich^g aufge&sst. Schiltberger, der alle Namen so schreibt, wie sie 
ins Ohr &llen, schreibt 1394 Ungern. Nur geschrieben hat man bis- 
her Ungar, Ungarn und ungarisch nach dem lateinischen Ungaria, 



sieh nur ein ^GotUelied, kein Adelung einfallen, auf nnteiwheidende Ortho- 
graphie anzutragen. (Bei Gebet ist es ▼ielleicht nOtbig, den, wie es scheint, 
literarischen Einsiedler B. zu erinnern, dass jetzt nicht mehr Gebeth [mit th] 
geschrieben wird, so wenig als bath, biethen, heirathen n. a* m.) 
*) Ebenfalls keine Neuerung, wie B. glaubt. Von jeher nennen die Ungern sich 
selbst Magyaren. 



158 

aber mit Unrecht, sonst müsste man auch Saxon schreiben Ton Saxonia, 
und Bayam Yon Bajoaria u. a. m. Dass riele unserer GeschaftsmäD- 
ner so lange von dem richtigeren Ungern keine Notiz genommen, ist 
eben so zu erklären, als dass sie in ihren übrigens hochdeutsch ge- 
meinten Aufsätzen noch immer tretten statt treten schreiben. Die 
Gewohnheit etc. 

3. C. irrt, wenn er das Land Ungern nur von Ungaria ableiten 
zu können glaubt. Im Gegentheile wäre aus Ungaria nur Ungarien 
oder Ungarei geworden, wie Bulgarien oder Bulgarei aus Bulgaria. 
Ungern ist vielmehr von Unger gebildet durch Anhängung des n, wie 
Böhmen, Baiem, Sachsen, Schwaben, Preussen, Westfalen, Polen, 
Schweden u. a. von Böhme, Baier, Sachse, Schwabe, Preusse, West- 
fale, Pole, Schwede u. s. w. Man könnte hier noch tiefer gehen, es 
ist aber nicht nöthig. C. wird also auch das Land Ungern sohreibeD. 
nach seinem eigenen Principe, nachdem nun Unger imd nicht Ungaria 
sich als die Quelle yon Ungern erweiset. 

4. B. scheint übrigens, da er immer auf Adelung als auf eine 
unfehlbare Autorität sich beruft, auch nicht zu wissen, dass der aller- 
dings yerdienstvolle Adelung neben den vielen Wahrheiten auch so 
manches behauptete, worin ihm Männer wie Klopstock, Voss.u. a. m. 
im Angesichte des ganzen Deutschland siegreich widersprachen. 
Namentlich ist dieses der Fall in Ansehung des sogenannten Sprach- 
gebrauches, der, so oft er blosser Schlendrian oder gar nur Halb- 
gelehrtheit ist, aus der Analogie berichtigt werden darf und muss. 
Wir verweisen hierüber auf die gründliche Becension der Steinheü- 
schen Grammatik in der Jenaer Literaturzeitung dieses Jahres, und 
in Bücksicht der Orthographie auf Schlözer's historisch -kritische 
Nebenstunden. Bei der fortdauernden Wandelbarkeit der deutschen 
Orthographie, die nicht eher Consistenz gewinnen kann, als bis sie 
wenigstens die Einfistchheit der italienischen erreicht, mag B. für sei- 
nen Hausbedarf sich inmierhin ganz an Adelung halten, auch da, wo 
dieser Unrecht hat (so wird es ihm, wenn auch an haltbaren Grün- 
den, doch nicht an einer respectablen Autorität fehlen): nur mnthe 
er diess nicht auch anderen zu, die weniger bequem und mit Schlö- 
zer u. a. m. überzeugt sind, dass es auch eine orthographische 
Wahrheit so gut wie eine historische und moralische gebe, und nun 
diese orthographische Wahrheit so lange suchen wollen, bis sie sie 
finden (was weder so schwer ist, noch zu solchem Babel führt, als 
B. glaubt. Nach B.'s Grundsätzen müssten wir noch jetzt vnndt, 
Jhesus, jr, freundth, Türck, Hertzogchthiunb, Württemberg, Hun- 



159 

gam, Waldegckh u. dgl. m. schreiben; denn das war einat der all- 
gemein übliche Sehreibegebrauch, dessen erste Verletzung folglieh 
Neuerung, Babel u. dgl. war). In obenerwähnter Recension der Stein- 
beirschen Grammatik wird B. auch lesen, dass Adelung's Granmiatik 
den Deutschen so wenig Genüge leistet, dass die Münchner Akademie 
einen namhaften Preis auf eine bessere ausgesetzt hat.. 

5. So wären B.'s Gründe und Autoritäten, wie es uns scheint, 
durch hinlänglich schwerere aufgehoben (im Erforderungsfalle haben 
wir zum zulegen noch Gewichter genug). Wir müssen also indessen 
nur noch unser Bedauern darüber bezeigen, dass B. am Schlüsse 
seines Au&atzes durch eine, wie wir ihn yersiehem können, auf fal- 
schen Voraussetzungen beruhende Ideen-Association zu einem Seiten- 
blick auf einen interessanten Volksstamm sich verleiten Hess. Lessing 
ist nicht mehr, aber sein ewig wahres Cksetz, dass der Kritiker seinen 
Autor nur aus dem beurtheilten Werke kennen darf, muss unter uns 
nie sterben. 

25. Kollar. Eine Geisterstimme an Herrn Schultes. 

(Wiener allgemeine Literaturzeituug. 1813. Intelligenzblatt. 81.) 

„Ich war wohl ein Unger, tiber kein magyarischer, sondern ein 
slavischer. Diess hätten Sie mir an meinem Geburtsorte, an meinem 
Namen und aus allen meinen Schriften (die Sie ja kennen müssen, da 
Sie mich loben) ansehen können. Sie sagen, die Slaven seien Hunde, 
sie seien seit Jahrtausenden keine Menschen geworden und würden 
es folglich ewig nicht werden: und nun sehen Sie in mir gleich einen 
Slovaken, der sogar ein „edler Unger^ geworden ist. Wie wär's, 
wenn Sie die Slaren doch nicht exterminierten? Unter ihren fünfzig 
Millionen liessen sich TieUeicht bei so hoher Perfectibilität noch mehr 
„edle Ungern^ nachrekrutieren. Ein braver Gelte wie Sie muss alle 
Tugenden haben, folglich auch Weisheit. '' 

26. Cyrillisch. 

» 

(Wiener allgemeine Literaturzeitung. 1813. Intelligenzblatt. 82.) 

Schreiber dieses hat irgendwo geäussert, dass die Occidentalen 
die ganze Herrlichkeit der Buohstabenschrift gar nicht zu fühlen yer- 
mögen, weil sie die göttliche nicht in ihrer wahren Gestalt, sondern 
nur aus den teutonischen Carricaturen kennen. Einen neuen Beleg 
liefert zu dieser Behauptung die Becension dreier s^bischen Oden 
des trefflichen Musicki in den Annalen 1812. Der Becensent muthet 
Herrn M. cavalierement zu, sich lateinischer Buchstaben zu bedienen, 



160 

weil er, Recensent, „ungeachtet er mit den cjrillisohen Lettern noch 
so ziemlich zurecht komme (die Fehler in dem nachgeschriebenen 
serbischen Titel müssen also wohl Drackfehler sein), doch davon 
eben so wenig ein IVeund sei als Yon hebräischen, syrischen nnd sa- 
maritanischen Schriftzügen.** Wir bitten Herrn M. und dem heiligen 
Cjrill im Namen aller besser unterrichteten Deutschen diese Sottise 
eines schlecbt unterrichteten Deutschen ab. 

27. Eigennamen. 

(Wiener allgemeine Uteratiirzeitan;. 1813. Intelligeazblait 82-) 

Als Niebuhr mit arabischen Karavanen reiste, vergassen seine 
Gefährten immer wieder seinen Namen, weil er ihnen nichts bedeu- 
tete. Es scheint sogar, dass er auch Niebuhm, dem Besitzer selbst, 
nichts bedeutete. Und doch bedeutet er sicher etwas, wenn auch 
Niebuhr und Schreiber dieses nicht eben zu sagen wissen, was. Die 
deutschen Tauf- und Geschlechtsnamen sind uns jetzt nach Jahrhun- 
derten und Jahrtausenden ihrer Entstehung, bei so yeränd^rter Sprache, 
unverständlich. Aus eben dem Grunde sind aber z. B. die slavischen, 
weil die Sprache, nur vom Volke gebraucht, ihre Veränderungsepochen 
statt nach Jahrzehenden nach Jahrhunderten misst, noch jetzt viel 
verständlicher. Wer über deutsche Vor- und Geschlechtsnamen etwas 
vernünftiges zu hören wünscht, lese Wiarda (Berlin 1800), wo er 
viele, wenn auch nicht völlige Befiriedigung finden wird. Die völKgp 
Aufklärung hierüber lässt sich vielleicht von dem fleissigen Studium 
der nordischen (sogenannten skandinavischen) Sprachen, als die we« 
niger Veränderung erlitten haben, erwarten. Diese ist um so mehr 
zu wünschen, als bei der nun auch bei Katholiken einreissenden Mode, 
den Geburtstag statt des Namenstages zu feiern, die Kalendemamen 
immer mehr ab-^, und andere, also aus der Sprache der Nation 
selbst genommene, aufkommen dürften. Manche Kalendemamen sind 
ohnehin DupUcate, wie Alois fär Ludwig, Katharine (die Reine) für 
Amalie u. s. w. Übrigens scheut sich Referent nicht zu gestehen, 
dass ihm das Feiern des Namenstages bescheidener scheint als des 
Geburtstages: nun geht das Fest bloss den Menschen an, eher nahm 
dieser nur bescheiden Theil an dem Feste des Heiligen, das nicht 
einmal zu rechnen, dass nun die (Gratulanten ungleich schwerere 
Arbeit haben, den Geburtstag ihres Patrons auszukundsc)iaften, 
während den Namenstag ein einziger Bück in den Kalender verrietii. 
Vor dieser und vor jener Welt ist also der Geburtstag anmassender 
als der Namenstag. ^ 



161 

28. Feistriz. 

(Wiener allgemeine Literatuneitang. 1613. Intelligensblatt. 81.) 

In dem gewiohtigen dritten Jahrgänge des Taschenbuches für 
die yaterl&ndisehe Geschichte (Wien 1813) wird yermuthet, dass der 
so häufig vorkommende Flussname Feistriz ein slayisches ^Appellati- 
vum sei, etwa synonym dem altdeutschen — ach (ahwa, lat. aqua). 
In Wien sollte es, im Zusammenflusse von Slaven aus allen Welt- 
gegenden (worunter sehr viele, die man über so etwas mit Erfolg be- 
fragen kann), nicht erlaubt sein bloss zu vermuthen, was man so 
leicht gewiss 'wissen kann. Referent hat bereits früher erinnert, dass 
die slavischen Namen (weil diese Sprache, nur vom Volke gebraucht, 
ihre Veränderungsepochen, statt nach Jahrzehenden, nach Jahrhun- 
derten zählt) noch jetzt bei weitem verständlicher sind als die deut- 
schen. Ein anderer Vortheil entspringt für den slavischen Sprachfor- 
scher auch aus dem Umstände, dass, wie einst in Grriechenland, bei- 
nahe jeder slavische Dialekt auch geschrieben wird, folglich seine 
eigene Literatur, Wörterbücher u. s. w. hat, und z. B. der Pole vie- 
les, was er aus seiner Mundart nicht mehr versteht, aus der krai- 
nischen verstehen lernt, ein Vortheil, den der herrschende deutsehe 
aus eigener Schuld entbehren muss. Aber um auf Feistriz zurück zu 
kommen, so lautet dieses im slavischen Munde Bistrica und ist ein 
Deminutivum (Schmeichelwort) von Bistra, dieses aber das Femini- 
num des Adjectivs bister, bistra, bistro (wie im lateinischen niger, 
nigra, nigrum; creber, crebra^crebrum), das noch heut zu Tage 
in allen slavischen Dialekten vom adriatischen Meere bis an die Wolga 
frisch fortlebt, und klar und schnell, scharf, sowohl im eigentlichen 
als im figürlichen Sinne bedeutet Den Namen Bistra oder den lieb- 
kosenden Bistrica fShren daher auch von Krain an bis nach Polen 
eine anendliche Menge klarer und reissender Bäche. Also nicht ist 
Bistrica ein Appellativnm synonym dem deutschen — ach. Diese 
kleine macula wischen wir mit vollkommen gutem Gewissen von die- 
sem Jahrgänge, nbi plurima nitent, ab: aber schüchtern nur wagen 
wir uns an Kzrls des grossen sächsische Ciolomen.in Pannonien, die 
aus den Namen Saohsenfeld, Sachsenburg und Sachsengang gefolgert 
werden. Das steierische Saohsenfeld einmal dürfte nur eine Corrup- 
tion aus dem slavischen Savinsko Polje, Savina-(San)feld, sein, wobei 
also an Sachsen gar nicht zu denken wäre. Dergleichen auf fidsche 
Folgerungen fthrende Oorruptionen slavischer Namen im deutscheB 
Munde sind gar nicht selten und (wie z. B. das griechische Agitmos 

11 



162 

vom lateinischen Lucius, oder das von La Motte Fouque so schön 
benutzte Maiknd aus Milano) nur su natürlich zwischen sprachfrem- 
den Nationen. 

29. Paraszt. 

(Wiener allgemeine Literatuneitnng. 1813. Intelligeniblatt. 93) 

Der Recensent von Schwartner's Statistik erklärt sich ganz recht 
für die Ableitung des ungrischen paraszt (der „gemein, dinflütig 
Mann^ in der alten Kanzlei, d. i. Bauer), wobei das unacx^entuierte a 
immer fast wie o zu lesen, vom slanschen prost (so lautet das nackte 
Adjectiy: in prosti ist schon die Geschlechtsendung dabei). Referent 
fügt nur noch den Hauptbeweis aus der Spraohe hinzu. Es witd näm- 
lich das slavische prost im magyarischen Munde immer zu paraszt 
(wie einzeln im russischen grad zu gorod; präg zu porog; glava zu 
golora; mleko zu moloko u. s. w.), weil der Magyar zwei Consonanten 
so wenig als der Hebräer, Araber und andere Orientalen im An&nge 
eines Wortes hat. So ist auch das slavische blato zu balaton, brat zu 
bardt, britva zu beretva, Kiemen zu Kelemen, creda zu csorda, 
cresnja zu cseresnye, crep zu cserep, dvor zu udyar, glista za 
giliszta, gnoj zu ganaj, greda zu gerenda, grdb zu goromba, gros 
zu garas, grozd zu gerezd, kralj zu kiräly, klas tix kaläsz, klada 
zu kaloda, kvas zu kov&sz, klju6 zu kulos, claustrum zu kalastrom, 
slama zu szalma, sliya zu szilya, sraka zu szarka, sreea zu sze- 
rencse, stol zu asztal, tkac zu tak&cs u. s. w. geworden. Dagegen 
aber findet Referent die Erklärung der Patvaristen von Padua nicht 
besser als die von pati yaria. Und wegen Ungern hat endlich Schlözer 
vor allen orthographischen Behörden l^cht. 

• 

30. Smodnik. 

(Wiener allgemeine Literataneitang. iSlS. Intelligeniblatt. 101—102) 
Abermals ein Beispiel, wie sehr das unbe&ngene Volk ein bes- 
serer Wortschöpfer ist» als das senrom pecus der gemeinen wörtlich 
übersetzenden Grammatiker. Das Schiesspulver ward in allen slavi- 
sehen Mundarten durch prach (Staub) übersetzt, und manchmal durch 
ein Beiwort (im böhmischen rucniony Büchsen-, im kroatischeo 
ognjeni Feuer-, puskeni Flinten-Staub) n&her bestimmt. Auch der 
krainisehe Zeitungsschreiber sagte 1798 noch strelni prah (Sehiess- 
sfaub), bis er von ungefähr einen Bauer, der vom Sohiesspulrer 
sprach, daflür das vortrefflich erfundene einfache Wort smodnik (von 
dein onomatopoetischen smoditi, sengen) gebrauchen hörte. Von diesem 
Tage an gab er dem strelni prah den Abschied. — Einen ganz ent- 



163 

sohiedenen Vorzug hat das Volk vor den Schriftstellern besonders für 
jene Sprachen, die nur sein Antheil und nicht zugleich Sprache des 
Staates sind, die also der Schriftsteller höchstens als Kind gesprochen, 
seine Bildung aber in einer anderen erhalten hat. Will nun so ein 
ehtfremdeter seine auf fremdem Boden, in einer fremden Sprache 
erwachsenen Gedanken doch in der dürftigen Sprache seiner Kindheit 
(z. B. um bei den österreichischen Sprachen stehen zu bleiben, böh- 
misch, imgrisch, serbisch, kroatisch, windisoh, walachisch, griechisch) 
zu Tage fördern, so wird er natürlich ein — mehr oder weniger er- 
bärmlicher — Übersetzer, wie wir Exempel zu tausenden ha))en. Da 
kann denSprachgenius nur der versöhnen, der wieder zum Volke wird. 
(Memento, quia populus es, möchte man ihm zurufen, et in populum 
revertere.) Auf dem besten Wege dazu ist der Landgeistliche, der 
immer mit dem Volke zu thun hat. 

31. Leibnitz und Lessing. 

(Wiener allgemeine Literatorzeitiing. 1813. Intelligenzblafct. 102.) 

Ist's nicht überraschend, dass gerade die zwei grössten Geister 
Deutschlands, Leibnitz und Lessing, selbst von deutschen Etymo- 
logen dafür anerkannte (siehe Gräter's Bragur) slarische Namen füh- 
ren, jener von Lipniza (woher auch das Leibnitzer Feld in Steier- 
mark), als synonym den deutschen Namen Lind, Linde, Lindenau, 
Lindner, Lindemann, von Lindenfeld; dieser ron les (Holz, Wald) 
oder von lesa (Haselstaude) mit der nämlichen Bildungsendung nik, 
die der Deutsche in slavischen Namen immer wie ing zu hören 
glaubt (Beweis Tausende yon slavischen Ortsnamen in nik, die der 
Deutsche in ing corrumpiert hat) , also synonym den deutschen 
Namen Holzer, Waldmann u. s. w. oder nach der zweiten Ableitung 
dem Hasel. Wenn es aho wsahr ist, was Humboldt in der tiefgedach- 
ten Ankündigung seines Werkes über die biskaische Sprache behaup- 
tet, dass „auf die ursprünglichen Anlagen die Bace bedeutend mit- 
wirkf*, wie perfectibel muss die slavische Bace sein, der ein Leib- 
nitz und ein Lessing ursprünglich angehörten I 

32. Ungern. 

(Wiener allgemeine Literataneitnng. 1813. Intelligenzblatt. 101—102.) 

Die heutigen Bussen nennen den Magyaren (Ungern), dem 

Genius ihrer Mundart und ihrem alten Geschichtschreiber Nestor 

ganz zuwider, Vengerec mit dem polnischen Bhinesmus» statt 

Vugerec. Ist diess etwa aus dem mehr als zweihundertjahrigen 

mongolischen Joche zu erklären, unter welchem die Bussen von 1237 

11 ♦ 



164 

bis 1462 standen und ihre europäischen Begehungen so vergassen, 
dass sie sie (nach der Befreiung durch den QrossfÜrsten Ton Moskra, 
Vasüjevic) erst von den Polen wieder neu lernen mussten? * — Dem 
sei indessen wie ihm wolle, so sind durch diess polnische Medium 
wohl die Bussen, nicht aber auch die lUjrier (Serben) zu entschul- 
digen, die auf den Titeln ihrer in der königlich-ungrischen Unirersi- 
tätsdruckerei gedruckten Bücher den Russen diese Sünde ge^n ihre 
Mundart nachbegehen: U Budimje gradje, pecatano pri slaveno- 
serbskoj pecatnji kraljeyskoga vseueilista vengerskoga (für vugers- 
koga). So wie es nämlich gegen den Geist aller nicht polnischen 
Dialekte wäre, meza für muza, m^ka für muka, d^bina für dubina, 
b^d^ für budu, pepek für pupek u. s. w. den Polen nachzuäffen, 
so, gerade so ist Venger für Vuger gegen den Oenius der illyrischen 
Mundart. Auch nennt das serbische Volk den Unger keineswegs 
Venger, sondern Vugar, im Plural Vugri; die unmittelbaren Nach- 
barn der Magyaren sagen auch wohl Madjar, also das Adjectiv 
Tugarski und madjarski« Überhaupt sind die 5 bis 6 Millionen 
Ulyrier — die hochcultivierten Staaten Dänemark und Schweden 
haben beide zusammen nicht so viel Bewohner, das den Illyriem 
gegenüber- liegende Königreich Italien hat mit ihnen gleiche Volks- 
menge — ungeachtet ihrer Zerstückelung unter Österreich, die Türkei 
und Frankreich, sowohl von Seite. ihrer älteren Sprache als durch 
ihre Zahl und glücklichere geographische Lage zu einer schnellereD 
selbstständigen Entwickelung ihrer herrlichen Geisteskräfte berufea, 
und haben's nicht Noth, auf die so vielfältig gehemmten Russen zu 
warten! Non tardum opperior, sed praecedentibus insto, soll 
ihr schöner Wahlspruch sein. 

33. Leska. 

(Wiener allgemeine Literataneeitong. 1813. Intelligenzblatt. 103—104.) 

Über die in Nr. 12 dieses Intelligenzblattes mitgetheilte Probe 
des Leska'schen Elenohus Tocabulorum erlauben wir uns die Be* 
merkungv dass, wenn Herr Lieska schon durch die Herausgabe die- 
ses Werkes, so wie es ist, eine bedeutende Lücke ausfiillen würde, 
doch sein Verdienst erst dann vollkommen wird, wenn er, was die 
slayischen Wörter betrifft, sich strenge zuerst an den slovakischen 
Dialekt (der N. B. kein f kennt) und an den kroatischen (windisohen) 
hält, als welche beide die Magyaren bei ihrem Einbrüche vorfanden, 
und dann sich Dobrorsky's Kritik und Kürze zum Muster ninunt 
Femer sollten die slavischen Wörter, seien sie aus dem slovakiseheii 



165 

oder windischen oder kroatiselien oder polnischen oder russischen 
oder serbischen Dialekt angeführt^ nicht nach diesen zehnerlei Ortho- 
graphien, sondern nach einer, etwa der in Dobrovsky's Slavin beob- 
achteten oder auch der slavonischen (weil sie leidHeh einÜEich ist und 
mit ihr die gewöhnlichen Druckereien am wenigsten in Verlegenheit 
kommen) geschrieben sein. Auch versteht es sich, dass in der Vor- 
rede die ungrische Lesung kurz dargestellt würde, damit z. B. der 
Deutsche das ungrische abrak nicht abrak, sondern etwa wie obrok 
läse, und so die Slavität des Wortes um so evidenter hervorspränge. 
So müssten auch dieSlovaken nicht Slavi heissen (was der gemeinschaft- 
liche Name aller slavisohen Volkszweige ist), sondern etwa Slovaci. 
Endlich müsste sich die kritische Genauigkeit auch auf den Titel des 
Werkes erstrecken: bei Hungaria poljglotta denkt man sich den 
magyarischen Sprachfond doch auch mit, den aber der Elenchus aus- 
sohliesst. Möge Herr Leska in diesen immassgeblichen Bemerkungen 
einen Beweis der Theilnahme an seinem Werke finden. 

34. Tot. 

(Wiener allgemeine Literatoneitong. 1B13. Intelligenzblatt. 104.) 

Die ungrische Benennung des Slaven, Tot, könnte zwar etymo- 
logisch von dem magyarischen Worte to (der See) abgeleitet werden, 
gibt aber keinen Sinn. Wahrscheinlich ist es ein Spitzname, der von 
dem oft gehörten slovakisohen to to (das das) dem Slaven gegeben 
wurde. 

35. Lengyel, Wegier. 

(Wiener allgemeine literaturzeitang. 1813. Intelligenzblatt. 127.) 

Durfte das ungrische Lengyel för Pole nicht von Lech, Ljach, 
welchen Namen die Polen beim alten russischen Nestor und ande- 
ren Cihronisten und noch jetzt bei den Walachen fuhren, abzuleiten 
sein? — Wer mit der polnischen und böhmischen Sprache vertraut 
ist, weiss, dass Wegier nur polnische Dialektverschiedenheit ist für 
Vuger d. i. Unger, wie m^za fär muza u. s. w. Wer sich also Vuger 
zu erklären weiss, ist mit Wegier nicht in Verlegenheit. 

36. Paraszt. 

(Wiener allgemeine ^^iteratnrzeitnng. 1813. Intelligenzblatt 127.) 

Gegen die Ableitung des ungrischen paraszt (lies &8t wie poroszt, 
Bauer) vom semitischen prs spricht schon der Umstand, dass man da mit 
dem t nichts zu machen weiss, während das slavisehe prost nur durch 
den ungrischen Mund zu gehen braucht, um sogleich zu paraszt zu 



166 

werden. Nichts ist ungezwungener als diese Ableitung. Man nehme 
noch dazu, dass man in älteren Zeiten statt Bauer zu sagen pflegte 
„der gemein ein&ltig Mann^ (so spricht z. B. der krainische Refor- 
mator Trüber im sechzehnten Jahrhundert). Diess heisst im slavischen 
prost muz. Ersteres haben die Ungern, letzteres die Rassen (mu- 
zik, das Männchen, der arme Mann) für Bauer beibehalten. (Auch 
Provinzialkroatien heisst bei den Gränzem noch muzka, das Bauem- 
land.) Referent ist als Etymologe von der Slantät des paraszt ganz 
überzeugt, und behält sich die Zuflucht zu den semitischen Dialekten 
fär grössere Noth (und ältere Begriffe) ror. 

37. Zur Kirchengeschichte Pannoniens und 

Bulgariens. 

(Wiener allgemeine Literaturzeitung. 1813. IntelligODsblatt. 137.) 

Im Jahre 1802 liess der Hieromonach (Pater) Ambrosius Pam- 
pereus, den mündlichen Nachrichten nach, aus einer Handschrift, die 
er im Kloster St. Naum unweit Achrida in Epirus gefunden, hier in 
Wien zuerst drucken: Kmiffcpov KaWisrov rov Sqv^ojtovXov Trepi sv- 
ardsäios rov aeßa^iiiov oiaov rijs iv Kaav^TavrivoxoXti ^inohoj^o'u jrj/y^^» 
Kai T&v iv (tÖT& {iictpfv&s re\M9^ivr<a)v ^av/idnov (von welchem bis- 
her ungedruckten Werke Nikephors, des Sohnes Kallists, sich auch 
in der kaiserlichen Hofbibliothek eine Handschrift findet, und das 
ein bedeutendes Supplementstück zu Reiske's topographischer Samm- 
lung über Konstantinopel unter den byzantinischen Kaisem ausmaebt) 

tiai 6 ßios rov iv äyiois KXtfiuvTOs^ Ap^iiKiSnoxoty BovXydpoav , avyyp^' 
ftts xapd rov Uyitordrov jipj^eiri^tioirov rijs xptä>rr,s 'lovsriviavtjs^ nvpiov 
OtofvXdürov. Wie bei weitem die meisten von Oriechen selbst ver- 
legten Werke gar nicht aus dem Kreise der Landsleute in den Buch- 
handel konmien, so auch das eben erwähnte. Und doch kann beson- 
ders letzteres niemand entbehren, der Österreichs (und Ungerns) 
Geschichte im neunten Jahrhunderte und die der slavischen Bibel- 
übersetzung aus Quellen studieren will. Dobrovsky hat an der Le- 
gende vom heiligen Borivoj und an der von St. Ludmilla gezeigt, wie 
man mittelst historischer Kritik auch aus Legenden Wahrheit aus- 
scheiden kann. Unsere Legende f&ngt an: Jevre rirva^ dnovsari f^ov^ 
bävTä aal biif^tf^oßiai ^/iiv irdvTMs oi foßovfuvoi rdv 5eov , oxtas iv y^^ 
yivtd Iripa^ vlot r^yfitiaoiuvoi ^ nal Xaos 6 ariSoßUVog aivistj r6v avpiov. 
Tavra pkv Jaßib efptfMV^ ^ßuts bk jAir* a^irov s^fupov^ bei yap r^v ^d^^ 
ßUya'Koavvipf imbiifYt'ia^ai u. s. w. ^ 



167 

Hierauf erzählt der Ver&sser, der freilich nicht der Erzbischof 
Theophjlakt sein kann, in einem lebhaften, rednerischen Tone, „wie 
es auch noch zu unseren Zeiten sehr viele Männer gebe, die ihr Knie 
▼or keinem der hinabgeschleppten (Dämonen) beugend, das Lieht 
ihres Lebens zum Ruhme des himmlischen Vaters leuchten liessen, — 
wie Meihodios, der die Exarchie der Pannonier geziert habe, indem 
er Erzbischof von Moravos geworden, und Kjrill, der stark in der 
äusseren, noch stärker doch in der inneren Philosophie, ein grosser 
Kenner der Natur der Wesen, ein noch grösserer der Natur des ein- 
zigen Wesens u. s. f. Diese heiligen Männer hatten fruchtbare Lehr- 
gabe genug in griechischer Sprache. Aber das Volk der Sloyenen 
oder Bulgaren (rd tS)v SSXoßtv&v yivos etrow BovXydpoov) yerstand 
die griechische Bibel nicht. Diess hielten die zwei heiligen Männer 
für den grössten Schaden und härmten sich ab und wünschten nicht 
zu leben. Endlich wandten sie sich durch Beten und Fasten an den 
heiligen Geist, den Geber der Sprachen, ob denn nicht Buchstaben 
könnten erfunden werden, der Bauhheit der bulgarischen Sprache 
angemessen. Sie wurden ihres heissen Wunsches gewährt, und er- 
£Euiden die slovenischen Buchstaben, übersetzten die gotteingehauch- 
ten Schriften aus der griechischen in die bulgarische Sprache und 
nahmen die besseren Köpfe unter ihren (bulgarischen) Jüngern in be- 
sonderen Unterricht; denn nicht wenige tranken aus dem Quell ihrer 
Weisheit: die vorzüglichsten darunter und des Chors Koryphäen aber 
waren Gk>räzdos, Klemens 0« Naum, Angelarios und Sabbas. Sowie 
aber Paulus sein Eyangelium den Aposteln ausgewiesen, so eilten 
auch sie dem römischen Papste ihre Übersetzung rorzulegen. 
Dieser, hocherfreut. Verglich ihr Missionswerk dem des Paulus und 
weihte einige aus ihrem Gefolge zu Presbytern, andere zu Diakonen 
und Subdiakonen, d^n Methodios selbst aber ungeachtet seines Wider * 
strebens zum Bischof von (der Stadt!) Moravos in Pannonien, den 
Kyrillos aber stellte er in seinem allerheiligsten selbst an. Und 
so geht auf 40 Octavseiten die Legende fort, die freilich durch die 
bisher bekannt gewordenen hin und wieder berichtigt werden muss, 
aber daf&r auch diese yielfUtig berichtigt, erläutert und, bereichert. 
Eine Menge geographische und historische Namen jener Zeit kom- 
men da yor. ^Syatopluk, der yir callidissimus der fränkischen Chro- 



*) KXi({iVis, im GenitiT KXii|fctyros. BOmiacbe Namen in ganz onröjnischen Gegen- 
den beweisen den geheimen Einflnss des herrschenden Volkes. So auch Lncian, 
Maximns n. m. a. 



168 

nisten, wird darin als ein Barbar geschildert, dessen dicker Verstand 
die Feinheiten der theologischen Disputen über den Ausgang des hei- 
ligen Geistes nicht fiisste, und statt logischer Beweise lieber Wunder 
vom Himmel verlangte, um zwischen dem Griechen Methodios und 
dem Franken Wiching (Bixv'ims) zu entscheiden. — Aber wir müssen 
uns begnügen, aiif das Werk aufinerksam gemacht zu haben. Der 
Herausgeber, Pampereus, ein gebomer Macedonier, der aber als 
' Professor in Bukarest gestorben, hat zwei Exemplare davon der Hof- 
bibliothek verehrt unterm 20. Juni 1804. 

38. Griechische Aussprache. 

(Wiener allgemeine literataneitong. 1813- InteUigeniblatt. 198.) 

Über den in Nr. 73 unserer Literaturzeitung nach Sextos Em- 
piricus besprochenen Laut der griechischen Vocale und Diphthonge 
wäre von Seite der Erasmianer doch noch manche gute Replik niög- 
lioh, z. B. dass Sextus Zeitalter ebenso wenig im übrigen für alle 
Zeitalter entscheide als im ^, das schon im neunten Jahrhunderte 
bestimmt wie i lautete, wie es das russische Alphabet beweiset (und 
früher wohl wie e, aber wie e ferme der IVanzosen, woraus leicht i 
wird, wie man diess aus dem kroatischen sehen kann, wo alle krai- 
nischen e zu i werden: dete, dite; cev, civ). Die Anekdote aus 
Vossius' Aristarch, wenn sie auch wirkUoh mehr als gelehrte Klat- 
scherei wäre, beweiset nichts gegen Erasmus Gründe. So beweiset 
auch der Umstand, dass Erasmus' selbst immer reuchlinisch aussprach 
(weil er es von Jugend auf so gewohnt war) ebenso wenig für die 
Dichtigkeit dieser Aussprache, als dass ein \7iener Gelehrter, der 
viel in Gresellschaft von Neugriechen lebt, oder ein Reisender in 
Griechenland, welcher der Neugriechen wegen ganz die neugrie- 
chische Aussprache, auch die Accentlesung beobachtet, dadurch zu- 
gleich die Bichtigkeit dieser Lesung anerkenne. 

39. Korai's ^ro^foff/ibi. 

(Wiener allgemeine Literainraeiinng. 1813. Intelligenzblatt. 216.) 

Korai's 'EWifvmy ßißXio^tifi und überhaupt alles, was er bisher 
herausgab (in allem etwa zwölf Bünde), sollte nicht nur in keiner 
griechischen, sondern auch in keiner serbischen und walachischen 
Bibliothek fehlen. Die gewöhnlich jedem Bande vorausgeschickten 
Gedanken aus dem Stegreife (avrosxi^ioi ffro^a 0/101) über griechische 
Sprache *und Studien sind auch den Bedürfiiissen der Serben und 
Walachen, die denen der Griechen ganz analog sind, angemessen. 



m 

(Der Streit z. B. , ob die Serben ihre Bücher altslayisch oder serbisch 
schreiben sollen, ist darin überzeugend entschieden.) Nur darin ist 
die Lage des österreichischen l^heiles der Serben und Walachen yer- 
sohieden, dass ihre literarischen Bemühungen auch von der Regierung 
aufgemuntert und unterstützt werden. Dieser Unterschied ist freilich 
fiir den Erfolg ein grosser Vorsprung, würde aber dafür auch die 
Schuld der zurückbleibenden um so unverzeihlicher machen. Ebenso 
sollten auch die österreichischen Orieohen nicht hinter ihren südlichen 
und östlichen I^andsleuten zurückbleiben. 

40. Korai. 

(Wiener aUgemeine Literatuneitung. 1813. Intelligenzblatt 222.) 

Der verehrungswürdige Chiote Kond in Paris, vertraut mit der 
Geschichte und dem Zustande unserer ganzen abendländischen Cultur, 
Herausgeber der herrlich begonnenen 'EXXtfvin^ ßißXio^jnij (einer 
Sammlung griechischer Classiker mit alten Scholien und neuen Er- 
läuterungen) und der Heros des aus seiner Barbarei wieder erste- 
henden (Griechenlands, schreibt in der neugriechischen Vorrede zum 
Isokrates S. 34: Ich hätte vor Scham und Ärger mögen in die Erde 
versinken, als ich vor wenig Jahren (1803) in den französischen 
Journalen las: „Voici le catalogue des manuscrits que Mr. Clarke a 
rapportes de Patmos, de Naxos et d'autres endroits de la Grece. 
De Patmos: 1. Les oeuvres de Piaton, in-folio, velin, tres'belle 
ecriture. Les scholies en petites capitales. Ge livre a ete transcrit 
Tan 6404 du monde (also 896 nach Christi Geburt) , sous le regne 
de Leon, fils de Basile. 2. Un lexicon de St. Cjrille d'Alexandrie. 
3. Des poesies grecques aecompagnees d'anciennes notes de musique 
grecque. 4. Deux dito. 5. Les oeuvres de Gr^goire de Naziance. 
Du mont Athos: 1. Les oraisons de Demosthene. 2. Les oeuvres 
de dix orateurs Atheniens, dont quelques-uns nous sout inconnus. 
II est bon d'observer que le Piaton que le professeur Porson appelle 
un monument de litterature, est le manuscrit grec le plus vieux 
qu'il 7 ait au monde avec une date precise. Porson a decouvert dans 
les scholies des passages de pieces de th^atre et de poetes greca qui 
sont perdus.** *) 



') Es heisst, die Engl&nder wollen mit Hilfe dieses uralten Codex eine neue 
Ausgabe des Plato Teranstalten. Möchte sie, oder noch besser den Codex 
selbst, unser Wolf für seine Ausgabe benütien können. 



170 

So lange Griechenland nicht im Stande war, dergleichen Schätze 
zu würdigen, war es gut, dass Fremde ^ie retteten: dass aber auch 
jetzt die köstlichsten Vermächtnisse unserer Väter weggeschenkt und 
wegverkauft werden, welcher Freund des Vaterlandes fühlt nicht mit 
mir die nämliche Scham, den nämlichen Unwillen, den nämlichen 
dringenden Wunsch nach Abhilfe! Ich weiss, dass bei der grossen 
Kirche längst die Rede war von so einer Abhilfe, aber die Redemuss 
um so schneller That werden, ab die Aufkäufer um so eifriger in 
ihrem Geschäfte sind, je näher sie die Zeit herankonunen sehen, da 
man den Griechen solchen Handel nicht mehr wird zumuthen können. 
Ich schlage daher dem allerheiligsten ökumenischen Patriarchen und 
der um ihn versanmielteii ehrwürdigen Synode (die-gewiss dem Übel 
schon längst gesteuert hätte, wenn sie so schnell, wie wir in Europa 
durch unsere Zeitungen, erfahre, was geschieht) demüthig vor: 

a) Von heute an werde durch ein Patriarchalsohreiben verboten, 
irgend ein griechisches Manuscript zu veräussem. 

b) Wer ein solches besitzt, soll es der Synode anzeigen, die es 
ihm um einen angemessenen Preis abkauft. 

c) Will er es nicht yeräussem, so soll er es doch der Synode zu 
einer genauen Abschrift leihen. 

d) Der Name des Leihers werde in den Codex der Patriarchie 
eingetragen, und nach seinem Tode der seiner Erben, damit die Ge- 
lehrten stets wissen, wo sie das Manuscript sehen können und zu- 
gleich die Veräusserung in das Ausland verhütet werde. 

e) Die Synode sende einen f&r den Ruhm des Vaterlandes eifern- 
den Gelehrten in alle ihr unterliegenden Klöster, um die daselbst 
noch befindlichen Manuscripte zu sammeln. Eben dazu fordere sie die 
Erzbischöfe u. s. w. und die drei anderen Patriarchen auf. 

f) Man bestimme ein eigenes Locale, um diese so gesammelten 
Manuscripte, nachdem ein Catalog darüber angenommen worden, 
aufzustellen. Diess Locale heisse (Alt-) Griechisches Museum. 

g) Dieses Museum habe zwei gelehrte oder doch die Gelehrsam- 
keit liebende weltliche Aufseher ohne Besoldung und einen besoldeten. 
Alle drei werden von der Synode ernannt, die übrigens jährlich durch 
einen der gelehrten Erapriester das Museum visitieren lässt. 

h) Im Cataloge werde ausfuhrlich angezeigt, wann, woher, wie 
theuer das Manuscript ins Museum gekonmien; was es enthalte. 

i) Mit nicht geringerer Sorgfalt sanmile man alte Münzen, 
Vasen, Geräthsohaften, Säulen und andere Alterthümer, und ver- 
zeichne den Fundort noch umständlicher. 



171 

k) Das Museum sei feuersicher, und auch aus anderen Ursachen 
lieber gar nicht in Konstantinopel, sondern auf einer der Inseln des 
Archipels, etwa Chios. 

l) Das Museum habe wenigstens 10,000 Piaster (yposia) jähr- 
liche Einkünfte, sei es von Interessen oder an jährlichen Beiträgen, 
zu 100 Piaster die Actie. 

m) Es ist zu hoffen, dass diese Einkünfte nach und nach wach- 
sen werden. 

n) Der Überschuss dieser Einkünfte (ich bin überzeugt, dass er 
gross sein werde) werde theils auf den Ankauf der besseren lateinisch- 
griechischen Ausgaben der Ciassiker, theils zur Besoldung eines 
Professors der unentbehrlichen lateinischen Sprache verwendet. 

„Bisher,^ schliesst Korai, „habe ich die Manuscripte bloss als 
Ehrensache Griechenlands betrachtet; wer aber weiss, dass europäi- 
sche Kritiker (und Verleger) oft die Kosten einer weiten Reise nicht 
scheuen, um griechische Manuscripte zu vergleichen, oder beinahe 
die nämliche Summe an eingeborene Gelehrte solcher Städte,' wo 
Manuscripte sind, für das Excerpieren von Varianten zahlen, der wird 
dadurch auch eine neue, zugleich das altgriechische Sprachstudium 
fördernde Erwerbsquelle ftir manche ännere griechische Gelehrte, er- 
öffnet sehen.^ - 

Indem wir diess lesen und schreiben, bedauern wir, dass die 
Rede bei der grossen Kirche auch nach diesem so braven Vorschlage 
(1808) noch immer nicht scheint That geworden, und also der edle 
Korai durch die neuesten Zeitungsartikel, z. B. über den dänischen 
Reisenden Bröndsted, auFs neue werde .tief gekränkt worden sein. 
Nicht minder auffallend ist es auch, zu sehen, wie Korai auf die 
Mitwirkung der Klöster zur Auferstehung Griechenlands so gar nicht 
zu rechnen scheint, dass er ihnen die Manuscripte geradezu weg- 
genommen haben will. Wieviel hat dagegen der Occident seinen Be- 
nedictinem zu danken! Und doch war der heilige Basilius selbst ein 
grosser Humanist , was vom heiligen Benedict nicht bekannt ist. 
Oder hätte auf unsere Klöster das Beispiel von oben (Karl der Grosse, 
die Ottonen), also die Mode mitgewirkt? Da müssten die Griechen 
freilich entweder erst von Russland aus die Mode erhalten oder die 
türkischen Sultane endlich einmal die arabischen Chalifen nachzu- 
ahmen anfangen^ 



172 

. 41. Historische Frage. 

(Wiener ftUgemeine Literatarzeitnng. 1813. Intelligenzblatt 238.) 

Die Bienenstöcke in Krain sind hohle Parallelepipeda, die vorne 
bemalt sind. Unier den Gegenständen dieser Gemälde ist keiner häu- 
figer, als der Zweikampf des Lombergar und Pegam. Nach einem 
Volksliede, das auch noch allgemein gesungen wird, sass der Kaiser 
wie ein zweiter König Artus mit seinen Tapfem unter der Linde mit- 
ten im weissen Wien, sich freuend der Herrlichkeit seines Reiches. 
Da konmit der Pegam daher getrabt und meint, das herrliche Reich 
habe doch keinen Helden, der es mit ihm (Pegam) au£&unehmen wage. 

Der Kaiser ihm antwortet so: 

„Diess künmire, traun, dich nicht; ich hab' 

Ihn, der dich aus dem Sattel hebt. 

Im Krainerlande wohnet er^ 

Am Stein, wie es benamset ist, 

Wohl nimmer zittert er vor dir. 

Christoph Lombergar nennt er sich, 

Auf grauem Felsen hauset er. 

Und wünscht sich wohl mit dir den Strauss.^ 
Ein Edelknabe trägt des Kaisers Brief in einer Nacht von Wien 
nach (Katzen-) Stein in Krain. Der Lamberger kommt und besiegt, 
von seiner alten Mutter belehrt, den Pegam, ungeachtet dieser, mit 
dem Teufel im Bunde, ihn durch drei Köpfe tauschte. Das artige 
krainische Volkslied, im Metro wie oben, nur dass immer drei Reime 
aufeinander folgen, besteht aus 141 Versen, also 47 Strophen. J. A.Su- 
paneic hat es 1807 in Laibach krainisch und deutsch herausgegeben. 
Ob und wann der Christof Lamberger gelebt, dürfte vielleicht eher 
zu erforschen sein, als wer der Pegam gewesen. War*s einer der 
Nürnberger Beheime? 

42. Griechische Grammatik. 

(Wiener aUgemeine Uteratarsei^nng. 1813. Intemgenzblatt 247—248.) 

Der Arzt und Professor Stephan Okonomos zu Smjma hat für 
das dortige G^jmnasium Buttmann's griechische Grammatik nach der 
fünften Ausgabe mit Rücksicht auf die von Matthia ins neugriechische 
übersetzt (gedruckt in Wien 1812). Interessant für alle abendlandi- 
schen Hellenisten ist unter anderem S. 256. die Anmerkung, dass im 
neugriechischen die von Buttmann nur supponierten Präsensformen 
ßtfX^i 7Au9<k), ^d^cü, (TjEd^üo, jtpvßtt), fvXdyui) u. s. w. wirklich noch 
Alle üblich sind. — Neophytos Duka , Herausgeber der bisher in 



173 

Ghriechenland üblichen aligrieohiBohen Grammatiken Tepi^ixopfi und 
Tifyjn^ia eifert nun gegen alle andern, namentlich wirft er in der 
seiner Ausgabe des Herodianos vorausgeschickten 'Apyti) dieser Oko- 
nomos'schen Bearbeitung der . Buttmann'schen Grammatik yor: 

y ypapjMLTiiiti rov Bovrjidvov^ nai av ixore^Jf a>s naX^y larai roiavrrf 
eh- ijitivovs^ xepi Zv 6 Fipßiavds ^vyypa^ivs aiiryv i^iTcovtiße * rfj ^c 
tfßUTipcf. vioXaia ay^t/aros yivtrai nai ^napiros^ iravTi^S>s Ikvapj^os oifja 
xai dreXevTifTos ^ aal o^^os ttoXvs aal XaßvpivBos o\osj nai bii^obos 
o-dbcjfiov u. s. w. Andere weniger parteiische Richter sind aber der 
Meinung, dass diese Bearbeitung, ungeachtet einiger Mängel der 
Methode, die bei einer zweiten Auflage nach Buttmann's Schulgram- 
matik, auch wohl nach Trendelenburg, Bemhardi u. a. leicht ver- 
bessert werden kann, auch so schon, unter nur leidlichen Lehrern, 
unendlich besser sei als alle bisher gewöhnlichen. 

43. Jamblich. 

(Wiener allgemeine Literatarzeitnng. 1813. Intelligenzblatt. 248-) 

Der neugriechische Hermes Logios zeigt Kiesling^s Ausgabe von 
Jamblich's yldyos jrporpeKTiaSs (Leipzig 1813) mit verdientem Beifall 
an und bemerkt nur, dass Seite 331. die Leseart ^leAavovpo? nicht 
verdorben sei: es sei der Name eines Fisches, der, wie fitst alle Be-^ 
nennungen, als Deminutiv, ßie\(tvovpi (d. i. ^Äavovpiov), noch im neu- 
griechischen sich erhalten habe. 

44. Grammatische Rüge. 

(Wiener allgemeine Literatnrzeitnng. 1813. Intelligensblatt. 263.) 

Die neueren französischen Grammatiker wissen sich viel damit, 
dass sife zu den von ihren Vorg&ngem, als Bestaut u. a. ganz gut so 
genannten voyelles composees (Selbstlaute, die durch mehrere combi- 
nierte Buchstaben ausgedrückt werden, wie ft in maitre) nun sagen: 
du bist ein monothongue. Dieser Name soU ein Pendant zu diphthon- 
gue sein. Aber die Herren haben den diphthongue an der unrechten 
Stelle zerschnitten: di-phthongue, bi'f^oyyos (Doppellaut) sind seine, 
ordentlichen Hälften. Das ph ist ein wesentlicher Bestandtheil des 
Wortes, wesentlicher als selbst das th. Also wenigstens mono* 
phthongue (Alleinlaut), wenn es schon neu und nach dieser Rücksicht 
getauft sein muss. Monothongue ist ein Ungeheuer von Wort, wie 
wenn wir etwa AUein-aut sagten. 



174 



45. Ungern, nicht Ungarn. 

(Wiener aUgemeine Literatarzeitang. 1813. Intelligeiublatt. 263—264.) 

Aas den in den Nummern 11. 14. 39. und 44. der Vaterländischen 
Blätter dieses Jahres aufbewahrten Acten dieses orthographischen 
Processes ist klar, «dass die Schreibung Ungem«(sowohl das Volk als 
das Land) bei allen drei yon den Gegnern selbst bestellten Behörden 
gewonnen habe. 1. Bei dem Sprachgebrauche, weil man wirklich 
Ungern spricht (und von jeher sprach, wie sich jeder nicht allein ans 
Schiltberger's dort angeführter Reise, sondern auch aus noch frühe- 
ren deutschen Chroniken, z. B. in Petzes oder Rauches Soriptoribus 
Austriae überzeugen kann: nur halbgelehrte Neuerer haben es nach 
dem fränkisch-lateinischen Ungari ^ reformieren wollen.) 2. Bei der 
Etymologie, weil es in der streitigen Sjlbe an seiner slavischen 
Quelle eigentlich (M^s) ger und nicht gar lautet 3. Bei der Ana- 
logie, weil die deutsche Sprache unzählige Substantiva in er, aber 
nicht ein einziges in ar bildet (daher sogar der römische Kalaap sich 
als deutscher Kaiser dieser Analogie gefugt). Wer also, diesem drei- 
fikchen Ausspruche zum Trotz, nicht oder doch ungern wieder Un- 
gern schreibt, ist — wenigstens ein ayrocato di causa perduta. 

46. Bibliographische Anfrage. 

(Wiener allgemeine Literatnneitong. 1813. Intelligenzblatt 263.) 

Bei weitem die meisten Ortsnamen des bisherigen Kriegsschau- 
platzes Yon Danzig bis Berlin und Leipzigs und yon Breslau bis 
Dresden und Lüneburg sind slavisch, einige mehr, andere weniger 
corrumpiert. Existiert kein Buch oder Bücher, worin, wie zum Theil 
in Hauptmannes Niederlausizischer GrammatÜL (Lübben 1761) diese 
Orter rein slavisch aufgeführt oder etymologiert wären? 

47. Völkernamen. 

(Wiener allgemeine literataneitung. 1813. Intelligeniblatt. 272) 

Wichtig für Geschichte und Sprachkunde sind freilich zuerst did 
Namen, die diess oder jenes Volk sich selbst beilegt, dann aber auch 



') Selbst gegen diese Ton fr&nkischen , also nicht lateinischen Lateinern gebildete 
Wortfonn Hessen sich am Ende die nämlichen Gründe geltend machen, wson 
es der Mühe werth w&re, todte zn beunmhigen. Selbst ohne Rücksicht wi 
die Ouyypoe der Byzantiner würde c. B. schon die dassische Wortform 
Tnngri, im Singular Tnnger, bei CAsar, Tadtns, Plininrdas analoge üoger 
und Ungri fordern. Sed de mortnis nil nisi bene. 



\ 

175 

jene, womit benachbarte Völker einaader benennen, und Schade, 
dass dergleichen Namen von den Schriftstellern als pöbelhaft ver- 
achtet und dafür in Büchern nur die sogenannten dassischen ge- 
braucht werden. Der Deutsche z. B. erscheint in neugriechischen 
Büchern ünmer nur als rtp}inv6s^ während das neugriechische Volk 
ihn wie der Türke, ünger, Walache nach dem slavischen l^tßT^os n^nnt. 
So heisst auch der Pole in Büchern JloXtavos^ beim Volke hingegen 
fuhrt er noch jetzt den uralten Namen dieses slavischen Zweiges 
A^xos (Nestor's Ljach, Ljachove), womit auch der Magyar, der 
Walache und wahrscheinlich auch der Türke den Polen bezeichnet: 
'OniKii l^iyinä^ er Spricht polnisch. 

48. Martolos. 

» 

(Wiener allgemeine Literaturzeitnng. 1813. Intelligenzblatt. 280.) 

In Trüberes deutschen Vorreden zu seinen südslavischen Bibel- 
übersetzungen aus Ferdinands I. Zeiten und sonst, sogar m Friedens- 
schlüssen , kommt der Ausdruck Martolos für Menschenräuber, 
Menschendieb vor. (Man raubte Christenkinder, um sie den Türken 
zu verkaufen, die diese dann zu Janitscharen u. s. w. erzogen.) 
Deutsch oder slavisch ist das Wort nicht. Gehört es etwa der ungri- 
schen oder türkischen Sprache an? Oder wäre es ^ das griechische 
afiapr(äiA6s (Sünder, iiar* «fo^v)? 

49. Geographische Synonymik. 

(Wiener allgemeine Literatnrzeitnng, 1813. Intelligenzblatt. 280.) 

Die Nummern 44. und 45. der Carinthia (eines vaterländischen 
und interessanten Beiblattes der Sllagenfurter Zeitung) enthalten eine 
Aufforderung vom Herrn Stadtkaplan Jamik zu Beiträgen zu einer 
topographischen Synonymik des von Slaveti und Deutschen bewohnten 
Kärnten. Dress erinnert uns an den ähnlichen Wunsch, den auch 
Bandtke in seiner polnischen Geschichte und ein ungenannter in 
einem unserer Blätter mit Berufung auf Lipsky's Repertoi^um ge- 
äussert haben. Gewiss ist es, dass so ein Werk nicht bloss den Ge« 
schäftsmännem solcher zwei- und mehrsprachigen Länder, sondern 
auch der Geschichte sehr zu Hilfe kommen Vürde. Daher wünschen 
wir Herrn Jaimik recht viele und gute Beiträge. Aus solchen Spe* 
cial-Synonymiken wird es einst möglich sein, eine allgemeine für 
die ganze östliche Hälfte von Europa aufzustellen. 



176 

50. Öffentliche Bibliothek in Cliios. 

(Wiener allgemeine Literatnneitiuig. 1813. Intelligenzblatt. 309-) 

Der siebente Band yon Korai's BißXio^ifUTf iWifviKtf^ der den 
fünften seines Plutarch ausmacht, ist erschienen. Die Vorrede ent- 
hält fortgesetzte 2Toja6iioi zur geistigen Wiedergeburt Griechenlands 
(hier über die Besetzung der yerschiedenen Lehrgegenstände mit 
eigenen Lehrern gegen die seichten Polymathen und Poljteehniten, 
wobei uns im Vorbeigehen eine Anmerkung auffiel, nach der Korai 
vor kurzem unweit Paris einen Pfiurer kannte, der nebst den Seelen 
zugleich die Wagen seiner kleinen Herde in der Cur hatte), und am 
Ende die Nachricht yon der öffentlichen Bibliothek in Chios, zu der 
die Chioten 1813 durch die bisherige Gymnasialbibliothek und den 
Ankauf neuer Bücher für 20,000 Piaster den Qrund gelegt, und yon 
1814 an jährlich 3000 Piaster zu ihrer Vermehrung gestiftet haben. 

Bei dieser Gelegenheit ladet Korai alle Gelehrten Europas, die 
einen lateinischen oder griechischen Classiker herausgeben, und die 
Academien ein, Exemplare ihrer Editionen und Abhandlungen in 
diese Chier Bibliothek zu stiften, als Denkmale ihrer so oft ausge- 
sprochenen .Liebe fiir Griechenland, mit der Inschrift: J&pov tov . . . 
elf rffv btjfioaiov rijs Xiov ßißXioBtjutfv, Beisende Europäer würden auf 
diese Art ihr Bücherheimweh schon in Chios heilen und hier oft durch 
eigene oder ihrer Freunde und Bekannten Geschenke und Handschrif- 
ten auTs angenehmste überrascht werden. „Fem sei yon euch die 
Furcht, fährt Korai fort, dass euere Geschenke yersplittert werden 
würden. In Chios,' dessen Eiorichtungen nichts durch die Schicksale 
des übrigen Ghriechenlands gelitten haben, ist eine Stiftung so sicher 
wie in Europa. Diese Geschenke adressiere man entweder an Herrn 
Alexander Basili oder an Herrn Stamati Bodokanaki, beide grie- 
chische Grosshändler in Wien, die sie dann nach Chios befördern 
werden.^ Wir machen es uns zur angenehmsten Pflicht, diese Ein- 
ladung Korai's, so yiel an uns ist, zu yerbreiten. 

51. Popoyic und sein österreichisches Idiotikon. 

(Vaterländische Blfttter. Jahrg. 1814. 160.) 

Nach Büsching's Wöchentlichen Nachrichten 1776. Stück 18. 
S. 137. war es der Professor der deutschen Sprache in Wien, J. S. V. 
Popovic, ein gebomer Slaye aus Steiermark, der zuerst 1754 für 
obsenratorium , specula astronomica, das Wort Sternwarte schui^ 
welches sogleich allgemein angenommen ward. Adelung wusste die- 
sen Umstand nicht. Dieser Popoyid, ein wahrer Schlozer in allem, 



177 

worein er sich warf^ war auch der erste, der bei uns die Wichtigkeit 
der österreiohisohen Mundart einsah und auf ein Idiotikon derselben 
drang, das wir nun von Herrn Mattiiias Höfer, Mitglied des Benedie* 
tinerstiftes Kremsmünster und Pfarrer zu Kematen, erwarten dürfen, 
der in seinem Yortrefflichen und viel zu wenig bekannt gewordenen 
Werkchen: „Die Volkssprache in Österreich, vorzüglich ob der Enns, 
nach ihrer innerlichen Verfassung und in Vergleiehung mit anderen 
Sprachen in grammatisch -kritischen Bemerkungen.^ (Wien, bei 
J. G. Binz 1800, 140 Seiten, 8.) sich als dieser Arbeit vollkommen 
gewachsen bewiesen, und Entwurf und An&ng derselben in dem 
Vorberichte zu obigem Werkchen schon vor vierzehn Jahren ange- 
kündigt hat. 

52. Dachrinnen. 

(Vaterländische Blätter. Jahrg. 1812. 96.) 

Man denkt sich in der Provinz, dass die Hauptstadt alle Be- 
quemlichkeiten des gesellschafdichen Lebens, die die Provinz geben 
kann, weit vollkommener und nach einem grösseren Massstabe dar- 
biete, und dann eine Menge ganz eigener dazu. Das letzte mag wahr 
sein , ersteres ist es nicht , denn — das köstliche Wien hat keine 
Dachlinnen, dergleichen doch unser liebes L*** zum Theil längst 
hatte, zum Theil vor wenig Jahren von Polizeiwegen hat nachtragen 
müssen. So oft ich bei schlechtem Wetter hier artige und schön ge- 
kleidete Frauenzimmer, während sie sich durch das wogende ^Men- 
schengewühl geschickt durchschlagen, von den hohen Dächern so 
ungalant beträufelt sehen musste, fiel mir dieser Mangel der Haupt- 
stadt immer eentnersehwer auTs Herz. Und doch gilt hier ein Haus 
so viel als bei uns eine Herrschaft. 

53. Über ein österreichisches Idiotikon. 

An den Herausgeber (Friedrich Schlegel). 

(MnMam. 1812. II. 342—344.) 

Die Seite 6. des Juliheftes Ihres Museums hat meinen schon 
anderswo geäusserten Wunsch, dass doch jemand (Landgeistliche und 
Landwirihe, die mit dem Volke viel Verkehr haben, wären am mei- 
sten dazu geeignet) ein österreichisches Idiotikon, etwa naeh dem 
Muster des schweizerischen von Stalder, unternähme, lebhaft wieder 
aufregt. Ein wackerer Gelehrter, jmit L. K. unterzeichnet, hatte 
unlängst in den Vaterländischen Blättern gröndliche Prolegomena da- 
zu geliefert, aber nicht gesagt, ob er die Materialien auch bereits 

12 



178 

gesammelt habe. Selbst des vortrefflichen Popovic Sammlung ist 
Manuseript geblieben. Vielleicht, wenn man uns nachdrücklich auf- 
merksam macht auf unsere Schätze, setzen wir uns doch in Bewe- 
gung sie zu heben. Gewiss wird dann der dort angestellte Satz, dass 
die Schweizersprache bis auf wenige Eigenheiten die allgemeine süd- 
deutsche sei, auf jeder Blattseite fiu^sch bestätigt werden. Idi weiss 
nicht, ob die Wörter flet, unterp&t in Steiermark noch jetzt üblich 
sind: aber einmal waren sie es gewiss, weil die dortigen Slaven ihr 
fletni (hübsch) und ihr jinterfat (ein leinenes Unterkleid) daraus ge- 
macht haben. Wenn der Sammler indess auch kein slavisch verstünde, 
aber nur getreu referierte, was er gehört, so würden dann schon 
slavische Gelehrte kommen, die ihm den Grund von dieser oder jener 
Wortform sagten, z. B. von Kalbize (ein weibliches Kalb). Nicht 
allein das Verstehen des Nibelungenliedes wird durch solch ein Idio- 
tikon gewinnen, sondern selbst die jetzige hochdeutsche Schrift- 
sprache könnte daraus viel&ch bereichert werden, wie Popovic ge- 
zeigt hat und wie z. 6. unser so viel belachtes aber unentbehrliches 
halt beweiset, das Göthe u. a. am Eiude doch aufgenommen haben. 
Ich wiederhole den Wunsch, dass auch Sie als ein geachteter Spraeh- 
kenner uns die Ab£Etösung eines solchen Idiotikons ans Herz legen 
wollen. 

54. Über die musikalische Beschaffenheit der deutscheo 

Sprache. 

(Miiseuiii. 1812. 11. 533—535^ 

Die Preisangabe der Opemdirection in Nr. 82. des Österreichi- 
schen Beobachters und die Bemerkungen eines ungenannten darüber 
in Nr. 101., endlich gar die Fristerstreckung in Nr. 152. haben in mir 
folgende alte Betrachtungen wieder aufgeregt, die ich der Bespre- 
chung des grösseren Publicums anheimstellen möchte. 

1. Nicht 100, sondern 1,000 und vielleicht 10,000 Gh>ldducaten 

sollte man zum Preise ansetzen für die deutsche Oper, die sich mit 

einer nur mittelmässigen italienischen soll messen können. So gross 

sind die Hindemisse, die die unsingbare Sprache dem deutschen 

Dichter in den Weg legt. Diess mag (xöthe geföhlt haben, als er den 

Ausspruch that: > 

Ein Dichter war' ich geworden. 

Hätte die Sprache sich nicht unüberwindlich gezeigt. 

Sie ist aber unsingbar desswegen, weil sie ihre Worte meist auf 
Consonanten endigt, und noch dazu meist auf stumme Consonanten, 



179 

wobei die Stimme immer des rechten Anlehnpunetes entbehren muss. 
^Denkende Sänger wissen, sagt die treffliche Verfasserin der Briefe 
an Natalie über den Gesang (Leipzig 1803), wie viel schwerer gute 
Töne auf die Wörter: Eifersucht, Nebenbuhler, suchen, rufen, ma^ 
eben, Mädchen, Geschwister (und diese Wörter gehören nicht einmal 
zu d^n harten deutschen), als auf die gleichbedeutenden italienischen: 
gelosia, rivale, cercare, chiamare, fare, figlia, fratelli zu singen sind, 
und wie sehr die Kehle bei den Wendungen und Quetschungen der 
ch^s und sch's ermüdet^ (In Westeuropa dürfte daher die italienische 
wohl ewig die Singsprache bleiben, in Osteuropa die slavische und 
griechische es werden.) Diess ist auch die Ursache, warum man den 
deutschen Operisten nie versteht, er muss auf dem Vocal yerweilen 
und die zwei, auch drei Consonanten, die zum Worte noch gehören, 
so zu sagen yerschlucken, während der Wälsche, dessen Worte he\ 
weitem meist auf Vocale, nie aber auf einen stummen Consonanten 
sich enden, sie eben desswegen deutlich bis zu Ende singen kann. 
(Diess hat vielleicht den deutschen Wieland veranlasst, in seinem 
Agathodämon einen Gesang mit blossen unarticulierten Tönen vor- 
zuschlagen; ein Italiener wäre schwerlich auf einen solchen Gedan- 
ken ver&Uen.) Die oberwähnte Veffasserin verspricht sich zwar viel 
von einer „Durcharbeitung der deutschen Sprache, wobei aus ihrem 
grossen Beiohthum die Wohllaute von den Übellauten abgesondert, 
würden.^ Die sonst so herrliche Sprache verdient es wohl, Aass man 
alles versuche, um ihr wo möglich auch noch diesen Vorzug zu ver- 
schaffen. Unglücklicherweise ist aber gerade die deutsche Bücher- 
sprache mit dergleichen Unmusikalitäten am reichlichsten 'ausgestat- 
tet; die Volkssprache hat ihrer ungleich weniger, z. B. i für ich 
(englisch I), mi für midi (englisch me, welches auch mi gesprochen 
wird), nit für nicht (englisch not), & für auch, lusti fiir lustig u. s. w. 
Der Tyroler Basti ist viel singbarer als die Zauberflöte. Wenn aber 
ein Metastasio von den 44,000 Wörtern der singbarsten aller Spra- 
chen nur 7,000 für seine Lieder brauchbar &nd, wie gering, furcht' 
ich, wird selbst nach der genauesten „Durcharbeitung^ die disponible 
Macht des deutschen Dichters seinJ Indessen wiederhole ich noch ein- 
mal: die herrliche Sprache verdient es, dass man alles versuche.. Was 
ein Göthe nicht überwinden konnte, kann vielleicht zehn, zwanzig, 
dreissig Göthen (wofern der Welt so viele bestimmt sind) endlich 
doch gelingen. 2. Der Verfitsser der Bemerkungen meint, „dass, 
weil unsere christlichen Frack's schlechten Effect auf der Bühne 
machten^ man ewig zu den Chinesen, Indianern, Türken und Berg- 

12» 



180 

sehotten werde seine Zuflucht nehmen müssen.^ Als gebe es ausser den 
Bergschotten nicht noch andere Christen genug, die keine Frmcks 
tragen! Die Griechen, die Serben und andere Sädslaven, die Magya- 
ren, die Polen und Bussen sind lauter solche Niditfracks und ihre 
Geschichte voll yon Opernsujets (wenigstens für die opera sena: für 
die buffa stehen diese Nationen freilich noch zu nahe an dem Anfiunge 
der Civilisation); warum nimmt man nicht auch einmal zu diesen 
seine Zuflucht? 

55. Kosak. 

(Wiener allgemeine Literaturzeitnng. 1814. Tntelligcnxblait. 63.) 

Einige deutsche Blätter, z. B. die Hallische Literaturzeitung, 
wollen Kasak geschrieben haben , ohne Zweifel , weil man das 
Wort so aussprechen hört. Aber die Grossrussen sprechen jedes o, 
Irenn der Ton nicht darauf ruht, wie a, schreiben aber doch o. Die 
südlichen (Klein-) Bussen und Polen, bei denen der Name zuerst 
aufkam, aber sprechen auch richtiger Kosak. Also lasst uns bei dem 
richtigeren bleiben und es nicht voreilig verschlimmbessern. 

56. Zur Geschichte Karantaniens. 

(Wiener allgemeine Literaturseitung. 1814. IntelUgenaMatt. 70.) 

1. Die Krainer und andere Karantaner Slaven, sonst aber kei« 
ner der übrigen slavischen Dialekte, nicht einmal der serbische und 
kroatische, nennen die Magd krsenica, d. i. Christin. Ein interessantes 
Datum für ihr allerfrühestes Dasein in Pannonien, was dami selbst 
aus Paulus Diaconus historisch erwiesen ist. Gercken hat Unreclit, 
hier keined Slaven vor der Einwanderung der Kroaten zu kenneiL 

2. Samo war, wie schon der Böhme Dobrovsky gegen Pelsel 
erinnert, nur Beherrscher der Karantaner Slaven, nie der Böhmen. 
DiesesganzeCapitel muss daherinZschokke's„Bairisohen Geschichten^ 
(Aarau 1813.) wie manches andere berichtigt werden. 

3. In der Münchner Centralbibliothek befindet sich ein Manu- 
script des Stiftes Freisingen aus dem zehnten Jahrhundert mit einer 
slavischen Beicht&rmel auf 34 Zeilen, einem Glaubensbekenntnisse 
auf 74 halbbrüchigen Zeilen und einer Homilie auf 113 halbbrüchigen 
Zeilen. Ohne Zweifel bedienten sich dieser Formeln die fireisihgischen 
Missionare in Krain und Kärnten. Der Wiener Hofbibliotheksscriptor 
Kopitar, selbst ein Karantaner, der durch Baron Humboldt's Ver- 
mittlung oin genaues Faosimile davon erhalten hat, wird die ältesten 
Denkmäler dieser slavischen Mundart mit einem historisefaen und 
linguistischen Commentar herausgeben. 



181 

57. Slavonische Kirchensprache. 
(Wiener allgemeine Literaturzeitunfr. 1814. loteHigenzblatt. 80.) 

In Sohlöser's Öffentlichem und Privatleben, von ihm selbst be- 
sehrieben (Göttingen 1802.)9 kommt Seite 67. folgende Stelle vor. die 
wir unseren serhisehen Musicki's und anderen zur Beherzigung em- 
pfehlel^: ^^Als ich in der Folge Legenden und Übersetziingen griechi* 
scher Kirchenväter in der slavonischen Kirchenspraohe las, erstaunte 
ich über den Reichthum, die Pracht und Kraft desselben in Klang 
und Ausdruck. Ein Homer slavonisch übersetzt müsste allen anderen 
Übersetzungen die Palme entreissen.'^ 

58. Tot. 

(Wiener allgemeii^e Literatnrzeitung. 1814. Intelligenzblatt. 125.) 

Von Tuhutum! Es ist gut manches nicht zu wissen. Viel, das^ 
noch kein. Spottvogel auf das slavische tat (Dieb) verfallen , denn 
nidit nur die Slowaken, die Slaven sind alle Diebe. Aber im Ernste 
zu reden, warum, wenn man das griechische dc^^öri;« mit dem sla- 
vischen gospod vergleichen darf, ohne von der kritischen Etjrmologie 
einen Verweis zu furchten, sollte man nicht auch tot aus got (Grothe) 
entstanden erklftren? Hier wie dort war das g in d (t) übergegangen. 
Hassen doch die Slaven auch Wenden, weil sie der Wenden (Van- 
dalen) Länder bezogen. Warum nicht auch Oothen? Theseus Ambro- 
sius nennt noch im Jahre 1539 die Russen Grothen, Russland Gothia, 
Wie erst, wenn man schon die Geissei Gottes, den Attila, der die 
Gothen, damals der Slaven Herren, unterjochte, für den ersten 
Magyaren in Europa gelten lässt. 



182 

XXIII. 

Walaehisehe Literainr. 

Tijivr) Ttjs pisDfiavinijs avayvdDöEoos jiä Xartvtaä jpafipjocTCL. 
(Kunst, walachisch zu lesen mit lateinischen Buchstaben, 
welche die alten Buchstaben der Walachen sind, zur Ver- 
edlung der ganzen sowohl diess- als jenseits der Donau woh- 
nenden walachischen Nation , ausgearbeitet von Georg Kon- 
stantin Roza. Ofen 1809. 56 S. 8.) 

(Annalen für Literatur und Kunst. Jahrg. 1812. II. 210—224.) 

Dieses kleine, aber durch seine Tendenz wichtige Werk ist 
yydem Herrn Georg Sehuliovski , walachischem Bürger in Pest , 
Freund seiner Nation (jfiKoyivrj^ soll heissen <fi\oytvt{) und scharfem 
Eiferer für das fortschreitende Wohl der Walachen** gewidmet. 

Der Text ist sowie der Titel durchaus walachisch und griechisch. 
Der Ideengang des Verfiissers ist folgender: Sprache ist eine Verbin- 
dung von Wörtern zur Mittheilung unserer Gedanken. Sie entsteht 
durch Übereinstimmung vieler, die zu einer Gesellschaft vereinigt 
sind, daher so viele Sprachen als besondere (bürgerliche) Gesell- 
schaften. Durch Übersiedlungen von Mitgliedern einer Gesellschafi 
zur anderen entstehen Dialekte: nehmen wir z. B. die alte deutscbe 
Sprache, aus welcher die bairische, schwäbische und andere Mund- 
arten entstanden sind. Und selbst die Baiem sprechen anders in die- 
sem, anders in jenem Staate (^oXircia). Die italienische Sprache 
iheilt sich ebenfalls nach verschiedenen Staaten in verschiedene Dia- 
lekte. So ist's auch mit der sogenannten walachischen, eigentlich 
romanischen Sprache. Sie theilt sich, wie ich in meine|i durch alte 
Zeugnisse begründeten Untersuchungen vom Jahre 1808 gezeigt habe, 
überhaupt in zwei Mundarten, in die eis« und in die transdanubische, 
jene mit slavischen, diese mit griechischen Nachbarwörtem gemengt. 
Aber selbst diese zwei Hauptdialekte zerfallen in mehrere Unterdia- 
lekte, sei's dass sie in ganzen Wörtern oder nur in der Aussprache 
derselben von einander abweichen, als der boskopolitanische, der 
grabovenische, der gremostenische, der gopistenische, der mezori- 
tische oder epirotische, der malavistenische, der Gebirgs- oder wa- 
laehisehe, der moldauische, der siebenbürgische, der banatisohe, der 
Dialekt der Anwohner des Krisch- (Koros-) Flusses in Ungarn 
u.'m. a. Aber das ist das besondere unserer Sprache, dass ein Wort, 



183 

welches in dem einen Dialekte comimpiert ist, in dem anderen sich 
rein findet; z. B. den Topf, den einige stammt, andere ureeor, 
andere olu und wieder andere karcagu nennen, nennen die Sieben- 
bärger und Krischerwalaehen am meisten recht ureeor und olu, vom 
lateinischen urceolus *) und olla. liebe heisst hier vriare, dort dra- 
goste, hier placiare, dort jubire: am besten sind daran die Bosko- 
politen, die vriare sagen, vom lateinischen volo; recht haben auch 
die Cisdanubianer mit ihrem jubire, was vom lateinischen libet oder 
lubet, und mit placiare, was von placet herkommt Den Koth nen- 
nen einige muzga, andere imala, andere tina: am meisten recht haben 
die Cisdanubianer mit ihrem tina, vom lateinischen coenum oder Yon 
quino. Die nämliche Veränderung hat auch die griechische Sprache 
er&hren. So nennen die heutigen Griechen in Kastoria das Schnupf- 
tuch (rö fiavTiM) ^i^avt; die nämlichen Kastorianer haben vergessen, 
das Mädchen üdpi; zu nennen und nennen sie eupa; andere Griechen 
4)aben ebenfiEÜls das Wort aöpii comimpiert und Kophei daraus ge- 
macht. Ich habe nicht Zeit, das ia^viy ia^owrSk und andere türkische 
Wörter anzufahren, noch Wörter aus dem chiotisohen Dialekte, die 
nicht einen Schatten von Gräcität haben. Doch haben alle Nationen, 
die Mittel und Müsse hatten, sich bestrebt, ihre Sprache vollkommen 
herzustellen. Dann aber ist eine Sprache vollkommen, wenn alle 
Theile d. h. alle Wörter derselben, harmonisch ihrem Zwecke ent- 
sprechen, welcher ist die Mittheilung der Gedanken; wenn sie dazu 
noch Echtheit, Bicichthum und Schönheit der Wörter und eigene 
Buchstaben hat, dann ist sie verschönert. Daraus erhellt, dass unsere 
walachische Sprache weder so vollkommen ist, dass wir in allen 
Wörtern übereinstimmten, noch verschönert, weil was nicht einmal 
vollkommen ist, auch nicht verschönert sein kann. Vor allem also 
müssen wir alle fremden Wörter verabschieden und ihnen die echten 
substituieren, die in unseren Dialekten zerstreut sind. Zu dieser 
Operation bestelle man Walachen, die lateinisch, italienisch und alle 
Dialekte der walachischen Sprache können ; sie sollen jedes Wort 
untersuchen und dann ein walachisches Lexikon herausgeben. Sie 
müssen auch die acht Redetheile in Ordnung bringen mittelst der 
Grammatik, Blietorik und Poetik. Aber (wird man mir einwenden) 
auf diese Weise erfthrt die walachische Sprache eine neue Revolution, 
und folglich werden wir uns schwerer gegenseitig verstehen. Darauf 



*) Der Verfasser spricht urceolus pach Art der Italiener urceolus aus, und sq 
überall c wie v. 



184 

* 

antworte ich so: Der Mensch ist nicht für sich allein, sondern au.eh 
für die Gesellschaft geboren; wir müssen alle beitragen 2u — guten 
Schulen, und in diesen soU die reine walachische Sprache tradiert 
werden. Ka schadet nichts, dass diese reine walachische Sprache 
nicht sobald gemeinüblich wird; es geht anderen Nationen auch nicbt 
anders. Mag der Pöbel seine Sprache behalten, wenn wir nur die 
reine Sprache in Schulen nach Regeln studieren und so eine allge* 
meine Schrift- . und Büchersprache bekommen ; dann werden sogar 
Ausländer sie studieren. Ich habe oben gesagt, dass durch ein Lexi- 
kon , eine Grammatik und einige andere nöthige Bücher unsere 
Sprache verschönert werden könne. Dieses aber, liebe Luidsleate, 
geht schlechterdings nicht on. ohne eigeneUBuchstaben. Unsere Sprache 
ist römisch, die römischen Buchstaben also schicken sich für sie» 
nicht aber die griechischen noch die cyrillischen, die die Serben ge- 
brauchen. Dass wir aber die lateinischen Buchstaben gebrauchen 
können und müssen, erhellt aus folgenden Grründen: 1. Aus unserer 
Sprache sowohl als aus den Zeugnissen der Geschichtschreiber; die 
ich in meinen Untersuchungen 1808 'angeführt habe, geht hervor. 
dass wir Nachkommen der alten Römer sind, folglich müssen die 
lateinischen Lettern für unsere Sprache am meisten geeignet sein. 

2. Nach dem berühmten Büsching gebrauchten unsere Brüder,* die 
Moldauer, bis zum Jahre 1439 wirklich lateinische Lettern: diess 
muss man auch von allen cisdanubianischen Walaohen vermuthen. 

3. Die Italiener, Spanier, Franzosen, die auch römischer Abkunft 
sind, haben keine anderen Buchstaben als lateinische. 4. Die latei« 
nischen Buchstaben werden beinahe von allen gebildeten Völkern 
Europas gebraucht, und wir, die wir ein yerdorbenes Latein spre« 
chen, schämen uns nicht, unsere Gedanken mit fremden Buchstaben 
zu bezeichnen! Diess ist gewiss, Landsleute, dass wir uns so ver- 
halten zu den alten Römern, wie die heutigen Griechen zu den alten 
Hellenen: wenn also die Griechen die Buchstaben ihrer VorfiEÜbren 
immerfort gebrauchen, was hindert uns, ebei^ so zu thun? Wann 
werden wir erwachen aus der durch fremde Beherrschung verursach- 
ten Sorglosigkeit? Wollen wir imsere Sprache zu Ehren bringen, so 
müssen wir auch die nöthigen Mittel dazu gebrauchen, d. i. eigene 
Buchstaben, denn fremde Buchstaben sind fremde Mittel, und dass 
unsere Sprache durch diese fremden Mittel bisher gar nicht voa:>warts 
gekommen, liegt am Tage. Wenn .ich aber lateinische Buchstaben 
vorschlage, so ist's nur fiir weltliche Schriften; für die Kirchensachen 
mögen immerhin die cyrillischen Buchstaben beibehalten Ver- 



N 

185 



den *). „Unsere armen Kinder! (höre ich hier einige sprechen)* nun 
sollen sie gar zweierlei Alphabete lernen.^ Ich aber sage: ja; in der 
ungrischen und deutsehen Schule lernen die Kinder das deutsche und 
lateinische Alphabet zu gleicher Zeit, und sie kommen doch yorwarts. 
In unserer walachischen Schule (zu Pest) lernten unsere Kinder in 
sehn Monaten die cyrillischen, die deutschen und die ungrischen 
Buchstaben ohne Schwierigkeit. Mädchen lernen heutzutage von 
selbst griechische, deutsche und firanzösische Bücher yerstehen. Aber 
ich lasse das. Sehet nur die Russen an, ein grosses, berühmtes und 
aufgeklärtes Volk! Sie nun lernen auch zweierlei Alphabete, das 
cyrillische und das politische, und doch werden sie darum nicht yer- 
finstert. Machten nur wir solche Fortschritte wie die Russen! 

Nach dieser paränetischen Einleitung geht der Verfasser nun an 
die Darstellung seines lateinisch-walachischen Alphabetes. 

I. Zuerst die 24 Buchstaben des lateinischen Alphabetes nach 
folgender Aussprache: a, b, z, d, e, f, g, h, i, j (wie firanzösisch j),. 
1, m, n, o, p, q, r, sz, t, u, w, x, y*), s. 

n. Weil aber die walaohische Sprache gleich mehreren anderen 
eigene Mundarten und eine eigene Aussprache habe, so merke man 
sich folgendes: 1. 4, e, i, d, ü lauten alle fiinf gleich, nämlich wie 
ein Mittelding zwischen einem a und o, lang, oder wie das cyrillisch- 
walachische ^. 2. a, e, i, d, ü eben£edls alle, gleich, wie ein Mit- 
telding zwischen a und o, kurz, oder wie das cyrillisch- walachische 'k. 
3f Durch welchen dieser ftnf Vooale aber dieser Laut jedesmal zu , 
bezeichnen, muss die Abstammung lehren. So muss man n^ü'k 
schreiben pftne, und nicht etwa p^ne, ptne, pAne oder püne, weil 
es im lateinischen panis geschrieben wird; so pii^cnSHAt^ respundu, 
nicht etwa röspundu etc.» weil es von respondeo kommt. 4. c vor a, o, u 
und Ckmsonanten wie k, vor e, i wie c. Statt c sprechen jedoch die 
Transdanubianer oft tz (wie im italienischen die Venetianer). 5. Am 
Ekide einsylbiger Wörter soll c gar nicht gesprochen werden. 6. c soll 
bei den Cisdanubianem för tz gelten. 7. ch vor e und i wie k. 8. d^ 
oder 'd besonders vor i wie dj (auf böhmische Art). 9. 'e wie i oder 
je, ja. 10. g Yor a, o, u und Onsonanten wie g, vor e, i wie dz 
(auf italienische Art). 11. gh schreibt -man, wenn g vor e oder i 
wie g lauten soll (auf italienische Art). 12. h lautet wie ch (auf 
kroatische Art). JS. j wie französisch jr 14. 1 vor i wie italienisch 



*) Ans khigem Respect tot der Neuerangssclieu der Kirche? 
') Soll nur in techuiaeheB ftemden Wörtern stat^uibeii. 



186 

gli (wie bei den Böhmen und Polen). 15. o lautet, wenn der Ton 
darauf ruht, wie oa, z. B. morte lies moarte (zweisyUug). 16. qu vor 
a, o, u wie k, z. B. quando lies k^ndo. 17. qu vor e und i vrie c 
und bei den Transdanubianem wie tz. 18. s wie ss. 19. $^ oder 's 
wie deutsch seh. 20. see, sei wie das cyrillische i|i (st). 21. 't oder 
t' wie tz, und wird geschrieben in solchen Wörtern, die in der alten 
römischen Sprache ein t haben, z. B. 'tene (zonne) von teneo. 22. u 
zwischen zwei Vocalen wird gar nicht ausgesprochen: viue lies vie. 
23. z lautet wie s, über der Donau aber oft wie ds. 24. k branohen 
wir keines. 26. Die Transdanubianer, die sich des griechischen Al- 
phabetes bedienen, schreiben yivov^ yid^xt^ ytov; wir aber werden 
vinu, viaspe, viu schreiben, weil diese Wörter von vinum, vespa, 
vivus herkommen. 

Nach dieser Darstellung seines lateinisch- walaohischen Alpha- 
betes gibt der Verfasser als praktische Übung acht Blätter wala43hi- 
scher Sentenzen, Erzählungen. Anecdoten und Fabeln mit unten- 
stehender etymologischer Analyse. „Wenn ich gefehlt habe, sagt der 
Verfitsser am Schlüsse seiner Einleitung, so sagt oder schreibt es 
mir; ich bitte euch darum, und will euch gross daf&r danken.^ 

Recensent weiss nicht, oh und was dem Verfasser seine Lands- 
leute gesagt oder geschrieben haben, aber wenn auch einem von dem 
terenzischen homo sum durchdrungenen Fremden ein Wort erlaubt 
wäre, so möchte er als Geschichtsforscher und Chrammatiker folg«)- 
des dagegen bemerken: 1. Den Verfasser, dem es Ehre macht, &A 
neben seinen medicinischen Studien auch mit Untersuchungen über 
die Geschichte seiner Nation zu beschäftigen, scheint vorzüglich das 
patriotisch-übereilte Resultat derselben, als seien die Walachen Ab- 
stämmlinge römischer Colonien, zu vielen anderen eben so übereilten 
Baisonnements verleitet zu haben. Aber die Walachen sind keine 
Nachkonmien rönoischer Colonisten, verhalten sich auch nicht zu den 
alten Römern, wie die heutigen Griechen zu den alten Hellenen, son- 
dern sie sind, zufolge der Geschichte und der Gestalt ihrer Sprache, 
Nachkommen der alten, vielleicht mit Galliern (Walchen, daher viel- 
leicht der slavische Name Vlachen) gemischten Thracier, die durch 
die römische Eroberung wie die Gallier und Hispanier romanisiert 
worden. Nur wird sich bei einer mit den gehörigen Hilfsmitteln ein- 
geleiteten Untersuchung wahrscheinlich finden, dass die walachische 
Sprache näher an die altrömische reicht, als die heutige italienische, 
französische oder spanische, die seit der Völkerwanderung abermals 
durch deutsche Mischung und später durch literarisdie Bearbeitung 



187 

modifioiert worden (mehr Ähnlichkeit dürfte sich in dem furlanisohen 
oder dem rh&tisohen Dialekt finden). Der Walache sagt z. B. albu, 
deget, Yorba, masa, ruga etc., während der Italiener bianco, dito, 
parola, tavola, pregare; der Franzose blanc, doigt, parole, table, 
prier; der Spanier bianco, dedo, palabra, mesa, rogar sagt. 2. Da 
also die walachische Sprache nicht wie die neugriechische nur eine 
durch die Länge der Zeit in ihren Formen etwas yeränderte Original- 
spraehe, sondern eine durch Vermischung zweier in Materie und Form 
verschiedener Sprachen entstandene Mengesprache ist, so folgt, dass, 
so wie im italiemschen und französischen also auch im walachischen 
die nicht lateinischen Wörter eben so gut walachiseh sein müssen, als 
sie dort gut italienisch und gut französisch sind. Folglich sind stamna 
und karcagu eben so gut als urceor und olu; dragoste so gut als 
vriare oder jubire (welches letztere, wie schon Sulzer *) bemerkt hat, 
eben so wie dragoste der slavischen Sprache angehört). 3. Die Män- 
ner also, die die walachische Sprache vervollständigen und verschö- 
nem soUen, müssen nebst der lateinischen und ihren Tochtersprachen 
wohl auch ein wenig slavisch« griechisch und albanisch können, vor 
allem aber — Sprachphilosophen sein, die auch wissen, dass eine 
Sprache nicht durch einzelne Dilettanten, sondern parallel mit den 
nur bei einer guten Staatsverfassung möglichen Culturfortschritten 
des ganzen Volkes, das sie spricht, durch gemeinschaftliche tägliche 
Pflege aller vorwärts kommt, und dass die Grammatiker nur ihre 
Statistiker (DarsteUer ihres Zustandes), nicht ihre Gesetzgeber sind. 
4. Aber gesetzt selbst, dass die Walachen reine Nachkonmien der 
Römer wären, aber ihre Sprache durch die Länge der Zeit gegen die 
altrömische sich so verändert hätte, wie irir sie heute finden, so wäre 
doch Roza's Vorschlag, wie er ist, zweckwidrig und unzulässig, weil 
er nicht vop der Theorie der Buchstabenschrift ausgeht, wie er doch 
sollte. Die Buchstaben sollen die einfachen Laute einer Sprache dar- 
stellen, folglich müssen ihrer so viel in dem Alphabete eines Volkes 
sein, als seine Sprache einfache Laute hat. Je ein&cher diese Laut- 
bezeichnungen sind und je deutlicher sie sich von einander unter- 



*) Sollte Herr Boza Snlzer's Werk nicht kennen? Beinahe sollte man es glau- 
ben, da er ikoch immer an den römischen Colonien hängt, so augenscheinlich 
anch SnUer den Ungmnd dieser Meinung historisch und linguistisch bewiesen 
hat. Recensent hat Herrn Roza's Untersuchungen nicht zu sehen bekommen, 
aber er kennt so ziemlich alles, was über die Walachen sonst geschrieben 
und — geträumt worden, und Sulzer*s Gründe haben ihm bisher immer 
entschieden siegend geschienen, 



188 

scheidep, je leichter sie folglich zu schreiben und bu lesen sind, 
desto vollkommener ist das Alphabet. Diess ist die ein&che Theorie 
der göttlichen Erfindung der Buchstabenschrift. Und wenn das ganae 
gebildete Westeuropa, sogar wo Originalsprachen herrschen, dieser 
Theorie zuwider sich mit erbärmlichen Combinationen der 24 Buch- 
staben des mangelhaften lateinischen Alphabetes behelfen muss, so 
seufzen die Verständigen aller dieser Nationen schwer genug darüber. 
Und Herr Roza sollte seine Nation, die glücklich genug gewesen, 
das schon an sich reiche cyrillische Alphabet durch Bereicherung mit 
ein paar neuen Zeichen im Geiste Cjriirs allen Lauten ihrer Sprache 
anzupassen, dieser himmlischen Klarheit *) berauben und sie mit in 
das Chaos der Westeuropäer stürzen wollen? 5. Ein anderes wäre es, 
wenn Herrn Roza bloss die durch mehr als dreihundertjährige Ver- 
suche verfeinerten lateinischen Druckbuchstaben besser gefielen als 
die cyrillischen, an deren Gestalt seit dem neunten Jahrhundert bei- 
nahe nichts verfeinert worden. Da wäre wohl jedermann mit ihm ein- 
verstanden. Nur müsste er auch, wie dort der heilige Cyrill zu den 
griechischen, hierzu den lateinischen Schriftzeichen die mangelnden 
hinzu erfinden, nicht aber sie nach der unseligen teutonischen Me-* 
thode durch Missbrauch der bestehenden lateinischen Zeichen zusam- 
menstöppeln. Dann wären die Walachen freilich noch besser daran: 
so lange diess aber nicht geschieht, lasse man sie wenigstens bei dem 
guten. 6. Da wir einmal schon dabei sind, so ist's wohl der Mfik 
werth, bei dieser Gelegenheit zu fragen, wie viel denn der Menschen 
seien, welche walaehisch sprechen, versteht sich, nicht nur in, son- 
dern auch ausser der österreichischen Monarchie. Die Griechen reefa* 
nen sich an 7 — 9 Millionen, die Juden (die freilich durch etwas 
anderes als Sprache zusammenhangen) auf 6 — 7 Millionen, die Deut- 
sehen (Skandinavier und Engländer nicht mitgerechnet) auf 30 Mil- 
lionen, die Magyaren (Ungern) auf 2 — 3 Millionen, und die Slaren 
auf 50 — 60 Millionen. Wie hoch also die Walachen? Es ist ein inte- 
ressantes Gedankenspiel, die Stärke, das ab- und zunehmen der 
Völkerfamilien zu vergleichen. 

^) Wenn der russische und walachische Bauer in 24 Stunden sein Abc gelernt 
hat, so kann er zugleich auf sein ganzes Leben lang orthographisch schreiben. 
Wie es dagegen in diesem Punkte unseren Damen nicht 9ur, sondern sogar 
unseren Schriftstellern geht, wissen wir alle. So Tiel kommt' auf «An voU- 
. ständiges Alphabet an. »Es gibt eine Philosophie des Abo mit allgemein weit 
festeren Grundsätzen als die Moral hat,« sagte der selige SchlOier. Aber die 
armen Westeuropäer kOnnen die Herrlichkeit der Buchstabenschrift gar nicht 
Xennen, denn sie verehren ein Zerrbild statt der göttlichen Venus. 



189 
XXIV. 

Schalanstalten 

fär die nichtunierten in den österreichischen Staaten. 

(Vaterländische Blatter. 1812. 477—480.) 

österreioh zählt unter seinen Völkern in der südlichen Hälfte 
seiner schönen Monarchie Millionen von Seelen, die sich zur griechi- 
schen Kirche bekennen. Diese Millionen gehören ethnographisch 
grössteniheils zu dem durch die ganze östliche Hälfte Europa's ver- 
breiteten Volksstamme ; ein Sechstheil etwa sind Walachen (Nach- 
kömmlinge der alten mit Oalliem [Walchen, Wlachen] und später 
mit SlaTcn gemischten Hiracier) , und nur ein unbeträchtlicher 
Bruchtheil sind wirkliche, meist aus dem benachbarten Macedonien 
eingewanderte Nationalgriedien. 

Wiewohl also in Sprache dreimal «verschieden, setzt die Kanzlei 
diese drei Völkerzweige (den Vortrab von noch viel mehr Millionen 
ihrer Stammes- und Glaubensbrüder unter türkischer und russischer 
Oberherrschaft), nur nach der Religion olassificierend , in eine 
Classe, mit der Überschrift, an&ngs: Illyrisohe Nation, nach dem 
^ssten Bestandtheile, — später: llljrisch-walachische nach den bei- 
den HauptbestandtheUen; am richtigsten wäre wohl die Benennung: 
die Olyrisdie, die Walaohische und die Oriechische Nation (nicht etwa 
Uljrisch-walachisch-griechische gegen alle Ghrammatik, da ja diese 
Nationen nicht mit einander gemengt sind, sondern nur zufälliger- 
weise bloss den nämlichen Cultos mit einander gemräi'haben). 

Die römiseh-kaiholischen Nachbarn geben diesen ihren Brüdern 
den (im Grunde ehrenden) Spitznamen Altgläubige (slavisch staro- ' 
vjerei); sie selbst nennen sich oräiodoxe Cihristen (slavisch, mehr 
wörtlich als gut übersetzt, pravoslavni). Sonst nennen die lateinische 
und griedusche Kirche einander wechselseitig Schismatiker (in Tren- 
nung lebende). Wirklich ist auch diese Trennung mehr Folge des 
Rangstreites von Alt^ und von Neu-Rom (Rom und Konstantinopel), 
als der wesentlichen Verschiedenheit der Glaubenslehre. Daher so 
viele leicht begonnene Unterhandlungen zur Wiedervereinigung der 
getrennten, während noch der Thron der Byzantiner stand; daher der 
leichte Übertritt eines Bessarion und mehrerer atidercr grossen Grie- 
chen nach der Einnahme Konstantinopels durch die Türken ; daher 
die leichte Union aller polnischen (kriechen durch die Jesuiten. Es 



190 

kam nur darauf an, den Papst als solchen und das von den Lateinern 
ins nicanische Symbolum eingeschaltete filioque für keine Neuerung 
der Glaubenslehre, sondern nur für eine Erläuterung anzuerkennen. 
Alles übrige liess man als Disoiplinarsache gut sein. 

Doch um wieder auf die österreichischen Griechen zu kommen, 
so sind auch von diesen die galizischen nebst den an sie grenzenden 
Munkacem und einige Gemeinden in Kroatien und Slavonien uniert. 
Von diesen ist hier nicht die Bede, da sie theils in eig^ien Semina- 
rien, theils gemeinschaftlich mit Lateinern an den Lehranstalten der 
letzteren theilnehmen. Aber die Nichtunierten (wie sie auf JoseTs II« 
Befehl statt des vorigen immerhin doch erbitternden Namens Schis- 
matiker genannt werden, oder wie sie sich selbst nennen, die ortho- 
doxen Griechen) hatten bisher keinen ordentlichen Schuletat, wie 
doch ausser den herrschenden Katholiken auch alle anderen Reli- 
gionsparteien ihn haben. Mitten im Ger&usdie des Krieges 1809 ent- 
ging doch dieser Mangel den Yäterlich^i Blicken Seiner Majestät des 
Kaisers Franz I. nicht. Bald nach dem Frieden erschien folgende für 
die illjrisch-walf^hische Nation äusserst ehrenToUe Bekanntmachung 
in Nr. It). der Wiener Zeitung von 1810: „Noch steht die illyrisch- 
walachische Nation in den k. k. Erbstaaten nicht auf jener Stufe der 
Cultur, auf welcher sie nach ihren unverkennbar guten Anlagen ste- 
hen könnte. Seine Majestät machten es sich daher zu einer besonde- 
ren Angelegenheit, auf die Unterrichtsanstalten dieses zahlreichen 
und in so tiel&chen Beziehungen interessanten Volkes ^) die höchste 
Aufinerksamkeit zu wenden, und bei denselben, als der Grundlage 
der Cultur, jene Verbesserungen anzuordnen, die zu dem vorgesetz- 
ten Zwecke führen können. Zu diesem Ende haben Allerhöchstdie- 
selben durch eine besondere Entschliessung den durch seine Bildung 
und die mannigfaltigsten wissenschaftlichen Kenntnisse, durch Thä- 
tigkeit und vielseitige andere Verdienste als ehemaliger Staatsbeamter 
ausgezeichneten Hofkriegsrath-*, auch königlich ungrischen und Mili- 
tärgrenzagenten Uros Ste&n Nestorovic zum königlichen Rathe und 



^) Es sind, wie aus unserer Einleitung erbellt, wohl drei Völker, und von 
allen dreien gilt das Beiwort: »in so Tielen Besiehungen interessant.« De» 
Staatsmann und den Menschenfreund interessieren sie als Yortrab so rieler 
anderer Millionen ihrer Stanunes- und Glaubensbrüder; den Historiker aU 
Nachkommen der Griechen und der Thracier, denen Orpheus und die Musen, 
und als Slaven, denen ursprünglich die zwei grOssten Geister Deutschlands, 
Lessing und Leibnitz, wie ihre offenbar slavischen Namen es verrathen, an- 
geh K reu. 



191 

^ Oberinspeetor der s&mmtlioheii illyrisch-walachischen Nationalsohalen 
1^ zu ernennen geruht, und dadurch dieser Nation einen neuen Beweis 
I gegeben, wie werth diesiBlbe AUerhöchstihrem väterlichen Herzen sei.^ 
Der königliche Rath und Oberinspeetor Nestoroyic bereiste und 
K ordnete 1810 und 1811 sein Sparta. Es würde f&r das grössere nßu- 
p gierige , noch mehr aber für das kleinere patriotische Publicum 
t äusserst interessant sein, wenn er uns darüber etwas mittheilen wollte. 
t Bis dahin müssrai wir uns an die Wenigen aber offieiellen Daten und 
I die daraus gefolgerten Combinationen halten. 

i Referent hat vor sich eine serbische B>ede von freiwilligen Gaben, 

I in Folge des huldreichst erlassenen Decretes , wodurch die Völker der 
i morgenländisehen nichtunierten Kirche, nämlich das slaveno-serbi- 
r s<die, das walachische und das griechische, zur Sammlung eines 
\ Nationalsehulfondes Allerhöchst angefordert sind, gehalten von Ba- 
I silius Kovacic *)9 ^^^ freien und königlichen Stadt Sambor Pfarrer 
\ und Beisitzer des Batscher Consistoriums, gedruckt aber auf Kosten 
I des Herrn Uros Stefem Nestorovic in Ofen 1811 (ISSeiten in^ 4.). Der 
I brave Verfasser commentiert darin lichtvoll und beredt durch das 
j Thema aus dem Evangelium: „Selig sind die Barmherzigen^ das De- 
I cret, und fordert seine Glaubensgenossen zu freiwilligen Beiträgen auf. 

I „Der Monarch, sagt er, wünscht uns auf die Stufe der Gultur seiner 

übrigen Völker zu erheben, die, wiewohl zum Theil, wie die Luthe- 
raner und CSalviner, an Anzahl tief unter uns, bereits seit langer Zeit 
blühender Volksschulen, Gymnasien und Akademien sich erfreuen, 
während wir nicht einmal ordentliche Dorfschulen haben. Nur von 
guten Schulen ist alles Besserwerden zu erwarten. Daher sind wir 
au%^rdert, einen allgemeinen Nationalschulfond zur Unterhaltung 
der Professoren, Errichtung neuer Schulen, zu Stipendien fiir dürf- 
tige, aber gate Studenten, zur Unterstützung talentvoller Professio- 
nistenlehrjungen und guter Nationalschriftsteller za errichten. Nebst 
diesen sei die dritte Tasse bei den Kirchensammlungen zu einem be- 
sonderen Fond für drei Präparandenschulen (eine zu St. Andre bei 
Ofen für Slaveno-Serben, die andere zu Alt-Arad für Walachen, und 
die dritte zu Pest für Griechen), jede mit drei Professoren und einem 
Katecheten, bestimmt worden.^ Referent ist von guter Hand ver- 
sichert worden, dass auf diese Aufforderung die Somborer alleiil 
über 4,000 und die umliegende Gegend über 18,000 Gulden W. W. 
zusammengeschossen haben. Gleicherweise wurden in den anderen 



') AU DeutBcher würde er Schmidiin heiMea. 



It2 

Districten «je drei Männer (wahrscheiiilioh von jeder Nati<m einer) 
Kur Einsftmmlung Ton Beiträgen, sei es in Gdd oder in Greldeswerth, 
ernannt. 

Die Nummer 74. der Wiener Zeitung von 1812. enthalt folgende 
zweite Bekanntmachung in dieser interessanten Angelegenheit: 
„Seine Majestät, ftr das Wohl Allerhdehstihrer Unterthanen väterlich 
besorgt, haben, um eine zweckmässige Bildung und Erziehung der 
zahlreichen illyrischen, walaohisohta und giieehischen Jugend nicht- 
uniertai Ritus in Ungern, Sirmien, Slavonien, Kroatien und in dem 
Banate zu bewirken, das Sdiulwesen dieser Glaubensgenossen huld- 
reichst zu beherzigen, und dem königlichen Rathe und Oberinspector 
der gtiechischen nichtunierten Nationalschulen, Uros Nestorovic, die 
Regulierung derselben nach dem Allerhöchst genehmigten Pl^ne auf- 
zutrageii geruht , demzufolge vor der Hand f&nf neue Lehrbezirks- 
directoren ernannt worden sind. Zugleich haben Seine Majestät auch 
den wesentlidien Zwedc, in dem kürzesten Zeiträume wohlaosgebil- 
dete Nationallehrer zu erhalten, keineswegs ausser Acht gelassen, 
und daher drei Präparanden- oder Vorbereitungssdiulen, eine fftr die 
Slavo-Serben (Illjrier) zu St. Andre nächst Ofen, die andere für die 
Walachen zu Alt-Arad, und die dritte f&r die Griedien zu Pest, auf- 
zustellen, bei den zwei ersten dr^ Professoren nebst einem Kaie- 
cheten^ bei der letzteren hingegen für gegenwärtig nur einen Professor 
nebst einem Katecheten zu bewilligen und dieselben sämmtlich mit des 
Allerhöchst vorgeschriebenen, dem heutigen Zeitalter, dem Natioiud- 
character und den bekanntenBedürfnissendieser Völker, wie auch über- 
haupt dem bestehenden Rituale der moi^nländischen mchtonierten 
Kirche ganz eigenen Wissenschaftszweigen zu versehen , und endlich 
ihre Eröffiiung auf den 1. November 1. J. zu bestimmen, sofort aber 
dieselben insgesammt der unmittelbarenLeitung des gedachten königli- 
chen Bathes undOberiuspectors unterzuordnen allergnädigst geruht^ 

Der Geist dieser Blatte treibt den Referenten, folgende GedaD- 
ken und Wünsche, die sich in diesem Augenblicke wieder in seiner 
Seele regen« auch auszusprechen: 1. Seine Majestät maditen es sieh 
zu einer besonderen Angelegeoiheit, auf die Unterrichtsanstalten dieser 
zahlreichen und in so vielfachen Beziehungen interessanten Völker, 



^) Mit der Zeit wird es yielleicht, den Ton Seiner BCaJestAt selbst anerktoDtea 
Verdiensten des Serben Nestorovic onprftjadicierlich , nOthig sein, die drei an 
Herkunft und Sprache verschiedenen Volker in der Behandlung au treDoen 
und 80 den Wetteifer der Nationen und — der' Inspectoren nur mehr t^ 
beleben. 



193 

deren unverkennbar guten Anlagen Sie volle Gereehtigkeit wider- 
fifchren lassen und die Ihrem väterlichen Herzen werih sind, die 
höchste Aufinerksamkeit zuzuwenden. Wie stolz müssen diese Völker 
auf das Zutrauen und wie dankbar für diese Auszeichnung sein! 
2. Die Cultur wollen Seine Majestät nach dem klaren Sinne der 
zweiten oben mitgetheilten offioiellen Bekanntmachung auf der (ein- 
zig wahren) Grundlage der Nationalreligion und der Muttersprachen 
dieser Völker einfahren. Da die deutsche Nation und Sprache gegen- 
wärtig auf einer weit höheren Stufe steht, so wird der Durst nach 
Kenntniss, der, einmal so angeregt, unersättlich ist, diese Griechen, 
Slaven und Walachen von selbst zur Erlernung der deutschen Sprache 
treiben, und so des grossen Josef IL. Wunsch nattirlich und sicher 
erreicht. 3. Aber noch ist nur erst von Dorf- und Normalschulen die 
Bede. Sollen diese zahlreichen Völker noch lange die Lutheraner und 
Calviner um ihre Gymnasien und Akademien beneiden müssen? Möge 
es doch dem Eifer des königlichen Rathe? und Oberinspectors Nesto- 
rovie geüngen, nicht nur unter den P&rrem, sondern auch unter 
der höheren Geistlichkeit, in deren Händen nebst dem Zutrauen der 
Nationen auch reiche Dotationsmittel sich befinden, recht viele Ko- 
vaeic anzutreffen! Dann werden bald nicht nur morgenländisdie 
Gymnasien und Akademien, sondern (etwa in Karlowiz) auch eine 
Universität (4 Millionen verdienen doch eine) , mit lauter National- 
professoren besetzt, sieh erheben, und unter dem Zulaufe nicht nur 
der eingeborenen, sondern auch der benachbarten türkischen und 
rassischen Ghieohen, WaUchen und Slaven in einen würdigen Wett- 
streit mit den abendländischen treten können. Amen. 



XXV. 

Windisehe Spraehkanzd ifl Graz. 

(Yaterlftndische Blatter. Jahrg. 1812. 481—482.) 

Vom adriatischen Meere bis an die Donau, von der Kulpa bis 
&st an die Mauern Wiens wohnt seit Jahrhunderten ein Zweig des 
ungeheuer verbreiteten, 50 Millionen Seelen starken Slavenstammes. 
Vor Karl dem grossen reichte er, zum Theil unter eigenen Vojvoden, 
bis nach Baiem und ins Tirol hinein, wo alte Ortsbenennungen (wie 
Windisch-Matrei etc.) noch j^tzt an das ehemalige Dasein von Win- 
den, d. i. Slaven, erinnern. 

13 



194 

In KarFs Avarenkriegen müssen sie viel gelitten haben und auch 
nach ihm drängten im flachen Lande bairische Oolonien me immer 
tiefer südlieh hinab, so dass in Gr&z *) ausser dem Namen dieser 
Stadt nichts slavisches mehr ist. Indess ist dieser Zweig in Krain, 
Kärnten, Steiermark, Pi^vinzialkroatien und dem westdoaauischen 
Ungern gegenwärtig noch immer an anderthalb Millionen Seelen 
stark, und dem südlichen Brudersweige, der in Isirien, Dalmatien, 
der Heniegovina, Bosnien, Serbien, Bulgarien, Södnngem, Slavo- 
nien und Grenzkroatien etwa 5 — 6 Millionen stark angesiedelt ist, so 
sprach&hnlich, dass man Mühe haben wird, neben dem kaj ^und sto 
so viele charakteristische Dialektnnterschiede «ufzasiellen , als Do- 
brovskj zwischen böhmisch und polnisch aufgesteUt kU;. Man ist 
daher immer in Versuchung (und die Geschiehte widerspricht «icht) 
zu glauben, dass alle Slavenim Süden der Donau (die'Gofenien. die 
seit den letzten hundert Jahren von da aus ins Banat und Slaronien 
eingewandert, versteht sich auch) einem und demselben Volksz^rdge 
angehören, der seit undenklichen Zeiten hier sieh verbreitete, und 
später (anno 640) im Süden durch Colonien von Serben und Kroaten 
verstärkt wurde. Die Hypothese wird selbst durch die gewöbnlieheii 
Benennungen Slovenen (im Norden der Kulp) und Sloveno-Serbeo 
(gleichsam mit Slovenen gemischte Serben) im Süden dersdben 
unterstützt. 

Doch dem sei nun, wie es wolle. Wir kdiren naeh diesena all- 
gemeinen Überblicke, der zur gdiörigen Würdigung des einaefaieD 
uns nüthig schien, zur slavischen Spraehka^zel nach Graz zurück. 
Da die schöne südliche Hälfte der Steiermark von lauter Slaven, die 
wie überall mit Recht an ihrer schönen, an Singbarkeit bisher nur 
die italienische über sich erkennenden Sprache hangen, bewohnt und 
bebaut wird; da also die Kenntniss dieser Mundart für den dortigen 
• Ghitsherm und seine Beamten, so wie für den Arzt und den OfScier 
nicht allein sehr nützlich, sondern beinahe unentbehrlich ist, so haben 
die Stände dieser Provinz auf Anregung des Herrn Gubemialrathes« 
Domprobstes und Leopoldordensritters Josef Alois von Jüstl (dessen 
anderweitigen Verdiensten bereits ein Steiermärker, der auoh anders- 
wo viel schönes und gutes gesehen, unlängst in diesen Blättern bul- 
digte) mit allerhöchster Genehmigung an dem Gräser I^ceo dine Kan- 
zel der windischen Sprache errichtet, und sie in der Person -des 



^) Gradec, Deminutiv Ton grad (die Borg), daher das helle a in Oras, was man 
durch ft ' anzuzeigen sucht (Graz) , damit diese Baiern es nicht Groz (wie 
Voder, i hob*K g'hobt) lesen. 



196 

Herrn Ljoealbibliotiieks-Soriptors Jobann Primic mit einem jungen 
hoffimngSTollen Professor besetzt, den eine Vorliebe und ein Enthu- 
siasmus für seinen Gegenstand beseelt, wie er jedem Professor für 
sein Fach nicht nur zu verzeihen, sondern sogar zu wünschen ist« 
Noch ein anderer, und zwar nach des Referenten Ansicht der Haupt- 
Yoriheil, den diese Kanzel stiften wird, ist der, dass die windischen 
Theologen, denen man den Besuch dieser Lehrstunde zur Pflicht 
machen sollte, ihre Muttersprache grammatisch werden verstehen 
lernen. Dieses wird nicht nur auf ihre Predigten und dadurch auf die 
Cultur der Gemeinden bald den wohlthätigsten IJinfluss äussern, son- 
dern unter diesen Schülern des Professor Primic werden wenigstens 
die Hälfi;e, wenn nicht zwei Drittel, die literarische Pflege ihrer 
Muttersprache liebgewinnen, und so vielleicht bald den Wunsch aller 
Sprachfreunde nach einem vollständigen Inventar des slavischen 
Sprachschatzes, der sich in diesem Lande erhalten, erftülen. Für so 
ein Inventarium (wir gebrauchen mit Bedacht dieses Wort, um an- 
zuzeigen-, dass darin nichts neugesohmiedetes, sondern nur das vor- 
gefundene au%ef)ihrt werden darf) würde die gelehrte Welt den 
Stiftern dieser Kanzel um so mehr Dank wissen, da dieser Dialekt 
vielleicht der Enkel des kirchenslavischen ist, in welchem vor tau- 
send Jahren die Brüder Cjrill und Method, welcher letztere Erz- 
bischof in Pannonien und Mähren war, die Bibel aus dem griechi- 
schen übersetzten. 

« 

Herr Primic hat bereits in ein^mt steiriscfaen Blatte zu Beiträgen 
zu einem Lezioo au%eiprdert. Referent erwartet nicht viel von so un- 
bestimmten (vagen) Aufforderungen, er würde dem Herrn Primic 
lieber rathen, sich ein fünf Riss Papier im Format von Visitenkarten 
beschneiden zu lassen, dann ein halbes Dutzend seiner besten Schü- 
ler unter den windischen Theologen zu Hilfe zu nehmen, mit ihnen 
die Lexica von P. Marcus, Gutsmann, Habdelic, Bolostenec, Jambre- 
sic etc., dann D^matin's, Truber's und JapeFs Bibeln durchzugehen 
und daraus jedes Wort und jede Phrase, die in Steiermark auch 
üblich sind, auf eine dieser Visitenkarten (wegen der nachherigen 
alphabetischen Einordnung einzeln) zu übertragen. Durch diese Ope- 
ration dürfte so ziemlich die Hälft;e des steirischen Sprachschatzes 
inventiert worden sein. Das lasse man sogleich ') drucken , auf 



*)-Jspel, Kumerdej n. m. s. zauderten, um alles TollstAndig zusammeninbringen, 
mit ihrem krainisehen Lexico so lange, bis der Tod sie Übersohlioh. Hier gilt 
auch Hesiod*s: »Nii«cM, Mi toaow Suw fcXi'e» üjuau necyrog.« (TbOricbte, 
nicht weiss einer, wie mehr ist ein halb denn ein ganies. Voss.) 

13 ♦ 



196 

Schreibpapier mit breitem Rand, und dami ist es Zeit*, die Lands- 
leute aufzufordern, die Wörter und Redensarten, die sie in diesem 
gedruckten Inventario noch nicht finden, so wie sie ihnen bei&ilen 
(bei Ausdrücken, die nur hie und da üblich sind, mit Beisetzung 
des Ortes), in ihrem Exemplar anzumerken und seiner Zeit (sollte 
es auch gegen Honorar sein) dem Verfisisser oder Verleger mitzuthei- 
len. In der zwölften Auflage wird das Lexic<Hi auf diese Art so ziem- 
lich Tollständig sein. Diess scheint Referenten die kürzeste und 
sicherste ' Methode , ein yoUständiges Inrentar von jeder lebenden 
Sprache zu erheben, besonders aber von einer, die so gut als noch 
gar keine Literatur hat, und nur erst aus dem Munde des Volkes er- 
hoben werden kann. 



XXVL 

Hromadko's bfilunische Spraehkanzel und Zeitung 

in Wien. 

(VaterUndUehe Bl&tter. 1812. 500.) 

In Österreichs weiter Monarchie werden beinahe alle slavischen 
Mundarten gesprochen. Doch muss sie die meisten derselben mit 
anderen Mächten theilen: nur die böhmische, die nicht allein in Bob- 
men, sondern auch in Mähren, Schlesien und Troppau und von den 
Slovaken in Oberungem (in allem also ron etwa 6 Millionen Men- 
schen) gesprochen wird, ist ganz und ausschliessend innerhalb der 
Monarchie. ' 

Die böhmische Sprache ist eine der am firühesten zur Schrift- 
sprache erhobenen: nur in dem serbischen (oder vielleicht dem win- 
dischen) Dialekte war früher (um 860) von den griechischen Missio- 
nären Cjrill und Method die Bibel und Liturgie übersetzt worden, 
wie sie noch heute bei allen Slaven graeci ritus gelesen wird. Die 
Böhmen schreiben den ihrigen erst seit dem dreizehnten Säculo, 
aber dafür erfreute sich ihr Dialekt gleich an&nglich einer aUgemei- 
neren und dann auch einer anhaltenderen Pflege; seit dem vierzehn- 
ten Jahrhuiidert, da ihr Kjtrl (als Kaiser Karl IV.) in der goldenen 
Bulle die Erlernung des slavischen (womit er wohl den böhmischen 
Dialekt meinte) allen Kurfurstensöhnen emp&hl, bis zu An&ng des 
siebzehnten Jahrhundertes schrieb man nicht nur böhmische Bücher, 
sondern auch in allen Kanzleien böhmische Acten. Das ist allgemeine 



197 

Pfl^e! Wenn ein Ding (hier die Sprache) durch so viele (alle) Hände 
geht, so kommt es mitunter in manche gute, am Ende wohl auch in 
die rechten, «rährend es in den Handelnder einzelnen, oft unberufenen, 
meist einseitigen und geschmacklosen Grammatiker immer rerküm- 
mem muss. 

Schon Maria Theresia stiftete nicht nur in den Cadetenhausem 
(um fiir die böhmischen Kürassiere böhmisch könnende Officiere, zu 
erziehen), sondern auch an der Wiener Unirersität, also fiir künftige 
Gelehrte und Studierende überhaupt, böhmische Sprachkanzeln ^). 
Diese Künzel an der Universität hat nach Zlobicky's Tode Herr Joh. 
Nep. Norb. Hromadko , vorher Lehrer der böhmischen Sprache an 
der Bealakademie, erhalten, ein junger, ganz für seinen Gegenstand 
lebender Mann. Statt des vorschriftxaässigen einen Curses will nun 
Herr Hromadko, vom Schuljahre 1812, 1813 angefangen, seine 
Vorlesungen so eintheilen, dass drei Vorresungen wöchentlich für 
deutsche und andere Fremde, die noch gar nichts vom böhmischen 
wissen , zwei für bereits vorgerückte Fremde und geborne Öechen, 
eine über die Literatur der Böhmen, und endlich eine über den böh- 
mischen Dialekt, verglichen mit dem russischen *), stattfinden sollen. 



') Es ist leicht erklärbar, warum den übrigen slaTischen Mundarten, die auch 
in der Monarchie gesprochen werden, diese Ansseichnnng nicht widerfüiren 
konnte. Wir wollen uns indessen über die unlftngst erwfthnte windische Kan- 
zel in 6r&2 fronen, und ihr aus den dort angeführten Gründen recht Tiele 
Nachahmnngen an allen Theologien, die- slavische Volkslehrer zu bilden haben, 
wünschen. Der Staat wird, da ihm an der Cultirierung der Slaven, die seine 
grttsste homogene Kraft ausmachen (zwei gute Drittheile der ganzen Bevöl- 
kerung) alles gelegen sein muss, und, wie es die allerhöchsten Verfügungen 
zu Gunsten der auch meist aus Slaven bestehenden Nichtunierten beweisen, 
auch wirklich gelegen ist, solche wahrhaft patriotische Anstalten zur Huma- 
nisierung des Volkes durch seine eigene Muttersprache (die natürlichste, kür- 
zeste und fruchtbarste Methode) nicht nur genehmigen, sondern sogar loben. 
Vis eopsilii ezpers mole ruit sua: vim temperatam Di quoque provehunt in 
majus. Hör. Od. III. 4. Selbst die deutsche Sprache, die in Oesterreieh 
Sprache des Staates ist, kann dadurch nur an' Proselyten gewinnen, indem 
bei der grösseren Menge der in ihrer Muttersprache zur höheren Bildung vor- 
bereiteten sich ebenfalls eine grössere Menge zur Erlernung der Staatssprache, 
die überdiess jetzt eine mit der griechischen und römischen, und umsomehr 
mit allen heutigen Sprachen wetteifernde Literatur aufweisen kann, wegen 
welcher allein sie schon erlernt zu werden verdient und sicher auch gelernt 
werden wird, herandrangen. 

') Interessanter wäre wohl für den Österreicher die Vergleich ung des böhmischen 
mit dem polnischen oder dem serbischen oder kroatischen oder dem windischen, 



198 

Nebst dieser allerdings gaten Modifioienmg seines Lehrplanes wird 
er Tom 1. Jänner 1813 an auch eine politisch-Iiterarisehe Zeitung in 
bdhmisoher Sprache herausgeben, die zweckmässig redigiert äasserst 
▼ortheilhaft auf die Coltor des böhmischen Volkes *) wirken rnnss. 
In dieser Hinsieht muss der wahre österreichische Patriot, aaoh wenn 
er ein Deutscher oder ein Magyar ist, wünschen, dass recht viele 
brare Böhmen an der Zeitung mit Bath und That iheilnehmen mögen. 



xxvn. 
Nengriecliische Literatur. 

(Wiener aUgemeine literatuneitong. 1813. 360 — 368, 379 — 384.) 

Wenn unser Institut die beurtheilenden Ani^igen von Werken 
der blühenden Literatur der westeuropäischen Nationen mit anderen 
iheilen muss, so geben ihm seine Ortsverhältnisse in Rücksicht der 
freilich noch mit ganz eigenen (wiewohl nur zufalligen) Haupthinder* 
nissen ringenden osteuropäischen Literatur der Slaven und der Grie- 
chen beinahe das Monopolsrecht. Weder der griechischen, noch der 
von der Natur nicht weniger begünstigten slarischen Sprache (son- 
dern der unglücklicheren politischen Ver&ssung Osteuropa's) Schuld 
ist es, wenn diese durch ihre Zahl (50 Millionen Slaven, 8 — 10 Mil- 
lionen Griechen) und Abstammung so interessanten Nationen bisber 
hinter ihren westeuropäischen Nachbarn so weit zurückgeblieben sind, 
Ihr eifriges Emporstreben verdient unsere wärmste Theilnahme. 

Wir fiuigen zuerst bei den Griechen an. Allgemein ist der Enthu- 
siasmiu, mit welchem nicht nur die selbstverbannten, durch Deutsch- 
land, Frankreich und Italien zerstreuten griechischen Gelehrten gleich 
so vielen Pelopidassen imd Thrasybulen, sondern bereits auch meh- 
rere Sohulanstalten im Herzen von Griechenland selbst an der Wieder- 
belebung (dvayiwff^is) ihres in ynwissenheit und Aberglauben ver- 
sunkenen Vaterlandes arbeiten. 



indeBien, da einmal Herr Hromadko gerade das russUelie noch einstadiert hai, 
auch gut, an sich ist Jede Yergleichnng belehrend. 
') Nicht die slatischen Bewohner der k. k. Staaten insgemein, wie' es in dtr 
deatsehen Ankündigung heisst. So weit sind die Slaren noch nicht, dass sis, 
wie einst die Griechen, ihre Dialekte gegenseitig Iftsen, und daran sind nickt 
die Dialekte selbst, die beinahe einander nicht naher sein konnten, sondern 
ihre sieben ganz rerschiedenen Alphabete schuld. Die Griechen aber hatten 
alle ein und dasselbe Alphabet 



199 

In Wien, wo der Grieche gewissermassen noch immer zu Hause 
zu sein glauben darf, da er nicht nur aul dem Wege hierher, sondern 
aelbsi hier in der Residenz ganze Gemeinden von Landaleuten und 
sonstigen Gbubensverwandten antrifft, bestehen bereit^ zwei griechi- 
sche Zeitungen (bisher die einzigen in dieser Sprache): der 'ßpßirfs 
Xoyios des grossen Philologen u^d um seine Nation hochverdienten 
Anthimos Gazi (ruBij), eine Literaturzeitung, seit zwei Jahren, und 
der 'EXA.ifviMs TiiXiypa^os des Doctor Demetrios Alexandrides, eine 
politiseh*philologische und Handlungszeitung, seit einem Jahre. Zwei 
Druckereien arbeiten bloss, drei bis vier andere mitunter, für Neu- 
griechen. Und Ton all dem vielen, was hier, so wie von dem weni- 
geren, was in Venedig, Paris und anderswo für Griechen gedruckt 
wird, kommt selten etwas, in den Buchhandel, weil gewöhnlich der 
Autor oder sein Mäcen die ganze Auflage, so wie sie ausgedruckt ist, 
nach Griechenland mitninmit oder schickt *). Becensent ist durch die 
persönliche Bekanntschaft mit gelehrten Nationalgriechen in der vor- 
theilhaften Lage, die meisten dieser neugriechischen Schriften zu 



*) Dslter aoch MlKg za erwarteo steht, da«s sie sich endlich leidlichere Typen 
anschaffen wei^n, als es die bisheiigen elenden Trattner*sehen oder noch 
alteten sind. Bei dieser Gcelegenheit i^ü»b es Becensent frei gestehen, das« 
ihm die bekannten Baskerrille'schen und sogar die Glasgower Typen noch 
immer ungleich mehr gefallen als die neuesten Pariser und alle Bodonischen, 
GOschen*schen und Tauchnitz'schen Versuche. Seine neugriechischen Freunde 
geben sogar den obenrahnten Pariser Typen oder den alteren Stephanischen, 
so vieles sie anoh einer sirengeren Kritik au wttnsehen übrig lassen, ohne 
Bedenken den Vorzug vor allen deutschen, aa<di Tor denen, womit Nauck in 
Berlin drucken läset und die Becensent bereits auch in Petersburger Auflagen 
angetroffen hat. Ferner möchte Becensent auoh alle, die über diesen Gegen- 
stand nachdenken und Versuche machen (Schriftschneider sollten denkende 
und geschmackTolle Gelehrte zu Bathe ziehen) unmassgeblich fragen , ob es 
denn nieht mOgüeh wAre, so wie man im lateinischen Drucke eine Antiqua 
und «ine CursiTsehiift hat, auch im grieehischen zu der bisherigen einsig 
bestehenden Cursiv und eine Antiqua hinzu zu finden? (Griesbach's Gegeu- 
gründe überzeugen Beferenten nicht, und bei Didot*s Versuch findet er nur 
die Ausführung, nicht die Idee zu tadeln.) Es thftte nichts, wenn sie auch 
ein wenig latinisierend oder sogar russisierend ausfiele. Ob sie den alten Hand- 
schriften IhnKoh wire, müsste keine Frage sein: die Cursiv ist es ja auch nicht, 
nnd daiim Uegl auch nichts, wenn sie nur die lateuüsehe an £legmia esreiphte. 
Kit Vergnügen siebt er s. B. im Tauchnitz'schen t eine AnnAheinng zum 
lateinischen t. 

^) Ein Pendant hiezu ist des seligen Beiske Denunciation der griechischen Kauf- 
lente, die in Leipzig alle besseren alten Editionen ihrer Classiker aufkaufsir 
und naeh Gfieehenland exportieren. 



200 

Gesicht zu bekommen unc), glaubt dem deutschen Publico, dem man 
mit so vielem Rechte den reinsten Kosmopolitismus nachrühmt, durch 
Anzeigen derselben um so weniger einen unwillkommenen Dienst zu 
leisten, da es hier Griechen betrifft, denen das ganze Europa und 
namentlich die Deutschen am meisten Dank schuldig sind. Bis Re- 
censent im Stande ist, eine wohlgeordnete chronologische Übersidit 
der ganzen neugriechischen Literatur zu geben, mag die folgende 
Anzeige eines Werkes vorangehen, das sowohl an sich, als durch die 
erfreuliche Anerkennung deb deutschen Verdienstes um griechische 
Classiker interessiert. 

Ofiifpov 'JXidbof ßmi^cpdia d, /ler' ^^i^yi/tfccov iraXaiS}V Aai vi<»v. 
' Etiboais BoXi66ia, Kai ianv dXij^&s ßasiXmdv xpäy^ ^ *Ofirfpov xoitf9i9 
ßiai fidXißra ^ 'IXtds. E^^rdBtof^ irpooifaov tis rifv ^TXidba, *Ev napiaiais, 

(1811). XL. und 136. 8. 

Da unsere Leser bei dem Worte BoXisaia zuerst stutzen werden, 
so müssen wir ihnen vor allem nur sagen, dass es der Name des Dor- 
fes auf d^ Insel Chios ist, wo der Herausgeber sich aufhält und wo 
er diese Ausgabe redigierte, um sie dann in Paris drucken zu lassen. 
So wie man nämlich bei den Alten die Ausgaben Homer's, deren Be- 
sorger unbekannt waren, nach den Städten, wo sie zuerst gekauft 
wurden, die argolisehe, kretische, kyprische, massilische (von Mar- 
seille), sinopische, chiische benannte, so will der Herausgeber diese 
seine Ausgabe mit Veriäugnung seines Namens, recht im Geiste der 
Alten, nach dem Dorfe Volissos benannt wissen, wo er sie ausarbei- 
tete und wo er, wie wir gleich hören werden, den ersten (rührend 
komischen) Pränumeranten zählte. 

Den Druck in Paris besorgte ein anderer Grieche, Z. A., den 
der Herausgeber ersuchte auch Prolegomena dazu zu machen, der 
aber statt derselben lieber den ganzen Brief, womit der Herausgeber 
sein Manuscript begleitete, hin und wieder beanmerkt, mit abdrucken 
liess. Das Publicum wird ihm dafür Dank wissen, und ein gedräng- 
ter Auszug dieses vierzig Seiten langen, aber interessanten griechi- 
schen Briefes wird unseren Lesern den richtigsteh Begriff von dieser 
Ausgabe geben und zugleich einen tieferen Blick in das Leben und 
Streben der heutigen C^hriechen verschaffen, als manche fremde Reise- 
beschreibung. „Bei euch (in Westeuropa), schreibt der Herausgeber 
von Chios an seinen Landsmann in Paris, begeben sich Gelehrte, die 
ein Buch herausgeben wollen, in Städte, weil sie dort Bibliotheken 
und gelehrte Freunde haben. Aber die Städte Griechenlands gleichen 
in dieser Hinsicht noch nicht den eurigen, und ich sehe auch nicht ab. 



201 

wapn sie es diun werden; es fehlt uns nicht an reichen Städten mit 
schönen Häusern, prachtvollen Kirchen, und Spitälern für die Ge- 
brechen des Körpers, aber Schulen fehlen uns fiur die Gebrechen des 
Geistes. Denn wie sollten Schulen der altgriechischen Sprache oder 
der Wissenschaften diesen Namen verdienen, in denen man beinahe 
keine der gelehrte^ Ausgaben alter Classiker, keine Abhandlung von 
Akademien, kein Journal des gelehrten Europa findet! Man hat euch 
zum besten , wenn man euch von Professoren der altväterlichen 
Sprache vorposaunt, wo noch im neunsehnten Jahrhunderte über die 
Elementarwerke von Grammatikern und Rhetoren gelesen wird, 
deren Namen in dem gelehrten Europa entweder nie gehört worden 
oder längst verhallt sind, ^ und wo selbst Homer, der grosse Stolz 
Griechenlands, nur ia veralteten Ausgaben gelesen wird. Wer wird 
es glauben, dass auf dieser reichen Insel ich beinahe der einzige bin, 
der den Hejne'schen und Wolfischen Homer besitzt! Daher gab ich 
dem Dorfe Volissos f&r die Benennung meiner Ausgabe Homer's um 
so lieber den Vorzug, weil es einerseits nicht ärmer an literarischen 
Hilfsmitteln ist als die berühmten Städte, andererseits aber Homer 
selbst einst seine kleineren Gedichte (x-aiyyia, Spiele) unter den 
armen Volissem sang.'^ 

„Aber bevor ich dir von meiner Ausgabe Rechenschaft gebe, 
wird es gut sein, dich mit meinem Leben hier bekannt zu machen, 
was mich wohl eher zum Herausgeber von Homer's Spielen, als von 
seiner Dias qualificieren sollte. Mein täglicher Umgang ist der Orts- 
pfitrrer (ifffßUpios), ein Mann, der neben vielen anderen Vorzügen 
auch den hat, dass kein anderer schneller seine Psalmen in der Kirche 
aussingt, Einst nieste er dabei so gewaltig, dass er dadurch das Licht 
auslöschte. Erwägend, wie viel Zeit ihm, bis wieder Licht kam, ver- 
loren gegangen, entsehloss er sich schnell, lieber einen ganzen Psalm 
zu überspringen, als die gewöhnliche Lesezeit zu verlängern. Die Ghier 
nennen ihn Ilaxa Tpi^'^s^ ') und dieser Spitzname ge&llt ihm so sehr, 
dass er dich gar nicht hört, wenn du ihn bei seinem wahren rufst. 
Auch hat er, wie ein zweiter Uljsses, „vieler Menschen Städte und 
Sitten gesehen,^ das heisst, er ist in allen 64 Dörfern der Insel 



') Hier bemerkt Z. A., dass sein Chier Freund noch nicht wissen werde, dass 
statt der elenden alten Grammatiken nun die gute Bnttmannische übersetzt, 
und eben so anch eine geschmackvollere Rhetorik für die griechischen Schulen 
in Wien gedruckt werde. 

'J Von Tps'xu laufen, das Gegenstück zu unserem Pater Langsam. 



202 

Chios gewesen. Wie sehr durch diese grossen Reisen seine Ansichten 
erweitert worden , kannst du aus folgender Anekdote sehliessen. 
Neulich war ein Engl&nder bei u&s in Volissos in der Absicht, irgend 
ein Denkmal von Homer's Aufenthalt hier zu finden. Mit ihm waren 
seine zwei kleinen Kinder. Als sie mit dem Vater sprachen, fragte 
mich Tiayrä Tpix^s ganz erstaunt, welche Sprache die Kinder sprachen. 
Englisch, antwortete ich. Die Teufelchen, (bia^\6irov\d) sagt er 
darauf, so klein, und sprechen schon englisch! — Lache, Freund, so 
viel du willst, aber hüte dich den ehrwürdigen Papa Trecha zu ver- 
achten. Ja, ehrwürdig ist er in hohem Ghrade. Denn bei dieser hohen 
Einfalt, wovon ich dir eben Proben angeführt, kannst du dir nicht 
vorstellen, wie menschenfreundlich dieser gute Priester ist, wie be-> 
sorgt för die Sittlichkeit seiner kleinen Heerde; mit welcher Tkeil- 
nähme er sie im Unglücke tröstet und im Glücke an unglückliche 
erinnert. Seine Tugend ist kein Erzeugniss des Unterrichts (dann er ge« 
noss keinen) , auch nicht der Übung (denn sie kostet ihm keiine Anstren* 
gung).Sie ist vom Himmel in seine Seele herabgestiegen iifV79,vf^ o^pa^ 
voßiaraißaros ih r^v ^v^ffv rov). Oft seufzt er über den Mangel des 
Unterrichtes, und um an seinem Sohne zu thun, was an ihm selbst ver- 
säumt worden, hat er ihn in die Stadt (Chiös) zum Professor Selepi ge- 
schickt, damit er altgriechisch lerne. ^) Unsäglich war seine Freude, als 
ich ihm sagte, dass Homer in Volissos gewesen, und dass ich ihn heraus- 
geben wolle. Nur fragte er mich, ob Homer auch ein Christ gewesen. 
Das konnte nicht sein, sagte ich, denn er lebte bei 900 Jahre vor Christo. 
Was antwortete er mir darauf? „Gott ist ein guter Vater, und seiner 
Hände Werk verkündet das Firmament.^*) Vorgestern fragte er mieh, 
ob Homer bald gedruckt wird; als ich ihm die Zusammenstellung der 
Scholien und dann die Dmckkosten auseinandersetzte, sagte er: l}ber 
die Scholien kann ich nicht urtheilen; was aber die Druckkosten betrüR, 
scheint mir das Ding sehr leicht. Wie so, Herr? {Mi^norn ß^v) fragte 
ich. Wir haben, sprach er, so viele Prälaten, denen es weder an 
Reichthum, noch an Eifer für die Aufklärung der Nation fehlt. Hat, 
wie du mir sagst, der ewig preisliche (dgißunf^ros) Erzbischof von 
Thessalonich, Eustathios, ein grosses Vermögen zur Anschaffung der 
nöthigen Bücher und sein ganzes Leben dazu verwendet, um aus die- 



*) Also nur lesen lernen in der Regel die grieehitchen Popen ihre altgriechiscbe 
Liturgie, nicht aber Torstehen. So auch die russischen und galizischen. 

*) 'O •^(o; irjoit xaXo; navip-x; (neugriechisch), n^inot'j Bi X*'P^* «ureu if' 
yikXii To arcptuptoc (aus dem Psalm). 



sen Büchern die besten Aaslegungen Homer's susammenzutragen, so 
ist kein Zweifel, dass, wenn du deine Absieht Seiner Heiligkeit ***, 
oder Seiner Heiligkeit *•*, oder Seiner Heiligkeit **• (und so nannte 
er mir acht bis sehn Erzbischöfe her) berichtest, sie dir Dank wissen 
werden, dass du ihnei\ Gelegenheit gibst zu zeigen, wie heilig ihnen 
die Aufklärung der Nation ist. Ich kenne, sagte ich, einige der 
obengenannten Prälaten persönlich als wahrhaft heilige und ehrwür- 
dige M&nner, und zweifle keineswegs an ihrer Bereitwilligkeit f&r 
das gute, aber doch scheue ich mich zu thun, was ich bisher, seit ich 
lebe, nicht gethan. Oder willst du, dass ich, weil ich seit f&nfzehn 
Monaten in Yolissos bin, nun auch schon betteln soll? Nun gut, 
erwiderte er, wenn dir das so hart fiült, so wirst du wenigstens 
meine eigene Beihilfe nicht verschmähen. Bei diesen seinen Worten 
erstaunte ich nun beinahe nicht weniger, als er neulich über die eng- 
lisch sprechenden jungen Engländer, denn welche Beihilfe wäre zur 
kostspieligen Ausgabe Homer's von dem P&rrer von Yolissos zu er- 
warten? Ohne Rücksicht auf mein Erstaunen legte er mir zwei Piaster 
mit den Worten hin: „Diese erhielt ich gestern fär eine Kränzung *), 
nur diese habe ich, die gebe ich dir; hätte ich mehr, gerne gäbe ich 
es, auf dass gedruckt werde das Gedicht unsers Landsnuumes Homer, 
von dem ich nur zu wissen wünschte, wie es ihm dort in der anderen 
Welt gehe. Aber Gott ist ja ein guter Vater und das Firmament ver- 
kündigt seiner Hände Werk.^ Du bist neugierig, Freund 9 wie ich 
mich bei dieser Grabe des guten P&nrers benahm. Ich küsste die 
reiche Hand des armen Priesters und nahm die Unterstützung an, 
nicht nur um nicht durch unzeitiges Weigern sein gutes Herz zu be- 
trüben, sondern auch um einen so süssen G^rund mehr zu haben, 
diese Au3gabe nach Yolissos zu benennen, als wo ich sie ausgearbei- 
tet und den erstep Beitrag zur Bestreitung des Druckes erhalten habe. 
Höre etwas noch herrlicheres. Der Yolissier sind so wenige, dass ihre 
wiewohl sehr kleine Kirche ihrer dreimal so viel fitssen könnte. Dem- 
ungeachtet wünschten einige der Yorsteher, die reicheren, das Grebäude zu 
vergrössem. Der P&rrer rieth ihnen, vorerst die nöthige Sunmie zusam- 
men zu bringen. Wie sie beisammen war, redete er sie eines Sonntags 
nach der Liturgie (Gottesdienst) also an: Meine Kinder, Gh)tt wohnt 



*) Die nMUtea Bettler in Griechenland sind ans VoliMot, nicht dnrch ihre 

Schuld. Z. A. 
*) D. i. Tranung. Die griechische Kirche krftnst die Getranten, daher auch rt^- 

sisch und serbisch Tjencati (kr&uen) für «trauen. 



204 

nicht in Holz und Stein,, sondern in den Herzen guter Menschen. Ihr 
seht, dass wir nicht einmal diesen Um&ng der Kirche ausfällen. Die 
meisten von eueh können weder lesen noch schreiben. Ein ungleich 
gottgefälligeres Werk würden wir daher thun, wenn wir diess Geld 
auf Zinsen gäben, um davon einen Sehullehrer zu besolden, mit dem 
Überschusse aber jene Armen zu unterstützen, äie es ohne ihre Schuld 
geworden sind, und so den Vorwurf von uns wegzuwälzen, als wenn 
auf der ganzen Insel wir allein das Betteln liebten. Und so geschah es. 
Was sagst du dazu, Freund? Scheint dir dieser Pfarrer von Volissos 
nicht weiser und frömmer als der Kaiser Justinian, der die Professor- 
besoldungen einzog, umi dafür Prachtkirchen zu bauen? Um nicht 
weitläufig zu werden, muss ich von diesem edlen Pfarrer einmal auf- 
hören. Nur diess einzige noch. Er hatte gehört, dass ein der altgrie- 
chischen Sprache kundiger Priester auf der Insel angekommen sei 
und Anstellung suche. Sogleich geht er zu ihm und bittet ihn, seine 
Pfarre zu übernehmen. Kaum aber hatten die guten Volissier dieses 
ihnen drohende Unglück erÜEthren, als sie, Männer und Weiber, mit 
Thränen in den Augen zu mir gelaufen kamen, dass ich's dem ge- 
liebten Trecha ausreden möchte. Was gab er mir zur Antwort? Ich, 
mein Kind, bin ungelehrt; der Nachfolger, den ich euch geben 
wollte, ist nach meiner Überzeugung geschickter, die Seelen meiner 
guten PfiEtrrkinder zu lehren und zu leiten. Zum Glücke aber erhielt 
der gelehrte P&rrer einen Ruf nach Th^rmiana und so blieb uns Vo- 
lissiem der brave Trecha. Fi^nnst du, Freund, diesen Zug unseres 
Trecha nickt auch einen echt sokratischen? Wären so manche un- 
serer halbgelehrten Geistlichen, welche die Philosophie verschreien, 
nicht glücklichere und geehrtere Männer, wenn sie lieber mit der 
völligen Ungelehrtheit unseres Trecha auch seine Sitten besässen? 
Ist seine Unwissenheit nicht ein viel kleineres Übel als jener ihre 
schlechte und unmethodische Gelehrsamkeit? Gewiss ist's, Freund, 
dass man unter Ungelehrten leichter einen rechtschaffenen Mann 
findet als unter den Halbgelehrten, Die Ursache ist, weil der ganz 
Ungelehrte einem ganz Blinden gleicht: er hält sich ruhig in der 
Finstemiss, während der Halbgelehrte in dem Wahne, mehr zu sehen 
als andere, auch im Finstem keok fortschreitet. Hat er zum Unglück 
gar noch einen Stock (Archimandriten- oder Bischo&stab) in der 
Hand, so zerschlägt er, was ihm au&tösst, mit Gespenstern käm- 
pfend, die eigentlich nur sein blödes Gesicht ihm vorbildet. Es ist 
nun Zeit, dir zu sagen, wie ich diese erste Rhapsodie geordnet, und 
wie ich wünsche, dass du sie herausgäbest. Bei dem Wunsche, auch 



205 

etwas beizutragen zu der von den Einsichtsvollen unserer Landileute 
ersehnten Umwandlung des Jugendunterrichtes in Griechenland und 
in der Überzeugung, dass dieser Umschwung nur durch möglichst 
correcte Abdrucke der Classiker mit einer Auswahl alter Scholien, so 
viele deren vorhanden, und der Commentare neuerer Philologen b^ 
gründet werde, beschloss ich mit Homer den Anj&tng zu machen. 
Aber kaum hatte ich es beschlossen, als mich die vielen Sehwierig- 
keiten schreckten. Von meiner kleinen Bibliothek konnte ich keine 
grosse Hilfe erwarten; dann dachte ich auch: „Und wenn du nun mit 
unsäglicher Mühe die 24 Rhapsodien mit Erläuterungen druckfertig 
hast, wer wird die grossen Druckkosten tr;^gen! Die Volissier, und 
wären sie auch alle lauter Papa Trecha's, können es platterdings 
nicht ihun; wohl würden vielleicht es manche Reiche in der Stadt 
thun, wenn Homer statt der Grossthaten unserer Väter ihnen die 
Kunst sänge, noch reicher zu werden.^ Demungeachtet konnte ich 
von meinem Homer nicht lassen. — In diesem Streite meiner Empfin- 
dungen erhielt ich di^ von dir geschickten Bogen des Deutschen Mül- 
ler, *) die mich nun auf einmal aus der Verlegenheit rissen. Konnte, 
dacht' ich, dieser deutsche Professor, um seinen Schülern zu putzen, 
Homer^s Gesänge in einer Reihe von Jahren einzeln herausgeben, 
warum nicht auch ich? Und sogleich begann ich nach Müller's Vor- 
gang die Arbeit mit sehr wenig Zusätzen aus den nämlichen Quellen. 
Aber kaum war ich mit der ersten Rhapsodie zu Ende, so sah ich, 
dass Müller's Methode gut für deutsche Schulen, und in Überein- 
stimmung mit anderen dort üblichen Lehrgegenständen, für unseren 
Bedarf nicht hinreiche. Daher vermehrte ich nicht nur die Anzahl 
der Erklärungen aus neueren Philologen, auf die Müller bloss hin- 
weiset, sondern liess auch viele von Müller aufgenommene alte Scho- 
lien entweder ganz weg oder vertauschte sie mit anderen nach meiner 
Meinung nützlicheren, so dass nun meine und MüUer's Arbeit nichts 
gemein haben als den Grundplau. Dass ich aber von alten Scholien 
nur eine Auswahl gebe, brauche ich vor dir nicht zu rechtfertigen, 
der du im Lichte Europa's wandelst, wohl aber vor anderen Lands- 
leuten, besonders im Vaterlande, denen noch immer halbgelehrte Pe- 
danten imponieren, die im Cteiste des vierzehnten Jahrhunderts, ent- 
blösst von allen Hilfismitteln der neueren Kritik und Sprachen, den 
wüsten Kopf voll mit ihrem Theodoros (Gaza), ihrem Libanios, 



^) Es ist Ton Müller*» Ausgabe der Iliu die Bede, die nun nach svanzig Jäh- 
Ben Tollst&ndig heraus ist. 



206 

ihreaiPtochoprodFomos und dem inEuropa kaum gehörten Hermogenes, 
nun lächerlich stolz herabsehen auf alle, die von diesen ihren grossen 
Autoren nichts wissen wollen. So wie aber die heutige Physik die der 
Alten bei weitem übertreffen kann und wirklich übertrifft, wegen der 
fielen Hilfsmittel, die den Alten unbekannt waren, so auch die 
neuere Kritik, mittelst Vergleichung der vielen Bücher, die die 
Alten, unbekannt mit dem göttlichen Geschenk der Buchdrucker- 
kunst '), leicht rergleichen konnten '), und der vielen Sprachen, be- 
sonders der lateinischen. Hätte der Verfiusser des Etymologikons, 
hätte Suidas, Hesychios und der ganze Schwärm der Grrammatiker 
und Scholiasten Latein gekonnt, so hätten sie nicht so manche Ab- 
leitungen und Erklärungen gemacht, worüber jetzt die deutschen 
Schulknaben ') lachen. Darum also, weil die alten Scholiasten nebst 
vielem brauchbaren auch viel falsches und verkehrtes, folglich für die 
jungen Köpfe schädliches enthalten, «habe ich von ihnen nur das 
brauchbare aufgenommen, statt des fidschen aber lieber die guten 
Erläuterungen der neueren (Kommentatoren. Der Text selbst hat mir 
gar keine Mühe gemacht, denn er ist der unveränderte Abdruck der 
Leipziger Ausgabe der Wölfischen Recension« Damit will ich zwar 
Wolfs Ausgabe nicht fiir ganz fehlerfrei gehalten haben und bin 
überzeugt, dass er selbst es nicht thut. Um aber eine der Lesarten, 
die dieser grosse Gelehrte nach vieljähriger Prüfung und sorg&ltigem 
Studium des homerischen Textes als gut aufgenommen, zu ändern, 
hätte ich eben so lange Prüfung anstellen müssen, um meine Ände- 
rung zu begründen, ein um so schwereres Unternehmen, da Wolf 
seinen Commentar uns noch schuldig ist, aus dem wir erst das Ge- 
wicht seiner Beweggründe zu dieser oder jener Leseart zu beurtheilen 
im Stande wären. So viel ist vor der Hand gewiss, dass WolTs 
Homer von allen bisherigen der richtigste ist *). Und der griechische 
Professor, der keinen Wolf 'sehen Homer in seiner Schule hat, ver- 



*) In Griechenland, wo noch keine Druckereien existieren, fühlt man den Werth 
dieser Erfindung um so tiefer. 

') Z. B. die Ton Villoison in Venedig entdeckten Schollen znm Homer» die £atta- 
thios nicht kannte, wiewohl sie Tielleicht in der Bibliothek irgend eines sei- 
ner Nachbarn standen. 

') Prent euch also, ihr dentschen Sohnlknaben, darüber, dass ihr deutsche 
Schulknaben seid. 

*) Wir können nicht umhin, dem Herrn Oeheimrathe Wolf und in ihm der ge- 
sammten deutschen Philologie lu dieser enthusiastischen Anerkeunung seines 
Verdienstes ans Griechenland selbst Glück su wünsdien. 



um 

dient, wo nicht, nach Alcibiades Beispiel, beohrfeigt, wenigstens 
als ein schamloser Charlatan gebrandmarkt zu werden, der die ihm 
anvertraute Jugend (und ganz Orieehenland, das seine Auferstehung 
von dem Umschwung des Schulunterrichtes erwartet) betrügt. Die 
Scholien also sind aus Eustathios, dem Pseudodidymos, Villoison's 
renetischem Scholiasten, mit kritischer Auswahl und oftmaliger Ver- 
besserung des Scholientextes ') selbst, auch manchmaliger Berichtigung 
der Meinung der Scholiasten, nach Koppen und meinen eigenen 
Ansichten '). Überall ist die Quelle mit ihrem Anfangsbuchstaben, 
als £. (Eustathios), J. (Didjmos), ß. (Villoison's venetische Scholien) 
(BiK\oi9&v^ Bdvtrinif tnbo^is), X. der Ohier Herausgeber (Xios) an- 
gegeben. Ich mag nicht genannt sein. Meine süsseste Belohnung wird 
sein, wenn diese Ausgabe in den griechischen Schulen eingeführt 
wird, und die Studenten bald diese erste Rhapsodie ordentlich ver- 
stehen und auswendig können. Denn ich kenne nichts besseres, so- 
wohl zur Erlernung, der altgriechischen Sprache als auch zur Ge- 
schmacksbildung, als den Homer so lange zu lesen, bis man ihn aus- 
wendig weiss. Bei den mit X bezeichneten Berichtigungen siehst du, 
dass ich oft Korai's Methode nachgeahmt habe in Prüfung der einzelnen 
Ausdrücke und Vergleichuiig derselben mit ähnlichen aus anderen • 
Sprachen. Unter den jetzigen Umst&nden scheilit mir diese Methode 
nützlich, um einerseits das Urtheil der Jünglinge zu schärfen, und 
andererseits die Lehrer zu bewegen, nach dem Beispiele der neuen 
Professoren zuSmjma auch die Schwestei* der altgriechischen Sprache, 
die lateinische mein* ich, in die Schulen einzuführen. Denn auch ich, 
Freund, bin deiner Meinung, und wie von einem geometrischen 
Axiome überzeugt, dass latein ohne griechisch, wie griechisch ohne 
latein nicht gehörig begriffen werden kann. *) Und nun schliesse ich 
endlich den vielleicht zu langen Brief. Er ist aber so lang ausge&l- 
len, weil du mir sagtest, dass du ihn, wenn er dir gef&llt, statt einer 



*) Bekanntlich schaltet nnd waltet Korai und andere geborne Griechen mit den 
Lesearten griechischer Handschriften» wie mit einem Eigenthnm, freier als -» 
deutsche Hellenisten sich herausnehmen können. 

*) So berichtigt s. B. der Herausgeber die Ableitung des Wortes eXec (giuis) 
Ton tw oder oXw in iXw! 

*) Dieses sehOne Zengniss für die lateinische Sprache hat aus diesem Munde 
sehnfaches Gewicht, und rerdient Ton uns um so mehr sehnfaohes Lob, als 
sonst von jeher und auch heute die Griechen das Latein geringsch&taen. So 
findet man auch in Bussland beinahe mehr Geistliche, die griechisch, als solche, 
die lateinisch kOnnen. 



208 

Einkitung würdest draoken lassen. Ich berichtete also, um dir die 
Arbeit zu erleichtern^ darin auch Dinge, die du besser weisst als ich. 
Und wirklich kannst du ihn mit Weglassung der Anekdoten vom 
Papa Trecha ') drucken lassen.'^ Und so schliesst auch Recensent 
diese Anzeige. Nur darf er noch bemerken, dass seine griechischen 
'Freunde die ganze Geschichte der gegenwärtigen Ausgabe far eine 
blosse Einkleidung des eigentlichen Herausgebers, Korai selbst, hal- 
ten, der, ein ffcbomer Chier, nun in Paris die dvayivvifvis seines 
Vaterlandes leitet. Der Papa Trecha sei übrigens wirklich eine histo- 
rj^he Person. Vielleicht liesse sich diese, nicht, nach Lessing's Regel, 
aus dem Werke selbst geschöpfte Notiz doch auch, einmal von aussen 
gegeben, im Werke selbst ziemlich wahrscheinlich nachweisen. Uns 
kann diess jedoch gleichgiltig sein. Desto besser, wenn Griechenland 
mehr als einen Korai h&tte. Auch kann Recensent nicht umhin, im 
Namen der Wiener Griechen diese schöne Auflage von Seite des Pa- 
piers sowohl als des Druckes (der drei schönen aus Flaxman's Um- 
rissen und aus dem Musee Napoleon mitgegebenen Kupfer nicht zu 
gedenken) beneidenswerth zu finden. Unsere abendländischen Histo- 
riker endlich finden Seite 26. in einer Anmerkung bei Gelegenheit von 
Eustathios' Lebensepoche ein griechisches Votum über den Werth der 
so viel besprochenen Kreuzzüge: „Ohne die Kreuzzüge und ohne die 
Einnahme Konstantinopels durch die Lateiner stünden jetzt die 
Griechen auf einer Culturstufe mit den übrigen Europäern. Doch 
Geduld! Das zweimal rerhinderte soll das drittemal gewiss nicht 
verhindert werden.^^ Den Beweis dieser Behauptung findet der Mann 
aus Chios in den gutberechneten Bemühungen des Eustathios und in 
der während den folgenden 300 Jahren so sehr gewachsenen Anzahl 
der nach 1453 aus Konstantinopel durch das Abendland zerstreuten 
griechischen Gelehrten. 



^) Warum weglassen? bemerkt hier Z. A. Wenn Papa Trecha einige komiiche 
Seiten hat, so hat er dafür noch mehrere Tugenden, die Menschen Ton allen 
St&nden zu Mustern dienen können. 



(209 



xxvm, 

Griechische Aussprache. 

-vjto 'Avaaraaiov Fioopyiahov ^Xt7CXo:rco%iTOv. Paris. 

Debure. 192 S. 8. 

(WUner allgBmeine Literainneitimg. 1813. 768.) 

Ein gebomer Grieohe tritt hier als Verfechter der neogrieohi- 
sohen (reochliiüseben) Ausspraohe auf. Seine Abhaaidlimg ist alt- 
griechisch al^fiu»t, und ZHT Bekehrang der ocoidentalischeii Gras- 
mianer gegenüber gleich auch lateinisch übersetst. Bei aller »BiUig- 
keit und Nachsicht kann man doch nicht umhin, der Latinität 'des 
Herrn -^ Georgiadis also, das'Complimentsu machen, ^tm einst 
Ninon dem gar zu hftssli^en Pelisson gemacht: tous abusez'idu'pvi- 
vilege d'dtre laid. Das n&mliche beinahe möchte *man auf- seine OBitt- 
schuldigong sagen, dass er ,^kein Grammatiker und Pl^olog, ^er 
diesen Dingen ein ganzes Leben widme, sondern ein Arzt sei, der 
dieser Wissenschaft wegen nach der grossen Hauptstadt der Ghdlier ge- 
zogen.^ Indessen dürften unsere Philologen doch daffBu^ durehlesen, 
wär's auch nur , um die starken und sdiwaohen Beweise -ftr «die 
reuohlinische > Lesung einmal alle beisammen zu sehen. Beoenaent 
glaubt übrigens nicht, dass die Erasmianer, die Herr Georgi&dis oft 
ehicaniert, durchaus Recht haben. — Wir müssen also noch immer 
jenen Grammatiker und Philologen erwarten, ron dem HenrGeorgi&- 
dis spricht. 

XXIX. 

Serbische Literatur. 

LSjemDoaitejaObradovica und: Oda mojemu prijatelju Mihaihi 

Vitkovidu. (Dem Schatten Dositej Obradoviö's und : ^ Ode an 

meinen Freund Michael Vitkovic.) Ofen Iffll. 8. 

(Wiener allgeneine LiteratTurseitong. 1813. I. 784- II. 831. 832.) 

W&hrend die vollendete französische Literatur nach 'den neuesten 
•Zeitongsnachridliten ^en Preis von tausend Franken auf die Unter- 
«uchung setat, ob sie nieht au<^ der altgrieehisohm Yersmaase 'fthig 

14 



210 

sei, liefetrt uns der Serbe Musicki (nun Arohimandrit zu Sisatovac in 
Syrmien, ein Mann, der in der alten und neuen Literatur aller ge- 
bildeten Völker zu Hause ist), in einer kaum beginnenden, zwei Oden, 
die nicht nur im Geiste der Alten, sondern auch, zu nicht geringem 
Ruhme der serbischen Sprache, im alten alkäischen Metro gedichtet 
sind, in welchem Horaz siebenunddreissig seiner herrlichsten Oden 
sang (z. B. Garm. I. 9.)* Die erste, zwölf Strophen lang, setzt dem 
am 28. M&rz 1811 alten Stils verstorbenen serbischen Anacharsis 
Obradovic ein monumentum aere perennius; die andere ron zweiund- 
zwanzig Strophen rechtet patriotisch warm mit Vitkovic, der, wie- 
wohl ein gebomer Serbe, lieber auf dem magyarischen Pamass Lor- 
beem pflücken will. Der Raum schränkt Recensenten leider bloss 
auf die Anzeige des Daseins dieser zwei Stdcke ein. Möge diess den 
würdigen Verfiusser, der hierin, wie dort Homer, zugleich der Zeit 
und dem Werthe nadi der erste ist, zu ferneren Versuchen auch in 
anderen alten Versmassen aufinuntem. Möge aber auch endlich der 
Serbe die Deutschen durch eine Grammatik und ein Wörterbuch in den 
Stand setzen, die serbische Muse ohne Dolmetsch behorchen zu können. 

II. Bukvar slayenskij triazbuänyj etc, (Slovenisches Abc in 
drei Alphabeten oder erste Anleitung zur Kenntniss der Bücher 
und ScLfteu. zum Gebrauche der Slaveno^erben.. verfesst 
von Paul Solaric von Gross-Pisänica. Venedig 1812. 142 S. 8. 
Mit Schriften der griechisch-slavenischen Druckerei des Theo- 

dosios. Mit 4 Kupfertafeln.) 

Die Grammatik des Herrn Mrazovic, der grosse zu Venedig ge- 
druckte Bukvar und seine eigene in Handschrift vorhandene serbische 
Hierogljphik diente Herrn Solaric bei Verfertigung dieses Bukvars. 
Und auf der ersten Tafel kommen auch die Buchstabenzüge aus dem 
O&er Bukvar vor. Mit diesen Hilfsmitteln konnte Herrn 'Solaric 
etwas vollkommenes leisten, wie er es auch geleistet hat. Seite 7. 
hebt das kyrillische (altslavoniscbe) Alphabet an und im ganzen ersten 
Theile, Seite 11 — 90., wird von der Aussprache, vom Buchstabieren, 
Lesen, von Abbreviaturen und Zahlen gehandelt. Was in den Lese- 
übungen (§§. 1 — 30) von dem Ursprünge der serbischen Nation den 
jungen Lesern vorgelegt wird, mag wohljihren Patrio^smus erhöhen, 
aber vor der historischen Kritik kann das wenigste davon bestehen. 
Der zweite Theil gibt Anleitung (Seite 91 — 102.) zum Schönschreiben, 
wozu die vier schönen Tafeln als Muster dienen. Hierauf folgt das 



211 

russische bis Seite 112., und endlich das slaremsch-iUjrische Alpha- 
bet des heiligen Hieronjmus (Seite 112 — 134.) mit den üblichen Ver- 
bindungen d^er Buchstaben, Abkürzungen der Wörter, nebst der 
Zahlenreihe, meistens nach Caraman. Der Herr Verfasser zweifelt 
gar nicht an dem langst bestrittenen Alter der glagolitischen Buch- 
staben und wundert sich sehr über DobroYsky's Meinung, die er im 
Slavin darüber geäussert haben soll. Hätte der Herr Verfasser auch 
den Anhang zum Slavin (die Glagolitica) gelesen, so würde er sich 
von dieser neuen Meinung eine richtigere Vorstellung gemacht haben. 
Das Einmaleins beschliesst das ganze Werk, dem es auch nicht an 
gelehrten Bemerkungen fehlt, die nun freilich nicht für Lehrlinge 
geschrieben sein mögen. Ihr Werth ist auch sehr ungleich. Dass nach 
Seite 9. kniga das chinesische king ist, ist wohl richtig; dass aber 
Buch von bukva herkomme, ist nicht wahrscheinlich. Die Goihen 
hatten ja Bücher ror den Slaren. Die Behauptung, dass Cyrill und 
Method nach Seite 102. keine Griechen von Geburt waren, ist doch 
nur eine leere Vermuthung. Wir wollen es aber abwarten, ob Herr 
Solaric in seiner rersprochenen Hlerogljrphik bessere Gründe dafür 
aufbringen wird. Seinen Besjedoynik und Pomnik, deren er erwähnt, 
kennen wir noch nicht. 



Slavisclie Spraehe in Innerösterreicli. 

Deutsch-slovenisches Lesebuch etc, Nemäko-slovenske branja 
etc. Herausgegeben von Johann Nep. Priniitz, öffentlichem 
Professor der slovenischen Sprache an dem Lyceo zu Gr'&z. 

Graz 1813. 146 8. 8. 

(Wiener aUgemeine Literatarzeitnng. 1813. 1018—1024, 1034—1039, 1047—1053.) 

Das Werkchen ist in gespaltenen Columnen gedruckt; die eine 
enthalt den deutschen, die gegenüber stehende den Text des slayischen 
Dialekts, wie er in Steiermark, Kärnten, Krain u. s. w. gesprqchen 
wird. Das meiste ist Übersetzung aus dem deutschen. Unter den Ge- 
dichten ist der vierte und fünfte Aufsatz originell slovenisch und aus 
den Pesme za pokusino (pökusnjo: Lieder zum Verkosten!) des Herrn 
Vodnik, Professors zu Laibach, mit einigen wenigen orthographischen 
und anderen Abänderungen abgedruckt; bei dem sechsten, siebenten 
und achten gibt Herr Primitz selbst den Herrn Kaplan Jamik in 

14 ♦ 



212 

Klagenfurt als Verfasser an. Die Svete zgodbe sind aus dem Ker- 
sanski nkvuk sa illirske dezele abgesehrieben, welcher im Jahre 1811 
in Laibach erschien. Herr Primitz hat, ohne seine Quelle zu nennen, 
nur hie und da in einzelnen Worten und in der Orthographie,, oft sehr 
unglücklich, etwas verändert. Über den Zweck und die Tendenz dieser 
seiner Schrift erklärt sich der Herr Verfasser in der Vorerinnerung 
selbst folgendennassen: „Dieses Lesebuch war an&ngs für die slov«- 
nische Schuljugend auf dem Lande bestimmt und daher der Inhalt 
desselben bloss auf das jugendliche Alter berechnet. Nachdem mir 
aber mittlerweile von den höchsten Behörden der Steiermark die Lei- 
tung der neuen rühmlichen, zur Verbreitung und Beförderung des 
slovenisohen Sprachstudiums gegründete Lehranstalt anvertraut wor- 
den und ich beim Antritte meines Lehramtes noch gar kein brauch- 
bares Lesebuch, das ich meinen Zuhörern mit Nutzen anempfehlen 
könnte, vor&nd, so legte ich neuerdings Hand an dieses Werkchen, 
änderte manches darin ab und vermehrte es mit einigen, wie ich hof- 
fen darf, auch für erwachsene nicht. uninteressanten Spraohübungen. 
Wie schwer es sei, in einer bisher noch so wenig cultivierten Sprache, 
wie es die slovenisohe ist, etwas vollkommenes und den Forderungen 
eines jeden genügendes zu liefern, weiss jedermann, der schon selbst 
je ähnlidhe Versuche gemacht hat. Daher werden niir von Kennern 
gemachte schriftliche oder mündliche mit Gründen unterstützte Be- 
merkungen und Zurechtweisungen immer sehr willkommen sein. Das 
verehrungswürdigste Publicum möge also einstweilen mit diesem 
kleinen *HUfebüehe1chen färlieb neihmen, bis ich im Laufe der Zeit 
durch eigene Vervollkommnung und Unterstützung patriotisch gesinn- 
ter Männer in den Stand gesetzt werde, grössere und zweckmässiger 
eingerichtete philologische Behelfe ans Licht zu geben/' Recensent 
hat diese Vorerinnerung geflissentlich ganz hieher gesetzt, damit der 
Leser den Ton des Herrn Primitz und die Erwartungen kennen lerne, 
fi&u weleheu' ein solcher Ton berechtigt. Recensent wenigstens erwar- 
tete von einem Manne, der in einem solchen Tone auftritt, der sich 
als Führer des slovenischen Sprachstudiums ankündigt und der .noch 
dazu seine kleine Schrift schon das zweite Mal umgearbeitet hat, von 
einem solchen Manne erwartete Recensent etwas dassisches — allein 
er ÜBiid sich getauscht. Über den Inhalt dieser Schrift hat Recensent 
nichts zu erinnern, aber desto melu: über die Sprache, welche nach 
Angabe des Herrn Verfassers selbst der Zweck dieser ganzen Schrift 
ist. Die Vodnik'schen und Jamik'schen Gedichte ehrenvoll ausgenom- 
juen, muss Recensent bekennen, dass er oft mehrere Seiten lesen 



21g 

musste, bis er auf einen durchaus echt slovenischen Satz BtiesS'. 
Durchgängiges germanisieren und Soloecismen aller Art eharaateri- 
sieren diese Schrift. Recensent will Beispiele geben, sowohl um sein 
Urtheil 2U begründei^, als um Herrn. Primitz willkommene Beri«hti^ 
gangen (bei seiner sichtbaren Liebe zur Muttersprache traut er Hat» 
wirklich so viel Selbstverläugnung zu) an die Hand zu gebien, und' 
endlich, um die Ehre seines unter dem Volke auf dem Lande- nooh> 
in ydler Reinheit blühenden, nur in Büchern durch ungeschickte 
Sdbriftsteller verunstalteten Dialekts zu retten. Wäterend man si<^ 
angelegen sein Iftsst, den Artikel, welch^oi die ' slavische Sprache 
eben so wenig als die lateinische kennt, aus unserMi germanisieren^ 
den slorenischen Büchern auszumerzen*, tritt der Herr Verfasser mit 
diesem ausländischen Blümchen in einer Schrift auf, die zur Verbrei^- 
tung und Beförderung des slovenisehen SprachsttMÜums als Mustor 
aufgestellt wird. Gleich Seite 7. f&ngt er damit an: Na enkrat zagleda* 
Francik te zadnje rertne vrata odperte etc. und gleich' danmf : O,^ 
reee Francik, oni so le menili, de nejmava skoz-te rdke-vrata tje* 
Tun na oesto leteti etc. Sollte denn zadnje vrata, yelke yrata ohhe* 
Artikel nicht recht sein? -Odpri zadnje vrata; perpri velke ^rata; 
zadnje vrata vidim odperte, skozi velke vrata oder* besser: por vdldh 
vratihf pojqio v cerkev etc. diese- und derlei Phrasen hört Itecensent' 
wohl täglich aus dem Munde des Landmannes;' nur der germanisie-'' 
rende Städter mag etwas daran vermissen wollen. Zadnje- vertue vrata* 
aber würde der Landmann freilich auch nicht leicht sprechen^ die 
Elakophonie zadnje vertue ist ihm zu hart, er würde vertue in diesen^ 
Contexte ganz weglassen, oder, wenn er diesen Begriff doch auch nrit^ 
ausdrüdcen wollte, so würde er sagen: na enkrat zagledä Fräneiki 
zadnje vmta odperte na vertu oder na enkrat zagl^da Fran^ikfvrata' od' 
perte zadej na vertu. Den zweiten Satz aber würde 'er beiläufig so 
ausdrücken: Menili so le (oce), de naj per velkih vratifr i% verta nft' 
cesto ne letava, oder: deizvertamacestoneletajvapervelkiHvratihjOd^rt^ 
de ne «mevatia nesto l^ti per velkih vratih. MtLssdennall^8Aufj^]par^ 
visttsch übersetzt wwden? haben nicht Sprachen, besonders originelle^ 
auch originelle Eigenheiten? Gerade dieses germanisieren verfldnrtnuik 
den Herrn Verfasser alle Augenblicke, dass er glaubt seiner AlrtQM' 
niclii entbehren zu können. So heisst es Seite 10:'te'mali Valentin^ 
Seite 1 1 : te mali fimti^; ohne Artikel : mali Valentin, mali'&nticfihdet' 
hier der Herr Verfasser hart, was er aber Sett^ 9: mali prijazxd Jo£tk' 
noch nidrt hart fitnd. D«n Ree^msentenkHi^' alles dieses hart^ und' 
unslovenisch, mit und ohne Artikel. Der Sk>vene, versteht sich der 



214 

uneingenDanisierte, spricht weder das eine noch das andere, sondern 
der kleine Valentin heisst ihm Valentincik oder Tincik; der kleine 
Knabe ÜEintic oder pubic; der kleine freundschaftliche Josef prijazni 
Jozik. Der Begriff klein liegt ja im slovenischen schon in dem Aus- 
gange des Wortes eik, ic, ec, ek, wozu also noch maU oder gar te 
mali? Der Herr VerfEusser sieht n&mlich in seinem Texte das Wdrt- 
chen klein vor sich — und das muss ja doch auch übersetzt werden! 
Noch ein Beispiel. Seite 12. heisst es: Enimu je bilo ime Peter, temu 
dmgimu Janez. Wenn man, wie es der Herr Verfiusser so häufig 
ihat, für jedes deutsche Wort ein slovenisches hinsehreibt, wie man 
es in einem Lexikon, wenn wir eines schon h&tten, finden würde, so 
klingt frciilich drugimu ohne Artikel hart in diesem Satze; aber der 
nicht germanisierende Slorene braucht auch in derlei Disjunctionen 
nicht das Wort drugi (der andere), sondern eden (einer) in beiden 
Sitzen; er spricht: enimu je bilo ime Peter, pnimu Janez. So hört es 
Becensent aus dem Munde des Landmannes. Sehr reich ist Herr Pri- 
mitz an Artikeln in dieser Schrift. Sogar in die aus dem illjrischen 
Kersanski navuk abgeschriebenen Svete zgodbe corrigiert er Artikel 
hinein; so heisst es Seite 5. im illjrischen Kersanski navuk: Bog da 
mozu ime Adam ino zeni Era; ta je perri zakon etc. Herr Primitz 
▼erbessert es (scilicet): ta je te pervi zakon, wobei noch dazu das 
krainerische ta und das steierm&rkische ti (Herr Primitz kennt den 
richtigen Gebrauch des stummen i nicht und schreibt te. Bald wer- 
den wir in unseren Sbhriftien so viele Dialekte zugleich als im Lande 
Dörfer haben) sehr sonderbar zusammentreffen. Hat Herr Primitz 
schon etwas bessern wollen, so hätte er höchstens sagen können: ta 
je nar penri zakon. Möchte sich doch Herr Primitz überzeugen, dass 
man in unserem, rein gesprochenen, Dialekte so wenig als in irgend 
einem anderen in die Lage kommt, Artikel brauchen zu müssen; nur 
dem auf das deutsche verwöhnten Ohre scheinen sie öfters nothwendig 
zu sein. Tritt aber wirklich der Fall ein, dass der Satz ohne Artikel 
gar nicht gehen will, so ist diess der sicherste Beweis, dass der 
ganze Satz schon sonst germanisiert sei und folglich ganz anders ge- 
geben werden müsse. Selbst das Kopitar'sche (Grammatik Seite 215.) : 
Ktiro kravo si drajsi prodal, to pisano al to cemo? ist nicht im Geiste 
unseres Dialektes; unser"^ Landmann sagt: Ktiro kraro si drajsi 
prodal, brezo al dimo? Aber auch beiwörtUch setzt er keinen Artikel, 
wo ihn Germanisierer noch nicht verfährt haben: z. B. Danas moremo 
kozo zaklati. Ktiro? Pisano al belo? Ne pisane, nebele, ampak cemo. 
Heute müssen wir eineZiege schlachten. Welche? Die gefleckte oder die 



216 

weme? Weder die geileckte, noch die weisse, sondern die schwarze. 
Pisao, bei, cem sind doch Beiwörter?. So spricht der liancfmann 
noch heutzutage bei der Viehzucht, bei welcher der germanisierende 
Geistliche und Beamte auf seine Sprache am wenigsten Einfluss hat- 
ten. Becensent meint, diese seine reine Mundart müsse man in der 
Schriftsprache aufleben nuichen, nicht aber durch germanisieren sie 
▼ertilgen wollen. Und wenn du den Artikel auch nur einmal brauchst, ^ 
wer soll nun der Oesetzgeber sein, wann- ihn andere brauchen oder 
nicht brauchen dürfen? Doch genug von dem Artikel. Nur das be- 
merkt Becensent noch, dass Herr Primitz auch den unbestinmiten 
Artikel ein, eine, ein nieht gern unübersetzt Iftsst. Die grössten 
Missgriffe aber macht der Herr Ver&sser bei dem Pronomen. Dass in 
unserem Dialekte die persönlichen Fürwörter, wenn sie Subjecte des 
Satzes sind und kein besonderer Nachdruck darauf ruht, ganz nach 
Art des Lateiners durch die blosse Personalendung des Zeitwortes 
ausgedruckt werden und dass wir in diesem Falle für die deutschen 
ich, du, er, wir, ihr, sie kein jaz (jez, jest), ti, on, mi, ri, oni 
setzen, dieses braucht Becensent nicht erst zu erinnern. Kein 'Grer- 
manismus dieser Art kommt aus dem Munde des unverdorbenen 
Landmannes. Die yorliegende Schrift des Herrn Primitz strotzt von 
solchen Germanismen. Gleich Seite 7. respectire 1. heisst es: Ona 
gresta iedaj na vert ino en cas prav veselo igrata; o, rece Franoik, 
oni so le menili etc.; soll heissen: Gresta na y^ ino igrata prav 
▼eselo en das; o, rece Francik, menili so le etc. Seite 8: Yidita? 
on njima prari etc. Jaz sem dobro vedil, de etc.; soll heissen: 
Yidita, jima prari etc. Sim vedil, de etc. Seite 9: On ze od Toeraj 
jutra nej nie jedil. Jaz sem sam lacen etc. On je tudi bil lacen etc. 
soll heissen: od vceraj jutra seni nie jedil. Sim s^m lacen (mit Nach* 
druck auf sam) etc. Tudi je bil lacen (mit Nachdruck auf tudi) etc. 
Seite 10: Ona nozik kmalo najdeta, ino potlej tudi zadneta roze 
tergati; soll heissen: Kmalo sta nozik nasla, ino potlej zaoneta tudi 
onadva roze tergati. Seite 11: Lubi moj, rece on Joziku, ker si ti 
meni vceraj to droboto sturil, de si mi pomUgal moj roz poiskati, 
za to tebe tako rad imam, de bi hotel zmiram per tebi biti. Der ganze 
Satz ist entstellt; es soll heissen:, Lubi moj, zmiraj bi hotel per tebi 
biti, rece Joziku, tako te imam rad za to, ker si mi voeraj dobroto 
skazal (tako dober bil), ino pomagal noza poiskati. Seite 12: On je 
to postal (ratal), ino od etc. Ona sta bilo sina eniga kmeta. On 
je bil lakomen» len ino potnhnjen; soll heissen: Bil je taki, ino od 
etc. Bila sta sina eniga kmeta; lakomen, len ino potuhnjeu je bil. 



2ia 

So gtkk es fort und fort- duroh das ganse Bmeli, üiBofeme es s^e 
Arbeit ist^ 5&. B. Seite 36: Ona jo hocta zvemiti, alpa Tbiti, pak se 
neda. On si pernese majhine kamenee, ino eniga za dmgim t todo 
verse eie;; soll heissen: Hoeetaja^Tenuti eto. Nanosi si kamxdokoT, 
ino jih meoe (i^iifla) r vodo eniga za dmgim. Seite 80: On bole 
b^aty bakor pes>n>gat. On je na led pesajen. On je sam sebi rokal 
zaeil« Gn je zvit ko geroa; scdl heissen: Bo bogat kakor pes T<^t. 
Na led je posajen« oder wie sonst der Naohdroek die Setzung erfaeiscäi. 
Sam si je rokal zasil. Zvit je ko gerea; Beeensent merkt' es demHbrm 
Ver&ssiur wobl an, daes- er hie und da daa unsiofTemsohe seines jaz, 
ti» «m u* s. w. f&Ute, aber mit Weglassnng dieses Wortehens drokt^ 
der Säte nocdi luisloveittsclier zu werden. Allein die Schuld liegt nur 
in seiner germanisierenden Sjutax und Setzung^ So beisst es, «m 
noob ein Beiqoel zu geben, Seite 31. in der Fabel von den drei gsl* 
den«! Fisehohai: On je nje djal ▼ mali-Sst ribnik, ino je-imel te* 
liko veselje nad njimi. Tu Jim je on skozi djal eto. Er (der Matn) 
hatte sie in mnen ' kleinen klaren Teich gesetzt und hatte grosses 
Wohlgefallen an ihnen. Da rief er ihnen beständig zu>u. &. w. Wenn 
maoi in diesen und derlei germanisierenden Sätzen die on wegstseicht 
und dann) die deutsche Setzung beibehält, so beleidigen sie fi»ilich 
jedes slovmisdie Ohr. Aber der echte Slovene spricht ja: Djal jih 
je y ribvk (?), ino imel je vdiko yeselje nad njimi. Skooi jim je djal, 
bessere goYoril« Gewiss, k^ Slovene vermisst etwas an diesen se ge- 
stellten Sätzen« Und so lassen sich alle der^eichan Germanismen des 
ja^, ti, on u. s. w. entfernen, wenn man nur eine'eeht slarenische 
Setaung beobaehtet und sonst schon kein anderer Germanismus im 
Satze« verkommt, was in der Schrift des H^im Verfassers ' fi!«ilidi 
nichts« sdtenes iftt. Auch den richtigen GebraAich der persdoüchen 
Fürwdrtttr in den^ casibu» obliquis kennt Herr Primitz nidii Wir 
haben fiär den Genitiv, Dativ und Accnsativ eine verlängerte und eine 
veilEünte Form des persönlichen Fürwortes; die verlängerte Form 
des. Gwitivs istc mene, tebe, sehe, njega, nje, nju, ngih; die ver* 
kttr^: me, te, se, ga, je, jih, jih. Für den Dsür die verlängerte: 
menii. tebi, seU, njemu, nji, njima, njim; die verkürzte: mi, ti, si^ 
mn, ji» jima, Jim. Der Acousativ kommt mit Ausnahme der weih« 
liehen Eoanh, welche nje und verkürzt jo macht, ganz mit dem G^ 
nitiv tiberein« Doch man sehe über das - Pronomen die Kopitar- sehe 
Grammatüd Seite 280. bis 300. Nie rerwiBchselt der slovenisolie Land« 
manakidies# F<»tmeii mit einander. Die verläi]^(erte bra«iefat. er nor^ 
wenn eki' Nliohdruck darauf ruht und nach manchen Vkxrwdrtem; 



217 

sonst braacht er immer die kürzere Form, wodurch sein Dialekt an 
Bündigkeit und Flüssigkeit herrlich gewinnt. Herr Primitz versün- 
digt sich alle Augenblicke gegen diese Regel und wirft aUes unter 
einander. Mehrere Soloecismen dieser Art stehen schon unter den bis- 
her angefahrten Beispielen; denn in der Schrift des Herrn Ver£ftssers 
treffen Fehler verschiedener Art in einem und dem nämlichen Satze 
zusammen. Hier nur noch einige Beispiele. Seite 19: Kdor za njimi 
(za takimi reemi) teka, teka le za enim dimam, kateri njemu nej 
za ni($9 kakor hitro ga etc.; sollte heissen:' Kdor za njimi teka, teka 
za dimam, ktiri mu ni za nie etc. Seite 20: Katinka oeeta s solznimi 
ocmi pogleda, ino njemu molc6 persereno roko kusne; sollte heissen: 
Katinka pogleda oceta s solznimi ocmi, ino mu iz serca roko kusne 
molie. Seite 21. Namest de bi bila otroka ob sestih zbujena, nju 
zdaj ni nobeden zbudil etc; sollte heissen: Namest de bi bila otroka 
ob sestih zbujena, jih zdäj (besser denes) nobeden ne zbudi. Seite 22: 
Pak nistermenj nju je ta vesela misel v dobro voljo perpravila, de 
znata denes poceti, kar kol hocta. Ein fürchterlicher Mischmasch! 
Sollte heissen: Pa vesela misel, de smesta dnes, kar hoceta, poceti, 
jih spravi spet v dobro voljo. Noch ein paar Beispiele mehr aus der 
Mitte: Seite 75: Yedno so bili (Slovenci) eden od dmgiga odloceni, 
ino ravno to je bilo njim (soll heissen jim je bilo) k nesreci. Seite 76: 
Njega so imenovali Boga, to je pervo gibajoco moc, izvirek oblasti 
ino bogastva; sollte heissen: Imenovali so ga Boga, to je etc. (wobei 
gibajoco freilich die von einigen Etymologen ergriffene Analogie von 
bog zu begam, wie im griechischen von Sios zu ^ita nicht einmal dem 
Verfasser, geschweige dem Leser vorschwebt). Seite 78: Kadar Leo 
to slisi, nju (Metodija ino Konstantina) zdajci posle; sollte heissen: 
Kadar Leo to zaslisi oder Leo to zasHsati, jih posle per ti prici. In 
dieses nju hat sich Herr Primitz ganz verliebt. Gleich Seite 8. 
kommt es viermal vor, und so durch die ganze Schrift, Seite 28. 
gar siebenmal auf einer Seite, aber immer ungeschickt. Nju (grie- 
chisch (T^cüc, im Dual) ist freilich ein gutes und sehr gangbares Wort, 
aber am rechten Orte steht es nur dort^ wü sonst die verlängerte 
Form des Fürwortes zu stehen hat; sonst aber setzt der Slovene auch 
in Duali jih und nicht nju. Nju posle zdajci wäre nur damals recht, 
wenn Leo noch mehrere Söhne zu schicken gehabt, alsogleich aber 
nur sie, den Methodius und Konstantin, geschickt hätte; also wenn 
ein Nachdruck auf dem nju ruhte. Wider die Regel, nach welcher 
der nicht germanisierende Slovene für alle Personen und Zahlen das 
possessive' Rrohx)men svoj, a, e braucht, wenn sich dieses Pronomen 



218 

auf das Subject des Satzes bezieht, verstösst der Herr Verfiusser zwar 
nicht so häufig, aber auch hierin vergisst er sich öfters, z. B. Seite 10: 
Jaz sem moj (svoj) nozik zgubil. Seite 15: Oh, rece vbozic, to sem 
si y moji (svoji) mladosti zasluzil. Seite 23: Pojdi se solit s trojim 
(sYOJim) jaganjam, s tem mi tudi smiram naprej hodis; sollte heis- 
sen: Pojdi se solit s STOjim jaganjam (loYam). Ztairam mi hodis s 
tem. Seite 44: Pokazi mi, prosim, troje (svoje) pisanje; besser: 
Pokazi mi' STOJe pisanje, te prosim. Seite 46: Tega ne bom moj 
(svoj) ziv dan pozabil. Seite 50: Ti mi naprej prides s tTOJim 
(sYojim) zivlenjam kakor polz; der Stocksloyene sagt: T^oje zi- 
vlenje ino pa polzje. Seite 53: Moje dete (besser dete, ohne moje. Der 
Slovene setzt in derlei F&Ilen das Pronomen possessirum nicht, es 
sei denn, dass ein besonderer Nachdruck darauf zu legen wäre) 
nagni tvoje (svoje, oder noch besser ganz weglassen) uho. Seite 57: 
Bodi ysmilen proti vbogim, ino nikomur tvoje (svoje) pomoci ne od- 
tegni. Seite 74: Dva sta imela vsaki eno stevilo jabelk. Eden r6ee: 
ako meni dva od tvojih (svojih) jabelk das, jih bom ravno telko imel 
kakor ti. Te drugi odgvori: ce pa ti meni dva od tvojih (svojih) das, 
jih bom ravno se enkrat telko imel kakor ti. Der ganze Satz wäre 
beil&ufig so zu geben: Dva sta imela vsaki nekoliko jabelk. Eiden 
rece: ako dva svojih jabelk meni das, jih etc. Un odgovori: ce pa 
ti meni dai dva svojih, jih etc. Seite 78: Posli nam zdajci tvoja 
(svoja) dva (dva ist wegzulassen, es wäre nur recht, wenn Leo meh- 
rere Söhne hätte und auf dva ein Nachdruck Ifige) sina Metodija ino 
Konstantina. Die Eigenheit unseres Dialektes, vermöge welcher wir 
die Beziehungen, die der Deutsche mit hinein, hinaus, herein, her- 
aus, darin, daran u. s. w. gibt, mit dem persönlichen Fürworte aus- 
drücken und hiemit das persönliche Fürwort auch als relatives ge- 
brauchen, diese Eigenheit verkennt Herr Primitz ganz und übersetzt 
die genannten deutschen Wörtchen, so oft er in die Lage kommt, 
immer mit einem noter, vim, z. B. Seite 18: Ali pa nejsi vidila, kako 
se je gospa v svoji zlati koeiji derzala, ravno tako, kakor de bi bila 
za pokoro noter (va-njo) zaperta. Seite 27: Na vertu je bil en majhin 
ribnik, v ribniku en majhin eolnic, ino Tonetu se je zlustalo (so? der 
Slovene sagt: mo Toneta mika, misel obhaja, Tonetu se polubi) noter 
(va-nj) stopiti. Seite 27: Po zimi jo (das Haus) zakoplem, ino vratica 
zaprem, ter noter (v nji) brez jedi ino pijace prav per pokoju zivim. 
Sonst aber ist auch die Setzung wie gewöhnlich so auch hier unslo-» 
venisch, und Recensent würde schreiben: zaprem, ino zivim brez jedi 
ino pijace per pokoju v nji. Wozu ist etwa das Flickwort prav in die- 



219 

Sem Satze? Seite 107: Odprite omaro, ino dajte mi vun (iz nje) ene 
bele nogövioe; die richtige Setzung ist: odprite, ino dajte mi bele 
nogoyioe iz nje. Seite 128: (Bog) vkaze Noetu zdelati veliko barko 
iz lesa, sapre notri (ya-njo) njega, yso druzino .etc. Diese letzte 
Stelle gehört anch dem illyrisohen Katechismus an. Freilich hört man 
diese noter» vun auch aus dem Munde des Slovenen schon manchmal, 
besonders in Städten, aber sind sie desswegen weniger Germanismen? 
ist denn alles echt und auf die Lehrkanzel zu bringen, was immer ein 
germanisierender SloTcne ausspricht? Noch weniger ist dem Verfas- 
ser der Unfug zu y erzeihen, den er mit dem kaj sa en (wörtlich das 
deutsche was fär ein) treibt. Dieses deutsche was fiir ein gibt der 
Slorene bald mit kdo, bald mit ktiri, bald mit kaj, bald mit kaki 
oder kaksin, und als Nebenwort /mit kako. Nur Germanisierer mit 
kaj sa en, wie Herr Primitz, und dieses, so ofl er Gelegenheit findet, 
z. B. Seite 15: Na kaj sa eno vizo? ga prasa Janez; gut slovenisch: 
kako tako? ga prasa Janez. Seite 17: Kaj so to za ene reci, Oca? 
gut sloyenisch: Ktire so te reci? oder ktire so take reci? oder ktire 
reci so to? Seite 51: O kaj za eno lepo vreme je denes; gut slore- 
nisch: Kako lepo vreme je denes! Seite 52: Poznas, kaj za eno zito 
je to? gut slovenisoh: Poznas, ktiro zito je to? oder poznas to zito 
oder poznas, kako se timu zitu pravi? Seite 69, 70, 72: Kaj je to za 
ena' rec? soll heissen: Kaj je ta rec? oder kaj je to? Seite 73: Kaj 
te to za ena ziral? soll heissen: Ktira je ta zival? Seite 96: Kaj mi 
tedaj dajo za en srit? gut sloyenisch: Kaksin sret mi dajo? Seite 101: 
Kaj je denes za eno vreme zvunaj? gut slovenisch: Kaksino vreme 
je denes' zvunaj? Seite 106: Kaj te to za en gospod? gut slovenisch: 
Kdo je (höflich kdp so) ta gospod? Noch manches hätte Recensent 
über das Pronomen zu erinnern, wenn er nicht gar zu weitläufig zu 
werden f&rchtete. So sind z. B. solche Sätze rein germanisierend, wie 
z. B. Seite 63: Blagor tem, kateri se radi ueijo. Glücklich sind die- 
jenigen (wohl denen), welche gerne lernen. Oder Seite 60: Blagor 
temu kir, vselej tak po rozcah (rozicah) hodi. Der Landmann sagt, 
ganz im Geiste seines Dialekts: Blagor jim, ktiri se radi ucijo (uce); 
blagor mu, ktiri vselej etc. So verkennt Herr Primitz auch die rieh« 
tige Setzung des vom Infinitiv regierten Fürwortes, wenn noch ein 
bestimmtes Zeitwort im Satze vorkonunt; z. B. Seite 43: AI nejsi sei 
jih zbudit? Bist du nicht gegangen, sie aufzuwecken? Oder Seite 89: 
Naj pridcgo veckrat me obiskat Kommen Sie mich öfters besuehen; 
sollte heissen: Ali jih nisi sei izbudit? Naj me pridejo veckrat obis- 
kat) oder: pridejo naj me veckrat obiskat^Die richtige Setzung des 



220^ 

Pronomens in «solchen FftlUn ist folgende. Indicatiy : 6a grem veekrat 
obiskat oder obiskat ga grem yeckrat oder grem ga veckrat obiskat. 
Ich gehe ihn öfters besuchen. Sim ga sei veckrat obiskat oder obiskat 
sim ga sei veekrat oder sei sim ga reckrat obiskat. Gra bom sei veckrat 
obiskat oder obiskat ga bom sei veckrat oder sei ga bom veckrat obiskat. 
Fragend: Cht gres veckrat obiskat? Si ga sei veckrat obiskat? Gra 
bos sei veckrat obiskat? ' oder auch: Si ga vertrat sei obiskat? ga bos 
veckrat' 8,el obiskat? Fragend mit der» Verneinung: Ghi ne gres obis- 
kat? Ga nisi sei obiskat? Gra ne bos sei obiskat? Absolut verneinend: 
Oa ne grem obiskat oder ne grem ga veckrat obiskat oder* obiskat ga 
(pak) ne grem. Ga nisim sei obiskat oder nisim ga sei obiskat oder obis- 
kat pa ga nisim sei. Gb ne bom sei obiskat oder nebem gasel obiskat 
oder obiskat pa ga ne bom sei. Imperativ: Pojdi ga veckrat obiskat oder 
veckrat ga pojdi obiskat. So auch mit naj : Naj ga grem obiskat oder 
grem naj ga veekrat obiskat oder obiskat naj ga grmn; Unser Dialekt 
setzt also im erwähnten Falle dcos Pronomen immer zum bestimmten 
Zerhforte und zwar bald vor, bald nach, nie aber zum liifinitiv, wie e« 
Herr Primitz sehr unslovenisoh thut. Doch Recensent sehreibt ja keine 
Grammatik! Nur das bemerkt Reeensent nooh, dass die in Bei- 
spielen angedeuteten Variationen der Stellung nicht willkürlich smd. 
sondern, durch den Context und den Nachdruck bestimmt werden. 
Eiin unverträglicher Soloecismus in der Schrift des Herrn Primitz ist 
ferner der Accusativ statt des Genitivs bei den Zeitwörtern mit der 
Negation. Nie hört man was solches aus dem Munde des Landman- 
nes; es beleidigt jedes unverwöhnte slovenische Ohr. Drei solche: So- 
loecismen hat der Herr Verfiiaser in den Erratis verbessert und da- 
durch gezeigt, dass er die Regel theoretisch zwar w^ss, praktisch 
aber seiner Muttersprache nicht mächtig ist. Seite- 21: Ja pa to se 
ni vse, mi vama nocmo to prostost le same za jutro dati» ampak ete.; 
soll heissen: Pa to se ni vse; te prostosti vama nocemo samo^ea Jutro 
dati etc. Seite 27: Kaj ne ves, de nama denes ni nie prepovedano 
(prepovedaniga). Seite 32: Ino ne plavajte na veriiu vode, kadir jaz 
nejsim per vas, und sdiwimmt nicht oben auf dem Wasser, wenn ich 
nicht bei euch bin; soll heissen: ino ne plavajte» kadar me per vas ni. 
Seite 53: 2Iakaj oni si sace (kince) zberajo, katere jim nobisn ctovek 
odvzeti ne zamore; soll heissen: zberajo, ktirih jim ne mere noben 
olovek odvzeti. Seite 57: Od mertvih ino tistib^ kateri nejso tu* 
kej, drujga ne govori etc.; soll heissen: Od mertvih ino tistih, kti- 
rih oder ki jih vprico ni, govori zgol dobro ete. Seite 70: Dostikrai 
se gran sprdiajat vun na^polje-, pak' vender nigdar sroj d^m (svojiga 



»1 

doma) ae aBapostim. 'Seite 78: Mi sami ne zastopimo ne greäko (-kiga), 
ne latinflko («Uga). Seite 84: .Smert ima koso, ne ekiro (skire). 
Seite 85: S velikimi gospodi ni dobro cesnje (ceinj) au>bati. Seite 85: 
Kar me ne pece, to (tiga^ oder noch besser iganzw^gaulasscn) ne pi- 
ham. Seite 91: Ne bom na to (tiga ne bom) pozabil. Seite 105: Jim 
nocem vecuadlego (nadlege) delati. Ein aiiderer durol^gängiger Ger- 
manismuH des Herrn Ver&asers ist das Vorwort od, wo der eehte 
Slovene den Genitiv setzt oder sieh sonst anders ausdrüokt; z. B. 
Seite 8: AI nobeden od njuji ne ve pota naziy najti; sollte heissen: 
Ali nju nobeden ne ye najti pota nazaj. Seite 16: Tudi je rad dal 
polovico svojmu (svojimu) bratu od vsiga, kar je imel. Das od ist zu 
tilgen. Seite 32: ICadar je ena od njih prisla ino skoz plavati hotht 
etc. iUvno to je tudi sturil, kadar je ena od njih na yerh rode per- 
plavala etc. wenn dann eines (Fischchen) von ihnen kam und durch- 
schwimmen wollte etc. eben das that er auch, wenn eines yon ihnen 
oben aufs Wasser kam etc. DeT Slovene drückt dieses eines von 
ihnen mit ktiri, a, o in solchen Fällen aus und sagt: Kadar je ktira 
prisla ino hotla skoz plavati; kadar je ktira na verh vode perplavala etc. 
Seite 75: Vsi vsi so odrasliki od (od ist wegzustreichen) eniga ino ravno 
tigaistiga (tistiga) debla. Seite 85: Od cigar je polno seroe, toisto iz 
ust vunkaj gre; nmg heisseüu: Iz ust oloveku gre, eesar je polno 
serce. Seite 90 : Kaj vela lekat (vatel) od (od ist w^igaustreichen) tega 
sukna? Sogar in das Vodntk'sohe Gedicht Sexte 41. co^rigiert Herr 
Primitz .ein od mraza. Hat er nie den Tjandmann sprechen gehört: 
lakote bom vmerel; hudiga bom konec vzel; mraza Jemle vse konec. 
Es scheint, als wenn dem Herrn Ver&sser jedes noch so kleine 
deutsche Wörtchen erbarmte, wenn er es unübersetzt lassen sollte. 
Penn wie er es mit Aem deutsohen von macht, macht er es mit noch 
manchen anderen Wörtchen, z. B. mit dem deutschen da: treu ftber- 
setzt er es-mit einem tu, mag es der Genius der slovenischen Sprache 
ertr^en oder nicht. Nur ein einziges Beispiel Seite 31 : Dostikrat 
sc je (moz) h kraju vsedel ino pogaco v vedo drobil, ino tu so 
prisle te le fletne ribice, ter so se dobro gostile. Tu je on skozi djal 
etc. oft setzte er sich (der Mann) am Ufer hin und brockte Semmel- 
krumen ins Wasser; und kamen denn die niedUchen Fischohen und 
Hessen sich's wohl schmecken. Da rief er ihnen bestandig zu u. s. w. 
Gut sloveniseh müsste man sagen: Dostikrat se je 'h kraju vsedel, 
ino je pogaco v vodo drobil; fletne ribice pa so hodile ino se dobro 
gostile. Skozi Jim je djal etc. Dieses germanisierende tu kommt 
gleich wieder auf der 32. Seite zweimal vor, und so geht es durch 



222 

das ganze Buch. Eiin dem Herrn Verfasser sehr beliebter Soloecismns 
ist das Übersetzendes deutschen sollen durch imeti; gut sloTeniscfa 
gibt man dieses sollen mit dem Imperativ, mit dem Indicativ mit 
naj, mit dem Infinitiv mit morem, ne smem u. s. w. Das imam be- 
deutet bei uns so wenig wie bei dem Lateiner sein habeo ein sollen, 
sondern ein haben, besitzen. Ti imas eniga samiga Boga castiti 
heisst nicht: Du sollst einen einzigen QoU rerehren, sondern: Du 
hast nicht mehr als einen einzigen Gott, den du verehrest. Ti nimas 
Jaiisti heisst nicht: Du sollst nicht stehlen, sondern: Du hast nichts 
zu stehlen, es ist nichts da, was du stehlen kdimtest. Nun, wie mit 
anderen, so fimgt auch mit diesem Soloeeismus der Herr Verfitsser 
gleich Seite T^respective L an: AI ne ves, kaj so oca rekli; de imara 
na verti ostati, odgorori njegov brat; sollte heissen: AI ne res, kaj' 
so oca rekli, de. na verti ostanira? oder: al ne res, de so nama oea 
rekli na rerti ostati? oder: al ne ves, kaj so oce reUi, de moreva na 
vertu ostati, odgovori brat. Imava na verti ostati heisst nicht: wir 
sollen im Garten bleiben, sondern: wir haben Raum im Ghuien, um 
darin zu bleiben; so wie: nimava ke na verti ostati, wir haben kei- 
nen Platz im Grarten, um da zu bleiben. Auf dieser nämlichen Seite 7. 
kommt noch ein solcher Soloeeismus vor, den wir schon oben bei der 
Rüge des Artikels mit und neben berichtigt haben. Seite 8: Jaz sem 
dobro vedil, ino za to sem vama rekel, de imata noter ostati; sollte 
heissen: Vedil sim, zato sim vama rekel, de na verti ostanita. Seite 11 . : 
Moj oca tebe tudi, — ino so mi rekH, de te imam seboj perpelati; 
sollte heisseu: Moj oce te tudi, '-—' ino so mi rekli, de naj te seboj per- 
pelam oder): ino so mi te "rekli seboj perpelati etc. Dieses imam ist 
freilich auch schon unter den Landmann vertragen, doch meistens 
nur in der Katechismussprache: sonst drückt er sich immer rein slo- 
venisch aus; ja auch in der Katechismussprache existiert es nicht so 
viel unter dem Volke, als in unseren germanisierenden Katechismen 
und im Munde des germanisierenden Geistlichen. Allein wenn man 
alle derlei Germanismen in Schutz nehmen will, wozu braucht man 
denn doch noch Lehrer des slovenischen? Einen anderen Germanismus 
begeht HerrPrimitz mit dem za vor dem Infinitiv, wie z. B. Seite 48: 
M. Za to ker morebit, kadar nej oceta doma, imas vekSo prostest? 
J. De bi ne vedil, kaj za eno vekso prostost? M. Za igrati ino 
okoli hoditi. Recensent fuhrt längere Sätze an, weil sie mit und 
neben immer Beispiele auch anderer Missgrifie sind. Sollte heissen: 
M. Za to ker imas morebit vekso (veci) prostost, kadar ni oceta doma? 
J. De bi (bi pac) ne vedil, kaksino prostost? M. Igrati ino okoli 



223 

hoditi. Seite 106: Naj se en malo poterpijo, de kluc poisem za za- 
kleniti; mag heisaen: Naj de poisem kluc, ino zaklenem. Dieses za 
ist unslovenische Obersetzung des deutsehen zu; der Stockslovene 
gibt entweder seinen Satz ganz anders als der deutsche, oder aber 
braucht er den Infinitiv ohne allen Zusatz, beobachtet aber eine ganz 
eigenthümliohe SteUusog. Weil in der Sehrift des Herrn Primitz aus 
Mangel an Gelegenheit dieser Germanismus seltener vorkommt, 
so will ihm Beeeusent ein sehr auffidlendes Beiispiel aus dem 
illyrisohen Kersanski navuk, woraus Herr Primitz seine Svete zgodbe 
genommen hat, geben. Seite 87. heisst es dort: Ktira perprava je nar 
bolsi za odpustike prav dobiti? Welche ist die beste Vorbereitung, 
AbUtose re<dit zu gewizmen? Wie unslavisch ist der ganze Satz durch 
das blosse germanisierende za! Aber eine andere Stellung und man 
braucht kein za, und der Satz wird der bündigste von der Welt. So 
nftmlich: Ktira perprava, dobit prav odpustike, je nar bolsi? Sehr 
beleidigend ist das germanisieren des Herrn Primitz mit dem deut- 
schen ausgehen, das er immer durch vun iti gibt. Der Slovene gibt 
das deutsche ausgehen mit vun iti nur damals, wenn jemand aus 
dem Zimmer oder aus dem Hause geht, ohne sich von dem Hause zu 
entfernen. Je vun sei heisst im Munde des Landmannes: er ist irgend 
wo draussen, ausser dem Zimmer oder dem Hause, aber doch zu 
Hause. Gteht man vom Hause, nicht «us dem Dorfe oder aus dem 
Orte selbst, so heisst es: je nekam sei; je kam sei; je mogel pa ze 
kam iti. Geht man in die Fremde od^r doch weiter wohin aus dem 
Orte, so heisst es: je sei iz doma. Gewöhnlich aber drückt man sich 
geradezu mit iti aus oder der ganze Satz lautet anders als im deut- 
schen; z. B. Seite 9: Mali prijazni Jozik je s sosedovim Matevzikam 
vun sei smamice tergat; soll heissen: Jozik — Matevzkam sei (ohne 
vun) smamice tergat. Seite 10: Drugo jutro oba spet ravno zato vun 
gresta. Welcher Unslavismus! Soll heissen: Drugo jutro gresta spet 
oba po-nje. Seite 48: OkoU pak ne hodim, kakor ce mi mati dovolijo 
vun iti etc.; soll heissen: öe mi mati kam iti dovolijo. Doch alle 
Germanismen und Soloecismen des Herrn Ver&ssers lassen i^ich nicht 
classificieren. Becensent «nll also nur noch einige einzelne Beispiele 
herausheben. Seite 10. heisst es: Vse, ktere Valentin najde, da (da- 
ruje) temu, ki mu je pomagal to zgubleno spet najti; unimu 
(ovimu) pak nobenih ne da. Alle (Blumen), welche Valentin fimd, 
schenkte er dem, der ihm geholfen hatte, das verlorne wieder zu fin- 
den, dem anderen 4^ber gab er keine. Wie wörtlich, aber auch wie 
sinnlos ist das ganze übersetKtl Kein Slovene spricht so, er versteht 



-es kaum. Der StooksIoTene wtode sagen: Valentin da rse 
kar jih dobi, ki mu je noza iskati (najti) pomagal; unimu pak ne da 
nobene eder nikar ene, nicht nobenih. Nobenih ist gefidilt und be- 
deutet in diesem Contexte nicht keine, sondern von keiner Art, 
was hier nicht gesa^ sein soll, weil sie nur eine Art Blumen, Mai- 
blumen, smamice, pflückten. Besondere Sprachen, besondere Eägen- 
heiten! Seite 12. heisst es: Elnkrat so bili obadva, ino kar ata imela 
(sollten) za opoldne jesti, to so jima seboj dali. Ist baarer Uasiim! 
Der Stocksloyene sagt: Ehikrat — ino dali so jima jedi seboj sa opoldne. 
Seite 14: Ino (so) ga pustili r eni lepi mehki posteli apati; soUlieis- 
Ben: Ino (so) mu rekli oder pokasali v lepo mehko postelo ispat. Auf 
der n&mliohen Seite etwas tiefer: Ino toti (gospod) ga je p aetil 
ekerbo gori zrediti; sollte heissea: Ino imel je skerb za^nj, ga prar 
lepo izrediti oder: ino redil ga je prav skerbno oder: ino akerbel je sa- 
nj, dokler je bil relik. Pu»dl (liess) hat im slorenisdien die Bedeu- 
tung des nichtwehrens, nicht aber des aotiven zuibuns', des firanao- 
sischen laisser, nicht des fieanaösischen fidre. Seite 16: Einigkeit 
heisst edinost, nicht zloznost: dieses letztere, so viel Beeensent weiss, 
bedeutet Bequemlichkeit. Seite 21: O to bo ^agrisno pra^r dMgo 
terpelol Solehe geradezu deutsche Wörter gehören doch nicht in ein 
Musterbuch. Man kann ja den Satz anders gaben, z. B. O« gotoYO 
hode dolgo to terpelo oder: svesta sra si, de bo to dolgo terpelo. Von 
solchen deutschen Wörtern strotzt dieses .Buch, und diess ohne alle 
Noth, da man echt sUvenische und dazu gewöhnlieh allgemein ver- 
st&ndliche daför hat. Es ist lüoherlich, wie der Herr Verfiisaer eekte 
allgemein bekannte sloreniflohe Wörter durch deutsche oder itaüe- 
nisohe per parenthesim erkl&rt, als wenn er:ftrchtete, dass* diese 
Fremdlinge nicht in Vergessenheit geriethen. Oder ist.ii^ndwo der 
•slorenische Dialekt wirklich so corrumpiert, dass man derlei 'SiU&- 
rangen bedarf, wie z. B. fär obleci koga, komu oblacilo 4>m]flliti — 
koga ograntati; für sc mi polubi, zlubi, me mika — se.mi luate.; fOir 
voznariti — furati; furzopemo, neprijetno, nennce, pusto — neliMtno; 
für oroda, orodje — ristinga; fär pohistro — glcgstinga; •fibr yda 
oder stoji — kosta; für aapoyejo, ykazejo — xasa&jo etc. etc.? Soll- 
ten diese Erklärungen irgendwo auch mrklich Bedürfioias sein, so 
mag sie der Lehrer mündUch geben; aber Bücher, Schulbüdier tsoll 
man damit nicht entstellen. Doch Beeensent muss ^wieder AinlimV^ii 
fieite L3. hmsst es: Per ti besedi gre eden y leta (toti), ta droga y en 
drugi kot hise, ino znable (cobe) dol obesi; soll .heissea: Per ti be- 
sedi gresta eden y ta, eden (nicht ena) y un kot faUe, ino dobe (sobe) 



tt6 

obefiila. QiäUk inr^nd Iao'qiI lepig^dopoIAiieM so te sa dve uri i^z 
bile et/ä. Das tlieoere eeK biti kommt noeh öftera vor. Sodite hdissQo: 
Ibq lepiga dopoldiifiva ja bilo le se dve uii: <jSeite 26: ßden pogerje 
(terja) io^ drugi (spU keiflaen eden) uno. Beides, pogerje und terja, ist 
geiSAanisierend. Terjati ist nur damals für begehren oder iordera 
richi% gebmiiebt« wenn sich das begehren auf yoUkoinmene Hechte 
und Pflichten gründet, z. K bei Sehulden u. s. w. und da sagt man: 
koga za kaj terjati, nicht kaj terjati od koga, wie es germanisi^tendq 
S^rifte« tbutt. Das g^i^öhnJUehe begolu*en geb^n wir durch hoteti 
oder wie es üw CkNale^t^ mitbringt; also: eden hoce to, eden uno^ 
Seite 28. ist der erste Absatz ein schönes Illuster des gerraanisierenß: 
Tu ooa blisej'pride, pak yender z^. dobro apozna^ se se ae poki^ 
zati, On (sonst aber nienvwMi?) j« vedil, de ribnik ni zlo globok. Ino 
ee ravno not er padeta^ pra^ sam.per sebi, tak uju ja znas ß^i 
viin potegniti; sollte beiläufig heissen: Oee se zdaj perbliiuje» pa 
misli (previdi), de je lioU ce se se ne poka^e. Veilil je, de rilinik ni zlo 
^obok. Cc tudi ^nj padeta, pravi sam per sobi, sej jih spet lotika 
]H>tegnein iz njega. N. B. Znati enthalt im sloveniseheu nur <len Be- 
griff des verstehens, wissens, nicht des physisclien könnehs. Das 
pliysische können drückt der SlovQne n)it inorem, .zamoreni. smeno 
aus, wie es der Context fordert, am liebsten aber mit lohko od^r 
lohka und dem Zeitworte in der bestimmt^en Art, z. B. : Leihe mir 
etwas Geld^. Ich weiss, dass du es thun l^annst, w^in du nur wHLat. 
Posodi mi nekoliko dnarjov» Vem, de mi jih lohko posodis/, ce le .boces;, 
nicht: do to znas oder: de mi jih znas posoditi. Dieses kann man auch 
von solchen Ijeuten sagea, die keinen Kreu^r vermdgen. Diess per 
parenthesim, weil der Herr Verfasser mit diesem znati dureh das 
ganze Buch gerjpsnisiert. Auf dieser nämlichen Seite heisat es: 3e je 
i\aslo; soll heissen:.. Se je pokazalo. Ebenda: Ofcrfeleti heiast ni^: 
schwanken, wie es der Herr Verfasser nimmt; das Wort ist ono- 
matopoetisch und drückt das convulsivische hin- und herhüpfeu des 
mit dem Tode ringenden Vogels aus, bis er ganz entkräftet liegeo 
bleibt und stirbt. Das Wort wird aber auch von anderen Thieren und 
von Menscheil in ähnlicher Bedeutung gebraucht Die Kadjbc ist jGq^ 
fre, fol, — Nachahmung des Flügellautes — wovon eineMengp Wörter» 
z, B. fcrkam, ferknem, fercim, ferfram, ferfolim) bei Schnepfen — fo- 
fotam, fofocem. Seite 30: ^tupa je gerda. po ustih sf^ kein Sfenaeh, 
wohl aber pusti^, zopema, grenka« gQrjupa* Stupo npter vz^ti iat ein 
kräftiger Qermauiamas. ]&ii>nehmen in dieser Bedeutung heiast.'vaiti, 
zavziti, bei FlüssigkeiteUranohpopiti, iapiti. Seite 4j9( Ki^ nv^zataka 

15 



malo oenis (za tako malo oeno itimai)? Wo bat der Herr Verfitaser so re- 
den gehört? Der Slovene würde sagen: Kaj me tako mab cenis? Mialis, 
de sim tako dober knp? Seite53: PripoTisti yestnigazadersanja soll heia- 
sen moralisohe Denksprüchel Welcher Slovene hätte das errathen? 
Seite 65. übersetzt der Verfasser einflössen mit noter daje (eingeben). 
Der Stoekslorene braucht in diesem Sinne navdaja; also: Nar boLsi 
prijatel je tisti, ktiri ras z soyraztvam navda (naTdaja) do pregrehe, 
ino z Ittbesenjo do kreposti oder auch nar bolsi — ktiri ram studi pre- 
greho« ino krepost lubezniro dela. Seite 57: Groll nähren gegen 
Jemanden heisst gut slorenisch: Pikoameti na koga. Seite 70. ist da^s 
Riihsel: ^Kdo je bil rojen, ino se nej Tmerel^ sehr lächerlich; wie 
kommt das se herein? Das zwölfte Bäthsel ist durah seine unsloTenisehe 
Setzung ganz entstellt. Der Slovene sagt: Vec ko se odrzame, ireci 
je; red ko se perdene, manjsi je etc. Ein grosser Theil dieser Räth- 
sel strotzt von ähnlichen Unslavismen. Seite 75: se cez petdeset mi- 
lijonoT dus slisi k temu nekidaj modno slarecimu narodu. Slisi iat 
ein Germanismus. Gut slovenisdi würde es heissen: se nad petdeset 
miüjonov dus je tiga nekidaj veliko slarediga naroda. Seite 77. ist 
Vero gori fzeü ein grober Germanismus; slovenisch sagt man: vero 
na se rzeti. Seite 87: Pray dobro vun vidijo eben&Us; der Stoek- 
slorene sagt: so pray lepo rejeni oder: so pray polniga lica. Seite 88. : 
Kako se to pravi ist nicht slorenisch, gut sagt man: Kako se temu 
prayi. Seite 93. ist kaj vam se y glavo pade gemumisierend; soll 
heissen: kaj yam se na misel ^ride. Recensent bricht ab mit der Be- 
merkung, dass diese Auszüge nur oberflächlich sind. Wollte Recen- 
sent genau zu Werke gehen, so wäre die Recension um einigemal 
grösser als das Buch selbst. Vorzüglich ist die Syntax und Setzung 
durchaus germanisierend und fCLr das slovenische Ohr unerträglich. 
Der Hauptgrund dieses durchgängigen germanisierens ist beim Herrn 
Verfasser darin zu suchen, dass er nicht in seiner Muttersprache 
dttikt. Das ganze Buch zeigt, er müsse sehr frühe vom Lande in die 
Stadt gekommen sein. Seine Aufsätze sind im Durchschnitte deutsehe 
Aufsätze mit sloyenischen Wörtern ausgedrückt. Wie weit es der 
I|prr Verfiisser hierin treibt, sehe man z. B. Seite 79: Zdaj gresta 
y sloyansko zemljo h knezam etc. Nun gingen sie (Constantin und 
Methodius) in das Slayenland zu den Knesen u. s. w. Aber gresta y 
sloyansko zemljo heisst nicht: sie gingen in das Slayenland, sondern: 
sie gingen im Slayenlande in die Erde; sie wurden im Slayenlande 
begraben. So yersteht jeder Slorene nothwendig diesen Satz. Will 
Atr Sloyene sagen: sie gingen in das Slayenland, so spricht er: zdaj 



gresta na sloranfiko (slovensko) oder hOehstend : edaj gresta v hIo- 
vensko dezelo. S<dche den ganzen Sinn verfehlende Übersetzungen 
/ würde der Herr Ver&sser nie lieferQ, wenn er seiner eigenen Mut- 
terspraebe mächtig wftre. Auch würde er wahrseheintteh Seite 69. das 
achte Räthsel beseitigt haben: Man kocht es nicht, man kauet e» 
nicht, man trinkt es nicht, man schlingt es niäht, und demnieh 
schmeckt es yielen gut. Dieses Übersetzt der Verfiisser so: Se iie 
kuha, se ne zvedi, se ne pije (nicht?), se ne pozira, ino render do- 
stirim dobro X&. Im deutschen mag dieses Rftthsel angehen, im shH 
venischen nicht, denn in unserem Dialekte heisst den Tabak jr^udien 
tabak piti (Tabak trinken). Nur mancher germauisiereade SttfdtDr 
und mancher Zwitter, der zeigen will, dass er auch et^as deadich 
▼ersteht, sagt Tabak kadim, der Stockslorene nie. Seite 90. macht 
der Herr Verfasser, wo er von der wörtlichen Übersetzung abgeht, die 
Anmerkung: „Man wundere sich nicht, hier keine wörtliche Über- 
setzung zu finden; diess lässt der Genius beider Sprachen nicht zu. 
Hätten die bisherigen slovenischen Schriftsteller auf ditaen hdohst 
wichtigen Umstand mehr Bücksicht genommen, so würde ' unsere 
Sprache jetzt nicht so sehr von unnöthigen Germanismen airotsen.^ 
Wenn das bekannte „medice, cura te ipsum^ je eine wahre Anweadimg 
hatte, so passt es gewiss im Tollen Sinne auf den Herrn VerAMser. 
Was Recensent zu des Verfitssers Entschuldigung anibhren kann, ist 
dieses , dass der Herr Verfiksser (den zweiten Theil des Neuen Testa- 
mentes deductis deducendis ausgenommen) bisher wirklidi nur ger- 
manisierende Muster in seinem Dialekte Tor sich fimd. Zwei einzige 
Schriften kennt Recensent in diesem Dialekte bisher, die nicht ger- 
manisieren und, einige orthographische Eigenheiten und andere Klei- 
nigkeiten abgerechnet, im echt slowenischen Dialekte rerfasst sind, die 
aber freilich Herr Primitz noch nicht benutzen konnte. Beide kamen 
dieses Jahr in Laibach heraus. Ihr abstechendes ron allen bisherigen 
germanisierenden Schriften dieses Dialektes hat Recensenten ganz 
überrascht. Es ist die zwölfte (von einer anderen erst yerftbsseoes 
Jahr gemachten äusserst germanisierenden zwölften Auflage scheint 
dieses Werkchen keine Notiz nehmen zu wollen) varbeseerte und Tcr- 
mehrte Auflage der Sveta masa, Liaibaeh 1813, 830 S. 12. und: 
Perpomodik Boga prar q>oziiati etc. aue dem deuAsehen überaetat ud 
▼ermehrt, Laibaeh 1813. 109 S. 8. Man wird dieeen Schriften eiim 
eigenen Platz in diesem Blatte widmen. Reoenaent hat manches attoh 
für die Recensien der Primitz'Bclien Brai^ aas dkeen zwei Sehrifteii 
gelernt Wenn sich Herr Primitz nach solchen MuitMm bildet and 

15 • 



dnieb Uaigwg tnit. d^m. beDOn^ers tqo Stfdten ^itfiamtarea laiaad- 
yolke mehr in den (HuinB seiA^r Muttenprache einsudrioigen aodit, 
80 dArfte er bei «euieai lobenswtirdigen ß^thufliaamivi in der Folge 
etwa« befriedigenderes liefern» vag ^»eeeiisent wänsoht uxid hoili. 
Über die Ortbogmphie und andere jSonderliohkeiten des Herrn Ver- 
ülilliyCT eathlüt siob fteeensent aller weitl&u%en Bemerkungen. 
K^miit ein neumi lateinxsck-flioyenj^obes Ajphabet, ao wird allen die- 
sen MAiigeln abgeholfen werden. Und Beoens^nt erwartet ein solches 
aittS gaten OrOodea. Son^t hätte er a4eb in der QrthflgnH^hie yieles 
avieaaeteUen. Oor Herr Ver&Mer %. B. aohreibt g^en allen bisheri- 
gm Gebra«^ ii&gtntdani Peter statt isstradan Peter; nesagleda atatt 
ne aagleda, tok statt tak oder tako; mostoFati (kein Mensch spricht 
m) statt masovati; tej, nej statt ti» ni; dones it%U danes oder danas; 
sem statt sim. Oder ist Yielleioht sem» ich bin, besser als mm? 
An^^re Dialekte wogen immerhin sem sehreiben; ihre Orthographie 
isA gsna anders gebaut Bei uns ist das i Abt gewöhnliche stiunme 
Vaealt mohi das e. Herr Primita braneht ja gewöhnlich selbst das i 
mid nicht das e atnqun. Oder wijl.ons Herr Prynitz eine ganz neue 
Orthographie geben? Wenigstens in dieser Schrift hat er es nicht 
gethMa« sondern er wirft vielmehr alles untereinander. Sem heisst 
b^ uns her und wird gana anders ausgesproohen als sim, ich bin. 
Nor eines bittet Beeensent den Herrn Verfiisser noch: er möchte, 
wenn er loben will, es doch anders anstellen als er es Seite 64. 
bis 65. thnt 



Nengriechisclie Literatur. 

Avpwk r&v tvyivitsrarov äpyovros mccfAt^aptf 9lr>piov 
"A^avaöiov XpiöToycov^ov. Wien 1811. 226 S. 12. 

(Wiener allgeiiieiBe Literalaneitang. 1813. 1232.) 

Wir benntien diese Zeäen, na dia I%ikilegan auf diese in Kon- 
stastinopel so beliebten Lied«r des Kamtnare OhriolopukMi, den seine 
Lsndideute den neoan Änakmon nanneni anfaeqhiani an machen« 
Bis Spradie ist gemein grineysck; .alle Lieder gflODWat Komi bat 
«Allig Redit^ dass anoli diese Spaaebe wia jede andere ihjte. Geseta* 
gebnng nur von guten Diebtem, ^ni^ ^^ön GrMnmatilwm erwarten 
darf. C9unstopalos' lieder ncheinen uns ein bea^htims^vmrther Beitttg 



Od 

biezu. Soliade, daaa auch das kleinste diesw Lieder zu gross ist, um 
hier als Beispiel ganz angefahrt zu werden. Nor den Anfimg ron 
Tiopa (Itzt): 

T6 juXXov 's Tifv aa>ify. 
Td aijjiMpa jrpojspiyo), 
T6 avpio 7^ dfiiM» 

(Nicht will ich hoffen, nicht will ich sorgen um das kommende im 
lieben. Das heute w&hr ich, das morgen, das lass* ich dem Strome 
des Qltcks.) 

I 

' jiäitvaaiov^ XptariMovXov FpafifiatTtHif Tif9 aioXobig^pm^ 

'Ev Btiwff. 1805. 8. 165 S. 

(Wieset aHgemeine LiterataizeitaUg. 1813. 1456.) 

Korai hat Recht zu behaupteut daiis die neugri^ohisobe Spraehe 
nicht selten erwünschtes Licht über die alte verbreite« Deaswagen 
haben abendländisdbke Philologen ofH; eine Grammatik des neugrieohpr 
sehen gewünscht Herr Christopulos liefert hier einOf die fikr Neu- 
griechen bfpstimmt und selbst neugriechisch gesohriebon» ungeachtet 
sie s^it 1805.. heraus ist» doch bei uns noch g^^r laöcht bekannt ww. 
Der Ver&sser, der übri^ns überrafBehend gesonde Begriffi» Ton 
Sprache hat (ydpLnp naXdv^ vSßuift alaxpov)^ hat, yermuthlieh um einiger 
.Altgriechen willen^ untemomnen, zu beweisen, dass das heutige 
grieehiscfa nichts sie der fortsohratenie äolisoh-doriBohe IKalekt sei. 
Diese Hypothese tfant übrigens der IVeue seiner Darstellung der neu- 
gnechisohen Formenlehre keinen AfcbrudL Ein besondei^ pagnmrtas 

Mgojia ipai^Q9 ^is 7^ aloXoöaipiM^ i^iAXgfiTQV in 97i^s. nokiruuAs 

TOP 84, Seiitea, die ganze Ilias dramatisieren49 iet der 6taminati}c 
meistens beigebunden. 



>f 






230 

xxxn. 
Waladiiseke Ltteratnr. 

HcTopi4 iUHTpS ^sfnl$T8A pwM'kHHAop ^ /^Ki4. (Gescliichte 
des Ursprungs der Römer in Dacien, geordnet von Peter 
Muor, von Ditscho-St. Martin, Protopopen; Ofen 1812. 

Hund 348 S. 4.) 

(WiMier allgemaine Lit«ntnneitiiiiK. 1813. 1551— 10M-) 

An die yier (naoli ihrer eigenen Angabe gar sechs) MiUionen 
Seelen sprechen walaohisch. Die Wichtigkeit der Sprache för die 
Qeeohichte der lateinischen nnd slavischen Spräche, so wie der Ge- 
gehidite des Volkes für die allgemeine GtesoUchte des südöstUchen 
Europa ist von grossen Gelehrten, x. B. Sohldzer, oft gef&hlt worden. 
Beides, Geschichte und Sprache, ist noch gar sehr im Dunklen. 

Den einheimischen fehlte es bisher an gelehrter Bildung, den 
fremden aber an Sprachkenntniss, um licht zu schaffen. (Letzteren 
-standen bisher nur äusserst dürftige Grrammatiken, eine mangelhafte, 
dazu äusserst seltene und unnöthig slarisierende Bibelübersetzung 
und Lexikon zu Gebote.) Hier tritt nun ein gelehrter Walache selbst 
^aaf , eigentlich um seine Landsleute in der Muttersprache über beides 
zu unterhalten, mit und nebst aber auch, um die bisherigen Unter- 
suchungen und Hypothesen über diese Gegenstände in kritische Re- 
rision zu nehmen. 

Nach dem bedeutungsrollen Motto: DifficUe est rerum non di- 
cere, beginnt die Vorrede: „Der feindselige Geist, der im Alter- 
Aume die Barbaren gegen die Römer ihre Herren aufmegelte, 
geifert audi jetzt noch seinen Hass gegen uns. Nachkommen der 
Bidmer, in den Büchern der Ausländer aus. Sie schämen sich nicht 
oflfenbare Lügen gegen uns drucken zu lassen, in dem Wahne, dass 
die ganze Welt ihren Einbildungen glauben müsse; ja seit einiger 
Zeit schreibt einer dem andern, wie Esel sich einander freundsohaft- 
fioh reiben, ohne allen Beweis diese Verunglimpfungen und Lügen 
naeh, und diess um so kecker, je tiefer die Römer (Walachen) 
schweigen. Desswegen ist es Zeit, dass auch wir reden. — Mein 
Zweck war nicht, eine Geschichte der Römer überhaupt, sondern 
nur ihrer Oolonie in Dacien aus den alten Quellen zu bearbeiten, um 
die Walachen an dem grossen Beispiele ihrer Väter au&uriohten, auf 



231 

da68 sie dem dsterreidusoheii Kaiserhaufle treu, ihren Herren und 
Vorgesetzten gehorsam, gegen ihren Nächsten lieberoll sein und die 
▼on der Natur so reichlich empfangenen Anlagen ausbilden mögen. — 
Auch diess muss ich gestehen, dass, da ich diesem Werke nur eine 
sehr kurze Zeit widmen konnte, ich mir nicht schmeichle, dass kein 
Fehler sich eingeschlichen habe, daher mich der fireundliche Leser 
verbinden wird, wenn er die bemerkten Fehler mir (in einer Reoen- 
sion?) anzeigt, damit ich sie (allenfalls bei einer zweitoQ Auflage) 
verbessern könne.^ 

Das Werk selbst besteht aus XV C!apiteln, die in 99 Paragraphe 
untertheilt sind. Zwei Anhänge sind dem Ursprünge der walachischen 
Sprache und ihrer älteren Literatur gewidmet. Wir wollen unseren 
Lesern zuerst des Verfiissers Qang und Beweisf&hrui^ darstellen, 
und theils gelegentlich, hauptsächlich aber am Ende unsere Zweifel 
und Wünsche vortragen. 

Cap. L Ankunft der Römer in Dacien. L Römisch-da- 
cische Kriege vor Trajan. 2. Trajans erster dacischer Kjrieg. 3. Zwei- 
ter Krieg. 4. Dacien wird dadurch ganz entvölkert Beweis: a) Hass 
der Römer gegen die Daken. b) Gegenhass und nun auch Furcht der 
Daken. e) Ver&hren der Römer gegen Karthago, Korintfi, Jerusa- 
lem. Die Leser sehen wohl, wie schwach diese Orundbeweise sind, 
besonders da die Quellen, Dio Cassius u. a. , das provinoiam fedt ganz 
gewöhnlich erzählen. 5. Römer siedeln sich (im menschenleeren Da- 
cien) an. 6. Heirathen aber keine Dakinen (natörlich schon aus dem 
Orunde, weil keine mehr da waren), wie doch von Engel aus einigen 
ihm daciseh klingenden Namen auf Inschriften, als Aia Nandonis, 
Andrada,.Bricena, Bedarus, Blivianus beweisen will. Der Verfiasser 
fragt Herrn von EjUgel, ob er denn daeisch könne? 

Cap, n. Schicksale der Römer in Dacien nach dem 
Tode -Trajans. L Unter Adrian. 2. Marc Aurel. 3. Gommodus. 
4. Caracalla. 5. Maximin. 6. Philipp. 7. Dacius. ' 8. Gallienus : 
unter ihm sei, nach Sextus Ruins, Dacien fär das Reich verloren 
gegangen (aber auch ebenso der Orient und beinahe das ganze Reich). 
9. Unter Claudius und 10. unter Aurelian. Dieser grosse und kluge 
Kaiser ist nach unserem Verfi^ser der Ler und Oilernm domnu der 
walachifichen Volkslieder (kolinde, ohne Zweifel eins mit dem slavi- 
schen koleda, polnisch koleda). Hätte uns der Herr Verfasser doch 
eine solche kolinda mitgetheiltl oder hätte sich nur das Refirain: Ler, 
Oilerum (Oi! Lerum) erhalten? was dann fireilich jeder Auslegung 
fthig wäre, wie andere alte Refrains. Reoensenten mahnte es an das 



232 

Lelnm Polelum der mlton Polen. Der Übergang des 1 in r ist im 
walaohisehen gewdhnlieh: z. B. mora far moia, eer ftr del (coeliUD) 
a. 8. w., flo yne im neugrieohiflehen acVp^») i^p;^\ Xpfiaiirt/v fär 

Gf^. III. Die römischen Col<>niftten gehen nnier Aure- 
liftü über die Donau zurück. 1. Stellen Aer Olassiker über diese 
Rückwandemug (die Hauptatelle isl in Vopiseua: AureUaiiUB Daciam, 
sublato exereka et provineialibus, reliqnit, abdnetosque ex ea pepu- 
los in Moesia eoUocavit). 2. Es ist nicht zu glauben^ dass alle Römer 
aus Daoien ausgewandert seien. (Wir köjanen dem Ver&sser zu sei- 
nem Vergnügen noch sagen, dass auch Gibbon und Danyille diese 
Ansieht g^abt haben.) 3. Vielmehr blieb der grösste Theil derselben 
in Dacien. 4. Beweis g^en von Ejngdiy der wegen der Bedrängnisse 
Ton den Sarmaten im Norden das Gegentheil un^aublich findet , da 
es ja in Mösien um nichts besser und , sidierer angesehen habe. 
6. und 6. Yopiscus habe aus Schmeichelei fär seiBen Patron Tiberia- 
nus, einem weidäufigen Verwandten Aurelian's, diesem die Rettang 
der daoisiAen Römer zi^schrieben. Sextus Rufus und Entropius, 
nach denen Daeien unt^ Gallienus verloren gegangen, hätten das 
wahre gesagt. Becensent vereinigt leicht diese drei Referenten, da ja 
alle drei dem Aurelian die üerausziehung der Römer ans Dacien zu- 
sdureiben. Aurelian trat erst im ordentlichen Frieden de jure ab, was 
nnter Gallienus de facto verloiien war. 

Cap. IV. Schicksale der (nun isolierten) Römer im tra- 
janischen Daoien seit Aurelian bis zur Ankunft der Ungern. 
1. Unter der Oberherrschaft der Gbthen, 2. der Hunnen, 3. der 
Gepides, 4. der Avaren. 6. Frei. 6. Nie waren diese Römer unter 
bulgarischer Oberherrsdiaft. 7. Nie haben sie sich, isoliert von an- 
deren Römern, beherrscht und umgeben von Barbaren, mit diesen 
Temuseht. 

Cap. V. Der Ungern Ankunft in Siebenbürgen (warum 
nicht die firühere in Dacien überhaupt?). 1. Parteilichkeit des Anony- 
mus Belae regis notarius filr seine Ungern. 2. Der Ungern Ankunft 
in Pimnonien (worunter der AnoAjmns das Land zwischen der Denan 
und der Teis [Theiss] versteht!). 3. Tuhutoms G'csandtsohafi; an den 
nngrisohen Arpad. 4. Kampf der Ungern und Römer in* Sieben- 
bürgen. Muth der Walachen, beweisen o) aus des Notarius Worten 
selbst: et pugnatum est inter eos acriter, die seine frühere Behaup- 
timg: homines viliores totius mnndi aufhaben (da diese Urtheile des 
nämlichen Zeugen einander aufheben, so bleibt dieser Beweis Null). 



b) Weiterer Beweis für den Mttlli der Wakobm aus Tiiroe^» Felix 
Petimcios, Cfaalcocondylas, Odlimaohas. (Recenseni kann noeh hinzti- 
fügen, dass, da die heutigen ungriscben Infanterie-Begiinenter meilit 
ans Slaven und Walachen bestehen, ihr Kriegsrahm nun unter frem- 
dem Namen blühe: ego feci — tulit alter honores. ErzherBOg Karl 
hat ihnen 1806 f&r den Tag Im Aneole ein dauerndes Zeugniss gege- 
bep.) Hierbei wird die dureh die bdcannte Ballade einer liebenswür- 
digen £khriflstellerin uns nur desto lieber gewerd^e Sage Von 
Johann Hunyadrs siegmundischer Abkunlt aus Pray widerlegt und 
dieser Held den Römern rindieiert. 7. Oelu's Walachität und Tajillw- 
keit wird g^n von Engel behau^ptet. 8. Die Römer und tBieben- 
bürgen wählen den Tuhutum %vl ihrem Beherrscher. 9. Warum? 

Gap. VI. Oesohichte der siebenbürgisehen Römer un- 
ter Tuhutum. 1. Die Römer unter Tuhutum, nicht l3cla?ren der 
Ungern, wie von Engel behauptet. 2. Unter Stephan I. , eben&ils 
gegen von Engel, dessen parteiische Behauptung, dass die griechisch- 
gl&ubigen Walaohen unter dem lateinischen Stephan gedrückt worden, 
schon desswegen nicht gelte, weil das Schisma erst f&nf Jahre nach 
Stephans Tode unter dem Patriarchen Cerularius förmlich ausgebro- 
eheri und überdiess Stephan wii^klich selbst grieehisehe Klöster stif- 
tete, wie aus einem in den von Engel selbst herausgegßbei^en Vnifl>- 
eiis Anonymi Belae notarii befindlichen Diplom erhelle. 3. Nadi 
Stephan I. 

Cap. VII. Regierung des Menumorut 1. Grenzen seiner 
und Glad's HerrsohafI nach dem Anonjmus. Z. Völker diessseits (iia 
Norden) der Donau ror der Ungern Ankunft in Pannonien. 3. Beweis, 
dass Menumorut ein Römer gewesen. 4. Erst^ Krieg der Ungern 
gegen Menumorut. 5. Zweiter Krieg. 6. Olad, der Herzog des Bana^ 
tes, war kein Bulgare. 7. Die Ss&eUer sind keine Hunnen, sondern 
Bulgaren , die aber nach dem Notarius in ungriscben Kriegsdiensten 
ihre (slaviseh-bulgarische) Sprache gegen die ungrische yertauseht 
haben. 8. Sachsen. 

Cap. VIII. Verminderungen des Namens der Romer in 
Dacien. I. Das elassische Romani wird im Munde des Volkes Ru- 
mani, Rom«^ni und im unwalachischen Munde sogar Rumuni (die aus 
Jordanes angeföhrte Stella: A civitate noVa sdayino-rumunensi 
passt nieht mehr hieher , da sie DbbroTsky in seinem Slawin aus Han^ 
Schriften in: civitate Novidunensi {galKscher Name ehaer Stadt nicht 
weit Tom Ausfluss der Donau] berichtiget lurt). i. Vlaohen und (we* 
fliger richtig) Walachen. S. Lucius irrt sich, da er Vla^ tmd Bulgar 



234 

▼erweohselt. 4. Thiumiaiin's Erklftnmg roB VUeh (vom alayifelmi 
rlek, riehen, trahere, woraus er Nomaden maekt: diese AUeitang 
halt aber die efymologisehe S^iitik nicht aus). 5. Von Engel'a: von 
Nestor's Balgaren an der Wolga (nissisch Vologa), woTon das Bei- 
wort^ voloski, womit ron Engel Vlach, russisch Voloeh, vergleicht, 
wogegen aber schon Scblözer im Namen der etjuiologiecheD Kritik 
laut protestiert hat. Unser Ver&sser sagt, dass von Engel am bellen 
^ Mittage nicht sehen wolle. 6. Vladi ist in allen slavischeo Mund- 
arten gleich Italiener, folglidi gleich Römer. Somit wftre das 
ausl&ndische Vlach das gebr&uchlichere Synonymon fttr das einhei- 
mische Romane, gerade wie Unger f&r Magyar. 7. Walachen heissen 
(nur bei dassisches Latein affectierenden Geschichtschreibern) audi 
Daken und 8. Mysier. 9. Pacinaciten (gegen Pray, der aus den 
Wörtern Ertem, Oyla, Borotalmat sie su Ungern macht, der Ver- 
fiMser aber mit noch weniger etjrmologischer Wahrheit sbu Italienern). 
10. Cumaner waren nach den Byzantinern Pacinaciten, folglich — 
Walachen. Der Verfosser denkt dabei an das italienische Gomae! 
IL Bissener. 12. Moriachen d. i. Maurowlachen. 13. Kuteo- Wa- 
lachen (hinkende Walachen) in Thracien u. s. w. und SSnaaren. Der 
erstere Name sei ihnen von Griechen und besseren Walaehen darum 
gegeben , weil ihre stark mit griechischen Wörtern verunreinigte 
Sprache nicht auf eigenen Füssen gehe; Zinzar sei von der Familie 
der Cincinnaten (!). Erträglicher ist doch die Ableitung von cinceare, 
er hat fünf (im deutschen sieben) Sachen, fär diese walachischen 
Krftmer. Dieser Spitsname ist nur in Ungern bekannt. 

Ciap. IX. Vom Ursprünge einiger Nachbarvölker der 
Walachen. 1. Der Slaven. 2. Der Bulgaren, die der Verfiwser vom 
italienischen voglia (Wille) ableitet, und überdiess diesem Worte 
(mit Bezidiung auf Bojar d. i. Vogliar, was auf einem anderen Wege 
mit von Ekigel^s ebenso fiüschem baro = bojar zusammentrifit) den 
Begriff von Freiheit aufdringt, den es im walachischen nur vom sla- 
vischen nevolja, Sdaverei, her hat. Diese Ableitung ist eben so un- 
sul&ssig, als die gewöhnliche vom lateinisdien vulgaris. 3. Der 
Serben. 

Cap. X. Von der Fabel, dass die Walachen erst im 
dreisehnten Jahrhunderte über die Donau herübergekom- 
men. Der Urheber dieser Fabel ist Josef Sulaer, dessen Autorität 
2. durch von Engel's, Kolossi's, Kova&c's und des Verfiissers seine auf- 
gehoben wird. 3. Antwort auf Sulzer's Beweise , 4. und auf EderV 
5. Diese Fabel ist*s desswegen, weil a) der grosse Theil der Römer 



236 

"niiter Anrelum mrftekgeblieben (bloss mOgUdi); b) weil Solirifisteller 
des wröUtea Seealmns, wie der Noterins und Cinnamiiflt ran nord- 
donaiiiflGhen Walachen sprechen; e) weil es im Diplom vom König 
Andreas II. an die Sachsen Tom Jahre 1124 aiisdrü<Mieh hexsst» dass 
die Walaehen seit dem nennten Secalom in Siebenbürgen, der Wa- 
lachei und Moldaa seien. 

Gap. XI. Von EngeFs Meinung, dass die Walachen au 
Anfang des neunten Seculums über die Donau herüber 
sich angesiedelt 1 — 3. Wideriegang dieser Edero-Engerschen 
Meinung (tou Engel lege willkürlich die Maoedonier der Byatotiner 
für Walachen aus). 

Gap. XII. Schicksale der süddonauischen Walachen 
▼on Aurelian bis zur Ankunft der Bulgaren. Sie gaben dem 
römischen Kaiserthrone drei Kaiser, Galerius L, Galerius II. und 
Jttstinian (worüber aber der Verfasser mit den IllTriem Process be* 
kommen wird, die sieh wenigstens den Justinian beinahe siegreich 
sueignen können, da er nach der Gesdiichte als Barbar Upravda 
hiess, ein rein slayischer Name, wovon Justinus und Jüstiniahus 
eine Übersetzung ist. Der Engländer Gibbon dachte bei Upravda an 
8c^ Upright). 

Gap. XUI. Schicksale der mdaischen Walachen (Homer) 
Ton der Ankunft der Bulgaren bis auf den Kaiser Isaa- 
oius Angelus. 1. Walachen herrschen dort, rereint mit BulgM^en. 
2. Kaiser Basilius zerstört die Herrschaft der Bulgaren. 

Gap. XIV. Schicksale der mösischen Walachen zur 
Zeit des Kaisers Isaacius. 1. — 5. Abfiül der Walachen und* 
glückliche Kriege mit den Bjzantinem, aus byzantinischen Quellen 
selbst. 

Ceap. XV. Zustand der mösischen Walachen nach Isaac 
Angelus. 1. Unter Alezius Gomnenus. 2. Eroberung Konstanti- 
nopels durch die Lateiner. 3. Glücklicher Krieg des walachischen 
E^aisers Johann gegen Balduin you Flandern, Kaiser in Konstanti- 
n<»pel. 4. Tod des Kaisera Johann. 5. — 6. Phrorilas, Johann, Asan*6 
Sohn, und andere walachische Kaiser bis zu der Türken Ankunft. 

Der erste Anhang über dicEntstehungder römischen (walachischen) 
Sprache hat zum Zwecke, die bisherige Meinung, dass die walachi- 
sche Sprache aus der lateinischen, wie wir diese aus den Glassikeni 
kennen, entstanden sei, umzustossen, und behauptet, dass das wa- 
laehiadie das alte Volkalatein sei (also im Gfrunde eine neue Art lin- 
gua icmana rustioa, auf die auch die italienischen und finmaöaiBdiflii 



Spracbforecher sich beru^). Alles also, was im Bau d«s lAaladiv- 
BehMi tticht ans dem Bicherlatein sidi erklftreii btat, ist Btta dee 
alten Volkslateins, das, Kufblge dem Eativpiiw, sdion liatinnii für 
den Buebgebraueh oerrigiert, d. i. also ^von der Vdksspradie mo selir 
abweichend gemadit habe. (Waram dodi?) Mit der slaTiBohen habe 
die walachische Sprache nichts gemein, als eiaselae enHefaiite Wör- 
ter ; ihr Bau sei gaiis& Tenchiedeti. Allem dem an Folge ^^d dam auch 
im zweiten Anhange dae Latein, das sich nooh bk ins &B&e Jahr- 
hundert erhielt, f&r walachisoh erkl&rt, und, wie natUrfieh, badaaert, 
dass, wie Kantemir erafthlt, um diese grieeliiseh*-gfeabigen Römer 
in Dacien um desto mehr von ihren lateinisch-gläabigen Verwandten 
im Abendlande aa entfernen, durch den Betrielr des waladiisohen 
Bischofs TheokttBtos das einbeimisehe lateinisobe Alphabet mit dem 
fremden eyrilMschen Tertauscht worden. Erst itat &nge man nach 
und nach an , diesen Tausch au bereuen und — dajs altrteiisehe Alphabet 
wieder einzioftihren. 

Nach dieser treuen Darstellang des Zweckes und Planes dieser Oe- 
schichte darf Bec^isent auch des Eindruckes, den das Werk auf ihn ge- 
macht, und der Bemerkung«! und Zweifel erwAhnen, die es in ihm 
veranlasst hat. 1. Sehr ist der Verfasser zu loben, dass er in der Mutter- 
sprache gesehrieben hat. So lange nicht alle über dies in der Mutter- 
spraehe au eehreiben lai&ngen, kann kein Volk auf Cultur Anspruch ma* 
eben. 2. DaabearbisherliurnodidärftigeOraflaimatikenaiidkeinLexicon 
der walachi sehen Sprache existiert, so muss man vor der Hand freilich 
wünschen, dass der Verfiisser selbst oder sonst ein gleichüberzeugter 
* Landsmann den Auslttndem in einer ihnen TerständlieheD S{$raehe«eine 
Widerlegung miltlMle. Bishin sind sie, diese Ausländer, eher au loben 
als zu tadeln, dass sie über die Walachen wenigstens die Quellen be- 
nutain, die ihnen bldier allein augtoglioh sind, ist ein Gogenetand nur 
einmal recht in Anregung, dann ist auch HoAtung; dass ^r aufs Reine 
werde gebracht werdem Der Ver&sser genteht ja selbst^ dass erst 
•die Verntaglimpfungen' der Auslinder es ihm uumc^idk gemacht 
hftbelh teurer aa sekweigen. Die Walachen sollen daher nur recht 
bald durdi ein liexieon (d. i. ein genaues, treues Inventarium ihrer 
Sprache: der GrammtatiiDer und Lexikograph ist nur Statiitiker, 
nickt Oesetzgeber seiner Sprache) sich den Ausländem augftnglidi 
nuUshen«, so worden sie sehen, dass es ihnen 'nicht an Willen £^le, 
ihnen alfe gebühlreBde Gtoeehttgkeit widerfahren zu kseen. 3. Auf 
der anderem Seite nmr muss man wohl aneh gestehen, dass >£» deut* 
aohitt Imd au4eve fidknAateUer in der^Eegel nur. die Völker! «ad .£•- 



2S7 

oben nsat sonstiger deuisoher Gründliobkeit behandelh, die gerade an 
der Tageaerdming und Mode nnd^ und worüber ihnen »a Hause oder 
im Auslande genaue Controle bevorsteht^ über alles andere aber sehr 
oft die seichtesten Compilationen nachcompilieren. Daher kommt es, 
dass wir Amerika, Indien und Sina besser kennen als unsere Nach- 
barn, die Albanesen, Serben, Griechen, Türken, Walachen, Polen 
und Russen. Aber noch, einmal, gebt ihnen reinere Quellen und sie 
werden gerne daraus sehöpfen; controliert sie nur strenge , aber so, 
dass sie darum wissen (also in einer bekannten Sprache) und bei jeder 
Behauptung dessen gewärtig sind, und sie werden genauer werden« 
4. Wir sind weit entfernt, den Ver&sser ehieanieren zu wollte« aber 
doch wünschten wir bei einer zweiten Auflage die etwas widersinnige 
Stelle der Vorrede geändert, wo er sagt, dass er seine (nunmelu: 
dienenden) .Landfileui;e dureh das Beispiel ihrer römischen Vater (der 
Herren der Welt) habe aufirieliten wollen, um— „dass sie ihren 
Her^n und Vorgesetzten gehorsam und gegen den Nächsten Iteberoll 
seien und die ron der Natur so reichlich emp&ngenen Anlagen aus-« 
bilden.^ Bloss der letzte Satz kaan bleiben. 5. Nebst dem moraliseben 
Nutzen, den also der Verfiisser mit diesem Werke üar seine Landau 
lernte beabsichtigt, geht fiär uns andere daraus die wichtige lingui- 
stische Gewissheit hervor, dass die walachische SpnM^ nur mit Mn- 
zelnen slavischen Wörtern gemengt (wiewohl auch das bei weitem 
nicht wie 3:8, sondern yielleicht wie 1 : 100), aber das, was im 
grammatischen Bau derselben von der latoiniachen abweicht, weder 
ans dem slavischen, noeh aus dem goihischen oder sonst einer Sprache 
dieses Charaoters erklärbar ist; daher in Adebing's Mithridates «las 
walachiaehe mit Unreoht unter den slayischen Sprachen ao%eführt 
wird : es gehört unter die Töchter der lateinischen. 6. Aber schwer» 
lieh dürfte es dem Verfiisser je gelingen, uns auch nur auf einen - 
Augenblick zu überreden, dass dieser Untersohied im grammatiachea 
Bsiu, um nur des Artikels, doi die Walachen dem Worte hinten an- 
hängen, zu erwähnen, auch der lingna romaiia rustiea, wie er sie 
sich denkt, eigen, und also nur Unterschied in Bftcksioht der „vom 
König« Latinns coirigiertw lateinischen Buehaprache^ geweaen sei! 
Auch angenommen, dass die Stelle: Latinus, qui. Iaii3uun Itnguaaa 
ODtradt (die aus dem 1500 Jahre späteren Butropins oitiert wird und 
die Beoensent nicht im Eutropuui gefunden) wirklich einigen Grund 
habe, wdohe lateinisohe Sprache will der Vetfasser fär ^ von La*> 
tinus c(H*rigLsrte gelten lassen? Etwa wie sie in dem Liede der fra-. 
tves arrales, das man in Bemuhü Zeit setzt» vorkommt? oder die 



2S8 

der OeMtxe des Numa? oder der swAlf Tiifeln? oder der duÜMoken 
Stale? oder des Ghrabmals der Scipionen? oder die des Phuitas? oder 
des Ennius? oder die des C&sar, Cäoero und Vii^? Lauter latei- 
nisehe Sehriftspraohen und alle bedeutend Tersdhiedenl Natflrlioli ist 
die Sprache des gebildeten immer etwas rersehieden von der seiner 
übrigen, weniger glüekliehen Landslento. Er allein, oder doch Tor- 
züglicb, schreibt seine Sprache.' Daher audi diese gesohriebene 
Sprache der gebildeten von der gesprochenen des Volkes etwas ab- 
weicht, aber nie so seh^, dass dieses sie nicht Terstftnde. (Plantos' 
komische Schw&nke verstand sicher der Pöbel von Rom und CSieero's 
und Cäsar's Beden der Soldat so gut wie der Senator.) Diess ist 
nebst einzelnen analogischen Grillen der Grammatiker der natürliche 
kleine Unterschied zwischen dem grammatiee und dem latine loqui 
des Quintilian. 7. Ean anderes ist es, wenn die Sprache in ihrer 
Blüihe, in classischen Werken fixiert, das Volk aber, das sie voll- 
kommen verstand und beinahe eben so sprach^ später durch Aus- 
artung von dieser hohen Stufe der Cultur wieder herabsinkt (und 
seine Sprache mit ihm: siehe die Neugriechen), oder sich mit frem- 
den vermischt (wozu man sogar entferntere Dialekte rechnen musa). 
Da erst scheiden sich die altfixierte Schriftsprache (die man etwa 
dieser Meisterwerke wegen oder aus religiösen oder weloh immer 
GMnden als Bücherspraohe fortzupflanzen sucht) und die neuere 
Volkssprache so, dass sie zwei Sprachen ausmachen. Im Ghninde ist 
also diese Büehersprache für die so veränderten Enkel eben so eine 
fremde wie f&r alle anderen. Sie müssen sie erst leinen, wie andere; 
aber nicht um sie wieder zur allgemeinen Redesprache zu machen 
(diess wäre ein eitles, vergebliches Unternehmen), sondern um an 
ihrer classischen Literatur sich und ihre jetzige Sprache zu bilden. 
So haben es die Italiener, Franzosen und Spanier gemacht, so müs- 
sen es die Walachen und Griechen noch machen, 8. Bei diesem 
Ghmge der Sprache ist also schlechterdings an kein „Corrigieren des 
Latinus^ zu denken. Alle nun todten Sprachen waren einst lebendige 
Sprachen ganzer Nationen, die man so sdirieb, wie man sie sprach. 
9. Wenn wir einst eine kritische Grammatik und ein treues Lezioon 
der walachischen Sprache bekommen , so werden wir ihr Verhältniss 
zur lateinischen bestimmt angeben können. So viel aber seheint schon 
jetzt klar, dass ihr lateinischer Bestandtheil aus einer älteren Periode 
dieser Sprache sich herschreibt, als der ihrer westeDropäisohen 
Schwestern. Der Walache hat z. B. alb, digit, masa u. s. w., d. i. 
albus, digitus, mensa, wo die anderen blanc, doigt, table haben 



230 

Aber noch weniger ist su Iftugnen, dass Eügenheiten, wie p fbr q 
und k» 2. B. patm, japa, apa, opt, piept, sogar kiept, lapte 
för quartuor, eqna, aqua, oeto, pectus, lao; oder r fftr 1, z. B. 
mora fftr mola, cer ftr cel (coelum), ganz bestimmt aber der hinten 
aogehängte Artikel der Form naeh einer ganz eigenen Sprache ange« 
hören müsse, wenn er auch der Materie nach aus iem lateinischen 
Pronomen ille'gebildet ist. Die unbestimmte l^age, dass eine wälsohe 
Völkerschaft, die Vallenses in den Apenninen, auch den Artikel 
nachsetzen, wird bei genauerer Nachfirage verschwinden. Aber die 
Bulgaren zeichnen sich unter allen Slaren dadurch aus, dass sie ihren 
Wörtern oft das slavische Pronomen ta (der, die, das) anhängen, 
z. B. knigata, majkata (das Buch, die Mutter), wo andere Slaven 
bloss kniga, majka sagen. Auch die Albanesen hängen den Artikel 
hinten an. Lauter Spuren einer solchen eigenen Sprache, die einer 
weiteren Verfolgung allerdings werth sind und die die Walachen auch 
verfolgen werden, wenn sie von dem Vorurtheil, reine Römer zu 
sein, zurückg^ommen sein werden. Dieser (thracischen? gotischen? 
illjrischen?) Sprache wird in Form und Materie fiust alles angehören, 
was die walachische nicht mit ihren lateinischen Schwestern gemein, 
oder erweislich aus anderen bekannten Sprachen, besonders der äla- 
vischen, entlehnt hat. 10. Bei der absoluten UnStatthaftigkeit der 
Haupthjpoihese also, dass nämlich die heutige walachische Sprache 
die alte lateinische Volkssprache sei, kann dem Verfasser nun auch 
weniger leid sein um die übrigen, die er ihr zur Stütze aufteilen 
zu müssen glaubte. Es ist eben so und noch mehr wahrscheinlich,^ 
dass die römischen Colonien dacisohe Einwohner vorgefunden (in 
provineiae formam redigiert man keine Wüste), und dass sie sich mit 
diesen vermischt (wenn nicht gar diese Colonisten selbst bereits thra- 
cisoh-römisehe Mischlinge waren), wodurch eben wie in Italien, Gal- 
lien und Spanien ihre mitgebrachte lingua rustioa noch mehr ver- 
ändert worden, als dass, ungeachtet AureUan^s Aufforderung, manche 
auf eigene Gefahr, im Norden der Donau geblieben, wenn auch Vo- 
piscus bestimmt sagt: sublato exercitu et provincialibus, reUquit 
(wobei Toppeltin's eigenmächtige Leseärt: sublato exercitu, provin- 
cialibus reliquit nicht angeht). 11. So dürfte es sich auch bei näherer 
Prüfung bewähren, dass der Name Römer, den die Walachen sich 
selber geben, nur in jene Zeit gehört, da nach Verlegung des römi- 
sehen Thrones nach Thraden auch die Griechen sich Römer zu nen- 
nen anfingen, wie sie es noch heute thun (o/uAci ^iaßuuna heisst: er 
spricht neugriechisch). 12. Der Name Walache, den ihnen die Slaven 



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241 

-:5aciihabet, zur Schande der abendländischen Alphabete, allein und vor- 

.«.»fflich erfüllt, während das lateinische nicht einmal den echten Lateinern 

" ~^ug that (daher man u und j später hinzu erfinden müssen, tf 

-zs ^ d <o aber und Quintilians medius u et i literae sonns noch immer 

. bezeicbnet bleibt), geschweige den Walachen (gleichviel ob deren 

jgilraehe aus der romana rustica oder aus den Sprachen, die ihren 

Veiten formellen und materiellen Hauptbestandtheil ausmachen. 

^i^ute enthält, wofär im lateinischen Alphabet keine Schriftzeichen 

.cb vorfinden). Man komme mir nicht mit dem Beispiele der Italie- 

^. 3r, Franzosen und Deutschen u. a. Abendländer, die diesem Mangel 

^^ urcb Combinationen mehrerer Schriftzeichen abgeholfen, aber eben 
__^Adurcb allen Sinn f&r die göttliche Schreibekunst getödtet haben; 

^80 von den glücklicheren, die das rechte gesehen haben, wohl zu 

- .;eklagen, aber nicht zu beneiden, oder gar nachzuahmen sind. Die 

eutonischen Völker hatten nur die Wahl, entweder gar nicht oder nur 

^ aothdürftig zu schreiben. Da war mm etwas doch besser als gar 
nichts. Bei den Walachen und andern Cyrillianern aber ist die 

_ .Frage, ob sie das gute und rechte, das sie bereits besitzen, filr 
5^chleohtes vertauschen sollen. Schinkai's übertriebene Klagen über 

,die Schwierigkeiten der cyrillischen Orthographie treffen höchstens 
nur die Duplicate einzelner Buchstaben , deren sieh die Russen be- 
reits erledigt haben, aber nicht das einzig wahre Prinzip dieses Al- 
phabets, vor dem die teutonischen beschämt dastehen müssen. Ist 
euch die grobe Holzstichfigur der cjrillischen Buchstaben anstössig,^ 
so verfeinert sie. Lockt euch die Eleganz der durch mehr als 300. 
Jahre immerfort bearbeiteten lateinischen Figuren oder die Gom- 
pendiosität ihrer kleinen Schrift unwiderstehlich, nun so nehmt in 
Gottes Namen daraus die Zeichen in euer Alphabet auf, deren Laute 
in euerer Sprache entsprechen (die übrigen Europäer werden euch 
fiir diese Erleichterung der Conununication sogar danken); aber über- 
eilt euch, um euerer Ehre und Nachkommensohaft willen , nicht so 
"^ sehr, um statt der in diesem lateinischen Alp^bete noch fehlenden 8 
bin 9 einfachen Buchstaben teutonische Combinationen anzunehmen 
oder gar selbst neue zu machen, wie Klein, Schinkai, Körösch, Roza, 
Bojadzi oder wie jüngst der Verfasser einer walachischen Ode, 
der, nach dem Beispiele des französischen g, wie der Unger Bevai, 
eine Menge der lateinischen Buchstaben beschnörkelt. Nehmen die 
betreffenden Zeichen aus euerem jetzigen c^rrillisch-walachischen 
"* Alphabete keine den lateiniBchen analoge Form an, so erfindet neue * 
oiB&che Zeichen, aber nur keine Combinationen. Kurz, macht en 

1« 



^ 



242 

sq, wi^ ea Oyrill Ji^it dem grieclüschen Alphabete machte, da(< 

Vüji n^ne^ einfiM^hen Zeicheu bereicherte, oder wie selbst euer 

Step unbekannter Schir^hlehrer, der pTriirs Alphabet aberj^cials 

ziirei noa^i, einfip^chen Zeichen vermehrte. Sagt nicht, d^iss si. B. n 

meia'«( oder Sft^nkai'fi« oder Boza's, oder Bojad^rs u, ^. t^utonis 

Ut^ixiiiolien Methoden die lateinische Abstammung schönei: i 

9chi^eUer auflSnUe. Dieser nur etwa für wenige Gelehrte loeh;e 

Vgri^eil ist di^ dadurch bedingte qualvolle Complication der gi 

lifh fijp^chen Erfindung der Schreibkunst bei weitem nicht wei 

Ui^L falbst zugegeben, dass dieser Vortheil einige Rücksicht veirdie 

wie werdet ihr apa, opt schreiben, dass man das lateinische aq 

QjQtQ dabei a^he? — Sucht euch doch lieber ein vollständiges Alp] 

bat «usanwve];^ und dann schreibt, wie ihr sprecht. Die Gelehr 

userden die Abstammung des Wortes auch in dieser Gestalt finc 

(^pd wowi ihnen ebensoviel, wo nicht mehr liegt, die Übergan] 

gl^eder 4mu)9 ohne dass desswegen den Ungelehrten und den Com 

qMfi^% un4 EinfiM^hheit liebenden Gelehiten selbst die einfache Sehr 

bung w4 licsiiu^ verkünstelt werde* Mit diesem Beispiel, nach d 

Auaspini^h^ nicht nach Etymologie zu schreiben, sind euch bere 

di^. Italiener voanngegangen,, in so weit es bei dem GrundfehL 

d^ Uteiiy/tcte Alphabet nicht vQi;mehrt zu h^ben, möglich war. Me! 

ktinntf 9i 81^ nicht thwQ^. Und nun sind sie auf diesem Wege a^u wei 

^^l wi^^r umzukehren. Aber bei eii^h ist es noch Zeit. 15^ Vi^ 

VfM^t }ß% ^ nAthig dem Verfiisser bestinuat zu widerspr^chiBn, d 

die n^abtc^vwhe Literatur f&r identisch mit der lateinische^, ^aie] 

Um Italieneir, FnMM^^s^n imd Spanier haben die ihrige nie füv eil 

PoiflA^twng 4w If^teiniaohen angesehen. Die walachische l^iterat 

bi9gUnt «^t w^ ^^ ipr^achi^chan Bibelübersetzung. AJso^ nie ha»b< 

di^ W^lafi^n mi^ l^i^einischen Buchstaben geschrieben, Yor ^ein 

fJMltfikai'a u^, ^^derer Versuchen. 16. Diese Versuche haben n 

Reekt Wi(J^apruoh gefunden, und wü^rden, &lla es eiiji^Qi 4(|i^selb< 

gelten ^\U^ auf w^lv^ Art in^mer, zum Gesetze zu irer^n, m 

de^k4ff^igen,w^l^ch^ßheniKlop8tock.e9, WaiUy's,.$be]?i4w's, und w 

4jj^ ^n)(^9i;idi9^Gr^ppiHiitiJ(e ßil^ Nation^ sonst heissi^n mögen, p.atri< 

tiM^e Aoh. im99^98sea, weil ihre UrhebeiT) ^f^ ^^^ verderbliche 

Sfi|i9Bi4Qi ^T 41>ei^äjader, daa AjVcaen der Bux^I^bep^clurift ujn 

dpfß Vl^^hß^ C^PToU^mn. ihres Gxundsaiizes ve];kaimt odj&r v^nacl 

Umgt h^ben. Pies^i; Giiundsatz lautet: So viel veracHied^ene ew&ob 

If^i^te in, d^ Spi^ache, eben ao viele und we^er mehr npch weiMge 

TenifJi4f)dene einfi^e ißeichen in der Schrift (Buchstaben im Alpha 



i 



343^ 

bet). Znr VersoUedenheit gebärt, das« die Zeichen sieh so deutlich 
als nur möglich von einftnclcr tinterseheideny zxa Einü^chbeit» dagg 
sie KusazamenhMigeiid seien. Die yerschiedeneoi* Alphabete sind wie 
die verschiedenen Ab^se und Gewichte, eine nicht unvartilgbare 
Plage des Mensohengesehleebtes. Schon Leibnitz daehte auf ihrQ 
Vertilgung mittelst eines Universalalphabets, w^rin jede besondere 
Sprache f&r ihre eigenthumtichcn und alle insgesanunt fiir ihre ge- 
meinschaftlichen Laute eben so riele Schrifta&etchen &nden« Hoffd^it- 
)ieh ist auch Kis' Unirersalalphabet zur nämlichen Abhilfe bestinmit 
Recensent empfiehlt dem, den das hier gesagte etwa befremden solUe, 
Volnej's Simplification des langues orieiitales nachzulesen. 17. An- 
dere historische und kritische Mängel dieses Werkes, dass es z, B. 
den Ton Schldzer, Eder und anderen ungrischen Geschiehtsforschern 
so gründlich angefochtenen und geradeau fär einen Fabelaiann er- 
klärten, und selbst ron seinem grossen Patron von Eng^, nur wo 
er mit besseren Quellen oder doch der Wahrscheinlichkeit überein- 
stimmt, yertheidigten Anonjiniis im Cap. V. — VII. als historische 
Quelle gebraucht, oder die Völkerwanderung unkritisch yerwirrt, 
ist e» genug zu berühren. Letobere ist, ungeachtet sie von Engel 
wenigstens in Rücksicht der Aufeinanderfolge dar wandernden glaubt 
au%eheltt an haben, in Rücksicht der* genetischen Verhältnisse der-* 
selben noch gar s^ im dunkeln. Nur wenn eismial alle Daten, die 
darüber in den bysantinisehen, den abendläadiscben iHid den orien- 
talischen Chroniken zerstreut sind, werden gesammalt,, rerglioheii, 
kritisiert und die Sprachdaten mit Dobrovsky'ariier Nüchternheit und 
Evidenz werden mbrieiert sein, nur dann lässt sieii hierüber b^frie^ 
digendes Licht erwarten. 



XXXJII. 

Die deutsche OrthograpUe« 

You' einem Kosaken, an den Herausgeber (Friedri^ Sehlegel> 

(Maseom 1813. IV. 517—540.) 

Grosse Besitzungen in der Ukraine setzten meinen Vater in den 
Stand, und der bon ton in die Notiiwendigkeit, nebst einem firanzösi- 
schen Bedienten auch noch einen französischen Abbe zu yerschreiben, 
um seinen Kindern eine Bogenannte gute firziehung geben zu lassen, 

16 • 



2U 

Sie können sich's vorstellen, wie detttsoh'*) wir «n&nglieh gegen die 
FViudzosen waren. Indessen lemt^i wir, beständig und allein von die- 
sen Franzosen umgeben, recht bald so gut firanzösisoh plappern, dass 
.wir darüber unser russisch yergessen h&tten, wenn der Vater diese 
Gefiihr nicht noch zur rechten Zeit inne geworden w&re. Er hatte abei* 
2tt rid gesunden Verstand und patriotischen Stolz, um die Mutter- 
sprache zu verachten. Bs ward beschlossen, dass die beiden Sprachen 
wenigstens gleicher Pflege sich erfreuen sollten, und uns daher auch 
ein russischer Bedienter und ein gelehrter Kalugjer beigegeben« um 
den zwei Franzosen das Gleichgewicht zu halten. Nicht jeder Kalugjer 
hätte diess können; aber unser P. Afanasij (Atbanasius) war auf dem 
. Berge Athos gewesen, konnte nebst etwas französisch und italienisch 
auch altgrieclnsch und sogar Latein, undhattediehumanisierendeLitera- 
tur dieser zwei Sprachen nicht alsPedant studiert. Desswegen vertrug er 
liich auch ganz leidlich mit dem oberfliUshlichen Abbe, ausser dass er 
bisweilen mitieidig die Achseln zuckte, wenn dieser ausser der franzö- 
sischen Sprache und Geschidite nichts schätzte, oder vielmehr nichts 
schätzen konnte. Der Abbe pochte immer darauf^ dass die französische 
Sprache, so wie sie bereits die Sprache der höhern Stände und der 
Diplomatie in ganz Ekiropa geworden, am £nd^ auch die allgemeine 
Gelehrten- und Büchersprach%, statt der lateinischen, werdoi müsse. 
Afimasij gab das muss nicht zu, und meinte überhaupt nicht, dass eine 
solche allgemeine Büchersprache so nahe sei; ja nicht einmal, dass die 
anscheinende Bequemlichkeit derselben den Schaden werth sei, der 
aus der Vemaoblässigung der andern Sprachen, nicht allein für die 
betreffenden Nationen, sondern da die versehiedenen Sprsfchen nur 
eben so viele Entwiokelungsarten des menschliehen Geistes seien, auch 
fär die Geschichte dieses Geistes überhaupt entspringen müsste. Fer- 
ner, auch angenommen, dass eine allgemeine Büchersprache was gutes 
sei, so würde, wenn es ordentlich zuginge, die Wahl bei weitem nicht 
auf die gemischte, im Stamm todte, ninpoetische und starre französi- 
sche fiUlen u. s. w. 

So hielt der Kalugjer dem Abbe das Gleichgewicht, und be- 
wahrte seine Zöglii^e vor der scäiädliehen und schändliche^ Verach- 
tung der Muttersprache, die andere Kinder unter den Händen von 
lauter Fremden so zu sagen mit der Muttermilch einsaugen. Oft 



*) Einen Dwtschen und einen stommenbeieichnetder Bosse» Pole» Böhme und so« 
dere SUven durch ein und dasselbe Wort, njemec. So heisst, durch das sla- 
▼Ische Mittel, der Deutsche auch bei den Ungern, Walachen, Neugriechen und 
T&rkea, 



245 

maohtD er utts sogar die Vonüge unserer Mnttersprftche vor der 
fransösischen bemerkbar, z. B. dass sie keine Artikel branohe, keine 
Pronomina vor den Verbis; dass sie in der Wortstellnng beinahe so 
frei sei wie die lateinische und grieehisohe; dass sie sich bei ihren 
schönen und so häufigen Endrooalen weit besser singen lasse, als die 
französische u. s. w. — Und nun vollends im sohreiben hätten wir dem 
heiligen CTrill ein vollständiges und daher ein&ches Alphabet z« veiv 
danken, während die Franzosen das nicht ftr'ihre Spradie berecknetb 
lateinische Alphabet, statt es a la 8t. Cyrille zu vermehren , so När- 
risch combiniert hätten, dass ein und derselbe Budistabe, statt immer 
ein und denselben Laut darzustellen; wie bei uns, vielmehr die ver- 
schiedensten Laute darstelle oder darstellen helfe, je nachdem seine 
Nachbarn sind (gleichsam ein Vorbild derVersatilität ctieees VoUtiB), wie 
z. B. das g bald g, bald i darstelle; das c bald k, bald s und 
mit h gar seh u. s. w. Und abgekehrt stellten mehrerlei Baohstaben- 
gruppen wieder nur einen Laut, z. B. oient :==: ä u. s. w. dar, so dass, 
wenn bei uns ein Bauer, der in dreimal 24 Stunden das Abe begriff 
fen hat, dadurch zuglei^ schon auf sein ganzes Leben lang orthogpra- 
phisch schreiben kann, dort nicht einmal jeder Abbe, geschweige Da- 
men, sich je ganz darein finden lernen. Wir Russen besässen, sagte er, 
die göttüche Erfindung der Bwhstabensohrift in ihrer ganzen ange- 
bomen Schönheit , während die Franzosen nur eine Carricatnr dersel- 
. ben kennten; Zum Beweise schrieb er uns einmal die 26 einfadien 
Zeichen der 26 einfachen Laute unserer Sprache hin und gegenüber 
die vielfiushen (über hundert) Bezeichnungen der 33 einfiu)hen Laote 
> der französisehen Sjuraehe, über 20 eben so m^leioh bezeiohneteDiph*- 
thongen nicht gerechnet. Der Abbe vertheidigte sich damit, dass die 
französische Orthographie nebst dem allgemeinen Zwe^e aller Budi- 
stabenschrift auch neoh den besondem zu erftllen habe , die Abstam- 
mung der Sprache von der alten und berühmten römischen bemerkbar 
zu machen, und dass die verschiedenen Bezeichnungen darin Auren 
Grund hätten , ein Grund, der freilich bei barbarisehen, abkunfHosen 
Sprachen w^fisdle. Unser Kalugjer zuckte die Achseln, -und wir Klei- 
nen, zufrieden, nur irgend einen Grund zu hören (den wir damals frei«- 
lieh nech nicht ergründen konnten), machten gewöhnlich auch — 
Wafienstillstand wenigstens. 

Als ich dann, ein siebzehnjähriger Jün^ng, nach Petersburg 
kam, und von ihrem wackem Landsmann Wolke deutsch lernte, war 
meine erste Frage, ob diese Sprache auch^ wie die französische, von 
der alten und berühmten römischen abstiamme, oder ob sie, wie die 



246 

ruBsitohe, eine barb»riBclie,»bkuiiftlocieSpraohe sei. Herr Wolke nehien 
midi an&i^ nicht su begreifen. Endlich aber aagte^er, die deutsche 
Sprache 6ei, sd^ gat wie die russische und grieohisehe, viebaehr eine 
Sohwester oder Cousine ^) der la4;einiflolient auf jeden Fall also ihr coordi* 
niert« nicht aber, -wie die fran£d6tsehe,ibr subordiniert. Also hat ihre Or- 
thographie aueh nur ihren eigentlichen Zweck zu erfüllen, ohne suatjrnio* 
logisdien Nebenzwecken verbunden zu sein,wie z. B. die fiwizösisohe ? 
Herr Wolke nieiate, auch die firanzosisdiehiitte es eben so wenig Noth 
gehabt, sich mit Nebenzwecken selbst die Fisse zu binden, als z. B. die 
italienisohe; aber die deutsche habe gar keine Nebenrueksieht zu nefa- 
m^i. Also, erwiederte ich, können ihre Bauern, wie die unsrigw, so- 
gleichauoh fftr immer orthographisch schreiben, sobald sie das Abc ken- 
n«i! Herr Wolke stutzte bei dieser meiner Folgerung noch mehr, alfi 
fefther bei der Frage über die AbkunfUosigkeit der deutschen Spraehe. 
Ersehien verzückt. Nach ein paar Minuten ergriff er lebhaft meine Hand 
und spradi: „Sie haben reeht, noch kennen die guten Deutsehen den 
wahren Gott nioht, aber soQott ^11, sollen sie ihn durch un« kennen ler- 
nen. Wann beginnen wir den Unterrieht? Sie werden mein erster aokra- 
tischer, selbstdenkender, mitrftsonnierender Schüler sein. Auch ich hoffe 
was von Ihnen zu lernen.^ — Ich erbat mir tftglich zwei Stunden. Herr 
Wolke hatteein wenig russisch gelernt, aber sehr mechanisdi'und ober- 
flächlich, wie er selbst bemerkte. £t woStemit mir tiefer gehen. Wir rä- 
flonnierten unser Alphabet durch, und ich spraoh ihm dann dos russische 
Vaterunser vor, welches er sogldeh ohne allen Fehler nachschrieb. Um 
ihn dioht g^buben zu machen, dass etwa der^ frühere Unterricht ihm da 
zu statten gekommmi, ersuchte ich einen eben ausGKütingen angdang- 
ten deutschen Hofineister, Aet bei ihm auf Besuch war, da er ohndiin 
roisisdi lernte müsste, gleich heute das Abe von mir zu lernen : der 
orthographisdie Versuch mit diesem gelang eben so vollkommen. Eben 
* 4Wi' ein dritter mit einem deutschen Bedienten und ein vierter mit dem 
a&chsten dem besten izvosdik (Fiaker), und ich erbot mich zu ao vie- 
len Proben^ als nur immer verlangt würden. Ach, sagte Herr Wolke 
mit WehihuA, wir kfinnen ihnen den Versuch jetzt freilich nicht ver- 
gdiea; denn unsere Orthographie ist so sohlendrianisch, willkürlich 
und daher wetterwendisch, dass nicht allein Damen und unstndierte 
Leute, sondern nicht einmal die Gelehrten von Profession ihrer je ganz 
michtig werden. So seid ihr ja, sa^ ich, noch übler daran als die 

^) Damals , seh ich wohl i sprach Wolke den schU^eriscbea Untersuchungen 
nach; in seinem »Anleit« trügt er, aafs glimpflichste zu reden, seinen eige- 
nen neuesten Irrthnm zur Schau. ' 



247 

f 

FMilifcolieti, Aktien die Abstammung zu einiger Entschuldigung dient? 
Leider, fiagte Herr Wolke, ist es so, wie Sie sieh bald selbst überieu-' 
gfeh werden. Aber — non, si male nunc, et olim sie erit! denn ich will 
m^ilu^h Landsleuteh das wahre Evangelium Verkündeh, sägte ^f U&f 
in's Ottf, Je länger ieh nun deutsch lernte, desto unbegreiflichst* war 
mir def Schlendrian der deutschen Orthographie und desto flfgeriidli^V 
die schändliche Entstellung der edelsten und eiti&ehsten ällei^ KtUidte, 
d^sto--^ fimatischer möchte ich sagen, lag ich Helm Wolkb aik^ sein 
wohlthätiges Apostelamt bald antutreten. Indessen trennte nach einetti 
Jatif mein militärischer Beruf mich von Het*m Wolke. In der Moldau 
und Walachei fand ich, mit froher Überraschung, in dekn waläöhischeti 
Alphabet eine vernünftige Nachahtnung des russischen, und hdl-te nicht 
ohne Arger, dass einige siebenbürger Walachen auf den Einfldi ge- 
kommen seien, dafür tfa$ lateinisdie Alphabet einführen ftu wollen, 
txhA £War nicht etwa so, dass aus dem lateinischen Alphabet die brauch'- 
baten Sehrifttüge zum Grunde gelegt, und die zur Bezeiohnüng d^r 
eigMithümlichen walachischen Laute noch nöthigen einfachen 2feidh(»n 
hinzu erfunden oder aus dem eyrillisehen Alphabet, veribint^rt, h^- 
über genommen würden; diess wäre der Theorie der Buchstaben- 
schrift ganz angemessen und ein solches Alpdabet würde selbst toT 
d^m rusfflsohen den wesentlichen Vorzug der Eleganz und Oomp^n- 
diosrtät haben; aber nein, nichts neues sei hinzu zu erfinden» sondern 
durch Oombination zWeier oder m^rerer lateinischer BüOhstab^ oder 
durch BtochnörkelUng derselben sollte alles erzielt werdto i wie bei 
den Franzosen, Italienern und Deutschen. So mächtig ifet der Binfluss 
des bösen Beispiels, besonders wenn es von Leuten kommt, die sonst 
Verdienst ' haben, oder wenigstens in andern Dingen uns überlegen 
sind. Begierig horchte ich in meinem scjthischen Lager auf Gerüste 
von Wolke's Auftritt. Vergebens! — Voriges Jahr endlich kam ich 
selbst nach Deutschland. Der erste Gebrauch, den ich von der Ver« 
Setzung in diess literatische Paradies machte, war, mich t>ei Gelehrte! 
über den Stand dieser Sache zu erkundigen. In Berlin gab man mir 
die Nummern 211. und 212. des „Freimüthigen^, nicht ohne selbstge- 
fiüligen Triumph über meine Klagen, in die Hände. Die treffende 
Überschrift eines Auüsatzes von K. G. L. Reinhardt; „ Ober siohtbare 
Darstellung der Sprachlaute und wie das Ideal der Schrift inDeutilOh» ^ 
land zu erreichen,^ entzückte mich. Gkrade das war's, was ioh 
wünschte. Aber — nicht nur befriedigte mich, nach einer so treffen-^ 
den und endliche Abhilfe versprechenden Oberschrift das wirklich g^ 
leistete gar nicht, sondern die abg^dohmaekte Geckerei desV^rfiiasers, 



248 

„dem die Ehre als Schöpfer eines Abc, wie es sein sollte, als ortJio- 
graphischer Zwingli in der Fibel zu glänzen, noch nicht bedeutend 
genug ist,'^ hat mir ihn vollends yerleidet. Wie? Der Ruhm eines 
zweiten Taut wäre Herrn Reinhardt zu unbedeutend? Das Verdiei&st. 
ein ganzes grosses Volk auf ewig von dem Joch des widersinnigsten 
Sohlondriana zvl befreien, ist Herrn Reinhardt zu gering? Aueh er hat 
die Göttin nicht gesehen! 

Herrn Wolke muss, wiewohl er besseres im i*ussischen Alphabet 
geaehaut, diess Verdienst ebenfidls zu gering geschienen haben, da er 
zugleich daseinesSprapchreformator^ damit verbinden zu müssenglaubte 
(so wie Herr Reinhardt das Ideal der Schrift so dunkel gesehen hat^daas 
er seinen Blick sogleich auf eine Sprachmosaik aus allen bekannten 
Sprachen gewendet). Ich aber sage (und diess bedarf keines Beweises, 
da es von selbst in die Augen springt) : Das Ideal der Schrift ist 
selbstständig und ganz unabhängig von dem der Sprache. Lernt nur 
die bestehende Sprache vernünftig d. i. einfach darstellen (wenn ihr 
auch ihre Analogien noch nicht begreift). Von allen, die das einfiiohe 
russische Alphabet gekannt haben, hat sich Schlözer am consequen- 
testen bewiesen. Und von allen, die aus eigener Kraft die Idee der 
Schrift am klarsten angeschaut, befiiedigt mich bloss Klopstook 
(Fragmente, Hamburg 1797), insofern er nämlich mit den vorhan- 
denen deutschen Drucklettern am consequentesten gewirthsehaftet. 

Aber (und diess ist, glaube ich, ein grosser Grund mit, dass auch 
ein Klopstock in einer so allgemein wichtigen Angelegenheit doch 
nur in der Wüste gerufen), warum sollten denn die Druckerkasten 
nicht endlich eiimial auch eine Reform sich gefallen lassen? warum 
die Schriftschneider immer nur die altgewohnten Lettern sehneiden? 
Alle Maschinen und Qeräthschaften erhalten nach dem Masse der 
wachsenden Einsicht zweckmässigere Formen, nur der Druckerkasten, 
der Werkzeugskasten der edelsten aller Erfindungen, soll, eine unan- 
tastbare Ste.Nitouche, noch immerdar nur fiir's Latein berechnete Werk- 
zeuge (Lettern) aus Fust's oder Gutenberg's Zeiten enduüten? 

Klopstock und andere erkannten wohl (da nach dem Grundsatz 
aller Buchstabenschrift das Alphabet jedes schreibenden Volks so 
viel, und nicht mehr noch weniger Schriftzeichen, enthalten soll, als 
seine Sprache Laute hat) die Unzulässigket der widersinnigen Com- 
bination ch oder gar des seh* aber wer liess dafür andere giessen? 
Eitel und eines consequenten Kopfes unwürdig scheint mir Ade- 
lung's Eiinwurf, dass solche neue Zeichen sich in der Gesellschaft 
der alten nicht gut ausnehmen werden. Ist doch euer w auch nicht 



249 

lateiiiiscli. Die Römer Bchufen üeh, und obendreiii ohne Noth (nostra- 
mm ultima oarere potuimas, si non qnaesiflsemus, B»gt Quinti^an) 
ein X SU ihrem alten Alphabet hinzu. Und im koptischen, -wie im 
msflisehen, schieken sich die neuem Buchstaben ganz gut zu den 
zum Ghnnde gelegten altgrieehisohen. Gesteht lieber (was ja nicht 
euere Schuld ist), dass euere ersten Schreiblehrer, die guten alten 
(jia ^ Sfipoi^ Kalugjer, Mfool^e) wohl die Bu<distaben, aber nicht d^i 
Geist des lateinisohen Alphabets kannten. Nun ihr aber diesen 
Geist kennt, was hindert euch nach ihm zu handeln, und endlich 
einmal euer Alphabet ordentlich einzurichten? Herr Reinhardt hat 
die M&ngel euerer Morographie ziemlich treu dargesteUt, aber sein 
Bath , wie diese Mängel abzustellen , ist weit unzulänglicher. Wer 
nicht besser bauen kann, sollte auch nicht einreissen. Klopstock 
ist viel gründlicher; doch hat auch er nicht alles beiücksichtigt 
Wenn die Deutschen wüssten, wie ihre bisherige Morographie den 
Fremden martert und in Rücksicht auf sonstige deutsche Gründ- 
lichkeit auch ärgert (scandalisiert) , so würden sie , weit entfernt, 
meinen Missionseifer zudringlich zu finden, ihn vielmehr loben, 
und — in sich gehen. Erlauben sie mir, dass ich das allgemeine 
und besondere, was mich hierüber seit Jahren beschäftigt, kurz 
darstelle, in der Hofinung, dass vielleicht in dieser Wüste, wo so 
vieles Rufen bisher ungehürt verhallt ist, doch zuftUig ein mensch- 
lich Ohr das Rufen eines Kosaken vernimmt. 

1. Die Buchstabenschrift, die allein alle Nuancen des gesche- 
henen , alle Modificationen des gedachten malen kann , behauptet 
unter den übrigen Schriftarten (der Hieroglyphe, der chinesischen 
Begriffsschrift etc.) aus eben der Ursache und mit eben dem vol- 
len Rechte den ersten Rang wie die Redesprache imter den übri- 
gen Spracharten , als der Geberdensprache etc. 2. Aber ihr We- 
sen ist nicht allein im heutigen Oecident, sondern auch im Orient, 
^hrer Heimat, vielfidtig verkannt und entstellt worden. 3. Die Be- 
stimmung der Buchstabenschrift ist die Laute der Sprache darzu- 
stellen. Daraus fblgt das Grundgesetz der Buchstabenschrift, dass 
das Alphabet jedes schreibenden Volkes so viel und nicht mehr nodi 
weni^r einzelne Buchstaben enthalten solle, als die Sprache einzelne 
Ijaute enthält. Koin Laut darf mehr als ein Zeichen, und kein 
Zeichen mehr als einen Laut haben. 4. Auch darf man glauben, dass 

der erste Erfinder so viele Buchstaben erfunden habe, als seine 

* 

Sprache Laute hatte. Da aber anders redende Nachbarn diese Erfin- 
dung mechanisch entlehnten, so konnte es nicht fehlen, dass da die 



250 

yerschiedenen Sprachen wohl die meisten < aber doch niobt alle LtMite 
gemein haben, «das nur för eine Sprache A erfiindene Alphabet nicht 
für alle mid jede paeste. Das Volk B a% B. imd ia dem aus d€r 
Fremde g^ommenen Alphabete Zeiehen fiir Laute, die seine SpHaohe 
nioht hatte, und rermisste dafür andere ifilr einige seiner La«ie, die 
die Sprache des Volkes A, bei dem die Erfindung gemacht worden 
war, nieht gehabt 5. H&tte jedes so entlehnende Volk au^h den Geist 
der Erfindung begriffen, so war diese Verlegenheit leicht zu heben. 
Man durfte nur die Zeichen, deren Laute in der betreffenden Sprache 
nioht da waren, weglassen und für die eigenthümlichen Laute seiaer 
Spmche die fehlenden Zeichen hinzu erfinden* 6. Aber so richtig 
dachten meines Wissens nur die alten Griechen utid sogar die grie* 
ehisch-christliehen Missionare unwissenderer Jahrhunderte, die den 
Kopten und uns Slaven schreiben lehrten. Elrstere erfiuiden die in 
dem von dem Phönizier Kadmus nach Theben gebrachten Alphabete 
zur Darstellung aller griechischen Laute noch fehlenden Buchstaben 
hinzu; so bereicherten auch die Erfinder des koptischen und des sla- 
visohen Alphabetes ihr mitgebrachtes griechisches mit neuen Schrift- 
zeichen. So yermehrten sogar die Walachen bei der Annahme des 
slavisehen Alphabetes dasselbe mit zwei neuen Budistaben. 7. Eint- 
femter von dieser edlen Eänfiachheit sind schon n. B. die indisohen 
SjUabar « Alphabete , die ich zwar nur vom Hörensagen ken&e, 
worüber aber Euer Wohlgeboren selbst einer der eompeteütestei 
Richter sind. 8. Noch entfernter und in Büeksieht der Vocalc ge- 
radezu unvollständig und mangelhaft sind das hebrfiische und 
arabische Alphabet. Denn wenn sie auch nicht, wie die neueren 
Europtter, geradezu gegen das Grundgesetz der Buchstabenschrift« 
einen Laut durch mehrere combinierte (und einzeln anders lautende) 
Buchstaben bezeichnen, so sündigen sie doch in Rücksicht der Con- 
sonanten gegen das aus jenem Gnmdgesetze natürlidhi fliessende Co- 
rolkrium, „dass die Schriftaeichen sich so deutlich und bestimmt al^ 
nur möglich von einander untersdheiden, und ihre f^gur zusammen- 
hangend und mit einem Handzuge sdureibbar sein soU.^ Der Mai^el 
der Vocale aber macht, dass, wie bekannt, kein Araber ein Buch 
ohne Vorbereitung, a prima vista, lesen kann, und bei eigenen 
Namen,' z. B. in Abutaleb's Beisebeschreibung, aus unserem treffli- 
ehen von Hammer in der zweiten Hand ein Himru wird» ') 9. Ganz 



') Durch die Unbestimmtheit der Vocale oAhert sich der Engländer dem ara- 
bischen Mangel ; einige Namen, die ein Engl&nder tiiedergdichriObM, ka&ti d^r 
andere, und nach eifiiger Zeit er selbst nicht mit Sicherheit lasen. Forstst« 



251 

entstellt endlich und unkennbar ist die Göttlichkeit der Buchstaoen- 
sehrift in den Carricaturen, die davon (unbegreiflich!) bei den Völ- 
kern der westlichen Hälfte von Europa, dem gebildetsten Theile der 
Welt, noch immer allein in Abarten, die sich nur durch Widersin- 
nigkeit zu übertreffen suchen, bekannt sind, und die man, da sie 
zuerst bei Völkern teutonischen Stammes aufgekommen, leider teu- 
tonische Schriftearricaturen nennen muss. (Am tollsten treiben's 
liierin die Engländer, am vernunftähnlichsten noch die Italiener.) 
Da ist keine Ahnung des Grundgesetzes aller Buchstabenschrift: 
ein Laut hat zu Dutzenden von Zeichen, und umgekehrt. Daa trau- 
rigste dabei ist, dass, da dieser Widersinn in ganz Westeuropa 
herrscht, ein Volk, statt auf ernstliche Abhilfe zu denken, sich mit 
dem nicht besseren Schicksal des andern tröstet. ') So lese ich eben, 
zu meinem grossen Verdrusse, in Adelung's deutscher Sprachlehre 
für Schulen (Berlin 1806.) Seite 16., wo er die Widersinnigkeiten 
der deutschen „Sprache** (Schrift sollte er sagen) mit Überzeugung 
herzählt, das nicht weniger widersinnige Epiphonem: „Doch das 
sind Mängel, ' von welchen keine Sprache frei ist, und die man 
dulden muss, so lange der Sprachgebrauch sie duldet.** Als ob 
es, heilige Mutter Gottes! ausser den teutonischen Sprachen, die 
allein so elend geschrieben werden, keine weiter gäbe! Und als ob 
die Schrift von der Sprache und also der Schreibegebrauch von dem 
Sprachgebrauch nicht himmelweit verschieden wäre! Ist die Schrift 
nicht eine Maschine, die, wenn der erste Erfinder nicht so glüoklioh 
war, ihr schon die grösstmögliche Einfachheit zu geben, es jedem 
frei steht, nachträglich zu vereinfachen, bis sie als solche das Ma- 
ximum der Einfachheit und Brauchbarkeit erreicht? Es kommt dann 
nur darauf an , diese so höchst möglich vereinfachte Maschine gehörig 
bekannt zu machen (ihre Beschreibung hat auf einem Abc-Täfelehem 
Platz, während die jetzt übliche Adelung'sche ganze Bände ftdlt, 
denn veritas una est, error infinitus) und jeder wird sie gern um die 
alte compliciertere eintauschen. Die Lehrjungen aber, die sieh mit 
dem Gebrauclie der alten Maschine nie gemartert haben, werden, 
wenn sie historisch davon zu hören bekommen, es gar nicht begreifen 



*) »Man kommt mir, sagt Klopstock, zuweilen mit den EngUndern nnd Fran- 
zosen, and sagt, dass die es noch viel toller machten wie wir. Ein Grund 
soll diess doch wohl nicht sein! Nun ein Trost denn. Aber wenn wir es nun 
wie die Griechen und R(}mei' niachteu, und dann nicht nflthig hfttten uns 
zu trösten?« 



252 

keimen, wie die alten so stumpfisinnig sein konnten, nicht aaf die 
so natürlich sieb aufdringende VereinfiEkchung zu verfallen. 10. Ich 
darf annehmen, dass Sie über die Widersinnigkeiten und Mängel, 
die Klopstock und zuletzt Reinhardt an der deutschen Sehreibma- 
sohine nachgewiesen hat, mit mir einverstanden sind (also auch über 
das dringende Bedürfiiiss einer gründlichen Abhilfe in dieser Natio- 
nalangelegenheit). Erlauben Sie mir also nur die — Klopstockische 
VereinÜEkchung, als die am wenigsten inoonsequente von allen, zu be- 
urtiieilen. Vielleicht eröffiien sich da neue Aussichten zur endlichen 
und ewigen Vereinfachung, 

Man kann diß Schreibmaschine am füglichsten in drei Haupt- 
bestandtheile zerlegen: I. Bezeichnung. der einfachen Laute (Vocale 
sowohl als Conspnanten), 11. Bezeichnung der Diphthongen, und 
ni. Bezeichnung des Tones. 

Ad I. Die deutsche Schrift- oder Büoherspraohe (von den Volks- 
dialekten müssen wir hier abstrahieren, wiewohl ein allgemeines 
Alphabet auch dafilr Zeichen haben muss) hat 27 Laute, zu deren 
Schreibung Klopstock aus der sonst üblichen Orthographie folgende 
Zeichen beib^alten haben wollte: a, ä, b, ch, d, e, f, g, h, i, j, 
k, 1, m, XI, o, ö, p, r, s, sz, seh, t, u, ü, w, z. Es war ein 
grosser Schritt zum bessern, dass dadurch die überflüssigen Zeichen 
c, ph» q, s, V, j des Dienstes entlassen und das e, welches vor 
Klopstock nebst seinem eigentlichen Amte sich auch noch mit dem ^ 
in die Bezeidmung eines eigenen Vocallautes theilen musste, von 
dieser Servitut befreit werden sollte. Klopstock schrieb also Zizero, 
bereit auch Kikero zu schreiben, wenn es so auszusprechen; ^K welle. 
Häuf, Fater, fei, Filosofi; aber auch Raben statt Reben, w&r und 
wärden stutt wer und werden u. s. w. Das w^r sehr folgerecht, und 
wenn auch selbst Klopstock's „an den vorherigen Schlendrian ge- 
wöhntes Auge durch alles diess ungewöhnliche Anfiings beleidigt 
wurde, so war das bald vorbei. Jetzt sah er es gern so rein vor sich, 
wie man's hört und spricht.^ Nehmen wir nun aber die noch ah kei< 
nen Schlendrian gewöhnten Augen der Kinder und der fremden*), die 
deutsch erst schreiben lernen, und nun das Ding so rein, einfach 
und leicht Anden werden! — Ein Kosak hat an diesem Klopstooki- 



^) Die griechischen Gelehrten z. B., die bisher höchstens ein wenig fran^iOsisch 
lernten, sind nun durch glücklichere Landsleute auf die deutsche Literatur 
aufmerksam geworden, und mochten alle gern deutsch lernen. Aber wenn aie 
nun gleich Anfangs auf solchen Widersinn stossen? 



253 

sehen Alphabete nur folgendes auszusetzen: Erstens, ch und seh, so- 
garsz, sind, als nichteinfacheZeichen für einfache Laute, nicht zu dulden, 
und müssen durch neu zu erfindende oder aus anderen Alphabeten zu 
entlehnende einfiiche sowohl in den Abebftchem als in den Druckereien 
ersetzt werden. Dabei wäre höchstens die Rücksicht zu empfehlen, 
dass alle CoUision mit dem griechischen und lateinischen Alphabete, 
als mit deren Literatur wir ewig in vertrauter Verbindung bleiben 
müssen, yermieden würde. Diese Rücksicht hält mich auch ab, ihnen 
für's ch unser x zu empfehlen, weil es im lateinischen nicht ch, wie 
im neugriechischen und bei uns, sondern ks bezeichnet. Aber für das 
seh könnte ich unser Ul vorschlagen, welches allenfalls in w (analog 
dem hebräischen und arabischen schin) verschönert werden könnte. 
Ich weiss wohl, dass Adelung und andere Etymologen für das seh, 
als aus s-ch entstanden, sophistisieren, aber schon Klopstock hat 
ihnen gesagt, dass die Etymologie eigentlich keine Stimme bei der 
Schreibung habe. Nur die Niederdeutschen , die S-chinken sprechen 
statt Schinken, dürfen also auch Gy^tyruv schreiben; wer aber Schin- 
ken, Fisch u. s. w. spricht, der schreibe auch Ulinken, Fim u. s. w. 
So schrieb im altgriechischen der Dorier bcbXos^ 6i6^ für bovXos^ Se6s^ 
weil er so sprach. Für das sz wäre es vielleicht besser s zu schrei- 
ben, welches im lateinischen, so wie <j im griecliischen, unstreitig 
immer und überall wie sz lautete, und dafür z statt f, ebenfalls nach 
dem lateinischen und griechischen. Sohin wäre eigentlich für den 
laut ihres z ein neues Zeichen zu suchen. Wir haben dafür it, das 
mir aher, als zu verwickelt und unelegant, selbst nicht recht gefiülen 
will, wiewohl es übrigens als einfaches Zeichen sich rechtfertigen 
kann. Die Polen und Böhmen haben dafür c (car lies zar); aber aus- 
serdem, dass es mit dem lateinischen c, das bekanntlich wie k lau- 
tet, collidiert, hat es noch den Fehler, dass es zu leicht mit dem e 
verwechselt wird: die Buchstaben aber sollen so bestimmt und leicht 
als nur möglich von einander unterschieden werden können. Also — 
weiter zu suchen. Wenn ihr euch nur einmal zum suchen entschliesst, 
30 werdet ihr schon finden (wer suchet, der findet). Zweitens wäre 
statt des nicht lateinischen w das nun müssige v in seine alten Rechte, 
als Zeichen des Lautes w, einzusetzen, wie es bei den Italienern, 
Franzosen und sogar bei den Engländern ist, welche alle denn eben 
desswegen auch das lateinische ventus, vinum richtiger lesen als die 
Deutsehen 9 die es wie fentus, finum aussprechen, ungeachtet sie in 
ihrem Wind, Wein die rechte Aussprache selbst haben; zugleich 
würde dadurch die mögliche CoUision zwischen w (w) und unseren^ 



354 

oben vorgeschlagenen m oder w (seh) rermieden. Drittens haben 
die Vocale &, ö und ü den Fehler, dass ihre Figur nicht zusammen- 
hangend und also nicht mit einem Handzuge schreibbar ist, wie sie 
doch nach dem Gesetze der Buchstabenschrift sein Sollte. In der 
Quadratschrift kommen überdiess ihre Puncte über das gehörige 
Quadrat hinaus. Erträglicher wären mir die lateinischen und franzö- 
sisohen ae und oe, weil sie doch von den zwei eben gerügten Fehlem 
frei sind; statt des ü aber müsste ein neues Zeichen erfunden werden, 
ausser man wollte das nun dienstlose y dazu verwenden, von dem 
ohnehin die abendländischen Grammatiker* behaupten , dass es im 
griechischen wie französisch u, also wie deutsch ü, gelautet habe. 
Durch die Abschaffung dieser Übertüpfelung der Vocale gewinnt man 
zugleich Platz f&r die Accentierung in der kleineren Schrift, wenn 
si^ nöthig sein sollte. Doch davon unten. 

Ad IL Mit den Diphthongen habt ilir's leichter, weil eure 
Schriftsprache deren nur wenige hat, nämlich nur solche, die das i 
und das u nach einigen der übrigen Vocale bildet (nicht auch vor 
denselben, wie im französischen und italienischen); eigentlich nur ai 
oder ei und au (und höchstens noch aü, denn Klopstock hat nach lan- 
gem herumhören keinen Unterschied zwischen Leute imd läute ge- 
funden). Diese solltet ihr daher auch immer und nur so (nicht aueb 
ay, ei, ey imd eu) schreiben, oder wenigstens ai oder ei und au, noei 
besser nach russischer Methode aj oder ej und av, wodurch der Leser 
genöthigt wird, eben aj oder ej und av, und nicht etwa ai und au 
(wie im italienischen aita und paura), mit dem Tone auf dem zweiten 
Vocale » ^u lesen. Diese Nöthiguiig ist freilich im italienischen und 
französischen nöthiger, weil dort gerade der umgekehrte Fall, mit 
dem Tone auf dem zweiten Vocale, der gewöhnliche ist, piano, piede, 
guasto, guerra (wie pjano, pjede, gvasto, gverra). Auf diese Art fallt 
bei uns der Name und das Capitel von den Diphthongen ganz weg. 
Unsere Grammatik kennt nur einfiiche Vocale. (Diess ist auch der Fall 
bei den Neugriechen, seitdem sie die Diphthongen ihrer V&ter nur 
wie einfache Vocale und das v nach einem Vocale wie f aussprechen. 
Ihre Oirthographie hat daher auch den Widerspruch, anders zu 
schreiben, als man spricht, doch nicht so arg und — grundlos, wie 
die deutsche.) 

Ad III. Mit dieser Berichtigung der Buchstaben wäre also das 
uöthigste abgethan. Die meisten alten und neueren Völker veriangten 
ißohi mehr von der Schrift. Die Deutschen könnten umsomehr sich 
damit begnügen, weil ihre Spraelie den Ton unveränderlich auf der 



256 

/Stanmajlbe lAsst. Da mdeasen ihre Schnfispraehe ein so ausgedehn- 
tes Gebiet hat (was ist 2. B. das grieohisiehe Attika dagegen!), inner- 
halb ' dessen sie vieUältig mit den Volksdialektea auch in BAeksicht 
des Tones eoUidieri (der Oberdeutsehe s. B. spricht Vatter statt Va- 
ter); da sie den Ton überdieas in der bisherigen fSehl^rianortho- 
grapkie, freiUeh auch schlettdrianisch geniig, bereits bezeichnet, so 
kann tnd seU die neue Maschine aneh hierin die alte flbertrefien. 

Der Ton ist doppelt: gedehnt oder geschärft; die griechischen 
Grammatiker beseiichneten ersteren mit dem Cireumflex, letzteren 
mit dem Acutus , also fäter und feter (d. i. Vater und Ve.ttor). Klop- 
stock und die Böhmen beaeichnen bloss den gedehnten Ton. Da es 
bei der neuen Maschine keine übertüpfelten Vocale gibt, so würde 
Klopstock nun auch den böhmischen Acutus über dem gedekaten 
Vocal, statt seines Bogens oder gar des Reinhavdt'sdien IHmctes 
unter denselben, die beide nur auf Buchdruekergrüden beruhen, 
vorziehen. In Wörterbüchern wenigstens mnss zum Behuf für alle 
Nicht-Aihener der wahre Ton der deutschen Sohriftspraebe duxch 
Gebrauch der Tonzeichen oder des Tonzeichens bewahrt werden. 
Alsa der Laut wefde in der Zeile, der Ton aber dureb ein opus su- 
peverogationis über derselben bezeichnet. 

Vielleicht fehlen n'och zwei Zeichen, nftmlich einea zur Bezeich- 
nung des euphonischen e (e muet), dessen Amt indessen Adelung 
unter ä und e getheilt hat, und eines fiir den, ungeachtet Adelung's 
etymologischer Einwendung, eben&Us ein&chen- Laut des tsch in 
quetschen, fletschen, deutsch, und sogar in Mensch, Wunsch u. a. 
Wir Russen haben dafür das schöne Zeichen H, das sich in der klei- 
nen Schrift wie ein offenes q oder gestürztes h ausnehmen würde: H, 
z. B. kveHen u. s. w. 

Mittelst dieser Maschine würde jeder deutsche Knabe und jeder 
fremde, dem man sie in einem Tage geläufig macht, z. B. das yor- 
gesprochene deutsche Vaterunser, mit freudiger Sieherheit auf 
gleiche Art in Schrift fitssen, während es bisher hundert Knaben in 
Angstschweiss und Verzweiflung, sowie die fremden unter hundert 
Verwünschungen auf hundert yerschiedene Arten thun. 

12. Dieses Beispiel, an einer Originalsprache gegeben, müsste 
nicht allein auf die Alphabete der übrigen Original-, sondern selbst 
der Mischsprachen den wohlthätigsten Einfluss haben. Die englische 
Calcuttagesellschaft in Indien z. B. wäre, um die indischen und 
andere Sprachen mit lateinischen Buchstaben zu schreiben,^ nicht 
länger in Verlegenheit, ab es Zeit braucht, um einige einfache 



266 

J 

Zeichen neu zu erfinden und die Dmokereien damit zu versehen. Es 
würde am finde statt der hundert rersi^hiedenen und noch dazu gros- 
sentheils mangelhaften Alphabete ein einziges Universalalphabet (wo- 
bei aber keineswegs weder an Reinhardt's noch an anderer Universal- 
sprache, noch an Pasigraphie zu denken) aufkommen, enthaltend an 
die 60 bis 70 Schriftzeiehen, davon denn jedes Volk so viele in sein 
besonderes Nationalalphabet hinübemähme, als seine Sprache Laute 
bat. Man sagt mir, dass der Franzose Volney den n&müchen Vor- 
schlag gemacht habe. Ohne Zweifel mit seinen natürlichen Gründen 
unterstützt. Was kann man fär haltbare Einwendungen dagegen 
gemacht haben? Die man mir mündlich gemacht, als: dass in jedem 
Alphabete selbst etwas nationales mitstecke und dass also ein Na- 
tionalalphabet mit zur Sprache eines Volkes gehöre u. s. 3fr., oder 
dass die Orientalen nie ihre Schrift gegen diese tuisrige würden ver- 
tauschen wollen (als h&tten sie dieselbe nicht wirklich s^shon öfters 
g^en schlechtere vertauscht! Gebt ihnen nur das rechte und — 
Druckereien !) , sind kaum einer ernsthaften Widarlegui^ werth. 
Dagegen ist der Vortheil, der daraus nicbt nur insbesondere fikr 
Sprachvergleichung, sondern überhaupt für den politischen und lite- 
rarischen Völkerverkehr, ftir das wiederannahem der so vielfiudi 
zerstreuten Familien des Menschengeschlechtes erwachsen würde, 
unübersehbar. *) 



*) Schade .ist's , dass Büttner mit seinen rergleichenden Tabellen aller Alphabete 
nicht fertig geworden. Mit deutscher Oenanigkeit in Rftcksiöht der Figaren 
sowohl als der Bedevinng der Buchstaben (ohne etwa und beilaul^) ansge- 
ftthrt, hatte man aus diesen Tabellen erstens die Zahl der Laute aller bisher 
geschriebenen Sprachen, ersehen ; sweitens aber auch schon unter den ver- 
schiedenen Bexeichnungen desselben LAUtes die fQr da» ITniTersalalpJiabet 
neben den su Grunde su legenden lateinischen Buchstaben passendste w&hlen 
können. So wäre der deutsche Büttner ohne sein wissen und wollen der Vor- 
läufer des (vielleicht auch deutschen) zweiten Taut gewesen, der — ich kann 
mich der Hoiinung nicht begeben -- die göttliche Buchstabenschrift in ihrer 
Reinheit wieder herstellen wird. 



267 



XXXIV. 

Serliisclie Literatur. 

HoBRue cepöcKe hst» i^apCTByiou;era rpa^a BieHHe. (Serbische 

Neuigkeiten [Zeitung] aus der kaisernden Stadt Wien.) Seit 

August 1813, täglich ein halber Bogen in 4. 

(WieMr aUgem«lne Uterttaneittuig. 1814. 411—420.) 

Über den grossen Nutzen der Zeitungen ist man allgemein ein- 
verstanden. Nach Schlözer haben wir es den Zeitungen zu yerdan- 
ken, dass wir Europäer Europäer geworden sind; und wenn die Eng- 
länder in ihren Niederlassungen in Nordamerika vor allem einen Fahr- 
weg bahnen und eine Druekerpresse aufstellen, um eine Zeitung zu 
haben, so seheint es Volnej'n, dass sie durch diese doppelte Opera- 
tion den Zweck jedes guten gesellschaftliehen Systems entwickeln und 
erreichen, indem die Gesellschaft nichts anderes sei, als die leichte 
und freie Mittheilung der Personen, der Sachen imd der Gedanken, 
und die ganze Kunst der Regierung sich darauf beschränke, die ge- 
w^altsamen Reibungen zu yerhindern , die sie zerstören könnten. 
Darum aber sind die Zeitungen ein so grosses Culturmittel, weil sie 
am allgemeinsten gelesen n^erden. Den nächsten Platz, jedoch in 
weitem Abstände, nehmen aus eben dem Grunde die Kalender ein. 

Unter den Zeitungen selbst findet zwar, nach ihrem inneren 
Werthe und zweckmässiger Abfassung, eine ungeheure Abstufung 
statt; doch bleibt selbst der schlechtesten wenigstens das Verdienst, 
Gedanken in dem grössten Umkreise anzuregen. 

Um auf unsere „Serbische Zeitung aus der kaisernden Stadt 
Wien** zu konunen, so müssen wir vor allem bemerken, dass um die 
90ger Jahre bereits eine solche hier unter dem Hofagenten und privile- 
gierten Buchdrucker Novakovic bestand, die üb^ 4000 Abnehmer 
zählte, aber, Referent weiss nicht warum, bald wieder einging. Um 
so mehr Dank verdienen die patriotischen Unternehmer Herr Deme- 
ter Davidovic und Demeter Frusic, dass sie sich durch das Schicksal 
ihres Vorgängers nicht abschrecken Hessen. Wir wünschen ihrem 
verdienstvollen Unternehmen ein langes, immer wachsendes Gedeihen« 
Nicht unbekannt mit den in der Natur der Sache gegründeten Schwie- 
rigkeiten, in einer Sprache, deren herrliche Anlage wohl für die 
Sphäre ihrer Sprecher bereits überaus gebildet, deren Sprecher selbst 
aber tiieils kaum über die Sphäre der häuslichen Gesellschaft hinaus, 

17 



268 

am Eisgänge der bürgerliehen stehen, theils wohl weiter vorgerückt 
sind, aber unter aasl&ndischen Regierungen | nicht unbekannt also 
mit den Schwierigkeiten, in einer ron dieser Seite noch nicht be- 
arbeiteten Sprache von politischen Sachen zu schreiben, wünscht Re- 
censent den Herren Redacteuren Glück zu den bisherigen Fortschrit- 
ten, diß er seit dem Beginne der Zeitung mit theilnehmender Auf- 
merksamkeit verfolgt hat. Er glaubt sich dadurch aber auch berech- 
tigt, den Herren Redacteuren noch folgende, aus Blättern dieses Jahr- 
ganges erwachsene Bemerkungen und Wünsche zur Beherzigung 
vorzulegen. 

1. Zeitungen, als Protokolle des neuesten, sind sonst, und das 
mit Recht, selbst nach der neuesten Mode. So heisst es z. B. noch 
immer in den französischen Grammatiken, dass, ungeachtet Voltaire 
das oi, so oft es wie ai lautet, auch ai geschrieben, doch die franzö- 
sische Academie und mit ihr alle treugehorsamen Franzosen das oi 
beibehalten. Keine französische Zeitung aber, selbst der Moniteur 
nicht, lässt sich dadurqh abschrecken, der Verbesserung zu folgen: 
in jeder liest man avait für avoit. Wenn man diess in der französi- 
schen Orthographie thut, die so voll Schwierigkeiten, Willkürlich- 
keiten und Inconsequenzen, und wo also mit einer derselben weni- 
ger eben nicht viel geholfen ist; um wie viel mehr muss man be- 
dauern, dass die Redacteure der serbischen Zeitung, um nichts von 
dem U zu sagen, dessen Laut in keinem süddonauischen Dialekte 
mehr vorkommt, folglich auch das Zeichen nicht mehr vorkommen 
sollte, nicht einmal die seit dem „Eiferer für seine Nation^, Tekelja, 
selbst von dem classischen Musicki, der doch das bl nach dem alt- 
slavischen noch immer fortgebraucht, beobachtete Weglassung des 
nur Raum fressenden (der serbische Druck ist aber an sich schon 
raumfressend genug, beinahe wie 3 : 2 gegen den deutschen) und 
druckschändenden ganz müssigen dicken % befolgt haben. Überhaupt 
möchte Recensent den Herren Redacteuren ein recht aufmerksames 
durchlesen und durchraisonnieren von Sava Mrkajlo's kleiner, kaum 
18 Seiten starker, aber gehaltvoller Schrift: Fett des dicken Jer oder 
Abc-Sichtung (Salo debeloga Jera libo Asbukoprotres, Ofen 1810.) 
empfehlen. Es kann gegen Mrkajlo's Gründe nur vorgewendet, aber 
nicht einmal logisch eingewendet werden, dass man durch seine ein- 
fiichere und consequentere Orthographie mit der fiir immer fixierten 
der, der lebenden serbischen Sprache so nahen, altslavischen in Col- 
lision komme, wenn man z. B, bei Mrkajlo ab biti sich darstellt, 
was in Kirdienbüdiem hyü ist u. s. w. Man kann darauf kurz ant-* 



Worten: kommen die Russen nicht in CbUision, wenn sie odin, ölen 
u. m. a. für jeden, jelen schreiben, weil sie so sprechen (und ihr 
selbst mit edan, dan, se für eden, den, sja eben so wenig), so lasst 
doch endlich (da man nicht zugleich zweien Herren dienen' kann) 
je'der Sprache, der alten wie der neuen, ihr gebührendes volles Recht 
widerfahren, und schreibt die alte, als eine todte, nach dem für sie, 
als sie noch lebte, festgesetzten Systeme, die neue aber, als eine 
lebende, nach Mrkajlo^s und der Vernunft gegründeter Forderung, 
wie ihr sie sprecht. Höchstens könnte man noch wünschen, dass 
Mrkajlo den Ton und besonders die gedehnten Vocale auch ror sein 
Gericht gezogen und die nur holländisch-deutsche, aber ganz unsla- 
▼ische Mode, in solchem Falle den Vocal zu verdoppeln, z. B. vooz 
für TÖz oder auch nur vöz, gerügt hätte. Durch Tonzeichen wird 
dieses viel einfiicher bewirkt, die man jedoch, ausser der Grammatik 
und dem Lexico, nur bei fremden Wörtern zur Erleichterung des 
Lesers gebrauchen sollte. So wird die göttliche, in den Händen der 
Abendländer so sehr entstellte Schreibekunst, deren ursprüngliche 
Einfachheit ai|ch bei uns sich zu trüben ange&ngen, in ihrer natür- 
Uehen Schöne wieder erscheinen. 

2. In Rücksicht der fremden Eigennamen sind die Slaven, be- 
sonders die v<Hn cyrillischen Alphabet, besser daran, als z. B. die 
Abendländer, die, da sie alle die nämlichen lateinischen Buchstaben, 
wiewohl nach den verschiedensten Aussprachen, gebrauchen, nicht 
nur die Eagennamen, sondern meist auch überhaupt alle von einem 
dieser Völker zum andern überwandemden Wörter im voUefn Natio- 
nalcostume darstellen und die wahre Lesung der Geschicklichkeit 
oder Ungeschicklichkeit ihrer Leser überlassen; Moreau, Augereau, 
Aberdeen, Castlereagb, Castannos u. s. w., sogar polnische Namen, 
wie Zamosc, das die meisten wie Zamosk lesen, einige sogar schrei- 
ben, da es doch ungefähr wie Samosz lautet; und es war angenehm zu 
sehen, wie dagegen russische Namen, weil man sie nicht im latei- 
mschen Costume empfing, ganz gut sowohl in französischen als in 
deutschen Zeitungen nach dem Gehöre geschrieben wurden, z. B. 
Moshaisk und französisch Mojaisk, Tschemitschew (den man, Venn 
man ihn aus Polen empfangen* hätte, als Czemyczew überUefem 
würde) u. s. w. Der Serbe wie der Russe kann und soll alle fremden 
Eigennamen nach ihrem wirklichen Laute mit seinem Alphabete 
sehreiben. (Thut diess doch sogar der Pole und Böhme, ungeachtet 
er lateinische Buchstaben gebraucht!) Auch haben diess die Redao- 

teure grösstentheils beobachtet und man liest mit Vergnügen HopO, 

17 • 



260 

Qmt^jfO^ Cv* BttbSH'B, RoAlb u. a. , aber {überall dnrchgefahrt ist 
dieser Onindsatz^ doch nicht; man liest noch A6ef fl,eewb und sogar 
AöepAeH* statt EöepAHHTb, BpoRKMaHHi statt BpoKMaHt, und sogar 
Mapina^^'b statt Mapina^T» u. s. w. u. s. w. Wenn den Herren Re- 
dacteuren auch zu einiger Entschuldigung dient, dass bisher noch 
keine serbische Grammatik gedruckt ist (da man die der lateinischen 
Serben nicht so ganz brauchen kann oder will), so darf man ihnen 
doch zumuthen, dass sie sich selbst getreu bleiben, und wenn sie aiii 
einer Seite richtig Kh^x , nicht Kieat , BaaHCb (Walliserland) , nicht 
BaJl^HCB geschrieben, auf der anderen z. B. nicht MyTTepiUTaATi 
statt MyTepCTan» oder höchstens nach der oberdeutschen Aussprache 
MyTepmTaT'^. schreiben sollen* ,,Man sehe diess für keine Kleinig- 
keiten an, rufen wir ihnen mit Schlözer zu, es gibt auch eine ortho- 
graphische Wahrheit, die auf weit festeren Grundsätzen beruht, als 
so manche andere!^ Beinahe sollte man denken, die sohone Einfach- 
heit der serbischen Orthographie scheine einig^ok zu gemein und zu 
leicht und sie möchten sie mit den Inconsequenzen der deutschen und 
anderer abendländischen beladen und erschweren. Daher empfehlen 
wir den Herren Bedacteuren noch einmal Mrka|lo's Abc-Sichtung. 
Sollten sie auch nicht den Muth haben, seine durchaus gegründeten 
Vorschläge ganz aiizimehmen (wiewohl ein fliegendes Blatt, wie dit 
Zeitung, mehr als irgend eine andere Schrift geeignet ist, neues ein- 
zufuhren; und da diess neue zugleich das natürlichere und *endlieli 
das rechte ist, darf man hoffen, dass es gleich anCftngs den meisten 
und am Ende wohl allen Lesern gefallen würde), so dürfen wir \ror- 
erst wenigstens erwarten, dass sie das "b und das U gar nieht mehr 
gebrauchen; ersteres nicht, weil es überhaupt kein Buchstabe ist 
und die NichtmouiUierung besser und kürzer aus der Abwesenheit 
des Mouillierungszeichens h erhellt, das U nicht, weil es keinem 
Laute der serbischen Mundart entspricht. (Wenn der Cyrillianer das 
'^, s.choi[i ziemlich allgemein für das fünfte Bad am Wagen ansieht, so 
ii^uss der Serbe das u für den „neunten (Ochsen) am Pfluge^ an- 
a^^ejn). Mögen sie dagegen, wenn sie den Schlendrian nicht auf ein* 
m^al "in Verzweiflung setzen wollen» das i yor anderen Vocalen statt 
de^ i^och foirtgeb^rauchen: dieses orthographische Unrecht ist ror 
der Hand erträglich, wiewohl dadurch unsere zweisilbigen Majors 
f^s, Maip^a dreisjllbig werden, un4 selbst serbische Wörter wie jost 
z^ ios;^ (durch Sfrk^ajlo's Yorach^g, dem l den Dienst des deutschen j 
a^Zlave|rtrauen, wirfi da^ YenniedeQ)^, infif^m vir aber ans autl^Ldigsei? 



261 

Schwäche für den Schlendrian das i vor anderen Vocaten vor der 
Hand noch zu dulden vorschlagen, setzen vir wohlbedacht hinzu: 
statt des H, aber keineswegs statt des b, und werden es nicht bil- 
ligen können, wenn noch femer z. B. fifiXiüoA statt flfiJaa>oä ge- 
schrieben wird. 

3. Soviel über die Orthographie. Was nun aber den serbischen 
Ausdruck selbst betrifit,, so muss Recensent ebenfidls freimüthig be- 
merken, dass es den Herren Redacteuren noch immer an festen 
Grundsätzen hierilber zu fehlen scheint. Eine Zeitung ist dodi schon 
an sich besonders geeignet zum populären Vortragt. Statt dessen 
aber seheinen die Herren Redacteure oft wörtlich aus deutschen Blät- 
tern zu übersetzen, wodurch ihr Ausdruck, wenn auch kein einzelnes 
deutsches Wort darin vorkommt, doch in der Wendung des ganzen 
unserbisch klingt, z. B. Nr. 31 : Bl^CTHRR'b ioiKHO-THpö.»eKH coAep- 
ffcaBa statt y B^CTRRKy-cTOR ; oder npHKJiioHeHifl on» IIlBaHuepcKe 
statt isi UIb. ; oder FeHepaax H. nocraBio ce statt Ham^CTio 
u. s. w. Aber auch einzelne unserbische Wörter vermeiden sie nich 
sorgfilltig genug, z. B. Kdnie oder das altslavlsche pflepf/l statt BpaTa 
mniOH'B statt yBO^a (yxo^a), das russische Ay^aTH statt mhcjihth, 
so wie das russische aus dem echteren rocnoA^P'^ verdorbene rocy- 
Aap'B statt i^apb u. s. w.; und wenn sie welche aus dem altslavischen 
oder den übrigen lebenden sla vischen Dialekten entlehnen, so neh- 
men sie sich nicht einmal die Mühe, sie eher zu serbisieren (wie 
z. B. Lessing das niederdeutsche Sniksnak eher in Schnickschnack 
umgekleidet hat und ,es erst in dieser dem hochdeutschen zusagenden 
Form in die Büchersprache einführte); ja nicht nur die fremde (alt- 
slavische) Form lassen sie solchen entlehnten Wörtern, sondern de- 
clinieren sie sogar altslaviseh statt serbisch, wie sie doch zu schrei- 
ben vorgeben. Die altslavischen Formen rpaWAanOMi statt rpaABa- 
HHMa , öpAOJifb statt fipARMd, nacoBi» statt naca, 6.iarocTOflHic 
HapOAHC statt aapoAHbe , Ty»HTe^e statt TyiKHTCJibC , htk statt htbh, 
MCaCAy statt MCAby u. s. w. u. 8. w. stehen hier wie Kälber unter 
Schafen; heio fftr heAy oder ke, HUBEM'b far hbhobhm oder HbH- 
HHM, öojfbCTb für öo^ecTb, naHBehfUH für HaHBehn, n<lMohiiD für 

UOMOiy u. 8. w. sind weder altslaviseh noch serbisch. Der Vorwand, 
dass noch keine serbische Grammatik existiere und man also noch 
keine festen Regeln des Schreibens habe, kann diese unverzeihliche 
Nichtachtung der schönen Sprache keineswegs entschuldigen: denn 



262 

wäre auch eine solche Orammatik nicht, schwarz auf weiss, gedmckt 
(wie sie's aber doch wirklich ist und das mehr als einmal im Cassiu& 
Micalia, Della Bella, Relkovic, Lanosoyic und Voltiggi, freilich 
mit lateinischen Lettern, die sich aber ja leicht in cyrillische über- 
setzen lassen), so existiert sie doch im Munde aller lebenden Sarben 
und folglich auch der Herren Redacteure? Ist es doch, als sei hier 
die altslavische wie dort die altgriechische Sprache , die man als 
Kirchensprachen fortgebraucht, und in der man hier wie dort buch- 
stabieren und lesen lehrt (statt es in der Muttersprache zu thun), da- 
durch zu der unverschuldeten Sünde bestimmt, statt die lebende aus 
ihrem Schatze zu bereichem, aus sich und der lebenden Volkssprache 
eine dritte Sprache zu erzeugen, die man sloveno-serbisch nennt, 
die aber eigentlich ein Ungeheuer ist, das der Neugneohe Korai sehr 
treffend als Macaronismus *) , in seiner ganzen lächerlichen Armselig- 
keit dargestellt und dort so gut wie fiir immer ausser Credit gesetzt 
hat. Die Serben erwarten noch ihren Herkules-Korai, der diesen 
Augiasstall säubere und der alten todfen Kirchensprache wie der 
neueli lebenden Volkssprache ihre gegenseitigen Rechte sichere. Er 
wird nicht ausbleiben, dieser Herkules-Korai! Aberisollten auch die 
Herren Redacteure keinen Beruf fühlen, es selbst zu werden, so 
sollten sie doch auf die Ehre, seine Vorläufer zu sein, nicht so leicht- 
sinnig Verzicht gethan haben. Recensent ist weit entfernt, durch alle 
oben gesagte d^ altslavischenPrachtspracbe, zu deren enthusiastisehefi 
Verehrern vielmehr er sich freudig bekennt, im geringsten zu nahe tre- 
ten zu wollen: nur den Macaronismus hasst er, zu dem man sie mit der 



') Im sechzehnten Jahrhundert schrieb Hieronymus Folengo aus Mantna unter 
dem Namen Merlinu« Coccajns Verse in einer aus der lateinischen und ita- 
lienischen komisch gemengten Sprache, absichtlich rmd zum Scherz, und 
nannte sie seine Macaronica. £in Beispiel: 

£n duos agnos, modo parturi^os, , 

' Vix guido mecum, pecoris speranzam eic. 

Oder: 

Est numqoid talis restris usaasa pateis? 

Nonne meam possam, sicut volo, spendere robbam? 

Castronus mens est, modo qnem mea fasca pagarit, 

Deque meis rebus facio, quod voia commandat u. s. w. 
Wie Folengo zum Scherz sprach, so glauben einige Neugriechen und Serben 
im Ernst reden zu können! Zwar unterscheidet sich Folengo's absichtlicher 
Macaronismus Ton dem für gelehrte Büchersprache siclf ausgebenden der Neu- 
griechen und Serben dadurch, dass er alles nach einer Grammatik , der latai* 
nischen, flectiert. sie aber? — 



26ä 

neuen unnaturlieh gegattet. Auch ist die Besbrgniss eitel, als ob 
durch den Gebrauch der lebenden Sprache auch in Büchern die 
Kenntniss der allen leiden müsste. Hat denn in Deutschland, Italien, 
Frankreich, Spanien, England die Kenntniss des Lateins und des 
griechischen gelitten, seitdem man statt des elenden scholastischen 
Lateins (mit dem sich der noch elendere Macaronismus doch nur 
von weitem yergleiohen lässt) überall die Volkssprache auch in die 
Bücher eingeführt hat? Dringt Kond und seine Jünger, weil sie die 
Rechte der lebenden griechischen Sprache yertheidigen, darum we- 
niger auf die Erlernung des altgriechischen? Nein! Der serbische 
Priester soU und wird Berufs halber femer altslavisch lernen, wie man 
anderswo Latein lernt. Auch der serbische Gelehrte, er mag sonst 
Priester sein* oder nicht, wird es nebst den sechs bis zehn lebenden 
slayischen Dialekten studieren, als eine reiche Fundgrube zur Er- 
gründung und sogar zur Bereicherung seiner Muttersprache, wie der 
Deutsche seinen Ulfilas, Otfried, die Minnesänger oder die noch 
lebenden Volksdialekte und die verwandten Mundarten, holländisch, 
dänisch, schwedisch, isländisch und englisch studiert; er wird es 
sogar bis zum schreiben und sprechen iernen, wie die Abendländer 
Latein und die Neugriechen altgriechisch lernen, weil es gut ist, auch 
diess zu können und weil es noch immer einzelne Fälle gibt und geben 
wird, dass man auch diess können muss. Aber so wie der occidentalische 
Priester und Gelehrte neben und mit seinen künffcigei^Mitbürgem aller 
Stände vorerst seine Muttersprache granmiatisch lernt und erst dann, 
wenn er hier die allgemeine Bürgerbildung erhalten hat, in die be- 
solidere seines höheren Berufes übertritt, so und nicht anders muss 
es doch bei den übrigen Europäern, die sich zur griechischen Sorche 
bekennen, werden. Sowie der griechische Korai vor allem auf Ab- 
schaffung des gemissbrauchten Psalters, als unverständlichen Namen- 
büchleins und als nächster Veranlassung des Macaronismus, und da- 
für auf neue Abc- und Namenbüchlein in neugriechischer Sprache 
dringt, so wird der künftige serbische Korai vor allem auf diese 
Ghrundreform des Sjnderunterrichtes dringen. Er wird es viel leich- 
ter haben als der griechische, weil der serbische Knabe, wenn er in 
zwei bis drei Tagen die 26 Schriftzeichen des serbischen Alphabetes 
(nach Mrkajlo) sich gemerkt hat, damit mit einem Male für inuner 
seine ohnediess sehr deutlich gesprochene Sprache wird orthogra- 
phisch schreiben können; während der Grieche wohl noch Gott weistf 
wie lange mit dem Widerspruch seiner alten Schreibung und neuen 
Aussprache zu ringen haben wird< Nur dadurch, dass die alte und 



S64 

die neue Sprache streng geedüeden und erstere ab gelelirte todte 
Sprache behandelt, letztere aber nicht auissohliesflend Aaa Pöbel 
überUssen, sondern als gem^nschaftliehe Muttersprache und leben- 
des, für alle möglichen Fälle ausreichendes Mittheilungewerkzeug T^on 
allen, gelehrten und ungelehrten, gebraucht und gepflegt wird, nur 
dadurch ist der Schade des Macaronismus wieder gut zu machen. 

4. Was endlich den Inhalt und Gegedstand unserer serbischen 
Zeitung betriffi, so soll sie zufolge der Ankündigung, „die^neueaten 
Weltbegebenheiten , Handelsnaohrichten , Nachrichten Ton neuen 
Büchern, Ton merkwürdigen Männern und andere Gegenstände, nach 
dem Muster der besten Blätter der Art bei anderen Nationen, alles 
ii) unserer reinen, dem Serben verständlichen Sprache^ enthidteo. 
Doch ist bisher das Blatt beinahe ausschliessend mit wöFtlichen Ub^*- 
Setzungen der detaillierten Kriegsberichte aus deutschen Blätt)9tii an- 
gefüllt, und fast möchte Becensent ddn Verdacht nicht ungeredit 
finden, dass die Herren Bedacteure das Versprechen Yon Handels- 
naohrichten, Nachrichten von neuen Büchern, yon merkwürdigen 
Männern und andere Gegenstände nach dem Muster der besten 
Blätter der Art bei anderen Nationen (sehr yiel gesagt!) eben so Ter- 
, gössen haben möchten, wie das „in unserer reinen Sprache^, die, wie 
man aus den wenigen Proben sich hat überzeugen können, noch so 
vieles zu wünscheh übrig lässt Selbst die Kriegsberichte sind xu 
bequem nur übersetzt, statt dass sie fiär serbische Leser, derei 
grössere Zahl man sieh ungelehrt, ohne l4mdkarten etc. denken 
muss, in Begriff und Sprache popularisiert wären. Genau übersetzen 
möchte Becensent nur die eigentlichen Staatsacten, Beden, ProdLa- 
mationen u. dgl. Immerhin wird es aber, selbst bei der glücklich- 
sten 'Popularisierung, misslich sein, Zeitungen ohne Landkarten zu 
lesen. Dess wegen wünscht Becensent, dass sich bald eine hinrei- 
chende Anzahl yon Pränumeranten auf einen kleinen serbischen Atlas, 
wie er auf diesen Fall in der Ankündigung des heurigen Jahrganges 
dieser Zeitung vorgeschlagen wird, finden möge. Und er zweiiGeilt 
keineswegs, dass die zahlreiche, edle und lernbegierige aerhische 
Nation die Erwartung noch übertrefiTen werde, wenn erst die Herren 
Bedacteure ihrerseits in Bücksicht der Sprache sowohl ab der Gegen- 
stände sich ihrem Torgesteckten Ziele mehr werden genähert haben. 
Der Qirkel: wir werden mehr thim, wenn das Publikum mehr thut 
und umgekehrt, kann nur yon ihrer Seite zuerst gelöst werden. Als 
Muster, wie man das Volk, indem man sich zu demselben hinabl&sst, 
augleich zu sich herauf heben kann und muss,, köniden w ihnen xov 



266 

allea dem undbertreffliehen Hebel empfelilen. Noch n&her liegt ihnen 
als Muster, eines popxd&ren Unterhaltuiigs- und Zeitungsblattes zu- 
gleich der in Wien erscheinende sich täglich yerrollkomnmende 
^Wanderer^. Zum Schlüsse erlaubt sich Becensent noch die Bemer- 
kung, dass der Beisatz GepöCKC im Titel der Zeitung besser weg- 
bliebe, sei's dass man das Novine in der Bedeutung einer Zeitung 
oder in der eigentlichen der Neuigkeiten nimmt. Im ersteren Falle 
ist er unndihig, im zweiten sogar unpassend. 

Übrigens wiederholt Becensent seine theilnehmende Freude an 
dem glücklichen Fortgange dieser serbischen Zeitung. Auch wo er 
tadeln musste, that er es nur in der Absicht, die Herren Redacteure, 
an deren Geschicklichkeit er sonst nicht Zweifelt, in Rücksicht auf 
die Büchersprache von Vorurtheilen, die unter allen Europ&em nur 
bei Neugriechen und Serben noch obwalten und die die Herren Redac^ 
teure mit den meisten anderen serbischen Schriftstellern gemein 
haben, zu bekehren und dadurch von ihrem nützlichen und wichtigen 
Blatte die Flecken, die ihm noch ankleben, abwischen zu helfen. 



XXXV. 

* 

Di^tselie Sprache. 

Versuch eines schweizerischen Idiotikons, mit etymologischen 
Bemerkungen untermischt. Sammt einer Skizze einer schwei- 
zerischen 'Dialektologie. Von Franz Josef Stalder. 2 Bände. 

Aaran 1812. 8. 

(Wiener allgemeine Uteratnrceitnng. 1814. 617—624.) 

Jede ausgebreitetere Spraehe iheilt sich in Dialekte (Mundarten) ; 
in grösseren Entfemu^igen werden aus Mundarten sogar verschiedene, 
wiewohl noch immer verwandte Sprachen. Beispiele von ersteren sind 
die Dialekte der altgrieehischen und der lebenden slavischen Sprache, 
die alle aueh su Sehriftspraehen erhoben worden, oder die deutschen, 
italienisehen und firanBosischen Mundarten, deren immer nur eine in 
Büchern das Prineipat erhielt; Beispiele von letzteren sind die deutsche 
u»d skandinarische Sprache, Wenn dieses Prindpat einerseits eine na* 
türliehe Polffe eines grösseren inneren Werthes und öfter noch der blos- 
sen äusseren Maeht, oft auch beider zusammen ist (sieh die^bisherige 
Oeeehic h te der griecbiaehm» iüiiieniscben» deutsehen , und die kauf- 



.266 

tige der slavisohen Sprache), und den literarischen Verkehr beträcht- 
lich erleichtert und fördert, so ist es auf der anderen Seite fiär die 
Geschichte einer gesammten Sprache, deren Anomalien oft nur aus 
ihren vemachlässigten Mundarten erklärt und beleuchtet werden 
können, und für die vergleichende Spraehenkuude von wesentlioheni 
Nachtheile, dem nur durch Idiotika einigermassen abgeholfen werden ^ 
kann. Wenn die Deutschen, in Vergleichung mit den Franzosen. und 
Italienern, die von dieser Seite, wie schon unser Leibnitz bemerkt, 
wenig oder nichts för ihre Sprache, vielmehr alles gegen dieselbe 
gethan haben, far das bisher zu diesem Zwecke geleistete zu loben 
sind, so haben sie doch noch immer viel zu wenig Idiotika ron den 
Mundarten ihrer reichen «und unerschöpflichen Sprache, aus denen 
selbst ihre Schriftsprache besser als durch so manche Campisohe 
Schöpfting bereichert werden könnte. Desshalb drang Leibnitz auch 
so sehr auf Idiotika, als einzelne Theile des daraus zu erhebenden 
Inventariums unseres gesanmiten Sprachschatzes. Erst wenn dieses 
Inventarium vollständig erhoben ist, können wir wissen, was ftkr 
Sprachstücke uns noch fehlen und die Campe und Radlof sich daran 
machen, sie uns zu — schmieden. Möge z. B. in Süddeutschland 
doch bald auch noch ein schwäbischer, ein bairischer, ein ^tiroler, 
ein Salzburger, ein kärntnischer, steirischer, ein österreichischer 
Stalder erscheinen! Yon letzterem sind Höfer (die Volkssprache in 
öisterreieh, vorzüglich ob der Enns, nach ihrer innerlichen Verfas- 
sung und in Vergleichung mit anderen Sprachen, Wien 1800) und 
K. Fischer (im Decemberhefte von Fr. SchlegeFs Deutschem Museum 
1813), jeder in seiner Art, würdige Vorläufer, und beide scheinen 
nur durch zufällige Umstände gehindert, selbst Stalder zu werden. 

Stalder's Idiotikon hat Recensenten, einen gebomen Inneröster- 
reicher, ganz besonders interessiert, theils in Rücksicht der öster- 
reichisch-deutschen Mundart, die mit der schweizerischen im Chrunde 
eine ist (nur dass der Schweizer, als Gebirgsbewohner, die Diph- 
thongen in einfache Vooale zusammenzieht und daf&r die Consonanten 
verstärkt, z. B. Zeit, österreichisch Zait, schweizerisch Zyt; Haus, 
Hus; Leib, Lyb; Zeug, Zug; Teufel, Tüfel; dagen plump, pflumpf; 
flennen, pflennen; Bläuel, Pflühel u. s. w.), theils in Rücksicht der 
slavischeu Mundart in Innerösterreich, in die er duroh Stalder's Werk 
überraschend neue Einsichten bekommen, woraus er wieder Rück- 
schlüsse auf die hiesige deutsche Sprache gemacht hat. Ein drittes 
Interesse von Seite der oeltischen Sprache, die einst auch nach der 
ganzen Kette der Alpen in Süddeutscfaland und Norditalien, durdi 



267 

Pannonien, Thracien bis an den Pontus ^nd Galatien hin geherrscht, 
muflste hier weniger befriedigt ausgehen, nicht durch Stalder's Schuld, 
in dessen Zweck es, streng genommen, nicht einmal gehörte, son- 
dern weil die Daten hierüber überall noch nicht kritisch geordnet 
sind, so wichtig «und ndthig auch die Arbeit für die Geschichte und 
Sprachkunde wäre. Doch die Etymologie war Herrn Stalder nur 
Nebenabsicht. Sein Hauptzweck war, das Verzeichniss schweize- 
rischer Idiotismen, d. i. I. solcher in der Volkssprache noch jetzt 
lebender Wörter, die in der Schriftsprache ganz oder m der gehö- 
rigen Stärke abgehen; 2. der selbst in der deutschen Sprache ange- 
nommenen Wörter, sofern sie eine Bedeutung haben, die bis dahin 
im Schriftdeutsch nicht bekannt war oder verloren ist. Jedes solche 
Wort hat er einer Aufiiahme in sein Idiotikon werth gehalten, ohne 
ängstlich zu untersuchen, ob es auch auäser den Grenzen der Schweiz, 
z. B. in Schwaben oder Baiem u. s. w. üblich sei. Diese Unter- 
suchung wäre bei dem Mangel an Idiotiken dieser Länder auch zu 
mühsam und unverlässlich und am Ende die Weglassung solcher 
Wörter ein Verlust für die Geographie der deutschen Sprache. Jedes 
Idiotikon verzeichne treu alles, was im Munde des Volkes und nicht 
auch im Schriftdeutsch üblich ist, unbekümmert, was fär Nutzen 
der Geschiehts- und Sprachforscher daraus ziehen oder nicht ziehen 
kann. Nicht aufgenommen hat Herr Stalder 1. alle durch die Mund- 
art bloss verhunzten oder verdorbenen Schriftwörter sowohl, als ge- 
ringe Abweichungen von der deutschen Schriftsprache, z. B. Ambeis, 
Ambeiski, Birre, Hirz u. s. w. ftbr Ameise, Birne, Hirsch. (Birre 
und Hirz hätte Becensent doch angenommen, weil sie zu sehr vom 
Schriftdeutsch abweichen, und Birre überdiess etymologisch einfiicher 
ist als Birne (cf. pyr-um, Bir-en, Bir-n, Bir-ne); 2. blosse Inter- 
jectionen, und 3. Verkürzung der Tau&amen, wie sie im gemeinen 
Leben gebräuchlich sind, z. B. Elsi, Mädi u. s. w. für Elisabeth, 
Magdalena. Nach der Vorrede zum zweiten Bande hat schon ein 
Göttinger Becensent es bedauert, dass diese Namenverkürzungen 
hier Verstössen sind, und wir vereinigen uns mit ihm zu dem Wunsche, 
dass der würdige Herr Ver&sser in dem versprochenen Anhange 
ihnen, ein Plätzchen gönnen möchte; ihre Erklärung ist erstens für 
jeden Ausländer eben so nöthig als jeder andere Idiotismus (wer 
möchte z. B. in der österreichischen Pepi sogleich eine Josephine, 
in der Mimi oder in der englischen MoUj eine Marie, in der Nanni 
eine 'Marianne, wer endlich in dem krainischen Jemej einen Bartho- 
lomäus erräihen!); was aber noch mdir ist, diese Namenrverkür* 






206 

Zangen sind cler i^>reehend9te Beweifi, dass und wie das Volk finemdes 
sich anzueignen strebt. In dieser Hinsieht möchte Beoensent «ogar 
die Eigennamen der fremden Länder , Städte u. dgl., insoweit das 
Volk, dessen Idiotikon er aufifiähme; sie kennt und etwa anders als 
im Schriftdeutsch benennt, aufiiehnlen; z. B. das Volk in Österreich 
kennt kein Italien, sondern wie der Slave nur das uralte Walschlaad. 
(Venedig und Mailand für Veneda und Milano sind ohnehin aus der 
Volkssprache bereits in das Bächerdeutech aufgenommen, nicht so 
das Bern der altdeutschen Romane fär Verona). 

Dem Idiotikon (Verzeichniss der Wörter) schickt H^t Stalder 
Seite 21 — 78. die Dialektologie (die schweizerische Grammatik, in- 
soweit sie von der bücherdeutechen abweicht) yoran, worin er den 
Laut der Buchstaben und die Flexion der Wörter auseinandersetzt, 
mit Einschluss eines Anhanges von fünf Liedern in yerschiedenen 
schweizerischen Dialekten Seite 61 — 78. Interessant ist es, diese 
Dialektologie mit unsers Höfer „deutscher Volkssprache in Öster- 
reich^ zu vergleichen. Letzterer hat die im Volke üblichen Bildongs- 
und Flexionsformen, die der ungelehi^tie Städter, im Bewusstsein der 
durchgemachten Normalschule, aus dem Munde des Volkes (aber 
nicht auch aus dem Munde des englischen Lords, wiewohl es die 
nämlichen Wörter sind) se vornehm belächelt und belacht, nut den 
ältesten deutschen Dialekten verglichen und gezdgt, was für ein 

* 

Schatz für die Geschichte der deutschet Sprache in diesem ^Archh 
des Alterthums (dem Pöbel)** noch ungebraucht liege. Schade, dass 
er nicht auch wie Stalder die Declination vollständig aufgestellt hat 
Der Österreicher gebraucht auch nie das Imperfectum indicativi und 
macht auch die erste Person des Präsens unrichtig: ich gib dir, ich 
brich es ab u. s. w. Becensent hat oben gesagt, dass diess Idiotikon 
besonders auch Innerösterreicher und Slavisten interessieren müsse. 
Man erlaube ihm diess mit einigen Beispielen hier zu beweisen. 
Ersterer vergleiche z. B« nur Acher, Aissen, Alp, Bachen, Barille, 
Bettgewand, LjhuAen, Brühl,- Busseli, Dach, Dachtel, Dfidi, 
Talggeti, Dante ^ döseh, Tätzli, daheim, es thuet mer an, Traoh- 
ter, trätzen, Tmtschel, Fürtuch, epper, Laube, Bifang, Fäsche, 
FaseU Fätzcn, fispern, Vortel, Fratz 9 anfremden, fretten, Gre- 
fröri, fnxen, galt, Geiss, Gotti, Gragöl, herzig, o jerum, just, 
Kachel, käfehi und kifeln, Kal&cter, Kampel, Fürkauf, gl&ngen, 
ablassen (den Wein), Landskind, Küttene (Quitte), latschet, Leb- 
zelten, Laib, Leibschaden, müechtelen. Mies, Nunefürzli, rahm, 
Übenrevjfeer, rööseh, versehamerirt^ soUitteln, urbietig» welseh» 



269 

zimpfepKch, Ballier, sich patzig machen, Schlagwort u. m. a. u. m. a. 
mit seinem Ach-k&tzl, Ass, Alpm, Fachen, Marille, Bettgewand, 
Lailachen, Brühl, Pusserl, (Regen-) Dach, Taehtel, Tatl, Talken, 
T&ntes, titsig, tätzeln, derham, 's tut mer and, Trachter, tratzen, 
Trutacherl, Fürtuch, epper, Laben, Bifeng, Fäschen, Fasel, Fä- 
tzen, Fisperl, Vortel, Fratz, anfremen (ohne d), fretten. Gefror, 
fiixen, galt, Gass, Godl, Krekeller, herzig; ojerum, just, Kachel, 
kifeln,' Kalfakter, K&mpel, Fürkauf, glängen, Wein ablassen, rahn 
(mit n, nicht m), Nunafärzl u. s. w. oder die Formen: erdelen, 
Säuerlen u. a. mit seinen: bock ein, bier'ln, älteln u. s. w. Der Slave 
aber vergleiche ald (oder) mit seinem ale, ali; mag (für kann) mit 
mogu; Att (Vater) mit ot-ec; auw (Schaf) mit ov-ca (also ist das -ca 
statt -ica die deminutive Bildungssjlbe); Baabi mit baba; Pagätzele 
mit pogaca (vielleicht beides vom italienischen fogaccia); das Kin- 
derwort bibi mit bubu; Kabis mit kapus; Plan mit planina (Berg- 
weide); dauren (schlummern) mit dremati; Ditti mit dete (Kind); doli 
(hübsch gekleidet) mit zali; Praie mit draga; dullen mit tuliti; Dädi 
mit ded; dorfen (auf Besuch gehen lind Besuch bekommen) mit der 
wörtlichen Übersetzung vasvati von vas (Dorf); Tobak trinken mit 
tobak piti, was auch nur bei den innerösterreichisehen Slaven gesagt 
wird; Türken (Mais) mit tursica; eren mit orati; flät (hübsch) mit 
fldten; Fazanettli mit facanekel (k vor 1 statt t, wie sonst oft); den 
Fentsoh mit seinem flancati; Gelte mit golida; Zuber mit euber; 
Glofe (Stecknadel) mit knoflja ; Guim mit holm ; vergrausen mit 
zagröziti; Gwäl (Kolik) mit kolje me; Jumpfere mit dekla (dem 
Begriffe nach); Jüppe mit jopa; Kachel mit kahla; Kalt (Fieber) 
mit mrzliea; Kammete mit kamnata; Kängel (Glockenschwängel) 
mit kembel; Fluhkanzei nrit dem eben daher benannten priznica; 
Kettene mit ketina; Lädi mit ladja; Grüni mit zelenec; Laib mit 
hlÄb; leitschen mit vleci; Liebeli mit Ijnbim; mar (mor) vielleicht 
mitmeden; machen (für reden) mit djati und praviti; Metzgete mit 
koline; Morg^iessen mit sajtrk; mut-ast (stumm) ist sogar mit 
fiinsohluss der Bildongssylbe ganz das slavische mutast; nachten mit 
snoei; Nase (Vorgebirge) mit nos; Rebe mit röpa; Rood mit red; 
Samiklaos mit svet Miklavz; Schappel mit sapel; Schweinen mit 
zvenem; Seele mit dusica; Stämpfi mit stope; Stöhr mit stera; 
Tratte mit trata; vielleicht treu (freigebig) mit creden; Zeit (Stunde, 
Uhr) mit dem serbischen cas (Zeit und Uhr); zimmern mit cimprati; 
Krieg mit kregati u. s. w., woraus ausser der bereits bekannten 
nahen Verwandtschaft der slavisohen Wurzeln mit deutschen auch 



270 

erhellen wird, dass, sollte z. B. auch das sohweizerisohe fl&t, Dorf, 
Fazanettli, Schappel, Tabak trinken u. dgl. jetzt nicht mehr in 
Österreich üblich sein (vielleicht ist es aber noch im Volke, quis 
enim scutatus est?), es wenigstens einmal war, da die innerösterrei- 
chischen Slaven das Wort oder doch die wörtliche Übersetzung nur 
daher entlehnen konnten. Nach so reicher Ausbeute bleiben dem 
Winden doch noch &nt, Bub, lediger Mensch; goljuf Betrieger; 
riee Fegfeuer (im bairischen Schiltberger Weiz) und einige andere, 
die das f als Unslaven verräth, zu erforschen übrig. Das goljuf ist 
gewiss eins mit dem altlateinischen calyere, betriegen. Aus Hagen 
(Zuchtochs) sieht man, dass der deutsche Jan Hagel wördieh der 
englische John Bull ist; komisch ist filr den ersten Anblick würgen 
für gratulieren (wiewohl das deutsche Angebinde auch auf eine 6e- 
waltthätigkeit hindeutet), so wie der Kawohler (Schmeichler), weil 
er zu allem „kann wohl^' sagt; beachtenswerth fbr Sprachreiniger 
sind: in der Acht für das französische 4 proportion; ebenhoh für au 
niveau; Vor- und Nachhut für Avant- und Arrieregarde; yetterlen 
für nepotisieren; Götzeschlecker f&r hypocrita (womit unser Crncifix- 
beisser zu vergleichen); Guttli für bonbon; Helfer für Diaconos; 
Schreiberei für Kanzlei u. a.; überraschend: huglos (gedankenlos); 
Rubel (ein bairisches Halbguldenstück) ; aber, verglichen mit i^ri- 
cus; päzen (unterrichten) von ^aidivco; Pfister (Bäcker) von pistor,* 
die Bachtale verglichen mit Thal weg; Aerm mit area; frieden (adU- 
^en), wohin auch wohl unser Freithof gehört. Interessant sind: lind 
und hart, von politischen Parteien gebraucht: hart waren, die nicht 
das wollten, was die bestehende aristokratische Regierung. Ist das 
Bohnenlied, das nach Seite 500. des zweiten Bandes zum Sprichworte 
^geworden, noch irgendwo vorhanden, oder wftre es nur eine etjmoio- , 
gische Anekdote? Bemerkenswerth vielleicht für den österreichischen 
Geschichtsforscher, wegen der Rugier, ist auch Rugland (steiniges 
Land oder das auf Höhen liegt) ; bei klug hat schon Adelung (und 
vielleicht vor ihm schon Wächter, Recensent hat ihn nicht zur Hand) 
an lugen (schauen) gedacht, wie das lateinische prudens offenbar aus 
providens zusammengezogen ist. Aber bei Fetsche hfttte der Verfitsser 
das lateinische fex, italienisch feoe, vor fermentum anführen sollen. 
Fretten (schwere Arbeit verrichten) bedeutet in Osterreich so viel ids 
pfuschen. Zu Runs wollen Irir,' da die Wurzel ri aus so rielen Spra- 
chen verglichen ist, auch noch die slavische r£-ka (Fluss) und das 
griechische ^t o) hinzufügen. Ob die senta — bei Plinius H. 47. — 
mit der schweizerischen Sennte was zu thun habe, steht dahin. Nodi 



271 

iminer aber bleibt es unentsehiedeiiy woher clie bekannte Kilt (nächt- 
licher Besuch bei Mädchen, das vasvanje [dorfen] bei den inner- 
österreiohischen Winden und Fensterlngehen bei den Deutschen) ab- 
zuleiten sei. Der Triglef, eigentlich Triglav (d. i. Dreikopf), war ein 
Gott der slavischen Wenden, nicht der deutschen Vandalen : noch 
jetst heisst der höchste Berg in Krain Triglay (in den Bieisebeschrei- 
bungen und Geographien von deutsehen Schreibern meist in Terglon, 
Terklou, Terklu verdorben), weil er drei Köpfe (tri glave) hat. Über 
(las Wert Bankart hat schon Adelung das nöthige gesagt, und der 
Bankert ^uppe) in der Schweiz» ist es wohl nur desswegen, weil es 
kein echtes Kind ist. Der Albock oder die Baldie, ein Fisch in der 
Schweiz, ist gewiss nicht der Salmo lavaretus Linn.; der eigentliche 
Lavaret halt sich im Meere auf und ist im deutschen Norden unter 
dem Namen Schneppel bekannt. Vermuthlich wird unter Albel oder 
Albock die weisse Forelle verstanden, Salmo Albula Linn. Das Blau- 
felchen in dem Bodensee heisst in der neuesten Ausgabe des Systems 
durch Gmelin Salmo Wartmanni. Im Walliserland heisst der Don- 
nerstag Frontag, von fro Herr, meint der Verfasser. Aber wie 
kommt der Donnerstag zum Range des Hermtages, der sonst nur 
dem Sonntage zukommt? ' In dem grössten Theile von Oberdeutsch- 
länd heisst er Pfingsttag, d. i. der fünfte Tag; also fing der Deutsche 
beim Sonntag zu zählen an, während der Slave bei ihm aufhörte: 
petek (der fOnfte Tag) ist dem Slaven der Freitag, vtorek (der zweite 
Tag) der Dienstag, sreda (Mitte) der Mittwoch und cetrtek (der 
vierte Tag) der Donnerstag; sobota' Samstag Tvom Sabath), so wie 
nedelja Sonntag (eigentlich Nichtarbeit-Tag) und ponedeljek Montag 
(eigentlich der Nach-Nichtarbeit-Tag) sind nach anderen Rücksichten 
benannt. Frutig fiir frisch, lebhaft wird in mehreren Ländern gehört 
und von Menschen, jungen Kälbern, brausenden Wasser wellen ge- 
sagt und hat wohl mit dem lateinischen frutex nichts gemein. 

Wir schliessen mit der Bemerkung, dass, wiewohl etymolo- 
gische Vergleichungen streng genommen nicht in ein Inventarium, 
sei es von dem ganzen Gebiete einer Sprache oder nur einem Theile 
derselben, gehören, wir sie doch im Adelung und Stalder äusserst 
ungern entbehren würden. Sie gehören wesentlich mit zur Pragmatie 
der Sprachwissenschaft. Freilich sind sie nicht jedermanns Sache und 
eben desswegen würden wir sie auch dem nichtgelehrten Idiotismen- 
sammler erlassen, zufrieden, wenn er nur sonst treu inventiert, 
d. h. alles verzeichnet, was er im Volke gehört, aber auch nichts 
anfaimmt, was er nicht da gehört. Es wird sich dann schon der Ge- 



27* 

lehrte finden, der diese treogesazmnelte MMse doreh etjnologifldie 
Kritik beleben wird. Bei dem Eifer, mit dem man nun aHdeutsofae 
Gedichte, davon der grösste Theil S&ddeutsehland angehört, auf» 
sueht und bearbeitet, werden Idiotiken der deutsciea Volksspnushe, 
die das hellste Licht über diese vor Jahrhunderten aus ihrer Mitte 
hervorgegangenen Geisteswerke verbreiten werden, doppelt wichtig 
und interessant. Wir möchten daher die in der Einleitung ervrühniesk 
Herren Höfer.und Fischer recht sehr bitten, ihre Sammlungen bald 
heraossugeben, damit einmal wenigstens eine Grundlage voAanden 
sei, auf der andere Sammler dieser G-^enden (einer kann unmöglich 
alles gehört haben) weiter bauen können. In Rücksicht der Ortho- 
graphie brauchen wir ihnen nicht w. sagen, dass sie so treu und doch 
so einfietch als nur möglich sein muss. Der Österreicher spricht z. B. 
das a meist dem o iiahe aus, wie schwedisch S; nur in brav, Karpf^ 
rar hat er das helle a des Italieners, was er aber, nach Höfer's sehr 
richtiger Bemerkung, auch statt des hochdeutschen au: P4m (Bftom) 
und oft statt ei: wich, Stan (weich. Stein), auch statt &: S4ckl 
(Säckehen) spricht. Her^ Höfer hat, da sein Werk mit deutschen 
Lettern gedruckt ist, ersteres durch a, letzteres durch lateinisches a 
ausgedrückt (besser als andere durch ä: Gr&te lies Chrfctz). Diess 
geht aber nicht an, wenn z. B. das ganze Werk mit lateinische]] 
Lettern gedruckt wird. Wir bemerkten diess hier, um den Idiottker 
darauf aufinerksam zu machen, dass er, so oft ihm das Alphabet da 
schriftdeutschen Sprache nieht hinreicht, es mit neuen Buchstaben 
vermehren muss. Hat doch der hierin so scheue Adelung auch das 
grosse J neu bezeichnet I 



XXXVI. 

' SlaTische Piülologie* 

Slovanka. Zur Kenntniss der alten und neuen slaviscben Lite- 
ratur, der Sprachkunde nach allen Mundarten, der Geschiclite 
und Alterthümer. Von J. Dobrovsk;^. Prag 1814. 254 S. 8. 

(Wiener allgemeine Literatnneitong. II. 1814. 750—767. IIL 1815. 346 — ilO.) 

n. Diese Slovanka ist nach Plan und Zweck der zweite Band 
von Dobrovsky's 1806 angefangenen, aber darauf abgebrochenen 
Slayin, und es mag nur auf Verlegergründen beruhen, dass sie als 
solcher nicht auch auf dem Titri angefölurt wird. Der Slayin ist in 



27S 

den AttnAlen der aetenreiahischen Lkeratur und Kunat 1810; ange* 
steigt worden. Die SloTankefViithält nioht weniger intereesaiite Slüokie, 
die wir kurz beeprechen wollen. 

Seite 1 — IL Über die ektvisdie Sprache, besonderB über die 
lA^ebiirgiaeh-weiidifldie, und Seite 12^—26. N^ue Beiträge zu den 
Petersburger Voeabulariis oompaniüvis, aus Christa«n Henaing's nooh 
ungedrucktem Voeabulariom Tenedieum, mitgeäieilt nm Dr; Anton 
in GtörUtz an Bibliotbekar PoseeH in Prag. Der Verfiwaer des obge- 
nannten Vocabnlariums, vor etwa. hoadert Jahren Prediger bei den 
dort Behon damals zweisprachigen Wenden (sie sprachen alle fertig 
deutsch und nur unter sieh hetmlich wendiscdi), prophezeit, dass in 
dreissig Jahren die Naehkonmien dieser Oberreste der .weiland mftch«- 
tigen Polaben (Anwohner der Elbe, 'slariseh Labe, wie z. B. in 
Krain od«r Kreativ Posarei, Anwohner der Save) und Linonen (von 
der Leine, slaTisch. wohl Glifia^ ein Flussname, der oft rorkommt) 
kein wendisches Wort mehr yerstehen würden. Reeensent glaubt es 
gerne, wünscht und hofft aber doch, daLüneburg nicht in China liegt, 
irgend einmal in einem der vielen deutschen Journale oder Beisebe- 
sdireibtt^en die bestimmte Auskunft au lesen, dass dieser slaVisohe 
Dialekt ganz ausgestorben, so wie autn den Tod des letzten Mannes, 
der noeh jHreossiseh (eine stark mit slansch gemischte Sprache) ge^ 
sprodien, aufgezeichnet^ haL Sollte sieh aber, wider unsere Erwar«- 
tung, nooh eine Familie finden, die wenigstons .unter sich noeh slaTisch 
spräche (was ihr^jetat, da russisohe Slaren dort campieren, wohl 
eher zum Vortheil und zur Ehre gerric^en wird), so wünscht Beoen- 
sent, dass dieses Blatt der Wiener Literaturzeitnng einem dort an- 
wesenden oder dodi Verbindung habendea deutschen oder masischen 
Gelehrten in die Hftnde fiele und er dadurch yeranlasst würde, voii 
den 20O Wdrtem, die hier ans Hennang*s Maauseript fiir das Peters«* 
burger Vocabularium comparatiyum (worin übrigens viele Wörter 
statt lüneburgisoh * wendischer durch lausizisch- wendische erklftrt 
werden) vergliehen sind, die HO fehlenden auszofUlen. Wenn auoh 
der 50 MilKonen starke und bei der uiq^euren Ausdehnung seiner 
Wohnsitze in Osteuropa und Nordasien noch einer verzehnfSEicfaten 
B^fdikenmg fthige Slavenstanun den Verlust weniger halbentfiram- 
deler iVtfnilieil hier auf einer anderen SeitQ doppelt ersetzen kann , so 
ist doch das Verschwinden eines Dialektes, ohne weaigalens schrift* 
liehe Denkmale seines einstigen Seins, inmier ein Verlust für die 
8eschie|ite . der ganzen Spraehe eines Volkes. In Henning's langer 
Votvedewird aiieh gesagt, dass man „aaoh in Asien^ in dem grossen 

18 



274 

KaiMrtham China, wendiscli n-ede^, und d«Ar eineA tflvkbdien 
6ioa0di^tti0tioheM Brief an einen finmaiaMoben Geaaadten aoa Ten- 
aePs monatlichen Unterredungen 1698. angeföhrt Beaehtungawertber 
iat wohl daa einatunmige Zeugniaa gkiehantigar Greechiehtidireiber 
fiftr den Gebvauoh der Blaviaehen Sprache im seehsefantCB Jabrinra- 
deiie am tärkisohoi Hofe, nicht nur etwa bei den bosniaehen Jani- 
taoboren, soadem in der Staatakanalei aelbot. So hielt a. B. der tör- 
Idaeke Gtesaodte Ibrahim (ein polniaeher Renegat) seine Anreden aof 
dMn Reiohatage in Frankfurt aa Kaiser Ferdinand und seinen Sohn 
Maximilian in slavischer Sprache, und awar nieht, wie man auf den 
ersten Griff Tcnnuthen sollte, in pclnisdier, sondem, wie nch aus 
allem ergibt, in altslaviseher Sprache, die noeb jetat bei den Buaaen 
und den süddonauischenSIavea als KirdienspEache fbrtgebraucbt wird 
und salbst als gelehrte Bücherspraehe in Bussland kaum seit Katlia* 
rina VL ihr Recht an die jüngere Russin abgetreten hat; bei den Süd- 
danauem aber sieh noch immer nicbt recht daau bereden l&sat (es am 
finde aber doch thnn wird, w«nn sie weise ist). So sind ja aacb die 
Verieihnngen in der Walaebei aum Theil gana altdaviach, aum Tbeii 
(in den neueren) wenigstens der Titel des Hospodars. Dieaea W<fft 
^Ibat, so wie bei weitem die ottisten Hofwürden sind slaviaeh be* 
nannt: Geapodar (Hausherr, pater fioniliaa, gana das griedusek 
dccxoTf s sogar der Wortwurad naeh, daher die BeherrscAier Sarbini 
in der bjraantiniscben Kanalei U^xatai biessen), dvornik Hofbedka* 
ter, kljuear Schlüsaelbewafarer (österreichisch der Besohliesser)ii«a.ir. 
Aus dem polabisehen Wortregister und Dobrovsky's ttwrtrqflflichcm 
bei der sehr mai^gelhaiften Sdireibong des Unsla^^n Heanii^ iin«it- 
behrKolMii Oommentaif erheHt der Charaoter dieses ausgestorbenen 
Dialektes: Haag aum RUnesmus, a. B. aumb für zub« runka ftr 
mka, wie im pofattschen; häufige Verwcohslung der Vocale: nebi filr 
nebo (woaut die Kleinruseen pag. 210l au vergleichen); pueli für 
polje ; oft tf (lies t} oder geradeau noch gröber c) für k oder g: 
tj9xl für kerl; tjisa filr koia; tjöra fär gora; igfelumb 9^x golmb 
(lateinisch auch oolnmba mirt dem Bluneamus) u« s. w. BeoiericeBB- 
werth, wiewohl natürliek ist das Wort nemata (Deatseher) und 
muntgeimka (Deutsche) toh Leuten , die m^ als (wendiaelie) 
Bausm sind. Ein Oegenstüek daau ist das krainisAe krscaniea 
(Christin) fita* Magd: dieses letatere Wort iat also älter als das CShri- 
stenthum der Krainer. Becensent h&tte woU Herrn DdbioTsky's 
Meinung über das Wort santek (junger Mann) an remehmen ge- 
w^tosehty ob es etwa zu sänka (Söhnten) gehöre, oder wäre santek 



276 

etB DraekfeUer ctiitt hmUk , was im kraiiuBcheii dn Bübchen be- 
deatet) Nr. 14* attlyMipt, UntorkiiiB, iit das krftiiii8oh(i deljust; 
71.. doA (Tod) ftr sairt« teid (Zeit) statt das beweist, wie sehr diese 
SlaTen bereits gennanisiert warea. Ni*. 176. wastrisall (Gflrtel) ist 
dme Zweifel eins ndl dem krainisebett aMiielj (Hosenträger) und 
beide aas irgend einem deütsehen Dialekte entlelmt; die letzte Sylbe 
aelj ist woU das deutsche Seil? 184. das tnirjo (Wftehter) mag wohl 
aiM emem gem^anisierten Dialekte entlehnt sein: im krainisehen ist 
▼amjem ieh bewache (bewahre) mid rarh der Wächter. 157. zäun 
(Sehiff) ist das krainiscihe coln (sprieh doyn)^ woron das auch bei 
Wien übUohe TscUn&kel ron kleinen Kähnen. Ober die Artikel des 
Petersbai^r Vooabtdariiuns maeht Herr Doln-OTsky die gegründete 
Bemerkung: f^Es ist kaom su errathen, was die russische Kaiserin 
Katharina H. bestimmt haben mag, gerade diese 200 j^ubstantire 
zur Vexgleiehung mit anderen auch sehr unausgebildeten Sprachen 
zu wählen. Mehrere daron würde ieh streichen und ganz andere an 
ihre Stelle setzen. Ungern vermisse ieh einige ron den folgenden (60)^ 
denen ieh nodi das wendische beisetzeti will.** Wendisch hiess auch 
hier sUrenstga (d. i. slorensko)) also wussten es die dravenischen 
Wenden damals nodi, dass sie slatiseh redeten! 

Seite 27—54. Wie und mit weleher Vorsicht soll man die Wur- 
zelwörter und Stammsylben aus den Torhandenen Wörterbüchern auf-* 
suehen und sammeln? In Verbindung mit dem besonders gedruckten 
und bereits im vorigen Jahrgange dieser Blätter von einem anderen 
RecensentMi ai^^ezeigten Entwürfe zu einem allgemeinen Etymologi- 
kon der slavisehen Sprachen« Prag 1813., ohiie Vergleich der köst- 
liehste Auittta der gansen Slerfunka, und Recensent fürchtet keinem 
Slavisten zu nahe zu treten, wenn er behauptet, dass, wenn die 
übrigen mit gehdriger Aufinerksamkeit auch ein, anderer hätte 
maehcn können, dieser nur von einem so tiefen und umfassenden 
Spraehfarseher wie Dobrovsky erwartet werden konnte. Adelung be- 
merkt in dev Einleitung zu seinem Mithridate^, dass nur die volle 
Binsicfat in den Bau einer Sprache, d. i. die Auflösung derselben bis 
in ihre ein&dien Wurzeln, uns in den Stand setzt und berechtigt, 
über me zo urtheilen; dass aber diese Auflösung bisher nur an drei 
Sprachen sei versucht worden: an der hebräischen, wö aber uns&ei- 
tige Elurfwoht ttr rabbiniseben Quersiün vom wahren Wege abge- 
leitet habe; an der griechischen, wo man aber, ungeachtet Hemster^ 
h«is und seine Schüler das wahre geahnt, eben auefa d^ iltfbitisten 
zu CMiallen auf halbem Wege stehen ^bliebeü; und endlich an der 

18 ♦ 



276 

deutschen seit Waohter. Sei es Verdienst der Spimcbe, deren viele 
wenigstens zur Hälfte inventierte Diftidcte dem Fonoher überraseh^id 
an die Hand gehen; sei es die Nüchteniheit des Etymologen» der nie 
weiter geht, als erwiesene Daten fahren, und niehts «rrathen will; 
sei es endlich auch beides zugleich: gewiss h&tte AdduQg, wenn er 
auch noch Slavist gewesen w&re, nach Dorchlesnng des Entwurfts 
und dieses Artikels der Sloranka ausgerufen : hier ist mehr als Hern- 
sterhuis und Wächter l Aber nieht der Sfamst allein findet da smnen 
Meister ; auch der deutsche Sprachforscher, der Hellenist und La- 
teiner wii^ da auf so manche fiberseugende Belehrung stossen. Dieser 
Artikel ist keines Auszuges fthig; jeder Slavist muss ihn ganz und 
mehr als einmal durchstudieren. Nur fär niditBlaTiBche Sprachfor- 
scher berühren wir kurz, dass hi^r das lateinische acus mit dem 
slayischen jeg-la ; und daraus der slavische jez mit dem deatsohen 
Igel (wozu wir noch den griechischen ix-'ivof anschliessen); azis, 
Achse, mit os; das litauische ugnis, lateinisch ignis, indisch agni, 
deutsch Ofen, schwedisch og«en mit dem slavischen og^; das 
lateinische jus , jusculum mit jucha ; lateinisch es (du bist) 
mit dem sla vischen jes verglichen wird.^ Vnuk h&ite mit dem 
deutschen Enkel verglichen werden können. Der deutsehe Flachs ist 
unser vlakno, verglichen mit vlas (Haar) und dem österreiohiBcha 
Spinnhaar für Flachs, dem BegriffiB nach; das lateinische ferreo isid 
das slavische vru sind ein und dasselbe Wort. Das böhmisdie bsdnld 
wird mit dem deutschen Fist und feisten und dem lateinisdien pedo 
verglichen. Dafiir ist das prdeti des krainischen Dialektes das grie- 
chische xipöii). Floh, pttlex und bolcha sind eins; so wie brat (bratr), 
firater und Bruder; ferio und peru; flamma und plam; Volk und pik 
(polk, pluk); flachten, plecto und pletu; Pfad und pdt u. s. w., an 
die hundert slavischen Wurzeln, die mit lateinischen, griechisohen, 
deutschen tind indischen identisch sind! Mehrere schon früher be- 
kannte, wie dom, verglichen mit domus, ^pßio^ u. s. w., sind über- 
gangen. JDfis hebräische tob, sagt Dobrovsky, kann mit dem slawi- 
schen dob, so wie derech mit draga vergliche werden. Man hüte 
sich aber, die Vergleichung und Ableitung aus dem hebr&ischen, das 
man einst für die Urquelle aller Sprachen hielt, so weit zu treiben, 
als es Frencelius in den Orig. sorab. gethan. Daes sich einzelne, sdur 
wenige, slavische Wurzel Wörter auch in der hebräischen, arabischen 
und anderen semitischen Sprachen. finden lassen,^ ist so gar befrem- 
dend nicht. Doch suche man sie lieber in den sogenannten jafetiachen 
Sprachen, vorzüglich in der Utauischeo? lateinischen (grieehisehen^, 



2n 

celtisoben , gothisehea und anderen germanischen Sprachen auf. Mich 
befremdet es nicht mehr, dass das slayisohe az (ich) im kurdischen^ 
most, pomost iiii indostanischen» nebe im irländischen gefunden wird.** 
Bei ilt (gelb) hitte auch das altlateinische gallnnus verglichen werden 
können, das wie das olassische venetus color noch im waladiischen 
fortlebt. Recensent möchte wohl wissen, wie sich Dobrovskj das 
krainische goljuf (Betrieger) erklftrt: das unslavische f yerrftth es ' 
als ausländisch. Sollte es unmittelbar zum altlateinischen calv-i 
(betri^n) gehören«? Gar, zupan (aovrdvos bei Konstantin) und 
sogar dm (schwarz) werden ftr Ausländer erklärtl Seite 63. erklärt 
sieh Herr Dobrovskj über seine etjmologisohen Grundsätze: ^D^ 
grAndliehe ^pn^hforsdier muss sich Ton jeder Operation in der ver- 
suchten Analyse die strengste Rechenschaft geben können. Nur da- 
durch wird die ql^vische Etymolc^e einer wissenschafUichen Behand- 
lui^ fthigt deren sie bisher noch so sehr bedarf. Die Aufsuchung der 
ahnliehen Wurzelsjlben in anderen Sprachen, so sehr durch die Ver- 
gleichung jeder Art das Werk an Interesse gewinnen mag, soll doch 
nur ab eine Nebensache angesehen werden. Die richtige Angabe und 
Aufzählung aller reinen Stammsjlben jeder (der drei) Classen aus 
dem ganzen slavischen Sprachschatze und die sichere Ableitung der 
daraus gebildeten Wörter muss immer die Hauptsache bleiben. Ver- 
wechslung der Buchstaben lasse man keine gelten, ausser soldfe, die 
nach ganz gewissen Analogien fär giltig erklärt werden können. 
Wenn ich cm in cmor mit krv (krev, krov) vergleiche, so wird 
diess durch mehrere ähnliche Fälle, in weldien der Vocal u in v 
oder ov übergeht, bestätigt^ Seite 48. seheint Herr Dobrovskj zu 
glauben, dass das lateinische ch und griediische x ^® ^s böhmische 
oder deutsehe ch gelautet habe, was ihm die kritischen Philologen 
ans guten GhrOnden wohl nicht zugeben werden. Seite 49. sagt er 
seine Meinung über Pfiurrer Puchmayer*s handschriftlichen Versuch 
einer slavisehen Pasigraplnc, nach der Herr Pnchmajer z. B. den 
(Tag) so schreiben wül, dass es jeder Slave nach seiner Mundart, 
der Uljrier auch dan, der Mähre und Russe den, der Slovak d'en, 
der Pole endlich dzien lesen könnte. Auch Reeensent glaubt, dass 
ein solcher Versuch über das Wesen der Buchstaben hinausgehe. 
Wären die Slaven nur erst so weit, ein ^eichfilrmiges Elementar- 
alphabet zu haben! Das ist's, was eigentlich Noth thut. Das gleich-* 
gesprochene nur sollte auch g^eiehgeschrieben werden; was die Dia- 
lekte anders sprechen, das muss auch anders geschrieben werden. 
Der Spartaner schreibt |ia rcb «k» ibr ftd rcb 5«iib, weil er so spricht. 



278 

und Iftsfit dich'B nkht einfidlen, a» eine PoelmMyer'aohe ModtteatHm 
der Figur 3(«ä zvl denken. Wie leieht lie«t der Serbe mssieolie Bilolier 
imd uiogekehrt, bloss weil rie beide das ejrillisebe Alphabii geluraMi- 
eben, und wie sobreoken sie vor kroatisdieii oder pobdsehen Bftcliwv 
aurüek, ungeiM^btet kroatiscb dem serbiseben als Sprache viel nähmr 
ist als russiseh. Herr Puchmajer irftrde sich um die SlftTen miaterb- 
lieb y^rdient maiAen, wemi er Keber erstens die Laote, die in mUen 
slayiseben Mundarten insgesammt und insbesondere ywki&mMnmD, 
inventierte und dann ffMr diejenigen Laute, denen kein Bociustabe 
des lateinischen Alphabetes entspricht, neue einfi^he, den ftbrigvn 
aum Grunde gellten lateiuschen analoge Sdiriftxeiehen binsn- 
erfande oder anm Theile apeh aus dem ejrilfischen Alphabete inodi* 
ficierte. Für den Böhmen PudimaTer ist es yielleicht ntthig va be* 
merken, dass Besohndrkelungsn, wie sie das jetzige böhmisdie Al- 
phabet bei n, z, s, c^ f , t\ d\ e u. s. w. hat, gegen das erate imd 
natürliche GoroUarium dte onzigen Gesetaes der Buehstabensehnft 
(die Figur der Schriftaeichen muss zusammenhangend sein) so wie 
gegen den Gteist und die Analogie der htteinisehen Bndistaben sind 
Wie glüeUidi ist dagegen das lateinische 6 ans C entstanden! (Wie* 
wohl es eben nicht nöthig ist, rerwandte [Ähnliche] Laute ebenfiiUs 
durch ähnliche Zeichen darzustrilen; Beweis: D und T, Z und 8, 
oder grieehisdi P und K, B und 17, f und i;, O und XJ u. s. w.; wo» 
es nur ein&che, deutlich von einander unterschiedene und leicht in 
einem Zuge sehreibbare Zeichen sind.) Mittelst eines solchen ^etc^ 
förmigen Alphabetes wfbrden die Slaven Tom adriatischen Üs ans 
weisse Meer untereinander in dasjenige glüdcUche Verhiltnias ge- 
setzt) in dem sich einst die grieehisohen Stftmme befinden, die bei 
gleichen Alphabeten ihre versdhiedenen Dialekte gegenseitig eben so 
leicht lasen und verstanden, wie vox^her von Russen und den eben«* 
ihlls cyriUlischen Serben gesagt worden. (Vdtiggi^s oruseantiscber 
Wunsch nach einer einzigen Schriftsprache fftr alle Sktven fUk dann 
von selbst weg. Das Beispiel der Griechen wiegt das der Wftlsohen 
wohl auf; Leibnitz billigte auch dieCrusoa nicht Und was sich allen- 
&lls in dem kleinen Italien erzwingen Itost, kann in der slavischen 
Welt unausfiihrbar sein« Und am Ehdde wozu?) Beoensent ghubt mit 
Schlozer, dass am Ende die PTrilKaner selbst ihr unelegantes, ranm- 
fressendes und in Vergleichung des von uns in Anregung gebrachten 
auch nicht genug consequentes Alphabet wohl noch gegen ein solches 
vertauschen würden! 



279 

S«ite 55—61. Waren die Dalmatier je im Besitze einer alten 
(in altelaTifldwr Sprache abgefMuten) ganzen Bibelübenetzung ? 
BcMRiItat: Nein. 

Seite 64 — 69. Nene dalmatieche Übereetaungen nach der Vol- 
gatek Noch kenie gedmokt^.wiewebl schon 1Ö64. eine in der Hand- 
edunft nl^h Tübingen gebracht worden war, über deren Verkommen 
nur von Dialmatien oder Born aus Aufkl&rung zu erwarten. Vom 
Jaturo 1640. liegt eine andere Übersetzung des Jesuiten Barth. Cassius 
ii|;ettdwo in Dalmatien verborgen. Der Erzbisehof Karaman, der 1741 
eine nene Ausgabe des glagolisdien Missais besorgte , hat bei Gele- 
genbfiit der darüber geAlhrten Streitigk^ten auf lange Zeit allen 
Vulgarühenetaungen den Weg veD^sperrt. Karaman war in Russland 
eraogißn und hatte dort das Vorurtheil eingesogen, dass die altsla- 
via^e Spraehe nur in russiseben Kirehenbüchem unverftndert eriutl- 
ten worden. Bs ist aber nnn erwiesen, dass die Russen noch mehr 
als der Olagolite Lofakovic sich erhittbt haben , die alte Übersetzung 
ihrer jüngeren Volksiqpraohe zu nftbem und — daher eine kritische 
Aii6ga)ie der altslavischen Bibel nach alten serbischen Handschriften 
noch zu erwarten ist Noch immer ist in der dahnatisdien und bos* 
nwchen Sprache keine ganze Bibel, kein Neues Testament, nicht 
einmal ein ganees £yangelium für die KathoUken daselbst heraus- 
gekoaunea (nur die Episteln und Erang^ien 1495. und 1S13). Von 
einer ganz neuen Überssetzong im kroatischen Dialekte, die, wie zu 
hör#n, 8#ine Excellenz der Bischof von Agram veranstaltete, werde 
der Herr DobroTaky ein anderes Mal sprechen. 

Seite 70 — 71. Die Attesten slarischen Benennungen der zwdtf 
MoQftte. Sind wohl zäunst bei den paniumischen Slaren entstanden, 
nur ¥on da durch die cfrillischen Kirchenbücher bis nach Russland 
verbreitet worden. Indessen habe der gemeine Mann hin und wieder 
noch andere Benannungen, dergleichen hier welche aus Schlesien 
angsAhrt nnd die Iicser zu ähnlichen Beitragen angefordert werden. 
Bnoensent ist dermalen nicht in der Lage, dergleichen Variantem zu 
sammeln. Aber altslavisohe yerchristlidie Personennamen, die m<id 
aus dem Kalender genommen sind und bei den Serben noch tftglieh 
den Nengebomen beigelegt werden, kann er* hier aus der Vorrede 
einer handschrifUinhen serbischen Volksliedersammlung (die seiner^ 
zeit die Kenner von dergleidien Dingen in frohes Erstaunen setzen 
wird) mitthei^, und zwar minnliche: Blagoje, Boza, Bogdan, 
Boiop Bogic, Bofioa, Bozidar, Bqjin, Bogosav, Bogdjab, Bratd- 
I, Branko. B«^, Vidoje, Vidak, Vkdimir, Veeelin, Vule, Via- 



280 

disav , Velisav , V^}ko , Vuictt , Voka^ , Voifi , Vuk , Velimir« 
Vlastoljub, Vlajko, Vitko, Groaden, Dobrnroj, Dobroslar, .JDra- 
gutin, Dragie, Dobrilo, Dragomir, Dobrica, Jeadimir, ^i^ttai. 
2arko, Zirko, Zivoin, Zdrairko, 2Q«tko, Ljubinko, LjttbosaT, I^a- 
bimir , Ljubiyoj , Marinko , Mladen ,^ Miloa , Wixa , MQenko , 
Mirko y Momcilo , Milivoj , Miljko , Miladin , Milija , Miroflav , 
Milosav, Mijat, Milutin, IMilorad, Miloje, Milaraii, Miiojko, Mi* 
lisaYff Mileta, Milic, Mudroim, N^ad, NegoYan, Nonrak, Ol»«d, 
Obren, Obreten, Prodan, Petko^ Eadak, Radic, Raako, BAdovaii, 
Bajko, Radojko, Radosav, Badivoje, Radoiea, Radomir, Stanaje, 
Stojko, Stojsa, Stanisa, Srecko, Sreten, Stanialav, Srdan, Stexikci, 
Sredöje, Slayko, Strabiaja, Stoic, Slavoljub, Gvjetmja u. a.; 
weibliche: Bogdaaa, Boiana, Bojana, VidosaTa, VokoBaTa, Gros- 
dana, Danica, Deva, Drago^la, Zi^ana, Zirka» Zlatana, Kmnija, 
Ljubica, Ljubosava, Ljepotiea, Mirjana, Miliaa, Milojka, Neda, 
Mileva, Obremja, Rada, Buia, Buzica) Stana, Stojna, Stamena, 
Spasenija, Smiljana, Stoja, Staniflava, Oijeia u. s. w. 

Seite 76 — 135. Auszüge aus ilterea und neuefea Sehriften vor 
Kenntniss der slaTisehen Völker und ihrer Sitten. „Fast jeder Beob- 
achter sieht durch seine Augengl&sar, gefi&rbt von Vorliebe und aa* 
deren Leidenschaften , daher denn manehes in den Nachricbteii der 
Reisenden zu berichtigen ist Wer ohne Brillen besser sieht, «kr 
thue es. Ihm steht die Rubrik Beriofatigui^ daau offen.** a) Besckei- 
bung der Slaven aus Mauritii Strategioo; b) aus Leo's Tüclik; e) bat 
garische Wahl der Frauen; d) Biügaren in Kleiaasien, aus oinem 
Briefe an Dr. Careno in Wien;, e) bulgarisohe Wohnung; f) der 
Ki'ainer ynd die Krainerin» aus Haoquet's Beschreibung und Abbil- 
düng etc. Recensent mödhte hier gleich die Rubrik Beriohtigaiig sa 
einigen Sprachbemerkungen benutzen. Znubad (Brautwerber), bdi* 
misch sQoubce, muss mit s, niobt mit z gesohrieben werden, snubae. 
Zenen muss zeuin heissen, zva^e schreibe sta^e, drusiea schreibe 
dnizica, staraiina schreibe starasina, neyesta sohreibe ne^teta, 
strukli (ein deutsches Wort) schreibe struk^i, sedmina sohreibe sed« 
mina, gorenci sdireibe gorenei, kozote schreibe kozore, kozuc nach 
der Volksaussprache und kozlio nach der Etjmologie, von kosel 
(Bock). Krädern heisst nicht Ranbsucht, sondern: ich stehle. Der 
esprit de Corps der Krainer in dar Fremde ist weder was besonderes, 
noch zu tadeln: die Deutschen in Rom z« B. sind ja auch firoh, weim 
sie von unge&hr einem Landsmanne begegnen. Statt: bog te primi 
schreibe bog te sprimi (d. i. vspiinü). Na kosmatu* daru wir« auch 



281 

in: nn koamalo YdArü (auf das rauche geschlagen)' berichtigt, noch 
immw ein qui pro qno; auf den Pelz ^esc^agen wurde heissen: na 
koauh vdaril« po koJ^uhu Tdaril. B^eenseni erinnert sich aber diesem 
nur im Winter mögliehen Sitte nicht. Der Ruf des Krainers in Lai- 
badb ist wohl nur ein Druckfehler ftir in Wien. Sicher aber gibt sich 
der Krainer mir aus Schonung für die geo- und ethnographische Un- 
wissenheit ii|^d eines Erawieners f&r einen Ulyrier aus, ein Name, 
der doch öfter in Wien gehört worden und«4ler dem Krainer am Ende 
wohl auch aukommt. Vdika nöi', kolae, bosic (Weihnachten, wört- 
lidb der kleiiie Gott, das Ghristkindel der Wiener), potica, klobuk, 
sn^ea^ klepei^iea, suknja, hlaee. Der Hosenträger heisst nicht hU* 
dar (ein Menseh mit weiten Hosen oder ein Hosenmacher, wenn die 
Sdmeiderei so getheilt wäre, würde so heissen), sondern asterzelj, 
allem Ansehen naeh ein deutsch^ Wort. Die blaue (zur Galla rothe) 
Leibbinde hat Becensent nie pas (Gürtel der Frauen), sondern immer 
pintl^ (von Binde, österreichisch die Finten) nennen gehört. Die 
Strümpfe heissen in Krain stumfi renn steirisch-deutsohen Worte 
Stümpfe (statt Strümpfe). Die Stiefel heissen in Oberkrain e^ylji 
(erevlji) und die Schuhe solni; in Unterkrain aber letztere cäylji und 
die StieCd skomice. Statt plajcar sehreibe plajsar. Statt Stelzschuhe 
schreibe Holxsehuhe und das dabei eingeschlossene sabot ist nicht 
etwa der krainisclre, sondern der firanzösische. Ausdruck daf&r, le 
sähet : krainisch heissen sie cokle , womit das italienische zoocola 
und der Orden der zocoolanti zu rergleichen. Der Mantel von Schilf 
oder Stroh dient den Hirten gegen den Regen. Der si^el der krai- 
nisehen Jungfrauen, den LinhKrt für originell hielte ist deutsch, so- 
wohl die Tracht als das Wort (»eh Stalder's vortrefSiches schweize- 
risehes Idiotikon). Die peea, die der Kraiaerin das Ansehen einer 
N<nine gibt, gefiült Fremden besonders wohl. Kosulja ist nur an der 
kroatiseben waä istrischen Grenze fiär srajca üblich. Die ganz weiss- 
linaene Sommerkleidung der Krainerindn ist tosserst reinlich und 
könnte nicht einfiMsher sein; da aber, mit Ausnahme der peea, die 
slairisfsh zu sein scheint, alle übrigen^ Bestandstüeke deutsche Namen 
haben (das Unterhemd, jinter&t, d. i. österreichisch Unterpfad, Inter- 
pftd; das Oberhemd, ospetelj, d. i. Halspfetdl, und die Schürze, her- 
tah, d. i. Fürtuch), so muss man sie wohl, wie die Kleidung der 
Mftnner, f&r ursprüi^lich deutsch hallen. Für oberflächliche Beur- 
thealer ist es rielleieht nöthig, hier zu bemerken, dass, wiewohl der 
Krainer so yiele Gegenstände des Luxus etc. deutsch benennt, seine 
Spraehfr auf dem Lande in Rüeksicbt der reinen . Slavität sich getrost 



282 

mit der böhmischen, polnischen und «erbiBchen memen kann. Reeb- 
net man aber gar noch den ProTinzialkroaten, wie es der Spradifer- 
scher thun muss, zum Krainer, so ist dieser Dialekt nnter alleo sla- 
vischen der reinste. Hacquet^s Istrianer und Istrianerin überlaasen 
wir einem dort gebomen zu beriditigen. Für yidalize ist wohl 
dalice zu lesen, g) Die Wenden am Moskau in der Lansiz 
Leske). h) Russnjaken in der Marmarosoh (aus den Vaterlindisehen 
Blättern) mit Anmerkungen von Dobrovsky. Absteeheiid ist die 
Billigkeit der älteren Slavenbesohreiber gegen die oberüfiehlieh ab- 
sprechende Unbilligkeit der neueren. Hätten sieh die Skren in we- 
niger a}B einer Generation so yereehlechtert, oder ist nicht vidmeltr 
dieser Unterschied in der Indiridualität der älteren gründlicheren und 
der neueren oberflächliche Beschreiber zu suchen? Diesen Auftata 
hat Herr Dobrovskj an manchen Stellen berichtigt und zuletzt fol- 
gende Fragen aufgeworfen: »Wie viele mögen woM unter dem ge- 
meinen Volke lesen können? Sollte man in ihren Häusern nieht die 
slavonischen Evangelien oder wenigstens den Psalter und einen Bok- 
var hie und da flnden? Wer gibt uns einst Proben von ihrer Bode- 
spraohe?^ Die Befriedigung der letzten Frage hofft Referent, der 
zwei Jahre lang in der Heimat dieses Volkes wohnte, bei einer ande- 
ren Gelegenheit gewähren zu können; jetzt beantwortet er nur die 
ersten zwei Anfragen, um doch einen richtigen Begriff über ik 
Sprache und Gultur dieses Slavenstammes darzubieten. Die Raeeaii- 
ken Ungems, die nicht tiur in der Mamutfoscher-, sondem adoh ia 
der Zipser-, Scharoscher-, ZempHner^, Abaujrarer-, Bereger- and 
Ungvarer - Oespanschaft wohnen und sämmtlich zum grieehiseli- 
unierten Ritus sich bekennen, sind zwar ein noch ziemlieh vurwalir^ 
loster Stamm der Slaven, aber bei weitem nicht so unmoralisdi und 
verworfen, wie sie- dem unkundigen VerfiMser des Au&atzM aus den 
Vateriändischen Blättern vorkommen, der sie gar obeHlächlieh be- 
trachtet haben mus^. Ihr unvergessIiiAer Bischof Badinekyj, der mb 
ein Greis von 82 Jahren 181 1 in Ungvaar starb, hat sich hohe Ver- 
dienste um dieses Volk erworben. Durch die weise Einriditang dee 
Ungvarer Seminariums beförderte er Cultur und Oelehrsamkeit nnCer 
dem Clerus, so dass jetzt der jAngere Oeistliehe der Russnjaken in 
jeder gebildeten Gesellschaft würdig erscheinen kann. Er verbesserte 
die Volksschulen seiner Diöcese und Hess auf seine Kosten Ab^BQ- 
eher, Katediismen und Lesebücher drucken und unter das Volk ^er- 
theilen. Daher ist es jetzt gar keine Seltenheit, Knaben und jüngere 
Männer unter den Russnjaken zu Asden, die ihre Bttcherspueiis 



283 

l«0€ii und verstehen, obsehon das weibliobe Geschlecht aooh lücht 
lesen ]uma, die jüngeren Frauen der Popen oder GeisÜiohen ausge- 
nenunen» die gewöhnlich auch nngrisoh und deutech lesen und spre- 
eben. Die Sprache dieser Russnjaken ist plattrussisdi und verhilt 
aieh tu der russischen Umgangssprache wie etwa das mihrisehe 
»uu böhmischen. Diess erprobte Referent aus der Ver^eichung das 
rufsnjakischen mit dem russischen,^ aus den Gesprftchen russisclier 
Offiziere mit den gemeinen Russnjaken und aus den Predigten alter 
rusenjakisoher Popen, die in der Redesprache des Volkes gehalten 
' werden. Aus allen diesen Beobachtungen hat sich ergeben, die russ- 
njakische Volkssprache sei eine Variet&t der russisdien, nicht aber 
der polnischen oder gar der slovakisehen. Nur bei dem Gottesdienste 
bedienen sich die R^issnjaken der altslavonischen Spra<^e, wie be- 
kanntlich die Russen und Illjrier der griediischen Kirche; aber nur 
der Gerus und solche Russnjaken, die des lesen in den Schulen ge* 
lernt haben, yerstdien ganz gut diese Kirehensprache. Übrigens 
werden mit altslavonischen Lettern auch die Volksbücher in der russ« 
njakisoben Sprache gedruckt, obwohl sich die Russnjaken beim 
aebreiben der neumssischen Charaktere bedienen, i) Sitten der Ein- 
w^ner des Karlstftdter Generalats (aus Engel), k) Vier Briefe über 
Polen (aus D. Kauaeben's, preussischen Kreisphysicus , Wanrheit 
und Freimutbigkeit. Nürnberg 1789. 8.). Reeenseoten fiel nur auf^ 
ins Wort Piast hier fiir Pole überhaupt zu lesen. Contrast sei das 
cbaracteristische Merkmal, wodurdi sich Polen im einzelnen und im 
ganzen auszeichne. (Receneent möchte sich diesen C!ontrast [aaeh im 
moralischen] aus der Treibhauseoltur erklären, wodurch man etgent- 
lioh mit Cultur nur übertüncht wird und der innere Barbar immer 
hie und da wieder henrorguekt Desewegen findet sich der nftmliche 
Oontrast oft auch bei Russen, Neugrieohen, Serben etc. Unter einer 
giiten und weisen Regierung wird der Contrast in hundert Jahren 
▼ersdi wunden sein!) Seite 128. wird von einer slawischen Art, sich 
dem Missbrauohe des ThyrsusaMpters preiszugeben, gespioohen, 
deren Unterschied Yon anderen, besonders der altberühmten deutschen 
Art Recensent nicht kennt Seite 134. heisst es: Es ist ausgemaoht, 
dass es kein Land gibt, wo der Adel so' sehr durch die rdiesten, un« 
gesittetsten Mitglieder entehrt wird, und es ist eben so gewiss, dass 
Polen das emzige Land auf diesem Erdenrund ist, wo der Adel an 
Gelebraamkeit, Geschmack und Kenntnissen naeh Extttssion tod fan 
tenoion dem AUttelstande den Rang abgejagt hat. (Das war leiisht, da 
es in Polen IwMU Mittelsland, i9o wie keinen Baueroetaad gab.) 



284 

Sdite 136 — 158. Bibelübersetzungen in slavisdien Mundarten 
(uebst einem Anhange über die Skorinisohe Kbelübersetsong). £Ne 
Böhmen zählen vierundzwanzig, die Polen dreizehn, die Obaianaiser 
drei, die Niederlansizer eine, die grieehisch-gl&ubigen Slawen in alt- 
shiTiBoher Sprache vierzehn, die Krainer zwei ganze Bib^. Nur die 
Kroaten, eine der schönsten und reinsten Mundarten, haben bis jetzt 
noch keine : nicht einmal ein Neues Testament, nicht ein ganzes 
Evangelium! 

Seite 159—166. Über zwei verschiedene Ordnungen der slavi- 
sohen Sprachen. Nach einer gründlichen Kritik seiner Vorgftnger be- 
stimmt der Herr Verfasser den Namen Serb als dasse und serbisdi- 
westlich, serbiseh-östlich als die zwei Ordnungen, davon jede vier 
Gattungen unter sich hat, und zwar jene: a) Russen, b) Serben. 
c) Kroaten, d) Winden; und diese: a) Cechen. b) Wenden (1.). 
0^ Wenden(2.). d) Lechen« Der Ver&sser hat wahrscheinlich die dBase 
Serb genannt, weil dieser Name (auch die Lausizerwenden nennen 
sich Serben) in beiden Ordnungen auch als (Gattungsname vorkommt 
Doch möchte R^censent Slave oder Slovan noch- immer vonudieiu 
weil sich alle Zweige dazu bekennen. Übrigens macht Recensent 
darauf aufmerksam, dass ihm der Name Kroate nicht genetisch ridi- 
tig steint. Die genetischen Kroaten kannte man noch zu Tmber's 
Zeiten (um 1550) nur im Süden der Kulp, wo — serbisch oder kroatisei 
gesprochen wird. Die jetzt sogenannten Kroaten sind eigentlich Win- 
den (Slovdnci), die man nach dem Verluste des grössten Theiles der 
wahren Kroaten so genannt hat. Oder l6sst sich das Oegentheil be- 
weisen? Recensent weiss wohl, dass der Kroate kein Krainer noch 
Winde heissen will: aber dieses Datum, das wohl sonst erklärbar 
ist, kann die historischen und Sprabhgründe nicht aufwiegen. 

Seite 166 — 195. Schlözer's Classification der slavischen Haupt- 
dialekte, mit Anmerkungen und Zus&tzen von Dobrovsky. Ein un- 
sicherer Blick auf die slovakische Mundart in Ungern, den hier der 
Herr Dobrovsky Seite 177. zu verrathen scheint, nöthigt Referenten 
zur folgenden vorl&ufigen Berichtigung^ die er in ^inem Eiymologi- 
kon des Slovakismus einst auszufahren wünscht. Die Mundart der 
Slovaken in Ungern muss in drei Unterdialekte abgesondert werden: 
der erste slovakische Dialekt ist in der Pressburger-, Neitraer- und 
Trentschiner-Gespanschaft und zum Theil auch in der Barscher üb* 
•lieh; er ist schon aus Bemolak's slovakischer Grammatik bekannt 
und könnte füglich der katholische Dialekt genannt werden, weil er 
bei dem Gottesdienste aller katholischen Slovaken Ui^ems, wie auch 



285 

in der Bjäoherspiac^e derselben gelHrancht -wird. Den zweiten nennt 
man allgemein den Homiakendialekt, der in den Bei^gegenden Un- 
gema, in der liptauer-, Turoczer*, Schier-, Honter-, Neograder- 
und Gömörer-Gteapanachaft , wie auch bei den horniakisohen Colo- 
nisten Untemngems kerrscht, sich durch Breite in der Aussprache, 
durch Erweichung der harten Gonsonanten, durch Verhärtung der 
harten Vocale und durch eigenthümliohe Flexion characterisiert, aber 
nur als Bedesprache des Volkes und nicht als Büchersprache bekannt 
iat. Der dritte endlich heisst der Dialekt der Sotaken und ist in der 
Nachbarschaft von Polen, in der Soharoscher-, Zipser-, Zempliner-,- 
Abaujvarer- und UngTarer-Oespanschaft einheimisch, mit dem russ^ 
njakischen aber gar nicht zu verwechseln; er neigt sich stark zum 
polnischen hin, besonders durch weiche Ausspräche und viele Zisdier, 
durch Vermeidung aufgehäufter Consonanten und vocalloser Sylben, 
durch starken Oebrauch polnischer Wörter und Flexionen, und ist 
jetzt ebenfalls nicht mehr als Büchersprache, sondern hur als Rede- 
spräche des Volkes üblidi. Aus der Vergleichung dieser Dialekte er- 
gibt sich , dass der katholische und homiakische Dialekt dem höh- 
nüschen am nächsten kommt, der solakische hingegen sich zum pol- 
nischen am stärksten hinneigt. Auch ist noch zu bemerken, dasH, 
wie bei allen katholischen Slovaken Ungems der katholische Dialekt, 
so bei allen evangelisch-lutherischen Slovaken, selbst bei den poloni- 
sierenden Sotaken das böhmische, nur mit Vemieidu]^ rein böhmi- 
scher Aussprache, als Kirchen- und Schriftsprache gebräuchlich ist. 
Seite 198. wünscht Herr Dobrovsky eine dunkle Nachricht, die in 
Adelung's Mithridates über die Sotaken vorkonunt, berichtigt und 
erweitert ^u sehen. Referent entspricht seinem Wimsche mit folgen- 
dem: die Sotaken sind eben die Slovaken Ungerns, welche sich des 
oben angefahrten dritten Dialektes der Slovaken bedienen, und von 
der Stadt KaMchau (nicht Kassoma) bis nach Ungvar, d. h. in den 
'oben genannt^! Gtespanschaften, wohnen. Einige unter diesen Slo- 
vaken, aber nur in zwei Kirchensprengeln, waren einst der refor- 
mierten Confession zugethan und bedienten sich der sotakischen Kir- 
chenbücher, die in Ribay's Catalog vorkommen. Aber seit Josefs 
Toleranzedicte sind einige dieser reformierten Sotaken zur luAeri- 
schen Eärche übergegangen, andere vereinigten sich mit den refor- 
mierten Nationalungem und thaten Verzicht auf ihre sotakische Kir- 
chensprache, so dass jetzt in derselben nichts mehr geschrieben noch 
gedruckt wird. 



286 

Seite 168. (vie auch 19ä.) wird atts dem Slarai wieder beliauptei, 
dass das kirchenslavische nichts anderes als das altserbische sei. 
Recensent glanbt vor der Hand, dass die so wenig gekannten oder 
sogar verkannten Winden, bei deren Vätern Cjviü und Method Mis- 
sionäre und letzterer an die dreissig Jahre ihr Erzbisohof gewesen, 
eben so viel wo nicht mehr Ansprach darauf haben. Die Abw^idiun- 
gen ihrer neueren Mundart sind wohl nicht grosser, als im wahren 
serbischen (das gesprochen wird: das gi^schriebene ist meist noch ein 
maearonisches Oemengsel von alten und neuen Formen, wie bei den 
meisten neugriechischen Schriftstellern oder besser — Schreibern). 
Der Dual, viele einzelne Wörter, der Ton der meisten Wörter ist 
im windischen Dialekte treuer beibehalten worden. Doch davon räi 
anderes Mal. In Rücksicht der bulgarischen Mundart möchte Recen- 
sent doch auf bestimmtere Nachrichten dringen und wird selbst keine 
Gelegenheit, dergleichen einzuziehen, versäumen. Es wäre sehr 
leicht möglich, dass auch sie der altsla vischen noch näher wäre als 
die serbische; denn einerseits sagen die Legenden von C]rrill nnd 
Method , dass sie die Bulgaren zuerst bekehrt und die heiligen 
Schriften in die bulgarische Sprache übersetzt haben, andererseits 
aber ist es historisch erwiesen, dass die bulgarischen wie die patino- 
nischen Slaven über hundert Jahre früher diesseits der Donau waren 
als die Kroaten und Serben. Diess nach der gen^einen Auslegmf 
des purpurgebomen Byzantiners, nach der die Bayißäpiia der Thd 
der Karpathen ist, der heute Babja Gora heisst (um von Lazarerie*« 
Vagi Fontes nichts zu sagen). Wollte man auch selbst Ba^tfidpäta mit 
Katan^c f&r Bagivaria, d. i. Bajivaria, Baiem, gelten lassen, so 
bleibt immer so viel gewiss, dass di« bulgarischen Slaven und die 
pannonischen Winden die frühesten südlichen Slaven sind. Das 
ßt^iirc, d Ttfüityap der bulgarischen Kundschafter im Jahre 1016 
lautet noch 18H, nach achthundert Jahren, im krainischen mit £an- 
sohluss des Tones gerade so: bezite, Cesar, d. i. flieht, der Kiaiser 
(kommt). So langsam ändert sich die Sprache im Munde des ge- 
sammten Volkes. Nur in der kleineren Masse der durch Neuheit Bei- 
fidl suchenden Schriftsteller ist sie beweglicher. 

Seite 195 — 199. Über Adelung's Mithridates in Betreff der sla- 
visehen Sprache« 9,Dic Vaterunserformeln seien nicht so fehleriiaft 
wie in anderen Sammlungen, doch sei hier gar vieles noch «zu be*- 
richtigen.^ Recensent hat immer gewünscht, Herr Dobrovsky möchte 
einmal z. B. in der Fortsetzung des Slarin die slavischen Vaterunser, 
die überall so fehlerhaft und überdiess auch noch nirgends vollständig 



287 

aufgef&hrt aind (aach nieht in der Maroel'schen Sammlung: die 
Bodom8<ihe hat Recenseiit noch nicht geliehen) , einmal auf einer 
Tabelle und so weit mdglich mk einer Orthographie herausgeben. 
Das Wort basta ist nur in Balgarien filr Vater gebräuchlich. 
Stulli^s Lexikon ist bekanntlich ein . reiches » aber ungeordnetes 
Magazin süddonanisch-slaviseher Wörter von Kärnten an bis Cattaro 
und von dort bis ans schwarze Meer; sogar russische Lexica, die er 
nicht einmal richtig lesen konnte (jajtar f^ jantar), hat er geplün- 
dert, auch selbst neue Wörter geschmiedet. Wann werden es doch 
die Lexikographen und Grammatikenschreiber begreifen, dass sie nur 
die Statistiker, nicht die Gesetzgeber der Sprache sind: beide sollen 
nur tfeu inrentieren und beschreiben, was und wie es ist; ihre oft 
sehr unreife und einseitige Meinung, wie es allen&lls besser wäre, 
dürfen sie höchstens in Noten beibringen. Der alte Relkoric z. H. hat 
es richtig bemerkt, dass im slavischen das Reciprocum sc und svoj 
fär alle drei Personen gilt ; und doch glaubten die späteren Lano- 
sovie und Voltiggi die ganze Nation hierin zurechtweisen zu dürfen, 
dass sie: ja mene Ijubim, ti tebe, on sehe statt ja sehe Ijubim u. s. w. 
sagen müsse. 

Seite 200 — 246« Bücheraazeigen. Kurze aber treffende Becen- 
sionen der neuere» Werke in oder über slavisohe Sprachen, nach den 
verschiedenen Literaturen abgetheilt: Russioa, Serbica, Glagolitica, 
Illyrica, Groatica, Oarniolica, Bobemiea, lAisatica, Polonica. Vor- 
züglich belehrend ist die Becension T«m Vater^s russisoker Gramma- 
tik. Die Kleinrussen haben (seit 1809) eine travestierte Aeneis in 
ihrem Dialekte. Der selige Muskotirovic , Sammler serbischer 
Sprichwörter, hatte Unrecht za behaupten, dass das (satyrische) 
Sprichwort: ^W'em Gh>tt ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand^ 
ein bloss österreichisches Sei: es ist überall gebräuchlich, wo es 
Amter gibt. 

Seite 217. wünscht Herr Dobrovskj zu erfahren, ob noch keine 
serbischen Volkslieder gedruckt sind. Kacic's Baagovor ugodni etc. 
worin viele serbische Heldenlieder vorkommen und der daher unter 
allen mit lateinischen Buchstaben gedruckten Büchern allein auch 
von orthodoxen Serbe» gelesen wird« musa ihm bekannt ^in. Unter 
der Presse befindet sieb eiiie serbische Volksliedersammlung von 
Vuk Stefiuiovic, die seiner Zeit alle Kenner für serUsche Volks- 
poesie begeistern wird« Wir thetten daher das erste, da es nicht lang 
ist, zur Probe mit 



288 



Momak i djevojka. 

Oj djeTojko, pitoma mzice! 
Kad si rasla, na sto bI gledala? 
II' si mala na bor gledajaiä, 
II' na jelu tanku ponointa , 
ir na moga brata najmladjega? 

Oj junace, moje jarko sunee! 
Nit' sam rasla na bor gledajuei, 
Ni na jelu tanku ponositu, 
Nif na tvoga brata najmladjega, 
Vec sam mlada prama tebi rasla. 

Der Jüngling und das Mädchen. 

O mein Mädchen, o du sanfte Rose! 
Als du wuchsest, sage, worauf sahst du? 
Wuchsest du, empor zur Fichte schauend, 
Oder zu der schlank' und stolzen Tanne, 
Oder meinem allerjüngsten Bruder? 

Heldenjüngling, meine FruhlingMonae! 
Nicht wuohs ich, empor zur Fichte schauend. 
Nicht zurTanne auch, der schlank' und stols^i, 
Nock zu deinem aUerjüngeten Bmd^, 
Sondern, jung, wuchs ich nach dir nur eioaig. ' 

Oder: 

Livada. 

Oj livado, zelena liyado! 
äto si tako rano polegnula? 
A livada tiho gororila: ^ 

Nevoljaje, te sam polegnula, 
' Sinoc me je stado pregazilo, 
A jutroske kitjeni svatovi. 

Die Wiese. 

Wiese, o du grOn geschmückte Wieset 
Wie liegst du so firlihe doch darnieder? 
Doch die Wiese stille d'rauf erwiedert: 
Unglück ist es, und ich lieg' darmeder: 
Gestern Nachts hat Heerde mich durchwatet, 
Heute firüh geschmückte Hochzeitgäste (zu Pferde.) 



llltendB8|ipt ist die Unt^rBucbung äl^r ^9 Wfirtar kiyac (Fürst) 
ui)4 ^gl^ (Bach) g^gen Herrn S. Ersteres wird den Slftym 
vif^oiert, lejtzteres aber dea A^at^, etwa OüneaeQ» belamen« 
Der Pukr^r des (in Venedig lebenden und sohreibeuden aerbiaebw 
Gelehrten) Sglaric ist knrz angea^eigt und ^eine bistoriaoheoi JrrÜx&r 
mer beriobtigt. Solaric bat aber aui^b die alte euiaeitig» Verbamdwig 
des krainf sehen Dialektes, i^s des verdorbensten ypn allen« Tnedert 
holt, ungeachtet er so nahe «^ Krain lebt und sieh leicht roicn (Gbgen- 
thei^e entweder aus Kopitar's Granuiyitik oder dem Neuen Test»? 
mente h^tte überzeugen Jcönnen. Soll denn immer nur naeligebeteti 
nie untersucht werden? Becensent getraut siisb fftr jdden QermaaJ4l- 
.mos des Krainers dem Böhmen und Polen mit einem, wo njobt zwei 
anderen, un4 dem Serben mit eben so yiel Twrld^mei) iMi&i^warteiBu 
SejÜe !^A0. w^fdeA <M» Dr. A^ton^s JBibliotfaeJc eipe bMdfPbnftliehi» 
wendische Grammatik und Wörterbuch erwähnt, ßie MgM^ b^eer 
seien als die bisher gedruc)cten. Möchten sie doch gedrmßl^ werden! 
Seite 246. Berichtigung einer yersuchlen £rkläru|ig diss Wortes 
^aßißaTds. Kaiser Konstantin, der pnrpurgebome, s^gt, di^ (Jtadt 
Kiev.beisse auch Sambatas. Schlözer w^sste diesen Namen fiiciit Z¥ 
erkl&ren. Graf Potoicki erklärte ihn aus dem polnischfo^: ssai bat 
(das Boot selbst); da aber das polnische bat selbst er^ spiM^r ans 
dem schwedischien ent|ehnt ist, so führte diese den. Herirn Pi^brovskj 
auf die glückliche Erklärung aus dem schwedischen Sambit (Sam* 
melplatz der Boote) , was Kiev auch wirklich war. So wie die Was- 
aer£Üle 4®s Dnieper^ doppelte Ns^goen hatten, sUviscbe x^ rusßieebe 
(d. i. schwedische), so auch die Siää^ (wie es noch bis auf ^eeen 
Tag in allen Landern geschieht, wo mehrere Sprachen üUicdh md, 
so dass z. B. in der ganzen österreichischen Migipar^hie ^e gec^gprar 
pbüiehe Sywnymik zu wuuaschen wäre, wie sie lAv^kj ^op Ungen 
rep&sst hat). Diese gltM^kliche Erklärung yo^ J^t^L/tß^rds is^ gy^ |si|^ 
Beweis jfiehr '&Lr Scblözer ge^n Ewers u. a«, die den 9wik und 
seine Ge&hrten lieber zu aUen^ anderen als zu Siobwied^n maeheii 
möchten. 

Seite 247. Bembtigong, die slavisehe 3enenn^^g .4er WAchem- 
tage betreffend» gegen Görres' Dlythengesohichte Seite 23. IH0 ak^ 
irischen Wp^hentage hs,ben gar keine Beziehung auf die jnebAnflaneten. 
;äeite 2^. Nachricht von drei alavisc^e^ Aji^fpAtzen (im windir 
sehen Pia^eJ^te), ^ in ein^ se^ alten lateini^etym H^dsdunft der 
öffentlichep Bij^ljipi^^ zu München gefiinden .^oi^dc«^ mid joui deren 
HenuuigfJiie man rop einem gebomen Krainer erwvtet 



290 

Seite 261. — 254. Vaterunser. Zwei slaronische und ein kroati- 

• 

sehes. Sohade, dass der würdige Herausgeber hier abgebrochen und 
moht vielmehr alle slavischen Vaterunser zusammengestellt hat 
M^ge er es in der Fortsetzung thun, der gewiss jeder Slavist mit 
Verlangen entgegensieht! Aber sehr ist der Verleger zu tadeln, das8 
er diesem zweiten Bande vom Slavin nieht nur ein viel seUecbtere« 
Papier, sondei^ auoh ein viel kleineres Format gegeben hat. 

ni. Im jBhre 1806. erschien det Slavin, erst 1814. die Fort- 
setzung desselben unter dem weibliehen Namen, Slovanka Cnaeh böh- 
mischer Motion: andere, regelmässigere Dialekte würden Slovenka 
sagen), und nach wenig Monaten, zu froher Überraschung aller Sb- 
ven und Slavisten, schon der zweite Theil der Slovanka! Wir eiles 
unsem Lesern den Inhalt anzuzeigen, und wollen Kürze lialber nur 
die Stellen btwas mehr besprechen, wo wir des Verhssers Meiniu^ 
nicht theilen können. 

Das Titelkupfer stellt überaus ähnlich einen Gebirgsslovakea 
dar, wie deren auch in Wien herumgehen, um die Töpfe mit Drah) 
zji überziehen. Recensent eriqnert hierbei noch, dass die (serbisdi 
redenden) Gieen in Krain ganz ebenso sich tragen, wie diese SlovakejL 
so dass er einmal einen Slovaken, in der Meinung, es sei ein (Sfft- 
in seiner Sprache anredete: od kud ste (wo seid ihr her?), und seiitf» 
Missgrififes erst gewahr wurde, aL< er: z Trencina (von Trentseb' 
zur Antwort bekam. 

Seite 1. — 67. Über den Wohlklang der slavischen Sprache, m\ 
besonderer Anwendung auf die böhmische Mundart. Ein kdatlicher 
Au&fitz! „Möchten nun diesen Aufsatz, schliesst der VerfiBusser, aueb 
Sprachlehrer und Lexieographen von anderen slavischen Mundarteo 
lesen, prüfen und zweckmässig anwenden! Die hier aufgestellten 
Chrunds&tze und Bemerkungen will ich nur als eine Vorarbeit zum 
allgemeinen Etymologikoi» aller slavischen Mundarten und zugleich 
als ein Foi^mular einer allgemeinen Einleitung zur genauem K^mtniss 
der einzelnen Dialekte angesehen ' wissen , nach welchem die hier 
versuchte Vergleichung einer einzelnen Mundart weiter fortgesetzt 
und eine vollständige Charakterisierung aller übrigen zu Stande ge- 
bracht werden könnte/^ Recensent sagt von Herzen sein Amen dasu. 
in der Hoffiiung , dass auch einige Berichtigungen dem Herausgeber 
nicht unwillkommen sein werden, die in Wien so leicht sind, wo es 
n^ einige Schritte rechts oder links kostet, um, was man selbst 
nicht weiss und nicht in Büchern findet, aus lebendigen Lexieis aller 
südeuropäischen uiid orientalischen Sprachen zu holen. Zn Seite 1. 



tind 2.: der Krainer scUebt, wie der RnsBe, das mildemde o vor I 
ein und spricht überdiess das 1 wie v (u) aus: borcha, royk, dot^, 
toTst, sovnce, pom, povz, porh. Diess or gebt im kroatischen ge- 
radezu in tt über: yuk, dug, tust, sunce, pun, puz, puh, wie das 
axß im altgriechischen von den neuen nur u ausgesprochen wird. 
Seite 3.: st, hr könnte doch eben so gut eine Sjlbe ausmachen, wie 
s, k, ▼ im altslavischen. Ob Seite 5. das Wort kralj (König), pol- 
nisch kröi, russisch korolj , was auch die Blagyaren von uns eptlehnt 
haben (kir&lj), aus Karl (dem grossen) gemacht sei, möchte Recen- 
sent doch bezweifebi; das VerhAltniss ist hier nicht wie ron Cftsar 
SU Kaiser. Car, was einige aus cdsar zusammengezogen glaubten, 
erklart der Verfasser, wie es scheint mit mehr Recht, ftr tatarisch: 
oder yielleicht bulgarisch. U vode, böhmisch f&r V rod^, rergleiche 
mit dem illyrischen u, kroatisch vu, für r. Der Krainer 'folgt auch 
hier der Üteren Form, wie bei k, s u. a. m. Rügen hätte es der 
Verfiusser sollen Seite 11., dass der Böhme sein tfest, kfest u. a. in 
der Motion unkenntlich macht durch seine Orthographie trtu, kftu. 

Seite 16.: Das alte chcme f&r chceme ist ein Seitenstück zum 
krainischen kaj cmo (was wollen wir?). Ist das Wort doch auch im 
lateiiiischen so stark verkürzt worden: volo, vis, vult, vultis, velle; 
und^ malo, malumus, maliint; nolo, nolumus, uolunt, nolens u. s. w. 
Seite 17. und 18. wird slavisoh mit 'altindisch verglichen. Seite 20. 
das moct, pect, tect der Böhmen beweist nur, wie die Sprache ein- 
zelne Ausnahmen am Ende in die allgemeine Regel hineinzuzwingen 
sucht; andere Dialekte sind den alten Formen treuer geblieben, und 
Seite 21., verglichen mit 40. 41. 42. 55., erweckt wieder den 
Wunsch, daas doch der Verfiisser, wie schon Durich vor hatte, uns 
zum kritischen Sprachgebrauche die slovenische Bibel herstellen 
möchfe. Seite 22. nau, poii, predn sind alte Fonnen, die in Krain 
wie so viele andere noch frisch forÜeben. 

Seite 24. erhalt aus dem slovaldschen ked^ (für kdjr) das krai- . 
nische kej eine befriedigende Erklärung: immer ist dem Krainer 
das d* ein j , z. B. rojen f&r rodjen. 

Seite 29. ist treffend bemerkt, dass der Ragusaner rados für 
radost schreibe (nicht aber spreche), also das umgekehrte vom 
Polen, dessen geschriebenes h&rter aussieht, als das gesprochene 
wirklich klingt. In jest (ich) des Krainers ist das t das emphatische 
t des Böhmen, wie es auch im serbischen noch vollständiger als ti so 
oft erscheint, bleibt also jes (was auch oft ohne* t vorkommt), aili 
nächsten der ältesten Form jaz und ganz identisch mit dem kurdi-» 

19» 



29a ^ 

sohen je»; Na4)h kt^ßckj (ftr. Icapeqekj) soUten die Serben, deaeii 
wie alleii künstelnden Halborthogi^phen dieser Aufsats ganz beson- 
ders ^u empfehlen ist» auch cloiwcki statt des russisierenden clove^ 
^eski schreiben. Der Krainer schreibt ganz recht ^loveski, da er 
auch sonst c vor .k und t in s verwandelt, z. B. maska, $tiii, oste, 
wie der Serbe es vor t auch thut: sto für cta. 

. Seite 33» Waf Herr Dobrovsky über das epenthetische 1 sagt, 
fsi so wahr, dass Recensant behaupten möchte^ dass auch im altsla- 
nschep dafs eA« in ostavlen z. B., wie jen lautete, wie noch in allen 
heutigen südlichen Dialekten, ostarljen. Das zd des altslavisohen ist 
im heutigen serbischen und kroatischen ein dz, im krainischen sogar 
zum blossen j erweicht: rozden, rodzen (rodjen), rojen; aus rozdestVo 
Xdas e ist russische länschaltuog) wird im krainischen Igt^ conse- 
f^uent rejstrp. Beqensent rersteht den Verfasser nicht gana, wenn er 
Seite 31. sagt, dass Cjrill weislif^h für ja, jcj ju andere Figuren 
gpw&hlf habe, wenn ^ie am An&nge oder n^oh einem Vocal stehen» 
und wieder andere, wenn sie unmittelbM' auf einen Consonanten fol- 
gen. Für ja und ju gibt es ja doch keine doppelten Figuren, und dass 
diese von je gelte, ist doch nicht „weislich^ zu nemien? Was der 
Verfia.sser von der Schwierigkeit sagt, den Ton im russischen unter 
Begeki zu bringen, gilt auch vom krainischen, das hierin vom kroa- 
tischen und serbischen sehr abweicht, aber mit dem altslarisoheu 
desto Bäher zusammentreffen düi*fie. 

Seite ^1. Der Oberkrainer spricht durchaus ysenica, vseno. 
Ytica (und nach einer anderen Wohlklangsregel soger tica, wie las 
statt ylas) statt psenica etc., und statt ^eela sagt er cbela. Femer 
sagt der Oberkrainer kropiva, der Winde sogar kropljiya odt dem 
.epenthetisohen 1 (womit auch krop, brennend lieisses Wasser, zu 
reügleichen), und nur der Unterkrainer kopriva, wobei noch zu be- 
merken, dass den bisherigen ohnehin sehr mageren Lexicis nicht 
^nmal f&r das wenige, was sie geben, immer zu trauen ist. Wie 
selten ist der Grammatiker und Lexikograph, der sich nicht berufen 
glaubte, statt getreuen Berichtes neue Spradigesetze zu geben! 

Seite 67. Serbische Sprichwörter mit philologischen Anmer- 
kungen. Aus Muskatiroyic's Sammlung. Reoensent hat die erste 
Auflage Yon 116 Seiten nicht zur Hand, und der Verfasser scheint 
die zweite von 168 Seiten nicht ^gehabt zu haben, sonst hätte er so 
viele andere dem Uljrier ei^enth^imliche und seinen Charakter« seine 
Weltansicht, sein tägliches Leben treffend schildernde nicht übor- 
gaqgen. Über die Anmerkungen selbst mööhte Reoensent wieder an- 



td3 

1 a 

merken, dass sie der serbischen Sprache beinahe unreeht 'ttittn, in«» 
dem sie das altslavische (was dton doch nieht so axlsg^msM^ attser« 
bisch ist: die Geschichte spricht mehr Ar bulgarisch oder windäsdi) 
als Begel annehmen und alle, oft bfttr&chtKehe Abw^idrangett des 
serbischen Dialektes rom aHslarischen geTrissermassen ala lumere 
Sprachrerderbung darstellen. Man gewftfihe die rechte Ansicht, weim 
der Verfasser den Artikel etwa so überschrieben hätte: mit Verglet- 
ebenden grammatischen Anmerkungen ans dem altslavisdien ; und 
dann in den Anmerknnfrcn z. B. nicht gesagt h&tte slepao anstnilt 
slepec, sondern slepac, altslavisch siepec, ce ftr höee, altslaviech 
hotjat u. 8. w. Pasti ist der Inflnitir von (der im kraintscb^n UMkheÄ 
und auch im Voltlgg! befindlichen Form) padem; der Intfnitvr rtm 
padam ist padati: erstere^ ist ein ^gnlare, letzteres ein frequtottt» 
'tirum. Kesa ist türkisch und heisst Beutel. Die l^asehe heisst gl^ich*> 
falls türkisch zep : Seite 80. PKska ist c^in Driicirfehler stau mit»; 
ista ist ein Wort, gemein (nicht der Ghnitiv^ (thr isto; is kanoiat^no 
die Anhängesjrlbe, wie irie aueh der Bdhm:e halt in tentoBo umI' iiilt 
Krainer in ino; der Serbe sagt relativ kao ftr kskt (^ergteidte daB 
krainische und kroatische kot mit dem emphatischen t>, uiad kaao -ist 
verkürzt statt kaono. In Wvlk*4 VblksUedersammlnng komoA «ogar 
dragano f&r draga (die geliebte) tor. Warum soll sera (Lerche) »in 
fremdes Wort sein? Bei dem Sprichwörter wo Strali iflt, ii»ift 
Herrlichkeit (im slavischen niit Assonanz: kdi j^ «lama, tu je «Iatii) 
bemerkf die neue Ausgabe, dass es d^n Batscherseiben atlg^fattr«, 
wodurch auf einmal alles klar ist (wer mit Stroh heizte wo aiidisre 
mit Kuhmist, bei dem ist Herrlichkeit). Ljotac kameH ftlr l^uti- (Am 
Beiwort in substantrrer Form) ist eine dem. Serben gewöhnliche I^nr, 
die mall mi^ dem griechischen itpSpts 5ijtc(tfrAi Torgleii^h^. Fdr das 
türkisdie hespap (Waare) würde der Krainer und Kroate^ bl»go sagw; 
toTor ist eine Saumlast, und Yoltxggi mag die soma Sir d^n wmxto 
genommen haben.* Was der Verfasser Seite 73. über' vse bttn^rlit, 
spricht ftr den Krainer, der auch da wie sonst die alte 'F\>rm getr«u 
bewaäirt'hat. In: jedna lasta ne dim protetje, soll es prole^i^)ieiBim: 
IHuskaürotii^ that wie so riele Halbgefehrte seiner Spraehe-'OewIdt 
am, weil ef itnmer nur die lateiniilche Syntax im Kopfe h»tte (v0tg\Mtie 
Seite 7B. sa ifflöm); mit der Negation constndert d«r Serb^ dM Oe- 
taür Wie andere Staren, ideen ist ja im Slolli, der auf uiieiM (der 
gebrannte) Torweiset. Das IDjrisch«» k^ Ar d(ä erklftrt stob wie^oben 
vuk, dttg u. t. w. ieidhier, wenn nS\m das kraanieelie nieM; «ber« 
springt, wo eik hiü htisst, nach ein^ it Iso «udi ins illjttsehe Un« 



\ 



204 

Bohweifiaiden Verwaiidliiog des t and d tot k in h, z. B.- hksti ftr 
tkati, rahki ftür redki, glahki fär gladki u. s. w.; k ftf h ist dialek- 
tifloher Unterscfaied, wie kniska and liruska. Seite 75. ist syrsetak 
Bu merken, ein gegen alle R^gel, blosa dem An£uige des Sprich- 
wortes p<^idetak au gefallen, als Assonana gebildetes Wort ron sTrüti. 
Komad (ein Stück) ist griechisch, von xo;rra>, abhauen. Bei aee, 
inttOiX der Krainer die iütere Form zajc bewahrt hat, fiUlt dem Be« 
eensenteil die neuere Anstq^raohe des griechischen m (wie e) bei: so 
sagte der Altslave aaic, wo der neoere aec sagt. Bei mora (moss) 
bemerkt der Verfiisser, dass diess Wort wolil aus dem kroatischen 
in das serbische gekommen sei; er mag recht haben, besonders wenn 
man da^ krauusehe more f&r moae damit vergleicht, ein Verbom, das 
im Partieipio wieder au mog aafü<^ehrt (je mogel vmreti, er hat 
sterben mflssen). Aber Reoensent protestiert wieder gegen die Be- 
nennung kroatisoh and wird es so lai^ge thun, bis man bewiesen 
haben wird» dass die windischen Bewohner der Comitate Agram, 
Sjreua und Varasdin und nicht yielmehr die Grena^ und türldschmi 
KroatbH die wahren Kroaten sind : denn die Sprachen dieser heutigen 
aweierlei Kroaten sind dialektisch rerscbieden; nur die eine kann 
dia wahre kroatis^e sein, und alle Dften sprechen gegen die eratere 
ftr die letatere. Sdion von Elngel hat diess richtiger gefiisst, wiewohl 
er dM Sprachnnterschied nicht wusste. Durati (Seite 76.) ist nur fir 
dobuti: der Serbe, der das h nicht liebt,. filUt den dadurch entaUa- 
denen biatus durch das digaipma aeolicum aus, daher sein mava ftr 
maa, w:of&r wir anderen muha haben; sogar gluv asgt der Serbe ftr 
glüh. Dade, anade u. d^. sind wohl eher als Analogien zu jedem, 
gredem u. s. w., anzusehen; so sagt auch der Krainer dadö (sie gehen) 
wie jed6 (sie essen). Oma ist ein adyerbialer Ausdruck aus o mah 
(od maha), lateinisch ad ictum: es steht im StuUi; dass es im (ma- 
geren) Voltiggi nicht steht, ist kein Wunder; es fehlt wohl die Hftlfte 
d6r Spiaehe darin. Mah gibt er durch eolpo und lanugine und darauf 
efrn zweites mah durch Moos; die Bedeutung lanu^e gehörte unter 
diead Rubrik, nicht unter eolpo: das Milchhaar kommt wohl dem 
Maos nahe, aber nioht dem Hieb« Das yollst&ndigste Inrentsrium 
ühtM Sprache haben unter allen Slaren die Polen ihrem linde au 
▼erdanktti. Mlogo ftr mnogo ist eine fkiphonie, die immer mehr aa- 
nimmi; so sagt auch der Krainer pomlim neben pomnim und der 
S(6rbe sogar zlammje ftr anameiye, worin ihm aber, fds in einer 
isolierten Anomalie, der Krainer mit Recht nicht folgt (/mist mtlast^ 
-man auch tilam ftr anam sagen können, was nicht de; Fall ist). 



295 

Vrttta ist attch in Krain das Thor^ die Thüre aber heisst duri, d. i. 

alUlariBoh dreri. Kuka ist nach Stolli eine Muschel und kokka 

(kraiaisch kljuka) die Thörschaalle; letztere Bedeutung passt besser 

Kum Sprich werte: schreib (mit der Klinke) aufs Eis (ein unarchiva* 

lisohes Schreibmaterial). Sapa (nicht sap m.) heisst die Pfote; ex 

ui^e leoaem: po sapa ist för po sapah. Der VerÜEusser bemerkt mit 

Recht, dass es bisher in keinem illyrisehen Worterbuohe sich iibde; 

wie viele Wörter fiuid Reoensent bei Lesung des Obradoyio nicht im 

SltuUi» dem reichhaltigsten Ton allen. Das ist natürlich, .aber klagen 

darf man darüber und nach des Verfassers Beispiel die Wörter an^ 

geben, die man darin umsonst gesucht, damit sie der Niu^hfolger 

aafiiehme; so werden Lexica nach und nach voUsttodiger, wiewoU 

sie eine lebende^ immerfort neu schaffende Sprache nie erreichen. 

Aber wie arm und unyoUstftndig sind selbst die Lexica des altslayi-* 

sehen , das sich doch , als eine todte Sprache., . erschöpfen Ifisst! 

Seite 78. sind die Russen aus beiden Classen gemischte Slayen; sie 

selbst dürften aber nicht unscheinbar aus dieser Prämisse rielmehr 

sohliessen, dass sie der Orundstamm sind, der sie beide noch enth&lt. 

Kftmtnische Slavisten wollen ebenso bemerkt haben, dass dort yj 

neben iz Yorkomme; so nennt auch der Krainer den Vogel nicht nur 

ptiea, sondern auch ptic männlich: also haben die Cisdanubian^ 

Slawen eine gute Antwort für die Russen. Das starog vina u. 8. w. 

ist aueh in Aem DruekfehlerverKeichnisse nicht genug verbessert; 

drä selcann auch der Imperativ sein und ist es wirklich hier: halte 

dich an alten Wein und alte Freunde, eine allgemeine Regel. Seite £9» : 

teiko sili bez vlasti ist zu übersetzen: weh (Fluch I) der Gewalt 

ohne Recht: vlast ist die gesetzmässige Gewalt, ein Sprichwort, das 

dem gesellschaftlichen GeftUüe der Slaven £^e macht. 

Seite 82. fragt der Verfasser, wie die lUyrier die Eiche hrasi 
ndnnen, da doch dub der alte Name der Eiche bei allen übrige« Sla* 
van sei. Antwort: hrast ist das Genus der. Eiche bei allen heutigen 
Südslaven, dub eine Art.davon (Reeensent ist zu wenig Botaniker, 
uni zo bestimmen, welche); bekanntlieh hat unter allen bisherigen 
Lexikogn^hen ausser Hejm noch niemand daran gedacht, die nator- 
historischen Wörter auf Linneische zu reducieren; hrast übersetzen 
die Lexika durch quercus und dub (windisch ddb) durch robur;. wfA 
selbst Muskatirovic's rast sc ne podsece na jedan. put ist im Stulli 
durch dub od parve ne pada gegeben. Für tudji (fremd) sagt der 
Winde sogar ptuji und die ^dortigen Etymologen leiten es v^n pöt 
(Weg) ab und vergleichen es mit dem lateinischen peregrinus demr ' 



296 

Begriffe h^Jbh. Doch spricht die ilfyrisohe Form tudji (di» dj wird im 
kraaiDBchen zn j) f&r die VersetKuiig statt cu&dj. In ftljene jagbd^ 
praenfe kotarioe ist Mjene von fiilim, loben": ws^ hilft das loben, 
wenii man die Sache nicht mehr haben kann! Das herdja (Rost, ra- 
bigo) läutet krainiseh rja, d. i. rdja, mit der Verwandlung rotk dj 
(altslayonisdh ü) in j. Nttr trauten bishel* die geli^hnlieheri halb- 
gddbrten Grammatiker stell nioht, es der Aussprache gem&to su 
sohreibep. P. Marens schreibt erja und nur Gutsmauü hach allen 
schliiehteren Orthographien auch ria. Nicht ohne das herzlielistp 
bravo! las Recensent das Sprichwort: das Typikdtt- (ein Kirehen- 
bu(di) haben die Griechen geschrieben, die M^^kotitür ge^bnuskt, 
iJber die Serben halten es. Recht so! nil admirari! Wer das sdiwe- 
nnri kann» kann auch das leichtere, sobald er will. Die Serben 
braaohen nur Selbstrertrauen (d. i. Losmachung von blinder Bewun« 
denmg jüngerer Russen und endlich gerechte Schfttiiung ihrer eige- 
nen lebenden Spntche) und mehr Druckereien, um die übHgen 61a« 
rAa bald zu überholen. 

Seite 94. Recension von Appendini's Schrift: De praestaatia et 
vetastate linguae illjricae, Ragusa 1806., nebst Bemerkungen über 
die Behauptungen des Grafen Sorgo, Dölci, Taube etc. iHne strenge 
Kritik der bei den lUyriem am adriatischen Me^t^ (äl^, da sie an 
den Fortseluitten der Geschichte und Sprachforschung in Detttsdk- 
land aus Unkunde der deutschen Sprache und Literatur keinen Ab- 
theil genommen, im ganzen uite gute fftnfeig JaEre zurück sind) 
noch herrsehenden Vorurtheile über die origines slavicas. Der Ver* 
flUNTiMr holR zwar A.uch lüeht, sie zu bekehren.^ „Die heutigen Ilhfrier 
wollen einmal audi in ^er alten Welt gross und Wichtig ensN^eihen, 
weil diess ihrer Eig<^iebe sehüneichelt. Sie von ihrem WahAe hdlen 
^dlta^ wftre vergeblidie Mühe. Also nur zur Warnung anderer 
mögfeA meine Gegeüerinnerungen hier stehen.*^ Recensent will nidit 
▼tsrtirlnlbln an den Iliyrierii; er hofft, sie werden 4us dieser Kritik 
w^gMmü die Unzulftnglichkeit ihrer bisherigen Beweise einsehen 
üttd bditsere suchen, die wir also abwarten Völlen. In der Bhupt- 
saldf :l4Uit Recensent die Frage, ob die alieii Ilfyri^ ode^ dl^fA die 
VtabiJto (ink neuerlich auch Mannert glaubt) Stsven wallen, nicht 
ihl^te ^ttM^hiedto, dass man sie gar nicht mehr, ohne iMi Uldi^lieh 
tu ttEaehfen, fcdNrbiVMi kdnht^. Di^ Eihwanderuüg d'^r panttönischto 
SlUVe^ tj6. findet tdeh in keiner Geschieht«. UM deü Auügsng des 
f^UAM Jahrhündert^s (Uso fitnfzig Jahr^ vA^ K4SU«t KiMftstantins 
KüDätlAlk und S^rb^n) Ünd^ i!nan sie da, im Kriege b^gfiffen mit 



297 

Bäiern und Franken u. s. w. Die befiten Iteweifle, itUB d^ftr S|milie) 
sind zwar schwer (welcher Deutsche hat 2. B« die im CÜSäi* «nd "IW* 
citns Torkommenden, doeh gewiss germanischen Wörter bisher auch 
nur halb befriedigend erU&rt?), abet doch sind bessere mfigHeh, als 
bisher von Dclci und seinen Nachfolgern beigebrltcM worden. Appdn- 
dini selbst und Graf Sorgo werden bessere liefern, wenn sie das i^^ 
säumte aus der deutschen Geschichtsforschung Werden nachgeholt 
haben, wenn sie z. B. auch nur aus Scfalözer oder Eichhorn lemeli) 
dass indisch, persisch, griechisch, deutseh lind slariseh zu eittem 
und demselben Urstamm gehören, wiewohl der Grad der Verwandt- 
schaft noch nicht bestimmt werden kann u. s. w. 

Seite 112. Bemerkungen über den Artikel dcy goldenen Btdle, 
worin den Söhnen der Kurfürsten die slavisdie Sprache empfoMeti 
wird. Der Kaiser bediente sich des allgemeinsten Ausdruckes: slb- 
vicA lingua, indem er an alle in dem sogenannten deutslsh^tt Birich« 
üblichen slayisehen Dialekte dachte. Kaiser Maximilian „der weise 
Kunig, lernet windisoh und behitmisoh von einem Bauren*. Öer 
Verfiksser führt ferner aus -d^m Aeneas Sylvius an, dass der Herzog 
von Kärnten, als Jägermeister des heiligen römiscbeif Reiches, den 
streitenden Parteien das Urtheil nur in slävischer Sprache erthetlt 
hiabe, und fragt, ob sich diese Erzählung nicht historisch erweisen 
lasse, l^ne Aufgabe (oder vielleicht Aur Anfrage) an Kähitens Ge^ 
sohichtsforseher , deren Beantwortung (etwa in D. Kumpfs Inner-» 
österreichischer Zeitschrift) wir hiemit getrost entgegen sehen. 

Seite 118. Über die slavische Sprache in Schlesien, aus 
einer Disputation von 1705. Das Patchen Seite 121. ist auch im 
krainisohen puta, putka (Hühnchen). Am Schlüsse Wird eine 
andere Disputation de origine, jure ac utilitate linguae slavioae von 
einem Slovaken 1697. erwähnt. 

Seite 122. Über die polnische Sprache in Schlesien, aus 
Bandtke's Analecten 1802., und aus d«m hoch** und plkttpolni^ohiSR 
Reisegedlhrten ffA einen reisenden Deutschen nach Schlesien. Breslau 
1 804. Becens^ will zwar nicht auf dem allerdings imposanten und 
jede neuere Crusca wohl aufwiegenden Beispiele der Allgriedlen bei- 
stehen, die jeder seinen Mutterdialekt nicht' nur sprachen, sdhderA 
auch schrieben, aber wenigstens das sollte man, wie Ar die deut*- 
sehen, so auch ftr die slavisdien Volksdialekte thun, dass man sie 
so genau als möglich invetitierte, d. h. völhMindige Lezica dki^ber 
Äachte, die dem Sprachvergleicher vortrefllioh 2U statten koii^men 
wikrden. Nehmen wir %. B. glei^ das wullen des SdUesters Mm 



296 

wdlen: damit lässt sieh dms grieohisohe /äouAo/uri und das l a tninifi che 
wüt MÜleuohieiider yerg^eioben als mit dem söhriftdeutaeben wollen. 

Seite 128. Basohreibiiqg der slaTieoben Übersetzung des Neuen 
TeetMMtttes au Hng^a Sinleitnng, mit beriditigenden Amnerkangen, 
vom HenMttgeber, Reeenaent vfinadite doch einmal etwas befiriedi« 
geodea über die Geschichte der slanaohen Bibelfibersetaong za lesen, 
nach alle dem unausammenhaiigenden, was zuletzt Schldzer und nun 
auch der Verfasser daraber meinen. Lässt sich's beweisen, daas sie 
ursprüng^ch ftr die Bulgaren, also im damaligen boIgarisch-alaTi- 
schen Dialekte, gemacht worden? Die historischen Quellen (meist 
Legenden) sind darüber nicht einig. Und wie kam diese Übersetsung 
hundert Jahre sqj^ter zu den Bussen ? Siegreich .widerlegt hier der 
Herr Herausgeber Hug'ii fidsche Voraussetzung eines Einflusses der 
lateinischen Übersetzung auf die slaTisehe, deren ftlteste Aasgabe 
selbst aus sehr jungen, bereits russisierten Handschriften floss, und 
daher eine neue kritische Ausgabe aus Alteren noch Torhandenen 
Codicibus zu wünschen ist, die keiner der itzt lebenden ungleidi 
besser zu geben im Stande wftre als eben Herr Dobrovskj selbst 

Seite 140. Durich's Entwurf seiner historisch-kritischen Be- 
sehreibung der slarischen Version (aus dem ersten Entwurf der 
nachher erweiterten, aber nur bis zum Vol. 1. herausgekommeneo) 
Bibliotheca Slavica, ein schönes Fachwerk, dessen Auf^füllnng vao 
DobroTsky's Hand wohl leicht einen Verleger finden würde. Wiewohl 
der fleissige Durich den Fehler hat. mit der lateinischen Sprache n 
coquettieren und mit rielem wenig zu sagen, so zweifelt Recensent 
doch selbst daran nicht, dass auch für des Verfassers Wunsch, sei- 
nem Freunde Durich durch die Herausgabe einiger Excerpte aus sei- 
nen Papieren ein kleines Denkmal zu stiften, sich wohl ein Verleger 
oder sonst ein Gönner finden werde. Zum Verzeichniss der sieben 
Orter, wo sich Exemplare der Ostroger Bibel befinden, kann Beoen- 
sant noch 8. die Pariser königliche Bibliothek (ein sehr gut eriial- 
tenes Eixemplar), 9. Lord Spencer's Bibliothek in London, 10.. Graf 
Ossolinski's Bibliothek in Wien, 11. die Alumnatsbibliothek zu Lai* 
baoh. in Krain hinzuftgen« Auch kann er kaum glauben, dass sich 
12. in der aaserlesenen Bibliothek des Metropoliten zu Karlowiz 
nicht aueh ein Exemplar befinden sollte. 

Seite 149. Jeremiä Klagelieder, russisch (also nicht altslariaclu 
wie die Bibel, die die Bussen gebrauchen) 7on Dn Skorina. Sko- 
rina's Biogn^hie wäre wohl ein interessanter Artikel fär eine der 
felginnden liieCsrungen der SloYsnka, wie die des Krainers Primus 



m 

Tniber ud seiner serbuehen oder kroatischea GehUfen Dalmata ^fd 
Consiil im Slarin. Darf man hoffen, dass die nucdaehe .Bibelgeadl- 
scsbaft ifarem Zwecke gemCss die Bibel auch ins russische werde über« 
aetsen lassen? Darf man zweitens hoffen, dass, während die Elog- 
lAnder sie in die meisten lebenden morgenl&ndischen Sprachen über- 
80teen lassen, ^einem ron ihnen auch einmal beiMlen werde, dass si^ 
in die albanesiiMdie, dalmatinische, kroatische, bulgarische Sprache 
»odi noch nicht Übersetat ist? 

I^eite 151« wird um n&here Auskunft gebeten über das im Semi- 
luurium Ton Poljiza zu Priko nahe bei Almissa in Dalmatien befind- 
liche Mannscripi einer illyrisehen Bibel. Recensent hofft, dass der 
dritte Tfaeil der SloTanka diese Auskunft enthalten werde. 

Seite 152. Über die Variante nai xvpi Matth. IIL 4. und (den 
Varhesserec russischer Kirchenbücher) Mazimus vom Berge Athos. 

Seite 155. Verbesserung der slarischen Kirchenbücher in Moskau 
1656» und 1667. (aus einem russischen Manuscripte).. 

Seite 160. Über Joannes I. t. 7.-8. in der slavischen Über- 
fuet^ong. Die bekannte Stelle fehlt in allen Handschriften und jUterep 
Aufgaben. 

Seite. 162. SchwioMl's Pastoraltheologie 1800. und Ton Huth's 
KirßliMqieBdiiehte werden in Rücksicht auf die slavische BibcJ be- 
richtet. 

Seite 165. Berichtigung einer falschen Druokangabe eines sla- 
viacben Oktoieh vom Jahre 1493. Dieses Kirchenbuch ward auf Ver- 
anataltoBg des Fürsten und des Bischofs Ton Gmogora (d. i. Monte- 
negro) in Venedig gedruckt Durioh laa nnn diese handschriftliche 
Anaaige seinrM Fr^ndes Ribaj fidsch, Cemogaiae f&r Omogorae, 
und Denis machte Cemogaria in Russland daraus, was ihm Pknaer 
lAoh naebsehrieb. Also war die erste eTrilUsche Druckerei nicht in 
Venedig, sondern in Krakau (U91). 

Seite 168. Über eine Stelle in Thurocx's Chronik über die Sie- 
ven ip Lipiia, denen man (im Jahre 1366.) glagolitische Priester 
gegeben. 

Seite 170. Slariscbe Alterthümer aus- dem Heidenthume. £s 
si^d die im Jahre 1687. und 1697. entdeckten yon Masch beschriebe- 
nett Prilrizer Saebett» die nun der Herzog ron Mecklenburg^Strehz 
(das einaige noch übrige echt slavische Fürstenhaus) durch Ankauf 
(1805.) der Zerstreuung entrissm und gegen die au^ der Verfasser 
aoeh Zweifel hat, aber übriges. ein neues Licht darüber aufrteckt, 
indem er durauf aufinerksiuii aa^t, dass das ganxe l^ltere slariscbe 



300 

Heidentliuin iti<1{scheii Ursprunges sei. So kann es nicht fehlen, dass 
wir 1>ei der lieutigen regsamen Bearbeitung der indischen Liierfttur 
auch darin bald hell sehen müssen. Bei Gelegenheit der Anüehen 
Münze Tom Jahre 1693., &^uf der eine slavische Siva abgebildet ist, 
fragt der Ver&sser , ob sich sonst auf keiner Münze eine slaviselie 
Gottheit oder auch nur eine Anspielung darauf befinde. EtidEob fei- 
gen Bemerkungen Über Gdrres* Mjrthengescfaidhte 1810. 

Seite 172. Über die Literatur der Östlichen Wenden (eigenttieli 
der Slovaken) nach Frisch* mit berichtigenden Anmerkungen. Reeen- 
sent beruft sich hier auf das, was er oben bei Gelegenheit der 8^e- 
sischen Mundart bemerkt hat. Das slovakische ist ftr dt»n Spribch*. 
forscher besonders wichtig wegen des iTberganges von der C^asse A 
zu der Classe B. ' 

Seite 187. Anzeige und Befurtheilung dej Petersbürger Vocabu- 
laria comparativa 1786. und 1790. Da der kroatische Dial^ci darin 
gänzlich fehlt, so trägt ihn der Verfiisser „aus einer HandscSriift toh 
yerehrungswürdiger Httnd^ nach. Recensent wünscht, dass aii«h ^ 
Krainer und Winden, deren Dialekt darin gleichfitlls fehlt, ihn iti 
der Fortsetzung nachtragen möchten. Es wird gut sein,' wtHm mt 
sich dabei DobroTskj^s Methode bei Bearbeitung des böhmificlken (n 
seiner Reise nach Schweden etc.) zum Muster und folgfieh $mA 
Rücksicht nehmen auf ihre Brüder in Oststeier und Westungetn. 

*Seite 206. Übersicht der russischen Literatur von 1801. — 1805. 
nach Storch. Die stärkste Rubrik machen die schönen WissenflckiftHi 
aus. Heyne wthrde also jetzt nicht mehr wie um 1790. "sagen, dass 
die Russen das Pferd beim Schwänze aufeäumen. 

Seite 213i Über -den reinsten slaviscSien Dialekt (eingMMdet 
aus P.). Dieser geastreich und angenehm geschriebene, al^r doeh 
nur sdur oberfläcMich, oft falsch belegte Aufsatz ist gegen dlBti Reeen- 
senten der ersten Lieferung der Sleranka gerichtet, weil er sieh er- 
boten hatte, nütiiigen&lls den nadkbetenden Verläumdem des kraini- 
sehen Dialektes mit doppelt so tielen Barbariamen der üibrigen IKa- 
lekte aufzuwarten. Jener Recensent darf zwar über Unbilliglteit kla- 
gen, dass man seinem fliegenden Zeitungsworte den ProeeSft in einem 
der Ewigkeit geweihten Werke macht, wie die Sloranka e^ Ar alle 
Statisten ist. Das^ heisst mit ungleichen Waffen streiten. Osreditor 
wäre es geitesen, statt ihn vorhinein zu rerurtheilen, ihn- beim Worte 
zu nehmen und zu dear angebotenen Ao^artnitg aufiBufordera. 
Sdireiber dieses « glaubt indesMEi, dass äie'Slav^n, statt einander 
durch gegenseitige Eitelkeit zu bdMÜgen «nt noeh «Mdit tu euttar- 



801 

iiWi siah Keber mmw wgpr an eioAnder an^^Wienw acJJtai^ iter 
krainiflche Dialekt wird die VerUUimduiig am b^fien widerJiegan duridi 
ein gutes loventariam (Lexikon) meines SpracfaAoh^iti&es und dur^h die 
nene bald zu erseheinende BibeliUierset^Hmg. fi^oeiuient sieht; ^brir 
gen« nielM^ woU ein^ wia Seite 214. die o&ofthigf^ Tatfow^en, Tiii> 
eiamen, Gesmani^mea^ ItaüsineQ und andere Bftrbariionen eft g^fe 
aUmecbe Wörter giegeben haben können« In Boai^ien ifst die 2abl dcff 
Tärken giwser al« die der Christen, sagt der JESin^ender; meinet* 
wegen» aber weias er nicht» dasß diese TQxken es mr der JMigiffP 
naeb» der Sjpraohe nach aber SJaven sind? Ob in KAmten nur ein 
Achtel Einwohner Slaren ^ind (man m^kt ^ dem Auftatae aii, 4#tti 
er weit ans P. herkpmmt), mögen dortige Stftistijcer zvmeh^. Diß 
Exception gegen den Stadtjargon kann nnd moss bestehen« wenn m 
gegmseitig ist Bekannt sind die Ebflnsse der Türken» Italiei^^r und 
jetaut ftujch der Franzosen anf ^ie slavisehe Sprache Kn^n«« ^Ji^iy^t der 
Einsender« Doch wohl n;»r ihm; die Krainer selbst wissen ir;emg qifr 
nichis davon. Was der E^isendi^r über Vodnik's Ansichten befaanptet» 
ist baarer Missverstand; Vodnik glaubte nur» dass außser Smotrisjky 
und LomonosoT sonst kein Dialekt sich einsr Crrammatik in der 
Landessprache zn erfreuen habe; seine sollte die dritte der Art sein. 
Der slaviscfhe Campe wird es viel leichter haben ajs der dentsohe» 
besonders wenn er die Sehwestermundarten besser w, würdigen weiss 
als dieser (dessen von Leibnite selbst herrührende Grundsitse übri- 
gens ewig wahr bleiben, wenn auch die Ausfdhrui^ noch so maDphe 
Wünsche übrig l&sst). Ist endlich der deutsche Keller auch ans I^ 
tium» so ist der Wein doch weiter her; von dort» wp d^r griec^bische 
oivos und das slavisehe vino her ist Und selbst lur den Keller k4n^ 
nen wir dem Einsender nicht gut st^n. Interessant ivAre ein Artikel 
in der nächsten Lieferung d^ Slovanka: Wörter« die wir Sjiaven mit 
anderen Völkern, s. B. den Hindus, den PeraeiTi» Armeniern» Orie« 
eben, Lateinern, Deutsohen u. s. w.^ vom jeher gemein haben« Wa^ 
der Einsender am Schlüsse vom Einflüsse gelehrter Zeitungen sagt 
nnd wünscht, ist gf^gründet: aber was noch nicht ist« kann werden» 
sagt d^r muthige nicht ennüdwide Deutsche (dessen eisernem Fioisse 
nach des Einsenders Bemerkung das slavisehe Genie xdcht so fremde 
ist als man ^nkt). Mögen sieh indessen die Slaven nur um die Slo- 
vanka sammeln; ihr Plan umfiisst alles slavisehe Leben wd Treiben j 
es würde nur von den Lesern abhalten» si|^ neg^bwitaviger und 
bftndereioher erscheipen bu machen. BehertBigungswerth und prak- 
tisch siqd die letzten Worte über Neuserbiens Entstehung 1759.» a3e 



302 

korsflklitige m&d eiiiBettige Railigeber die groMe Btaria ihieren» zu 
einer onpoEtiseheii Massregel verleiteten. 

Seite 220. Fortsetzong lünebur^ch- wendischer Wörter aus 
flenning^s ungedraoktem Wörterbuclid, als Beitrag zu dem Peters- 
burger Vocabulariom. Auffidlend war es Reoensenten, das Wort 
chud, das sonst in den nördlichen Dialekten arm bedeutet, hier wie 
im krainisdien in der Bedeutung böse zu lesen. Sogar der böse Feind 
(Teufel) heisst hier chaudatz, wie im krainisohen hudid. Woher dieses 
unerwartete Zusammentreffen? So sind diese Lüneburger Wenden auch, 
wie die Krainer, der ältesten Form f&r ich (jaz) am nftehsten geblie- 
ben. Letzteres zwar kann sich Recensent dadurdi erUfiren, dass 
diese Form aus der Urquelle, dem gemeinen Volke, geschöpft ist, 
wo die . Archaismen es immer am spätesten werden. Wenn eine 
Sprache Literatur bekommt, so zählt sie Veltoderungsepochen nsdi 
halben Jahrhunderten, während sie im Volke selbst sie nur nadi so 
ridi Jahrtausenden zählt. So sägt^ der Krainer auch dei gre , sneg 
gre, töda gre (Regen, Schnee, Hagel geht). Komisch warnend ist 
Seite 223. Domeyer's Beispiel für ganz ungeweihte Wortfirager. 

Seite 227. ist uskok rielmehr so zu fiissen: uskociti heisst bei 
den Dljriern entspringen, daher der Name uskok für aus der Türkei 
entlaufene (die nur der Religion nach Vlachen, d. i. Oriechen, der 
Sprache nach aber Slaven sind). Zopeita ist wohl eher mit dem knu* 
nischen, kroatischen und serbischen objetati (yiersprechen) za Ter* 
gleichen oder selbst mit piti, spiti (trinken, zusammentrinken) ab 
mit saufen. 

Seite 228. Auszüge aus den IMBscellaneis Cracoviensibus, erster 
Jahrgang 1814. Ober die erste Druckerei in Krakau und Anzeige 
aller polnischen Bibeki, nebst Nachträgen ron böhmischen und alt- 
slawischen: über letztere werden nähere Bestimmungen und nöthigen- 
falls Berichtigungen erbeten. 

Seite 236. Polnische Literatur nach ß^tkowsld, besonders reich* 
haltig an Anzeigen von neueren Werken (ein polnischer Panzer fehlt 
also noch), worunter wir Fürst Adam CzartoryskiV 1810. und 1812. 
in Wilna zweimal gedruckte „Gedanken über polnische Schriften^ 
auszeichnen müssen: gründliche Bemerkungen roll gesunder Kritik 
und geläuterten Geschmackes. Kein Pole, der sich mit Literatur be* 
schäftigt, soll diese Gedanken ungelesen, die schönen Vorschriften 
und patriotischen Wünsche unbefolgt lassen. 

Seite 252. Ein russiselieS Lied, in Musik gesetzt. Kein Volks«- 
lied, sdnderli eine Opemarie von unserem gewöhnlichen Schlage, 



SOS 

vrorans aber doeh die hohe Singbarkeit der elaTUchen Spmibht sar 
Genüge zu ersehen. Den Besehluss maoht eine kurze Anzeige von Yuk 
Ste&noTie*s serbischer VolksliedensMUmnluog (Wien 1814., 8., 1209.) 
und Hinweismig auf seine (indessen auch erschienene) seibische 
Grammatik. Von beiden Werken bdiAlt sich RecensMit eine um* 
stAndlichere Anzeige in diesen Blättern Tor. 

Schliesslich ersuchen die S^bier den Oorrector der Sh^raaka:, 
sie immer niit b, nicht mit ▼ zu sehreiben. Und da wir einmal im 
remonstrieren sind, so wAre auch in' dem allgemeinen Namen Slaren 
das T dem späteren w rorzuziehen, wäre es aueh nur, um sieb gleieh 
zu bleiben; es sind aber noch andere Ghrfinde da, die dem wtrdigen 
Herausgeber nidit unbekannt sein werden. 

Möge uns bald eine dritte Lieferung der SloTanka erfreuen I 



XXXVII. 

literatur der Grammatiken, Xexica und Wörtersammlungen 
aller Spxftchen der Erde, nach alphabetischer Ordnung der 
Sprachen, mit einer gedrängten Übersicht des V&terlandes, 
der Schicksale und Verwandtschaft derselben. Von Dr. Joh. 
Sevemi Vater. Berlin 1815. IV und 259 S. 8. 

(Wien« aUgwMiM Litfntanaifcuig. 1815- 14)^9—1433.) 

Das Werk ist dem König ren Ptwussen augeeigaet Die Spra* 
ohen, bemerkt der irürdige Verfiisser in seiner kurzen Vorrede, sind 
der Schlüssel der Väker« und Menschenkunde « wo andere NaohrMi«> 
ten mangeln. Sprachenkunde ist an sich ein wOrdiger Gegenstand der 
Bescfaiftigui^ denkender MAnner. Eine ausgewählte Literatur der* 
selben in ihrem weitesten Umfiinge schien dem Veiihsser Bedf&rfiuss 
zu sein, Iheils um immer deutlicher au machen, wie groesen Nutaen 
Vdlker* und Menschenkunde aus jener Wissenschaft siehe und so das 
Interesse daf&r immw mehr su wecken, theils um dasselbe au leiten 
und, so weit es Kurse verslattet, «i befriedigen. Unnmginglieh notfi«» 
wendig waren dabei bestimmte Angaben der VMcer und Länder, wo 
die Sprachen geredet werden, ron deren Namen einige hier suerst 
in das grosse Publicum abergehen. Manche dieser Bestimmungen ist 
durch mühsame Forschungen gewonnen und man hat diese Angaben 



Wt 



db die w«fW4BWge49Al#0n JB-wJW» 4eT y^elj^gea UjM»r8uchun- 
gOQ da8 VerfiMsers aha|r die Spracheo^ ihre Oeachipbte und Qeschaf- 
foakoit aiKuaehen, ao cUas darin jhjuoI^ |ii{lio9er Tom F;m4>^ xn^^jielies 
neue %iad ^ Fpeande einselner Sprachen weiter fubrende Aiagabec 
ftideii wary}«!!. Av den Qefffr^plueiL if erden ho&ntUch nun nele 
unrichtige Bemerlcungen A)ier 4i^ &pi»ichpn, betfondfra eatferpter 
Lftadi^) yevflchfirinden» di« nach des übrigene 3o Behr Terdi^iten 
iQatterar Amtston und ÜlE^awifhtepi viel beatinffliter, ak es di^ da- 
«laUge jKepntuiiw jener I/fiader erlebte, wißderbQU worden sind, 
fibe aaulföjbfflich^ß I>ar}figiiqg. des eiqaehif^ d^r (SeselMnhte der 
SpaeliA und die A^ftfrUmig aUer Lexioa und GrapunatU^en war dem 
Zwecke dieser ZusammensieUui^ l#ebi angeni^s«» und h&tte die 
ObeMcht d«ß jpmsen beschitakt Das Iateris(^e der Wisscnaohaft 
und des Auslandes forderte, den Text auch kteinisch zu geben, aber 
nicht gerade eine buchstäbliche Übersetzung. So ist z. B. gleich 
die Vorrede auch lateiniseh, doeb betrftchtlich rerschieden von der 
deutsehen. JDaraus erfiLhrt man, dass Marsden durch seinen vortrefF- 
liehen, aber seltenaii Ck^allglte.ipf dieti^iiirii^a^ focabularies, graib- 
mars and alphabets, London 1796., 4., dem Verfiusser „viia 
propositi indicavit^; dass schon der seiige ron Murr zu m^chm 
Werke nach dem weitesten Umfuoge gesammelt und seinr ^Ueete- 
neen dem Ver&sser yerlcaiift ivefiAiüß) , dieser aber ßip Ae^ P^b»^ 
lHif|;er Ff. Adelung überlassen hf^be, von dorn dah^r die Heijaii^be 
einer voUstavdigea glottiseben Bibliothek ^u erwauten sei. Der Ver- 
fiuiser hofit und wünscht viele Beiträge und allenfalls auch Beriditi- 
gungen zu einer zweiten Auflage des Werkes und erbittet sich die- 
«riben aa lege« .wt ocoasion^n vmti.^ quj^u« univeraum lingfarum 
Studium aanU #st» ml Hamburg^ ^uBiwisstpiis bibUopolis Perthes et 
BoHer, /vel Vimnaa in if^ hih]i/otiiefi^ aulica D. Kopitar, fiji^^dem 
bibliatfaiMae seri^tori, notiüam eji^modi tradendam 4?arent, ae por- 
tefU moiestia gra^eir» m^qfifi di^tent, meou^ illa iri oamBwqipatum. 

Naob diesem msistons mit des Ve^rfiias^rs ejgenei^ Worten gagebe- 
Btn OarateUung des Werkes nu^ noieb ein pftar Probe? di^ g«ditag* 
tan und 4eQb befriedigenden Behandlung Aei einzek^ Artikel. 

D^nts&k« „Die dprephe des oberen wd mfi;tl€^en Deutacb- 
laadff die neben einer Mßp»ge Jiuehr oder weniger abwfiohendett 
MundartflKH eJAaoIwr G^epdep .w^ ^epncyupfitara^ ß^MS^r und 
Midierqpnu^f .dae ihMMwMl^ i(PJM^ei4^ jsieb beawdoFs 

a. a. Q. jimd ^Ue'PiaMtte «ni(9r ßei^in.)'' 



305 

Dann folgt die Angabe von Bü.diger''s (Jberäieht, von fiinf Le- 
xicis, von dreizehn deutsch, zwei englisch und einer französisch ge- 
schriebenen deutschen Grammatik und endlich achtzehn Werke zur 
Kenntniss der lebenden Dialekte von Deutschland. 

Oermänisch. Oermania vetus. JDer germanische Sprach- 
stamm begreift ausser dem deutschen, wie diess jetzt in Deutschland 
gesprochen wird (sieh Denfsch und Plattdeutsch), noch das dfini- 
sehe, schwedische, norwegische, isländische, holländische, zum Theil 
auch das englische. Aber theils vor der Trennung dieser Zweige, 
theils kurz hernach lebten, mehr oder weniger lange, andere alte 
germanische Mundarten» das möso-gothische,' alemannische, frän- 
kische, friesische (letzteres am längsten und bis zum fün£&ehnten 
Jahrhundert im schriftlichen Oebrauche, seitdem eben so wie das 
alemannische nur noch als Volksdialekt). Die Denkmäler und Be- 
arbeitungen dieser einzelnen alten Mundarten dienen zur Kunde des 
ältesten Zustandes des gesammten germanischen Sprachstammes« 
Zunächst folgen die seine Oeschichte und Etymologie überhaupt be- 
handelnden Wörke^, dann die mehr speciellen (wobei wir im vorbei- 
gehen Gelegenheit finden, den Ver&sser der tabularum parallelarum, 
der bei Herrn Vater Michaelis heisst, in Michaeler, so wie den Ser- 
ben Sculli in Stulli, dessen Fortsetzung, d. i. der illjrisch-italie- 
nische und der italienisch-illyrisehe Theil zu Ragusa 1806. erschie- 
nen, zu berichtigen). 

Italienisch. Italia. „Die heutige Gesanuntspraohe Italiens 
(von der älteren sieh etruskisch und Latein) ist eine Tochter des 
letzteren. Der VerfiiU der Wiosenschaften und die über Italien ver- 
breiteten germanischen Völkedr hatten es verändert, und aus je meh- 
reren unabhängigen kleineren Staaten hernach ein grosser Theil 
dieser Halbinsel bestand, eine desto grossere Anzahl von Volks- 
mundarten war entstanden, und mohi wenige davon durch komische 
Dichter mehr oder weniger ausgebildet (von welchen hernach nur 
diejenigen nördlichen rauheren und südlichen weicheren angef&h'rt 
werden, über die man Grammatik oder Wörterbuch hat). Über eine 
schon beginnende gewähltere Sprache hoben grosse Diishter und der 
Hof von Florenz die dasige, durch jene ausgebildete Mundart (von der 
fortdauernden florentinischen Volkssprache wohl zu unterscheiden) 
zum Übergewicht über alle ihre Schwestern empor; sie verbreitete 
sich über Rom und so zum Theil unter dem Einflüsse der aus Florenz 
gebürtigen für die Wissenschaften eifrigen Päbste um so mehr über 
ganz Italien.^ 



306 

Unter der Rubrik Dialekte wird der Verfasser hiei* interessante 
Nachträge aus der neuesten italienischen Literatur, wie Patriarchi. 
Cherubini etc., zu geben haben. Um endlich auch ein Muster vom 
lateinischen Text , der immer dem deutschen gegenübersteht , zu 
geben, wählen wir 

Mag ja r. „Hoc nomine se ipse compellat populus, qui seculo IX. 
extreme Hungariam oecupavit, ^t communiter, quanquam non om- 
nino exclusis aliis gentibus hanc terram incolere pergentibus, anti- 
quitus Hungarorum nomen gerit (Ob Bartholomaeides weiss, dass 
magura im walachischen ein Berg heisst?). Lingua eorum similitudi- 
nem habet cum linguis eomplurium populorum, quibuscum ex Asia 
oecidentali-septentrionali usque ad Ungariam progressi commercium 
habuerunt, tum magis etiam cum tataricis et fenniea vel huie simili- 
bus.** Darauf folgt die Hinweisung auf Gyarmathi's Aflfinitas etc. und 
Mithridates tom. IL p, 772. seqq. Vocabula vide in Voeabulario Catha- 
rinae. nro. 17. Hervas Vocab. polygl. p. 165. 1055. Meninski (besser 
Jenisch) De fatis Hng. Orient, tureicae etc. Viennafe 1 780. p. LXXVI. 
Darauf folgt die Angabe von drei Lexicis und acht Grammatiken. 

So viel zur Probe. Das Werk wiinl wie der Mithridates, um de 
sich auch Herr Vater so viel Verdienst erworben, in keiner recht- 
lichen Bibliothek fehlen und so der Verfasser hoffentlich bald in rfeu 
Stand gesetzt werden, ihm in einer zweiten Auflage die erwünschte 
Vollkommenheit zu geben, so dass dann in den weiteren Auflagen 
nichts älteres und nur das inzwischen erschienene neue im Sprachen- 
fache, nachzutragen sein wird. Vielleicht wäre es auch gut, bei eini- 
gen Sprachen, von denen nur wenige und dürftige oder unzuverläs- 
sige Hilfsmittel im Druck vorhanden sind, auf die bekanntlich hie 
und da vorhandenen ungedruckten aufinerksam zu machen: so ist 
z. B. aus Dobrovsky's Slovanka eine viel bessere Grammatik der 
wendischen Mundart in Dr. Anton's Bibliothek bekannt, als es die 
von Matthaei und Hauptmann sind. So hat Humboldt eine Menge 
handschriftliche Grammatiken und Lexica von amerikanisehen Spra- 
chen mitgebracht. So mögen in Rom und Paris nicht wenige Sprach- 
werke von Missionären noch ungedruckt liegen. 



307 
XXXVIII. 

Italienische Dialektologie. 

Vocabolario Milanese - Italiano , di Francesco Cherubini. 
Milano 1814. I. XXVIII und 336 S. II. 351 S. 8. 

(Wiener allgemeloe Literaturzeitang. 1815. H99 — 1502.) 

Im neueren Europa, wo aus mehr als einer Ursache so wenig 
selbst gedacht und so viel nachgebetet wird , hat man auch die 
Sprache mit einem sehr befangenen, gar nicht freien Blicke betrach- 
tet. Während die alten Gbiechen, die man sich sonst doch zum 
Muster nahm, bekanntlich alle Dialekte ihrer schönen Sprache für 
gleichberechtigt hielten, nicht nur gesprochen, sondern auch ge- 
schrieben zu werden, Hessen sich's neuere grammatische Pedanten 
beikommen, mit Aufnahme einer Mundart in jeder Sprache, die für 
den Augenblick aus dieser oder jener Ursache gerade den Vortritt 
hatte, alle übrigen fär unehrlich zu erklären. Voltaire gingt bekannt- 
lich noch weiter und wünschte, wie im alten römischen orbis ter* 
ramm, nur eine einzige Sprache (natürlich keine andere als seine 
französische), um die Zeit, die man bisher den vielen Sprachen 
widmet, ganz för Realien zu gewinnen. Deutsche Denker, auf dicf 
sem Wege, vermissten denn doch in der französischen Sprache einige 
Vollkommenheiten , die sie in dieser und jener anderen fanden, und 
verfielen daher auf eine ganz neu zu schaffende Sprache, die wie eine 
Mosaik aus den schönsten Bruchstücken aller Sprachen zusammen- 
gesetzt wäre — und was der gmnd- und gehaltlosen Träumereien 
mehr sind. 

Das wahre an der Sache ist, dass nicht die Schulmeister, son- 
dern Völker die Sprachen mächen, dass keine Sprache allein alle 
Vollkommenheiten vereinigt, sondern die eine diesen, die andere 
jenen Vorzug hat; dass sie alle Ausflüsse des menschlichen Geistes 
sind und man diesen nur dann erst von allen Seiten kennt, wenn man 
ihm durch alle diese Offenbarungen gefolgt ist; dass, wenn es f&i- 
den Verkehr oft besser ist, dass ein Dialekt einer und der nämlichen 
Sprache als Schi iftspraehe das Prineipat über seine Brüder erlangt 
hat, diese ihm doch im Reiche der Geister an Rechten völlig gleich 
bleiben und t- eben so in Wörterbüchern inventiert und in Gram- 
matiken analysiert werden sollen, wie der begünstigtere Schrift» 
dialekt. 



308 

Ein Muster, wie man diess InTentarium aufinehmen könne, ohne 
Belbst die patricisch-eifersüchtige Crusca zu beleidigen , hat der 
biraye Verfasser des vorliegenden mailändisehen Idiotikons gegeben^ 
indem er jeden Lomburdismus in Wort und Phrase dem entsprechen- 
den Toscanismus an die Seite gesetzt (oder wo dieser nicht auszu- 
mittein war, dafür eine leere Rubrik gelassen hat). Dadurch hat er 
zu gleicher Zeit dem Lombarden, der um reintoscanisohen Ausdruck, 
so wie dem Nichtlombarden, der mit lombardischen Ausdrucken ver- 
legen ist, geholfen, dem philosophischen Sprachforseher aber die 
Vergleichung dieser zwei Dialekte ungemein erleiehtert. Möchten 
doch unsere deutschen Idiotikensammler, die eben so wie die Italie- 
ner einen herrschenden Bücherdialekt haben, diesen, wie Herr Che- 
rubini, zum Mittelpuncte machen und an ihm und durch ihn ihre 
vielen und interessanten Dialekte vergleichen, erkl&ren und erläu- 
tern! Noch öfter als im Cherubini werden sich da leere Rubriken im 
hochdeutschen finden, die aber in den Dialekten reich besetzt sind 
und daraus seiner Zeit ausgefüllt werden können. Nach diesem dn- 
&chen Plane z. B. hätten wir unseres sonst so vortrefflichen und 
gründlichen Höfer österreichisches Idiotikon gewünscht. Herr CV 
rubini erlaubt sich sehr selten die Erholung, die Trockenheit Beiu& 
Inventariums durch etymologische Forschungen zu beleben. Reeeo- 
sent gibt ihm hierin Recht, wenn diese Forschungen nach der bei 
italienischen und französischen Etymologen bisher gewöhnHehen 
Willkür statthaben sollten; aber er gesteht zugleidb, dass er im 
Adelung überall gerade die letzte Anmerkung sehr ungeme nassen 
würde und ihm Campe's Wörterbuch schon wegen des absirfaten 
Mangels des Herausgebers an philologischem Sinn beinahe verhaast ist. 

Noch müssen wir es mit Auszeichnung bemerken, dasa Herr 
Cherubini zu den bisher wenigen Gelehrten Italiens gehört, der von 
deutscher Sprache Notiz genommen, die freilioh der lombardisehe 
Spraehforscher nicht wohl entbehren kann^ Bretella« französisdii bre* 
teile, ist hochdeutsch der Hosenträger; Hosenhdber ist nur mundart- 
lich. Den Stuhlflechter (lombardisch cadreghee), so verständlich er 
auch ist, wird der Verfasser doch auch nicht im Adelung gefunden 
haben. Doch weit entfernt, den VerfiBtsser über diese Kleinigkeiten 
chicanieren zu wollen, lassen wir vielmehr seinem Character Gerech- 
tigkeit widerfahren, dass er zu einer fär Deutschlands Sprache un* 
günstigen Zeit in Italien seiner besseren Überzeugung zu folgen den 
Muth gehabt hat. Mögen die versprochenen Nachträge bald erscheinen* 



309 



XXXIX. 

CiriediiselK iussprache. 

An Herrn Professor Neidlinger in Melk. 

(Wiener allgemeioe LKeraturseitimg. 1616. InteUigeosblatt. 387 — 368.) 

In Nr. 46. und 47. des Intelligenzblattes dieses Jahres hat Herr 
Professor Neidlinger von Melk die Beuchlinische *) Aussprache des 
griechischen vertheidigt und dadurch gezeigt, dass er selbst denke 
und auch den Muth habe, seine Meihung, sollte sie auch von der 
gemeinen abgehen, frei zu sagen. Für diese zwei nicht gemeine 
Tugenden Tcrdient er alles Lob. Ob aber seine Gründe (die meistens 
auch von den oberflächlichen Neugriechen selbst angeführt werden, 
die, so oiSenbar sie auch vom alten abgewichen sind, doch gar zu 
gern immer die namliehen alten Griedien geblieben sein wollen) 
auch nur einen der ordentlichen Grammatiker bekehrt haben, müssen 
wir sehr bezweifeln. Ja wir getrauen uns zu wetten, dass Herr Neid- 
linger selbst, da er ein aufrichtiger Wahrheitsforscher ist, noch einer 
der eifrigsten Erasmianer werden wird, wenn er z. B. für den ersten 
Anlauf die Nouvelle methode pour apprendre la langue grecque der 
gründlich gelehrten Jansenisten von Port-Boyal und dann zum Über- 
flüsse etwa npch die Havercampische SjUoge auctorum de pronun- 
tiatione durchgehen will. Bekommt die schöne Stiftsbibliothek dann 
noch die 1814. in London herausgekommenen Besearches in Greece 
des vortrefflichen William Marti n-Leake, der in Aufträgen seiner 
Regierung zehn Jahre in Griechenland herumgereist ist, alt- und 
neugriechisch durch und durch kennt und doch — aus Gründen — 
Erasmianer geblieben oder vielmehr geworden ist, so zweifelt Refe- 
rent kaum, dass er die Wette gewonnen haben wird. Desswegen will 
er auch hier diessmal nichts weiter über diesen Gegenstand sagen, 
als vorläufig in Leake's Namen nur diess, dass freilich ein Gelehrter, 
der altgrieehisch kann, auch einige Werke der Neugriechen nach 
drei Lectionen versteht, jene nämlich, die so gut als altgriechisch 
oder besser, nach Korai, macaronisch geschrieben sind. (Dafür ver- 



Ein tchwftbischer Name, hochdeutsch BAuchlein^scha , toü Banch, daher 
Capnion, als Deminntiv ▼on xottryos. 'Der wahre Genitiv von xatry/o« ist 
xany»»!}, aber die schwäbischen Grirclien declinierten lieber: Capnio, Capnio- 
««. wie nato, Platonts, 



310 

steht sie aber der Neugrieche nicht, ausser wenn er zugleich alt- 
griecnisch gelernt hat, wie unser einer.) Mache sich dieser Gelehrt« 
aber an eigentlich neugriechische Werke» z. B. an Christopulos 
jivpiKd^ an seine Jlo'X-ü^Bva, an Kokkinaki's Übersetzung von Mo- 
liere's Tartuflfe u. dgl., so — sudet multum frustraque laboret. Zwei- 
tens: Gründe zu Gunsten der Reuchlinischen Aussprache finden sieb 
bis ins achte, ja bis ins siebente Jahrhundert zurück; je höher man 
aber zum classischen Alterthum hinaufsteigt, erklärt sich alles immer 
lauter für Erasmus. An die Lesung nach Accenten seheint Herr 
Neidlinger gar nicht einmal gedacht zu haben? Doch das alles und 
viel interessanteres noch wird Herr Neidlinger in Leake's Researche.« 
finden. 



XL. 

Serbiselie Spraebe. 

ÜHCHeHHi^a CepöcKora lesHKa no roBopy npocTora Hapo/^a Hani- 
cana ByKOM CTe*aHOBHtcM CepßnifaHneM. (Grammatik der sei- 
bischen Sprache, nach der Rede des gemeinen Volkes ad- 
geschrieben von Wolf Stefanovic aus Serbien.) Wien 18U. 

XII und 106 S. 8. 

(Wiener allfc^emeine Literaturxeitung. 1815. '721 — 731.) 

Willkommen erste serbische Grammatik mit cyrillischen Let- 
tern! Und zweimal willkommen, dass du getreu nach der Rede des 
gemeinen Volkes aufgeschrieben bist! 

In der Zueignung an den Arehimandriten Melentije (Meletius) 
Niksic, dermal Vorsteher des Klosters Fenek (in Slavonien), der die 
Druckkosten dieser Grammatik bestritten (wofür ihm nicht nur der 
Verfasser, sondern alle Slavisten von Petersburg, Warschau, Pr»g 
bis nach Laibach und Ragusa höchlich verbunden sind), heisst es 
unter anderem: „Hätte die serbische Nation genug solcher EÜferer 
"Vfie ihr, so wäre unsere Literatur auf einer anderen Stufe ynd idcht 
würden mehrere neugeschriebene und übersetzte Werke von armen 
Verfassern (aus Mangel an Mäcenaten, statt das Tageslicht zu er- 
blicken) in den Winkeln sich herumwälzen." Recensent hält, zufolge 
der Geschichte aller abendländischen Literaturen, die Verleger (ar 
die besten Mäcenaten und hofii, dass bei dem sichtbar zunehmenden 
Bedürfhiss geistiger Nahrung sie unter den Millionen Serben bald 



311 

auch erseheinen werden. Bishin also Ehve und Dank den Maeenaten, 
die ihnen immer und überall vorangegangen. 

In der Vorrede sagt der Verfasser, ^er sei überzeugt, dass es in 
seiner Nation Männer genug gebe, die zu so einer Arbeit viel taug- 
licher seien als er, die aber unglüc^klicherweise sich wenig darum 
küminerten. Jedes echten Serben Herz und Seele ergreife verzweif- 
lungsvoller Unmuth und Scham achlhge sein Haupt zur schwarzen 
Krde nieder, wenn er bedenke, dass bisher vier gelehrte Serben 
Grammatiken fremder Sprachen geschrieben und den Serben, die 
ihre Muttersprache nicht könnten, den Weg zu fremden gebahnt 
hätten. Ihn habe bei den vorgeahndeten und dann auch wirklich erfah- 
renen Schwierigkeiten nur der Eifer für seine Nation gestärkt; er sei 
mit geschlossenen Augen in die Dornhecke hineingefahren (sollte er 
auch ganz blutig jenseits herauskommen), nur damit einmal ein Weg 
gebahnt würde. Man werde in diesem ersten Versuche nicht jene 
feinen und tiefen Sprachregeln suchen, wodurch Adelung bei den 
Deutschen und Dobrovsky bei den Böhmen und allen slavischen Völ- 
kern sich unsterblichen Ruhm erworben, er habe vorerst bloss die 
serbische Declination und Conjugation zusammenstellen und dadurch 
irgend einen gelehrten Serben bewegen wollen, eine bessere und voll- 
ständige Grammatik zu verfassen; es werde ihm leid thun, wenn er, 
aus Mangel einer anderen , diese seine Grammatik verbessert und 
erweitert noch einmal drucken lassen müsste. Der erste und Haupt- 
tadel werde die Orthographie des Werkes treffen; der VerfiEisser habe 
viel und lange darüber gedacht und sei am Ende immer auf das Prin* 
cip zurückgekommen: sehreib, wie du sprichst und lies, wie ge- 
schrieben st^ht. So habe er wenigstens der Logik genug gethan; 
jedes andere Verfahren w&re auf noch mehrere (und gerechtere) Vor- 
würfe gestossen. Aoch müsse man von keinem Menschen erwarten, 
dass er so auf einmal allen serbischen Schriftstellern orthographische 
Regeln aufstelle; das sei Sache einer gelehrten Gesellschaft, die 
darüber entscheiden und durch eine in ihrem Sinne verfasste Gram- 
matik es der Nation zu allgemeiner Befolgung kund machen sollte; 
jedem werde es lieb sein, dann wenigstens zu wissen, woran er sei 
mit der Orthographie; sollte er auch nicht nur das % und das dicke i,f 
sondern sogar das ^ gebrauchen müssen. Die Declination und Con- 
jugation sei nach dem Sprachgebrauohe des serbischen Volkes abge- 
fasst, das in den Dörfern, fem von den Städten, lebe; jeder compe- 
tente Richter werde ihm diess bezeugen!" So weit die Vorrede, die 
unsere Leser auch in diesem gedrängten Auszuge gewiss fCb* den 



312 

nioht weniger talentrollen als eifrigen Ver&sser eingenommen haben 
wird, wenn sie auch in Hinsieht dessen, was er yon einer gelehrten 
Gesellschaft erwartet, nicht mit ihm einverstanden sein möchten. 
Die deutsche Orthographie, wiewohl noch bei weitem nicht genug 
vereinfacht, sähe unter der Verwaltung einer Corporation sicher noch 
armseliger aus; und hat die franzosische Akademie, ungeachtet alles 
zugestandenen und al|es usurpierten Einflusses, ihre Orthographie 
gegen Voltaire's u. a. Neuerungen behaupten können ? Die Peters- 
burger hat den Russen die Sache nur noch mehr erschwert (med z. B. 
sollen sie mjod lesen). Ohnehin arbeitet solche Akademiegesetze 
meist ein einzelner Akademiker aus (von dessen Geschicklichkeit also 
alles abhängt) und die Zunftbrüder sanctionieren sie nur durch ihren 
Beitritt, wodurch freilich, wenn sie gut sind, ihre Befolgung sehr 
beschleunigt, aber auch, im Gegentheile, ihre Abschaflfnng sehr er- 
schwert wird. Nichts ist doch einleuchtender als das Princip: sohreih. 
wie du sprichst; und hätten die lateinischen Missionäre der tentoni- 
sehen Völker so deutliche Begriffe von der Buchstabenschrift gehabt, 
wie der griechische Slavenapostel Cyrill, so würden sie för die 
deutsche Sprache zu dem ihnen bekannten lateinischen AJphabetf 
noch so viel neue Buchstaben hinzu erfunden haben, als die deu tstk 
Sprache neue unlateinischo. Laute hatte, und so würden die Deut- 
schen nicht noch itzt an den Folgen dieses ersten Fehlers leiden uod 
sich und andere scandalisieren. Der heilige Cjrrill hat das griechische 
Alphabet für seine slavischen Kirchenkinder im neunten Jahrhundert 
(mittelst Hinzuerfindung einiger neuen Buchstaben) eingerichtet und 
die Sprache und Orthographie seines Jahrhunderts lebt in den Kir- 
chenbüchern der Slaven vom griechischen Ritus von Archangel bis 
Montenegro noch fort bis auf diesen Tag, ihr Hausdialekt mag gross- 
oder kleinrussisoh, polnisch oder serbisch sein. Gerecht ist die Ehr- 
furcht der Serben ftkr diese alte Sprache, die indessen die Russen 
unehrerbietig genug behandelt haben: man halte nur die Ostroger 
Bibelauflage von 1581. gegen die neueren, und die älteren Hand- 
schriften gegen den russischen Codex selbst, aus dem die Ostroger 
abgedruckt worden. Reoensent glaubt es aber eben dieser Ehrfurcht 
angemessen, die Kirohensprache in ihrem heiligen Wirkungskreise 
zu lassen und juicht zu entweihen durch Herabziehung zu profimem 
Gebrauch. Diess ist nun auch die Ansicht der Russen, die froher bis 
auf Peter I. sie ebenso entweihten, wie es einige Serben noch thun. 
Vielleiidit thun sie diess aber nicht so viel aus Ehrfurcht; als aus 
manchen sehr untergeordneten Gründen, z. B. weil auch der deutsche 



»13 

Nachbar nicht schreibt, wie ihm, um uns eines Sprichwortes zu be- 
dieuen, der Sehnabel gewachsen ist, und diess sie glauben macht, 
dass es überhaupt so sein müsse; oder weil sie das altslarische doch 
einigermassen grammatisch gelernt haben , darüber Grammatiken 
und Lexica existieren, die man im Nothfalle befiragen kann, wa^ 
alles von der gemeinen Sprache nicht der Fall ist (denn die hieher 
gehörigen Arbeiten der Schokzen, d. i. der römischgläubigen Serben, 
werden verächtlich igporiei*t). Aber die Vernunft wird auch hier sie- 
gen und der heilige Cjrill selbst wird mit Wohlgefallen auf diesen 
Sieg an der Donau herabsehen, wie er auf jenen an der Moakva 
herabsah. Seit jener Zeit schreibt z. B. der Busse O^nHi», OJlCHb, 
KOiibe, ^iioÖHTjb, während der Altslave eflfiWb, ejiCHB, Konie, 
aiOBiiTH schrieb, beide aus dem Grunde, weil sie so sprechen. So 
wird auch der Serbe, wenn er in der Muttersprache schreibt, nicht 
mehr die altslavische Form SMBfiie (dreisylbig) , sondern 3Haiibe 
Czweisjlbig, wie er spricht) u. dgl. wählen. Dafär sti'eitet nun mit 
Recht auch unser Ver&sser; er geht mit Herrn Mrkajlo noch weiter 
und meint, da die Serben schon seit Jahrhunderten das cyrillische 
Alphabet mit einem neuen Buchstaben (h für Tb) yermehrt hätten, 
so käme es nur darauf an, es mit noch dreien (statt der bisherigen 
^b, Jlb, Hb) zu Ycrmehren (und ü fiir j gelten zu lassen), um ein 
ganz vollständiges Alphabet Ton 29 einfachen Zeichen für eben so 
viele einfache serbische Laute zu erhalten. Ohne Zweifel haben diese 
Herren recht und sie sollen sieh je eher je lieber an die Erfindung 
dieser drei einfEichen Buchstaben machen. Vuk's Vorschlag, dem 
A, ^, H hinten ein etwas verändertes, umgekehrtes h anzuhängen, 
taugt nicht, er fühlt es selbst, weil es uns kein einfaches Zeichen 
gibt. Bis also diese drei Zeichen erfunden sind, kann man sich, ohne 
wieder in den ganzen übrigen Schlendrian zurückzusinken, noch sehr 
wohl mit dem mouillierenden (erweichenden) b behelfen ; selbst das 
unförmliche ^ für Tb oder Kb könnte derweil in die Rüstkammer ab- 
treten, bis es in der Gesellschaft der drei übrigen ^verschönert (der 
Vorstrich sollte, wie ihn schon Breitkopf geschnitten, tiefer anfiui« 
gen, etwa wie der von k, und der Querstrich in der oberen Linie 
wie im lateinischen t u^nd nicht wie bisher angebracht werden) wieder 
erscheinen kann. So wäre auch dem i, das dem Griechen nie wie 
der Gonsonant j lautete, das in der Figur so nahe kommende latei- 
nisohe j zu substituieren, wie es die Serben in der Handschrift be- 
reits ihun. Ein j aber ist schlechterdings nöthig (auch den Russen, 
die sich bisher mit teutonischem Schlendrian behelfen) ; der Serbe kann 



314 

sein jost (einsylbig) nicht cjrilliseh niederschreiben, und der Russ^ 
nicht sein mjod, wie er in seiner Mundart statt med spricht. Dann 
würden die Serben die einzige Nation sein , die eine vernünftig** 
Orthographie hätte, die eben *desswegen so einfach wäre,.(lass jeder 
Bauer, der das Abc in 24 Stunden gelernt hätte, damit zugleich auf 
sein ganzes Leben so orthographisch schreiben könnte , wie nur 
immer der grösste Adelung. Und eben diess ist ja das Ideal oder 
besser zu sagen, das Alpha und Omega der Buchstabensqhrift, d. h. 
die göttliche Erfindung der Buchstabenschrift musste diess gleich 
anfangs beabsichtigen und soll auch ara Ende, auf dem Gipfel ihrer 
Vollendung, nichts weiter leisten. So viel über die Orthographie des 
Verfassers und seiner Freunde, denen ungeachtet aller Hindernisse 
von Seiten des alten Schlendrians am Ende doch der Sieg werden 
muss. Nicht ohne Lachen las Recensent, wie die Dick-Jensten 
Tökölji's Orthographie ohne % dadurch zu schlagen glaubten, äasf^ 
sie sie — ein Rind ohne Hörner nannten (Seite 3.). Mit mehr Wahr- 
heit erwiedern die populären Orthographen , dass das i» , das u 
n. m. a. Buchstaben des cyrillischen Alphabetes für den Serbe? 
fünfte Räder am Wagen sind. Mächtig würde dazu beitragen m 
in diesem sprachgetreuen Sinne abgefasstes Jjexikon des 8erb)s<te 
Dialektes, wozu von fleissigeren oder glücklicheren Schokzen so fiei 
Materialien aufgehäuft sind, die ein Vuk nur zu schichten (und far 
ausländische Forscher mit deutscher Erklärung zu versehen) brauchte. 
Wir wünschen und zweifeln auch keineswegs, dass die Grammatik 
eine zweite Auflage erleben werde; Herr Vuk besitzt die erste und 
Haupteigenschaft eines Grammatikers, Treue; er erstattet, wie ein 
Abgesandter, genauen Bericht, wie die Sprache ist, unbekümmert 
ob sie etwa anders sein könnte oder sollte. Überdiess empfiehlt sieh 
dieser erste Versuch nicht nur durch die logische Präcision des Rai- 
sonnements, sondern auch durch einen energischen Stil; so beschei- 
den der Verfasser von sich selbst spricht, so kräftig vertheidigt er 
überall die Rech^ des reinen Serbismus gegen Verunstaltungen städ- 
tischer oder slovenisierender oder sonst aus welchem Grunde oder 
Ungrunde immer soloecisierender Schrifteteller (vergleiche Seite 23. 
26. 29. 31. 32. 43. 60. 63. 70. 87. 98.). Recensent erlaubt sich 
zum Schlosse einige Bemerkungen, die der Verfasser vielleicht bei 
der zweiten Auflage berücksichtigen kann. 

1. Vor allem versteht es sich, dass er indessen nicht nur Do- 
brovskj's böhmische Sprachlehre , als die tiefdurchdachteste , die 
bisher Über einen der slavischen EHalekte erschienen, sondern auch 



315 

dessen Slawin, so wie seinen Entwurf zu einem Etymologikon aller 
slayischen Sprachen^ die beiden Lieferungen der Sloranka und wenn 
mittlerweile seine altslavische Sprachlehre erscheint, auch diese zu 
Tviederholten Malen durchstudiert haben wird. 2. Nebst Adelung 
-wird er fiir die Philosophie der Sprache auch Vater's allgemeine 
Sprachlehre durchstudiert haben. 3. Der gelehrte Musicki wiixl wohl 
Hi> statt Tb nur in den Wörtern gebrauchen, wo in der Analyse nicht, 
wie bei HhH, xofey, ein t sich als Wurzel zeigt, sondern ein k, was 
durch die Erweichung in H übergegangen, z. B. nenb von iieKy. So 
schrieb sich auch der Mäcen eines in Venedig 1561 gedruckten Psal- 
ters Bozidar Vukovikb, d. i. Vukovic, wo die Bildungssylbe ik oder 
ie, aber nicht it sein kann. Indessen ist es, um den so erbärmlichen 
Missbrauch der Orthographie ein för allemal abzuschneiden, Zeit, 
den Grundsatz geltend zu machen, dass die Buchstabenschrift nur 
da ist, um das gesprochene treu darzustellen; ob so recht gesprochen 
ist, geht den Schreiber nichts an. Desswegen gehen ihn auch die 
etymologischen Feinheiten nichts an; was gleich lautet, kann und soll 
er auch gleich schreiben. 4. Seite 10. sagt der Herr Verfasser, dass 
in keinem serbischen Worte ein f vorkomme, sondern statt dessen 
selbst in fremden Wörtern immer v. Er gibt kein Beispiel . was ihm 
doch so leicht gewesen wäre. Diesen Mangel an Beispielen hat Re- 
censent auch an manchen anderen Stellen beklagt. Was ^ard also der 
Verfasser zu falim (in anderen Dialekten hvalim, ich lobe) sagen, wo 
der Serbe selbst ein echtslavisches Wort effisiert hat? 5, Der harte 
Laut des deutschen ch, den indessen der Neugrieche und der Floren- 
tiner eben so wie alle anderen slavischen Dialekte auch hat, ver- 
hauoht im serbischen Munde zu einem blossen deutschen h oder gar 
nur zu einem französischen lauten h; auch geht er in v, in k, in g 
über, wie aus den Beispielen erhellt, die Herr Vuk hier weniger ge- 
spart hat. Dieser Abscheu vor dem ch erklärt auch das End-e der 
Adjective im Genitiv des Plurals, und zwar am deutlichsten durch 
folgende Gradation: der Winde in Westungem verwandelt in solchen 
Fällen das h in j, und wenn der Serbe nach i ein j sprechen soll, so 
hängt er noch ein e hinten an, z. B. für Melentij sagt er Melentije, 
also auch pitomije statt j^itomij und diess selbst statt pitomih. 6. Was 
Seite 11. nach Milovanov über Accente gesagt wird, deren vier an- 
genommen werden, dürfte den neuesten Untersuchungen über die 
Metrik der alten vielleicht überraschende Beispiele an die Hand 
geben. Hat doch schon Michaelis in dieser Hinsicht aufs ungrische 
hingewiesen. Recensent ist leider zu wenig Musikkenner, um darüber 



316 

stimmfthig %u sein. 7. Wir wollen f&r itzt den Veriasser nickt 
darüber ducmueren, daas er bei HersäUung der »cht Redatheile und 
ihrer Aeeidenzien dem Grange und Zuaohnitt der den grieohiscbeD 
Grammatiken des yierzehnten Jahrhunderts nachgeahmten tennino- 
logie- und eintheilungsreichen altslayisohen Grammatik voa Smotriskij 
gefolgt ist. In der zweiten Auflage wird er diess nach Adelung und 
Vater Terbessem können. 8. Man kann eigentlich nicht sagen, dass 
z. B. Seite 18. kotao, ro, ui^ao, soko u. dgl. .Wörter nur das altsla- 
vische 1 in o verwandelt haben, denn dort hei&sen sie, wie noch jetzt 
im windischen, kotel, yoI, uzel, sokoL Von einem Ver&saer wie 
Heir Vuk darf man mehr Bestimmtheit fordern. 9« Dual hat die ser- 
bische Jilundai't keinen mehr, meint der Vei&sser, aipüsa^r niku, nogii 
(der Hände, Füsse). Aber was ißt Seite 23. gQsppfl^ra andera als der 
Dual? Alle Dialekte haben noch viejle Beste des Duals, der aber bis 
auf diese Stunde in seiner ganzen Ausdehnung imr im kraini-schea 
(und windischen) noch üblich ist. 10. Casus hat der Serbe nicht mdir 
als sechs, im Plural gar nur fünf oder vielmehr, da der Vocatay vie 
der Nominativ ist, nur vier, während andere Dialekte noch siebei 
haben, yfie im altslavischen. Der Local ist immer wie 4^r I>ativ is 
krainischen und russischen ist dafür der Voc^tiv immer dem 1^ 
nativ gleich). Noph strenger genommen könnjte jman, da der wift finlA 
Singularaccusativ immer entweder dem Nominativ oder dem Genitit 
gleich ist, für dieses Genus auch im Singular nur das gelten lassen. 
Aber für den praktischen Nutzen und für den Sprachverg^eicher wäre es 
besser, bei den Deelinationsmustern überall sieben Casu^ anzusetzes; 
die Sprachlogik wäre einerseits durch eine Anmerkung befriedigt 
und andererseits der vergleichende Überblick nicht wenig erleiditert 
Übrigens gesteht es Becensent geradezu, dass ihm die Casus, wie 
Herrn Vuk, nur Declinationsendungen, nicht aber logische Verhalt- 
nissfalle sind. So ist ihm auch das Gepus nicht das physische Ge- 
schlecht (sexus), sondern Gattung, Art, Classe. Schon das deutsche: 
Weib, das doch vor allem anderen weiblich sein sollte und es doch 
nicht ist, h^tte darauf aufmerksam machen sollen. 11. Aus dem näm- 
lichen Grunde, zum leichteren Überblick, wünscht Recenaent bei 
der zweiten Auflage auch mehr Declinationsmuster statt der nur in 
Noten bemerkten Ausnahmen. Das Princip wäre: jede Verschieden- 
heit, die nicht isoliert in der Sprache dasteht, hätte sie auch nur 
eine Gef&hrtin ((svevyos)^ wie z. B. mati (Mutter) nur kci (Tochter) 
hat, verdient als Muster einen Platz. In der Sprachlogik gibt es ja 
nur eine Declination; folglich ist die Einfccbheit %uf jeden Fall auch 



317 

Ibei nur vier Dedinationsniiifiliftm sekoii retlordiii Mtui* kaum vaid iMll 
übrigens cUe älinlicheren Master ziMammenstellen. 12. Der heutige 
Serbe liebt das Augment or und ev bei ein* und zrf^feisylbigen Wör- 
tern? golubovi, noäeri. Intereosant ist die Anmerkung*, dass aber 
in Volksliedern die einÜBM^here Form (die in Krain Regel ist) eben so 
oft Torkommt und nach des Vedassers Meinung sehr schön klingt. 
(Anoh ori klingt sbhön, besonders irenn* es ^e im krainisehen lang 
lautet, bogöyi, nieht wie im seri)is<jhen kurss, bögovi). In solehen 
F&Uen citiert der Verfasser Stellen aas Volksliedern, zweckmässig 
und angenehm. Diess thut aber auch der Schokaz Dellabella, aaeh 
Jambresio und Belostenec; ein Beweis, wie liederroll jeder Serbe 
ifit^ wie schon Hacquet bemerkt hat. 13. Seite 28. istdrv^i^ eigeüt^ 
lioh so zu &8sen: drveta (krainisch, gleichfalls mit dam Augment 
drevesa) ist der Plural von drvo; drrece aber ist das Colleotiiruin und 
ein eigenes Wort fär sich (lateinisch etwa arboreüim). Das nämlidie 
gilt von djeca, braca, gospoda, zdrebad , telad, jagnjad, jarad, 
prasad , momead , macad und allen dergleichen Colleotivis , die 
der Serbe so gerne statt des Plurals der einzelnen Wörter gebraucht. 
Diess wird der Verfitsser, wenn er indessen die Bildongslehre im 
DobroTskj studiert hat, selbst gefunden haben. 14.- So wird er auch 
gefunden haben, dass die doppelte (übrigens in der Syntax nichi 
gleiehgiltige) Form des männlichen Beiwortes ein Überbleibsel ist 
aus älteren Zeiten, da, wie noch heute im böhmischen und mssi- 
sehen, das Beiwort dureh alle drei Geechiechter diese doppelte Form 
hatte. Die kürzere ist dem prädieierten, die längere dem concres-^ 
Gierten Beiworte eigen, lö. So* wird auch in der Bildung des Com- 
parativs auf einmal alles hell, wenn man bedenkt, dass ji oder- si die 
Bildungssjlbe ist; alle Verwandlung der Consonanten yor ji' oder si 
geschieht nach allgemeinen, durch die ganze Spraehe du^chgefaettden 
Wohlklangsgesetzen , sogar z. B. das epenthetische 1 in tuplji. 
Seite 37. lässt der redliche Ver£u»er dem Spradigebrauchß sogar 
gegen sieh selbst Recht widerfahren: nizzi ist, wie er aufrichtig ge- 
steht, nicht üUieh, sollte es aber nach seiner Meinung sein. Aber 
wir können ihm, gewiss zu seiner Freude, sagen, dass auch hier wie 
immer das Volk recht hat: nizi ist nach allgemeinem Wohlklangs- 
gesetae statt nizji, wie visi statt visji. Eine Warnung selbst ftr be- 
scheidene Ghrammatikerl Bei jeder Bntfeniung vom Volke, das un- 
bewusst. den oft tiefv^ersteckten Spraehgesetzen folgt, laufen' • sie G«-' 
faW zu irren. Die Anmerkung Seite 28. über den Gebrauch der 
Zahlwörter ist eigentlich syntaktisch und wird bei der zweiten Auf- * 



316 

läge erst in der Sjniax Torkommen. Drojiea ist wieder ein Substan- 
tiYum iür sich, wie oben braea, gospoda u. s. w. 17. Vortheilhafi 
zeichnet sich Seite 47. die Eintheilung der Zeitwörter nach der Be- 
deutung in perfeetire, imperfeetiTe und frequentatire aus. Aber taub 
sind die meisten übrigen» z. B. die der Gattung nach (tox) in tiiatige. 
leidende, mittlere und zurückkehrende. Das slayisohe Verbnm hat 
keine vox passiva, keinen ConjunctiT u. s. w. 18. Richtig ist Seite 51. 
die Anmerkung über das dauernde und vorübergehende Praesens cmd 
Seite 52. über das Imperfectum; desswegen war die so eben erw&hnte 
Eintheilung nöthig und firuohtbar. 19. Weniger richtig ist Seite 53. 
die Behauptung, dass das serbische Verbum auch ein Genus habe; 
.pisao, pisala, pisalo ist ja participium und nicht Verbum. Nur der 
Altslave und der Krainer hat ein Genus auch am Verbo, indem er 
z. B. Ton zwei Männern sagt jesta (sie sind), yon zwei Frauen aber 
jeste u. s. w. 20. Den Ver£EU9ser wird es vielleicht freuen zu hören: 
dass die alten Grammatiker der Griechen und Römer statt Conjuga- 
tion auch nur Declination sagten: uMai^ vom Nomen wie vom V^bot 
Conjugationen (aviv^ iai) hiessen'die DecUnationsmuster für die Verhi 
21. Der immer denkende Ver&sser bemerkt Seite 54. mit einer Ji? 
Erstaunens, dass kein anderes Verbum im slavischen eih Participim 
futuri habe, als das einzige „sein^. Das wahre ist, dass budem schon 
für sich: ich werde sein bedeutet, folglich ist buduci auch kein Par- 
ticipiimx futuri, sondern praesentis. Jesam und budem sind zwei ver- 
schiedene Wortst&mme , wie bin , war , werde sein im deutschen 
oder sum, fui, ero im lateinischen u. s. w. 22. Bei der zweiten Auf- 
lage wird der Verfasser hoffentlich auch noch die Pronomina bei den 
Declinationen der Zeitwörter abstreifen, wozu: ja jesam, wenn jesam 
allein eben so gebräuchlich ist. Der Deutsche und^e meisten neuMi 
teutonisch-la4»inischen Sprachen müssen die Pronomina dazusetzen, 
weil ihre Conjugation sonst zu zweideutig wäre (z. B. sind ohne wir 
oder sie); diess braucht aber der Slave eben so wenig als der Grieche, 
Lateiner oder selbst der Italiener. Das slavische Volk sagt nicht: ja 
jesam, ausser wo der Sinn das Pronomen fordert; so wenig wie dem 
Lateiner sum und ego sum gleich bedeutet. 23. Interessant ist Seite 61. 
das ndela^ und ^dete^, womit der Serbe zum wollen antreibt, sowie er 
durch sein ne moj, ne mojte abmahnt. Erstere zwei scheinen von deti 
(d. i. das deutsche thun), wovon delati nur eine andere Form ist, 
herzukommen, letzteres aus dem Satze ne moj (nicht doch, mein 
lieber) verzeitwortet zu sein. Ist doch auch aus der Inteijection na 
(da hast's), was auch dem Neugriechen eben das bedeutet , der Plural 



319 

des Imperativs nate (da habt ihr*s) geworden. So: nu, nigtei und 
beinahe beweisend: je li (ist's nii^ht so?) jelite, woher auch, wenn 
wir nicht irren, das von Adelung nur zweifelnd erklärte deutsche 
geltl ein neues Licht erhält. 24. Da das Participium praesentis sieh 
immer nach der dritten Person des Plurals richtet (Seite 73.), so hat 
der VerÜEksser Seite 63. ganz Recht, oceci und ocevsi anzunehmen, 
wiewohl er übrigens wieder Lob verdient, dass er redlich gesteht, 
diese Verbum nie im Participium gehört zu haben. 25. Sehr interes- 
sant endlich ist Seite 105. und 106. der Anhang über die Unterab- 
theilung des serbischen Dialektes (der in allem von etwa 5 — 6 Mil- 
lionen gesprochen wird): a) Hercegovinisch in der Hercegovina, in 
Bosnien (sowohl von Christen als Mohammedanern), Montenegro, 
Dalmatieh, Kroatien und in Serbien oberhalb bis zur Macva, Va- 
Ijevo und Karanovac; b) Sirmisch in Sirmien, in der Backa, im 
Banat und in Serbien an der Save und Donau; c) Slavonisch bei den 
römischkatholischen Serben in Slavonien, Kroatien und Dalmatien. 
Der Hauptunterschied ist im Gebraoehe des jotierten e, d. i. je, 
wofür die zweiten bloss e und die dritten bloss i sprechen: vjera, 
vera, vira. Hätte Herr Vuk uns doch auch etwas über den bulgari- 
schen Dialekt gesagt, den man bisher für seijiisch hielt, von dem 
aber Becensent erstens bestimmt weiss, dass er, wie der Walache 
und Albaneser, einen Artikel gebraucht und zwar ihn dem Substan-» 
tiv hinten anhängt: ob er sonst, etwa in der- Bedeutung der Wörter 
oder endlich gar in der DecUnation vom serbischen abweicht, wie 
z. B. der diesem übrigens so nahe krainisohe, ist bisher völlig un- 
bekannt. Und doch wäre es nicht nur linguistisch, sondern auch hi- 
storisch wichtig, diess bestimmt zu wissen. In Bulgarien erscheinen 
wie in Krain die Slaven an 200 Jahre früher als in dem übrigen Illy- 
ricum. Cyrill soll die Bibel für Bulgaren übersetzt haben. 

Möge der Verfasser aus diesen Bemerkungen auf das Interesse 
schliessen, das uns seine Arbeit eingeflösst! Möge er, da er zuerst 
mit einem der edlen Entschlossenheit so würdigen E^olge in die 
Domheoke gedrungen, nun auch vollends die Bahn ebnen (da ja 
Mrkajlo verstummt ist). Möge er zugleich an ein Sprachinventarium 
sich machen, wozu in den Lexicis der Schokzen Micalia, Dellabella, 
VoUiggi, StoUi, femer in Habdelie, Jambresic und Belostenec und 
sogar in P. Marcus und Gutsmann, ja auch in altslavisehen und rus- 
sischen und sogar in polnischen und böhmisohen Wörterbttehem so 
viel Vorrath angehäuft ist, den er ganz der treue und verständige 
IMUnn wäre zu sichten und zweckmässig zu benutzen! Qeme erbietet 



320 

aioh Becensent, im EklbrdeirangsfiJle äinen Verleger liiclit nur zs 
Sachen, Bondem auch za finden. 



XLL 

Walaehisehe Spraehe. 

rpa/i/iariKT) PisUfiaviüT) . ijroi ManEbovoßXajiiKij. Roma- 
nische oder Macedono-walachische Sprachlehre. Verfasst und 
zum ersten Male herausgegeben von Michael G. BojadschL 
Wien 1813. 228 S. Vorstücke 16 S. 8. 

(Wiener allgemeine Literaiurzeitung. 1814. 185—188.) 

Die walaehisehe Sprache (liniba romaneasca) soll laut der Vor- 
rede von vier Millionen Menschen gesprochen werden. Dagegen ist 
wohl kaum etwas einzuwenden, wenn man nicht bloss die Walaclia 
in Maoedomen, sondern auch alle walaehiseh red^ade in der MoMr 
Walachei und Siebenbürgen zu dieser Volksmasse z&hlt. Auchki 
Vorzug, dass sie nach ihrem Baue und Wohlklange &st gleiehni 
Rang mit ihrer mehr ausgebildeten Schwester, der italienischen, be* 
haupte, wird ihr kaum jemand streitig machen. Schwerer möchte es 
sein, ihren wahren Ursprung der Zeit und Abstammung nach ganz 
sicher zu bestinmien. Dieser Untersuchung wich Molnar, Verfiuser 
einer Toll8tftndiga:en Grammatik (1788.), absichtlich aus. Vom Herrn 
Bojadschi, da er sich kürzer &ssen wollte, war diess noch weniger 
zu erwarten. So yiel ist indessen gewiss, dass sie, das wenige fremd- 
artige, das die Romaneasca sp&ter aufgenommen hat, abgerechnet 
ihre Abstammung aus dem lateinischen nicht yerläugnen kann. Frei- 
lieh ist der lateinische * Stoff durch nicht ganz bekannte Umstände 
anders geformt worden, aber doch inuner auf eine Art, die wir auch 
grossentheils im italienischen wieder finden. Dort forihte si«h die 
Sprache so, hier anders, aber doch inuner auf eine ganz ähnliche 
Art. Sie kann und muss also unter die lateinischen Tochtersprachen 
gezählt werden. Daher nun die einheimische Beneniiung-Romaki , ein 
Walach, daher auch der Name Vlach, den die'Slaren den Walachen 
und Italienern beilegen. Auch germanisdie Völker dbdfaten sich' unter 
Walch dasselbe, daher Wälsch und Walaoh. Gern hfttte Bectasent 
erfahren, ob irgend etwas und was eigentlich in der macf^cmiach* 



321 

waJafohifiobeA Mundart sohon früher geschrieben worden seL Davon 
aber steht keine Sylbe in der Vorrede. Es seheint also wohl nicht, 
daas die im Süden der Donau wohnenden Walachen sich je der 
Bücher und Schriftart ihrer Brüder in der Moldau und Walachei be- 
dient haben. Diese nahmen seit dem fünfzehnten Jahrhunderte das 
slaviAche Alphabet an und passten es ihrer Sprache an. Herr Bojadsqhi 
wählte dazu das lateinische. Er musste abo, weil das walachische 
mehr Tdne hat, zu zusammengesetzten Schrifizeichen - wie sc, es, 
seibat zur Beschnörkeiung des j und e seine Zuflucht nehmen. Er ge- 
steht aber selbst, dass nur durch die Erfindung einiger neuen Zei- 
chen dieser Noth am besten abgeholfen werden könnte und sagt aus- 
drücklich: d^ Beispiel des ganzen Westeuropa, dessen gründliche 
Ghrammatiker alle über diese Methode (der Combination mehrerer 
Laute) seufzen, sollte uns zur Warnung, nicht aber zur Entschuldi- 
gung oder gptr zur Nachahmung dienen. ELier heisst es also: video 
meliora proboque deteriora sequor. Da lob' ich mir den slavischen 
Sohrifterfinder pTrill im neunten Jahrhundert. Aber auch dieser &nd 
noch nicht bei allen Slaven Nachahmer. Bei dieser nothdürftigen 
Combinationsmethode blieb die Aussprache mancher Laute noch 
sdiwankend und unbestimmt, wie bei j und z. Das erste Capitel 
erwartet also noch seinen Mann, der für die Bomaneasca ein ange- 
messenes Abc erfinde. Im zweiten Capitel vom Tone wird nur der 
Aoeent (') und der Apostroph (') berührt, von der Stelle des Tones 
aber in zwei- und mehrsilbigen Wörtern gar nichts gesagt. Warum 
sind nioht auch die Verba auf ere mit dem gedehnten e von jenen mit 
dem kurzen e unterschieden worden? In dem dritten Capitel von der 
Verwandlung der Buchstaben wäre ein deutlicher leichter Überblick 
sehr zu wünschen gewesen. Sehr gewöhnlich werden k und p ver^ 
wechselt. Blan vergleiche keptu mit pectus, patru mit quatuor, optu 
mit octo, lapte mit lacte, keptinu, ich kftmme, mit pectino u. s. w. 
Da die Deoliiiation die Bestimmung des Geschlechtes voraussetzt, so 
sollten im zweiten Theile das fünfte Capitel vom Geschlechte der 
Substantive und das siebente von der Bildung der weiblichen Namen 
ndt dem zweiten verbunden werden oder doch wenigstens vor dem 
dritten Capitel stehen. Nicht erst Seite 26. bei unu und wieder 
Seite 34., sondern schon Seite 16. bei dem bestinunten Artikel lu, le 
h&tte erinnert werden sollen, dass die romanische Sprache nur zwei 
Geschlechter kennt. Sonderbar könnte es scheinen, wie die Romanen 
darauf verfielen, den bestimmten Artikel hinten anzuhängen, wenn 
es nicht in die Augen fiele, dass dieser Artikel aus dem Demonstra- 

21 



322 

tirum ille, das im Latein sowohl ror als nach einem Worte stehen 
kann , entsprungen ist. ^) Im sechsten Capitel hatten doch einige 
Analogien, nach welchen der Plnral gebildet wird, angegeben wer- 
den sollen. Man wird aber bloss auf den Sprachgebrauch yerwiesen, 
da doch Molnar hier gut Torgearbeitet hat. So wie die Deolination 
Yom Artikel und den Vorsjlben a und dila abh&ngt, ebenso einfiieh 
ist die Steigerung der Adjectire durch die Torgesetzten Partikeln ma 
und cama: bunu, Comparativ ma bunu, SuperlatiT cama bonu« In 
einigen Zahlwörtern yerlässt der Romane seine lateinische Mutter 
und schmiegt sich an das slarische an. Denn 11. und 19. sind gerade 
so aus der Grundzahl, aus spre (über) und aus sace (10) zusammen- 
gesetzt, wie im slavischen vermittelst na (über): treispresace gleich 
trinadeset u. s. w. vergleiche auch treisaci (dreissig) mit trideset. 
Suta, im Plural sute, ist aus dem slavischen sto entstanden. Sonst 
fiel Recensenten noch auf truplu, Leib, slavisch trup, Rumpf; bicu. 
Stier, slavisch bik, wobei doch zu erinnern ist, dass der Romane 
auch tavru (taurus) kennt. Calgerij^, Klosterfrau, nahm er wieder 
dem Slaven aus dem Munde, nachdem dieser dem griechischen r»aX6' 
ytpos seine weibliche Form (i^a) gegeben hatte. Sogar der deutsebe 
Thurm hat sich bis nach Macedonien verirrt: turonlu. Doch scheint 
Recensenten die macedonisch-walachische Mundart viel reiner zu sein 
als die walaehisch-moldauische. Der Name cerasharlu, der Jonius, 
vermuthlich vom lateinischen cerasa, Kirschen, heisst bei Molnar 
junie. Sollten die macedonischen Walachen auch fär andere Monate 
eigene Namen erfunden haben? Die Auszüge des Infinitivs are, ere 
(mit langem e vor re), ere (mit kurzem e) xmd ire machten vier Con- 
jugationen nothwendig, denen die drei Hilfszeitwörter amu, ich habe, 
voi, ich will, und eseu, ich bin, vorangehen mussten, da mehrere 
Zeiten mit Hilfe derselben gebildet werden. Unter den Nebenwörtem 
zeichnet sich die Form eashte vor anderen aus: nemceashte, deutsch; 
romaneashte, romanisch, d. i. walachisch. ImSjntaxe wird Seite 143. 
von Conjunctionen bloss gesagt: einige werden bald vor-, bald nach- 
gesetzt: diese einige hätten ja namentlich angeführt werden sollen. 
Wenn Seite 116. auf der deutschen Spalte drei Oeschlechter genannt 



') Dar Materie nach allerdingt; aber da die lateinische Sprache keinen Artikel 
hat, so mnsfl der Walache den seinigen der Form nach aas einer Sprache 
her haben, die ihn hinten anhängte; so wie der Italiener, Franzose und 
Spanier den seinigen der Materie nach anch aus der lateinischen, aber der 
Form nach aus der dentschen hat, die ihn Torangehen iSsst. R«d. 



323 

werden, da steht auf der griechisclien richtiger navrds yivovs^ worun- 
ter wohl nur zwei verstanden werden müssen. In den romanisch, 
griechisch und deutsch abge&ssten Gesprächen Seite 145 — 211. wird 
manches von Einbeck, Nordhausen, Gotha 'erzählt, aber von den 
Wohnsitzen und Beschäftigungen der Walachen. in Macedonien 
kommt darin gar nichts vor. Die Fabeln und Erzählungen Seite 
212 — 228. sind bloss walachisch abgefasst. Übrigens muss Recensent 
noch hinzufügen, dass diese kurze und erste Anleitung gar gut dazu 
dienen kann, wozu sie Herr Bojadschi bestimmt hat. Die Verglei- 
chung aber dieser Mundart mit der norddonauischen überliess er 
dem Leser. 



Lxn. • 

Die Slayea im Thale Besia. 

* < 

(VftteiUhidUohe Blatter. Jahrg. IX. 176-*180.) 

Die krainischen oder mit einem anderen alten Chronikennamen, 
die Karentaner Slaven, die die Geschichte so wie die bulgarischen 
um hundert Jahre früher als die Kroaten xmd Serben in Illyricum 
findet, ohne die Zeit und Veranlassung ihrer Einwanderung angeben 
zu können, machen dermal in Krain, Kärnten, Steiermark, Provin- 
zialkroatien und Westungem an anderthalb Millionen Seelen aus. 
Zwar will der Steirer und der Kroate kein Krainer heissen und um- 
gekehrt (und geographisch genommen haben sie alle Recht), aber 
die Sprache beweist unwidersprechlich , dass diese zerstückelten 
Beste eines vor und zu Karls des grossen Zeiten mächtigen Stammes 
zusammen gehören: sie sprechen alle eine Mundart, die zwar in 
dieser grossen Ausdehnung — von Görz bis an den Plattensee und 
von dort herauf bis an die Thore der Kaiserstadt Wien, wohin sie 
wöchentlich ihr Geflügel und dergleichen Seilerstattartikel zu Markte 
bringen — und bei so langer politischer und geographischer Tren- 
nung ihre Unterarten hat und haben muss, aber in der grossen Clas- 
sification der slavischen Mundarten wie böhmisch, polnisch, russisch, 
serbisch einen gemeinschaftlichen Charakter behauptet. Noch zur 
Zeit der Befbrmation, ehe Ferdinand I. einen Theil Slavoniens Kroa- 
tien taufte, hiessen diese Slaven bei den deutschen Nachbarn mit 
einem gemeinschaftlichen Namen die Windischen, die oberen und 
die unteren Windischen; ein Name, der jetst nur nooh den kärnt- 
nischen und steirischen und allenfalls in der Form Vandalen den 

21» 



324 

westungrischen Slaven geblieben ist. Die Geschidite des lomburdi- 
schen Diaconus Paul, des Sohnes Wainefried's, und anderer Chro« 
niken jener Zeit sind voll von den Kriegen dieser Slaven (so nennen 
sie sie mit dem blossen allgemeinen Namen des geaaounten slayischen 
Volksstammes , der in allem über fon&ig Millionen a&äUt : die 
deutsohe Benennung windiseh ist eben auch allgemein und das deut« 
sehe Synonymon fiir Slare) gegen die Herzoge yon Friaul und von 
Baiem. Damals scheinen sie auch zahlreicher gewesen zu sein, da 
sie, wie die Ortsnamen zeigen und wie selbst aus Urkunden erhellt, 
wovon Heyrenbach einige bekannt gemacht, in ganz Steiermark uad 
Österreich bis nach Baiem und Tirol hinein verbreitet waren. Die 
Chronik von ihrer Bekehrung zum Christenthum durch salzburgische 
Mission&re, der berühmte libellus de conversiene Curantanorom, ist 
zwar viel besprochen und gelobt, aber bei weitem noch nicht ganz 
erkl&rt worden. Möchten üch ^ch von kärntnischer Seite die Jenulle 
und P. Eächhom seiner recht ernstlich annehmen und von steirischeri 
kroatischer und ungrischer Seite, in welchen Gegenden so viele 
Ortsnamen zu erkl&ren sind, die Supancide, die Kovacic^l Die 
Wiener Handschrift dieser Chronik iv&re noch zu vergleichen, bfw»- 
ders wegen der Eigennamen, die oft v(m denen in der Juvavia ab- 
weichen. Von diesem höheren Standpuncte aus werden wir den nachr 
folgenden Beitrag un4 die durch ihn vielleicht werden venailasst 
werden, nur um desto genauer zu würdigen wissen. Es sifid Noluai 
über eine karentanische Pi^re in einem Thale des venetiaaisehen 
Friauls, aus den Papieren des berühmten polnischen Bedsenden Chna- 
fen Johann Potocki, die uns vergönnt ist, ai^ der reichen slavischen 
Bibliothek des Grafen Ossolinski hier mittheilen zu dürfen, zur 
Vergleichung mit einem ähnlichen Aufsatze in Dohrovsky's Slavin 
Seite 120. Unsere Hauptabsieht dabei ist, jetzt, da diese Pfiure 
auch österreichisch ist, durch diese Mittheilung irgend einen der 
dortigen oder doch nahen Geschichtsforscher und Statistikeir zu be* 
wegen, die Untersuchung über diese lange unter Venedigs Herrschaft 
isolierten Kareptaner zu erschöpfen. Potocki's Aufi^^ i^t ursprüng- 
lich französisch i die Anmerkungen sind, wie man sehen wird, vom 
Übersßtzer. 

Notiz über ß.ie Besianer. DieBesianer bewohnen im veae- 
tianischenO Friaul^das Thal, wo der Fluss Besia*) beginnt» s^wei 



*) ßtt^ Poi^»oki rmpb on die nemuuger Jahre. 
■) A«C den Karten Ret»». Wie uit*B deofa recht? 



325 

Stiihddil (Hetieli) obcfr Baacittta , einem Marktflecken (petit bourg), 
TTo man PfeMe "Wechselt, wenn man über Pontafel (Pontieba) in Ita- 
lien einbricht. Dieses Völkchen hat 2000 Communicanten, eine ein- 
zige P&rre und rier Dörfer, deren Nameli S. Giorgio, Niva, 
Of»6aco uiid Stolvizifta. Die P&rrkirche liegt atif einer Anhöhe, un- 
gefithr gleich weit entfernt von den vier Üöifem. Diese Anhöhe 
heisst il Prato (cBe Wiese). Man findet dort zwei Wirths- und einige 
andere H&user. Die Resianer sprechen eine slavische Mundart, die der 
kamisdien(ducamien) *) am nächsten ist; doch rerstehen sie denKamer 
nur mit Mfihe *) und sie machen auf eine gabz andere Herkunft An- 
spruch. Da das Thal sehr unfruchtbar und steinig ist, so verlegen sich 
viele fSnwohner auf den Handel. Die übrigen leben dürftig. Die Frauen 
besonders sind zu harten und schweren Arbeiten verdammt. Die 
H&ttsjjr haben keine Rauchflinge (Schornsteine). Die Zimmer sind 
gewölbt. Sie machen das Feuer in einem Winkel und der Rauch geht 
sur Thür oder zum Fenster hinaus. Die P&rrregister gehen nur bis 
auf das Jahr 1590. zurück. Vor 1590. hatte ein benachbartes Kloster 
die Seelsorge in diesem Thale. Die Familien, die in diesen alten 
Kirchenbüchern vorkommen, bestehen noch alle. Ihre Namen sind 
ButuI, Folador, Cueus'), Brida, Hrug, Bilina, Quaja, Mosnik, 
Medot, Lon|(hiBd, Leonardi, Bobatz, dement, Letich, Palette, 
Tranefaon, Pidich und einige andere, die ich nicht habe leAen kön- 
nen. Bin sonderbares Denkmal hat sich in der Sprache der Resianer 
efrludten. Sie nennen einen Priester Jero. oder Jerun. ^) Diese Benen- 
nung ist griechischen Ursprungs und scheint zu beweisen, dass die 
Resianer zu einem der slavischen Zweige gehören, die ihren Glauben 
von den Ghieohen und nicht von den Lateinern erhalten haben. Und 
doch ist ihre Sprache nur eine Unterart von dem Dialekte ihrer 
Naehbam. Die Seelsorge wird immer an einen Oeistlichen vergeben, 



*) Kfl zeigt sieh aus dem folgenden , dass der Reisende damit kArntniseh 
sagen will. 

*) VieUeieht gehOrt ilir Dialekt za der Unterart, die bei GOrz ttblioh ist und 
worüber ein kleines bisher ganz unbekannt gewesenes Dizzionario italiano e 
scbiaro Ton einem Pater Alessio da Sommaripa, 1607. in üdine gedmckt, 
Schreiber dieses nnlAngst in einer Tersteigerang erstatten hat. , 

*) Auf einer anderen Stelle Cuns, welches richtiger scheint, da der Name Kos 
(d. i. kos, Amsel) hftnfig ist. 

*) Es w&re wesentlich zuerst zu wissen, ob sie ihn wirklich so nennen. Schrei- 
ber dieses zweifelt daran. Der Kritik des Reisendan macht sein immer wieder- 
kehrender Einwurf Ton Seite der Mundart Ehre. 



326 

der in diesem Thale geboren^ ist. *) Der gegenwärtige P&rrer heifiat 
Johann Micelli und sein Vicär Anton Brida, beide unterricditete und 
zuvorkommende Männer. loh kann die Ge&lligkeit, mit der sie mir 
alle gewünschten Aufschlüsse gaben, nicht anders als sehr rühmen. 
Hier folgt das Vaterunser, das sie mir dictierten und das ich mit der 
polnisoheu *) Orthographie niederschrieb, die sie selbst sehr geeignet 
fanden, um die Laute ihrer Sprache auszudrücken. Ich stelle das 
kamische Vaterunser (en camien) zur Seite, sEur Beurtheilung des 
Sprachunterschiedes. Besianisch. Ochia nasz, käse tu nebe, swi^n 
bode wasze ime, prjrdy k nam wasza kraiuska, bode zdiedana wasza 
Yolontad takoy w nebe passe na zemie, dayte naün nasz wsakiedennie 
kroch, otpustete nam nasze dolga, takoj 7 my odpusztiemu naszy 
dolznikom, ne peyte ') nas tu tentation, ma wybronite nas od hudaha, 
taku bode. Karnisch. Ocha nash, kir si v nebesih, posvezhenu bodi 
tvoie ime, pridi k nam tvoie krajlestwo, sgodi sie tvoia yola koker 
na nebu taku na zemli, dai nam danas nash wsakdaini kruoh, inu nam 
odpusti nashe dolge, koker my odpushamo nashim dolshnikam^ inu nas 
ne opeli v skushmavo, temu nas reshi od hudiga. Amen. Die pohdsclie 
Orthographie schien diesen zwei Geistlichen um so besser, da sie, ohneei 
zu ahnen, etwas von unserem gestrichenen I haben. ^) Sie selbst scki- 
nen, da sie wenig schreiben, keine festgesetzte Orthographie zu habea. 
Hier folgt jedoch der An&ng einer Christenlehre, die der Pfarrer selbst 
geschrieben und womit er mir ein Geschenk gemacht, wiewohl er 
keine Abschrift weiter behielt. Das Original habe ich mit einigen 



*) Ganz natürlich, weil die Yenetianer keine anderen Staren Ton diesem Dia- 
lekte hatten und Ausländer nicht anstellen mochten. Österreich wird auch 
Krainer, K&rntner, Stdrer hinschicken kennen. 

*) Dem ist bei weitem nicht so! Die Orthographie ist bald polnisch bald krai- 
nisch bald renetianisch bald keine ron allen , wie sich Jeder selbst über- 
zeugen kann: z. B. gleich das erste Wort ochia hatte polnisch ocsa geschrie- 
ben werden müssen; das ocha im hämischen tiefer unten ist keines Ton allen 
dreien , sondern ganz Tcrfehlt , statt oea kärntnisch , ocza polnisch , ochia 
Tenetianisch n. s. w. 

*) Peyte ist ein Venetianismus oder Parisismus statt peljiti d. i. führet (denn 
der resianische Geistliche ihrzet unseren Herr Gott nach italienischer Mode) 
Statt Ij (1 mouilld) spricht der Yenetianer und der Pariser j: z. B. tagliare 
und tailler wie tajare und ta\'^. 

*) Ist das gewiss? Oder hOrte der Pole nur, was er wünschte? In Krain und 
K&rnten spricht man wohl t statt des polnischen t, wie in der Lausiz and 
wie zum Theile in Polen selbst. Meint der Graf damit nur dieses • ao hat 
er Recht. 



327 

anderen Fragmenten der Art der Bibliothek des Grafen Maximilian 
OsBolinaki zugedacht. Craica ^) dottrina cristianca. ') B. Du te ie 
ereal ami ohial *) na ti svit? R. Buh. B. Du ie Buh? R. Creator anu 
hospodin ot nieba anu ot zemje. B. Che ie Buh? R. Sou nebbe tana 
semje anu tu Tuaschin *) mestu. 

loh will diesen Auszug nicht fortsetzen und gehe zu den Tradi- 
tionen der Resianer über. Ich habe schon gesagt, dass sie behaupten, 
einen von den kärntnischen Slaven (Slaves de Carinthie) verschiedenen 
Ursprung zu haben. Einer von ihnen erzählte mir, dass der selige 
Peter Zimolo, Dootor der Rechte und Advocat in Gemona, einmal 
in ihr Thal gekommen war und ihnen gesagt hatte, dass ihr ganzes 
Völklein von einem einzigen Menschen von Attila's- Suite abstamme, 
der sich in diesem Thale angebaut und dessen Aufenthaltsort Hospo- 
dizza geheissen habe. Aber Dr. Zimolo hat nicht gesagt, wo er die 
Geschichte dieses Menschen von Attila's Suite her habe und hat sein 
Geheimniss ins Grab genommen. Zu Attila's Zeit waren die Abdachung 
der Ejirpathen und die Ufer der Theiss (richtiger Teiss, slavisch 
Tisa) bereits ron Slaven bewohnt, die auf der Peutinger'schen Karte 
Venadi Sarpiatae heissen. Diese Slaven gehorchten dem Attila und 
ein Slave konnte leicht in dessen Suite sein, als er Aquileja bela- 
gerte. ,Aber gewiss sprechen die Resianer nur eine Unterart des 
k&mtnischen Dialektes (dialeote cariuthien). Die anderen Dialekte 
sind: der Karosz ') oder der kärntnische selbst, der Kozak oder die 
Mundart von Roseneck und der Krainc oder krainische. Die Sprache 
ül>erhaupt heisst slovenske iezjk, die Leute Slovenci und Klagenfurt 
Slovac. Windisch ist ein bei den Deutschen üblicher Name. Ich er- 
laube mir noch einige Bemerkungen über die alte Geschichte dieser 
Gegenden. In meiner Urgeschichte (histoire primitive) glaube ich die 
Beweise fiir die Identität der Veneter des adriatischen Meeres mit 
denen des Golfo di Venetia, d. h. den Slaven bis zur Evidenz getrie- 
ben 2U haben. *) Die Veneter nannten Okra den Abhang, der sie von 



^) Wohl cratka d. i. kratka. 

*) KriitgaiiBka? 

*) Djal? Man sieht, dau die üaliuerteD Priester viel w&lsohes hineinmengen, 

Tielleieht mehr ans Bequemlichkeit als aas wirklicher Noth. 
*) Wohl vsakim? 
*) Richtiger Korosec, der K&mtner, po korosko, kärntnisch, und unten Kranjec 

und po kranjsko. Klagenfurt heisst Celo?ec und seine Etymologie hat mit 

sloT gar nichts zu schaffen. 
*) Indessen gibt es hierin noch der Zweifler und — der Zweifei selbst genug! 



328 

den Karniern trennte. Strabo sagt uns £eses und ich glaube 9 SasB 
das Wort (Okra) Grenze bedeute: Kray, Krayka, Krajca (sie) be- 
deuten alle Rand, Ende. Das Wort Ukraina muss das nämlielie be* 
deutet haben. Die Kamier, die die Okra von den Venetem trexinte, 
waren keine Slaven. Hätten sie und die Veneter zusammengehört« 
so hätten die Sehriflsteller es bemerkt, denn immer interessierte der 
Völkerursprung wie heutzutage. *) Aber Veneter und Kamier, Japi- 
den und Libumier, alles ward zu Römern umgewandelt in den ersten 
Jahrhunderten des Reiches der Cäsaren. Da nun die heutigen Kar- 
nier ihren ganzen slavischen Character beibehalten haben, so folgt, 
dass sie von den Slaren herstammen, die unter Justinian über die 
Donau herübergekonmien sind. Diese neuen Bewohner des alten Kar- 
niens waren gegen Westen von der nämlichen Gebirgskette Okra be- 
grenzt, die die Veneter gegen Aufgang begrenzt hatte. Sie nannten 
diese Orenze Kraina und das ist es eben, was die Deutschen hentsa- 
tage die Krain *) nennen. J. Potocki. 

n. Ein anderes Blatt, das wir hier das Nr. 2. nennen woUol 
enthält gewissermassen die Skizze des ersteren. Dobr ohon (?). 
Don Giovanni Micelli. Don Antonio Brida. II Prato. Sl Qe/orf» 
Niwa, veut dire champ laboure. Oseako, veut dire un prä ior 
chable. Stolwizza. Pietro Zimolo , docteur en droit a QemoA 
et avocat, disoit avoir des preuves historiques ou docoments, qm 
prouvoient que les Resiens (sonst nennt sie der Oraf Resianiens) 
venoient d'une seule famille, arrivee avec Attila. II demanda ou etdt 
un lieu appele Hospodizza; on lui montra une' masure, qui portoit 
effectivement ce nom. Ochia nasz, käse tu Nebe, swietu bode wasze 
ime, piyde k nam wasza kraiuska, bode zdielana wasza trolontad, ta- 
koy to nebe, pa se na zemie. Dayte nam nasz wsakiedennie kroctu 
odpustete nam nasze dolga, tako y mj odpasztiemu naszjm dohsnikom 
(scheint beinahe ein Punkt über dem z: dolznikom, was recht w&re), 
ne peite nas tu tentation, ma wybronite nas od hudaha. Taku bode. 
(Der englische Gruss.) Salutana bodete Maria, punczaha hra- 
ozjia, hospod ie z wami, zehnana we ste tami zenami, zehnan ie te sad 
ot waszaha zwota Jezus. Sweta Maria, mater boha, prosete za nas 
brysznikie y nian anu to horo od naszey smerti. Taku bode. (Der 
Glaube.) Ja se werien (sie) na Boha ochia, ka more wsie (omnipo- 
tente von der Hand des Grafen selbst), kriatoria od xtebba anu od 



') Solchen Gründen fehlt wohl Tiel noch zur Erideiu:! 

*) Wie Jung ist der Name BLrain? Siehe das Chronicon Gotvicense. 



329 

ziemie, aau Jesusa Christasa naha tiamha sjnu naszaha hospuda, 
tjka ie hj\ conoepen ot swetaha daha, powet ot Maiya Vergine, patel 
ta pod Pontio Pilato, byl ghian na krysz mor anu nodi&n (sie, ob la- 
ciinam; ridetut podian), aie ne zlizat du pekle, te tretni djn aie wstal 
oteoh mertvycli, a iszhal tm nebbe, an seddy tana tey tesniey nike od 
boha ochie ko moizzi (rielleicht more, wie oben ka more wsie, wo 
auch das e in more anfangs i war). Otu an tie prjt iudicat te zywe anu 
te mertwe. Ja se weriem (sie) na swetaha duha, na sweto cyrkwo ka- 
tolik, komunion o te swetich, odpuszczenie od grychu, wstat swet 
z mysom, sypiost nemer etemum. Tako bode. 

Nr. in. (Zahlwörter). 1 dan, 2 dua, 3 try, 4 cztyry, 5 pet, 
6 szeist, 7 sedem, 8 osem, 9 dewat, 10 desat, 11 danaest, 12 dua« 
naest, 13 trynaest, 14 cztemaest, 15 petnaest, 16 szestnaest, 17 se- 
demnaest, 18 usennaest, 19 dewetnaest, 20 duaeste, 21 duest nu 
dan, duaste nu dwa, 30 trysty, 40 sztrady, 50 peterdo, 60 szesterdo, 
70 settendo, 80 osendo, 90 dewerdo, 100 stu, 1000 miar. 

Le plus aireiennes ecritures de la paroisse sont de 1590. 
Butul. Folador d^Osseaco. Guus. Brida. Hray (Hrag? Hrug?). Bilina. 
Quaia. Mosnik. Modot. Longhino. Leonardi. Bobatz. Clement. Le- 
tieh. Paletto. Tranchon. Pielieh (Pielich? Pielich?). 

Nr. IV. Ohon, Feuer; ehlaua, Kopf; roke, Hand; nohe, Fuss; 
oczy, Augen; nuz, Nase; usta, Mimd; ueha, Ohr; Brada, Kinn 
(menton); lassi, Haar; hisza, Haus; dan serein (terein), eine Wiese; 
pot, Weg; palioa, Stab; niwa, Acker; czluwiek, muz, Mensch, 
Mann (bloss homme); zena, Weib; na chti, Tochter; danotrok, ein 
Knabe; otia, Vater; mati, Mutter; brater, Bruder; sestra, Schwe- 
ster; stryz, Oheim; stiyna, Tante; kon, Pferd; prasatz, Schwein; 
praszezet, Ferkel; kraona, Kuh; ouol, Ochs; ouca, Schaf; ovan, 
Widder; koza (omisit Ziege); un bei homme, lip muz. 

So weit der Pole Potocki. In DobroYsky's Slayin Seite 120. befin- 
det sich eine ähnliche Nachricht über diese Resianer und ihre Sprache 
Gaut dem Index) yon dem dort gewesenen Feldpater Anton IHssely, 
einem Böhmen. Sein Wörterverzeichniss mögen unsere Leser, denen 
daran liegen kann, selbst dort nachlesen, aber die statistischen Daten, 
da sie ganz kurz sind, mögen zu schnellerer Vergleichung hier wieder- 
holt werden. „In einem Schreiben vom 14. April 1801. verzeichnete 
mein lieber Slavin, Anton Pissely, einige windische Wörter, die er 
im Thale Resia, am Flusse gleichen Namens, zu Bustis, einem Doife 
dieses Thaies, gesammelt hat. Das Thal liegt im venetianischen Ge- 
biete, f&nfisehn italienische Meilen von Udine, und wird von 



330 

7000 Menschen, die von Ackerlmu und Yiehsaoht leben, bewohnt. 
Die slavifleh redenden gehören zu dem windiBchen Stanune, der sich 
in Krain und E^ämten seit dem sechsten Jahrhundert *) ausgebreitet 
hat. Ihr Vateriand nennen die Bewohner des Thaies dum Resia.' Dör- 
fer des Thaies sind: Austis, *) Oseaeo, Niwa, *) Stolwica, Powiej, 
wo man firiaulisch spricht. Flüsse und Bäche heissen: Resia, der 
Hauptfluss des Thaies, Gerne Potok, Risatik, Puto. Namen der 
Berge: Posgost, über dem äussersten Dorfe Stolviza; Kanina, über 
St. Giorgio; Bnunand, über Brunuu^d. Gegenden: Plananica, Stolac, 
Zlebac. Den Abschied nahmen die Leute, mit denen sich mein Slarin 
unterhielt, mit den Worten: a wj stujte zdraw d. i. auch ihr bleibet 
gesund. Die Slaven in der ganzen slayischen Welt wünschen einander 
Gesundheit und was können sie sieh besseres wünschen! Was hat 
grösseren Werth als das Horazische mens sana in corpore sano! — 
Würe doch meinem Freunde auch die Frage von den Bewohnern des 
Thaies Besia beantwortet worden: Wie nennet ihr euch, wenn ihr 
euch von den Deutsche];! und Italienern unterscheidet? Wie" heisst 
euere Sprache? Ich yermuthe, dass sie sich wie die Windischen a 
Krain und Kärnten Slovenci und ihre Sprache slovinsl^ jezik nenn« 
Ein zweiter Bote dahin mag künftig diese Vermuthung zur v^öU^ 
Gewissheit bringen.^ 

So weit der Böhme Dobrovsky. Diesen zweiten Boten ferdgn 
wir hiermit an Herrn Jamik in Klagenfurt ab*) mit der Bitte, diese 
imsere Daten selbst und mit Hilfe seiner Resiaaer Bekannten genau 
(Wort für Wort und Satz f&r Satz) prüfen, berichtigen und allenfelh 
▼ermehren zu wollen. 



*) Wo ist der historische Beweis fQr dieses Datum? 

*) Welches oben Rnstis hiess? Welches ist das rechte? 

•) Sprich iiji?a. 

*} Und wir (der Heraasgeber dieser Schriften) an Herrn Georg Caf in FnmlieuD. 



331 



XLin. 
VSlkerknnde. 

Slavonien und zum Theil Kroatien. Ein Beitrag zur Völker- 
vmd Länderkunde, theils aus eigener Ansicht und Erfahrung 
(1809. — 1812.), theils auch aus späteren zuverlässigen Mit- 
theilungen der Insassen. Von Johann von Csaplovics. Sunt 

hona mixta malis. Pest 1819. 2 Theile. 8. 
Srster Theil: Ansichten des Landes, topographische Frag- 
mente. Volk, dessen Haus- und Feldwirthschaft, Sitten, 
Gehräuche, Sprache. XXXII und 239 S. Zweiter Theil: Die 
orientalische Kirche in historischer, statistischer, hierar- 
ohiBcher und kirchlicher Beziehung. Schulwesen und Li- 
teratur der Serbler. Civilgerichtsbarkeiten. Militärgränze. 
Verkehr mit den Türken. Anhang: Trenk's Panduren. 

Nachrichten über die Türken. 387 & 

(VateriAndisdie Blätter. Jahrg. XII. ähronik Nr. 50-5!^.) 

Aus diesem Titel erhellet zur Genüge, was der Leser in diesem 
Buche suchen darf. Auch ist der Verfasser, der (Seite XXXII) die- 
ses Werk, „was den Umfang anbelangt, für seine erste literarische 
Sünde'' ausgibt, bereits aus Joumalaufsätzen und eigenen kleineren 
Schriften als einer unserer talentvollsten, besonders humoristischen 
Schriftsteller rühmlich bekannt. 

„Das Kleid, das Taube 1777. dem Kinde Slavonien sorgsam 
zuschnitt, deckt den nunmehr gross gewordenen Jungen nicht gut. 
Lasst uns nun zu einem neuen Rock das Mass nehmen und Slavo- 
nien, so wie es jetzt ist, zu zeichnen versuchen." So erklärt Herr 
von Csaplovics sein Vorhaben im Eingänge seiner Vorrede. Wenn 
wir gerne zugeben, dass Herr von Csaplovics ein modernerer Schnei- 
der ist als Taube und er&hmer als z. B. der Pester *) Miniaturmaler 
von Slavonien, und dass im ganzen sein Kleid den gross gewordenen 



') Herr ton CsaploWcs bemerkt, dass bei diesem Werke der Dmckort Pest 
Pseudonym stehe statt Wien. Der Kritiker soll aber, wie schon Lessing be- 
merkt hat, nichts behaupten, was er nicht aus dem beurtheilten Werke gut 
machen kann. So müssen auch wir Terschweigen, dass das vorliegende Werk 
»SlaTonien« des Herrn ron CsaploWos «i Wien erschienen ist, denn es führt 
Pest im Schilde. 



S32 

Jangen besonders in der Feme gut deckt, so wird uns Herr too 
Csaplovies auch nicht übel nehmen, wenn wir ihn aof einige fiüsehe 
Schnitte und ungleiche Stiche aufinerksam macheif , die von einem 
Meister wie er nur um so mehr verdriessen. Und zwar glauben wir 
Herrn yon Csaplovies vor allem die Gerechtigkeit erweisen sa müs- 
sen, nicht zu besorgen, dass er unsere wenigen Ausstellangen dem 
Brotneide oder der Künstlereifersucht zusehreiben werde; wir er- 
klären zum Überflusse, dass wir auf keine Weise zu den Meisten 
selbst, sondern nur zu ihren Kundschaften geboren: daf&r wird uns 
aber Herr von Csaplovies auch seinerseits einr&umen, dass doch audi 
der Kunde diess und jenes am Kleide tadeln darf, wenn er selbst es 
auch nicht einmal so gut gemacht h&tte. Wofür seid ihr d&an und 
heisset Schneider, darf er sagen, wenn ihr es nicht ordentlieh, also 
besser machen könnet als wir Laien? Und wenn der, der den Schnli 
trägt, besser weiss, wo er ihn drückt, als der Medster, der ihn ge- 
macht hat, warum sollte das nicht eben so gut vom Bocke gelten? 

Herr von Csaplovies, ein protestantischer Slovak aus dem Nea- 
sohler Comitat in Oberungem, verwaltete von 1809. bis 1812. eis 
griechisches Consistorialamt (IL 217.) in Slavonien. Daher ü 
„eigene Ansicht und Elrfkhmng^ des Titelblattes; daher wohlmei 
die „Mittheilungen der Insassen^', f&r welche alle er aber im Gnok» 
da er uns keine nähere Gewähr bezeichnet, doch wieder allein eb- 
stehenffnuss« Tantum credam, quantum probaveris muss um so mAs 
auch gegen ihn gelten, da er, wie wir sehen werden, seiner G^eistes- 
verwandtschaft mit Voltaire ungeachtet, den von diesem emeaerten 
Grundsatz: Zweifel ist der Anfiing des Wissens nicht immer vor 
Augen gehabt hat. Um so genauer müssen also wir uns daran halten« 
Und so lasst uns denn an der Hand dieses kritischen Zweifels seine 
zwei Bände durchgehen, und anmerken, was wir nicht glauben su 
können glauben. (Aber warum lieber die Mängel des Buches auf- 
suchen als sein gutes? Antwort: Aus dem för den VerfEisser sehr 
ehrenvollen Crrunde, weil des letzteren ungleich mehr darin ist und 
wir daher zu unserem und des Lesers Vortheil mit der Rediensefaaft 
eher fertig werden, wenn wir nach Abzug des nach unserer Meinung 
unrichtigen alles übrige unseres Wissens für gut und richtig gelten 
lassen.) Herr von Csaplovies ist uns nicht jener Horazische CSioeri- 
lus, quem bis terve bonum cum risu miror, sondern sein Homer, von 
dem er sagt^ dass es ihn ärgert, wenn e^ dann und wann nickt: 
idem indignor, quandoque bonus dormitat Homerus. 



383 

% 

Herr Yon Ce^lovies bestreitet (S^te V.) den Bericht des 1816. 
in Pest erschienenen Miniatorgem&ldeB, dass die Serben zu Weih* 
.nachten die eintretenden mit Getreide beschütten; «v^eder er noch 
sonst jemand in Slayonien wisse von einem solchen Gebrauche etwas. 
Und doch beschreibt Vuk's 1818. erschienenes Lexikon (sub badnjak) 
diesen serbischen Gebrauch. (Der Hausherr, der mit den Weihnachts- 
baumst&mmen ins Haus tritt, wird mit Getreide beschüttet.) Da die 
anderen umliegenden Christen von diesem Gebrauche eben so wenig 
wissen als Herr von Csaplorics und die katholisehcD Kjrainer an 
ihren popertnik etwas ähnliches haben , so dürfen wir vermuthen, 
dass es ein christlich modificierter, altslayischer Gebrauch sei. 

Seite YII. Es sei nicht dem also, dass, wie das Miniaturgemälde 
behauptet, die „üuoLLen noch keine Bücher in ihrer Sprache hätten'^. 
Und doch gibt er selbst (II. 297.) zu, dass der grösste Theil der von 
ihm als serbisch angeführten Literatur halb slavenisch, und nicht 
eigentlich „raazisch^ sei. Das Miniaturgemälde hat daher streng ge- - 
nommen so Unrecht nicht, denn slayeno-serbisch ist so wenig ser- 
bisch als Meriini C!occaji Macaronica lateinisch oder italienisch sind: 
der Hauptunterschied ist nur der, dass die slayeno-serbischen Bücher 
bei weitem nicht so witzig und lustig sind als Meriini Macaronica. 

Seite XL „Die klösterliche Bretglocke soll an die ersten christ- 
lichen Gemeinden, die keine Glocken haben durften, erinnern ?** 
Möglich, dass Herr von Csaployics so berichtet worden: aber durf- 
ten diese ersten Gemeinden denn mit Bretem zur Versammlung läu- 
ten? Wie konnte Herr von Gsaplorics so etwas glauben? 

Seite 4. „O Gott! dein Pannonien ist sehr schön!" Gewiss, in 
so weit es Gottes Pannonien ist: doch sollen, wie Kenner behaupten, 
Schlangen mancher Art dem Menschen diess Paradies zur Hölle 
machen. Und warum denn noch immer Pannonien, auch am linken 
Donauufer? Herr von Csaplovies ist doch zu gut fär des Anonymus 
Aftergeographie. Da loben wir uns den sprach- und sachgerechteren 
alten Weidspruch: Extra Hungariam non est rita, aut si yita, non 
est ita! Non est ita kann von allen Seiten wahr sein und die ganze 
Welt zufrieden stellen; aber freilich auch des paradiesischen Ungems 
Entvölkerongy wie des nebligen Englands, des morastigen Hollands 
Bevölkerung erklären! Lässt man die Etymologie Pannonia vom 
böhmischen pan, der Herr, also Pannonien für ein Land von Herren 
gelten, so hat der Anonymus auch Recht und die Bevölkerungsfrage 
ist gelöst: der Herren können nicht riele sein (oO« dya^dv ^aXt;« 
«oipavi^) und — wer ist gerne Knecht, selbst im Paradiese? O dettiens I 



334 

ita serras homo est? soll noch deit Juvenal in manchen Paradies« 
ein Problem sein. 

Seite 9. 99 Die Ruinen Mursia's (Morsa's) sind zum Bellyer 
Damme y er wendet worden/' Also auch hier wohl znch geschichtliche 
und Kunstmonumente mit vernichtet! Wann werden doch unsere so 
dicht gesäeten Schulen wenigstens Beamte bilden, die alte ülonu- 
mente nicht wie blosses Baumaterial betrachten, wann die vielen 
Museen vor allem die inländischen Schätze in sichere Verwalirung 
nehmen , wann die Directoren von Antikencabineten nicht nur da£ 
Eingesandte in Empfang nehmen, sondern auch selbst Forschungen. 
Nachgrabungen veranlassen; wann endlich Academiesdes Inscriptions 
auch bei uns entstehen fiir den so classischen als universalhistorischeii 
Boden Pannoniens, Illjricums, Noricums etc.! Wo ist z. B. jetzt die 
in Essek auisgegrabene, fiir die Lage des alten Mursa entseheideode 
Inschrift: Divo Hadnano Mursenses conditori suo (I. 23.)? 

Seite 12. ,4^oszayina, Slovonska etc.^ Der Ver&sser war za 
bequem, eine gleichförmige Orthographie in Schreibung der skn- 
sohea Namen sowohl als der sonst vorkonunenden slavischen Spridf* 
muster zu befolgen, so dass man sagen muss, dass von dieser Säst 
sein Buch unzuverlässig und daher fast ganz unbrauchbar ist; ^ 
ist die Orthographie kroatisch wie hier in Poszavina, bald slavonisA 
wie in Slavonska, bald ungrisch wie in Pozsega, varos, bald deuts^ 
wie in Poscheg, bald slovakisch wie in chram, bald gemengt wie in 
Jaszenowacz; so auch die Sprachmuster, statt rein iUyriseh zu sein, 
meist quoad grammaticam stark slovakisierend oder sonst unillyriseL 
wie: Jesu li vech dobro zreli für zrele oder jeszu li was buve dobro 
mortifidrali für mortificirale, nadrmaj malo sebliwe für schljiw& etc. 

Seite 25. wird die alte ungrische Gastfreundschaft eines slavo- 
nischen Grafen gerühmt. Die Slavonier und alle Slaven überhaupt 
können hier mit Recht über die Parteilichkeit des Herrn von Osaplo- 
vics klagen, dass er die Gastfreundschaft, die in Freund und Fein* 
des Munde durch die ganze Geschichte hindurch als ihre ausgezeich- 
netste Nationaltugend gepriesen wird, zu einer ungrischen machen 
will. Wir wollen damit der ungrischen alten und neuen Gastfreund- 
schaft nicht im geringsten zu nahe treten, aber rügen dürfen und 
müssen wir solchen unhistorischen, gewissenlosen Magjarismus eines 
Slovaken. Dlic experimento didici, quod ante fama rulgante cognovi, 
quia nuUa gens honestior Slavis in hospitalitatis gratia, sagt der 
deutsche Helmold aus dem zwölften Jahrhundert, und so alle alten 



335 

und neuen! Und der Slave von Csaplovios möchte die Slaven auch 
aus dieser Tagend deposBessionieren? 

Seite 32. »Der Kaffeesieder yon Pozsega, ein gebomer Esseker, 
^w^ar mit seinem Aufenthalte daselbst f^ehr unzufrieden, und wenn er 
einem jeden Gaste einen solchen Widerwillen gegen diese Stadt ein- 
flösste wie mir, so hätte er verdient ohne weiteres yerjagt zu werden.^ 
Ei, ei, diess ist hoffentlich nur (schlechter) Spass von Herrn you 
Csaplovics, denn sonst müssten wir denken, dass er nur für seine 
Opppsition Toleranz verlangt, alle andere aber ohne weiteres zur 
Thür hinausgeworfen haben will. In seinem Buche müssen Osler- 
reicber, Wiener, Katholiken etc. sich dicenda tacenda sagen lassen: 
wir sind aber sicher, dass Herr von Csaplovics nachher wie vor un- 
angefochten in Wien wird herumspazieren können. Diess erinnert 
uns an die Anekdote von den spartanischen Gesandten im Theater zu 
Athen. Als dort ein athenischer Greis, Platz suchend, die Reihen 
seiner Landsleute vergeblieh abgegangen hatte und endlich vor die 
Spartaner kam, standen diese nach spartanischer Sitte, die das Alter 
zu ehren gebot, sogleich auf, um ihm Platz zu machen. Das Theater 
erscholl vom Beifall der Athener, die Gesandten aber sprachen zum 
Greise: die Athener wissen wohl, was schön ist, aber es zu thun 
überlassen sie lieber anderen. 

Seite 33. „Bunik, Szubotics, Kaiser, Gatinelli, Haller sind 
Namen biederer Männer, deren Gesinnungen gegen mich in mehre- 
ren Gelegenheiten sieh unverkennbar aussprachen.'^ Ohne im gering- 
sten an der Biederkeit der genannten Männer zu zweifeln, bemerken 
wir Herrn von Csaplovics freundlich, dass diess Lob ein wenig nach 
Protection und sogar nach Selbstlob riecht: das ist ein braver Mann, 
denn er ist mir gut; das ist ein gescheidter Mann, denn er denkt so 
wie ich; oder gar, wie jener Husar sagte: Baron Z*** ist ein braver 
Mann, denn er fuhrt guten Wein. 

Seite 38. „Der Markt (Pakracz) hat seinen ordentlichen Richter 
und sechs Senatoren, welche in vor&llenden Streitigkeiten gerin- 
gerer Bedeutung das Recht nach Erfordemiss auch mit Gerundien 
aufs Leder sprechen.^ (O Gott! in deinem Pannonien solche 
Gerundien, solche Humoristen!) Oder Seite 203. „Die jungen 
Weiber küssen ihren Müttern, ihren Schwiegermüttern, Muhmen 
und sonst betagteren Freundinen die Hände und werden von die- 
sen aufs zärtlichste umklaftert und auf die Wangen, noch mehr 
aber auf die Stime abgeschmatzt ete.^ Man wird uns hoffentlich 



S36 

keiuer Empfindelei beachuldigezi, wenn wir bedauern, dass diese 
und ähnliehe Äusserungen einen humpristiseben Sehrifiateller ganz 
neuer (ungriseher?) Art bezeichnen. Wir verlangen mit Becht tod 
jedem wahren, würdigen Sehrifi;steller mentem diriniorem und 
melioris luti praecordia. Heiliger Yorik , bitte für deine Nach- 
folger, dass ^ie, wo nicht deinen Geist, dooh dein Herz haben ! 

Seite 206. Herr von Csaplovics erzählt uns nicht, ohne Seiten- 
hiebe, wie die Katholiken den griechischen und lutherischen Geist- 
lichen nicht die Etikette erweisen als ihre eigenen Gemeinden; er 
sagt uns aber nicht, wie es reciproce geschieht, was wir doch Yor 
allem wissen müssten, um billig urtheilen zu können. 

Seite 206. Der Artikel über die kroatische und slaronische 
Sprache, auf dreissig Seiten, ist einer der fehlerreichsten (weil dazu 
der blosse Witz am wenigsten hinreicht, sondern unerlässlich Vor- 
kenntnisse und Geduld mit erfordert werden). Es ist zweimal fidsch. 
dass die „Bücher der katholischen Slavonier ganz kroatisch gesduie- 
ben sind^. Weder die Orthographie ist kroatisch noch die Sprache. 
Das ohne allen Grund fiir ein „kroatisches Earchenlied^ ausgegebene* 
aus einem defecten alten Gebetbüchiein ausgeschriebene und Her 
zum zweiten Male abgedruckte Lied von der Hölle ist erstens ^ 
kroatisch, sondern slavonisch (serbisch), und zweitens kein Kiitii»- 
lied, sondern ein Gebetbuchlied, ein Priyatlied. Herr von Csaplones 
will es bloss als „kroatische^ Leseübung hier wiederholt abgedradt 
haben (es stand schon früher in der Wiener Literaturseitang): 
schreibt er es etwa dem P. Kochern zu? Oder will er zeigen , daa 
er über die Hölle lachen kann ? Prinz de Ligne würde ihm gesagt 
haben: Yoila du mauvais ton, Monsieur de Csaplovics. Man könnte 
glauben, nur in katholischen Dingen sei Herr von Gsaplovios, aus 
angebomer dünkelhafter Verachtung, so ungenau; man würde ihm 
Unrecht thun : er ist im serbischen nicht genauer. Unmöglich können 
ihm dooh die (Seite XVI.) erwähnten „bewährten Kenner^ 00 riel 
fidsches übersehen oder gar hineingebracht haben. Der Buchstabe 
zemlja ist sehr dunkel durch ein hartes z erklärt; es ist das c der 
Neugriechen, das z der Franzosen, Ungern, Kroaten» Böhmen, 
Polen; das zelo ist jetzt ein Duplicat von ihm, daher es auch die 
Bussen weggeworfen haben. In der Darstellimg ist sowohl das il als 
das I, das %, h, u, v durch j repräsentiert. Das X ist durch eh 
repräsentiert, nach welcher Orthographie? Antwort: nach der slo- 
vakischen oder nach der deutschen, während das IK, 8, H etc. es 
nach der ungrischen sind. Falsch ist das B als je angegeben; nur die 



83T 

Ra8aeac)iiil»en diese Figur ab reines e, as. B. dxo, das ]ISolio; bei den 
neuserbieehen Sckriftstellem ist e gleich je. Auch riele s- Zeichen 
will Herr ron Csaploncs im slarönisohen Alphabet gefiönden haben;, 
wir sehen nur ein einziges. Dann f^nsLg der Uebe Himmel wissen und 
der heilige Cjrill rerantworten, wozu 41 Buchstaben sein.^ Wenn 
HeiT y<m Csaplovies erst gewnsst h&tte, dass ihrer nicht 41, sondern 
gar 48 sind! Aber warum fragte er seine „bewährten Kenner^ nicht 
genauer aus? Denn dass man alle diese Hexereien auch hier auf 
Erden noch versteht, beweist Vuk's serbisches Wörterbuch, in des- 
sen Einleitung eine serbische Grammatik und die umstftndliehe Be- 
sprechui^ aller 48 Budistaben. Auf festerem Boden ist Herr von 
Gsaj^yies, wenn er Seite 216. und 216. über die schwere Buohsta* 
biermeÜiode' der Serben sich lustig macht, die eine Folge ihrer oft 
ewei-, auch -dreiBflbigen B^chstabennamen ist. Schon die alten Bd- 
mer lachten in dieser Hinsicht die Griedien aus mit ihrem alpha, 
beta etc. , da sie selbst so glücklich gewesoi waren, Ton den Etruskem 
das ein&ehere a, b, c etc. gelernt zu haben. Da die Russen nach 
Herrn ron Csaplovics diese schlechte Methode bereits verlassen haben, 
so werden die Sei*ben (wiewohl sie nach Herrn von Csaplorics wenig 
Notiz von den Bussen nehmen) doch auch bald nachfolgen (man 
braucht desswegen den mehrsjlbigen Namen des Buchstabens nicht 
zu ignorieren, noch den Buchstaben umzutaufen; man lehre den 
BüDaben nur. Namen und Bedeutung des Buchstabens unterscheiden 
und lasse ihn, wenn es schon buchstabiert sein soll, nut nach letz- 
terer,- der Bedeutung, buchstabieren). 

Seite 217. Herr von Csaplovics hieÜk einst die slarische Kirchen* 
spräche f&r die Mutter aller heutigen slavisohen Mundarten, bis ihn 
die Nachricht, „dass auch die altindische l^prache slavische Wörter 
enthalte,^ stutzig, machte. A^eh Dobrovsk;^ erkennt die MutterschafI 
nicht an, auch Schlegel nicht. Doch lasst uns einstweilen noch die 
altslayische Kirohenspradie als Mutter aller heutigen stavischen 
Mundarten annehmen. Also glaubt Herr von Csaplovics, weil Nase 
und uasu6, Auge und oculus, Ohr und auris, Kopf oder Haupt und 
caput , Lippen und labia, Z&hne (österreichisch Zent) und dentes 
Ub s. w. eitjmologiseh eins sind, so ist die deutsche Sprache keine Mutter- 
sprache? Oder weil bekanntlich die lateinische Sprach^ zur Hidfike 
griecUfliih ist, so ist ne desswegen nicht die Mutter der heutigen 
italientsehen , fin^izAsischeii , spanischen^ portugiesischen, walachi« 
sdien, romanischen etc.? Kann denn Herr von Gsaplovics nicht sehr 
wohl (wenn nicht sonst frigidus obstiterit ciroum praecotdia sangois) 

9Z 



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imt Stihun^ater einer Desdendeiip irerAeii wu Alndmaiv tbUte ot u 
ttafttd^eader Linie a^h ais Niihrod'ii Ur« Ut^ Un ür* Ur^ e4&i Vette 
evfimdea wenixan ? Döbrörakjr erkeant diese Mttfeterediaft anl gam 
iniePBB Chrflnden lücht an\ aus weloheo wir cto denn aaeh Herrn tdi 
OsaploTioB nicht gestatten könnten, sie aneh nur einstweilen anso- 
nehmen , insofern er aas dieser erwiesen &behen Annahme etw» 
folgern wollte'; sonst mag er va seiner Zerstreanng und Uni»rlialtaiif 
anndunen^ was er will. Herrn ron Csi^iimcs' Oorre<!tioii: slariaa fm 
elaironioa lingna (Seite 219.) ist ein wihres Pendant aur Koaaeru 
und Kaaserin, die er sich (Seite XVH.) doeh beide TniietAn., Nur 
hftk es hier schwerer das wahre Wort an dndsn^ da es nooh nick 
existiert Der stinrisohe and kärntnische Winde nennt seine Spracht 
filoT^msld, der Slorak slovansld, der Slavonier slavonski; alle drei 
sind yerschiedeM; wie soU man eine jede derselben auf iateiniscli 
nennen, um nicht missFerslanden zu werden? Das aUslaTisdhe will 
auch alayica heissen; und slavisoh ist sonst auch rom Genus ULblioh, 
das alle Species und Variet&ten mitbegreift. Wichtiger w;ireea» wenn 
sieh die Bemerkong (Seite 219.) bestätigte, dass nämUeh die sbra- 
kisefae Mundart mit der- sltslaTisohen, wenn auch nicht (wie doefa 
Herr von Csafdorios glaubt) weit näher, dach überhampt niher ver- 
wandt sei als die heutige serbische und dass ein Sioyak die Evange- 
lien der Serben besser rerstehe als der Serbe selbst. Aber Ten den 
vier Beweisen, die Herr von Csaplovics ausser seinem pendnlaokeQ 
Besserverstehen qua geborner ijlovak vorbringt, verdiente köeilsteiie 
das u^aomie einige Beachtung, um weiter an foraehen, ob nioht noch 
mehr Slovakismen in der slavischen Kirehenspradie vorkommen, 
woraus vieUeieht folgen würden dass der heilige Oyrill und Method 
die Übersetaung nicht schon in Thessalonich oder unter de» Bulgaren« 
sondern in Pannoilien and Mähreü, an Swatopluk's Hofe, miAäb ahne 
slovakiseheMitarfaeiter, gemacht hätten. 

Seite 2S0. ^Die serbische Spradie hat dia meisteii Werter aus 
der altslavisehen entlehnt au&uweisen.* Dieäs ist eben so nakritiseh 
gespreohen, als Wenn man sagte, dass die dentsohe Sprache die mci« 
sten Wörter ans der altdeutschen oder der gethisehen antkbnt auf« 
anweisen habe. Nein! sondern diese Wörter sind beiden seit nndenk» 
Uoben Zeiteii gemein. — Ein Fünftel der serbischen Sprache aoU 
tftrkiseh sein ? Hat Herr von CsaploTies ordentlich gereohnet oder 
sich nur von Idrehenslavischen Feinden der eerhisehen Sprache be« 
schwataen lassen? Also müssfan unter den 30^600 Wärtern in Vuk's 
Lexikon 6fHH) türkisch sein. Herr von Csaplovies «ählel Eine aweitt* 



Frage iat dtfnn, db «Ue di«M tflridaoben Wdiier au^ Mangel tiffbmt 
oder nur aliä naehbarlichar Beqtiomlichkeit waa dem Serben gelmuifilif. 
werden. Die Tom Herrn Ton Oiaploriee dan Ungetfn imgewaadten 
djak , auirra, makar tko, kokos^ vilajet, da^, er^, aeb 
dürften iheils Ton SUren, iheila von den Türken reelamiert werden: 
kokos , sreea a. B. eiifd olin^ ireiters rein elaTiBoh, 00 wie mator 
unter den lateimaoh sein eoUenden; die hier den Franaoeen ringe« 
aohrieben werden» aind gewisa nieht aus dem franaoeieehen : keasa 
z,, B. ist türkisch und.heiaet der Beutel, nicht die Caeee (eaicise)« 
NiMdi aoleher Reohnnng wundern wir uns nur, dase nidbt mehr ald 
B/oht Sprachen herauskommen, aus denen die serbisdie au%eführt 
aei. IHus wahr^ ist: die serbische (sonst auch illjrisebe) Mondaart, 
von 4 — & MiUicnen geepit>chen, ist so wie die böhmische« polniedbe, 
raesiBehe, kroatische, krainische eine slavische Mundart, die ihre 
eigene, sehr geregelte Grammatik bat wie die deutsche; sie ist 
eben so w^ug eine Mengsprache, als es die altslayische oder ihre 
obgenamitett Sehwestem oder die deutsche ist. Dass sie theils nach' 
der Natur der Sache Erfindungen der Nachbarn sammt ihren Benen- 
nungen sieh angeei^ef , theils ohne Noth aus blosser Bequemlichkeit 
und naolibariicher Verträglichkeit einige türkische, deutsche, italie- 
niBche, aingrisohe Wörter mitgebraucht, ist nicht ärger, als wenn 
die deutaehe, die russische, polnische Sprache jrespectiFe das n&m'- 
lide tfaun. Die künftigen serbischen Belletristen werden solches ver- 
meiden, wie^es die deutschen etc. au vermeiden suchen. Auch dem 
aerbiaehen Campe ist in Vuk's Lexikon aum Theil schon rorgearbei- 
tet. Die katholisdien Dalmatiner, Bagnsaner etc. dichten und schrei- 
ben in Aeser Sprach seit mehr als dreihundert Jahren; dass sie bei 
den griechischen Serben sich erst jetzt (seit 1783.) hervorauaiineiten 
anfingt, daran «nd die obscuri viri Sehuld, welche sie immer als 
einen unadireibba^ti Pöbeljaigoa vWachrieen und sich auch jetat 
noch ibrem Auflcommen nach Kräften widersetaen, so dasH dieses 
nicht nach der Summe, sondern nur nach der Differeaa der hierfaei 
wirkenden Kräfte Ibrtaeln^tet« Aber auch hier wird wie überall 
Vernunft und Wahrheit am Ende siegen. 

Seile 223. erläutert Herr von Csi^lovies das slovakisohe durch 
serbiaoh und altslavisdh, meist unkritisch: jeeam soll altshiviaeh 
sdn, das slovakiaehe sito vom serbischen sitno (nicht umgekehrt) ab« 
geleitet werden eta' üben sd unkritisch, mitunter aueh pktt, gemein 
iat die Vm^eiehung des alovakisehen und des serlnschen Seite 
224. — 228.; hosa isi ja auch im serbischen die Sense wie im slova* 

22 ♦ 



9t0 

kisehen, so: kupiti, poikova, Ti&e, nid, tniifi, panMty bck, nov, oii, 
brdo n. s. w. Profiud (ganz ungrammatis«^) ist tue Brkläniiig des 
flertiischen ako bndes vidio durch: wenn du wirst hast gesehm; Herr 
Ytm Csaplovics muss also auch si fueris hortatus tfbersetsen durch: 
wenn du wirst gewesen sein ^ast aufgemuntert. Vidio ist ein dem 
hortatus gan&^entsprediefndes Pajrticipium, Herr ron Csaplovics ent- 
schuldige sich nicht damit, dass er ,,nur eine leidite Idee von der 
serbischen Sprache habe geben wdlen^. Die richtige wire eben so 
leicht gewesen (da er seine Aufeätze ror dem Drucke y,bew6hrteD 
Kraunem^ mil^etheilt hat) und zugleich ftr ihn rühmlicher so wie fiir 
den Leser nützlicher. Es ist nichts als eine gerechte Anforderung an 
den Schriftsteller, er mag mit grossen oder kleinen Ansprüdien auf- 
treten, dass ihm Principien und leitende Ideen üb^ dasjenige be- 
wohnen, worüber er spredien will; z. B. in unserem FVdle hier über 
Sprache, Dialekt, Sprachreinheit, Wohlklang etc., welcher letztere 
z. B. mehr darin besteht, dass die Sprache riel Vocalendungen habe; 
diess ist's, was die härteste slavische Mundart noch iimner sehr 
cjuphonisch und singbar macht. Statt des eben so unkritischen als 
unnöthigen Trostes wegen der vorgeblichen Härten der. serbischen 
Sprache hätte er uns besser ein oder anderes Muster, z. B. ans Vuk 's 
serbischen Volksliedern, vorgelegt. Dieser Trost machte auf Beferao- 
ten den nämlichen Eindruck, den des polnischen Bischöfe Sestren* 
czewicz Trostgründe wegen der nur in seinem Kopfe existierenden 
Abkunft der Slaven von ehemaligen Sdaven machen müssen : die 
Herren mög&a es wohl gut meinen, aber das Unglück, worüber sie 
uns trösten wollen, ist ja nur eui Geschöpf ihres halben Wissens: an 
ihnen ist's, vorerst dieses zu ergänzen. — So weit der erste Theil. 

IL Seite 6. Der Vortheil , der der orientalischen Kirolie von 
Seite, der griechischen Sprache nach Voltaire ' zu Gute geschrieben 
wird, muss doch bei den Slaven wieder abgeschrieben werden? ' 

Seite 9. wird das fünfte Jahrhundert nach CEhristo'noeh asur Ur* 
weit gerechnet! 

Seite 12. ereifert sich der Ver&sser über die Benennung Aka- 
tholiken; sie sei um kein Haar besser, als wenn man das Wasser 
Nichtfeuer od^r Niohtluft , den Sohn Nichtvater oder Nidhtmutter 
nennen möchte. Und doch gebraucht er selbst Seite 217. den um 
kein Haar besseren Ausdruck Nichtohristenl Unangenehm und iin« 
artig mag ein negativer Name sein , aber unlogisch ist er nidkt 
Artig ist aber, von orthodöi nidits zu sagen, z. B. der Name Evan- 
gelischer doch auch nicht: klingt es nicht, ald wären die 



B41 

Feinde -des £Tiuige]Miins9 Also aiiefa lüer. ilukcos intra muros peoeatar 
' et extra. Wer. will der geeobeidtefe sein, der nädigibt?, 

Seite 14. Über den Namen Walachen, den die ka^oliiächen 
Kroaten, Serben, Krainer, so wie die tdk*kischen Bosnier den grie- 
chiseh gläubigen db^baupt (als solehen ebne Untersolued, ob sie 
wirUieb Walaehen oder 'Griechen oder Slaven sind) geben, b&tte 
Herr von CsaplQvics aus einem Volksliede von 1804. in Vnk's Siunm^ 
long eine classisehe Stelle beibringen können : 

„Sieh, von da sind's nun fünfhundert Jahre, 

Dass der Serben Zarthum untergangen, 

Und erobert haben wir vdas Zarthmn, 

U|id getödtet zwei walacb'sehe Zaren: 

Den Konstantin mitten in Zarigrad *) 

Lftngs dem §arac, längs dem kühlen Baehe, 

Und den Lazar *) auf dem Amselfelde^ eto. 
Seite 106. Warum fragte Herr von Csaplovics seine „Kenner^ 
nicht, was sydozia ^gentUch ist Ist es etwa sjndoxia? 

So ist Seite 107. anthymis geschrieben fär antimis d. i* äyn« 
jifjv9iovt anttmensium« 

Seite 131. IH^ ist nidit als Jesus Homo SaWator zu erklftren, 
sondern ist nur Abkürzung dieses Namens mit grieohisohen Buch- 
staben: IHS statt des ganz ausgeschriebenen IHCOYC oder JHJFOTJSi 
das lateinische S ist nicht etwa aus dem ältesten' Alphabete aufgenom- 
men, sondern war auch sonst im Mittelalter statt des C oder 2 üblich. 
S«te 133. Die slaVisehe Tortur der griechischen Inschrift* des 
geweihten Brotes: IC XG NIKA (NHKA ist sohlechte Orthographie), 
d. i. Jesus Christus si^, ist ein Beispiel, wie slavische Halbgelehrte " 
fitseln ktanen; es soll altslansch und So zu erg&nzen sein: Jisus | 
Chxistos I nas na kreste | ize iskupi | kroriju { Adama, und diess soll 
zu übersetzen sein: Jesus Christus erlöset uns am Kreuze mit (sei- 
nem) Blute (und) Adam! N also wäre, beispiellos, die Abkürzung 
von drei Wörtern , woron eins mit k anfangt, H Ton zweien 1 Und 
dann die Obersetzung, die als selche noch fehlerhafter ist als der 
vorgebliche altslaviscfae Text als solcher! Herr von Csaplovics weiset 



*) Dep letzten Palftologen in Konstantinopel. 

*) Den serbischen Knes Lasar. Weder Konstantin noch Lasar war Ton Nation 
ein Walache und doch sind sie dem Dichter beide valachische Zaren. Walach 
ist wohl in diesem Sinne das statische Synonynion für das* griechische 
ow|fca7e$. 



842 

diea» Faidei mit der korsen Nachrieht zureeht, äMs dil^ Insdirtf 
griecbisch sei: über IG XC aei die titia (sidit slitni^a) an ihrer SteUe. 
über NIKA ]i]4)ht. 

Seite 219, Wenn die Katholikeii ihre grieehiscfa glftobigen Nadh 
bam und Broider Walaehen nennen, so rergelten es ihnen dieae mit 
Wueher dureh den Spitanamen Schokaen; ^weiss der Himmel, 
warum I** setst Herr von Osaployics hinan. Der Hinimel wird o 
freiUch wissen; aber auch wir haben von illyrischen Gelehrten BCj- 
mologien &us dem ungrisehen gehmrt (sok aa viele!) nnd wagen, bis 
der Himmel sich erU&rt, iMK^h eine ^mdere nach, nnserer Meinnng 
wahrere vorzuschlagen, vom italieiüephen seioooo, uns alles weiteres 
Commentars enthaltend (um nieht Herrn von Gsaplovios an seinem 
allen (besetzen der Anthropologie zum l^rotz angenommenen Schooss- 
kind, der beispieUosen Sanftmuth und Dnldaamkeitder orientalische! 
Kirehe,' irre zu ma^en). 

Se&e 283. Herr von Gsaplovios Jiält die morg^ändischen Chri- 
sten wirklich itir die „besten Christen*^. Aber woftr BMen wir nus 
ihn selbst halten? Wuram dbergeht er nicht zu ihiien? Hält er selbst 
die besten f&r nicht viel nütze? Oder ist Herr von Gsaplovies die 
Medea: Video meliora pröboque, deteriora sequor? 

Wie leichtgläubig übrigens Herr von Osaploviea in muekeD 
Pingen ist und wie sehr wir es daf&r nicht sein sollen, beweise fol- 
gende Seite 226. treuherzig hingetehriebeae Stdle: „Man wende 
s^e Augen nach dem unerraesslichen Reiche^ der Rossen, in wel- 
ohem die Sonne nie untergeht (I). Es hat an der Spitze einen der 
<>rientalisohen Kirehe zugethanen Fürsten, unter dessen Krone jedoch 
alle Kirchenparteien auf gleiche Weise behanddt werden und gleiche 
Freiheit, gleiche Beehte gemessen.^ Wir wünschen, dass d«n überall 
so wäre! Aber wer hat Herrn von Gsaplovios so fiüsch berichtet? Wir 
haben die 18)9. in Petersburg erschieneiien Institutionen' des russi- 
schen Rechtes vor uns liegen. Da wird 1. Seite 96. streng verboten, 
VQp d^ rechtgläubigen Kirche abzufidlen oder Reoht^äubige zum 
Ab&Ue zu übenreden (während in Osterreich jeder Katholik v<m sei- 
per eben po reohiglftubigen Earohe aUUlttsi daiQ. 2. Bei gemisohten 
Ehen fidlen alle Kinder der rechtgläubigen Kirche anheim (während 
sie in Österreich dem Geschichte der Altem folgep, fiJIs die Altem 
die Ab&IIserlaubniss nicht f&r sich selbst haben benutzen wollen). 
Herr von Gsaplovios muss^in Zukunft nieht so leichtgläubig seb 
oder weniger auf seine „bewährten Kenner^ und ihre wverlässlichen 
Naehricht^i^ pochen. 



m 



Seite 301. (vergleiche 368.) und 302. ist die Ableitung der bir- 
manoi (nicht, nach etymologischer Tortur, baronoroi) und der sere- 
zani, ersterer vom Baron Trenk,.leti&terer vom französischen sergent 
unrichtig. Ejrste're sind wohl vom Werben (im Provinziale angewor- 
benen Linientnippe^ , im 6egeiisats&e der Gi^epser), letztere gewiss 
von der deutschen Sehaar (Schaarwache), der italienischen schiera 
und zunächst vom ungrischen sereg abzuleiten , dessen End-g nach 
der gewdhnlidien slavischen Wohlklangsregel in z (ungriseh zs, fran^ 
Eösiach j, gelindes seh) übergeht. 

Fehler gegen die deu^che l^räche, wie: elegiatiseh, durchge» 
s<duiitten, hervorblinkelnde Thürme, dass er Flügeln er&nd, an 
Zipfeln (ohne Artikel), nichts weniger (als) mich bemühte etc. dürfen 
wir nicht rügen, so leicht sie auch dw Ver&sser selbst verbessert 
h&tte oder sie durch deutsche Freunde h&tte kdfinen verbessern las« 
sen. Aber der Vorwand, «dass er kein Deutscher sei und wirklidi 
sich keine Mühe gab, nach Floskeln am jagen ,^ ist für Herrn von 
(}saplovics doch gar zu schlecht; nach Floskeln jagen und rein 
schreiben sind zwei Dinge und es ist aus dem ganzen des Werkes 
nur zu offenbar, dass Herr von Csaplovics bloss zu bequem war, um 
Fehler wie die oben angeieigteB zu vermeiden, und .diese Bequem- 
lichkeit ist das Publicum allerdings 4>erechtigt ihm übel zu nehmen, 
sintemalen es aus mehr als einer Stelle seines Buches wahrscheinlich 
ist, dass sie, wo nicht von Verachtung, doch von einer gewissen 
Bravade herrühre, die ihren Lohnnidit doppelt einstreichen darf. 

Wir sind gegen Herrn von Csaplovics streng gewesen, einer- 
seits, weil er mit so grossen Ansprüchen auf Glaubwürdigkeit auf- 
tritt und anderersetts, weil er bei seinen unverkennbaren Anlagen 
es werth ist, dass man ihm die Wahrheit sage. 

Dass übrigens das Werk im ganzen angenehm geschrieben nnd 
in mehr als einer Rüeksieht interessimt ist, dass es unsere fiMatistik 
in mehr als einem Puncto berichtigt und bereicnert etc., glauben' 
wir schon anfrngs angedeutet zu habeq. 



344 



xuv. 

B e r i e h t i g 11 n g 

der „Berichtigungen*' des Herrn — y. 

(Vtterltiulisch« BUtUr. 1820- 83. 84.) 

£in Herr — y (siehe Hesperus, Beilage Nr. 4. sum 25. Band 
Seite 29.) will den Recensenten von Csaptoyies* Slavooien (sid 
VaterlAndificfae Bl&tter 1819. Seite 197.) ^berichtigen'«. Er sehlieflst: 
JDer Becenaent , dem es um Berichtigung v<m Irrthfimem sehr »i 
thon ist, wird mir hoffentlieh, nicht übel nehmen, dass ich naeh 
einem gleichen Ziele strebe^. Von ^übel nehmen^'^kann hier keine 
Bede sein; eher von Dank, wenn wirklich ^»Irrthümer berichtiget* 
worden* Wie aber, wenn es sich ateigte, dass wirkliehe Irrthümer. 
deren dem Recensenten selbst drei mehr oder weniger bedeatend^ 
von Freunden hadigewiesen worden, dem Herrn — j gar nicht «if* 
gefidlen und dessen yorgebliohe „BerichtigungeR'' hdehstena, »ud 
Theil selbst problematische, Zus&tse und Erl&uterungen zu jener 
Becension seien? Dann hätte natürlich Herr —y selbst die Übersehnit 
seines Aufsatzes und seine ganse Prfttension za berichtigen. Usafi 
ims diese „Berichtigungen^^ kiuz durchgehen. 

1. Herr — y gibt dem Becensenten gegen Herrn von' Csaplo^^ 
Recht, dass das Beschütten mit Getreide s&u Weihnachten wirklid) 
bei Serben üblich sei: nur nicht überall und nicht allein zu Weih- 
nachten. Der Recensent hatte aber weder das „überall^ noch i^ 
«allein^ behauptet. Übrigens wird bei Hochzeiten kein Mensch mit 
Getreide beschüttet wie zu Weihnachten, sondern die Braut schüttet 
es umher (als ein Omen des Überflusses : ein Aristophanee könnte es 
auch auf Verschwendung deuten). Von einer ähnlichen Gewohnheit 
bei Kirchweihfeaten ist uns nichts bekannt; Privateinf&lle städtischer 
Zwitter dürfen wir ignorieren. 

2. Wir glauben gerne, dass die klösterliche Bretglocke sich aus 
der Türkei hersohreibt. Da aber die Becension weder ja noch neio 
darüber gesagt, sondern bloss dem „verlässlichen und origiueileo 
Autor die Unzulässigkeit seiner Behauptung (urchristlicher Sitte) 



Nlmlioli 1. die SoUer^-Getpsaschaft heiut nicht die Neusohler-; 2. Herr ran 
CaapIoTioi ist kein Neneohler, eondern ein Honther (Honthentii) ; und 3. ^ 
gemitehton Ehen müiaen, wenn der Msnn katholisch >t, ei alle Kinder fM^i^ 



» 

vorgehalten hat, ^ so hat sie Herr — y durch diesen Zusatz auch nicht 
«»berichtigt^, sondern gleiohfiüls gegen Herrn ton Csi^ovies nur 
erweitert. 

3. Die Pannonia Valeria konnten wir dem Herrn Ton Csaployics 
mit allem ähnlichen schenken, weil er keine. Ansprüche auf 'antiqua* 
rische Autorität gemacht, und glaubten ihn nur da etwas genauer 
beobachten ^u müssen, wo er als „durch eigene Er&hrung und zu- 
verlässige Mittheilungen der Insassen'^ instruierter Berichterstatter 
in jetzigen Dingen sich ankündigt. Daher auch Mursa nur in paren- 
thesi als eine gute Variante, wegen Mursenses, angedeutet, nicht 
berichtigt worden. 

4. Wenn die lateinische Eitelkeit des Clerus und die dahin ein- 
schlagenden Spitzfindigkeiten in Ungern und Slavoniien bekannt sind, 
so sind sie es desswegen nicht auch in Deutschland. Und Herr von 
Csaployics hat doch für Deutsehland geschrieben? Wäre der Recen- 
sent^ein katholischer Geistlicher, so könnte er auch rielleicht noch 
bemerken, dass man hierin bisher desswegen noch zu keinem allseitig 
billigen Resultat gelangt« weil selbst die Ansprüche nicht auf allen 
Seiten gleich sind; z. 6. für einen verbi divini minister kann doch 
nur ein Protestant seinen Predi^r gelten lassen, nicht aber ein Ka- 
tholik , der ja eben gegen diese Göttlichkeit protestiert. Man lege 
sich bescheidenere Titulaturen bei (wie bloss mimstre in der franzö- 
sischen Schweiz oder noch besser Prediger in Deutschland) und der 
Unarten werden weniger sein. 

5. Der Recensent hatte von Csaplovics' renneinte Correction 
slarica lingim für slaronica, als aus Gründen unstatthaft, zurückge- 
wies^i. Herr ~jr gibt ihm, dem Recens,enten, ganz Recht und nimmt 
davon Anlass, eihe neue Motion darüber zu machen, deren Annahme 
oder Verwerfung nun abzuwarten ist. Heisst das aber ^berichtigen^? 

6. ,£ben so vorschnell zuversichtlieh glaubt Herr — j dem An- 
würfe des Recensenten von Slovakismen in der slavischen Kirchen- 
sprache bei£Ekllen zu müssen (also weit entfernt, ihn ^berichtigen^ zu 
wollen). Aber diese Sache ist nicht so leicht zu entscheiden^ als etwa 
Herr — y glaubt. Warum nicht? Weil der Text der Kirchenbücher 
so oft und so stark geändert worden, dass CrTrilFs Arbeit herzustellen 
beinahe so schwer ist als das Urevangelium ; weil, der bulgarische 
Dialekt uns noch so gut als unbekannt ist; weil noch nicht alles 
schon ein Slovakismus ist, weil es sich in dem wenig gestörten , nicht 
geschriebenenDialektederSlovaken längererhalten als anderswo u. s. w. 
Also langsamer, aber desto sicherer vorwärts; sat cito, si sat bene. 



346 



i 



7. EBdlich glaubt Herr —-j sogar ein aus aathentisclier Qaeü 
gMiz ordentlioh Mfegtes Factum aus der russischen Ctesetzgehung ax 
seine Faust wegerinnem zu können. (^So viel er weias^, ist in Ru£s> 
land der Ablall von der russischen zur römischen oder der protestu- 
tischen Kirche nicht verboten, sondern bloiss der Ab&Il zu den eig^ 
Ben Raskolniken und 9,die st^ gehässige'' Proselytttamacherei.) Diese 
„Erinnerung^ dürfen wir wenigstens unbesonnen nennen; da Herr — i 
keinen inneren Grund und kein äusseres Redit hatte» an der Aathen- 
tie jener so bestimmten Angabe in den 'Pag hinein zu zweifeln. Zu 
einer kleinen Busse erlaube uns Herr — j die G«generinnening, das» 
die „stets gehässige^ Proseljtenmacherei ^en unparteiischen Denkern 
in einem ungleich milderen Lichte erseheint, als den gedankenlose) 
Nachbetern gewisser einseitiger Parteisprüchlein. Was ist das enntes 
in mundum Universum praedieate evangelium omni creaturae iiD 
Grunde anderes als eine Sendung auf Proseljtenmacherei? (Wu 
wären wir alle ohne jene Proselytenmaeherei , die ja unseren heid- 
nischen Vätern auch gehässig war?) Was sind selbst ,,Berichtigu]h 
grai^, was am Ende die ganze Schriftstellerei anderes als Proadjteih 
macherei? Also die Sache, deT Zweck ist naturgemäss und psycho- 
logisch nothwendig: und schlechte Mittel, wer rertheidigt die? Wem) 
daher eine religiöse Gesellschaft ihr Glück und H^ nicht allgeom 
zu machen wünscht (rersteht sich noch einmal durch erlaubte ICttd^ 
das sokratische ddp ßu srcisi^f), so ist ifie nicht consequent; ja mm 
könnte sagen nicht wahrhaft religiös , weil sie , egoistisch , allein 
glücklich sein will. (Wie jener dort von den Juden behauptete, da^ 
sie sich nun um k^e Proselyten kümmern, auf dass bei des Messiif 
Ankunft die Dividende ftbr den Sa^ien Abrahams nicht leide.) SchoE 
Rühs hat den Bekehrungseifer und das Glück der lateinisdien Ejrche 
sehr richtig gewürdigt als ein Erzeugniss ihrer besseren VerftuMung 
(Hierarohie). Geht Ün und thut dessgleichen. Wer wirkli«di Redit 
hat, muss es ja am Ende auch behalten. 



S47 



XLV. . 

* 

Serbisehe LiteratBr. 

HapoAua cp6eica< ntcHapHiia , BSAs^na Bynowb CTe^aHOBHkeMi« 
Haerii BTopa. (Serbischos Vplkaliederbueh » herausgegeben von 
AVolf StefiEiiisofaii/ Zlreker Theü.) Wien 1815. 262 S. nebst 
4V2 S. Prännmerantehverzeicbniss und einer Musikbeilage. 8, 

(Wiener allgemeine Literatnrieitnng. 1816. 314—333.) 

D^r vortreffliche Herausgeher sagte in seiner, der gleichfolls hier 
erscheinenden hn Frieden erst immer vielseitiger und daher interes- 
santer werdenden serbischen Zeitung beigelegten, Pränumerations- 
anzeige : ,,Die Herausgabe des ersten Theiles seiner Yolkslieder- 
sammlung sei ein Werk des ohngeftiirs gewesen; die des zweiten 
habe von seiner Wahl abgehangen tind die eines dritten und vierten 
werde von der Theilnahme der Leser abhangen.** Wenn wir Herrn 
Vuk sclion für den ersten ungefähren Theil dankten« um wie viel 
mehr werden wir dieses f&r diese zweite gewählte Lieferung thu^, 
und wi& begierig der dritten und vierten entgegensehen! 

Der erste Tkeil ist von einem Deutsehen angezeigt worden, der 
dieser Lieder wegen hier (in Wien) serbisch gelernt hat. (Wir sind 
sicher, dass auch an ihm sich die bisher ausnahmlose Er&hrung be- 
stätigen werde , dass , wer einmal etwas tiefer in das slavische ge- 
blickt hat, dafftr Enthusiast wird.) TiTach dessen Wunsche hat der 
Heransgeber nun einige der vorzüglichsten Melodien in Musik setzen 
lassen und zwar durch einen auch slavischen Componisten, den ge- 
lehrten Mreoki, der seinem Vaterlande Polen als hofihungsvoller 
Musiker und Literator heranbltiht. Sieben Seiten alphabetischen , 
theils Wort-, theils Sachcommentars werden mcht nur den Auslän- 
dem , > sondern auch gebomen Serben willkommen sein. Bei der 
Dürftigkeit der bisherigen serbischen Lezica und der grossen Neu« 
heit der serbischen Welt (im moralischen sowohl als im geographi- 
schen Verstände) hätte man diesen Commentar eher noch reichlicher 
gewünscht. Oft zwar gesteht Herr Vuk freimüthig, diess und jenes 
selbst nicht zu wissen, z. B. welcher serbische König Ste&n es sei, 
der in Ledjan, das er auch nicht kennt, um die lateinische Prinzes- 
sin Roksanda gefireit und den sein Neffe, der unerkannte junge Held 
Vojnovid aus so vielen GefiJuren rettet; wo die Stadt Nesto^ 



348 

polje, wo Ozin liege; was die türkische Losung umet i Mnluune^ 
eigentUcJi heisse; was Sam för ein Land (es ist Syrien), was ilinei 
für ein Gewebe sri u. s. w. Wir loben diese seine Redlichkeit an eiA 
und auch dess wegen ^ weil, wir dadureli bestimmter wissen, was nod! 
a^u suchen ist. So erfahren wir bei dieser Oelegenheit-auch, das 
manche Wörter nur noch in Liedern vorkommen; wie: moma («l^« 
Mädchen), knpa (der Becher) und pehar (Becher) selbst* riznia 
(Kleiderkaauner), utva (eine Art Wassenrogels) etc.; dass manche, 
die in anderen Dialekten ganz frisch blühen, im serbis<jien unbe- 
kannt werden, wie lakom (habsüchtig), cura (Mädchen), cestit (ge- 
ehrt) u. s. w. 

Nebst diesen für den slavischen Grrammatiker im höheren Sinne 
sehr interessanten einzelnen Daten darf man von diesem aweiteo 
Theile der Volkslieder überhaupt den freilieh sehr auffidlenden, aber 
nichts destoweniger sehr wahren Ausspruch thun, dass diess das erste 
und bisher einzige Buch sei, in welchem wahres, echtes serbisch, so 
wie es als besondere slayische Mundart besteht, zu finden ist. (Das 
nämliche bemerkt der Engländer Lieake von neugriechisch^i Volks- 
liedern ; überall" die nämliche Ursache : hier wie dort pfuscht jeder« 
der lesen und sehreiben gelernt hat, aus seinem in der alten Kirchen- 
sprache YcrfiEtsstep Abc-Büchlein alte, abgestorbene Formen der Kir- 
chenspraehe als yomehme Schönheiten zwischen die ül^icheo der 
lebenden Sprache hinein: nur der Bauern- und Hajdukendichter, der 
nicht lesen und sehreiben kann, drückt sich dort rein neugritehiseh, 
hier rein serbisch aus.) Selbst in den ersten Theil der Vukischeo 
Sammlung haben sich einige solcher vermeinten Eleganzen einge- 
schlichen: jerbo statt jer oder« wo es das Metrum fordert, jera; hie 
und da ein HCA statt fl,h u. dgl. Seit jener Zeit hat Herr Vuk seine 
Muttersprache als gründlicher Grammatiker studiert und — sie ehreo 
gelernt. Damit er diess unbeirrt thun konnte, hat er der Schwach- 
heit des grösseren Theiles seiner serbischen Leser die ein&chere 
Orthographie des ersten Theiles zuili Opfer gebrach^ in so weit er s 
nur immer ohne Schaden der richtigen Lesung thun konnte. Er hat 
z. B. das müssige l> (welches in Versen, wo es ohnehin auf strenge 
Baumwirthsohaft weniger ankommt, indessen noch geduldet werden 
kann), das bi (in allein heutigen südslavisehen Dialekten ein Duplicat 
Yon H), das H), H in der Mitte und am Ende statt by, bd wieder auf- 
genommen, weil diese Nachsicht für Lesersehwachheiten zwar der 
Einfachheit, die dem guten Kopfe so lieb ist, Abbruch thut, aber 
doch der richtigen Lesung nicht schadet. Aber nirgends hat er-^ 



Stft 

K^freisjlbige ie statt des eiBsylb^en M tmd nugends ein akslayisohM 
B gesohrieben , wo der jetsige Südslare ein *&, d. i. einen harten 
Buchstaben hOrt, und dagegen wieder überall das eolunelaende h ge« 
seist, wo es die Aussprache fordert, wenn's auch der Altslare nicht 
bat. So hat er selbst in dem heutigen serbischen die Dialekte untere 
schieden und Lieder der Batsoherserben nach ihrer Aussprache und 
die der Hersegoriner nach der ihrigen geschrieben (wobei es riel* 
leicht ndthig ist, einige Leeer zu bitten, dass sie nicht an den läpei- 
dauer, wohl aber an die altgriechischen Dialekte denken wollen). 
Doch es ist Zeit, dass wir von diesen Fundamenten (wofOr Quinti- 
lian mit Recht die Grammatik ansieht) auf das übrige Gebäude über- 
gehen. Auch diese zweite Lieferung ist in fiwei Hauptolassen : 
Frauen- oder Liebeslieder und männliche oder Heldenlieder zur Geige 
getheilt; erstere enthält auf 72 Seiten 101 lieder, worunter auch 24 
dem Herausgeber Ton seinem Freunde Maximus Rankovic ron Ostruz- 
nica , Magistratsnotar in Belgrad, mitgeiheüte sogenannte Königi- 
nenlieder, die zu Pfingsten yon einer Gesellschaft von Haus zu Haus 
getanzt werden, ISHoohzeitlieder, 6 Schnitterlieder, ein Spinnlied und 
eines im bulgarischen Dialekte« der also Uer beinahe zuerst in Schrift 
auftritt Letztere, auf dem übrigen Baume, 17 Heldenlieder, woron 
gleich das erste von der Heirath des königs Ste&n unter den Latei- 
nerfi, 690 Verse; das von dem Ausbruch der serbiseben Revolution 
im Jahre 1804. (denn auch ganz neue sind darunter, die an poeti- 
schem Warthe den alten nichts nachgeben und, wie schon der Recen« 
sent des ersten Theiles bemerkt hat, sie zum Thetl übertreffen), ist 
zweimal so lang als Homer's SdnffiM9atalog und roll Eigennamen« An 
Homer wird man hier überhaupt am öftersten erinufert; Königssöhn^ 
tragen selbst Briefe, umarmen Diener; Kaiserinen pflegen Verwun- 
dete; Prinzen hüten Sduife, Helden weinen u. s. w., und um der 
Ähnlichkeit die Krone aufisusetzen, sind es blinde Rhapsoden (slepci), 
die diese Lieder zur Geige absingen. 

Zweien solcher Rhapsoden verdankt der Herausgeber laut der 
Vorrede alle siebzehn Heldenlieder dieses Bandes und zwar die vier 



u .w> I - » ■ hm t - 



'} In einer iateteuanteu Anmerkui^ sagt vstu der Herausgeber , dais er mehr 
elf xwansig bulgarische Lieder besitze, sie aber Tor der Haad niohi mitthei- 
Ion wolle , bis er sich selbst übeneugt hatte, ob sie auch wirklich so ge- 
Bitngen werden» wie man sie ihm geschrieben mitgetheilt habe. In der dritten 
Ueferong sollen sie mit Accenten mitgetheilt werden. Wir billigen hOcfaUeh 
diese Vorsieht und hoffen, dass Herr Vok diese Versprechetf nicht rerget- 
m weide. 



MaoB dtaii Ubdeii Singet Philipp Vilnji6 r^ Ibdjßü M Bje> 
liiiA in BosnieQ, die akigin dem TesMi Podrogoric m» dsr H» 
segoriiut. Die njm liehe Natur und Einftlt herrsoht aiieh in dtm ]i^ 
bediedem, %. B. der Jüngling bittet Gett, zur Per^e zu werden, di- 
mit er am Halsfe des Mftdchens hdre, ob jede yon dem ihren spridrt 
und die seine vtm ihm. Oott erhört ihn. Er hört, als JPerle am Halse. 
jede Ton dem ihren fqpreehen und die seine von ihm. Wenige 
derselben würden einen Franaosen anspveohea, desto inniger aber 
hoffientlioh den Deatsehen. Wenn man Herder^s stimmen der Volker 
ßkt die Blüihe der Volkspoesie ansehen darf, so weiss Bee^mt 
nieht, ob irgend ein Volk des heutigen Europa überhaupt sieh ü 
dieser BAoksicht mit den Serben messen kann (Serben nennen wir 
riohtiger was man sonst^Uijrier nannte, den slariaeben Volkssweiff. 
der etwa fiänf Millionen stark, yon der Ghrenze Kndns an, im Südes 
der Kulpa und Save, bis an die alten Äerooeraunia and den HamQ$ 
hinunter, und Tom adriatischen Meere bis an den bnlgarisohen Tiiwi 
wohnt und in seinen Golonien auch in Siaronien und Südnngern k 
St Andre bei Ofen .herauf angesiedelt ist). Selbst die übrigen abri* 
sehen Bruderstiunme dürften ihnen hierin weit nadistehen, wenn ne 
aaeh ihre Volkslieder fleissiger bekannt machten, als sie bisher g^ 
than« Denn nur eine rassische Volks-Pjesnarioa ist bisher ißnss, 
aber dem Vernehmen nach ohne die hier so wesentlidie Treue. Dis 
Klima und selbst die türkische Verwahrlosung sind der Poeae ib 
Serbien natürlich günstiger als die ehristliohe Leibeigensobaft in 
Norden. Man möchte sagen, der Serbe spricht das dem SlaTsn über- 
haupt in hohem Grade eigene innage Geftihl, besonders Skt hiiuili^^ 
Familienglück am lebendigsten aus. Bei den vielen Stellen, wo der 
Schwester der Bruder tiieurer ist als selbst Band und Gatte, deoU 
man unwillkürlich an jene Perserin, ^die sogar den Grund daasu ao- 
zuireben wosste. Da der Becensent des ersten Bindchens über Me* 
trum und Poesie dieser Lieder so üemlich alles gesagt, so ifo^^ 
wir hier yon diesem aweiten mar auch einige wdrtUdi überfletete Pi^ 
ben geben mit dem Wunsehe, dass irgend «n Gdtiie (der Übersee 
des Klaggesanges von der edlen Frauen des Helden Hassan Ag») 
audi diese herrlichen Blumen auf den deutsehen Pamass Terpfl^' 
zen möge. 



Sil 



13. 

Das unglftekliohe M&dchen. 

Mftdchen gibt dem Jtxnak *) seineti Bing mrüeke : 
Da mmm den Bing wiedM", weil mein Hans diish nicht liebt, 
Vater nicht, nicht Mntter, Bruder nicht, noeh Schwester. 
Doch nicht wolle, JnHak, du dafür mir gram s^; 
Bin ich arme Waise doch genug unglücklich: 
Sft' ich doch Baeirkmn, und sieh! Wermuth auftpHesst! 
Wermuth, kleiner Werfnuth, meine bittre Blume! 
Mit dir werdeh Wohl sich meine Sraten krinaien , 
Wenn sie kommen , um mich — todt «u Gtab tu tragen ! 

16. 

Die Mütter sind schuld. 

Jenseits dort des Savastromes 

Junak gehet, sein Ross führend, 

In der Hand den Kaipak traget, 

In den Kaipak Thränen giesset, 

Und dem Savastrome fluchet: 

Gott erschlage Savastrom dich! 

Dass ich dich nicht kann durchwaten, 

Dass ich dich nicht kann durchschwinmien, 

Um zu küssen ^s zarte Mädlein, 

Aber sprieht das «arte Midlein: 
O bei Gott, du junger Junakl 
Fluche nicht dem SaTastrome, 
Nicht ist dir der Sarastrom schuld. 
Sondern schuld ist dir die Mutter, 
Dir die deine s ttiif die m^e. ' 

Deüie Mutter sprach: iA gebe 
Meinen Sohn nicht tot dem FrftUing. 
' Und die meine spmch: iofa gebe 
Meine Toebter nicht ror Herbst. 



') Jimsk (Tom sltslatischen jaa, das mit dem lateiiÜBcheii jaTenis, jonior und 
dem deatMÜtti fmag eist iit) heint jeder enrathiene JüngUng; et ist aber 
■«gleich eine Idee tod Heroismas dabei : daher Lbndoo seine JELroaten immer 
dnich die Anrede: inaad! aa etoctrisaeren wnsste. 



3tt 



16. 

,"Der Hirsch and die Vile. 

Hursehlein graset hinter'm Waldgebirge, 
Heute inraeefs» morgen heet^s darnieder, 
Überm^ jainme^s sehweren Jiunmer. 
Fraget ihn di^ Vile rom Grebirge: 
O du Hirschlein, Wild vom Waldgebirge! 
Welch gross Unglück ist dir wider&hren, 
Dass du grasend hinterem Waldgebirge, 
Heute grasest, morgen liegst darnieder, 
Übermotgea j-nmerst schweren Jammer? 
Hirschlein d'rauf der Vile leis' antwortet: 
Meine Schirester, Vile vom Oebirge! 
OroBses Unglüd: ist mir widerfiüiren: 
Hab' gehabet meine liebe Hindin, 
/Trinken ging sie hinter das Oebirge, 
Trinken ging sie, ist nicht wieder kommen. 
Hat sie wo vom Wege sich verirret, 
Oder haben Jäger sie ge&ngen, 
Oder hat sie gänzlich mich verlassen. 
Andrer Liebe sündhaft sich ergeben? 
Hat sie wo vom Wege sich verirret, 
GeV Gott, dass sie bald mich wieder finde; 
Oder haben Jäger sie ge&ngen „ 
So mög' ihnen Ck>tt mein Schicksal geben; 
Hat sie andrer Liebe sich ergeben, 
GeV Gott, dass die Jäger sie gefiingen. 

19. 

Lieb und Unlieb, 

Eisenschimmlein im Thaugrase weidet, 
Weidet einmal, und zweimal aufhord^t,' 
' Wo das Mädlein ihre Mutter bittet: 
Gtib, o Mutter, mich nicht dem Unlieben! 
Lieber mit Lieb über Felsen steigen, 
Dornen essen und vom Laube Wasser 
Trinken, und auf kühlem Steine. schlafen, 
Als mit Unlieb in dem Hofe wandeln, 
Zucker ossen und auf Seide s^^lafen« 



• K 



353 



25. 

Wandelten dort still hinunter 
Qen Bulgarenland drei Mädchen; 
Eine spinnt, die andre sticket, 
Lieb Mutter die dritte aussohilt : 
Wo gewesen? dass die Füsse — 
Nicht schilt aus mich, liebe Mutter; 
Bin gewesen an der Donau, 
HaV geschauet eine Sohajke, 
In der Sohajke drei Junaken; 
Einer, Mutter, wohl der grösste, 
Wohl der grösste, wohl der schönste. 
Feinen Schnurbarts, schwarzen Auges, 
Dieser will mich, liebe Mutter, 
Od'r erwerben oder sterben. *) 

27. 

t 

Fetibegori^Sund seine .nichtbestinuaite. 

Sonn* ist unter, bricht herein das Dunkel, 
Und kein Tropfe Wassers ist im, Hofe. 
Rufen sich im Hof die Schwägerinen: *) 
Wessen Beih' ist*s, in's Qebirg um Wasser? 
War die Reih* an Jagoda der Jungfirau. 
Doch nicht traut sich Jagoda die Jungfirau 
Ob des Türken, Sohns 4es Begs Fetibeg; 
Denn der Junak hatt' um sie geworben. 
Wie sie klein noch war vor sieben Jahren, 
Sieben Jahren , jeden Jahres wieder. 
Half die Mutter aus der Angst dem Mftdchen, 
Ziehet aus ihr ihre Mftdchenkleidung, 
Ziehet an ihr hochzeitliohe Kleidung, 
Steckt ihr.gold'ne^ Ringe, an die Finger. 



*)t>B>ka|intlifh leben die Mrbiidii0& Fsvmieii, ivie Koe*f Paaulie, in gtmeiii* 
•ohiftlkher . Hnihaltniig htiimamm* . 

»3 



354 



Und fort geht sie ins Gebiig^ um WMser. 
Doch am Waaaer steht der Sohn Fetibeg*8, 
Mit der Lance er das Wasser trübet 
Sprach zum Junak Jagoda die Jungfipau: 
Trab* nicht Wasser« unbekannter Junak; 
Ist der Mann mir aus dem Kriege kommen , 
Hat kein Wasser mir daheim gefunden: 
Darf kein trübes ihm nach Hause bringen« 
Zu ihr sprach zurück der Sohn Fetibeg*s: 
Gott mit dir, du Braut, du zarte, schlanke! 
Wer ist dein Oeliebter? Wer dein Bruder? 
Mein Greliebter ist Popovic Jovo, 
Schwester bin ich des Kraljevic Marko. 
Aber spricht zu ihr der Sohn Fetibeg*s: 
loh und Jovo sind in Gt)tt verbrüdert, *) 
Folglich bist ja meine Schwiegerschwester. *) 
Füllt mit Wasser an ihr die Gefiisse, 
Gibt ihr bei leichtfüissige Begleiter, 
Über das Grebirg' sie zu geleiten , 
Weil allein sie ist und unbegleitet, 
Dass ihr nicht vor'm dunklen Bei^e bange. 
Und heiin gehet er zur weissen Burg hin. 
Und erzählet seiner alten Mutter: 
Wann hat, Mutter, Jovo denn geheiratet? 
Heute haV ich peine Braut gesehen; 
Schön ist sie (dass Kummer sie erschlage!). 
Ihm die alte Mutter d'rauf erwiedert: 
Noch hat Jovo dir nicht geheiratet; 
Die du sahst, war Jagoda die Jungfrau, 
Und gar schön hat sie dich überlistet. 
Als diess hört der junge Sohn Fetibeg's, 
Schlägt er mit der Hand sich in die Knie: 
O des Schadens und der Schande für mich! 



*) Ans FortU vird niueren Lesern diese An WahlTenrattdUchalt bskaaitt tm 
Lncian kannte sie bei seinen Seyihen. 

*) Dass die FsmUienTerhttltnisse bei den Slaven am meisten ansgabildet sioi 
teigt selbst die 'Sprache, die t B. fttr SohiNigeiln naoh den jvandiiedsa« 
afigllchen Betiehnngen an ner Aasdrfteke hat. Bekannt sind Ja nonet «ad 
die beispieÜQse FamUieneintracht der Kroatea» Sorben btc« 



3S5 



yatoten miok Tflrieen und Ktdam, ') 
NioBiMid doch mich überliaten konnte; 
Mntt^ ein Bfftdlein heat midi ülMriiitodl 

30. 

Die Schwalbe und der Kukuk. 

Sprach die Schwalbe zum aschgrauen Kukuk : 
Gl&cklich bist du doch, aschgrauer Kukuk, 
Dass du nicht schlifiit im Camin des Hauses, 
Nicht musst hören Jammer aller (Gattung, 
Wenn einander fluchen zwei Schwigrinen. 
Zu der ftltem sprach die jüngre also: 
Hfindin du! o nein, nicht meine Schwigrini 
Tragest kdne Fmdrt nicht unterem Herzen! 
Und üe ftltre ihr darauf erwiedert: 
.Mdgest du, so wie du, meine Sehsvig^rin, 
flkst geboren einen Sohn Ifihajlo, 
Noch gebftren zarter Töchter nenne ! 
Wahnsinn komm' dann fkhet alle nenne! 
Und Mihajlo, den vom Hans mit Thrftnen 
Du entlassen, möge heim nicht kommen, 
Sondern liegen dort an bittem Wunden! 
Wie sie fluchten, so sie sich rerfluchten: 
Die gebar noch zarter Töchter nenne, 
Wahnsinn kam dann über alle nenne; 
Und Mihajlo, den rom Ebus mit Thrloen - 
Sie entlassen, lag an bittem Wunden, 
Und entbot nach Hause seiner Mutter: 
Schicke doch mir, meine liebe Mutter, 
Schicke doch mir jenes Stückchen Leinwand, 
Das ihr spannet, als ihr euch verfluchtet, *) 
Das ihr wöbet, als ihr euch zerrauftet. 
Das ihr bleichtet, als ihr euch getheilet, 
Zu verbinden meine bittern Wunden. 



*) D. i. daa teksimte Oanr (xweUylbig), üngltabigtr« Vnk «rkUit H In lote 
naeh dam boHiisehen Sprichgebrsaehe all Synonym tob — Drattdwn. Ubmc 
Fetibegovid iit ein boiniiebor Slave tarkiiefaea OHuibaot. 

^) DiMer und di« folgwden iwei Verse lind im eerblMlMa raftllig, aber, wenn 
wir nioht irren» mii gesteigertem Eflfeei Reime a S(o sie prele, ksda ste ea 
Uele, «- 8(0 ste tkale, kada ste so klale, ^ b^elile, kad' se dljettl«. 



86$ 

32. 
H&dck^»» das tod selbst gekomiA^«, 

Weh dem Lsnd, durdi das Armeen adehen/ 
Und dem Mädohen, das von selbst gekommen; 
Ersten Morgens wird ihr vorgerücket: 
Wenn du gut wärst, wärst nicht selbst gekommen. 

46. 

Trost an die Witwe. 

Wittibleinl TtaUeinl 

H$r* auf an weiiMi, schon' das Qes&chtepy 

Ziah' Uflber mit mir, in meine Heimat, 

In meine Heimat; dort wiehst die Perle, 

MuMer sia.liiSset, in ihren Sehoos mixtky 

In ihren Sehoos wirft, ftr die SalHiiir auCh^, 

Wann sie die liebe Sohnar in dan Hof ftflurt« 

Dass sie dar lieben Hals damit st^bnAdce. 

Doch wir müssteti das ganze BAbhlein-ftbersetfien, -wenn wir alles 
schöne daraus aüffithi^n wollten. Die KönigineidiiSder^sind Tortreff- 
lich gehalten, artig tmd terbindKdi'mit'Wfi^e, mStonter anoh fein 
komisch. Dem Popen (Pfiirrer) z. B. sind zwei' Eieder' gewidmet: in 
dem ersten erscheint die junge Pöpin and ihre^Fo^Ater,' die die Mut- 
ter aufinuntert, die K6mginen sdhdn za'^feschehken (tmd zwar dem 
König ein Pferd n. s. w.' nach diesem Abasiitabe);'in dem zweiten 
sind Perlen im Hofe gestreut, iVtuben fliegen darauf' zu und girren; 
nur eine Täubin girrt nibht, 'weil ihr Tauber" mit — ^fremden Tauben 
girrt. Dem Studenten im Hause Wrtgen sie: 

Allhier man uns Weiset 

» 

Studentlein selbst lernend, ') 
Lernt von selbst im Buche. 
Wohl das Buch ihm saget, 
Dass er Boss moht reite, 
Säbel nicht umgürte, 
Dass er Wein nicht trinke, 
Und kein Mädchen küsse. 



^) SamoBcei ein W<ttt vie wlttSitamtci, 



3M^ 

Was 4iA BnA ihm 9ßgt)h . 
Höret der Stadent ni^ht; 
Nur noek mal» tibttt r^tWt 
Säbel mehr umgurakoi, 
Wein nur noeh mcibri trinken« . 
MidehflO' MMh: mekir Jcufii^i ') 

Ausser dem Liede auf ein Kindt 

Junge Hausfrau Neda, 
LoskauF' dieses Kind uns. 
Willst du, junge Hausfrau, 
Diess Kind nicht loskaufen, 
Nun so nehmen wir es 
Hin in unsVe Heimat; 
^ Dort in uns'rer Heimat 

Uns zwei Sonnen wärmen. 
Uns zwei Winde kühlen. 
Kind istmns so nöd»g, 
Wie ein .Stcama:Baail'katt« 

scheint auch das Refrain Leljo! des Elfaiweihungsliedes (der Vocativ 
vom weiblichen Lelja, ohn& Zweifel «bs mit dem polnischen Lei, 
polel oder Lelum, polelum! uftd^vieUeicht auch mit dem walachi- 
sehen Lerum), wo nicht auf ein anderes Vaterland, doch gewiss auf 
eine frühere, vielleicht l^eidnisohe Zeit des Ursprungs dieser Lieder 
hinzuweisen. Das Volk, das diese singt, versteht das Leljo selbst 
nicht mehr, sondern antwortet: so wird halt gesungen. 

Wie angesehen ein Baumeister in Serbien sei , kann man aus 
dem Liede schliessen, das die Ktaiginen auf ihn singen : 

Wir sind hergekommen 
Vor des Meisters Höfe ; 
Sind d«s Meisters Höfe 
Alsbald aufgebauet: 
Ein Stein auf dem andern , 
Balken auf einander. 
Und darinnen wandelt 
^ Seine ju^ge Hausfri^u , 

- ■ II ■».^^i— ^1 I 1 m—^m—,^mim^m* 

*) Wenn Beceasent hier und an den wo der deatsdieit Sprache Gewalt anthat, 
so ist daraa nioht etwa diese Sprache, noch weniger das serbische Original, 
das auch Im Stile htfchit rein nnd fliessend Ist , sondern lediglich des Recen- 
senten Mangel an Talent, Verse za machen, schuld, • 



3S8 



Trigt auf eineiii Anne 
Den Sohn Pftntelija, 
Führet an dem andern 
's Töohterlein Angelja, *) 
Und ein drittes hält AA 
An dem seidenen Roeke. 
Seh'n lie die Freundinjen 
An, nicht ohne Neid wohl: 
Olücklich bist du, Freundin! 
Baumeisters Geliebte! 
Auf dem Arme trigst du 
Den Sohn Pantelija; 
An dem andern filbrst du 
*s Töohterlein Angelja, 
Und ein drittes h&lt sieh 
An dem seid'nen Bocke. 

Ein Marschlied der Königinen lautet : 

Weichsel, ') klebe Weiehsell 
Höhttr heV die Zweige, 
Darunter der VUen *) 
Wundersamer Reigen l 
Vor ihnen Badisa *) 
Thau vom G^nse beutel^, 
An awei Vilen führet, 
Und sBur dritten spridit er: 
Werde mein, o Vile, 
Sollst bei meiner Mutter 
In der Kühle *) sitaen, 



So haben di« Serbeo den i^riechiichen Q«wtiXiii(M»», eiinn ilner Haapthii- 
ligon, Medieuft, nationalisiert. 

*) Eigentlich im Original Angjelija. 

*) Weichselkirsche. 

*) Vila erkUrt der Herausgeber mit echt mythologischem Sinne als ein weib- 
liches geistiges Wesen, das an Bidhen and Seen, auf Beigen nnd Felsen lebt 
Jede ist Jung, schon, im langen weissen Kleide, losen Haaren« Sie thna 
niemanden böses an, ausser er beleidigt sie rorsitslleh bei ihnm Kolotanse 
oder ihrem Nachtmahl. £inen solchen schicMcn sie, wie Diana nnd Apollo, 
plOtslich todt 

') SoH's ein Gott oder ein Serbe sein? Der Name weiset auf Lnst hin. 

*) Des Klima Ton Serbien ist also italienisdi» spaaiseh, griechisch, kors warm. 



359 

^ Feine Seide spinnen 
An dem gold'nen Rocken. 

Wie hätte Schiller, der Dichter der „Götter Griechenlands^, 
sich ^fireut, seine »schöne Welt voll Leben^ hier — in dem Vater- 
lande des Orpheus und der Pieriden und aller ersten Entwilderer 
Griechenlands — wieder zu finden! 

Die Heldenlieder sind beinahe zu lang, um hier Beispiele davon 
geben zu können; wir wollen daher nur die Überschriften derselben 
anzeigen und das nicht gar lange von dem Ausmarsch des Königs 
Lazar zur Kosoversohlacht und für La Motte Fouque ein frommes 
noch übersetzen. 1. Von der Heirat des serbischen Zar's Stefan.. 
2. Von Knes Lazar oder der Schlacht auf dem Kosovo Polje (dem 
Amselfelde), wo Serbien 1389. am St. Veitstage nicht ohne Ruhm 
gefallen. 3. Ein anderes von der Kosoversohlacht. 4. Fragmente 
I. — V. von Liedern über diese Begebenheit , eine Fundgrube von 
Daten und Characteren fär die künftigen serbischen Tragiker. 5. Von 
Kraljevic Marko und dem Musa Kesedzija, einem albanischen 
Prokrustes. 6. Von Kraljevic Marko und dem Araber, der um die 
Kaisertochter freit. 7. Von Kraljevic Marko und dem schlimmen 
Bogdan. 8. Von Ivan von Bisan und Ali von Novi. 9. Von Novak, 
Radivoj und dem kleinen Oruja (Qregor). 10. Die beiden Jaksic 
(plus ibi valcnt boni mores, quam alibi boxuie leges): ein edles klu- 
ges Weib verhütet grosses Unheil. 11. Bajo von Pivno und Beg Lju- 
bovic. 12. Die Heiligen im HuQmel. 13. St. Niklas. 14. Ursprung 
der Empörung in Serbien 1804. (vortrefflich gehalten: Zeichen am 
heitern Himmel zum Aufstande; Rath der Türken, worin junge Hau- 
degen siegen über alte Weise, die zur Mässigung und Gerechtigkeit 
raÖien u. s. w.). 15. Schlacht von Salas 1806. 16. Schlacht am 
Felde Misar 1806. 17. Zweikampf iji der Schlacht zwischen Meho 
(d. i. Mehmet) Orukdzio uiid Milos Stoieevic 1809. (ganz homerisch). 
Angehängt sind noch drei nationale Skolien und vierzehn neue von 
gelehrten Mftnnem verfasste Lieder. 

2. 

Von Knes Lazar oder die Sehlacht auf dem Amselfelde. 

Setzt zum Abendmahl sieh Kaiser Lazar, 
Neben ihm die Kaiserin Milica. 
Sprieht zuihm die Kaiserin Milica: 
Kaiser Lazar! Serbiens gold'ne Krone! 
Du wirst morgen anszieh'n gen Kosovo, 



360 



Mit dir f&hren Knappen and Vojvoden, 
Und any Hofe bleibt niemand zurücke , ' 
Kaiser Lazar! um zu überbringen 
Nach KoBOTo Briefe und zurücke. 
Führest weg mir nenn geliebte Brüder , 
Meine Brüder, die neun Jugoviden. 
Lass' der Schwester wenigst einen Bruder , 
Einen Bruder, dass bei ihm ich schwüre. *) 
Ihr antwortet Serbiens Knes Lazar: 
Meine Frau und Kaiserin Miliea! 
Welchen Bruder wünschest du am liebsten, 
Dass daheim er bleib* am weissen Rbfe? 
Nun so lass' den Bosko Jugovic mir. 
Darauf antwortet Serbiens Knes Lazar: 
Meine Frau und Kaiserin Miliea! 
Morgen bei des weissen Tages Anbruch, 
Tages Anbruch und der Sonne Aufgang, 
Wann sich aufthun Krusevac's Stadtthore, 
Magst hinaus du gehen ror das Stadtthor, 
Vorbeiziehen wird das ganze Kriegsheer, 
Alle Reiter unter Kriegeslanzen, 
Bosko JugoTic an ihrer Spitze, 
Und er trägt des Heeres Kreuzes&hne. 
Ihm vermelde meinen Kaisersegen : 
Mag er geben, wem er will, die Fahne, 
Und er selbst mit dir am Hofe bleiben. 

Als des Morgens weisser Tag nun anbrach. 
Sich auftbaten Krusevac's Stadtthore, 
Geht hinaus die Kaiserin Miliea, 
Stehet dort vor Krusevac's Stadtthoren. 
Aber sieh! da zieht heran das Kriegsh^r, 
Bosko Jugovic an ihrer Spitze, 
Auf dem Fuchse t ganz in reinen) Golde: 
itm bedeckt des Heeres Kreuzes&hne, 
Mein Pobrittim! *) bis herab zum Fuchse; 



Der heiligste Schwab detr Serbin Ut: So wahr affin Brader lebe (tako ziv 

mi bratac)! 
*) Der Dichter richtet hier im EnthnsiftBinixs die ErzAhlnng an «einen Pobratim 

( Wahlbruder} , dergleichen jeder einen hat (oder haben soll). 



m 



Oben an der F&hn^ ein goldener Apft^l ; 
Daraus sieh erheben gold'ne Krense, 
Von den Kreuzen wehen gold'ne B&nder , 
Flattern dir dem Boßko um die SchuHem. 
Tritt heran die Kaiserin Miliea, 
HUt dir an den stolzen Fuchs beim Zügel, 
Schlingt die Hände um den Hals dem Bruder, 
Und ihm still beginnt also zu sprechen: 
O mein Bruder, Bbsko Jugovicu, *) 
Sieh, mir hat der Kaiser dich geschenket, 
Dass du nicht ziehst in die Schlacht nachKosov; 
Seinen Segen lässt er dir vermelden , 
Magst du geben, wem in willst, die Fahne, 
Du selbst bei mir bleiben in Kruse vac, 
Dass ich könne bei dem Bruder schwören. 
Aber Bosko Jugovie zu ihr spricht : 
Schwester! auf den Thurm du kehr* zurücke, 
Ich doch könnte nimmer dir umkehren. 
Schenkte selbst der Kaiser mir Kruse vac, 
Dass mir sagen könnten die Gefährten; 
Sieh den Boäko Jugovie, die Memme, 
Nicht wagt er zu ziehen nach Kosovo, 
Blut zu geben für des Kaisers Ehre 
Und zu sterben auch für seinen Glauben. 
Sprach's und spornt das Ross hinaus zumThore. 
Aber sieh! da kommt der alte Bogdan, 
Nach dem Vater sieben Jugovicen : 
Alle sieben sucht sie anzuhalten. 
Doch sie ziehen unverwandten Blickes. 
Wenig Zeit darauf hatf es gewähret , 
Siehe da den Vojno *) Jugovicu, 



*) Hier kann twar Jugövi<$u aneh d«r VoeatiT sein: aber auch der Nominatir 

.wird oft des Venes wegen am eine 87II16 rermehzt, wie Zar Stefane, Kra- 

l]eTida Marko. Sogar Adverbia waehaent vi« rede statt re6, jera statt jer 

n. t. w. So wichtig ist dem Serben der Wohlklang! Kein Wander, dass seine 

Sprache neben der griechisohen und italienischen sich darf hören lassen. 

*) Man bemerke, wie ungleich hftufiger nationale Taufaamen sind als Kalender- 
namen. Miliea (der Tirol erdichter Wolkensteiner übersetzte diess yor Tierhuu- 
dert Jahren durch Zartlieb), Bosko, Diminntir tou Bozidar, d. i. Gottgieb 
Vojno (Krieger); oben Badiia etwa Frohmund, Goluban (von golub, Taube j^ 
Milol (Liebwerth), Vnk (Wolf) u, s. w. u. s. w. 



Die PrachtroBse f&hret er des E[aisen, 
Ganz bedeckt sind »e mit troeknem Golde. 
H&lt die Schwester an des Bruders Schimmel , 
Schlingt die Hände um den Hals dem Bruder , 
Und auch za ihm spricht die Schwester also: 
O mein Bruder Jugovic Vojnol 
Sieh! mir hat der Kaiser dich geschenket, 
Seinen Segen lässt er dir vermelden , 
Magst du geben, wem du willst, die Bosse, 
Du selbst bei mir bleiben in Kruse vac, 
Dass ich einen Bruder hab* zum Schwüre! 
Ihr antwortet Jugovic Vojno: 
Schwester! auf den Thurm du kehr' zurücke, 
. Doch ich Junak nimmer könnt' umkehren. 
Noch des Kaisers Prachtrosse verlassen, 
Wüsst' ich auch, dass ich muss untergehen. 
Hinaus zieh' ich, Schwester, nach Kosovo, 
. Will Blut wagen fiir des Kreuzes Ehre, 
Mit den Brüdern sterben für den- Glauben. 
Und er spornt das Boss hinaus zum Thore. 
Als das sieht die Kaiserin Milica, 
Sinkt sie nieder auf den kalten Stein hin, 
Sinket nieder, schwinden ihr die Sinne. 
Aber sieh da! den ruhmvollen Lazar! 
Als er so sieht seine Frau Milica, 
Stürzen Thränen ihm die Wang* herunter, 
Blicket von der rechten zu der linken, 
Ruft herbei den Diener Golubane: 
Gt>lubane!'' du mein treuer Diener! 
Steig' herunter von dem Schwanenrosse, ') 
Heb' die Frau auf in die weissen Hfinde , 
Trag' hinauf sie in die hohen Thürme; 
Von mir ist es dir bei Gh>tt erlaubet. 
Nicht zu ziehen in die Schlacht nach Kosov, 
In dem weissen Hof daheim zu bleiben. 
Als das hört der Diener Gtolubane, 
Stürzen Thränen ihm ins weisse Antlitz; 



^) Labad» Schwan. In allen diesen Liedern haben die Rosse eigene Namen wie 
die Aehillischen im Homer. 



363 



Ab sitst er ron seinem SehwanenrosBe, 
Trägt hinauf sie in die hohen Thörme: 
Doch nicht kann er seinem Hersen wehren. 
Nicht zu ziehen in die Schlacht nach Kosov, 
Sondern kehrt zurück zum- Schwanenrosse, 
Schwingt sich auf , zieht in die Schlacht nach Kosot. 

Als es Morgens wieder Tag geworden, 
Kommt ein schwarzes Rabenpaar *) geflogen 
Von der weiten Ebene Kosovo, 
Lässt sich nieder auf dem weissen Thurme, 
Auf dem Thurme des ruhmvollen Lazar ; 
Einer krfichzet und der andere redet: 
Ist das nicht der Thurm des Kaisers Lazar, 
Oder wohnet niemand in dem Thurme? 
Dieses höret niemand in dem Thurme, 
Höret es die Kaiserin Miliea. 
Hört es, kommt heraus zum weissen Thurme, 
Aus sie fraget die zwei schwarzen Baben: 
Gbtt mit euch, o ihr zwei schwarzen Raben! ' 
Woher kommt ihr heute angeflogen? 
Seid ihr von der Ebene Kosovo ? 
Saht ihr dort die zwei gewaltigen Heere ? 
Sind die Heere handgemein geworden? 
Welches von den Heeren hat gesieget? 
Aber sprechen die zwei schwarzen Raben : 
Gbtt mit uns, o Kaiserin Milical 
Flogen heute früh wir von Kosovo, 
Sahen dir die zwei gewaltigen Heere, 
(bestem sind sie handgemein geworden. 
Beide Kaiser sind dabei gefidlen ; 
Einige der Türken sind noch übrig. 
Aber was von Serben noch ist übrig, ^ 

Das ist all verwundet und verblutet. 

Aber während sie noch also sprachen. 
Sieh! da kommt der Diener Milutine, 
Trägt den rechten in dem linken Arme, 



*) Vrans gSTrana» du Btiwoft mit ••inem Hftuplwort« gereimt. 



364 



An ihm sind der Wanden siebensehen, f 

Oanz in Wät rersinkt tsein edlM HMsilini* 

Spricht zu ihm die Kaiserin SBliea: 

Wo so krank der Diener MikitiHe'? 

Hat man in Kosot den Zar yerrathen^t 

Aber spricht der Diener Afiluthiet 

Hilf herab mir von dem edlen Rosse » 

Frau, und wasche mich mit kühlem Wasser, 

Und giess rothen Wein dann in die Wunden, 

Nicht melir mächtig bin ich meinex Wunden. 

Hebt herab ihn Kaiserin Milica, 

Wäscht die Wunden ihm mit kühlem Wasser , 

Und giesst rothen Wein dann in die Wunden. 

Als er nun ein wenig zu sich kommen, 

Fraget ihn die Kaiserin Milica: 

Was geschah denn, Diener, in Kosovo! 

Wo ging unter mein ruhmvoller Lazar? 

Wo ging unter Jug Bogdan, der alte? 

Wo die Söhne, die neun Jugoricen? 

Wo gin^ unter Milos, der Vojvode? 

Wo ging unter Vuce Brankovicu? 

Wo ging unter der Banssohn Strahinja? 

Da der Diener fing an zu erzählen : 

Frau! sie fielen alle in Kosovo! 

Dort, wo fiel der ruhmvolle Knes Lazar, 

Sind gebrochen wohl der Lanzen viele, 

Lanzen viele, türkische und serb*sche, 

Weniger doch türkische als serVsche, 

Wehrend ab den Tod von ihrem Herren, 

Ihrem Herrn Knes Lazar, dem ruhmvollen 

Jug, der alte, aber ist gefallen, 

Oleich im Anfang, in dem ersten Treffen. 

Acht der Jugovicen sind gefallen, 

Weil der Bruder nicht verliess den Bruder, 

So lang er dc^ä Artn nur kannte regen. 

Bosko Jugoriö ist noch am L^ben , 

In der Hand webt ihm die Kreuzeafahne, 

Noch jagt er die Türken auf Kosovo, 

Wie der Falke die furchtsamen Tauben. 

Wo das Blut in B^hen bis an's Knie flosB, 






Dorten fiel dirjSMiiqa, cUr BiM«efan . 
IdSWeabev, .Ftaa, der iet.g^&Ueot 
An (der Sjtiiio, an dem kdUan Waaeer * 
Wo der Türkeoiitoi»e0nde gefiülen; - 
mm MdtetQ.deiiiKeiser MourM, 
Und mit ihm rst^irdUlaueaid .andre TOirken. 
Oott haV aelig die, die ihotgebofea, 
JHiitf eriteaet . BIUo» «in. Andenkaii , 
Daa von ibm eriiUt wird und geeungeii, 
Ala lang Mepaohen sind ondiFeld Kpaorol 
Doch du Iragal-aiM^ um Vvk Brankcmea? 
. EUr!g«r Flneh ihm und die ihn gebart ! , 
Er verrieth'dan )^eer auf Kosovo, 
DaYon filhioet er a^wölflaoaend Streiter, 
Frau! zwölftauaend tapfrer, Ktirapaiere! 

13. 

Vomi heiligen Niklaa. 

Ghiter Gott! o welch ein grosses Wunder! 
Wunder sah ich, rorher nie gesfehnes: 
In' PavloTo, in dem heil'gen Münster 
Sind gestellt von purem Golde Tische, *) 

' Daran sitzen Heirge nach der Reihe, 
Obenan der Donnerer Ilija, *) 
In Aet Mitte Sara und'Maria, 
Unten endlhA' Fstika ^) und Nedelja. 
Bringt Gesundheit ans der heil'ge Niklas , 

' Bringt G^esundheit aus zu Christus Ruhme. 
Aber siish! ee schlummert ihn ein wenig, 
SiMummemd gar lässt er den Becher ftlleh. 
lUlt der Becher auf die goldnen Tische; 
IWlt, bricht nicht, aueh nicht der Wein serrinaiBt. 

' Ch^t ihn aus' der Donnerer IKja : 



*) Der Plnnü statt dei Singulan, wie im Latein so oft. So heisst*s aneh oft: 

roni swe nix obrase» wie: fiindit lacrimas per oia. 
*) Elias. 
*) Petka und NadelJa» beide weiblioh, scheiBen ans Wochentagen (Fcei^g and 

Sonntag) tn Heiligen geworden m sein. ÄbnJicbe FAllo gibt es genng in 

diesem Fache. 



3e6 

O mein Bruder, lieiliger (fikdU! 

Tranken wir doeh sonsten kOUen Wein endi, 

Aber, Bmder, pflegten nieht wa eriilnrnmem» 

Nodi ftaeh gar den Beoher ansankaeen; 

Wie konunt*8 aber, dass dich heut so edüommert? 

Aber spricht der heilige Niköh: 

Greine mich nieht, Donnerer Dija; 

Kora nor niokt* ieh, trinmte wonderaam doeh. 

Sohiülen ein «ieh Kalngjer dreihundert, 

Sohiften ein sieh über*s bbne Meer hin, 

Tragend Opfer ') an dem weitberfthmten 

Heiligen Berge; *) Wachs und weissen Weihrauch. 

Hoben Winde sidi bis zu den Wolken , 

Schlugen himmelan dee Meeres Wogen, 

Zu begraben Kalugjer dreihundert. 

Laut ausrufen Kalugjer dreihundert: 

Hilf, o Gott und heiliger Niköla, *) 

Wo du immer bist, dass du itat hier seist! 

Und ieh ging den Bittenden au helfen. 

Schifften aus sich Kalugjer dreihundert , 

Schifften aus sich wohl gesund und frohUch. 

Brachten das Geschenk dem heiFgen Berge» 

Gelbes Wachs zugleich und weiasen Weihrauch. 

In dem hat's ein wenig mich geschlummert, 

Und ieh Hess den Becher mir entsinken. 

Noch ein Schnitterlied erlaube man uns in der Originalspraehe 
und Schrift au&uftkhren. Wenn nftmlich der Schnitt YoUendet ist, 
so beschliesst man die Feldarbeit mit folgendem Loosspiele. Es nimmt 
einer halb so viel Halme als Schnitter sind, biegt sie in awei Hftlfien 
und fesst sie so gebogen in der Mitte. Jeder Schnitter fesst eines der 
hervorragenden Binden , und weldie awei (Schnitter und Schnitterin) 
die correapondierenden Binden gefesst haben , werden- als ein Paar 
betrachtet und müssen sich küssen. W&hrend dem Aufessen sii^ die 
ganae Gesellschaft: 



MiiaM*ab^M-^i**>>«aa*tti>^a^MMiM 



^) PrÜog. Bebuhe kein Mid«r«f Diilekt hat Ms rainitafifelite Wort dafür, lo 

wi« Mlbtt das dsataehe Opfer aullodiaeh ist. 
*) MoaU Saoto in Grieoheiilaiui, vell er bevölkert ist mit HenigM d. I. Mda* 

chen: der Athoe der alten. 
*) St. Nikias ist aach im Ooddent der Sehifferpatroo. 



367 



KaA ce XBaT»«) cjiaMice. 

4a c' XBaTam TaHxe cjiaMRe , 

TaHKe, TasaHe, 
Aa rjieAaMo, ko ie c' Kaue, 

Aa ee JUDÖmo. 
XaaTaiTe ce laipie eMMKe, 

Tane, TaHane, 
Aa M^A^Mo , Bo ie soMe 

y cpelui nacT«. 
KoMe erapo, lOMe luiaAOf 

Bon' niTO cpeka a>; 
Bujio erapo, öujio MjaAO^ 

Au^n' iky ra a. 
Ko ce HC ke noJivÖHra, 

yfilö ra Bon, 
yöHJia ra cscTa ÜerRa 

IlapacKeBia« 
nyiuTaHTc ce 6ejie pyxe , 

He Ap»HTe ce, 
Ko ce c' KMMe yxBaTiOi 

ßfl ce JUOÖHMO. 



Das heiflst wörflieh: 



Wann sie das H&lmehen fassen. 

Lasst uns fietssen zartes H&lmchen , 

Zartes, übenuurt, 
Dass wir sehen, wer mit wem wohl 

Sieh nun küssen soll. 
Fasset an das zarte H&imohen , 

Zartes, überzart, 
Dass wir sehen, wer dem andern 

Durch das Loos zufiült. 
Einem altes, einem junges. 

Wie das Glück es gibt 
Sei es altes, sei es junges, 

Küssen will ich es. % 



388 

Wer Ton uns sich nicht wird kttsMdi 

I>en eroohhge Gott, 
Ihn erschlag' die heil'ge Petka 

Paraskeyija! 
Lasset los, ihr weissen Hände, 

Lasset los den Halm : 
Wer mit wem gefieisst zusammen , 

Dass wir küssen uns. 

Um das serbische Original zu lesen und sieh von der hohen 
Singbarkeit der Sprache selbst zu überzeugen, dient folgender 
Buchstabenschlüssel (der denen, die griechische Buchstaben kennen, 
beinahe um V, schon bekannt sein wird): 6 ist deutsch b; B ist w; 
r ist g; A ist d; 8 ist gelindes s; 3K ist gelindes seh, fran- 
zösisch j ; I, H und jetst auch U ist i; ^l ist 1; H ist n; n ist p; 
p ist r; c ist scharfes s, a«; T ist t; y ist u; x ist h; m ist 
seh; H ist tsch, englisch ch, italienisch ce; fc ist f»n mouilliertes H. 
als wenn tj oder kj in einander versdmiolzen w&ren (wie englisch tu 
in nature); h ist eine Art j und ein Zeichen, dass der Mitlaut, hinter 
dem es steht, mouilliert werden muss, welche MouiUierung meist 
das H, das T und das fl, trifft; Hba j Hbe , HbH , Hbo , Bhj lauten also 
wie italienisch und französisch gna, gne, gni, gno, gnu. (Die ser- 
bischeOrthögraphieistabernichtganzohnealleTücken: statt HM» Hbe 
und Hby schreibt man lieber Hfl, Hft und hh); fl ist die Sjlbe ja, ii je, 
H) ju). 1» ist ein Zeichen, das, einer noch • nftrrischeren Tück^ zu 
gefiEkllen, jedem Worte angch&ngt werden muss, das auf einen hupten, 
nicht mouillierten Consonant sich endigt (wiewohl schon die Nioht- 
setzung des MouiUierungßzeicheQS b deutUeh genug und kürzer die 
Abwesenheit der MouiUierung anzeigen würde). 

Wir können nicht schliessen, ohne noch auf die Hoffiiung auf- 
merksam zu machen, die uns bei Gelegenheit dieser Volkslieder auf- 
geht zur Aufklärung des Widerspruchs zwischen Quantität und Ac- 
Cent im — altgriechischeli. Auch der Serbe scheint diesen nämlichen 
Unterschied zu haben. Z. B. Milica, Kosovo u. m. a. werden in 
Prosa wie Dactylen gesprochen, in Versen sind die zwei letzten lang. 
Wie das erklären? — So ist z. B^ der Dactylus jiigoda des Böhmen 
seinem polnischen Nachbar ein Amphibrachjs jag^da und anderen Sla* 



AIbo Petka Payaskerija, ist «Ifitbeks Pttiug ({ietak> und der JOdiidi-fiii* 
diische (fiapo^jituii), wie qweqjmv ilfgplf^rit |in4 Mon-QlbeUe. 



B6d 

▼en vielleioht gar jagodi. Das nftmliofae findet, mehr und weniger, 
zwisehen dem Krainer und dem Serben statt. Überhaupt wäre die 
Beleuektong der ahmsoben Prosodie ein Verdienst, das noch beinahe 
ganz zu erwerben ist. Der Serbe liest seine Volkslieder, wie der 
Neugrieohe seinen Homer, nicht nach der Quantität, wiewohl er sie 
nach der Quantität singen muss. Der Krainer kann und wird sie 
im Geiste der Prosodie seines Dialektes meist nach der Quantität 
auch lesen. 

Das erste Bändohen hat der Herausgeber der wohlgebomen Frau 
Maria von Stanisarljevic &ac empfimgene Wohlthaten (als ihn vor vier 
Jahren die grösste Noth, die einen Sterblichen iq Serbien treiFen 
kann, getro&n: Krankheit in Armuth), dieses zweite seinem zwar 
nicht serbischen, aber doch sla vischen Landsmann, dem HofUblio- 
theksoriptor Kopitar gewidmet. Letzteres, dem unlateinis^en Ver- 
&8Ber wohl unbewusst, ganz im liberalen Geiste des Catullisi^hen: 

Quoi dono lepidum noTum libellum? 
Comeli tibi; namque tu solebas . 
Nostras esse aliquid putare — pesnas. 
So steht Herr Vuk auch hierin, wie in allem übrigen, hoch über 
dem gemeinen Haufen der Buchmaoher. 

hk der Vorrede erklärt er^ nie mehr auf Pränumeration was 
herauszugeben. Freilich wäre ein Verleger besser. Auch der wird 
för die Serben noch kommen. Möge Herr Vuk indessen auf welche 
andere Art immer uns die Fortsetzung dieser ihm und seiner Nation 
so rühmlichen ^^nimlung verschaffen können. Er erlaubt uns schon, 
ihm bei seiner weiteren Sammlung die Ejntdeckung der serbischen 
Ori^nale der noch übrigen ^ron Fortis und Herder übersetzten drei 
bis yier Lieder abermals zu empfehlen. 



XLVI. 

Eioe waUchisehe AntikritiL 

(WieiMr allgemeine Literataneitnng. 181 d. Intelligenzbl/itt. 52—59.) 

Gegen die offenbar wohlwollende Anzeige von Majo/s Geschichte 
der Walachen in Daoien (sieh Wiener allgemeine Literaturzeitung 
Jahrg. L813. Nr. 98. 6% Seiten) sind 1814. in Ofen vierzig Seiten 
AKÜmadTersiones etc., und 1815. ab^nmab achtonddreis^g Seiten 
Befleziones erschienen. Den wissenschaftliehen Gewinn aus diesen 

24 



sro 

aohiimdfiielMsig Seiten iMiea wir für dieasmal dahingestettt, aber m 
eroBte Büge rerdient die in dem byalen Österreudi biflher nnerhan 
Art der Rnttfehiang der Befleadonea. Der aaonjme walaehiiiAe Ve 
£EUMer hat sieb nftndioh erlaubt, dasn das Vertraaen eines fireoas 
aohaftliohen Briefes %a misebrauehen! — Cäoero nannte dieos &k 
Unmenechliohkeit; ') der Deutsche nennt es Elhrioiigkait» Nied«^ 
trftditigkeit. Wenn wir aber einerseits es bedanem müaaen, dji 
durch diese schändliche Handlung eines Walachen und zwar ^nes dr 
. Duolores Vlaeh^, delecti, prima vironun! 
(Qoid fiMsiant forea» aodet si taiia Pepal) 
die Schwartner'sohe Schilderung des Nationalehacaeters » g^en d» 
die Walaehen sogar in ungriseher Spraohe protestiert haben, mna 
neuen Beleg in den Augen ihrer Niehtfrennde erhalten moBs, so wot 
len wir selbst uns dadurch in der Theilnahme an dem rfihmlicbg 
Emporstreben der zu allem guten und sehönen au%elegten walaofai- 
schen Nation keinen Augenblick stören lassen» Wir wollen sogir 
beide oberwähnte Brocburen (den sohändUchen Uraprang der letzte- 
ren uns wo möglich auf einen Augenblick ans dem Sinne schlagend 
f&r Beweise des Gindrueks, den die Wiener literaturaeitung auch in 
diesem Fache macht, ansehen, und daher alle übrigen awischen den 
Becensenten und dem walaohisohen Anonjrmus streitigen Punktr 
(darunter einige recht komische, z. B. dass Oicero, Gtear a. s. t 
so den Quiriten entweder walaehisoh, und Aristophanes, Denaosthe- 
nes u. 8. w. zu den Kechmäern aeugrieehiseh gesprochen haben müs- 
sen oder gar nicht rerstaaden worden sind u. dgi.) dem Urtkeil der 
Leser überlassend, nur eine der vielen grundlosen und dodi mit iß 
absprechenden Miene des Sachkundigen vorgetragenen Behauptongen 
des Anonymus in ihrer Blosse darrstellen (wdl der Lesw diese btt de^ 
Seltenheit solcher Studien und der diUiin einschlagenden Werke nicht 
so leicht selbst thun kann). Der Becensent hatte gesagt, dass die 
albanische Sprache wie die walacbische den bestimmten Artikel dem 
Substantiv hinten anhänge (und hatte daraus auf den Ursprung dies& 
Eigenheit im walaehischea gesohloasen). Der Anonymus l&ognet di^ 



*) Homo et hnsMuiitaUs expen et Tit^ Qomi&uoi4 ignaras ! Qnit enim naqiuiE. 
^ni panlom modo bononun consuetadinem nosset, literas ad ae ab anuce 
missag in medium protolit, palamque recitayit! Quid est aliad tollere e tiii 
sodetatem, tollere amicornm colloqnia absentinm! Qaam molta Joca soloi 
esse in epietolift, quae, prolata ei ainti inepta esse tideantars quam mela 
iena» nmqiiaBi tamen oUo modo diTidsaada. Gic Fha. 2. lY. 



868 in den Aniiiiadversioiiibus« Der Recensent, seiner Sache gewiss 
(wie er's denn auoh a;as Bianehi's und da Leoce's 6rtfnma4iken und 
aus mündlichen Beriehten mehr als eines in Wien anwesendeiü Alba- 
niers sein konnte), verweist ihn in jenem fatalen Briefe auf dep neue-» 
sten Reisenden in Albanien, den Engländer Leake (der während sehn 
Jahren Aufenthalte albanisch gelernt« und ohne rem Bianchi und da 
Leoce etwas zu wissen, auch eine albanisdie Grammatik veifasst hat)« 
Der Anonymus nahm sieh nieht die Mühe, ein wenig zu firagen, wer 
der. Leake sei (die Humanität des Becoasenten nahm der barbarische 
Anonymus fär Schwäche; — die Keule des Herkules ist freilich bei 
Barbaren ein besseres Mittel Kur Achtung — ), sondern etraft Herrn 
Leake und den Becensenten ohne weiteres Lügen, weil seine Ge^ 
währsmänner, die er weiter nieht nennt, von diesem Artikel nichts 
wissen. Wir kdnnen nicht anderer denken, als dass diese Gewähns- 
manner entweder den Attikel überhaupt so schlecht keimen als der 
Anonymus selbst, der in den italienisehen Phrasen dirlo, £E^rIo den 
bestimmten Artikel sieht, oder so lose Schelme sind wie jene, die 
ihm» dem Anonymas, den Bären au^sbunden haben, dass es Miige 
Waldenser und Bewohner der Apeaniaen in Italien gebe, die auch 
den Artikel hinten anhängen. 
Doch — ohel jam satis est 



XLvn. 

Noch ein Wort 

über Ulrich Lichtensteiki'd Firauendienst. 

(Wiener allgemeine Literatarzeitung. 1816. lotelligenzblait. 105. 106.) 

Ein in Prag lebender Krainer fordert uns auf, dem Jenaer Be* 
censenten, der mit dem Gruss des Fürst^a von Kärnten an den als 
Königin Venus ron Venedig bis an die Grenze von Böheim fahrenden 
Bitter „von liditenstein Herrn Ulrich** nicht recht fertig werden 
kann , zu Hilfe zu kommen. Der Gruss heisst bei Lichtenstein 
Seite 95: Buge waz primi gialra Venus, und ist — nicht deutsch, 
sondern windisch, d, i slavisdii. Sprach doch der Hersoog von Kärn- 
ten als kaiserlicher Reiehsjägermeister noch zu Friedrichs III. Zeit 
das Recht vor Kaiser und Reich in — windischer Sprache (nach 
Aeneas Silrius). Friedrichs Sohn, der erzdeutsche Kaiser Maximi- 
1^ 9 nder Weis Kunig , lernet auch windisoh und beheimisob von 



372 

einem Bauren.^ — Einmal auf dieser Spur, würde der Jenaer leicht 
selbst zum Ziele kommen. Doch dürfte ihm unser Commentar, auch 
nur sur Ck>ntroIe, nicht unwillkommen sein. Noch itat würde der 
Winde in Klimten den Ritter eben so bewillkommnen : Bug (d. i. Bog) 
▼as sprimi , kraljica Venus , d. h. wie Seite 92. und 96. die Deut- 
schen in Tarwis und Clemun ihn bewillkommnen: Gt>tt willkommen, 
Königin Venus, oder in einer Interlinearübersetzung: Gott euch em- 
pfiwge, Königin Venus. — Ob die adjectirische Form kraleya statt 
der bei den übrigen Winden und allen Südslaren üblichen substan- 
tirischen kraljica in Oberk&mten etwa vorkomme, müssoi wir kftmt- 
nischen Sprachforschem, z. B. Herrn Jarnik in Klagenfhrt, anheim- 
stellen. Diesem müssen wir auch die Untersuchung über godehsen, 
ein windisches Weibkleid, Seite 110., und über die suckenie, Seite 160. 
(die wohl nichts als das allgemeine suknja, Bock, ist) überlassen. 
Überhaupt sollten sich die österreichischen Gelehrten gana anders 
über diesen vaterländiscben Minnesinger hermachen, als sie bisher 
geihan. Sind sie doch zunftchst dabei interessiert und durch ihren 
Mutterdialekt auch um den halben Weg vor dem Norddeutschen vor- 
aus, um diese reiche Quelle einheimischer Geschichte ganz zu er- 
schöpfen. Das Wort Eimber z. B., das der Jenaer nur frageweise för 
Eimer h&lt, wird der Österreicher sogleich für seinen noch itzigen 
Ember (E^per ^) erkennen. Die lied sagt Lichtenstein für das Lied; 
vielleicht ein Slavismus, weil pesem (Lied) weiblich ist. Dass lioh- 
tenstein's Bauern Slaven waren, ist kaum zu zweifeln, da sogar in 
Chinnenberg (Kindberg?) ein windisch Weib mit ihm tjostieren 
will."^ Der heutige Sönmiering ist bei Lichtensteiu als Sememik der 
slavischen Wurzel semreka (Fichte: also Fichtenberg) viel nfther, so 
wie Melk bei ihm noch Medlik heisst, ein slavischer Name, der dem 
der Stadt Mötding (richtiger MeÜing, slavisch Metlika) in Krain 
und dem Meidling und Mödling ausser Wien STnonym ist. Soviel den 



^) Das« dai b wie p lautet, nach OsterreichiBcher Art, sieht man auch an Pnneis. 
das LichtenAtein*8 Schreiber eben so oft Buneis, auch Buneii schreibt (daher 
auch das was im kärntnischen Orusse wie was su lesen). Der Österreicher 
hat auch kein und kein ü, auch kein &u (en), sondern dafür nur e und i 
und ei (aj), wie der Englander, dessen feet den Wiener Fissen, so wie seine 
lioe, mice der Wiener Lajsen und Majsen vollkommen entsprechen. P. Höfsr 
erlaubte sich in der Absieht, einige Osterreichische Idiotismen ins hoch- 
deutsche einsufQhren, diese eher, wie Lessing den Sniksnak, su Terhoch- 
deutschen, ist aber dadurch nur seiner Hauptabsicht, den österreichischen 
I>ialekt treu dannsteUen, ein wenig untreu geworden. 



373 

Slavisten. — Der Süddeutsche aber darf hoffen ^ dass bei der itzigen 
Liebe zur altdeutschen Dichtkunst seine einst blühenden, duroh die 
s&chsischen Kjöser und noch mehr durch die Reformation zurück- 
gesetzten Dialekte wieder ein Gegenstand des gelehrten Studiums 
'werden müssen, wodurch sie selbst und die ganze deutsche Sprache 
nicht anders als gewinnen können. Der bairischen Akademie ist viel- 
leicht das Verdienst vorbehalten, aus den vielen mehr oder weniger 
treuen Vorarbeiten ein vollständiges Inventarium des noch im Volke 
vorhandenen süddeutschen Sprachschatzes zu verfassen. Es wftre 
dann nur ein sehr kleines Glossarium noch nöthig, um mit allen 
Minnesängern von Seite der Sprache ganz leicht fertig zu werden. 



XLVIII. 

tber die Bibelgesellsehafteik 

(Wiener allgemeine Literaturzeitung. 1816. Intelligenzblatt 310 — 315.) 

Diese riesenhafte Anstalt» die auf ihrem Culminationspunkte 
die Bibel in alle lebenden Sprachen und Mundarten des Erdkreises 
übersetzt haben wird» verdient schon aus dieser linguistischen Bück- 
sicht den ungetheilten Bei&ll aller Freunde des Wissens, sollten sie 
auch nicht alle übrigen An- und Aussichten der Gtesellschaft theilen 
können. 

Wie so viele der grössten Erfindungen verdankt die Bibelgesell- 
schaft ihre Entstehung dem Zu&lle. Um das Jahr 1804. kamen Kla- 
gen nach London, dass das Volk des Fürstenthums Wales beinahe 
ohne Bibeln sei. Man besorgte eine neue Auflage, die aber noch 
immer nicht hinreichte. Indem maii sich mit diesem Mangel beschäf- 
tigte, fimd man, dass auch in anderen Gemeinden, von nicht wftl- 
scher Sprache, die Bibel nach protestantischer Ansicht viel zu selten 
unter dem Volke war. Von diesem Augenblick an ward der Ent- 
schluss ge£EUMt, in dem gesellschfiftvollen London, wo unzählige Pri- 
vatvereine den Staat in Culturanstalten unterstützen, auch eine Bibel- 
gesellschaft zu errichten, zu allgemeinerer Verbreitung der Bibel 
unter dem Volke. Von England aus war der Obergang zu den engli- 
Bchen Besitzungen und ihren mohammedanischen und heidnischen 
Berührungen in allen Welttheilen natürlich imd von da die Erhebung 
zu dem ganzen Menschengeschlechte leicht, — und doch wie gross! 
Daher gleich anfStoglich der bestimmt ausgesprochene Zweck der 



374 

■ 

GeseUschaft, die Bibel ohne alte Znthat in allen Sprachen and üs* 
Hauptmundarten zu verbreiten, der ihr ewar Gregner ÜL der e&sir 
sehen Eorohe selbst erweekte (die aueh ihre Kirch^ngebete mite^< 
druckt wünsohten), aber sie dafbr durch die Schnelligkeit entseb| 
digte, mit der die Gesellschaft zuerst in Ammka und nach dft 
Frieden 1814. auch in Holland, Dänemark, Schwed^i, Preu^' 
und Russland die engsten Schwester- und Toehtergesellsehafk- 
bekam. Ihre Anzahl l^l&uft sich dermal nur auf dem festen LssA 
von Europa über 120, in Amerika auf 129; in Asien arbeiten c 
HauptgeseUschaften von Calcutta^ Colombo, Bombay, Jara il 
Astrachan an der Übersetzung der Bibel in 34 Sprachen des Ost»: 
in deren einigen, z. B. chinesisch, bengalisch, tatarisch, hinduisoL 
bereits wiederholte Ausgaben in Umlauf sind. Selbst Mohanunedane! 
Heiden und Braminen lesen die hdUigen Schriften der Cihristen niek 
ohne Interesse in ihren Muttersprachen. In Afrika sind BibelgeseD- 
Schäften errichtet am Cap der guten Hoflbung und auf den Insel: 
St: Moriz und St. Helena; die Bibel wird übersetzt in die Boloom^ 
spräche der Westküste Afrika's und in die neuabjssinische. Uz:» 
zwar ftbr jede der christlichen Confessionen wird ihre eigene autori 
si^rte Übersetsrahg gedruckt und verbreitet; der protestantiseL 
Engländer gibt dem Katholiken die katholische Übersetzung in ci 
Hand. Für Heiden und Mohammedaner übersetzt man, so viel ra^ 
lieh, aus den Originalen. 

Während der ersten zwölf Jahre ihres Daseins hat diese Gesell 
schalt über 1,500.000 Exemplare in den Spraohen Orossbrttaimie& 
allein zu Tage gefördert. 

Die Petersburger erst ISlS. entstandene Bibelgesellschaft dnii^ 
mit ihren Hilfsgesellsohaften in Moskau, Odessa, Astraohan m 
Kiss-Jenö (in Bessärabien) an 167,000 Bibeln und Testamente ii 
17 verschiedenen Spraohen und Mundarten des Rmehes : 100,00^ 
Exemplare sind bereits in Umlauf, worunter auch 50,000 altslaviseip 
Bibeln. *) 

Ausser den englischen Katholiken haben sich auch auf des 
Continent in Strassburg, Frankfurt und Begensboig Katholiken zr 
Verbreitung der Bibel an diese Londoner Gesellschaft angeschlossen 
Die Begensburger Gfesellschaft hat 50,000 Exemplare des auch von 
Fürsterzbischof von Wien gatgeheissenen van Essischen Neuen Te- ' 
staments vertheilt. Auch in Warschau und Krakau sind BibelgeseU- 



') Also HLsBt sieh die Geiellschaft ftueh auf todte Sprachen ein! 



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Behaflen von und för Katholiken 00 eben im Ekitttelieb. Und wenn der 
Katiiolik auch nieht wie der Protefttant in. der Bibel die einz^e 
Bichtsehnur leineB Glaubens und Handebis sneht, so ifit sie ja doch 
aneh ihm ein heiKgee, dae heiligste Bneh. Man nehme aber auch mit 
dem ängstliehstm Theil der Katholiken an, daes der Ungeweihte sie 
moht lesen soU, weil er sie ohne Erklärung nioht mit dem ganzen 
Nutzen und nioht dme G^eAihr lesen würde: sind nieht, um Ton an^ 
deren Gebildeten nidits zu sagen, so vide tausend Geistliche ex of- 
fleio lauter Gewmhte, denen eine ungleich wohlfeilere hebrttisohe, 
griechisehe, latelnisebe Bibel theils willkommen, theils wahres Be- 
dür&uss wäre? Und sdbst eine Übersetzung in der Muttersprache ist 
jedem, der darin predigt, gewiss erwfinsdit, und gnade dem besten, 
der diese Muttersprache als kein gleidigiltiges Wwkzefig seines Be- 
rufes ansiefat, am erwttnsohtesten. ^) 

Dass aller Commentar und überhaupt alle Zuthat ron den Aus- 
gaben dieeer Gesellschaft ausgesohlossen ward, war uneiiässliche 
Vorbedingung. Nur diesem Prinoip hat £e Gesellschaft die M^fich- 



Wtmi mm di0 ZM der EstboUkea wi« gcwokiilich aaf bindert lÜllkaen, 
nad das Verh&ltnus der Qeiitlicbea wie 1 : 400 unfmmt, so gibt diess 
250»000 Geistliche. Man nehme ferner das gewiss kleine YerhAltaiss aOf dass 
jeder Geistliche unter seinen 400 Seelen wenigstens 10 finden werde, denen 
ef die Bibel In der Muttersprache ohne Gefahr und mit Nutzen in die Hand 
geben kann: maoht In allem 2,750.000 Exemplare in den Mntt^mpraehen 
bloss für katkdisohe GeMiohe nad ihre ausenrAhlten Belehtkiadsf. Von ge> 
bildeten Katholiken, die die Bibel im Original oder wenigstens die Yulgata 
lesen können, ist hier um so weniger Noth zu sprechen, d^ sie in dieser 
Rücksicht mit den Gebildeten anderer Confessionen in Anschlag werden ge- 
braeht worden sein. Dass aber die Bibelgesellschaft, wiewohl lebende Spra- 
eben und das Volk ihr Haaptaugenmerk sind, sich aooh aaf Ausgaben in 
tedten Sprackn einlasse, erhettt aw dem Druck der altsls^isehen , hebrftl- 
sehen und anderer Bibeln , und dass sie daran recht und billig thue , sieht 
Jeder ein, der die Armuth unseres niederen Glerus kennt. Es w&re zu wün- 
schen , dass jedem neugeweihten Priester ein , hebräisches und griechisches 
Original, eine Septuagfnta, eine Tulgata tud dine Übersetzung der Bibel in 
seliier Ifuttitcpraohe als Aiusialtnng bei der Ordisatfon mitgegeben werden 
kAnnte. — Das i«t ferner gut bei der BibeigeseUschaft , dass die Continental- 
geseUschalten mit ihren Fonds im Lande sdbst arbeiten und eher Beitr&ge 
ron London erhalten, als welche dahin schicken müssen. So haben z. B. die 
Bussen das alt- und neugriechische ^eue Testament der Londoner Gesellschafb 
m Petersburg fflr Ihre Grledfaen nachgedruckt. Im Jahre 1814. gab die Lbn- 
doiMf QsseHmhaft (tov lbte# Einnahme Tfn beinabe lODiOOD PCimd) 48IM Pfttnd 
an snslABdiMba fiibsIgpMllfehaftss an HitfiMMgoB ab. 



"keit ihres so schnellen und ui^diearen Anwadises und ihrer WirV 
samkeit su verdanken. Ohne diesen Ornndsats w&ren die 300 Gwel 
Schäften, die itzt vereint nach einer Richtong wh^km, lauter ä> 
zelne, zum Theil einander entg^enwirkende -Kräfte g^Uieboi, h 
nach und nach einander selbst h&tten aufreiben mössen. 

Es ist aber auch an sich gut« dass schöne Handausgaben m 
dem ältesten Glassiker (der Bibel)« wie von anderen C9asflikeni, ist 
blossen Text enthalten. Wer über eine Stelle Aufklärang. wfinsdit 
dem steheil ja grossere Ausgaben mit allen nur ondenklidien alta 
und neuen Commentarien in Bibliotheken zu Gebote. Und wie Ter- 
änderlich sind nicht selten die Commentare einer und der n&mlicka 
Kirche? Wer von uns befragt z. B. itzt eine scholastische Biblia cos 
eatena Patnun des richtigen Commentars halber? (Übrigens hindert 
ja nichts, dass sich andere Gesellschafiten zusammenthun asur Heraus- 
gabe von Bibeln mit Erläuterungen.) 

Ein anderer Einwurf: ob es nicht sowohl filr die Ökonomie der 
Gesellschaft als ftbr die ge&hrlose Erbauung des Volkes besa^ wut 
einen vollständigen Auszug statt der ganzen Bibel zu verbreiten, filk 
schon dadurch, dass, während die Bibel, wie sie ist, ehrfbrchtvoUe« 
Schweigen gebietet, ein noch so vollständiger und zweckmässige 
Auszug nie frei von Einwendungen bliebe. (Aber auch diese Bab 
der Wohlthätigkeit bleibt übrigens anderen Gesellschaften offen.) 

Nur zwei grosse Verbesserungen, die sich dazu im Grunde td 
eine einzige zurückfahren lassen, stehen, wie es uns scheint, diesff 
Bibelgesellschaft noch bevor. Da sie nämlich (was zur Gründimg 
gerade so sein musste) bis itzt mehr enthusiastische Eiferer als phi- 
lologisch gebildete Humanisten und Bibelforscher zu Mitgliedern zu 
haben scheint, so wäre zu wünschen, dass sie sich je eher je besser 
auch von dieser Seite ins nöthige Gl^ohgewioht setzte. Da erst wini 
ihr SijXo9 ^ov nar iieiyv^^iv^ wie ihn Paulus (Rom. X. 2.) fordert, 
seinen Zweck vollkommen erreichen. Da werden neue Übersetzungen 
nur aus den Originalien gemacht und die alten, bekanntlieh mehr 
oder weniger mangelhaften, nur mit beständiger Rücksicht auf &^ 
Originalien benutzt werden, unter Leitung von Männern, deren all- 
seitiger Beruf zum Werke (eben Pauli aemulatio Dei seeundiuB 
scientiam) ausser allem liinwand sein wird. (Durchaus gute xaA 
schone Übersetzungen können nur von ihrer Sprache voUkonuneo 
mächtigen Eingebomen gemacht werden; der ausländische Missionfir 
kann den Eingebomen wohl im verstehen des hebräischen und grie- 
chischen Originals übertreffen und ihm folg^ioh dasselbe erleiohteiu 



al>er nie stellt ihm der ganfee Reichihum der fremden Sprache so za 
Greliote wie dem gebildeten Inländer, der mit und in seiner Mutter- 
spräche aufgewachsen ist. Der Fremde kann es aUenfedls so weit 
bringen , dass er einen gegebenen Ausdruck gründlich beurtheilen 
und darüber mit Ciampetenz frohlocken könne: aber selbst geben 
kann ihn nur der Eingebome am ehesten und am treffendsten.) 

Die zweite grosse Verbesserung, die, wie wir schon oben be- 
merkt haben, ron der ersten abhängt, betrifft den einfiicheren Oe- 
braudh der grdssten aller menschlichen Erfindungen, der Buchstaben- 
schrift. Eis ist bekannt, wie sehr schon Leibnitz darauf drang, dass 
man das lateinische Alphabet mittels Hinzueitindung der noch nöihi- 
gen Schriftzeichen zu einem allgemeinen Alphabete,, zu ein£ftcher, 
jfleiohfönniger Sehreibung aller Sprachen erheben möchte. Bekannt 
auch sind die unbestreiibaren Gründe, die der noch lebende Graf 
Volnej fiir diese Reform mehr als einmal vorgebracht hat (um von 
unserem Landsmanns, dem Unger Alexander Kjss, nichts zu sagen). 
Das lateinische Alphabet würde dadurch, wenn es die Summe der 
Zeichen für die Laute aller Sprachen der lEMe enthielte, von seinen 
bisherigen 21 einfiM^ea Buciistaben auf 60, höchstens 70 Zeichen in 
allem gesteigert, während jetzt die versichiedenen bekannten Alpha- 
bete deren über 1 0,000 bis 1 2,000 enthalten ! Um nichts von den 
grossen moralischen und wissenschaftlichen Folgen dieser Verein- 
fachung der Buchstab^nsdurift zu sagen (die beinahe der Erfindung 
derselben gleich zu achten wäre), wie ungeheuer wftre schon der 
^ bloss ökonomische Gewinn an den Schnittkosten von nur 60 Buch- 
staben statt 10,000! Ein Umstand, der allerdings der Aufinerksam- 
keit einer Gesellschaft werth wftre, die sich die gewissenhafteste 
Verwaltung der eigenen und fremden Almosengelder zur Pflicht 
macht. Die Summe von 500—1000 Pfund, die f&r die beste Erfin- 
dung der noch abgängigen 40 Zeichen ausgesetzt würde, wäre ein 
wahres NüAts gegen den auch bloss ökonomischen Nutzen, den sie 
brächte. Und selbst wenn wir zugeben, dass dieses allgemeine Al- 
phabet beinahe leichter zu erfinden als wirklich unter den auch auf 
andere Art so rielfiich getramten Völkern allgemein zu madien wäre, 
dass daher, die alten 10,000 Buchstaben auch in den Druckereien der 
Ge^eOsohaft beibdialten werden müssten: so wird uns doch auch nie- 
mand streitig machen, dass der Preis von 500 — 1000 Pfund noch 
immer ein Nichts wäre, wenn man die Ejrfindung, nach des gewiss 
competenten Büttner Wunsch f vorerst auch nur auf die 400 — 600 
Sprachen. Afirika's und Amerika's anwendete, die noch keine eigenen 



378 

Alphabete haben und grdttBtontheüs noeh nie geflefarieben i»«rdBD. 
(Und selbst die geschrieben wordo», sind in den abweidienden Or« 
thographien der spanischen, französischen, dentsehen, engliselMD, 
italienischen Missionire kaum erkennbar.) Von da könnte man da- 
mit ea denjenigm Sprachen Enropa^s übergehen, die nodi so gut ab 
keine Literator haben, wie die idbanische, flsnische, litaaisclien.s.w. 
dann eü denen, die ihnen an literariaeher Amnitfa und kakographi- 
soher Schlechtigkeit am niehsten kommen n. s. w» Niemand bedarf 
der Buchstabenschrift in weiterem Umlai^ nnd sa einem sehönrnren 
Zwecke als die Bibelgesellsdiaft; sie hat daher auch in jed^ Hin- 
sicht den nddisten Bemf, an der Veredlnng d« L Verdnfiuibang 
dieser Erfindung ea arbeiten. Und diese wird sie frfther oder spiter 
gewiss thun, so wie die Anzahl der Mitg^eder, die aenmlationeiii l 
Dei habent seeondom sdentiam, die grössere wird. 



XLIX. 

S p r a € k e n k a ■ 4 e. 

Über den Ursprung und die verschiedenartige Verwandtschaft 
der europ&idchen Sprachen, nach Anleitung des russischen 
aligemeinen vei^eiehenden Wörterbuchs. Von Christian Gott- 
lieb von Arndt. Herausgegeben von Dr. Job. Ludw. Klober. 
Frankfurt am Main 1818. XVI und 393 S. 8. 

(Wien« Jahrbftcher. 1S18. 2. 25S— 260.) 

Herr von Arndt, von Geburt ein Ostprsusse, «inst in fireimd* 
sohaftlieher Verbindung nnt Kant, Hippel, Pedlas, Lahsrpe <dem 
Sdiwmzer) und virien anderen ansgezeiehneten Oelehrien und Stasi»* 
männem, lebte in einer vieljfthrigen literariseh^i und gesoih&ftraileD 
Laufbahn m St. Petersburg , wo die Kaiserin Kaftturina ihn^ der 
bei ihrem Cabinet angestellt war, aueh in hterariselier ffiniicht mit 
ganz besonderem huldvollen Zutrauen beriirte. 

Bei der Redaction des von Katharina 11« selbst (1784.) entwnr- 
fißnen vergleichenden WdrtiBrbuehes aller Sprachen hatte sich der 
berühmte Pallas einer sehr thfttigen Beihilfe seines vertrauten 
Freundes Arndt zu erfreuen. Im Besitz und bei dem Oebnuieh der 
dazu von der Kaiserin snsammengebraditen Hilteiittel, bei fui 
täglicher Unterhallui^ mit Pldlas, besohilligt mit Arbfifen flbr daa 



i 



379 

grotsse W0örtei4>uch , wurden die maanigfidtigen Ideen geboren, die 
dieses Werk enthält. Der Verfiusfler brachte seine .GManken zu 
Papier, in französisoher Sprache, ftr die Kaiserin. Diese beehrte 
solche mit besonderem BeifiJl, f&gte mit ihrer Hand eigene Bemer« 
ktingen und Zusätze hinzu und be&hl , dass das Werk auf ihre 
Kosten sollte gedruckt werden. 

„So standen die Sachen, als (um 1790?) Herr von Arndt, seiner 
wankenden Gresundheit wegen, mit sehr gnädigem Urlaub ein mil- 
deres Klima suchen musste. Seit 1802. lebt er in Heidelberg. (Er ist 
nach Mensel 1743. geboren.) Herr Dr. Klüber hat den Ghreis dazu 
Tcrmocht, diese seine Arbeit, die er um 1803. aus freier Hand ins 
deutsche übersetzt und bereits 1810. dem aus Tiikurien nach Berlin 
zurückgekehirten Pallas zum Druck anvertraut hatte (woraus jedoeh 
nichts geworden , weil Plallas mittlerweile gestorben war) , endlich 
doch noch dem Drucke zu übergeben, mit der Bedingung jedoeh, 
dass er, der Herausgeber Dr. Klüber, die Schuld der dffentiiehen 
Bekanntmachung auch vor den Augm des Publicums auf sieh 
nehme. •• 

Da dem Verfiisser die Mängel des auch noch durch die Ungeduld 
der Kaiserin übereilten allgemeinen Wörterbuches aus Er&hrung, 
wie aus den trefflichen Recensionen deutscher und französischer Ge- 
lehrten, so wie die seitherigen Fortschritte der Linguistik und ihrer 
Anwendung auf Ethnologie u. s. w. bekannt waren , so müssen wir 
seine Verwahrung gegen den Herausgeber eben so klug als gerecht 
finden, so wie des letzteren Zudringlichkeit mehr in anderen Beweg- 
gründen, der Freundschaft u. s. w., als eben der Wissenschaft rer- 
muthen. Kann er indessen die Bekanntmachung vor dem Verleger 
verantworten, so wird ihm das Publicum weiter wohl keinen Process 
darüber machen i» und vielmehr das Werk als ein 1787. gemachtes 
immerhin neben seinem Führer, Katharinens vergleichendem Wör- 
terbuche, aufstellen. I^s zu recensieren wäre nun überflüssig, da es 
mit dem Wörterbuche (seit 1779.) und durch Adelung's Mithridates 
hinlänglich recensiert ist. Beinahe aber hätten wir gewünscht, dass 
das französische Original statt der deutschen Obersetzung wäre ge- 
druckt worden, da wir täglich sehen, dass unsere westlichen Nach- 
barn darin manches for sie neue finden würden, was uns aus unserer 
linguistischen Literatur längst bekannt ist; z. B. gleich der Verfiwser 
der in den Wiener Jahrb. 255 — 258. angezeigten Schrift scheint, mit 
allen in der deutschen Literatur fremden Illjriem, gar nichts davon 
gehört zu haben, dass deutsch, slavisch, griechisch, Latein, persisch, 



380 

Sanskrit und die anderen ron Eichhorn asnm iranifliäben Spneli- 
stamme gerechneten Sprachen zu einem Stamme gehören, wiewdil 
man bisher den Grad der Verwandtschaft noch nidit angeben kami. 
So gibt es Dlyrier, die den gothisehen Ulfihs (den uns Mai nun baU 
ganz geben möge!) f&r slavisch halten, weil sie eine Menge Wörter 
und Wurzeln darin finden,* die dem gemeinschaftlichen Stamme an- 
gehören, die aber diese Illyrier, weil sie nicht deutseh können, fir 
bloss illyrtsche ansehen. | 

Interessant war Referenten Seite 281. die Anecdote, dass Kalha- i 
rina 11. auch auf den ESiniall gekommen war, in Russland der alt- 
griechischen Sprache die Rolle zu geben, die im Occident die latei- • 
nische hat und bereits in dieser Absieht einem russischen Lesebache 
fbr die Volksschulen das griechische Alphabet und einige grieehisclie 
Denksprüehe hatte beifugen lassen. (Es musste aber dem befinagten 
Staatsmanne leicht werden, einen Kopf, wie Eatbarinens, von der \ 
Unnützlichkeit und Unthunlichkeit der Sache zu überzeugen.) So i 
finden wir auch Seite 292. u. s. £ nicht ohne Lächeln den (reigebli- 
chen) Widerwillen Russlands, seinen Ursprung als Staat dem schwe- 
dischen Rurik verdauken zu müssen. Anno 1787. wollte man lieber 
von Preussen, und nun, seit Ewers, lieber von Chasaren gestiftet 
sein. Wie mag wohl Karamsin diess dargestellt haben? 



Kildosich, Fr., S. Jo&nnis Cbrysostomi bomilia in r&mos palma- 
rom sIat., lat. et graeee. Vindob. 1845. 8. 1 fl. 12 kr. — 24 Ngr. 

— Vita S. Clementis episeopi BuIgaroraiD gr&eee. Viodob. 1847. 
8. 1 fl. — 20 Ngr. 

— VitiieSanctoram. Accedant epimetra grammatiea. Vindob. 1847. 
8. 1 fl. — . 20 Ngr. 

— Lexicon llngaae slovenieae veteris dialeeti. Vindob. 1850. 
4. 5 fl. — 3 Rthlr. 10 Ngr. 

— Laotlebre der altsloTenisehen spräche. Wien. 1850. 8. 36 lir. 

— 12 Ngr. 

— Slavisehe Bibliothek oder beitrüge zar slavisehen philoIogie 
ond gesehiehte. Wien. 1851. 8. 1. 3 fl. — 2 Rthlr. 

— Monamenta lingoae palaeoslov. e cod. suprasl. Vindob. 1851. 
8. 5 fl. — 3 Rthlr. 10 Ngr. 

— Vergleichende grammatik der slavischen sprachen. 1. band, 
iiautlehre. Wien. 1852. Hl. band. Formenlehre. 1856. 8. 
& 7 fl. — 4 Rthlr. 20 Ngr. 

— Apostolns e codice monasterii Si^tovae palaeo-slovenice. 
Vindob. 1853. 8. 3 fl. — 2 Rthlr. 

— Formenlehre der altslovenisehen spräche. Zweite Aafl. Wien. 
1854. 8. 2 fl. — 1 Rthlr. 10 Ngr. 

— Chrestomathia palaeo-slovenica. Vindob. 1854. 8. 1 fl. 30 kr. 

- 1 Rthlr. 

— Lex Stephani Dasani. Fase 1. textam continens. Vindob. 1856. 
8. 1 fl. — 20 Ngr. 

— Evangeliam S. Matthaei palaeo-slovenice e eodidbus edidit. 
Vindob. 1856. 8. 1 fl. 30 kr. — 1 Rthlr. 

— Barth. Kopitar's kleinere Schriften, sprachwissenschaftlichen, 
geschichtlichen, ethnographischen a. rechtshistorischen Inhalts« 
Wien. 1857. 8. 1. 3 fl. — 2 Rthlr. 



Druck und Papier von Leopold Sommer in Wien, 



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