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San Francisco, California
2008
DIE HERAUSGEBER
Percy Ernst Schramm ist 1894 in
Hamburg geboren, seit 1929 ordent=
licher Professor der Geschichte an der
Universitat Gottingen, Mitglied der
Akademien von Gottingen, Wien,
Stockholm und der Mediaeval Aca=
demy of America, Kanzler des Or=
dens „Pour le Merite" der Wissen=
schaften und Kiinste, fiihrte 1943/45
das Kriegstagebuch des OKW.
Andreas Hillgruber ist 1925 gebo=
ren. Dr. phil., Oberstudiendirektor,
Lehrbeauftragter an der Universitat
Marburg/Lahn.
Walther Hubatsch ist 1915 geboren.
Dr. phil., ordentlicher Professor fur
mittlere und neuere Geschichte an der
Universitat Bonn. Ordentliches Mit=
glied des J. G. Herder=Forschungsrates
in Marburg, der Kgl. Schwedischen
Monumenta=Kommission, korresp.
Mitglied des Baltischen Forschungs=
instituts, Bonn, 1943/44 ini WFStab
tatig.
Hans=Adolf Jacobsen ist 1925 ge=
boren. Dr. phil., Direktor des For^
schungsinstituts der Deutschen Ge=
sellschaft f iir Auswartige Politik e. V.,
Bonn; Wissenschaftlicher Mitarbeiter
an mehreren Instituten.
Alle drei Mitarbeiter sind Schiiler
von Prof. Dr. P. E. Schramm.
\
Kriegstagebuch
des Oberkommandos der Wehrmacht
(Wehrmachtfiihrungsstab)
1940-1945
Gefiihrt von Helmuth Greiner t und
Percy Ernst Schramm
Im Auftrag des Arbeitskreises fiir Wehrforschung
herausgegeben von
PERCY ERNST SCHRAMM
Es wurden bearbeitet von
Hans-Adolf Jacobsen • Band I: 1940/41
Andreas Hillgruber • Band II : 1942
Walther Hubatsch • Band III: 1943
Percy Ernst Schramm • Band IV: 1944/45
Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen • Frankfurt am Main
Kriegstagebuch
des Oberkommandos der Wehrmacht
(Wehrmachtfiihrungsstab)
7 .J .
Band II; ^,Pf eg Wl\ j
1. Januar 1942 - 31. Dezember 1942
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Zusammengestellt und erlautert von
ANDREAS HILLGRUBER
Erster Halbband
1963
Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen • Frankfurt am Main
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I JJUN2 8 1974 i
J UNIVERSITY OF THE PACIFIC {
282412
Gesamtumfang: XII + IV+ 1465 Seiten und 2 Ausschlagkarten
1. Halbband: XII + 780 Seiten; 2. Halbband : IV + 685 Seiten
Alle Rechte vom Verleger vorbehalten
(c) Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen • Frankfurt am Main 1963
Satz und Druck : C. Winter, Darmstadt
Buchbinderarbeit : C. Fikentscher, Darmstadt
Printed in Germany
Vorwort
Das Original des von Helmuth Greiner gefUhrten Kriegstagebuches des
Wehrmachtfiihrungsstabes 1942 mu6 als verloren betrachtet werden. Trotz in=
tensiver Nachforschungen in Archiven der Bundesrepublik Deutschland und der
USA haben sich keine Teile davon ausfindig machen lassen.
Das Bestreben, der kriegsgeschichtlichen Forschung auch fiir das Jahr 1942
aufschlufireiches Quellenmaterial aus dem Bereidi der deutschen Obersten
Wehrmachtfiihrung vorzulegen und zwischen den erhaltenen Teilen des Kriegs=
tagebuches aus den Jahren 1940/41 und 1943—45 eine Briicke zu schlagen,
fiihrte dazu, eine Rekonstruktion des Kriegstagebuches des Wehrmachtfiih=
rungsstabes 1942 aus den geretteten Unterlagen zu versuchen. Die sachliche
Notwendigkeit hierzu ergab sich aus der Tatsache, dafi das Jahr 1942 die
deutsche Wehrmachtfiihrung auf alien Kriegsschauplatzen (Ostfront, Mittel=
meerraum— Nordafrika, Seekrieg im Atlantik und im nordlichen Eismeer, Luft=
krieg) vor bedeutende Entscheidungen stellte, die — dies gilt insbesondere fiir
die zweite Jahreshalfte — grundlegend fiir den weiteren Verlauf und den Aus=
gang des Krieges in Europa wurden.
Fur die Zeit vom 12. August bis 31. Dezember 1942 sind die taglichen hand=
schriftlichen Aufzeichnungen Helmuth Greiners, nach denen er das Kriegstage=
buch diktierte, liickenlos erhalten geblieben (heute im Nachlafi Greiner im
Bundesarchiv=Militararchiv Koblenz, Nachlafi Nr. 20) ^ Zusammen mit nadi=
traglichen Erlauterungen des damaligen Stellv. Chefs des Wehrmachtfiihrungs=
stabes. General d. Artl. a. D. Walter Warlimont, bilden sie einen sicheren
Grundstock fiir diesen Zeitabschnitt. Da auch die taglich zusammengestellten
Lageberichte des OKH (Generalstab des Heeres/Operationsabteilung) fiir die
Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1942 und die taglichen Meldungen des Luft=
waffenfiihrungsstabes an die Seekriegsleitung fur die Zeit vom 1. Juli bis
31, Dezember 1942 (abgesehen von wenigen Tagen) in den z. Z. im Archiv der
britischen Admiralitat in London befindlichen Akten der deutschen Seekriegs=
leitung voUstandig erhalten sind und durch die wochentlichen Sonderorientie=
rungen des Wehrmachtfiihrungsstabes (26. Juni 1942 bis 6. Januar 1943) hin=
1 Einen Teil seiner Aufzeichnungen veroffentlichte Helmuth Greiner in iiberar=
beiteter Form im Anhang seines Werkes „Die Oberste Wehrmachtfiihrung 1939
bis 1943", Limes Verlag Wiesbaden 1951, S. 395—432.
sichtlich des See= und Luftkrieges sowie ab i. November 1942 bis zum Jahres=
ende durch Beitrage der Organisationsabteilung des Generalstabes des Heeres
erganzt werden konnten, diirfte fiir die zweite Jahreshalfte 1942 das Ziel der
Rekonstruktion des Kriegstagebuches des Wehrmachtfiihrungsstabes so weit
wie irgend moglich erreicht worden sein.
Fiir die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1942 fand sich in den fiir den Niirn=
berger Hauptprozefi 1945/46 bereitgestellten Dokumentenmaterialien der be=
treffende Abschnitt des Kriegstagebuches der von dem damaligen Obersten
d. G. Scherjf geleiteten Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW^. Da dieser
Teil vom Chef des Wehrmachtfiihrungsstabes, General Jodl, durchgesehen
wurde und in ihm wiederholt auf das Kriegstagebuch des Wehrmachtfiihrungs=
stabes Bezug genommen wird, konnte er als willkommener Ersatz fiir das
zweite Quartal in den Band aufgenommen werden.
Am ungiinstigsten liegen die Quellenverhaltnisse fiir das erste Quartal. Die
Lageberichte des OKH (Generalstab des Heeres/Operationsabteilung) sind nur
fiir die Zeit vom 1. Januar bis 6. Februar 1942 vorhanden. Um die Liicke vom
7. Februar bis 31. Marz notdiirftig zu iiberbriicken, wurden aus dem person=
lichen Tagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider,
die Lagenotizen mit aufgenommen^. Sie ermoglichen wenigstens einen Einblick
in die taglichen Veranderungen an der Ostfront in diesen Wochen als Voraus=
setzung fiir die im Kriegstagebuch der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des
OKW ab 1. April 1942 verzeichneten Erorterungen und Entscheidungen der
Obersten Wehrmachtfiihrung.
Alle in diesem Band veroffentlichten Quellenmaterialien sind ohne spatere
Zusatze oder Streichungen wiedergegeben. Einzelne— wenige — Liicken ergaben
sich aus der Beschaffenheit der Vorlagen. Erlauterungen und Zusatze des
Bearbeiters sind diu-ch eckige Klammern oder in Kursivdruck als FuJSnoten deut=
lich gekennzeichnet. Die Transskription slawischer oder arabischer Ortsnamen
entspricht der jeweiligen Vorlage; nur offenkundige Fehler wurden beseitigt.
Um dem Benutzer des Bandes den Zugang zu erleichtern und die — aus den
tageweise zusammengestellten, Wesentliches und Unwichtiges nebeneinander
registrierenden Notizen nicht immer klar erkennbaren — Zusammenhange des
Geschehens deutlich zu machen, wurde dem rekonstruierten Kriegstagebuch
(Teil B des Bandes) eine umfangreichere Einfiihrung „Das Kriegsjahr 1942, ein
militarpolitisch=operativer Uberblick aus dem Blickwinkel der deutschen Ober=
sten Fiihrung" (Teil A des Bandes) vorausgeschickt, zu der liber das in diesem
Band veroffentlichte dokumentarische Material hinaus zahlreiche unveroffent=
Als NiirnbergsDok. Nr. PS=i8o7. Fotokopien des 128 Blatt umfassenden Doku=
ments verdanke ich dem Institut fiir Zeitgeschichte Miinchen.
Die vollstandige kommentierte Veroffentlichung des Tagebuches befindet sidi in
Vorbereitung: Generaloberst Haider, Kriegstagebuch, Bd. Ill (22. 6, 1941 — 24. 9.
1942). Bearbeitet von Hans=Adolf Jacobsen. W. Kohlhammer Verlag Stuttgart
1964.
VI
lichte Quellen aus den Akten des OKW, OKH (besonders fiir den Ostfeldzug),
der Seekriegsleihing und des Auswartigen Amtes herangezogen wurden, zumal
in den „Dokumenten=Anhang'' (Teil C dieses Bandes) nur eine verhaltnismafiig
knappe Auswahl von wichtigen bisher ungedruckten Quellen zur deutschen
Kriegfiihrung 1942 im Wortlaut aufgenommen werden konnte. Diese Einfiih=
rung ist keine kriegsgeschichtliche Darstellung des Jahres 1942, sondern gibt
einen Uberblick iiber den Kriegsverlauf in diesem Jahr vom Standort der deut=
schen Obersten Fiihrung. Zusammen mit der „Chronik 1942'', die eine Zu=
sammenstellung der wichtigsten Ereignisse auf alien Kriegsschauplatzen auf
Grund des neuesten Standes der Forschung — auch auf dem im rekonstruierten
Kriegstagebuch und in der Einfiihrung nur ungeniigend beriicksichtigten Schau=
platz im Pazifik und in Ostasien — , also Kriegsgeschichte in knappster Form,
bietet, steckt sie den grofien Rahmen ab, in dem die Einzelheiten der taglichen
Aufzeichnungen ihren Platz finden. Kriegsgliederungen des deutschen Heeres
und der Verbiindeten, eine Ubersicht iiber die Dienststellenbesetzung der wich=
tigsten deutschen und verbiindeten Kommandobehorden sowie ein Verzeichnis
der 1942 verwandten Decknamen fiir Operationen und Hauptquartiere (Teil D
des Bandes) dienen gleichfalls der Erleichterung bei der Benutzung.
Die Zusammenstellung des Bandes ware ohne die grofiziigige Hilfsbereit=
schaft verschiedener Institute und einer Reihe von Einzelpersonlichkeiten, die
erganzendes Quellenmaterial beisteuerten oder die Verbindung zu auslandischen
Archiven und Instituten kniipften und von dort wertvoUes Material vermittel=
ten, nicht moglich gewesen. Mein aufrichtiger Dank gilt dem Bundesarchiv=
Militararchiv Koblenz, besonders den Herren Oberst i. G. a. D. Teske, Dr.
Tessin und Bertram, und dem Institut fiir Zeitgeschichte Miinchen, besonders
Herm Dr. Krausnick. Fiir Auskiinfte gebiihrt auch dem Militargeschichtlichen
Forschungsamt Freiburg i. Br. (Herm Oberst i. G. Dr. Hans Meier=Welcker)
und dem Staatlichen Archivlager Gottingen Abt. Zeitgeschichte (Herrn Dr.
Hans=Giinther Seraphim) Dank.
Besonderen Dank fiir ihre tatkraftige Unterstiitzung bei der Beschaffung des
Dokumenten=Materials sowie weiterer fiir die Einfiihrung verwerteter Unter=
lagen schulde ich Herrn Professor Dr. Charles Bur dick (USA), Herrn Gro6ad=
miral a. D. Karl Donitz, Herm General d. Inf. a. D. Dr. Waldemar Erfurth,
Herrn Generaloberst a. D. Franz Haider, Herrn Professor Dr. Walther Hm=
batsch, Herrn Generalmajor a. D. Alfred Philippi und Herrn General d. Artl.
a. D. Walter Warlimont sowie meinen Freunden Dr. Gerhard Hummelchen, Dr.
Hans=Adolf Jacobsen und Dr. Jiirgen Rohwer. Frau Evi Rohwer und Dr. G.
Hiimmelchen danke ich herzlich fiir die Mithilfe beim Korrekturlesen.
Dankbar verbunden bin ich dem Herausgeber, Herm Professor Dr. Percy
Ernst Schramm, der das miihevoUe Zusammenfiigen der einzelnen Telle dieses
Bandes mit vielfaltigem Rat und steter Forderung begleitete.
Marburg a. d. Lahn, 1. August 1963 Andreas Hillgruber
VII
INHALT
A. EINFUHRUNG
Das Kriegsjahr 1942, ein militarpolitisch=operativer Oberblick aus dem Blick=
winkel der deutschen Obersten Fuhrxmg
I. Die strategischen Grundlagen fiir 1942 3
II. Die deutsdie Oberste Fiihrung 1942 8
III. Deutsdiland und seine Verbiindeten 13
1. Japan 13
2. Italien 20
3. Rumanien, Ungarn, Bulgarien, Slowakei, Kroatien 27
4. Finnland 36
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942 38
1. Die Situation im Winter 1941/42 38
2. Planung und Vorkampfe zur Offensive 1942 46
3. Der Sommerfeldzug nadi Stalingrad und zum Kaukasus 50
4. Die Kampfe im mittleren und nordlidien Absdinitt der Ostfront
(April bis November 1942) 72
Aushlick: Grundsatzliche Festlegungen von August bis Ende 1942 ... 68
5. Die Lage an der finnischen Front 79
6. Die Abwehr der sowjetisdien Offensive ab 19. 11. 1942 82
7. Die Situation um die Jahreswende 1942/43 90
V. Der Kampf im Mittelmeerraum 95
1. Die Situation an der Jahreswende 1941/42 und die
deutsch=italienische Offensive ab 21. 1. 1942 95
2. Die Plane zur Kriegfiihrung im Sommer 1942 100
3. Die deutsdi=italienische Offensive von El Gazala bis El Alamein
(Mai bis Juli 1942) 104
4. Die Abwehr der britisdien Offensive in Agypten ab 23. 10. 1942 . . . 109
5. Die Gegenmafinahmen gegen die alliierte Landung in Marokko
und Algerien 114
6. Die Lage im Mittelmeerraum an der Jahreswende 1942/43 121
IX
VI. Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas 122
1. Norwegen — Danemark 122
2. Niederlande — Belgien — Frankreich 126
VII. Der Kampf gegen die Aufstandsbewegungen in Siidosteuropa .... 136
1. Die Tschetniks des Generals Draza Mihajlovic 136
2. Der Kampf gegen die kommunistischen Partisanen Titos 139
3. Die Widerstandsgruppen in Griechenland 140
VIII. Der Seekrieg 143
1. Die „SchIacht im Atlantik" (U=Boot=Kriegfuhrung) 143
2. Der Einsatz deutscher Oberwasserstreitkrafte 155
IX. Der Luftkrieg 162
1. Die Abwehr der alliierten Luftoffensive gegen das Reich und die
besetzten Westgebiete 163
2. Der offensive Einsatz der deutschen Luftwaffe 166
X. Riistung und Wehrwirtschaft Deutschlands im Jahre 1942 169
XI. Die Bilanz des Jahres 1942 174
B. KRIEGSTAGEBUCH 1942
Das erste Quartal (1. Januar bis 31. Marz 1942)
Januar 1942 181
Februar 1942 276
Marz 1942 302
Das zweite Quartal (1. April bis 30. Juni 1942)
April 1942 313
Mai 1942 331
Juni 1942
Das dritte Quartal (1. Juli bis 30. September 1942)
Juli 1942 465
August 1942 542
September 1942 66^
Das vierte Quartal (1. Oktober bis 31. Dezember 1942)
Oktober 1942 781
November 1942 885
Dezember 1942 1060
Anhang: Ausziige aus den Sonderorientierungen des OKW/WFStabes
vom 25. 6. 1942 bis 6. 1. 1943, den See= und Luftkrieg betreffend . . 1212
X
CDOKUMENTEN-ANHANG
ZUM KRIEGSTAGEBUCH 1942
Vorhemerkung 1261
1. OKW=Weisung vom 14. Dezember 1941 betr. Kiistenverteidigung . . . 1262
2. Fiihrerbefehl vom 8. Januar 1942 betr. Verteidigung aller Stellungen
(Auszug) 1264
3. Fiihrerbefehl vom 10. Januar 1942 betr. Riistung 1942 1265
4. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 11. Januar 1942 1267
5. Fiihrerbefehl an die H.Gr. Mitte vom 15. Januar 1942 zum Riickzug
auf die „Winterstellung" 126S
6. Fiihrerbefehl vom 1. April 1942 betr. weitere Kampf f iihrung der H.Gr. Mitte 1270
7. OKW=Verfiigung vom 15. April 1942 betr. Befehlsbefugnisse an den Kiisten 1271
8. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 15. April 1942 1272
9. Beurteilung der Gesamtfeindlage an der Ostfront durch die Abt. Fremde
Heere Ost des Gen.St.d.H. vom 1. Mai 1942 1275
10. Befehl des Oberkommandos der H.Gr. Mitte fiir die Tauschung „Kremr'
vom 29. Mai 1942 1276
11. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 21. Juni 1942 1277
12. Mitteilung des OKW/WFStabes an den OB West vom 4. Juli 1942 betr.
Voraussetzungen fiir einen deutschen Einmarsch in Spanien 1280
13. Fiihrerbefehl vom 9. Juli 1942 betr. Verlegung von Waffen=SS=Verbanden
in den Bereich des OB West 1280
14. Fiihrerbefehl vom 13. Juil 1942 betr. Fortsetzung der Operationen
der H.Gr.n A und B 1282
15. Kurze Beurteilung der Feindlage an der Ostfront vom 15. Juli 1942 . . . 1283
16. Richtlinien des Fiihrers vom 17. Juli 1942 fiir die Fortfiihrung der
Operationen der H.Gr.n A und B 1284
17. Fernschreiben des OKH/Gen.St.d.H. an die H.Gr.n A und B vom 31. Juli 1942
betr. Fortfiihrung der Operationen 1285
18. Weisung des OB der H.Gr. Mitte vom 8. August 1942 fur das Unternehmen
„Wirbelwind" 1286
19. Aufzeichnung des Botschaftsrats Hilger vom 8. August 1942 iiber Verneh=
mungen von kriegsgefangenen sowjetischen Offizieren, u. a.
General Wlassow 1287
20. Briefwechsel zwischen dem Chef der Op.Abt. des Gen.St.d.H., Gen.Major
Heusinger, und dem Chef des Gen.St. der 11. Armee, Gen.Major Schulz,
vom 2.77. September 1942 iiber das Unternehmen „Nordlicht" 1290
21. Fiihrerbefehl vom 8. September 1942 iiber „Grundsatzliche Aufgaben der
Verteidigung" 1292
22. Fiihrerbefehl an die H.Gr. A vom 10. September 1942 iiber die Fortsetzung
der Operationen 1297
23. Fiihrerbefehl vom 13. September 1942 betr. Fortfiihrung der Operationen
der H.Gr. B im Gro6raum Stalingrad 1298
24. Fiihrerbefehl vom 13. September 1942 betr. Ablosung abgekampfter Divi=
sionen aus dem Osten 1298
25. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 2. Oktober 1942 1300
26. Operationsbefehl Nr. 1 vom 14. Oktober 1942 betr. weitere Kampffiihrung
im Osten 1301
27. Beurteilung der Feindlage vor der H.Gr. Mitte vom 6. November 1942
durch die Abt. Fremde Heere Ost des Gen.St.d.H 1305
XI
28. Kurze Beurteilung der Feindlage vom 12. November 1942 durch
Abt. Fremde Heere Ost des Gen.St.d.H 1306
29. Fiihrerbefehl vom 17. November 1942 betr. Fortfiihrung der Eroberung
Stalingrads durch die 6. Armee 1307
30. Beurteilung der U=Boot=Lage durch den B.d.U. vom 18. November 1942 . . 1307
31. Aufzeichnung des Reichsministers Speer liber die Fiihrerbesprechung
vom 22. November 1942 1310
32. Lagebeurteilung des B.d.U. vom 19. Dezember 1942 1313
33. OKW=Weisung an das Geb.AOK 20 vom 29. November 1942 betr.
Verstarkung des finnischen Kampfraumes 1315
34. Fiihrerbefehl vom 27. Dezember 1942 fiir die weitere Kampf fuhrung
auf dem Siidfliigel der Ostfront 1316
35. Operationsbefehl Nr. 2^ vom 28. Dezember 1942 betr. weitere Kampffiihrung
auf dem Siidfliigel der Ostfront 1318
36. Erganzung zum Operationsbefehl Nr. 2 vom 31. Dezember 1942 .... 1319
37. Ubersicht iiber den Frontflugzeugbestand vom 3. Januar 1942 1320
38. Luftwaffeneinsatz wahrend der Sommeroffensive 1942 1321
39. Deutsche Flugzeugverluste 1942 1322
D. ANHANGE
1. Auflosung militarischer und anderer Abkiirzungen 1325
2. Militarische Decknamen fiir Operationsplane und Hauptquartiere . . . 1339
3. Dienststellenbesetzung der wichtigsten deutschen und verbiindeten
Kommandobehorden 1942 ^344
4. Die Gliederung des deutschen Heeres 1942 1353
5. Chronik vom 1. 1.— 31. 12. 1942, zusammengestellt von Andreas Hillgruber
und Gerhard Hiimmelchen 1401
6. Register (Personennamen) 1448
7. Karten
Kriegsschauplatz „Osten"
Kriegsschauplatz „Mittelmeerraum"
Kriegsschauplatz „Westen" s. Karte 1 in Bd. IV/2
Kriegsschauplatz „Norden" s. Karte 5 in Bd. IV/2
Kriegsschauplatz „Siidosten" s. Karte 3 in Bd. IV/2
Beriditigungen
Nachstehende Unstimmigkeiten sind zu berichtigen:
Seite 4 Zeile 18 von oben lies: konnten (statt konnte).
Seite 42 Zeile 13 von u^ten lies: Brockdorff=Ahlefeldt (statt =Ahlefeld).
Seite 81 Anm. 3 Zeile 2 von unten lies: sul (statt rul).
Seite 88 Anm. 6 lies: Aufz. zum KTB des WFStabes, 21.12.1942 (statt Tgb. Engel,
21. 12. 1942).
Seite 134 Zeile 4 von oben lies: sollte (statt soil ten).
Seite 136 Zeile 9 von unten lies: fiihrten (statt fiihrte).
Seite 153 Anm. 6 Zeile 2 lies: Novemberergebnis (statt Norwegenergebnis).
Seite 161 Zeile 18 von oben lies: ... lag (trotz. . . [statt: . . . (lag trotz. . .].
Seite 1336 Zeile 15 von oben lies: SS=FHA = SS=Fiihrungshauptamt (statt: =mann).
XII
A. Einfiihrung
gouirfijL....- .
Einfiihrung
Das Kriegsjahr 1942, ein militarpolitisch=operativer Oberblick
aus dem Blickwinkel der deutschen Obersten Fiihrung
I. Die strategischen Grundlagen fiir 1942
Die Lage um die Jahreswende 1941/42 war durdi drei Ereignisse gekenn=
zeichnet, die den bisher im wesentlichen noch europaischen Krieg zum Welt=
krieg ausweiteten und ihm damit gerade auch von der Warte der deutschen
Obersten Fiihrung vollig neue Dimensionen gaben:
1. das Scheitern der deutschen Offensive an der Ostfront, sichtbar geworden
durch die Krise vor Moskau im Dezember 1941. Sie bedeutete mehr als einen
operativen Riickschlag, der durch eine Wiederaufnahme der Offensivhand=
lungen 1942 hatte tiberwunden werden konnen. Das Scheitern des „Bhtz=
krieges'' gegen die Sowjetunion stellte vielmehr den Zusammenbruch des deut=
schen Kriegsplanes selbst dar, wie er sich im Herbst 1940 teils aus der realen
Situation des Reiches im Kriege, teils aus freien Entscheidungen Hitlers ergeben
hatte. Das strategische Ziel, Sowjetrufiland noch vor der Ausschaltung Grofi=
britanniens in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen, ehe der fiir 1942,
spatestens 1943 erwartete Kriegseintritt der USA Wirkhchkeit wurde und da=
mit der Zweifrontenkrieg „in seiner schwersten Form^'' eintrat, war nicht
erreicht worden.
2. der fiir die deutsche Fiihrung iiberraschende Kriegseintritt Japans mit dem
anschliefienden Siegeszug in Siidostasien und im Westpazifik. Er eroffnete
Moglichkeiten einer Koalitionskriegftihrung. Auch iiberschattete er die Winter*
krise an der Ostfront.
Beides zusammen erf orderte eine Neukonzeption des deutschen Kriegsplanes.
Sie wurde vollends unumganglich durdi das dritte mit dem zweiten verbundene
Ereignis :
3. die Kriegserklarung Hitlers an die USA am 11. 12. 1941. Sie mufite zu=
nachst fiir die Seekriegfuhrung, dann aber fur die deutsche strategische Ge=
1 Walter Warlimont, Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939—1945.
Grundlagen— Formen—Gestalten. Frankfurt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fur
Wehrwesen) 1962, S. 217.
A. Einfiihrung
samtplanung iiberhaupt von entscheidender Bedeutung werden; denn schon
bei Jahresbeginn 1942 war deutlich zu erkennen, dafi die amerikanische Fuh=
rung trotz aller Niederlagen im Pazifik und in Siidostasien entschlossen war,
ihr strategisches Schwergewicht nach Europa/Afrika zu verlegen („Germany
first").
Zu einer somit unumganglichen Neukonzeption des deutschen Kriegsplanes
hat sich Hitler indessen nicht aufgerafft. Es drangt sich dabei dem historischen
Betrachter der Eindruck auf, als habe er sich vor einer Aufgabe gesehen, die
fiir ihn zu den „Problemen der Zukunft'' gehorte, die er „nicht zu Ende'' zu
denken wagte^; hatte ihn doch ein „Zu=Ende=Denken'' zum Eingestandnis der
Aussichtslosigkeit der deutschen Situation gegeniiber der nun geschlossenen
Koalition der Weltmachte in West und Ost fiihren miissen.
Wenn man die spateren Aufierungen des Chefs des Wehrmachtfuhrungs=
stabes, Generaloberst Jodl, fiir zuverlassig ansieht, so scheinen sowohl Hitler
als auch sein erster operativer Berater aus ihrer Kenntnis der Gesamtlage
damals durchaus die Hoffnungslosigkeit gesehen zu haben. So erklarte Jodl
am 13. 5. 1945 riickblickend : „Seit Frlihjahr 42 wufite ich, dafi wir den Krieg
nicht gewinnen konnte^/' Zwei Tage spater fafite der Kriegstagebuchfiihrer
die Ausfiihrungen Jodls noch deutlicher zusammen: „Im besonderen wurde
dem Fiihrer und auch dem Generalobersten klar, als die Katastrophe des VVin=
ters 41/42 hereinbrach . . ., dafi von diesem Kulminationspunkt des beginnen=
den Jahres 1942 an kein Sieg mehr errungen werden konnte^/' Vor den Konse=
quenzen dieser klaren Erkenntnis wichen jedoch Hitler und Jodl aus.
So stand das Jahr 1942 „im Zeichen des Trotzes^'', kam es zu einer Kette
von „improvisierteijL Entschliissen®'", die allesamt nicht der voUig veranderten
strategischen Gesamtsituation Rechnung trugen. Zu ihnen gehort von Hitler
aus betrachtet auch die in diesem Jahr noch verstarkte Konzentration der Be=
f ehlsorganisation der Wehrmacht auf seine Person sowie die Ubersteigerung der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im deutschbeherrschten Europa ins=
gesamt, die 1942 eintrat.
Auf strategischem Gebiet blieb Hitler auch unter den veranderten Verhalt=
nissen bei seinem Entschlufi, zunachst die Sowjetunion als militarischen Faktor
auszuschalten. „Zuversicht und Wille, die Initiative im Osten, spatestens bei
Wintersende, wiederzugewinnen'', zeigte Hitler — nach aufien — den ganzen
i In Ankniipfung an die zur Deutung Hitlers und seiner Handlungsweise wesent=
lidie Aufierung Hitlers gegeniiber Grofiadmiral Raeder am 23. 5. 1939. Vgl.
hierzu IMT, Bd. XIV, S. 341 und Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehr=
macht (Wehrmachtfiihrungsstab), Bd. IV, S. ^^ mit der Interpretation durch
Percy Ernst Schramm.
3 Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtfiihrungsstab),
Bd. IV, S. 1501.
4 Ebda., S. 1503.
5 Bodo Scheurig, Vor zwanzig Jahren: Einkesselung bei Stalingrad, in: Frank=
furter Allgemeine Zeitung 1962, Nr. 286 (8.12.1962).
6 Warlimont, a. a. O., S. 217. ,
I. Die strategischen Grundlagen fiir 1942
Winter iiber. In seiner Rede zum Heldengedenktag in Berlin am 15. 3. 1942
verkiindete er, dafi „die bolschewistischen Horden, die den deutschen und ver=
biindeten Soldaten in diesem Winter nicht zu besiegen vermochten, . . . von
uns in dem kommenden Sommer bis zur Vernichtung geschlagen sein (wer=
den)^''. AUerdings — so erklarte er bereits am 3.1.1942 dem japanischen
Botschafter Oshima — „beabsichtige (er) vorlaufig in der Mitte der Front keine
Angriffsoperationen mehr zu fiihren. Sein Ziel sei die Offensive an der Sud=
front.'' Er sei „entschlossen . . ., die Offensive in Richtung des Kaukasus wieder
aufzunehmen, sobald das Wetter glinstig wiirde. Diese Stofirichtung sei die
wichtigste; man miisse an das 01 und an Iran und den Irak herankommen.
Wenn man erst einmal dort stiinde, so hoffe er, dafi man auch der Freiheits=
bewegung der arabischen Welt zum Durchbruch verhelfen konne. Natiirlich
wiirde er aufierdem alles daran setzen, Moskau und Leningrad zu vernichten^''.
Damit waren wesentliche Leitmotive fur das ganze Jahr 1942 angeschlagen.
Andere strategische Moglichkeiten, als im Osten wieder offensiv zu werden,
wurden von Hitler nicht in Erwagung gezogen und auch nicht vom Wehr=
machtfiihrungsstab — nicht einmal in Studien — untersucht. Demgegeniiber
entwickelte die deutsche Seekriegsleitung in einer umfangreichen „Betrachtung
zur Lage'' vom 20. 2. 1942 ^ sowie in wiederholten Vorstofien des Oberbef ehls=
habers der Kriegsmarine, Grofiadmiral Raeder, in seinen Vortragen vor Hitler
— ankniipfend an die Gedanken der Seekriegsleitung zur Kriegfiihrung in den
Jahren 1940/41, aber entsprechend der neuen Situation abgewandelt — eine
eigene strategische Gesamtkonzeption, die, im Ziele Hitlers Gedanken durch=
aus nahe kommend, auch auf den Nahen und Mittleren Osten gerichtet war,
jedoch einen anderen Weg hierfiir vorschlug, namlich im Mittelmeerraum ihren
Hauptansatzpunkt hatte, dabei einen Vorstofi in den Kaukasus von Norden
allenfalls als Nebenoperation gelten lassen wollte imd — entscheidend — den
Zusammenhang zwischen der deutschen und japanischen Kriegfiihrung mit
dem Ziel einer Koalitionskriegfiihrung der „Dreierpaktmachte" als Chance des
Jahres 1942 erfafite.
Am 13. 2. 1942 erklarte Raeder vor Hitler: „Suez= und Basrah=Position sind
die Westpfeiler der britischen Herrschaft im indischen Raum. Gelingt es, diese
Positionen durch gemeinsamen Druck (der) Achsenmachte zum Einsturz zu
bringen, so mussen die strategischen Folgen fiir das britische Reich vernichtend
sein. (Ein) baldiger deutsch=italienischer Stofi gegen (die) britische Schliissel=
7 Wortlaut der Rede Hitlers am 15.3.1942 in: Archiv der Gegenwart XII (1942),
S. 5430.
8 Auszug aus der Aufzeichnung iiber die Unterredung Hitler— Oshima vom 3. 1.
1942, abgedruckt bei Hans=Adolf Jacobsen, 1939/1945. Der Zweite Weltkrieg
in Chronik und Dokumenten, 5. Auflage, Darmstadt (Wehr und Wissen Verlags=
gesellschaft) 1961, S. 288 ff.
9 Lagebetrachtung der Seekriegsleitung vom 20. 2. 1942 (Anlage zu B Nr. 1. Ski. lb
507/42 g.Kdos. Chefs.), Fotokopie aus dem Bundesarchiv=Militararchiv Koblenz,
Kio.
A. Einfiihrung
stellung Suez ware strategisch gesehen daher von allergrofiter Bedeutung [vol=
lige Bereinigung Mittelmeerlage, Mossulolquellen (!!), Riickwirkung auf (die)
Haltung der Tiirkei, Naher Orient, arabische und indische Bewegung, Ruck=
wirkung auf Ostfront, Kaukasus]. (Die) Englander selbst sehen nach (den)
vorliegenden Nachrichten (die) gegenwartige Bedrohung im agyptischen Raum
als aufierst stark an und befiirchten (die) Herstellung (einer) strategischen Ver=
bindung der deutsch=italienischen mit (der) japanischen Kampffiihrung. (Die)
Japaner streben in Erkenntnis entscheidender Bedeutung aufrichtig (die) Her=
stellung (der) Verbindung auf (dem) See= und Luftweg mit Deutschland an^."
In der Betrachtung der Lage vom 20. 2. wurde die Alternative klar ausge=
sprochen^*: „ Von den beiden strategischen VormarschstraiSen gegen die britische
Stellung im Vorderen Orient fiihrt die eine durch SiidruEland liber den Kau=
kasus nach Iran, die zweite iiber das Mittelmeer durch Nordafrika nach Agyp=
ten/Suez. Beide Wege unterliegen grofien Nachschub= und Gelandeschwierig=
keiten. Bei der gegenwartigen Schwache der englischen Stellung am Suezkanal
besteht kaum ein Zweifel, dafi das strategische Ziel ,Suez' schneller erkampft
werden konnte als der Weg iiber den Kaukasus . . . Auf Grund dieser Fest=
stellungen kommt die Seekriegsleitung bei ihren Oberlegungen zu dem Er=
gebnis, dajS der Stofi gegen Suez/Agypten iiber kurz oder lang gefiihrt werden
mujl^, um das Ziel der Sicherung des europaischen Lebensraumes zu erreichen.
Strategisch am giinstigsten ware eine sofort^, moglichst aber noch vor^ der
Regenperiode dieses Jahres durchzufiihrende Offensive in Richtung Suez unter
Ausnutzung der augenblicklich giinstigen Feindlage und unter vollem Einsatz
der italienischen Flotte. Der Einsatz nur weniger Divisionen wiirde jetzt und in
naher Zukunft zur Durchfiihrung des Stofies gegen Suez geniigen, ihr Fehlen
an anderer Stelle wiirde im Wechselspiel der strategischen Auswirkungen durch
den erreichten Erfolg dieser Operation vielfach ausgeglichen . . . Stellt sich die
Durchfiihrung der Suez=Operation noch im Friihjahr 1942 krafte= und tonnage=
mafiig als unmoglich heraus, so ergibt sich dennoch die strategische Forderung,
schon jetzt mit alien Kraften den Stofi gegen Agypten vorzubereiten und, so=
bald wie moglich, noch in diesem Jahr zur Durchfiihrung zu bringen. Die Zu=
riickstellung aller anderen Operationsziele im Osten bis auf die Kaukasus=
operation und die Wegnahme von Murmansk ist durch das strategische Ziel
1 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und Chef der Seekriegsleitung Nr. 1.
Ski. lb 383/42 g.Kdos. Chefs. (Fotokopie). Vgl.: Lagevortrage des Oberbefehls=
habers der Kriegsmarine vor Hitler 1939—1945. Erlautert von Friedrich Ruge,
Jiirgen Rohwer und Gerhard Hiimmelchen (in Vorbereitung), im folgenden zit.:
Lagevortrage des Ob.d.M.
la Lagebetrachtung der Ski. vom 20. 2. 1942 „Welche strategischen Forderungen er=
geben sidi aus der gegenwartigen Lage fiir die weitere Kriegfiihrung der Dreier=
paktmachte?" (Anlage zu B. Nr. 1 Ski. lb 507/42 g.Kdos. Chefs. — Fotokopie
aus dem Bundesarchiv=Militararchiv Koblenz).
2 Im Original unterstridien.
3 Im Original unterstrichen.
4 Im Original unterstridien. ■'-■> ■-<■
I. Die strategischen Grundlagen fiir 1942
Suez gerechtfertigt . . ." Es ergebe sich „die geschichtliche Gelegenheit'', „mit
verhaltnismafiig geringen Kraften in absehbarer Zeit im Zusammenwirken
mit Japan den Einsturz der gesamten britischen SchlUsselstellung im Vorderen
Orient herbeizufiihren''.
Das „Schlul3wort'' lautete: „Die wichtigste strategische Forderung ist die
Olgewinnung. Die fiir die weitere Kriegsentwicklung bedeutsamste strategische
Schliisselstellung ist Suez. Die Seekriegsleitung ist davon iiberzeugt, dafi eine
baldige erfolgreiche Offensive gegen die britische Hauptschlagader, den Suez=
kanal, und die spatere Herstellung einer Seeverbindung mit Japan eine ver=
nichtende Auswirkung fiir die angelsachsische Kriegf iihrimg hat und damit von
kriegsentscheidender Bedeutung ist/'
Drangte so die Seekriegsleitung auf eine deutsch=japanische Operation gegen
den Nahen und Mittleren Osten sowie in den Indischen Ozean, so ware der
Chef des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider, der — die Sorgen
und Note des Ostheeres vor Augen — den Gedanken der Seekriegsleitung mit
aufierster Skepsis gegeniiberstand, am liebsten 1942 im Osten endgiiltig zur
Defensive iibergegangen^. Aber abgesehen davon, dafi Hitler eine solche
Losung nicht akzeptiert hatte, schien sie Haider auch vom rein militarischen
Standpunkt problematisch : „Lassen wir den Russen zu Atem kommen und
nimmt die Bedrohung durch Amerika zu, dann geben wir die Initiative an die
Feinde ab und werden sie nie wieder gewinnen. So bleibt uns nichts anderes
iibrig, als noch einmal den Versuch zu wagen, trotz aller Bedenken®/' Es blieb,
wenn auch aus unterschiedlichen Motiven, in Ubereinstimmung mit Hitler
sowohl fiir den Chef des Generalstabes des Heeres wie fiir den Chef des
Wehrmachtfiihrungsstabes „das Ziel des Kriegsplanes fiir das Jahr 1942 nach
alter strategischer Regel . . ., mit dem einen Gegner in irgendeiner Form fertig
zu werden, ehe der andere seine ganze Kraft entfalten konnte^/'
Entsprechend der Zielsetzung, die Entscheidung im Osten, d. h. mit dem Heer
zu Lande, zu suchen, wurden mit dem Befehl Hitlers vom 10. 1. 1942 neue
Richtlinien fiir die Riistung herausgegeben. Darin hiefi es grundlegend: „Die
Zielsetzung auf weite Sicht bleibt unverandert der Ausbau der Luftwaffe und
Kriegsmarine zum Kampf gegen die angelsachsischen Machte . . . Die Krieg=
fiihrung im Jahre 1942 verbietet jedoch bis auf weiteres ein Absinken der
Riistung des Heeres zugunsten dieser Zielsetzung. Das Heer ist vielmehr fiir
die im Jahre 1942 gestellten Kriegsaufgaben erneut zu verstarken und zu
bevorraten. Die Mittel der Riistung sind daher zunachst bevorzugt den ge=
steigerten Bedurfnissen des Heeres dienstbar zu machen®/'
5 Warlimont, a. a. O., S. 239.
6 Adolf Heusinger, Befehl im Widerstreit. Schicksalsstunden der deutschen Armee
1923—1945, Tiibingen und Stuttgart (Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins)
1950, S. 186. Zitiert auch bei Warlimont, a. a. O. S. 239.
7 Warlimont, a. a. O., 5. 239.
8 Der Fuhrer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Nr. 1/42 g.K. OKW/WFSt/
Org. — WiRii Amt, 10.1.1942 (Dokumenten=Anhang Nr. 3).
A. Einfiihrung
Obwohl mit der Entscheidung Hitlers der strategische Schwerpunkt fiir 1942
eindeutig auf den Osten gelegt war, blieb die Seekriegsleitung bei ihrer Lage=
beurteilung. Sie sah zudem mit Recht, insbesondere in der U=Boot=Kriegfiih=
rung, im Kampf gegen die angelsachsischen Machte, vor allem die noch kriegs=
unerfahrenen USA, gerade fiir 1942 grofie Chancen. Zu einer sinnvollen Zu=
sammenfiigung der strategischen Gedanken der Seekriegsleitung mit den
Vorstellungen und Absichten Hitlers und des Wehrmachtfiihrungsstabes ist es
nie gekommen. Das Nebeneinander von See= und Landkrieg blieb vielmehr fiir
das ganze Jahr 1942 bezeichnend. Nur so ist die „ausdriickliche Zustimmung''
Hitlers zu der Interpretation der Kriegslage durch Groliadmiral Raeder am
26. 8. 1942, die in einer einfachen Kombination der beiden Ziele bestand, zu
verstehen. Er sah sie „nach wie vor bestimmt: a) durch vordringliche akute
Bekampfung Rufilands zur Schaffung eines moglichst blockadefesten, nach
aulien sicher zu verteidigenden Lebensraums, von dem aus der Krieg noch
Jahre weitergefiihrt werden kann; b) durch fiir Ausgang und Dauer des
Krieges bestimmenden Kampf gegen die angelsachsischen Seemachte, der Eng=
land und USA friedensbereit zu machen imstande ist®/' Auch nach den die
aufiere Wende des Krieges markierenden Ereignissen des November 1942
(Ruckzug der Armee Rommels aus Agypten, alliierte Landung in Franzosisch=
Nordwestafrika und Einschliefiung der 6. deutschen Armee in Stalingrad) blieb
Hitler bei seiner trotzigen Grundhaltung, die seine Strategie das ganze Jahr
uber bestimmt hatte: „Das Ziel des Ostfeldzuges sei nach wie vor'" — so er=
klarte er am 18. 12. dem italienischen Aufienminister Graf Ciano, der im
Auftrage Mussolinis politische Moglichkeiten zur Beendigung des Krieges
sondieren soUte — „a. den bolschewistischen K0I06 zu schlagen und ihn zu
hindern, gegen Europa vorzugehen, und 2. im Osten Lebensraum zu gewinnen,
um auf die Dauer die Emahrungs= imd Rohstoffbasen (Kohle, Eisen, Mangan,
Petroleum), die Europa notig habe, sicherzustellen^"
II. Die deutsche Oberste Fiihrung 1942
Um die Jahreswende 1941/42 traten im Zusammenhang mit der grolien Krise
an der Ostf ront wesentliche Veranderungen in der deutschen Obersten Fiihrung
ein. Die wichtigste war die Obernahme des Oberbefehls iiber das Heer durch
Hitler personlich. Seit dem 19. 12. 1941, dem Tage der Verabschiedung des
Generalfeldmarschalls v. Brauchitsch, war er nicht mehr nur Oberbefehlshaber
der Wehrmacht (Ob.d.W.), sondern zugleich Oberbefehlshaber des Heeres
(Ob.d.H.). Die Fiihrungsstabe des OKW und des OKH waren nunmehr beide
9 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine B. Nr. 1. Ski. lb 1663/42 g.Kdos. Chefs.
vom 29.8.1942 (Fotokopie). Vgl. Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.
1 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Ciano vom
18. 12. 1942, Politisches Archiv des Auswartigen Amtes Bonn, Aufz. Fiih. 45
(RAM=Film 20/580—626, 7/243—235).
II. Die deutsche Oberste Fiihrung 1942
unmittelbar von Hitler abhangig, ohne dafi es zu einer angesichts der Aus=
weitung des europaischen Krieges zum Weltkrieg notwendigen sinnvollen
Verschmelzung der Stabe zu einer strategisch=militarpoIitischen Zentralinstanz
kam^. Vielmehr wurde der Generalstab des Heeres (Chef des Generalstabes
des Heeres weiterhin Generaloberst Haider) ausschliefilich auf die Fuhrungs=
aufgaben im Osten (ohne Finnland) mit den drei (ab 7. 7. 1942 vier, ab 27. 11.
1942 ftinf) Heeresgruppen beschrankt, wahrend das OKW/WFStab zunachst
weiterhin fiir die Gesamtfiihrung verantwortlich blieb, zugleich aber die im
Laufe des Jahres 1941 nacheinander eingetretene unmittelbare Unterstellung
der iibrigen Kriegsschauplatze unter seine Leitung (Nordfinnland, Norwegen
[bereits seit der Planung und Durchfiihrung des Unternehmens „Weserubung''
1940], Westen [Niederlande, Belgien, Nord= und Westfrankreich], Mittel=
meerraum/Nordafrika [de iure unter der Oberleitung des Comando Supremo]
und Siidosten [Griechenland/Kreta, Jugoslawien]) endgiiltig wurde. Der Chef
des WFStabes, General d. Artl. Jodl, blieb also weiterhin der erste operative
Berater Hitlers fiir die Gesamtkriegfiihrung^.
Allerdings ist es dem WFStab niemals — auch nicht unter den Notwendig=
keiten der voUig veranderten Kriegslage seit der Jahreswende 1941/42 — ge=
lungen, eine im Sinne einer einheitlichen strategischen Planung unumgangliche
Ein= und Unterordnung der Oberkommandos bzw. Fiihrungsstabe von Kriegs=
marine und Luftwaffe zu erreichen. Der Ob.d.M., Grofiadmiral Raeder, und der
Ob.d.L., Reichsmarschall Goring, letzterer infolge seiner Sonderstellung in
Staat und Partei ohnehin nicht gewillt, sich anderen militarischen Instanzen
unterzuordnen, beharrten auf ihrer Eigenstellung und trugen Hitler in unter=
schiedlichen Abstanden ihre Lagebeurteilung nicht nur iiber ihren Wehrmacht=
teil, sondem auch zur strategischen Gesamtsituation vor und erhielten von ihm
ihre Weisungen^.
Marine und Luftwaffe behielten also neben dem WFStab ihre unmittelbare
Abhangigkeit von Hitler bei. Praktisch bedeutete dies, da Hitler viel weniger
in die Belange dieser beiden Wehrmachtteile als in die des Heeres eingriff, eine
weitgehende Selbstandigkeit im Planen und Handeln, die bei der Marine bis
zum Entwurf eigener strategischer Gesamtkonzeptionen in Denkschriften und
Lagebetrachtungen ging*.
Die Arbeitsweise der deutschen Obersten Wehrmachtfiihrung und ihr Wan=
1 Hierzu: Warlimont, a. a. O., S. 227 ff.; Generalfeldmarschall Keitel Verbrecher
oder Offizier? Erinnerungen, Briefe, Dokumente des Chefs OKW, hrsg. von Wal=
' ' ter Gorlitz, Gottingen (Musterschmidt=Verlag) 1961,8. 317 ff. (kiinftig zit.: Keitel).
2 Den anders lautenden Aussagen Jodls im IMT=Proze6 (IMT, Bd. XV, S. 407) tritt
Warlimont mit Recht entgegen (a. a. O., S. 232).
3 Aus den Aufzeichnungen zum KTB WFStab, die nur sporadisch Mitteilungen
iiber die Luftwaffe und Kriegsmarine enthalten, lafit sich diese Feststellung von
der negativen Seite her gut belegen.
4 Vgl. die grofien Denkschriften und Lagebetrachtungen der Seekriegsleitung. Fiir
die Luftwaffe lafit sich diese Feststellung weniger gut untermauern, da umfang=
reicheres Quellenmaterial fehlt.
A. Einfiihrung
del im Jahre 1942 lassen sich am besten aus dem Ablauf der taglichen Lage=
besprechungen im Fiihrerhauptquartier vor Hitler ablesen. Mit der Ubernahme
des Oberbefehls iiber das Heer traten gegeniiber dem bisherigen Verfahren
erste Anderungen ein. Wie bisher iibermittelte der Generalstab des Heeres in
den friihen Morgenstunden die Lagemeldungen von der Ostfront an den WF=
Stab. Sie wurden dort mit den Meldungen von den iibrigen Kriegsschauplatzen
und der beiden anderen Wehrmachtteile zusammengestellt, in einer Lagebe=
sprechung im WFStab unter Leitung des Stellv. Chefs des WFStabes, General=
leutnant Warlimont, gegen 11 Uhr erortert und vom Chef WFStab als Unter=
lage flir seinen Lagevortrag vor Hitler (Mittagslage) mitgenommen^. Jodl be=
schrankte sich dabei hinsichtlich der Ostfront auf eine Darstellung in groben
Ziigen (auf einer Karte 1 : 1 Million). Nach Abschlufi dieses ersten Teils der
„Lage'' trug dann seit der Entlassung des Gen.Feldmarschalls v. Brauchitsch
(19. 12. 1941) der Chef des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider,
der immer erst nach Beendigung des Vortrags Jodls hinzugezogen wurde, iiber
die Lage im Osten im einzelnen vor (an Hand grofier Karten im Mafistab
1 : 3ooooo).Diese taglichen Mittagslagebesprechungen zogen sich iiber mehrere
Stunden hin. Die im allgemeinen weniger bedeutsamen Abendlagebespre=
chungen f anden — im Gegensatz zu dem relativ umf angreichen Teilnehmerkreis
an den Mittagslagen^ — nur im kleinen Rahmen statt.
Wahrend iiber die laufenden Ereignisse des See= und Luftkrieges im Rahmen
der Mittagslagebesprechimgen von den Leitern der Abteilungen Op/M bzw.
Op/L des WFStabes vorgetragen wurde, kamen die wesentlichen Probleme
dieser beiden Wehrmachtteile in den besonderen Besprechungen des Oberbe=
fehlshabers der Kriegsmarine und des Oberbefehlshabers der Luftwaffe mit
Hitler zur Sprache^, wenn nicht Goring selbst bei den Mittagslagebesprechun=
gen zugegen war, was in unterschiedlicher Haufigkeit der Fall war.
Das „ Fiihrerhauptquartier'' — unter dieser Sammelbezeichnung wurden die
engere Umgebung Hitlers und der, auch raumlich von ihr getrennte, weitere
Kreis, zu dem vor allem der WFStab sowie das Fiihrerbegleitbataillon gehorten,
zusammengefafit — befand sich seit dem 24. 6. 1941 im Lager „Wolfsschanze''
im Forst Gorlitz ostwarts Rastenburg (Ostpreufien). OKH und Luftwaffen=
flihrung hatten ihre Feldquartiere ebenfalls in OstpreuiSen (Nahe Angerburg
bzw. Rominten), wahrend das OKM in Berlin blieb. In der Zeit vom 16. 7.
bis 1. 11. 1942 war das „Fuhrerhauptquartier'' als ganzes in das Lager „Wer=
wolf, 15 km nordostwarts Winniza, verlegt. Hitler selbst, z. T. mit seinem
engeren Stab, hielt sich im Jahre 1942 — abgesehen von kiirzeren Besuchen in
5 Warlimont, a. a. O., S. 231 ff .
6 Uber den Teilnehmerkreis im einzelnen: Helmut Heiber, Hitlers Lagebesprechun=
gen. Die Protokollfragmente seiner militarischen Konferenzen 1942—1945, Stutt=
gart (Deutsche Verlags=Anstalt) 1962 (Quellen und Darstellungen zur Zeitge=
schichte, Bd. 10), S. 13.
7 Vgl. die vollstandig erhaltenen Niederschriften iiber die Besprechungen des Ober=
befehlshabers der Kriegsmarine vor Hitler (Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
10
II. Die deutsche Oberste Fiihrung 1942
Berlin und in Miinchen sowie werdgen Besuchen in den Hauptquartieren der
Heeresgruppen im Osten® — im Friihjahr mehrere Wochen lang sowie noch
einmal etwa 10 Tage im November auf dem Berghof bei Berchtesgaden auf,
wobei die Trennung von seinen Arbeitsstaben jedesmal besondere Probleme
aufwarf.
Teilweise im Zusammenhang mit der Ubernahme des Oberbefehls iiber das
Heer durch Hitler, teilweise auch unabhangig davon traten im OKW und
WFStab um die Jahreswende 1941/42 in organisatorischer und personeller
Hinsicht Veranderungen ein, von denen hier nur die wichtigsten erwahnt
werden konnen. Zwecks Koordinierung der Belange des Heeres mit denen der
anderen Wehrmachtteile und zur Wahrnehmung der Riistungsinteressen des
Heeres wurde am 15. 1. 1942 die Stelle eines „Chefs des Heeresstabes beim
Chef OKW geschaffen und mit General d. Inf. Buhle besetzt, der es verstand,
„an Keitel vorbei schnell ein unmittelbares Verhaltnis zu Hitler zu gewinnen®''.
Alle Aufgaben des Oberbefehlshabers des Heeres aufier denen der operativen
Fiihrung und der Personalfragen, an denen Hitler allein interessiert war, als
er sich am 19. 12. 1941 selbst an die Stelle v. Brauchitschs setzte, iibertrug er
dem Chef OKW, Gen.Feldmarschall Keitel, ohne dafi seine Kompetenzen je=
mals klar abgegrenzt worden waren^
Nach dem Tode des Reichsministers fiir Bewaffnung und Munition Fritz
Todt am 8. 2. 1942 iibernahm Albert Speer dieses Amt, das 1942 eine zentrale
Bedeutung gewann. Unter ihm begann angesichts der veranderten Kriegslage
die grolie Anstrengung der deutschen Riistungsindustrie, die Kriegsproduktion
auf ein Hochstmafi zu steigern und in einen — in Anbetracht der industriellen
Kapazitaten der Gegner allerdings aussichtslosen — Riistungswettlauf einzu=
treten („Ara Speer'') ^. Organisatorisch fiihrte dies im Zuge der Konzentration
aller Riistungsdienststellen im Ministerium Speer am 11. 5. 1942 zur Eingliede=
rung der Riistungsinspektionen des Wirtschafts= und Riistungsamtes im OKW
(General d. Inf. Thomas) in das Reichsministerium fiir Bewaffnung und Muni=
tion, wahrend das verkleinerte „Wehrwirtschaftsamt'' im OKW verblieb.
Mit Wirkung vom 1. 1. 1942 trat auch eine Neuordnung im WFStab selbst
in Kraft, ohne dafi sich an dessen Stellung und Arbeitsweise etwas anderte.
Der Chef der bisherigen, jetzt aufgelosten „Abteilung Landesverteidigung'',
Generalleutnant Warlimont, erhielt die Dienstbezeichnung „Stellv. Chef WF=
Stab''. Die ihm unterstellten drei Arbeitsgruppen fiir Operationen sowie die fiir
organisatorische und Quartiermeisteraufgaben wurden zu „Abteilungen" er=
8 Die Aufenthaltsorte Hitlers sind in den Tagesnotizen des KTB jeweils angegeben,
sofern es sich nidit um „Wolfssdianze" bzw. „Werwolf" handelt.
9 Warlimont, a. a. O., S. 245.
1 Warlimont, a. a. O., S. 228; Keitel, a. a. O., 5. 287 f. Hier auch iiber die daraus
resultierenden Spannungen des Chef OKW mit dem Chef des Generalstabes des
Heeres und dem Chef HRiist und BdE.
2 Die deutsche Industrie im Kriege 1939—1945, hrsg. vom Deutschen Institut fiir
Wirtschaftsforschung Berlin=Dahlem, Berlin (Duncker & Humblot) 1954, S. 39 ff.
II
A. Einfiihrung
hoben^. Personell am bedeutendsten war die von Hitler veranlaEte Ablosung
des Obersten d.G. v. LoJSberg und seine Ersetzung durch Oberst i.G. Frhr. v.
Buttlar=Brandenfels als Leiter der Abt. Op/H Mitte Januar 1942 4. Die Warli=
mont unmittelbar unterstehenden fiinf Abteilungen des WFStabes wurden als
„engerer WFStab" oder vom Chef WFStab selbst als „Arbeitsstab Jodr' be=
zeichnet. Umfangmafiig blieb er nach wie vor sehr begrenzt. Die Gesamtzahl
von hochstens 20 Offizieren macht dies im Vergleich zu den grofien Zentral=
staben der drei Wehrmachtteile deutlich. /
In der seit dem 19. 12. 1941 bestehenden Abgrenzung der Aufgabenbereiche
zwischen dem WFStab und dem Generalstab des Heeres, wie es insbesondere
im Ablauf der Lagebesprechungen vor Hitler zum Ausdruck kam, trat im
Oktober 1942 eine einschneidende Veranderung ein^. Zu der sich seit Juli/
August abzeichnenden Krise in der Zusammenarbeit zwischen Hitler und
Haider, die schliefilich am 24. 9. 1942 zu dessen Entlassung fiihrte, kam eine
abrupt ausbrechende ernste Vertrauenskrise zwischen Hitler und dem Chef
WFStab, General d. Artl. Jodl, hinzu, die sich aus der Entsendung Jodls zur
H.Gr. A in den Kaukasus und der Stellungnahme des Chefs WFStab zu=
gunsten des Oberbefehlshabers der H.Gr., Gen.Feldmarschall List, und damit
gegen Hitlers Auffassung der Lage am 8. 9. 1942 entwickelte. Hitler entUefi
daraufhin nicht nur am 9. 9. List und iibernahm selbst die Fiihrung der H.Gr.
A (von „Werwolf'' aus mit dem Stab der H.Gr. in Stalino, ab 18. 9. in
Woroschilowsk als „Meldekopf und Befehlsiibermittlungsstelle''^), sondern
gab auch seine Absicht zu erkennen, den Chef OKW, Gen.Feldmarschall Keitel,
und den Chef WFStab, General Jodl, zu denen er auch die „gesellschaftlichen
Beziehungen'' (gemeinsames Mittagessen) abbrach, durch Gen.Feldmarschall
Kesselring bzw. General d. Pz.Tr. Paulus zu ersetzen. Er verwirklichte diese
Absicht zwar nicht, da die als Voraussetzung hierfiir betrachtete Einnahme
von Stalingrad und die damit mogUche Ablosimg von Paulus als OB der
6. Armee nicht eintrat, doch war Jodl von da ab bis Ende Januar 1943 „persona
minus grata'' und konnte auch in den folgenden Jahren nie mehr das unein=
geschrankte Vertrauen Hitlers — soweit man davon bei ihm iiberhaupt sprechen
kann — zuriickgewinnen.
Die Entlassung Haiders imd seine Ersetzung durch General d. Inf. Zeitzler,
den bisherigen Chef des Generalstabes des OB West, also einen mit den Fiih=
3 Vgl. Organisationsskizze des WFStabes bei Fritz Frhr. v. Siegler, Die hoheren
Dienststellen der deutschen Wehrmacht 1933—1943, Miinchen (Institut fur Zeit=
geschichte) 1933, S. 150 und Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht
(Wehrmachtfiihrungsstab), Bd. IV, S. 1759; Warlimont, a. a. O., S. 229 ff.
4 Warlimont, a. a. O., S. 231; Bernhard v. Loliberg, Im Wehrmachtfiihrungsstab.
Hamburg 1949.
5 Hierfiir und fiir das Folgende Warlimont, a. a. O., S. 267 ff.; Generaloberst Hal=
der, Kriegstagebuch, Bd. Ill (in Vorbereitung) ; Keitel, a. a. O., S. 303 ff.; Heiber,
a. a. O., S. 11 ff.; Notizen zum KTB WFStab vom 8.9.1942.
6 Notizen zum KTB WFStab, 9. 9. 1942 (Helmuth Greiner, Die Oberste Wehrmacht=
fiihrung 1959—1943, Wiesbaden [Limes Verlag] 1951, S. 410).
12
III. Deutschland und seine Verbiindeten
rungsproblemen auf dem Ostkriegsschauplatz bisher nicht vertrauten General,
fiihrte im Zusammenhang mit der Vertrauenskrise zwischen Hitler und dem
Chef WFStab dann zu einer grundlegenden Neuregelung hinsichtlich seiner
Stellung und des Aufgabenbereichs seines Stabes. Aus dem zunachst von
Hitler und seiner engeren Umgebung bezeugten allgemeinen WohlwoUen
gegeniiber Zeitzler und der geschwachten Position Jodls ergab sich fiir den
neuen Chef des Generalstabes des Heeres die Moglichkeit, die „Doppelgleisig=
keit der Fiihrung im Osten'' zu beenden. Diese erfolgreichen Bemiihungen
Zeitzlers, die alleinige Verantwortung fiir die Ostfront zu iibernehmen und den
WFStab auszuschalten, f anden in der ab Oktober 1942 giiltigen neuen Reihen=
folge der Vortrage bei der Mittagslage ihre Auswirkung^. Von nun an eroffnete
der Chef des Generalstabes des Heeres die Reihe der Vortrage mit seinem
Bericht iiber die Ostfront. Danach erst behandelte Jodl die iibrigen Kriegs=
schauplatze, fiir die der WFStab ausschliefilich verantwortlich blieb („OKW=
Kriegsschauplatze)''^. Die Vortrage Jodls iiber die Ostfront, die die Gesamt=
verantwortung des WFStabes sichtbar zum Ausdruck gebracht hatten, waren
weggefallen. Von alien Entschliissen, alien Planungen und Voriiberlegungen
hinsichtlich des ostlichen Kriegsschauplatzes, auch solchen, die fiir andere
Kriegsschauplatze und die Gesamtkriegfiihrung von grofiter Bedeutung waren,
sah sich der WFStab von nun an ausgeschaltet. Der Chef WFStab, General
Jodl, fand sich trotz aller Vorstellungen seines Stellvertreters, Generalleutnant
Warlimont, mit dieser Entwicklung — angesichts seiner erschiitterten Stellung
bei Hitler mehr oder minder zwangslaufig — ab. Damit zerfiel die deutsche
Oberste Wehrmachtfiihrung auf dem Gebiet der Landkriegfiihrung endgiiltig
in zwei nebeneinander arbeitende Stabe. Nur Hitler selbst reprasentierte noch
die Einheit der deutschen Kriegfiihrung. Es ist daher kein Zuf all, da& die letzte
vom WFStab noch verfafite Gesamtbeurteilung der Lage, die die Ostfront mit
einschlofi, von Oktober 1942 stammt. Von Ende 1942 ist eine solche oder gar
ein deutscher Kriegsplan iiber geringe Ansatze hinaus nicht mehr zustande
gekommen^.
III. Deutschland und seine Verbiindeten
1. Japan
Mit dem fiir die deutsche Oberste Fiihrung hinsichtlich des Zeitpunktes, der
StojSrichtung und der strategischen Planung unbekannten und unerwarteten
Kriegseintritt Japans am y./3, 12. 1941 ergab sich die Notwendigkeit zur
Koalitionskriegf iihrung, zur Koordinierung der Kriegfiihrung der beiden Machte,
und damit zum ersten Male seit 1939 zugleich Problematik und Chance einer
Strategie und Kriegfiihrung im „globalen'" Rahmen. AUerdings waren die
7 Warlimont, a. a. O., S. 272.
8 Vgl. die Notizen zum KTB WFStab vom 10.— 13. 10. 1942.
9 Warlimont, a. a. O., S. 289.
15
A. Einfiihrung
Voraussetzungen hierfiir trotz aller Biindnisverpflichtungen im Dreimachtepakt
vom 27. 9. 1940 mit dem improvisierten „Deutsch=italienisch=japanischen Ab=
kommen iiber die gemeinsame Kriegfiihrung'' vom 11. 12. 1941 noch keines=
wegs gelegt. Wie schon der vorausgehende „Antikominternpakt'' vom 25. 11.
1936 blieb der „Dreimachtepakt'' mit dem spateren Zusatzabkommen im
Propagandistisch=Deklamatorischen stecken.
Wohl erklarte Hitler am 3. 1. 1942 dem japanischen Botschafter Oshima:
„Wir alle und auch Japan stiinden in einem gemeinsamen Kampf auf Leben
und Tod, und es sei daher von grofiter Wichtigkeit, dafi wir unsere milita=
rischen Erfahrungen gegenseitig austauschten/' Auch hob er dabei besonders
hervor, „daJS es wohl zum ersten Mai in der Geschichte sei, dafi zwei so ge=
waltige Militarmachte, die voneinander weit entfernt lagen, gemeinsam im
Kampfe stiinden. Diese Position gabe die Moglichkeit, bei genauer Abstim=
mung der militarischen Operationen eine Hebelwirkung in der KriegfUhrung
zu erzeugen, die gewaltige Riickwirkungen auf den Feind haben miisse, da
dieser gezwungen wiirde, seine Schwerpunkte immer wieder zu verlagern und
auf diese Weise seine Krafte hoffnungslos zu verzetteln. Er glaube nicht, dafi
die Vereinigten Staaten noch Mut hatten, Angriffsoperationen im ostasiatischen
Raum zu fiihren/' Wortlich fuhr er fort: „Wenn England Indien verliert, stlirzt
eine Welt ein. Indien ist der Kern des englischen Empire/' Zusammenfassend
meinte Hitler: „Es sei notwendig, dafi Deutschland und Japan iiber die gemein=
samen Plane fiir 1942/43 berieten. Die beiden Verbiindeten diirften unter
keinen Umstanden auf halbem Wege aufhoren/' Er sei der Auffassung, „daJS
man England vernichten kann. Wie man die USA besiege, wisse er noch
nicht ^/' ihii'iiift<hn.'i'shnr>\
Verglichen mit dem klar erkannten Ziel wirkten die am 18. 1. 1942 in Berlin
vom Chef OKW und den BevoUmachtigten der italienischen und japanischen
Stabschefs unterzeichneten „Militarischen Vereinbarungen zwischen Deutsch=
land, Italien und Japan^'' jedoch alles andere als iiberzeugend. Sie waren ohne
Mitwirkung des WFStabes ausgearbeitet worden, der demnach hier zu einer
der bedeutsamsten Aufgaben seines Arbeitsbereichs liberhaupt nicht heran=
gezogen wurde. In den von der Militarkommission der Dreierpaktmachte aus=
gearbeiteten Vereinbarungen wurden als wichtigstes Operationszonen fiir die
beiderseitigen Streitkrafte festgelegt. Dies schien mehr auf eine Trennung als
auf eine Zusammenarbeit in der Kriegfiihrung hinzudeuten. Auf japanischen
Vorschlag sollte der yo. Grad ostlicher Lange im Indischen Ozean die Opera=
tionsgrenze bilden.
Auszug aus der Aufzeichnung iiber die Unterredung Hitler=Oshima vom 3. 1.
1942, abgedruckt bei Hans=Adolf Jacobsen, 1959/1945, a. a. O., S. 288 ff.
Militarische Vereinbarungen zwischen Deutschland, Italien und Japan vom 18. 1.
1942, abgedruckt bei Jacobsen, a. a. O., S. 291—93. Das Abkommen wurde japa=
nischerseits von Admiral Naokuni Nomura, italienischerseits von General Marras
unterzeichnet.
M
III. Deutschland und seine Verbiindeten
Hinsichtlich des „allgemeinen Operationsplans'' war fiir Japan u. a. vorge=
sehen, dafi es „die Vernichtung der nordamerikanischen iind englischen Land=,
See= und Luftstreitkrafte im Pazifik und im Indischen Ozean anstreben (sollte),
um sich die Seeherrschaft im westlichen Pazifik zu sichern. Wenn die nord=
amerikanische und die englische Kriegsflotte sich grofitenteils im Atlantik kon»
zentrieren, wird Japan im ganzen Gebiet des Fazifiks und des Indischen Ozeans
seinen Handelskrieg verstarken und aufierdem einen Teil seiner Marinestreit=
krafte nach dem Atlantik entsenden und dort mit der deutschen und italie=
nischen Kriegsmarine unmittelbar zusammenarbeiten/'
Deutschland und Italien erklarten, dafi sie „wichtige Stiitzpunkte Englands
und der Vereinigten Staaten im Nahen Osten und im Mittleren Osten, im
Mittelmeer und im Atlantik vernichten, deren dortige Gebiete angreifen und
besetzen (wollten). Sie werden die Vernichtung der englischen und nord=
amerikanischen Land=, See= und Luftstreitkrafte im Atlantik und im Mittel=
meer und die Zerstorung des feindlichen Handels anstreben. Wenn die eng=
lische und nordamerikanische Kriegsflotte sich grofitenteils im Pazifik konzen=
trieren, werden Deutschland und Italien einen Teil ihrer Marinestreitkrafte
nach dem Pazifik entsenden und dort mit der japanischen Marine unmittelbar
zusammenarbeiten.''
Ein Zusammenwirken im Rahmen des Handelskrieges, hinsichtlich des Aus=
tausches von Informationen und der militarischen Nachrichteniibermittlung
sowie die Herstellung einer — nie erreichten — Luftverbindung zwischen den
Verbiindeten waren ebenfalls vorgesehen. Abgesehen von der Abgrenzung der
Operationsraume war das ganze Abkommen in so allgemeinen Wendungen
gehalten, dafi schon vom Wortlaut her nicht viel zu erwarten war. Ein fiir alle
vorgesehenen Aufgaben gebildeter gemischter Ausschufi ist praktisch niemals
zur Auswirkung gelangt, „weil es viele Geheimnisse und nur wenige gemein=
same Probleme fiir Japan, Deutschland und Italien gab^''.
Lediglich auf Grund direkter Kontakte einzelner Mitglieder des Ausschusses
gelang es dort, wo es beide Seiten anstrebten, im Gesprach zu bleiben. Dies gait
vor allem fiir den Marinebereich, in dem es der deutschen Seekriegsleitung auf
Grund ihrer strategischen Konzeption sehr auf die Zusammenarbeit mit Japan
ankam. Bei den wenigen Begegnungen zwischen japanischen Offizieren und
Vertretern des WFStabes kam es hingegen nur zu sehr allgemeinen Aus=
sprachen mit General Jodl, wahrend „den Sperrkreis II, die eigentliche mili=
tarische Arbeitsstelle des Hauptquartiers, . . . kein japanischer Offizier je be=
treten hat^''. Von Jodl erfuhren General Banzai und Admiral Nomura, die
japanischen Vertreter im gemischten Ausschufi, am 23. 2. 1942, da6 die allge=
3 AufzeidKnungen des Admirals N. Nomura, 1942/43 Leiter der japanisdien Dele=
gation der Militarkommission des Dreimachtepaktes in Berlin (Masch.=Ms. im
Besitz von Dr. Jiirgen Rohwer, dem Verfasser freundlichst zu Verfiigung gestellt,
kiinftig zit.: Nomura), S. 3.
4 Warlimont, a. a. O., S. 224.
15
A. Einfiihrung
meine Lage Deutschland dazu zwinge, das Schwergewicht zunachst auf den
Kampf gegen die Sowjetunion zu legen. Hinsichtlich eines Vormarsches in den
Nahen und Mittleren Osten werde eine Operation geplant, die iiber den
Kaukasus nach Iran fiihre. Operationen aus dem Mittelmeer heraus wiirden
fiir schwierig erachtet^.
Im Gegensatz zum Chef WFStab, der in Obereinstimmung mit Hitler den
Schwerpunkt fiir das Jahr 1942 eindeutig im Osten sah und lediglich im Zu=
sammenhang damit eine Offensive iiber den Kaukasus hinweg nach Iran in
Erwagung zog, stellte der Chef des Stabes der Seekriegsleitung, Vizeadmiral
Fricke, entsprechend der eigenen strategischen Konzeption der Ski. und in
Obereinstimmung mit den — wenn audi sehr allgemein gehaltenen — Grund=
gedanken des deutsch=italienisch=japanischen Abkommens vom 18.1.1942, ein
konzentrisches deutsch=japanisches Vorgehen aus dem Mittelmeerraum und
aus dem Indischen Ozean in den Nahen und Mittleren Osten, die Schliissel=
position des britischen „Empire'', in den Gesprachen mit Nomura immer
wieder in den Mittelpunkt. Die Dreierpaktmachte, so erklarte Fricke am 27. 3.
1942 Nomura, sollten Agypten, das Suez=Gebiet und den Nahen und Mittleren
Osten erobern, ehe die feindliche Abwehrkraft zu stark werde. Voraussetzung
fiir das Gelingen einer solchen konzentrischen Operation sei, dafi der alliierte
Nachschub im Indischen Ozean unterbrochen werde. Fricke machte in diesem
Zusammenhang den fiir die ganze weitere Entwicklung des deutsch=japanischen
Verhaltnisses bedeutsamen Vorschlag, die japanische Kriegsmarine soUte in
Verbindung mit dem deutschen und italienischen Vormarsch in Nordafrika
in Richtung Suez=Kanal eine Operation an der Ostkiiste Afrikas zur Unter=
bindung des dort entlanglaufenden britischen Nachschubs unternehmen, also
iiber den jo. Grad hinaus nach Westen vorstofien^.
Die japanische Reaktion auf diesen Vorschlag war zuriickhaltend. Am 3. 4.
traf die Nachricht aus Tokio ein, dali Japan beabsichtige, zwei Hilfskreuzer
und einige U=Kreuzer von Mitte Mai bis Mitte Juli im Arabischen Meer und
vor der Ostkiiste Afrikas operieren zu lassen. Dieses nur geringe Entgegen=
kommen gegeniiber den deutschen Wiinschen wurde damit begriindet, dafi
der Schwerpunkt des Einsatzes der japanischen Marine im Pazifik gegen die
USA liegen miisse.
Als dann nach dem Fall von Tobruk (20./21. 6.) der stiirmische deutsch=
italienische Vormarsch nach Agypten hinein begann, drangte Fricke am 22. 6.
erneut auf eine grofiere japanische Operation im Indischen Ozean. Die aus=
weichende Antwort aus Tokio vom 27. 6. lautete, dali Japan die Operations=
zeit der in das Arabische Meer und an die afrikanische Ostkiiste entsandten
Hilfskreuzer und U=Boote bis Ende 1942 verlangem werde. Immerhin liefien
5 Nomura, a. a. O., S. 9. Jodl hielt — wie Hitler — eine Operation zur Eroberung
von Malta fiir schwierig. Am 6. 3. 1943 erfuhr Nomura in Rom, dafi italienisdie
Vorbereitungen zur Eroberung von Malta im Gange seien (s. unten S. 100 f.).
6 Nomura, a. a. O., S. 12/13. >. .^ .« ...
16
III. Deutschland und seine Verbundeten
weitere japanische Mitteilungen vom 4., 10. und 25. 7. auf deutscher Seite
wieder die Hoffnung auf groEere japanische Untemehmen aufleben. Dann
aber blieben die Kontakte zwischen den Marinestellen in Berlin und Tokio
zwei Monate lang vollig unterbrochen.
Wahrenddessen konnte der britisch=amerikanische Nachschub ungestort
nach Agypten gelangen. Die deutsche Offensive in Nordafrika war bereits
am 30. 6. vor El Alamein zum Stehen gekommen, und der ununterbrochene
Antransport von alliierten Kraften nach Agypten schuf schliefilich jenes er=
driickende Ubergewicht, dem die deutsch=italienische Panzerarmee in der
Schlacht bei El Alamein (ab 23. 10.) erlag. Schon am 7. 9. hatte daher eine
neue Unterredimg zwischen Fricke und Nomura mit wechselseitigen Vorwiirfen
geendet. Erst ein Telegramm aus Tokio vom 5. 10. brachte eine Teilerklarung
fiir das japanische Verhalten. Daraus ging hervor, dali die japanische Marine
ein grofieres Unternehmen im Indischen Ozean vorbereitet hatte, ihren Plan
aber nach der amerikanischen Landung auf der Salomonen=Insel Guadalcanal
(7. 8. 1942) und den sich daran anschlieiienden krafteverzehrenden Opera=
tionen in diesem Raum^ hatte aufgeben miissen. Uber die schwere, fiir den
weiteren Verlauf des Pazifik=Krieges entscheidende Niederlage in der Schlacht
bei der Midway=Insel (4. 6. 1942) und ihre Riickwirkung auf die japanische
Strategie erfuhren die japanischen Vertreter in Berlin und die deutsche Fiih=
rung nichts^.
Letztlich war es der Zwang zum Ubergang in die allgemeine strategische
Defensive, der die japanische Marine von grofieren Operationen im Indischen
Ozean Abstand nehmen lieli. Damit verstarkte sich zugleich die ohnehin vor=
handene Tendenz der japanischen Fiihrung, den deutschen Bundesgenossen
iiber die eigenen Operationsplanungen und Verluste im unklaren zu lassen.
So erklart sich die heftige Reaktion Hitlers gegeniiber den Japanern in der
Lagebesprechung am 5. 3. 1943® lucht zuletzt aus den Erfahrungen des Jahres
1942.
Wie ernst die Alliierten die Situation im Friihjahr 1942 im Indischen Ozean
betrachteten, geht deutlich aus der Lagebeurteilung des amerikanischen Ge=
neralstabschefs. General Marshall, hervor, in der er darauf hinwies, dafi „eine
Ausdehnung der japanischen Seeherrschaft in den westlichen Indischen Ozean
katastrophale Folgen fiir die alliierte Position im Mittleren Osten hatte:
7 Die wichtigsten Zahlen und Daten in der Chronik, Teil D 5.
8 Soweit nach Nomura, a. a. O., S. 14 ff. Das Ausmafi der japanischen Niederlage
bei Midway wurde von der japanischen Marine auch der eigenen Armee, ja selbst
dem Premierminister Tojo gegeniiber geheim gehalten (Mamoru Shigemitsu, Die
Schicksalsjahre Japans. Vom Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1920
bis 1945. Denkwurdigkeiten des letzten japanischen Aufienministers im Zweiten
Weltkrieg, Frankfurt a. M. [Alfred Metzner Verlag] 1959, S. 282).
9 Heiber, a. a. O., S. 169: „Man darf nichts darauf geben, was die Japaner sagen.
Ich glaube kein Wort davon . . . Sie liigen einem die Hudce voll, und ihre ganzen
Darstellungen sind auch alle auf etwas berechnet, was sich hinterher als Tau=
schung erweist."
17
A. Einfiihrung
1. wiirden die Alliierten nicht mehr in der Lage sein, ihre Streitkrafte im
Mittleren Osten zu versorgen, und die Deutschen wiirden den Zugang
zum Ol und zu den anderen Hilfsquellen dieses Raumes und einen Weg
nach dem Fernen Osten gewinnen;
2. wiirde der Verlust des Ols von Abadan nicht wieder wettzumachen sein;
3. wiirde die wichtigste, siidliche Nachschubroute zur Sowjetunion unter=
brochen; und
4. wiirde die Tiirkei eine leichte Beute der Deutschen werden und diese
damit einen Zugang fiir ihre Streitkrafte ins Schwarze Meer gewinnen
und damit die sowjetische Stellung am Kaukasus zum Einsturz bringen^/'
Blieb so die deutsch=japanische Zusammenarbeit auf militarischem Gebiet
in den Anfangen stecken, so kam es auch auf politischem und wirtschaftUchem
Gebiet zu keiner Koordination der Interessen. Die Tatsache, dafi Japan gegen=
liber der Sowjetunion am NeutraUtatsvertrag vom 13. 4. 1941 festhielt, wurde
von Hitler zwar in seiner Unterredung mit Botschafter Oshima am 3. 1. 1942
akzeptiert: „Das Wichtigste sei, daf? Japan den angelsachsischen Machten nicht
unterUege. Es diirfe unter keinen Umstanden seine Krafte friihzeitig zer=
splittern. Auch fiir uns sei England der Hauptfeind. Den Russen wiirden wir
sicher nicht unterliegen^/' Aber Ribbentrop, der sich — eigenen entsprechenden
„Anregungen'' von 1941 folgend — schon in dieses Gesprach mit der Bemer=
kung eingeschaltet hatte, „da6 Japan vielleicht im Mai in der Lage sein wiirde,
Rutland anzugreifen", wiederholte im Juli seinen Vorschlag, Japan soUe mili=
tarische Operationen gegen die Sowjetunion eroffnen^. Er wurde ebenso ab=
gelehnt wie der „Hinweis'' des deutschen Botschafters in Tokio gegeniiber
dem japanischen Aufienminister Togo vom 29. 4. 1942, „bei der schwierigen
Lage der Sowjetunion hflbe ein Vorstofi gegen Wladiwostok und den Baikal=
See entscheidende Bedeutung, da er zur voUigen Liquidierung der Sowjetunion
flihren konne^''.
Hitler selbst hielt indessen an seinem Standpunkt fest. Am 29. 4. erklarte
er in der Unterredung mit Mussolini, dafi „ein Konflikt zwischen Japan und
Rutland"' nicht im Interesse der Achse liege. Sowohl er als auch Mussolini
„stellten sich auf den Standpunkt, dafi zum mindesten im Augenblick die
energische Bekampfung der Angelsachsen durch Japan dessen vordringliche
Aufgabe sei, von deren Durchfiihrung es sich nicht durch ein Unternehmen
gegen Sowjetrufiland ablenken lassen diirfe. . . Man diirfe nicht zu viel von
(Japan) verlangen und durch Schaffung einer weiteren russischen Front seine
Krafte iiberspannen. Aufierdem wiirde durch einen japanisch=russischen Kon=
1 Zitiert nach: Jiirgen Rohwer, Die See=Luftschlacht bei Midway 1942, in: Entschei=
dungsschlachten des Zweiten Weltkrieges, hrsg. von H.=A. Jacobsen und J. Roh=
wer, Frankfurt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen) i960, S. 194.
2 Auszug aus der Aufzeichnung iiber die Unterredung Hitler— Oshima vom 3. 1.
1942, abgedruckt bei Jacobsen, a. a. O., S. 290.
3 Ebda., S. 290.
4 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 29. 4. 1942.
18
III. Deutschland und seine Verbiindeten
flikt auch keine unmittelbare Entlastung an der deutsch=russischen Front ein=
treten. Die Divisionen, die Rufiland in Sibirien zur Deckung gegen Japan
stationiert hatte, wiirden auch bei Nichtausbruch eines Konflikts dort ver=
bleiben, da die Verbindung zur europaischen Front viel zu lang sei. Ebenso
wiirde bei Ausbruch eines japanisch=russischen Konflikts aus demselben
Grunde kein Abzug von Truppen von der europaischen Front erfolgen*"*/'
Auch nach Beginn der sowjetischen Grofioffensive am 19. 11. 1942 und der
EinschUefiung der 6. Armee in Stalingrad bheb Hitler bei dieser Haltung. Am
4. 12. erklarte Jodl General Banzai, dafi die japanische Neutralitat gegeniiber
der Sowjetunion die deutsche Zustimmung finde. Nur wenn sich eine gemein=
same amerikanisch=britisch=sowjetische Aktion gegen Japan abzeichne, soUe
Japan praventiv gegen die Sowjetunion handeln^.
Auf der japanischen Seite unterblieb ein im Anschlufi an den abgelehnten
Ribbentrop=Vorschlag vom Juli erwogener diplomatischer Schritt des Au6en=
ministers Togo, einen Sonderfrieden zwischen Deutschland imd der Sowjet=
union auf dem Wege iiber Mussolini anzuregen, nachdem Togo am 1. 9. 1942
aus anderen Griinden zuriickgetreten und durch Tani abgelost worden war.
Inoffizielle Fiihler des japanischen Generalstabes in der gleichen Richtung im
Marz und Juni, die bis zu einem Gesprach zwischen Ribbentrop und Bot=
schafter Oshima am 2. 9. iiber dieses Thema fiihrten, wurden angesichts der
schroffen Ablehnung durch den Reichsaufienminister nicht weiterverfolgt. Am
6. 9. zog der japanische Generalstab seine Anregung wieder zuriick^.
Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan — sie
kann hier nur knapp angedeutet werden — war durch die Trennung der Macht=
spharen an sich schon aufierordentlich begrenzt. Hinzu kamen noch Span=
nungen mancherlei Art. So konnte den japanischen Forderungen nach Waffen=
lieferungen sowie Ausriistungen fiir die Kriegsindustrie angesichts der eigenen
Zwangslage und den Wiinschen der europaischen Verbiindeten nur in ge=
ringem Umfang entsprochen werden, so dafi nicht einmal alle aus der See=
kriegslage sich ergebenden Moglichkeiten ausgenutzt werden konnten. An=
dererseits war die japanische Wirtschaftspolitik in den eroberten siidostasia=
tischen Gebieten in sehr eng gefaiitem Sinne ausschliefilich auf das eigene
Interesse ausgerichtet. Das fuhrte soweit, dali die Kautschukexportpreise ver=
doppelt und iiberhaupt die Lieferung wertvoller Rohstoffe aus Siidostasien
auch an verbundete Staaten gedrosselt wurden. Gerade an Naturkautschuk war
aber Deutschland fiir seine Buna=Erzeugung besonders interessiert. Da in=
dessen die Verbindungsmoglichkeiten auf dem Seewege immer schlechter wur=
5 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Mussolini
vom 29. 4. 1942 (Politisches Archiv des Ausw. Amies Bonn, Aufz. Fiih. 15, RAM=
Film 1/65—95, 18/314—344).
6 Nomura, a. a. O., S. 24.
7 Erneute japanische Initiative in dieser Richtung im April/Mai 1943 durch den
neuen Aufienminister Shigemitsu.
19
A. Einfiihrung
den, konnten — unter normaleren Verhaltnissen unvermeidliche — grofiere
Auseinandersetzungen vermieden werden.
In der Zeit vom 21. 8. 1941 bis 7. 2. 1943 liefen insgesamt 27 Schiffe mit
Lieferungen von Ostasien in den deutschen Machtbereich in Europa aus. Von
diesen erreichten 13 ihre Zielhafen, 10 wurden vom Gegner versenkt, 4 kehr=
ten um. Von den deutsch=besetzten Gebieten Europas liefen von September
1941 bis April 1943 insgesamt 26 Schiffe nach Ostasien aus. Von diesen trafen
17 in japanischen Hafen ein, 4 wurden versenkt, 5 kehrten um^. Danach
konnten die kleinen Mengen der allernotwendigsten Rohstoffe nur noch durch
U=Boote aus Ostasien nach Westfrankreich transportiert werden.
2.1talien
Die urspriinglich sehr hohe Meinung Hitlers von der Bundesgenossenschaft
des faschistischen Italien war zu Beginn des Jahres 1942 nach der Enthiillung
der militarischen Schwachen seit den Niederlagen in Griechenland und Nord=
afrika (1940) und dem Verlust Ostafrikas (1941) langst einer unUberwind=
lichen Skepsis hinsichtlich der Leistungen der italienischen Wehrmacht ge=
wichen. Seit dem italienischen Hilferuf vom Dezember 1940 imd den Verein=
barungen zwischen Hitler und Mussolini vom 18.— 20. 1. 1941® war an die
Stelle des urspriinglichen „Parallelkrieges'' Italiens im Mittelmeer und in den
Kolonien in Afrika eine immer starkere Abhangigkeit Italiens von seinem
militarisch starkeren Partner getreten, ohne dalB dies in der Befehlsorganisation
im Mittelmeerraum nach aufien hin in Erscheinung getreten ware. Nominell
und in mancher Hinsicht auch faktisch behielten Mussolini und das Comando
Supremo bis zum Sturz des Duce (25. 7. 1943) den Oberbefehl. Dennoch
war der EinflujS der deutschen Kriegfiihrung im Mittelmeerraum seit der Er=
nennung des Gen.Feldmarschalls Kesselring zum OB Slid (25. 11. 1941) im=
mer starker geworden. Indessen bewirkte gerade dies das Fortleben des
„Parallelkriegsgedankens'' bei der italienischen Fiihrung (zum besonderen
Problem Malta s. unten S. 100).
Unter diesen Voraussetzungen bezeichnete Hitler im Gesprach mit Goebbels
am 20. 3. 1942 Mussolini als „den einzigen Garanten fiir das deutsch=italieni=
sche Zusammengehen. . . Wenn es hier und da im deutsch=italienischen Zu=
sammengehen noch hapert, so liegt das nicht an Mussolini, sondern an dem
Mangel militarischer Eigenschaften beim italienischen Volk selbst^"'. Einen
Monat vorher hatte er geaulEert: „Der wirkliche Faschismus ist deutschfreund=
lich. Aber voUkommen feindlich steht der germanischen Welt der italienische
Hofkliingel gegeniiber. In Florenz hat mir der Duce gesagt: Meine Soldaten
8 Theo Michaux, Rohstoffe aus Ostasien, in: Wehrwissensdiaftlidie Rundschau 5
(1935), S. 485 ff. Dort nahere Einzelheiten.
9 Greiner, a. a. O., S. 200 ff.; KTB OKW (WFStab), Bd. I.
a Louis P. Lochner, Goebbels Tagebiicher 1942/43, Ziirich 1948, S. 131.
20
III. Deutschland und seine Verbiindeten
sind anstandige, brave Leute, meinen Offizieren kann idi nidit vertrauen! . . .
Eine positive Auslese wird so lange nicht stattfinden, als diese Mafia der Ober=
welt nicht beseitigt wird. . . Es wird in Italien nicht besser werden, solange
sie nicht einen sauberen Fiihrerstaat hinkriegen^/'
Obwohl die wachsenden Schwierigkeiten einen moglichst haufigen Kontakt
der beiden Staatsfiihrer und „Feldherren'' erfordert hatten, kam es im Jahre
1942 nur zu einer einzigen Begegnung zwischen Hitler und Mussolini, und
zwar am 29./30. 4. in SchlolB Klefiheim bei Salzburg. Dieses Treffen diente
neben der Absprache iiber die geplanten Operationen im Mittelmeerraum
einer allgemeinen Aussprache, in der die Abstimmung der deutschen imd
italienischen Politik gegeniiber der Tiirkei und den arabischen Landern, die
bei Gelingen der Offensive von grofier Bedeutung war, den breitesten Raum
einnahm. „Die Tiirkei'' — so fiihrte Hitler am 29. 4. aus^ — „bewege sich lang=
sam, aber sicher auf die Achse zu. Dabei sei der Russenhafi der Tlirken dieser
Entwicklung besonders forderlich. . . Besonders beunruhigt seien die Tiirken
. . . wegen der russischen Aspirationen auf die Dardanellen. . . Auf eine Frage
des Duce nach den Forderungen der Tiirkei erwiderte der Fiihrer, dafi er auf
inoffiziellem Wege Kenntnis von den tiirkischen Wiinschen erhalten hatte,
die sich im wesentlichen nach den Eisenbahnen ausrichteten, d. h. Gebiets=
korrekturen bei Adrianopel und langs der Bagdadbahn. AulBerdem mochten
die Tiirken Rutland moglichst weit von ihrem eigenen Gebiet entf emt haben. . .
Der Duce bemerkte dazu, dafi Italien keine Forderungen an die Tiirkei hatte,
dafi es im Gegenteil beabsichtige, eine innerhalb der tiirkischen Hoheits=
gewasser liegende Insel Castel Rosso als Zeichen seiner Freundschaft zur
Tiirkei abzugeben.''
Zur Frage nach einer gemeinsamen „Indien= und Arabien=Erklarung'' der
Dreierpaktmachte erklarte Hitler, „dafi seine Stellungnahme dazu durch die
Erinnerung an den Weltkrieg bestimmt sei. . . Wenn jetzt eine Indien= und
Arabien=Erklarung von den Dreierpaktmachten abgegeben wiirde, so konne
dies leicht dazu fUhren, dafi der Widerstandswille Englands durch die aus
einer derartigen Erklarung abzuleitende Bedrohung des gesamten englischen
Weltreichs erheblich gestarkt wiirde. . . Andererseits konnte eine Indien= und
Arabien=Erklarung allerdings auch geeignet sein, England den letzten Stofi
zu versetzen und zum Nachgeben zu veranlassen." Dies sei die Auffassung
Ribbentrops.
Nach Hitlers Ansicht hing die Frage, ob und wann es sinnvoU sei, eine
Indien= und Arabien=Erklarung abzugeben, von der weiteren militarischen
Entwicklung ab. Eine solche Erklarung „konnte militarisch wirksam erst unter=
stiitzt werden, wenn die Truppen der Achsenmachte siidlich des Kaukasus
2 Ebda.
3 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Mussolini
vom 29. 4. 1942 (Politisches Archiv des Auswartigen Amts Bonn, Aufz. Fuh. 15,
RAM=Film 1/65—95, 18/314—344).
21
A. Einfiihrung
stiinden. Ein auf Grund dieser Erklarung in den arabischen Gebieten aus=
brechender Aufstand konnte dann militarisch niitzlich sein und militarisch
unterstiitzt werden. Wenn hingegen die Erklarung Arabien gegeniiber jetzt
gleich abgegeben wiirde, so bestiinden zwei Moglichkeiten : Entweder nahmen
die Araber keine Kenntnis von ihr. Dann sei eine solche Erklarung fUr die
Achse wertlos . . . Die andere MoglicKkeit sei, dafi die Araber von dieser Er=
klarung Kenntnis nahmen und einen Aufstand begonnen, der unter den
jetzigen Umstanden von den Englandern niedergeschlagen wiirde, wobei sich
diese der aktivsten Exponenten der achsenfreundlichen Araberpolitik bemach=
tigen und dadurch den Achseninteressen in Arabien erheblichen Schaden zu=
fiigen wiirden/'
Deutlich kam ein latenter Interessengegensatz zu Japan im indischen Raum
zum Ausdruck. Hitler meinte, dafi „Japan wohl vor Indien eine gewisse Scheu
habe, da die Eroberung Indiens ein gewaltiges Unternehmen sei und die Ge=
fahr bestehe, dajS sich auch Sowjetrufiland gegen Indien wenden wiirde''.
Ribbentrop wies darauf hin, „da6 Japan schon vor langerer Zeit den Vorschlag
einer gemeinsamen Erklarung gemacht habe und vielleicht argwohnisch werden
konnte, wenn mit der Antwort der Achsenmachte gezogert werde. Denn nach
wie vor bestehe Japans einzige Befiirchtung darin, dafi die Achse sich mit
England doch noch irgendwie einigen konne/' Hitler entschied mit Zustim=
mung Mussolinis, die Beantwortung dilatorisch zu halten, „schlie61ich hatten
die Japaner auch die Achsenmachte des ofteren langere Zeit warten lassen",
doch erhielt Ribbentrop die Genehmigung zur miindlichen Besprechung mit
Oshima.
Zu einer deutschen und italienischen Indien= und Arabien=Erklarung kam
es angesichts der weiteren militarischen Entwicklung nicht. Nur eine Agypten=
Erklarung wurde am 3. 7. 1942 abgegeben (s. unten S. 107). Jedoch wurde der
kurz vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion (22. 6. 1941) aus Indien
via Moskau nach Deutschland gelangte indische Nationalistenfiihrer Subhas
Chandra Bose, der seit Februar 1942 eine propagandistische Tatigkeit iiber
deutsche Rundfunkstationen nach Indien hinein entfaltete, am 29. 5. 1942 von
Hitler in Berlin empfangen. Bose erklarte dabei^, „es sei jetzt der Zeitpunkt
gekommen, die militarische Zusammenarbeit mit der japanischen Wehrmacht
aufzunehmen. Indien lege jedoch grofien Wert darauf, mit Deutschland und
Italien die engsten Verbindungen herzustellen und sich die Sympathie und
Hilfe dieser Lander zu sichern, da es nicht allein auf Japan angewiesen sein
mochte/' Hitler erwiderte, „er kenne Japans Ziel nicht. Er wisse nicht, ob es
den Japanern wichtiger erschiene, zunachst ihre Flanke vor der Bedrohung
durch Tschiang Kai=shek zu befreien und mit diesem eine Zusammenarbeit
aufzunehmen oder ob sie sich zuerst nach Australien oder nach Indien wenden
4 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Bose vom
27. (tatsachlidi: 29.) 5. 1942 (Politisches Archiv des Auswartigen Amts Bonn,
Aufz. Fiih. 24, RAM=Film 20/568—577).
22
III. Deutschland und seine Verbiindeten
woUten. Die Vernichtung der Herrschaft in Ostasien wiirde moglicherweise
zu einem Zusammenbruch des britischen Weltreiches fiihren. Dieser Zusam=
menbruch wiirde natiirlich fiir Deutschland eine grofie Entlastung bedeuten
und ihm Blut ersparen/'
„Unter den augenblicklich herrschenden Umstanden . . . konne er Bose nur
raten, sich zu den Japanern zu begeben, um von den Grenzen Indiens aus den
revolutionaren Kampf in das Land selbst hineinzutragen. Als alter Revo=
lutionar konne er Bose nur den Rat geben, die Chance einer inneren Revo=
lution in Indien in einem Augenblick auszunutzen, wo der Feinddruck von
aulien einsetze. . . Ob die Japaner diesen Druck tatsachlich ausiiben wollten,
wisse er nicht. Positiv hatten sie Deutschland dariiber nichts gesagt/' Ab=
schlieEend bat Bose „erneut um die moralische und diplomatische Unter=
stiitzung Indiens durch Deutschland, damit es nicht allein auf Japan angewie=
sen sei''. Die Abreise Boses aus dem deutschen Machtbereich zogerte sich
jedoch noch bis zum Friihjahr 1943 hinaus.
Zu einer griindlichen Erorterung der deutsch=italienischen Biindnisproble=
matik kam es bei dem Treffen Hitler— Mussolini am 29./30. 4. sowenig wie
bei friiheren Begegnungen. Auch die Vereinbarungen, die schlielilich iiber die
Reihenfolge der Operationen im Mittelmeerraum getroffen wurden, stellten
nur eine oberflachliche Einigung dar (s. unten S. 102).
Kann dennoch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Achsenpartnern
im Mittelmeerraum fiir das Jahr 1942 trotz mancherlei Vorbehalte noch als
befriedigend angesehen werden, da die latenten Spannungen nicht offen aus=
brachen, so gilt dies keinesfalls mehr fiir den siidosteuropaischen Besatzungs=
bereich. Hier entwickelten sich 1942 offene Konflikte zwischen deutschen und
italienischen Kommandobehorden im jugoslawischen Raum, die weit iiber
lokale militarische Streitfalle hinausgingen, vielmehr ins Grundsatzliche ziel=
ten und bereits das Auseinanderbrechen des Bundnisses, wie es im Sommer
1943 auf „hochster Ebene'' eintrat, praludierten. Es ging dabei vor allem um
die Haltung, die das Oberkommando der italienischen 2. Armee, das in Dal=
matien und im italienisch besetzten Teil Kroatiens befehlsfiihrend war, gegen=
iiber den nationalistischen Aufstandischen, den Tschetniks des Generals Mihaj=
lovic, einnahm. Insbesondere der Oberbefehlshaber der Armee, General
Roatta, war Hitler im hochsten Grade suspekt. Bereits im Februar 1942,
kurz nach der Befehlsiibemahme durch den General, nannte er ihn einen
„Spitzel"5.
Entscheidend wurde der Entschlufi Roattas Mitte 1942, Teile der Tschetniks
in der Herzegowina und in Montenegro sowie in Westdalmatien und in West=
bosnien in italienische Hilfsdienste zu nehmen, war doch die Vernichtung der
Tschetniks noch im April 1942 das Ziel einer im Marz in Abazzia durch die
Oberkommandos vereinbarten deutsch=kroatisch=italienischen Operation ge=
5 Nach Heiber, a. a. O., S. 223, Anm. 4.
25
A. Einfiihrung
wesen, die bereits im wesentlichen infolge der „Zuruckhaltung'' der 2. italieni=
schen Armee fehlgeschlagen war (s. unten S. 139). Die vordergriindige Absicht
bei dieser die beiden Bundesgenossen, besonders audi die Kroaten, erbittern=
den Mafinahme war, dafi Roatta fiir seine Armee einen sicheren Schutz gegen=
iiber den Partisanen Titos gewinnen wollte, den ihm die Tschetniks, seit No=
vember 1941 die Biirgerkriegsgegner der kommunistischen Partisanenbewe=
gung, zu bieten schienen, obwohl die italienische 2. Armee, die iiber 7 Divi=
sionen sowie 1 Alpini= und 1 Bersaglieri=Regiment verfiigte (insgesamt ca.
60 000 Mann) — verglichen mit den schwachen deutschen Kraften in Kroatien
im Friihjahr 1942 (lediglich ca. 10 000 Mann)® also relativ stark — , die Siche=
rimg ihres Besatzungsraumes nach deutscher Auffassung bei entsprechendem
Willen auch allein hatte gewahrleisten konnen. Hintergriindig verfolgte Roatta
dabei wohl weitergehende Plane, die auf einen Frontwechsel Italiens hinzielten.
Im November 1942 zog das italienische Oberkommando seine Truppen ein=
schliefilich der unterstellten Tschetniks aus den umkampften Gebieten in den
Bergen ganz zuriick und beschrankte sich auf die Kontrolle der Kiiste und
der grofien Stadte. Die — nach Versuchen diplomatischer Ausdrucksweise —
deutliche Sprache Hitlers gegeniiber dem italienischen Aufienminister Graf
Ciano am 18. 12. 1942, „es bleibe . . . nichts iibrig, als alle Cetnici restlos aus=
zurotten und gegen die Banden mit brutalsten Mitteln vorzugehen'', anderte
an der italienischen Haltung nichts. Die damit und durch die allgemeine Ver=
starkung der Tito=Partisanen notwendig gewordene Verlegung starkerer deut=
scher Krafte nach Kroatien, die Ende 1942 eingeleitet wurde, um dieser Gefahr
in einem Grofiunternehmen Herr zu werden, fiihrte dann zu verscharften
Konflikten mit der italienischen Wehrmachtfiihrung im Friihjahr 1943^.
Besondere Probleme warf auch die italienische Beteiligung am Ostfeldzug
auf. Nachdem Mussolini bereits im Juli 1941 das italienische Expeditionskorps
(XXXV. A.K.) entsandt hatte (4 Divisionen), bot er im Oktober 1941 als Kom=
pensation fiir die geplante Verlegung der Luftflotte 2 (Gen.Feldmarschall Kes=
selring) nach Sizilien die Uberfiihrung weiterer 20 Divisionen an die Ostfront
fiir den Feldzug 1942 an. Tatsachlich trafen im Mai/Juni 1942 immerhin wei=
tere 8 Divisionen, darunter das Alpini=Korps (mit 3 Elite=Divisionen), an der
siidlichen Ostfront ein. Sie wurden zusammen mit dem „Expeditionskorps'' zur
8. italienischen Armee (OB Gen.Oberst Gariboldi) zusammengefafit, die am
13. 8. einen Frontabschnitt am Don zwischen der 6. deutschen und der 2. unga=
rischen Armee iibemahm. Sie erlitt bereits in der Zeit vom 15.— 25. 8. einen
ersten schweren Riickschlag, als es den Sowjets gelang, einen tiefen Briicken=
kopf siidlich des Flusses imRaume von Serafimowitsch zu bilden,der nicht mehr
bereinigt werden konnte und spater den Ausgangspunkt fiir die sowjetische
6 Vgl. hierzu: F. Dragojlov, Der Krieg 1941—1945 auf dem Gebiete des Unab=
hangigen Staates Kroatien, in: Allgem. Schweiz. Militar=Zeitsdirift 122 (1956),
S.352ff.
7 Vgl. KTB OKW (WFStab), Bd. Ill, 5. 122 ff.
24
III. Deutschland und seine Verbiindeten
Offensive am 19. 11. bildete (s. unten S. 82 ff.). Die italienische 8. Armee erlitt
bei der zweiten sowjetischen Offensive am Don (16. 12.) eine vernichtende
Niederlage (s. unten S. 8y). Ihre Trummer muliten Anfang 1943 aus der Front
gezogen werden.
Die militarische Schwache Italiens sowie die militarpolitischen Absichten der
italienischen Wehrmachtfiihrung im Herbst 1942 — noch vor dem Umschwung
im Mittelmeerraum Anfang November — lassen sich gut aus einer Meldung des
Deutschen Generals im Hauptquartier der italienischen Wehrmacht, General
d. Inf. V. Rintelen, an den WFStab vom 5.9. ablesen^: Rintelen berichtete
darin uber eine Unterredung mit dem Chef des Comando Supremo, Marschall
Graf Cavallero, vom Vortage, in der dieser erklart hatte, „dafi er es fiir zweck=
maliig halte, dafi das OKW eine allgemeine Weisung fiir die Absichten fiir
das Jahr 1943 herausgebe, damit die italienische Wehrmacht sich auf die ihr
vom OKW zugedachten Aufgaben vorbereiten konne. Diese Vorbereitung
wiirde in erster Linie in der Verbesserung der Ausstattung und Ausriistung
der Divisionen bestehen. Z. Zt. verfiige Italien iiber 20 Divisionen, die feld=
mafiig ausgeriistet seien, davon 9 in Rufiland und 11 in Afrika. . . Aber auch
bei diesen genannten Divisionen konne man nicht von einer wirklich modernen
Ausriistung sprechen. Der Duce habe die Forderung aufgestellt, daiS bis zum
nachsten Friihjahr 33 Divisionen modern ausgestattet wiirden. Er, Marschall
Cavallero, hoffe, wenigstens 30 Divisionen so ausstatten zu konnen. Hierfur
kamen in erster Linie die an der Westalpengrenze stehenden Divisionen in
Frage, denn diese miifiten fiir den Fall eines Einsatzes gegen Frankreich mog=
lichst gut ausgestattet sein, da aus psychologischen Griinden zu erwarten sei,
dafi die Franzosen bei einer Besetzung Restfrankreichs sich ganz besonders
stark gegen die Italiener verteidigen wiirden. Sollte ein derartiger Einsatz nicht
notwendig werden, so stehen diese Divisionen fiir andere Aufgaben zur Ver=
fiigung."' Vergegenwartigt man sich, dafi am Ende des Jahres die einzigen
einigermafien kampffahigen italienischen Divisionen in Nordafrika und an
der Ostfront zerschlagen waren, so wird deutlich, dafi die italienische Wehr=
machtfiihrung in das neue Jahr mit den allergroliten Sorgen ging.
Mussolini versuchte auf seine Weise, die Konsequenzen aus der seit No=
vember 1942 veranderten Kriegslage zu Ziehen. Am 1. 12. aufierte er gegen=
iiber Goring bei dessen Besuch in Rom, „dali auf eine oder die andere Weise
das Kapitel des Krieges gegen RulBland, der keinen Zweck mehr hat, abge=
schlossen werden miisse'', um Krafte fiir den Kampf gegen die Anglo=Ameri=
kaner im Westen und im Mittelmeerraum zu gewinnen®. Diesen Gedanken
8 Fernsdireiben des Deutsdien Generals im Hauptquartier der italien. Wehrmadit
an OKW/WFStab vom 5. 9. 1942 (Fotokopie von US=Mikrofilm, von Hans=Adolf
Jacobsen dem Verf. freundlichst zur Verfiigung gestellt).
9 Zitiert nach Walter Warlimont, Die Entscheidung im Mittelmeer 1942, in: Ent=
scheidungsschladiten des Zweiten Weltkrieges, hrsg. von Hans=Adolf Jacobsen
und Jiirgen Rohwer, Frankfurt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen)
i960, S. 268 (kiinftig zit.: Warlimont II).
25
A. Einfiihrung
versuchte Aufienminister Graf Ciano, der am 18./19. 12. im FHQu „Wolfs=
schanze'' weilte. Hitler in einer auf dessen Mentalitat zugeschnittenen Weise
nahe zu bringen: „Der Duce stehe auf dem Standpunkt, dafi die Englander
und Amerikaner im Jahre 1943 Unternehmungen grofien Stils in Nordafrika,
in Siidost=Europa und in Westeuropa durchfiihren wiirden. Unter diesen Um=
standen frage sich der Duce, ob es zur Vermeidung eines Zweifrontenkrieges
nicht moglich sei, mit Rutland eine politische Regelung zu finden, Als Ideal=
losung erscheine ihm ein neuer ,Brest=Litowsk=Friede', wenn er sich auch
dariiber klar sei, dafi es aufierordentlich schwer sein diirfte, mit Rufiland zu
einer solchen Einigung zu gelangen. SoUte sich eine derartige Regelimg als zu
schwierig erweisen, ware es nach Ansicht des Duce angebracht, eine Stellung
in Rutland zu beziehen, die es der Achse gestatte, baldmoglichst grofiere
Truppenmengen vom Osten nach dem Westen zu verlegen. Ciano betonte,
dali es sich bei diesen Erwagungen des Duce um Hypothesen handele, die
noch in keiner Weise eine konkrete Gestalt angenommen hatten. Der Duce
glaube, dafi man sich moglicherweise Japans bedienen konne, um die Mog=
lichkeit einer politischen Losung mit RuJSland zu priifen. Hierbei miifite die
russische Dynamik in eine andere Richtung — nach Zentralasien — gelenkt
werden^/'
Hitler antwortete, „dafi er die vom Duce aufgeworfene grundsatzliche Frage
einst genau so angesehen habe wie dieser. Im Winter 1940/41 habe er daher
auch versucht, die russischen Aspirationen auf einen anderen Weg zu lenken,
wie iiberhaupt seinerzeit die Zusammenarbeit mit Rutland keine Liebesehe,
sondern eine Vernunftsregelung sein sollte, um der russischen Dynamik eine
andere Richtung zu geben. Auch der Besuch Molotows in Berlin ^ habe dem
gleichen Zweck gedient . . . Der Fiihrer erklarte fortfahrend, dalB die Russen
deutscherseits auf Indien hingewiesen worden seien, aber auch hierauf nicht
reagiert hatten, weil sie wohl glaubten, dafi, wenn Europa erst einmal von
ihnen iiberrannt worden sei, ihnen Indien als reife Frucht zufallen wiirde.
Damals jedenfalls seien alle Bemiihungen Deutschlands voUig negativ ver=
laufen. Solle man diese Bemiihungen jetzt wieder aufnehmen? Vor einiger
Zeit sei auch von Japan die Frage aufgeworfen worden^, ob nicht mit den
Russen eine Einigung auf tragbarer Basis moglich sei. Er habe sofort ge=
zweifelt, ob die Russen selbst ernsthaft hinter derartigen Erwagungen
stUnden. . .
Heute sei die Lage so, daj8, wenn die Russen etwa durch einen Waffenstill=
stand ein halbes Jahr zur Reorganisation ihrer Krafte erhielten, an der Ost=
front eine neue russischen Macht erstehen wiirde, gegen die dann Deutschland
1 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Ciano am
18. 12. 1942 (Politisdies Archiv des Auswartigen Amts Bonn, Aufz. Fiih. 45, RAM=
Film 20/580—626, 7/243—235).
2 12./13. 11. 1940.
3 S. oben S. 19.
26
III. Deutschland und seine Verbiindeten
wieder vorgehen miifite. Aufierdem gebe es keine Linie, auf die sich Deutsch=
land und Rufiland mit Riicksicht auf die Erfordernisse ihrer Ernahrungs= und
Rohstoffversorgung einigen konnten/'
Mussolinis Erwagungen wurden also ohne nahere Priifung von Hitler ver=
worfen. Nur die allgemeine — teils physisch und psychisch, teils in der Er=
kenntnis der eigenen Isolierung begriindete — Resignation Mussolinis ver=
hinderte, dafi er aus dieser offenen Diskrepanz des Kriegsziels der Verbun=
deten an der Jahreswende 1942/43 Konsequenzen zog.
3. Rumanien, Ungarn, Bulgarien, Slowakei, Kroatien
Rumdnien, das unter der Staatsfiihrung Marschall Antonescus vom ersten
Tage (22. 6. 1941) am Ostfeldzug mit starken Kraften teilgenommen, sich
jedoch nach den verlustreichen Kampfen um Odessa am weiteren Vormarsch,
vor allem auf der Krim, nur noch mit wenigen Verbanden beteiligt hatte (bis
Ende 1941 40 000 Tote und 100 000 Verwundete) ^, wurde nach ersten Zusagen
Antonescus bereits im Oktober 1941 bei einem Besuch des Chefs OKW,
Gen.Feldmarschall Keitel, in Bukarest im Januar 1942 dazu aufgerufen, sich
am Feldzug 1942 wieder mit voUen Kraften zu beteiligen^. Der rumanische
Staatsfiihrer sagte unter der Bedingung zu, dafi auch Ungarn, das sich 1941
nur mit wenigen Divisionen beteiligt und sich seit Ende des Jahres praktisch
ganz von der Ostfront zuriickgezogen hatte ^ zu entsprechenden Anstrengun=
gen aufgefordert wiirde. Ende Januar 1942 unterzeichnete Keitel in Budapest
und Bukarest dann Abkommen hieriiber^. Rumanien sagte darin zu, seinen
Einsatz wieder auf die Hohe des Sommers 1941 zu steigern (d. h. bis zu 26 Di=
visionen) und die neuen Verbande in drei Etappen wahrend des Sommers
1942 an die Front zu entsenden. Deutschland verpflichtete sich, die Ausriistung
der Divisionen auf der Basis von Kriegskrediten durchzufiihren und Ver=
sorgung und Nachschub wahrend des Fronteinsatzes zu iibernehmen. In dem
Abkommen mit dem Chef des ungarischen Generalstabes, Generaloberst
V. Szombathelyi, wurde iiber die Erweiterung der ungarischen Besatzungs=
gruppe im riickwartigen Gebiet hinaus die Entsendung einer geschlossenen
ungarischen Armee mit 9 leichten Divisionen und einem mot, Korps in Starke
4 Einzelheiten bei: Andreas Hillgruber, Hitler, Konig Carol und Marschall Anto=
nescu. Die deutsch=rumanischen Beziehungen 1938—1944, Wiesbaden (Franz
Steiner Verlag GmbH) 1954, S. 134 ff.
5 Dies und das Folgende in Anlehnung an: Andreas Hillgruber, Der Einbau der
verbiindeten Armeen in die Ostfront 1941—1944, in: Wehrwissensdiaftlidie Rund=
schau 10 (i960), S, 659 ff.
6 Einzelheiten hierzu bei : C. A. Macartney, October Fifteenth. A History of Mo=
dern Hungary, Second Edition, Edinburgh 1961, vol. II; Andreas Hillgruber,
Deutschland und Ungarn 1933—1944. Ein Oberblick iiber die politischen und mili=
tarischen Beziehungen im Rahmen der europaischen Politik, in: Wehrwissen=
schaftliche Rundschau 9 (1959), S. 663 ff.
7 Keitel, a. a. O., S. 299 f .
27
A. Einfiihrung
von 200 000 Mann vereinbart. Auch diese Verbande sollten an der Front von
deutscher Seite mit Wajtfen und Ausriistung versehen werden.
Mochte die rumanische Zusage auf Grund der Uberzeugung Antonescus
von den deutschen Siegesaussichten verstandlich sein, obwohl der Einsatz der
rumanischen Armeen am Don und im Kaukasus spater zu einem Hauptansatz=
punkt der inner=rumanischen Kritik am Staatsfiihrer werden soUte, so wirkt
die ungarische Zusage auf den historischen Betrachter noch iiberraschender.
Sie wird nur annahernd erklarlich durch das gerade im Winter 1941/42 be=
sonders angespannte rumanisch=ungarische Verhaltnis, das bei beiden Lan=
dern stets den Zentralpunkt der gesamten Aufienpolitik bildete. Die ungarische
Staatsfiihrung fiirchtete, dafi ein Abseitsstehen Ungarns beim Feldzug 1942
zu einer voUen Unterstiitzung Rumaniens durch Deutschland im Streit um
Siebenbiirgen fiihren wiirde. Andererseits glaubte Reichsverweser v. Horthy,
der seit September 1941 hinsichtlich eines deutschen Sieges iiber die Sowjet=
union skeptisch geworden war, es sich in Anbetracht der Gesamtsituation noch
nicht leisten zu konnen, durch eine Absage schon jetzt die deutsche Fiihrung
offen herauszufordern, zumal er gerade mit der Berufung seines Vertrauten
Nikolaus v. Kallay zum Ministerprasidenten (10. 3. 1942) anstelle des auf den
deutschen Kurs festgelegten v. Bardossy eine erste Voraussetzung dafiir schuf,
vorsichtige Kontakte mit den Westalliierten aufzunehmen.
Die Spannungen zwischen Ungarn und Rumanien kamen auch beim Besuch
Marschall Antonescus im FHQu „Wolfsschanze'' am 11. 2. 1942 — dem ein=
zigen Treffen mit Hitler im Jahre 1942 — zum Ausdruck. „Die Kundgebungen,
die im Januar in Budapest stattgefunden batten'' ^ so erklarte er gegeniiber
Hitler mit Anspielung auf Aulierungen Ribbentrops wahrend dessen Besuch
in der ungarischen Hauptstadt vom 6.— 10. 1. 1942, „waren in Bukarest wie
eine Bombe eingeschlagen, besonders der Hinweis auf die Erklarung (v. Rib=
bentrops), wonach alle Krafte der Achse, d. h. einschliefilich der Rumanen,
gegen England und Amerika und fiir die Revision der Vertrage und der Gren=
zen kampften. Aufierdem habe man in Budapest erklart, Deutschland sei
gliicklich, daJS Ungarn Gerechtigkeit widerfahren sei, und habe erneut auf die
Miinchener Erklarung hingewiesen. Diese Erklarungen, so fuhr Antonescu
in ziemlicher Erregung fort, hatten eine Explosion bei der Opposition in Ru=
manien hervorgerufen, die dem Volk gegeniiber erklart habe, dafi Marschall
Antonescu ein Verrater an Rumanien sei, wenn er fiir die Revision der Gren=
zen im Sinne der Achse eintrete. Unter dieser Parole hatten sich die Liberalen,
die Maniu=Leute und die Kommunisten zusammengefunden.
„Antonescu betonte, dafi er im Gegensatz zu den Ungarn nie von den Er=
klarungen offentlich Gebrauch gemacht hatte, die ihm gegeniiber bei seinen
offiziellen Besuchen vom Fiihrer und Reichsaufienminister abgegeben worden
8 Aufzeidinung des Gesandten Sdimidt iiber die Unterredung Hitler— Antonescu
vom 11. 2. 1942 (Politisdies Archiv des Auswartigen Amtes Bonn, Aufz. Fiih. 4
RAM=FiIm 4/363—387, 2/155—164).
28
III. Deutschland und seine Verbiindeten
seien. So habe er niemals offentlich davon gesprochen, dafi der Fiihrer ihm
in Wien® gesagt habe, die letzte Seite der Geschichte Rumaniens sei noch nicht
geschrieben. Ebensowenig habe er sich des Trinkspruchs des Reichsaulien=
ministers auf „la grande Roumanie''^ fiir politische Zwecke bedient, weil er
wisse, dafi durch Indiskretionen dieser Art Verwicklungen entstehen konnten,
die der gemeinsamen Kriegsanstrengung und der harmonischen Zusammen=
arbeit abtraglich sein wiirden. Das rumanische Volk wisse also nicht, was man
ihm in Rom und Berlin iiber die zukiinftige Stellung Rumaniens gesagt habe,
und sei daher umso empfindlicher gegeniiber den bekannten ungarischen
Aufierungen/' Hitler stimmte insoweit zu, als er erklarte, „es diirfe nicht an=
gehen, dafi sich ein Land schone und nur die anderen die Opfer brachten. Es
sei sein Ziel, Ungarn zu zwingen, auch seinerseits Opfer zu bringen und nicht
faul im Kampf abseits zu stehen."
Ztrai Feldzug 1942 gegen die Sowjetunion fiihrte Hitler aus^, dafi „die
Operationen gegen die Russen . . . mit dem Ziel der endgiiltigen Zerschlagung
der russischen Macht gefiihrt werden'' soUten. „Es wiirde sich nicht nur darum
handeln, Gebiete zu besetzen, sondem vor alien Dingen darauf ankommen,
die letzten russischen Verbande zu zertriimmern und zu entwaffnen/' „Auf
den Einwurf Antonescus, er hoffe doch, dafi man bis zum nachsten Winter
gesiegt haben wiirde'', erwiderte Hitler, „dafi er sich jedenfalls auf alle Mog=
lichkeiten, auch die eines neuen Winterfeldzugs, vorbereite'' ^.
Hitlers Mifitrauen gegen die eigenen Verbiindeten war inzwischen trotz
seiner Bemiihungen um ihren verstarkten Einsatz so weit gewachsen, dafi er
am 1. 4. 1942 befahl, in den Vorbesprechungen mit den Verbiindeten aufierste
Vorsicht walten zu lassen und die Ziele der Operationen nicht zu nennen"*.
Zugleich betonte er allerdings die Notwendigkeit, die verbiindeten Lander in
der Ofifentlichkeit auf das schonendste zu behandeln. Um das Prestige seiner
Bundesgenossen zu starken, fallte er daher am 15. 4.^ eine sich spater ver=
hangnisvoll auswirkende Entscheidung : die Truppen der Verbiindeten soUten
moglichst im Armeerahmen oder in geschlossenen Korps eingesetzt werden.
Eine Vermischung mit deutschen Truppen und die Unterstellung einzelner
Divisionen unter deutsche Fiihrung habe zu unterbleiben. Schon in der Wei=
9 Es handelt sich um das erste Treffen Hitler— Antonescu am 22. 11. 1940 in Berlin.
Vgl. Documents on German Foreign Policy, London 1961, Vol. XI, S. 662—70.
1 In der Aufzeichnung Schmidts ist an dieser Stelle folgende Fufinote angefiigt:
„Dieser Ausdruck kann Grofirumanien oder nur grofies Rumanien bedeuten. In
Anlehnung an den damaligen Trinkspruch des RAM habe ich ihn dem Fiihrer in der
zweiten Fassung iibersetzt, der Antonescu darauf sofort erwiderte, dafi ein grofies
Rumanien (d. h. mit Einschlufi Transnistriens im Osten. D. Verf.) ja tatsachlich
im Entstehen sei."
2 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Antonescu
(s. Anm. 8, S. 28).
3 Ebda.
4 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 1. 4. 1942.
5 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 15. 4. 1942.
29
A. Einfuhrung
sung Nr. 41 vom 5. 4. 1942® hatte er festgelegt, dafi im Hinblick auf die Un=
moglichkeit, Ungarn und Rumanen nebeneinander zu verwenden, am weitesten
nordlich die Ungarn, „demnachst die Italiener und am weitesten siidostwarts
die Rumanen eingesetzt werden''.
Da die verbiindeten Verbande nicht zeitgerecht eintreffen konnten (aufier
der ungarischen 2. Armee) und ihr Kampfwert wahrend der Offensive pro=
blematisch schien (obwohl grundsatzlich bekannt war, dafi Italiener und Ru=
manen eher noch im Angriff als in der Verteidigung im Osten zu verwenden
waren), nahmen an der am 28. 6. beginnenden grofien Sommeroffensive nur
wenige ungarische und rumaiusche Divisionen teil. Auf der Krim waren zuvor
rumanische Verbande in den monatelangen Kampfen um Sewastopol, im
Partisaneneinsatz im Jaila=Gebirge, bei der Wiedereroberung der Halbinsel
Kertsch (ab 10. 5. 1942) und der schliefilichen Erstiirmung der Festung Se=
wastopol (7. 6.-4. 7. 1942) an mehr oder minder bedeutsamen Abschnitten
an den Kampfen beteiligt. Rumanische Truppen nahmen auch am Vor=
marsch in den Kaukasus (3. rumanische Armee) und beim Ubersetzen iiber
die Strafie von Kertsch (Unternehmen „Blucher IF') teil. Inzwischen hatten die
vollstandig versammelten 2. ungarische Armee und 8. italienische Armee am
Don Verteidigungsabschnitte zwischen der 2. deutschen Armee im Raum von
Woronesch und der 6. deutschen Armee im Raum von Stalingrad ubernommen.
Schon am 1. 6. hatte Hitler wahrend seines Besuchs im HQu. der H.Gr. Slid
in Poltawa geaufiert, dafi nach Abschlufi des Vormarsches zum Don und zur
Wolga bei Stalingrad beiderseits dieser Stadt eine im wesentlichen aus ruma=
nischen Kraften bestehende H.Gr. unter Marschall Antonescu gebildet werden
soUte. Dieser Gedanke wurde Anfang Juli dem rumanischen Staatsfiihrer nahe
gebracht und f and seine Zustimmung, obwohl er damit sein Prestige mit einer
militarischen Aufgabe verband, deren Erfolg oder Mifierfolg noch nicht zu
iibersehen war. Indessen gelangte der Plan iiberhaupt nicht voll zur Geltung,
wenn auch bereits am 5. 10. der Chef der deutschen Heeresmission in Ru=
manien, Generalmajor Hauffe, der als stellv. Chef des Generalstabes neben
dem rumanischen Chef des Generalstabes General Steflea bei der H.Gr. Anto=
nescu vorgesehen war, dem Marschall iiber seinen zukiinftigen Frontabschnitt
und seine Probleme Vortrag gehalten hatte. Antonescu lehnte die Befehls=
iibernahme ab, solange die von der Kaukasusfront an den Donabschnitt zwi=
schen der italienischen 8. Armee und der deutschen 6. Armee verlegte 3. ru=
manische Armee und die auf dem Seeweg nach Rostow geschaffte und sich im
Raum siidlich Stalingrad versammelnde 4. rumanische Armee noch nicht ge=
schlossen in ihren Abschnitten standen. Da zwar am 10. 10. die 3. rumanische
Armee an der gefahrdetsten Stelle vor den sowjetischen Donbriickenkopfen
6 Walther Hubatsdi, Hitlers Weisungen fiir die Kriegfiihrung 1939—1945. Doku=
mente des Oberkommandos der Wehrmacht, Frankfurt a. M. (Bernard & Graefe
Verlag fiir Wehrwesen) 1962, S. 183 ff. (kiinftig zit,: Hubatsch).
30
III. Deutschland und seine Verbiindeten
ihren Abschnitt iibernahm, sich jedoch die Befehlsiibernahme der 4. ruma=
nischen Armee bis zum 22. 11. hinauszogerte, wurde schlieiilich der ganze
Plan einer H.Gr. Antonescu hinfallig, da sich Hitler zu diesem Zeitpunkt
bereits angesichts des sowjetischen Durchbruchs durch beide rumanischen
Frontabschnitte zum Einsatz des H.Gr.Kdo.s Don unter Gen.Feldmarschall
V. Manstein an dieser entscheidenden Front entschlossen hatte (s. unten S. 86 f.).
Vor Beginn der sowjetischen Offensive am 19. 11. 1942 hatten an der Don=
front die rumanische 3. Armee mit ihren 8 rumanischen Divisionen einen
Abschnitt von 150 km inne, pro Division also 19 km, die italienische 8. Armee
mit ihren 8 italienischen und 1 deutschen Division 230 km, pro Division also
25 km, die 2. ungarische Armee mit ihren 9 ungarischen und 1 deutschen Di=
vision 160 km, pro Division also 16 km^. Das schienen, verglichen mit den
Abschnittsbreiten, die die deutschen Divisionen damals vielfach schon hatten,
nicht iibermafiig breite Streifen. Auch war die deutsche Fiihrung bestrebt,
moglichst alien Verbiindeten gleich grofie oder ahnliche Abschnitte zuzuwei=
sen, um die ohnehin vorhandenen Eifersiichteleien untereinander und gegen=
liber den deutschen Nachbararmeen nicht noch zu verstarken. Dennoch waren
die Abschnitte fiir die Verbiindeten zu grofi, zumal wenn ihre mangelhafte,
z. T. katastrophale Ausstattung beriicksichtigt wird, ganz abgesehen von den
anderen Fiihrungsgrundsatzen imd der anderen Verteidigungsmentalitat der
Verbiindeten. Um einen gewissen deutschen EinfluS auf die Fiihrung der Ver=
biindeten geltend zu machen — die verbiindeten Armeeoberkommandos waren
innerhalb der Weisungen der H.Gr. an sich frei in ihren Entschliissen — ,
wurden die „Deutschen Verbindungskommandos'' (DVK) verstarkt. Von den
Verbiindeten wurden die DVKs mit wachsendem Mifitrauen beobachtet, vor
allem die Tatsache, daJ8 sie iiber eigene Nachrichtenverbindungen verfiigten.
Um ihren Einflufi zu verstarken, wurden die Verbindungsstellen bei den AOKs
von hoheren deutschen Dienstgraden besetzt, die DVKs beim italienischen
AOK 8 und beim ungarischen AOK 2 in „Deutscher General beim italienischen
AOK 8 bzw. ungarischen AOK 2'' umbenannt und mit deutschen Generalen
besetzt, die durch ihre Auslandserfahrungen besonders fiir diese Aufgaben ge=
eignet waren. Besondere Befiirchtungen wurden von deutscher Seite hinsichtlich
der Nahtstellen zwischen den verbiindeten Armeen gehegt. Daher wurden
deutsche Eingreifreserven moglichst hinter die Nahte geschoben. Jedoch griffen
die Sowjets am 19. 11. (3. rumanische Armee), 20. 11. (4. rumanische Armee
bzw. VI. rum. A.K.) und 16. 12. (8. italienische Armee), ebenso am 14. 1. 1943
bei der 2. ungarischen Armee jeweils das Zentrum der verbiindeten Fronten an,
well sie sich angesichts der Schwache der verbiindeten Armeen offensichtlidi
hier den grofiten Erfolg versprachen.
Joadiim Sdiwatio Gesterding, Probleme der Naht. Eine Studie iiber die Koordi=
nierung benadibarter Verbande, Frankfurt a. M. (Verlag E. S. Mittler & Sohn)
1959 (Beiheft 10 der Wehrwissenschaftlichen Rundschau), S. 63.
31
A. Einfiihrung
Die Griinde fiir den raschen Zusammenbruch aller vier verbiindeten Armeen,
der fiir den gesamten Siidflugel der Ostfront in Verbindung mit der Einschlie=
fiung der 6. deutschen Armee in Stalingrad katastrophale Auswirkungen hatte
(s. unten S. 91 ff .), lagen ortlich in Munitionsmangel, Fehlen von Pak und Pan=
zem, Ausstattung der Verbiindeten (besonders der Rum^nen) mit Beutewaffen
und =ausriistung, fehlendem Stellungsbau, unglticklicher Aufstellung der Ver=
bande und der Eingreifreserven, ungeniigender Ausbildung der Verbiindeten
fiir die Verteidigung an der Ostfront, lagen im grofien aber an der verfehlten
exzentrischen Gesamtkonzeption des Feldzuges 1942 und an der Unmoglichkeit
fiir die deutsche Riistungsindustrie, neben dem standig steigenden Bedarf aller
deutschen Wehrmachtteile auch noch die Verbiindeten mit hochwertigen Waf=
fen und guter Ausrtistung zu versorgen.
Bulgarien nahm innerhalb des Kreises der mit Deutschland verbiindeten
Staaten eine Sonderstellung ein. Wohl hatte es — wie Ungarn und Rumanien
— am 12. 12. 1941 unter deutsch=italienischem Druck unter Hinweis auf die
Verpflichtungen aus dem Dreimachtepakt den USA den Krieg erklart, zugleich
auch an Grofibritannien, das seinerseits auf sowjetisches Drangen Ungarn, Ru=
manien sovvie Finnland am 6. 12. 1941 den Krieg erklart hatte.
Jedoch hatte sich Hitler mit der Nichtbeteiligung Bulgariens am Kampf gegen
die Sowjetunion, auf der Konig Boris III. im Hinblick auf die pro=russischen
Traditionen Bulgariens bestand, abgefunden und der bulgarischen Armee die
Aufgabe zugewiesen, die Sicherung der Flanke im Siidosten gegeniiber der
Tiirkei aufrechtzuerhalten. Aufierdem hatte Bulgarien iiber die annektierten
Gebiete im Nordosten Griechenlands und in Siidjugoslawien hinaus Besat=
zungstruppen nach Serbien entsandt, die damit die deutschen Besatzungskrafte
entlasteten. Hitler wies daher das Drangen des rumanischen Staatsfiihrers Mar=
schall Antonescu bei seinem Besuch am 11. 2. 1942 ab, auf Bulgarien einen
Druck auszuiiben, damit es sich ebenfalls durch Entsendung von Divisionen
am Ostfeldzug beteilige.
Der Anteil der Slowakei im Osten war 1942, aufierlich betrachtet, der gleiche
wie im Vorjahr. Neben schwachen Fliegerverbanden standen zwei Divisionen,
1 mot. („schnelle") und 1 Sich.=Division, im sudlichen Teil der Ostfront im Ein=
satz. Doch wirkte sich der propagandistische Einflufi des grofien slawischen
„Brudervolkes'' immer starker aus, so dafi die Divisionen 1943 aus der Front
gezogen werden mufiten^. )..'.i. .e.
Der am starksten mit inneren Problemen belastete Verbiindete war und
blieb Kroatien, nominell Konigreich, f aktisch unter der Herrschaft des Ustascha=
Fiihrers, des „Poglavnik'', Ante Pavelic. Der „Unabhangige Staat Kroatien'',
der wahrend des jugoslawischen Zusammenbruchs am 10. 4. 1941 gebildet wor=
8 Vgl. Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmaditfiihrungs=
stab), Bd. Ill, S. 1059 ff. (6. Sept. 1943).
III. Deutschland und seine Verbiindeten
den war, lag nicht nur im Spannungsfeld zwischen den „Achsen"=Partnern
Deutschland und Italien, das im Sinne seiner „mare=nostro"=Politik Kroatien
fast ganz von der Adria abgedrangt und sich damit die Kroaten zum Feind
gemacht hatte — das Land war zudem in eine nordliche deutsche und eine sud=
liche italienische Besatzungszone geteilt — , sondem Kroatien selbst hatte sich
im Rausche der „Bef reiung'' durch die Annexion Bosniens imd der Herzegowina
(Grenze an der Drina) mit nationalen und religiosen Problemen (Pravoslawen)
belastet, die die Ustascha=Fiihrung unter Pavelic mit Terror losen zu konnen
vermeinte, dabei jedoch nur der serbisch=nationalistischen Aufstandsbewegung
des Generals Mihajlovic und der kommunistischen Partisanenorganisation
Titos immer neuen Auftrieb gab.
Der seit Juni 1941 in Gang befindliche, auf zwei Jahre veranschlagte Aufbau
der kroatischen Wehrmacht („Domobranen'"=Armee) von 5 aktiven Divisionen
lief mit der Aufstellung einer Waffen=SS=ahnlichen Parteimiliz, der Ustascha,
parallel, die Ende 1941 eine Starke von rd. 10 000 Mann erreicht hatte. Der an=
gesichts der inneren und aufieren Spannungen mehrfach abgeanderte Aufbau
der Armee fiihrte schliefilich zu 5 Gebirgsbrigaden, die 1942 fiir einen begrenz=
ten Einsatz im Lande zur Verfiigung standen. Das 369. verst. kroat. Lehr=Rgt.
sowie 1 Jagd= und 1 Bomberstaffel nahmen am Feldzug 1942 im Osten teil.
Das Rgt. teilte das Schicksal der 6. deutschen Armee im Kessel von Stalingrad.
Eine weitere Entsendung kroatischer Einheiten an die Ostfront unterblieb, weil
die Bekampfung der immer mehr um sich greifenden Aufstandsbewegung in
Kroatien (s. unten S. 139) eine Konzentration der Krafte im Lande erforderte.
Dem verstarkten Kampf gegen die Partisanen sollte auch die ab September
1942 auf dem Truppeniibungsplatz Dollersheim aufgestellte, Ende Dezember
1942 zum Einsatz nach Kroatien gelangende erste deutsch=kroatische „Legions=
division", die 369. (kroat.) Inf.Div., dienen, die sich aus deutschen Offizieren,
Unteroffizieren und Spezialisten sowie aus Kroatien stammenden Rekruten
zusammensetzte ^.
In dem durch innere Krisen noch zusatzlich erschiitterten Staatsgebilde — am
6. 10. 1942 wurde der bisher engste Mitarbeiter des „Poglavnik", der Ober=
befehlshaber der kroatischen Wehrmacht, Marschall Kvaternik, von Pavelic
entlassen — gelang es der Staatsfiihrung nicht (von deren Methoden sich im
iibrigen der „Deutsche General in Agram'', General Glaise von Horstenau ein=
deutig distanzierte: er machte das FHQu standig auf die Problematik einer
Unter stiitzung dieses Regimes aufmerksam), die Aufstandsbewegimg allein
unter KontroUe zu bringen, so dal3 ab Herbst 1942 zunehmend deutsche Krafte
nach Kroatien entsandt werden mufiten.
In der Unterredung zwischen Hitler und Pavelic am 23. 9. 1942 im FHQu
„Werwolf'' kamen die Probleme Kroatiens offen zur Sprache. Zugleich kam
9 Franz Schraml, Kriegsschauplatz Kroatien. Die deutsch=kroatischen Legionsdivi=
sionen — 369., 373., 392. Inf.Div. (kroat.) — ihre Ausbildungs= und Ersatzforma=
tionen. Neckargemiind (Kurt Vowinckel Verlag) 1962, S. 29 ff.
33
A. Einfiihrung
die verworrene Situation des Landes zwischen Deutschland und Italien deutlich
zum Ausdruck^ Hitler begann „mit einem Hinweis auf das deutsche Interesse
an der Herstellung der Ruhe und Ordnung in Kroatien. Das Reich sei nicht
politisch, wohl aber zur Zeit verkehrsmafiig interessiert. Es wolle den Abtrans=
port des Bauxits sowie der Erzeugnisse der Olgebiete gesichert sehen und
dariiberhinaus seine entscheidenden Transitinteressen gewahrt wissen. Hier
handele es sich hauptsachlich um die Front in Nordafrika, die auf den Wegen
liber Athen und Saloniki und weiter iiber die Suda=Bucht auf Kreta ihren
Nachschub erhielte. Wenn der Verkehr auf den kroatischen Eisenbahnen, die
ein wesentliches Glied dieser Nachschublinien seien, ausfiele, sei es infolge
permanenter kleinerer Storungen, sei es durch Zerstorung von grofien Ob=
jekten wie Briicken und dergleichen, so wiirde dadurch die gemeinsame Krieg=
fiihrung Deutschlands und seiner Verbiindeten auf das schwerste bedroht
werden. Dies sei den Englandern bekannt, und daher taten sie aucVi auf dem
Balkan alles, um von dort aus der Versorgung Nordafrikas Schwierigkeiten
zu bereiten. Fiir den Fall einer Storung der kroatischen Eisenbahn kamen die
ungarischen Bahnen nicht als Ersatz in Frage, da sie fiir Petroleum=Transporte
weitgehend gebraucht wiirden, wahrend Italien auch kroatische Bahnen fiir
seine Olversorgung benotige.
„Aufier dem rein verkehrsmafiigen Interesse habe Deutschland jedoch auch
noch ein allgemeines Interesse an der Festigung des Regimes in Kroatien.
Wenn dieses Regime standig labil bliebe und nicht konsolidiert wiirde, so be=
stande die Gefahr, dafi eines Tages doch wieder jugoslawische Zielsetzungen
entstehen konnten und von jugendlichen serbischen Fanatikern vorwarts ge=
trieben wiirden/'
Auf die Frage Hitlers, wie Pavelic sich die Niederschlagung der Aufstan=
dischen vorstelle, erwiderte der „Poglavnik'', „da6 Kroatien die Aufstellung
von Brigaden vorbereite und im iibrigen auf italienische Mitwirkung bei der
Niederwerfung def Aufstandischen rechne.Die Italienerwiesenjedochdarauf hin,
dali sie nicht sehr stark seien ^. Auf eine Zwischenfrage des Fiihrers erklarte der
Poglavnik, dafi die Italiener etwa loo Bataillone zur Verfiigung hatten.
„Als General Glaise v. Horstenau dazu erklarte, dafi zu den italienischen
Formationen noch gewisse Cetnici=Truppen, die von den Italienern bewaffnet
worden seien, hinzugerechnet werden miifiten, bemerkte der Fiihrer, dafi ihm
die Forderung der Cetnici gefahrlich erscheine, da diese serbischen Patrioten
letzten Endes den grofi=serbischen Gedanken vertraten. Man zoge sich damit
eine Schlange grofi, die, wenn sie auch jetzt noch klein sei, eines Tages doch
gefahrlich werden konne/'
1 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Pavelic vom
23. 9. 1942 (Politisches Archiv des Auswartigen Amtes Bonn, Aufz. Fiih. 36, RAM=
Film 2/226—246).
2 Die 2. italienische Armee umfafite 7 Divisionen sowie Sonderverbande in Starke
von ca. 60000 Mann.
34
III. Deutschland und seine Verbundeten
„DaQ Deutschland die militarische Fiihrung in Kroatien bei der Niederschla=
gung der Aufstandischen innehaben soUe, sei ihm (dem Fiihrer) fast etwas un=
angenehm, denn dadurch gelange Deutschland in Zonen, die es nichts an=
gingen^. Aufierdem wUrde es bestimmt auf die Dauer weniger Truppen in
Kroatien unterhalten als der Poglavnik, d. h. nicht mehr als vier Divisionen
zuziiglich der SS=Verbande. Demgegeniiber besitze Kroatien 24 Bataillone und
konne daher fragen, warum es nicht selbst die Fiihrung erhielte. Italien unter=
halte 100 Bataillone und konne auch seinerseits diese Frage stellen. Er (der
Fiihrer) erwidere darauf, dafi Deutschland sich keineswegs zur militarischen
Fiihrung drange, es wiirde sich am liebsten schon militarisch ganz aus Kroatien
zuruckziehen und lediglich noch Bahnpersonal zur Sicherung seiner Durch=
transporte im Lande belassen.
„Der Poglavnik erwiderte, dafi bis jetzt alle Aktionen unter deutscher Fiih=
rung gestanden hatten. Es bestehe dariiber auch fiir die Zukunft keinerlei Zwei=
fel. Kroatien selbst konne nicht daran denken, diese Fiihrung zu ubernehmen,
da es nur eine improvisierte Armee besitze. Vor allem fehle ihm ein Offizier=
korps. Die Offiziere der k.u.k. Armee seien zu alt. Die Offiziere der serbischen
Armee seien zu schlecht ausgebildet und hatten keine Disziplin. Im Kampf
gegen Partisanen sei aber gerade Disziplin in besonders hohem Mafie er=
forderlich.''
Der anwesende deutsche Gesandte in Agram Kasche machte darauf aufmerk=
sam, daS die Aufstandsbewegung die Bauxit=Transporte zu dem an der Adria=
kiiste gelegenen Einschiffungshafen gefahrde. Pavelic erklarte dazu, „er habe
zur Niederschlagung dieses Aufstandes Ustaschas nach Siiden schicken wollen,
habe jedoch erst bei Italien deswegen anfragen lassen.'' Zu dem Verlauf dieser
Verhandlungen erganzte Kasche, dali die ItaUener „zunachst alles zugesagt
hatten, dafi es jedoch nicht zur Durchfiihrung des Zugesagten gekommen sei''.
Ribbentrop erklarte schliefilich, „die ganze Angelegenheit miisse an den Duce
herangetragen werden. Es miisse verlangt werden, dafi der kroatische Raum
gegen die Cetniki geschiitzt werde.'' Abschliefiend meinte Hitler, es lage „auch
im italienischen Interesse, wenn der kroatische Raum befriedet und der Poglav=
nik gestarkt wiirde. Denn wenn das Chaos in Kroatien ausbrache, wiirde es
nicht vor den italienischen Stacheldrahten Halt machen. Das kroatische Element
konne man sich insgesamt zum Freund oder zum Feind machen. Er zoge es vor,
die Kroaten zu Freunden zu haben, da andernfalls die gesamte Lage auf dem
Balkan bis nach Griechenland wieder ins Rutschen kame.'' Da das von Hitler
hier noch angenommene italienische Interesse nicht vorhanden war bzw. sich
bereits anders orientierte, trat das von Hitler zum Schlufi Festgestellte ein: die
gesamte Lage auf dem Balkan kam um die Jahreswende 1942/43 wieder „ins
Rutschen''; Siidosteuropa wurde ein Kriegsschauplatz, der standig mehr deut=
sche Krafte band.
3 Vgl. hierzu oben S. 23 f., auf der die italienische Politik dargestellt wird.
35
A. Einfuhrung
4. Finnland
Das Steckenbleiben der deutschen Offensive im Bereich der H.Gr. Nord vor
Leningrad und der Riickzug von Tichwin iiber den Wolchow (Dezember 1941),
vor allem aber der Gesamteindruck der veranderten strategischen Lage um die
Jahreswende 1941/42 lieJSen die finnische Staatsfiihrung und den Oberbefehls=
haber, Marschall Mannerheim, zu einer sehr niichternen Beurteilung der finni=
schen Moglichkeiten zuriickkehren. Finnland war am 26. 6. 1941 als „Waffen=
bruder'' an der Seite Deutschlands in den Kampf gegen die Sowjetunion ein=
getreten, um den ungiinstigen Ausgang des finnisch=sowjetischen Winter=
krieges 1939/40 zu korrigieren. Es hatte sich daher auch im Juni 1941 bereit
gefunden, den Norden seines Staatsgebiets den deutschen Kraften des AOK
Norwegen, die auf Murmansk und die Murman=Bahn vorstofien sollten, zur
Verfiigung zu stellen. Finnland hatte jedoch ein Biindnis mit Deutschland ab=
gelehnt, da es bestrebt war, seine traditionell guten Beziehungen zu den West=
machten aufrechtzuerhalten. Obwohl das finnische Oberkommando im Sep=
tember 1941 den Vormarsch an der Karelischen Landenge in der Nahe der
Grenze von 1939 angehalten, d. h. aus politischen Erwagungen eine Beteiligung
an der Einschlieliung Leningrads zusammen mit der deutschen H.Gr. Nord ab=
gelehnt hatte, und die finnische Armee auch an den iibrigen Fronten Anfang
November iiberall zur Verteidigung iibergegangen war, konnte die finnische
Regierung durch dieses Verhalten die aiif sowjetisches Drangen abgegebene
britische Kriegserklarung am 6. 12. 1941 nicht verhindern. Jedoch blieben die
diplomatischen Beziehungen zu den USA auch nach dem amerikanischen
Kriegseintritt bestehen. Das Bestreben der finnischen Regierung, diesen Kon=
takt unter keinen Umstanden zu gefahrden, bestimmte neben der Entwicklung
der militarischen Lage an der Ostfront, insbesondere im Bereich der H.Gr.
Nord, die finnische Stellungnahme zu deutschen militarischen Planen im Hohen
Norden im Jahre 1942. „Nur ein auJSergewohnlicher deutscher Erfolg hatte zum
Jahresende 1941 vermocht, die finnische Regierung und den Marschall zu be=
wegen, mehr einzusetzen, als fiir die reine Verteidigung des Landes not=
wendig war^.'^
Das Jahr 1942 begann mit der Ablehnung der urspriinglich zugesagten finni=
schen Beteiligung an dem fiir Marz geplanten gemeinsamen Vorstofi auf die
Murman=Bahn. Sie wurde nun — und das blieb Leitmotiv fiir alle folgenden
ahnlichen deutschen Anregungen — vom vorherigen Fall Leningrads abhangig
gemacht, der allein mit deutschen Kraften erreicht werden mufite. Das Be=
streben Mannerheims, eine klare Trennung der finnischen und der deutschen
Verantwortung an der langgestreckten Front vom Swir bis zur Eismeerkiiste
zu erreichen, hatte nach langen Bemiihungen um einen Austausch der deutschen
und finnischen Verbande, die dem „Waffenbruder'' unterstellt worden waren,
4 Ernst Klink, Deutsch=finnische Waffenbriiderschaft 1941—1944, in: Wehrwissen=
sdiaftliche Rundschau 8 (1958), S. 389 ff.
36
III. Deutschland und seine Verbiindeten
am 3. 7. 1942 Erfolg. Von da an gab es eine klare, ausschliefilich deutsche Ver=
antwortung fiir den „Hohen Norden'' an der Fischer=Halbinsel, an der Liza=
Front, in den Abschnitten westlich Kandalakscha bis nordlich Uhtua (Gebirgs=
AOK 20 unter Generaloberst Dietl), bereits seit Beginn des Ostfeldzuges
„OKW=Kriegsschauplatz'' (s. unten S. 79), iind der rein finnischen Front an der
Karelischen Landenge, am Swir und in Ostkarelien imter der Befehlsfuhrung
des finnischen Oberkommandos (Marschall Mannerheim).
Die „Einfrierung'' der Fronten konnte weder durch den harmonisch ver=
laufenen Besuch Hitlers im finnischen Hauptquartier anlalilich des j^. Geburts=
tages von Mannerheim am 4. 6. noch durch dessen Gegenbesuch im FHQu
„Wolfsschanze'' am 27. 6. aufgelockert werden. Dies schien auch zunachst von
deutscher Seite gar nicht angestrebt zu werden; denn auf die Frage General
Erfurths, des Kommandeurs des „Verbindimgsstabes Nord'' im finnischen HQu
in Mikkeli, an Jodl am 27. 6., was das OKW von den Finnen 1942 erwarte,
lautete dessen Antwort: „Nichts Besonderes^''. Erst als das Geb.=AOK 20 den
Plan einer Aufnahme der Offensive gegen die Murman=Bahn fiir den Herbst
1942 wieder aufgriff und dieser dem Chef WFStab unterbreitete Vorschlag in
der „Fiihrer=Weisung'' Nr. 44 vom 21. 7. 1942 seinen Niederschlag fand®,
wurde eine Beteiligung der Finnen an dieser Offensiv=Operation durch einen
Vorstoli auf Belomorsk (Sorokka) fiir „wiinschenswert'' angesehen, obwohl
Erfurth friihzeitig auf die finnische Haltung (zunachst als Vorbedingung Er=
oberung von Leningrad durch die H.Gr. Nord) aufmerksam gemacht hatte. Die
diplomatisch verhiillte, sogar mit neuen militarischen Vorbehalten (deutscher
Vorstofi iiber den Wolchow) verkniipfte finnische Antwort auf die deutsche
Anfrage lief praktisch auf eine deutliche Ablehnung hinaus (der deutschen
Seite endgiiltig durch die Mission der Generale Talvela und Heinrichs im
FHQu vom 24.-26. 8. mitgeteilt). Daraufhin wurde die geplante Operation
gegen die Murman=Bahn von den Deutschen am 30. 8. verschoben, Finnland
allerdings gleichzeitig um eine Unterstiitzung der fiir den 14. 9. in Aussicht ge=
nommenen Operation „Nordlicht'' (d. h. der engen Einschliefiung Leningrads
durch die 11. deutsche Armee) gebeten. Dies stand zu der grundsatzlichen fin=
nischen Haltung in so krassem Widerspruch, dal3 mit einer Zustimmung ernst=
haft kaum gerechnet werden konnte. Da das Unternehmen ohnehin auf gegeben
werden muiite (s. unten S. 78), blieb der deutsch=finnischen „Waffenbriider=
schaft'' eine moglicherweise ernste Belastung erspart.
Das Jahr 1942 endete im Bereich Finnland mit dem endgiiltigen Ubergang
zur Defensive, auch hinsichtlich der deutschen strategischen Planungen. Die
hierfiir grundlegende OKW=Weisung vom 29.11.1942^ schlofi mit den fiir
5 Tagebuch des Generals d. Inf. Erfurth, 27. 6. 1942; dem Verfasser freundlidist zur
Verfiigung gestellt.
6 Hubatsch, a. a. O., S. 194 ff.
7 OKW/WFStab/Op.Nr. 551940/42 g.Kdos. Chefs, vom 29. 11. 1942 (Tgb. Erfurth,
5.12.1942).
57
A. Einfiihrung
eine militarische Weisung ungewohnlichen Satzen : „Deutschland, Finnland und
Rumanien sind auf Tod und Gedeihen im Kampf gegen Rutland verschworen.
Sie werden zusammen siegen oder untergehen. Fiir sie gibt es keine politischen
Schleichwege. Wir haben die Blutlast dieses Jahres getragen und werden sie
weiter tragen und damit beitragen, dafi Finnland seine beschrankte Kraft
schonen und erhalten kann/'
Dennoch zog die finnische Staatsfiihrung aus dem katastrophalen Ausgang
des deutschen Feldzuges 1942 politische Konsequenzen, als sie sich am 3. 2.
1943 in einer Aussprache zwischen Staatsprasident, Regierungschef, Aul2en=
minister und Marschall dariiber klar wurde, „da6 der Krieg einen definitiven
Wendepunkt erhalten habe und dafi es fiir Finnland gait, bei der ersten mog=
lichen Gelegenheit einen Weg aus dem Krieg zu finden/' Gleichzeitig wurde
allerdings festgestellt, „da6 die Macht Deutschlands (Finnland) vorlaufig noch
hinderte, diesen Beschluli in die Tat umzusetzen®".
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
1. Die Situation im Winter 1941/42
Die Jahreswende 1941/42 sah das deutsche Ostheer in der grofiten Krise
seit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion (22. 6. 1941), brachte die
deutsche Oberste FUhrung in die schwerste Krise seit Beginn des Krieges 1939
iiberhaupt. Am 1. 1. 1942 standen sich 12 deutsche Armeen (in drei H.Gr.n) mit
135 Divisionen sowie 6 Divisionen und 5 Brigaden der Verbiindeten und 328
sowjetische Divisionen^ in einem erbitterten Ringen bei anhaltender Winter=
kalte an der weitverzweigten Front von der Krim bis in den Raum um Lenin=
grad mit Schwerpunkt im Bereich der H.Gr. Mitte gegeniiber^. In einer Reihe
von Befehlen forderte Hitler, seit 19. 12. 1941 nun auch Ob. d. H., das deutsche
Ostheer zum „fanatischen Widerstand" in den einmal erreichten Stellungen
auf 3. Am 28. 12. liefi er durch den Chef OKW einen weiteren Befehl heraus=
geben^: . ^mmu
8 Zitiert nach Klink, a. a. O., S. 405 (auf Grund der Erinnerungen Mannerheims).
1 Alfred Philippi und Ferdinand Heim, Der Feldzug gegen Sowjetrufiland 1941 bis
1945. Ein operativer Oberblick, Stuttgart (W. Kohlhammer Verlag) 1962, S. 109.
Die deutsche Luftwaffe besa6 zu diesem Zeitpunkt an der Ostfront rd. 1500 ein=
satzbereite Flugzeuge. Die Zahl der sowjetischen Flugzeuge wurde mit 1200 an=
genommen. — Fiir das gesamte Kapitel iiber den ostlichen Kriegsschauplatz 1942
vgl. auch die auf deutschem Quellenmaterial basierende Studie von George
E. Blau, The German Campaign in Russia — Planning and Operations (1940—1942),
Washington 1955, S. 101 ff.
2 Bei der Errechnung der sowjetischen Starke werden jeweils zwei Brigaden als eine
Division gezahlt.
3 Vor allem: Der Fiihrer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Nr. 442182 g.
Kdos. Chefs. WFStab/Abt. L (I/Op) vom 16.12.1941; OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt.
Nr. 1736/41 g. Kdos. Chefs, vom 18. 12. 1941.
4 OKW/WFStab/Op (H) Nr. 442277/41 g. Kdos. Chefs, vom 28. 12. 1941, gez. Keitel.
38
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
„Der Fiihrer hat zur Kampffiihrung im Osten befohlen:
1. In der Verteidigung ist um jeden Fufibreit Boden mit letztem Einsatz zu kamp=
fen. Nur so werden dem Feind schwere, blutige Verluste beigebracht, seine Moral
geschwacht und die ungebrochene Uberlegenheit des deutschen Soldaten zur Geltung
gebracht.
Kampfloses Preisgeben auch nur behelfsmafiig ausgebauter Stellungen fiihrt bei
der gegenwartigen Wetterlage zu unersetzlichen Verlusten an Material und Mu=
nition, setzt somit die eigene Kampfkraft zunehmend herab und gibt dem Feinde
erhohte Handlungsfreiheit.
Die Abwehrkraft mufi insbesondere durch stiitzpunktartigen Ausbau aller Ort=
schaften und Gehofte und grofitmogliche Tiefengliederung auf ein Hochstmafi ge=
steigert werden. Jede Truppe, gleichgiiltig welcher Waffengattung, einschlieClich
Versorgungstruppen, ist verpflichtet, die so ausgebauten Unterkiinfte mit alien Mit=
teln bis zum letzten zu halten. Dem Feind wird hierdurch der Zutritt zu den Ort=
schaften verweigert. Er wird gezwungen, sich im Freien der Kalte voU auszusetzen,
wird von den Strafien und damit der Versorgung abgeschnitten und somit am
ehesten zum Erliegen kommen.
Neben dem Gegenangriff aus Stellungen und Stutzpunkten kommt dem flankie=
renden Einsatz von Eingreiftruppen entscheidende Bedeutung zu . . .
2. Fiir die Luftwaffe kommt es bei erkannten feindlichen Aufmarschbewegungen
darauf an, neben der laufenden Eisenbahnbekampfung durch starke Kampfflieger=
verbande weit hinter der russischen Front Bahnhofe und ihre Anlagen, Unterkiinfte
und Versorgungslager unter zusammengefafitem Einsatz nachhaltig zu zerstoren und
damit unter den winterlichen Verhaltnissen den Aufmarsch ganz oder teilweise zu
zerschlagen.
3. Im mittleren Teil der Ostfront ist der Aufbau einer riickwartigen Stellung (der
sog. „Winterstellung". D. Verf.) einzuleiten. Der Frontverlauf ist durch den Chef des
Generalstabes des Heeres derart vorzusehen, dafi er mit einer wesentlichen Front=
verkiirzung unter Ausnutzung kraftesparender Abschnitte der Schutz aller fiir die
weitere Kampffiihrung und Versorgung wichtigen Anlagen gesichert ist . . ."
Neben seinen sich im Laufe der folgenden Wochen steigernden Eingriffen
in die operative Fiihrung an einzelnen Frontabschnitten versuchte Hitler, durch
Personalveranderungen in den entscheidenden Kommandostellen der Krise
Herr zu werden. Die wichtigsten Veranderungen traten dabei im Bereich der
H.Gr. Mitte (HQu. in Smolensk) ein, die im Zentrum der sowjetischen Gegen=
offensive lag. Ihren Oberbefehl iibernahm anstelle des Gen.Feldmarschalls v.
Bock am 20. 12. 1941 Gen.Feldmarschall v. Kluge. Gen.Oberst Guderian, der
OB der 2. Panzerarmee, wurde am 25. 12. nach Konflikt mit diesem abgelost
und durch General d. Pz.=Tr. Schmidt ersetzt. Abgelost wurden auch der Kdr.
General des VI. A.K. (im Bereich der 9. Armee) im Raume von Stariza, General
d. Pi. Forster, und schliefilich am 8. 1. 1942 Gen.Oberst Hoepner, der OB der
4. Panzerarmee, den Hitler aus der Wehrmacht ausstiefi, well er aus eigener
Verantwortung seiner bedrangten Armee den Befehl zum Riickzug auf die
„Winterstellung'' gegeben hatte^^. An seine Stelle trat General Ruoff.
4a Vgl, hierzu: Walter Chales de Beaulieu, Sturm bis vor Moskaus Toren. Der
Einsatz der Panzergruppe 4. In: Wehrwissenschaftliche Rundschau 6 (1956),
S. 349 ff. und S. 423 ff.
39
A. Einfiihrung
Uber zwei Monate lang wehrte sich die H.Gr. „verzweifelt gegen die Zer=
triimmerimg ihrer iiber looo km gespannten Front und die fortschreitende
Einkreisung, die der Gegner unter frontalem Druck und doppelseitiger Um=
fassung zu erzwingen versuchte. Von Siiden her iiber den Einbruchsraum von
Suchinitschi, in der Mitte im geraden Stofi nach Westen und von Norden an
Rshew vorbei in den Riicken der Heeresgruppe erstrebte er deren Zusammen=
drangung im Gebiet um Wjasma. 20 russische Armeen mit mehr als 190 Ver=
banden (gleich 165 Divisionen) standen Anfang Januar im Angriff gegen die
abgekampften 68 Divisionen der deutschen Mitte. Die Krise trieb bis Mitte
Februar dem Hohepunkt zu^/'
An drei Stellen kam es vor allem zu tiefen Einbriichen in die stiitzpunkt=
artige Front der H.Gr.^: zwischen der 2. Panzerarmee und der 4. Armee, zwi=
schen der 4. Armee und der 4. Panzerarmee und — seit Beginn der sowjetischen
GrojSoffensive aus dem Raum Ostaschkow im Waldai=Gebiet am 9. 1. — an der
Naht zur H.Gr. Nord. Hier drangen die sowjetischen Angriff sspitzen iiber
Toropez bis nach Cholm (seit 22. 1. eingeschlossen), Welikije Luki, Welish und
Demidoff weit in den Riicken der im Raum um Rshew haltenden 9. Armee vor,
deren OB, Gen.Oberst Straufi, am 16. 1. von Hitler durch General d. Pz.Tr.
Model ersetzt wurde. „Die inneren Fliigel der H.Gr.n Mitte und Nord hingen
in der Luft^"
Erst am 15. 1. genehmigte Hitler nach langen Auseinandersetzungen mit dem
Oberkommando der H.Gr. Mitte den Riickzug auf die „Winterstellung''. Noch
am 8. 1. hatte er befohlen^:
„Das Ziel der russischen Kampfftihrung ist es, durch Einzelangriffe die deutsche
Front als solche ins Wanken zu bringen. Der Gegner rechnet dabei auf eine operative
Empfindlichkeit unserer Kriegfiihrung, an der er, wie die Erfahrung es bewiesen hat,
selbst nicht leidet . . . Damit wird dieser Kampf in erster Linie durch die Nerven=
Starke, vor allem der Fiihrung, entschieden. Der Russe hat diese Nervenkraft unter
Beweis gestellt. Es ist unsere Pflicht, ihm auch auf diesem Gebiet unter keinen Um=
standen unterlegen zu sein. Jeder Gedanke, die russische Angriffskraft durch einen
freiwilligen Riickzug auch auf nur kurze Zeit ausschalten zu konnen, beruht auf
einem Trugschlufi . . .
Die theoretische Verkiirzung der Front, die durch eine solche Zuriicknahme erzielt
werden kann, wird . . . meist vollstandig aufgehoben durch die Schwachung der damit
verbundenen Kampfkraft der aus ihrer Stellung herausgerissenen Verbande. Es ist
daher leichter, mit geringsten Kraften eine irgendwie ausgebaute langere Stellung
5 Philippi— Heim, a. a. O., S. 109.
6 Einzelheiten bei Rudolf Hofmann, Die Schlacht von Moskau 1941, in: Entschei=
dungsschlachten des Zweiten Weltkrieges, hrsg. von Hans=AdoIf Jacobsen und
Jiirgen Rohwer, Frankfurt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen) i960,
S. 1.39 ff.; Philippi— Heim, a, a. O., S. 107 ff.
7 Philippi— Heim, a. a. O., S. 111; K. Leppa, Generalfeldmarschall Walter Model.
Von Genthin bis vor Moskaus Tore, Niirnberg o. J. (1962).
8 Der Fiihrer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Nr. 420013/42 Gen.St.d.H./
Op.Abt. g. Kdos. Chefs, vom 8. 1. 1942, gez. Adolf Hitler.
40
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
zu halten als in einer verkiirzten, aber nicht ausgebauten Linie mit starkeren Kraf ten
Widerstand zu leisten. Frostschaden und blutige Verluste werden in diesem Fall
grofier sein als bei der Verteidigung einer — wenn auch langeren — dafiir aber
wenigstens primitiv ausgebauten Stellung."
Am 15. 1. gab Hitler dann endlich nadi®:
„Nadidem es nicht gelungen ist, die nordlich Medyn und westlich Rshew entstan=
denen Liicken in der Front zu schliefien, erteile ich dem Oberbefehlshaber der Heeres=
gruppe Mitte auf Grund seines Antrages die Ermachtigung, die Front der 4. Armee,
4. Panzerarmee und 3. Panzerarmee in die Linie ostwarts Juchnow — ostwarts
Gshatsk — ostwarts Subzoff — nordlich Rshew zuriickzunehmen. Bestimmend fiir die
Festlegung im einzelnen ist die Forderung, daS die Strafie Juchnow— Gshatsk— Sub=
zoff— Rshew als Querverbindung hinter der Front der feindlichen Einwirkung ent=
zogen bleibt.
In der vorgenannten Linie ist das Vorgehen des Feindes endgiiltig zum Stehen
zu bringen. Sie ist zu halten . . ."
Abschlie6end stellte Hitler fest: „Es ist das erste Mai, dafi in diesem Krieg von
mir der Befehl zum Zuriicknehmen eines grofieren Frontabschnitts gegeben wird.
Ich erwarte, da6 dieses Zuriickgehen sich in einer Form vollzieht, die des deutschen
Heeres wiirdig ist. Das Uberlegenheitsgefiihl der Truppe iiber den Gegner und der
fanatische Wille, ihm den grofitmoglichen Schaden zuzufiigen, mu6 auch die Riick=
wartsbewegung beherrschen.''
Bine wesentliche Erleichterung der Lage an der Front der H.Gr. Mitte trat
erst ein, als es am 3. 2. gelang, die 4. Armee und die 4. Panzerarmee wieder zu
vereinigen (an der Strafie Juchnow— Gshatsk), und als es der 9. Armee unter
der tatkraftigen Fiihrung Models gliickte, 7 sowjetische Divisionen westlich
Rshew einzuschliefien und im Laufe der nachsten 14 Tage aufzureiben. Das am
1. 2. aus der verkiirzten Front gezogene Pz=AOK 3 hatte inzwischen die Siche=
rung an den Randern des sowjetischen Einbruchsraums um Toropez uber=
nommen.
Trotzdem blieben die riickwartigen Verbindungen der H.Gr. Mitte von
den durchgebrochenen sowjetischen Verbande, die noch durch Fallschirmver=
bande verstarkt wurden, monatelang bedroht, bis die wichtigsten Gefahren=
herde im Friihsommer durch eine Reihe von Unternehmen ausgeschaltet wer=
den konnten (s. unten S. 74). Auch an der Front kam es noch wiederholt zu
gespannten Situationen. Nachdem die sowjetische Winteroffensive im Bereich
der H.Gr. Mitte Ende Februar/Anfang Marz im grofien unter deutsche Kon=
trolle gekommen war, genehmigte Hitler den Antrag des H.Gr.Kdos., die
Front von Juchnow bis zur Bahn Wjasma— Kaluga hinter die Ugra zuriickzu=
nehmen, um Reserven zu gewinnen. Hitler erklarte dabei dem OB der
4. Armee, General Heinrici, „da6 er bewulit starrkopfig auf dem Halten jedes
Fufibreits Boden bestanden habe, um ein Riickwartsgleiten des Ostheeres zu
9 Der Fiihrer und Oberbefehlshaber des Heeres Gen.St.d.H./Op.Abt. (I) Nr.
420021/42 g, Kdos. Chefs, vom 15. 1. 1942, gez. Adolf Hitler.
41
A. Einfiihrung
verhindern. Jetzt komme es auf lo km vorwarts oder riickwarts nicht mehr
an^"'
Im ganzen behauptete sich die H.Gr. Mitte zu Beginn der Fruhjahrsschlamm=
periode auf der durch die „Winterstellung'' vorgezeichneten Linie. Aber zu den
800 km dieser Linie waren 600 km weiterer Front zum Schutz der Flanken
und des Riickens hinzugekommen, abgesehen von den Partisanengebieten, die
noch zusatzliche Krafte banden. Den ganzen Marz iiber entwickelten sich bei=
spielsweise Kampfe um den Strafienknotenpunkt Jelnja, den Hitler aus „au6en=
politischen Griinden'' unbedingt zu halten befahP.
Gegeniiber den iiber das Schicksal der gesamten Ostfront entscheidenden
Vorgangen im Bereich der Hr.Gr. Mitte traten die Geschehnisse an den Fronten
der beiden anderen H.Gr.n an Bedeutung zuriick, obwohl es auch hier zu Ent=
scheidungen kam, die z. T. bis weit iiber den Winter 1941/42 gewichtig blieben.
An der rd. 600 km langen Front der H.Gr. Nord (Gen.Feldmarschall Ritter
V. Leeb, HQu. in Pleskau) standen an der Jahreswende 1941/42 31 meist ab=
gekampfte deutsche Divisionen (einschlieiilich der spanischen „Blauen Di=
vision'') 86 sowjetischen Verbanden {=75 Divisionen) gegeniiber. Am 25. 12.
1941 war der Riickzug der 16. Armee von dem mifigliickten Unternehmen Tich=
win iiber den Wolchow abgeschlossen. Die Krise begann hier mit der sowjeti=
schen Doppeloffensive gegen den schwachen Siidfliigel der 16. Armee im Raum
unmittelbar siidlich des Ilmensees und aus dem Raum Ostaschkow, als deren
Ziel sich die Einkreisung des II. A.K. (General Graf Brockdorff=Ahlefeld) im
Raum westlich des Waldai=Gebiets abzeichnete. Den Antrag des OB der H.Gr.
vom 12. 1., die Front von hier auf den Lowat zuriickzunehmen, lehnte Hitler
ab. Stattdessen befahl er die Verteidigung des Raumes um Demjansk, selbst
wenn die Verbindung zum X. A.K. bei Staraja Russa abreifien sollte. Da
V. Leeb daraufhin seine Entlassung erbat, berief Hitler am 17. 1. an seine Stelle
Gen.Oberst v. Kiichler, dessen 18. Armee General Lindemann iibernahm.
Am 8. 2. schlofi sich der Ring um das II. A.K. westlich Demjansk endgiiltig.
Es begann die Luftversorgung der „Festung Demjansk'', in der sich rd. 95 000
Mann und 20000 Pferde der 6 Divisionen des verstarkten Korps befanden.
Die Luftversorgung (taglicher Bedarf 300 t) gelang tatsachlich, wenn auch unter
erheblichen Verlusten an Transportmaschinen (s. unten S. 167) ^. Drei Monate
lang waren die deutschen Krafte um Demjansk auf die Luftversorgung ange=
1 KTB des AOK 4, 2. 3. 1942.
2 Hitler kniipfte dabei gedanklich an die voriibergehende Aufgabe des Jelnja=
Bogens im August 1941 an, die von sowjetischer Seite propagandistisdi ausge=
spielt worden war. Der Name Jelnja war daher auch in den westlichen Landern
ein Begriff.
3 Einzelheiten iiber die Vorgange um Demjansk bei Werner Haupt, Demjansk 1942.
Ein Bollwerk im Osten, Bad Nauheim (Podzun=Verlag) 1961, und Edgar Rohricht,
Probleme der Kesselschlacht, dargestellt an Einkreisungs=Operationen im Zweiten
Weltkrieg, Karlsruhe (Condor=Verlag) 1958, S. i3iff. j .^o^..
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
wiesen. „Obwohl taglich 100 bis 150 Flugzeuge, im zwei= und dreimaligen
Einflug, zum Einsatz kamen, entstanden zeitweise ernste Versorgungsschwie=
rigkeiten, so dafi bei der stark beanspruchten Truppe Zeichen von Unterernah=
rung auftraten. Auch der Verschufi, insbesondere an Artilleriemunition, mufite
gedrosselt werden, n\it der Folge erhohter Verluste. Selbst nachdem die Her=
stellung der Landverbindung (28. 4. 1942) gegliickt war, mufite einige Monate
lang noch immer ein wesentlicher Teil des Nachschubs auf dem Luftwege er=
folgen. Die zu iiberwindenden Entfernungen von yoo bis 900 km beanspruch=
ten die Lufttransportverbande erheblich. Auch entstanden zahlreiche Ausfalle,
da ausreichender Jagdschutz selten zu Verfiigung stand*/' Dennoch wurde
das Halten von Demjansk mit Hilfe der Luftversorgung von Hitler ausschlie6=
lich als positive Erfahrung gewertet: die Erinnerung an den vermeintlichen
Erfolg trug bei ihm am 24.725. 11. wesentlich zu dem verhangnisvoUen Ent=
sdilufi bei, die 6. Armee im Raum von Stalingrad auch nach ihrer Einschliefiung
stehen (s. unten S. 86) und durch die Luft versorgen zu lassen.
Am 13. 1. begann an der Naht zwischen 16. und 18. Armee am Wolchow
eine weitere sowjetische Offensive, die das Ziel hatte, iiber den zugefrorenen
Wolchow hinweg von Siidosten her die von den Landverbindungen abge=
schnittene und nur iiber den Ladoga=See versorgte Stadt Leningrad zu ent=
setzen. Es gelang den Sowjets, Ende Januar bis zur Bahnlinie Nowgorod—
Leningrad vorzustofien, doch konnte der Durchbruchskeil von den deutschen
Kraften schliefilich abgeriegelt werden. Um ihren Verbanden den weiteren
Weg zu bahnen, stielien andere sowjetische Krafte aus dem Raum von Po=
gostje ab 28. 1. nach Siiden vor und erzielten einen tiefen Einbruch, jedoch
konnten die Verbande der 18. Armee eine Verbindung zwischen diesen beiden
sowjetischen Keilen verhindern, obwohl die Anstrengungen der Sowjets, doch
noch zum Ziele zu kommen, wahrend des ganzen Februar wiederholt wurden.
Unter Konzentration aller verfiigbaren Krafte der Luftflotte 1 (250 Kampf=
flugzeuge) begann dann am 15. 3. entlang des Wolchow eine deutsche Ope=
ration (Unternehmen „Raubtier'') mit dem Ziel, die riickwartigen Verbin=
dimgen des sowjetischen Wolchow=Keils abzuschneiden. Dies gelang am 19. 3.
voriibergehend; doch wurde der schmale deutsche Riegel am 27. 3. wieder von
den Sowjets gesprengt, nachdem auf Befehl Hitlers sogleich nach dem Ge=
lingen von „Raubtier" alle Luftwaffenkrafte in den Raum von Staraja Russa
verlegt worden waren, aus dem am 21. 3. der Angriff der Gruppe v. Seydlitz
(3 Divisionen) in Richtung auf den 30 km entfernten Kessel von Demjansk
begonnen hatte (Unternehmen „Briickenschlag''). Nachdem dieses Ziel unter
grofiten Schwierigkeiten am 28. 4. erreicht war und mit einem schmalen
Schlauch die Verbindung zum IL A.K. geoffnet war, beantragte Gen.Oberst
V. Kiichler am 4. 5. vergeblich, diese Krafte nunmehr auf den Lowat zuriick=
zunehmen, um Krafte zu gewinnen. Das seit dem 22. 1. eingeschlossene Cholm
4 Rohricht, a. a. O., S . 140/41.
43
A. Einfiihrung
(rd. 3500 Mann), das ebenfalls durch die Luft versorgt worden war, konnte
am ^. ^. entsetzt werden. Dadurch dafi Hitler die vorgeschobenen Frontbogen
stehen liefi, so dafi alle Verbande an der langgestreckten Front gebunden
blieben, beschrankte sich der Erfolg dieser Unternehmen auf eine giinstige
Auswirkung auf die Kampfmoral. Der operativen Beweglichkeit der schwa=
chen H.Gr. Nord kamen sie nicht zugute.
Die Winterkampfe im Bereich der H.Gr. Nord fanden ihren Abschluii mit
der Besetzung der Inseln Suursaari (Hogland) und Tytarsaari am 27. 3. bzw.
1. 4. durch die Finnen. Letztere wurde auf deren Wunsch am 4. 4. von der
18. Armee iibernommen, am 14. 4. der Kriegsmarine iiberlassen. Schliefilich
fiihrte die Luftflotte 1 vom 4. 4. bis 30. 4. mehrere schwere Schlage gegen die
sowjetische Ostseeflotte in Kronstadt und Leningrad (Unternehmen „Eisstoii"
und „Gotz V. Berlichingen'"). Das Ziel, die schweren Einheiten der sowjetischen
Ostseeflotte zu vernichten, wurde dabei nicht erreicht, jedoch waren sie vorerst
nicht mehr einsatzfahig. 1942 sind auiier einzelnen sowjetischen U=Booten
keine sowjetischen Kriegsschiffe aus der ostHchen Ecke des Finnischen Meer=
busens in die freie Ostsee gelangt^. Dadurch dal3 dieser Raum einschhelilich
einiger Inseln in sowjetischer Hand verblieb, wurden aber deutsche und fin=
nische Krafte gebunden, blieb ein Gefahrenherd bestehen.
Die H.Gr. Siid, die abgesehen von der Verteidigung der Krim den Front=
abschnitt von Taganrog am Asowschen Meer bis in den Raum ostwarts Kursk
zu halten hatte, verfiigte an der Jahreswende 1941/42 iiber 37 deutsche Di=
visionen sowie 5 Divisionen und 5 Brigaden der Verbiindeten (Italiener, Ru=
manen, Slowaken, Ungarn). Ihnen standen 12 sowjetische Armeen mit rd.
95 Verbanden {= Sy Divisionen) gegeniiber^. Seit dem 1. 12. 1941 befehligte
Gen.Feldmarschall v. Reichenau (HQu. in Poltawa) die H.Gr., zunachst in
Personalunion mit dem Oberbefehl iiber die 6. Armee, die er am 5. 1. 1942
dem bisherigen Oberquartiermeister I im Generalstab des Heeres, General
d. Pz.Tr. Paulus, iibergab. v. Reichenau verstarb plotzlich am 17. 1. 1942. Am
folgenden Tage ernannte Hitler Gen.Feldmarschall v. Bock zum OB der H.Gr.
Die Situation der H.Gr. Siid war im Vergleich zur H.Gr. Nord hinsichtlich
ihrer Seeflanke voUig anders. Wahrend die Ostsee mit Ausnahme der Ost=
5 Zu den Angriffen auf die sowjetische Ostseeflotte: Gerhard Hiimmelchen, Unter=
nehmen „Eissto6", der Angriff der Luftflotte 1 gegen die russische Eismeerflotte
im April 1942, in: Marine=Rundschau 56 (1959), S. 226 — 32; zu den sowjetisdien
U=Booten: Jiirgen Rohwer, Die sowjetische U=Bootwaffe in der Ostsee 1939 bis
1945, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 6 (1956), S. 556—60. 1942 versenkten
sowjetische U=Boote in der Ostsee 25 Schiffe mit ^0670 BRT und beschadigten
7 weitere mit 30831 BRT. 10 sowjetische U=Boote wurden von der deutsch=fin=
nischen Abwehr versenkt, mindestens 7 beschadigt. Neueste Veroffentlichung :
V. F. Tribuc, Die U=Bootoffensive der Baltischen Rotbannerflotte in der Ostsee
1942 (mit Anmerkungen von Jiirgen Rohwer), in: Marine=Rundschau 60 (1963),
S. 81—107.
6 Philippi— Heim, a. a. O., S. 114. Die Luftflotte 4, die die H.Gr. Siid unterstiitzte,
verfiigte noch iiber 310 einsatzbereite Flugzeuge (ca. 450 sowjetische Flugzeuge
wurden fiir die Gegenseite angenommen).
44
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
ecke des Finnischen Meerbusens um Kronstadt/Leningrad von der deutschen
Kriegsmarine beherrscht wurde, konnte der sowjetischen Schwarzmeerflotte
mit den wenigen kleineren Einheiten der rumanischen Kriegsmarine nichts
Ernsthaftes zur See entgegengestellt werden. Nach der gelungenen Raumung
von Odessa (16. 10. 1941) stiitzte sich die sowjetische Schwarzmeerflotte auf
den Kriegshafen von Sewastopol und die Hafen an der Ostkiiste des Schwar=
zen Meeres am Kaukasus. Zusammen mit den Kraften der sowjetischen Kau=
kasus=Armee stellte die Schwarzmeerflotte demnach eine dauernde latente
Bedrohung der deutsch=rumanischen Krafte der H.Gr. Slid in den von ihr
besetzten Kiisten dar. Der Versuch, noch vor Jahreswechsel wenigstens die von
Sewastopol ausgehenden Gefahren durch eine Eroberxmg der Festung zu ban=
nen, scheiterte. Der auf Grund der „Fuhrer=Weisung'' Nr. 39 vom 8. 12. 1941^
am 17. 12. begonnene Angriff der 11. Armee (Gen.Oberst v. Manstein) auf
Sewastopol mulite am 31. 12. eingestellt werden, nachdem starke sowjetische
Krafte am 26. 12. bei Kertsch und am 29. 12. in Feodosia gelandet waren, die
den Riicken der auf Sewastopol konzentrierten 11. deutschen Armee auf der
Krim bedrohten. Wohl gelang es, im Gegenschlag am 18. 1. 1942 Feodosia
wieder einzunehmen und eine Front an der schmalsten Stelle des Zugangs
zur Halbinsel Kertsch aufzubauen, doch waren damit auf der Krim zwei Fron=
ten entstanden, deren Halten gegeniiber den wiederholten Offensiv=Versuchen
der Sowjets (Februar bis April) nur unter grofiten Anstrengimgen gelang^.
Erst eine Zufuhr neuer Krafte machte im Laufe des Friihsommers eine Bereini=
gung der Lage durch die Eroberung der ganzen Krim moglich.
Eine voriibergehende Einschliefiung von Obojan zwischen Kursk und Char=
kow Anfang Januar blieb Episode. Doch dann begann am 18. 1. eine groli=
angelegte sowjetische Offensive iiber den Donez beiderseits Isjum, die in
wenigen Tagen die Front der 17. Armee (Gen.Oberst Hoth) eindriickte und
am 23. 1. mit der Einnahme des Hauptversorgungslagers dieser Armee, Bar=
wenkowa, eine schwere Krise heraufbeschwor. Um sie zu meistern und Krafte
von der relativ ruhigen Mius=Front schneller heranzuholen, wurden die 17. Ar=
mee und die 1. Panzer=Armee am 28. 1. zur „Armeegruppe v. Kleist'' zu=
sammengefafit. Sie erhielt den Auftrag, die sowjetische Offensive im Gegen=
stoii aufzufangen. Es gelang zwar in der ersten Halfte des Februar, den bis
zu 120 km tiefen Einbruchsraum zu umranden, doch war eine offensive Be=
reinigung des grofien Frontvorsprungs nach Siidwesten vor Einsetzen der
Schlammperiode nicht mehr moglich, zumal am 7. 3. eine neue sowjetische
Offensive gegen die 6. Armee ostwarts Charkow losbrach, die erst Ende Marz
vor den Toren der Stadt aufgef angen werden konnte. Als zu diesem Zeitpunkt
die Schlammperiode begann, trat an der von den Sowjets erreichten — mehr=
fach, besonders aber siidlich Charkow, stark ausgebuchteten — Linie eine
7 Hubatsch, a. a. O., S. 171 ff.
8 Einzelheiten bei Erich v. Manstein, Verlorene Siege, Bonn (Athenaum=Verlag)
1955, S. 24off.; fiir das Folgende: Philippi— Heim, a. a. O., S. ii4ff.
45
A. Einfiihrung ) vjU Ml
Kampfpause ein. Diese wurde von den Sowjets zur Konzentration starker
Krafte benutzt, die nach Eintreten der Trockenperiode aus dem Einbrudisraum
siidlich Charkow weiter nach Westen vorstoJSen sollten.
Am 30. 3., nach Abschluli der Winterkampfe, befand sich das deutsche
Ostheer in einem abgekampften Zustand. Von 162 Inf.Divisionen waren nur
8 vol! einsatzbereit, d. h. auch zu Angriffsoperationen befahigt, 3 voll einsatz=
bereit nach Gewahrung einer Ruhepause; 47 waren fiir begrenzte Angriffs=
unternehmen geeignet. 73 waren voll fiir Verteidigungsaufgaben, 29 nur be=
grenzt hierfiir bereit; 2 Divisionen waren iiberhaupt nicht einsatzfahig. Die
16 Panzer=Divisionen besafien insgesamt noch 140 einsatzfahige Panzer, d. h.
weniger als die normale Ausstattung einer Panzer=Division, Die deutschen
Gesamtverluste im Ostfeldzug erreichten bis zum 30. 4. eine Hohe von
1 167 835 Mann (d. h. etwa ein Drittel des am 22. 6. 1941 angetretenen Ost=
heeres). Die durch die Schlammperiode erzwungene mehrwochige Kampfpause
war fiir das deutsche Ostheer nach den verhehrenden Ausfallen der Winter=
schlachten unbedingt erforderlich. Die notwendige Auffrischung und die Zu=
fiihrung von Reserven sowie die Konzentration frischer Verbande fiir die
neuen Operationen konnten erst jetzt vorgenommen werden. So war an eine
Wiederaufnahme der deutschen Offensive, von allem anderen abgesehen, allein
schon aus diesen Griinden vor Mitte Juni nicht zu denken.
2. Planung und Vorkampfe zur Offensive 1942
Nachdem Mitte Februar die groJSte Krise iiberwunden war, stellte der
Generalstab des Heeres erste Uberlegungen hinsichtlich der Kampffiihrung
nach Abschlufi des Winters an. Am 12. 2. 1942 erliefi die Op.Abt. des Gen.St.
d.H. hierzu eine Weisung^ in der die H.Gr. Siid aufgefordert wurde, Angriffs=
vorbereitungen fiir die Gewinnung der Halbinsel Kertsch, zur Eroberung der
Festung Sewastopol und zur Abschniirung des Frontbogens siidwestlich Isjum
im Raum von Charkow zu treffen. Die H.Gr. Mitte sollte einen Vorstofi aus
dem Raum von Rshew in Richtung Ostaschkow zur Wiederherstellung der
Verbindung mit der H.Gr. Nord in der Gegend von Demjansk vorbereiten,
im iibrigen eine Verkiirzung ihrer iiberdehnten Front anstreben, wahrend
die H.Gr. Nord ihre Stellungen halten und die Bereinigung des Briickenkopfs
Oranienbaum vorbereiten sollte. Ersatz in einer Gesamtstarke von rd. 500 000
Mann wurde angekiindigt.
Die von Hitler geforderte Sommeroffensive 1942 war zum ersten Mai am
28. 3. Gegenstand einer Besprechung im FHQu^ bei der der Chef des General=
9 Die Weisung ist im Wortlaut nicht greifbar. Nur Zusammenfassungen befinden
sidi in den verschiedenen Studien.
1 Generaloberst Haider, Kriegstagebuch, a. a. O., Bd. Ill, 28. 3. 1942: „Besprechung
beim Fiihrer iiber GroSe Lage. Vortrag Aufmarsdi ,Siegfried'. Einverstanden!"
Warlimont, a. a. O., S. 241/42.
46
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
stabes des Heeres, Generaloberst Haider, Hitler die Aufmarschabsichten des
Heeres darlegte, so wie sie sich in den Grundziigen aus den ihm miindlich
erteilten Anweisungen ergeben hatten, Sie wurden von Hitler gebilligt. Der
Chef des WFStabes, General Jodl, beauftragte daraufhin seinen Stab, „die
Absichten des Heeres . . . nach iiblicher Art in einer OKW=Weisung zusam=
menzufassen''^. Bei der Vorlage des Entwurfs durch Jodl am 4.4. erklarte
Hitler, er werde „die Weisung selbst durcharbeiten". Im KTB der Kriegsge=
schichtlichen Abteilung des OKW (Oberst d.G. Scherff) heifit es dann am 5. 4.:
„Der Fiihrer hat den Entwurf zur Weisung 41 stark durchkorrigiert und mit
wesentlichen von ihm selbst verfafiten Teilen versehen. . . Hauptsachlich der
Teil, der die Hauptoperation betrifft, ist vom Fiihrer neu gefajSt worden^/'
Die fiir die Sommeroffensive grundlegende Weisung Nr. 41* kann demnach
als im wesentlichen von Hitler selbst stammend bezeichnet werden.
Uber die bei der Offensive verfolgten Absichten heifit es:
„Das Ziel ist, die den Sowjets nodi verbliebene lebendige Kraft endgiiltig zu
verniditen und ihnen die kriegswirtschaftlichen Kraftquellen so weit als moglidi zu
entziehen. Hierzu werden alle verfiigbaren Krafte der deutschen Wehrmacht und
die der Verbiindeten herangezogen. Dabei mu6 aber gewahrleistet sein, dafi die
besetzten Gebiete im Westen und Norden Europas, insbesondere die Kiisten, unter
alien Umstanden gesichert bleiben. . .
Unter Festhalten an den urspriinglichen Grundziigen des Ostfeldzuges kommt
es darauf an, bei Verhalten der Heeresmitte, im Norden Leningrad zu Fall zu
bringen und die Landverbindung mit den Finnen herzustellen, auf dem Siidfliigel
der Heeresfront aber den Durdibruch in den Kaukasusraum zu erzwingen.
Dieses Ziel ist in Anbetradit der Absdilufilage nadi der Winterschlacht, der
verfiigbaren Krafte und Mittel und der Transportverhaltnisse nur abschnittweise
zu erreidien.
Daher sind zunachst alle greif baren Krafte zu der Hauptoperation im Siidabsdinitt
zu vereinigen mit dem Ziel, den Feind vorwarts des Don zu vernichten, um sodann
die Dlgebiete im kaukasischen Raum und den Ubergang iiber den Kaukasus selbst
zu gewinnen.
Die endgiiltige AbschnUrung von Leningrad und die Wegnahme des Ingerman=
landes bleibt vorbehalten, sobald die Entwicklung der Lage im Einschliefiungsraum
oder das Freiwerden sonstiger Krafte es ermoglichen." Als vorbereitende Opera=
tionen werden aufgefiihrt, „auf der Krim die Halbinsel Kertsch zu saubern und
Sewastopol zuFall zu bringen". „ImSiidraum ist der beiderseits Isjum eingebrodie
Feind im Zuge des Donez abzuschneiden und zu vernichten."
Fiir die Hauptoperation, deren Deckname ^Siegfried" in „Blau" abgeandert wurde,
legte Hitler im einzelnen fest: „Ihr Ziel ist es . . . zur Einnahme der Kaukasusfront
die russischen Krafte, die sich im Raume von Woronesch nach Siiden, westlich bzw.
nordlich des Dons befinden, entscheidend zu schlagen und zu vernichten. Aus Griin=
den des Eintreffens der hierzu verfiigbaren Verbande kann diese Operation nur in
einer Reihe von nacheinander folgenden, aber untereinander im Zusammenhang
2 Warlimont, a. a. O., S. 243.
3 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 5. 4. 1942.
4 Hubatsch, a. a. O., S. 183 ff .
47
A. Einfiihrung
stehenden bzw. sich erganzenden Angriffen durchgefiihrt werden. Sie sind daher
von Norden nach Siiden zeitlich so aufeinander abzustimmen, da6 aufierdem in
jedem einzelnen dieser Angriffe ein Hochstmafi der Konzentration sowohl von
Heeres= als auch besonders von Luftstreitkraften an den entscheidenden Stellen
sichergestellt werden kann. Bei der zur Geniige erwiesenen Unempfindlichkeit des
Russen gegeniiber operativen Einschliefiungen ist entscheidender Wert — ahnlich
wie in der Doppelschlacht von Wjasma=Briansk — darauf zu legen, die einzelnen
Durchbriiche in die Gestalt enger Umklammerungen zu bringen. . ."
„Die Einleitung der Gesamtoperation hat mit einem umfassenden Angriff bzw.
Durchbruch aus dem Raum siidlich Orel in Richtung auf Woronesch zu beginnen.
Von den beiden zur Umklammerung angesetzten Panzer= und mot.Verbanden hat
der nordliche starker zu sein als der siidliche. Das Ziel dieses Durchbruchs ist die
Besetzung von Woronesch selbst. Wahrend es nun die Aufgabe eines Teiles der
Infanterie=Divisionen ist, zwischen dem Ausgangspunkt des Angriffs von Orel in
Richtung auf Woronesch sofort eine starke Verteidigungsfront aufzubauen, haben
die Panzer= und mot.Verbande den Auftrag, von Woronesch aus mit ihrer linken
Flanke, angelehnt an den Don, nach Siiden den Angriff fortzusetzen zur Unter=
stiitzung eines zweiten Durchbruchs, der etwa aus dem allgemeinen Raum von
Charkow nach Osten hin gefiihrt werden soil. Auch hier ist es primar das Ziel, nicht
die russische Front als solche einzudriicken, sondern im Zusammenwirken mit den
den Don abwarts vorstofienden mot.Verbanden die russischen Krafte zu vernichten.
Der dritte Angriff dieser Operationen ist so zu fiihren, dafi die den Don abwarts
vorsto6enden Verbande sich im Raum um Stalingrad mit jenen Kraften vereinigen,
die aus dem Raum Taganrog— Artemowsk zwischen dem Unterlauf des Don und
Woroschilowgrad iiber den Donez nach Osten vorstofien. Diese sollen abschliefiend
die Verbindung mit der gegen Stalingrad vorriickenden Panzer=Armee finden.
SoUten sich im Zuge dieser Operationen, besonders durch die Inbesitznahme
unversehrter Briicken, die Aussichten bieten, Briickenkopfe ostwarts bzw. siidlich
des Don zu bilden, so sind solche Moglichkeiten wahrzunehmen. Auf jeden Fall
mufi versucht werden, Stalingrad selbst zu erreichen oder es zumindest so unter
die Wirkung unserer schweren Waffen zu bringen, dafi es als weiteres Rustungs=
und Verkehrszentrum ausfallt. Besonders erwiinscht ware es, wenn es gelange,
entweder unversehrte Briicken sei es in Rostow selbst oder sonst gesicherte Briicken=
kopfe siidlich des Dons zu gewinnen fiir die weitere Fortfiihrung der fiir spater
beabsichtigten Operationen.
Um zu verhindern, dali wesentliche Telle der nordlich des Dons befindlichen
russischen Krafte iiber den Strom nach Siiden entweichen, ist es wichtig, da6 die
aus dem Raum Taganrog nach Osten vorgehende Kraftegruppe eine Verstarkung
ihres rechten Fliigels durch die Zufiihrung von Panzer= und schnellen Truppen
erhalt, die — wenn notwendig — auch durch improvisierte Verbande zu bilden sind.
Entsprechend dem Fortschreiten dieser Angriffe mufi nicht nur auf starke Siche=
rung der Nordostflanke der Angriffsoperationen Bedacht genommen, sondern auch
der Ausbau der Stellungen in Anlehnung an den Don sofort begonnen werden.
Dabei ist auf starkste Panzerabwehr entscheidender Wert zu legen. Die Stellungen
sind von vornherein auch im Hinblick auf ihre etwaige Ausnutzung im Winter
festzulegen und dafiir mit alien Mitteln vorzubereiten.
Zur Besetzung der sich im Laufe dieser Operation mehr und mehr verlangernden
Donfront werden in erster Linie Verbande der Verbiindeten mit der Mafigabe
herangezogen, dafi deutsche Truppen als starke Stiitze zwischen Orel und dem
Don sowie an der Stalingrader Landenge einzusetzen sind, im iibrigen aber ein=
zelne deutsche Divisionen hinter der Donfront als Eingreifreserven verfiigbar
bleiben. . ."
48
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Diese „Fuhrer=Weisung'' wird hier deshalb so ausfiihrlich zitiert, well sie
einmal die komplizierte, stark in den Einzelheiten festgelegte Planung Hitlers
deutlich macht (abgesehen von seinem umstandlichen Stil, der die „nichtmili=
tarische'' Herkunft der wichtigsten Passagen erkennen lafit), vor allem aber,
weil der tatsachliche Verlauf der Operationen, der wesentliche Abweichungen
brachte, immer mit Blick auf die Weisung gesehen werden mufi.
Der Verlegung des Schwerpunktes auf den Siiden der Front war wesentlich
durch wehrwirtschaftliche (Gewinnung des Kaukasusols) sowie politische Ober=
legungen (Abschniirung der Sowjetunion von ihren Verbiindeten) bestimmt^^.
Dafi die so angelegte Operation nicht nur viele Risiken in sich selbst barg,
sondern auch fiir die stehenbleibende mittlere und nordliche Ostfront Ge=
fahren enthielt, wurde von Jodl durchaus erkannt. Besonders fiir die H.Gr.
Mitte schien ihm ein groJSes Risiko zu bestehen, „falls der Russe einen ent=
schlossenen Vorstofi auf Smolensk unternehmen'' wiirde, worauf er am 10. 5.
hinwies: „Es erschien ihm jedoch fraglich, ob der Russe hierfiir geniigend
Krafte und Wagemut besitze. Der Fiihrer sei mit ihm der Ansicht, dafi infolge
der deutschen Siidoperation die russischen Krafte ebenfalls automatisch (!)
nach dem Siiden abgezogen werden wiirden^." Abgesehen von dieser Au6e=
rung Jodls sind aus der Obersten Wehrmachtf lihrung keine zeitgenossischen kri-
tischen Bemerkungen zu der Planung fiir die Sommeroffensive 1942 iiberliefert,
wenn man von Haiders Grundauffassung absieht, die schon dargelegt wurde.
Fiir das Unternehmen „Blau'' wurden im Mai/Juni insgesamt zusatzlich
41 Divisionen in den Bereich der H.Gr. Slid verlegt, darunter 21 verbiindete
Divisionen. Sie trafen in drei Staffeln ein. Insgesamt soUten 6^—6j Divisionen
an der Hauptoperation beteiligt werden. Die Zahl der verbiindeten Divisionen
stieg iibrigens im Verlauf des Sommers und Herbstes nach Zufiihrung wei=
terer, vor allem rumanischer, Verbande schliefilich auf insgesamt 52.
Inzwischen waren die vorausgehenden Teiloperationen vorbereitet worden.
Auf Antrag des OB der 11. Armee, Gen.Oberst v. Manstein, wurde der Termin
fiir den Angriff auf die Halbinsel Kertsch von Hitler zunachst auf den 5.,
schliefilich auf den 2>.i^. festgelegt. Die hierfiir auf der Krim konzentrierten
Luftwaffenverbande sollten unmittelbar nach Beendigung dieses Unternehmens
(„Trappenjagd'') zu der fur den 17. 5. geplanten Operation der Armeegruppe
V. Kleist und der 6. Armee zur Abschniirung des Frontvorsprungs siidwestlich
Isjum (Unternehmen „Fridericus'' I) nach Norden verlegt werden.
Die planmafiig verlauf ende Offensive der 11. Armee an der Kertschfront
endete am 'L'^.'^. mit der Einnahme von Stadt und Hafen Kertsch (170 000
sowjetische Gefangene, 1100 Geschiitze, 250 Panzer, 323 Flugzeuge zerstort
oder erbeutet; eigene Verluste 7588 Mann). Drei Tage zuvor waren jedoch
4a Bei Hitler schwang zweifellos audi noch der Gedanke einer grofien Zangen=
operation (vom Kaukasusraum und Mittelmeer— Nordafrika in Richtung Naher
Osten) mit. Vgl. hierzu S. 98.
5 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 10. 5. 1942.
49
A. Einfiihrung
die Sowjets, dem Unternehmen „Fridericus'' I zuvorkommend, am 12. 5. zu
einer Grofioffensive aus dem Frontvorsprung von Isjum in Richtung Charkow
sowie nach Westen und Siidwesten angetreten. „In dieser kritischen Situation
zauderte der Feldmarschall v. Bock, an dem vorbereiteten Unternehmen auf
Isjum festzuhalten, zumal infolge der Bildung der 6. Armee der nordliche
Zangenarm ausfiel. Doch setzten sein Generalstab und das OKH durch, sich
nicht in die Abhangigkeit vom feindlichen Willen zu begeben, sondern die
Gunst des Augenblicks zu niitzen, in dem der in die Tiefe strebende Feind am
Donez die groEte Blofie bot^/' So trat die Armeegruppe v. Kleist am 17. 5.
planmafiig an, iiberrannte den vollig iiberraschten Gegner und stellte am 22. 5.
die Verbindung zur 6. Armee her. Am 28. 5. war der Kessel zerschlagen
(239 000 sowjetische Gefangene, 1240 Panzer, 2000 Geschiitze zerstort oder
erbeutet; eigene Verluste rd. 20 000 Mann).
Bereits am 24. 5. hatte Hitler den 7. 6. als Beginn des Angriffs auf die
Festung Sewastopol festgesetzt (Unternehmen „Storfang''). Bei einem Besuch
im HQu. der H.Gr. Siid in Poltawa am 1. 6. legte er als weitere Termine fiir
Voroperationen den Angriff auf Woltschansk (Unternehmen „Wilhelm'')
ebenfalls auf den 7. 6. und den Vorstofi auf Kupjansk (Unternehmen „Fri=
dericus'' II) auf den 12. 6. fest. Die Hauptoperation soUte am 20. 6. folgen.
Wahrend der Angriff auf die Festung Sewastopol am 7. 6. planmafiig be=
ginnen konnte und nach wochenlangen schweren Kampfen mit der Einnahme
von Stadt und Hafen am 1. 7. und der Kapitulation der Reste der sowjetischen
Sewastopol=Armee auf der Halbinsel Chersones am 4. 7. endete (95 000 so=
wjetische Gefangene, 467 Geschiitze zerstort oder erbeutet; eigene Verluste
24 000 Mann) ^, verzogerten sich die iibrigen Operationen. Der VorstoS auf
Woltschansk konnte erst in der Zeit vom 10.— 15. 6., die Kupjansk=Operation
erst vom 22.-26. 6. durchgefiihrt werden. Wegen der Verzogerung in der Kon=
zentration der notwendigen starken Luftwaffenverbande, aber auch wegen
tagelanger wolkenbruchartiger Regenfalle mufite die Hauptoperation schlieii=
lich bis zum 28. 6. hinausgeschoben werden. Sie begann also noch 6 Tage
spater als die Offensive des Jahres 1941.
3. Der Sommerfeldzug nach Stalingrad und zum Kaukasus
Bevor der Ablauf des Sommerfeldzuges 1942 vom Standpunkt der deutschen
Obersten Fiihrung in grofien Ziigen skizziert wird, gilt es, den Blick auf zwei
grundlegende Lagebeurteilungen zu werfen, die — neben der „Fuhrer=Wei=
sung'' Nr. 41 — bei der Betrachtung der folgenden Einzelheiten stets gegen=
wartig bleiben sollten. Es handelt sich einmal um die mit dem Datum des
6. 6. 1942 versehene Zusammenstellung des WFStabes iiber die „Wehrkraft
6 Philippi— Heim, a. a. O., S. 123.
7 Zu den Einzelheiten: Manstein, a. a. O., S. 261 ff.
50
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
ig42''^, zum anderen um die „Gedanken iiber die vermutliche Kampfkraft
der sowjetrussischen Armee bei Winterbeginn ig42"^ der Abteilung „Fremde
Heere Ost" des Generalstabes des Heeres vom 28. 6. 1942, also dem Tag des
Beginns der grofien Sommeroffensive.
In der vom Stellv. Chef des WFStabes, Generalleutnant Warlimont, unter=
zeichneten Zusammenstellung heifit es einleitend:
^Organisation und Sdilagkraft der Wehrmacht fiir die Aufgaben des Sommers
1942 werden durch die im Juli 1941 eingeleitete Verlagerung des Riistungssdiwer=
punktes auf Luftwaffe und Marine in ihrer Zielsetzung zugunsten der Kriegfiihrung
gegen die angelsachsischen Machte bestimmt.
Die Entwicklung der Lage im Osten bis zum Spatherbst 1941 liefi jedodi klar
erkennen, dali die Voraussetzungen fiir die Zusammenfassung der Krafte gegen
den englisdi=amerikanisdien Gegner erst durch einen 1942 erneut gegen die UdSSR
zu fiihrenden Entscheidungsschlag zu schaffen seien. Hierfiir wurde eine erneute
Umstellung der Riistung fiir die Auffrischung und Verstarkung insbesondere des
Heeres notig. Diese im Dezember^ eingeleitete Umstellung der Riistung kann sidi
nicht mehr voU vor Beginn der Operationen des Jahres 1942 fiir das Heer aus=
wirken. Aufierdem wurde die Durchfiihrung der personellen und materiellen Ver=
starkung entscheidend beeinflufit durch:
die Dauer des Krafte und Material verzehrenden Winterkrieges im Osten, die
Harte des Winters mit ihrer Auswirkung auf Produktion und Verkehr, die zu=
nehmende Anspannung der Grundstoff= und Rohstofflage und den — sich gegen=
seitig wieder beeinflussenden — Menschenmangel in der Kriegswirtschaft und im
Ersatzwesen."
Die Gesamtkopf Starke der Wehrmacht betrug am 4. 4. 1942 8,672 Millionen
Mann. „Obwohl dem Ostheer in der Zeit vom 22. 6. 1941 bis 1. 5. 1942
1 Million Mann als Ersatz zugefiihrt wurden . . . , wird das Ostheer am 1. 5.
1942 voraussichtlich 625 000 Fehlstellen gehabt haben; sie entf alien im we=
sentlichen auf die fechtende Truppe. Es verfiigen die Verbande der H.Gr. Siid
iiber etwa ^o Vo, der H.Gr.n. Mitte und Nord iiber etwa 35 "/o ihrer urspriing=
lichen infanteristischen Kampfkraft. Bis Operationsbeginn ist mit Auffiillung
der Divisionen der H.Gr. Siid auf voile Starke, bis August 1942 mit Aufful=
lung der Divisionen der H.Gr.n Mitte und Nord (je Div. nur 6 Btl.e) auf 55V0
ihrer urspriinglichen infanteristischen Kampfstarke zu rechnen.'' Stichwort=
artig zusammengefalit stellte sich die Lage im weiteren so dar^: „Panzer=
divisionen der H.Gr.n Mitte und Nord werden nur iiber je 1 Pz.Abt. (d. h.
rd. 40—50 Panzer) verfiigen; im August 1942 mui2 mit Spannungen auf dem
8 OKW/WFStab „Wehrkraft der Wehrmacht im Friihjahr 1942'' vom 6. 6. 1942, gez.
Warlimont. Abgedruckt bei Jacobsen, a. a. O., S. 309—553.
9 Abt. Fremde Heere Ost (la) Nr. 5289/42 g.Kdos. Chefs, vom 28. 6. 1942 „Ge=
danken iiber die vermutliche Kampfkraft der sowjetrussischen Armee bei Winter=
beginn 1942".
1 Tatsachlich erst mit Befehl „Der Fiihrer und Oberste Befehlshaber der Wehr=
macht Nr. 1/1942 g.K. OKW/WFStab/Org.=WiRuAmt", 10. 1. 1942 (Dokumenten=
Anhang Nr. 5).
2 Nach Warlimont, a. a. O., S. 251.
51
A. Einf iihrung
Munitionsgebiet gerechnet werden, die sich auf die Fiihrung auswirken kon=
nen; Aushilfen aus Bestanden des OB West; Bewegungsfahigkeit durch die
hohen Ausfalle an Kfz. und Pferden, die nicht gedeckt werden konnen, we=
sentlich beeintrachtigt; EntmotorisierungsmajSnahmen nicht zu umgehen; in
der Heimat z. Z. keine Reserven mehr. Luftwaffe : Zahlen der einsatzbereiten
Flugzeuge im Durchschnitt auf ^0—60 ^/o des Standes vom 1. Mai 1941 ab=
gesunken. Bei der Flakartillerie stark erhohte Bestande, aber Mangel an Per=
sonal. Ersatzlage: Die Einstellung des Geburtsjahrganges 1925 in die Wehr=
macht im April 1942 bedeutet einen zeitlichen Vorgriff von 1V2 Jahren/' Die
Zusammenstellung kam zu dem Schluli, „da6 die Wehrkraft der Wehrmacht,
bedingt durch die Unmoglichkeit einer vollen personellen und materiellen
Auffrischung im ganzen gesehen geringer ist als im Friihjahr 1941''.
Die Krafteverteilung des deutschen Feldheeres, das am 1. 7. 1942 eine Ge=
samtstarke von 3,950 Millionen Mann hatte, sah zu dieser Zeit wie folgt aus^:
Ostfront 2,635 Millionen Mann, besetzte Ostgebiete 212000 Mann, Finnland
150 000 Mann, Norwegen 166 000 Mann, Frankreich 520 000 Mann, Italien
und Afrika ^^ 000 Mann, Balkan 80 000 Mann, sonstige besetzte Gebiete und
Reichsgebiet 130 000 Mann.
In den „Gedanken'' der Abt. Fremde Heere Ost vom 28. 6. 1942 wird als
Grundlage der Uberlegungen vorausgeschickt, „a) dafi das operative Ziel des
Sommerfeldzuges zwar im grofien erreicht wird, jedoch nicht zur voUigen
Vernichtung des Gegners vor der H.Gr. Slid fiihrt; b) dafi die H.Gr.n Mitte
und Nord weitreichende Operationen durchzufiihren nicht in der Lage sind...;
c) dafi in der Sowjetunion eine kriegsentscheidende politische oder wirtschaft=
liche Wendung im laufenden Sommer 1942 nicht eintritt/' Von der angenom=
menen Gesamtstarke der Roten Armee von 375 Schiitzen=Verbanden, 26 Kav.=
Divisionen und 68 Panzerverbanden werden als vor der H.Gr. Slid befindlich
rd. 160 Verbande betrachtet. Durch Zufiihrung von Reserven konne sich diese
Zahl bis zu 200 erhohen.
„Wenn der Gegner nicht den an sich moglichen und fiir uns aufierst ungiinstigen,
jedoch nach den vorliegenden Anzeichen bisher nicht sehr wahrscheinlichen Ent*
schlu6 fafit, sich unter hinhaltender Kampffiihrung mit der Masse seiner Krafte
hinter die Wolga abzusetzen, so miissen die in letzter Zeit erkennbaren Auflocke^
rungen dahin gedeutet werden, dafi der Gegner sich in Erwartung eines deutschen
Angriffs mehr und mehr nach der Tiefe gliedert . . . Wenn man ein derartiges Feind'
verhalten in Rechnung stellt, welches im Hinblick auf die auf der Feindseite ein=
getretene Abkehr von derTaktik eines unwirtschaftlichen, riicksichtslosen Menschen=
und Materialeinsatzes nicht unwahrscheinlich ist, dann erscheint es nicht vollig
sicher, dafi die deutschen Teiloperationen zur Vernichtung der feindlichen Gesamt=
krafte von H.Gr. Siid in einem Ausma6 fiihren werden, wie es in den Kessel=
schlachten des vergangenen Jahres der Fall gewesen ist. Es erscheint nicht ausge*
schlossen, daj8 es dem Gegner gelingt, sich mit einem betrachtlichen Teil seiner
Krafte der Vernichtung zu entziehen."
3 Gen.St.d.H./Organisationsabteilung (I) Nr. 908/42 g.Kdos. Chefs vom 8. 8. 1942.
52
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Im folgenden wird eine Vernichtimg von schatzungsweise rd. 100 Feindver=
banden in Rechnung gestellt (d. h. ca. 700 000 bis 800 000 Mann) — eine
tatsachlich wahrend des Feldzuges nicht erreichte Zahl. Fiir den Winter 1942/43
werden Neuaufstellungen von etwa 40 Verbanden fiir moglich gehalten.
„Der Russe diirfte demnach bei Winterbeginn an der Gesamtfront noch
iiber eine zahlenmafiige Kampfkraft von etwa 350 Schiitzendivisionen und
einer entsprechenden Zahl sonstiger Verbande verfiigen. Die personelle
Kampfkraft der Roten Armee wird deninach im Jahre 1942 vermutlich nicht
so entscheidend geschwdcht, dap ein militarischer Zusammenbruch wahrschein=
lich ist*."
Dementsprechend heifit es in der Zusammenfassung, „ dafi auch bei erfolg=
reicher Durchfiihrung der Operation ,Blau' mit der Moglichkeit gerechnet
werden mufi, dafi der russische Widerstandswille noch ungebrochen bleibt.
Die personelle und materielle Schwachung wird voraussichtlich nicht so stark
sein, dali mit einem rein passiven Verhalten wahrend des kommenden Winters
zu rechnen ist. . . Da ferner die voraussichtlich eintretenden Gebietsverluste
sich in der Ernahrungswirtschaft und Industrie erst im nachsten Jahr fiihlbar
auswirken werden, muli damit gerechnet werden, dafi die russische Fiihrung
ahnlich wie im vorigen Jahr, jedoch in erheblich eingeschranktem Umfang
versuchen wird, das deutsche Heer durch geeignete Winter op erationen per=
sonell und materiell so zu schwachen, dajl eine dritte groj^e Sommer offensive
nicht mehr moglich ist^. Es ergibt sich daher die Notwendigkeit, auch unserer=
seits mit allem Nachdruck den Winterfeldzug vorzubereiten/' Dazu wird u. a.
vorgeschlagen : „Vorbereitung und Ausbau einer ,Winterstellung', ,zeitge=
rechte Einstellung grofierer Operationen vor Eintritt des Frostes', ,erforder=
lichenfalls Zuriicknahme weit vorgeprellter Stofigruppen in fiir Verteidigung
gUnstiges Gelande vor Eintritt des Winters. . ."
Damit war die ganze kommende Problematik bereits bei Beginn des Feld=
zuges klar erkannt, ohne dafi diese Beurteilung durch die Abt. Fremde Heere
Ost des Generalstabes des Heeres Hitlers Einschatzung der Lage auch nur in
Teilen bestimmt hatte. Lediglich die Annahme, dafi das Jahr 1942 trotz seiner
offentlichen Voraussage am 15. 3. 1942 wohl doch noch nicht den voUstandigen
Zusammenbruch des sowjetischen Heeres bringen werde, teilte auch Hitler,
wie seine Weisung Nr. 41 erkennen lafit.
Grundlage fiir den Ablauf der Operation sollte die auf der Basis der„FUhrer=
Weisung'" Nr. 41 erstellte „Weisung Nr. 1'' des Oberkommandos der HGr.
Slid vom 30. 4. 1942® sein. Sie wurde noch vor und kurz nach Beginn des von
Hitler urspriinglich fiir den 15. 6. vorgesehenen, dann auf den 20. festgelegten
und schlielilich auf den 28. 6. verschobenen Angriffs mehrfach abgeandert.
Die wichtigste Abanderung betraf die 11. Armee. Da die Festung Sewastopol
4 Im Original unterstridien.
5 Im Original unterstrichen.
6 Philippi— Heim, a. a. O., S. 131 ff.
53
A. Einfiihrung
bei Offensivbeginn noch nicht eingenommen war, stand diese Armee, die un=
mittelbar nordlich des Asowschen Meeres am Siidfliigel der H.Gr. eingeschoben
und in der 3. Operationsphase beim Vorstofi in Richtung Stalingrad eingesetzt
werden soUte, nicht zur Verfiigung. Hitler entschied daher am 3. 7., wahrend
schon die 1. Operationsphase lief, dafi die Armee auf der Krim zu belassen
und spater iiber die Strafie von Kertsch in den Kaukasus vorzuziehen sei^.
Die 11. Arme fehlte also als Kraftezuschufi fiir die 3. Operationsphase in
Richtung Stalingrad, die zu diesem Zeitpunkt immer noch in der ursprung=
lichen Form vorgesehen war.
Schliefilich wurde als weitere Abanderung der Auf marschraum der i. Panzer=
armee Anfang Juli aus der Gegend nordwestlich Isjum in den Raum Artem=
owsk— Slawjansk siidlich des Donez verlegt.
Die deutschen Krafte, die der H.Gr. Siid fiir die Operation zur Verfiigung
gestellt wurden, erreichten nur etwa yo Vo ( = 60 Divisionen) dessen, was das
Oberkommando der H.Gr. in seiner eigenen Denkschrift vom 19. 2. 1942 als
notwendig erachtet hatte. Die gewiinschte Gesamtzahl wurde zwar erzielt,
aber 30 Vo davon waren verbiindete Verbande (25 Divisionen und Brigaden).
Die Gesamthohe der fiir die Offensive eingesetzten Krafte war nicht starker
als die von 70 deutschen Divisionen einzuschatzen.
Von den die H.Gr. sehr belastenden Transport= und Versorgungsproblemen^^
sei hier nur die Tatsache verzeichnet, dajS lediglich drei einigermalBen leistungs=
fahige Eisenbahnlinien vorhanden waren (Dnjepropetrowsk— Donezbecken,
Kiew— Charkow, Brjansk— Orel). Fiir den Offensivaufmarsch war man daher
stark auf mot.Transportmittel angewiesen. Der Generalquartiermeister stellte
der „Befehlsstelle Siid/GenQu'' 10 000 t Grofitransportraum zur Verfiigung.
Die deutsche Sommeroffensive 1942 begann am 28. 6., 2.15 Uhr, mit dem
Angriff der Armeegruppe v. Weichs (2. Armee, 4. Panzerarmee, 2. ungarische
Armee) mit Unterstiitzung des VIII. FUeger=Korps der Luftflotte 4 (Gen.Oberst
Frhr. v. Richthofen) aus dem Raum ostwarts Kursk in Richtung Don. Am 30. 6.
folgte die 6. Armee (Gen. d. Pz.Tr. Paulus), unterstiitzt durch das IV. Fheger=
Korps der Luftflotte 4, aus dem Raum ostwarts Charkow mit Stofi nach Nord=
ost. Die Armeegruppe v. Weichs erreichte am 3. 7. den Don bei Woronesch.
Am gleichen Tage schlofi sich der Ring der beiden StolBkeile um die westlich
des Oskol zusammengedrangte sowjetische Gruppe.
Am Abend des 2. 7. hatte der Chef des Generalstabes des Heeres, General=
oberst Haider, Gen.Feldmarschall v. Bock fernmiindlich mitgeteilt, dafi Hitler
7 Am 11. 7. 1942 in der „Fiihrer=Weisung" Nr. 43 im einzelnen festgelegt (Hu=
batsch, a. a. O., S. 192 ff.).
7a Grundlegend fiir die Versorgung der Angriff soperation „Blau'' die Anordnungen
des OKH vom 22. 4. 1942, (OKH/Gen.St.d.H./Gen.Qu./Abt. H/Vers./Qu. 1 Nr. 1/
01744/42 g.Kdos., gez. Haider), abgedruckt in: W. Keilig, Das Deutsche Heer
1939—1945 (Verlag Hans Henning Podzun Bad Nauheim), 1963, 205/1942, Bl. 3 ff.
54
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
auf die Wegnahme der Stadt Woronesch ostwarts des Don keinen entschei=
denden Wert mehr lege. Am 3. 7. erschien Hitler personlich im H.Qu. der
H.Gr. in Poltawa und stellte es v. Bock nochmals frei, von diesem Ziel ab=
zuweichen. Einen bindenden Befehl gab er jedoch nicht. v. Bock glaubte daher,
sich die Chance, „Woronesch schnell und leicht in die Hand zu nehmen und
solange zu halten, bis die befohlenen Zerstorungen durchgefiihrt waren''^
nicht entgehen lassen zu diirfen. Nachdem sich der sowjetische Widerstand
versteift hatte, verbot Hitler am ^.j. ausdriicklich den Angriff auf die Stadt
und befahl, die 24. Pz.Div. und die Div. „Grofideutschland'' beschleunigt
herauszuziehen. v. Bock liefi jedoch am 7. 7. den von den Sowjets geraumten
Hauptteil der Stadt Woronesch besetzen. Wahrend die Masse der 4. Panzer=
armee auf diese Weise relativ lange im Raum Woronesch gebunden blieb,
setzten die mot.Verbande der 6. Armee (d. h. ihr einziges Panzerkorps, das
XXXX. Pz.Korps) am 6. und 7. 7. zur Verfolgung donabwarts an.
Der 1. Operationsabschnitt konnte am 8. 7. als beendet betrachtet werden.
Die Armeegruppe v. Weichs meldete rd. 28 000 Gefangene, die 6. Armee rd.
^^ 000. Die in der Weisung Nr. 41 befohlenen engen Einschliefiungen hatten
kein iiberzeugendes Ergebnis gebracht. Die Masse der sowjetischen Verbande
war entkommen.
Fiir die Fortfiihrung der Operationen gab das OKH am 6. 7. eine Weisung^,
deren wichtigste Abschnitte folgendermafien lauten:
„Das entscheidende Ziel fiir die nadisten Operationen ist, die westlidi der Linie
Lissitsdiansk und der Kalitwa=Miindung stehenden Feindkrafte am Entweichen
nach Osten zu verhindern und zu verniditen. Die Erfiillung dieser Aufgabe sdiafft
die Voraussetzung fiir das weitere rasche Vorstofien in Richtung unterer Don. Ihr
sind daher alle anderen nicht diesem Ziel dienenden Aufgaben unterzuordnen.
Jeder Tag, zu dem dieses Ziel friiher erreidit wird, ist mit Riicksicht auf die Weite
der diesjahrigen Operationsziele von unersetzbarem Wert. Fiir die Durchfiihrung
gilt folgendes: a) Die Masse der schnellen Verbande und moglichst viele Infan=
terie=Divisionen der 6. Armee sowie die unverziiglich herauszuziehenden Verbande
der 4. Panzerarmee sind so rasch wie irgend moglich von der Tichaja Sosna unter
sdiarfem Vortreiben des linken Fliigels iiber die Kalitwa auf das Hohengelande
siidlidi Midiailowka vorzutreiben. b) Die 1. Panzerarmee greift, sobald die Bereit=
stellung der Krafte es irgend erlaubt, beiderseits Lissitschansk in Richtung Wys=
sotschinoff an, um siidlich der Hohen von Michailowka ein Entweichen des Gegners
iiber den Aidar zu verhindern. . ."
Bereits am 5. 7. hatte Hitler durch das OKW die Befehlsiibergabe des siid=
lichen Teils der Heeresgruppenfront von der H.Gr. Slid an das neue H.Gr.=
Kdo A (Gen.Feldmarschall List) f estgelegt. Sie sollte ab 7. 7., 0.00 Uhr, den Be=
fehl iiber die 11. Armee, die 17. Armee, das italienische AOK 8 und, ab=
8 Tgb. Bock, 3.7.1942 (Bundesarchiv/Militararchiv Koblenz, Nachlafi v. Bock).
9 Fernspruch OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (IS) Nr. 420470/42 g.Kdos. Chefs, vom
6. 7. 1942, gez. Haider.
55
A. Einf iihrung
weichend von der bisherigen Planung, audi iiber die i. Panzerarmee uber=
nehmen. Gleichzeitig sollte die H.Gr. Slid die neue Bezeichnung H.Gr. B er=
halten. Ein weiterer Befehl verfiigte den Aufmarsch der i. Panzerarmee im
Raum Artemowsk, so dafi sie ab ii. 7. iiber den Donez angreifen konnte. Da=
bei hatte sie „entweder mit Schwerpunkt iiber Starobelsk in Richtung auf das
beherrschende Hohengelande von Wyssotschinoff die Vereinigung mit der
4. Panzerarmee zu suchen oder nach Erzwingung des Aidar=Uberganges unter
Sicherung der siidlichen Flanke am Donez in ostwartiger Richtung vorzusto=
fien''. Hitler wollte sich offenbar dadurch, dafi er die 1. Panzerarmee schon jetzt
der H.Gr. A. unterstellte und damit die Operationsfiihrung auf beide H.Gr.=
Kdo.s libertrug, seinen Einflufi auf die von der H.Gr. Siid (B) einheitlich ein=
geleitete Einschliefiungsoperation wahren, deren siidlichen Zangenarm nun die
1. Panzerarmee bildete. Der OB der H.Gr. Siid (B), Gen.Feldmarschall v. Bock,
der fiir den 2. Operationsabschnitt eine einheitliche Fiihrung der drei beteilig=
ten Armeen durch sein H.Gr.Kdo. fiir richtig hielt, drang mit seinen Gegenvor=
stellungen nicht durch.
Am 7. 7. forderte ein neuer Befehl des OKH bereits das Antreten der 1. Pan=
zerarmee am 9. 7. friih. Die Tage zwischen dem 9. und 13. 7. standen
daher im Zeichen allgemeiner Verfolgung zwischen Donez und Don. Das
OKH befahl, das XXXX. Pz.=Korps mit Schwerpunkt nach Siiden auf Mille=
rowo— Kamensk (Donez) anzusetzen. Die zur „Armeegruppe Ruoff" erweiterte
17. Armee stiefi wahrenddessen im Norden des Donezbeckens dem langsam
nach Osten weichenden Gegner nach. Nur der Siidfliigel der Mius=Front ver=
harrte noch in der alten Stellung.
In diesem Augenblick erfolgreicher, aber immerhin doch gerade erst einge=
leiteter Operationen im Osten befiirchtete Hitler eine mogliche Reaktion der
Westalliierten auf Grund sowjetischen Drucks an der Kanalkiiste, nachdem er
schon seit Ende Juni Besorgnisse gezeigt hatte. In einem Befehl vom 9. 7.^
fiihrte er daher aus : „Die schnellen und grol?en Erf olge im Osten konnen Eng=
land vor die Alternative stellen, entweder sof ort eine Grolilandung zur Bildung
einer zweiten Front zu unternehmen oder Sowjet=Ru61and als politischen und
militarischen Faktor zu verlieren. Es ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit
damit zu rechnen, dal? feindliche Landungen im Bereich des OB West in Klirze
stattfinden . . . Als besonders gefahrdet sind anzusehen: in erster Linie die
Kanalkiiste, der Bereich Dieppe— Le Havre und die Normandie, da diese Ab=
schnitte von der feindlichen Luftwaffe mit Jagdschutz erreicht werden konnen
und innerhalb der Reichweiten eines grofien Teiles der Ubersetzmittel liegen . . .
„Ich befehle hiernach die sofortige Durchf iihrung folgender Mafinahmen:
... 1. SS=Div.=Reidi ist mit den fertiggewordenen Teilen, ohne jeweils die Beendi=
gung der Auf stellung verstarkter Regimenter und die Erreidiung voller Beweglichkeit
abzuwarten, dem OB West zuzufiihren ... 2. Die SS=Leibstandarte ,Adolf Hitler' ist
1 OKW/WFStab Nr. 551213/42 g.Kdos. Chefs, vom 9. 7. 1942, gez. Adolf Hitler.
56
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
sofort nach dem Westen abzutransportieren. 3. SS=Gen.Kdo. (mot) ist nach beschleu=
nigtem Abschlufi der Aufstellung dem OB West zuzufiihren. Zusammenfassen aller
im Westen befindlidien SS=Verbande, moglichst auch der Brigade ,Goring' unter
diesem Gen.Kdo. ist vorzusehen. 4. Die befohlene Verlegung eines Regiments der
23. I.D. nach Danemark wird zunachst zuriidkgestellt ... 3 ,Walkiire=ir=Verbande
sind sofort aufzustellen und nach kurzem Zusammentreten der Truppenteile auf den
vorgesehenen Ubungsplatzen des Heimatkriegsgebietes beschleunigt dem OB West
zuzufiihren . . . Ich werde mich im Falle einer feindlichen Landung selbst nach dem
Westen begeben und von dort aus die Fiihrung wahrnehmen."
Am 23. 7. befahl Hitler gegen den Widerstand Jodls und Haiders auch noch,
die Division „GroJSdeutschland'' im Angriff anzuhalten und fiir den Abtrans=
port nach dem Westen vorzubereiten^.
In den Ablauf der Operationen auf dem Siidfliigel der Ostfront griff indessen
Hitler in immer schnellerer Folge ein. Nach einer Weisung des OKH vom 11. 7.
abends sollte der zusammenwirkende Ansatz der inneren Fliigel der H.Gr.n
A und B auf Kamensk zur Vernichtung des Gegners nordlich des Donez fiihren.
Die H.Gr. B hatte auf ihrem rechten Fliigel die 4. Panzerarmee in Richtung
Donez=Miindung vorzufiihren mit Schwerpunkt auf Kamensk. Hier sollte ihr
die 1. Panzerarmee die Hand reichen. Siidlich des Donez, vy^o der Nordfliigel
der Armeegruppe Ruoff frontal nach Osten angriff, hatte sich die „Gruppe
Kirchner" (LVII. Pz.=Korps und XXXXIX. Geb.=Korps) bereitzuhalten, auf Be=
fehl des OKH zu dem geplanten Stofi auf Rostow anzutreten. Die 6. Armee
hatte die ganze Operation im Bereich des mittleren Don laufend nach Norden
und Osten abzudecken und die Voraussetzungen fiir das spatere Vorgehen
in Richtung Stalingrad zu schaffen.
Die Hoffnung, starkere Telle des Gegners im Raum Millerowo und siidlich
zu fassen, schwand jedoch am 13. 7. immer mehr. Die H.Gr. B meldete am
Vormittag dieses Tages, „dafi sich der Feind vor der 4. Panzerarmee und vor
dem Nordfliigel der H.Gr. A weiterhin mit Teilen nach Osten und Siidosten
durchschlage und sich neuerdings sogar mit starken Teilen nach Siiden absetze.
Der OB der H.Gr. B, Gen.Feldmarschall v. Bock, vertrat die Auffassung, „da6
die Vernichtung wesentlicher Feindkrafte nicht mehr in einer Operation er=
reicht werden konnte, die in der Mitte stark und auf den Flugeln schwach sei
sowie mit der Hauptstofirichtung iiber Millerowo mitten in den Feind hinein=
fiihrte''. Der Schwerpunkt der 4. Panzerarmee musse daher unter Sicherung des
Ruckens und der Ostflanke iiber den Raum von Morozowski auf den Don
oberhalb der Donezmiindung gefiihrt werden.
Diese Meldung des Gen.Feldmarschalls v. Bock, die eine deutliche Kritik an
den Mafinahmen der Obersten Fuhrung enthielt, stand in der Lagebespre=
chung im FHQu am 13. 7. zur Erorterung. Hitler aufierte hochsten Un=
willen iiber die Verzogerung beim Nachfiihren der schnellen Verbande der
2 „Fiihrer= Weisung" Nr. 45 vom 23. 7. 1942 (Hubatsch, a. a. O., S. 196 ff.).
57
A. Einfiihrung
4. Panzerarmee aus dem Raum Woronesch. Dies wurde der Anlafi fiir seinen
Entschlufi, Gen.Feldmarschall v. Bock als OB der H.Gr. B durch Gen.Oberst
Frhr. v. Weichs zu ersetzen und als Ob. d. H. die Haupt=Operationen nunmehr
ganz in die eigene Hand zu nehmen, Dementsprechend befahl er in seiner Wei=
sung vom 13. 7.^ es komme darauf an, „den Riickzug des Feindes nach Osten
und sein Ausweichen iiber den Don nach Siiden zu verhindern.
„Dazu ist notwendig, zunachst mit schnellen Verbanden, ansdiliefiend mit Infan=
terie so rasch wie moglich von Norden her bis zur Donezmiindung durchzustofien
und die Don=Ubergange bei Konstantinowskaja und Zymljanskaja — dieser beson=
ders wichtig — in die Hand zu nehmen, um hierdurdi und im ansd\lie6enden weite=
ren Sto6 Richtung Rostow moglichst beiderseits des Don ein Abfliefien des Feindes
in den Bereidi des unteren Don zu verhindern sowie die Bahnlinie Salsk— Stalingrad
zu unterbredien.
Oberkommando der Heeresgruppe A iibernimmt die einheitlidie Fiihrung dieser
Operation nach meinen Weisungen^, Oberkommando der Heeresgruppe B deckt
diese Operation im Bereich des mittleren Don und zwischen Woronesdi und der
Grenze zur H.Gr. Mitte.
Dem Oberkommando der H.Gr. A wird mit sofortiger Wirkung unterstellt und
durch Oberkommando der H.Gr. B mit aller moglichen Beschleunigung zugefiihrt:
4. Panzerarmee mit samtlidien schnellen Verbanden . . .■"
Das Oberkommando der H.Gr. A wehrte sich vergeblich gegen den Zwang,
mit dem Eindrehen von zwei Panzerarmeen nach Siidwesten in Richtung
Rostow von der grofien Linie des Operationsplans abzuweichen. Hitler blieb
bei seinem EntschlulB, der vor allem aus dem Bestreben, doch noch moglichst
Starke Telle des Gegners zu fassen, zu erklaren ist.
Die Gefangenenzahlen des Kessels von Millerowo enttauschten jedoch: das
XXXX. Pz.Korps meldete rd. 14000 Gefangene^. Die Gesamtzahl der seit Ope=
rationsbeginn angef allenen Gef angenen erhohte sich damit auf rd. 100 000. Mit
der Einnahme von Millerowo am 15. 7. konnte die 2. Phase der Operationen
als abgeschlossen gelten.
Am 17. 7. trafen Vorausabteilungen der 4. Panzerarmee am Don bei Zyml=
janskaja ein, wahrend die allein im Don=Bogen nach Osten vorgehende 6. Ar=
mee den oberen Tschir erreichte. Verlafiliche Agentenmeldungen wiesen seit
dem 15. 7. auf energische Mafinahmen der sowjetischen Fiihrung zum Schutze
von Stalingrad hin. Luftaufklarung ergab die Zufiihrung von Kraften aus dem
Raume von Stalingrad in den grofien Don=Bogen ostwarts des Tschir. Diese
Bewegungen wurden als vorsorgliche Sicherung des westlichen Vorfeldes von
Stalingrad gewertet.
In der Lagebesprechung am 17. 7. — der ersten im FHQu „WerwolP, in das
Hitler mit seiner Begleitung und dem WFStab am 16. 7. iibergesiedelt war,
3 Fernschreiben OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (I) Nr. 420558/42 g.Kdos. ChefS. vom
13. 7. 1942, 23.30 Uhr, gez. Adolf Hitler.
4 Vom Verf. hervorgehoben.
5 Weitere Einzelangaben liegen nicht vor.
58
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
wahrend das OKH in Winniza Quartier nahm — kam es zu einer lebhaften
Auseinandersetzung zwischen Hitler und dem Chef des Generalstabes des Hee=
res, Generaloberst Haider, iiber die Fortfiihrung der Operationen. Die Ent=
scheidungen Hitlers fanden in einer Weisimg des OKW/WFStabes vom 18. 7.®
eine Zusammenfassung:
„Erstes und wichtigstes Ziel ist es, die vor der H.Gr. A zusammengedrangten
Krafte der Armeen Timoschenkos im Raum zwisdien Don und Donez zu vernidriten.
Um das Entweidien iiber den Don nadi Siiden zu verhindern, haben, wie sdion be=
fohlen, Starke schnelle Verbande des Ostfliigels moglichst zahlreiche Briickenkopfe
iiber den Donez zu gewinnen und in Richtung auf Rostow vorzustofien. Zu dem
gleichen Zweck ist aus der Front nordlich Taganrog eine Stofigruppe von Westen
ebenfalls auf Rostow anzusetzen, um damit den Ring um die im Donezbogen stehen=
den feindlichen Armeen zu schliefien.
Zum Einbruch in den Kaukasus mu6 der Don an mehreren Stellen iiberwunden
werden; das wird — wenn der Feind erst eine Donverteidigung aufgebaut hat —
schwieriger sein als jetzt. Durch das XXXXVIII. Pz.=Korps mu6 daher der Versuch
unternommen werden, wenigstens Briickenkopfe iiber den Don zu gewinnen und zu
behaupten. Jede Moglichkeit, durdi vorgeworfene Teilkrafte Briicken der Bahnlinie
Salsk— Stalingrad zu sprengen, ist auszuntitzen . . .
Zur Abdeckung dieser Hauptoperation nadi Osten ist es erforderlidi, die Sidie=
rungen am Don durdi zilgige Seitwartsverschiebung der hierfiir eingesetzten Krafte
zu verlangern und moglidist bald die Landbriicke zwischen Don und Wolga zu ge=
winnen und Stalingrad zu nehmen. Gelingt das in einem iiberraschenden Vorsto6
nicht, so bleibt es das wichtigste Ziel, siidlich Stalingrad die Wolga zu gewinnen
und derart zu beherrschen, dafi jeder Schiffsverkehr auf der Wolga vom und zum
Kaspischen Meer unterbunden wird . . .
Der schnelle Ablauf der Operationen nordlich des Don wird dazu fiihren, da6 von
dem Unternehmen ,Bliicher'' in dem bisher geplanten Ausma6 abgesehen werden
kann. Die Vorbereitungen sind nunmehr lediglich darauf abzustellen, dafi etwa eine
deutsche Jager=Division und zwei rumanische Gebirgs=Divisionen iibersetzen, sobald
die iiber den Don nach Siiden vorgehenden eigenen Krafte den Obergang geoffnet
haben.
Sobald der Ubergang iiber den Don und der Einbruch in das Kaukasusgebiet von
Norden her erzwungen ist, sind die durch den Verzicht auf das Unternehmen ,Bliicher'
freiwerdenden Krafte der 11. Armee der H.Gr. Nord zuzufiihren, um Leningrad zu
nehmen, dadurch die finnischen Divisionen auf der Karelischen Landenge freizu=
machen und die Landverbindung mit Finnland herzustellen . . .■"
Mit diesen Richtlinien war der in der „Fiihrer=Weisung'' Nr. 41 niedergelegte
Plan des etappenweisen Ablaufs der Operationsphasen der Sommeroffensive,
der schon vorher mehrfach abgeandert worden war, voUig beiseite geschoben.
Vor allem aber war das Nacheinander von Offensive im Siiden und Eroberung
Leningrads im Norden zugunsten eines Nebeneinander aufgegeben. Aus der
6 OKW/WFStab/Op. Nr. 551/61/42 g.Kdos. Chefs, vom 18. 7. 1942 an OKH/Gen.St.
d.H./Op.Abt., gez. Adolf Hitler.
7 Uberfiihrung der 11. Armee iiber die Strafie von Kertsch nach Taman, vorge=
sehen in der „Fiihrer=Weisung" Nr. 43 vom 11. 7. 1942 (Hubatsch, a. a. O.,
S. i92ff.).
59
A. Einfiihrung
vorgefaliten Meinung, die Rote Armee sei bereits entscheidend getroffen, und
einem inneren Zwang zur Eile f olgend, wollte Hitler nunmehr alle Operations=
ziele auf einmal erreichen. Dies kam in der „Fuhrer=Weisung'' Nr. 45 dann
voUends zum Ausdruck (s. unten S. 60/61).
Dabei lag zu dieser Zeit bereits eine Abwehrmeldung vor, die die sowjeti=
schen Absichten klar widerspiegelte : „Militarrat in Moskau, unter anderen an=
wesend Molotow, Woroschilow und der englische, amerikanische und chine=
sische Attache, in der Nacht zum 13. 7. beendet. Schaposchnikow erklarte Riick=
zug bis zur Wolga, so dafi die Deutschen den Winter an der Wolga verbringen
miissen. Beim Riickzug soil alles vernichtet und samtliche Industrie nach dem
Ural und Sibirien evakuiert werden. An zwei Stellen sollen Angriffe versucht
werden, einmal nordlich Orel, zum anderen nordlich Woronesch . . . Stalingrad,
Noworossijsk und der Kaukasus sollen gehalten werden^^/'
Am 23. 7. fiel Rostow am Don nach hartem Kampf, am folgenden Tage wur=
den Briickenkopfe am Siidufer des Flusses gebildet. Bedeutende Gefangenen=
zahlen gab es nicht. Vielmehr hatte der Ansatz der Armeegruppe Ruoff, der
1. Panzerarmee und von Teilen der 4. Panzerarmee auf das Punktziel Rostow
nur dazu gefiihrt, dafi eine unausbleibliche Zusammenballung von Kraften
eintrat, deren Entwirrung Tage in Anspruch nahm.
Am 25. 7. erreichten Angriffsspitzen der 6. Armee den Don nordwestlich
Kalatsch. Damit war der Don von Woronesch bis zur Miindung von deutschen
Kraften erreicht. Nur noch in der Schleife von Kremskaja und im Raum um
Kalatsch hielten sich noch sowjetische Verbande am westlichen Don=Ufer. Zu
dieser Zeit gait bereits die „ViXhrer=V\I eisung" Nr. 45^ fur die Fortsetzung der
Operation „Braunschweig" (Deckname fiir „Blau'' seit 30. 6.). Sie hatte Hitler
am 23. 7. gegen die Auffassung des Chefs des Generalstabes des Heeres er=
lassen. In ihr hieli es einleitend:
„h\ einem Feldzug von wenig mehr als drei Wodien sind die von mir dem Siid=
fliigel der Ostfront gesteckten weiten Ziele im wesentlichen erreicht worden. Nur
schwacheren feindlichen Kraften der Armeen Timosdienkos ist es gelungen, sich der
Umfassung zu entziehen und das siidliche Donufer zu erreichen. Mit ihrer Ver=
starkung aus dem Kaukasus ist zu rechnen. Die Versammlung einer weiteren feind=
lichen Kraftegruppe im Raum um Stalingrad, das der Gegner voraussichtlich zah
verteidigen wird, ist im Gauge . . .
Die nachste Aufgabe der H.Gr. A ist es, nunmehr die iiber den Don entkommenen
feindlichen Krafte im Raum siidlich und siidostwarts Rostow einzuschliefien und zu
vernichten. Hierzu sind starke schnelle Verbande aus den Briickenkopfen, die im
Raum Konstantinowskaja— Zymljanskaja zu bilden sind, in allgemein siidwestlicher
Richtung . . . anzusetzen . . . Daneben bleibt der Auftrag bestehen, die Bahnlinie
Tichorezk— Stalingrad mit vorgeworfenen Teilen zu unterbrechen . . .
Nach Vernichtung der feindlichen Kraftegruppe siidlich des Don ist es die wich=
tigste Aufgabe der H.Gr. A, die gesamte Ostkiiste des Schwarzen Meeres in Besitz
7a Vgl. Dokumenten=Anhang Nr. 15.
8 „Fiihrer=Weisung" Nr. 45 vom 23. 7. 1942 (Hubatsch, a. a. O., S. 196 ff.).
60
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
zu nehmen und damit die Schwarzmeerhafen und die feindlidhie Sdiwarzmeerflotte
auszuschalten . . .
Zugleich ist mit einer im wesentlichen aus schnellen Verbanden zu bildenden
Kraftegruppe unter Aufbau eines Flankenschutzes nach Osten der Raum um Grosnij
zu gewinnen und mit Teilkraften die Ossetische und Grusinische Heerstrafie mog=
lichst auf den Pafihohen zu sperren. Anschliefiend ist im Vorstofi entlang des Kas=
pischen Meeres der Raum um Baku in Besitz zu nehmen . . .
Der H.Gr. B fallt — wie bereits befohlen — die Aufgabe zu, neben dem Aufbau
der Donverteidigung im VorstoE gegen Stalingrad die dort im Aufbau befindliche
feindliche Kraftegruppe zu zerschlagen, die Stadt selbst zu besetzen und die Land=
briicke zwischen Don und VVolga sowie den Strom selbst zu sperren. Im Anschlufi
hieran sind schnelle Verbande entlang der Wolga anzusetzen mit dem Auftrag, bis
nach Astrachan vorzustofien und dort gleichfalis den Hauptarm der Wolga zu sper=
ren . . .
Die H.Gr. Nord bereitet die Wegnahme von Leningrad bis Anfang September
vor . . . Hierzu sind ihr 5 Divisionen der 11. Armee neben der schweren und schwer=
sten Artillerie sowie die notigen sonstigen Heerestruppen zuzufiihren. 2 deutsche
und 2 rumanische Divisionen sind vorlaufig auf der Krim zu belassen . . ."
Damit wurden der 3. und der 4. Operationsabschnitt des Unternehmens
„Blau''— ^Braunschweig'" von Hitler endgiiltig zusammengezogen und der Vor=
stoli nach Stalingrad und der Vormarsch zum Kaukasus, statt wie vorgesehen
hintereinander in zwei Ziigen, parallel in exzentrischer Operation eingeleitet.
Waren nunmehr 3 der insgesamt 4 deutschen Armeen (namlich 17. Armee,
1. und 4. Panzerarmee) fiir das Kaukasus=Unternehmen angesetzt und nur eine
(die 6. Armee) fiir die Stalingrad=Operation, so anderte die Weisung Hitlers
vom 31. 7. dies nochmals. In der Lagebesprechung in „Werwolf'' am 30. 7.
aufierte Jodl, dali „das Schicksal des Kaukasus bei Stalingrad entschieden""
werde. Daher sei eine „Abgabe von Kraften der H.Gr. A zu B . . . notwendig,
und zwar siidlich des Don®''. In der Weisung vom 31.7.®^ wurde dementspre=
chend mit Wirkung vom 1. 8. der Ubertritt der 4. Panzerarmee zur H.Gr. B
angeordnet. Hinsichtlich der Operationsfiihrung hieJS es:
„Mit Durchsdineiden der Bahnverbindung zwischen dem Kaukasus und Stalin=
grad ist die Front des Gegners siidlich des Don zerrissen. Vor H.Gr. A wird er unser
Vordringen gegen und iiber den Kaukasus zu verhindern suchen; nennenswerte
Verstarkungen aus dem Inneren Ru61ands werden ihm hierfiir nicht zur Verfiigung
stehen. Vor H.Gr. B ist damit zu rechnen, dafi der Feind alle irgendwie verfiigbaren
Krafte auf Stalingrad heranfiihrt, um sich die Lebensader Wolga zu erhalten.
Nachste und wichtigste Aufgabe der H.Gr. A ist die schnelle Inbesitznahme der
Schwarzmeer=Kiiste, um damit die feindliche Flotte auszuschalten und die Ver=
sorgung der eigenen Krafte iiber See fiir die weiteren Operationen sicherzustellen . . .
Aufgabe der H.Gr. B bleibt unverandert . . ."
Damit zerflatterte die deutsche Offensive 1942 in zwei grofie Stolirichtungen :
Stalingrad und Kaukasus, auf die jeweils 2 Armeen angesetzt waren, deren
9 Generaloberst Haider, Kriegstagebuch, a. a. O., Bd. Ill, 30. 7. 1942.
9a Wortlaut im Dokumenten=Anhang Nr. 17.
61
A. Einfiihrung
Operationen sich immer mehr voneinander entfernten. In der Kalmiickensteppe
entstand eine Liicke, die nur durch die beweglichen Krafte der 16. Inf.Div.
(mot.) notdiirftig gesichert wurde. Die H.Gr. A naherte sich bei ihrem Vor=
marsch dem westlichen Kaukasus. Am 5. 8. wies das H.Gr.=Kdo das — noch
bis zum 24. 8. auf der Krim befehlsfiihrende — AOK 11 an, die Vorbereitungen
eines Ubergangs schwacherer Krafte (Unternehmen „Bliicher IF') iiber die
Strafie von Kertsch nach Taman abzuschliefien. Am 10. 8. fiel Krasnodar in die
Hand der Armeegruppe Ruoff, am 9. 8. Maikop mit seinem kleinen Olgebiet
und — im Vorstofi nach Siidosten — Pjatigorsk in die der 1. Panzerarmee. In
einer Weisung vom 9. 8. regelte das H.Gr.Kdo A den weiteren Ansatz seiner
Krafte. Es gedachte, als nachsten Schritt mit der Armeegruppe Ruoff in einem
neuen Ansatz seiner Krafte die Gewinnung der Schwarzmeerkiiste bis Batum
anzustreben und sie mit Teilen zum Stofi siidlich des Kaukasus in Richtung
auf Tiflis vorzufiihren, die zusammengefafite 1. Panzerarmee nordlich des Ge=
birges nach Siidosten operieren zu lassen.
Im einzelnen sollte die 3. rumanische Armee unter der Armeegruppe Ruoff
die Taman=HalbinseI von riickwarts offnen. Das LVII. Pz.=Korps und XXXXIV.
A.K. hatten, iiber das Gebirge vorstofiend, die Kiistenstrafie bei Tuapse und
Adier zu gewinnen, um dann auf Batum vorzustofien. Das V. A.K. sollte ihnen
spater nach der Einnahme von Noworossijsk und Anapa iiber Tuapse nach=
gefiihrt werden. Das XXXXIX. Gebirgs=Korps sollte mit einer deutschen und
einer rumanischen Geb.Div. westlich des Elbrus iiber den Kaukasus vorstofien
und gegebenenfalls auf Tiflis vorgehen. Die 1. Panzerarmee erhielt den Auf=
trag, das XXXX. Pz.Korps (3. und 23. Pz.Div.) iiber Grosnij— Machatsch Kala
auf Baku vorzutreiben und mit einer deutschen Geb.Div. die Passe im Zuge
der Ossetischen und Grusinischen Heerstrafie zu gewinnen, um die Division
dann weiter auf Tiflis vorzufiihren. Das LII. A.K. hatte zunachst weiterhin die
Nordflanke der H.Gr. zu sichern und war spater zur Sicherung am Kaspischen
Meer bei Machatsch Kala vorgesehen.
Diese weitreichenden Zielsetzungen fiigten sich in den Rahmen der „Fiih=
rer= Weisung'' Nr. 45 ein, entsprachen jedoch keinesfalls den vorhandenen
Kraften bei der gewaltigen Ausdehnung des vor der H.Gr. A liegenden Rau=
mes. Schon Mitte August gerieten die Operationen voriibergehend, Ende
August endgiiltig ins Stocken.
Eingriffe Hitlers kamen hinzu. Entgegen dem von der H.Gr. A geplanten
Ansatz befahl er bereits am 12. 8., die beiden deutschen Geb.Div.en (1. und
4. Geb.Div.) unter dem XXXXIX. Geb.Korps (General d. Geb.Tr. Konrad)
westlich des Elbrus zusammenzufassen und nur die 2. rum. Geb.Div. ostlich
des Elbrus iiber die Ossetische und Grusinische Heerstrafie vorzuschieben.
Vom 15.— 17. 8. erreichten Vorausabteilungen der 1. Geb.Div. die Siidwest=
auslaufer des Elbrus mit dem Kluchor=Pafi. Dann verhielten die z. T. bis weit
uber die Kammpasse vorgestofienen Spitzen des Geb.Korps, die 4. Geb.Div.
vor Suchum nur etwa 30 km. Um die schwierige Frage einer Fortfiihrung der
62
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
weiteren Kampffiihrung zu erortern, begab sich der OB der H.Gr. A, Gen.=
Feldmarschall List, am 31. 8. ins FHQu. In einer Unterredung mit Hitler unter
vier Augen aufierte dieser, riickblickend ware ihm der Einsatz des Geb.Korps
an der Strafie nach Tuapse lieber gewesen. In der anschliefienden Lagebespre=
chung stellte man fest, dafi eine Umgruppierung des Geb.Korps jetzt zu zeit=
raubend sei, aufierdem sah man die Lage bei der 4. Geb.Div. vor Suchum fiir
einen Durchstofi zur Kiiste als giinstig an. So erklarte sich Hitler damit ein=
verstanden, dafi der allgemeine Angriff der H.Gr. unter Zusammenfassung der
Krafte an drei Stellen: bei Noworossijsk, an der Strafie nach Tuapse und bei
der 4. Geb.Div. in Richtung Suchum fortzusetzen sei.
Das Oberkommando der H.Gr. A meldete daraufhin am 5. 9. dem OKH
seinen neuen Angriff splan : nach der Wegnahme von Noworossijsk soUe un=
verziiglich zum Angriff auf Tuapse umgruppiert werden. Am 6. 9. verstandigte
das Oberkommando der H.Gr. jedoch die Operationsabteilung des General=
stabes des Heeres fernmiindlich, dali Gen.Feldmarschall List und der Kdr. Ge=
neral des Geb.Korps, General d. Geb.Tr. Konrad, den weiteren Angriff der
4. Geb.Div. in Richtung Suchum auf Gudauti nicht verantworten konnten. Zu
diesem Zeitpunkt mufiten namlich gerade die bis zum Bsyb=Tal vorgedrunge=
nen Telle der 4. Geb.Div. an den Adsapsh=Pali zuriickgenommen werden,
um sie bei dem zunehmenden Druck des Gegners einer Umgehung zu ent=
Ziehen.
Um seine Bedenken gegen den befohlenen Ansatz des Geb.Korps der ober=
sten Fiihrung nochmals iiberzeugend nahe zu bringen, lud Gen.Feldmarschall
List den Chef WFStab, General Jodl, zu einer Aussprache ins HQu. der H.Gr.
in Stalino ein. Die Besprechung fand am 7. 9. in Anwesenheit von General
Konrad statt. Jodl schlofi sich dabei der Auffassung Lists und Konrads an,
dafi der Vorstofi auf Gudauti nicht mehr zu verantworten sei. Die Griinde hier=
fiir waren: die groJSen Gelandeschwierigkeiten fiir den Angriff, der nur iiber
einen Gebirgspfad gefiihrt werden konnte, die Versorgungsschwierigkeiten
iiber eine Luftlinie von 60—70 km mit Tragtieren, die fiir einen Versorgungs=
weg jeweils etwa 6 Tage benotigten — aufierdem fehlten 1900 Tragtiere — , die
Gefahr, da6 bei Hochwasser zahlreiche Briicken zerstort wurden, die Unsicher=
heit, ob der Angriff auf Tuapse rechtzeitig gelingen wiirde und ob darauf der
weitere Stoli entlang der Kiiste zur Vereinigung mit den Kraften des Geb.Korps
noch vor Einbruch des Winters wiirde gefiihrt werden konnen, schliefilich die
Moglichkeit einer hilflosen Isolierung der bis an die Kiiste durchgebrochenen
Krafte gegeniiber einem iiberlegenen Feind, der giinstige Versorgungsgrund=
lagen hatte und in der Luff und von See her unterstiitzt wurde. Jodl soUte
daher Hitler vorschlagen, auf diesen Angriff zu verzichten, die Krafte des
Geb.Korps auf die Passe des Hauptkammes zuriickzunehmen und eine der
beiden Geb.Div.en fiir den Stofi auf Tuapse frei zu machen.
Der Vortrag Jodls vor Hitler am 8. 9. fiihrte dann zu jener den Anlafi bald
weit hinter sich lassenden Vertrauenskrise zwischen diesem und dem Chef
63
A. Einfiihrung
WFStab, deren Bedeutung fiir die Geschichte der deutschen Obersten Wehr=
machtfiihrung bereits dargelegt wurde (s. oben S. 12 f .) ^
Hitler entschied am 9. 9., anstelle des Gen.Feldmarschalls List selbst die
Fuhrung der H.Gr. A zu ubernehmen. Der Chef des Generalstabes der H.Gr.,
Generalleutnant v. Greiffenberg, sollte mit dem Stab als „Meldekop£ und Be=
fehlsiibermittlungsstelle'' in Stalino bleiben. In der Sache entschied Hitler ge=
nau so, wie Jodl es vorgeschlagen hatte: Der Vorstofi der 4. Geb.Div. an die
Kiiste sollte entfallen, starke Krafte des Geb.Korps soUten dafiir der Tuapser
Angriffsgruppe zugefiihrt werden.
Nachdem am 1./2. 9. das Ubersetzen fiber die Strafie von Kertsch gelungen,
die Tamanhalbinsel besetzt, Noworossijsk am 6. 9. erobert und die 1. Panzer=
armee bei ihrem Vorstofi nach Siidosten am Terek=Bogen und im Raum Mosdok
zum Stehen gekommen war, trat iiberall eine Operationspause ein. Die nach
der Umgruppierung gebildete Angriffsgruppe Tuapse konnte erst am 23. 9.
mit ihrem Angriff an der PajSstraEe in schwierigstem Gelande beginnen. Jedoch
die Kraft der zahlenmafiig bereits schwachen Truppen verbrauchte sich rasch.
Schwere Waffen und Artillerie konnten nicht geniigend zur Wirkung gebracht
werden. Die Versorgung mulite mit Tragem und Tragtierkolonnen iiber immer
langere Strecken nach vorn gebracht werden. Futter fiir Pferde und Tragtiere
fehlte, Gewitter von tropischer Gewalt mit wolkenbruchartigen Regengiissen
fiillten sonst trockene Taler in kiirzester Zeit mit Wasser, das ebenso schnell
wieder abflofi. Auf den Bergen aber herrschte Wassermangel.
Am 12. 10. meldete die Armeegruppe Ruoff, dafi fur die Fortfiihrung des
Angriff s neue Krafte erforderlich seien, die Ausfalle betriigen rund ^oooo
Mann. Schliefilich konnte am 16. 10. der ostwarts der Strafie nach Siiden vor=
getriebene Stolikeil des XXXXIV. A.K. und der Geb.Div. Lanz Schaumjan
nehmen. Auch dieser Angriff vermochte indessen nicht, den Durchbruch zu er=
zwingen. Nur noch 20 km vor dem Ziel Tuapse erstarrte Ende Oktober die
Front.
Hitler hatte unmittelbar nach der Befehlsiibernahme iiber die H.Gr. A
am 10. 9.2 den schwachen Kraften der H.Gr. fiir den Rest des Jahres 1942
weite, unerreichbare Ziele gesteckt: ,,17. Armee hat nach Gewinnen von
Shaumjan unverzuglich auf Tuapse weiterzustofien, um Schwarzmeer=Kiiste zu
gewinnen, um dadurch Voraussetzung fiir Freikampfen des Gebietes zwischen
Noworossijsk und Tuapse zu schaffen und fur weiteren Stofi entlang Kiiste auf
Suchum. Es ist beabsichtigt, 1. Panzerarmee je nach Entwicklung der Lage bei
Stalingrad gegen Monatsende 1—2 schnelle Verbande der H.Gr. B zuzufiihren,
um damit die Moglichkeit zu schaffen, unter Sperrung der Heerstrafien das
Gebiet um Grosnij zu nehmen und weiter in Richtung Machatsch Kala
vorzustofien.''
1 Aufzeidinungen zum KTB WFStabes vom 8. und 9. 9. 1942.
2 KTB der H.Gr. A, 10. 9. 1942.
H
IV. Der ostliche Kriegssdiauplatz 1942
Ohne dafi die beiden Voraussetzungen erfiillt waren und wohl audi selbst
ohne grofie Hoffnung — hatte Hitler die Dlraffinerien von Grosnij doch am
10. und 12. 10. von der Luftwaffe angreifen lassen und damit zu erkennen
gegeben, dafi dieses Gebiet 1942 nicht mehr erreicht wiirde — , liefi er
schlieJSlich am 25. 10. den Angriff der 1. Panzer armee in Riditung Heerstrafien
und Ordshonikidse beginnen. Die Oberraschung gelang: Naltschik wurde am
26. 10. genommen, eine Gruppe von 4 sowjetisdien Divisionen eingeschlossen
(7000 Gefangene). Am 1. 11. erreichten die beiden vorstofienden Panzer=
divisionen in breiter Front den Ardon und den Eingang zur Ossetischen Heer=
strafie bei Alagir. Am 5. 11. gelangte die 13. Pz.Div. bis 5 km an Ordshonikidse
heran. Dann aber setzten sowjetische Gegenangriffe ein. Die Division wurde
abgeschnitten. Schliefilich befahl die 1. Panzerarmee gegen den Widerstand
Hitlers den Ausbruch, der in der Nacht vom 11./12. 11. gelang. Damit war der
letzte Versuch, im Kaukasus noch eine Entscheidung zu deutschen Gunsten
zu erzwingen, gescheitert. Zu dieser Zeit standen an der langgestreckten Front
der H.Gr. 15 deutschen, 1 slowakischen und 6 rumanisdien Divisionen 72
sowjetisdhie Verbande und Teile von 8 weiteren gegeniiber.
Verglichen mit den standigen Eingriffen in die Operationsfiihrung der
H.Gr. A, als deren OB er fungierte, hat sich Hitler lange Zeit in die Fiihrung
der H.Gr. B, die in Richtung Stalingrad operierte, relativ wenig eingeschaltet.
Es geniigt daher, hier einige wenige aufiere Daten festzuhalten. Unter dem
Drangen des OKH auf einen moglichst friihen Termin trat die 6. Armee am
7. 8. zum Angriff auf die sowjetische Front westlich Kalatsch an und zerschlug
in einer bis zum 11. 8. dauernden Kesselschlacht wesentliche Teile der 1. so=
wjetischen Panzerarmee und der 62. Armee {^y 000 Gefangene; 1000 Panzer,
750 Geschiitze zerstort oder erbeutet). Bis zum 15. 8. wurde auch die noch von
denSowjets gehaltene Flufischleife vonSirotinskaja besetzt (13 000 Gefangene),
wahrend ein Briickenkopf siidlich Kremenskaja von den Sowjets gehalten wer=
den konnte. Am 22. 8. mufite vor sowjetischem Druck die Front auch bei
Sirotinskaja wieder auf eine Sehnenstellung Sirotinskaja=Kletskaja zuriick=
genommen werden (iiber die Bildung des sowjetischen Briickenkopf es bei der
8. italienischen Armee im Raum von Serafimowitsch s. oben S. 24).
Am 23. 8. stiefi der Nordfliigel der 6. Armee (XIV. Pz.Korps) aus dem Don=
bruckenkopf Wertjachi bis an die Wolga nordostwarts Orlowka durch, Stalin=
grad war damit von Norden abgeriegelt. Es dauerte indessen noch bis zum
4. 9., ehe die sich von Siidwesten herankampfende 4. Panzerarmee in die siid=
westlichen Auslaufer der Stadt vordringen konnte. Am 13. 9. begann der
systematische Angriff auf Stalingrad^, seit 16. 9. imter alleiniger Fiihrung des
Armeeoberkommandos 6. Als es am 20. 9. melden mufite, dafi, wenn nicht
weitere Krafte zugefiihrt wiirden, „der Angriff versande'', waren die wesent=
3 OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (IS/B) Nr. 420710/42 g.Kdos. Chefs, vom 13.9.1942,
gez. Adolf Hitler.
65
A. Einfiihrung
lichsten Telle der Stadt in ihrer Hand, doch klammerte slch die 62. sowjetische
Armee an die ihr verbllebenen Bezirke.
Bereits am 12. 9. hatten der OB der H.Gr. B, Gen.Oberst Frhr. v. Weichs,
und der OB der 6. Armee, Gen. d. Pz.Tr. Paulus, Hitler Im FHQu „Werwolf '"
auf dieBedrohungderFlanken der in Stalingrad kampfenden 6. Armee aufmerk=
sam gemacht, jedoch im ganzen ein positives Bild der Lage gezeichnet. Auf
Grund ihrer Vortrage befahl Hitler am 13. 9.: „Von H.Gr. B ist die ,mittlere
Losung' fiir den Frontverlauf nordlich Stalingrad vorzubereiten^. . . Gleich=
zeitig ist der beabsichtlgte Vorstofi auf Astrachan im Sinne der bisher gegebe=
nen Weisung vorzubereiten. . . Die offensive Bereinlgung der Lage an der
Trennungslinle zwischen 6. Armee und itallenlscher 8. Armee ^ kann dem=
gegeniiber zuriicktreten^. . .
Die Schwere der Kampfe in Stalingrad lafit sich am deutlichsten an den
blutigen Verlusten ablesen: allein vom 21. 8. bis 16. 10. betrugen sle bei der
6. Armee 1068 Offiziere und 38 943 Mann.
Das Oberkommando der H.Gr. B hielt, solange es irgend vertretbar war,
daran fest, dafi Stalingrad und das dortige Wolga=Ufer in Besltz genommen
werden miifiten. Das ausgedehnte Gebiet der Stadt bot immerhin auch im zer=
storten Zustande der Truppe im Winter mehr Schutz als die karglich besiedelte
Steppenlandschaft zwischen Wolga und Don, in der kein Material fiir den
Stellungsbau aufzutreiben war. Doch wurde bereits Ende September deutlich,
dafi die vollstandige Einnahme der Stadt mit den vorhandenen Kraften nicht
zu erreichen sein wiirde. Das Oberkommando der H.Gr. warnte daher Anfang
Oktober, den krafteverzehrenden Angrlff in Stalingrad fortzusetzen. Es schlug
vor, den auf Stalingrad vorspringenden Frontbogen aufzugeben und auf die
kiirzeste Llnie zwischen dem Wolga=Knie bei Beketowka und dem Don etwa
in Gegend Kachalinskaja zuriickzunehmen. Nur dadurch sei ein Minimum an
Reserven zu gewinnen. Obwohl der neue Chef des Generalstabes des Heeres,
4 D. h. Vorschieben der Front zwisdien Don und Wolga nadi Norden.
5 Bildung eines sowjetischen Briickenkopfes siidlich des Don im Raum Kletskaja—
Serafimowitsch unter Zuriickdrangen der 8. italienisdien Armee vom 21.— 25. 8.
1942, s. oben S. 24.
6 Dementsprechend gab die H.Gr. B am 15. 9. 1942 eine Weisung fiir die Kampf=
f iihrung :
„i. Nach Inbesitznahme von Stalingrad hat 6. Armee so friihzeitig wie moglich
und mit moglichst starken Kraften zwisdien Wolga und Don nach Norden an=
zugreifen mit dem Ziel, die vor XIV. Pz.Korps und VIII. A.K. stehenden Feind=
krafte zu schlagen, moglidist zu verniditen und eine Winterstellung in allge=
meiner Linie Jersowka— Panyshino zu gewinnen (,Herbstzeitlose').
2. Die befohlene offensive Bereinlgung der Lage an der Naht 6./italienische
8. Armee ist demgegeniiber zurlickzustellen. Die hierfiir vorgesehenen 22. Pz.Div.
und 115. Inf.Div. stehen zunachst fiir die . . . Aufgabe zwischen Wolga und Don
zur Verfiigung (,Wintermarchen') .
3. Es kann in Frage kommen, da6 vor ,Herbstzeitlose' das XXXXVIII. Pz.Korps
und IV. A.K. die Vernichtung der im Raum Krasnoarmeisk— Beketowka stehen=
den Feindgruppe durchzufiihren haben. Hierzu wiirde XXXXVIII. Pz.Korps wie=
der vorubergehend der 4. Pz.Armee unterstellt werden (,Herbstlaub').''
66
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
General d. Inf. Zeitzler, zustimmte, wurde der Antrag von Hitler abgelehnt.
Er bestand auf der vollstandigen Einnahme der Stadt, auf die er sich in seiner
Rede am 30. 9. propagandistisch festgelegt hatte. Das Oberkommando der
H.Gr. gab daher weisungsgemafi am 6. 10. den Bef ehl heraus : „Die Lage vor
Stalingrad, dessen voUige Inbesitznahme der Fiihrer erneut als wichtigste Auf=
gabe der H.Gr. bezeichnet, erfordert die Zusammenfassung aller verfiigbaren
Krafte. Vor dieser Notwendigkeit miissen alle anderen Belange zuriicktreten.''
Die sich standig versteifende Haltung Hitlers lafit sich aus den Aufzeich=
nungen des „Adjutanten des Heeres beim Fiihrer'', Major i. G. Gerhard EngeF,
gut ersehen. Uber die Lagebesprechung am 2. 10. notierte er: „Zeitzler und
auch Jodl regen an, Einnahme der Stadt in zweiter Linie zu erwagen, um Krafte
frei zu bekommen; Hinweis auf verlustreiche Hauserkampfe. Fiihrer lehnt
schroff ab und betont das erste Mai, dajS Einnahme von Stalingrad nicht nur
aus operativen Griinden, sondern auch aus psychologischen Griinden dringend
notwendig sei, fiir Weltoffentlichkeit und Stimmung der Verbiindeten.'' Am
folgenden Tag liejS sich Hitler auf die erneut von Zeitzler aufgeworfene Frage,
ob der Angriff auf die Stadt nicht eingestellt werden solle, um Krafte fiir die
H.Gr. A freizubekommen, zu der Bemerkung hinreifien, „das seien die typi=
schen Halbheiten, die er vom Heer kenne''. Stalingrad miisse „herausgebro=
chen'' werden, so erklarte er am 10. 10., „damit der Kommunismus seines
Heiligtums beraubt'' werde.
Um die 6. Armee noch starker auf Stalingrad zu konzentrieren, wurde am
gleichen Tage die rumanische 3. Armee in die Front am Don zwischen der
6. deutschen und der 8. italienischen Armee eingeschoben. Sie iibernahm damit
den bisher von den Itahenern verteidigten Abschnitt vor dem sowjetischen
Briickenkopf von Serafimowitsch, den Hitler im Gegensatz zu dem weiter
westlich anschliefienden Abschnitt, den die italienische 8. Armee behielt, fiir
weniger gefahrdet hielt, obwohl Antonescu, der anfangs iiberhaupt nicht den
Abschnitt iibernehmen wollte, bevor die Front am Don selbst verlief, es nicht
versaumt hatte. Hitler auf die bedrohliche Lage seiner Truppen hinzuweisen,
und im Einvernehmen mit der H.Gr. B Abhilfe gefordert hatte. Hitler nahm
seit dem 16. 8. an, dafi die Sowjets in Wiederholung des bolschewistischen An=
griffs von 1920 iiber den mittleren Don in Richtung Rostow angreifen wiirden.
Daher legte er die starksten der vorhandenen deutschen Eingreifreserven hin=
ter die italienische Front. Lediglich das schwache XXXXVIII. Pz.Korps (Gen.Lt.
Heim) mit einer deutschen und einer rumanischen Pz.Div. wurde als Eingreif=
verband hinter die 3. rumanische Armee geschoben.
An eine sowjetische Grofioffensive glaubte er nicht. Am 7. 11. widersprach
er in der Lagebesprechung Zeitzler, als dieser auf ihre Moglichkeit hinwies : es
Personliches Tagebuch des Gen.Lt. a. D. Engel, 1942 ^Adjutant des Heeres beim
Fiihrer", dem Verf. in Ausziigen von Dr. Hans=Adolf Jacobsen freundlichst zur
Verfiigung gestellt (kiinftig zit.: Tagebuch Engel).
67
A. Einfiihrung
sei damit zu rechnen, dafi die ^Russen im grofien Donbogen und ostwarts
Rostow Truppen zusammenzogen; dies deute auf Offensivabsichten hin''. Hit=
ler entgegnete, „daran glaube er vorlaufig nicht, es sei seine alte Erfahrung,
dafi der Generalstab den Gegner grundsatzlich iiberschatze. Polen und Frank=
reidi seien in diesem Zusammenhang eine einzige Blamage gewesen^. . ."
Am 17. 11 schliefilich, zwei Tage vor Beginn der entscheidenden sowjetischen
Offensive am Don, gab Hitler der 6. Armee folgenden Befehl: „Die Schwierig=
keiten des Kampfes um Stalingrad und die gesunkenen Gefechtsstarken sind
mir bekannt. Die Schwierigkeiten fiir den Russen sind jetzt aber bei dem Eis=
gang auf der Wolga noch grofier. Wenn wir diese Zeitspanne ausniitzen,
sparen wir uns spater viel Blut. Ich erwarte deshalb, dafi die Fiihrung nochmals
mit aller wiederholt erwiesenen Energie und die Truppe nochmals mit dem
oft gezeigten Schneid alles einsetzen, um wenigstens bei der Geschiitzfabrik
und beim Metallurgischen Werk bis zur Wolga durchzustofien und diese Stadt=
telle zu nehmen. Luftwaffe und Artillerie miissen alles tun, was in ihren Kraf=
ten steht, diesen Angriff vorzubereiten und zu unterstiitzen/' — Als einzige
Verstarkungen fiir die H.Gr. B wurden fiir die Zeit bis Anfang Dezember die
Uberfiihrung der 6. Pz.Div. und von 2 Inf.Divisionen aus Frankreich ange=
kiindigt.
Ausblidc: Grandsatzlidie Festlegungen von August bis Ende 1942
Welche Absichten hatte nun Hitler allgemein fiir den kommenden Winter
1942/43 entwickelt, nachdem, spatestens im September, offenkundig war —
die grofie Fiihrungskrise in diesem Monat deutet darauf hin, dafi es Hitler
selbst zu Bewufitsein kam — , dalE die fiir die Offensive 1942 gesteckten Opera=
tionsziele nicht erreicht wurden? Schon am 9. 8. hatte der Chef des General=
stabes des Heeres, Generaloberst Haider, in einer Weisung vorsorglich, jedoch
hinsichtlich der Linienfiihrung im Rahmen der „Fuhrerweisung'' Nr. 45 blei=
bend, fiir den „Ausbau der VJinterstellungen" angeordnet^:
„Auf versdiiedene an OKH gelangte Anfragen iiber den beabsiditigten Verlauf
und den Ausbau der Winterstellungen vvird zur Beseitigung etwa bei einzelnen
Dienststellen nodi bestehender Unklarheiten angeordnet: Es sind als Winterstel=
lungen vorzusehen und auszubauen:
1. Im Bereich der Heeresgruppe A die nach Abschlufi der Operation ,Edelwei6'"a
erreidite Linie.
2. Im Bereich der Heeresgruppe B die nach Abschlufi der Operation ,Fischreiher' *b
erreichte Linie und im Anschlufi daran die Don=Linie im Bereich der 6. Armee,
8 Tagebuch Engel, 7. 11. 1942.
9 OKH/Gen.St.d.H./Opt.Abt. (la) Nr. 420 587/42 g.Kdos. Chefs, vom 9. 8. 1942
gez. Haider.
9a D. h. nach Gewinnung des Raumes von Baku und Besetzung der nordlich an=
schliefienden Kiiste des Kaspischen Meeres,
9b D. h. nach Gewinnung Astrachans und Besetzung der Wolga=Linie zwischen
Astrachan und Stalingrad.
68
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
italienischen 8. Armee und ungarischen 2. Armee sowie die derzeitige Front der
2. Armee.
3. Im Bereich der Heeresgruppe Mitte die Front der 2. Panzeramee bis siidlidi
Bjelew, im Anschlufi daran die nach Abschlufi von ,Wirbelwind' neu gewonnene
Linie bis in das Gebiet von Juchnow, sodann die derzeitige nach Norden an=
schliefiende Front der 4. Armee, der 3. Panzerarmee^ und die Front der 9. Armee
bis in das Gebiet nordlich Rshew in ihrem bisherigen Verlauf nach Bereinigung des
Feindeinbruchs auf der Ostfront und im Gebiet um Rshew. Die Winterstellung am
Westfliigel der 9. Armee und im Bereich der LIX. A.K.^ wird erst nach Durchfiihrung
des Angriffs auf Ostaschkow festgelegt werden konnen.
4. Im Bereich der H.Gr. Nord siidlich des Ilmensees im Verlauf der nach Abschlufi
des Unternehmens auf Ostaschkow und von ,Schlingpflanze' neugewonnenen Front;
nordlich des Ilmensees die Wolchow=Front bis zum Briickenkopf Kirishi und im
Anschlufi daran zunachst die derzeitige Front zwischen dem Wolchow= und Ladoga=
See. Die Fiihrung der Winterstellung im Bereich von Leningrad und im Gebiet von
Oranienbaum wird von dem Ergebnis der Kampfe um Leningrad abhangig bleiben.
5. Der friihzeitige und laufehde Ausbau der derzeitigen Frontlinie iiberall dort,
wo sie z. Z. als bereits feststehend angenommen werden kann, ist unter Einsatz
aller verfiigbaren Krafte und Mittel weiterzutreiben und in der erforderlichen Tiefe
sicherzustellen. Neben diesem Ausbau kommt in zweiter Linie der Schaffung 6rt=
licher Riegelstellungen in besonders gefahrdeten Abschnitten und zum Schutz der
wichtigsten Bahnlinien erhohte Bedeutung zu. In den Frontabschnitten, die erst im
Laufe des Herbstes durch Angriffshandlungen neu gewonnen werden sollen, sind
zeitgerecht die fiir einen raschen Ausbau erforderlichen Krafte und ausreichendes
Stellungsbaumaterial bereitzustellen, damit nach Erreichen der neuen Frontlinie der
Ausbau in der kurzen, noch bis zum Winter verfiigbaren Zeit beschleunigt durch=
gefiihrt werden kann. . ."
Auf dem Hohepunkt der Fiihrungskrise am 8. 9. unterzeichnete Hitler dann
einen langen Befehl^ in dem er sich eingehend liber „grundsatzliche Aufgahen
der V erteidigung" aufierte, die fiir „die weiteren Abwehrkampfe mafigebend''
sein sollten:
„Der Sinn der Verteidigung einer Stellung ist nicht, den Angriff des Gegners
in einer mehr oder minder grofien Einbuchtung zum Stehen zu bringen, sondern
seine Angriffskraft durch Zusammenfassung aller geeigneten Waffen, wenn moglich
schon vor dem Antreten, auf alle Falle aber im Verlauf des Abwehrkampfes so zu
zerschlagen, daS bei Schlul? des Kampf es die urspriingliche HKL im eigenen Besitz ist.
Es gibt keinen Zweifel, dafi von diesem obersten Grundsatz der Verteidigung an
verschiedenen Stellen abgegangen und Gelande ohne unbedingt zwingende Not=
wendigkeit preisgegeben worden ist. Ob dabei der Gedanke ma6gebend war, die
Truppe einer augenblicklich schweren Belastung zu entziehen, dali es bei der Weite
des russischen Raumes auf einige Kilometer nicht ankomme, oder dafi man glaubte,
weiter riickwarts bessere Bedingungen des Kampfes finden zu konnen, mag dahin=
1 Die 3. Pz. Armee hatte am 1. 5. 1942 den Abschnitt der 4. Pz.Armee, die nach dem
siidlichen Abschnitt der Ostfront zur Vorbereitung der Sommeroffensive verlegt
wurde, iibernommen.
2 Das LIX. A.K. hatte am 1. 5. 1942 den Abschnitt der 3. Pz.Armee im Raume
Welikije Luki— Welish— Demidoff iibernommen.
3 Der Fiihrer/OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (I) Nr. 11154/42 g.Kdos. vom 8.9.1942,
gez. Adolf Hitler.
69
A. Einf iihrung
gestellt bleiben. Alle diese Gedanken sind aber fast stets grundsatzlich falsch. . .
Es entsteht . . . die Gefahr, dafi durch die Preisgabe zunachst kleiner Gelandeteile
sehr bald auch Nachbarabschnitte in Mitleidenschaft gezogen werden, dafi dadurch
aus einem zunachst kleinen Einbruch des Gegners oft sehr schwerwiegende Folgen
fiir ganze Frontabschnitte eintreten, ja sie konnen am Ende die Stellung ganzer
Armeen oder sogar Heeresgruppen zum Wanken bringen oder zumindest schwer
belasten. Vor allem aber mu6 ein solches Verfahren auf die Dauer den Willen der
Truppe zum aufiersten Widerstand immer mehr untergraben und mithin die solda=
tische Moral erschiittern. . . Die HKL ist die Linie, die unter alien Umstanden zu
halten ist. Sie muf^ daher nach Abschluji jeden Kampfes wieder im eigenen Besitz
sein. Line Truppe, die diese Forderung nicht erfiillt, muf^ dies als eine Schande
betrachten^. . .
Die Entwicklung der Lage an der Ostfront zwingt mich immer ofter, im einzelnen
einzugreifen, um rechtzeitig erfolgreiche Mafinahmen durch die Oberste Fiihrung
sicherzustellen. Diese Entwicklung in der Fiihrung ist die gleiche, wie sie im Welt=
krieg von 1916 an notwendig wurde und damals allein das Halten der Front im
Westen ermoglichte. Ich mu6 daher verlangen, dafi bei grofieren Angriffshandlungen
des Gegners an festen Fronten mir sofort mit dem nachsten Kurierflugzeug iiber
den Generalstab des Heeres eine Karte von 1 : 100 000 oder 1 : 80, 50 oder 25 000
mit genauen Einzeichnungen iiber Frontverlauf, Gliederung der Truppe, insbeson=
dere auch iiber Artillerie, und zwar bewegliche und unbewegliche, iiber alle ein=
gesetzten Beutewaffen und die Munitionierung iibersandt werden. . .
Sogenannte operative Ausweichbewegungen, wenn sie nicht in eine lange vor=
bereitete bessere riickwartige Stellung fiihren, andern an der Gesamtlage nicht nur
nichts, sondern sie verschlechtern sie nur, denn die Krafte des Feindes werden da=
durch nicht vermindert, die eigenen nicht vermehrt, aber der zu haltende Front=
abschnitt durch die Ausbuchtung zwangslaufig vergrofiert. . .
Grundsatzlich . . . hat kein Heeresgruppenfiihrer oder gar Armeefiihrer Uberhaupt
das Recht, von sich aus eine sogenannte taktische Ausweichbewegung vorzunehmen
ohne meine ausdruckliche Genehmigung^. . .
Es sind leider in diesem Krieg im Osten, ohne dafi sich die Lage der eigenen
Verbande verbesserte, ja im Gegenteil nur zwangslaufig verschlechtern mufite, Ge=
biete preisgegeben worden, die oft ein Mehrfaches von dem umfassen, was im Welt=
krieg der Gegner nur nach drei Monaten Grofikampf erobern konnte. Ich mufi
dabei hier einfiigen, dafi trotz aller Erwahnungen von weltkriegahnlichen Hand=
lungen an der Ostfront bisher noch an keiner Stelle weder von uns noch von den
Russen ein Munitionsaufwand erfolgt ist, der auch nur annahernd dem entspricht,
was den grol3en Abwehrschlachten des Weltkrieges den einmaligen Charakter in der
Kriegsgeschichte gibt. Damit heiCt die Parole fiir die Verteidigungsfront: Graben
und immer wieder graben, und zwar besonders, solange der Boden noch weich ist.
Dann werden sich die Krisen des letzten Winters nicht mehr wiederholen. . ."
Im „Operationshefehl Nr. 1'' vom 14.10.1942® hiefi es schliefilich:
„Der diesjahrige Sommer= und Herbstfeldzug ist, mit Ausnahme der im Flu6
befindlichen Operationen und einzelner noch beabsichtigter ortlicher Angriffshand=
lungen, zum Abschlufi gebracht. . . Vor uns steht der Winterfeldzug. In ihm hat die
Ostfront die Aufgabe . . ., die erreichten Linien gegen jeden Durchbruchsversuch
4 Im Original unterstrichen.
5 Im Original unterstrichen.
6 Der Fuhrer/OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (I) Nr. 420817/42 g.Kdos. Chefs, vom
14. 10. 1942, gez. Adolf Hitler.
70
IV. Der ostlidie Kriegssdiauplatz 1942
des Feindes unbedingt zu halten und dadurch die Fortsetzung unserer Offensive ig43
zur endgiiltigen Vernichtung unseres gefahrlichsten Gegners"^ zu ermoglichen. . .
Der Russe selbst ist durch die letzten Kampfe sehr geschwacht und wird im
Winter 1942/43 nicht mehr die Krafte wie im vorhergehenden aufbringen^. Strenger
und schwerer kann dieser Winter jedenfalls nicht warden. . . Als grundlegende For=
derungen gelten:
1. Die Winterstellung ist auf jeden Fall zu halten.
2. Es wird iiberall eine aktive Verteidigung gefiihrt, die den Feind nidit zur Ruhe
kommen lafit und ihn iiber unsere eigenen Absichten tauscht.
3. Bei feindlichen Angriffen gibt es kein Ausweichen oder keine operativen
Riickwartsbewegungen.
4. Drtliche Einbriiche sind sofort durch Gegenstofi oder Gegenangriff zu be=
reinigen.
Grolie Einbriiche sind zu lokalisieren, die stehengebliebenen Telle der eigenen
Front aber sind als Eckpfeiler unbedingt zu halten, um die Gegenmafinahmen zu
erleichtern.
6. Abgeschnittene oder eingeschlossene Telle haben sich so lange zu verteidigen,
bis sie entsetzt werden.
Fiir die bedingungslose Durchfiihrung dieser Forderungen haften mir die Kom=
mandeure.
Im einzelnen befehle ich: ...
Die endgiiltige Winterstellung verlauft in der Linie:
a) H.Gr. B : Jaschkul — entlang der Hohenstuf e nach Norden bis an die Wolga —
Stalingrad — derzeitige Front der 6. Armee — 8. italienische — 2. ungarische und
2. Armee.
b) H.Gr. Mitte: Derzeitige Front der 2. Pz.=, 4., 3. Pz.= und 9. Armee sowie des
LIX. A.K.
c) H.Gr. Nord und AOK 11 : Derzeitige Front (einschliefilich des durch ,Winkelried'
und die Bereinigung bei Pustynja noch zu gewinnenden Gelandes) bis zum
Ladoga=See — derzeitige Leningrad=Front, unbeschadet der weiteren Absicht
,Nordlicht'.
An Stellen, an denen noch ortliche Stellungsverbesserungen nach vorwarts geplant
sind, ist trotzdem die derzeitige Stellung auszubauen. Sie dient hier dann spater
als willkommene Riickhaltstellung.
H.Gr. A erhalt Sonderbefehl. . ."
In einer „i. Erganzung zum Operationsbefehl Nr. 1" vom 23. 10. fugte
Zeitzler im Namen Hitlers noch hinzu: „Der Russe ist z. Z. wohl kaum in der
Lage, eine grofie Offensive mit weitraumigem Ziel zu beginnen.
Dagegen hat er verschiedene Verbande wieder aufgefrischt, seine letzten
Materials und Menschenreserven bis einschl. Jahrgang 25 hineingetan, sie kurz
ausgebildet und an einigen Stellen der Front zu Angriff sabsichten bereitgestellt
bzw. ist er in der Bereitstellung begriffen.
Mit diesen Verbanden wird er, sobald es die Wetterlage erlaubt — unter
Umstanden auch bei ungiinstiger Wetterlage — an Stellen, wo wir selbst nicht
im Angriff sind, angreifen. Er nimmt an, dafi wir diese Defensivfronten ge=
schwacht und dort wenig oder gar keine Reserven haben.
7 Vom Verf. hervorgehoben.
8 Im Original unterstrichen.
71
A. Einfiihrung
Es ist anzunehmen, dalB er scharf zusammengefafit, tief gegliedert angreift
und hierbei planmafiig seinen Feuerschutz von Abschnitt zu Abschnitt auf=
baut. Er wird sicher viel Stalinorgeln und auch Panzer schwerpunktmafiig ein=
setzen. Auch liegt die Moglichkeit nahe, dafi er — wenn er sonst nichts erreicht
— audi Gas einsetzt.
Das einzige Mittel gegen dieseVeindtaktik ist hartnackigsteVerteidigung der
in Stellung befindlichen Truppe bis zur letzten Munition und sofortiger Gegen=
stop der nahe aufzustellenden ortlichen Reserven^ . . ."
Eine ,,2. Erganzung zum Operationsbefehl Nr. -l" vom 25. 11.^ zog dann
bereits aus der sowjetischen Offensive beiderseits Stalingrad und der Ein=
schliefiung der 6. Armee erste Konsequenzen; doch vermeinte der „im Auf=
trage des Fiihrers'' unterzeichnende Chef des Generalstabes, in den „ersten
Erfahrungen bei Feindangriffen'' eine „eindringliche Bestatigung" der im
Operationsbefehl selbst und in der „i. Erganzung"' gegebenen Richtlinien fest=
stellen zu konnen.
4. Die Kampfe im mittleren und nordlidien Abschnitt der Ostfront
(April bis November 1942)
Anfang April 1942 behauptete sich die H.Gr. Mitte (Gen.Feldmarschall
V. Kluge), H.Qu. in Smolensk, in einem weitgespannten Bogen von rd. 900 km
Lange auf der Linie siidostwarts Orel — westlich Kirow — ostwarts Gshatsk —
Bogen um Rshew — Demidoff — Welish — Welikije Luki. Die Gesamtfront der
Armee betrug jedoch 1500 km, da die 5 Armeen der H.Gr. gezwungen waren,
in ihrem Riicken Partisanengruppen und aus den Herbst= und Winterkampfen
zuriickgebliebene versprengte sowjetische Verbande in den undurchdringlichen
Waldgebieten abzuriegeln. Im Riicken der 2. Panzerarmee lag in der grofien
Waldzone um Brjansk die Hochburg der Partisanen; hinter der Front der
4. Armee und der 4. Pz.Armee hielt sich unter General Below eine starke
Gruppe, die auf die Rollbahn Smolensk— Wjasma driickte. Im Riicken der
9. Armee kampfte die sowjetische 33. Armee und das XI. Kav.Korps im Raum
ostwarts Bjeloj. Schliefilich gab es auch hinter der sehr locker gefiigten Front
der 3. Pz.Armee Partisanengebiete.
Mitte April erhielt die H.Gr. Mitte eine OKH=Weisung, in der ihr als Auf=
gabe zugewiesen wurde, mit den ihr noch verbleibenden Kraften die gegen=
wartige Front zu halten, das riickwartige Gebiet vom Feind zu saubern, die
stark vermischten Verbande neu zu ordnen, sie in oder riickwarts der Front
9 Im Original unterstrichen.
1 „i. Erganzung zum Operationsbefehl Nr. 1" vom 23. 10. 1942 OKH/Chef des
Generalstabes des Heeres/Op.Abt. (I) Nr. 42 858/42 g.Kdos. Chefs, vom 23. 10.
1942; „2. Erganzung zum Operationsbefehl Nr. 1" vom 25. 11. 1942 OKH/
Gen.St.d.H./ Op.Abt. (I) Nr. 420 966/42 g.Kdos. Chefs, vom 25. 11. 1942.
72
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
aufzufrischen und endlich wieder Reserven zu bilden. Da das Pz.AOK 4 am
1. 5. 1942 aus der Front gezogen wurde (s. oben S. 54), iibernahm seinen Ab=
schnitt das Pz.AOK 3, wahrend dessen Abschnitt zwischen Demidoff und der
Naht zur H.Gr. Nord das der H.Gr. direkt unterstellte LIX. A.K. erhielt.
Am 31. 3. hatte Hitler auf Vorschlag des OB der H.Gr. den seit der OKH=
Weisung vom 12. 2. 1942 (s. oben S. 46) im Vordergrund der Uberlegungen
stehenden Plan eines Angriffes der 9. Armee aus dem Raum von Rshew auf
Ostaschkow (Untemehmen „Derfflinger'0 vorerst zuriickgestellt. Doch kam
er auf diesen Plan im Laufe der nachsten Monate immer wieder zuriick, wobei
er ihm zur Begriindung dafiir diente, den vom OB der H.Gr. Mitte vorge=
schlagenen Riickzug aus dem Bogen von Rshew und die vom OB der H.Gr.
Nord beantragte Raumung des Raumes von Demjansk abzulehnen.
Als vordringliche Aufgabe erhielt die H.Gr. Mitte am 31. 3. von Hitler den
Auftrag, durch einen Vorstofi des westlichen Fliigels der 9. Armee aus dem
Raum Rshew auf Nelidowo den bedrohten Eckpfeiler Bjeloj zu entlasten (Un=
ternehmen „Nordpor'); doch mufite der fiir den 18.4. vorgesehene Angriff
immer wieder hinausgeschoben und schliefilich auch von Hitler in der beab=
sichtigten Form fallen gelassen werden (19. 5.).
Inzwischen waren die Planungen fiir die deutsche Sommeroffensive im
Siiden weit fortgeschritten (s. oben S. 47 ff.). Da Hitler iiberzeugt war, damit die
ganze sowjetische Front ins Wanken zu bringen, forderte er Vorbereitungen,
um auch einem vor der H.Gr. Mitte weichenden Gegner rasch nachstolien zu
konnen. Der Generalstab des Heeres, der die Erfolgsmoglichkeiten der kom=
menden Offensive wesentlich niichtemer beurteilte, machte die Hitler vor=
schwebende Idee zur Grundlage einer grofiangelegten Tauschung, um die
Aufmerksamkeit des Gegners vom Siidabschnitt abzulenken. Es erging daher
schon Mitte Mai an die H.Gr. Mitte ein Befehl, bei alien Armeen angriffsfahige
schnelle Kampfgruppen zu bilden, die sprungbereit sein soUten, dem weichen=
den Gegner unverziiglich nachzustolien. Aufierdem erhielt die H.Gr. eine Wei=
sung, die fiir die Tauschung erforderliche operative Grundlage in Form der
Vorbereitung einer angeblich beabsichtigten Operation zur Einschliefiung Mos=
kaus zu schaffen. Die Tauschung sollte wenige Tage vor dem Beginn der
Operation „Blau'' anlaufen. Dazu entwarf die H.Gr. am 29. 5. einen Opera=
tionsplan unter dem unmiliverstandlichen Decknamen „KTemV'^, der eine
Offensive der erheblich verstarkten drei siidlichen Armeen vorsah. Die bis ins
Einzelne gehenden MaiSnahmen wurden in ihrem zeitlichen Ablauf auf den
schliefilich fiir den 28. 6. festgelegten Beginn der Operation „Blau'' abgestimmt.
Der erste Wehrmachtbericht (1. 7.), der den Beginn der deutschen Sommer=
offensive verkiindete, sprach daher ausdriicklich davon, dali die deutschen
Truppen „im siidlichen und mittleren Abschnitt der Ostfront zum Angriff
2 Heeresgruppenkommando Mitte la Nr. 4350/42 g.Kdos. Chefs, vom 29.5.1942:
„Befehl fiir den Angriff auf Moskau" („Kremr'), vgl. Dokumenten=Anhang
Nr. 10.
73
A. Einfiihrung
angetreten'' seien. Welche Wirkung die Tauschung effektiv gehabt hat, ist
nicht mit Sicherheit festzustellen. Immerhin glaubte man auf deutscher Seite
aus der am 30. 7. beginnenden sowjetischen GrojSoffensive bei Rshew den
Schlufi Ziehen zu konnen, die Tauschung habe wenigstens dazu gefiihrt, dafi
Starke sowjetische Krafte vor der H.Gr. Mitte verbheben seien, die zur Ab=
wehr der deutschen Sommeroifensive im Siiden fehlten.
Als dringendste Aufgabe sah die H.Gr. selbst die Sicherung ihrer riickwar=
tigen Verbindungen an. Zu diesem Zweck begann Ende Mai eine Reihe von
Unternehmen mit dem Ziel, die starksten sowjetischen Gruppen hinter der
Front einzuschliejSen und aufzureiben. Vom 24.-27. 5. wurde ein Kessel hinter
der Front der 4. Armee siidlich Wjasma gebildet (Unternehmen „Hannover V),
dem sich ein Stofi an den oberen Dnjepr anschlofi (3.— 11. 6., Unternehmen
„Hannover IF'), da erhebliche Teile der Gruppe Below bei „Hannover V nicht
gefaiSt worden waren. Doch auch bei „Hannover IV gelang es wiederum einer
mehrere tausend Mann umfassenden sowjetischen Gruppe, am 9. 6. in die
Walder siidlich Jelnja durchzubrechen. Erst am 21. 6. konnte „Hannover IV
als im ganzen erfolgreich abgeschlossen gelten. Der Riicken der 4. Armee war
weitgehend freigekampft (10 000 Gefangene, 250 Geschiitze erbeutet oder zer=
stort), wenn sich auch immer wieder neue Partisanengruppen bildeten. Eine
Reihe von Unternehmen der 2. Panzerarmee richtete sich gegen die ausgedehn=
ten Partisanengebiete im Raum Brjansk (Unternehmen „Vogelsang'' 5.-9. 7.,
anschUefiend „Griinspecht'' ,Mitte Juli' und „Klette").
Von operativer Bedeutung war schlieiilich das auf Hitlers Drangen auf den
2. 7. festgelegte Unternehmen „Seydlitz'' der 9. Armee, das zur Einschliefiung
und Vernichtung starker sowjetischer Krafte im Raum zwischen Rshew und
Bjeloj fiihrte (Abschlufi: 12. 7., 50000 Gefangene, ^00 Geschiitze erbeutet oder
zerstort). Durch die damit erreichte Frontbegradigung wurde die Gesamtfront
der H.Gr. um 200 km kiirzer.
Im Zusammenhang mit der deutschen Offensive im Siidabschnitt der Ost=
front stand eine iiberraschende 5=Tage=Offensive der Sowjets gegen die Nord=
front der 2. Panzerarmee, die am 5. 7. gegen die Stellungen bei Bolchow und
Shisdra begann, jedoch nach vergeblichen Durchbruchsversuchen wieder ab=
gebrochen wurde. Dieser sowjetische Offensivversuch kreuzte sich mit Uber=
legungen Hitlers und der H.Gr.=Fiihrung, eine Operation (Unternehmen „Or=
kan'') durchzufiihren, deren Ziel es sein sollte, mit den drei siidlichen Armeen
der H.Gr. die seit Januar 1942 bestehende tiefe Einbuchtung der deutschen
Front im Dreieck Bjelew— Kirow— Juchnow zu beseitigen und eine Dauerstellung
auf der kurzen Oka=Shanja=Linie zu gewinnen. Aus Kraftemangel entschied
sich jedoch Hitler am 9. 7. fiir eine kleinere Variante, das Unternehmen „Wir=
belwind'', bei dem das Ziel kiirzer gesteckt war und nur die 4. Armee und die
2. Panzerarmee beteiligt sein soUten. Als Angriffstermin fiir letztere wurde
der 7. 8., fiir die 4. Armee der 9. 8. bestimmt. Nachdem durch „Wirbelwind''
eine erhebliche Frontverkiirzung im Raum Suchinitschi erreicht war, sollten
74
IV. Der ostliche Kriegssdiauplatz 1942
dann die freiwerdenden Krafte mit dazu dienen, den Angriffsstofi der 9. Armee
auf Ostaschkow („Derfflinger") doch nodi zu fuhren.
Ehe es jedoch zum Beginn von „Wirbelwind'' kam, hatten die Sowjets am
30. 7. mit ihrer Grofioffensive an der Nordfront, am 4. 8. an der Ostfront des
von der 9. Armee gehaltenen Rshew=Bogens begonnen. Sie war der Beginn
einer Kette von sowjetischen Angriffsschlagen, die das Geschehen an der Front
der H.Gr. Mitte bis in den September hinein bestimmten. Da sich die H.Gr.
genotigt sah, die fiir „Wirbelwind'' hinter der 4. Armee versammelten Re=
serven in die Schlacht bei der 9. Armee zu werfen, mufite sich Hitler dazu ent=
schlielien, auf „Wirbelwind'' in der geplanten Form zu verzichten. Doch be=
stand er in einer Besprechung mit Gen.Feldmarschall v. Kluge in „WerwolP
am 7. 8. auf dem baldigen Angriff der 2. Panzerarmee mit dem Ziel, den Suchi=
nitschi=Bogen abzuschneiden, wobei die 4. Armee durch einen kurzen Vorstofi
auf Mosalsk ihre Aufgabe erleichtern soUte. Die 9. und 3. Panzerarmee sollten
ihre Fronten mit eigenen Kraften halten, die 9. Armee sogar die Vorberei=
tungen fiir „Derff linger'' weiter betreiben. Gen.Feldmarschall v. Kluge gab
diese Entscheidung Hitlers den Armeen mit einer Weisung vom 8. 8. bekannt,
die die Oberspanntheit der Zielsetzung der Obersten Fiihrung deutlich ers
kennen liefi^^.
Die kleine Operation „Wirbelwind" begann schliefilich am 11. 8., blieb je=
doch schon nach wenigen Tagen (14. 8.) endgiiltig stecken, obwohl fiir diesen
Angriff iiber 400 deutsche Panzer vereinigt worden waren. Am Tage davor
(13. 8.) waren die Sowjets nun auch an der Front der 3. Panzerarmee zum An=
griff angetreten und hatten im ersten Ansturm einen tiefen Einbruch in die
deutsche Front erzielt. Wahrenddessen entstand bei der 9. Armee im Rshew=
Bogen seit dem 12. 8. eine schwere Krise. Als Hitler auch in dieser Situation
nicht bereit war, „Wirbelwind" einzustellen, meldete Gen.Feldmarschall
V. Kluge am Abend des 14. 8. ^ die Stellungen der 3. Panzerarmee und der
9. Armee seien mit den ihm zur Verfiigung stehenden Mitteln nicht mehr zu
halten. Die dramatisch geschilderte Situation veranlafite Hitler, der Rshew aus
Prestigegriinden imbedingt halten wollte, die Div. „Gro6deutschland", die nach
dem Westen abtransportiert werden soUte (s. oben S. ^y), und die 72. Inf.Div.
der 11. Armee, die sich auf dem Transport an die Front vor Leningrad befand,
in den Bereich der H.Gr. Mitte abzudrehen. Aufierdem stellte er eine Verstar=
kung der Luftwaffenverbande in Aussicht. Erst am 22. 8. entschlofi er sich
endlich, das festgef ahrene Unternehmen „Wirbelwind" aufzugeben (14 000
Gefangene, 350 Geschiitze, 480 Panzer erbeutet oder abgeschossen).
Da sich die Lage im Rshew=Bogen weiter zuspitzte, beantragte v. Kluge bei
einem erneuten Besuch in „Werwolf" am 1. 9., die Front der 3. Panzerarmee
und der 9. Armee auf eine Sehnenstellung zuriickzunehmen. Dies lehnte Hit=
2a Vgl. Dokumenten=Anhang Nr. 18.
3 Aufz. zum KTB WFStab, 14. 8. 1942.
75
A. Einfiihrung
ler strikt ab; doch gab er am 9. 9. endlich die Div. „Gro6deutschland'' zum
Einsatz fiir einen Gegenstofi siidostwarts Rshew frei. Erst Ende September
klangen die sovvjetischen Angriffe ab, ohne dafi ein grofierer Riickzug not=
wendig geworden ware; die Krise war, wenn auch unter schweren Verlusten,
iiberstanden.
Bei der seit Oktober in der Abt. Fremde Heere Ost im Generalstab des
Heeres erorterten Frage nach den sowjetischen Absichten fiir den kommenden
Winter schwankte man auf Grund der vermuteten Krafteverteilung des Geg=
ners, ob sich der Schwerpunkt gegen die H.Gr. Mitte oder — was erst in zwei=
ter Linie erwartet wurde — gegen die deutsche Front im Raum von Stalingrad
richten werde. Fiir die erstere Annahme schien auch die im Generalstab des
Heeres angestellte Beurteilung der strategischen Moglichkeiten zu sprechen,
dali ein entscheidender Erfolg gegen die H.Gr. Mitte dem Gegner den Weg
in die nahe gelegenen Baltischen Lander und damit die riickwartigen Land=
verbindungen der H.Gr. Nord offnen wiirde. Dadurch wiirde sich ihm die
Aussidit auf eine raschere und viel tiefer greifende operative Wirkung an=
bahnen als bei einem Angriff gegen den weit nach Osten vorgestaffelten
Siidfliigel der deutschen Ostfront. Das feindliche Kraftebild vor der H.Gr.
Mitte Anfang November schien diese Auffassung zu bestatigen. Auf Grund
dieser Krafteverteilung vermutete der Generalstab des Heeres daher eine
Fortsetzung der sowjetischen Anstrengungen des Winters 1941/42, durch eine
Doppelumfassung aus dem Raum von Suchinitschi und von Toropez mit dem
gemeinsamen Ziel Smolensk den Block der H.Gr. Mitte zum Einsturz zu
bringen. Wiederum war mit einer grofien sowjetischen Uberlegenheit zu
rechnen. 114 sowjetische Verbande waren in Front festgestellt, ebenso viele
wurden in Reserve vermutet. Demgegeniiber verfiigte die H.Gr. Mitte in ihrer
weitgespannten Front bei Beginn der fiir Mitte November erwarteten sowje=
tischen Offensive insgesamt nur iiber "jo Divisionen (davon 10 als Reserve).
Wahrend sich die H.Gr. Mitte durch Bildung von Reserven auf die sowje=
tische Winteroffensive einstellte, wollte Hitler einen Angriffsschlag aus dem
Raum von Welikije Luki in Richtung Toropez vorbereiten, um dem Gegner
zuvorzukommen. Zu diesem Zweck wurde das dem OKH direkt unterstehende
AOK 11 am 30. 10. aus dem Raum um Leningrad nach Witebsk verlegt. An
dem geplanten Unternehmen („Taubenschlag'') soUte sich neben den der
11. Armee unterstellten Kraften im Raum Welikije Luki auch die 9. Armee
(Stoli auf Nelidowo) beteiligen. Doch kam es hierzu nicht mehr, da das
AOK 11 (Gen.Feldmarschall v. Manstein) nach dem sowjetischen Durchbruch
durch die rumanischen Armeen beiderseits Stalingrad am 21. 11. als H.Gr.=
Kdo. Don in den Siidabschnitt verlegt wurde. Gleichzeitig wurden zwei Pan=
zerdivisionen (11. und 19. Pz.Div.) aus dem Bereich der H.Gr. Mitte in den
Siiden abtransportiert. Statt der geplanten Offensive auf Toropez fand eine
grofiangelegte Funk= und Marschtauschung statt. Die H.Gr. Mitte erhielt den
Befehl zur Verteidigung aller ihrer Stellungen angesichts der bevorstehenden
76
IV. Der ostliche Kriegssdiauplatz 1942
sowjetischen Winteroffensive, auf die sie — besser als die H.Gr. B — vorbereitet
war, zumal ihr relativ starke Reserven zur Verfiigung standen.
Bei der H.Gr. Nord (Gen.Oberst v. Kiichler) hatte sich nach Herstellung
der Verbindung mit der „Festung Demjansk'' (28. 4., s. oben S. 43) der
Schwerpunkt der Anstrengungen auf deutscher Seite auf den sowjetischen
Einbruchsraum westlich des Wolchow verlagert, wo es darauf ankam, den
seit 27. 3. wieder geoffneten Kessel erneut zu schliefien und aufzureiben.
Nachdem am 21. 5. erstmals Ramungsbewegungen der Sowjets aus dem Kessel
nach Osten festgestellt worden waren, trat die 18. Armee am folgenden Tage
zur Verengung des Einbruchraumes von alien Seiten an. In der Nacht vom
30./31. 5. wurde westlich des Wolchow die Verbindung der sowjetischen Trup=
pen nach Osten erneut abgeschnitten, die von diesen nur noch einmal am
21. 6. fiir wenige Stunden gesprengt werden konnte. Nach letzten vergeblichen
Ausbruchsversuchen war die Schlacht am 28. 6. erfolgreich abgeschlossen
(32 000 Gefangene, 649 Geschutze und 171 Panzer erbeutet oder zerstort).
Der OB der 20. sowjetischen Stofiarmee, Generalleutnant Wlassow^, der sich
noch einige Zeit versteckt hielt, fiel am 12. 7. in deutsche Hand.
Am 21. 6. befahl die 18. Armee die Vorbereitung des Angriffs auf den
sowjetischen Briickenkopf Oranienbaum (Unternehmen „Bettelstab'')/ der
schon in der OKH=Weisung vom 12. 2. 1942 als vordringlich betrachtet wor=
den war (s. oben S. 46). Als friihest moglichen Angriffstermin sah die Armee
den 6. 9. an. AUe Vorbereitungen hierfiir wurden jedoch eingestellt, als der
H.Gr. Nord am 19. 7. vom Generalstab des Heeres mitgeteilt wurde ^, dafi
„z. Z. Erwagungen . . . schwebten, statt des Angriffs gegen die Kronstadter=
Bucht=Front einen Angriff gegen Leningrad zu fuhren mit dem Ziel, die
Stadt zu nehmen, die Verbindimg mit den Finnen nordlich Leningrad her=
zustellen und dadurch die russische Ostseeflotte auszuschalten''. (Auch das
von der H.Gr. geplante Unternehmen „Moorbrand'', die Beseitigung des Ein=
bruchsraumes von Pogostje, wurde von Hitler am 8.8. zugunsten der Konzen=
tration auf den Angriff gegen Leningrad zuriickgestellt.) Schon am 18. 7. war
von Hitler mit dem Verzicht auf das Unternehmen „Bliicher'', den Ubergang
der 11. Armee iiber die Stralie von Kertsch, der Gedanke verkniipft worden,
diese Armee zur H.Gr. Nord zu iiberfiihren, um „Leningrad zu nehmen, da=
durch die finnischen Divisionen auf der KareHschen Landenge freizumachen
und die Landverbindung mit Finnland herzustellen"' ®. Bereits am 26. 5. hatte
er der H.Gr. Nord befohlen, „die Evakuierung Leningrads mit alien Mitteln,
4 Uber Wlassows Rolle 1942 vgl. Alexander Dallin, Deutsche Herrschaft in Ru6=
land 1941—1945. Eine Studie iiber Besatzungspolitik, Diisseldorf (Droste Verlag)
1958, S. 567 ff . — Vgl. auch die Aufzeichnung des Botschaftsrats Hilger vom
8. 8. 1942 iiber die Vernehmung Wlassows im Dokumenten=Anhang Nr. 19.
5 OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (IN) Nr. 420510/42 g.Kdos. Chefs, vom 19.7.1942,
gez. Haider.
6 OKW/WFStab/Op. Nr. 551/61/42 g.Kdos. Chefs, vom 18. 7. 1942, gez. Adolf
Hitler.
77
A. Einf iihrung
insbesondere durch die Luftwaffe, zu bekampfen'', nachdem auf Grund eines
mitgehorten Funkspruchs angenommen wurde, dafi die Raumung der Stadt
von Zivilisten in Transporten iiber den Ladoga=See bevorstehe^.
Nachdem Hitler Planung und Vorbereitung des Unternehmens „Nordlicht''
zunachst in die Hand der H.Gr. Nord (Gen.Feldmarschall v. Kiichler) und der
18. Armee (Generaloberst Lindemann) gelegt hatte, entschied er am 21. 8.
plotzlich, das AOK 11 (Gen.Feldmarschall v. Manstein) mit der eigentlichen
Fiihrung zu beauftragen. Am 23. 8. erhielt v. Manstein in „Werwolf'' von
ihm die entsprechenden Richtlinien: „Der Fiihrer stellt voran, dafi das Unter=
nehmen ,Nordlicht' nur Mittel zu dem Zweck sei, die Ostsee freizumachen
und die Karelische Landenge zu besetzen. . . Der Angriffsplan der H.Gr. Nord
wird Gen.Feldmarschall v. Manstein nur in grolien Ziigen mitgeteilt, ihm im
iibrigen voile Freiheit gelassen. Der Auftrag lautet: Tempo 1: Leningrad ab=
schliefien und Verbindung mit den Finnen suchen. Tempo 2: Leningrad be=
setzen und dem Erdboden gleichmachen^."" Als vorlaufiger Termin wurde der
14. 9. vorgesehen.
Noch ehe die Verbande der 11. Armee vor Leningrad vollstandig versam=
melt waren, begann am 27. 8. ein sowjetischer Angriff gegen die Ostfront des
„Flaschenhalses'', des diinnen deutsch=besetzten Schlauches siidlich Schliissel=
burg, der die H.Gr. Nord zwang, alle verfiigbaren Krafte in den Einbruchs=
raum zu verlegen. Da nach Auffassung Hitlers „die ergriffenen Mafinahmen
ein Bild willenloser Fiihrung zeigten^"', entschied er am 4. 9., dafi „Gen.Feld=
marschall v. Manstein mit den ihm zur Verfugung stehenden Kraften ein=
schliefilich der Heerestruppen sofort unter Ausschaltung der H.Gr. Nord den
Nordabschnitt der 18. Armee iibernehmen'" solle. Schon am 1. 9. hatte sich
Hitler dazu entschlielBen miissen, „Nordlicht'' erst nach Bereinigung des Ein=
bruchs siidlich des Ladoga=Sees zu beginnen. Wegen der Fortdauer der Schlacht
— sie konnte erst nach Einleitung des deutschen Gegenangriffs am 21. 9. unter
Verbrauch der fiir den Angriff auf Leningrad vorgesehenen Krafte der 11. Ar=
mee, einschlielElich der schweren Artillerie, am 2. 10. erfolgreich abgeschlossen
werden — mulBte der Termin fur „Nordlicht'' immer weiter hinausgeschoben
werden. Am 1. 10. erwog Hitler selbst, „Nordlicht'' vorerst zuruckzustellen
und zuerst die Lage bei Pogostje („Moorbrand'') zu bereinigen, um Krafte
zu gewinnen. SchliefiHch erging am 20. 10. ein OKH=Befehl, anstelle von
„NordHcht'' „die HKL durch starke Stoiitruppunternehmen weiter an Lenin=
grad heranzuschieben''. Als Hitler am 30. 10. das AOK 11 nach Witebsk
verlegte (s. S. ^6), war das Unternehmen „Nordlicht'' praktisch aufgegeben.
Auch die H.Gr. Nord sah sich — wie die H.Gr. Mitte — einer trotz standig
wiederholter eigener Angriffsunternehmen wachsenden Partisanengefahr in
ihrem Riicken ausgesetzt. Hitler glaubte sich daher genotigt, das Problem grund=
7 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abt. des OKW, 26. 5. 1942.
8 Aufz. zum KTB WFStab, 23. 8. 1942.
9 Aufz. KTB WFStab, 4. 9. 1942.
7^
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
satzlich anzupacken. Am 18. 8. 1942 erlieJS er mit der „Weisung Nr. 46" ^
„Richtlinien fiir die verstarkte Bekampfung des Bandenunwesens im Osten'',
die mit der bezeichnenden Einleitung begann: „Das Bandenunwesen im Osten
hat in den letzten Monaten einen nicht mehr ertraglichen Umfang angenom=
men und droht zu einer ernsten Gefahr fiir die Versorgung der Front und die
wirtschaftliche Ausniitzung des Landes zu werden. Bis zum Beginn des Win=
ters miissen diese Banden im wesentlichen ausgerottet und damit der Osten
hinter der Front befriedet werden, um entscheidende Nachteile fiir die Kampf=
fiihrung der Wehrmacht im Winter zu vermeiden/' Hierbei wurde festgelegt,
dali in Zukunft der Reichsfiihrer=S5 „allein verantwortlich fiir die Banden=
bekampfung in den Reichskommissariaten'' (Ostland und Ukraine) sein sollte,
wahrend der Chef des Generalstabes des Heeres weiterhin im Operations=
gebiet die Verantwortung hierfiir tragen sollte. Eine umfangreiche 111 Punkte
umfassende „Kampfanweisung fiir die Bandenbekampfung im Osten'' vom
11. 11. 1942 trat am 1. 12. in Kraft 2. Die Erfolge bUeben auch danach begrenzt.
Mitte 1943 wurde die Zahl der hinter den H.Gr.n Nord und Mitte operierenden
Partisanen bereits auf 600 000 Mann geschatzt^.
5. Die Lage an der finnisdien Front
Nordfinnland war, wie schon erwahnt (s. oben S. 37), seit 1941 „OKW=
Kriegsschauplatz''. Wahrend des Feldzuges von 1941 hatte Generaloberst
V. Falkenhorst (AOK Norwegen) von seiner „Befehlsstelle Finnland" in Ro=
vaniemi aus die Operationen an der Eismeerfront und im Abschnitt Salla
geleitet^^. Da er am 28. 12. 1941 auf Befehl Hitlers (der auf Grund allgemeiner
Uberlegungen und unter dem Eindruck britischer „Kommando"=Untemehmen
auf norwegischen Inseln mit einer akuten Bedrohung Norwegens durch eine
britische Invasion rechnete, s. unten S. 123 f .), in sein H.Qu. in Oslo zuriick=
kehren mufite, wurde am 14. 1. 1942 das neue AOK Lappland gebildet, dessen
Fiihrung der bisherige Kdr.General des am Eismeer und an der Liza=Front
stehenden Geb.Korps Norwegen, General d. Geb.Tr. Dietl, iibernahm. Zu
seinem Befehlsbereich gehorte bis zum 3. 7. 1942 auch der Abschnitt des fin=
nischen III. A.K. in Mittelfinnland, wahrend die nach Siiden anschliefiende
Front in Ostkarelien, am Swir und an der Karelischen Landenge unter der
1 Hubatsch, a. a. O., S. 201 ff.
2 Ausziige daraus bei Hanns v. Krannhals, Der Warsdiauer Aufstand 1944, Frank=
furt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen) 1962, S. 340—44. Uber die
Diskussion innerhalb der Obersten Wehrmachtfiihrung iiber die „Kainpfanwei=
sung" s. Fragment der Lagebesprechung bei Hitler am 1. 12. 1942: Heiber, a.a. O.,
S. 6^ £f. mit den Fufinoten S. 68/69.
3 Vgl. die Ubersichtskarte (Stand 1. 7. 1943) in: E. M, Howell, The Soviet Partisan
Movement 1941—1944, Washington 1956, S. 161.
3a Fiir das Folgende vgl. auch die auf Grund deutschen Quellenmaterials erstellte
detaillierte Darstellung von Earl F. Ziemke, The German Northern Theater of
Operations 1940—1945, Washington 1959, S. 211 ff.
79
A. Einfiihrung
Leitung des finnischen Generalstabes und des Oberbefehlshabers, Marschall
Mannerheim, H.Qu. in Mikkeli, stand.
Die sowjetische Friihjahrsoffensive gegen die Front des AOK Lappland
(24. 4.-23. 5. im Abschnitt des finnischen III. A.K. ostwarts Kestenga— Louhi;
27. 4.— 14. 5. an der Liza= Front) ^ endete mit klaren deutsch=finnischen Ab=
wehrerfolgen. Am 16. 5. erlieii der WFStab eine „Weisung fiir die weitere
Kampffiihrung des AOK Lappland^'', in der die Eroberung der Fischer=Halb=
insel (Untemehmen „Wiesengrund'') fiir den Spatsommer 1942 oder den
Winter 1942/43 vorgesehen wurde. In der Aussprache zwischen Hitler und
Dietl am 4. 6. anlafilich des Besuches Hitlers bei Marschall Mannerheim machte
Dietl darauf aufmerksam, dali die deutschen Krafte fiir ein solches Unter=
nehmen nicht ausreichten. Stattdessen regte er im Gesprach mit Jodl am 13. 7.
eine Wiederaufnahme des schon seit Herbst 1941 geplanten doppelten An=
griffs gegen die Murman=Bahn an (deutscher Vorstofi nach Kandalakscha,
finnischer Stofi auf Belomorsk/Soroka). In der ,Juhrer=W eisung" Nr. 44 vom
21. 7. 1942® wurde dieser Gedanke aufgenommen:
„Es kommt nunmehr darauf an, audi die nordliche Versorgungslinie abzusdinei=
den, die Sowjetrufiland mit den angelsachsisdien Maditen verbindet. Dies ist in
erster Linie die Murman=Bahn, auf der die Materiallieferungen aus Amerika und
England in der iiberwiegenden Menge in den Wintermonaten zugefiihrt worden
sind. Die Bedeutung dieser Versorgungslinie wird sich erneut steigern, wenn Jahres=
zeit und Witterung einen erfolgreichen Einsatz gegen die Geleitziige im Norden
aussdiliefien.
Hierzu bereitet Geb.=AOK 20', entsprediend seinem Vorsdilag, im Einvernehmen
mit Luftflotte 5 fiir den Herbst dieses Jahres einen Angriff zur Gewinnung der
Murman=Bahn bei Kandalakscha vor.
Dabei kann damit gerechnet werden, dafi
a) spatestens im September Leningrad genommen wird und hierdurch finnisdie
Krafte freigemacht werden,
b) bis Ende September die 5. Geb.Div.^ nach Finnland zugefiihrt sein wird. . .
Es ist wiinschenswert, mit dem Angriff des Geb.=AOK 20 ein Vorgehen der Finnen
gegen Belomorsk zu verbinden. . .
Die wichtigste Aufgabe des Geb.=AOK 20 bleibt (indessen) der unbedingte Schutz
der finnischen Nickelerzeugung. Es mu6 erneut und mit allem Ernst darauf hin=
gewiesen werden, dafi der Ausfall der Nickellieferungen Finnlands an Deutschland
dieses jeder Moglichkeit berauben wiirde, hochwertige Stable, in erster Linie fiir
die Flugzeug= und U=Boot=Motorenfertigung, herzustellen. Das kann zu entschei=
denden Folgen fiir den Ausgang des Krieges fiihren. Geb.=AOK 20 mu6 demnach
jederzeit in der Lage sein, dem Geb.=Korps Norwegen die fiir die Erfiillung seiner
Aufgaben notwendigen Reserven zuzufiihren. . .
4 Deutsch=finnische Gesamtverluste im Bereich des finnischen III. A.K. 2500 Mann,
an der Liza=Front 3200 Mann.
5 OKW/WFStab/Op. Nr. 55798/42g.Kdos. Chefs, vom 16. 5. 1942.
6 Hubatsch, a. a. O., S. 194 ff.
7 Am 22. 6. 1942 wurde das AOK Lappland in Geb.=AOK 20 umbenannt.
8 Die 5. Geb.Div. befand sich im Bereich der H.Gr. Nord und verblieb schliefilich
auch dort.
So
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Das Unternehmen ,Wiesengrund' unterbleibt in diesem Jahre. Die Vorberei=
tungen sind jedoch so weiter zu treffen und zu verstarken, dafi im Friihjahr 1943
die Durchfiihrung mit beschrankter Anlaufzeit (8 Wochen) moglich ist. Besonderer
Wert ist auf Ausbau und Verstarkung der Luft= und Versorgungsbasis zu legen,
da diese die Grundlage sowohl fiir die Durchfuhrung von ,Wiesengrund' wie auch
fiir die Abvvehr eines feindlichen Grofiangriffs im Nordraum ist."
Da die finnische Unterstiitzung fiir das Unternehmen gegen die Murman=
Bahn („Lachsfang'') an unerfiillbare Vorbedingungen gekniipft wurde (s. oben
S. 37), muiite es am 5. 9. fiir 1942, am 30. 10. schliefilich auch fiir den Winter
1942/43 und damit endgiiltig abgesagt werden. Die Umstellung auf die stra=
tegische Defensive im Nordraum^ fiihrte im Dezember 1942 zu dem Befehl
Hitlers, die 20. Gebirgsarmee auf insgesamt 172 200 Mann zu verstarken (am
1. 7. 150 000 Mann).
Neben diesen nicht zur Auswirkung gelangten Offensivplanungen spielte
der vom Geb.=AOK 20 gehaltene Raum als Basis der Luftflotte 5 (Gen.Oberst
Stumpff) im Jahre 1942 eine bedeutende RoUe. Am 14. 3. 1942 hatte Hitler
der Kriegsmarine und Luftwaffe eine intensive Bekampfung der alliierten Ge=
leitziige nach Murmansk und Archangelsk zwischen der Baren=Insel und der
Murman=Kiiste befohlen. Den Vorschlag der Luftflotte 5, zur Erleichterung
dieser Aufgabe die Insel Spitzbergen zu besetzen, lehnte er schliefilich aus
Kraftemangel am 22. 3. 1942 ab^ Am 16. 5. 1942 kam er selbst noch einmal
auf diese Ervvagung zuriick und beauftragte Goring mit der Durchfiihrung
entsprechender Erkundigungen, die dann jedoch negativ ausliefen.
Die Starke der Luftflotte 5, die im Februar 1942 90 Kampfflugzeuge, 30
Stuka und 15 Torpedoflugzeuge umfalit hatte, wurde im Sommer erheblich
erhoht. Ihr Einsatz trug wesentlich zu den schweren Verlusten der alliierten
Konvois PQ 13/QP 9 vom 27.— 31. 3., PQ 15/QP 11 vom 26. 4.-7. 5., PQ 16/
QP 12 vom 25.— 30. 5. und vor allem PQ 17 vom 4.— 10. 7., schhejglich noch
PQ 18 vom 13.— 18. 9. 1942 bei^.
An der finnischen Front (Karelische Landenge, Swir, Ostkarelien) kam es
seit Abklingen der sowjetischen Friihjahrsoffensive (11.— 21. 4.) am Swir — wie
an den Landfronten im Bereich des Gebirgs=AOK 20 — das ganze weitere
Jahr iiber nur zu ortlichen Kampfen^.
9 Vgl. hierzu OKW/WFStab/Op. Nr. 551 940/42 g.Kdos. Chefs, vom 29. 11. 1942
(Tgb. Erfurth, 5. 12. 1942).
1 OFW/WFStab/Op. Nr. ^3 518/42, Vortragsnotiz vom 13. 3. 1942; OKW/WFStab/
Op. (M) Nr. ^^ 537/42 betr. Spitzbergen vom 22. 3. 1942.
2 Zusammenstellung der Erfolge in der Chronik, Teil D 5.
3 Um den sowjetischen Nachschub nach Leningrad zu unterbinden, wurde der
Einsatz deutscher und italienischer Schnellboote sowie deutscher Siebel=Fahren
auf dem Ladoga=See vorbereitet, ab 1. 7. bzw. 1. 8. bis 6. 11. 1942 mit begrenzten
Erfolgen auch durchgefiihrt. Vgl. hierzu Waldemar Erfurth, Der finnische Krieg
1941—1944, Wiesbaden (Limes Verlag) 1950, S. 108 f . und S. 128 f ., und L. F. Lu=
pinacci, Attivita della Marina in Mar Nero e rul Lago Ladoga (La Marina
Italiana nella seconda guerra mondiale, Bd. 11), Rom 1962.
81
A. Einfiihrung
6. Die Abwehr der sowjetisdien Offensive ab 19. 11. 1942
An den Entscheidungen, die die deutsche Oberste Fiihrung seit November
1942 treffen muiSte, war der WFStab nur nach der einen Seite hin beteiligt.
Er konzentrierte sich entsprechend seines seit Oktober 1942 eingeschrankten
Aufgabenbereichs auf die Vorgange auf den „OKW=Kriegsschauplatzen'', von
denen der Mittelmeerraum seit Beginn der Offensive der 8. britisdien Armee
in Agypten (23. 10.) und der Landung der Alliierten in Franzosisch=Nordwest=
afrika (8. 11.) seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. An den Entschei=
dungen, die nach Beginn der sowjetisdien Grofioffensive beiderseits Stalingrad
(19./20. 11.) auf dem ostlichen Kriegsschauplatz notwendig wurden, war er
nicht beteiligt. Lediglich der Chef WFStab, General Jodl, selbst aufierte in
den Lagebesprechungen seine Auffassung zu den erorterten Problemen, ohne
dafi diese seine Aulierungen in Anbetracht seiner geminderten Stellung bei
Hitler besonderes Gewicht besafien^. Der folgende Abrifi^ beschrankt sich auch
aus diesem Grunde bewufit auf die zwei Zeitraume, in der es in der Obersten
Fiihrung um die Grundentscheidungen ging: vom 19.— 25. 11., als die Frage,
ob der 6. Armee der Riickzug aus Stalingrad freigegeben oder ob die Armee
auf die Verteidigung an der Wolga festgelegt werden soUte, zur Diskussion
stand, und vom 19.— 25. 12., als die letzte Moglichkeit, der Armee den Aus=
bruch nach Siidwesten zur 4. Panzerarmee zu befehlen, ungenutzt blieb.
Als die sowjetische Offensive am 19. 11. die Front der 3. rumanischen Armee
am Don und am folgenden Tage die des VI. rumanischen A.K. siidlich Stalin=
grad aufrifi, befand sich Hitler mit seiner engeren militarischen Begleitung,
zu der auch der fiir den ostlichen Kriegsschauplatz verantwortliche Chef des
Generalstabes, General d. Inf. Zeitzler, gehorte, noch auf dem Berghof bei
Berchtesgaden. Dieser stand also mit der Op.Abt. des Generalstabes des Hee=
res, bei der die Meldungen von der Ostfront eingingen und die im H.Qu. OKH
in Ostpreufien geblieben war, nur in fernmiindlicher Verbindung. Erst am
23. 11., als die sowjetischen Offensivzangen sich bereits bei Kalatsch hinter
der 6. Armee geschlossen hatten, traf Hitler mit seiner Begleitung wieder in
der ,,Wolfsschanze'' ein.
4 Vgl. hierzu audi Warlimont, a. a. O., S. 294 f.
5 Eine kriegsgeschichtliche Darstellung der Schlacht um Stalingrad, selbst in grofien
Ziigen, ist im Rahmen dieses Uberblicks nicht moglich. Es kommt hier lediglich
darauf an, die Haltung der Obersten Fiihrung zu beleuchten. Neben den Dar=
stellungen von Doerr und Gorlitz (in: Entscheidungsschlachten des Zweiten
Weltkrieges, a. a. O., S. 273 ff.), den Memoiren Mansteins und dem Nachlafi
Paulus' sind vor allem die Studien von Ferdinand Helm „StaIingrad", in: Philippi
— Heim, a. a. O., S. 177—200, und Hans=Adolf Jacobsen „Zur Schlacht von Stalin=
grad — - 20 Jahre danach", in: Allgemeine Schweizerische Militarzeitschrift 2/1963
grundlegend und vom Verf. herangezogen worden. Vgl. auch die eigene knappe
Darstellung aus dem Blickwinkel der Obersten Wehrmachtf iihrung : Andreas
Hillgruber, So opferte Hitler die 6. deutsche Armee in Stalingrad, in: Miinchner
Merkur, 25. 1. 1963, S. 10,
82
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Die wichtigsten der in den Lagebesprechungen vorgebrachten Argumente
und die Atmosphare, aus der heraus die schwerwiegenden Entscheidungen
getroffen wurden, spiegeln sich in den personlichen Notizen des „Adjutanten
des Heeres beim Fiihrer'', Major i. G. Engel^ so gut wider, dafi sie — zumal
offizielle Aufzeichnungen weitgehend fehlen — hier in den wichtigsten Aus=
ziigen wiedergegeben werden. Ober die Lagebesprechung am 19. 11. notierte
Engel: „Schlechte Abendlage, offensichtlich bei Rumanen Katastrophe, noch
kein klares Bild. Generaloberst v. Weichs spricht selbst mit Fiihrer und fordert
Freiheit fiir General Heim (XXXXVIII. Pz.Korps) ; diese wird auch zunachst
erteilt, (dann) aber widerrufen. . . Abends kommen laufend widersprechende
Nachrichten. . . Zeitzler sieht nicht klar und schlagt Fiihrer vor. General Heim
vor allem zusammenzuhalten und erst dann freizugeben, wenn Lage klar;
daher Anhalten des Pz.Korps. Ich selbst trage Fiihrer noch vor, dafi Rumanen
nur mit tschechischen, franzosischen und ganz wenigen Panzern III und IV
alter Bauart bewaffnet seien. v. Weichs meldet noch in der Nacht, dafi General
Heim hinter den Kurtlak=Abschnitt zur Verfugung der Heeresgruppe zuriick=
geht.''
20.11.: „Eine typische Lagebesprechung. Restloses Durcheinander wegen
der Rumanen, alles klammert sich an Heim. Fiihrer ist selbst iiber das, was
zu tun, vollig unsicher. Auffassungen gehen auseinander, aber auch OKH
macht keine prazisen Vorschlage. Vorschlag Jodls, v. Weichs die Entscheidung
zu iiberlassen, wird abgelehnt. XXXXVIII. Pz.Korps soil alles machen, 6. Ar=
mee helfen und dann wieder nach Nordwesten, Lage nach links festigen und
bereinigen. Schlimm ist, dafi man gar nicht weifi, wo im Augenblick Heim
ist. . ." Dennoch liefi Hitler das XXXXVIII. Pz.Korps an diesem Tage erneut
nach Norden antreten, da er die Lage im Nordraum mit dem Gegenangriff
des linken Fliigels der 6. Armee moglichst wieder bereinigen wollte.
21.11.: „Immer neue Hiobsbotschaften; nun auch siidlich Stalingrad eben=
falls Krise bei den Rumanen. Jodl schlagt vor, Wolgafront bei AOK 6 vollig
zu entblofien, da nunmehr dort kaum noch Angriffsgefahr und Stiitzung des
Siidabschnitts, anderenfalls Einschlieliung von Stalingrad nur noch Frage von
Stunden. Fiihrer sagt nein, mit den bekannten Argumenten; damit andere
man die Lage nicht, und dem Russen bliebe das nicht verborgen. Als Meister
im Hauserkampf ginge dann auch das Gelande in Stalingrad wieder verloren.
Immer wieder Fiihrer: ,Ganz gleich, was kame, das miissen wir auf alle Falle
halten.' "
In der Nacht vpm z-l.Izz. 11. befahl Hitler in einem Funkspruch an die
6. Armee Gegenangriffe gegen die Sowjets an ihrem linken FliigeF:
6 Tagebudiaufzeichnungen des Generalleutnants a. D. Gerhard Engel, 1942 „Ad=
jutant des Heeres beim Fiihrer'', dem Verf. von Hans=Adolf Jacobsen freund=
lichst zur Verfiigung gestellt.
7 Funksprudi H.Gr. B an AOK 6, 22. 11. 1942, 0.30 Uhr, eingetroffen um 7.50 Uhr
(„Der Fiihrer hat befohlen").
83
A. Einfiihrung
„Die auf dem Westufer des Don bei Golubinka und westlich Kalatsch be=
findlichen und eintreffenden Telle der 6. Armee haben durch Angrijff in nord=
westlicher Richtung zunachst die Linie Werchnaja— Businowka— Dobrinskaja
zu gewinnen und damit die Verbindung zwischen den bei Werchnjaja Bu=
sinowka stehenden Teilen und dem rechten Fliigel der Sicherungslinie des
Koriick herzustellen. Das XI. A.K. hat seine Stellungen in der jetzigen Linie
zwischen Logowskij bis siidHch Orechowskij auf jeden Fall zu halten. . ."
Uber die folgenden Tage einschlielilich der entscheidenden Nacht vom 23./
24. 11., in der es um die Frage ging, ob der seit 22. 11. eingeschlossenen
6. Armee der Befehl zum Durchbruch nach Siidwesten und zum Anschlufi an
die 4. Panzerarmee erteilt werden soUte, sind fiir den Bereich der Obersten
Wehrmachtfiihrung aufier wenigen Befehlen keine Quellen vorhanden. In
der Nacht vom 22.723. 11. erging der bekannte Funkspruch Hitlers an den
OB der 6. Armee®: „Die 6. Armee ist voriibergehend eingeschlossen. Ich kenne
die 6. Armee und ihren Oberbefehlshaber und weifi, dafi sie sich in dieser
Lage tapfer halten werden. Die 6. Armee muli wissen, dafi ich alles tue, ihr
zu helfen und sie zu entsetzen. Ich werde ihr rechtzeitig meine Befehle geben.'"
Nachdem die Lagebeurteilungen des Chefs der Luftflotte 4, Gen.Oberst
V. Richthofen, und des Kdr.Generals des VIII. Flieger=Korps, Generalleutnant
Fiebig, „die dem AOK 6 wie auch ihren Luftwaffenvorgesetzten gegeniiber
einhellig die Meinung vertraten, dafi die Luftversorgung einer ganzen Armee
im Winter unmoglich sei^'', im FHQu eingetroffen waren, sandte Paulus in
der Nacht vom 23-/24. 11. den — gleichfalls bekannten — Appell an Hitler^,
dessen Kernsatze lauteten: „Die Schliefiung des Kessels im Siidwesten und
Westen ist nicht gegliickt. Bevorstehende Feinddurchbriiche zeichnen sich hier
ab. Munition und Betriebsstoff gehen zu Ende. Zahlreiche Batterien und Pan=
zerabwehrwaffen haben sich verschossen. Eine rechtzeitige, ausreichende Ver=
sorgung ist ausgeschlossen. Die Armee geht in kiirzester Zeit der Vernichtung
entgegen, wenn nicht unter Zusammenfassung aller Krafte der von Siiden
und Westen angreifende Feind vernichtend geschlagen wird. Hierzu ist die
Herausnahme aller Divisionen aus Stalingrad und starker Krafte aus der
Nordfront erforderlich. Unabwendbare Folge mul3 dann Durchbruch nach Siid=
westen sein, da Ost= und Nordfront bei derartiger Schwachung nicht mehr zu
halten."
Vorausgegangen war am 21. 11. mittags ein „Fiihrerentsdieid" : „6. Armee halt
trotz Gefahr voriibergehender Einsdiliefiung. Befehlsiibernahme iiber IV. A.K.
und Reste ruman. VI. A.K. vorbereiten. Bahnlinie moglichst lange offen halten.
Uber Luftversorgung folgt Befehl." (Funkspruch der H.Gr. B an AOK 6, 21. 11.
1942, 15.25 Uhr).
S Fiihrer=Funkspruch Nr. 1368 an AOK 6, 22. 11. 1942, 22.00 Uhr (OKH/Gen.St.d.H./
Op.Abt. Nr. 420951/42 g.Kdos. Chefs.).
9 Philippi— Heim, a. a. O., 5. 182,
1 Funkspruch AOK 6 an OKH, 23. 11., abgegangen 21.30 Uhr, Durchgabe an OKH
23.45 Uhr; mufi demnach in den ersten Stunden des 24. 11. Hitler vorgelegen
haben.
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Dieser Appell vermochte Hitlers Entscheidung, die 6. Armee an der Wolga
stehen zu lassen, ebenso wenig zu beeinflussen, wie es die Unterstiitzung
durch den OB der H.Gr. B, Generaloberst v. Weichs, und die Vorstellungen
des Chefs des Generalstabes des Heeres trotz voriibergehenden eigenen, bei
ihm typischen Schwankens es vermochten. Die einzelnen Vorgange im FHQu
in der Nacht vom 23.724. 11. sind mangels zeitgenossischer Quellen nicht mehr
zu rekonstruieren. Ohne Zweifel hat aber der Ob.d.L., Goring, durch seine
Versicherung, die auf 400 000 Mann geschatzte 6. Armee 2, wie im vergangenen
Winter die „Festung Demjansk'', auf dem Luftwege zu versorgen. Hitlers Hal=
tung erhartet. Der „Fiihrerentscheid'' vom 24. 11. (abgegangen 5.40 Uhr, bei
AOK 6 8.38 Uhr auf genommen) ^ legte die Armee dementsprechend fest. Die
Grundentscheidung war gefallen.
Die Aufzeichnungen Engels liber die Mittagslagebesprechung vom 24. 11.,
die erste wieder in „Wolfschanze'', — also nach Absendung des „Fiihrer=
entscheides vom 24. 11. friih — zeigen, dafi die Auseinandersetzungen dessen
ungeachtet weitergingen: „Gro6e Diskussion iiber Funkspruch General Pau=
lus: Antrag, gesamte Nordfront zuriickzunehmen, da inzwischen Lage unhalt=
bar. Paulus schreibt, dafi er Aufbau Siidfront und Halten Nordfront nicht
konne. Fiihrer lehnt Vorschlag kraf^ ab^, obwohl Zeitzler ihn befiirwortet.
Begriindung ist, dafi dann alles in Bewegung komme, man wisse ja, wie das
aussahe. Zeitzler betont aber eindeutig, dafi nunmehr die, wenn auch hoffent=
lich voriibergehende, Einschliefiung der 6. Armee Tatsache werde. Fiihrer sagt
Priifung zu, weitere Verbande aus dem Westen heranzuholen, und betont
immer wieder, dafi Stalingrad auf keinen Fall aufgegeben werden diirfe, setzt
grofie Hoffnung auf Hoth^, dem er zutraut, im Donbogen die Lage zu
meistern. . .
„Lagevortrag wird immer unruhiger. Schuld ist voUig ungeklart^. . . Immer
wieder gehen Befehle vom Fiihrer unmittelbar und iiber OKH iiber Ver=
wendung XXXXVIII. Pz.Korps heraus, von dem man immer noch nicht weifi,
was es macht und wo es ist. Letzte Meldung Heim war, dafi er durchbrechen
mufi, und zwar nach Siiden, da Igel unhaltbar^. . /' Der fernmiindliche Vor=
schlag des Chefs des Generalstabes der H.Gr. B, Generalieutnant v. Sodenstern,
„Heim Handlungsfreiheit zu geben, nur er allein konne noch eigene Kampf=
kraft und die der Rumanen beurteilen", „wird von Fiihrer krajS abgelehnt.
Harte Worte iiber Heim; nach Auffassung Fiihrers voUig ungeeignet fiir
Korpsfiihrung. Es ist eine grauenhafte Stimmung. . .''
2 Aufz. zum KTB des WFStabes, 28. 11. 1942.
3 Funkspruch OKH an AOK 6, 24. 11. 1942, abgegangen 5.40 Uhr (taktische Uhr=
zeit), angekommen 8.38 Uhr,
4 Vom Verfasser hervorgehoben.
5 OB der 4. Panzerarmee.
6 Gemeint ist die Frage, wer fiir den Durchbruch der Sowjets am 19. 11. und den
verfehlten Einsatz des XXXXVIII. Pz.Korps verantwortlich sei.
7 Hierzu Philippi— Heim, a. a. O., S. 183.
S5
A. Einf iihrung f
Schlielilich schaltete sich am 26. 11. der mit dem Oberbefehl iiber die H.Gr.
Don beauftragte Gen.Feldmarschall v. Manstein noch vor der Befehlsuber=
nahme in die Auseinandersetzung ein: „Lange Diskussion iiber Beurteilung
(der Lage) durch v. Manstein. Vorschlag Zuriicknahme 6. Armee; Erwagungen,
ob weiter siidlich Stalingrad stehende Krafte^ weit zuriickzunehmen seien,
vielleicht sogar bis zum Dnjepr, um Reserven zu horten, um dann erneut
Flankenoperation von Norden nach Siiden zum Meer anzusetzen, wird be=
sprochen, von Zeitzler sachlich, aber ohne Stellungnahme vorgetragen. Fiihrer
ist und bleibt ruhig, lehnt aber alles ab. Griinde: alles wiirde als Schwache
ausgelegt, lebenswichtige Gebiete erneut verloren, unmogliche Auswirkungen
auf Verbiindete, Zeitverlust, da man nicht wisse, was im Westen, Afrika oder
wo anders passiere. v. Manstein habe gute operative Gedanken, sie seien aber
angesichts der Gesamtlage graue Theorie. Sowie die anderen OB's merkten,
dafi man Krafte sammle, schreie jeder nach altem Rezept. Zeitzler bittet zum
Schlufi, 6. Armee notigenfalls Handlungsfreiheit zu geben, was Fiihrer krafi
ablehnt. Nur Entsatz kame in Frage, dazu sei Masse 4. Panzerarmee vor=
handen/'
Zur Frage der Luftversorgung finden sich bei Engel unter dem 25. 11. erst=
mals Notizen^: „Gro6e Besprechung iiber Luftversorgung Stalingrad. Goring
verpflichtet sich fiir Versorgung der Armee; man konne 500 t im Durchschnitt
einfliegen, alles wurde zusammengezogen, sogar die Ju 90 aus dem Luftver=
kehr. Zeitzler hat Bedenken, glaubt, dafi 500 t nicht ausreichen, macht auf
Wetterlage, Verluste aufmerksam, aber Reichsmarschall macht sich ungeheuer
stark, es wurde bei jeder Wetterlage geflogen. Demjansk und andere Falle
hatten bewiesen, dafi man so etwas konne. Wir sind entsetzt iiber so viel
Optimismus, den auch Generalstabsoffiziere der Luftwaffe nicht teilen. Fiihrer
begeistert iiber Reichsmarschall; der schaffe das wie in friiheren Zeiten, dort
sei nicht der Kleinmut wie bei vielen Stellen des Heeres.''
Am 26. 11. unternahm der 1. Generalstabsoffizier der Luftwaffe beim Chef
WFStab, Oberstlt. d.G. Christian, beim Lagevortrag den letzten Versuch, die
Unmoglichkeit einer Luftversorgung der 6. Armee Hitler vor Augen zu fiihren
und damit seine Entscheidung umzustofien: „Grolie Stunde von Christian.
Dieser tragt in Gegenwart von Jodl erneut Bedenken gegen Zusage von
Reichsmarschall vor; die versprochene Versorgung sei in der Form unmoglich,
seiner Auffassung nach konne man bei gunstiger Wetterlage im Hochstfalle
mit 100—150 t je Tag im Durchschnitt rechnen. Fiihrer widerspricht, nachdem
er sich Christian in Ruhe angehort hat. Alles sei nur eine Frage der Zeit, das
werde ein besonders befahigter Organisator machen mit riicksichtslosen Voll=
machten, wenn es sein mufi, auch gegen Generale, die der Luftversorgung
Schwierigkeiten machten (v. Manstein, v. Richthofen).""
8 Gemeint ist offensichtlich die H.Gr. A im Kaukasus. v. Manstein erwahnt diesen
Vorsdilag in seinen Memoiren nidit.
9 Tgb. Engel, 25. 11. 1942.
86
IV. Der ostlidie Kriegsschauplatz 1942
Am 27. 11. ubernahm Gen.Feldmarschall v. Manstein den Oberbefehl iiber
die H.Gr. Don, zu der neben der 6. Armee die 4. Panzerarmee und die Reste
der 3. und 4. rumanischen Armee gehorten, mit dem Auftrag, „die feindlichen
Angriffe zum Stehen zu bringen und die vor Beginn des Angriff s innegehabten
Stellungen wiederzugewinnen^''. Auf den befohlenen „Befreiungsangri£f" der
Armeegruppe Hoth (4. Panzerarmee, 4. rumanische Armee) konzentrierte sich
die Hoffnung der deutschen Obersten Fiihrung. Der urspriinglich fiir den 3. 12.
vorgesehene Angriffsbeginn (aus dem Raum Kotelnikowo in Richtung Nord=
ost auf Stalingrad) mulite wegen der Verzogerung im Antransport der Panzer=
divisionen (6. und 23. Pz.Div. unter dem LVII. Pz.Korps) zunachst auf den
8., schlieJSlich auf den 12. 12. verschoben werden. Der mit 232 Panzern begon=
nene Angriff, an dem an der Flanke audi rumanische Divisionen teilnahmen,
gelangte dann bis zum 18. 12. in den Raum zwischen Aksai und Mischkowa,
rd. 60 km siidwestlich Stalingrad. Obwohl noch eine dritte Panzerdivision (die
17. Pz.Div.) zum Einsatz gelangte, wurde an diesem Tage deutlich, dafi ein
weiteres Vordringen der schwachen Krafte angesichts des verstarkten sowjeti=
schen Widerstandes nicht mehr moglich war. Noch verhangnisvoller war, dafi
der neuen sowjetischen Offensive am Don gegen die Front der 8. italienischen
Armee (ab 16. 12.) inzwischen ein voUer Durchbruch gelungen war. Hitler
befahl daher an diesem Tage „die Zuriicknahme der Front an beiden (Durch=
bruchs=)Stellen in eine Sehnenstellung, weil sein Grundsatz, die vorderste
Linie unbedingt zu halten, hier angesichts des Zuriickstromens der Italiener
nicht anwendbar sei-''.
Uber die Lagebesprechung dieses Tages notierte Engel: „Neue grofie Un=
ruhe bei der Lage. LVII. Pz.Korps kommt nicht vorwarts. Russe wirft ihm
neue Krafte entgegen, alles sieht nach Abwehr aus. Da andere Krafte nicht
zur Verfiigung stehen, bedeutet das, dafi Entsatzversuch ^0—60 km vor der
Front der 6. Armee zum Stehen kommt. Noch schlechter bei H.Gr. B. Italiener
sind offensichtlich durchstofien, auch Rumanen bei Armeeabteilung Hollidt^.
Abends : v. Manstein beantragt erneut Ausbruch 6. Armee, nur so sei noch
Verbindung nach Stalingrad und somit Masse der Armee zu retten. Stimmung
ist gedriickt. Fiihrer hat erneut Ausbruch abgelehnt, obwohl es Zeitzler sehr
dringlich gemacht hat. Wiitender Anruf von Busse^ und auch v. Mansteins,
da alle im Anrollen befindlichen Krafte Heeresgruppe B zugefiihrt werden, um
in das Loch der Italiener geworfen zu werden.''
19. 12.: „Erregte Aussprache, da v. Manstein wieder Ausbruch von Armee
beantragt. Fiihrer ist unerbittlich immer mit den gleichen Argumenten, glaubt
1 So der Wortlaut des Auftrages vom 21. 11. 1942, als der voile Ernst der Lage
noch nicht ganz zu iiberschauen war.
2 Aufz. zum KTB des WFStabes, 18. 12. 1942.
3 Die 3. rumanische Armee wurde am 27. 12. 1942 in Armeeabt. HoUidt um=
benannt; davor handelte es sich um das verst. XVII. A.K. unter dem nur noch
formellen Oberbefehl der 3. rumanischen Armee.
4 la des H.Cr.Kdo.s Don.
87
A. Einfuhrung
nicht an Rettung der Armee. Hat durch Schmundt auf irgendeinem Wege er=
fahren, dali auch AOK 6 Ausbruch in augenblicklicher Lage fiir unmoglich
halte. V. Manstein meldet, dali ohne Zutun der 6. Armee mit eigenen Kraften
der Entsatz unmoglich sei/'
Dennoch scheint Hitler voriibergehend geschwankt zu haben, ob er der
6. Armee nicht doch den Befehl zum Durchbruch geben solle; denn in den
Auf zeichnungen zum KTB des WFStabes heifit es am 20. 12. ^ : „Der Fiihrer
hat den Gedanken, Stalingrad aufzugeben, fallen lassen; die 6. Armee kann
in Anbetracht ihres gegenwartigen Zustandes bei einem Durchbruch hochstens
30 km vorwartskommen, daher darf sie nicht vorzeitig antreten. Der Fiihrer
halt andererseits daran fest, dali die Verbindung mit der 6. Armee hergestellt
und solange aufrechterhalten wird, dafi deren vollstandiger Abbau erfolgen
kann."
Am 21. 12. kommt es beim Lagevortrag „auf Grund einer Meldung des
Gen.Feldmarschalls v. Manstein, dali die 4, Armee iiber den erreichten Ab=
schnitt (Aksai) nicht mehr hinauskommen und die 6. Armee nicht mehr als
hochstens 30 km vordringen konne, zu einer langen Aussprache zwischen dem
Fiihrer und den Chefs der Generalstabe des Heeres und der Luftwaffe iiber
die Lage im Sliden der Ostfront. Wie bisher werden keine ganzen Entschliisse
gefalite."
VoUends erschiitternd liest sich dann der Eintrag Engels iiber den 22. 12. :
„Tiefste Depression bei uns. Fast alle'' hatten gehofft, dali Paulus bei allem
Risiko nunmehr selbstandig ausbrechen wiirde. Mit Masse ware er durch=
gekommen, wenn auch unter grofien materiellen Verlusten. Heute abend
sprach Jodl sehr ernst, und man merkte, dali auch er mit diesem selbstandigen
Entschlufi fest gerechnet hatte, desgl. auch bestimmt Chef des Generalstabes
(des Heeres) und die Heeresgruppe. Niemand weili, wie es mit Stalingrad
weitergehen soil. Fiihrer ist sehr schweigsam und aulier der Lage und den
Vortragen fast nie zu sehen. Am meisten bekiimmert uns, dali offensichtlich
im Kessel selbst Uneinigkeit herrscht und der OB (Paulus) nicht weifi, was
er machen soil. Hinzu kommt, dali Luftversorgung immer schlechter wird.''
Schon am 23. 12. naherten sich die vom Don durch die Front der italie=
nischen 8. Armee vorstolienden sowjetischen Panzerspitzen den fiir die Ver=
sorgung Stalingrads entscheidenden Flughafen Morozowski und Tanzinskaja.
Am 25. 12. fiel letzterer in ihre Hand. Gleichzeitig wurde die 4. rumanische
Armee in der rechten Flanke der 4. Panzerarmee durchbrochen. In dieser kri=
tischen Situation forderte Manstein, ihm Divisionen von der Kaukasus=Front
zur Verfiigung zu stellen, „da die 6. Armee, die z. Z. feindliche Krafte in ho=
hem Malie bindet, unter keinen Umstanden im Stich gelassen werden darf.
5 Aufz. zum KTB des WFStabes, 20. 12. 1942.
6 Tgb. Engel, 21. 12. 1942.
7 Im Original unterstrichen.
88
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
Diesen Vorschlag lehnte Hitler am 27.12. ab®: „Der Gedanke, die noch bei
der 1. Panzerarmee (im Kaukasus=Raum) befindlichen beiden Panzer=Divi=
sionen, die zusammen nur iiber ^S Panzer verfiigen, zur 4. Panzerarmee heran=
zufiihren, ist undurchfiihrbar. Ohne diese beiden schnellen Verbande kann
die 1. Panzerarmee weder ihre Stellungen halten noch sich vom Gegner ab=
setzen, der sie dann mit seinen schnellen Verbanden iiberholt oder durch=
stofit. . ."
In der unmittelbar folgenden „Weisung fiir die weitere Kampffiihrung
auf dem Siidfliigel der Ostfront"' vom 27. 12. fiihrte Hitler im einzelnen aus®:
„Aussdilaggebend fiir alle Mafinahmen und grundlegend fiir die Kampffiihrung
der nadisten Zeit mu6 die Befreiung der 6. Armee bleiben. Die H.Gr. Don mu6 sich
deshalb fiir den Ansatz der hierfiir bestimmten Teile und fiir die laufende Versor=
gung der 6. Armee die bestmoglichen Voraussetzungen erhalten. Die H.Gr. B mu6
deshalb verhindern, dal? die Nordflanke der H.Gr. Don noch langer wird und der
Riicken der H.Gr. Don gefahrdet wird. Die H.Gr. A^ mu6 die durch Rostow gehende
Bahnlinie von ihrem Nachschub zugunsten der H.Gr. Don entlasten und diesen auf
den Umschlag iiber die Kertsch=Enge verlegen.
Die H.Gr. A hat in den jetzigen Stellungen alle Angriffe des Gegners abzu=
weisen. . .
H.Gr. Don hat das Gebiet um Kotelnikowo auf jeden Fall als Ausgangsbasis
fiir das Antreten zur Befreiung der 6. Armee zu halten. . .
Nordlich des Don kommt es darauf an, sich die Flugplatze Morozowski und
Tazinskaja zu erhalten bzw. wiederzugewinnen. . .
Die H.Gr. B hat die allgemeine Linie Kalitwa nordwestl. Tazinskaja— Millerowo—
Katemirowka— Don zu halten bzw. wiederzugewinnen. . .
Zur Stiitzung der ungarischen 2. Armee sind alle irgendwie erdenklichen MaC=
nahmen zu treffen, um zu verhindern, dafi der Feind seinen Einbruch nach Norden
erweitert und in den Besitz der Bahn Rossosch— Swoboda kommt. . ."
Jedoch gab Hitler am Tage darauf dem Drangen des Chefs des General=
stabes des Heeres, General Zeitzler, endlich nach und lieli sich die Zuriick=
nahme der H.Gr. A aus dem Kaukasus abringen. Im „Operationsbefehl Nr. 2"
vom 28. 12."^ hiefi es daher:
„Mein Bestreben bleibt nach wie vor, die 6. Armee in ihrer Festung zu erhalten
und die Voraussetzung fiir ihre Befreiung zu schaffen. Trotzdem mu6 vermieden
werden, dafi durch Zuriickgehen verbiindeter Truppen oder durch Eindriicken schwa=
cher eigener Teile oder durch ortlich gebildete starke Feindiiberlegenheit neue Kessel
entstehen. Au6erdem soil durch bewegliche Kampffiihrung dem Russen an einzelnen
8 Fernschreiben OKH an H.Gr. Don vom 27. 12. 1942, 5.00 Uhr (OKH/Gen.St.d.H./
Op.Abt. (I S/B) Nr. 421 033/42 g.Kdos. Chefs.).
9 Fernschreiben OKH an H.Gr. Don vom 27. 12. 1942, 3.00 Uhr (OKH/Gen.St.d.H./
Op.Abt. (I S/B) Nr. 42 103/42 g.Kdos. Chefs.), gez. Adolf Hitler.
1 Hitler hatte am 22. 11. 1942 die Fiihrung der H.Gr. A wieder abgegeben und
Generaloberst v. Kleist, bisher OB der 1. Panzerarmee, zum OB der H.Gr. A
ernannt.
2 Fernspruch OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. Nr. 4 210 442/42 g.Kdos. Chefs, vom 28. 12.
1942 „Operationsbefehl Nr. 2", gez. Adolf Hitler.
89
A. Einf iihrung
Stellen die Initiative entrissen werden und die Uberlegenheit der deutschen Fiih=
rung wieder zur Geltung kommen.
Ich befehle deshalb :
1. Die H.Gr. A wird unter Beibehalt und besonderer Verstarkung ihrer Kusten=
und Gebirgsfront schrittweise Zug um Zug in mehreren Abschnitten in eine ver=
ktirzte Stellung Mostowoje— Armawir — ostwarts Salsk zuriickgenommen. Erster
Abschnitt ist die Solka=Kuma=Stellung. Beim Zuriicknehmen sind die beweglichen
Krafte (15. und 3. Pz.Div.) auf den Nordfliigel zu verschieben, um Umfassungen
zuvorzukommen und unsererseits den Feind beweglich anzupacken.
2. Die HGr. Don hat nach wie vor die Pflicht, alles zu tun, um die Voraus=
setzungen fiir die Befreiung der 6. Armee zu erhalten. Sie darf deshalb ihre Ver=
bande nur dann nach Westen zuriicknehmen, wenn es unbedingt notwendig ist
und auch dann nur in standigem Kampf, um dem Feind moglichst grofie Verluste
beizubringen und um Raum und Zeit fiir den Aufmarsch der anrollenden Verstar=
kungen zu erhalten bzw. zu schaffen. . ."
In einer Erganzung zu diesem Operationsbefehl vom 31. 12.^ wurde noch
im einzelnen die Uberfiihrung von Kraften (aus dem Westen Leibstandarte
SS=„ Adolf Hitler", „SS=Reich", „SS=Totenkopf=Division", von der H.Gr. Mitte
Div. „Gro6deutschland'') befohlen: „Um die Befreiung der 6. Armee durch=
fiihren zu konnen, wird eine starke Kraftegruppe Mitte Februar im Gebiet
siidostwarts Charkow versammelt werden. . . (Es) ist beabsichtigt, ab Mitte
Februar je nach Wetterlage mit der Panzergruppe und weiteren aus der
H.Gr. A und Don zu gewinnenden schnellen Verbanden voraussichtlich nord=
lich des Don in Richtung Stalingrad zur Befreiung der 6. Armee anzutreten. . ."
Ob Hitler tatsachlich zu diesem Zeitpunkt noch an die Moglichkeit eines Ent=
satzes der 6. Armee ernsthaft „glaubte'', wird sich mit Sicherheit — zumal bei
der Psyche Hitlers — nie klaren lassen. Noch am 28. 12. hatte er in der Lage=
besprechung gegeniiber dem Vortrag Christians, dafi v. Manstein die Luftver=
sorgung nicht fiir ausreichend und damit fiir undurchfiihrbar halte, entgegnet,
„daJS dies nur eine Frage der Rationalisierung sei . . . Man soil Exportkaufleute
dahin setzen und keine schimmerlosen Biiro= oder Generalstabsoffiziere. Kon=
zentrate mufiten hinein. Die gabe es, und er wiirde sich jetzt personlich darum
kummern*/'
7. Die Situation um die Jahreswende 1942/43
Das Bild der katastrophalen Entwicklung am Siidabschnitt der Ostfront, wie
es sich nicht nur aus der Einschlieliung der 6. Armee, sondern auch aus der
hochsten Gefahrdung der H.Gr. A im Kaukasus und dem Ausfall der drei ver=
bundeten Armeen, der ein riesiges, nur notdiirftig abgesichertes Loch zwischen
der 4. Panzerarmee und dem noch haltenden Alpini=Korps am Nordfliigel der
8. italienischen Armee am mittleren Don hatte entstehen lassen, bis zum Jah=
3 Fernspruch OKH an H.Gr. Don „Erganzung zum Operationsbefehl Nr. 2." vom
31. 12. 1942 (OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (I S/B) Nr. 421 052/42), aufgenommen
1. 1. 1943, 4.10 Uhr.
4 Tgb. Engel, 28. 12. 1942.
90
IV. Der ostlidie Kriegsschauplatz 1942
resende ergeben hatte, bedarf einer Erganziing durch eine kurze Sdiilderung
der Situation an den Fronten der H.Gr.n Mitte und Nord. Wie schon erwahnt
(s. oben S. j6), hatte die Oberste Fiihrung auf Grund der Nachrichten iiber den
sowjetischen Aufmarsch und die Krafteverteilung der Roten Armee Anfang
November den Eindruck gewonnen, dafi die Hauptgefahr der H.Gr. Mitte,
genauer bezeichnet: der 9. Armee, im Bogen um Rshew drohe. Auf eine Ab=
wehr der sowjetischen Winteroffensive in diesem Abschnitt hatten sich daher
Fiihrung und Truppe eingestellt. Wenn auch der geplante eigene Praventivangriff
auf Toropez nicht mehr zustande kam (s. oben S. 'j^), gelang es, die am 24. 11.
mit voller Wucht in doppelter Zielrichtung (Herausbrechen des „Blocks" der
9. Armee und Vorstofi an der Naht zur H.Gr. Nord nach Westen) einsetzende
sowjetische Winteroffensive abzuschlagen, obwohl die Sowjets in diese Offen=
sive mehr Krafte warfen als in die Schlacht um Stalingrad. Mitte Dezember
konnte die angestrebte doppelseitige Umfassung der 9. Armee als gescheitert
betrachtet werden. Lediglich der an der Naht zur H.Gr. Nord nach Westen
zielende Stofi hatte erst nach der Einschliefiung Welikije Lukis westhch davon
zum Stehen gebracht werden konnen, Der von Hitler aus Prestigegriinden zum
„Festen Platz'' erklarte Ort, seit 25. 11. von alien Landverbindungen abge=
schnitten, sollte von aulien entsetzt werden. Doch ehe sich der deutsche An=
griffskeil unter schwierigsten Bedingungen bis zur Stadt durchgekampft hatte,
war die Besatzung (anfangs fast 7000 Mann) am 15. 1. 1943 der sowjetischen
Obermacht erlegen^.
An der Front der H.Gr. Nord konnten die sowjetischen Angriffe gegen die
Landbriicke zum Demjansk=Vor sprung ebenfalls abgeschlagen werden. Diese
erfolgreiche Abwehr der sowjetischen Winteroffensive an einem ihrer Schwer=
pimkte gehort mit zum Verstandnis der Situation an der Ostfront um die
Jahreswende 1942/43. Sie erklart die im Ostheer und seiner Fiihrung ver=
breitete Zuversicht, dafi es gelingen werde, auch die Lage am siidlichen Ab=
schnitt wieder zu stabilisieren.
Abgesehen von den militarischen Auswirkungen hatte das Geschehen an der
Ostfront seit dem 19. 11. auch schwerwiegende politische Folgen fiir das Ver=
haltnis zu den Verbiindeten, zunachst (bis Ende 1942) zu Rumanien und
Italien. Insbesondere das deutsch=rumanische Verhaltnis erfuhr eine schwere
Belastungsprobe. Das erschiitterte Vertrauen der Rimianen zur deutschen Fiih=
rung kam am scharf sten in dem leidenschafthchen Brief Marschall Antonescus
an Gen.Feldmarschall v. Manstein vom 9. 12. zum Ausdruck*^. Nadi der Auf=
zahlung einer langen Reihe von Vorwiirfen, zielten die folgenden Abschnitte
ins Grundsatzliche: Die Ehre konne nicht „mit Fiifien getreten werden, beson=
ders gegeniiber einem Soldaten, der sich, ohne so bewaffnet, ausgebildet und
5 Vgl. KTB OKW (WFStab), Bd. Ill, S. 47.
6 Brief Marschall Antonescus an Gen.Feldmarschall v. Manstein vom 9.12.1942
(10 Schreibmasch.=Seiten, Fotokopie).
91
A. Einfiihrung
organisiert zu sein, wie es Ihre Soldaten sind, bis jetzt geschlagen hat, wie er
sich eben geschlagen hat, und der sich mit unverganglichem Ruhm bedeckt
hat . . .
„Wenn im selben Kampf rumanische Verbande deutsdien Einheiten Luftstreit=
krafte und das modernste Artilleriematerial zur Verfiigung stellen, obwohl ihre
Ausstattung sdiwacher als die deutsdie ist und obwohl sie in der gleidien Kampf=
handlung gleich wichtige Aufgaben haben;
wenn rumanische Verbande durdi ihren Einsatz bei Feodosia unter sdivversten Ver=
lusten das Absetzen der 46. Inf.Div. bei Kertsch ermoglichen';
wenn andere 4 rumanische Verbande bei 30 Grad Kalte 300 km zu Fu6 zuriicklegen,
was Erfrierungen von 30^/0 der Leute und Sterben von 40% der Artl.=Zugpferde
zur Folge hatte, um die Liicke am Donez auszuf iillen ^, die deutschen Linien iiber=
schreiten und ohne Geschiitze 30 km tief in den Feind dringen;
wenn es anderen rumanischen Verbanden, die ihrem Bestimmungsort zueilten, auf
ihrem Weg aufgehalten und in den Kampf geworfen worden sind, gelingt, den
Feind, der die deutsche Front durchbrochen hatte, aufzuhalten und die Liicke zu
schlie6en (19. Inf.Div. ostlich von Noworossijsk)^;
wenn andere 4 rumanische Verbande zugleich mit der 4. und 1. deutschen Panzer=
armee den Donez und Don iiberschreiten und in ununterbrochenen Kampfen und
Tag= und Nachtmarschen von 800 km gleichzeitig mit den deutschen Panzerarmeen
in der Verfolgung des Feindes die Wolga erreichen;
wenn die Akten aller Einheiten und Verbande einer Armee unzahlige offizielle
Schreiben und Tagesbefehle enthalten, in denen die Haltung der rumanischen Sol=
daten, Offiziere und Stabe gelobt und ihre Tapferkeit hervorgehoben wird;
wenn dieselbe Armee iiber loomal in den Berichten aus dem FHQu genannt ist;
wenn eine Armee in einer einzigen Schlacht von 160000 Kampfern 80000 verliert
(von denen die Russen nur 37 000 Gef angene angeben) *, dann konnen diese Kampf er
nicht alle als fahnenfliichtig bezeichnet werden; wie auch die deutschen Verbande
nicht als fahnenfliichtig bezeichnet wurden, die vorigen Winter am Donez ihr ganzes
motorisiertes Material im Stich gelassen haben, als sie gezwungen waren, 100 km
auszuweichen^;
wenn in demselben Kampf 3 Generale einer Armee sich nicht ergeben, sondern
fallen, Seite an Seite mit ihren letzten Kampfern, die weder iiber Munition noch iiber
Nahrung mehr verfiigten, und wenn ein vierter General im selben Kampf zugleich
mit dem letzten Mann der Nachhut fallt, von einem aus einem Panzerwagen abge=
feuerten Geschofi mitten in die Brust getroffen;
wenn in der 3. Armee Divisionen waren, die im Nahkampf 2 von 3 Regiments=
kommandeuren, 5 von 7 Bataillonskommandeuren, 2 von 6 Artl=Abt.=Komman=
deuren und samtliche Komp.= und Battr.Fuhrer verloren haben;
wenn der Artl.=Kommandeur einer Brigade sich zu der Batterie begibt, in der sein
Sohn kampft, zusammen mit ihm die letzten Geschosse abfeuert und sich dann,
zugleich mit ihm, selbst das Leben nimmt, wenn der Kommandeur eines schweren
Artl.Regiments im Bajonettkampf fallt;
7 Ende Dez. 1941 nach der sowjetischen Landung in Feodosia (29. 12).
8 Nach dem sowjetischen Einbruch bei der 17. Armee ab 18. 1. 1942.
9 September 1942.
1 Gemeint ist die 3. rumanische Armee, gegen die sich die sowjetische Offensive
ab 19. 11. 1942 richtete.
2 Der tiefe sowjetische Einbruch im Raum Isjum ab 18. 1. 1942 bei der 17. Armee.
92
IV. Der ostliche Kriegsschauplatz 1942
wenn ein Bataillonskommandeur nach 5 Tagen ununterbrochener Kampfe ohne Ver=
pflegung und Munition, ohne sich eine Sekunde zu bedenken, mit seinen erschopften
Mannern das Flugzeugmaterial und die deutschen Flieger von Oblinskaja vor Ver=
nichtung bewahrt;
wenn bei der 2. Geb.Div. die durch schwere Kampfe erschopften Leute in einen
solchen Zustand von Ermiidung gerieten, dafi sie nicht einmal das Gewehr ab=
driicken konnten;
v^enn der Fiihrer die rumanische Armee durch Verleihung der hochsten Auszeich=
nungen ehrte und wenn unter Ihren Verbiindeten wir den ersten Eichenlaubtrager^
und den ersten mit dem Ritterkreuz ausgezeichneten Stabsoffizier haben;
dann kann diese Armee nicht als eine Armee von Fliichtlingen behandelt werden,
konnen ihre Soldaten nicht als nichtsnutzige Menschen ohne Urteil und Verant=
wortung von jedem deutschen Offizier oder Soldat erschossen werden . . ." „Uber
unsere tapferen Truppen kann nicht jeder nach seinem Gutdiinken verfiigen, wie er
auch nicht iiber Ihre verfiigen kann. Die Konstitution meines Landes verbietet dies,
so wie es auch Ihre Verfassung und die Ehre Ihres Reiches verbieten. Ich fiihie mich
verpflichtet, Sie im voraus darauf aufmerksam zu machen, dafi, wenn diese Haltung
und diese Vorkommnisse nicht aufhoren, ich die Lage unserer Truppen im Rahmen
Ihrer Front zu iiberpriifen haben werde . . ."
Das hiernach auf s auJSerste gespannte deutsch=rumanische Verhaltnis konnte
erst in einer auf Veranlassung Hitlers erfolgenden griindlichen Unterrichtung
Antonescus iiber alle Einzelheiten durch den Chef der deutschen Heeresmis=
sion in Bukarest, Generalmajor Hauffe, am 28. 12. einigermafien vorder=
grundig bereinigt werden. Antonescu erklarte schliefilich — seiner Grunduber=
zeugung entsprechend — , „dafi er trotz des Rtickschlages den Kampf nicht
aufgebe und eine neue Armee aufstellen werde, wofiir ihm allerdings das er=
forderliche Material gegeben werden miisse. Er werde das Schiff Europa nicht
verlassen. In Rumanien seien sich fast alle iiber die Notwendigkeit des Kamp=
fes gegen Sowjet=Ru61and klar^.'' Was er Hitler nicht mitteilte, war seine aus
der Katastrophe bei Stalingrad gewonnene Erkenntnis, dafi die Kraft Deutsch=
lands nicht ausreichte, um die Sowjetunion militarisch niederzuringen, und dafi
er daher den Versuch unternehmen miisse, mit den westlichen Alliierten Kon=
takt aufzunehmen, um von dieser Seite einen Schutz Rumaniens gegentiber der
vordringenden Sowjetunion zu finden. Rumanien betrat also um die Jahres=
wende 1942/43 den gleichen Weg, den der ungarische Reichsverweser v.
Horthy bereits im vorausgegangenen Winter fiir unumganglich erachtet hatte
und auf dem er iiber den neuen Ministerprasidenten v. Kallay^ bereits die
ersten Schritte getan hatte. Nur dadurch, dafi fiir diese Zielsetzung bei der
3 General Lascar, von dem man annahm, er sei gefallen, der jedoch in sowjetische
Gefangenschaft geriet, erhielt am 29. 11. 1942 das „Eichenlaub".
4 Fernschreiben des Chefs der Deutschen Heeresmission in Bukarest, Generalmajor
Hauffe, an OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. und OKW/Abt. Ausl. (Admiral Burkner)
vom 28. 12. 1942.
5 V. Kallay besuchte Hitler am 7. 6. 1942 in „Wolfsschanze", wobei er ihn der
„vollen Loyalitat Ungarns" auf alien Gebieten versicherte. Von den Kontakten
Kallays zu den Westmachten erfuhr Hitler im Winter 1942/43.
93
A. Einfiihrung
scheinbar fest gefiigten „grofien Koalition'' der Alliierten in Ost und West die
Voraussetzungen f ehlten, anderte sich — au6erlich betrachtet — an der weiteren
Zugehorigkeit Rumaniens und Ungarns zum Lager der „Achsenmachte'' nichts.
Zu ahnlichen Spannungen wie im deutsch=rumanischen Verhaltnis kam es
im Dezember 1942 — allerdings nur auf militarischer Ebene — zwischen den
deutschen und italienischen Kommandostellen an der Ostfront, nachdem ab
16. 12. die italienische 8. Armee vor der sowjetischen „Dampfwalze'' auseinan=
derbrach. Am 19. 12. meldete der „Deutsche General beim Oberkommando
der italienischen 8. Armee'', Generalleutnant v. Tippelskirch, an das OKH, er
habe dem OB der Armee, Generaloberst Gariboldi, gegeniiber folgende Aus=
fiihrungen gemacht®:
„Die H.Gr. hat aus den verschiedenen Luft= und Erdbeobachtungen den Eindrudc,
dafi die italienische Armee, vor allem auch riickwartige Teile in bedrohten Orten,
die sie verteidigen sollen, sich in voller Flucht befinden. Ich bin beauftragt, Eure Ex=
zellenz noch einmal mit aufierster Dringlichkeit darauf hinzuweisen, dafi eine all=
gemeine Flucht der ital. Armee mit den scharfsten Mitteln zu verhindern ist . . . Ich
stande nach den bisherigen Eindriicken vor der Frage, dem Fiihrer zu melden, dafi
die ital. Armee nicht mehr kampfe, sondern wegginge, eine Meldung, die ich der
Ehre der Armee ersparen wolle.
Gen.Oberst Gariboldi versicherte noch einmal, dafi er alles in seiner Madit Ste=
hende tun wiirde und getan habe . . . Meine Drohung mit der Meldung an den
Fiihrer nahm er ohne Entgegnung entgegen."
Uber den Zusammenbruch der italienischen 8. Armee kam es am 5. 1. 1943
zu einer Aussprache zwischen v. Tippelskirch und dem „Italienischen General
im FHQu'', General Marras^. Dieser fiihrte die Katastrophe der Armee auf
„zu breite Frontabschnitte, mangelnde moderne Bewaffnung, zu geringe Re=
serven'' zuriick. „Im iibrigen hatten die ital. Truppen 6 Tage tapfer gekampft,
bis ihre Kraft erschopft gewesen sei. Dies sei nicht geniigend gewUrdigt
worden.
„Tippelskirdi liefi General Marras keinen Zweifel dariiber, da6 die Mifierfolge
nach seiner Auffassung auf schwere Mangel in der Ausbildung, der taktischen Ver=
wendung der schweren Waffen und der Artillerie, die geringe taktische Schulung des
Offizierkorps und auch das teilweise vollige Fehlen oder sehr friihe Einstellen jeden
Widerstandes zuriickzufiihren seien. Die ital. Armee kampfe zu teuer. Sie habe
nahezu alle Reserven in den ersten Tagen der kleinen russischen Angriffe durch
meist mit Bravour, aber unter hohen Verlusten gefiihrte Gegenstofie verbraucht . . .
General Marras sprach dann iiber die Verwendungsmoglichkeiten der sich sammeln=
den Reste der zerschlagenen Divisionen. Er, wie auch die Armee, traut diesen Ver=
banden nicht mehr viel zu. Er glaubt nicht, daii sie aus Italien brauchbar ausge=
stattet werden konnen. Er hielt es auch fiir ausgeschlossen, dafi sie mit einer schlech=
teren als der deutschen Bewaffnung iiberhaupt noch einmal an den Feind zu bringen
6 Deutscher General beim ital. AOK 8 an OKH (Nr. 464/42 g.Kdos.), 19. 12. 1942.
7 Deutscher General beim ital. AOK 8 an OKH (Nr. 6/45 g.Kdos.), 5. 1. 1943.
94
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
seien. Auf Tippelskirchs Andeutung, doch zunachst wenigstens verstarkte Regi=
menter aufzustellen und sie vielleicht im Rahmen deutscher Divisionen zu verwen=
den, ging er kaum ein.
Man konne es dem italienischen Volk nicht zumuten, nachdem es jetzt je 6 Divi=
sionen in Nordafrika und hier verloren habe^ weitere Soldaten ohne eine erst=
klassige Bewaffnung einzusetzen . . ."
Der Ausfall der Verbiindeten — der Zusammenbruch der 2. ungarischen
Armee folgte ab 13.1.1943^ — in einer Starke von weit iiber einer halben
Million Mann bedeutete fiir das ohnehin vollig iiberanstrengte und durch die
gescheiterte Offensive 1942 in seiner Substanz erheblich geschwachte deutsche
Ostheer^ dafi es im Jahre 1943 allein dem sowjetischen Ansturm gegeniiber=
stand. Das voile Ausmafi der katastrophalen Wendung des Krieges ab No=
vember 1942 wird jedoch erst richtig erfafit, wenn die Vorgange im Mittel=
meerraum, die Niederlage der deutsch=italienischen Panzerarmee bei El Ala=
mein und die Landung der AUiierten in Franzosisch=Nordwestafrika, sowie die
Entwicklung der „Schlacht im Atlantik'' einbezogen werden. In Jodls Worten
aus der Riickschau vom Mai 1945 ausgedriickt heilit dies^: „Der Kulmina=
tionspunkt war iiber schritten/' „Der erneute, anfangs erfolgreiche Versuch des
Sommers 42, das Schicksal zu wenden", war gescheitert.
V. Der Kampf im Mittelmeerraimi
1. Die Situation an der Jahreswende 1941/42
und die deutsdi-italienisdie Offensive ab 21. 1. 1942
Auf dem Mittelmeerkriegsschauplatz lag die Fiihrung der „Achsen''=Streit=
krafte seit Kriegsbeginn (10. 6. 1940) bei Italien, das auch nach den ersten
grolien Riickschlagen im Winter 1940/41 und der Uberfiihrung deutscher Hee=
res= und Luftwaffenverbande, d. h. der offiziellen Aufgabe des „Parallelkrie=
ges'' (18—20. 1. 1941)/ weiterhin den Oberbefehl behielt. Konig Viktor Ema=
nuel III. hatte Mussolini beim Kriegseintritt Italiens mit der politischen und
militarischen Fiihrung des Krieges beauftragt. Der Duce war also der vom
Konig eingesetzte Oberbefehlshaber der italienischen Wehrmacht. Sein Fiih=
rungsinstrument, das Comando Supremo, unterstand dem Chef des italie=
nischen Wehrmachtgeneralstabes, seit dem Riicktritt Marschall Badoglios am
8 S. oben die Ubersicht Cavalleros iiber die italienischen Divisionen S. 25.
9 Vgl. KTB OKW/WFStab, Bd. Ill, S. 37 ff .
1 Nach der statistischen Obersicht des OKH/Gen.St.d.H./Org.Abt. erlitt das deut=
sche Ostheer f olgende monatlichen Gesamtverluste (Tote, Vermilite, abbef orderte
Verwundete und Kranke): Januar 1942: 214900, Februar 1942: 173100, Marz
1942: 167900, April 1942: 108450, Mai 1942: 134230, Juni 1942: 126050, Juli
1942: 156600, August 1942: 256100, September 1942: 185000, Oktober 1942:
130100, November 1942: 128000, Dezember 1942: 147590.
2 KTB OKW/WFStab, Bd. IV, S. 1503, Ausfuhrungen Jodls am 15. 5. 1945.
95
A. Einfiihrung
6. 12. 1940 Generaloberst (ab 22. 6. 1942 Marschall von Italien) Graf Cavallero.
Den Oberbefehl in Nordafrika hatte der Generalgouverneur von Libyen, Gene=
raloberst Bastico (ab 22. 6. 1942 Marschall von Italien), inne. Ihm unterstand
auch die deutsch=italienische Panzer=Gruppe Afrika unter Generaloberst Rom=
mel, die am 22. 1. 1942 in „Panzer=Armee Afrika'' umbenannt wurde.
Diese an sich klaren Unterstellungsverhaltnisse wurden jedoch einmal durch
die Personlichkeit Rommels kompliziert, die sich nur schwer mit der Unter=
stellung unter Bastico abfinden konnte, zum anderen durch das mit jedem
militarischen Riickschlag im Mittelmeerraum wachsende Bestreben Hitlers,
sich liber das OKW/WFStab und den „Deutschen General im HQu. der italie=
nischen Wehrmacht'', General v. Rintelen, durch Beeinflussung Mussolinis in
die operative Fiihrung einzuschalten.
Die mit der erfolgreichen britischen Offensive in der Cyrenaika ab 18. 11.
1941 und der — von den auf Malta stationierten britischen See= und Luftstreit=
kraften wesentlich mit bewirkten — Drosselung des Nachschubweges von
Italien nach Tripolis eingetretene Krise veranlafite Hitler, die seit der OKW=
Weisung vom 29. 10. 1941 vorbereitete Verstarkung der deutschen Krafte im
Mittelmeerraum zu verwirklichen. Schon in dieser Weisung hatte er gefordert,
„als Grundlage fiir den weiteren Ausbau der eigenen Mittelmeerstellung ein
Kraftzentrum der Achsenmachte im mittleren Mittelmeer zu schaffen''. In der
„Fuhrer= Weisung'' Nr. 38 vom 2. 12. 1941^ befahl er — nach der am 13. 9. 1941
eingeleiteten UberfUhrung von 6, spater weiteren 15 deutschen U=Booten ins
Mittelmeer — „nach Einvernehmen mit dem Duce, dafi Telle der im Osten frei
gewordenen Verbande der deutschen Luftwaffe in Starke etwa eines Flieger=
korps und der erforderlichen Luftverteidigungskrafte in den siiditalienischen
und nordafrikanischen Raum zu iiberfiihren" seien.
„Neben der unmittelbaren Auswirkung auf die Kriegfiihrung im Mittelmeer und
Nordafrika soil dadurch eine wesentliche Einflu6nahme auf die gesamte weitere
Entwicklung im Mittelmeerraum angestrebt werden.
Mit der Fiihrung der fiir diese Aufgabe einzusetzenden Gesamtkrafte beauftrage
ich den Gen.Feldmarschall Kesselring unter gleichzeitiger Ernennung zum Ober=
befehlshaber Sud (OB Sud).
Seine Aufgaben sind:
Erzwingen der Luft= und Seeherrschaft im Raum zwischen Siiditalien und Nord=
afrika zur Herstellung gesicherter Verbindungswege nadi Libyen und der Cyrenaika,
hierzu insbesondere Niederhaltung Maltas^,
Zusammenwirken mit den in Nordafrika eingesetzten deutschen und verbiindeten
Kraften,
Unterbindung des feindlichen Verkehrs durch das Mittelmeer sowie der englischen
Versorgung von Tobruk und Malta in enger Zusammenarbeit mit den dafiir ver=
fiigbaren deutschen und italienischen Seestreitkraften.
1 Hubatsch, a. a. O., S. 169 ff.
2 Vom Verf. hervorgehoben.
96
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
Der OB Siid untersteht dem Duce und erhalt iiber das Comando Supremo
dessen Richtlinien fiir die Aufgaben im grofien. In alien luftwaffeneigenen Ange=
legenheiten verkehrt der Ob. d. L. mit dem OB Siid unmittelbar, in wesentlichen
Fragen unter gleichzeitiger Unterrichtung des Oberkommandos der Wehrmacht.
Dem OB sind unterstellt: samtliche im Mittelmeerraum und Nordafrika
eingesetzten Krafte der deutschen Luftwaffe, die seitens der italienischen WehrmadKt
zur Durchfiihrung seiner Aufgaben zur Verfiigung gestellten Flieger= und Flak=
verbande.
Die im mittleren Mittelmeergebiet eingesetzten deutschen Seestreitkrafte bleiben
dem Ob. d. M. unterstellt . . ."
Die hiermit vorgesehene Unterstellung gewisser italienischer Streitkrafte
unter den Befehl Kesselrings unterblieb jedoch auf Grund einer Vereinbarung
zwischen ihm und Graf Cavallero, der zusicherte, dafi „kein Befehl des Co=
mando Supremo iiber Malinahmen auf dem Kriegsschauplatz Italien— Afrika
ohne (Kesselrings) Mitwirkung oder Gegenzeichnung ergehen wiirde'"^.
Die Uberfiihrung starker deutscher Luftstreitkrafte und U=Boote, ihre uber=
raschenden Erfolge gegen Malta ^ und die britische Mittelmeerflotte zusammen
mit dem Einsatz italienischer Kleinkampfmittel gegen zwei britische Schlacht=
schiffe im Hafen von Alexandria und — entscheidend — die nach dem Kriegs=
eintritt Japans und dem Beginn seines Siegeszuges in Siidostasien ent=
standene Notwendigkeit, britische Krafte auf diesen neuen Kriegsschauplatz
zu verlegen, fiihrten binnen weniger Wochen zu einem voUigen Wandel in der
Lage im Mittelmeerraum.
Um die Jahreswende 1941/42 waren fiir einige Zeit samtliche schweren
Einheiten der britischen Flotte im Mittelmeer ausgefallen (entweder abge=
zogen oder ausgeschaltet). Die unmittelbare Folge davon war eine erhebliche
Entlastung des Nachschubverkehrs Italien— Nordafrika. Waren im November
1941 von 46 aus italienischen Hafen ausgelaufenen Transportern 12 durch bri=
tische See= und Luftstreitkrafte vernichtet worden (54990 BRT von 164876
BRT), so waren es im Dezember 1941 von 30 noch 8, im Januar 1942 von 35
nur noch 2, im Februar 1942 von 33 3 und im Marz 1942 von 37 2. Im Rah=
men dieser Gesamtsituation verloren der bis 13. 1. 1942 noch fortgesetzte bri=
tische Vormarsch in der Cyrenaika, vor dem sich die Pz.=Gruppe Afrika auf die
Marada— Marsa=el=Brega— Linie (Siidostrand der Grofien Syrte) zuriickzog, sowie
das Erloschen des deutsch=italienischen Widerstandes im Raume Sollum=
Halfaya=Pa6 am 17. 1. an strategischer Bedeutung. Wahrend der Kampfe in
Nordafrika seit dem 18. 11. hatten die deutschen Verbande der Pz.=Gruppe
etwa 33''/o, die italienischen etwa 40V0 ihres Mannschaftsbestandes verloren.
Nun gelang es, die Liicken bald wieder zu schliefien, und auch die Betriebs=
3 Albert Kesselring, Soldat bis zum letzten Tage, Bonn (Athenaum=Verlag) 1953,
S. 140.
4 Die Luftflotte 2 (Gen.Feldmarsdiall Kesselring) (am 10. 1. 1942 iiber 500 deutsdie
Flugzeuge, dazu etwa 200 italienische Flugzeuge), die auch das X. Flieger=Korps
aus Griechenland/Kreta mit Masse nach Sizilien zuriickverlegt hatte, fiihrte ab
22. 12. 1941 verstarkte Angriffe gegen Malta.
97
A. Einfiihrung
stofflage, stets das entscheidende Problem in Nordafrika, erlaubte wieder
weitraumigere eigene Operationen.
So entschlofi sich Rommel am 21. 1. zu einem Vorstofi aus der eben erst er=
reichten Stellung am Siidostrand der Syrte, aus dem sich in wenigen Tagen —
ahnlich wie Anfang April 1941 — ein stiirmischer Vormarsch entwickelte. Mit
dem Angriff wurden sowohl das OKW als auch das Comando Supremo vor
vollendete Tatsachen gestellt. Sie waren nicht einmal von Rommels neuem
Aufbruch unterrichtet worden.
Die deutsche Oberste Flihrung war in dieser Zeit ganz auf die Uberwindung
der schweren Krise an der Ostfront konzentriert. Wohl hatte Hitler in seinem
Brief vom 29. 12. 1941 an Mussolini^ noch die Hoffnung ausgesprochen, dafi
der japanische Kriegseintritt dazu beitragen werde, auch auf dem Schauplatz
im Mittelmeer „das Schicksal zu bezwingen und die Lage wiederherzustellen''.
Jedoch wollte er die nachsten Aufgaben nur noch darin sehen, mit Hilfe der
deutschen U=Boote und Luftstreitkrafte „dieses Meer endgiiltig fiir die Eng=
lander zu sperren'' und dabei Malta auszuschalten. Erst abschliefiend war er
andeutungsweise auf die friiheren grofien Plane (Entwurf der „Fiihrer=Wei=
sung'' Nr. 32 vom 11. 6. 1941, in der eine Zangenbewegung gegen den Suez=
kanal und die britische Stellung im Nahen Osten erwogen worden war) zu=
riickgekommen, wenn er schrieb, dafi „wir in erstaunlich kurzer Zeit einen
Szenenwechsel haben konnen'', wenn noch Verstarkungen an Panzern und
mot. Waffen fiir die Truppen in Nordafrika hinzukamen.
Demgegeniiber stellte Mussolini in seinem Neujahrsbrief an Hitler die nach=
driickliche Forderung, dafi die Achsenmachte, um die Nachschublage dauerhaft
zu bessern und ebenso den unertraglich hohen Olverbrauch der fiir die Ge=
leite eingesetzten grolien Zahl von Kriegsschiffen einzuschranken, sich endlich
durch Abkommen mit Vichy oder Gewalt den Zugang zu den tunesischen
Hafen erzwingen miifiten. Wahrend sich ohne den Weg iiber Tunis „nunmehr
die Nahrung des einfachen Widerstandes in Tripolitanien'' verbiete, wiirde
durch „die vollige Benutzung der tunesischen Stiitzpunkte ... die strategische
Lage der Achse'' eine Umkehrung erfahren. Der feindliche Verkehr konnte
„buchstablich gedrosselt'' werden. „Die Folgen davon waren unermefilich;
ebenso unermefilich waren die Folgen des Verlustes von Tripolitanien . . .
Ober die tunesischen Stiitzpunkte konnen wir alle notwendigen Krafte nach
Afrika bringen, um den Marsch nach Agypten wieder aufzunehmen.''
Auf den deutschen Hinweis, dafi ein solcher Griff nach Tunis „nur die Tren=
nung des franzosischen Kolonialreiches von Vichy beschleunigen wiirde''®,
liefi Mussolini diese Forderung wieder fallen. Wenn er das notwendige Heizol
fiir die Geleite erhalte, so sei er bereit, wie er wahrend des Besuches von Go=
5 Diese und die f olgenden Zitate aus Briefen Hitlers oder Mussolinis sowie sonstigen
Dokumenten des Mittelmeerkapitels aus Quellenmaterial im Privatbesitz von
General d. Artl. a. D. Warlimont, dem Verf. freundlichst zur Verfiigung gestellt.
6 Galeazzo Ciano, Tagebuch 1939—1943, deutsche Ausgabe, Bern 1947, S. 378.
98
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
ring in Rom vom 28. 1.— 2. 2. erklarte, „auf die Hilfe Frankreichs zu ver=
zichten''. Gleichzeitig vertrat er die Auffassung, die inzwischen verbesserte
Nachschublage sei noch „nicht ausreichend, wenn eine grofie Aktion gegen
England unternommen werden soUe^'. Dazu miisse, gerade wenn man auf den
Seeweg iiber Tunis verzichte, zunachst „Malta entweder neutralisiert oder
erobert werden'': Moglichkeiten, die „schon in Italien studiert worden" seien.
In den Erwagungen, Richtlinien und Einwanden, mit denen Mussolini und
das Comando Supremo den Vorstofi Rommels ab 21. 1. begleiteten, kam eine
noch erheblich grofiere Vorsicht zum Ausdruck. Hatte Mussolini noch am 20.
1., einen Tag vor Angriffsbeginn, sogar Cavallero gedrangt, die Front bis in
die Gegend von Homs zuriickzunehmen und damit die ganze Breite der Syrte=
Wiiste zwischen die deutsch=italienischen und die britischen Krafte zu legen^,
so woUte er in den am 23. 1. erlassenen Richtlinien Rommel nur eine sehr be=
schrankte Bewegungsfreiheit zugestehen. Es konne sich nur darum handeln,
dem Gegner durch begrenzte Vorstofie in das Vorfeld der Verteidigungszone
moglichst hohe Verluste zuzufiigen. Die Masse der Krafte miisse bis auf
weiteres in der Marada— Marsa=el=Brega— Linie verbleiben.
Wahrend Mussolini jedoch dann bald geneigt schien, Rommel eine grofiere
taktische Freiheit zuzugestehen, wurde in dem Meinungsaustausch mit dem
Comando Supremo und mit Bastico immer mehr der Gedanke in den Vorder=
grund geriickt, dafi die Verteidigung von Tripolis das Hauptziel des Kampfes
in Nordafrika sei und bleiben miisse.
Diese Aufgabe stand auch an der Spitze der neuen Richtlinien des Comando
Supremo vom 11. 2., nachdem sich Rommel gegeniiber alien Widerstanden
durchgesetzt, aber sein Vorgehen am 5. 2. westlich Ain el Gazala eingestellt
hatte, da ihm die allein verfiigbaren Krafte — 2 italienische Korps durften iiber
Agedabia hinaus nicht folgen — fiir einen Angriff gegen die befestigten briti=
schen Stellungen in dem Raum westlich Tobruk nicht mehr ausreichend schie=
nen. Erst an zweiter Stelle der Richtlinien nahm das Comando Supremo, ob=
wohl immer noch unter starken Vorbehalten, den Gedanken auf, die erreichten
Linien zugleich als Ausgangsstellung fiir einen spateren Angriff auf Tobruk
auszubauen.
Unter dem Einflufi Rommels, der nunmehr auch in starkerem Mafie um die
Unterstiitzung seiner Absichten durch den WFStab bemiiht war, wuchsen die
Offensivplane in den nachsten Wochen allmahlich wieder in den grofieren Rah=
men hinein. Als ihr Ziel wurde schon am 18. 3. iiber Tobruk hinaus die Linie
Bardia=Sollum in Aussicht genommen. Im Zuge dieser Vorbereitungen gelang
es Rommel Anfang April, nachdem die beiden italienischen Korps ihm wieder
unterstellt worden waren, die Stellungen seiner Panzer=Armee noch ein Stiidc
weiter nach Osten zu verschieben.
Sie befanden sich nunmehr unmittelbar westlich Ain el Gazala.
7 Ciano, a. a. O., 5. 396.
99
A. Einfiihrung
2. Die Plane zur Kriegfiihrung im Sommer 1942
Die „Niederhaltung'' oder „Neutralisierung'' Maltas war das wesentliche
Ziel bei der Entsendung der Luftflotte 2 in das Mittelmeer gewesen (s. oben
S. 96). Wahrend Hitler auch in den folgenden Monaten an dieser relativ be=
grenzten Zielsetzung festhielt, wurde auf italienischer Seite dariiberhinaus die
Eroberung der Insel, zunachst in Operationsstudien (Januar 1942), ins Auge
gefalBt. Von deutscher Seite ging man auf diese Absichten vorerst nicht ein.
Hitler diirfte auf Grund seiner allgemeinen Einschatzung der Italiener (s. oben
S. 20) der Uberzeugung gewesen sein, dafi sie, selbst bei einer Luftwaffen=
unterstiitzung durch die Luftflotte 2, zu einer Eroberung der britischen Festung
nicht fahig seien. Eine Abstellung weiterer deutscher Krafte fiir den Mittel=
meerraum, der fiir ihn Nebenkriegsschauplatz blieb (s. oben S. 4ff.),lag fiir ihn
aufierhalb seiner Oberlegungen. Da eine klare deutsche Stellungnahme aus=
blieb — moglicherweise soUte die italienische Empfindlichkeit geschont wer=
den — , lief der offiziell im Januar 1941 beendete „Parallelkrieg" zumindest hin=
sichtlich der Planungen noch im Jahre 1942 weiter.
Bei den Besprechungen zwischen dem Comando Supremo und dem OB Siid
in Rom vom 8. 2. bis 11. 4.^ schalten sich als wesentlichste Ergebnisse heraus,
dafi Cavallero entschlossen war, den italienischen Charakter des geplanten Un=
ternehmens zu wahren, und die Vorbereitungen bis Ende Juli oder August
beenden zu konnen glaubte. Neben der Luft= und Seeherrschaft sah er als Vor=
bedingung an, dafi der geplante Angriff der Armee Rommel in der Cyrenaika
gleichzeitig gefiihrt werde. An Kraften fiir die Inbesitznahme von Malta wur=
den von den Italienern 23 Bataillone, darunter 1 Fallschirmjager=Div., vorge=
sehen. Kesselrings wiederholte Hinweise, die Insel unter Ausnutzung der Wir=
kungen des Luftbombardements im Handstreich zu nehmen, lehnte Cavallero
hauptsachlich mit der Begriindung ab, dafi die im Kampf noch nicht erprobten
italienischen Fallschirmjager dieser Aufgabe nicht gewachsen seien. Aufierdem
fehlten bis auf weiteres die Seetransportmittel, um die Insel nach ihrer In=
besitznahme auch zu halten. Am 12. 4. wurde fiir die weitere Vorbereitung
der geplanten Landung ein besonderer Stab gebildet, dessen Leitung General
Gandin vom Comando Supremo iibernahm^.
Am 2. 4. begann nach mehr als dreimonatigen vorausgegangenen Angriffen
zum Niederhalten der Insel die deutsch=italienische Luftoffensive gegen Malta
unter dem Oberbefehl des Luftflottenkommandos 2^ Ihre Ziele lagen ganz im
Bereich des Luft= und Seekriegs: Zerschlagen der britischen Luftstreitkrafte und
8 Ugo Cavallero, Diario, Rom 1948, Notizen vom 8., 22., 24. 2., 16., 17., 21., 23. 3.
und 11. 4. 1942.
9 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 12. 4. 1942.
1 Die Luftflotte 2 erreichte etwa Mitte April ihre grofite Starke. Ab Mitte Mai
mufite sie mit Abgaben fiir die Ostfront rechnen.
100
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
ihrer Einrichtungen, in zweiter Linie Aufiergefechtsetzen der Hafenanlagen
tind der dort liegenden Einheiten der britischen Flotte.
Nachdem sich binnen kurzem grofie Erfolge abzeichneten und die Einwir=
kung Maltas auf den Seeverkehr zwischen Italien und Tripolis auf ein Min=
destmafi absank, fanden die Absichten des Comando Supremo zur Wegnahme
der Insel am 13. 4. auch Hitlers grimdsatzliche Zustimmung^. In Anwesenheit
Kesselrings faiSte er am 18. 4. den Entschlufi, fiir den Angriff auf Malta „deut=
sche Fallschirmjager und deutsches Gerat zur Verfiigung"" zu stellen^. Ein=
schrankend betonte er jedoch ausdriicklich „die Abhangigkeit aller Entschlie=
fiungen von etwaigen Angriffsunternehmungen der Englander gegen Nor=
wegen und das besetzte Frankreich, da in diesem Falle Telle der Luftflotte 2
dort eingesetzt werden miifiten''^.
Mit der Abstellung von zwei deutschen Generalstabsoffizieren in den italie=
nischen Sonderstab zur Vorbereitung der Eroberung Maltas wurde anschlie=
fiend zum ersten Mai im Verlauf des fast zweijahrigen Koalitionskrieges der
„Achsenmachte'' ein gemeinsamer Operationsstab gebildet.
Am 21. 4. folgten auch die ersten Befehle Hitlers fiir eine Unterstiitzung des
Landungsangriffs durch deutsche Truppen^.
Die zukiinftige Kriegfiihrung im Mittelmeerraum war auch das Hauptthema
des Treffens zwischen Hitler und Mussolini in Schlofi Klefiheim bei Salzburg
am 29730.4.1942^. In der Besprechung am 30.4.'^ in Anwesenheit Keitels,
Kesselrings, Jodls, v. Rintelens und des Chefs des Comando Supremo, Gene=
raloberst Cavallero, betonte Hitler, „daE ein derartiges Unternehmen (wie die
Eroberung Maltas) aufierordentlich sorgfaltig vorbereitet werden miisse, da es
bei Fehlschlagen nicht wiederholt werden konne. Er sagte auf eine Anfrage
Cavalleros eine grojSziigige deutsche Beteiligung durch Bereitstellung von Fall=
schirmbataillonen, einer Lufttransportflotte sowie unter anderem auch von
Prahmen fiir die Landung von Tanks und die weitere Beteiligimg der dort
stationierten Luftstreitkrafte zu. Diese Zusage gelte jedoch nicht fiir den Fall
einer grofien Angriffshandlung der Englander im Westen, da samtliche deut=
schen Streitkrafte dann dort eingesetzt werden miifiten . . . Als Vorbereitungs=
zeit wurden sechs Wochen angesetzt, so dali der Angriff auf die Insel in der
zweiten Neumondsperiode nach der Salzburger Zusammenkunft stattfinden
2 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 13. und 15. 4. 1942.
3 Ebda., 18. 4. 1942.
4 Diese Einschrankung ist bei Cavallero, a, a. O., Notizen vom 21. 4. 1942 und
Ciano, a. a. O., Notizen vom 22. 4. 1942, in denen sidi die Mitteilungen KesseU
rings widerspiegeln, nidit enthalten.
5 KTB der Kriegsgesdiichtlichen Abteilung des OKW, 21. 4. 1942; Cavallero, No=
tizen vom 21. 4. 1942.
6 Zum politischen Themenkreis, besonders hinsiditlidi der Arabien= und Indien=
politik, s. oben S. 21 f .
7 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Mussolini
vom 30. 4. 1942 (Politisches Archiv des Auswartigen Amts Bonn, Aufz. Fiih 17
RAM=Film 1/101—103, 18/306—308).
A. Einfiihrung
wiirde . . . Konkrete Plane iiber ein Vorgehen gegen Agypten wurden . . . nicht
erortert. Es wurde lediglich das Vorstofien bis zum Suezkanal als erstrebens=
wertes Zukunjftsziel hingestellt/'
Man einigte sich schliefilich dahingehend, „da6 zunachst die Panzerarmee
Afrika Ende Mai angreifen und moglichst Tobruk nehmen solle, dann aber
an der agyptischen Grenze Halt machen miisse, damit spatestens mit dem Juli=
vollmond das Unternehmen ,Herkules' — die Wegnahme Maltas — durchge=
fiihrt werden konne"'^.
Doch verdeckte diese Formel nur notdiirftig die unterschiedliche Zielsetzung
und Erwartung, die beide Seiten an diese Planung kniipf ten. Blieb namlich Hit=
lers Augenmerk doch auf Agypten gerichtet, das er am 21. 4. fiir „revolutions=
reif' erklart hatte^ so waren die Italiener vorlaufig nur auf die naheren Ziele
bedacht und woUten iiber die Linie Solium— Half aya=Pa6 selbst bei giinstigstem
Ablauf keinesfalls hinausgehen. Bei den Verhandlungen mufite man davon
ausgehen, dajS die beiden Vorhaben (Eroberung Maltas und begrenzte Offen=
sive in Nordafrika) nur nacheinander, nicht nebeneinander stattfinden konn=
ten, da die Luftstreitkrafte der „Achsenmachte'' fiir die gleichzeitige Durch=
fiihrung nicht ausreichten. Auf dieser Grundlage hatte sich Cavallero zunachst
dafiir eingesetzt, „daJS die Eroberung von Malta als das wichtigste Erfordernis
fiir die weitere Kriegfiihrung in Afrika zeitlich an erster Stelle stehen miisse''.
Kesselring, der Rommels Standpunkt mit vertrat, wiinschte auch, Malta solle
moglichst vor Beginn des Angriffs in der Cyrenaika genommen werden. Falls
dies jedoch bis zum 1. 6. nicht durchfiihrbar sei, miisse der Angriff der deutsch=
italienischen Panzerarmee vorangehen. Anderenfalls wiirden die Briten ihre
Offensivvorbereitungen abschliefien und aller Voraussicht nach ihrerseits ge=
gen die deutsch=italienische Armee in Nordafrika vorgehen, sobald eine Ent=
lastung von Malta ihnen das fiir geboten erscheinen liefie. Damit aber wiirden
die eigenen Angriffsvorbereitungen zunichte gemacht und ein Vorgehen gegen
Tobruk und Agypten auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben. Diese Argu=
mentation gab den Ausschlag fiir die erwahnte Vereinbarung.
Dementsprechend bestimmte die OKW=Weisung vom 4. 5. 1942 s dafi „die
Offensive in Nordafrika Ende Mai, spatestens Anfang Juni durchzufiihren''
sei (Unternehmen „Theseus"). „Operation ,Herkules' wird auf Mitte Juli,
spatestens auf Mitte August verschoben. . ." „In Erweiterung friiherer Plane
hat der Fiihrer bestimmt, erheblich starkere Krafte fiir die Operation ,Her=
kules' einzusetzen. . /' Danach waren nunmehr „in Siiditalien . . . zu einem
vom OB Siid zu bestimmenden Zeitpunkt bereitzustellen : alle einsatzbereiten
Teile der 7. Flieger=Division2, Pionierkrafte in Starke etwa eines Bataillons,
8 Enno v. Rintelen, Mussolini als Bundesgenosse, Tiibingen 1951, S. 166.
9 Kriegstagebuch der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 21. 4. 1942.
a OKW/WFStab/Op. Nr. 5579/42 g.Kdos. Chefs, vom 4. 5. 1942, gez. Keitel.
2 Die Luftwaffe hatte im Juni 1942 folgende Mafinahmen und Starke der zur Er=
oberung Maltas bestimmten Krafte vorgesehen: Vorbereitung und Fiihrung:
102
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
12 verst. Panzer IV . . ., alle verfugbaren schweren russischen Beutepanzer
(mindestens lo Stiick)/' Der benotigte Lufttransportraum und ein moglichst
hoher Bestand an Marine=Fahrprahmen soUten spater hinzutreten. Die Luft*
streitkrafte miiliten „im Mittelmeerraum in einem Umfang erhalten bleiben,
der zusammen mit der italienischen Luftwaffe die Luftiiberlegenheit bei der
Durchfiihrung der Operation sicherstellt''.
Waren nach dieser Weisung die zusatzlichen deutschen Leistungen fiir die
bevorstehenden Aufgaben an sich schon aulierst gering — dem historischen
Betrachter mu6 standig vor Augen bleiben, dafi die Gesamtstarke der deut=
schen Krafte im ganzen Mittelmeergebiet auf dem Hohepunkt des Sommer=
feldzuges 1942 am 1. 7. nur 55 000 Mann betrug — , so mufite nach der letzten
Anordnung fiir die Luftwaffe sogar mit einer Herabsetzung der Starke zu=
gunsten der Ostoffensive gerechnet werden. Dabei stellte es das OKW — nach
der iiblichen, zuriickhaltenden Art der Befehlserteilung an den Ob.d.L. (s.
oben S. 9) — noch in dessen Belieben, wieviele Verbande er gegebenenfalls
abziehen woUe.
Einen Tag nach dem OKW und ganz unabhangig von ihm erliefi auch das
Comando Supremo am 5. 5. seine Weisung fiir die Panzerarmee Afrika. Darin
wurden in vorsichtiger, stufenweiser Steigerung als Ziele des Angriffs be=
zeichnet, den Gegner westlich Tobruk zu schlagen, sodann unter giinstigen
Verhaltnissen Tobruk im abgekiirzten Verfahren zu nehmen und nur bei
Erfiillung dieser „kategorischen'' Voraussetzung bis zur Linie Solium— Halfaya
vorzustofien. Diese Grenze diirfe keinesfalls iiberschritten werden. Sollte die
Einnahme von Tobruk nicht gelingen, so sei die Front nicht iiber Ain el Gazala
hinaus zu verschieben. Der Beginn des Angriffs wurde auf Ende Mai fest=
gelegt in der Erwartimg, dafi die notwendigen Erganzungen und Verstar=
kungen bis dahin eingetroffen sein wUrden. Ausdriicklich wurde auch be=
stimmt, daii die Operationen nicht langer als bis zum 20. 6. dauern sollten,
da dann die Luft= und Seestreitkrafte fiir andere Zwecke, d. h. die Eroberung
Maltas, benotigt wiirden.
Im Mai gelang es, die Transporte iiber See zur Auffiillung der Angriffs=
verbande der Panzerarmee und zu ihrer Versorgung ohne wesentliche Be=
hinderung durchzufiihren. Es wurden damit allerdings nur ein dem Gegner
einigermafien ebenbiirtiges Krafteverhaltnis und eine fiir ein schnelles Durch=
schlagen des Angriffs ausreichende Versorgung erreicht. Zur Anlage grofierer
Gen.Kdo. XI. Flieger=Korps (General d. Fl. Student); deutsche Fallschirmtruppen :
5 Jager Rgt.er, 1 Artl.Rgt., 1 Fla.Rgt., 1 Pz.=Gruppe, 1 MG=Btl., 1 Pi=Btl.,
1—2 Minenwerfer=Battr.n; 2—3 Transport=Gruppen He 111, 7—8 Transports
gruppen Ju 52; italienische Truppen: 1 Fallsch.Jg.Brig., (?) Transportgruppen
(Savoias); Versammlungsraum: Neapel— Kalabrien (Italiener), Sizilien— Ost= und
Siiditalien (Deutsdie); Dauer der Versammlung: 32—35 Tage (wegen Transports
sdiwierigkeiten im Raum siidl. Neapel und iiber die StraJSe von Messina); Flug*
platze bei Neapel (gut und ausreidiend), in Kalabrien (nur 2, davon 1 unbraudi=
bar), auf Sizilien (gro6e Zahl, aber schon stark belegt).
103
A. Einfiihrung
Nachschublager, wie sie das Comando Supremo seit langem geplant hatte,
kam es nicht. ;r;j.?£»'}?ioij:;
Wahrend Hitler dem Angriff in der Cyrenaika mit grofien Erwartungen
entgegen sah, aufierte er sich am 20. 5. „erneut sehr skeptisch'' zu dem Ge=
lingen der Eroberung Maltas^. Wenn ausreichende deutsche Krafte zur Ver=
fiigimg stiinden, „wiirde er die Lage anders beurteilen"'. Ahnlich wie schon
Cavallero betonte er, dafi es sich nicht nur darum handle, die Inselfestung
zu erobern, sondern sie auch zu halten. Dazu aber seien die Italiener „nach
alien geschichtlichen Erfahrungen . . . nicht in der Lage''. In der Lagebespre=
chung vom 21. 5. erklarte Hitler schliefilich, falls die Wegnahme von Tobruk
gelinge, konne man auf die Eroberung Maltas verzichten, da dann die Ver=
bindung iiber Kreta nach Tobruk geleitet werden konne. Das Unternehmen
„Herkules'' sei daher bis auf weiteres „nur noch geistig vorzubereiten^''.
Diesen Standpunkt, der von den Vereinbarungen mit Mussolini vom 30. 4.
klar abwich, bekraftigte er in den folgenden Wochen wiederholt. So erklarte
er etwa in der Besprechung mit dem Ob.d.M., Grofiadmiral Raeder, am 15. 6.,
dafi er die Wichtigkeit der Wegnahme von Malta zwar anerkenne, „wahrend
der Ostoffensive jedoch die Durchfiihrung, zumal durch Italien, nicht fiir
moglich" halte^. Die „Luftwaffe kann dann keinerlei Transportflugzeuge stel=
len''. „Ist Malta einmal durch die dauernden Luftangriffe und vollige Ab=
schniirung ganz ausgeblutet, so konnte der Angriff in Frage kommen.''
Auf italienischer Seite gingen wahrenddessen die Vorbereitungen mit dem
Ziel, die voile Bereitschaft zur Landimgsoperation so schnell wie moglich her=
zustellen, den ganzen Mai liber unverandert weiter.
Die am 2. 4. begonnene Luftoffensive gegen Malta lief am 10. 5. aus. Wenn
auch weitere Luftangriffe in geringerer Starke folgten, so gewann die britische
Inselfestung doch eine Atempause, die zum intensiven weiteren Ausbau der
Verteidigungsanlagen bzw. der Wiederherrichtung der zerstorten militarischen
Einrichtungen genutzt wurde.
3. Die deutsdi-italienisdie Off^sive von El Gazala bis El Alamein
(Mai bis Juli 1942)
Die am 2.6J2.J. 5. beginnende Offensive der deutsch=italienischen Panzer=
armee Af rika unter Rommels Fiihrung, die der beabsichtigten britischen Off en=
sive nur imi wenige Tage zuvorkam, schien sich nach einem gegliickten Anlauf
vor dem zah verteidigten Stiitzpunkt Bir Hacheim festzulaufen. Am 7. 6. mel=
dete der italienische OB, Generaloberst Bastico, der im Gegensatz zu Rommel
3 KTB der Kriegsgesdiiditlidien Abteilung des OKW, 20. 5. 1942.
4 Ebda., 21. 5. 1942.
5 Niedersdirift iiber den Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler vom 15. 6. 1942 (Der
Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Nr. 1. Ski. lb 1162/42 g.Kdos. Chefs, vom
17.6.1942, in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
104
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
an eine baldige Einnahme des Stiitzpunktes nicht mehr glauben wollte, die
Offensive soUe nach der Einnahme der britischen Ain=el=Gazala=Verteidi=
gungslinie eingestellt werden. Zugleich beantragte er jedoch, den in der Wei=
sung vom ^. ^. gesetzten Schlufitermin vom 20. 6. um einige Tage hinauszu=
schieben. Der Chef des Comando Supremo, Generaloberst Cavallero, ge=
nehmigte dies fiir die Dauer von 4—5 Tagen. Gegeniiber Kesselring aufierte
er allerdings am 10. 6., dafi somit der geplante Angriff gegen Malta eine Ver=
schiebung um drei Wochen erfahre, wenn der Plan nicht iiberhaupt mit dem
Auftreten britischer Verstarkungen auf der Insel und einer noch langeren
Dauer der Kampf e in der Cyrenaika hinfallig werde^.
Am folgenden Tage fiel jedoch Bir Hacheim (11. 6.), und nach erneuten
schweren Kampfen um den Stiitzpunkt Knightbridge stiefien die Verbande
der Panzerarmee ziigig nach Osten vor, schlossen Tobruk ein und nahmen die
Festung am 20. 6. im Handstreich. Mit dem Einverstandnis Basticos vom 21. 6.,
den Vormarsch bis zur Linie Solium— Halfaya fortzusetzen, und mit der Wei=
sung, dafi die deutsch=italienische Panzerarmee sich dort zur Verteidigung ein=
richten solle, schien die Offensive ihren planmafiigen Abschluli zu finden, wenn
man die Weisungen des Comando Supremo zur Grundlage der Beurteilung
nimmt.
In einem von Cavallero am 20. 6. entworfenen Brief Mussolinis an Hitler
vom 21. 6. wurde daher der Angriff auf Malta als nachstes Ziel klar heraus=
gestellt. Nach dem Siege in der Luft, zur See und zu Lande gehe es nun darum,
die Erfolge zu festigen. Der Kernpunkt sei dabei die Eroberung Maltas. Schon
wiirde die Verbindung nach Libyen erneut gefahrdet durdi die zahlreichen
britischen Jager, die inzwischen von Flugzeugtragern aus wieder auf die Insel
gelangen konnten. Ohne alsbaldige Besetzung werde Malta daher auch des=
wegen in Kiirze wieder aufleben, well die italienische Flotte, nachdem sie in
der soeben erfolgreich beendeten Seeschlacht im Mittelmeer zwei grofie Geleit=
ziige am Durchbruch nach der Insel gehindert habe^ iiber keine Olvorrate
mehr verfiige, um ein weiteres Mai auszulaufen. Nur U=Boote und Flugzeuge
konnten neuen britischen Versuchen zur Versorgung der Insel noch entgegen=
gestellt werden, reichten jedoch fiir diese Aufgabe nicht aus. Im iibrigen seien
grofiere Lieferungen von Heizol auch zu der Eroberung von Malta notwendig,
und zwar 40 000 t fiir das Unternehmen selbst und weitere 30 000 t als Re=
serve. Nach Wegnahme der Insel werde der Olbedarf der Flotte stark nach=
lassen, wie auch die Luftwaffe dann ihre voile Operationsfreiheit wiederge=
winnen werde. Der beste, aber auch der letzte Zeitpunkt fiir die Landungs=
operation, deren Vorbereitungen Mussolini als weit fortgeschritten bezeichnete,
sei der August. Anderenfalls miisse man bis zum nachsten Friihjahr warten.
6 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 10. 6. 1942.
7 Gemeint ist die britische Doppel=Konvoi=Operation („Harpoon'' und ^Vigorous")
vom 12.— 16. 6. von Gibraltar und Alexandria zur Versorgung Maltas. Von den
17 Transportem erreichten nur 2 Malta. ,
105
A. Einfiihrung
Am gleichen 21. 6. ersuchte Rommel den „Deutschen General beim Ober=
kommando der italienischen Wehrmacht'', General v. Rintelen, im Einver=
nehmen mit dem OKW und dem Comando Supremo die Zustimmung Musso=
linis einzuholen, um die Verfolgung des geschlagenen Gegners nach Agypten
hinein ohne Verzug fortzusetzen. Auch Generaloberst Bastico mufi spatestens
zu diesem Zeitpunkt von Rommel iiber seine Absicht unterrichtet worden sein,
war jedoch nicht gewillt, die geltenden Weisungen zu andern.
Das Bestreben Rommels, den Erfolg auszunutzen und — ohne auf die ur=
spriinglichen Plane Riicksicht zu nehmen — die geschlagene britische 8. Armee
nach Agypten hinein zu verfolgen, traf sich mit entsprechenden Gedanken
Hitlers. In seiner am 22. 6. durch Fernschreiben iibermittelten Antwort an
Mussolini forderte er diesen auf, sich seinem Standpunkt anzuschliefien. „Ein
geschichtlicher Wendepunkt sei erreicht, der von entscheidender Bedeutung
fiir den Ausgang des Krieges sein'' konne. Die britische 8. Armee sei „prak=
tisch vernichtet''. Die „schnellste und vollstandigste Ausnutzung'' dieser
Lage, die „sich auf keinen Fall ein zweites Mai auf dem gleichen Kriegsschau=
platz ergeben'' werde, verlange „die pausenlose Verfolgung ... bis zur voll=
standigen Vernichtung der britischen Truppen'', ehe durch Herankommen
neuer Reserven „eine Anderung . . . zu unseren Ungimsten'' eintrete. „Dies=
mar' konne „Agypten . . . England entrissen werden", wahrend die Eroberung
von Sewastopol gleichzeitig den Weg frei mache, um auch iiber den Kaukasus
hinweg „zum Fall der gesamten ostlichen Konstruktion des englischen Em=
pires" vorzustofien. „Die Gottin des Schlachtenglucks nahert sich den Fiihrern
nur einmal. Wer sie in einem solchen Augenblick nicht festhalt, wird sie sehr
oft nicht wieder erreichen konnen®."
Ohne eine Weisung des Comando Supremo abzuwarten, gab Rommel
wahrenddessen bereits am 22. 6. friih den Befehl, die Verfolgung der britischen
8. Armee auf Sidi Barani (90 km ostlich der libysch=agyptischen Grenze)
fortzusetzen*.
Unter dem Eindruck von Hitlers Schreiben und der offensichtlich so giin=
stigen Situation auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz anderte das
Comando Supremo am 23. 6. seine Haltung und gab dem weiteren Vorgehen
der deutsch=italienischen Panzerarmee seine Zustimmung. Mit dem schnellen
Fortschreiten der Offensive steigerte sich die Zielsetzung. Am 26. 6. befahl
das Comando Supremo, als vorlaufiges Ziel und als Basis fiir weitere Opera=
tionen die Linie Arabischer Golf— Kattara=Senke zu erreichen (also etwa die
El=Alameiri=Linie). Am 27. 6. folgte eine Weisung, in der iiber die Einnahme
von Kairo und die vorlaufige Abschliefiung von Alexandria hinaus der Suez=
Kanal als Endziel festgelegt war. Zugleich wurde die Landung auf Malta auf
8 Warlimont II, a. a. O., 5. 243.
9 Rommel wurde am 21. 6. zum Gen.Feldmarsdiall befordert. Am 22. 6. warden
daher auch Cavallero und Bastico zu Marschallen von Italien befordert.
106
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
September versdioben. AUein der OB Siid, Gen.Feldmarschall Kesselring,
brachte am 25. 6. in einer Aussprache mit Cavallero und Bastico nach wie vor
Bedenken gegen einen Vormarsch nach Agypten vor. Er zeigte vor allem
grofite Besorgnis hinsichtlich der Nachschublage. Auch konnten den 600 bri=
tisdien Flugzeugen im Delta=Gebiet nur 60—70 deutsche und italienische Jager
entgegengestellt werden.
Am 30. 6. kam der stiirmische Vormarsch der deutsch=italienischen Panzer=
armee vor El Alamein zum Stehen. Die erschopfte Armee besafi nur noch
^^ Panzer, 15 Panzerspahwagen, jy Geschiitze, 6^ Pak. Bei den drei deutschen
Divisionen, die die Angriffspitze bildeten, betrug die Kampfstarke nur noch
etwas iiber 2000 Mann Infanterie. Nach vergeblichen Versuchen, die britische
Stellung zwischen der Kuste und der Kattara=Senke zu durchbrechen, sah sich
Rommel am 3. 7. gezwungen, den Kampf abzubrechen.
An diesem Tage gaben die Reichsregierung und die italienische Regierung
eine offentliche Erklarung ab, in der sie „feierlich ihre feste Absicht (bekraf=
tigten), die Unabhangigkeit Agyptens und die Souveranitat Agyptens zu ach=
ten und sicherzustellen. Die Streitkrafte der Achse betreten Agypten nicht als
Feindesland, sondern mit dem Ziel, die Englander aus dem agyptischen Terri=
toriimi zu vertreiben und die militarischen Operationen gegen England fort=
zusetzen, die den Nahen Osten von der britischen Herrschaft befreien sollen/'
Um dieses politisch=propagandistische Ziel zu unterstreichen, hatte der deut=
sche Wehrmachtbericht am 2. 7. entgegen den Tatsachen gemeldet, daii „deut=
sche und italienische Divisionen, unterstiitzt durch starke Sturzkampf verbande,
nach erbittertem Kampf die El=Alamein=Stellung durchbrochen (hatten). Sie
verfolgen die geschlagenen britischen Krafte, die sich auf das Nil=Delta zu=
riickziehen^''
Rommel, der angesichts der veranderten Lage die Absicht geaufiert hatte,
auf die agyptisch=libysche Grenze zuriickzugehen, fand sich schliefilich am
23. 7. nach erneuten Zusicherungen auf anlaufende Verstarkungen damit ab,
in der Stellung westlich El Alamein zu verbleiben. Diese Verstarkungen konn=
ten wegen fehlender anderer Moglichkeiten nur von den fiir das Unternehmen
„Herkules'' vorgesehenen und hierfiir bereitgestellten Verbanden entnommen
werden. Comando Supremo und OKW gaben hierzu Mitte Juli entsprechende
Befehle. Cavallero hatte sogar schon am 7. 7. den Operationsstab Malta an=
gewiesen, anstelle der gegen die Inselfestung gerichteten Plane einen Uber=
gang nach Tunis vorzubereiten. Dagegen erhob General v. Rintelen im Auf=
trage des OKW am 20. 7. Bedenken. Ein italienisches Vorgehen gegen Tu=
OKW=Bericht, 2. 7. 1942. Am 15. 7. empfing Hitler in „Wolfsschanze" den nach
Deutschland gefluditeten ehemaligen irakischen Ministerprasidenten Ali el Gai=
lani, der im Mai 1941 den gescheiterten Aufstand gegen die britischen Streit=
krafte im Irak geleitet hatte. Er wirkte — ebenso wie der Mufti von Jerusalem,
Husseini — von Deutschland aus iiber Rundfunkstationen propagandistisch in
den Nahen Osten hinein.
107
A. Einfiihrung
nesien miisse den Abfall von ganz Franzosisch=Nordafrika zu de Gaulle zur
Folge haben.
Nachdem am 27. 7. britische Gegenangriffe an der El=Alamein=Front an der
erfolgreichen deutsch=italienischen Abwehr gescheitert waren, wurde die Si=
tuation in Nordafrika wieder giinstiger beurteilt. Das Comando Supremo,
das sich am 12. 8. die deutsch=italienische Panzerarmee unmittelbar unterstellte
(also Bastico auf den Oberbefehl in Libyen beschrankte), und der OB Slid
forderten nunmehr in Sorge vor dem standigen Anwachsen der britischen
Krafte, die ununterbrochen Nachschub auf der Route um das Kap der Guten
Holfnung erhielten (s. oben S. 17), eine schnelle Wiederaufnahme der Offen=
sive. Die Weisung des Comando Supremo vom 17. 8. sah dementsprechend
als nachstes Operationsziel vor, die britischen Krafte westlich des Deltas zu
schlagen, Alexandria zu gewinnen und, gestiitzt auf diesen Hafen, weiter auf
Kairo und den Suez=Kanal vorzugehen. Hitler indessen verzichtete darauf,
Rommel zu drangen und in seine Entscheidungen einzugreifen.
Gegen seine eigene bessere Uberzeugung befahl Rommel schlieiBlich fiir den
30. 8. abends den neuen Angriff, ohne iiber die von ihm selbst als unerlafilich
angesehenen Mittel zu verfiigen. Die Offensive scheiterte daher bereits am
1. 9. an der heftigen britischen Gegenwehr, vor allem in der Luft. Am 3. 9.
nahm Rommel die Armee in ihre Ausgangsstellungen zuriick. An eine Wieder=
aufnahme des Angriffs war fiir absehbare Zeit nicht zu denken. Der Ernst
der Situation ergab sich aus der Feststellung Cavalleros vom 6. 9., dafi jetzt
die „Neutralisierung'' Maltas „das Problem auf Leben oder Tod"" sei. „Wenn
Malta nicht neutralisiert wird, verlieren wir alles/' „Um zum Nil zu gelangen,
mlissen wir vorgehen; um vorzugehen, brauchen wir Transporte; und um
Transporte zu haben, mufi Malta neutralisiert werden^/'
Nachdem die Moglichkeit, Malta zu erobern, mit der Abgabe der hierfiir
bereitgestellten Krafte nach Nordafrika endgiiltig dahingeschwunden war — ob
dies unter den gegebenen Voraussetzungen bei beiden Seiten (deutschen wie
italienischen) „greifbare'' Moglichkeit war, bleibe hier unerortert — , versuchte
der OB Slid, durch eine letzte starkere Luftoffensive gegen die Insel ab 10. 10.
wenigstens eine wirksame „Neutralisierung'' zu erreichen. Doch mufiten die
Angriffe nach wenigen Tagen infolge der schweren eigenen Verluste auf
Drangen Gorings und Befehl Hitlers wieder eingestellt werden. Am 20. 11.
erklarte schlielilich Hitler in der Lagebesprechung^, dafi seiner Ansicht nach
die Wegnahme solcher befestigter Inseln iiberhaupt „unmoglich'' sei: in sei=
nem Munde ein seltenes Eingestiindnis.
Schon seit September war die Insel Kreta starker in den Brennpunkt seiner
Sorgen geriickt. Urspriinglich war sie im Zusammenhang mit den Planungen
im Mittelmerraum als vorgeschobenes Sprungbrett der Luftwaffe gegen Agyp=
2 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 6. und 8. 9. 1942.
3 Aufz. zum KTB WFStab, 20. 11. 1942.
108
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
ten vorgesehen. Doch wechselte sie schon im Spatsommer in eine strategische
DefensivroUe hiniiber. Weder als Stiitzpunkt der Luftwaffe noch als Riickhalt
fiir die Seeverbindungen nach Nordafrika brachte der Besitz der Insel im
iibrigen einen wesentlich anderen Vorteil als den, dafi ihre Nutzung dem Geg=
ner versagt blieb. Hitler hielt indessen trotz aller Erfahrungen an seiner An=
sicht von der „beherrschenden Bedeutung . . . der Insel fiir das ostliche Mittel=
meer und fiir den Kampf in Agypten"' fest. Schon in der „Fiihrer=Weisung''
Nr. 45 vom 23. 7. 1942"* hatte er die Verlegung einer der besten deutschen
Divisionen (22. Inf.Div.) nach Kreta verfiigt. Ihren Weitertransport zur Ver=
starkung der Panzerarmee Rommels nach Afrika zog er nur voriibergehend
in Erwagung. In einer Weisung vom 14. 9. 1942^ stellte er Kreta geradezu
in das Zentrum seiner Besorgnisse hinsichtlich des Mittelmeerkriegsschau=
platzes, Auch Mussolini hatte er schon am 4. 8. in einem Brief aufgefordert,
„fiir alle Falle eine Verstarkung nach Kreta (zu) schicken''. Der Ob.d.M.
vertrat am 26. 8. Hitler gegeniiber sogar die Meinung, dafi Kreta seiner Be=
deutung wegen „in Krieg und Frieden'' in deutscher Hand bleiben miisse®.
Schliefilich unterstellte Hitler mit Weisung vom 13. 10. 1942^ ebenso wie alle
von deutschen Truppen besetzten Kiisten im Mittelmeer und in der Agais der
einheitlichen Befehlsgewalt des OB Siid zwecks „Vorbereitung und Durch=
fiihrung der Verteidigung''. Die Befugnisse des W.B. Siidost (s. unten S. 142)
wurden auf diese Weise eingeschrankt. Doch wurde diese komplizierte Lo=
sung, die sich nicht bewahrte, mit der „Fiihrer= Weisung'' Nr. 47 vom 28. 12.
1942^ wieder aufgehoben (s. unten S. 142 f.).
4. Die Abwehr der britisdien Offensive in Xgypten ab 23. 10. 1942
Die Sorgen der deutschen Obersten Fiihrung um die Entwicklung der all=
gemeinen Lage im Mittelmeerraum — trotz der Zuversicht Rommels, die in=
zwischen stark ausgebaute und verminte El=Alamein=Stellung zu halten —
spiegeln sich in einigen Notizen im KTB des WFStabes deutlich wieder. Sie
bezogen sich weniger auf die Front in Agypten, kreisten vielmehr um die
angesichts des gespannten italienisch=franzosischen Verhaltnisses und der
zwielichtigen RoUe Vichys in Nordwestafrika politisch und militarpolitisch
labilen Verhaltnisse im westlichen Mittelmeerraum. Beim Lagevortrag am
15. 10. kamen „die sich mehrenden Nachrichten iiber beabsichtigte und be=
4 Hubatsdi, a. a. O., S. 199.
5 Der Fiihrer OKW/WFStab/Op. Nr. 003142/42 g.Kdos. Chefs, vom 14. 9. 1942,
gez. Adolf Hitler.
6 Niederschrift iiber den Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler vom 26. 8. 1942 (Der
Oberbefehlshaber der Kriegsmarine B Nr. 1. Ski. lb Nr. 1663/42 g.Kdos. Chefs,
vom 29.8.42, in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
7 Der Fiihrer OK W/WFS tab/Op. Nr. 551 743/42 g.Kdos. Chefs, vom 13. 10. 1942,
gez. Adolf Hitler.
8 Hubatsch, a. a. O., S. 209ff.
109
A. Einfiihrung
vorstehende angelsachsische Truppenlandungen in Westafrika zur Sprache.
Den Vorschlag des Chefs WFStabes, der franzosischen Regierung zu gestatten,
ihre Krafte in Nordafrika aus dem Mutterland zu verstarken, um sie zur
Abwehr etwaiger angelsachsischer Landungsversuche zu befahigen, lehnt der
Fiihrer mit Riicksicht auf die Italiener ab, die jeder Verstarkung der franzosi=
schen Truppen in Nordafrika mit aufierstem Mifitrauen gegeniiberstehen®/'
General v. Rintelen legte am 21. 10. auf Weisung des OKW dem Comando Su=
premo noch einmal nahe, nidit praventiv nadi Tunis hiniiberzugehen, sondern mit
Riicksicht auf Vichy erst nach einer etwaigen Landung der AHiierten, die weniger
in Algerien und Tunesien als vielmehr in Dakar oder in Marokko vermutet wurde.
In seinem Brief an Mussolini vom gleichen Tage zog Hitler sogar nur eine alliierte
Landung in Norwegen oder in Westeuropa in Betracht. Andererseits kam der
WFStab bei seiner in den letzten Oktobertagen aufgestellten „Ubersicht iiber die
Gesamtlage im Herbst 1942^ nach Abwagung allgemeiner militarpolitischer und
strategischer Uberlegungen zu dem Ergebnis, dafi Franzosisch=Nordafrika den gun=
stigsten Ansatzpunkt fiir ein Vorgehen der AHiierten gegen die „Achsenmachte"
bieten miisse. Allerdings wurde als Zeitpunkt hierfiir das Frtihjahr 1943 angesehen.
Auch nach Beginn der Offensive der britischen 8. Armee gegen die El=Alamein=Front
der deutsch=italienischen Panzerarmee am 23. 10. 1942 sah Hitler am 25. 10. „die gro6te
Gefahr im westlichen Mittelmeerraum". Dabei liefi er sich „eingehend iiber die
Verteidigungsmoglichkeiten von Korsika berichten" und erwog sogar „eine Be=
setzung der Insel durch italienische Streitkrafte". Den vollen Ernst der Lage an
der agyptischen Front scheint auch das Comando Supremo erst durch den Bericht
Gen.Feldmarschall Rommels vom 30. 10. erkannt zu haben. Nachdem die Nach=
richten bis dahin einen Abwehrerfolg hatten erwarten lassen, gipfelte Rommels
Meldung an diesem Tage darin, dafi bei weiterem Anhalten des iiberwaltigenden
britischen Materialeinsatzes, auch nur noch zwei bis drei Tage lang, der Widerstand
der Panzerarmee zum Erliegen kommen miisse. Da keine Reserven zur Verfiigung
stiinden, sei der Weg nach Westen fiir den Gegner dann frei. Da es aber unmoglich
schien, die in erster Linie dringend benotigte Munition zu iiberfiihren, um den
Kampf fortzusetzen, auch nicht geniigend Treibstoff vorhanden war, um die Schlacht
abzubrechen und kampfkraftig den Riickzug anzutreten, sah Cavallero nur die
Losung, die Front bei El Alamein auf Biegen oder Brechen zu halten.
Am 2. 11. erneuerte er den Befehl an Rommel, die Stellung bei El Alamein,
„koste es, was es wolle'', zu halten. Auch in einem von Jodl abgefafiten Tele=
gramm Hitlers vom gleichen Tage wurde der Feldmarschall zum bedingungs=
losen Ausharren auf gef ordert : „Ihrer Truppe konnen Sie keinen anderen Weg
zeigen als zu siegen oder zu sterben^/'
Wahrscheinlich ohne Kenntnis dieses Befehls, aber aus eigener Verantwor=
tung iiber die Weisungen des Comando Supremo und des ihm ohnehin be=
kannten Willens Hitlers hinweggehend, ordnete Rommel am Abend des 2. 11.
den Ruckzug seiner Panzerarmee an. In seiner Meldung an das OKW/WFStab
teilte er seine Absicht mit, „die italienischen Infanterie=Divisionen in der kom=
9 Aufz. zum KTB des WFStabes, 15. 10. 1942.
1 Zu dieser Obersicht Warlimont, a. a. O., S. 279/80.
2 Erwin Rommel, Krieg ohne Ha6, Heidenheim 1950, S. 268 (zuverlassig rekon*
struierter Wortlaut des Telegramms).
lid
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
menden Nacht vom Gegner zu losen und in die Fuka=Stellung zuriickzufiihren.
Die schnellen Verbande wiirden diesen Riickzug decken und dann ebenfalls
in die Fuka=Stellung ausweichen/' Diese Meldung wurde Hitler am spaten
Abend des 2. 11. noch vorgelegt. Er nahm mit Sicherheit an, dafi Rommel auf
Grund seines inzwischen eingetroffenen Appells diese Absicht nicht ausfiihren
wiirde. Die am 3. 11. kurz nach 3 Uhr beim WFStab eingehende „Tages=
abschlufimeldung'" bestatigte jedoch, dafi die geplanten Bewegungen am 2. 11.
abends eingeleitet worden waren. Die Tatsache, dafi der diensttuende Offizier
im WFStab es unterliefi, seine Vorgesetzten und auch Hitler noch in der Nacht
vom Beginn des Rlickzuges zu benachrichtigen — er glaubte gegeniiber der vor=
angegangenen Abendmeldung der Panzerarmee keine wesentliche Verande=
rung f estzustellen — , fiihrte zu drakonischen Mafinahmen Hitlers an den seiner
Ansicht nach „schuldigen'' Offizieren des WFStabes. Unter scharfen Vor=
wiirfen gegen den Chef OKW verfiigte er, den Offizier vom Dienst, einen
Major d. Res., den er zunachst in dem Argwohn, es lage ein abgekartetes
Spiel vor, mit sofortiger Erschiefiung bedroht hatte, in den Mannschaftsstand
und in ein Bewahrungsbataillon zu versetzen — eine Mafinahme, die spater
durch Fiirsprache Schmundts gemildert wurde — und den Stellv. Chef WFStab,
Generalleutnant Warlimont, seiner Dienststelle zu entheben. In der Sache fand
sich Hitler jedoch mit dem EntschlulB Rommels ab in der Annahme, dafi nun=
mehr die Fuka=Stellung gehalten werde.
Rommel seinerseits meldete nach Eingang des Appells Hitlers am 3. 11.
gegen 10 Uhr den bis gegen 8 Uhr erreichten Stand der nunmehr angehaltenen
Bewegungen. Hier verharrte er, bis er sich am 4. 11., 15.30 Uhr, angesichts der
hereinbrechenden Katastrophe doch zum weiteren Riickzug aus eigener Ver=
antwortung entschlo6. Der ins FHQu entsandte Oberleutnant d. Res. Berndt,
im Zivilberuf Ministerialdirektor im Reichspropagandaministerium, setzte
Hitler auseinander, „da6 infolge des iiberwaltigenden Materialeinsatzes der
britischen 8. Armee die Fuka=Stellung und auch die Marsa=Matruk=Stellung
wohl nicht zu halten seien, dafi . . . Rommel aber hoffe, wenigstens die Stel=
lung an der libysch=agyptischen Grenze halten zu konnen''.
Auch mit dieser Stellungnahme fand sich Hitler ab, ja er billigte riick=
blickend sogar Rommels Entschlufi zum Riickzug. Er verband damit die Hoff=
nung, dafi der Riickzug, wie es auch das Comando Supremo inzwischen be=
fohlen hatte, tatsachlich in der Sollum=Halfaya=Linie enden werde. Nach der
alliierten Landung in Algerien und Marokko (s. imten S. 116 ff.), von der Rom=
mel in seinem Gef echtswagen in der Nahe von Solium erf uhr, f anden sich Hitler
und Mussolini dann mit einem — ohnehin unvermeidlichen — weiteren Riick=
zug bis zur Marada— Marsa=el=Brega— Linie ab, die die Panzerarmee am 20. 11.
erreichte und in der sie gemafi den Befehlen des Comando Supremo endgiiltig
zum Stehen kommen sollte^. Da die grundlegenden Kampf verhaltnisse sich
3 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 20. 11. 1942.
Ill
A. Einfiihrung
aber nicht anderten, forderte Rommel bereits am 23. ii. mit Zustimmimg
Basticos, dem er in Libyen wieder unterstellt war, auch die Grofie Syrte zwi=
schen sich und die Verfolger zu legen und auf Buerat zuriickzugehen. Selbst
ein solcher weiterer Riickzug konne indessen nur dazu dienen, „die Schlacht
fiir 14 Tage hinauszuschieben'" und „das Leben zu verlangern"'. Erst bei die=
sem Anlafi und nur gegeniiber Bastico sprach Rommel schliefilich offen aus,
dafi auch Tripolis und damit die ganze italienische Kolonie nicht mehr zu
halten seien, das heifie, dafi die Achsenmachte sich darauf einrichten miifiten,
ganz Afrika endgiiltig aufzugeben^.
Demgegeniiber hatte Hitler in seinem Brief an Mussolini vom 20. 11. seine
Grundauffassung in die Worte zusammengefafit, dafi er „zu den Mannern
gehore, die, wenn sie Schlage erhalten, . . . immer entschlossener werden'',
und dafi er nur den „einen Gedanken kenne, . . . zu kampfen''. Auf seine
militarische Fiihrung iibertragen bedeutete dies: das Verlorene moglichst
wiederzugewinnen und an keiner Stelle freiwillig etwas aufzugeben. In dieser
Trotzhaltung versuchte er, die sich ihm aufdrangende Einsicht, endgiiltig in
die strategische Defensive gedrangt zu sein, beiseite zu schieben.
Am 29. 11. entwickelte Jodl Leitsatze an seinen Stab fiir eine neue Beur=
teilung der deutschen Gesamtlage. An ihre Spitze stellte er die Forderung:
„Nordafrika mufi als Vorfeld von Europa unbedingt gehalten werden/' Geht
es „doch verloren'' (in Hinsicht auf die ungesicherte Transportlage), „so ist
ein angelsachsischer Angriff gegen den Siidosten Europas iiber den Dode=
kanes, Kreta und den Peloponnes zu erwarten. Daher mufi der Balkan be=
friedet imd gesichert werden/' Im Westen und Norden sei in naher Zukunft
mit grofieren Unternehmungen kaum zu rechnen; dagegen miifiten „im Osten
endlich feste Fronten geschaffen werden, um im nachsten Friihjahr wenigstens
an einer Stelle zur Offensive iibergehen zu konnen^/'
Das Festhalten der nordafrikanischen Position, insbesondere von Tunesien
als der entscheidenden Schliisselstellung im Mittelmeerraum und gleichzeitig
als Schutzschild fiir Italien, war auch die Grundforderung in der Lagebeurtei=
lung des Ob.d.M. vom 19. 11. Wollte Jodl in seinen Richtlinien als „Voraus=
setzung dazu . . . das rasche Ingangbringen der Seetransporte"' ansehen, so
erklarte die Ski., dafi dies in Anbetracht der kurzen Versorgungslinien iiber
See „eine leichte Aufgabe'' sein werde. Auch Goring meinte am 1. 12. in Rom,
„nach Tunis ist es ein Panthersprung^''.
Angesichts dieser illusionaren Lagebeurteilung der deutschen Obersten Fiih=
rung konnte Rommel bei seinem iiberraschend angekiindigten Besuch im
FHQu am 28. 11. nicht mit seinem Grundgedanken, Nordafrika aufzugeben,
zu Worte kommen. Hitler, der wie meistens das Gesprach sofort an sich zog,
erklarte, dafi der Nachschub fiir die Panzerarmee iiber Tunis in Kiirze alien
4 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 23. 11. 1942.
5 Warlimont, a. a. O., 5. 293.
6 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 1. 12. 1942.
3.12
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
Forderungen gerecht werden wiirde. Jedem Gedanken an eine Aufgabe Nord=
afrikas setzte er den — seiner Auffassung nach mit Rucksicht auf Italien auch
politisch unbedingt notwendigen — Willen entgegen, den Kern des italienischen
Kolonialreiches um Tripolis unter alien Umstanden zu halten. Um das seit
dem Riickzug von El Alamein und den schweren italienischen Verlusten (die
noch durch Rommels Riickzugtaktik vergrofiert worden waren) angespannte
Verhaltnis zwischen den Biindnispartnern zu entscharfen, wurde Goring als
Begleitung Rommels mit nach Rom zu Mussolini entsandt. Zu Gorings Uber=
raschung glaubte Mussolini, in einer politischen Losung (Separatfrieden mit
Rufiland) einen Ausweg aus der Krise zu sehen, in der sich die „Achsen=
machte'' seit Anfang November befanden (s. oben S. 25). Demgegeniiber
besafi Goring nur einen militarischen und propagandistischen Auftrag. Seine
Feststellung, dafi es in Nordafrika nicht zwei, sondern nur einen Kriegsschau=
platz gebe, blieb praktisch ohne Konsequenzen. Insbesondere wurde ein ein=
heitlicher Operationsauftrag seitens des befehlsfiihrenden Comando Supremo
vorerst nicht erteilt, obwohl Hitler selbst am 18. 12. gegeniiber Cavallero noch
einmal ausdriicklich bestatigte: „dieser Kriegsschauplatz ist italienisch^". Nach
wie vor galten vielmehr nur die groben Richtlinien, dal? die Panzerarmee
Rommels moglichst weit ostwarts in Tripolitanien endgiiltig zum Stehen kom=
men soUte, wahrend die im Aufbau befindliche Tunis=Armee^^ sich im Zuge
ihrer weiteren Verstarkung erst durch Ausdehnung nach Westen und Siiden
den notwendigsten Bewegungsraum zu erkampfen hatte.
Die Frage, ob sich die Panzerarmee in der Marada— Marsa=el=Brega— Stellung
oder erst in der Buerat=Linie zur Verteidigung setzen soUe, fiihrte Anfang
Dezember zu einer merkwiirdigen Frontenbildung, in der Mussolini sich auf
die Seite Rommels stellte und auf rechtzeitiges weiteres Absetzen drangte,
wahrend Hitler und Cavallero — aus unterschiedlichen Griinden — es als
„schweren Fehler"' ansehen woUten, wenn die Stellung am Siidostrand der
Grofien Syrte „ohne Not'' aufgegeben werde®.
Mit Beginn des Angriffs der britischen 8. Armee gegen die Marsa=el=Brega=
Stellung am 11. 12. loste sich die Frage ohne weiteres Eingreifen der obersten
Fiihrungsstellen auf, indem Rommel im Rahmen seiner VoUmachten selb=
standig die Bewegungen zum Absetzen in die Buerat=Stellung im richtigen
Augenblick einleitete. Am gleichen 11. 12. erliefi das Comando Supremo aber
auch schon eine Weisung an Marschall Bastico, er soUe, um auf die „aufiersten
Moglichkeiten'' vorbereitet zu sein, die alte franzosische Verteidigimgszone
in Siidtunesien im Raum Gabes— Mareth mit Front nach Osten zur Verteidi=
gung einrichten.
7 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 18. 12. 1942.
8 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 11. 12. 1942; Fragment der Lagebesprediung
vom 12.11.1942: Heiber, a. a. O., S. 103 ff. Hitler hielt Rommel zugute, da6 er
durch den vielen Umgang mit Italienern „die Nerven verloren" habe.
7a Vgl. S.ii8ff.
113
A. Einfiihrung
In den letzten Tagen des Jahres schob sich die britische 8. Armee, ohne
durch die Schwierigkeiten der Grofien Syrte wesentlich aufgehalten zu wer=
den, bereits an die Buerat=Stellung heran. Erneut liefi Rommel vorsorglich
erkennen, dafi er sich mit den ihm verfiigbaren Kraften bei dem unzulang=
lichen Nachschub und der Gefahr sudlicher Umgehung zu einer nachhaltigen
Verteidigung auch dieser Stellung viel zu schwach fiihle. Gleichzeitig fiigte er
hinzu, dafi ein rechtzeitiger weiterer Riickzug ihn in die Lage versetzen werde,
sich alsbald mit den deutsch=italienischen Truppen in Tunesien zu vereinigen,
wo es noch operative Moglichkeiten gebe.
Wahrend sich Cavallero aus Griinden von Zeitgewinn und Raumerhaltung
noch immer widersetzte, mogen Rommels Vorschlage bei Mussolini den ent=
scheidenden Anstofi gegeben haben,um in den Tagen der Jahreswende 1942/43
mit der bisherigen Fiihrungsart von Stellung zu Stellung zu brechen und
Rommel bis zur Siidgrenze von Tunesien freie Hand zu geben. Einschrankend
war mit der neuen Weisung, der auch das OKW zustimmte, die Auflage ver=
bunden, den Riickzug nur unter Einhaltung gewisser Fristen fortzusetzen;
andererseits hiei? es ausdriicklich, dafi jede Gefahr einer Vernichtung der
Armee ausgeschlossen sein miisse.
Mit dieser Entscheidung hatte Rommel praktisch seine Uberzeugung durch=
gesetzt, dafi die Panzerarmee nur noch im Verein mit den in Tunesien befind=
lichen deutsch=italienischen Kraften ihre Operationsfreiheit wiedergewinnen
konne.
5. Die GegenmaSnahmen gegen die alliierte Landung in Marokko und Algerien
Die Lagebeurteilung der deutschen Obersten Fiihrung hinsichtlich des west=
lichen Mittelmeerraumes in den letzten Tagen vor der alliierten Landung in
Marokko und Algerien in der Nacht vom 'j.l^. 11. 1942 lafit sich wie folgt
zusammenfassen^: Am 31.10. wurde das Einlaufen von 21 Frachtern und
Transportern in den Hafen von Gibraltar von der geheimen deutschen Beob=
achtungsstelle in Algeciras gemeldet. „Nahm man zunachst bei beiden ober=
sten Fiihrungsstellen der Achse den Anlauf eines neuen Geleitzug=Unterneh=
mens zur Versorgung von Malta an, so anderte sich diese Meinung im deut=
schen Hauptquartier auch nicht, als in den nachsten, durch die Vorgange bei
El Alamein hochst bewegten Tagen einwandfreie Nachrichten folgten, dafi
erhebliche Seestreitkrafte bei Gibraltar sammelten, und kurz darauf, dafi
Starke gemischte Schiffsverbande in das Mittelmeer ausgelaufen seien. Wahr=
scheinlich unter dem Einflufi von Hitlers Eingreifen kam aber auch an ma6=
geblicher Stelle in Rom erst am 4. 11. der Gedanke auf, dafi sich schon hier
und jetzt eine unmittelbar bevorstehende Landeoperation gegen Franzosisch=
Nordafrika ankiindigte. Nach weiteren Beobachtungen bis zum 6. 11. bekannte
9 Warlimont II, a. a. O., S. 261/62.
114
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
sich auch Mussolini zu dieser Ansicht, mufite aber erfahren, dafi Hitler ihm
immer noch nicht folgen woUte. Korsika oder Sardinien, so liefi der deutsche
Oberbefehlshaber seine Ansichten durch Goring iiber Fernsprecher am 6. ii.
an Kesselring iibermitteln, vielleicht auch Derna und Tripolis — also Kusten=
platze weit jenseits der StralEe von Sizilien — wiirden, wenn iiberhaupt eine
Landeoperation in Betracht komme, ihre wahrscheinlichen Ziele sein. Dagegen
scheide Franzosisch=Nordafrika, das Kesselring iibereinstimmend mit den
Italienern an erster Stelle nannte, aus. Ganz ahnlicher Meinung war auch die
deutsche Seekriegsleitung, die in erster Linie auf Landeabsichten in Tripoli=
tanien, in zweiter in Italien oder auf den italienischen Inseln und erst an letz=
ter Stelle in Franz6sisch=Nordafrika schlie6en wollte. Daneben blieb die Ver=
mutung eines Geleitzugunternehmens nach Malta trotz inzwischen gezahlter
190 Schiffseinheiten noch weiter im Spiel. Bis zum 7. 11. mittags war dann
Hitler, wenn auch ohne erkennbare Griinde, zu der Annahme gelangt, dafi
,ein grofies Landungsunternehmen von etwa 4—5 Divisionen bei Tripolis oder
Bengasi beabsichtigt' sei. General v. Rintelen mufite sich darauf dem Auftrag
unterziehen, das Comando Supremo aufzufordern, in diesen beiden Orten
,alles . . . zur ortlichen Verteidigung einzurichten einschliefilich Barrikaden'!
„Inzwischen liefen auch erste Gegenmafinahmen auf See an. Waren die gro=
fien Geleitziige auf ihrem Wege durch den Atlantik aus Mangel an weit=
reichender Luftaufklarung und wegen Inanspruchnahme der in ihrem Gebiet
stehenden U=Boote mit der Bekampfung eines Sierra=Leone=Konvois nicht
gesichtet worden, so blieben jetzt nur in aller Eile die wenigen deutschen und
italienischen U=Boote (im westlichen Mittelmeer) gegen die feindliche Armada
anzusetzen. Die italienische Flotte konnte wegen der anhaltenden Bindung
ihrer leichten Seestreitkrafte im Geleitdienst nach Nordafrika, aber auch wie=
derum wegen der unzulanglichen Versorgung mit Heizol und aus Mangel an
begleitenden Luftstreitkraften nicht auslaufen. Sie ,in diesem historischen
Augenblick' durch einen Tagesbefehl Mussolinis, wie Hitler bei dem erwahn=
ten Ferngesprach Goring des weiteren sagen liefi, zu hochster Leistung an=
zuspornen, . . . mufite ins Leere fallen. Aber auch die deutsche Luftflotte 2
war mit starken Kraften in der ostlichen Wiiste zur Unterstiitzung Rommels
gebunden. Gegeniiber Goring und dessen geradezu beschworendem Verlangen,
den Verbanden das Letzte abzufordem, um die alliierten Geleitziige, in erster
Linie Flugzeugtrager, ,ununterbrochen bei Tag und Nacht anzugreifen und zu
vernichten', liefi Kesselrings Antwort aber auch keinen Zweifel, dalE seine
Flieger erst im Umkreis der Strafie von Sizilien wirksam eingreifen konnten.
Verstarkungen blieben ihm auch in dieser Stunde versagt.''
Trotz seiner Ansicht, da& Franzosisch=Nordafrika nicht gefahrdet sei, hatte
das OKW am 7. 11. vorsorglich eine erhohte Bereitschaft fiir die seit langem
vorbereiteten Mafinahmen angeordnet (s. unten S. 132 f .), die Riickwirkungen
eines feindlichen Einbruchs in den Mittelmeerraum auf das franzosische Mut=
terland unterbinden soUten: namlich einen Einmarsch in den unbesetzten Teil
1:13
A. Einf iihrung
Frankreichs und eine Besetzung Korsikas. Sie soUten vor allem dazu dienen,
einen Obergang von Teilen der franzosischen Flotte nach Afrika zu verhin=
dern. Vollig ungeschiitzt, ja geradezu unbeachtet blieb dagegen Franzosisch=
Nordafrika selbst. Nicht einmal Fiihlung auf diplomatischem Wege zur Vichy=
Regiening wurde gesucht. Vorbereitungen zu gemeinsamer Abwehr waren seit
Jahresfrist unterblieben. Wahrend man sich auf deutscher Seite entgegen alien
friiheren Ansichten (1940/41) nunmehr plotzlich auf den Abwehrwillen der
franzosischen Kolonialarmee verlassen zu konnen glaubte, bewahrten die
Italiener ihr gewohntes Mifitrauen, wollten aber die ihnen zufallende Be=
setzung Korsikas immerhin noch von dem franzosischen Verhalten gegeniiber
einer etwaigen Landung der Alliierten in Nordafrika abhangig machen^.
Die Nachricht von der alliierten Landung in Marokko und Algerien erreichte
Hitler wahrend eines Aufenthaltes auf einem Bahnhof in Thiiringen in der
Nacht vom /./S. 11. Er befand sich gerade mit seiner engsten Begleitung auf
der Fahrt vom FHQu „Wolfsschanze'' nach Miinchen, wo er am Abend des
8. 11. seine traditionelle Rede vor den „Alten Kampfern'' seiner Partei hielt.
In einer kurzen Besprechung mit seinen militarischen Beratern wurden Uber=
legungen, ob man Afrika unter diesen neuen Bedingungen nicht aufgeben
soUe^, beiseite geschoben. Denn: „ Afrika aufzugeben bedeutete nicht nur den
ganzlichen Verlust der deutsch=italienischen Panzerarmee, sondern aufierdem,
dafi die Alliierten dort kampflos eine zusammenhangende zweite Front er=
richten wiirden, verbunden mit einem Prestigeverlust imsererseits, der nicht
zu unterschatzen war. Die strategischen Vorteile einer voUigen Beherrschung
des Mittelmeerkriegsschauplatzes wiirden damit um die Wende des Jahres
1942/43 an die Alliierten iibergegangen sein; die moralische Widerstandskraft
des italienischen Volkes ware bis ins Mark erschiittert und den Alliierten alle
Freiheit zur weiteren strategischen Initiative iiberlassen worden^/'
Indessen waren die politischen Hoffnungen Hitlers und seiner Umgebung,
an die sie sich unter dem Eindruck der ersten Uberraschung klammerten, sehr
fragwiirdig. Hitler traute den franzosischen Kraften in Nordafrika nicht nur
die Fahigkeit, sondern auch den Willen zum Widerstand gegen die Alliierten
zu. Im Gegensatz zu der Gleichgiiltigkeit, die die deutsche Seite den letzten
Vorschlagen Marschall Retains hinsichtlich einer Verstarkung der Abwehr=
bereitschaft Franzosisch=Nordafrikas in den vorausgegangenen Wochen ent=
gegengebracht hatte, vertraute man in dieser Stunde der Gefahr auf die weit
zuriickliegenden Zusicherungen der Vichy=Regierung, die Kolonien gegen je=
den Angreifer zu verteidigen. Im Namen Hitlers erging sogar eine Anfrage
nach Vichy, ob Frankreich bereit sei, „mit Deutschland gegen die Englander
1 Cavallero, a. a. O., 7. 11. 1942.
2 Zusammenfassung der Besprechung durch den Adjutanten Jodls aus dem Jahre
1945, dem Verf. durch General d. Artl. a. D. Warlimont zuganglich gemacht.
3 Fiir eine Aufgabe Afrikas trat innerhalb des WFStabes vor allem der Leiter der
Abt. Op/H, Oberst d. G. Frhr. v. Buttlar=Brandenfels, ein.
116
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
und Amerikaner zu kampfen''. Wenn die franzosische Regierung diesen bei=
den Machten den Krieg erklaren wiirde, sei Deutschland bereit, „mit ihr durch
dick und diinn zu gehen^'' (S. unten S. 133).
Uber die Vorgange in Marokko und Algerien in den Tagen vom 8.— 11. 11.
war die Oberste Fiihrung nur sehr ungenau informiert, wie die Notizen zum
KTB des WFStabes erkennen lassen. Die italienische Regierung (Aulienmini=
ster Graf Ciano) wurde am Morgen des 8. 11. von Ribbentrop iiber die neue
Situation unterrichtet. Auf die Frage nach den italienischen Absiditen war
Ciano nicht in der Lage, „eine erschopfende Antwort zu geben^". Cavallero
verzeichnete in seinem Tagebuch, dafi der von Ribbentrop ausgesprochene
Vorschlag, in Tunis zu landen, aus Mangel an Schiffen und Fahrzeugen un=
durchfiihrbar sei. Erst nach einer Aussprache mit Kesselring driickte er die
Erkenntnis aus: „Unser Eingreifen in Tunis ist das einzige Mittel, um Tri=
politanien noch zu retten^/'
Aus der gleichen Erkenntnis forderte das OKW — Hitler hatte, um die Ar=
beitsfahigkeit des WFStabes zu erhohen, den am 3. 11. abgelosten Stellv.
Chef, Gen.Lt. Warlimont, wieder in sein Amt eingesetzt — in der folgenden
Nacht (8.79. 11.) ultimativ die Zustimmung der franzosischen Regierung zur
Uberfiihrung deutscher Truppen nach Tunesien. Die zur Besetzung Rest=
Frankreichs und Korsikas bereitgestellten Verbande sollten fiir alle Falle — so
wurde durch OKW und Comando Supremo befohlen — bis in ihre Absprung=
raume vorgefiihrt werden.
Noch aber bestand bei der deutschen und italienischen Obersten Fiihrung
eine begrenzte Hoffnung, dafi es trotz der zweijahrigen deutschen „Sieger=
politik'' gegeniiber Frankreich (s. unten S. 131 f.) gelingen konne, zu einem
Biindnis oder einer Zusammenarbeit mit der Vichy=Regierung zu kommen, zu
der sich auch Mussolini bereit erklarte. Cavallero driickte dies so aus: „Die
franzosische Flotte in Toulon kann in einer Stunde auslaufen. Ich kann es
nicht erhoffen — aber wenn diese mit uns geht, ist der Krieg gewonnen*^/'
Wahrend sich der franzosische Ministerprasident Laval auf Einladung Hit=
lers am Abend des 9. 11. zu Besprechungen mit ihm und Graf Ciano nach
Miinchen begab, landeten am gleichen Tage (9. 11.) die ersten deutschen Trup=
pen auf dem Flugplatz El Aouina bei Tunis. (Am 10. 11. folgte die Inbesitz=
nahme des Flugplatzes von Sidi Ahmed bei Bizerta; zwei Tage spater trafen
die ersten Seetransporte in Tunis ein.)
Hitlers Haltung war indessen wahrend des 9. 11. umgeschlagen. Bereits in
den Gesprachen mit Graf Ciano am Abend des 9. 11. zeigte er die Entschlos=
senheit, „au6erste Entscheidungen zu treffen, ehe es zu spat'' sei. Neuere
4 Otto Abetz, Das Offene Problem. Ein Riickblick auf zwei Jahrzehnte deutscher
Frankreichpolitik, Koln (Greven Verlag) 1951, S. 246.
5 Ciano, a. a. O., Notizen vom 8. 11. 1942.
6 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 8. 11. 1942.
7 Ebda.
117
A. Einfiihrung
Nachrichten iiber das Verhalten eines Teils der franzosischen Streitkrafte in
Algerien sowie die zwielichtige Haltung des Admirals Darlan, des zufallig
am Landungstermin in Algier anwesenden Stellvertreters Petains und Ober=
befehlshabers der franzosischen Wehrmacht — er hatte bereits am Nachmittag
des 8. 11. in Algier=Stadt den Widerstand gegen die Amerikaner einstellen
lassen — , und das Bekanntwerden des Eintreffens des aus Siidfrankreich mit
einem US=U=Boot entkommenen Generals Giraud (s. unten S. 132) nach Nord=
afrika hatten diesen schnellen Wandel in der Haltung Hitlers herbeigefiihrt.
Er war zwar noch bereit, den erst in der Nacht eintreffenden Laval anzuhoren;
„aber was dieser auch sagen mag^''. Hitlers Entscheidungen lagen fest: vollige
Besetzung Frankreichs, Landung in Korsika, Aufbau eines Briickenkopfes in
Tunesien. Unter diesen Voraussetzungen blieb die Unterredung zwischen Hit=
ler und Laval ergebnislos. Von Hitlers Entscheidung vom 10. 11. abends, am
friihen Morgen des nachsten Tages mit dem deutschen und italienischen Ein=
marsch in die unbesetzte Zone Frankreichs zu beginnen, erfuhr Laval erst
kurz vor seiner Riickreise am 11. 11. friih. Schon am Mittag des 10. 11. hatte
Admiral Darlan — auf Grund eines Geheimtelegramms von Petain — einen
allgemeinen Waffenstillstand mit dem Oberbefehlshaber der alliierten In=
vasionstruppen. General Eisenhower, abgeschlossen, dem sich alle nochWider=
stand leistenden franzosischen Befehlshaber (zuletzt am 23. 11. auch das ab=
seits liegende Franzosisch=Westafrika) anschlossen. Ganz Franzosisch=Afrika
mit Ausnahme von Tunesien war damit in der Hand der Alliierten.
Der OB Siid, Gen.Feldmarschall Kesselring, erhielt vom OKW am Abend
des 10. 11. die Weisung, in Tunesien „im Wettlauf mit den Amerikanern den
Briickenkopf zu bilden'". Alle Transportmittel, insbesondere auch die in den
franzosischen Hafen zu gewinnenden (iiber 600 000 BRT), soUten genutzt
werden, um die beiden nordafrikanischen Fronten in hochstmoglichem Mafie
mit Truppen und Nachschub auszustatten. Das Comando Supremo fand sich
stillschweigend damit ab, daJS Tunesien vorerst als vorwiegend deutscher
Kriegsschauplatz betrachtet wurde, und war damit einverstanden, dafi der
dort befehlsfiihrende OB Siid als Beauftragter des OKW, allerdings in enger
Verbindung mit der italienischen Wehrmachtfiihrung, vorging. Dazu trug die
Einsicht in den Ernst der Lage wesentlich bei. Cavallero notierte am 15. 11. in
sein Tagebuch: „Die wichtigste Aufgabe ist Tunis. Wenn wir Libyen verlieren,
konnen wir noch handeln; verlieren wir Tunis, dann sind wir am Ende^.''
Der Einmarsch in Siidfrankreich und die Besetzung von Korsika am 11. und
12. 11. vollzogen sich planmafiig ohne franzosischen Widerstand, wenn auch
unter Protest von Marschall Petain, der sich gegen diesen Bruch des deutsch=
franzosischen Waffenstillstandes vom 22. 6. 1940 und des italienisch=franzo=
sischen Waffenstillstandes vom 24. 6. 1940 verwahrte. Ausgenommen von der
8 Ciano, a. a. O., Notizen vom 9. 11. 1942.
9 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 15. 11. 1942,
118
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
Besetzung blieben aufier dem provisorischen Regierungssitz Vichy Stadt und
Kriegshafen von Toulon, in dem sich das Gros der franzosischen Mittelmeer=
flotte befand. Jedoch schon am 16. 11. fiihrte Hitlers „starkstes Miiitrauen''
gegen das Ehrenwort des franzosischen Admirals in Toulon dazu, dafi Vor=
bereitungen zu einem iiberraschenden Zugriff gegen die franzosische Flotte
getroffen wurden. In den folgenden Tagen verdichteten sich die Nachrichten
iiber eine angeblich zunehmende Unsicherheit in der Haltung der franzo=
sischen Marine so weit, dafi Hitler darin eine „akute Gefahr'' erkennen wollte
und den willkommenen Anlafi gegeben sah, um endgiiltig den Zugriff auf die
franzosische Flotte und gleichzeitig die Entwaffnung der franzosischen Heeres=
und Luftwaffenstreitkrafte, die sog. „ Waff enstillstandsarmee'' (100 000 Mann),
anzuordnen. Wahrend sich die Kriegsschiffe in Toulon zum grofiten Teil noch
selbst versenken konnten, als die iiberfallartige Besetzung am 27. 11. erfolgte,
verliefen die sonstigen Mafinahmen ohne grofiere Zwischenfalle. Das „Ziel
der Operation . . ., die Widerstandskrafte des unbesetzten Frankreich zu bre=
chen'', war damit vorerst erreicht, die weitere Absicht, „durch Abriegelung
der Flottenstiitzpunkte — insbesondere Toulon — . . . das Ubergehen der fran=
zosischen Heimatflotte . . . zum Feind zu verhindern'', noch erheblich iiber=
schritten. Gleichzeitig zerbrach aber auch die letzte Aussicht, die Frankreich
bis dahin noch verbliebene militarische Macht im weiteren Verlauf des Krieges
den „Achsenmachten'' nutzbar zu machen.
Ztun einstweiligen Abschlufi der Besetzung Rest=Frankreichs erlieli das
OKW am 4. 12. 1942 die „Vorlaufigen Richtlinien fiir die Vorbereitung der
Verteidigung der Mittelmeerkiiste des franzosischen Mutterlandes''. Darin
wurde im Einverstandnis mit dem Comando Supremo die italienische 4. Armee
unter General Vercellino dem OB West „einsatzma6ig unterstellt'' und ihr Ab=
schnitt bis an das Ostufer der Rhone unter Ausschlufi des Miindungsgebiets
ausgedehnt. Nur drei deutsche Divisionen ( Armeegruppe Felber) sollten, unter=
stiitzt durch Kiistenartillerie, die Sicherung des anschliefienden Abschnitts
westlich der Rhone bis zu den Pyrenaen iibernehmen.
In Tunesien, wo die auf dem Luft= und Seewege iiberfiihrten deutschen und
italienischen Krafte am 15. 11. unter dem Befehl des Kdr. Generals des XC.
AK., General d. Pz.Tr. Nehring, zusammengefafit wurden, kam es am 17. ii-
zur ersten Gefechtsberiihrung mit den seit der Landung in Bone und Bougie
am 11. und 12. 11. nach Osten vordringenden alliierten Angriffsspitzen etwa
60 km westlich Bizerta. Der Versuch vorgeprellter britischer Panzergruppen,
die am 27. 11. den Flugplatz Djedeida zwischen Bizerta und Tunis besetzten,
im Handstreich bis zur tunesischen Ostkiiste vorzustofien, ehe sich eine deutsch=
italienische Bruckenkopf=Front gebildet hatte, scheiterte. Sie wurden am 4. 12.
in einer Panzerschlacht bei Tebourba geschlagen und mufiten sich zuriickziehen.
Die Situation festigte sich, nachdem die franzosische Besatzung von Bizerta
und der Kiistenbefestigungen (rd. 12 000 Mann) am 7. 12. kapitulierte. Bis
Ende Dezember 1942 waren etwa 66000 Mann deutscher und italienischer
119
A. Einfiihrung
Truppen in Tunesien eingetroffen, 330 Panzer und 360 Geschiitze dorthin
iiberfiihrt.
Am 3. 12. hatte Hitler Gen.Oberst v. Arnim zum OB der in Bildung begrif=
fenen 5. Panzerarmee in Tunesien ernannt. Dabei erorterte er mit ihm den
Gedanken, im Anschlufi an eine Festigung der Lage nach Westen offensiv zu
werden. Als Ziel gab er an, die gelandeten alliierten Truppen in Algerien
und danach dann auch in Marokko von einem Hafen zum anderen zuriick=
zudrangen und schliefilich ins Meer zu werfen. Diese Vision entwickelte Hitler
auch gegeniiber dem italienischen Aulienminister Graf Ciano bei dessen Be=
such im FHQu „Wolfsschanze'' am 18./19. 12. 1942. Als einzigen Grund fiir
die Krise im Mittelmeerraum bezeichnete er die Transportschwierigkeiten. Kei=
nesfalls wiirde das Fehlen von Truppen oder Material dabei eine Rolle spielen.
Vier deutsche Divisionen stiinden bereit und wiirden entsandt, sobald die
Transportwege gesichert seien. „Zusammen mit den schon in Tunesien und
Libyen vorhandenen deutschen und italienischen Kraften'' wiirde damit eine
Gesamtzahl von 400000 Mann erreicht, deren Unterhalt allerdings „Trans=
porte von riesigen Ausmafien"' erfordere. „Die Losung dieses Problems ist von
hochster Bedeutung fiir die Ziele des Krieges selbst, und man darf nicht vor
der Moglichkeit zuriickschrecken, Schiffseinheiten zu verheren; denn entweder
wird der Krieg gewonnen und die Schiffe leicht ersetzt; oder der Krieg wird
verloren, und dann braucht man sich keine Illusionen iiber das zu machen, was
das Los der Marine ware, auch wenn sie wahrend der Kampfhandlungen vor=
sichtig geschont worden ware*/'
Demgegeniiber wies Cavallero auf die Luftiiberlegenheit der Alliierten als
entscheidendes Problem hin. Zugleich erganzte er Mussolinis Instruktionen,
nach denen „ohne stabile LuJFtiiberlegenheit ... die Lage in Nordafrika unsicher
und am Ende unhaltbar werden'' miisse, noch durch die eigene Bemerkung, dali
die Versammlung starker eigener Luftstreitkrafte in dem Dreieck Tunis— Si=
zilien— Sardinien ein „Frage auf Leben und Tod" sei^. Hitler appellierte also an
die italienische Flotte, Cavallero hoffte auf die deutsche Luftwaffe.
Diese Unterredung zwischen Hitler, Graf Ciano und Graf Cavallero zeigt
deutlich, bis zu welchem Grade wechselseitige Illusionen auch noch Ende 1942
die Vorstellungen der beiden Biindnispartner voneinander auf dem Mittel=
meerkriegsschauplatz bestimmten. Beide Seiten verharrten — nach voriiberge=
hender klarerer Einsicht in die fiir die eigene Sache katastrophale Wende An=
fang November — in erschreckender Realitatsblindheit in triigerischen Vor=
stellungen iiber die eigene Situation und die noch in ihr enthaltenen Moglich=
keiten.
1 Cavallero, a. a. O., Notizen vom 19. 12. 1942.
2 Ebda.
120
V. Der Kampf im Mittelmeerraum
6. Die Lage im Mittelmeerraum an der Jahreswende 1942/43
Wohl auf keinem Kriegsschauplatz in Europa unterschied sich die Situation
Ende 1942 so grundlegend von der zu Jahresanfang wie im Mittelmeerraum.
An die Stelle verlockender Moglichkeiten, die sich infolge des Ausfalls der
britischen Mittelmeerflotte und der Konzentration der britischen Krafte auf
die Abwehr der japanischen Sturmflut in Siidostasien fiir die Kriegfiihrung
der „Achsenmachte" im Mittelmeerraum um die Jahreswende 1941/42 ergeben
hatten, war nach einer Kette wechselvoller Geschehnisse mit der alliierten
Grofilandung in Franzosisch=Nordafrika und dem erzwungenen Riickzug der
Armee Rommels aus Agypten ein radikaler Umschwimg eingetreten. Wohl
war es den „Achsenmachten'' gelungen, durch die Besetzung Rest=Frankreichs
und vor allem die Bildung des Briickenkopfes in Tunesien zunachst eine Aus=
weitung der Gefahren auf den Kernraum, den engeren Umkreis Italiens im
zentralen Mittelmeer, zu verhindern. Aber das Ende in Nordafrika und damit
das unaufhaltsame Heranrlicken dieser Gefahr waren bei realistischer Ein=
schatzung der alliierten See= und Luftiiberlegenheit vorauszusehen.
Zwei Ereignisse markieren den Wandel am deutlichsten : Am 19.12.1941
drangen drei italienische Torpedoreiter=Teams in den Ankerplatz der britischen
Mittelmeerflotte im Kriegshafen von Alexandria ein und setzten die Schlacht=
schiffe „Valiant'' und „Queen Elizabeth"' fiir Monate aufier Gefecht. Am 4. 12.
1942 richtete sich ein erster schwerer amerikanischer Luftangriff auf den ita=
lienischen Kriegshafen von Neapel, und die italienische Flotte, trotz Schwierig=
keiten in der Heizolversorgung bisher als „fleet in being'' immer noch von ab=
stofiender Wirkung fiir alle alliierten Planungen, sah sich nun gezwungen, sich
mit ihren Schlachtschiffen nach La Spezia, mit ihren Schweren Kreuzern nach
Maddalena auf Sardinien zuriickzuziehen und damit dem Gegner sichtbar die
Herrschaft im mittleren Mittelmeer abzutreten.
Am 28. 12. sah sich Hitler genotigt, in seiner Weisung Nr. 47^ aus der ver=
anderten Situation und ihrer Ausstrahlung in den Siidostraum Folgerungen zu
Ziehen : „Die Lage im Mittelmeerraum" — so f iihrte er einleitend aus — „macht
in absehbarer Zeit einen Angriff auf Kreta, die deutschen und italienischen
Stiitzpunkte in der Agais und die Balkanhalbinsel moglich . . . Die verstarkte
Einflufinahme der angelsachsischen Machte auf die Haltung der Tiirkei fordert
auch in dieser Richtung erhohte Aufmerksamkeit."
Riickblickend auf die Situation im Winter 1942/43 erklarte Hitler Anfang
Juli 1943 unmittelbar vor Beginn des Untemehmens „Zitadelle", des letzten
deutschen Offensivversuchs an der Ostfront, in einer Ansprache vor den fUh=
renden Generalen: „Durch die Besetzung Tunesiens ist es gelungen, die Inva=
sion von Europa iiber ein halbes Jahr hinauszuschieben. Noch wichtiger aber ist
der Umstand, dafi dadurch Italien bei der ,Achse' geblieben ist.
3 Hubatsch, a. a. O., S. 209/10.
121
A. Einfiihrung
„ Anderenf alls ware Italien mit Sicherheit von der , Achse' abgef alien. Die Alli=
ierten hatten ohne jeden Widerstand zu einem Zeitpunkt in Italien landen und
iiber den Brenner vorstoJSen konnen, wo infolge des russischen Durchbruchs
bei Stalingrad Deutschland auch nicht einen Mann verfiigbar gehabt hatte, um
ihnen entgegenzutreten. Das hatte zwangslaufig zum schnellen Verlust des
Krieges gefiihrt^/'
Diese Erklarung Hitlers iibergeht — abgesehen von der Zweckbestimmtheit
bei seinen Aufierungen iiberhaupt, die man in Rechnung stellen mufi — einen
wesentlichen Faktor fiir die Verzogerung im Ablauf des Kriegsgeschehens : die
vorsichtig begrenzten Absichten des Gegners, sein methodisches Vorgehen,
durch das er es versaumte, in kiihnen Spriingen das zu erreichen, was moglich
war: den Zusammenbruch Italiens schon im Winter 1942/43.
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
1. Nonvegen — Danemark
Bereits in der OKW=Weisung vom 14. 12. 1941 iiber den „Ausbau der Kii=
stenverteidigung'' ^ hatte Hitler der Sicherung Norwegens, das wegen seiner
Lage und seiner wehrwirtschaftlichen Bedeutung (Narvik als Ausfuhrhafen des
fiir Deutschland lebenswichtigen Schwedenerzes) eine strategische Schliissel=
stellung innehatte, besondere Aufmerksamkeit geschenkt: „Unabhangig von
den bereits friiher getroffenen Anordnungen'' — so hiefi es — „steht Norwegen
in der ersten Dringlichkeit, da hier die geographischen und klimatischen Ge=
gebenheiten sowie die Verkehrsverhaltnisse den Einsatz beweglicher Reserven
und die Zufiihrung von Verstarkungen erschweren und auch den Einsatz star=
ker Luftstreitkrafte zur Bekampfung des Feindes an und vor der Kiiste nur be=
schrankt zulassen. Zudem bieten die weit ins Land reichenden Fjorde, die be=
sonders im Norden wichtige Verkehrsverbindungen schneiden, sowie die ab=
seits gelegenen, aber wichtigen kiistennahen Objekte standigen Anreiz zu Un=
ternehmungen.
„Neben dieses verstarkte Bediirf nis einer unbedingt sidieren Landungsabwehr tritt
das Erfordernis, den Kiistenverkehr durdi Abschirmung der Sdiaren=Fahrwasser
nach See zu und durch immer engere Verdichtung der schiitzenden Zufluchtshafen
standig besser zu sichern. Eine langere, durch den zur See iiberlegenen Feind er=
zwungene Unterbrechung des Seeverkehrs an der Kiiste wiirde in Norwegen z. Z.
die schwersten Folgen haben. Aus diesen Griinden ist neben dem reinen Verteidi=
gungsausbau in Norwegen die Verbesserung der Landverbindungen in gleicher
Dringlichkeit zu fordern."
4 Nach unveroffentlichten Aufzeichnungen eines Teilnehmers, abgedruckt bei War=
limont, a. a. O., S. 320, und Alfred Cause, Der Feldzug in Nordafrika 1943, in:
Wehrwissenschaftliche Rundschau 12 (1962), S. 728.
1 OKW/WFStab/Abt. L (I Op) Nr. 003 022/42 g.Kdos. vom 14. 12. 1941, gez. Keitel
(„Der Fiihrer hat befohlen").
122
VI, Die Verteidigungsmalinahmen im Norden und Westen Europas
Das Ganze soUte unter folgendem Leitziel geschehen: „Die von uns be=
herrschten Eismeer=, Nordsee= und Atlantik=Kustenbereiche sind im Endziel zu
einem ,neuen Westwall' auszubauen, um dann bei moglichst geringem Einsatz
standig festgelegter Feldtruppen mit Sicherheit jedes feindliche Landungs=
unternehmen auch starkster Krafte abwehren zu konnen/'
Landungen britischer „Kommandos'' auf West Vagoy (Lofoten) und Maloy
(siidlich Drontheim) am 27. 12. 1941 verstarkten Hitlers Befiirchtungen, dafi
Norwegen das Ziel einer britischen Invasion sein konnte, die zugleich als Ent=
lastung der Sowjets dem Aufbau einer „Zweiten Front'' dienen wiirde. Er be=
fahl daher am 28. 12. die Riickkehr des OB des AOK Norwegen, Generaloberst
V. Falkenhorst, von Rovaniemi nach Oslo, damit sich dieser ganz auf die Ab=
wehraufgaben in Norwegen konzentrieren konne (s. oben S. 79). Ihm wurde
zu diesem Zweck eine Verstarkung von 12000 Mann Ersatz, 20 Festungs=Ba=
taillonen (18000 Mann) und die Zufiihrung der 3. Geb.Div. fiir das Friihjahr
zugesagt. Gleichzeitig wurde die Aufstellung einer Panzer=Einheit als operative
Reserve (= die spatere 25. Pz.Div.) befohlen^.
In der Besprechung mit dem Ob. d. M., Groliadmiral Raeder, am 12. 1. 1942
forderte Hitler dann, eine starke deutsche Kampfgruppe schwerer Seestreit=
krafte im norwegischen Raum zu versammlen, da er „auf Grund vorliegender
Nachrichten und auf Grund zunehmender Verschlechterung der schwedischen
Haltung eine britisch^=russische Grofiaktion im norwegischen Raum" be=
fiirchtete. „Er ist der Auffassung, dafi an der norwegischen Kliste eine starke
Kampfgruppe aus Schlachtschiffen und Kreuzern, praktisch die ganze deutsche
Flotte, in Zusammenarbeit mit der deutschen Luftwaffe entscheidend zur Si=
cherung des norwegischen Raumes beitragen kann. Daher wiinscht er unter
alien Umstanden die Verlegung des Schwergewichts der deutschen Seestreit=
krafte in diesem Raum'*/'
In der Besprechung mit dem Chef des Stabes der Seekriegsleitung, Vizead=
miral Fricke, am 22. 1. zeigte sich Hitler noch starker von Befiirchtungen hin=
sichtlich Norwegens bestimmt^: „Fiir Fiihrer besteht auf Grund neuester Nach=
richten vollige Sicherheit" — so meldete Fricke Grofiadmiral Raeder — , „dafi
England=USA mit alien Mitteln Kriegsablauf durch Angriff in Nordnorwegen
entscheidend beeinflussen wollen.
„Wahrscheinlidi in Kiirze Besetzung grofierer Zahl von Platzen an der Kiiste von
Drontheim bis Kirkenes, im Friihjahr angriffsweises Vorgehen mit Unterstiitzung
2 OKW/WFStab/Op. Nr. 00 226/42 „Kampfanweisung fiir die Verteidigung Nor=
wegens" vom 27. 1. 1942.
3 Im Original irrtiimlich „norwegisch".
4 Niederschrift iiber den Vortrag des Ob.d.M. bei Hitler am 12. 1. 1942 (Ober=
kommando der Kriegsmarine — Seekriegsleitung 1. Ski. lb 145/42 g.Kdos. Chefs.,
in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
5 Vorlaufige Meldung des Chefs des Stabes der Ski., Vizeadmiral Fricke, iiber die
Besprechung bei Hitler am 22.1.1942 (g.Kdos.), in: Lagevortrage des Ob.d.M.,
a. a. O.
123
A. Einfiihrung
Schwedens, dem hierfiir Narvik und Erzvorkommen bei Petsamo zugesichert wur=
den. An Finnland Garantie fiir Selbstandigkeit in friiheren Grenzen.
Fiir Schwedens Bereitwilligkeit liegen dem Fiihrer Beweise vor, daher Absicht:
a) Vorhaben Englands/USA und Schwedens Haltung in der Weltpresse heraus=
zustellen,
b) Generalfeldmarschall Kesselring als Oberbefehlshaber Norwegen einzusetzen.
Die Beherrschung schwedischen Raumes durch angelsachsische Streitkrafte wird
allmahlich jede Bewegungsfreiheit in der Ostsee ausschliefien. Kame es zu diesem
Zustand und befanden sich dann noch irgendwelche Teile der Marine in der Ost=
see, wiirden sie riicksichtslos desarmiert, wobei die Schlachtschiffe die einzige ins Ge=
wicht fallende Nickelquelle darstellen.
Fiihrer ist sich klar, dafi Norwegen ,Schicksalszone' dieses Krieges ist, verlangt
daher unbedingtes Eingehen auf seine Befehle und Wiinsche fiir die Sicherung
dieses Raumes . . .
Fiihrer will, dafi auch Marine auj^erste^ Anstrengungen macht, um englische An=
griffsabsichten noch im Keim zu ersticken, bei Anlaufen der Operationen, zumal bei
Nichtflugwetter; eine ausreichende Aufklarung und Sicherung auf den Anmarsch=
wegen nach Norwegen zu iibernehmen und in der Abwehr des gelandeten Gegners
mit alien zur Verfiigung stehenden Streitkraften unter volliger Aufgabe jeglicher
sonstiger Kriegfiihrung — aufier dem, was im Mittelmeer ist — sich einzusetzen."
In Ausfiihrung dieser Befehle traf das neue deutsche Schlachtschiff „Tirpitz"
am 16. 1. in Drontheim ein. Die Schweren Kreuzer „Prinz Eugen^' (eben erst
im Zuge des Unternehmens „Cerberus'' (s. unten S. 155 f.) aus Brest in der Elb=
miindung eingetroffen) und „AdmiraI Scheer'' folgten am 23. 2., doch mufite
„Prinz Eugen'^ der durch einen Torpedotreff er eines britischen U=Bootes schwer
beschadigt worden war, gleich wieder zur Reparatur nach Deutschland zuruck=
kehren. Im Marz und April trafen die Schweren Kreuzer „Admiral Hipper"'
und „Lutzow'' in norwegischen Gewassern ein, so dafi im Mai eine starke
Kampfgruppe (1 Schlachtschiff, 3 Schwere Kreuzer, 8 Zerstorer, 4 Torpedo=
boote uund 20 U=Boote) an der norwegischen Kiiste im Raum zwischen Dront=
heim und Kirkenes zusammengezogen war.
Anfang Februar hatte Hitler Gen.Feldmarschall List beauftragt, die Ver=
teidigung Finnlands und Norwegens zu inspizieren mit der Vollmacht, die ihm
notwendig erscheinenden Mafinahmen bei Heer, Marine, Luftwaffe und den
deutschen Zivilbehorden in Norwegen zu befehlen. List ordnete in Ausfuh=
rung seines Auftrages u. a. an: den Aufbau zusatzlicher Verteidigungsstellun=
gen an der Kiiste und im Innern des Landes, die Verstarkung der Kusten=
artillerie, die Verbesserung der Strafienverhaltnisse und die Schaffung von
Divisionskommandos zur einheitlichen Fiihrung der Raume von Alta, Tromso
und Stavanger^. Die Befehlsbefugnisse an den Kiisten wurden einheitlich in
der „Fiihrer=Weisung'' Nr. 40 vom 23. 3. 1942® geregelt.
6 Im Original unterstrichen.
7 Bericht des Gen.Feldmarschalls List vom 5. 4. 1942 (OKH/Gen.St.d.H./Org.Abt.
Nr. 1584/42 g.Kdos.).
8 Hubatsch, a. a. O., S. 176 ff ,
124
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
An Heereskraften befanden sich Ende April in Norwegen: 5 Inf.Divisionen,
2 Sich.Divisionen und die im Laufe des April eingetroffene 3. Geb.Div. Die
Verstarkungen, 20 Fest.Bataillone, waren in die Divisionen eingegliedert, die
25. Pz.DiVo im Aufbau begriffen, die Luftwaffenkrafte in drei Fliegerdivisionen
zusammengefalit. »V' mob brm jrjgawiol
Im Juni befahl Hitler dem Reichsminister Speer den Ausbau der Mittel= mit
Nordnorvvegen bis zur finnischen Grenze bei Kirkenes verbindenden Reichs=
strafie ^o in eine „Allwetter''=Stra6e sowie den Bau einer Bahn Mo— Fauske—
Narvik— Kirkenes.
Im Bereich des AOK Norwegen herrschte das ganze Jahr iiber wiederholt
Alarmzustand, da bei jedem nach Murmansk/ Archangelsk laufenden alliierten
Geleitzug befiirchtet wurde, er sei die gegen Norwegen gerichtete Invasions=
Armada.
Im deutsch=norwegischen Verhaltnis unter dem seit April 1940 herrschenden
Besatzungsregime traten 1942 wesentliche Veranderungen ein. Am 1. 2. 1942
wurde Vidkun Quisling, der bisher aus der norwegischen Verwaltung ausge=
schaltet geblieben war, als norwegischer Ministerprasident eingesetzt, doch be=
hielt der Reichskommissar Terboven die oberste Exekutivgewalt in Handen.
Am 5. 10. 1942 erklarte Terboven, ohne Quisling zu befragen, auf Grund von
Sabotageakten im Bereich von Drontheim den Ausnahmezustand und liefi Ver=
haftungen und Exekutionen durchfiihren. Diese Terrormafinahme liefi nicht
nur die ohnehin geringen Kollaborationschancen weiter dahinschwinden, son=
dern erhohten die allgemeine Ablehnung der Norweger gegeniiber Quisling und
das Mifitrauen und die Erbitterung gegen Terboven und den Wehrmachtbe=
fehlshaber. Zugleich kamen die Spannungen zwischen Terboven und dem
Kommandierenden Admiral Norwegen, Generaladmiral Boehm, der Quisling
gegen Terboven unterstiitzte und dabei von Grofiadmiral Raeder gedeckt
wurde, offen zum Ausbruch. Raeder drangte Hitler zu einem deutsch=norwegi=
schen Friedensvertrag, von dem er sich grofiere Ruhe und Sicherheit im Lande
und fiir die Kiistenverteidigung versprach, und beantragte, Terboven zu ent=
lassen und Boehm zum Wehrmachtbefehlshaber Norwegen zu ernennen. Hitler
entschied jedoch Ende Oktober gegen Raeder. Fiir die Dauer des Krieges lehnte
er hier wie iiberall jede Sonderfriedensregelung ab, um freie Hand fiir die Zu=
kunft zu behalten.
Wahrend somit die innere Lage Norwegens weiterhin durch das gespannte
Verhaltnis zwischen Bevolkerung und Besatzungsmacht und der verschiedenen
deutschen Dienststellen untereinander gekennzeichnet blieb, gait Danemark
aus der Sicht der deutschen Obersten Fiihrung das ganze Jahr 1942 sowohl hin=
sichtlich seiner inneren Verhaltnisse (abgesehen von den Ende 1942 erst be=
ginnenden Spannungen zum ReichsbevoUmachtigten im Zuge der deutschen
Bemiihungen, auch Danemark in die „Endlosung" der Judenfrage einzube=
Ziehen) als auch hinsichtlich einer Bedrohimg von aufien — abgesehen von
125
A. Einfiihrung
gewissen Befiirchtungen wegen einer alliierten Aktion gegen Nordjiitland
im Mai/Juni — als weitgehend gesichert. In der OKW=Weisung vom 14. 12.
1941 iiber den Aufbau der Kiistenverteidigung^ waren die west= und nord=
jiitische Kiiste, „die einer Landung wenig giinstig sind"', auch erst an dritter
Stelle nach Norwegen und dem Westen aufgefiihrt.
Die mehrfach umgebildete danische Regierung (nach dem Tode Staunings
am 3. 5. 1942 zunachst unter Buhl, ab 10. 11. unter dem bisherigen Au6en=
minister Scavenius) amtierte unter der deutschen Besatzung in weitgehender
innenpoHtischer Selbstandigkeit, auch nachdem am 6. 11. der bisherige Bevoll=
machtigte des Reiches, der Beruf sdiplomat v. Renthe=Fink, durch den SS=Grup=
penfiihrer Dr. Best abgelost wurde. Eine deutsche Zivilverwaltung im Lande
gab es nicht.
2. Niederlande — Belgien — Frankreidi
Der „OKW=Kriegsschauplatz'' „Westen'', d. h. an der Jahreswende 1941/42
der belgische und der nord= und westfranzosische Kiistenraum, noch nicht die
Niederlande, war mit der OKW=Weisung vom 14. 12. 1941^ hinter Norwegen
in die zweite Dringlichkeitsstufe hinsichtlich des Aufbaus der Kiistenverteidi=
gung geriickt. Dies bezog sich auf die „franzosisch=belgische Kiiste einschlie6=
lich der vorgelagerten Inseln, besonders die Telle am mittleren Kanal von der
Schelde bis westlich der Seine=Miindung und am Atlantik siidlich Brest und
von Quiberon bis zur Gironde, wo die geographischen Verhaltnisse einer Lan=
dung giinstig sind.
„Nachstwichtig (sei) die Schaffung von Verteidigungsanlagen in den vorsprin=
genden Teilen der Normandie und Bretagne, die zwar seemannisch schwierig
sind, jedoch landoperativ und wegen der dort liegenden wichtigen und grofien
Hafen zu Briickenkopfbildungen anreizen. Bereits befohlene Mafinahmen fiir
die britischen Kanalinseln werden durch diesen Befehl nicht beriihrt . . ." Die
hollandische Kiiste wurde erst in der dritten Dringlichkeitsstufe gefiihrt.
Verantwortlich fiir die Verteidigung dieses Raumes (seit der „Fiihrer=Wei=
sung"' Nr. 40 vom 23. 3. 1942 ^ einschliefilich der Niederlande) war der „Ober=
befehlshaber West'' (OB West), zugleich OB der H.Gr. D, bis 15. 3. 1942 Gen.=
Feldmarschall v. Witzleben, danach Gen.Feldmarschall v. Rundstedt, der die
Verteidigungsbereitschaft in seinem Befehlsbereich durch „Zusatze des OB
West 3'' zur „Fiihrer=Weisung'' Nr. 40 regelte.
Starker in den Vordergrimd der Befiirchtungen hinsichtlich — zunachst be=
grenzter — alliierter Unternehmen riickte der Westen erst nach dem Abzug
der schweren deutschen Seestreitkrafte aus Brest am 12. /13. 2. 1942 (Unter=
9 Vgl. Anm. 1.
1 OKW/WFStab/Abt. L (I Op) Nr. 00 3055/42 g.Kdos. vom 14. 12. 1941, gez. Keitel
(„Der Fiihrer hat befohlen").
2 Hubatsch, a. a. O., S. 176 ff.
3 Friedrich Ruge, Rommel und die Invasion, Stuttgart (K. F. Koehler Verlag) 1959,
S. 254ff. i- :;j_„-, :. . ,^. -..;.. -,..._.:
..-; ..J....~.
tl6
VI. Die Verteidigungsma6nahmen im Norden und Westen Europas
nehmen „Cerberus'', s. unten S. 156) und dem britischen „Kommando"=Unter=
nehmen gegen St. Nazaire am 28. 3. 1942, das die Zerstoning des Schleusen=
tors des fiir das Schlachtschiff „Tirpitz'' geeigneten grofien Docks und daruber=
hinaus die Zerstdrung aller erreichbaren kleineren Schleusen zum Ziel hatte^^.
Nach Ausfiihrungen des Ob.d.M. vor Hitler am 13. 4. mufiten die zunehmende
Angriffsstarke des Gegners, die Schwachung des Heeres und der Luftwaffe
im Westen infolge der Ostlage und der Abzug fast aller Seestreitkrafte nach
Norwegen die Briten geradezu zu Unternehmen herausfordern, da auf deut=
scher Seite „keinerlei abstoSende Wirkung'' mehr vorhanden war.
Nach Beginn der deutschen Sommeroffensive im Osten (28. 6.) steigerten
sich die Besorgnisse Hitlers, dal? der Gegner im Westen eine Landung ver=
suchen werde, zumal von britischer und amerikanischer Seite im Zusammen=
hang mit den Besuchen Molotows in London und Washington (Mai/Juni 1942)
Andeutungen iiber die baldige Errichtung einer „Zweiten Front'' zur Ent=
lastung der Sowjets gemacht wurden. Einen Hohepunkt fanden solche Be=
furchtungen Hitlers in seinem Befehl vom 9. 7. (s. oben S. ^6 f.), in dem er die
sofortige Oberfiihrung der „Leibstandarte SS Adolf Hitler'' nach dem Westen
anordnete und die Verlegung weiterer SS=Verbande in den Bereich des OB
West ankiindigte. In der „Fuhrer=Weisung" Nr. 45 vom 23.7.1942'' wurde
noch zusatzlich das Herausziehen der Div. „GrojSdeutschland" aus der Front
und die Vorbereitung ihres Abtransports nach dem Westen verfiigt.
Erst die erfolgreiche Abwehr des britisch=kanadischen Landungsversuchs
bei Dieppe am 19. 8., bei dem es gelang, mit den ortlichen Kraften den ge=
landeten Gegner unter hohen Verlusten zum raschen Riickzug zu veranlassen
(britisch=kanadische Verluste: 1179 Tote, 2190 Gefangene; deutsche Verluste:
311 Tote und Vermifite), fiihrte bei Hitler zu einer ruhigeren Beurteilung der
Situation. Uber dieses Unternehmen aufierte er sich in der Lagebesprechung
am 21. 8. folgendermafien^: „Stalin habe offenbar bei seinen kiirzlichen Be=
sprechungen mit Churchill in Moskau (12.— 15. 8. 1942) einen ganz starken
Druck auf letzteren hinsichtlich der sofortigen Errichtung einer ,Zweiten Front'
ausgeiibt. Daher habe Churchill unmittelbar nach seiner Riickkehr nach Eng=
land das sehr unvorbereitete Unternehmen durchfiihren lassen. Das britische
Ziel sei anscheinend gewesen, Dieppe zu nehmen, um dann entweder nach
Norden gegen den Riicken der deutschen Kanalbefestigungen oder nach Sud=
westen gegen Le Havre vorzugehen." Er mafi damit dem von vornherein be=
grenzten Test=Untemehmen eine viel zu grofie Bedeutung bei^^.
Kraftemafiig war der Kriegsschauplatz „Westen" damals relativ gut aus=
3a Einzelheiten iiber das Unternehmen gegen St. Nazaire in: C. E. L. Phillips, Im
Schatten der „Tirpitz", Preetz/Holst. 1962 (376 S.).
4 Hubatsch, a. a. O., S. 197.
5 Aufz. zum KTB WFStab, 21. 8. 1942.
5a Uber Verlauf und Absichten beim brit.=kanad. Landungsversudi vgl. die audi
das verfiigbare deutsche Quellenmaterial auswertende Darstellung von Jacques
Mordal, Les Canadiens a Dieppe. Paris 1962.
127
A. Einf iihrung ' •'
gestattet. Es standen zu dieser Zeit im Bereich des OB West 22 Inf.=Divisionen
an der Kiistenfront am Kanal und am Atlantik, ein Grofiteil davon „ostver=
vvendungsfahige'' Divisionen. 7 Panzer= und mot. Divisionen „bester Klasse''
bildeten die Eingreifreserve. Insgesamt befanden sich schon am 1. 7., also noch
vor der Verlegung der SS=Verbande, 520000 Mann im Westen.
Das Untemehmen Dieppe war fiir Hitler der Anlafi, am 25. 8. den „Aufbau=
Befehr' iiber die Errichtung des „Atlantik=Walls'' herauszugeben, auf dessen
Bedeutung er am 29. 9. die Befehlshaber im Bereich des OB West in einer
Rede eindringlich hinwies. Dennoch gelang es infolge von Personal= und
Materialmangel 1942 nicht, die Forderung nach „westwallartigem'' Aufbau
zu erfiillen^. Vor allem belastete der grolBe Betonbedarf fiir den Bau der
U=Boot=Bunker in den Stiitzpunkten am Atlantik das Voranschreiten des all=
gemeinen Aufbaus. So kam der OB West bei einer Lagebeurteilung am 25. 10.
1943, auf 1942 riickblickend, zu dem Ergebnis: „Der westwallartige Ausbau
der artilleristischen Verteidigungsfront (der Marine) ist . . . nicht in dem vom
FUhrer geplanten und beabsichtigten Sinne vorangeschritten und liegt hinter
dem gegenwartigen Stand des Verteidigungsausbaues des Heeres zuriick'^/'
Die Schlagkraft des Westheeres, die 1942 als relativ hoch angesehen werden
konnte, schrtimpfte seit dem Winter 1942/43, als auf Grund der Weisung
Hitlers vom 13.9.1942® „zur Wiederherstellung der Kampfkraft des Ost=
heeres . . . eine Ablosung der am meisten abgekampften Verbande erforder=
lich" wurde. „Aus dem Osten sind'' -- so hiefi es darin — „insgesamt 15 In=
fanteriedivisionen und 6 Personaleinheiten fiir schnelle Verbande nach dem
Westen zu verlegen und dort aufzufrischen, davon bis Ende 1942 mindestens
8 Infanteriedivisionen, die am meisten gelitten haben, und die 6 Personal=
einheiten fiir schnelle Verbande.'' Dafiir waren ab Januar 1943 8 schnelle
Verbande „aus dem Westen nach dem Osten — tropenfahig an die Kaukasus=
front — zu iiberfiihren. Gleichzeitig beginnend, sind die restlichen abgekampf=
ten Infanteriedivisionen aus dem Osten in den Westen zu verlegen und dort
aufzufrischen.'' Weiter hiefi es sogar: „Im AnschlulB an die schnellen Verbande
... ist vorgesehen, dafi dann noch 15 voU einsatzfahige Infanteriedivisionen
. . . aus dem Westen im Hochstleitungsf ahrplan zum Offensiv=Aufmarsch in
den Osten verlegt werden." i h^S.
Dennoch sollte — theoretisch — „wahrend des oben bef ohlenen Abtransports
nach dem Osten ... die Starke der dem OB West unterstehenden Verbande
erhalten bleiben. Es ist daher durch alle geeigneten Mafinahmen — rechtzeitige
vorherige Bereitstellung des fiir die Auffrischung der Ostdivisionen erforder=
lichen Personals und Materials usw. — sicherzustellen, dafi durch den Ab=
6 Aus der Beurteilung der Lage OB West vom 25. 10. 1943 (Der OB West I a
Nr. 550/43 g.Kdos. Chefs.), in: Jacobsen, a. a. O., S. 424.
7 Ebda.
8 Der Fiihrer OKW/WFStab/Nr. 515 591/42 g.Kdos. Chefs, vom 13. 9. 1942, gez.
Adolf Hitler.
128
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
transport von 8 schnellen und 15 Infanteriedivisionen ab Januar 1943 keine
Schwachung der Kampfkraft im Westen eintritt/' Tatsachlich verlor das West=
heer seine operativen Reserven und seine schlagkraftigsten Infanterie=Divi=
sionen.
Vorgange im Zusammenhang mit dem Unternehmen Dieppe sowie bei bri=
tischen „Kommando''=Unternehmen auf Inseln vor der franzosischen Kiiste
waren fiir Hitler der Anlafi zu dem beriichtigten „Kommando=Befehr' vom
18. 10. 1942^, zu dessen Begriindung Hitler — selbst den Wortlaut bestimmend
— einleitend erklarte:
„Schon seit langerer Zeit bedienen sidi unsere Gegner in ihrer Kriegfuhrung
Methoden, die aufierhalb der internationalen Abmachungen von Genf stehen.
Besonders brutal und hinterhaltig benehmen sich die Angehorigen der sog. Kom=
mandos, die sidi selbst, wie feststeht, teilweise sogar aus Kreisen von in Feind=
landern freigelassenen kriminellen Verbrechern rekrutieren, Aus erbeuteten Be=
fehlen geht hervor, dafi sie beauftragt sind, nicht nur Gefangene zu fesseln, son=
dern auch wehrlose Gefangene zu toten im Moment, in dem sie glauben, dafi diese
bei der weiteren Verfolgung ihrer Zvvecke als Gefangene einen Ballast darstellen
oder sonst ein Hindernis sein konnten. Es sind endlich Befehle gefunden worden,
in denen grundsatzlich die Totung der Gefangenen verlangt worden ist.
Aus diesem Anlafi wurde in einem Zusatz zum Wehrmachtbericht vom 7. 10.
1942 bereits angekiindigt, dafi in Zukunft Deutschland gegeniiber diesen Sabotages
trupps der Briten und ihrer Helfershelfer zum gleichen Verfahren greifen wird,
das heifit: dafi sie durch die deutschen Truppen, wo immer sie auch auftreten,
riidcsidhtlos im Kampf niedergemadit werden. Ich befehle daher:
Von jetzt ab sind alle bei sogenannten Kommandounternehmungen in Europa
oder in Afrika von deutschen Truppen gestellte Gegner, auch wenn es sich au6er=
lich um Soldaten in Uniform oder Zerstorertrupps mit und ohne Waffen handelt,
im Kampf oder auf der Flucht bis auf den letzten Mann niederzumachen. . . Ge=
langen einzelne Angehorige derartiger Kommandos als Agenten, Saboteure usw.
auf einem anderen Wege — z. B. durch die Polizei in den von uns besetzten Lan=
dern — der Wehrmacht in die Hande, so sind sie unverziiglich dem SD zu iiber=
geben. . ."
In einer Erlauterung hierzu fiihrte Hitler noch aus : „Im gesamten Ostgebiet
ist . . . der Krieg gegen die Partisanen ein Kampf der restlosen Ausrottung des
einen oder anderen Teils.
„Sowie diese Erkenntnis Gemeingut einer Truppe geworden ist, wird sie regel=
mafiig mit diesen Erscheinungen in kurzer Zeit fertig, im anderen Falle ist ihrem
Einsatz kein durchschlagender Erfolg beschieden, Er wird damit zwecklos.
Wenn auch unter anderen Bezeichnungen haben England und Amerika sich zu
einer gleichen Kriegfuhrung entschlossen. Wenn der Russe auf dem Landwege
versucht, Partisanentrupps hinter unsere Front zu bringen, und nur ausnahmsweise
den Lufttransport zum Absetzen von Mannschaften und fiir den Abwurf von Ver=
pflegung verwendet, dann wird in England und Amerika diese Kriegfiihrung in
erster Linie durch das Anlandsetzen von Sabotagetrupps von U=Booten aus oder
9 Hubatsch, a. a. O., S. 206 ff.
129
A. Einfiihrung ^m/ififiSi:,
mittels Schlauchbooten oder durch Fallschirmagenten gefiihrt. Im Wesen aber unter=
sdieidet sich diese Kriegfuhrung in nichts von der russischen Partisanen=Tatig=
Wahrend die Aufgaben des OB West operativer Art waren, der Ver=
teidigung der besetzten Westgebiete nach aufien dienten, waren deutsche
Militarbefehlshaber in den besetzten Westgebieten die Inhaber der vollziehen=
den Gewalt, in Belgien und Nordfrankreich (d. h. den Departements Nord und
Pas de Calais) General d. Inf. v. Falkenhausen, im iibrigen besetzten franzo=
sischen Gebiet der Militarbefehlshaber Frankreich, bis 13. 2. 1942 General d.
Inf. Otto V. Stiilpnagel, danach sein Vetter General d. Inf. Karl=Heinrich v.
Stiilpnagel. In den Niederlanden hatte eine deutsche Zivilverwaltung unter
dem Reichskommissar Seyj3=lnquart die Exekutivgewalt inne, wahrend der
„Wehrmachtbefehlshaber'', General d. Flieger Christiansen, nur fiir die terri=
torialen militarischen deutschen Belange zustandig war. Mit dem Befehl iiber
die Einsetzung eines „Hoheren SS= und Polizeifiihrers im Bereich des Militar=
befehlshabers Frankreich (HSSPF)'' vom 9. 3. 1942 ^ trat Mitte 1942 eine we=
sentliche Veranderung ein, die ganz Frankreich betraf . Das Amt iibernahm SS=
Brigadefiihrer Oberg. Mit Schreiben vom 28. 5. 1942 unterrichtete der Militar=
befehlshaber die franzosische Regierung in Vichy dariiber, „dal3 fiir das be=
setzte franzosische Gebiet ein Hoherer SS= und Polizeifiihrer eingesetzt wor=
den ist, der vom 1. 6. 1942 ab fiir alle polizeilichen Aufgabenbereiche alle
Rechte der besetzenden Macht ausUben wird". Damit ging die Exekutivgewalt
von der Wehrmacht auf den SS=Bereich iiber. Diese Veranderung hing sowohl
mit der standigen Erweiterung der Machtbefugnisse des Reichsfiihrers SS im
gesamten deutschbeherrschten Europa als auch mit der Entwicklung der Lage
im besetzten Frankreich zusammen.
Die seit Oktober 1941 einsetzende Serie von Attentaten auf Wehrmachtan=
gehorige und von Sabotageakten hatte ein immer grofieres Ausmafi angenom=
men. Obwohl von einem geschlossenen militarahnlichen Auftreten von \Mider=
standsgruppen — trotz der ab 17. 4. 1942 regelmafiig erscheinenden „milita=
rischen'' Communiques der illegal publizierten kommunistischen Zeitung „Hu=
manite'' — fiir 1942 noch nicht gesprochen werden kann^, lag doch eine ernst=
hafte Bedrohung der Sicherheit der deutschen Wehrmacht im besetzten Gebiet
vor. Im Januar 1942 war die Zahl der Falle von Eisenbahnsabotage und Ober=
Hubatsch, a. a. O., S. 208. u >
OKW/WFStab/Qu.=Verw. Nr. 383/42 g.Kdos. Chefs. „Befehl iiber die Einsetzung
eines ,Hoheren SS= und Polizeifiihrers' im Bereich des Militarbefehlshabers
Frankreich" (HSSPF), gez. Adolf Hitler. Hierfiir und fiir das Folgende: Hans
Luther, Der franzosische Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht und
seine Bekampfung. Tiibingen (Institut fiir Besatzungsfragen) 1957.
Erst im Sommer 1943 traten erste truppenahnlich organisierte Widerstands^
verbande auf. .:lu^_ .J.. ,.U .:. .- .rL ,.-.
130
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
fallen auf einzelne Soldaten auf 79 gestiegen^. Bis Herbst 1942 gelang es nun,
etwa 90^/0 aller Falle aufzuklaren und durch drakonische Mafinahmen (Geisel=
erschiefiungen, Bekanntmachung Himmlers an die franzosische Bevolkerung
vom 12. 7. 1942, die die ErschielEung der mannlichen Angehorigen der Atten=
tater und Saboteure androhte) voriibergehend Scheinruhe und =sicherheit im
besetzten franzosischen Gebiet herzustellen. Die ab Oktober 1942 beginnende
Zwangseinziehung franzosischer Arbeitskrafte zur Dienstleistung in der deut=
schen Riistungsindustrie (s. unten S. 133) fiihrte dann zu einer Verstarkung der
sich jetzt sammelnden und vereinigenden franzosischen Widerstandsbewegung,
die sich ab November 1942 in den neu besetzten Teilen Frankreichs unter
giinstigeren Voraussetzungen militarahnlich formieren konnte, da mangels
Kraften grofie Telle (vor allem im Central=Massiv und den Alpen) praktisch
von deutschen Truppen unbelegt blieben.
Das deutsche Verhaltnis zur franzosischen Regierung in Vichy und damit
zu den unbesetzten Teilen Frankreichs sowie den Kolonialgebieten wurde zu
Beginn des Jahres 1942 formell immer noch durch den deutsch=franzosischen
Waffenstillstand vom 22. 6. 1940 und den italienisch=franzosischen Waifen=
stillstand vom 24. 6. 1940 bestimmt. In Franzosisch=Afrika sahen sich die
„Achsenmachte" trotz der dort nach dem Waffenstillstand eingesetzten Kon=
trollkommissionen einem mehr oder minder verschlossenen Gebiet gegeniiber.
Anzeichen iiber das zunehmende Eindringen des Einflusses der Westalliierten,
insbesondere der Amerikaner, durch ihre zahlreichen dorthin und auch nach
Tanger entsandten konsularischen Beamten — den Englandern waren diese
offiziellen Moglichkeiten seit dem Abbrudi der diplomatischen Beziehungen
zwischen Vidiy und Grofibritannien am 4. 7. 1940 verschlossen — , wurden bei
der deutschen Obersten Fiihrung vermerkt, ohne dafi man dieser Tatigkeit
wirksam entgegenzuarbeiten vermochte.
Der WFStab, die Deutsche Waffenstillstandskommission, die Seekriegs=
leitung und der deutsche Botschafter in Paris Otto Abetz strebten aus ver=
schiedenen Motiven eine deutsch=franzosische militarische Zusammenarbeit
an; von ihr konnte 1942 im wesentlichen nur noch hinsichtlich der beider=
seitigen Marinestellen an Land die Rede sein. Die Hauptursache fur die
seit Ende 1940 immer negativer verlaufene Entwicklung lag in der Grundein*
stellung Hitlers zu Frankreich und seiner harten „Siegerpolitik'', die jeden An«
satz zu einer den Namen verdienenden „Kollaboration" zerstorte. Hitler lehnte
jegliche Zugestandnisse an Frankreich ab, obwohl er von der Seekriegsleitung,
dem WFStab und Botschafter Abetz immer wieder dazu gedrangt wurde.
Treffend interpretierte Goring im August 1942 die Einstellung der Obersten
Fiihrung zur Frankreich dahingehend, dafi es als erobertes Gebiet zu behan=
deln sei und dafi die KoUaboration allein darin zu bestehen habe, dafi die
Ab Februar 1942 fehlen die entsprechenden Unterlagen des Militarbefehlshabers
Frankreich.
131
A. Einfiihrung
Franzosen an Deutschland zu liefern hatten, „bis sie selbst nicht mehr
konnten'".
Auch die Wiederberufung Pierre Lavals, des Exponenten der „Politik von
Montoire'' vom Oktober 1940, durch den Staatschef Marschall Petain am 18. 4.
und seine Ernennung zum Regierungschef mit weitreichenden Vollmachten
fiihrten zu keiner Anderung der Einstellung Hitlers zu Frankreich. Eine diesem
zur Kenntnis gelangte Denkschrift des Staatsministers Benoist=Mechin schien
ihm die Bestatigung fiir die Richtigkeit seines Militrauens zu sein. In der Un=
terredung mit Mussolini am 29.4.1942^ erklarte er, dafi darin „klipp und
klar zum Ausdruck gebracht worden sei, dafi, wenn Frankreich wieder zur
Macht kommen wolle, es Waffen haben miisse und dafi der einzige Weg dazu
iiber Laval und die ,collaboration' fiihre''.
Hitlers Mifitrauen wurde erneut verstarkt durch die Flucht des im Mai 1940
in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen Generals Giraud, dem es am 17. 4.
gelang, von der Festung Konigstein in Sachsen zu entfliehen und die unbe=
setzte Zone Frankreichs zu erreichen, Versuche des Botschafters Abetz, Giraud
zur freiwilligen Riickkehr nach Deutschland zu veranlassen und damit Hitlers
Einstellung zu beeinflussen, scheiterten.
Unter diesen Voraussetzungen war auch das Ziel der neuen Regierung Laval,
mit Hitler zu einer Zusammenarbeit auf politischem, wirtschaftlichem und — in
begrenztem Mafie — auch militarischem Gebiet zu kommen, illusorisch. Ent=
sprechende Bemiihungen fiihrten nur dazu, dafi die Beziehungen zwischen der
Vichy=Regierung und den USA sich verschlechterten (Abberufung des Bot=
schafters Leahy aus Vichy) und die amerikanische Regierung das Festsetzen
britischer Streitkrafte im Hafen von Diego Suarez auf Madagaskar {3—7. 5.
1942) gut hiefi.
Am 29. 5. unterzeichnete Hitler die Weisung Nr. 42^, die Richtlinien fiir
eine Besetzung Restfrankreichs enthielt:
„Die Entwicklung der Lage im unbesetzten Frankreich oder in den Besitzungen
in Nordafrika kann es auch in Zukunft' erforderlich machen, das gesamte franzo=
sische Gebiet zu besetzen . . . Ziel der Operation ist es, die Widerstandskraft des un=
besetzten Frankreich zu brechen und das Land zu besetzen. Dabei kommt es fur die
deutschen Krafte darauf an, unter Aufrechterhaltung des Kiistenschutzes mit schnell
zu bildenden, moglichst beweglichen Kraftegruppen die fiir die Verteidigung wich=
tigen Objekte iiberraschend in Besitz zu nehmen und hierdurch die franzosischen
Widerstandsmoglichkeiten auszuschalten. Raschem Zugriff auf die franzosischen
grofieren Standorte, Eisenbahnknotenpunkte, Stockierungslager, Munitions= und
5 Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber die Unterredung Hitler— Mussolini
am 29. 4. 1942 (Politisches Archiv des Auswartigen Amtes Bonn, Aufz. Fiih. 15
RAM=Film 1/65—95 u. 18/314—344).
6 Hubatsch, a. a. O., S. 189 ff.
7 Bezugnehmend auf die Weisungen betr. „Attila" und „Isabella" von 1940/41,
die erst jetzt aufier Kraft gesetzt wurden.
132
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
Waffenlager, Flugplatze und den Regierungssitz Vichy kommt hierbei besondere
Bedeutung zu.
Aufgabe der Italiener wird es sein, — neben Korsika — die franzosische Mittel=
meerkiiste zu besetzen und durch Abriegelung der FlottenstUtzpunkte — insbeson=
dere Toulon — von See her ein Obergehen der franzosischen Heimatflotte und der
in den Mittelmeerhafen Hegenden Handelsschiffe zum Feind zu verhindern. Sie sind
dabei durch die im Mittelmeer befindlichen deutschen See= und Luftstreitkrafte zu
unterstiitzen. Ferner werden die Italiener, falls es die Lage erfordert, sich gegen
Tunesien zu wenden haben. Die Bildung einer Kampfgruppe fiir diesen Zweck ist
im Gange . . ."
Wenn auch die Weisung in dieser Form nicht verwirklicht wurde, so spiegelt
sie doch genau Hitlers Einstellung zu Frankreich wieder.
Der deutsche Druck, der standig auf der Vichy=Regierung lastete, machte die
ohnehin problematische Souveranitat Frankreichs im uiibesetzten Gebiet in den
folgenden Monaten in dreifacher Hinsicht illusorisch: in der erzwungenen Zu=
sammenarbeit der franzosischen Polizei der unbesetzten Zone mit dem SD
im besetzten Gebiet bei der Bekampfung der gegen die Wehrmacht gerichteten
Terror= und Sabotagetatigkeit der Widerstandsbewegung, in den Zugestand=
nissen hinsichtlich der Judenpolitik (Auslieferung von rd. loooo nichtfranzo=
sischen, darunter zahlreichen deutschen Juden an den SD) und in der Zwangs=
iiberfiihrung franzosischer Arbeiter ins Reich.
Der von Hitler am 28. 3. 1942 zum GeneralbevoUmachtigten fiir den Arbeits=
einsatz (GBA) ernannte Gauleiter Sauckel forderte im Mai 1942 die franzo=
sische Regierung ultimativ auf, in kurzer Frist 350000 Arbeiter nach Deutsch=
land zu stellen. Laval erzielte in harten Verhandlungen mit Sauckel schliefilich
einen Kompromifi, die Einfiihrung der sog. „Releve", wonach fiir je drei frei=
willig nach Deutschland verpflichtete Facharbeiter als „Ablosung'' je ein
Kriegsgefangener nach Frankreich entlassen werden sollte. Es stellte sich aller=
dings bald heraus, dafi die franzosische Regierung auch mit diesem Mittel nidit
die geforderte Zahl von Freiwilligen erreichen konnte. Schlielilich folgte Ende
August ein neues Ultimatum Sauckels. Laval sah nun keine andere Moglichkeit
mehr, die Zwangsaushebung von Arbeitern im besetzten Gebiet durch die
Besatzungsbehorden zu verhindern, als den Erlafi eines Arbeitsdienstpflicht=
gesetzes durch die franzosische Regierung (4. 9.), die damit die Durchfiihrung
selbst in der Hand zu behalten hoffte.
So befanden sich die deutsch=franzosischen Beziehungen — trotz emeuter
Anfragen Retains und Lavals mit dem Ziel, nach der am 10. 9. eingeleiteten
Besetzung ganz Madagaskars durch die Briten zu einer begrenzten deutsch=
franzosischen Zusammenarbeit in der Verteidigung des noch verbliebenen afri=
kanischen Kolonialreiches zu kommen, die ohne Antwort blieben — bereits in
einer Sackgasse, als die alliierte Grofilandung in Marokko und Algerien am
8. 11. begann. Sie loste das improvisierte „gro6zugige" Biindnisangebot Hitlers
an die Vichy=Regierung aus (s. oben S. 117). Die Zuriickhaltung der franzo=
sischen Regierung und die Nachrichten liber das Verhalten des Admirals Dar=
133
A. Einfuhrung /
Ian in Algier geniigten indessen, um Hitler zwei Tage spater sogleich wieder in
die alte Linie seiner Frankreich=Politik einschwenken zu lassen.
Der Einmarsch der deutschen Truppen in die unbesetzte Zone Frankreichs
am 11. 11. sollten formell nicht die Waffenstillstandsvertrage von Com=
piegne und Rom beriihren: Die „Souveranitat'' der franzosisdien Re=
gierxmg, die Flotte und die „Waffenstillstandsarmee'' sollten unangetastet
bleiben; die Territorialgewalt des Militarbefehlshabers Frankreich wurde nicht
auf die bisher unbesetzte Zone ausgedehnt, sondern die Dienststelle eines
„Kommandanten des Heeresgebiets Siidfrankreich" (KHS) eingerichtet, der
dem OB West unterstand, der seinerseits wieder bei der Vichy=Regierung
durch den „Deutschen General des OB West in Vichy'', Generalleutnant Frhr.
von Neubronn, vertreten wurde. Doch waren faktisch die Waffenstillstands=
vertrage in allem Wesentlichen aufgehoben.
Das gait in erhohtem Mafie fiir die Zeit nach dem 27. 11., als Toulon besetzt
und die „Walfenstillstandsarmee'' von deutschen und italienischen Kraften
entwaffnet worden waren. Versuche, mit den franzosischen Heeres= und Ma=
rineverbanden in Tunesien zusammenzuarbeiten, scheiterten ebenfalls am
wechselseitigen Mifitrauen und endeten mit dem Ubertritt der franzosischen
Division in Tunesien auf die Seite der AUiierten (16. 11.) und mit der Kapitu=
lation der franzosischen Besatzung von Bizerta (7. 12.). Jedoch wurde auch
nach diesen Ereignissen keine deutsche Militarverwaltung in Siidf rankreich ein=
gerichtet, sondern die franzosische Zivilverwaltung und die franzosische Polizei
fungierten unter deutscher Oberaufsicht weiter. Auch die Waffenstillstands=
kommissionen setzten auf ausdriicklichen Befehl Hitlers ihre Tatigkeit fort.
Die von Retain mit neuen Vollmachten ausgestattete Regierung Laval sah
jedoch nunmehr ihre Auf gabe nur noch darin, durch geschicktes Taktieren mog=
lichst viele Vorteile aus der an sich verzweif elten Situation ihres Landes heraus=
zuholen und eine reine deutsche Besatzungsherrschaft zu verhindern. Diese
neue Tendenz, die Hitler sogleich erkannte, verstarkte sein MilBtrauen jetzt
auch gegen diesen Exponenten der KoUaboration so, dafi er ihn nie mehr
ohne die Anwesenheit des italienischen Aufienministers Graf Ciano empf angen
woUte, um jede Moglichkeit eines Ausspielens des deutschen und des italie=
nischen Achsen=Partners gegeneinander durch Laval auszuschliefien. Unter
diesen Voraussetzungen blieb das Gesprach zwischen Hitler und Laval in An=
wesenheit Cianos am 19. 12. ohne jedes Resultat.
Ganz Frankreich war seit Ende November 1942 faktisch ein von Deutsch=
land beherrschtes Land^^. Seit demAbbruch der diplomatischen Beziehungen zu
den USA am 8. 11. blieben nur noch die diplomatischen Vertreter der mit
Deutschland verbiindeten Lander sowie des Vatikans und der Schweiz in Vichy
zuriick.
7a Zum Gesamtkomplex der deutsdi=franz6sischen Beziehungen 1942 grundlegend:
Eberhard Jad<el, Die deutsch=franzosischen Beziehungen 1940—1942. Habili=
tationsschrift Kiel 1961. :,,..- „ . ._ . .^
VI. Die Verteidigungsmafinahmen im Norden und Westen Europas
Mit der alliierten Landung in Franzosisch=Nordafrika war auch die Iberische
Halbinsel wieder stark in den Blickpunkt der deutschen Obersten Fiihrung ge=
riickt. Bereits Ende April 1942 hatten Befiirchhingen Hitlers iiber „englisch=
amerikanische Landungsmoglichkeiten in Franzosisch=Marokko, Spanisch=Ma=
rokko und auf der Iberischen Halbinsel"^ Uberlegungen ausgelost, die in den
am 29. 5. — unter Aufierkraftsetzung der 1940 bzw. 1941 erlassenen Weisungen
fiir „Attila" (Besetzung Restfrankreichs) und „Isabella'' (Vorbereitungen zur
Sicherungder spanischen und portugiesischenWestkiiste)— neugefa6ten„Richt=
linien fiir die Operationen gegen Restfrankreich bzw. die Iberische Halbinsel''
(„Fuhrer=Weisung'' Nr. 42®) ihren Niederschlag fanden. Als erstes Ziel von
Gegenmalinahmen gegen einen „feindlichen Zugriff auf die Iberische Halb=
inser' (Deckname „Ilona'') sollten „durch Inbesitznahme der Siidausgange der
Pyrenaen die Voraussetzungen fiir spatere Operationen geschaffen werden. Einer
Bedrohung der strategisch wichtigen franzosischen Atlantikkiiste von Spanien''
— so hiefi es — „ist durch Sicherung der an der spanischen Nordkiiste gelegenen
Hafen zuvorzukommen. Verhandlungen und Vorbesprechungen mit den Spa=
niern und anderen aufierdeutschen Stellen iiber diese Absichten sind verboten."
Der letzte Passus deutete darauf hin, dajS das deutsche Verhaltnis zu Spanien
sich seit dem entscheidenden Gesprach zwischen Hitler und Franco am 23. 10.
i94onicht verbessert hatte^^. Wohl blieb die in das deutsche Heer eingegliederte
spanische „Blaue Division'' (250. Inf.Div.) das ganze Jahr 1942 iiber im Ein=
satz an der Ostfront (H.Gr. Nord), auch erklarte der spanische Aufienminister
Serrano Suner noch am 22. 4. 1942, dafi Spanien nicht „neutral", sondern
„nichtkriegfiihrend" sei, doch machte die Ablosung des als deutschfreundlich
geltenden Aufienministers Suner und seine Ersetzung durch General Jordana
am 3. 9. 1942 deutlich, dafi Franco auf den Kurs einer korrekten Neutralitats=
politik zuriicklenkte. Nach der alliierten Grofilandung in Marokko und Alge=
rien war vollends klar, dali Franco strikte Neutralitat wahren mufite (18. 11.
Teilmobilmachung „zur Sicherung unserer Integritat"), wollte er sein Land
nicht schwersten Risiken aussetzen. Dafi unter den gegebenen Umstanden eine
spanische Neutralitat auch dem deutschen Interesse noch am ehesten entsprach,
wurde von Hitler am 20. 11. zugegeben.
Da sich jedoch seine Befiirchtungen, dafi die nachste Operation der Alliierten
moglicherweise gegen die Iberische Halbinsel gerichtet sei, in den folgenden
Wochen verstarkten, wurden die Vorbereitungen fiir das seit 7. 10. in „Gi=
sela" umbenannte Unternehmen zur Sicherung der Pyrenaenausgange und der
8 KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung im OKW, 25. 4. 1942. Fiir das Folgende
vgl. die detaillierte Studie von Charles Burdick, Planungen fiir das Einriicken
deutscher Krafte in Spanien in den Jahren 1942 — 1943. Die Unternehmen „Ilona"
und „Gisela", in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 13 (1963), S. 164— 178.
9 Hubatsch, a. a. O., S. 189 ff .
9a Ober Bemiihungen des Geheimdienstes des SD 1942, Franco zu stiirzen und
durch einen auf den deutschen Kurs festgelegten Vertreter der Falange zu er=
setzen, vgl. „Der Spiegel", Nr. 18/1963, S. 71 ff.
135
A. Einf iihrung r mkfnft^
nordspanischen Hafen weiter vorangetrieben^. Ihr Wert wurde von Hitler
indessen gegeniiber der Situation von Ende Mai 1942 jetzt nur noch darin ge=
sehen, die Spanier selbst auf diese Weise dahin zu bringen, „energisch Wider=
stand zu leisten''^. Mit besonderer Eile wurden die fiir diese Aufgabe vorge=
sehenen Krafte nach Abschlufi der Besetzung Restfrankreichs wieder in ihren
friiheren Versammlungsraumen bereitgestellt. Da sie aber weder nach der Zahl
noch nach der Art fiir eine so weittragende Operation ausreichten und Teile als=
bald nach dem Osten iiberfiihrt wurden (s. oben S. 128 f .), im iibrigen auch das
Verhalten der Spanier gegeniiber einem deutschen Einmarsch weiterhin unge=»
klart blieb, waren die Aussichten fiir ein Gelingen des Unternehmens hochst
fragwiirdig. Dennoch lief en die Planungen bis in das Friihjahr 1943 weiter.
Voraussetzung fiir die Aktion sollte allerdings sein, dafi die Spanier deutsche
Hilfe anforderten. Die Vorbereitungen fiir „Gisela'' traten schlielilich in den
Hintergrund, als deutlich wurde, dafi die Alliierten ihren Vorstofi in das
mittlere Mittelmeer (Tunesien— Sizilien) fortzusetzen gedachten.
VII. Der Kampf gegen die Aufstandsbewegungen in Siidosteuropa
1. Die Tsdbetniks des Generals Draza Mihajlovic
Die Spannungen, verursacht durch die zwischen Deutschland, Italien, Ungarn
und Bulgarien ausgehandelte Aufteilung Jugoslawiens und Griechenlands in
Besatzungszonen, die politische Zerschlagung Jugoslawiens und durch die un=
terschiedliche Besatzungspolitik sowie durch die Bildung des einerseits (an der
dalmatinischen Kiiste) beschnittenen, andererseits (Bosnien und Herzegowina)
ungebuhrlich ausgeweiteten „Unabhangigen Staates Kroatien'', — verbunden mit
der zwangslaufig nur sehr lockeren Besetzung dieser Raume durch deutsche
Truppen nach Abschlufi des Balkanfeldzuges im April/Mai 1941 hatten viel=
fache Folgen. Bei dem Freiheitswillen der verschiedenen Nationalitaten und
den vorhandenen Traditionen der Dorfwehren als Selbstschutzorganisation
angesichts der jahrhundertelangen Rechtsunsicherheit unter der tiirkischen
Herrschaft fiihrte sie unter so gxinstigen psychologischen, sozialen und natio=
nalen Bedingungen geradezu zu Widerstands= und Aufstandsbewegungen
gegen die Besatzungsmachte sowie gegen die neu eingesetzten Regierungen
(Kroatien, Montenegro). Nachdem zunachst seit Mai 1941 die serbisch=nationa=
listische Widerstandsorganisation des jugoslawischen Obersten i.G. Draza
Mihajlovic in Serbien hervorgetreten war, hatte sich seit Juli 1941 daneben
eine kommunistische Partisanenorganisation unter Josip Broz=Tito — beide zu=
nachst mit Schwerpunkt im siidserbischen Raum — gebildet. Die deutsche Be=
satzungsmacht versuchte ihrer durch drakonische Mafinahmen (OKW=Befehl
1 Aufz. zum KTB WFStab, 29. 11. 1942.
2 Vgl. KTB OKW/WFStab, Bd. Ill, S. 111.
t36
VII. Der Kampf gegen die Aufstandsbewegungen in Siidosteuropa
vom 16. 9. 1941) Herr zu werden. Dennoch gelang es den Partisanen und
Tschetniks, sich im siidserbischen Raum um die Stadt Uzice in einem relativ
grofien Gebiet festzusetzen, aus dem sie erst Ende November 1941 durch eine
deutsche militarische Operation^ vertrieben werden konnten.
Fiir den ganzen weiteren militarischen Verlauf und den politischen Ausgang
des Krieges im jugoslawischen Raum wurde bedeutsam, dafi — nach anf anglicher
Zusammenarbeit und nach vergeblichen Versuchen, zu einer Verschmelzung
beider Widerstandsorganisationen unter einheitlicher Fiihrung zu gelangen —
am 2. 11. 1941 die Spannungen zwischen Tschetniks und Tito=Partisanen in
einen offenen Konflikt iibergingen, der zu einem jahrelangen blutigen Ringen
der beiden Widerstandsbewegungen untereinander fiihrte. Dadurch hatte sich
fiir die schwachen deutschen Besatzungskrafte eine Moglichkeit ergeben kon=
nen, mit der einen Seite zu mehr oder minder dauerhaften Stillhalteabkom^
men, u. U. sogar zu weitreichenderen Vereinbarungen zu kommen; denn
Mihajlovic hatte bereits am 15. 11. 1941 einem deutschen Abwehroffizier er=
klart, dafi er nicht so sehr ein „englischer Mann'' sei, wie die Deutschen an=
nahmen, dafi es vielmehr sein Hauptziel sei, „die Substanz des (serbischen)
Volkes vor der Vernichtung zu retten''^. Wenn die sich hier bietende Chance
auf deutscher Seite 1942 nicht erfafit wurde, so deshalb, weil Hitler entgegen
dem Rat des Deutschen Generals in Agram, General Glaise v. Horstenau, den
Ustaschen des „Poglavnik'' weiterhin freie Hand zum Vernichtungskampf ge=
gen die Pravoslawen in Bosnien und in der Herzegowina gewahrte.
Dabei hatte eine Weisung des Chefs OKW vom 15. 12. 1941^ die Aufgabe,
im Siidostraum schnellstens Ruhe und Ordnung wiederherzustellen, um alle
deutschen Krafte im Osten konzentrieren zu konnen, deutlich ausgesprochen,
allerdings die psychologisch und politisch verfehlte Schlufifolgerung daraus
gezogen, statt deutschen italienische und bulgarische Besatzungskrafte in
weitere, bisher deutschbesetzte Gebiete heranzuf iihren :
„Die Lage im Osten erfordert es, alle verfiigbaren deutschen Krafte diesem
Kriegsschauplatz in absehbarer Zeit wieder zuzufiihren. Um trotzdem die im Rah=
men der Gesamtlage dringend erforderliche Ruhe auf dem Balkan sidierzustellen,
sind in erheblich vermehrtem Umfange Truppen verbiindeter Staaten zur restlosen
Beseitigung der Unruhen heranzuziehen. In erster Linie kommen hierfiir bulgarische
Krafte fiir Serbien und die 2. italienische Armee fiir Kroatien in Betracht.
Ausgenommen von der Besetzung durch fremde Truppen sollen die Industrie=
gebiete bleiben, die von kriegswichtiger Bedeutung fiir die deutsche Versorgung
sind.
Im Endziel sollen nicht mehr als 2 deutsche Sich.Divisionen zur Sicherung der fiir
uns bedeutsamen Gebiete verbleiben . . .
Nach der offiziellen jugoslawisch=kommunistischen Zahlung, die insgesamt bis
zum Sommer 1944 7 deutsche Offensiven auffiihrt, war dies die 1. Offensive.
Josef Matl, in: Das Dritte Reich und Europa. Bericht iiber die Tagung des
Instituts fiir Zeitgeschichte in Tutzing Mai 1956. Miinchen 1957, S. 158.
Hubatsch, a. a. O., S. 175.
137
A. Einfuhrung
Die Fiihrung (der Operationen) wird in Kroatien der 2. italienischen Armee
zufallen.
Es kann nicht mehr verantwortet werden, dafi 6 deutsche Divisionen im serbisch=
kroatischen Raum gebunden bleiben, obwohl bulgarische und italienische Krafte
in reichem Ma6e zur Verfiigung stehen.
Wenn nicht in kurzester Zeit die Aufstandsgebiete in Kroatien ausgebrannt wer=
den, wird es im Friihjahr notwendig sein, einen Feldzug zu fiihren."
Letzteres sollte, wenn auch noch einstweilen in relativ begrenztem Mafie,
der Fall werden. Zu einer einheitlichen Operationsfiihrung kam es dagegen nie.
Die Hauptkrafte der — bis Mitte 1942 gegeniiber den Partisanen Titos
zahlenmafiig starkeren — Tschetniks des Generals Mihajlovic (die allerdings,
da nicht so straff organisiert wie die kommunistischen Partisanen, nie unbe=
dingt seinen Befehlen gehorchten und daher nicht so geschlossen operierten)
hatten sich nach der Raumung von Foca durch die Italiener am 4.75. 12. 1941 in
diesem Gebiet festgesetzt und ihren Einflufibereich gleichzeitig auch auf einige
bosnische Bezirke zwischen Drina und Bosna ausgedehnt.
Sie betrachteten diesen Raum als „befreites" jugoslawisches Territorium. Am
13. 1. 1942 wurde Mihajlovic als Kriegsminister in die in London residierende
koniglich=jugoslawische Exilregierung aufgenommen und damit offiziell als bri=
tischer Bundesgenosse anerkannt. Wahrenddessen konzentrierte Tito seine Krafte
in Nordmontenegro (Gebiet um den Berg Durmitor) und proklamierte am 8. 2. 1942
den Anschlufi seines „Staates" als „Bundesrepublik'' an die UdSSR.
jb f;i brij.f jf;
An verfUgbaren deutschen Kraften standen zu diesem Zeitpunkt in der
deutschen Zone Kroatiens nur eine Division (118. Inf.Div.) in Serajewo und
Banja Luka zur Verfiigung, ferner 6, spater 9 Landwehrbataillone zur Siche=
rung der Bahnen Agram— Belgrad und Brod— Serajewo (insgesamt rd. 10000
Mann), wahrend sich in der italienischen Zone des Landes die 2. italienische
Armee mit 7 Divisionen sowie Sonderverbanden in Starke von rd. 60 000
Mann befand. Kroatischerseits waren rd. 44000 Mann (34000 Mann Domo=
branen und 10000 Ustaschen, s. oben S. 33) verfiigbar. Um die aus Serbien
entwichenen Tschetniks und Partisanen moglichst rasch zu fassen, unternah=
men die Truppen des auch in der deutschen Zone Kroatiens befehlsfiihrenden
„Bevollm. Kdr. Generals in Serbien'', General d. Artl. Bader, Anfang Januar
mit einer Division von Serajewo und einer Division von Zvornik aus einen
Vorstoli nach Ostbosnien. Dabei wurden sie von der „Schwarzen Legion'' der
Ustascha unterstiitzt. Nachdem die vorgetriebenen Spitzen beider deutschen
Divisionen sich halbwegs zwischen den Stadten die Hand gereicht hatten,
wurde das Unternehmen in der zweiten Januarhalfte abgebrochen^. Wahrend
es Tito gelungen war, mit seinen Kraften nach Siiden auszuweichen, versuchte
man deutscherseits, mit den Tschetniks durch Verhandlungen zu einer Losung
zu gelangen. Auf eine kroatische Intervention bei General Bader wurden die
4 Die sog. 2. Offensive in jugoslawisch=kommunistischer ZMhlung. '
138
VII. Der Kampf gegen die Aufstandsbewegungen in Sudosteuropa
Gesprache jedoch am 2. 2. wieder eingestellt. Damit war der Faden zu Mi=
hajlovic vorerst (fiir 1942) abgerissen. Im Laufe der folgenden Monate ver=
loren die Tschetniks immer mehr an Anhang, die Organisation selbst an Zu=
sammenhalt. Die westlichen Teile traten unter den Schutz der 2. italienischen
Armee und wurden von dieser ab Mitte 1942 als Hilfskrafte gegen die Par*
tisanen Titos verwandt (s. oben S. 23 f.).
2. Der Kampf gegen die kommunistisdien Partisanen Titos
Die deutsche Hauptsorge im jugoslawischen Raum wurde seit Friihjahr 1942
die Partis anenbewegung Titos. Man hoffte, sie durch eine Kette von Einzel=
unternehmen und eine grofie konzentrisch gefiihrte Operation gegen das Zen=
trum in Nordmontenegro niederzuschlagen. Nachdem die Petrova Gora sud=
lich Karlovac — im wesentlichen durch kroatische Krafte — „gesaubert'' war
(Marz 1942), verabredeten die in Kroatien befehlsfiihrenden deutschen, ita=
lienischen und kroatischen Kommandostellen in Abazzia fiir Anfang April
eine Offensive gegen Titos Hauptkrafte im Raum um Foca. Wahrend die
deutschen und kroatischen Krafte unter dem „Kdr. General und Befehlshaber
Serbien"', Gen. d. Artl. Bader, nach Bereitstellung im Raum nordlich Foca Mitte
April, wenn auch mit Verspatung, ihren Vorstofi begannen, riickten die Ita=
liener von Westen nur zogernd vor und erreichten nicht einmal die eigentliche
Ausgangsposition. Tito konnte seine Partisanen nach Siiden und Siidwesten
zuriickziehen. Ende April wurde die deutsch=kroatische Operation^ resultatlos
abgebrochen. Foca selbst blieb nur kurze Zeit besetzt, dann zogen sich die
deutsch=kroatischen Krafte Mitte Mai wieder auf ihre Ausgangspositionen
zuriick. Tito konnte im Mai und Juni die Aufstellung seiner 5 „Proletarier''=
Brigaden ungestort beenden und gewann damit 12—13 ^^^ Mann operativer
Truppen. Sie sicherten ihm zugleich die Uberlegenheit gegeniiber den weniger
beweglichen Tschetniks. Mit diesen Verbanden begann Tito am 24. 6. eine
Offensive, die ihn iiber 120 km bis nach Westbosnien fiihrte. Am 8. 7. fiel
Konjic, am 24. 8. Mrkonjic Grad, am 25. 9. Jajce imd am 5. 11. Bihac in seine
Hand. Er gewann damit einen gro6en Raum, in dem er Ende 1942 nach jugo=
slawisch=kommunistischen Quellen 9 Divisionen, 36 selbstandige Brigaden
und weitere Einheiten in einer Gesamtstarke von 150 000 Kampf ern auf gestellt
hatte. Mag diese Zahl auch iibertrieben sein, so waren die Partisanen Titos
doch Ende 1942 zu einem operativen Problem fiir die deutsche Oberste Wehr=
machtflihrung geworden®, das sie in einer neuen Offensive mit starkeren
Kraften (Unternehmen „Weili'') losen woUte. Gleichzeitig meldete Tito mit
dem am 26. 11. 1942 in Bihac geschaffenen „Antifaschistischen Rat der Na=
5 Die sog. 3. Offensive in jugoslawisdi=kommunistischer Zahlung.
6 Vgl. Bd.III des KTB/OKW (WFStab), S.63ff. betr. das seit 22.12.1942 vor=
bereitete, ab 15. 1. 1943 durdigefiihrte deutsch=italienische Unternehmen „Wei6"
(= sog. 4. Offensive in jugoslawisch=kommunistischer Zahlung).
139
A. Einfiihrung
tionalen Befreiung Jugoslawiens"' (AVNOJ) einen politischen Fuhrungsan=
spruch in Jugoslawien an.
Neben den Versuchen, die Hauptmacht der Partisanen im April zu zerschla=
gen, stand wahrend des Sommers und Herbstes eine ganze Reihe kleinerer
Untemehmen gegen Partisanengruppen auf kroatischem Boden. Serbien blieb
hingegen 1942 ruhig. Aus den Unternehmen heben sich heraus: die Einnahme
von Prijedor am 10. 6. 1942 durch die 714. Inf.Div. (in dieser Stadt batten die
Partisanen seit dem 16. 5. ein Scbreckensregiment gefiihrt); das erste grofiere
gemeinsame deutscb=kroatische Unternehmen gegen Kozara Ende Juni/An=
fang Juli, an dem die 714. Inf.Div. sowie 3 kroatische Geb.Brigaden, 1 Usta=
scha=Btl. sowie Teile der aus Serbien herangeholten 720. Inf.Div. beteiligt
waren; Kampfe zunachst gegen Tschetniks, dann Partisanen im Becken von
Gospic und im Lika=Gebirge sowie siidlich der Sawe im Raum von Karlovac
(ab Ende Juni).
Auf Antrag Pavelics bei Hitler wahrend seines Besuches im FHQu am 23. 9.
1942 (s. oben S. 33 ff.) wurde ein besonderer, vom „Kdr. General und Befehls=
haber Serbien" unabhangiger „Befehlshaber der deutschen Truppen in Kroa=
tien" (Generalleutnant Liiters) eingesetzt, dem auEer den deutschen Kraften
in Kroatien auch samtliche kroatischen Domobranen= und Ustascha=Einheiten in
der deutschen Besatzungszone unterstellt wurden, nachdem bereits seit Januar
1942 die kroatischen Verbande in operativer Hinsicht von Fall zu Fall bei den
verschiedenen Unternehmungen den befehlsfiihrenden deutschen Komman=
deuren zugewiesen worden waren. Seit dieser Neuregelung^^ unterstanden nun=
mehr sowohl der „Befehlshaber der deutschen Truppen in Kroatien"' als auch
der „Kdr. General und Befehlshaber in Serbien'' gleichberechtigt dem „Wehr=
machtbefehlshaber Siidost" (W.B. Siidost) (H.Qu. in Saloniki), bis 31. 7. 1942
General d. Pi. Kuntze, ab 1. 8. 1942 Generaloberst Lohr, dessen Dienststelle
am 1. 1. 1943 in OB Siidost (H.Gr. E) umbenannt wurde.
3. Die Wlderstandsgruppen in Griedienland
Im Gegensatz zu Jugoslawien war Griechenland nach der Niederlage und
Besetzung vom April/Mai 1941 als einheithcher Staat mit eigener, von den
Besatzungsmachten eingesetzter Regierung erhalten geblieben; doch war das
Land — abgesehen von den von Bulgarien besetzten und annektierten Teilen
Thraziens — in einen grolien italienischen und einen auf bestimmte strategisch
bedeutsame Platze beschrankten deutschen Besatzungsraum geteilt. Unter dem
sowohl fiir die deutschbesetzten Teile Jugoslawiens als auch Griechenlands
operativ verantwortHchen, dem OKW unterstellten W.B. Siidost waren der
„Befehlshaber Saloniki=Agais" (General v. Krenzki) fiir die nordlichen
deutschbesetzten Landesteile, der „Befehlshaber Siidgriechenland" (General d. FI.
6a Befehlsiibernahme am 15. 11. 1942. : -'j;^ .
140
VII. Der Kampf gegen die Aufstandsbewegungen in Sudosteuropa
Felmy, ab September 1942 Generalleutnant Wilhelm Speidel) fiir Athen=
Piraus und die deutschbesetzten Inseln in der Agais eingesetzt. Eine Sonder=
stellung nahm Kreta ein, das — in territorialer Hinsicht gegeniiber dem W.B.
Siidost selbstandig — einem eigenen „Kommandanten der Festung Kreta"
(General Andrae, ab August General Brauer) unterstand.
Griechische Widerstandsbewegungen spielten erst ab Spatsommer eine —
militarisch zunachst kaum in Erscheinung tretende — RoUe^. Die verschiedenen
politischen Gruppen wurden erst durch britische Offiziere ab Oktober 1942 als
GueriIla=Truppen fiir den Kampf gegen die Besatzungsmachte formiert. Ihre
erste bedeutende Aktion stand im Zusammenhang mit der Offensive der
8. britischen Armee an der El=Alamein= Front ab 23. 10. 1942. Sie sollte mit
der Zerstorung der Gorgopotamos=Eisenbahnbrucke (25. 11.) auf der wich=
tigen Nord=Sud=Strecke Saloniki— Athen den deutschen Nachschub nach Nord=
afrika treffen, von dem die Briten irrtiimlich annahmen, dafi er damals noch
zu 80^/0 iiber Griechenland lief. (Dabei war zu diesem Zeitpunkt die Armee
Rommel schon bis zur Marada— Marsa=el=Brega— Linie zuriickgewichen.) Dies
blieb die einzige Aktion, bei der die sich in den folgenden Jahren erbittert
bekampfenden EDES= und ELAS=Verbande unter dem Kommando des Ge=
nerals Zervas zusammen operierten.
Die Gefahr, die von den griechischen Widerstandsgruppen 1942 ausging,
lag also weniger in einer unmittelbaren militarischen Auswirkung als in der
latenten Bedrohung, die diese Krafte in den einer Finanz=, Wirtschafts= und
Hungerkatastrophe mit uniibersehbaren Folgen zutreibenden Verhaltnissen im
ganzen Lande darstellten. Erst die Entsendung des Gesandten Neubacher als
„Sonderbeauftragter des Reiches fiir wirtschaftliche und finanzielle Fragen in
Griechenland'' am 16. 10. 1942 ^ der zusammen mit dem italienischen Bank=
fachmann d'Argostino eine Reihe von Sanierungsmafinahmen ergriff, fiihrte
zusammen mit einer Hilfsaktion des„InternationalenRotenKreuzes''®^ zu einer
Besserung der Lage und bewahrte das Land vor einem Absinken ins Chaos.
Auch die Neubildung der griechischen Regierung unter Professor Logotheto=
poulis nach dem Rucktritt des Ministerprasidenten General Tsolakoglu, der
seit der Kapitulation Griechenlands amtiert hatte, wirkte sich giinstig aus.
Die Befugnisse der Regierung blieben jedoch neben denen des Bevollmachtigten
des Reiches fur Griechenland, des Gesandten Altenburg, und des italienischen
Bevollmachtigten gering.
Lag bis zum November 1942 eine Bedrohung fiir die Herrschaft der „ Achsen=
machte'' iiber den Siidosten Europas ausschliefilich in den Gefahren aus dem
7 Vgl, hierzu C. M. Woodhouse, Zur Geschichte der Resistance in Griechenland,
in: Vierteljahrshefte fiir Zeitgeschichte 6 (1958), S. i44ff.
8 Einzelheiten bei Hermann Neubacher, Sonderauftrag Siidost 1940—1945. Bericht
eines fliegenden Diplomaten. Gottingen (Musterschmidt=Verlag) 1956, S. 72 ff.
8a Vgl. hierzu Conrad Roediger, Die intemationale Hilfsaktion fiir die Bevolkerung
Griechenlands im Zweiten Weltkrieg, in: Vierteljahrshefte fiir Zeitgeschichte 11
(1963), s. 49-71.
141
A. Einfiihrung
Innern der Lander Jugoslawien und — in begrenzterem Mafie — Griechenland,
so riickte seit dem endgiiltigen Umschwung der militarischen Situation im
Mittelmeerraum im Herbst 1942 die Bedrohung von aufien, die Moglichkeit
einer alliierten Invasion, in den Vordergrund der Sorgen auf deutscher Seite.
Nachdem Hitler bereits in den OKW=Weisungen vom 14. 9. und 13. 10. 1942
(s. oben S. 109) Verstarkungen fiir Kreta und eine Vereinheitlichung der Be=
fehlsfiihrung hinsichtlich der Verteidigung der Kiisten (einschliefilich der Agais
und Kretas) unter dem OB Siid angeordnet hatte, gab er mit der „Fiihrer=
Weisung" Nr. 47 vom 28. 11. 1942^ eine Neufassung der Befehlsbefugnisse
zwecks Erweiterung und Vereinheitlichung der Verteidigungsvorbereitungen
fiir den gesamten Siidostraum, nun unter dem W.B. Siidost (OB Siidost), her=
aus, „da die Lage im Mittelmeerraum ... in absehbarer Zeit einen Angriff
auf Kreta, die deutschen und italienischen Stiitzpunkte in der Agais und die
Balkanhalbinsel moglich'' mache. Dabei miisse „damit gerechnet werden, dafi
dieser Angriff durch Aufstandsbewegungen in den westlichen Balkanlandern
unterstiitzt wird'':
„Auf Grund dieser Lage und der Entwicklung in Nordafrika iibertrage ich die
Verteidigung des Siidostraums einschliefilich der ihm vorgelagerten Inseln dem
Wehrmachtbefehlshaber Siidost, der mir als ,OB Siidost' (H.Gr. E) unmittelbar
unterstellt ist. . .
Die Heereskrafte der Verbiindeten werden, soweit erforderlidi, erst im Falle
eines feindlichen Angriffs dem OB Siidost taktisdi unmittelbar unterstellt werden. . .
Fiir die Vorbereitung eines solchen Abwehrkampfes fallen dem OB Siidost fol=
gende Aufgaben zu:
1. Vorbereitung der Verteidigung an den Kiisten mit Sdiwerpunkten im Dode=
kanes, Kreta und Peloponnes, die festungsmafiig auszubauen sind (Ausnahme My=
tilene und Chios).
2. Endgiiltige Befriedung des Hinterlandes und Vernichtung der Aufstandischen
und Banden aller Art in Verbindung mit der italienischen 2. Armee^.
3. Vorbereitungen aller Mafinahmen, die im Falle eines feindlichen Angriffs mit
Hilfe oder Billigung der Turkei gegen den Balkan erforderlich werden, im Einver=
nehmen mit dem bulgarisdien Oberkommando. . ."
Mit dieser Weisung war eine einheitliche Fiihrung der Verteidigung des
Siidostens, soweit es sich um deutsche Krafte handelte, sichergestellt. Offen
blieb die Frage, ob die geforderte Zusammenarbeit mit den Verbiindeten noch
zu erreichen war. Schon die Eingliederung der drei italienischen Armeen (2.,
9. und 11. Armee) liefi grofite Schwierigkeiten erwarten. Ob eine Verstandi=
gung mit Bulgarien angesichts der inneren Schwache des Landes imd der
wendigen Politik des Zaren Boris IIL im Emstfalle moglich war, mufite die
Zukunft zeigen. Entscheidend schien jedoch die Frage, ob es moglich sein
wiirde, die verschiedenen Aufstandsbewegungen im jugoslawischen Raum
9 Hubatsdi, a. a. O., S. 209ff. mi ,s'*i
1 Vom Verf. hervorgehoben.
142
VIII. Der Seekrieg
niederzuwerfen, ehe die Bedrohung Siidosteuropas von aufien akut wurde.
Dabei mufite sich zugleich zeigen, ob es nach den Erfahrungen von 1942 noch
moglich war, mit den Italienern auf diesem Kriegsschauplatz zu einer gemein=
samen Operationsfiihrung zu kommen. Die Notwendigkeit einer neuen ent=
scheidungsuchenden Unternehmung gegen die beiden Aufstandsbewegungen
in Jugoslawien zwang die italienische FUhrung zu einem militarischen und
politischen „Offenbarungseid''.
VIII. Der Seekrieg
1. Die „SdiIadit im Atlantik" (U-Boot-Kriegfuhning)
So entscheidend sich der Kriegseintritt der USA (7./11. 12. 1941) im grofien
strategischen Rahmen — vor allem auf die Dauer gesehen — zuungunsten
Deutschlands und seiner Verbiindeten auswirken mufite, von der deutschen
Seekriegsleitung und vom Befehlshaber der U=Boote (B.d.U.) wurde er zu=
nachst in operativer Hinsicht geradezu als Erleichterung fiir die eigene Krieg=
fiihrung, vor allem den U=Boot=Krieg, angesehen. Denn Hitler hatte audi dann
noch, zuletzt in der Besprechung mit dem Ob.d.M. am 17. 9. 1941, an seinem
Befehl festgehalten, dali jeder zum offenen Krieg fuhrende Zwischenfall mit
den USA unbedingt vermieden werden miisse, als mit Roosevelts „Schiefi=
befehl" (11. 9. 1941) die amerikanische Neutralitat endgUltig hinfallig wurde.
Bei einer Fortfiihrung des U=Boot=Krieges gegen die britischen Zufahrtswege
im Atlantik waren solche Zwischenfalle unvermeidlich. Daher bedeutete der
einschrankende Befehl Hitlers praktisch, dafi der U=Boot=Krieg im Atlantik
seit Oktober 1941 zum Erliegen kam (Versenkungen im gesamten Atlantik
im Oktober 1941 4, im November 2, im Dezember 1 Schiff).
Da Hitler durch den japanischen Angriff gegen Pearl Harbor selbst iiber=
rascht war^ unterblieben auch vorbereitende Mafinahmen fiir den Fall eines
doch eintretenden offenen Krieges mit den USA, so dafi iiberraschende Schlage
— im Stile von Hitlers sonstigen Kriegseroffnungen — in diesem Falle aus=
blieben. Erst am 9. 12. hob Hitler alle Einschrankungen fiir den U=Boot=Krieg
auf. So dauerte es Wochen, bis die verfiigbaren U=Boote in ihre neuen Ein=
satzraume an der amerikanischen Ostkiiste gelangen konnten. :rA
Am 1. 1. 1942 betrug die Gesamtzahl der deutschen Front=U=Boote — gegen=
iiber den vom B.d.U., Admiral Donitz, fiir einen durchschlagenden Erfolg fiir
notwendig gehaltenen 300 Booten — nur 91. Von diesen waren 23 („der lei=
stungsfahigste Teil der U=Bootwaffe") im Mittelmeer, 3 weitere soUten ihnen
auf Befehl der Ski. noch folgen; 6 waren westlich Gibraltar und 4 Boote in
norwegischen Gewassern aufgestellt. Von den fiir den Tonnagekrieg verblei=
benden ^^ Booten befanden sich 60 ®/o in den Hafen zur Reparatur. Ledighch
22 Boote waren im Atlantik in See, davon etwa die Halfte auf Hin= und Riick=
marsch. „Nur 10 bis 12 U=Boote gleichzeitig oder rund 12 Vo der vorhandenen
143
A. Einfiihrung
Front=U=Boote standen also zu Beginn des Jahres 1942, nach 2V4 Jahren Krieg,
fiir . . . den Tonnagekrieg zur Verfiigung^/'
Fiir den ersten Einsatz an der amerikanischen Ostkiiste (Unternehmen
„Paukenschlag") waren zunachst nur 5 U=Boote verfiigbar, die ab 13. 1. 1942
den noch unter Friedensbedingungen laufenden Schiffsverkehr an der ameri=
kanischen Kiiste angreifen und grofie Versenkungserfolge erzielen konnten.
Die Gesamtversenkungsziffern der U=Boote stiegen daher von 102 000 BRT
im Dezember 1941 ruckartig auf 276 000 BRT im Januar, auf 412 000 BRT im
Februar und 446 000 BRT im Marz 1942 an.
Entgegen dem Bestreben des B.d.U., moglichst alle verfiigbaren Front=Boote
im Tonnagekrieg im Westatlantik einzusetzen, verfiigte Hitler im Zusammen=
hang mit seinen Befiirchtungen hinsichtlich einer britischen Landung in Nor=
wegen im Januar/Februar (s. oben S. 123 f .) die Verlegung von insgesamt 20
Booten in die norwegischen Gewasser. Zusammen mit den im Mittelmeer
operierenden U=Booten waren Ende Marz von den vorhandenen 115 Front=
booten 39 (d. h. etwa ein Drittel) dem Tonnagekrieg im Atlantik entzogen.
Nach Abklingen der grofiten Befiirchtungen Hitlers hinsichtlich Norwegens
wurde die Aufgabe der im norwegischen Raum bereitgestellten U=Boote am
12. 3. 1942 von „Sicherung Norwegens'' in „Unterbindung der feindlichen
Zufuhren nach Murmansk und Archangelsk" abgeandert.
Neu an die Front kamen in den Monaten Januar bis Marz 1942 monatlich
durchschnittlich 13, von April bis Juni durchschnittlich 10 Boote (statt der vom
B.d.U. erwarteten 20). Von diesen 69 Booten wurden 26 in den norwegischen
Raum abgestellt, 2 ins Mittelmeer entsandt. Im Atlantik waren im gleichen
Zeitraum 12 U=Boote verloren gegangen. Die absolute Zunahme fiir den
Hauptkriegsschauplatz der U=Boote im Atlantik betrug demnach 29 Boote.
Die Erfolgschancen fiir den deutschen U=Boot=Krieg an der amerikanischen
Ostkiiste hielten unerwartet lange an, da die amerikanische Abwehr langer
als vermutet brauchte, bis sie sich auf die Kriegsverhaltnisse einstellte. Erst
Ende April gingen die Amerikaner dazu iiber, den Schiffsverkehr an der Kiiste
in Konvois zusammenzufassen. Daher mufite sich der B.d.U. am 23. 5. 1942
entschliefien, die U=Boote aus dem immittelbaren Kiistenvorfeld zuriick=
zunehmen. Das Absinken der Versenkungszahlen an der amerikanischen Ost=
kiiste im Mai und Juni wurde aber durch besonders groiie Erfolge in der Kari=
bischen See, im Golf von Mexiko und im Gebiet der Antillen ausgeglichen.
Erst im Juli wurde das Konvoi=System auch in diese Raume ausgedehnt.
Damit hatte die — gemessen an den absoluten Versenkungsziffern erfolgreich=
1 Hierfiir und fiir den ganzen Abschnitt grundlegend: Jiirgen Rohwer, Der U=Boot=
krieg und sein Zusammenbruch 1943, in: Entscheidungsschlachten des Zweiten
Weltkrieges, a. a. O., 5. 327ff.; Karl Donitz, 10 Jahre und zwanzig Tage, Bonn
(Athenaum=Verlag) 1958, S. igaff.; die Versenkungsangaben nach dem neuesten
Stand der Forschung in: Jiirgen Rohwer, U=Boote. Eine Chronik in Bildern,
Oldenburg/Hamburg (Gerhard Stalling Verlag) 1962, S. 93 ff. Zitat aus Donitz,
a. a. O., S. 197. ..J. - .. -„..„ -._-
144
VIII. Der Seekrieg
ste — Zeit des U=Boot=Krieges (4. Phase der „Schlacht im Atlantik'') ein Ende
gefunden. Die im ersten Halbjahri942 eingetretenen Schiff sraumverluste waren
riesig: neben den deutschen U=Boot=Erfolgen im Westatlantik (iiber 2 Mil=
lionen BRT) miissen die Ausfalle bei der Besetzung Siidostasiens durch Japan
(445 000 BRT), durch japanische Handelskriegsunternehmen (519 000 BRT),
durch deutsche Handelsstorer (139 000 BRT), durch den Seekrieg im Mittel=
meer (115000 BRT), durch deutsche See= und Luftangriffe auf die aUiierten
Murmansk/ Archangelsk=Geleitzuge (307 000 BRT) und durch den Minenkrieg
in den englischen Kiistengewassern (185 000 BRT) hinzugerechnet werden. Die
Verluste liefien fiir die AUiierten die Schiff sraumf rage zum „ Problem Nr. 1''
werden, das ihren strategischen Zielsetzungen im Jahre 1942 trotz aller sonst
bestehenden Moghchkeiten deutliche Grenzen setzte.
Am 14. 5. 1942 hielt der B.d.U. in Gegenwart des Ob.d.M. Hitler Vortrag
liber den U=Boot=Krieg. Hierbei fiihrte Admiral Donitz aus^:
„U=Boot=Krieg ist Kampf gegen die feindliche Handelstonnage. Amerikanisdie
und englisdie Tonnage wird einheitlich gesteuert, ist also als ein Ganzes anzusehen.
Es ist also richtig, dort zu versenken, wo moglichst viel und billig, d. h. mit ge=
ringen Verlusten, versenkt werden kann. Nicht etwa das Bestreben haben, in einem
bestimmten Seegebiet zu versenken bei Inkaufnahme von geringerer Versenkungs=
hohe. Dieser Satz gilt, falls nicht gleichzeitig hierbei andere militarische Ziele eine
Rolle spielen, wie z. B. Entlastung des Heeres bei Bekampfung der Murmansk=
Geleitziige. Bei der Entscheidung eines entsprechenden U=Boot=Einsatzes darf jedoch
die Frage des okonomischen Einsatzes der Boote ebenfalls nicht aus dem Auge
gelassen werden. . .
Ich halte das Wettrennen zwischen dem feindlichen Schiffsneubau und den
U=Bootsversenkungen in keinerWeise fur hojfnungslos^. Das amerikanische Schiff s=
neubauprogramm fiir die Zeit von Herbst 1939 bis Ende 1943 umfa6t 2239 Schiffe
mit 16,8 Mill. BRT. Davon sind bis zum 31.12.1941 fertiggestellt: 191 Schiffe mit
etwa 1,5 Mill. BRT. Hiernach mufi der Amerikaner zur Erfiillung seines Baupro=
gramms in den Jahren 1942/43 noch fertigstellen: 2098 Schiffe mit etwa 13,3 Mill.
BRT. Rechnet man, dafi er hiervon 1942 6,5 Mill. BRT und 1943 S,j Mill. BRT
bauen kann, und zahlt man hierzu das Bauvermogen Englands und des Imperiums,
das jahrlidi 1,6 Mill. BRT betragt, hinzu, so kommt man fiir das Jahr 1942 auf
etwa 8,2 Mill. BRT, im Jahre 1943 auf etwa 10,4 Mill. BRT, die die Feindmachte
bauen konnten. Das wiirde heifien, dafi wir im Jahre 1942 monatlich etwa 700 000
BRT versenken miissen, um den Neubau auszugleichen, und alles, was dariiber isl,
erst Abnahme der Feindtonnage bedeutet. Diese 700 000 Tonnen versenken wir
aber bereits jetzt, wir, d. h. Deutschland, Italien und Japan, U=Boote, Luftwaffe,
Uberseeschiffe, Minen. Es findet also unter alien Umstanden bereits jetzt eine ab=
solute Abnahme der feindlichen Tonnage statt. Diese genannten Bauzahlen sind
aufierdem die Hochstzahlen, die von der feindlichen Propaganda als Ziel ihrer
Bauabsicht je genannt worden sind. Unsere Fachleute zweifeln, ob sie erreicht wer»
den konnen, und rechnen fiir das Jahr 1942 nur mit der Baumoglidikeit der Feind=
machte mit etwa 5 Mill. BRT; dann ist lediglich die Versenkung von 4—500 000 Ton=
2 Befehlshaber der Unterseeboote Nr. 289/42 Adj. g.Kdos. Chefs. Vortrag des B.d.U.
vor Hitler am 14.5.1942 (in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
3 Vom Verf. hervorgehoben.
145
A. Einfuhrung
nen im Monat erforderlich, um auf Null zu kommen. Alles andere zehrt bereits
von der Tonnage.
Der B.d.U. selbst rechnet sicherheitshalber mit der hochsten Zahl der feindlichen
Baukapazitat und kann daher nur immer wieder betonen, dafi es darauf ankommt,
moglichst bald zu versenken, moglichst bald mit moglichst vielen U=Booten, die
sich tatsachlich in See, in der Operation befinden, den Gegner zu schadigen. Was
heute versenkt wird, ist wirkungsvoller, als was erst etwa im Jahre 1943 versenkt
wird. . /'
Wahrend Donitz fiir 1942 einen alliierten Gesamtschiffsneubau von 8,09
Mill. BRT fiir moglich gehalten hatte, schatzte die Ski. diese Hohe auf 7 Mill.
BRT. (Tatsachlich erreicht wurden von den Alliierten 7,09 Mill. BRT.) Die
tatsachlichen alliierten Gesamtverluste 1942 betrugen 7, 'jo6 Mill. BRT, davon
durch U=Boote 6,25 Mill. BRT. Das von Donitz gesteckte Ziel konnte also fiir
1942 als erreicht angesehen werden, doch war sein Hinweis auf 1943 in dem
Vortrag vor Hitler bereits ein Zeichen dafiir, dafi ihm die Erreichung des glei=
chen Ziels im folgenden Jahr bei dem erhohten Schiffsneubau der Alliierten
(von ihm fiir moglich gehalten: 10,3 Mill. BRT, tatsachlich erreicht 14,39 Mill.
BRT) nicht mehr so sicher erschien.
Indessen gab das Ansteigen der U=Boot=Erfolge in der im August 1942
beginnenden 5. Phase der „Schlacht im Atlantik'*'' vorerst zu noch grofieren
Hoffnungen und Erwartungen Anlafi, zumal die Zahl der an die Front gehen=
den U=Boote von Juli bis September monathch 30 Boote betrug. „Dieser Zu=
wachs erlaubte es der U=Bootfuhrung, mit zwei U=Bootgruppen den Geleit=
zugkampf gegen die Amerika=England=Geleitziige aufzunehmen und gleich=
zeitig andere U=Boote je nach Lage und in iiberraschendem Wechsel in loh=
nende entferntere Operationsgebiete zu entsenden^.'' Am 19. 7. hatte Donitz
den Schwerpunkt der U=Bootkriegfiihrung wieder auf die nordatlantischen
Geleitzugrouten verlegt.
Im August 1942 erreichten die Versenkungen die Gesamthohe von 518 000
BRT. Im September wurden von deutschen U=Booten 473 000 BRT versenkt,
im Oktober ^2>^ 000 BRT und im November — die monatliche Hochstzahl des
ganzen Krieges — 743 000 BRT. Die Masse der Erfolge wurde dabei in den
grofien Geleitzugsschlachten im Atlantik erzielt.
In dieser Atmosphare der grolien Hoffnungen und Erwartungen kam es
zu der — trotz realistischen Einschlagen — im ganzen zu optimistischen Lage=
betrachtung der Ski. vom 20. 10. iiber den „Stand und die Aussichten des
U=Boot=Krieges^'' als Anhang einer umfangreichen allgemeinen strategischen
Lagebetrachtung der Ski. Zur Feindlage hieli es dabei:
„Der Feind ist z. Z. damit beschaftigt, seinen Seeverkehr, auf dessen Aufrecht=
erhaltung er zur Fortsetzung des Krieges angewiesen und der die Voraussetzung
4 Hieriiber besonders Rohwer, a. a. O., S. 346 ff.
5 Donitz, a. a. O., S. 255.
6 Gedruckt bei Jacobsen, a. a. O., S. 341—50.
146
VIII. Der Seekrieg
fiir jedes offensive Vorgehen gegen die Dreierpaktmachte ist, nach den inzwischen
gewonnenen Erfahrungen zu sichem. . .
Es entspricht englischem traditionellen, in Fragen der Seekriegsfiihrung geschul=
ten und erprobten Denken und Verfahren, neben . . . defensiven Mafinahmen die
Gefahr fur die Seeverbindungen auch offensiv an der Wurzel (,in the crigon') zu
bekampfen (Kopenhagen ', Tarent^ Mers el Kebir*, Dakar ^ . . .)." Nach Aufzahlung
verschiedener britischer Mafinahmen wird darauf hingewiesen, dafi „damit gerech=
net werden (musse), dafi versucht wird, die U=Boot=Stutzpunkte am Atlantik durch
eine Invasion im Rahmen der Errichtung einer Zweiten Front in Westeuropa oder
einer Teilaktion auszuschalten".
„Der dem Feind verfiigbare Schiffsraum hat sich bisher laufend verringert. Trotz
vermehrter Schiffsneubauten besitzen die Gegnermachte am i. g. 1942 nur noch rd.
30 Mill. BRT an Schiffen iiber 1000 BRT. . ." Nach Abzug der fiir den Kiistenverkehr
und rein militarische Zwecke benotigten Schiffe ergebe sich, dafi „den Feindmachten
fiir die wirtschaftlichen und militarischen Transportaufgaben im englischen Welt=
reich und den amerikanischen Landern einschliefilich Mittel= und Siidamerika am
1. 9. 1942 noch insgesamt 22 Millionen BRT zur Verfiigung" stiinden.
1943 miisse „mit einer monatlichen Neubaufertigung von rd. 900 000 BRT ge=
rechnet werden, Diese Zahlen bilden das Ergebnis einer gewissenhaften Priifung
der dem Gegner theoretisch verfiigbaren Baukapazitat. Ob sie praktisch erreicht
werden, ist ungewii3. . . Trotzdem sollte vorausgesetzt werden, dafi der Feind die
Schwierigkeiten iiberwinden und seine Planung im wesentlichen ausfiihren kann,
solange sich das Gegenteil nicht stichhaltig beweisen lafit." Fiir die eigene Lage
ergebe sich daraus und aus den Erfahrungen des bisherigen Kriegsverlaufs die
Folgerung, „dafi kein Zweifel dariiber bestiinde, dafi das Anpacken der verwund=
barsten Stelle der feindlichen Kriegfiihrung, der Seewege, durch an Zahl und
Kampfkraft gleichwertige Uberwasserstreitkrafte binnen kurzer Zeit die Lage fiir
England kritisch gestaltet hatte. . . Wenn zeitlich anschliefiend an den Verlust der
,Bismarck'ia die Tatigkeit der Flottenstreitkrafte im Handelskrieg infolge ihrer
zahlenmafiigen Schwache und der Abwehrmafinahmen des Gegners zuriickging, so
mufite als Ausgleich der U=Boot=Krieg als nunmehriges Hauptmittel der Seekrieg=
fiihrung immer mehr in den Vordergrund treten.
Die Verlegung des materiellen und personellen Schwerpunktes der Marine=
riistung auf die Bereitstellung von U=Booten bringt dabei zwangslaufig mit sich,
da6 das Obergewicht der feindlichen Uberwasserstreitkrafte steigt. Die bisher er=
zielten Ergebnisse des Handelskrieges beweisen andererseits, dafi das Verfahren
der Vernichtung der Handelsschiffe richtig war. Wie bereits ausgefiihrt, darf sich
das U=Boot nur in bestimmten Sonderfallen die feindlichen Seestreitkrafte zum
Ziel nehmen; sein immer wieder zu suchendes Hauptziel ist, mit den iibrigen See=
kriegsmitteln zusammen, soweit die Lage deren Einsatz zulafit, die Schwache des
Feindes zu treffen."
7 Beschiefiung Kopenhagens und erzwungene Auslieferung der danischen Flotte
an Grolibritannien 1807.
8 Angriff britischer Tragerflugzeuge auf die italienische Flotte in Tarent am 11./
12. 11. 1940, bei dem drei italienische Schlachtschiffe fiir mehrere Monate aufier
Gefecht gesetzt wurden,
9 Oberfall der britischen Gibraltarflotte auf Telle der abgeriisteten franzosischen
Mittelmeerflotte im Hafen von Mers el Kebir bei Oran am 3. 7. 1940.
1 Angriff britischer Seestreitkrafte gegen den Hafen von Dakar und das dort
liegende franzosische Schlachtschiff „Richelieu" am 23.-25. 9. 1940.
la Am 27. 5. 1941.
147
A. Einfiihrung
Ziir gegenwartigen U=Boots=Lage wurden f olgende Zahlenangaben gemacht :
„Am 30. 9. 1942 sind vorhanden: 199 Frontboote, 112 Erprobung und Aus=
bildung, ^6 Schulen = 367 U=Boote. Bisherige Verluste seit Kriegsbeginn bis
1.9.1942: 105 Boote, d. h. monatlicher Durchschnitt an verlorenen Booten:
2,9. Monatliche Verhaltniszahl der Verluste zur Zahl der eingesetzten Boote:
4,9 «/o . . .
Die augenblicklichen Operationsgebiete sind:
Operationsgebiete:
Eingesetzt auf Operation
Nordmeer
rund 10
Nordatlantik
„ 30
Amerika=Kiiste
5
Westindien/Karibisches Meer
5
Mittelatlantik/Westafrika
// 10
Siidatlantik/Siidafrika
5
Mittelmeer
5
Insgesamt z. Z. laufend in den Operationsgebieten 70 Boote, zusatzlich auf
An= und Riickmarsch ca. 45 Boote.''
Zur „Fiihrung des U=Boot=Krieges'' wird festgestellt, dafi „dieser gegen=
wartig fast ausschliefilich als ,Tonnagekrieg' gefiihrt (werde) nach dem Grund=
satz ,Versenken, einerlei wo und ob beladen oder unbeladen^\
Mit dieser Art der Kriegfiihrung sind seit Kriegsbeginn, besonders aber
im Jahre 1942, grofie Erfolge errungen worden. Die von den Dreierpaktmach=
ten gemeinsam 1942 erzielten Versenkungen iiberstiegen die gegnerischen Ge=
samtneubauten monatlich im Durchschnitt um 400 000 BRT (Tonnage=
schwund). . .
An den deutschen Erfolgen in diesem Zeitabschnitt haben die einzelnen
Kampfmittel folgenden Anteil:
U=Boote yS ^/o, Luftwaffe 14 ^/o, Uberwasserstreitkrafte 5 ^/o, Minen 3 ^/o.
Das U=Boot ist demnach 1942 in steigendem Mafie der Haupttrager des Han=
delskrieges gewesen. Dies wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft so
sein. . .
Eine Gegeniiberstellung der Neubauziffern und Versenkungen fiir den Mo=
nat September 1942 zeigt, dafi der Feind im Begriff ist, mit den Neubauziffern
die Versenkungsziffern zu erreichen bzw. zum mindesten den bisherigen Ton=
nageschwund herabzumindern.'' Insgesamt 872 127 BRT versenkten Schiffs=
raums stunden Neubauten von 850 000 BRT gegeniiber.
„Diese Entwidclung zeigt, dafi tatsachlich eine gewisse Grundlage fiir die Hoff=
nung unserer Gegner auf Besserung der Schiffsraumlage gegeben ist, wenn das
2 Im Original unterstrichen.
148
VIII. Der Seekrieg
Bautempo gesteigert oder — bei geringeren Versenkungen — auf dieser Hohe
gehalten werden kann.
Fiir uns kommt es also darauf an, den feindlichen Plan, durch seine Mafinahmen
der U=Bootsbekampfung und des Schiff sneubaues die Bewegungs= und Versenkungs«
freiheit wiederzugewinnen, zunichte zu machen. Dieses Ziel kann dadurch erreicht
werden, dafi die Gesamtversenkungen so hoch wie irgend moglidh gehalten werden,
damit der Handelskrieg seine bisherige ausschlaggebende Bedeutung erhalt.
Der hohe Anteil der U=Boote an seinen Erfolgen mu6 dazu fiihren, da6 alle
Mafinahmen, die der Forderung des U=Boot=Krieges dienen, mit hochstem Nach=
druck weiterbetrieben werden und den unbedingten Vorrang bekommen vor Ma6«
nahmen von weniger entscheidender Bedeutung. . ."
Die Zusammenfassung lautet: „Die Offensive gegen die angelsachsischen Gegner
ist z. Z. nur durch den Seekrieg moglich. Das scharfste Schwert der Seekriegs=
fiihrung Deutschlands ist das U=Boot.
Alle MaCnahmen, die dieses Schwert scharf erhalten, sind vordringlich; ihre
Vernachlassigung beeintrachtigt die Wirkung unseres besten Kriegsmaterials.
Noch kein geschichtlicher Krieg ist durch Einsatz eines Kriegsmittels gewonnen
worden. Es ist vielmehr notwendig, alle Kriegsmittel gegen die verwundbare Stelle
des Feindes zur Wirkung zu bringen.
Der Einsatz der Uberwasserstreitkrafte, soweit ihn die Lage zulafit, und der
Einsatz der Luftwaffe fiir die Zwecke des Seekrieges mufi den Kampf des U=Bootes
erganzen und unterstiitzen.
Der Gegner kennt seine Schwache, die darin liegt, dafi er zwar genug erzeugen,
aber nicht genug transportieren kann, und miiht sich mit alien Kraften, sie zu
liberwinden.
Der Kriegsmarine war und ist es in diesem Krieg nicht vergonnt, den Feind
mit der ganzen Kraft der Seemacht an seinen Seeverbindungen zu treffen, ihn
durch ihre Unterbindung niederzuschlagen und den Krieg dadurch schnell zu be=
enden. Es besteht aber die Aussicht, daf? die seeabhangigen Angelsachsen, wenn
alle Mittel des Kampfes, der Technik, der Uberraschung und der List angewandt
werden, aus ihrer beengten Lage nicht wieder hochkommen und durch fortgesetzte
zermiirbende Schlage niedergekampft werden."
Die Ski. verkniipfte diese Lagebetrachtung zum U=Boot=Krieg mit ihrer
strategischen Gesamtbeurteilung, indem sie feststellte^:
„Die Achillesferse unserer Feinde ist das Seetransportproblem : Sie haben
bzw. erzeugen genug, konnen aber fiir Kriegfiihrung, Wirtschaft und Er=
nahrung nicht genug transportieren. Gegen diese Schwache mufi der Zufuhr=
krieg mit alien Mittein weitergetrieben werden. Keine Mal?nahme oder Mog=
lichkeit darf ungenutzt bleiben oder geschwacht werden, die seiner Fort=
fuhrung dienlich ist.
Der Vorstofi gegen den Nahen Osten mit dem Ziel, die Verbindung mit
unserem japanischen Bundesgenossen herzustellen, sprengt endlich die geg=
nerische Einkreisung endgiiltig, zerstort das feindliche strategische Gebaude
und vernichtet die angelsachsische Hoffnung, den Krieg zu gewinnen."
Als Folgerungen hieraus entwickelte die Ski.:
3 Lagebeurteilung der Ski. vom zo. lo. 1942 (Fotokopie aus dem Bundesardiiv/
Militararchiv Koblenz).
149
A. Einf iihrung
„a) Starkung des U=Boot=Krieges als Haupttrager des Zufuhrkrieges mit alien
verfiigbaren Kraften und Mitteln, damit der Feind keine Luft bekommt und die
schon jetzt bestehenden Tonnageschwierigkeiten erhalten und noch verscharft wer=
den. Der Einsatz und der steigende Erfolg der Anstrengungen des Gegners er=
fordert Anstrengungen unsererseits. Nur dann besteht die Aussicht, den Wettlauf
Versenkungen = Neubau zu gewinnen.
Wenn audi bei gewissenhafter Priifung aller Unterlagen damit gerechnet werden
muJS, dafi die Angelsachsen eine jahrliche Neubauziffer von lo oder mehr Mill.
BRT erreichen, so steht auf unserer Seite dem gegeniiber: Die jetzigen Versenkungs=
ziffern bringen dem Feind auch bei solchen Schiffbauleistungen noch keine Ent=
lastung.
Es ist fraglich, ob er eine so hohe industrielle Fertigung auf die Dauer aufrecht
erhalten kann.
Die Bemannung der Sdhiffe wird ohne Zweifel besonders bei Spezialpersonal
(Kapitane, Ingenieure) auf die Dauer Schwierigkeiten madKen . . .
b) Weiterfiihren des Handelskrieges mit Uberwasserstreitkraften, soweit es die
Lage zulafit.
c) Einsatz freiwerdender Luftstreitkrafte gegen die feindlichen Seeverbindungen
und Hafen anstelle von Zielen, in denen die Schwache des Gegners nicht getroffen
wird.
d) Offensives Anpacken der Zufuhr nach Nordrufiland mit alien verfugbaren
Seestreitkraften.
e) Vorbereiten der Offensive in den agyptischen Raum zum Gewinn der see=
strategisch entscheidenden, weil ftir die angelsachsische Maditstellung im Mittleren
Osten todlich wirkenden Besetzung von Suez.
f) Abstimmen aller Kriegsmafinahmen der Dreierpaktmachte auf das gemeinsame
strategische Ziel; Durchfiihren aller moglichen Hilfsmafinahmen fiir die japanische
Kriegf iihrung, Herbeifiihren des Ansatzes der japanischen Seemacht im Indischen
Ozean. Die gegenseitige Unterrichtung iiber die Absichten und die Gleichschaltung
in der Ausfiihrung, d. h. also die Koalitionskriegfiihrung wird uns einen umso gr6=
fieren Vorteil bringen, je grofier die Interessengegensatze auf der Seite unserer
Gegner sind."
Mit der alliierten Landung in Franzosisch=Nordafrika am 8. ii. 1942 ergab
sich auch fiir den U=Boot=Krieg eine einerseits z. T. zunachst giinstige, anderer=
seits — vor allem auf die Dauer — erheblich nachteilige Verschiebung. Giinstig
war, da6 die alliierten Sicherungen der nach England laufenden Geleitziige vor=
iibergehend erheblich geschwacht wurden, so dafi sich fiir den U=Boot=Krieg
auf den Amerika=England=Routen grolie Erfolgschancen eroffneten. Sie konn=
ten jedoch nur z. T. genutzt werden, da die Ski. wesentliche Telle der im At=
lantik eingesetzten U=Boote in den Raum um Gibraltar verlegte mit dem Ziel,
sie gegen die aUiierte Invasionsflotte vor der algerischen und marokkanischen
Kiiste einzusetzen. Die geringen hier erzielten Erfolge standen jedoch in kei=
nem Verhaltnis zu den erlittenen Verlusten, so dafi der B. d. U. schon bald auf
eine Riickverlegung der Boote in den Atlantik drangte. Erst am 23. 12. 1942 ge=
nehmigte jedoch die Ski. die Aufhebung der Bindung der U=Boote an den Gi=
braltar=Raum.
Die Verwirrung, die die aUiierte Landung in Franzosisch=Nordafrika bei der
150
VIII. Der Seekrieg
Ski. ausloste, kam in ihrer Lagebetrachtung vom 8. ii. abends deutlich zum
Ausdruck :
„Dem Gegner ist eine im grofiten Mafistab vorbereitete und durdigefuhrte Lan=
dungsaktion gelungen. Obwohl die Absidit der Landung und der Anmarsdiweg des
Gegners mehr als 48 Stunden lang einwandfrei feststand, war es den eigenen Kraf=
ten nicht moglich, gegen die in verhaltnismafiig engem Seegebiet sidti bewegenden
aufierordentlidi zahlreichen feindlichen Einheiten Erfolge zu erzielen oder gar die
Landung selbst von See her und aus der Luft zu storen. Audi der Anmarsdi der
starken und zahlreichen Konvois auf die Gibraltarenge zu im Atlantik blieb uns
verborgen. . .
DaJS eine Landungsoperation an den Mittelmeerkiisten und an der westnord=
afrikanischen Kiiste im Bereich der feindlichen Planung lag, ist seit Monaten auf
zahlreichen Nachrichtenkanalen zu unserer Kenntnis gelangt. Da aber gleichzeitig
entsprechende Planungen in anderen Gebieten, Norwegen, Kanal, Frankreich, mit
der gleichen Bestimmtheit gemeldet wurden, erreichte der Gegner wahrscheinlich
bewufit, dali keiner dieser Nachrichtenkomplexe so bestimmt gewertet wurde, wie
es fiir die Vorbereitung einer langfristigen Abwehr der feindlichen Operationen er=
forderlich gewesen ware. In diesem Nachrichtenkampf haben wir eine Partie ver=
loren . . .
Dafi die Abwehr gegen die feindlichen Geleitzugverbande bei ihrem Vormarsch
im Mittelmeer und eine wirksame Storung der Landungen mifigliickten, liegt, so=
weit die Sachlage bisher zu iibersehen ist, in erster Linie daran, da6 auf unserer
Seite mit einer Landung an den franzosischen Afrikakiisten nicht gerechnet wurde.
Der Schwerpunkt unserer Abwehrmafinahmen lag in dem mittleren Mittelmeer zum
Schutze der tripolitanischen und italienischen Kiisten. Auch der grofiere Teil der
U=Boote war zu weit ostlich angesetzt, um noch eingreifen zu konnen. Diese irr=
tiimliche Beurteilung geht gleichfalls auf das Konto einer unzureichenden Unter=
richtung hinsichtlich der politischen Seite der Probleme, insbesondere hinsichtlich des
Spiels, das ohne Zweifel schon seit langem von den Angelsachsen mit den Fran=
zosen gespielt wurde . . ."
In seinem Vortrag vor Hitler am 19. 11. fiihrte der Ob. d. M. iiber den U=
Boot=Krieg, dessen vielseitige Aufgaben zu diesem Zeitpunkt damit gut zu=
tage traten, aus*:
„Im Nordmeer soil (die) Zahl von 23 U=Booten erhalten bleiben; im Mittel=
meer befindliche Zahl von 24 Booten, von denen inzwischen 5 verloren gingen,
wird ebenfalls erhalten; wegen der starken Abwehr und Luftiiberwachung sind
z. Z. noch ^—6 Boote im Operationsgebiet westliches Mittelmeer. Es ist beab=
sichtigt, diese Zahl beizubehalten und nach Moglichkeit einige Boote dariiber=
hinaus in Bereitschaft zu legen.
„Im Atlantik sind ^y Boote und 2 U=Tanker im Operationsgebiet, 33 auf An=
und Riickmarsch, 3 Boote operieren noch am Kap (s. unten S. 154 f .), 4 im Golf
von Guinea— Freetown, 7 bei Trinidad. Das Gros der Boote (25) steht westlich
4 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine B. Nr. 1 Ski. lb 2261/42 g.Kdos. Chefs,
vom 21.11.1942, Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler am 19.11.1942 (in: Lage=
vortrage des Ob.d.M., a. a. C).
151
A. Einfiihrung
Gibraltar zum Angriff auf den feindlichen Nachschub ins Mittelmeer. Eine
Gruppe von 14 Booten, die sich hauptsachlich aus Booten erganzt, die aus der
Heimat kommen, steht im Nordatlantik; der Kampf gegen die Nordatlantik=
geleitziige ist z. Z. besonders erfolgreich wegen der schwachen feindlichen Si=
cherung. Es ist vorgesehen, dali zunachst eine Gruppe von 12 Booten gegen den
Nachschub zwischen Azoren und Iberische Halbinsel — Gibraltarstrafie einge=
setzt bleibt, die dariiberhinaus verfiigbaren Boote im Nordatlantik und den
bisherigen Jagdgebieten, um den Schwachezustand der feindlichen Sicherung
zum Erzielen von Versenkungserfolgen auszunutzen."
Hitler stimmte „der Auffassung betr. Besetzung des Mittelmeers und des
Raumes westlich Gibraltar zu, teilte die Ansicht, dafi im Atlantik die guten
Aussichten, die die Verringerung der Sicherung bietet, auszunutzen sind, und
wiinschte vor allem Vorgehen gegen den von Siidafrika nach Agypten und
dem Mittleren Osten gehenden Verkehr zur Entlastung unserer Afrikatruppen
und des spateren Vorgehens nach dem Nahen Osten. Eine sofortige Verstar=
kung der Norwegenboote (miisse) im Falle einer Landung in Norwegen . . .
aufierdem moglich sein/' Grofiadmiral Raeder erklarte hierzu, „da6 dies durch
Abdrehen der aus der Heimat auslaufenden Boote und durch Abziehen von
Booten aus dem Nordatlantik jederzeit moglich sein werde''.
Hitler wiinschte ferner den „Bau von Transport=U=Booten, da er nach (der)
Ubernahme von Island durch die Amerikaner den Gedanken einer plotzlichen
Besetzung von Island und Schaffung einer Luftbasis dort wieder aufgenom=
men habe''.
Gegeniiber diesen weitgespannten Zielen und Erwagungen Hitlers beurteilte
der B. d. U., Admiral Donitz, die Situation am 30. 11. 1942 wesentlich nuch=
terner^:
„Die U=Bootserfolge im November werden eine ganz besondere Hohe erreichen . . .
Es kommt darauf an, dieses Ergebnis richtig zu sehen . . . (Die Versenkungszahlen)
miissen wie folgt beurteilt werden:
a) Gut ^U der Versenkungen sind im freien Atlantik erzielt, dabei im Nord=
atlantik weit iiberwiegend zu Beginn des Monats vor Beginn der Afrika=Opera=
tionen. Spater haben die Erfolge dort nach Abzug der Boote nach Gibraltar im
wesentlichen aufgehort. Wie bereits gemeldet, sind die Anfangserfolge im Atlantik
nach Ansicht des B. d. U. stark mitbedingt durch geringe Abwehr im Zusammen=
hang mit den afrikanischen Landungen . . .
b) Die Erfolge im Einsatz gegen feindliche Zufuhren nach Afrika westlich Gibral=
tar— Marokko und im Mittelmeer machen nur Vs des Gesamtergebnisses aus. Sie
sind nur unter den verhaltnismafiig besonders giinstigen Umstanden des Anlaufens
der feindlichen Landungen erzielt worden und mufiten mit schweren Verlusten, nam=
lich 1 Boot auf etwa 20000 BRT ohne Beriicksichtigung eines noch weit hoheren
Anteils schwer beschadigter Boote, bezahlt werden . . .
c) Das Ergebnis im Nordmeer ist zahlenmafiig belanglos.
Die Aussichten fiir den Dezember sind ungiinstig. Er wird gegeniiber dem Re=
5 Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 30. 11. 1942, dem Verf. von Grofiadmiral
a. D. Donitz — wofiir Dank ausgesprochen sei — zur Verfiigung gestellt.
152
VIII. Der Seekrieg
kordmonat November voraussichtlich das geringste Ergebnis der letzten Monate
bringen, denn
a) die giinstigen Verhaltnisse im Atlantik konnen wegen des Abzugs von Booten
ins Mittelmeer und zur wenig aussichtsreichen Bekampfung der Zufuhren nach
Gibraltar— Marokko nicht ausgenutzt werden.
b) Im Kapstadtgebiet bleiben nur 2 Boote, die sich vermutlich im Laufe des Mo=
nats verschiefien werden.
c) Die Abwehrverhaltnisse vor Gibraltar haben trotz zahestem Einsatz dazu ge=
zwungen, die Zufuhren dorthin in abgesetzteren Raumen zu bekampfen, da vor
Gibraltar nur noch Verluste ohne entsprechende Erfolgsmoglichkeiten zu erwarten
sind . . .
d) Im Mittelmeer sind nach Aufhoren des ersten grofien Zufuhrstromes erheblich
weniger Ziele zu erwarten; die Zahl der eingesetzten Boote wird die im November
hochstens bis zur Halfte erreichen, die Abwehr wird gleich bleiben.
Zusammenfassend ist festzustellen:
a) An den Erfolgen des November hat der Einsatz gegen die afrikanischen Zu=
fuhren keinen wesentlichen Anteil. Die Aussichten dieses Einsatzes sind gering . . .
b) Nach dem Rekordmonat November mu6 der Dezember ein erhebliches Ab=
sinken bringen".
U=Bootsfiihrung und U=Boote sind bereit und erzogen, unter hartesten Bedin=
gungen zu kampfen. Der B. d. U. ist aber der Ansicht, daS die Fiihrung sich dabei
ein klares Bild machen mufi, wie bei diesem Kampf das Verhaltnis zwischen Erfolg
und Verlust tatsachlich steht ..."
Die Entscheidung in der 5., der entscheidenden Phase der „Schlacht im At=
lantik'' und damit iiber Erfolg oder Mifierfolg des deutschen Tonnagekrieges
iiberhaupt war noch nicht gefallen, stand aber bevor, als das Jahr 1942 zu
Ende ging. Insgesamt hatten die deutschen U=Boote in diesem Jahr etwa 1160
Schiffe mit rd. 6,25 Mill. BRT versenkt. Die Verlustquote der in See stehenden
U=Boote war von monatlich 11,4^/0 im Jahre 1941 auf 3,9^0 im ersten Halb=
jahr 1942 abgesunken, dann wieder auf 8,9^/0 gestiegen. Ausschlaggebend
fiir Erfolg oder Mifierfolg des U=Bootkrieges war die Spanne zwischen Ver=
senkungen und alliierten Neubauten. „Bis zum April 1942 wurde die Differenz
immer grojSer, veringerte sich jedoch dann trotz aufierordentlicher Erfolge der
deutschen U=Boote im Jahre 1942 bis Jahresende. Der ungeheure Ausstofi der
amerikanischen Schiffswerften brachte es mit sich, dali von da ab die Neu=
bauten die Versenkungen zu iibersteigen begannen^/'
Neben der zentralen Bedeutung der „Schlacht im Atlantik" traten die
iibrigen Ereignisse des U=Bootkrieges 1942 zuriick. Lediglich die Operation an
der brasilianischen Kiiste und der Vorstoli einer U=Boot=Gruppe in den Raum
von Kapstadt verdienen in diesem Uberblick aus dem Blickwinkel der deutschen
Obersten Fiihrung Beriicksichtigung.
Dem Kriegseintritt der USA hatten sidi die meisten mittelamerikanischen
6 Tatsachlich erreidit wurde die Versenkung von 316 000 BRT, also rund die Halfte
des Norvegenergebnisses.
7 Gerhard Hiimmeldien, Handelsstorer. Handelskrieg deutscher Uberwasserstreit=
krafte im Zweiten Weltkrieg, Miindien (Mercator Verlag) i960, S. 466.
153
A. Einfiihrung
Staaten angeschlossen (zuletzt Mexiko am 30. 5. 1942). Dagegen hatten Ar=
gentinien und Chile ihre Neutralitat bewahrt und Brasilien sowie die iibrigen
sUdamerikanischen Staaten sich mit dem Abbruch der diplomatischen Bezie=
hungen zu den Dreierpaktstaaten (Brasilien am 22. 1. 1942) begniigt. Dennoch
stellte Brasilien im Laufe des Friihjahrs 1942 nicht nur Basen fiir die ameri=
kanischen See= und Luftstreitkrafte auf seinem Territorium zur VerfUgung,
sondern bewaffnete auch seine Handelsschiffe. Als daher am 28. 5. bekannt
wurde, „brasilianische Flugzeuge hatten deutsche U=Boote mit Bomben an=
gegriffen, beantragte die Ski. am folgenden Tage beim OKW die Freigabe des
vollen Waffeneinsatzes gegen alle brasilianischen Schiffe. Gleichzeitig beauf=
tragte sie den B. d. U., fiir den Fall einer brasilianischen Kriegserklarung eine
Studie liber einen iiberraschenden U=Bootangriff gegen die brasilianische Kiiste
auszuarbeiten. Hitler wollte jedoch nicht auf diesen Fall warten und dann aus
der Nachhand operieren miissen, sondern seinerseits dem Kriegszustand mit
einem massiven U=Bootangriff eroffnen. Daraufhin arbeitete der B. d. U. einen
Plan aus, der zum Ziel hatte, mit einer Gruppe von 10 U=Booten und 1 U=
Tanker zwischen den 3. und 8. 8. 1942 schlagartig in die Hafen von Santos,
Rio de Janeiro, Bahia und Recife einzudringen, die dort liegenden Schiffe zu
vernichten und nach der Verminung der Hafen vor der Kiiste Handelskrieg zu
fiihren, um in diesem stark befahrenen, bisher unberiihrten und daher ab=
wehrschwachen Gebiet einen moglichst grofien Tonnageerfolg zu erzielen,
der allein ihm eine solche Operation zu rechtfertigen schien. Der Plan wurde
von Hitler am 17. 6. genehmigt, doch erhob das Auswartige Amt wegen der
befiirchteten Reaktion der iibrigen, noch neutralen Staaten Siidamerikas da=
gegen Einspruch, und Hitler zog seine Genehmigung am 29. 6. zuriick. Die
bereits ausgelaufenen U=Boote wurden zur Karibik umgeleitet.
„Als nun aber im Laufe des Juli wiederholt U=Boote Angriffe brasiUanischer
Flugzeuge meldeten und weitere Nachrichten iiber die Bewaffnung brasilia=
nischer Schiffe eingingen, erhielt U ^oy als ,Repressalie' am 7. 8. ,freies Ma=
nover' an der brasilianischen Kiiste, wo es am 15.— 19. 8. sechs Schiffe ver=
senkte®/' Dies war fiir Brasilien der AnlaJS, am 23. 8. mit einer Kriegserkla=
rung an Deutschland zu antworten. Das Ereignis fiel weniger militarisch ins
Gewicht — erst 1944 gelangten brasilianische Verbande in Italien an die
Front — , als dafi die Begleitumstande dem ohnehin erschiitterten deutschen
AnseheninSiidamerikaSchaden zufiigten und dem immer schwacherwerdenden
Bestreben der iibrigen siidamerikanischen Staaten, sich aus dem Krieg heraus=
zuhalten, entgegenwirkten.
Auf einen seit August 1942 erwogenen Einsatz von U=Booten auf der fiir
die Versorgung der britischen 8. Armee in Agypten lebenswichtigen Kap=Route
legte besonders die Ski. aus ihrer strategischen Grundkonzeption grofien
Wert, wahrend der auf den Tonnagekrieg im Atlantik konzentrierte B. d. U.
8 Rohwer, a. a. O., S. 351/52.
154
VIII. Der Seekrieg
diese erneute Zersplitterung seiner Krafte ablehnte. Die Oberste Wehrmacht=
fiihrung und die Ski. sahen jedoch mit wachsender Besorgnis, dali seit dem
Abzug der im Juni in der Mozambique=Stra6e operierenden 4 japanischen U=
Kreuzer (bis 10. 7. Versenkung von 104 000 BRT) der alliierte Nachschub nach
Agypten ohne jede Storung verlief®. So wurde schliefilich entschieden, eine
Gruppe von 4 deutschen U=Booten, dann noch einmal 3 Booten in das See=
gebiet um Kapstadt zu entsenden. Sie versenkten dort im Oktober 161 000 BRT
und im November 1942 118000 BRT alliierten Schiffsraums. Auf einen Ein=
satz deutscher U=Boote im Indischen Ozean wurde fiir 1942 verzichtet.
2. Der Einsatz deutscher Cberwasserstreitkrafte
Im Gegensatz zu den grofien Erfolgen, die der U=Bootkrieg brachte, war der
Einsatz der deutschen Uberwasserstreitkrafte 1942 durch Riickziige und Ruck=
schlage gekennzeichnet, die in entscheidendem Mafie durch das alliierte Uber=
gewicht begriindet waren, z. T. allerdings auch aus Fiihrungsentschliissen Hitlers
und der Ski. herriihrten. Das Jahr begann mit der Auseinandersetzung um die
Verlegung der Schlachtschiffe „Scharnhorst'' und „Gneisenau'' sowie des
Schweren Kreuzers „Prinz Eugen'', der „Brest=Kampfgruppe'', aus dem west=
franzosischen Hafen in den norwegischen Raum, den Hitler als durch eine
britische Invasion gefahrdet ansah (s. oben S. 123 f.). Grofiadmiral Raeder wider=
setzte sich diesem Plan zunachst, so dafi Hitler drohte, „die Schiffe in Brest
aufier Dienst stellen und die Geschiitze von Bord nehmen^"' zu lassen, wenn
der Ob. d. M. auf seinem Standpunkt beharre.
Am 12.1.1942 erklarte daraufhin Raeder gegeniiber Hitler ^r
„Die Frage des Kanalmarsches der Brest=Gruppe ist von alien beteiligten Stellen
unter dem starken Eindrudc der Auffassung des Fiihrers gepriift (worden), da6 die
deutsche Flotte unter alien Umstanden die Aufgabe der Verteidigung der norwe=
gischen Kiiste und Hafen zu erfiillen hat und dafiir voll einzusetzen ist . . . Da Sie,
mein Fiihrer, midi haben wissen lassen, dali Sie an der Riickfiihrung der sdiweren
Sdiiffe in die Heimat festhalten, so schlage idi vor, da6 Vizeadmiral Ciliax Einzel=
heiten der Vorbereitungen und der Durdifiihrung, ansdiliefiend Kommodore Ruge
die Notwendigkeiten der Sidierung, des Minensudiens usw. vorgetragen, damit
danadi Sie, mein Fiihrer, die endgiiltige Entsdieidung treffen konnen."
9 Am 17.11.1942 stellte der Ob.d.M. in seinem Vortrag vor Hitler fest: „Japan
hat im Indisdien Ozean zur Zeit nur 5 U=Boote und 4 Hilfskreuzer; da es seine
Krafte fiir den Kampf bei den Salomonen zu benotigen glaubt, hat es sidi am
7. 11. 1942 auf die Vertragsgrenze 70 Grad Ost zuriid<gezogen und tragt daher
bedauerlicherweise trotz klarer Einsicht beziiglich der Lage zur Zeit kaum zur
Schwachung des Gegners und seiner Transporte im westlichen Indischen Ozean
bei."
1 Erich Raeder, Mein Leben, Bd. II: Von 1935 bis Spandau 1955, Tiibingen (Verlag
Fritz Schlichtenmayer) 1957, S. 274.
2 Oberkommando der Kriegsmarine — Seekriegsleitung, 1. Ski. lb 145/42 g.Kdos.
Chefs „Niederschrift iiber den Vortrag des Ob.d.M. beim Fiihrer am 12. 1. 1942"
(in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.).
-^-55
A. Einfiihrung
Hitler stellte dazu fest: „Das Geschwader hat in Brest in erster Linie (die)
willkommene Wirkung der Bindung von feindlichen Luftstreitkraften, die so=
mit von Angriffen auf das deutsche Heimatgebiet abgehalten werden. Diese
Wirkung besteht nur so lange, wie der Gegner glaubt, angreifen zu miissen,
weil die Schiffe unbeschadigt sind. Eine Bindung von Seestreitkraften von
Brest aus ist nicht starker vorhanden, als wenn die Schiffe in Norwegen liegen.
Falls (er) die Moglichkeit sahe, dafi die Schiffe 4 bis 5 Monate unbeschadigt
bleiben und dann auf Grund einer neuen Feindlage zu Atlantikoperationen
kommen konnten, wiirde er den Verbleib in Brest in Betracht Ziehen. Da dies
nach (seiner) Auffassung jedoch nicht in Rechnung zu stellen ist, will er die
Schiffe unter alien Umstanden von Brest wegholen, um sie nicht taglich Zu=
fallstreffern auszusetzen." Damit war die Grundentscheidung gef alien.
Hinsichtlich des notwendigen Durchbruchs der Brest=Gruppe durch den Ka=
nal, zu dem sich Hitler entschlossen hatte, fafite er die ihm vorgetragenen
Argumente wie folgt zusammen: „Auslaufen bei Tage geht nicht wegen Not=
wendigkeit Uberraschung. Hieraus ergibt sich zwangslaufig Passieren der
Dover=Enge bei Tage. (Er) traut Englander das Fassen und Durchfiihren blitz=
artiger Entschlusse nach seinen bisherigen Erfahrungen nicht zu. Er glaubt
deshalb, dali die Verlegung von Luftkampf= und Jagdkraften in den Sudost=
raum Englands zum Angriff auf die Schiffe in der Dover=Enge nicht so schlag=
artig erfolgen wird, wie dieses von Ski. und B.d.S. angenommen wird. (Er)
argumentiert in Darstellung gleicher Lage mit umgekehrten Vorzeichen, d. h.
iiberraschender Meldung von Auftreten englischer Schlachtschiffe bei der
Themsemiindung mit Kurs auf die Dover=Enge. Dieser Auffassung nach wiir=
den auch wir kaum in der Lage sein, schnell und planmaliig Luft=, Kampf=
und Jagdkrafte heranzuziehen.
„Er vergleicht die Lage der Brest=Gruppe mit der eines Krebskranken, wel=
cher ohne Operation bestimmt kaputt geht, wahrend eine Operation, die zwar
eine ,Ro6=Kur' ist, gewisse Aussichten auf Rettung des Patienten hat. Daher
mu6 die Operation des Kanalmarsches durchgefiihrt werden.''
Der gelungene Durchbruch der Kampfgruppe durch den Kanal am 11./
12. 2. 1942 (Unternehmen „Cerberus'') stellte dann zwar einen „taktischen
Erfolg" dar, doch war der Abzug der Gruppe aus Brest, d. h. „aus einer be=
herrschenden Stellung in der Flanke'' der Amerika=England=Geleitzugsstrecke,
eine „strategische Niederlage^''. Er „bedeutete praktisch den endgiiltigen Ver=
zicht auf den Einsatz schwerer Einheiten auf den Ozeanen in einer Zeit aufier=
ster Anspannung der britischen Kriegsflotte'*''.
S. W. Roskill, Royal Navy. Britische Seekriegsgesdiichte 1939—1945. Oldenburg/
Hamburg (Gerhard Stalling Verlag) 1961, S. 184; Einzelheiten zum Unternehmen
„Cerberus" bei: Gerhard Bidlingmaier, Unternehmen „Cerberus" — Der Kanal=
durchbrudi, in: Marine=Rundschau 1/1962.
Hiimmelchen, a. a. O., S. 424.
156
VIII. Der Seekrieg
Die Konzentration der schweren deutschen Seestreitkrafte in Mittel= und
Nordnorwegen (s. oben S. 124) diente neben der Abschreckung des Gegners
vor etwaigen Landungsplanen vor allem der Storung der nach Murmansk und
Archangelsk laufenden Geleite. Fiir den Einsatz der schweren deutschen See=
streitkrafte hierauf gewann die erste vom 5—13. 3. 1942 unternommene, er=
gebnislos verlaufene Operation des Schlachtschiffes „Tirpitz'' gegen das alh^
ierte Geleitzugspaar PQ 12 und QP 8 eine besondere Bedeutung. In seinem
Vortrag vor Hitler am 12. 3. erklarte hierzu der Ob.d.M.^:
„Nordmeer=Vorsto6 ,Tirpitz' ausgelost durch Flugzeugsiditmeldung iiber Geleit=
zug bei Jan Mayen (15 Sdiiffe auf Marsdi nach Rufiland). In soldien Fallen nadi
Ansicht Ski. Ansatz verfiigbarer Kampfgruppe unbedingt erforderlich in Erfullung
Aufgabe Unterbindung Feindzufuhr nach Rufiland und Verhinderung feindlicher
Landungsaktion. — Geleitzug von ,Tirpitz' nicht erfafit, offenbar vom Gegner bei
Feststellung deutscher Luftaufklarung abgedreht. Mit Riicksicht auf Auslaufen ,Tir=
pitz' schwere feindliche Kampfgruppe mit Trager in See. Trotz schneidiger Tor=
pedoflugzeugangriffe kein gegnerischer Erfolg, was neben geschicktem Abwehr=
manover in erster Linie grofiem Gliicksfall zu verdanken.
Folgerung aus Unternehmung: Verlauf zeigt Schwache eigener Seekriegslage im
Nordraum. Gegner reagiert auf jeden deutschen Vorsto6 mit Ansatz starker Kampf=
gruppen und vor allem Einsatz Flugzeugtrager, die als gefahrlichste Gegner eigener
schwerer Schiffe angesehen werden miissen. Bezeichnend fiir eigene aufierst schwache
Abwehrposition ist, dafi Gegner in unmittelbares Kiistenvorfeld Nordraum vor=
zusto6en wagt, ohne von deutscher Luftwaffe vernichtend zerschlagen zu werden.
Eigene Sicherungsstreitkrafte (Zerstorer, T=Boote) zahlenmafiig zu gering, dafi
Schiffe bei Luftangriffen und Feindberiihrungen stets in aufierste Bedrangnis kom=
men miissen.
Folgerung:
a) Unbedingte Voraussetzung erfolgreicher eigener Vorstofie im Nordmeer ist in
Ermangelung Flugzeugtrager Unterstiitzung durch starke eigene Luftstreitkrafte
aus dem Norwegenraum (Aufklarung, selbst auf Kosten der Atlantikluftstreitkraf te,
Kampf einsatz, Torpedoflugzeuge).
b) Jede Operation im Nordmeer bedeutet angesichts geschlossener feindlicher
Reaktion vollen Einsatz unserer Seestreitkrafte, dies besonders solange feindliche
Flugzeugtrager vorhanden.
c) Daher vorerst Zuriickhaltung eigener Seestreitkrafte im Hinblick auf Erhal=
tung Einsatzbereitschaft zur Abwehr feindlicher Landungsaktionen geboten. Ansatz
nur bei einwandfreier Aufklarung, eindeutig gemeldeten Feindobjekten und aus=
reichender Unterstiitzung durch Luftwaffe.
d) Von Luftwaffe mujS kategorisch der laufende Ansatz gegen die feindlichen
Flugzeugtrager gefordert werden. Ihre Vernichtung auf See und in den feindlichen
Stiitzpunkten mu6 oberstes Ziel des Seekrieges der Luftwaffe im Nordraum sein.
Die Ausschaltung der feindlichen 1 tugzeugtrager bedeutet grundlegende Verbesse=
rung eigener Operationsmoglichkeiten.
e) Der beschleunigte Weiterbau unseres Flugzeugtragers mulS gefordert werden.
Dazu gehort auch die Bereitstellung ausreichender Tragerflugzeuge."
5 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und Chef der Ski. B. Nr. 1. Ski. lb
588/42 g.Kdos. Chefs vom 14. 3. 1942, Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler am 12. 3.
1942 (in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.); Unterstrichenes Kursiv.
A. Einfiihrung
Hitler nahm dazu zunachst nur allgemein Stellung: „Die baldige Bildung einer
deutschen Kampfgruppe ,Tirpitz/Scharnhorst', i Flugzeugtrager, 2 Schwere Kreuzer,
12—14 Zerstorer mu6 mit alien Mitteln angestrebt werden. Sie stellt eine schwere
Bedrohung des Gegners im Nordraum dar und ist zu grofien operativen Auswir=
kungen und Erfolgen befahigt/'
Die nachstf olgenden der alliierten Konvois im Nordmeer wurden ausschlie6=
lich von leichten deutschen Seestreitkraften (Zerstorern, T=Booten und U=Boo=
ten) sowie von den Verbanden der Luftflotte 5 angegriffen. Erst zur Bekamp=
fung des am 27. 6. in See gehenden Konvois PQ 17 soUten die schweren
deutschen Seestreitkrafte wieder eingesetzt werden (Unternehmen „Rossel=
sprung''). Auf eine Nachricht vom Auslaufen der „Tirpitz'' aus Drontheim
— sie sollte zunachst zu den Schweren Kreuzern „Admiral Hipper'' und „Ad=
miral Scheer" in den Alta= Fjord stofien — lieiS die britische Admiralitat die
Starke Deckungs= und Fernsicherungsgruppe abdrehen. Der grofite Teil der
Schiffe des Konvois wurde daraufhin (4.— 10. 7.) eine Beute der deutschen
U=Boote und der Fliegerverbande der Luftflotte 5 (Gesamtverluste 24 Schiffe
mit 144 000 BRT).
Hitler hatte den Einsatz der schweren Seestreitkrafte gegen PQ 17 nur
unter Vorbehalten gebilligt. Am 15. 6. hatte er sich zu dem Vortrag des
Ob.d.M. iiber die geplante Operation wie folgt geaufiert^:
Er sehe eine „gro6e Gefahrdung der schweren Schiffe durch Flugzeugtrager.
Ihr Standort muii vor dem Angriff festgestellt sein, und sie miissen vorher
durch eigene Flugzeuge unschadlich gemacht sein (Ju 8S)/' Auf Antrag Rae=
ders genehmigte er schliefilich: „Eigene Seestreitkrafte diirfen rechtzeitig auf
die Absprungplatze im Norden (d. h. den Alta=Fjord) hinaufgezogen werden.
Dort ist Befehl zum Angriff abzuwarten; Einverstandnis des Fiihrers ist dazu
einzuholen." Da die britische Admiralitat den Konvoi seinem Schicksal uber=
liefi, brauchte Hitler den ihm so bedenklich erscheinenden Einsatzbefehl gar
nicht erst zu erteilen. Die „Tirpitz", die am 5. 7. fiir kurze Zeit den Alta=Fjord
verliefi, kehrte noch am gleichen Tage ohne Feindberiihrung wieder dorthin
zuriick. Fiir die nachsten drei Monate stellten die Alliierten ihren Geleitzug=
verkehr in die nordrussischen Hafen ein. Am 26. 8. fiihrte Raeder daher unter
Zustimmung Hitlers in der Lagebesprechung aus^, er habe „nunmehr (die)
Auffassung gewonnen, dafi PQ 18 nicht gelaufen ist, so dafi angenommen
werden kann, dajS vollige Vernichtung des PQ 17 durch U=Boote und Luft=
streitkrafte (den) Gegner zu voriibergehender Aufgabe dieses Nachschub=
weges oder grundlegender Anderung des Nachschubverfahrens veranlafit hat.
6 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Nr. 1. Ski. lb 1162/42 g.Kdos. Chefs,
vom 17. 6. 1942, Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler am 15. 6. 1942 (in: Lagevortrage
des Ob.d.M., a. a. O.); Unterstrichenes Kursiv.
7 Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine B. Nr. 1. Ski. lb 1663/42 g.Kdos. Chefs,
vom 29. 8. 1942, Vortrag des Ob.d.M. vor Hitler am 26. 8. 1942 (in: Lagevortrage
des Ob.d.M., a. a. O.).
VIII. Der Seekrieg
Nachschub nach nordrussischen Hafen bleibt nach wie vor entscheidend auch
im Gesamtkrieg Angelsachsen, die russische Krafte erhalten miissen, um
Deutschland weiterhin zu binden. Mit Weiterfuhren Nachschubs nach Nord=
rufiland bleibt also zu rechnen. Ski. beabsichtigt deshalb, Einsatz U=Boote
unverandert beizubehalten. Desgleichen ist vorgesehen, auch weiterhin Haupt=
teil Kernflotte in Nord=Norwegen zu halten. Grund hierftir sind aufier mog=
licher Bekampfung Geleitziige nach wie vor drohende Landungsabsichten un=
serer Gegner, zu deren Abwehr Flotte nur in norwegischen Gewassern
Aussicht auf Erfolg bietet. Aufierdem im Rahmen Gesamtkriegfiihrung Dreier=
paktmachte gerade nach grolien Verlusten englisch=amerikanischer Seestreit=
krafte im Mittelmeer und Pazifik Bindung englischer home=fleet durch deut=
sche fleet in being besonders wichtig. Dieser Tatsache wird auch von den
Japanern Bedeutung beigemessen."'
Als am 2. 9. der Konvoi PQ 18 Loch Ewe zur Fahrt nach Archangelsk ver=
lieli, konzentrierte die Ski. wieder eine schwere Kampfgruppe (mit „Admiral
Scheer'', „Admiral Hipper'' imd dem inzwischen gleichfalls nach Norwegen
verlegten leichten Kreuzer „Koln") im Alta=Fjord; doch untersagte Hitler jedes
Risiko. So unterblieb ein Vorstofi. Lediglich U=Boote, Bomber und Torpedoflug=
zeuge nahmen den Kampf auf und versenkten aus dem Geleitzug 10 Schiffe mit
53 000 BRT. Die deutschen Luftwaffenverbande erlitten dabei schwere Verluste.
Das fiir die schweren deutschen Seestreitkrafte an Enttauschungen so reiche
Jahr endete mit dem mifigliickten Angriff auf den alliierten Geleitzug JW 51 B
(Unternehmen „Regenbogen''), den die Kampfgruppe aus „Admiral Hipper'',
„Liitzow" und 6 Zerstorern unter der Fiihrung von Vizeadmiral Kummetz am
31.12. in der Nahe der Bareninsel unternahm. Die in alien Operationsbefehlen
fiir die schweren Einheiten enthaltene Forderung, „grofie Erfolge anzustreben",
aber „kein Risiko einzugehen", verhinderte hier wie in fast alien sonstigen
Fallen die vollige Ausnutzung des Kampfwertes der Schiffe. Allerdings trugen
zu diesem Milierfolg auch schwere taktische Fehler bei. Das mifilungene Unter=
nehmen, auf das Hitler grofie Erwartungen gesetzt hatte, war fiir ihn Anlafi
— obwohl er selbst durch seine Weisungen zu dem unbefriedigenden Ausgang
beigetragen hatte — , die Aufierdienststellung der grolien Schiffe zu fordern,
der „gleichen Schiffe, deren Anwesenheit in Norwegen er noch kurz vorher
fiir unbedingt notwendig gehalten hatte ^".
Die unberechtigten Vorwiirfe Hitlers gegeniiber der Kriegsmarine losten
dann das Riicktrittsgesuch des Ob.d.M., Groliadmiral Raeder, vom 6. 1. 1943
aus. Am 30. 1. 1943 wurde der B.d.U., Admiral Donitz, unter Beforderung
zum Grofiadmiral zum neuen Ob.d.M. ernannt.
Zum Handelskrieg auf den Ozeanen wurde im Jahre 1942 von den schweren
deutschen Seestreitkraften nur „Admiral Scheer" zu einem Sonderunterneh=
8 Hiimmeldien, a. a. O., S. 424.
159
A. Einfiihrung
men in der Kara=See (16.— 30. 8.) eingesetzt, in dessen Verlauf es auch zur
BeschieiSung von Port Dickson an der Jenissei=Mundung kam (Unternehmen
„Wunderland"). Den Vorschlag des Ob.d.M. am 26. 8., „ Admiral Scheer'' ab
November 1942 in den Siidatlantik zur Handelskriegfiihrung zu entsenden,
da die „praktischen Erfolgsaussichten'" und die „politischen und psychologi=
schen Wirkungen'', besonders in Siidamerika, sehr grofi seien und Schwierig=
keiten lediglich „im Durchbruch aus den heimischen Gewassern in den At=
lantik" lagen, lehnte Hitler ab, Er „fiihrte des langeren aus, warum er alle
verwendungsbereiten grofieren SchifiFe auch bis auf weiteres im Nordraum
operationsbereit haben mochte (abstofiende Wirkung gegen Landungsabsich=
ten; im Winter wenig Luftaufklarung; liickenhafte Verteidigung der Kiiste
durch Befestigung usw.)''.
1942 war auch das letzte Jahr, in dem deutsche Hilfskreuzer, zunachst noch
mit groliem Erfolg, auf alien Weltmeeren operierten. Im Januar war „Thor''
aus Bordeaux ausgelaufen, im Marz „Micher'; im Mai war „Stier'' in den
Atlantik gegangen. Wahrend die beiden letzteren ausschliefilich im Sudatlan=
tik tatig waren, wechselte „Thor'' von den Gewassern in der Antarktis in
den Indischen Ozean hiniiber. Insgesamt wurden von ihnen im ersten Halb=
jahr 1942 17 Handelsschiffe mit 108 000 BRT versenkt. Gefechte mit alliierten
Seestreitkraften fanden nicht statt.
In der zweiten Jahreshalfte kam der Kampf der deutschen Hilfskreuzer
auf den Weltmeeren indessen praktisch zum Erliegen. Am 27. 9. wurde „Stier''
im Siidatlantik versenkt, am 30. 11. vernichtete ein Brand „Thor" im Hafen
von Yokohama. Der neu auslaufende Hilfskreuzer „Komet" wurde beim
Durchbruch aus dem Kanal am 14. 10. vor Kap de la Hague versenkt. Nur
„Micher' befand sich auf See und lief am 10. 2. 1943 in Batavia und damit
in den japanischen Machtbereich ein. 1942 waren insgesamt 29 Schiffe mit
184 000 BRT von deutschen Hilf skreuzern versenkt worden. Sie hatten die
Alliierten „in einer Zeit zu Suchaktionen (im Atlantischen und Indischen
Ozean) gezwungen, in der die amerikanische Flotte im Pazifik und die bri=
tische im Mittelmeer und in Ostasien stark in Anspruch genommen wurde.
Die Unmoglichkeit jedoch, bei dem zu dieser Zeit bereits erreichten Entwick=
limgsstand des feindlichen RADAR mit Handelsstorern noch unbemerkt durch
die Danemarkstrafie in den Atlantik zu kommen, und die standig starker
werdende Uberwachung besonders der hoUandischen, belgischen und franzo=
sischen Westkiiste durch britische See= und Luftstreitkrafte nach dem Gelingen
des Unternehmens ,Cerberus' zwangen zur Aufgabe dieser Art der Handels=
kriegfuhrung. Die Zeit der Hilfskreuzer war endgiiltig vorbei®.''
In den osteuropaischen Gewassern waren leichte deutsche Seestreitkrafte
1942 in der Ostsee, dem grofien Ubungsfeld der U=Boote, zusammen mit den
finnischen Seestreitkraften zur Sicherung der Transportverbindungen und zur
9 Hiimmelchen, a. a. O., S. 425.
160
VIII. Der Seekrieg
Abschirmung des Ostzipfels des Finnischen Meerbusens gegeniiber der em=
geschlossenen sowjetischen Ostseeflotte, ferner auf dem Ladoga=See (deutsche
und italienische Schnellboote, Untemehmen „Klabautermann'', s. oben S. 81)
sowie im Schwarzen Meer eingesetzt. Die Uberfiihrung leichter deutscher und
italienischer Seestreitkrafte (S=, R=, ab Herbst 1942 auch deutscher U=Boote,
ferner MFP) ins Schwarze Meer diente der Entlastung der schwachen ruma=
nischen Kriegsmarine und sollte dazu beitragen, den Nachschub fur den Sud=
fliigel der Ostfront auf dem Seeweg zu sichern. Nach dem Vordringen in den
Westkaukasus und der Besetzung von Noworossijsk (das als Basis selbst nicht
benutzt werden konnte, da die Front am Ostrand der Stadt verlief) konnte
der Nachschubverkehr iiber das Asowsche Meer und die Strafie von Kertsch
aufgenommen werden. Von den 3 im Herbst liberfiihrten deutschen U=Booten
stand indessen erst eins im Dezember vor Tuapse, so dafi die geplante stan=
dige Abschirmung und Beobachtung der in den Hafen an der Ostkiiste des
Schwarzen Meeres liegenden, zahlenmafiig den deutschen und verbiindeten
Seestreitkraften im Schwarzen Meer weit iiberlegenen sowjetischen Schwarz=
meerflotte erst 1943 in voUem Ausmafi einsetzen konnte.
Im Mittelmeer (lag trotz des sehr erfolgreichen Einsatzes der deutschen
U=Boote) das Schwergewidit zur See innerhalb der „Achsenmachte" bei der
italienischen Kriegsmarine, die beim Schutz der Geleite nach Nordafrika be=
achtliche Leistungen voUbrachte, jedoch mit ihren schweren Einheiten unter
erhebhchem Heizolmangel litt und daher zunehmend nur noch als „fleet in
being'' wirkte. Bei der Besetzung der siidfranzosischen Hafen am 11./12. 11.
1942 fiel knapp 700 000 BRT Handelsschiffsraum in deutsche Hand, von dem
die Vichy=Regierung nach „Verhandlungen'' 645 000 BRT als „franzosischen
Beitrag zur Reichsverteidigung'' zur Verfiigung stellte^ Dieser Gewinn ent=
lastete wesentlich das Transportproblem im Mittelmeerraum fiir die „Achsen"=
Machte. Die Schiffe wurden fiir den Nachschub nach Afrika sowie fiir die
Aufrechterhaltung der See=Verbindung nach Kreta und den Inseln der Agais
verwandt.
Dafi mit der alliierten Landung in Franzosisch=Nordafrika ein entscheiden=
der Einschnitt im Verlauf des Krieges eingetreten war, wurde von der Ski.
klar erkannt. In der Lagebetrachtung vom 1. 12. 1942 bemiihte sie sich, die
Folgerungen daraus zu Ziehen ^r
„Durch die Initiative der Angelsachsen stehen die Dreierpaktmachte mehr
noch als bisher auch zur erfolgreichen Verteidigung ihrer Lebensraume Pro=
blemen des Seekrieges gegeniiber, weil dem Feind das Herantragen seiner
militarischen Kraft nur auf dem Seeewege moglich ist.
„Deutschland und Japan sind zwar vorlaufig in ihren Raumen zur Defensive
gezwungen. In der Seekriegfiihrung aber konnen und miissen sie offensiv
1 Heiber, a. a. O., S. 108.
2 Lagebetrachtung der Ski. vom 1. 12. 1942 (Fotokopie aus dem Bundesardiiv=
Militararchiv Koblenz).
161
A. Einfiihrung
tatig sein. Im Seekrieg treten deshalb schon jetzt die Probleme des Koalitions=
krieges in Erscheinung mit der Gefahr, dafi die einzelnen Koalitionspartner
Ereignisse und Erfordernisse des Krieges ausschliefilich nach den Gegeben=
heiten ihres eigenen Kriegsschauplatzes sehen und beurteilen. . . Der strate=
gische Gleichklang ist (aber) eine Voraussetzung erfolgreicher Koalitions=
kriege. Die Koalitionsstrategie des Seekrieges steht dabei fiir die Dreierpakt=
machte in der augenblicklichen Lage im Vordergrund. . .
„Die strategische Lage und die Brennstoffnot beschranken ... die (deutsche)
Kernflotte auf die Defensivaufgabe der Verteidigung der norwegischen Kiiste,
gelegentliche Unternehmungen gegen den angelsachsischen Nachschub nach
Nordrufiland hauptsachlich mit leichten Seestreitkraften und das Ausiiben
eines strategischen Drucks auf den Feind, der zur Bereithaltung kampfkraf=
tiger Flottenteile in Nordengland und Island, zur dauernden Oberwachung
des Island=Defilees und zur starken Sicherung der Rufilandgeleitziige ge=
zwungen wird. Eine gewisse Entlastung wird durch unsere ,fleet in being'
damit auch fiir Japan erreicht. . . Die Anspannung der Krafte der Dreierpakt=
machte in ihren geweiteten Raumen ist so gestiegen, dafi auf absehbare Zeit
offensive Operationen, die zur Zusammenarbeit der verbiindeten Land= und
Luftmacht fiihren oder die Verbindung zwischen Europa und Ostasien herbei=
fiihren konnten, nicht moglich erscheinen. Im Gegenteil: Europa sowie Japan
kampfen um die Verteidigung ihrer Lebensraume unter Einsatz aller verfug=
baren Reserven. Auch die Bekampfung weiterer angelsachsischer Versuche
zum Gewinn neuer strategischer Ausgangsstellungen kann, solange Rutland
und China nicht ausgeschaltet sind, nur defensiv erfolgen.'' Ubrig blieb allein:
„Die Vernichtung des feindlichen Schiffsraums mit dem Ziel, den Gegner an
der Entfaltung seiner militarischen und wirtschaftlichen Kraft zu hindern, ist
und bleibt deshalb der entscheidende Beitrag der verbiindeten Kriegsmarinen
zum Sieg."
IX. Der Luftkrieg
Da in den vorhandenen Teilen und Ersatzteilen des KTB WFStabes 1942
nur sehr sporadische Notizen zur Luftkriegfiihrung enthalten sind und auch
sonst keine Quellen aus dem Luftwaffenfiihrungsstab oder hoheren Luft=
waffenstaben zur Verfiigung stehen, handelt es sich im folgenden um einen
summarischen Uberblick^, der lediglich dazu dienen soil, diesen Teil der Krieg=
fiihrung mit in den allgemeinen Oberblick iiber das Kriegsjahr aus dem Blick=
winkel der deutschen Obersten Fiihrung einzubeziehen. Die strategische Pla=
ntmg der Luftwaffenfiihrung oder die Haltung des Ob.d.L. sowie seines Fiih=
rungsstabes konnen dagegen nicht naher charakterisiert und geschildert werden.
1 Vgl. auch: Herhudt von Rohden, Die Luftverteidigung des Deutschen Reiches im
Weltkrieg 1939—1945 und ihre Lehren. Ein strategischer Oberblick, in: Allgem.
Schweizer. Militarzeitschrift 117 (1951), 5. 7-^7 (i. und S. 888ff.
162
IX. Der Luftkrieg
1. Die Abwehr der alliierten Luftoffensive gegen das Reidi
und die besetzten Westgebiete
Der alliierte Luftkrieg gegen das deutsche Reichsgebiet wurde im Jahre 1942
— abgesehen von bedeutungslosen nachtlichen Storfliigen kleiner Gruppen
sowjetischer Flugzeuge nach Berlin und Einzelangriffen auf Orte Ost= und
Westpreufiens sowie des Generalgouvernements (August— September 1942) —
ausschliefilich von der britischen LuftwaJFfe gefiihrt. Die im Sommer 1942 nach
Grofibritannien verlegte 8. US=Luftflotte (USAAF), deren Oberbefehl am
18. 6. 1942 Generalmajor Spaatz iibernahm, beschrankte sich auf Einfliige in
die besetzten Westgebiete (s. unten S. 165).
Bis zum 28. 3. 1942 vollzogen sich die britischen Angriffe auf das Reichs=
gebiet in der 1941 iiblich gewesenen Weise: „Einzelflugzeuge, Staff eln und
kleine Verbande griffen unter dem Schutze der Nacht, mondhelle Nachte be=
vorzugend, vorwiegend Stadte in den bisherigen Angriff sraumen an^^'' (Emden,
Hamburg, Bremen, Miinster, Koln, Aachen, Kiel, Wilhelmshaven [25.-28. 2.
1942 im Zusammenhang mit der Riickkehr der Brest=Kampfgruppe der Kriegs=
marine] und Orte im Ruhrgebiet, vor allem Essen). Auch der Nordostsee=
kanal war ein bevorzugtes, jedoch nicht ernstlich gefahrdetes Ziel. Im Januar
waren es 12 Einfliige, im Februar 11 und im Marz 15. Den deutschen Abwehr=
kraften unter dem „Luftwaffenbefehlshaber Mitte'', Generaloberst Weise, ge=
lang es, je Einflug etwa 2—6 Bomber abzuschiefien. Den Hauptanteil an den
Abschiissen hatte neben der Flak die Nachtjagd, die sich damals gerade zu
entwickeln begann. Die ortlichen Feuerloschkrafte konnten im allgemeinen
der entstehenden Brande Herr werden.:fpi Vvdu^iji^K^ id n')bt/
Einen entscheidenden Einschnitt bildete der britische Luftangriff auf Liibeck
in der Nacht vom 28-/29. 3. 1942. Er stellte den ersten Schlag einer Serie von
„Terrorangriffen'' (area bombing) dar, die der am 23. 2. 1942 zum Befehls=
haber des britischen „Bomber Command'' ernannte Luftmarschall Harris auf
Beschlufi des britischen Kriegskabinetts einleitete. Dabei wurden auch die
Verbande des „Coastal Command" und des neugegriindeten „Army Coopera=
tion Command" mit eingesetzt, um durch konzentrierten Einsatz auf dicht=
besiedelte Wohnviertel der deutschen Stadte die Kriegsmoral der Zivilbevol=
kerung und die — wie man meinte — bereits aufierst angespannte deutsche
Kriegsproduktion direkt oder indirekt schwer zu treffen. Den Angriff auf
Liibeck, der die Vernichtung der Altstadt, vor allem durch Brandbomben,
bewirkte, auch einige Riistungswerke traf und 320 Tote und ^^^ Verletzte
forderte, fiihrten insgesamt 234 britische Bombenflugzeuge.
aa Hans Rumpf, Der hochrote Hahn, Darmstadt (Verlag E. 5. Mittler & Sohn) 1952,^
S. 74, fiir das Folgende: Georg W. Feuchter, Der Luftkrieg. Frankfurt a. M.— Bonn
(Athenaum=Verlag) 1962, 2. Auflage, S. 212 ff.; vor allem C. Webster und
N. Frankland, The Strategic Air Offensive against Germany 1939—1945, Vol. I,
London (H. M. Stationery Office) 1961.
165
A. Einf iihrung
Der nachste — in vier hintereinander folgenden Nachten durchgefiihrte
(23.-28. 4.) — Angriff traf Rostock, in dem 60 ^/o der bebauten Altstadtflache
ausbrannte (204 Tote, 89 Verletzte). Die von Hitler befohlenen „Vergeltungs=
angriffe'' der schwachen Krafte der Lujftflotte 3 (Gen.Feldmarschall Sperrle)
gegen britische Stadte (s. unten S. 168) blieben „Nadelstiche'', die lediglich in
der deutschen Propaganda als gleichwertige Schlage dargestellt wurden.
Wahrend in den folgenden Wochen „normale'' Luftangriffe (vor allem auf
Hamburg [3.74. 5.], Stuttgart [4.-7. 5.], Warnemiinde [18./19. 5.] und Mann=
heim [19./20. 5.]) folgten, brachte der „iooo=Bomber= Angriff'' auf Koln in
der Nacht vom 30./31. 5. 1942 einen ersten Hohepunkt der Terrorangriffs=
Serie. 1047 britische Bomber warfen 1455 t Bombenlast auf die Innenstadt von
Koln, wobei 20 ^/o der Baulichkeiten der Innenstadt getroffen wurden. 3300
Gebaude wurden vollig zerstort, 7200 beschadigt. 460 Tote und 45000 Ob=
dachlose waren die Opfer. Den deutschen Abwehrkraften gelang der Abschufi
von 40 Bombern; 45 weitere wurden so schwer beschadigt, dafi 12 davon bei
der Landung zu Bruch gingen. Bei der Berichterstattung der Luftwaffenfiihrung
zu diesem britischen Luftangriff erf afiten Hitler zum ersten Male ernste Zweif el
an den ihm iibermittelten „Sieges''=Meldungen der Luftwaffe. In der Lage=
besprechung am 31. 5. erklarte er: „Ich kapituliere nie vor einer harten Wirk=
lichkeit, aber ich mufi klar sehen, um die richtigen Folgerungen Ziehen zu
konnen^.''
Die nachsten „iooo=Bomber= Angriff e'' richteten sich gegen Essen (1./2. 6.,
936 beteiligte Bomber, 31 deutsche Abschlisse) und Bremen (25.726. 6. 1942,
1006 beteiligte Bomber, 49 deutsche Abschlisse). Von Grofiangriffen ahnlichen
Ausmafies wurden bis September 1942 (als die Serie abklang) noch Wilhelms=
haven, Mainz, Kassel und Diisseldorf betroffen. Schwere Zerstorungen er=
litten auch Hamburg, Osnabriick, Miinchen, Duisburg, Oberhausen, Kiel,
Saarbriicken, Miinster, Stuttgart, Emden und Karlsruhe. Bei dem Angriff auf
Hamburg am 26. 7. wurden die Feuerloschkrafte der Stadt zum ersten Male
nicht mehr allein der Brande Herr. Die britischen Verluste betrugen bei den
Groliangriffen etwa 4 ^7o, bei den mittleren 6 bis 10 ®/o der eingesetzten Flug=
zeuge. Ein besonders geschultes „Lancaster''=Geschwader unternahm ab 17. 4.
1942 erstmals auch einzelne Tagesangriffe auf deutsche Stadte. Von diesen
waren die Angriffe auf die MAN=Werke in Augsburg (17. 4.) (12 eingesetzte
Bomber, davon 7 abgeschossen) und auf Industrieziele in Danzig (11. 7.) (44
eingesetzte Bomber, von denen nur V3 ihr Ziel fand, 2 abgeschossen, 8 be=
schadigt) die wichtigsten, wenn sie auch den Angreifern nur sehr begrenzte
Erfolge brachten. Tagesangriffe kleiner „Moskito''=Bomberverbande (seit Au=
gust 1942) machten eine neue Stufe im deutschen Warnsystem notwendig
(„offentliche Luftwarnung''). Neue Angriff smethoden („Pfadfinder''=Verfah=
ren) bei den Nachtangriffen traten hinzu, um die kommenden grofien Ge=
2 Kriegstagebuch der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW, 31. 5. 42.
164
IX. Der Luftkrieg
fahren erkennen zu lassen. Noch bedeutungsvoUer, well damit die technische
Oberlegenheit der Gegenseite in eklatanter Weise demonstriert wurde, war
die Anwendung eines Richtstrahlsystems in der Nacht zum 21. 12. beim An=
griff auf die Krupp=Werke in Essen, die bisher trotz zahlreicher Angriffe auf
die Stadt noch nicht getroffen worden waren.
Das Ziel der britischen Luftoffensive 1942 jedoch wurde nicht erreicht. We=
der gelang es, die Kampfmoral der Bevolkerung in den angegriffenen Stadten
ernsthaft zu erschiittern, noch brachte sie die erhoffte Auswirkung auf die
deutsche Produktion. Die Angriffe fiihrten vielmehr dazu, dafi die Verlegung
der kriegswichtigen Industrie in bombensichere, zumeist unterirdische Anlagen
so rechtzeitig eingeleitet werden konnte, dafi die Mitte 1943 einsetzende mas=
sive alliierte Luftoffensive auf die deutschen Stadte nicht mehr die kriegs=
wichtige Industrie ernsthaft traf.
Insgesamt untemahm die britische Luftwaffe 1942 rund 1000 Angriffe auf
das Reichsgebiet, darunter 17 schwere mit einer Abwurfmenge iiber 500 t.
Insgesamt wurde in diesem Jahr eine Bombenlast von 53 y^^ t auf Deutsch=
land abgeworfen (demgegeniiber 3200 t deutsche Bombenlast auf britisdies
Gebiet); 1941 waren es 35509 t britische Bombenlast gegeniiber 21858 t
deutscher gewesen.
In den besetzten Westgebieten unternahm die britische Luftwaffe fast nur
Tagesangriffe auf kriegswichtige Ziele. Lediglich die Renault=Werke bei Paris
wurden in der Nacht (273. 3. 1942) von 220 britischen Bombern angegriffen.
„Moskito''=Bomber fiihrten am 25. 9. einen Angriff auf Oslo durch.
Die 8. USAAF eroffnete ihren Einsatz in Westeuropa am 4. 7. mit dem
Angriff eines kleinen, durch Jagdverbande stark gesicherten Verbandes „Hie=
gender Festungen'' auf deutsche Flugplatze in den Niederlanden. Es folgte der
Angriff eines groi2eren Verbandes auf einen Bahnhof bei Rouen am 17. 8.,
der von 500 alliierten Jagern gesicherte Angriff eines grol3en Verbandes auf
Eisenbahnziele bei Amiens am 20. 8. und Luftangriffe auf Lille und Romilly
am 20. 12. 1942.
Bedeutender waren 1942 die Angriffe amerikanischer Luftwaffenverbande
im Mittelmeerraum, die — abgesehen von den Einsatzen an den Fronten —
die strategischen Angriffe der RAF auf italienische Industriestadte, voran
Turin, Genua und Mailand, seit November 1942 verstarkten. Grofite Auswir=
kungen hatte der Luftangriff auf Neapel am 4. 12., der die italienische Flotte
zur Raumung dieses Kriegshafens veranlalEte (s. oben S. 121). Dagegen schei=
terte der erste Versuch amerikanischer Bomber, die Olfelder von Ploesti zu
erreichen und damit die deutsche Treibstoffversorgung aus Rumanien zu tref=
fen, am 12. 6. schon im Anflug. Vor dem 1. 8. 1943 wurde daher kein weiterer
Versuch unternommen.
Im ganzen gesehen lag die Initiative im Luftkrieg im Westen das ganze
Jahr iiber auf britischer Seite. Im Mittelmeer verlor die deutsche Luftwaffe ihre
Oberlegenheit im Raum Sizilien— Malta— Libyen im September/Oktober. Ab
165
A. Einfiihrung '
November 1942 bestimmte auch hier die britisch=amerikanische Luftwaffe mit
ihrer zahlenmafiigen Uberlegenheit das Feld.
2. Der offensive Einsatz der deutsdien Luftwaffe
Der eindeutige Schwerpunkt der deutschen Luftwaffe lag das ganze Jahr
1942 iiber auf dem ostlichen Kriegsschauplatz. An zweiter Stelle folgte der
Mittelmeerraum (Sizilien— Afrika), und erst danach kam der Westen. Der
Osten hatte bei alien Planungen und Entscheidungen der Obersten Fiihrung
stets den Vorrang. So wurden zu Beginn der Sommeroffensive im siidlichen
Teil der Ostfront Verbande aus dem Mittelmeerraum nach dem Osten ab=
gezogen (s. oben S. 103). Nur in Falle einer alliierten Grofilandung sollte der
Westen (zunachst aus dem Mittelmeerraum) Verstarkungen erhalten.
Im Osten besafi die deutsche Luftwaffe 1942 noch an alien Fronten ihre
1941 gewonnene Uberlegenheit iiber ihren sowjetischen Gegner in der Luft,
obwohl der Bestand der deutschen Krafte gegeniiber dem Kriegsbeginn (22. 6.
1941) erhebhch zuriickgegangen war. Gegeniiber rd. 2700 Flugzeugen im Juni
1941 gab es am 1. 1. 1942 nur noch rd. 1500 deutsche Flugzeuge an der Ost=
front (aufier dem finnischen Raum)^. Bis Mitte Marz sank ihre Starke nach
der schweren Winterabwehrschlacht sogar auf rd. 650. Doch konnte sie bis
zum Beginn der Sommeroffensive (28. 6. 1942) wieder auf rd. 2000 erhoht
werden. Die Zahl blieb dann — Verluste und Ersatz glichen sich einigermaJSen
aus — bis Ende November etwa gleich hoch (17. 8. rd. 1190, 29. 11. rd. 1120
einsatzfahige Flugzeuge)^.
Innerhalb der Ostfront lag der Schwerpunkt seit dem Friihjahr im Siiden
bei der Luftflotte 4 (Gen.Oberst Lohr, ab 24. 6. 1942 Gen.Oberst Frhr. v. Richt=
hofen), die mit dem VIIL FUeger=Korps bei der Eroberung der Festung Sewa=
stopol mitwirkte, dann die Offensive der H.Gr. B in Richtung Wolga begleitete
und schhefilich das monatelange Ringen der 6. Armee um Stalingrad unter
groEten Verlusten unterstiitzte, wahrend die Verbande des IV. FUeger=Korps
den Vorstofi der H.Gr. A in den Kaukasus begleitete.
Relativ stark waren ab Anfang August 1942 auch die Verbande des Luft=
waffen=Kommandos Ost (Gen.Oberst Ritter von Greim), das die H.Gr. Mitte
bei ihren schweren Abwehrkampfen unterstiitzte. Dagegen reichten die Krafte
der Luftflotte 1 (Gen.Oberst Keller) nur zu Einsatzen an den jeweiligen
Schwerpunkten der H.Gr. Nord.
Mit diesen Bemerkungen ist schon angedeutet, dafi die Hauptaufgabe der
Luftwaffenverbande im Osten 1942 in der taktischen Unterstiitzung des Hee=
3 Philippi— Helm, a. a. O., S. 109. — Die deutsche Luftiiberlegenheit in der Mitte
des Jahres kommt am deutlichsten in der Luftwaffenlage am 29. 7. 1942 zum
Ausdruck (vgl. Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe, 29.7.1942).
4 Aufz. zum KTB des WFStabes vom 17.8. und 29.11.1942. ...,^j. . jJv.J
%66
IX. Der Luftkrieg
res lag. Die Haupteinsatzraume ergaben sich aus den Angriffsoperationen,
aus den Absichten der Obersten Fiihrung und aus den Notwendigkeiten der
Abwehr der sowjetischen GrojSangriffe. Die standigen Einsatze zehrten an
der Substanz der deutschen Lujftwaffe, besonders in personeller Hinsicht.
Opferreidi war die Luftversorgung von Demjansk (Januar bis September
1942), die zum Verlust von 265 Transportflugzeugen (387 Mann fliegendes
Personal) fiihrte, und von Stalingrad, die in der Zeit vom 24. 11. 1942 bis
31. 1. 1943 einen Gesamtverlust von 488 Flugzeugen (etwa 1000 Mann flie=
gender Besatzungen) forderte.
Gegeniiber diesen Aufgaben fielen die strategischen Einsatze an der Ost=
front kaum ins Gewicht. Erwahnenswert sind die beiden letzten schwachen
Angriffe auf Moskau (2. 1. und 5. 4.), Angriffe auf Gorki und Rybinsk, ein=
zelne Vorstofie gegen die sowjetischen Hafen an der Ostkiiste des Schwarzen
Meeres (16. 7. auf Poti), ein Angriff auf Astrachan (9. 9.) sowie die beiden
Angriffe auf die Olfelder von Grosnij (10. 10. und 12./13. 10.), nachdem die
Hoffnung, dies Gebiet noch 1942 zu erreichen, dahingeschwunden war.
Die recht schwache Luftflotte 5 (Gen.Oberst Stumpff)^^ in Nordnorwegen/
Nordfinnland fiihrte neben den Angriffen auf den Konvoiverkehr England-
Murmansk/ Archangelsk (s. oben S. 81) das ganze Jahr liber Angriffe auf
die Murmanbahn, ab Marz auf Murmansk selbst, im August— September
auch auf Archangelsk.
Im Mittelmeerraum lag die Hauptaufgabe der Luftflotte 2 (Gen.Feldmar=
schall Kesselring) mit den Verbanden des II. und X. Flieger=Korps in der
Sicherung der deutschen Luftiiberlegenheit im mittleren Mittelmeer, d. h. vor
allem der Niederhaltimg Maltas (s. oben S. 96 ff.), mit den Verbanden des
„Fliegerfiihrers Afrika'' in der Unterstiitzung der deutsch=italienischen Panzer=
armee Afrika. Hinzu trat ab September der verstarkte Schutz Kretas und der
Agais durch das X. Flieger=Korps. Die verhaltnismafiig schwachen Krafte des
„Fliegerfuhrers Afrika'' hatten, besonders nach Erreichen der El=Alamein=
Stellung (30. 6.), einen schweren Stand gegeniiber den sich laufend ver=
starkenden britischen Kraften im Nildelta, zu denen noch Einheiten der
9. USAAF traten. So konnten sie neben der laufenden taktischen Unter=
stiitzung der Panzerarmee nur wenige strategische Fliige unternehmen, einige
Angriffe gegen Alexandria und die Hafen am Suez=Kanal (vor allem am
4'/5- 7-)/ daneben Sicherungsunternehmen in der lybisch=agyptischen Wiiste,
so einen Angriff auf die von den Briten besetzte Oase Kufra am 25. 9.
Verglichen mit den Verbanden der Luftflotte 2 im Mittelmeerraum miissen
4a Die Luftflotte 5, faktisdi nie mehr als ein Fliegerkorps, hatte in ihren besten
Zeiten K.G. 26 und K.G. 30 als Hauptverbande, daneben zur Unterstiitzung des
Heeres I./St.G. 5. Am 20. 6. 1942 verfiigte sie iiber 98 Ju 88 und He 111 sowie
42 Ju 87; davon waren 69 bzw. 36 einsatzbereit; am 20. 7. 1942: 146 Ju 88, Ju 87
und He 111, davon insgesamt 101 einsatzbereit; am 20.12.1942: nur noch
27 Ju 88, davon 19 einsatzbereit, und 52 Ju 87, davon 40 einsatzbereit.
167
A. Einfiihrung
die der Luftflotte 3 (Gen.Feldmarschall Sperrle) 1942 zur Verfiigung stehenden
Krafte als gering bezeichnet werden. Sie waren daher nur, wenn sie wie bei
der Abschirmung des Untemehmens „Cerberus'' (s. oben S. 156) schwerpunkt=
mafiig zusammengefafit waren, zu groJSeren Einsatzen fahig.
Da sie wiederholt zugimsten des Ostens geschwacht wurden, waren sie, als
die britische Luftoffensive gegen die deutschen Stadte mit dem Angriff auf
Liibeck {zS.lzg. 3.) begann, nur in der Lage, mit schwachen Kraften „Ver=
geltungs''=Angriffe zu fiihren. So wurde der erste „Vergeltungs''= Angriff, der
iiberhaupt erst einen Monat danach moglich wurde, am 25.726. 4. auf Exeter
von nur 25 deutschen Kampfflugzeugen gefiihrt, also etwa einem Zehntel der
gegen Liibeck eingesetzten britischen Bomber. Die weiteren „Vergeltungs''=
Angriffe wurden daher auch gegen wenig verteidigte britische Stadte gefiihrt
(„Baedecker''=Angriffe), so auf Bath (26.-27. 4.), Norwich {zj.lzS. 4., 29./
30. 4.) und die Erzbischofsstadte York (28./29. 4.) und Canterbury (31. 5./1. 6.,
2.73. 6., 6.I7. 6. noch einmal am 31. io.7i. 11.) als „Antwort'' auf die Bom=
bardierung Kolns. Nicht mehr als „Nadelstiche'' waren auch die „regularen''
Angriffe gegen britische Hafenstadte imd militarische Anlagen, vor allem in
Siid= und Siidostengland. Die Zahl der eingesetzten deutschen Flugzeuge stieg
bis zu 100 an; durchschnittlich handelte es sich bei den grofieren Angriff en
um 60— yo. Verglichen mit der britischen auf deutsche Stadte abgeworfenen
Bombenlast war es im ganzen noch nicht einmal ein Zehntel (s. oben S. 165).
Das ganze Ausmafi des Krafteverschleifies der deutschen Luftwaffe im
Jahre 1942 wird aus der Zusammenstellung der Flugzeugverluste deutlich.
Am 3.1.1942 betrug der Istbestand der Luftwaffe^ rund 6100 Flugzeuge,
darunter 1776 Kampfflugzeuge, 407 Stuka, 1524 Jagd=, 317 Nachtjagdflug=
zeuge. Die Gesamtverluste (Totalverluste und nicht reparaturfahige Bescha=
digungen) in diesem Jahr erreichten die Hohe von 9602 Flugzeugen, zu denen
noch 3373 reparaturfahige Beschadigungen hinzukamen^. Das heifit, das
1^72fache des Bestandes von Jahresbeginn war vernichtet. Diese Verluste
wurden zwar zahlenmafiig durch den Neubau, monatlich anfangs von durch=
schnittlich 1000, am Jahresende bereits 1600 Flugzeugen — 1942 wurden ins=
gesamt 15 409 Flugzeuge gebaut, davon 4337 Kampfflugzeuge, 5515 Jagd=,
1249 Schlachtflugzeuge^ — wieder ausgeglichen, ja der Bestand im ganzen
wesentlich erhoht. Doch die erfahrenen Flugzeugbesatzungen konnten durch
den neu ausgebildeten Ersatz nur unzureichend ersetzt werden. Hinzu kam
— neben beginnendem Treibstoffmangel (Flugbenzin) — als Ursache fiir die
sich trotz zahlenmafiigen Zuwachses ankiindigende grofie Krise der deutschen
Luftwaffe die Fehlplanung hinzu. Das ganze Jahr 1942 iiber lag der Schwer=
punkt der Flugzeugproduktion wie bisher eindeutig bei den Angriff sflugzeugen
5 Nach einer Ubersicht des Gen.St.d.Lw. Qu. 6. Abt. Nr. 4713/43 g.Kdos. vom
17. 6. 1943.
6 Zusammenstellung des OKL/6. Abt. vom 17. 6. 1945.
7 Vgl. hierzu Heiber, a. a. O., S. 139, Anm. 1.
168
X. Rustung und Wehrwirtschaft Deutschlands im Jahre 1942
(wichtigstes Baumuster Ju 88, in weitem Abstand He 111). Diese Zunahme
der Kampfflugzeugproduktion wurde bis Februar 1943 fortgesetzt®, erst da=
nach begann die rasche Steigerung des Ausstofies von Verteidigungsflugzeu=
gen. Die „praktisch gleichbleibende und sich damit in der Relation zu den
standigen Fort= und Neuentwicklungen auf der Feindseite laufend verschledi=
ternde Qualitat der deutschen Flugzeugmuster'' stellte schliefilich „den wohl
primaren Faktor" fiir den sich anbahnenden Niedergang der deutschen Luft=
waffe dar^.
X. Riistung und Wehrwirtschaft Deutschlands im Jahre 1942
Grundlegend fur die Umstellung der deutschen Riistung im Winter 1941/42
wurde der Befehl Hitlers vom 10. 1. 1942 S der zwar das RUstungsprogramm
vom 14. 7. 1941, als dessen Schwerpunkt der „Ausbau der Luftwaffe und der
Kriegsmarine zum Kampf gegen die angelsachsischen Machte'' vorgesehen
war, „auf weite Sicht'' unverandert lassen wollte, jedoch, „da die Kriegfiihrung
im Jahre 1942 ... bis auf weiteres ein Absinken der Riistung des Heeres
zugunsten dieser Zielsetzung'' verbot, festlegte, dafi „die Mittel der Riistung
. . . zunachst den gesteigerten Bediirfnissen des Heeres dienstbar zu machen''
seien.
„Der notwendige weitere Ausgleich zwischen den Forderungen der Kriegfiihrung
und den durdi die Rohstofflage gebundenen Moglichkeiten mu6 gefunden werden
durdk:
a) vermehrte eindeutige Schwerpunktbildung innerhalb der Riistung der Wehr=
machtteile auf die fiir die Kriegfiihrung aussdilaggebenden Fertigungen;
b) Einstellung der Fertigungsprogramme auf Uberwindung der Engpasse durch
Ersatzstoffe, Ausweichkonstruktionen und ermafiigte Anspriiche. Dabei ist davon
auszugehen, dafi Rohstoffe iiber den bisher zugewiesenen bzw. fiir die Zuweisung
beabsichtigten Rahmen hinaus nicht zur Verfiigung stehen.
c) Abstimmung und Typisierung der Geratefertigung auf die Engpasse der Ein=
zel= und Ersatzteile;
d) Neufestsetzung und grofitmogliche Begrenzung der Bevorratung nach den
bisherigen Kriegserfahrungen;
e) vermehrte Verwendung von Beute (Gerat, Munition und Ausriistung), be
senders audi in der gesamten Kiistenverteidigung."
Fiir das Heer wurde im einzelnen bestimmt:
„Die Einsatzbereitschaft des Heeres in dem vom Oberkommando des Hee=
res vorgesehenen und von mir genehmigten Umfang mui2 bis 1. 5. 1942 mit
dem notwendigen Nachschub fiir mindestens 4 Monate sichergestellt sein. . .
Neben der 1. Ausstattung ist eine Bevorratung an Munition in der Hohe
8 Die deutsdie Industrie im Kriege, a. a. O., S. 77.
9 Heiber, a. a. O., S. 139.
1 Der Fiihrer und Oberste Befehlshaber der Wehrmadit Nr. 1/42 g.Kdos. OKW/
WFStab/Org. — WiRii Amt vom 10. 1. 1942.
169
A. Einfiihrung
des sechsfachen Monatsverbraiiches auf der Grundlage des Ostfeldzuges (Ver=
brauch August 1941) wenigstens bei den Hauptwaffen zu erreichen, abgestellt
auf das Wajffensoll des Feldheeres vom 1. 5. 1942.
Der Umbau des Heeres unter Schwerpunktverlagerung auf die Schnellen
Truppen ist iiber den 1. 5. 1942 hinaus im Rahmen der gegebenen Moglich=
keiten fortzufiihren/'
Zur Waffen=SS hiefi es bemerkenswerterweise : „Neuaufstellungen unter
Beanspruchung zusatzlichen deutschen Gerats entfallen/' Doch hielt sich Hit=
ler selbst nicht daran, als er bereits im Friihjahr 1942 die Aufstellung eines
(ersten) SS=Korps befahl.
Hinsichtlich der Kriegsmarine wurde festgelegt: „Im Rahmen der zur Ver=
fiigung stehenden Rohstoffe liegt der Schwerpunkt der Riistung in der Kon=
zentrierung auf Bau und Unterhaltung der U=Boot=Waffe. Daneben bleiben
die Erhaltung des Geleitdienstes und die Sicherung Norwegens sowie des
Kiistenvorfeldes wichtig. . ."
Fiir die Luftwaffe gait: „Das Flugzeugbeschaffungsprogramm 21/2 und das
Flakprogramm sind im Rahmen der Rohstoffzuteilung durchzufiihren; eine
Kiirzung des Flakprogramms bedarf meiner Zustimmung.
„Eine voriibergehende Drosselung der Fertigung von Munition und Bomben
auf alien hinreichend bevorrateten Gebieten mu6 in Kauf genommen werden,
solange Umstellung auf Ersatzstoffe fur mangelnde NE=Metalle die Produk=
tionsleistung hemmt.
„Den Abgleich zwischen dem Ersatzbedarf der Wehrmacht und dem Krafte=
bedarf der Wirtschaft trifft der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht im
Benehmen mit dem Reichsminister fiir Bewaffnung und Munition und den
iibrigen beteiligten Obersten Reichsbehorden.
„Die Organisationsabsichten und der Ersatzbedarf der Wehrmachtteile sind
auf den Produktionsanfall abzustimmen/'
Wie wirkte sich diese Abanderung des Riistungsprogramms in der Wirklich=
keit aus? Wir besitzen fiir das erste halbe Jahr 1942 hierfiir eine Obersicht in
der Aufzeichnung des WFStabes vom 6.6.1942 „Wehrkraft 1942'' 2. Aus ihr
seien im folgenden die wichtigsten Feststellungen angefiihrt:
„Die Umstellung der Riistung zugunsten des Heeres hat infolge des uner=
wartet hohen Verbrauchs an Waffen und Munition im Winterfeldzug gegen
Sowjetrufiland zu einer liickenlosen Ausriistung der Verbande und der gefor=
derten Bevorratung (bei Munition 6 Monate) noch nicht fiihren konnen . . .
Die Fertigung von Panzerkampfwagen wird bis zum Beginn der Opera=
tionen die bisherigen Verluste gegeniiber dem Bestand vom 22. 6. 1941 nicht
ganz ausgleichen konnen. Die Monatsdurchschnittsfertigung bis Herbst 1942
wird bei 430 Panzern (II, III, IV, Sturmgeschiitze) liegen.''
Gegeniiber 3600 Panzern im Juni 1941 verfiigte das Ostheer im Juni 1942
2 Abgedruckt bei Jacobsen, a. a. O., S. 309—333.
170
X. Riistung und Wehrwirtschaft Deutschlands im Jahre 1942
iiber 3300 Panzer. Die Jahresproduktion an Panzern erreichte 1942 die Hohe
von 3600 leichten, ^600 mittelschweren und 100 schweren Panzern („Tiger''
und „Panther'')2^.
„Das Starke Absinken der Munitionsbestande durch den hohen Verbrauch
an der Ostfront wird durch die mit besonderem Nachdruck betriebene Fer=
tigung — Konzentration auf die Mangelgebiete wie leichte und schwere Feld=
haubitzen, Granatwerfer — aufgefangen . . . Verbesserung der Munitionslage
Ost durch Kontingentierung und Riickgriff auf Westbestande ist veranlafit.
Die grofien Liicken an Kraftfahrzeugen konnen durch Neu=Fertigung nicht
geschlossen werden. Verstarkung der Reparatur in den riickwartigen Gebieten
ist erfolgt. Hierzu erforderliche Maschinen und Ersatzteile belasten die Neu=
anfertigung/'
Die Situation bei der Kriegsmarine zeichnete sich nach einer Stellungnahme
der Ski. zu dem betreff enden Abschnitt der Ausarbeitung des WFStabes so ab :
„Die fiir den Ausbau der Flotte notwendigen Kapazitaten sind zwar werft=
mafiig vorhanden, durch immer mehr steigernde Arbeitsschwierigkeiten ist je=
doch die Leistungsfahigkeit so stark abgesunken, dafi die Reparaturen fast die
doppelte Zeit benotigen als sonst. Mangel an Arbeitern zwingt zum Riickgriff
auf den Neubau (auch U=Boote), der dadurch ungiinstig beeinfluJSt wird.''
Zur Luftwaffe hiefi es in der Ubersicht des WFStabes : „Die Forderungen im
Flugzeugprogramm liegen immer noch weit iiber den voraussichtlichen monat=
lichen Durchschnittsfertigungen . . . Mit Liicken in der vollen Ausriistung der
Muster und damit einer Beeintrachtigung der vollen Einsatzbereitschaft mufi
gerechnet werden . . .
Die Fertigimg im Flakprogramm liegt immer nodi weit unter den monat=
lichen Forderungen. Der vom Fiihrer geforderte Ausstofi von 8,8 cm= und
10,5 cm=Flak ist noch nicht erreicht. Hier werden die Forderungen voraussicht=
lich erst Ende 1943 erfiillt werden konnen . . /'
Zur Lage des Arbeitseinsatzes in der Riistungsindustrie wurde festgestellt,
dafi von den 522000 in den Monaten Januar bis Marz zur Wehrmacht Ein=
berufenen 234000 aus den Riistungsbetrieben kamen. „Trotzdem konnte der
Stand der beschaftigten Personen in der Fertigung Heer noch gesteigert wer=
den, wahrend er in der Fertigung fiir die Luftwaffe und Marine um 17 000 bzw.
29 000 Mann gesunken ist . . .
Bei der Beurteilung der Leistungsfahigkeit muii allerdings beachtet werden,
dafi die Zuweisung von Arbeitskraften in grofierem Mafie in Auslandem
und Kriegsgefangenen bestand, deren Arbeitsleistung noch nicht den gleichen
Stand der abgezogenen Krafte erreicht hat. Ferner wird die Leistungsfahigkeit
der Arbeitskrafte durch gewisse Ermiidungserscheinungen, die auf Ernahrung,
2a Hitler bestimmte im Juli 1942 als monatliches Produktionsziel eine Fertigung
von 1450 Panzern.
171
A. Einfiihrung
FliegerangrijBFe und auch Uberbeanspruchung zuriickzufiihren sind. Zugefuhrt
wurden der Riistungswirtschaft 392 100 Arbeitskrafte in den Monaten Januar
bis Marz . . ."
Insgesamt erreichte die Beschaftigung von Kriegsgefangenen und auslan=
dischen Arbeitern in Deutschland nach Beginn der rigorosen Mafinahmen des
von Hitler am 28. 3. 1942 eingesetzten „Generalbevollmachtigten fUr den Ar=
beitseinsatz'' (GBA), Gauleiter Sauckel, 1942 die Hohe von 4,2 Millionen.
So kam die Ubersicht des WFStabes zu dem Schlufi, „da6 z. Z. die perso=
nelle Lage in der Riistungsindustrie zwar angespannt ist. Bei giinstigem Ver=
lauf der zukiinftigen Operationen, die keinen neuen Eingriff in den Bestand
der Belegschaften nach sich ziehen, und bei rechtzeitigem Einsatz der vorge=
sehenen ^00000 russischen Zivilarbeiter werden jedoch keine nachhaltigen
Ausfalle in der Riistungsfertigung eintreten."
Wahrend uber„Kohle und Energie'' relativ giinstige Feststellungen getroffen
werden konnten, wurde mit dem Problemkomplexen „Mineraldl" und „Eisen
und Metalle" auf die grofiten Schwierigkeiten hingewiesen: „Die Mineralolver=
sorgung wird im laufenden Jahr eine der schwachsten Stellen der Wehrkraft
sein . . . Der Mangel an Mineralol oiler Art ist so grojJ, daji die Operations^
freiheit aller drei Wehrmachtteile beeintrachtigt und die Riistungswirtschaft in
Mitleidenschaft gezogen wird^.
Die im vorigen Jahr noch vorhandenen Vorrate sind in ganz Europa auf ein
Minimum gesunken, so daJS wir nur noch aus der Erzeugung leben. Eine leichte
Besserung kann gegen Ende des Jahres mit Anlauf neuer Hydrierwerke er=
wartet werden, die jedoch keine entscheidende Anderung der Lage bedeuten
wird."
„Den grofiten Engpafi in der Riistungsfertigung bilden die Metalle. Die Ver=
sorgung wird sich gerade bei den wichtigsten Metallen, insbesondere bei Kup=
fer, im Laufe des Jahres sehr erheblich verschlechtern . . . Selbst wenn es ge=
lingen wird, in weitestgehendem Umfang Metalle einzusparen, so mufi doch
mit Schwierigkeiten in der Riistungserzeugung gerechnet werden, und zwar
gerade bei der Schwerpunktfertigung an Panzerwagen, Flugzeugen, U=Booten,
Kraftfahrzeugen und Nachrichtengerat. Die Verschlechterung der Metall=Lage
wird sich 1942, besonders im Sommer, fiir die Schlagkraft der Wehrmacht noch
nicht auswirken. Auch bei Eisen und Stahl sind erhebliche Schwierigkeiten zu
erwarten, da die Anforderungen fiir Munition standig im Ansteigen begriffen
sind.'' „Auf chemischem Gebiet, einschliefilich der Pulver= und Sprengstoffher=
stellung, sind entscheidende Schwierigkeiten trotz Versorgungsspannungen auf
zahlreichen Einzelgebieten zunachst nicht zu erwarten . . . Die Lage in der
Kautschukversorgung kann als entspannt betrachtet werden, da standig stei=
gende Massen an Buna zur Verfiigung stehen und im vermehrten Umfang Na=
3 Vom Verf. hervorgehoben.
172
X. Riistung und Wehrwirtsdiaft Deutschlands im Jahre 1942
tur=Kautschuk aus Obersee (Blockadebrecher) eingefiihrt wird. Sie bleibt jedoch
trotzdem noch unsicher, solange die Buna=Erzeugung zunachst noch auf nur
zwei Werke konzentriert ist/'
Zu einem „sich immer starker auswirkenden Engpafi'' entwickelte sidi auch
das Verkehrswesen. „Den fortgesetzt steigenden Transportanfordeningen
steht ein standiges Absinken des Leistungsvermogens der Verkehrsmittel ge=
geniiber . . .
Die hauptsachlichen Griinde fiir den Rtickgang sind abgesehen von den
Witterungseinfliissen: die aulBerordentliche Ausdehnung des zu versorgenden
Raumes, die Zusammenballung des Verkehrs in verkehrstechnisch wenig er=
schlossenen Raumen, hohe Abgabe von Lokomotiven und Wagen nach dem
Osten, hoher Ausfall durch Winters chaden, unzureichende Neufertigung aus
der Industrie/'
Um die zahlreichen „Engpasse'' zu iiberwinden, konnte nur in begrenztem
MaEe auf die Hilfsquellen der verbiindeten europaischen oder der neutralen
Lander zuriickgegriffen werden: „Wichtig sind fiir die Lieferungen der Nor=
dischen Staaten vor allem die Eisenerz= und Pyrit=Lieferungen Schwedens und
die Nickel= und Kupfer=Lieferungen Finnlands. Eine besonders wertvoUe Unter=
stiitzung gewahrt Portugal durch die Abgabe von Wolfram sowie Japan durch
die Lieferung von Rohkautschuk, von denen 1942 bisher rund 21000 t nach
Deutschland gelangt sind und weitere 10—15 ^^^ * erwartet werden."
Erst aus der hier skizzierten Situation der deutschen Riistung und Wehr=
wirtschaft werden manche strategischen Entscheidungen und operativen Ent=
schliisse der deutschen Obersten Fiihrung verstandlich. Um nur die wichtigsten
zu nennen: die trotz steigender synthetischer Treibstoffherstellung im Reich
und den umf angreichen rumanischen MineraloUief erungen voUig unzureichende
deutsche Treibstoffversorgung war fiir Hitler ein Hauptgrund fiir das — nicht
erreichte — Operationsziel der deutschen Sommeroffensive 1942, die Olquellen
des Kaukasus. Der Versuch, die an den Don vorgeschobene Front zu halten,
diente nicht zuletzt der Absicht, die gerade angelaufene Produktion im Donez=
Industrierevier zu schiitzen, ohne die Hitler, wie er am 4. 3. 1943 erklarte,
„nicht weiter Krieg fiihren konne''^. Die Festlegung von 150000 Mann (zum
grofien Teil Elitetruppen) in Lappland diente dem Zweck der Abschirmung des
Nickelgebiets in Nordfinnland und trug wie die Besetzung Nordnorwegens da=
zu bei, dafi die Eisenerzlieferungen aus Nordschweden reibungslos verliefen.
Die Notwendigkeit, der Aufstandsbewegungen im jugoslawischen Raum Herr
zu werden, ergab sich mit aus dem Zwang, das wichtige bosnische Bergbau=
gebiet (Bauxit=Lagerstatten), das z. T. in der italienischen Besatzungszone
Kroatiens lag (Mostar) imd daher besonders gefahrdet war, ungestort fiir die
deutsche Kriegswirtschaft arbeiten zu lassen.
4 KTB OKW/WFStab, Aufzeichnungen Greiners (Greiner, a. a. O., S. 437).
173
A. Einfiihrung
Fiir Ende 1942 steht keine vergleichbare Dbersicht iiber die deutsche Ru=
stung und Wehrwirtschaft zur Verfugung. Die Situation diirfte bis dahin in
den Grundziigen unverandert geblieben sein, da einerseits die Operationsziele
nirgends erreicht wurden, andererseits das Riistungsprogramm im grofien bis
Jahresende nicht geandert wurde. Aus den Niederlagen und Verlusten seit No=
vember 1942 wurde erst Anfang 1943 die Konsequenz gezogen: eine allge=
meine Verlagerung des Schwerpunkts in der Produktion von den Angrif¥s= auf
die Verteidigungswaffen.
Die Entwicklung von in die Zukunft weisenden Waff en kiindigte sich 1942 ge=
rade erst an. Am 5. 6. 1942 wurde dem Technischen Amt der Luftwaffe das Muster
Fi 103 („Kirschkern''), spater „V -l" genannt, angeboten.Es wurde Herbst 1943,
ehe mit der Serienfertigung begonnen werden konnte. Eine erste Fiiissigkeits=
rakete der Heeresversuchsanstalt Peenemiinde „A 4'' (Aggregat 4) wurde ver=
suchsweise am 3. 10. 1942 abgeschossen. Erst im Juli 1943 riickte dieses Projekt
jedoch an die Spitze der Dringlichkeitsliste^. Fiir die ersten vorbereitenden
Arbeiten zum Bau einer deutschen Atombombe wurde schliejSlich die Ent=
scheidung der Obersten Fiihrung vom August 1942 bestimmend, da nach der
Erklarung der beteiligten Forscher, dafi in den nachsten zwei Jahren mit einer
Fertigstellung nicht gerechnet werden konne, die Weiterentwicklung stark ein=
geschrankt wurde ^^.
Die grofien Materialverluste seit November 1942 erhohten die schon Mitte
1942 deutlich sichtbaren Spannungen in der deutschen Wehrwirtschaft und Rii=
stung in starkem Mafie. Sie konnten zwar durch die Anstrengungen der Ru=
stungsindustrie in der nun erst richtig zur Auswirkung gelangenden „Ara
Speer'' zahlenmaiSig nicht nur ausgeglichen werden, sondern die deutsche Rii=
stungsproduktion erfuhr in den folgenden Jahren bis Herbst 1944 auf vielen
Gebieten eine gewaltige Steigerung. Jedoch geriet sie trotz hochster Anspan=
nung der Krafte im Vergleich zu dem voll angelaufenen Riistungsprogramm
der Gegner, voran der USA, angesichts der hier vorhandenen Moglichkeiten
unvermeidbar in ein aussichtsloses Hintertreffen^.
XI. Die Bilanz des Jahres 1942
Versucht man die Ergebnisse des Jahres 1942 aus dem Blickwinkel der deut=
schen Obersten Fiihrung zusammenzufassen, so mufi als grundlegend fiir den
Fortgang des Krieges festgestellt werden, dali es nicht gelang, mit dem ver=
5 Ober Einzelheiten der Waffenentwicklung vgl. Rudolf Lusar, Die deutschen
Waffen und Geheimwaffen im Zweiten Weltkrieg und ihre Weiterentwicklung,
4. Auflage, Munchen 1962, und Fritz Hahn, Deutsche Geheimwaffen 1939—1945.
Flugzeugbewaffnungen, Heidenheim 1963. Zusammenfassung der wesentlichsten
Fakten in Ploetz, Geschichte des Zweiten Weltkrieges, 2. Teil: Die Kriegsmittel,
Wiirzburg i960, zu Deutschland 1942 : S. 170 — 79,
5a Vgl. KTB OKW/WFStab, Bd. IV, S. 27.
6 Vgl. hierzu: Die deutsche Industrie im Kriege, a. a. O., S. 84ff.
%7A
XI. Die Bilanz des Jahres 1942
biindeten Japan zu einer Koalitionskriegfiihrung zu kommen, eine Koordinie=
rung der strategischen Planung und operativen Zielsetzung zu erreichen. Kon=
kret heifit dies, dafi eine Verbindung zwischen dem deutschen Machtbereich in
Europa=Nordafrika und dem von Japan in seinem Siegeszug in den ersten Mo=
naten des Jahres eroberten Raum in Siidostasien durch Fehlen eines planvoUen
Zusammenwirkens in der Operationsf iihrung nicht zustande kam. Die Tatsache,
dafi der deutsche und der japanische Machtbereich getrennt bUeben, ermoglichte
es den Alliierten, ihre Krafte schwerpunktmafiig zusammenzufassen und ihre
Gegner nacheinander niederzuringen.
Allerdings ist dieses sich dem historischen Betrachter als wichtigste Aufgabe
der Dreierpaktmachte fiir 1942 aufdrangende Ziel einer Abstimmung der deut=
schen und japanischen Kriegfiihrung damals nur von wenigen Mannern in den
Fiihrungsspitzen der beiden Verbiindeten klar erkannt und angestrebt worden.
Zu ihnen gehorte auf deutscher Seite der Ob.d.M., GroJSadmiral Raeder, der
Hitler immer wieder, wenn auch vergeblich, auf diese — im Grunde einzige —
„Chance'' des Jahres 1942 hinwies. Die deutsche Oberste Fiihrung hingegen
(d. h. fiir 1942 mehr noch als fiir die vergangenen Jahre: Hitler) hatte sich ein
anderes Ziel gesteckt: die Sowjetunion in einem zweiten Feldzug wenn nicht
voUig zu schlagen, so doch durch Abschneiden von ihren Verbindungen zu den
Alliierten im Siiden (Wolga, Kaukasus) und Norden (Eismeerkiiste, Murman=
Bahn, damit verkniipft: Eroberung Leningrads) als erstrangigen militarischen
Faktor fiir diesen Krieg auszuschalten. Bei Hitler verbanden sich in dieser Ziel=
setzung, auf die er sich ohne Abwagen von Alternativlosungen im Winter
1941/42 versteifte, weiterwirkende ideologische Momente aus der Vergangen=
heit mit wehr= und riistungswirtschaftlichen Notwendigkeiten (voran: Ge=
winnung der Olquellen des Kaukasusraumes). Auch dieses Ziel wurde nicht
erreicht, konnte nicht erreicht werden mit den vorhandenen begrenzten Kraften
unter Nichtachtung von Raum und Zeit und den MogUchkeiten des Gegners.
Im November 1942 war die letzte „Chance'', d. h. die nach dem Kriegseintritt
der USA durch die japanischen Schlage und die ohnehin notwendige amerika=
nische Anlaufzeit noch erwirkte Zeitspanne, voruber. Die Gegner aus West
und Ost ergriffen im Mittelmeerraum und an der Ostfront die Initiative und
setzten sich in die Ausgangspositionen zum Sturm auf Hitlers improvisierte
„Festung'' Europa. Im Raum um Stalingrad und in Nordafrika bahnten sich
Katastrophen bisher nicht gekannten Ausmafies an. Die aufiere Kriegswende
war — trotz aller deutschen Abwehrerfolge im einzelnen, trotz noch nicht ent=
schiedenen Ausganges der „Schlacht im Atlantik'' und trotz aller noch mog=
Uchen Steigerung der deutschen Rustungsproduktion — sichtbar eingetreten,
und auch Hitler war sich dessen bewufit, im Grunde bereits seit dem Winter
1941/42.
Indessen: Hitler reagierte auf diese Einsicht in seiner Weise. Entschlossen,
„niemals zu kapitulieren"', konzentrierte er die Macht in seinem Herrschafts=
bereich noch starker als bisher auf seine Person. Die Ubernahme des Ober=
175
A. Einfiihrung
befehls iiber das Heer am 19. 12. 1941, die Selbsternennung zum Obersten Ge=
richtsherrn in Deutschland am 26. 4. 1942 und die endgiiltige Aufspaltung der
Fiihrungsstabe (WFStab fxir die nordlichen, westlichen, siidlichen und siidost=
lichen Kriegsschauplatze, Generalstab des Heeres fiir den Osten) im Oktober
1942, so dafi nur er allein das Ganze iiberschaute, waren dabei die wichtigsten
Etappen.
Zum Verstandnis des Jahres 1942 gehort jedoch noch hinzu, dajS dieses dem
Historiker heute so klar erkennbare Bild der wirklichen Lage an der Jahres=
wende zu 1943 damals dem Blick des vom nationalsozialistischen Nachrichten=
monopol propagandistisch beherrschten deutschen Volkes zugunsten eines ge=
farbten und gefalschten Bildes entzogen war. Auch die fiihrenden Vertreter
der Wehrmacht kannten bestenfalls Teile davon. Obwohl Ende 1942 bereits
sechs Wochen vergangen waren, seit die 6. Armee im Raum um Stalingrad vom
Gegner umfafit war, und die eingeschlossenen Verbande nach Scheitern des
Entsatzversuchs dem sicheren Untergang entgegengingen, hatte der „Wehr=
maditbericht'' bis zimi Jahresende noch nicht einmal andeutungsweise dariiber
verlautet^, so wie auch das Ausmafi der Winterkatastrophe 1941/42 verborgen
geblieben und die damaligen kargen, nichtssagenden Meldungen iiber die
Ostfront mit den propagandistisch iibersteigerten Berichten vom Siegeszug der
Japaner in Siidostasien iibertont worden waren. Wohl war in der deutschen
Dffentlichkeit Ende 1942 bekannt, dafi die Alliierten in Franzosisch=Nordafrika
gelandet und dafi die Armee Rommel in Libyen auf dem Ruckzug waren, doch
erschien die Erklarung dieser Riickschlage mit dem „Verrat'' der franzosischen
Generale und Admirale relativ plausibel. Zudem gab die gegliickte Bildung des
Briickenkopfes in Tunesien zusammen mit der Besetzung Siidfrankreichs und
Korsikas (die in der propagandistischen Version angeblich das eigentliche Ziel
der Alliierten bei ihrer Operation vom November 1942 gewesen waren) dieMog=
lichkeit, das Ganze als Abwehrerfolg und wirksamen Gegenschlag hinzustellen.
Die Verscharfung des „Grundsatzhchen Befehls'' vom 11. 1. 1940 iiber die Ge=
heimhaltung durch einen neuen Befehl vom 12. 7. 1942 ^ tat ein Ubriges, um
auch das hohe Offizierkorps iiber die Gesamtlage im Dunkeln zu halten.
Bevolkerung und Wehrmacht konnten von Hitler Ende 1942 mit den weit=
gehend ungebrochenen „Endsieg''=Erwartungen weiter Teile noch als sicher in
der Hand seines Systems betrachtet werden.
Dafi die Vorstellungen eines „Endsieges'' nicht nur durch die im Aufieren
eingetretene Kriegswende, durch die 1942 erkennbar werdende, dabei erst in
der Entfaltung begriffene Starke der Gegner, sondem auch durch die „innere"
Geschichte Deutschlands gerade in diesem Jahre 1942 „fragwiirdig'' waren, ist
heute offenkundig. Es war nicht nur das Miliverhaltnis von allgemeiner poli=
1 Vgl. hierzu: Erich Murawski, Der deutsche Wehrmachtbericht. Ein Beitrag zur
Untersuchung der geistigen Kriegfiihrung. Boppard a. Rh. (Harald Boldt Verlag)
1962, S. 746 ff .
2 Der Fiihrer OKW/WFStab/Op. Nr. 002 252/42 g.Kdos. vom 12. 7. 1942.
176
XI. Die Bilanz des Jahres 1942
tischer Zielsetzung und verfiigbaren wehrwirtschaftlichen und militarischen
Mittein, das die Aussichtslosigkeit des gesteckten Zieles erkennen laEt, sondern
durch die extreme Ausf ormung der nationalsozialistischen „Europa''=Politik, die
brutale Besatzungspolitik im Osten, die eingeleitete „Endlosung'' der Judenf rage
im ganzen deutschen Machtbereich, den innerhalb und aufierhalb der Reichs=
grenzen verscharf ten Terror (z. B. Lidice) und die Ausdehnung des SS=Bereiches
(auch gegeniiber der Wehrmacht: Erweiterung der Waffen=SS, Einrichtung der
Hdheren SS= und Polizeifiihrer, Ubemahme der Partisanenbekampfung au6er=
halb des engeren Operationsbereichs), die 1942 gesteigert fortgefiihrt wurde,
forderten Hitler und sein Regime alle politischen und sittlichen Krafte inner=
halb und aufierhalb seines europaischen Machtbereichs heraus, die sich im
Widerstand gegen ihn vereinigten. Dieser Zusammenhang konnte nicht Gegen=
stand einer strategischen und operativen Betrachtung aus dem Blickwinkel der
deutschen Obersten Fiihrimg iiber das Jahr 1942 sein, sollte aber am Schlufi
doch bei der historischen Einordnung und Beurteilung des Ganzen als ent=
scheidendes Moment hervorgehoben werden.
177
B. Kriegstagebuch 1942
"~ V- - "T
4:^.
g£|:vo^.::.ir
Das erste Quartal
(l.Januar bis 31.Marz 1942)
1. Januar 1942
Lagebericht OKH*
Osten^
H.Gr. sad:
11. Armee: Auf dem Nordfliigel der Sewastopol=Front kam der eigene An=
griff bis an ausgebaute fdl. Bunkerstellungen heran. Russ. Gegenangriffe wur=
den iiberall abgewiesen, Feindansammlungen und Bewegungen durch eigene
Artl. bekampft.
Im Raum um Feodosia blieb ein Feindangriff ostw. Stary Krym erfolglos, im
Gegenstofi wurde die Gegend 3 km nordostw. Stary Krym erreicht. Weitere
1 Das Kriegstagebuch des WFStabes des I. Quartals 1942 muji als verloren ange=
sehen werden. Als Ersatz werden fur die Zeit vom 1. Januar bis zum 6. Februar
1942 die Lageberichte des Oberkommandos des Heeres, hrsg. von OKH/Gen.St.d.
H./Op.Abt. (HI) g.Kdos., betreffend die Ostfront (einschl. Finnland) und Nor=
wegen, abgedruckt. Fotokopien hiervon befinden sich im Bundesarchiv=Militar=
archiv Koblenz (H 80—4/j). Die Lage in Nordafrika ergibt sich aus den TagesmeU
dungen der Panzergruppe, ab 22. Januar 1942 Panzer=Armee Afrika, entnommen
der Zusammenstellung „Schlachtbericht der Panzerarmee Afrika", 18. November
1941 — 6. Februar 1942, Oberkommando der Panzerarmee Afrika Abt. la Nr. 1500I
42 g.Kdos., Febr. 1942 (Fotokopien im Bundesarchiv=Militdrarchiv Koblenz).
FUr die Zeit vom 7. Februar bis 51. Marz 1942, fiir die die Lageberichte der Wehr=
machtteile — aufler Kriegsmarine — vollig fehlen, wurden als Ersatz Auszuge aus
dem Tagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider,
die die Heereslage betreffen, aufgenommen.
Die Lageberichte des OKH waren jeweils um ij.oo Uhr des betreffenden Tages
abgeschlossen. Die Tagesmeldungen Afrika wurden am Vorabend des Tages ab-
gefaflt, unter dem sie hier aufgefiihrt sind.
Luftlage=Meldungen in der Form, wie sie fiir die Zeit vom 1. 7.— 31. 12. 1942 vor=
liegen (s. 1. 7. 1942), haben sich fiir die Zeit vom 1. 1. — 30. 6. 1942 nicht auffinden
lassen. Zur Marine=Lage wird auf die „Niederschriften iiber die Besprediungen
des Ob.d.M. beim Fiihrer" verwiesen (s. EinfUhrung, S. 6, Anm. 1).
Zus'dtze des Bearbeiters, die insbesondere auf Dokumente im Anhang verweisen,
sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.
2 tlber die Lage am 1. Januar 1942 notierte Generaloberst Haider in sein Tage=
buch: „Neu: a) Angriff gegen Nordfliigel 6. Armee und offensichtlicher Kraft=
anlauf des Feindes auch gegen iibrige Front 6. Armee. b) Beginnender Gro^an=
Z^^ff i^gsn Tigoda=Ecke der H.Gr. Nord. Von den alten DrucJcstellen ist fest=
181
B. Kriegstagebuch
eigene Krafte halten in der Linie Islam Terek — ostw. Set Asan ostw. Wladis=
lawowka.
Im Armeebereich starker Frost und Schneefall bei triibem Wetter.
1. Pz.Armee: Am Nordfliigel wurden mehrere Angriffe schwacherer Feind=
krafte gegen St. Foschtschowka und siidl. abgewiesen. An der iibrigen Front
der Armee beiderseitige Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Die fdl. Luftwaffe war
reger als bisher.
17. Armee: Im Abschnitt nordl. St. Losktowka wurden mehrere Feindvor=
stolie zuriickgeschlagen. An der iibrigen Front Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit.
6. Armee: Die Abwehrkampfe gegen einen nachtlichen Angriff des Gegners
bei Chotomlja sind noch im Gange. Ostw. Jakowlowo wurde der Gegner nach
Osten geworfen und der Raum vom Feind gesaubert. Feindansammlungen
nordl. St. Sashnoje lassen dort weitere Angriffe erwarten. Die HKL zwischen
St. Eslenishino und Prochorowka ist fest in eigener Hand. Im gesamten Bereich
der H.Gr. herrscht Frostwetter, teilweise bis zu 23 Grad Kalte.
H.Gr. Mine:
2. Armee: Siidl. Bogdanowka drang der Gegner nicht weiter nach Westen
vor. Westl. Tim wurden fdl. Kolonnen im Zuruckgehen nach dem Osten
beobachtet, anscheinend in Auswirkung der erfolgreichen Abwehrkampfe der
letzten Tage. Russ. Angriffe bis zu Btl.=Starke gegen die Front 7 km ostw.
Schtschigry blieben erfolglos.
An der Tim — Sosna=Front wurden iiberall fdl. Erkundungsvorstolie abge=
wiesen. Der Feinddruck nordl. und nordostw. Droskowo hielt an, doch konnten
alle Feindangriffe zerschlagen werden. Nordwestl. Droskowo kam der eigene
Angriff beiderseits Senowjewka gegen zahen Gegner weiter vorwarts. Senow=
jewka wird gegen heftige Feindangriffe gehalten. Nordl. Trudki und siidwestl.
Nowosil konnten fdl. Angriffe gleichfalls keinen Boden gewinnen.
2. Pz.Armee: Ostw. Mzensk wurde ein fdl. Erkundungsvorstofi, westl. Go=
roditschtsche ein fdl. Angriff in Btl.=Starke zuriickgewiesen. Im Gegenangriff
konnte die eigene Linie bis 20 km ostnordostw. Bolchow vorgetragen werden.
Der Angriff gegen den im Oka=Bogen stehenden starken Feind ist noch im
Gange. Nordl. davon griff der Russe wahrend der Nacht den eigenen Br.=Kopf
iiber die Oka westl. Budogowischtschi an. Die Kampfe sind noch im Gange.
Wahrend westl. Semenowskaja iiber die Oka vorgedrungener Feind auf das
Ostufer zuriickgeworfen werden konnte, erzielte ein weiterer Angriff von Nor=
den einen Einbruch und konnte in Bjelew eindringen. Nach schweren Kampfen
zustellen: Krim=Lage gespannt und ohne neue Krafte schwer zu bereinigen. Sud=
fliigel Mitte erneut durch Angriff bedrangt. Oka=Lucke beginnt sich zu umranden.
4. Armee verschiedentlich unter schwerem Druck. 5. und 4. Pz.Gr. weisen Feind=
angriff ab. 9. Armee beiderseits des zerstorten Stariza durchbrochen, kampft um
ihren Zusammenhalt."
Vgl. auch den grundlegenden OKW=BefehlNr. 4422yy/4i g.Kdos. Chefs. WFSt/Op.
(H) vom 28. 12. 194^ (zit. in der Einfuhrung, S. }8 f.).
182
1. Januar 1942
mufite die Stadt aufgegeben und die eigene vordere Linie hinter den Wyra=Ab=
schnitt zuriickgenommen werden.
4. Armee: Eine rote Division griff von Siiden und Osten Suchinitschi an. Die
Kampfe sind noch im Gange. Ein aus Juchnow nach Siidosten vorgetragener
eigener Angriff konnte bis 3 km nordl. Ostapowa Raum gewinnen. Nordl.
Kaluga blieben fdl. Angriffe gegen die eigene Westfront und die Ostfront bei
Tichonowa Pustyn und Goronak ohne Erfolg. Die HKL verlauft an der Bahn
Bjedschino— Malojaroslawez. Nordl. Malojaroslawez gelang es dem Feind, die
Strafie nach Borowsk zu erreichen und zu sperren. Weitere Feindteile konnten
sich Borowsk von Nordosten nahern.
Pz.Gr. 4: Beiderseits der Autobahn wurden Angriff e von zwei rotenBtl.en so=
wie zahlreiche Erkundungsvorstofie an der iibrigen Front abgewiesen. Auch im
Abschnitt beiderseits Busa war die fdl. Erkundungstatigkeit rege. Vorstofie
wurden jedoch iiberall zuriickgeschlagen. Beiderseits Ostaschewo setzte der
Gegner seine bisherigen heftigen Angriffe, nachdem der Tag ruhig verlaufen
war, in der Nacht mit schwacheren Kraften fort. Dagegen hielt der Feinddruck
nordnordwestl. Wolokolamsk in derselben Starke an.
Pz.Gr. 3 wehrte siidwestl. Oschosikimo mehrere Feindangriffe erfolgreich ab.
Das XXXXI. A.K. vernichtete hierbei den 1000. Pz.Kampfwagen (1 52=t) seit
Beginn des Ostfeldzuges.
9. Armee: Am rechten Fliigel wurden mehrere russ. Angriffe erfolgreich ab=
geschlagen und bei einem Gegenstofi 17 Feind=MG's erbeutet. Nordl. Steponino
und nordwestl. Babysino gelangen dem Gegner kleinere Einbriiche, die abge=
riegelt wurden. Siidostw. Darjino konnte der Gegner weiter nach Siiden vor=
dringen.
Eigene Krafte halten ostw. Malegino. Das Wetter im Siidteil des H.Gr.=Be=
reiches war klar, im Nordteil diesig. Die Temperaturen schwanken zwischen
25 und 31 Grad Kalte. Der Strafienzustand hat sich nicht verandert.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidostrand des Ilmen=Sees wurden schwachere Feindkrafte
im Miindungsgebiet des Lowat gemeldet. Gegenmafinahmen sind im Gange.
An der Wolchow=Front wurde siidl. Schewelewo der Vorstofi eines Feind=Btl.
abgeschlagen. Die Kampfe sind z. T. noch im Gange. Die Sauberimg des Hin=
tergelandes wurde fortgesetzt. Der eigene Angriff nordwestl. Sawisha zur Ab=
schniirung der dort befindlichen Feindteile ist im Gange. Der Feind erlitt hohe
Verluste.
i5. Armee: Angriffe auf den eigenen Br.=Kopf ostw. Salzy wurden abge=
schlagen. Nordl. B. Ostrow ist ein Gegenangriff zur Bereinigung eines ortlichen
Einbruchs im Gang. Weitere Angriffe nordwestl. davon sowie fdl. Stofitrupp=
unternehmen an der Newa=Front wurden gleichfalls zuriickgeschlagen. Artl.
bekampfte Riistungs= und Versorgungsbetriebe in Leningrad.
Im H.Gr.=Bereich herrschen 16 bis 20 Grad Kalte.
183
B. Kriegstagebuch
Finnisdie Front (i. i.)
Karelische Armee: Nordwestl. Osclita konnten ortliche Angriffe weitere Frontver=
besserungen erzielen. Bei Wonshosero wurde der Feind zuriickgeschlagen. Er grabt
sich ein.
Die fdl. Luftwaffe griff besonders an der Swir=Front an, Bei Temperaturen von
15—20 Grad Kalte fiel stellenweise Schnee.
AOK Norioegen: Der Gegenangriff der Siidgruppe des III. finn. A.K. ist im Fort=
schreiten. Feindangriffe gegen das XXXVI. Geb.Korps sowie gegen das Geb.Korps
Norwegen blieben ohne Erfolg.
Temperaturen von 15—55 Grad Kalte.
Afrika (31. 12.) .'rii,no\ •■
1. Feind an Agedabia=Front setzte sich mit Masse im Raum Saunnu— Antelat
ab. Poln.Brigade wurde dagegen in Raum Beda Fomm und sudlich naher an die
Agedabia=SteIIung herangefiihrt. Luftaufklarung stellte Zufiihrung von Verstar=
kungen iiber Gazala auf Mechili fest.
2. Panzergruppe trieb 31. 12. verstarkte bewaffnete Aufklarung vor Agedabia=
Front Richtung Saunnu — Antelat vor. Luftwaffe griff zuruckgehenden Feind mit
grofiem Erfolg an. Sie vernichtete aufierdem einen sudlich Agheila nach Westen
vorstoEenden mit Artl. ausgestatteten Spahtrupp.
3. Nach dreistundiger starkster Artl.=Vorbereitung griff Feind unterstiitzt durch
Luft= und Seestreitkrafte (5 Kreuzer, 2 Torpedoboote) 31. 12. morgens mit Panzern
Festung Bardia an. Ihm gelang breiter Einbruch in die Siidfront des Festungsbe=
reiches. Eigene Luftunterstutzung war aus Wettergriinden leider nicht moglich. Da
Gegenangriff bisher noch keinen Erfolg hatte, mu6 auf Grund der geringen Ab=
wehrkraft der allein auf sich gestellten Festung mit ihrem baldigen Fall gerechnet
werden.
4. Absicht fiir 1. 1. 42:
Fortsetzung der bewaffneten Aufklarung vor der Agedabia=Stellung Richtung
Saunnu — Antelat unter Einsatz des italienischen mot.Korps und einer deutschen
Kampfgruppe.
5. In der Zeit vom 21.— 31. 12. 41 wurden 130 Pz.Kampf= und 40 Pz.Spahwagen
vernichtet. In dem gleichen Zeitraum wurden 17 Flugzeuge abgeschossen. Damit sind
in der Zeit vom 19, 11.— 21. 12. 1941 insgesamt vernichtet bzw. abgeschossen worden:
1246 Pz.Kampf= und Spahwagen sowie 271 Flugzeuge.
! 2.Januarl942
Lagebericht OKH
Osten^
H.Gr. Sud:
II. Armee: Der eigene Angriff an der Sewastopol=Front ist voriibergehend
eingestellt. Starkere Gegenangriffe des Feindes gegen den linken Fliigel der
Angriffsfront wurden in zahen, den ganzen Tag andauernden Kampfen unter
starken Verlusten fiir den Gegner abgeschlagen.
1 Notizen Haider zur Lage am 2. Januar 1942:
„Ein Tag wilder Kampfe. Wahrend sich auf der Krim ein voruhergehender Stopp
des Feindes unter der Einwirkung der Luftwaffe ergibt und in der Siidhalfte der
t84
2. Januar 1942
An der Front bei Feodosia im allgemeinen keine Veranderung der Lage. Die
von Kertsch ausgewichenen Krafte haben sich zur Verteidigung in der Linie
westl. und siidl. Set Asan— Kiiste (9 km siidwestl. Arabat) eingerichtet. Der
Feind hat seinen Angriff zunachst nicht fortgesetzt, sondern verstarkt seine
Stellungen im Landekopf Feodosia und sichert sich den Besitz des Zugangs zur
Landenge Kertsch.
Trotz schwieriger Wetterbedingungen unterstiitzte das IV. Fl.=Korps die Ar=
mee in rollendem Einsatz gegen Hafen und Seegebiet Feodosia und gegen Kfz.=
Ansammlungen und Truppenteile des Gegners, hierbei wurden ein 6—Sooo=
Tonner versenkt sowie ein kleines und zwei mittlere Schiffe (dabei vermutUch
1 Kriegsschiif) beschadigt. imi ^ffb-^/r
Wechselnd bewolktes Wetter mit anhaltendem Frost.
I. Pz.Armee: Auf dem Nordfliigel wurden schwachere Feindangriffe in Ge=
gend St. Foschtschowka abgeschlagen. Ein nachtUcher Vorstoli iiber das Eis
ostw. Taganrog bUeb ebenfalls erfolglos. An der gesamten iibrigen Front der
Armee halt das Storungsfeuer der fdl. Artl. und Gr.Wf. weiterhin an.
Zahlreiche LuftangrifiFe mit Bomben und Bordwaffen im gesamten Armee=
gebiet, vor allem auf dem Stid= und Nordfliigel.
Klares, sonniges Wetter, bis minus 16 Grad Kalte. Vereiste Strafien mit
stellenweisen Schneeverwehungen, die die Bewegungen stark behindern.
ly. Armee: Ein fdl. Angriff in Starke von 2 Btl.en wurde bei der Armee=
mitte in Gegend 10 km siidostw. Bogoroditschno unter hohen Verlusten fiir
den Gegner abgeschlagen. An der iibrigen Front der Armee nur Spahtrupp*
Ostfront trotz recht erheblicher Kdmpfe am Nordfliigel der 6. und am Sudflugel
der 2. Armee im wesentlichen eine operativ wirkende Gefahr nicht zu bestehen
scheint und audi an der Oka=Liicke, an welche der Feind stUrkere Krafte nach=>
fUhrt, eine gewisse Umrandung sich zu zeigen beginnt, sind bei 4. Armee und
9. Armee schwere Krisen entstanden.
DerDurchbrudi nordlidi Malojaroslawez reifit die Front auseinander, ohne daji im
Augenblick zu ersehen ist, wie sie wieder geschlossen werden kann. Bei 9. Armee
ist von Stariza her die Front durchbrochen. Hier ist anscheinend ein FUhrungs=
durcheinander entstanden, bei dem eine riickwartige „K=Bergstellung" , die gar
nicht besteht, eine verheerende Rolle gespielt zu haben scheint. Die Front ist
zuriickgenommen und anscheinend schon wieder durchbrochen.
Diese Lagen fUhren zur Forderung des Fm. v. Kluge auf Zuriicknehmen der an=
schliefieriden Fronten. Sehr erregte Auseinandersetzungen mit dem FUhrer, der
aber auf seiner Auffassung beharrt. Die Front wird also stehen bleiben ohne
Riicksicfit auf die Folgen.
Die bei 9. Armee eingetretenen Zuriickverlegungen entgegen dem Willen der
Obersten FUhrung geben bei der Morgenbesprechung Anlajl zu tobenden Szenen,
in denen dem OKH vorgeworfen wird, die Armee parlamentarisiert zu haben
und nicht straff zu fUhren. Diese mit vollig unhaltbaren AnwUrfen versehenen
AusfUhrungen nehmen die Zeit weg und untergraben die gedeihliche Zusammen^
arbeit.
Anschlieflend Gesprach mit den Heeresgruppenchefs, um sie ins Bild zu setzen
liber die Gedankenbildungen an oberster Stelle.
Mehrfach Gesprach mit v. Kluge, der nicht mehr ein noch aus weifl und von
Vertrauenskrisis spricht." f:;..,' .< ir:y/r.'.nvi>. ^ •
185
B. Kriegstagebuch
tatigkeit und Art.=Storungsfeuer. Vereinzelte fdl. Fliegerangriffe, starke fdl.
Jagdabwehr gegen eigene Luftaufklarung.
Klares Frostwetter mit 17 Grad Kalte.
6. Armee: Auf rechtem Armeefliigel fdl. Spahtrupptatigkeit. Westl. St.
Bulselowka griff ein fdl. Panzerzug in den Kampf ein. Bei Chotomlja griff der
Feind erneut an, wurde im schweren Nahkampf geworfen und zog sich vor
dem eigenen GegenstojS nach Osten zuriick.
Die siidl. Prochorowka vorgedrungene Feindgruppe wurde iiber die Bahn=
linie Bjelgorod— Kursk nach Osten zuriickgedrangt. Hier griff der Gegner heute
Nacht nach Art.=Vorbereitung erneut an. Die nordl. davon iiber die Seimisa
angreifende Feindgruppe erreichte mit vordersten Teilen den Abschnitt siid=
siidwestl. Dmitrijewskoje. St. Rshawa wird noch gehalten. Nordwestl. des
Bahnhofes haben Teile des Feindes Iselezkoje erreicht. Auch auf dem Nord=
fliigel der Armee bei Bogdanowka griff der Gegner an.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Der erwartete neue Feindangriff auf der Naht zur 6. Armee hat
im Raum siidwestl. Tim zu Einbriichen gefiihrt. Westl. Tim wurde ein starker
Feindangriff durch Einsatz mit Sturmgeschlitzen zum Stehen gebracht. Ein
Einbruch nordwestl. der Stadt konnte durch Einsatz letzter Reserven und Pan=
zer nach Siiden abgeriegelt werden. Mehrere Feindangriffe gegen die Front
nordl. davon wurden erfolgreich abgewiesen. Ein russ. Entlastungsangriff mit
Panzer=Unterstutzung nordostw. Broskowo bUeb erfolglos. Hier gewann der
eigene Panzer=Vorstofi nach Norden und Nordosten gut Boden. Eine Feind=
Battr. wurde erbeutet imd der Durchbruch 15 km nordwestl. Droskowo einge=
schlossener Feindteile nach Osten verhindert. Es gelang, die Verbindung zu
dem siidl. Trudki ebenfalls nach Osten angreifenden eigenen Fliigel herzustel=
len und die Liicke hier zu schliefien. Abwehrkampfe gegen siidwestl. Nowosil
erneut angreifenden Feind waren noch im Gange. Bedecktes Wetter mit
— 22 Grad tiefste Temperatur.
2. Pz. Armee: Im rechten Armeegebiet lebhafte beiderseitige Artl.= und Spah=
trupptatigkeit. Eigene Art. bekampfte wirkungsvoll fdl. Bereitstellungen.
Der eigene Angriff bei Bolchow gewann gut nach Osten Boden. 20 km nord=
ostw. der Stadt halt der Feind noch auf dem Westufer der Oka. Er hatte hohe
blutige Verluste. Ein Gegenangriff wurde abgeschlagen und 1 Battr. erbeutet.
Siidl. und siidostw. Bjelew dauern die schweren Abwehrkampfe gegen einen
starken Feindangriff noch an. In der Westflanke der Armee wurden bisher
keine Feindkrafte festgestellt. Eine eigene Kampfgruppe kampfte die vom Geg=
ner gesperrte Bahnlinie 20 km siidwestl. Suchinitschi frei.
Bedecktes Wetter, 15 Grad Kalte.
4. Armee: Starke Feindangriffe auf Suchinitschi wurden unter hohen Ver=
lusten fiir den Gegner durch gut liegendes Art.=Feuer und unter Mitwirkung
der Luftwaffe abgewehrt. Bei Mosalsk fiihlte der Feind mit Reiter= und Ski=
186
2. Januar 1942
Spahtrupps vor. Ein eigener Panzervorstoli drang bis in Gegend 15 km sudl.
Juchnow. Bei Wschiwka sind eigene Krafte im Vorgehen nach Siidwesten. Fdl.
Angriffe gegen die Front bei Kaluga wurden abgewehrt und ein Einbruch im
Gegenstofi bereinigt.
Nordl. Kaluga und beiderseits der Rollbahn fiihlte der Gegner gegen die
Front vor. Seine Ang-riffe wurden im allgemeinen abgewiesen, jedoch drang er
von Nor den in Malojaroslawez ein. Die eigenen Krafte reichen nicht aus, um
die Stadt wiederzunehmen.
Ein Feindangriff auf Jermolino wurde abgeschlagen, nordwestl. davon drang
der Feind durch und drang von Siiden in Borowsk ein. Die Stadt wird gehalten.
Nordl. Jermolino sind die Kampfe mit eingebrochenem Feind noch im Gange.
Zeitweise sonniges Wetter, 25—30 Grad Kalte.
4. Pz.Armee: Vor rechtem Armeefliigel und vor der Mitte lebhaftes Art.=
Storungsfeuer und Spahtrupptatigkeit. Schwachere ortliche Angriffe und Er=
kundungsvorstofie wurden abgeschlagen. Der starke Feinddruck gegen die
Front bei Wolokolamsk halt weiterhin an. Erneute Feindangriffe dort wurden
abgewehrt.
Bei der 3. Pz.Armee wurden Feindangriffe in Btl.=Starke abgewiesen. Hier
sind vor Front neue Feindverbande festgestellt.
Leicht bewolktes Wetter. Starker Frost minus 30 Grad.
9. Armee: Mehrfache Feindvorstofie am rechten Armeefliigel wurden erfolg=
reich abgewehrt. Bei Gorodischtsche wurde die eigene Front ortlich zuriick=
genommen.
Bei Stariza stehen die eigenen Krafte in harten Abwehrkampfen gegen den
stark nachdrangenden Feind im Waldgelande siidostw. der Stadt.
Mologino wurde im schwerem Kampf gegen starke Angriffe gehalten. Von
Rshew herangefiihrte Krafte sichern siidl. der Stadt. Die hier gerissene Liicke
kann vorlaufig nur durch Spahtrupps iiberwacht werden. Die Verteidigung ist
westl. Mologino, in Gegend Jekimowo und siidostw. und ostw. Borisowo auf=
gebaut. Fdl. Angriffe gegen den linken Armeefliigel wurden abgewiesen.
Bedecktes Wetter, 28 Grad Kalte. (J i-
H.Gr. Nordl
16. Armee: Siidl. des Ilmen=Sees rege beiderseitige Spahtrupptatigkeit. Fdl.
Angriffe bei Schewelowo wurden abgeschlagen. 2 Einbruchsstellen nordl. Lesna
am Nordfliigel der Armee sind trotz starker Feindangriffe mit Panzer=Unter=
stiitzung unter Einsatz aller ortlichen Reserven abgeriegelt.
18. Armee: Siidl. der Tschogoda=Miindung iiber die Bahnlinie nach Westen
vorgestofiene Feindteile konnten zuriickgeworfen und die Einbruchsstellen ab=
geriegelt werden. Die nordl. der Tschogoda=Miindung durchbrochene HKL am
Wolchow wurde wiedergewonnen. Abgeschnittene Feindgruppen befinden sich
noch westl. des Flusses. Die Schliefiung der Einbruchsstelle nordl. B. Ostrow ist
noch nicht gelungen. An der iibrigen Armeefront wurden mehrere ortliche An=
187
B. Kriegstagebuch
griffe in Gegend St. Maluksa und Stofitrupp=Unternehmungen an der Lenin=
grader Front abgewiesen.
Rege fdl. Fliegertatigkeit an der Leningrader Front und iiber dem Ladoga=
See. Verkehr mit Transportmasdiinen zwischen Leningrad und Kronstadt.
Bombenangriffe bei Peterhof. mlhM
Im Bereich der H.Gr. klares Wetter, bei 16. Armee bis minus 35 Grad, bei
18. Armee durchschnittlich 27 Grad Kalte.
Finnisdie Front (2. 1.)
Im finnischen Meerbusen wurde die Insel Semeri (50 km siidostw. Kotka) von
finnischen Truppen besetzt.
Karelische Armee: In der nordostw. Onega=Budi:t besetzte der Feind eine Insel
westl. Tsdielmuska und wurde unter Verlust zahlreicher Gefallener wieder ver=
trieben.
An den iibrigen Fronten keine besonderen Ereignisse.
Beiderseitiges Art.=Storungsfeuer, ortliche Angriffe wurden abgewiesen.
AOK Norwegen: Bei Uhtua und vor dem Geb.Korps wurden fdl. Angriffe abge=
schlagen. Lebhafte Fliegertatigkeit bei Geb.Korps mit Bombenwurf auf Kirkenes.
Bedecktes Wetter, Schneefalle, minus 15 Grad.
Afrika (1. 1.)
1. Gegner hat sich nicht weiter abgesetzt. Nach Horchaufklarung ist mit Zufiih=
rung neuer Krafte zu rechnen. — Ital. mot. Korps und deutsdie mot. Kampfgruppe
gewannen Raum 23 km nordostwarts Agedabia gegen auf Hohen 35 km nordost=
warts Agedabia sichemde Feindgruppe. — Vor Agedabia=Front und in deren Siid=
flanke beiderseitige Aufklarungstatigkeit.
2. Die geringen Gefeditsstarken und die unzureidiende Bewaffnung der ital.
Divisionen sowie die sidi aus der Lage der Feldflugplatze ergebende besdirankte
Einsatzmoglichkeit der Luftwaffe zwingen dazu, die Front Zug um Zug in die
Marada=el=Agheila=Stellung zuriidczunehmen. Diese Bewegung ist dadurch be=
sonders schwierig, dafi sie wegen des sonst sdiwer gangbaren Gelandes auf einer
Strafie erfolgen mu6. Sie soil daher moglichst nicht unter Feinddrudc durchgefiihrt
werden. Deshalb wird sie in Nadit 1./2. 1. 42 mit der Zurxid<nahme einer der
an der Agedabia=Front eingesetzten Divisionen in den Raum siidlich el Agheila
eingeleitet.
3. Der Einbruch in die Siidfront der Festung Bardia konnte durch Gegenangriff
abgeriegelt werden. Die Abwehrfront hielt auch dem am 1. 1. 42 bei Tagesanbrudi
unter starker Artillerie= imd Panzerunterstiitzung fortgesetzten feindlidien Angriff
stand. Hierbei wurden 3 Panzer= und 3 Pz.Spahwagen abgeschossen sowie iiber 50
~ zum Teil polnische — Gefangene eingebracht. Im Verlauf der rollenden starken
Luftangriffe wurde deutsches Lazarett getroffen,
Eigene Luftunterstiitzung konnte aus Wettergriinden audi am 1. 1. 42 nidit er=
folgen. Am 2. 1. 42 ist mit nodi starkerem Angriff zu rechnen, da der Feind neue
Krafte durch die Einbruchsstelle nachgezogen hat.
188
3- Januar 1942
S.Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
11. Armee: An der Front vor Sewastopol keine Veranderungen. Sudwestl.
Feodosia wurde Otusy von eigenen Kraften besetzt. Aufier beiderseitiger
Spahtrupptatigkeit keine besonderen Ereignisse.
1. Pz. Armee: Am Siidfliigel blieb ein feindl. Angriff in Btl.=Starke bei Sam=
bok ohne Erfolg. Starkes feindl. Feuer schw. Inf.=WafiFen und Artl. lag auf
dem Nordteil der Armeefront. In dem anderen Abschnitt Storungsfeuer.
17. Armee: Im Siidabschnitt wurden feindl. Spahtruppunternehmen abge=
wiesen. Stellenweise Stolitrupp= und Spahtrupptatigkeit sowie ortl. Artl.=
Storungsfeuer an der iibrigen Armeefront.
6. Armee: Am Siidfliigel wurden einzelne Feindangriffe abgewehrt. Beider=
seits Woltschansk rege eigene und feindl. Spahtrupptatigkeit. 3 km siidostw.
und 6 km siidl. St. Belenichino nahmen eigene Krafte mehrere Ortschaften.
Feindl. Gegenangriffe wurden abgewehrt, die Kampfe sind noch im Gange.
Bei und siidl. Dmitrijewskoje und bei Prochorowka blieben Feindangriffe er=
folglos. Gegen Feind, der von Nordosten in Richtung Obojan vorging, ist ein
eigener Gegenangriff im Gange. Am Nordfliigel der Armee wurden weitere
Feindangriffe iiberall abgewehrt.
Im gesamten Bereich der H.Gr. nahm der Frost zu. Bei 1. Pz.Armee herrschte
Schneesturm. Der gesamte Verkehr wird durch Sdineeverwehungen erschwert.
H.Gr.Mitte^:
2. Armee: Siidwestl., westl. und nordwestl. Tim setzte der Russe seine
heftigen Angriffe mit zusammengefafiten Kraften fort. Die Angriffe wurden
von Panzem unterstiitzt, audi Kav. war eingesetzt. Trotzdem gelang es, alle
diese Angriffe aufzuhalten. Der Gegenstoli eigener Panzer ist eingeleitet. Die
1 Notizen Haiders:
„Die Lage bei H.Gr. Mitte hat sich durch den tiefen Einbruch zwischen Malo-
jaroslawez und Borowsk sehr erschwert. Dariiber grojie Aufregung bei Kiibler
(OB der 4. Armee) und v. Kluge, der Zuriicknehmen der nordlich anschlief^enden
Fronten fordert.
Wieder eine dramatisdie Szene beim Fiihrer, in der er den Mut der Generate
bezweifelt, harte Entscheidungen zu trejfen. Tatsdchlich handelt es sich darum,
dajl die Truppe bei Kaltegraden Uber 30 Grad einfach nicht mehr halt.
Der Fiihrer entscheidet: Erst ist die LUcke aus den Nachbarbereichen heraus zu
scklie^en, dann kann von Zuriicknehmen die Rede sein. Entscheidung will er
aber in jedem Falle selbst trejfen. An den iibrigen Fronten leidlich Ruhe. Bei
6. Armee ist man anscheinend mit den ortlichen Einbriichen fertig geworden.
2. und 2. PzArmee scheinen zu stehen. Um den Sack des Oka=Dur(kbruchs sam=
meln sich einige Truppen, aber der Feind ist hier allmahlich audi aufgesMossen
und wird in den nachsten Tagen sich noch unbequem fUhlbar machen. Bei 9. Ar=
mee ist die Lage teilweise nodi recht unklar. Ortlidie EinbrUdie in die zuriidc*
gesetzte Linie."
189
B. Kriegstagebuch
Kampfe dauern noch an. Siidl. Slamowka und westl. Livvny blieben feindl.
Angriffe in Btl.=Starke, die von Artl. unterstiitzt waren, erfolglos. Eigene
Krafte stieiien im Gegenangriff bis 6 km siidostw. Trudki vor. Siidwestl.
Nowosil setzte der Feind seine Angriffe fort.
2. Pz.Armee: Am Siidfliigel, besonders bei Gorodischtsche, lebhafte beider=
seitige Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Gegen die Oka=Front nordostw. Fat=
newa fiihrte der Feind mehrere Angriffe, die durch zahlreiche schwere Waffen,
Artl. und Panzer unterstiitzt waren. Die Angriffe brachen unter hohen Feind=
verlusten im eigenen Abwehrfeuer zusammen. Feindl. Vorstolie siidostw. und
nordostw. N. Dolzy wurden abgewiesen. An der Nordfront der Armee wurde
ein feindl. Angriff siidl. Bjelew abgewiesen.
4. Armee: Angriffe von Westen auf Suchinitschi wurden von den dort hal=
tenden eigenen Kraften abgeschlagen^. Nordl. der Stadt halt der Russe den
Bahnhof besetzt. Der eigene Angriff aus Juchnow in siidl. Richtung gewann
bis zur Linie Sulichowo— Ostapowa Boden. Nordl. Subowo wurden Feind=
vorstolie abgewiesen. Nordwestl. Kaluga wurden russ. Angriffe an der Siid=
west= und Ostfront zerschlagen. Siidl. Djedschino brachen russ. Angriffe vor
der eigenen Front zusammen. Ostw. Rjabzewa wurden Feindansammlungen
vor der Front festgestellt und bekampft, nordl. davon mehrere Angriffe ab=
geschlagen. Beiderseits der Rollbahn bei Malojaroslawez wurden in schweren
Kampfen heftige Angriffe starker russ. Krafte zuriickgeschlagen. Ein Einbruch
nordl. der Strafie wird bereinigt.
4. Pz.Armee: In Borowsk sind Kampfe mit dem vom Siiden und Siidwesten
eingedrungenen Gegner im Gange. Siidl. Naro Fominsk blieben feindl. Vor=
stolBe bei schweren Verlusten fiir den Gegner erfolglos. Feindl. Bereitstellun=
gen wurden durch eigene Artl. zerschlagen. Im Raume um Rusa verstarkte
sich die Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Beiderseits Ostaschewo wurden feindl.
Angriffe in Btl.=Starke abgewehrt. Erkannte Feindansammlungen bekampfte
die eigene Artl. wirksam. Nordl. und siidl. Wolokolamsk hielten die durch
Panzer unterstiitzten Angriffe starker Feindkrafte an. AUe Angriffe wurden
abgeschlagen.
3. Pz.Armee: Westl. Oschoikino konnte ein feindl. Vorstoli mit einzelnen
Panzern an unserer Front abgeschlagen werden.
9. Armee: Der Feinddruck vor dem rechten Fliigel verstarkte sich. Gstw.
und westl. Gorodischtsche konnten starkere Feindkrafte mit Panzern zuriick=
geschlagen, ein ortlicher Einbruch abgeriegelt werden. 4 Feindpanzer wurden
vernichtet. Bei Bjagulino konnten Feindteile auf das Westufer der Wolga vor=
stofien, wahrend westl. Kalodino 2 angreifende russ. Kp.en zuriickgeschlagen
wurden. Beiderseits der Strafie Stariza— Rshew und 8 km siidwestl. Nowoje
stehen eigene Krafte in hartem Abwehrkampf. Die starken Feindangriffe
2 In Suchinitschi waren seit 5. Januar 1942 rd. 4000 Mann, Teile der 216. Inf.Div.
unter Ceneralmajor Frhr. von und zu Gilsa, eingeschlossen (Gruppe Gilsa).
%90
3. Januar 1942
konnten bisher im wesentlichen abgewiesen werden. In Mologino haltende
eigene Sicherungen mufiten den Ort vor iiberlegenem Feindangriff raumen.
AUe iibrigen Angriffe gegen die Front westl. der Stadt blieben jedoch erfolglos.
3 russ. Btl.e, die am B.Koscha=Abschnitt angriffen, wurden unter hohen Ver=
lusten zuriickgeschlagen.
Wetter im Siiden des H.Gr.=Bereichs triibe bei 28 Grad Kalte, im Nordteil
klar. Tiefste Temperaturen bei 9. Armee bis 40 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Nordl. des Ilmensees brach der Feind westl. B. Ljuban mit
schwacheren Teilen durch die eigene Abriegelung nach Westen. Der Gegen=
angriff ist im Gange. Weitere Feindvorstofie sowie 3 nachtl. Angriffe gegen
die Front ostw. Lesna wurden abgewehrt.
i5. Armee: Am rechten Flxigel gelang dem Feind siidl. der Tigoda=Miindung
ein kleiner Einbruch iiber den Bahndamm. Der Gegenangriff ist eingeleitet.
Ostw. St. Maluksa sickerten schwacherer Feindkrafte nach Siiden durch die
eigenen Linien. Z. Z. wird die entstandene Liicke geschlossen. Nordwestl.
Ledwa griff der Feind heftig an. AuiSer hohen blutigen Verlusten erzielte er
keine Erfolge. An der Front vor Leningrad greift der Gegner seit den friihen
Morgenstunden beiderseits der Bahn Kolpino— Tosno an.
Die Temperaturen im H.Gr.=Bereich schwanken zwischen 20 und 42 Grad
Kalte.
Finnisdie Front (3. 1.)
Im Finn. Meerbusen wurden 2 weitere Insein als feindfrei festgestellt.
Karelische Armee: Vor iiberlegenen Feindangriffen mufite der Bahnhof Wonsho=
sero aufgegeben werden. Stellenweise fallt Schnee bei 10 bis 15 Grad Kalte.
AOK Norzvegen: XXXVI. GebAK. und Geb.Korps Norwegen wehrten Angriffe
in Btl.=Starke ab. Bei bedecktem Himmel fallt Schnee. Stellenweise herrscht Schnee=
Sturm. Die Versorgungswege des Geb.Korps sind verweht. 10 Grad Kalte.
Afrika (2. 1.)
1. Feind nahm mit Aufklarungskraften und kleineren gemischten Kampfgruppen
verstarkte Fiihlung. Seine Kraftegruppierung im gro6en blieb unverandert. —
Ital. mot.Korps und deutsdie mot.Kampfgruppe wiesen durch Pz.Spahwagen und
Artillerie unterstUtzte Infanterieangriffe gegen Hohen 25 km nordostwarts Age=
dabia ab. — D.A.K. zersprengte gegen seine Front und Flanke vorgehende starkere
feindliche Panzerspahtrupps mit Artillerie. Vor Agedabia=Front beiderseitige Auf=
klarungstatigkeit.
2. Emeuter iiberlegener, mit starker Artillerie= und Panzerunterstiitzung gef{ihr=
ter feindlicher Angriff gegen Festung Bardia durchbrach in Nacht 1./2. 1. 42 Mitte
der siidlichen Abwehrfront. Dabei fielen letzte geringe Munitions= und Verpfle=
gungsbestande in Feindeshand. Da weiterer Widerstand unnotige Aufopferung
deutscher und italienischer Soldaten bedeutet hatte, entsandte Kommandeur des
Abschnittes Bardia, Generalmajor Schmitt, wie gemeldet, Parlamentar zwecks Uber=
gabe. Nach H.=Meldungen setzte Feind bedingungslose Kapitulation durch. Durch
191
B. Kriegstagebuch
den heldenhaften Widerstand der ganz auf sich allein gestellten Besatzung von
Bardia sind bis jetzt starke feindliche Erd= und Luftstreitkrafte gebunden worden.
Mit Abschnitt Halfaya seit 2. 1. friih keine Funkverbindung. Nach H.=Meldung
ist dort der Kampf im Gange. Dortige Verpflegungsbestande reicben bis 10. 1. 42.
Zufiihrung von Nacbscbub auf See= und Luftweg nach Einnahme der Festung Bardia
besonders schwierig. Daher ist mit langerem Durchhalten dieses Abschnittes nicht
zu rechnen.
3. Absicht fiir 3. 1. 42:
Zuriicknahme einer weiteren ital. Inf.Div. aus der Agedabia= in die Marada=el=
Agheila=Stellung.
4.Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
II. Armee: An der Sewastopol=Front schiebt sich der Feind ortlich an unsere
HKL vor und hat in einigen Abschnitten seine Aufklarungstatigkeit verstarkt.
Fdl. Bewegungen und Batterien wurden durch eigene Artl. bekampft. An der
Abwehrfront bei Feodosia keine Veranderung der Lage. Die Luftwaffe be=
kampfte im Raum Feodosia Erdziele und warf im Hafengebiet einen 4—6000
Tonner in Brand.
1. Pz. Armee: An der gesamten Front Artl.=Storungsfeuer und Spahtrupp=
tatigkeit. Keine grofieren Kampfhandlungen.
17. Armee: Fdl. Spahtrupptatigkeit vor der Front der Armee und ortl. Artl.=
Storungsfeuer. Sonst keine besonderen Ereignisse.
6. Armee: Am Sudfliigel und vor der Mitte der Armee keine besonderen
Kampfhandlungen. Bei Prochorowka wurden neue Angriffsvorbereitungen des
Gegners erkannt. Die bei St. Rshawa eingeschlossenen eigenen Krafte haben
sidi wegen Verpflegungsmangels in der letzten Nacht auf Dmitrijewskoje
zuriickgezogen. Obojan griff der Feind von Suden, Osten und Nordosten wie=
derum mehrfach erfolglos an. Die Verbindung zwischen J...ewkowo^ und
Obojan ist unterbrochen. Auf dem Nordfliigel keine Veranderung der Lage.
Wetter: Auf der Krim klar, sehr starker Frost. Bei heftigem Nordwind im
Bereich der 1. Pz.Armee fielen die Temperaturen bis zu — 40 Grad. Der eisige
Sturm mit Schneetreiben fiihrte zu zahlreichen Erfrierungen und machte die
Wege durch Verwehungen unbefahrbar. Auch bei 17. und 6. Armee herrschten
28 bis 42 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Auf dem Siidfliigel der Armee halten trotz der starken Kalte die
iiberlegenen fdl. Angriffe ununterbrochen an. Im vorbildlichen Einsatz wird
die eigene Stellung gehalten und auch starke von Panzern unterstiitzte An=
griffe entlang und nordl. der Strafie von Tim unter hohen blutigen Verlusten
1 Ortsname auf Fotokopie nicht vollstandig zu entziffern.
192
4- Januar 1942
fiir den Feind abgeschlagen. Der Gegner verstarkt sich laufend. Seit 1. 1. hat
eine Division allein 10 Feindpanzer abgeschossen und 4 beschadigt. In der
Armeemitte ist die Lage im allgemeinen ruhig. Beiderseitige Spahtrupptatigkeit.
10 km siidwestl. Nowosil wird weiterhin erbittert um eine Ortschaft ge=
kampft, wohin der Gegner weitere Verstarkungen heranfiihrt.
2. Pz.Armee: Im rechten Armeeabschnitt nimmt die fdl. ArtI.=Tatigkeit zu,
mehrere starke Spahtrupps wurden abgewiesen und eigene Gefechtsvorposten
im Abschnitt Troizkoje vor starkem Feinddruck zuriickgenommen.
Starke Angriffe gegen die Oka=Stellung wurden erfolgreich abgeschlagen,
und der eigene Br.=Kopf 20 km nordostw. Bolchow konnte nach Siiden er=
weitert werden.
Vor dem Nordfliigel verstarkt sich der Gegner weiter im Raum um Bjelew.
4. Armee: Um Suchinitschi und Meschtschowsk keine besonderen Kampf=
handlungen. Es gelang, die Verbindung mit diesen beiden Kampfgruppen und
zwischen der Kampfgruppe Mosalsk und den eigenen Kraften bei Bulischowo
herzustellen,
Nordl. Kaluga wurden starke Feindangriffe nach wechselvollen Kampfen,
siidl. und nordl. Djedschino schwachere Feindvorstofie bzw. von Panzern
unterstiitzte Angriffe abgewehrt. Beiderseits der Rollbahn halt der iiber=
legene Feinddruck an und zwang zur Zuriicknahme der eigenen Linie bis in
Gegend 8 km westl. Malojaroslawez. Die Nordflanke der Armee wird stiitz=
punktartig gegen angreifende Schneeschuh= und Schlittenverbande gehalten.
4. Pz.Armee: Es gelang dem Gegner, in den Siidteil von Borowsk einzu=
dringen. Hierhin fiihrt er weitere Verstarkungen heran. Eine schwache Feind=
gruppe stofit westl. der Stadt in nordl. Richtung vor. Eigene Krafte halten
die Linie Nordrand Borowsk — 9 km nordostw. davon. Feindangriffe im Ab=
schnitt Naro Fominsk wurden abgewiesen und nordl. Rusa liber den Flufi
nach starker Artl.=Vorbereitung vorgedrungener Gegner im Gegenstofi zuriick=
geworfen. Die Stellung bei Wolokolamsk wurde gegen starke, mit Artl. und
Panzern unterstiitzte Angriffe gehalten.
Bei 3. Pz.Armee lebhafte Art.= und Spahtrupptatigkeit.
9. Armee: Im rechten Armeeabschnitt griff der Russe mit iiberlegenen Kraf=
ten, von Artl. und Panzern unterstiitzt, erneut an. In hartesten Kampfen bei
40 Grad Kalte konnte er zum Stehen gebracht werden. Eingedrungener Feind
wurde im Gegenstofi zuriickgeworfen und der Gegner trotz starker Erschop=
fung der Truppe in erbitterten Kampfen abgeschlagen. Ansammlungen lassen
jedoch weitere Angriffe des Feindes erwarten.
In der Armeemitte ging nach heftigen Angriffen und harten Kampfen Molo=
gino verloren. Die Truppe hatte sich verschossen. Der Feinddruck gegen die
StraEe Rshew— Jelzy halt weiterhin an.
Auf linkem Armeefliigel im allgemeinen keine grofieren Kampfhandlungen.
Ein Angriff in Rgt.=Starke wurde abgewiesen.
Wetter: ImBereich der Heeresgruppe zum grofitenTeil klar,bis zu 40° Kalte.
195
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
16. Armee: Siidl. des Ilmen=Sees keine besonderen Ereignisse. Nordl. des
Ilmen=Sees wurden mehrere fdl. Vorstofie in Gegend nordl. Lesna abgewiesen.
18. Armee: Im allgemeinen ruhiger Tagesverlauf. Einzelne Feindvorstofie
wurden abgewiesen und fast 100 Gefangene eingebracht. Artl. beschofi kriegs=
wichtige Ziele in Kolpino.
Wetter: Geschlossene Wolkendecke, mafiige Sicht. Bei 16. Armee durch=
schnittlich 20 Grad und bei 18. Armee 17 Grad Kalte.
Finnisdie Front (4. 1.)
Im Finnisdien Meerbusen besetzte der Feind gegen schwadie finn. Sidierung
Suursaari.
Karelisdie Armee: Am linken Fliigel der Swir— Onega=Front wurde ein Feind»
angriff abgewiesen. Der finn. Angriff bei Wonshosero gewinnt Boden.
AOK Norivegen: Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Teilweise Schneesturm.
Afrika (3. 1.)
1. An Agedabia=Front starkere beiderseitige Aufklarungstatigkeit. — Feind
fiihrte 22. Garde=Brigade im Raum siidlidi und westlich Saunnu vor. Poln. Brigade
und Teile 7. Schtz.Brigade stehen im Raum siidwestlidi Antelat und nordlich Age=
dabia. 4. 1. wird Versudi starkerer Aufklarungskrafte, aus Raum Haseiat— Giof el
Matar gegen Via Balbia siidlich Agedabia vorzustofien, erwartet.
2. Mit Halfaya=Front Funkverbindung wieder hergestellt. Auf ihren Stiitzpunkten
lag am 2. 1. sehr starkes feindliches Artilleriefeuer. Drei eigene Flugzeuge griffen
Obersollum an. Ein feindliches Flugzeug wurde durdi Flak abgesdiossen.
3. Absicht fur 4.1.42:
Zuriidcnahme der beiden letzten ital. Inf.Div.en aus der Agedabia=Front in die
Marada=el=Agheila=5tellung unter Sidierung durch das inzwischen in Agedabia=
stellung eingeriickte ital. mot.Korps und Masse 90. lei.Div.
4. Versorgungslage:
a) Betriebsstoff: Bei der Truppe 2 V.S., in Tripolis bzw. im Vorrollen weitere
6 V.S.
b) Munition: Bei der Truppe ein Drittel Ausstattung, schwere Artillerie eine
Ausstattung. In Tripolis bzw. im Vorrollen voraussichtlich bis Ende Januar aus=
reichende Munitionsmengen, ausgenommen die gesondert gemeldete Mangelmuni=
tion, deren baldiger Nachschub dringend erforderlich ist.
c) Verpflegung bis 25. 1. 42 vorhanden.
5. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Bei Eupatoria untemahm der Feind einen Landungsversuch. Die
Abwehrkampfe sind im Gange. Die dort befindliche Eingreifgruppe von Bod=
din ist eingesetzt. An der Front vor Sewastopol ereignete sich nichts Beson=
194
5. Januar 1942
deres. Nordwestl. Feodosia wurde ein Feindangriff bei Set Asan durch einen
eigenen Gegenstoli zuriickgeschlagen. Weitere Feindvorstofie blieben ebenfalls
erfolglos. Siidl. Set Asan wurden 2 Feindpanzer abgeschossen.
1. Pz.Armee: An einzelnen Stellen der Front beiderseitiges Artl.=Storungs=
feuer und Stofitrupptatigkeit. Am Nordfliigel verstarkte der Feind seine Auf=
klarungstatigkeit nordwestl. St. Krindatschewka.
ly. Armee: Bei St. Debalzewo und nordwestl. wurden mehrere Feindvor=
stofie zuriickgeschlagen. An der Front nordl. St. Loskutewka bekampfte eigene
Artl. erkannte Feindbewegungen.
6. Armee: Im Raume Prochorowka— Dmitri jewskoje finden erbitterte Kampf e
um einzelne Ortschaften, die als Stiitzpunkte dienen, statt.
Russ. Angriffe gegen Obojan blieben samtlich erfolglos; jedoch gelang
es dem Gegner, die Strafie Bjelgorod— Kursk sudl. und nordl. Obojan zu
sperren.
Im gesamten Bereich der H.Gr. herrscht starker Frost. Neue Schneever=
wehungen erschweren die Versorgungsbewegungen.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Der Feind griff in den Morgenstunden des 4. 1., unterstiitzt durch
zahlreiche, meist schwere Panzer beiderseits der Strafie Tim— Kursk an und
konnte die Gegend 3 km westl. N. O ^ erreichen. Dort konnte der Feind=
angriff zum Stehen gebracht werden.
Siidwestl. Jewlanowa greift der Feind seit den friihen Morgenstunden des
5. 1. an. Westl. Nowosil schofi feindl. Art. Storungsfeuer auf die eigenen
Stellungen.
Weiter nordl. wurden mehrere fdl. Erkundungsvorstofie abgewiesen und ein
eigenes Stofitruppunternehmen erfolgreich durchgefiihrt.
2. Pz.Armee: Bei Poshegino sowie beiderseits und ostw. Mzensk wurden
russ. Angriffe bis zu Btl.=Starke abgewiesen. Nordwestl. Gorodischtsche er=
zielte ein eigener Angriff ortliche Erfolge gegen zahen Feindwiderstand. An
der Front sUdostw. Bjelew brach ein russ. Angriff zusammen.
4. Armee: Der Feinddruck gegen Suchinitschi verstarkte sich. In schweren
Kampfen schlugen jedoch die dort eingesetzten eigenen Krafte bisher alle An=
griffe ab. Die Strafie nach Meschtschowsk ist 9 km siidlich Meschtschowsk
vom Feind unterbrochen worden. Ein starker russ. Angriff aus siidostw. Rich=
tung auf diese Stadt konnte bisher abgewiesen werden. Auch Subowo wurde
gegen fdl. Vorstofie erfolgreich verteidigt. Nordwestl. Kaluga mufiten siid=
ostw. Wschiwka 2 eigene Stiitzpunkte infolge starker Feindangriffe aufge=
geben werden. Angriffe auf die Siidostfront wurden iiberall abgewiesen.
Nordostw. Sljodnowo wurde ein Feindvorstofi in schweren Kampfen abge=
wiesen und bei Djedschino ein Einbruch abgeriegelt; der Gegenstofi ist im
1 Ortsname auf der Fotokopie nicht zu entziffern.
195
B. Kriegstagebuch
Gange. Nordostw. St. Sushodrow vordringender Feind wurde im Gegenstofi
geworfen und westl. Kliny ein Angriff mit Panzern abgeschlagen. 2 Feind=
panzer wurden hierbei vernichtet. Siidwestl. Malojaroslawez wurden Feind=
ansammlungen festgestellt. Fdl. Erkundungsvorstofie gegen unsere Stellungen
wurden abgewiesen.
Die Tatigkeit der fdl. Luftwaffe war besonders im Raum um Malojaroslawez
rege.
4. Pz.Armee: Im Raum beiderseits Borowsk halt der Feinddruck von Siiden
weiterhin an. Vereinzelte russ. Angriffe blieben erfolglos. 6 km nordl. St. Jer=
molino brachte ein eigener Gegenangriff den russ. Kraften erhebliche Verluste
bei. An der RoUbahn und bei St. Tutschkowo verstarkte die fdl. Artl. ihr
Feuer. Feindangriffe mit starker Artl.=Unterstutzung gegen die Rusa=Front
wurden abgewiesen.
Russ. Fliegerkampfkrafte flogen zahlreiche Bomben= und Tiefangriffe be=
sonders im Raum westl. Naro Fominsk und an der RoUbahn sowie bei St.
Futschkowo.
9. Armee: Nordwestl. Wolokolamsk erzielten starke Feindangriffe mit Pan=
zern einen ortlichen Einbruch, der abgeriegelt wurde.
3. Pz.Armee konnte nach langen Kampfen am Nordfliigel ^ einen russ.
Angriff mit starker Artl.=Unterstiitzung unter hohen Verlusten fiir den Feind
abweisen ^ wurden mehrere Feindangriffe abgewehrt. Westl ^
fand ein eigener Angriff nach Norden anscheinend nur geringen Widerstand.
An der Front nordwestl. Rshew fiihrte der Gegner weitere Krafte heran und
unternahm mehrere starke Angriffe, die unter blutigen Verlusten fiir ihn im
eigenen Abwehrfeuer zusammenbrachen. 6 km nordwestl. Kolodino wurden
in das Waldgebiet eingedrungene Feindteile geworfen. Nach schweren Kamp=
fen konnte der Gegner Salkowo und Sybino nehmen und bis 6 km ostw.
Bachumtowo nach Siiden vordringen. Dort wurde sein Angriff zum Stehen
gebracht. Alle verfiigbaren Krafte stehen in der neuen HKL nordwestl. Rshew.
Die heftigen Feindangriffe nordwestl. Ramonja und siidwestl. Kortscholowo
hielten in unverminderter Starke an. Der Gegner setzte erstmals hier starkere
Artl. ein. Im siidl. H.Gr.=Bereich herrschten 30—35 Grad Kalte. Bei 4. Armee
— 40 Grad, bei 4. Pz.Armee und 9. Armee sind die Temperaturen auf 15—20
Grad Kalte zuriickgegangen. Der Wegezustand ist iiberall unverandert.
H.Cr. Nord:
16. Armee: An der Wolchow=Front bei Pereschki erlitt der Feind bei einem
Angriff, der von uns abgeschlagen wurde, erhebliche blutige Verluste. Der
Versuch des Gegners, an seiner alten Einbruchsstelle siidwestl. Sawisha mit
Teilen nach Siiden vorzudringen, wurde vereitelt. Die fdl. Spahtrupptatigkeit
war besonders lebhaft am Briickenkopf Grusino.
2 Auf Fotokopie nicht zu entziffern.
196
5- Januar 1942
18. Armee: Siidl. der Tschogoda=Mundung ist die Bereinigung der Ein=
bruchsstelle noch im Gange. Fdl. Annaherungsversuche gegen den Brucken=
kopf nordostw. Salzy wurden abgewiesen. Siidl. Bagolmik wurden mehrere
russ. Angriffe zuriickgeschlagen.
Ostw. St. Maluksa fiihrte der Feind zahlreiche Vorstofie, die z. T. erst im
Nahkampf abgewehrt werden konnten. An der Front vor Leningrad wurden
mehrere Angriffe an der Bahn Kolydno— Tosno, bei Peterhof ein weiterer
Angriff abgeschlagen.
Bei 7—15 Grad Kalte fallt stellenweise Schnee.
Starke Schneeverwehungen erschweren den Verkehr.
Finnisdie Front (5. 1.)
Karelische Armee: Der Versuch schwacherer russ. Krafte, westl. Lodojnoje Pole
den Swir zu iibersdkreiten, wurde verhindert.
An der iibrigen Front Artl.= und Gr,=Wf .=Feuer. Angriffe bei Powenez, am Wodlo=
See und bei Wonshosero bis zu Btl.=Starke werden z. Z. abgewiesen. Der Feind
sdieint Verstarkungen herangezogen zu haben.
Bei 5—8 Grad Kalte Schneefalle.
AOK Norwegen: Die Spahtrupptatigkeit an der Murmansk=Front war lebhaft.
Zahlreidie Feindflugzeuge warfen nachts Bomben.
Triibes, windiges Wetter bei 12—19 Grad Kalte.
Afrika (4. 1.)
1. Feindliche Krafte im Raum Giof el Matar— Haseiat wurden wirksam durdi
Luftwaffe bekampft. Gegner ging daher nur mit Teilen iiber Haseiat nach Westen
vor.
Im iibrigen fiihlte Feind mit starkeren Kraften gegen Agedabia=Front vor. Flug=
platz Agedabia mufite infolge starken feindlichen Artl.=Storungsfeuers geraumt
werden. Feindlicher Angriff gegen Agedabia=Front am 5. 1. ist moglidi.
2. Auf den Stiitzpunkten der Halfaya=Front lag audi am 4. 1. heftiges feindliches
Artilleriefeuer.
3. Riickfiihrung der ital. Inf.Div.en in die Marada=el=Agheila=Stellung wurde plan=
mafiig beendet.
4. Absicht fiir 5. 1. 42 und folgende Tage:
a) Ab 5. 1. abends abschnittsweise Zuriicknahme von ital. mot.Korps, 90. lei.
Afrika=Div. und D.A.K. in die Marada=el=Agheila=Stellung unter nachhaltiger
Sperrung des Raumes um Agedabia, der Via Balbia usw.
b) Einrichten zur Verteidigung in der Marada=el=Agheila=Stellung in folgender
Gliederung:
Abschnitt Alem Mgaad: Ital. mot.Korps, gleichzeitig fiir beweglichen Einsatz
vorgesehen.
Abschnitt Maaten Giofer: Ital. X. A.K. (2 Div.en).
Abschnitt B, es Suera: Ital. XXI. A.K. (3 Div.en, davon Sabrata neu unterstellt).
z. V. der Panzergruppe: D.A.K. im Raum siidlich el Agheila und 90. lei.Afrika=
Div, im Raum westlich el Agheila.
197
B. Kriegstagebudi
6. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
11. Armee: Gegen den unter starkem Schutz von Kriegsschiffen und mit
Hilfe von Stadtpartisanen in Eupatoria mit 2 Btl.en gelandeten Gegner wurde
in behelfsmaliigem mot. Marsch die Kampfgruppe Oberst Miiller heran=
gefiihrt.
Im Angriff gegen hartnackigen Feindwiderstand wurde der f eindliche Lande=
kopf von O und NO eingeengt, nach zahem Hauserkampf der Bahnhof ge=
nommen und an den Nordrand der Stadt vorgestofien. Die Verbindung zur
Kampfgruppe der Orts=Kdtr. im Westteil der Stadt konnte noch nicht her=
gestellt werden.
An der Sewastopol=Front fiihlt der Feind vorsichtig gegen die HKL vor.
Ein Erkundungsvorstofi in Kp.=Starke wurde abgewiesen und lebhaf ter Schiff s=
verkehr im Hafen durch Artillerie bekampft.
Verschiebungen zur SchlielBung der eigenen Front nordwestl. Feodosia wur=
den ohne Storungen durch den Feind durchgefiihrt. Ein Feindvorstofi bei Set
Asan wurde abgewiesen. Ein Transporter im Hafen von Feodosia von etwa
4 ooo t wurde durch Stuka=Volltreffer in Brand geworfen.
1. Pz. Armee: Gestern scholi an der Front der Armee die f eindliche Artillerie
nur schwaches ortliches Storungsfeuer. Eigene Artillerie bekampfte wirkungs=
vol! Feindziele und zerschlug feindl. Ansammlungen.
ly. Armee: Beiderseitige Spahtrupptatigkeit und ortl. Artl.=Storungsfeuer.
Erkannte Feindansammlungen vor dem Frontabschnitt nordostw. St. Debal=
zewo wurden wirksam durch eigene Artl. bekampft.
6. Armee: Feindangriffe gegen den Briickenkopf Bjelgorod mit Schwerpunkt
bei Meloschewo (?) und Angriffe im Abschnitt nordl. St. Sustnoje (?) wurden
abgewiesen. Im Raum Prochorowka— Dmitri jewskoje dauern die Kampfe um
die Ortschaften noch an. Die in Obojan eingeschlossenen eigenen Krafte wur=
den von SO, NO und N angegriffen. Im Raum siidl. der Stadt ist die Lage
nodi ungeklart. Die neu herangefiihrte 62. 1.D. hat mit vordersten Teilen den
Psel (?) bei Bogorodishoje (?) und nordwestl. erreicht.
Wetter: Steigende Temperaturen, im Siiden bis minus 15 Grad, im mittleren
und Nordabschnitt bis minus 20 Grad. Schneeverwehungen.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Am rechten Armeefliigel hat der Feind seine Angriffe zunachst
nicht fortgesetzt. Es besteht der Eindruck, dafi er abgekampfte Telle ablost
und umgruppiert hat. Gegen Abend griff der Gegner sudwestl. Tim erneut
mit starkeren Kraften an. Die Abwehrkampfe sind noch im Gange. An der
iibrigen Armeefront Spahtrupptatigkeit. Ein Angriff nordl. Trudki wurde
abgewiesen. Vor linkem Armeeabschnitt sind bisher 3 ^80 Minen verlegt. Die
198
6. Januar 1942
Tatigkeit der feindl. Luftwaffe hat in den letzten Tagen zugenommen. Sie
griff bis zu lomal am Tage mit Bomben iind Bordwaffen an.
2. Pz.Armee: Auf dem SiidflUgel rege eigene Spahtrupptatigkeit. Feindl.
Kolonnen, Lkw und Pz.Spahwagen am Abschnitt von Bjelew wurden durdi
eigene Artl. wirkungsvoll bekampft. Ein ortl. eigener VorstolE hat den Gegner
aus einer Ortschaft geworfen und diese abgebrannt.
Die Kampfe bei Duminitschi dauern an. Im Raum Ksyn— Lewat besteht
keine Feindberiihrung.
4. Armee: Die Kampfe bei Suchinitschi dauern in unverminderter Heftigkeit
an. Gegen die Besatzung von Meschtschowsk griff der Feind gestern friih in
Div.=Starke an und brach am Nachmittag in den Nordteil der Stadt ein. Nordl.
Mosalsk ist die feindl. Kav. nach Westen vorgedrungen. Feindliche Angriffe
bei Subowo, im Abschnitt von Kaluga und siidl. Djedschino wurden abge=
wiesen und feindl. Bereitstellungen zerschlagen. Nordl. Djedschino wird die
eigene Front in die Linie Djedschino— 15 km nordostw. Medyn zuriickgenommen.
Der Feind ist in das Waldgebiet 15 km westl. Malojaroslawez vorgedrungen.
Sehr Starke fdl. Fliegertatigkeit mit zahlreichen Bomben= und Tiefflieger=
angriffen russ. Jager.
4. Pz.Armee: Feindl. Erkundungsvorstofie westl. und nordl. Borowsk sowie
gegen die Front siidl, Naro Feminsk wurden abgewiesen. Das Heranfiihren
von Verstarkungen an die Einbruchsstelle von Borowsk verlauft planmafiig.
Feindl. Erkundungsvorstofie gegen die iibrige Armeefront wurden abgewiesen.
Bei Rusa griff der Gegner in Kp.=Starke, dicht nordl. davon mit Ski=Truppen
in Btl.=Starke erfolglos an. Starke feindl. Fliegertatigkeit.
9. Armee: Bei Wolokolamsk griff der Russe mit schweren Panzem gegen
einen Ort an, setzte die Besatzung aufier Gefecht und zog dann erst Infan=
terie nach. 2 weitere Angriffe in diesem Abschnitt wurden abgewiesen, 5 T 34
mit in die HKL vorgezogenen le.F.H. abgeschossen. Die Russen hatten in den
beiden letzten Tagen hohe blutige Verluste.
Bei 3. Pz.Armee Spahtrupptatigkeit und Artl.=Storungsfeuer. Ein Sto6trupp=
unternehmen der 1. Pz.Div. iiberraschte den Feind und ergab 125 tote Russen
und 50 Gefangene. 3 Bunker wurden gesprengt und eine Ortschaft abgebrannt.
Schwachere Feindangriffe gegen den Abschnitt Gorodischtsche— Mischina wur=
den abgewiesen.
20 km nordostw. Rshew wurden der Gegner aus dem Waldgelande gewor=
fen und die angestrebte HKL erreicht. . . .^ tote Russen und an Beute 3
Geschiitze, 1 Pak und 4 s.M.G. wurden bisher gezahlt. In Richtung Rshew
griff der Feind erneut an, durchstieli schwache Sicherungen und fiihlt bis in
Gegend 9 km siidwestl. Rshew mit einzelnen Panzem vor. Vorbereitungen zur
Verteidigung der Stadt sind getroffen. Angriffe gegen den linken Armeefliigel
wurden erfolgreich abgeschlagen.
1 Auf Fotokopie nidit zu entziffern.
199
B. Kriegstagebuch
Wetter: Bedeckt, stellenweise Schneefall, Temperatur minus lo bis minus
15 Grad. StraEen stellenweise verweht.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Aufier beiderseitiger Spahtrupptatigkeit und Artl.=Storungsfeuer
keine wesentlichen Kampfhandlungen.
18. Armee: Die Kampfe an der Einbruchsstelle nordwestl. Moljewskaja
sind infolge mehrfacher Feindangriffe noch nicht geschlossen.
Feindl. Bereitstellungen am Ostufer des Wolchow wurden durch Artl. zer=
schlagen und im Abschnitt Salzy und westl. davon Feindangriffe unter hohen
blutigen Verlusten fiir den Gegner abgeschlagen. Durch die HKL durchge=
sickerte Feindteile beteiligen sich an den Kampfen. An der Newa= und an der
Leningrader Front zum Teil lebhafte Feuertatigkeit feindl. Stofitrupps wurden
abgewiesen. In Leningrad wurden mil. Ziele mit Artl. bekampft.
Wetter: Wesentlicher Kalteriickgang, tags um null Grad, nachts etwa 5 Grad
Kalte. Schneefalle, teilweise Schneeverwehungen, Schneehohe bei 16. Armee
50—70 cm, bei 18. Armee durchschnittlich 50 cm.
Finnisdie Front (6. 1.)
Siidostarmee: Keine Meldungen.
Karelische Armee: Feindl. Angriffe iiber den Stalin=Kanal und iiber den Chishe=
sero=See im Abschnitt nordwestl. Wonshosero hatten keinen Erfolg. Bei Welikaja
Cuba wurde eine Feindkp. eingeschlossen und in diesen Kampfen 7 Feindpanzer
vernichtet.
AOK Norwegen: Artl.= und Spahtrupptatigkeit,
VJetter: Finnland null bis 15 Grad Kalte, A . . . .^ 20 Grad, leichter Schneefall,
Geb.Korps minus 5 Grad.
Afrika (5. 1.)
1. Feind ging am 5. 1. mit starkeren Teilen in Richtung West und Siidwest nicht
weiter vor. —
An Agedabia=Front feindliche Aufklarungstatigkeit und Artl.=Storungsfeuer.
2. An Halfaya=Front am 4. 1. aufier starkem zusammengefafiten Artl.=Feuer rol=
lende Luftangriffe auf Stiitzpunkte Halfaya und Cirener.
3. Mit der abschnittweisen Zuriicknahme der mot. Verbande in die Marada=
el=Agheila=Stellung wurde 5. 1. abends ohne Feinddruck begonnen. Im Raum um
Agedabia wurden nachhaltige Sperrungen durchgefiihrt.
4. ^^. Schiffsstaffel mit Munition, Betriebsstoff, Verpflegung sowie 54 Ersatz=
panzern und 19 Spahwagen und einer grofieren Anzahl Panzerabwehrgeschiitzen
5. 1. in Tripolis eingelaufen.
2 Auf Fotokopie nicht zu entzijfern.
200
7. Januar 1942
7. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten^
H.Gr. Siid:
11. Armee: In Eupatoria drangte die dort eingesetzte Kampfgruppe Miiller
den Feind weiter zuriick. Feindreste verteidigten verzweifelt den letzten Hau=
serblock im Siidteil der Stadt. Weitere russ. Krafte wurden nicht gelandet. An
der Sewastopol=Front wurden russ. Angriffe nordostw. Balaklawa zuruckge=
schlagen. Eigene Artl. bekampfte Feindbewegungen und Bereitstellungen so=
wie Schiffsverkehr im Hafen von Sewastopol. An der Siidostkiiste westl. Sudak
gelandeter Feind in Starke von etwa 100 Mann wurde vernichtet oder zer=
sprengt. Nordlich Feodosia blieben Angriffe des Russen gegen die eigenen
Krafte nordl. der Bahn Wladislawowka— Dshankoj ohne Erfolg. Der Feind liefi
hier 220 Tote und mehrere schwere Inf.=Waffen zuriick.
I. Pz. Armee: An einzelnen Stellen der Front Storungsfeuer russ. Artl. und
Granatwerfer sowie Spahtrupptatigkeit gemeldet. Ein Angriff westl. St. Kridst=
schewka wurde abgewiesen.
:!•/. Armee: An der gesamten Armeefront ortliches Storungsfeuer fdl. Artl.
Nordwestl. der ^ Miindung und ostw. Isjum wurde lebhafterer Feind=
verkehr als an den Vortagen festgestellt.
6. Armee: Nordwestl. Emleselewka (?) verstarkte die fdl. Artl. ihre Feuer=
tatigkeit. Ein von Siidosten gegen den Briickenkopf Bjelgorod gefiihrter Feind=
angriff in Div.=Starke wurde erfolgreich abgewehrt. Der Gegner erlitt hierbei
Verluste in Hohe von 430 Toten und 125 Gefangenen. Ein russ. Angriff gegen
Prochorowka ist noch im Gange. Eigene Krafte erreichten im Vorgehen von
Siiden gegen Obojan den Raum 4 km siidl. Obojan.
Teilweise liegt die ^ noch unter dem Feuer fdl. Panzer.
Ein eigener Angriff ^ gegen russ. Krafte, die siidl. Bogdanowka
nach Westen vorgehen, ist im Gange.
Im gesamten Bereich der H.Gr. beginnt Tauwetter bei Tagestemperaturen
um o Grad.
Notizen Haiders:
„Fortschritte des Feindes in Gegend Suchinitschi, das eingesdilossen ist, und
nordlich.
Die Lage dieses Durchbruchbogens wird immer unbequemer. H.Gr. Mitte mu^
entschlossener aus der feststehenden Front siidlich des Durchbruchs Krafte
herausziehen und gegen die Flanke des Durchbruchs von Siiden her ansetzen.
Am SiidflUgel der Panzergruppe 4 sind feindlicher Angriff und unser Angriff auf=
einandergestoflen. Ergebnis noch unklar. g. Armee ist westlich Rshew heute noch
leidlich durchgekommen. Morgen soil Einbruch von beiden Seiten angefaflt
werden. Ostwarts Rshew steht offenbar starker Angriff bevor, dabei neue Krafte.
Im Norden soil nach Uberlaufernachrichten Angriff auf Tschudowo bevor=
stehen. Krafteverschiebungen Uber den See nach der Ladoga=Front."
Auf Fotokopie nicht zu entziffern. ,..'.:.
201
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Am Siidfliigel wurden Telle der Armee In Zusammenarbeit mlt
6. Armee gegen den westl. Bogdanowka vordrlngenden Feind angesetzt. An=
grlffe nordl. der Strafie Tim— Kursk, in deren Verlauf Felndtelle in die HKL
eindringen konnten, wurden im Gegenstofi geworfen. Teilweise hat der Geg=
ner seine Angriffe an verschiedenen Stellen in der letzten Nacht wieder auf=
genommen.
Basher wurden samtliche Angriffe abgewiesen.
An der Front westl. Dolgoje und Jewlanowa fdl, Spahtrupp= und Artl.=
Tatigkeit.
2. Pz. Armee: An der Front ostw. Mzensk wurden fdl. Sto6truppunterneh=
men abgewiesen. Eigene Artl. bekampfte Bereitstellungen nordl. Troiskoje.
Siidl. und westl. Bjelew schofi fdl. Artl. vereinzelt Stortmgsfeuer. Im Raume
um Tschernyschino stellte eigene Aufklarung eine starkere Partisanengruppe
fest. Zwei Angriffe und mehrere Vorstofie langs der Bahn auf Dubrowka
wurden von eigenen Sicherungen zuriickgeschlagen.
4. Armee: Siidostw. Mosalsk vorgehender Feind stiel? bis in Gegend 5 km
siidostw. der Stadt vor. Nordl. des Ortes gewannen eigene Krafte im Stofi
nach Norden die Linie Tscherten und siidostw. davon gegen zahen Feind=
widerstand. Aus Richtung Juchnow angreifende eigene Krafte erreichten die
Gegend 5 km sUdwestl. Sulichowo. Die Kampfe sind noch im Gange. Nord=
westl. Kaluga bekampfte eigene Artl. Feindansammlungen bei Asenjewa und
vorstofiende einzelne Feindpanzer, die die Hauser in der HKL in Brand zu
schieiien versuchten. Ostw. Sljodnowo wurden ortliche Feindeinbriiche in
Gegenstofien bereinigt und eine fdl. Ski=Abteilung zerschlagen. Ein Angriff
auf St. Sushodrow blieb im eigenen Abwehrfeuer liegen. Auf der Rollbahn
westl. Malojaroslawez wurden von 3 vorstofienden Feindpanzern 2 vernichtet.
Im Angriff in nordostw. Richtung erreichten eigene Krafte den Raum 17 km
nordostw. Medyn.
4. Pz. Armee: In der Sudflanke konnte der Gegner bis Kremenskoje vor=
dringen. Eine dagegen angesetzte eigene Angriffsgruppe gewann die Gegend
12 km ostw. Powlischtschowa und 3 km siidostw. Wyschgorod. Die Kampfe
sind noch im Gange. Aus Borowsk heraus gefiihrte starkere russ. Angriffe
blieben erfolglos. Angriffe des Russen in Kp.=Starke an der Rollbahn und an
der Rusa=Front, z. T. von starker Artl. imterstiitzt, wurden zuriickgeschlagen.
Auch bei Spasnoje wurden mehrere, durch Panzer unterstiitzte Angriffe des
Gegners abgewiesen.
9. Armee: Siidl. Wolokolamsk mufite der Russe bei einem erfolglosen An=
griff 2 Panzer und zahlreiche Tote zuriicklassen. Feindbewegungen und An=
sammlungen nordl. der Stadt wurden durch das zusammengefafite Feuer
eigener schwerer Waff en zerschlagen. Die 3. Pz. Armee schlug bei Iropolez
einen schwacheren Feindvorstofi, bei Kusjajewa 2 Angriffe in Btl.=Starke zu=
riick.
202
7- Januar 1942
Auf dem Frontabschnitt westl. Gorodischtsche lag starkes ArtL=Feuer;
Feindbewegungen mit Traktoren und Schlitten vor der Front wurden wirksam
bekampft. Bei Mischina und ostw. wurden mehrere fdl. Angriffe mit Panzem
im Gegenstofi zuriickgeschlagen. Westl. Bjagulino unternahm der Russe meh=
rereVorstofie in Kp.=Starke. Sie blieben alle erfolglos. Ostw. St. Korenitschino
wurde der Angriff zweier roter Btl.e abgeschlagen. Eigene Artl. bekampfte
Feindansammlungen an der Strafie Rshew— Molegino. Zwei Feindvorstofie an
dieser Strafie wurden in der letzten Nacht zuriickgeschlagen. Ein eigenes von
Rshew nach Westen angreifendes Btl. drang bis 3 km nordostw. Mushi=
schtschewo vor. Nach hartem Kampf besetzte eine eigene Angriffsgruppe 5 km
nordostw. Hay beherrschende Hohen.
Russ. Entlastungsvorstofie 3 km westl. Berisowo wurden unter hohen Feind=
verlusten zuriickgeschlagen.
Temperaturen im Siidteil des H.Gr.=Bereiches 5 Grad Kalte, die nach Norden
bis zu 15 Grad sanken. Bei bedecktem Himmel leichte Schneefalle, teilweise
Schneetreiben. Durch Glatteis und Schneeverwehungen verschlechterte sich der
Stralienzustand.
H.Gr. Nord:
16. Armee: An der Wolchow=Front bei Pereschki wurde der Feind im Gegen=
stoli zuriickgeworfen. Westl. B. Ljuban erlitt der Feind bei Angriffsversuchen
erhebliche Verluste.
i5. Armee: Nordl. Salzy blieben mehrere Feindangriffe in Kp.=Starke erfolg=
los. Feindteile, die das Westufer des Wolchow erreicht hatten, wurden vernich=
tet. Nordwestl. B. Ostrow fiihrte der Feind ununterbrochene heftige Angriffe
gegen unsere Stellungen, die alle abgewehrt wurden. Bei Lodwa setzte der
Feind im Laufe des ganzen Tages in unverminderter Starke seine durch Panzer
unterstiitzten Angriffe fort.
In erbitterten Kampf en konnte er jedoch zuriickgeschlagen werden. Zwei
seiner Panzer wurden vernichtet. Fdl. Artl. schofi aus Petersburg und Kron=
stadt auf die eigenen Stellungen. Eigene Artl. bekampfte kriegswichtige Ziele
in Petersburg.
An einzelnen Stellen leichter Schneefall, 5 bis 8 Grad Kalte.
Finnisdie Front (7. 1.)
Karelische Armee: Drtliche Versuche des Russen, den Swir zu iiberschreiten,
scheiterten.
Am Westufer der Powenezkaja=Bucht konnten Teile von 2 angreifenden roten
Btl.en Puis fassen. Gegenangriffe sind eingeleitet. Beiderseits Wonshosero wur=
den die Angriffe von etwa 3 Feindbtl.en abgewiesen, z. T. sind die Kampfe noch im
Gange.
Die Temperaturen schwanken zwischen 3 und 23 Grad Kalte. An einzelnen Stellen
fallt Schnee.
AOK Norwegen: Keine besonderen Ereignisse. Kalte bis zu 2"5 Grad.
203
B. Kriegstagebuch
Afrika (6. i.)
1. Feindlage im grofien unverandert.
Bei Agedabia wegen starken Sandsturmes keine Feindberiihrung. — Die bei
Bardia eingesetzten feindlichen Krafte wurden nach Horchmeldung anscheinend zum
Angriff gegen Halfaya=Front neu gruppiert.
2. Die Zuriicknahme der mot.Korps und 90. lei.Div. in den zunachst vorgesehenen
Raum siidwestlich Agedabia wurde in Nacht 5-/6. 1. planmafiig durchgefiihrt. Das
Herauslosen aus der Agedabia=Front vom Gegner anscheinend nicht bemerkt.
3. Von der Halfaya=Front liegen trotz wiederholter Funkanfragen keine neuen
Meldungen vor.
4. Vom Sonderverband 288 (Gesamtstarke 2 400 Mann) wurden bisher 360 Mann,
von Fallschirm=Lehrtruppe XI. Fliegerkorps (Gesamtstarke 1700 Mann) 700 Mann
auf dem Luftwege nach Bengasi bzw. Tripolis iiberfiihrt. Alle Kfz. dieser beiden
Verbande sind noch in Europa.
3. Zufiihrung von Betriebsstoff aus Tunis ist angelaufen. Er ist wegen zu ge=
ringer Oktanzahl fiir Panzer nicht verwendbar.
8. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten^
H.Gr. Sud:
Das fdl. Landeunternehmen in Eupatoria ist endgiiltig abgeschlagen und die
Kiistenverteidigung neu eingerichtet. Die Sauberung des Ortes von Feind=
resten ist noch im Gange. Bisher wurden etwa 1200 am Kampf beteiligte Zi=
vilisten standrechtlich erschossen.
An der Sewastopol=Front wurden bei lebhafter fdl. Artl.=Tatigkeit Angriffe
des Gegners abgeschlagen und ein ortUcher Einbruch in eine vorgeschobene
1 Notizen Haiders:
„Sehr ernster Tag: Der Durchbruch bei Suchinitsdii beginnt durch sein Vor=
dringen nach Westen fiir Kluge unertraglich zu werden. Daher Drangen auf
Zuriicknehmen der Front 4. Armee, um Krafte zur Stdrkung seiner Rollbahn
frei zu bekommen.
Schon am Morgen Aussprache hieriiber mit Kluge. Beim FUhrer beginnt in
dieser Frage wieder das Tauziehen. Kein Entschlufi, aber grofie Energie in der
Anwendung kleiner Hilfsmittel zur Deckung der Rollbahn.
Schlieftlich Aussprache des FUhrers mit Kluge, die zu keinem Endergebnis fiihrt.
Nachmittag drangt Kluge erneut auf Bewegungsfreiheit mit 4. Armee, um sich
absetzen zu konnen. Ich spreche mit dem FUhrer iiber diese Frage. Er will mit
Kluge selbst sprechen.
Ergebnis:
H.Gr. wird ermachtigt, sich schrittweise abzusetzen, um Krafte zum Schutz der
Rollbahn freizumachen. Dabei meldet Kluge, dajl Hoepner (OB der 4. Pz. Armee)
selbstandig Befehl zum Zuriickgehen gegeben habe, ohne H.Gr. Absicht zu
melden. Der FUhrer verfiigt sofort seine „Ausstoflung aus dem Heere" mit alien
rechtlichen Folgenl — Bei Rshew Ruhe. Feind schliefit auf und stellt sich bereit.
— Bei Heeresgruppe Nord hat der Grojiangriff am Wolchow begonnen. Vorstoji
sudlich llmensee."
Vgl. Fiihrerbefehl OKH/Op.Abt. I Nr. 420 013/42 vom 8. Januar 1942, im Doku=
menten=Anhang Nr. 2.
204
8. Januar 1942
Stellung zuriickgeworfen. Eigene Artl. bekampfte fdl. Bewegungen, Bttr.=Stel=
lungen und Schiffsverkehr im Hafen von Sewastopol.
An der Front bei Feodosia griff der Russe erstmalig mit planmaJSiger Artl.=
Unterstiitzung, vor allem in Richtung Star. Krym, an. Der Feind wurde z. T.
im Nahkampf unter fiihlbaren eigenen Verlusten zuriickgeschlagen.
1. Pz.Armee: An der ganzen Armeefront rege eigene Spahtrupptatigkeit
und fdl. Artl.=Storungsfeuer, besonders auf dem linken Fliigel. Eigene Artl.
bekampfte vor allem in der Gegend Dmitrijewka fdl. Ansammlungen und Be=
wegungen, ein Spahtrupp der 100. le.Div. sprengte ostw. des Mius 7 Feind=
unterstande.
ly. Armee: Mehrfach wiederholte fdl. Angriffe gegen unsere Front westl.
Kadijewka und nordl. St. Myrkowo scheiterten oder wurden im Gegenstofi ver=
lustreich fiir den Gegner abgeschlagen. Im mittleren Armeeabschnitt regere
fdl. Fliegertatigkeit.
6. Armee: Luft= und Erdaufklarung vor rechtem Armeefliigel ergaben das
Heranfiihren starkerer Feindkrafte.
Auch vor Bjelgorod sind neue Bereitstellungen gegen den Siidteil des Bruk=
kenkopfes erkannt. Die in mehreren Wellen vorgetragenen Angriffe des Fein=
des auf R . . . .oje^ sind unter Mitwirkung des IV. Fl.Korps samtlich abge=
schlagen worden. Der Feind verlor in den letzten Tagen schatzungsweise 990
Tote und Verwundete. Die Winterstellungen sind hier iiberall wieder in
eigenem Besitz.
10 km nordostw. Bjelgorod wurden 2 fdl. Btl.e nach Osten zuriickgeworfen.
Nordwestl. Prochorowka keine Veranderungen der Lage. Eigener Angriff
nach Norden erreichte die Strafie St. Jelnikowo— Obojan westl. Dmitrijewskoje.
Von Norden stieli ein Btl. auf Obojan durch. Das Freikampfen der Strafien an
die Stadt gegen Feindpanzer ist noch im Gange.
Wetter: Auf der Krim Regen, wechselnd bewolkt. Im iibrigen Bereich der
H.Gr. ansteigende Temperaturen zwischen —3 und +3 Grad. Ortlich leichte
Schneefalle.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Die Durchbruchsliicke nordostw. Obojan ist noch nicht geschlos=
sen. Der Feind geht in Richtung auf Kursk vor. Eigene Krafte riegeln bei St.
Solnjewo. Westl. Bogdanowka gewann der Angriff einer Kampfgruppe mit
Panzern gut Boden und zersprengte eine Feindkolonne. Fdl. Angriffe in Btl.=
Starke nordwestl. Tim wurden abgewiesen.
Vor der Armeemitte Artl.= und Spahtrupptatigkeit sowie lebhafter Schlitten=
imd Lkw=Verkehr des Gegners auf Jewlanowa von Nordosten. Auch siidl.
Nowosil wurde lebhafter Kolonnenverkehr beobachtet. Vorstofie in Kp.=
Starke gegen den Nordfliigel der Armee wurden abgewiesen.
2 Auf Fotokopie nicht zu entziffern.
205
B. Kriegstagebuch
2. Pz.Armee: Im rechten Abschnitt beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatig=
keit. An der Bjelew=Front hat sich der Feind welter verstarkt. Angriffe bis zur
Btl.=Starke wurden z. T. im Gegenstoli abgewiesen. In der Westflanke traten
mehrfach Partisanengruppen auf. Reger Feindverkehr im Raum siidwestl. Ko=
selsk. Der Zulauf der 208. I.D. in den Raum um Shisdra verlauft planmafiig.
4. Armee: Aus Suchinitschi keine Meldung, Der Feind geht siidwestl. der
Stadt nach Westen und Nordwesten vor. Mosalsk mufite vor iiberlegenem
Feindangriff von mindestens 2 Div.en auf gegeben werden, schwache Teile halten
noch im Ort. 6 km nordwestl. und 6 km nordl. Mosalsk wird eine neue Linie
zur Verteidigung vorbereitet. Der Feinddruck westl. Tsch .. danowa^ halt weiter
an. Luftaufklarung ergab Verstarkungen. Ortliche Feindvorstofie gegen die
Front siidl ^ und beiderseits ino^ wurden abgewehrt, fdl. Bereit=
stellungen mit Panzern durch Artl. zerschlagen. Der anhaltende Feinddruck
gegen die 283. I.D. nordostw. Rystsewo fiihrte zu erheblichen eigenen Ver=
lusten. In der alten Moskauer Schutzstellung vor der eigenen Front verstarkt
sich der Feind. Ansammlungen wurden durch Artl.=Feuer bekampft.
4. Pz.Armee: Fdl. Angriffe an der Einbruchsstelle westl. Borowsk mit neu
herangefiihrten Teilen und Vorstofie um Borowsk wurden erfolgreich, jedoch
z. T. unter erheblichen eigenen Verlusten abgewiesen. Mehrfache Vorstofie
gegen die Moskwa=Front blieben gleichfalls erfolglos. Ein schwacherer Ein=
bruch wurde bereinigt. An der iibrigen Armeefront ArtL=Storungsfeuer, auch
mit schweren Kalibern, und Erkundungsvorstofie. Sehr rege fdl. Flieger=
tatigkeit.
9. Armee: Bei Wolokolamsk wiederholte der Russe seine Angriffe mit Un=
terstiitzung einiger Panzer. Es gelang, ihn nach voriibergehendem Einbruch in
die HKL unter erheblichen eigenen Verlusten abzuschlagen.
Bei 3. Pz.Armee Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Fdl. Vorstofie bei Mischina
blieben erfolglos. Mehrfache Angriffe in Btl.=Starke westl. der Wolga wurden
abgewiesen. Durch die HKL der Front nordl. Rshew gewann der Feind weiter
nach Nordwesten Boden und erreichte die Gegend 18 km westnordwestl.
Rshew. Nordostw. Jelzy wurde ein starker Angriff in schwerem Kampf abge=
schlagen. Die Luftwaffe griff beiderseits mehrfach in die Erdkampfe ein.
Wetter: Bedecktes, z. T. stiirmisches Wetter mit Schneetreiben und Tempe=
raturen von —8 bis —15 Grad.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Keine besonderen Kampf handlungen. Feindvorstofie wurden
ortlich abgewiesen und Bereitstellungen durch Artl.=Feuer zerschlagen.
18. Arme: In die Einbruchsstelle siidl. der Tigoda=Miindung fiihrte der Geg=
ner Verstarkungen heran und erzielte einen ortlichen Einbruch siidl ^
Westl. Salzy gewann der eigene Angriff die HKL wieder zuriick und stellte
die Verbindung innerhalb der eigenen Front wieder her. Ein Angriff bei Lodwa
wurde abgewehrt.
206
g. Januar 1942
Lebhafter Kfz.=Verkehr wurde auf dem Ladoga=See beobachtet und ein An=
griff an der Leningrad=Front abgewehrt. Ortlich beiderseitige starke Artl.=
Tatigkeit.
Wetter: 10—15 Grad Kalte, geringer Schneefall, teilweise Schneetreiben iind
Sdineeverwehungen. Schneehohe 40 cm.
Finnisdie Front (8. 1.)
Siidostarmee: Stellenweise heftiges Storungsfeuer, fdl. Spahtrupps wurden ab»
gewiesen.
Karelisdie Armee: Im Totoy Gora wurden Feindteile eingesdilossen. Ein Angriff
der Russen konnte an der Westkiiste der Powenezkaja=Bucht ortlich vordringen.
5 km nordl. Powenez iibersdiritt der Gegner den Stalin=Kanal. Die Angriffe wurden
zum Stehen gebracht. Gegenangriff und Vernichtung des Feindes ist im Gange.
Mehrere Angriffe am Ostteil des Chishesero=See blieben ebenfalls erfolglos. In
Welikaja Guba sdieiterten Ausbrudisversuche des dort eingeschlossenen Gegners.
12 bis 35 Grad Kalte, stellenweise Sdineefalle. Der Ladoga=See ist zugefroren.
AOK Norwegen: Keine besonderen Ereignisse. 10 bis 35 Grad Kalte.
Afrika (7. 1.)
1. Feind trat erst in Vormittagsstunden des 7. 1. Vormarsdi in Riditung auf die
geraumte Agedabia=Stellung an. —
Hordiaufklarung stellte Heranfiihrung neuer Verstarkungen von der Bardia=
Front fest.
2. Nachhut wird in Nacht y./8. 1. aus bisherigen Stellungen hart siidwestlidi
Agedabia auf neue Stellungen 25 km siidwestlich Agedabia zuriickgenommen. —
DAK und mot.Korps verbleiben 8. 1. im bisherigen Raum unter verstarkter Auf=
klarung nach Osten und Nordosten.
Ausbau der Abschnitte Maaten Giofer und B. es Suera durch X. und XXI. AK
wird fortgesetzt.
3. Auf den Stiitzpunkten der Halfaya=Front lag auch am 5. und 6. 1. starkes
zusammengefafites Artilleriefeuer. Besonders auf Stiitzpunkt Halfaya erfolgten
rollende feindliche Luftangriffe.
4. 7. 1. friih feindlicher Luftangriff auf Hafen Tripolis. Kein Schaden.
[In der Nacht vom 7. 1 8. Januar britische Luftangriffe auf Brest und St. Nazaire.]
9. Januar 1942
Lageberidit OKH
Osten^
H.Gr. sad:
11. Armee: An der Sewastopol=Front bekampften eigene schwere Waffen
feindl. Feldstellungen und Lkw=Verkehr im Hafen von Balaklawa. Im Siid=
1 Notizen Haiders:
„Die Lage reift zur graven Entsdieidung heran:
In der Durchbruckslucke von Sudiinitsdhi drangt der Feind weiter nach W vor.
207
B. Kriegstagebuch
teil der Front vor Feodosia nahmen russ. Krafte eine Ortschaft 4 km ostw.
Otusy.
1. Pz.Armee: Spahtrupps sprengten ostw. des Mius vor der Armeemitte
f eindl. Unterstande. Der Feind griff in der Nacht westl. Jelisawestowskij an. Die
Kampfe dauern noch an. Siidl. davon wurden 2 Angriffe in Kp.=Starke abge=
schlagen. An der iibrigen Front Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
ly. Armee: An der gesamten Armeefront f eindl. Sto6= und Spahtrupptatig=
keit, stellenweise schofi russ. Artl. Storungsfeuer.
6. Armee: Im Laufe des Tages und wahrend der Nacht wurden mehrere
Angriffe auf Obojan aus nordl. und nordostw. Richtung, z. T. in zahen Hauser=
kampfen abgewehrt. Die Kampfe sind noch im Gange. Westl. Dmitrijewskoje
iiberschritten eigene Krafte die Strafie Wonjutschij— Obojan in nordostw. Rich=
tung.
Auf der Halbinsel Krim Nebel und Regen. Im iibrigen Bereich der H.Gr.
nahm der Frost zu, 11 Grad Kalte.
H.Gr. Mine:
2. Armee: Die Bereinigung der Lage bei Bogdanowka ist noch im Gange. Der
Angriff zur SchliejSung der Liicke nordl. St. Solzsewo gewann nach Siiden gut
Boden. Bei Roshdestwenskoje blieben fdl. Angriffe erfolglos. Eigene Artl.
bekampfte Feindansammlungen. Am Nordfliigel der Armee wurde ein Feind=
angriff siidwestl. Nowosil abgeschlagen, ein weiterer russ. Angriff ist noch im
Gange.
2. Pz.Armee: Das Herauslosen der 18. Pz.Div. verlauft planmafiig. Bei
Mzensk eingedrungener schwacherer Gegner wurde zurlickgeworfen. Eigene
Artl. bekampfte mit guter Wirkung Feindbewegungen und Artl=Stellungen.
Ostw. Fstnowo griff Feind in Starke von 2 Kp.n an. An der Nordfront der
Armee griff der Gegner an mehreren Stellen erfolglos an. Vorstofie aus dem
Waldgebiet nordwestl. Oserno wurden von eigenen Sicherungen abgeschlagen.
Der Feinddruck gegen Shisdra verstarkte sich weiterhin. Heftige Feindangriffe
gegen St. Sishewo wurden erfolgreich abgewehrt.
Nur schwache Telle konnen ihm entgegengeworfen werden. Der Ausweitung
nach SW und NW wird einigermaflen, wenn audi miihsam, gegengehalten.
Westlich Rshew ist Abfangen feindlichen Durchbruchs nicht gelungen. Er hat
sich erweitert und hat Aussicht, zu einer entscheidenden Handlung zu werden.
Wir haben keine Gegenmittel greifbar. Siidlich Ostaschkow werfen 2 feindliche
Div.en unsere schwachen Sicherungen zuriick, so daji auch hier ein Einbruch
entsteht.
Bei Heeresgruppe Nord Einbruch bei Staraja Russa, der wohl ahgefangen wer=
den wird, und abgewiesener Angriff an der Wolchow front. Hier und an der
Ladogafront scheint der Hauptangriff erst bevorzustehen.
Mehrfach Gesprdche mit v, Kluge, Jodl: GrofJe Entscheidung Uber RUckverlegung
der Front ist nun notwendig. Fuhrer kann sich noch nicht entscheiden und will
mit Kluge selbst sprechen. Daher leider wieder Vertagung dieser brennenden
Frage und Verlust wertvoller Zeit." k. u^j-s
208
9. Januar 1942
4. Armee: Feindangriffe aus siidostw. Richtung gegen Suchinitschi blieben
erfolglos. Russ. Vorstofie gegen Sicherungen und die HKL nordl. Tschenmo=
danowo— Asenjewo sowie Angriffe siidl. und nordl. Gorensk wurden abge=
schlagen. Wiederholte russ. Angriffe in Rgt.=Starke siidl. Djedschino konnten
abgewehrt werden. Weiter nordl. wurde ein russ. Einbruch nordostw. Rjabsowa
abgeriegelt. Feindteile wurden in einem Ort 3,5 km nordl. Medyn festgestellt.
4. Pz. Armee: Der Feinddruck gegen den Siidfliigel hielt in unverminderter
Starke an. Wyschgorod muiSte nach heftigen Kampfen geraumt werden. Feind=
vorstofie an der Moskwa wurden abgewehrt, siidl. davon ein ortl. Einbruch
abgeriegelt. Russ. Vorstofie gegen die Front ostw. und beiderseits der Rusa
wurden zuriickgeschlagen, Feindansammlungen vor der Front durch ArtI.=Feuer
wirksam bekampft.
9. Armee: Siidwestl. Wolokolamsk lag starkeres russ. Artl.=Feuer auf den
eigenen Stellungen. Angriffe schwacherer russ. Krafte wurden in der Nacht
zum 9. 1. zuriickgeschlagen.
Im Abschnitt der 3. Pz. Armee beschofi eigene Artl. feindl. Kolonnenver=
kehr und Skitruppen vor der Front. Schwache Feindvorstofie blieben erfolg=
los. An der iibrigen Front feindl. Artl.= und Spahtrupptatigkeit. An der Front
zwischen Gorodischtsche und Mischina wurden Angriffe bis zu Btl.=Starke ab=
geschlagen. Eigene Artl. zerschlug Feindansammlungen und Feindbewegungen
vor der Front. Westl. Kolodino fiihrte der Feind gegen die Gesamt=Nordost=
front stellenweise bis Mitternacht Angriffe in Btl.=Starke, die samtlich abge=
wiesen wurden. Nordwestl. Rshew schlugen die dort eingesetzten eigenen Krafte
mehrere Feindangriffe unter blutigen Verlusten fur den Gegner zuriick imd ver=
nichteten durchgesickerte Feindteile. Der Angriff zur Schliefiung der Liicke konnte
in ostw. Richtung bis 4 km siidsiidwestl. Bachumtowo Boden gewirmen. Nord=
ostw. Jelzy wurden mehrere heftige Angriffe der Russen zuriickgeschlagen.
Im siidl. Bereich der H.Gr. war das Wetter triibe bei zunehmendem Frost.
Stellenweise Schneefalle imd Schneetreiben. Bei 4. Armee klares Wetter.
Weiter nordl. wieder bewolkter Himmel bei Frost bis zu 15 Grad Kalte.
Schneeverwehungen behinderten stellenweise stark den Verkehr.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Ostufer des Seliger=Sees wurde starker feindl. Kfz.=Verkehr
festgestellt. Nordl. Lytschkowo eingedrungener Feind konnte im Gegenangriff
geworfen werden. Siidl. des Ilmensees gelang es dem Russen, etwa in Starke
einer Div. bis hart nordlich Staraja Russa vorzudringen^^. Der Angriff konnte
zum Stehen gebracht werden. Der eigene Gegenangriff ist eingeleitet. Westl.
B. Ljuban wurde ein russ. Angriff mit Panzerunterstiitzung abgewiesen. Schwa=
chere Feindteile konnten siidwestl. Leswa in die HKL eindringen. Die Kampfe
sind noch im Gange.
la Beginn der sowjetisdien Offensive siidlich des Ilmensees.
209
B. Kriegstagebuch
18. Armee: Bei St. Tigoda wurde ein Angriff des Russen abgewiesen. Feind=
ansammlungen siidl. des Briickenkopfes Salzy konnten wirksam bekampft
werden. Der Angriff von 2 Feindkp.n nordwestl. B. Ostrow wurde abgeschla=
gen. Auch hier konnte die eigene Artl. neue russ. Bereitstellungen unter
wirkungsvoUes Feuer nehmen. Feindangriffe mit Panzerunterstiitzung bei
Lodwa blieben erfolglos. Eigene schwere Artl. bekampfte weiterhin wehr=
wichtige Ziele in Leningrad.
Bei 10 bis 18 Grad Kalte herrscht stellenweise Sdineetreiben, das starke
Verwehimgen verursachte. Schneehohe siidl. des Ilmensees 50 cm.
Finnisdie Front (9. 1.)
Karelische Armee: Nordwestl. Oschta gewann ein ortl. Angriff gut Boden. 30
Feindbunker wurden genommen. Der Feind verlor dagegen bei 2 Angriffen in Btl.=
Starke etwa 400 Mann und 3 Panzer. Siidwestl. Powenez schreitet die Bereinigung
der Landzungen fort ^ tote Russen — auch Frauen — wurden gezahlt. Ein er=
neuter Angriff eines Feindbtl. nordl. Powenez wurde abgeschlagen. Siidostw. Masel=
skaja blieben mehrere Feindangriffe gleichfalls erfolglos.
Die Temperaturen schwanken zwischen 15 und 25 Grad Kalte. Bei AOK Nor=
wegen stellenweise Schneesturm bei Frost bis zu 20 Grad.
Afrika (8. 1.)
1. Feind fiihlte, durch Verminungen stark aufgehalten, nur mit Aufklarungs=
kraften gegen Nachhutstellungen 25 km siidwestlidi Agedabia vor.
Nach Horchaufklarung wird Gegner am 9. 1. mit Teilen in Uadi el Faregh auf
Mn. Bettafal vorgehen. Horchaufklarung stellte ferner Heranfiihrung von Stab
1. Pz.Div. mit 2. Pz.Brigade und 1. Schtz.Brigade nach Gegend Msus fest.
2. Zuriicknahme der Nachhut auf Stellungen 25 km siidwestlich Agedabia wurde
in Nacht y./S. 1. planmafiig durchgefiihrt.
Absicht fiir 9.1.: Wie bisher.
3. An Halfaya=Front starkes feindliches Artilleriefeuer. Letzte eigene Brunnen
hierdurch zerstort. Zufiihrung von ausreichenden Trinkwassermengen wahrschein»
lich nicht moglich.
10. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten^
H.Cr. sad:
11. Armee: Vor der Sewastopol=Front nur geringe Inf.=, lebhafte Artl.=
Kampftatigkeit. Ein FeindvorstoJS wahrend der Nacht mit starker Flak=Feuer=
und Artl.=Unterstiitzung gegen die Nordostfront wurde abgewiesen. Starke
2 Auf der Fotokopie nidit zu entziffern.
1 Notizen Haiders:
„lnfolge sehr ungunstiger Wetterlage verhaltnismajlig ruhiger Tag. An der
Einhruchsstelle siidl. Kaluga scheint sich eine Schwerpunktbildung in Richtung
Brjansk anzudeuten. Das Absetzen vom Feind bei 4. und 4. Pz.Armee ist an=
scheinend glatt erfolgt. Nordlich Medyn ist die Lage unklar.
210
10. Januar 1942
Schiff sbelegungen in der Bucht von Sewastopol. Vor Feodosia f iihrte der Feind
nach Abwehr eines Angriffs in Starke einer Div. nur schwachere erfolglose
Vorstofie.
Auf der Arabeskaja=Landzunge wurde nur noch schwacher Feind ohne MG
und Geschiitze festgestellt.
1. Pz.Armee: Auf dem Sudfliigel der Armee lebte die Inf.=Feuertatigkeit
stellenweise auf. Erkannte Feindziele wurden wirkungsvoU an mehreren Stel=
len durdi eigne Artl. bekampft. Am Nordfliigel wurden in der Nacht vom
8./g. 1. Feindangriffe gegen die Front siidwestl. Jelisatowskije, teilweise im
Nahkampf, verlustreich fur den Gegner abgeschlagen. Gestern nur stellenweise
lebhaftes Artl.=Storungsfeuer und beiderseitige Spahtrupptatigkeit. In der
letzten Nacht drang ein eigener StoJStrupp in das vom Feind stiitzpunktartig
ausgebaute Mstwojewkurgan ein und kehrte ohne eigene Verluste zuriick.
17. Armee: Fdl. Stofi= und Spahtrupptatigkeit und ortliches Storungsfeuer,
sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
6. Armee: Schwachere Feindvorstofie auf dem Siidfliigel wurden abgewiesen.
Die Kampfe bei und ostw. Obojan dauern noch an. Die auf St. Rshawa vor=
gestofiene Komp. der Gruppe Dostler mufite vor iiberlegenem Feindangriff
nach Siiden ausweichen.
Der linke Fliigel der Gruppe stieE bis zur Bahnlinie 6 km nordl. Dmitri=
jewskoje vor. Gruppe Keuling nahm im Angriff gegen iiberlegenen Feind den
Ort Kuliga 5 km nordl. Obojan.
Wetter: Auf der Krim strichweise Regen, sehr mild. Im Ubrigen Bereich der
H.Gr. Tauwetter, Temperaturen von o bis +3 Grad, stellenweise Regen.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Schwacher Feind sperrt die Strafie Kursk— Obojan etwa 8 km
nordwestl. Obojan. 2 Feind=Komp.n mit Panzern sind bis an den Polnaja=Ab=
schnitt 25 km siidostw. Kursk vorgestofien. Hier sichern eigene schwache Telle.
Der Vorstofi eines Btl. der 88. 1.D. im Seim=Tal gewinnt gut nach Siidosten
Boden, ein Ort 6 km siidostw. Schumakowo wurde genommen imd gegen fdl.
Angriffe von Osten gehalten. Zu der bei Solzsewo haltenden Gruppe besteht
z. Z. keine Verbindung.
Schwache Erkundungsvorstofie des Gegners gegen die Front westl. Tim
wurden abgewiesen.
Westlich Rshew ist der Feind anscheinend nur mit starker Aufkldrung nach
Siiden vorgegangen. Die Alarmmeldung am WestflUgel XXIII, AK. scheint sich
nicht voll zu beioahrheiten.
Bei 16. Armee Angriff Uber die Waldai=Seenplatte gegen unsere sckioachen
Krafte. Anscheinend kommt noch mehr nach.
Bei Staraja Russa ist die Lage noch gespannt. tlbrige Front der Heeresgruppe
Nord ruhig.
Fm. V. Kluge konnte wegen des Wetters nicht zum Fiihrer fliegen. Daher ent=
scheidende Aussprache Uber die Weiterfiihrung der Kampfe auf 11. i. vertagt."
B. Kriegstagebuch
Vor der Armeemitte wurde ein eigenes Stofitruppunternehmen erfolgreich
durchgefiihrt. Spahtrupps stellten samtliche Orte in 2—3 km Entfernung vor
der eigenen HKL feindbesetzt fest.
Am Nordfliigel beiderseitige Aufklarungstatigkeit. Der Angriff eines fdl.
Btl. westl. Nowosil wurde abgewehrt.
2. Pz.Armee: In gesamter Front beiderseitige Artl.=Tatigkeit und stellenweise
Raketengeschiitzfeuer. Marsche und Ablosungen verlaufen planmafiig. Ein An=
griff im Abschnitt Troiskoje wurde abgewehrt. '
Am Nordfliigel sind weitere fdl. Marschkolonnen in westl. und siidwestl.
Richtung festgestellt. Eigene Kampfgruppen besetzten Orte 7 km siidostw. und
12 km nordwestl lizy^. Ein Btl. der 4. Pz.Div. ist auf Schlitten im Marsch
von Bolchow nach Ksyn, ein mot. Btl. iiber Orel nach Brjansk. Schtschigry
an der Rollbahn Brjansk— Kaluga wurde genommen. Die Kampfe um Shisdra
dauern weiter an. Fdl. Angriffe auf Shisdra wurden abgewehrt. Eine Feind=
kolonne ist im Marsch auf die Seenenge bei St. Ljudinowo, wo zwei eigene
Komp.n halten.
4. Armee: Von der Kampfgruppe Suchinitschi liegen keine neuen Meldungen
vor. Bei und nordl. Postushnje (?) stehen schwache eigene Sicherungen. Ein
Pz.Btl. hat im Vorgehen entlang der Eisenbahn . . . .2— Suchinitschi St. Barja=
dinskaja erreicht. Vorderste Teile des Feindes stehen 9 km siidostw. Femino,
ein Angriff zweier fdl. Rgt.er gegen die Front nordostw. Rowna wurde nach
voriibergehendem Einbruch im GegenstoE zuriickgeworfen. Von Kaluga nach
Westen sind fdl. Bewegungen festgestellt. Vor der Front nordwestl. Asenjewo
trat erstmalig fdl. Artl. auf. Die Ostfront der Armee wird planmafiig zuriick=
genommen. Der Feind folgte den Absetzbewegungen im allgemeinen nur
zogernd und drangte nur am Nordfliigel mit Artl.=Unterstutzung starker nach.
4. Pz.Armee: Der Feinddruck gegen die Siidfront der Armee halt weiter
an. Feindbewegungen nach Westen auf dem Siidufer der Protwa. Nach harten
Kampfen gelang es, einen Ort 15 km siidwestl. Were] a zu nehmen.
Das Absetzen der Div. an der Ostfront verlauft planmafiig. Nur an der
Autobahn nach Wjasma drangt der Feind starker nach. Nordl. Rusa lebhaftere
Artl.=Tatigkeit, starkere Feindansammlungen und mot. Verkehr, am Nord=
fliigel nur kleinere Erkundungsvorstofie und Artl.=Storungsfeuer.
9. Armee: Im Abschnitt Wolokolamsk wurden 2 Feindangriffe abgewehrt
und Bereitstellungen zerschlagen.
Vor 3. Pz.Armee Artl.=Storungsfeuer. Bei einem Stofitruppunternehmen
wurden 10 Bunker zerstort und der Gegenangriff abgewiesen. Fdl. Angriffe
gegen die Nordfront der Armee bei zunehmender fdl. Artl.=Tatigkeit gegen die
Divisionen nordostw. Rshew wurden abgewiesen.
Die SS=Kav.Brig. stand in schwerem Kampf 20 km nordwestl. Rshew. Nach
dreistiindigem Kampf mit 2 russ. Ski=Btl.en mufite ein Ort aufgegeben werden.
2 Auf der Fotokopie nicht zu entziffern.
212
lo. Januar 1942
Eine Schwadron wurde aufgerieben. Um einer doppelseitigen Umfassung uber=
legener Feindkrafte zu entgehen, wurde die Brigade auf Druschkowa zuruck=
genommen.
Auf linkem Armeefltigel wurde ein Angriff im Abschnitt Jelzy abgewiesen.
Feindangriffe westl. des Wolgo=Sees brachen in die schwach besetzte Siche=
rungslinie ein.
Wetter: meist bewolkt, teilweise Schneefall, bei AOK 4 abends Schnee=
Sturm, Temperatur um minus 10 Grad. Strafien teilweise stark verweht.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel stehen eigene Krafte in schwerem Abwehrkampf
gegen starke Feindangriffe 2^. Ortliche Angriff e gegen die Front siidostw. des
Ilmensees wurden abgewiesen. Vor dem Feindangriff iiber den unteren Lowat
wurde die eigene Front auf Staraja Rtissa zuriickgedrangt. •■- > »"' >
Wswod wurde gehalten. Eigene Reserven wurden herangezogen. Nordl.
des Ilmensees wurde ein Feindangriff gegen den Abschnitt ostw. Petrowskoje
abgewehrt.
18. Armee: Gegen den sudl. der Tigoda=MUndung eingedrungenen Feind
sind die Kampfe noch im Gange. Mehrere noch mit Panzerunterstiitzung ge=
fiihrte Angriffe bei Lodwa wurden abgeschlagen. An der Leningrader Front
Sto6trupp= und Artl.=Tatigkeit.
Finnisdie Front (10. 1.)
Sudostfront: Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit (z. T. aud^ schw. Kalibers).
Karelische Armee: Fdl. Angriffe an der Swir=Onega=Front wurden blutig ab=
geschlagen. 2 neue Angriffe gegen die Landzunge siidwestl. Powenez scheiterten
unter hohen Verlusten fiir den Gegner. Der eigene Gegenangriff ostw. Chishesero
gewann nach Abwehr des Gegners gut Boden. Der Russe hatte starke Verluste.
AOK Norwegen: Keine besonderen Ereignisse.
Afrika (9. 1.)
1. Feindvorgehen durch zahlreiche Verminungen weiterhin verzogert. Rege feind-
liche Aufklarungstatigkeit vor Maaten Giofer—B.=es=Suera— Abschnitt. Luftaufkla=
rung stellte im Raum Msus und Antelat groSere Kfz.Ansammlungen fest.
2. Absicht fiir 10. 1. 42:
a) In Nacht 9./10. 1. Zuriicknahme DAK und ital. mot.Korps zunachst in den
Raum ostwarts und siidostwarts el Agheila.
b) Verzogerung feindlichen Vorgehens aus Richtung Agedabia durch ein ver=
starktes Rgt. 90. lei.Div. aus Stellungen nordostwarts Marsa el Brega.
3. Fiihrungsabteilung der Panzergruppe wurde 9. 1. in Gegend 10 km westlich
el Agheila verlegt.
[Der Fiihrer erlafit eine grundlegende Weisung fiir die RUstung 1942^.]
2a Beginn der sowjetischen Offensive an der Naht der H.Cr.n Nord und Mitte
im Raume westlich Ostaschkow.
5 Nr. 1/42 g.Kdos. OKW/WFSt/Org.=WiRu Ami vom 10. Januar 1942, im Dokw
menten=Anhang Nr. 5.
213
B. Kriegstagebuch
'•''■ "■■*■ -•!.— i^ — 11. Januar 1942 ' '■■""*" ..<,•.!,.--■.:■' ....■-;
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: An der Sewastopol=Front wurden Vorstofie gegen vorgescho=
bene Stellung nordwestl. Kamyschly abgewiesen. Versuche des Feindes, Minen=
felder zu raumen, wurden vereitelt.
An der Feodosia=Front nur vereinzelte Feindvorstofie in geringer Starke,
die abgewiesen wurden.
1. Pz.Armee: Am Siidfliigel der Armee stellenweise lebhaftere Feuertatig=
keit. Sonst im gesamten Armeebereich nur normale beiderseitige Spahtrupp=
und Artl.=Tatigkeit.
17. Armee: Fdl. Stofi= und Spahtrupptatigkeit tmd fdl. Artl.=Storungsfeuer
wie an den Vortagen. Feind, der sich westl. des Donez in einer Ortschaft siidl.
Isjum festgesetzt hatte, wurde durch eigenen StoEtrupp iiber den Donez zu=
riickgeworfen.
6. Armee: Vor Siidabschnitt und Mitte der Armee ruhiger Verlauf des Ta=
ges. Am linken Armeeflugel gewann der Angriff der Gruppe Dostler in nord=
ostw. Richtung bis zu 6 km Boden. Ein fdl. Gegenangriff mit Panzern wurde
bei Dmitri] ewskoje abgewiesen. Die von Westen zur Schliefiung der Liicke
angreifende Gruppe Keuling erreichte die Linie dicht westl. St. Kriwoswo (?)
— 6 km nordlich davon.
Wetter: Im gesamten Bereich der H.Gr. Tauwetter bei Temperaturen bis zu
+ 4 Grad. Strafien meist aufgeweicht und nur schlecht befahrbar.
H.Gr.Mitte^:
Am rechten Armeeflugel wurden mehrere aus der Liicke zur 6. Armee von
Siiden und Siidwesten gefiihrte Angriffe mit Panzern abgewehrt. Ein eigener
Vorstoli neuer, von Kursk herangekommener Telle entlang der Bahn von
Kursk nach Siidosten blieb gegeniiber eingegrabenem Feind etwa 15 km ostw.
Ljubishnoje liegen. Ein nordl. der Strafie Tim— Kursk bei Skolja Pleta gefiihr=
ter eigener Panzervorstofi zur Sauberung des Gelandes erbrachte 26 Ge=
fangene und 126 tote Russen.
Gegen die Mitte und den nordl. Armeeabschnitt erfolgten vereinzelte An=
griffe bis zu Btl.=Starke, die unter meist hohen blutigen Verlusten flir den
Russen abgeschlagen wurden. Ein siidwestl. Nowosil gefiihrter Angriff des
Feindes in Rgt.=Starke blieb ebenfalls ohne Erfolg.
1 Notizen Haiders:
„Den ganzen Tag iiber beim Fiihrer zusammen mit Fm. v. Kluge. Der Fiihrer
halt an seinem Befehl, jeden Schritt Bodens zu verteidigen, jest.
Sehr unerwunschte weitere Entwicklung der Lage im Einbruchsbereich Suchini=
.-,; tschi und westlich Rshew. Die Lage beginnt gefahrlidi zu werden.
Riickkehr vom Fiihrer 1.00 Uhr morgens."
214
11. Januar 1942
2. Pz.Armee: Siidostw. Mzensk in die HKL eingedrungener Feind konnte
im Gegenstofi geworfen werden. Im iibrigen fanden am Suscha=Abschnitt und
Oka=Abschnitt keine besonderen Kampfhandlungen statt. In der Nordflanke
griff der Feind aus Gegend Osowno mehrmals in siidl. und siidostw. Richtung
an. Er wurde unter blutigen Verlusten abgewiesen. Der Bahnhof ostw. Shisdra
wurde wie bereits am Vortage wiederum heftig angegriffen, alle Angriffe
konnten abgewiesen werden.
4. Armee: Lage bei Suchinitschi unverandert.
Im riickw. Armeegebiet sind Feindkrafte in Pesotschnaja eingedrungen und
haben den Bahnhof besetzt. Mafinahmen zur verstarkten Sicherung der Eisen=
bahnlinie sind eingeleitet. Der aus Gegend Subowo beabsichtigte eigene An=
griff mufite infolge der hohen Schneelage und starken Schneetreibens aufge=
schoben werden. Der linke Armeefltigel hat sich in die neue Verteidigungs=
hnie abgesetzt. Neue HKL: Siidfliigel bis zur Ugra wie bisher — Verlauf der
Ugra bis 4 km siidostw. Rschdostwo — 7 km siidwestl. Sljodnowo— Maksuzy
— 6 km ostw. Medyn — 5 km nordl. Medyn. Das Absetzen erfolgte teilweise
unbemerkt vom Gegner, teilweise jedoch drangte der Gegner nach, konnte
aber iiberall abgewiesen werden. Bin eigener Angriff am Nordfliigel nordl.
Medyn blieb infolge hohen Schnees (fast 1,50 m) und starken Abwehrfeuers
des Gegners liegen.
4. Pz.Armee: Der Feinddruck gegen den Siidfliigel hielt in unverminderter
Starke an. 2 Feindangriffe in Btl.=Starke wurden unter blutigen Verlusten fiir
den Gegner abgewiesen. Uber die Moskwa vorgedrungener Feind im mittleren
Armeeabschnitt wurde zuriickgeworfen, ein ortlicher Einbruch in Gegend
nordl. Makeicha wurde abgeriegelt. Bereinigung des Einbruchs ist im Gange.
Im Nordabschnitt der Armee nur schwachere feindliche Erkundungsvor=
stofie.
9. Armee: Nach starker Artl.=Vorbereitung griff en starkere Feindkrafte seit
den friihen Morgenstunden in mehreren Wellen die Front bei Wolokolamsk
an. Alle Angriffe, die teilweise mit Panzern unterstiitzt waren, konnten unter
hohen Feindverlusten abgewehrt werden. 2 Feindpanzer (T 34) wurden ab=
geschossen.
Bei 3. Pz.Armee einzelne Feindvorstofie mit Artl.=Unterstiitzung, die abge=
wiesen wurden.
Im rechten Abschnitt der Nordfront der Armee wurden starkere bis zu gmal
wiederholte Angriffe des Feindes mit Panzerunterstiitzung abgewehrt, 5 Feind=
panzer, darunter ein 58 t, wurden vernichtet. Waldgebiete hinter der Front
wurden von durchgesickerten Feindteilen gesaubert.
Gegen den Abschnitt nordl. Rshew gerichtete Feindangriffe blieben bei ho=
hen blutigen Feindverlusten ohne Erfolg. Am linken Armeefliigel wurde die
Front am Wolgo=See gehalten,
Wetter: Im siidl. Heeresgruppenbereich Schneefalle, Temperaturen um
o Grad. Bei 4. Armee und 4. Pz.Armee starker Schneesturm mit Temperaturen
215
B. Kriegstagebuch
zwischen minus lo und minus 15 Grad. Starke Schneeverwehungen machen
Kfz.=Verkehr aufierordentlich schwierig, teilweise unmoglich.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Feindangriffe gegen den Siidfliigel der Armee hielten an;
sie konnten im allgemeinen in harten Abwehrkampfen unter hohen Feind=
verlusten abgewiesen werden. An der Einbruchsstelle bei Staraja Russa wird
die HKL in schweren Abwehrkampfen gegen zahlenmafiig iiberlegenen Feind
gehalten. Der Stiitzpunkt Wswod am Siidrand des Ilmensees halt sich Vv7eiter=
hin. Eine Ski=Komp. der 250. span. I.D. gelangte 16.30 Uhr auf dem Ilmensee
in Sichtnahe des Siidostuf ers und will Verbindung mit dem Stiitzpunkt Wswod
aufnehmen. Am Wolchow=Abschnitt keine besonderen Kampfhandlungen.
18. Armee: Am rechten Armeefliigel nordl. Tigoda=Miindung gelang dem
Feind ein Einbruch in die HKL. Gegenstofi ist im Gange. Die Lage hinter der
HKL bei Larisnow Ostrow wurde im allgemeinen bereinigt.
An der Leningrader Front Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Militarisch wich=
tige Objekte in Leningrad wurden mit Artl. bekampft.
Wetter: 25 bis 35 Grad Kalte, mafiige Sicht.
Finnisdie Front (11. 1.)
Siidostarmee: An der KareliscKen Enge ArtI.=Storungsfeuer, teilweise auch . . .^
Karelisdie Armee: Schwachere Angriffe des Gegners an der Swir=Onega=Front.
Auf den Halbinseln siidl. Powenez halten sidi nodi Feindreste, deren Vernidi=
tung im Gange ist. Ein Feindangriff nordostw. Powenez wurde abgewiesen. Sau=
berung des Hintergelandes von zerstreuten Feindteilen ist im Gange.
AOK Norioegen: Keine besonderen Ereignisse.
Afrika (10. 1.)
1. Feindlage im grolien unverandert. Luftaufklarung stellte Heranfiihren von Ver=
starkungen aus Gegend Msus in den Raum Giof el Matar— el Haseiat— Antelat fest.
Vor der Front der Abschnitte Maaten Giofer und B. es Suera rege feindliche
Aufklarungstatigkeit.
2. Zuriicknahme DAK und italienisches mot.Korps in den Raum ostwarts und
siidostwarts el Agheila wurde in Nacht 9./10. 1. planmafiig durchgefiihrt. Die etwa
12 km ostwarts Marsa el Brega stehende deutsche Nachhut hatte 10. 1. keine Feind=
beriihrung. Vor der Front der Stellungen wurden die Verminungen fortgesetzt.
3. An der Halfaya=Front beiderseitige Spahtrupptatigkeit. Feindliche leichte See=
streitkrafte belegten Stiitzpunkte Halfaya mit Storungsfeuer.
[In der Nacht vom lo./ii. Januar deutsche Luftangriffe auf Liverpool und
Merseyside. Seekrieg: Beurteilung der Lage an der amerikan. Ostkuste durch
den B.d.U.K]
2 Auf der Fotokopie nicht zu entziffern.
3 Vg/. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 11. 1. 42, im Dokumenten=Anhang
Nr,4- -;;..-_:.
216
12. Januar 1942
12. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Zum Abschlufi der Kampfe bei Eupatoria meldet die Armee,
dal2 die Vernichtung des am 5. 1. gelandeten Feindes nach Niederbrennen und
Sprengen der Hauser in 3tagigem harten Ringen gelang. Der Gegner verlor
203 Gefangene, 600 Gefallene, 1 Pz.Spahwagen, 6 Pak und 12 Gr.Wf. Neben
kleinen Landebooten wurden 1 Minensucher und 2 S=Boote versenkt. 1 300
Partisanen wurden erschossen. Ein Feindvorstofi an der Nordostfront von
Sewastopol wurde durch Art.=Feuer zerschlagen, ein weiterer nachts von den
Rumanen abgewiesen. Ostw. Balaklawa erfolgloser Angriff 1 fdl. Btl.s, bei
Feodosia keine Veranderung der Lage.
Durch Vereisung in der Gebirgsgegend infolge der Schlechtwetterlage ist
eine weitere Erschwerung der Marschbewegungen eingetreten.
1. Pz. Armee: An gesamter Front hielt ortliche schwache Artl.=Tatigkeit des
Gegners an. Am Nordfliigel rege beiderseitige Spahtrupptatigkeit. Eigene Artl.
bekampfte wirksam den Gegner.
ly. Armee: Geringe Spahtrupptatigkeit und ortliches Artl.=Storungsfeuer.
6. Armee: An der Ostfront der Armee Spahtrupptatigkeit, sonst keine be=
sonderen Kampfhandlungen. Am Nordfliigel sind ostw. Dmitrijewskoje Ab=
wehrkampfe gegen starken Feindangriff im Gange. Die Angriffe der Gruppen
Dostler und NeuUng zur Schlieliung der Liicke wurden erfolgreich fortgesetzt,
sie konnten in harten Kampfen Boden gewinnen. Der Feind greift dagegen
von Norden her den linken Fliigel an.
Wetter: Auf der Krim Nebel, Temperaturen um o Grad. Im iibrigen Bereich
der H.Gr. leichter Frost bis — 6 Grad, Himmel bedeckt. Strafien stellenweise
vereist, mafiig befahrbar.
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Die sich von St. Solzsewo zuriickkampfende Kampfgruppe
drangte den Gegner nach Siidwesten ab und schlug sich bis in Gegend Lju=
biskoje durch. Der Feinddruck gegen den Seim bei Schumakowo verstarkt
sich.
Ein fdl. Angriff mit Panzer=Unterstiitzimg bei Bogdanowka und ein Angriff
nordl. der Strafie Tim— Kursk scheiterten unter hohen blutigen Verlusten fiir
den Gegner. Weitere Angriffe der Russen an mehreren Stellen gegen die Mitte
und linken Abschnitt wurden abgewiesen.
2. Pz.Armee: An der Ostfront nur Artl.= und Spahtrupptatigkeit und ein
erfolgloser fdl. ErkundungsvorstoIB.
Gegen die Westfront des Nordfliigels griff der Feind mit starkeren Kraften
an mehreren Stellen an und wurde abgeschlagen. Ostw. Shisdra wurde bei
St. Siksewo die Verbindung zwischen den Kampfgruppen Greling und Cuno
217
B. Kriegstagebuch
hergestellt. Gegen die Seen=Enge bei Ljudinowo fiihrt der Feind von Nord=
osten Verstarkungen heran.
4. Armee: Lage um Suchinitschi unverandert. Der Gegner hat Posetschnaja
besetzt und stofit von dort nach Norden vor. Entlang der Bahn Suchinitschi—
Smolensk ist er bis St. Barjatinskaja vorgedrungen. 6 km westl. davon stehen
eigene Sicherungen. 20 km nordostw. Femina bis in Nahe der Rollbahn vor=
gedrungener Gegner wird zuriickgedrangt. Ostw. Juchnow drangen Feindteile
bis 3 km siidl. Krjukowo vor.
Westl. Wschiwka ist seit den friihen Morgenstunden ein eigener Angriff
nach Siidwesten im Gange, bisher wurden 3 Ortschaften genommen.
Das Absetzen an der Ostfront verUef planmajSig mit nur unbedeutendem
Gerateverlust trotz der Schneewehen. Nachdrangender Feind wurde abgewie=
sen. Auch die Zuriicknahme des Nordfliigels bis beiderseits Medyn verlief
planmafiig. Eine Ortschaft 3 km nordl. der Stadt verteidigt der Russe hart=
nackig gegen eigenen Vorstofi und verstarkt sich dort.
4. Pz. Armee: Der Feind driickt weiterhin gegen den Siidfliigel und stiefi
entlang der Protwa bis 6 km siidl. Wereja vor. Seine Angriffe wurden abge=
wehrt bzw. zum Stehen gebracht. Das Absetzen an der Siidostfront verlauft
planmafiig. Vorfiihlender Feind wurde von den Nachtruppen abgewiesen. Bei
Smolenskoje eingedrungener Feind ist im Gegenangriff zuriickgeworfen.
Feindvorstofie in Kp.= bis Btl.=Starke an der iibrigen Armeefront wurden ab=
gewiesen.
9. Armee: Vor starkem Angriff iiberlegener Feindkrafte, die von starker
Artl. und schweren Panzern unterstiitzt waren, mufite die HKL nordwestl.
Wolokolamsk 2 km zuriickgenommen werden. Hier wurden unter Einsatz
aller Reserven weitere Angriffe abgewiesen.
3. Pz. Armee: AulBer einem Erkundungsvorstoli des Gegners nur Artl.=
Storungsfeuer. An der Front nordostw. Rshew konnte zur Verbesserung der
Stellung die HKL an einigen Stellen vorverlegt werden. Angriffe nordwestl.
der Stadt wurden abgewiesen. Westl. und siidwestl. Rshew verstarkt sich der
Feind weiter und hat Ortschaften im Raum 20 km siidwestl. der Stadt besetzt.
Ein Vorstofi der SS=Kav.Brig. konnte die Liicke etwas verengen.
Siidl. des Wolgo=Sees werden die Stellungen in schwerem Kampf gegen
iiberlegenen Feind gehalten.
Wetter: Vorwiegend klar im Siidabschnitt bis 15 Grad, im Nordabschnitt
20—25 Grad Kalte.
H.Gr. Nord':
16. Armee: Der Feind setzte seine Angriffe an der ganzen Seenfront fort,
nahm Peno sowie mehrere sich bis zum Letzten wehrende Stiitzpunkte, stiefi
1 Notizen Haiders:
„Bei Heeresgruppe Nord: Am Siidfliigel erheblicher Druck infolge Angriff s von
Teilen von 4 Verbdnden Uber die gefrorenen Seen auf 123. 1.D.
216
12. Januar 1942
nordl. des Swatoje=Sees durch und drang mit Teilen bis in Gegend 15 km
siidostw. Molwotizy vor. Eigene verfiigbare Reserven werden herangefiihrt.
Ein ortlicher Einbruch in Gegend St. Lytschkowo ist bereinigt. Alle Angriffe
gegen die Front bei Staraja Russa sind bisher abgewiesen. Ebenso halt sich
weiterhin der Stiitzpunkt Wswod. Die span. Ski=Kp. konnte wegen einer brei=
ten Eisspalte Wswod nicht erreichen. Verstarkungen werden planmaliig heran=
gefiihrt. Nordl. des Ilmensees Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
18. Armee: Ein ortlicher Einbruch siidl. Salzy wurde im Gegenstofi bereinigt.
Fdl. Vorstofie gegen die Nordostfront und Angriffe bei Lowda sind abgewehrt.
An der iibrigen Front Artl.=Tatigkeit.
Wetter: Grofitenteils Nebel, — 25 Grad.
Finnische Front (12. 1.)
Sudost= Armee: Erfolglose Feindvorstofie und beiderseitiges Storungsfeuer (beim
Feind auch mit schweren Kalibern) auf der Karel. Enge.
Karelische Armee: Der in Totoy Cora eingeschlossene Feind ist vernichtet (500
tote Russen), 150 Bunker wurden genommen. Durch Angriffe iiber den Onega=See
gelang es dem Feind, eine Insel teilweise zu besetzen. Gegenmaf3nahmen zur Be=
reinigung der Halbinsel siidwestl. Powenez schreiten fort. Siidl. Chishesero wurde
der Feind weiter zuriickgedrangt. Fdl. Angriffe bei Welikaja scheiterten unter blu=
tigen Verlusten.
An der iibrigen Front beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
AOK Norwegen: Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Afrika (11. 1.)
1. Feind fiihlte am 11. 1. 42 mit verstarkter Aufklarung gegen unsere Front vor.
Schwerpunkt der bewaffneten Aufklarung beiderseits Uadi el Faregh. Fiir 12. 1. ist
mit weiterer Verstarkung dieser bewaffneten Aufklarung zu rechnen.
Feindliche Kraftegliederung im grofien unverandert.
2. Halfaya=Front: Am 10.1. wurden bei Cirener einige englische Gefangene ge=
macht. Feindtatigkeit war an diesem Tage wegen schlechter Witterung beschrankt.
Seit Tagesanbruch des 11. 1. starker feindlicher Angriff gegen Stiitzpunkt Nieder=
solium im Gange.
[Vortrag des Ob.d.M. beim Fuhrer^.]
V. Leeb denkt sofort an Ausweichen. Fiihrer lehnt ah. RUcksprache Fiihrer—Leeb.
Fiir morgen wird v. Leeb zur Aussprache herangeholt.
Lage Staraja Russa stabilisiert. Wird anschliejiend bereinigt werden.
Vor Wolchoio=Front Ruhe vor dem Sturm.
Mitte: Verhdltnismajiig ruhig. Feind scheint aufzusckliejien. Auswirkungen der
SchneestUrme der letzten Tage machen sich auch bei ihm geltend.
Slid: Reichenau wehrt sich gegen tlbernahme 2. Armee. Umsonst! Mm/? aus
1. Pz.Armee 2 Div.en freimachen."
Vgl. die Niederschrift iiber diesen Vortrag Nr. 1. Ski. lb 145/42 g.Kdos. Chefs.
in: Lagevortrdge des Ob.d.M., a.a.O.
219
B. Kriegstagebuch
13. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
i±. Armee: An der Sewastopol=Front schanzt der Gegner. Eigene Artl. be=
kampfte Feindbewegungen hinter der Front, Schiffsverkehr im Hafen und fdl.
Flugplatze. Nordwestl. Feodosia wies die Gruppe Hitzfeld einen Angriff in
Starke von 1—2 russ. Btl.en ab.
1. Fz. Armee: Vor der Armeemitte sprengte ein eigener Spahtrupp 10 russ.
Erdbunker und erbeutete 4 Granatwerfer. Im iibrigen an der Front Artl.= und
Spahtrupptatigkeit.
:Ly. Armee: Am Siidfliigel wurden 2 fdl. Stofitrupps abgewiesen. Der Feind
machte ortliche Spahtruppunternehmen.
6. Armee: Am Siidfliigel wurde ein fdl. Vorstofi nordl. St. Sawinzy abge=
wiesen. Im Nordabschnitt wurde der Gegner bei Dmitrijewskoje nach tage=
langen Kampfen geschlagen. Der eigene Angriff ostw. und beiderseits Obojan
gewann gegen nachlassenden Feindwiderstand in nordostw. Richtung Boden.
Der Feind setzte sich nach Osten ab.
Auf der Krim Regenwetter mit Nebel. Im iibrigen Bereich der Heeresgruppe
herrschen Temperaturen bis 10 Grad Kalte, stellenweise Nebel und Schneefall.
Notizen Haiders:
„Ein besonders schwerer Tag.
H.Gr. Slid: bereinigt allmahlich den Einbruch am Nordflugel. Sie erwartet im
iibrigen feindlichen Angriff.
H.Gr. Mitte: Mehrfach verzioeifelte Anrufe des OB der Heeresgruppe. Wahrend
der Sack von Suchinitschi im SUden allmahlich sich zu umranden beginnt, ist
4. Armee anscheinend nicht in der Lage, den gegen die „Rollbahn" von SUden
her an 2 Stellen erfolgenden Druck abzufangen. Die Rollbahn ist unterbrochen.
Die Folgen fUr Versorgung der 4. Armee sind noch nicht zu iibersehen. Die
Kampfe um Medyn haben sick so zugespitzt, dafJ v. Kluge verlangt, die Stadt
aufgeben zu diirfen. Widerwillig gibt der Fiihrer nach.
Die LUcke nordlich Medyn ist nach wie vor besorgniserregend. Bei V. AK.
schwere Einbriiche. Bei Rshew ist der Feind mit starken Kraften durch die LUcke
zwischen VI. und XXlll. AK. nach SUden gezogen und druckt auf Bahn Rshew—
Sytschewka. Um den Bahnhof von letzterem Ort loird gekampft. Damit ist die
einzige Moglichkeit der Versorgung der 9. Armee und der Panzerarmee 3 unter=
brochen. Die Folgen sind nicht abzusehen.
Nachmittags meldet v. Kluge, dafl AOK 9 dem XXlll. AK. den Befehl zum Zu=
rUckgehen gegeben habe. Damit wird die Lage der Heeresgruppe noch weiter
erschwert.
H.Gr, Nord: Aussprache zwischen Fm. v. Leeb und dem Fuhrer. Es kommt keine
Einigung zustande. Der Fuhrer bleibt auf seiner im Befehl erhaltenen Forderung
bestehen, dajl die Front an den Waldai=Hdhen halten mUsse. v. Leeb erklart,
er konne das zwar versuchen, es werde aber nicht gelingen, da ausreichende
Kr'dfte nicht herangefUhrt werden konnten!
(Nachste herankommende Div. ist 218., deren 1. Regiment an den Wolchow
mufl, wahrend die Ubrigen Teile nur in ganz langsamem Tempo ab 28. ds.
Monats herangefUhrt werden konnen.)"
220
13. Januar 1942
H.Gr. Mitte:
2. Armee: Der eigene Angriff aus Ljubizkoje nach Osten gewann bis 4 km
siidwestl. Schumakowo Boden. Siidostw. Schumakowo scheiterte ein fdl. Pan=
zerangriff. Bei Roshdestwenskoje wurden mehrere fdl. Angriffe abgewehrt
und ein russ. 32 t=Panzer hierbei vernichtet.
Schwachere Feindangriffe gegen die Front beiderseits Nowosil blieben er=
folglos.
2. Pz. Armee: Gegen die eigenen Stellungen der Ost= und Nordfront schofi
fdl. Artillerie Storungsfeuer. Ostw. und siidl. Oserno konnten Angriffe gegen
die Nordwestflanke der Armee erfolgreich abgewehrt werden.
4. Armee: Bei Ljudkowo konnten Feindteile die Rollbahn erreichen. Der
Gegenangriff ist angesetzt. Mehrere fdl. Angriffe auf Subowo wurden ab=
geschlagen. Weitere Angriffe sind noch im Gange. 10 km ostw. Pareslizy griff
der Feind, durch Artl. und Raketengeschiitze unterstiitzt, an. Die Kampfe sind
noch im Gange. Die Armee nahm die Ostfront in der Nacht zum 13. 1. in die
Linie Ugra— Bachverlauf nach Norden — ostw. Kondrowo — Medyn zuriick.
Nordwestl. Medyn wurden mehrere Feindangriffe abgeschlagen und Borodina
sowie mehrere Orte westl. Medyn genommen.
Die fdl. Luftwaffe bombardierte St. Mjetlewskaja.
4. Pz. Armee: Der Feinddruck gegen die Siidfront hielt an. Bei Wysesbte
konnte der Gegner einen geringen Gelandegewinn erzielen. Ein fdl. Einbruch
nordwestl. Sizbuchowo wurde durch Gegenangriff bereinigt. Siidl. der Roll=
bahn gingen eigene Nachhuten vor starkem Feinddruck auf die HKL zuriick.
Im Gegenstofi warfen eigene Krafte Gegner, der westl. St. Tutschkowo angriff,
zuriick und erbeuteten dabei die fdl. Waffen und Ski=Ausriistungen. Nordl.
Rusa blieben schwachere russ. Angriffe erfolglos. Beiderseits Ostschewo fiihrte
der Gegner stellenweise Erkundungsvorstofie, die durch starkes Artl.= imd
Raketengeschiitzfeuer unterstiitzt waren.
9. Armee: Nordwestl. Wolokolamsk setzte der Russe seine heftigen An=
griffe unter starkem Panzereinsatz fort. Es gelang ihm ein Einbruch, der zu=
nachst beiderseits Iljinakoje abgeriegelt werden konnte.
3. Pz. Armee fiihrte die Ablosung der 7. Pz.Div. aus der Front durch. Westl.
Kolodino scheiterten fdl. Angriffe unter hohen Feindverlusten. Westl. der
Strafie Mologino— Rshew erlitt der Feind ebenfalls hohe blutige Verluste bei
seinen erfolglosen Angriffen. Siidwestl. Rshew und nordwestl. Sytschewka
f uhlte der Feind mehrf ach mit Spahtrupps vor. Vor iiberlegenem Gegner
mulite Nikitje nach heftigen Kampfen aufgegeben werden. Am linken Fliigel
der Armee konnten weitere starke Feindangriffe iiber den Wolgo=See abge=
wehrt werden.
Im siidlichen Bereich der Heeresgruppe triibes Wetter mit Temperaturen bis
zu 30 Grad Kalte. Im iibrigen Bereich klares Wetter bei gleichen Tempera=
turen.
Der Wegezustand ist unverandert.
221
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel wird die Enge ostw. Runa gehalten. Das Zuriick=
gehen in die neue HKL (Nordspitze Stersh=See— Polja— Twerdowa) verlauft
planmaJSig. Der Feind verhielt sich ruhig. AmWelje=See wurden Feindvorstofie
abgewehrt. Der Gegner erlitt hierbei hohe Verluste. Nordwestl. St. Lytsch=
kowo ist die gesamte HKL wieder in eigener Hand. Auf den eigenen Stellun=
gen am 2=Abschnitt und auf dem Raum um Staraja Russa lag erhebliches
russ. Artl.=Feuer. Der Feind griff laufend mit starken Kraften die Front bei
und ostw. Staraja Russa an. Die Angriffe wurden alle abgewehrt. Nordwestl.
der Stadt wurde eine Ortschaft erobert und zahlreiche MG hierbei erbeutet.
Nordl. des Ilmensees an der Front keine besonderen Ereignisse.
Russ. Flieger griffen Staraja Russa mehrfach an.
18. Armee: Bei Lodwa und nordwestl. davon wurden teilweise mit Panzem
unterstiitzte Feindangriffe abgeschlagen. 2 Feindpanzer wurden dabei ver=
nichtet. Ein eigener Stofitrupp vernichtete im Newa=Briickenkopf 6 fdl. Kampf=
stande. An der Front bei Pulkowo konnte ein weiterer eigener StoEtrupp 19
grolie Feindbunker zerstoren. An der Front ostw. Veremina lebhafte russ.
Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Eigene Gefechtsvorposten wurden angegriffen.
Bei 25 bis 30 Grad Kiilte teilweise leichter Schneefall. Schneehohe bei 18. Ar=
mee etwa 43 cm.
Finnisdie Front (13. 1.)
Die Vernichtung der auf der Onega=See=Insel eingebrochenen 200 Russen steht
bevor. Die Landzunge siidwestl. Powenez wurde genommen. Die Bereinigung bei
Welikaja Cuba und siidostw. davon wird erfolgreich fortgesetzt.
Die Temperaturen schwanken zwischen 15 und 35 Grad Kalte.
Afrika (12. 1.)
1. Feind setzte am 12.1. verstarkte Aufklarungstatigkeit vor ganzer Front fort.
Masse 7. Schtz.Brigade und 22. Garde=Brigade mit etwa 2 Pz.Komp.n erreidite mit
Anfangen Linie 10 km westlich Mn. Bettafal — 20 km ostwarts Marsa el Brega. —
Das Vorgehen des Gegners wurde durdi Luftwaffe und Artilleriefeuer wirksam
bekampft und verzogert.
Am 13. 1. ist Fortsetzung des Feindvorgehens zu erwarten. Es ist moglidi, dafi
der Gegner nordlidi des Uadi el Faregh Richtung West angreifen wird.
2. Half aya=Front : Dem Feind gelang es nadi wiederholten Angriffen, sich in den
Besitz einiger Widerstandsnester von Niedersollum zu setzen. An alien anderen
Stellen des Abschnittes Halfaya wurde der Feindangriff abgeschlagen.
3. Absicht fiir 13. 1. 42:
a) Zuriicknahme der ostwarts Marsa el Brega stehenden deutschen Nachhut in
Nacht 12./13. 1. als bewegliche Reserve hinter den Nordteil der Front.
b) Bereitstellung des DAK fiir etwaigen Gegenangriff im Raum etwa 35 km
siidwestlich Marsa el Brega.
2 Auf der Fotokopie nicht zu eniziffern.
14- Januar 1942
14. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
11. Armee: Am Siidfliigel der Sewastopol=Front wurde ein Feindangriff in
Btl.=Starke abgeschlagen. Sonst nur geringe fdl. Gefeditstatigkeit mit stellen=
weise etwas lebhafterem Artl.=Feuer. Vor Feodosia bekampfte Artl. starkere
Feindbewegungen. In der Nacht griff der Gegner mit schwacheren Kraften
siidwestl. Set Asan an. Im Hafen Feodosia sind 5 Handelsschiffe und mehrere
kleinere Boote sowie Ausladungen festgestellt.
1. Pz. Armee: Nach lebhafter beiderseitiger Feuertatigkeit verstarkte sich das
fdl. Feuer im Siidabschnitt gegen Abend. Wahrend der Nacht griff der Gegner
an mehreren Stellen erfolglos an und nahm Taganrog unter Artl.=Feuer, dabei
wurde die Kiiste mit starken Scheinwerfern abgeleuchtet.
Fdl. Spahtrupps auf dem Nordfliigel wurden gefangen genommen oder
aufgerieben.
±y. Armee: Siidl. St. Sawinzy, am Nordfliigel der Armee, ist der Gegner bei
einem Angriff mit etwa 2—3 Btl.en in einen Ort eingedrungen. Die Kampfe
sind noch im Gange.
An der iibrigen Front der Armee beiderseitige Spahtrupp= und Artl.=Tatig=
keit.
6. Armee: Auf dem Siidfliigel mufiten eigene Gefechtsvorposten vor uber=
legenem Feindangriff 2 Orte in Gegend St. Sawinzy raumen. Vorstofie gegen
die HKL nordl. davon wurden abgewiesen.
Die an der Bahnlinie bis 3 km siidl. St. Rshawa vorgestofienen eigenen
Kraf te wurden durch fdl. Inf. und Panzer von Norden angegriffen. Die Kampfe
sind noch im Gange. Feindangriff e in die Ostflanke der Kampfgruppe 9 km
westl. St. Rshawa wurden abgewiesen. In den Westteil von Iseleskoje sind
eigene Krafte eingednmgen.
Wetter: Temperaturen o bis + 5 Grad, zeitweise Regen und Schneetreiben.
Besonders auf der Krim schwierige Wegeverhaltnisse.
Notizen Haiders:
„Lage siidostioarts Kursk macht langsam Fortschritte. Im Suchinitschi=Sack keine
grojien Ereignisse. Feind fiihrt anscheinend Krafte nach. Nordlich Medyn er=
staunlicherioeise noch kein Feinddruck.
Schwere und erfolgreiche Angriffe des Feindes bei Wolokolamsk. Lage siidwestl.
Rshew wird immer gefdhrlicher. 5—4 Div.en des Feindes bereits in unserem
RUdken. XXUI. AK. muji zuriick genommen werden. Lage im Waldai=Gebiet sehr
gespannt.
Die Gesamtlage ist so nicht mehr haltbar.
Meldung v. Kluge, daji er zuriickgehen muji, wenn er sich bei Rshew frei=
kampfen will. Der Fiihrer sieht zwar Notwendigkeit des Zuriickverlegens ein,
gibt aber keine Entscheidung. Diese Art des FUhrens fiihrt zur Vernichtung des
Heeres."
223
B. Kriegstagebuch
H.Gr, Mitte:
2. Armee: Auf dem Siidfliigel der Armee dauern die harten Kampfe gegen
die Durchbruchsversuche des Gegners auf Kursk an. Die Verbindung mit der
eingeschlossenen Kampfgruppe siidostw. Schumakowo ist wiederhergestellt.
Gegen die Front nordostw. Tim griff der Feind nach den schweren Verlusten
der letzten Tage nicht mehr an. 15 km siidwestl. Tim wurde 1 feindl. Btl. ver=
nichtet. An der iibrigen Armeefront wurde der Angriff eines fdl. Btl.s bei
Roshdestwenskoje abgewehrt, sonst nur Artl.=Storungsfeuer.
2. Pz. Armee: Ortliche Feindvorstofie gegen die Ostfront blieben erfolglos.
An der Nordfront wurde ein Ort bei Peshtjakowo vom Feind gesaubert, im
iibrigen schlossen hier und im Abschnitt von Shisdra die Verbande weiter
nach Norden auf.
4. Armee: Von der Kampfgruppe bei Suchinitschi keine neuen Meldungen.
Bei und westl. Filipowka drang der Feind weiter nach Westen vor. Bei Ljud=
kowo bis auf die RoUbahn vorgedrungener Feind wurde angegriffen und in
harten Kampfen zuriickgeworfen. Der Gegner leistet iiberall zahen Wider=
stand. Feindangriffe siidwestl. und nordostw. Ostapowo wurden abgeschlagen.
Der eigene Angriff gegen den Raum von Tschamodanowo drang bis zum Ugra=
Bogen siidl. Pljuskowo und bis 3 km ostw. PorosUzy vor. Angriffe gegen die
Front nordl. Asenjewa wurden abgewiesen. Das Absetzen an der Ostfront
verlauft planmafiig. Nachdrangender Gegner wurde abgewehrt und in harten
Kampfen bei Makowzy zuriickgedrangt. Ein Feindangriff gegen den Ostrand
von Medyn ist unter Einsatz aller Krafte abgeschlagen. Auf der RoUbahn
wurden 3 Panzer abgeschossen. Fdl. Art.=Feuer, auch schwerer Kaliber, liegt
auf Medyn.
4. Pz. Armee: Gegen den Siidfliigel der Armee setzte der Gegner seine An=
griffe erfolglos fort. Trotz der schweren Kampfe konnte nach Siiden gering
Boden gewonnen werden. .isb nl ..nofeoiv/ajadfc
Der Feinddruck gegen die Ostfront halt weiterhin an. Seine Vorstolie konn=
ten im allgemeinen von den Nachtruppen abgewehrt werden. Bei Sinbuschewo
gelang dem Gegner ein Einbruch. Im Hnken Armeeabschnitt Spahtrupp= und
Artl.=Tatigkeit.
9. Armee, 3. Pz. Armee: Mit letzten Kraften und mit Unterstiitzung der
Nachbar=Verbande gelang es dem V. A.K., einen russ. Durchbruch in Richtung
Gory zu verhindern. Gegen die starken Inf.=Angriffe, unterstiitzt von zahl=
reichen Panzern, konnten die schwachen eigenen Krafte nordl. der Bahn Wolo=
kolamsk— Subzoff die HKL nicht halten. Iljinakoje ging verloren. Auch nord=
ostw. davon verstarkt sich der Feinddruck.
Feindangriffe gegen den Abschnitt Gorodischtsche— Mischina wurden ab=
gewehrt.
Von der iibrigen Front der 9. Armee liegen keine neuen Meldungen vor.
Wetter: Klar, starker Frost. Temperaturen tags bis zu — 32 Grad, nachts
im mittleren Abschnitt bis zu — 42 Grad. Im Siidabschnitt abends stiirmisch.
224
15' Januar 1942
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Meldungen iiber die Lage am Siidfliigel der Armee sind
unvoUstandig. Angriffe gegen Staraja Russa konnten abgewiesen werden.
Boglowo wurde besetzt.
Fdl. Angriffe gegen die Front nordl. des Ilmensees wurden im allgemeinen
abgeschlagen^. Die Bereinigung eines ortlichen Einbruchs in Gegend Muraw=
jewkijekas. ist im Gange.
18. Armee: Angriffe gegen die Nordostfront der Armee wurden abgeschla=
gen imd ortlich eingebrochener Gegner im Gegenstoi? zuriickgeworfen. An
der Front vor Leningrad keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: Wechselnde Bewolkung, mafiige Sicht, durchschnittl. — 25 Grad.
Finnisdie Front (14. 1.)
Der auf die Onega=Insel eingedrungene Feind ist vertrieben. Siidl. des Chishe=
sero=See versuchten die Russen, die von den Finnen eingeschlossenen Teile zu ent=
setzen. Die Kampfe sind noch im Gange. An den iibrigen Fronten wurden ortliche
Feindangriffe und fdl. Stofitruppunternehmungen abgeschlagen.
Beim AOK Norwegen Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Afrika (13. 1.)
1. Im Laufe des 13. 1. schlofi Feind in siidwestlicher Richtung auf. Schwerpunkt
der Kraftegruppierung ist Richtung B. es Suera und siidlich zu erwarten. Siidlidi
Uadi el Faregh bisher nur Aufklarungseinheiten festgestellt. Ab 14. 1. mittags ist
feindlicher Angriff gegen Front zwischen Uadi el Faregh und Kiiste moglich.
2. Halfaya=Front: Feind setzte am 13. 1., unterstiitzt von Luftwaffe und Seestreit=
kraften, dabei ein Schlachtschiff, seine heftigen Angriffe gegen NiedersoUum fort.
Nach hartem Kampf ging NiedersoUum bis auf wenige Stiitzpunkte verloren. An
der iibrigen Halfaya=Front Artillerietatigkeit.
3. Zuriicknahme der ostwarts Marsa el Brega stehenden deutsdien Nachhut hinter
Nordteil der Front wurde in den ersten Morgenstunden des 13. 1. planmafiig durdi=
gefiihrt. — DAK beendete 13. 1. vormittags Bereitstellung zum etwaigen Gegenan=
griff im Raum nordlich und nordostwarts Maaten Belcleibat. An der Front nur
beiderseitige Aufklarungs= und Artillerietatigkeit. — Ausbau der Stiitzpunkte und
Verminung wurden fortgesetzt.
15. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^:
11. Armee: An der Front vor Sewastopol wurden mehrere Feind vorstofie
in Kp.=Starke abgewehrt.
2 Beginn der sowjetischen Offensive iiber den Wolckow.
1 Notizen Haiders:
„An der Siidfront ist der Angriff auf Feodosia angetreten. Outer Anfangserfolg.
Am NordflUgel 6. Armee fortschreitende Bereinigung. — Im Sack von Sudiinitschi
225
B. Kriegstagebuch
An der Feodosia=Front wurde ein Partisaneniiberfall nordostw. Sudak ver=
eitelt.
1. Pz.Armee: Am Sudflugel blieb ein feindl. Angriff in Btl.=Starke, der durch
Artl. und schwere Waff en gut unterstiitzt war, erfolglos. An der iibrigen Front
hielt die beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit an.
17. Armee: Auf dem Nordfliigel erreichten eigene Krafte im Angriff die Ge=
gend 15 km ostw. Gusarowka. Die Kampfe dauern noch an. Vor der iibrigen
Front der Armee weiterhin Artl.=Storungsfeuer und Spahtrupptatigkeit.
6. Armee: Erneute Feindangriffe bei Borschtschewoje und bei Wolochow Jar
in Starke von mehreren Kp.n wurden zuriickgeschlagen. Der Feind im Gegen=
stofi unter hohen blutigen Verlusten auf Brigadirowka zuriickgeworfen. Im
nordl. Abschnitt wurden Feindangriffe ostw. Iseleskoje abgewehrt. Der eigene
Angriff nach Nordosten gewann bis zu 6 km Boden.
Im gesamten Bereich der H.Gr. herrscht Frost bis zu 3 Grad Kalte. Bei
6. Armee leichte Schneefalle gemeldet.
H.Gr. Mine:
2. Armee: Am Siidfliigel hielten die Kampfe sUdwestl. Schumakowo in tm=
verminderter Heftigkeit an. Bei Reshdestwenskoje eingedrungener Feind
wurde mit hohen blutigen Verlusten flir ihn geworfen. Den nordl. Teil der
Armeefront griff der Feind nordl. Sologoschtsch an. Die Kampfe sind noch
nicht abgeschlossen.
2. Pz.Armee: Sudostw. Mzensk waren eigene Stofitruppunternehmen er=
folgreich. Am Bahnhof Siksewo wurde ein Feindangriff in Btl.=Starke zurUck=
geschlagen. Ein eigener Vorstofi erreichte das Gelande 2,5 km nordl. des Bahn=
hofs. Die Kampfe sind noch im Gange.
4. Armee: Von der Gruppe Suchinitschi konnten mehrere Feindvorstofie bis
zu Btl.=Starke abgeschlagen werden. Feindl. Angriffe von Siiden auf St.
Sanosnaja sind seit Mitternacht im Gange. Angriffe in Batl.=Starke gegen die
RoUbahn siidl. Ljudkowo blieben erfolglos. Das Ugra=Knie nordostw. Tsche=
medanowo wurde in schwerem Angriff vom Feinde freigekampft. Ostw. Po=
roslizy wurde geringer Gelandegewinn erzielt. Das Absetzen der Ostfront der
Armee erfolgte planmafiig^. Der Feind folgte dichtauf. Angriffe beiderseits der
verst'drkt sich der Feind. Hauptdruck nach Norden. Nordlich Medyn Liicke noch
nicht geschlossen.
Feinddruck gegen siidl. FlUgel 4. Pz.Armee. Weiterer Angriff Wolokolamsk.
Feind verschiebt weitere Krafte durch die LUcke Rshexv nach Siiden. XXIII. AK.
im Druck vor allem an seinem Westfliigel. — Einbruch am Siidfliigel 16. Armee.
Geringe Fortschritte bei Staraja Russa. Nicht unbedenkliche Einbriiche an der
Wolchow front. Im iibrigen bei H.Cr.Nord Ruhe.
V. Leeb (OB der H.Gr. Nord) bittet um Ablosung. — Straufi (OB der 9. Armee)
kann nicht mehr, — v. Reichenau (OB der H.Gr. SUd) Schlaganfall."
2 Vgl. hierzu den Befehl Hitlers zum Riickzug in die „Winterstellung" : Der Fiihrer
und Ob.d.H./Gen.St.d.H./Op.Abt. (T) Nr. 420 021/42 g.Kdos. Chefs, vom 15. /«-
nuar 1942, im Dokumenten^Anhang Nr. ^.
226
15- Januar 1942
Rollbahn bei Medyn konnten zuriickgeschlagen werden. 2 russ. T 34 wurden
dabei vemiditet.
4. Pz.Armee: An der Siidfront traf der eigene Angriff auf einen russ. Ge=
genangriff mit Panzern. Die Kampfe blieben fiir den Feind erfolglos. Er ver=
lor einen 34=t=Panzer. Westl. Smolenskoje eingedrungener Gegner wurde im
Gegenstofi geworfen. Erneute Angriffe gegen Simbuchowo sind im Gange. Alle
Angriffe des an der Ostfront liberall nachdrangenden Gegners wurden abge=
schlagen. Feindl. Vorstofie beiderseits Rusa und bei Ostaschewo blieben gleich=
falls erfolglos. In den iibrigen Abschnitten schofi die feindl. Art.=Storungs=
feuer, stellenweise auch mit schwerem Kaliber.
9. Armee: — 5. Pz.Armee: Westl. Wolokolamsk griff der Gegner erneut mit
starkeren Kraften, die durch Panzer unterstiitzt waren, an. Der Angriff konnte
in der Linie Timoschewo — 10 km westl. Timoschewo — 3 km westl. Gory —
nordl. Gory — 3 km westl. Iljinskoje abgeriegelt werden. Siidostw. Jaropolez
wurde Feind, der mit Unterstiitzung von Panzern angriff, zuriickgeschlagen.
An der Front siidl. Oschelkano— Mischina blieben vereinzelte russ. Vorstofie
erfolglos. Westl. Kalodino konnten iiberlegene Feindkrafte in die eigene Stel=
lung eindringen. Der Gegenangriff ist im Gange. Feindangriffe bei St. Koro=
mitschino und siidwestl. Rshew konnten unter hohen russ. Verlusten abge=
schlagen werden. Z. T. sind die Kampfe noch im Gange. Nordwestl. davon
gelang es dem Gegner, bis Sushedol und westl. vorzudringen. Die eigene HKL
verlauft von Sukenzewo — 12 km westl. Suchedol — auf Jelzy.
Das Wetter im Bereich der H.Gr. ist bei leichten Schneefallen triibe. Die
Verwehungen im Siiden nahmen zu.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel nahm der Feinddruck im Raum siidostw. Mol=
wotizy zu. Russ. Vorstofie gegen Dalja wurden abgewiesen. Der Gegner ver=
sucht, zwischen den eigenen Stiitzpunkten mit Stofitrupps durchzusickern. Die
HKL nordwestl. Lytschkowo konnte wiederhergestellt werden. Mehrere Feind=
vorstofie ostw. Jurjewo wurden abgewiesen. Weitere zahlreiche Feindvor=
stofie gegen die Front beiderseits Staraja Russa wurden in schweren Kampfen
abgeschlagen. Fdl. Artl. belegte Staraja Russa mit heftigem Storungsfeuer. An
der Wolchow=Front konnte der Feind bei Dubowizy in die eigene Linie ein=
dringen. Nordl. Murawjewkijekas. versuchte der Feind, seine gestrigen Erfolge
zu erweitem. Die Kampfe sind noch im Gange. An der iibrigen Front wurden
weitere Angriffe abgewehrt.
18. Armee: Siidl. St. Tigoda blieb ein feindl. Angriff erfolglos. Weitere Be=
reitstellungen des Gegners wurden zerschlagen. An der Nordostfront ver=
starkte der Gegner seine Spahtrupptatigkeit und setzte seine Angriffe an den
bisherigen Stellen mit starker Artl.=Unterstiitzung fest. Er kormte sich z. T.
zwischen den eigenen Stutzpunkten festsetzen. Alle Angriffe wurden jedoch
abgewiesen. Im Newa=Br.=Kopf vernichtete ein eigener Stofitrupp 20 Feind=
227
B. Kriegstagebuch
bunker, weitere 8 russ. Bunker wurden durch eigene erfolgreich durchgefiihrte
Sprengung zerstort. Westl. Veremina konnten 5 russ. Angriffe in Kp.=Starke
abgeschlagen werden.
Tagesdurchschnittstemperatur im Bereich der H.Gr. schwankte zwischen 25
und 30 Grad Kalte.
Finnisdie Front (15. 1.)
An der Front beiderseits Wonshosero wurden ortl. Erfolge erzielt. In diesem
Abschnitt verlor der Feind in der Zeit vom 1.— 9. 1. 172 Gefangene und 5390 Tote.
Temperaturen bis 25 Grad Kalte.
Afrika (14. 1.)
1. Feind scKlofi nordlich Uadi el Faregh weiter nach Siidwesten auf. Aufier reger
Gefechtsaufklarung nur geringe Artillerietatigkeit. Siidlich des Uadi el Faregh auf
Mn. Burruei vorgehende feindlidie Aufklarungsabteilung wurde durdi wiederholte
Luftangriffe zum Halten gebracht.
2. Halfaya=Front: Starkes Artilleriefeuer und wiederholte Luftangriffe mit Schwer=
punkt gegen Halfaya. Wasserversorgung durch Angriff gegen eigene Brunnen sehr
ersdiwert. 12. und 13. 1. wurden durch Artilleriebeschufi 9 eigene Geschiitze zerstort.
3. Deutscher Sperrverband (etwa 3 Kompanien) wurde nach Marada verlegt.
[In der Nacht vom 14./!^. Januar britische Luftangriffe auf Hamburg und
Emden].
16. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud':
11. Armee: Fdl. Kriegsschiffe beschossen die Kiistenstrafie westl. Saki und
Eupatoria. Sie wurden durch schwere Flak bzw. durch Kiistenbatterien zum Ab=
drehen gezwungen.
An der Sewastopol=Front wurden ein Angriff und mehrere nachtliche Vor=
stofie abgewiesen. Eigene Artl. bekampfte fdl. Lkw.=Verkehr und Schiffsziele
vor Sewastopol. Bei einem Untemehmen gegen ein Partisanenlager wurden 12
Hiitten zerstort und Waffen erbeutet.
Der Angriff gegen Feodosia gewann nach Uberrennen der Gefechtsvorposten
gegen zah kampfenden Feind iiberall gut Boden. Heftige Gegenangriffe, z. T.
1 Notizen Haiders:
„Fortschreiten der Feindbewegungen in die Durchbruchsliicken Suchinitschi,
nordlich Medyn, westlich Rshew und westlich Ostaschkow.
Schwere Kdmpfe bei Wolokolamsk und an der Wolchoio=Front, wo der feindliche
Angriff merkwiirdig schmal bleibt.
Auf der Krim Fortschritte des Gegenangriffs bei Feodosia. Bei H.Gr. Siid
schlieflt der Feind anscheinend zum Angriff auf zwischen IV. AK. und Gegend
^i^ nordlich Charkow." o
228
i6. Januar 1942
mit Panzerunterstiitzung, wurden zuriickgeschlagen. Wahrend die Kampfe um
einzelne Ortschaften im Hintergelande noch im Gange sind, gelang es noch
gestern abend, die Hohe nordl. Petrowka (6 km nordwestl. Feodosia) zu
nehmen.
Der Feind hatte schwere Verluste, im Nahkampf wurden 2 Batterien ge=
nommen sowie 16 Panzer zerstort. IV. Fl.=Korps unterstiitzte den Angriff er=
folgreich, vor allem durch Bekampfung von Panzern und Batteriestellungen.
1. Pz.Armee: An gesamter Front beiderseitige Artl.= und ortliche Spahtrupp=
tatigkeit. Eigene Artl. zersprengte vor rechtem Armeeabschnitt durch Voll=
treffer 2 russ. Scharfschiitzen=Bunker und brachte eine Feind=Batterie zum
Schweigen.
17. Armee: Ein fdl. Angriff in Btl.=Starke gegen Sicherungen im Walde
15 km nordwestl. Isjum wurde abgewiesen. Nach weiteren erfolglosen An=
griffen gegen einen Ort 3 km siidl. St. Sawinzy griff der Gegner dort gestern
Nachmittag nicht mehr an. Anscheinend wirkte sich ein eigener Vorstofi am
Siidfliigel der 6. Armee hierher aus. Wahrend der Nacht erfolgreiche eigene
Stofitruppunternehmen siidl. Jama und Abwehr eines Feindvorstofies gegen
St. Jama. Lebhafte fdl. Spahtrupptatigkeit an der Donez=Front.
Rege fdl. Fliegertatigkeit.
6. Armee: Gegen den am Siidfliigel der Armee bei St. Sawinzy iiber den
Donez vorgedrungenen Feind ist siidl. des Flusses ein eigener Vorstofi im
Gange. Eigene Stukas griffen Feindansammlungen bei Sawinzy erfolgreich an.
2 Feindangriffe westl. Belszelowka wurden abgewiesen.
Am Nordfliigel der Armee unvermindert starke Feindbesetzung mit Pan=
zern und mehreren Batterien um Rshawa, die von eigenen Stukas mehrmals
angegriffen wurden. Gruppe Neuling nahm im Angriff Jekaterinowka (6 km
nordwestl. Rschawa) und S. Tscheremoschnoje. Der Gegner wich nach Nord=
osten aus.
2. Armee (der H.Gr. Siid neu unterstellt) : Mehrere Feindangriffe gegen den
Siidfliigel der Armee wurden abgeschlagen und Bereitstellungen mit Artl. be=
kampft. Der Druck iiberlegenen Gegners mit schweren Panzern am Seim halt
weiterhin an. An der Ostfront der Armee keine besonderen Kampfhandlungen.
Im Raum von Kursk sehr rege fdl. Fliegertatigkeit mit zahlreichen Bomben=
und Tieffliegerangriffen. j^rn^mr'
Wetter: Auf der Krim heiter. Tagsiiber Temp, iiber o Grad. Im Raum um
Taganrog Tauwetter. Im Nordteil der 1. Pz.Armee leichter Frost mit Temp,
von + 1 bis — 4 Grad. Im iibrigen Bereich der H.Gr. klar, bis 4 Grad Kalte, bei
AOK. 2 bis - 17 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: Westl. Nowosil wurde fdl. Kolonnenverkehr bekampft und
Erkundungsvorstofie bei Wjashk abgewiesen. Gewaltsame Aufklarung siid=
ostw. und ostw. Mzensk traf auf Feind in Feldstellungen. An der Nordfront
229
B. Kriegstagebuch
wurde beiWesnizy der Angriff eines fdl. Btl.s abgewiesen und ostw. Ljudinowo
ein Ort genommen.
4. Armee: Bei Woskrosenskoje und nordl. konnte der sich verstarkende
Feind erfolgreich abgewehrt werden. Fdl. Vorstofie gegen die Rollbahn ostw.
Ljudkowo blieben ebenfalls erfolglos. Ein eigener Angriff ostw. Juchnow
drang bis in Gegend 14 km ostw. der Stadt vor. Feindangriffe gegen die Front
nordostw. Tschemadanowo wurden teils zuriickgeschlagen, teils mufite die
HKL ortlich 3 km zuriickgenommen werden. Nordwestl. Asenjewo scheiterte
ein Feindangriff mit Panzern nach schwerem Kampf. An der Ostfront blieben
Feindvorstofie bis zu Btl.=Starke im eigenen Abwehrfeuer liegen. Bereitstel=
lungen des Gegners wurden zerschlagen.
4. Pz. Armee: Nach Heranfiihren weiterer Krafte griff der Gegner am Siid=
fliigel erneut mit starken Kraften an. Bis Were] a vorgedrungene Feindteile
wtirden im nachtlichen Gegenstoli zuriickgeworf en. Vorstofie gegen Sinbuchowo
und Angriffe mit Schwerpunkt an der Autobahn wurden blutig abgeschlagen.
Das Absetzen verlauft planmafiig. Siidl. Rusa drangt der Gegner scharf nach.
Mehrere Angriffe mit Panzern an der Armeegrenze wurden abgewiesen.
9. Armee: Auch gestern fiihrte der Russe starke Angriffe gegen das V. AK.
Unter erneutem Einsatz zahlreicher Panzer gelangen ihm einzelne Einbriiche,
die abgeriegelt werden konnten. Die Absetzbewegungen der 3. Pz.= Armee sind
planmafiig angelaufen. Ein im Abschnitt ostw. Pumino zur Bereinigung eines
Angriffs eingesetzter Gegenangriff blieb trotz Einsatz aller Reserven ohne
Erfolg. Die Einbruchss telle ist abgeriegelt.
Zahlreiche Feindangriffe gegen die Front nordwestl., westl. und siidl. Rshew
sind bisher alle, z. T. unter empfindlichen eigenen Verlusten, abgewiesen.
Bei linkem Armeefliigel ist der Einbruch 10 km ostw. Krasnaja Gorka durch
Gegenangriff bereinigt. Mehrere Angriffe im Abschnitt Selisharewo blieben er=
folglos. Bei St. Ochwat dauert der harte Abwehrkampf an.
Wetter: Bedeckt, Temperaturen zwischen —10 Grad und —15 Grad, Schnee=
falle, Wegezustand verschlechtert.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Ostw. Molwotizy wird die HKL gegen starke Feindangriffe ge=
halten. Umfassende Angriffe wurde abgewiesen. Bei Rushnaja Belotudsa ver=
starkt sich der Feind. Westl. Staraja Russa wurden eigene Angriffserfolge er=
zielt. Der Stiitzpunkt Wswod wehrte iiberlegenen Angriff mit Panzern ab. Ein
span. Ski=Spahtrupp drang bis auf 5 km an den Stiitzpunkt vor und beobach=
tete gute Wirkung eigener Bombenangriffe.
Durch Storchlandung ist ein Truppenarzt nach Wswod gebracht worden.
2 Schwerverwundete wurden zuriickgenommen.
Nordl. des Ilmen=Sees gelang es dem Feind, die Einbruchsstellen nordl.
Murawjewkijekas. und bei Jamno zu erweitern. Weitere ortliche Angriffe an
der Wolchow=Front wurden abgewehrt.
230
17. Januar 1942
18. Armee: Ortliche Angriffe des Gegners, die z. T. durch starkes Artl.=
Feuer unterstiitzt waren, an der Nordostfront blieben erfolglos. An der Lenin=
grader Front wurden Angriffsvorbereitungen erkannt.
Wetter: Durchschnittl. 10—15 Grad Kalte, bei AOK 18 leichter Schneefall,
Schneehohe 42 cm.
Finnisdie Front (16. 1.)
Meldungen liegen nidit vor.
AOK Lappland und AOK Norwegen:
Au6er Spahtrupptatigkeit keine besonderen Ereignisse.
Afrika (15. 1.)
1. Feindgruppierung im grofien unverandert. Gegner fiihrt ansdieinend Bevor=
ratung durch. — An ganzer Front heftige Aufklarungstatigkeit und sdiwadies Ar=
tilleriefeuer auf Stiitzpunkte. Der siidlich des Uadi el Faregh auf Mn. Burruei vor=
gehenden feindlichen Aufklarungseinheit wurden Verstarkungen zugefiihrt. Dieser
Gegner wurde auch am 15. 1. erfolgreidi durdi die Luftwaffe angegriffen. Weiterer
Feind — ansdieinend ebenfalls Aufklarungskrafte — ging aus Gegend Gr. es Sahabi
Riditung Westen vor.
2. Halfaya: Fortdauer des Artilleriefeuers durdi Land= und Seestreitkrafte sowie
Anhalten der Luftangriffe. — Trotz grofiter Anstrengungen konnte die nur noch
auf dem Luftweg mogliche Versorgung bisher nicht in ausreichendem Mafie durch=
gefiihrt werden. — Kommandeur Div. Savona meldet, die unaufhorlidien Angriffe
und die mangelhaf te Verpflegung hatten bereits zu einem gewissen Kraf teverf all der
Truppe gefiihrt. Bei einzelnen Soldaten seien Wahnsinnserscheinungen aufgetreten.
Eine geniigende Pflege der Verwundeten und Kranken sei nicht mehr moglich.
3. Fallschirm=Lehrtruppe XI. Fliegerkorps iibernahm bisherige Stellungen des
italienischen mot. Korps westlich Maaten Belcleibat. Italienisches mot. Korps wurde
fiir bewegliche Verwendung im Raum westnordwestlich Maaten Belcleibat bereit=
gestellt.
[In der Nacht vom i^./i6. Januar hritische Luftangriffe auf Hamburg und
Emden].
17. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^:
II. Armee: An der Sewastopol=Front griff der Feind die eigenen Stellungen
bei Punkt 364 heftig an. Der eingebrochene Feind wurde iiberall zuriickgewor=
fen, KKL ist in eigener Hand. An der SUdkiiste der Krim landete der Feind bei
X Notizen Haiders:
„Verhaltnismaj^ig ruhiger Tag ohne neue Alarmmeldungen. Der Feind scheint
Schwierigkeiten im Nachfiihren neuer Verbande in die Einbruchsstellen zu haben
231
B. Kriegstagebuch
Sudak 1 Btl. und versuchte nach Taraktasch vorzustofien. Die Kampfe um
Taraktasch sind noch im Gange. An der Feodosia=Front konnte der eigene An=
griff weiter gut Boden gewinnen. Die vordersten Teile drangen bis zur Linie
Beibusa— Wladislawowka vor.
In den schweren Kampfen des 15. und 16. 1. wurden 1300 Gefangene ge=
macht, 22 Geschiitze erbeutet und 18 Panzer vernichtet. Aufierdem erlitt der
Feind hohe blutige Verluste.
1. Pz.Armee: Vor einzelnen Stellen der Front sdioQ die fdl. Artl Storungs=
feuer. Gegeniiber dem Nordfliigel der Armee wurde 1 fdl. Ski=Btl. erkannt.
17. Armee: Bei und siidl. Isjum wurden Feindvorstofie abgewehrt. AmNord=
fliigel setzte der Gegner seine Angriffe 5 km siidl. St. Sawinzy fort, er wurde
abgewiesen.
6. Armee: 10 km westl. St. Sawinzy ist der Kampf um Ortschaften noch im
Gange. Am Nordfliigel der Armee gewann die beiderseits der Strafie Obojan—
Tim nach Nordosten angreifende eigene Kampfgruppe 9 km an Boden.
2. Armee: Am Siidflligel verhielt sich der Feind ruhig. Ein eigener Stofitrupp
brachte dem Feinde Verluste in Hohe von 100 Toten und 40 Gefangenen bei.
Vor der iibrigen Front der Armee wird beiderseitiges Artl.=Storungsfeuer ge=
meldet. Mehrere eigene Spahtrupp= und Stofitruppuntemehmungen waren
erfolgreich.
Auf der Krim stellenweise Nebel bei Temperaturen liber o Grad. Im iibrigen
Bereich der H.Gr. herrscht Frost bis zu minus 20 Grad.
H.Gr. Mine:
2. Pz.Armee: An der Ostfront der Armee aufier geringer beiderseitiger Art.=
und Spahtrupptatigkeit nichts Besonderes. Bei Bjelew wurden weitere Feind=
bewegungen in westl. Richtung erkannt. Siidostw. Ukelizy gewannen eigene
Krafte gegen zah kampfenden Feind im Angriff 5 km Boden nach Westen.
Ostw. Wesnizy sind Kampfe mit von Norden angreifenden Feindteilen im
Gange. Beiderseits Shisdra wurden dem Feind in erfolgreichen Vorstofien Ver=
luste beigebracht.
4. Armee: Die Kampfgruppe Suchinitschi wurde mehrere Male von fdl. Bom=
bern angegriffen. Siidl. Filipowka griff der Feind einen eigenen StUtzpunkt
erneut ohne Erfolg an. Der Feinddruck siidl. Dolgoje verstarkt sich. Gegen die
Ugra=Front nordostw. Tschemodanowo griff der Feind erfolglos an.
Schwachere FeindvorstolBe an der Ostfront der Armee wurden abgewiesen,
z. T. sind die Kampfe noch im Gange. Im Raume um Makowzy wurden star=
kere Feindansammlungen erkannt. Angriffe langs der RoUbahn aus Richtung
Medyn wurden erfolgreich abgewiesen.
4. Pz.Armee: Schwachere Feindteile, die an der Siidfront einzusickern ver=
(Versorgung, Eisenbahnlage). — Unsere Eisenbahn ist geradezu katastrophal
und gefahrdet Vorbereitung des Angriffs Rshezo. . . Besuch Model, der 9. Armee
ubernimmt."
232
I/. Januar 1942
suchten, wurden zuriickgeschlagen. Starkeren Feindkraften gelang es, im
Protwa=Tal vorzudringen und Were] a zu nehmen. Sie wurden wieder aus der
Stadt herausgeworfen. Die eigenen Absetzbewegungen verlaufen iiberall plan=
mafiig. Einzelne nachdrangende Feindgruppen wurden abgewiesen.
9. Armee — 3. Pz.Armee: Starken russ. Kraften gelang es, langs der Bahn
westl. Gory in Richtung St. Knjashi Gory mit Panzern, Kav. und Ski=Truppen
vorzudringen, sie konnten jedoch zum Stehen gebracht werden. Den Absetzbe=
wegungen der iibrigen Teile der 3. Pz.Armee folgte der Feind nur zogemd.
An der Front um Rshew blieben Feindangriffe in Btl.=Starke iiberall erfolg=
los. Auch an der Siidwestfront von Sytschewka wurde ein starkerer russ. An=
griff abgeschlagen. An der Ostfront des XXIII. AK. wurden schwere Angriffe
abgewiesen. Siidl. Selisharewo wurden die Absetzbewegungen nach Siiden ein=
geleitet.
Wetter: Bei bedecktem Himmel und leichten Schneef alien schwanken die
Temperaturen zwischen —10 und —20 Grad. Der Straiienzustand verschlech=
terte sich durch die Schneefalle.
H.Cr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel sind Abwehrkampfe gegen nachdrangenden Feind
7 km westl. Apolez im Gange. An der Molwotizy=Front entspannte sich die
Lage etwas. Ein Feindangriff in Btl.=Starke siidsiidwestl. Molwotizy wurde ab=
gewiesen. Eigene Art. bekampfte Feindansammlungen westl. der Nordspitze
des Seliger=Sees mit guter Wirkung. An der Nordostfront der Armee wurden
kleinere Feindeinbriiche bereinigt. Das starke fdl. Storungsfeuer auf Staraja
Russa hielt an. Nordwestl. der Stadt ist die Rollbahn fest in eigener Hand.
Nordl. des Ilmen=Sees konnte verhindert werden, dafi der Feind seine Ein=
bruchsstellen erweiterte. An der Wolchow=Front siidl. und nordl. Grusino
wurden eingedrungene Feindteile im Gegenstofi geworfen, russ. Bereitstel=
lungen zerschlagen und ein Angriff abgewiesen.
18. Armee: Ein fdl. Angriff von Zidan gegen den Briickenkopf Salzy blieb
erfolglos. Siidostw. Maluksa gelang es dem Gegner, mit 11 Panzern und In=
f anterie den Bahndamm in 200 m Breite zu besetzen, eigene Gegenangriffe sind
im Gange. Bei der Abwehr mehrerer Feindangriffe, die im Laufe des Tages
gefiihrt wurden, erlitt der Feind schwere blutige Verluste. 4 russ. Panzer wur=
den vernichtet.
An der Front vor Leningrad sprengte ein eigener Stofitrupp 15 Bunker oder
Kampfstande ostw. Pulkowo.
Finnisdie Front (17. 1.)
Karelische Armee: Siidl. Wonshosero wurden erneute Feindangriffe abgewiesen.
Von den iibrigen Fronten wird Art.= und Spahtrupptatigkeit gemeldet.
Temperaturen bis 25 Grad Kalte.
Bei AOK Lappland keine besonderen Ereignisse. 20—30 Grad Frost.
233
B. Kriegstagebuch
Afrika (16. 1.) ' "•
1. Luftaufklarung konnte wegen Sandsturm nicht geflogen werden. Nach Horch=
aufklarung je eine Kampfgruppe 200. Garde=Brigade 10 km nordostwarts B. es
Suera, hart nordlich B. el Ginn und 5 km siidlich Bu Grada.
An ganzer Front nur schwache Spahtrupptatigkeit.
2. An der Halfaya=Front ununterbrochene feindlidKe Artl.= und Lufttatigkeit.
Starkere Bewegungen von Panzern und Infanterie vor der gesamten Front lassen
auf einen baldigen Angriff schliefien. — Weitere Brunnen wurden zerstort. Ober=
befehlshaber Slid teilte mit, dalB ab 16. 1. Versorgung auf dem Luftweg weiter
verstarkt wird.
3. O.Qu. Abteilung des Kdos, der Panzergruppe wird voriibergehend nach Tri=
polis verlegt.
18. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^:
11. Armee: An der Front von Sewastopol wurde ein Angriff des Feindes
an der Nordostfront abgeschlagen. Weitere wiederholte feindl. Angriffsver=
suche auch an anderen Frontabschnitten blieben ebenfalls erfolglos. Sie wur=
den entweder bereits in der Bereitstellung zerschlagen oder in heftigen Nah=
kampfen abgewehrt. Gegen den bei Sudak gelandeten Feind wurde der An=
griff fortgesetzt und Taraktasch genommen. Eine nach Osten abgedrehte
Feindgruppe (etwa 400 Mann) wurde vor einer rum. Sperrstellung siidwestl.
Otusy abgeschlagen. — Im Angriff auf Feodosia wurde nach hartem Kampf der
Feindwiderstand gebrochen und der Nordwestrand der Stadt erreicht. Feind=
teile werden auf engem Raum um Feodosia eingeschlossen und z. T. auf die
Halbinsel siidl. der Stadt abgedrangt. Nach Nordosten ausweichender Feind
wurde von Artl.= und Fliegerkampfkraften wirkungsvoll bekampft. St. Sarygol
ist durch kiihnen Vorstofi genommen und damit die Riickzugstrafie fiir den
Feind gesperrt. Feindl. Gegenangriffe mit Panzern gegen die Angriffsfront bei
1 Notizen Haiders:
„Bei Feodosia gute Fortschritte. Angriff gegen linken Flugel 17. und gegen
6. Armee hat begonnen, audi bei Bjelgorod. 2. PzArmee macht erfreuliche Fort=
schritte in Richtung Suchinitsdii.
Bei 4. Armee Schwierigkeiten durch Schneefall in der Bewegung der Truppen.
Der Feind faflt um den NordflUgel in Richtung Juchnow herum. 4. PzArmee hat
nun Heranfiihren von 6 Rgt.ern in die Liicke von Norden her eingeleitet.
Gegen Ostfront, vor allem V. AK., dr'dngt der Feind weiter nach. VJestlidi und
siidwestl. Rshew schiebt der Feind weitere Krafte vor.
Liicke Ostaschkow=Cholm nimmt unbequeme Formen an. Der Feind driickt nach
SUden und Westen. Anfange unserer Krafte kommen zunachst auf Cholm heran.
Bei Nord hat v. Kiichler das Kommando ubernommen. Hasse Chef. v. Leeb und
Brennecke treten ab. Bei Staraja Russa wird nur geflickt. Die Lage bessert sich
nicht. Auch an der Wolchow front ist die Lage sehr gespannt. tlbrige Front ruhig.
Mittag beim Fiihrer. Fm. v. Bock ist anwesend und wird in seine Aufgabe (als
neuer OB der H.Gr. Siid) eingewiesen."
234
i8. Januar 1942
Wladislawowka und siidl. scheiterten unter blutigen Verlusten fiir den Gegner.
Bisher sind etwa 1600 Gefangene und die Beute von 2 Langrohrgeschiitzen,
4 12,2 cm und 11 j,6 cm Geschiitzen sowie 7 Inf.=Geschutze gemeldet. 46
Panzer wurden vemichtet und 5 Flugzeuge durch die Truppe abgeschossen.
1. Pz.Armee: Am SUdfliigel Feueriiberfalle zusammengefafiter Granat=Wer=
fer. Eigene Artl. bekampfte wirkungsvoU erkannte Feindziele.
Artl. der slowakischen Div. zersprengte feindl. Ansammlungen.
ly. Armee: Am Nordfliigel wurde ein feindl. Angriff 10 km nordnordwestl.
Isjum abgeschlagen. Salimanjo (2,5 km siidl. St. Sawinzy) wurde nach funf=
tagigem schweren Kampf gegen dauernde Angriffe 5 verschiedener russ. Rgt.er
geraimit. Nach Gewinnen der beherrschenden Hohen hatte der Gegner plan=
mafiig den gesamten Ort in Brand geschossen und zerstort. Die Russen hatten
in diesen 5 Tagen schwerste Verluste.
6. Armee: Am SUdfliigel ist der Angriff siidl. des Donez bis 10 km ostw.
Gusarewka vorgedrungen und hat Gegner in Starke von 1 Btl. zuriickge=
worfen.
Der Angriff auf dem Nordfliigel machte weiterhin gute Fortschritte. Die
Angriff sspitzen erreichten die Gegend nordl. St. Rshawa, 3 km siidl. St.
Solzsewo und 6 km siidwestl. St. Solzsewo.
2. Armee: Gruppe Breith nahm im Angriff Schumakowo und einen Ort hart
siidostw. davon. 2 russ. 32=t=Panzer wurden abgeschossen und iiber 200 Ge=
fangene eingebracht. Die Artl. bekampfte wirkungsvoU feindl. Bewegungen
vor der Front. Rege feindl. Fliegertatigkeit.
Vor dem Nordabschnitt haben die feindl. Spahtrupp= und Aufkl.=Tatigkeit
sowie der Schlitten= und Lkw.=Verkehr zugenommen.
Wetter: Auf der Krim Frost und stellenweiser Schneefall. Im iibrigen Be=
reich der H.Gr. zunehmende Kalte bis —16 Grad, bei 2. Armee —25 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: Am rechten Fliigel starkere feindl. Artl.=Tatigkeit. Rege feindl.
Fliegertatigkeit im Raum um Mzensk. An der Nordfront starke Feindbewe=
gungen durch Bjelew. Ein feindl. Angriff wurde abgewiesen und 3 km siid=
ostw. Osemo ein Ort genommen. Der feindl. Gegenangriff mit Panzern blieb
erfolglos. Ebenso wurden feindl. Angriffe im Abschnitt Maleschewo— Wesnizy
abgewiesen. Feindl. Ortschaften 12 km nordostw. Shisdra und 5 km nordl.
Ostynia sowie Ljudinowo wurden im Angriff genommen. Bei Ostynia ein fdl.
Btl. durch eigene Panzer aufgerieben.
4. Armee: Auf Suchinitschi feindl. Bombenangriffe. An der Front ostw.
der Rollbahn gewannen eigene Vorstofie Boden, feindl. wurden abgewiesen.
Der Feind driickt besonders in Gegend Ljudkowo. Feindansammlungen 10 km
siidl. Juchnow. An der Ugra= und Ostfront wurden ortliche Vorstofie abge=
wiesen und Einbruch siidl. Medyn bereinigt. Die Absetzbewegungen verlaufen
planmafiig.
235
B. Kriegstagebuch
4. Pz.Armee: Der Feinddruck gegen den Siidfliigel halt weiterhin an. Vor=
stofie und nachtl. Angriffe siidl. Were] a wurden abgewiesen, jedoch konnte
die Feindgruppe siidl. der Stadt noch nicht beseitigt werden. Feindangriffe an
der Autobahn und Poststrafie scheiterten. Das Absetzen verlauft planmafiig.
Der Gegner schofi sein iibliches Storungsfeuer auf das bereits geraumte
Rusa.
9. Armee: Bei 3 Pz.Armee fiihrte der Feind wiederum heftige, von Panzern
unterstiitzte Angriffe gegen das V. AK. Das Korps hatte erneut empfindliche
Verluste. Den Russen gelang ein ortl. Einbruch, 4 Feindpanzer wurden abge=
schossen. Feindl. Angriffe nordl. davon, z. T. durch Panzer unterstiitzt, wurden
abgeschlagen und das Absetzen in die neue Widerstandslinie durchgefiihrt.
Breitere Angriffe des Gegners gegen die Nordfront bis zu Rgt.=Starke sowie
gegen die Nordwest= und Westfront bei Rshew wurden ebenfalls abgewiesen.
Einige Vorstofie gegen sich zah verteidigenden Feind gewannen gut Boden.
Siidwestl. Sytschewka floh der Feind und \ie& 450 Tote zuriick. Hier griff die
Luftwaffe wirksam in den Erdkampf ein. Am linken Armeefliigel verlaufen
die Absetzbewegungen planmafiig. Feindl. Angriffe wurden erfolgreich ab=
gewehrt.
Wetter: Bedeckt, stellenweise Schneefall, 15—20 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel verteidigt sich eine Rgt.=Gruppe ostw. Cholm.
Der Feinddruck sudl. des Ilmen=Sees halt an. Vorstofie und Angriffe des Geg=
ners in alien Abschnitten wurden abgewehrt und ein Einbruch im Gegenstofi
bereinigt. Stiitzpunkt Wswod halt unverandert. Nordl. des Ilmen=Sees gelang
es dem Feind, die Einbruch sstellen westl. Dubowizy zu erweitern. Hart ostw.
der RoUbahn wurde er zum Stehen gebracht. Mehrere Angriffe gegen den
linken Armeeabschnitt wurden abgewiesen.
18. Armee: Angriffe der Russen gegen die Nordostfront in Gegend sud=
westl. Bogolnik und Maluksa wurden zuruckgewiesen und feindl. Bereitstel=
lungen zerschlagen. An der Newa=Leningrader=Front Artl.= und Spahtrupp=
tatigkeit.
Wetter: Leichte Schneefalle, minus 15 bis minus 2.0 Grad.
Finnisdie Front (18. 1.)
Beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Keine besonderen Kampfhandlungen. Der Feind befestigt das Ostufer des Onega=
Flusses. Auf der Landzunge siidwestl. Powenez wurden bis zum 11. 1, 1443 tote
Russen und 107 Gefangene gezahlt.
[Das OKW/WFSt befiehlt die Bevorratung der deutschen Truppen in Lapp^
land auf 9 Monate].
256
19- Januar 1942
Afrika (17. 1.)
1. Feindlage im groi3en unverandert. An der ganzen Front beiderseitige Auf»
klarungstatigkeit. Im Nordabschnitt geringes feindliches Artilleriefeuer. Schwer*
punkt der feindlichen Aufklarung richtete sich gegen Raum siidlich Maaten Giofer.
Die in Gegend Mn. Burruei befindlichen Aufklarungskrafte wurden audi heute
durch die Luftwaffe angegriffen.
2. Halfaya=Front: Kommandant des Abschnittes Halfaya (Generalleutnant De
Georgis) meldet 17. 1. friih, da auch in der vergangenen Nacht keine Verpflegung
eingetroffen sei, habe er einen Parlamentar zu Ubergabeverhandlungen entsenden
miissen. Die Feindseligkeiten seien mit Beginn der Verhandlungen eingestellt wor=
den. Alle schweren Waffen seien durch die eigene Truppe unbrauchbar gemacht
worden. — Seit 13.00 Uhr besteht keine Funkverbindung mehr zum Abschnitt.
Englischer Nachrichtendienst meldet, Abschnitt Halfaya habe kapituliert.
3. Einsatzbereite deutsche Pz.Spahwagen 23. Einsatzbereite deutsche Pz.Kampf=
wagen 84, dabei 24 am 5. 1. eingetroffene Ersatzpanzer. In den nachsten Tagen ist
mit der Herstellung der Einsatzbereitschaft einer grofieren Anzahl von in Werka
statten befindlichen Panzern zu rechnen. — Das Eintreffen der Masse der Ersatz=
panzer (32) verzogert sich infolge fabrikatorischer Mangel im Laufwerk, die den
zeitweisen Ausfall beinahe der Halfte der Panzer wahrend der Anfahrt von Tripolis
zur Folge hatten. Aufierdem fehlten der Mehrzahl der Panzer eine Anzahl zur Her=
stellung der Gefechtsbereitschaft erforderlicher Ausriistungsgegenstande. Eingehen=
der Bericht folgt nach Abschlufi der Untersuchung. —
Einsatzbereite itaiienische Panzer M: 89.
19. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siid^i
i.±. Armee: An der Sewastopol=Front wurden 2 Vorstofie in Kp.=Starke
abgewiesen.
Siidl. Taraktasch verstarkte sich der Feindwiderstand vor der eigenen An=
griffsgruppe.
Feodosia wurde nach hartnackigem Hauserkampf endgiiltig genommen. Auch
siidwestl. der Stadt ist die Sauberung abgeschlossen. Weiter nordl. wurde der
1 Notizen Haiders:
„Der Angriff auf der Krim schreitet gut vorwarts. An der Nordfront der ij. Ar=
mee und an einigen Stellen der 6. Armee ist der Groflangriff, der in der Voraus=
sage an den Namen Charkow gebunden war, entbrannt. Schwierigste Stelle an
der Naht iyJ6. Armee. Es wird schwere Tage gehen, his diese Spannung uher=
wunden ist. Auch am Sudteil der 2. Armee ist ein grower Einbruch erfolgt, gegen
den augenblicklich keine Krafte zur Hand sind. Eine operative Gefahr sehe ich
hierin nicht.
2. Panzerarmee macht weitere Fortschritte in Richtung Suchinitschi. Im Ubrigen
hat sich im Suchinitschi=Bogen nicht viel gedndert. Offenbar hat der Feind hier
mit der Versammlung starkerer Krafte ernste Sdiwierigkeiten.
Die Riickverlegung der Ostfront der Heeresgruppe Mitte schreitet fort. Die
Schliejiung der LUdce Medyn ist nodi nicht voll gelungen, scheint aber auf gutem
Wege zu sein.
Bei Rshew auffallende Zuriickhaltung des Feindes.
237
B. Kriegstagebuch
Feind bis 4 km sudwestl. Kamyschly zuriickgeworfen. Bisher wurden iiber 4600
Gefangene gemacht, 13 Panzer, 38 Geschiitze, 24 Pak, 63 Granatwerfer, 100
MG sowie zahlreiche Kfz. und besp. Fahrzeuge erbeutet oder vernichtet.
1. Pz.Armee: Der Gegner griff im Lauf des Tages die gesamte Front an
zahlreichen Stellen mit Unterstiitzung von Artl. und schweren Waffen an. Der
Schwerpunkt der Angriffe lag auf dem Nordfliigel der Armee. Samtliche An=
griffe konnten abgeschlagen werden.
17. Armee: Wahrend des ganzen Tages griff der Feind mit Schwerpunkt
zwischen Bogoroditschno und Isjum sowie am Nordfliigel der Armee an. AUe
Angriffe wurden z. T. unter hohen Feindverlusten abgewehrt. Einbriiche an
einzelnen Stellen werden z. Z. in Gegenstofien bereinigt. Die Kampfe sind
noch im Gange.
6. Armee: Auf der gesamten Armeefront griff der Feind gleichfalls mit
starkeren Kraften an. Am Siidfliigel und westl. Woltschansk blieben alle russ.
Angriffe erfolglos. Nordl. Bjelgorod konnten Feindteile bis 6 km nordostw.
Jakowlowo vordringen. Am Nordfliigel der Armee gewann die eigene An=
griffsgruppe weiter Boden nach Nordosten.
2. Armee: Am Siidfliigel wurden Angriffe siidostw. Schumakowo abge=
wiesen. Siidwestl. Dolgoje gelang dem Feind ein ortlicher Einbruch. Durch
eigenen Gegenangriff wurden Telle des Feindes geworfen. Die Kampfhand=
lungen dauern noch an. Nordwestl. Dolgoje und bei Jewlanowa konnten wei=
tere Feindangriffe abgewiesen werden. Im gesamten Bereich der H.Gr. herrscht
starker Frost bis zu 21 Grad.
H.Gr.Mitte:
2. Pz.Armee: An der Ost= und Nordfront fanden keine besonderen Kampf=
handlungen statt. In der Nordwestflanke blieben fdl. Angriffe, die z. T. von
Panzern unter stiitzt waren, siidwestl. Posnjakowo und bei Melachowo ohne
Erfolg. Bei Wesnizy sind die Kampfe noch im Gange. Der Angriff in Richtung
Suchinitschi gewann am rechten Fliigel bis St. Paliki und ostw. davon Boden.
Dort keine Feindberiihrung. Am linken Fliigel wurde der Raum siidl. Maklaki
gewonnen, Ljudinowo nach hartem Hauserkampf besetzt. Zahlreiche Waffen
und Gerat des Feindes wurden hier erbeutet. 17 Geschiitze, 3 I.G.e und 15 Pak
sind bisher gemeldet.
In Richtung Toropez und Cholm ist eine recht unangenehme Liicke durch das
rasche Zuriickgleiten der hier stehenden Krafte entstanden. Der Feind dr'dngt
im ganzen mit etioa 4 Div.en in diesem graven Raum nach. Eine operative Ge=
fahr ist es nidit, aher es zieht wieder Krafte von anderen Stellen ab und muji
schliejilich mit einer weitraumigen Bewegung bereinigt werden.
Bei Staraja Russa immer noch Kampf. Ich rege Bereinigung von Osten her an.
Am Wolchow sehr schwerer Kampf im Bereich 16. Armee. Weitere Abriegelung
gelungen. Weiter nordlich im Bereich 18. Armee scheinen nun audi groflere
Angriffe beginnen zu wollen. Ladogafront noch ruhig. Sie wird aber auch noch
lebendig werden."
238
19- Januar 1942
4. Armee: Bei Suchinitschi ist die Lage unverandert. In den spaten Abend=
stunden griff der Feind bei St. Schepetowa an, Bei Ljudkowo schob sich der
Gegner dichter an die eigenen Rollbahnsicherungen heran. Weiter nordostw.
wurden eigene Sicherungskrafte gegen etwa 300 fdl. Fallschirmjager angesetzt.
Subowo wurde planmafiig geraumt. Vorstofie gegen die eigene Front in der
Linie Sulichowo— Tschemodanowo wurden abgewehrt. An der Ostfront wur=
den mehrere Angriffe zuriickgeschlagen und ein in die HKL eingebrochenes
Btl. vernichtet.
Die Absetzbewegungen verliefen bisher planmafiig.
Die fdl. Fliegertatigkeit war wahrend der Nacht sehr rege.
4. Pz. Armee: Angriffe gegen den Siidfliigel wurden in schweren Kampfen
abgeschlagen. Feindvorstofie, die von Artl. und Raketengeschiitzen unterstiitzt
waren, konnten beiderseits der Autobahn abgewehrt werden. Westl. Wasju=
kowo wurden dem Gegner bei der Abwehr seiner Angriffe erhebliche Verluste
beigebracht. Bei Aschtscherino wurde ein fdl. Einbruch im Gegenstofi bereinigt,
westl. Ostaschewo ein fdl. Angriff abgeschlagen.
9. Armee: Der starke Feinddruck gegen den Siidfliigel hielt an. AUe Aus=
weichbewegungen verliefen planmafiig. An der Front um Rshew konnten
starke Feindangriffe von Westen und Siidwesten mit Schwerpunkt an der
Eisenbahn Olenino— Rshew in schweren Kampfen abgewiesen werden. Hef=
tige Angriff e bei Okowzy und westl. davon blieben gleichfalls erfolglos. Im
Bereich der H.Gr. teilweise heiteres, teilweise triibes Wetter. Die Tempera=
turen schwanken zwischen 10 und 25 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Siidfliigel wurde ein starker Partisanenangriff gegen Cholm
sowie ein Feindvorstoli mit Panzern gegen Molwotizy abgewiesen. Nordwestl.
Lytschkowo und westl. Ruskaja Belotniza blieben erneute Feindangriffe er=
folglos. Ostwarts Jurjewo wurde ein eigenes Stofitruppunternehmen erfolg=
reich durchgefiihrt. Ein eigenes Jagdkommando zerstorte Fernsprechleitungen
im fdl. Hintergelande. Staraja Russa griff der Russe aus nordostw. Richtung
erfolglos an. An der Wolchow=Front ist ein Feindangriff nordl. Murawjewkije=
Kaserone noch im Gange.
Westl. Dubowizy verstarkt sich der Feind.
18. Armee: Am rechten Fliigel der Nordostfront der Armee lebhaftes fdl.
Artl.= und Granatwerfer=Feuer. Versuche des Feindes, in kleinen Truppen den
Bahndamm zu iiberschreiten, wurden verhindert. Ostw. St. Maluksa konnte
die HKL nach schweren Kampfen gegen angreifenden starken Feind mit Artl.=,
Panzer= und Fliegerunterstiitzung behauptet werden. 6 schwere und uber=
schwere Feindpanzer wurden vernichtet. Auch bei Chandrowa wurde ein russ.
Angriff zuriickgewiesen. Eigene Artl. bekampfte kriegswichtige Ziele in Lenin=
grad.
Im Bereich der 16. Armee 20—30 Grad Kalte, bei 18. Armee 14 Grad Kalte.
239
B. Kriegstagebuch
Finnisdie Front (19. 1.)
Karelische Armee: Bei der Vernichtung von russ. Kraften siidl. Wonshesero
konnten 5 Pak, 15 M.G., viele Handwaffen und mehrere Fahrzeuge erbeutet werden.
Die Temp, schwanken zwischen 15 und 30 Grad Kalte.
AOK Norwegen: Bei Geb.Korps Norwegen und im Raum um Petsamo flogen
fdl. Bomber zahlreiche Angriffe.
Afrika (18. 1.)
Armee=Befehl fur den Angriff:
1. Feind vor der Front ist zur Zeit an Kraften unterlegen. Er grabt sich ein und
wartet anscheinend die Heranfiihrung weiterer Krafte ab, ehe er angreift. Das Ein=
treffen neuer erheblicher Verstarkungen ist im Laufe der nachsten 8—14 Tage zu
erwarten. Trotzdem mufi auch mit der Moglichkeit eines baldigen Angriffs ge=
rechnet werden. — Einzelheiten iiber Feindlage siehe Feindnachrichtenblatt, das den
Korps usw. im Laufe des 19. 1. zugestellt werden wird.
2. Panzergruppe Afrika wird unter Ausnutzung der zur Zeit bestehenden Krafte=
iiberlegenheit mit starken Teilen zum Gegenangriff antreten, um zunachst den im
Raum Uadi el Faregh— Mn. Bettafal— Rta. el Gtafia— Melah en Nogra befindlichen
Gegner durch konzentrischen Angriff einzuschliefien und zu vernichten.
3. Der Gegenangriff wird im Laufe der nachsten Tage erfolgen. Angriff stag =
x=Tag, Angriffszeit = y=Zeit. x=Tag und y=Zeit werden zeitgerecht befohlen. . .
Tagesmeldung:
1. Feind schloi? vor mittlerem Frontabschnitt in sudwestlicher Richtung weiter auf.
Luftaufklarung stellte im Raum Mn. el Mensci — Rta. el Gtafia — M. Bettafal gr6=
fiere Ansammlungen von Fahrzeugen, darunter Pz.Kampfwagen, fest.
Vor Siidabschnitt weiterhin rege feindliche Aufklarungstatigkeit.
2. Im Abschnitt B. es Suera wurden bei Spahtruppunternehmungen eine Anzahl
von Gefangenen eingebracht. — Der Ausbau der Stiitzpunkte und die Verminung
wurden planmafiig fortgesetzt.
20. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^:
11. Armee: An der Sewastopol=Front verhielt der Gegner sich ruhig. Bei
Sudak halt sich der Feind noch siidlich Taraktasch und westl. Otusy. Gegen=
angriffe wurden abgewehrt.
Der Angriff an der Ostfront brach am rechten Fliigel Feindwiderstand bei
Kamyschly und gewarm die Hohen nordostw. davon. Vor der Mitte wurde der
Feindstiitzpunkt Wladislawowka genommen. Es gelang den deutsch=rumani=
1 Notizen Haiders:
„Die Angriffe gegen H.Gr. Siid (±7. Armee) fiihren zu teilweise recht spannenden
Lagen. Vor allem die feindlidien Tanks finden bei uns kein Gegengewicht. Am
Nordflugel 6. Armee beruhigt sich die Lage allmahlich. Bei 2. Armee schwerer
Einbruch feindlicher Carde=Kav.Korps, gegen den erst am 23. i. ausreichende
Majinahmen werden ergriffen werden konnen.
Mitte: Allmahlidier RUckbau der Front Im Suchinitschi=Bogen Ruhe. Bei Medyn
240
20. Januar 1942
schen Kraften, bis in die Linie 10 km nordostw. Wladislawowka — 3 km nord=
ostw. Korpatsch vorzudringen. Bisher wurden 3000 Gefangene eingebracht
und an Beute 13 Panzer, 4 Pak, 6^ Granatwerfer imd iiber 100 MGs gezahlt.
4 Flugzeuge wurden durch Infanterie abgeschossen und 6 einsatzbereite Rata
erbeutet.
Vor Sewastopol und an der Ostfront starke fdl. Fliegertatigkeit mit zahl=
reichen Bomben= und Tiefangriffen.
1. Pz.Armee: Im rechten Armeeabschnitt beiderseitige Artl.= und Spahtrupp=
tatigkeit. Besonders starkes Feindfeuer, fast ausschliefilich schwerer Kaliber,
lag am Siidfliigel. Durch schneidige Stofitruppunternehmen der Slowaken wur=
den dem Feind blutige Verluste beigebracht. \t! • /. :u:: -
Gegen den linken Armeeabschnitt setzte der Gegner seine Angriffe in
Kp.= bis Btl.=Starke fort, die durch zahlreiche schwere Waffen und durch
Artillerie unterstiitzt waren. Unter blutigen Verlusten fiir den Russen wurden
alle Angriffe, zum Teil im Gegenstofi, abgeschlagen,
Feindliche Jagd= und Kampfflugzeuge flogen zahlreiche Angriffe mit Bom=
ben und Bordwaffen.
ly. Armee: Gegen die Ostfront der Armee gefiihrte Angriffe in Kp.= und
Btl.=Starke wurden unter hohen Feindverlusten abgewiesen. Die Kampfe dau=
erten z. T. bis in den spaten Abend an. Feindansammlungen und Bereitstel=
lungen wurden wirksam durch die Artillerie bekampft. Angriffe von 2 fdl.
Schtz.Div.en und einer Pz.Brig. drangen auf das Hohengelande siidwestl.
St. Jamo vor. An der Donezfront setzte der Feind seine Angriffe iiberall bis
in die Dunkelheit fort. Aus Golaja Dolina wurde er im Gegenstofi geworfen.
Gegen siidl. Isjum vorgestofienen Feind wird beiderseits Dolgonskoje und
siidlich der Stadt gehalten. Am Nordfliigel der Armee werden gegen die an=
dauernden Angriffe der West= und Nordwestteil von Isjum sowie mehrere
Stiitzpunkte nordl. davon gehalten. Vor der gesamten Donezfront hatte der
Russe hohe Verluste.
6. Armee: Auf dem Siidflugel gelang es der Angriffsgruppe siidl. des Do=
nez, in Gusarowka einzubrechen. Gegen die Front siidlich Borschtschewoje
versuchte der Feind erfolglos, in Rgt.=Starke, unterstiitzt durch Panzer,
mehrere Battr.n und Salvengeschiitze, durchzubrechen. Angriffe mehrerer
Kp.en entlang der Bahn westl. St. Bulszelowka wurden abgewiesen. Die fdl.
Artl. feuert hier unter sehr starkem Munitionseinsatz.
Auf dem Nordfliigel wurden fdl. Angriffe in Gegend St. Rshawa und
nordl. davon abgewiesen. Der Feind kampfte auch hier mit starken Kraften
noch wahrend der Nacht.
immer nodi keine Bereinigung. Bei Rshew fuhrt der Feind weitere Krafte nadi
Siiden. Spannungen bei Sytschewka.
Grenz=Liid<.e : Toropez verloren. Feind greift Cholm an.
Nord: Lage scheint heute stahilisiert zu sein. Weitere Angriffe aus der Ladoga^
front stehen bevor."
241
B. Kriegstagebuch
2. Armee: Auf dem Sudfliigel wurden in der Liicke 2 Ortschaften in Ge=
gend 12 km ostw. Andre] ewka ohne Feindwiderstand besetzt. Nach Abwehr
aller fdl. Angriffe ist die Lage bei Schumakowo uberall wiederhergestellt.
Fdl. Angriffe gegen die Ostfront wurden im allgemeinen abgewehrt. Einge=
brochener Feind hatte durch eigene Gegenangriffe schwere Verluste. Siidl.
W. Samareika ist die Lage noch ungeklart. Vordringen des Gegners dort
iiber den Bachlauf nach Siidwesten wurde verhindert. Feindangriffe auf dem
Nordfliigel wurden abgeschlagen.
Wetter: Zunahme des Frostes bis —20 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: An der Ostfront keine besonderen Kampfhandlungen. An der
Nordfront drang der Feind von Wesnizy nach Siidosten vor. Gegenangriff
einer Rgt.=Gruppe ist eingeleitet. In Fortsetzung des Angriffs von Shisdra
wurde ein Ort 20 km ostw. der Stadt genommen. Davon die vordersten Teile
erreichten St. Paliki und Slobodka.
4. Armee: Der Druck des Feindes gegen die Rollbahn ostw. Dolgoje halt
an. Fdl. Angriffe wurden abgewiesen. Bei Fljuskowo wurde die Ugra im An=
griff nach Siidwesten iiberschritten. Feindvorstofie an der Siidostfront wur=
den abgewehrt. Das Ausweichen der Div.en an der Ostfront verlauft plan=
mafiig. Am Nordfliigel der Armee fiihlte der Gegner in die Nordwestflanke
bis in Gegend 20 km nordnordostw. Juchnow vor. Eigene Krafte stellen sich
zum Gegenangriff nach Norden bereit.
4. Pz. Armee: Der Feinddruck siidwestl. Doreja halt an. Fdl. Angriffe siidl.
der Autobahn, beiderseits der Poststrafie und auf dem linken Armeefliigel
wurden abgewiesen oder voriibergehende Einbriiche im Gegenangriff be=
reinigt. Eigene Artl. bekampfte wirksam fdl. Ansammlungen. Die Ausweich=
bewegungen verlaufen auf der ganzen Armeefront planmajSig, der Gegner
driickt stark auf die Nachtruppen am linken Armeefliigel.
Bei 3. Pz. Armee wurden erneute starke Feindangriffe gegen das V. AK ab=
geschlagen. Das Absetzen der Divisionen verlauft iiber all planmafiig. Nur im
Abschnitt von Rasenja drangt der Gegner stark nach.
9. Armee: Das am rechten Armeefliigel befohlene Absetzen verlief plan=
mafiig. Feindvorstofie wurden von den Nachtruppen abgewiesen. Angriffe
gegen die Nordfront scheiterten an mehreren Stellen. Der Gegner verstarkt
sich anscheinend nordlich Rshew. Siidwestlich der Stadt wurden voriiber=
gehend verlorengegangene Ortschaften im Gegenangriff wieder genommen.
Angriffe gegen Sytschewka wurden, z. T. im Gegenstofi, zuriickgeworfen.
10 km nordl. der Stadt sprengte der Feind die Bahnlinie. Auf linkem Armee=
fliigel wurden starkere Feindangriffe erfolgreich abgewehrt.
Wiederholte Angriffe auf Toropez waren erfolglos. Zwei Feindpanzer wur=
den vemichtet.
Wetter: Stellenweise leichter Schneefall, 15—20 Grad Kalte.
242
20. Januar 1942
H.Cr. Nord:
16. Armee: Cholm wird gegen vorfiihlenden Feind gehalten. Der Feind=
druck im Abschnitt Molwotizy nahm zu. Sudostw. der Stadt vorgestofiene
Feindkrafte hatten schwere Verluste. Fdl. Angriffe am Welje=See wurden ab=
geschlagen. Bei Staraja Russa weiterhin starkes ArtL=Feuer. Wsvvod halt sich
weiter trotz fdl. Angriffe mit Panzern und Beschu6 mit Brand= und Spreng=
munition. Die Rollbahn siidostw. Staraja Russa ist freigekampft. Nordl. des
Ilmen=Sees gelang es nach harten Kampfen, die Rollbahn zu saubern und eine
iiber die Bahn nach Westen vorgedrungene Feindgruppe nach Osten zuriick=
zuwerfen. Jammo wurde nach mehrfachen Angriffen in Rgt.=Starke aufgege=
ben, Starke Angriffe siidwestl. Solischtschenskije sind abgeschlagen.
18. Armee: An der Wolchow= und Nordostfront Spahtrupp= und stellen=
weise heftige Art.=Tatigkeit. Ein eigener Gegenangriff bei Maluksa fiigte dem
Feind hohe blutige Verluste und Einbufie zahlreicher schwerer Waffen zu. An
der Front vor Leningrad schanzt der Gegner und schiebt schwere Waffen nach
vorn. Rege Art.=Tatigkeit auf dem Kiistengebiet. Eigene schw. Artl. bekampfte
6 kriegswichtige Fabriken in Leningrad.
Wetter: 15—20 Grad Kalte.
Finnisdie Front (20. 1.)
An alien Fronten beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Der Angriff der
Finnen in Richtung Norchaja Naselga schreitet fort.
Bei AOK Lappland und AOK Norwegen keine besonderen Kampfhandlungen.
Lebhafte fdl. Fliegertatigkeit beim Geb.=Korps. In Siidfinnland 15—20 Grad
Kalte, in Nordfinnland 25—40 Grad Kalte.
Afrika (19. 1.)
1. Feind fiihrte starkere Gefechtsaufklarung siidlich B. es Suera und unter Ein=
satz von Pz.Kampfwagen ostwarts B. el Ginn durch. An ganzer Front geringe Artl.=
Tatigkeit. Beiderseits Via Balbia 5 Bttr.n erkannt. 1. Pz.Div. schlofi auch am 19. 1.
in allgemein siidwestlicher Richtung weiter auf. Hierbei nach H=Aufklarung 1. Schtz.
Brigade anscheinend zwischen 7. und 200. Schtz.Brigade in Gegend ostwarts B. es
Suera eingeschoben. Luftaufklarung stellte aufier den bei Mn.Burruei befindlichen
Aufklarungseinheiten keine weiteren Feindkrafte siidlich Uadi el Faregh fest.
2. Aufier geringer Spahtrupp= und Artillerietatigkeit verlief der Tag vor ganzer
Front ruhig.
3. Einsatzbereite Panzer:
a) DAK 97, ab 20. 1. voraussichtlich 111, im Anrollen zur Front weitere 28,
b) italienisches mot.Korps: 89.
243
B. Kriegstagebuch
21.Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
II. Armee: In der Front vor Sewastopol keine Veranderungen. Nordlich
Sudak und vvestl. Otusy leistete der Feind weiter zahen Widerstand. Die
eigenen Angriffe sind noch im Gange. An der Ostfront blieben alle fdl. Ge=
genangriffe erfolglos.
1. Pz. Armee: Die Einzelangriffe des Gegners gegen Armeemitte und Nord=
fliigel wurden alle abgeschlagen. An der iibrigen Front der Armee Feuer=
tatigkeit fdl. Artl. und Granatwerfer.
17. Armee: Wahrend der Gegner an der Ostfront Fesselungsangriffe fiihrte,
setzte er die Angriffe starkerer Krafte gegen die Donezfront und die dort
haltenden eigenen Stiitzpunkte fest. Der Schwerpunkt seiner Angriffe lag
westlich des Achmut, siidl. und siidwestl. Isjum und siidl. Gusarowka. Die
Angriffe an der Ostfront und gegen die eigenen Stiitzpunkte der Donezfront
konnten abgeschlagen werden. Eigene Krafte, die siidl. Isjum eingeschlossen
wurden, schlugen sich nach Westen durch. Die fdl. Angriffe hielten auch wah=
rend der Nacht an.
6. Armee: Der Feind setzte seine Angriffe gegen den Siidfiiigel fort. Die
Abwehrkampfe sind noch im Gange. Wahrend der Nacht liefi der Feinddruck
nach. Angriffe auf den Raum ostw. St. Grakowo wurden durch das eigene
Abwehrfeuer zerschlagen. Bei St. Belenichinow wurde der Gegner, der mit
starken und frischen Kraften einbrechen wollte, niedergekampft. Er erlitt da=
bei Verluste in Hohe von 1100 Toten, 230 Gefangenen, 14 Geschiitzen 30 MG.s
und 5 Pak. Am Nordfliigel der Armee konnte siidwestlich St. Solzewo ein fdl.
Btl. vernichtet werden.
2. Armee: Der Angriff des Siidfliigels gewann 3 km Boden nach Siiden. Fdl.
Gegenangriffe blieben erfolglos. WestUch Dolgoje erreichten vordringende
Feind telle die Gegend 8 km ostw. Roshdestwenskoje, dort werden sie z. Z.
aufgehalten. Westlich Jewlanowo wurden alle Feindangriffe bis zu Rgt.=
Starke abgewiesen.
Im Bereich der H.Gr. hielt der Frost an. 20 Grad Kalte. Auf der Krim fallt
Schnee.
In der Schlacht um Feodosia wurden 10 60^ Gef angene und 6 700 tote Rus=
sen gezahlt, 123 Geschiitze, 54 Pak, 8^ Panzer, 332 MG, 81 Granatwerfer,
16 Zg.Kw., 6 unversehrte Rata=Jagdflugzeuge und 6800 Gewehre erbeutet
oder vernichtet.
Insgesamt 12 Feindflugzeuge wurden durch Inf. abgeschossen.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: In der Nordwest= und Westflanke wurden mehrere Feind=
angriffe in schweren Kampfen abgewiesen. Die Angriffsgruppe erreichte am
244
21. Januar 1942
rechten Fliigel den Raum 5 km siidostw. Dubrowka, mit linkem Fliigel den
Ort 7 km ostw. Maklaki.
4. Armee: Gegen fdl. Ski=Truppen siidwestlich Mokroje ist der Gegen=
angriff im Gange. Nordlich Woskressenskoje sowie an der Rollbahn wurden
vereinzelte russ. Stofitruppunternehmen abgewiesen. Ein Angriff von Siiden
aus Richtung Glotowa wurde in der Linie Gorochowka— Sulichowo — 6 km
westl. Ostapowa zum Stehen gebracht. 5 Feindpanzer wurden dabei vernichtet.
An der Ostfront wurde ein Angriff ostw. Pokrow abgeschlagen. Nordlich da=
von Feindansammlungen wirksam bekampft. Die Absetzbewegungen der Ar=
mee verliefen planmafiig. Siidwestlich Koschnjaki wurde der eigene Angriff
nach Nordwesten fortgesetzt.
4. Pz. Armee: Trotz schwieriger Wegeverhaltnisse verliefen die Ausweich=
bewegungen planmafiig. Der Gegner drangte an der Autobahn nach, wurde
jedoch von eigenen Nachtruppen zuriickgeschlagen. Nordlich der Autobahn
folgte er nur zogernd, wahrend er westlich Wasjukewo mit Panzern nachstiefi.
5. Pz. Armee: setzte sich ohne Zwischenfalle in die Linie Jakelowo— Spas=
Wilki— Malinki ab. Wahrend der Feind am Siidfliigel nur schwach nach=
drangte, griff er nordwestlich Nikolskoje, durch Panzer unterstiitzt, mehrfach
an, er wurde jedoch iiberall abgewiesen.
9. Armee: An der Nordostfront blieben fdl. Angriff e, die von sehr starkem
Artl.= und Granatwerferfeuer unterstiitzt waren, ohne jeden Erfolg. Siidwest=
lich Rshew wurden einzelne Vorstofie des Gegners an der Bahn von Olenino
zuriickgeschlagen. Russische Angriffe gegen die Nordfront von Sytschewka
in Btl.=Starke wurden zum Stehen gebracht. Ein eigener Angriff nach Norden
wurde angesetzt.
Die Besatzung von Olenino schlug mehrere Angriffe zuriick. Beiderseits
der Strafie von Selisharewo nach Siiden war der Feinddruck gering. Dagegen
drangt der Russe starker bei Dunswa nach. Toropez mufite vor iiberlegenen
Feindkraften geraumt werden, die eigenen Krafte weichen entlang der Bahn
kampfend nach Wei. Luki aus.
Im sudlichen Bereich der H.Gr. bedecktes, weiter nordlich klares Frostwetter
bei Temperaturen zwischen — 30 und — 38 Grad. Die geraumten Wege sind
gut befahrbar.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Angriffe von Osten und Norden gegen Cholm konnten ab=
gewehrt werden. Das fdl. Artl.=Feuer hielt auch wahrend der Nacht an. Siid=
westlich Molwotizy schlugen eigene Krafte einen Feindangriff unter hohen
Feindverlusten ab. Auch bei Wetslino blieb ein Angriff erfolglos. Ostwarts
Jurjewo werden Feindangriffe z. Z. abgewehrt. Siidostw. Staraja Russa brach
ein fdl. Angriff vor unserer HKL zusammen. Ein Angriff gegen den Nord=
abschnitt der Stellung ist noch im Gange. Der Stiitzpunkt Wswod hielt trotz
mehrfacher Feindangriffe weiterhin.
245
B. Kriegstagebuch
An der Wolchow=Front wurden Angriffe gegen die RoUbahn bei Petrowskoje
und Mjasnoj Bor abgewiesen. Der Gegner konnte zwei Ortschaften siidlich
Jasno nehmen. Kolosno mufite gleichfalls aufgegeben werden.
18. Armee: An der Front vor Leningrad wurde ein eigenes Stofitruppunter=
nehmen erfolgreich durchgefiihrt.
Im Bereich der 16. Armee 35 Grad, bei 18. Armee 30 Grad Kalte.
Finnisdie Front (21. 1.)
Karelische Armee: Siidostw. Wonshosero wurde ein Feindangriff zuriickgeschla=
gen. An den iibrigen Fronten beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Tempera=
turen schwanken zwischen 15 und 35 Grad Kalte.
AOK Lappland: In alien Abschnitten Spahtrupptatigkeit auf beiden Seiten. Trii=
bes Wetter bei 19 Grad Kalte.
Afrika (20. 1.)
1. Voraussichtliche feindliche Kraftegruppierung vor der Marada=Marsa=el=Brega=
Stellung am 20. 1. abends: Im Raum westlich allgemeiner Linie Mn. Bettafal— B.
Bilal— Melah en Nogra Masse 7. Schtz.Brigade, 1. Schtz.Brigade und 200. Garde=
Brigade. Masse 2. Pz.Brigade wahrscheinlidi noch im Raum nordlidi Mn. Mensci.
Schwadiere Telle des Gegners, wahrsdieinlidi Aufklarungskrafte, im Vorgehen
siidlich des Uadi el Faregh gegen Abschnitt Maaten Giofer. — Mit feindlichem An=
griff zwischen Uadi el Faregh und Kiiste mufi ab 21. 1. gerechnet werden.
2. Panzergruppe Afrika kommt dem feindlichen Angriff unter Ausnutzung der zur
Zeit bestehenden Krafteiiberlegenheit zuvor. Sie tritt am 21. 1. 8.30 Uhr mit DAK
rechts aus Raum nordlich Maaten Belcleibat und italienischem mot.Korps, Teilen 90.
lei.Div. und einer weiteren deutschen Kampfgruppe links aus Raum siidlich Marsa
el Brega zum konzentrischen Angriff gegen den vor der Front stehenden Feind an.
3. In der Zeit vom 1.— 20. 1. 42 wurden 31 Pz.Kampf= und Spahwagen vernichtet.
In dem gleichen Zeitraum wurden 32 Flugzeuge abgeschossen.
22. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: An der Sewastopol=Front wurden feindl. Angriffe gegen die
Front nordostw. der Stadt abgeschlagen. Bei Sudak halt der Gegner beider=
seits Taraktasch in unverminderter Starke. Vor Angriff der Kampfgruppe
Otusy wich der Feind nach Siidwesten aus.
An der Ostfront verhielt sich der Gegner bei starker Besetzung seiner Stel=
lungen ruhig. Ein nachtlicher Vorstofi wurde abgewiesen. Nachts lebhafte fdl.
Spahtrupptatigkeit. Vor Uskjut wurde ein feindl. Kan.=Boot durch rum. Sich=
Krafte zum Abdrehen gezwungen.
i.Pz. Armee: Auf dem Nordfliigel der Armee wurden Angriffe und Vor=
stofie des Gegners in Kp.= bis Btl.=Starke gegen den Abschnitt Dmitrijewka-^
24^
22. Januar 1942
St. Feschtschewka abgewiesen und erkannte Bereitstellungen durch Artl.=Feuer
zerschlagen.
17. Armee: AUe gegen die Stiitzpunkte der Donez= und Ostfront im Laufe
des 21. 1. gefiihrten iiberlegenen Feindangriffe wurden unter hohen Verlusten
fiir den Gegner erfolgreich abgewiesen. Auch gestern unterstiitzten die Ver=
bande des Nahkampffiihrers Nord wirksam in zahlreichen Angrijffen den
schweren Abwehrkampf der Div.en.
Im rechten Armeeabschnitt richteten sich die feindl. Angriffe mit starker
Artl.=Unterstiitzung und stellenweise einzelnen Panzern vor allem gegen die
Front westl. Armenskoje und siidl. St. Jama. Gruppe v. Witzleben vernichtete
im Gegenangriff ein feindl. Btl., 3 Pz. und 4 Pak und nahm eine Ortschaft
6 km siidostw. Rai Aleksandrowka.
Auch im linken Armeeabschnitt hatte der Gegner schwere Verluste. Er ist
iiberall nach heifiem Ringen abgeschlagen. Nur auf dem linken Fliigel mufite
die Div. nach verlustreichen Kampfen in die Aufnahmestellung bei Mstscheb=
jelowa zuriickgenommen werden.
6. Armee: Die Kampfe gegen iiberlegenen Feind um den Ort Busarowka
dauern an. Die Frontverkiirzung ostw. Balakleja ist planmafiig durchgefuhrt.
Feindl. Angriffe, unterstiitzt durch einen Pz.Zug, gegen die Front westl.
St. Bulszelowka wurden abgewiesen. Siidl. St. Belenichinow wurde durch eige=
nen Angriff ein feindl. Btl. nach Siiden geworfen.
2. Armee: Wahrend der Feind sich auf dem Westufer des Seim ruhig ver=
hielt, griff er ostw. des Flusses mit schwacheren Kraften erfolglos an. Durch
die Liicke westl. Dolgoje fiihrte der Gegner weiter Truppen aller Waff en nach.
Gestern nachmittag hatte er im Vorgehen nach Westen die Gegend von Kos=
sorsha erreicht. Feindl. Angriffe bis zu Btl.=Starke nordl. der Durchbruchsliicke,
z. T. von einzelnen Pz.n unterstiitzt, wurden abgewiesen.
Wetter: Verscharfter Frost bis 32 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: An der Ostfront wurde ein feindl. Vorstofi gegen den Siid=
fliigel abgewehrt. Eigene Vorstofie im Abschnitt Mzensk fiihrten zur Zer=
storung von 13 ausgebauten Kampfstanden. Feindvorstofie im Abschnitt
Oserno blieben erfolglos. Sudostw. Melechowa drang der Feind weiter im
Waldgelande nach Siidwesten vor.
Im Angriff auf Suchinitschi wurde St. Duminitschi, Bryn Sawod und die
Gegend 3 km ostw. Poljany erreicht.
4. Armee: Siidostw. Spas Demenskoje wurden FeindvorstojSe abgewehrt.
Der Feind siidl. der RoUbahn scheint sich weiter zu verstarken. Ein heftiger
Angriff ostw. Sulichowo blieb im Schnee und dem eigenen Abwehrfeuer
liegen. An der Ostfront wurde unter Einsatz letzter Reserven in verlustreichen
Kampfen in Kostino eingebrochener Gegner zuriickgeworfen. Feindvorstofie
gegen die Nordfront abgewiesen.
247
B. Kriegstagebuch
4. Pz.Armee: Die Absetzbewegungen verlaufen unter groiSen Wegeschwie=
rigkeiten planmafiig. FeindvorstoJSe wurden von den Nachtruppen abgewiesen.
3. Pz.Armee: Am rechten Fliigel drangt der Feind scharf mit Pz.n nach und
verstarkt sich laufend. Feindangriffe mit einzelnen Pz.n gegen die Front sud=
ostw. Spas Wilki wurden abgewiesen. Auch auf linkem Fliigel driickt der Geg=
ner mit iiberlegenen Kraften nach.
9. Armee: Nordwestl. der Wolga wurden 11 Feindangriffe unter hohen Ver=
lusten fiir den Russen abgewiesen, ortl. Einbriiche bereinigt. Angriffe des
Gegners gegen die Siidwestfront von Rshew blieben erfolglos, wahrend der
eigene Angriff von Sytschewka nach Norden trotz feindl. Gegenangriffe gut
Boden gewann.
Am linken Armeefliigel wurden Feindvorstofie von Osten gegen St. Olenino
und gegen die Nordfront abgeschlagen. Westl. Toropez setzte der Feind seine
Angriffe nicht fort, nahm aber St. Terepa.
Wetter: Meist klar, bis zu 42 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Feindangriffe gegen Cholm wurden abgewiesen, Partisanen aus
dem Westteil des Ortes zuriickgeworfen. Bei Molwotizy durch Einsatz eigener
Luftwaffe leichte Entspannung. Angriffe wurden blutig abgeschlagen. Nord=
ostw. St. Pola wurde eine Feindgruppe vemichtet und ein Angriff siidl. des
Bf . von Westen abgewiesen. Bei Staraja Russa Artl.=Storungsfeuer. Stutzpunkt
Wswod wurde nach erfolgreicher Abwehr eines Angriffs in Btl.=Starke, bei
dem 4 Feindpanzer vernichtet wurden, unter Mitnahme aller Verwundeter auf=
gegeben.
Nordl. des Ilmensees wurden ein Vorstofi gegen die Spanier und Angriffe
zur Erweiterung der Einbriiche an der RoUbahn abgeschlagen. Die Rollbahn
wird gehalten. Einzelne Feindteile iiberschritten die Strafie Spaskaja Polist—
Selischtschenskije Kas nach Norden. Sie konnten aber im eigenen Gegenangriff
bis auf 3,5 km an den Wolchow zuriickgeworfen werden. Feindangriffe nord=
westl. Grusino und bei Lesna scheiterten unter blutigen Verlusten.
i5. Armee: Weitere Angriffe des Feindes siidl. der Tschogoda, siidostw.
Maluksa und bei Kolpino (vor Leningrad) wurden z. T. im Nahkampf blutig
abgeschlagen. AUein siidostw. Maluksa verlor der Feind vom 16. bis 20. 1.
(gezahlt) 1900 Tote und 14 Panzer.
An den iibrigen Fronten z. T. lebhafte Artl.=Tatigkeit. Feindl. Bereitstel=
lungen wurden zerschlagen und mit schwerer Artl. Werften und eine Flug=
zeugzubehorfabrik in Leningrad bekampft.
Wetter: Bei AOK 16 35 Grad, bei AOK 18 30 Grad Kalte.
Finnisdie Front (22. 1.)
An alien Fronten Artl.=St6rungsfeuer und stellenweise lebhafte Spahtrupptatig=
keit. Keine besonderen Kampfhandlungen.
248
23. Januar 1942
In Siidfinnland leichte Schneefalle, 15 bis 30 Grad Kalte. In Nordfinnland bedeckt,
15 bis 20 Grad Kalte.
Afrika (21. 1.)
1. Feind entzog sich fluchtartig dem konzentrischen Angriff und wich zunachst
auf Linie Mn. Mensci— Rta. el Gtafia aus. Daher gelang es ihm. Masse der Krafte
trotz gegliickter Uberraschung der Umklammerung zu entziehen. Luftaufklarung
konnte bei den im Raum el Haseiat— Agedabia— Mn. Mensci befindlichen weiteren
Feindkraften bis zum Abend des heutigen Tages Riickwartsbewegungen noch nicht
erkennen. Trotzdem mu6 mit nachtlichem Absetzen des Gegners in nordostwartiger
Richtung gerechnet werden.
2. Die deutschen und italienischen mot. und Panzerverbande gewannen in ziigi^
gem Vorgehen bis zum Abend des 21. 1. allgemeine Linie Mn. el Gefera— B. Bilal—
Melah en Nogra. — Luftwaffe grift^ 21, 1. friih britische hohere Stabe sowie ferner
in roUendem Einsatz mit gutem Erfolg grofiere Feindansammlungen im Uadi el
Faregh an.
3. Absicht fiir 22. 1. 42:
Fortsetzung des Vorgehens der Panzer= und mot.Verbande nach Nordosten, um
den Feind von seinen iiber Agedabia laufenden riickwartigen Verbindungen ab=
zudrangen.
[In der Nacht vom 21./ 22. Januar britischer Luftangriff auf Bremen undEmden.
Besprechung des Chefs des Stabes der Ski., Vizeadmiral Fricke, beim Fuhrer^.]
23. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
KGr. sad:
11. Armee: An der Sewastopol=Front bekampfte eigene ArtL, zusammen
mit schweren Waffen, fdl. Stellungen, Bewegungen sowie Stadt und Hafen.
Nordostw. Sudak stiefi die eigene Angriff sgruppe bei Kosy auf erneuten
Feindwiderstand. An der Ostfront ist ein fdl. Angriff siidl. Akmansj noch
im Gange.
I. Pz. Armee: Vor der Front ortl. Artl.= und Granatwerfer=Feuer.
ly. Armee: An der Ostfront konnten alle ortlichen Angriff e des Gegners
abgewiesen werden. Die Bereinigung eines Einbruchs siidl. Glashiitte ist noch
im Gange. An der Nordostfront wurden fdl. Angriff e nordostw. St. Luskutowo
bei Raj Aleksandrowka und nordostw. Slawjansk abgewiesen. Wegen Ver=
sorgungsschwierigkeiten muliten die Stiitzpunkte nordl. St. Rapnaja, Bogoro=
ditschno und Golaja Dolina aufgegeben werden. Nordostw. Barwenkowa
wurde starkerer Feind festgestellt. 2 fdl. Angriffe mit Panzern gegen Met=
schebjelowo und Dmitrijewka sind im Gange.
6. Armee: Am Siidfliigel mufite Gusarowka vor iiberlegenen Feindkraften
1 Vgl. die „Vorlaufige Meldung" hieriiber in Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.
249
B. Kriegstagebuch
aufgegeben werden. Westl. des Ortes warf ein eigener Angriff den Gegner
zuriick. Ein Feindangriff auf Balakleja wurde abgewiesen. 3 weitere fdl. An=
griffe werden z. Z. beiderseits der Bahn gefiihrt. Aufierdem ist ein fdl. Angriff
gegen Woloshow Jar im Gange. Nordostw. Bjelgorod wurde der Feind aus
Melochowo zuriickgeworfen. Die Angriffsgruppe am Nordfliigel der Armee
konnte in erbitterten Kampfen in die Ortschaft Solzsewo (7 km siidwestl.
St. Solzsewo) eindringen.
2. Armee: In Auswirkung des Angriff s der 6. Armee weicht der Feind vor
dem Siidfliigel auf das Westufer des Seim aus. Der eigene Angriff des Siid=
fliigels gewann jedoch nur sehr wenig Boden. Angriffe von Norden und Nord=
westen gegen Olchowatka und Olchowstoje wurden abgeschlagen. Im Bachtal
siidostw. Kossorsha starke Feindbesetzung festgestellt. Beiderseits Jewlanowa
verstarkte sich der Feind weiterhin. 15 km nordwestl. Jewlanowa konnte ein=
gedrungener Feind auf das Ostufer des Tim zuriickgeworfen werden.
Im gesamten Bereich der H.Gr. herrscht sehr starker Frost bis zu 41 Grad
Kalte.
H.Gr.Mitte:
2. Pz. Armee: Feindvorstofie westl. Nowosil blieben erfolglos. Siidl. Troiz=
koje ist ein fdl. Angriff im Gange. An der Nordwestfront wurden mehrere
russ. Vorstofie abgewiesen. 15 km nordwestl. Bolchow greift der Gegner in
siidostw. Richtung an. Eigene Krafte halten im Anschlufi an die Nordwestfront
der Armee beiderseits Melochowa — 6 km nordostw. Klem. Der Angriff auf
Suchinitschi wurde am rechten Fliigel bis Duminitschi und ostw., am linken
Fliigel bis 2 km westl. Papkowo imd Chuldnowo vorgetragen. Ein Feindangriff
auf Slobodka, in die Flanke der Angriffsgruppe, blieb erfolglos.
4. Armee: An der RoUbahn und an der Front siidl. Juchnow konnten alle
Feindangriffe abgewiesen werden. Nordl. Ostapowa sind noch harte Kampfe
zur Abriegelung ortl. eingebrochenen Gegners im Gange. Siidl. und nordl.
der Ugra wurden an der Siidostfront mehrere russ. Vorstofie unter schweren
Feind verlusten abgewehrt. Der eigene Angriff in Richtung Koschnjaki kam
gegen fdl. Gegenangriff nur bis 1,5 km ostw. St. Koschnjaki und siidwestl.
vor. Am linken Fliigel der Angriffsgruppe wurde Scheleki genommen.
4. Pz. Armee: Der Siidfliigel gewann im Angriff nach Siiden den Raum 4 km
nordl. Schanskij Sawed und siidwestl. Die Ausweichbewegimgen an der ubri=
gen Front verliefen planmafiig. Eigene Nachtruppen konnten mehrere durch
Panzer unterstiitzte Angriffe beiderseits der Autobahn zuruckschlagen. Fdl.
Vorstofie nordl. der Autobahn wurden im Gegenstofi zuriickgewiesen.
3. Pz. Armee: Westl. Jaksalowa und nordostw. Demisewo fuhrte der Gegner
wiederholte Angriffe mit Pz.=Unterstiitzung, die in schweren Kampfen ab=
geschlagen wurden. Die fdl. Angriffe sind z. T. noch im Gange. Auch westl.
Nikolskaja Pustyn greift der Gegner mit iiberlegenen Kraften und Panzern an.
9. Armee: Fdl. Angriffe beiderseits der Wolga gegen die Nordostfront wur=
250
23. Januar 1942
den zerschlagen. Nordwestl. Rshew gelang es, den Gegner durch den eigenen
Angriff zu iiberraschen und bis in Hohe von Bachmustowo vorzustofien. Der
Gegner verier 30 Geschiitze, 5 Pak und mehrere schwere Inf.=Waf¥en. Er
erlitt hohe blutige Verluste. Angriffe entlang der Bahn blieben flir den Russen
erfolglos. Nordwestl. Sytschewka wurden 2 Angriffe abgeschlagen. Ein Angriff
ist noch im Gange. Der Angriff des XXIII. A.K. nach Osten gewann iiber
Trutschkowa Boden gegen sich zah verteidigenden Feind. Ost. Welikije Luki
verstarkt sich der Feinddruck.
Bei bedecktem Himmel im Bereich der 4. Armee leichte Schneefalle, im siidl.
H.Gr.=Bereich —44 Grad. Nach Norden zu nimmt der Frost bis zu —25
Grad ab.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Russ. Angriffe gegen Cholm wurden abgewehrt, der Versuch
versprengter Feindgruppen, St. Pola zu nehmen, vereitelt. Siidwestl. St. Par=
fino wurde die Verbindung mit den Teilen bei Staraja Russa hergestellt. Meh=
rere Angriffe von Norden und Nordosten gegen Staraja Russa und die Gegend
nordwestl. davon wurden abgewehrt. An der Wolchow=Front kampften sich
siidl. Jamno die eigenen Telle nach Westen bis an die RoUbahn zuriick. An=
griffe bei Solitschtschenskija Kas. imd bei Lesna wurden abgewehrt.
18. Armee: Angriffe gegen St. Tigoda und nordostw. davon wurden durch
das eigene Abwehrfeuer zerschlagen. An der Nordostfront blieb die eigene
HKL ostw. Maluksa und bei Lodwa trotz starker fdl. Angriffe fest in eigener
Hand.
Im Bereich der 16. Armee 30 Grad Kalte, stellenweise Schneefall. Bei 18. Ar=
mee 15 Grad Kalte, leichter Schneefall und 48 cm Schneehohe.
Finnisdie Front (23. 1.)
Karelische Armee: Bei der Sauberung des Gelandes westl. Wonshesero wurde eine
erhebliche Beute an Waffen und Gerat eingebracht. 1861 tote Russen sind gezahlt
worden. Westl. Maselskaja wurden russ. Angriffe abgewehrt. Die Temperaturen
schwanken zwisdien — 7 und 15 Grad Kalte.
AOK Lappland: In alien Abschnitten rege Aufkl.= und Feuertatigkeit. Bei ab=
nehmendem Frost leichte Schneefalle.
Afrika (22. 1.)
1. Feind stellte sich auch am 22. 1. nicht zum Kampf und ging fluchtartig allge=
meine Richtung Msus— Soluch zuriick. Nach Horchaufklarung soil 4. ind. Div. zum
Schutz von Bengasi nach Siiden vorgeworfen werden.
2. Verfolgung des Feindes wurde am 22. 1. fortgesetzt. Um 10.00 Uhr wurde nach
kurzem Kampf Agedabia und gegen 13.00 Uhr Saunnu und Antelat genommen. —
Luftwaffe griff in rollendem Einsatz zuriickgehende Feindkolonnen im Raum siid=
ostwarts Agedabia erfolgreich an.
3. Absicht fiir 23. 1.:
Uberholende Verfolgung zunachst mit Teilen aus Raum Saunnu Richtung Mn. el
251
B. Kriegstagebuch
Gara, wahrend Masse der Panzer= und mot.Verbande sich in Raum nordostwarts
Agedabia bereithalt, um je nach Lage entweder nach Siidosten zur Verfolgung
anzutreten oder in allgemeiner Richtung el Abiar— Bengasi vorzugehen. — Beginn
des kraftverlasteten Nachfiihrens der ital. Inf.Divisionen in den Raum von
Agedabia.
4. Nach bisher vorliegenden Meldungen wurden am 21. 1. vernichtet oder er=
beutet: 26 Kampf= und Pz.Spahwagen
47 Geschiitze
iiber 100 Kfz,
5. Fiihrungsabteilung der Panzerarmee Agedabia.
[Durch Verfugung OKH wurde die Panzer gruppe Afrika am 22. 1. ig42 in
Panzerarmee umbenannt.]
24. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
II. Armee: Siidostw. Balaklawa wurde 1 fdl. Landungsversuch schwacherer
Krafte vereitelt. Im Angriff auf Sudak wurde die Hohe nordwestlich Tarak=
tasch genommen. Die Kampfgruppe Otusy stiefi dem Feind, der sich absetzte,
bis 3 km westl. Kosy nach. Mehrere Angriffe gegen die Mitte der Ostfront
wurden abgeschlagen.
I. Pz. Armee: Am Nordfliigel blieben mehrere russ. AngriJFfe in Btl.=Starke
bei St. Feschtschowka ohne Erfolg.
17. Armee: An der Ostfront wurden wiederholte Vorstofie siidl. Glashiitte
zuriickgeschlagen. In Raj Aleksandrowka und ostw. davon wurden Angriffe
Notizen Haiders:
„Bei Slid Angriff auf Krim zunachst eingestellt. Bei 17. Armee groj^e Schweinerei.
Front in dreitagigen Kdmpfen an zwei Stellen durchbrochen (Isjum und an der
Grenze zur 6. Armee). Diese beiden Durchbruchsstellen sind zu einem grofien
Einbruch vereinigt. Feind bedroht die Eisenbahnverbindungen zwischen 1. Pan=
zerarmee und ly. Armee. 6. Armee und 1. Pz.Armee helfen bis zum auflersten Ri=
siko fUr eigene Sicherheit. Es wird recht spannungsreiche Tage geben, bis diese
Angelegenheit abgefangen ist. Ich glaube, voir werden es schaffen.
Der Kavallerieeinbruch bei Kursk scheint eingedammt zu sein. Siidlich Suchi=
nitschi Spannung durch Feindangriff von Westen her gegen LIU. A.K. Dicht
westlich davon greifen wir nach Norden an und befreiten Suchinitschi! Siidlich
Juchnow zunehmender Feinddruck. Nordwestlich Medyn ist die LUcke immer
noch nicht geschlossen. Die angesetzten Krafte scheinen zu schwach zu sein.
Die Briicke bei Rshew, die gestern geschlagen wurde, ist heute verbreitert, aber
bei Sytschewka ist starker Feind sehr tatig.
In der Lucke zwischen Mitte und Nord ist grojier Zustand. Hier sind zwei feind=
liche ,Stofigruppen' mit etwa einem Dutzend Div.en durchgebrodien und nehmen
Richtung Siiden. Immer noch besser wie Norden, denn hier stojien sie in der
Richtung, wo bei uns Krafte nachkommen. Im anderen Falle ware Leningrad
nicht zu halten.
Bei Heeresgruppe Nord harte Kampfe. Keine wesentliche V er'dnderung."
252
24- Januar 1942
des sich laufend verstarkenden Gegners in erbitterten Ortskampfen abge=
schlagen. Auch bei St. Raynaja und ostwarts konnten die fdl. Angriffe zuriick=
geschlagen werden. Die Krafte in Bogoroditschno und Golaja Belina wurden
nach Siiden zuriickgenommen. Der Gegner erlitt an der gesamten Front sehr
hohe Verluste. Losowaja wird zu einem starken Verteidigungsstiitzpunkt
ausgebaut. Fdl. Kavallerie ging westl. Isjum iiber Issenjka und Dmitrijewka
nach Westen vor.
6. Armee: Am Siidfliigel besetzte der Feind Michailowskoje und drangte in
Richtung Ansejewka nach. Der Feind griff wahrend des ganzen Tags Balakleja
von Osten und Siidosten an. Am Nordfliigel wurde die Verbindung sUdl.
Schumakowo mit 2. Armee auf dem Westufer des Seim hergestellt.
2. Armee: Am Siidfliigel wurde das Westufer des Seim vom Feinde ge=
saubert. Bei Schumakowo und siidlich ist das Ostufer in eigener Hand. Die
westlidi Bolgoje vordringenden fdl. Kav.=Teile befinden sich mit Masse im
Raume siidostw. Kesseraba. Der eigene Angriff aus Richtung Olchowatka
gegen diesen Feind gewann trotz vieler russ. Gegenstofie weiter Boden nach
Nordosten. 15 km nordwestl. Jewlanowa mufite eine Ortschaft vor iiberlegenen
Feindkraften aufgegeben werden.
Im Bereich der H.Gr. hielt der Frost bis zu 35 Grad Kalte an.
H.Cr. Mitte:
2. Pz. Armee: Mehrere Feindangriffe bei Wjashi wurden abgewiesen. Au=
fierdem blieben wiederholte russ. Angriffe siidl. Troizkoje erfolglos. An der
Nordwestfront halten eigene Telle die Linie Botowo— Aleschnja, konnten je=
doch nicht verhindern, dafi fdl. Kav. bis zur Strafie Bolchow— Karatschew vor=
fiihlte. Ostwarts Kzyn griff der Feind mehrere Male an. Der Resseta=Ab=
schnitt zwischen Kzyn und Milojewa wurde von uns besetzt. Der Angriff auf
Suchinitschi konnte bis Papkowo vorgetragen werden. Russ. Gegenangriffe
auf Chludnowa und siidwestl. davon wurden abgeschlagen.
4. Armee: Gegen die eigenen Sicherungen westlich Filipowka fiihrte der Geg=
ner einige erfolglose Vorstolie. Siidostw. Juchnow drang der Gegner in eine
Ortschaft innerhalb der eigenen Linien ein und konnte in schweren Kampfen
nach Siiden zuriickgedrangt werden. Westlich Juchnow konnte der Gegner
Ryljaki nehmen, der Gegenangriff ist im Gange. Am Siidteil der Ostfront der
Armee wurden dem Gegner bei der Abwehr seiner wiederholten Angriffe er=
hebliche Verluste beigebracht. Die fdl. NachschubstralBe nordl. Bardukowo
wurde durch eigene Krafte voriibergehend unterbrochen, eine Briicke gesprengt
und ein Ort vermint. Am Westfliigel wurde ein Ort 5 km siidlich Iswolsk von
uns genommen.
4. Pz. Armee: Die Absetzbewegungen verlaufen planmaliig. Der Feind folgt
mit starkeren Teilen nur beiderseits der RoUbahn, der Eisenbahn und nordlich
davon. Der Angriff des SiidflUgels der Armee kam wegen schwieriger Wege=
verhaltnisse nur langsam weiter vor.
253
B. Kriegstagebuch
3. Pz.Armee: Eigene vorgeschobene Stellungen siidwestl. Ishewlowa wurden
vom Feinde erfolglos angegriffen. Westlich Spas Wilki und siidl. griff der
Feind mit Pz.=Unterstutzung die eigenen vorgeschobenen Stellungen und Gef .=
Vorposten an. Ein Ort wurde von uns geraumt, die iibrigen Angriffe iiberall
abgeschlagen.
9. Armee: FeindvorstoEe gegen die Nordostfront fiihrten zu einem ortlichen
Einbruch, der bereinigt wurde. Nordwestlich Rshew wurde die Front siidlich
Bachnutowo durch den schneidigen Vorstofi der 2./Sturm=Gesch.Abt. 189 unter
Fiihrung von Oberlt. v. Malachewski wieder geschlossen, Feindangriffe nord=
lich und siidlich davon abgewehrt. Feind, der sich von Olenino nach Nordosten
absetzte, wurde von eigenen Kav.=Teilen verfolgt. Zur Bereinigung der Lage
bei St. Nelidowo, das von 300—400 Mann angegriffen wurde, ist ein eigenes
Rgt. angesetzt. An der Front nordwestlich Sytschewka wurden Feindangriffe,
die z. T. von Pz. unterstiitzt waren, abgewiesen. Nordostw. Welikije Luki
wurde eine starkere Partisanengruppe gemeldet. Eigene Telle haben Welish
erreicht. Bei bedecktem Himmel herrschen Temperaturen bis 25 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Am Stadtrand von Cholm wurden heftige Angriffe von Siiden,
Osten und Norden abgewehrt. Siidwestlich Cholm angreifende eigene Krafte
konnten die Verbindung mit der Besatzung der Stadt noch nicht herstellen.
Ein Feindangriff westl. der Nordspitze des Seeliger=Sees wurde abgeschlagen.
Angriffe gegen die Front nordlich Presljanka wurden zuriickgeschlagen. Ein
ortlicher Einbruch wurde im Gegenangriff bereinigt.
An der Wolchow=Front konnte der Feind mehrere Stutzpunkte und Njasnoj
Bor nehmen und mit Teilen iiber die Rollbahn nach Westen vorstofien.
18. Armee: Bei Spaskaja Polist und ostw. davon wurden fdl. Angriffe ab=
gewiesen. Schwachere Feindangriffe gegen die Nordostfront bei Lodwa wur=
den abgewiesen. Vorstofie siidl. Kolpino an der Front von Leningrad wurden
vor der eigenen HKL zerschlagen.
Das Wetter war bei 38 Grad Kalte klar. Am Nachmittag geringer Schneefall.
Finnisdie Front (24. 1.)
Keine besonderen Ereignisse.
Temperaturen schwanken zwisdien 20 und 30 Grad Kalte.
Afrika (23. 1.)
Weisung des Comando Supremo an Panzer armee Afrika:
Von: Comando Supremo 23.1.42
An: Panzerarmee Afrika
Riditlinien des Duce.
Die Kriegfiihrung in Tripolitanien ist von der Lage im Mittelmeer abhangig. Es
ist vorauszusehen, dafi sich infolge des Mangels an Nafta der Geleitzugverkehr von
254
24- Januar 1942
Mitte Februar an verlangsamt und vielleicht sogar unterbrochen wird. Es ist sogar
vorauszusehen, dafi das Wirksamwerden des verstarkten Kampfes gegen Malta
den bereits angelaufenen Verkehr von Einzelschiffen auf der westlichen Strafie sehr
erleichtern wird. Indessen wird es mit diesen Mitteln schwerlich gelingen, den
normalen Nachschub fiir die Kolonie sicherzustellen : es wird ausgeschlossen sein,
neue Truppen und neue Kampfmittel zu iiberfiihren.
Folgende Moglichkeiten miissen aufierdem in Betracht gezogen werden:
a) Landungsunternehmen britischer oder De Gaulle=Truppen an der libyschen
Kiiste und in Tunesien;
b) Vormarsch feindlicher Krafte durch die libysche Sahara.
Deshalb ist es wenigstens zur Uberwindung der Transportkrise notwendig, die
Krafte an der Ostfront zusammenzuhalten, um die Wiederauffrischung vollends
durchzufiihren und sie nicht einem neuen Krafteverbrauch auszusetzen, da es nicht
moglich sein wird, sie ein anderes Mai aufzufrischen. Es ist notwendig, mit den
vorhandenen Kraften und Versorgungsgiitern in Voraussicht einer Krisenperiode
sparsam umzugehen.
Unter Beriicksichtigung des oben Gesagten hat der Duce bis auf weiteres be=
f ohlen :
1. Unsere Verteidigungsstellung gegen Osten ist die Linie Marsa=el=Brega—
Marada; Marada ist zu verstarken.
2. Die allgemeine Lage im Mittelmeer gestattet es zur Zeit nicht, an eine Vor=
verlegung unserer Stellungen zu denken.
3. In der unter Ziff. 1 erwahnten Verteidigungsstellung sind es die Infanterie=
Einheiten, die die Verteidigungskraft sicherstellen; Aufgabe der mot.Verbande ist
die bewegliche Kampffiihrung im Rahmen des unter 4. gegebenen Kampfauftrages.
4. Um unserer Verteidigung den Charakter ausgesprochener Aktivitat zu geben
und um die Angriffsvorbereitungen des Feindes zu storen, konnen die beweglichen
Krafte, wenn die Gelegenheit sich bietet, Angriffsoperationen mit begrenztem Ziel
durchfiihren, um den Feind zu schlagen, wenn er sich auf hierzu giinstige Ent=
fernung stellt. Bei dieser Aufgabe wird die Luftwaffe in besonderer Weise mit=
wirken miissen.
5. Die Infanterie=Einheiten diirfen nicht aus der Verteidigungsstellung heraus=
gezogen werden, sondern haben hier ihre vollige Auffrischung abzuwarten.
Der Duce behalt sich vor, diese Richtlinien entsprechend einer veranderten
allgemeinen Lage abzuandem.
Im Auftrage des Duce
Der Chef des Wehrmachtgeneralstabes
gez. Ugo Cavallero
Tagesmeldung:
1. Am 23. 1. wurde Zuriickgehen starkerer Feindkrafte — Telle 2. Pz.Brigade,
1. Schtz.Brigade und 200. Gardebrigade — nach Norden und Nordosten durch Vor=
legen der deutsch=italienischen Panzer= und mot.Verbande in allgemeiner Linie
Agedabia— siidlich Antelat— Saunnu— Mn. el Grara verhindert. Ausbruchsversuche
des Gegners wurden unter erheblichen Feindverlusten abgewehrt. Hierbei wurden
eine grofiere Anzahl Panzerkampf= und Spahwagen vernichtet, zahlreiche Kfz. er=
beutet. Einzelheiten noch nicht bekannt. Ferner wurden allein von Heeresverbanden
11 Flugzeuge abgeschossen bzw. am Boden zerstort.
2. Absicht fiir 24. 1. 42:
Konzentrischer Angriff der Panzer= und mot.Verbande zur Vernichtung der im
Raum ost= und siidwarts Agedabia befindlichen Feindkrafte unter entsprechender
Sicherung nach Norden.
255
B. Kriegstagebudi
25.Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud'i
II. Armee: Der Westteil Taraktasch wurde nach mehrstiindigem Hauser=
kampf genommen. An der Ostfront wurde ein Feindvorstofi mit einzelnen
Panzern abgewehrt.
1. Pz. Armee: An der ganzen Front der Pz.Armee geringe Artl.= und Spah=
trupptatigkeit.
ly. Armee: An der Ostfront blieben heftige Feindangriffe siidlich Glash
und westl. St. Nyrkowo ohne Erfolg. Bei Raj Alexandrowka nordl. St. Rapnaja
und bei Christischtsche wurden fdl. Angriffe, die z. T. von Panzern unterstiitzt
waren, abgeschlagen. Barwenkowa und ein Stiitzpunkt ostw. davon gingen
nach konzentrischem Angriff iiberlegener russ. Krafte verloren. Russ. Angriffe
mit Panzern gegen Losowaja und die Bahn nordl. davon wurden abgeschlagen.
6. Armee: In heldenmiitigem Kampf wurden die erneut gefiihrten konzen=
trischen Angriffe gegen Balakleja, bei denen starke Panzerkrafte eingesetzt
waren, abgewiesen. Gegenangriff gegen Feindkrafte, die in Aleksejewskoje
eindrangen, ist im Gange. Bei Michailowskoje sind starkere russ. Krafte fest=
gestellt worden. Angriffe gegen die Ostfront bei Wolochow Jar und nordlich
in Btl.=Starke wurden abgewiesen. Bei Bjelgorod und siidl. versuchte der Feind,
durch Angriff in breiter Front das Herausziehen eigener Krafte zu verhindern.
Er wurde nach Osten zuriickgeworfen. Am Ostufer des Seim wurde der Feind
ostw. St. Solzsewo nach Osten geworfen.
2. Armee: Eigene Artl. zersprengte Gegner, der nordlich Sokolja Pleta in
Richtung Schtschigry vorgehen wollte. Der eigene Angriff auf Stakanowo
konnte nur bis zwei km siidwestl. dieses Ortes vorgetragen werden. 15 km
siidwestl. Jewlanowa konnte der Feind 4 km nach Westen vordringen, dann
wurde sein Angriff zum Stehen gebracht.
Wetter: Im gesamten Bereich der H.Gr. herrsdite klares Frostwetter bei
Temperaturen bis 28 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: Siidwestl. Bjelew wurden feindl. Erkimdungsvorstofie und An=
griffe gegen die Nordfront in schweren Kampfen abgewiesen. Weitere An=
griffe an der Nordwestfront wurden alle abgewehrt. Westl. der Resseta nah=
men nach Norden vorstofiende eigene Panzertruppen Moilowa. Im Angriff
von Siiden auf Suchinitschi wurde Usty erreicht und genommen. Im Angriff
von Siidwesten auf Suchinitschi konnte die Verbindung mit der bisher ein=
geschlossenen Besatzung der Stadt hergestellt werden. Angriffe bei Chludnowa
und Slobodka gegen den Nordfliigel der Angriffsgruppe wurden abgeschlagen.
1 Notizen Haiders:
„Lage: Im wesentlichen unverdndert. Sehr hohe Kaltegrade."
256
25- Januar 1942
4. Armee: Erneute feindl. Angriffe gegen die Front westl. Filipowka gegen
die RoUbahnsicherungen und die eigenen Krafte bei Tscherten wurden alle
abgeschlagen. 8 km westl. Juchnow wurden durchgesickerte feindl. Krafte
vernichtet. Bei Gorochowka wurden weitere Feindgruppen nach Siiden gewor=
fen und nordostw. Sulichowo Angriffe durch zusammengefafites Artl.=Feuer
zum Stehen gebracht. Gegen Abend wiederholte der Feind seine Angriffe ge=
gen Gorochowka. An der Siidost= und Ostfront der Armee wurden mehrere
Feindvorstofie zuriickgeschlagen. Der Nordteil von Bordukowo mufite auf=
gegeben werden. Feindvorstofie siidl. Iswolsk blieben ohne Erfolg.
4. Pz. Armee: Der SiidflUgel ist im weiteren Angriff nach Siiden beiSchanskij
Sawod begriffen. Der eigene Angriff an der Stralie von Gshatsk nach Juchnow
konnte die Eisenbahnlinie in siidl. Richtung iiberschreiten. Die Absetzbewe=
gungen an der Ostfront verliefen planmaliig. An der Rollbahn nachstoliender
Feind wurde abgewehrt.
5. Pz. Armee: Gegen die eigenen Nachtruppen vor Siidfliigel und Armee=
mitte gefiihrte Feindangriffe mit einzelnen Panzern wurden abgeschlagen. In
schweren Kampfen wurden dem Gegner hohe Verluste zugefiigt.
9. Armee: An der Nordostfront wurden die Endstellungen in der Linie Pero=
polje Gorodischtsche— Stalypino— Panino eingenommen. Feind folgt nur mit
schwacheren Kraften. Nordwestl. Rshew wurde die hergestellte Verbindung
durch Einnahme weiterer Orte westl. Musischtschewo erweitert. Der Feind
griff in der letzten Nacht die neue Front erstmalig von Siiden an. Angriffe
gegen die Front nordl. Pysyhi und ostw. wurden zuriickgeschlagen. Der West=
fliigel der Armee setzte sich in die Linie 10 km ostw. Pysyhi — 7 km west=
siidwestl. Pysyhi— Sely ab. St. Nelidowo wurde heftig angegriffen. Die Front
vor Sytschewka wurde gegen russ. Angriffe aus der nordwestl. Richtung ge=
halten.
Am 22. und 23. 1. wurden erbeutet oder vernichtet:
32 Geschiitze, 34 Pak, 4 Panzer, 1 Pz.Spahwagen, 80 Lkw., 23 Granatwerfer,
zahlreiche schwere Inf.Waffen.
Im gesamten H.Gr.=Bereich klares Wetter mit starkem Frost. 3. Pz.Armee
meldet bis zu 50 Grad Kalte.
H.Gr. Nord:
16. Armee: In harten Kampfen behaupteten eigene Krafte den Stadtteil
Cholm ostw. des Lowat gegen hef tige Angriffe. Die von Siidwesten angreifende
Gruppe drang bis 3 km siidwestl. der Stadt vor, konnte jedoch die Verbindung
zur Besatzung noch nicht herstellen. Ostw. Gusnowa wurden feindl. Angriffe
abgewiesen. Der eigene Angriff nordwestl. Staraja Russa konnte bis iiber den
Tuleblja vorgetragen werden. An der Wolchow=Front wurden Angriffe gegen
die Rollbahn siidwestl. Jamno abgewehrt.
18. Armee: Westl. und nordwestl. Selischtschenskije Kas. konnten Angriffe
aus ostw. Richtung zuriickgeschlagen werden. Siidl. der Tschogoda=Miindung
257
B. Kriegstagebuch
verstarkte sich die Feindtatigkeit. Eigene Artl. bekampfte den Riistungsbetrieb
Bolschewik in Leningrad. Explosionen iind Brande wurden beobachtet.
Im Bereich der H.Gr. wurden 180 Gefangene eingebracht.
Bei scharfem Ostwind und zeitweisem Schneefall schwankten die Tempera=
turen zwischen 25 und 35 Grad Kalte.
Finnisdie Front (25. 1.)
Karelische Armee: Obergangsversudie iiber den Swir wurden abgewehrt. Des=
gleidien wurden Vorstofie des Feindes bei Wonshesero und am Ostsee=Wei6meer=
Kanal abgewiesen.
Kalte bis zu 35 Grad.
AOK Lappland: XXXVI. Geb.Korps und Geb.Korps Norwegen wiesen einige
schwache russ. Vorsto6e ab.
Wediselnd bewolktes Wetter, Temperaturen zwisdien — 12 und — 30 Grad wurden
gemeldet.
Afrika (24. 1.)
1. Konzentrischer Angriff gegen den im Raum ostnordostwarts Agedabia befind=
lichen Feind 24. 1. fiihrte zu voUem Erfolg. Es wurden vernichtet bzw. erbeutet: 117
Pz.Kampf= und Spahwagen, 33 Geschiitze und eine grofie Anzahl von Lkw. Rund
1000 Gefangene wurden eingebracht. Somit hat der Feind in den Kampfen vom
21.— 24. 1. insgesamt 143 Pz.Kampf= und Spahwagen sowie 80 Geschiitze verloren.
Von der Erdtruppe wurden 14 Flugzeuge abgeschossen bzw. zerstort. —
Die stark angeschlagene 1. Pz.Div. ging in den Raum Msus und siidwestlich
zuriick.
2. Absicht fiir 25. 1. 42:
Verstarkte bewaffnete Aufklarung gegen Feind im Raum um Msus.
26. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
11. Armee: An der Sewastopol=Front wurde ein Angriff in Kp.=Starke westl.
Schuli abgeschlagen. Im Hafen wurde lebhafter Schiffsverkehr festgestellt.
Siidl. Taraktasch konnte die Verbindung zwischen den Angriffsgruppen durch
Vorstofi der Gruppe Otusy nach Westen hergestellt werden. Am Siidfliigel der
Ostfront blieb ein Feindangriff erfolglos. Herangefiihrte russ. Verstarkungen
wurden wirksam von eigener Artl. bekampft.
1. Pz. Armee: Vor dem Siidfliigel der Front trat ein fdl. Pz.Zug auf. Bei St.
Tegschtschewka wurden mehrere fdl. Angriffe abgewehrt. Der Gegner erlitt
hierbei schwere blutige Verluste. Eigene Artl. konnte vor der gesamten Front
der Pz.Armee Feindziele mit guter Wirkung bekampfen.
1 NoHzen Haiders:
„Lage bei Siid entwickelt sich bei 17. Armee immer unhequemer. Der Feind
kommt iiber Isjum mit immer starkerer Kavallerie. Ob weitere Angriffsrich=
258
26. Januar 1942
ij. Armee: Siidl. Clash blieb ein starkeres fdl. Stofitruppunternehmen vor
der eigenen Front liegen. Feindverstarkungen vor der eigenen Front nordl. Raj
Aleksandrowka und nordl. Slawjansk wurden mit guter Wirkung bekampft.
Die eigenen Krafte im Raum um St. Gusarewka mufiten aus VersorgungsgrUn=
den nach Westen genommen werden. Ein AngriJEf in Btl.=Starke auf Christi=
schtsche .wurde abgeschlagen. Der Angriff eines russ. Rgt.s mit einzelnen Pan=
zern 15 km ostw. Aleksandrowka wird z. Z. abgewehrt. Auch bei Losowaja
und nordl. blieben fdl. Angriffe vor den eigenen Sicherungslinien liegen.
6. Armee: Am Siidfliigel warf eine eigene Angriffsgruppe den Feind bei
Aleksekowskoje nach Osten zuriick und wies einen Feindangriff auf St. Lidia=
tschewo ab. Ein erneuter Angriff ist dort im Gange. Ostw. Aleksekowskoje
fuhlte der Feind nur mit Aufklarung vor. Die eigenen Krafte setzten sich vor
umfassendem Feindangriff in der letzten Nacht auf W. Bereka ab. Gegen Bala=
kleja griff der Feind erneut in erheblicher Starke von Siiden und Osten an und
wurde unter erheblichen Verlusten flir ihn abgewiesen. Bisher hat er die An=
griffe wahrscheinlich auf Grund der bisherigen MiJSerfolge nicht wiederholt.
An der Front westl. Brigadirowka blieben wiederholte russ. Angriffe in Kp.=
Starke bis Btl.=Starke ohne Erfolg.
2. Armee: Siidostwarts Schumakowo wurde der Feind in ostwartiger Rich=
tung vertrieben. Gegen zahen Feindwiderstand gelang es der eigenen Angriffs=
gruppe, in Stekanowo einzudringen und damit die Durchbruchsliicke weiter zu
verengen. Der Versuch fdl. Kavallerie in Schtschigry einzudringen, wurde ver=
eitelt.
Nordwestlich Jawlonowa erlitt der Feind hohe Verluste bei seinen mit star=
ken Kraften gefiihrten, aber erfolglosen Angriffen.
Der Frost bis zu minus 35 Grad hat angehalten.
H.Gr. Mine:
2. Pz. Armee: Westlich Bjelew und sudlich Oserno wurde je ein Feindangriff
abgewiesen. 15 km nordwestlich Bolchow bUeben mehrere Feindvorstofie ohne
Erfolg. bjL >} •
Im Angriff von Siiden nahm eine eigene Kampfgruppe Kuswinke und einen
Ort nordhch davon. Im Angriff von Siiden auf Suchinitschi wurde der Raum
3 km nordlich Usty von eigenen Kraften genommen. Im Raum westlich Suchi=
tung SVJ oder S, ist noch nicht abzusehen. Moglichkeit, dafi der Feind auch von
Osten her ly. Armee noch angreift, ist nicht ausgeschlossen.
Auf der iibrigen Front keine wesentlich neuen Entwicklungen.
Zum Angriff gegen die neugebildete Front westlich Rshew scheint der Feind
nur unter AOK 50 neue Krafte einsetzen zu wollen. Abwarten!
In der Lucke zwischen Mitte und Nord ist der Feind bis zur Linie Welikije Luki
— nordostwdrts Iljino vorgedrungen.
Bei Nord konnten die feindlichen Angriffe keinen weiteren Erfolg erringen.
Baldiger Angriff an der Ladogafront wahrscheinlich!
Transportlage, fiir die nunmehr der Reichsverkehrsminister verantwortlich ist,
hat sich zu einer Katastrophe entwickeltl"
259
B. Kriegstagebuch
nitschi wurden heftige russ. Angriffe, die von Panzern unterstiitzt waren, er=
folgreich abgewiesen.
4. Armee: An der Siidostfront griff der Feind gegen die Rollbahn zwischen
Ljudkowo und 15 km siidostw. Juchnow von Siiden an und wurde abge=
schlagen.
Auch an der Siidostfront nordlich der Ugra erzielte der Feind trotz wieder=
holter heftiger Angriffe keine Erfolge. Bordukowo mufite vor iiberlegenem
Feind geraumt werden. Ein Ort 4 km nordwestlich Bordukowo wurde von eige=
nen Kraften genommen. Nach hartem Kampf drangen eigene Truppen in den
Ostteil Koschnjaki ein. Der Angriff gegen den Westteil des Ortes ist noch im
Gange; der linke Fliigel der Armee stiefi bis 5 km siidlich Iswolsk vor. Die Ver=
bindung zwischen 4. und 4. Pz. Armee wurde durch Spahtrupps an der Strafie
westlich Iswolsk aufgenommen.
4. Pz. Armee: Die nach Siiden angreifenden eigenen Pz.=Krafte wiesen einen
starkeren russ. Angriff langs der Bahn von Koschnjaki nordostw. Weskresensk
ab. Beiderseits Schanskij Sawed sind fdl. Gegenangriffe noch im Gange. Ge=
gen die Ostfront der Armee fiihlte der Gegner mit starken Spahtrupps und
einzelnen Panzern vor. Eigene Artl. bekampfte wirksam fdl. Ansammlungen
und Bewegungen.
3. Pz. Armee: Der Gegner fiihlte bisher mit starkeren Kraften nur gegen die
eigenen Gef.=Vorposten vor. Vor der Armeemitte beschofi eigene Artl. Feind=
ansammlungen und Artl.=Stellungen. Am Nordfliigel schlugen Nachtruppen
wiederholte russ. Angriffe in Btl.=Starke ab.
9. Armee: Bei Pogoroloje wurden Feindangriffe bis zu Rgt.=Starke erfolg=
reich abgewehrt. Nordwestl. Rshew wurden dem Feind bei der Abwehr seiner
dauernden starken Angriffe erhebliche blutige Verluste beigebracht. Eigene
Stofitrupps drangen in dem stark feindbesetzten und befestigten Waldgelande
in nordwestl. Richtung bis an die Wolga vor. Starke Feindansammlungen siid=
westl. Rshew wurden von eigener Artl. mit guter Wirkung bekampft. An der
Front nordwestlich Sytschewka blieben fdl. Angriffe erfolglos. Am linken Flii=
gel der Armee besetzte der Feind Iljino.
Frost bis zu —40 Grad. Klarer Himmel.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Feindangriffe auf Cholm von Siidosten und Nordwesten blieben
ohne Erf olg. Die Verbindung zwischen der angreifenden eigenen Kampf gruppe
sudwestl. Cholm und der Besatzung der Stadt ist hergestellt.
An der Nordostfront gelang dem Gegner ein Einbruch nordostw. Klewitschi,
der abgeriegelt wurde. Starkere Feindkrafte konnten bis in den Raum siidl.
Presljanka vordringen Bei den Angriff en auf St. Pola hat der Feind in den letz=
ten Tagen 205 Tote und 7 MG.s verloren, an der Wolchow=Front wurde ein
russ. Angriff gegen die Rollbahn nordwestl. Petrowskes nach harten Kampfen
abgeschlagen.
260
2/. Januar 1942
18. Armee: Feindangriffe bei St. Polist und siidl. davon wurden gleichfalls
abgeschlagen. Nordwestl. Selischtschenskije Kas. mufite ein Ort nach erbit=
tertem Nahkampf vor iiberlegenen Kraften des Russen aufgegeben werden.
An der Nordostfront blieben Feindvorstolie ostw. St. Maluruk ohne Erfolg.
Westl. Worenewo und am fdl. Newa=Br.=Kopf war das fdl. Art.=Feuer sehr
heftig. Am linken Fliigel der Armee wurde ein fdl. Vorstofi bereits im An=
treten durch unser Feuer zerschlagen.
Bei eisigem Wind herrschen 30—35 Grad Kalte.
Finnische Front (26. 1.)
Karelische Armee: Vor der Mitte der Swir=Front und nordostw. Medweshja Gora
konnten fdl. Angriffe und Unternehmungen zersdilagen werden. Es herrsdit Frost=
wetter bis zu 35 Grad Kalte.
AOK Lappland meldet klares Wetter mit Temperaturen bis zu 42 Grad.
Afrika (25. 1.)
1. Panzerarmee fiigte 25. 1. der in den Raum Msus und siidlich ausgewichenen
stark angeschlagenen 1. Pz.Div. durch Nachstofien mit Masse DAK und einer
deutsch=italienischen Kampfgruppe in heftigem Kampf erneut schwere Verluste zu,
Nach bisher vorliegenden Meldungen wurden am 25.1. zerstort oder erbeutet: 96
Pz.=Kampf= und Spahwagen (darunter einige amerikanische Modelle, Baujahr 41),
38 Geschiitze, eine grofiere Anzahl von Kfz,, 13 Flugzeuge, erhebliche Munitions=
bestande und anderes Kriegsmaterial. — Feind wich fluchtartig nach Norden und
Nordosten aus.
2. Einsatzmoglichkeiten der in den Vortagen besonders erfolgreich wirkenden
deutsch=italienischen Luftwaffe wurden am 25. 1. durch Sandsturm stark behindert.
3. Absicht fiir 26.1.42: Sicherung des Raumes um Msus durch mot.Verbande
und Bergung der Beute.
4. Eigene Verluste wahrend der jetzigen Operationen aufiergewohnlich gering.
[Bildung des Sonderkommandos „Dora" zur Durchfuhrung von Sonder=
aufgaben im nord= und mitfelafrikanischen Raum (vgl. 21. 1. 1943, Bd. Ill,
S- 57)]-
27. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^i
II. Armee: Nordl. Sudak konnte ein Feindvorstol? gegen die Hohen bei
Taraktasch abgesdilagen werden. Vor der Sewastopol= und an der Ostfront
fdl. Artl.=Storungsfeuer gemeldet.
1 Notizen Haiders:
„Lage hringt keine wesentlichen Veranderungen des Gesamtbildes: Durdibruch
261
B. Kriegstagebuch
1. Pz.Armee: Am Nordfliigel blieb ein fdl. Angriff in Starke von 2 Komp.en
vor unserer HKL 8 km nordwestl. St. Feschtschewka liegen. Von einzelnen
Stellen wird beiderseitige Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit gemeldet.
17. Armee: Beiderseits St. Kamyschewacha fiihrte der Gegner Fesselungs=
angriffe. Der Feind erreichte den Raum siidwestl. Aleksandrowka mit Teilen.
Die Feindangriffe aus ostw. Richtung gegen Losowaja und St. Punjutino hiel=
ten an.
6. Armee: Westl. Balakleja wurden heftige Feindangriffe abgeschlagen. An
der librigen Front der Armee keine besonderen Ereignisse.
2. Armee: 7 km siidl. Schtschigry blieb ein Feindangriff erfolglos. Bei Star=
kanowo griff der Gegner die eigenen Angriffsspitzen mit iiberlegenen Kraften
umfassend an und zwang sie zur voriibergehenden Zuriicknahme auf Olcho=
watka. Siidwestl. davon gewannen eigene Teile bis 12 km nordwestl. Schtschi=
gry und Worobjewka Boden nach Nordosten. Nordwestl. Jewlanowa wurde
Feind, der voriibergehend eingebrochen war, wieder herausgeworfen.
Auf der Krim herrschen Temp, um o Grad, es fallt Regen und Schnee. Im
iibrigen Bereich der H.Gr. halt der scharfe Frost mit Temp, bis zu 35 Grad an.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: Fdl. Artl. schofi Storungsfeuer auf den Siidteil der Ostfront.
Vor der Nordwestfront wurde das Gelande vermint imd Ukolsizy feindbesetzt
festgestellt. Nordwestl. und westl. Bolchow wurden starkere Feindangriffe er=
folgreich abgewehrt. Im Angriff von Siiden auf Suchinitschi wurde der Raum
5 km nordl. Usty gewonnen, aus Suchinitschi heraus ein Ort 5 km siidwestl.
der Stadt genommen. 2 Feindpanzer wurden vernichtet. Die fdl. Luftwaffe war
besonders im Raum iiber Bolchow auch wahrend der ganzen Nacht sehr rege.
4. Armee: Der Feinddruck gegen die Rollbahn siidwestl. Juchnow hielt wei=
ter an. Eine schwache Feindgruppe konnte nach Norden iiber die Rollbahn vor=
dringen. Am Siidteil der Ostfront der Armee wurden mehrere Feindvorstofie
abgewiesen. Der Russe schiefit mit Artl. und schweren Inf.=Waffen auf die
Orte in und hinter der eigenen HKL. Beiderseits Medyn bekampfte eigene Artl.
Feindbewegungen.
bei ly. Armee scheint sich gegen Westflugel 1.7. Armee zu richten und mit Teilen
auch gegen SiidflUgel 6. Armee. Maftnahmen H.Gr. uoerden erst Anfang Februar
wirksam werden. Weitere Krafte benotigt.
Bei Mitte wird zunachst Bereinigung der Feindgruppe westlich LII. A.K. not=
wendig sein, ehe man iiber Suchinitschi nach N weiter angreifen kann. Bereini=
gung der Liicke zwischen 4. Armee und 4. Panzerarmee macht noch immer
Schwierigkeiten. Feind, der durch unseren Angriff bei Rshew abgeschnitten ist,
und Stojiarmeen 5 und 4 fangen an, im Raume nordlich der Strafe Smolensk—
Wjasma fUhlbar zu werden. Schutz dieser Strajle und Gegenma^nahmen sind
eingeleitet.
Bei Nord ortliche Erfolge des Feindes am Wolchow, jedoch nur taktischer Art.
Angriff sbeginn im Ladogaraum."
2.6Z
27- Januar 1942
4. Pz.Armee: Am Siidfliigel konnten die eigenen Krafte gegen schwacheren
Gegner wegen schwierigster Wegeverhaltnisse nur wenig Boden gewinnen.
Fdl. Gegenangriffe westl. Schumskij Sawod blieben erfolglos. An der gesamten
Ostfront der Armee nichts Besonderes aufier der Abwehr einzelner Erkun=
dungsvorstofie.
5. Pz.Armee: Vor Siidabschnitt und Mitte wurden Feindvorstofie erfolgreich
abgewiesen.
9. Armee: Ein ortl. Einbruch an der Nordostfront wurde bereinigt. Mehrere
Feindangriffe in Btl.=Starke wurden westl. Iwankowa abgewiesen. Nordl.
Rshew bei Buchumtowo und westl. blieben starke, von Artl. unterstutzte fdl.
Angriffe erfolglos. Westl. Sytschewka gewannen eigene Angriffe gegen stark
feindbesetzte Ortschaf ten Boden nach Westen. An der Nordfront wurden 2 An=
griffe ostw. Pyshi abgeschlagen. St. Nelidowo wurde vor iiberlegenen Feind=
kraften geraumt, eigene Krafte halten bei Femkino. Feindangriffe auf Kresty
wahrend des Tages und in der Nacht wurden abgeschlagen.
Bei bedecktem Himmel herrscht Frost bis zu 30 Grad.
H.Cr. Nord:
16. Armee: Erneute Angriffe auf Cholm von Siidosten und Osten wurden
abgewehrt. Gegen die Front bei Molwotizy mit Schwerpunkt nordostw Mol=
wotizy gefiihrte Feindangriffe blieben erfolglos. An der Nordostfront wurden
westl. des Welje=Sees Angriffe abgeschlagen und ortlich eingebrochener Geg=
ner zuriickgeworfen. Feindangriffe westl. St. Boglowo, siidostw. und siidl. Sta=
raja Russa wurden iiberall abgeschlagen. An der Wolchow=Front wurden siidl.
Jasno fdl. Angriffe durch das zusammengefafite eigene Abwehrfeuer zer=
schlagen.
Seit Einbruch der Dunkelheit flogen fdl. Bomber in der letzten Nacht zahl=
reiche Angriffe auf Staraja Russa imd Jubowzy.
18. Armee: Am Siidfliigel wurde durch eigenen Angriff aus Spaskaja Polist
nach Siiden die Verbindung an der Rollbahn wiederhergestellt. Angriffe gegen
die Front siidl. und nordl. Grusino wurden iiberall abgewiesen. Siidostw. St.
Maluksa wurde ein Angriff abgewehrt.
Auch im Bereich der 18. Armee war die fdl. Luftwaffe wahrend der letzten
Nacht sehr rege.
Im Bereich der H.Gr. herrscht Frostwetter bei Temp, von 20—30 Grad
Kalte.
Finnisdie Front (27. 1.)
AOK Lappland: Die beiderseitige Spahtrupptatigkeit war in alien Absdmitten
lebhaft. Versuche fdl. Stofitrupps, Sprengungen an der Bahn Salla— Alakurtti durch=
zufiihren, wurden vereitelt. Es werden Kaltgrade bis zu minus 35 Grad gemeldet.
263
B. Kriegstagebuch
Afrika (26. 1.)
Armee=Befehl fur den Angriff am 28. 1. 42:
1. Feind: Die am 25. 1. bei und sudlich Msus geschlagene englische 1. Pz.Div. ist
mit ihren Resten anscheinend nach Norden bis zur Linie el Charruba— el Abiar aus=
gewidien. In dieser Linie stehen Sicherungen der siidlich Barce liegenden 5. ind. Bri=
gade (Starke 2 Btle., 1 Art.Rgt.). Die siidlich Bengasi befindliche 7. ind. Brigade
(4 Btl.e, 1 PzAbt (Inf.=Tank), (2-3 Artl.Rgt.er), 2 AufkLAbt.en, 2 PzJager=Abt.en)
hat in Linie Sceleidima— Soluch— Ghemines bewegliche Kampfgruppen vorgeschoben.
Nach Luftaufklarung werden Verstarkungen der Cyrenaika zugefiihrt. Horchauf=
klarung meldet am 25. 1. erstmalig Auftreten 1. lei. franz. Div. in Gegend westlich
lich Derna. In Gegend Mechili nur schwache Feindgruppe festgestellt. Nach einem
abgehorten Funkspruch ist ein feindlicher Vorstofi aus Gegend Bengasi in siidost=
wartiger Richtung fiir den Fall weiteren deutschen Vorgehens Richtung Mechili beab=
sichtigt.
Andererseits ist innerhalb britischer Stabe auf Grund der letzten Niederlage er=
hebliche Unstimmigkeit iiber Fortfiihrung der Operationen zu erkennen. Daher ist
auch eine Raumung des Gebietes von Bengasi in den nachsten Tagen nicht ausge=
schlossen.
2. Panzerarmee Afrika greift am 28. 1. mit Tagesanbruch den im Raum und siid=
lich Bengasi stehenden Feind iiberraschend an und vernichtet ihn. Es ist ferner beab=
sichtigt, falls durch Handstreich moglich, Bengasi zu nehmen und die gesamten dort
befindlichen Vorrate in den Raum von Agedabia zuriickzufiihren.
Tagesmeldung 26. i. 42:
1. Die am 25. 1. bei und siidlich von Msus geschlagene englische 1. Pz.Div. ist mit
Resten anscheinend nach Norden iiber Linie el Charruba— el Abiar ausgewichen. Si=
cherungen der siidlich Barce gelegenen 5. ind. Brigade wurden in diese Linie vor=
geschoben. Nach Luftaufklarung werden der Cyrenaika Verstarkungen zugefiihrt.
Horchaufklarung stellte am 25. 1. erstmalig Auftreten 1. lei. franz. Div. in Gegend
westlich Derna fest. Im iibrigen Aufklarung durch Sandsturm stark behindert.
2. Tag verlief ruhig. Nach bisherigen Zahlungen wurden in den Kampfen vom
21. bis 25. 1. 42 erbeutet bzw. vernichtet:
283 Pz.=Kampf= und Spahwagen sowie sonstige gepanzerte Fahrzeuge (darunter
Modelle kanadischer Herkunft, Dezember 1941 gefertigt), 127 Geschiitze (einschl.
Pak), 583 Kfz., 28 Flugzeuge, groliere Betriebsstoff= und Verpflegungsbestande so=
wie Werkstatten, Ersatzteillager und sonstiges Kriegsmaterial.
Die Masse der Kfz. wurde im Kampf oder vorher durch den Gegner zerstort. In
den vorstehend genannten Zahlen sind die Vernichtungserfolge der Luftwaffe nicht
enthalten.
28. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid':
II. Armee: Vor Sewastopol wurde der Angriff eines fdl. Btl.s gegen die Ru=
manen im Abwehrfeuer zerschlagen. Die fdl. Feuertatigkeit und der Einsatz
Notizen Haiders:
„Keine wesentlidien Veriinderungen der Lage. v. Bock unterstellt das AOK 17,
das abgekampft zu sein scheint, dem Pz.=AOK i und bildet unter dem Kom=
m
28. Januar 1942
der Luftwaffe hatten gestern nachmittag zugenommen. Eigene Artillerie be=
kampfte wirkungsvoll Feindbewegungen, Bereitstellungen und Schiffsverkehr
im Hafen.
Bei Sudak wurde nach Abwehr eines Angriffs in Gegend Taraktasch der
Feind nach Siiden zuriickgeworfen, Sudak genommen, die Kiiste erreicht und
der Feindwiderstand siidostw. der Stadt gebrochen. Nur einzelne Feindreste
leisten noch erbitterten Widerstand.
An der Ostfront wurden mehrere Feindangriffe, z. T. mit einzelnen Panzern,
unter hohen Verlusten fiir den Gegner zuriickgeschlagen. Feindliche Artl.=Ta=
tigkeit und Fliegereinsatz waren bei alien Angriffen stark.
1. Pz.Armee: Im rechten und mittleren Armeeabschnitt wurden ortliche
Feindangriffe blutig abgeschlagen und fdl. Bereitstellungen durch zusammen=
gefalites Feuer zersprengt. Durch eigene Stofitruppunternehmen verlor der
Gegner 125 Tote und zahlreiche Inf.=Waffen.
Vor dem linken Armeefliigel wurden weiterhin Bewegungen fdl. Kolonnen
beobachtet und wirksam bekampft.
17. Armee: An der Ostfront keine wesentlichen Kampfhandlungen. In Ge=
gend siidostw. . . .^ Aleksandrowka wurde zaher Feindwiderstand gebrochen
und nach Abwehr von 3 fdl. Gegenstofien im Angriff Boden gewonnen. 4 Feind=
panzer wurden abgeschossen, 2 Geschiitze erbeutet, 4 Pak vernichtet sowie 350
tote Russen gezahlt. Wiederholte Feindangriffe in Gegend siidostw. St. Rapnaja
wurden unter hohen Feindverlusten im Gegenstofi abgeschlagen. Die Nord=
westfront der Armee wird mit zahlreichen Kraftegruppen siidostw. Barwen=
kowa gehalten.
6. Armee: Mehrere Feind vorstolie gegen den Siidfliigel der Armee im Ab=
schnitt W. Bereka— Balakleja wurden abgewiesen. An der Ostfront nur Spah=
trupptatigkeit.
2. Armee: Siidostw. Schtschigry fiihrte der Gegner einen erfolglosen Angriff
in Kp.=Starke. Die Gruppe Breith drang im Angriff nach Nordosten in 01cho=
watka ein, wo noch um die Hauser gekampft wird. Fdl. Kavallerie wurde unter
schweren Verlusten nach Norden und Osten geworfen. Eigene Panzer stiefien
in der Verfolgung bis 6 km siidostw. Smejnez vor. Der Feind verlor iiber
100 Gefangene, 1 Pz. T 34, 1 leichten Pz., zahlreiche Schlitten, Pferde und
5 Pak; ein weiterer leichter Pz. wurde abgeschossen. Der in Gegend Stakanowo
mandierenden General III. mot.A.K. eine Gruppe Mackensen am linken Fliigel
der ij. Armee.
Weiteres Vorgehen der 3. und 4. Stojiarmee in Gegend Welish. Bei Nord feind"
liche Fortschritte am Wolchow, Angriffe an der Ladogafront abgewiesen.
Auseinandersetzung iiber Halten oder Rdumen Sudiinitschi. Fiihrer will halten,
bis Ergebnis des Angriff s Medyn klar ist. Gesprach mit Schmidt, OB 2. Pz.Armee.
Tatsachlidi wollte man Sudiinitschi wieder preisgeben. Gegenbefehl ergangen,
hoffentlich nicht zu spat!''
Auf Fotokopie nicht zu entziffern.
265
B. Kriegstagebuch
stehende Feind konnte seine Angriffe nicht mehr fortsetzen. Am linken Fliigel
beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Wetter: Auf der Krim Tauwetter und Regen. Im iibrigen Bereich der Heeres=
gruppe geringe Temp.=Steigerung. Schneestiirme und Verwehungen erschweren
alle Bewegungen,
H.Gr.Mitte:
2. Pz.Armee: Fdl. Erkundungsvorstolie in Gegend Gorodischtscho sowie
Angriffe auf dem Nordfliigel wurden abgeschlagen. In diesen Kampfen wur=
den 2 Pak und 14 M.G. erbeutet. In der Westflanke verstarkt sich der Gegner
und fiihrte 15 km westnordwestl. Bolchow einen erfolglosen Angriff; der
eigene Angriff von K...mizko^ drang 3—4 km nach Westen vor. Auf linkem
Fliigel wurde im Angriff nach Norden die Gegend 5 km nordl. Usty erreicht.
Die Sauberung des Gelandes um Suchinitschi und der Abtransport unserer
Verwundeten aus der Stadt schreitet fort. Feindangriffe gegen Chludnowa von
Westen her scheiterten.
4. Armee: Die Vernichtung des bis an und iiber die Rollbahn ostw. der
Popolta vorgedrungenen Feindes durch neu herangefiihrte Telle ist im Gange.
Auch nordwestl. Gorochowka wurde die Rollbahn angegriffen, im eigenen
Angriff wurden das Waldgelande siidostw. des Ortes gesaubert und zwei Orte
nordwestl. Gorochowka in schwerem Kampf genommen. An der Ost= und
Nordfront der Armee beiderseitige Artl.=Tatigkeit und ortl. Spahtruppunter=
nehmen.
4. Pz.Armee: Am Siidfliigel rege fdl. Spahtrupptatigkeit.
An der Ostfront keine besonderen Kampfhandlungen. An der Autobahn
nach Wjasma schiebt sich der Gegner dicht an die eigene HKL heran. Im
Hintergelande ist die Bekampfung fdl. Kav.=Teile an der Autobahn Wjasma—
Smolensk sowie von fdl. Fallschirmjagern in Gegend westl. St. Isdeschkowo
im Gange.
5. Pz.Armee: Fdl. Ansammlungen wurden erfolgreich bekampft und russ.
Angriffe gegen die Front ostw. Krutaja und siidwestl. Kutschina unter hohen
Verlusten fiir den Gegner abgeschlagen.
9. Armee: Am rechten Fliigel griff der Gegner wiederholt in Btl.=Starke an,
wurde jedoch unter blutigen Verlusten nach voriibergehend ortlichen Ein=
briichen zuriickgeschlagen. Auf der Nordfront wurden mehrere Angriffe gegen
die gesamte Front mit Schwerpunkt gegen die Riegelstellung abgeschlagen.
Eigene Artl. und die Luftwaffe bekampften erfolgreich Feindansammlungen
siidl. Bochwatowo. Am linken Armeefliigel wurde ein russ. Angriff in Gegend
Sukonsewo abgewehrt. Bei Besobrasewo drang der Gegner bis 6 km westl.
des Ortes vor. Der im Raum siidwestl. Rshew abgeschnittene Feind wird
wahrscheinlich aus der Luft versorgt. Der eigene Angriff, unterstiitzt durch
3 Auf Fotokopie nicht zu entziffern.
266
28. Januar 1942
Panzer und die Luftwaffe, gewann nach Siidwesten gut Boden. 5 Orte
12—15 ki^ siidwestl. Sytschewka wurden genommen.
Wetter: Scharfer Ostwind, Temp, zwischen 23 und 33 Grad.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Nach harten Kampfen ist die Vereinigung der Angriffsgruppe
mit der Besatzung von Cholm erzwungen. Siidwestl. und nordwestl. Molwo=
tizy wurden feindbesetzte Orte und Waldlager vernichtet. Fdl. Vorstofie gegen
die Front siidl. Pelnowo und westl. Dubrowka sowie mehrere starke Angriffe
gegen B. Sachod wurden abgeschlagen. Nordostw. davon halt eine eigene
Kraftegruppe in zaher Abwehr. An der Staraja Russa=Front verstarkte fdl.
Artl.=Tatigkeit.
Angriffe in Gegend Jurjewo wurden abgewehrt. Nordl. des Ilmen=Sees
griff der Feind siidwestl. Jasno mehrmals erfolglos an.
18. Armee: Neue starke Feindangriffe bei Spaskaja Polist wurden abge=
wehrt. Auch gegen die Riegelstellung nordwestl. Selischtschenskije griff der
Feind erneut mit Panzern an. An der Nordostfront griff der Gegner 10 km
siidostw. Maluksa mit starker Artl.=, Pz.= und Fliegerunterstiitzung an und
wurde in harten Kampfen abgeschlagen.
Vor Leningrad und Oranienbaum verlief der Tag ruhig.
Wetter: 20—28 Grad Kalte. Teilweise bedeckt.
Finnische Front (28. 1.)
An alien Fronten beiderseitige Spahtrupp= und ortliche ArtI.=Tatigkeit. Ein Feind=
angriff westl. Wonshesero=See wurde abgewehrt.
In Siidfinnland bis — 35 Grad. In Nordfinnland 15—30 Grad Kalte.
Afrika (27. 1.)
1. Nach Hordiaufklarung befindet sidi die bisher in Gegend Derna und westlich
liegende 11. ind. Brig, ab 26. 1. abends im Raum Maraua— d'Annunzio und sudlich.
Sonst Feindgruppierung wie am Vortag.
2. Aufier geringer beiderseitiger Spahtrupptatigkeit im Raum nordlich und nord=
westlich Msus keine Feindberiihrung. Masse der Truppe versorgte sich und setzte
auch am heutigen Tage Bergung der Beute fort.
3. Absicht fiir 28. 1. 42:
Verstarkte bewaffnete Aufklarung gegen Feind im Raum um und siidlich Bengasi.
[Unterredung Reichsmarschall Gorings mit dem Duce in Rom.]
267
B. Kriegstagebuch
29. Januar 1942
Lagebericht OKH
[Fuhrer in Berlin.]
Osten
H.Gr.Sud':
11. Armee: Im ganzen Armeebereich auf Grund der Schlechtwetterlage nur
geringe Kampftatigkeit. Die im Raum Sudak versprengten Feindgruppen wur=
den vernichtet.
Armeegruppe v. Kleist: Aus der i. Pz. Armee wurde die Armeegruppe Kleist
gebildet und die 17. Armee ihr unterstellt.
An der Mius=Front fiihrte Feind einzelne Angriffe in Kp.= bis Btl.=Starke,
die iiberall abgewiesen wurden. Auf dem Nordfliigel der Armeegruppe, bei
17. Armee, lielB der Feinddruck infolge eigener Gegenstofie ostw. Rei Alek=
sandrowka nach. Westl. Slawjansk wurde Tscherkaskaja durch eigenen Angriff
vom Gegner gesaubert und dadurch die Annaherung des Feindes Richtung
Slawjansk verhindert.
An der Westfront der 17. Armee verstarkte sich der Feinddruck auf War=
warowka und Gegend siidwestl. davon.
6. Armee: An der Siidfront der Armee konnten mehrfache Angriffe auf
W. Bereka abgewiesen werden. Vor dem Abschnitt Balakleja hat sich der
Gegner durch Heranfiihren neuer Krafte verstarkt. Ein Feindvorstofi auf
St. Schabelinka bUeb erfolglos.
An der Ostfront der Armee nur Spahtrupptatigkeit.
2. Armee: Im Siidabschnitt der Front Ruhe. Die Liicke westl. Dolgoje
konnte, da starke Schneeverwehungen Bewegungen verhindern, noch nicht
geschlossen werden. Im Abschnitt siidl. Droskowo ging eine Ortschaft gegen
iiberlegenen Feinddruck verloren. Der Ort Guschinka (20 km ostw. Achtyrka)
wurde von iiberlegenem Feind konzentrisch angegriffen und die haltende
Kompanie eingeschlossen.
Am Nordfliigel der Armee nur geringe eigene Stofitrupptatigkeit.
Wetter: Auf der Krim Schneetreiben bei Temperaturen um o Grad, im
iibrigen Bereich der H.Gr. Schneefall und Sturm. Starke Schneeverwehungen.
Temp, bis — 12 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: An der Ostfront der Armee aufier Abwehr eines Feindvorstofies
in Gegend nordl. Mzensk keine besonderen Kampf handlungen. In der West=
flanke der Armee konnte der eigene Angriff teilweise gut Boden gewinnen.
1 Notizen Haiders:
„In der Lage keine grundsatzlichen Veranderungen. Das Ringen an der gesamten
Front geht weiter. Sehr viel Schnee! Auf der Krim Moglichkeit baldigen Feind=
angrijfs."
268
29- Januar 1942
Einige Ortschaften wurden genommen. Ebenso konnte der Angriff entlang der
Stralie Chwestowitschi— Suchinitschi nach Norden Fortschritte erzielen.
Der Verwundetentransport aus Suchinitschi verlauft weiterhin planmaliig.
Ein Angriff des Feindes siidlich Suchinitschi wurde abgewiesen.
4. Armee: Ostwarts Ljudkowo hat sich der Feinddruck verstarkt, die Roll=
bahn ist in Gegend Glagolnja von starkerem Feind gesperrt. Gegenmafinahmen
sind im Gange. Ein siidostw. der RoUbahn gegen die Siidflanke der Armee
gerichteter Feindangriff blieb erfolglos. An der Ostfront der Armee sind
starkere Feindansammlungen beobachtet worden.
Angriffe des Feindes nordwestl. Juchnow sind z. Z. noch im Gange. Die
Strafie Juchnow— Wjasma ist in Gegend 40 km nordwestl. Juchnow durch eine
Feindgruppe gesperrt.
4. Pz. Armee: Der eigene Angriff des Siidfliigels der Armee, um die Liicke zur
4. Armee zu schUefien, konnte nach Siiden Boden gewinnen. Angriff spitze steht
hart nordl. Weskresensk.
An der Ostfront der Armee wurde bei Zujetki in die HKL eingedrungener
Feind im Gegenstoi? geworfen und vernichtet. SiidHch der Autobahn gefiihrte
Feindangriffe wurden abgeschlagen.
Die Bereinigung der Lage an der Rollbahn westl. Wjasma wird durch
Schneeverwehungen und ungangbares Gelande beiderseits der Autobahn sehr
erschwert.
5. Pz. Armee: Im Siid= und Nordabschnitt der Armee nur Artl.=Storungs=
feuer. Im mittleren Abschnitt wurden mehrere Angriffe des Gegners abge=
schlagen. Gegen in die HKL eingesickerten Feind sind Gegenmafinahmen im
Gange.
9. Armee: An Ost= und Nordfront der Armee blieben vereinzelte Feind=
angriffe erfolglos. Nordwestl. Rshew waren die Angriffe des Gegners schwa=
cher als am Vortage und konnten abgewiesen werden. Am linken Armee=
fliigel konnte der eigene Angriff entlang der Bahn Olenino— Rshew und siid=
lich davon nach Osten Boden gewinnen. Ebenso war der Angriff siidl. Rshew
und westl. Sytschewka nach Westen gegen den abgeschnittenen Feind er=
folgreich.
Wetter: Starker Wind, teilweise Schneestiirme. Temperaturen um — 25Grad.
Strafien teilweise stark verweht.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Nachschubstrafie Fedborosje— Cholm wurde freigekampft.
Lage bei Cholm unverandert. Sonst im siidlichen Frontabschnitt beiderseitige
Spah= und Stofitrupptatigkeit.
Die Kampfe siidlich Staraja Russa entlang der Strafie nach Cholm dauern
an. Die Strafie wurde freigekampft.
Nordlich des Ilmen=Sees konnten die Feindangriffe gegen Ortschaften an
der Rollbahn unter heftigen Kampfen zuriickgeschlagen werden.
269
B. Kriegstagebuch
i5. Armee: Im Siidabschnitt der Front Fortdauer der Kampfe um die Ort=
schaften an der Rollbahn.
An der Nordostfront wiederholte der Gegner seine starken Angriffe in
Gegend St. Maluksa. Die Angriffe wurden im allgemeinen abgewiesen. Be=
reinigung einzelner ortlicher Durchbriiche ist noch im Gange.
An der Leningrader Front beiderseitige Feuertatigkeit und erfolgreiche
Durchfiihrung eigener Stofitruppunternehmen.
Wetter: Vereinzelte Schneefalle, 20—30 Grad Kalte.
Finnisdie Front (29. 1.)
An alien Fronten beiderseitige Spahtnipp= und ortliche Artl.=Tatigkeit.
Temperaturen um — 20 Grad.
Afrika (28. 1.)
1. Im Zuge der bewaffneten Aufklarung gegen den Raum um und sudlicK Bengasi
trieb eine Kampfgruppe bei Sceleidima haltende Feindkrafte zuriick, eine andere
Kampfgruppe, aus Msus in nordvvestlicher Richtung vorgehend, drang bis in die
Gegend 15 km ostwarts Bengasi vor. Bei Soluch und Ghemines noch Feindkrafte
festgestellt. Feindlicher Aufklarungsvorstofi aus nordostwartiger Richtung auf Rast=
raum DAK nordostwarts Msus wurde abgewiesen.
2. Absicht fiir 29. 1. 42:
Fortsetzung der bewaffneten Aufklarung im Raum um Bengasi.
[In der Nacht vom zS.hg. Januar britischer Luftangriff auf Munster.]
[Fiihrer in Berlin^.]
30. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^:
II. Armee: Vor Sewastopol bekampfte eigene Artl. wirksam Feindansamm=
lungen, Battr.=Stellungen und Unterkiinfte. Ein Angriff in Kp.=Starke gegen
1 Rede Hitlers im Berliner Sportpalast zum 9. Jahrestag der „Machtergreifung".
2 Notizen Haiders:
„ln der Lage audi heute wieder keine grundsdtzliche Veranderung: Auf dem
Schlachtfeld der nj. Armee fiihrt der Feind von NO her einige Krafte nach.
Unsere Krafte schlieflen zum Gegenangriff auf.
Bei H.Gr. Mitte Hauptspannungspunkte:
1. Durch die Medyner Lucke auf Wjasma marschierende Krafte.
2. Ortlicher Einbruch bei 2ig. Div.
5. Starke Angriffe von Norden gegen Riegel von Rshew.
4. Weiteres Vordringen der 4. Stojiarmee auf Welish.
Bei H.Gr. Nord sehr gespannte Lage am Wolchow. Abwehrerfolg an der Ladoga=
front."
270
30' Januar 1942
die Nordostfront wurde abgeschlagen. Partisanenbekampfung bei Bachtschis=
saraj. Sudak wurde von See her mit etwa ^0—60 Schuii mittleren Kalibers
beschossen. An der Ostfront beiderseitiges Artl.=Storungsfeuer und Bekamp=
fung von feindl. Bewegungen. Im mittleren Abschnitt blieben ein Feindvor=
stofi in Kp.=Starke im eigenen Artl.=Feuer liegen.
Armeegruppe von Kleist: An der Ostfront der 17. Armee beiderseitige Spah=
trupp= und ArtL=Tatigkeit. Feindbewegungen im Raum von St. Feschtschewka
und Einschiefien feindl. Artl. westl. Avannenskoje.
An der Nordfront starkeres Artl.=Feuer im Abschnitt St. Jama und Abwehr
mehrerer Feindvorstofie in Btl.=Starke siidostw. Rei Aleksandrowka. In Ge=
gend 10 km westl. Slawjansk wurden feindl. Angriffe von Norden und Nord=
westen unter schweren Verlusten fiir die Russen abgewiesen.
Feindangriffe in Div.=Starke in Gegend Warwarowka und Debropolje wur=
den z. T. im Gegenstofi abgewehrt. Ein schwacherer Angriff gegen die Front
nordostw. Jujewka war erfolglos.
6. Armee: Auf dem Siidfliigel wurden bei W. Bereka aus den Kampfen vom
24.-29. 1. 8^0 gefallene Russen gezahlt. Die gestrigen starken Angriffe des
Feindes dort scheiterten unter hohen Verlusten. 2 Panzer wurden vernichtet
und B. Byschkin im harten Kampf genommen. Ostw. davon bis Balakleja
fiihrte der Feind mehrere erfolglose Einzelangriffe und schob sich wieder star=
ker an die eigene Kraftegruppe heran. An der Ostfront ruhiger Verlauf des
Tages.
2. Armee: Ein feindl. Angriff aus Richtung Tim entlang der Strafie nach
Schtschigry wurde blutig abgeschlagen. An der Einbruchsstelle drang in Gegend
Stakanowo der Stofi zweier Rgt.er bis an die Artl.=Stellungen vor, wurde jedoch
im Gegenstofi mit Pz.=Unterstiitzung unter hohen Feindverlusten zurxickge=
schlagen. Ein Stolitrupp stellte in Roshdestwenskoje die Verbindung zu den
Sicherungen des Nachbarkorps her. An der Ostfront gelang es dem Gegner
nach hartem Kampf, mit iiberlegenen Kraften und Unterstiitzung von Salven=
geschiitzen einen Ort 9 km westl. Schabanowo zu nehmen. Starke Partisanen=
banden vor allem in Gegend westl. Gluchow storen den Nachschubverkehr
und haben die Eisenbahn Pirogefka— Gluchow unterbrochen.
Wetter: Auf der Krim leichter Frost. Im iibrigen Bereich der H.Gruppe
weiterhin Schneefall und Oststurm, bis 12 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: An der Ostfront wurden ein Vorstofi am rechten Fliigel und
2 Nachtangriffe gegen den Frontabschnitt nordostw. Fatnewa abgewiesen.
Auch bei Betowo bUeben feindl. Angriffe erfolglos. Im eigenen Angriff nordl.
Kusminke und Uskoje gelang es, nach wechselvollen Kampfen und Abwehr
heftiger Gegenangriffe mehrere Ortschaften zu nehmen. Suchinitschi wurde
nach Zerstorung der Bahn und aller sonst wichtigen Anlagen geraumt. Westl.
der Stadt wurden Feindangriffe von Norden abgewehrt.
271
B. Kriegstagebuch
4. Armee: Der Feinddruck gegen die Rollbahn ostw. der Popolta und 15 km
siidwestl. Juchnow halt an. Der Verkehr ist jedoch nur zeitweise gestort.
Feindl. Angriffe mit Panzem siidostw. Gorochowka wurden im allgemeinen
bis aujF einen ortl. Einbruch abgewiesen. Nachtliche Vorstofie des Gegners
waren erfolglos. Feindangriffe gegen die Ostfront wurden z. T. im Gegenstofi
abgewehrt. Die Ausweichbewegungen verlaufen planmaJSig. An der Rollbahn
drangt der Gegner stark nach. Der eigene Angriff nach Norden gewann gegen
die stiitzpunktartig mit Schneebunkern ausgebauten Feindstellungen nur we=
nig Boden.
4. Pz. Armee: Auf dem SUdflugel dringt der Angriff nach Siiden unter
schwierigsten Witterungs= und Wegeverhaltnissen nur langsam vor. Durch
meterhohen Schnee mufi sich die Angriffsgruppe teilweise vorschaufeln.
An der Ostfront wurden einzelne Vorstofie abgewiesen und Ansammlungen
wirksam durch Artl. bekampft.
In Gegend 25 km westl. Wjasma sind Kampfe mit feindl. Falls chirmtruppen
und Partisanen im Gange.
5. Panzer= Armee: Vor der gesamten Front Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit.
Bereitstellungen wurden wirksam bekampft. Ein mit Panzern unterstUtzter
Feindvorstofi ist abgewiesen.
9. Armee: Auf rechtem Fliigel dauern die Kampfe gegen ortl. eingebrochenen
Gegner an. Angriffe des Gegners gegen die Nordfront, z. T. von starker Artl.
unterstiitzt, wurden erfolgreich abgewehrt. Der abgeschnittene Feind sudwest=
lich Rshew wurde in hartnackigen Kampfen nach Westen geworfen und meh=
rere Ortschaften besetzt.
Die Kampfe bei Bjeloj und bei Welish sind noch nicht abgeschlossen.
Wetter: Stellenweise starker Schneesturm mit erheblichen Schneeverwehun=
gen, der den Versorgungsverkehr auch mit Schlitten hemmt. Mehrere Eisen=
bahnziige sind steckengeblieben, Bewegungen mit Kfz., Pz.n und Artl. un=
moglich.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Feindangriffe z. T. mit Pz.n gegen Cholm wurden blutig abge=
schlagen. Westl. Molwotizy drangte der Gegner eigene Sicherungen zuriick,
wahrend nordostw. des Ortes schwachere Angriffe abgeschlagen wurden.
Fortgesetzte Angriffe in Gegend Jurjewo scheiterten unter hohen Feind=
verlusten. Das feindl. Artl.=Feuer auf Staraja Russa halt an. Nordwestl. der
Stadt wurde ein Angriff abgewehrt. Nordlich des Ilmen=Sees wurden mehrere
Starke Angriffe bis zu Rgt.=Starke gegen Ortschaften an der Rollbahn abge=
schlagen. Durchgestofiene Feindteile nahmen Finew Lug.
i5. Armee: Starke anhaltende Angriffe mit Pz.=Unterstutzung gegen Spa=
skaja Polist und gegen die Riegelstellung sowie Vorstofie bei Semmaja Kerest
und bei Wdiske wurden abgewiesen. Emeute Angriffe an der Nordostfront
siidostw. S. Maluksa und nordwestl. Leda waren erfolglos.
272.
31. Januar 1942
An der Front von Leningrad und Oranienbaum Artl.= und Spahtrupptatig=
keit.
Wetter: 10—20 Grad Kalte, Schneefalle, beginnende Schneeverwehungen.
Finnisdie Front (30. 1.)
An alien Fronten beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Ortlidie Vorstofie
des Gegners wurden abgewiesen.
Afrika (29. 1.)
1. Durch den Vorsto6 der Kampfgruppe Marcks auf Bengasi und durch den des
ital. mot.Korps iiber Sceleidima— Soluch auf Ghemines wurden starke Telle der
4. ind. Div. geschlagen und versprengt.* Einzelnen Feindgruppen gelang es, nach
Nordost und Osten zu entweichen. Nach Luft= und Horchaufklarung besteht der
Eindruck, da6 die bisher im Raum ostwarts el Charruba angenommenen Reste der
1. Pz.Div. sich auf Mechili zuriickgezogen haben. 11. ind. Brigade befindet sich noch
in Gegend ostwarts Barce.
2. Zur Einnahme von Bengasi (siehe Meldung an OKH Gen.St.d.H./OpAbt. vom
29.1. 13.50 Uhr) werden folgende Einzelheiten gemeldet: Im Nachtmarsch unter
schwierigsten Gelande= und Wetterverhaltnissen aus dem Raum um Msus vor=
gefiihrte deutsch=italienisdie Kampfgruppe unter personlidier Fiihrung des Ober=
befehlshabers stieS bis 28. 1. abends iiber Regima— Benina bis zum Nordrand von
Bengasi vor. Gleichzeitig wurde Via Balbia nordostwarts Bengasi bei Coefia ge=
sperrt. Feindliche Ausbruchsversuche aus Bengasi nach Osten in Nacht 28./29. 1.
abgewiesen. Am 29. morgens Bengasi genommen. Bisher iiber 1000 Gefangene. Die
riesige, im einzelnen noch nicht zu iibersehende Beute besteht in erster Linie aus
etwa 500 Kfz., einer grofieren Anzahl von Geschiitzen auf Sfl., sehr gro6en Aus=
riistungs= und Munitionsbestanden sowie erheblichen Verpflegungsvorraten. Die
einriickenden Truppen wurden von der italienischen und arabischen Bevolkerung
begeistert begrufit. Mot.Korps, vor dem der Gegner in der letzten Nacht nach Nord=
osten auswich, erreichte gegen Abend mit Pz.Div. „Ariete" Bengasi, wahrend
„Trieste" in Gegend Ghemines und ostwarts sichert. DAK verblieb bis auf zur
Sperrung der Hohenstufe in dem Raum nordlich Sceleidima entsandte Telle mit
Masse zur Sicherung und weiteren Sichtung der bisherigen Beute im Raum um
Msus. „Sabrata" und 90. lei.Div. besetzten Stellungen beiderseits Antelat bzw. west=
lich Antelat, wahrend X. und XXI. A.K., dem Wunsch des Duce entsprechend, in der
Marada=Marsa=el=Brega=Stellung verblieben sind.
3. Eigene Verluste vom 27.-29. 1. ganz gering.
31. Januar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
11. Armee: Vor Sewastopol und an der Ostfront geringe fdl. Artl.=Tatigkeit
und Abwehr schwacher Feindvorstoi^e.
1 Notizen Haiders:
„Wegen durchioegs sdineereichem Wetter keine wesentliche Veriinderung der
Lage. Versammlung zum Gegenangriff bei Siid sdireitet fort.
^7'5
B. Kriegstagebuch
Armeegruppe von Kleist: An der Mius=Front Abwehr einiger gewaltsamer
Erkundungen des Gegners.
Am linken Fliigel der Mius=Front, insbesondere bei ital. Exped.=Korps,
starkere fdl. Angriffe, die in erbitterten Kampfen verlustreich ftir den Gegner
abgewiesen wurden.
An der Ostfront der 17. Armee nur Stofi= und Spahtrupp=Tatigkeit und
normales Artl.=Feuer. An der Einbruchsstelle des Gegners bei Rai Aleksan=
drowka und an der Westflanke der Armee hielten schwere Feindangriffe den
ganzen Tag iiber an. Alle Angriffe, deren Hauptziel die Orte Tscherkaskaja
und Warwarewka waren, konnten unter hohen blutigen Verlusten fiir den
Feind abgewiesen werden. Erneut im Nachtangriff in Tscherkaskaja einge=
drungener Feind wurde im Gegenstofi geworfen. Die Besatzung von Warwa=
rewka wurde gegen sich standig verstarkenden Feind wegen Munitions=
mangels wahrend der Nacht aus der Ortschaft herausgedriickt.
6. Armee: Am Siidfliigel der Armee wurde in eigenem Angriif Jefremowka
genommen, der westl. W. Bereka auftretende Feind wurde durch eigene Stofi=
truppunternehmungen vertrieben. Starke Angriffe des Feindes zwischen W.
Bereka und Balakleja, die mit neu herangefUhrten Kraften, teils mit Panzern,
gefiihrt wurden, konnten in harten Kampfen abgewiesen werden.
An der Ostfront der Armee nur ortliche Stofitruppunternehmungen.
2. Armee: Siidabschnitt der Armee Ruhe. An der Einbruchsstelle westl. Dol=
goje trat eigene Angriffsgruppe mit dem Ziel der Wiedergewinnung der alten
HKL am Tim=Flufi zum Angriff an. In kiihnem Angriff wurden Stakanowo und
ein Ort siidwestl. davon genommen. Verbindung mit den nordl. der Einbruchs=
stelle haltenden Teilen wurde aufgenommen.
Am Nordfliigel der Armee aufier einigen erfolgreichen eigenen Sto6trupp=
unternehmungen keine besonderen Ereignisse.
Wetter: Auf der Krim Schneefall und Frost. Im iibrigen Bereich der H.Gr.
Temperaturen bis — 14 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: An der Ostfront der Armee aufier Feindangriffen nordl
Mzensk, die abgewiesen wurden, nur beiderseitige Spahtrupptatigkeit und
Storungsfeuer. An der Westflanke der Armee konnte nach 4stiindigem schwe=
Bei Mitte ist Lage 4. Armee nach loie vor gespannt. An derRollbahnvonJuchnow
weitere ernste Kdmpfe.
Durch die LUcke zwischen 4. und 4. Pz.Armee werden weitere feindliche Kr'dfte
nach Westen vorgefuhrt. Das Schliejien der Lucke ist auf 5. 2. verschoben. Dabei
sollen von Norden weitere Krafte, darunter 10. Pz.Div., eingesetzt werden.
Feindliche Luftlandungen gehen weiter. Strajle und Bahn Smolensk— Wjasma
immer nodi nicht frei. Zustand der Truppe 4. Armee ernst! Versorgungsschwie=
rigkeiten.
Feindliche 4. Stojiarmee schreitet nur langsam vorwdrts.
Bei Nord Lage am Wolchow weiter gespannt. Gegenangriff wird morgen fort=
gesetzt."
^74
31. Januar 1942
ren Ortskampf eine Ortschaft 20 km westl. Bolchow von eigenen Truppen ge=
nommen werden. Die auf der Strafie Chwastowitschi— Suchinitschi angreifende
eigene Kampfgruppe erreichte mit Angriffsspitze Gegend 10 km nordwestl.
Moilowa. Die siidwestl. Suchinitschi stehenden Krafte wiesen starke Feind=
angriffe mit Pz.=Unterstiitzung ab. 4 Feind=Panzer wurden abgeschossen.
4. Armee: In der tiefen Siidflanke der Armee halt der Druck des Feindes
auf die Rollbahn an. Siidwestl. Glagolnja wurden eigene Sicherungen von
Feindteilen durchbrochen. Durch Vorstofi des Feindes westlich Gorochowka
wurde die Rollbahn vorubergehend gesperrt.
An der Ostfront der Armee folgte Feind den Nachtruppen auf ganzer Front.
An der HKL Lage ruhig.
Am Nordfliigel der Armee wurden mehrere aufeinanderfolgende Angriffe
des Feindes abgewiesen. Eine Ortschaft ging vor stark iiberlegenem Feinde
verloren.
4. Pz. Armee: Am Sudfliigel konnte der Angriff zur Schliefiung der Liicke
gegen die 4. Armee nur wenig Boden gewinnen. Feind hat sich in der Liicke
weiterhin verstarkt. An der Ostfront der Armee wurde ein Feind=Angriff in
Gegend der Autobahn zerschlagen. Bei geringen eigenen Verlusten blieben iiber
100 tote Russen auf dem Kampffeld liegen, der Rest ging fluchtartig zuriick.
9. Armee: Im Siidabschnitt der Ostfront Abwehr einiger schwacherer Feind=
angriffe. Es gelang, die westl. Pogoreloje bestehende ortliche Einbruchsstelle
zu verengen. In der Nordflanke der Armee, nordwestl. Rshew, setzte der Geg=
ner seine starken Angriffe fort. Nach Niederwalzen von 3 eigenen M.G.=Stel=
lungen gelang ihm ein ortlicher Einbruch, dessen Abriegelung im Gange ist.
Von 24 angreifenden Pz.n wurden 11 vemichtet. Siidlich Rshew ist der Angriff
gegen den abgeschnittenen Gegner noch im Gange. Trotz heftigen Feindwider=
standes konnten einige Ortschaften genommen werden. Starker Schneesturm
und verwehte Strafien machen Angriffsbewegungen beinahe unmoglich.
In der tiefen offenen Nordflanke wurden Welish und die von Welikije Luki
nach Osten vorgehende eigene Kampfgruppe von schwacheren Feindkraften
angegriffen. Zum Schutze dieses Fliigels der H.Gr. wird die 3. Pz. Armee zwi=
schen 9. Armee und H.Gr. Nord eingesetzt. Befehlsiibernahme 1. 2., 12.00 Uhr.
Wetter: Schneefalle, Temperaturen um — 15 Grad. Starke Schneever=
wehungen.
H.Gr. Nord:
16. Armee: An der Front siidl. des Ilmen=Sees herrschte am siidlichen Siche=
rungsabschnitt um Molwotizy starke fdl. Spahtrupptatigkeit. Schwachere An=
griffe an der Siidostfront wurden abgewehrt. Am Lowat gelang es dem Feind,
siidl. der Bahnlinie einige Ortschaften zu nehmen. An der Einbruchsstelle
nordl. des Ilmen=Sees setzte der Feind seine Angriffe gegen Ortschaften an der
Rollbahn fort. Der iiber die Rollbahn durchgebrochene Feind driickt weiter
nach Westen vor.
275
B. Kriegstagebuch
18. Armee: Der in der tiefen Siidflanke aus der Einbruchsstelle der 16. Ar=
mee nach Nordwesten vorgehende Gegner wurde abgewehrt. Eigener Angriff
entlang der Rollbahn nach Siiden konnte, von der Luftwaffe wirksam unter=
stiitzt, ortlich Boden gewinnen.
Im Nordostabschnitt fiihrte der Gegner wiederum in Gegend Maluksa und
Lodwa starkere Angriffe, die im wesentlichen abgewehrt werden konnten.
An der Leningrader und Oranienbaumer Front nur geringe beiderseitige
Stofitrupptatigkeit.
Finnisdie Front (31. 1.)
An alien Fronten aufier iiblichem Storungsfeuer und ArtI.=Tatigkeit keine be=
sonderen Ereignisse.
Afrika (30. 1.)
1. Feind setzte sidi ansdieinend welter nach Osten ab.
2. Tag verlief ruhig. In ostwartiger Richtung angesetzte Aufklarungskrafte be=
setzten el Abiar. 'i^u-x /
3. Absidit fiir 31. 1. 42: '^v,.',; ,
Gewaltsame Aufklarung Riditung Maraua. .
1. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud^: -w n.\H rr>bf«ii^i<j.ac ^£ noV
11. Armee: An der Sewastopol=Front rege fdl. Artl.=Tatigkeit, aiich mit
schweren Kalibern. Nachtliche Spahtrupps wurden abgewiesen. Eigene Artl.
bekampfte Schanzarbeiten, Unterkiinfte und Hafenanlagen von Sewastopol
und Balaklawa.
An der Osttront wurden schwache Feindvorstofie abgewehrt. Beiderseitige
Artl.= und Spahtrupptatigkeit. i -^^^.-aib ssiirrbrj muX .nstiiigggn;.
Armeegruppe von Kleist: An der Mius=Front ortliche Kampfhandlungen
imd beiderseitige Artl.=Tatigkeit, besonders bei Taganrog. Gegen die Italiener
griff der Feind nach den fiir ihn sehr verlustreichen Kampfen gestem nicht an.
Nordwestlich Armanskoje griff der Gegner mit Pz.Unterstiitzung an und
wurde im wesentlichen abgeschlagen. Die Kampfe mit ortlich durchgebroche=
nem Gegner sind noch im Gange. Ein Teil des Gegners wurde vernichtet.
Auch erneute, bei Rai Aleksandrowka und nordl. S. Rzysnaja gefiihrte
schwere Feindangriffe scheiterten unter hohen blutigen Verlusten fiir den
X Notizen Haiders:
„In der Lage sind keine wesentlichen Veranderungen eingetreten. Eisenbahnlage
leicht gebessert. Der OB Nord legt eine ernst gehaltene Beurteilung der Lage
270
1. Februar 1942
Gegner. 10 km westl. Slawjansk sind die heftigen Kampfe noch im Gange.
Allein in einer Hausergruppe wurden 300 tote Russen gezahlt. Trotz schlech*
tester Wetterverhaltnisse ist die eigene Stofigruppe in Richtung Aleksan=
drowka unter dem Einsatz von Arbeitsgruppen von 10000 Zivilisten ange=
treten. Unter grofien korperlichen Anstrengungen wurden die ersten fdl. Po=
stierungen in die Flucht geschlagen und Kriworoshje und mit der Westgruppe
Petropawlowka genommen. Am linken Fliigel vorgedrungene Feindteile wur=
den im Gegenstofi zuriickgeworfen.
6. Armee: Auf dem Siidfliigel stellte die von Krasnograd vorgehende
deutsch=rumanische Gruppe in Gegend nordwestl. Jefromowka die Verbindimg
zum rechten Armeefliigel her. In Gegend W. Bereka steht noch starker Feind.
12 km siidostw. B. Byschkin angreifender Feind wurde im Gegenstofi ge=
worfen.
An der Ostfront keine fdl. Angriffstatigkeit.
2. Armee: Infolge der anhaltenden starken Schneestiirme konnte der be=
absichtigte Angriif der Gruppe Breith nicht weitergefiihrt werden.
Aufier ortlichen Erkundungsvorstolien verhielt sich der Feind an der gesam=
ten Front ruhig.
Wetter: Auf der Krim Tauwetter und Nebel. Im iibrigen Bereich anhalten=
des Schneetreiben bei heftigen Oststiirmen mit 12 Grad Kalte.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Aufier erfolglosen Nachtangriffen in Gegend Mzensk an der
Ostfront keine besonderen Kampfhandlungen. Angriffe gegen die Nordwest=
front scheiterten unter hohen personellen und materiellen Verlusten fUr den
Gegner. Trotz auJSerst schwieriger Wegeverhaltnisse infolge der Schneeverwe=
hungen gewann der eigene Angriff bei Uskoje 4—6 km Boden nach Norden.
An der Front siidwestl. Suchinitschi wurden mehrere Feindangriffe, z. T. im
Gegenstofi nach harten Kampfen, abgewiesen.
4. Armee: Die Kampfe siidl. der RoUbahn bei Gorochowka dauern an. Zwei
russ. Panzer wurden abgeschossen. Angriffe des Gegners entlang der RoUbahn
von Medyn wurden im wesentlichen abgewiesen. An einer ortlichen Einbruchs=
stelle wird noch gekampft. An der Nordfront gewinnt der eigene Angriff in
schwerem Kampf gegen iiberlegenen Feind mit Panzern nur langsam Boden.
4. Pz. Armee: Vorstofie der Div.en am Siidfliigel stiefien auf starken Feind=
widerstand. An der Ostfront im allgemeinen nur Artl.= und Spahtrupptatig=
keit. Mehrere russ. Angriffe mit starker Artl.=Unterstiitzung und mit Luftw.=
Einsatz gegen die Front ostw. Schochowa wurden abgewehrt. Die Sauberung
des Gelandes nordwestl. Oreschki wurde fortgefiihrt. Der Feind setzt weiter
Fallschirmtruppen ab.
9. Armee: An der Ostfront dauern die Kampfe in Gegend Pogoreloje Goro=
dischtsche an. An der Nordfront wurden gestern im Verlauf der Abwehr
mehrerer Feindangriffe in Gegend siidl. Rachmutowo 7 Feindpanzer abge=
277
B. Kriegstagebuch
schossen. Audi am linken Armeefliigel blieben Angriffe des Gegners erfolglos.
Der eigene Angriff an der Westfront siidl. Rshew wurde bei schwierigsten
Wegeverhaltnissen gegen zah Widerstand leistenden Feind fortgesetzt. Nikitje
wurde genommen und nach Westen an der Angriffsfront bis zu 6 km Boden
gewonnen.
Bjeloj und Welish hielten gegen heftige Feindangriffe, der Gegner hatte
hohe blutige Verluste. Auch bei und ostw. VVelikije Luki scheiterten mehrere
heftige Angriffe der Russen.
Wetter: Schneestiirme, 15 Grad Kalte, zunehmende Schneehohe und starke
Verwehungen erschweren alle Bewegungen, auch mit Schlitten.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Kampfe bei Cholm und hart siidwestl. davon dauern an.
Alle Angriffe auf die Stadt wurden abgeschlagen. An der Front siidl. des
Ilmen=Sees griff der Feind nur ostw. Jurjewo mehrmals erfolglos an. Im Hin=
tergelande wird in Gegend Ramuschewo gekampft. Bei Staraja Russa Artl.=
Storungsfeuer.
Nordl. des Ilmen=Sees wurden alle Angriffe siidl. Mjasnoje Bor abgewiesen.
Nach Westen vorgedrungene Feindteile driicken gegen Gusi.
i5. Armee: Feindangriffe auf Tscherwinskaja Luka, Kriwilo und siidl. Sen=
naja Kenest wurden abgewehrt. Der Angriff zur Schliefiung der Liicke zur
16. Armee gewann gegen zah kampfenden, stark iiberlegenen Feind nur lang=
sam Boden. Drei eigene Panzer brachen zur eigenen Kraftegruppe 5 km siidl.
Spaskaja Polist durch. An der Nordfront ist nach harten Kampfen die Ein=
bruchsstelle 10 km sUdostw. St. Maluksa geschlossen. An der Leningrader
Front wurde die Beschiefiung von kriegswichtigen Zielen der Stadt fortgesetzt.
Beiderseitige Stofitrupptatigkeit.
Finnisdie Front (1. 2.)
An alien Fronten beiderseitige Spahtrupptatigkeit und Artl.=Tatigkeit. Keine
besonderen Kampfhandlungen.
Afrika (31. 1.)
1. Feind raumt ansdieinend unter dem Schutze starker Nachhutstellungen plan=
mafiig Cyrenaika.
2. Die Armee fiihlte am 31. 1. mit kleineren Kampfgruppen von Siidwesten und
Westen auf Maraua vor. Wahrend es von Siidwesten vorgehenden deutscKen Trup=
pen gelang, feindlichen Widerstand bei el Charruba (etwa 110 km ostwarts Bengasi)
verhaltnismafiig rasch zu brechen, behauptete sich bei Maraua stehender Feind
gegeniiber anderen deutschen Kraften in hartnackigem Widerstand bis zum Abend.
— In den Kampfen des 31. 1. wurden 11 Panzer, eine Sfl. und eine Anzahl Kfz.
erbeutet bzw. verniditet. Uber 100 Gefangene wurden eingebracht.
3. Absidit fiir 1. 2. 42:
Fortsetzung der bewaffneten Aufklarung zunadist im Raum von Maraua.
278
2. Februar 1942
4. In der Zeit vom 21. bis 31. 1, wurden rund 3 000 Gefangene eingebracht.
5. Armee=Gefechtsstand: Bengasi.
[In der Nacht vom 31. Januar/i. Februar britische Luftangriffe auf die Hafen-
anlagen von Le Havre, Brest und St. Nazaire.
Einsetzung einer norwegischen Regierung unter Vidkun Quisling in Oslo.]
2. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Siid':
11. Armee: An der Sewastopol=Front bekampfte eigene Artl. wirkungsvoU
Feindbewegungen, Feldstellungen und Unterkiinfte. An der Ostfront Artl.=
Tatigkeit. 3 fdl. Angriffe wurden abgewiesen.
Armee gruppe von Kleist: Am rechten Fliigel der Mius=Front wurden Feind=
angriffe durch Gegenstofi abgeschlagen. Siidl. Popasnaja wurde bis in die
Nacht hinein gekampft. Im Gegenstoli wurde Feind, der bis siidl. Popasnaja
vorgedrungen war, zuruckgeworfen. Weitere fdl. Vorstofie bei Rai Aleksan=
drowka scheiterten. Die Kampfe 10 km westl. Slawjansk sind noch im Gange.
Gegner, der westl. Tscherkaskaja nach Siiden vorgedrungen war, wurde durch
eigenen Angriff zuruckgeworfen. Ohne Riicksicht auf die aufierordentlichen
Wetter= und Gelandeschwierigkeiten setzte die eigene Stoligruppe den An=
griff von Kriworoshje nach Norden fort. Starker Feind wurde zerschlagen und
z. T. nach Norden zuruckgeworfen. -uxta^^// !Ji»b rrKie.l
6. Armee: Bei Werch. Bereka und bei Werch. Byschkin dauern die Kampfe
an. Starkere Angriffe des Gegners bei Werch. Byschkin wurden abgewiesen.
Am Siidfliigel der Ostfront heftige Kampfe. Nordostw. Bjelgorod 2 erfolglose
Feindangriffe. Sonst Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
2. Armee: Lage vor gesamter Armeefront infolge voUig zugewehter Stralien
und Wege unverandert.
Wetter: Auf der Krim Nebel und Regen. Im iibrigen Bereich der Heeres=
gruppe Temp, bis —12 Grad. Meterhohe Schneeverwehungen.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: An der Ostfront ruhiger Verlauf des Tages. An der Nordwest=
front wurden mehrere Feindvorstofie abgewiesen. Der eigene Angriff gewann
weiterhin Boden nordl. Uskoje. Dabei wurde ein russ. Kav. Rgt. zersprengt.
1 Notizen Haiders:
„Der Einsatz der H.Gr. Slid beginnt wirksam zu werden, wenn audi infolge des
Schneewetters zunachst nur langsam.
Bei Mitte bekommen die MajJnahmen zum Ansatz des Angriffs gegen die Me=
dyner Liicke allmahlich Form. Morgen soil der Angriff gefuhrt werden. Die hinter
279
B. Kriegstagebuch
An der Front siidwestl. Suchinitschi wurden Feindangriffe und Vorstofie ab=
gewiesen.
4. Armee: An der Rollbahn siidwestl. Glagolnja wurde Feind durch Artl.=
Feuer bekampft und nach Siiden abgedrangt. Nordwestl. Gorochowka ist die
Rollbahn noch zeitweise durch fdl. Inf.=Feuer gesperrt. Ein voriibergehender
Einbruch ist bereinigt. Russ. Angriffe nordl. Rubichino wurden abgewiesen,
ein Ort in Besitz genommen. Ein erneuter Feindangriff ist im Gange.
4. Pz. Armee: An der Ostfront wurde westl. Jurmanowa ein Feind=Vorsto6
zuriickgeschlagen. Ein weiterer Feindangriff an der Front ostw. Chachowa
wurde abgewehrt, fdl. Ansammlungen durch Artl. zerschlagen. Nachtliche fdl.
Angriffe an der gleichen Frontstelle blieben erfolglos. Am linken Fliigel der
Ostfront geringes Artl.= und Granatwerfer=Storungsfeuer. Eigene Sto6trupp=
unternehmen brachten eine Anzahl Gefangene ein. In Gegend 9 km siidostw.
Wjasma wurde ein fdl. Angriff in Kp.=Starke abgewiesen. i
9. Armee: In Gegend Pogoreloje Gorodischtsche erneute Angriffe des Geg=
ners, die im wesentlichen abgewiesen wurden. Vernichtung von durchgebro=
chenen Feindteilen ist eingeleitet. In Gegend siidl. Rachmutowo wurden schwa=
chere Angriffe des Gegners zuriickgeschlagen.
Weitere russ. Angriffe gegen die Mitte und den linken Fliigel der Nordfront
blieben ohne Erfolg. 15 km nordwestl. und 18 km nordnordwestl. Sytschewka
wurden im Angriff nach Westen weitere Orte genommen. Um Bjeloj nur
geringe Feindtatigkeit. Fdl. Angriffe auf Welish und Gegend von Welikije
Luki von Nordwesten wurden abgewiesen.
Wetter: Starker Wind, Schneeverwehungen, bis 15 Grad Kalte. Anhaltende
Schneeverwehungen haben den Wegezustand weiterhin verschlechtert. .v
H.Gr.Nord: /7 ;•: '
16. Armee: Eingebrochener Feind im Ostteil wurde zuruckgeworfen, die
HKL wiederhergestellt. Westl. Molwotizy starkere fdl. Stoiitrupptatigkeit. Die
Angriffe an der Front nordl. des Ilmen=Sees in Gegend Mjasnoj Bor dauern an.
18. Armee: Weiterhin Feinddruck nordl. Spaskaja Polist; Angriffe wurden
abgewiesen. Bei Tscherwinskaja Luka wurden wiederholte Feindangriffe ab=
gewehrt, ebenso Angriffe gegen Grusino und siidl. Lesno abgeschlagen. Meh=
rere Angriffe an der Front siidostw. St. Maluksa blieben fiir den Feind er=
folglos. Siidl. Leningrad wurde ein schwacherer Angriff des Gegners abgewie=
der Front durchgesickerten Telle des Feindes werden nun von 5. Pz.Div. ange=
griffen. Die sich durch diese Kampfe hinter der Front ergebenden Bilder sind
grotesk und zeigen, dajl dieser Krieg zu entarten heginnt in eine Priigelei, die
sich von alien bisherigen Formen des Krieges loslost. Dazu gehort auch das
sinnlose Entsenden von einer Mehrzahl von Div.en in die tiefe Flanke der
Heeresgruppe Mitte aus Richtung Ostaschkow. Sie ist operativ sinnlos und wird
nur dazu fUhren, daji ein Teil unserer Krafte voriibergehend gebunden wird,
wird aber keine Entscheidung bringen."
260
2. Februar 1942
sen. Schwere Artl. bekampfte Industriewerke in Leningrad. An der iibrigen
Nordfront allgemein ruhiger Verlauf des Tages.
Wetter: Schneefall. Bis 15 Grad Kalte.
[Der Chef OKW genehmigt die vom Chef der D.H.M. in Rumanien vor=
gelegte Dienstanweisung fUr den Chef des Verhindungsstahes der Deutschen
Wehrmacht in Transnistrien.]
Finnisdie Front (2. 2.)
Beiderseitige Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit. Feindangriff iiber den Wodla=See
wurde abgewiesen. Sonst keine besonderen Ereignisse.
Afrika (1. 2.)
1. Feind setzte am 1. 2. Raumung der Cyrenaika fort. Er versudite, unser Vor=
gehen durch zahlreiche Strafiensprengungen und Verminungen aufzuhalten.
2. Nach Uberwindung hartnackigen Widerstandes bei Maraua stiefien die deut=
sdien Kampfgruppen weiter nach Osten vor und gewannen bis zum Abend Gegend
siidwestlich Cirene.
3. Absidit fiir 2. 2. 42: , j ,
Fortsetzung der bewaffneten Aufklarung in Riditung Berta.
Von: Dtsch. Gen. b. H.Qu. d. Ital. Wehrm. 1. 2. 42
An: Panzerarmee Afrika la 22.00 Uhr
Generaloberst Cavallero hat am 1. 2. folgendes Telegramm an General Bastico
gesandt:
Nadistehend iibermittle idi die Weisungen des Duce fiir die Fortfiihrung der
Operationen :
Grundlage aller operativen Plane fiir die Kampffiihrung bleibt die Aufgabe,
jederzeit mit den deutsdi=italienischen Truppen in Libyen die Verteidigung von
Tripolitanien sidierzustellen. Von diesem Gesiditspunkt aus hat der Einsatz der
Verbande zu erfolgen. Im einzelnen:
1. Die Verteidigung im Raume Agedabia— el Agheila— Marada mit Inf .Div.en wird
beibehalten. Ebenso wird an der bisherigen Verteidigungsfront Marada— el Agheila
festgehalten.
2. Eine Vorverlegung von einigen grofieren Inf.Verbanden aus dem Raum um
el Agheila bis in die Gegend von Agedabia und Antelat (aufier der sdion vor=
gezogenen Div. „Sabrata") wird gestattet, wobei jedodi trotzdem die Auffrisdiung
dieser Einheiten gewahrleistet sein muli. Vorhandensein ausreidiender Transports
mittel ist Voraussetzung. Eine Div. kann diese Bewegung sofort durchfiihren. Die
in Ziff. 1 genannte Verteidigungslinie mu6 jedoch besetzt bleiben von mindestens
zwei Divisionen (nidit eingerechnet die Besetzung von Marada und gegebenenfalls
Gialo). Die in der Verteidigungsstellung bei el Agheila verbleibenden Divisionen
miissen dort aufgefiillt werden.
3. Nadi diesen Bewegungen ist unter dem Schutz der vorverlegten Inf.Divisionen
eine vorgeschobene Versorgungsbasis einzurichten fiir die Versorgung in der west=
lichen Cyrenaika bis zum Zeitpunkt, zu dem der Hafen von Bengasi ausgenutzt wer=
den kann.
4. Die Inbesitznahme der westlichen Cyrenaika hat den Zweck, Bengasi zu schiit=
zen, und bleibt Aufgabe von standig oder fiir diesen Zweck mot. Verbanden, um
keinesfalls an ein bestimmtes Gelande gebunden zu sein.
281
B. Kriegstagebuch
5. Die zur Sicherung von Bengasi eingesetzten Truppen werden unterstiitzt durch
die Panzereinheiten, deren Bewegungsfreiheit verbleibt unter Beachtung der in
Ziffer 1—4 erlassenen Weisungen.
6. Zur Ausniitzung der durch die augenblickliche Lage gegebenen Moglichkeiten
konnen die Panzereinheiten weitgehend Operationsfreiheit erhalten, um in der mitt=
leren Cyrenaika noch dem Feind Verluste zuzufiigen und Material zu erbeuten.
Nach Ausfiihrung dieser Operation sind die dabei beteiligten Krafte gemafi den
oben angefiihrten Weisungen wieder zu versammeln.
7. Es wird eingehend darauf hingewiesen, dafi die Versorgung iiber See aulierst
schwierig ist und bleiben wird, besonders auf Grund der fast volligen Erschopfung
der Heizolvorrate.
8. Enge Zusammenarbeit mit der Luftwaffe fiir jede mogliche Entwicklung der
Lage ist vorzusehen.
9. Generaloberst Rommel wird gebeten, dem italienischen Oberkommando Nord=
afrika seine Absichten auf Grund dieser Weisungen zu melden, besonders hinsicht=
lich des Einsatzes der Verbande gemafi Ziffer 6. „
gez. Cavallero
3. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud':
11. Armee: An der Sewastopol=Front hat sich die feindl. Feuertatigkeit ver=
starkt. Bin Nachtangriff zweier Feindbtl.e wurde im eigenen Artl.=Feuer abge=
wehrt und eine Bereitstellung vor den Rumanen zerschlagen.
An der Ostfront wurden feindl. Stofitruppunternehmungen abgewehrt. Vor
der Mitte des Abschnittes ist erstmalig westl. des Pz.=Grabens feindl. Artl.
leichten und mittleren Kalibers aufgetreten.
Armeegruppe von Kleist: An der gesamten Ostfront beiderseitige Spah=
trupp= und Artl.=Tatigkeit. Einzelne schwachere Angriffe in Gegend Foscht=
schewka wurden abgewehrt.
An der Ostfront der 17. Armee erneuerte der Feind infolge seiner blutigen
Verluste an den Vortagen die Angriffe nicht. Der eigene Gegenangriff 10 km
westl. Slawjansk fiihrte zu einem vollen Erfolg. Feind in Starke von 2 Rgt.ern
wurde geworfen und zum grofien Teil vernichtet. Feindvorstofie gegen unsere
Kraftegruppen in Gegend Tscherkaskaja scheiterten unter hohen blutigen
Verlusten. In Gegend 15 km siidwestl. Gruskaja vorgedrungener Feind wurde
im Gegenstofi geworfen.
StoEgruppe Hube setzte unter weiterhin schwierigsten Wetterverhaltnissen
1 NoHzen Haiders:
„Lucke westlich Medyn bei H.Gr. Mitte geschlossen. Bei Staraja Russa anschei-
nend weitere Fortschritte und Verstarkung des Feindes. Dagegen gute eigene
Fliegerwirkung. Am Wolchow ortliche Feindfortschritte. Im Ubrigen keine grund^
satzliche Veranderung der Lage.
Besprechung: Fuhrer — Generaloberst Busch (OB der 16. Armee), um Unstimmig=
keiten zwischen ihm und v. KUdhler zu bereinigen. Nachmittags lange Bespre-
chung zwischen Busch und mir." / c^/u^iii^j-:^-.. »r^ /».=. •
282
3. Februar 1942
den Angriff fort und warf den Feind mit Panzern in lang andauernden Kamp=
fen nach Norden zuriick. Westl. davon drang die Angriffsgruppe Kolermann
bis 6 km siidl. Aleksandropol vor. Bei Sokolje driickt der Feind gegen die
eigenen Sicherungen.
6. Armee: Durch die am Siidfliigel im Angriff erzielte Fiihlung zwischen un=
seren Angriffsgruppen westl. Jefremowka ist der Versuch des Feindes, mit
Kav. umfassend gegen Charkow vorzugehen, gescheitert. Ebenso wurde die
Absicht des Gegners, siidl. Balakleja mit starken Kraften nach Norden durch=
zubrechen, in mehrtagigen harten Kampfen vereitelt. AUe Angriffe gegen B.
Byschkin und Balakleja blieben erfolglos. Mehrere sdiwachere Angriffe, an=
scheinend Aufkl.= und Fesselungsvorstofie, gegen die Front nordl. Bjelgorod
wurden abgewehrt.
2. Armee: Keine Veranderung der Lage.
Wetter: Auf Krim Nebel und Tauwetter. Bei Armeegruppe v. Kleist starker
Ostwind, —7 Grad, AOK 6 Schneesturm, —16 Grad, AOK 2 um —12 Grad.
H.Gr. Mate:
2. Pz. Armee: An der Ostfront wurden Feindbewegungen durch Artl. be=
kampft und ein Angriff in Starke von 500—600 Mann in Gegend Troizkoje
unter erheblichen Verlusten fiir den Gegner abgewiesen. Von starkem Artl.=
Feuer unterstUtzte Vorstofie gegen die Nordfront scheiterten nach harten
Kampfen. In einen Ort ostw. Ukolyzi eingedrungener Feind wurde im Gegen=
stofi vernichtet. Angriffe mit Panzern entlang der Strafie Melschowa— Bolchow
wurden zuriickgeschlagen, ebenso ein Feindangriff bei Krasnikowo. Im Angriff
von Siiden wurde nach zahem Kampf die Gegend sUdostw. Klen erreicht. Im
Raum westl. Kzyn heftige Kampfe mit Partisanen. Siidl. Schlutnow dauern
die Abwehrkampfe gegen erneute Feindangriffe an.
4. Armee: Der Verkehr auf der RoUbahn wird zeitweise durch feindl. Artl.=
Storungsfeuer und ortl. Feindeinwirkung gestort. Heranfiihren eigener Krafte
zur Bereinigung der Lage nordwestl. Gorochowka ist im Gange.
An der Nordfront drang der eigene Angriff gegen starken Feindwiderstand
etwa 3—4 km nach Norden vor und nahm einige Orte. Die Liicke zur 4. Pz.=
Armee ist nahezu geschlossen.
4. Pz. Armee: An der Siidfront ortl. Feindvorstolie und rege Spahtrupp=
tatigkeit. Der Gegner westl. Woskresensk wurde von der eigenen Luftwaffe
wirksam angegriffen.
An der Ostfront bekampfte eigene Artl. feindl. Ansammlungen. Mehrere
Angriffe ostw. Schachowa wurden unter blutigen Verlusten fiir den Russen
abgewiesen.
Siidostw. Wjasma schreitet trotz starker Schneeverwehungen und hart=
nackigem Feindwiderstand die Vemichtung der Feindteile im Hintergelande
fort. Die Sauberung der Autobahn Wjasma— Smolensk ist im Gange. Siidwestl.
St. Isdaschkowo wurde eine Fallschirmjagergruppe zersprengt.
283
B. Kriegstagebuch
9. Armee: An der Ostfront wurden Angriffe in Gegend siidwestl. Kutschina
blutig abgeschlagen und ein voriibergehender Einbruch im Gegenstofi be=
reinigt.
Auf der Nordfront griff der Gegner wahrend der Nacht gegen die Front
nordostw. Rshew und gestern bei Bachuntowo heftig an. Nach harten Kampfen
wurde der Gegner im wesentlichen zuriickgeschlagen. Ortl. Bereinigung ist
noch im Gange. Ein eigener Angriff in Gegend westl. Rshew gewann gegen
starken Feind mit Artl. und Salvengeschiitzen 3—4 km Boden. Mehrere Orte
wurden genommen. Der Feind verlor 450 Tote, 1 10,5 cm Geschiitz, 2 y,6 cm
Geschiitze, 7 Pak und mehrere MG. In Fortsetzung des Angriffes an der West=
front wurde Karkowo genommen. Siidl. davon gewann der Angriff auf tief
verschneiten und verminten Waldwegen bei Mangel an Betriebsstoff und Artl.=
Munition wenig Boden.
Auf linkem Armeefliigel wurden siidostw. Sukonzewo mehrere Angriffe ab=
gewiesen. Westl. des Ortes wird noch gekampft.
Im Angriff nach Siiden gegen sich zah verteidigenden Gegner wurde die Linie
6 km nordostw. Djadino — 4 km nordl. St. Tschertolino erreicht.
3. Pz. Armee: Angriff e in Btl.=Starke bei Demidoff wurden gegen sich ver=
starkenden Gegner abgewehrt. An Strafie Surash— Witebsk und in Gegend
15 km nordnordostw. Witebsk wird gekampft. Die Partisanentatigkeit nimmt
weiter zu.
Wetter: Im Siidteil der H.Gr. klar, im Nordteil bewolkt. 15—20 Grad Kalte.
Bei Pz.AOK 2 wurden im Januar an Gefangenen und Beute eingebracht:
502 Gefangene,
5 800 Feind=Tote (in der Masse gezahlt),
224 Partisanen,
5 Kommissare,
15 Panzer,
72 Geschiitze,
61 Pak,
5 Fla=MG.s,
394 Granatwerfer,
4 Flugzeuge, davon 2 noch betriebsbereit.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Kampfe zur Sicherung der Nachschubstralie siidwestl. Cholm
schreiten erfolgreich fort. An der Front siidl. des Ilmen=Sees und bei Staraja
Russa keine besonderen Kampfhandlungen. Uber die Strafie Staraja Russa—
Demjansk stiefi der Feind nach Siidwesten bis in Gegend nordl. Welipoje Selo
vor.
Nordl. des Ilmen=Sees wurden wahrend des ganzen Tages heftige Angriffe
8 km nordostw. Podboresje und mit Panzerunterstiitzung westl. davon ab=
gewehrt.
284
4- Februar 1942
18. Armee: Die Abwehrkampfe am rechten Armeefliigel dauern unvermin=
dert an. Der eigene Angriff nach Siiden erreichte ohne Feindberiihrung die Ge»
gend 5 km siidwestl. Spaskaja Polist. Sehr starke Angriffe mit Panzerunter*
stiitzung gegen diesen Ort wurden abgeschlagen.
An der Nordostfront sdieiterten erneut mehrere Angriffe der Russen in
Gegend 10 km siidostw. St. Maluksa.
An der Front vor Leningrad keine besonderen Kampfhandlungen.
Finnisdie Front (3. 2.)
Beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Keine besonderen Kampfhandlungen.
10—30 Grad Kalte.
Afrika (2. 2.)
1. Feind ging am 2. 2. mit 11. ind. Brigade, von de Martino gedrangt, Richtung
Derna zuriick.
Die weiter siidlidi auf Martuba ausweichende 5. ind. Brig, wurde 2. 2. nadimittags
von deutschen Kampfgruppen westlich Gasr el Carmusa (20 km siidwestlich Derna)
angegriffen. Hierbei wurden 200 Gefangene gemacht, 8 Geschiitze, mehrere Sfl. und
zahlreiches anderes Kriegsmaterial erbeutet.
1. Pz.Div. anscheinend weiterhin in Gegend Mechili. Horchaufklarung stellte Zu=
fiihrung einer Brigade der 1. siidafrik. Div. und der 150. Brig, (bisher Marsa Matruk)
in den Raum westlich Tobruk fest.
2. Fliegerfiihrer hat Masse seiner Verbande nadi Bengasi, eine Nahkampfgruppe
nach Maraua verlegt.
3. Fiir 3. 2. friih ist Inbesitznahme der anscheinend nur noch von Nachtruppen ge=
haltenen Oase Gialo durch schwache deutsche Krafte vorgesehen.
4. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.Sud^:
11. Armee: An der Sewastopol=Front Abwehr schwacher Feindangriffe. Be=
reitstellungsraume, Unterkiinfte und Eisenbahnverkehr wurden durch Artl.=
und schwere Inf.=Waffen bekampft.
An der Ostfront beiderseitige Spahtrupptatigkeit und Artl.=St6rungsfeuer.
Armeegruppe von Kleist: An der Ost= und Nordostfront wurden fdl. Vor=
stofie erfolgreich abgewehrt. An der Ostfront der 17. Armee keine Angriffs=
tatigkeit des Gegners. Feindbewegungen an der Nordwestfront wurden durch
eigene Artl. bekampft. Ein Feindangriff auf einenOrt5kmwestl.Tscherkaskoje
und einen Ort 6 km siidl. davon ist noch im Gange. Feind, der in die Gegend
1 Notizen Haiders:
„Abgesehen von ortUchen Fortschritten des Veindes am Wolchow keine wesent=
liche Veranderung. — Bereinigung der Unstimmigkeiten zwischen v. Kiichler und
Busch."
205
B. Kriegstagebuch
lo km siidwestl. Kruskaja vorgedrungen war, wurde angegriffen. Ein Ort
wurde genommen und der Gegner weitere 3 km nach Norden zuriickgedrangt.
Der Angriff der Gruppe Hube gewann weitere 10 km Boden nach Norden. Ein
Ort 6 km nordl. Petropawlowka wurde genommen und der Feind weiter nach
Norden zuriickgedrangt. 7 km nordwestl. Krischtopowka wurde ein Ort vom
Feind gegen eigene schwache Sicherungen genommen. Gegenangriff ist im
Gange. Konzentrische Angriff e des Gegners gegen Sokolje wur den unterhohen
Feindverlusten abgeschlagen.
6. Armee: Teile eines rum. Ski=Verbandes haben den Orel=Abschnitt in Ge=
gend 14 km siidl. Jefremowka im Angriff nach Osten liberschritten. Ein Ort
siidostw. Jefremowka wurde in harten Nahkampfen genommen. Siidostw.
Werch. Bereka wurden 2 km an Boden gewonnen. An der Ostfront laufend
Starke Angriffe des Gegners nordostw. Borschtschewoje und Wolchow Jar mit
ortlichen Einbriichen, die teilweise im Gegenstofi bereinigt wurden. Die Kampf e
dauern noch an. Ein von starker Artl. unterstiitzter Feindangriff am linken
Fliigel der Ostfront wurde abgewiesen.
2. Armee: Westl. Dolgoje gewann der eigene Angriff weiter an Boden. 2
Orte 10 km siidwestl. Dolgoje wurden genommen.
Wetter: bis —20 Grad Kalte. Bei Armeegruppe von Kleist und 6. Armee ei=
siger Nordoststurm, der neue Schneeverwehungen zur Folge hat.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Am rechten Fliigel der Ostfront beiderseitige Spahtrupptatig=
keit und Artl.=Tatigkeit. Feindvorstolie gegen die Nordfront sowie russ. An=
griff e gegen einen Ort siidwestl. Posnjakowo und gegen die Front siidl. davon
wurden unter schweren blutigen Verlusten fiir den Gegner abgeschlagen. An
der Front bei Maklaki heftige Feindangriffe.
4. Armee: Ostw. Mokroje wurde ein Feindvorstofi zuriickgewiesen. Bei Su=
lichowo lebhafte fdl. Aufkl.=Tatigkeit. Ostw. davon sind Feindangriffe im
Gange. An der Front siidwestl. Pluskowo wurde ein Angriff abgewiesen.
Eigener Angriff nach Norden erreichte gegen zahen Feind Gegend 7 km nord=
ostw. Pobitoje. Damit ist die Verbindung zur 4. Pz.Armee hergestellt. Aus
ostw. Richtung starkerer Feinddruck.
4. Pz.Armee: 2 Feindangriffe gegen Ort 3 km ostw. Isnoski wurden abge=
wehrt. Angriffe des Gegners, die in den Morgenstunden zu einem voruberge=
henden Einbruch fiihrten, wurden unter schweren Feindverlusten abgeschlagen.
An der Ostfront Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Siidostw. Wjasma stiefi Geg=
ner bis hart siidostw. der Strafie Djagolowo— Wjasma vor. Die Einschlieiiung
der im Raum siidl. Dwojewka stehenden Feindteile wurde fortgesetzt.
9. Armee: In der Mitte der Ostfront Abwehr mehrerer russ. Angriffe, die
zum Teil mit Panzern gefiihrt waren. Ein kleinerer Einbruch westl. Spas Wilki
wurde bereinigt, Gegner, der vor der HKL liegengeblieben war, im Gegenstoli
zuriickgeworfen. Mehrere Angriffe gegen die Mitte der Nordfront blieben im
286
4. Februar 1942
eigenen Abwehrfeuer liegen, 4 Feindpanzer wurden abgeschossen. 1 Angriff
mit Artl.=Vorbereitung ist noch im Gange. Ein eigener Angriff warf den Geg=
ner nach SW zuriick und drang bis in Gegend 7 km ostw. Bytkowo vor.
Bei Schukowka wurde ein Feindvorstofi abgewiesen. Ein Feindangriflf in Btl.=
Starke gegen einen Ort 5 km nordostw. Djedino ist noch im Gange.
5. Pz.Armee: Zum Entsatz der in Demidoff eingeschlossenen Krafte drang
eigener Angriff bis in Gegend 2 km siidwestl. der Stadt vor. Bei wiederholten
Feind angriff en auf Welikije Luki von Norden, Osten und Siiden wurden dem
Gegner starke blutige Verluste zugefiigt.
Wetter: Bei einer Temperatur um minus 20 Grad klar und windig. Der
Wegezustand ist durch fortschreitende Raumungsarbeiten gebessert.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Siidl. des Ilmen=Sees Feindangriffe. Die Kampfe sind noch im
Gange. Mehrere Feindangriffe in Gegend Kurskoje und siidostw. Ramuschewo
wurden abgeschlagen. Ein emeuter Feindangriff aus Richtung Ramuschewo ist
im Gange. Die fortgesetzten fdl. Angriff e gegen die Orte am Nordfliigel der
Armee wurden erfolgreich abgewiesen.
18. Armee: Fdl. Angriff e beiderseits Kriwino waren erfolglos. Eigene Trup=
pen erreichten nach Oberwindung aufierordentlicher Gelandeschwierigkeiten
von West her die Gegend nordwestl. Mjasnoj Bor. Ein Ort 5 km siidsiidwestl.
Spaskaja Polist wurde genommen. Von Siidosten gegen Spaskaja Polist mit
Pz.=Unterstiitzung gefiihrte Feindangriffe konnten abgewehrt werden. Ostw.
des Ortes erzielte der Gegner einen Einbruch und erreichte die eigene 2. Stel=
lung. Der Westteil von Grusino konnte gegen starken Feindangriff gehalten
werden. Ein FeindvorstolB gegen die Nordostfront wurde abgewiesen. An der
Newafront starke Feuertatigkeit. An der Front vor Leningrad Stolitrupptatig=
keit.
Wetter: 10-26 Grad Kalte. Bei AOK 18 mafiige Sicht.
Finnisdie Front (4. 2.)
Beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Ein Angriffsversuch des Feindes iiber
den Siidteil des Wonshesero=Sees wurde zuriidcgewiesen.
15—25 Grad Kalte.
Afrika (3. 2.)
Von: Panzerarmee Afrika la 3. 2. 42
An: Ital. Oberkdo. d. Wehrmacht in Nordafrika
Nachstehend wird die in der heutigen Besprediung mit Exzellenz Gambara von
Obstlt. i. G. Westphal zum Ausdruck gebradite Auffassung wie folgt bestatigt:
Der Feind hat die Cyrenaika bis zum 3. 2. 42 nachmittags fast vollstandig raumen
miissen. Aus dieser Lage ergeben sich folgende Moglichkeiten ftir die weitere
Kampffiihrung in der allernadisten Zeit:
287
B. Kriegstagebuch
1. „GrojIe Losung" : Feste Inbesitznahme der gesamten Cyrenaika. Hierzu erfor=
derlich
a) Einsatz der Inf.Divisionen in einer etwa in allgemeiner Linie Tengeder—
Segnali— Ain el Gazala verlaufenden Stellung.
b) Bereitstellung der mot. Korps zu beweglichem Einsatz hinter dem Siidfliigel
dieser Stellung, etwa im Raum der siidlichen Ost=Cyrenaika.
2. „Kleine Losung" : Sicherung des Haf ens Bengasi durch eine Stellung beiderseits
Maraua mit Sicherungen am Siidrand des Dschebel. Bei dieser Losung ware er=
forderlidi.
a) eine Inf.Div. als Festungsbesatzung in den Raum von Bengasi zu verlegen,
b) die Masse der Inf.Divisionen in den Raum von Agedabia vorzufiihren.
c) die mot. Korps im Raum zwischen Agedabia und Bengasi zu beweglichem Ein=
satz bereitzustellen.
Das Oberkommando der Panzerarmee gibt aus naheliegenden Griinden der ersten
„gro6en" Losung den Vorzug. Diese Losung ist auch fiir die Fuhrung des Luftkrieges
von besonderem Vorteil. Das Oberkommando der Panzerarmee bittet daher, beim
Comando Supremo die Freigabe des Vorfiihrens aller Infanterie=Divisionen in die
unter i. a) genannte Linie erwirken zu wollen.
Fiir das Armeeoberkommando
Der Chef des Generalstabes
LV.
gez. Westphal
Tagesmeldung:
1. Feind wich am 3. 2. mit 4. ind. Div. unter dem Schutz von Nachhuten bei Gasr
el Carmusa, Martuba und Umm er Rzem iiber Derna und siidlich nach Tmimi aus.
Luftaufklarung stellte fest, da6 1. Pz.Div. sich mit Teilen von Mechili etwa 40 km
nach Osten abgesetzt hat. — Im Dreieck Tobruk— Ain el Gazala— B. Hacheim ist an=
scheinend britische Abwehrfront im Entstehen. Hierzu verfiigbar: Stark angeschla=
gene 1. Pz.Div. und 4. ind. Div., femer Poln. Brigade, eine Brigade der 1. siidaf rikan.
Div., 150. Brigade, 1. lei. franz. Brigade, 22. Pz.Brig. (letztere in Auffrischung) und
70. Div. mit Resten 32. H.Pz.Brig. — 2. siidafrikan. Div. wird als in Bardia=Sollum=
Front gebunden angenommen.
2. Die deutschen Kampfgruppen stiefien 3. 2. bis zur Via Balbia bei Martuba durch
und setzten Verfolgung bis in Gegend siidlich Umm er Rzem fort.
•3. Von den nach Gialo entsandten Kraften liegt noch keine Meldung vor.
4. Absicht fiir 4. 2. 42: Fortsetzung der Verfolgung Richtung Ain el Gazala.
5. Einsatzbereite Panzer:
a) Deutsch: 27 — II
65 -III
10-IV
4 grofie Pz. Befehlswagen.
b)Ital: 80.
288
^ 5. Februar 1942
5. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Cr. Sudh
11. Armee: An der Sewastopol=Front wurden fdl. Angriffe in Btl.=Starke in
Gegend siidwestl. Belbek und nordostw. Balaklawa abgewiesen, eingedrunge=
ner Feind im Gegenstofi zuriickgeworfen. An der Ostfront wurde ein Feind=
vorstofi gegen die 46. I.D. abgewehrt. Uber das Eis nach Kertsch wurde leb=
hafter Verkehr festgestellt.
Armeegruppe von Kleist: Wahrend an der Ost= und Nordostfront keine we=
sentlichen Kampfhandlungen waren, griff der Gegner die Westfront der 17.
Armee siidwestlich Slawjansk erneut mit starken Kraften an. Die wiederholten
Angriffe des Gegners gegen die eigenen Kraftegruppen blieben im Abwehr=
feuer oder im Minenfeld liegen. Aus einem Ort 15 km westl. Slawjansk wurde
der Gegner geworfen.
In Fortsetzung des Angriffs nach Nordosten hat Stofigruppe v. Mackensen
zwei Ortschaften genommen. In den Kampfen wurden 5 Geschiitze, 3 Pak,
Schlitten und 30 Pferde erbeutet. Der Angriff in Richtung Aleksandropol stieii
auf Starke Abwehr. Ein Gegenangriff der Russen wurde verlustreich abge=
wiesen. Auf linkem Armeefliigel wird um Krischtopowka und eine Ortschaft
nordwestl. davon hartnackig gekampft.
6. Armee: Der rum. Schi=Verband iiberschritt im Angriff den Orel und nahm
zwei Ortschaften. Erneute Feindangriffe auf W. Bereka und B. Byschkin waren
erfolglos. Melowaja (9 km westl. Balakleja) wurde im erbitterten Hauserkampf
vom Feind gesaubert.
Gegen die Siidostfront hielt starker Feinddruck an, ein ortlicher Einbruch
siidl. Wolochow Jar wurde abgeriegelt.
An der Ostfront keine besonderen Kampfhandlungen.
2. Armee: Gruppe Breith hat im weiteren Angriff bei starkem Oststurm und
Schneeverwehungen ohne schwere Waffen und Artl. die alte, am 8. 1. durch=
brochene HKL am Tim=Flu6 wiedergewonnen. Ein Nachtangriff nach starker
Artl.=Vorbereitung gegen die Front westl. Wosowik wurde abgewehrt.
Wetter: Krim — Frost, bedeckt. AOK 2 — sonnig, sonst starker Oststurm.
Temp, um —18 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: An der Ostfront Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Ein nachtlicher
Erkundungsvorstoli siidostw. Mzensk sowie ein Angriff nordlich Mzensk wur=
den abgewiesen.
Notizen Haiders:
„Im Siiden hemmen schwerste Schneeverwehungen unseren Gegenangriff. Bei
2g3. und 25. mot. Div. plotzliche feindliche Angriffe (Div.=Starke) ohne Tiefe ab=
289
B. Kriegstagebuch
Feindvorstofie mit starker Artl.=Unterstutzung gegen die Nordf ront waren er=
f olglos. Eigene Unternehmen an der Westf ront blieben vor stark f eindbesetzten
Ortschaften liegen. Von Pz.n unterstiitzte Feindangriffe in Gegend Belowo
wurden abgewehrt. Eigene Inf. ist in Klen eingedrungen und kampft um die
Hauser. An der Front bei Suchinitschi lebhafte Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Nachtliche Angriffe des Gegners wurden abgeschlagen. Siidwestl. Brjansk Par=
tisanenkampfe mit hohen Feindverlusten.
4. Armee: Vor den Sperrgruppen am rechten Armeefliigel Artl.=Tatigkeit.
Der Gegner schanzt dort z. T. 10 km siidwestl. der Autobahnbriicke iiber die
Popolta wurde eine Feindgruppe von ^^o Mann vernichtet, Entlastungsangriffe
von Siiden abgewiesen. Im Popolta=Tal wurde siidl. der Autobahn eine neue
Sperrlinie besetzt. 15 km siidwestl. Juchnow sind Kampfe gegen Feind mit
Panzern im Gange. Bisher wurden 2 Feindpanzer abgeschossen. Starkere An=
griffe des Gegners nach Artl.=Vorbereitung gegen die Front ostw. Sulischowo
wurden abgewehrt. Ebenso scheiterten mehrere Angriffe des Gegners von
Osten gegen die Strafie Juchnow— Gshatsk. An der Westfront bei Pobiloje
schanzt der Feind.
4. Pz. Armee: Ein Ort 3 km siidostw. Woskresensk wurde genommen, Feind=
vorstofie gegen den Siidostflugel waren erf olglos. Um die Einbruchsstelle ostw.
Schachowa wird noch gekampft; der Feind versucht, seinen ortlichen Erfolg
nach Norden zu erweitern. Mehrfache Vorstolie der Russen auf linkem Armee=
fliigel wurden abgewehrt. Die Kampfe gegen die Feindgruppen bei Wjasma
wurden erfolgreich fortgesetzt. 15 km siidostw. der Stadt ist der Ring um den
eingeschlossenen Gegner verengert worden.
9. Armee: Ein Feindvorstofi auf rechtem Fliigel und ein Angriff in Gegend
nordwestl. Kutschina wurden abgewehrt sowie ein vorubergehender Einbruch
in die Front siidwestl. Kutschina im Gegenstofi bereinigt. An der Nordfront
bekampfte eigene Artl. fdl. Ansammlungen. Von Panzern unterstiitzte An=
griffe siidostw. Bachmutowo wurden abgeschlagen, im Hauptkampffeld wird
noch gekampft. Der eigene Angriff nach Sudwesten traf in Gegend ostw. By=
kowo auf zahen Feindwiderstand. An der Angriffsfront siidl. davon gelang es
trotz erbitterter Gegenwehr, z. T. in nachtlichen Handstreichen, mehrere Ort=
schaften zu nehmen und bis in Gegend 20 km nordwestl. St. Osuga vorzu=
dringen. Entlang der Strafie Sytschewka— Rshew drangen eigene Panzerkrafte
bis 15 km nordwestl. Sereda vor. Auf linkem Armeefliigel wurden ortliche
Feindangriffe gegen die Nordfront erfolgreich, z. T. im Gegenstofi zuriickge=
schlagen. An der Siidfront ist ein Ort nordwestl. St. Tschertolino genommen.
3. Pz. Armee: Bei Demidoff und Welish griff der Gegner erf olglos an. Die
Strafie Surash— Witebsk ist freigekampft und eine eingeschlossene Gruppe 15
km nordostw. Witebsk entsetzt. Bei erfolglosen Angriffen bei Wei. Luki hatte
gewiesen. Bei 9. Armee Feind siidwestl. Rshew im Weichen. Raumgewinn. — Bei
H.Gr. Nord unentwegt harte Kampfe bei Staraja Russa und am Wolchow."
:?190
5- Februar 1942
der Gegner hohe Verluste. Vor eigenem Gegenstofi ging er fluchtartig zuriick.
Ein Vorstofi bis in Gegend Anino hatte standig Gefechtsberiihrung mit Parti=
sanen und regularen Truppen.
Wetter: Klar, 15—25 Grad Kalte. Strafien, soweit geraumt, gut befahrbar.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Siidi. des Ilmen=Sees dauern die Kampfe mit dem Gegner, der
aus dem Raume ostw. Staraja Russa hinter der eigenen Front auf Demjansk
vorzustofien versucht, an. Der Feind wurde an alien Stellen unter hohen blu=
tigen Verlusten abgewiesen und hatte allein bei einem AK. etwa 950 Tote.
Auch ostw. Jurjewo scheiterten wiederholte starke Feindangriffe z. T. im er=
bitterten Nahkampf.
Nordlich des Ilmen=Sees fiihrte der Russe keine grofieren Angriffe, drang
jedoch mit Spahtrupps tief in der linken Flanke der Armee vor.
16. Armee: Im hartesten Kampfe wurden mehrere Feindangriffe, z. T. mit
starkster Artl.=Vorbereitung, gegen Spaskaja Polist abgeschlagen. Starke
feindl. Bereitstellungen vor der Riegelstellung von der StraJSen=Eisenbahnkreu=
zung nordl. Spaskaja Polist nach Pereschki wurden bekampft. Heftige russ.
Angriffe gegen Grusino, die auch wahrend der Nacht fortgesetzt wurden,
konnten abgewehrt werden. Ebenso blieben Angriffe gegen den Bahndamm
nordl. Dratschewo erfolglos. An der Newa= und Leningradfront z. T. lebhafte
Feuertatigkeit sowie beiderseitige Spahtruppunternehmen.
Wetter: 15—20 Grad Kalte, gute Sicht.
Finnisdie Front (5. 2.)
An alien Fronten beiderseitige Artl.= und z. T. verstarkte Spahtrupptatigkeit. Ein
Feindangriff bei der Karelischen Armee siidl. Batasdiowskaja wurde abgewiesen.
Siidfinnland 15—20 Grad Kalte, an der Murman=Kuste windig bis stiirmisch, 20
Grad Kalte.
Afrika (4. 2.)
1. Feindliche Aufklarungskrafte bei und siidlich Ain el Gazala sicherten Zurudc=
gehen 4. ind, Div. in den Raum um Acroma. 1. Pz.Division setzte sich, beiderseits des
Trigh el Abd zurud<:gehend, bis in Gegend B. el Harmat ab.
Gegner sdieint unter dem Schutze eines Sicherungsschleiers in Linie Mteifel el
Chebir— Ain el Gazala eine Abwehrfront westlidi Tobruk zwischen B. Hacheim—
Acroma und nordlidi zu bilden.
2. Die deutschen Kampfgruppen gewannen in der Verfolgung des Feindes am 4. 2.
die Gegend westlich Ain el Gazala. Derna wurde am Abend des 3. 2., Tmimi am
4.2. genommen. — Im Januar 1942 wurden verniditet bzw. erbeutet:
377 Pz.Kampf = und =Spahwagen sowie gepanzerte Fahrzeuge,
192 Gesdiiitze,
1220 Kfz. (Masse zerstort),
50 Flugzeuge (durch Heeresverbande abgesdiossen bzw. zerstort),
3300 Gefangene wurden eingebracht.
291
B. Kriegstagebuch
Die Vernichtungserfolge der Luftwaffe sind in den vorstehend genannten Zahlen
nicht enthalten.
3. Absicht fiir 5. 2. und folgende Tage:
Halten des gewonnenen Raumes durch schwachere deutsche Krafte.
Einsatz italienischer Inf.Div.en in der Cyrenaika ist nicht moglich, da das Co=
mando Supremo bisher lediglich das Vorfiihren von 2 Inf.Div.en in den Raum von
Agedabia genehmigt hat.
[In der Nacht vom ^.14. Februar britischer Luftangriff auf Neapel]
6. Februar 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sudh
11. Armee: An der Sewastopol=Front wurde ein Feindvorstofi gegen Fort
Balaklawa abgewiesen. An der Ostfront keine besonderen Kampfhandlungen.
Armeegruppe von Kleist: An der Ost=, Nordost= und Nordwestfront keine
wesentliche Kampftatigkeit. Feindreste in Tscherkaskaja und einem Ort dicht
nordwestl. davon wurden vernichtet. In einen Ort an der Westfront der 17.
Armee eingedrungener Feind wurde geworfen. Weitere Feindangriffe ver=
lustreich fiir den Gegner abgeschlagen. 7 km siidwestl. Aleksandropol wurde
ein Ort genommen.
6. Armee: Siidwestl. Jefremowka gewinnt eine eigene Angriffsgruppe bei
eisigem Sturm langsam Boden. Um B. Byschkin sind neue Kampfe entbrannt,
bei denen der Feind durch Panzer unterstiitzt wird. Aus einem Ort 9 km westl.
Balakleja wurde der Feind vertrieben. Im Siidteil von Wolochow Jar sind
noch wechselvolle Kampfe im Gange. An der iibrigen Ostfront keine wesent=
hchen Kampfhandlungen.
2. Armee: Der Nordfliigel der Armee wurde nach erfolgreicher Abwehr von
mehreren Feindangriffen, bei denen der Gegner hohe Verluste erlitt, bis jetzt
nicht mehr angegriffen.
Wetter: Auf der Krim anhaltende eisige Nordoststiirme. Im iibrigen Bereich
der H.Gr. bei Temperaturen bis — 25 Grad Ost= und Nordoststurm.
Notizen Haiders:
„Im grojien unveriindert. Gegenangriff Isjum durch anhaltende Schneesturme
verzogert.
Angrijf gegen Ostfront 2. PzArmee abgewiesen. Anscheinend starke Kraftezu=
fuhrung in den Bogen von Suchinitschi. Verstarkung siidwestl. Juchnow.
Erfolgreiche Kampfe gegen durchgesickerten Feind bei Wjasma (5. Pz.Div.). 4.
feindliche Stojlarmee scheint durch Nachschubschwierigkeiten und unseren Wi=
derstand aufgehalten zu sein.
Bei H.Gr. Nord nach wie vor nodi schwere Spannungen. Feindverstarkungen bei
Staraja Russa."
292
6. Februar 1942
H.Cr. Mine:
2. Pz.Armee: Am Siidfliigel der Ostfront wurden mehrere Feindvorstofie
erfolgreich abgewiesen, ein Angriff nordwestl. Wjashi ist noch im Gange.
Siidwestl. Troizkoje griff der Feind mit iiberlegenen Kraften, die von Panzern
und Luftwaffe unterstiitzt waren, an. Der Angriff blieb vor der HKL liegen.
3 weitere Angriffe im Suscha=Bogen siidwestl. Troizkoje wurden abgewehrt.
An der Nordwestfront wurden ein Feindvorstofi abgewiesen und eine Ortschaft
genommen. Ein eigener Angriff am linken Fliigel der Nordwestfront hatte
starken Feindwiderstand. Ein Ort 4 km westl. Krasnikowo wurde genommen.
Bei Klen wurden wiederholte starke Feindangriffe abgewiesen, ein Ort 10 km
nordl. Moilowa genommen.
4. Armee: An der Siidostfront Spahtrupptatigkeit und starkes fdl. Artl.=
Feuer. 3 Feindpanzer wurden aufier Gefecht gesetzt. 20 km siidwestl. Juchnow
gelang es dem Feind, mit Panzer=Unterstiitzung in einen Ort einzudringen.
Beim Freikampfen des Ortes wurden weitere 4 Feindpanzer vernichtet. Feind=
vorstofie auf eigene Sicherungen wurden abgewehrt, an der Front ostw. Juch=
now wurde ein fdl. Vorstofi abgewiesen. Ein Ort 12 km nordnordwestl. Juch=
now, in den der Feind eingedrungen war, wurde durch eigenen von Panzern un=
terstiitzten Gegenangriff wieder genommen, dabei wurden 2 Feindpanzer abge=
schossen. Gegen Front westl. Iswolsk erf olglos Erkundungsvorstofie des Feindes.
4. Pz.Armee: Am rechten Fliigel der Siidostfront drang der Gegner mit Pan=
zerunterstiitzung in einen Ort ein. Im Gegenangriff wurde der Ort wieder=
genommen und 2 Feindpanzer vernichtet. Mehrere bei Tag und Nacht gefiihrte
Feindangriffe gegen die Mitte der Ostfront wurden abgewiesen. Die Einbruchs=
stelle ostw. Sdiachowa wurde verengt. Am linken Fliigel der Ostfront wurden
Feindangriffe, die von starker Artl. unterstiitzt waren, z. T. nach bereinigtem
Einbruch, zuriickgewiesen. Verstarkungen wurden wirkungsvoU durch eigene
Artl. bekampft. Der Russe liel3 152 Tote zuriick. 15 km siidostw. Wjasma
wurde ein Ort im Sturm unter hohen blutigen Feindverlusten genommen.
Allein an einer Stelle wurden iiber 200 tote Russen gezahlt. Ein Feindvorstofi
auf Blochina wurde abgewiesen.
9. Armee: In der Mitte der Ostfront wurde ein Feindangriff, der voriiber=
gehend zum Einbruch fiihrte, zuriickgeschlagen. Der Gegner verlor 500 Tote.
Weitere Kampfe sind im Gange. Eine Einbruchsstelle am linken Abschnitt der
Ostfront ist bereinigt. An der Front nordl. Rshew wurden fdl. Bereitstellungen
bekampft. Siidostw. Bochuntowo wurde ein von Panzern unterstiitzter Feind=
angriff erfolgreich abgewiesen. Gegen an anderer Stelle eingebrochenen Geg=
ner ist ein Gegenunternehmen im Gange. St. Tschertelino wurde genommen
und mit einer eigenen Angriffsgruppe, die von Siidosten her im rucksichts=
losen Vorstofi Feindwiderstand durchbrochen hatte, Verbindung hergestellt.
Dabei wurden u. a. 10 Geschiitze, 4 Panzer, 120 Lkw. und 100 Schlitten er=
beutet. 400 tote Russen blieben zuriick. Umfassende Feindangriffe auf Bjeloj
wurden abgeschlagen.
293
B. Kriegstagebuch
5, Pz.Armee: Angriffe auf Demidoff, Welish und auf Wei. Luki wurden
abgewiesen. Orte siidl. und siidostw. Wei. Luki wurden nach eigenem Artl.=
Feuer vom Gegner geraumt. Durch Nachstofien wurden Gefangene und Beute
an Munition eingebracht.
Wetter: Klar, windig, 20—25 Grad Kalte.
H.Gr, Nord:
16. Armee: Ein starkerer Feindangriff westl. Molwotizy wurde abgewiesen.
Siidl. des Ilmen=Sees konnten fdl. Angriffe zuriickgeschlagen werden. Dicht
siidl. Jurjewo gingen 2 Orte verloren. Ein Feindangriff auf Korowitschino ist
noch im Gange. An der Front nordl. des Ilmen=Sees Spahtrupptatigkeit, 2
feindl. Vorstofie auf eine Ortschaft wurden abgewiesen. Starkere Angriffe auf
Samoschje und einen Ort 6 km siidostw. davon waren fiir den Gegner erfolglos.
18. Armee: Gegen Spaskaja Polist und einen Ort 9 km nordostw. Wdisko
schwere Feindangriffe. Sie konnten im allgemeinen in schwerem Kampf ab=
gewehrt werden, Vernichtung von nach Westen durchgesickerten Feindteilen
ist im Gange. Die Kampfe dauern an. An der Wolchow=Front wurden mehrere
Feindvorstofie abgeschlagen. DerWestteil von Grusino wurde gegen zahlreiche
von Artl. und Fliegern unterstiitzte Feindangriffe verteidigt. An der Nordost=
front lebhafte Artl.= und Spahtrupptatigkeit. Schwache Feindangriffe wurden
abgewiesen. In der Nacht griff der Feind nach starker Artl.=Vorbereitung iiber
den Ladoga=See ostw. Schliisselburg an. Er wurde im Gegenstofi geworfen. Ein
gleichzeitig laufender Feindangriff liber die Newa am Siidwestrand Schliissel=
burg wurde unter blutigen Verlusten fiir den Feind dicht vor der HKL zum
Stehen gebracht. Ein eigener Stofitrupp roUte etwa 600 m der fdl. Stellung
auf. Vor Leningrad wurden fdl. Stofitrupps abgewiesen.
Wetter: 15—22 Grad Kalte, klare Sicht.
Finnisdie Front (6. 2.)
An alien Fronten beiderseitige Art.=Tatigkeit. Vorstofi=Versudie fdl. Spahtrupps
sdieiterten. Temperaturen — 15 bis — 20 Grad.
Afrika (5. 2.)
Armee=Befehl fiir die weitere KampffUhrung: 5, 2. 42
1. Der Feind wurde aus der Cyrenaika nach Osten zuriickgeworfen und ist unter
starken Verlusten iiber Mechili— Derna fluchtartig in den Raum westlich Tobruk
zuriidcgegangen. — Er beabsiditigt anscheinend, sid\ im Raum B. Hacheim— Acroma
—Tobruk zur Abwehr einzurichten. Aufklarungskrafte sichern in Linie Mteifel el
Chebir— Ain el Gazala. . .
2. Panzerarmee Afrika sperrt mit Teilkraften den Siidostrand der Cyrenaika und
sidiert den Raum ostwarts Agedabia— Bengasi. Die Armee halt sich mit den mot.
Korps im Raum um Barce bzw, siidlidi Bengasi bereit, ein etwaiges erneutes Vor=
gehen des Feindes durch Gegenangriff abzuwehren. Schwache Teile sichern die Oase
Gialo. . .
294
' g. Februar 1942
Tagesmeldung:
1. Feind= und eigene Lage unverandert.
2. Entsprechend den vom Comando Supremo am 1. 2. erlassenen Anweisungen
fiir die weitere Kampffiihrung wurde angeordnet:
a) Sperrung des Ostrandes der Cyrenaika durch Einsatz je 1 verst. Rgt.s des mot.
Korps bzw. des DAK mit Masse bei Mechili bzw. Tmimi.
b) Sicherung des Raumes um Maraua durch 90. lei.Div.
c) Einsatz des XXI. A.K. mit zwei Divisionen („Trento", „Sabrata") in allgemeiner
Linie Chescem el Chebsc— Saunnu— Antelat— Sceleidima und einer weiteren Division
(„Pavia") zur Sicherung des Raumes von Bengasi (einschliefilich der Dschebelrander
nordlich Sceleidima).
d) Versammlung des DAK im Raum um Barce und des mot.Korps im Raum
Soluch— Bengasi Siid— Ghemines.
e) Belassung des X. A.K. in der Marada=Marsa=el=Brega=Stellung.
Das Vorfiihren der Div. „Trento" und „Pavia" sowie der 90. lei.Div. in ihre neuen
Raume hat begonnen.
[Fuhrerweisung zur Verstdrkung der WBoote im Raum um Norwegen.]
7. Februar 1942
Notizen des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider zur Lage*
Gegenangriff bei 17. Armee setzt sich langsam durch. Bei 4. Armee an der
Siidfront und an der neugebildeten Briicke zur 4. Pz.Armee starkerer Feind=
druck und Heranfiihrung neuer Feindkrafte. Bei 4. Pz.Armee auch frontal
Starke Angriffe.
Bei 9. Armee nordwestl. Rshew weitere heftige Angriffe. Bei Heeresgruppe
Nord Lage im wesentlichen unverandert.
Afrika (6. 2.)
1. Tag verlief ruhig.
2. Oase Gialo wurde 4. 2. durch schwachere deutsche Krafte besetzt.
3. In der Nacht ^./6. 2. starkere feindliche Luftangriife auf Bengasi und Tripolis.
In Tripolis wurden durch Treffer in Heeres=Kraftfahrzeugpark zahlreiche Kfz. be=
schadigt.
8. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Keine grundsatzliche Veranderung der Lage. Staraja Russa spannt! Feind
bringt neue Krafte heran. Lage bei russischer 4. und audi 3. Stofiarmee ist
unklar.
9. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Gegenangriff von Staraja Russa aus mit V2 5. lei.Div. mifilungen. Im ub=
rigen an der Front keine wesentlichen Veranderungen.
1 Vgl. hierzu und fur die folgenden Tage bis 31. Mcirz 1942 Anm. 1 S. 181.
295
B. Kriegstagebuch
10. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage unverdndert. Bei Staraja Russa hat der Feind keine wesentlichen Fort=
schritte gemacht. Die Nachschubschwierigkeiten beginnen sich aber auszu=
wirken. Luftversorgung fur 16. Armee wird notwendig werden.
Am Wolchow keine weiteren Feindfortschritte. Schwere Angriffe an der
Siidfront Leningrads abgewiesen.
Lage 3. Pz. Armee und Absicht feindlicher 4. Stofiarmee immer noch nicht
klar zu iibersehen.
11. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Die Lage bringt folgende Hauptpunkte:
a) Zulauf von Eisenbahnbewegungen aus dem Raume um Moskau in Rich=
tung Mzensk, Suchinitschi, Juchnow und von Kraftwagenbewegungen Richtung
Stariza.
b) Verscharfung der Lage bei 16. Armee dadurch, dafi 290. Div. ihre letzte
Nachschubstrafie verliert. Nachdem die Luftwaffe sich bereit erklart, die Ver=
sorgung auch auf langere Zeit durchzufiihren, bleibt Befehl bestehen, Stellung
zu halten. Nachfiihren neuer Feindkrafte auf Staraja Russa ist nicht zu er=
kennen.
c) Angriffskraft am Wolchow scheint durch Verluste geschwacht, desglei=
chen an Ladogafront.
Besuch Antonescu: Mittags Teilnahme im HQu OKH mit Teestunde. }a=
paner hat Singapur genommen.
12. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Auf der Krim Beginn des Tauwetters. Feind auf Kertsch ist in die Verteidi^
gung gefallen.
In die Einbruchsstelle bei 17. Armee fiihrt der Feind anscheinend neue Krafte
nach.
Bei H.Gr. Mitte keine wesentlich neuen Bilder. Druckstelle 197. Div. immer
noch nicht geschlossen. Druck gegen Nordfront der 9. Armee halt an. Gegen
3. Pz. Armee ist nun die Masse der russischen 4. Stofiarmee auf geschlossen,
aber verzettelt und mit sehr schwachen Stammen.
Verbleib der 3. russischen Stofiarmee unklar. Vielleicht Telle nach Norden?
Bei H.Gr. Nord weitere Zuspitzung der Lage bei Staraja Russa. Kein neuer
Feind, aber Versuch des vorhandenen Feindes, IL AK. einzukreisen. Verzoge=
rung des Anlaufs der 5. lei.Div. erschwert die Lage. Am Wolchow keine we=
sentliche Veranderung.
296
14. Februar 1942
[Weisung des OKH fur die Kampffuhrung im Osten nach Abschlup des
Winters.
Unternehmen „Cerherus" : Durchbruch der Schlachtkreuzer „Scharnhorst" und
„Gneisenau" sowie des Kreuzers „Prinz Eugen" von Brest durch den Kanal in
die Nordsee.]
13. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Wesentliche Punkte der Lageentwicklung:
a) Die vermutete Verstarkung des Feindangriffs bei Isjum durch das
VI. Garde=Kav.Korps von Norden her hat sich bis jetzt noch nicht bestatigt.
b) Gegen die Gruppe Kraili der 6. Armee fiihrt der Feind an zwei Schwer=
punkten mit Panzern bisher erfolglose Angriffe.
c) Bei 197. Div. (H.Gr. Mitte) noch keine Bereinigung der Lage.
d) Schwere Angriffe nordwestlich Rshew abgewiesen.
e) Die schon zu grofier Spannung fortgeschrittene Lage bei 16. Armee hat
sich nicht weiter verscharft (anscheinend Bewegungs= und Versorgungsschwie=
rigkeiten).
f) An Wolchow= und Ladoga=Front hat der Feind keine weiteren Fortschritte
gemacht.
Ferngesprache mit H.Gr. Nord, FUhrer, 16. Armee und Chef Gen.St.d.Luftw.
liber Lage 16. Armee. Die Neigung der 16. Armee, zu einer Flicklosung zu
kommen, wird bekampft. Der Fiihrer teilt eindeutig meinen Standpunkt, dafi
nur eine ganze Losung durch Angriff von Staraja Russa nach Osten in Frage
kommen kann und dali dazu alle Mittel der Erdtruppe und der Luftwaffe
zusammengefafit werden miissen. Angriff nicht vor 17., wahrscheinHch erst
18.2.
[Vortrag des Ob.d.M. beim Fiihrer^.]
14. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Keine Veranderung in der Lage, aufier bei Staraja Russa, wo der Feind
siidlich der Stadt nach Westen drangt und mit starkeren Teilen in Richtung
Cholm durchstofit. Auch Lage bei Cholm sehr gespannt.
[In der Nacht vom 1^./ 14. Februar britische Luftangriffe aufKoln und Aachen.]
Vgl. Aufzeichnung uber diesen Vortrag Nr. 1. Ski. lb 38^/42 g.Kdos. in: Lage"
vortrage des Ob.d.M., a. a. O.
297
B. Kriegstagebuch
15. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Verluste: 22. 6. 41 — 10. 2. 42:
Verwundet: 21 130 Offz.e, 681 236 Uffz.e und Mannsch.
Gef alien: 7872 Offz.e, 191276 Uffz.e und Mannsch.
Vermifit: 729 Offz.e, 43 730 Uffz.e und Mannsch.
Gesamt: 29731 Offz.e, 916242 Uffz.e und Mannsch.
Gesamtverlust des Heeres (ohne Kranke) 945 973 = 29,56 "/o des Ostheeres
(3,2 Mill.).
Lage: Siidlich des Ilmensees verscharft. Neue Krafte des Feindes sind auf=
getreten und werden welter herangefiihrt. Im iibrigen keine wesentliche Ver=
anderung. Uberall Abwehrerfolge. An einzelnen Stellen Ausraumen feind=
licher Kessel (4. Armee). Eigene Verluste nehmen zu.
[In der Nacht vom 14./!^. Februar britischer Luftangriff auf Mannheim.]
16. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Keine wesentliche Veranderung der Lage. Bei Staraja Russa Angriff des
Russen siidlich der Stadt zuriickgeworfen. — Am Wolchow Atempause. An der
Ladoga=Front schwere Panzerangriffe abgewiesen.
17. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Auf der gesamten Front verhaltnismafiig ruhig. Selbst bei Staraja Russa,
wo unser Gegenangriff der 5. lei. Div. eingesetzt hat, hat der Feind keine
bemerkenswerten Anstrengungen gemacht.
Bei 2. Pz.Armee auf der Ostfront neue, aber ergebnislose Angriffe.
Bei Besprechung der Nordlage verspricht der Fiihrer, mit seinen Mitteln zu
helfen. Ergebnis: 337 (!) Lufttransportflugzeuge werden bis 18. 2. freigemacht,
dazu 5 Pol. Btl.e, Norwegische Legion (1100 Mann) und 1 Btl. „Leibstandarte".
18. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Wieder keine besondere Veranderung der Lage. Vor siidlichem Fliigel
6. Armee und in Gegend Isjum besteht die Moglichkeit der Zusammenballung
starker Kav.Krafte.
Die Angriffe an der Ostfront 2. Armee und 2. Pz.Armee beschranken sich
auf ganz geringe ortliche Erfolge. Auf der Ostfront der HGr. Mitte im all=
gemeinen Ruhe. Bei Rshew Abwehrerfolge.
298
21. Februar 1942
Bei Welish verstarkter Feinddruck, ebenso bei Cholm.
Lage bei Staraja Russa ist durch Angriff der 5. lei.Div. zum Stehen gekom*
men. Neue Feindkrafte werden weit siidlich ausholend gemeldet.
Wolchow= und Ladoga=Front im wesentlichen unverandert.
Besprechung beim Fuhrer mit v. Kluge und v. Kuchler. Ergebnis: v. Kluge
wild die 3. Pz.Div., v. Kuchler die 18. lei.Div. versprochen.
19. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Keine wesentliche Veranderung der Lage aufier bei Staraja Russa, wo der
Feind nun auch nordlich der Stadt durchgebrochen ist. Wichtig ferner Wieder=
aufnahme der Eisenbahn von Ostaschkow auf Toropez.
20. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Verscharfung der Lage bei Isjum: Gefahr fUr Naht Mackensen — 6. Armee.
Deutliche Anzeichen fiir Vorbereitung eines grofieren Angriffs gegen 6. Armee
(Charkow).
Absetzen von Luftlandetruppen im Riicken der Heeresgruppe Mitte nimmt
zu. — Krafteverteilung vor 3. Pz. Armee immer noch unklar. Moglichkeit zu=
nehmenden Druckes auf linken Fliigel XXIIL AK. und auf Cholm von Siiden.
Zunehmender Druck auf Cholm von Norden. — Umgehung IL AK. aus
Richtung Ostaschkow im Siiden und Westen. Umfassungsversuch unserer
Staraja=Russa=Abwehr im Siiden.
[Bis zu diesem Zeitpunkt an der Ostfront 14 ^S7 schwere, ca. 62 000 mittlere
und 36 lyo leichte Erfrierungen.
Ausfuhrliche Lagebetrachtung der Ski}]
21. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Die Entwicklung der Lage steht unter dem Zeichen des angesagten Grofi=
angriffs der Russen am 23. 2.
Sud: Auf der Krim bei Sewastopol Angriffs vorbereitungen, desgleichen bei
Kertsch.
Bei 17. Armee starke Angriffe gegen IV. AK., die zum Zuriicknehmen der
Front zwingen.
Ernste Lage am Westfliigel 17. Armee, wo ein starker Infanterieangriff ein=
gesetzt hat.
1 Nr.i. Ski. I b 50JI42 g.Kdos.Chefs., Ausziige daraus in der Einfuhrung, S.6f.
299
B. Kriegstagebuch
Bei 6. Armee unverkennbar Angriffsvorbereitungen gegen die „Charkower
Front".
Mitte: Zunahme und Riihrigkeit der Feindteile hinter der Front 4. Armee.
Angriff mit neuen Kraften gegen Mitte und Westfliigel XXIII. AK. der
9. Armee.
Es scheint, als ob der Feind gegen Welish keine weiteren ernsten Angriffe
mehr beabsichtigt, sondern mit frischen Kraften der 4. StoEarmee die Ver=
bindung zur 39. Armee sucht.
Nord: Drei Richtungen der feindlichen Anstrengung siidlich Ilmensee:
Cholm, Staraja Russa und Abschniiren des II. AK. Am Wolchow und an=
scheinend auch an der Ladoga=Front keine grofien Ereignisse zu erwarten.
In Leningrad wird die Ablosung der Pol.Div. vom Feind laut glossiert.
22. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage: Bei Sud Verscharfung der Lage durch panikartiges Versagen einer
rum. Division; anscheinend fiir den Feind selbst iiberraschend, daher zunachst
nicht ausgeniitzt.
Bei Mitte: Am Westfliigel XXIII. AK. starker Druck von Norden und von
Westen.
Bei Nord: wird bei II. AK. Zusammenziehen des II. AK. notwendig: „Fe=
stung Demjansk"'. Bei Cholm Spannung, Ladoga desgleichen.
23. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Die erwarteten feindlichen Angriffe zu Ehren des Tages der Roten Armee
sind ausgeblieben. Lage im wesentlichen unverandert. Druckpunkte sind
Ukraine (Isjum), Gegend siidwestl. Juchnow, der linke Fliigel XXIII. AK. und
die H.Gr. Nord.
24. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Verluste im Osten: 22. 6. 41 — 20. 2. 42
Verwundet: 21 ^^^ Offz.e, 708 455 Uffz.e und Mannsch.
Gef alien: 8 107 Offz.e, 198 017 Uffz.e und Mannsch.
Vermifit: 747 Offz.e, 45 019 Uffz.e und Mannsch.
Gesamt: 30464 Offz.e ^ 951 491 Uffz.e und Mannsch.
Gesamtverlust: 981 895 = 30,68 Vo von einer Durchschnittsstarke des Ost=
heeres von 3,2 Mill.
1 In den Zahlenangaben bei den Offizieren steckt ein Fehler; daher auch die Ge=
samtzahl ungenau. v
300
28. Februar 1942
Ein im ganzen auffallend ruhiger Tag!
Im Kessel von Isjum scheint sich der Druck nach Westen zu verstarken. Bei
2. Pz.Armee starke Partisanentatigkeit. Bei 4. Armee greifen die Kampfe wie=
der einmal auf die Juchnower RoUbahn iiber. Auch die Wjasmaer RoUbahn
ist voriibergehend unter feindlichem Feuer. Bei XXIII. AK. werden die An=
griffe von Norden abgewehrt. Umfassungsbewegungen von Westen und Siid=
westen heben sich ab.
Bei Heeresgruppe Nord unverandert; nur im Kessel am Wolchow scheint
sich der Druck nach Norden in Richtung Ljuban zu verstarken. An der La=
doga=Front wieder schwere Angriffe abgewiesen.
25. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
An der ganzen Front auffallend ruhiger Tag. Anscheinend Umgruppierun=
gen, Zufiihrungen von personellem und materiellem Ersatz;
Vorbereitungen zum weiteren Angriff.
26. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Im allgemeinen sehr ruhiger Tag! Gegen RoUbahn 4. Armee neuerdings
starkerer Druck mit Panzern. Im iibrigen keine wesentlichen Veranderungen.
[In der Nacht vom 2^. fid. Februar britischer Luftangriff auf Kiel]
27. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriff auf Krim hat begonnen. Auf Kertscher Seite gegen den Nordfliigel
(Rumanen) mit Erfolg. Gegenangriff ist vorbereitet.
Im iibrigen keine wesentliche Veranderung der Lage.
[In der Nacht vom 26./2J. Februar britischer Luftangriff auf Kiel]
28. Februar 1942
Notizen Haiders zur Lage
Die Lage hat sich ziemlich auf der ganzen Front erheblich belebt.
Schwere Angriffe auf der Krim von beiden Seiten; abgewiesen!
Schwere Angriffe gegen Mackensen und am Bachmut, schwachere gegen
XL AK.
Lebhaftere Feindtatigkeit bei Mzensk und Suchinitschi. An der RoUbahn
nach Juchnow imd der Ostfront von H.Gr. Mitte die iibUchen Angriffe.
301
B. Kriegstagebuch
Sensation am Westfliigel XXIII. AK. : Angeblich f eindlicher Bahnverkehr
bis dicht an den Westfliigel XXIII. AK. heran. Auch neue Strafienverbindungen
mit zahlreichem Kraftwagenverkehr soUen auf einmal von Ostaschkow und
Toropez dorthin bestehen.
Bei H.Gr. Nord weiterhin starker Druck auf Cholm von Nord und Slid.
Lage II. AK. unverandert schwierig.
Luftversorgung nur knapp ausreichend.
Nordlich des Ilmensees rafft der Feind alle Krafte zusammen, um den Druck
aus dem Einbruchssack westlich des Wolchow auf Ljuban zu verstarken. Daher
erhebliches Nachlassen des Druckes auf XXXVIII. AK.
Grof,e Besprechung beim Fiihrer mit OB H.Gr. Mitte und den zugehorigen
Armeefiihrern 2. Pz., 4., 4. Pz., 9., 3. Pz.Armee. Eichenlaub=Verteilungen. Mo=
del wird Generaloberst.
Die Besprechung bestatigt die Bilder, die wir von den Armeen batten. Die
bisher erteilten Auftrage bleiben bestehen.
[In der Nacht vom zy/zS. Februar britische Luftangriffe auf Wilhelmshaven
und Kiel Schwere Beschadigung des Schlachtkreuzers „Gneisenau" .]
l.Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Fortsetzung der schweren Angriffe auf der Krim und im Bogen von Isjum.
AUenthalben erfreuliche Abwehrerfolge.
An der Ostfront der 2. Pz.Armee und der 4. Armee scheinen sich neue An=
griffe des Feindes vorzubereiten. Gegen den Westfliigel des XXIII. Armeekorps
starker Feinddruck, bisher ohne Erfolg.
Bei H.Gr. Nord unverandert. Die auf Ljuban vorgeworfenen Telle des Fein=
des sind abgeschniirt.
[Deutscher Luftangrijf auf Anlagen in Sudw est en gland.]
2. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Besprechung beim Fuhrer mit den OB und Kdr. Generalen der H.Gr. Nord.
Ergebnis: Angetreten am Wolchow: 7. Marz (bis 12.). Gefordert wird Zu=
sammenfassen der Luftwaffe: 7. 3. bis 14. 3.
Fuhrer fordert: Mehrere Tage vorher vorbereitende Wirkung der Luftwaffe
(schwerste Bomben gegen Lager in Waldern). Nach Abschlufi des Einbruchs
am Wolchow soil nicht mehr viel Blut aufgewendet werden, um den Feind
im Sumpf niederzukampfen; man mufi ihn verhungern lassen.
Antreten Cholm 5. 3. Zufiihrung von Infanteristen notwendig. Artillerie
und schwere Waffen vorhanden.
302
5- Marz 1942
Fiir 7/. AK. Zufiihrung von Luftwaffen=Feldbtl.en erwunscht; Zufiihrung
von Ersatz, der bei Heeresgruppe bereit ist, notwendig.
Antreten Staraja Russa: 13.— 16. 3. — Angriffsansatz noch unklar.
Mir scheinen 2 Akte notwendig: Schlagen der Briicke zu II. AK. und dann
Besitznahme der Strafie Staraja Russa— Demjansk.
Da der Angriff der H.Gr. Mitte auf Ostaschkow wahrscheinlich zwischen
12. und 16. 3. fallt, konnen die Luftflotten bei den H.Gr.en nur fiir ihre eigene
H.Gr. eingesetzt werden. Das schliefit gelegentliche Aushilfe fiir Sonderauf=
gaben nicht aus.
Die Lage zeigt im allgemeinen keine wesentlichen Veranderungen. Die An=
griffe des Feindes auf der Krim und bei 17. Armee sind abgeschlagen. Auf den
iibrigen Fronten nur geringere Kampfhandlung.
3. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Auf der Krim infolge beginnender Verschlammung Nachlassen der Angriffe.
Bei Kleist erfreuliche Angriffserfolge, besonders an der gefahrlichen Stelle
bei 1. Geb.Div. Auf der iibrigen Front aufier den ortlichen Angriff en keine
wesentlichen Ereignisse.
Ob die seit langerer Zeit angesagten Angriffe in Richtung Orel und gegen
den Suchinitschi=Bogen wirklich kommen werden, bleibt abzuwarten^
Bei Nord siidlich des Ilmensees keine wesentliche Veranderung, nordlich
des Sees vermehrte Umgruppierung des Feindes gegen die Nordfront des
Einbruchsackes.
4. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
In der Lage keine wesentliche Veranderung. Aussprache Fuhrer mit von
Kluge liber Vermeiden von Kraftezersplitterung zugunsten Angriffs auf
Ostaschkow.
[Schwerer britischer Luftangriff auf die Renault=Werke in Billancourt bei Paris
in der Nacht vom ^.14. Marz.]
5. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Verluste des Ostfeldzuges vom 22. 6. 41 — 28. 2. 42
Verwundet: 22 119 Offz.e, 725 642 Uffz.e imd Mannsch.
Gef alien: 8 321 Offz.e, 202 251 Uffz.e und Mannsch.
Vermifit: 792 Offz.e, 46 511 Uffz.e und Mannsch.
Gesamt: 31232 Offz.e, 974404 Uffz.e und Mannsch.
1 Die 4. Armee raumt Juchnow.
303
B. Kriegstagebuch
Gesamtverluste des Heeres (ohne Kranke) : i 005 636 — 31,40^0 bei Durch=
schnittsstarke des Ostheeres von 3,2 Mill.
Lage: Ohne wesentliche Anderung. Krim Ruhe (Bodenverhaltnisse). Ukraine
Angriffe abgewiesen. — Siidl. und siidwestl. Suchinitschi nimmt der Feind=
druck zu.
An den beiden Fliigeln der 4. Pz.Armee (17. und 35. Div.) feindliche Ein=
briiche, ebenso an der Nordfront XXIII. AK., allerdings nur ortlicher Art. —
Bei H.Gr. Nord keine Veranderung; Druck auf II. AK. halt an.
6.Marzl942
Notizen Haiders zur Lage
In der Lage keine wesentlichen Veranderungen. Teils infolge des Wetters,
teils infolge des Krafteverbrauchs beschranken sich die Angriffe des Feindes
auf ortliche Vorstofie.
7. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
In der Lage keine wesentliche Veranderung.
8. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Uberraschender Angriff gegen XIV. AK. bei v. Kleist, ferner gegen Sud=
fliigel und Ostfront der 6. Armee. Fiihrer gibt gegen meinen Antrag 3. Pz.Div.
an Bock frei.
Im librigen aufier kritischer Lageentwicklung bei Cholm nichts grundsatzlich
Neues.
H.Gr. Mitte verzettelt ihre Krafte gegen russische 39. Armee. Fiihrer kann
sich noch nicht zu einem klaren Befehl entschliefien.
9. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriffe gegen Siidfliigel und Mitte der 6. Armee haben ortliche Erfolge.
Bei Suchinitschi erhebliche Verstarkung des Feindes. An der Westfront der
9. Armee (russ. 39. Armee) einige Erfolge.
Bei Cholm mit starker Fliegerwirkung ortliche Fortschritte.
[In der Nacht vom 8jg. Marz britischer Luftangriff auf Essen.]
304
12. Marz 1942
10. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriff gegen Siidfliigel der 6. Armee abgefangen, gegen Ostfront der 6. Ar=
mee mit ortlichen Erfolgen des Feindes im Gange.
Im grofien keine entscheidenden Veranderungen.
[In der Nacht vom g./io. Marz britischer Luftangriff auf Essen.]
11. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage: Trotz harter Angriffe an Ostfront und Nordfront der Gruppe Kleist
keine nennenswerten feindlichen Erfolge.
Besprechung beim Fiihrer mit Gfm. v. Kluge und Generaloberst Model.
Besprechung der Lage (v. Kluge lebt nur von Tageseindriicken und denkt
nicht voraus; abhangig von seinen willensstarken Armeefiihrern). Bespre=
chung der Absichten an Westfront der 9. Armee (der Fiihrer lajSt wieder un=
notig viel Freiheit) und des Angriffs auf Ostaschkow. Die Art des Vortrags
gibt kein Bild der gedanklichen Grundlagen des Ansatzes.
Mehrfache Gesprache mit v. Kuchler. Beimruhigt iiber die durch Wetter=
lage bedingte Verschiebung des Angriffs am Wolchow. Der Fiihrer verlangt
aber Verschiebung bis zu einer Wetterlage, die voUen Einsatz der Luftwaffe
erlaubt.
Besprechung des Angriffsansatzes Staraja Russa, bei dem der entscheidende
Angriffskeil zu schwach zu sein scheint.
[In der Nacht vom lo./ii. Marz britischer Luftangriff auf Ziele im Ruhrgebiet
sowie auf Bengasi.]
12. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriffe bei H.Gr. Siid flauen im Isjum=Bogen ab; bei 6. Armee greifen
6 Div.en an. Drtliche Spannung. Angriffe gegen Ost= und Nordfront der
2. Pz.Armee halten an. Bei 9. Armee Wiederaufleben der Angriffe an der
Nordfront.
Bei H.Gr. Nord konnte Wolchow=Angriff immer noch nicht starten (kein
Fliegerwetter). Zunehmende Spannung bei Pogostje.
[Vortrag des Ob.d.M. beim Fiihrer^.]
1 Vgl. Niederschrift hieriiber Nr. 1, Ski. lb ^88/42 g.Kdos. Chefs, in: Lagevortrage
des Ob.d.M., a. a. O.
305
B. Kriegstagebuch
13. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Krim: Auf Kertsch haben Angriffe wieder begonnen (ortliche Erfolge am
Nordfliigel).
Bei V. Kleist erfolgreicher Gegenstofi 60. mot.Div. entlastet die Lage.
Bei 6. Armee dauern die Angriffe an. Angriffsgruppe (anscheinend 6 feindl.
Div.en) scheint nicht verstarkt zu sein.
An der iibrigen Front nichts wesentlich Neues. Einzelheiten : Angriff nord=
westl. Rshew, anscheinend Verstarkung Demidoff— Welish; gespannte Lage
bei Pogostje.
H.Gr. Nord: Der urspriinglich fiir 13. geplante Angriff am Wolchow wird
verschoben. Unstimmigkeiten zwischen Erd= und Luftfiihrung.
[In der Nacht vom i2./i^. Marz britischer Luftangriff auf Kiel]
14. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriff Kertsch mit schweren Verlusten abgewiesen. Angriff im Isjum=
Bogen fortgesetzt, aber abgewiesen.
Bei 6. Armee sind die Angriffe im nordlichen Teil des Angriffsfeldes zu=
riickgeworfen, im Siidteil erschweren die Walder noch den Uberblick. An den
iibrigen Frontstellen keine Veranderung der Lage.
Fast an der ganzen Front schwere Schneestiirme, die auch ernste Verkehrs=
schwierigkeiten zur Folge haben, und Kalteriickfall.
Verluste 22. 6. 41 — 10. 3. 42
Verwundete: 22551 Offz.e, 750634 Uffz.e und Mannsch.
Gef alien: 8456 Offz.e, 210595 Uffz.e und Mannsch.
Vermilit: 805 Offz.e, 47 959 Uffz.e und Mannsch.
Gesamt: 31812 Offz.e, 1009188 Uffz.e und Mannsch.
Gesamtverlust (ohne Kranke) : 1 041 000 — 32,53 Vo bei durchschnittlicher
Starke des Ostheeres von 3,2 Mill.
[In der Nacht vom i^./i4. Marz britischer Luftangriff auf Koln.]
15. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
[FUhrer in Berlin^.]
Angriff auf der Krim bei Sewastopol und bei Kertsch. Bei letzteren An=
griffen ortliche Feinderfolge.
1 Rede Hitlers anlajilich des Heldengedenktages im Berliner Zeughaus.
•^06
i8. Marz 1942
Bei H.Gr. Slid siidlich des Donez Angriffe abgewiesen. Nordlich des Donez
ist im Nordteil des Angriffsfeldes Lage gespannt, im Siidteil sehr unklar.
Bei H.Gr. Mitte infolge unerhorten Schneesturms im allgemeinen geringe
Gefechtstatigkeit. Nur bei 9. Armee (Nordfront) sehr ernste Angriffe.
Bei H.Gr. Nord ist der Wolchow=Angriff angetreten und hat im Siiden ge=
ringe, im Norden befriedigende Fortschritte gemacht.
An der Ladoga=Front dauern die feindlichen Angriffe an; die Lage bleibt
gespannt.
[In der Nacht vom 14./!^. Miirz britische Luftangriffe auf Ziele auf Rhodes
und bei Heraklion (Kreta).]
16. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
[Fuhrer in Berlin.]
Fortsetzung der Angriffe bei Kertsch und an den iibrigen Druckstellen der
Heeresgruppe Siid ohne Erfolg. Auch bei Mitte nur ortliche Feindangriffe ohne
Erfolg. Bei H.Gr. Nord am Wolchow langsame Fortschritte; bei Pogostje Ab=
wehrerfolg, aber noch keine Sicherheit gegen weitere ernste Spannungen.
17. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
[Fuhrer von Berlin zurUck.]
Ohne wesentliche Veranderungen. Der Angriff am Wolchow gewinnt nur sehr
langsam Boden. Bei Pogostje vermehrte Spannung.
18. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Die Angriffe im Bereich der Heeresgruppen Siid und Mitte werden fort=
gesetzt, tragen aber unzusammenhangenden und ortlichen Charakter. Nen=
nenswerte neue Verbande werden nicht eingesetzt. Bei Kertsch fallt die Zahl
der Panzer auf; es sind aber meist wertlose alte Panzer aus Schulverbanden pp.
Bei Heeresgruppe Nord gewinnt zwar der am Wolchow von Norden her
angesetzte Angriffskeil westlich der Strafie langsam an Boden. Der siidliche
Angriff kommt aber nicht vorwarts, weil hier der Feind sehr stark gegen=
angreift. Im Wolchow=Kessel scheint die feindliche Angriffskraft allmahlich
etwas zu erlahmen, aber bei Pogostje macht der Feind dauernd kleine ortliche
Fortschritte, welche die Lage doch als recht gespannt ansehen lassen.
V. KUchler will mit Riicksicht auf die immer gespannter werdende Lage
bei IL AK. den Angriff bei Staraja Russa am 20. 3. fiihren. Der Fiihrer will
307
B. Kriegstagebuch
aber diesen Angriff erst loslassen, wenn die Liicke am Wolchow geschlossen
ist. Man kann nur hoffen, dajS bis zu diesem Zeitpunkt die Lage bei Zorn nicht
unertraglich geworden ist.
19. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Der Gegner versucht offenbar, vor Eintritt des Tauwetters noch zu ort=
lichen Erfolgen zu kommen. Der Tag war zwar ruhig, aber die Vorbereitung
zu weiteren Angriffen ist an den bekannten Druckstellen zu erkennen.
Wolchow=Front ist geschlossen. Lage bei Pogostje wird immer schwieriger.
20. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Auf der Krim ist ein Gegenangriff der ii. Armee an der Kertsch=Front nur
teilweise gelungen. 22. Pz.Div. ist im Angriff auf starke Feindpanzer gestofien
und anscheinend zuriickgeworfen worden. Bei 6. Armee am Nordfliigel des An=
griffsbereichs emeut feindliche Angriffe, die abgewiesen wurden.
Bei Heeresgruppe Mitte aufier bei 35. Div. auf der Westfront keine wesent=
lichen Kampfhandlungen. Es scheint aber, als ob dort Feind weitere Angriffe
vorbereite.
Bei 9. Armee haben unsere Angriffe nur geringen Erfolg gehabt.
Bei Staraja Russa sind vorbereitende Fliegerangriffe durchgefiihrt worden.
Der Angriff selbst wird morgen gefiihrt werden. Lage bei II. AK. wird wieder
zuversichtlich beurteilt.
An der Wolchow=Front nur schwachliche Angriffe gegen die geschlagene
Briicke, aber Antransport neuer Krafte von Osten.
Bei Pogostje Lage gefestigt.
An der Kronstadter Front erstmals wieder ortliche Angriffe mit Panzern.
21. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriff Staraja Russa angetreten. Befriedigende Erfolge bei 5. lei. Div. Im
iibrigen noch geringe Erfolge.
Im iibrigen ist die Lage gegeniiber dem Vortag an der gesamten Ostfront
imverandert.
22. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Angriff Staraja Russa schreitet befriedigend fort.
Im ubrigen keine wesentlichen Veranderungen.
308
25. Marz 1942
23. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Ohne wesentliche Veranderung. Angriff Staraja Russa schreitet vorwarts.
Spannungen bei Pogostje wachsen. Um letztere auszusitzen, wird vom Fiihrer
das fiir die Inselunternehmung herangefiihrte Gebirgsjagerregiment frei=
gegeben.
[Weisung 40 betr. Befehlsbefugnisse an den Kusten vom 23. 5. ig42^.]
24. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
[Konig Boris beim Fiihrer; kein FUhrervortrag.]
Im allgemeinen ein besonders ruhiger Tag. Angriff bei Staraja Russa sdirei=
tet recht befriedigend vorwarts.
Die Lage bei Pogostje bleibt gespannt, doch ist zu erwarten, daJS sie bis
zum Eintreffen der Gebirgsjager gehalten werderi kann.
Unbequem ist im Riickeri der Heresgruppe Mitte die Lage um Jelnja, das von
Partisanen und Teilen der aktiven durchgebroch. Truppen scharf angegriffen
wird. Bis ausreichende Kraf te unsererseits heran sind, werden 2 Tage vergehen.
[In der Nacht vom 2^.124. Marz deutscher Luftangrijf auf Dover. Luftangrijf
auf Malta mit etwa 200 Flugzeugen.]
25. Marz 1942
Verluste vom 22. 6. 41 bis 20. 3. 42.
Verwundet: 23026 Offz.e, 773490 Uffz.e und Mannsch.
Gef alien: 8640 Offz.e, 216919 Uffz.e und Mannsch.
Vermifit: 819 Offz.e, 50122 Uffz.e und Mannsch.
Gesamt: 32485 Offz.e, 1040581 Uffz.e und Mannsch.
Gesamtverlust bei den Ostoperationen (ohne Kranke): 1 073 066 = 33,52^0
bei 3,2 Mill.
An der Kertsch=Front starker Abwehrerfolg. Auch Gruppe v. Kleist hat aus=
gesprochenen Abwehrerfolg; starke Beanspruchung der Truppe. Paulus macht
erfolgreichen Gegenangriff.
Bei H.Gr. Mitte lebt Angriff bei 4. Armee (RoUbahn) wieder auf. Im iibrigen
Hauptsorge um Riicken (feindl. Garde=Kav.Korps gegen Gruppe Haase). Bei
9. Armee weitere schwere Angriffe mit Einsatz einer neuen Panzerbrigade
beim Feind.
Vgl. Walther Hubatsch, Hitlers Weisungen fiir die Kriegfiihrung ig^g—45, Frank'
furt a. M. (Bernard & Graefe Verlag fiir Wehrwesen) 1962, S. 1^6—182.
309
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord: Gutes Fortschreiten des Angriffs Staraja Russa. Angriff Po=
gostje: nach recht tiefem Einbruch anscheinend voriibergehend eingedammt.
Gebirgsjager fiir Gegenangriff im Anmarsch.
Beim Fuhrer: Langer Vortrag Feldmarschall List iiber seine Reiseeindriicke
Norwegen und Lappland. Lehnt ein Wehrmachtoberkommando iiber den Nor=
den als unnotig ab, weil Nordteil immer allein handeln miisse, Siidteil straff ge=
fiihrt sei.
[Schwerer Luftangriff auf Malta mit etwa go Vlugzeugen.]
26. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage fast vollig unverandert. Geringe Kampftatigkeit. Infolge Vereisungs=
gefahr auch geringe Lufttatigkeit. Etwas lebhaftere Kampftatigkeit nur bei
6. Armee, wo der Angriff Breith auf feindlichen Gegenangriff gestofien ist, und
bei Pogostje, wo die Lage sich unerfreulich entwickelt (tiefer Einbruch, angeb=
lich mehrfach 52=to=Panzer).
Noch iiberall Tauwetter. Dadurch erhebliche Bewegungshindernisse.
[In der Nacht vom z^./id. Marz britischer Luftangriff auf Ziele im Ruhrgebiet.]
27. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage: Vor 6. Armee hat der Feind seine letzte Reserve (IIL Garde=Kav.=
Korps) eingesetzt. — Bei 4. Armee Druck auf 19. Pz.Div. Folge: Verzogerung
Kirow. Bei 9. Armee schwerer Angriff von Norden und Siiden westlich Rshew.
Folge: Vorschlag einer „kleinen Losung'' und innerliches Abriicken von
Ostaschkow.
Bei Nord weitere Verschlechterung der Lage siidlich Pogostje.
[Auf Anregung des OB West befiehlt der FUhrer die Obernahme der Isle de
Croix durch die Kriegsmarine.]
28. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Abgewiesener englischer Angriff gegen St. Nazaire.
Lage: Heftige Angriff e auf 9. Armee westlich Rshew von Siiden und Nor=
den fuhren zu verscharfter Lage.
Die „Briicke'' am Wolchow vom Feind wieder zerstort. Ein Nachschubweg
ist fiir ihn wieder offen. Lage bei Pogostje empfindlich gespannt.
310
31- Marz 1942
Im iibrigen an der Front Fortsetzung der Feindangriffe bei Kertsch und
Woltschansk, unsererseits mit Erfolg bei Staraja Russa.
Die innere Einstellung der Fiihrung zur Durchfiihrbarkeit des Angriffs auf
Ostaschkow wird immer unsicherer.
Auch das mit grofiter Beredsamkeit angepriesene Kirow=Untemehmen
schrumpft immer mehr zu einer Notlosung zusammen. Die Fiihrung der Hee=
resgruppe Mitte ist recht schwach, aulierdem recht redselig.
Besprechung beim Fuhrer: iiber Grofie Lage. Vortrag: Aufmarsch zu „Sieg=
fried''. Einverstanden !
29. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Bis auf H.Gr. Nord keine wesentlichen Veranderungen. Nur bei 4. Armee
wird der Druck gegen 19. Pz.Div. starker.
Bei H.Gr. Nord ist die Briicke am Wolchow endgiiltig wieder geplatzt. Die
Lage siidlich Pogostje ist recht unerfreulich.
Gegen den „Flaschenhals'' stehen Angriffe bevor. Das Gesamtbild ergibt,
daii der Feind vor Beginn der Schneeschmelze verzweifelte Bemiihungen macht,
noch zu einem Erfolg zu kommen. Schwerpunkt im Norden.
[In der Nacht vom iS.lig. Marz britischer Luftangriff (2^4 Bomber) auf
Liibeck. Zerstorung der Innenstadt, ^20 Tote, y8^ Verletzte.]
30. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Lage ohne wesentlicheVeranderung. UnserAngriff bei Staraja Russa hat nicht
wesentlich Boden gewonnen und mufi Schwerpunkt an den Nordfliigel ver=
legen. Am Wolchow ist die Liicke noch nicht geschlossen. Bei Pogostje ist der
Gegenangriff gut angelaufen. An der iibrigen Front verhaltnismafiig Ruhe.
31. Marz 1942
Notizen Haiders zur Lage
Besprechung beim Fuhrer mit v. Kluge und Model. Beide melden, dafi die
Beanspruchung der Truppe die Durchfiihrung des Angriffs auf Ostaschkow im
jetzigen Augenblick nicht erlaube.
Entscheidung : An der Rshewer Front sollen die Bemiihungen der 9. Amee
sich darauf beschranken, die Voraussetzung fiir den Start „Briickenschlag''
nach der Schlammzeit zu schaffen, im iibrigen die Zugangswege fiir russ. 29.
und 39. Armee mit moglichst geringen Kraften sperren. H.Gr. soil aulierdem
in ihrem riickwartigen Gebiet Ordnung machen und Krafte ausgleichen.
311
h b'i uiv*! ..n
Das zweite Quartal
(1. April bis 30. Juni 1942)
1. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW*)
Gen.Oberst Haider schneidet beim Lagevortrag^ die Frage an, wie die
Operationsabsichten im Siiden getarnt und die Fiktion einer Fortfiihrung un=
seres Angriffs auf Moskau aufrechterhalten werden konnen. Der Fuhrer be=
fiehlt u. a., dafi in den mit den Verbiindeten zu fiihrenden Vorbesprechungen
aufierste Vorsicht zu walten habe und die Ziele der Operationen nicht zu nen=
nen seien. Grundgedanke der Mafinahmen zur Tauschung des Gegners soil
ein Angriff auf Moskau sein.
Gen.Oberst Haider legt dem Fuhrer ein Fernschreiben an die H.Gr. Mitte
(nachrichtlich an H.Gr. Nord) vor, das das Ergebnis der gestrigen Besprechung
zusammenf afit : Die Durchfiihrung des Angriffs auf Ostaschkow nach Be=
1 Fur das zweite Quartal steht anstelle des fiir verloren anzusehenden Kriegs=
tagebuches des WFStabes das Kriegstagebuch der Kriegsgesdiiditlichen Abteilung
des OKW (unter Oberst d. G. Scherff) zur Verfiigung. Dieses wurde in der Zeit
vom 1. April bis 30. Juni 1942 alter Wahrscheinlichkeit nach von dem Gehilfen
Scherff s, demRittmeister der Reserve Dr. H. Scheidt, gefUhrt. In ihm sind folgende
Verweise enthalten: Sch. = Aufzeichnungen und mUndliche Mitteilungen von
Oberst d. G. Scherff (vom KTB=FUhrer unmittelbar in das KTB hineingearbeitet) ;
Stellv.WFSt = das (als verloren anzusehende) KTB WFStabes; Ausl. — Kriegs=
tagebuch der Abteilung Ausland; VJNV — Kriegstagebuchmeldungen der Ab=
teilung Wehrmachtnachrichtenverbindungen. Fotokopien dieses KTB der Kriegs-
geschichtlichen Abteilung stellte das Institut fUr Zeitgeschichte MUnchen zur
Verfiigung. Das KTB war unter der Nr. iSoy in die PS=Dokumentenreihe der
NUrnberger Dokumente eingereiht.
Fiir die Zeit vom i. Mai bis ^o. Juni standen ferner die Lageberichte des OKH
zur Verfiigung. Sie entstammen dem Teil D des KTB der 1. Ski. (Kr IJ862 f.,
19326 f., 17596 g — Kr 200 76 f. OKM). Fotokopien hiervon verdanke ich der
freundl. Vermittlung von Professor Dr. Walther Hubatsch.
Fiir die Zeit vom 1. bis 30 April wurden die Lagenotizen des Chefs des GeneraU
stabes des Heeres, Generaloberst Haider, zur Erganzung mit aufgenommen.
Die OKH=Lageberichte wurden jeweils fiir 8.00 Uhr des betreffenden Tages
zusammengestellt.
2 Notizen Haiders:
„Ohne grundsatzliche Veranderungen. Bei Staraja Russa langsamer Fortsdiritt."
313
B. Kriegstagebuch
endigung der Schlammperiode ist vorzubereiten. Daneben steht das Ordnen
der Krafte und das rechtzeitige Herauslosen der fiir Abgabe bzw. Auffrischung
vorgesehenen Verbande und Heerestruppen im Vordergrund der Aufgaben
der Heeresgruppen^.
Der Tuhrer rechnet damit, dajS die Tiirkei eines Tages auf unsere Seite uber=
tritt, und gibt Anweisung, den Wiinschen der Tiirken auf Waffenkauf weit=
gehend nachzukommen.
Lagebeurteilung des Oberbefehlsh. West vom 30. 3.
Gen.Major Juppe, bisheriger Chef der Amtsgruppe WNV, wird versetzt zur
Fiihrerreserve OKH. Zum Chef der Ag. WNV wird ernannt: Oberst Thiele,
OKH/Chef des Stabes des Chefs HNV. (WNV)
2. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Angriff des X. AK. zum Entsatz des im Raum um Demjansk eingeschlos=
senen II. AK. gewinnt Boden. Die Strafie Kobylkino— Staraja Russa wurde
bei Borrissowo erreicht^.
In der Nacht zum 1. 4. sind die norwegischen Schiffe in Goteborg aus=
gelaufen. Von 5 Tankern, 4 Dampfern und 1 Walkocherei haben sich beim
Angriff der deutschen Vorpostenboote selbst versenkt: a Walkocherei, 1 Tan=
ker, 2 Dampfer. 2 Dampfer sind in die schwedischen Hoheitsgewasser zuriick=
gekehrt. Einer oder auch zwei Tanker sind von der Luftwaffe versenkt. Von
2 Tankern fehlt Meldung. Die Schiffe waren zum groliten Teil bewaffnet und
haben das Feuer erwidert.
Auf Grund einer am 1. 4. vorgelegten Ubersicht liber die in Norwegen be=
findHchen und in den nachsten Monaten dort zum Einsatz kommenden Streit=
krafte der Kriegsmarine befiehlt der Fuhrer, die Verstarkung der in Norwegen
befindlichen Seestreitkrafte zu beschleunigen.
Der Fuhrer stellt erneut Oberlegungen an, welche Absichten und MogUch=
keiten der Russe zur Fortfiihrung des Kampfes hat. Er halt es aus Griinden
der industriellen Kapazitat fiir unwahrscheinlich, dafi der Russe namhafte
neue Armeen aufstellen kann.
Der Mil.Att. in Rom, Gen. v. Rintelen, iibersendet einen Bericht iiber die
derzeitige Lage Italiens, der zu der Schlufifolgerung kommt, dafi die unge=
niigende Kriegsvorbereitung und andere militarische und wirtschaftliche Man=
gel den nachhaltigen und dauernden Beitrag Italiens zur gemeinsamen Kriegs=
Gen.St.d.H./Op.Abt. (IM) Nr. 420199142 g.Kdos. Chefs, vom 1. April 1942 im
Dokumenten=Anhang Nr. 6.
Notizen Haiders:
„Keine wesentlichen Veranderungen. Infolge schlechter Witterung Lufteinsatz
bei Angriffen der Heeresgruppe Nord nicht moglich; daher keine Fortsetzung
der Angriffe, sondern Aufschliefien."
314
5. April 1942
fuhrung behindern. Die zukiinftige italienische Haltung und Fahigkeit hange
vollig von der militarischen Entwicklung ab. Nach Ansicht des Comando Su=
premo sei die Niederringung der UdSSR noch im Jahre 1942 allein entschei=
dend. (Ausl.)
3. April 1942
(KTB der KriegsgeschichtlicKen Abteilung des OKW)
Der Fuhrer betont die Notwendigkeit, die Bundesgenossen in der Offent=
lichkeit mit ihren Leistungen und Schwachen auf das schonendste zu behan=
deln. Kemal Atatiirk sei z. B. dutch unsere taktlose MilitarschriJFtstellerei iiber
den Weltkrieg schwer verstimmt worden. — Er halt bei den Handelsbezie=
hungen z. B. gegeniiber Rumanien grofite Loyalitat fiir notwendig.
Der rumanische Generalstahschef, General Steflea, wird zu einem kurzen
Hoflichkeitsbesuch vom Fuhrer empfangen.
Dem Chef WFSt wird eine Tabelle eingereicht, aus der die moglicherweise
zu erreichende Verkiirzung der Frontlange der H.Gr. Mitte und die sich daraus
ergebenden Frontbreiten der eingesetzten Divisionen zu entnehmen sind^
Unter Bezug auf einen Bericht des Gen.Feldm. List erlafit Chef OKW eine
Anweisung fiir die Mafinahmen zur Erhohung der Verteidigungskraft Nor=
vvegens.
4. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Vor der Front der 4. und 4. Pz.Armee ist eine Verminderung der feindlichen
Angriffstatigkeit eingetreten^.
Dem Fuhrer wird der 1. Entwurf zur Weisung Nr. 41 vorgelegt, die auf
der Besprechung vom 28. 3. fufit. Der Fuhrer wird die Weisung selbst durch=
arbeiten.
5. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Gen.Oberst Haider tragt eine schriftliche Beurteilung der Lage der 11. Armee
auf der Krim vor und macht den Vorschlag, den Gen.Oberst von Manstein
demnachst zur miindlichen Berichterstattung heranzuziehen^.
NoHzen Haiders:
„Ohne wesentliche Veranderungen. Audi bei Staraja Russa infolge sdilechten
Wetters und fehlender Fliegeruntersttitzung kein Angriff."
Notizen Haiders:
„Lage unverdndert. H.Gr.en Siid und Mitte stehen unter dem Zeichen des
heginnenden Tauwetters. Bei H.Gr. Nord noch schlechte Wetterlage."
Notizen Haiders:
„AuffaUend scharfer Angriff gegen 9. Armee von Norden; angeblidi audi Panzer
315
B. Kriegstagebuch
Der Fiihrer hat den Entwurf zur Weisung Nr. 41 stark durchkorrigiert und
mit wesentlichen, von ihm selbst verfafiten neuen Teilen versehen. Die Wei=
sung wird in dieser neuen Form an die Wehrmachtteile ausgegeben^. Haupt=
sachlich der Teil, der die Hauptoperation betrifft, ist vom Fiihrer neu gefafit
worden. Das Deckwort fiir die Hauptoperation „Siegfried'' wird durch den
Decknamen „Blau'' ersetzt. Gleichzeitig werden „Besondere Anordnungen
Nr. 1" ausgegeben beziigl. der Geheimhaltung tind der Propaganda.
Dem Chef WFSt wird eine Ubersicht iiber die deutschen und italienischen
Krafte auf Kreta vorgelegt; ebenso iiber die beabsichtigten Verstarkungen
und den Stand der Bevorratung. Desgleichen wird dem Chef WFSt eine vom
OKH eingereichte Ubersicht iiber den vorgesehenen Austausch von Westdivi=
sionen gegen Ostdivisionen vorgelegt. (Naheres siehe Stellv.WFSt.)
Bei Abt. Ausl. gehen Meldungen ein iiber die Vorbereitung eines etwaigen
Einmarsches brit. Streitkrafte aus dem Gebiet der Siidafrikanischen Union
nach Portugiesisch=Ostafrika. (Ausl. v. 14., 18., 21. 2., 4. u. 5. 4. 42.)
6. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Die Bedrohung der Autobahn westlich Wjasma wurde durch die Angriffs=
gruppe des V. AK. ausgeschaltet.
Beim Lagevortrag^ bezeichnet es der Fiihrer als erwiinscht, an der Ost=
front in der kommenden Zeit iiber starke Nachtbombergeschwader zum
Angriff auf den russ. Nachschub zu verfiigen.
Nach Meldung der Panzer armee Afrika vom 1. 4. belauft sich der Fehlbestand
bei den deutschen Truppen dort auf 12000 Mann. Der Dt. General beim
Hauptquartier der ital. Wehrmacht wird angewiesen, beim Comando Supremo
die Wiederzulassung von Truppentransporten zu Schiff zu beantragen.
Bericht des Militarbefehlshabers Frankreich vom 25. 3.
im Siiden. Starker Panzerangrijf audi gegen XXXX. AK. (4. Armee). Im ubrigen
unverandert. Gegeniiber v. Seydlitz rajft der Feind zwar seine Krafte zusammen,
bringt aber nichts Neues heran.
4 Vgl. W. Hubatsch, Hitlers Weisungen, a. a. O., S. 133—88.
1 Notizen Haiders:
„Verluste: 22. 6. 41 — 31. 3. 1942
Verwundet: 23 54iOffz.e, ygg 38g Uffz.e u. Mannsch.
Gef alien: 8827 „ , 223553 „ „
Vermijit: 885 „ , 51665 „ „
Gesamt: 33 223 „ , 1 074 607 „ „
Gesamtverluste des Heeres bei den Operationen im Osten (ohne Kranke):
1 107 830 = 34,61 % bei 3,2 Mill. Starke [im Durchschnitt].
Lage: ohne wesentliche Verdnderungen. Verstarkung der feindlichen Panzer=
zufUhrung gegen ig. Pz.Div. halt an; Angriff e gegen Nordfront g. Ar=
mee verbreitern sich."
316
8. April 1942
7. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Abschlufi eines Pacht= und Leihvertrages zwischen den USA und Ecuador.
Ende der Seeschlacht im Indischen Ozean, bei der die brit. Kreuzer „Dor=
setshire" und „Cornwair' versenkt wurden.
Dem Lagevortrag^ wohnt der Chef des Gen.St.d.Lw. bei. Der Fuhrer hat
gewisse Nachrichten, daJS die Englander im Mai oder Juni den Masseneinsatz
von kleinen Bomben (1 kg) mit grolier Verzogerung planen, und ordnet ent=
sprechende Untersuchungen fiir unsere Zwecke an.
Der Fuhrer kommt auf den englischen Angriff gegen St. Nazaire zu sprechen
und bezeichnet es als erwiinscht, dafi er die Westtruppen an der Kiiste aus
ihrem Dornroschenschlaf geweckt und alle Krafte mobilisiert habe.
Notiz iiber die Kopfstarke in den besetzten Westgebieten.
Anlauf des Verstarkungsprogramms fiir Norwegen „Elch''.
Der Fuhrer lafit durch Chef OKW den Ob.d.M. zur personUchen Bericht=
erstattung dariiber auffordern, warum die Sicherung von St. Nazaire, soweit
sie in das Aufgabengebiet der Kriegsmarine gehort habe, unzureichend ge=
wesen sei. (Naheres s. Stellv.WFSt v. 7. 4., S. 3.)
8. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Admiral Canaris (Chef Ausl/Abw) wird in Rom vom Duce empfangen.
(Ausl. V. 9. 4.)
Cen.Oberst Haider^ schlagt die Auflosung von zwei nur noch auf dem
Papier vorhandenen Divisionen vor. Dies lehnt der Fuhrer aus Tarnungs=
griinden ab.
Der Fuhrer bespricht mit Gen.Feldm. Keitel und Cen.Oberst Haider die
Stellenbesetzung fiir die neuen Operationsarmeen.
Cfm. List hat am 26. 3. einen Vorschlag gemacht fiir die Zusammensetzung
des Stabes eines Oberbefehlshabers Nordraum, der die oberste Kommando=
spitze in Norwegen sein soil. Dem Vorschlag des Stellv. Chefs WFSt, von der
Einsetzung einer Obersten Kommandobehorde in Skandinavien einstweilen
Abstand zu nehmen, stimmen am 8. 4. Chef OKW und Chef WFSt zu.
Abt. Ausl. iibersendet an das Auswartige Amt Bericht iiber die Tatigkeit
1. der UdSSR=Gesandtschaft in Sofia,
2. der Konsuln der USA in Franz.=Nordafrika,
1 Notizen Haiders:
„Lage unverdndert. Abgesehen von ortlichen Angriff en bei 4. und 9. Armee im
allgemeinen Ruhe."
2 Notizen Haiders:
„Angriff v. Seydlitz schreitet langsam fort. Bei 11. Div. an der Bahndammstellung
hat der Feind Vorteile errungen. Sonst keine V erdnderung."
317
B. Kriegstagebuch
3. das Verhalten von USA und England in Tanger,
4. diplomatische Meldungen iiber die Tatigkeit der USA in Tanger und Nord=
afrika.
In der Slowakei scheint eine Spannung zu bestehen zwischen dem Staats=
prasidenten Tiso einerseits, Ministerprasident Tuka und Minister Mach an=
dererseits.
9. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Feind greift auf der Halbinsel Kertsch erneut an^.
Auf Grund der Weisung Nr. 41 hat der Ob.d.L. der Luftflotte 4 als erste
Mafinahme die Verlegung ihres Schwerpunktes zur Unterstiitzung der 11. Ar=
mee befohlen.
Der Fuhrer spricht iiber die Notwendigkeit von Schnellbombern. Oberstlt.
Christian berichtet, dal? General Jeschonnek schon im Jahre 1935 einen
Kompromifi abgelehnt habe: Entweder einen langsamen, weil schwergepanzer=
ten und bewaffneten oder einen schnellen, unbewaffneten Bomber.
Der Antrag des OKH, den Schutz der Dnjepr=Brucken dem Wehrmacht=
befehlshaber Ukraine zu iibertragen, wird abgelehnt. Die H.Gr. Siid ist von
diesen Briicken weiterhin abhangig und mufi auch fiir ihre Erhaltung ver=
antwortlich bleiben. (Naheres s. Stellv.WFSt)
In der SUdafrikanischen Union werden militarische Vorbereitungen mit
unbekanntem Ziel festgestellt. Sie richten sich moglicherweise gegen Mada=
gaskar und Libyen. (Ausl.)
Zur Losung von Sonderaufgaben wird die Wehrmachtnachrichten=Komman=
dantur Danzig als WNK 308 nach Luzk verlegt und fiir die Dauer des Einsatzes
dem Hoheren Wehrmachtnachrichtenfiihrer beim WB. Ukraine unterstellt.
(WNV)
Mafinahmen zur Verteidigung der Niederlande.
10. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Im riickwartigen Gebiet der 9. Armee stellt Gruppe Funk die Verbindung
mit der Besatzung von Bjeloj her 2. (Lagekarte v. 9. 4.)
1 Notizen Haiders:
„Lage ohne wesentliche Veranderung. Bei Kertsch schwere Angrijfe abgewiesen.
V. Seydlitz macht Fortschritte. Lage bei Pogostje gestaltet sich immer schwieriger."
2 Notizen Haiders:
„Lage ohne wesentliche Veranderungen. Auffallende Bewegungen um v. Kleist.
Moglichkeit starker Kraftebildung im Raume Suchinitschi tritt hervor. Gruppe
Haase ist herausgehauen und wird zuriickgenommen. Vor Model Kraftever=
schiebungen nach Westen. v. Seydlitz: geringe Fortschritte. Lage bei Pogostje
gespannt. Wolchow geht auf."
318
11. April 1942
Bei der H.Gr. Mitte befinden sich die 10., 6. und 7. Panzer=Di vision seit dem
23. 3. zum Abtransport nach dem Westen.
Der Fuhrer hat auslandische Nachrichten, dafi die Englander und Amerikaner
eine „gro6e Uberraschung'' planen. Er sieht zwei Moglichkeiten, entweder eine
Landung oder den Einsatz der neuen Massenbomben.
II. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Kabinettswechsel in Bulgarien^
Der Feind greift auf der Halbinsel Kertsch erneut an.
Beim Lagevortrag legt Gen.Oberst Haider dem Fuhrer Operationsvorschlage
der H.Gr. Mitte vor (vgl. 1.4.)^- Der Kraf tebedarf hierfUr sei nur aufzubringen,
wenn der Abtransport der fiir den Westen bestimmten Divisionen unterbliebe.
Dies sei selbst dann zum Teil erforderlich, wenn lediglich eine Operation iiber
St. Nelidowo in Richtung auf Toropez durchgefiihrt wiirde. Der Fuhrer lehnt
diese Operation ab und erklart, dafi an dem befohlenen Abtransport von
Divisionen der H.Gr. Mitte nach dem Westen festgehalten werden miisse.
Die H.Gr. Mitte miisse mit ihren eigenen Kraften auskommen. Eine Zuruck=
nahme ihrer Front sei eher zu tragen als eine Beeintrachtigung der geplanten
grofien Operationen der H.Gr. Siid oder eine Gefahrdung der Lage im Westen.
Der Fuhrer betont noch einmal die Notwendigkeit, das kaukasische Olgebiet
zu gewinnen. An dieser Stelle diirften nur die besten Fiihrer eingesetzt werden.
Der Fuhrer weist aufierdem darauf hin, dajS in der kommenden Schlamm=
periode der Einsatz der Luftwaffe sich hauptsachUch gegen den feindlichen
Nachschubverkehr richten miisse, und veranlaJSt einen entsprechenden Befehl
an den Ob.d.L.
Meldung des Chefs des Heeresstahes beim Chef OKW uber die Kiisten=
verteidigung West.
Der OB Siid (Gfm. Kesselring) wird angewiesen, Ita=Luft die Uberflihrung
des Personalersatzes zur Panzerarmee Afrika auf dem Luftwege zu ermoglichen.
Politische Stellung de GauUes zwischen England und den USA. (Ausl. v. 11. 4.)
1 In der neuen Regierung Ubernahm Ministerprdsident Filoff anstelle Fopoffs
selbst das Auflenministerium.
2 Notizen Haiders:
„Wieder starke Angriffe bei Kertsch abgewiesen. Abgewiesener Landungsver=
such an der Westkiiste Krim; russische Flotte in See. Auffallende KraftezufUhrung
vor Ostfront v. Kleist. Truppenzufiihrung von Siidwesten in den Bereidi um
Suchinitschi. Schwere Angriffe gegen SiidflUgel Ruoff. Vor Model wieder Be=
wegungen nach Westen. Vor Toropez nach Siidosten auffallende naditliche
Bewegungen.
Bei Cholm sehr gespannte Lage. Bei Seydlitz geringe Fortschritte. Pogostje
entspannt.
Besprechung beim Fiihrer: Die Vorschldge der H.Gr. Mitte Uber Angriffe auf
Ostaschkow und in Richtung Toropez werden abgelehnt. Vorldufig kein Angriff.
Befohlene Abgaben fur Westen und Suden durchfiihren."
319
B. Kriegstagebuch
12. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Ziffer 8 des Protokolls von Susak wird neugefafit und durch den WB. Siidost
der kroatischen Wehrmachtfiihrung mitgeteilt. Sie lautet: „In den durch die
Operationen gesauberten Gebieten werden nach Mafigabe des Oberbefehls=
habers der 2. ital. Armee soweit notwendig voriibergehend Besatzungstruppen
zuriickgelassen. Die Wiederaufbauarbeit dieser Gebiete — insbesondere der
Neuaufbau der inneren Verwaltung — wird sobald als moglich von den ort=
lichen kroatischen Militarbehorden iibernommen, die ihrerseits baldmoglichst
durch die regelrechte Zivilverwaltung ersetzt werden. Dem General Laxa ist
nahegelegt worden, fiir Verstarkung der kroatischen Gendarmerie Sorge zu
tragen/'
Auf Befehl des Fiihrers werden samtliche Lokomotivfiihrer aus der Wehr=
macht und Wa£fen=SS entlassen^.
Vortragsnotiz iiber die japanischen Absichten fiir die weitere Kriegfiihrung
duf Grund der Meldungen des Mil.Att. Bangkok.
13. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Oberbefehlsh. der H.Gr. Nord, Gen.Oberst v. Kiichler, berichtet per=
sonlich dem Fuhrer iiber die Gesamtlage und fordert neue Krafte, da er nicht
annimmt, dafi der Feind selbst in seinen schlecht zu versorgenden Raumen
zu Grunde geht. Er meldet ein starkes Absinken der Kampfkraft der eigenen
Truppe^.
1 Notizen Haiders:
„Bei Kertsch kein Angriff. Unklare Seelage um die Krim. Weitere Truppen=
zufiihrungen an Ostfront v. Kleist. — Vor XXXX. AK. anscheinend Angriffs=
vorbereitungen (2 neue Divisionen Panzerzufiihrung). Bei v. Seydlitz langsame
Fortschritte. — Bei Pogostje nach sehr grojier Spannung anscheinend wieder
etwas festere Lage."
2 Aus dem KTB der H.Gr. Nord:
Hitler erklarte am 13. 4. 42 bei einem personlichen Vortrag des OB der Heeres=
gruppe, dafi dieser keinesfalls mit der Zufiihrung starkerer Krafte rechnen
konne, da er diese fiir andere wichtige Aufgaben im Siiden der Ostfront (01=
quellen des Kaukasus=Gebiets) zusammenhalten miisse. Man miisse daher auf
die von der Heeresgruppe angestrebte angriffsweise Bereinigung der Kessel
verzichten und sich darauf beschranken, den Feind langsam zu zermiirben, indem
man ihn allmahlich von den hochgelegenen Stellen in den Kesseln „herunter=
drange, ihn ausrauchere und durch Verhinderung jeglichen Briickenschlages iiber
den Wolchow ihm die Versorgung mehr und mehr abschneide". Er befahl der
Luftwaffe, den Gegner durch Abwerfen von Bomben mit Langzeitziindern auf
den Verkehrswegen zu beunruhigen, und sagte der Heeresgruppe die vermehrte
Zufiihrung von Panzerabwehrwaffen zu.
Notizen Haiders:
„Schwere Angriff e bei 4. Armee, XXXX. und XII. A.K. Schzvierige Lage bei Cholm.
Pogostje besserl
Besprechung mit Generaloberst von Kiichler beim Fiihrer bringt keine neuen
Gesiditspunkte."
^20
14- April 1942
Der Fiihrer betont, dafi die Gruppe Scherer in Cholm unter alien Umstanden
entsetzt werden miisse.
Gen.Oberst v. Kiichler erwahnt, dafi die Truppe hauptsachlich Unterstiitzung
durch Stukas verlange. Die Einfiihrung der Stukas wird vom Fiihrer als
einzigartiges Verdienst von Udet bezeichnet.
Der Fuhrer erklart, dafi die Raumung von Toropez verfehlt gewesen sei
und schwerste Folgerungen nadi sich gezogen habe.
Der Fuhrer weist darauf hin, dafi die Heeresgruppen noch immer nicht die
Luftwaffe schwerpunktmafiig richtig zum Einsatz brachten. Er bezweifelt den
Wert des Verminens der englischen Hafen durch die Luftwaffe und befiehlt,
dafi der Schwerpunkt des Einsatzes auf den Bombenkrieg gegen englische
Stadte gelegt wird. Angriffe gegen London sollten jedoch solange unterbleiben,
wie Berlin nicht angegriffen wird.
Lage im Mittelmeerraum, Angriffsabsichten der Panzerarmee Afrika, Ab=
sichten des Comando Supremo zur Wegnahme von Malta. (Naheres s.
Stellv.WFSt.)
Anfrage des Comando Supremo, ob die Moglichkeit bestehe, dafi eine weitere
Besetzung Frankreichs notwendig werde. (Ausl.)
Der Ob.d.M. berichtet dem Fiihrer^ gemafi dem Befehl v. 7. 4. iiber die Vor=
gange in St. Nazaire und weist auf den Mangel an Seeaufklarung und an
Kiistenvorfeldstreitkraften hin. Der Fuhrer fordert abschliefiend, dafi die wich=
tigsten Stiitzpunkte an den Kiisten so stark zu sichern seien, dafi feindliche
Handstreiche keinen Erfolg haben konnen. Wahrend des anschliefienden
Uberblickes iiber die Seekriegslage befiehlt der Fuhrer, dafi auf dem im Sommer
1943 fertigzustellenden Flugzeugtrager „Graf Zeppelin" Torpedoflugzeuge
verwendet werden sollen. Er genehmigt, dafi die Verbande der Kriegsmarine
zur Besetzung der Westfranzosischen Inseln sich in ihrer Gliederung nach
der jeweiligen Lage richten.
Als standiger Vertreter des Ob.d.M. im FHQu wird Vizeadmiral Krancke
bestimmt.
14. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Siidl. des Ilmensees ist die Gruppe Eicke (IL AK.) um 11 Uhr zum Angriff
angetreten, um dem X. AK. entgegenzugehen^.
Der Fuhrer befiehlt den Einsatz eines Fallschirm=Batl.s zur Verstarkung der
Gruppe Scherer in Cholm (vgl. jedoch 15. 4.).
3 Aufzeidinung iiber diesen Vortrag des Ob.d.M. (Nr. 1 Ski. lb 785/42 g.Kdos.
Chefs.) in: Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.
1 Notizen Haiders:
,,Im allgemeinen unverandert. Siidlich ruhig, audi auf der Krim. Bei H.Gr. Mitte
nach gestrigem Abioehrerfolg bei XXXX. AK. audi ruhig. Bei H.Gr.Nord kleine
Fortsdiritte bei Staraja Russa. Bei Pogostje keine Feindfortsdiritte. Sdinee-
sdimelze."
321
B. Kriegstagebuch
Aulierdem werden Telle der 5. Geb.Div. vom Truppeniibungsplatz Grafen=
wohr abtransportiert, um beim Entsatz von Cholm mitzuwirken.
Briefwechsel des Reichsministers fiir Bewaffnung und Munition (General=
bauinspektor Speer) mit Gen.Feldm. Keitel.
15. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Schwere Angriffe gegen den Nordfliigel der 4. Armee^.
Der Chef des Gen.St.d.H. und der Chef des Gen.St.d.Lw. halten dem Fiihrer
Vortrag. Von dem tags zuvor befohlenen Einsatz eines Fallschirm=Btl.s bei
Cholm nimmt der Fiihrer Abstand. Gen.Oberst Jeschonnek berichtet iiber die
Moglichkeiten einer Luftverbindung mit Japan.
Die Meldung des Gen.Feldm. Kesselring iiber seinen Vortrag beim Duce
am 11. und 12. 4. wird dem Fiihrer vorgetragen (Eroberung von Malta durch
die Italiener).
Der Fiihrer wird durch Chef OKW iiber den Stand der Unternehmung
„Siidsee'' (Handelsverbindimg mit Japan durch das Nordliche Eismeer) unter=
richtet. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der Fiihrer befiehlt, dafi die Verbande der Verbiindeten auf dem ostlichen
Kriegsschauplatz moglichst im Armeerahmen oder in geschlossenen Korps
zum Einsatz kommen. Auch der geschlossene Einsatz der eigenen Verbande
soil kiinftig mehr beachtet werden.
Erganzende Verfiigung des OKW zur Weisung Nr. 40 v. 23. 3. 42 „Befehls=
befugnisse an den Kiisten''^.
[U=Boot=Lage an der amerikanischen Ostkiiste^.]
16. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der OB der 11. Armee, Generaloberst v. Manstein, halt abends dem Fiihrer
personlich Vortrag iiber den geplanten Angriff auf der Halbinsel Kertsch. Der
Angriff soil auf den ^. ^. verschoben und mit dem Schwerpunkt auf dem
Siidfliigel gefiihrt werden, um durch ein spateres Einschwenken nach Norden
die Starke feindliche Nordgruppe einzukesseln. Der Fiihrer befiehlt eine star=
kere Unterstiitzung des Angriff s durch die Luftwaffe und wird die Verstarkung
der Luftstreitkrafte selbst veranlassen.
1 Notizen Haiders:
„Lage: Unverdndert; im allgemeinen Ruhe. Bei Staraja Russa geringe Fort=
schritte im Angriff."
2 OKW Nr. 001249/42 g.Kdos. WFSt./Op. vom ±5. April 1942 im Dokumenten=
Anhang Nr. 7.
3 Vgl. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 15. 4. 42 im Dokumenten= Anhang
Nr. 8.
3Z2
i8. April 1942
Weiterhin tragt Gen.Oberst v. Manstein die Absichten fiir den Angriff auf
Sewastopol vor^.
Mit einem Begleitschreiben der Heeresgruppe D trifft ein Bericht des
Ob.Bfh.s der 7. Armee ein. Beide Schreiben weisen auf mogliche Gefahren
an der Westkiiste hin, besonders fiir den Abschnitt der 7. Armee, in dem
zahlreiche wichtige deutsche Flottenstiitzpunkte liegen. Nach Anordnung des
Fiihrers befiehlt der Chef OKW die Verstarkung der 7. Armee um eine Divi=
sion, die dem Kustenabschnitt am Kanal entnommen wird. Aufierdem wird
eine Panzer=Div. als Reserve in den Raum um Lille gelegt, die sowohl nach
Westen als auch nach Norden eingreifen kann.
(Oberst Scherlf ist vom 16.— 18. 4. in Berlin abwesend.)
17. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Fuhrer befiehlt, dafi vor der Operation „Blau'' folgende Ma6nahmen
durchzufiihren sind:
1. Der Angriff auf die Landenge von Kertsch.
2. Die Beseitigung des Einbruchs bei Isjum.
3. Die Eroberung von Sewastopol^.
Dem Chef des Gen.St.d.Lw. erteilt der Fuhrer genaue Anweisungen zur Vor=
bereitung und Durchfiihrung des Angriffs auf Kertsch.
Kiistenverteidigimg im Bereich des AOK Lappland. Verbindung zwischen
Admiral Nordmeer und Gebirgskorps Norwegen. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der Fuhrer befiehlt, dafi jeder Soldat Anregungen oder Vorschlage auf dem
Gebiet der Bewaffnung und Ausriistung auf Grund seiner Kampferfahrungen
direkt an den Heeresstab OKW einreichen kann.
Deutsch=ungarische Grenzberichtigungen in den Nordost=Karpathen. Die
Verhandlungen sollen sofort aufgenommen, aber aus wirtschaftlichen Griinden
in die Lange gezogen werden. (Ausl.)
18. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Neubildung des franzosischen Kabinetts: Laval Regierungschef, Darlan
Oberbefehlshaber der Wehrmacht. (Ausl.)
Notizen Haiders:
„Im Suden ruhig. In der Mitte erneut ernster Angriff bei XXXX. AK. Russische
3^. Armee liquidiert. H.Gr. Nord: Am Wolchow Spannung. Sonst unverandert"
Notizen Haiders:
„Bei H.Gr. SiXd vor Front v. Kleist unklare Bewegung und Funkstille. Bei Mitte
schwere Angriff e gegen XXXX. AK. Bei H.Gr. Nord im wesentlichen unver-
andert."
323
B. Kriegstagebuch
Mafinahmen fiir verstarkten Einsatz der Verbiindeten an der Ostfront^.
(Ausl.)
Chef WFSt beauftragt den Stellv, Chef WFSt mit der Klarung der Befehls=
verhaltnisse in den Niederlanden. (Einzelheiten s. Stellv. WFSt.)
Als Vergeltung fiir die englischen Uberf alle auf St. Nazaire usw. werden
Raids gegen die englische Kiiste in Erwagung gezogen.
In Anwesenheit des Reichsmarschalls halt der OB Slid und Chef der Lfl. 2,
Gen.Feldm. Kesselring, dem Fuhrer Vortrag iiber die Lage und die Absichten
im Mittelmeer. Den Italienern, die Malta etwa Ende Mai durch Handstreich
nehmen wollen, sollen deutsche Fallschirmjager und deutsches Gerat zur Ver=
fiigung gestellt werden.
GFM Kesselring schlagt vor, noch vor der Hitzeperiode die Englander aus
dem Raum Ain el Gazala — Bir Hacheim — Bardia — Solium zu vertreiben.
Der Fuhrer betont die Abhangigkeit aller Entschliefiungen von etwaigen An=
griffsunternehmungen der Englander gegen Norwegen und das besetzte Frank=
reich, da in diesem Falle Teile der Lfl. 2 dort eingesetzt werden miifiten.
Hierfiir seien Vorbereitungen zu treffen. Im iibrigen soil festgestellt werden,
welche UnterstUtzung fiir den Angriff der Panzerarmee Afrika deutscherseits
noch notwendig sei, damit das Comando Supremo einen Entschlufi fassen
konne.
19. April 1942
(KTB der Kriegsgesdiiditlichen Abteilung des OKW)
Beim Lagevortrag^ folgert der Chef des Gen.St.d.H. aus den vielen Feind=
verbanden, die vor der Ostfront seit November 1941 neu aufgetreten sind,
dafi der Russe die aufiersten Anstrengungen gemacht und einen wesentlichen
Teil seiner verfugbaren Krafte bereits verbraucht habe.
Der Vortrag iiber die Wetterverhaltnisse im Osten zeigt, dali der Ablauf
der Schlammperiode sich anders vollzieht, als man bisher angenommen hatte.
Der Fuhrer weist auf die Notwendigkeit hin, den Kampf gegen das Driicke=
bergertum in den grofien Stadten der Etappe (Riga, Dnjepropetrowsk, Kiew
u. dgl.) aufzunehmen.
Auf Grund der Weisung 41 hat das OKH am 12. 4. 42 eine Weisung fiir
die Kampffuhrung des Ostfeldzuges herausgegeben. Die vom Luftwaffen=
fuhrungsstah hierzu geaufierten Bedenken werden durch eine Aussprache
beseitigt.
Der Fuhrer hat der Tiirkei durch den dortigen Deutschen Botschafter Liefe=
rung von Kriegsgerat fiir 150 Mill. RM angeboten. Die Turkei hat sich jedoch
1 Notizen Haiders:
„Auf der ganzen Front auffallende Ruhe."
2 Notizen Haiders:
„Auf der ganzen Front weiterhin Ruhe."
324
20. April 1942
nicht bereit gefunden, die Durchfahrt deutscher Kriegsschiffe (U= und S=Boote)
durch die Dardanellen in das Schwarze Meer zu gestatten.
Reichsmin. Gen.Bauinspektor Speer und Cen.d.Pi.u.Fest. Jacob halten dem
FUhrer Vortrag iiber den Stand des Befestigungsbaues in Norwegen und Frank=
reich. Eine Beschleunigung ist nur moglich, wenn die Transportmittellage ver=
bessert wird, und zwar durch eine grofiere Zuteilung von Betriebsstoff fur
Kraftwagen sowie durch den vermehrten Einsatz von kleinen, beweglichen
Schiffen fiir die Kiistenschiffahrt in Norwegen. Der FUhrer fordert eine erheb=
liche Beschleunigung der Fertigstellung der norwegischen Kiistenbahn bis Nar=
vik. Die Teilstrecke Fauske— Narvik soil bis Ende 1942 fertiggestellt werden.
Der FUhrer fordert erneut die Sicherung der Flugplatze durch den Bau von
Verteidigungsanlagen an den Platzrandern.
20. April 1942
(KTB der Kriegsgesdiichtlichen Abteilung des OKW)
Der FUhrer wiinscht die beschleunigte Aufstellung der 30,5 cm Batterien
aus der russischen Beute auf der Kanalinsel Guernsey.
Der FUhrer betont, dafi beim Luftwaffeneinsatz im Sinne der Schwerpunkt=
bildung die Entscheidung der Heeresgruppen mafigebend sein miisse. Nur
sie konnten die Lage mafigeblich beurteilen. „Die Verantwortung fiir die
Gesamtfiihrung in ihrem Abschnitt hat die Heeresgruppe!'' Dies betrifft jedoch
nur den Verlauf, nicht aber z. B. den Beginn einer Operation (Flughafen=
vernichtung)^
Ausfuhrungsbestimmungen zur Weisung Nr. 40 fiir den danischen Raum,
(Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
Vom Gegner ist der Bau von zwei strategischen StraJSen quer durch Afrika
von Kamerun bis zum Sudan begormen worden. Nach einer franzosischen
Meldung ist es moglich, auf diesen Strafien in grofierem Ausmafie, als bisher
deutscherseits angenommen wurde, Verstarkungen und Nachschub von Eng=
land und den USA nach Agypten zu fiihren. Die Unterbrechung der Strafien
ist wichtig fiir die Kampfe im ostwartigen Mittelmeerraum. Ausl/Ahw soil
beschleunigt priifen, ob und wie diese Strafien fiir langere Zeit gestort oder
unterbrochen werden konnen.
Der General a. D. Guhl reist im Auftrage des FUhrers nach Ankara. (Ausl.)
In der Frage der bewaffneten norwegischen Schiffe in schwedischen Hafen
hat der FUhrer, verstimmt durch das schwedische Verhalten, eine scharfe Note
des Auswartigen Amtes befohlen. (Ausl.)
1 Notizen Haiders:
„Auffallend ruhig. Feind erwartet anscheinend einen Festangriff unsererseits.
Feindliche Propaganda. Cute Fortschritte am Lowat. Die Lucke ist fast gesdilos*
sen. Festigung der Lage am Wolchoio."
325
B. Kriegstagebuch
21. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Beim Lagevortrag^ betont der Vuhrer erneut, dafi die Verbindung zwischen
Heeresgruppenkommandos und den Luftflotten noch enger werden miisse
und dajS vielfach feindliche Angriffe durch Zerschlagung der festgestellten
Feindansammlungen und =ausladungen verhindert werden konnten.
Die Bahnbekampfung aus der Luft sei in ihrer Bedeutung und in ihren
Erfordernissen noch nicht richtig erkannt worden. Spezialeisenbahnzerstorer=
verbande seien erforderlich. Als Beispiel weist der Fuhrer darauf hin, dafi sich
die Zerstorung der deutschen Eisenbahnlinien im Winter 1941/42 hatte ver=
hangnisvoll auswirken konnen.
Der Fuhrer spricht erneut iiber die Wegnahme von Tobruk und den Weiter=
stoli nach Agypten, da er Agypten fiir revolutionsreif halt.
Dem Dt. General b. H.Qu. d. ital Wehrm. wird eine Nachricht zugeleitet
iiber die vom Fuhrer befohlene Unterstiitzung der Italiener bei der Eroberung
von Malta sowie iiber die Verstarkung der Panzerarmee Afrika fiir die ge=
plante Angriifsoperation. (Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
Vor Beginn der Friihjahrsoffensive will der Fuhrer mit alien hoheren Trup=
penfiihrern eine grundsatzliche Besprechung abhalten.
Die 1. S=Boot=Flottille wird auf dem Landwege in das Schwarze Meer verlegt.
Chef OKW ordnet eine weitere Herabsetzung der deutschen Truppenstarke
in Rumanien an.
22. AprU 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Im Raum sudostwarts des Ilmensees beriihren sich die Angriffsspitzen des
X. und des II. Armeekorps^.
Auf Grund des Fiihrerbefehls vom 14. 3. sind in Norwegen zur Zeit
20 U=Boote eingesetzt, davon 12 im Nordmeer gegen feindliche Geleitziige
und 8 zur Sicherung der norwegischen Kiiste gegen feindliche Landungen.
Meldung des OB West iiber die geplante Verteilung der ihm fiir Frankreich
zur Verfiigung gestellten Truppen.
1 Notizen Haiders:
„AufJer Erneuerung der Angriffe am Wolchow im allgemeinen Ruhe. Anzeichen
fiir Aufmarschbewegung zwischen Rostow und Jelez, ferner fiir Vorbereitung
ortlicher Angriffe bei Suchinitschi, bei Fomina und vor IX. AK. mehren sich."
2 Notizen Haiders:
„Die Bewegungen bei v. Kleist dauern an. Vor 6. Armee Verschiebungen nach
Siiden. Auffallende Aufmarschbewegung um Jelez. Bei 4. Armee Angriff auf
Fomina abgewiesen. Einsatz 385. Div. freigegeben. Auffallende Bewegungen aus
Richtung Medyn auf Juchnow.
Bei Nord ist die Liicke zwischen X. und II. AK. geschlossen, mufi aber nun erst
tragfahig gemacht werden. Am Wolchow ist der feindliche Einbruch wieder be=
seitigt. Der Wolchow fiihrt Treibeis. Bei Pogostje Lage wieder gefestigt."
326
24- April 1942
Nach Meldung des WB. Sudost hat die Sauberungsaktion in Kroatien zu
einem Ausweichen der Aufstandischen iiber die deutsch=italienische Demar=
kationslinie gefUhrt. Auf Befehl des Fuhrers soil an der gemeinsamen Saube=
rungsoperation der Verbiindeten unter dem Oberbefehl des ital. Gen. Roatta
ohne Riicksicht auf die Demarkationslinie festgehalten werden.
Stellungnahme des Amtschefs Ausl/Abw zu norwegischen Planen eines Vor=
friedensvertrages mit Deutschland: Konkrete Forderungen der Wehrmadit
konnen noch nicht formuliert werden. (Ausl.) Hi 00
23. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Angriff gegen die 4. Armee im Raume beiderseits Fomina^.
Der Chef der Sicherheitspolizei und SD iibersendet dem Chef WFSt einen
Bericht iiber die Lage in Leningrad.
AOK Lappland meldet, dafi die Gesamtlage in Finnland sich seit der im
Februar dem OKW vorgelegten Beurteilung geandert habe. Der Schwerpunkt
der eigenen Kraf te und der Lf 1. 5 sei in das Kiistengebiet von Petsamo —
Kirkenes verlegt worden. Die Zufiihrung von Verstarkungen aus dem Reich
verzogere sich und werde erst mit Beginn des Herbstes beendet sein. Eine
grojSere Angriffsoperation im Sommer 1942 werde nicht fiir moglich gehalten.
(Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
24. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlidhen Abteilung des OKW)
Beim Lagevortrag^ des Chefs des Gen.St.d.H. erklarte deiFuhrer sich mit der
Absicht der H.Gr. Siid einverstanden, den feindlichen Briickenkopf ostwarts
Charkow bei Saltow durch Angriff zu nehmen. Gen.Oherst Haider tragt weiter=
hin den Vorschlag der H.Gr. Siid fiir die Operation „Fridericus'' (Isjum) vor.
Gen.Feldm. v. Bock will zwecks schneller Kesselbildung die nordliche Angriffs=
gruppe siidlich des Donez ansetzen, um die linke Flanke dieser Gruppe am
Flufi angelehnt zu haben. Der Fiihrer lehnt diesen Vorschlag ab, da er be=
1 Notizen Haiders:
„Lage unverandert, Ein auffallend ruhiger Tag auf der gesamten Heeresfront"
2 Notizen Haiders:
„Lage unverandert. Die Abldsungs= und Umgruppierungsbewegungen beim Feind
vor dem SUdteil der Front halten an. Bei H.Gr. Nord Ruhe."
Auszug aus OKM Kr 114 Chef — Z. g.Kdos. „Die Bemiihungen der Ski. um ein
dt.=franzds. Zusammengehen gegen England und die Behauptung des franz.
Kolonialreichs in Afrika" (Fotokopie im Bundesardiiv — Militararchiv Kob=
lenz), kiinftig zitiert als „Die Bemiihungen der Ski." :
„Besprechungen der deutschen und der italienischen VJ.St.K. in Turin: Auf
italienische Anfrage nach dem mutmafilichen Verhalten der franzosisdien Flotte
bei einem angelsachsischen Angriff wird von deutscher Seite zum Ausdruck ge=
327
B. Kriegstagebuch
fiirchtet, dafi die Einkesselung bei dieser kleineren Losung nicht gelingt. Er
befiehlt den Vorstofi entlang der Strafie Charkow — Isjum.
Der Chef des Gen.St.d.Lw. erstattet Bericht iiber die Vorbereitungen der
Luftwaffe fiir den Angriff auf Kertsch und bittet, den Gen.d.Fl. v. Richthofen
bei Isjum nicht einsetzen zu diirfen, damit er rechtzeitig den Angriff auf
Sewastopol vorbereiten konne. Der Fuhrer genehmigt dies. (Naheres s. Stellv.=
WFSt.)
Um 12.00 Uhr iibergibt Gen.Lt. Hilpert als Chef des Gen.St.d.OB West die
Geschafte an seinen Nachfolger, Gen.Major Zeitzler, und iibersendet aus
diesem Anlafi eine Denkschrift iiber die Lage im Westen (OB West la 55/42
g.K. Chefs, in den Akten WFSt Op H).
Abends reist der Fuhrer nach Berlin ab.
25. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Berlin]
Starker Luftangriff der Englander auf Rostock in der Nacht v. 24-/25 . 4.
Entgegen der gestrigen Zustimmung des FUhrers soil der Angriff auf den
Briickenkopf bei Saltow bis nach der Durchfiihrung des Angriffes gegen
Kertsch zuriickgestellt werden^
Im Einvernehmen mit dem WiRUAmt setzt das OKH bei den kommenden
Operationen im Osten bei alien Armeen einschl. der Verbiindeten Armee=
wirtschaftsfiihrer ein.
Verfiigung des Chefs OKW iiber den Einsatz der Beauftragten des General=
bevoUmachtigten fiir den Arbeitseinsatz im Ostgebiet.
Englisch=amerikanische Landungsmoglichkeiten in Franz.=Marokko, Span.=
Marokko und auf der Iberischen Halbinsel.
bradit, dafi nach deutscher Auffassung die franzosische Flotte bei einem angel=
sachsischen Angriff unter alien Umstanden zur Verteidigung des franzosischen
Imperiums kampfen werde. Ein voller Einsatz auf langere Zeit werde jedoch
audi davon abhangen, oh Frankreich hieraus Vorteil fiir seine zukiinftige Be=
handlung und Stellung im neuen Europa Ziehen werde. Sicker miifite dann der
Waffenstillstandsvertrag in seiner jetzigen Form fallen und durch anderweitige
Vereinbarungen ersetzt werden, deren Form sick heute nock nicht voraussehen
lasse."
Notizen Haiders:
Verluste: vom 22. 6. ^1 bis 20. 4. 42
Verwundet: 24 088 Ojfz.e, 828 8g2 Uffz.e u. Mannsch.
Gef alien: 9077 „ , 2-^22^6
Vermifit: 874 „ , 53 7^7
Gesamt: ^4 o^g „ , 1114 gi$
Gesamtverluste des Heeres bei den Ostoperationen (ohne Kranke): 1 148954 =
35,9 ^/o bei Durdisdinittsstarke 3,2 Millionen.
Lage: An der Gesamtfront ruhig. UrtUche Tastversuche bei 2. Armee."
328
28. April 1942
26. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Rede des Fuhrers vor dem Reichstag. Annahme eines Ermachtigungsge=
setzes^.
Der englische Luftangriff auf Rostock wurde in der Nacht vom 25-/26. 4.
wiederholt.
Aus der H.Gr. Mitte^ wird das AOK der 4. Pz.Armee herausgezogen und
fiihrt nach Eintreffen im Auffrischungsraum die Tarnbezeichnung „Hoherer
Stab z.b.V. 8". Sein Befehlsbereich wird durch das AOK der 3. Pz.Armee uber=
nommen, das den Befehl in seinem bisherigen Abschnitt an das Gen.Kdo.
LIX. AK. iibergeben hat.
Auf Grund der Besprechungen, die der Stellv. Chef WVSt in den Nieder=
landen gefiihrt hat, wird in Ausfiihrung der Weisung Nr. 40 vom OKW die
Abschnittseinteilung und Befehlsfiihrung im niederlandischen Raum befohlen.
(Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
Nach einem Befehlsentwurf des OKH werden dem OB West im Falle
militarischer Bedrohung des belgischen und franzosischen Gebietes alle Rechte
der vollziehenden Gewalt iibertragen, ohne dafi dieser Ausdruck selbst ge=
braucht wird.
27. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer in Munchen]
In der Nacht vom zOJzy. 4. erneuter Luftangriff auf Rostock.
Der Amtschef Ausl/Abw kehrt von einer Dienstreise iiber Italien nadi
Franz.=Marokko zuriick und fafit seine Eindriicke in einem schriftlichen Bericht
zusammen. (Ausl.)
28. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in MUnchen]
Der geplante Entsatzangriff auf Cholm mufite zuriickgestellt werden.
Der Fiihrer beauf tragt das OKH mit der Sauberung des riickwartigen Heeres=
gebietes von iiberfliissigen Dienststellen. Im Bereich der Reichskommissariate
Ukraine und Ostland soil der Gen.Lt. v. Unruh die Sauberung durchfiihren,
dafur wird ihm vom OKH ein besonderer Stab unter der Bezeichnung „OKW
Stab z.b.V." zur Verfugung gestellt.
Gemeint ist der ReickstagshesMufi, Hitler unbegrenzte Vollmaditen in Legis=
lative, Exekutive und Reditsprediung („Oberster Geriditsherr") zu geben.
Notizen Haiders:
„Unverandert ruhig. Die Auswirkung der FriihjahrssMammzeit macht sich bei
H.Gr.en Mitte und Nord anscheinend sehr fiihlbar. Bei H.Gr. Siid halt die Um-
gruppierung von unserer Front an."
329
B. Kriegstagebuch
Beim AOK Lappland herrschen im Abschnitt des III. finn. AK. seit einigen
Tagen schwere Abwehrkampfe.
Verstarkungsmafinahmen fiir AOK Lappland. (Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
OB West, der Befehlshaber Ddnemark, AOK Lappland und die Wehrmacht=
befehlshaber werden darauf hingewiesen, dafi die personelle und materielle
Ausstattung der dem OKW riistungsmaliig unterstellten Einheiten des Heeres
sowie die Erhaltung ihrer Einsatzbereitschaft Aufgabe des OKH ist.
Angebliche Absichten des franz. Regierungschefs Laval, im Hinblick auf die
Gefahrdung Madagaskars durch die Siidafrikanische Union die Insel den
Japanern zur Besetzung vorzuschlagen. (Ausl.)
29. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer auf dem Obersalzberg]
Die Franzosen woUten im Ostteil Algeriens und in Tunesien eine Flug=
sicherungsorganisation und Nachtbefeuerung einrichten, die fiir Kriegszwecke
geeignet sein sollte. Diese Einrichtungen sollen ihnen untersagt werden.
Frankreich scheint in seinem Entgegenkommen gegeniiber den USA Ver=
pflichtungen eingegangen zu sein, die sich mit den Pflichten, die die fran=
zosische Regierung auf militarischem Gebiet s. Z. in den Pariser Protokollen
zugunsten Deutschlands auf sich genommen hatte, nicht vereinbaren lassen.
(Einzelheiten s. Stellv.WFSt.)
Regelung des einheitlichen Einsatzes des RAD im Rahmen der Wehrmacht.
Unterredung des Deufschen Botschafters in Tokio mit dem japanischen
Aujienminister Togo. (Ausl.) Der japan. Aufienminister habe erklart, die
japanische Stofirichtung in den Indischen Ozean komme den deutschen Wun=
schen entgegen. Er regte eine gemeinsame Erklarung der Achsenmachte Indiens
Zukunft betreffend an. Zu der Anregung des Dt. Botschafters, bei der schwie=
rigen Lage der Sowjetunion habe ein Vorstofi Japans gegen Wladiwostok imd
Baikalsee entscheidende Bedeutung, da er zur volligen Liquidierung der Sowjet=
union fiihren konne, habe der Aulienminister nicht Stellung genommen.
Chef Ausl/Abw berichtet iiber seine Reise nach Italien, Libyen, Franz.=Nord=
afrika, Tanger, Span.=Marokko, Spanien und Frankreich vom 7.-27. 4.
30. April 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer auf dem Obersalzberg]
Die Lage des ///. finn. AK. im Bereich des AOK Lappland gibt zu Besorg=
nissen nicht mehr Anlali. (Femmiindl. Meldung des Chefs des Gen.St. d. AOK
Lappland an Stellv. Chef WFSt.)
Die WStK wird angewiesen, eine Note der franz. Abordnung, die aus Anlafi
330
1. Mai 1942
des im Marz durchgefiihrten englischen Luftangriffs auf Paris iiberreicht wor=
den war, in allgemein gehaltener Form zu beantworten und darauf hinzu=
weisen, dafi der Flakschutz fiir die franzosischen Industrieanlagen im besetzten
Gebiet verstarkt worden sei. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Auf dem Berghof findet eine Ausprache des Fuhrers mit dem Duce statt^. Es
nehmen an ihr teil: Chef OKW, Chef WFSt, OB Slid, Dt. General b. H.Qu. d.
ital. Wehrm., Chef des ital. Wehrmachtgeneralstabes, Gen.Oberst Cavallero,
und General Gandin^.
[U=Boot=Lage an der amerikanischen Kiiste^.]
1. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer auf dem Obersalzberg]
USA=Truppen besetzten die Hauptstadt sowie die Olf elder von Venezuela^.
Der Angriff der Pz.Armee Afrika soil Ende Mai oder Anfang Juni er=
folgen, die Wegnahme Maltas durch die Italiener Mitte Juli. Hierfiir soUen
den Italienern auJSer 1 Fallschirmjager=Div. und 1 Sturmpionier=Batl. Marine=
fahrprahme zur Verfiigung gestellt werden.
In Norwegen hat sich eine organisierte Opposition gegen die Regierung
Quisling gebildet. (Ausl.)
1 Hierzu „Die Bemuhungen der Ski. . ." , a. a. O.:
„Die Ski. ist nicht der vom Fiihrer bei der Duce=Besprediung gedujierten Ansicht,
daji es letzten Endes gleichgultig sei, ob Dakar in englisdie Hand fiele. Die
Auflerung ist gefallen in einem Lagevortrag des FUhrers gelegentlidi der Be=
sprechung mit dem Duce am ^o. 4. 42 auf dem Berghof. In diesem Fiihrervortrag
ist eine Stelle bedeutsam, weil sie Aufschlufi gibt tiber die Quellen, aus denen
das vom Fiihrer den Franzosen gegeniiber stets bezeigte Mijitrauen immer wieder
gespeist wird. Es heiflt darin: Frankreidi gegeniiber ist groflte Vorsicht am
Platze. Das Ziel aller Franzosen ist das gleiche, ndmlich ihre Freiheit wiederzu=
gewinnen. Die Wege sind, je nach der Einstellung der mafigebenden Personlidi"
keiten, verschiedene; alle jedoch, sei es Petain, Laval, Darlan oder Giraud, zielen
auf die franzosische Freiheit hin. Aufschluflreich ist die Denkschrift von Benoist"
Mechin unter dem Motto: ,Um die Freiheit wieder zu erlangen, braudien wir
Waffen. Waffen bekommen wir nur durch ein Mitgehen mit Deutschland. Daher
— Collaboration!' "
[Die hier wieder gegehene Auflerung Hitlers fiel nicht in dem angegebenen
Lagevortrag am 50. 4., sondern in der Unterredung Hitlers mit Mussolini und
Graf Ciano am zg. 4., vgl die Aufzeichnung des Gesandten Schmidt iiber beide
Unterredungen.]
z Dieses Kriegstagebuch fiir die Zeit vom 1.—30. 4. 1942 hat dem Chef WFSt,
Gen. Jodl, vorgelegen und ist von diesem mit seinen Notizen verglichen worden
(Anmerkung im Original).
3 Vgl. Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 30. 4. 42 im Dokumenten=Anhang.
4 Aus „Die Bemiihungen der Ski. . ." , a. a. O.:
„Da sich bei der franzosischen Regierung die Sorge um Madagaskar verstarkt,
teilt Laval der deutschen Regierung mit, dajl er die Absidit habe, dem ]apani=
schen Botschafter vorzuschlagen, dafl Madagaskar, das sich nach dem Abbruch
der Beziehungen zwischen Siidafrika und Frankreidi in Gefahr befinde, von
331
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten^
H.Gr. Slid:
11. Armee: An der Sewastopol=Front erfolglose Aufklarungsvorstofie gegen
ruman. Div.en. Wetter: bedeckt, warm.
Armeegr. von Kleist und 6. Armee: Vor der Front der Armeegr. von Kleist
rege Feuertatigkeit und lebhafte Bewegungen schwacherer Feindkrafte. Auf=
fallend lebhafte Fliegertatigkeit bei Tage und bei Nacht. Wetter: bedeckt, um
+ 15 Grad, Strafien im allgemeinen befahrbar. Bei 6. Armee Befahrbarkeit
der unbefestigten Strafien durch Regen verschlechtert.
H.Gr. Mitfe:
Vor der 2. Pz.Armee, 4. Armee und 3. Pz. Armee feindl. Sto6truppunter=
nehmen und Vorstofie abgewiesen.
9. Armee: Nordwestl. Rshew nach starker Artl.=Vorbereitung Gegner in
Starke von etwa 200 Mann in den Ostteil eines Ortes eingedrungen. Lage
durch Gegenstoli bereinigt. Siidwestl. Rshew Feindangriff abgewiesen.
An der Stralie nach Bjeloj im Mittelteil erfolgreiche eigene Angriffsunter=
nehmungen mit Pz.= und Stuka=Unterstutzung mit Gelandegewinn in nord=
westl. Richtung. Feind erlitt schwere Verluste. Wetter: Schneefall in der Nacht
29./30. hat Strafienzustand verschlechtert.
Vor Welish blieben 2 Feindangriffe vor eigener HKL in zusammengefafitem
Feuer liegen. Vor dem Nordabschnitt der HKL stellt sich der Gegner erneut
mit Pz.n bereit. Eigene von W nach O im Raume westl. Jelnja antretende
Kraftegruppe hat Gelandegewinn nach O erzielt.
H.Gr. Nord:
Im Raum um Cholm Aufklarungstatigkeit. Im Bereich der Gruppe Eicke
halt feindl. Feuer= und Stofitrupptatigkeit am rechten vorgeschobenen Fliigel
am Lowat an. Ein Angriff der Gruppe Seydlitz am Lowat entlang nach Siiden
wurde durch Artl.=Feuer unterstiitzt. An dem Einschliefiungsriegel gewinnen
eigene Mafinahmen zur Bereinigung des Einbruchs am vorhergehenden Tage
langsam Boden. Ausbruchsversuche des Gegners nach N und NW abgewehrt.
Japan besetzt werde. Da diese Mitteilung nach Ansicht der Ski. in Widerspruch
steht zu der Versicherung Lavals an Leahy, daji er die Fortdauer guter Bezie=
hungen zu den USA wUnsche, nimmt die Ski. an, daji die Au^erung Lavals zu
Leahy von dem Bestreben diktiert ist, einen vorbeugenden angelsachsisdien
Zugriff auf Madagaskar abzuwenden. Die Ski. rechnet trotzdem mit baldiger
angelsdchsischer Initiative, um einer japanischen Besetzung Madagaskars, ,die
die britisdie Nachsdiubverbindung nach dem mittleren Osten und Indien ent='
scheidend storen wiXrde', zuvorzukommen.
Nach Mitteilung des deutschen Konsuls in Lourengo Marques vom 1. 5. soil
bereits ein britisdier Landungsverband in Durban aktionsbereit liegen."
1 Beurteilung der Gesamtfeindlage an der Ostfront durch die Abt. Fremde Heere
Ost des Gen.St.d.H. vom 1. Mai 1942 im Dokumenten=Anhang Nr. 9.
332
2. Mai 1942
An der Wolchow=Front griff Gegner eigenen Briickenkopf bei Salzy nach 3V2=
stiindiger trommelf euerartiger Artl.=Vorbereitung mit Unterstiitzung von 2 Pz.n
vergebl. an. Auch nordwestl. davon Feindvorstofi abgewehrt. Gegner erlitt
hohe blutige Verluste. An der Newa=Front weiterhin starkes feindl. Inf.= und
Artl.=Feuer.
Finnisdie Front (30. 4.)
Sudostjront: An alien Fronten normaler Tagesverlauf. Mittlere Temp. (+ 5
Grad).
Nordostfront (AOK Lappland) : Im Abschnitt Louhi wurden weitere Feindangriffe
unter schweren Verlusten fiir den Gegner abgewehrt. Eigene Krafte werden ver=
starkt. Bereitstellungen des Gegners scheinen durch wirkungsvollen Einsatz Luft=
flotte 5 und Tauwetter verlangsamt zu sein.
An der Murmansk=Front erfolgreicher eigener Gegenangriff gegen Umfassungs=
versuch auf dem Siidfliigel. Mehrere starkere Angriffe hier und gegen den Nord=
fliigel wurden abgewiesen. Lebhafter Ubersetzverkehr iiber die aufiere Liza=Bucht in
Ost=West=Richtung und Schiffsverkehr in der Motowski=Bucht deuten auf weitere
Feindverstarkungen hin. Gegenmafinahmen gegen diese Landungsgruppe in der
Nordflanke der 6. Geb.Div. verlaufen planmafiig. Wetter: Anhaltendes Tauwetter.
Bewegungen auf Stra6en und im Gelande weiterhin erschwert.
Nordafrika (30. 4.)
In der Nacht 29./30. 4. wurde ein britischer Vorstofi abgewehrt. 15 Gef angene, dar=
unter 3 Offiziere, eingebracht. Am 30. 4. bei starkem Sandsturm nur geringe beider=
seitige Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit.
2. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiichtlidien Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf der Ruckreise vom Obersalzberg nach „V\/ olfsschanze" ]
Die Japaner erobern Mandalay, die Hauptstadt von Burma.
Bericht des „Exchange Telegraph'' aus Moskau, dafi dort eine deiitsche
Friihjahrsoffensive im Abschnitt Brjansk— Orel— Kursk erwartet wird, die sich
gegen Woronesch richten soil. Nach der Eroberung von Woronesch sollten diese
deutschen Heere Don=abwarts vorstolien, um Stalingrad zu nehmen, wodurch
auch der Vorstofi der deutschen Krafte aus dem Raum von Charkow ausgelost
werden wUrde^.
Der Deutsche General in Agram meldet gewisse Verhandlungen mit ein=
zelnen Cetnici=Gruppen, die zum Niederlegen der Waffen veranlafit werden
soUen.
Der Stellv. Chef WFSt begibt sich nach Belgrad zur personlichen Unterrich=
tung iiber die Lage im kroatischen Aufstandsgebiet sowie zu Besprechungen
mit dem Kommandierenden General und Befehlshaber Serbien und mit dem
Chef des Stabes des W.B.Siidost.
1 Lagebericht OKH vom 2. Mai ig42 fehlt in der Sammlung des KTB Skh, Teil D.
333
B. Kriegstagebuch
3. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer wieder in „\Molfsschanze"]
Lagebericht des AOK Lappland.
Bei dem Seegefecht am 2. 5. im Nordlichen Eismeer wurden durch deutsche
U=Boote und Zerstorer 1 engl. Kreuzer versenkt, 1 Zerstorer schwer, 2 weitere
leicht beschadigt. 1 deutscher Zerstorer ging verloren. Lagebericht v. 2.-5. 5.
Planung der von Ahw. II beabsichtigten Unternehmungen, die im Zuge der
Operation „Blau" vorgesehen sind. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
In Kroatien wird imter dem Oberbefehl des ital. AOK 2 neben der Kampf=
gruppe Bader ein ital. Gen.Kdo. eingesetzt, das mit 2 ital. Div. siidl. der De=
markationslinie Sauberungsaktionen durchfiihren soil.
Dem WB. Sudost wird die Bitte des Ausw. Amies iibermittelt, die unga=
rische Donauflottille im ehemals jugoslawischen Gebiet in Richtung Osten
nicht iiber die Einmiindung der Morawa hinaus einzusetzen.
Aus Verwaltungs= und Devisengriinden wird die deutsche Besatzung der
Schutzzone in der Slowakei stark vermindert.
Chef OKW richtet ein Schreiben an den Reichsmarschall und Beauftragten
fur den Vierjahresplan sowie an den Reichsmin. f. Bewaffnung und Munition
und den Gen.=Bevollmachtigten f. d. Arheitseinsatz, um die Sicherstellung des
Ersatzbedarfs im Sommer 1942 zu erreichen. Von Riickforderungen aus der
Wehrmacht sei unter alien Umstanden Abstand zu nehmen, und es miisse
darauf hingewiesen werden, dafi auf die rd. 115 000 uk=gestellten Wehr=
pflichtigen der Jahrgange 1919—22 zuriickgegriffen werden miisse, falls die
blutigen Verluste des Sommerfeldzuges 1942 das geschatzte normale Mafi
iibersteigen soUten.
Den Antrag des OKH/GenStdH., die 110. Div., die nach dem Westen
abtransportiert werden sollte, noch bis Anfang Juni der 9. Armee zu belassen,
genehmigt der Fuhrer und entscheidet, dafi der Beginn des Abtransportes von
zwei weiteren nach dem Westen zu verlegenden Ostdivisionen solange zuruck=
gestellt werden kann, bis der Abtransport der im Westen in Aufstellung
befindlichen -^yo. und 371. Div. anlauft. (Naheres s. Stellv. WFSt.)
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feind an beiden Fronten ruhig. Wahrend der Nacht lebhafte
feindliche FUegertatigkeit mit Bombenabwiirfen im Katscha=Tal, Angriffe gal=
ten wahrscheinlich den Batterien, die die Flugplatze von Sewastopol beschiefien.
Wetter: Sonnig warm, Wege gut.
Armeegruppe von Kleist: Vor Siidfliigel Bewegimgen von Panzerkraften
erkannt, Luftaufklarung stellte fest, dafi Briicken bei Isjum und Bogoro=
334
3- Mai 1942
ditsdmoje wieder in Ordnung sind und der Verkehr in Richtung Barwenkowa
sehr rege ist.
Wetter: Plus 20 Grad, wechselnd bewolkt, Wege abgetrocknet, fiir Lkw.
grolitenteils befahrbar.
6. Armee: Aufier normaler Artl.= und Spahtrupptatigkeit keine besonderen
Kampfhandlungen.
Wetter: Teilweise Regen, Plus 10 Grad, Wege nur fiir Panjefahrzeuge be=
fahrbar.
2. Armee: Aufklarung hat ergeben, dafi im Raum Jelez und Liwny und
nordlich davon anscheinend Ausladungen und Marschbewegungen stattfinden,
so dali mit Zusammenziehung von Truppen in dieser Gegend zu redmen ist.
Wetter: Regen, plus 8 Grad.
Im riickwartigen Gelande erfolgreiche Bekampfung ung. Truppen von
Partisanen. Die Briicke bei Seredina Buda, die von Partisanen beschadigt
wurde, wird voraussichtlich in 4 Tagen wieder fiir den Verkehr freigegeben
werden.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Der gestern nordlich Mzensk gemeldete feindliche Panzerzug
fuhr nadi mehreren Feueriiberfallen nach Nordosten ab, eigener Vorstofi
konnte hier Gelande gewinnen.
4. Armee: Ein feindl. Vorstofi auf die RoUbahn bei Fomina wurde abge=
wehrt. Im Hintergelande nordwestl. Spas Demenskoje wurde ein feindl. An=
griff auf die Rollbahn von Norden her abgewehrt und von eigenen Kraften
westl. Jelnja der Ort Borodino genommen. Ein feindl. Angriff auf den Siid=
westfliigel der 9. Armee bei Mostowaja wurde unter schweren Feindverlusten
zuriickgewiesen. Sudwestl. Bjeloj wurde der Feind an der Rollbahn vertrieben.
Siidwestl. Wei. Luki wurde ein Bauzug durch Mine beschadigt.
Wetter: Triibe, zeitweise Regen, Wege verschlechtert, z. T. unbefahrbar.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Westl. Cholm wurde die Gruppe Scherer bei der Verteidigung
von Angriffen durch Artl. gut unterstiitzt. Auch Flieger beteiligten sich nach=
haltig an der Abwehr. Der im siidl. Teil von Cholm eingeschlossene Gegner
wurde abgeriegelt; starkeres Artl.=Feuer auf die Stadt. Im Nordwestteil der
Demjansk=Front vergeblicher Feind vorstofi ostw. Lowat. Angriffe auf die Ver=
bindungsstelle von den beiden Gruppen Eicke und v. Seydlitz von Norden
und Siiden wurden abgewehrt. Nordl. Staraja Russa starkeres feindl. Artl.=
Feuer. Der Feind verstarkt sich weiter an der Wolchow=Front westl. Jamno,
nordl. dieser Stelle wurden Angriffe des Feindes abgewehrt. In den Kessel
siidlich Maluksa fiihrt der Gegner weitere Kraftfahrzeugkolonnen hinein,
sudwestl. Oranienbaum wurden eigene Stellen und Unterkiinfte hinter der
Front vom Feind durch Brandmunition beschossen.
335
B. Kriegstagebuch
Finnland (i. 5.)
Siidostfront: Normaler Verlauf des Tages.
Nordostfront: Bei Louhi versucht der Gegner, von Suden her nach Norden zu
den dort kampfenden roten Truppen durchzubrechen. Im Kandalakscha=Abschnitt
hat der Feind etwa eine Starke von 2 Divisionen, die er jederzeit mit der Murman=
bahn nach Norden oder Siiden verschieben kann. An der Murmansk=Front wurde ein
erneuter Angriff auf den Sudteil der Liza=Front abgewiesen. An der Liza=Bucht
sind die eigenen Truppen verstarkt, um die feindl. Umfassungsgruppen zu ver=
nichten.
Panzers Annee Afrika (2. 5.)
Tagsiiber auf ganzer Front lebhafte beiderseitige Aufklarungs= und Artl.=Tatig=
keit.
Bei Tiefangriffen eigener Zerstorer auf feindliche Aufklarungskrafte in Gegend
Signali=Sud (etwa 85 km westl. Bir=Hacheim) wurden rd. ^o Kraftfahrzeuge, dar=
unter Pz.Spahwagen, zerstort, davon 30 Kfz. total ausgebrannt. In Nacht vom
1./2. Mai Luftangriffe auf Bengasi ohne Schaden.
4. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der OB d.H.Gr. Nord, Gen.Oberst v. Kiichler, und Gen. v. Seydlitz halten
dem Fuhrer Vortrag iiber die Durchfiihrung des Unternehmens „Brucken=
schlag''. Gen.Oberst v. Kiichler bezeichnet die Lage der H.Gr. Nord allgemein
als gespannt. Bei starken feindlichen Angriffen verfiige er iiber keinerlei Re=
serven. Besonders schwierig sei die Lage des II. AK., da ohne Inanspruchnahme
des bisher zur Verfiigung stehenden Lufttransportraumes seine Versorgung
nicht durchgefiihrt werden konne. Auch sei es kraftemafiig an Starke einem
feindlichen Angriff nicht mehr gewachsen. Gen.Oberst v. Kiichler schlagt vor,
dieses Korps hinter den Lowat zuriickzubiegen. Der Fuhrer geht darauf nicht
ein, well er die Gefahr nicht fiir so dringend halt und bei einer Zuriicknahme
des Korps den Verlust des gesamten Gerats befiirchtet. Er erklart, dafi der
H.Gr. trotzdem keine Krafte zugewiesen werden konnten.
OKH meldet die beabsichtigte Artilleriegliederung fur den Angriff auf
Sewastopol.
Chef WPr erhalt Richtlinien fiir die Behandlung der der Operation „Blau''
vorausgehenden Unternehmungen der H.Gr. Siid.
Chef OKW unterzeichnet den Befehl iiber die beabsichtigten Operationen
im Mittelmeerraum, der die Beteiligung deutscher Krafte und die Unterstel=
lungsverhaltnisse regelt.
Chef OKW erlafit Durchfiihrungsbestimmungen fiir die Weisung Nr. 40
betr. die Kiistenverteidigung in Danemark.
Der feldmaliige Ausbau der Kanalinseln ist abgeschlossen. Der verstarkte
feldmafiige Ausbau ist im Auslaufen begriffen.
Dem OKH^Gen.Qu. werden fiir die Mil.=Befehlshaber Frankreich und Bel*
336
4. Mai 1942
gien=Nordfrankreich Anweisungen fiir die Festnahme und Erschiefiung von
Geiseln gegeben.
Der Fiihrer genehmigt die Verlegung zweier franzosischer U=Boote in afri=
kanische Atlantik=Hafen.
Programm des Gen.=Bevollmachtigten f. d. Arbeit seinsatz vom 20. 4. 42.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gy. Sud:
II. Armee: AuJSer lebhafter feindl. Fliegertatigkeit keine bes. Kampfhand=
lungen. Wetter: sonnig, warm.
Armee gr. v. Kleist: Starker mot. Verkehr vor Siidfliigel. Nordl. Antrazit
wurden mehrere kleine Gruppen in Gesamtstarke von etwa 1000 bis 1200
Mann in Marschrichtung auf die Front beobachtet. Ein nachtl. Erkundungs=
vorstofi wurde abgewehrt. Zwischen Mariupol und Taganrog wurden gegen
Abend 3 grofiere und 18 kleinere Schiffe beobachtet, die in etwa 17 km Ent=
fernung vor der Kliste liegen blieben und sammelten. Bewaffnete Aufklarung
ist angesetzt.
6. Armee: Ostw. Charkow und beiderseits Prochorowka wurden starke Be=
wegungen des Feindes in siidl. Riditung beobachtet.
2. Armee: Ein feindl. Erkundungsvorstofi westl. Tim wurde abgewehrt.
Wetter: bewolkt, teilw. Regenfalle, im S 20 Grad, Mitte und N etwas kiihler,
Wege mit Kfz. noch nicht befahrbar. Donez 1 m iiber normal.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Siidl. Maklaki erfolgreiches eigenes Stofitruppuntemehmen.
Ostw. Kirow vergebl. Feindvorstofi.
4. Armee: Auf dem Nordfliigel der Armee versuchte der Gegner vergeblich,
die Ugra zu iiberschreiten. Starkeres eigenes Artl.=Feuer zwang ihn zum Riick=
zug. Siidl. davon Schanzarbeiten des Gegners beobachtet.
9. Armee: Auf aufierstem Westfliigel der Armee Uef die Besatzung eines
feindl. Grabens iiber. Starkere Ansammlungen nordwestl. Bjeloj lassen auf
weitere Angriffe schliefien.
Regen hat die Wege wieder verschlechtert. Temp, im allg. + 12 Grad. Im
Raum Jelnja weiterhin erfolgreiche Bekampfung der Partisanen.
H.Gr. Nord:
Feindl. Angriffe von NO auf Cholm wurden abgewehrt. Eigene Artl. der
Gruppe Lang unterstiitzte die Abwehrmalinahmen. An der NW=Spitze der
Demjansk=Front griff der Feind im Pola=Tal mit starkeren Pz.Kraften an. Von
9 Pz.n wurden 5 zusammengeschossen, 2 beschadigt. Etwas westl. davon gelang
es dem Feind, bis an die Versorgungsstrafie westl. der Pola vorzudringen.
337
B. Kriegstagebuch
Gegenmalinahmen sind im Gange. Ein Angriff auf die vorstoJSenden Telle
der Gruppe Seydlltz von S wurde zuriickgeschlagen. An der Wolchow=Front
nordl. Jamno griff der Felnd mit iiberlegenen Panzerkraften die Sperrfront an.
Wahrend er im nordl. Teil auf gehalten werden konnte, gelang es ihm, im siidl.
Tell, in den Sperrgiirtel einzudringen. Gegenmafinahmen sind im Gange. Sonst
keine bes. Kampfhandlungen.
Nachtrag: Siidl. Bjeloj wurden in der Zeit vom 30. 4. bis 1. 5. folgende
Gefangene und Beute gemacht: 631 Gefangene, darunter 95 Oberlaufer,
63 MG, 38 s. Gr.Werfer, 11 Pak, 5 Wurfgerate. Vernichtet wurden: 5 MG,
24 s. Gr.Werfer, 15 ^,6 cm Geschiitze, 3 Pak und 2 IG. Der Feind verlor
6^0 Tote.
Finnisdie Front (2. 5.)
Sudostfront: Artl.=Feuer aus Kronstadt auf die Landenge wurde mit eigenem
Artl.=Feuer aller Kaliber erwidert. Im siidl. Operationsgebiet Bewolkung und ortl.
Schneefalle.
Nor do St front: Nadi Gefangenenaussagen wurden im Abschnitt Louhi aus Kem
2000 Mann Ersatz zugefiihrt. Ein Angriff in Btl.=Starke nordl. Uhtua wurde abge=
wiesen. Bei der Landungsgruppe westl. der Liza=Bucht, die am 2. 5. sdiwere Verluste
erlitt, handelt es sich um die 12. Mar.Brigade. Nach Gefangenenaussagen sollen sidt
6 Btl.e einer Renntierbrigade auf der Fisdierhalbinsel befinden. Mit einem Lan=
dungsunternehmen siidl. der Motowski=Bucht ist demnach zu rechnen. Wetter: An
der Kiiste Sdineetreiben, leiditer Frost, Wege verschlammt.
Nordafrika (3. 5.)
Normale Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Bei feindl. Luftangriff auf Bengasi Nacht 2./3. 5. geringer mil. Schaden. Abschu6
eines feindl. Flugzeugs wahrscheinlidi.
5. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiichtlidien Abteilung des OKW)
Handstreich brit. Streitkrafte gegen den franz. Stiitzpunkt Diego Suarez
auf Madagaskar^.
Die 163. Div. an der Swir=Front wird durch finnische Truppen abgelost und
dem AOK Lappland zugefiihrt. Dafiir wird das finn. Inf.Rgt. 14 dem finn.
Oberkommando wieder unterstellt und der Abschnitt Uhtua wieder an das
finn. Oberkommando abgegeben.
1 Auszug aus „Die Bemiihungen der Ski. . .", a. a. O.:
„Am 3. 5. werden der Fiihrer des japanischen Verbindungsstabes in Berlin,
Vizeadmiral Nomura, und der Fiihrer der japanischen Delegation in Rom, Kon=
teradmiral Abe, von Petain, Darlan und Laval empfangen. Bei dieser Gelegen=
heit macht Darlan Admiral Nomura den Vorschlag, der englisch=amerikanischen
Gefahr durch eine japanische Besetzung der Inseln und eine franzosisch=japa=
nische Zusammenarbeit zuvorzukommen. Die Japaner vertreten die Auffassung,
daji sie nicht ohne Zustimmung der Reichsregierung mit den Franzosen ver=
336
5- Mai 1942
Der Fuhrer entscheidet zu dem Operationsentwurf des AOK Lappland vom
15. 4., dafi die Lfl. 5 verstarkt wird und eine sedismonatige Bevorratung fiir
wenigstens 3 verstarkte Divisionen in Lappland vorbereitet werden mu6, weil
unter Umstanden die Abwehr feindlicher Angriffe die Verstarkung des Ge=
birgskorps Norwegen im selben Mafie notwendig machen konne, wie sie zum
Angriff auf die Fischer=Halbinsel erforderlich ware. (Naheres s. Stellv. WFSt).
Besondere Anordnungen zur Weisung 41: Unterriditung der Verbiindeten.
Sondermeldung iiber die um 6.20 Uhr morgens erfolgte Entsetzung der ein=
gesdilossenen Besatzung von Cholm.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feindbild an beiden Fronten unverandert. Luftaufklarung stellte
an der Kertsch=Front 60 eingegrabene Pz. fest und meldete die Anlage von
Panzerabwehrgraben und mehreren Batteriestellungen. Wetter: wechselnd be=
wolkt, sehr windig, Wege gut. In Kustenabschnitt zwischen Mariupol und
Taganrog wurden russ. Krafte (Besatzung von 2 Motorbooten), die wahrend
der Nacht zu landen versuchten, nach kurzem Feuergefecht auf See zuriick=
getrieben. Mit Ausnahme eines vergebl. Feindvorstolies in Kp.=Starke am
NordflUgel der H.Gr. Slid keine bes. Kampfhandlungen. Das Wetter ist auf
der ganzen Front regnerisch, etwa 10 Grad Warme. Die Wege weiterhin ver=
schlechtert; hierdurch audi im siidl. Teil die Ablosung verzogert.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Siidwestl. Suchinitschi versuchte der Gegner, mehrmals in Kp.=
Starke die eigenen Stellimgen anzugreifen. Er wurde mit grofien Verlusten
handeln konnten, da in dem allgemeinen deut$ch=japanischen Abkommen zur
Abgrenzung der Interessenspharen Madagaskar zum deutsdien Einflufigebiet
gehore. Die Japaner halten es jedoch fiir moglich, dajJ im Zuge der militdrisdien
Operationen derartige Besetzungen fiir die Dauer der Kriegszeit in gemein=
samem deutsch=japanischen Einverstandnis durchgefiihrt werden konnten. Xlber
diesen Empfang berichtet der japanische Mar ineatt ache Rom, dajl sich fiir die
Japaner in Vichy sehr klar ergeben habe, dafl insbesondere Laval den ausgesprc
chenen Wunsch einer engen Zusammenarbeit mit den Achsenmdchten, besonders
mit Japan, habe. Die Japaner seien vom ehrlichen Willen Petains, Darlans und
Lavals zur Zusammenarbeit mit der Achse iiberzeugt. Die breite Masse des
franzosischen Volkes sei jedoch hierfUr nicht zu haben. Daher seien Aufmerk=
samkeit und Skepsis geboten! —
Am 5. 5. beginnt der englische Angriff gegen Madagaskar, Die Alliierten er=
kl'dren, dafl sie in keiner Weise die Absicht hdtten, die franzosische Nationalitdt
der Insel anzutasten. USA=Streitkrdfte sind bei dem Angriff nicht beteiligt. Von
der amerikanischen Regierung wird der Schritt jedoch offiziell gebilligt; der
USA=Geschdftstrdger teilt in Vichy mit, dafi die USA jeden Angriff auf englische
Streitkrdfte audi als gegen sich selbst geriditet ansehen wUrden. Amerika wiirde
daraus die Konsequenzen Ziehen."
339
B. Kriegstagebuch
zuriickgeschlagen. Im Raume von Mzensk wurden in der Zeit vom 27. 4. bis
4. 5. 414 Gefangene gemacht, darunter 39 Dberlaufer.
4. Armee: Nordl. Spas Demenskoje griff en feindl. Kav.=Divisionen die Stel=
lung von Norden an. In einem Teil gelang ihnen der Einbruch in unsere Stel=
lungen. Nach kurzer Gefechtshandlung wurde die Lage wieder bereinigt. In
der iibrigen Front der H.Gr. keine bes. Kampfhandlungen. Durch den Regen
ist das Gelande weiterhin aufgeweicht, Strafien nur z. T. befahrbar.
H.Gr. Nord:
In den Morgenstunden des gestrigen Tages trat Gruppe Lang (westlich
Cholm) zum Entsatz der Stadt zum Angriff an. Mit wirkungsvoller Unter=
stiitzung von Artl., Pz.n, Sturmgeschiitzen und Luftwaffe gewann der Angriff
trotz zahen Feindwiderstandes gut Boden. An der Demjansk=Front wurden
Angriffe auf den Siidwestfliigel unter schweren Feindverlusten zuriickgeschla=
gen. Auch an der Verbindungsstelle am Lowat und siidL Staraja Russa wurden
mehrere Angriffe des Feindes zuriickgeschlagen. Bei den bisherigen Kampfen
bis zur endgiiltigen Vereinigung der beiden AK.s (Gruppe von Seydlitz und
Gr. Eicke) am 1. 5. wurden 2 feindl. Brigaden vernichtet und 4 weitere so zer=
schlagen, dafi ihr Herausziehen zur Auffrischung notig wurde. Weitere Ver=
bande wurden starkt geschwacht. Insgesamt sind eingebracht worden: 6614
Gefangene, 286 Geschiitze, 167 Panzer, 7 Flugzeuge.
Die dem Feind zugef iigten Verluste betragen etwa 50 000 Mann. NordL des
Ilmensees griff der Feind weiterhin mit starken Kraften und Pz.=Unterstutzung
die Riegelstellung an. Wegen Schlechtwetterlage keine Unterstiitzung durch
Luftwaffe. Erhebliche Nachschubschwierigkeiten inf olge grundloser Wege. SiidL
Salzy starkes feindl. Artl.=Feuer. Ein Angriffsversuch siidl. Maluksa wurde
abgewehrt.
Finnisdie Front (3. 5.)
Siidostfront: Aufier Artl.= und Spahtrupptatigkeit keine bes. Ereignisse.
Nordostfront: Aufklarungstatigkeit westl. der Strafie Kestenga— Okunewa Guba
lafit auf nodi weiter nordl. ausholende Umfassungsabsichten des Gegners sdiliefien.
Siidl. davon wurden Angriffe bis zu 2 Btl.en erfolgreidi unter schweren feindl. Ver=
lusten abgewiesen. An der Murmansk=Front nahmen die Geb.=Jager im Angriff
gegen die dortige Umfassungsgruppe nadi zahem Kampf eine widitige Hohe. Die
Bereitstellung zum Angriff gegen die nordl. Umfassungsgruppe durdi Gelande=
schwierigkeiten verzogert. Wetter: bewolkt, windig, zeitweilig Sdineetreiben.
Nordafrika (4. 5.)
Bei starkem Sandsturm nur schwadie Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit,
In Nacht 3.74. 5. feindl. Luftangriff auf Bengasi ohne militarischen Schaden.
1 feindl. Flugzeug wahrscheinlich abgeschossen.
340
6. Mai 1942
6. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Die Bildung eines Reichsriistungsrates durch den Reichsminister fiir Be=
waffnung und Munition wird bekanntgegeben.
Um die Neigimg zum Uberlaufen und zur Kapitulation eingeschlossener
sowjetrussischer Gruppen zu steigern, befiehlt der Fuhrer, dafi den sowjeti=
schen Kommandeuren ^ Kommissaren und Politruks zunachst versuchsweise in
solchen Fallen die Erhaltung ihres Lebens zugesichert werden kann.
Die im Bereich der 18. Armee eingesetzten Teile der Kriegsmarine werden
zur Uberwachung der Minenabriegelungen im Finnen=Busen benotigt.
In der Zeit vom Mai bis Juni werden 6 deutsche Kiistenminenboote und
4 ital. MAS=Boote in den Ladogasee iiberfiihrt. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Neue Trennungslinie zwischen dem finn. Oberkommando und dem AOK
Lappland: St. Sig (6^ km nordl. Kem)— Chirwisalma— Niva— Ylikiiminki— Oulu.
OKW/WiRu Ami erlafit einen Befehl iiber die Winter ausstattung 1942/43.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr.Sud:
11. Armee: An der Feodosia=Front im Siidteil rege Schanzarbeiten und
Feindbewegungen. Wetter: wechselnd bewolkt, warm, Strafien trocken.
Armeegr.v.Kleist: Vor dem siidl. Frontabschnitt starkere Feindbewegungen.
Ein Vorstofi des Feindes bei Debalzewo wurde zuriickgewiesen.
6. Armee: Nordostw. Charkow wurde ein Vorstofi von 200 Russen ab=
gewehrt. Auch hier und bei Balakleja lebhafte Feindbewegungen.
Bei 2. Armee keine bes. Kampfhandlungen. Auf der ganzen Front bewolkt,
windig, strichweise Regen. Im Siiden wurde die Ablosung abermals durch den
Strafienzustand verzogert.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Ein starkerer Stofitrupp, der in die eigene Stellung siidl.
Mzensk eingedrungen war, wurde im Gegenstofi zuriickgeschlagen. Im riick=
wartigen Gelande wurde ein Zug zwischen Brjansk und Potschew durch Spren=
gung zur Entgleisung gebracht. Auch die Strecke Brjansk— Roslawl wurde an
mehreren Stellen unbrauchbar gemacht. Die Kampfe der letzten Tage sud=
westl. Rshew waren fiir den Feind sehr verlustreich. Er verlor allein vor einer
Div. 178 Gefangene, 410 Tote, 29 MG und 13 Granatwerfer. 800 Minen wur=
den geraumt. Siidl. Bjeloj wurde ein feindl. Angriff von Norden her abgewie=
sen. Vergebl. feindl. Pz.= Angriff von N her auf Welish. Die Strecke Wel.Luki—
1 Mu6 wohl heifien „Funktionaren" (vgl. Warlimont, a. a. O., S. 185).
341
B. Kriegstagebuch
Sokolniki wurde an mehreren Stellen gesprengt. Wetter: bedeckt, vereinzelt
Schneeschauer, Temp, etwas iiber o Grad.
H.Gr. Nord:
Der Angrijff in Richtung Cholm wurde fortgesetzt. Mehrere feindl. Stellun=
gen wurden durchbrochen, i Inf.=Sto6trupp, von Pz.n und Sturmgeschiitzen
unterstiitzt, gelang es nordl. des Lowat, um 6.20 Uhr die Verbindung mit
Cholm herzustellen. Um 16.10 Uhr wurde die Fernsprechverbindung aufge=
nommen. Siidl. der Strafie nur allmahliches Vorwartskommen bei starkem
Feind wider stand. Feindbewegungen vor der Nordostflanke der Demjansk=
Front wurden mit Artl. bekampft. Auf dem Nordwestteil an der Pola wurde
ein Angriff abgewiesen. Ebenso mifilangen Angriffe von N und S am Lowat.
Nordl. des Ilmensees gelang es dem Gegner, die Nachschubstrafie westl. Jamno
zu sperren. Mehrere Angriffe an der Einbruchstelle siidl. Maluksa wurden ab=
gewehrt.
Finnisdie Front (4. 5.)
Gruppe Annus: Bei Swirstroy wurde ein gewaltsamer Aufklarungsversudi des
Feindes zuriickgewiesen. Sonst normaler Tagesverlauf. Wetter: Teils Schnee, teils
Regen, Temp, um o Grad.
Nordostfront: Der Feind versudit bei Louhi, weiter umfassend anzugreifen. Ei»
gene Verbande wurden verstarkt und konnten im Gegenangriff nach hartnackigem
Widerstand Gelande gewinnen.
Murmansk^Front : Mehrere Angriffe gegen Siidflanke und Siidfliigel wurden ab=
gewehrt. Eigener Angriff gegen Umfassung auf Nordfliigel im Gange. Wetter:
Sdineeschauer, leiditer Frost. Durdi wiedereinsetzenden Frost sind Bewegungen
auch abseits des Weges erleichtert.
Nordafrika (3. 3.)
Bei anhaltendem Sandsturm geringe beiderseitige Aufklarungs= und Artl.=Tatig=
keit. Bei feindl. Luftangriff auf Bengasi Nacht 4./ 3. 5. geringer Gebaudeschaden.
7. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiiditlidien Abteilung des OKW)
Erlal2 des Fuhrers iiber die einheitliche Steuerung der Riistungswirtschaft.
Eine vom Fiihrer befohlene gewaltsame Aufklarung an der Kertsch=Front
hat keine Anzeichen fiir ein Absetzen der feindlichen Krafte erbracht.
Der Absicht des OB West, das AOK 1 an der Kiiste einzusetzen und die
bisherigen Aufgaben desselben durch das Hohere Kommando XXXXV iiber=
nehmen zu lassen, stimmt der Fiihrer zu.
Der ital. General Gariboldi^ wird im Fiihrerhauptquartier vom Fiihrer emp=
fangen. (Ausl.)
1 Vorgesehen ah OB der 8. ital. Armee an der Ostfront. Kdo.^Ubernahme am
9. Juli 1942.
7. Mai 1942
Der Dt.General b. H.Qu. d. ital. Wehrmacht berichtet iiber eine gemeinsame
Reise mit dem Gen.Oberst Cavallero nach Libyen und dessen Befehle fur die
Operationen in Nordafrika. Danach sollen die westl. Tobruk stehenden be=
weglichen Feindkrafte zerschlagen und Tobruk in abgekiirztem Angriffsver=
fahren weggenommen werden. Die Wegnahme von Tobruk wird als Voraus=
setzung fiir das Vorgehen gegen die Linie Sidi Omar— Halfaya— Solium
bezeichnet. Diese Linie soil von der Masse der Panzerarmee Afrika nicht
iiberschritten werden. Falls Tobruk nicht genommen werden kann, sollen
Stellungen in der Ain=el=Gazala=Linie oder weiter westlich bezogen werden.
Der Angriff soil Ende Mai beginnen und sich nicht iiber den 20. Juni hinaus=
Ziehen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
Sowohl auf der Krim wie auf der iibrigen Front der H.Gr. Slid aufier Spah=
trupptatigkeit keine bes. Kampfhandlungen. Im Siiden klar, windig, + 16
Grad, Mitte und Nord stiirmisch, Regen, um + 5 Grad.
H.Gr. Mitte:
Bei 2. Pz.Armee griff der Feind siidl. Mzensk und westl. der Bahn Suchi=
nitschi— Brjansk in etwa Kp.=Starke an. Er wurde abgewehrt. Bei der 4. Armee
vergebl. Feindvorstofie bei Fomina und im riickw. Gebiet ostw. und westl.
Jelnja. Eigene Stofitruppenunternehmen sudostw. Jelnja hatten Erfolg. Meh=
rere Feindortschaften wurden genommen. Auf der iibrigen Front aufier er=
folgreichen eigenen Stofitruppunternehmen nordl. Gshatsk, nordl. Rshew
und westl. Sytschewka keine bes. Ereignisse. Siidl. Bjeloj vorgehend, griff
ein Rgt. die Ortschaften ostw. Bjeloj an, nahm sie und drang bis an die Obscha
vor. Ein versuchter Gegenstofi des Feindes wurde abgewehrt. Siidwestl. Welish
wurden Feindversuche, die Nachschubstrafie zu erreichen, abgewiesen. Wetter:
bedeckt, Regen, starker Wind.
H.Gr. Nord:
Die siidl. der Strafie nach Cholm zur Entlastung vorstofienden eigenen
Krafte iiberschritten nach Einnahme mehrerer Ortschaften den Lowat sud=
westl. Cholm, iiberrannten die feindl. Feldstellungen und nahmen mit einem
Stofitrupp, der aus Cholm nach Siiden vorgestofien war, Verbindung auf. An
der Demjansk=Front wurden Angriff e ostw. und westl. der Pola abgewehrt.
Auch Versuche des Feindes, nordl. und siidl. der neugeschaffenen Verbindung
anzugreifen, mifilangen. Westl. Jamno liegt auf der Durchbruchsstelle an der
Wolchow=Front starkes feindl. Artl.=Feuer. Nordl. davon wurde ein feindl.
Angriff kurz vor der Stellung unter hohen Verlusten zuriickgewiesen.
343
B. Kriegstagebuch
Ein feindl. StoJStruppunternehmen gegen die Nordfront des Kessels war
erfolglos. Ein feindl. Angriif auf die Stellung an der Bahn Maluksa— Salzy
wurde abgewehrt.
Finnisdie Front (3. 3.)
Sudostfront: Ruhiger Verlauf des Tages, Nadi Aussage eines Kriegsgefangenen
befinden sich im Frauengefangnis zu Kem deutsche und finnische Kriegsgefangene.
Wetter: bis — 6 Grad, stellenweise Schneefall. Sturm hat das Eis im Ostteil des
Finnischen Meerbusens an mehreren Stellen aufgerissen und in Bewegung gesetzt.
Nordostfront (AOK Lappland): Erfolgreiche Abwehr feindl. Angriffe auf Siid=
fliigel der Louhi=Front. Die feindl. Umfassungsgruppe, die nordl. Guba nach S
vorgestofien war, wird eingeschlossen.
Murmansk=Front : In der Siidwestflanke wurden mehrere Angriffe abgewehrt. Der
Angriff gegen die feindl. Landungsgruppe westl. der Liza=Bucht kam in harten
Kampfen gut vorwarts. Wetter: Frost, teilw. Sdineesturm.
Nordafrika (6. 5.) •
Bei weiter anhaltendem Sandsturm normale beiderseitige Aufklarungs= und
Artl.=Tatigkeit.
Einsatzbereite Panzer, einschliefilich italienisdie : 440 Panzer, 7 gepanzerte Befehls=
wagen, 19 Sturmgesdiiitze.
8. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiidhtlidien Abteilung des OKW)
3.15 Uhr Beginn des Angriff s der 11. Armee auf die Landenge von Kertsch.
Die Versorgung des //. AK. sowie der Gruppen Scherer in Cholm und Wan=
del am Wolchow=Kessel kann auf der Erde nicht voll durchgefiihrt werden
und muj8 auch in der nachsten Zeit noch teilweise auf dem Luftwege erfolgen.
Zusammenstellung der von der H.Gr. Nord abzugebenden Verbande.
(Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der dem Chef OKW unmittelbar unterstehende Sonderstab F erhalt militar=
politische Weisungen durch Ausl/Abw. Amtschef Ausl/Abw wird ermachtigt,
in alien das Arbeitsgebiet des Sonderstabes F beriihrenden arabischen und
indischen Fragen Entscheidungen militarpolitischer Art im Auftrage des Chefs
OKW zu fallen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
II. Armee: An der Sewastopol=Front verstarkt der Feind weiter seine Stel=
lungen. Eigene Erkundungsvorstofie stellten im nordl. Teil der Feodosia=Front
durchlaufende Besetzung der Feindstellungen fest. Wetter: gute Sicht, sonnig,
leicht bewolkt.
Armeegr. v. Kleist: Im siidl. Teil wurden grofie Fahrzeugansammlungen er=
folgreich durch Artl. bekampft. In dem Tal siidl. Djakowi lebhafter Verkehr
344
8. Mai 1942
von und zur Front. Nordl. Balakleja griff der Feind nach Artl.=Vorbereitung
und Pz.=Unterstutzung in Rgt.=Starke an. Im GegenstolE wurde er unter hohen
Verlusten zuriickgewiesen. Westl. davon wurden Ubersetzversuche iiber den
Donez verhindert. Bei dem Angriff wurden 2 Pz. vernichtet, 3 blieben liegen.
Ein Feindvorstofi siidl. Orjol wurde im GegenstoiS zuriickgewiesen und das
Vorgelande vom Feind gesaubert. Wetter: wediselnd bewolkt, starkere West=
winde. Strafien unverandert.
Bei der 6. und 2. Armee keine bes. Kampfhandlungen. Wetter bei 6. Armee
+ 15 Grad, bewolkt, mittags klar, starker Wind, rasches Abtrocknen der
Wege. 2. Armee: + 4 Grad, stiirmisch, Regen.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Slidostw. Mzensk wurde ein fdl. Angriff in Kp.=Starke ab=
gewiesen und mehrere Gefangene gemacht. Siidl. Brjansk im riickw. Gebiet
fuhr ein eigener Zug auf eine Mine beim Obergang iiber die Nawlja und
wurde mit MG beschossen. Zwischen Jelnja und Spas Demenskoje wurden
mehrere Feindangriffe von N auf die Bahnlinie abgewiesen. Auf dem Nord=
fliigel der 9. Armee nordostw. Rshew wurden bei Panino bereitgestellte Pz.=
Wagen durch Artl. bekampft. Luftaufklarung stellte f est, dafi nordwestl. Rshew
bei Bachmutowo mehrere Briicken fiir Pz.=Wagen iiber die Wolga fertiggestellt
sind. Siidwestl. Rshew gelang eigener Vorstofi. Bei Welish griff der Feind nach
ArtI.=Vorbereitung von NO her die Stadt an. Nach voriibergehendem Einbruch
wurde er durch Gegenstofi zuriickgeschlagen. Wetter: starke Regenschauer,
Strafien weiter verschlechtert. Teilw. fiir Reiter und Panjef ahrzeuge nur mit
grofien Schwierigkeiten moglich.
Wegen der vermehrten Bahnsprengungen in den letzten Tagen im riickw.
Gebiet hat die H.Gr. die weitgehende Einspannung der Zivilbevolkerung
und der Kriegsgefangenen fiir die Abwehr und den Wachdienst angeordnet.
Ferner sind scharfste Mafinahmen gegen die Bevolkerung an den Stellen
verfiigt, wo sie bei tatkraftiger Mithilfe Oberfalle und Sprengungen hatte
verhindern konnen.
H.Gr. Nord:
Angriffe auf die neuen Stellungen siidwestl. Cholm wurden abgewiesen.
Durch Vorstofi von Cholm nach Siiden wurden die eigenen Stellungen ver=
bessert. An der NO=Seite der Demjansk=Front griff der Russe mehrmals bei
Nowinka und nordwestl. davon an. Die Angriffe wurden durch gut liegende
Artl. und Unterstiitzung von Stukas unter grofien Feindverlusten abgewiesen.
Mehrere Angriffe auf beiden Seiten der Pola von N her wurden zuriick=
geschlagen. Auch siidl. der Vereinigungsstelle des II. und X. Korps wurden
Feindangriffe durch gut liegenden Artl.=Beschu6 zerschlagen. Am Ilmensee bei
Jamno wurden Feindansammlungen zerschlagen.
345
B. Kriegstagebuch
Finnisdie Front (6. 5.)
Siidost front: Normaler Tagesverlauf.
Nordostfront (AOK Lappland) : Im Abschnitt Louhi wurden neue starke Angriffe
unter hohen Feindverlusten abgewiesen. Die von N umfassend angreifenden Feind=
telle wurden eingeschlossen, AusbrucKsversuche nach Norden verhindert. An der
Murmansk=Front wurden Angriffe auf den siidl. Teil und die Mitte der Liza=Stellung
abgewehrt. Im Angriff gegen die Landungsgruppe gelang es durch Vereinigung
der beiden Angriffsfliigel, einen grofien Teil dieser Gruppe einzuschliefien. Einige
das Westufer der Liza beherrschenden Hohen konnten genommen werden.
Nordafrika (7. 5.)
Der Tag verlief im allgemeinen ruhig.
In der Nacht S./y. 5. erfolgloser feindl. Luftangriff auf Bengasi.
9. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
In der Nacht vom S./g. 5. erneuter Luftangriff auf Rostock.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: An der Feodosia=Front trat der siidl. Teil der bereitgestellten
Formationen gegen zahlenmafiig iiberlegenen Feind um 3.15 Uhr zum Angriff
an. Im ersten Anlauf wurde der Einbruch in die Parpatschstellung erzielt. Im
Nahkampf gelang es, die Stellung zu durchbrechen und weiter nach O vor=
zustofien. Um 16.00 Uhr war ungefahr folgende Stellung erreicht: von Sidsheut
in nordwestl. Richtung bis zur Strafie Feodosia— Kertsch, von da in westl. Rich=
tung bis zur Station Akmanaj. Gegeniiber dem nordl. Teil der Feodosia=Front
verhielt sich der Feind ruhig. Zum Vortauschen eines Angriffs angesetzte
starke Stofitrupps erzielten Einbriiche in die Feindstellungen. Das gewonnene
Gelande wird gehalten. Der Feind biijSte neben hohen blutigen Verlusten 2500
Gefangene ein und verlor in Luftkampfen ^7 Flugzeuge. Der Gelandegewinn
im siidl. Abschnitt betrug an diesem ersten Tag etwa 12 km. Wetter: klar,
sonnig, windig.
Armeegr. v. Kleist: Auf den Strafien von Rostow nach Nordwesten um
Woroschilowgrad und bei Lissitschansk in beiden Richtungen starkerer Ver=
kehr. Nordl. Slawjansk wiederholte der Gegner seine erfolglosen Angriffe
mit Pz.n und Artl. Die eigene Abwehr wurde durch ital. Jager nachhaltig unter=
stutzt. Wetter: sonnig, warm, teilw. starke Westwinde.
6. Armee: Aufier einem erfolglosen feindl. Angriff nordl. Martowaja und
starkeren Feindbewegungen auf der Strafie Korotscha und Woltschansk keine
bes. Kampfhandlungen. Wetter: wechselnd bewolkt, warm, starker Sudwest=
wind. Wege teilw. auch fiir Kfz. befahrbar.
346
9. Mai 1942
2. Armee: Im riickw. Gebiet schlugen ungarische Verbande starkere Parti=
sanengruppen nordostw. Seredina Buda nach N zuriick. Wetter: wechselnd
bewolkt, windig, + 14 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz.Armee: Aufier einem vergebl. Stofitruppunternehmen desFeindes nord=
westl. Wesniny keine bes. Kampfhandlungen. Wetter: + 10 Grad, starke
Regenschauer, StralBen verschlammt, zum grofien Teil auch fiir Reiter und
Panjefahrzeuge nicht befahrbar.
4. Armee, 5, Pz.Armee und 9. Armee keine bes. Kampfhandlungen. Nord=
westl. Rshew halt der feindl. Verkehr uber die neugebauten Wolgabriicken
nach S an. Mit Angriffen mufi hier gerechnet werden. Nordwestl. Bjeloj wurde
ein feindl. Angriff abgewehrt. Ostw. Demidoff wurde starke Feindbesetzung
festgestellt. Im riickw. Gelande westl. Jelnja wurde ein Feindvorstofi auf die
Strafie Jelnja— Smolensk abgewehrt. Wege leicht abgetrocknet.
H.Gr. Nord:
Am Lowat ostw. Juchowa rege feindl. Spahtrupptatigkeit. Westl. Cholm
hatte eigenes Stofitruppunternehmen guten Erfolg. Mehrere feindl. Bunker
wurden genommen. An der Demjansk= Front westl. Nowinka griff der Feind
an mehreren Stellen in Btl.=Starke mit Pz.=UnterstUtzung die eigenen Linien
an. Er wurde zuriickgeschlagen. Ein voriibergehender Pz.=Einbruch wurde im
Gegenstoii bereinigt. Im Pola=Tal und auf der Siidfront wurden mehrere mit
Pz.n durchgefiihrte feindl. Angriffe abgewehrt. Auch an der Bruckenkopf=
stellung am Lowat vergebl. Pz.=Angriffe des Gegners. Siidostw. St. Russa
brach ein feindl. Angriff unter schwersten Feindverlusten zusammen. Nordl.
des Ilmensees westl. Jamno starke feindl. Artl.=Tatigkeit an der Einbruchsstelle.
Bereitstellungen des Feindes wurden durch Artl. zerschlagen. Ebenso wurde
ein Feindangriff und Bereitstellungen bei Grusino durch Artl. nachhaltig be=
kampft. Siidostw. Maluksa griff der Feind mit uberlegenen Pz.=Kraften und
Schlachtfliegern die eigenen Stellungen siidl. der Bahn an. Im konzentrischen
Feuer aller Waffen wurden bisher samtl. Angriffe abgeschlagen.
Finnisdie Front (7. 5.)
Sudwestfront: Normaler Verlauf des Tages. Die nordl. Kestenga eingeschlossene
Feindgruppe konnte vernichtet werden. Der Feind verier hierbei 1400 Tote, zahl=
reidie Gefangene und Waffen aller Art.
Die hier eingesetzten 2 feindl. Div.en und 2 Brigaden wurden stark angeschlagen.
Im Kandalakscha=Abschnitt wurden mehrere Feindangriffe in BtL=Starke gegen
beide Fliigel abgewiesen. Auf dem S= und N=Fliigel der Murmansk=Front vergebl.
Feindangriffe. Westl. der Liza=Bucht konnten weitere Teile der Landungsgruppe
in Btl.=Starke umfassend angegriffen, zersprengt und zum grofien Teil verniditet
werden. VersorgungsstraSe der Geb.Div.en durdi meterhohe Schneeverwehungen seit
5. 5. gesperrt.
347
B. Kriegstagebuch
Nordafrika (8. 5.)
Tag verlief bei normaler Aufklarungs= und z. T. lebhafter Artl.=Tatigkeit ruhig.
10. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Die Adjutantur der Wehrmacht beim Fuhrer ordnet unter Hinweis auf die
sich mehrenden NacKrichten iiber geplante Attentate gegen den Fuhrer
erweiterte Mafinahmen fiir dessen Sicherheit an und bittet die dem FHQu
angehorenden Wehrmachtdienststellen, ihrerseits entsprechende Abwehrma6=
nahmen zu treffen. Mafinahmen zur Partisanenbekampfimg und Sicherung der
landwirtschaftlichen Arbeiten in den besetzten Gebieten des Ostens.
Chef WFSt teilt Oberst d. G. Scherff gesprachsweise mit, er sei der Auf=
fassung, dafi der Ansatz der Operation „Blau'' im Hinblick auf die schwachen
Krafte bei den H.Gr.n Mitte und Nord ein grofies Risiko bedeute, falls der Russe
einen entschlossenen Vorstofi auf Smolensk unternehme. Es erscheine ihm
jedoch fraglich, ob der Russe hierfiir geniigend Krafte und Wagemut besitze.
Der Fuhrer sei mit ihm der Ansicht, dai? infolge der deutschen Siidoperation
die russischen Krafte ebenf alls automatisch nach dem Siiden abgezogen werden
wiirden^.
[Ende der deutsch=italien. Luftoffensive gegen Malta^.]
1 Lagehericht OKH vom 10. Mai 1942 fehlt in der Sammlung des KTB Ski, Teil D.
2 Hierzu stellt Gen. Warlimont in einer Erlauterung jest:
„Am 10. Mai sah Feldmarschall Kesselring nach insgesamt 11 000 Einsdtzen
seiner beiden Fliegerkorps gegen Malta die ihm gestellte Aufgabe als erfUllt an.
Bei seiner Meldung, dafl der britische Stiitzpunkt ,ausgeschaltet' sei, konnte er
sich darauf berufen, daji die Hafenanlagen und Rollfelder in grojiem Umfang
zerstort, die Kriegsschijfe aus dem Hafen vertrieben warden und nur wenige
Jagdflugzeuge in ihren Felsen=Schutzstdnden einsatzfahig geblieben waren. Min=
destens ebensoviel bedeutete es, daji die Luftwaffe gemeinsam mit U=Booten
und der italienischen Flotte die Insel in den vorangegangenen Monaten fast von
jeglicher Zufuhr abgeschnitten hatte.
In der Erwartung, Malta in der Folge auch mit verminderten Kraften nieder=
halten zu konnen, hielten die beteiligten Filhrungsstellen nunmehr den Zeit=
punkt fUr gekommen, um Telle der Luftflotte 2 dem Kriegsschauplatz im Osten
zuzufuhren, wo mit der bevorstehenden Wiederaufnahme der Offensive gegen
Rujiland die Vorentscheidung des Krieges gesucht werden sollte. Nachdem sich
das OKW in seinem Befehl vom 4. Mai mit der Anordnung begniigt hatte, die
Lufttiberlegenheit im Mittelmeerraum musse auf alle Falle sichergestellt bleiben,
sind diese Abgaben allem Anschein nach im Einvernehmen zwischen Kesselring
und dem Oberkommando der Luftwaffe zustande gekommen. Uber das Ausmafl
der Krafteminderung liegen sichere Unterlagen nicht vor. Im Gegensatz aber
zu den Angaben des Feldmarschalls Kesselring, der in seinem Nachkriegsbericht
davon spricht, dafi ,gegen Mitte Mai . . . die meisten Fliegerkrdfte' seines Be=
fehlsbereichs an die Ostfront verlegt warden seien, diirften sich die AbzUge in
einer Groflenordnung von etwa je 2 Jdger= und Bambergruppen gehalten haben.
Dafl die oberste deutsche Fiihrung auch diese Umgruppierung in Anbetracht der
weiter bestehenden Aufgaben im Mittelmeerraum iiberhaupt zugelassen hat,
diirfte nur aus Hitlers — damals — Ublichem Verzicht auf Eingriffe in die Fiih=
rung der Luftwaffe zu erkldren sein."
348
11. Mai 1942
11. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Chef OKW bittet den Chef des ital. Wehrmachtgeneralstabes sowie die
Chefs des rumanischen und ungarischen Generalstabes, im Interesse der Ge=
heimhaltung und des erforderlichen Querverkehrs mit den deutschen Kom=
mandobehorden einheitlich den gesamten operativen Funkverkehr nach deut=
schem Chiffrierverfahren regeln zu lassen.
Beurteilungen der Lage durch das AOK Lappland. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Auf Grund einer Aufstellung iiber die Beuteflakgeschiitze befiehlt der Fuhrer
die Munitionsfertigung fiir 9,5 cm=Flak Vickers fiir eigenen Einsatz und fiir
Lieferungen an die Tiirkei sowie fiir 7,62 cm=Flak.
Schaffung eines „Rustungsamtes" unter dem Reichsminister fiir Bewaffnung
und Munition Speer. Das OKW stellt hierfiir einen Teil des WiRiiAmtes zur
Verfiigung. General Thomas gleichzeitig Chef des WiRiiAmtes und als Staats=
sekretar Chef des neuen Riistungsamtes unter Reichsmin. Speer.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Der bis in die Vormittagsstunden fortdauernde starke Regen
hat alle Bewegungen, insbes. den Angriff der Pz.Div.en, lahmgelegt und den
Einsatz der Luftwaffe (bis auf Einzelflugzeuge) bis in die Vormittagsstunden
verhindert. Nach starker Abwehr feindl. Pz.=Angriffe wurde der Vorstofi nach
O trotz starkerer feindl. Gegenwehr fortgesetzt. Es erreichten: die Siidgruppe
den Tatarengraben siidostw. Marfowka und bildete hier einen Briickenkopf;
die weiter nordl. vorgehenden Div.en gingen riickw. gestaffelt vor und erreich=
ten an der Strafie nach Kertsch die Gegend westl. Tschaltemir. Nordl. der
Strafie hielt der Feind bis zum Vormittag seine Stellungen und versuchte, die
im S geschlagene Liicke mit riickw. Kraften zu schliefien. Hierzu fiihrte er
zahlreiche Gegenangriffe durch. Erst dann waren riickw. Bewegungen zu er=
kennen. Gefangenen= und Beutezahlen nach bisher unvoUstandigen Meldungen :
7118 Gefangene, 47 Geschiitze, 23 Pak, 27 Pz. vernichtet.
Wetter: morgens Regen, nachm. aufheiternd, Wege sehr schlecht, Gelande
sehr schwer gangbar.
Armeegr. v. Kleist: Nordl. Slawjansk wiederholte der Feind seine Angriffe
nicht mehr. Dagegen wurden weiterhin starke Bewegungen auf den Strafien
nach Jsjum und von Jsjum nach Slawjansk bzw. Barwenkowa festgestellt. Ein
kleinerer feindl. Angriff siidl. Dubowo wurde zuriickgeschlagen. Wetter: be=
deckt, siidl. Stalino schmierig, nordl. davon fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
6. Armee: Bei Martowaja wurde ein Angriff in Btl.=Starke von eigenen
Kraften zuriickgewiesen. An den Briickenkopfen und Doneziibergangen zwi=
349
B. Kriegstagebudi
schen Chotomlja und Woltschansk entfaltete der Gegner eine lebhafte Tatig=
keit. Luftaufklarung stellte in diesem Raum 430 Kfz. und nordl. Woltschansk
280 Kfz., Schlepper mit Geschiitzen und Bespannfahrzeuge fest. Wetter: be=
wolkt, trocken. Wege und Strafien unverandert. Donez = 1 m iiber normal.
2. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen. Wetter: bedeckt, um 16 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Westl. Kiswino starkeres feindl. Artl.=Feuer. Im riickw. Ge=
lande wurde an der Strecke Brjansk— Roslawl eine So kg=Mine geraumt.
4. Armee: Eisenbahnzug mit Teilen einer neu herangefiihrten Div. entgleiste
ostw. Roslawl (4 Tote, 15 Verletzte).
9. Armee: Nordwestl. Rshew wurde die letzte von den 3 von den Russen liber
die Wolga gebauten Briicken mit eigener Artl. zerstort. Auf Bjeloj starkes feindl.
Artl.=Feuer. Siidwestl. wurde ein Feindangriff abgeschlagen. Strafien im Ab=
trocknen. Beim eigenen Vorstofi siidwestl. Demidoff verlor der Feind y6 Tote
und 86 Gefangene.
H.Gr. Nord:
Aus Cholm wurden bis zum 9. 5. einschl. 972 Verwundete abtransportiert.
An der Nordostfront von Demjansk sind bei Nowinka nach vorangegangener
Artl.=Vorbereitung starkere Feindangriffe im Gange. Nordwestl. davon wurde
ein Feindangriff abgewehrt. Auf den Nordteilen der Stellungen starkes feindl.
Artl.=Feuer. Der Feind versuchte auch am gestrigen Tage wieder, mit starken,
von Pz.n unterstiitzten Kraften beiderseits der Pola die eigenen Linien anzu=
greif en. AUe Angriffe wurden abgewiesen oder im Gegenstoli zuriickgeschlagen.
Starke Tag= und Nachtangriffe feindl. Flieger auf die Fahrstelle am Lowat,
die den Fahrbetrieb bei Ramuschewo sehr erschwerten. Es wurden etwa 200
Sprengbomben abgeworfen. Westl. Jamno gelang es von N angesetzten Kraf=
ten, die Einbruchsstelle abzuschliefien. Ein erfolgreicher Vorstofi im SW=Teil
des Kessels fiihrte zur Einnahme einer befestigten Ortschaft. Der Feind verlor
330 Tote. Der sudl. Maluksa eingebrochene Feind mit Pz.n hat sich im Gelande
verteilt. Abriegelung und Bereinigung sind eingeleitet.
Finnisdfie Front (9. 5.)
Sudostfront: Keine bes. Vorkommnisse.
Nordostfront (AOK Lappland) : Die in der Nordflanke der KandalakscKa=Stellung
erneut vorgegangene feindl. Abteilung wurde zuriickgeworfen.
Murmansk=Front: Am Siidfliigel der Liza=Stellung fiihrt der Gegner neue Krafte
heran. Mit Erneuerung der Angriffe ist zu rechnen. Die Angriffe gegen die Lan=
dungsgruppe gewinnen gegen starken feindl. Widerstand langsam weiter Boden.
Teile einer Mar.Brig. sind hier neu bei den Landungstruppen aufgetreten.
550
12. Mai 1942
Nordafrika (10. 5.)
Tag verlief bei normaler Aufklarungstatigkeit ruhig.
Bei feindl. Luftangriff auf Bengasi in der Nacht 9./10. 5. ein feindl. Flugzeug
abgestiirzt.
12. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Beginrt des feindl. Angriffs siidlich und ostwarts Charkow gegen den
rechten Fliigel der 6. Armee. Bei dem giinstigen Verlauf der Schlacht auf der
Halbinsel Kertsch halt es der Fuhrer fiir richtig, jetzt bereits Luftstreitkrafte
dort abzuziehen, um die Abwehr bei Charkow zu verstarken.
Der WB. Norwegen schlagt die Einsetzung eines Schiffahrtsdiktators in der
Heimat vor.
Nach Riickkehr von einer Balkanreise berichtet der Stellv. Chef WFSt dem
Fuhrer. Daraufhin werden dem WB. Sudost folgende Anweisungen gegeben:
Die siidlich der Demarkationslinie eingesetzten deutschen Truppen soUen nach
Durchfiihrung des Unternehmens Foca im Einvernehmen mit dem ital. AOK 2
in die deutsche Zone zuriickgezogen werden, um dort gemeinsam mit den
kroatischen Verbanden die noch verbliebenen Aufstandsherde auszuraumen
sowie die wehrwirtschaftliche Objekte und die Verkehrswege zu sichern.
Gleichzeitig ist die Kampfgruppe Bader aufzulosen. Aufierdem wird dem
WB. Sudost mitgeteilt, dafi mit dem Einsatz der SS=Division „Prinz Eugen"
nach beendeter Aufstellung in seinem Bereich gerechnet werden kann.
Zusammenstellung der in franzosischen Hafen liegenden nichtfranzosischen
Handelsschiffe.
Der Fuhrer hat Nachrichten aus Kujbyschew, denen zufolge die Russen den
Plan verfolgen, unsere Angriffsabsichten zu durchkreuzen, indem sie selbst
iiberall die Offensive ergreifen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
II. Armee: Trotz stellenweise noch vollig aufgeweichtem Gelande und unter
grolien Anstrengungen der Truppe gelang es am Vormittag des 11. 5., erheb=
liche Feindteile zwischen Ak Monaj und den eigenen Stellungen einzuschliefien.
Hierbei wurden bisher, unterstiitzt von der Luftwaffe, 41 Feindpanzer und
15—20 Geschiitze erbeutet bzw. vernichtet. Verzweifelte Ausbruchsversuche
des Feindes nach Osten und Nordosten wurden abgewehrt. Durch weiteren
Vorstofi der Rumanen wurde der Feindkessel verengt. Entlastungsangriffe
gegen die westl. und ostw. auf Keneges vorgehenden Teile wurden zuruck=
gewiesen. Die entlang der Kiistenstrafie in der Richtung Kasantip zuriick=
flutenden Feindteile wurden von eigenen Fliegern des VIII. Fl.K. wirksam
351
B. Kriegstagebuch
bekampft. Gruppe Groddeck erreichte am Nachmittag die Gegend Sarasjmin.
Dort starker Feindwiderstand. Die Brig, hat am lo. 5. 32 Feindflugzeuge ver=
nichtet. Standig wachsende Gefangenen= und Beutezahlen. Wetter: stark be=
wolkt, gegen Mittag aufheiternd; Wege aufgeweicht, Gelande sehr schwer
gangbar.
Armeegruppe von Kleist: Im Abschnitt Slawjansk griff der Feind nach ein=
tagiger Pause nach starker Artl.=Vorbereitung mit Panzern die eigenen Stel=
lungen an. Ein Ort ging verloren. Gegenangriff ist im Gange. Aus Richtung
Liman angesetzter Feindangr. wurde abgeschlagen. Feindansammlungen nord=
westl. Slawjansk wurden durch eig. Artl. zerschlagen. Westl. Losowaja konnte
ein feindl. Angriff, der voriibergehend in die rum. Stellungen eingedrungen
war, zuriickgewiesen werden.
Wetter: bedeckt, im Siiden Regen, StrajSen aufgeweicht.
6. Armee: Zwischen Matowaja und Woltschansk ostw. Charkow wurden
mehr. fdl. Angriffe abgewehrt, Obersetzversuche im Gegenstofi vereitelt.
Wetter: teilw. bewolkt, StrajSen gebessert.
2. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen. Wetter: bedeckt, zwischen 7 und
12 Grad Warme.
H.Gr. Mitte:
Aufier erfolglosen Feindangriffen bei KisUno (nordostw. Orel), siidwestl.
Suchinitschi und nordwestl. Rshew keine besonderen Kampfhandlungen. Im
Hintergelande wurden die Partisanen weiter erfolgreich bekampft. Strafien
und Wege gebessert.
H.Gr. Nord:
Feindangriffe nordl. und nordwestl. von Cholm wurden abgewiesen. Nord=
ostw. Demjansk mehr. vergebl. Feindangriffe aus Richtung Ljubiza. Der an
der Pola in die eigen. Stellungen eingedrungene Feind konnte bisher noch nicht
geworfen werden. Nordl. des Ilmensees wurden Angriffe des Feindes auf die
West= und Ostfront in der Gegend der Einbruchstelle abgewiesen. An der
Siidostecke gelang es ihm, westl. Jamno mit Panzern in die eigen. Linie einzu=
dringen. Eign. Stukas griffen erfolgreich in den Abwehrkampf ein. Starkes Artl.=
Feuer etwa 15 Batterien aus Gegend Jamno. Siidl. Maluksa wurden Feind=
angriffe abgewehrt, westl. davon versucht der Gegner, die Einbruchsstelle durch
Vorstofie zu erweitern. Auch hier konnten eign. Stukas erfolgreich eingreifen,
2 Pz. wurden in Brand geworfen.
Finnland (10. 5.)
Finn. Sudostfront: Normaler Verlauf des Tages.
Nordostfront (AOK Lappland): An der Louhi=Front brachen mehr. feindl. An=
griffe bis zur Rgt.=Starke nordostw. Kestenga unter schweren Feindverlusten zu=
sammen. 11 n'in^giB nov noty
X3' Mai 1942
Murmansk=Tront: Die Landungsgruppe westl. der Liza wird weiter verstarkt und
verteidigt hartnackig den Briickenkopf von ihrer Landungsstelle. Eign. Angriffe
erzielten bisher keine Erfolge.
Nordafrika (11. 5.)
Auf dem Siidfliigel bei Segnali lebhafte, sonst normale Aufklarungs= und Artl.a
Tatigkeit.
Feindl. Luftangriff auf Bengasi vom 10. auf 11. 5. ohne militarischen Schaden.
Naditrag zur Lage bei Kertsch
Gefangene und Beutezahlen haben sich wie folgt erhoht:
26710 Gefangene, 223 Geschiitze, 173 Panzer, 157 Gr.=Werfer, 88 Pak, 14 Flak,
2 Salvengeschiitze, 66 Flugzeuge. Brig. Groddeck 3000 Gefangene, 58 Flugzeuge.
13. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Beim Siidfliigel der 6. Armee im Raum um Charkow ist die Lage gespannt.
Der Fuhrer befiehlt deshalb das Abziehen weiterer Luftkrafte von Kertsch und
wiinscht die Vorverlegung des fur den 18. 5. geplanten Angriffs „Fridericus
Siid"' als beste Gegenmafinahme gegen die russischen Operationen. Nach
Meldung der H.Gr. Sud ist das jedoch nicht moglich.
Der Fuhrer gibt auf eine Anfrage von Gen.Oberst Haider die Verwendung
von Giftgas auch gegen die Partisanen in den riickwartigen Gebieten der Ost=
front nicht frei.
Die Leibstandarte SS „Adolf Hitler" wird aus der Front herausgezogen und
im Raum Mariupol aufgefrischt. Ebenso wird die SS=Division „Reich'' neu=
aufgestellt. Aufierdem hat der Fuhrer die Aufstellung eines Gen.Kdos. (mot.)
fiir die Waffen=SS genehmigt.
Die Seekriegsleitung beabsichtigt, 2 Zerstorer aus dem Raum von Kirkenes
abzuziehen und sie mit dem Panzerschiff „Admiral Scheer" und 2 weiteren
Zerstorern zu einer Kampfgruppe Tromso zu vereinigen. Ski. erwartet hiervon
auch eine gunstige Auswirkung auf die Operationen des AOK Lappland.
(Naheres s. Stellv. WFSt.)
Den U=Booten wird der warnungslose Waffeneinsatz gegen bewaffnete
Schiffe der siidamerikanischen Staaten, die zu Deutschland die diplomatischen
Beziehungen abgebrochen haben, freigegeben. (Stellv.WFSt und Ausl. v.
15. 5.)
Sondermeldung iiber Sieg und Verlauf der Schlacht auf der Landenge von
Kertsch.
353
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
11. Armee: Bei anhaltenden Wege= und Gelandeschwierigkeiten wurde mit
dem siidl. Korps erneut zur iiberholenden Verfolgung angetreten. Es erreich=
ten: die siidl. Div. die Gegend siidwestl. Marfowka unter Belassung von Siche=
rungen nordl. der StralBe siidostw. Keneges. Eine V.=Abt. auf den Hohen nord=
ostw. Keneges. Die nordl. Div. nordl. der Stralie nach Kertsch bei Semikolo=
tschi. Sauberungskampfe im Kessel um Ak Monaj wurden abgeschlossen.
Gefangenen= und Beutezahlen noch nicht zu iibersehen. Das nordl. und das
rum. Korps werden zur Verfolgung entlang der Uferstrafie angesetzt. Brig.
Groddeck wehrte, selbst bewegungsunfahig im Schlamm steckend, starke
feindliche Angriffe mit Fl.=Unterstiitzung bei Saranin ab. Wetter: Mittags klar
sonnig, leichter Wind, Wege und Gelande im Abtrocknen.
Armeegruppe von Kleist: Nordl. Slawjansk starkes feindliches Artl.=Feuer.
Der Feind griff die Stellungen siidostw. Barwenkowa mit etwa 200 Mann
vergebl. an. Wetter: + 17 Grad, bewolkt, im Siiden kiihler, Strafien aufge=
weicht, fiir gelandegangige Fahrzeuge bedingt befahrbar.
6. Armee I Der Feind griff mit iiberlegenen Kraf ten (mindestens 12 Inf .Div.en
und 300 Panzern) siidl. und ostw. von Charkow an. Siidl. Charkow durch=
brach er die Stellungen am Bahnhof Lichatschewo, drehte nach Norden ein
und gelangte in die Gegend beiderseits Bereka. Westl. Bhf. Lichatschewo und
bei Jefremowka halten noch eigene Telle. Eigene Truppen mit Panzerabwehr=
waffen zum Gegenstoii angesetzt. Ostw. Charkow brach der Russe in Hohe
von Saltow durch die eigenen Stelliuigen durch bis halbwegs Charkow. Nordl.
davon brachen etwa 100 Panzer bei Ternowaja durch die Stellungen durch
und gingen in siidwestl. Richtung vor. Feindl. Flieger unterstiitzten die Durch=
briiche, die eigenen Linien wurden zuriickgedriickt. Bisher 16 Panzer abge=
schossen. Wetter: bewolkt, warm, Strafien fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
2. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen, Wetter sonnig, + 15 Grad.
n.Gr. Mitte:
Siidl. Mzensk wurde ein fdl. Angriff unter erheblichen Verlusten fiir den
Gegner zuriickgeschlagen. Siidl. Brjansk wurde an der Bahnstrecke nach
Shisdra ein russ. Munitionslager entdeckt. Weiterhin erfolgreiche Kampfe
mit Partisanen. Bei 4. und 5. Pz.Armee keine besonderen Nachrichten.
Im Nordabschn. der 9. Armee verstarkt sich das feindl. Artilleriefeuer. Die
Strafien im Raum Rshew abgetrocknet. Ein russ. VorstojS nordwestl. Demidoff
wurde zuriickgeschlagen.
H.Gr. Nord:
Starke Ansammlungen bei Gorki etwa 30 km westl. Cholm. Ein fdl. Vor=
stojS auf der Stralie Staraja Russa— Cholm wurde abgewiesen. Demjansk=Stel=
354
14- Mai 1942
lung: bei Molwotizy Feindansammlungen; ebenso ostw. des Welje=Sees. An
der Nordostfront griff der Gegner weiterhin siidl. und siidwestl. Ljuban die
eigenen Stellungen an. Er wurde iiberall abgewiesen. Nordl. des Ilmensees
westl. Jamno starkes Artl.=Feuer auf die eign. Nachschubstrafie. Ein Vorstofi
konnte hier den eingebrochenen Feind weiter einengen. Auf die Stellung an
der Bahn Maluksa— Salzy starkes Artl.=Feuer. Siidwestl. davon wurden An=
griffe auf die Siidfront der Einbruchsstelle abgewiesen, die durchgebrochenen
Panzer zum Stehen gebracht.
Finnland (11. 5.)
Sudostfront: Normaler Verlauf des Tages.
Nordostfront: Louhi=Abschn. aufier Abwehr eines Angriffes in Kp.=Starke an
der Eisenbahn Kestenga— Louhi nur lebh. beiders. Feuertatigkeit.
Murmansk=Front: An der Siidfront wurden 2 Angriffe des Gegners verlustreidi
abgeschlagen. Starker Fahrzeugverkehr und Feindbewegungen vor Siidfliigel deu«
ten auf bevorstehenden Angriff hin. Die Landungsgruppe westl. der Liza=Bucht
verteidigt sich weiter in ihren starken Stellungen.
Nordafrika (12. 5.)
Tagesverlauf im allgemeinen ruhig.
Bei feindl. Fliegerangriff auf Bengasi kein militarisdier Sdiaden.
Am 12. 5. vormittags wurden 70 km nordl. Derna 14 deutsdie Transportflugzeuge
und 1 Me 110 von 9 Curtis und 3 Bristol=Blenheim angegriffen. Im Luftkampf wur=
den 5 Ju 52 und die Me 110 abgeschossen, wahrend der Feind 2 Kampfflugzeuge
und einen Jager verier. Von rund 100 deutsdien Soldaten konnten bisher 61 Mann
geborgen werden.
14. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiiditlidien Abteilung des OKW)
Beim Lagevortrag erortert Gen.Oberst Haider die Frage, ob die Uberschrei=
tung der Meerenge von Kertsch versucht werden soil. Der Fuhrer begriifit eine
solche Moglichkeit, jedoch nur unter der Voraussetzung, dafi die Besetzung
der Briickenkopfe auf dem jenseitigen Ufer nicht zuviel Krafte verbraucht und
der Angriff auf Sewastopol damit nicht in Frage gestellt wird. Da es Voraus=
setzung fiir das Unternehmen ist, dajS an der Strafie von Kertsch geniigend
Ubersetzmaterial vorgefunden wird, kann eine endgiiltige Entscheidung noch
nicht getroffen werden.
Gen.Oberst Haider tragt den Wunsch der H.Gr. Siid vor, Krafte aus dem
Bereich der Armeegruppe v. Kleist, die fiir den Angriff „Fridericus Siid'' be=
reitgestellt sind, zum Abfangen des Einbruches am Siidfliigel der 6. Armee
dorthin zu verschieben. Der Fuhrer lehnt diesen Vorschlag scharf ab und ver=
tritt die Auffassung, da6 das planmalBige Festhalten des moglichst friih zu
beginnenden Angriffes „Fridericus Slid'' die schnellste und beste Entlastung
fiir die 6. Armee bringt. Bis dahin soil eine verstarkte Luftwaffenunterstiitzung
355
B. Kriegstagebuch
Aushilf e schaff en. Hierzu ordnet der Fiihrer noch das Heranziehen einer Stuka=
Gruppe aus dem Bereich der H.Gr. Mitte an.
13.30 Uhr Anruf des GFM v. Bock (H.Gr. Slid) beim Fiihrer und Meldung
der schon oben geschilderten Auffassung. Der Fiihrer halt an seinem Entschlufi
fest und gibt dem GFM v. Bock entsprechenden Befehl. Er fordert, den Beginn
des Angriffs „Fridericus Slid'' moglichst schon am 17. 5. Gen.Oberst Haider
wird vom Fiihrer angewiesen, diesen miindlichen Befehl schriftlich an
H.Gr. sad zu bestatigen.
Nachmittags halt Admiral Donitz (B.d.U.) im Beisein des Grofiadmirals dem
Fiihrer Vortrag iiber den Stand der U=Bootkriegf iihrung ^
Der Fiihrer befiehlt, dafi dem OKW als seinem militarischen Arbeitsstab
alle fur die Fiihrung der Wehrmacht notigen Unterlagen und Beitrage auf
Anforderung ohne Vorbehalt zu iiberlassen sind.
Meldung der WStK iiber die Forderungen der USA an den Gouverneur der
franzosischen Besitzungen auf den Kleinen Antillen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Armee setzte auf ganzer Front die Verfolgung Richtung Kertsch
fort. Versuche des Feindes, sich am Tatarengraben erneut festzusetzen, wur=
den vereitelt. Nach heftigen Kampfen wurde er in Richtung Kertsch zuruck=
geworfen.
Gr. Groddek ging, nachdem starke Feindangriffe von Norden und Osten
abgewehrt worden waren, in Richtung Kamysch=Burun siidl. Kertsch vor. Rum.
Div. folgt Gr. Groddek. Die iibrigen Divisionen sind, nachdem der Feind aus
dem Tatarengraben zuriickgeschlagen war, in Richtung auf Kertsch angetreten
und sind etwa in Hohe Mariental— Sultanowka.
An Sewastopol=Front unverandertes Feindverhalten.
Wetter: Sonnig, warm, windig, Wege und Gelande trocknen langsam ab.
Armeegruppe von Kleist: An der Nordfront wurden die Waldstellungen
nordlich Slawjansk wiederholt in Btl.=Starke angegriffen. Alle Angriffe wur=
den abgewehrt.
Wetter: bewolkt, Strafien grofitenteils befahrbar.
6. Armee: Auf dem Siidfliigel der Armee setzte der Feind seine schweren
Panzerangriffe vornehmlich in westlicher Richtung im Orel=Abschnitt fort.
Er durchbrach hier Telle der Landesschiitzen. Weiter nordl. in Gegend Je=
fremowka gingen Telle einer Inf.Div. zum Gegenangriff vor. Es gelang dem
Aufzeidhnung iiber die Besprechung des Ob.d.M. beim Fiihrer am 13. u. 14. Mai
soivie den Vortrag des B.d.U. am 14. Mai 1942 (Nr. g^o g.Kdos. Chefs. — Ob.d.M.)
in: Lagevortrdge des Ob.d.M., a. a. O.
•55^
14. Mai 1942
Feind, den Sudflugel dieser angreifenden Telle zu umfassen und nach Norden
einzudrehen. Auch hier ist Gegenstofi eingeleitet. Ostw. Jefremowka gingen
starkere, von Panzern unterstiitzte Feindgruppen in nordlicher Richtung beider=
seits der Bahnlinie vor. Ostwarts Charkow stiefien eigene Panzerkrafte gegen
die westl. Saltow durchgebrochenen Panzerkrafte vor und erreichten die Gegend
von Nepokrytoje. Bei Tarnowaja gelang es dem Gegner, durchzustolien und
nach Norden einzudrehen. Nordlich Woltschansk starke Feindbewegungen er=
kannt. Nordhch Murom wurden die eigenen Linien durch massierte Angriffe
nach Westen zuriickgedriickt.
Wetter: klar, leichter Wind, + 20 Grad, unbefestigte Wege mit Kfz. be=
fahrbar.
2. Armee: Im riickw. Gelande konnten ung. Truppen weiterhin erfolgreich
gegen die Partisanen vorgehen und ihnen mehr. Ortschaften abnehmen.
Wetter: bedeckt, + 16 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: An mehr. Stellen eign. erfolgreiche Stofitruppunternehmen.
Siidwestl. Bjelew ging der Feind, durch einen eign. Vorstofi aus seinen Graben
herausgeworfen, fluchtartig nach Norden zuriick.
4. Armee: Aufier stark. Artl.=Storungsfeuer auf die RoUbahn keine bes.
Kampfhandlungen. Auf dem Nordfliigel der 9. Armee konnten mehr. Feind=
angriffe im Wolga=Tal abgewiesen werden.
Ein feindl. Vorstofi westlich Demidoff wurde abgewehrt.
Wetter: bedeckt, teilw. Regen.
H.Gr. Nord:
An der Strafie Ljubniza— Demjansk griff Feind mehr. Male vergeblich die
Stellungen der SS=„T''=Div. an. Auch ein Angriff von Siiden her gegen die
Gruppe Eicke im Robja=Tal wurde abgewehrt. Nordl. des Ilmensees wurde ein
Ausbruchversuch des in die Sperrlinie eingedrungenen Feindes letztmalig
verhindert und die eingeschlossenen Feindteile am Nachmittag vernichtet. Ver=
suche des Feindes, von Osten und Westen einzugreifen, wurden abgewehrt.
Zwischen Salzy und Grusino erfolgloser Feindangriff. An der Durchbruchsstelle
siidl. Maluksa wurden alle Angriffe gegen die Abwehrlinien abgeschlagen.
Finnland (12. 5.)
Sudostfront: Zwischen Seg= und Powenez=Bucht wurde ein Angriff in Starke von
2 Kompanien zuriickgewiesen. In den iibrigen Abschnitten keine besonderen Kampf=
handlungen.
Nordostfront: Nach Gefangenenaussagen soil im Abschnitt Louhi Ersatz von
2 000 Mann und eine neue Brig, eingetroffen sein. Auch an der Murmansk=Front
halt das Heranfiihren von Verstarkungen am Siidfliigel der Liza=Stellung und zur
Landungsgruppe an der Nordflanke westl. der Liza=Bucht an. Die beabsichtigten
Gegenmafinahmen sind eingeleitet.
357
B. Kriegstagebuch
Nordafrika (13. 5.)
Tagesverlauf ruhig.
In Nacht vom 12. zum 13. 5. feindl. Luftangriff auf Bengasi ohne militarischen
Schaden.
15. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Beim Lagevortrag^ meldet Gen.Oberst Haider, dafi in der Schlacht bei Char=
kow die Russen erstmalig grofiere Panzermassen geschlossen zum Einsatz
bringen. Der geplante Angriff „Fridericus Slid'' soUte bereits am 17. 5. be=
ginnen.
Bei der H.Gr. Mitte habe der geplante Angriif der 9. Armee auf St. Neli=
dowo wegen der Abziehung der Stukakrafte und schlechter Wegeverhaltnisse
verschoben werden miissen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feind gelang es nidit, auf den Hohen siidl., siidwestl. und westl.
von Kertsch, wo u. a. auch Baubtl.e und die Unteroffiziersschule aus Kertsch
eingesetzt waren, eine zusammenhangende Verteidigung aufzubauen. Trotz
sdiwieriger Gelandeverhaltnisse wurde der ortliche Widerstand gebrochen. Bis
15.00 Uhr hatten die Spitzen der Div.en (Groddeck — 132. 1.D. — 22. Pz.Div.)
etwa die Gegend 6 km siidl., westl. und nordwestl. von Kertsch erreicht.
An der Sewastopol=Front schwach. Vorstofi auf den Nordteil der Einschlie=
Sungsfront.
Wetter: bewolkt, warm, Wege noch stark aufgeweicht.
Armeegr. von Kleist: Bei Debalzewo wurde ein feindl. Angriff in Kp.=Starke
abgewiesen. Mehr. durch Panzer unterstiitzte Feindangriffe nordl. Slawjansk
waren erfolglos. Durch Nacht=Luftaufklarung wurden stark, mot. Verbande im
Marsch von Isjum nach Norden, Siiden und Siidwesten festgestellt.
Wetter: bewolkt, Strafien fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
6. Armee: Auf dem Siidfliigel driickte der Feind, mit Pz.=Kraf ten nach Westen
vorstofiend, die dort stehenden Sicherheitskrafte bis in die Gegend siidl.
Skotowaja zuriick. Nordl. davon wehrten Telle der hier stehenden Div. alle
Panzerangriffe des Feindes ab. Die an der Bahn nach Norden vorgehenden
feindlichen Pz.=Krafte stehen im harten Kampf mit von Norden eingesetzten
Sicherheitsverbanden in Gegend Bhf. Bereka. Von den angreifenden Panzern
wurden bisher ^o vernichtet. Der Feind setzte hier auf dem Siidfliigel der
Armee 8—9 Schiitzen=Div.en, 4 Kav.Div.en und 6 Panzerbrig.en ein. Ostw.
1 Notizen Haiders:
„Beim Fiihrer ergibt die Lagebesprechung ein ungeheures Interesse fiir die Ver=
wendung der neu anlaufenden Panzer IV mit langem Rohr, s. Pak auf Sfl."
35S
i5«Mai 1942
Charkow stiefien 23. und Teile der 3. Pz.Div. auf das Hohengelande ostw.
Nepokrytoje westl. Saltow vor und schlugen dort Pz.=Angrif¥e des Feindes zu=
riick. Auch von Siiden gegen die Flanke der eigenen Panzerkrafte vorgehende
Feindteile wurden zuriickgewiesen. Westl. und nordwestl. Woltschansk an=
greifende Feindteile hatten keinen Erfolg. Ledigl. einer schwacheren Abt. ge=
lang es, siidwestl. Woltschansk nach Westen vorzustofien. Ostw. Charkow
hatte der Gegner im ganzen etwa 12 Schiitzendiv.en, 1 mot. Brig., 3 Kav.Div.en
und 3 Pz.Brig.en eingesetzt. Ein feindl. Vorstofi ostw. Bjelgorod wurde im
Gegenstoli zuriickgeschlagen.
Wetter: + 25 Grad, klar, sonnig, Wege unverandert.
2. Armee: Keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: + 15 Grad, sonnig, windig. An der Naht zur H.Gr. Mitte war der
Verkehr in den letzten Tagen auffallend lebhaft. Bau von Blenden an den
Strafien, Ausladungen an der Strecke Bjelew— Werchowje. Marschbewegungen
von Nowosil iiber Werchowje in siidl. Richtung und Uberlauferaussagen
lassen auf einen fiir die nachsten Tage geplanten Angriff schliefien.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Feindl. Vorstofi westl. Nowosil wurde abgewehrt. Nordl.
Mzensk starke Feindbewegungen in siidostl. Richtung festgestellt. Bei einem
VorstoE siidl. und siidwestl. Bjelew wurden 16 Kampfstande genommen. Der
Feind verlor hier 100 Tote. Westl. Suchinitschi Feindbewegungen in siidwestl.
Richtung. Wetter: + 12 Grad, Wege langsam im Abtrocknen. Bei 4. und 3. Pz.=
Armee keine besonderen Kampfhandlungen.
9. Armee: Nordl. Rshew wurde ein Feindangriff abgewiesen, eign. Vor=
stofi war von Erfolg. Durch Regen wahrend der Nacht und am Morgen sind
die Strafien wieder aufgeweicht und grofitenteils nur mit Panjefahrzeugen
befahrbar.
H.Gr. Nord:
Westl. Cholm hatte ein Feindangriff von Norden her keinen Erfolg. An=
sammlungen an der Pola wurden von Teilen der Gruppe Eicke zerschlagen.
Auch ein Feindvorstofi am Lowat und ostw. Staraja Russa war erfolglos.
Ansammlungen bei Jamno wurden bekampft. Bei der Vernichtung der westl.
Jamno eingebrochenen Feindteile verlor der Feind 3500 Tote, 1000 Gef.,
6 Pz. und zahlr. leichte Waffen. Siidl. Maluksa hatte ein Gegenangriff eign.
Krafte von Siiden her, unterstiitzt durch Stukas, anfanglich Erfolg. Der Feind
machte hier einen Gegenstofi; Kampfe noch nicht abgeschlossen.
Finnland (13. 5.)
Siidostfront: Normaler Verlauf des Tages.
Nordostfront: Die Landungsgruppe westl. der Liza=Budit ist ansdieinend, durdi
Starke Verluste und erf olgreiche Angriffe der Luftflotte 5 gegen riickw. Verbindungen
359
B. Kriegstagebuch
und Landestellen veranlafit, seit den friihen Nachmittagsstunden im Zuriickgehen
nach Nordosten. Eign. Krafte sind im Nachstofien.
Nordafrika (14. 5.)
Bei starkem Sandtreiben nur geringe Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit. In Nacht
vom 13. zum 14. 5. feindliche Luftangriffe auf Bengasi ohne militarischen Schaden.
Nachtrag zur Lage bei Kertsch:
Nach neuesten Meldungen sind eigene Truppen nach Uberwindung der auBeren
Sperrlinie von Kertsch in die Innenstadt eingedrungen.
16. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
In Anerkennung der schnellen Einsatzbereitschaft der im Raum von Charkow
zusammengezogenen Luftwaffenkrafte weist der Fuhrer auf die operative Be=
deutung der Luftwaffe hin. Die Voraussetzung fiir diese operativen Auswir=
kungen bildet die Zusammenfassung ihrer gesamten Krafte in einer Hand
sowie eine gute Bodenorganisation. Unter dem gleichen Gesichtspunkt be=
trachtet der Fiihrer den Einsatz des Lufttransportraumes und fordert, dafi der
zur Versorgung des II. AK. eingesetzte Lufttransportraum baldmoglichst fiir
operative Zwecke freigemacht wird.
Der Fuhrer bezeichnet es von neuem als notwendig, zur Beseitigung des
Feindeinbruches siidostwarts der St. Maluksa einen Angriff von den Eck=
pfeilern der deutschen Stellungen aus zu fiihren, um die Bahndammstellung
von Pogestje wiederzugewinnen, und wiinscht, dajS hierbei die neuen „Tiger''=
Panzer eingesetzt werden.
Plane der Abwehrgruppe Siid fiir den Ansatz der Sabotage zur Zerstorung
der Don=Briicken. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der Fuhrer entscheidet, dafi das AOK Lappland in diesem Sommer nach
Bereinigung der Lage bei Kestenga den Schwerpunkt der Verteidigung zum
Geb.Korps Norwegen verlegen und die Wegnahme der Fischerhalbinsel mit
Nachdruck vorbereiten soU. Besonderes Gewicht soil auf die Erweiterung der
Unterbringungsmoglichkeiten und auf die Bevorratung gelegt werden. Eine
entsprechende Weisung wird ausgegeben.
Verh.Stah Nord meldet, dafi Feldmarschall Mannerheim die geplante Um=
organisation des finnischen Heeres in gemischte Brigaden nicht weiterfiihren
wird, sondern an der Divisionseinteilung festhalt.
Der Fuhrer erwagt eine Besetzung Spitzbergens. Der Oh.d.L. wird mit der
Durchfiihrung der erforderlichen Erkundungen beauftragt.
Fiir den Fall „Isabella'' werden 70 Spezialgiiterwagen in Hendaye bereit=
gestellt.
[Meldung des Generalobersten v. ]dny beun Fuhrer, OB der im Antransport
an die Ostfront hefindlichen 2. ung. Armee.]
360
i6. Mai 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: Lage bei Kertsch: Letzter zum Teil erbitterter Widerstand wurde
am Vormittag in Kertsch gebrochen. Stadt und Hafen vol! in eigenem Besitz.
Feind versuchte, mit alien Mitteln zum Schutz seiner Einladungen bei Jenikale
die Halbinsel zu verteidigen. Gegen 16.00 Uhr hatten erreicht: 170. 1.D.,
22. Pz.Div. und 28. lei. I.D. die Gegend ostw. u. nordostw. von Kertsch — harter
Feindwiderstand wurde hier gebrochen — , die 19. rum. und 46. I.D. die Kiiste
nordl. Kertsch.
Sewastopol=Front lebh. feindl. Aufkl.=Tatigkeit gegen die Nordflanke der
EinschlieJSungsfront.
Wetter: Sonnig, warm, zeitw. leicht bewolkt. Wege trocken.
Armeegr. von Kleist: Im Abschnitt Slawjansk seit dem Morgengrauen er=
neute Angriffe ostw. der Strafie Is jum— Slawjansk, die von 5 Panzern unter=
stiitzt wurden. Im ganzen Abschn. Slawjansk feindl. Artl.=Storungsfeuer aller
Waffen. Starker mot. Verkehr auf der Strafie von Isjum zur Front. Auch auf
der Strafie Losowaja nach Siiden wurde starker Kolonnenverkehr beobachtet,
der auf Ablosung schlielBen lafit.
Wetter: teilw. bewolkt, schwache Ostwinde, Strafien fiir alle Fahrzeuge
befahrbar.
6. Armee: Der Russe setzte seine Angriffe in beiden Einbruchsstellen sowie
siidl. wie auch nordostw. Charkow fort. Wahrend die Angriffe siidl. Charkow
weniger planmafiig als in den Vortagen vorgetragen wurden, hielten sie
nordostw. Charkow in unverminderter Heftigkeit an. Alle Angriffe wurden
auf beiden Einbruchsstellen abgewehrt. Der Feind erlitt sehr hohe Verluste.
Siidl. Charkow stehen eign. Truppen in der Linie Donez — siidl. Taranowka—
Ochotschaje— Jefremowka. Siidl. Jefremowka und Bereka stark. Feindansamm=
lungen, die auf weitere Angriffe schliefien lassen. Durchgebrochene Feindteile,
die auf Krasnograd vorstiefien, wurden von der Pionierbesatzung zuriick=
geschlagen. Weiter siidl. an der Heeresgruppengrenze ^ beschiefit der Feind
Sachnowschischina. Lage hier noch ungeklart. Ostw. Charkow fiihrte der
Feind heftige Angriffe durch, die von einer Inf.Div. in Gegend Babka zuriick=
geschlagen wurden. Die westl. Saltow vorgehenden eigenen Panzerkraf te wehr=
ten alle Gegenangriffe ab und schlugen den Feind nach Nordosten zuriick. Artl.
beschiefit wirkungsvoU die zuriickgehenden Russen. Nordostw. Murom westl.
Woltschansk gelang es Feindteilen, nach Nordwesten durchzubrechen; eine
Sperrformation ist von Norden aus Gegend Bjelgorod hierauf angesetzt. In
den bisherigen Kampfen wurden im Armeebereich 179 Panzer abgeschossen.
Wetter: klar, sonnig, + 20 Grad.
Im Nordabschn. der H.Gr. starkere Feindbewegungen im Trudi=Bogen nord=
1 So im Ms.; mu6 „Armeegrenze" heifien.
361
B. Kriegstagebuch
westl. Liwny. Im riickw. Gelande erfolgreiche Bekampfung der Partisanen
durch ung. Sicherungsverbande.
Wetter: wechselnd bewolkt, + 15 Grad.
H.Gr. Mine:
2. Pz.Armee: Siidl. Mzensk ein vergebl. Feindvorstofi. Vor der Mitte der
Armee halten die Feindbewegungen auf den Strafien siidl. Staroselje an. Der
Feind beginnt mit planmafiiger Artl.=Bekampfung unter starkem Munitions=
einsatz. Auf der iibrigen Ostfront der H.Gr. keine bes. Kampfhandlungen.
Auf dem aulBersten Nordfliigel gelang es Teilen einer Div., im Vorgehen
aus Richtung Newel nach Osten einige Ortschaften am Lowat zu nehmen und
den Flufi zu iiberschreiten. Die zah kampfenden Partisanen wurden zuriick=
geschlagen.
H.Gr. Nord:
Siidostl. Molwotizy halten die lebh. Feindbewegungen Richtung Nordwest
an. Stark. Feinddruck auf die Stellungen am Lowat siidostw. Staraja Russa.
Die Fahrstelle wurde wiederholt von feindl. Fliegern angegriffen. Vorstofie
gegen die Strafie Staraja Russa— Fahrstelle hatten keinen Erfolg. Nordl. des
Ilmensees traten eign. Krafte zur Bereinigung der Durchbruchsstelle siidl.
Maluksa zum Angriff nach Norden an.
Finnland (14. 5.)
Finn. SiXdost front: Ruhiger Tagesverlauf.
Nordostfront (AOK Lappland): Nordl. Kestenga wurde ein Angriff gegen den
auf dem Nordfliigel stehenden Feind angesetzt. Das Westufer der aufieren Liza=
Bucht wurde von versprengten Teilen des Feindes gesaubert. Bisher wurden 2000
Gefallene und eine grofie Anzahl leiditer und sdiwerer Waffen vorgefunden.
Panzerarmee Afrika (15. 5.)
Feindl. Erd= und Luftaufklarung reger als an den Vortagen. Beiderseitige Artl.=
Tatigkeit normal. Sandsturm halt an.
Erfolgloser feindl. Luftangriff in letzter Nadit auf Bengasi und am 15. friih
auf nordl. Frontabsdinitt.
Am 14. 5. lief ein Schiff in Tripolis mit Nachschubgut ein.
Ic: Sdiwedisdier Aufienminister in Kopenhagen. (Fiir Danemark nicht bequem!*).
17. Mai 1942
(KTB der Kriegsgesdiichtlichen Abteilung des OKW)
4.00 Uhr tritt die 17. Armee mit dem XXXX. AK. und dem III. (mot.) AK.
zum Angriff „Fridericus Siid'' an.
1 Handschriftlicher Zusatz.
362
-vj. Mai 1942
Gen.Oberst Haider meldet, dafi der Obergang iiber die Strafie von Kertsch
aus Mangel an Obersetzmitteln und Luftstreitkraften nicht durchfiihrbar sei.
Der Fiihrer stimmt dem zu, befiehlt jedoch, dafi die Vorbereitungen weiter=
laufen und eine dt. Inf.Div. auf der Halbinsel belassen wird.
Falls die 23. und 3. Pz.Div. aus der Front nordostw. Charkow herausgezogen
werden konnen, wird auch der Angriff „Fridericus Nord'' durchzufiihren sein.
Den russischen Transportbewegungen, die von Bologoje und Kalinin auf
Toropez fiihren, wird keine Bedeutung zuerkannt.
Der Fiihrer fordert, dafi die H.Gr. Mitte endlich grofiere Unternehmungen
gegen die Partisanen durchfiihrt. Zur Sicherung der riickwartigen Gebiete
soUen zentrale Eingreifgruppen gebildet werden.
Der Gen.d.Pi.u.Fest. h. Ob.d.H. Jacob halt dem Fiihrer Vortrag iiber den
Stand der Befestigungsarbeiten im Westen. Das KUstengebiet ist in Festungs=
bereiche eingeteilt; vorlaufig sind nur Feldbefestigungen gebaut worden. Der
Fiihrer befiehlt, dafi beim standigen Ausbau mit den Verteidigungsanlagen
und nicht mit den Versorgungsbauten begonnen wird. Der Cen.d.Pi. fiihrt
bei dieser Gelegenheit das Modell eines kleinen transportierbaren MG=Standes
vor, dessen Massenanfertigung fiir den Osten vom Fiihrer angeordnet wird.
Franzosische Antrage bei der WStK zwecks Aufstellung eines Kampf=
geschwaderstabes sowie den Austausch von schwersten Geschiitzen fiir die
franz. Atlantikkiiste Afrikas.
Der Wehrmachtbefehlshaber in den Niederlanden erhalt die Dienststellung
und die Befugnisse eines Armeeoberbefehlshabers.
Der Fiihrer ernennt den Oberst d. G. Scherff zum „Beauftragten des Fiihrers
fiir die militarisdie Geschichtsschreibung''.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sad:
±1. Armee: Verzweifelter Feindwiderstand auf Nordostteil der Halbinsel
zum Schutz der Einladungen bei Jenikale halt an. Ein Angriff aus Adshim=
Uschkaj, bei dem sich auch die Zivilbevolkerung beteiligte, wurde unter hohen
Feindverlusten zuriickgeschlagen. Kolonka, Hohen ostw. Baski und Majak
wurden genommen. Hier wehrt sich der Gegner noch verzweifelt.
Nach bisherigen Feststellungen verier der Feind an Gefangenen und Material
(ohne die Meldungen der 22. Pz.Div., Brig. Groddeck und VII. rum. AK.):
67 953 Gefangene, 616 Geschiitze, 76 Flak, 172 Pak, 285 Gr.Werfer, 235 Pan=
zer, 84 Flugzeuge.
Sewastopol=Front: Lebhaftere feindl. Aufkl.=Tatigkeit im nordl. Teil.
Wetter: wolkenlos, sonnig, warm. Wege und Gelande gut gangbar.
Armeegr. von Kleist: Auf dem linken Fliigel der Armee griff der Gegner
nach starker Artl.=Vorbereitung, unterstiitzt von Kampfflugzeugen, mit 2 bis
363
B. Kriegstagebuch
3 Batl.en die hier stehenden rum. Krafte an. AUe Angriffe wurden abgeschla=
gen. Eine zwischen den beiden Armeefliigeln eingesetzte Kampfgruppe (v.
Konrady) stiefi nach Nordosten vor und f and die Gegend siidostw. Krasnograd
feindfrei. Krasnograd selbst wurde von Norden durch Kav. angegriffen. Der
Angriff wurde abgeschlagen. Schwach. Feindtruppe im Marsch nordl. Krasno=
grad in westl. Richtung. An der Bahn nach Charkow siidl. Taranowka sind
wechsel voile Kampfe im Gange. Die rum. Verbande zwischen der Bahn und
dem Donez wurden etwas nach Norden zuriickgedriickt. Nordostw. Charkow
wurden alle Angriffe des Gegners, die mit Unterstiitzung besonders starker
Artl.=Gruppen gefiihrt wurden, abgeschlagen.
Feindteile, die nordwestl. Murom durchbrechen wollten, wurden zuriick=
geschlagen. Die Zahl der bei diesen Kampfen erbeuteten bzw. vernichteten
Feindpanzer hat sich auf 240 Panzer erhoht. Ein kleiner Feindvorstofi nord=
ostw. Bjelgorod hatte keinen Erfolg. Wetter: sonnig, klar, Stralien fiir alle
Fahrzeuge befahrbar; + 20 Grad.
H.Gr. Mitte:
Auf alien Fronten der H.Gr. keine besonderen Kampfhandlungen. Im riickw.
Gelande wurden die Partisanen bei Brjansk und nordl. davon mit Erfolg be=
kampft. Wetter: + 24 Grad, klar, sonnig, Strafien trocknen gut ab, sind fiir
Kfz. befahrbar.
H.Gr. Nord:
Bei Molwotizy halt der lebhafte mot. Verkehr auf der Strafie von Siidosten
her an. Nordl. des Ilmensees stark. Verkehr siidl. Jamno nach der Front.
Stark, fdl. Artl.=Tatigkeit am Nordostrand des Kessels. Ein Angriff auf den
Siidteil der Einbruchsstelle bei Maluksa wurde im Gegenstofi zuriickgeschlagen.
Nordostw. von dieser Stelle traten eign. Krafte zur Verbesserung der Stellung
zum Angriff an. Nordl. Maluksa stark, feindl. Artl.=Feuer.
Lage Finnland (15. 5.)
Siidostfront: Ruhiger Tagesverlauf.
Nordostfront: Im Abschn. Louhi erreichten deutsdie und finn. Truppen im Angriff
nadi Norden die Gegend etwa 12 km nordl. Kestenga. Der westl. der Strafie stehende
Feind in Btl.=Starke wurde eingeschlossen und verniditet.
Murmansk=Front : Wegen der vernichtenden Niederlage und der schweren Ver=
luste, die der Feind in der letzten Zeit bei seinem Landungsunternehmen an der
Liza=Bud\t erlitten hat, und wegen der bevorstehenden Schneeschmelze, hat er
scheinbar^ weitere Angriff sabsichten an dieser Front aufgegeben. In der Zeit vom
26. 4. bis 13. 5. hat der Feind an der Murmansk=Front 119 Angriffe mit zusammen
37 Btl.en gefuhrt. Er verlor hierbei etwa 8 000 Tote und 200 Gefangene.
1 gemeint: anscheinend.
364
i8. Mai 1942
Panzerarmee Afrika (16. 5.)
Bei anhaltendem Sandsturm normale Aufkl.= und Artl.«Tatigkeit. Nachtlicher
Luftangriff auf Bengasi ohne militarischen Schaden. Mehrfache feindl. Tiefflieger=
angriffe am Morgen des 16. 5., insbesondere auf Flakstellungen, verursachten geringe
Verluste.
18. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Auf Grund eines Fernschreibens des GFM v. Bock tragt Gen.Oherst Haider
vor, dafi nach Auffassung der H.Gr. Sud die sowjetrussischen Angriffe im
Raum um Charkow als entscheidungsuchende Operation anzusehen seien und
deshalb mit dem Einsatz weiterer starker Feindkrafte gerechnet werden miisse.
GFM V. Bock beantragt daher, ihm das Verfugungsrecht iiber die fiir die
Operation „Blau'' bereitgestellten Verbande zu erteilen. Der Fiihrer lehnt den
Antrag der H.Gr. ab, zumal die Divisionen noch gar nicht da sind und iiber
ihre Verwendung erst spater entschieden werden kann. Die H.Gr. Slid soil die
bei Fortsetzung des Angriffs „Fridericus Slid'' an der Siidwestecke des feind=
lichen Einbruchsraumes freiwerdenden Krafte als Reserven herausziehen. Der
Fiihrer erklart es als unzweckmafiig, in Isjum selbst einzudringen.
Der Fiihrer rechnet bei den H.Gr.n Mitte und Nord mit einer Entlastung,
wenn der Feind aus der Schlacht bei Isjum— Charkow die Gefahr erkannt hat,
die ihm aus seinen Sackbildungen erwachst. Er bezeichnet es als unverstand=
lich, dafi der Gegner soviel Krafte in den Wolchow=Kessel gestopft hat. Er
selbst hatte anstelle des Gegners seine gesamte Kraft dicht siidlich des Ladoga=
sees angesetzt, um die Verbindung mit Leningrad herzustellen.
Vortragsnotiz iiber die Starke der brit. Luftwaffe.
Der Notenwechsel zwischen der USA=Regierung und der franz. Regierung
beziigl. der Antillen.
Der Fiihrer befiehlt den Einsatz eines U=Bootes vor Martinique zum Angriff
gegen feindliche Seestreitkrafte innerhalb und aufierhalb der franz. Hoheits=
gewasser sowie zur Erkundung der Belegung des Hafens. Dem U=Boot wird
gegen alle franz. Schiffe, die den Hafen verlassen, warnungsloser Waffen=
einsatz freigegeben.
Nach Mitteilung des Botschafters Ritter hat der franz. Ministerprasident
Laval keine Garantie fiir das Verhalten des franz. Hohen Kommissars auf
den Antillen iibernommen. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der Ob.d.M. gibt in einem Schreiben an den Reichsmarschall seiner Auf=
fassung Ausdruck, dafi der moderne Seekrieg neben einer starken Flotte
eine mit ihr zusammen ausgebildete, durch sie fiir ihre Aufgaben erzogene
und von der Seekriegfiihrung einzusetzende Marineluftwaffe unbedingt er=
fordert. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
365
B. Kriegstagebudi
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
11. Armee: In den Mittagsstunden des gestrigen Tages wurde mit starker
Artl.=Unterstutzung zum konzentrischen Angriff gegen die im Raume ostw.
Kertsch eingeschlossenen Feindteile vorgegangen. Leuchtturm nordl. Majaki
wurde genommen. Der Feind verteidigt sich im Verein mit den Einwohnern
zah und kampft um jedes Haus. Versuch des Feindes, im Riicken der an=
greifenden Infanterie siidostw. Kertsch mit 2 Kanonenbooten zu landen, wurde
abgeschlagen. Die systematische Bekampfung der im Festungssystem nord=
ostw. Star. Karantyn eingeschlossenen Feindteile wird fortgesetzt.
SewastopoUFront : Zweimaliger Vorstofi schwach. Krafte in den Morgen=
stunden auf den Nordteil der Einschliefiungsfront wurden abgewiesen. Im
Hafen Sewastopol regerer Schiffsverkehr als bisher. Ein Kreuzer, mit Geleitzug
von 4 Schnellbooten einlaufend, sowie 4 Schiffe auslaufend beobachtet.
Die Gefangenenzahlen im Kertsch=Abschn. haben sich auf 93000 erhoht.
Beim Durchbruch durch die Parpatsch=Stellung wurden allein in einem Div.=
Abschnitt 25000 Minen aufgenommen. Wetter: sonnig, klar, Wege und Ge=
lande gut gangbar.
Armeegr. von Kleist: An der Nordfront der Armee von Slawjansk bis
Doropolje wurde am gestrigen Vormittag planma6ig zum Angriff angetreten,
um die im Isjumer Einbruchsraum stehenden Feindkrafte zu zerschlagen. Der
im Morgengrauen einsetzende Angriff traf den Feind voUig iiberraschend.
Die in starken Angriffsgruppen zusammengefafiten Krafte durchbrachen den
zahen Widerstand in gut ausgebauten Feld= und Waldstellungen und zer=
schlugen die dort eingesetzten Feindteile.
Der Angriff wurde von der Luftw. durch laufende Einsatze auf feindliche
Stellungen und Bewegungen auf das wirksamste unterstiitzt. Bis zum Nach=
mittag wurde etwa die Linie Bogoroditschnoje— Doljenskaja und Barwenkowa
erreicht. Die rum. Krafte nordl. und siidl. Losowaja konnten Sto6truppunter=
nehmen erfolgreich durchfiihren. Ein feindl. Angriff nordwestl. Losowaja
wurde abgewiesen.
Wetter: sonnig, zunehmende Bewolkung, nachmittags + 30 Grad.
6. Armee: Der Feind setzte heute seine Angriff e mit grofiter Heftigkeit
unter Einsatz zahlreicher Panzer an beiden Einbruchsstellen der Armee fort.
Dank der Standhaftigkeit der eigenen Truppen wurden alle Angriffe ab=
gewiesen und dem Feinde schwere Verluste an Menschen und Material zu=
gefiigt. Nordostw. Charkow traten etwa 150 Panzer auf. Seit dem 12. 5.
wurden insgesamt 296 Panzer vemichtet, davon schofi allein der Oberwacht=
meister Miiller mit seinem Sturmgeschiitz 11 Panzer ab. In der gleichen Zeit
wurden 3985 Gefangene gemacht. In Krasnograd drang nach Angriff iiber=
legener Feindkrafte, von Panzern unterstiitzt, rote Kavallerie in den Ostteil
Krasnograds ein. Hier wird zur Zeit noch gekampft. Siidl. Charkow wurde
566
ig. Mai 1942
die Linie trotz starken Feinddrucks iiberall gehalten. Ostw. Charkow gingen
eign. Panzerkrafte nordwestl. Saltow zum Angriff vor. Kampfe hier noch im
Gange. Nordostw. Lipsy wurde ein Feindangriff zuriickgeschlagen. An der
iibrigen Front keine besonderen Kampfhandlungen. Wetter: sonnig, warm,
+ 28 Grad. Bei 2. Armee + 20 Grad. Auf der Grenze zwischen H.Gr. Siid und
Mitte weiterhin starke Feindansammlungen gemeldet.
H.Gr. Mitte:
AujSer eigenen erfolgreichen Vorstofien siidl. Suchinitschi, nordl. Kirow und
vergebl. Feindangriff siidl. Stariza und auf die Stellungen des Nordostfliigels
keine besonderen Kampfhandlungen. Im riickw. Gelande wurden mehr. Vor=
stofie von Partisanen durch Gegenangriffe zuriickgeschlagen und mehr. Ort=
schaften genommen. Ein eign. Vorstofi westl. Sytschewka nahm mehr. Ort=
schaften und erreichte teilw. den Dnjepr. Zwischen Welish und Newel nahmen
eign. Truppen eine Wegekreuzung gegen Feinddruck.
Wetter: + 25 Grad, sonnig, teilw. starker Ostwind.
H.Gr. Nord:
Im Siidteil der Demjansk=Front starkes Artl=Feuer. Angriffe auf die Sud=
ostecke wurden abgewiesen. Siidl. Staraja Russa war eign. Sto6truppunter=
nehmen im Zuge der Stra6e nach Cholm von Erfolg. Auf die Stellungen nordl.
des Ilmensees stark, feindl. Artl.=Feuer. Ebenso auf den Nordteil des Kessels
am Wolchow. Angriffe auf die Sperrlinie von Westen her wurden abgewiesen.
Angriffe zur Bereinigung der Einbruchsstelle siidl. Maluksa sind noch im Gange.
Auf dem auiiersten linken Fliigel bei Dolgowo westl. Oranienbaum wurde ein
fdl. Stofitruppunternehmen abgewehrt.
Lage Finnland (16. 5.)
Sudostfront: Keine bes. Kampfhandlungen.
Nordostfront (AOK Lappland): Der eign. Angriff im Abschn. Louhi konnte
trotz starken feindl. Widerstandes zusammen mit der vorgehenden Umfassungs=
gruppe weiter Boden gewinnen. Auf dem rechten Fliigel wurde die alte Linie wieder
gewonnen, dabei an einigen Stellen der hartnackige Widerstand der feindl. Nach=
huten gebrochen.
Panzerarmee Afrika (17. 5.)
Wegen Sandsturms keine besonderen Ereignisse.
19. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Beim VIII. AK. (6. Armee) siidwestl. Charkow besteht noch eine starke
Spannung. Der Fuhrer vergleicht die Situation mit der Schlacht bei Tannenberg
und sagt: „Die Belastungsprobe mufi durchgestanden werden." Gen.Oberst
■367
B. Kriegstagebuch
Haider rechnet damit, dafi spatestens am 23. 5. der Angriff „Fridericus Siid''
sich zur Entlastung der Lage bei Charkow auswirken wird. Auf Vorschlag
von Gen.Oberst Jeschonnek befiehlt der Fiihrer, aus der H.Gr. Mitte eine
weitere Kampfgruppe heranzuziehen, um die Lage des VIII. AK. zu entlasten.
19.00 Uhr erfolgt telefonischer Anruf des GFM v. Bock. Er meldet dem
Fiihrer den AbschlulE der Kampfe auf Kertsch (Sondermeldung) und den guten
Verlauf des Angriffs „Fridericus Siid''. Bei einigem Optimismus konne man
annehmen, dafi mit dem heutigen Tage der Krisenpunkt iiberwunden sei.
Meldung von der Abt. Fremde Heere West des GenStdH iiber ein geplantes
brit. Landungsuntemehmen des Vizeadmirals Mountbatten. (Vgl. Stellv. WFSt
V. 19. u. 20. 5.)
Chef WFSt beantwortet zwei Briefe des Chefs des Stahes des OB West,
Gen. Zeitzler, und legt seine Auffassung iiber die dortige Lage dar.
Auf einen Antrag des Reichsarbeitsfuhrers entscheidet der Fiihrer nach
Vortrag des Chefs OKW, dafi die in der RUstungsindustrie tatigen Manner des
Jahrgangs 1925 bis zur Einberufung in die Wehrmacht an ihren Arbeitsplatzen
zu belassen sind. Die Kriegsfreiwilligen sind nach wie vor vom Arbeitsdienst
zu befreien. Die iibrigen Teile des Jahrgangs 1925 sind aber dem RAD mit
Einberufung des Jahrg. 1924 zur Wehrmacht zur Verfiigung zu stellen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feind wurde am gestrigen Tage auf KUstenstreifen Kertsch—
Jenikale zusammengedrangt und leistet dort zahen Widerstand. Z. T. greift
er mit Panzern an. Die ostl. Kampfgruppe nahm Majak nordostl. Jenikale.
Siidwestl. davon kampfen 2 Div.en um Kaklen und Jenikale. Gegen den auf
etwa 2 000 Mann geschatzten Feind im Fort von St. Karantyn wird systema=
tischer Angriff mit Unterstiitzung schwerster Artillerie fiir den 19. 5. vor=
bereitet. Im Hafen von Sewastopol halt reger Schiffsverkehr an. Wetter:
leicht bewolkt, warm, Strafien und Wege gut befahrbar.
Armeegr. von Kleist: Der Angriff in den Raum von Isjum wurde fortgesetzt.
Die Div.en auf dem rechten Fliigel sauberten das Westufer des Donez.
16. Pz.Div. stieli bis auf die Hohen siidl. Isjum vor. Weiter westl. gingen
Panzer= und Inf.Divisionen ostw. und westl. an Barwenkowa vorbei nach
Norden vor und erreichten mit V.=Abt.en die Bereka sUdl. Petrowskaja.
Kav.Abteilungen und einzelne Stiitzpunkte leisteten im Hintergelande noch
Widerstand. Den Schutz des linken Fliigels iibernahm die Geb.=Div. in all=
gemeiner Linie Barwenkowa— Bahn—Dubowo. Auf den aufiersten Nordfliigel
griff der Feind in Kp.=Starke die dort stehende Abteilung Konrady an und
wurde abgewehrt.
Wetter: sonnig, warm.
368
ig. Mai 1942
6. Armee: Der Feind setzte auch am gestrigen Tage seine Angriffe an beiden
Einbruchsstellen fort. Nach wechselvoUen Kampfen im Laufe des Tages, wobei
der Feind mehrfach mit Panzern in die eigenen Stellungen eindrang und in
Gegenstofien wieder zuriickgeworf en wurde, war am Abend die eigene Stellung
vom Vormittag wieder in eigener Hand. Die Verluste an feindl. Panzern seit
12. 5. hat sich auf 400 Panzer erhoht. Wetter: klar, sonnig, + 30 Grad, nachm.
Gewitterregen.
Nordwestl. Liwny griff Feind in Starke von mehr. Kompanien die dort
stehenden Div.en im Trudy=Bogen an imd driickte den rechten Fliigel nach
Westen zuriick. Gegenangriff ist im Gange. Wetter: 15 bis 20 Grad, wechselnd
bewolkt.
H.Gr. Mitte:
Die siidl. Kirow stehende Div. trat zum Angriff nach Siiden an, nahm mehr.
Ortschaften und gewann etwa 10 bis 15 km nach Siiden Raum. Gegenangriffe
wurden abgewehrt. Ein Angriff nordostw. Jelnja wurde zuriickgeschlagen. Eine
Pz.Div. siidwestl. Rshew nahm in raschem VorstoiB mehr. Ortschaften im
Raum Kostrizy und warf den Gegner nach Siiden zuriick. Siidl. Wel.=Luki
wurden in kiihnem Vorstofi die stark ausgebauten feindl. Stellungen durch=
brochen, die Strafienspinne siidl. Wel.=Luki erreicht und zum weiteren Angriff
nach Siiden eingedreht.
Wetter: + 27 Grad, vorm. sonnig, nachm. Regenschauer.
H.Gr. Nord:
Gruppe Lang trat zum Angriff gegen den im Siidteil von Cholm stehenden
Feind an. Kampf noch im Gange. Siidl. Staraja Russa gingen eign. Truppen
nach Siiden zum Angriff vor. An der Einschliefiungsfront westl. Jamno wurden
feindl. Angriffe abgewiesen. Die 11. 1.D. hat die Briickenkopf stellung siidl.
Salzy von der 21. 1.D. iibernommen. Im Zuge des Angriff s im siidl. Teil der
Einbruchsstelle Maluksa wurde ein feindl. Waldlager genommen.
Finnland (17. 5.)
Finn. Sudostfront: Keine besonderen Kampf handlungen. In den Kampfen im
Louhi=Abschn. verlor der Feind am 15. und 16. 5. etwa 600 Tote und 50 Gefangene,
aufierdem eine grofiere Zahl von Infanterie=Waffen. Der Feind scheint sich hier zur
Verteidigung einzurichten.
An der Murmansk=Front Umgliederung der eigenen Krafte.
Panzerannee Afrika (18. 5.)
Auf dem Siidfliigel lebhaftere, sonst normale feindl. Spahtrupp= und Artl.=
Tatigkeit.
Eign. Spahtrupp nahm bei Aufklarungsvorstofi 1 Offz. und 20 Mann gefangen
und erbeutete mehr. Kfz., dabei eine Funkstelle mit Funkunterlagen.
369
B. Kriegstagebuch
Gegn. setzte rege bewaffnete Luftaufklarung iiber gesamter Front fort. Dabei
wurden von Verbanden des Heeres 2 feindl. Jager abgeschossen.
In Nacht vom 17. zum 18. 5. feindl. Luftangriff auf Bengasi ohne militarischen
Schaden.
20. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Mit Bezug auf die Operation „Blau'' weist Gen.Oberst Haider wahrend
des Lagevortrags kurz auf die russischen Befestigungsbauten in der Tiefe des
Raumes vor der H.Gr. Siid hin (Rostow, Woroschilowgrad und Woronesch).
Der Vuhrer auliert sich erneut sehr skeptisch iiber den geplanten ital. Angriff
zur Wegnahme von Malta. Wenn die Bindung der deutschen Wehrmacht im
Osten nicht bestiinde, so dafi das Malta=Unternehmen mit deutschen Kraften
durchgefiihrt werden konnte, wiirde er die Lage anders beurteilen. Er sieht
nicht nur das Problem der Wegnahme, sondern auch des Haltens von Malta,
weil Malta auf die Dauer nicht aus der Luft, sondern nur auf dem Seewege
versorgt werden kann. Nach alien geschichtlichen Erfahrungen sei dazu die
ital. Flotte nicht in der Lage, da sie in einer von den Englandern sicherlich
herbeigefiihrten Seeschlacht unterliegen wiirde. Die Versorgung von Malta
wiirde zumindest einen dauernden Aderlafi verursachen.
Der Fuhrer bemerkt, dafi nunmehr 16 "/o der finnischen Bevolkerung im
Wehrdienst eingesetzt seien.
Um den verschiedenen Wert der Truppen zu beleuchten, zieht der Fuhrer
einen Vergleich zwischen der eingeschlossenen Besatzung von Cholm und der
amerikanischen Besatzung von Corregidor auf den Philippinen. Letztere hat
sich ergeben, obwohl sie noch fiir 2 Monate bevorratet war und einen ganz
niedrigen Prozentsatz von Verlusten hatte.
Der Fuhrer lehnt den Verwundetenaustausch mit England ab.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Siidl. Kertsch wurde nach schwerem Kampf und kiihnem Sturm=
bootunternehmen iiber See das Fort Ak Burun genommen. Nordostw. Kertsch
sind schwere Kampfe mit den in dem Hiittenwerk eingeschlossenen Feindteilen
noch im Gange. Durch zahlreiche Hohlen mit unterirdischen Verbindungs=
gangen war es dem Feinde moglich, noch in der Nacht zum 19. 5. erneut im
Riicken der fechtenden eign. Truppe anzugreifen. Eine weitere Div. nahm die
Kiistenstadt Karpan nach erbittertem Hauserkampf. Weiter nordl. wurden
Gleiki und der Leuchtturm genommen. Hierbei wurden 8250 Gefangene und
2 100 Tote gezahlt.
Wetter: bewolkt, schwul, Gewitterbildung, Strafienzustand gut.
370
20. Mai 1942
Armeegr. von Kleist: Bei gliihender Hitze und besonders auch durch grofie
Marschleistungen der nicht einmarschierten, unbewegl. Schtz.Btl.e wurde auch
gestem wieder im Raum Isjum Grofies geleistet. Eine Div. erreichte Studenok
siidostw. Isjum, erbeutete hier mehr. feindl. Panzer. Damit ist das Donez=
becken in eigner Hand. Siidl. Isjum wurde die dort stehende eign. Div. zur
Verteidigung gegliedert. Weiter westl. stiefi eine Div. bis nach Sawodsky vor,
nach Gef echtsberiihrung mit zahlreichen versprengten Feindteilen, und erreichte
hier den Donez. Eine Pz.Div. erreichte nach Durchbrechen fdl. Widerstandes
bei Wei. Kamyschewacha Petrowskaja und bildete dort einen Briickenkopf.
Siidl. davon wurden 7 schw. feindl. Panzer abgeschossen. 2 Div.en wurden
siidwestl. von Kamyschewacha bereitgestellt zur Sauberung des Raumes westl.
Isjum. Die Geb.Div. als Flankensicherung nahm den Bahnhof Gawrilowka
und zerschlug 2 von Westen angreifende Kav.Rgt.er. Auf dem aufiersten
Nordfliigel der Armeegr. wurde ein feindlicher Angriff von einer rum. Abtl. ab=
gewehrt.
Wetter: + 30 Grad, sonnig, schwiil.
6. Armee: Der Feind fiihrte auch am gestrigen Tage seine Angriffe gegen
die Siid= und Ostfront bei Charkow mit starken Panzerkraften durch. Die
Angriffe wurden iiberall abgewiesen und zahlreiche Panzer abgeschossen.
Bisher 28 gemeldet. Luftaufkl. ergab am Nachmittag auffallend starke Kfz.=
Kolonnen, in Richtung von Bereka nach Siidosten marschierend, und siidl.
Saltow Abmarsch von 22 Feindpanzern nach Osten. Die Besatzung von Kras=
nograd warf im Angriff nach Nordosten den Feind zuriick. Feindl. Angriffe
von Siidosten auf die Stadt sind noch im Gange. Wetter: wolkig, schwiil.
2. Armee: + 27 Grad, klar, sonnig. Im riickw. Gelande wurden in der
Gegend von Seredina Buda die Partisanen weiter erfolgreich zuriickgedrangt.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Kirow haben auch gestern wieder eign. Truppen erfolgreiche Vorstofie
gegen die Partisanen unternommen und mehr. Ortschaften dem Feind ent=
rissen. Im Raum nordl. Fomina landeten auf deutschen Scheinflugplatzen
5 russ. Kuriermaschinen, davon 2 unversehrt, 2 leicht beschadigt. 3 Flugzeug=
fiihrer, 1 Beobachter gefangen genommen. Von weiteren Transportflugzeugen
wurden hier 62 Behalter mit Munition und Minen abgeworfen. Nordostw.
Bjeloj vergebl. Feindangr. auf eign. Pz.=Krafte. Siidl. Welish und siidl. Wel.=
Luki eign. Vorstofie erfolgreich.
H.Gr. Nord:
Im Siidraum Cholm ist Kampf noch im Gange. Siidl. Ilmensee und nordl.
Ilmensee keine bes. Kampftatigkeit. Bei einem Vorstofi am Siidrande der
Einbruchsstelle siidl. Maluksa wurden 5 Feindpanzer erledigt.
37X
B. Kriegstagebuch
Finnland (18. 5.)
Sudostfront: Am Swir wurden 2 Angriffe in Kp.=Starke abgewiesen. An der
Swirmiindung (Ladogasee) wurde die dort stehende deutsche Div.^ durch eine finn.
ersetzt.
Nordostfront: (AOK Lappland): Nordl. Kestenga wurden erneute starke feindl.
Gegenangriffe von Osten her abgewiesen. An den iibrigen Fronten keine bes.
Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (19. 5.)
Tag verlief im allgemeinen ruhig.
Feindl. Luftangriff in letzter Nacht auf Bengasi ohne militarischen Schaden.
21. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Gen.Oberst Haider meldet dem Fiihrer, dafi die feindlichen Angriffe gegen
das VIII. AK. an Starke nachgelassen haben. Auf seine Frage, ob die 3. und
23. Pz.Div. nach erfolgreicher Durchfiihrung des Gegenangriffs ostwarts Char=
kow gleich zur Bildung eines Briickenkopfes bei Woltschansk eingesetzt wer=
den sollen, entscheidet der Fiihrer, dafi hierfiir diese Krafte nicht ausreichen.
Dagegen wiinscht er den Einsatz der beiden Pz.Div.en zum Angriff „Fridericus
Nord".
Weiterhin meldet Gen.Oberst Haider, dafi nach Auffassung der H.Gr. Nord
die Erweiterung der Landbriicke zwischen dem X. und II. AK. ohne die beim
X. AK. eingesetzten Telle der 7. Geb.Div. nicht moglich sei. Der Fiihrer be=
fiehlt daraufhin, daiS diese Telle der 7. Geb.Div. bis zur Durchfiihrung des
beabsichtigten Angriffs beim X. AK. verbleiben konnen. Hierfiir ist von H.Gr.
Nord der 25. 5. in Aussicht genommen. Mit einer lotagigen Dauer wird ge=
rechnet.
Gen.Oberst Haider bemerkt, dali die befiirchteten russischen Angriffe gegen
die Ostfront der 17., 6. und 2. Armee anscheinend ausbleiben. Moglicherweise
habe der Russe nur geblufft.
Der Fiihrer vermifit bei der H.Gr. Mitte die straffe Fiihrung in der Beseiti=
gung der feindlichen Krafte hinter der Front.
Gen.d.Fl. Student^ berichtet dem Fiihrer im Beisein des Gen.Obersten Je=
schonnek iiber die Planungen und Moglichkeiten des ital. Unternehmens gegen
1 163. Inf.Div.
2 Hierzu General Warlimont in einer Erlauterung:
„Um zu klaren Entscheidungen hinsichtlich Maltas zu gelangen, wurde der Ge=
neral der Flieger Student in das Hauptquartier beordert, der in SUditalien die
Vorbereitungen der deutschen und italienischen Fallschirmtruppen fiir das Un=
ternehmen ,Herkules' leitete. Er setzte Hitler den Angriffsplan im einzelnen
auseinander und zeigte sick, gerade audi nach seinen Eindriicken iiber die jungen
italienischen Fallschirmer, von einem sicheren Erfolg iiberzeugt. Auch der Chef
des Generalstabes der Luftioajfe trat mit Nachdruck fiir die Durchfiihrung ein,
372
21. Mai 1942
Malta. Danach soil die weniger befestigte Steilkiiste der Insel am Nachmittag
des Angriffstages durch eine Falls chirmlandung weggenommen werden. Dar=
aufhin soil um Mitternacht die Landung der ersten Seetransportstaffel in
kleineren Buchten erfolgen. Nach Ausschiffung der Panzer ist der Angriff
gegen die Victoria=Linie vorgesehen, um diese von Siiden her zu offnen. Da=
neben sei eine Landung bei Marsa Schirokko geplant. Fiir das Unternehmen
werde Schiffsraum fiir etwa 16 500 Mann benotigt.
Der Fiihrer glaubt nicht an das Gelingen des Unternehmens aus folgenden
Griinden:
1. Das ganze Marineunternehmen ist nur bei volliger Geheimhaltung denk=
bar, die jedoch von den Italienern nicht zu erwarten ist.
2. Es fehlt den Italienern an der Griindlichkeit und Piinktlichkeit, weldie
die Voraussetzung eines so komplizierten Zusammenspiels von Marine
und Luftlandetruppen bilden.
3. Die ital. Marine und die Landtruppen besitzen nach den bisherigen Er=
fahrungen nicht den erforderlichen Angriffsgeist.
4. Der ital. Nachschub iiber See wird von den Englandern empfindlich ge=
stort werden. Deutscher Lufttransportraum steht hierfiir nicht in ge=
niigendem Ausmafi zur Verfiigung.
Cen.Oberst Jeschonnek setzt sich fiir die Durchfiihrung des Unternehmens
ein imd halt die nachtliche Landung mit kleinen Schiffsfahrzeugen fiir moglich.
Der Fuhrer will die Plane selbst noch studieren und betont die Schwierigkeit,
den Italienern gegeniiber die richtige Form der Ablehnung zu finden. Er
wird darauf hingewiesen, dafi im Falle der Ablehnung die ganze Niederkamp=
fung von Malta durch die Luftwaffe wieder nutzlos sei und in Kiirze der Nach=
schubverkehr nach Nordafrika wieder zu leiden habe. Der Fuhrer bringt dem=
gegeniiber zur Geltung, dafi man, falls die Wegnahme von Tobruk gelingt,
auf Malta verzichten konne, da dann die Verbindung iiber Kreta nach Tobruk
geleitet werden konne. Er befiehlt zwar, das Unternehmen „Herkules'' bis auf
weiteres geistig vorzubereiten, betont aber nochmals, dafi er sich von der
Durchfiihrung keinen Erfolg verspreche.
[Abends Abreise des Fuhrers nach Berlin]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Die weitere Vernichtung der sich in dem Hiittenwerk nordostw.
Kertsch noch zah verteidigenden Feindgruppe ist im Gange.
wahrend General Jodl mit seiner Meinung zuriickhielt und Goring — wohl aus
Sorge vor grojien Verlusten der Fallschirmtruppen und audi an Luftlandegerdt
— ein sdiarfer Gegner des Angriffs auf Malta war."
57-5
B. Kriegstagebuch
Sewastopol=Front: Mehr. Feindvorstofie auf Nordfront wurden abgewiesen.
Armeegr. von Kleist: Die Armeegr. ist mit den Kraften nordwestl. von
Barwenkowa und gleichzeitig mit den westl, und siidl. von Losowaja stehenden
Kraften zum konzentrischen Angriff angetreten. Auf dem aufiersten Ostfliigel
versuchte der Feind, siidl. Studenok den Donez zu iiberschreiten. Gleichzeitig
mit diesem Versuch wurde ein gleicher siidl. Isjum unter schweren Verlusten
fiir den Feind abgewehrt. Die 14. und Telle der 16. Pz.Div. erweiterten ihren
Briickenkopf nach Norden hinaus iiber Protopopowka. Der oben erwahnte
umfassende Angriff wurde im Norden durch Telle der 14. Pz.Div. durch=
gefiihrt, die, nachdem ein Feindangriff bei Metschebilowka abgeschlagen war,
bis in die Gegend von Roshdestwenskoje vorstiefi. Siidl. davon erreichte die
100. lei. Div. und Telle der 16. Pz.Div. nach Vernichtung von Teilen einer
russ. Gd.Div., die sich siidl. Metschebilowka entgegenstellte, die Strafie siidl.
Roshdestwenskoje. Die 1. Geb.Div. stieli beiderseits der Bahn in Richtung
Blisjnzy vor. Gleichzeitig mit diesem Angriff setzte sich 1 rum. Div. sudostw.
und siidl. von Krischtopowka in Bewegung nach Norden, ebenso traten die
Div.en siidwestl., westl. und nordwestl. von Losowaja zum Angriff an. Der
Feind leistete auf ganzer Front starken Widerstand. Ein Angriff auf den
aufiersten Nordflugel der Armee wurde westl. Orel abgeschlagen. Wetter:
sonnig, + 32 Grad.
6. Armee: Ein fdl. Angriff vonNordosten auf Krasnograd wurde abgewehrt.
An der Front siidl. Charkow hielt der Feind seine bisherigen Stellungen. Le=
diglich auf dem aufiersten Westfliigel griff er mit schwachen Kraften an, wurde
aber abgeschlagen. Nordostw. Charkow traten 80—100 Panzer erneut in den
Kampf. Der Feind griff nordl. und siidl. an Ternowaja vorbei die Stellungen
an. Am Nachmittag setzte ein Gegenangriff einer Pz.Div. in Richtung Terno=
waja an. Kampf hier noch im Gange. Nordl. Lipsy wurde ein Versuch der
Russen, durch die Liicke nach Nordwesten durchzustofien, im Gegenangriff
vereitelt. Nordl. Murom stiefi der Feind durch die eign. Stellungen durch,
Gegenangriff im Gange. Wetter: + 30 Grad, sonnig, klar.
2. Armee: Im riickw. Gelande konnten die ung. Sicherheitsformationen wei=
terhin erfolgreich gegen die Partisanen vorgehen und mehr. Orte nehmen.
Wetter: + 25 Grad, klar, sonnig.
H.Gr. Mitte:
An der Ostfront war ein eign. Vorstofi im aufiersten Norden siidl. Stariza
trotz feindl. Gegenwehr von Erfolg. Zwischen Welish und Demidoff kam der
Angriff der hier stehenden Div. in Richtung auf Strafie Welish— Demidoff
gut vorwarts. Einige Ortschaften wurden genommen. Der Feind versuchte,
siidl. der Strafiengabel siidl. Wel.=Luki den eign. Vorstofi aufzuhalten, wurde
aber zuriickgeschlagen. Im riickw. Gelande wurde nordostw. Jelnja ein feindl.
Angriff abgewehrt.
374
22. Mai 1942
H.Gr. Nord:
Nach langerer Vorbereitung griff der Feind etwa in Starke von 2 Div.en die
Stellungen nordostw. Molwotizy an. Wahrend die Inf. iiberall abgeschlagen
wurde, gelang es einigen Panzern durchzubrechen; in der Nachbardiv. ostw.
davon wurden mehr. Pz.=Angriffe mit Artl.= und Fliegerunterstiitzung abge=
wehrt. Auch ein Pz.=Angriff siidl. Ljubniza war erfolglos und brack unter kon=
zentrischem eign. Artl.=Feuer zusammen. Im Pola=Tal mehr. vergebl. Feind=
angriffe von Norden auf die Stellungen. Ebenso wurden alle Angriffe auf die
Briickenstellung zwischen den beiden Korps abgewiesen. Nordl. des Ilmensees
war aufier stark. Artl.=Tatigkeit bei Gr. Wandel nordl. Jamno keine besondere
Feindtatigkeit gemeldet.
Lage Finnland (19. 5.)
Siidostfront: Lebhafte feindl. Stofitrupptatigkeit.
Nordostfront (AOK Lappland): Im Abschn. Louhi Umgruppierung fiir Fort=
setzung des Angriffs.
Murmansk=Front: Auswechseln der Krafte verlauft planmafiig.
Panzerarmee Afrika (20. 5.)
Ruhiger Verlauf des Tages.
22. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer in Berlin]
Da wiederholt festgestellt wurde, dafi die Englander tunesisches Gebiet
iiberfliegen und die franzosischen Hoheitsgewasser an der tunesischen Kiiste
zum Durchstofien der Sizilien— Strafie benutzen, gibt der Fiihrer den Waffen=
einsatz gegen feindliche Kriegsschiffe in den tunesischen Hoheitsgewassern
frei. Die Dt.WStK wird angewiesen, im Einvernehmen mit der It.WStK die
Sperrung der franz. Hoheitsgewasser seitens der Franzosen durch Luftwaffe,
Kiistenbatterien und Minen zu fordern.
Der Fiihrer genehmigt auf Antrag des Reichsmarschalls die Freistellung von
Arbeitskraften, die fiir das Funkmefiprogramm benotigt werden, wiinscht je=
doch, dajS fiir diese Aufgaben im vermehrten Umf ange weibliche Arbeitskrafte
ausgebildet und eingesetzt werden.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siid:
11. Armee: Vernichtung der Feindreste in den Kellern des Hiittenwerkes
und der Hohlen ostw. Kertsch. Wetter: triibe, Gewitterbildung, strichweise
leichter Regen.
375
B. Kriegstagebuch
Armeegruppe von Kleist: In der Nacht vom 20. zum 21. ist damit begonnen,
alle mot. Verbande aus der Westfront herauszulosen, um aus dem Briickenkopf
Petrowskaja in nordl. Richtung anzugreifen. Seit gestern mittag ist der An=
griff hier im Gange. Die Ablosung der mot.Div.en in Gegend zwischen Me=
tschebilowka und Roshdestwenskoje wurde durch stark. Feindvorstofie ver=
zogert. Weiter siidl. erfolgte die Ablosung planmafiig. Bei weiterem Vorgehen
hatte die Geb.Div. an der Bahn gegen hartnackigen Feindwiderstand zu kamp=
fen. Die rum. Div.en siidl., westl. und nordwestl. von Losowaja kamen gegen
starken Feinddruck nur langsam vorwarts. Auf dem aufiersten Nordfliigel der
rum. Front stiefien eign. Krafte nach Nordosten vor und warfen Feind in
Starke von 2 Kp.en zuriick. Bei Studenok libergesetzter Feind wurde im Ge=
genstofi zurxickgeworfen. Auch bei Kamenka versuchte Feind vergeblich, das
diesseitige Donezufer zu erreichen. Die nach Norden vorgehenden Teile wur=
den durch Panzerkrafte von Nordosten vergeblich angegriffen. 7 Panzer wur=
den erledigt.
6. Armee: Der russ. Angriff im Raum von Charkow, der von 20—22 feindl.
Schiitzendiv.en, 4 Kav.Div.en und 15—18 Pz.Brig.en gefiihrt wurde, ist ab=
geschlagen. Bisher wurden 7 800 Gefangene gemacht. Die Zahl der vernichte=
ten Panzer hat sich seit der letzten Meldung bedeutend erhoht. Siidl. Charkow
traten die Div.en zwischen den beiden Bahnlinien in Hohe Taranowka und
Karawanskoje zum Angriff nach Siiden an. Starkerer Widerstand war ledig=
lich siidl. Taranowka.
In Gegend siidl. und siidwestl. Balakleja wurde durch Erd= und Luftauf=
klarung starke Bewegung nach Osten festgestellt. Nordostw. Charkow hatten
die eigenen Panzerangriffe voUen Erfolg. Ternowaja wurde entsetzt und die
Verbindung zwischen Ternowaja und den bei Murom stehenden eigenen
Kraften hergestellt. Angr. des Feindes wurden iiberall abgeschlagen.
Wetter: + 25 Grad, teilw. starker Gewitterregen, schwiil, bedeckt.
Im riickw. Gelande der 2. Armee wurden etwa 500 Partisanen von ung.
Truppen und einem deutschen Wachbatl. sowie einer Kosakenhundertschaft
angegriffen, eingekreist und vernichtet.
H.Gr. Mitte:
Im riickw. Gelande der 2. Pz.Armee wurde die Eisenbahnlinie siidl. Brjansk
an mehreren Stellen gesprengt und die Umgebung der Sprengstellen vermint.
An der Strafie Kirow— Brjansk gingen eign. Krafte 35 km siidl. Kirow nach
Siiden gegen z. T. regulare Truppen vor und nahmen mehr. Orte. Siidl. der
Strafie Spas Demenskoje— Juchnow stark. Feindbewegungen. Nordostw.
Gshatsk erfolgreiches eign. Stofitruppunternehmen, desgl. nordl. Rshew.
H.Gr. Nord:
Ein feindl. Angriff auf die neu gewonnenen Stellungen westl. Cholm wurde
abgeschlagen. Die Angriff e auf den Siidteil der Dem jansk= Front wurden auch
376
23. Mai 1942
gestern in unverminderter Starke, unterstiitzt von Panzern und Artl., fort=
gesetzt. Z. T. wurden die Angriffe abgeschlagen, z. T. ist das Gefecht noch im
Gange. Auch siidl. Ljubniza griff Feind in mehr. Wellen mit Panzern SS=„T''=
Div. an, Auch hier scheiterten alle Feindangriffe. An der Pola und am Lowat
griff Feind von Norden her die Stellungen an der Strai3e Staraja Russa— Dem=
jansk an, Er wurde abgewiesen, Westl. davon ist ein Angriff noch im Gange,
Vor dem Siidwestabschnitt der Stellung an der Redja starke Feindbewegungen,
Wege= und Strafienbau. Nordl, des Ilmensees starkes feindl. Artl.=Feuer auf
die Stellungen der spanischen Div., nordl, davon und das Hintergelande.
Finnland (20, 5.)
Siidostfront: An der Landenge wurden Angriffe des Feindes in Kp.=Starke abge=
wiesen. Auch Aufklarungsversuche des Feindes an der Swir=Front waren vergeblich.
An der Maselskaja=Front wurden feindl. Ansammlungen und Bereitstellungen durch
Artl.=Feuer zersdilagen.
Nordostfront (AOK Lappland): Nordl. Kestenga ist der Kampf noch im Gange.
Westl. davon sind Feindteile eingeschlossen. Sonst keine bes. Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (21. 5.)
Auf ganzer Front normale Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit.
Bei feindl. Luftangriff in letzter Nacht auf Bengasi kein militarischer Schaden.
In den Vormittagsstunden des 21. 5. rege feindl. Lufttatigkeit und erfolglose
Bombenangriffe auf nordl, Frontabschnitt.
23. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Berlin]
Der Gen.d.Pi.u.Fest b. Ob.d.H. stellt fest, daQ er aul2er seinen urspriing=
lichen Heeresaufgaben jetzt auch Wehrmachtaufgaben besitzt und macht hier=
fiir Organisationsvorschlage.
Meldung des AOK Lappland zu der am 16. 5. erlassenen Weisung fiir die
weitere Kampffiihrung. Voraussetzung fiir die vorgesehene Verstarkung des
Geb.K. Norwegen ist hierbei, daQ die Versorgung auf dem Seewege sicher=
gestellt werden kann, Andernfalls werden die jetzigen Vorrate in einigen
Monaten aufgezehrt sein, und dann wird ein Teil der dem Geb.K. zugefiihrten
Krafte wieder zuriickgenommen werden miissen.
Reichsernahrungsminister Darre beurlaubt, Vertreter: Staatssekretar Backe.
[Vorbereitungen fiir die Abwehr eines B.=Krieges, hingegen Verbot der Vor=
bereitungen fiir den Angriff auf Befehl des Fiihrers (CenStdH/Gen.d.Nb.Tr.
(lb) Nr, 2gy/42 g.Kdos. v. 23. 5. 42).]
377
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. SUd:
11. Armee: Die nordostw. Kertsch noch kampfenden Feindteile sind auf
engstem Raum zusammengedrangt. Wetter: klar, sonnig, Strafien gut.
Armeegr. von Kleist:
17. Armee: Ein Feindangriff in dem Donezbogen bei Bankowkije endete
mit der volligen Vernichtung des Angreifers. Aus Isjum nach Siiden vorsto=
fiende Feindkrafte wurden abgewiesen. Am Nachmittag folgte ein mit Panzern
und Artl. vorgetragener Feindangriff. Kampf noch im Gange. Die 14. Pz.Div.
ist weiter nach Norden vorgestoJSen, hat bei Gussorawowka sich entgegen=
stellenden Feind vernichtet, im weiteren scharfen Vorgehen den Donez siidl.
Balakleja erreicht und somit den Kessel geschlossen. 16. Pz. und 60. 1.D. (mot.)
zerschlugen im Vorgehen nach Nordosten den bei Losowenka mit Panzern
angreifenden Russen und gingen weiter in nordlicher Richtung auf den Donez
vor. Der nach Westen vorgehenden 60. 1.D. (mot.) stellte sich starkerer Feind
bei Roshdestwenskoje entgegen, Dort wird noch gekampft. Auf dem Siid=
fliigel der vorgehenden Teile des III. AK. wurde Blisnezy genommen. Die
von Osten angreifenden deutschen und rumanischen Teile erreichten die
Strafie Rasdchaja— Dobrowolje und gingen weiter nach Nordosten. Nordl. da=
von kampf ten sich rum. Truppen bis an die Strafie Losowaja— Artelnoje heran.
Auf dem aufiersten Nordfliigel halt der Feind seine bisherigen Stellungen.
Wetter: sonnig, zeitw. bewolkt.
6. Armee: Auf dem aufiersten Sudwestfliigel gingen die hier stehenden
eigenen Krafte bis an das Nordufer der Berestowenka vor.
Bei 2. Armee wurde ostw. Kursk ein feindl. Angriff von 3 Btl.en durch hier
eingesetze ung. Truppen zuriickgeschlagen. Ein nachtlicher Versuch des Fein=
des, auf dem Nordfliigel iiberraschend anzugreifen, endete mit der Vernich=
tung von 250 Russen. Wetter: + 28 Grad, klar sonnig.
H.Gr.Mitte:
2. Pz. Armee: Aufier Gefechten mit Partisanen im riickw. Armeegebiet keine
bes. Kampf handlimgen. Wetter: + 25 Grad, sonnig, leicht bewolkt. Strafien=
zustand: trocken.
4. Armee und 3. Pz. Armee: Keine bes. Kampf handlungen.
9. Armee: Aufier der Abwehr fdl. Stofitrupps nordl. und sudwestl. von
Rshew keine bes. Kampf handlungen. Strafien weiter im schnellen Abtrocknen.
H.Gr. Nord:
Westl. Cholm wurde ein Feindangriff abgewehrt. Wie in den Vortagen griff
auch gestern wieder der Feind zu wiederholten Malen an der Siidfront von
Demjansk an. Er wurde iiberall abgeschlagen. An der Nordostfront wurde
die Totenkopfdiv. bisher 13 mal mit Artl.= und Panzerunterstiitzung ange=
378
24- Mai 1942
griff en. Alle Angriffe abgeschlagen. Im Pola=Tal wurden starke Feindansamm=
lungen beobachtet. In dem Kessel nordl. des Ilmensees wurden VorstolSe auf
den Siidrand abgewiesen. Ein Aufkl.^Vorstoli des Feindes von Norden her auf
die Stellungen der 11. Div. an der Bahnlinie nordwestl. Salzy wurde abge=
wehrt.
Finnland (21. 5.)
Sudostfront: Der Feind setzte an der Swir=Front seine Auf kl.= Angriffe in Starke
von 1 Komp. fort.
Nordostfront: Im Absdinitt Louhi stiefi ein eig. Angriff nordl. Kestenga nach
Osten bis zu dem feindl. Versorgungswege vor. Die nordl. Kestenga eingesdilos=
senen Feindteile wurden vernichtet (124 Gefangene und 280 Tote). Eign. Krafte
sind von hier aus nach Norden zum Angriff angetreten. Wetter: Zunehmende Ver=
schlammung macht Bewegungen abseits der festen Strafien nur sehr langsam und
unter grofien Anstrengungen moglidi. Versorgungsstrafie des Absdin. Louhi weiter
verschlechtert. In wenigen Tagen voraussiditlich unbefahrbar. Versorgungsstra6e
der Geb.Div.en zur Ausbesserung auf 4 Tage gesperrt.
Panzerarmee Afrika (22. 5.)
Feind verlor in letzter Nacht bei einem Aufklarungsvorstofi am nordl. Frontab=
schnitt mehrere Tote und Gefangene. Tag verlief im allgemeinen ruhig.
In vergangener Nacht erfolgloser Luftangriff auf Bengasi und nordl. Frontab=
schnitt.
Feindl. Flugzeuge griffen Nachschubkolonnen in der Cyrenaika im Tiefflug an.
Einige Fahrzeuge wurden schwer beschadigt.
Deutsche Jager schossen iiber der Stiitzpunktfront aus einem feindl. Verband
8 Flugzeuge sicher und 2 weitere wahrscheinlich ab.
24. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer zvieder in „Wolfsschanze"]
Beginn des Unternehmens „Hannover'' im riickwartigen Gebiet der H.Gr.
Mitte.
Gen.Oherst Haider meldet beim Lagevortrag als Termin fiir „Storfang''
(Angriff auf Sewastopol) den 7. 6. Der Fiihrer erklart hierbei, dafi an dem
Termin fiir die Operation „Blau T' (15. 6.) festgehalten werden miisse, selbst
wenn dies nur unter Verzicht auf „Storfang'' moglich sein sollte, so uner=
wiinscht dies auch im Hinblick auf die Versorgungstransporte durch das
Schwarze Meer sei. WFSt wird den zeitlichen Ablauf der Unternehmen „Stor=
fang'' und „Blau'' hinsichtlich des Krafteeinsatzes von Heer und Luftwaffe
priifen.
Dem von der H.Gr. SUd zur Verstarkung des Siidfliigels der 6. Armee be=
fohlenen Ansatz der Pz.Gr. Breith westl. des Donez stimmt der Fiihrer zu.
Er sieht den Auftrag der Pz.Gr. jedoch nur als begrenzt an und halt an dem
379
B. Kriegstagebuch
Ansatz starker Panzerkrafte ostwarts des Donez fest, um die dort stehenden
feindlichen Krafte zu vernichten und eine Verklirzung der eigenen Front zu
erreichen. Die beiden Pz.Div.en der Gruppe Breith sollen deshalb sobald wie
moglich durch Inf.=Krafte abgeldst werden, die infolge der Ausraumung des
Kessels bei Isjum frei werden.
Der Fuhrer glaubt auf Grund der Meldungen iiber die Feindlage, dafi der
Gegner fast alle zur Zeit verfiigbaren Reserven eingesetzt hat. Er verfiige
lediglich noch iiber eine starkere Gruppe siidlich Moskau mit einem nach Sii=
den vorgestaffelten Fliigel. Hiernach konne man annehmen, dafi die meisten
im Winter neuaufgestellten Verbande auf der Halbinsel Kertsch und bei Isjum
zerschlagen worden seien. Auch die Krafte fiir die Angriffe bei der H.Gr. Nord
habe der Feind von anderen Frontabschnitten abziehen miissen.
In diesem Zusammenhang spricht der Fuhrer iiber eine Meldung von einer
etwaigen Evakuierung Leningrads. Die Moglichkeiten des Feindes hierfiir sol=
len ebenso wie die deutschen Gegenmafinahmen gepriift werden. Mit der
Raumung Leningrads wiirde die russische Nordfront mit dem Wolchow= und
Maluksa=Kessel voUig an Bedeutung verlieren. Dann konne der Gegner ver=
suchen, seine dortigen Krafte abzuziehen, was unserer Aufmerksamkeit nicht
entgehen diirfe.
Cen.Oberst Haider meldet, dafi bei der H.Gr. Mitte das Unternehmen „Han=
nover'' (Sauberung des Raumes siidl. der Rollbahn Wjasma und Smolensk)
mit gutem Anfangserfolg angelaufen sei. Bei der H.Gr. Nord sei der Angriff
zur Verbreiterung der Landbriicke zwischen dem X. und II. AK. auf den i. 6.
angesetzt.
Die eigenen Tauschungsmafinahmen im Hinblick auf die Operation „Blau"
hatten nach dem Bild der feindlichen Presse gut gewirkt.
Da die Russen in liignerischer Weise iiber eine vollig planmafiige Evakuie=
rung der Halbinsel Kertsch berichtet haben, befiehlt der Fiihrer eine sofortige
Organisation einer Reise auslandischer Journalisten dorthin (Auftrag an W
Pr).
Vorlaufiges Ergebnis der angeordneten Priifung des zeitlichen Ablaufs der
Unternehmen „Storfang'' und „Blau": Bei Aufrechterhaltung des vorgesehe=
nen Termins fiir „Storf ang'' mufi die Luftwaffe aus dem Kampfraum um Isjum
bis zum 6. 6. 3 Kampf=, 3 Stuka= und 2 Jagdgruppen fiir die Krim abziehen.
Von den damit fiir „Storfang'' insgesamt zur Verfiigung stehenden 6 Kampf=,
3 Stuka= und 4 Jagdgruppen miissen fiir die Operation „Blau I" spatestens
vom 10. 6. an 3 Kampf=, 3 Stuka= und 3 Jagdgruppen wieder abgezogen wer=
den. Bei planmafiigem Beginn von „Storfang'' am 7. 6. sei demnach voile Un=
terstiitzung der Luftwaffe nur an den ersten drei Tagen moglich.
Das Auswdrtige Amt hat Nachrichten iiber ein angeblich bevorstehendes
englisches Landungsunternehmen an der Westkuste Jiitlands.
Verb.Stab Nord meldet, dafi das finn. Hauptquartier Nachrichten iiber den
Abtransport der Bevolkerung von Leningrad hat.
380
24. Mai 1942
Gen.Oherst Haider ist der Auffassung, dafi die Gesamtlage bei der H.Gr.
Nord, insbesondere an der Wolchow=Front, entspannt sei, obwohl Gen.Oberst
V. Kiichler unter dem Eindruck der ortlichen Verhaltnisse nicht dieser Ansicht
sei. Gen.Oberst Haider glaubt auch, dafi der Russe immer noch mit einem
Angriff auf Moskau rechnet (Transporttauschungsmafinahmen).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Auf Halbinsel Kertsch dauert Kampf mit Feindteilen, die sidi in
Hohlen des uniibersichtlichen Steinbnichgelandes bei Adshim=Uschkaj noch
halten, an. Durch Sprengung der Hohleneingange mehr. Feindgruppen ein=
geschlossen.
Wetter: sonnig, warm, Wegezustand gut.
Armeegr. von Kleist: Der Feind machte am 23. 5, verzweifelte Versuche,
den Kessel westl. des Donez aus dem Sawinzy=Bogen nach VVesten und bei
Losowenka nach Osten zu durchbrechen. Die fdl. Angriffe scheiterten unter
grofien Verlusten fiir den Gegner. In die Kampfe im Bereka=Tal griffen Stuka=
und Schlachtflieger des IV. Fl.Korps mit besonders guter Wirkung ein. Ver=
bindung mit den aus dem Briickenkopf Andrejewka herausgetretenen Teilen
der Gr. Breith ist siidostw. Schebelinki hergestellt. Die Verfolgung des beider=
seits Losowaja nach Norden ausweichenden Feindes wurde rastlos fortgesetzt.
Die siidl. Blisnezy stehende Geb.Div. wurde im Eiltransport nach Norden
verladen. Gruppe Georgescu und 454. Sicherungsdiv. im raschen Vorgehen
beiderseits des Bogataja=Flusses. Die in Raum siidl. Taranowka angetretenen
Telle konnten nach Siiden gut Gelande gewinnen. Bei den Angriffen im Sa=
winzy=Bogen verier der Feind 33 Panzer. Wetter: strichweise Regen, windig.
Im iibrigen Bereich der 6. Armee keine bes. Kampfhandlungen.
2. Armee: Nordl. Liwny wurden Panzerbewegungen in nordl. Richtung be=
obachtet. Im riickw. Armeegebiet dauern die Kampfe gegen die Partisanen an.
Wetter: triibe, leichter Regen, + 18 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Fz. Armee: Westl. Nowosil wurde feindl. Vorstofi abgewiesen. Weitere
Angriffe auf die Hauptkampflinie wurden vor Erreichen der Hauptkampflinie
durch Artl. zerschlagen. Wetter: bedeckt, nach Regen.
4. Armee, 3. Fz.Armee, 9. Armee: keine besond. Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Angriffe auf Stellungen bei Molwotizy abgewiesen. Siidl. Ljub=
niza waren mehrere Feindvorstofie sowie ein durch 3 Panzer und Flammen=
werfer unterstiitzter Angriff auf SS=„T''=Div. ohne Erfolg. Dort weiterhin
381
B. Kriegstagebuch
erneute Ansammlungen des Gegners. Feindangriffe im Lowat= und Redja=Tal
von Norden wurden abgeschlagen.
18. Armee: Bei Jamno hat sich der Feind an der Westfront weiter verstarkt.
Lebh. Verkehr an der Durchbruchsstelle in beiden Richtungen wurde durch
Artl. und Luftw. erfolgreich bekampft. Eign. Vorstofie im Raum siidl. Maluksa
hatten Erfolg. Nordl. Maluksa wurde ein Angriff zuriickgeschlagen.
Finnland (22. 5.)
Sudostfront: An der Swir=Front setzte der Feind seine Aufklarungsangriffe in
Kompanie=Starke fort. An den anderen Fronten keine bes. Ereignisse.
Nor dost front: Im Absdinitt Louhi wurde der Angriff gegen den Feind nordl.
Kestenga von Westen und Siiden fortgesetzt. In den iibrigen Abscbn. keine nen=
nenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (21. 5.)
Tag verlief im allgemeinen ruhig.
Rege feindl. Lufttatigkeit.
Feindl. Flugzeuge griffen Nachschubkolonnen auf der Via Balbia siidl. Bengasi
im Tiefflug an. Deutsdie Jager schossen am 23. 5. 19 Feindflugzeuge ab.
25. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Vortragsnotiz fiir Chef WFSt iiber den Krafteeinsatz von Heer und Luft=
waffe beim Unternehmen „Storfang'' und bei den einzelnen Phasen der Ope=
ration „Blau".
Gen.Oberst Haider macht den Fuhrer auf zunehmende Partisanentatigkeit
gegen die Eisenbahnverbindungen der H.Gr. Mitte aufmerksam. Mafinahmen
zur planmal3igen Unterbindung sind erforderlich.
Gen.Oberst Haider teilt die Auffassung des GFM v. Bock nicht, der die
feindlichen Krafte iiberschatze, die von Osten gegen die Einschliefiungsfront
des Kessels zwischen Isjum und Charkow vorgehen. Wahrend GFM v. Bock
glaube, dafi der Feind bei Charkow seine grofie Karte ausspiele und alle Krafte
einsetze, glaube Gen.Oberst Haider hieran nicht, sondern nehme an, dafi der
Russe noch weiter riickwarts Reserven halte, um sie der erwarteten Offensive
unsererseits entgegenzustellen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siidl
II. Armee: Sewastopol=Front Lage allgemein unverandert. Halbinsel Kertsch
Ausraucherung der Schlupfwinkel; 26 Offz., 903 Mann bisher iibergelaufen.
Wetter: Sonnig, warm, Strafien gut befahrbar, + 20 Grad, Regen.
382
25. Mai 1942
Armeegr. v. Kleist: Seit den friihen Morgenstunden greiJFt der Feind sowohl
von Westen im Raum nordl. und siidl. Losowenka wie vom Osten her iiber
Sawinzy die dort stehenden Sperrdiv.en an. Er wurde iiberall unter hohen
Feindverlusten abgeschlagen. Der Feind verstarkt weiter iiber Sawinzy. Im
einzelnen haben erreicht die von Siiden angreifenden Div.en die Gegend nordl.
Roshdestwenskoje, Artelnoje— N. Orel. Auch die sudl. Krasnograd stehenden
Sich.Div.en sind in der Richtg. auf den Orel=Flu6 angetreten. Von Norden her
siidl. Charkow erreichten die dort stehenden Div.en die Gegend ostw. Jefremok
und siidl. Bahnhof Bespalowka.
Gr. Breith: griff von Norden her die in ostw. Richtung angreifende Feind=
div.en in der Flanke an. Zur Entlastimg der Kampfe in dem Kessel wurden
verschiedene Feindangriffe auf die Stellungen nordostw. von Charkow durch=
gefiihrt. Hierbei verlor der Feind westl. Woltschansk 9 Pz. Luftwaffe stellte
Starke Bewegungen sudl. Woltschansk nach Siiden fest. Auf dem Nordfliigel
der 6. Armee Verstarkung des Feindes und vergebliche Angriffe.
2. Armee: Keine bes. Vorkommnisse.
Wetter: Im allgemeinen von Siiden nach Norden 20—6 Grad iiber Null,
wechselnd bewolkt, einzelne Regenschauer, Wege z. T. wieder schwer be=
fahrbar.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen. Durch Regen sind die StralEen
wieder aufgeweicht.
4. Armee: Nordl. der Straf^e Wjelna— Juchnow eigene erfolgreiche Unter=
nehmungen in nordl. Richtung, desgl. aus dem Raum Wjasma nach Siiden.
Mehrere Ortschaften wurden genommen.
9. Armee: Generaloberst Model in Storch schwer verwundet. General Schu=
bert mit Fiihrung 9. Armee betraut.
H.Gr. Nord:
Vor der Sudfront von Demjansk wurden Bereitstellungen des Gegners durch
Artl. und Flieger bekampft. Mehrere Angriffe von Ljubniza nach Siiden mit
Artl. und Flammenwerfern wurden zuruckgeschlagen. Auch ein Angriff am
Lowat von Siiden auf die Briickenstellg. siidostw. Staraja Russa war ohne
Erfolg. Auf dem Siidrand des Kessels westl. Jamno gelang es dem Gegner,
an einer Stelle durchzubrechen. Gegenmafinahmen sind im Gange. An der
Einbruchstelle von Maluksa konnte die am Siidrand des Kessels eingesetzte
eigene Div. den Feind weiterhin nach Norden zuruckdrangen.
Finnland (23. 5.)
Auf der Landenge wurden mehrere Feindangriffe in Kp.=Starke zuriidcgesdilagen.
Nordostfront: Nach Gefangenenaussagen sollen im Abschnitt Louhi weitere
Feindkrafte in Anmarsch sein. Wegen der noch immer wachsenden Verschlammung
383
B. Kriegstagebuch
sind in nachsten Tagen keine grofieren Feindangriff e zu erwarten. An der Murmansk'
Front und auf der Fischerhalbinsel lebhafte Schanztatigkeit des Gegners.
Panzerarmee Afrika (24. 5.)
Auf ganzer Front normale Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit.
Rege feindl. Luftaufklarung. Feindl. Flugzeuge griffen im Tiefflug Stiitzpunkte
im Frontgebiet an. Geringe eigene Verluste.
26. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Gen.Oberst Rommel beginnt mit der Offensive in Nordafrika.
Der Fuhrer befiehlt die Verminung des Suezkanals, da Nachrichten vor=
liegen, dajS die Englander den Hafen von Alexandria raumen.
Gen.Oberst Haider meldet, dafi der Feind offenbar die Absicht habe, seine
Truppen aus den besonders gefahrdeten Kesseln zuriickzunehmen. Ruck=
gangige Bewegungen im Wolchow=Kessel seien zu erkennen. Infolgedessen
habe die H.Gr. Nord einen erneuten Angriff der Gruppe Wandel zur Schliefiung
der Liicke am Wolchow befohlen, der am 28. 5. stattfinden soil. Im Kessel
siidostwarts St. Maluksa seien vorlaufig noch keine riickgangigen Bewegungen
festgestellt worden. Die H.Gr. halte an der Absicht fest, dort durch Angriffe
die Bahndammstellung wiederzugewinnen. Bei der H.Gr. Mitte verstarke sich
der Feind anscheinend an den beiden Eckpfeilern des Bogens von Suchinitschi,
um einem moglichen deutschen Zangenangriff von Norden und Siiden zu
begegnen.
Da die 2,5 Mill. Einwohner Leningrads in rd. 10 Wochen evakuiert werden
konnen, befiehlt der Fuhrer, diese Evakuierung mit alien Mitteln zu be=
kampfen, damit in Leningrad keine Besserung der Lebensmittellage und hier=
durch eine Verbesserung der Verteidigungsfahigkeit eintreten kann. Auch soil
nicht durch das Herausziehen von Truppen und Riistungsarbeitern eine Ver=
starkung an anderer Stelle ermoglicht werden. Der Verb. Stab Nord wird an=
gewiesen, darauf hinzuwirken, dafi das finn. Oberkommando gleiche Ma6=
nahmen ergreift.
Chef OKW unterrichtet den Fuhrer davon, dafi der Chef des ungar. Gen.St.,
Gen.Oberst Szombathelyi, die notwendigen Mafinahmen zur Benutzung des
deutschen Chiffrierverfahrens durch die ungar. Verbande an der Ostfront
getroffen habe. Er hat bei dieser Gelegenheit auf die standigen Drohungen
Rumaniens gegen Ungarn hingewiesen, die dessen Teilnahme an dem gemein=
samen Kampf gegen SowjetrulBland beeintrachtigen miifiten. (Naheres s.
Stellv.WFSt.)
Meldung des \MB. Sudost iiber Lage und Absichten.
Anordnungen iiber ein vermutetes englisches Landungsunternehmen gegen
Norwegen.
384
26. Mai 1942
Abends entwickelt der Fiihrer seine Gedanken iiber die Auswirkungen der
Schlacht von Charkow, deren rascher Verlauf giinstige Schlufifolgerungen
auf die Gesamtlage beim Feind zulasse. Es komme jetzt nicht darauf an, starr
an dem vorgesehenen Operationsprogramm fiir „Blau'' festzuhalten, sondern
sich schnell darauf umzustellen, noch moglichst viele der angeschlagenen Ver=
bande des Feindes zu vernichten. Hierzu gabe es zwei Moglichkeiten :
a) Nord=SUd=Sto6 ostwarts des Donez aus dem Raum der 44. I.D. auf Isjum.
b) Kurzer Hakenstofi von Siiden aus dem Raum der 297. I.D. gegen die nord=
ostwarts Charkow stark massierten Feindkrafte.
Diese Moglichkeiten miissen ausgenutzt werden selbst auf die Gefahr hin,
dafi eine Verzogerung des fiir die Hauptoperation vorgesehenen Termins
eintritt.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: Auf Halbinsel Kertsch wird Ausraucherung der sich in ihren
Schlupfwinkeln ostw. immer noch haltenden Feindreste planmaliig fortgesetzt.
Wetter: klar, sonnig, gute Sicht, Wegeverhaltnisse gut.
Armeegr. von Kleist: Der im Kessel siidl. Charkow stehende Feind wird
immer mehr zusammengedrangt. Gegen die eigenen von Osten nach Westen
vorstofienden Panzer= und mot. Krafte stiefi der Gegner verzweifelt mit Pan=
zern iiber die Bereka nach Osten vor. In der Gegend Losowenka, wo der
Feind voriibergehend einbrach, wurden 11 Feindpanzer erledigt. Gleichzeitig
griffen starke Krafte, vom Osten iiber Sawinzy kommend, die Ostfront siidl.
Balakleja an. Rum. Krafte stiefien, von Siiden kommend, weiter nach Norden
vor und erreichten die Gegend Hohe Dimitrijewka imd westl. davon. Auch
von Westen her griffen die dort stehenden Telle der rum. und deutschen
Truppen iiber den Orel nach Osten an. Der Feind verteidigt sich zah. Die von
Norden in die Flanke der vorgehenden Panzerdiv.en vorstofiende Gr. Breith
steht im harten Kampf gegen sich ihr entgegenwerfende russ. Panzer. Nordl.
Balakleja griff Feind vergeblich an. Vereinzelte Angriffe ostw. Charkow zur
Ablenkung der von hier nach Siiden heruntergezogenen russ. Krafte wurden
abgewehrt. In Gegend Bjelgorod gelang es dem Feind, die eign. Linien zu
durchbrechen. Gegenmafinahmen sind im Gange. Wetter: zwischen + 12 und
+ 20 Grad, teilw. Regen, Wind; unbefestigte Wege aufgeweicht.
2. Armee: Keine bes. Meldungen. Wetter kiihl, Regen, teilw. Gewitter.
H.Gr. Mitte:
Auf rechtem Fliigel der 2. Pz.Armee bei Nowosil griff Russe mit starkeren
Kraften an. Im Nahkampf wurde er unter schwersten Verlusten zuriick=
geschlagen. Eign. Panzervorstofi siidl. Kirow war erfolgreich.
385
B. Kriegstagebuch
Die zwischen Wjasma und Spas Demenskoje eingeschlossenen Kav.Div.en
wurden erfolgreich von Norden und Siiden angegriffen. Mehr. Ortschaften
fielen dabei in unsere Hand. Siidwestl. Rshew erfolgreicher eign. Vorstoli.
Ein feindl. Angriff siidl. Wel.=Luki wurde abgewehrt.
H.Gr. Nord:
Siidl. Demjansk wurde ein Feindvorstofi abgewiesen. Ansammlungen siidl.
Ljubniza wurden durch Artl. zerschlagen. Siidl. Maluksa versuchte Feind noch=
mals, die Stellungen am Siidrand der Einbruchsstelle zu durchbrechen. AUe
Angriffe wurden jedoch im Gegenstofi zuriickgeschlagen.
Finnland (24. 5.)
Sudostfront: Keine bes. Ereignisse.
Nordostfront (AOK Lappland) : Bel weiterer Sauberung des Waldgelandes im
Abschn. Louhi verlor Feind yo Tote und mehr. Gefangene.
Panzerarmee Afrika (25. 5.)
Lagemeldung liegt noch nicht vor^.
27. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Franzosische Wiinsche betr. den Flakschutz des unbesetzten Gebietes.
(Naheres s. Stellv.WFSt.)
Der Fiihrer teilt dem Gen.Oberst Haider seine Uberlegungen von gestern
abend mit und betont seinen Entschlufi, sowohl die Feindgruppe ostwarts
Charkow wie die ostwarts von Isjum zu vernichten, bevor die Hauptoperation
„Blau I" beginne. In Ausnutzung der unerwartet giinstigen Ergebnisse der
Schlacht von Charkow miisse die lebendige Streitkraft des Gegners geschlagen
werden, wo man sie treffe. Vor allem sei die Vernichtung der Gruppe ost=
warts Charkow wichtig, weil sie die Operation „Blau'' in der Flanke gefahrden
konne. Gen.Oberst Haider lafit den Chef der Op.Abt. d. GenStdH folgende
Moglichkeiten vortragen, die auf Grund einer vorherigen Unterrichtung durch
Gen. Jodl hierfur ausgearbeitet worden sind:
Die in der Gegend von Isjum stehenden Feindkrafte sollen durch Vorstofi
einer starken Kraftegruppe ostw. des Donez etwa aus dem Abschnitt der
44. Div. im Zuge der Strafie nach Isjum vernichtet werden. Nach AbschlulB der
Kesselschlacht stehen hierfiir ausreichende Infanterieeinheiten zur Verfiigung,
an schnellen Verbanden jedoch nur die 14. und 22. Pz.= und die 60. mot. Div.,
da die 3. u. 23. Pz.Div. fiir die Offensive „Blau V herausgezogen und durch
1 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
386
27- Mai 1942
die 16. Pz.Div. wieder voll aufgefiillt werden miissen. Fiir den Beginn der
Unternehmung wird der 3. 6. in Aussicht genommen.
Die Vernichtung der starken Feindkrafte im Raume von Woltschansk soil
durch einen Zangenangriff von Norden und Siiden herbeigefiihrt werden.
Als Anfangstag sei der 7. 6. vorgesehen, an dem gleichzeitig der Angriff auf
Sewastopol beginnen soUe. Nach Ansicht des Chefs des Gen.St.d.Lw. sei die
Bereitstellung von Luftstreitkraften fiir beide Unternehmungen in ausreichen=
dem Umfange moglich.
Der Fuhrer befiehlt die sofortige Vorbereitung der Unternehmungen, behalt
sich aber noch vor, einen entsprechenden Befehl in ein bis zwei Tagen, je nach
der Entwicklung der Schlacht bei Charkow, zu geben. Die H.Gr. Slid sei in die
Planung einzuweisen. Der Fuhrer will, dafi unter alien Umstanden der Ver=
folgungsgedanke aufrecht erhalten wird. Der Feind darf keine Zeit zur Wie=
derherstellung seiner Krafte behalten.
Da durch die beiden neu geplanten Unternehmungen ein Teil der Operation
„Blau \" vorweggenommen wird, will der Fuhrer nicht mehr unbedingt an
dem 15. 6. als Termin fiir „Blau I" festhalten. Um so mehr neigt er dazu, die
Operationen „Blau 11"' und „Blau IIF' durch vermehrten Gebrauch von Aus=
hilfen zeitlich vorzuziehen.
In Prag erfolgt ein Attentat auf den Stellv. Reichsprotektor Heydrich. Der
Belagerungszustand wird im Protektorat erklart.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: Halbinsel Kertsch: Sauberung wird fortgesetzt.
, Armeegr. von Kleist: Die von Osten in den Kessel angreifenden Panzer=
krafte stehen im harten Abwehrkampf gegen verzweifelte Ausbruchsversuche
der im Bereka=Kessel zusammengedrangten Feindmassen. Die Kampfe sind
noch im vollen Gange. Der gestern eingebrochene Feindteil in Gegend Loso=
wenka geht der Vernichtung entgegen. Die von Siiden und Westen angreifen=
den Divisionen haben die Bereka erreicht. Von Norden her stolien Panzer=
krafte nach Siiden in die zusammengedrangten Feinde rein und haben die
Gegend nordwestl. Losowenka erreicht. Die angreifenden Truppen wurden
durch wirkungsvoUe Angriffe der Fiegerkampfverbande unterstiitzt. Auch von
Sawinzy her versucht der Feind mit alien Mitteln, die eigene Front nach Westen
zu durchbrechen. Alle Angriffe sind bisher gescheitert und Bereitstellungen
zerschlagen worden. Die Gefangenenzahlen im Bereka=Kessel steigen standig.
2. Armee: Keine besonderen Ereignisse. Im riickw. Gelande griff en ung.
Verbande mit Erfolg die Partisanen weiter an.
Wetter: sonnig, leichter Wind, Wege im Abtrocknen, Temp, zwischen
+ 6 und + 15 Grad.
387
B. Kriegstagebuch
H.Gr.Mitte:
Westl. Suchinitschi wurde ein mit Artl. unterstiitzter feindl. Angriff gegen
eign. Pz.=Stellungen abgewiesen. Siidl. Kirow wurde eine Briicke iiber die
Bolwa durch Hochwasser weggerissen. Fahrbetrieb eingerichtet. Siidl. Wjasma
gingen eign. Div.en gegen die hier stehende Kavallerie nach Siiden vor und
konnten mehr. Orte nehmen. Auch von Siiden her ist eign. Angriff im Gange.
Im iibrigen Frontbereich keine nennenswerten Kampfhandlungen. Haufige
Regenfalle verschlechtern den Strafienzustand.
Wetter: +15 Grad, windig.
H.Gr. Nord:
Durch den anhaltenden Regen sind die Strafien dermafien aufgeweicht, dafi
eine Versorgung iiber die Briicke siidostw. Staraja Russa nicht moglich ist.
Die Truppen werden weiter durch die Luft verpflegt und munitioniert. In
dem Kessel nordl. des Ilmensees versucht der Gegner, seine Krafte durch die
offenen Schleusen nach Osten durchzuziehen. Das Vorgehen eign. Truppen
im Nordteil des Kessels an der Bahn Leningrad— Nowgorod begegnete keinem
nennenswerten Feindwiderstand. Etwas stark. Feinddruck nordw. der Durch=
gangsstelle.
Finnland (25. 5.)
Siidostfront: Keine bes. Ereignisse.
AOK Lappland: Erfolgreiche weitere Sauberungsaktion hinter dem Nord=Fliigel
des Abschnitts Louhi. Sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (26. 5.)
Meldung liegt noch nicht vor*.
28. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Verfiigung des Chefs OKW iiber die Aufstellung einer deutsch=arabischen
Lehrabteilung.
Die Oberkommandos der Wehrmachtteile werden darauf hingewiesen, dafi
sie iiber die Krafte der dem OKW taktisch unmittelbar unterstehenden Kom=
mandobehorden nur mit Zustimmung des Fiihrers anderweitig verfiigen
konnen.
Der Fuhrer erwartet von den grofien Erfolgen gegen die brit. Geleitziige
im Nordmeer eine abschreckende Wirkung gegeniiber englischen Landungs=
absichten in Norwegen.
19.30 Uhr schlagt Cen.Oberst Haider dem Fuhrer vor, die vor Beginn von
„Blau V befohlenen Operationen so anzuordnen, dali zuerst die Krafte des
1 Tehlt im KTB der Ski, Teil D.
388
28. Mai 1942
Gegners ostwarts Charkow, mit dem 7. 6. beginnend, und dann in einem
zweiten Akt die Krafte des Feindes bei Isjum geschlagen werden. Hierfiir
fiihrt er folgende Griinde an:
a) Ostwarts Charkow stehen die besseren Verbande des Gegners, die unsere
spatere Aktion in der Flanke bedrohen.
b) bei langerem Abwarten besteht die Gefahr, dafi diese Verbande sich wieder
auseinanderziehen und nicht mehr so geschlossen zu fassen sind.
c) Bei dieser zeitlichen Anordnung sind die Mitwirkungsmoglichkeiten der
Luftwaffe giinstiger.
Der Staatssekretar im Reichsverkehrsministerium Kleinmann tritt zuriick;
Nachfolger: Ganzenmiiller.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siidi
ii.Armee: An SewastopoUFront ¥oTtsetzung der f eindlichen Schanzarbeiten.
Bei Kertsch wurde die Vernichtung der feindlichen Widerstandsnester durch
Sprengung der Hohlen fortgesetzt.
Armeegruppe von Kleist: Im Bereka=Kessel wird die Vernichtung des Fein=
des, der sich verzweifelt, besonders gegen die Front Losowenka nach Suden,
wehrt, fortgesetzt. Teile der rum. Divisionen stiefien iiber die Bereka nach
Nordosten auf Losowenka vor. Gleichzeitig kamen die Panzerkrafte der
Gruppe Breith, mit vordersten Teilen von Norden kommend, an der Bereka
sUdwestL Losowenka an. Von Nordwesten stiefien Teile einer Inf.Div. iiber
Michailowka auf Losowenka vor. Uberall bilden sich kleine Kessel, deren
Vernichtung bevorsteht. Im Sawinzy=Bogen griff Feind die Ostfront unserer
Stellungen mit starken Panzerkraften an. Der Angriff wurde unter schwersten
Feindverlusten mit guter Stuka=Wirkung abgeschlagen. 25 Panzer wurden
eriedigt. Angriffe von Isjum und westl. davon wurden abgewehrt. Die Zahl
der Gefangenen wachst standig und ist noch nicht zu iibersehen. An der
iibrigen Front der Heeresgruppe keine besonderen Kampfhandlungen. Wetter:
bewolkt, 15 Grad Warme, im Suden einzelne Regenschauer. In der Mitte der
Heeresgruppe haben sich die Wege gebessert und sind fiir Kraftfahrzeuge
wieder befahrbar.
H.Gr. Mitte:
In den Raum siidi. Wjasma stiefien eigene Krafte von Norden und Suden
vor und konnten an mehreren Stellen sich vereinen. Auf diese Weise wurden
die Kav.Div.en in mehr. Kesseln eingeschlossen. Auch westl. hiervon wurden
in eign. Vorstofi mehr. Orte genommen.
Bei Bjeloj griff Feind mit mehr. Kompanien und Artl.=Unterstiitzung an
und wurde abgeschlagen. Schwache in den Ort eingedrungene Teile wurden
im Gegenstoii zuriickgeworfen. Sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
389
B. Kriegstagebudi
H.Gr. Nord:
Siidostw. Staraja Russa gingen eigene Krafte zur Gewinnung eines Ver=
sorgungsweges trotz schwieriger Gelandeverhaltnisse vor. Feind leistet hier
noch zahen Widerstand. Die in den Wolchow=Kessel von Norden vordringen=
den eign. Krafte wurden voriibergehend durch feindliche Gegenangriffe auf=
gehalten. Der West=Ost=Verkehr an der Kesseloffnung westl. Jamno wurde
durch eign. Artl. bekampft.
Finnland (26. 5.)
Aufier Aufklarungstatigkeit keine nennenswerten Kampfhandlungen. An der
Nordostfront (AOK Lappland) starke Versorgungs= und Verkehrssdiwierigkeiten
durdi anhaltendes Tauwetter.
Panzerarmee Afrika
Deutsches Marinekommando Fiihrungsstand Nordafrika gibt folgende Meldung
bekannt :
1. Angriff Afrikakorps^ in gutem Fortsdireiten.
Siidwestl. Tobruk bahnt sich aussichtsreiche Einkesselung starker Feindstreit=
krafte an.
2. Landungsunternehmen fiir heute von Panzerarmee aufgegeben.
29. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlidien Abteilung des OKW)
[Fiihrer in Berlin]
Der Angriff der Gruppe Wandel zur Schliefiung der Liicke am Wolchow
wird auf den 30. 5. verschoben.
Der Angriff zur Erweiterung der Landbriicke zwischen dem X. und II. AK.
siidl. des Ilmensees soil am 1. 6. beginnen. Der FUhrer befiehlt hierzu, dafi die
Lfl. 1 diese Unternehmungen unter Zuriickstellung aller anderen Aufgaben
mit der Masse ihrer Krafte zu unterstiitzen hat.
Im Westen ist eine Neubearbeitung der Weisung 19 fiir das Unternehmen
„Attila'' (Besetzung Restfrankreichs) vom 10. 12. 40 und der im Mai 1941
erlassenen Anordnungen fiir das Unternehmen „Isabella'' (Operationen auf
der Iberischen Halbinsel) notwendig geworden. Der FUhrer unterzeichnet die
Weisung 42, die allgemeine Richtlinien fiir die Vorbereitung und Durch=
fiihrung der Besetzung Restfrankreichs in Zusammenarbeit mit ital. Kraften
(Deckname „Anton'') und fiir die bei feindlichen Mafinahmen gegen die
Iberische Halbinsel sofort zu treffenden Gegenma6nahmen (Deckname „Ilona'')
enthalt^.
1 Seit 26. Mai 1942.
2 Weisung Nr. 42 in W. Huhatsch, Hitlers Weisungen, a. a. O., S. 189— gi.
390
29- Mai 1942
Der Fiihrer der Indischen Freiheitsbewegung Subhas Chandra Bose wird
vom Fiihrer empfangen^.
Sondermeldung iiber den Verlauf der Schlacht bei Charkow.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: Keine Veranderung der Lage. Wetter: Klar, sonnig, gute Sicht.
Armeegr. von Kleist: Die Vernichtungsschlacht westl. Isjum ist zu Ende.
Bei der Sauberung des Kampfgelandes wurden im Laufe des Tages einzelne
Feindgruppen aufgerieben. Teilweise kommt es noch zu Kampfen mit Ver=
sprengten.
Die in der Friihjahrs schlacht von Charkow und am Donez bisher fest=
gestellten Beutezahlen betragen:
213 900 Gefangene,
1 237 Panzer,
1 812 Geschiitze (einschl. Flak und Pak),
eine grofie Menge Gr.=Werfer und MG,
Tausende von Bespannfahrzeugen und Pferden,
eine uniibersehbare Menge von Munition und Gerat;
542 Flugzeuge wurden abgeschossen.
Mit weiteren Ansteigen der Beutezahlen ist zu rechnen.
Siidostw. Isjum wurde ein fdl. Stofitrupp, der im Nebel den Donez zu
iiberschreiten versuchte, aufgerieben. An der iibrigen Front der Heeresgruppe
keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: + 14 — 22 Grad, wechselnd bewolkt, einzelne Regenschauer. Wege
fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Im Gebiet siidl. Wjasma verteidigen sich einzelne Feindgruppen noch zah.
Eign. Krafte gingen von der Bahnlinie siidl. Wjasma nach Westen vor und
nahmen mehr. Ortschaften. Ein feindl. VorstolB slidwestl. Juchnow wurde
abgewehrt. Auf der Strecke Spas Demenskoje— Smolensk wurde etwa 15 km
westl. Spas Demenskoje die Eisenbahnbriicke durch Partisanen gesprengt.
Auf die vorgeschobene Stellung siidostw. Mostowaja fiihrte der Feind mehr.
Angriffe mit Artl.=Unterstutzung gegen die eigenen Stellungen vor. Die
Angriffe wurden zum Stehen gebracht, Gegenstofi ist eingeleitet. Feindl. An=
griffe auf Bjeloj von Norden und Osten in Kp.=Starke wurden durch eign.
Artl.=Feuer abgewehrt bzw. zerschlagen. Wege weiter im Abtrocknen.
Hierzu Aufzeidinung des Gesandten Schmidt iiber diese Unterredung, siehe „Ein=
fiihrung" , S. 22 f.
391
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
Siidl. Ilmensee aufier Spahtrupptatigkeit keine besonderen Meldungen. In
dem Wolchow=Kessel nordl. des Ilmensees sind die von Norden angreifenden
eigenen Krafte weiterhin im erfolgreichen Vormarsch an der Bahn Lenin=
grad— Nowgorod. Mehr. Orte wurden genommen und der Feind ncvch kurzer
Gegenwehr zuriickgeschlagen. Ein Feindangriff bei Mga siidostw. Schliisselburg
wurde durch zusammengefafites Feuer abgeschlagen.
Filmland (27. 5.)
Sudo St front: Am Swir wurden feindl. gewaltsame Aufklarungsversuche ver=
hindert. Sonst normaler Verlauf des Tages mit beiderseitiger Artl.= und Spahtrupp=
tatigkeit.
Nordostfront (AOK Lappland) : Keine grofieren Kampfhandlungen.
Panzeraraiee Afrika (27. 5.)
Angriff planmafiig verlaufen. Feind leistete sehr zahen Widerstand. Nach schwe=
rem Kampf wurde Trigh Enver Bei (Piste, die siidl. El Adem in West=Ost=Richtung
verlauft) erreidit. Neu aufgetreten: 3. Ind.Brig. (mot.).
30. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer in Berlin]
Beginn des Angriff s zur Schliefiung der Liicke im Wolchow=Kessel.
Chef WFSt bespricht mit dem Fiihrer die Verstarkung der Pz.Armee Afrika
durch die auf Kreta befindlichen deutschen Krafte.
Die Befehle des FUhrers beziigl. der Operationen im Raum von Woltschansk
und im Raum von Isjum, die dem Angriff „Blau'' vorhergehen sollen, werden
dem OKH, dem Ob.d.L. und dem W.Tr.Chef schriftlich mitgeteilt. Eine gering=
fiigige Verschiebung von „Blau V kann in Kauf genommen werden, jedoch
sollen zwischen „Blau I", „Blau IV und „Blau IIF' unter keinen Umstanden
Pausen entstehen.
Der Fiihrer befiehlt die Verstarkung der Heereskrafte in Nordjiitland. Der
Befehlshaher der dt. Truppen in Diinemark wird angewiesen, das in Nord=
Jutland stehende Inf.Rgt. 930 durch Umgruppierung im iibrigen Bereich der
416. Div. um 1 Batl. und 1 bewegl. Batterie sowie die Besatzung des Stiitz=
punktes Hanstholm um 1 Komp. zu verstarken.
Der Fiihrer stimmt der Einsetzung eines Reichsreeders ^ zu, um die ratio=
nellste Ausnutzung des Schiffstransportraumes, soweit er nicht standig fiir die
Zwecke der Seekriegfiihrung benotigt wird, sicherzustellen. Der Fiihrer unter=
zeichnet den Erlafi iiber die Einsetzung eines Reichskommissars fiir die See=
schiffahrt. (Naheres s. Stellv.WFSt.)
Mexiko erklart an Deutschland, Italien und Japan den Krieg. (Ausl.)
1 „Reikosee" wird der Hamburger Gauleiter Kaufmann.
592
30. Mai 1942
Der Fuhrer spricht zu den Offiziersanwartern im Berliner Sportpalast^.
SS=Obergruppenfuhrer und Gen.Oberst der Schutzpolizei Daluege wird in
Vertretung Heydrichs Stellv. Reichsprotektor im Protektorat.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Aufier lebhaftem Verkehr am Nordfliigel der Einschliefiungsfront
von Sewastopol keine besonderen Kampfhandlungen.
Armeegr. von Kleist: Beiderseitiges Artl.=Storungsfeuer und Spahtrupp=
tatigkeit. Wetter: wechselnd bewolkt, vereinzelte Regenschauer, Temp. + 20
Grad, Strafien befahrbar.
6. Armee: Keine grofieren Kampfhandlungen.
Wetter: bedeckt, zeitw. Regen,Temp. + 15 Grad. Unbefestigte Strafien fiir
Kfz. z. T. schwierig befahrbar.
2. Armee: Lage unverandert.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Keine nennenswerten Kampfhandlungen. Wetter: sonnig,
warm, Wege noch stellenweise aufgeweicht.
4. Armee: Ostw. Spas Demenskoje und siidl. Juchnow starkere Feindbe=
wegungen in nordlicher Richtung. Die Kessel siidl. Wjasma werden weiter
verengt, Ausbruchsversuche wurden abgewehrt. Eigene Krafte gingen siidl.
Wjasma in Gegend Nikolskoje zum Angriff vor und nahmen mehrere Ort=
schaften. Siidl. Mostowaja wurden mehrere Feindangriffe abgewehrt. Bei
Bjeloj stellte der Feind in den Morgenstunden des gestrigen Tages seine An=
griffe ein. Strafienzustand weiterhin gebessert.
H.Gr. Nord:
Heftige Feindangriffe siidl. Ljubniza auf SS=„T"=Div. In dem Kessel nordl.
des Ilmensees gingen eign. Krafte ohne erheblichen Feindwiderstand in Rich=
tung Siidsiidost an der Bahnlinie Leningrad— Nowgorod vor und stiefien siidl.
des Schnittpunktes der Bahn mit Strafie etwa in der Mitte des Kessels mit von
Norden und Siidwesten vorstolienden eign. Kraften zusammen. Aus der Nord=
ostecke des Kessels vorgehende eign. Krafte trafen dort auf Feindwiderstand.
Finnland (28. 5.)
Nordostfront (AOK Lappland): Im Abschnitt Uhtua mehr. kleine Waldbrande
durdi feindlidien Besdiufi mit Phosphormunition. Im Absdinitt Kandalaksdia wurde
eine starkere feindl. Abteilung durdi Feuer vertrieben.
1 Wortlaut dieser Rede im Anhang zu H. Picker: Hitlers Tischgespradie im FHQu
1941/42, neu hrsg. von P. E. Schramm in Zusammenarbeit mit A. Hillgruber,
Stuttgart (Seewald-Vcrlag) 1963.
393
B. Kriegstagebuch
Panzerarmee Afrika (28. 5.)
Eigene Lage: DAK 14.30 Uhr siidl. Acroma, 90. lei. Div. 13.00 Uhr El Adem,
Aufkl.=Abt. (nordwestl. Sidi Rezegh) Igelstellung. Englander melden 15.20 Uhr
25 deutsche Panzer bei Sidi Rezegh. XX. A.K. hatte 12.00 Uhr Gefechte mit feindl.
Panzerkraften bei Bir Hacheim, es meldete Absicht, den Vormarsch fortzusetzen,
hat bei Mteifel es Chebir mit X. A.K. Verbindung. Angriff X. A.K. und XXI. A.K.
bisher planmafiig.
Auf Via Balbia von Ain el Gazala Richtung Tobruk starkster Verkehr, Stra6en=
verstopfungen, Einsatze der eign. Luftwaffe hiergegen sehr wirksam. Bei Bir Hacheim
570 ind. Gefangene.
31. Mai 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
In der Nacht vom 30./31. 5. erfolgt ein starker brit. Luftangriff auf Koln.
Nachdem der Fuhrer bereits in der Nacht auf der Fahrt im Sonderzug [von
Berlin nach ,,Wolfsschanze''] iiber die Schwere des Luftangriffes auf Koln
unterrichtet worden war, schlug der Luftwajfenfuhrungsstab folgende Sonder=
meldung vor:
„Britische Bomber unternahmen in der vergangenen Nacht einen Terror=
angriff auf die Innenstadt von Koln, wodurch grofie Schaden durch Spreng=
und Brandwirkung vor allem in Wohnvierteln sowie an mehreren offentlichen
Gebauden, unter anderem auch an drei Kirchen und zwei Krankenhausern,
entstanden. Bei diesem ausschlieJSlich gegen die Zivilbevolkerung gerichteten
Angriff erlitt die britische Luftwaffe durch das hervorragende Zusammen=
wirken der unter dem Befehl des Generaloberst Weise stehenden Luftver=
teidigungskrafte schwerste Verluste. Nachtjager und Flakartillerie schossen
36 der angreifenden Bomber ab. Im Kiistengebiet wurde aufierdem ein Bomber
von Marineartillerie zum Absturz gebracht. Mit dem bisher festgestellten
Abschuli von 37 feindlichen Bombenflugzeugen, darunter mehreren vier=
motorigen, wurde etwa die Halfte der in das Reichsgebiet eingeflogenen
feindlichen Flugzeuge vernichtet.
Ein Nacht jagdverband imter Fiihrung des Generalleutnants Kammhuber
erzielte hierbei seinen 600. Nacht jagdabschufi, Hauptmann Streib seinen 25.
und 26., Oberleutnant Knacke seinen 20. Nachtjagdsieg.''
Der Fuhrer lehnte angesichts der Verluste eine derartige Siegesmeldung aus
psychologischen Grunden scharf stens ab und vertrat dariiber hinaus den Stand=
punkt, dafi diese Erfolgsmeldung auf keinen Fall zutreffen konne.
Wahrend die Luftwaffe immer noch von einem 50^/oigen Abwehrerfolg
sprach und sich auch am folgenden Tage noch um eine entsprechende propa=
gandistische Auswertung bemiihte, liefen immer klarere Meldungen dariiber
ein, dafi sehr viel mehr feindliche Flugzeuge liber Koln gewesen sind, als die
Luftwaffe annahm. Churchill selbst sprach im Unterhaus von 1000 Flugzeugen.
Wenn dies auch iibertrieben sein mochte, so rechnete der Fuhrer doch, dalE es
nach den Sachschaden einige hundert gewesen sein miifiten.
394
1. Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H,Gr. Sud:
11. Armee: Vergebliches feindliches Stofitruppunternehmen auf die Mitte
der Einschliefiungsfront von Sewastopol.
Armeegruppe v. Kleist: Zwei feindliche Stofitruppunternehmen nordlich
Taganrog und bei ital. Schn. Korps wurden abgewiesen. Der Feind griff wieder=
holt aus dem Donezbogen westl. Sawinzy die eigenen Stellungen an. Er wurde
z. T. im konzentrischen Feuer abgewehrt, z. T. wurden die Angriffskolonnen
kurz vor den eigenen Stellungen zerschlagen.
Wetter: Strichweise starke Regenfalle, nachm. Wetterbesserung.
6. Armee: Keine besonderen Kampfhandlungen.
2. Armee: Vergebliche Feindangriffe westl. Tim auf die ung. Stellungen.
Wetter: Seit den Vormittagsstunden anhaltender starker Regen, Wege stark
aufgeweidit.
H.Gr. Mitte:
Siidlich Wjasma schreitet die Verengung des Kesr.els welter fort. Nordwestl.
Spas Demenskoje und siidwestl. Wjasma nahmen eigene Verbande im Angriff
mehrere Orte an der Ugra und an der Strafie Jelnja— Nikolskoje. Im iibrigen
keine besonderen Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
Bereitstellungen des Feindes siidl. Ljubniza und siidl. Ilmensee am Lowat
wurden durch eigene Artl. zerschlagen. Nordl, Ilmensee waren weitere eigene
Angriffe in den Wolchow=Kessel erfolgreich. Zur Schliefiung der Liicke westl.
Jamno traten die beiden Fliigeldiv.en von Norden und Siiden zum Angriff an
gegen stark ausgebaute feindliche Stellungen. Siidlich Salzy war ein eigenes
Stofitruppuntemehmen erfolgreich.
Finnland (29. 5.)
An alien Fronten keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (30. 5.)^
1. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Fuhrer fliegt zur H.Gr. Slid nach Poltawa. In seiner Begleitung befinden
sich GFM Keitel, Gen. Schmundt, Gen. Heusinger und Oberst Scherff.
In Poltawa halten die an der Schlacht bei Charkow beteiligten Fiihrer zu=
1 Fehlt in der Sammlung des KTB der Ski, Teil D.
395
B. Kriegstagebuch
nachst Vortrag: GFM v. Bock, Gen.Oberst v. Kleist, Gen.d.Pz.Tr. Paulus,
Gen.d.Kav. v. Mackensen. Im Anschlufi hieran entwickelt der Fuhrer seine
Gedanken iiber die Fortfiihrung der Operationen und betont, dafi man sich
jetzt nicht an den bisherigen Plan halten diirfe, sondern die unerwartet giinstige
Entwicklung der Schlacht von Charkow ausniitzen miisse, um die ostw. Isjum
und ostw. Charkow massierten Krafte so schnell wie moglich zu zerschlagen.
Sein Grundsatz ist: „Was man jetzt zerschlagt, stort bei der spateren Opera=
tion ,Blau' nicht mehr''.
Auf Grund der Vortrage des GFM v. Bock entscheidet der Fuhrer, dafi
sowohl der Angriff „Fridericus IV sowie der Angriff auf Woltschansk der
Hauptoperation „Blau'' vorwegzunehmen ist. Es mufi in Kauf genommen
werden, dafi hierdurch u. U. fiir den Beginn der Operation „Blau'' eine Ver=
spatung von einigen Tagen eintritt. Die AngrifiFszeiten werden in folgender
Reihenfolge festgelegt:
1. Angriff Woltschansk friihestens y. 6.
2. Angriff „Fridericus IV friihestens 12. 6.
3. Operation „Blau" spatestens 20. 6.
Der Fuhrer weist besonders darauf hin, dafi der Ablauf der Operationen
auch unter Einbeziehung des Angriffs auf Sewastopol so abgestimmt werden
miisse, dafi jeweils starkste Luftwaffenunterstiitzung moglich sei.
Der Artillerie=Einsatz zur Verteidigung der danischen Kiiste durch den
Befehlshaber der deutschen Truppen in Danemark Liidke.
Verstarkung der Heereskrafte in Nord=Jtitland aus dem Ersatzheer.
Richtlinien fiir die Einstellung volksdeutscher Fliichtlinge in die Wehrmacht.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee, im Siidteil und in der Mitte der H.Gr. keine besonderen Kampf=
handlungen^ Siidostw. Kursk griff der Russe mit 5 Batl.en und 25 Panzern die
Stellungen einer ung. Div. an. Er wurde unter schweren blutigen Verlusten
und unter Vernichtung von 8 Panzern abgewiesen. Nach dem erfolglosen An=
griff westl. Tim hat Feind nicht wieder angegriffen. Im Hintergelande erfolg=
reicher Kampf mit Partisanen, Wetter: wechselnd bewolkt. Temp, zwischen
10 und 20 Grad Warme, Wege befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Das Kampfgebiet siidl. Wjasma wurde weiter gesaubert. Eign. Krafte gin=
gen siidl. der Strafie Wjasma— Jelnja weiterhin nach Siidwesten zum Angriff
vor und nahmen mehr. Ortschaften. Im iibrig. Gebiet der H.Gr. keine beson=
deren Kampfhandlungen. Strafien durch Gewitterregen verschlechtert.
1 Im Ms.: II. Armee: Im Siidteil ...
396
2. Juni 1942
H.Gr. Nord:
Im Wolchow=Kessel nordl. des Ilmensees ist die Verbindung der beiden von
Norden und Siiden angreifenden Telle hergestellt und eine Verteidigungsllnie
nach Osten Richtung Jamno aufgebaut. Telle dleser Division grelfen nach
Westen an, um die Sperre zu verbreltern. Die von Norden und Siiden in dem
Kessel vorgehenden elgenen Krafte stiefien an mehreren Stellen auf feind=
lichen Widerstand. Siidl. Salzy griff der Gegner zu wlederholten Malen die
dort liegenden Dlvisionen an, wurde jedoch abgeschlagen. Eln erneuter Angriff
der Russen 1st hler im Gange.
Finnland (30. 5.)
An alien Fronten keine nennenswerten Kampfhandlungen. An der Nordostfront
Strafienzustand durch starke Regenfalle weiter verschlechtert.
Panzerarmee Afrika (31. 5.)
Uber den bisherigen Verlauf des Kampfes in Nordafrika liegen folgende Mel=
dungen vor:
Nachdem am zy. 5, durch einen Angriff von Siiden der Feind iiber den Trigh
Enver Bei zuriickgeworfen und Gegenangriffe abgewiesen worden waren, wurde
am 28. 5. der Raum siidl. Acroma erreicht. Feind griff westl. Acroma und an der
Piste Enver Bei die nach Osten vorgehenden italienischen Krafte an.
Am 2g. 5, wurde eln Angriff des Feindes aus dem Raum westl. El Adem abge=
wiesen, ebenso Angriffe gegen die Hohen westl. Acroma. Bei Bir el Gobi fafite
der Gegner Telle der 7. Pz.Div. und 5. ind. Div. zusammen. Er verteidigt die Gazala=
Stellung weiterhin zah und brachte hier eigene Angriffe zum Stehen.
Panzerarmee Afrika geht zur Auffiillung ihrer Versorgung mit den mot. Ver=
banden in Raum Harmat und nordwestl. davon voriibergehend zur Abwehr iiber.
Der Kommand. General des DAK, General der Panzertruppen Cruewell, wurde
mit einem Storch abgeschossen und ist seitdem vermifit.
Kdr. der 15. Pz.Div., Generalmaj. von Vaerst, wurde verwundet.
In den aufierordentlich harten Kampfen vom 27.-29. 5. wurden nach bisher vor=
liegenden Meldungen vernichtet oder erbeutet:
288 Panzer, 21 Pz.Spah=Wagen, 53 Geschiitze, etwa 200 Fahrzeuge.
Es wurden iiber 2 000 Gefangene eingebracht.
Nach Meldung der Panzerarmee sind mittl. amerik. Panzerkampfwagen sehr
widerstandsf ahig. Ausstattung des Feindes mit schweren Panzerwaffen sehr reichlich.
2. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
6.00 Uhr: Vorbereitung des Angriff s auf Sewastopol durch die ArtlUerle
und die Luftwaffe beglnnt.
Belm Lagevortrag berichtet Cen.Oberst Haider iiber die nachsten Absichten
der H.Gr. Mitte: Weltere Sauberung des riickwartigen Gebietes der 4. Armee
und der 3. Pz. Armee sowie Herstellung der Verbindung zwlschen der Gruppe
Esebeck in Bjeloj imd den Tellen der 9. Armee westl. Rshew. Hierdurch sollen
die feindllchen Krafte im riickwartigen Gebiet der 9. Armee elngeschlossen
397
B. Kriegstagebuch
und vernichtet werden. Der Fiihrer genehmigt diese Plane mit dem Hinweis,
dafi die H.Gr. Mitte sich jedoch durdi diese Einzelunternehmungen nicht so
zersplittern diirf e, dafi es f iir die spater durchzuf iihrende Hauptoperation, nam=
lich die Abschniirung des Bogens von Suchinitschi durch konzentrischen An=
griff auf Kaluga, an Kraften fehle.
Cen.Oberst Haider meldet weiterhin, dajS der wegen des schlechten Wetters
verschobene Angriff zur Verbreiterung der Verbindung zwischen dem X. und
II. AK. siidl. des Ilmensees nunmehr auf den 3. 6. angesetzt sei. Gegen den
feindlichen Briickenkopf am Wolchow sei im Anschlufi an die Sauberung des
Wolchow=Kessels ein Zangenangriff beabsichtigt, dessen Beginn jedoch noch
nicht festgelegt werden konne. Der Fiihrer aufiert hierzu, dafi man der russi=
schen Fiihrung im Nordabschnitt die Uberschrift geben konne „Ein Mann,
der sich zuviel vorgenommen hat". Hatte der Russe alle Krafte auf ein Ziel,
namlich Leningrad, angesetzt, ware ihm wahrscheinlich ein Erfolg beschieden
gewesen. So aber habe er sich sowohl nordlich wie siidl. des Ilmensees in
verschiedenen Richtungen zersplittert.
Der Fiihrer weist auf die generelle Bedeutung des engl. Luftangriffs auf
Koln hin, aus dem u. U. Folgerungen gezogen werden miifiten, die auch die
anderen Kriegsschauplatze beeinflussen wiirden.
Der Duce hat gewiinscht, iiber die Ereignisse bei der ital. 8. Armee auf dem
ostlichen Kriegsschauplatz taglich unterrichtet zu werden. Die Erfiillung dieses
Wunsches auf dem Fernschreibwege wird sichergestellt.
Der Einsatz des RAD beim AOK Lappland wird abgestoppt. Hierfiir sollen
etwa 2—3000 Kriegsgefangene aus dem Reich dem AOK zur Verfiigung ge=
stellt werden.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Siid:
11. Armee: Der Feind setzte seine Schanzarbeiten an der Sewastopol=Front
nach Aussagen von Oberlaufern mit Hochdruck fort. 3 groEere Schiffe aus dem
Hafen Sewastopol auslaufend beobachtet. Bombenangriffe auf marschierende
Kolonnen.
Armeegruppe von Kleist: Lebhaftes Artl.=Storungsfeuer. Besonders zahl=
reiche Tieffliegerangriffe an der Donezfront westl. Isjum. Nach den vergebl.
Angriffen ostw. Kursk verhielt sich der Feind ruhig. Im riickw. Gelande wurde
bei den Kampfen siidl. der Nerusa etwa 130 km nordwestl. Kursk gegen die
Partisanen ab 13. 5. 4375 Tote gezahlt, 135 Gefangene gemacht und 21 Ge=
schiitze, 26 Granatwerfer, 71 M.G.s erbeutet.
Wetter: klar, sonnig, + 25 Grad, Wege wieder befahrbar.
Wie nachtraglich festgestellt wurde, ist der Oberbefehlshaber der russ.
6. Armee, Generalmajor Gorodnjanskij, gefallen.
398
3- Juni 1942
H.Gr. Mitte:
Im Raum Brjansk wurde ein Versorgungszug durch Partisanensprengung
zur Entgleisung gebracht. Siidwestl. Wjasma erfolgreicher Vorstofi eign.
Krafte. Das an der Front nach Westen siidl. Wjasma stehende Korps tritt am
2. 6. zum Angriff nach Westen an. Nordl. Bjeloj und siidl. Mostowaja vergebl.
Feindvorstofie. Wetter: warm, sonnig, Strafien weiter abgetrocknet.
H.Gr. Nord:
Siidwestl. des Ilmensees erfolgloser feindl. Vorstofi im Pola=Abschnitt. Im
Wolchow=Kessel nordl. des Ilmensees wurden mehr. feindl. Gegenangriffe
abgeschlagen. Die einzelnen eign. Stofikeile traten weiterhin zum konzen=
trischen Angriff an. Der Feind griff mit 27 Panzern die neue Verbindungslinie
westl. Jamno an. Er wurde abgewiesen, 8 Panzer vernichtet.
Siidl. davon wurden bei einem Angriff 6 weitere Panzer erledigt. Siidl. Salzy
trat der Feind zum Angriff nach Westen an. Nordl. Salzy wurden Truppen=
zusammenziehungen des Feindes festgestellt.
Finnland (31. 5.)
An alien Fronten keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (1. 6.)
Feind fiihrte lediglidi Aufklarungsvorstofie gegen Ost= und Nordfront durdi und
belegte eigene Stiitzpunkte mit Artl.=Feuer.
Der konzentrisdi gefiihrte Angriff gegen in festungsartig ausgebauten Stellungen
eingesdilossene Feindkrafte fiihrte zu vollem Erfolg. Hierbei wurden etwa 3 000 Ge=
fangene eingebracht, darunter ein Brig.Gen.
In der Zeit vom 31. 5, bis 1.6.42 wurden vernichtet bzw. erbeutet:
101 Panzerkampf= und Spahwagen, 121 Geschiitze, 187 Kfz., groSe Mengen von
Handwaffen und Ausriistungsgegenstanden.
Bei Artl.=Feueriiberfall auf Armeegefechtsstand wurden der Chef des Stabes und
der la durch Granatsplitter verwundet.
Nach durch Italiener mitgehortem Funkspruch befindet sich General der Panzer=Tr.
Cruewell in englischer Gefangenschaft.
Nach Beutebefehl der Pz.Brig. diirfen deutsche Soldaten bis zu ihrer Vernehmung
nicht essen, trinken und schlafen. Originalbefehl wird nachgereicht.
3. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Die USA erklaren an Rumanien, Bulgarien und Ungarn den Krieg*.
Beginn des Angriffs der H.Gr. Nord zur Verbreiterung der Verbindung
zwischen dem X. und II. AK. siidl. des Ilmensees.
1 Es handelt sich um Gegenkriegserkldrungen. Die drei Lander hatten ihrerseits
bereits am 12. Dezember 1941 als Mitgliedstaaten des Dreimdchtepakts den
USA den Krieg erklart.
399
B. Kriegstagebuch
Gen.Oberst Jeschonnek und Oberst i. G. Schmidt (Ic des Lw.Fii.St.) halten
dem Fiihrer Vortrag iiber den Luftangriff auf Koln. Der Fiihrer weist in ein=
dringlichster Form darauf hin, dafi die Auff assung, man habe einen gewaltigen
Abwehrerfolg erziehlt, auf einem Trugschlufi beruhe. Es sei vollig ausgeschlos=
sen, dafi nur yo—8o Flugzeuge iiber Koln gewesen seien. Dagegen sprachen
f olgende Gesichtspunkte :
1. Die tatsachlichen Feststellungen der Gauleitung iiber den Schaden und
die gezahlten Bombeneinschlage.
2. Die Angabe der Englander, sie seien mit looo Flugzeugen eingeflogen,
von denen 44 verloren gingen.
Der Fiihrer halt hierbei eine zwei= bis dreifache Obertreibung in Anbetracht
der englischen Liigenpropaganda fiir moglich. Eine zehnfache Obertreibung
konne sich jedoch der Englander schon seiner eigenen Truppe gegeniiber nicht
erlauben. Der Fiihrer halt es deshalb fiir wahrscheinlich, dafi mehrere hundert
Flugzeuge an dem Angriff beteiligt waren und dafi es dem Englander darauf
ankam, eine Grofiaktion durchzufiihren, um durch diese Art des Luftkrieges
eine „zweite Front'' zu schaffen. Es sei nicht ausgeschlossen, dali man dieser
Absicht des Feindes nur durch Wegziehen von Luftstreitkraften vom Einsatz
gegen Malta fiir Terrorangriffe auf England, die das einzige Gegenmittel
bildeten, begegnen konne. Es komme vor allem darauf an, sich ein ganz klares
Bild von der Starke der Luftangriffe zu machen, ohne etwas zu beschonigen
oder gar eine Katastrophe als einen grofien Abwehrsieg hinzustellen. „Ich
kapituliere nie vor einer harten Wirklichkeit, aber ich mufi klarsehen, um die
richtigen Folgerungen Ziehen zu konnen/'
Ital. und deutsche Schnellboote im Ladogasee^.
Ubersicht iiber die zwischen dem OKW und der finnischen Wehrmacht=
fiihrung z. Z. behandelten Fragen. Aufgestellt anlafilich der fiir den 4. 6. be=
absichtigten Reise des Fiihrers nach Finnland.
Chef OKW richtet ein Schreiben an den Chef des ungar. Generalstahes,
dafi deutscherseits alles geschehen werde, um eine — fiir unwahrscheinlich ge=
haltene — ungiinstige Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen Ru=
manien und Ungarn zu verhindern (vgl. 26. 5.).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: SewastopoUFront: Masse der eigenen Artl. seit 06.00 Uhr iiber=
fallartiges Storungsfeuer auf Feldbefestigungen und Unterkiinfte. Im allge=
meinen nur geringe feindl. Feuererwiderung. Zum gleichen Zeitpunkt Angriff
2 Unternehmen „Klahautermann" . Vgl. hieriiber W. Erfurth „Der finnische Krieg
ig4i—ig45", Wiesbaden 1950, S. 126—28.
400
3. Juni 1942
aller Krafte des dortigen Fl.Korps auf Stadt und Hafen Sewastopol, wahrend
des ganzen Tages andauernd.
Auch am heutigen Tage lebhafter Schiffsverkehr in Sewastopol=Bucht. Ge=
gen mittag wurden 16 Schiffe im Schutze kiinstlichen Nebels Richtung Hafen=
einfahrt beobachtet.
Armeegr. von Kleist: In einem Div.=Abschnitt 30 km nordl. Taganrog
starkeres Artl.= und Granatwerferstorungsfeuer.
Bei ital. Expeditions=Korps beiders. Spahtrupptatigkeit.
An iibriger Front keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: Ortl. Gewitterschauer, + 30 Grad, Wege fiir alle Fahrzeuge be=
fahrbar.
6. Armee: Keine bes. Ereignisse. Wetter: + 25 Grad.
2. Armee: Sudostw. Kursk Ansammlung eines Feind=Btl.s mit etwa 15 Pan=
zern beobachtet.
Bei dem heute morgen in z. T. hartnackigen Nahkampfen erfolgreich abge=
wiesenen Angriff von 2 feindl. Regimentern nordwestl. Liwny verlor Feind bei
nur geringen Eigenverlusten nach bisher vorliegenden Meldimgen 416 Tote,
95 Gefangene, 22 M.G.s, 5 Granatwerfer und zahlreiche Handfeuerwaffen.
Ruckw. Armeegebiet: Erfolgreiche Partisanenbekampfung durch ung. Siche=
rungsverbande.
Wetter: klar, sonnig, + 2.6 Grad.
H.Cr. Mitte:
2. Pz. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen.
Wetter: warm, Regenschauer, Wege im allgemeinen befahrbar.
4. Armee: Ahwehr front: Feindl. Spahtrupptatigkeit nordl. Juchnow anUgra=
Front.
Riickw. Front: Weiterhin Sauberung des Gebietes. Westl. Jelnja wurden
mehr. Ortschaften genommen.
J. Pz. Armee und 9. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen.
Strafienzustand bei Gr. Esebeck gebessert. Jedoch fiir Kfz. noch nicht be=
fahrbar.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Lage unverandert.
:l8. Armee: An der Ostfront der Abriegelungsstelle (westl. Jamno) gefiihrter
Feindangriff, unterstiitzt von 10 Panzern und Artl., konnte nach 2stiindigem
Kampf abgeschlagen werden. 9 Panzer wurden durch Panzervernichtungs=
trupps und Pak vemichtet. Ein erneuter Angriff mit Panzern im gleichen Ab=
schnitt wurde, unterstiitzt durch eign. Stukaangriff, durch den 6 Panzer ver=
nichtet wurden, ebenfalls abgewehrt. Im Wolchow=Kessel nur geringe Kampf=
tatigkeit. Siidl. Salzy wurden mehrere Feindangriffe in Starke bis zu 400 Mann
abgewiesen. Nordwestl. Salzy vergebl. feindl. Spahtrupptatigkeit.
401
B. Kriegstagebuch
Finnland (i. 6.)
Siidostfront (Gr. Aunus): Feindl. Angriff in Starke von 2 Kp.en mit Artl.=Vor=
bereitung abgewiesen.
Nordostfront (AOK Lappland) : Anhaltende feindl. Schanztatigkeit in alien Ab=
schnitten. Im Abschnitt Uhtua anscheinend fdl. Ablosungen. Im Abschn. Louhi steht
nach Uberlauferaussagen Ablosung der 23. Garde=Div. durch eine neu zugefiihrte
Div. bevor.
AOK Lappland: Keine nennenswerte Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (2. 6.)
Panzerarmee Afrika griff mit 90. lei.Div. und ital. mot.Div. ^Trieste" die im
Raum um Bir Hacheim zum Schutz der feindlichen Siidflanke eingesetzte freifranz.
Brig. an. Bei sehr starkem Sandtreiben dauern die Kampfe noch an.
DAK. trieb zur Vortauschung von Angriffsunternehmungen an der Ostfront er=
folgreiche bewaffnete Aufklarung vor.
Im Verlauf des Nachmittags griff Gegner mit 4 Pz.Brig.en den Nordfliigel des
XX. A.K. und den Ostfliigel des DAK. nach starker Artl.=Vorbereitung an. Der
Angriff wurde unter Verlusten fiir den Feind abgewiesen. Bei anschliefiendem Ge=
genangriff wurden vernichtet bzw. erbeutet:
22 Pz.Kampfwagen, 7 Geschiitze, 20 Lkw. Eine grofie Anzahl von Gefangenen
wurde eingebracht.
4. Juni 1942
Der Fuhrer fliegt nach Finnland, um dem Feldmarschall Mannerheim zu
seinem 7^. Geburtstage zu gratulieren. In seiner Begleitung befinden sich
GFM Keitel, Gen. Schmundt, der Reichspressechef und Major v. Below.
Die fiir Petsamo bestimmten deutschen Schiffe miissen bereits in Kirkenes
ausladen, da es bei dauernder Helligkeit unmoglich ist, sie bei der Einfahrt
nach Petsamo an den russ. Batterien auf der Fischerhalbinsel vorbeizubringen.
Marine=Fahrprahme soUen den Verkehr zwischen Kirkenes und Petsamo auf=
recht erhalten.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
11. Armee: Vor Mitte Sewastopol= Front erfolglose feindliche Stoiitrupp=
tatigkeit. Eigene Artl. setzte im Zusammenwirken mit alien Verbanden des
dortigen Fl.Korps Zerstorungsfeuer mit Schwerpunkt auf Feldstellungen, Be=
festigungswerken imd B=Stellen mit guter Wirkung fort.
Armeegr. von Kleist: Im Kiistenabschnitt westl. Taganrog kreuzten in ver=
gangener Nacht um 02.00 Uhr 3 fdl. Motorboote 4 km siidwestl. Wesselo—
Woshessenka, zogen sich nach eigener Feuereroffnung jedoch wieder zuriick.
Nordl. Slawjansk wurden fdl. Spahtrupps, die bei Prishib und Bogoroditsch=
noje iiber den Donez gingen, abgewiesen bzw. vernichtet. Im iibrigen Armee=
bereich keine Anderung der Lage.
402
4- Juni 1942
6. Armee: Aufier geringer Stofi= und Spahtrupptatigkeit und ortlichem Artl.=
Storungsfeuer keine nennenswerte Kampftatigkeit.
2. Armee: Westl. Tim schiebt sich Feind zwischen Roshdestwenskoje und
Dmitri]' ewka naher an die ungarischen Stellungen heran. Sonst vor Armeefront
Ruhe.
Ruckw. Armeegebiet: Starkere Partisanengruppen, die aus dem Brjansker
Wald nach Siiden vordrangen, wurden im Gegenstofi von ung. Sicherungs=
verbanden geworfen.
H.Gr. Mitte:
2. Panzerarmee: Keine bes. Kampfhandlungen.
4. Armee: Siidwestl. Wjasma konnten alle zur Verengung des Kessels an=
gesetzten Verbande gegen zahen Feindwiderstand gut Boden gewinnen.
9. Armee: Nordwestl. Rshew und nordl. Welish wurde je ein feindl. Angriff
— z. T. mit Panzerunterstiitzung — abgeschlagen.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Siidostw. Staraja Russa trat eigene Div. zur Verbreiterung des
Versorgungsweges des II. A.K. zum Angriff nach Osten und Norden gegen
den Lowat an. Gegen starken Feindwiderstand konnten etwa 4 km Gelande
gewonnen werden.
18. Armee: Westl. Jamno traten eigene Krafte am Morgen zu Verbreiterung
des Abschniirungsriegels zum Angriff nach Westen an. Gegen zahen Wider=
stand in ausgebauten Feldstellungen gewinnt der Angriff in harten Nahkamp=
fen langsam Boden. Mehrfache Gegenstofie konnten abgeschlagen werden.
Starke Bewegungen im Gebiet ostw. Mjasnoi Bor— Spaskaja Polist deuten wei=
terhin auf fdl. Angriffsvorbereitungen. Sudl. Maluksa lebhaftere Gefechts=
tatigkeit als an den Vortagen. Im iibrigen Armeebereich keine besonderen
Ereignisse.
Finnland (2. 6.)
Sudostfront: Gruppe Landenge: Feindl. Minenfelder wurden bei den durdi eign.
Artl.=Feuer entstandenen Waldbranden zur Explosion gebracht.
Gruppe Annus: Mehr. Feindangriffe z. T. in Btl.=Starke mit Fliegerunterstiitzung
wurden abgewiesen.
Nordostfront: Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (3. 6.)
Aufier starker Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit fand vor Front der Panzerarmee
keine besondere Kampfhandlung statt.
Auf dem Siidfliigel umstellte 90. lei.Div. und mot.Div. „Trieste" von Osten und
Siiden die von freifranz. Truppen besetzten festungsartig ausgebauten Stellungen
um Bir Hadieim. Entsatzversuche aus ostwartiger und siidwestlicher Richtung wur=
405
B. Kriegstagebuch
den abgewiesen. Bei dem Kampf um Bir Hachheim verier der Gegner 170 Gefangene
und 60 Lkw.
Die Luftwaffe unterstiitzte mit besonders starken Kraften den Angriff gegen
Bir Hacheim.
Es mu6 damit gerechnet werden, dafi aus Agypten laufend Ersatz=Panzer ein=
treffen.
Bei den am 1. 6. 42 vernichteten Feindkraften handelt es sich um die 150. oder
die 151. Inf.Brig. und das 72. Feldartl.Rgt. der 50. engl. Inf.Div. sovvie um eine
Abteilung der 1. Heeres=Pz.Brig.
5. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschicbtlichen Abteilung des OKW)
Aus Anlali der Berichterstattung iiber die Schlacht bei Charkow erklart der
Fiihrer, dal? man bei der Erwahnung der Verbiindeten in grofiziigigster Weise
verfahren miisse. Fanatische Loyalitat gegeniiber den Verbiindeten sei das
Geheimnis, sie bei der Stange zu halten.
Chef OKW gibt dem Stellv. Chef WFSt iiber die gestern mit dem finn.
Oberkommando und dem Oberbefh. des AOK Lappland sowie dem Chef der
Lfl. 5 abgehaltenen Besprechungen folgendes bekannt: Die Finnen hatten es
bedauert, nicht zu dem lange geplanten Angriff auf Belomorsk in der Lage
gewesen zu sein, da der Ort fiir sie nicht nur militarisch, sondern auch fiir die
Grenzsicherung besonders wichtig sei. Der Angriff, der auch in diesem Som=
mer nicht moglich sei, sei fiir den Winter beabsichtigt.
Der Oberbefh. des AOK Lappland, Gen.Oberst Dietl, habe dem Fuhrer vor=
getragen, dafi er nicht iiber die notigen Krafte zur Wegnahme der Fischerhalb=
insel verfiige und dafi auch nach dem Eintreffen der vorgesehenen Verstar=
kungen und der Wegnahme der Halbinsel seine Krafte nicht ausreichten, um
den gesamten Raum zu sichern. Trotzdem habe der Fuhrer nicht auf die Weg=
nahme der Fischerhalbinsel verzichtet, sondern dem Chef der Lfl. 5, Gen.Oberst
Stumpff, aufgetragen, im Bereich des Geb.Korps die Bodenorganisation fiir
den Einsatz starkster Luftwaffenkrafte vorzubereiten. Der Ausbau der Boden=
organisation im nordwestl. Norwegen diirfe jedoch dadurch nicht beeintrach=
tigt werden.
Im Falle einer feindlichen Landung an den Kiisten im Bereich des OB West
sind die Marinegruppenbefehlshaber West und Nord gehalten, die ihnen
unterstehenden Seestreitkrafte nach eigenem Ermessen ohne Ruckfrage bei der
Ski. einzusetzen. Der Einsatz der U=Boote erfolgt durch den BdU in Zusam=
menarbeit mit der Marinegruppe West. Der EinfluJS des OB West beschrankt
sich auf Anforderungen, denen die Mar.Gr.Bef. unter eigener Verantwortung
im Rahmen ihrer taktischen Moglichkeiten zu entsprechen haben. Der OB West
wird entsprechend unterrichtet.
WB. Siidost meldet die deutsch=kroatischen Untemehmungen, die am 10. 6.
beginnen sollen, um West=Bosnien von den Aufstandischen zu saubern.
404
5- Juni 1942
Ubersicht iiber die im Mai durchgefiihrten Transporte von Italien nach
Afrika (s. KTB Stellv.WFSt).
Erklarung eines Operationsgebietes an der amerikanischen Atlantikkiiste.
(Ausl.)
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Ruhiger Tagesverlauf. Eigene Artl. und Luftwaffe setzten Be=
kampfung der fdl. Befestigungsanlagen und Feldstellungen fort.
Wetter: wolkenlos, heifi, + 30 Grad, gegen Mittag zunehmende Bewolkung
mit strichweisen heftigen Gewitterregen. Wege aufgeweicht.
Armeegr. von Kleist: Beiderseitige Spahtrupptatigkeit und Artl.=Feuer.
Wetter: Wechselnd bewolkt, ortliche starke Gewitterregen. Strafien im all=
gemeinen befahrbar, stellenweise aufgeweicht.
6. Armee: Siidostw. Charkow wurde Feindangriff in Btl.=Starke abgewiesen.
52 Uberlaufer. Wetter: heiter, leichter Wind, Temp. + 25 Grad. Unbefestigte
Wege im allgemeinen wieder befahrbar fiir alle Fahrzeuge.
2. Armee: Wahrend feindl. Angriffe in Regimentsstarke vor den ung. Stel=
lungen westl. Tim abgewiesen wurden, gelang es Feind siidwestl. Tim, mit
2 Batl.en in die HKL einzudringen. Gegenstofi im Gange.
Ruckw. Armeegehiet: Fortsetzung der Partisanenbekampfung durch ung.
Sicherungsverbande.
Wetter: klar, sonnig, windig, + 15 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Keine bes. Kampfhandlungen.
4. Armee (Abwehrfront) : Keine nennenswerten Ereignisse.
Riickiu. Front: Ostwarts Dogorobusch imd nordostw. Jelnja konnten alle
eign. Angriffe zur Verengung des Kessels trotz unwegsamen Gelandes und
harten Feindwiderstandes weiter gut Boden gewinnen.
Bei 3. Pz.= und 9. Armee keine Anderung der Lage.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Der gestern begonnene Angriff siidostw. Staraja Russa zur Ver=
breiterung des Versorgungsweges zum II. A.K. konnte nur langsam Boden
gewinnen.
18. Armee: Im Wolchow=Kessel westl. Jamno waren Feindangriff e gegen die
Abriegelungsstelle erfolglos. In den iibrigen Abschnitten der Armeefront
keine wesentlichen Kampfhandlungen.
Finnland (3. 6.)
Siidostfront und Nordostfront: Normaler Verlauf des Tages.
405
B. Kriegstagebuch
Panzerarmee Afrika (4. 6.)
Feind verhielt sich am 4. 6. im grofien und ganzen weiterhin abwartend. Er fuhrte
in den Raum vvestl. Bir el Gobi Krafte heran, vermied aber ein Eingreifen zur
Entsetzung der eingeschlossenen freifranz. Brig, in Bir Hachheim. Die engl. Luft=
waffe unterstiitzte den Erdkampf durch verstarkten Jagdschutz und Tiefangriffe
gegen die Einschliefiungsfront. Feind richtete sich an Nordfront weiter zur Ver=
teidigung ein. 1. Pz.Brig, anscheinend aus Agypten im Anmarsch. Erstmalig unter
AOK 8 aufgetreten.
Panzerarmee verengte die EinscKliefiungsfront der bei Bir Hacbeim stehenden
Feindkrafte. Die Luftwaffe fiihrte im rollenden Einsatz wirkungsvolle Angriffe ge=
gen die Feindstellungen von Bir Hacheim durch.
Im mittleren und nordlichen Frontabschnitt aufier Aufklarungs= und Artl.=Tatig=
keit keine besonderen Kampfhandlungen.
Die zur Storung des eigenen Nachschubs bis in Gegend Segnali Nord vorgedrun=
genen Feindkrafte wurden bis in Gegend siidl. Bir Hacheim zuruckgedrangt.
6. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Fuhrer hat die Absicht, kroatische Wehrfahige in gro6erer Zahl als
bisher zum Kriegsdienst heranzuziehen und kroatische Legionen nach ihrer
Ausbildung aufierhalb Kroatiens zunachst als Sicherungstruppen und spater
an der Ostfront einzusetzen. Auf diese Weise kann eine schlagfertige kroa=
tische Wehrmacht entstehen, die dem jungen Staat auch nach dem Kriege
wertvoll sein diirfte.
Das brit. Kriegsministerium erklart Uber den Sender London, dafi es den in
Nordafrika von deutschen Truppen aufgefundenen Befehl iiber die Behand=
lung der deutschen Gefangenen nicht erteilt habe und falls er von untergeord=
neten Stellen erlassen worden sei, mit sofortiger Wirkung aufgehoben habe.
Daraufhin werden die angeordneten Vergeltungsmafinahmen gegen die brit.
Gefangenen aufgehoben, was durch den deutschen Rundfunk am 6. 6., 20 Uhr,
bekanntgegeben wird.
Die Panzerarmee Afrika erhalt den Befehl, den Originaltext des erbeuteten
brit. Befehls zwecks VeroffentUchung im Faksimile zu iibersenden.
Der Dt. General beim H.Qu. der Hal Wehrm. meldet die Erklarung des
Gen.Obersten Graf Cavallero vom 4. 6. abends.
GFM V. Bock meldet 19.20 Uhr telefonisch dem Fuhrer, dafi es notwendig
werden konne, den Angriffsbeginn auf Sewastopol aus Witterungsgriinden
zu verschieben. Der Fuhrer gibt ihm dafiir freie Hand.
Der ungar. Ministerprasident^ wird vom Fuhrer empfangen.
1 Miklos V. Kdllay, seit 10. Marz ig42 Ministerprasident.
406
6. Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Vor Sewastopol Feind im allgemeinen ruhig. Eigene Artl. setzte
Zerstorung feindl. Befestigungsanlagen — am heutigen Tage unter Einsatz
schwersten Kalibers — planmafiig fort.
Wetter: Durch starke Gewitterregen teilweise Wege aufgeweicht.
Armeegruppe von Kleist: Am linken Fliigel der Armeegruppe von Kleist
bei und siidl. Balakleja versuchte Gegner wahrend der ganzen Nacht, iiber
den Donez zu gelangen. Er wurde unter hohen Verlusten zuriickgeschlagen.
Tuchurowka ist fest in eigner Hand.
Wetter: Regenschauer, im iibrigen wechselnd bewolkt, trocken. Strafien im
allgemeinen befahrbar.
6. Armee: Lebhafte fdl. Spah= und Stofitrupptatigkeit, sonst keine bes.
Ereignisse.
Wetter: Heiter, gegen Mittag zunehmende Bewolkung, Temp, um 28 Grad.
Unbefestigte Wege fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
2. Armee: Westl. Tim schiebt sich Feind weiter an die ung. Stellungen heran.
Mit Wiederaufnahme der fdl. Angriffe mufi gerechnet werden. Wetter: wech=
selnd bewolkt. Temp, um 22 Grad.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Erfolgreiche Partisanenbekampfimg.
Wetter: wechselnde Bewolkung, sonnig, Strafienzustand unverandert.
4. Armee: Ruckw. Front: Die zur weiteren Verengung des Kessels im Raum
Dorogobusch— Jelnja angesetzten eigenen Krafte konnten im Angriff von Nor=
den, Osten und Siiden weiterhin gut Boden gewinnen.
5. Pz.Armee: Keine Ereignisse.
9. Armee: Westlich und sUdwestl. Sytschewka konnten gegen zahen Feind=
widerstand und unwegsames Gelande mehrere Ortschaf ten genommen werden.
Im Raum Wel.=Luki erfolgloser Partisaneniiberfall auf Kommandeur einer
Inf.Div. im Kraftwagen.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Gruppe Eicke nahm im Angriff gegen zah kampfenden Feind ge=
gen 15.00 Uhr Dubowizy. Telle stiefien von hier nach Osten an die Pola vor.
Die Kampfe sind noch im Gange. Ein starker fdl. Gegenangriff von Westen
her wurde zerschlagen. Am Lowat war dem Gegner unter Einsatz zahlreicher
Artillerie mit zahlenmafiig stark iiberlegenen Kraften mit Unterstiitzung von
10 erkannten Panzern gelungen, im Morgengrauen Prismorshje und Alexan=
drowka zu nehmen. Wirksames eign. Artl.=Feuer sowie Gegenstofie mit Pan=
zern und Sturmgeschiitzen brachten den Angriff hart siidl. Alexandrowka zum
Stehen. Eign. Gegenangriff in nordl. Richtung im Gange.
407
B. Kriegstagebuch
18. Armee: Nach den schweren nachtlichen Abwehrkampfen an der Ab=
riegelungsstelle bei Jamno wurden hier am Vormittag 2 weitere Angriffe ab=
geschlagen. Nordl. davon konnte der auch hier von Osten vorgetragene Feind=
angriff, der von etwa 20 Bttr.n (bis zum Teil von je 8 Geschiitzen) unterstiitzt
war, abgeschlagen werden. Feind zieht erneut starke Krafte und Panzer an der
Ostfront des Abschniirungsriegels zusammen.
Siidl. Salzy trat Feind nach mehrstiindiger trommelfeuerartiger Artl.=
Vorbereitung von Siiden und Siidosten unter Einsatz von 30—40 Panzern zum
Angriff auf den Briickenkopf Kirishi an. Harteste Kampfe dauern an. Lage
aulEerst gespannt. Gut liegender eigener Stuka=Angriff am Nachmittag brachte
voriibergehende Entlastung.
Finnland (4. 6.)
Siidostfront: ) Aufier Stofitrupptatigkeit keine nennenswerten
Nordostfront: ) Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (5. 6.)
Feind griff in den friihen Morgenstunden des 5. 6. mit 2 Pz.Brig.en und 2 Schiit=
zenbrig.en im mittl. Frontabschnitt bei Bir el Tamar 18 km siidwestl. Tobruk nach
starker Artl.=Vorbereitung an. Der Angriff aus ostw. Riditung wurde durch einen
Vorstofi mehrerer Panzerabteilungen aus Gegend Eluet el Tamar (14 km nordl. Bir
el Tamar) unterstiitzt.
Panzerarmee wies die von Osten und Norden vorgetragenen Angriffe unter
schweren Verlusten fur den Feind ab. Am Nachmittag trat die Armee zum Gegen=
angriff nach Osten an. Die Angriffshandlungen nehmen einen erfolgreichen Verlauf.
Sie werden am 6. 6. f ortgesetzt. Im Verlauf der Kampfe wurden vernichtet : ^6 Pan=
zer. 200 Gefangene wurden eingebracht.
Der Ring um Bir Hacheim wurde weiter verengt.
7. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Der Angriff auf Sewastopol beginnt planmaliig.
Der Angriff Woltschansk ist wegen des schlechten Wetters um 24 Stunden
verschoben worden.
Der Fiihrer betont emeut die Notwendigkeit einer besseren durchgreifenden
Urlaubsregelung aus Bevolkerungs= und Stimmungsgriinden.
Der Fuhrer beanstandet, dafi das „Dora''=Gerat auf Munitionsdepots ge=
schossen hat. Es sei ausschliefilich fiir schwere Panzer ausersehen, da seine
Rohrleistung nur 100 Schufi betragt. " irrr? -y-vjliii
Stellungnahme des Comando Supremo, die die Dt. WStK auf Anweisung
des OKW vom 22. 5. an die Franzosen zur Sperrung der franz. Hoheits=
gewasser im Gebiet von Cap Bon und zur Verhinderung des Uberfliegens von
Tunis durch engl. Flugzeuge gerichtet hat.
408
7- Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Sewastopol=Front. Das eigene Zerstorungsfeuer wurde plan=
mafiig fortgesetzt.
Armeegruppe von Kleist: Siidostwarts Balakleja griff der Feind wiederholt
vergeblich die vorgeschobenen Stellungen einer Gebirgsdivision an. Nordl.
davon starkes fdl. Artl.=Feuer.
2. Armee: Im Raume Tim mehrere fdl. Angriffe, die unter schweren Feind=
verlusten abgeschlagen wurden.
Wetter: bewolkt, starkere Gewitterregen, die stellenweise das Befahren
der Strafie erschwerten.
H.Gr. Mitte:
2. Pz. Armee: Die Angriffe zur Bekampfung der Partisanen wurden fort=
gesetzt. Teile der Angriffstruppen stiefien von Norden an der StraEe Kirow—
Brjansk nach Siiden in Richtung auf Jatkowo vor. Von Osten her wurde der
Angriff auf Jatkowo fortgesetzt. Siidlich Jatkowo wurde die Strafie erreicht.
Etwa 20 km westl. dieser Strafie vereinigten sich die Angriffsverbande, von
Norden und Westen kommend.
4. Armee: Die Divisionen siidwestl. Wjasma erreichten im Vorgehen nach
Westen Dorogobush und Gegend siidostwarts davon. Ostwarts Jelnja nach
Norden vorstoiSende Krafte nahmen Verbindung mit den von Norden kom=
menden auf. Bei 9. Armee wurde der Angriff westl. und siidwestl. Sytschewka
fortgesetzt und mehrere Ortschaften genommen. Auf der iibrigen Front keine
besonderen Ereignisse.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Fdl. Angriffe siidl. Ljubniza mit Panzerunterstiitzung wurden
abgewehrt. Desgleichen Panzer=Angriffe an der Pola und am Lowat. Siid=
westl. Staraja Russa gehen eigene Krafte nach Siiden vor und nahmen mehrere
Orte in Gegend Nowinki. Nordl. des Ilmen=Sees wurden starkere Feindangriffe
in Gegend Jamno durch eigene Artl. erfolgreich bekampft. Im Sudteil des
Kessels wurden von eigenen vorstofienden Kraften mehrere Ortschaften ge=
nommen. Am Vormittag des gestrigen Tages wurden alle Angriffe, die mit
Unterstiitzung von Artl. und Panzern auf den Briickenkopf siidl. Salzy vor=
getragen wurden, abgewiesen. Weitere Angriffe sind zu erwarten. In der
Einbruchsstelle siidl. Maluksa wurden mehrere Feindvorstofie abgewiesen.
Siidl. Leningrad erfolgloser fdl. VorstoE.
Finnland (5. 6.) :
An alien Fronten keine besonderen Ereignisse. Bei AOK Lappland halt die fdl.
Schanztatigkeit an alien Frontabschnitten an.
409
B. Kriegstagebuch
Afrika (6. 6.):
Panzerverbande der i. engl. Pz.Div. wurden in den friihen Morgenstunden
des 6. 6. aus dem Raum Bir el Harmat — Bir el Tamar bis 15 km siidwestl. El Adem
geworfen. Im Verlauf dieser erfolgreichen Kampfe wurden starke Feindkrafte in
umfassend gefiihrtem Angriff in Gegend nordwestl. Bir el Harmat eingeschlossen
und vernichtet. Der Gegner hatte starke Verluste an Waffen und Kraftfahrzeugen.
Die Beute ist im einzelnen noch nicht zu iibersehen.
Die Zahl der am 5. und 6. 6. eingebrachten Gefangenen hat sidi auf fast 4 000
erhoht. Sie gehoren in der Masse der 201. Garde=Brigade und lo. indischen
Brigade an.
Am Abend nahm Gegner auf dem Siidfliigel des mittleren Frontabschnitts die
Gefechtsfiihlung wieder auf. Die an der Einschliefiungsfront Bir Hacheim stehenden
Krafte haben sich im Laufe des 6. 6. durch das Vorfeld bis an die Hauptstellung
herangekampft.
8. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
0.00 Uhr: Mit dem 8. 6. wird die Armeegruppe v. Kleist aufgelost. In ihrem
Abschnitt iibernimmt im Siiden die Gruppe v. Wietersheim (XIV. mot. AK.
und rum. Kav.Korps), in der Mitte die 17. Armee und imNorden die i.Pz.Ar=
mee den Befehl.
Der Angriffsbeginn Woltschansk mufi wegen Dauerregen nochmals ver=
schoben werden.
Vor Sewastopol leistet der Feind zahesten Widerstand, der sich auf au6er=
ordentlich starke Verteidigungsanlagen stiitzt, die in dem schwierigen Gelande
schwer zu fassen sind. Unter diesen Umstanden hat auch das fiinftagige
Vorbereitungsfeuer keinen durchschlagenden Erfolg haben konnen.
Beim Lagevortrag entscheidet der Vuhrer, dafi in Zukunft auf der Krim aufier
mehreren Gruppen schneller Einheiten eine Division im Raum von Sewastopol
und 2 Div.en auf der Halbinsel Kertsch an deutschen Truppen verbleiben soI=
len. Die Rumanen sollen dort 2 Gebirgs=Div.en und 1 Kav.Div. belassen.
Das ungiinstige Wetter wird voraussichtlich zur Folge haben, dafi die vor=
bereitenden Angriffe und die Operation „Blau V selbst zeitlich noch mehr
zusammengedrangt werden miissen.
Angesichts des starken feindlichen Widerstandes vor Sewastopol sollen
die dort eingesetzten Luftstreitkrafte nicht bereits nach 3 Tagen wieder ab=
gezogen werden, sondern solange dort bleiben, bis ein entscheidender Erfolg
errungen ist oder bevorsteht.
Der Fuhrer genehmigt den Vorschlag des Chefs des GenStdH, angesichts der
Verschiebung des Angriff es Woltschansk den Angriff „Fridericus IV zur Ver=
nichtung der im Raum von Isjum stehenden Feindkrafte ausfallen zu lassen,
damit der erste Angriff bei Woltschansk bei giinstiger Wetterlage zwischen
dem 10. und 12. 6. durchgefiihrt werden kann. Unter diesen Umstanden
glaubt der Chef GenStdH, mit dem Angriff „Blau I" am 18. 6. beginnen zu
konnen. Der Fuhrer entschliefit sich jedoch fiir eine weitere Verschiebung
410
8. Juni 1942
etwa auf den 23. 6. Da der Feind seine im Raum von Woltschansk stehenden
Verbande mehr nach der Tiefe gegliedert habe, ist nach Ansicht des Chefs d.
GenStdH eine Ausdehnung des eigenen Angriffs bis zu den Hohen siidost=
warts Woltschansk erforderlich. Deren Besetzung biete giinstige Voraus=
setzungen fiir die Operation „Blau V, weil von dort aus der siidl. Panzerkeil
angesetzt werden konne. Aufierdem macht der Chef des GenStdH darauf auf=
merksam, dafi der Gegner sich vor der H.Gr. Mitte zur Verteidigung einrichte
und alle schnellen Verbande zur Bildung operativer Reserven aus der Front
herausziehe. Auf deutscher Seite solle auch infolgedessen die 20. Pz.Div. aus
der Front der 3. Pz.Armee herausgezogen werden. Die H.Gr. Mitte hoffe, das
Unternehmen „Hannover" bis Mitte Juni beendet zu haben. Dann werde die
23. Div. nach dem Westen abgegeben. Danach sei die Bereinigung des Raumes
zwischen der Westfront der 9. Armee und der Gruppe Esebeck in Bjeloj vor=
gesehen. Bei der H.Gr. Nord soil die 8. Pz.Div. aus dem XXXIX. (mot.) A.K.
herausgezogen und eine Vereinigung der Gruppen Lang und Meindl an=
gestrebt werden. Der Fiihrer genehmigt diese Vorschlage, wiinscht aber, dafi
zur Verbreiterung der Landbriicke zwischen dem X. und II. AK. siidl. des
Ilmensees nach Eintreffen der neuen schwersten Panzer auf breiter Basis
angegriffen werde. Er will hieriiber und iiber den Einsatz der schwersten
Panzer zur Niederkampfung des feindlichen Briickenkopfes am Wolchow mit
dem Oberbefehlshaber der H.Gr. Nord personlich sprechen.
Absichten des Gen.Obersten Rommel zur Fortf iihrung der Schlacht in Libyen.
[Abreise des Fuhrers nach Berlin]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Armee trat am 7. 6. im Morgengrauen planmaJSig zum Angriff
auf die Festung Sewastopol an. Das gutliegende Artl.=Vorbereitungsfeuer
hatte bei dem starken Stellungsausbau nur an einigen Stellen vernichtende
Wirkung. Der Feind leistete auf der ganzen Angriffsfront zahesten Wider=
stand. Gutliegendes feindliches starkes Artl.=Feuer von schweren Kiisten=
batterien und Gr.=Werfern lag auf den vorgehenden eigenen Truppen. Bunker
um Bunker, Stiitzpunkt um Stiitzpunkt mufiten in harten Nahkampfen ge=
nommen werden. Zahlreiche Minenfelder in feindlichem Feuer geraumt. Meh=
rere feindl. Gegenangriffe mufiten abgeschlagen werden. Das Nachfiihren der
riickw. Staffeln war besonders im nordlichen Teil durch das gutliegende Feuer
im Belbek=Tal und den Schluchten siidostw. davon sehr erschwert.
Armeegruppe von Kleist: Aufier ortlicher beiderseitiger Spahtrupptatigkeit
und Artl.=Storungsfeuer keine besonderen Kampfhandlungen. Geringe feind=
liche Fliegertatigkeit, Wetter: bewolkt, strichw. Regenfalle, kiihl. Wege stellen=
weise aufgeweicht.
411
B. Kriegstagebuch
6. Armee: Keine grojSeren Kampfhandlungen. Wetter: Regen, Temp, um
18 Grad, Wegezustand durch weitere Regenfalle stark verschlechtert. Marsch=
bewegungen zur Zeit nidit moglidi.
2. Armee: Im Raume Tim mehr. feindliche Vorstofie, die zum Teil im
Nahkampf zuriickgeschlagen wurden. Erfolgreiche Partisanenbekampfung im
riickw. Gebiet. Wetter: anhaltender Regen, Wege stark aufgeweicht, Marsch=
strafien und Wege im Armeebereich bis auf weiteres gesperrt. Temp. + 8 Grad.
H.Gr. Mitte:
Das durch starke Regenfalle z. T. verschlammte und grundlose Gelande
hemmte zum grofien Teil samtliche Bewegungen und machte grofiere Kampf=
handlungen unmoglich. Lediglich in den Partisanenkesseln im riickw. Gelande
nordl. Brjansk und siidl. Dorogobush konnten eign. Truppen weiterhin
Gelandegewinne erzielen und die sich angebahnten Kessel verengen. Trotz
nachhaltigen Widerstandes gelang es, mehrere Ortschaften zu nehmen, die
Verbindung zwischen einzelnen sich entgegenkommenden Stofikeilen herzu=
stellen und so neue, kleinere Kessel zu bilden. Die Gruppe Below im Raume
siidl. Dorogobush hat nach Gefangenenaussagen auch in den letzten Nachten
Verstarkungen auf dem Luftwege erhalten.
H.Gr.Nord:
Im Siidteil der Demjansk=Stellung wurden mehrere Feindangriffe in Rgt.=
Starke abgewiesen. Ein eign. Vorstofi in der Siidostecke hatte Erfolg. Bereit=
stellungen siidl. Ljubniza wurden durch eigene Artl. zerschlagen. Nordl. des
Ilmensees drangen eign. Formationen an der Bahnlinie Nowgorod— Leningrad
weiter in den Kessel nach Norden vor. Das Gelande ist stark vermint. Bereit=
stellungen bei Jamno wurden durch eign. Artl. zerschlagen. Die auch gestern
mit Artl. und Panzem unterstiitzten Angriffe auf den Briickenkopf siidl. Salzy
wurden unter grofien Feindverlusten zuriickgewiesen.
Finnland (6. 6.)
Sudostfront: Der Feind verstarkt iiberall die Vorbereitungen zur Gasabwehr
unter dem Vorwand vermuteten deutschen Gaseinsatzes an der Siidfront. Am Swir
wurde ein Angriff in Btl.=Starke abgewehrt. Einzelne gewaltsame Aufklarungs=
versuche wurden durdi eign. Artl.=Feuer verhindert. An der iibrig. Siidostfront und
im Bereich der Nordostfront (AOK Lappland) nur geringe Gefechtstatigkeit.
Panzerarmee Afrika
Feind fiihrte in den friihen Morgenstunden des 7. 6. Angriffe gegen Stiitzpunkt
XXI. A.K. durch, die unter Verlusten fiir den Gegner abgewiesen wurden. Hierbei
165 Gefangene eingebracht. Ferner hatte ein mit Teilkraften der 1. englischen
Panzer=Div. durchgefiihrter Angriff im mittl. Frontabschnitt beiderseits Trigh
Capuzzo keinerlei Erfolg. Die feindliche Stellung bei Bir Hacheim wurde durch
Artl. wirksam bekampft.
412
9. Juni 1942
9. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Berlin]
AOK Lappland berichtet iiber die Abwehrkampfe im Abschnitt Kestenga
und an der Murman=Front vom 24. 4—23. 5.
Chef OKW befiehlt, dafi Rumanien als Versorgungsbasis weiterhin be=
schleunigt zu raumen ist. Mit Wirkung vom 15. 7. wird die Hochstkopfstarke
des Heeres auf 6000 Mann, der Marine auf 3200 und der Luftwaffe auf
13 000 Mann f estgesetzt.
Kroatische Soldaten und Ustascha=Leute haben Angehorige der ital. Wehr=
macht in Serajewo beleidigt. Der Oberbefehlshaber der ital. 2. Armee, Gen.
Roatta, will dies mit einer militar. Demonstration in der Gegend von Serajewo
beantworten.
Der OB Sud berichtet liber die letzten Kampfe der Pz.Armee Afrika, iiber
die dabei gemachten Erfahrungen und die weiteren Operationsplane des
Gen.Obersten Rommel.
Amerikanische Material= und Truppenlandungen in Mittelafrika. (s. Ausl.^)
Die Zustandigkeiten des Ausw. Amtes und des Reichsmin. Ost werden
gegenseitig abgegrenzt. Eine Angliederung der Gebiete des Kaukasus, Irak
und Iran an den Reichsminister Ost ist nicht beabsichtigt. (s. Ausl.)
Der Fuhrer nimmt an dem Staatsakt fiir den SS=Obergruppenfuhrer Heyd=
rich in Berlin teil und begibt sich anschlieliend iiber Miinchen auf den Berghof .
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
II. Armee: Feind setzte seinen zahen Widerstand an der ganzen Front von
Sewastopol fort. Im Hintergelande mufiten zahlreiche Widerstandsnester, die
wieder auftauchten, niedergekampft werden. Die den Angriff stark behindern=
den schweren Kiistenbatterien konnten noch nicht ganz ausgeschaltet werden.
Armeegr. von Kleist: Auf dem Siidfliigel lebhafte Feindbewegungen er=
kannt; auf dem Nordfliigel wurden 2 Angriff e mit Panzern auf dem Briicken=
kopf sudostw. Balakleja abgewiesen, 2 Feindpanzer erledigt. Nur noch strich=
weise Regen, Straiten stark aufgeweicht. Auf der iibrigen Front der H.Gr.
Auszug aus „die Bemuhungen der Ski. . ." , a. a. O.:
„tlber die Gesamtlage der deutsch=franzdsischen Beziehungen wird der Chef
Ski. durch Botschafter Ritter in einer Besprechung vom 9. 6. dahin unterrichtet,
dafl der Fuhrer noch immer auf dem Standpunkt stehe, dafi man Frankreidt so=
lange nidit entgegenkommen konne, wie nicht in Rufiland grofie Erfolge er=
rungen seien."
413
B. Kriegstagebuch
aufier teilweisem Artl.=Feuer und an einigen Stellen beobachtete Schanztatig=
keit des Feindes keine besonderen Kampfhandlungen. Wetter: wieder auf=
heiternd, windig, Wege im Abtrocknen, Temp, zwisch. lo und 15 Grad.
H.Gr. Mine:
In dem Kessel nordl. Brjansk gingen eigene Krafte in siidl. Richtung vor,
nahmen Star und konnten zwischen Star und Djatkowo weiter nach Siidwesten
Gelande gewinnen. Die nordl. Jelnja vorstofienden Div.en iiberschritten die
Strafie Dorogobush— Jelnja. Etwa 15 km westl. Dorogobush noch Feind=
widerstand. Die aus siidl. Richtung nach Norden vorgehenden Teile uber=
schritten die Bahnlinie Jelnja— Smolensk und schlugen Feindangriffe zuruck.
Siidl. Welish vergebl. Feindangriff. Im Raume Newel— Sokolniki— Wei. =Luki
wurden von den Partisanen mehrere Strafien gesprengt.
H.Gr. Nord:
Im Nordostteil von Cholm wurde der sich dort festgesetzte Feind ange=
griff en. Kampfe noch im Gange. Im Siidabschnitt der Demjansk=Front gelang
es einem feindlichen Stofitrupp nordl. Bel, in die eigenen Stelkmgen einzu=
dringen. Gegenmafinahmen sind eingeleitet. Feindl. Bereitstellungen an der
Pola wurden durch Artl. bekampft.
In dem Kessel nordl. des Ilmensees iiberschritten eign. Krafte die Bahnlinie
Nowgorod— Leningrad nach Osten. Nur vereinzelt Feindwiderstand. Die von
Norden in den Kessel vorstofienden Teile konnten einige Orte nehmen. Ein
feindl. Vorstofi bei Jamno wurde abgewiesen. Angriffe in Btl.=Starke mit
Panzerunterstiitzung auf den Briickenkopf siidl. Salzy wurden abgewiesen,
desgl. ein Versuch des Feindes, an der Bahnlinie Leningrad— Salzy die dort
stehenden eigenen Krafte anzugreifen.
Finnland (7. 6.)
Sudostfront: Im Raum um Maselskaja wurden kleinere feindl. Angriffe ab=
gewiesen und Bereitstellungen zerschlagen.
Nor do St front: Feindbewegungen im Abschn. Uhtua, sonst nur geringe Gefechts=
tatigkeit.
Panzerarmee Afrika {^.6.)
Feind nahm im allgemeinen eine abwartende Haltung ein. Lediglich bei einem
Vorstofi im nordlichen Frontabschnitt am Nordfliigel des X. A.K. gelang ihm ein
ortlicher Einbruch. Die Lage wurde wiederhergestellt. Die feindliche Luftwaffe war
reger als an den Vortagen und fiihrte mehrere Bomben= und Tiefangriffe auf die
eigenen Truppen im mittleren Frontabschnitt und bei Bir Hacheim durdi.
Im mittl. Frontabschn. wurde ein feindl. von Panzern unterstiitzter Aufklarungs=
vorstofi abgewiesen. Der Angriff gegen Bir Hacheim, von starken Verbanden des
Fl.Fii. Afrika unterstiitzt, gewann weiter an Boden.
414
10. Juni 1942
10. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Munchen]
Beginn des Angriffs Woltschansk^.
Bericht des Dt. Generals b. H.Qu. d. ital. Wehrm. iiber die Unterredung v.
10. 6. vormittags zwischen OB Slid, GFM Kesselring, und Gen.Oberst Graf
Cavallero.
Meldung des OB Sud uber seine Unterredung mit dem Duce.
Die deutsch=ital. Grenzkommission in Florenz hat am 20. Mai die deutsch=
italienische Grenze von der Schweiz bis Kroatien kartenmalEig festgelegt. Das
Abkommen ist in Kraft getreten und wird den einschlagigen Stellen der
Oberkommandos mitgeteilt. (s. Ausl.)
Die Tiirkei versichert England, dafi sie weiterhin neutral bleibe und keine
Angriffsabsichten gegen die UdSSR habe. (Ausl.)
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feind fiihrte seit den friihen Morgenstunden auf ganzer Nord=
und Nordostfront heftige Angriffe durch, die von Panzern, starker Artl. und
Salvengeschiitzen unterstiitzt waren. Samtliche Reserven, auch von anderen
Frontabschnitten, hat er anscheinend hierzu herangezogen. Pausenloses Feuer
aller Kaliber auf die eigenen Angriffsspitzen erschwerten das eign. Vorgehen.
Trotzdem gelang es den von Norden nach Siiden vorgehenden eigenen Stofi=
gruppen nach Uberwinden zahlreicher Hindernisse und Ausschalten von Feind=
nestem, bis an die Wegespinne siidl. des Belbek=Tales vorzudringen. Auch
ostw. davon gewannen eign. Truppen gut Boden. Die Luftw. unterstiitzte die
Abwehr der feindl. Gegenangriffe und den eigenen Angriff wirksam.
Im Abschnitt der ly. Armee Bombenabwiirfe auf Artemowsk und feindl.
Ansammlungen sowie starker Verkehr im Raum Isjum. Bei 6. Armee vor der
Front an verschiedenen Stellen Stellungsbau. Bei 2. Armee griff Feind erfolglos
nordl. Tim in Btl.=Starke an. Schanzarbeit wurde durch eign. Artl. empfindlich
gestort.
H.Gr. Mine:
Siidl. Suchinitschi wurde ein feindl. Angriff abgeschlagen. In dem Kessel
siidl. Dorogobush gingen eign. Krafte westl. und siidwestl. Dorogobush ohne
nennenswerten Feindwiderstand nach Westen vor. Telle der eingeengten Feind=
truppen brachen durch den siidl. Einschliefiungsring durch und wurden durch
1 Unternehmen „Wilhelm".
415
B. Kriegstagebuch
hier angesetzte Truppen aufgef angen. Eign. Luftw. bekampfte durchgebrochene
Feindteile. An der Straiie Smolensk— Wjasma gingen Telle der hier eingesetzten
Sicherheitsdivisionen in Richtung Nordosten gegen den Zarewitsch=FlujS vor
und warfen sich hier ihnen entgegenstellende Partisanengruppen zuriick.
H.Gr. Nord:
Am Siidteil dem Demjansk=Front wurden starkere feindl. Sto6truppunter=
nehmen abgewiesen. Rege feindl. Artl.=Tatigkeit. Im Wolchow=Kessel wurden
durch Angriffe von Norden imd Westen her der Kessel welter verengt. Bereit=
stellungen nordl. Jamno wurden zerschlagen. Mehr. feindl. Angriffe auf den
Briickenkopf siidl. Salzy waren ergebnislos. Im Raume Leningrad wurde
nordl. Kolpino lebh. fdl. Flugverkehr mlt etwa 50—60 Landungen beobachtet.
Finnland (8. 6.)
Aufier Aufkl.=Tatigkelt an der Swir=Front weder bei den Finnen noch bei AOK
Lappland nennenswerte Kampfe.
Panzerarmee Afrika (9. 6.)
Im siidlidien Absdinitt der Gazala=Front wurde ein feindl. von Panzern unter=
stiitzter Vorstofi abgewiesen.
Die zur Storung des eigenen Nachschubs im Raum siidl. und westl. Mteifel el
Chebir eingesetzten feindl. Kampfgruppen wurden durch eigene Aufklarungskrafte
nadi Siiden zuriidcgeworfen. Dabei verlor der Gegner eine Anzahl Gefangener.
In den harten Kampfen um die Festung Bir Hadieim wurden die feindlidien
Krafte auf engstem Raum zusammengedrangt. Entsetzungsversuche wurden ab=
gewiesen.
Starke Krafte der Luftwaffe unterstiitzten audi am heutigen Tage wirkungsvoll
den eigenen Angriff.
11. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer auf dem Obersalzberg]
Bir Hacheim in Libyen wird durch die Pz.Armee Afrika erobert.
Chef WPr erhalt Rlchtllnlen fiir die Berichterstattung iiber die kiinftigen
Operatlonen gegen Sewastopol, bei Woltschansk und „Blau V\
Meldungen des WB. Sudost imd des Dt. Generals b. H.Qu. d. ifal. Wehrm.
iiber die italienischen Absichten fur die Sauberung Montenegros. (Naheres
s. KTB Stellv.WFSt.)
Italien errichtet eine arabische Legion. Auswlrkungen auf den Sonderstab
Felmy. (Naheres s. Ausl.)
416
11. Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Feind fiihrte audi am gestrigen Tage wieder zahlreiche Gegen=
angriffe gegen den Nord= und Nordostteil der angreifenden Divisionen durch,
die samtlich abgeschlagen wurden. Am Vormittag noch sehr heftiges feindl.
Artl.=Feuer, das am Nachmittag abflaute. In schweren Kampfen wurde welter
nach Siiden Boden gewonnen. Auf der Ost= und Siidostfront von Sewastopol
schwacheres Feuer als an den Vortagen. Die Luftwaffe unterstiitzte das Vor=
gehen der eigenen Truppen mit pausenlosen Angriffen.
Beiiy. Armee: setzte Feind seine Fliegerangriffe mit Schwerpunkt Artemowsk
fort. Wetter: sonnig, + 24 Grad, Strafien fiir alle Fahrzeuge befahrbar.
6. Armee: Der seit 02.30 Uhr gegen iiberraschten Feind im Raum Petschenegi
und Woltschansk gefiihrte Angriff der Gruppe Mackensen und des VIII. A.K.
schlug gut durch. Siidl. Petschenegi wurden mehrere Briickenkopfe iiber den
Flufi gebildet. 16. Pz.Div ging in ziigigem Vorgehen am Burluk entlang nach
Nordosten vor und erreichte die Gegend Station Burluk. Die von Norden im
Raum Woltschansk vorgehenden Telle stiefien trotz feindl. Widerstandes iiber
Woltschansk heraus in siidostlicher Richtung vor. Westl. Woltschansk ver=
zweifelte Ausbruchsversuche elngeschlossener Feindteile. Vom Bahnhof Jelez
her Starke Bewegungen nach Siiden erkannt. Wetter: ortliche Gewitter, starke
Regenfalle.
Bei 4. Pz.Armee westlich Liwny wurde ein fdl. Vorstofi abgewehrt. Wetter:
bedeckt, leichte Niederschlage, + 12 Grad.
H.Gr.Mitte:
Siidl. Mzensk wurde ein Angriff von 2 feindl. Batl.en abgewiesen. In dem
Kessel westl. Djatkowo brachen eigene Truppen feindl. Widerstand und gingen
nach Siidwesten vor. Mehr. Ortschaften wurden genommen. Die im Raume
westl. und siidwestl. Dorogobush vorgehenden Inf.= und Panzerkrafte stiefien
im Norden bis zum nordl. Djnepr=Knie, in der Mitte bis iiber den Ustrom
vor und bildeten hier Briickenkopfe. Siidl. davon gewannen sie etwa 15—20 km
Raum nach Westen. Nordwestl. Rshew war eigenes Stolitruppuntemehmen
an der Wolga erfolgreich. Die Gegend westl. Newel wurde von Partisanen
gesaubert.
H.Gr. Nord:
Bei Gruppe Meindl setzte sich der Feind hinter die Kolynja ab. Verfolgung
ist eingeleitet. Bei Gr. Eicke wurden durch eigenen Vorstofi ohne Feindwider=
stand die Stellungen nach Siiden verbessert. An der Sperrfront des Wolchow=
Kessels wurden wiederholte Feindangriffe mit Panzern von Osten her, die
voriibergehend zu einem Einbruch fiihrten, abgeschlagen. Mehr. Panzer er=
ledigt. Starkes feindl. Artl.=Feuer. Im Kessel wurden von Norden her die
417
B. Kriegstagebuch
Waldgebiete vom Feind gesaubert. Siidl. Salzy wurden Feindangriffe ab=
gewiesen.
Panzerarmee Afrika (lo. 6.)
Feind unternahm im Verlauf des lo. 6. mehrere von Panzern unterstiitzte An=
griffe. Dabei hatte der Gegner im Nordabsdinitt in Gegend westl. Gabr el Abidi
(24 km siidsiidwestl. Ain el Gazala) und im mittl. Abschnitt nordl. Bir el Harmat
Starke Panzerverluste. Der Gegner fiihrt ansdieinend zum Entsatz fiir B. Hacheim
aus Richtung El Gobi und Gegend siidl. Mteifel el Chebir Krafte heran. Nach
Luftaufklarung im Raume El Adem— Acroma starke Ansammlungen festgestellt.
Die feindl. Luftw. fiihrte eine Anzahl von Tief= und Bombenangriffen gegen die
Einschliefiungsfront von Bir Hacheim durch. Bei Abwehr der feindl. Angriffe im
nordl. und mittl. Abschn. durch Panz.Div. „Ariete" und 15. Pz.Div. 11 bzw. 13
Panzerwagen ohne eign. Verluste abgeschossen. Nachdem in den Vortagen die
Kampfe um das stark verminte Vorfeld der Festung B. Hacheim gefiihrt wurden,
gelang am heutigen Tage ein tiefer Einbruch in das gleichfalls minenverseuchte
Hauptkampffeld. Hierbei wurde eine beherrschende Hohe gegeniiber einem fanatisch
kampfenden Gegner unter starkstem Einsatz von Artl. und Luftwaffe gestiirmt.
Weiterhin wurde dem Gegner die letzte Moglichkeit zur Versorgung von au6en
durch liickenloses Schliefien des Ringes um B. Hacheim genommen.
Die Luftwaffe unterstiitzte wiederum durch mehrere Grofiangriffe unter Einsatz
bis zu 130 Flugzeugen die Angriffe gegen Bir Hacheim.
Meldung des deutsch. Generals bei der ital. Wehrmacht: 13.15 Uhr
Festung Bir Hacheim in den Vormittagsstunden des 11. 6. gegen sich bis zum
Schlufi zah verteidigenden Feind nach hartem Kampf genommen.
12. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Am 6. 6. hat sich der Fuhrer gegeniiber dem Gauleiter Sauckel mit der Ent=
lassung von 50000 franz. Kriegsgefangenen aus der Landwirtschaft im Aus=
tausch gegen den Einsatz von 150000 franz. Zivilarbeitern in Deutschland
einverstanden erklart. Auf dieser Grundlage wird der Gauleiter Sauckel am
15. 6. mit dem franz. Ministerprasidenten verhandeln. Im Zusammenhang
hiermit hat der letztere einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, nach dem alle
franz. Riistungsarbeiter, die 1939 nicht zu den Fahnen einberufen worden
waren, nunmehr zu dem Arbeitseinsatz auch aufierhalb Frankreichs einberufen
werden konnen.
Deutsche Feldgendarmerie hat eine Ustascha=Komp. wegen Greueltaten an
der Zivilbevolkerung in Ost=Bosnien entwaffnet und festgenommen. Der
Fuhrer hat diese auf Befehl des Kommandeurs der 708. Div. erfolgte Ma6=
nahme nicht gebilligt, well sie die Autoritat der Ustascha untergrabe, auf der
der ganze kroatische Staat beruhe. Dies miisse sich fiir die Ruhe und Ordnung
in Kroatien schadlicher auswirken, als die durch Greueltaten erregte Unruhe
in der Bevolkerung.
Der Fuhrer billigt die Operationsabsichten der Pz.Armee Afrika.
418
12. Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Die schweren Kampfe um Sewastopol halten an. Mehr. mit Pz.n
unterstiitzte Angriffe auf die von Norden in Richtung Sewastopol=Bucht vor=
gehenden eign. Krafte wurden zuriickgewiesen. Es wurde etwa von den einzel=
nen Stofikolonnen die Gegend 4—5 km nordl. der Bucht von Sewastopol
erreicht. Auf der Ostfront des Einschliefiungsringes halt der starke Druck des
Feindes an. Hier konnte nur wenig Boden gewonnen werden. Die siidl. Telle
der eign. Div.en sind bis in den Raum nordl. und nordwestl. von Balaklawa
vorgekommen. Nordl. Taganrog stark. Artl.=Tatigkeit. Der Angriff ostw.
Charkow macht gute Fortschritte. 16. Pz.Div. steht in hartem Kampf in Gegend
Bhf. Burluk. Siidl. davon sind zwei Div.en im Angriff nach Osten und haben
die Gegend Nikolskoje und siidl. davon erreicht. Feindwiderstand wurde hier
gebrochen. Nordl. Petschenegi stehen zwei Pz.Div.en im Angriff nach Norden.
Die westl. Saltow stehenden Div.en haben den Donez erreicht und teilw.
iiberschritten. Siidl. und nordl. Woltschansk sind die hier angreifenden Krafte
in ziigigem Vorgehen nach Osten. Bely Kolodes wurde genommen. Wetter:
teilw. Regen, unbefestigte Wege stark aufgeweicht, fiir Kfz. nur schwierig
befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Bei Nowosil wurde ein Angriff von 5 feindl. Btl.en abgeschlagen. Der Raum
an der Ugra wurde vom Feind gesaubert, Feind wich nach Westen aus. In
dem Kessel siidwestl. Dorogobush nahmen westl. Dorogobush eign. Pz.=
Krafte die Verbindung mit den von Westen iiber den Dnjepr vorstofienden
Kraften auf. Welter siidl. sind samtliche eign. Div.en im Vorgehen iiber den
Ustrom. Die von Siiden angreifenden Kolonnen sind im Vorgehen iiber die
Bahnlinie Jelnj a— Smolensk. Nordl. der Strafie Smolensk— Wjasma iiberschrit=
ten eign. Krafte den Zarewitsch nach Nordosten. Feind weicht hier zuriick.
H.Gr. Nord:
Starker Feinddruck von Norden her ostw. der Pola. Bei Gr. Meindl erreich=
ten vorgehende Krafte in Richtung Ostsiidost den Polist. Nach starker Artl.=
Vorbereitung griff Feind, von Panzern unterstiitzt, die Ostfront des Ab=
schniirungsriegels nordl. Jamno an. Die ersten Angriffe sind abgeschlagen,
weitere Angriffe sind im Gange. Die noch im Kessel von Wolchow befindlichen
Feindteile wurden welter von Westen und Norden eingeengt und Angriffe
abgeschlagen. Bereitstellungen siidl. Salzy wurden durch Artl. bekampft.
Panzerarmee Afrika (11. 6.)
Die in der Festung Hacheim eingeschlossenen freifranz. Krafte unternahmen in
der Nacht vom 10. zum 11. 6. einen Ausbruchsversuch nach Siidwesten, der im
419
B. Kriegstagebuch
wesentlichen abgewiesen wurde. Hierbei und bei anschliefiendem Sturm gegen den
sich in den Stellungen bis zum aufiersten wehrenden Feind erlitt der Gegner schwere
blutige Verluste. An iibrigen Frontabsdmitten verhielt sich der Feind bis zum
spaten Nachmittag ruhig.
Die zur Zerstorung des eigenen Nachschubs in Gegend westl. Mteifel el Chebir
eingesetzten Feindkrafte wurden in Gegend siidostw. Hacheim zuriickgenommen.
Die feindl. Luftwaffe fiihrte mehr. Bomben= und Tieffliegerangriffe u. a. auf
Armeegefechtsstand durch. Hierbei einige Verluste an Toten und Verwundeten.
Unter Ausnutzung der Feindlage stieSen im Anschlufi an die Einnahme von Festung
Hacheim deutsche Verbande bis zum Abend 12 km siidwestl. El Adem vor. Der
Gegner wich mit Schiitzenverbanden nach Osten aus. Er versammelte die Pz.=Ver=
bande nordostw. Bir el Harmat. Bei den Kampfen um die Festung Hacheim wurden
iiber 1 000 Gefangene eingebracht. Die blutigen Verluste des Gegners waren
aufierordentlich hoch und diirften die Zahl der Gefangenen erreicht haben. Ferner
verlor Feindgruppe Hacheim 24 Geschiitze und einige hundert Kraftfahrzeuge.
13. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Beurteilung der Lage vor Sewastopol durch die 11. Armee vom 12. 6. nachm.
nebst Stellungnahme der H.Gr. Siid und des OKH.
Ob.d.L. erhalt den Befehl, den z. Z. besonders wichtigen Nachschubverkehr
von Konstanza nach den Hafen des Schwarzen Meeres durch Einsatz von
Flugzeugen zur Seeaufklarung und zur U=Bootsjagd zu unterstiitzen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Den nordlichen Teilen gelang es, beiderseits des Pz.=Grabens bei
Punkt 608 vorzustofien und die Neuhaus=Hdhe zu nehmen. Die Nachbar=
divisionen, die iiber den Ort siidostw. der Neuhaus=Hohe nach Siiden vor=
gestofien waren, wehrten Feindangriffe aus der Wolfsschlucht ab. An der
Westfront wurden feindliche Panzerbereitstellungen zerschlagen. Eine feindl.
Kraftegruppe, die sich nordlich hiervon (sudlich Kamyschly) hinter den vor=
gehenden eigenen Kraften gehalten hatte, wurde vernichtet; 100 Erdbunker,
5 Betonbunker wurden genommen, der Feind hatte hohe Verluste. Ostw.
Balaklawa erreichten die Div.en den Kapellenberg und Gegend westl. davon.
Angriffe wurden hier zuruckgewiesen. Am Sprunghiigel und bei Zinnober
leistet der Feind noch harten Widerstand.
Im sudl, Teil der H.Gr. Siid wurde ein stark. Feindangr. im Raume Isjum
abgewehrt. Wetter: wechselnd bewolkt, + 24 Grad, Wege abgetrocknet, be=
fahrbar.
Infolge starker Feindeinwirkung gegen die ostw. Charkow vorgehenden
Panzerdivisionen und die immer noch andauernde Behinderung durch auf=
420
13. Juni 1942
geweichten Boden konnte die Verbindung mit den von Norden vorgehenden
Divisionen noch nicht aufgenommen werden. Am Nachmittag wurde der
Gegner im Raume Burluk unter feindl. Panzerverlusten geworfen und der
Vormarsch angetreten. Gleichzeitig wiesen siidl. davon eign. Krafte Panzer=
angriffe unter hohen Feindverlusten ab. Ostw. Saltow halt der Feind immer
noch seine Stellungen zah. Die von Woltschansk nach Siidosten vorgehenden
Feindteile schlugen Angriffe zuriick und gingen in Richtung Siidosten vor,
um den Kessel zu schHefien. Es mufi angenommen werden, daj3 Teilkrafte
den Kessel rechtzeitig geraumt haben. Nordl. Woltschansk ging eine neue Div.
iiber den Donez zum Angriff nach Osten vor. Wetter: sonnig, klar, Wege
trocknen langsam ab.
H.Gr. Mitte:
Siidwestl. Suchinitschi war ein eign. Vorstofi von Erfolg. Mehrere Bunker
wurden gestiirmt und die Besatzungen erledigt. Der Kessel ostw. Smolensk
wurde im Vorgehen von Siiden, Osten und Westen weiterhin verengt. Westl.
Sytschewka nahmen eign. Stofitruppen im Vorgehen nach Westen mehr.
Ortschaften, Wetter: Regenschauer, Wege aufgeweicht.
H.Gr. Nord:
Siidl. Staraja Russa gingen eign. Krafte nach Siidosten iiber den Polist und
nach Siiden zwischen Polist und Redja vor und verbesserten die Stellungen.
Mit starken Kraften gefuhrte Feindangriffe nordl. Jamno gegen die Ein=
schlieEungsfront wurden abgewehrt. Von Westen vorgehende eign. Stoli=
gruppen durchbrachen Feindstellungen im Kessel und drangen nach Osten vor.
Am Nordrand des Kessels verteidigt der Gegner sich in einzelnen Abschnitten
noch zah.
Finnland (11. 6.)
Keine besonderen Ereignisse.
Panzerarmee Afrika
Feind versuchte vergeblich, sich den mit Panzerverbanden von Hacheim in Rich=
tung El Adem durchgefiihrten deutsch=italienischen Umfassungsbewegungen durch
einen Durchbruchsversuch nach Osten und Siidosten zu entziehen. Nach starken
Panzerverlusten setzte er sich in Eile nach Norden ab.
Ein feindl. mit starker Panzerunterstiitzung vorgetragner Angriff wurde unter
Verlusten fiir den Gegner abgeschlagen.
Eine Stofigruppe der 21. Pz.Div. schofi 54 Feindpanzer ab. 400 Gefangene wurden
eingebracht. Die Kampfe zogen sich bis zum Einbruch der Dunkelheit hin. Weitere
Erfolgsmeldung wird nachgereicht.
Uber engl.=amerikanischen Truppen und Materialersatz in Nordafrika liegen un=
ter dem 4. 6. 42 aus Agypten u. a. folgende Meldungen vor:
Nilbasen so gut wie keine Armeereserven. Was vorhanden war, wurde schon
Ende Mai in den Raum von Marsa Matruk und weiter gebracht. Ersatz und Auf=
421
B. Kriegstagebuch
fiillung 1. durch in ersten Junitagen angelangte Schiffstransporte mit zahlreichen
Waffen und Geraten und 2. durch in Gang befindliche Abziige von 9. und 10. Armee
aus Syrien bzw. Irak.
14. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer fur einen Tag in „Wolfsschanze"]
Beim rechten Fliigel der 6. Armee wurde am 13. 6. morgens die Verbindung
zwischen dem III. (mot.) AK. und dem VIII. AK. hergestellt. Nunmehr tritt
die Armee zum konzentrischen Angriff gegen die russischeri Krafte auf dem
Westufer des Burluk an. Die Armee beabsichtigt die Fortsetzung des Angriffs
bis zur Wegnahme der Hohen westl. Oltschowatka.
Der Fuhrer befiehit wahrend des Lagevortrages, dafi noch vor dem Beginn
der Operation „Blau V die feindlichen Krafte zwischen dem Oskol, dem Donez
und der St. Burluk umfassend angegriffen und vernichtend geschlagen werden.
Der Angriff „Fridericus IV soli nach Ablosung und Umgruppierung des III.
(mot.) AK. moglichst friih beginnen. Der Nordfliigel soil hierbei, im Hinblick
auf die vor der 44. Div. stehenden starken Feindkrafte etwa iiber Kupjansk
in siidostwartiger Richtung angesetzt werden. Auf dem linken Oskolufer
sollen Briickenkopfe geschaffen werden. Die dort laufende Bahn ist auszu=
schalten. Der Beginn der Operation „Blau V wird solange verschoben, bis die
beim Angriff „Friedericus IV mitwirkenden Luftstreitkrafte dafiir wieder ver=
wendungsbereit sind.
Am 4. 6. hat eine Besprechung beim Reichsminister fur Bewaffnung und
Munition stattgefunden, bei der der Chef AHA einen moglichen Eingriff in
die Schliisselkrafte zur Deckung des Wehrmachtbedarfes angekiindigt hat.
Nach einem Einspruch des Reichsm. fiir Bewaffnung und Munition und neuen
Berechnungen des AHA entscheidet der Fiihrer, daJS die endgiiltig als Schlussel=
krafte anerkannten Riistungsarbeiter der Geburtsjahrgange 1908—1922 in die=
sem Sommer nicht zur Wehrmacht einzuziehen sind. Sie stehen nach Ent=
scheidung des FUhrers erst bei besonderem Bedarf zur Verfiigung der Wehr=
macht. Eine neuerliche Uberpriifung der Schliisselkrafte ist jedoch unter An=
legung eines strengen Mafistabes beschleunigt vorzunehmen. (Naheres s. KTB
Stellv. WFSt).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Kampf durch grolie Hitze und Wasserarmut des Kampfgelandes
erschwert. Im Nordabschnitt wurde Fort Stalin genommen und trotz heftiger
Gegenangriffe gehalten. Ostwarts davon konnten eigene Krafte siidl. des
Forsthauses nach Siiden Gelande gewinnen. Im Siidostraum gingen Teile der
422
14- Juni 1942
rum. Div. im Anschlufi an die siidl. davon stehenden deutschen Div.en mit
vor. Kamary iind Sprunghiigel wurden genommen, nordl. davon ist ein An=
griff auf das Fort siidl. Riegelhohe im Gange. Am Rosenhugel nordl. Zinnober
wird noch gekampft.
6. Armee: Die Verbindung der ostwarts Charkow von Siiden und Norden
vorgehenden Div.en wurde in den friihen Morgenstunden des 13. 6. in Gegend
Noioo Alexandrowka hergestellt. In dem entstandenen Kessel noch zahlreiche
Feindgruppen, deren Vernichtung im Gange ist. Die 16. Pz.Div. verlangerte
ihre Abwehrfront am Burluk nach Norden. Nordl. davon dreht die 60. mot.Div.
zur Verfolgung nach NO ein. 22. Pz.Div. sammelt sich siidwestl. Nowo Alexan=
drowka zum Vorgehen nach Nordosten. Der Feind hat das westl. Donez=lJiei
nordl. Bolschaja Babka unter starker Verminung geraumt. Die beiden Div.en
siidostw. und nordostw. Saltow drehen nach Norden bzw. Siiden ein, um in
breiter Front das Gelande ostw. des Donez zu saubern. Die nordl. hiervon
vorgehenden Div.en verfolgen iiber Polnaja bzw. Nikolajewka den zuriick=
gehenden Feind. Bei und nordl. Kolodes gehen weitere Div.en in Verfolgung
des zuriickweichenden Gegners auf den Flotowa=Abschnitt vor. Nordl. und
nordostw. Woltschansk wurden mehrere Feindangriffe auf die Flanke ab=
gewiesen.
H.Gr. Mitte:
Der Partisanenkessel nordl. Brjansk und ostw. Smolensk wird weiter ver=
engt. Die aus dem letzteren Kessel nach Siiden durchgebrochenen Telle der
Gr. Below werden von Gegend Roslawl nach Norden aus angegriffen.
H.Gr, Nord:
Westl. Cholm konnten eigene Truppen im Vorgehen nach Norden Gelande
gewinnen und die Stellung vorschieben. Nordl. des Ilmensees wurden Feind=
angriffe auf die Sperrfront bei Jamno abgewiesen und der Wolchow=Kessel
weiter verengt.
Finnland (12. 6.)
Keine bes. Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (13. 6.)
Die feindl. Pz.=Verbande wurden im Laufe des 13. 6. im Raume nordl. des Pisten=
Kreuzes, Acroma, B. Hacheim und Capuzzo durch umfassenden Angriff der 15.
und 21. Pz.Div. aus Osten und Westen sowie durch frontalen Angriff des ital.
XX. mot.Korps mit Pz.Div. „Ariete" und mot.Div. „Trieste" nach Norden zusam=
mengedrangt. Der Gegner versuchte in den Nachmittagsstunden, sich der Umfas=
sung durch Gegenangriff gegen die vom Westen vorstofiende 21. Pz.Div. in Gegend
nordwestl. des Pisten=Kreuzes zu entziehen. Trotz starken Sandtreibens wurden
mehrere Battr.=Stellungen bei Bir Trigel nordwestl. des Pisten=Kreuzes uberrollt.
Bei diesen Kampfen wurden 14 Pz.Kampfwagen vernichtet, 13 Geschiitze erbeutet
423
B. Kriegstagebuch
und 300 Gefangene gemacht. Der Gegenangriff der stark angeschlagenen 2., 4. und
22. Pz.Brig.en sowie der aus der Gazala=Stellung neu herangefiihrten 32. Heeres=
Pz.Brig. war schwunglos und hatte keinen Erfolg. Nach verlafilichen Nachrichten
wird die Lage beim Kommando der 1. engl. Pz.Div. als sehr ernst angesehen.
Die an der Ostflanke der eigenen Pz.=Verbande in Gegend El Adem sicKernde
90. lei.Div. wurde in den Nachmittagsstunden von schwacheren Feindkraften er=
folglos angegriffen.
Vor der Front des nordl. Abschnittes (X. und XXI. AK.) geringe Gefechts= und
Artl.=Tatigkeit wie an den Vortagen. Luftaufklarung stellte verstarkten Kraftfahr=
zeugverkehr bei Via Balbia, westl. Tobruk sowie starke Kraftfahrzeugansammlun=
gen im Raume von Acroma fest.
Die Luftwaffe unterstiitzte die eigenen Operationen durch wirkungsvolle Angriffe
gegen feindl. Kraftfahrzeugansammlungen und Bereitstellungen im Raume um
Acroma und slidlich. Die feindl. Lufttatigkeit war geringer als an den Vortagen.
Uber Beuteerfolge spater Meldungen.
15. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Fiir den Beginn des Unternehmens „Fridericus IV wird der 18. 6. vorgesehen.
Richtlinien des Chefs OKW fiir den Einsatz der technischen Brigade „Mine=
ralor'.
Meldungen des AOK Lappland iiber den Zeitplan der beabsichtigten Ab=
losungen und Truppenverschiebungen (naheres s. KTB Stellv.WFSt). AOK
Lappland meldet, dafi nach Gefangenenaussagen entgegen alien Geriichten die
Englander bisher nur vereinzelt in Murmansk aufgetreten und auch an der
Front noch nicht festgestellt worden seien.
Der Dt. Gen. h. H.Qu. d. ital. Wehrm. meldet, dafi um 9.00 Uhr vorm. nordl.
Acroma der Durchbruch der schnellen Verbande der Pz.Armee Afrika zur
Kiiste erzwungen und die in der Ain=el=Gazala=Stellung stehenden brit. Krafte
eingeschlossen seien.
Der span. Aujienminister Serrano Suner soil sich um die Wiedereinfiihrung
der Monarchie in Spanien mit ital. Hilfe bemiihen. (Ausl.)
Der russische Aujienminister Molotow soil in Washington ein diisteres Bild
von den Moglichkeiten eines langeren russ. Widerstandes entworfen haben.
Die Beantwortung der Frage nach der Bereitschaft Rufilands zum Kriege gegen
Japan soil er bis zu seiner Riickkehr nach Moskau verschoben haben. (Ausl.)
[Vortrag des Ob.d.M. beim FUhrer^]
Aufzeichnung hieriiber (Nr. 1. Ski. lb 1162/42 g.Kdos. Chefs.) in: Lagevortrage
des Ob.d.M., a. a. O.
424
15- Juni 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Die Kampfe an der Sewastopol=Front gingen in unverminderter
Starke fort. Siidostw. Fort Stalin konnten eign. Truppen weiter nach Siiden
Gelande gewinnen und feindliche Angriffe zuriickschlagen. An der Siidostfront
gelang ein Vorstofi iiber die Riegelhohe nach Osten. Hohe 46 in eign. Hand.
Etwas weiter siidl. gingen eign. Krafte iiber den Sprunghiigel nach Westen vor
und nahmen Hohe 43. Starke feindl. Artl.=Tatigkeit besonders auf vorgehende
Infanterie. In der Bucht von Tarmansky starke feindl. Vernebelung.
Nordl. Taganrog lebhafter feindl. Verkehr erkannt. Beiderseits Isjum setzt
Feind seine Schanzarbeit fort. Ostw. von Charkow werden von der Burluk=
Stellung keine besonderen Kampfhandlungen gemeldet. Zwischen Burluk und
Oltschowatka stiefien Telle von Panzer=, mot. und Inf .Divisionen in Verfolgung
des nach Osten ausweichenden Gegners nach. Nordl. davon wurde die Plotowa
iiberschritten. Bei Malaja Woltschja verteidigt sich Feind noch mit starkeren
Kraften. Bei Schebekino wurde ein Briickenkopf gebildet. Die Zahl der seit
Beginn des Angriffs siidl. Woltschansk eingebrachten Gefangenen hat sich
auf iiber 22 000 erhoht, Zahl der abgeschossenen Feindpanzer auf 232, der
erbeuteten oder vernichteten Geschiitze einschl. Pak auf 153 erhoht. Die blu=
tigen Ausfalle des Feindes sind sehr hoch. Eigene Verluste dagegen gering.
Siidostw. und nordostw. von Kursk griff Feind zu wiederholten Malen
die eign. Stellungen an. Angriffe wurden iiberall abgeschlagen. Starke Bele=
gung und Verkehr auf den Bahnhofen Jelez, Woronesch, Waluiki, Kupjansk
lassen Verschiebungen von Reserven hinter der Front erkennen.
Wetter: wechselnd bewolkt, Nachlassen des Regens, unbefestigte Wege
noch schwierig befahrbar, + 20 Grad.
H.Gr. Mitte:
Siidl. und sudwestl. von Bjeloj griff Feind zu wiederholten Malen die eign.
Stellungen an und iiberschritt siidl. Bjelew die Oka. Er wurde iiberall abge=
wiesen und verlor siidwestl. Bjelew 4 Pz. Die Bereinigung der Kessel sowohl
siidl. Jelnja wie ostw. Smolensk wird fortgesetzt. Auch nordl. der Rollbahn
Smolensk— Wjasma gingen eign. Krafte nach Norden vor und wehrten An=
griffe der Partisanen ab. Nordwestl. Welish wurde in den letzten Tagen stark.
Verkehr fortgesetzt.
H.Gr. Nord:
Westl. Cholm konnte im Angriff nach Norden weiterhin Gelande gewonnen
und die Stellung verbessert werden. Siidl. Staraja Russa gingen die dort ste=
henden Div.en nach Siiden, zwischen der Porusje— Redja— Lowat nach Siiden
vor bis zur Gegend beiderseits Jefrema. Ein schwerer Angriff nordl. Jamno
gegen die EinschHeliungsfront wurde abgewehrt. Nach Durchbruch einiger
425
B. Kriegstagebuch
Panzer wurde die Linie wieder festgeschlossen. Siidlich davon ist ein starker,
mit 28 Panzer unterstiitzter Angriff im Gange. Der Kessel wurde weiter ver=
engt. Siidl. Maluksa schiebt sich der Feind naher an die Stellungen des siidl.
Riegels Reran.
Finnland (13. 6.)
Sudostfront: Im Raum Maselskaja wurden feindlidie Annaherungsversuche in
Zugstarke abgewiesen.
AOK Lappland: Im Abschn. Kanda'.aksdia wurde ein feindl. Jagdkommando in
Kp.=Starke angegriffen und bei geringsten eign. Verlusten z. T. vernicKtet. Im iib=
rigen au6er eign. erfolgreicher Artl.=Tatigkeit keine nennenswerten Kampfhand=
lungen.
Panzerarmee Afrika (14. 6.)
Nach Umgruppierung der Panzerarmee in den Morgenstunden des 14. 6. trat
DAK mit starker Artl.=Unterstiitzung zum Angriff nach Norden an. Feindl. Panzer=
verbande wurden nach heftigen Kampfen in den Raum um Acroma zuriickgeworfen.
Hierbei verier der Gegner 52 Panzer und zahlreiches Kriegsmaterial. Trotz eines
in den Nachmittagsstunden einsetzenden starken Sandsturms konnte der Angriff
des DAK langsam an Boden gewinnen.
Im Schutze eines dichten Minenriegels siidl. und siidwestl. Acroma versuchte der
Feind unter Einsatz der gesamten Panzerverbande und zweier mot.Brigaden, eine
neue Abwehrfront zu bilden.
Luftaufklarung stellte in den Nachmittagsstunden starke Kraftfahrzeugbewegun=
gen auf der Via Balbia westl. Tobruk in ostwartiger Richtung fest. Der Gegner
sprengte Munitionslager in der Gazala=Stellung und versuchte, seinen Abzug durch
Vorstofie gegen das ital. AK. zu verschleiern.
Der Gegner fiihlte in den Nachmittagsstunden mit schwachen Kraften im Raum
El Adem und siidl. in westl. Richtung.
Luftwaffe setzte am heutigen Tage starke Telle auf einen im Gebiet 140 km
nordl. Derna gemeldeten gro6en Flottenverband an.
16. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Der rechte Fliigel der 6. Armee hat das Westufer der Burluk gesaubert, die
Hohen westl. und nordl. Oltschowatka besetzt und auch nordostwarts Wolt=
schansk Raum gewonnen. Daraufhin erklart sich der Fuhrer mit dem von der
H.Gr. Slid vorgeschlagenen Angriff zur Besetzung der Bahnlinie Woltschansk—
Bjelgorod einverstanden.
Der Fuhrer legt die nachsten Aufgaben der H.Gr. Mitte folgendermafien
fest:
1. Sauberung des riickwartigen Gebietes hinter der 4. Armee.
2. Herstellung der Verbindung zwischen dem XXIII. AK. (Westfront der
9. Armee) und der Gruppe Esebeck in Bjeloj und darauf die Vernichtung
der durch diese Bewegung eingeschlossenen feindlichen Krafte.
426
i6. Juni 1942
3. Abschniirung des Bogens von Suchinitschi durch konzentrischen Angriff
auf Kaluga, sobald die feindlichen Reserven siidl. Moskau durch die
Operation „Blau'' gebunden oder abgezogen sind. Im AnschluJS hieran
sofortiger Ausbau der Winterstellung in der Linie Don— Woronesch—
Liwny— Susha=, Oka= und Ugra=Abschnitt — jetzige Front der 3. Pz.=
und der 9. Armee bis Rshew.
4. Die Front soil zwischen dem XXIII. AK. (westl. Rshew) und dem II. AK.
(Festung Demjansk) moglichst in der kiirzesten Linie geschlossen wer=
den: Oberlauf der Wolga— Seenkette von Ostaschkow.
Um den Transport der zum 1. 7. aus der H.Cr. Nord herauszulosenden
5. Geb.Div. nach Finnland vorzubereiten, mufi iiber den Einsatz dieser Div.
entschieden werden. Da die Unterbringung der Div. im Raume Kirkenes— Pet=
samo nicht moglich ist, soil sie mit Teilen im Raume Kirkenes— Vadso— Tana,
mit dem Rest jedoch im Raume Lakselv— Alta— Karasjoki untergebracht werden,
um dem AOK Lappland zur Verfiigung zu stehen. Der Fuhrer hat sich mit
diesem Vorschlag grundsatzlich einverstanden erklart. Nach einer Priifung,
ob die 5. Geb.Div. dem XVIII. Geb.Korps zugefiihrt werden kann, wenn dafiir
die dort eingesetzten Teile der 7. Geb.Div. sofort und die aus der H.Gr. Nord
noch herauszulosenden Teile der 7. Geb.Div. spater zum Geb.K. Norwegen
transportiert werden, hat das AOK Lappland darauf hingewiesen, dafi das
Geb.Korps Norwegen durch eine ganze Div. verstarkt werden miisse, da sonst
der Auftrag, die Fischerhalbinsel wegzunehmen, nicht durchfiihrbar sei. Chef
WFSt entscheidet darauf hin, dafi die 5. Geb.Div. zunachst im Raume des
Geb.Korps Norwegen eingesetzt werden soil und falls die Wegnahme der
Fischerhalbinsel in diesem Jahr nicht mehr durchfiihrbar ist, ein Teil der Div.
in dem Raume Lakselv— Alta— Karasjoki unterzubringen ist.
Am 29. 5. hat die Ski. die Freigabe des Waffeneinsatzes gegen die bra=
silianischen See= und Luftstreitkrafte beantragt. Sie halt ein schlagartiges
Zupacken gegen brasilianische Kriegs= und Handelsschiffe zum jetzigen Zeit=
punkt, wo AbwehrmaJSnahmen noch unvoUstandig und die Moglichkeit zur
Oberraschung gegeben sei, fiir zweckmafiig, da Brasilien praktisch gegen
Deutschland Seekrieg fiihre. Botschafter Ritter vom A. A. erklart, dajS eine
Verscharfung des Konfliktes mit Brasilien mit Riicksicht auf die Haltung Ar=
gentiniens und Chiles unerwiinscht ist und dal? vor Kriegsmafinahmen gegen
Brasilien mit Japan und Italien Fiihlung genommen werden miisse. Auf Vor=
trag des Chefs WFSt hat der Fuhrer am 30. 5. befohlen, dafi die Ski. durch
eine Riickfrage in Rom feststellen soUe, ob die bras. Meldungen von Kampf=
handlungen gegen Achsen=U=Boote richtig seien. Die Nachpriifungen der Ski.
ergaben, dafi ital. U=Boote an der Nordostecke Brasiliens am 22. und 26. Mai
von Flugzeugen angegriffen wurden, die zweifellos von einem bras. Flugplatz
gestartet waren. Die Ski. iibermittelt aujSerdem den Wortlaut der amtlichen
Bekanntmachung des bras. Luftwaffenministeriums iiber die Kampfhandlun=
gen und schlagt vor, die in der Zeit vom 22. 6.-4. 7. aus westfranzosischen
427
B. Kriegstagebuch
Hafen auslaufenden lo U=Boote unter Ausnutzung des Tankers „U 460'' in
der Zeit vom 3. bis zum 8. 8. vor den Haupthafen Brasiliens einzusetzen. Der
Durchfiihrungsbefehl mufi den U=Booten spatestens bis zum 15. 6. erteilt
werden. Nachdem der Ob.d.M. dem Fuhrer am 15. 6. nachm. auf dem Berghof
dieses vorgetragen hat, erklarte sich der Fiihrer mit den Absichten der Ski.
einverstanden, befahl jedoch vor endgiiltiger Entscheidung eine nochmalige
Uberpriifung der politischen Lage durch das Ausw. Amt.
Die Winterkampfe haben eine Steigerung der Fahnenflucht zur Folge ge=
habt. Als mit dem Eintritt besserer Witterung die schweren Kampfe abflauten,
war ein merkliches Absinken derselben zu beobachten. Die bereits vom OKH
getroffenen Malinahmen zur Bekampfung der Fahnenflucht werden vom Chef
OKW gebiUigt. Die Wehrmachtteile erhalten diesbeziigliche Anregungen von
OKW/WR.
Ein Wechsel in der Fiihrung der span. „Blauen Division''^ ist Chef OKW
unerwiinscht. (s. Ausl.)
Mit England sollen Verhandlungen aufgenommen werden iiber die Behand=
lung der beiderseitigen Seenotflugzeugbesatzungen als Sanitatspersonal. (s.
Ausl.)
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : An einzelnen Frontabschnitten erfolglose feindl. Gegen=
angriffe. Auf dem Nordufer des Belbek gelang es, bis zum Nordufer der Kis=
sekschlucht und an das Drahthindernis des Flakstandes vorzustolien. Siidl. da=
von wurde nach Abwehr mehr. Feindangriffe die Hohe 608 und das Gelande
zwischen dieser Hohe und Neuhaushohe genommen. Feindl. Angriffe bei
Waldkreuz wurden abgeschlagen und Feindreste im Hintergelande vernichtet.
Ein auf die rum. Div. vorgefiihrter Panzerangriff scheiterte unter Vernichtung
zweier Feindpanzer. Der Aufmarsch der 170. 1.D. wird durch zahlreiche Minen=
felder sehr erschwert.
NordUch Taganrog stark, feindl. Artl.=Feuer und rege feindl. Fliegertatig=
keit, besonders auf die Ausladebahnhofe. Siidostw. Isjum wurde ein Versuch
des Feindes, den Donez zu iiber schreiten, zuriickgewiesen. Westl. Kupjansk
vergebl. Aufkl.=VorstoJ3e mit Panzern, wobei 3 fdl. Panzer vernichtet wurden.
Nordostw. Charkow erreichten die vorgehenden Telle die Strafie Oltschowatka
— 10 km ostw. Nikolajewka. Nordwestl. davon wurde von den iiber Schebe=
kono vorstofienden eigenen Kraften die Gegend Ruskaja erreicht. Feind wich
hier zuriick.
1 Kdr. der Division war General Munoz Grandes.
428
i6. Juni 1942
H.Gr. Mine:
Nordostw. Bolchow Feindteile auf Westufer der Oka. Angriffe auf Trub=
schewsk und ostw. davon wurden von ung. Kraften abgewiesen. Die Kessel
nordl. Brjansk und siidl. Jelnja wurden weiterhin verengt. Am 14. 6. starkere
feindl. Fl.=Angriffe auf Smolensk und umliegende Bahnhofe.
H.Gr. Nord:
Nordwestl. Cholm gingen eign. Panzerkrafte nach Norden vor und nahmen
einige Orte. Nordl. Ilmensee wurden im Raum Jamno Durchbruchversuche
des Feindes abgewehrt. Im Wolchow=Kessel traten die Div.en zum konzen=
trischen Angriffe gegen stark befestigte Feldstellungen zwischen den Siimpfen
an.
Nachtrag zum Kampf im Raume ostw. Charkow: Die Zahl der seit Beginn
des Angriffs siidl. Woltschansk eingebrachten Gefangenen hat sich auf 24 joo
erhoht. 266 Panzer und 13 Panzerspahwagen wurden abgeschossen, 208 Ge=
schiitze wurden erbeutet bzw. vernichtet.
Finnland (14. 6.)
Siidostfront: An alien Fronten ruhiger Tagesverlauf.
Nordostfront (AOKLappland): Im Raume westl. Kandalakscha wurde eine feindl.
Abteilung eingeschlossen und verniditet, Der Feind verlor 42 Tote, yo Verwundete
und 6 Gefangene und eine Anzahl Waffen. Im iibrigen ruhiger Verlauf des Tages.
Panzerarmee Afrika (15. 6.)
Feind versuchte in der Nacht vom 14. zum 15. 6., Krafte auf der Via Balbia nach
Tobruk zuriidczufiihren. Durch Vorstofi der DAK westl. Acroma bis zur Kiiste
wurde der Weg nadi Tobruk verlegt. Im Verlauf des Tages versuchte der Gegner
erfolglos, in verzweifelten Angriffen von Westen und Osten den Weg nach Tobruk
nordwestl. Acroma freizukampfen. XXI. AK. offnete die Gazala=Front von Westen
und ist bis 15. 6. abends in Gegend ostw. der Flugplatze Gazala vorgedrungen,
^o. engl. Div. versuchte in Nacht vom 14. zum 15. 6. mit starken Teilen, im Abschn.
des X. AK. nach Siiden durchzubrechen. Die Angriffe wurden im wesentlichen unter
hohen blutigen Verlusten fiir den Feind abgewiesen. 300 Gefangene wurden ein=
gebracht, 400 Kraftfahrzeuge vernichtet.
Die Panzerarmee trat nach Einschlieliung der Gazala=Front zur Verfolgung iiber
El Adem in ostwartiger Richtung an.
Die im Siidteil des Vorfeldes der Festung Tobruk im Raum von El Adem von
Teilen der 5. ind. Div. hartnackig verteidigten und stark befestigten Wiistenforts
wurden in den Abendstunden gestiirmt. Uber 800 Gefangene wurden eingebracht,
eine Anzahl Geschiitze und anderes Kriegsmaterial erbeutet. Trotz zahlreicher
feindl. Bombenangriffe wurde bis 15. 6. abends weiter nach Osten Raum gewonnen.
Der Gegner setzte im Laufe des 15. 6. seine Panzerverbande aus dem Raum
ostwarts Tobruk weiter nach Osten ab.
In der Nacht vom 12. zum 13. 6. veriibten brit. Sabotagetrupps, die zum Teil mit
deutschen Uniformen, Fahrzeugen und Ausweisen versehen waren, Anschlage auf
Flugplatze in Gegend Derna=Barce=Benina. Mehr. Flugzeuge wurden zerstort, eine
Halle in Brand gesteckt. Ein Sabotagetrupp — dabei ein Offizier in deutscher Uni=
form — wurde gefangen genommen, eine Camionette mit Sprengmaterial erbeutet.
429
B. Kriegstagebuch
17. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Der rum. Vizeministerprasident hat dem Dt. Gesandten in Bukarest am
22. 5. eine Verbalnote iiberreicht, in der die rum. UngewilBheit und Sorge
gegeniiber der Kampfkraft der Nachbarn, insbesondere Ungarns, zum Aus=
druck gebracht wird. Es werden aufierdem bestimmte Materialwlinsche zur
Verbesserung der rum. Riistung geaufiert. Das Ausw. Amt erhalt Unterlagen
fiir die Beantwortung der rum. Note.
Meldung der Pz.Armee Afrika vom 17. 6., 10 Uhr, iiber die Kampfe um die
Ain=el=Gazala=Stellung und die Umgruppierung der Krafte fiir den Angriff
auf Tobruk. Nach Meldung des Gen. v. Rintelen hat das Comando Supremo
sich mit dem Angriff im abgekiirzten Verfahren auf Tobruk einverstanden
erklart, jedoch will es eine Abnutzungsschlacht vermieden wissen. Gen.Oberst
Cavallero sei der Ansicht, dafi man sich vor Tobruk nicht festbeifien konne,
um die Durchfiihrung des Unternehmens „Herkules'' nicht zu gefahrden. Die
Uberfiihrung der am 12. 6. von der Panzerarmee vordinglich angeforderten
Verstarkung von 8 000 Mann macht Schwierigkeiten, da ausreichender Luft=
transportraum fehlt und die Aufhebung des vom Fuhrer erlassenen Verbots
der Beforderung von Mannschaft auf beladenen Transportschiffen von Gen.
v. Rintelen im Hinblick auf die ungeklarte Lage um Malta nicht befiirwortet
werden kann.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siid:
SewastopoUFront : Der Feind verteidigt sich weiterhin zah. Wegen Durchfiih=
rung der Umgruppierung keine grofieren eigenen Kampfhandlungen. Im Vor=
stoii konnte die Hausergruppe siidl. Fort Stalin genommen werden. Rum.
Krafte gingen im Angriff nach Westen bis nach Hof Marindsky vor. Siidl.
davon warfen Teile der 72. 1.D. den Feind von den beherrschenden Adlerhohen
und hielten diese gegen feindUche Angriffe.
An der iibrigen Front der H.Gr. waren wegen starken Gewitterregens bei
27 Grad Warme die Wege stark aufgeweicht, so dafi Bewegungen von mot.
Fahrzeugen aufierst schwierig sind. Westl. Kupjansk wurden Bereitstellungen
des Gegners zerschlagen. Nordl. davon schanzt der Gegner am Ostufer des
Burluk und f iihrt Verstarkungen heran. Angriffe auf die nordostw, Woltschansk
vorgeschobenen Teile wurden bei Ruskaja abgewiesen.
H.Gr. Mine:
Die Verengung der Kessel geht weiter. Nordl. Brjansk stiefien eign. Krafte
nach Norden vor. Siidl. Jelnja wurden in ziigigem Vorgehen nach Siiden mehr.
430
I/. Juni 1942
Orte genommen. Teilen der Feindgruppe Below gelang es, den Siidrand des
Kessels zu durchbrechen und iiber die RoUbahn nach Siiden zu entweichen.
Eine stark. Gruppe (mot.) eign. Krafte ist zur Verfolgung des Gegners ange=
setzt. Nordwestl. Wjasma gingen eign. Krafte nach Westen vor und nahmen
mehr. Orte. Sonst keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
Westl. Cholm gelang es, durch weiteren Vorstoli die Stellung zu verbessern.
Siidostw. Staraja Russa wurde im Polatal ein starker feindlicher Angriff ab=
gewiesen. Westl. davon im Lowat=Tal gelang dem Gegner ein Einbruch in
die eign. Stellung. Durch Gegenstofi wurde er wieder herausgeworfen. Am
Oberlauf des Parusja wurde von eigenen nach Siiden vorstofienden Gruppen
Wekschina genommen. Nordl. des Ilmensees wurde bei einem feindl. Panzer=
angriff westl. Jamno 10 Panzer abgeschossen. Ausbruchsversuche aus dem
Kessel wurden durch eign. Gegenangriffe zerschlagen.
Finnland (15. 6.)
An der Siidostfront und bei AOK Lappland ruhiger Verlauf des Tages.
Panzerarmee Afrika (16. 6.)
Der von Siiden gegen die tiefe Flanke der Gazala=Stellung gefiihrte Angriff
traf auf die im Raum westl. Tobruk stehenden Krafte des brit. XIII. Korps, das
zur Zeit des Angriffs aus der 1. Pz.Div., der 1. siidafrikanischen und der ^o. engl.
Div. bestand.
In den harten Kampfen siidl. und westl. Acroma wurden bis 14. 6. die brit.
Panzerverbande zerschlagen. Nachdem die nicht mehr einsatzfahige 1. Pz.Div. in
der Nadit vom 14. zum 15. 6. 42 das Schlachtfeld verlassen mu6te, erfolgte der
Vorstofi des DAK iiber die Via Balbia zur Kiiste.
Bei den Kampfen zwischen Acroma und Bir el Tamar wurden auSerdem Krafte
in Starke einer Inf.Brig. vernichtet. Die Zerschlagung einer weiteren Brig, erfolgte
bei dem Durchbruchsversuch der 50. englischen Div. nach Siidwesten. Die 150. Brig,
wurde bereits bei den Kampfen um Got el Ualeb vernichtet.
Bei den Kampfen um Acroma und bei dem Versuch, nach Osten durchzubrechen,
wurde auch die 1. siidafrikanische Div. schwer angeschlagen. Ihre Verluste betragen
Mindeststarke von 2 Brig. en.
Insgesamt wurden bei den Kampfen um die Gazala=Stellung iiber 6 000 Ge=
fangene gemacht, 224 Panzer, 85 Geschiitze sowie eine groI3e Anzahl Kriegsmaterial
erbeutet bzw. vernichtet.
Nach der Vemichtung der brit. Krafte im Raum westl. und siidl. Tobruk hat die
brit. Fiihrung die restlichen schwer angeschlagenen Divisionen in das libysch=agyp=
tische Grenzgebiet zuriickgenommen. Sie werden dort gegenwartig gesammelt und
neu geordnet. Nach Beendigung der Kampfe um die Gazala=Steliung gruppiert
Pz.Armee Afrika sich neu um. Bei den Kampfen im Festungsvorfeld nahm eine
dtsch. Pz.Div. einige sich zah verteidigende Festungsstiitzpunkte siidostw. Tobruk
in Besitz.
431
B. Kriegstagebuch
18. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Der Fuhrer befiehlt dem Reichsminister fur Bewaffnung und Munition die
Durchfiihrung der fiir Norwegen befohlenen Baumafinahmen mit alien Mitteln
in der kiirzesten Zeit, da sie kriegsentscheidend sind.
Der Fuhrer befiehlt, dafi Personen deutscher Herkunft, die in Sabotage=
trupps in fremder oder deutscher Uniform oder in Zivil gefangen werden,
nicht sofort niedergemacht, sondern grundsatzlich sofort dem Sicherungs=
dienst iibergeben werden, damit sie iiber ihre Beziehungen und Hintermanner
vernommen werden konnen.
Die Zahl der angefertigten Flakwaffen vermehrt sich dauernd, wahrend
ihre personelle Besetzung durch die Luftwaffe nicht moglich ist. Der Fuhrer
genehmigt daher den Antrag des Ob.d.L. zur Aufstellung von „Alarmflak=
batterien'' im Heimatkriegsgebiet, in den besetzten Gebieten sowie in Dane=
mark und Norwegen, zu deren personeller Besetzung neben der Luftwaffe
auch Truppen und Dienststellen des Heeres und der Kriegsmarine heran=
gezogen werden konnen, soweit sie nicht durch andere Aufgaben gebunden
sind.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Slid:
SewastopoUFront: Die nordl. angreifenden eign. Krafte haben im schnellen
Vorstofi nach Siiden Bastion „Maxim Gorki'', „Molotow'', „Tscheka'', „G.P.U/',
„Sibirien'' und „Wolga'' genommen. Bei Briickenkopf Ljubimowka weiterhin
zaher Feindwiderstand. Weiter ostw. nahm eig. vorstofiende Abteilung das
alte Fort. Das fdl. Artl.=Feuer verstarkt sich. Rum. Krafte sind zum Angriff
auf die Fufisteighohe angetreten. Fdl. Flankierungsf euer auf die vorgeschobenen
Telle bei Adlerhohe aus Gegend westl. Kadykowka. Feind schiebt von Norden
her im Kw=Transport Krafte an die Sapun=Hohe vor.
Kertsch: In vergangener Nacht feindl. Erkundungsvorstofie auf breiter
Front gegen Halbinsel Kertsch von Norden her. Gelandete Feindgruppe — etwa
24 Mann — stidostw. Kap Tachran vernichtet. Ein grofies Landungsboot zum
Sinken gebracht. Feindaktion abgeschlossen. Nach vorliegenden Meldungen
soUen am 15. 6. in Noworossijsk aus Sewastopol 6 Transporter mit Archiven,
Kunstschatzen der Museen, Verwundeten und beschadigten Flugzeugen, Fern=
kampfgeschiitzen und Flak eingetroffen sein.
Beim Militarrat in Moskau unter Vorsitz Stalins vom 10.— 12. 6. wurde
beschlossen, Angriffshandlungen nicht zu forcieren, hingegen alles fiir Defen=
sive vorzubereiten. Umgruppierung auf neue Defensive=Linie Rostow— Don—
Wolga zur Abschirmung des Kaukasus, Einsetzung neuer junger Komman=
danten.
432
i8. Juni 1942
Nordl. Taganrog bei slow. Div. wurden Feindangriffe abgewiesen. Im
Raum Debalzewo und nordl. davon stark, feindl. Artl.=Feuer. Bei Isjum setzt
der Feind seine Schanzarbeiten fort. Es sollen hier eine Pz.Div. und 3 mot.
Artl.=Rgt.er neu eingetroffen sein. Starker Verkehr auf den Bahnlinien im
Raume Kupjansk. Nach Feindnachrichten sollen hier 8 verschiedene Div.en,
6 Kav.Div.en und viel Artl. eintreffen. Westl. Waluiki stark. Feindansamm=
lungen mit Panzern. Das Wetter im H.Gr. Bereich ist bei + 22—28 Grad, im
Siiden leicht bewolkt, Wege befahrbar, in der Mitte teilw. aufheiternd, Wege
im Abtrocknen, im Norden Wege durch anhaltenden wolkenbruchartigen Regen
verschlammt, fiir Kfz. teilw. nicht befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Ausbruchsversuche aus dem Kessel nordwestl. Djatkowo abgewiesen. Siid=
westl. Djatkowo ist Gefecht mit Partisanen im Gange. Westl. Kirow ver=
suchten aus dem Raum siidl. Jelnja durchgebrochene Feindteile der Gruppe
Below den Snoppot bei Petrowskoje zu iiberschreiten. Sie wurden zuriick=
gewiesen. Der Kessel siidl. Jelnja wird weiter verengt. Nordostw. Rshew griff
Feind nach starker Art.=Vorbereitung und Fliegerangriffen mit 300 Bomben
mehrmals die eign. Stellungen mit Panzern an. Er wurde abgeschlagen.
350 Tote, 7 Panzer erledigt. Auch ein feindl. Angriff nordwestl. Wjasma war
erfolglos.
H.Gr. Nord:
Nordl. und nordwestl. Cholm stiefien eign. Krafte weiter nach Norden
vor. Gr. Meindl nahm im weiteren Vorgehen nach Siiden einen Ort an der
Strafie Staraja Russa— Cholm etwa ^o km siidl. Staraja Russa nordl. des
Perusje=Oberganges. Nordl. des Ilmensees wiederholten sich auch gestern
wieder die erfolglosen Angriffe des Feindes mit Panzern von Osten gegen die
Abschniirungsfront. Der Kessel wurde weiter verengt.
Finnland (16. 6.)
Finn. Front: Ostw. des Onega=Sees baut Feind in Bile die Stralie Pudosdi— Kar=
gopol aus. Auf dem See nordl. Maselskaja Schiffsverkehr. Nach Gefangenen=
aussagen gehen tagl. 2—3 Evakuierungsziige nach Ladoga ab. Auf den Fronten keine
besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (17. 6.)
Im Kampf um das Festungsvorfeld mit seinen zahlreichen zur Verteidigung aus=
gebauten stark befestigten Stiitzpunkten wurde ein Hauptstiitzpunkt im Raum
El Adem am 17. 6. 42 f riih genommen. Ein Durchbruchsversuch des eingeschlossenen
Gegners aus diesem Stiitzpunkt in der Nacht vom 16. zum 17. 6. wurde unter
hohen Verlusten fiir den Feind im wesentlichen abgewiesen. Die Zahl der Ge=
fangenen betrug iiber 500. Weitere Stiitzpunkte wurden im Laufe des 17. 6. ein=
geschlossen. Aufklarungskrafte stie6en zwischen den Stiitzpunkten bis zum Festungs=
433
B. Kriegstagebuch
giirtel vor. Vor Westabschnitt der Festung besetzten Italiener Stellungen im Raum
siidostwarts bis nordostw. Acroma.
Zur Gewinnung und Sicherstellung der fiir den beabsichtigten Angriff gegen
Tobruk erforderlichen Riickenfreiheit sowie zur Ausschaltung des Einsatzes feindl.
Luftwaffe von den Flugplatzen um Gambut stiefien am 17. 6. nachmittags DAK
und Pz.Div. „Ariete" in ostw. Richtung auf Gambut und siidl. vor. In ziigigem
Vorgehen warfen sie die in breiter Front eingesetzte 7. Pz.Div. nach Osten zuriick
und erreichten den Raum siidl. Gambut. Die Operationen dauerten bis in die
Abendstunden.
19. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Vor Sewastopol ist die Kraft des Feindes nordlich der Sewernaja=Bucht im
wesentlichen gebrochen. Das LIV. AK. hat mit seiner Mitte das Nordufer
der Bucht erreicht, jedoch halt der Feind vor dem linken Fliigel des Korps
und an der gesamten Ostfront der Festung seine Stellungen.
Das OKW erklart sich damit einverstanden, dal? nach der Einnahme von
Sewastopol das Gen.Kdo. XXXXII. AK. den Befehl auf der Krim einschl. der
Engen von Perekop und Genitschesk iibernimmt und hierfiir Befehlsbefugnisse
gemai2 der Weisung 40 erhalt.
Der Lw.Fu.Stab meldet Vorbereitungen fiir eine Unterbrechung der Energie=
versorgung des Riistungsbezirkes Mittlere Wolga.
Meldung des OB Siid, GFM Kesselring, zur Lage in Nordafrika.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : In harten Kampfen wurde der Widerstand des Feindes
in Briickenkopfstellung bei Ljubimowka gebrochen. Trotz starken feindl.
Widerstandes wurde die Batteriestellung bei Schischkowka erstiirmt und die
Gegend Westrand Bartenjewka erreicht. Telle der Nachbardiv.en durchstief^en
den Ort Bartenjewka und stehen an den Befestigungsanlagen siidl. davon.
Vernichtung der im Werk „Maxim Gorki'" eingeschlossenen Feindteile durch
Sprengung im Gange. 22. I.D. nahm die Befestigungswerke „Donez'' und
westl. davon und erreichte in unaufhaltsamen Vorwartsstiirmen das Nordufer
der Sewernaja=Bucht. Siidostw. Fort „ Stalin'' wurden die in den friihen Mor=
genstunden bis in Gegend Zielpunkt 642 vorgedrungenen Feindteile in Starke
von 3 Batl.en zuruckgeschlagen und zum grofiten Teil vernichtet. Der Feind
halt mit starken Kraften die Judennase und die Stellung siidl. Waldkreuz.
Eign. Artl. nahm stark. Ansammlung siidl. Waldkreuz unter Feuer. Der An=
griff der rum. Truppen gewann gegen zahen Feindwiderstand nur langsam
Boden. Auch die bis Adlerhohe vorgeschobenen Feindteile wurden im Vor=
gehen durch flankiertes Feuer von Norden und Siiden stark behindert.
434
19. Juni 1942
Nordl. Taganrog stark, fdl. Artl.=Feuer. Es wurden auffallend viele Blind=
ganger beobachtet.
Ostw. Charkow wurden auf der Strafie ostw. Kupjansk eine Kolonne von
etwa 100 bis 150 Panzern beobachtet. Bahnverkehr von Kupjansk nach Nor=
den sehr stark. Auf dem Nordfliigel der H.Gr. starkes fdl. Artl.=Feuer. Das
Wetter: im ganzen Bereich bei + 22—25 Grad, wechselnd bewolkt, StraSen
im Abtrocknen.
H.Gr. Mitte:
Der Kessel hart westl. der Strafie Djatkowo ist vom Feinde gesaubert.
Siidl. Jelnja wurde der Feind weiterhin zusammengedrangt. Einzelne Telle
der Gruppe Below haben das Waldgelande westl. Kirow erreicht. Die von
der Truppe beobachtete Raumung der feindl. Minensperre nordwestl. Kirow
lafit vermuten, daii die 10. russ. Armee versuchen wird, der Gruppe Below
den Weg zu offnen. Angriffe siidwestl. Sytschewka wurden abgewiesen. Bei
Demidoff wurde beim Gegner Verwendung amerikanischer Artl.=Munition
festgestellt.
H.Gr. Nord:
Nordl. Cholm wurde das neugewonnene Gelande vom Feind gesaubert.
Nordl. des Ilmensees weitere erfolgreiche Bekampfung der im Wolchow=Kessel
eingeschlossenen Feindteile.
Finnland (18. 6.)
An alien Fronten normaler Tagesverlauf. In den riickw. Gebieten des Uhtua=
Abschnitts Partisanentatigkeit.
An verschiedenen Stellen der Nordostfront ereigneten sich Waldbrande, die
auf der russ. Seite teilw. Minenfelder und Kampfanlagen zerstorten.
Panzerarmee Afrika
Nach Erreichen des Gebietes von Gambut und siidwestl. verblieben Teile der
Panzerarmee am 18. 6. in diesen Raumen. Sauberungsaktionen erbrachten weiter
400 Gefangene sowie gro6e Versorgungslager. Der Ring um die Festung Tobruk
wurde durch Vorsto6 iiber die Via Balbia nadi Norden — ostw. des Festungs=
giirtels — geschlossen. Die Festung ist eingeschlossen, Stra6en= und Eisenbahn=
verkehr unterbrochen. 10 Panzer abgeschossen, 15 Flugzeuge und zahlreiches anderes
Kriegsmaterial erbeutet. 500 Gefangene eingebracht.
20. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer auf dem Obersalzberg]
Die H.Gr. Sud hatte fiir den Angriff „Fridericus IP' (vgl. 14. 6.) das III. (mot.)
AK. siidl. der 44. Div. angesetzt. Der Fuhrer war hiermit nicht einverstanden
und hatte im Hinblick auf die vor der 44. Div. stehenden starken Feindkrafte
435
B. Kriegstagebuch
den Ansatz des III. (mot.) AK. weiter nordlich gewunscht. Hierauf meldete
die H.Gr. Siid, dafi bei einem Ansatz des III. (mot.) AK. weiter nordlich^
ungefahr in der Gegend von St. Burluk, der schwierige Ubergang iiber den
Burluk die Gefahr mit sich bringe, dafi das Korps wahrend des Uferwechsels
von den in der Gegend nordlich Oltschowatka zusammengezogenen feind=
lichen Panzerkraften angegriffen werde. Hierdurch konne das Erreichen von
Kupjansk verzogert und die Vereinigimg mit der Gruppe Isjum in Frage
gestellt werden. GenStdH schlofi sich dieser Auffassung an und wies darauf
hin, dafi „Fridericus II" so rasch wie moglich durchgefiihrt werden miisse, um
den Beginn der Operation „Blau V moglichst friih beginnen zu konnen.
Anderungen im Ansatz des III. (mot.) AK. wiirden Zeitverlust bedeuten.
Der Fuhrer hat daraufhin dem Vorschlag der H.Gr. Siid zugestimmt. Fiir den
Beginn von „Fridericus IV wird der 22. 6. festgesetzt.
Dem Fuhrer wird eine Lagebeurteilung der 11. Armee mit Stellungnahmen
der H.Gr. Siid und des GenStdH vorgelegt. (In den Akten WFSt/Op. (H):
GenStdH/Op.Abt. I S 420400/42 g.K. Chefs, v. 19. 6.)
OKH erhalt den Befehl, einen „General zur Uberwachung der Manneszucht''
fiir den Bereich des WB. Ukraine aufzustellen.
Nachdem bereits am 24. 3. 42 vom Chef OKW die Entlassung der nachsten
Angehorigen verwundeter oder gefallener Freiwilliger der franz. oder wallo=
nischen Legion aus der deutschen Kriegsgefangenschaft befohlen worden ist,
wird nunmehr gemafi einem Antrag von GenStdH/O.Qu. IV vom 10. 6. be=
stimmt, dafi auch die Angehorigen solcher Legionare zu entlassen sind, die
mit dem EK. ausgezeichnet wurden oder sich sonst an der Front besonders
bewahrt haben.
D^y Fuhrer kehrt iiber Miinchen nach „Wolfsschanze'' zuriick.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Siid:
SewastopoUFront: Die westl. Bartenjewka noch haltenden Feindreste wur=
den in energischem Stofi geworfen. Stofitrupps drangen in die Stellungen des
Kampfstandes „Lenin'' ein. Kampfe hier und im Nordfort noch im Gange.
Siidl. Bartenjewka Hauserkampf in der Vorstadt. Das Trockendock und das
Werkgelande siidostw. davon wurde genommen. Mehr. erfolglose Angriffe
westl. der Judennase wurden abgewehrt. Im Siiden wurden Angriffe auf die
Hohe nordl. Kadykowka abgewiesen.
Absichten: Fortsetzung des Angriffs auf die Befestigungen „Lenin'' und
Inbesitznahme der Halbinsel siidwestl. Bartenjewka. Inbesitznahme der Hohen
ostw. der Sewastopol=Bucht und 5 km siidl. davon, um die russ. Front vor dem
rum. Geb.Korps zum Einsturz zu bringen und so die Voraussetzung fiir den
weiteren Angriff auf den inneren Festungsgiirtel zu schaffen.
436
21. Juni 1942
Auf dem siidl. Teil der H.Gr. Slid keine bes. Kampfhandlungen. Infolge
starker, z. T. wolkenbruchartiger Regenfalle konnte die Umgruppierung siidl.
Charkow wegen vollig ungangbarer Wege nicht durchgefiihrt werden. Ein
Angriff nordostw. Charkow zur Begradigung der eigenen Linie wurde mit
Erfolg durchgefiihrt. Die zwischen Belgorod imd Woltschansk vorgehenden
eign. Krafte konnten etwa 15 bis 20 km Boden nach Nordosten gewinnen. Der
vollig uberraschte Feind leistete nur ortl. zahen Widerstand und ging mit
Mas sen nach Nordosten zuriick.
H.Gr. Mitte:
Aufier Partisanenkampfen im Raum westl. Djatkowo, siidl. Jelnja und
nordl. der Autobahn Smolensk— Wjasma keine besonderen Kampfhandlungen.
Zwischen Demidoff und Welish vermehrte Bewegungen beim Feinde beobach=
tet. Nach Oberlauferaussagen soUen dort groliere Ablosungen stattfinden.
H.Gr. Nord:
Der Feind griff die neuen Stellungen nordl. Cholm an und wurde ab=
gewiesen. Siidl. Staraja Russa wurde der Angriff der Inf.= und mot. Krafte
nach Siiden zur Erweiterung des Verbindungsschliissels zwischen X. und II. AK.
fortgesetzt. Der Feind geht nach Siiden zuriick. Nordl. Ilmensee gelang es dem
Gegner, mit mehr. Panzern in die Abriegelungsfront einzubrechen. Der Durch=
bruch wurde von Siiden, Westen und Norden aufgefangen.
Finnland (18. 6.)
An Siidost= und Nordostfront keine besonderen Meldungen.
Panzerarmee Afrika (19. 6.)
1. Panzerarmee stellt sich bis zum 19. 6. abends zum Angriff gegen die Festung
Tobruk bereit. Beginn des Angriffs in den friihen Morgenstunden des 20. 6. unter
Ausnutzung eines Grofieinsatzes der Luftwaffenverbande.
2. Die zusammengefafiten Aufklarungskrafte und eine ital. Pz.Div. sidiern den
Riicken der Panzerarmee in Gegend Gambut und siidl. und treiben bewaffnete
Aufklarung in ostw. und siidostw. Richtung vor. Der Feind fiihite in den Nach=
mittagsstunden des 19. 6. mit starken Aufklarungskraften iiber Bir el Gobi nach
Norden vor.
21. Juni 1942
(KTB der Kriegsgesdiiditlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Munchen^]
Vor Sewastopol treten die rum. 1. Geb.Div. und die 170. Div. zum Angriff
auf die Fedjuchiny=Hohen an. Der Angriff des linken Fliigels des LIV. AK.
gegen die Hohen bei Gajtani ist fiir den 22. 6. vorgesehen.
1 Notizen Haiders:
„Verngesprach mit Jodl (OKW): Beurteilung der Feindlage mit RUcksicht auf
437
B. Kriegstagebuch
Die Panzerarmee Afrika hat am Morgen des 20. 6. von Siidosten her den
Angriff auf Tobruk begonnen und in harten Kampfen die Siidfront der
Festung durchbrochen. Am Morgen des 21. 6. kapituUeren die restUchen Teile
der Besatzung von Tobruk.
[Stellungnahme der Ski. zur Forderung des Fiihrers auf Bereitstellung einer
operativen U=Boot=Gruppe im Raum der Azoren und Madeiras ^.J
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : Die auf dem Westfliigel vorgehenden eigenen Truppen
nahmen im harten Kampf den Kampfstand „Lenin'' und haben den Nordost=
rand der Batteriezunge erreicht. Im Nordfort noch harte Kampfe. Desgl. in
der Vorstadt. Nach verzweifelter Gegenwehr wurde der Feind im ostl. Teil
der Vorstadt vernichtet und die Kiiste erreicht. Vor der rum. Front scheint der
Feind sich mit Teilen abzusetzen. Im Siiden und Siidwesten der rum. Stellun=
gen wurde nach Uberwindung zahesten Feindwiderstandes die Gegend „altes
Fort'' und Denkmalsbriicke erreicht. Nordl. Taganrog starke Feindbewegun=
gen, die auf Ablosung schUefien lafit. Wetter im siidl. Teil der H.Gr. leicht
bewolkt, + 23 Grad, Wege fiir alle Fahrzeuge befahrbar. Siidostw. Charkow
schanzt der Russe. Nordostw. Charkow versuchen abgeschnittene Feindteile
im Raum nordl. Schebekino erbitterte Ausbruchsversuche, die unter starken
Verlusten fiir den Gegner zuriickgeschlagen wurden. Wetter: unbestandig,
einzelne Regenfalle, Strafien schwer befahrbar.
Im Nordteil der H.Gr. keine Kampf handlungen. Wetter: wolkig, teilw.
Regenschauer, windig + 15 Grad.
H.Gr. Mitte:
Siidwestl. Suchinitschi eigener erfolgreicher Vorstofi. Die Eisenbahnbriicke
hier wurde durch feindl. Artl.=Feuer zerstort. Nach Gefangenenaussagen soUen
sich im Raume westl. Kirow etwa 4000 Mann unter Fiihrung des Generals
Below befinden, die weiterhin versuchen, nach Osten durchzubrechen. In dem
Kessel nordl. der Rollbahn Roslawl— Spas Demenskoje nur schwache Feind=
krafte, die weiterhin eingeengt werden. Bei der Sauberung im Raume ostw.
Smolensk wurden in den letzten beiden Tagen 350 Tote und Gefangene ge=
zahlt. Ein Feindvorstofi nordl. der Rollbahn Smolensk— Wjasma wurde ab=
geschlagen. Wetter: Strafien haben sich durch Regenfalle verschlechtert.
moglichen feindlichen Angriff am 22. 6. — Drangen auf Start ,Blau'. Rucksprache
uber Verteilung der Luftkrafte bei ,Blau'."
2 Vgl. hierzu Auszug aus dem KTB des B.d.U. vom 21. 6. 42 im Dokumenten=
Anhang Nr. 11.
438
22. Juni 1942
H.Gr. Nord:
Nordl. und nordwestl. Cholm wich der Feind nach Abbrennen einiger Ort=
schaften nach Norden aus. Siidl. StarajaRussa folgten eign. Krafte dem iiber die
Redja zuriickgehenden Feind nach Osten. Auch siidl. der Verbindungsstelle
griffen eign. Truppen den hier noch haltenden Feind an. Angriffe auf die
Nordwestfront des II. AK. wurden abgewehrt. In der Abriegelungsfront ge=
lang es, die alte Verteidigungslinie wiederzugewinnen. Vernichtung der ein=
geschlossenen Panzer ist im Gange. Schwierigste Gelandeverhaltnisse ver=
zogern den konzentrischen Angriff auf die im WoIchow=Kessel sich noch zah
verteidigenden Feindreste.
Finnland (19. 6.)
Sudostfront: Nach Gefangenenaussagen beabsiditigt der Feind, das Kraftwerk
Swirstroj vor dem 1. JuU zuriickzuerobern. Er soil hierzu ein Panzerbatl. neu heran=
gefiihrt haben.
Luftaufkl. ergab ebenfalls Panzeransammlungen in dieser Gegend. Rege Artl.=
und Spahtrupptatigkeit. Drtl. Angriffe des Feindes wurden abgewiesen.
Nordostfront (AOK Lappland) : Keine besonderen Meldungen.
Panzerarmee Afrika (20. 6.)
V3 der Festung Tobruk einsdiliefilidi Hafen nadi hartem, vom Morgengrauen
bis zum spaten Abend dauernden Kampf genommen.
Westteil halt sich noch. Mehrere tausend Gefangene, 70 Panzer, uniibersehbares
Material.
22. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fiihrer in Berlin]
2.15 Uhr beginnt die 1. Pz.Armee die Operation „Fridericus IP".
Vor Sewastopol tritt der linke Fliigel des LIV. AK. mit der 22. und 50. Div.
sowie der rum. 4. Geb.Div. zum Angriff auf die Hohen bei Gajtani an.
Stellungnahme des Ob.d.L. zu dem Vorschlag des GenStdH, den Angriff
„Blau V zeitlich unabhangig zu machen von dem Ablauf der Kampfe um
Sewastopol. Entscheidung des Fuhrers hierzu.
Die H.Gr. Sud meldet, dafi der la der 23. Pz.Div. am 19. 6. auf einem Fluge
abgeschossen wurde. Hierbei ist ein Befehl, der den Ansatz des XXXX. Pz.=
Korps und seiner Nachbarn bei „Blau V enthielt, wahrscheinlich in Feindes=
hand gef alien ^
Der Ob.d.L. und der Chef H.RUst u. BdE erhalten Befehl, die Ausriistung der
1 Dies war der Anlafi zu dem Befehl „Der FUhrer/OKW/WFSt./Op.Nr. 002252/42
g.Kdos." vom 12. JuU 1942, abgedruckt in: Der Ziueite Weltkrieg in Bildern und
Dokumenten; hrsg. von Hans=Adolf Jacobsen und Hans Dollinger, Miinchen—
Wien— Basel (Verlag Kurt Desch), Bd. II, a.962, S. 373.
459
B. Kriegstagebuch
vom 1. 7. an zur Ostfront abgehenden zweiten Welle der rxim. Kampfverbande
zu unterstiitzen. (vgl. 17. 6.)
Mitteilung der Zahl, der an der Ostfront eingesetzten ungarischen und
rumanischen Verbande fiir das Ausw. Amt.
Meldung des Dt. Generals b. H.Qu. d. ital. Wehrm. iiber die Absichten des
ital. Oberkommandos in Libyen.
Der Fiihrer steht dem Unternehmen „Herkules'' nach wie vor ablehnend
gegeniiber und ist der Ansicht, dafi die Wegnahme Maltas auch deshalb nicht
zweckmafiig sei, weil die Englander, nur solange die Insel in ihrem Besitz
sei, zu ihrer Versorgung dauernd Geleitziige einsetzen mii6ten, was zu einem
empfindlichen Verlust an Kriegs= und Handelsschiffen fiihre. Um die end=
giiltige Entscheidung des Fiihrers herbeizufiihren, wird eine Vortragsnotiz
zusammengestellt, die alle Griinde fiir und gegen das Unternehmen „Herkules"
zusammenf afit ^.
Der Fuhrer befiehlt, dafi der Amtschef Ausl/Abw nach Spanien fliegt, um
die Frage des Wechsels in der Fiihrung der span. „Blauen Division" direkt
mit dem Staatschef Franco zu klaren.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront: Auf der Halbinsel siidwestl. Bartenjewka wurden weitere
Stellungen genommen. Siidl. Bartenjewka wurde nach zahem Hauserkampf
teilw. die Gegend siidl. des Nordforts genommen. Nordfort selbst in eigener
Hand. Dort 200 Gefangene. In der Vorstadt wird z. T. noch zah gekampft.
Rum. Verbande gelangten im Vorstofi nach Westen bis zur Schachbretthohe.
Weiter siidl. wurde das alte Fort genommen und im Verein mit deutschen
Truppen das Hohengelande siidl. Nowi Schulij erreicht,
Nordl. Taganrog beiderseitiges Artl.=Feuer. Bei Jama hat der Feind 5 Briik=
ken iiber den Donez gebaut und seine Flakstellungen verbessert. Siidl. Isjum
und sudostw. Charkow griffen russ. Flieger eign. Krafte in der Umgruppierung
an. Nordostw. Charkow wurden gestern bei der Sauberung des neu gewonnenen
Gelandes 946 Gefangene, 660 Tote und 20 Geschiitze gezahlt. Am nordl. Teil
der H.Gr. lediglich geringe Artl.=Tatigkeit. Das Wetter im Bereich der H.Gr.
hat sich gebessert. Temp, zwischen 15 und 20 Grad, wechselnd bewolkt, windig,
Strafien bef ahrbar, nur im Raum nordl. Charkow noch aufgeweicht. Dort auch
noch einzelne Regenfalle.
2 Aus dem KTB der Ski. vom 22. Juni ig42:
„GFM Rommel beabsichtigt Fortsetzung der Offensive. Duce will Genehmigung
hierzu nicht erteilen, sondern fiir ,Herkules' vorgesehene Krafte herausziehen.
Fuhrer wird iiber Dt.Gen.b.H.Qu. der ital. Wehrmacht und evtl. durch Telefonat
mit Duce freie Hand fiir Rommel erwirken und ist der Auffassung, dafl Durch=
fiihrung von ,Herkules' dann erst fiir Ende August vorzusehen ist."
440
22, Juni 1942
H.Gr. Mine:
Westsiidwestl. Suchinitschi griff der Feind bis zu neunmal in Starke von
2—4 Batl.en die eigenen Stellungen an. Nach voriibergehendem Einbruch
wurden samtliche Angriffe abgeschlagen. Der Feind verier hier 250 Tote.
Ndrdl. davon im Raume Spas Demenskoje starkes feindl. Artl.=Feuer. Die
Sauberungsaktion im Raum Djatkowo hatte vollen Erfolg. Die Partisanen
verloren hier 919 Tote, 258 Gefangene. 2000 Einheimische wurden festgesetzt
und 43 Lager zerstort. Bei Juchnow stark. Feindansammlungen. Wetter: kiihl,
bewolkt, windig. Im Nordteil der H.Gr. bei anhaltendem Regen und weiter
verschlechterten Strafien keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
Eign. Angriffe von der Verbindungsstelle siidl. Staraja Russa nach Siiden
hatten gegen zahen Feindwiderstand Erfolg. Bei Jamno gelang es dem Gegner,
nach stark. Artl.=Vorbereitung in die Sperrlinie einzubrechen. Gleichzeitig
wurde von Westen her nach stark. Artl.=Feuer und Panzerangriff ein Einbruch
erzielt. Lage sehr gespannt. Im iibrigen wurde durch konzentrische Angriffe
in den Wolchow=Kessel der Feind aus verschiedenen Sumpfstellungen ge=
worfen.
Finnland (20. 6.)
Keine besonderen Ereignisse.
Panzerarmee Afrika (21. 6.)
Festung Tobruk, 25 000 Mann Besatzung, mehrere Generale von Panzerarmee
genommen. Uniibersehbare Beute an Kriegsmaterial und VersorgungsgUtern. Wei=
tere Meldungen folgen.
Panzerannee Afrika (22. 6.)
Panzerarmee Afrika trat am 20. 6. am friihen Morgen zum Angriff auf Tobruk
von Siidosten mit DAK, verstarkt durch V2 90. lei. Div. rechts und XX. AK, links, an.
XXI. AK. tauschte Angriff von Westen vor, wahrend eine Div. des X. AK., mit
Panzerkorps dicht auf folgend, fiir die Besetzung der Stiitzpunkte an der Durchbruchs=
stelle eingesetzt war. Zum Schutz der Siidflanke wurden Aufklarungskrafte und
eine Division des X. AK. sowie Pz.Div. „Littorio" im Raum El Adem eingesetzt.
Weitere Aufklarungskrafte und 90. lei. Div. — ohne 15. Schiitzenbrig. — im Raum
Bardia und siidl.
Die Luftwaffe unterstiitzte den Angriff durch Grolieinsatz von Bombern und
Sturzkampfverbanden, Bereits nach zwei Stunden gelang nach heftigem Kampf
den deutschen Divisionen ein breiter Einbruch in die stark ausgebauten feindl.
zweifachen Bunkerlinien. Die deutschen Angriffstruppen stiefien in ziigigem Vor=
gehen bis zum Mittag zur Wegegabel Sidi Mamut (8 km siidl. Tobruk) durch.
Dabei wurden ^o feindl. Panzer abgeschossen. Der Angriff des XX. AK. kam nach
Uberwindung des Minenfeldes vor der ersten Bunkerlinie zum Stehen. Zur Ver=
meidung weiterer starker Verluste wurde Panzerdiv. „Ariete" durch die Einbruchs=
441
B. Kriegstagebuch
stelle des DAK gezogen und zum Angriff nach Westen hart nordl. der Bunkerlinie
eingesetzt.
DAK gewann nach Fortsetzung des Angriffs am Nachmittag im schnellen Durch=
stofi die Linie Tobruk=Hafen— Fort Solaro (5 km siidwestl. Tobruk)— Fort Pilastrino.
Damit waren die beiden starksten Forts genommen.
Feindliche von Panzern unterstiitzte Gegenstofie wurden erfolgreich abgewiesen.
Hierbei weitere Panzerkampfwagen abgeschossen und erbeutet.
Unter dem Eindruck des Durchbruchs durch die stark befestigte Siidostfront
der Festung ergaben sich bei der Fortsetzung des Angriffs gegen die im Riicken
des Westabschnittes eingesetzten Feindkrafte am Morgen des 21. 6. die restlichen
Teile der Tobruk=Besatzung.
Irgendwelche Verhandlungen mit dem Feinde wurden nicht gefiihrt.
Insgesamt wurden bei der Erstiirmung der Festung Tobruk 5 Generale — darunter
der Kdr der 2. siidafrikanischen Div. — , 28 000 Gefangene eingebracht, iiber 70 Pan=
zer abgeschossen, 30 vom Gegner unbeschadigt iibergeben sowie uniibersehbare
Mengen an Geschiitzen und schweren Waffen erbeutet. GroSe Bestande an Ver=
pflegung und Munition, teilw, auch Spritlager, fielen in unsere Hand.
23. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer in Berlin]
Das AOK Lappland wird umbenannt in Gebirgs=AOK 20.
Der Duce hat dem Fuhrer in einem personlichen Schreiben vom 21. 6. seine
Ansichten iiber die Lage im Mittelmeer und iiber die zukiinftigen Operationen
mitgeteilt. Der Fuhrer iiberschickt dem Dt. Gen. b. H.Qu. d. ital Wehrm. durch
Sonderkurier ein Antwortschreiben fiir den Duce, das bereits am 22. 6. fern=
schriftlich iibermittelt wurde.
Die Lagebeurteilung des OB West vom 22. 6. v\/eist auf die auffallige An=
sammlung kleiner Fahrzeuge an der englischen Siidkiiste im Abschnitt Ports=
mouth— Southampton— Pool— Portland und bei Exbury hin. Zunahme von
Kabel= und Eisenbahnsabotage. Festnahme von 12 fiihrenden Mannern einer
Widerstandsorganisation in Moons am 22. 6. 42, die eine Generalsabotage=
aktion fiir die nachsten Tage vorbereiteten, lafit Zusammenhang mit dem ge=
planten englischen Landeunternehmen vermuten.
Der Ob.d.M. hat dem Fuhrer seine Personalanforderungen fur den Bau des
Flugzeugtragers „Zeppelin'' und die Reparaturen des Schlachtschiffes „Gnei=
senau'" und des Kreuzers „Prinz Eugen'' vorgetragen, auEerdem den Bedarf
der Facharbeiter fiir Reparaturen der U=Boote und der Uberwasserschiffe.
Der Fuhrer anerkennt die grofie Wichtigkeit dieser Forderungen und lafit den
Reichsmin. f. Bewaffn. u. Mun. darauf hinweisen.
Nach einer Mitteilung des ital. AujJenministers in Rom (s. Ausl.) an den
ital. Botschafter in Berlin hat der ital. Gesandte in Bukarest zusammen mit
dem dortigen deutschen Gesandten die deutsch=italienische Note wegen Be=
reinigung der Spannung mit Ungarn dem rum. Aufienminister Mihai An=
tonescu iibergeben, der eine Stellungnahme des Marschalls Antonescu in
442
23. Juni 1942
Aussicht gestellt habe. Bei spaterem Empfang durch den Marschall Antonescu
habe dieser mit aufierordentlicher Erschiitterung und unter Hinweis auf die
bisherige Loyalitat und Blutopfer Rumaniens betont, dali die nunmehr von
Deutschland und Italien gestellten Forderungen nicht gegeniiber einem Ver=
biindeten, vielmehr gegeniiber einem Vasallenstaat moglich erschienen. Ru=
manien sei sich nunmehr klar dariiber, auf welchen Dank es in Zukunft zu
rechnen habe.
In den spaten Nachmittagsstunden tritt die Pz.Armee Afrika zum um=
fassenden Angriff gegen die an der libysch=agyptischen Grenze stehenden
Feindkrafte an^.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : Auf dem rechten Fiiigel brach der letzte Feindwiderstand
auf der Halbinsel westl. Bartenjewka zusammen. Eine schwache Feindgruppe
halt sich noch im aufiersten Siidzipfel in unterirdischen Befestigungen. Im
zahen Angriff wurde das Ufer der Bucht siidwestl. Bartenjewka erreicht.
Sauberung des Forts ist im Gange. Westl. des Waldkreuzes traten die Divisio=
nen befehlsgemafi nach Siiden zum Angriff an. Unter Brechen des Feindwider=
standes wurde die Nordostseite der Judennase erreicht und die Gegend ostw.
davon. Gegen die rum. Divisionen schwache feindl. Angriffe, die abgewiesen
wurden. Am Sudrand Nowi Schulij sowie auf den Sapun=Hohen starke Feind=
besetzungen. Bei der Einnahme des restlichen Teiles der Adlerhohe wurden
100 Gefangene eingebracht. Ostw. Kadykowka wurde die Verbindung zwi=
schen zwei vorgehenden Divisionen hergestellt.
Hierzu Erlauterung General Warlimonts:
„Schon auf die Nachricht vom Fall Tobruks hin hatte Hitler bei der Mittags=
Lagebesprechung vom 22. Juni abermals seine ablehnende Haltung gegen den
Landungsangriff auf Malta bekundet. Da die Zeit keinen Aufschub der Ent=
scheidung mehr duldete, war dann der WFStab daran gegangen, das Fiir und
Wider einer Inbesitznahme Maltas noch einmal in niichterner Aufzdhlung ein=
ander gegeniiberzustellen. Als ausschlaggebend erwies sich dabei nach aller
Erinnerung erneut der strategische Grundgedanke der deutschen Kriegfiihrung
seit Sommer 1941, auf dem Wege iiber den Suez=Kanal und im Zusammenioirken
mit dem weit ausgreifenden SUdfliigel des deutschen Ostheeres die Hand auf
den Mittleren Orient und damit auf ein Kernstuck des britischen Weltreichs zu
legen. Vor dieser grojien Zielsetzung schien Malta seine Bedeutung umso mehr
zu verlieren, je eher Rommel nach Alexandria und an den Suez=Kanal gelangte.
Es ist zweifelhaft, ob Hitler diese tlbersicht des WFStabes, die auf eine Unter=
stUtzung der Absichten Rommels hinauslief, noch zu Gesicht bekommen hat,
ehe schon am 22. Juni sein Antwortschreiben an Mussolini abging. Ohne Malta
uberhaupt zu erwahnen und ohne audi auf die von Rom so stark betonten
Heizolfragen naher einzugehen, gab er in dem Brief seiner Meinung Ausdruck,
dafi mit dem Sieg in der libyschen Wiiste vom militarischen Gesichtspunkt aus
ein geschichtlicher Wendepunkt erreicht scheine, der von entsdieidender Be*
443
B. Kriegstagebuch
Befehlsgemafi traten am gestrigen friihen Morgen eign. Krafte in dem
Raum ostw. Isjum — nordwestl. Kupjansk zum konzentrischen Angriff an^.
In schwerem Kampf, der durch sumpfiges vermintes Waldgelande behindert
wurde, erreichten die Divisionen, im siidl. Teil nach Norden vorstojSend, die
Gegend ostw. und westl. Isjum, Westl. Isjum wurden mehrere Kriegsbriicken
gebaut. Im Raume siidl. Balakleja erreichte die i. Geb.Div., am weitesten nach
Osten vorstofiend, Sawinzy und bildete hier einen Briickenkopf. Nordostw.
Balakleja noch starker Feindwiderstand. Die westl. Kupjansk nach Ostsiidost
vorstofienden Divisionen erreichten trotz Feindwiderstand im ziigigen Vor=
stofien an der Bahn die Gegend nordl. Woloskaja und nordl. davon. Ein mit
Panzern vorgetragener Feindangriff wurde abgeschlagen. Der Feind verlor
5 Panzer.
Wetter: wechselnd bewolkt, teilw. leichter Regen. StraEen noch befahrbar.
Wege im Waldgelande in dem Angriffsraum schmierig, verschlammt, z. T.
versumpft und vermint.
H.Gr. Mitte:
Der kleine Kessel siidwestl. Spas Demenskoje wurde weiter gesaubert. An
der Nordfront nordwestl. Rshew vergebl. Feindangriif, ebenso siidwestl.
Bjeloj. Strafien z. T. unpassierbar und gesperrt. Fliisse fiihren Hochwasser.
H.Gr. Nord:
An der Durchbruchsstelle westl. Jamno wurde ein Angriff auf die hier ste=
henden alten Krafte abgeschlagen.
Finnland (21. 6.)
Keine besonderen Ereignisse.
deutung fur den Ausgang des Krieges sein konne. Line so gunstige Moglichkeit
werde sich auf keinen Fall ein zzoeites Mai auf dem gleichen Kriegsschauplatz
ergeben. Ihre schnellste und vollstandigste Ausnutzung, fuhr das Schreiben fort,
stelle die grojlte militarische Aussicht dar. Aufbauend darauf, daji die 8. brit.
Armee praktisch vernichtet sei und dajJ der Hafen von Tobruk eine umso be=
deutendere Hilfsbasis abgebe, als die Englander von dort eine Eisenbahn bis
fast nach Agypten angelegt hatten, sprach sich Hitler fur eine pausenlose Ver=
folgung . . . bis zur vollstdndigen Vernichtung der britischen Truppen aus, ehe
durch eine Konzentrierung aller irgendwie erreichbaren englischen und ameri=
kanischen Truppen . . . eine Anderung der Lage zu unseren Ungunsten herbei=
gefiihrt werde. Diesmal, hiefl es weiter, konne Agypten . . . England entrissen
werden, wdhrend gleichzeitig die deutsche Offensive im Osten mit der Erobe=
rung Sewastopols den Weg offne, um zum Tall der gesamten ostlichen Konstruk=
tion des englischen Empires beizutragen. Unter Anrufung der geschichtlichen
Stunde schlofl Hitler mit den getragenen Worten: Die Gottin des Schlachten=
gliicks ndhert sich den Fiihrern nur einmal. Wer sie in einem solchen Augenblick
nicht festhdlt, wird sie sehr oft nie wieder erreichen konnen."
1 Unternehmen „Fridericus II".
444
24- Juni 1942
Panzerarmee Afrika (22. 6.)
Feind nahm Telle der 7. Pz.Div., die sich noch westl. Sidi Omar befanden, in Linie
Maddelena— Scheferzen zuriick.
Seit gestern mittag ist die Bereitstellung der Panzerarmee gegen die Feindkrafte
an der agypt. Grenze im Gange.
Beim Angriff gegen den vom Gegner verteidigten Hafen von Tobruk wurden von
deutschen Truppen der Panzerarmee 1 Kanonenboot und 6 kleine Transportdampfer
mit insgesamt 5 200 BRT versenkt. Sie versuchten, mit englischen Truppen zu ent=
kommen. Der grofite Teil der Soldaten wurde gerettet und als Gefangene einge=
bracht. Der Hafen fiel mit seinen Hafenanlagen unversehrt in deutsche Hand. Der
Gegner hat keine Verminungen mehr durchgefiihrt, so dafi die Transporte nach
Tobruk bereits aufgenommen wurden.
24. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
[Fuhrer kehrt nach „Wolfsschanze'' zuriick]
Der Fuhrer genehmigt die Festsetzung des Angriff sbeginns „Blau'' fiir den
27. 6., jedoch nur unter der Voraussetzung, dafi fiir die Vernichtung der durch
den Angriff „Fridericus ir' (ostw. Isjum) eingeschlossenen Krafte noch ge=
niigend Luftwaffenverbande zur Verfiigung bleiben.
Im allgemeinen Gesprach erwahnt der Fuhrer die Moglichkeit, dafi die rus=
sische Widerstandskraft sehr schwach sei. In diesem Falle miisse man daran
denken, auch bei der H.Gr. Mitte einen Angriff zu fiihren. Hierfiir kame zu=
nachst ein konzentrischer Angriff auf Kaluga in Betracht mit dem Zweck,
erneut eine Reihe feindlicher Verbande zu vernichten und eine Frontverkur=
zung fiir den Winter zu erreichen.
Der Verlust der „Orientierung'' durch den Generalstabsoffizier der 23. Pz.
Div., Major i. G. Reichel (vgl. 22. 6.), veranlafit den Fuhrer, eine wesentliche
Verscharfung der Geheimhaltungsbestimmungen zu befehlen^ Hierbei soil
auch ein Verbot ausgesprochen werden, Gesprache iiber operative Absichten
am Fernsprecher auch unter Benutzung des Inverters zu fiihren. Aniafi hierzu
war ein Frontbericht des „Exchange Telegraph'' aus Moskau vom 16. 6., der
Ausfiihrungen iiber die deutschen Operationsabsichten enthielt, die den tat=
sachlichen Planen sehr nahe kamen.
Auf die Anfrage von Oberst d. G. Scherjf, ob der Verlust der Orientierung
iiber die Operationsabsichten durch den Gen.St.=Offz. der 23. Pz.Div. eine An=
derung unserer operativen Planungen zur Folge gehabt hatte, verneint dies
der Chef WFSt
Der Befehlshaber der Dt. Truppen in DUnemark legt auf Grund der Wei=
sung 40 vom 23. 3. und der Ausfiihrungsbestimmungen des Chefs OKW vom
Vgl. S. iy6 und Anm. 1 S. 439.
Notiz Haiders: „Bei OKW, das heute zuriickgekehrt ist, ist wieder einmal grojie
Hetze gegen den Generalstab. Die ungliickselige Angelegenheit Reichel."
445
B. Kriegstagebuch
4. 5. eine Neufassung seiner allgemeinen Anweisung fiir die Abwehr feind=
licher Angriffe auf Danemark vor.
Der Chef des Stabes des ]AIB. Sudost, Gen.Maj. Foertsch, trifft zu Bespre=
chungen im F.H.Qu. ein. Auf seinen Vorschlag wird der Dt. Gen. h. H.Qu.
d. ital. Wehrm. angewiesen, beim Comando Supremo zu erwirken, dali der
beim WB. Sudost befindliche Verbindungsoffizier des ital. AOK 11 (GriecKen=
land) mit der Aufgabe betraut werde, dem WB. Siidost zugleich als VO. des
ital. AOK 9 (Albanien) und des Mil.Gouverneurs von Montenegro zu dienen.
Gen.Maj. Foertsch macht darauf aufmerksam, dafi der Eisenbahnverkehr
iiber Saloniki nach Athen im Interesse der nach Nordafrika bestimmten Trans=
porte keine zusatzliche Belastung vertrage.
Meldung des Dt. Gen. h. H.Qu. d. ital. Wehrm. von der Ubergabe des Brie=
fes des Fiihrers an den Duce und der vorlaufigen Antwort desselben.
Das Comando Supremo hat das Unternehmen „Herkules'' auf Anfang
September verschoben.
Die franz. Regierung hat um die deutsche Zustimmung zu der von den
USA vorgeschlagenen Vercharterung der in den Antillen liegenden Tanker
an Argentinien gebeten. Dies ist von deutscher Seite abgelehnt worden. (Na=
heres s. Stellv. WFSt.)
Die Pz.Armee Afrika iiberschreitet in breiter Front die libysch=agyptische
Grenze und gewinnt die Linie 50 km siidostwarts Sidi Barani.
Botschafter Ritter und Chef OKW sowie Chef Ausl. (s. Ausl.) haben eine
Aussprache iiber gewisse Spannungen zwischen Ausw. Amt und dem OKW,
aufierdem iiber das Wiederaufleben der rumanischen Legionarsbewegungen.
Rumanien hat sich mit den deutsch=italienischen Vorschlagen zur Behebung
der Spannungen mit Ungarn grundsatzlich einverstanden erklart. (s. Ausl.)
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. sad:
SewastopoUFront: Im Laufe des Vormittags AbschluS der Kampfe in den
unterirdischen Befestigungsanlagen auf der Halbinsel siidwestl. Bartenjewka.
Die in der Wolfsschlucht vorgehenden Krafte nahmen die „wei6e Klippe'' und
erreichten die Bucht. Ostw. davon halten noch zahe Feindkrafte das Gelande
nordl. der Bucht. Ostw. Mekensiewy Gory verteidigt sich Gegner noch zah in
Bunkerstellungen. Die hier vorgehenden eign. Truppen nahmen den Leucht=
turm und die Hohen nordwestl. davon. Auch die rum. Divisionen kamen nach
Brechen des Feindwiderstandes gut vorwarts. Die Waldhohe wurde genom=
men, ostw. Leuchtturm und das Hohengelande nordwestl. davon. Siidl. Wald=
hohe sind rum. Krafte im Angriff auf „Bastion IF' ostw. Gajtani. Der Feind
am Siidrand Nowi Schulij leistet noch erbitterten Widerstand. Die ostw. da=
von vorgehenden rum. Truppen erreichten die Tschornaja, deutsche Truppen
446
24- Juni 1942
die Hohen westl. und nordwestl. Nowi Schulij. Mehrere Feindangriffe auf die
Adierhohe wurden unter schweren Feindverlusten abgeschlagen.
Die im Raume Isjum — Kupjansk vorgehenden eign. Krafte haben weiterhin
gut Gelande gewonnen. Unter Zuriicklassung starker Nachhuten weicht der
Feind nach Osten iiber den Oskol zuriick. Eigene vorstofiende Krafte erreichten,
am Donez entlangstolBend, die Gegend nordl. Isjum. Panzerkrafte stehen mit
ihren Spitzen etwa 20 km westl. Senikowo. Nordl. davon ist nach Durch=
brechung feindl. Widerstandes die Gegend Kupjansk erreicht. Eign. Luftwaffe
hielt feindl. Luftwaffe nieder und bekampfte die nach Osten abziehenden
Feindkolonnen. Line Panzerdiv. vernichtete bei ihrem Vormarsch 25 Feind=
panzer.
Wetter: starker nachtlicher Regen, tagsiiber wechselnd bewolkt, Wege nur
fiir Gleiskettenfahrzeuge befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Auiier reger feindl. Fliegertatigkeit in Gegend siidl. Bjelew und Sauberung
des Gelandes nordl. der Rollbahn Roslawl— Spas Demenskoje keine bes.
Kampfhandlungen im Bereich der H.Gr.
H.Gr. Nord:
Westl. der Bahnlinie Dno — Loknja wurden Partisanenansammlungen zer=
sprengt. Im Raume siidl. des Ilmensees keine bes. Kampfhandlungen wegen
anhaltenden Regens, der Wege und Briicken stark mitgenommen hat. Nordl.
des Ilmensees wurde der Versuch des Gegners, die Front westl. Jamno zu
durchbrechen, vereitelt und Ansammlungen zerschlagen, Der Durchbruch an
der Westfront der Sperrlinie ist bereinigt. Trotz zahen Feindwiderstandes
wurde der Angriff im Kessel konzentrisch fortgesetzt.
Finnland (22. 6.)
An der Swirfront wurde ein fdl. Angr. in Starke von 2 Komp.en abgeschlagen und
der Feind im Gegenstofi zuriickgeworfen. AOK Lappland wurde mit dem 22. 6.
in Oberkommando der 20. (Geb.)Armee umbenannt.
Panzerarmee Afrika (23. 6.)
Nach vollendeter Umgruppierung trat Panzerarmee in den spaten Nachmittags=
stunden des 23. 6. zum umfassenden Angriff gegen die Feindkrafte an der agyp=
tischen Grenze an. Einzelheiten iiber die auch wahrend der Nacht weiter laufenden
Operationen liegen noch nicht vor.
Die Zahl der Gefangenen in der Festung Tobruk hat sich auf 33 000 erhoht.
Aufierdem wurden iiber die Zahl der schon gemeldeten Beute hinaus bei Tobruk
einige hundert Geschiitze, 20 Pak, 100 Kfz., 1 grofies Munitionslager, Lebensmittel
und Betriebsstoff erbeutet und etwa 100 Panzer und mehrere hundert Kraftf ahrzeuge
vernichtet.
447
B. Kriegstagebuch
25. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Mit der Erreichung des Oskol von seiner Miindung in den Donez bis nord=
ostw. Kupjansk durch die i. Pz.Armee ist das Unternehmen „Fridericus IV
im wesentlichen abgeschlossen.
Beim Lagevortrag meldet Gen.Oberst Haider, daJ3 die Russen mit etwa
10 U=Booten Verstarkimgen nach Sewastopol bringen, die aus den auf der
Halbinsel Kertsch zusammengeschlagenen Divisionen stammen. Dies sei ein
neuer Beweis fiir den Mangel an Reserven auf der Feindseite. Es stehe jedoch
noch eine starkere Gruppe zwischen Rostow und Krasnodar, mit der im spa=
teren Verlauf der Operation „Blau'' und auch bei dem — neuerdings wieder
beabsichtigten — Obergang iiber die Meerenge von Kertsch gerechnet werden
miisse.
Weiterhin meldet Gen.Oberst Haider^ den Stand der Vorbereitung fiir die
Operation „Blau'' unter Vorlage einer Karte des vorlaufigen Krafteansatzes
fiir die Operation „Blau IF'. Hierbei fiihrt der Fuhrer folgendes aus: Der Feind
habe durch die letzten deutschen Angriff e etwa 8o Div.en verloren. Der bisherige
Eindruck, dafi die russische WiderstandskrajFt im Vergleich mit dem Vorjahre
wesentlich schwacher geworden sei, habe sich verstarkt. Deshalb miisse man
sich darauf vorbereiten, dafi die einzelnen Phasen der Operation „Blau'' leich=
ter und schneller durchgefiihrt werden wiirden, als bisher angenommen wurde.
Infolgedessen sei es vielleicht nicht notwendig, alle fiir „Blau IV vorgesehenen
Panzerverbande einzusetzen. Unter Umstanden konne man 2 Pz.Div.en fiir
den Angriff der H.Gr. Mitte zur Abschniirung des Bogens von Suchinitschi
abzweigen. Der Vorteil dieses Untemehmens der H.Gr. Mitte liege darin, dafi
man die Winterstellung friihzeitig gewinnen konne und ebenso eine Aus=
gangsstellung fiir eine spatere Operation auf Moskau.
Der Fuhrer spricht weiterhin von seiner Absicht, die Liicke zwischen der
9. und 16. Armee im Zuge des Seengebietes von Ostaschkow zu schliefien. Er
weist auf die Uberlauferaussagen hin, dafi der Feind den Einbruchsraum zwi=
schen den beiden Armeen zu raumen beabsichtige, wofiir aber noch keine
Anzeichen vorlagen. Mit Riicksicht auf diese grofien Aufgaben der H.Gr. Mitte
wiinscht der Fiihrer, dafi zur Ausraumung des Sackes im Riicken der 9. Armee
nach Herstellung der Verbindung zwischen der Gruppe Esebeck in Bjeloj und
dem XXIII. AK. keine starkeren Krafte eingesetzt werden. Weiterhin erklart
der Fiihrer, dafi die Sauberung des Gebietes um Orscha von Partisanen eine
Polizeiaufgabe sei, und verlangt das baldige Herauslosen der bei der H.Gr.
Nord eingesetzten Polizeikrafte.
1 Notizen Haiders:
„Vortrag beim Fuhrer: Entscheidung iiber Einsatz ,Blau W von SUden . . . Nach'
mittags Vortrag Fm. v. Bock iiber Fall Reichel."
448
25- Juni 1942
Gen.Oherst Haider meldet weiterhin, dafi die H.Gr. Nord die Landbriicke
zwischen dem II. und X. AK. zunachst nach Norden erweitern woUe, um die
Versorgung des II. AK. zu sichern. Der Fuhrer ist hiermit einverstanden und
befiehit den Einsatz der Masse der Fliegerverbande der Lfl. 1 hierfiir.
Der Fuhrer auliert erneut starke Besorgnis wegen der feindlichen Landungs=
versuche im Westen und stellt fest, daJS die Krafte, die wir dort zur Abwehr
haben, zu schwach seien. Mit der Massenlandung von Fallschirmtruppen und
Segelflugzeugen miisse gerechnet werden, die zunachst unsere fUr die Ver=
schiebung der Reserven wichtigen Verkehrsverbindungen zerstoren konnten,
bevor die Landung von Schiffen einsetze. Der Fuhrer genehmigt den Vorschlag
von Gen.Oherst Haider, die im Abtransport nach dem Westen befindliche
23. Inf.Div. in eine Pz.Div. umzuwandeln, und verlangt, dafi im Westen als
Reserve bis auf weiteres die 6., 7. und 10. Pz.Div., die SS=Div. „Reich'', die
7. FI.Div. und das zu einer Brigade aufzufiillende und mit einer Pz.Abt. aus=
zustattende Regiment „Goring'' sowie ausreichend starke Luftwaffenkrafte
verbleiben. Die Kriegsmarine soil, wie der Fuhrer mit dem Oh.d.M. bereits
am 15. 6. besprochen habe, eine Reserve von U=Booten zum raschen Eingreifen
bei plotzlichen Feindunternehmungen bereithalten.
Beim Vortrag iiber die Lage in Serbien aufiert der Fuhrer, dafi wir in der
Bekampfung der Aufstandischen ebenso wie bei der Partisanenbekampfung in
Rutland nicht hart genug seien. Das Ziel konne nur erreicht werden, wenn
man brutal durchgreife und alle europaischen Hemmungen abstreife.
Der Oh.d.L. beabsichtigt den Einsatz einer Flak=Fahren=Abt. auf dem Lado=
gasee vom finn. Raume aus, um den feindlichen Versorgungsverkehr zu storen.
Nachmittags erstattet GFM v. Bock dem Fuhrer Bericht iiber die disziplinaren
Auswirkungen des Verlustes der Operationsbefehle bei der 23. Pz.Div. (Na=
heres in den kriegsgerichtl. Akten der Wehrmachtsrechtsabteilung.)
Meldungen des OB Sud und der Pz.Armee Afrika.
Generalissimus Franco hat die Belassung des Generals Munoz Grandes im
Kommando der span. „Blauen Div.'' zugesichert. (s. Ausl.)
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : Vernichtung einzelner feindlicher Wider standsnester in
Hausergruppen nordl. der „Wei6en Klippe"' und ostw. davon. Nach Einschie=
ben einer neuen Div. wurde der Angriff auf die Gajtani=Hohen fortgesetzt.
Rum. Divisionen sind im Angriff auf „Bastion IV\ In harten Kampfen in dem
unwegsamen Waldgelande mulite dem Feinde jede Stellung einzeln entrissen
werden. Eign. Artl. setzte die Bekampfung der Feindstellungen und Bunker
auf den Sapun=Hohen fort. Luftaufklarung stellte im ostlichen Teil des Asow=
schen Meeres und an der Donmiindung grofiere Schiffsansammlungen fest.
449
B. Kriegstagebuch
Die in dem Streifen Isjum— Kupjansk vorgehenden eign. Krafte haben ihre
gesetzten Ziele erreicht. Die neue Linie verlauft von Isjum am Oskol entlang
bis lo km ostw. Kupjansk und geht dann nach Nordnordwest auf Burluk zu.
Soweit die roten Krafte noch iiber den Oskol ausweichen konnten, richten sie
das Ostufer unter Zerstorung aller Ubergange zur Verteidigung ein. Westl.
des Ostkols sind noch abschliefiende Kampfe mit einzelnen Feindgruppen im
Gange. Die Zahl der Gefangenen und Beute lafit sich noch nicht iibersehen,
sie wachst dauernd. Wegen vorbildlicher Leistung sind besonders die 97. lei.,
101. lei., 1. Geb.Div. und 16. Pz.Div. erwahnt. An den Oskoliibergangen hat
der Feind infolge seiner Massierungen schwere blutige Verluste und Verluste
an zahllosem Material erlitten.
Wetter: wechselnd bewolkt, + 22 Grad, Wege befahrbar.
Nordl. Woltschansk traten eign. Krafte zur Verbesserung der Stellung an,
iiberraschten den Gegner, der zum Teil zahen ortl. Widerstand leistete. Mit
vorziiglicher Unterstiitzung der Luftwaffe wurde die Linie Ruskaja nach We=
sten erreicht. (Bis zur Einmiindung der Korenny in die eign. Stellung.) Nach
Aufkl.=Ergebnissen sind nordl. Ruskaja feindl. Panzeransammlungen festge=
stellt. Mit einem Gegenangriff der Russen wird gerechnet.
H.Gr. Mitte:
Aufier einem VorstolB eign. Panzerkrafte siidwestl. Suchinitschi und Sau=
berung des Hintergelandes von Partisanen keine bes. Kampfhandlungen. Wet=
ten hat sich gebessert, so dafi die Wege wieder z. T. befahrbar sind.
H.Gr. Nord:
Siidl. Demjansk wurde ein feindl. durch Artl.=Unterstiitzung vorgetragener
Angriff abgewehrt. Feindansammlungen bei Jamno wurden zerschlagen. Die
Bereinigung der Ostfront der Sperrlinie bei Jamno schreitet gegen starken
Feindwiderstand nur langsam vorwarts. Auch die Verengung des Kessels am
Wolchow wird durch unwegsames, sumpfiges Gelande stark erschwert.
Finnland (23. 6.)
Nordl. Leningrad rege feindl. Artl.=Tatigkeit.
Nordostfront (Geb.AOK 20): Seit Abschlu6 der Schneeschmelze lebh. Aufkl.=
Tatigkeit des Feindes mit Fernspahtrupps gegen Stra6en und Bahnen im riickw.
Armeegebiet.
Panzerannee Afrika (24. 6.)
Feind widi vor dem Angriff der Panzerarmee mit Masse seiner Krafte in den
Raum Marsa Matruk — Bir Gellaz — Gerawla aus. In Anlehnung von Martruk und
Gerawla stellt sidi der Gegner ansdieinend bereit.
Panzerarmee iibersdiritt in breiter Front die agyptisdie Grenze und gewann in
scharfer Verfolgung die Linie ^o km siidostw. Sidi Barani— Sidi Barani.
26. Juni 1942
26. Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Aus Anlafi der Zusammenziehung kleiner Seefahrzeuge an der engl. Sud=
kiiste befiehlt der Fuhrer, dafi die SS=Div. „Reich'' sofort nach beendeter
Neuaufstellung nach dem Westen zu transportieren ist. Falls die Widerstands=
kraft der Russen bei den kiinftigen Operationen iiber Erwarten gering sein
sollte, nimmt der Fiihrer auch die Verlegung der SS=Div. „L.A.H/' und der
SS=Div. „T" nach dem Westen in Aussicht. In diesem Falle sollen die 3 SS=Div.en
unter dem in der Aufstellung begrifiFenen SS=Gen.Kdo. zusammengefafit wer=
den. Weiterhin sollen von den 12 Jagdbataillonen, die gemafi Befehl vom
22. 12. 41 zur Partisanenbekampfung aufgestellt werden, die z. Zt. auf dem
Truppeniibungsplatz Arys in der Ausbildung befindlichen 4 Btl.e ebenfalls
im Westen und zwar in einem fiir die weitere Ausbildung geeigneten Wald=
gelande eingesetzt werden. Von der 23. Inf.Div. soil aufierdem ein verstarktes
Regiment nach Danemark verlegt und die Panzerabwehr im Kiistenbereich
nordl. des Lim=Fjords, besonders bei der in der Gegend von Hanstholm ein=
gesetzten schweren Batterie, liberpriift werden.
Beim Lagevortrag meldet Cen.Oberst Haider, dafi die Russen Truppen zur
Bildung von Reserven aus der Front Ziehen und zum erstenmal Luftangriffe
gegen die deutschen Aufmarschbewegungen im Raum von Kursk untemom=
men hatten. Der Gen.Oberst berichtet welter iiber die Absichten der H.Gr.
Mitte und weist darauf hin, dafi die Operationsentwiirfe fiir die Angriffe zur
Abschniirung des Suchinitschi=Bogens und zum Schliefien der Front zwischen
der 9. und 16. Armee auf den Kraften aufgebaut seien, die der H.Gr. z. Zt.
zur Verfiigung stiinden. Der Fiihrer erklart hierzu, dafi bei diesen Unter=
nehmungen ein grofiziigiger Krafteansatz moglich sein werde, wenn der H.Gr.
hierfiir, wie gestern in Aussicht genommen, 2 Pz.Div.en der H.Gr. Siidzur Ver=
fiigung gestellt werden.
Der Chef des Gen.St, legt weiterhin noch einen Operationsentwurf der
H.Gr. Nord fiir einen Angriff der russischen Stellimgen in Ingermanland vor^
Der Angriff soil vom Osten her in westlicher Richtung gefiihrt werden unter
dem Einsatz der bei Sewastopol freiwerdenden schweren Artillerie.
Nachmittags halt GFM v. Kluge (H.Gr. Mitte) dem Fiihrer Vortrag. Der
Fiihrer entwickelt seine Gedanken iiber die Durchfiihrung einer Operation
mit beschranktem Ziel auf Kaluga, die gedanklich vorbereitet werden miisse.
Unter Umstanden, d. h. wenn die Operation „Blau'' nur geringen Widerstand
vorfinde, konne daran gedacht werden, aus der H.Gr. Siid hierfiir 2 Pz.Div.en
fiir die Operationen gegen Kaluga zur Verfiigung zu stellen.
Weiterhin erklart der Fiihrer es fiir wichtig, zur Schliefiung der grofien Lucke
zwischen der H.Gr. Mitte und Nord den alten Plan eines Vorstofies auf
1 D. h. auf den Briickenkopf Oranienbaum (Unternehmen „Bettelstah").
451
B. Kriegstagebuch
Ostaschkow wiederaufzunehmen. Man miisse damit rechnen, dafi der Feind
nach den Lehren von Charkow und vom Wolchow sich rechtzeitig aus der
Schlinge zoge. Es sei daher erforderlich, den Plan schnell in Angriff zu nehmen.
Demgegeniiber halt CFM v. Kluge mit Riicksicht auf seine beschrankten
Krafte die Bereinigung der Lage bei Bjeloj fiir vordringlich. Sie soil am 30. 6.
durch Angriff aus dem Raum des XXIII. AK. (Westfront der 9. Armee) nach
Slidwesten erfolgen. Nach dieser Unternehmung halt GFM v. Kluge die Ope=
ration auf Kaluga fiir meist entscheidend und will den Stofi auf Ostaschkow
erst als dritte Unternehmung (etwa 1. 8.) fiihren.
Die H.Gr. Sud meldet, dafi der fiir morgen geplante Angriff „Blau'' ver=
schoben werden miisse, weil starker Gewitterregen herrsche und die Bewe=
gungen zur Bereitstellung dadurch unmoglich geworden seien.
Verfiigung des Chefs OKW iiber die Mitnahme von Kriegsgefangenen bei
Verlegung von Verbanden der Wehrmacht aus dem Osten.
Vortragsnotiz iiber Verzogerungen im Befestigungsbau Norwegen.
Trotzdem die Betriebsfiihrung der Eisenbahnen in den besetzten Westge=
bieten am 15. 6. vom Wehrmachttransportchef auf das Reichsverkehrsmini=
sterium iibergegangen ist, bleibt die militarische Forderung von 220 Leerziigen
fiir operative Zwecke aufrecht erhalten.
Meldungen des Dt. Gen. h. H.Qu. d. ital Wehrm. iiber Besprechungen des
Gen.Obersten Graf Cavallero mit GFM Kesselring, Admiral Weichold,
Gen.Oberst Bastico und Gen. Marchesi iiber die Lage in Nordafrika. Desgl.
Meldung von OB Sud.
Der Dt. Gen. b. H.Qu. d. ital. Wehrm. wird davon in Kenntnis gesetzt, dali
trotz der Anspannung der deutschen Luftwaffe im Osten 2 Kampfgruppen und
1 Jagdgruppe zum Einsatz gegen Malta nach Siiditalien iiberfiihrt werden.
Er wird angewiesen, seinen ganzen Einflufi aufzubieten, um bei Comando
Supremo zu erreichen, dafi auch italienischerseits nunmehr samtliche verfiig=
baren Kampfflugzeuge und Jager von Siiditalien aus gegen Malta eingesetzt
werden.
Der Fiihrer hat den Austausch der franz. Kriegsschiffsbesatzungen in
Alexandria genehmigt. (Naheres s. Stellv. WFSt)
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : Einzelne Feindgruppen in unterirdischen StoUen an der
Kiiste westl. „Wei6e Klippe'' leisten noch Widerstand. Gegeniiber hartnackig
kampfendem Feind wurden die Hohen hart nordl. und nordostw. von Gajtani
genommen. Rum. Verbande wiesen feindl. Angriffe zuriick und nahmen die
„Bastion IV und die Hohen nordwestl. davon. Im riickw. Gelande wurde eine
grolBere Feindgruppe eingeschlossen. Siidl. der „Bastion IV gehen rum. Trup=
452
26. Juni 1942
pen zum Angriff auf die Hohen siidostw. Gajtani vor. Feind auf Hohe siidl.
„Bastion IF' leistet noch harten Widerstand. Im Raum Nowi Schulij und
siidwestl. davon verhielt sich die feindl. Infanterie ruhig.
In der Nacht zum 23. 6. erfolgloser Landungsversuch des Feindes siidwestl.
Mariupol.
Nach bisher vorliegenden Meldungen sind bei den Kampfen im Oskol=
Abschnitt 18 ^00 Gefangene gemacht, iiber j.00 Panzer, 1^0 Geschiitze erbeu=
tet bzw. vernichtet. Der Feind erlitt hohe blutige Verluste. Sauberungsaktion
im Raume westl. des Oskol in den Waldern ist noch im Gange. Der Feind hat
das Ostufer des Oskols stark besetzt. Aufier den gemeldeten Zahlen wurden
bisher 44 Geschiitze schweren und leichten Kalibers geborgen. Nordl. Kup=
jansk wird der Angriff zur Gewinnung des Dwuretschnaja=Abschnitts fort=
gesetzt. Der Feind leistet zahen Widerstand. Temp. + 18 bis 26 Grad, im
Siidteil noch strichweise Regenfalle, in Mitte und Nord z. T. bedeckt, heiter,
Wege und Gelande iiberall befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Ein Partisanenangriff nordostw. Strafie Brjansk— Roslawl wurde abgewiesen.
Im Raum Jelnja sichert und bereinigt 19. Pz.Div. die Gegend von Partisanen=
resten. Wetter: leicht bewolkt, StraJSen abgetrocknet. Auf Bahnlinie siidl.
Wjasma und Smolensk wurde feindl. Angriff abgeschlagen. Siidwestl. Sy=
tschewka erreichten Telle eine Linie westl. der bisherigen Stellungen und nahmen
mehrere Ortschaften. Wege trocknen weiter ab, fiir Kfz. bedingt befahrbar.
Waldstrafien noch unpassierbar.
H.Gr. Nord:
Nordl. des Ilmensees wurde die Ostfront des Wolchow=Kessels vergebl. von
Panzerkraften angegriffen. Schwere feindl. Artl. beschofi die eign. Stellung.
Die westl. Abriegelungsfront ist wiederhergestellt. Stark. Feindkrafte wurden
im westl. Teil des Wolchow=Kessels eingeschlossen.
Finnland (24. 6.)
Siidostfront: Keine bes. Ereignisse.
Nordostfront (20. Geb.AOK): Keine bes. Kampfhandlungen. Im riickvv. Gebiet
(III. finn. AK.) Auftreten von schwacheren feindl. Partisanengruppen.
Panzerarmee Afrika (25. 6.)
Feindverhalten aufier reger Aufklarungstatigkeit abwartend. Anderung in der
Gliederung nicht erkannt. Feindl. Lufttatigkeit nahm ansdieinend auf Grund von
Zufiihrung neuer Luftwaffenverbande gegeniiber den Vortagen zu. Mehrere Bom=
ben= und Tieffliegerangriffe auf die eigene Truppe und den Nadisdiubverkehr.
Panzerarmee setzte am 25. 6. die Verfolgung in ostwartiger Richtung fort. Auf
dem Siidfliigel sdilossen DAK und 90. lei.Div. auf. Ital. XX. mot.Korps im Raume
40 km siidl. Sidi Barani. Ital. XXI. AK. und X. AK. stiefien auf der Via Balbia vor.
453
B. Kriegstagebuch
Nach Mitteilung des deutschen Marinekommandos baldige Abziehung deutscher
Marinekrafte fiir Sonderaufgabe beabsichtigt.
Oberkommando der Panzerarmee bittet um Belassung aller deutschen Sicherungs=
krafte und besonders der Versorgungsprahme, zumindest fiir die Dauer der Opera=
tionen, da bei Abziehur\g jegliche Versorgungsschiffahrt von Bengasi ostw. unter=
bunden und damit Versorgung der Panzerarmee in dem jetzigen Raum unmoglich
gemacht wird.
27.Junil942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Besuch des finnischen GFM Mannerheim im FHQu.
Der Fuhrer genehmigt, dafi der Angriff „Blau V im Abschnitt der 2. Armee
morgen beginnen kann, wahrend er im Abschnitt der 6. Armee mit Riicksicht
auf die Wetter= und Wegeverhaltnisse noch verschoben werden mufi.
Die Pz.Armee Afrika hat den Feind iiber die von Marsa Matruk iiber die
nach der Oase Siwa fiihrende Piste zuriickgeworfen und mit Anfliigen den
Raum 15 km siidl. Marsa Matruk gewonnen. Die mot. Teile der ital. Inf.Korps
haben Marsa Matruk im Westen eingeschlossen.
Meldung des Dt. Gen, b. H.Qu. d. ital. Wehrm. iiber eine Besprechung des
ital. Gen.Obersten Graf Cavallero mit GFM Rommel beziigl. der Weiterf iihrung
der Operationen^.
Der Fuhrer befiehlt die Verminung des Suezkanals, da Nachrichten iiber die
Raumung des Hafens von Alexandria durch die Englander vorliegen.
Chef OKW halt gegeniiber dem Chef HRust und BdE seine Entscheidung
vom 28. 5. iiber die Kraftstoffzuteilung an das Ersatzheer aufrecht. (Naheres
s. Stellv.WFSt)
Wahrend seiner Anwesenheit in Madrid (s. Ausl.) wurde der Amtschef
Ausl/Ahw iiber eine ultimative englische Note an Spanien unterrichtet, die
Einspruch erhob gegen Aufstellung von J.=Scheinwerfern auf span. Teilen
der Gibraltar=Enge und deren Bedienung durch deutsches Personal.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront : Feind leistet im Raume Gajtani weiterhin zahen Wider=
stand bis zur Vernichtung. Mehrere Angriffe in den friihen Morgenstunden
wurden abgeschlagen. Eign. Truppen traten gegen starken Feindwiderstand
1 Besprechung zwischen dem Chef des Comando Supremo, Marschall Cavallero,
dem ital. OB in Nordafrika, Marschall Bastico, dem OB der dt.=ital. Pz.Armee,
GFM Rommel, und dem OB SUd, GFM Kesselring, in Sidi Barani am 26. 6.
Bericht iiber Besprechung: „i. Lage bei 8. Armee erfordert Ausnutzung bisheriger
Erfolge". Duce befiehlt am 26. 6., „zunachst mit Masse Enge zwischen Arabischer
Bucht und Kattara=Senke zu besetzen, die Ausgangspunkt fiir weitere Aktionen
zu bilden hat" (KTB der Ski. vom 27. 6. 1942).
454
27. Juni 1942
zum Angriff gegen die Hohen ostw. Gajtani an. Geb.Div.en im Angriff auf
die Hohen westl. „Bastion IV\ und siidostw. davon. Sauberung des Hinter=
gelandes von Feindkraften im Gange. Vor dem Slidfliigel der Front verhielt
sich der Feind verhaltnismafiig nihig.
Auf der Halbinsel nordostw. Kertsch versuchte der Feind in der Nacht vom
25. zum 26., mit 4 Booten zu landen. Durch Abwehrfeuer wurden die Boote
vor Erreichen der Kiiste zum Abdrehen gezwungen.
Im siidlichen Abschnitt der H.Gr. Siid aufier beiderseitigem Artl.=Feuer
keine besonderen Kampfhandlungen. Ein Versuch des Gegners, siidostw.
Isjum den Donez zu iiberschreiten, scheiterte. 4 Panzer wurden vernichtet.
Nordl. Isjum starke feindl. Fliegertatigkeit auf die im Umgruppieren befind=
lichen Divisionen.
In kiihnem Vorstoli nach Nordosten wurde Dwureschnaja genommen. Der
Feind verstarkt seine Stellungen am Ostufer des Oskol. Im iibrigen Bereich
der H.Gr. keine besonderen Kampfhandlungen. Durch wolkenbruchartige
Regenfalle sind die Strafien und das Gelande vollig aufgeweicht und fiir Ra=
derfahrzeuge nicht befahrbar.
H.Gr. Mine:
Im Raum Brjansk planmaliige Fortsetzung der Sauberung des Gelandes von
Partisanen. Mehrere Feindlager zerstort, Feindgruppen zersprengt. Die Bahn=
linie siidl. Brjansk wurde an 4 Stellen gesprengt. Nordl. Kirow griff en eigene
Truppen nach Siidosten an und vernichteten eine feindl. Gruppe. Der Strafien=
zustand hat sich im allgemeinen aufier im Raum von Rshew gebessert.
H.Gr. Nord:
Angriffe mit Panzern gegen die Ostfront des Abschniirungsriegels bei
Jamno wurden abgeschlagen. Weitere Verengung des Wolchow=Kessels. Am
Briickenkopf siidl. Salzy wurden mehr. von Panzern und Artl. unterstiitzte
Angriffe abgewehrt.
Finnland (25. 6.)
Keine nennenswerten Kampfe.
Panzerarmee Afrika (26. 6.)
Die an und westl. der Piste Siwa stehenden Feindkrafte wurden durdi eigenen
Angriff nad\ Osten zurud<geworfen. Feind halt Linie Minqar Abu Mokheit (70 km
siidl. Marsa Matruk) — Marsa Matruk.
Panzerarmee gewann bis zum 26. 6. abends mit den Angriffspitzen der mot.Ver=
bande den Raum 15 km siidl. Marsa Matruk.
Die Inf.Korps schlossen mit den mot.Teilen die Festung Marsa Matruk nadi
Westen ab.
455
B. Kriegstagebuch
28.Juni 1942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
2.15 Uhr: Die Armeegruppe v. Weichs (ungar. 2. Armee, 4. Pz.Armee und
LV. AK.) tritt zum Angriff an („Blau I").
Gen.Oberst Haider tragi dem Fiihrer die von der 11. Armee geplanten Ma6=
nahmen fiir den Ubergang liber die Strafie von Kertsch vor. Der Fuhrer legt
grofien Wert auf die Durchfiihrung dieses Unternehmens, da es den schwie=
rigen Eisenbahntransport der Krim= Armee hinter dem siidl. Heeresfliigel er=
spart.
Bericht der Dt. Luftwaffenmission Rumanien liber einen Luftangriff von
US A=Flugzeugen gegen Rumanien unter Verletzung der tiirkischen Neutralitat.
Der Fuhrer befiehlt auf Vorschlag des Reichsmarschalls, die in Gang be=
findliche Ablosung der deutschen Flakartillerie in Rumanien vorlaufig abzu=
stoppen. Die Hochstkopfstarke der Luftwaffe in Rumanien wird um 3 000
Kopfe heraufgesetzt. Marschall Antonescu hat die Belassung starkerer Luft=
waffenkrafte in Rumanien begriifit und um Zufiihrung weiteren deutschen
Flakgerates zur Besetzung durch rumanisches Personal gebeten. Nachdem der
Fiihrer diesem Antrag zugestimmt hat, wird das Ausw.Amt darauf hingewie=
sen, dafi unter diesen Umstanden die mit BiUigung der rum. Regierung vor=
gesehene Zahlung von 500 Mill. Lei monatlich zur Bestreitung der Kosten
der deutschen Wehrmacht nicht ausreiche und ein neues Abkommen notwen=
dig sei. Um Bereitstellung des im August benotigten zusatzlichen Geldbedarfs
in Verbindung mit OKW/AWA wird gebeten.
Meldung des OB West, dafi an der englischen Siidkiiste die dort angesam=
melten kleinen Fahrzeuge zu Anfang Juni auf 2 802 vermehrt worden sind.
Chef OKW entscheidet auf Vorschlag der WStK, dafi die franz, Marine=
angehorigen aus der Kriegsgefangenschaft zu entlassen sind. Nur politisch
unzuverlassige oder offen deutschfeindliche Elemente sind zuriickzubehalten.
Meldung des Dt. Gen. h. H.Qu. d. ital. Wehrm. iiber die Weisungen des
Comando Supremo fiir die Fortsetzung der Operation der Pz.Armee Afrika
vom 27. 6.^
In einer Besprechung zwischen dem Chef WFSt und dem Reichsfuhrer SS
iiber die zunehmende Bandentatigkeit in Oberkrain wird festgelegt, dafi die
Grenzsicherung und Bandenbekampfung in Oberkrain und Untersteiermark
Aufgabe des Rf. SS ist, der die hierfiir notwendigen Polizeikrafte in diese
1 Befehl des Comando Supremo vom 27.6.:
„±. Ziel Suez=Kanal unter Vormarsch Suez und Ismailia, von Ismailia sobald als
moglich auf Port Said.
2. Voraussetzung gesicherte Besetzung von Kairo.
3. pp.
4. Duce erwartet, dafl beim Vormarsch zum Kanal deutsche und ital. Krafte
zu gleichen Teilen vertreten sind."
(KTB der Ski. vom 28. 6. 1942)
456
28. Juni 1942
Gebiete verlegen und dadurch die dort eingesetzten Landesschiitzenverbande
fiir andere Verwendung freimachen wird. Der Chef OKW erlafit die dies=
beziiglichen Befehle fiir den Chef H Riist und BdE.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Slid:
SewastopoUFront : Der weitere Angriff der deutsch=rumanischen Formatio=
nen zwang den Gegner zur Aufgabe der Hohenstellungen nordl., siidl. und
siidostw. von Gajtani. In schweren Einzelkampfen wurden diese Hohen ge=
nommen. Die Schlucht nordostw. von Gajtani wurde von letzten Feindresten
gesaubert. Dabei wurde eine bis zuletzt feuernde Feindbattr. bis auf 2 Mann
vernichtet. Nordostw. Schulij erreichten rum. Truppen die Tschornaja und nah=
men den Obergang. Siidl. Nowi Schulij Lage unverandert. Eign. Artl. bekampft
die Stellung auf den Sapun=Hohen. Im Raum Kertsch versuchte ein feindl.
Schiffsverband, in den friihen Morgenstunden Taman von Siiden zu erreichen.
Der Feind wurde im Zusammenwirken von H.=Kiistenbattr.en, Artl. und Luftw.
zersprengt. Ein Schiff durch Kiistenartl. und ein Schiff durch Luftw. versenkt.
Im Laufe des Vormittags ein weiterer Verband von etwa 20 Schiffen bei Gad=
jutschij Kut Richtung Taman beobachtet.
Vergebl. Angriff zweier feindl. Batl.e in mehreren Wellen auf die Stellungen
des Schn. ital. Korps. Rege feindl. Fliegertatigkeit im Raum Isjum— Slawjansk.
Der Feind sprengte die Bahnlinie ostw. Kupjansk an mehr. Stellen. Die Um=
gruppierung der mot.Verbande im Raume ostw. Charkow wird fortgesetzt.
Wetter: Mitte und siidl. Teil + 25 — 30 Grad, Wege z. T. fiir alle Fahrzeuge
befahrbar. Im nordl. Teil wechselnd bewolkt, + 19 Grad.
H.Gr. Mitte:
AuJSer Partisanenbekampfung keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
Mehr. Angriffe im Raume Jamno, unterstiitzt von Panzern, wurden ab=
gewehrt. Der Wolchow=Kessel wurde durch Vereinigung der von Norden und
Siiden und Westen vorstofienden eign. Krafte in mehrere kleine Kessel auf=
geteilt. Weitere Bekampfung wurde fortgesetzt. Siidl. Salzy griff Feind mit
Panzern den Br.=Kopf an und wurde abgeschlagen. Erneuter Angriff im Gange.
Finnland (26. 6.)
Aufier reger Stofitrupptatigkeit keine Kampfhandlungen.
457
B. Kriegstagebuch
Panzerarmee Afrika (27. 6.)
Der Feind versuchte am 27. 6., die Linie Khalda (70 km siidl. Marsa Matruk)
— Marsa Matruk zu halten.
Die vor seiner Front stehenden starkeren Aufklarungskrafte wurden durch
eigenen Angriff auf die feindl. Hauptkrafte zuruckgeworfen. Der Kampf in der
feindl. Hauptstellung wurde in erster Linie von 1. Pz.Div. mit 4. und 23. Pz.Brig.
gefiihrt.
Panzerarmee durchbrach diese feindl. Krafte im Raume siidostw. Marsa Matruk
und stiefi mit Teilkraften zur KiistenstraCe 20 km siidostw. Marsa Matruk vor.
Hierbei wurden iiber 500 Gefangene eingebracht und mehrere Battr.en vernichtet.
Die erfolgreichen Kampfe mit feindl. Panzerverbanden in Gegend nordl. Khalda
dauerten in den Abendstunden noch an. Bisher wurden 18 Panzerkampfwagen
abgeschossen.
Meldung des deutschen Generals beim H.Qu. der ital. Wehrmacht: am 27. 6.
13.00 Uhr:
„Bei feindl. Luftangriff fiel am 26. 6. der Kommandeur des ital. XX. mot. Korps
General Baldassarre, aufierdem der Artl.Kdr. dieses Korps und mehrere Offiziere
des Stabes. Deutsche Jager schossen am 26. 6. 2g Feindflugzeuge und ital. Jager
12 Feindflugzeuge ab. Oase Siwa wurde aus der Luft angegriffen."
29.Junil942
(KTB der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW)
Vor Sewastopol tritt die 11. Armee zum Angriff auf den inneren Festungs=
giirtel an. In den friihen Morgenstunden erzwingt das LIV. AK. den Uber=
gang iiber die Sewernaja=Bucht und bildet einen Briickenkopf auf dem
Siidufer.
Die Armeegruppe v. Weichs hat am 28. 6. mit der 4. Pz.Armee einen tiefen
Einbruch in die feindlichen Stellungen vollzogen und bei Rogoszy die auf
Woronesch zufiihrende Landbriicke sowie den Unterlauf des Kschen erreicht.
Der Angriff der ungar. 2. Armee und des rechten Fliigels des LV. AK. gewann
nur langsam Boden. In der Nacht machte anhaltender Regen alle Bewegungen
unmoglich. Bei der 18. Armee wurden die letzten gesdilossenen Feindgruppen
im Wolchow=Kessel zerschlagen.
Die Pz.Armee Afrika meldet, dafi am Vormittag des 28. 6. die Festung
Marsa Matruk erstiirmt wurde. Die mot.Verbande der Pz.Armee hatten
gegen Abend des 28. 6. den Raum 10 km siidwestl. Fuka erreicht.
Der Fiihrer empfangt den Gen. Zeitzler (Chef des Gen.St.d.H.Gr. West) zu=
sammen mit Reichsminister Speer und Gen.d.Pi.u.Fest. Jacob zum Vortrag
iiber den Stand der Westbefestigungen. Der Fiihrer weist zunachst darauf hin,
dali man mit englisch=amerikanischen Landungsabsichten grolieren Stiles rech=
nen miisse, um eine „zweite Front" zu bilden, die auf der Feindseite sowie
innen= wie biindnispolitisch erforderlich. Im iibrigen wurden technische Einzel=
fragen besprochen.
Nach einer Meldung des OB West vom 6. 6. wurde in Zusammenarbeit mit
dem GenStdH von WFSt die Frage einer Verstarkung der Krafte im Westen
29. Juni 1942
gepriift. (Naheres s. KTB Stellv. WFSt.) Chef OKW erlafit einen zusammen=
fassenden Befehl.
Befehl des Fiihrers iiber die Benutzung von Kraftfahrzeugen.
Deutsche Noten an Frankreich beziigl. Martinique und Fort de France.
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. Slid:
Sewastopolfront: Letzter Feindwiderstand in Gajtani und den Hohen nordl.
und sUdl. davon gebrochen. Im Nachstofi wurde entlang der eign. Bahn der
Obergang iiber den Flufi erzwungen, der Nordteil von Inkerman genommen
und zum Angriff nach Nordwesten in Richtung Briicke iiber die Bucht an=
getreten. Hier noch starker Feindwiderstand. Im siidl. Teil Inkerman halt der
Feind noch zah. Siidl. Nowi Schulij wurden durch eigene Stofitrupps 20 Bunker
vor der Front erledigt.
In der Nacht zum 28. 6. wurden mehrere Schiffe an der Kiiste nordwestl.
Kertsch durch Artl.=Feuer zum Abdrehen gezwungen. Lebh. Verkehr im Hafen
von Taman.
Bei Jama wurde ein Feindangriff abgeschlagen. Ebenso in Gegend ostw.
Woltschansk. Hier wurden 15 Panzer erledigt.
Ostw. und nordostw. von Kursk ist die Armeegruppe von Weichs plan=
mafiig zum Angriff angetreten^, unterstiitzt durch Verbande des VIII. Fl.Korps.
In breiter Front wurde nordl. und nordostw. Tim der Tim=Fluii iiberschritten,
die Briicken unversehrt in eigene Hand genommen und mit den nordlichen
Teilen nach Siidosten abgedreht. Der Bodengewinn am ersten Tage betrug
zwischen 10 und 45 km. Auch nordl. Dolgoje konnten trotz feindl. Gegenwehr
bis zu 15 km nach Osten und Nordosten vorgestofien werden. Der Feind, der
zunachst iiberrascht war, leistete im Verlauf des Vormarsches immer starker
werdenden Widerstand an einzelnen Stellen. Luftaufkl. hat bisher noch an
keiner Stelle Heranfiihren neuer starker Feindkrafte beobachten konnen.
Wetter: vereinzelt Niederschlage, + 20 Grad.
H.Gr. Mine:
Siidwestl. Suchinitschi, ostw. und nordostw. von Wjasma wurden mehrere
zum Teil gegen harten Widerstand vorgefiihrte Angriffe mit Erfolg durch=
gefiihrt.
Im riickw. Gelande wurden die beiden Kessel im Raum Djatkowo weiterhin
verengt und das Gelande im Raume Jelnja weiter gesaubert.
Wetter: wechselnd bewolkt, Wege und Strafien gebessert, jedoch nur strek=
kenweise fiir Panzer und Lkw befahrbar. Temp. + 22 Grad.
1 „Blau I".
459
B. Kriegstagebuch
H.Gr.Nord:
Der bereits durch Sondermeldung bekanntgegebenen Vernichtung der Feind=
krafte im Wolchow=Kessel, wonach 32 y^6 Gefangene gemacht und 649 Ge=
schiitze, 171 Panzer erbeutet oder vernichtet wurden, folgten weitere Sau=
berungs= und Bergungsmafinahmen zur Bereinigung des Kessels. Angriffe
siidl. Salzy auf den eign. Br.=Kopf, wobei mehrere durchgebrochene Feind=
panzer vernichtet wurden, wurden abgeschlagen.
Finnland (27. 6.)
An der Swir=Front lebh. Feuer= und Spahtrupptatigkeit. Im Abschnitt Murmansk
seit mehr. Tagen stark. Feindbewegungen hinter der Front.
Panzerarmee Afrika (28. 6.)
Panzerarmee Afrika nahm nadi Versorgung der mot. Verbande am Vormittag des
28. 6. mit den Panzerdivisionen die Verfolgung der sich nach Osten absetzenden
Feindkrafte auf und erreichte bei nur schwachem feindl. Widerstand bis zum
Abend den Raum 10 km siidwestl. Fuka. Durch Angriff der ital. Inf.Korps und
der 90. lei.Div. wurde der Ring um die in Marsa Matruk und im Raum siidostw.
befindlichen eingeschlossenen Feindkrafte verengt. Hierbei sovvie bei zahlreichen
Ausbruchsversuchen in Nacht vom 27. zum 28. 6. wurden rund 1 000 Gefangene
eingebracht und zahlreidie Gesdiiitze und Kraftfahrzeuge verniditet oder erbeutet.
30.Junil942
(KTB der Kriegsgesdiiditlidien Abteilung des OKW)
Wahrend die Armeegruppe v. Weichs weiter Boden gewonnen hat, tritt
auch die 6. Armee^ planmalBig zum Angriff an.
Bei der H.Gr. Mitte ist das fiir heute beabsichtigte Unternehmen „Seydlitz''
(Herstellimg der Verbindung zwischen der Gruppe Esebeck bei Bjeloj und dem
XXIII. AK.) wegen der Wetterlage auf den 2. 7. verschoben worden.
Die bisher mit „Blau IP' und „Blau IIP' bezeichneten Operationen erhalten
die Decknamen „Clausewitz'' und „Dampfhammer'', die Gesamtoperation
„Blau'' den Decknamen „Braunschweig''.
Die II. Armee hat vor Sewastopol die Hohen siidl. der Sewernaja=Bucht
genommen und den Einbruch in die Hohenstellung westl. der Tschjornaja=
Niederung sowie in die Sapun=Stellung voUzogen. Der Fuhrer bezeichnet
Sewastopol nicht nur als einen bedeutenden Kriegshafen, sondern als einen
Begriff fiir die ganze Welt und stellt fest, dafi keine andere Armee als die
deutsche diesen Angriff geschafft hatte.
Gen.Oberst v. Kuchler^ (H.Gr. Nord) halt dem Fuhrer Vortrag iiber Lage
Das XXXX. Pz.Korps der 6. Armee an deren Nordflugel.
An diesem Tage, 30. Juni 1942, zum GFM ernannt.
460
30. Juni 1942
und Absichten der H.Gr. Nord^. Er schildert folgende Aufgaben in der Reihen=
folge von Slid nach Nord:
1. Herstellung der Verbindung zur H.Gr. Mitte (Angriff auf Ostaschkow).
2. Verbreiterung und Sicherung der Landbriicke zum II. AK. siidl. des IImen=
sees.
3. Beseitigung des feindl. Briickenkopfes iiber den Wolchow.
4. Beseitigung des Pogostje=Kessels.
5. Die Besetzung von Ingermanland.
Hiervon halt Gen.Oberst v. Kiichler die Losung folgender Aufgaben fur vor=
dringlich :
a) Die Verbreiterung der Landbriicke zum II. AK. sei aus Versorgungs=
griinden unerlafilich.
b) Die Bereinigung der Lage bei Pogostje. Dies sei taktisch notwendig, weil
damit das Aufmarschgelande eingeengt wiirde, das nordl. davon bis zum
Ladogasee hin die einzige Moglichkeit zu einem grofiangelegten russischen
Entsatzversuch fiir Leningrad bilde. Gen.Oberst v. Kiichler glaubt aber,
dafi diese Operation nicht vor dem 1. 8. beginnen konne, da die hierfiir
benotigten Truppen am Wolchow schwer gekampft hatten und der Auf=
frischung bediirften.
c) Herstellung der Verbindung zur 9. Armee (H.Gr. Mitte) durch Angriff
auf Ostaschkow.
Der Fiihrer fordert Priifung, ob und mit welchen Mitteln (z. T. Panzerzufiih=
rung) eine Vorverlegung des Angriffstermins zu b) erreicht werden kann.
Auszug aus KTB der H.Gr. Nord:
„Auf den Einwand Hitlers, da^ ein gesicherter Nachschubweg (fiir die Truppen
im Raume Demjansk) audi durch eine Verbreiterung der Landbriicke nach Siiden
geschaffen werden konne, erklarte der OB der H.Gr. bei einem personlichen
Vortrag am 30. 6. 42, daji diese Operation in jedem Falle erwUnsdit, jedoch kein
Ersatz fiir einen vollen Besitz der Strajle St. Russa—Ramushewo sei. Die der
Heeresgruppe zur VerfUgung stehenden Krafte seien auflerdem nicht stark genug,
um diese Strafle zu sichern und gleichzeitig den Stoji nach Siiden durchzufiihren.
Man konne „mit gutem Gewissen" erst dann an eine Operation nach Siiden
denken, wenn die ostwarts von St. Russa stehenden Teindkrdfte geschlagen oder
mindestens stark geschwdcht wdren. Voraussetzung fiir diese Unternehmen —
deren jedes etwa 4 Wochen beanspruchen werde — sei jedoch, dafi die Krafte der
Luftflotte 1 nicht verringert und der Heeresgruppe in ausreidiendem Majle
Munition und Ersatz zugefiihrt werde. Selbst unter Einrechnung der fiir den
Monat Juli zugesagten Ersatzbataillone und unter der Annahme, dajl bis zum
1. 8. 42 keinerlei Verluste eintrdten, wiirden zu diesem Zeitpunkt zahlreiche
Fehlstellen vorhanden sein. Dabei sei zu beriicksichtigen, dajl die Infanterie=
Divisionen durch die neue Gliederung schon an sick um ein Drittel geschwdcht
wdren. Hitler gab zu, ,dafl die Heeresgruppe angesichts ihrer geringen Krafte
in einem Kampfe stdnde, bei dem sie von einer Sorge in die andere, von einer
groflen Gefahr in die andere stilrze. Besondere Krdfte konne er nicht zur Ver=
fiigung stellen. Der OB H.Gr. miisse sich durchjonglieren'". „Er erklarte sich
aber damit einverstanden, dafl zundchst die Verbreiterung der Landbriicke nach
Norden durchgefiihrt werde."
461
B. Kriegstagebuch
Der WB. Norwegen wird darauf aufmerksam gemacht, dafi die Bestimmun=
gen seiner Kampfanweisung fiir die Verteidigung Norwegens vom 12. 5.,
die die Zusammenarbeit der Wehrmachtteile behandeln, z. T. in Widerspruch
zur Weisung 40 stehen und mifiverstandlich seien. Er wird um Richtigstellung
ersucht.
Meldung des Dt. Gen. b. H.Qu. d. ital. Wehrm, iiber die Weisung des
Comando Supremo fiir das ital. Oberkommando in Nordafrika betr. das
Verhalten gegeniiber dem Agyptischen Staat. Die Stellungen in der Enge
zwischen der Kattara=Senke und dem Arabischen Golf seien anscheinend
nur schwach ausgebaut. Es sei nicht zu erkennen und unwahrscheinlich, dafi
der Gegner dort entscheidenden Widerstand leisten werde^.
Im Hinblick auf die giinstige Lage in Nordafrika bestimmt der Fiihrer beim
Lagevortrag auf Vorschlag des Chefs WFSt, dafi keine weiteren deutschen
Truppen nach Kreta iiberfUhrt und die Oberfiihrung eines verstarkten Regi=
ments von Kreta nach Nordafrika begonnen werden solle.
Feindliche Presseerorterungen iiber den Gaskrieg machen eine Uberpriifung
der deutschen Vorbereitungen hierfiir notwendig.
Verfiigung des Chefs OKW zur Leistungssteigerung im Giiterverkehr der
Wehrmacht.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: SewastopoUFront : Der Angriff der Armee brachte den Besitz
der Hohen siidlich der Sewernaja=Bucht, den Einbruch in die Hohenstellung
ostwarts der Kelibanitsch=Bucht und den Einbruch in die Sapun=Stellung. Es
wurden erreicht: Ostrand der Kelibanitsch=Bucht und die Hohenstellung
siidostw. davon. Auf den Hohen nordwestlich Inkerman noch starker Feind=
widerstand. Westlich Inkerman stielien deutsche Divisionen bis auf die Hohen=
stellung an der Strafie vor. Siidlich davon griff die 132. I.D. den Feind auf
seinen Hohenstellungen an, warf ihn und erreichte die Gegend bei Zielpunkt
1683 an den au6eren Befestigungswerken. Sudlich Nowi Schulij griffen Telle
der 170. I.D. die Hohenstellungen der Sapun=Hohe an und nahmen sie in
Besitz. 1. Geb.Div. sammelt sudlich Inkerman.
Auszug aus „Die Bemuhungen der Ski . . ." , a. a. O.:
„Anld^lich des deutsch^italienischen Vormarsches in Agypten erteilt die fran=
zosische Admiralitiit den in Alexandrien liegenden franzosischen Seestreitkraften
Verhaltungsbefehle fUr den Fall einer englischen Rdumung. Die Schiffe sollen
keinen englischen Hafen anlaufen, unter franzosischer Flagge in Alexandrien
bleiben oder sidi versenken; auf keinen Fall sollen sie unbeschadigt in fremde
Hdnde fallen und auf keinen Fall flUchtenden britischen Einheiten folgen. Von
der deutschen und italienischen Regierung wird den Franzosen zugesichert, dajl
die franzosischen Einheiten nicht beschlagnahmt werden wUrden."
462
30. Juni 1942
Nordlich Taganrog beiderseitige Artl.=Tatigkeit. Der Feind griff Telle des
ital. Schn. Korps an, der Angrljff wurde abgeschlagen.
Wetter: wechselnd bewolkt, plus 24 Grad, Wege iiberall befahrbar.
In der Mitte der Heeresgruppe keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: Heiter, windig, Strafien befahrbar.
Gruppe von Weichs: griff welter nach SO an und steht mit vorderen Teilen
im Angrlff auf Bykowo und Matwejewka (nordlich davon). Bel Kschen ist die
Bahnbriicke zerstort, ein Pz.=Angriff wurde hier abgeschlagen, 3 feindl. Pz.
erledigt. Nordlich davon sind die Div.en im Vorgehen nach Osten. Der
Angriff wurde durch stark aufgeweichtes Gelande verzogert, erst am Nach=
mittag begann der Boden auf den Hohenziigen wieder abzutrocknen.
H.Gr. Mitte:
Im riickw. Gebiet wurden Partisanen welter erfolgreich bekampft. Bel den
gestrigen VorstolBen im Raume der 3. Pz.Armee verlor der Feind 400 Tote;
200 Gefangene und 150 Bunker wurden genommen bzw. zerstort. Das Wetter:
im Siiden Westwind, Wege fiir alle Fahrzeuge befahrbar. Temp, plus 20 Grad,
im Norden teilweise Regen.
H.Gr. Nord:
Nordl. Cholm gingen eigene Krafte an der StraJSe nach N vor und nahmen
Nawolok; der Feind geht nach Osten zuriick.
Wegen starker Regenfalle muliten im Bereidi der Demjansk=Front mehrere
Strafien gesperrt werden.
Im Wolchow=Kessel Vernichtung von Feindkraften im Gange. Siidlich Salzy
wurden Pz.=Angriffe des Feindes abgeschlagen, eingebrochene Pz. vemichtet,
durch Stuka=Angriff mehrere Panzer aufier Gefecht gesetzt.
Finnland (28. 6.)
Normaler Tagesverlauf.
Panzerarmee Afrika (29. 6.)
Bisher liegen folgende Meldungen vor: Entwicklung der Lage bis 29.6. mittags:
Feind ist es gelungen, Krafte aus Marsa Matruk abzuziehen, bevor es am 29. 6.
friih genommen wurde. Die iiber Fuka vorgestofienen eigenen mot. Krafte stehen
bei El Daba in Feindberiihrung.
Stellung in der Enge zwischen Kattara=Senke und Arabisdier Golf ist anscheinend
nur schwach ausgebaut. Ob Feind dort entscheidenden Widerstand leisten wird,
ist nodi nidit zu erkennen, jedoch unwahrsdieinlidi.
463
Das dritte Quartal
(1. Juli bis 30. September 1942)
l.Julil942
Lagebericht OKH^
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront: In Fortsetzung des Angriffs gelang es, die gesamte Sa=
pun=Stellung zu Fall zu bringen. Die iiber die Bucht vorgestofienen Krafte be=
finden sich im Angriff auf die Befestigungen siidwestl. der Kelibanitsdi=
Bucht. Hier noch zaher Feindwiderstand. Die siidl. vorgehenden Divisionen
haben den aufieren Befestigungsgiirtel nach Oberwinden starken Feindwider=
standes gebrochen und sind mit Teilen im Vorgehen auf die innere Stadt=
befestigung. Die iiber die Sapun=Hohen vorgestoiSenen Telle der eign. Krafte
1 Audi fiir das dritte Quartal muji das KTB des WFStabes als verloren angesehen
werden. Jedoch stehen ab 12. August 1942 bis Jahresschluji die handschriftlichen
Aufzeichnungen des Kriegstagebuchfuhrers, des Ministerialrats Helmuth Greiner,
zur Verfugung (Fotokopien aus dem Nachlafl Greiner verdanke ich dem Bundes=
archiv=Militdrarchiv Koblenz). Diese handschriftlichen Aufzeichnungen waren die
Unterlage, nach der Greiner das KTB diktierte (vgl. seine eigene Darstellung
in dem Buch „Die Oberste Wehrmachtfiihrung 1939—1943", Wiesbaden 1951,
S. 19). Einen Teil der Aufzeichnungen hat Greiner in Uberarbeiteter Form im
Anhang seines Werkes veroffentlicht (fiir die Zeit vom 12. August bis 31. De=
zember 1942, S. 39^—432). Die Aufzeichnungen sind hier vollstandig nach der
urspriinglidien handschriftlichen Fassung abgedruckt. Zu diesen Aufzeichnungen
stellte mir freundlicherweise Herr General d. Artl. a. D. Walter Warlimont,
1942 Stellv. Chef des WFStabes, nachtragliche Erlauterungen zur Verfugung,
die jeweils im Anschlufl an die Aufzeichnungen Greiners zu dem betreffenden
Tage abgedruckt sind. Um die Lage an jedem Tage noch deutlicher erkennen
zu lassen, sind ferner die Lageberichte des OKH und die bei der Ski. ein~
gegangenen Meldungen des Generalstabes der Luftwaffe mit aufgenommen.
Beide Quellengruppen entstammen dem KTB der Ski., Teil D. Fotokopien hier=
von verdanke ich der freundl. Vermittlung von Professor Dr. Walther Hubatsch.
Fiir die Zeit vom 1. Juli bis 11. August 1942 stellen die Lageberichte des OKH
und die Meldungen des Generalstabes der Luftwaffe allein den Ersatz fiir das
fehlende KTB des WFStabes dar. Wesentliche Ergdnzungen ergeben sich aus den
Notizen des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Haider, fiir die
Zeit bis zum 24. September 1942, dem Tag seiner Entlassung aus seinem Amt,
die in Bd. Ill der kommentierten Ausgabe des Halder=Tagebuches (bearbeitet
von H.=A. Jacobsen), W. Kohlhammer Verlag Stuttgart 1964, erscheinen werden.
465
B. Kriegstagebuch
sind nach Vernichten vieler bunkerartig ausgebauten Stellungen im Vorgehen
nach Westen und befinden sich etwa lo km nordwestl. Balaklawa. Vom Hohen=
gelande um Balaklawa scheint Feind Telle abgezogen zu haben, starke Nach=
huten leisten jedoch noch zahen Widerstand.
Die 6. Armee trat gegen teilw. iiberraschten, ortlich aber zah kampfenden
Gegner gestern morgen auf breiter Front ostw. und nordostw. Charkow nach
Osten an und hat die feindl. Stellungen durchstolien. Der Angriff gewann im
Siiden nordl. Burluk und im Norden ostw. Bjelgorod gut Boden. Dazwischen
starker Feindwiderstand, zahlreiche eingegrabene Panzer und Verminungen.
Durch die immer noch nicht abgetrockneten Wege, namentlich in den Flufitalern,
mufiten teilw. Umgehungen gemacht werden. Die nordl. Burluk vorgehenden
Telle gingen nach Osten vor und dann auf die Hohenstellungen westl. Bo=
lokonewka, um in die Flanke des dort stehenden Feindes vorzubrechen. Die
nordostw. Woltschansk vorgehenden Telle hatten zahen Feindwiderstand, der
durch Panzerangriffe versuchte, die eign. Krafte aufzuhalten. Die ostw. Bjel=
gorod nach Norden und Nordosten vorstofienden Krafte erreichten Korotscha
und die Strafie siidostw. davon. In Korotscha starker Feindwiderstand. Die
nordl. Bjelgorod nach Osten vorstofienden Divisionen konnten sich bei Koro=
tscha mit den dort kampfenden Div.en verbinden. Die so eingeschlossenen Feind=
telle werden vernichtet. Die ostw. Kursk vorgehenden Telle sind im Angriff
auf Gorschetschnoje und Kastornoje. Der Feind hat auf der ganzen Front
Panzerkrafte herangefiihrt und versucht, durch dauernde Angriffe gegen die
Vormarschspitzen die Bewegungen aufzuhalten. Besonders stark ist der Feind=
druck auf dem Nordfliigel im Raume siidl. Liwny.
Wetter: Im Siiden wechselnd bewolkt, + 26 Grad, strichw. Regen, Wege
befahrbar, in der Mitte wechselnd bewolkt, Wegezustand z. T. gut.
H.Gr. Mitte:
Bekampfung der Partisanen wird erfolgreich fortgesetzt.
Wetter: im Siiden der H.Gr. bewolkt, teilw. Regen, warm, StralSen auf=
geweicht, im Norden einzelne Gewitterregen, Strafien verschlechtert.
H.Gr. Nord:
Die auf der Strafie Cholm nach Norden und Staraja Russa nach Siiden vor=
stofienden Stoligruppen haben die Verbindung zwischen den beiden Korps
hergestellt, die Strafie Staraja Russa— Cholm ist durchgehend von eign. Trup=
pen besetzt.
Finnland (29. 6.)
SiXdo St front: Aufier mehreren feindl. Aufkl.=Versuchen an verschiedenen Front=
absdin. keine nennenswerten Kampfe.
Geb.AOK 20: Im Siidteil verstarkte Tatigkeit feindl, Fernspahtrupps in Rud^en
und Flanke.
466
1. Juli 1942
Panzerarmee Afrika (30. 6.)
Panzerarmee stellte sich im Laufe des 30. 6. zum Angriff gegen die El Alamein=
Stellung bereit. Die mot.Verbande wurden im Laufe der Nacht zum frontalen Durch=
bruch durch die Verteidigungsfront — 50 km siidwestl. el Alamein versammelt und
traten dort um 03.00 Uhr zum Angriff nach Osten an. Im Zuge der Umgruppierung
zum Angriff gegen die El Alamein=Stellung wurden im Laufe des 30. 6. durch das
DAK Angriffsvorbereitungen gegen den feindl. Siidfliigel vorgetauscht. Starkere
Aufklarungskrafte sind im Marsch auf die Oase Sivva.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 1.7.1942
1. Raum um England:
Im Laufe des gestrigen Tages gegen England insgesamt 18 Flugzeuge eingesetzt.
Keine Abschiisse.
Die Aufklarung erbrachte im Gebiet vor Yarmouth ein siidgehendes Geleit von
32 mittleren Dampfern um 06.45 Uhr.
Vor Hastings ein nordostgehendes Geleit mit etwa 20 Dampfern und mehreren
Bewachern um 21.55 Uhr erfafit.
Nordlich Landsend um 17.56 Uhr ein Geleit von 12 Dampfern, 2 Zerstorern und
3 Vp=Booten Kurs Nordost.
Am Nordausgang des Bristol=Kanals siidostwarts Milford um 18.45 Uhr 2 Zer=
storer Kurs West.
Eigener Nachteinsatz: 46 He 217 gegen Avonmouth. Landemeldungen stehen noch
aus.
8 Ju SS Auftrag Portland, Erfolgsmeldungen stehen ebenfalls noch aus.
Insgesamt 26 Feind=Einfluge, davon 7 ins Reichsgebiet im Raume nordlich Lan=
geoog und westlich Borkum. Anscheinend Minenlegen.
2. Mittelmeer:
Im Laufe des gestrigen Tages Angriffe auf Malta mit guter Wirkung. 1 Spitfire
abgeschossen.
Im nordafrikanischen Operationsgebiet wurden u. a. 21 Ju 87 mit guter Wirkung
auf Kraftfahrzeugansammlungen bei Alamein angesetzt.
Bei Luftkampfen von 35 Me 109 wurden 4 Curtiss abgeschossen. Im Op.=Gebiet
anhaltende Sandstiirme.
Hafenbelegung La Valetta 1. 7. 09.09 Uhr ohne Veranderung.
Die von der Seeaufklarung erfafiten Seegebiete erbrachten lediglich schwachen
Transportverkehr. Nordlich Belkim nach italienischer Meldung um 07.50 Uhr ein
ostgehendes Geleit von 2 kleineren Fahrzeugen und mehrere Torpedoboote.
Hafenbelegung Beirut 1.7. 16.25 Uhr nach Luftbild: 5 Frachter zus. 13000 t,
1 Hafentanker 2 000 t. An der Miindung des Beintflusses 1 Tanker 4 000 t vor
Anker.
Im Seegebiet vor Sidon um 16.15 und 16.17 Uhr mehrere Vp=Boote und Geleit=
boote Kurs Siid.
Hafenbelegung Haifa 1. 7. 16.06 Uhr: nach Lichtbild 2 Kreuzer, 3 Zerstorer, 5 Ge=
leitboote, 1 Fahrgaster 4 000 t, 4 Tanker zus. 30 000 t, 8 Frachter zus. 36 000 t,
1 Laz.=Schiff.
3. Ostfront:
Im Schwarzmeerraum keine besonderen Meldungen.
Am 1. 7. Angriff auf Murmaschi und Kaianlagen Murmansk, 25 Ju 88. Starke
Brande beobachtet. Gute Trefferlage in Barackenlagern 25 km siidwestlich Mur=
maschi und Tankanlage im Siidwestteil Murmansk.
467
B. Kriegstagebuch
Aufklaning bis Spitzbergen geflogen, Schlechtwetter.
Um 16.15 Uhr wurde etwa 70 sm Ostnordost Jan Mayen (Marinequadrat AN
7160) ein Geleitzug Kurs Ost durch U=Boot gemeldet. Fahrt und Zusammensetzung
sind nicht gemeldet worden.
Um 16.50 Uhr erstmalig ein Verband etwa 120 sm Ostnordost Langenese erfafit,
zum letzten Male 21.00 Uhr 45 sm Ostnordost Kap Bardsness (Ostkiiste Islands)
gesichtet. Zusammensetzung des Verbandes: 1 Flugzeugtrager, 3 Sdilachtschiffe,
6 Kreuzer, 6 Zerstorer, 3 Vp=Boote. Deutsches Flugzeug halt Fiihlung.
2.Julil942
Lageberidit OKH
Osten
H.Gr. sad:
SewastopoUVront: Durch die Angrijffe des gestrigen Tages wurde ein ge=
schlossener Widerstand der Reste der Sewastopol=Armee verhindert. Der russ.
Widerstar\dswille bradi zusammen. Nur einzelne starkere Feindiiester leisteten
noch Widerstand.
LIV. A.K. brack nach starker Artl.= und Luftw.=Vorbereitung bis zum Vor=
mittag den letzten zahen Widerstand an der Stadtrandstellung und stiefi unter
Sauberung der Stadt bis an das Ufer vor.
XXX. A.K. zersplitterte in hartnackigen Kampfen die fdl. Kraftegruppen,
nahm die Befestigungen siidwestl. und westl. Sewastopol und warf den Gegner
auf der ganzen Front iiber den Panzergraben nach Westen auf die Chersones=
Halbinsel zuriick. Gefangenen= und Beutezahlen z. Z. noch nicht feststellbar.
Starke feindl. Fliegertatigkeit bei Artemowsk und im Raume Isjum. In Fort=
setzung des Durchbruchs durch die westl. des Oskol stehenden Feindverbande
stiefien die Div.en der 6. Armee bis in die Gegend Wolokonowka vor. Woloko=
nowka wurde genommen und ein Br.=Kopf gebildet. Siidl. davon stiefien Pz.=
Krafte iiber den Flufi vor und schlugen einen feindl. Pz.=Angr. ab. Westl.
Wolokonowka sind eign. Truppen im Vorgehen nach Nordosten. Der Feind
leistet hier wiederholt zahen Widerstand. Nordl. Wolokonowka stiefien weitere
Verbande nach Nordosten vor und erreichten die Gegend Nowi Oskol—
Skorodnoje. Die im riickw. Gelande noch sich haltenden Feindgruppen wurden
bis auf wenige Reste vernichtet.
Armeegruppe von Weichs machte im raschen Vorwartsgehen nach Osten
und Siidosten mit den Pz.=Verbanden gute Fortschritte. So erreichte die
24. Pz.Div. die Gegend westl. Gorschetschnoje; Ortschaft stark feindbesetzt.
16. 1.D. (mot) drehte nach Siiden ein und ist im Vormarsch auf Stary Oskol.
Nordl. Gorschetschnoje iiberschritten Truppen der Div. „Gr.=Deutschland'' den
Olym — Eisenbahnbriicke unversehrt in eign. Hand — und warfen den Gegner
aus Kulewka. 9. Pz.Div. im Angriff auf Kastornoje. Siidl. Liwny wurde im
Angriff nach Osten der Kschen erreicht. Starker Feindwiderstand siidwestl.
Liwny.
463
2. Juli 1942
H.Gr. Mine:
Rege Partisanentatigkeit, die erfolgreich bekampft wurde. An verschiedenen
Stellen wurden Eisenbahngleise aufgerissen bzw. gesprengt, so auf der Strecke
Brjansk— Podschep, wo ein Lazarettzug entgleiste. An der Nordfront der
9. Armee einige erfolgreiche Vorstofie.
H.Gr, Nord:
Gr. Meindl. (siidl. Staraja Russa) nahm mehrere Orte an der Redja im
Angriff nach Siidosten. Feindl. Vorstofi an der Siidfront von Demjansk wurde
zuriickgeschlagen, Bereitstellungen in Btl.=Starke durch Artl. vernichtet. Sonst
keine besonderen Kampfhandlungen.
Finnland (30. 6.)
Sudostfront: Aufier fdl. Streifentatigkeit im riickw. Gebiet keine wesentl. Kampf'
handlungen.
Nor do St front: Lage und Feindbild unverandert.
Panzerarmee Afrika (1. 7.)
Feind leistete beim Angriff gegen die El=Alamein=Stellung unter Einsatz seiner
Panzerkrafte sehr zahen Widerstand. Panzerarmee durchbrach in den Mittags=
stunden des 1. 7. die feindlicKe Verteidigungsfront siidl. El Alamein und erweiterte
den Durchbruch in nordostw. und siidostw. Richtung. Die Operationen dauerten
bis in die Abendstunden an.
Nachtrag zur Heereslage am 2. Juli ig/^2.
Der Deutsche General beim H.Qu. der ital. Wehrmacht meldet u. a. fol=
gendes :
1. Siidostw. Marsa Matruk wurde ein grofieres Betriebsstofflager unversehrt
erbeutet.
2. Ein dt. Flugzeug, das am 26. 6. von einem Erkundungsflug iiber der Oase
Kufra nicht zuriickkehrte, ist von einem ital. Erkundungsflugzeug in der
Gegend nordwestl. Kufra gefunden worden. Besatzung unversehrt.
3. Nach einer Abwehrmeldung aus zuverlassig beurteilter Quelle soUen vom
18. bis 20. 6. etwa 19 000 (?) Mann aus Syrien nach Agypten abtransportiert
worden sein. Es kann sich dabei um die 9. austral. Inf.Div. sowie um Ein=
heiten von Fremdenverbanden handeln.
Nach Meldung aus derselben Quelle wurden in Basra am 10. 6. 150 mittl.
amerikanische Panzerkampfwagen ausgeladen, angebl. als Ersatz fiir die
vom Irak nach Agypten abgegebenen Panzer.
Laut „Zurcher Zeitung'' vom 1. 7. 42 ist bei der Erstiirmung von Marsa
Matruk folgender Befehl von General Auchinleck erbeutet worden: „Unser
Feind Rommel ist kein ,schwarzer Mann' mit iiberirdischen Kraften; er ist nur
energisch und fahig, das ist alles. Er ist ein ganz gewohnlicher deutsdier
469
B. Kriegstagebuch
General, von dem man nicht so viel sprechen soUte. Ich ersuche Sie und alle
Kommandeure, darauf hinzuwirken, vom ,Feind' zu sprechen, niemals speziell
von ,Rommer. Das ist psychologisch notwendig, denn sonst verstarken Sie
den Eindruck bei der Truppe, dali Rommel wirklich ein Wundermann ware,
der, mit iiberirdischen Kraften ausgestattet, unbesiegbar ist/'
Echt Englisch ist die Nachschrift Auchinlecks: „Ich bin nicht etwa neidisch
auf Rommel".
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 2. 7. 42
1. Raum um England:
Im Westraum i Feindflugzeug abgeschossen.
Einige sm ostwarts des Humber 06.15 Uhr 30 Dampfer Kurs Nord. 07.38 Uhr,
in den Wash einlaufend, von Norden kommend, 30 Dampfer. Vor Great Yarmouth
21.30 Uhr 5 Dampfer und 5 Vp.=Boote Kurs Nord. 100 sm westsiidwestlich Cap
St. Vincent Gibraltar=Geleitzug 21 Dampfer, 1 Zerstorer, 3 Korvetten 08.45 Uhr
Kurs 330 Grad. Kein eigener Nachteinsatz.
Der Feind flog in der Nacht zum 3. mit yo—80 Flugzeugen in das Reichsgebiet ein.
Schwerpunkt der Angriffe Bremen. Dort 13 Sprengbomben, 103 Phosphor=Kautschuk=
brandbomben. 1200 Stabbrandbomben, 1 Minenbombe. Nach bisher vorliegenden
Meldungen 13 Hauser total zerstort, 7^ schwer, 110 leicht beschadigt. 5 Tote,
6 Schwerverletzte, 3 Leichtverletzte, 3—4 Vermifite, 105 Obdachlose. Aufierdem
Bombenabwurf auf Delmenhorst, Aurich und andere kleine Stadte. Abschlul? der
Schadensmeldungen liegt noch nicht vor.
Durch Flak 2, durch Nachtjager 11 Feindflugzeuge abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Schwerpunkt Einsatzes im Raume Alamein zur Unterstiitzung Afrikakorps. Ferner
Bildaufklarung von Alexandrien, Port Said, Haifa (siehe Lage Im).
Um 18.00 Uhr wenige sm nordostwarts der Damiette=Mundung Feindverband,
bestehend aus 3 grofien Kriegsschiffen, darunter vermutl. 1 Schlachtschiff Kurs
90 Grad.
Reger Dampfer= und Geleitverkehr im Seeraum Port Said— Jaffa.
5. Ost front:
Schwerpunkt Kampfeinsatzes zur Unterstiitzung der Angriffsarmeen.
Bei durchgefiihrten Angriffen im Schwarzmeerraum durch Flie.=Fu Siid in Anapa
1 Dampfer 600 t, 1 Dampfer 100 t und 1 Vp.=Boot beschadigt.
In Noworrossijsk 1 Dampfer 10000 t, 1 Grofizerstorer und 1 Zerstorer der
Gnewny=Klasse, das Schulschiff „Komintern", 1 4ooo=t=Dampfer, 1 6ooo=t=Dampfer,
1 3ooo=t=Dampfer, 1 Schwimmdock schwer bzw. leichter beschadigt, 4 Kustenfahr=
zeuge mit zus. 2 000 t versenkt.
In Temrjuk 8—10 Boote und 1 Kanonenboot beschadigt.
Lfl. 5. fiihrte Einsatz gegen Kraftwerk Murmaschi und Flakstellungen im Raume
Rosta mit gutem Erfolg durch. 4 Feindflugzeuge abgeschossen.
Im Finnenbusen keine besonderen Meldungen iiber Kampfeinsatz gegen Schiffs=
ziele. Um 04.05 Uhr 12 km nordl. Putilowo 1 Geleitzug von 14 Schiffen mit Geleit=
schutz Kurs Ost.
Im Westteil des Ladoga=Sees und in der Schliisselburger Bucht die iibliche starke
Belegung.
Meldungen iiber Geleitzug PQ 17 und Kraftegruppe (Schlachtschiff, Flugzeug=
trager siehe Lage I Nord).
470
3. Juli 1942
3.Julil942
[Der Fuhrer im H.Qu. der H.Cr. Sud in Poltawa^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
SewastopoUFront: Das XXX. A.K. warf den Gegner aus den Stellungen siidl.
der Kamyschewaja=Bucht und driickte ihn auf die aufierste Westspitze der
Halbinsel Chersones zusammen, wo er durch Artl. und Flieger zerschlagen
wird. Die Sauberung der Stadt ist planmafiig durchgefiihrt, letzte Widerstande
an den kleinen Buchten westl. der Stadt wurden gebrochen.
Nordl. Taganrog wurde ein nachtl. Angriff in Starke von 2—3 Batl.en mit
Artl.=Unterstiitzung durch Waf¥en=SS unter hohen Feindverlusten zuruck=
gewiesen. Eign. Verluste: ein Toter, zwei Verwundete. Desgl. wurde ein An=
griff mit Fliegerunterstiitzung und starker Artl. auf der Hohe von Krama=
torskaja unter schweren Feindverlusten abgewiesen. Ostw. Charkow rege
feindl. StoJStrupptatigkeit.
Die 6. Armee ostw. Bjelgorod erweiterte den bei Wolokonowka ge=
wonnenen Briickenkopf und hat auch nordl. davon im Raume Nowi Oskol
Briickenkopf e gebildet. Der im Siiden vorgehende Teil konnte erst nach Brechen
starken Widerstandes mit Unterstiitzung von Teilen der 3. Pz.Div. nach Siiden
Gelande gewinnen. Auf dem Nordfliigel gelang es den Div.en bis an den
Orlik vorzustofien. Der Feind leistete zahen Widerstand. Nach Fliegermel=
dungen geht die Hauptmasse des Feindes westl. Skorodnoje nach Norden
zuriick.
Armeegruppe von Weichs konnte nach Brechen des Feindwiderstandes siidl.
Tim mit ung. Kraf ten auf Stary Oskol antreten. Panzerdivisionen kampf en nordl.
1 Notizen Haiders:
„Fiihrerbesprechung beim Ob.Kdo. d. H.Gr. Siid in Poltawa:
1. Bindung an Wegnahme Woronesch entfallt.
2. Durch kleine Ausbriiche aus der Front im Zuge der Operationen soil der Feind
standig geschwacht werden.
3. Entschluji fur Einsatz der 11. Armee iiber Kertsch gef alien."
Hierzu Auszug aus dem Tagebuch des GFM v. Bock:
„Der Fi'ihrer kommt. Freiheit, vom Ziel Woronesch abzuweichen! Gleidigiiltig, ob
4. PzArmee den Don mehr oder weniger sUdlich erreicht.
Idi: Es kommt darauf an, moglichst friihzeitig mit den schnellen Kraf ten anzu=
treten und dabei gleich hinter den Aidar zu fassen, hinter den der Gegner wahr=
scheinlich ausweichen wird, sobald er die drohende beiderseitige Umfassung er=
kennt. Sonst wird eine Einkesselung des Gegners nicht erreicht. Es ist damit zu
rechnen, dajl der Feind rechtzeitig ausweichen wird, wie er es in alien Schlachten
dieses Jahres, wenn audi nur unvollkommen, versuchte.
Frage besprochen, ob es zweckmajlig ist, in Verbindung mit „Blau III" Krafte von
der Krim nach der Taman=Halbinsel zu werfen, um die feindliche Verteidigung
am unteren Don zum Zusammenbruch zu bringen. Befehl, die Vorbereitungen
zu treffen.
Frage der Befehlsfiihrung fur „Blau U" . Ich bleibe dabei, daji die Beteiligung
einer zweiten Heeresgruppe die Fiihrung erschwert. Die Frage bleibt unentschieden."
471
B. Kriegstagebuch
Stary Oskol. 24. Pz.Div. und I.D. „Gr.=Deutschland'' traten aus den Brucken=
kopfen ostw. der Bahnlinie zum Angriff nach Siidosten an. Seit Beginn der
Kampfe hat die Div. „Gr.=Deutschland'' allein 100 Feindpanzer ohne eign.
Verluste erledigt. Nordl. davon im Raume nordl. Kastomoje wurden an
mehreren Stellen Briickenkopfe iiber den Olym gebildet. Im Raume siidl.
Liwny hat der Feind starke Pz.Krafte eingesetzt. 15 Pz.Brig.en wurden gezahlt.
Der Feind versucht hier mit alien Mitteln, den Vormarsch der eigenen Krafte
aufzuhalten. Durch Luftw. wurde starke Belegung der Bahnlinie Jelez fest=
gestellt und Heranfiihren des VIII. russ. Kav.Korps von Norden.
Wetter: Im Siiden bedeckt, windig, + 23 Grad, an der Nordgrenze der H.Gr.
teilw. bewolkt, + 15 Grad, ortl. Regenschauer.
H.Gr. Mitte:
Im Raum Bjeloj starker Verkehr mit Fahrzeugen und Panzern Richtung
Osten. Im siidl. Bereich der H.Gr. weiterhin starke Bekampfung der Partisanen=
tatigkeit. Im nordl. Teil der H.Gr. an der Nordfront verschied. eign. erfolgreiche
Stofitruppunternehmen. Siidl. Mostowaja griffen eign. Krafte mit Pz.=Unter=
stiitzung nach Siidosten und Siiden an und konnten mehr. Ortschaften nehmen.
Gr. Esebeck bei Bjeloj trat mit Teilen nach Osten und Nordosten an und konnte
bis Bossino an der Strafie Bjeloj nach Siidosten Raum gewinnen. Der Vor=
marsch wird hier sehr erschwert, da die StraJSen durch Gewitterregen auf=
geweicht und unbefahrbar und das Nachfiihren der schweren Waffen und
Gerates an einigen Stellen unmoglich sind.
H.Gr. Nord:
AulBer Sauberung der Gegend westl. der Strafie Staraja Russa— Cholm von
Partisanen keine besonderen Ereignisse.
Finnland (1. 7.)
Auf beiden Fronten keine besonderen Ereignisse. Im nordlidien Teil versucht
der Feind, Waldbrande hervorzurufen.
Panzerarmee Afrika (2. 7.)
Feind leistete in den noch besetzten Stutzpunkten der El=Alamein=Stellung hart=
nackigen Widerstand. Die Verteidigungsanlagen sind teilweise betoniert und durch
ausgebaute Stellungen fiir Panzerkampfwagen verstarkt. Im mittl. Frontabschnitt
fuhrte der Gegner mit 1. Pz.Div., die Verstarkung erhalten hat, einen Gegenangriff
durch, der unter Verlusten abgewiesen wurde.
Im mittl. Abschnitt wurde am 1. 7. ein von der 18. ind. Brig. — bisher im Irak —
verteidigter Stiitzpunkt genommen. Uber 2 000 Gef angene wurden eingebracht,
50 Geschiitze erbeutet. Bei den Kampfen um die Aufrollung der feindl. Verteidi=
gungsfront wurde eine Anzahl weiterer stark befestigter Stiitzpunkte genommen.
4. Juli 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend dcs 3.7.1942
1. Raum um England:
Wahrend des Tages im Westen keine besonderen Vorkommnisse.
05.04 Uhr ostwarts Harwich 15 Dampfer Kurs Siid.
Gegen 07.00 Uhr siidostwarts Harwich 5 Zerstorer, 5 Vp=Boote, 47 Dampfer Kurs
Sud.
13.45 Uhr siidlich Milford 11 Dampfer, 2 Vp=Boote Kurs Siidost.
Kein eigener Nachteinsatz.
10 Feindeinfliige in den Raum Danemark ohne Bombenabwiirfe; 2 Abschiisse.
2. Mittelmeer:
Wahrend des Tages und in den Abendstunden laufende Unterstutzung Panzer=
armee Rommel. Hierbei 14 Abschiisse.
Einsatz von 77 Kampfflugzeugen in der Nacht zum 3. im Raum Alexandrien—
Port Said unter gleichzeitiger Verminung des Suez=Kanals mit 18 Flugzeugen. Es
wurden 26 LM's geworfen, davon 15 an Land detoniert.
07.55 Uhr vor Damietta 5 Dampfer, 2 Vp=Boote Kurs Ost und zur selben Zeit
vor Port Said 4 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs West.
5. Ostfront:
Durch Aufklarung im Anschlufi Angriff auf Noworossijsk als gesunken fest=
gestellt: 1 Zerstorer der Taschkent=Klasse, 1 Transporter 10000 t und 1 Dampfer
4 000 t. Im Kampf raum der Lfl. 4 34 Abschiisse. Lage im Nordmeerraum siehe Lage I
Nord.
4. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
Sewastopol=Front: Angriff e auf die Landzunge von Chersones in gutem
Fortschreiten. Im riickw. Gelande wurden 2 Forts an der Siidwestkiiste der
Krim, in denen sich der Feind noch halt, eingeschlossen. Gefangene und Beute
der Armee in der Zeit vom 7. 6. bis 2. 7.; Uber ^0000 Gefangene, 433 Ge=
schiitze, 70 Pak, 622 Gr.=Werfer, 21 Pz.=Wagen. Die Zahlen sind noch im
Steigen.
Gr. von Wietersheim: Geringes Artl.= und Gr.=Werfer=Storungsfeuer, Feind=
vorstolie abgewiesen. Bei 17. und 1. Pz.Armee keine besonderen Kampf=
handlungen. Wetter: wechselnd bewolkt. Temp. + 29 Grad, Wege iiberall be=
fahrbar. Im Norden ortl. starkere Gewitterschauer.
6. Armee: Abschnitt Bjelgorod: Auf dem Siidfliigel ist der Russe auf das
Ostufer des Oskol zuriickgeworfen. Nordwestl. Waluiki mehrere Briickenkopfe
genommen. 3. Pz.Div. mit Teilen im Vorstofi auf Waluiki. Weiter nordl. haben
dieOiv.en im Vorstofien nach Nordosten die Stralie Nowi Oskol nach Ostsiidost
erreicht. Die Divisionen, die gestem den Orlik iiberschritten hatten, stehen
nach weiterem Vorgehen in ostw. und nordostw. Richtung einige Kilometer
vor Stary Oskol, das von Norden her von Teilen der im Raume Kursk
473
B. Kriegstagebuch
operierenden Krafte teilw. besetzt ist. Im Raume Bjelgorod lourden in der Zeit
vom 30. 6. his 2. 7. 12. 000 Gefangene gemacht, 100 Pz. abgeschossen, 128 Ge=
schiitze vemichtet bzw. erbeutet.
Gruppe von Weichs: im Raume Kursk: Ung. Truppen im weiteren Vorgehen
von Tim nach Sudosten haben mit vordersten Teilen die Gegend einige Kilo=
meter nordwestl. Stary Oskol erreicht und sind mit der 16. 1.D.(mot) zusam=
men im Angriff auf die Stadt. 24. Pz.Div. erreichte im schnellen Vorgehen
in der Richtung des Don Kotschatowka. Div. „Gr.=Deutschland'' steht mit
vordersten Teilen nordwestl. davon. 9. Pz.Div. iiberschritt den Olym, drehte
nach Norden ein und steht im Angriff auf Kastornoje, das im Norden von
377. I.D. angegriffen wird. 11. Pz.Div. hat den Olym iiberschritten und ist,
nach Osten vorgehend, mit vordersten Teilen in Gegend 10 km westl. Seml=
jansk. Die nordl. Wolowo vorgehenden Telle haben 5—10 km nach Nordosten
phne besonderen Feinddruck Gelande gewonnen. Dagegen halt der Feind=
druck mit Panzern siidl. Liwny am Kschen noch an. Siidwestl. Liwny herrscht
Ruhe. Wetter: wechselnd bewolkt, + 18—25 Grad, im Norden teilw. Regen=
schauer.
H.Gr. Mitte:
Keine besonderen Kampfhandlungen im Siiden, regnerisch, windig, kaltes
Wetter.
Im Norden wurden die Angriff e siidl. Mostowaja nach Siiden und bei Bjeloj
nach Osten und Nordosten fortgesetzt. Siidl. Mostowaja wurde eine Feind=
gruppe im riickw. Gelande vernichtet. Die vorgehenden Spitzen bei Bjeloj
stehen im hartnackigen Abwehrkampf gegen Feindpanzer. Einige Panzer durch=
gebrochen und vernichtet. Wetter in diesem Raume: Regenschauer, Stra6en=
zustand verschlechtert.
H.Gr. Nord:
Nordl. Ilmensee wurde ein Feindvorstofi bei Jamno abgewiesen, ebenso war
ein Feindangriff siidl. Maluksa ohne Erfolg.
Finnland (2. 7.)
Keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (3. 7.)
Panzerarmee erweiterte im Laufe des 3. 7. den Einbrudi in das feindl. Stellungs=
system in nordostwartiger Richtung. Der Gegner leistete in festungsartig aus=
gebauten und durch Kampfanlagen aller Art verstarkten Stellungen weiterhin unter
starkem Artl.=Einsatz sehr hartnackigen Widerstand. An Verstarkung fiihrte der
Feind 5. ind. Div. sowie eine Pz.Brig. heran. Infolge Verstarkung der feindl. Luft=
waffe nahmen Bomben= und Tiefangriffe zu. Starke des Feindes, geringe eign. Ge=
fechtsstarken und sehr angespannte Versorgungslage zwingen zur voriibergehenden
Einstellung des eign. Angriffs.
474
4- Juli 1942
Schnelles Anlaufen der Personal^ und Material=Transporte ist dringend erforder=
lich. Die Gefechtsstarken der Div.en etwa 1200—1500 Mann. Ital. Verbande haben
ebenfalls geringe Gefechtsstarken. Die Masse der Inf.Korps befindet sich noch
unmotorisiert im riickwartigen Armeegebiet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 4.7.42
1. Rawn um England:
Wahrend des Tages im Westraum 3 Abschiisse.
08.40 Uhr ostwarts des Humber 25 Dampfer und 1 Zerstorer Kurs Nord.
20.50 Uhr ostwarts Yarmouth 33 Dampfer und 3 Vorpostenboote Kurs Nord.
21.05 Uhr zwischen Folkestone und Dover 6 Dampfer Kurs Nordost.
10.05 Uhr 180 Sm westlich Vigo um 10.55 Uhr 1 Zerst. Kurs Nordwest.
08.00 Uhr 30 Sm sudlicher Geleitzug von 21 Dampfern, 4 Zerst. und 1 Vp=Boot
Kurs 350 Grad.
Kein eigener Nachteinsatz.
Keine Feindeinfliige.
2. Mittelmeer:
Laufender Einsatz des Fl.=Fu Afrika gegen Feindansammlungen im Raume El
Alamein mit guter Wirkung gegen Kraftfahrzeuge und Zelte.
Die in der Lagemeldung vom 3. 7. angefiihrte Verseuchung des Hafengebietes
von Alexandrien, Port Said und des Suezkanals wurde in der Nacht vom 2. zum
3. durchgefiihrt und in der Nacht vom 3. zum 4. mit He 111 und Ju 88 mit BM 1 000,
LMB und LMA mit Schwerpunkt Siidteil des Suezkanals fortgesetzt. Trotz starker
Abwehr wird erfolgreiche Durchfiihrung gemeldet.
Belegung Hafen und Reede Suez am 4.7. 08.20 Uhr: 1 Monitor, 5 Zerst., davon
2 griech., 2 griech. Torpedoboote, 2 Bewacher, 2 Fahrgastschiffe zusammen 9000 t,
9 Tanker zusammen 48 000 t, 46 Frachter zusammen 218 000 t,
5. O St front:
Aus dem Schwarzmeerraum keine besonderen Vorkommnisse. Beim Einsatz zur
Unterstiitzung der Armeen wurden im Bereich der Lfl. 4 wahrend des 4. nach bis=
herigen Meldungen 30 Feindflugzeuge abgeschossen.
Am 3. 7. wurden im Schwarzmeerraum 1 Vp=Boot, 1 S=Boot und 1 Segler durch
Luftangriff versenkt.
Im Finnenbusen am 3. 7. 1 kleineres Fahrzeug beschadigt. Der Einsatz der Luftfl. 5
gegen den PQ=Geleitzug litt zunachst unter der ungiinstigen Wetterlage im Start=
raum. Am 3. 7. war wahrend des ganzen Tages von den Landflugplatzen nur
Kirkenes auffliegbar. Bisher die Trager des Kampfes daher nur Torpedoflugzeuge.
Erster Einsatz am 2. 7. zwischen 18.15 Uhr und 19.55 Uhr durch 7 HE 115, von denen
4 zum Angriff auf 6—8000 t grofie Dampfer kamen. Samtliche Torpedos liefen
normal. Wirkung konnte wegen starker Abwehr nicht beobachtet werden. Ein
zweiter Einsatz ebenfalls durch 7 He 115 am 3. 7. zwischen 21.00 Uhr und 00.47 Uhr
blieb ebenfalls ohne Ergebnis. Beim dritten Einsatz am 4. 7. 04.50 Uhr ebenfalls
durch He 115 wurde ein grofierer Dampfer von 6 000 t durch Torpedotreffer schwer
beschadigt und spater durch U=Boot versenkt. Hierbei mufite eine der angreifenden
He 115 3 km nordlich des Geleitzuges notlanden. Die Besatzung ging in das
Schlauchboot und wurde trotz starksten Feuers von daraufzulaufenden Feindzer=
storem durch eine andere daneben landende He 115 aufgenommen. Der Start des
Flugzeugs mit den 2 Besatzungen wurde erfolgreich durchgefiihrt. Ein vierter Einsatz
am 4. 7. zAvischen 18.20 und 19.10 Uhr blieb ohne Erfolg. Im Laufe des Nach=
475
B. Kriegstagebuch
mittags hatte sich die Wetterlage im Startraum gebessert und erlaubte den Einsatz
von Radflugzeugen. Gegen 20.00 Uhr griffen in aufeinanderfolgenden Wellen
23 He 111 den Geleitzug im Qu AC 1640 mit Erfolg an. Nach Auswertung der Mel=
dungen wurden: 4 Schiffe mit zus. 24 000 t versenkt, 5 Schiffe mit 37 000 t so schwer
beschadigt, dafi mit weiterem Versenken einiger Dampfer zu rechnen ist, und
6 Schiffe mit zus. 29 000 t leichter beschadigt. Sehr starke Abwehr, grofiere Verluste
beim Angriffsverband.
5.Julil942
[Befehl des Fuhrers zum baldigen Anlaufen von „Clausewitz"^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Sewastopol letzter Feindwiderstand auf der Halbinsel Chersones
gebrochen. Samtliche noch besetzte Forts und Stiitzpunkte in eigener Hand.
Slidlich Liman rege feindl. Fliegertatigkeit.
Wetter: wechselnd bewolkt, warm, Strafienlage unverandert.
6. Armee: Die Armee setzte gestern die Verfolgung auf der ganzen Front
nach Osten fort. Siidlich Waluiki wurden mehrere Br.=Kopfe iiber den Oskol
gebildet. Ostwarts Nowi Oskol gingen Panzer= und Inf.Divisionen nach Osten
vor und stehen im Kampf mit feindl. Befestigungen und Pz.=Graben zwischen
Oskol und Don. Ein Teil der Panzerkrafte ist iiber Repiewko auf Woronesch
angesetzt, um sich mit den dort kampfenden Pz.=Kraften zu vereinen. Bei Stary
Oskol und ostwarts davon wurden Angriffe des Feindes mit Pz.=Unterstutzung
abgewiesen. Sudwestl. Woronesch gelang es der 24. Pz.Div. und „Gr.=Deutsch=
land'', 3 Briickenkopfe iiber den Don zu bilden. Telle „Gr.=Deutschland"
stehen im Kampf um die Eisenbahnbriicke hart westl. Woronesch. Nach Ver=
bindung der Gruppe Weichs mit 6. Armee bei Stary Oskol sind grofiere Feind=
telle abgeschnitten und werden westl. Stary Oskol durch Gruppen des
XXIX. AK. angegriffen. Zwischen Kastornoje und Wonowo sind starke Krafte
des russ. XVI. Pz.Korps und VIII. Kav.Korps durchgebrochen und werden von
Stiden und aus der Flanke angegriffen und aufgehalten. Siidl. Liwny halt der
Feinddruck am Kschen an.
Wetter: bedeckt, vereinzelte Regenfalle, 12—22 Grad Warme.
H.Gr. Mitte:
Im siidlichen Teil wurde der Kampf mit Partisanen fortgesetzt. Siidl.
Mostowaja griffen eigene Pz.Krafte weiter nach Siiden an und erreichten und
nahmen Nesterowa, etwa 15 km nordostwarts Bjeloj. Auf Bjeloj wurden
mehrere Feindangriffe abgewiesen. Westlich Sytschewka griffen eigene Trup=
pen nach Westen an und konnten iiberall gut Raum gewinnen.
Wetter: bewolkt, einzelne Gewitterschauer.
1 OKH/Gen.St.d.HJOp.Abt. (IS) Nr. 420466/42 g.Kdos. Chefs, vom ^.Juli 1942.
476
5. Juli 1942
H.Gr. Nord:
Keine wesentlichen Kampfhandlungen.
Finnland (3. 7.)
Keine nennenswerten Kiimpfe.
Panzerarmee Afrika (4. 7.)
„Hannihal" meldet vom 3. 7. 42:
In Kairo sind Belagerungszustand und Standrecht proklamiert. Engl. Truppen
besetzten die Hauptstadt. Die agyptischen Truppen haben Kasernenarrest. Die
agyptische Regierung, die amtierenden Botschafter und die engl. Berater haben
Kairo verlassen. Konig Faruk und die agyptische Regierung sollen aufgefordert
worden sein, Agypten zu verlassen und ins Ausland zu fliichten. Konig Faruk soli
erklart haben, da6 in dieser tragischen Stunde sein Platz Agypten ist in der Nahe
seines Volkes. Die Ankunft der Truppen der Achsenmachte wird von der agyptischen
Bevolkerung mit Ungeduld erwartet.
Feind hat sich in der Alamein=Stellung wie folgt gruppiert: 2. neuseeland. Div.
am f estungsartig ausgebauten Verteidigungssystem 55 km siidsiidwestlich El Alamein
am Nordrand Kattara=Sumpfe fiihrte Angriffe mit Artl.=UnterstUtzung durch. 2. sud=
afrikan. Div. im Verteidigungssystem um El Alamein eingesetzt. Zur Abriegelung
des tiefen eigenen Einbruchs in der Mitte der feindl. Front mit 1. Pz.Div. erhebl.
Angriffe. Es wurde dabei eine Anzahl amerikanischer Panzer vernichtet. Die
feindl. Luftwaffe fiihrte bei Tage und Nacht starke Angriffe auf eigene Truppen
und Nachschubwege durch.
Die eigene Luftwaffe fiihrte wirkungsvolle Angriffe unter Einsatz aller z. Vfg.
stehenden Krafte auf Kfz.=Ansammlungen im Raum der 2. neuseelandischen und
1. Pz.Division durch.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luft waif e wahrend des 5. 7. 42
1. Raum um England:
Wahrend des Tages im Westraum keine besonderen Vorkommnisse.
Vor Yarmouth 21.00 Uhr 20 kleine Dampfer Kurs Nord.
30 sm vor Harwich 44 Dampfer um 05.10 Uhr stilliegend.
22.20 Uhr 25 Meilen siidostlich Trevose Head Geleitzug von 2 Handelsschiffen
8—10 000 t, 2 Handelsdampf er bis 5 000 t, 5 weitere bis 3 000 t, 1 Kreuzer, 4 Be=
wacher, 10 Sperrballone Kurs 60 Grad.
Bildhauptmeldung Scapa 5. 7. mittags: 1 Schlachtschiff „King George"=Klasse,
1 leichter Kreuzer, anscheinend „Fidji"=Klasse, 1 leichter Kreuzer, anscheinend
„Leander"=Klasse, 1 Kreuzer „Aurora''=Klasse, 1 Flak=Kreuzer „Coventry"=Klasse,
2 weitere Kreuzer ohne Typmeldung, 1 anscheinend Zerstorer, 1 U=Boot und 1 Fradi=
ter von 1 000 t. In einem anderen Teil der Bucht 5 anscheinend Zerstorer. Westlich
Cava 13 Frachter zus. 22 000 t und 2 Dampfer zus. 10 000 t. Im Liegeplatz Long Hope
2 anscheinend Schnellbootsflottillen mit Mutterschiff, 3 anscheinend Kanonenboote
und 3 Frachter mit zus. 12 000 t.
In der Nacht zum 6. Einsatz von 8 Ju &S zur LM=Verseudiung Bristol=Kanal.
Keine Feindeinfliige ins Reichsgebiet.
2. Mittelmeer:
Kampfeinsatz OB Siid gegen Malta und im Raum der Alamein=Stellung. EinzeU
und Abschu6meldungen fehlen.
477
B. Kriegstagebuch
3. Ostfront:
Am 4. 7. wurden im Ostteil des Asowschen Meeres 1 S=Boot versenkt und ein
weiteres beschadigt. (Kroatische Luftwaffe?)
Im Lauf e des 4. 7. wurden im Finnenbusen 1 MS=Boot und 1 Dampf er von 2 000 t
beschadigt.
Wahrend des 5. 7. starkster Einsatz zur Unterstiitzung der Angriffsarmeen.
Der Einsatz der Lfl. 5 zu Aufklarung und Kampf gegen den Geleitzug PQ 17
wurde ohne Unterbrechung wahrend des 5. fortgefiihrt. Die Aufklarungsergebnisse
erbrachten ein gutes Bild iiber die Lage im Seeraum zwischen 10 und 35 Grad Ost.
Der Einsatz der Kampfkrafte, der mit der Masse am spaten Nachmittag erfolgte,
brachte nach bisherigen Meldungen folgendes Ergebnis: durch 69 Ju 88 des KG 30
wurden im Seegebiet zwischen j^ und 76 Grad Nord und 35 und 38 Grad Ost ver=
senkt: 8 Dampf er mit zus. 51000 t, 2 weitere Dampf er mit zus. 14000 t wahr=
scheinlich versenkt und 6 Dampfer mit zus. 34 000 t beschadigt. Uber den Einsatz der
Torpedo=Flugzeuge (He 111 und He 115) liegt noch keine abschliefiende Meldung
vor. Nach Mitteilung Ic Lfl. 5 war es fiir die Kampfverbande schwierig, den sehr
stark aufgelosten Geleitzug zu finden. Von einer organisierten Abwehr bei den
Dampfern konnte jedoch nicht mehr gesprochen werden. Die gemeldeten Ver=
senkungsziffern liegen in Wirklichkeit wahrscheinlich hoher. Durch die eingesetzten
Flugzeuge He 115 wurden 34 Gefangene eingebracht.
Nachtrag: In der Nacht vom 4. zum 5. Einsatz von 8 Flugzeugen zur Verseuchung
des Suez=Kanals.
6.Julil942
[Richtlinien des OKH fur die Fortfuhrung der Operationen^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
6. Armee Raum Bjelgorod: Auf dem Siidfliigel wurde bei Kamenka ein
Briickenkopf gebildet. Eign. Truppen drangen von Westen und Nordw^esten
in Waluiki ein. Im weiteren Vorgehen nach Osten sind die Div.en im Angriff
auf Nikolajewka und haben im Nordosten bei Ostrogoschsk und siidl. davon
die Sosna erreicht und mehrere Briicken unversehrt genommen. 23. Pz.Div. ist
im Vorgehen nach Nordosten, hat den Potudan iiberschritten und hat nach
Abwehr feindl. Angriffe Krasso=Lipje erreicht. Nordostw. Stary Oskol ist die
16. 1.D.(mot) im Vorgehen auf den Don. Die siidwestl. und westl. Woronesch
vorgehenden eign. Div.en konnten die Briickenkopfe nur wenig erweitern
gegen starken feindl. Widerstand in ausgebauten Stellungen westl. und sud=
westl. Woronesch. Die Besatzung besteht zum grofien Teil aus Arbeitermilizen.
Auf der Strafie Jelez nach Siiden und auf den von Osten heranfiihrenden
Eisenbahnlinien starke Truppenbewegungen. Besonders hart wird um die
1 OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (IS) Nr. 420470/42 g.Kdos. Chefs, vom 6. Juli 1942,
Auszug in der „Einfiihrung", S. 55.
478
6. Juli 1942
Eisenbahnbriicke hart westl. Woronesch gekampft. 9. Pz.Div. hat Semljansk
genommen. In der Linie Uritzkoje— Liwny leistet der Feind harten Widerstand.
Eign. Truppen im Vorgehen in Richtung Nordosten. 14 feindl. Pz. erledigt.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Nowosil wurden mehr. Feindangr. abgeschlagen. Bei einem fdl. Pz.=
Angr. siidl. Bjelew gelang es zwei Feindpz.n durchzubrechen. Durch Gegensto6
wurde die Lage wieder bereinigt. Die Bewegungen des Feindes siidwestl.
Suchinitschi halten an. Starke fdl. Fliegerangriffe in der Nacht vom 4. zum 5.
auf Orel und die Stellungen nordl. davon. An Strafie Roslawl— Brjansk ist ein
Gefecht zwisch. eign. Truppen und starken Partisanenverbanden im Gange.
19. Pz.Div. wird von Norden herangefiihrt. Siidl. Mostowaja gelang es der
1. Pz.Div., die Verbindung mit den von Bjeloj vorstofienden eign. Kraften
aufzunehmen und somit den grofien Kessel siidostw. hiervon zu schliefien.
Auch die 5. Pz.Div. stieli ostw. hiervon nach Siiden vor und sperrte die Nach=
schubstrafie des Feindes. Gegenangriffe wurden abgewiesen. Westl. imd nord=
westl. Sytschewka gingen eign. Krafte nach Westen vor und konnten mehrere
Ortschaften nehmen. Siidl. Welish griff der Feind mit etwa 20 Panzern die
eign. Stellungen an; drei Panzer wurden abgeschossen.
H.Gr. Nord:
Der Feind griff die Stellungen siidl. von Demjansk an und wurde abgewehrt.
Eign. Vorstofie siidl. Staraja Russa von Osten und Westen wurden durch
feindl. starken Gegendruck aufgehalten und hatten wenig Erfolg.
Finnland (4. 7.)
Sudostfront: Keine bes. Ereignisse.
Nordostfront: Feindbild unverandert. Ruhiger Verlauf des Tages. Waldbrande
auf beiden Seiten.
Lage der Panzerarmee Afrika liegt nodi nicht vor.
Uber Truppenverschiffungen von Gr.=Britannien nach Ubersee meldet Fremde
Heere West u. a. folgendes: „Am 25.6. soil ein Geleitzug mit Truppen und Ma=
terial von England nach dem Mittl. Osten ausgelaufen sein. Gro6ere Truppenbereit=
stellungen — angebl. zur Verschiffung nach Agypten — wurden in Swansea (Bristol=
Kanal) gemeldet. Hierzu sollen bisher etwa 40000 BRT Schiffsraum zusammen=
gezogen worden sein."
Ein Transport aus 4 grofien, schnellen Schiffen mit siidafr. Truppen soil am
30. 6. Durban mit dem Ziel Agypten verlassen haben.
In agypt. Hafen wurde Anfang Juni ein amerik. Geleitzug mit Kriegsmaterial
erwartet.
Bei El Kantara (Suez=Kanal) wurden Ende Juni Stauungen von Truppen und
Material gemeldet.
Aus Irak— Persien wurde die 8. ind. Div. an die agypt. Front neu zugefiihrt.
Der Antransport der 9. austr. Div. aus Palastina— Syrien wurde mehrfach gemeldet;
479
B. Kriegstagebuch
sie ist moglicherweise mit Teilen bei der 8. Armee, mit anderen Teilen zur Ver=
teidigung des Suez=Kanals eingesetzt.
Angeblich werden am Ostufer des Suez=Kanals Befestigungsarbeiten ausgefiihrt.
Nach einer zuverlassigen Meldung wurde am i. 7. mit der Evakuierung von Kairo
begonnen.
Zur Verstarkung der Abwehrfront bei Alamein setzte der Feind Teile der 50. engl.
imd 5. ind. Inf.Div. ein.
Lieferungen nach Rutland: Anfang Juli soil aus engl. Hafen und aus Island
ein grofier Geleitzug mit Kriegsmaterial nach Rufiland ausgelaufen sein.
In Kanada standen nach Meldungen aus gleicher Quelle Anfang Juni etwa
90 Pz.=Kampfwagen zur Verladung nach Rufiland bereit.
Panzerarmee Afrika (5. 7.)
Feind verhielt sich auCer Artl.= und Spahtrupptatigkeit abwartend. Er verschob
5. ind. Div. vom Nordabschn. in den Raum der 2. neuseelandischen Inf.Div. Die
neu herangefiihrten Stab 7. Pz.Div. mit einer Schiitzenbrig. und einer Aufkl.Abtlg.
wurden 1. Pz.Div. und der neuseelandischen Inf.Div. unterstellt.
Luftaufklarung stellte im Raum ostw. el Alamein starke Kraftfahrzeugansamm=
lungen fest.
Heranfiihren der 10. ind. mot. Brig, ist wahrscheinlich. Angriffe der feindl. Luft=
waffe auf die eigenen Truppen bei Tag und bei Nacht haben sich auch am 5. 7.
weiter verstarkt.
Beim Herauslosen einer deutschen Panzerdiv. gelang dem Gegner ein geringer
ortl. Einbruch, Dabei betrugen die eigenen Verluste ^o Mann, von denen die Masse
verwundet oder gefallen ist. Die vom englischen Rundfunk verbreitete Nachricht
iiber Gefangennahme von 600 deutschen Soldaten trifft nicht zu.
Laufender Einsatz der deutsch=ital. Luftwaffenverbande im Raum der neuseelan=
dischen Div. fiigte dem Gegner schwere Verluste zu.
Die Verbindung mit OB Siid und dem Dt. Gen. b. H.Qu. der ital. Wehrmacht fiir
Abtransport des verst. Inf.Rgt. von Kreta nach Nordafrika ist sichergestellt. Die
ersten Transporte zur Luft finden voraussichtlich am 6. 7., die zur See am 7. 7. statt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 6. 7. 42
I. Raum um England:
In der Nacht vom 5. zum 6. LM=Verseuchung Pembroke durch 8 Flugzeuge.
Wahrend des 6. am Tage keine besonderen Vorkommnisse,
Vor Yarmouth 21.27 Uhr 3 Zerstorer, 25 Dampfer Kurs Nord.
Vor Orfordness 21.10 Uhr Geleitzug, 1 Zerstorer, 14 kleine Dampfer Kurs Nord.
Nordlich Margate mit Kurs auf Northforeland gegen 21.30 Uhr 35 Schiffe.
20—25 sm siidlich Portland 16 Dampfer Kurs West.
30 sm siidostwarts Start Point 20.00 Uhr 11 Dampfer auf Westkurs.
Am Vormittag gegen 11.00 Uhr wurden im Kiistengebiet zwischen Start Point
und Salcombe 40 Sturmlandungsboote festgestellt.
Im Atlantik um 11.00 Uhr im Qu 24 West 7774 480 Meilen westsiidwestlich Brest
Geleitzug, 1 Zerstorer, 3 Vp.=Boote, 22 Dampfer Kurs y^ Grad.
Uber eigenen Nachteinsatz liegen noch keine Meldungen vor.
Der Feind flog in der Nacht zum 7. mit nur 2 Flugzeugen in das Kiistengebiet
Borkum—Wangerooge— Helgoland ein. Vermutlich Minenabwurf.
In Westfrankreich 34 Einfliige; vermutl. Minenabwurf in der Gironde=Miindung.
1 Flugzeug abgeschossen.
480
6. Juli 1942
2. Mittelmeer:
OB Slid fiihrte in der Nacht vom 5. zum 6. mit starken Kraften einen Einsatz
gegen die Flugplatze von Malta mit Schwerpunkt La Venezia durch. Durch gleich=
zeitigen Einsatz von Storfunk gegen die feindlidKen Funkgerate wurde feindliche
Nacht jagd wirkungsvoll ausgeschaltet.
Wahrend des Tages Fortsetzung der Angriffe mit Sdiwerpunkt gegen Flugplatz
Luca. Seit 4. 7. nach Bildaufklarung Zerstorung von insgesamt 17 Flugzeugen am
Boden. Durch Begleitjager wurden 2 Feindflugzeuge abgeschossen und 3 weitere
beschadigt.
Flie.=Fu. Afrika unterstiitzte den Kampf der Panzerarmee im Raum der Alamein=
Stellung. Hierbei 5 Feindflugzeuge abgeschossen. Durch die Aufklarung wurden im
Raum Alexandrien etwa 12 000 feindliche Kraftfahrzeuge festgestellt, die auf
Evakuierungsmalinahmen schliefien lassen.
In der Nacht vom 5./6. Fortsetzung der Verminung von Suez. Hierbei wurden
gleichzeitig erstmalig einige LT 350 zum Einsatz gebracht. Wirkungsbeobachtung
wegen starker Abwehr nicht moglich.
Reger feindlicher Geleitverkehr im ostlichen Mittelmeer mit Schwerpunkt um
Port Said.
Die Hafen Beirut, Tripoli (Syrien) und Famagusta (Cypern) wurden gelichtbildet.
Zwischen Haifa und Jaffa wurde um 15.35 Uhr ein Geleitzug, bestehend aus
1 leichten Kreuzer, 2 wahrscheinl. Zerstorer, 4 Vp.=Boote und 5 Dampfern Kurs
190 Grad gesichtet.
5. Ostfront:
Am 5. 7. sehr starker Einsatz mit Sdiwerpunkt vor Armeegruppe Weichs und
6. Armee. Au6erdem Unterstiitzung eigener Angriffe im Raum um Bjeloj, wobei
22 Panzer und zahlreiche Kraftfahrzeuge zerstort oder beschadigt wurden. Ver=
luste: 4 :i42.
Siidlich der Krim wurde im Laufe des gestrigen Tages 1 U=Jager durch Luftwaffe
versenkt.
Aus dem Raum des Finnenbusens keine besonderen Meldungen.
Nach nunmehr abschliefiender Meldung wurden durch die Verbande der Lfl. 5
beim Einsatz gegen den Geleitzug PQ 17 16 Dampfer mit 99 000 t versenkt.
Am 6. 7. 08.00 Uhr Geleitzug von 7 Dampfern in 76 Grad ^^ Min. Nord und
44 Grad 45 Min. Ost Kurs Nordost. Der Verband, der nach Annahme Luftwaffe wohl
die schnelle Spitzengruppe des PQ 17 ist, lauft anscheinend entlang der Eisgrenze,
4. Besonderes:
Aus in der Zwischenzeit durchgefiihrten Ermittlungen iiber den Tagesangriff
gegen Flensburg am 2. 7. ergibt sich, da6 der Angriff durch Moskito=Flugzeuge durch»
gefiihrt wurde. Flugzeuge sind im wesentlichen aus Holz gebaut und daher durch
Gerate schwer zu erfassen. Geschwindigkeit wahrscheinlich iiber 440 km^. Da Angriff
im Tiefflug erfolgte, hatten eigene Jager Schwierigkeiten mitzukommen. Nur
1 Feindmaschine konnte durch Jager in einer Kurve abgeschossen werden. Bewaff=
nung konnte keine festgestellt werden, anscheinend sind die Flugzeuge unbewaffnet,
daher auch die hohe Geschwindigkeit. Besatzung 2 Mann. Mit unseren neuen
Jagern FW 190 und Bf 109 G macht die Bekampfung dieser Flugzeuge auch in Boden=
nahe keine Schwierigkeiten. Der Gegner verfiigt vermutlich nur iiber wenige der=
artige Flugzeuge. Bisher 1 Flugzeug dieser Art nur einmal iiber Koln am Tage
aufgetreten.
1 Zahl erscheint zu niedrig, um das Folgende zu erklaren.
481
B. Kriegstagebuch
7.Julil942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
11. Armee: Durchfiihrung der Sauberungsaktion an der Siidkiiste der Halb=
insel Chersones.
Im Raume nordl. Kertsch feindl. Durchbruchsversuch mit Unterstiitzung von
leichten Gr.=Werfern und M.G/s (etwa loo Mann) abgewiesen.
6. Armee: setzte die Verfolgung nach Osten fort. Nordl. Waluiki wurde
von den hier stehenden Divisionen die Bahn erreicht. Bei Alexejewka und
siidl. davon stiefien Inf.Div.en nach Sudosten vor. Auch siidl. Ostrogoschsk
konnten Panzerdiv.en 20 km Raum nach Siidosten gewinnen. Siidl. Swoboda
stiefi eine mot. Div. in ostl. Richtimg iiber die Bahn vor.
4. Pz. Armee: Woronesch ist vom Feinde geraumt. Eign. Truppen sind vom
Nord= und Westrand der Stadt zur Besetzung angetreten. In der Vorstadt ostw.
Woronesch befindet sich noch Feind. Gegen die Nordflanke der Armee teilw.
aus dem Gebiet nordl. Moskau herangefiihrte starke Feindkrafte sind unter
grofien Verlusten an Panzern geschlagen worden. Dabei schofi allein die
9. Pz.Div. am gestrigen Tage bis 14.00 Uhr 61 Feindpanzer ab. 9. und
11. Pz.Div. gingen in nordl. Richtung dem geschlagenen Feinde nach. Eine ein=
geschlossene Feindgruppe ostw. Olym versuchte, nach Norden auszubrechen.
Siidl. Liwny halt der starke Feinddruck an. Hier wurden Feindangriffe ab=
geschlagen. Ein grolier Teil der im Winter und Friihjahr neu aufgestellten
Panzer= und mot.=Verbande ist in dieser Gegend siidl. Jelez vernichtet wor=
den. Nach vorliegenden Feststellungen wurden bis 5. 7. etwa 16 000 Gefangene
eingebracht und 305 Geschiitze erbeutet sowie 405 Panzer vernichtet.
H.Gr. Mine:
Starkere feindl. Angriffe siidl. Bjelew wurden abgeschlagen und im Gegen=
stofi die eign. HKL wiederhergestellt. Westl. davon wurde eingebrochener
Feind vernichtet. Starke Fliegerangriffe auf eign. Stellungen und Hintergelande.
Westsiidwestl. Suchinitschi griff der Feind nach Artl.=Vorbereitung und Einsatz
starker Fliegerverbande mit Panzern die Stellung einer Inf .= und einer Panzer=
Div. an imd konnte mehrere Ortschaften in Besitz nehmen. Gegenangriffe
hatten vorlaufig keinen Erfolg. Bei Kirow wurde ein Feindangriff mit Artl.=
Unterstiitzung abgeschlagen. Die siidl. Mostowaja vorgehende 5. Pz.Div. und
14. mot. I.D. haben bis auf kurze Entfernung die Stellimgen bei Bjeloj erreicht
und so die Trennungsfront verstarkt. Ausbruchsversuche des Feindes wurden
abgewehrt. Auf der Westfront westl. Sytschewka gingen eign. Truppen im
Vorstoli nach Osten vor und konnten z. T. 20 km Gelande gewinnen. Im
Siiden dieser Front wich der Feind nach Westen aus.
H.Gr. Nord: Keine besonderen Kampfhandlungen.
48^
7. Juli 1942
Finnland (5. 7.)
Sudostfront: AuBer verstarkter eign. Artl.=Tatigkeit keine bes. Ereignisse.
Bei Powenez ostw. Maselskaja wurden im riickw. Gebiet des Feindes mehrere
Waldbrande beobachtet.
Nordostfront (Geb.AOK 20): Keine besonderen Kampfhandlungen. Audi hier
beim Feinde anhaltende Waldbrande. Brande auf eign. Gebiet z. groCten Teil
geloscht.
Panzerarmee Afrika (6. 7.)
Feind fiihrte im Laufe des 6. 7. mehrere starke, von Panzern unterstiitzte Vor=
stofie gegen die eigene Abwehrfront siidl. El Alamein durch. Nach erheblichen Pz.=
Verlusten setzte er sich in den Abendstunden wieder nach Osten ab. Die Befehls=
fiihrung iiber die bestehenden Feindkrafte vvird wie folgt angenommen: Im Siid=
abschn. XIII. A.K. mit 2. neuseel. Div., 5. ind. Div. und 7. Pz.Div. Im Nordabschn.
wahrscheinl. X. A.K. mit 50. engl. Div., 2. siidafr. Brig, und 1. Pz.Div.
Bei der Abwehr von feindl. Pz.=Vorsto6en am 5. und 6. 7. wurden 24 Panzer=
kampfwagen vernichtet, 3 neu aufgetretene Panzerspahwagen abgeschossen, eine
Anzahl von Gefangenen eingebracht. Die Abwehrfront siidl. El Alamein wurde
durch zahlreiche Minenauslagen verstarkt.
Die Angriffe der feindl. Luftwaffe auf die eign. Truppe und Kiistenstrafie wurde
insbesondere in der Nacht verstarkt. Der Verkehr auf der Kiistenstrafie in der Nacht
ist grofitenteils unterbrochen.
Die eign. Luftwaffe setzte ihre Angriffe auf die im siidl. Teil der Abwehrfront
angesetzten Feindkrafte fort.
Die Schiffstransporte von Italien nach Afrika gehen immer noch fast ausschliefi=
lich nach Tripolis und Bengasi. Infolge der Zeitdauer des Vortransports und des
Materialverschleifies auf dieser 2 200 km bzw. 1 200 km langen Strecke hat sich
die Zufiihrung von Verstarkungen auf dem Gefechtsfeld bisher kaum ausgewirkt.
Der Hafen von Tobruk hat fiir die Aufnahme und Ausladung von Nachschub=
schiffen bereits seit dem ersten Tage bereitgestanden. Die materielle Auffiillung
der Div.en konnte daher nur geringe Fortschritte machen. .—.'... ^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 7.7.42
I. Raum um England:
Wahrend des Tages im Westraum 2 Feindflugzeuge sicher, 1 wahrscheinlich ab=
geschossen.
Bei Jaboeinsatz von 4 FW 190 im 5olent=Arm Angriff auf 2 sehr groSe Schiffe.
Verband meldet 1 Fahrzeug 10 000 t versenkt, 1 Fahrzeug 10 000 t schwer bescha=
digt. Ferner 1 Minenraumboot beschadigt.
Nordlich der Faroer (80—100 sm) 20.10 Uhr 2 Zerstorer Kurs Siid.
20 sm nordostlich der Faroer um 20.20 Uhr 2 siidgehende Frachter ohne Erfolg
angegriffen.
Heute morgen 05.05 Uhr (8. 7.) 30 sm ostl. Thorth Haven Feindverband be=
stehend auf 1 Flugzeugtrager, 1 Schlachtschiff, 2 schweren Kreuzern und 8 Zer=
storern auf wechselnden Kursen, Generalkurs Siid.
Am 7. 7. 06.15 Uhr ostwarts Orfordness 18 Dampfer Kurs Siid.
Siidlich Beachy Head 21.30 Uhr 18 Dampfer, 8 Vp=Boote Kurs Ost.
Ostwarts Start Point 00.55 Uhr 20 Dampfer Kurs Ostnordost.
Westlich Trevose Head 21.18 Uhr 9 Dampfer, 5 Vp=Boote Kurs Siidwest.
Eigener Nachteinsatz: In der Nacht zum 8. 53 Flugzeuge Angriff auf Middles=
brough. 8 Ju 88 Wiederholung der Verminung von Pembroke.
483
B. Kriegstagebuch
Der Feind fiihrte in der Nacht zum 8. lo Kiistenanfliige in der Deutschen Bucht
mit vermutl. Minenlegen durch.
2. Mittelmeer:
Einsatz des OB Siid zur Bekampfung der Flugplatze auf Malta. Hierbei 9 Feind=
flugzeuge abgeschossen.
Flie.=Fii. Afrika unterstiitzte die Panzerarmee Rommel. Bisher 1 Abschufi gemeldet.
In der Nacht 6J7. wurde durch 9 Flugzeuge die LM=Verseuchung des Hafens von
Suez fortgesetzt.
Zwischen Port Said, Haifa, Jaffa und Famagusta lebhafter Verkehr kleinerer
Sammelfahrten.
Italienische Luftaufklarung sichtete 15.43 Uhr nordwarts El Arish 4 Zerstorer,
2 kleinere Kriegsfahrzeuge, 4 Dampfer mit Kurs West.
5. Ostfrotit:
Am 6. 7. Einsatzschwerpunkt im Raum um Woronesch und Jelez. Bei der Unter=
stiitzung der Operationen im Raume Bjeloj wurden 82 Panzer zerstort oder be=
schadigt. Verluste: 2 : 96.
Aus dem Schwarzmeerraum keine besonderen Meldungen.
Im Finnenbusen wurden am 6. 7. 3 Vp=Boote beschadigt.
Lfl. 5 griff am 7. die Dockanlagen von Rosta, den Flugplatz von Murmansk sowie
die Kaianlagen der Kola=Bucht mit gutem Erfolg an. Treffer neben Schleusentor,
in Werkshallen, Gleisanlagen und Flakstellungen werden gemeldet. 12 Feindflug=
zeuge in der Luft abgeschossen, 4 am Boden zerstort.
Zwischen 14.00 und 14.40 Uhr 60 sm nordlich der Kanin=Halbinsel 1 grofier
Bewacher durch mehrere Volltreffer versenkt.
8.Julil942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. Sud:
II. Armee: Nach Gefangenenaussagen sollen sich in Hohlen der Steilkiiste
auf der Halbinsel Chersones noch 3000—4000 Russen verstecken. Auch hart
nordl. Kertsch halten sich noch feindl. Restgruppen in den Steinbriichen ver=
borgen, die in der Nacht zum 6. 7. mit etwa 100 Mann einen Ausbruchsver=
such aus einem Steinbruch machten, um Lebensmittel zu besorgen.
Im siidl. Teil der H.Gr. keine besonderen Kampfhandlungen. J
6. Armee stiefi mit Stidfliigel ostw. Charkow iiber die Bahnlinie etwa 20 km
nach Osten vor. Telle der siidl. und siidwestl. stehenden Divisionen gingen
nach Siiden und Siidosten iiber Wawarowka vor. Ostw. davon wurde ein
Flufilauf iiberschritten, Rossosch genommen und weiter nach Siiden vorge=
stolien. Samtliche Briicken unversehrt in eign. Hand. Nordl. Rossosch gingen
Telle einer mot.Div. iiber den Flufi und die Bahn nach Osten vor. In Swoboda
drangen Telle einer mot.Div. ein und kampfen, unterstiitzt von einer Jg.Div.,
im Ostteil des Ortes. Nordostw. davon ist der Gegner im Don=Knie zusam=
mengedrangt und wehrt sich hier mit Panzern. Im Vorort Woronesch wird
noch gekampft. Auf der Nordfront halten die feindUchen Angriffe mit Panzern
4S4
8. Juli 1942
an. 9. Pz.Div. konnte wieder mehrere Panzer vernichten. Im Raum Liwny ist
Angriff eines feindl. Batl.s mit Panzern im Gange. Im riickw. Gelande wird
nordl. Kastornoje eine Feindgruppe bekampft. Das Wetter im Siidteil wech=
selnd bewolkt, bis + 25 Grad, Strafienzustand gut, im nordl. Teil bei 22 Grad
einzelne Regenschauer.
H.Gr. Mitte:
Wie in den Vortagen so wurden auch gestern wieder die eign. Linie siidl.
Bjelew angegriffen. Der Feind setzte hier und westl. davon etwa 180 Panzer
ein. Alle Angr. wurden abgeschlagen. Mehr. Panzer erledigt. Westl. und siid=
westl. Suchinitschi griff Feind zu wiederholten Malen die Stellung einer Inf.=
und einer Pz.Div. an. Es gelang ihm auch heute wieder, einige Ortschaften in
Besitz zu nehmen. Er verlor in den letzten beiden Tagen an dieser Stelle 48
Panzer. Nordl. Bjeloj wurden Angriffe auf den Sperriegel der 1. Pz.Div. ab=
geschlagen. Ostw. Bjeloj gelang es, mit der von Norden kommenden 5. Pz.Div,
Verbindung aufzunehmen. Bei Sauberung des Gelandes wurden 20 Panzer
erbeutet. Siidwestl. Sytschewka gingen eign. Krafte bis an den Dnjepr und
dariiberhinaus nach Westen vor, dem zuriickgehenden Feinde folgend.
Wetter: im allgem. warm, Wege gut abgetrocknet.
H.Gr. Nord:
Keine besonderen Ereignisse.
Finnland (6. 7.)
An alien Fronten keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (7. 7.)
Feindl. teilw. von Pz. unterstiitzte Vorstofie gegen die eign. Abwehrfront waren
sdiwacher als in den Vortagen. Mehrere Pz.Kampfwagen wurden abgeschossen.
Auf dem Sudfliigel wurde 5. ind. Div. unter starken Verlusten in siidostwartiger
Richtung zuriickgeworfen. Feindlage und Gruppierung sonst unverandert,
Eigene Aufklarungsverbande verhinderten auf dem Sudfliigel in hervorragendem
Zusammenarbeiten mit starken Verbanden der Luftwaffe einen Umfassungsversudi
starker feindl. Krafte in westlidier Riditung. Eine gro6ere Anzahl von Kfz. wurde
vemichtet bzw. in Brand geworfen. Die bis zum Abend des 7. 7. gewonnene Linie
wurde durch Minenanlagen verstarkt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 8. 7. 42
I. Raum um England:
Im Westraum 1 Spitfire abgesdiossen.
13.44 Uhr nordwestlich der Orkneys (Qu 16 West 40 ^^) 1 Trager, 1 Schlacht*
schiff, 1 schwerer Kreuzer, 6 Zerstorer Kurs Siid. Etwas nordostlich davon 2 weitere
Zerstorer.
Bei Peterhead 21.09 Uhr 44 Dampfer, 3 Zerstorer, 4 Vp=Boote Kurs Siid.
The Wash einlaufend 21.44 Uhr 15 Dampfer, 3 Vp=Boote.
485
B. Kriegstagebuch
Zwischen Dungeness und Beachy Head 20.35 Uhr 20 Dampfer Kurs Nordost.
Im Seegebiet um die Isle of Wight reger Schiffsverkehr.
240 Meilen westnordwestlidi Brest 10.10 Uhr 20 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs
Nordnordwest.
Kein eigener Nachteinsatz.
Der Feind flog in der Nacht zum 9. mit ca. 45 Flugzeugen zwischen 01.00 und
03.00 Uhr in das nordwestdeutsche Kiistengebiet ein. Angriffsschwerpunkt Wil=
helmshaven. Dort 124 Sprengbomben (davon 8 LZZ) und 10 000 Brandbomben.
In Kriegsmarinewerft 24 5preng= und zahlreiche Brandbomben. Schaden in meh=
reren Werkstatten. Brande an U=Bootshelligen, Schiffbauhalle, Navigationsgebaude
und anderen Baulichkeiten. Kein Produktionsausfall. In der Stadt 35 Brande, dar=
unter ein Grofibrand, samtlich geloscht. 3 Abschiisse durch Nachtjager.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen Malta durch OB Siid. Hierbei 8 Spitfire abge=
schossen. Unterstiitzung der Panzerarmee mit Schwerpunkt am rechten Fliigel.
Dabei 3 Hurricane abgeschossen.
3. O St front:
Einsatzschwerpunkt im Raum der Lfl. 4. Lfl. 5 wiederholte Angriffe auf Murmansk
mit guter Brandwirkung am Ostrand der Stadt. Bei beiden Lfl.en insgesamt 48 Ab=
schiisse und 25 Feindflugzeuge am Boden zerstort.
An Schiffsbewegungen weder im Eismeer noch im Finnenbusen noch im Schwarz=
meerraum besondere Meldungen.
9. Juli 1942
Lagebericht OKH
[Befehl des Fiihrers angesichts der „hohen Wahrscheinlichkeit" einer fdl.
Landung im Bereich des OB West^.]
Osten
H.Gr. Siid:
Ostw. Kramatorskaja und nordl. davon traten die Div.en^ zum Angr. nach
Osten an und gewannen etwa 15—20 km Raum. Der Feind leistet nur schwa=
chen Widerstand und geht mit der Hauptmasse nach Osten zuriick. Nordostw.
Isjum und bei Sennikowo sind zwei Briicken iiber den Oskol fertiggestellt.
Die 6. Armee erreichte im Vorgehen nach Siidosten mit dem Siidfliigel die
Krasnaja und iiberschritt sie mit 2 Divisionen nach Siidosten. Nordostw. davon
wurde Kolodes und Aidar erreicht und dort ein Briickenkopf gebildet. Die von
Rossosch nach Siiden vorstoliende Panzerdivision steht bei Mitrofanowka
im Kampf mit feindl. Pz.=Kraften. Ostw. davon geht eine mot. Div. nach
Siiden auf den Bogutschar=Abschnitt vor. Nordl. Swoboda und westl. davon
1 OKVJl]NVSt Nr. ^^121^/42 g.Kdos. Chefs, vom 9. ]uli ±942 im Dokumenten=
Anhang Nr. 15.
2 Die 1. Pz. Armee unter der neu in die Fiihrung eingeschalteten H.Gr. A (GFM List).
g. Juli 1942
Starke feindl. Angriffe, die abgewiesen wurden. Die rum. Divisionen folgen
dem Vormarsch nach Osten in Richtung Don. Auf der Nordflanke sudl. Jelez
und bei Liwny halt der Feinddruck an. AUe Angriffe wurden unter hohen
Feindverlusten abgewiesen.
Wetter: sonnig. Temp. + 26 bis 32 Grad, Wege befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Die Angriffe im Raume westl. Bjelew waren schwacher als an den Vortagen.
Westl. Suchinitschi griff der Feind abermals mit starken Panzerkraften an.
Er wurde abgewiesen. Die gestern zuriickgenommene Linie wird gehalten. Im
ganzen waren von Feindseite eingesetzt: 12 Schiitz.Div.en, 5 Schiitz.Brig.en,
10—12 Pz.Brig.en und eine mot. Brig, mit zusammen 600 Panzem. Davon wur=
den im Raume Bjelew 130 Panzer, im Raume westl. Suchinitschi 105 Feind=
panzer von Heerestruppen erledigt. Die Luftwaffe vernichtete 54 Feindpanzer.
Weitere Pz.=Kampfwagen wurden beschadigt. Im Raume nordl. Bjeloj griff der
Feind die neue Abriegelungsstelle stark an, woran sich auch fdl. Luftwaffe be=
teiligte. Die Angriffe wurden abgewiesen.
Siidwestl. Sytschewka gingen eign. Verbande uber Cholm in nordwestl.
Richtung vor und erreichten die siidostw. Bjeloj stehenden eign. Krafte. Auf
diese Weise entstand ein grofierer Feindkessel. Weitere VorstoJSe in diesen
Kessel sind im Gange. Von der Strafie Smolensk— Wjasma nach Norden
griffen eign. Verbande an und gewannen etwa 10—20 km Boden. Bei Newel
verstarkten sich die Partisanen. Mehrere Strafienverminungen wurden fest=
•gestellt.
H.Gr. Nord:
Feindl. Angriffe siidwestl. Staraja Russa mit Luftwaffenunterstiitzung wur=
den abgeschlagen bzw. vor den eigenen Linien zum Stehen gebracht.
Finnland (8. 7.)
Im Finnenbusen stellte Luftaufkl. fest, daS russ. Sdinellboote auf der Insel
Someri nordostw. Hogland Landungstruppen abgesetzt haben.
Sonst keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (8. 7.)
50. engl. Div. wurde aus der Front siidl. El Alamein herausgelost und durch Teile
der im Verteidigungssystem von El Alamein eingesetzten 1. siidafrikanischen Div.
ersetzt.
Im mittleren Frontabsdin. fiihrte der Gegner in Nadit vom 7. zum 8. 7. einen
schwacheren Storangriff durdi. Dieser wurde unter Verlusten fiir den Feind ab=
gewiesen. Einzelne feindl. Stortrupps unternahmen in Nadit vom 7. zum 8. 7. einen
Uberfall auf Flugplatz Fuka. Hierbei wurden einige ital. Flugzeuge zerstort. Am
Siidfliigel der Armee eingesetzte Krafte gewannen Nordrand der Kattara=Senke,
warfen den Gegner weiter nach Osten zuriick und riegelten nadi Westen ab.
487
B. Kriegstagebuch
Vor der gesamten Front geringere Artl.=Tatigkeit als an den Vortagen. Die
Angriffe der feindl. Luftwaffe wurden anscheinend mit geringeren Kraften durch=
gefiihrt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 9. 7. 42
1. Raum um England:
Am Morgen des g. y. Jaboeinsatz gegen Flugplatz East Deam. i Flugzeug mit
Sicherheit am Boden zerstort, i Halle in Brand geworfen.
06.12 Uhr Jaboeinsatz gegen Geleit 30 km siidwestlich Portland, hierbei 1 Be=
wacher und 1 Handelsschiff von 3 000 t versenkt, 1 Handelsschiff 2 500 t beschadigt.
21.00 Uhr nordlich Margate 13 Dampfer Kurs Siidwest. Zur gleichen Zeit ostlich
Ramsgate 6 Dampfer und in Dungeness 4 Dampfer stilliegend.
Siidostwarts Beachy Head Geleit von 25 Dampfern, 1 Kreuzer, 8 Zerstorern,
3 S=Booten und 3 Korvetten Kurs yo Grad (ebenfalls 21.00 Uhr).
20.30 Uhr siidwestlich Milford 1 Kreuzer, 18 Dampfer, 6 Vp=Boote, und etwas
weiter siidostwarts 2 weitere Dampfer, anscheinend Milford einlaufend.
Eigener Nachteinsatz gegen Schiffsziele ohne Ergebnis, dafiir als Ausweichziel
Great Yarmouth durch 4 Ju 88 angegriffen.
Der Feind flog in den spaten Nachmittagsstunden mit 2 Flugzeugen im Raume
Helgoland— Scharhorn ein. Dabei Abwurf von 3 Sprengbomben in Nahe Batterie
Scharhorn ohne Schaden. Wahrend der Nacht 23 Einfliige im Raum Borkum— Helgo=
land, dabei wahrscheinlich Verminung. 1 Abschufi durch Nacht jager.
An der norwegischen Kiiste mit Schwerpunkt im Raum Drontheim 18 Einfliige,
anscheinend Suche nach Schiffszielen bzw. Verminung.
2. Mitfelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen die Flugplatze La Venezia und Luca auf Malta.
Hierbei 3 Feindflugzeuge sicher, 3 weitere wahrscheinlich durch Begleitschutz ab=
geschossen.
Fortsetzung der Unterstiitzung der Panzerarmee im Raume El Alamein und
Angriffe gegen Flugplatze im agyptischen Raum.
5. Ostfront:
Starker Einsatz zur Unterstiitzung der Heeresgruppe Siid. Nach bisherigen Mel=
dungen insges. y8 Feindflugzeuge (einschl. der Einsatze Lfl. 5 im Raume Murmansk)
abgeschossen.
Wahrend des Tages Angriff auf Tuapse, hierbei nach bisherigen Vorausmeldungen
1 Tanker und 1 Handelsschiff beschadigt.
Aus dem Raum des Finnenbusens keine besonderen Meldungen.
Die Lfl. 5 griff einen Feindflugplatz im Raum Murmansk mit gutem Erfolg an.
Belegung Kola=Bucht 8. 7.: 21 Dampfer mit 70000 t, 1 Tanker mit 1500 t,
1 U=Boot im Dock.
Im Kriegshafen Pola Noje 5 U=Boote.
Einige Einzeldampfer im Seegebiet nordlich Kap Teriberski.
Im Hafen Jokonga 19.28 Uhr 13 Handelsschiff e (ohne Tonnageangabe).
19.25 Uhr ostwarts Jokonga 4 Dampfer, 3 Vp=Boote Kurs Nordwest,
Die Reste der PQ 17 wurden erneut angegriffen und um 24.00 Uhr bei einem
Einsatz von 13 Ju 8y in Qu. 37 Ost 9187 (140 sm ostnordostlich Murmansk)
1 Dampfer von 7 000 t versenkt. (Sinken durch Fiihlunghalter beobachtet.)
Auf Grund der Luft= und Funkaufklarung, der Gefangenenaussagen und sonstiger
Unterlagen ergibt sich eine Gesamtstarke der SU=Fliegergruppe von etwa:
483
10. Juli 1942
a) Front: 1200 SU=Flugzeuge I. Kl.
450 „ II. Kl.
130 „ versch. Muster
420 fremdl. Frontflugzeuge.
b) Riickw. Gebiet: 500 fremdl. Flugzeuge
{80 im Raum Baku,
250 im Raum Tiflis,
100 im Raum Nordkaukasus— Wolodga— Sokol,
70 im Raum Archangelsk).
10. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A und B:
Sewastopol: Bel Sauberungskampfen an der Siidkiiste der Halbinsel Cher=
sones wurden 1 200 Gefangene eingebracht.
Ostw. Artemowsk warfen eign. Krafte den Gegner aus seinen Stellungen
nach Norden zuriick. Nordl. davon noch erheblicher Widerstand. Eign. und
ung. Krafte nordl. und siidl. Isjum haben im Vorgehen nach Osten die Krasnaja
erreicht. Gegenangriffe wurden zuriickgeschlagen. Von Swatowo bis Rossosch
gehen eign. Krafte iiber die Linie nach Ostsiidost vor. Nur siidl. Rossosch
bei Michailowka leistet Feind vor 3. Pz.Div. erheblichen Widerstand. Ostw.
davon hat eine mot. Div. den Bogutschar iiberschritten und den Briickenkopf
erweitert. Telle der 29. Div. haben den Don bei Pawlowsk erreicht. Bei
Swoboda noch erheblicher feindl. Widerstand. Den Don aufw. bis Woronesch
nur geringe feindl. Tatigkeit. Der Feinddruck und die Angriffe auf die Stellun=
gen siidl. Jelez und Liwny halten an. Bei einer Div. in Gegend des Olym
konnte der Gegner einen Einbruch erzielen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Nowosil wurde ein stark, fdl. Angr. abgewehrt. Im iibrigen verstarkt
sich der Feind auf der Front zwischen Nowosil und Jelez. Die harten Angriffe
der vorhergehenden Tage im Raume Bjelew— Suchinitschi— Kirow hielten auch
gestern mit unverminderter Starke an. Der Feind fiihrte starke Artl. mit
groliem Einsatz von Munition ins Gefecht. Panzer= imd Luftwaffeneinsatz
an dieser Stelle lassen auf einen seit langem vorbereiteten Grofiangriff schliefien.
An den Durchbruchsstellen siidl. Bjelew und westl. Suchinitschi werden neue
Div.en herangefiihrt. Eign. Verluste an Menschen und Material erheblich. Mit
weiteren Angriffen ist zu rechnen. Im Raume ostw. Bjeloj wurden die Feind=
kessel verengt. Auch siidl. davon gehen eign. Krafte ohne nennenswerten
Feindwiderstand nach Westen und Norden vor.
H.Gr. Nord:
Keine bes. Kampfhandlungen.
489
B. Kriegstagebuch
Filmland (8. 7.)
Sudostfront: Am 8. 7. um 0.15 griff Feind nach starkem Luftangr. die Insel Someri
(45 km siidostw. Kotka) mit etwa 20 Bewachungsbooten an. Es gelang dem Gegner,
etwa 1 Komp. zu landen und spaterhin weitere leichte Boote einzusetzen. 8 feindl.
Fahrzeuge wurden versenkt und die gelandeten Truppen eingeschlossen. An den
iibrigen Abschnitten der Front keine wesentlichen Kampfhandlungen.
Nordostfront: In den Abschnitten Louhi— Kandalakscha besonders lebhafte Aufkl.=
Tatigkeit des Feindes. Am 8. 7. wurde die Entladung von 4 Frachtem und 22 klei=
neren Schiffen auf der Fischerhalbinsel beobachtet.
Panzerarmee Afrika (9. 7.)
Nordabschnitt der El=Alamein=Stellung weiterhin besetzt. Im Sudabschnitt wich
der Feind vor eign. Angriff in ostwartiger Richtung aus. Unter Sicherung durch
7. Pz.Div. und 5. ind. Div. wurde die 2. neuseeland. Div. aus dem SUdabschnitt
herausgelost und anscheinend zunachst in den Raum siidl. der 1. Pz.Div. zuriick=
genommen. Die Krafte der 7. Pz.Div. und der 5. ind. Div. wurden bis zum Abend
in Linie 10—12 km westl. der Piste Alamein zuriickgeworfen.
Pz.Armee Afrika trat am 9. 7. morgens zum Angriff gegen den Sudteil der
El=Alamein=Stellung an und durchbrach sie im Laufe des Tages unter Zuriickdrangen
starkerer Feindkrafte in ganzer Breite von der Kattara=Senke bis zur bisherigen
Einbruchsstelle. Hierbei wurde ein durch zahlreiche Kampfanlagen und zahlreiche
Minenfelder stark ausgebautes Befestigungswerk genommen und besetzt.
Da seit 21. 6, von deutscher Seite ein regelmafiiger Schiffsverkehr Bengasi— Tobruk
und spaterhin bei Marsa Matruk stattfand, war die Versorgung der Truppe bisher
ausreichend. Die Sicherstellung der Grol2versorgung verlangt aber die Zufiihrung
aller Versorgungsguter aus Italien direkt nach Tobruk bzw. in weiter ostw. ge=
legene Hafen, da in Bengasi einlaufende Giiter mit den Mitteln der Pz.Armee nicht
mehr vortransportiert werden konnen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 10.7.42
1. Raum um England:
Wahrend des Tages im Westen keine besonderen Vorkommnisse.
Ostwarts Humber 07.40 Uhr 25 Dampfer Kurs Nord.
Ostwarts Start Point 21.20 Uhr Geleit ohne Kurs und GroJSenangabe mit starkem
Jagdschutz.
11.35 Uhr in der Lyme=Bucht 8 Kanonenboote Kurs West.
12.35 Uhr ostwarts Falmouth 11 Dampfer, 2 Vp=Boote Kurs 50 Grad.
Einsatz geringer Krafte zur nachtUchen Schiffszielbekampfung ohne Ergebnis.
Als Ausweichziel von Einzelflugzeugen Portland und Weymouth angegriffen.
Keine Einfliige ins Reichsgebiet. In Norwegen 3 Einfliige, in Westfrankreich 7.
Keine besonderen Vorkommnisse, keine Bombenabwiirfe, keine Abschiisse.
2, Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen die Flugplatze Malta und der Einsatze zur Unter=
stiitzung der Panzerarmee. Hierbei insgesamt 21 Feindflugzeuge abgeschossen. Sehr
gute Angriffswirkung auf feindliche Kraftfahrzeugansammlungen.
Vor Alexandrien (auslaufend) 09.15 Uhr 4 Kriegsschiffe Kurs Nord.
Nordlich Beltin 07.00 Uhr 2 Zerstorer, 2 S=Boote, 4 Dampfer Kurs Ost.
490
11. Juli 1942
5. Ostfront:
Aus dem Schwarzmeerraum keine besonderen Meldungen.
Starkster Einsatz der Lfl. 4 im Raume der Angriffsarmeen. Hierbei 95 Abschiisse.
Bei dem Kampf um Someri am 8. und 9. 7. wurden durch finnische Luftwaffe
insgesamt 18 feindliche Fahrzeuge versenkt und mindestens 8 beschadigt. Die
gelandeten Truppen wurden fast vollig vernichtet.
Lfl. 5 unterstiitzte Eindringen eines eigenen Geleites durch Niederhalten Feind=
krafte und Batterien auf der Fischer=HalbinseL
Aufklarung erfafite um 13.30 Uhr in 37 Ost 9098 (120 sm ostwarts Murmansk)
2 Feinddampfer, einzeln mit je 2 Vp=Booten marschierend. Schiffe zwischen 12.17
und 12.22 Uhr durch 16 Ju 88 angegriffen und beide Dampfer (1 8 000 t, 1 5 000 t)
sowie 1 Vp=Boot schwer beschadigt.
Im Hafen von Jokonga lagen 14.10 Uhr 10 Dampfer.
Nordlich der Kildin=Insel 07.50 Uhr 1 Dampfer, 10 Vp=Boote Kurs Nord.
4. Oh.d.L. Vuhrungsstah Ic teilt mit:
Auf Grund von Gefangenenaussagen ist in der nachsten Zeit mit der Moglichkeit
verstarkter Tagestiefangriffe gegen U=Boot=StUtzpunkte sowie gegen U=Bootbau=
und sReparaturwerften zu rechnen.
11. Juli 1942
[Weisung Nr. 45 „Fortsetzung der Operationen von der Krim"^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Bei Lissitschansk und nordwestl. davon konnten eign. vorgehende Truppen
Briickenkopfe iiber den Donez bilden. Die Briicken sind hier zerstort. Nordl.
Kremenaja halt Feind noch mit starken Nachhuten. Samtliche Briicken sind
auch hier und nordl. davon zerstort. Eign. Truppen sind im Vorgehen iiber
die Bahn nach Osten, die Masse des Feindes geht iiber Starobelsk in ostw.
Richtung zuriick.
H.Gr. B:
Der rechte Fltigel der H.Gr. erreichte mit V.Abt.en die Gegend 35 km ostw.
Starobelsk. Die bei Mitrofanowka und westl. kampfenden Panzer= und mot.
Verbande haben den Bogutschar iiberschritten und sind im Vormarsch siidostw.
der Linie Kantemirowka— Bogutschar. Die Inf.Div.en der 6. Armee folgen in
siidostw. Richtung und haben bei gleichzeitiger Sauberung des Gelandes viele
Gefangene gemacht und 20 Panzer erbeutet. Siidl. und nordl. Swoboda ist der
Donez erreicht. Bei Woronesch griff der Feind die Gegend des Bahnhofs nordl.
der Stadt an und wurde nach voriibergehendem Einbruch zuriickgeworfen.
Weitere stark. Angriffe an der Front siidl. Jelez. Hier wurden im ganzen
W. Hubatsch, Hitlers Weisungen, a. a. O., S. 192—94.
491
B. Kriegstagebuch
52 Feindpanzer vernichtet. Kleine Einbriiche wurden im GegenstoE wieder
bereinigt. Auch im Raume Livvny griff der Feind vergeblich an. Bereitstellungen
wurden durch eign. Artl. zerschlagen. Die Armeegr. richtet sich hier zwischen
Don und alter Stellung zur Verteidigung ein.
H.Gr. Mitte:
Im Raume Bjelew griff der Feind im Laufe desTa^es mehrere Male vergeblich
in Batl.=Starke an. Auch siidwestl. Suchinitschi wiederholte er seine Angriffe
mit Panzern, jedoch waren sie nicht so erheblich wie in den Vortagen. Nach
Meldung von feindl. Pz.=Bereitstellungen mul? mit erneuten Angriffen ge=
rechnet werden. Die Einbriiche der letzten Tage wurden weiter bereinigt. In den
Kessel ostw. Bjeloj griffen Panzer= und Inf.Div.en konzentrisch an und ver=
ringerten den Kessel. Bisher wurden im Raume um Bjeloj 7300 Gefangene ge=
macht, ebensoviele Tote gezahlt, 170 Panzer erledigt, 207 Geschiitze, 153 Pak
bzw. Flak, 749 Gr.=Werfer und 494 M.G.s erbeutet bzw. vernichtet.
H.Gr. Nord:
An der Wolchow=Front griff der Feind mit starken Kraften und Artl. mit
Panzern bei Dymno, Grusino und Salzy an. Er konnte an mehreren Stellen
voriibergehende Einbriiche erzielen, die im Gegenstofi bereinigt werden. Meh=
rere Panzer wurden erledigt.
Finn] and (9. 7.)
Bei den hartnackigen Kampfen um Someri wurden am 8. und 9. 7. insgesamt
18 feindl. Fahrzeuge versenkt und mindestens 8 beschadigt. Gelandete Truppen
fast vollig vernichtet, 100 Tote gezahlt. Lebhafter Schiffsverkehr in der Kandalak=
scha=Bucht. Starkere Streifentatigkeit des Feindes im Kandalakscha=Abschnitt.
Panzerarmee Afrika (10. 7.)
Feind griff mit Teilen 1. siidafrikanischer Div. — verstarkt durch Panzer — nach
einstiindiger Artl.=Vorbereitung in den friihen Morgenstunden den Abschnitt des
XXI. A.K. an.
Der Angriff wurde mit Schwerpunkt zwischen Kiistenstrafie und Meer gefiihrt.
Dem Gegn. gelang ein 5 km tiefer Einbruch im Abschnitt der Div. „Sabrata", deren
Batl.e und Artl.=Stellungen iiberrannt wurden. 1 Batl.=Stiitzpunkt wird noch ge=
halten. Der Durchbruch wurde 3 km siidostw. des Armeegefechtsstandes abgeriegelt.
Kampfe zur Wiederherstellung der Lage in den Nachmittagsstunden gegen die
Siidflanke der eingebrochenen Feindgruppe — durch Gegenangriff mehrerer schnell
zusammengestellter Kampfgruppen unter Fiihrung des Oberbefehlshabers — dauer=
ten in den Abendstunden noch an.
Im Siidabschnitt der El=Alamein=Stellung gewann der Angriff bei zahem feindl.
Widerstand nur langsam Boden. Das Werk El Taqua am Siidfliigel der El=Alamein=
Stellung wurde in Besitz genommen.
492
11. Juli 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 11. 7. 42
1. Raum iim England:
Wahrend des Tages im Westraum keine besonderen Vorkommnisse.
Am spaten Nachmittag 18.12 Uhr 5 km siidostlich Dartmouth Feindverband,
bestehend aus 1 Kreuzer und mehreren Zerstorer, Kurs Siidwest. Durch Jabos der
10. J.G. 2 angegriffen. Erfolg: 1 Zerst. der ,Jervis"=Klasse oder amerik. Typ mit
2 SC 500 angegriffen, davon eine Bombe unmittelbar neben dem Heck des Zer=
storers. Zerstorer begann nach 3 Minuten iiber Heck zu sinken. Ein weiterer Zer=
storer Treffer einer SC 500 auf dem Achterschiff mdt heftiger Explosion und einer
zweiten SC 500 unmittelbar neben dem Heck des Zerstorers, Zerstorer ist sofort
gesunken.
Gegen 20.50 Uhr Angriff der Gruppe 106 auf Geleit bei der Cornwall=Bank
nordl. der Scilly=Inseln. Hierbei 1 Dampfer 2 500 t beschadigt, ein Dampfer 5 000 t
wahrscheinl. beschadigt. 2 Ju 88 haben als Ausweichziel Falmouth angegriffen.
Ostwarts Orfordness 20.30 Uhr 26 Dampfer und 3 Zerstorer Kurs Nord. Dieser
durch 7 Do 217 ohne beobachteten Erfolg angegriffen. Als Ausweichziel Bomben
auf Lowestoft.
21.05 Uhr siidl. Eastbourne 15 Dampfer und 10 wahrscheinl. Zerstorer Kurs
Nordost.
Am spaten Nachmittag etwa 40 Einfliige in breiter Front uber Jutland Richtung
Schweden. Hiervon 20 Feindflugzeuge in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 01.41 Uhr
in mehreren Wellen bis zu 6 Flugzeugen Angriff auf Danzig. Flughohe 200—1800 m,
Flugzeugtyp 4=motorige Halifax und Liberator. Gesamtbombenanzahl noch nicht
gemeldet. 20—22 Schadenstellen. Gasanstalt ein Gasometer ausgebrannt. Bomben=
schaden in chem. Fabrik, in Schlachthof, Danziger Werft am Holm, Fischereizentrale.
Ferner Bombentreffer im Diakonissenkrankenhaus, etwa y^ Personen, meistens
Kinder, verschiittet. Bisher 8 Leichen geborgen. Wehrwirtschaftlicher Schaden un=
erheblich. Zahl der Toten und Verletzten noch nicht gemeldet.
Gegen 18.46 Uhr Einflug von 3 Feindbombern Typ Moskito iiber Eiderstadt und
Angriff auf Flensburg von Siiden. Flughohe 10 m gemeldet, Geschwindigkeit
400—450 km. Abgeworfen 8 Spreng= und 84 Brandbomben ohne besondere Schaden.
Ferner Bombenabwurf bei Tondern. Abschiisse : bei Danzig 2, in Danemark 2 und
in Norwegen 1 Blenheim.
Einsatz Nachtjager wegen ungiinstiger Wetterlage nicht moglich.
Fliegerfiihrer Nord meldet Bildaufklarung Scapa: 1 Schlachtschiff anscheinend
„King George"=Klasse, 1 Schlachtschiff, anscheinend „Renown", 3 schwere Kreuzer,
6 leichte Kreuzer. Auswertung Aufnahme schlecht wegen zu geringer Beleuchtung
und Wolkenschatten.
2. Mittelmeer:
Einsatz der Fliegerkrafte des OB Siid gegen die Flugplatze Halfar, La Venezia
und Luca auf Malta, hierbei 3 Abschiisse. Unterstiitzung der Panzerarmee im Raume
El Alamein durch wirkungsvolle Einsatze gegen Kraftfahrzeugansammlungen, Bat=
terie= und Feldstellungen. Bisher 7 Abschiisse gemeldet.
Vor Alexandrien 07.00 Uhr 4 Minensucher bei der Arbeit.
Bei Beltim 07.26 Uhr 3 Dampfer, 6 Vp=Boote Kurs Ostnordost.
Nach ital. Meldung vom 9. 7. Oase Siwa feindfrei.
3. Ostfront:
Aus dem Schwarzmeerraum und dem Finnenbusen keine besonderen Vor=
kommnisse.
Eigene Krafte gegen Reste PQ 17 am 11. 7. nicht mehr eingesetzt.
493
B. Kriegstagebuch
Nordlich Murmansk 13.35 Uhr 5 Dampfer Kurs 130 Grad.
Im Laufe des Tages Feindangriff auf Flugplatz Kirkenes; hierbei 30 Fasser Benzin
zerstort, 1 Flugzeug beschadigt. Abschufizahlen an der Ostfront liegen noch nicht vor.
12. Juli 1942
Lagebericht OKH*
Panzerarmee Afrika (11. 7.)
Feind fiihrte im Laufe des Tages an mehreren Stellen der Front Vorstofie
mit Panzerkraften und Infanterie durch. Hart siidlich der gestrigen Einbruchs=
stelle gelang ihm ein erneuter Einbruch, der zur Gefangennahme von 2 wei=
teren italienischen Bataillonen fiihrte. Durch Einsatz deutscher Armee= und
Flakartillerie konnte der Einbruch spater abgeriegelt werden. Bei Gegenangriff
wurden am Nachmittag einige beherrschende Beobachtungspunkte wieder=
genommen. AUe iibrigen feindlichen Vorstofie wurden bei Verlusten des
Gegners abgeschlagen.
Zur Abriegelung der Einbruchsstelle im Nordabschnitt sowie zur Bereinigung
der dortigen Lage war die Panzerarmee gezwungen, starke deutsche Verbande,
vor allem die Masse der deutschen Armee= und Flakartillerie, aus dem Sud=
abschnitt herauszuziehen. Panzerarmee ging daher mit Tagesanbruch im Siid=
abschnitt mit schwacheren Sicherungskraften in der erreichten Linie (8 km
westlich der Piste El Alamein— Quaret— El Hameimat) zur Abwehr iiber und
besetzte mit der Masse der Krafte (90. leichte und ital. Div. „Littorio'') die
ausgebaute Stellungslinie El Taqua— Ralat. Bei dem britischen Gegenangriff
am 10. und 11. wurden 2 Bataillone und die gesamte Divisionsartillerie der
Div. „Sabrata'' sowie 1V2 Bataillone Bersaglieri des ital. XXI. A.K. und 1 Ba=
taillon der Div. „Trieste'' gef angengenommen. Weitere Telle des ital. XXI. Korps
gingen fluchtartig unter Zuriicklassen ihrer Waffen zuriick.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 12. 7. 42
1. Raum um England:
Bei Jaboeinsatzen im Kanalraum 13.45 Uhr bei Brixham 1 Frachter 4 000 t
besdiadigt und 1 Bewacher 800 t sdiwer besdiadigt.
Im Kanalraum 2 Abschiisse.
Siidwestlidi Flamborough Head 06.54 Uhr 25 Dampfer Kurs Nord.
Ostwarts Great Yarmouth 21.57 Uhr 30 Dampfer stilliegend.
Ostwarts und siidostwarts von Start Point 2 mal je 3 Dampfer gegen 22.00 Uhr
auf Sud= bzw. Ostkurs.
Bei Falmouth 13.20 Uhr 6 Dampfer, 2 Vp=Boote Kurs Ost.
Eigener Nachteinsatz : 49 Flugzeuge zur Verminung der Themse.
In der Nacht zum 13. nur Kiistenanfliige in der Deutschen Bucht mit vermuth
Minenlegen.
1 Der Lagebericht vom 12. Juli 1942 iiber die Ostfront ist im KTB der Ski., Teil D
nicht enthalten.
494
13. Juli 1942
In Westfrankreich ca. 50 Einfliige, bei Lorient LM=Verdacht. Bombenabwurfe ohne
besondere Schaden. 1 Abschu6.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen die Feindflugplatze auf Malta und Unterstiitzung
der Panzerarmee mit Schwerpunkt am linken Fliigel der Alamein=Front. Bisher
3 Abschiisse gemeldet.
5. Ostfront:
Im Laufe des 11. 7. Angriffe durch 5 Flugzeuge auf Anapa, 8 Flugzeuge auf
Noworossijsk, 7 Flugzeuge auf Tuapse, 3 Flugzeuge auf Tamanskaja. Keine beson=
deren Erfolge gemeldet.
Aus dem Raum des Finnenbusens keine besonderen Meldungen.
An der Polar=Front Wiederholung der Angriffe auf Werft Rosta durch Lfl. 5 mit
2 beobachteten Treffem im Trockendock. Grof3e Explosionserscheinungen mit an=
haltender Brandwirkung.
13. Juli 1942
[Befehl des Fuhrers an die H.Gr.en A und B zur Fortfuhrung
der Operationen^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im weiteren Vorgehen stielien das Geb.Korps, die ital. Div.en und die nach
Norden anschliefEenden Pz.=Krafte nach Osten vor und erreichten die Gegend
siidl. und nordostw. Woroschilowsk. Nordl. des Ortes starke Verminungen
und zerstorte Ubergange festgestellt. Ostw. davon lebh. Feindbewegung. Auf
dem linken Fliigel der H.Gr. siidl. Starobelsk iiberwanden die Pz.=Krafte die
Aidar und stielien etwa 20—25 ^"^ ri^ch Osten vor. Vorausabteilungen dieser
Pz.=Krafte etwa 20 km siidl. Bjelowodskoje.
H.Gr. B2
steht mit Sudflugel im Kampf um Bjelowodskoje. Pz.=Krafte, die an der
Bahn entlang nach Siiden vorgingen, trafen auf etwa 100 Feindpanzer im
Raume Schtertkowo. Ostw. davon stehen die Spitzen der mot. und Pz.=Ver=
bande siidostw. Kasanskaja. 3. Pz.Div. erreichte nach Sprengung und Zer=
schlagen feindl. Widerstandes auf der Stral3e nach Siiden die Gegend 20 km
ostw, Millerowo. Inf .=Krafte haben iiberall das Westufer des Don erreicht. Bei
einem starken Angriff mit etwa 200 Panzern durchstiel? der Russe die eign.
Stellungen bei Woronesch und nahm die Ziegelei am Nordrand der Stadt.
1 OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt (I) Nr. 420538/42 g.Kdos. Chefs, vom 13. Juli 1942
im Dokumenten=Anhang Nr. 14.
2 Notizen Haiders:
„Der FUhrer hat den EintsMuji gefajlt, den OB H.Gr. B (GFM v. Bock) ahzu^'
losen . . .■"
495
B. Kriegstagebuch
30 Feindpanzer wurden vernichtet. Ein starker Pz.=Angriff, bei dem 14 Panzer
zerstort wurden, traf die Stellung einer Pz.Div. siidl. Jelez und durchbrach sie.
Gegenangriffe sind im Gange. Ein feindl. Pz.=AngrifiF westl. hiervon traf auf
einen eign. Vorstoli mit Pz.=Kraften. Der Feind wurde zuriickgeschlagen und
Teile abgeschnitten.
Nach Gefangenenaussagen und Beutepapieren sind ab 28. 6. im Raume
zwischen Woronesch und Liwny etwa 32 Panzer=Brig.en mit insgesamt 1800
Panzern eingesetzt gewesen. Davon ist die Halfte vernichtet.
H.Gr. Mitte:
Im Raume Bjelew verlief der Tag etwas ruhiger. Der Feind scheint sich
umzugruppieren. Mit weiterem Angriff muJS hier gerechnet werden. Sudwestl.
Suchinitschi griff der Gegner an mehreren Stellen die eign. Linie mit Pz.=
Unterstiitzung an, er wurde abgeschlagen. Auch westl. Kirow vergebl. Feind=
angriff. Ein gegen die Stellungen siidl. der Rollbahn im Raum Juchnow nach
Artl.=Vorbereitung vorgefiihrter feindl. Pz.=Angriff konnte an einer Stelle die
eign. Linien durchbrechen. Abriegelung und Bereinigung im Gange. Nordl.
Juchnow und bei Gshatsk mehrere Feindangriffe in Komp.= und Batl.=Starke,
wobei es sich um Erkundungsvorstofie handelt. Ein kleiner Einbruch siidostw.
Gshatsk wurde bereinigt. Die Kessel im Raume Bjeloj werden weiter verengt.
H.Gr. Nord:
Auffallend ruhiges Feindverhalten nordl. Jamno. Bei Grusino wurde ein
feindl. Angriff unter erheblichen Verlusten abgeschlagen und Bereitstellungen
siidl. des Briickenkopfes Salzy durch Artl. bekampft.
Finnland (11. 7.)
Nennenswerte Kampfe fanden nicht statt.
Panzerarmee Afrika (12. 7.)
Nach Beutebefehlen und Gefangenenfeststellungen ist 1. siidafrikanische Div.
seit einigen Tagen durch 9. australische Div. abgelost. 4 Batl.e sind in der El Ala=
mein=StelIung, 2 Batl.e in der weiter riickwarts gelegenen Amiriya=Stellung ein=
gesetzt. Die Stellung liegt siidwestl. Alexandrien.
Feind verhielt sich heute im groJSen und ganzen abwartend.
Im Siidabschnitt fiihrte er vereinzelte Aufklarungsvorstofie durch, die abgewiesen
wurden. Im Nordabschnitt starkere feindl. Artl.=Tatigkeit.
Bei eign. Vorstofi an der Einbruchsstelle westl. El Alamein wurde nach erbittertem
Kampf eine beherrschende Hohe genommen und der Gegner 4 km nach Osten
zuriickgeworfen. Dabei wurde ein austral. Batl.Stab gefangen genommen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 13. 7. 42
1. Raum um England:
In Abwehr von Tageseinfliigen im Kanalraum 2 Spitfire und 1 Hampton abge=
schossen, 3 weitere Spitfire abgestiirzt.
496
13- Juli 1942
19.05 Uhr 15 km siidwestlich Dartmouth, durch 2 FW 190 der 10. JG 2, 1 Be=
wacher von 800 t mit 2 SC 500 versenkt.
Ostwarts des Humber 07.36 Uhr 8 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
10.00 Uhr 5 sm siidlich Dungeness 15 Dampfer und mehrere Vp=Boote Kurs Sud=
west. Etwas dichter unter der Kiiste 06.15 Uhr 24 Dampfer Kurs West.
Zur gleichen Zeit zwischen Hastings und Baxhill 20 vermutl. Landungsboote am
Strand.
Siidlich Eastbourne 10.30 Uhr 20 Dampfer, 3 Zerstorer, mehrere Vp=Boote Kurs
Siidwest.
Vor Portsmouth mittlerer Schiffsverkehr.
Siidlich Portland um 07.00 Uhr 9 Dampfer auf verschiedenen Kursen. Im Hafen
3 Dampfer und 20 kleine Fahrzeuge.
Siidlichwestlich Devonport 05.42 Uhr 4 Zerstorer Kurs Siidwest.
Siidlich Landsend 11 Dampfer, mehrere Vp=Boote 05.45 Uhr Kurs Siidwest.
Kein eigener Nachteinsatz.
Der Feind flog mit 20—25 Flugzeugen in der Nacht zum 14. in das rheinisch=
westfalische Industriegebiet ein. Bombenabwiirfe auf Romberg, Oberhausen, Miil=
heim, Dortmund, Recklinghausen. Schwerpunkt Duisburg, dort 60 Sprengbomben,
3 LZZ, 900 Brandbomben und 60 Phosphorbrandbomben. 10 Hauser zerstort, 33
schwer und 300 leicht beschadigt. 10 Tote, 24 Verletzte, 200 Ausquartierte.
Industrieschaden: Deutsche Eisenwerke Meiderich fiir 5 Tage taglich 4000 t Eisen
weniger.
Einige Kiisteneinfliige mit vermutl. Minenabwurf in der Deutschen Bucht. 2 Ab=
schiisse durch Flak, 1 durch Nachtjager.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen Malta und der Unterstiitzung der Panzerarmee
Afrika. Hierbei nach bisherigen Meldungen insgesamt 9 Feindflugzeuge abge=
schossen.
Belegung Malta vom 13.7. 11.50 Uhr: 2 Zerstorer, 2 Dampfer, 5 Geleitboote,
1 Tanker.
3. Ostfront:
Schwerpunkt des Luftwaffeneinsatzes am 12. im Raum Woroschilowgrad—
Kamensk und vor den Angriffsspitzen der Armeen, im mittleren Don=Abschnitt
und am Nordwestfliigel der Front zur Unterstiitzung der Abwehroperationen. Hier=
bei 62 Panzer und zahlreiche Kfz. zerstort oder beschadigt. Verluste: 4 : 6^.
Vom Einsatz am 13. nach bisherigen Meldungen 43 Abschiisse und 15 am Boden
zerstort.
06.50 Uhr vor Tuapse 3 Dampfer, 15 Geleitboote Kurs Siid. Sonst im Schwarz=
meerraum keine besonderen Vorkommnisse.
Im Finnenbusen= und Eismeer=Raum keine besonderen Meldungen. Die Seeauf=
klarung blieb ohne taktisches Ergebnis. Es wird Treibeis auf der Breite von Jan
Mayen nach Westen gemeldet.
14.JuIil942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Kampf um das Hohengelande westl. Iwanowka erreichten das zum Angriff
angetretene Geb.Korps und das ital. Korps die Bahnlinie Iwanowka— Worow=
497
B. Kriegstagebuch
schilowsk. Gegner leistet hier, besonders aber am Donez=Knie — Panzergraben=
stellung — nordwestl. Woroschilowgrad, zahen Widerstand.
Die Pz.Div.en der i. Pz.Armee brachen ortl. Widerstand des nacK Siidosten
weiter ausweichenden Gegners. Sie sauberten das Gelande des Aidar und er=
reichten in weiterer Verfolgung nach Osten und Siidosten die Linie Werchjne
Teploje— Woloschino mit Ziel Tarassowka.
H.Gr. B:
Auf dem Siidfliigel setzte Armee Verfolgung gegen schwachen Widerstand
feindl. Nachhuten fort. An der Donfront fanden nur nordostw. Bogutschar
und im Raum um Swoboda Kampfhandlungen statt. Ostw. Belowodsk iiber=
schritten eign. Krafte den Kamischnaja=Flu6. Panzerdivisionen erreichten im
weiteren Vorgehen nach Siidosten Dgogtewo (Fliegermeldung), im weiteren
Vorgehen nach Siiden Gussew mit Ziel Kamensk. Vorstofi einer mot.Div. zur
Unterbrechung der Eisenbahnlinie bei Morozowki eingeleitet. Siidostw.
Swoboda stiefien eign. Krafte nach Vernichtimg der dortigen Feindreste bis
zum Don=Knie vor.
Siidl. Woronesch gelang es dem Feind, mit i Kp. auf dem Westufer des Wo=
ronesch nordl. Maslowka Fufi zu fassen. Gegenstofi im Gange. Siidostw. Jelez
wurde eine Feindgruppe eingeschlossen und weiteres Gelande gewonnen. Die
in den letzten Tagen sehr starken Feindangriffe haben nachgelassen. Einzelne
Feindangriffe wurden abgewiesen bzw. in ihrer Bereitstellung zerschlagen.
H.Gr. Mitte:
An der Kampf front Bjelew— Kirow aufier schwachen Feindangriffen und
einer durch die Luftwaffe zerschlagenen Bereitstellung von Inf .=Kraf ten mit etwa
20 Panzern keine starkeren Angriffe. Eign. Artl. zersprengte einen Feind=
angriff von 23 Panzern aus dem Raum sudwestl. Juchnow. Nordl. Juchnow
4 erfolglose Feindangriffe bis zu Batl.=Starke. Im Raum Bjeloj Sauberung der
Waldgebiete von Feindresten.
H.Gr. Nord:
Aufier gegen den Nordteil des Bruckenkopfes Grusino gerichteten Feind=
angriffs keine bes. Ereignisse. Der Feind verlor in diesem Kampfabschnitt seit
dem 10. 7. 22 Panzer.
Finnland (12. 7.)
Sudostraum: Die Insel Someri wurde mehrfadi erfolglos vom Feinde beschossen
und von Flugzeugen bombardiert.
Or. Landenge wies mehrere bis zu Btl.=Starke mit Luftw.=Unterstiitzung gefiihrte
Feindangriffe ab. An iibrlgen Fronten keine besonderen Ereignisse.
Nordostfront: Feindbild unverandert. Im Absdin. Murmansk und auf Fischer=
halbinsel reger Fahrzeugverkehr. Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
498
14- Juli 1942
Panzerannee Afrika (13. 7.)
Im Nordabschnitt stiefi eigener gegen die Siidostfront der Festung Alamein ge=
fiihrter Angriff auf tiefgestaffelte, durch Betonbunker verstarkte Stellungsanlagen
und Minenfelder sowie zusammengefafites verstarktes Abwehrfeuer der feindl.
Artl. Trotz Einsatz aller verfiigbaren Krafte der Luftwaffe und Artl. fiihrte der
Angriff zu keinem Erfolg.
Am Siidfliigel wurde der Gegner in den Nachmittagsstunden des 13. 7. durch
eigenen Vorstofi in ostwartiger Riditung zuriickgeworfen. Es gelang, eine beherr=
schende Hohe 45 km siidl. El Alamein zu nehmen und die Front etwa 10 km vor=
zuverlegen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 14. 7. 42
1. Raum um England:
Am 14. iiber dem hollandischen Raum 1 Blenheim abgeschossen, 1 Wellington
abgestiirzt. An der englischen Ostkiiste geringer Geleitverkehr.
An der Siidkiiste zwischen Eastbourne und Hastings um 20.40 Uhr 50—80 Lan=
dungsboote am Strand. In Hastings selbst 5 kleine Schiffe und in Eastbourne 30
kleine Schiffe.
Siidwestlich Beachy Head 20.40 Uhr 20—25 Dampfer und mehrere Vp=Boote Kurs
Nordost.
Siidlich der Isle of Wight 15.10 Uhr 17 Dampfer, 3 Zerstorer, 4 Vp=Boote Kurs
West.
Siidwestlich von Start Point 14.50 Uhr 9 Dampfer und 6 Vp=Boote Kurs Nord=
west und siidostlich Start Point 19.40 Uhr 10 Dampfer, 3 Zerstorer, 8 S=Boote Kurs
West.
Kein eigener Nachteinsatz.
In der Nacht zum 15. 10—15 Kiistenanfliige des Feindes mit Minenabwurfverdacht
im Raum der Deutschen Bucht.
Einige Einfliige in Norwegen und 25 Einfliige in Westfrankreich mit Minenab=
wurfverdacht in St. Nazaire.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen die Flugplatze von Malta und starker Einsatz
mit guten Erfolgen gegen Kraftfahrzeugansammlungen und Feindstellungen an der
Front der Panzerarmee. Uber Malta und iiber Afrika nach bisherigen VorausmeU
dungen je 4 Feindflugzeuge abgeschossen.
3. Ost front:
Schwerpunktmafiige Unterstiitzung der Angriffsarmeen vor dem Siidfliigel der
Heeresgruppe A und vor der Verteidigungsfront im Raume Woronesch. Nach bis=
herigen Meldungen 23 Feindabschiisse.
Aus den Seeraumen des Schwarzen Meeres, des Finnenbusens und des Eismeeres
liegen keine besonderen Meldungen vor.
Ober den Zustand der Hafenanlagen von Murmansk nach Bildauswertung am
2. 7. teilt Luftwaffenfiihrungsstab Ic mit:
Durch die wiederholten ausgedehnten Brande als Folge der Luftangriffe sind
in der Stadt etwa die Halfte der Wohnhauser abgebrannt.
Der Brand am 1. 7. hat die Zerstorung der Lagerschuppen im Hafengebiet we=
sentlich gefordert. Von den Lagerschuppen an den Kais und am Verschiebebahnhof
sind inzwischen etwa V4 abgebrannt. Auch die vorhandenen Schiffswerften und
Reparaturbetriebe weisen schwere Schaden auf.
499
B. Kriegstagebuch
Die Leistungsfahigkeit des Hafens mu6 nach diesen ausgedehnten Branden we=
sentlich vermindert worden sein. Es ist vor allem anzunehmen, dafi wertvolle Vor=
rate in den Lagerschuppen mit verbrannt sind. Die im Luftbild erkennbaren Zersto=
rungen finden ihre Bestatigung in einer Nachricht eines zuverlassigen V=Mannes.
15. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Feind wich weiter nach Siidosten und Siiden zuriick, halt jedoch bisherige
Stellung vor Siidfliigel der H.Gr. nordl. Taganrog bis Krasny Lutsch und
leistet zahen Widerstand nordl. Krasny Lutsch bis siidwestl. Woroschilowgrad
mit verstarkten Nachhuten. Eign. Truppen konnten daher nur lo km Gelande
gewinnen. Nordl. des Donez stehen nachgefiihrte Inf.Divisionen ebenfalls im
Kampf gegen starke Nachhuten und zersprengte Feindteile. Wetter wechselnd
bewolkt, driickende Hitze, Wege z. gr. Teil abgetrocknet, fast iiberall befahr=
bar. 14. Pz.Div. erreichte Tarassowka und ist im weiteren Vorgehen nach
Siidosten. Eine andere Pz.Div. steht im Abwehrkampf zwischen Gussew und
Millerowo mit Front nach Westen, da Feind versucht, mit alien Kraften nach
Osten durchzubrechen. Die gestern auf Morosowskij angesetzte mot. Div. hat
noch keine Meldung abgegeben. Wetter: heili, nachmittags einzelne Gewitter=
schauer.
H.Gr.Bh
Angriff einer Inf.Div. bei Korotojak erfolgreich. Bei Abwehr feindl. Gegen=
stofie 9 Feindpanzer abgeschossen, 3 beschadigt. Siidl. und nordl. Woronesch
halten die Kampfe noch an. Durch Einsatz eign. Luftwaffe hat Feinddruck
nachgelassen. An der Kampffront sudl. Jelez keine besonderen Kampfhand=
lungen. Wetter: bedeckt, vormittags starke Gewitter mit wolkenbruchartigem
Regen. Temp. 15 Grad.
H.Gr. Mitte:
Siidwestl. Juchnow versuchte der Feind, an die Rollbahn vorzustofien. An=
griffe wurden abgewiesen, 9 Feindpanzer vernichtet. Bei Welish Kampfe noch
im Gange.
Wetter: bedeckt, Regen, Strafienzustand durch anhaltende Regenfalle ver=
schlechtert. Fiir Kfz. nur bedingt befahrbar.
H.Gr. Nord:
Aufier Feindangriffen bei Salzy, die abgewiesen werden konnten, keine bes.
Kampfhandlungen.
1 Neuer OB anstelle des GFM v. Bock Generaloberst Frhr. v. Weichs.
500
15. Juli 1942
Finnland (13. 7.)
Siidostfront: Gr. Landenge: Ortl. Vorstofie bis zu Kp.=Starke wurden abgewiesen.
An iibrig. Front aufier Artl.= und Spahtrupptatigkeit keine bes. Ereignisse.
Nordostfront: Lebhafte feindl. Schanztatigkeit vor dem Nordfliigel des Absdin.
Louhi. Im Riicken dieses Absdin. lebhafte russ. Partisanentatigkeit. Im Ansdilufi
an den Nordfliigel des Abschnittes Kandalaksdia verstarkt der Feind seine Siche=
rungen im Zuge der finnisch=russ. Grenze. Im West=Teil der Fischerhalbinsel wei=
terhin lebh. Fahrzeugverkehr.
Geb.AOK 20: keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (14. 7.)
Feind hat sich wie folgt gegliedert:
Im Siid= und Mittelabschnitt XIII. A.K. mit 1. und 10. Pz.Div. Im Nordabschnitt
X. A.K. mit 9. australischer und 5. Ind. Div. Verbleib der 2. neuseelandisdien Div.
ist nicht bekannt. Die Div. ist in der Front nicht eingesetzt.
Feindl. Luftwaffe fiihrte im Laufe des 14. 7. 42 starkere Bomben= und Tiefangriffe
auf die eigene Truppe durdi.
Im Nordabschnitt trat in den Abendstunden des 14. 7. eine eign. Pz.Div. zum
Angriff gegen die vom Gegner in den letzten Tagen gewonnene stark ausgebaute
Stellung nordwestl. der Festung Alamein an. Der Gegner leistete, durch starkes,
zusammengefafites Feuer seiner Artl. unterstiitzt, erbitterten Widerstand. Die
Kampfe dauerten bis zum Einbruch der Dunkelheit an.
Auf dem Siidfliigel wurden starke feindl. Aufklarungskrafte durch eignen Angriff
weiter nach Osten zuriickgeworfen, einige beherrschende Hohen 40—45 km siidl.
Alamein genornmen und die Abstiege in die Katara=Senke gesperrt. Durch die
Verfolgung wurde eine wesentliche Verkiirzung der Front erreicht.
Die eign. Luftwaffe unterstiitzte unter Einsatz starkster Krafte wirkungsvoU den
eigenen Angriff im Siid= und Nordabschnitt. Hierbei wurden im Nordabschnitt einige
feindl. Batterien aufier Gefecht gesetzt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 15. 7. 42
I. Raum um England:
Vom 14. 7. wird der Abschu6 1 Catalina und 1 Spitfire aus dem Westraum nach-
gemeldet.
In Abwehr von Tageseinfliigen am 15. wird der Abschufi von 3 Feindflugzeugen
gemeldet.
Bei der Abwehr eines Feindverbandes, bestehend aus '2 englischen S= und 2 See=
notbooten, 15—20 km westl. Boulogne wurde durch eigene Jager 1 Feindboot ver=
senkt (wahrscheinl. Seenotboot).
Bei der Abwehr eines Angriffs von 8 Spitfire in den Abendstunden gegen Boote
der Rheinflottille wurde 1 AbschujS durch Marineflak erzielt.
Siidostwarts Lowestoft 21.26 Uhr 10 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
Ausgang Themsemiindung 10.35 Uhr 24 Dampfer Kurs Siidost.
Siidlich Dungeness 06.15 Uhr 16 Dampfer und mehrere Vp=Boote Kurs West.
Siidlich Beachy Head 10.35 Uhr mehrere kleine und mittlere Dampfer Kurs Ost.
10,30 Uhr Grobauswertung Plymouth 24 Landungsboote, 2 Zerstorer, 1 Geleit=
boot.
Siidostwarts Lizzard Head 07.10 Uhr 3 Dampfer Kurs West.
Siidwestlich Trevose Head 16.15 Uhr 9 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Siidost.
Eigener Naditeinsatz : 21 Flugzeuge Verseuchung der Themse.
501
B. Kriegstagebuch
Keine Einfliige ins Reichsgebiet (19.29 Uhr Einzelflugzeug, wahrscheinl. Auf=
klarer, iiber Emden).
In Holland 4, in Belgien— Nordfrankreich 3 Einfliige ohne besondere Schadens=
meldungen.
2. Mittelmeer :
Nach bisher vorliegenden Meldungen kein Einsatz gegen Malta.
Starker Einsatz zu Aufklarung und Kampf mit Schwerpunkt bei Panzerarmee.
Bisher 2 Abschiisse gemeldet.
16.30 Uhr Qu 03 Ost 8869 (100 km nordostlich Bone) 1 leichter Kreuzer Kurs Ost.
Nach Vorausmeldungen wurde dieser Kreuzer nordlich Tunis angegriffen und 1
Treffer SC 230 erzielt.
Nach italienischer Meldung stand der Tragerverband 08.25 Uhr in 37 Grad
30 Min, Nord und 03 Grad 15 Ost (40 sm nordlich Algier) Kurs West.
18.30 Uhr wurden nordlich Bizerta 2 Dampfer und 2 anscheinend Zerstorer mit
Kurs 10 Grad gemeldet.
Lichtbild Alexandrien vom 15. 08.20 Uhr: 1 Kreuzer, 4 Zerstorer, 3 Geleitboote,
3 Dampfer, 1 Tanker. Franzosen wie bisher.
Westlich Alexandrien gegen 07.53 Uhr 3 Handelsschiffe zusammen 8 000 t Kurs
Westsiidwest, etwas nordlich davon abgesetzt 2 Vp=Boote.
3. Ostfront:
Wegen Wetterlage Einsatz auf Siidabschnitt Angriffsarmeen beschrankt; bisher
12 Abschiisse.
Aus dem Schwarzmeerraum, dem Finnenbusen und dem Nordmeerraum keine
besonderen Meldungen.
6 Ju 87 griffen mit guter Wirkung das Umschaltwerk vom Murmaschi an.
16.Julil942
[Verlegung des FHQu. in das Lager „Werwolf' bei Winniza, des OKH nach
Winniza.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Zwischen Krasny Lutsch und Woroschilowsk fiihrte der Feind starke, von
Panzern untersttitzte Gegenangriffe gegen die eign. Front. Angriffe wurden
bisher abgeschlagen. Auf Nordfliigel des LII. A.K. mehrere Betonbunker ge=
nommen. Eign. Krafte nahmen Tscherkaskoje, gehen weiter auf Suchodol vor,
Hohe 4 km siidostw. Dolgoje in eign. Hand.
Wetter: schwiil, ortl. Gewitterregen.
Zwischen Gussew und Millerowo versuchten starke Feindkrafte, mit zahl=
reichen Panzern iiber den Glubokaja=Abschnitt nach Siidosten durchzubrechen.
Alle Angriffe wurden abgeschlagen, grofie Beute eingebracht. Bei III. Pz.Korps
bildete eine Pz.Div. einen Briickenkopf bei Kowalew und erreichte Krasnowka
(5 km nordl. Kamensk). Luftaufklarung meldete Briicke Kamensk unzerstort.
Vor 14. Pz.Div. brachen starke rote Panzerangrif:fe von Nordwesten auf Ta=
rassowka unter blutigen Verlusten fiir den Gegner zusammen. 25 Feindpanzer
abgeschossen. Verbindung mit 4. Pz.Armee bei Wodjanoi ist hergestellt.
502
i6. Juli 1942
H.Gr.B:
Bei 6. Armee iiberschritten eign. Krafte die Strafie Djogtewo— Kasanskaja
nach Osten.
An der Nordfront des Briickenkopfes Woronesch auch heute schwere Ab=
wehrkampfe. Angriffe haben jedoch nicht mehr die Wucht des Vortages. Die
am Abend des 14. 7. gehaltene Front wurde an keiner Stelle eingedriickt. Zwi=
schen Don und Olym greift der Feind, offenbar zur Klarung der Lage und
unserer Absichten, an mehreren Stellen in BtL= und Rgt.=Starke an. Die westl.
Semiluki auf das Westufer des Don vorgestofiene Feindkompanie wurde
vernichtet. Ein gegen die Nordfront des Briickenkopfes Woronesch gerichteter
starker, von etwa 60 Feindpanzem unterstiitzter Angriff wurde abgeschlagen.
H.Gr. Mitte:
Bei Tschatkowo auf Westufer der Resseta vorgedrungener Feind wurde ver=
nichtet. Nordl. Ljudinowo mehrere Feindangriffe in Kp.=Starke abgewiesen.
Im Raume Bjeloj wurden Ausbruchsversuche von etwa 2 Batl.en (6—700 Mann)
unter hohen blutigen Verlusten fiir den Feind abgewehrt. Fortsetzung der
Einschlieliung und Verengung der Kessel. Erreichen der Tagesziele wegen
Dauerregen in Frage gestellt.
H.Gr. Nord:
Vor der Ostfront des Briickenkopfes Grusino wurde eine Bereitstellung
von Inf. und Panzern zerschlagen. Eine in den Ostteil des Briickenkopfes ein=
gedrungene Feindgruppe (Kp.=Starke) wurde vernichtet. 2 Panzer abge=
schossen.
Finnland (14. 7.)
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (15. 7.)
Feind fiihrte in der Nacht vom 14. zum 15. 7. einen starken Angriff mit den
Panzerkraften der 1. Pz.Div., mit Teilen der 2. neuseelandischen und 5. ind. Div.
gegen den Siidfliigel des im Mittelabschnitt eingesetzten italienisdien X. A.K. dutch.
Er iiberrannte bis zum Morgen des 15. 7. die in ausgebauten Stiitzpunkten einge=
setzte Div. „Brescia" und stiefi in den Riicken der nordl. anschliefienden Div. „Pavia"
sowie in nordwestl. Richtung vor. Die Masse der Div. „Brescia" wurde aufgerieben
bzw. gefangengenommen. Telle verliefien ihre Stellungen kampflos. Starkere Telle
der Div. „Pavia" wurden gleichfalls vernichtet, wahrend der Rest der Div. samtliche
von Panzern unterstiitzte Angriffe des Felndes abwles.
Panzerarmee rlegelte bis zum Abend des 15. 7. durch erfolgreichen Gegenangriff
die Elnbruchstellen im Norden und Westen ab. Hlerzu erfolgte Heranzlehung der
im Nordabschnltt zum Angriff gegen die feindl. Fort=Stellung nordwestl. Alamein
eingesetzten 21. Pz.Dlv. sowle von Teilen der auf dem Siidfliigel eingesetzten deut=
schen Truppen. Im Verlauf dieser Kampfe wurden 1200 Gefangene eingebracht,
503
B. Kriegstagebuch
eine Anzahl Pz.=Wagen vernichtet. Im Nord= und Siidabschnitt aufier starker feindl.
Artl.=Tatigkeit keine bes. Kampfhandlungen.
Starke eign. Fliegerkampfkrafte fiihrten wirkungsvoUe Bombenangriffe gegen
feindl. Pz.=Krafte und Kraftfahrzeugansammlungen ostw. und siidostw. der Ein=
bruchstelle durch.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 16. 7. 42
1. Raum um England:
Tagangriff gegen Leamington.
Nordostwarts Cromer 07.44 Uhr 1 Zerstorer und 1 Dampfer Kurs Nord.
05.43 Uhr 10 einzelfahrende Dampfer Kurs Siid.
Nordostwarts Yarmouth 21.32 Uhr 20 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs Nord. Nord=
ostlich davon 9 Dampfer und 1 Zerstorer Kurs Nord.
Siidostlich Falmouth 17.31 Uhr 4 Dampfer und 1 Vp=Boot ohne Kursangabe, in
der Nahe 2 Vp=Boote stilliegend, siidlich davon 1 Kreuzer Kurs Siidwest.
Kein eigener Nachteinsatz.
Einfluge 31 ins Reichsgebiet. Schwerpunkt Liibeck. 2 Abschtisse durch Flak
(1 Stirling (4 mot.), 1 unbekannt). Eindringtiefe Kopenhagen— Schwerin— Cuxhaven.
Auf Liibeck 15 Sprengbomben. 6 Sprengbomben auf Hochofenwerk Schlutup,
3 auf Norddeutsche Kraftwerke. Stromausfall in der Stadt, Strafienbahn stillgelegt.
LG. Farben leichter Dach= und Gebaudeschaden.
Schleswig und Flensburg mit wenigen Bomben angegriffen.
Zusatz zu Einflugen: Schadensmeldungen.
Schlutup: Treffer in Kokerei und Gasrohrleitungen. Gasversorgung der Stadt
unterbrochen. Dauer noch nicht zu iibersehen.
Flughafen Blankensee: 6 Sprengbomben auf den Rand des Rollfeldes, Ringgleis
zerstort, 5 Verletzte, davon 1 Matrose (3 durch Flaksplitter).
Husbyfeld bei Flensburg: 5 Sprengbomben, 16 Hauser leicht und mittelschwer
beschadigt.
Annettenhohe : 5 Sprengbomben, leichter Gebaudeschaden.
Flensburg: 1 Sprengbombe, Bauernhaus beschadigt, 2 Personen verschtittet.
Esbjerg: Gaswerk beschossen, unerheblicher Schaden.
2. Mittelmeer:
Gegen Malta kein Einsatz.
Vor Alexandrien lebhafte Schiffsbewegungen. 08.45 Uhr ergibt Luftaufklarung
4 kleine Einheiten, 1 Dampfer einlaufend.
Vor Port Said 17.00 Uhr lebhafter Schiffsverkehr. Einlaufend wurde festgestellt:
2 Zerstorer von Norden, 2 Handelsschiffe von Osten. Vor Port Said stilliegend
1 Dampfer und 1 Vp=Boot.
Westlich Beirut nach italienischer Meldung 15.20 Uhr 1 Zerstorer und 2 U=Boote
Kurs 210 Grad.
5. Ostfront:
Einsatz zur Unterstiitzung des Heeres und der Angriffsarmeen. 30 Abschtisse.
Eismeer: Hafenbelegung Archangelsk am 15. 7. 29 Handelsschiffe, mit 6^ 000 t,
1 Tanker 8 500 t.
Murmansk=Bahn angegriffen, Bahn durch 4 Treffer unterbrochen.
SOA
17. Juli 1942
17. Juli 1942
[RichtUnien des Fuhrers fiir die Fortfuhrung der Operationen^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Am Siidfliigel der H.Gr. und vor der Mitte keine besonderen Kampfhand=
lungen. Am linken Fliigel Absetzen des Gegners unter Belassung schwacher
Nachhuten und entsprechender Gelandegewinn der eign. Verbande nach Osten.
Den Angriffen gegen Kamensk setzte der Gegner harten, von Panzern unter=
stiitzten Widerstand entgegen und zerstorte die Briicke nachhaltig. Eign.
Kraften gelang es siidostw. von Kamensk, den Donez zu iiberschreiten. Von
Westen her auf den Kampfabschnitt des XXXX. Pz.Korps weiterhin Gegen=
druck zersprengter Einheiten. Millerowo genommen. Gegnerteile setzten sich
nach Siiden ab. Im Raume Millerowo— Tarassowka 2 500 Gefangene einge=
bracht. Teilw. noch harte Kampfe mit Panzern.
Die Verbande des XXXXVIII. Pz.Korps haben im ziigigen Vorgehen Mil=
juntinskaja erreicht und mit Teilen der 29. 1.D. (mot.) einen Briickenkopf siidl.
Morozowski gebildet. Auf dem Flugplatz Morozowski ^o Feindflugzeuge er=
beutet bzw. vemichtet, 20 hiervon unbeschadigt. Nach unbestatigter Flieger=
meldung erreichten V.Abt.en den Don bei Zymljanskaja.
Die riickw. Verbande der Korps sind in gutem Aufschliefien.
Wetter: Im Siidwestteil des Kampfraumes heijS und trocken, im Nordostteil
strichweise Gewitter, Strafien schwer befahrbar.
H.Gr. B:
6. Armee: Die Verbande gewinnen planmafiig Raum nach Osten. An der
Briickenkopf stellung bei Korotojak Feindangriffe abgewiesen. Gegner verstar=
kung erkannt. Seit 15. 7. hier 15 Feindpanzer abgeschossen.
Armeegr. von Weichs: An der Nordfront von Woronesch und nordl. Seml=
jansk dauern die Angriffe des Gegners mit Pz.=Unterst{itzung an. Obwohl
Feindunternehmungen unzusammenhangend und durch einzelne Gruppen
durchgefuhrt, lassen hierbei aufgetretene Panzer= und Luftwaffenunterstiit=
zung des Gegners auf Fortdauer des Widerstandes rechnen. Nordwestl. Seml=
jansk wurden 11 Feindpanzer vernichtet. Lebhafter Lkw=Verkehr und Feind=
bewegungen in den Waldern nordl. und nordwestl. Woronesch lassen auf
Fortdauer des Feinddruckes schliefien.
Wetter: klar, heifi.
An der weiter nach Nordwesten verlaufenden Frontstrecke keine beson=
deren Vorkommnisse.
1 OKW/WFSt/Op. Nr. 55161/42 g.Kdos. Chefs, vom 18. Juli 1942 im Dokumenten=
Anhang Nr. 16. Ferner: OKH/Gen.St.d.H. Op.Abt. (IS/B) Nr. 420505/42 g.Kdos.
Chefs, und (IS/ A) Nr. 420504/42 g.Kdos. Chefs, vom ly. Juli 1942.
505
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Mine:
An der Ostfront der H.Gr. Mitte keine besonderen Vorkommnisse. Im
riickw. Gebiet sudwestl. Kirow wurde eine Pionierabtl. (Komp.) durch 300
schwer bewaffnete Partisanen iiberfallen.
Wetter: 24 Grad, abtrocknend.
4. Armee und 3. Pz.Armee keine besonderen Kampfhandlungen.
Im Raume Bjeloj versuchte Gegner weitere Ausbruchsversuche.
Angriffe wurden abgeschlagen, die Kessel weiter verengt.
Westl. Demidoff fiihrten die Verbande des LIX. A.K. erfolgreiche gewalt=
same Aufklarung durch. In Nacht vom 14. zum 15. 7. erfolgten erneut meh=
rere Anschlage auf Ziige und Unterbrechungen von Bahnstrecken.
H.Gr. Nord:
16. Armee: Die Verbande des II. A.K. wiesen zum Teil mit lebhaftem ArtL=
Feuer unterstiitzte feindl. ErkundungsvorstojSe ab. Im iibrigen Armeebereich
keine Kampfhandlungen.
18. Armee: Aufier feindl. Spahtrupptatigkeit keine bes. Ereignisse.
Finnland (15. 7.)
Weder an der Siidostfront nodi bei (Geb.) A. O.K. 20 fanden nennenswerte
Kampfe statt^.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 17. 7. 42
1. Raum um England:
Zahlreiche Einsatze gegen engl. Kiiste und Vorfeld. Dabei Jabo=Angriff auf In=
dustriewerk in Colchester, ohne genaue Wirkungsbeobaditung.
Zwisdien Cromer und Harwidi 06.00 Uhr 11—12 Vp=Boote verteilt.
Ostwarts Yarmouth 21.10 Uhr 16 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
Bei Orfordness 05.20 Uhr Angriff auf Segler, durdi Treffer beschadigt.
05.30 Uhr in Themsemiindung 53 Dampfer Kurs Nord.
12.01 Uhr bei Worthing Jaboangriff auf 1 Frachter von etwa 1 000 t und 1 Vp=
Boot. Kein Bombentreffer, Kanonentreffer auf Frachter.
Westlich Beachy Head 22.25 Uhr 25 Dampfer und Vp=Boote Kurs West,
Bei Brixham gegen 12.00 Uhr 1 Dampfer und 2 R=Boote.
12.25 Uhr Jaboangriff auf diesen Dampfer (3 500 t), Dampfer beschadigt, iR=Boot
versenkt.
Eigener Nachteinsatz: Mit wenig Flugzeugen Aufklarung gegen englische Siid=
kiiste.
Einfliige: Wenige Einfliige in Westfrankreich ohne Wirkung.
Nachmeldung fiir den 16.: Einfliige von Aufklarern gegen Wesermiinde— Wil=
helmshaven.
2. Mittelmeer:
Angriff auf Minenkreuzer „Manxman" in La Valetta, Einschlage vermutl. neben
Dock, nahere Wirkung nicht beobachtet.
2 Lagebericht iiber Pz.Armee Afrika fehlf.
506
i8. Juli 1942
Malta 09.37 Uhr Luftbildaufklarung teilgedeckt. 1 Minenkreuzer „Manxman",
2 Zerstorer, 1 Dampfer, 1 Hafendampfer.
Aufklarung Alexandrien 11.00 Uhr franzosische Einheiten unverandert. Vor dem
Hafen rege Bewacher= und Minensuchtatigkeit.
Nordostlich Port Said. 17.25 Uhr 4 Dampfer, 4 Vp=Boote Kurs 70 Grad.
Flie.=Fu. Afrika: starkster Einsatz vor Panzerarmee gegen Panzer= und Kraft=
fahrzeugansammlungen. 1 Kraftfahrzeugkolonne von 20 Fahrzeugen vernichtet.
5. Ost front:
Unterstiitzung der Angriffsarmeen, dabei 45 Abschiisse.
Im Eismeerraum Aufklarung.
Westfahrwasser 13.40 Uhr 3 kleine Frachter Kurs 350 Grad.
Im Hafen Karmakuli (Nowaja Semlja) 04.30 Uhr 2 Dampfer stilliegend.
Angriff auf Bahnhof Laplandia. Treffer neben Giiterzug in Gleisanlagen, 3 Gii=
terwagen beschadigt, 2 Baracken zerstort.
18. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A, B und Armeegr. von Weichs:
Der Siidfliigel steht weiterhin. Am Nordfliigel wurde, wie bereits im Wehr=
machtbericht — durch Sondermeldung — bekanntgegeben, Woroschilowgrad
genommen. Briicke Woroschilowgrad— West unversehrt.
Die Verbande des XXXXIV. A.Korps haben mit Masse Kamensk erreicht,
den Briickenkopf siidostw. Kamensk erweitert und mit V.=Abt.en Kertschik
— 100 km nordostw. Rostow — erreicht.
I.D. „Gro6deutschland'' hatte bereits am Vortage Tazinskaja erreicht. Von
der 29. I.D. (mot.) sind keine neuen Meldungen eingegangen, ostw. derselben
wurden andere Verbande vorgezogen und erreichten Bokowskaja. Weiter
nordostw. hiervon einige Orte feindfrei gemeldet.
Der Don wurde planmafiig siidostw. Kasanskaja erreicht. An der Donfront
von Korotojak— Woronesch bis siidl. Liwny Fortdauer teils schwacherer, teils
starkerer, mit Pz.=Unterstutzung vorgetragner Angriffe des Gegners, die uber=
all abgewiesen wurden.
H.Gr. Mine:
An der Front nordostw. Orel beiderseitige Spahtrupptatigkeit. Im riickw.
Kampfgebiet im Raume Seredina Buda Sauberungsmafinahmen des Waldge=
landes angelaufen. Die Mafinahmen gegen die eingeschlossenen Feindteile im
Raume nordostw. Smolensk wurden von Norden her planmaliig fortgesetzt.
H.Gr. Nord:
Feind griff mit Panzerunterstiitzung von Norden und Siiden Landbriicke
siidl. Staraja Russa an und nahm einen kleinen Ort an der Nordfront der=
selben. Gegenstofi wird vorbereitet. Die Feindangriffe von Siiden her wurden
abgewiesen und ortl. Einbruche bereinigt.
507
B. Kriegstagebuch
Ein Feindangr. auf den Briickenkopf Kirischi nordl. Salzy wurde abgewiesen.
Lage Finnland liegt noch nicht vor.
Panzerarmee Afrika (17. 7.)
(Nach Ubermittlung durch Ob.d.L. Fiihrungsstab)
Im Frontabschnitt der ital. Div. ^Trieste" erneuter Durchbruch starker Feind=
krafte. Lage durch Telle der 21. Pz.Dlv. zunachst berelnlgt. Beherrschende Hohen 23
und 25 durch Telle der 21. Pz.Dlv. genommen.
Im Nordabschnltt erneute schwere Angrlffe des Gegners. Pz.Armee Afrika dort
wahreiid des ganzen gestrlgen Tages In schweren Kampfen. Fliegerfiihrer Afrika
unterstutzte Abwehrkampf durch zusammengefafiten Angrlff auf Feindpanzer und
Kfz. vor der Front der 21. Pz.Dlv.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 18. 7. 42
1. Raum um England:
Bel Tage mehrfacher Erkundungselnsatz und =angrlff gegen Fahrzeuge und
elnen Hafen.
Es wurde angegrlffen Middlehampdon, Treffer auf grofiem Gebaude Im Hafen=
vlertel. Welteres nlcht beobachtet. Etwa 10 km von Middlehampdon ab elnen Be=
wacher von etwa 1 000 t durch Bomben beschadlgt. Abschiisse slnd nlcht gemeldet.
Zwlschen Wltby und Harwich 10,16 Uhr 5 Elnzelfahrer Kurs Nord.
Siidllch Dungeness 07.00 Uhr 6 Dampfer, 4 Zerst., 6—10 Vorp.=Boote Kurs SO.
Siidllch Middlehampdon 06.17 Uhr 6 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs W. (Vorp.=Boot
durch Bombentreffer beschadlgt s. o.)
Dstl. Start Point 19,40 Uhr 6 Dampfer, 3 Vorp.=Boote ohne Kursangabe. Keln
elgener Nachtelnsatz.
Elnfliige 35 bis 40 Ins Relchsgeblet, Elndrlngtlefe siidl. Warschau— Flschenau—
Deutsch=Eylau— Stolp. Konlgsberg mlt 6—8 Sprengbomben angegrlffen, gerlnger
Gebaude= und Sachschaden, 2 Personen lelcht verletzt. Bombenabwiirfe auf Grodno
und Blalystok, lelchter Gebaudeschaden. Schwerpunkt Konlgsberg.
Nachtrag fiir den 18.: Angrlff auf elgene nach Alderney fahrende Vorp.=Boote
durch Spitfire. Marine meldet 2 Abschiisse slcher, 2 wahrscheinllch, 2 Bombentreffer
auf einem Vorp.=Boot, mehrere Tote und Verletzte.
2. Mittelmeer:
Gegen Malta starke Angrlffe. Ergebnls liegt noch nlcht vor. Lichtbilderkundung
Malta 08.15 Uhr Minenkreuzer „Manxman", 2 Zerst., 2 Dampfer, 2 Geleltboote,
3 Bewacher, 1 Hafentanker.
Alexandrien: Nach Augenerkundung keine Anderung. Elnlaufend 6 Elnhelten,
Im Seegeblet vor Alexandrien 06,45 Uhr 1 Dampfer und 5 Vorp.=Boote Kurs W,
2 Vorp.=Boote Kurs O. 08.50 Uhr 1 Tanker und 3 Dampfer Kurs W. 18.45 Uhr
2 Zerst. Kurs W. Unternehmung gegen nordafrlkanlsche Kiiste wird vermutet.
Lebhafte Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel. Besonders auf Kraftfahrzeug=
ansammlungen siidl. Alameln.
Uber Malta 3 Abschiisse.
5. Ostfront:
Elnsatz zur Unterstiitzung der Angrlffsarmeen. 20 Abschiisse.
Elsmeer: In der Nahe der Mollerbucht (Nowaja Semlja) 04.20 Uhr ein Dampfer
Kurs S, 1 Dampfer stilllegend.
508
ig. Juli 1942
Im Seegebiet um Island bei Langanes (Nordostspitze) gegen 19.00 Uhr 2 Dampfer
und 2 stilliegende Vorp.=Boote. Angriff auf einen Dampfer durch FW 200, Wirkung
nicht erkannt.
19. Juli 1942
[Erweiterung der bisher gegehenen Weisungen zur Tortfuhrung der Opera''
Honen^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Sudfliigel hat sich im Bereich der eingesetzten ital. Armee nach Osten
in Bewegung gesetzt und 10—15 km Gelande gewonnen. Der Nordfliigel hat
ebenfalls weiter Gelande gewonnen. Beim Feind sind riicklaufige Bewegungen
in siidostlicher und ostlicher Richtung festgestellt. Das Gebiet ostw. Woroschi=
lowgrad ist feindfrei. 1. Pz. Armee hat ausgebaute Feldstellungen sUdl. der
Eisenbahnlinie Forschstadt— Repnaja ostl. Repnaja durchbrochen. Telle der
14. Pz.Div. haben Forschstadt erreicht, Spitze der 22. Pz.Div. hat nach Brechen
starken Widerstandes einen Briickenkopf iiber die Lichaja bei Tschernesew
gebildet. Wege durch Dauerregen grundlos, starke Behinderungen aller Be=
wegungen sind dadurch eingetreten. Von der auf Zymljanskaja angetretenen
Panzerarmee liegt keine Meldung vor.
H.Gr. B.-
Am Sudfliigel ostl. Korotojak starker feindl. Eisenbahnverkehr in West=
richtung. Bekampfung durch Artillerie. Bei Jaryw wiesen ung. Krafte einen
Feindangriff ab und erreichten den Don. 21 Panzer vernichtet, 4 unversehrt
erbeutet.
Vor Woronesch starke Marschbewegungen und Ansammlungen festgestellt,
so dafi unverandertes Bild feindl. Angriffsabsichten als Ergebnis festzustellen
ist. Angriffe auf den Briickenkopf Woronesch nordl. wurden abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
Im Suden Partisanenbekampfung. Der Kessel siidl. Bjeloj wurde weiter ver=
engt (Bekampfung starker Partisanengruppen).
H.Gr. Nord^:
Siidl. Staraja Russa 2 Feindangriffe abgewiesen. Siidostlich Staraja 1 An=
griff abgewiesen. Gegenangriff auf Durchbruchsstelle vom 18. 7. hat bisher
wenig Erfolg.
1 OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. I Nr. 420508/42 g.Kdos. Chefs, vom ig. Juli 1942, vgl.
„Einfuhrung"f S. 59 f.
2 Erste Erwagungen zum Angriff auf Leningrad in OKH/Gen.Sf.d.H./OpAbt. (IN)
Nr. 420510/42 g.Kdos. Chefs, vom ig. Juli 1942, vgl. „Einfuhrung" , S. 77.
509
B. Kriegstagebuch
Finnland (16. 7.)
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (18. 7.)
Der Gegner fiihrte in der Nacht vom 17. zum 18. 7. und im Verlauf des 18. 7.
keine starkeren Angriffe durch. Ein Vorstofi wurde unter Verlusten fiir den Feind
abgewiesen. In den Abendstunden fiihrten im mittl. Frontabsdinitt einige feindl.
Pz.Kampfwagen einen erfolglosen Vorstofi durch. Auf dem Siidfliigel fiihlte der
Gegner im Verlauf des 18. 7. mit Aufklarungskraften in westl. Richtung vor. Der
Ausbau der Stellungen ist unter Einbeziehung einiger Befestigungswerke im Gange.
Der Feind griff in letzter Zeit die Kiistenfahr= und Loscharbeiten in den Aus=
ladehafen unter Einsatz starkerer Fliegerkampfkrafte und Uberwasserseestreitkrafte
an. Demzufolge ist die Versorgungslage der Armee durch die Verluste der Schiffe
„Brook" und „Sturla" sowie der Vernichtung der Tanklager im Hafen von Tobruk
durch BombenvoUtreffer gespannt. Erst nach Entladung von zur Zeit den Hafen
Tobruk anlaufenden Schiffen ist eine voriibergehende Entspannung der Versorgung
zu erwarten. Endgiiltige Sicherstellung der Versorgung erst nach Eintreffen der
M.F.P. (Marinef ahrprahme) .
Nachtrag zur Lage Panzerarmee Afrika (am 19. 7.)
Feind fiihrte bei reger Aufklarungstatigkeit im siidl. und mittl. Abschnitt mehrere
Vorstofie zur gewaltsamen Aufklarung durch, die samtlich abgewiesen wurden.
Im Siidabschn. wurde der Feind nach Osten zuriickgeworfen. Hierbei 4 Pz.=
Spahwagen und eine Anzahl Lafetten vernichtet.
Im nordl. Abschnitt verstarkte der Gegner seine Stellungen durch Minenlegen
und Drahthindernisse. Sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
Nach Luftaufklarung hat eine Verschiebung der feindl. Krafte aus dem Kusten=
abschnitt in den mittl. Abschnitt stattgefunden. Gesamtkrafte sind unverandert
geblieben.
Bei den Kampfen am 18. 7. wurden vom DAK mehrere Flugzeuge abgeschossen
und eine Anzahl Gefangene eingebracht.
Luftwaffe fiihrte erfolgreiche Angriffe auf feindl. Panzerbereitstellungen und
Fahrzeugansammlungen durch. Hierbei wurden mehrere schwere Panzer abge=
schossen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 29. 7. 42
1. Raum um England:
Bewaffnete Aufklarung gegen Kiiste, Geleitziige. Bombenangriff auf Kugellager*
fabrik Chelmsford, Ergebnis noch nicht gemeldet.
100 sm ostwiirts Newcastle 12.56 Uhr 30 Dampfer, 5Zerstorer, 15— 20 Vorp,=Boote,
Kurs Nord.
Ostwarts Humber 16.15 Uhr 30 Dampfer, 6 Vorp.=Bootc, Kurs Nord?.
Ostwarts Lowestoft 19.34 Uhr 34 Dampfer, 2 Zerstorer, 1 Vorp.=Boot, Kurs Nord.
Westlich Isle of Wight 18.45 Uhr 12 Dampfer, Kurs Nordost.
Bei Trevose Head 16.47 Uhr 18 Dampfer, angeblich Kurs Siidost {?). Angriffe
auf diese Geleite blieben ohne Erfolg.
112 Einfliige, davon 40 ins Reichsgebiet. Eindringtiefe Cuxhaven— Osnabriick—
Liinen— Emmerich. Schwerpunkt Bremen und Oldenburg.
Auf Bremen 33 Sprengbomben, 250 Brandbomben. Hauserschaden, Wiefo=Farge
Werke getroffen. 1 Million Reichsmark Schaden. Kein Produktionsausfall. Mehrere
Tote und Verletzte, 187 obdachlos.
510
20. Juli 1942
Oldenburg 27 Sprengbomben, 2 000 Brandbomben. 2 grofie und mehrere kleine
Brande. Keine wehrwirtschaftlichen Schaden. 3 Tote, 13 Verletzte.
Angriff auf Wesermunde und Wilhelmshaven ohne besondere Schadensmel=
dungen.
Angriff auf Lille— Saint Andre. Treffer in chemischer Fabrik Kulman. 3 Tanks
mit 100 000 Liter 50 ^/o ausgebrannt. Hauserschaden. Bei Fa. Demarais Tank von
600 000 Liter Treibstoff abgebrannt.
3 Abschiisse durch Nachtjager.
2. Mittelmeer:
Bombenangriffe gegen Malta. Naheres Ergebnis liegt noch nicht vor. Lichtbild=
erkundung ergab, dafi Minenkreuzer „Manxman" 18. 7. nachmittags ausgelaufen,
wurde 19. 7. durch Aufklarer 17.30 Uhr nordostlich Algier festgestellt. Gegen
14.00 Uhr mehrere Angriffe durch Luftwaffe, 1 Treffer auf Bug wahrscheinlich, setzte
Fahrt unvermindert fort.
Uber Malta 1 Spitfire abgeschossen.
Alexandrien 06.58 Uhr 1 Dampfer, 2 Vorp.=Boote, Kurs Ost; 17,30 Uhr nordostlich
Alexandrien 2 Dampfer und 4 wahrscheinlich Zerstorer, Kurs Siidwest.
Belegung Alexandrien nach Bild 06.52 Uhr: 1 Zerstorer, 2 Geleitboote, 1 Vorp.=
Boot, 3 kleinere Kriegsschiffe, 2 Tanker, 9 Frachter.
Starke Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel.
5. Ostfront:
Einsatz zur Unterstiitzung der Angriffsarmeen, dabei 50—55 Abschiisse, die sich
wahrscheinlich noch erhohen werden (darunter 17 Abschiisse im Bereich der Lfl. 5).
Eismeer: Angriff auf Rosta mit 14 Ju 88. In Tanklager heftige Detonationen und
Brand beobachtet, der noch in 100 km zu sehen war. Weitere Brandbomben auf
Rosta Stadtgebiet, zahlreiche Brande.
In Murmaschi Schaltanlagewerk angegriffen, starke Explosion und Stichflammen
beobachtet.
Aufklarung nach Norden erbrachte kein Ergebnis.
17.50—18.15 Uhr Angriff russ. Bombenflugzeuge auf Honningsvaag. 1 Kutter
versenkt, auf einem Kutter Brand. Hauserschaden.
Im Finnen=Busen Treffer auf kleinem Frachter von 500 t auf dem Heck beobachtet.
20. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Feind weicht vor dem linken Fliigel weiterhin nach Siidosten und Siiden
zuriick. Die eigenen Krafte gewannen durchschnittlich 15 bis 20 km Raum nach
Siidosten.
{
H.Gr. B:
Nach Uberschreiten des Donez siidostw. Kamensk wurde Federowskij er=
reicht und welter nach Siidwesten vorgegangen. Siidl. Kamensk wurde hierbei
eine kleinere Feindgr. eingeschlossen. Anderen Kraftegruppen gelang es, die
fiir den Ubergang tiber den Don nach Siiden entscheidenden Orte Konstan=
511
B. Kriegstagebuch
tinowskaja und Zymljanskaja zu erreichen und letzteres zu besetzen. Die
langs des Don vorgehenden Verbande erreichten den Zuskan=Abschnitt.
Gegner griff seit 04.00 Uhr am 19. 7. den Briickenkopf Korotojak wiederholt
mit starkeren Kraften, durch zahlreiche Panzer unterstiitzt, an. Bei den Kamp=
fen, die noch im Gange sind, wurden bisher 5 Feindpanzer abgeschossen und
die Stellung gehalten. Es ist beabsichtigt, den Br.=Kopf in der Nacht zum 20. 7.
zu raumen.
Gegner ist an der Nordflanke des Briickenkopfes Woronesch zu dem er=
warteten Angriff angetreten. Er fiihrte ihn mit massierten Inf .=Kraften, weniger
Pz.n, jedoch mit starker Artl. (20 Battr.en). Im schweren Abwehrkampf wurde
Angriff an der ganzen Front abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
An der Front siidwestl. Suchinitschi wurde im riickw. Gelande ein grofieres
Waldgelande bereinigt und yoo Gefangene eingebracht. Am Nordfliigel der
Front westl. Moskau wurde bei Subzoff ein Feindangriff abgewiesen.
Der Feindkessel zwischen Bjeloj und Smolensk wurde weiter erheblich ver=
engt.
Im Abschn. Welish feindl. Artl.=Tatigkeit.
H.Gr. Nord:
Im Siiden, Osten und Norden des II. A.K. durchgefiihrte Feindangriffe wur=
den abgewiesen. An der Landbriicke von Norden her erneute heftige Feind=
angriffe mit Pz.=Unterstiitzung. Kampfe sind noch im Gange. Gleichzeitige
Angriffe von Siiden her wurden abgewiesen.
Finnland (17. 7.)
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Nordafrika (19. 7.)
Der Gegner griff mit z. T. neu herangefiihrten Kraften in den letzten Tagen
mehrfach die deutsdi=italienisdiien Stellungen (Alamein=Stellung) an. Die Angriffe
konnten durch Gegenstofie deutscher Krafte abgeriegelt werden, jedoch erlitten
die ital. Verbande starke Einbufien, auch an Gefangenen.
Die Heranfiihrung deutscher Verstarkungen ist im Gange.
Uber Moglichkeit einer Wiederaufnahme eign. Offensive besteht z. Z. noch kein
klares Bild.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 20. 7. 42
1. Raum um England:
Bewaffnete Aufklarung im Seegebiet um England. Keine besonderen Meldungen.
19.35 Uhr siidlich Lowestoft 14 Dampfer, 2 Zerstorer, 4 Vorp.=Boote Kurs Nord.
08.05 Uhr bei Lowestoft 6 Dampfer Kurs Siid.
Siidlich Harwich 05.25 Uhr 23 Dampfer Themse einlaufend.
Vor Ramsgate 17.30 Uhr 7 kleine Dampfer ohne Kursangabe.
512
21. Juli 1942
21.20 Uhr vor Eastbourne 7 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Ost.
Westlich Portland 16.50 Uhr 15 Dampfer, 3 Vorp.=Boote Kurs West.
Siidlich Island 3 Dampfer je 1 500 t Kurs 340 Grad.
Nachteinsatz gegen Schiffsziele und gemafi Sonderauftrag (Art nicht bekannt).
Schiffsziele wurden nicht gefunden, Sonderauftrag wurde abgebrochen.
Feindeinfluge: Nachmeldung zum 20.7.: 19.40 Uhr 1 Flugzeug bis Papenburg—
Oldenburg, 1 Bombenabwurf. 16.04 Uhr 1 Flugzeug 8 Sprengbomben auf Secken=
hausen, Schule beschadigt, mehrere Kinder verletzt. Reichsstra6e Osnabriick— Bremen
beschadigt.
50 Spitfire in Nordfrankreich. Angriff auf 10 Orte im Raum Valery— Dieppe,
leichte Schaden.
In der Nacht zum 21. 10 Feindeinfluge, 2 Konigsberg, 2 Schelde=Miindung, 5 n6rd=
lich Brest, 1 Versailles. Uber Bombenabwurf nichts bekannt. 1 Spitfire abgeschossen.
Bildaufklarung der Ame=Bucht bei Pool am 18, 7. ergab Veranderung fiir Landung
geeigneter Fahrzeuge gegen Aufklarung vom 20. 6. von 82 auf 180.
2. Mittelmeer:
Mittlere Angriffe auf Malta. 3 Abschiisse.
Flugplatze siidlich Alexandrien mit Bomben belegt, Erfolgsmeldung steht aus.
In Afrika 6 Abschiisse.
In Afrika Unterstiitzung der Panzerarmee.
20. 7. Minenkreuzer „Manxman" Gibraltar eingelaufen.
Zwischen 04.20 Uhr und 05.40 Uhr Flugzeugtrager „Eagle", 2 Kreuzer und mehrere
Zerstorer Gibraltar ausgelaufen, Kurs unbekannt.
Vor Alexandrien lebhafter Schiffsverkehr. Nordlich Alexandria 07.21 Uhr 2 Kreu=
zer, 4 Zerstorer Kurs Ost; 07.15 Uhr 1 Dampfer, 4 Vorp.=Boote, 1 S=Boot Kurs
210 Grad; 07.45 Uhr 1 Dampfer, 2 MS=Boote, 2 Vorp.=Boote Alexandrien einlaufend.
17.55 Uhr 2 S=Boote Kurs Nordost.
Vor Suez 08.17 Uhr 3 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs Nord, 1 Dampfer Kurs Siid.
08.30 Uhr „Queen Elizabeth" nicht mehr in Suez festgestellt.
Belegung von Suez (Lichtbild) vom 19. 7. 10.17 Uhr: 1 Kreuzer, 1 Monitor, 4 Zer=
storer, davon 2 griechische, 2 kleinere Kriegsfahrzeuge, 4 Fahrgastschiffe von zus.
105 000 t, darunter „Queen Elizabeth", 42 Frachter zus. 212 000 t, 1 Frachter gesun=
ken, 5 Tanker von zus. 28 000 t.
3. Ostfront:
Unterstiitzung der Angriffsarmeen, dabei mehrere schwere Panzer vernichtet.
Auf dem Ladoga=See lebhafter Schiffsverkehr.
Insgesamt 30 Abschiisse.
Eismeer: Polarnoje Hafen 14.00 Uhr: 6 U=Boote, 2 Zerstorer, 2 Hilfsfahrzeuge.
Aufklarung Spitzbergen ohne taktisches Ergebnis.
21. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Feind beginnt nunmehr, sich auch an der Nordhalfte des rechten Fliigels
der H.Gr. A abzusetzen. Eign. Krafte sind im Nachdrangen. Vorgehen wird
erschwert durch starke Verminungen und Briickensprengungen. Die Krafte,
die im Raum Woroschilowgrad vorgehen, haben welter gut Raum nach Siiden
513
B. Kriegstagebuch
gewormen. Das Eindrehen der ostw. davon stehenden Verbande nach Westen
mit dem linken Fliigel aus dem Raum Konstantinowskaja, gegen Schachty
fiihrend, erfolgt planmafiig. I.D. „Gro6deutschland'' hatte nach Oberschreiten
des Donez nach Westen Beriihrung mit einzelnen Feindpanzern.
Von der 29. I.D. (mot.) aus dem Raum Zymljanskaja keine neuen Meldun=
gen. Briickenkopf iiber den Don nach Siiden gebildet. Aufschliefiende Verbande
erreichten Prokrowskij.
Am linken Fliigel der H.Gr. A und am rechten Fliigel der H.Gr. B zeichnet
sich Verstarkung durch Panzer und mot. Verbande ab.
H.Gr. B:
Die Angriffsspitze der H.Gr. im Raume siidl. des Don hat den Suskan=
Abschn. iiberschritten und ist 30 km ostw. davon mit Teilen auf 2 Feindbatl.en
mit 16 Panzern gestofien, von denen bisher 7 abgeschossen wurden.
Die Zuriicknahme des Br.=Kopfes bei Korotojak wurde planmafiig durch=
gefiihrt, ohne dafi der Feind nachgedrangt hat. Nordl. Korotojak wurden
zersprengte Feindkrafte aufgerieben und Aufklarungsvorstofie abgewiesen.
Der Gegner setzte auch am gestrigen Tage seine Angriffe gegen den Briicken=
kopf Woronesch fort, ohne einen Erfolg zu erzielen. Bei Abwehr mehrmaliger
Feindangriffe mit Panzerverstarkungen wurden 11 derselben vernichtet. Zwi=
schen Don und Olym zeichnet sich erhebliche Verstarkung der Feindkrafte
ab. Ein heftiger Feindangriff wurde imter blutigen Verlusten fiir Gegner ab=
gewehrt, und im Gegenstofi wurden mehr. Gefangene eingebracht.
H.Gr. Mitte:
Am rechten Flugel keine besonderen Kampfhandlungen.
Siidwestl. Suchinitschi wurden mehr. von Pz. unterstiitzte Angriffe ab=
gewiesen.
An der iibrigen mit dem Gesicht nach Osten und Norden stehenden Front
keine besonderen Kampfhandlungen. Ein aus Westen im Raume Bjeloj durch=
gefiihrter Feindangriff wurde abgewiesen.
Die Verengung des Kessels zwischen Smolensk und Bjeloj wurde durch Vor=
gehen von Siiden nach Norden fortgesetzt. Sauberungsaktionen gegen Parti=
sanen im Raume westl. und nordwestl. Smolensk waren erfolgreich. Am linken
Flugel der H.Gr. Mitte keine besonderen Kampfhandlungen.
H.Gr. Nord:
Wie an den Vortagen griff der Gegner auch am 20. 7. die Front des II. A.K.
von Siiden, Osten und Norden an. Angriffe wurden abgewehrt. An der Land=
briicke gelang es eign. Kraften, den Feind im Gegenstofi nach Norden abzu=
drangen. Siidl. der Redja sickerten Feindkrafte in Starke von 2 Batl.en durch
die eign. Linien und drehten nach Westen ein. Klarung durch Gegenmafi=
nahmen eingeleitet.
514
21. Juli 1942
Nordl. des Briickenkopfes Grusino wurden Feindbewegungen und Ober=
setzverkehr bekampft.
Nach heftiger Feuervorbereitung auf Frontstellung siidwestl. Leningrad griff
der Feind unter hohem Einsatz von Kampf= und Jagdflugzeugen mit zahl=
reichen Panzern an. Schwere Kampfe im Gange. Eine starke Panzergruppe
scheint nach Westen durchgebrochen zu sein. Gegenmafinahmen im Gange.
Ein anscheinender Ablenkungsvorstofi gegen den eign. rechten Fliigel in
Gegend Alexandrowka wurde abgewiesen.
Finnland (18. 7.) ^
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Af rika (20. 7.) ^
Der Feind klarte vor gesamter Front der Pz.Armee nur mit sdiwach. Kraften auf.
Vor der Front des mittl. Abschnittes verstarkte der Gegner seine Artl. durch Zu=
fiihrung von schweren Batterien. Groliere Ansammlungen von Panzerkampfwagen
wurden durch Luft= und Erdaufklarung festgestellt.
1 Weisung Nr. 44 hetr. Kampffiihrung in Nordfinnland, in: W. Hubatsch, Hitlers
Weisungen, a. a. O., S. 194—96.
2 „Beurteilung
der Lage und des Zustandes der Panzerarmee Afrika am 21. 7. 1942.
i.pp.
2. Zustand der deutsdien Truppe: Stichtag 21. 7. 42.
Starken: Personell gleich 30 Prozent,
Panzer gleich 1^ Prozent,
Artillerie gleich yo Prozent,
Pak gleich 40 Prozent,
schw. Flak gleich 50 Prozent.
Die Gefechtskraft ist beeintrachtigt durch Nachlassen der Spannkraft infolge
pausenlosen Einsatzes, durch starke Ausfalle an kampferfahrenem Personal sowie
Fehlen von Waffen, insbesondere Panzer und panzerbrechender Waffen. Neu
eingetroffener Ersatz ist nur mangelhaft ausgebildet. Die Beweglichkeit der Div.en
ist durch Kfz.=Ausfalle und verstarkten Einsatz von Kfz. fUr Versorgungszwecke
eingeschrankt. Es ist zu erwarten, daji die Auffrischung der Truppe in etwa
4—5 Wochen im wesentlichen erreicht ist, vorausgesetzt, daji keine weiteren
Verluste durch neue Kampfhandlungen eintreten und dajl die vorgesehenen
Seetransporte piinktlidi durchgefUhrt werden.
5.-4. pp.
5. Versorgungslage :
Versorgungslage gespannt infolge dauernder, zum Teil erfolgreicher Angriffe
gegen deutschen Nachschub durch feindl. Flieger= und tlberwasserstreitkr'dfte auf
Tobruk und Matruk. Schnelle Aushilfe kaum moglich infolge zu grofler Ent=
fernung von der Versorgungsbasis (Bengasi und Tripolis).
Vorratsbildung im Operationsgebiet infolge Schiffsverlusten (Brook und Sturla)
bisher noch nicht gelungen. Entspannung ist abhangig von Eintreffen und Aus=
ladung laufender KUsten= und Italienschiffe, vom Einsatz weiterer Prahme, Ein=
treffen der Lokomotiven und Inbetriebnahme der Eisenbahn.
Mun.Wesen: Truppe in Auffiillung. Gesamtbestande in Cyrenaika unter Einbezug
der in Entladung begriffenen Schiffe fur weitere Operationen entsprediend augen=
blicklichem VJaffenbestand ausreichend.
Waffen: Aus Neuzuweisung und durch Einstellung von Beutewaffen bis auf die
Hohe von 50—60^10 ersetzt.
B. Kriegstagebuch
Laufende Tag= und Nachtangriffe durch feindl. Luftwaffe auf den Hafen Marsa
Matruk sowie Beschiefiungen wahrend der Nacht durch feindl. leichte Seestreitkrafte
machen Anlaufen des Hafens durch grofiere Schiffe zur Zeit schwer moglich.
Durch Luftaufklarung wurde Vermehrung der Schiffe im Hafen von Suez um
iiber 200 000 t festgestellt. Hier wurde der grofie Truppentransporter ,,Queen
Elizabeth" {8^ 000 t) erkannt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 21. 7. 42
I. Raum um England:
Wahrend des 21. Jabo=Angriff auf Insel Wight mit Treffern zwischen den Masten
einer Funkstation. 1 Feindflugzeug abgeschossen.
08.55 Uhr nordlich Flamborough Head 12 Dampfer Kurs Slid.
Panzer: Z. Z. 4^ Stuck bei Truppe. In den ndchsten 4 Wochen konnen noch
100 Stuck instandgesetzt werden.
Betriebsstoff : Gesamthestdnde Cyrenaika fur ndchste Zeit bei Stillstand der Opera=
tionen ausreichend. Zur Sicherstellung weitreichender Operationen nicht aus=
reichend.
Kfz.: Lkw=Verluste wurden zu etwa 50 ^lo durch Beute ersetzt. Durch ErsatzteiU
mangel hierfur und laufende fdl. Luftangriffe (Verluste tdglich durchschnittlich
50 Kfz.) ist mit steigendem Ausfall der Beute zu rechnen.
Verpflegungslage : Vorerst allgemein gesichert. Durch Auffindung groj^erer Beute=
bestdnde auch im Operationsgebiet ausreichende Bevorratung.
Wasserversorgung: Laufende Versorgung trotz umfangreicher Zerstorungen der
Wasserstellen nach Einsatz deutscher Wasserbaudienste sichergestellt. Weitere
Verbesserungen zu erioarten.
Gesamturteil:
Die laufende Versorgung der Truppe in der Alamein=Stellung ist sichergestellt.
Die Bevorratung einer Angriffsoperation ist jedoch von der Uberseezufuhr nach
Tobruk und von der Steigerung des Kiistennachsdiubes nach Matruk abhdngig.
6. Forderungen :
a) Besserstellung in der Verteilung des Schiffsraumes gegeniiber der ital. Wehr=
macht, um die notwendigen Nachschubgiiter schnell nach Afrika zu bringen.
Diese Forderung kann umsomehr gestellt werden, da die Hauptlast des
Kampfes auf den deutschen Verbdnden ruht.
b) Zufuhrung von Pz.Kampfwagen (Langrohr) in einer Hohe, dafl die Pz.Rgt.er
nicht nur aufgefiillt werden, sondern noch eine Reserve von 100 Pz.Kampf=
wagen vorhanden ist.
c) Zufuhrung von Pz.Spahwagen so, dajl die 5 Aufkl.=Abteilungen voll auf=
gefUllt werden konnen und noch eine Reserve von 30 Wagen zur VerfUgung
steht.
d) Zufuhrung von 36 Stiick 8,8 cm Geschiitzen und 20 10 cm Kanonen einschl.
Zugmittel zur Bekdmpfung der amerikan. mittleren Kampfwagen M 3 (Pilot)
sowie 100 Pak 5 cm.
e) Zufuhrung von Bergemitteln (Tieflader und 18 to Zgkw.) in Hohe von 10 Stiick
je Pz.Rgt. Ohne die entsprechende Zahl von Bergemitteln konnten eine grofle
Anzahl Pz.Kampfwagen aus feindbeherrschtem Gebiet nicht mehr rechtzeitig
in Sicherheit gebracht werden.
f) Zufuhrung von zundchst 1 000 Lkw zur AuffUllung der bestehenden LUcken
und zum laufenden Ersatz der tdglichen Ausfdlle.
g) Zufuhrung besseren Personalersatzes als bisher. Es kamen zum Teil Mann--
schaften, die nur am Gewehr ausgebildet sind.
Der Oberbefehlshaber:
gez. : Rommel ,
Generalfeldmarschall."
516
22. Juli 1942
20.54 Uhr siidostwarts Lowestoft 15 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs Nord.
17.50 Uhr siidwestlich Hartland Point 20 Dampfer, 6 Vorp.=Boote Kurs 30 Grad.
13.53 Uhr siidwestlich Milford 21 Dampfer Kurs 60 Grad.
Am 19. 7. wurden Tynemouth, Sunderland und Middlesbrough teilweise bild=
gedeckt, dabei f estgestellt in Tynemouth : 219 000 t Handelsschiff sraum, in Sunder=
land 104 800 t Handelsschiffsraum, davon in Bau 8y 500 t, in Middlesborough
118 400 t, davon im Bau 71 000 t.
Eigener Nachteinsatz: Insgesamt 25 Flugzeuge zur Durchfiihrung verschiedener
Zerstoraufgaben eingesetzt. Einzelangaben hieriiber stehen noch aus.
Der Feind flog in der Nacht zum 22. mit insgesamt 60 Flugzeugen in das Reichs=
gebiet mit Schwerpunkt rhein.=westfal. Industriegebiet und hier Duisburg ein. Ober
Duisburg Abwurf von 300 Spreng= und mehreren tausend Brandbomben. Industrie=
schaden: August=Thyssen=Hutte Beschadigung im Walzwerk und Ausfall fiir
8—10 Tage, insges. 4 000 t Produktionsverlust an Walzwerk=Erzeugnissen. In wei=
teren 12 kleinen Industrieanlagen geringe Schaden. Einige Verkehrsschaden. 97 Hau=
ser zerstort, 58 schwer=, 711 leicht beschadigt, darunter ein Reservelazarett und ein
Krankenhaus. 8 Tote, 18 Schwer= und 72 Leichtverletzte. Aufierdem wurden Bomben
geworfen auf Krefeld, Gelsenkirchen, Essen, Koln und andere Orte ohne wesentliche
Schaden.
1 Feindflugzeug durch Flak, 4 durch Nachtjager abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Nach bisherigen Meldungen wurde Malta wegen Wetterlage durch deutsche Flug=
zeuge nicht angegriffen.
Der Tragerverband wurde 08.52 Uhr nordlich Algier mit 240 Grad gemeldet.
Auf Grund neuer Unternehmung durch „Eagle" mu6 mit Oberfiihrung von etwa
20—25 Jagdflugzeugen gerechnet werden. Damit in Malta wieder etwa 110 Feind=
jager, wovon 70 einsatzbereit sein werden.
Um 15.45 Uhr wurden vor La Valetta 2 Schiffe mit 6—8 Begleitfahrzeugen, an=
scheinend Minenraumboote, gesichtet und dieser Verband 18.26 Uhr als in La Valetta
eingelaufen gemeldet.
Im Mittelmeerraum werden 9 Feindabschiisse gemeldet.
Ital.: Oase Siwa kampflos besetzt.
5. Ostfront:
Aus dem Schwarzmeer=Raum, dem Finnischen Meerbusen und dem Ladoga»See
keine besonderen Meldungen.
Die Luftflotte 5 fiihrte einen wirkungsvollen Angriff auf feindliche Batterie=
stellungen an der Nordwestseite der Fischer=Halbinsel durch.
Insgesamt werden aus dem Ostraum 49 Feindabschiisse gemeldet.
Die Aufklarung nach Westen stellte um 06.00 Uhr siidostwarts Jan Mayen in
Qu 17 West 3030 (Marinequadrat AB 7820) einen Zerstorer, einen Dampfer
8—10 000 t und einen Dampfer ^—y 000 t Kurs Nord fest.
22. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Feind weicht vor der Front nordl. Taganrog uberall auf Rostow
zurtick. Im Nachstofien haben eign. Krafte im Stiden 10 bis 15 km nach Osten
Boden gewonnen, nordl. davon mit Panzerkraften den Tuzloff und den
517
B. Kriegstagebuch
Krepkatsch erreicht und iiberschritten. Der Feind leistete hier schwachen Wider=
stand. Die aus dem Raum Kamensk nach Suden vorstolienden Panzerkrafte
stehen mit vordersten Teilen zwiscKen Schachty und Rostow, 14. Pz.Div. hat
noch hartnackigen Widerstand nordostw. Nowotscherkask. Div. „Gr.=Deutsch=
land'' und 16. I.D. (mot.) haben, aus dem Donezknie nordl. Krymski vor=
stofiend, Schachty erreicht. Uber die bei Zymljanskaja stehenden mot. Ver=
bande fehlt vvegen Leitungsstorung Meldung. Wetter: sehr heifi.
H.Gr. B:
Die siidl. des Donez vorstofienden Panzer= und mot. Verbande haben den
Tschir und die Zaritza erreicht und hier Br.=Kopfe gebildet. Der Feind leistete
in Gegend Bokowkaja nur schwachen Widerstand. Die Divisionen schliefien
nach vorn auf, weiteres Vorgehen erst nach Zufiihrung von Betriebsstoff mog=
lich. Wetter: sonnig, klar, heifi. Gegen den Briickenkopf von Woronesch setzte
der Russe seine Panzerangriffe von Norden her fort. 11 Panzer wurden er=
ledigt. Auch siidostw. und siidwestl. Jelez wurden starke feindl. mit Pz.n und
Artl. unterstiitzte Angriffe des Feindes in Starke von 2 Batl.en unter schweren
Feindverlusten abgeschlagen. Die feindl. Luftw. beteiligte sich stark an den
Kampfen. Wetter: wechselnd bewolkt, windig, 24 Grad.
H.Gr. Mitte:
Im Raum Demidoff griff der Feind die eign. Stellungen wiederholt ohne
Erfolg an. Siidl. Welish waren eign. Vorstofie erfolgreich. Mehr. Ortschaften
wurden genommen.
H.Gr. Nord:
Auf die Stellimgen siidl. Demjansk wurden russ. Angriffe abgewehrt. Die
Angriffe auf die Landbriicke siidostw. Staraja Russa haben am gestrigen Tage
etwas nachgelassen. LedigUch auf die Stellungen der SS=„T"=Div. griff der
Feind mit starkeren Kraften ohne Erfolg an. An der Wolchow=Front siidl.
Salzy wurden mehrere Feindangriffe mit 60—80 Panzern, z. T. im Nahkampf,
abgewehrt. Bin neuer Panzerangriff ist im Gange. Siidl. Leningrad ist der Russe
bis an das Eisenbahnknie vorgedrungen. Starkere Panzeransammlungen wur=
den nordl. davon festgestellt.
Finnland (19. 7.)
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (21. 7.) ^
1 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
518
22. Juli 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 22. 7. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 22. 7. im Westraum 3 Spitfire durch Flak abgeschossen, 1 Beaufighter
durch Jager abgeschossen, 1 Spitfire abgestiirzt und 1 Wellington notgelandet.
Kampfflugzeuge, die zu Angriffen gegen Zerstorziele eingesetzt waren, ihre
Aufgabe jedoch wegen Wetters und der Feindabwehr abbrechen mufiten, griffen als
Ausweichziele Kaianlagen von Brighton und das Stadtgebiet von Hull an.
Siidostl. Lowestoft 21.20 Uhr 16 Dampfer Kurs Nord.
Nordlich Margate 16.46 Uhr 11 Dampfer Themse einlaufend.
5 km nordostwarts Ramsgate 06.35 Uhr 20 Dampfer, 10 Vorp.=Boote Kurs Nord.
Sudlich Dover 06.38 Uhr 9 Dampfer, 9 Vorp.=Boote, Kurs Siidwest.
Zwischen Sheerness und Chatham um 09.33 Uhr nach Meldung einer Ju 88
Ansammlungen von feindlichen Landungsfahrzeugen.
Sudlich Worthing 20.20 Uhr 20 Dampfer Kurs Ost.
Ostwarts Portland 16.32 Uhr 11 Dampfer, 3 Vorp.=Boote Kurs West.
Vor Falmouth 14.30 Uhr 14 Dampfer, 2 Zerstorer, 2 S=Boote Kurs Nordost.
80 sm siidostwarts Island (Luftquadrat 26 West 3452) 18.30 Uhr 1 Zerstorer,
1 Tanker 6 000 t, 1 Bewacher Kurs 160 Grad.
Eigener Nachteinsatz : 11 Flugzeuge zur Schiffszielbekampfung; keine Ziele ge=
funden bzw. Fehlwiirfe, als Ausweichziel Ipswich und Cromer angegriffen.
Keine Einfliige ins Reichsgebiet.
Wahrend der Mittagsstunden einzelne Angriffe durch Spitfire in holl. Raum
gegen Bahnhofe und Gleisanlagen. 1 Feindflugzeug abgestiirzt.
2. Mittelmeer:
Angriffe auf die Flugplatze Maltas bei Tag und Nacht.
Unterstiitzung der Panzerarmee bei den Abwehrkampfen. Nach Meldung Flieger=
fiihrer Afrika Lage vor D.A.K. am 22. 7. vormittags auf Grund Heranfiihrens star=
ker Feindkrafte gespannt. Zusammengefafiter Angriff durch Fliegerfiihrer Afrika
auf Panzer und Kraftfahrzeugansammlungen. Nach Meldung von 17.20 Uhr Lage
wieder bereinigt; 40 Feindpanzer abgeschossen und insgesamt 2000 Mann gefangen.
Bei Einsatzen iiber Malta 5 und iiber Afrikafront 6 Feindflugzeuge abgeschossen.
LB La Valetta 22.7. 16.48 Uhr: 2 Zerstorer, 4 Geleitboote, 2 kleinere Handels=
schiffe, 1 Hafentanker, 1 U=Boot.
Vor Alexandrien lebhafter Schiffsverkehr.
15.00 Uhr nordwestlich Alexandrien 2 Kreuzer, 4 Zerstorer Kurs West. Dieser
Verband bereits 13.25 Uhr nordlich Bel Tim auf Westkurs gemeldet.
Von Port Said 09.45 Uhr 1 Tanker, 1 Dampfer, 8 Bewacher Kurs West. Nach
ital. Meldung Dampfer torpediert und 14.20 Uhr sinkend beobachtet.
5. Ost front:
Bei Einsatzen vor den Sto6armeen und im Raum der Lfl. 5 insgesamt 47 Feind=
flugzeuge abgeschossen und eines am Boden zerstort.
Aus dem Schwarzmeer=Raum, dem Finnen=Busen und Ladoga=See keine beson=
deren Meldungen.
Nach Augenerkundung 13.25 Uhr in Archangelsk 5 mittlere Handelsschiffe und
1 anscheinend Torpedoboot.
In der Moller=Bucht auf Nowaja Semlja 1 mittlerer Frachter und 5 kleine Handels'
schiffe stilliegend (Luftquadrat ^7 Ost 2375).
Lfl. 5 fiihrte wirkungsvollen Einsatz gegen den Flugplatz und die Bahnstrecke
von Taibola durch.
519
B. Kriegstagebuch
23.Julil942
[Weisimg Nr. 4s fur die Forisetzung der Operation ^Braunschweig"^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Die von Westen auf Rostow und nordl. davon vorstofienden Divisionen
erreichten nach Durchbrechen der Pz.=Grabenstellung die Gegend 30 km nord=
westl. Rostow. Pz.=Krafte stiefien bis an die Strafie Rostow — nach Nordwesten
vor und durchbrachen auch hier eine Pz.=Grabenstellung. Rum. und deutsche
Verbande, die von Norden und Nordwesten auf Rostow vorstiefien, erreichten
mit vordersten Teilen die Gegend Sanbek etwa 35 km nordnordwestl. Rostow.
Von den Pz.=Kraften, die ostw. Rostow vorgestofien waren und den Don in
breiter Front erreicht und iiberschritten hatten, liegen Meldungen noch nicht
vor.
H.Gr. B:
Im siidl. Teil haben Inf .=Verbande im Vorgehen nach Siidosten die Bahnlinie
Morozowki— Obliwskije mit vordersten Teilen erreicht. Nordl. davon sind
die Div.en im Aufschliefien auf den Tschir bzw. die Zaritza. Nach Feindmel=
dungen und Fliegerbeobachtung hat der Gegner bei Kalatsch y^ km westl.
Stalingrad eine Div. mit etwa 200 Panzern ausgeladen, die den Befehl hat,
an der Liska die von Westen her vordringenden deutschen Krafte aufzuhalten,
um Zeit zu gewinnen, zwischen Don und Wolga eine Abwehrfront aufzu=
bauen. Vor der 2. ung. Armee richtet sich der Feind am Don zur Verteidigung
ein. In dem Don=Bogen nordostw. von Korotojak feindl. Pz.=Ansammlungen
erkannt. Der Russe wiederholte seine Pz.=Angriffe auf den Briickenkopf nordl.
Woronesch, die samtlich unter hohen Feindverlusten abgewehrt wurden. Siid=
ostw. Jelez griff Feind in Rgt.=Starke die eign. Stellungen an. Hierbei gelang es
einigen Feindpanzern, bis zu 20 km nach Siiden durchzustofien. Sie wurden
z. T. vernichtet, z. T. versuchen sie nach Norden zu entkommen. Westl. hier=
von ist ein erneuter Feindangriff im Gange. Siidostw. und westl. von Liwny
waren wiederholte Feindangriffe vergeblich.
Wetter: im Siiden sehr heifi und trocken, in der Mitte und im Norden Ge=
witterschauer, + 18 Grad, Strafien stark aufgeweicht.
H.Gr. Mitte:
Im Raume Brjansk wurden mehrere Partisanenlager zerstort.
Nordl. Bjeloj versuchten versprengte Feindteile, durch die eigenen Linien
nach Westen durchzubrechen. Hierbei verlor der Gegner aufier 137 Gefange=
1 W. Hubatsch, Hitlers Weisungen, a. a. O., S. 196—200. Vorausgehend: OKH/
Gen.St.d.H./Op.Abt. (IS/ A) Nr. 420525/42 g.Kdos. Chefs, vom 23. Juli 1942.
520
23- Juli 1942
nen 439 Tote, darunter den Kdr. der 18. K.D., General Iwanowo. Die an der
Strafie Demidoff nach Nordwesten vorgehenden eign. Krafte nahmen Ver=
bindung mit den von Welish nach Siidosten vorstofienden Teilen auf. Wetter:
teilw. bewolkt.
H.Gr. Nord:
An der Wolchow=Front wurde am Briickenkopf siidl. Salzy ein feindl. Vor=
stofi abgewiesen. Siidl. davon wurden Bereitsteliungen von Inf. und Panzem
erkannt. Im eign. Vorstofi wurde die Einbruchstelle siidl. Leningrad bereinigt.
Kampfe hier noch im Gange. Da der Feind in dieser Gegend Panzersperren
wegraumt, mufi mit weiteren Angriffen gerechnet werden.
Finnland (20. 7.)
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Naditrag zur Ostf ront:
I. Pz.Armee: Der Angriff der 1. Pz.Armee gewann weiterhin Boden.
14. Pz.Div. nahm Nowotscherkask.
Telle I.D. „Gr.=Deutschland'' bildeten einen Briickenkopf bei Melchowskaja.
97. lei.Div. nahm nach Hauserkampf Sullin und wehrte Gegenangriffe aus
dem Ostteil des Ortes ab.
4. Pz.Armee: Ein kleiner Briickenkopf bei Konstantinowskaja wurde zur
Vermeidung unnotiger Verluste wegen ungiinstiger Gelandeverhaltnisse wie=
der zuriickgenommen.
Briickenkopf Nikola] ewskaj a wurde erweitert.
Gegen Briickenkopf bei Zymljanskaja versteift sich Feindwiderstand.
2g. I.D. (mot.) nahm Log.
24. Pz.Div. erreichte nach Osten die Linie beiderseits Bystry.
Panzerarmee Afrika (22. 7.)
Feind griff in Nacht vom 21. zum 22. und am 22. 7. im mittl. und nordl. Abschnitt
mit starken Kraften an. Der Nachtangriff wurde von der neuseel. Div. durdigefiihrt.
Er wurde unter hohen Verlusten fiir den Feind zuriickgeschlagen.
In den friihen Morgenstunden griff 1. Pz.Div. mit ihren Pz. Brig. en, verstarkt
durch Inf. und nordl. anschlieSend 5. ind. Inf. Div., das im Abschnitt 60 km siid=
westl. El Alamein angesetzte DAK an. Die mehrfach wiederholten Angriffe wurden
unter Vernichtung von 60 Feindpanzern abgeschlagen.
9. austral. Div. fiihrte von Panzern unterstiitzte, wiederholte Vorstolie aus der
Festung El Alamein in westl. und siidwestl. Richtung durch. Die Vorstofie wurden
abgewiesen bzw. abgeriegelt. Im Siidabschn. fiihrte 7. Pz.Div. rege Aufklarungs=
tatigkeit durch. Insgesamt wurden 1 000 Gefangene eingebracht. Mit Fortsetzung
der Feindangriffe in der Nacht vom 22. zum 23. 7. und am 23. 7. ist zu rechnen.
521
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 23. 7. 42
1. Raum um England:
In Abwehr von Tageseinfliigen am 23. 7. wurden 6 Feindflugzeuge durch Jager,
2 durch Flak abgeschossen.
Einzelflugzeuge griffen als Zerstorziele das Flugzeugzellenwerk Short und das
Flugzeugzellenwerk Luton, beide im Raum Bedford, mit gutem Erfolg an. Treffer
in Werkhallen wurden beobachtet. Als Ausweichziele wurden Ipswich und Cromer
angegriffen.
Vor Flamborough 07.35 Uhr 35 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Siid.
Vor der Humber=Mundung 08.05 Uhr 27 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
Nordlich Cromer 20.55 Uhr 44 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
Vor Great Yarmouth 20.40 Uhr 47 Dampfer, 3 Zerstorer Kurs Nord.
Eigener Nachteinsatz: 45 Flugzeuge Do 217 Auftrag Angriff auf Luftwaffenindu=
strie Bedford. Nach vorlaufigen Meldungen Angriff bei guter Sicht, geringer Wol=
kenbedeckung, aber starker Abwehr durchgefiihrt. Einzelheiten stehen noch aus.
Der Feind flog in der Nacht zum 24. nach bisherigen Meldungen in den West=
raum mit Schwerpunkt Duisburg und in den Ostraum mit Schwerpunkt Memel ein.
Nahere Meldungen stehen noch aus.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen die Flugplatze auf Malta. In Luftkampfen 2 Feind=
flugzeuge abgeschossen.
Unterstiitzung der Panzerarmee.
Nordlich Alexandrien (Qu 23 Ost 9236) um 06.20 Uhr 2 Kreuzer, 6 Zerstorer
Kurs Ost.
5. Ostfront:
Aus dem Bereich des Schwarzen Meeres, des Finnen=Busens und des Ladoga=Sees
keine Meldungen.
Die Aufklarung im Nordmeer=Raum blieb ohne taktisches Ergebnis. Gebiet
westlich der Linie Nordkap— Spitzbergen fast wolkenlos, ostwarts dieser Linie ge=
schlossene Bewolkung in 400 m Hohe und stellenweise Seenebel.
An der gesamten Front 67 Abschiisse, 7 Feindflugzeuge am Boden zerstort.
24.Julil942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Wahrend der Feind hart nordl. der Don=Niederung westl. Rostow noch zah
halt, sind nordl. und ostw. davon Panzer= und Inf.Div.en nach Siiden vorge=
stofien und nach Oberwindung feindl. Widerstandes in die Stadt eingedrungen.
Ostw. Nowotscherkask kampfen Telle I.D. „Gr.=Deutschland" am diesseitigen
Don=Ufer gegen starkeren Feind, der sich hier noch halt. Nordwestl. Konstan=
tinowskaja ist eine 16 t=Briicke iiber den Donez fertiggestellt. 3. Pz.Div. stiefi
aus dem Briickenkopf Konstantinowskaja nach Sudosten gegen den Sal vor
und bildete einen Br.=Kopf bei Orlowka. Telle der Pz.Div. besetzten die Ho=
hen nordl. dieses Ortes. Vor 24. Pz.Div. siidl. Log versteift sich der Feind.
Untemehmen von Teilen Rgt. z.b.V. Soo gegen Eisenbahnstrecke Salsk— Sta=
lingrad war ohne Erfolg.
522
24. Juli 1942
H.Gr. B
warf im Siidteil schwache feindl. Krafte an der Bahn Morozowski— Stalin=
grad tind ging weiter in Richtung Don vor. In der Mitte der H.Gr. halt der
Feind noch das Ostufer der Zaritza, wahrend nordl. davon mot.Div.en nach
Uberwinden mehr. feindl. Stellungen nach Siidosten vorstiejSen, um das Ho=
hengelande im Don=Bogen nordwestl. Stalingrad zu erreichen. Siidostw. Jelez
setzte der Feind seine AngrifiFe mit Panzern auf die eign. Stellungen westl.
des Don fort und durchbrach sie nach Siiden. Ein Gegenstofi riegelte die Durch=
bruchstelle ab, Teile der 9. Pz.Div. sind zum Gegenangriff angetreten. Auch
siidl. Jelez gelang dem Feind ein Einbruch. Bei Woronesch hatte der Russe
seine Angriffe am gestrigen Tage nicht wiederholt.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Brjansk wurden einige Partisanendorfer genommen. Siidl. Suchini=
tschi feindl. Kolonnen im Marsch nach Siiden. An der Nordfront nordwestl.
Rschew wurde ein Feindvorstofi mit Flammenwerfern abgewiesen. Nordl.
Bjeloj 2 kleinere vergebl. Feindvorstofie. Nordl. Demidoff gelang es, im Vor=
stofi von der Strafie Demidoff— Welish nach Osten den Feind zuriickzuwerfen
und das Hohengelande bei Lugi in Besitz zu nehmen.
H.Gr.Nord:
An der Landbriicke siidl. Staraja Russa wurde ein Angriff aus Siiden abge=
schlagen. Im Norden ist der Angriff noch im Gange. Wiederholte Feindangriffe
siidl. Briickenkopf Salzy wurden abgewehrt. Siidwestl. Leningrad vergebl.
feindl. Inf.=Vorstol2 bei Kolpino. Westl. davon gelang es dem Gegner, an der
Stralie nach Siiden durchzubrechen. Die Durchbruchsstelle ist abgeriegelt. Mehr.
vergebl. Angriffe auf die Stellungen siidl. Oranienbaum.
Finnland (21. 7.)
An der Landenge beiders. Artl.=Tatigkeit, bei der auch Artl. des Kronstadter
Forts teilnahm.
Feindl. Angriffe auf die Stellungen nordl. Leningrad wurden abgewiesen. Im
Raum der Gr. Maselskaja wurde eine Partisanengruppe von 900 Mann festgestellt,
die den Auftrag hat, bis in Gegend Eisenbahnkreuzung Suojarvi vorzustofien.
Panzerarmee Afrika (23. 7.)
Wahrend des Tages geringe Spahtrupp= und Artl.=Tatigkeit, Der Gegner unter=
nahm in den Abendstunden einen VorstoS im nordl. Absdinitt, der abgewiesen
wurde.
Die Luftwaffe griff wie bereits am Vortage unter Einsatz aller verfiigbaren Krafte
feindl. Pz.=Bereitstellungen und Kfz.=Ansammlungen an.
Bei den Angriffen am 22. 7. wurde eine Anzahl von Pz.Kampfwagen zerstort und
zahlreidie Brande erkannt.
523
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 24. 7. 42
1. Raum um England:
Bewaffnete Aufklarung vor der engl. Kiiste durch wenig Flugzeuge. Ein Angriff
mit 4 SC 500 auf Withernsea Bahnhof und Stadt. Detonation und Einsturz von
Hausern beobachtet.
2 Abschiisse durdi Flak, davon einer durdi Marineflak.
Kein Nachteinsatz.
Einfliige ins Reichsgebiet fanden nicht statt. Einfliige in das besetzte franz. Gebiet
mit wenigen Flugzeugen. Keine Schadensmeldungen.
07.27 Uhr 30 sm nordlich Cromer 6 Dampfer Kurs Nord.
05.35 Uhr nordostwarts Harwich 63 Dampfer, 2 Zerstorer und S=Boote Kurs Siid.
07.20 Uhr siidlich Dungeness 5 kleine Dampfer Kurs Nordost.
22.30 Uhr bei Start Point 12 Dampfer Kurs West.
22.23 Uhr ostwarts Falmouth 4 Dampfer Kurs West.
21.30 Uhr Eingang Bristol=Kanal 19 Dampfer Kurs 10 Grad.
Ostlich der Faroer 18.55 ^ Tanker, 1 Korvette Kurs Westnordwest.
Nordlich Shetlands in Qu 16 West 2234 1 Dampfer 10 000 t ohne Kursangabe.
2. Mittelmeer:
14 Abschiisse. Kein Nachteinsatz.
Malta wurde am Tage angegriffen, wobei Brande auf Lucca beobachtet wurden.
Fliegerfiihrer Afrika meldet: Jagdverbande bei Aufklarung und freier Jagd bisher
19 Abschiisse.
Bei Angriff auf ital. Geleit durch engl. Torp,=Flugzeuge Torp.=Treffer auf „Vettor
Pisani" (6339 t) im Achterschiff. 3 Abschiisse durch Bordflak. Ital. Flugzeugsicherung
fehlte trotz Abmachung.
Westlich Kap St. Vincent Qu 23 West 5815 um 10.57 Uhr 10 Dampfer, 2 Vorp.=
Boote, 2 Korvetten Kurs 300—320 Grad.
Malta 08.15 Uhr Lichtbilderkundung : 2 Zerstorer, 2 Dampfer, 5 Geleitboote,
1 Hafentanker, 1 U=Boot.
Nordostwarts Alexandrien 06.17 Uhr 2 Dampfer, 1 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote, Kurs
300 Grad.
07.00 Uhr 3 Dampfer, 3 Vorp.=Boote 20 sm vor Alexandrien einlaufend.
Alexandrien Lichtbilderkundung (vorlaufige Auswertung) 10.46 Uhr: Franz. Ein=
heiten unverandert, 2 Zerstorer, 3 Geleitboote, 3 Bewacher, 4 kleine Kriegsschiffe,
4 Tanker zus. 23 000 t, 12 Frachter, davon 2 im Dock, zus. 46 000 t. Vor der Einfahrt
2 Sperrfahrzeuge, 2 Frachter je 10 000 t in den Hafen einlaufend.
Nordostlich Port Said 15.20 Uhr 4 Dampfer, 5 Vorp.=Boote Kurs Nordost.
Suez Lichtbilderkundung 23.7. 09.25 Uhr: 4 Zerstorer, davon 2 griechische, 54
Frachter zus. 272 000 t, 4 Fahrgastschiffe 77 500 t, 6 Tanker 25 300 t.
Abu=Zenima 10.45 Uhr Lichtbilderkundung: 1 Frachter 1500 t, 2 kleine Hafen=
fahrzeuge.
3. Ostfront:
60 Abschiisse.
Unterstiitzung der Angriffsarmeen.
Eismeer: Nordlich Langanes (Island) 26 West 4735 16.40 Uhr 7 Dampfer Kurs
Siid. Um 16.50 Uhr durchgefiihrter Luftangriff blieb ohne Wirkung.
524
25- Juli 1942
25. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Wie bereits gemeldet, drangen die Truppen der angreifenden Div.en nach
Brechen des Widerstandes nordl. Rostow in die Stadt ein. Sauberung ist im
Gange. Teile der Pz.=Krafte sind im Obergehen auf das siidl. Don=Ufer in
Richtung Bataisk. Weitere Teile setzen westl. davon iiber den Flufi. Nordostw.
Rostow wurde von Teilen der 14. Pz.Div. Nowotscherkask genommen. Ostw.
davon gelang es Teilen der Div. „Gr.=Deutschland'', den Don zu iiberschreiten,
einen Briickenkopf zu bilden und in Richtung Siid auf Soussatska vorzugehen.
Uber die ostwarts hiervon vorgehenden Pz.=Krafte liegt noch keine Meldung
vor.
H.Gr. B:
Aus Gegend Morozowski gingen Pz.=Verbande in Richtung Don vor mit
dem Auftrag, bei Nisch Tschiskaja einen Briickenkopf zu bilden und nordl.
davon Obergange iiber die Liska zu schaffen. Westl. Kalatsch starker Kampf
mit feindl. Nachhuten. V.Abt.en der 3 mot.Div.en, von Norden kommend, ste=
hen kurz vor Kalatsch. Die nordl. hiervon vorgestoJSenen Pz.=Krafte durch=
brachen die feindl. Stellungen und sind im Vormarsch auf die Hohen siidostw.
Pletkaja. Im Hintergelande verteidigen sich die durchstofienen feindl. Krafte=
gruppen noch zah. Hierauf sind Teile der 60. mot. und 113. 1.D. angesetzt.
Siidl. Swoboda gelang es ung. Spahtrupps an mehreren Stellen, iiber den Don
zu setzen und die feindl. Postierungen nach Osten zuriickzuwerfen, Vergebl.
Angriffe auf den siidl. Teil des Woronescher Briickenkopf es. Nordl. der Stadt
setzte der Feind seine starken, mit Pz.n und Luftw. unterstiitzten Angriffe auf
die Stadt fort. Etwa 100 Panzer wurden beim Feinde gezahlt. 14 feindl. Pan=
zern gelang es nordwestl. der Stadt, durch die eign. HKL durchzubrechen. Bei
den Kampfen wurden bisher 62 Feindpanzer vernichtet. Angriffe nordl. davon
wurden durch eign. Artl. zerschlagen. An der gestrigen Einbruchstelle siidostw.
von Jelez griff der Feind weiter mit Panzern an. Die gestern durchgebrochenen
Teile wurden von eign. Panzer= und Inf.Abt.en von Siiden angegriffen und
nach Norden zuriickgeschlagen. Die Zahl der vernichteten Panzer im Raume
Woronesch und nordlich davon am gestrigen Tage ist auf 103 Panzer ge=
stiegen.
H.Gr.Mitte:
Bei der Partisanenbekampfung an der Bahn zwischen Brjansk und Roslawl
wurden in einem Mun.=Depot 8 000 Schufi Artl.=Munition sichergestellt. Meh=
rere Ortschaften wurden genommen, der Feind vernichtet. Zwischen Demidoff
und Welish griff Russe die neugewonnenen Stellungen mit Panzern an. Er
wurde abgewiesen. Siidl. Welish ist eign. Vorstofi im Gange.
525
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
Am nordl. Teil der Landbriicke siidostw. Staraja Russa wurde die alte Front
durch Vorstofi wiederhergestellt. Siidl. Salzy versuchte der Feind vergebl., die
Einbruchsstelle zu erweitern. Siidostw. und hart siidl. Leningrad wurden wei=
tere feindl. Vorstofie abgewiesen und Bereitstellungen durch Artl. zerschlagen.
Finnland (22. 7.)
Aufier mehr. gewaltsamen Aufkl.=Versudien an der Aunusfront keine bes.
Kampfhandlungen. Der Mun.=Einsatz der feindl. Artl. am Vortage auf der Land^
enge wird auf 15 000 Schufi geschatzt.
Nordostfront: Im Nordostabschn. wurde ein finn. Gefangenenlager iiberf alien,
das Verpflegungslager gepliindert und die Gefangenen befreit. Die Gefangenen
konnten bis auf wenige wieder eingebradit werden. Im gleichen Raum eine Gleis=
sprengung.
(Geb.) AOK 20: Keine grofieren Kampfhandlungen, Auf beiden Seiten vermehr=
ter Einsatz von Brandmunition und Brandbomben zur Erzeugung von Waldbranden.
Sauberungsaktion von feindl. Streif= und Zerstorungstrupps im Gauge.
Panzerarmee Afrika (24. 7.)
Aufier eign. Umgruppierung und kleineren feindl. Erkundungsvorstofien keine
besonderen Ereignisse.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 25. 7. 42
1. Raum um England:
Aus dem Westraum keine besonderen Meldungen.
Ostwarts Cromer 22.05 Uhr 30 Dampfer Kurs Nord.
Themse auslaufend 08.14 Uhr 20—25 Dampfer.
Nordostw. Margate gegen 21.00 Uhr Geleitzug 30—40 Dampfer, 7—8 anscheinend
Torp.=Boote Kurs Siidost.
Uber den nordsteuernden Gibraltargeleitzug keine neuen Meldungen.
Kein eigener Nachteinsatz.
Der Feind flog in der Nadit zum 26. mit 120 Flugzeugen in den Westraum und
mit 30 Flugzeugen in den Ostraum ein.
Im Westen Schwerpunkt Duisburg, dort 31 Hauser total zerstort, 175 schwer,
142 leicht beschadigt. Einiger industrieller Sdiaden. 10 Tote, 20 Verletzte, mehrere
Verschiittete. 9 Abschiisse durch Naditjager, 2 durdK Flak.
Im Osten Storangriffe im Raume Gerdauen, Pillau, Memel mit einigen Bomben=
abwiirfen ohne besondere Sdiadensmeldungen.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe auf Luca, La Venezia und Halfar.
Einsatz zur Aufklarung und zur Sicherung eigener Geleite. Eine Hurricane ab=
geschossen.
Vor Marsa Matruk 10.46 Uhr 5 S=Boote Kurs 100 Grad (eigene?).
Reger Geleitverkehr zwischen Alexandrien und Haifa.
07.30 Uhr 20 sm westl. Haifa 4 Dampfer, 1 Tanker, 4 Bewacher und 3 Geleitboote
Kurs 180°. Im Angriff durch eine Kette Kampfflugzeuge nach Vorausmeldung eine
Einheit auf dem Vorschiff Treffer 1 SC 250. Keine genaueren Wirkungsbeobach=
526
26. Juli 1942
tungen wegen starker Abwehr. Im Seeraum vor dem Nildelta zahlreiche SchnelU
boote und einige Zerstorer.
Belegung La Valetta nach Lichtbild 25.7. 08.00 Uhr.:
1 Zerstorer, 3 U=Boote, 1 Geleitboot, 4 Bewacher, 2 Handelsschiffe, 1 Tanker.
Belegung Haifa: 07.30 Uhr nach Lichtbild: 1 Kreuzer „Dido"=Klasse, 1 „Aurora"=
Klasse, 3 Zerstorer, 1 griech. Zerstorer, 1 griech. Torp.=Boot, 5 Geleitboote, 1 Minen=
sucher, 5 U=Boote, 1 griech. U=Boot, 1 Laz.=Schiff, 1 Fahrgastschiff, 1 Tanker,
6 Frachter.
Suez 07.30 Uhr: 3 Zerstorer, 3 griech. Zerstorer, 1 unbek. Kriegsschiff (Attrappe?),
1 Laz.=Schiff, 4 Fahrgastschiffe, 10 Tanker, 35 Frachter, davon einer im Dock.
In der Nacht zum 25. Feindangriff auf Flugplatz Iraklion, hierbei 5 Ju 52 be=
schadigt. Eigene Flak behindert durch gleichzeitige Riickkehr eigener Kampfflug=
zeuge.
5. Ostfront:
Im Rahmen der Einsatze zur Unterstiitzung der Armeen 43 Feindflugzeuge abf
geschossen.
Auf der Wolga 2 Tanker je 3 000 t in Brand geworfen (Raum Stalingrad). Auf
dem Unterlauf der Wolga mehrere Schleppziige angegriffen, ein Schleppdampfer
beschadigt, 4 Schleppkahne in Brand geworfen, teils explodiert.
Bei Asow ein Kanonenboot durch Luftwaffe versenkt.
Auf Grund der Zielwirkungsbilder iiber den Angriff auf den Hafen Noworossijsk
am 2.7.42 bestatigt sich die Versenkung der als vemichtet gemeldeten Schiffe:
1 Gro6zerst6rer „Taschkent"=Klasse, 1 Zerst. „Gnewny"=Klasse, 1 Fahrgastschiff
4 000 t. Das als vernichtet gemeldete Frachtschiff von 9 000 t ist zweifellos schwer
beschadigt und wird wahrscheinlich auf Grund sitzen, seine Vernichtung ist jedoch
nicht anzunehmen. Es ist wahrscheinlich, da6 die als beschadigt aufgefiihrten
3 Frachter sowie ein Schwimmdock Beschadigungen davongetragen haben; der Um=
fang derselben ist nicht klar erkennbar.
Aus dem Schwarzmeerraum, dem Finnenbusen und dem Eismeer keine beson=
deren Meldungen.
26. Juli 1942 i-
Lagebericht OKH '^^
Osten 2
H.Gr. A:
Die Don=Brucke sudl. Rostow wurde gestern abend 21.00 Uhr fertiggestelli
Im Raume siidostwarts und ostwarts Nowotscherkask sauberten 14. Pz.Div.
und Telle „Gr.=Deutschland'' und nahmen einige Ortschaften. Der Briicken=
kopf bei Metschowskaja wurde erweitert, Vorausabteilungen nahmen Kalinin
etwa 20 km siidl. des Don. Die Don=Briicke wird am 26. 7. fertiggestellt. Telle
3. Pz.Div. gewannen im Vorgehen nach Siidosten Briickenkopf iiber den Sal
bei Martinowka. Siidlich Zymljanskaja griff der Feind mehrmals vergeblich
die Briickenkopfstellungen an. Wege durch Gewitterregen verschlechtert. Ab*
kiihlung.
H.Gr. B:
Im Siidteil wurde von den nach Osten vorgehenden Divisionen die Gegend
20 km westlich Tschirskaja erreicht. Nordlich davon, etwa 30 km nordwestlich
527
B. Kriegstagebuch
Kalatsch, wurden mehrere Feindangriffe am Liska=Abschnitt abgewiesen. Mot.
Divisionen, die von Norden iiber die Hohen des Don=Bogens vordrangen,
erreichten die Gegend Wegekreuz westl. Kalatsch. Siidwestl. Losowo wurden
Obersetzversuche iiber den Don durch ungarische Truppen vereitelt. Angriffe
des Feindes mit etwa jo Panzern auf den Nordteil des Briickenkopfes Woro=
nesch wurden unter erheblichen Feindverlusten zuriickgeschlagen. 14 Feindpz.
wurden erledigt, 3 aufier Gefecht gesetzt. Angriffe des Russen mit Pz.n gegen
die Einbruchsstelle siidsiidwestlich Jelez wurden zuriickgeschlagen, Panzer= und
Inf.=Verbande setzten die Bereinigung der Einbruchsstelle fort und nahmen
mehrere Ortschaften wieder in Besitz. Mit weiteren Angriffen in dieser Gegend
ist zu rechnen. Auch siidlich und nordwestlich Liwny griff der Feind vergeblich
an. Bin voriibergehender Einbruch am Nordfliigel der Heeresgruppe wurde im
Gegenstofi bereinigt und der Feind vernichtet.
Wetter: mittags Gewitterregen, Wege in den Niederungen z. T. schwierig
befahrbar.
H.Gr.Mitte:
Ein mit Artl.=Vorbereitung vorgetragener feindl. Angriff auf den Siidflligel
der H.Gr. siidlich Nowosil wurde abgeschlagen. Siidl. Brjansk wurden den
Partisanen mehrere Ortschaften entrissen und Gegenangriffe abgewehrt. Zwi=
schen Demidoff und Welish gingen eigene Krafte weiter nach Osten vor, nah=
men mehrere Ortschaften und wiesen feindl. Pz.=Angriffe ab.
Wetter: bedeckt.
H.Gr. Nor d':
Siidlich Salzy wurden Bereitstellungen des Feindes durch Artillerie zer=
sprengt. Ein Angriff der Russen siidl. Leningrad hatte einen Einbruch bei einer
Inf.Div. zur Folge. Gegenstofi im Gange. Ostwarts Urizk wurden fdl. Bereit=
stellungen mit Artl. zerschlagen.
Nachtrag zur H.Gr. A:
Die siidwestlich von Rostow iiber den Don gesetzten Krafte stiefien nach
Sliden vor, nahmen Koissuk und sind im Angriff auf Bataisk. Siidostwarts
Rostow wurde der Don an mehreren Stellen iiberschritten, die siidl. des Don
befindlichen Feindstellungen iiberrannt. Vorderste Telle im Vorgehen auf
Olginskaja.
Finnland (24. 7.)
Im Finnisdien Meerbusen erzielten Kiistenbatterien Treffer auf feindl. Schi£fs=
einheiten.
Nordostfront: Aufier beiderseitiger Artl.= und Spahtrupptatigkeit keine beson=
1 Meldung der H.Gr. Nord an OKH/Op.Abt. betr. „Nordlicht" vom 26. ]uU 1942.
528
26. Juli 1942
deren Kampfhandlungen. An der Westkiiste des Sudteils der Fischerhalbinsel wur=
den Befestigungsarbeiten erkannt. In Eina Guba wurde starker Lkw=Verkehr fest=
gestellt.
Panzerarmee Afrika (25. 7.)
Au6er Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit keine besonderen Kampfhandlungen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 26. 7. 42
1. Raum um England:
In Abwehr von Tageseinfliigen wurden 4 Feindflugzeuge abgeschossen, 3 Feind=
flugzeuge sind abgestiirzt, 3 weitere Flugzeuge wahrscheinlich abgestiirzt.
Jabos griffen wahrend des Tages eine kleine Ortschaft nordlich Start Point ohne
besondere Wirkungsbeobachtung an.
In Middlesbrough 01.05 Uhr eine aus dem Siiden eingelaufene Sammelfahrt von
20 Dampfern zu Anker.
20 sm ostwarts Hartlepool 01.10 Uhr 20—30 Dampfer und 2 Zerstorer Kurs Siid.
20 sm nordlich Cromer 06.55 Uhr 17 Dampfer Kurs Nord.
30 sm nordnordost Great Yarmouth 28 Dampfer um 21.15 Uhr Kurs Nordwest.
Siidwestlich Portland 15.00 Uhr 14 Dampfer, 1 Bewacher Kurs West.
Siidostwarts Start Point 22.28 Uhr 9 Dampfer, 4 Bewacher Kurs 30 Grad.
30 sm siidlich Falmouth 20.40 Uhr 16 Dampfer, 1 Zerstorer, 6 Bewacher Kurs
300 Grad.
Im Atlantik in 24 West 7347 (320 sm westHch Kap Finisterre) 11.12 Uhr Geleit=
zug von 18 kleineren Dampfern und 5 Vorp.=Booten Kurs 350 Grad.
In 24 West 8165 (360 sm westlich Porto) 08.57 Uhr 1 Fahrgastdampfer 7—12 000 t
mit 2 Ein=Schornstein=Zerstorern, Kurs 360 Grad.
In der Nacht zum 27. kein eigener Einsatz.
In der Nacht zum 26. wurde Middlesbrough von 22 Flugzeugen aus Hohen zwi=
schen 700 und 1500 m bei guten Sichtverhaltnissen mit 22,4 t Sprengbomben und
5 600 Brandbomben angegriffen. Angriffsschwerpunkt iiber der Bau= und Reparatur=
werft am Tees=Knie. Die Masse der Bombeneinschlage wurde im befohlenen Ziel=
gebiet erkannt, Explosionen und groSe Brande beobachtet. Mit einer der Zahl der
angreifenden Flugzeuge entsprechenden guten Wirkung kann gerechnet werden.
Der Feind flog in der Nacht zum 27. mit etwa 100 Flugzeugen in das nordwest=
deutsche Kiistengebiet ein mit Schwerpunkt Hamburg. Abwurf von zahlreichen
Spreng= und sehr zahlreichen Brandbomben. 17 industrielle bzw. kaufmannische
Betriebe beschadigt. Krankenhauser und Bahnhof sanlagen getroffen. Hauserschaden,
insbesondere Brandschaden, besonders im ostwartigen Teil der Stadt. Uber Per=
sonenverluste noch keine abschliefienden Meldungen. Mit einer Anzahl Verschutte=>
ten mu6 gerechnet werden. 3 Schlepper am Pulverkai gesunken.
7 Flugzeuge flogen in den Raum Jiitland— Schleswig=Holstein und 2 in Westfalen
ein.
Nach bisherigen Meldungen der Luftwaffe 6 Feindflugzeuge durch Flak und 12
durch Jager abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Das II. Flieger=Korps setzte in 3 zusammengefa6ten Einsatzen die Angriffe gegen
die Flugplatze La Venezia, Halfar und Luca fort. Gute Trefferlage wird gemeldet.
Die Zerstorung von 3 Feindflugzeugen am Boden wurde beobachtet. Der eigene
Begleitschutz von 50 Jagern hatte erst beim dritten Einsatz Feindberiihrung, wobei
1 Spitfire abgeschossen wurde.
529
B. Kriegstagebuch
In Nordafrika wegen Sandsturms geringe Einsatztatigkeit. 2 Feindflugzeuge wur=
den durch Flak abgeschossen.
Ein eigener Aufklarer wurde im Seeraum zwischen Port Said und Alexandrien
durch Feindjager abgeschossen. Zwischen diesen Sttitzpunkten zeichnet sich eine
sehr Starke, gut gefiihrte Feindjagd ab, die bisher noch aufierhalb der Reichweite
unserer Jager Hegt.
Die Aufklarung erbrachte vor der afrikanischen Kiiste keine besonderen Er=
gebnisse.
3. Ostfront:
Wirkungsvoller Einsatz im Raum der Angriffsarmeen. Am 26. insgesamt 124
Feindflugzeuge abgeschossen.
In Fortsetzung des Kampfes gegen die riickwartigen Verbindungen des Feindes
wurden auf der Wolga in Dammerungs= und Nachteinsatzen ein 1200 t Dampfer,
2 Tanker, 5 Lastkahne und 1 Schlepper versenkt, ferner ein 1000 t Dampfer und
ein 2 000 t Dampfer beschadigt, 2 Tanker in Brand geworfen, 1 Schlepper in Brand
geworfen, 2 Lastkahne beschadigt und 4 Tanker zu je 1000 t ohne besondere Wir=
kungsbeobachtung angegriffen.
27.Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Nach Abschlagen mehr. Gegenangriffe wurde das stark befestigte Bataisk
gestiirmt. Kampf dauert noch an. Westl. davon wurde der Br.=Kopf Koissuk
nach Siiden in Richtung Kuleschowka erweitert. Im riickw. Gelande siidostw.
Schachty wurden mehr. Widerstandsnester vernichtet und die Gegend weiter
von Feindresten gesaubert. Telle Div. „Gr.=Deutschland'' und 16. 1.D. (mot.)
stielien aus ihren Briickenkopfen nach Siiden weiter vor in Richtung auf den
Manytsch=Flufi. Gegen den Br.=Kopf Orlowka, der erweitert wurde, vergebl.
Feindangriffe. Starker Feinddruck gegen den Briickenkopf Zymljanskaja. Wei=
tere Bereitstellungen siidl. davon lassen auf neue Angriffe des Feindes
schliefien.
Auf dem Nordfliigel der H.Gr. gehen rum. Div.en nach Osten in Richtung
Don vor und erreichten das Hohengelande in Gegend Ilin und siidl. davon.
H.Gr. B
stiefi mit Teilkraften nach Osten vor, bildete einen Briickenkopf iiber den
Tschir nordl. Tschirskaja und steht dort im Kampf mit Feind, der das West=
ufer des Don halt. Nordl. des Tschir stehen die Spitzen der vorgehenden
Panzer= und Inf.Div.en im Gefecht mit starken feindl. Panzerkraften nord=
ostw. Kalatsch und sudl. Manoilin. Nordl. Kalatsch stehen eign. mot. Krafte
im Kampf mit Feind, der das Nordufer des Don zah verteidigt. AUein die
3. I.D. (mot) konnte hier 27 Feindpanzer an einem Tage erledigen. Im Raume
Wonzy gehen feindl. schwache Krafte vor eign. nach Osten vorgehenden Jg.=
Kraften zuriick. Nordl. Woronesch wurden mehr. Angr. abgeschlagen. Nach
530
27- Juli 1942
Gefang.=Aussagen soUen hier 60 Panzer eingesetzt sein, von denen im Laufe
des gestr. Tages 22 erledigt wurden. Neue Zufiihrungen des Feindes auf den
Bahnen ostw. und siidl. Woronesch lassen auf erneute Angr. schliefien. Eign.
Inf. und Panzer stiefien zur Bereinigung der Einbruchstelle siidl. Jelez kon=
zentrisch vor und konnten durch Vereinigung der vorstofienden Telle von
Osten undWesten die Einbruchsstelle abriegeln und einenKessel bilden. Westl.
davon und siidl. Liwny wiederholte der Feind seine mit Artl. und Panzern
vorgetragenen Angriffe, die unter schweren Feindverlusten abgeschlagen wur=
den. Das Wetter im Bereidi der beiden H.Gruppen ist sonnig, klar, warm.
Temp, bis 28 Grad ansteigend, Wege iiberall befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Im riickw. Gelande siidostw. von Trubschewsk wurde das Waldgeliinde ge=
saubert und mehr. Ortschaften der Partisanen zerstort. Auf dem Nordfliigel
der H.Gr. gelang es eign. Kraften, im Vorstol? nordl. Demidoff und ostw.
Welish sich zu vereinen und siidostw. Welish Feindteile in Starke von
2 Batl.en einzuschliejSen. Trotz starker Gegenangriffe wurde der Kessel kon=
zentrisch verengt. Wetter: bewolkt, Wege durch Gewitterregen teilw. ver=
schlechtert.
H.Gr. Nord:
Aufier vergebl. Feindangriffen siidl. und nordl. Cholm keine nennenswerten
Kampfhandlungen.
Finnland (25. 7.)
Finn. Siidostfront: Vor Gruppe Maselskaja wurde reger Verkehr im feindl. Hin=
tergelande festgestellt. Auch auf Murmanskbahn lebh. Zugverkehr.
Nordostfront: Aufier beiders. Artl.= und Spahtrupptatigkeit keine bes. Ereignisse.
Panzerarmee Afrika (26. 7.)
Nach Mitteilung des Dt. Gen. b. H.Qu der ital. Wehrm. sind die in der Oase Siwa
eingetroffenen ital. Truppen von den agypt. Behorden und der Bevolkerung freund=
lidi aufgenommen.
Nach V.=Mann=Meldungen vom 25. 7. sind am 23. 7. eine neuseel. Pz.Brig. und
2 ind. Inf.Brig.en, wegen zu gro6er Verluste aus der Front herausgezogen, in
Alexandrien eingetroffen.
Feindverhalten: In der Nacht vom 25. zum 26. 7. unternahmen schwache Teile der
7. Pz.Div. im Siidabsdinitt einen Aufkl.=Vorstol5, der abgewiesen wurde. Im Laufe
des 26. 7. infolge Sandsturmes nur geringe Kampftatigkeit. In den Abendstunden
fiihlte Feind im Siidabschn. erneut mit etwa 25 Panzern vor. Feindl. Lufttatigkeit
gering.
[Am 26. und ly. Juli weilt der Stellv. Chef WFStab im Feldquartier GFM
Rommels, um einen Eindruck uher die Lage zu gewinnen.]
531
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 27. 7. 42
1. Raum um England:
Birmingham wurde bei Tag und Nacht mit starken Kraften angegriffen. Ergebnis
des Nachtangriffs liegt noch nicht vor.
Aufierdem wurden bei Tage angegriffen Swindon, Cheltenham, Lemington, Rolls
Royce=Werke Derby, Aldoburgh, Flugplatz bei Norwich, Stadt und Flugplatz Cromer,
Poole, Bradford, Lokomotivf abrik der Great Weston=Raylway bei Swindon, Skegness,
Sleaford, Mabelthorb und Nottingham. Angriffswirkung war gut.
1 feindl. Flugzeug nordwestlich Nordwik abgestiirzt.
Ostwarts Humber 06.05 Uhr 3 Dampfer Kurs Nord.
21.10 Uhr ostwarts Lowestoft 40 Dampfer Kurs Nord, 14 Dampfer Kurs Siid
08.06 Uhr.
Ostwarts Harwich 07,10 Uhr 15—20 Dampfer stilliegend.
21.55 Uhr vor Portsmouth 12 Dampfer, teilweise je 2 Kahne schleppend, Kurs
Portsmouth.
Zwischen Chichester und Harbour 19.00 Uhr 30—40 Boote (Landungsboote?)
stilliegend.
Bei Middlespoint (Insel Wight) 22.00 Uhr 15 Dampfer, etwas nordlich davon
10 Dampfer stilliegend, teilweise eingenebelt.
Bei Lizzard Head 12.34 Uhr 9 Dampfer, 3 Vorp.Boote, Kurs West.
Am Tage Einfliige ins Reichsgebiet mit einzelnen Flugzeugen bis Leer— Bremen—
westfries. Inseln. Einzelne Bombenabwiirfe ohne grofieren Schaden. Keine Abschiisse.
Bei Nacht keine Einfliige ins Reichsgebiet. 45 Einfliige in Belgien, Nord= und
Westfrankreich. Keine besonderen Meldungen.
2. Mittelmeer:
Auf Malta wurden Luca und Venezia bei Tage angegriffen. 1 Abschu6 iiber Malta.
Nordwestlich Jaffa 07.18 Uhr 3 Dampfer, 3 Korvetten Kurs 30 Grad.
Nach ital. Meldung 13.15 Uhr siidwestlich Haifa 1 Zerstorer, 3 Dampfer Kurs
Nord.
Lichtbild La Valetta 12.57 Uhr: 1 Zerstorer, 1 Geleitboot, 1 Minensuchboot,
3 U=Boote, 2 Handelsdampfer, 1 Hafentanker.
Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel, dabei 9 Abschiisse.
3. Ostfront:
Unterstiitzung der Angriffsarmeen.
48 Abschiisse, 29 Flugzeuge am Boden zerstort.
Auf der Wolga ein Kanonenboot beschadigt.
28. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Uber Nacht und in den friihen Morgenstunden noch feindl. Gegenangriffe.
Seit Mittag riicklaufige Bewegungen siidl. und siidostw. Rostow. V.=Abt.en
erreichten, iiber Koissuk nach Siiden vorgehend, den Kagaleik bei Kagalnik.
Die iiber Bataisk vorgehenden Krafte stieEen nach Abschlagen eines Gegen=
angriffs nach Siiden weiter vor. Siidostw. von Rostow wurde Olginskaja ge=
53Z
28. Juli 1942
nommen. V.=Abt.en der 16. I.D. (mot), aus dem Br.=Kopf Sussatski vorgehend,
erreichten den Manytsch und bildeten einen Br.=Kopf. Westl. davon bei
Bagajewskaja noch zaher Feindwiderstand. Auch westl. und ostw. des Br.=
Kopfes Orlowka sind mehr. Ortschaften am Sal vom Feinde besetzt. Gegen
den Br.=Kopf Zymljanskaja wurden mehrere Angriffe abgeschlagen.
Wetter: klar, Wege befahrbar.
H.Gr. B:
Im Sudteil der H.Gr. wurde der Don siidl. und nordl. Tschirskaja erreicht.
Nordl. davon bei Kalatsch und auf den Hohen westl. davon starkerer feindl.
Pz.=Widerstand. Nordl. Swoboda wurde ein feindl. Vorstoii abgewiesen. An
der iibr. Front nach den schweren Angriffen der vorhergehenden Tage ver=
haltnismaliig ruhiger Verlauf. Nur kleinere Storangriife bei Woronesch und
feindl. Artl.=Feuer auf die Stadt. Siidl. Jelez wurden feindl. Bereitstellungen
mit Artl. und Fliegern bekampft und siidl. und nordwestl. Liwny mehr. An=
griffe in Btl.= und Rgt.=Starke abgewehrt.
H.Gr. Mine:
Aufier starker Artl.=Tatigkeit siidl. Suchinitschi im Siidteil keine bes. Kampf=
handlungen. Im Nordteil wurde ein Angriff nordwestl. Rshew und westl.
Mostowaja abgewehrt.
Wetter bewolkt, Regenfalle.
H.Gr. Nordl
Siidl. Cholm wurden Feindvorstofie abgewiesen. Siidostw. Ilmensee griff
der Feind nach Artl.=Vorbereitung die Stellung an der Pola an. Kampfe noch
im Gange. Siidl. Salzy nach Artl.=Vorbereitung ein feindl. vergebl. Angriff.
Die Stellung wurde beiderseits der Bahn von einem fdl. Pz.Zug beschossen.
Siidl. Leningrad stark, feindl. Artl.=Feuer.
Finnland (26. 7.)
Keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (27. 7.)
Der Feind trat in der Nacht vom 26. zum 27. 7. im Nordabsdinitt mit starken
Inf.= und Panz.=Verbanden nach Artl.=Vorbereitung zum Angriff nadi Westen und
Siidwesten an. Hierbei waren eingesetzt die nach Auffrischung neu herangefiihrte
50. engl. Inf.Div. (2 Brig.en) und Masse der 9. austral. Div. (2 Brig.en), verstarkt
durch Panzerverbande der 1. Pz.Div. (1 Brig.), sowie durch in der Festung Alamein
befindl. Inf.=Panzer. Dem Gegner gelangen in der Nacht ortliche Einbriiche. Diese
wurden im Verlauf des Vormittags durch schnell herangefiihrte Reserven abgeriegelt
und der Feind im Gegenangriff unter hohen blutigen und Materialverlusten zuriick=
geworfen. Hierbei 32 Panzerkampfwagen vernichtet und iiber 1000 Gefangene ein=
533
B. Kriegstagebuch
gebracht. Die eignen Verluste in den sehr harten Kampfen waren bei einem deut=
schen und ital. Inf.Batl.en schwer (etwa je 2 Komp. aufgerieben). Im Siidabschn,
Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit.
Stortrupps des Gegners stiefien in der Nacht vom 26. zum 27. 7. aus einem
Versteck am Nordrand der Kattara=Senke zum Flugplatz Casaba West vor. Einige
deutsche Flugzeuge wurden zerstort. Eine deutsche Aufkl.=Einheit stie6 von Marsa
Matruk etwa 100 km in siidl. Richtung vor und warf die Stortrupps in die Kattara=
Senke zuriick.
Die fdl. Luftwaffe verstarkte vor Angriffsbeginn in der Nacht vom 26. 7. auf 27. 7.
ihre Bomben= und Tiefangriffe auf die Einbruchsstellen und fiihrte im Verlauf des
Tages laufende Angriff^e durch. Die eign. Luftwaffe unterstiitzte den Abwehrkampf
durch wirkungsvolle Angriffe auf Panzerbereitstellungen und Kfz.=Ansammlungen.
Von der itaL Fallschirm=Div.^ ist bisher nur 1 Jager=BatL und 1 Pak=BatL an der
Front eingetroffen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 28. 7. 42
1, Raum um England:
Von in der Nacht zum 28. 7. eingesetzten 111 Kampfflugzeugen griffen 70 Birming=
ham aus 900 m Hohe bei guten Sichtverhaltnissen an. Gute Trefferlage in den
befohlenen Zielflachen, zahlreiche sehr starke Brande und Detonationen im ge=
samten Zielraum erkannt. In Industriewerken wurden Treffer beobachtet im Flug=
zeugzellenwerk Birmingham=Castle, Bromwich, 3 Treffer 5C 1 000 in der Gummi=
reifenfabrik in Birmingham=Nordost, 1 SC 1800 im Grofigaswerk in Birmingham=
Nordost. 18 Flugzeuge griffen Ausweichziele an, 19 Flugzeuge brachen die Aufgabe
ab, 4 Flugzeuge gingen verloren. Wahrend des Angriffes sehr hartnackige Nacht=
jagd=Verfolgung, die Besatzungen auf Notziele abdrangten.
Wahrend des 28. im Westraum 1 Spitfire sicher, 1 wahrscheinlich abgeschossen.
50 sm ostwarts Nordspitze der Faroer ein Vorp.=Boot 400 t versenkt und 60 sm
ostwarts Thorshaven ein Fischkutter mit Bordwaffen beschossen.
20 sm ostwarts des Humber 07.20 Uhr 25 Dampfer, 1 Zerstorer, Kurs Nord.
Vor Great Yarmouth 21.20 Uhr 14 Dampfer, 2 Zerstorer Kurs Nord.
30 sm ostwarts Lowestoft 21.30 Uhr 9 Schnellboote Kurs Ost.
Vor Eastbourne am Nachmittag des 28. 2 Vp.=Boote beschadigt.
In 34 West 8752 (rd. 800 sm westlich Brest) um 11.00 Uhr Geleitzug von
18 Schiffen, 5 Bewachern, Kurs 360—320 Grad.
Eigener Nachteinsatz: 11 Flugzeuge zu Einzelzerstorangriffen gegen Riistungs=
betriebe in Sud= und Mittel=England. Erfolgsmeldungen stehen noch aus.
Der Feind flog in der Nacht zum 29. mit 120 Flugzeugen in das Reichsgebiet
Schwerpunkt Hamburg ein. Schadensmeldungen liegen noch nicht vor. Nach bis=
herigen Meldungen 16 Flugzeuge durch Flak und 20 durch Jager abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Fortsetzung der Angriffe gegen Malta.
4 Spitfire abgeschossen, 3 eigene Ju 88 verloren. Zur Zeit macht sich Jagduber=
legenheit Gegners bei Tagangriffen unangenehm bemerkbar.
Einsatz des X. Flieger=Korps gegen Reede von Suez in zwei Wellen mit BM 1 000.
BM 1 000 ohne direkte Treffer zwischen Schiffsziele gefallen.
Starke Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel durch Einsatz gegen zum Angriff
bereitgestellte Feindpanzer. Angriff abgeschlagen, 5 Feindflugzeuge abgeschossen.
1 Urspriinglich zum Einsatz gegen Malta vorgesehen.
534
29- Juli 1942
5. Ostfront:
In 1362 Einsatzen starke Unterstiitzung der Angriffsarmeen. Hierbei 40 Abschiisse.
Auf der Wolga ein Schleppkahn beschadigt.
Im Asowschen Meer 1 Kanonenboot versenkt.
29. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Feind setzt sich vom Kagalnik nacK Siiden ab. Die Div.en, aus Raum Rostow
vorgehend, erreichten in breiter Front den Kagalnik und bildeten sudl. Asow
bei Samarkoje, Nowo Bataisk und Kagalnikskaja Briickenkopfe. Schwacher
Feindwiderstand wurde gebrochen. Die aus dem Raum Melchowskaja nach
Siiden vorstofienden Krafte iiberschritten an mehreren Stellen den Manytsch
und sind im Angriff auf Prozikoff etwa 30 km nordnordostw. Metschetinskaja.
Aus dem Briickenkopf Orlowskaja heraus gingen Pz.=Krafte nach Siiden vor
und warfen den Gegn. im Raum Udenowskaja etwa 30 km nordnordwestl.
Proletarskaja. Die aus dem Raum siidl. Semikarakoroskaja nach Osten ab=
gedrangten Feindteile versuchten vergebl., den Vormarsch dieser Pz.=Krafte
zu storen. In Gegend Marinowka— Kagalskaja und Zymljanskaja vergebl.
Feindangriffe.
H.Gr. B:
Westl. und nordwestl. von Kalatsch fiihrte der Feind mit Unterstiitzung von
30—40 Panzern gegeniiber dem Vortag schwachere Angriffe und wurde zuriick=
geschlagen. Ein weiteres Vorgehen hier ist vom Nachfiihren von Betriebsstoff
und Munition abhangig. Voraussichtlich 29. 7. Fortsetzung. Nach Aufkl.=
Meldungen verstarkt sich der Feind nordl. Woronesch und siidostw. Jelez
laufend. Angriffe nordl. Woronesch mit etwa 20 Panzern wurden unter schwe=
ren Verlusten fiir den Feind und Vernichtung von 15 Panzern zuriickgeschlagen.
Siidostw. Jelez ist ein Angriff von 2 Feindbatl.en im Gange.
H.Gr.Mitte:
Ostw. Welish wurde durch weitere eign. Vorstofie die Stellung nach Nord=
osten vorverlegt. Feindl. Angriffe waren ergebnislos.
H.Gr. Nord:
Ein stark. Feindangriff siidwestl. Leningrad auf die Stellungen der SS=Pol.=
Div. wurde unter schweren Feindverlusten abgeschlagen.
Finnland (27. 7.)
Finn. Sudostfront: An der Landenge wurden ortl. feindl. Vorstofie abgewiesen.
Im Nordteil der Maselskaja=Front setzte Feind seine Fernstreifentatigkeit fort.
535
B. Kriegstagebuch
Nordostfront (Geh.AOK 20): Fortsetzung der fdl. Schanzarbeit und Stellungbau.
Im Hintergelande von Kestenga und Alakurtti ist die fdl. Partisanentatigkeit durch
Einsatz stark, eign. Krafte seit einigen Tagen stillgelegt.
Panzerarmee Afrika (28. 7.)
Auf ganzer Front Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit.
Nilgebiet: Nach einer unbestatigten Meldung vom 23. 7. sollen die 44. engl. Div.
und der Stab 15. engl. Div. in Kairo eingetroffen sein. Die 1. lei. franz. Brig, ist im
Qalyubiya=Gebiet (nordl. Kairo) gemeldet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 29. 7. 42
1, Raum um England:
In Tagesangriffen wurden verschiedene Orte und Flugplatze Englands angegriffen.
Bombenlage und Wirkung, soweit beobachtet, gut. Es wurden angegriffen die Kugel=
lagerfabrik in Luton, Lincoln, Uston, Hornsby (Dieselmotorenwerk), Alford, Flug=
platz Norwich und Scampton bei Ipswich.
Starker Nachtangriff richtete sich gegen Birmingham. Es wurden Lagerhallen in
Brand gesetzt, 2 gro6e und mehrere kleine Brande festgestellt.
Ostwarts Humber 07.40 Uhr 15 Dampfer bis 5 000 t, 7 Vorp.=Boote Kurs Nord.
Bei Orfordness 06.40 Uhr 6 Minensucher Kurs Siid.
Siidlich Shoreham 3 vermutlich Kreuzer, 10—15 Dampfer, mehrere Vorp.=Boote
und Minensucher Kurs Ost (insges. angeblich 30—40 Schiffe).
Siidlich Portland 06.25 Uhr ungefahr 35 Dampfer und mehrere Vorp.=Boote Kurs
West.
Bei Brixham 16.15 Uhr Jabo=Angriff auf 3 Frachter und Schlepper, 1 Frachter
etwa 3 000 t durch Minenwirkung beschadigt, 1 Schlepper durch Kanonentreffer
beschadigt.
Bei Sandro (Siidostecke Island) 1 Dampfer Kurs Siid, 4 Vorp.=Boote stilliegend.
Von 80 Feindeinfliigen etwa 30 ins Reichsgebiet, der Rest ins besetzte Gebiet.
6 Abschiisse durch Nachtjager. Eindringtiefe Aachen— Bingen—Strafiburg—Metz—
Verdun. Schwerpunkt Saarbriicken. Zahlreiche Spreng= und etwa 1 000 Brand=
bomben. Verschiedene Gro6brande (Hochschule, Regierungsgebaude und Geschafts*
hauser). Industrieschaden: Maschinenfabrik Ehrhardt & Schmer, Brande noch nicht
geloscht, Produktionsausfall noch nicht zu iibersehen. Vohrbacher Hiitte Treffer in
Laboratorium und neue Koksfabrik. Kein Produktionsausfall. Verkehrsschaden :
Alle Eisenbahnstrecken gesperrt. Bisher 6 Tote, 31 Verletzte.
2. Mittelmeer:
Lichtbilderkundung Suez 28. 7. 13.30 Uhr: 2 Zerstorer (griech.), 2 kleine Kriegs=
fahrzeuge, 3 Fahrgastschiffe zus. 63 000 t, 7 Tanker 26 300 t, 41 Frachter zus.
217 500 t, insgesamt 306 800 t.
Uber Malta 2 Abschiisse.
Afrikanische Front kein Kampfeinsatz.
5. Ostfront:
Lichtbilderkundung Astrachan 29. 7. 06.45 Uhr: 20 Motorbarkassen, 15 Rad=
dampfer, davon 2 im Dock, 16 Dlleichter, 60 Frachtkahne, 1 Flufibarkasse, 7 Flofie,
etwa 90 Boote und mehrere kleine Boote.
Nach Mitteilung Kpt. Mossel wird seit 3 Tagen die Verminung der Wolga bei
Stalingrad laufend durchgefiihrt (Mitteilung stammt vom 24.7.). Trotz der unter=
536
30. Juli 1942
schiedlichen Tiefenangaben bisher noch kein Hochgehen der LM infolge zu geringer
Wassertiefe beobachtet. Minen werden in schmale Flufiteile geworfen, wo grofiere
Tiefe angenommen werden kann.
Die Anfangserzeugung an Kampfflugzeugen in den Werken KuybiscKew soil
40 Stiick betragen haben. In letzter Zeit werden auch Schulmaschinen mit Bomben=
abwurfeinrichtungen versehen und an die Front geschickt. Zeichen fiir grofien
Mangel an Flugzeugen im Frontgebiet.
Fiir die Fortsetzung der Heeresoperationen teilt Kpt. Mossel mit, dafi er fiir den
Einsatz der Luftwaffe auf die Bedeutung der Bekampfung der Hafen Batum als
Haupthandelshafen, Poti als Hauptliegehafen der Flotte und Otschemschiri als
U=Bootshafen hingewiesen habe, Verminung in alien 3 Hafen besonders giinstig.
Nach dortiger Auffassung erscheint Ausbruchsversuch russischer Flotte durch Darda=
nellen bzw. auch Versuch,- sich in der Tiirkei internieren zu lassen, nicht unmoglich.
Kpt. Mossel bittet um Unterrichtung iiber Ansichten der Ski. zu diesen beiden
Moglichkeiten.
Russ. Luftwaffe vor rechtem Fliigel Heeresgruppe Siid ausgesprochen schwach.
Stukas fliegen ihre Angriffe bereits ohne Jagerbegleitung. Russ. Jager greifen Stukas
nicht an. Feindangriffe nur noch auf einzelfliegende deutsche Flugzeuge. — Um den
besonders starken Angriffen bei Woronesch zu begegnen, waren seinerzeit Kampf=
verbande vom Luftwaffenkommando Ost zur Lfl. 4 abgezogen worden. Damit sind
bis auf einige Kampf= und Jagdgruppen samtliche Luftwaffenverbande der Ostfront
bei Luftflotte 4 zusammengefafit.
Vor der 6. Armee tritt der Gegner in der Luft zahlenmafiig stark auf. Es werden
durch unsere Jager auch grolie Abschufizahlen erzielt. Chef Lfl. 4 gibt hierzu an,
da6 die Qualitat der russ. Flieger aufierordentlich abgenommen habe. Es ware fiir
unsere Jager kein Kampfproblem mehr, sondern nur noch eine Frage, wo man den
Gegner trifft, um ihn dann massenweise abzuschiefien. Das Material ist also
anscheinend noch vorhanden, aber nicht mehr das Personal.
Es tauchte auch die Lesart auf, da6 die Russen unsere Flugzeuge in der Luft
rammen wiirden. Dies ist jedoch nicht so, sondern die Russen beherrschen ihre
Maschinen so wenig, daC zeitweise der Anschein entsteht, als ob sie unsere
Flugzeuge zu rammen versuchten.
Feindliche Nachtangriffe auch haufig durch Schulmaschinen.
30. Juli 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Nach Uberwinden des Kagalnik=Flusses stiefien mot. und Pz.=Krafte weiter
nach Silden vor. Bei Birjutschi und 20 km nordl. von Kuschtschewskaja schwa=
chere feindl. Pz.=Krafte, die angegriffen werden. Nordostw. Kuschtschewskaja
wurde ein Briickenkopf iiber den Bolchoj Elbuds gebildet. Westl. Metschetins=
kaja kampfen Telle der Geb.Div.en mit starkerem Feind. 13. Pz.Div. warf
Feind aus Metschetinskaja und brachte dabei yoo Gefangene und 21 2=cm=
Geschiitze ein. Nordostw. davon steht 16. Pz.Div. im Kampf gegen das stark
befestigte Pupoff. Die 3. Pz.Div. erreichte im ziigigen Vorgehen die Bahn
Krasnograd— Stalingrad nordl. und siidl. Proletarskaja. Nordl. Proletarskaja
wurde die Bahn an verschiedenen Stellen gesprengt, siidl. des Ortes gingen
537
B. Kriegstagebuch
Pz.=Krafte iiber die unzerstorte Briicke nach Siidosten vor. Proletarskaja selbst
ist stark feindbesetzt mit Artl. Bei Zymljanskaja und siidwestl. davon stark.
Feind. Die Kriegsbriicke bei Zymljanskaja wurde durch feindl. Artl.=Volltreffer
zerstort. Fahrbetrieb ist eingerichtet.
H.Gr. B:
Das Westufer des Don wurde siidi. des Tschir von versprengten Feindteilen
gesaubert. Nordl. Tschirskaja wurde eine angreifende feindl. Kolonne ver=
nichtet, dabei 800 tote Russen. Westl. Kalatsch stehen mot. und Pz.=Krafte im
Kampf gegen etwa 100 feindl. Panzer. Nordl. davon im riickw. Gelande
brachen, vom Westen her kommend, etwa 40 russ. Panzer durch und iiber=
rannten den Gefechtsstand des XIV. Pz.Korps. Zur Vernichtung dieses Feindes
sind Gegenmalinahmen eingeleitet. Siidl. Swoboda am Don Sauberung des
Siidufers durch ung. Truppen. Feindl. Angriffe aus Osten auf Woronesch wur=
den abgewehrt. Aufklarung stellte nordl. Woronesch etwa 25 Panzer in Bereit=
stellung fest. Ein Angriff auf die ehemalige Einbruchsstelle, die vollkommen
wiederhergestellt ist, wurde abgeschlagen. Siidl. Jelez sind starke feindl.
Bereitstellungen erkannt.
H.Gr. Mine:
Ostw. Welish gingen eign. Krafte bis an die Seenkette bei Tschepli vor.
Das jenseitige Ufer ist stark feindbesetzt. Von Welish aus stielien Telle der
dort eingesetzten Div.en siidl. der Dwina nach Osten bis an die Seenkette vor.
H.Gr. Nord:
Aufier erfolgloser feindl. Stofitrupptatigkeit bei 18. Armee keine bes. Kampf=
handlungen.
Finnland (28. 7.)
Keine besonderen Meldungen.
Panzerarmee Afrika (29. 7.)
Feindverhalten: Im gesamten Frontabschn. normale Aufkl.= und Artl.= sowie
geringe feindl. Fliegertatigkeit.
Krdftegliederung: Im Kiistenraum hat eine Verstarkung der feindl. Krafte durch
Heranbringung von Teilen 1. Pz.Div. aus dem mittl. Abschnitt sowie Neuzufiihrung
schwerer Artillerie stattgefunden. Aufierdem sind 9. austral. Inf.Div. sowie wieder=
aufgefrisdite 1. siidafrik. und 50. engl. Inf.Div. in diesem Raum eingesetzt oder
versammelt. Aufklarungskrafte 7. Pz.Div, traten aufier wie bisher im Siidabschnitt
jetzt audi im mittl. Abschn. auf.
In der Zeit 26. 5.-25. 7. wurden insgesamt 2 514 Panzerkampf= und Panzerspah=
wagen und sonstige gepanzerte Fahrzeuge vernichtet bzw. erbeutet.
538
30. Juli 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 30. 7. 42
1. Raum um England:
Bewaffnete Aufklarung bis zur engl, Kiiste, dabei Jabo=Angriff auf Geleitzug
siidlich Middelhampton. 1 Dampfer 3—4000 t versenkt, innerhalb 8 Minuten ge=
sunken.
Nachteinsatz gegen Birmingham mit mittleren Kraften. Ergebnis liegt noch
nicht vor.
Vor Dover 11.56 Uhr 2 Dampfer Kurs Siidwest, 14 anscheinend Raumboote
Dover einlaufend.
Siidlich Middelhampton 4 Dampfer, 2 Bewacher mit Ballonsperre, Jabo=Angriff
siehe oben.
11.00 Uhr in der Flufimiindung bei Dargness 25 Dampfer, Kurs und Art nicht
erkannt.
Bei Falcombe gegen 11.00 Uhr 60 Sturmboote.
Bei Plymouth gegen 11.00 Uhr 1 Schlachtschiff „Paris"=Kl., 1 Flugzeugmutterschiff
2 vermutlich leichte Kreuzer, 5 Zerstorer, 7 Geleitboote, 140 Sturm=Landungsboote,
3 kleine Frachter zus. 3 500 t.
Siidlich Lizzard Head 10.40 Uhr 15 Dampfer Kurs West.
Kiiste zwischen Portland und Start Point durch Lichtbild erkundet. Gegen Be=
legung vom 28. nur geringe Anderung.
Wahrend des 30. mehrere Tageinfliige in Belgien, Nordfrankreich, Holland. An=
griffe auf Fliegerhorste. Dabei 10 Abschiisse, 3 wahrscheinlich. Einige Einfliige in
den Raum Cuxhaven, dabei 1 Spitfire abgeschossen.
In der Nacht nur 1 Einflug ins Reichsgebiet bis Nordhausen. Kein Bombenabwurf.
Geringe Einfliige ins besetzte Gebiet.
Bei freier Jagd wurden am 30. 7. zusatzlich 15 Flugzeuge sicher, 3 wahrscheinlich
abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Bei Angriffen auf Malta wurden 3 Abschiisse erzielt.
Fliegerfiihrer Afrika flihrte Angriffe auf Panzer= und Kraftfahrzeugansamm=
lungen durch.
Weitere Angriffe richteten sich gegen Flugplatze bei Kairo, Wirkung sehr gut.
Sicherungseinsatze fiir Transporter nach Afrika, dabei Angriff mit SC 250 gegen
feindl. U=Boot. U=Boot wurde schragliegend mit geknicktem Sehrohr festgestellt.
Bei weiteren Angriffen auf Dlfleck keine weitere Beobachtung.
Bei feindl. Nachtangriffen auf Tobruk wurden 2 Abschiisse erzielt.
5. Ost front:
Die Luftwaffe fiihrte bei der Heeresgruppe Nord und der Heeresgruppe A
Angriffe zur Unterstiitzung des Heeres durch. Es wurden dabei Flugplatz und
Schiffe bei Lavansaari angegriffen. Wirkung auf Schiffen und Flugplatzanlagen war
gut. 8 Abschiisse.
Starker Nachschub fiir die bei Zymljanskaja eingesetzten Heeresverbande mitju52.
Lichtbilderkundung Astrachan am 30.7. gegen 07.00 Uhr ergab: 6 Raddampfer,
11 Motorbarkassen, 24 Olleichter, 8 Frachtkahne, 3 Flolie, 40 mittlere und kleine
Hafenfahrzeuge, 60 Boote.
4. Eismeer: Aufklarung im Eismeer bis zur Fischer=Halbinsel kein Ergebnis.
Kpt. Mossel teilt mit: Nachtangriff auf Hamburg am 29.7. ergab Feststellung,
dafi vor Anflug auf Hamburg Angriffe auf unsere Nachtjagdhafen durchgefiihrt
wurden. Verluste sind nicht entstanden. Versuch Ausschaltung der Nachtjager vor
Durchfiihrung des Angriffes.
539
B. Kriegstagebuch
31. Juli 1942
[Befehl des OKH an die H.Gr.en A und B uber die FortfUhrung der Opera=
tionen'^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
i:l. Armee: Im Raume Kertsch feindl. Artl.=Tatigkeit.
Wetter bewolkt, trocken.
Armeegr. Ruoff: Am Jaisk=Abschn. nur noch feindl. Nachhuten. Eign. Krafte
erreichten im Vorgehen nach Siiden den Jaisk bei Kuschtscheskaja und bildeten
ostw. davon einen Briickenkopf. Die Eisenbahnbriicke bei Kuschtscheskaja ist
gesprengt. Vor fluchtartig zuriickweichendem Feinde stiefien SS=„W und
Teile 13. Pz.Div. nach Siiden vor und erreichten mit den Spitzen Nowo
Rogowskaja und Salsk. Im riickw. Gelande Kampf mit feindl. Widerstands=
nestern und zersprengten Abt.en im Raume Popoff.
Wetter: bewolkt, warm, ortl. leichter Regen. Infolge Flutwelle von Manytsch=
Abschnitt (durch Sprengung) her, mufi Fahrbetrieb iiber den Don bei Rostow
voriibergehend eingestellt werden und voraussichtlich auch i6=t=Brucke aus=
gefahren werden.
H.Gr.B:
Auf dem Siidfliigel wurden Feindreste, die sich noch auf dem Westufer
des Don gehalten hatten, iiber den Flufi nach Osten zuriickgeworfen. Im Raume
nordl. Kalatsch werden die eign. vorgehenden Truppen von Panzerkraften,
die zum Teil neu aufgetreten sind, z. T. versuchen, aus der Einschliefiimg aus=
zubrechen, angegriffen. Hierbei wurden etwa ^6 Panzer erledigt, 18 bewegungs=
unfahig. Eine Div. meldet 2000 Gefangene und grofie Beute. Bei Kletskaja
wurden Feindteile, die sich noch sUdl. des Don befanden, iiber den Don nach
Norden zuriickgeschlagen und das Slidufer bereinigt. Ital. Div. „Celere'', die
nordwestl. hiervon am Don=Knick zur Sicherung eingesetzt ist, wurde von
feindl. Pz.=Kraften angegriffen etwa in Gegend ostl. der Einmundung der
Medwedica. Bisher 6 Feindpanzer abgeschossen.
Siidl. Kasanskaja wurde ein Feindversuch, iiber den Don iiberzusetzen,
zuriickgewiesen. Bei Woronesch wurden Feindkrafte, die auf das Westufer
des Woronesch vorgedrungen waren, zuriickgeworfen. Mehr. heftige Regen=
schauer, Wege noch befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Suchinitschi wurden mehr. Angriffe des Feindes im GegenstoE zuriick=
gewiesen. Strafien im Raume Brjansk— Jelnja— Wjasma wegen starker Regen=
OKH/Gen.St.d.H./Op.Abt. (I) Nr. 42057^/42 g.Kdos. Chefs, vom 31. Juli 1942
im Dokumenten=Anhang Nr. ly.
540
31. Juli 1942
falle auf 24 Stunden gesperrt. Sxidwestl. Stariza griff der Gegner mit starker
Pz.=Unterstutzung die eign. Linie an. Es gelang ihm ein Durchbruch, der ostw.
Rshew abgeriegelt werden konnte. Ndrdl. Rshew griff der Feind in Starke
von 3 Div.en an. Auch hier konnte er einen Einbruch erzielen, der nordl.
Rshew abgeriegelt wurde. Bisher 23 Panzer erledigt. Westl. hiervon stark.
Artl.=Feuer des Feindes. Wetter: Regenfalle, Wege unbefahrbar.
H.Cr. Nord:
Nordl. Salzy wurden Bereitstellungen durch Artl. zerschlagen. Ebenso wur=
den siidl. Leningrad Bereitstellungen bekampft. Mehr. Angriffe auf die Stellun=
gen bei Urizk wurden unter schweren Feindverlusten abgeschlagen. Ein an=
fahrender Panzerzug wurde zur Umkehr gezwungen.
Finnland (30. 7.)
Keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Af rika (30. 7.) ^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 31. 7. 42
1. Raum um England:
Bewaffnete Aufklarung vor der engl. Kiiste erbradite kein besonderes Ergebnis.
Bei Feindangriffen auf das besetzte Gebiet wurden durdi Jager 17 Abschiisse
erzielt, davon 16 Spitfire, 1 unbekanntes Flugzeug. Aufierdem 1 Spitfire bei
Dungeness wahrscheinlich abgeschossen.
Bei Bombenangriff auf Tynemouth wurde gute Wirkung erzielt.
Vor Great Yarmouth 8 mittlere Dampfer vor Anker.
Bei Sheerness 21.00 Uhr 20 kleine Schiffe, wahrscheinlich Fischkutter Kurs Ost.
Zwischen Folkestone und Margate lebhafte Bewachertatigkeit.
Grobauswertung LB=Aufnahme von Hafen Plymouth ergab 11.00 Uhr: 1 Kreuzer
eingedockt. Nachpriifung gestriger Meldung iiber Belegung Plymouth ergab, dafi
gemeldetes Flugzeugmutterschiff ein Handelsschiff war.
Nachteinsatz mit schwacheren Kraften auf Hull. Ergebnis liegt noch nicht vor.
Von 140 Feindeinfliigen 101 ins Reichsgebiet und Danemark. Schwerpunkt der
Angriffe Diisseldorf. Nahere Meldungen liegen noch nicht vor. 3 Abschiisse durch
Flak, 14 durch Jager, dazu 2 Abstiirze.
2. Mittelmeer:
Bei Angriff auf Malta wurden 3 Abschiisse erzielt.
Aufklarung im Mittelmeer ergab keine besonderen Feststellungen. Es wurde
Geleitzugsicherung bei Afrika=Geleit durchgefiihrt.
Bei Fliegerfiihrer Afrika Aufklarungstatigkeit und freie Jagd. Dabei 1 Welling=
ton abgeschossen.
Bei Feindangriff auf Tobruk wurde 1 Flugzeug durch Flakbeschu6 zur Notlandung
gezwungen, Besatzung gefangen genommen.
Die beim Afrika=Korps eingesetzten 2 Flakregimenter haben seit 26. 5. 101 Ab=
sdiiisse erzielt.
2 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
541
B. Kriegstagebuch
Lichtbilderkundung La Valetta 10.35 Uhr: 2 Zerstorer, 2 U=Boote, 2 Vorp.=Boote^
2 Hilfsminensuchboote, 2 Dampfer.
3. Ost front:
Es wurden Schiffsziele auf der Wolga angegriffen. Nahere Meldungen sind noch
nicht eingegangen.
4. Besonderes:
Zum Angriff auf Diisseldorf wird gemeldet: Es wurden abgeworfen 9 LM, 127
Spreng= und 6000 Brandbomben. Es entstanden 70 GrolSbrande, 170 Dachstuhl=
brande, Brandschaden in 11 Industrieanlagen. Es wurden 155 Wohnhauser teils
zerstort, teils schwer beschadigt. Nach bisherigen Feststellungen 37 Tote, 107 Schwer=
und 185 Leichtverletzte.
1. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raum Kertsch liegen keine Meldungen vor. Die siidl. der Bucht von
Taganrog vorgehenden Telle erreichten Alexandrowka, Briicke unzerstort.
Welter ostl. wurde Kutschewskaja vom Felnde gesaubert und der Br.=Kopf
nach Siiden erweitert. Stromaufwarts wurde der Fluli Jeja von Pz.=Kraften
iiberschritten, die etwa 15 km siidl. davon im Kampf mit Nachhuten stehen.
45 km siidwestl. Salsk wurde die Bahnlinie Krasnodar— Stalingrad bei Pe=
tschanokospkaja durch SS=„W=Div. erreicht, der Feind zuriickgeworfen. Vor=
aus=Abt.en gingen nach Siiden, Siidosten und Siidwesten vor. Beiderseits
Salsk iiberschritten weitere Pz.=Krafte die Bahnlinie. Aus dem Briickenkopf
bei Nikolajewskaja und Zymljanskaja stiefien mot.Krafte und Infanterie nach
Siiden vor, durchbrachen die feindl. Stellungen und erreichten die Gegend
nordl. des Sal=Flusses. Im riickwartigen Gelande Kampf mit versprengten,
sich zah verteidigenden Feindteilen. Wetter: warm, zunehmend bewolkt.
H.Gr. B:
Auf dem rechten Fliigel siidl. Tschirskaja griff der Feind mit 3 Rgt.ern die
Stellung einer Inf.Div. an; nordl. u. siidl. davon feindl. Artl.=Tatigkeit. Im
Raum nordl. und westl. Kalatsch fiihrte der Russe weitere Verstarkungen
heran. Angriffe auf die Spitzen der Pz.Div.en wurden abgeschlagen, eine
Pz.Div. meldet: 24 Panzer erledigt. Die welter nordl. eingeschlossenen Feind=
telle versuchten, nach Osten durchzubrechen. Konzentrischer Angriff von eige=
nen Inf.= und Pz.=Kraften brachte den Durchbruch zum Stehen. In dem Don=
Bogen nordostwarts Kletskaja konnten bei einem vergeblichen feindl. Angriff
18 Panzer erledigt werden. Ital. Div. „Celere'' griff den Feind im Br.=Kopf bei
Serafimowitsch an und erledigte 6 Pz. An dem scharfen Don=Knick nordwestl.
Kasanskaja vergebliche feindl. Angriffe und Ubergriffsversuche. Wetter: be=
wolkt, + 28 Grad, Wege wieder befahrbar. Die in dem Raum Starobelsk,
542
1. August 1942
Millerowo und Woroschilowgrad stehende 8. ital. Armee ging weiter nach
Nordosten vor. Im Raum Woronesch und nordl. davon starkes feindl. Artl.=
Feuer, weiterhin stark. Ansammlungen des Feindes gemeldet.
Wetter: wechselnd bewolkt.
H.Gr. Mine:
Zwischen Kirow und Suchinitsdii nach Art.=Vorbereitung vergeblicher feindl.
Angriff abgeschlagen. Feindl. Bewegung ostwarts Spas Demenskoje wurde
durch Art. bekampft. Im Raum der 3. Pz. Armee sind durch die anhaltenden
Niederschlage Stellungen und Unterstande liberschwemmt. Briicken zum Teil
wegen Hochwassers nicht befahrbar. Ostw. und nordl. Rshew versuchte der
Feind, seinen Einbruch zu erweitern, Abriegelung im Gegenangriff im Gange.
Nordwestl. Rshew nahern sich feindl. Pz.=Krafte im Nebel den Stellungen.
Im Raum Bjeloj wurden feindl. Angriffe abgewiesen, ebenso auf die neu ein=
genommenen Stellungen siidl. der Dwina bei Welish.
H.Gr. Nord:
Nordl. des Ilmensees griff der Feind die Stellungen der span. Div. an und
wurde unter blutigen Verlusten zuriickgeschlagen. Konzentr. Feindangriff auf
den Briickenkopf siidl. Salzy konnte zunachst abgewiesen werden. Bei wei=
terem Angriff gelang es dem Gegner, in geringer Breite in die eigenen Kampf=
linien einzubrechen. Gegenstofi ist im Gange. Bereitstellungen sudl. Leningrad
wurden durch Art. bekampft.
Finnland (30. 7.)
Keine besonderen Ereignisse.
Panzerarmee Afrika (31. 7.) ^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 1. 8. 42
1. Raum um England:
Im Westraum wahrend des 1. 8. 7 Abschiisse, 3 Flugzeuge iiber holl. Gebiet
abgestiirzt.
Bei Tage wurde bewaffnete Aufklarung durchgefiihrt, bei Nadit mit geringeren
Kraften Norwich angegriffen, grofie Brande beobachtet.
07.55 Uhr siidostlich Falmouth 4 Dampfer, 3 Zerstorer, 2 Vorp.Boote, Kurs Nord=
ost.
15.30 Uhr westlidi Beadiy Head 4 Dampfer Kurs Ost.
18.26 Uhr nordostlich Start Point 14 Dampfer, 2 Zerstorer, 4 Vorp.Boote ohne
Kursangabe.
21.20 Uhr siidlich Dungeness 6 Dampfer Kurs Ost.
21.15 Uhr in Dover 4 ansdieinend Bewadier, y—8 ansdieinend Sturmboote auf
Strand.
1 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
5^-5
B. Kriegstagebuch
Am 1. 8. nachmittags 16.28 Uhr Angriff auf Hannover. Es wurden 4 Spreng=
bomben abgeworfen. 17 Tote, 35 Schwerverletzte, davon 10 Kinder, ^o Leichtver=
letzte. Einige Hauser zerstort bzw. beschadigt. Bei einem Angriff auf Frankfurt a. M.
einige Tote und Verletzte. Ein Angriff auf Wilhelmshaven war ohne Schaden.
In der Nacht zum 2. keine Feindeinfliige ins Reichsgebiet. 1 Abschu6.
Einzelne Nachteinfliige in Belgien— Nordfrankreich und in Westfrankreich.
2. Miitelmeer:
Bei Angriff auf Malta wurde gute Wirkung erzielt.
Fliegerfiihrer Afrika fiihrte Nachtangriffe durch. Es wurden 7 Flugzeuge am
Boden zerstort. Wahrend des 1. 8. 3 Abschiisse.
Die seit 31. 7. in See befindlichen 6 Zerstorer liefen am 1. 8. vorm. in Gibraltar
wieder ein.
Lichtbilderkundung La Valetta 12.25 Uhr: 1 Zerstorer, 1 Geleitboot, 2 Korvetten,
2 Minenleger, 2 U=Boote, 2 Handelsschiffe, 1 Hafentanker, vor der Hafeneinfahrt
1 Korvette Kurs Nordost.
3, Ostfront:
Am 31.7. wurden 53 Abschiisse erzielt (Nachmeldung) .
Abschiisse insgesamt 98, 5 am Boden zerstort.
Lichtbilderkundung Hafen Noworossijsk am 31.7. 17.44 Uhr: 10 kleine Kusten=
fahrzeuge 10 500 t, im Hafen Tuapse 2 Zerstorer, 6 Kanonenboote, 5 Raumboote,
9 S=Boote, 1 U=Boot, 1 Tanker, 10 Frachter, davon einer im Dock, zus. 19 500 t,
3 Tankkahne je 400 t, 10 kl. Kiistenfahrzeuge zus. 2 500 t.
In der Nacht vom 30. zum 31. 7. wurden zwischen Astrachan und Kamyschin auf
der Wolga versenkt: o r i.,.
*' 1 groSer Frachter,
3 Dlschleppkahne,
1 Schleppkahn 1000 t,
2 Schleppkahne je 300 t,
1 Tanker 800 t.
Es wurden beschadigt: c 1 1 1 -i- •
^ 7 Schleppkahne ]e 500 t,
1 Frachter 1300 t,
1 Frachter 1000 t.
Es wurden bisher versenkt:
21 000 t.
Die Folge ist, da6 nachts auf der Wolga nicht mehr gefahren wird. Die Schlepp=
ziige laufen abends in die Hafen ein und warten dort bis Tagesanbruch.
Eismeer: Bei Reykjavik 18.28 Uhr 1 Schlachtschiff, 2 Kreuzer, 6 Zerstorer,
20 Dampfer bis zu je 5000 t, 10 Dampfer bis zu je 3000 t, mehrere kleine Dampfer,
18.35 Uhr 4 gro6ere Dampfer bis zu je 3000 t, 12—15 mehrmot. Flugzeuge.
2. August 1942
Lagebericht OKH^
Panzerarmee Afrika (1. 8.)
Agypten: Feindverhalten: Aulier Aufklarungs= und Artillerietatigkeit keine be=
sonderen Kampfhandlungen. Feindliche Luftwaffe war reger als an den Vortagen
und fiihrte Bomben= und Tiefangriffe auf eigene Truppe durch.
1 Der Lagebericht iiber die Ostfront vom 2. August 1942 ist nicht im KTB der
Ski, Teil D enthalten.
544
3. August 1942
Kraftegliederung: Keine Veranderung erkannt. Nach glaubwiirdiger Aussage
indischen Uberlaufers befindet sich 10. ind. Inf.Div. zur Auffrischung in Menacamp
bei Kairo. Zu ihrer Auffiillung werden angeblich die Reste der in Agypten befind=
lichen Teile der 4. ind. Inf.Div. verwendet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 2. 8. 42
1. Raum um England:
Am Tage wurden verschiedene Stadte und Orte Englands mit Bomben belegt.
Es wurden in alien Orten Einschlage und dinstiirzende Hauser beobachtet. Es wur=
den angegriffen: Bridport, York, Lincoln, Caisborough, Saxmonham.
Es wurden 2 Abschiisse erzielt.
Nachteinsatz gegen Bradford. Erfolgsmeldung liegt noch nicht vor.
1 FW 200 griff um 12.30 Uhr die Funkstation Hoefm (Island) mit Bomben an.
Ein Funkmast wurde geknickt, eine Baracke zerstort. Nach dem Bombenwurf Bord=
waffenbeschufi.
Die Aufklarung im Seegebiet um England wurde infolge Schlechtwetters (Ge=
witter) teilweise vorzeitig abgebrochen.
16.48 Uhr vor Humber=Miindung 4 Dampfer vor Anker.
02.35 Uhr ostwarts Yarmouth 1 Geleit ohne weitere Angaben Kurs Siid.
15.05 Uhr ostwarts Ramsgate 1 Kreuzer, 2 Zerstorer, 2 Vorp.Boote, Kurs Nord.
Bilderkundung von Island ergab: Im Hafen Hafnar Fjordur 1 Schlachtschiff King
George=Kl., 1 schw. Kreuzer, anscheinend Cumberland=Kl., 1 leichter Kreuzer Dido=
Kl., 7 Zerstorer, 1 groCer Zerstorer anscheinend beschadigt (Aufbauten fehlen),
41 Dampfer mit 167 000 t beladen, 3 Tanker mit 19 000 t.
Hafen Reykjavik unbelegt, auf Reede Reykjavik 14 Dampfer mit 11 500 t.
Einfliige: Keine Nachteinfliige des Gegners. Am Abend wurden 5 Spitfire iiber
Scheveningen beobachtet, Angriff erfolgte nicht.
2. Mittelmeer:
Es wurde Malta angegriffen. 2 Abschusse.
3. Ostfront:
Lichtbilderkundung Wolga ergab: 07.00 Uhr Kuibyschew Anlegestelle und Hafen
7j Lastkahne, 17 Motorkahne, 8 Radschlepper, 7 kleine Motorboote, vor dem Hafen
1 Radschlepper Kurs Nord, 2 Radschlepper, 1 Motorkahn, 3 Motorboote Kurs Siid.
07.03 Uhr zwischen Kuibyschew und Marxstadt 6 Schleppkahne, 2 Motorlastkahne,
4 Grofiflofie mit Radschleppern Kurs Sud, 4 Schleppkahne, 3 Lastkahne Kurs Nord.
Vor Anker 32 Lastkahne, 1 Radschlepper, 1 Motorboot.
3. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Trotz starkerer Gegenwehr konnte der eigene Angriff im Raume Kutschew=
skaja weiter nach Siiden Boden gewinnen. Weiter ostwarts davon erreichten
Inf.= und Pz.Divisionen die Linie Jekaterinowskaja— Nowo Pokrowskaja—
Dimitrijewskaja— Nawolopinskije— Pregradnoje. Feind weicht nach Siiden aus.
Ostv,^arts und nordostwarts Salsk wird die Sauberung des Jegorlyk=Abschnittes
fortgesetzt.
545
B. Kriegstagebuch
H.Gr.B: - "
Die gestern als gemeldet erreichte Bahnlinie Rezontnaja wurde nach Norden
und Siiden weiter besetzt und Kotelnikowo eingenommen. Nordlich davon
wurden starke Bewegungen von Waffengattungen aller Art nach Osten be=
obachtet. Nordl. und nordwestl. Kalatsch sind starke, in breiter Front vorge=
tragene Pz.=Angriffe im Gange, welche zum grofiten Teil unter hohen Ver=
lusten fiir den Gegner abgewiesen wurden. Im grofien Don=Bogen siidostwarts
Kletskaja wurden feindliche Pz.=Angrif¥e durch eigene Luftwaffe bekampft
und dem Feind hohe Verluste zugefiigt. Im gesamten wurden 60 Pz. in diesem
Raum vernichtet. Siidl. Serafinowitsch wurden feindl. Angriffe durch ital. Div.
„Celere'' abgewiesen. Feind halt seine Stellungen in einzelnen Stiitzpunkten
am Westufer des Don. Feindl. Angriffe bei Bogutschar und Swoboda wurden
abgewiesen. Siidl. Jelez griff der Feind mit starken Kraften an; im zusammen=
gefafiten Feuer wurden die Angriffe abgeschlagen, Feind hatte hohe Verluste.
H.Gr. Mine:
Im Raume siidl. Suchinitschi rege feindl. Spah= und Stofitrupptatigkeit. Im
Raum von Rshew dauern die feindl. Massenangriffe iiberlegener Krafte mit
Pz.n in unverminderter Starke an. Alle Angriffe wurden abgewiesen, zahlreiche
Pz. abgeschossen, Zurzeit sind neue Angriffe mit Pz.n im Gange. Nordl. Bjeloj
starke feindl. Feuertatigkeit aller Waffen. Anschliefiend 2 Feindangriffe, die
abgewehrt wurden. Siidl. Bjeloj ortl. Einbruch des Feindes, eigener Gegenstofi
traf auf neu einsetzenden Feindangriff, Kampfe sind noch im Gange. Zwischen
Bjeloj tmd Demidoff feindl. Pz.=Angriff, von Artl. unterstiitzt, der abgeschla=
gen wurde. Bei eigenem Gegenstofi wurde Einbruch in feindl. Stellungen er=
zielt. Bei Welish ist der eigene Angriff im Fortschreiten.
H.Gr. Nord:
Hart siidwestl. Cholm Einbruch eines Spahtrupps, Gegenstofi ist im Gange.
An der Wolchow=Front macht der eigene Angriff zur Wiedergewinnung der
alten HKL gute Fortschritte. Siidl. Leningrad gelang dem Feind ein gering=
fiigiger Einbruch. Die Kampfe sind z. Z. noch im Gange. Auf dem linken Flxi=
gel vorgetragener eigener Angriff zur Bereinigung der Angriffsstelle macht
unter wirkungsvoUer Luftunterstiitzung gute Fortschritte.
Finnland (2. 8.)
Aufier kleiner Sto6= und Spahtrupptatigkeit an der Siidostfront keine besonderen
Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (2. 8.)
Westagypten: an der Front normale Aufklarungs= und Art.=Tatigkeit, im mittl.
Absdinitt feindl. Sdianzarbeit sowie starkere Kraftfahrzeug=Ansammlungen. Im
Siidabsdinitt Eintreffen eines neuen Feindverbandes festgestellt.
4. August 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 3. 8. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 3. durch Jager 2 Abschiisse, durch Flak 1 Abschufi.
Im Laufe des 3. warden durch Jabos Torquay, Middlesborough, Driffield, Scar=
borough, Leeds, Bradford und Helsey mit guter Wirkung angegriffen.
16.15 Uhr 10 sm westlich Portland 15 Dampfer, 1 Schlepper mit 2 Kahnen, 1 Zer»
storer ohne Kursangabe.
17.55 Uhr ostwarts Start Point Sammelfahrt von 12 Dampfern, Kurs 200 Grad.
Zwischen 17.00 und 20.00 Uhr im Seegebiet Flamborough Head bis Yarmouth
mehrere Sammelfahrten mittlerer Grofie auf verschiedenen Kursen.
Aufklarung ergab im Hafen Portsmouth 2 vermutlich Vorp.Boote und 1 U=Boot,
an der Hafeneinfahrt 2 mittlere, 1 grofier Dampfer.
Lichtbilderkundung Poole=Bucht 2. 8. 19.21 Uhr: 12 Schiffe 20—30 m lang, in der
Lymington River=Mundung ca. 60 Schiffe 20—30 m lang, 1 S=Boot, 3 Yachten
50—60 m lang, in Yarmouth 7 Kiistenfrachter zus. 5000 t, ca. 35 Fischereifahrzeuge.
Eigener Nachteinsatz: 12 Ju 88 zur Schiffszielbekampfung an engl. Siidkiiste,
Erfolgsmeldung steht noch aus.
Einfliige: 10 Feindeinfliige in den Raum siidwestl. Ringkoping— Svendberg—
Insel Fehmarn— 25 km nordlich Neustadt— ostwarts Flensburg, vermutlich Minen=
legen. Keine Bombenabwiirfe, keine Abschiisse.
2. Mittelmeer:
Im gesamten Mittelmeer=Raum rege feindl. U=Bootstatigkeit.
Im Laufe des 3. wurden Flankensicherung fiir ital. Minenuntemehmung, Stich=
aufklarung zwischen Port Said und Haifa und mit starken Kraften Geleitsicherung
an mehreren Versorgungsgeleiten durchgefiihrt.
Jagdvorstofi gegen Malta unter Einsatz mehrerer Kampfflugzeuge zum Heraus=
locken feindl. Jager, dabei 3 Spitfire abgeschossen.
Lichtbilderkundung La Valetta 2.8.: 2 Zerstorer, 2 Vorp.Boote, 4 Hilfsminen=
leger, 4 U=Boote, 1 Tanker und 2 Dampfer.
Hafenbelegung Beirut 3. 8. 02.50 Uhr Grobauswertung: 1 anscheinend Geleitboot,
1 Dampfer 12 000 t, 7 Dampfer zus. 18 000 t, vor Beirut 1 U=Boot mit Westkurs,
1 Dampfer 5 000 t stilliegend.
3. Ostfront:
Insgesamt 9 Abschiisse.
Bei Schiffszielbekampfung im Finnen=Busen auf 2 Minenraumbooten Volltreffer,
ein Minenraumboot in sinkendem Zustand beobachtet, das zweite wahrscheinlich
versenkt. Auf einem weiteren Schiff, wahrscheinlich Minensucher, Volltreffer; Schiff
blieb mit Schlagseite liegen. Bei weiteren Schiffen Nahtreffer erzielt.
4. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidl. Kutschewskaja konnte eign. Angriff trotz starker feindl. Gegenwehr
uber den Bolschaja Ternowataja=Flu6 vorgetragen werden. SS=„W''=Div. stiefi
uberraschend schnell nach Siiden vor und bildete zwischen Grigoripoliskaja
547
B. Kriegstagebudi
und lo km nordl. Armawir einen Briickenkopf iiber den Kuban. General Breith
nahm mit letztem Betriebsstoff mit Teilen der 3. Pz.Div. die Stadt Woroschi=
lowsk.
H.Gr. B:
Nordostw. Kotelnikowo konnte eign. Angriff bis zum Bahnhof Pimon=
Tschemy vorgetragen werden. Feind weicht nach Osten aus. Nordwestl. Ka=
latsch griff der Feind die Siidfront des XIV. Pz.Korps mit starkeren Kraften
— Panzern und Schlachtfliegern — an. Kampfe sind noch im Gange. Im Raimie
Kletskaja griff der Feind etwa mit 600 Mann an, Kampfe noch nicht abge=
schlossen. Siidl. Serafimowitsch und westl. Kasanskaja war feindl. Angriff
ohne Erfolg. Bei und nordl. Woronesch Aufklarungs= imd Artl.=Tatigkeit.
Wetter: im Suden heiter, klar, Strafien befahrbar, im Norden teilw. bedeckt,
etA-vas kiihler.
H.Gr. Mitte:
Nordwestl. Juchnow war feindl. Angriff ohne Erfolg. Ostw. Rshew greift
der Feind mit starker Artl. in Rgt.=Starke, unterstiitzt von Panzern, laufend
an. Es gelang bisher, alle Angriffe abzuschlagen. Weitere Bereitstellungen des
Feindes lassen auf erneute Angriffe schliefien. Nordl. und nordwestl. Rshew
blieben ebenfalls mit Panzern und Luftwaffenunterstiitzung gefiihrte Feind=
angriffe erfolglos. Im Raume nordl. und siidl. Bjeloj griff der Feind mit schwa=
cheren Kraften als am Vortage an und wurde zuriickgeschlagen. Mehr. Panzer
wurden vernichtet. Nordl. Demidoff schanzt der Gegner. Ein Panzerangriff
nordl. Welish brach im eign. Artl.=Feuer zusammen. 2 Panzer wurden ver=
nichtet.
H.Gr. Nord:
An der Wolchow=Front siidl. Jamno war ein Feindangriff erfolglos. Nord=
ostw. Salzy konnte ein Feindangriff mit Panzerunterstiitzung und eine wei=
tere Bereitstellung durch eign. Artl. zerschlagen werden. Siidl. Leningrad wur=
den ebenfalls ein Feindangriff und mehr. Bereitstellungen zerschlagen.
Finnland (3.8.)
Finn. Siidostfront: Bei Gr. Landenge und Gr. Aunus wurde je ein schwadi.
Feindangriff abgewiesen. Bei Gr. Maselskaja griff Feind im Raum um Maselskaja
in Starke von etwa 150 Mann an. Der Angriff wurde abgewiesen. Westl. des Seg=
Sees wurde die Verniditung der fdl. Fernstreife fortgesetzt. Der Feind verlor erneut
iiber 100 Gefallene, darunter den Kommandeur, Major Grigorjew.
Nordostfront (Geb. AOK 20): Dem eign. Angr. im Abschn. Louhi leistete der
Feind zunachst geringen, spater sidi versteifenden Widerstand mit Gegenstofien
aus siidl. Richtung.
Liza=Front: weiterhin Sdianzarbeiten, Sprengungen und zeitw. lebh. fdl. Feuer=
iiberfalle.
548
4- August 1942
Im Abschn. Kandalakscha fuhrte eine Stofitruppunternehmung auf dem Siidfliigel
zur Vernichtung einiger feindl. Kampfstande mit Besatzung. Das Unternehmen
stiefi auf sehr aufmerksamen Feind. Im Abschn. Murmansk normale Gefechts=
tatigkeit.
Panzerarmee Afrika (3. 8.)
Feindverhalten: Am 3.8. an der Front normale Aufklarungs= und Artillerie=
tatigkeit
Kraftegliederung: Durch Beutebefehl Reste 1. Heeres=Pz.Brig. in Festung El Ala=
mein bestatigt.
2. lei. freifranz. Brig, im Nilgebiet gemeldet, ihre beschrankte Verwendungs=
fahigkeit wurde erneut bestatigt.
Aus bewahrter Quelle wurden Truppenansammlungen im Wadi el Natrun (etwa
100 km westnordwestl. Kairo) gemeldet, im Zeitraum vom 10. bis 20. 7. wurden
hier angeblich mindestens 14 z. T. ind. Inf.Bataillone, 2 bis 3 Pz.Abteilungen und
Artillerie festgestellt. Weitere Transporte sollen am 21. 7. dorthin unterwegs ge=
wesen sein. Nach mehreren Anzeichen erscheint es moglich, dafi sich die 1. Special
Air Service Brig, in der Oase Farafra (etwa 300 km West Assiut) befindet.
[Brief des Fuhrers an den Duce, in dem er sich zuriickhaltend uber die Fort=
fUhrung der Offensive der dtMtal. Panzerarmee aujiert.]
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 4. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Angriff am 3. 8. 22.47 Uhr auf Nordost steuerndes Geleit vor Start Point,
dessen Grofie und Zusammensetzung wegen starken Dunstes nicht festgestellt
werden konnte, 6 Dampfer mit insges. 20 000 BRT beschadigt.
Durch Jabo=Angriff 4. 8. 15.36 Uhr siidostwarts Beachy Head ein grofieres
Vorp.Boot beschadigt.
Etwa 150 sm westlich der Orkneys 16.40 Uhr 8 Dampfer, 5 Bewacher, Kurs
320 Grad.
Vor Lowestoft und Great Yarmouth 21.45 Uhr ein nordgehendes Geleit von
18 mittleren Dampfern und 2 Vorp.=Booten.
Tagesangriff auf Brighton mit guter Bombenlage in Wohnvierteln.
Eigener Nachteinsatz: 26 Flugzeuge auf Swansea, Erfolgsmeldungen stehen noch
aus.
Einfliige: 30 Feindeinfliige in das Reichsgebiet in den Raum Ahaus— Dortmund—
Krefeld. Besondere Schaden sind nicht gemeldet.
80—90 Einfliige in die besetzten Gebiete.
1 Abschufi durch Flak, 1 durch Jager, 1 Absturz.
2. Mittelmeer:
Im Laufe des 3. 6 Abschiisse, im Laufe des 4. 4 Abschiisse.
In den von der Aufklarung erfafiten Seegebieten keine feindlichen Schiffsbewe=
gungen festgestellt.
Hafenbelegung La Valetta 4. 8. 09.22 (Lichtbild) : 2 Zerstorer, 4 U=Boote, 3 Minen=
sucher, 2 Vorp.=Boote, 2 Dampfer.
5. Ostfront:
In der Bucht von Tamanskaja 08.30 Uhr 14 kleine Frachter zus. 3500 t.
In Primorsko Achtarskaja 12.37 Uhr 40 Boote.
549
B. Kriegstagebuch
Hafenbelegung Astrachan 08.20 Uhr: 24 Raddampfer, 100 Kahne, Leichter und
Schlepper, 10 Frachter mit zus. 4500 t.
Hafenbelegung Machatsch Kala (Petrowsk) 06.13 Uhr: 1 U=Boot, 2 Tanker 6500 t,
2 Dlleichter 2500 t, 10 Frachter 4500 t, 6 Kiistenfahrzeuge, 1 Raddampfer, 20 Hilfs=*
fahrzeuge.
Der Geleitzug PQ 18 konnte bisher durch Luftaufklarung nicht erfafit werden.
Es wurden lediglich an der Ostkiiste Islands Vorp.=Boote und nordostwarts Island
ein U=Boot festgestellt.
5. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
II. Armee: Im Raume Kertsch aufier reger Fliegertatigkeit, wobei 5 Feind=
flugzeuge abgeschossen wurden, keine besonderen Ereignisse.
H.Gr. A:
Siidl. Kuschewskaja weicht der Feind vor ganzer Front nach Siiden aus.
Eign. Truppen im Nachstofien. Wesselaja und Nesamajewskaja wurden ge=
nommen. SS=„W=Div. besetzte Kropotkin, slow. Schn. Div. hat Flanken=
schutz nordl. und nordwestl. davon iibernommen. Briickenkopf nordl. Arma=
wir konnte weiter verstarkt werden, Briickenschlag im Gange. Siidostw. Arma=
wir konnte eine mot.Div. nach Vernichtung grofierer Feindkolonnen den
Bolschaja Selentschuk=Flu6 erreichen. Nikolajewskaja genommen. Auf Briik=
kenkopf nordl. Amarwir wurden mehr. Feindangriffe mit Artl.=Unterstutzung
abgeschlagen.
H.Gr. B:
Im Raume Orlowskaja— Remontnaja konnten eign. Truppen bis zur Bahn=
linie vordringen. Nordostw. Kotelnikowo konnten eine Panzer= und eine
mot.Div. noch Krugljakoff und Aksai nehmen und sind im weiteren Vorgehen
auf Bahnhof Abganerowo und Plotowitoje. Strafien= und Eisenbahnbriicken
bei Krugljakoff unversehrt in eign. Hand. Im Raume Kalatsch haben die Feind=
angriffe nachgelassen. Siidostw. Kletskaja wurde ein Panzerangriff abge=
schlagen, 3 Pz. vernichtet und 4 beschadigt. Im Raume nordl. und nordwestl.
Woronesch beiderseitige Stofitrupp= und Artl.=Tatigkeit.
H.Gr. Mitte:
Ostw. Rshew siidl. der Wolga ist der Feind auf breiter Front mit starken
Inf.= und Pz.=Kraften zum Angriff angetreten und hat die HKL in etwa 15 km
Breite durchbrochen. Der Angriff war durch stark. Artl.=BeschieJSung und den
Einsatz stark. Luftw.=Verbande eingeleitet worden. Mit dem Nachfiihren wei=
terer starker Krafte in die Einbruchsstelle mufi gerechnet werden. Der 9. Armee
werden beschleunigt Verstarkungen in Form von Pz.Divisionen aus dem Raum
um Wjasma zugefiihrt. Nordl. Rshew trat der Russe ebenfalls mit iiberlegenen
550
5- August 1942
Kraften nach sehr starker Artl.=Vorbereitung zum weiteren Angriff gegen die
eign. Stellungen mit Hauptmasse gegen Belkowo an, dessen Besatzung dem
Feinde grofie Verluste zufiigte. 10 Feindpanzer wurden vernichtet. Die HKL
blieb iiberall in eign. Hand. Weitere starke Feindangriffe in diesem Abschnitt
sind zu erwarten. Teilw. konnten erkannte Bereitstellungen des Gegners
(600 Mann) durch Artl.=Feuer zerschlagen werden. Nordl. Bjeloj wurden
Feindangr. abgeschlagen. Feindansammlungen siidl. Bjeloj wurden durch Artl.
zerstreut.
H.Cr. Nord:
An der Wolchow=Front konnte ein kleiner ortl. Einbruch des Feindes ab=
geriegelt werden. Auf dem linken Fliigel der Einschliefiungsfront von Lenin=
grad wurden in Btl.=Starke gefiihrte Feindangriffe mit Pz.=Unterstiitzung zu=
riickgeschlagen.
Finnland (4. 8.)
Finn. SUdostfront: Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Nordostfront: Die auf dem Nordfliigel des XVIII. Geb.A.K. gewonnene neue Stel=
lung wurde gegen feindl. Gegenangriffe gehalten. Der Gegn. hatte dabei erhebliche
Verluste. An der Murmansk=Front mehr. eign. erfolgreidie Stofitruppuntemehmen.
Panzerarmee Afrika (4. 8.)
An gesamter Front normale feindl. Aufklarungstatigkeit.
Die Erd= und Luftaufklarung des Feindes war reger als in den Vortagen. Feind=
flugzeuge griffen mehrfach die eign. Stellungen an. Im Mittel= und Nordabschnitt
nach Luftaufklarung Verstarkung des Feindes von 2—3 Brigaden festgestellt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 5. 8. 42
I. Raum um England:
Am Tage wurden neben bewaffneter Aufklarung Angriffe durch Jabo auf Yeovil
durchgefiihrt, Einschlage in der Stadt wurden beobachtet.
In der Nacht vom 4. zum 5. wurden als Nebenziele noch angegriffen Swansea,
Portland, Bristol und Weston. Wirkungsbeobachtung: Trefferlage gut.
Am 5. wurden 2 Abschiisse durch Jager erzielt, 1 weiterer Abschufi wahrscheinlich.
Ein Flugzeug durch Marineflak abgeschossen, ein Absturz infolge Scheinwerfer=
einwirkung.
Bei Nacht wurden 5 Feindflugzeuge durch Jager, ein Flugzeug durch Marineflak
abgeschossen.
In der Nacht vom 5. zum 6. wurden Zerstorziele in England angegriffen, nahere
Angaben liegen noch nicht vor.
11.50 Uhr Eastbourne einlaufend 5 mittlere Dampfer.
Aufklarung im Kanal und in der Biscaya ergab trotz guter Wetterlage kein
Ergebnis.
In der Nacht erfolgten 42 Einfliige ins Reichsgebiet, 103 Einfliige in die West=
gebiete. Ein besonderer Schwerpunkt wurde nicht festgestellt. Eindringtiefe Helgo=
land— Lingen— Gie6en. In Duisburg mittlerer Schaden, in den ubrigen Orten nur
geringerer Schaden. In Troisdorf bei Siegburg wurden die Klockner=Werke (Hoch=
B. Kriegstagebuch
ofenwerke) mit 4 Sprengbomben angegriffen. Es wurden zerstort ein Gasometer,
das Verwaltungsgebaude, schwer beschadigt die umliegenden Gebaude. 1 Toter,
3 Schwer=, 11 Leichtverletzte. Produktionsausf all : 2 Tage 100 Vo, dann 50— 60 Vo.
2. Mittelmeer:
Angriffe gegen Malta mit schwachen Kraften ohne besonderes Ergebnis (Stor=
angriffe).
Fliegerfiihrer Afrika fiihrte freie Jagd und Aufklarungsfliige durch sowie Angriffe
gegen Kraftfahrzeugansammlungen. 1 Curtiss abgeschossen.
Der auf Suez fiir den 4. zum 5. angesetzte Angriff wurde nur mit 3 Flugzeugen
durchgefiihrt, da zur Startzeit feindliche Angriffe auf eigene Flugplatze erfolgt sind.
Bei Angriff auf Marsa Matruk wurde ein Feindflugzeug abgeschossen.
Bei feindlichem Angriff in der Nacht vom 4. zum 5. auf Tobruk verbrannten
200 cbm Marinebetriebsstoff. Es wurden 2 Abschiisse erzielt.
Aus Gibraltar ausgelaufen: Flugzeugtrager „Eagle" mit einem Kreuzer und 5 Zer=
storern.
Bei Suez starke gut liegende Flak.
Ober Kairo und Suez=Kanal zahlreiche Feindjager in 10 000 m.
Die Zunahme der feindlichen Angriffe mit Jagd= und Kampfverbanden auf das
Afrika=Korps sowie das Auslaufen des Flugzeugtragerverbandes aus Gibraltar las=
sen vermuten, dafi zur Versorgung Maltas ein Geleit von Westen aus durchgebracht
werden soil. Vermutung wird durch Feststellung verstarkt, dafi die zahlreichen
auf Malta stationierten Jager sich zur Zeit voUkommen passiv verhalten (Bereit=
stellung von Kraften zur Sicherung des einzubringenden Geleits und Schonung der
Krafte).
10.15 Uhr ostlich Port Said nach ital. Meldung 3 Zerstorer, 2 Dampfer Kurs
180 Grad, 3 Kriegsfahrzeuge Kurs 45 Grad.
Vorlaufige Luftbildauswertung vom 5.8.:
Alexandrien: 3 Tanker, 10 Frachter.
Port Said: Kriegsschiffsattrappe, 1 Kreuzer, 4 Zerstorer, davon 1 griech., mehrere
kleine Kriegsschiffe, 4 U=Boote, 22 Dampfer, 3 Fahrgastschiffe, 1 Tanker; vor dem
Hafen 1 Fahrgastschiff.
Suez: 1 Kreuzer, 4 Zerstorer, davon 2 griech., 1 T=Boot, 1 Geleitboot, 1 Spezial=
schiff, 2 kleine Kriegsfahrzeuge, 8 Tanker, 33 Dampfer.
Augenerkundung Assiut ergab 11 Kahne, Assuan 17 Kahne.
5. Ostfront:
Starke Unterstiitzung der Angriffsarmeen und Angriffe im Nordteil der Front
auf Einbruchsstelle des Gegners. 4 Abschiisse.
Beim Angriff auf ein Minensuchboot in der Nordbucht der Insel Lavansaari wurde
ein Treffer in der Nahe des Bugs erzielt. Boot blieb gestoppt liegen.
13.55 Uhr aus Tuapse auslaufend 2 kleine Dampfer, 7 Geleitboote Kurs Siidost.
Nordwestlich Tuapse 13.15 Uhr 1 Transporter und 4 Vorp.Boote, westl. Kurs;
siidlich davon 1 mittlerer Dampfer Kurs 300 Grad.
Kaspisches Meer: 08.15 Uhr Hafen Zarepta bei Stalingrad 1 Dlleichter, 11 Leich=
ter, 15 Frachtkahne, 1 200 m FI06, 6 Leichter im Bau.
Wolga abwarts 1 Frachtkahn, 1 Schlepper, Wolga aufwarts 1 Dlleichter,
1 Schlepper.
07.09 Uhr in Astrachan 3 U=Boote, 7 Vorp.Boote, 33 Segelleichter, 46 Leichter,
60 Frachtkahne, 10 Raddampfer, 15 Motorschlepper, 8 Flofie und 150 Boote.
Lichtbilderkundung 4.8. nachm. von Machatsch Kala am Oktober=Kanal:
1 U=Boot, 2 Tanker zus. 6500 t, 2 Dlleichter zus. 2500 t, 6 Frachter etwa zus.
3000 t, 5 Kiistenfahrzeuge, 20 kleine Fahrzeuge.
6. August 1942
Eismeer: Aufklarung Nordmeer ergab lebhafte Bewachertatigkeit.
Nach Mitteilung Kpt. Mossel wurden vom 17. bis 31. 7. durch Lufttransport nach
Afrika iiberfiihrt: Insgesamt 23 424 Mann, 1 238 t Nachschub.
6. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidl. Kutschewskaja stiefien eign. Inf.Div.en zur Verfolgung des Feindes
vor und erreichten die Linie Kanjewskaja— Tschelbaskaja 10 km siidl. Paw=
lowskaja— Tichorezk. Saubening von Ort und Bahnhof Tichorezk noch im
Gange. Der Feind halt das Siidufer des Kuban bei Kropotkin noch besetzt.
Nordl. Armawir konnte der Briickenkopf erweitert und mit schweren Waffen
verstarkt werden. Briicke iiber den Kuban fertiggestellt. Siidl. Woroschilowsk
besetzten eign. Truppen den Eisenbahnknotenpunkt Newinnomyskaja. Eisen=
bahnbriicke unversehrt in eign. Hand. Wetter: sehr heifi, trocken, Wege iiber=
all befahrbar.
H.Gr. B:
Siidl. Remontnaja sind eign. Inf.Divisionen im Bolschoi— Gaschun=Abschnitt
zum Angriff angetreten. Dort noch starkerer Feind. Die gestern noch nord=
ostw. Kotelnikowo vorstofienden mot. und Panzerdivisionen haben nach Ober=
windung starken Feindwiderstandes Plotowitoje genommen; um Bahnhof Ab=
ganerowo wird noch gekampft. Nordwestl. Kalatsch starke Feindangriffe mit
Panzerunterstiitzung wurden abgevviesen. Siidostw. Kletskaja stark. Angriffe
mit Panzerunterstiitzung im Gange. Siidostw. Kasanskaja haben feindl. Telle
den Don iiberschritten. Gegenangriffe sind im Gange.
Wetter: Es herrschte sonniges, klares Wetter, windig, + 26 Grad. Westl.
Liwny wurden feindl. Angriffe abgewiesen. Siidl. Brjansk Bekampfung von
Partisanengruppen.
H.Gr. Mitte:
Siidostw. Rshew hat der Feind die Einbruchsstelle erweitern konnen und ist
bis zur Strafie Bukontow— Subzoff vorgedrungen. Ostw. Rshew wurde ein
stark. Angriff abgewiesen, nordw. Rshew wurden Angriffe abgewiesen. Eign.
Vorstofie fiihrten zu ortlichen Erfolgen, die durch feindl. Gegenangriffe wieder
aufgegeben werden mufiten. Nordl. Bjeloj stark. Angriffe mit Artl.=Unter=
stiitzung abgewiesen.
H.Gr. Nord:
Siidostw. Staraja Russa sind Angriffe zur Vernichtung des ostw. Ramu=
schewo eingesickerten Gegners im Gange.
553
B. Kriegstagebuch
Siidl. Leningrad Artl.=Bekampfung feindl. Bewegungen und Abweisung
feindl. schwacherer Vorstofie unter hohen Verlusten fiir den Gegner.
Finnland
Finn. Sudostfront: Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Finn. Nor do St front: An der Louhi=Front wurden Gegenangriffe in Btl.= und Rgt.=
Starke gegen die neugewonnene Hohenstellung unter schweren Verlusten fiir den
Gegner abgewiesen.
An der KandalakscKa= und Murmansk=Front nur geringe Spahtrupptatigkeit.
Panzerarmee Afrika (5. 8.)
Agypten
Feindverhalten: Starkere Spahtrupps der 20. austr. Brig. (9. austral. Inf.Div.)
unternahmen in der Nacht vom 4. auf 5. 8. Vorstofie im Kiistenabschnitt. Sie wur=
den unter blutigen Verlusten fiir den Gegner abgewiesen. Wahrend des 5. 8. vor
gesamter Front normale Artl.= und Spahtrupptatigkeit.
Bildaufklarung ergab Oase Farafra und Raum um Farafra unbelegt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 6. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tageseinsatzen wurden Norwidi als Hauptziel, Boston und Margate als
Nebenziele angegriffen. Einschlage in den befohlenen Zielen wurden beobachtet.
Ein Jabo=Einsatz auf Truro und auf Bodmin erzielte Hauserzerstorungen.
Es wurde abgesdiossen 1 Spitfire durdi Jager, 1 Absdiufi durch Marineflak erzielt.
Nachtangriffe wurden mit schwacheren Kraften auf Cambridge und Edinburgh
mit guter Wirkung durchgefiihrt.
Nordlidi Margate 20.26 Uhr 12 kleine Dampfer, 3 Zerstorer Kurs Ost.
Southampton einlaufend 19.35 Uhr 4 mittlere Dampfer.
Im Hafen Poole 21.30 Uhr durch Jabo aus grofier Hohe 30 Fahrzeuge gezahlt.
Bei Start Point 21.47 LJhr 9 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs 220 Grad. 22.29 Uhr
Angriff auf einen Dampfer ohne Wirkungsbeobachtung. 22.38 Uhr wurde zweiter
Dampfer angegriffen, Wirkung konnte wegen Nacht jagerangriff en nicht beobachtet
werden.
Ostwarts Start Point 20.30 Uhr 2 Dampfer mittlerer Grofie mit je einem an=
gehangten Leichter.
Am 6. 8. flogen 2 feindliche Flugzeuge in das Reichsgebiet ein ohne Bomben=
abwurf. Bei Nacht erfolgten 74 Einfliige ins Reichsgebiet, davon 70 bis Gronau—
westl. Miinster— Hagen— Jiilich— nordlich Gelsenkirchen. Schadensmeldungen liegen
noch nicht vor.
Schwerpunkt nicht erkennbar, 5 Abschiisse durch Nachtjager.
2. Mittelmeer:
Aufklarung bis 3 Grad West nach Flugzeugtragerverband „Eagle" war ohne
Ergebnis.
Im ostlichen Mittelmeer kein Schiffsverkehr.
Fliegerfiihrer Afrika: Angriff e auf Flugplatze und Panzeransammlungen; auf
Flugplatz Burg el Arab wurden von Jabo Treffer in abgestellten Flugzeugen erzielt,
mehrere Kraftfahrzeuge und Panzer wurden in Brand geworfen. Der Begleit=
Jagdschutz scho6 2 Curtiss und 1 Hurricane ab.
554
7. August 1942
Von Kreta aus Versorgungs= und Geleitschutz.
Starke feindliche Luftangriffe auf riickwartige Ausladehafen bestatigen Absicht
Stoning des Nachschubs. Dabei 2 Feindflugzeuge abgeschossen.
Die Liditbilderkundung Alexandria, Reede Suez, Port Said ergab geringfugige
Anderungen zu gestriger Grobauswertung.
Im Suez=Kanal befanden sich am 5. 8. 12 Dampfer mit 81 000 t, 1 Lazarettschiff
und 1 Tanker mit 5 500 t, 1 U=Boot, letzteres Kurs Siid.
3. Ostfront:
Uber Kampftatigkeit liegt keine Meldung vor.
Lichtbildauswertung Baku vom 5. 8. 07.40 Uhr ergab 3 Kanonenboote, 3 U=Boote,
1 Schlepper, 3 Raddampfer, davon 1 im Dock, 11 Tanker 22 500 t, 15 Dampfer
16 500 t, 4 Leichter 7 500 t, ^^ Hafenfahrzeuge, 80 Boote.
Im Finnen=Busen versenkten Kampfflugzeuge bei Lavansaari 1 Wachboot, be=
schadigten 4 Wachboote schwer, erzielten auf einem Minensuchboot 500—700 t
Volltreffer auf Heck.
Nordmeer: Partisanenlager bei Songelskil wurde mit guter Wirkung bekampft.
Ein Barackenlager bei Eina Kuba wurde mit Bomben belegt, 1 gro6e Baracke
zerstort, 3 schwerbeschadigt, Volltreffer in abgestellten Fahrzeugen erzielt. Bei Luft=
kampf 1 Hurricane abgeschossen.
Die Aufklarung Motowski=Bucht bis zur Fischer=Halbinsel brachte kein Ergebnis.
Bei einem Angriff auf Bereitstellung an der Siidspitze des Sishnele=See und auf
Batteriestellungen wurden Treffer erzielt.
Bei Luftkampf iiber Herzberg wurden 2 Hurricane abgeschossen.
Treibeisgrenze von 75 Grad 30 Min. Nord, 21 Grad Ost nadi Nordwesten bis
SUdwestspitze Spitzbergen festgestellt.
7. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
II. Armee: Bekampfung feindl. Schiffsbewegungen in der Strafie von
Kertsch durch H.Artl.
H.Gr. A:
Rum. Telle sind im Vorgehen auf Jejsk. Dabei wurden genommen die
Eisenbahnbriicke Timoschewskaja imd Briicke Bezez. Beide Briicken fielen
unzerstort in unsere Hand. Weiter wurden erreicht Nowokursunskaja, Bere=
senskaja und Alexandrolewskaja. Die Briicken an den beiden erst genannten
Orten waren ebenfalls nicht zerstort. Die Inf. folgt den V.=Abt.en in Eil=
marschen. Wetter: sehr heifi, staubig, Wege liberall befahrbar. Zwischen
Kropotkin und Timoschewskaja halt der Feind mit stark. Kraften das Siidufer
des Kuban. Panzer= und mot.Verbande haben im Vorgehen von Armawir
aus Kurganaja erreicht (Briicke hier zersprengt). Kriegsbriicke in Angriff ge=
nommen, aulEerdem im Vormarsch auf Lapinskaja. Der Briickenkopf bei
Newinnomyskaja konnte erweitert werden. Ausbruchsversuche des bei Med=
weschje stehenden Feindes wurden unter hohen Verlusten zuriickgewiesen.
Feind wich nach Westen aus. Petrowskoje vom Feinde frei.
555
B. Kriegstagebuch
H.Gr. B:
Siidl. Remontnaja wurde Gelande nach Osten und Siidosten gewonnen. Die
Pz.Div.en schliefien zu den auf Plotowitoje vorgegangenen Teilen auf. Starke
feindl. Angriffe nordl. Bahnhof Abganerowo wurden abgewiesen. Nordwestl.
Kalatsch wurde ein Angriff abgewehrt. Siidostw. Kletskaja wurden Angriffe
teils abgewiesen, teils sind noch Kampfe dort im Gange. Die am 6.3. ge=
meldeten Feindgruppen, denen ein Ubersetzen iiber den Don gelungen war,
wurden vemichtet. Nordl. Swoboda wurden starke fdl. Ansammlungen fest=
gestellt. Bei Korotojak und nordl. davon ist der Gegn. mit stark. Kraften
iiber den Don gedrungen und hat Einbriiche erzielt. Bereinigung durch die
ung. Truppen im Gange.
Bei Liwny wurden mehrfach vorgetragene Angriffe unter Verlusten fiir den
Gegner abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
Die Einbruchsstelle des Gegners konnte durch herangef iihrte Panzerverbande
bei Subzoff abgeriegelt werden. Siidl. davon hat sich die Einbruchsstelle bis
zum Gshat erweitert. Nordostw. und nordl. Rshew konnten alle dort vor=
getragenen Feindangriffe abgewiesen werden. Westl. und nordl. Welish waren
Feindangriffe erfolglos.
H.Gr. Nord:
Bei Staraja Russa nur Stofitrupptatigkeit. Nordwestl. Salzy erfolgte ein
feindl. Einbruch. Gegenangriff ist im Gange. Im Raum um Leningrad wurden
feindl. Bewegungen durch Artl. bekampft. Ein Angriff in Btl.=Starke wurde
abgewiesen.
Finnland
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (6.8.)
Agypten: An der Front normale Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit. Schwacher Einsatz
der feindl. Luftwaffe.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 7. 8. 42
I. Raum um England:
Tageseinsatze riditeten sidi gegen Edinburgh. Es wurden dort im Hafen und
auf den Dockanlagen Treffer erzielt. Weiter wurden angegriffen Konstantin, FaU
mouth und Gwenta bei Lizzard Point. Es wurden dort Hauser zerstort.
Bei Nachtangriffen wurden Aberdeen, Nottingham und ein Flugplatz zwischen
Leicester und Nottingham sowie Ipswich mit Bomben belegt. Es wurden Treffer
mit starker Wirkung auf Kaianlagen in Aberdeen erzielt, starke Rauchentwicklung
mit braunlicher Farbe wurde langere Zeit nach dem Angriff beobachtet. In Notting=
556
8. August 1942
ham wurden Bombeneinschlage und Brandherde beobachtet. Auf dem Flugplatz
wurde das Rollfeld getroffen. In Ipswich Treffer im Hafengebiet erzielt.
Das Kiistengebiet um Southampton und die dortigen Hafen wurden gelichtbildet.
Zwischen Sudwest= und Ostkiiste aufier Fischerfahrzeugen kein Schiffsverkehr.
LB Scarborough bis Orfordness: Kein Schiffsverkehr festgestellt.
Bei einem Einflug bei Tage wurde ein Abschufi erzielt.
Bei Nacht keine Einfliige.
2. Mittelmeer:
Lichtbilderkundung La Valetta um 14.18 Uhr ergab keine Veranderung zum 4. 8.
Die Aufklarung im Mittelmeer sowohl im Westen als auch im Osten aulier
Nachschubverkehr keine Feindstreitkrafte festgestellt.
In Nordafrika starke feindliche Luftangriffe auf Nachschubwege ohne besondere
Wirkung.
Fliegerfiihrer Afrika fiihrte freie Jagd und Jagdschutz durch. 13 Abschiisse, ein
eigenes Flugzeug ging verloren.
Von Kreta aus wurden Sicherungsaufgaben, Bilderkundung und U=Bootsjagd
durchgefiihrt.
Die starken Angriffe auf den Nachschub und die Ausladehafen lassen erneut
die Absicht erkennen, den Nachschub fiir die Panzerarmee Rommel zu storen bzw.
zu unterbinden.
Bei Kap Greco (Cypern) 13.05 Uhr 2 Dampfer, 1 Vorp.Boot Kurs 150 Grad.
Zwischen Haifa und Jaffa 12.00 Uhr 6 Dampfer, 2 Zerstorer, 2 Geleitboote,
2 Vorp.=Boote Kurs 150 Grad.
Nachmeldung Lichtbilderkundung Port Said 5. 8. ergab zusatzlich 5 U=Boote.
5. Ost front:
Im Mittel= und Nordteil wurden 22 Abschiisse erzielt.
Im Hafen Primorsko Achtarskaja (Asowsches Meer) 06.40 Uhr 2 kleine Dampfer
und 7 Boote, vor dem Hafen 11 kleine Dampfer, 8 Boote.
Hafen Tuapse 12.13 Uhr 1 Kreuzer, 5 kleine Kriegsschiffe, 2 Dampfer.
Auf der Wolga zwischen Astrachan und Stalingrad 24 Kahne, 60 Motorboote,
11 grofie Kahne, 20 Schleppziige, 7 grofie Flofie.
Nach Agentenmeldung soil Oltransport auf der Wolga zugunsten milit. Nach=
schubtransporte (Truppen und Gerat) sowie Abtransport militarwichtiger Giiter
fast aufgehort haben.
Im Finnen=Busen wurde ein Vorp.=Boot durch Bombentreffer beschadigt.
Im Eismeer litt die Aufklarung durch starke Nebelfelder.
17.32 Uhr wurde ostnordostlich Jan Mayen in Qu A B 71 im Gerat der FW 200
auf Kurs 150 Grad Zeigerausschlag festgestellt. Es wird vermutet, da6 Anzeige
durch Geleitzug hervorgerufen wurde. Entfernung vom Flugzeug etwa 20 km.
8. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Cr. A:
Rum. Telle haben das Gebiet vor Jejsk erreicht und stehen dort im Kampf.
Die nach Siiden vorstoSenden V.=Abt.en erreichten nach Brechen schwach.
Feindwiderstandes Medwodowskaja, Staromyschastowskaja, Platnirowskaja,
Burjakowski (30 km siidl. Tichorezk). Der zwischen Kropotkin und Temysch=
557
B, Kriegstagebuch
beskaja an Siidufer des Kuban stehende Gegner zieht sich unter dem Druck
der nach Westen vorstofienden SS=„W=Div. nach Westen zuriick. Das iiber
Kurganaja nach Siidwesten vorstofiende III. A.K. (mot.) ist 8 km siidl. Kur=
ganaja auf Feindwiderstand gestofien. Siidw. Armawir ist Labinskaja erreicht,
bei Sasowskaja wurde die Briicke unzerstort in Besitz genommen. Bei Armawir
haben sich Kampfe mit bewaffneten Zivilisten entwickelt. Nordl. Petrowskoje
ist Ipatowo genommen, die Briicke nordl. des Bahnhofes Winodelnoje unver=
sehrt vorgefunden. Im Gebiet um Petrowskoje kein Feind festgestellt.
H.Cr.B:
Siidostw. Remontnaja Gelandegewinn bis Erketinskaja. Nordl. Abganerowo
und westl. Bhf. Tinguta starke mit Panzer unterstiitzte Feindangriffe, die
jedoch abgewehrt wurden. Dabei 23 Panzer vernichtet. Nordl. Kondaurow
starker Feindwiderstand. Die westl. Kalatsch befindlichen Feindstreitkrafte
sind durch SchlieJSen des Ringes von Siiden am Don entlang nunmehr ein=
gekesselt. Starke Feindangriffe wurden abgewehrt. Der Kessel wird verengt.
Ostw. Kletskaja wurden Feindangriffe abgewehrt. Siidostw. Swoboda wurde
ein Feindangriff abgewiesen. Die Bereinigung bei Korotojak ist weiterhin im
Gange. Nordl. Korotojak hat sich der Feindeinbruch etwas erweitert. Bei
Woronesch sind Kampfe gegen den eingedrungenen Feind noch im Gange.
H.Gr.Mitte^:
Ostw. Gshatsk wurde ein Feindangriff abgewiesen. Der Feind konnte seine
Einbruchsstelle siidostw. Rshew nicht erweitern. Harte Kampfe zur Bereinigung
der Einbruchsstelle noch im Gange. Von einer Pz.Div. wurden 49 Feindpanzer
abgeschossen. Ostw. Rshew und nordwestl. davon wurden Feindangriffe ab=
gewiesen. Nordl. Bjeloj wurden Feindansammlungen durch Artl. bekampft, ein
Angriff abgeschlagen. Siidwestl. Bjeloj wurden Feindangriffe in Btl.=Starke
abgewiesen.
H.Gr. Nord^:
Siidostw. Staraja Russa sind Kampfe mit dort eingesickerten Feindteilen
noch im Gange. Nordl. Nowgorod wurde ein Feindangr. abgewiesen; Ansamm=
lungen durch Artl. zerschlagen. Im Raum um Salzy von Panzern unterstiitzte
Feindangriffe ohne Erfolg. Im Raum um Leningrad wurden Ansammlungen
und Angriffe durch Artl. zerschlagen.
1 Weisung des OB der H.Gr. Mitte fur die Operation „Wirbelwind" Nr. 6200/42
g.Kdos. Chefs, vom 8. August 1942 im Dokumenten=Anhang Nr. 18.
2 Hitler erkldrte bei einer Besprechung im Fiihrerhauptquartier am 8. 8. 42 dem
OB H.Gr.Nord, „dafl fiXr ,N or dlicht' Ar tiller ie in einer Massierung zurVerfUgung
stdnde, wie sie seit den Kdmpfen um Verdun im 1. Weltkrieg nicht mehr zu=
sammengebracht worden sei. Den 100 feindlichen Batterien wurden 280 deutsche
(1.000 Rohre) gegeniiberstehen. Bei Sewastopol seien nur 7 deutsche und 2 rumdn.
Divisionen eingesetzt worden. Dort hdtte das sdiluchtenreiche, festungsartig
55»
8. August 1942
Finnland
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (7. 8.)
Feindverhalten: An der ganzen Front am 7. 8. normale Aufklarungs= und Ar=
tillerietatigkeit. Einsatz der feindl. Luftwaffe reger. Auf feindl. Versorgungsnetzen
sehr lebhafter Funkverkehr.
Kraftegliederung: Keine Veranderungen erkannt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 8. 8. 42
1. Raum um England:
Aufier durchgefiihrten Aufklarungsfliigen wurde bei Tage ein Angriff auf Poole
durchgefiihrt. Treffer in Hallen und Hausern v>/urden beobachtet.
Bei Nacht wurde Leeds als Hauptziel angegriffen. Brande in Gebaudekomplexen
wurden festgestellt. Als Nebenziele wurden teils mit beobachteter guter Trefferlage
angegriffen Tynemouth, Swanade Beaminster, Sheffield, Doncaster, Wethernsea.
Die Aufklarungstatigkeit wurde durch das Wetter stark behindert.
Im Kanal keine besonderen Feststellungen.
Folkestone 20.14 Uhr 20—30 S=Boote und Schleppkahne.
Der Feind fiihrte mit geringen Kraften Nachteinfliige nach Jiitland, in das Katte=
gatt, Seeland und bis zur Linie Kiel— Heide durch. Es wird vermutet, dafi in den
Seegebieten Minen abgeworfen wurden. Keine BAW, keine Abschiisse.
Geringe Einfliige in Westgebiet ohne BAW und ohne besondere Vorkommnisse.
2. Mittelmeer:
Jagdvorstofie gegen Malta brachten 3 Abschiisse (Luftkampfe 20 Me 109 gegen
35 Curtiss).
Im Ostteil des Mittelmeeres starkerer Nachschubverkehr. Bei Einsatzen gegen
Kraftfahrzeugansammlungen in Alamein wurde von Jabos gute Trefferlage erzielt.
In der Nacht vom 7. zum 8. starkere fdl. Luftangriffe auf Tobruk und Marsa
Matruk ohne besondere Schadensmeldungen. Ein Feindflugzeug bei Fuka not=
gelandet.
Lichtbilderkundung La Valetta 8. 8. 12.25 Uhr unverandert gegen 7. 8., Famagusta
(Cypern) 7. 8. L.B. 4 D. zus. 10 000 t.
Beirut 7. 8. L.B. 12.00 Uhr 1 Flakkreuzer, 1 Laz.=Schiff, 2 Dampfer zus. 8 000 t.
Saida L.B. 7. 8. 12.00 Uhr unbelegt. Ebenso Tyrus.
Haifa L.B. 7. 8. 12.00 Uhr 2 Krz., 5 Zerst., davon 2 ansch. griech. 3 Geleitboote,
2 Vorp.=Boote, 4 Tanker zus. 30 000 t, 8 Dampfer zus. 50 000 t.
5. Ostfront:
Bisher 7 Abschiisse gemeldet.
Angriffe gegen Bahnanlagen und Bahnlinien mit guter Wirkung. Es wurden
mehrere Bahnlinien unterbrochen.
ausgebaute Celdnde dem Verteidiger jeden Vorteil geboten, wahrend das Ge=
I'dnde bei Leningrad fladi und sein Ausbau nicht entfernt so stark sei loie bei
Sewastopol. Die Operation ,Nordlicht' miisse mit der ,bldden Masse Material
durchgefiihrt werden."
Nach Ansicht des Chefs WFStab (8. 8. 42) war die restlose Zerstorung von Lenin-
grad eine „unbedingte Notwendigkeit". Sie sei eine Forderung der Finnen, fUr die
die blojie Existenz der Stadt eine untragbare Belastung fUr die Zukunft darstelle.
(KTB H.Gr. Nord v. 8. 8. 42). ^ ^^.u .^.v^'
559
B. Kriegstagebuch
Angriif auf in der Nordbucht von Lavansaari liegendes grofies Minensuchboot
durch 1 Ju 88 durchgefuhrt. Wirkung wegen sehr starker Flakabwehr nicht be=
obachtet.
Im Asowschen Meer ergab Erkundung Hafen Temrjuk 7. 8. 14.02 Uhr 6 Rad=Dv
7 Kiistenfahrzeuge, 1 Vorp.=Boot, 1 D. 400 t, 8 Leichter, 70 Boote.
In der Bucht von Temrjuk und vor Jenikale reger Verkehr.
Primorsko Achtarskaja 7. 8. 6.40 Uhr 1 kl. D,, 8 Boote im Hafen, 2 kl. D., 7 Boote
auslaufend.
Ostkiiste: Anapa 6 D. zu je 800 t, 6 Kiistenschiffe, 30 Boote j.?>. 14.50 Uhr.
Noworossijsk: 8. 8. 11.16 Uhr 2 D. je 4 000 t, 1 D. 2 000 t, 2 Schwimmdocks, zahl=
reiche kl. Fahrzeuge, 1 S=Boot auslaufend.
Tuapse 11.55 Uhr 2 verladebereite D., vor Tuapse 1 D. Kurs Slid.
Auf der Wolga zwischen Kamyschin und Stalingrad 8. 8. 06.43 Uhr 10 Schlepp=
ziige, 3 kl. Schlepper stromauf, 3 Schleppziige stromabwarts.
Eismeer: Aufklarung bis Spitzbergen ohne Ergebnis. PQ 18 nicht gesichtet.
FW 200 haben in der Zeit vom 7.-8. 8. auf Spitzbergen Hinlopen=Stra6e und
01gastra6e von Packeis frei gemeldet. Nur geringe Treibeisfelder dort festgestellt.
Durchfahrt fiir Dampfer moglich.
9. August 1942
[Weisung des OKH betr. Ausbau der Winterstellungen an der Ostfront^.]
Lagebericht OKH
Osten
II. Armee: Bei Kertsch Durchbruch von 11 Marinefahrprahmen nach Kasan=
tip ohne Zwischenfall vollzogen.
H.Gr. A:
Teile einer rum. Div. im Kampf um Jejsk. Die nach Siiden vorstofienden
rum. und deutschen Krafte erreichten, an der Bahnlinie nach Krymskaja vor=
gehend, die Gegend Angeliskaja. Die nach Siiden auf Krasnodar vorgehenden
Inf.= und Geb.Div.en haben die starken Befestigungen und den Panzergraben
etwa 25 km nordl. Krasnodar durchbrochen und stehen mit starken feindl.
Abwehrkraften im Kampf. Nachdem Teile der 198. Div. bei Ust Labinskaja
die feindl. Stellungen durchbrochen haben, sind sie im Vormarsch am Nord=
westufer des Kuban auf Krasnodar. Die auf Maikop vorstofiende Pz.Div. steht
mit V.Abt.en 2 km vor Maikop. Ostw. davon ist von einer mot. Div. die Labs
iiberschritten worden in Gegend siidwestl. Labinskaja. 23. und 3. Pz.Div. sind,
aus dem Raum Woroschilowsk— Newinnomyskaja nach Siidosten vorstofiend,
ohne Feindberiihrung in Gegend Alexandrowskoje und westl. Pjatigorsk. Von
Remontnaja ist die 371. Div. siidl. und nordl. des Sal im Vorgehen nach Osten.
Wetter: heifi, Sandsturm. In der Sonne 52 Grad.
1 OKH/Gen.St.d.HJOp.Abt. (la) Nr. 420 587I42 g.Kdos. Chefs, vom g. August
1942, vgl. Einfiihrung, S. 68 f.
^60
9- August 1942
H.Cr. B:
Die Divisionen des XXXXVIII. Pz.Korps stehen im harten Kampf siidl.
Stalingrad, wo sich der Feind laufend verstarkt. Rum. Divisionen stehen ostw.
des Don und haben feindl. Angriffe abgewehrt. Die sUdwestl. und nordwestl.
vorstofienden Inf.= und mot. Krafte haben sich westl. Kalatsch vereint und
bilden einen geschlossenen Riegel gegen starke Ausbruchsversuche des ein=
geschlossenen Feindes westl. davon. Die Ubergange von Kalatsch werden durdi
Telle der 16. Pz.Div. xmter Feuer gehalten. Westl. des grofien Don=Knicks
gelang es dem Feind, vor den ital. Stellungen in Gegend Baskowski iiber den
Don heriiberzugehen. Hier und nordl. davon sind Gegenangriffe im Gange.
Westl. Swoboda stehen ung. Truppen im Kampf mit feindl. Panzerkraften am
Don. Starke Besetzung nordl. Woronesch; vergebl. Angriff siidwestl. Liwny.
Wetter: schwiil. Temp. 32 Grad.
H.Gr. Mine:
Im Siiden keine nennenswerten Kampfhandlungen. Bei Rshew weiterhin
harte Kampfe. Es gelang dem Feinde sowohl auf dem rechten Fliigel der Ein=
bruchsstelle wie siidostw. Rshew, in Richtung der Bahnlinie Rshew— Sytschewka
Boden zu gewinnen. Neue Krafte sind zum GegenstoiS angetreten. An den
iibrigen Fronten der Einbruchsstelle wurden alle mit Pz.=Unterstiitzung vor=
gefiihrten Feindangriffe unter hohen Verlusten fiir den Gegn. abgewehrt.
Starker Luftwaffeneinsatz unterstiitzte die eign. Abwehrkampfe. Ein Vorstofi
des Russen nordl. Bjeloj wurde abgewehrt.
H.Gr. Nord:
Aufier vergebl. Angriffen des Feindes siidwestl. Cholm, an der Landbriicke
siidostw. Staraja Russa und bei Salzy keine bes. Kampfhandlungen.
Finnland
Sudostfront: Nordwestl. Leningrad wurden feindl. Angriffe unter hohen Ver=
lusten fiir den Gegner abgeschlagen. Bereitstellungen an dem westl. Teil der Swir=
Front wurden durch finn. Artl. bekampft und ein feindl. Angriff abgewehrt.
Auch nordl. Powenez wurden Bereitstellungen des Feindes von der Artl. zer=
sdilagen.
Nordostfront: Starker Verkehr des Feindes an der Louhi=Front lafit auf baldigen
Angriff schliefien. An der Nordfront von Louhi nordl. Kestenga wurden feindl.
Angriffe zuriickgeschlagen. Bei Alakurtti und im Murmansk=Abschn. feindl. Schanz=
tatigkeit.
Panzerannee Afrika (8. 8.)
liegt noch nidit vor 2.
2 Im KTB der Ski., Teil D nicht enthalten.
561
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 9. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage wurden neben der Aufklarung Jabo=Angri£fe durchgefuhrt. Ein Angriff
auf 2 Gutshofe siidostwarts Swyre, ein Angriff auf Middelhampton, Treffer in
Wohngebauden und Wohnvierteln. Bordwaffentreffer auf einem Bahnhof und einem
Gasometer.
Bei Nacht wurden mit mittleren Kraften Brighton und mit geringen Kraften in=
dustrielle Zerstorziele angegriffen. Erfolgsmeldung liegt noch nicht vor.
Am g. 8. wurde i Spitfire durch Marineflak abgeschossen.
In der Nacht 9./10. 140—160 Feindeinfliige, davon 80—100 ins Reichsgebiet. Schwer=
punkt Osnabriick. 4 Feindflugzeuge wurden durch Jager, eins durch Flak abge=
schossen. Schadensmeldungen liegen noch nicht vor.
Am Abend des 9. erfolgte ein Angriff auf das Gebiet Diisseldorf ohne besonderen
Schaden.
20.10 Uhr 10—15 Dampfer Newcastle einlaufend,
21.38 Uhr im Solent=Kanal 14 Dampfer stilliegend, zur gleichen Zeit bei Selsey
Bill ein Verband, bestehend aus wahrscheinlich einem leichten Kreuzer und 6 Zer=
storern, Kurs Siid. 25.30 Uhr vor Flamborough Head ^o Dampfer Kurs Siidost.
Portland 06.40 Uhr 8—10 Dampfer stilliegend.
2. Mittelmeer:
Rege U=Bootstatigkeit im gesamten Mittelmeer festgestellt.
Angriff auf feindliche Stiitzpunkte in der Kattara=Senke lauft. Unterstiitzung des
Panzerkorps durch Jabo=Angriffe gegen Kraftfahrzeugansammlungen im mittleren
Abschnitt. Freie Jagd, Aufklarung und Hafenschutzfliige erbrachten kein Ergebnis.
Jagdvorstofie gegen Malta ohne Ergebnis.
Lichtbilderkundung Port Said 8.8.: 1 Kriegsschiffattrappe, 2 Kreuzer, 2 Zerstorer,
davon 1 griech., 1 Torp.=Boot, 1 Geleitboot, 2 Vorp.=Boote, 3 U=Boote, 3 Fahrgast=
schiffe 15 000 t, 18 Dampfer 107 000 t, 2 Tanker, 1 U=Boot im Dock.
Im Suez=Kanal (Bitter=See) 1 Fahrgastschiff 25 000 t, 4 Dampfer 20 600 t.
Reede Suez und Port Ibrahim: 1 Kreuzer, 5 Zerstorer, 8 Tanker, 44 Dampfer zus.
208 000 t, 1 Fahrgastschiff 6 000 t.
5. Ostfront:
Aufklarung der Hafen ergab:
Anapa 11.07 Uhr: 3 S=Boote, 1 Dampfer, 2 Fahrgastschiffe, 30 kleine Fahrzeuge.
Gelentschik 09.52 Uhr: 2 Dampfer zus. 1 600 t, 10 kleine Fahrzeuge.
Noworossijsk 12.48 Uhr: 1 Zerstorer, 1 Torp.=Boot, 2 Schwimmdocks getaucht,
6 Dampfer 11 200 t, 18 Kiistenfahrzeuge, 30 kleine Boote.
Tuapse 10.07 Uhr: 2 Zerstorer, 4 Torp.=Boote, 3 MS=Boote, 1 Tanker 9 500 t,
15 Dampfer zus. 18 500 t, 10 Fahrzeuge und 35 kleine Fahrzeuge.
Sotschi 06.13 Uhr: 2 Dampfer zus. 1 600 t, 3 S=Boote, 3 Minensuchboote, 3 Raum=
boote.
Suchum 05. 37 Uhr: 1 Tanker 7 000 t, 2 Dampfer zus. 1 500 t.
Kaspisches Meer: Lichtbild Machatsch Kala 8. 8. 11.42 Uhr: 5 Tanker 9500 t,
5 Dampfer 8 500 t, 2 Raddampfer, 40 kleine Fahrzeuge.
Wolga: Astrachan 8. 8. 0^.31 Uhr LB: 200 Frachter, 7 Tanker.
Saratow 08.50 Uhr: 14 Schlepper Kurs Nord, 3 Schleppziige Kurs Siid.
In Kamyschin 27 Kahne.
Lubowka 08.00 Uhr: 6 Kahne, 2 Raddampfer Kurs Nord, im Hafen 2 Raddampfer,
1 Schlepper, 7 Leichter, 40 Boote.
In Stalingrad 08.00 Uhr: 44 Leichter, 8 Schlepper, 12 Raddampfer, 2 Fahren.
Nikolskoje: 5 Schleppziige Kurs Nord.
562
10. August 1942
Bei Luftangriff auf Tuapse 1 Frachter 4 000 t versenkt, 1 Frachter 3 000 t und
2 Frachter je 1 500 t beschadigt.
Eismeer: Bereitstellungen im Abschnitt Kandalakscha mit guter Wirkung mit
Bomben belegt.
PQ 18 nodi nicht gesichtet.
Eisgrenze Siidspitze Spitzbergen: Nach 27 West 5315 Treibeis. Aufklarung er=
streckt sich von 15 bis 25 Grad Ost.
Nachtrag Osnabruck: 40 Spreng=, mehrere tausend Brandbomben. Zahlreiche noch
nicht geloschte Brande, darunter Holzlager im Hafengebiet, Artilleriekaserne, Wehr=
kreis=Sanitatspark und Betriebsstoffhauptlager, Treffer in Flugzeugfabrik Karmann,
Werk 4 Zellenfertigung vernichtet, 100 Vo Ausfall. Kanisterproduktion 3 Tage
Ausfall. Treffer in Gasmesserfabrik Kromschroder. 24 Tote, darunter 2 Soldaten,
80 Verletzte, 50—80 Hauser zerstort.
Auf Le Havre wurden 50 Sprengbomben abgeworfen. Treffer in Flakstellungen,
Bahnhof und Feldflugplatz Octeville.
10. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
11. Armee: Bei Kertsch keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. A:
Teile der 5. rum. Kav.Div. besetzten nach kurzem Kampf die Hafenstadt
Jejsk. Sauberung der Halbinsel Jejsk wird fortgesetzt. Die Masse der rum.
Kav.Div. stiefi von Popowitscheskaja nach Siidwesten in Richtung von Sla=
wjanskaja vor. 73. 1.D. iiberrannte nach kurzem Kampf die feindl. Stellungen
und den Pz.=Graben nordl. Krasnodar und nahm den Westteil der Stadt, um
sich hier mit den von Norden kommenden Teilen der 9. 1.D. zu vereinigen.
125. und 198. I.D. stiefien vom Osten her gegen die Stadt vor. Der Feind
weicht zuriick, Kampfe in der Stadt noch im Gange. Eisenbahn= und Stra6en=
briicke zerstort. Stromaufwarts des Kuban ging die SS=„W=Div. iiber die
fertiggestellte Briicke siidostw. Labinskaja, wahrend die slow. Div. die Siche=
rung westl. der Briicke iibernahm. 13. Pz.Div. trat am 9. nachm. zum Angriff
auf Maikop an und drang in den Abendstunden in die Stadt ein. Siidl. davon
stiefi die Masse der 16. mot. Div. nach Westen gegen die Belaja vor. Teile der
3. Pz.Div., nach Siidosten vorstoliend, befinden sich im Raume nordl. Essentuki.
Weitere Teile sind beim Oberschreiten der unversehrten Briicke nordl. Pjati=
gorsk. Siidl. Pjatigorsk noch starkere feindl. Kav. 23. Pz.Div., von Norden
kommend, ist im Raum nordl. Pjatigorsk am Kuma angekommen. Briicke dort
zerstort. Die von Salsk nach Osten vorgehenden Div.en haben Klejewka und
Kopanski erreicht.
H.Gr.B:
Auf dem Sudfliigel der H.Gr. stehen Teile der 371. Div. im Kampf bei
Sirotski am Sal gegen schwacheren Feind. Sudl. Stalingrad hat der Feind
565
10. August 1942
weitere Krafte herbeigefiihrt und steht in starker Abwehr gegen hier von
Siiden vorgehende deutsche und rum. Krafte. Der Kessel westl. Kalatsch
wird weiter durch konzentrischen Vorstofi der eign. Div.en verengt. Ver=
zweifelte Ausbruchsversuche des Feindes wurden abgewehrt. Siidl. und nordl.
Kalatsch wird das Westufer des Don von Feindresten gesaubert. Auf dem
rechten Fliigel der Div. „Celere'' ist durch Eingreifen der 22. Pz.Div. die Lage
am Don wiederhergestellt. Der Feind ist hier zuriickgegangen. Beim Vorstofi
am Donknie ostw. Swoboda gelang es dem Russen, das Westufer des Don
zu erreichen imd die hier stehenden ung. Krafte zuriickzudriicken. Zwischen
Swoboda und Woronesch wurden feindl. Angriffe abgewiesen. Nordl. Woro=
nesch weiterhin starker Feind. Bereitstellungen wurden durch eign. Artl. zer=
schlagen.
H.Gr.Mitte:
In der Einbruchsstelle von Rshew verstarkt der Feind sich laufend. Er ver=
sucht, nach alien Seiten durch Angriffe die Einbruchsstelle zu erweitern. Samt=
liche Angriffe konnten unter schweren Feindverlusten zuriickgeschlagen wer=
den. An einer Stelle gelang es eign. Pz.=Kraf ten, im Vorstofi einige Orte zuriick=
zunehmen. Nordl. Rshew wurde ein feindl. Angriff abgeschlagen, desgl. siid=
westl. Bjeloj.
H.Gr. Nordl
Siidl. des Ilmensees wurden Feindangriffe nordl. und siidl. der Landbriicke
abgeschlagen. Ein eign. Vorstofi aus dem Briickenkopf siidl. Salzy hatte Erfolg.
Wiederholte feindl. Angriffe auf die verbesserte Stellung konnten abgewehrt
werden. Ein Angriff siidl. Leningrad wurde im Gegenstofi zuriickgewiesen.
Finnisdie Siidostfront
Ein feindl. Angriff nordl. Leningrad wurde abgewehrt. Im Raume Uhtua zer=
storten von eign. Brandgeschofiwerfern verursachte Waldbrande feindl. Stellungen
und Verminungen.
Finnisdie Nordostfront
Ein feindl. Angriff nordl. Alakurtti wurde abgewiesen.
Panzerarmee Afrika
Agypten: Feind verhielt sich am 9.8.42 bei geringer Spahtrupp=, Artl.= und
Fliegertatigkeit ruhig.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 10. 8. 42
1. Raum um England:
Geringer Tageseinsatz gegen Zerstorziele, Erfolgsmeldung liegt noch nicht vor.
Eine Wellington bei Zehlen abgeschossen.
564
11. August 1942
In der Nacht waren mittlere Krafte auf Colchester und Hastings angesetzt. Ergeb=
nis liegt noch nicht vor.
In der Nacht vom 9. zum 10. wurden aufier Brighton Liverpool, Manchester,
Peterborough, Luton, Middlesbrough und Ziele im Raum Newcastle angegriffen.
Oberall Einschlage mit Brandentwicklung beobachtet.
Tagesaufklarung im Seegebiet ergab kein Ergebnis.
20.50 Uhr 60 sm ostwarts Lowestoft 13 kleine Dampfer etwa 1 000 t, 4—6 Be=
wacher Kurs Nord.
Vor Eastbourne 22.10 Uhr 18 mittlere Dampfer, 3 Vorp.Boote Kurs Ost.
Insgesamt 20 Feindeinfliige, davon 15 ins Reichsgebiet. Kein Bombenabwurf.
Einfliige hauptsachlich ins Seegebiet um Laso— Insel Rom— Flensburg— Fehmarn—
Kieler Bucht. Minenabwurfverdacht.
2. Mittelmeer:
Keine besonderen Meldungen aufier bereits von Mar.=Kdo. Italien gemeldeter
Feindbeobachtung.
Jagdvorstofie auf Malta und Bombenangriffe auf La Venezia mit guter Wirkung.
4 Jager abgeschossen, ein eigener Verlust. Starker Angriff gegen Abstellplatze
zweimot. Flugzeuge auf einem Flugplatz auf Malta lauft zur Zeit.
Tobruk ohne besondere Schadensmeldung angegriffen, 2 Flugzeuge abgeschossen.
Fliegerfiihrer Afrika: Verstarkter Jagdeinsatz im Raum des Afrikakorps. 2 Blen=
heim und 8 Jager abgeschossen; ein eigener Verlust.
Alexandria wurde gelichtbildet, Auswertung liegt noch nicht vor.
3. Ost front:
Auf der Wolga zwischen Kamyschin und Stalingrad bzw. Astrachan geringer bis
mittlerer Schiffsverkehr. In Stalingrad etwa 150 Kahne aller Grofien. Am Westufer
bei Stalingrad 100 Kahne am Ufer liegend, 30 auf dem Strom verankert, keine
Ein» und Ausladungen.
Kaspisches Meer: Machatsch Kala: 3 S=Boote, 3 Lastkahne zus. 3 000 t, 1 Frachter
700 t, 5 Frachter je 800 t, 5 Frachtkahne zus. 3 000 t, 2 Raddampfer, ^o kleine
Hafenfahrzeuge. Vor dem Hafen Kanonenboot Kurs Ost. Umladetatigkeit von
Eisenbahn auf Frachter und Kahne beobachtet.
Eismeer: Aufklarung im Eismeer ohne Ergebnis. 01ga=Stra6e von 19 bis 23 Grad
Ost unbefahrbar.
Bei einem Luftkampf iiber Warlamowo eine Tomahawk und eine Jak abgeschos=
sen. Flugplatz Warlamowo und Baracken bei diesem mit guter Wirkung angegriffen.
Bei Haugesund eine Hudson abgeschossen.
Ein Einflug im Raum Drontheim.
11. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
II. Armee: Keine bes. Meldungen.
H.Gr. A:
Telle 5. rum. Kav.Div. saubern die Landzunge nordl. Jejsk und nahmen
Jassenskaja. Die in der Richtung auf den Unterlauf des Kuban vorstolienden
rum. Telle stehen im Kampf bei Slawjanskaja. Bei Krasnodar wurden die noch
5^5
B. Kriegstagebuch
siidl. der Stadt haltenden russ. Krafte auf das Siidufer des Kuban zuruck=
geworfen. Ostw. davon stehen Telle der 9. 1.D. noch im Kampf mit russlschen
Kraften auf dem Nordufer. Die Briickenkopfe bel Beloretschenskaja und Mal=
kop wurden erweitert. Ostw. und nordostw. von Maikop versuchen restliche
Feindgruppen, nach Siiden und Siidosten durchzubrechen. Siidl. Telle der
16. 1.D. (mot.) slnd im Vorstofi von Mostowoje nach Westen auf die Pelaja.
3. und Telle der 13. Pz.Dlv. saubern im Raume Pjatigorsk und nordl. davon.
Die Div. des LII. A.K. slnd im Vormarsch beiderseits des Manytsch nach Siid=
osten.
Wetter: driickende Hltze, Wege iiberall befahrbar.
H.Cr. B:
Siidl. Stalingrad wehrte die 14. Pz.Dlv. Angriffe auf ihre Ostflanke ab und
geht mit ihrem linken Fliigel nach Norden auf das Hohengelande vor. Telle
des VI. rum. A.K. haben die Myschkowa erreicht und sich hier zur Verteldl=
gung eingerichtet. Der Kessel westl. Kalatsch wlrd welter verengt. Das West=
ufer bei Kalatsch ist vom Feinde gesaubert. Die bei Serafimowltsch iiber den
Don heriibergekommenen Feindteile wurden auf das Nordufer zuriickgewor=
fen. Wetter: Bedeckt, Strafien trocken. Temp. + 32 Grad.
Siidl. und nordl. Swoboda wurden die Einbruchsstellen durch ung. Krafte
berelnlgt. Ein feindl. Angrlff bei Woronesch wurde abgewehrt. Nordl. davon
gelang es vorstolienden Pz.=Kraften des Feindes, mit einigen Panzern durch
die eign. Linien durchzustoiSen. Gegenangriffe im Gange. Siidl. Jelez werden
Starke Feindansammlungen gemeldet. Wetter: wechselnd bewolkt, + 18 Grad.
H.Gr.Mitte:
Bei ortllchen Unternehmungen ostw. Orel wurden 19 Feindbunker ge=
sprengt.
Wetter: sonnig, warm.
Ostw. Sytschewka gelang es dem Gegner, die eign. Krafte etwas zuriick=
zudriicken. Angriffe auf den Siidrand der Elnbruchsstelle sUdwestl. Rshew
wurden abgewehrt. Eign. Vorstofi aus Richtung Bahnlinie Rshew— Sytschewka
nach Osten diu:ch hier eingesetzte Panzer= und hif .=Krafte hatte Erfolg. Gegen=
angriffe wurden auch hier abgewehrt. Der Feind griff mit starken Kraften
auf ganzer Front nordl. Rshew an. Voriibergehende kleinere Einbriiche wur=
den im GegenstoJS wieder beseitigt. Von So feindl. Panzern wurden bisher 20
abgeschossen.
Wetter: tellweise bewolkt, Strafien im Abtrocknen.
H.Gr. Nord:
An der Siidostfront von Demjansk gelang es dem Gegner bei einem iiber=
raschenden Angrlff, einen Einbruch zu erzielen, der abgeriegelt werden konnte.
Feindl. Angriffe auf die Landbriicke sUdostw. StarajaRussa wurden abgewehrt.
366
11. August 1942
Ndrdl. des Ilmensees wurde siidl. Tschudowo ein feindl. Vorstofi zuruckge=
wiesen. Ein Angriff auf den Briickenkopf Salzy war ohne Erfolg. Ansamm=
lungen nordl. davon wurden durch Artl. zerschlagen. Telle der SS=Formatlon
siidl. Leningrad wiesen einen feindl. Angriff zuriick.
Finnland
Keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika
Von Afrika liegen nodi keine besonderen Meldungen vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 11. 8. 42
I. Raum um England:
Bei Tage wurden Aufklarungsfliige und Zerstorangriffe, vor allem Jabo=Angriffe,
auf Stadte Englands durchgefiihrt. Es wurden angegriffen: Salisbury, 2 Gasometer
explodiert; Eastbourne, 1 Gasometer in Brand, Treffer auf Bahnhof und Gleis=
anlagen; Deal, gute Wirkung auf Gaswerk, Bahnhof und Hauser.
Nachteinsatz riditete sidi mit starkeren Kraften gegen Eastbourne, Wexhill und
Derby, letzteres wurde in 2 Wellen angegriffen, Ergebnis liegt nodi nicht vor.
2 Spitfire bei Cherbourg abgeschossen, 1 Spitfire wahrscheinlich abgeschossen.
Vor Lowestoft 20.30 Uhr 19 mittlere Dampfer Kurs Nord mit Ballonsperre.
Laut LB:
Cowes 14.45 Uhr: 2 Zerstorer, 1 Korvette, 1 Raum=Boot, 3 Kiistenf rachter, 2Frach=
ter zus. 6000 t im Dock, 40 kleine Sdiiffe.
15.20 Uhr siidwestlich Beachy Head 4 kleine Dampfer Kurs West.
21.33 Uhr Weymouth 11 kleine Schiffe.
15.00 Uhr Portsmouth 2 Kreuzer, 7 Zerstorer, 19 Minensudi=Boote, 10 S=Boote,
9 Fraditer und Fahrgastschiffe zus. 50—60 000 t, 4 Kiistenfrachter 4000 t, 4 Rad=
dampfer, 9 Hochseeschlepper, ungefahr 120 Schleppkahne 20—30 m lang, 80 kleine
Schiffe 10—20 m lang.
Oberlauf Chichester=Kanal bei Birmingham 160—170 Boote, 28 m lang.
Im Firth Adur bei Shoreham 50 Boote 10—30 m lang.
Fishergate— Southwick: 2 R=Boote, 40—50 Boote 30—40 m lang.
Newhaven: 1 Korvette, 19 Raumboote, 5 Schnellboote, 1 Dampfer 2000 t,
40 Schiffe 10—20 m lang.
165 Einfluge, davon 100 ins Reichsgebiet. Es wurden abgeschossen durch Nacht=
jager 5, durch Flak 6 Flugzeuge. Schwerpunkt Mainz. Zahlreiche Spreng=, einige
tausend Brandbomben. 6 Flachenbrande in der Altstadt. Verschiedene weitere
Brande. In Lindes Eismaschinenfabrik Grofifeuer, ebenso Holzhandlung Messer=
Schmidt. 13 Tote, 14 Verletzte nach vorlaufiger Zahlung. Auf Wiesbaden 20 Spreng=,
500—1000 Brandbomben, Brandplattchen und Flugblatter. Grofibrande in Kasernen=
anlagen. Eisenbahnstrecke Wiesbaden— Mainz infolge Treffer gesperrt. 15 Wohn=
hauser beschadigt. Schaden in Gliiko=Eisengie6erei und Armaturenfertigung, au6er=
dem bei Fa. Sohnlein (Sekt), bei beiden 30 Vo Ausfall. 5 Tote, 40 Verletzte. Koblenz
500—1000 Brandbomben, groSe Brande.
Angriff auf Le Havre. 80—100 Sprengbomben auf Hafen und Stadt sowie auf
Flugplatz Octeville. Schaden noch nicht festgestellt.
Uber Angriffe auf weitere Orte liegt noch keine Meldung vor.
367
B. Kriegstagebuch
2. Mittelmeer:
Aufklarung im westlichen Mittelmeer ergab 2 Verbande mit 4 Flugzeugtragerr^
3 Schlachtschiffen, 37 Kreuzern und Zerstorern, 21 Dampfern, siidlich davon 6 Zer«
storer. Es wurde am ganzen Tag Fiihlung gehalten, Kampf= und LT=Verbande an=
gesetzt.
21.20 Uhr etwa 100 sm nordlich Bougie angegriffen mit LT und Bomben. 2 Flug=
zeugtrager LT= oder Bombentreffer, Naheres noch nicht bekannt. 1 Kreuzer LT=Tref=
fer, 1 Kriegsschiff durch Bomben in Brand geworfen (1000 kg Bombe), 1 LT=Treffer
auf einem Dampfer.
Westgeleit: 1 Kreuzergruppe vor Famagusta durch U=Boote gemeldet.
Starke U=Bootstatigkeit vor den ital. Hafen und Angriffstatigkeit der Luft gegen
Cagliari in den Abendstunden unterstreicht Auffassung OB Siid, da6 weiterrei=
chende Operation im Gange ist als nur Versorgung Malta.
Jagdvorstofie gegen Malta ohne besonderes Ergebnis.
Feindangriffe gegen Marsa Matruk und Tobruk ohne besonderen Schaden. 2 Flug^
zeuge abgeschossen.
Fliegerfiihrer Afrika: Jabo=Angriffe auf Artilleriestellungen und Kraftfahrzeug=
ansammlungen nordlich Alamein mit sehr guter Trefferlage. Bei Jagdvorstofien ■wur=
den 5 Hurricane abgeschossen.
Belegung Alexandria am 10.8. hoher; seit ^.8.: 6 Kriegsfahrzeuge, 1 Laz.=Schiff,
4 Dampfer.
Port Said 10.8. Belegung hoher seit 7.8.: 5 Zerstorer, 1 U=Boot, 3 Vorp.=Boote,
7 Dampfer 23 000 t.
5. O St front:
Abschiisse am 10.: 80 durch Jager, 20 am Boden, am 11.: 60 Abschiisse in Luft=
kampfen.
Schwarzes Meer: Der als versenkt gemeldete Kreuzer „Krasnij Krim" erscheint
9. 8. im Lichtbild Noworossijsk anscheinend unbeschadigt.
Lebhafter Kleinbootverkehr vor Temrjuk=Bucht: 5 Raddampfer, 2 Kanonen=
boote, 3 Motorboote, 30 Boote.
Anapa 09.30 Uhr: 9 Dampfer.
Noworossijsk 10.30 Uhr: Unbelegt, vor dem Hafen 8 mittlere Dampfer, 20 Boote.
Auf der Wolga mittlerer Verkehr.
Luftwaffenfiihrungsstab meldet 11. 8. 42. 15.00 Uhr:
Deutsche Luftaufklarung im Mittelmeer 09.42 Uhr Qu 03 Ost 1872: 6 Zerstorer,
Kurs 90 Grad, 10 sm Fahrt.
10.20 Uhr 03 Ost 1986: 1 Feindgruppe, bestehend aus 1 Trager, 4 Kreuzern, 7 Zer=
storern, Kurs 90 Grad, ohne Fahrt.
03 Ost 2986: 3 Trager, 3 Schlachtschiffe, 20 Kreuzer und Zerstorer, 20 Handels=
schiffe, Kurs 90 Grad, 10 sm Fahrt.
Zur Bekampfung stehen zur Verfiigung:
In Sizilien: 5 Kampfgruppen, Grosseto: LT=Schulverbande.
Es wird mit Passieren der Enge von Sizilien in der Nacht vom 12. zum 13. ge=
rechnet.
368
12. August 1942
12. August 1942
Vorbemerkung Helmuth Greiners^ zu seinen Aufzeidinungen iiber die Lage-
vortrage und Besprechungen im Fiihrerhauptquartier vom 12. August 1942
bis zum i/.Marz 1943.
Den nachstehenden Aufzeichnungen liegen die Notizen zu Grunde, die ich
mir als Fiihrer des Kriegstagebuches des Wehrmachtfiihrungsstabes in dem
angegebenen Zeitraum bei den taglichen Lagevortragen und Besprechungen
im Fiihrerhauptquartier gemacht und nach denen ich damals das Kriegstage=
buch geschrieben habe. Dessen samtliche Text= und Anlagen=Bande sind am
1. Mai 1945 auf Befehl des damaUgen Stellvertretenden Chefs des Wehrmacht=
fiihrungsstabes. General Winter, am Hintersee in Oberbayern vernichtet wor=
den. Im folgenden wird nun versucht, nach den noch in meiner Hand befind=
lichen Notizen das Kriegstagebuch fiir den genannten Zeitraum wenigstens
teilweise wiederherzustellen. In der Zeit vom 26. Juni 1941 bis zum 11. August
1942 habe ich meine handschriftlichen Notizen — mit Ausnahme einiger be=
sonders wichtiger Aufzeichnungen — immer selbst vernichtet, sobald ich sie
im Kriegstagebuch verwertet hatte. Am 18. Marz 1943 trat ich einen langeren
Urlaub an, nach dessen Beendigung ich am 22. April von Hitler aus politischen
1 Zur Bewertung der Aufzeichnungen Greiners stellt General Warlimont zusam=
menfassend jest:
„Die hochst achtenswerte Personlichkeit des inzwischen verstorbenen MinisteriaU
rats Greiner in Verbindung mit seiner ausgepragten Gewissenhaftigkeit und
seinem beruflich begriindeten militarischen Verstdndnis, vermehrt noch durch
seine freimUtige Kritik an Hitlers Person und militarischer FUhrung, lassen
seinen Aufzeidinungen einen besonderen Grad von Zuverldssigkeit beimessen.
Sie sind audi deswegen umso wertvoller, als fiir die behandelte Zeitspanne bis
zum Ende des Jahres 1942 bisher keine anderen tagebudiartigen Niedersdiriften
aus dem Bereidi des OKWIWPSt au^er einigen Resten der Stenogramme von
Hitlers Lagebesprediungen („Fragmente") vorliegen. Einsdirankend ist dagegen
darauf zu verweisen, dafl audi General Warlimont, auf dessen Mitteilungen
Greiner sidi in vielen Hauptsadien bezieht, zu jener Zeit regelmajiig nur an
den Mittags=Lagevortragen teilgenommen hat, dagegen nur selten an den
Abend= und an Sonderbesprediungen und dafl audi die iibrigen von Greiner
aufgefilhrten Quellen, besonders die von General Jodl ausgehenden Beitrdge,
keineswegs als vollstandig angesehen werden konnen. Dazu kommt nodi, dafi
Greiner nach der Vernichtung des eigentlichen Kriegstagebuchs den vorliegenden
Text, wie er in seiner „Vorbemerkung" schildert, nur noch auf Grund der in
seiner Hand befindlidien Notizen „wenigstens teilweise wiederherzustellen"
versucht hat.
Diese — von Greiner unverschuldeten — Mangel miissen im Hinblick auf den
ostlidien Kriegsschauplatz vor allem ab Mitte Oktober 1942 beachtet werden,
als die Zeit begann, in weldier „der neue Chef des Generalstabes des Heeres,
General Zeitzler, bei dem mittaglidien Lagevortrag sich meist auf ganz kurze
AusfUhrungen beschrdnkte und alle wichtigen operativen Fragen . . . mit dem
Fiihrer unter vier Augen besprach" . Wahrscheinlich ist es auch daraus in erster
Linie zu erklaren, dafl die Zeit von Mitte August bis Mitte Oktober fast ^U
der Aufzeidinungen einnimmt, wahrend die iibrigen 5 Monate, besonders von
Dezember ab stark gekiirzt, auf den restlidien Raum der Niederschrift zw
sammengedrangt sind."
569
B. Kriegstagebuch
Griinden von meiner Stellung als Fiihrer des Kriegstagebuches des Wehr=
machtfiihrungsstabes enthoben wurde. So erklart sich die zeitliche Begrenzung
der nachstehenden Aufzeichnungen.
Das Tuhrerhaupt quay tier befand sich seit dem 16. Juli 1942 in der Ukraine,
und zwar in einem kleinen, dreieckigen Waldchen 15 km nordnordostlich von
Winniza an der grofien Strafie nach Shitomir in unmittelbarer Nahe des Dor=
fes Strishawka. Hitler mit seiner nachsten Umgebung und sein militarischer
Arbeitsstab, die Feldstaffel des Wehrmachtfiihrungsstabes, waren dort in
Blockhausern und transportablen Baracken untergebracht. Das Lager fuhrte
den Decknamen „ Werwolf". Das Hauptquartier des Oberkommandos des
Heeres befand sich seit dem 16. Juli 1942 in Winniza.
An dem Tage, mit welchem die Aufzeichnungen einsetzen, am 12. August
1942, war die Lage an der Ostfront f olgendermafien :
Am 28. Juni hatte die grolie Sommer=Offensive der Heeresgruppe Siid, die
sogenannte „Operation Blau'', mit dem Vorstofi der 2. Armee auf Woronesch
begonnen. In ihrem Verlauf hatten die deutschen Angriffskrafte (2., 6., 4. Pan=
zer=, 1. Panzer= und 17. Armee) den Don von Woronesch abwarts erreicht und
am 24. Juli Rostow genommen. In den folgenden Tagen hatte die Heeres=
gnippe A des Generalfeldmarschalls List, die am 7. Juli aus der Armeegruppe
Ruoff (3. rumanische und 17. Armee) und der 1. Panzer= Armee gebildet wor=
den war, den Unterlauf des Don zum Vorstofi in den Kaukasus iiberschritten.
Sie stand am 11. August mit der 3. rumanischen Armee am Unterlauf des Ku=
ban bei Slawjanskaja, mit der 17. Armee beiderseits von Krasnodar, mit Teilen
der 1. Panzer= Armee um Maikop. Gebirgstruppen dieser Armee waren in den
oberen Talern des Kuban und seiner Nebenfliisse in den Hoch=Kaukasus vor=
gedrungen, ihre schnellen Krafte hatten im Vormarsch auf das kaukasische
Erdolgebiet am 9. August Pjatigorsk genommen.
Bei der ebenfalls aus der Heeresgruppe Siid hervorgegangenen Heeres=
gruppe B des Generalobersten Freiherrn von Weichs hatte die 4. Panzer=Armee
den Don bei Zymljanskaja iiberschritten und im Angriff nach Nordosten den
Siidrand von Stalingrad erreicht, die 6. Armee in den Tagen vom 7. bis zum
12. August die grofie Don=Schleife nordlich von Kalatsch in Besitz genommen.
Am mittleren Don sicherten die italienische 8. Armee und die ungarische
2. Armee. Den Briickenkopf und Eckpfeiler Woronesch und die Nordflanke
der Heeresgruppe zwischen Woronesch und Liwny hielt die 2. Armee besetzt.
Bei den Heeresgruppen Mitte und Nord verlief die Front im grofien und gan=
zen noch genau so, wie sie sich in den schweren Abwehrkampfen des ver=
gangenen Winters herausgebildet hatte: anschliefiend an die 2. Armee in der
ungefahren Linie Liwny— Orel— Suchinitschi—Juchnow—Subzoff—Rshew, von
dort aus scharf nach Siidwesten umbiegend im grofien siidlich ausholenden
Bogen iiber Bjeloj— Demidoff— Welish— Welikije Luki— Cholm und am Lowat
entlang, von dem die sogenannte „Landbriicke'' zu der in den Winterkampfen
gehaltenen Enklave Demjansk fiihrte, dann nordlich des Ilmensees auf dem
570
12. August 1942
Westufer des Wolchow bis Kirishi und von diesem Eckpfeiler nach Westen
einbiegend iiber Maluksa und Putilowo zum Ladoga=See, endlich von Schlus=
selburg aus in einem siidlichen Halbkreis um Leningrad herum zum Finnischen
Meerbusen. Die Enge siidlich des Ladoga=Sees mit dem Mittelpunkt Mga
wurde deutscherseits ihrer Form wegen der „Flaschenhals'' genannt. Brenn=
punkt des Kampfes war bei der Heeresgruppe Mitte im Abschnitt der 9. Armee
die Front hart ostlich von Subzoff und dicht nordlich von Rshew, wo die Rus=
sen seit dem 30. Juli mit starken Infanterie= und Panzerkraften angriffen und
am 4. August weite und tiefe Einbriiche erzielt batten. An den besonders be=
drohlichen Einbruchsstellen hart ostlich von Subzoff und ostlich von Sy=
tschewka war ihnen das XXXIX. Armeekorps mit der 1., 2. und 5. Panzer= und
der 102. Infanterie=Division entgegengeworfen worden.
Gliedenmg der Ostfront am 12. August 1942
Heeresgruppe A: Generalfeldmarschall List
Chef des Stabes: Generalleutnant von Greiffenberg
Armeegruppe Ruoff (AOK 17): Generaloberst Ruoff
3. rumanische Armee und 17. Armee
1. Panzer= Armee: Generaloberst von Kleist
Heeresgruppe B: Generaloberst Freiherr von Weichs
Chef des Stabes: Generalleutnant von Sodenstern
4. Panzer= Armee: Generaloberst Hoth
6. Armee: Generaloberst Paulus
8. italienische Armee: General Gariboldi
2. ungarische Armee: Generaloberst v. Jany
2. Armee: Generaloberst von Salmuth
Heeresgruppe Mitte: Generalfeldmarschall von Kluge
Chef des Stabes: Generalmajor Wohler
4. Armee: Generaloberst Heinrici
2. Panzer=Armee: Generaloberst Schmidt
3. Panzer=Armee: Generaloberst Reinhardt
9. Armee: Generaloberst Model
Heeresgruppe Nord: Generalfeldmarschall von Kiichler
Chef des Stabes: Generalmajor Hasse
16. Armee: Generaloberst Busch
18. Armee: Generaloberst Lindemann
Dem Oberkommando des Heeres zur Durchfiihrung des Unternehmens „Nord=
licht'' (Angriff auf Leningrad) unmittelbar unterstellt und im Bereich der
Heeresgruppe Nord bereitgestellt:
11. Armee: Generalfeldmarschall von Manstein
571
B. Kriegstagebuch
Erlauteningen des Generals Warlimont
Der Zeitraum, den die vorliegenden Aufzeichnungen zum Kriegstagebuch des
OKW/WFSt behandeln, ist schon von der Mitwelt und mehr noch in der Nach=
kriegsliteratur als die Periode des Umschwungs der Kriegslage zu Ungunsten
Deutschlands erkannt worden.
Auf dem ostlichen Kriegsschauplatz hatte die zweite Sommeroffensive der Wehr=
macht, die zeitweilig Erfolge grofiten Ausmafies erwarten lassen konnte, nach etwa
6wochiger Dauer weithin ihr „Momentum" eingebiifit. Allein schon der Mangel
an Truppen und Bewegungsmitteln setzte einer weiteren Ausdehnung des riesigen
Raumgewinns, der bis in den Kaukasus und an Stalingrad heran reichte, zusehends
enger werdende Grenzen. Vielerorts zeigte sich aber auch ein standig verstarkter
Widerstand des Feindes, dem es — entgegen Hitlers unentwegt vertretenen An=
sichten — gelungen war, sich mit der Masse seiner Krafte der ihm zugedachten
Vernichtung durch rechtzeitiges Ausweichen zu entziehen. Bei der Heeresgruppe
Mitte hatten zudem russische Entlastungsangriffe, besonders im Raum von Rshew,
bedrohliche Formen angenommen.
Trotz dieser Anzeichen und noch anderer Umstande, wie beispielsweise der
Schwache der verbiindeten Kontingente, die das Risiko von Tag zu Tag mehren
muliten, wurde das eigene Vorgehen im Osten weiterhin von der „Weisung Nr. 45
fiir die Fortsetzung der Operation Braunschweig'"" vom 23. Juli 1942^ bestimmt.
Wie schon der grundlegende Befehl fiir die Offensive ^ so war auch diese Weisung
nach Inhalt und Form, weit mehr noch als sonst iiblich, das eigene Werk Hitlers.
Als ihr wesentliches Kennzeichen konnte es gelten, dali die von vornherein vorherr=
schenden exzentrischen Tendenzen der Gesamtoperation nunmehr noch scharfer in
Erscheinung traten, indem die Ziele der H.Gr. B — Stalingrad, Landbriicke vom Don
zur Wolga, Sperrung der Wolga auch bei Astrachan — erheblich erweitert und mit
dem urspriinglichen Hauptziel, dem „Durchbruch in den Bereich des Kaukasus"
auf ein und dieselbe Stufe der Dringlichkeit gestellt worden waren. In der Mitte
hatte gerade am 11. August der Angriff zur Beseitigung der Fronteinbuchtung bei
Suchinitschi begonnen. Weitraumige Uberfalle der Partisanen erschiitterten beson=
ders in diesem Bereich das Hinterland und die Versorgung der Front. Bei der Heeres=
gruppe Nord liefen die Vorbereitungen zur Wegnahme von Leningrad und zur Her=
stellung der Landverbindung mit den Finnen an, wozu Telle der 11. Armee von der
Krim heranbefordert wurden^. Daneben plante man, im nordlichen Finnland auch
dadurch den urspriinglichen Zielen naherzukommen, da6 im Herbst die Murmansk=
Bahn bei Kandalakscha im Angriff erreicht und unterbrochen werden sollte"*.
Der einzige andere Landkriegsschauplatz, auf dem damals noch deutsche Truppen
im Kampfe standen, Nordafrika, befand sich in ahnlicher Lage wie der Siidabschnitt
der Ostfront. Die stiirmische Offensive der deutsch=italienischen Panzerarmee
hatte sich seit Anfang Juli festgelaufen, Trotz vieler bedrohlicher Anzeichen fiir
eine Wende der Lage im gesamten Mittelmeerraum hielt jedoch das dort fiihrende
Comando Supremo im Verein mit dem OKW unbeirrt daran fest, so bald wie m6g=
lich zu neuem Angriff gegen und iiber den unteren Nil anzutreten.
In Norwegen und im Westen herrschte Ruhe, die aber auch, abgesehen von dem
nach Kraften geforderten Ausbau der Kiistenverteidigung, nicht ohne Spannungen
war. Besonders in Frankreich rechnete Hitler damals damit, dafi die Alliierten sich
1 Vgl. Walther Hubatsch „Hitlers Weisungen 1939 — 1945", a. a. O., S. 196—200.
2 Ebda., S. 183—88: Weisung Nr, 41 vom 5. 4. 42.
3 Vgl. Weisung Nr. 45: ebda., S. 196— 200.
4 Vgl. Weisung Nr. 44 vom 21. 7. 42, ebenda, S. 194—96.
12. August 1942
unter dem standigen Druck der Sowjets gedrangt sehen konnten, mit der Errichtung
einer „Zweiten Front" zu beginnen.
Auf dem Balkan hielt der Bandenkrieg an, dessen Lasten im Gegensatz zu dem
Starkeverhaltnis der Besatzungstruppen in erster Linie die wenigen deutschen Ver=
bande zu tragen hatten. Die Auflosung der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung
ging mit diesen Zustanden zunehmend einher.
Der U=Bootkrieg stand imSpatsommer 1942 auf derHohe seiner Erfolge. Dagegen
neigte sich im Luftkrieg die Waage unverkennbar, wenn auch von fuhrender deut=
scher Seite noch hartnackig bestritten, zugunsten der West=Alliierten.
Das Bild der Lage rundete sich ab durch starke Spannungen im Ersatz der perso=
nellen Verluste des Heeres, wahrend die materielle Riistung nur zeitweilig Llicken
aufwies, insgesamt jedoch noch in starkem Aufschwung begriffen war.
Aufzeichnungen Greiners zum 12. August 1942
Lagevortrag:
Der Chef des Wehrmachtfiihrungsstabes (Chef WFSt) meldet dem Fiihrer,
dafi der Oberbefehlshaber der Luftwaffe beabsichtige, eine Flak=Division von
der 1. Panzerarmee zur 4. Panzerarmee heriiberzunehmen. Der Chef des Ge=
neralstabes des Heeres (Chef Gen.St.d.H.) auiSert hierzu, dafi die 1. Panzer=
armee im Kaukasus starkeren Flakschutz brauche und daher nicht die ganze
Flak=Division entbehren konne. General Jodl wird dariiber nochmals mit dem
Reichsmarschall sprechen.
Generaloberst Haider meldet, dafi die russische Kaukasus=Armee nach der
Aussage gefangener russischer Offiziere immer mehr der Auflosung entgegen=
gehe. Der Vorstofi der Vorausabteilung der 1. Gebirgsdivision in den Hoch=
kaukasus findet nicht die Zustimmung des Fiihrers, der darin eine Zersplitte=
rung der Krafte sieht; er erklart, dafi die Division, wenn sie auf starkeren Feind
stofie, doch nicht welter kommen, sondern einen Ruckschlag erleiden wiirde,
an anderer operativ wichtigerer Stelle aber fehle. Die Zuriicknahme der Divi=
sion aus dem Hochkaukasus wird jedoch nicht befohlen. Der Fiihrer wiinscht,
dafi bei der Heeresgruppe A der verfiigbare Treibstoff in erster Linie dem rech=
ten Fliigel zugeflihrt wird, damit dieser raschestens zur Kiiste des Schwarzen
Meeres durchstofien kann. Nach der Wegnahme von Noworossijsk soil die
Treibstoff=Zufuhr durch die Kriegsmarine iiber das Schwarze Meer erfolgen.
Der Fuhrer wiinscht weiterhin, dali bei der Heeresgruppe B sofort deutsche
schwere Artillerie und Panzerabwehr sowie ein Generalkommando mit zwei
Divisionen hinter den ungarischen Sicherungsabschnitt am Don gelegt werden.
Der Chef GenStdH meldet hierzu, dafi von Norden die 168. und von Suden
die 336. Infanterie=Division zur Abstiitzung der Ungarn herangefiihrt werden.
Ferner soil nach der Einnahme von Stalingrad ein Korps der 6. Armee nach dem
Westen verlegt werden. (Hitler war damals standig in Sorge, dafi die AUiierten
zur Entlastung ihres russischen Verbiindeten den Versuch machen konnten,
in Frankreich zu landen, um dort die von der Sowjetunion immer dringender
573
B. Kriegstagebuch
geforderte „Zweite Front"' zu errichten. Er hatte deshalb die motorisierte
Division „Grolideutschland'', die im Verbande der i. Panzerarmee den Vor=
marsch in den Kaukasus angetreten hatte, schon am 30. Juli wieder anhalten
und zwecks baldigen Abtransports nach dem Westen auf das nordliche Don=
Ufer zuriickfiihren lassen.)
Bei der Heeresgruppe Mitte ist am 11. August das Unternehmen „Wirbel=
wind" angelaufen (Angriff der 2. Panzerarmee bei Suchinitschi in nordnordwest=
licher Richtung, um den zwischen Suchinitschi und Juchnow stark nach Westen
vorspringenden russischen Frontbogen abzukneifen) ^ Der Fiihrer hat den Ein=
druck, dafi die 2. Panzerarmee dabei zu stark nach dem aufieren (rechten,
ostlichen) Fliigel hin operiert, statt durch VorstoJS in der allgemeinen Richtung
West=Nord=West den mit der Front nach Westen stehenden Feind zu ver=
nichten. Er weist den Chef des Gen.St.d.H. daher an, der Heeresgruppe Mitte
zu befehlen, die Krafte scharf in der Hauptangriffsrichtung zusammenzuhalten.
An der groJSen Einbruchsstelle der 9. Armee bei Sytschewka, Subzoff und
Rshew ist die Lage nach wie vor sehr gespannt. Der Fiihrer erwagt, den Eck=
pfeiler Rshew— Subzoff zuriickzunehmen, trifft aber noch keine Entscheidung.
Die Luftwaffe will diesem Abschnitt weitere Krafte zufiihren.
Bei der Heeresgruppe Nord verdichten sich die Anzeichen fiir einen feind=
lichen Angriff gegen den „Flaschenhals''. Der Fiihrer halt es fiir erwiinscht,
daii die 18. Armee iiber geniigend Reserven verfiigt, damit die Heeresgruppe
bei einem feindlichen Grofiangriff nicht auf die zum Unternehmen „Nordlicht''
bestimmten Krafte zuriickzugreifen braucht. Er schlagt dem Chef Gen.St.d.H.
daher vor, der 18. Armee vier Jager=Bataillone zuzufiihren, die eben auf dem
Truppeniibungsplatz Arys in Ostpreufien neu aufgestellt worden sind. Ge=
neraloberst Haider lehnt das aber ab, da er die Bataillone zu anderen Zwecken
braucht.
[Das Comando Supremo unterstellt sich die dtMtal. Pz. Armee unmittelbar.]
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Unter „Lagevortrag" ist hier und im folgenden die Erorterung der militarischen
Lage zu verstehen, die Hitler zu jener Zeit im allgemeinen zweimal taglich vornahm.
Die „Mittagslage" fand gewohnlich etwa ab 12.00, die „Abendlage" etwa ab 22.00
statt. Wahrend diese regelmafiigen Besprechungen bis gegen Ende Dezember 1941
interne Veranstaltungen des OKW gewesen waren, bei denen der Chef WFStab als
Haupt=Berichterstatter auftrat und au6erdem nur noch der Chef OKW, die Ver=
bindungsoffiziere von Kriegsmarine und Luftwaffe, Admiral Krancke (ab 13. April
1942) und General Bodenschatz sowie die Adjutanten Zutritt fanden, hatte die
Zum Verlauf des Unternehmens „Wirbelwind" vgl. Carl Hans Hermann, Die
Kampfe an der Shisdra im August 1942, in: Mitteilungsblatt der Kameradschaft
der Schnellen Division des ehemaligen osterreichischen Bundesheeres (nach=
mals 4. leichte Division, 9. Panzer=Division), Folge 25 (Sept. 1962), S. 4—8, Folge
24 (Nov. 1962), S. J— 10.
574
12. August 1942
Ubernahme des Oberbefehls iiber das Heer durch Hitler eine wesentliche Er=
weiterung des Kreises mit sich gebracht. Seit jener Zeit mufite auch der Chef des
Generalstabs des Heeres, Generaloberst Haider, wenigstens zu der taglichen Mittags=
Lagebesprechung erscheinen, wobei er sich haufig noch von einigen Mitarbeitern,
besonders dem Chef der Operationsabteilung (General Heusinger), dem Chef des
Wehrmachtnachrichtenverbindungswesens im OKW (General Fellgiebel), dem Chef
des Transportwesens (General Gercke) und dem Generalquartiermeister (General
Ed. Wagner) begleiten liefi. Die Obertragung wesentlicher Vollmachten des friiheren
Ob.d.H. auf den Gebieten der Organisation und Riistung an den Chef OKW hatte
es au6erdem mit sich gebracht, dafi dieser einen „Chef Heeresstab" (General Buhle)
berief, der gleichfalls an der Lagebesprechung teilnahm. Zu seiner eigenen Ent=
lastung, wie er sagte, zog schliefilich Jodl von dieser Zeit an seinen Stellvertreter
(General Warlimont) zu der Mittags=Besprechung zu, zunachst jedoch lediglich als
Zuhorer, um die jeweiligen Fragen und Entscheidungen, soweit sie den WFStab
angingen, unmittelbar anschliefiend weiter zu verfolgen.
Zur Zeit des Hinzukommens Warlimonts gegen Ende Dezember 1941 war der
Ablauf der Lagevortrage derart geregelt, da6 sich zunachst nur der alte Kreis des
OKW versammelte und der Chef WFStab iiber die Lage auf samtlichen Land=
Kriegsschauplatzen vortrug. Uber die Lage zur See berichtete der Verbindungs=
offizier der Kriegsmarine, iiber die Luftlage der Gen.St.Offz. Luftwaffe beim Chef
WFSt (Adjutant). Uber den Osten berichtete Jodl dabei — wie auch stets vorher —
nur nach der Karte 1 : 1 000 000. Erst im Anschlufi an diesen etwa halbstiindigen
ersten Teil erschien der Chef des Gen.St.d.H., um die Lage auf dem ostlichen
Kriegsschauplatz, dem noch einzigen seines unmittelbaren Verantwortungsbereichs,
an Hand von Karten im Mafistab 1 : 300 000 — oder noch geringer — naher und
eingehender darzulegen.
Es ist Gen. Warlimont nicht mehr klar erinnerlich, ob diese Einteilung in zeit=
licher Hinsicht im August 1942 noch in vollem Umfang bestand. Unzweifelhaft
ist aber, dafi der Chef WFSt in jenen Tagen, in denen die vorliegenden Auf=
zeichnungen beginnen, nach wie vor auch iiber den Osten vortrug. Greiners Nieder=
schriften zum „Lagevortrag" bedeuten demnach, obwohl die Aufierungen Jodls und
Haiders darin im allgemeinen nicht voneinander getrennt erscheinen, einen weiteren
dokumentarischen Beleg dafiir, dafi General Jodl sich geirrt hat, wenn er vor dem
IMT das Auseinanderbrechen der obersten Fiihrung in zwei koordinierte Stabe
zeitlich mit der Ubernahme des Oberbefehls iiber das Heer durch Hitler im Dezem=
ber 1941 in Verbindung bringen wollte. Tatsachlich ist diese Teilung vielmehr erst
unter dem Nachfolger Haiders in der Stelle des Gen.St.d.H. (General Zeitzler)
eingetreten.
Es liegt auf der Hand, dafi die geschilderte Handhabung des Lagevortrags die
von jeher bezeigte Neigung Jodls begiinstigen mufite, sich auch mit solchen Fragen
der Fiihrung auf dem ostlichen Kriegsschauplatz zu befassen, die allein den
Generalstab des Heeres angingen. Da Hitler selbst in der Beschaftigung mit tak=
tischen Einzelheiten der Fiihrung nie eine Grenze gekannt hatte und auch keinen
Unterschied darin machte, ob er als Ob.d.W. zu Jodl oder als Ob.d.H. zu Haider
sprach, ergab sich, dafi der Chef des Gen.St.d.H. bei seinem Lagevortrag haufig
auf schon vorgefafite Meinungen und Entschliisse stiefi. Das war aber auch nicht
anders gewesen, als das OKH, noch unter Feldmarschall von Brauchitsch, an den
regelma6igen Lagevortragen bei Hitler iiberhaupt nicht teilnahm.
Der Grund fiir die daraus haufig genug entstandenen schweren Unzutraglich=
keiten und Zerwiirfnisse lag demnach nicht — und dies sei fiir die spatere, ver=
hangnisvolle Entwicklung in der Organisation der obersten Fiihrung besonders
betont — in der Ordnung des Lagevortrags, sondern in den personlichen Neigungen
575
B. Kriegstagebuch
und Schwachen der Nachstbeteiligten. Die Folgen waren jedoch, insgesamt gesehen,
zweifellos geringer zu bewerten als die nachhaltig schweren Schaden, die sich aus
der volligen Ausschliefiung des WFStabes von der Fiihrung im Osten durch die
von General Zeitzler herbeigefiihrte Umstellung ergeben sollten.
Die Absicht des Ob.d.L., „eine Flak=Division von der i. . . . zur 4. Pz.Armee
heriiberzunehmen", war hochstwahrscheinlich eine Folge davon, dafi Hitler am
51. Juli den Obertritt der 4. Pz.Armee mit der Masse ihrer Krafte von der H.Gr. A
zur H.Gr. B befohlen hatte. Goring — wie immer bemiiht. Hitlers Intentionen
moglichst noch zu iiberbieten — wollte anscheinend daraufhin auch die Fla=Artillerie
entsprechend neu verteilen. Dafi solche Fragen geringer Ordnung nicht im Bereich
der beteiligten Heeresgruppen geregelt, sondern an das OKW herangetragen wurden,
zeigt die ganze Schwerfalligkeit des Befehlsapparates, die in diesem Falle einmal
durch die kriegsgliederungsmafiige Unterstellung der Fla=Artillerie unter die Luft=
waffe, zum anderen durch die mangelnden Befehlsbefugnisse der Heeresgruppen=
Befehlshaber in ihren Operationsbereichen bedingt war.
Die von Greiner dem Chef des Gen.St.d.H. in den Mund gelegte Meldung, „da6
die russische Kaukasus=Armee nach der Aussage gefangener russischer Offiziere
immer mehr der Auflosung entgegengehe", steht in einem gewissen Widerspruch
zu dem Tagebuchvermerk Haiders von diesem Tag, in dem — ahnlich wie schon
tags vorher — eine „zunehmende Versteifung am Nordrand des Kaukasus" ver>
zeichnet ist.
„Der Vorstofi der Vorausabteilung der 1. Geb.Div. in den Hochkaukasus", den
Hitler — mit Recht — nicht billigte, diente ihm trotzdem als grofier propagandistischer
Anlafi, nachdem einige Tage spater der Elbrus, der hochste Gipfel im nordlichen
Kaukasus, erstiirmt worden war.
Hitlers Richtlinien fiir die Verteilung des Treibstoffs und die Ankiindigung, dafi
die Kriegsmarine demnachst die Zufuhr iiber das Schwarze Meer leiten werde, also
auf dem kiirzesten Wege vom rumanischen Dlgebiet her, geben einen Einblick
in die Nachschubschwierigkeiten und den zugrunde liegenden Mangel an Transport=
mitteln. Die Eisenbahnen waren in dem gesamten Vormarschgebiet weithin zerstort.
Die Anordnungen Hitlers, im Hohepunkt der eigenen Offensive — wenn dieser
nicht schon iiberschritten war — Krafte nach alien moglichen Richtungen abzu=
zweigen, kann als typisches Zeichen seiner Fiihrungsmanier gelten, iiberall stark
zu sein und moglichst nirgendwo ein Risiko einzugehen. Diese Einstellung war
nach alien Beobachtungen nur teilweise von mangelnder militarischer Einsicht, mehr
dagegen von politischen Prestigesorgen bestimmt.
Die ung. 2. Armee hielt den mittleren Don abwarts Woronesch besetzt.
Gegen das Anhalten und die Absicht zum Abzug der mot. Div. „Gro6deutsch=
land" nach dem Westen hatten der Chef des Gen.St.d.H. und der Chef WFStab
einhellig Einspruch erhoben, ohne aber damit durchzudringen.
Das Unternehmen „VJirhelwind" fand nicht zuletzt deswegen die besondere —
und von vornhinein — norgelnde Aufmerksamkeit Hitlers, weil er entgegen dem
Drangen des OB der H.Gr. Mitte, GFM v. Kluge, der die ihm zugewiesenen Re-^
serven zur Bereinigung der Lage bei der 9. Armee — Subzoff, Rshew — verwenden
wollte, hartnackig auf dem Angriff bei Suchinitschi bestanden hatte. Dabei waren
die Erfolgsaussichten dort um so geringer, als die Krafte lediglich ausreichten, um
den Suchinitschi=Bogen allein von Siiden, nicht auch von Norden her anzugehen.
Als „Flaschenhals" wurde der schmale deutsche Frontvorsprung mit der Spitze
bei Schliisselburg bezeichnet, durch den Leningrad nach Osten hin — iiber Land —
abgeschlossen war. „Nordlicht" bedeutete den Decknamen fiir den geplanten Angriff
zur engeren und volligen Abschniirung Leningrads nach Herankommen der 11. Ar^
mee (s. auch „Weisung Nr. 45", Abschn. III). Offenbar beurteilte der Chef des
376
12. August 1942
Gen.St.d.H. an diesem Tage die Lage am „Flaschenhals" weniger bedrohlich als
Hitler, der, entsprechend seinem Grundsatz „Sicherheit iiberall", sogleich wieder
einige eben neu aufgestellte Bataillone dorthin zufiihren wollte. In diesem Falle
scheint es Haider ausnahmsweise audi gelungen zu sein, dafi Hitler seine Absicht
aufgab. Wenn Greiner allerdings in diesem Zusammenhang von einem „Vorsdilag"
Hitlers schreibt, der von Haider „ahgelehnt" worden ware, so ist damit das Bild der
gegenseitigen Beziehungen im Grundsatzlichen stark verzeichnet. Vermutlich hatte
Hitler sich hier begniigt, kurz auf die MogUchkeit einer sokhen Verstarkung fiir die
18. Armee hinzuweisen, wahrend Haider ihn iiberzeugen konnte, dafi die Bataillone
an anderer Stelle dringender benotigt wiirden.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.A:
II. Armee: Einen Feueriiberfall auf Taman und Umgebung erwiderte der
Gegner mit stark. Artl.=Beschufi.
Armeegr. Ruoff nahm mit aufierstem Westfliigel den Ostteil von SIawjan=
skaja, im Westteil wird noch gekampft. Siidl. Krasnodar ist das Sudufer des
Kuban stark feindbesetzt. Ostw. davon ist das diesseitige Ufer in eign. Hand.
Gegenangriffe des Feindes wurden zuriickgeschlagen. Der Russe versucht, von
Westen her iiber den Kuban heriiber Krasnodar anzugreifen. GegenstoiS im
Gange.
I. Pz.Armee: hat den Briickenkopf bei Maikop erweitert und mit 16. 1.D.
(mot) einen Briickenkopf iiber die Belaja bei Abatsechskaja gebildet. Teile der
3. Pz.Div. haben, von Newinnomy skaja nach Siiden vorstofiend, Tscherkesk
genommen und gehen mit V.=Abt.en in siidlicher Richtung auf das Gebirge
vor. LII. A.K. bildete mit 111. 1.D. einen Briickenkopf beim Bahnhof Diwnoje,
ging iiber die unzerstorte Briicke des Manytschflusses vor in der Richtung
auf Elista.
H.Gr. B:
Siidl. Stalingrad wurden Angriffe abgewiesen. An und siidl. der Mischkowa
leistet der Feind in ausgebauten Feldstellungen zahen Widerstand. Die Kessel=
schlacht westl. Kalatsch ist beendet. Die auf engstem Raiun zusammengedrang=
ten Reste der roten 62. Armee und 1. Pz.Armee wurden am 11. 8. in z. T.
hartnackigen Kampfen niedergemacht oder gefangengenommen.
35 000 Gefangene,
270 Panzer,
^60 Geschiitze (Pak und Flak)
wurden erbeutet bzw. vernichtet.
Die Divisionen der 8. ital. Armee sind im Vormarsch auf den Don, um dort
Schutzabschnitte zu iibemehmen. Ostw. und westl. von Swoboda gelang es
dem Gegner, 2 Ortschaften zu nehmen. Gegenangriff im Gange. Ndrdl. Woro=
nesch wurde ein Angriff abgewiesen. Siidl. von Jelez griff der Feind in
577
B. Kriegstagebuch
Div.=Starke mit etwa loo Panzern die Stellung einer Inf.Div. an. Es gelang
mehreren Panzern, die eign. Linien zu durchbrechen. Gegenstofi ist im Gange.
Bisher wurden 15 Panzer vemichtet. Ein auf dem auJSersten Nordfliigel der
H.Gr. gefiihrter Feindyorstofi wurde unter hohen Verlusten fiir den Gegn.
zuriickgewiesen.
H.Gr. Mine:
SUdl. und siidwestl. Bjelew sind eign. Truppen, nach Norden vorstofiend, zur
Bereinigung des Raumes Suchinitschi angetreten^. Auf dem rechten Fliigel
gelang es den hier vorgehenden Inf .Div.en, die feindl. Stellung zu durchbrechen
und den Feind nach Norden zuriickzuwerfen. Auch in der Mitte des Angriffs=
streifens konnten in der Richtung auf Stariza und ostw. davon iiber 10 km
Boden gewonnen werden. Die siidl. Suchinitschi vorgehenden Pz.Krafte stiefien
auf stark vermintes und festungsartig ausgebautes Gelande. Der Feind setzte
hier zur Abwehr Flammenwerfer ein. Eign. Krafte kamen nur wenig vorwarts.
Siidl. Rshew halten die starken Angriffe des Gegners an. Mit neu herbei=
gefiihrten Pz.Kraf ten gelang es ihm im Siidteil der Einbruchsstelle, mit einigen
Panzern durchzubrechen. Ein Angriff in Richtung auf die Bahn Rshew—
Sytschewka stiefi auf eign. Bereitstellungen und wurde unter schweren Feind=
verlusten — darunter 16 Panzern — abgeschlagen. Im Nordteil der Einbruchs=
stelle kam eign. Angriff wegen starken konzentrierten feindl. Artl.=Feuers
nicht vorwarts. Nordl. Rshew trat der Gegn. nach verhaltnismafiig ruhiger
Nacht in den gestrigen Morgenstunden mit starken Kraften zum Angriff an;
kleinere Einbriiche des Feindes wurden durch Gegenstofi erledigt. Angriffe
wurden abgeschlagen, Kampf noch im Gange. Die fehlende starke Luftwaffen=
unterstiitzung machte sich zum eign. Nachteil stark bemerkbar.
H.Gr. Nord:
Wiederholte Feind vorstofie nordl. und siidl. der Landbriicke sUdostw. Staraja
Russa konnten abgewehrt werden. Bei Salzy ist erneuter feindl. Angriff im
Gange. Siidl. Leningrad wurde ein stark. Vorstofi des Feindes abgewehrt.
Finnland
Finn. Siidost front: Bei Maselskaja verier der Russe bei einem Fernstreifenunter=
nehmen etwa ^o Tote.
Finn. Nordost front: Ein gegen die Siidfront des Louhi=Absdinittes gefiihrtes russ.
Stofitruppunternehmen wurde abgewiesen.
Panzerarmee Af rika
Keine besonderen Meldungen.
1 Unternehmen „Wirbelwind".
578
12. August 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 12. 8. 42
1, Raum um England:
Aufier Aufklarungsflugen wurden bei Tage Jabo«Angriffe gegen Westlulworth
durchgefiihrt.
1 Lysander durch Jager, 2 Halifax durch Flak abgeschossen.
In der Nacht vom 11. auf 12. erbrachten Angriffe auf Eastbourne und Derby
Detonationen im Stadtgebiet mit grofien und kleinen Branden. Als Ausweichziele
wurden au6erdem mit zum Teil guter Wirkung, zum Teil Wirkung nicht beobaditet
Boston, Nottingham, Norwich, Spalting, Baxhill angegriffen.
In der Nacht vom 12. zum 13. wurden Edinburgh (Detonationen mit Stichflammen
im Stadtgebiet) und Flugplatz Tranent=Maomerry mit vermutlichem Treffer in einer
Halle, aufierdem weitere Zerstorziele ohne nahere Angaben angegriffen.
03.30 Uhr bei Cromer 3 Dampfer Kurs SUdost.
Bei Harwich 07.22 Uhr 5 mittlere und 15 kleine Dampfer Kurs Siidost.
Vor Beachy Head 07.07 Uhr 4—6 Vorp.=Boote, 6—8 Kahne, 10—15 Boote.
Ostwarts Ostspitze Insel Wight 21.30 Uhr 28 Dampfer Ostkurs. Davon ostlich
zur selben Zeit 8 kleine Dampfer Kurs Siidwest.
Im Solent=Kanal 21.30 Uhr 3 Dampfer stilliegend.
17.45 Uhr Westspitze Insel Wight 14 Dampfer Kurs Ost.
Bei St. Albans Head 16.15 Uhr 3 mittlere Dampfer Kurs Ost.
Siidlich Lyne Rees 17.40 Uhr 2 Zerstorer, 16 mittlere Dampfer Kurs Siidwest.
Nordausgang Bristol=Kanal im Gebiet Pembroke 17.05 Uhr 15—18 mittlere und
kleine Dampfer und 1 groCer Dampfer, siidwestliche Kurse.
Einfliige: Geringe Einfliige im Westgebiet. Etwa 100 Einfliige ins Reichsgebiet.
Schwerpunkt Mainz. Aufierdem Miinchen=Gladbach und Koln angegriffen. Schadens=
meldung liegt noch nicht vor.
2. Mittelmeer:
Insgesamt 20 Abschiisse.
Bei Cypern festgestellter Verband nicht mehr erfafit. Letzte Standortsmeldung
Westgeleit 04.00 Uhr: 14 Fahrzeuge 13 Ost 1756.
Nach Meldung um 19.50 Uhr hat Gegner mit schwerer Gruppe — 1 Flugzeugtrager,
3 Schlachtschiffe, 15 mittlere und leichte Seestreitkrafte — nach Westen abgedreht.
24 Einheiten, darunter Handelsschiffe, 21.55 Uhr Kurs Malta. Darunter 2 Einheiten
brennend, eine Einheit ist Flugzeugtrager „Wasp".
Erfolge: Bisher nur miindlich durchgegeben, schriftliche Bestatigung fehlt, so dafi
Anderung moglich:
Es wurde in 4 Wellen angegriffen.
1. und 2. Welle 09.22 Uhr und 13.27 Uhr:
1 Trager schwerer Bombentreffer,
3 Kreuzer je 1 Treffer,
2 Handelsschiffe versenkt,
1 schwerer Kreuzer 3—4 Treffer,
1 Handelsschiff 5 000 t 3 Treffer, manovrierunfahig,
1 Handelsschiff 8 000 t ein Treffer und ein Treffer in der Nahe der
Bordwand,
1 Handelsschiff 10 000 t 2 Treffer, 2 Treffer 5 m neben der Bordwand.
3. und 4. Welle 20.08 bis 20.48 Uhr:
1 Trager 6 Treffer, brennt („Wasp"), aufier Gefedit gesetzt,
1 leichter Kreuzer 1 Treffer auf Vorschiff,
1 leichter Kreuzer 1 Treffer auf dem Hedc,
1 leichter Kreuzer oder ein Handelsschiff 3—4 Treffer,
579
B. Kriegstagebuch
1 Handelsschiff 2 Volltreffer,
1 Handelsschiff auseinandergebrochen,
1 Handelsschiff 6—8 000 t versenkt,
4 Handelsschiffe beschadigt,
1 Tanker 10—12000 t LT=Treffer brennt,
1 Handelsschiff 6—8 000 t versenkt,
2 Handelsschiffe 6—8000 t je ein LT=Treffer, eins brennt.
3. Ostfront:
In Pembriok=Bucht lebhafter Schiffsverkehr.
Auf der Wolga Schiffsverkehr wie in den letzten Tagen festgestellt.
Eismeer: Aufklarung Spitzbergen ergab keine Feindsichtung. Siidspitze Spitz=
bergen bis Eis=Fjord 10—30 km breiter Treibeisgiirtel, 40 Vo eisfrei. Eis=Fjord eisfrei.
Aufklarung im Seegebiet westlich, siidwestlich und siidlich Spitzbergen— Hinlopen=
und 01ga=Stra6e und Jagdvorstofi nach Murmansk laufen zur Zeit.
Am 12. Scheinangriff auf Murmansk mit Jagdkraften. Stuka=Angriffe auf Flak=
stellungen vor Gebirgskorps mit guter Trefferlage. Bei Luftkampfen ein MIG ab=
geschossen.
Aufklarung Seegebiet nordlich Island bis 23 Grad West ohne Ergebnis.
LB=Erkundung Reykjavik konnte wegen Wetter nicht durchgefiihrt werden.
Augenerkundung ergab keine Feindstreitkrafte.
13. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 13. August 1942
Verfeilung der fliegenden Verbande der Luftwaffe an der Ostfront
Luftflotte 4: 14 Kampf= 7V3 Stuka= 8V3 Jagd= 2 Zerstorer=Gruppen
Luftwaffen=
Kommando Don: 2 „ 1 ,, 1 „ „
Luftwaffen=
Kommando Ost: 8
Luftflotte 1;
Flieger=
fiihrer Nord:
4V3
1
(bei 2. Pz.Armee)
V3Schlachtfl.= „
V3 Pzjager=
(bei 9. Armee)
1^/3 Lufttorp.=
Insgesamt:
27^/3 Kampf=, 11V3 Sturzkampf=, iS^/s Jagd=, 2 Zerstorer=,
^/s Schlachtflieger=, ^/s Panzer] ager= und 1^/3 Lufttorpedo=
Gruppen, die Gruppe durchschnittlich zu 20 startbereiten
Flugzeugen, im ganzen also 61V3 Gruppen mit rund 1234
Flugzeugen.
580
13- August 1942
Luftflotte 4 und Luftwaffen=Kommando Don (am 10. August wurde das
1. Fliegerkorps so umbenannt) bei den Heeresgruppen A und B. LujFtwaffen=
Kommando Ost bei der Heeresgruppe Mitte (2. Panzer= und 9. Armee), Luft=
flotte 1 bei der Heeresgruppe Nord, Fliegerflihrer Nord^ in Finnland.
Lagevortrag:
Der Generalquartiermeister des Heeres (GenQu Heer) meldet dem Fiihrer,
dafi das (auf dem Ostfliigel der 1. Panzerarmee eingesetzte) XXXX. Panzerkorps
wieder Treibstoff fiir 100 km hat und infolgedessen wieder operieren kann.
Die Luftaufklarung hat ergeben, dafi die Eisenbahn Astrachan— Baku in ihrem
nordhchen Teil zwischen Astrachan und Machatsch Kala noch im Bau ist. Die
Olraffinerien im Gebiet von Krasnodar soUen nach Meldung der 17. Armee
grofitenteils nicht zerstort sein^. Der Reichsmarschall berichtet dem Fuhrer, dafi
nach einem aufgefangenen russischen Funkspruch die Kiistenstrafie nach
Tuapse vollig verstopft sein soil. Der Chef Gen.St.d.H. meldet, dafi der Nord=
fliigel der 6. Armee am 15. August bereit zum Antreten iiber den Don auf
Stalingrad sein werde. rrjv/rb-
Bei der Heeresgruppe Mitte liegen Agenten=Meldungen vor, dafi bei Tula
neue russische Panzer=Verbande aufgestellt werden. Das Unternehmen „Wir=
belwind" hat bisher keinen wesentlichen Erfolg gehabt, doch scheint sich jetzt
eine giinstige Entwicklung anzubahnen. Nach Meldung des Chefs Gen.St.d.H.
ist die 2. Panzerarmee heute friih auf ihrem rechten (ostlichen) Fliigel von
neuem angetreten, aber nur mit begrenztem Ziel (8 km), nach dessen Er=
reichung der Stofifliigel nach Westen einschwenken soil, wie der Fiihrer es
gewunscht hat. Inzwischen ist die 9. Panzer=Div. auf dem rechten Fliigel der
2. Panzer= Armee hinter der 11. Panzer=Div. eingetroffen; dort bejfinden sich
auch Telle der 4. Panzer=Division.
Heute morgen ist der erwartete feindliche Angriff gegen die Front der
3. Panzer= Armee bei Juchnow losgebrochen. Er hat vorlaufig nur zu ortlichen
Einbriichen gefiihrt. An der Front bei Subzoff und Rshew war nach Meldung
der 9. Armee gestern der bisher schwerste Abwehrtag. Heute setzt der Russe
seine Angriff e bei Sytschewka und Subzoff fort. Der Fuhrer hat den Gedanken,
die im Eckpfeiler Rshew eingesetzte 14. motorisierte Infanterie=Division in
1 Luftflotte 5.
2 Demgegeniiber: „AOK ly, O.Qu. vom ig. 8. 42 — Meldung an OKH/Gen.St.d.HJ
Gen.Qu.
Vorlaufiger Zustandsbericht iiber das Olgebiet von Maikop.
1. Alle Sonden entweder zerstort oder Beton ausgespritzt.
2. Fiir Forderungen sind Neubohrungen erforderlich. Nach Angaben der Voraus=
abteilung der MineraloUBrigade sind Neuforderungen nicht vor 1 Jahr
moglich.
5. Grojlerer Bestand an Rohol in unzerstorten Behaltern vorgefunden. Nutzbar=
machung erst nach Hinzuziehung der beweglichen Raffinerien der MineraWU
Brigade.
4. Br'dnde nur in ganz geringem Umfange."
581
B. Kriegstagebuch
eine Sehnenstellung zuriickzunehmen, vorlaufig aufgegeben, da der Gegner
keine neuen Krafte mehr heranzufiihren scheint.
Bei der Heeresgruppe Nord zeichnen sich die russischen Angriffsvorbereitun=
gen bei Pogostje und besonders am „Flaschenhals'' immer deutlicher ab. Der
Fiihrer wiinscht, dafi die 12. Panzer=Division, die von der Heeresgruppe Nord
an der Leningrader Front eingesetzt werden soUte, zur Abwehr des erwarteten
feindlichen Angriffs an der Ostfront des „Flaschenhalses'' verbleibt.
Im Mittelmeer ist gestem ein englisch=amerikanischer Geleitzug nordlich von
Tunis von der deutschen Luftwaffe gefafit worden. Er ist heute morgen bei der
Insel Pantelleria von neuem angegriffen worden, hat aber trotzdem seine
Fahrt durch die Sizilien=Strafie mit Kurs auf Malta fortgesetzt.
In der vergangenen Nacht erfolgte ein sehr schwerer englischer Luftangriff
auf Mainz, wo die von einem englischen Luftangriff in der Nacht zum
12. August herriihrenden Brande zum Teil noch nicht geloscht werden konnten.
Es wurde eine grofie Anzahl von Luftminen abgeworfen. Zwei Drittel der
Innenstadt von Mainz sind im wesentlichen zerstort. Im Raume von Mainz
befinden sich 23 schwere und 14 leichte Flakbatterien.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Aufstellungen iiber die „Verteilung der fliegenden Verbande der Luftwaffe
an der Ostfront" stellten eine der wenigen Fiihrungsunterlagen dar, die der
„i. Gen.St.Offz. Luftw." im WFStab regelmafiig vom OKL erhielt. Sie wurden im
WFStab aber lediglich als ^Anschauungsmaterial" verwendet, nicht etwa als Grund=
lage eigener Erwagungen oder gar von Eingriffen, wie sie dem OKH gegeniiber
seit jeher iiblich gewesen waren. Im einzelnen sei zu der Aufstellung bemerkt:
Luftfl. 4 war offenbar auf Zusammenwirken mit den H.Gr. A und B, also ebenfalls
in divergierenden Richtungen, angewiesen.
Luftw.Kdo. Don, aufierst schwach, diirfte lediglich ftir den Verteidigungsahsdxnitt
am oberen und mittleren Don bestimmt gewesen sein; vermutlich waren dort in
den Bereichen der verbtindeten Armeen auch schon damals deren eigene Flieger=
krafte — in unbekannter Zahl — eingesetzt.
Die verhaltnismafiig grofie Starke der Krafte des Luftw.Kdo.s Ost stand wahr=
scheinlich mit dem Angriff bei Suchinitschi, der von der 2. PzArmee gefiihrt wurde,
im Zusammenhang; die geringe Zahl der mit der 9. Armee zusammenarbeitenden
Verbande sollte verstarkt werden.
Die Luftfl. 1 erscheint noch ganz auf die Verteidigungsauigahen der H.Gr. Nord
abgestellt.
Der Fliegerfiihrer Nord verfugte deswegen iiber verhaltnismafiig starke Krafte,
weil ihm auch die Bekampfung der Murmansk=Geleitziige zufiel. Damit war, von
gelegentlichen Ausnahmen abgesehen, diese Gruppe die einzige an der gesamten
Ostfront, die andere als rein taktische Aufgaben zu erfiillen hatte (vgl. dazu die
Auftrage der Luftwaffe nach der Weisung Nr. 45, Abschn. II B).
Die Meldung des Gen.Qu. Heer gibt einen treffenden Eindruck von der Treib=
stoff= und Transportlage bei der H.Gr. A.
Uber das Bestehen einer Bahnlinie zwischen Baku und Astrachan, die fiir die
weiteren Operationen auf diesem Fliigel bedeutungsvoll werden konnte, war man
auf deutscher Seite bei Beginn der Sommeroffensive nicht unterrichtet gewesen
(s. auch 21. August).
582
■Lj. August 1942
Die Meldung der 17. Armee iiber den Zustand der Dlraffinerien im Gebiet von
Krasnodar diirfte sich bald als unzutreffend herausgestellt haben. Nach einem
spateren Bericht der „Mineral6lbrigade, ... die schon Wochen vorher westlich
Rostow bereitgestellt war, . . . waren . . . samtliche Anlagen restlos zerstort" mit
dem Ergebnis, dafi erst „Anfang Dezember ... die ersten Forderungen an einzelnen
giinstigen Stellen erzielt . . . wurden, die zunachst aber noch nicht einmal dazu aus=
reichten, den Bedarf fiir die eigenen Wiederherstellungsarbeiten zu decken.''
Der „Reichsmarschair' trug mit seinen meist unzuverlassigen Meldungen, die
zudem in erster Linie auf Hitlers Wohlgefallen abgestellt waren, selten zu einer
wirklichen Aufklarung bei.
Die Entwicklung der Lage in alien Abschnitten der H.Gr. Mitte bestatigte audi
weiterhin Urteil und Absichten ihres Oberbefehlshabers im Gegensatz zu den Mei«
nungen Hitlers. Wie sich hier zeigt, gab dieser im iibrigen sogleich wieder den
Gedanken an ein selbst nur ortliches Ausweichen, gestUtzt allein auf die Meinung,
dafi „der Gegner keine neuen Krafte mehr heranzufiihren scheint", auf, um am
nachsten Tage unter noch ungiinstigeren Verhaltnissen doch zu dem Befehl ge=
zwungen zu sein.
Die kurze Notiz Greiners zum Mittelmeer, die offensichtlich auf einer Meldung
der Luftwaffe beruhte, erwahnt weder die Mitwirkung italienischer und deutscher
Flottenteile noch lafit sie die Bedeutung des Vorgangs voll erkennen. War dies doch
der erste Geleitzug, von dem nach einer monatelangen Abschniirung wenigstens
einige Transporter unter starkstem Schutz nach Malta durchdringen und damit die
ab Mai bestehende „todliche Bedrohung der Insel" (Churchill) beenden konnten.
Der Umschwung in der gesamten Mittelmeerlage deutete sich auch hierdurch an.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Auf Kertsch starkes feindl. Artl.=Feuer. Siidl. Slawjanskaja stehen rum.
Verbande im Kampf mit Feind nordl. des Kuban. Das Siidufer des Kuban bei
Krasnodar ist stark feindbesetzt. Slow. Div. sichert an der Belaja. SS=„W''=Div.
hat, von Beloretschenskaja nach Siidwesten vorstoiiend, Iwerskaja genommen.
13. Pz.Div. steht in uniibersichtlichem Wald= und Sumpfgelande siidl. davon
im Kampf gegen zahen feindl. Widerstand. Auch siidl. und nordwestl. Maikop
sind noch stark, zuriickgebliebene Feindkrafte, die von den riickwartigen
Verbanden angegriffen werden.
Das nach Siidosten vorgehende LII. A.K. hat mit 111. 1.D. Elista imd mit
370. I.D. die Gegend nordwestl. davon erreicht.
Der Feind verlor vor der H.Gr. A in der Zeit vom 1. 7. bis 10. 8. 42
309 252 Gefangene,
522 Panzer,
1 555 Geschiitze,
637 Pak,
141 Flak.
Die Feindverbande vor der Armeegr. Ruoff sind voUig vermischt. Auf=
frischung durch Neueingezogene, die mit neuen, nicht mehr voll ausgearbeite=
ten Gewehren ausgeriistet sind.
583
B. Kriegstagebuch
H.Gr. B:
Rechter Fliigel der 4. Pz.Armee konnte trotz starker feindl. Gegenwehr
Gelande nach Norden gewinnen. Auch die rum. Div.en am und siidl. der
Mischkowa stehen starkeren feindl. Kraf ten gegeniiber. Die Umgruppierung der
6. Armee im Raume Kalatsch verlauft planmafiig. Im Raume Swoboda griJEf der
Feind mit starken Kraften an und konnte abgewiesen werden. Lediglich westl.
Swoboda im Donknie gelang dem Feind ein ortl. Einbruch mit einigen Panzern,
die Bereinigung ist im Gange. Die 2. Armee steht in schwerem Abwehrkampf
gegen den auf Woronesch und den Raum nordl. davon in dichten Massen
und mit starken Panzerverbanden angreifenden Feind. Besonders stark waren
die Angriffe am Nordrand Woroneschs, wo der Feind mit einigen Panzern
in die Fabrikanlagen am Nordrand der Stadt einbrach. Gegenangriffe sind im
Gange. Starke feindl. Krafte werden von Norden her im Anmarsch gemeldet.
Auch siidostw. Jelez griff der Feind mit starkeren Kraften die Front des
VII. A.K. an und konnte bis auf einen ortlichen Einbruch auf dem rechten
Fliigel iiberall unter schweren Verlusten abgewiesen werden. Insgesamt sind
bisher 137 feindl. Panzer am gestrigen Tage abgeschossen worden.
H.Gr. Mitte:
SUdl. Suchinitschi griffen am gestr. Tage starke Pz.Krafte auf der ganzen
Linie die nach Norden vorgehenden eign. Krafte an, so dafi die Erfolge nur
gering waren. Auf dem rechten Fliigel wurden 27 Pz. abgeschossen. Vorstolie
auf dem linken Fliigel der vorgehenden Div.en wurden abgeschlagen. Wegen
starker Feindansammlung im Raume ostw. bis nordostw. von Juchnow
wurde die 31. Div. aus der Front herausgezogen und siidl. Wjasma als Reserve
bereitgestellt. Der gestrige Tag brachte den bisherigen Hohepunkt der Abwehr=
schlacht. Der Feind griff von Morgengrauen an, mit starken fdl. Pz.Kraften
auf engstem Raum massiert, die Siidfront der Einbruchsstelle an. Trotzdem
konnten alle Angriffe im wesentlichen abgewiesen werden. Der eign. Angriff,
vom Westen und Nordwesten her, gewann wegen starker feindl. Bereitstel=
lungen, die von eign. Artl. bekampft werden mufiten, nur wenig Boden. Nordl.
Rshew gelang es dem Feind nach Heranfiihren starkster Panzerverbande und
nach Ausfall der eign. Pz.Waffen trotz dauernden eign. FHegereinsatzes, mehr.
Orte zu nehmen und die Front nach Siiden zuriickzudriicken. Weitere Feind=
krafte von Norden her sind im Anmarsch gemeldet. Nordl. Bjeloj wurde ein
feindl. Angriff abgeschlagen.
H.Gr. Nord:
Auch am gestrigen Tage wurden alle Angriffe auf die Landbriicke siidl. des
Ilmensees abgewiesen. Starkes feindl. Artl.=Feuer auf die Siidostecke der Dem=
jansk= Front. Sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
584
13. August 1942
Finnland
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Nachtrag: H.Gr. A:
1. Geb.Div. nahm Kardoniskaja (ca. 30 km siidwestl. von Tscherkesk) und steht
im Kampf mit V.Abt.en bei Chumara ostl. davon.
13. Pz.Div. hat den Briickenkopf bei Pjatigorsk (Lysogorskaja) nach Nordosten
erweitert.
Panzerarmee Afrika
Keine besonderen Meldungen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 13. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage bewaffnete Aufklarung und Jabo=Angriffe an der engl. Kiiste und auf
Eastbourne. Eine Whitley abgeschossen.
In der Nacht vom 12. zum 13. wurden Edinburgh, Leith (Explosionen im Stadt=
gebiet), Luton (Brande und Explosionen im Stadtgebiet), als Notziele Ipswich (Tref=
fer in der Stadt) und Harwich angegriffen. AuCerdem ein Ort in der Nordforland
(Einschlage im Ort) und auf Flugplatz beobachtet, wahrscheinlich Halle getroffen.
Bei Badford Flak= und Scheinwerferstellungen angegriffen, Wirkung nicht erkannt.
13. 8. bei Jabo=Angriff auf Eastbourne Hauser und Geleise zerstort, Gasbehalter
ausgebrannt, in Teinmouth zahlreiche Hauser zerstort. Gasometer in Brand ge=
sdiossen.
Uber Nachtangriffe liegen noch keine Meldungen vor.
Siidlich Chichester 05.59 Uhr 6 Minensuchboote Kurs Ost.
Siidlich Insel Wight 16.15 Uhr 3 Dampfer Kurs Nordwest.
Bei Albans Head 16.10 Uhr 11 Dampfer Kurs Ost.
Im Seegebiet von Torquay 13.30 Uhr 12—15 Dampfer mittlerer GroiSe Kurs West.
13.22 Uhr bei Jabo=Angriff bei Salcombe 1 Vorp.=Boot 1000 t und ein Fahrzeug
100 m lang, anscheinend Wohnboot, versenkt.
Bei Lizzard Head 20.20 Uhr 4 Dampfer, 2 Zerstorer, 6 Vorp.Boote Kurs 280 Grad.
35 Einfliige, davon 31 ins Reichsgebiet. 1 Abschu6 durch Jager. Keine Bomben=
abwiirfe, Verdacht Minenlegen. Eindringtiefe Doberan— Gollnow— Treptow— Kopen=
hagen.
Ballone wurden bei Erfurt abgeschossen und sichergestellt. Ballone hatten, am
Sell hangend. Masse mit Sagespanen und Wachs vermischt, daran Ziinder und
Kapseln mit Schwarzpulver.
Nachmeldung zu Einfliigen am 12.: Auf Mainz mehrere hundert Spreng=, mehrere
tausend Brandbomben. Zahlreiche Grofibrande. Besonders mitgenommen Vorstadte
Mombach und Gonsenheim. Starke Gebaudeschaden, Hauptbahnhof und Geleise
zerstort, Linien Bingen— Mainz und Mainz— Bieburg durch Lzz. gesperrt. Ingelheim
5 Spreng=, eine Lzz.=Bombe. Chemische Fabrik C. Boringer & Sohn Treffer, Haupt=
produktionshalle abgebrannt (chemische Fabrikation),
2. Mittelmeer:
Endgiiltiges Versenkungsergebnis der Luftwaffe liegt noch nicht vor, wird gegen
Mittag erwartet.
14.30 Uhr nach Westen laufender Verband im Seegebiet von Philippeville, be=
stehend aus 1 Schlachtschiff, 1 Kreuzer, 4 Zerstorern.
5»5
B. Kriegstagebuch
Nordlich Kap Bon zahlreiche Schiffstriimmer, nordlich La Galite von 08.00—
14.00 Uhr 3 Dlbrande gesichtet.
Letzte Position nach Malta laufenden Geleitzuges um 16.00 Uhr: Siidlich Malta
dicht vor der Insel stehend. 7 Kreuzer und Zerstorer, 4 Dampfer.
20.15 Uhr 60 sm westnordwestlich Malta nach Westen laufend 3 Kreuzer, 4 Zer=
storer, 2 wahrscheinlich S=Boote.
Ital. Einheiten wurden 60 sm westnordwestlich Insel Ustica gemeldet, bestehend
aus 3 Kreuzern und 8 Zerstorern, Kurs Siidsiidwest, spater Slid.
60—70 sm westsiidwestlich Cypern 08.00 Uhr 7 Zerstorer Kurs Ost.
30—40 sm westsiidwestlich Ktimo (Bafa genannt) 08.00 Uhr 2 Kreuzer, 4 Zerstorer
Kurs Siidost.
Nach Lichtbild 12. 8. 07.57 Uhr wurden bei dem Geleitzug festgestellt 1 Flugzeug=
trager, anscheinend „Yorktown", 1 Trager „Illustrious", Schlachtschiffe „Nelson"
und „Rodney", 3 leichte Kreuzer „Southampton"=Kl., 1 leichter Kreuzer „Dido"=Kl.,
2 leichte Kreuzer „Arethusa"=Kl., 1 leichter Kreuzer „Cairo"=Kl., 18 Zerstorer, Typ
nicht erkannt, 3 Zerstorer V= und W=K1., 1 Zerstorer F=K1., 4 Einheiten nicht erkannt,
1 Tanker 8 000 t, 13 Dampfer zus. 105 000 t.
Hafen Marsa Matruk wurde Abwurf LM festgestellt.
Im Seegebiet 30 sm nordlich Alamein 10.40 Uhr 8 Geleitboote Kurs West.
Lichtbild Port Said 13. 8, 09.18 Uhr: 1 Kriegsschiffsattrappe, 3 Kreuzer, 4 Zerstorer,
5 U=Boote, 3 Vorp.=Boote, 18 Dampfer 100 000 t, 3 Fahrgastschiffe 15 000 t.
LB Suez 12. 8. 14.00 Uhr: 30 Dampfer 161 000 t, 5 Tanker 35 000 t, 4 Transporter
72 000 t, 1 Hilfskriegsschiff, 1 Kreuzer, 1 Zerstorer, 1 Minensuchboot.
LB Port Ibrahim 12. 8. 14.00 Uhr: 24 Dampfer 80000 t, 1 Tanker 4 500 t, 2 Ge=
leitboote, 2 Zerstorer, davon einer im Dock, 6 U=Boote, 1 Hilfskriegsschiff.
Im Dlhafen Port Ibrahim : 3 Tanker 16 500 t, 1 Dampfer 7 500 t, 1 Transporter
15 000 t.
3. Ostfront:
Am 12. 8. 101 Abschiisse.
Am 12. 8. wurden versenkt: Vor Noworossijsk 2 Dampfer je 2 000 t, vor Anapa
1 Dampfer 500 1, in der Temrjuk=Bucht 1 Dampfer 600 1, beschadigt vor Noworossijsk
4 Dampfer je 1 000 t, in Temrjuk=Bucht 1 Dampfer 800 t.
13. 8. in Tuapse 2 Frachter, vor Tuapse 1 Zerstorer, 8 Dampfer zus. etwa 10 000 t.
Vor Sotschi 07.00 Uhr 1 Dampfer und 2 Schlepper Kurs Siidost. Siidlich davon
7 Vorp.=Boote, 1 Schlepper Kurs Siidost (11.30 Uhr).
Vor Suchum 07.22 Uhr 1 Vorp.=Boot und 1 Frachter Kurs Siidost.
09.01 Uhr in Poti 1 Schlachtschiff, 2 Kreuzer, 6 Zerstorer, davon 2 im Dock,
2 Torp.Boote, 14 U=Boote, davon 2 im Dock, 1 MS=Boot, 4 S=Boote, 7 Dampfer
21 600 t, 1 Tanker, 10 kleine Fahrzeuge, 20 Boote.
Machatsch Kala 08.14 Uhr: 1 Kan.Boot, 3 S=Boote, 3 Dampfer 5 000 t, 5 Dlleichter,
1 Raddampfer, 2 kleine Fahrzeuge, 35 Boote.
Auf der Wolga lebhafter Verkehr.
Im Nordteil der Ostfront Unterstiitzung des Heeres an der Landbriicke, Einsatze
gegen Bereitstellungen.
Im Hafen Lavansaari wurde ein MS=Boot schwer beschadigt.
Eismeer: Aufklarung Island ergab nur Vorp.=Boote. Aufklarung Karische Pforte
und Jagor=Stra6e wegen aufliegender Wolken ergebnislos.
Aufklarung Spitzbergen und Einsatz gegen Flugplatz Warlamowo lauft zur Zeit.
Meldung Luftwaffenfiihrungsstab 14. 8. 12.30 Uhr:
Am 13. 8. wurde in der Biscaya durch Zerstorerflugzeug BF 110 ein engl. zwei=
motor. Bomber Whitley abgeschossen.
5S6
14- August 1942
14. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 14. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A hat das XXXX. Panzerkorps (Ostgruppe der 1. Pan=
zer=Armee) Georgijewskaja genommen. Der Fiihrer befiehlt, dem Korps die
13. Panzer= und die 16. motorisierte Infanterie=Division nachzufiihren, da sich
bei Machatsch Kala eine starkere feindliche Kraftegruppe zur Verteidigung
von Baku zu versammeln scheint. Auf dem rechten Fliigel der Armeegruppe
Ruoff soil die rumanische 3. Armee mit den so bald wie moglich iiber die Strafie
von Kertsch iiberzusetzenden Verbanden und dem rumanischen Kavallerie=
korps auf der Kiistenstrafie vorstofien. Bei dem von Nordosten auf Noworos=
sijsk angesetzten V. Armeekorps der 17. Armee soUen zwei Divisionen heraus=
gezogen werden, um bei der auf Tuapse angesetzten Westgruppe der 1. Pan=
zer=Armee eingesetzt zu werden. Bei dieser Westgruppe befindet sich das
XXXXIV. (Jager=) Korps, ihr soil auch die 298. Inf.Div. von der 17. Armee
zugefiihrt werden. Das XXXXIX. Gebirgskorps (1. und 4. Geb.Div.) soil ent=
weder auf Suchum oder auf der Grusinischen Heerstrafie (Strafie von Ord=
schonikidse iiber den Krestowski=Pass nach Tiflis) vorgehen.
Bei der Heeresgruppe B ist die Umgruppierung der 6. Armee zum Angriff
abgeschlossen, die Armee wird morgen antreten. Die 22. Panzer=Division soil
zur Abstiitzung hinter die italienische 8. Armee gelegt werden. Der Abtrans=
port der mot.Division „Grol2deutschland'' nach dem Westen (siehe 12. 8.) hat
gestern begonnen; die Division soil in den Raum siidwestlich von Amiens
iiberfuhrt werden.
Bei der Heeresgruppe Mitte hat das Unternehmen „Wirbelwind'' gegeniiber
sehr starkem feindlichen Widerstand in schwierigem, befestigtem Waldge=
lande nur geringe Fortschritte gemacht. Generaloberst Haider erhofft aber fiir
heute Freiheit der Bewegung. Bei der 3. Panzer= Armee hat der Gegner einen
breiten und tiefen Einbruch erzielt. Die Lage bei Rshew wird nach den Mel=
dungen der 9. Armee sehr ungiinstig beurteilt. Es wird daher befohlen, die
14. mot. und die 256. Inf.Div. in eine Sehnenstellung zuriickzunehmen. Die
riickwartigen Verbindungen der Heeresgruppe werden durch Partisanen stark
gestort; zur Zeit sind aufier einer einzigen alle Eisenbahnstrecken im riick=
wartigen Heeresgebiet Mitte unterbrochen. Zur Bekampfung der Partisanen
soUen Truppen aus dem Generalgouvernement herangezogen werden.
Abends, kurz nach 20.00 Uhr, meldet der Oberbefehlshaber der Heeres=
gruppe Mitte, Generalfeldmarschall von Kluge, dafi er mit den ihm zur Ver=
fiigung stehenden Kraften nicht mehr in der Lage sei, die Stellungen im Ab=
schnitt der 3. Panzer= und 9. Armee zu halten. Daraufhin wird die im Ab=
transport zur 11. Armee (Heeresgruppe Nord) befindliche 72. Inf.Div. zur
Heeresgruppe Mitte abgedreht. Femer befiehlt der Fiihrer, die Div. „Grofi=
deutschland"' nicht nach dem Westen abzubefordern, sondern der 9. Armee
zuzufiihren; er behalt sich ihren Einsatz aber vorlaufig noch vor.
5^7
B. Kriegstagebuch
In England befinden sich an amerikanischen Truppen drei Infanterie=Divi=
sionen und eine Panzer=Division. Zwei bis drei amerikanische Divisionen
sollen auf dem Seetransport um das Kap der Guten Hoffnung nach Agypten
oder dem Nahen Osten sein.
Im Mittelmeer ist etwa ein Drittel des englisch=amerikanischen Geleitzuges
(4 Handelsschiffe) gestern nachmittag unter starkem Geleit in Malta ein=
getroffen. Der amerikanische Flugzeugtrager „Wasp'' liegt brennend nordlich
von Bizerta; er scheint schwer unter Wasser zu bringen zu sein. Der Nord=
Siid=Verkehr zwischen Italien und Afrika ist noch nicht wieder in Gang ge=
kommen.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Aufzeidinungen von diesem Tage zeigen ein typisdies, selbst noch in der
Niederschrift verwirrendes Bild von den Eingriffen Hitlers in die Fiihrung der Hee=
resgruppen und Armeen bis hinunter zu den Bewegungen einzelner, meist sogar
nummernmaliig bezeichneter Divisionen. Insbesondere audi im HinbUck auf die
Anordnungen f iir die Div. „Gro6deutschland" — am 30. Juli im Schwerpunkt der
Ost=Offensive angehalten, am 13. August mit Abtransport nach dem Westen begon=
nen, tags darauf in den Bereich der 9. Armee abgedreht — erfahrt hier der Klageruf
Haiders aus seinem Tagebuch vom 23. Juli eine neue Bestatigung:
„Es wird immer unertraglicher. Von ernster Arbeit kann nicht mehr die Rede
sein. Krankhaftes Reagieren auf Augenblickseindriicke und volliger Mangel in der
Beurteilung des Fiihrungsapparates und seiner Moglichkeiten geben dieser sogenann=
ten ,Fuhrung' das Geprage."
Im iibrigen sollten die angefuhrten Anordnungen Hitlers fiir den Bereich der
H.Gr. A noch weittragende Folgen mit sich bringen.
Die Hinweise auf Baku und die Grusinische Heerstrafie machen klar, da6 man im
OKW damals noch unverandert an den aufiersten Zielen der Offensive festhielt.
Die Anordnungen betr. die rumanische 5. Armee einschliefilich der ,,iiber die
Strafie von Kertsch iiberzusetzenden Verbande" (rum. Geb.Korps) entsprachen der
„Weisung Nr. 45", Abschn. II A, Ziff. 2.
Die Notizen zur H.Gr. Mitte zeigen an dieser Stelle in ihrem 2. Absatz deutlich,
da6 Greiner die ihm zugegangenen Mitteilungen iiber den „Lagevortrag" in seinen
Aufzeichnungen nicht klar von anderen Vorgangen des gleichen Tages getrennt hat.
So scheint der Feldm. v. Kluge die hier verzeichnete Abendmeldung an den Chef
den Gen.St.d.H. gerichtet zu haben, der sich dann seinerseits, wie die von ihm als
„Folge" angefiihrten Mafinahmen erkennen lassen, mit Hitler oder auch mit Jodl
in Verbindung gesetzt haben durfte. Seit der Ubernahme des Oberbefehls iiber das
Heer kam es im iibrigen immer haufiger vor, dafi Hitler und die Oberbefehlshaber
der Heeresgruppen sich auch unmittelbar iiber Fernsprecher verstandigten, wobei
dann Jodl oder Haider, wenn er gerade anwesend war, einen Kopfhorer aufnahm
und das Gesprach mithorte.
Die verstarkte Tatigkeit der Partisanen, in diesem Falle als organisierter Teil
der russischen Entlastungsoffensive gegen die H.Gr. Mitte anzusehen, wird ver=
mutlich einen letzten Anstofi zu der seit langerem vom WFStab vorbereiteten
„Weisung Nr. 45" gegeben haben, die am 18. August unter der Kennzeichnung
„Allgemeine Richtlinien fiir den verstarkten Kampf gegen die Banden im Osten"
erlassen worden ist. Mit diesem Befehl, der in vielfacher Hinsicht Beachtung ver=
14- August 1942
dient, unternahm der WFStab erstmals den spater in einer Dienstvorschrift fort»
gesetzten Versuch, den Bandenkampf von der eigenen Seite der Sphare des Hedcen=
schiitzenkrieges zu entziehen und zu einer Aufgabe geordneter Fiihrung zu machen.
Im librigen ist auch diese Weisung ein weiterer, eindeutiger Beweis dafiir, da6 sich
an der Stellung des WFStabes als des iibergeordneten, auch den ostlichen Kriegs=
schauplatz einschliefienden Fiihrungsorgans nichts geandert hatte.
Meldungen iiber Aufbau und Dislokation der amerikanischen Heereskrdfte, die
auf Agentennachrichten beruhten und dem WFStab von der Abt. Fremde Heere
West zugingen, wurden schon damals regelma6ig in die Berichterstattung iiber die
Lage aufgenommen. Es fehlten jedoch alle Anhaltspunkte iiber den Zeitpunkt ihrer
Verwendungsbereitschaft, die man auch einstweilen noch nicht in Rechnung stellen
zu brauchen glaubte, und ebenso iiber ihren voraussichtlichen Ansatz im europaisch=
nordafrikanischen Bereich.
Der eigene Nachschubverkehr nach Nordafrika, der unter italienischer Leitung
stand, war vermutlich schon deswegen eingestellt worden, weil die als Begleitschutz
benotigten Flottenteile in das Gefecht gegen den angIo=amerikanischen Geleitzug
verwickelt waren.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raume Kertsch geringe Artl.=Tatigkeit. Eign. Stofitrupp stellte den SUd=
teil der Halbinsel ostw. Kertsch feindfrei fest. Wetter: heifi, sonnig, windig.
Armeegr. Ruoff: Rum. Kav. sauberte das Hafengelande von Primorsko
Achtarskaja. Im Abschnitt Krasnodar lebh. feindl. ArtI,=Feuer. Versuche des
Feindes, slidl. Troizkaja iiber den Kuban zu gehen, wurden vereitelt. V.Abt.en
der SS=„W=Div. stiefien bis an den Nordrand von Chadyschenskaja vor
{^o km siidwestl. Maikop). Das Westufer der Belaja bei Maikop ist noch
feindbesetzt. Riickw. Divisionen bekampfen die im Hintergelande noch be=
findlichen Feindteile. Die 1. Geb.Div. ist, von Tscherkesk nach Siiden vor=
stoiiend, mit V.Abt.en bei Mikoskjanschachar im Kampf mit etwa 1 000 Rus=
sen, verstarkt durch Panzer und Artl. Die Sauberung des Waldgelandes bei
Pjatigorsk ist noch im Gange. Spitzen der Panzerdivisionen stiefien bei Malka
und Kuba auf Nachhuten. Wetter: heifi, Staubstiirme.
H.Gr. B:
4. Panzerarmee ist mit rechtem Fliigel nach Norden auf die Hohen ostw.
Bahnhof Tschinguta vorgestofien und steht hier im Kampf mit Feindkraften
(starkes feindl. Artl.=Feuer). Westl. davon wurden von rum. Kraften alle An=
griffe abgeschlagen und 9 Feindpanzer erledigt. Am Donknie bei Kletskaja
stiefien eign. Krafte auf die Hohen ostw. des Ortes vor. Die ital. Div.en der
8. ital. Armee haben die Sicherungen am Don iibernommen. An der Siidost=
ecke der Stellung von Woronesch gelang dem Feind ein kleiner Einbruch. Am
Nordrand Woronesch wurden zunachst alle Angriffe abgeschlagen, spater ge=
lang es einer Feindkomp., nordl. davon iiber den Don zu setzen. Sudostw.
Jelez Starke feindl. Angriffe mit Pz.n imd Artl., die abgeschlagen wurden. Auf
589
B. Kriegstagebuch
dem rechten Fliigel der Nordfront gelang es 25 Panzern durchzubrechen. 7
davon wurden bereits erledigt. In den Kampfen am Nordrand Woronesch
wurden von 25 angreifenden Panzern 14 abgeschossen.
Nach Aussagen eines am 12. 8. vom XXXX. Pz.Korps gemachten russischen
Gefangenen (Eisenbahnbeamten) ist Marschall Bud jenny (Befehlshaber der
Truppen im Nordkaukasus) am 11. 8. von deutschen Tieffliegerangriffen uber=
rascht und durch Brustschufi verwundet worden.
H.Gr. Mitte:
Im Raume siidl. Suchinitschi schreitet der Angriff nach Norden weiter vor=
warts. Alle Angriffe wurden abgeschlagen, mehrere Panzer vernichtet. Die
Feindangriffe haben gegen den Vortag nachgelassen. Nachdem vorgestern
Starke Ansammlungen im Raume siidwestl. Moskau gemeldet worden waren,
griff der Feind gestern nach starker Artl.=Vorbereitung die Stellungen ostw.
Wjasma an und konnte nach mehreren vergebl. Vorstofien an der Naht zweier
Div.en, in Richtung Dubna mit 40 Panzern angreifend, durchbrechen. 20 der
Panzer wurden im Gegenstofi erledigt.
Siidlich Rshew wurden alle Angrijffe auf die eign. Stellungen in der Ein=
bruchsstelle abgeschlagen und mehrere Panzer vernichtet. In eign. Angriffen
konnte die Stellung verbessert und Liicken geschlossen werden. Ein ostw.
Rshew iiber die Wolga heriibergekommener Feindtrupp wurde unter schweren
Verlusten zuriickgeschlagen. Nordl. Rshew gelang es dem Gegner, seinen Ein=
bruch von gestern etwas zu erweitern. Die Stellung wurde abgeriegelt. Ostw.
Welish vergebliche Feindangriffe.
H.Gr. Nord:
Nordl. der Landbriicke siidl. des Ilmensees wurden mehrere Angriffe ab=
gewiesen. Eign. Artl. bekampfte Versorgungswege am Seeliger=See. Ein feindl.
Vorstofi mit starken Panzerkraften und Inf. auf den Briickenkopf siidl. Salzy
endete mit Vernichtung der feindl. Inf. und einer grofien Anzahl feindl.
Panzer. . ;:.
Finnland
Keine nennenswerten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (13. 8.)
Kraftegliederung unverandert. [Am 12. 8.] keine besonderen Kampfhandlungen.
In der Nadit vom 12. zum 13. 8. im mittl. und Nordabschnitt starkere feindl.
Artl.=Tatigkeit. Im mittl. Abschnitt wurde ein von Teilen der 5. ind. Inf.Div. ge=
fuhrter Aufklarungsvorstofi abgewiesen. Im Laufe des Tages [13. 8.] rege feindl.
Aufkl.=Tatigkeit, lebh. feindl. Luftaufklarung.
Wie naditraglich gemeldet, entsandte die Pz.Armee, um feindl. Landungsversu=
dien in Verbindung mit dem starken britisdien Mittelmeer=Geleitzug entgegen=
wirken zu konnen, deutsdie mot.Kampfgruppen nadi Solium und Marsa Matruk
und stellte weitere Verbande hierzu bereit.
399
14. August 1942
Panzerlage:
Deutsche Panzer:
Bef.Pz.
Pz.II
Pz. Ill
Pz.IV
3
25
136
24
Ital. Panzer:
Pz.L
Pz.M
188 (171 am 6.8.)
22
151
173 (127 am 6. 8.)
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 14. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage bewaffnete Aufklarung und Jabo=Angriffe auf ein E=Werk 6 km nord=
ostwarts Eastbourne. Treffer mit Explosions wirkung; Flugplatz Millen Treffer mit
Bordwaffen in abgestellten Flugzeugen; Salisbury Treffer in Stadtmitte; Bognor
Riges 4—5 Brande in Dlbehaltern; Poole Treffer im Nord= und Siidteil der Stadt.
Nachts wurde Ipswich in 2 Wellen angegriffen, Brande mit Stichflammen, Ex=
plosionen im Hafen und Stadtteil. Grofie Brandherde, Ziele waren durch Leucht=
bomben gut auszumachen.
06.50 Uhr Hafen Portsmouth 3—4 Dampfer, 3 Kahne und Schlepper.
Vor Portsmouth 2 Vorp.=Boote, 3 einzelfahrende Dampfer.
In Pool 30 — 40 Kahne, 3—4 zusammenliegend verteilt.
11.00 Uhr Dover 5 Fischerboote.
Vor Ramsgate etwa 20.00 Uhr 4 Dampfer stilliegend.
In Barrow 13.10 Uhr 1 grofies und 1 mittleres Handelsschiff.
Keine Einfliige ins Reichsgebiet und in Westfrankreich. Geringe Einflugtatigkeit
in Norwegen, Holland und Belgien.
2. Mittelmeer:
Die Abschlufimeldung uber die Bekampfung des Geleitzuges liegt noch nicht vor.
Es hat sich jedoch nicht bestatigt, dafi, wie gestern gemeldet, der Flugzeugtrager
^Illustrious" vernichtet wurde.
06.35 Uhr im Seegebiet Lampedusa— Malta Kurs Malta 3 Zerstorer, 2 Dampfer
einlaufend. 06.40 Uhr Seegebiet Linosa— Malta 3 Dampfer Kurs Malta.
30 sm vor der Damiette=Mundung 08.25 Uhr 4 Minensuchboote Kurs West bei
der Arbeit.
^o sm nordnordwestlich Port Said 08.35 Uhr 2 Geleitboote, 1 wahrscheinlich
Zerstorer, 5 Vorp.=Boote, 3 kleine bis mittlere Frachter, 2 Tanker Kurs 190 Grad.
08.35 Uhr 2 Minensuchboote Kurs 20 Grad.
Lichtbild Port Said 14.8. 08.40 Uhr: 1 Schlachtschiffattrappe, 2 Kreuzer, 4 Zer=
storer, davon 1 griech., 1 griech. Torp.Boot, 6 U=Boote, eins im Dock, 1 Tanker
8 000 t, 27 Frachter 145 000 t.
Lichtbild Alexandria 14.8. 09.40 Uhr: 6 Geleitboote, 11 kleine Kriegsfahrzeuge,
1 Lazarettschiff, 2 Tanker 15 000 t, 10 Frachter ^o 000 t, davon einer im Dock.
Bei Feindangriffen auf Flugplatze in Nordafrika wurden 4 Begleitjager abge=
schossen.
Bei Erkundung La Valetta war Hafen vernebelt, so dafi Auswertung bisher nicht
beendet.
In der Gegend Linosa wurde auf einem grofien Handelsschiff ein Treffer erzielt,
Handelsschiff blieb liegen. Spatere Feststellung ergab Schlepper und Sicherungs=
fahrzeuge beim Dampfer. Danach erneute Angriffe. Spater wurden Wrackteile in
diesem Gebiet gesichtet, Versenkung jedoch fraglich.
591
B. Kriegstagebuch
Gesamtaufklarung iiber Gebiet um Malta litt besonders stark unter sehr starker
Jagdsicherung von Malta aus.
5. Ostfront:
Am gestrigen Tage wurden insgesamt 58 Flugzeuge abgeschossen, 6 am Boden
zerstort.
Lichtbildaufklarung Suchum 13.15 Uhr: 6 Frachter 8500 t, 2 Tanker 7600 t,
4 kleine Fahrzeuge, 50 Boote.
Gagry 08.10 Uhr Lichtbild: 1 Tanker 2 500 t.
Sotschi 11.45 Uhr LB: 6 Frachter 6500 t, 1 Tanker 7000 t, 40 Boote. Zwischen
Sotschi und Suchum lebhafter Schiffsverkehr.
Anapa 08.27 Uhr: 25 Boote. ?4snil
13. 8. 08.32 Uhr in Gluchol=Kanal 3 Raddampfer, 1 schw. Kreuzer, 14 kleine
Fahrzeuge zus. 4 500 t, 85 Boote.
Auf der Wolga wurde am 13. 1 kleiner Dampfer versenkt.
Im Schwarzen Meer 2 Kiistenfahrzeuge versenkt, 1 Tanker 2 000 t beschadigt.
Bei einem feindlichen Nachtangriff vom 12. zum 13. auf Flugplatze auf der Halb=
insel Kertsch wurden durch Flak 21 Feindflugzeuge abgeschossen.
Eismeer: Die Aufklarung ergab keine besonderen Sichtmeldungen. Nordostlich
Island 15.15 Uhr 1 Dampfer 1 ^00 t Kurs West, 1 Dampfer 1 000 t Zickzackkurse
4. Besonderes:
Am 13. 8. wurde in der Biscaya durch eine BF 110 ein zweimot. engl. Bomber Typ
Whitley abgeschossen.
15. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 15. August 1942
Zahl der russischen Heeresverbande einschliefilich Finnland, Kaukasus, Iran
und dem Fernen Osten.
(Zusammengestellt von der Abteilung Fremde Heere Ost des Generalstabes
des Heeres)
407 Infanterie=Divisionen im Kampfwert von 287 Verbanden :>
178 Infanterie=Brigaden „ „ „ 142 „
39 Kavallerie=Divisionen „ „ „ 33 „
165 Panzer=Brigaden ,^ „ // 13^
789 Verbande mit einem Kampfwert von 593 Verbanden
Davon befinden sich:
an der Ostfront in Reserve
254 Inf.Div. Kampfwert: 134 73 Inf.Div.
83 Inf.Brig. „ 47 66 Inf.Brig.
13 Kav.Div. „ 7 20 Kav.Div.
68 Pz.Brig. „ 34 86 Pz.Brig.
an anderen Fronten
80 Inf.Div.
29 Inf.Brig.
6 Kav.Div.
11 Pz.Brig.
418 Verbande Kampfwert: 222 245 Verbande 126 Verbande
insgesamt: 593 Verbande
Ostfront: 418
Reserve: 245
an and. Fronten: 126 = 789 Verbande
592
15- August 1942
Im Mittelmeer ist der Nord=Sud=Verkehr zwischen Italien und Afrika wieder
aufgenommen worden. Von dem Geleit des nach Malta eingelaufenen eng=
lisch=amerikanischen Geleitzuges sind ein Schlachtschiff und der Flugzeugtrager
„Illustrious'' in Gibraltar eingelaufen, wo der Flugzeugtrager „Furious'' aus=
gedockt wurde, um der „Illustrious'' Platz zu machen. Der Verbleib von zwei
Schlachtschiffen ist unbekannt. Die britische Admiralitat hat den Verlust des
leichten Kreuzers „Manchester'' zugegeben. Der italienische schwere Kreuzer
„Bolzano" hat bei Messina einen Torpedotreffer erhalten und ist auf Grund
gesetzt worden.
Eriauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Aufzeidinungen Greiners lassen es offen, ob die Zah.len=tlbersicht der russi=
schen Heeresverbande an diesem Tage Hitler vorgelegt worden ist. Die Angaben,
die nach alien Erfahrungen einen hohen Grad von Genauigkeit beansprudien konn=
ten, von Hitler aber meist als standig wiederkehrender Beweis fiir den „Defaitismus
des Generalstabes" angesehen und nadi alien Moglidikeiten zerpfliidct wurden,
diirften seinen eigenen Vorstellungen von der Schwachung der Roten Armee in
diesem Zeitpunkt besonders wenig entsprochen haben.
Die genauen Meldungen iiber die Vorgange in Gibraltar waren deswegen m6g=
lich, weil Spanien damals noch eine Beobachtungsstelle der „Abwehr" bei Algeciras
duldete.
Angaben iiber den „Lagevortrag" standen an diesem Tage wahrscheinlich nicht
zur Verfiigung, weil General Warlimont eine Dienstreise nach dem Kaukasus
angetreten und anscheinend kein Vertreter an seiner Stelle der Lagebesprechung
beigewohnt hatte (s. auch 17. August).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Rum. Krafte im Vorgehen auf Grimbenskaja und Anastasiewkaja. V. A.K.
erzwang an vier Stellen siidl. und siidostw. von Krasnodar den Ubergang
iiber den Kuban.
1. Pz. Armee nahm mit vordersten Teilen die grofie Talsenke bei Chadischen=
skaja und ging mit V.=Abt.en in den Talern nach Siiden und Siidwesten vor.
Slow. Div.en stiel3en bis zur Olleitung Krasnodar— Chadischenskaj a bei Bakin=
skaja vor, nachdem sie unter schwierigsten Verhaltnissen den Pschysch=Flu6
iiberwunden hatten. 97. lei.Div. mit V.=Abt.en im Vorgehen auf Dachowskaja
am Oberlauf der Belaja. 13. und 16. Pz.Div. werden herausgezogen, Abmarsch
nach Osten. Die 1. Geb.Div., von Nikojan Chachar vorstoIEend, hat Teberda
trotz zahlreicher gesprengter Briicken erreicht und ostw. davon Utschkulan
und Kursuk am Fufie des Elbrus=Gebirges genommen. Das XXXX. Pz.K. steht
mit 3. Pz.Div. im Kampf um Malka, wahrend 23. Pz.Div. mit Teilen Geor=
giewsk genommen hat, mit anderen Teilen nach Siiden vorstofiend bis Bak=
sanenok.
593
B. Kriegstagebuch
H.Gr. B:
4. Pz.Armee: Mehr. Angriffe aus der Richtung Zaza=See auf rechtem Fliigel
der Armee wurden abgewehrt. Ebenso Angriff von Norden auf deutsche und
rum. Stellungen. Das XXIV. Pz.Korps wird vom Westufer des Don auf den
rechten Fliigel der 4. Pz.Armee vorgezogen. Wetter: driickende Hitze, Sand=
Sturm.
6. Armee Umgruppierung. Div. „Celere" wurde durch 79. 1.D. ersetzt. Der
Gegner wiederholte auch gestern seine starken Angriffe auf die Ost= und
Nordfront von Woronesch, die samtlich unter schweren Feindverlusten und
Einbufie von 30 Panzern abgeschlagen wurden. Voriibergehende Einbriiche
konnten sofort bereinigt werden. Besonders stark waren die Angriffe siidostw.
Jelez. Es gelang dem Gegn. hier ein weiterer Einbruch auf dem rechten Flu=
gel der 387. D.; der Einbruch wurde abgeriegelt. Wetter: bewolkt, + 24 Grad.
H.Gr. Mine:
Der Vorstofi gegen Bjelew gewann wegen starker feindl. Gegenwehr nur
langsam Boden. Die siidl. Suchinitschi vorstofienden eign. Panzer= und Inf.=
Krafte sind in Gegend siidl. der Schisdra. Das Nordufer ist stark feindbesetzt.
Siidwestl. Suchinitschi saubert die 211. Div. das Waldgelande an der Eisen=
bahn. Ostw. Wjasma gelang dem Gegner ein weiterer Einbruch in Richtung
Dubna. Gegenangriffe hier im Gange. Eign. Vorstofi auf der Strafie ostw.
Gshatsk konnte gegen starkeren Feind nur wenig Boden gewinnen. Ostw.
Sytschewka griff Gegn. mit iiberlegenen Kriiften die Stellungen einer Panzer=
div. an und konnte mit 17 Panzern bis in die Gegend von Karmanoff vor=
stofien. An den ubrigen Abschnitten der Einbruchsstelle wurden die Angriffe ab=
gewiesen. Nachdem die Russen nordostw. Rshew weitere Verstarkungen
herangefiihrt hatten, griffen sie mit iiberlegenen Kraften am gestrigen Tage
die zuriickgenommenen eign. Stellungen an und konnten an einer Stelle bis
an die Strafie Rshew— Stariza vorstofien. Nordl. Rshew ist ein Angriff nach
Norden zur Verbesserung der eign. Stellung im Gange. Nordl. Bjeloj wurde
ein Feindvorstofi abgewiesen. Wetter: teilw. bewolkt, schwiil.
H.Gr. Nord:
Der Gegner, der die Absicht hat, die Landbriicke siidl. Staraja Russa ein=
zudriicken und so das II. A.K. wieder von der Verbindung abzuschneiden,
griff auch gestern wieder von Norden und Siiden die Landbriicke an. Wahrend
alle Angriffe im Norden abgeschlagen wurden, gelang es dem Gegn., im Siiden
der Landbriicke die eign. Linien zu durchbrechen. Gegenangriff hier im Gange.
Vergebl. Feindvorstofie auf den Briickenkopf siidl. Salzy.
Finnland
Finn. SUdostfront: Bei Gr. Maselskaja wurde nordl. Powenez ein Feindvorstofi
in Kp.=Starke abgewiesen. Eine feindl. Fernstreife westl. des Seg=Sees wurde zer=
sprengt, die Verfolgung der einzelnen Gruppen wird fortgesetzt.
594
15- August 1942
Nordostfront (Geb. AOK 20): Der Feind fiihrte an der Louhi=Front verst. Auf»
klarungsvorstofie gegen den mittl. Abschn. und den Nordfliigel durch. Im iibrigen
wurde an den Abschnitten Louhi und Kandalakscha weiterhin feindliche Schanz=
tatigkeit beobachtet.
Panzerarmee Afrika (14. 8.)
In der Nacht vom 13. zum 14. 8. wurde ein im Nordabschnitt von Teilen der
9. austr. I.D. vorgetragenes Spahtruppunternehmen abgewiesen. In den Abend=
stunden des 14. 8. wurden von 5 im Nordabschnitt vorfiihlenden feindl. Pz.=Spah=
wagen 3 durch eign. Minen vernichtet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 15. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage bewaffnete Aufklarung und Jabo=Angriff auf Folkestone und Worthing,
sehr gute Wirkung zum Teil in Geschafts= oder Industriebauten.
Bei Nacht wurden Sunderland und Great Yarmouth angegriffen, Ergebnis liegt
noch nicht vor.
Es wurden abgeschossen 1 Spitfire durch Flak, 2 Flugzeuge durch Marineflak und
1 Flugzeug wahrscheinlich durch Marineflak.
30 sm nordostwarts Great Yarmouth 21.36 Uhr 4 5 000 t, 25 3 000 t Dampfer
Kurs Nord ohne Sicherungsstreitkrafte.
Etwa 30 sm von Lowestoft dicht unter der Kiiste 4 S=Boote Kurs West.
In der Aufienthemse um 06.25 Uhr 2 S=Boote, 1 Vorp.=Boot Kurs Nordost.
Vor Margate einlaufend 10.50 Uhr 15 Dampfer.
17.40 Uhr vor Folkestone 1 Dampfer 3 000 t stilliegend.
18.05 Uhr vor Worthing 10 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs West.
Einfliige: Von etwa 80 Einfliigen 60—75 ins Reichsgebiet. 1 Flugzeug durch Flak,
3 durch Jager abgeschossen. Eindringtiefe nordlich Bocholt— Bonn. 2. Gruppe See=
gebiet Terschelling—Borkum— Helgoland. Naheres liegt noch nicht vor.
Nachmittags Bordwaffenangriff auf Rhein=Flottille und Vermessungsschiff vor
Domburg. 1 Boot ausgefallen, 2 Gefallene, 2 Verwundete.
Im Raum Paris— Troyes und bei Aachen Ballons mit Propagandamaterial und
Brandsatzen abgeschossen und sichergestellt.
2. Mittelmeer:
Aufklarung im gesamten Mittelmeer erbrachte kein Ergebnis.
Erkundung La Valetta ergab, dafi 4 Dampfer und 1 Tanker Malta erreicht haben.
KO Spanien meldet: 31 Kriegsschiffseinheiten Gibraltar erreicht. Mit Verlust
von 7 Uberwasserstreitkraften ist daher zu rechnen.
Lichtbild La Valetta 15. 8. 15.05 Uhr: 2 Zerstorer, 1 U=Boot, 4 Dampfer, 1 Tanker,
1 Hafentanker, 2 Vorp.=Boote, 4 Minensuchboote.
Feindangriffe gegen Nachschubverkehr bei Tag und Nacht ohne Schaden. Eine
Beaufort abgeschossen, 2 wirksam durch Jager beschossen.
Beim Panzer=Korps Jagdvorstofie ostwarts El Alamein blieben ohne Feindberiih=
rung. Angriffe auf Kraftfahrzeugansammlungen wurden durchgeftihrt.
Vor Ras Amer 06.40 Uhr 2 feindliche Dampfer 90 Grad. Ostlich davon 07.15 Uhr
1 U=Boot.
60 sm westlich Jaffa 12.10 Uhr 2 10 000 t Kreuzer, 6 vermutlich Zerstorer, Kurs
60 Grad.
Lichtbild Suez 14. 8. 12.45 Uhr: 50 Frachter mit 241 000 t, 6 Transporter 88 000 t,
6 Tanker 28 000 t, 1 leichter Kreuzer, 4 Zerstorer, davon 2 griech., davon einer im
595
B. Kriegstagebuch
Dock, 1 Monitor, i U=Boot, i Vorp.=Boot. Auslaufend Reede Suez i Tanker, i an=
scheinend Zerstorer Kurs Siid.
Im Suez=Kanal 8 km nordlich Suez 12.45 Uhr: 1 Kreuzer ohne Kursangabe.
Nach beim Fiihrungsstab vorliegender Meldung sollen in der Nacht vom 14. zum
15. 8 Einheiten, davon eine nahezu manovrierunfahig, in Gibraltar eingelaufen
sein.
5. Ostfront:
Zwischen Gelendshik und Tuapse dicht unter der Kiiste 04.45 Uhr 1 Dampfer
1 500 t, 1 Schlepper, 10 Boote Kurs Siidost.
11.45 Uhr vor Tuapse 1 kleiner Dampfer, 3 Kiistenfahrzeuge.
04.50 Uhr dicht unter der Kiiste bei Tuapse 1 Zerstorer, 2 Dampfer 1 500 t.
Vor Sotschi 04.45 Uhr 6 S=Boote, Kurs Siidost.
40 sm siidwestlich Sotschi ein Verband von 1 Zerstorer, 1 beschadigtem Zerstorer,
1 lJ=Boot und 1 Vorp.=Boot vormittags mit Kurs Siidost festgestellt.
Vor Gudauti 12.30 Uhr 1 Dampfer 5 000 t Kurs Siidost.
Eismeer: 100 sm vor Skaga Fjordur (Island) 11.45 Uhr 1 Dampfer 3 000 t,
1 Vorp.=Boot, dabei 2 U=Boote (eins aufgetaucht, eins getaucht) Kurs Nordwest.
Wetteraufklarung Spitzbergen ohne besonderes Ergebnis.
Vom Siidkap bis Weshon=Sund treibeisfrei.
Horn=Sund bis Glocken=Sund 3 km breiter Treibeisgiirtel 60— 70V0.
Vor Gebirgs=Korps und Fischer=Halbinsel Flugblattabwurf iiber Feindgebiet und
Feindstellungen.
Nachmeldung: Bei den Einfliigen ins Reichsgebiet Angriffsschwerpunkt Diissel=
dorf. Abwurf von 15 Spreng=, 500 Brandbomben und einer LM. Leichter Schaden im
Hafengelande. In Vororten 2 Grofibrande in Holzlagerplatz und Wohnviertel, Dach=
stuhlbrande. In Diisseldorf=Oberkassel durch Mine mehrere Hauser beschadigt.
4—5 Leichtverletzte. Weiter wurde Neufi mit 15 Sprengbomben angegriffen. 6 Hau»
ser schwer, 15 Hauser leicht beschadigt. 1 Toter, 3 Schwer=, 5 Leichtverletzte. Wei=
tere Angriffe richteten sich gegen Crekfeld, Hiinxe, Forde, Ossenberg, Neukirchen.
Im Osten wurden durch Jager 38 Abschiisse, durch Flak 8 Abschiisse erzielt.
16. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 16. August 1942
Lagevortrag:
Die Operationen der Heeresgruppe A im Kaukasus machen gute Fortschritte.
Die Verluste sind verhaltnismaliig gering, die Heeresgruppe hat aber starke
Marsch= und Kranken=Ausfalle. Der Fiihrer ist im Gegensatz zum Chef
Gen.St.d.H. der Ansicht, dafi die Westgruppe der 1. Panzer=Armee die 298. Inf.
Div. nicht mehr benotigt (siehe 14. 8.). Er befiehlt daher, die Division nach
Millerowo oder Stalino zuriickzufiihren, damit sie von dort aus zu anderer
Verwendung abtransportiert wird. Die Verbande, die bei der 17. Armee nach
dem Uberschreiten des Kuban frei werden, sollen der Ostgruppe der 1. Panzer=
Armee nachgefiihrt werden, da mit starkem feindlichen Widerstand am Terek
gerechnet wird. Das XXXXIX. Gebirgskorps ist nunmehr auf Suchum ange=
setzt; es geht auf der Suchumer Strafie, die von Mikojanschachar im Teberda=
Tal zum Dombai=Pa6 fiihrt, und in den westlich davon verlaufenden Hoch=
596
i6. August 1942
gebirgstalern nach Siiden vor, und der Fiihrer hofft, dafi die beiden Gebirgs=
divisionen rasch vorwarts kommen werden.
Bei der Heeresgruppe B hat die 6. Armee ihren gestern begonnenen Angriff
zur Besetzung der grofien Nord=Ost=Schleife des Don=Bogens nordlich von
Kalatsch und zur Gewinnung von Briickenkopfen auf dem ostlichen Don=Ufer
erfolgreich fortgesetzt. Die 4. Panzer= Armee soil, wenn sie rechtzeitig und
ausreichend versorgt werden kann, morgen zum Angriff auf Stalingrad an=
treten. Im Raume um Stalingrad soil sich nach Agenten=Meldungen sehr star=
kes, aus den Vereinigten Staaten von Amerika stammendes Panzermaterial
befinden. Ob es sich dabei um neue Panzer=Verbande oder nur eine Material
reserve handelt, ist zweifelhaft. Siidlich von Stalingrad befindet sich eine feind=
liche Flankenstellung zum Schutze von Astrachan. Der Fiihrer ist in Sorge,
dafi Stalin den russischen „Standard= Angriff'' von 1920 wiederholen konnte,
namlich einen Angriff iiber den Don etwa bei und oberhalb Serafimowitsch
in der Stolirichtung auf Rostow, wie ihn die Bolschewiken im Jahre 1920 gegen
die weifirussische Armee des Generals Wrangel unternommen und mit grdli=
tern Erfolg durchgefiihrt haben. Er fUrchtet, dafi die an diesem Don=Abschnitt
sichernde italienische 8. Armee einem solchen Angriff nicht standhalten wiirde,
und dringt daher von neuem darauf, dafi die 22. Panzer=Division schleunigst
zur Auffrischung hinter die italienische 8. Armee gelegt wird.
Bei der Heeresgruppe Mitte hat das Unternehmen „Wirbelwind'' bei star=
ken Verlusten nur sehr geringe Fortschritte gemacht. Generalfeldmarschall
von Kluge meldet fernmiindlich, dafi der Angriff nicht durchschlagen konne,
well sich in den Waldern bei Suchinitschi eine Stellung hinter der anderen be=
finde und der Durchlafi zwischen diesen Waldern vollig vermint sei; die
2. Panzer= Armee woUe daher nach Osten ausholen. Die Lage der 3. Panzer=
Armee sieht Generalfeldmarschall von Kluge als sehr schwierig an. Er fordert
daher aufier der 72. noch eine weitere Division zur Stiitzung der Armee an.
Auch die Lage bei Rshew ist noch sehr gespannt. Der Fiihrer lehnt aber eine
abermalige Zuriicknahme der Front wegen der damit verbundenen Material
verluste strikt ab; er ist auch der Ansicht, daiS die russische Angriff skraft an
dieser Front nur noch 4—5 Tage durchhalten werde.
Sehr aufgebracht ist der Fiihrer dariiber, dafi bei der Heeresgruppe Nord
die 12. Panzer=Division gegen seine ausdriickliche Weisung (siehe 13. 8.) nicht
im „Flaschenhals'' verblieben, sondern hinter die Leningrader Front gezogen
worden ist. Er befiehlt, die Division sofort in den „Flaschenhals'' zuriick=
zuverlegen.
Erlauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Aufzeichnungen dieses Tages zum Sudfliigel der Ostfront, die auf der einen
Seite die unveranderte Zuversicht in den weiteren Verlauf der nunmehr nach 3 Rich=
tungen — Kuban, Kaukasus, Stalingrad — auseinanderklaffenden Offensive erken=
nen lassen, auf der anderen Seite neue Zeugnisse von den „unertraglidien" Ein=
597
B. Kriegstagebuch
griffen Hitlers abgeben, sind aus zweierlei Griinden besonders bemerkenswert :
Erstmals steht fiir den nachsten Tag das Antreten „zum Angriff auf Stalingrad"
bevor (4. Pz.Armee), erstmals aber auch erwahnt Hitler die Gefahr einer russischen
Gegenoffensive mit „der Stofirichtung auf Rostow". Sovveit dem Verfasser bekannt,
ist es der Chef des Gen.St.d.H. gewesen, der diese friiheren Kampfe der Bolsche=
wisten gegen die „Wei6en Garden" und die Mitwirkung Stalins dabei vorgebracht
hatte und dazu auch eine aus jener Zeit stammende Karte vorlegen konnte.
Im iibrigen ist es auch an diesem Tage wiederum — wie vielfach vorher und
nachher — auffallend, dafi die Aufzeichnungen Greiners mehr Einzelheiten zur Lage
im Osten und besonders zu Hitlers Verhalten und MaiSnahmen enthalten als das
Tagebuch Haiders.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Siidteil der Halbinsel gegeniiber Kertsch feindbesetzt. Feindangriffe
nordlich des Kuban bei Anastasiowskaja von rum. Kav. zuriickgewiesen. Uber
die am Vortage gewonnenen Ubergange stiefien die Div.en des V. A.K. von
Krasnodar nach Siiden vor imd nahmen Georgije=Afipskaja und Dmitrijewka
25 km siidl. Krasnodar. Telle des XXXXIV. Korps und LVII. Pz.Korps stehen
im Kampf nordl. und ostl. von Newtegorsk. 3. Pz.Div. versammelt sich im
Raum von Armawir. V.=Abt.en der 4. Geb.Div. warfen den Feind bei Acheme=
towskaja nach Siiden ins Gebirge zuriick. V.=Abt.en der 1. Geb.Div. haben
den Raum 10 km siidlich Coberda erreicht in Richtung auf den Dombai=Pa6.
Die Spitzen der 23. Pz.Div. stehen nordostw. Naltschik. Hier laufende fdl.
Fliegerangriffe. Die Div.en des LII. A.K. sind im Vorgehen aus dem Raum
Elista nach Siidosten (sehr schlechte Wasserverhaltnisse).
H.Gr. B:
Durch Luftaufklarung Heranfiihren von starkeren Feindkraften aus Stalin=
grad gegen rechten Abschn. der Nordfront der 4. Pz.Armee erkannt. Angriffe
auf die Nordostflanke der 14. Pz.Div. wurden abgeschlagen. Die Div.en des
VIII. und XI. A.K. sind zum Angriff auf den Nordostbogen des Don nord=
westl. Stalingrad angetreten und haben z. T. in iiberholender Verfolgung das
Westufer des Don erreicht mit der Absicht, die in diesem Flufibogen befind=
lichen Feindkrafte einzuschliefien und zu vernichten. Die nordl. Div.en gehen
zum Schutz der linken Flanke in den nordl. Don=Bogen vor (siidl. Kremen=
skaja). Eigener Angriff auf den fdl. Briickenkopf siidl. Serafimowitsch ist im
Gange, mehrere Feindangriffe wurden abgewiesen. Beiderseits der Einmiin=
dung des Choper in den Don gelang es dem Gegner, das Siidufer des Don zu
erreichen. Ung. Truppen griffen Korotojak an und haben den Feind in den
Ostteil des Ortes zuriickgedriickt. Fdl. Verstarkungen nordostw. hiervon er^-
kannt. Ostw. und nordwestl. von Swoboda vergebl. mehrmalige Feindangriffe
in Batl.=Starke. Nordwestl. von Woronesch gelang es eigenen Truppen, durch
598
i6. August 1942
einen Gegenangriff die alte HKL wieder voll in Besitz zu nehmen, Mehrere
fdl. Angriffe im Laufe des Nachmittags wurden abgewiesen unter hohen
Feindverlusten. Am Ostfliigel der Nordfront siidostwarts Jelez ervveiterte
der Gegner die Durchbruchsstelle nach Westen. Die Armee forderte verstark=
ten Fliegereinsatz an.
H.Gr. Mitte:
Alle Feindangriffe auf Bjelew wurden abgewehrt. Eigener Vorstofi auf die
Shisdra gewann nur langsam Boden. Der Feind hat sich auf dem Nordufer
der Shisdra stark verschanzt. Der Russe wehrt sich aufgrund der beiden Stalin=
Befehle, die bei der Truppe eine grofie Wirkung ausiibten, verzweifelt. Die im
Raume siidl. der Shisdra eingeschlossenen Feindteile sollen sich auf 8 000 Mann
beziffern. In den bisherigen Kampfen um siidl. Suschinitschi werden als er=
beutet bzw. vernichtet gemeldet:
Von LIII. A.K.: 93 Panzer,
89 Geschiitze,
1 000 Bunker,
2 000 Mineii,
2 700 Gefangene.
XXXXVII.A.K.: 360 Tote,
34 Gefangene,
60 Bunker.
Luftwaffe: 33 Flugzeuge,
y^ Panzer,
15 Geschiitze.
Flak: 4 Flugzeuge,
26 Panzer.
Regnerisches Wetter behinderte die Luftwaffe am Nachmittag stark am Ein=
satz.
Ostwarts Wjasma wurden alle Feindangriffe trotz starkem fdl. Artl.=Feuer
abgewiesen. Die Bereitstellungen der 31. Div. zum Angriff wurden durch fdl.
Flieger stark behindert. Anhaltende Niederschlage in diesem Raum verzogern
alle Bewegungen. Im Raume siidl. und ndrdl. Rshew wurden alle Feindangriffe
mit hervorragender Unterstiitzung der eigenen Luftwaffe abgewiesen und un=
gefahr 25 Pz. abgeschossen. Nordostw. Rshew wurde die eigene Linie (der
nach Osten vorspringende Teil) zuriickgewonnen. 25 fdl. Panzer wurden er=
ledigt. Nordl. Rshew scheint sich der Feind zu weiteren Angriffen umzugrup=
pieren. Bei Bjeloj besonders starke fdl. Artl.=Tatigkeit. Angriffe siidostw.
Welish wurden abgewiesen.
H.Gr. Nord:
Erfolgreiche Bekampfung der Partisanen im Raume westl. Cholm. Angriffe
auf die Landbriicke siidostw. Staraja Russa wurden abgewehrt. Siidl. Salzy
599
B. Kriegstagebuch
konnte durch eigenen Vorstofi die Stellung an dem Briickenkopf wesentlich
verbessert werden. Angriffe auf die neue eigene Stellung wurden durch eigene
Artl. zerschlagen. Siidostw. SchlUsselburg wurden mehrfache fdl. Vorstofie
abgewehrt.
Finnland
Finn. Siidostfront:
Finn. Meerbusen: Schwere russ. Battr. in Krasnaja Gorka (24 km vvestl. Oranien=
baum) beschossen erfolglos eigene Battr. an der Kiiste der Karel. Enge.
Gr. Annus: An der Swir=Front wurde in Gegend des Kraftwerkes Swirstroj ein
ortlidier Angriff abgewiesen.
Panzerarmee Afrika (15. 8.)
Aufgrund der erfolgreichen Bekampfung des brit. Mittelmeergeleitzuges wurden
die vorausschauend angesetzten Sicherungsmafinahmen (Schutz der Hafen) auf=
gehoben. Weitere Meldungen der Panzerarmee liegen noch nicht vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 16. 8. 42
1. Raum um England:
Aufklarungstatigkeit litt unter Schlechtwetter.
3 Absdiiisse bei Fano.
Keine Angriffe bei Tage. Bei Nadit wurden Flugplatze im Bereidi von Notting=
ham angegriffen. Erfolgsmeldung liegt noch nicht vor.
Am 15. 8. wurden bei Walcheren 3 Spitfire abgeschossen.
06.45 Uhr vor Humber=Miindung 1 S=Bootsverband Kurs Ost.
20.10 Uhr ostwarts Lowestoft 12 Handelsschiffe Kurs Siid.
Im Kanal vor= und nachmittags kein Verkehr beobachtet.
Einfliige: 30—35 ins Reichsgebiet, nur wenige nach Westfrankreich. Eindringtiefe
Cuxhaven— Rostock— Gollnow—Stolp—Bornholm—Kalundborg. 1 Flugzeug bis Goten=
hafen. Keine Bombenabwiirfe, Minenabwiirfe anzunehmen.
Storballone wurden in gr66erer Anzahl iiber Frankreich gesichtet.
2. Mittelmeer:
Starkere U=Bootstatigkeit vor Westkiiste Griechenland festgestellt.
Ital. Meldung besagt 12.10 Uhr 5 Kreuzer, 4 Zerstorer nordlich Port Said Kurs
Nordost.
Westlich Haifa 11.05 Uhr 3 Zerstorer Kurs Siid, ein Dampfer Kurs Westnordwest.
3. Ostfront:
Schwarzes Meer: Vor Temrjuk 2 kleine Fahrzeuge versenkt, 2 beschadigt.
Im Hafen und auf Reede Noworossijsk 1 Dampfer 4 000 t und 2 Dampfer je
2 000 t beschadigt.
Vor Gelendshik 1 Dampfer 3 000 t beschadigt, 1 Kiistenfahrzeug versenkt.
Ladoga=See: Ital. Schnellboote versenkten ein Kanonen=Boot.
600
Verteilung
Lujftflotte 4:
Luftwaffen=
Kommando Don:
Luftwaffen=
Kommando Ost:
Luftflotte 1 :
Flieger=
fiihrer Nord:
17. August 1942
17. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 17. August 1942
der fliegenden Verbande der Luftwaffe an der Ostfront
13 Kampf= 7^/3 Stuka= 6V3 Jagd= 2 Zerstorer=Gruppen
11
V3
5V3
1
V3Schlachtfl.=
Vs Pz Jager=
1 V3 Lufttorp.=
Insgesamt: 28 Vs Kampf=, 11 Vs Sturzkampf=, 15^/3 Jagd=, 2 ZerstorerT,
V3 Schlachtflieger=, ^/s Panzerjager= und 1V3 Lufttorpedo=
Gruppen, die Gruppe durchschnittlich zu 20 startbereiten
Flugzeugen, im ganzen also 59V3 Gruppen mit rund
1 187 Flugzeugen.
Erlauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die „Verteilung der fliegenden Verbande der Luftwaffe an der Ostfront" weist
gegeniiber der Ubersicht vom 15. August nur geringfiigige Untersdtiede auf, diese
aber gerade zu Lasten des Off ensiv flu gels der Front (1 Kampf=, 2 Jagdgruppen
weniger).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Von Armeegr. Ruoff liegen keine Nachrichten vor.
LVII. Pz.Korps nahm Neftegorsk imd steht im Kampf mit feindl. Nach=
huten westl. hiervon. 97. Jg.Div. ist mit V.=Abt.en im Vorgehen auf Alexe=
jewskoje. 13. Pz.Div. in Gegend 30 km ostw. Woroscbilowsk. 16. 1.D. (mot.)
im Raum von Armawir. Vorderste Telle des XXXXIX. Geb.Korps stehen mit
V.=Abt.en 10 km nordwestl. des Kluchor=Passes im Kampf mit starkerem
Feind, mit einer weiteren Gruppe im Vorgehen ohne Feindberiihrung auf den
Tschiper=Asau=Pa6 am Siidwestrand des Elbrusberges. XXXX. Pz.Korps steht
mit 3. Pz.Div. bei Baksan und ostw. davon; hier grofie Oberschwemmung, da
Stauwehr gesprengt. Es hat mit 23. Pz.Div. Soldatskaja genommen. Siidl.
Telle des LII. A.K. stellten Blagodarnoje feindfrei fest.
H.Gr. B:
Angriffe auf den rechten Fliigel der 4. Pz.Armee wurden abgeschlagen.
6. Armee: ging mit VIII. Korps und XIV. Pz.Korps welter in den Don=Bogen
601
B. Kriegstagebuch
vor und sauberte das West= bzw. Nordufer vom Feinde. Im Hintergelande
wird mit eingeschlossenen Feindresten gekampft. XL Korps steht mit Siidteilen
bei Sirotinskaja und kampft nordl. davon mit starkeren Nachhuten. Nordl.
Telle sind im Vorgehen auf Kremenskaja im nordl. Don=Bogen. Nordwestl.
Stalingrad gelang es einem Inf.Rgt., einen Briickenkopf iiber den Don zu
bilden und zu erweitern. Bei Serafimowitsch gelang es weiteren Feindteilen,
iiber den Don zu setzen. Bei ung. VII. A.K. wurde ein Angriff siidl. der Flufi=
miindung des Bitug in den Don abgewehrt. Ebenso ein Angriff siidl. Woro=
nesch. Ostw. und nordl. Woronesch schwachere feindl. Erkundungsvorstofie.
An der Einbruchstelle siidostw. Jelez versuchte ein Feindbatl. mehrere Angriff e,
die unter Verlust von 6 Panzern abgeschlagen wurden. Westl. davon konnte
ein voriibergehender Einbruch des Feindes zuriickgeschlagen werden und
8 Panzer vernichtet werden. An der iibrigen Front siidl. Jelez wurden samt=
liche Angriffe abgeschlagen. Der Feind fiihrt weiterhin auf der ganzen Front
Verstarkungen nach.
H.Gr. Mine:
Trotz zahen feindl. Widerstandes nordl. der Shisdra wurde der eign. An=
griff weiter fortgesetzt. Die 17. Pz.Div. nahm einen Briickenkopf und erwei=
terte ihn. Auf linkem Flugel der Angriffsstreifen stark. Feind. Gestern wurden
2.6 Panzer vernichtet. Die Zahl der bisher erledigten Feindpanzer betragt 359.
Siidostw. Wjasma wurden mehrere Feindangriffe abgewiesen und ein kleiner
Einbruch im Gegenstofi bereinigt. Nordl. davon konnte eign. VorstojS der
herangeholten 31. 1.D. etwas Gelande gewinnen. Anhaltende Niederschlage
erschweren das Vorwartskommen. An der Einbruchsstelle siidl. Rshew brach
der Feind an dem Siidpfeiler in die eign. Stellung ein. Im iibrigen wurden
alle Angriffe abgeschlagen und Bereitstellung des Feindes durch Artl. zer=
sprengt. Neuere stark. Panzerangriffe auf die zuriickverlegte HKL ostw. Rshew.
Nordl. Rshew wurden mehrere Feindangriffe abgewiesen. Ein eign. Vorstofi
konnte die Stellung verbessern. Bei Bjeloj und siidl. davon mehr. Feindangriffe
vergebl. Die Stralien sind auch in diesem Gebiet schwer befahrbar. Nordl.
Demidoff wurde von eign. Truppen Saborge genommen und gegen Feind=
angriffe gehalten.
H.Gr. Nord:
Angriffe nordl. der Landbriicke siidl. Ilmensee wurden abgeschlagen. Von
Siiden angreifender Feind konnte einen Einbruch in die Stellung der SS=„T''=
Div. erzielen. Gegenstofi im Gange. Siidl. und ostw. des Briickenkopfes bei
Salzy wurden samtl. Angriffe, unterstiitzt durch Panzer und einen Panzerzug,
unter schweren Feindverlusten zuriickgeschlagen. Nach Abwehr aller Angriffe
siidostw. Leningrad gelang es dem Gegner, an der Bahnlinie siidostw. Kolpino
einen Einbruch zu erzielen; Gegenstofi im Gange.
602
17- August 1942
Finnland
Finnische Siidostfront: Im riickw. Gebiet der Gr. Landenge wurden zwei starkere
Feindstreifen bekampft. Sonst keine besonderen Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (16. 8.)
Am 16. 8. an der Front feindl. Spahtrupptatigkeit, bes. im Sud= und Mittelabschn.
Dort auch rege feindl. Luftaufklarung. Im Nordabschnitt zeitweise stark, feindl.
Artl.=Feueruberfalle. Ein feindl. Sabotagetrupp der Long Range Desert Group,
welcher vermutlich bei dem Landungsunternehmen vom 14. zum 15. beteiligt war,
wurde gefangen genommen. Uber das Landungsunternehmen war folgendes ge=
meldet:
„In der Nacht vom 14. zum 15. 8. wurde an der Kuste bei El Daba unter dem
Schutze von Sdinellbooten ein feindl. Stofitrupp abgesetzt. Er riditete geringen
Schaden an Kfz. an. Die Saboteure sind wahrscheinlich in die Wiiste entflohen, um
sich zu den britischen Linien durchzuschlagen."
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 17. 8. 42
I. Raum um England:
Bei Tage 3 Spitfire bei Dieppe abgeschossen, 1 Spitfire und 1 4mot. Bomber wahr=
scheinlich abgeschossen. Nordostwarts Foulbec 1 Douglas Boston abgestiirzt.
In der Nacht vom 16. zum 17. wurde ein Flugplatz nordlich Lincoln und nordlich
Cambridge angegriffen. Treffer beobachtet. Weiterhin wurden Leamington und ein
Ort bei Ipswich mit beobachteter Trefferlage und anschliefienden Branden in Hau=
serkomplexen angegriffen.
17. 8. Jabo=Einsatz gegen Swanage und Coworack. Mehrere gro6e Gebaude und
Hauser zerstort.
In der Nacht vom 17. zum 18. wurden mit geringeren Kraften Zerstorziele in
England angegriffen, Meldungen liegen noch nicht vor.
09.20 Uhr in Dover 8 Vorp.=Boote und 8 Zerstorer.
60 sm siidlich Scilly=Inseln 14.05 Uhr 3 leichte Kreuzer der C=K1., 1 Zerstorer
Kurs 20 Grad.
30 sm ostlich Lizzard Head etwa 15.00 Uhr 3 Dampfer, 1 Zerstorer, mehrere
Vorp.=Boote, Zickzackkurse.
Nordlich Harwich 19.00 Uhr westnordwest steuerndes Geleit ohne weitere An=
gaben.
Great Yarmouth 21.40 Uhr 1 mittlerer und ungefahr 10 kleinere Dampfer Kurs
Nord.
Southampton Lichtbild vom 17. 8. 08.00 Uhr: 2 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote, 5 Fahr=
gastschiffe mit 46 000 t, 10 Frachter mit 37 000 t, 200 Schleppkahne, 8 Hochsee=
schlepper.
Portsmouth etwa zur gleichen Zeit ungefahr 70 Schleppkahne, 25—30 m lang.
Seit 12. 8. 1 Zerstorer weniger im Hafen.
Einfluge: 125 Einfliige, davon 100 ins Reichsgebiet ohne Schwerpunkt. Eindring=
tiefe Helgoland— Bremerforde— Bremen— Soltau— Hannover— Hamm—D6hmen—Gel=
dern. Schadensmeldung liegt noch nicht vor.
Durch Nachtjager 3 Abschiisse.
Am Nachmittag Einfliige nach Westfrankreich, Bombenabwiirfe im Raum Rouen.
Geringer S« haden.
603
B. Kriegstagebuch
2. Mittelmeer:
Nach franz. Fliegermeldung wurden am 17. 8. vormittags in Hohe Algier 1 Tra=
ger, 1 Schlachtschiff, 7—8 Einheiten, darunter angeblich auch Handelsschiffe mit Kurs
Ost und urn 09.15 Uhr nordlich Algier 1 Flugzeugtrager, ^—8 Zerstorer Kurs O ge=
sichtet. Es wird angenommen, dafi Flugzeugtrager Jagdkrafte nach Malta bringt,
zumal ein Tanker nach Malta durchgebrochen war. Eigene Bekampfung feindlicher
Luftwaffe und Geleitzugsicherung durch Fehlen eigener starkerer Jagdkrafte zur Zeit
sehr schwierig.
Lichtbilderkundung Haifa 17. 8. 08.25 Uhr: 1 Kreuzer, 2 Zerstorer, 4 Vorp.=Boote,
3 kleine Fahrzeuge, 9 Frachter 52 000 t, 3 Tanker 20 000 t.
La Valetta Lichtbild 12.08 Uhr: 2 Zerstorer, 3 U=Boote, 2 Minensuchboote, 3 Kor=
vetten, 4 Dampfer 49 300 t, 1 Tanker 11 500 t.
Feindliche Angriffe gegen Marsa Matruk und Tobruk ohne besonderen Schaden.
1 Abschufi durch Flak.
Fliegerfiihrer Afrika fiihrte Aufklarung und Jagdvorstofie vor Afrika=Korps durch.
Au6erdem Jabo=Angriffe gegen Kraftfahrzeugansammlungen im Mittelabschnitt der
Front mit guter Trefferwirkung. Bei Geleitschutzaufgaben an der Kiiste wurden im
Luftkampf 2 Feindflugzeuge abgeschossen.
3. Ostfront:
Schwarzes Meer: In der Temrjuk=Bucht gegen 06.00 Uhr 3 Raddampfer, 6 Ka=
nonenboote, 100 kleine Boote.
Vor Noworossijsk 14.24 Uhr 3 S=Boote Kurs Nordwest.
An der Kiiste zwischen Tuapse und Suchum lebhafter Schiffsverkehr, siidost Iau=
fend 7 Dampfer, 4 Vorp.=Boote, 1 S=Boot, 2 Zerstorer, 2 Schlepper, mit Nordkurs
1 Dampfer und 1 Schlepper festgestellt.
Suchum LB 13.10 Uhr: 1 Tanker 7 000 t, 6 Dampfer 4 000 t, mehrere Fahrzeuge
und Boote.
18. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 18. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A hat die Westgruppe der 1. Panzer=Armee den Ge=
birgskamm gewormen, die Ostgruppe bei wachsendem Widerstand nur geringe
Fortschritte gemacht.
Bei der Heeresgruppe B ist die 4. Panzer=Armee gestern zum Angriff nach
Norden angetreten. In der grofien Don=Schleife nordlich von Kalatsch befinden
sich nur noch Feindreste. Die 6. Armee hat in den Kampfen der letzten Tage
nur geringe Verluste gehabt. Der Fiihrer beabsichtigt, eine aus der rumanischen
3. Armee und einer weiteren rumanischen Armee zu bildende rumanische
Heeresgruppe unter dem nominellen Oberbef ehl des Marschalls Antonescu am
Don und an der Wolga einzusetzen. Zum Chef des Stabes dieser Heeresgruppe
ist der Chef der deutschen Militarmission in Rumanien, General Hauffe, vor=
gesehen, mit dem heute im Oberkommando des Heeres Besprechungen statt=
finden sollen.
Bei der Heeresgruppe Mitte ist das Untemehmen „Wirbelwind'' festge=
fahren. Der Feind hat einen Gegenangriff gegen die Ostflanke der 11. Panzer=
604
i8. August 1942
Division unternommen, der abgewiesen werden konnte. Bei der 3. Panzer=
Armee und der 9. Armee hat die feindliche Angriffstatigkeit — vielleicht wegen
des sehr schlechten Wetters in diesem Gebiet — nachgelassen. Die 14. mot.
Inf.Div. hat sehr schwere Verluste. Die mot. Div. „Gro6deutschland'' wird bei
Jarzewo (40 km nordostUch von Smolensk) ausgeladen.
An der Ostfront sind am 17. August 299 Eisenbahnziige (darunter 71 Trup=
pentransporte) ausgeladen worden. Damit ist eine Rekordziffer erreicht.
Im Kaukasus=Raum befinden sich annahernd 3 260 russische Flugzeuge,
darunter 2 ^00 Schulflugzeuge, 500 Frontflugzeuge und 260 englisch=ameri=
kanische Flugzeuge — unter den letzteren 80 Flugzeuge zum Schutze von Baku.
Weitere 100 fremdlandische Flugzeuge sollen sich in der Gegend von Tiflis
in der Montage befinden.
Die Luftwaffe rechnet weiterhin im mittleren Osten mit 350, in Agypten mit
1 000 und in Indien mit 600 englisch=amerikanischen Frontflugzeugen.
[Weisung Nr. 46: Richtlinien fur die verstarkte Bekampfung des Banden=
unwesens im Osten^.]
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Schon am nadisten Tage (19. August, 1. Abs.) verzeidinet Greiner, dafi die Ost=
gruppe der 1. Pz.Armee „sehr unter feindlichen Fliegerangriffen zu leiden" hatte.
Die gleidie Beobaditung konnte der Verfasser selbst madien, der sidi um diese Zeit
im Raume von Pjatigorsk aufhielt. Weiterhin ist von dem Besudi beim Gen.Kdo.
des Pz.Korps unter General Frhr. Geyr v. Schweppenburg noch erinnerlich, da6
dieser sich mit dem Gedanken trug. Telle der ihm unterstellten Sdinellen Verbande
fiir den Kaukasus=tJbergang auf der Grusinisdien Heerstrafie aus Landesmitteln
gebirgsmafiig auszuriisten.
Entgegen diesen Planen, bei deren Vortrag im Hauptquartier der Chef des
Gen.St.d.H. auch seine Skepsis nicht verbarg, waren die Vorgange jener Tage, ins=
gesamt betrachtet, durdi das standig geringer werdende Ausmajl der Fortschritte
gekennzeichnet, das ein Erreichen der weitgesteckten Ziele der Offensive immer
unwahrsdieinlidier madien mufite.
Marschall Antonescu hatte schon seit langerem erkennen lassen, dafi ihm daran
gelegen war, mit dem Eintreffen des Gros der in miihseligen Marschen heran=
kommenden rumanischen Verbande im Frontbereich selbst ihren Oberbefehl zu
iibernehmen. Was Hitler aus dieser Forderung zu machen unternahm, namlich dem
Marschall nur den „nominellen Oberbefehl" iiber die beiden rumanischen Armeen
zu iibertragen, die zudem wahrscheinlich durch 2 deutsche (4. Pz. und 6.) von
einander getrennt bleiben wiirden, war nur eine schlecht verhehlte Verlegenheits=
losung. Ihr in Mifitrauen und mangelnder Achtung gegeniiber dem Verbiindeten
begriindeter Charakter blieb auch Antonescu nicht verborgen. Infolge der spateren
Entwicklung ist es zu einer Ubernahme des Kommandos durch den rumanischen
Marschall nicht gekommen. General Hauffe war neben dem rumanischen General^
stabschef. General Steflea, als stellvertretender Chef des Stabes der H.Gr. Antonescu
vorgesehen.
1 W. Hubatsch, Hitlers Weisungen, a. a. O., S. 201—0$.
60^
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
III. rum. A.K. im Kampf nordl. des Kuban etwa 30 km siidwestl. von
Slawjanskaja mit starkeren russ. Nachhuten. Telle des V. A.K. nahmen Krym=
skaja und Abenskaja. Siidl. Krasnodar verteidlgte slch der Feind noch zah mit
Artl. Der Nordfliigel des LVII. Pz.Korps steht Im Kampf westl. von Nawalgin=
skaja. Der Feind verteidigt slch hier unter Ausnutzung der Schluchten zah.
97. Jg.Div. stieli siidl. von Maikop bis nach Alexejewskoje vor. XXXXIX. Geb.=
Korps steht mit V.=Abt.en siidwestl. des Scheloch=Berges, mit Teilen der
1. Geb.Div. in hartem Kampf nordl. des Kluchor=Passes. Der Feind verteidigt
hier den Eingang des Passes zah. Weitere Telle der Geb.Div. sind von Usch=
kulen iiber den Nachar=Paii im Vorgehen, um den Kluchor=Pa6 zu offnen.
Die am Elbrus vorgehenden Telle der Geb.Div. stehen siidl. des Elbrus am
Baschi=Pa6. XXXX. Pz.Korps Lage bei Baksan unverandert. Die bis Nowo=
poltawskoje vorstoiienden Telle der 23. Pz.Div. werden stark von der feindl.
Luftw. angegriffen. 13. Pz.Div., vonWesten kommend, steht an derBahn 30 km
nordostw. Georgijewsk. Das LII. A.K. steht mit seinen vordersten Teilen siidl.
Elista bei Bodigta=Sala und Spaskoje. Wetter: schwiil, strichw. Gewitter.
H.Gr. B:
4. Pz.Armee ist mit rechtem Fliigel nach Westen vorgestofien und hat die
am Bahnhof Abganerowo stehenden Feindkrafte eingeschlossen. Bei den
Gegenangriffen des Feindes wurden 19 Panzer abgeschossen. Wetter: driickend
heifi, Sandsturm. Der Briickenkopf nordvvestl. Stalingrad konnte erweitert und
gegen feindl. Angriffe gehalten werden. Siidl. Kremenskaja kampf en hier die
an der nordl. Donschleife stehenden eign. Krafte gegen herangefiihrten neuen
Feind. Bei Serafimowitsch versucht der Russe weiterhin, Truppen iiber den
Don auf das Siidufer zu schaffen. Westl. der Choper=Miindimg wurden An=
griffe auf die ital. Stellungen abgewehrt. Auch westl. Swoboda griff der Gegn.
vergebl. die eign. Stellungen an. Bei Woronesch gelang es mehr. Panzern,
in die eign. Linien am Siidostrand der Stadt einzubrechen. Gegenangriff im
Gange. An der Einbruchsstelle siidostw. von Jelez versucht der Gegner immer
wieder, die Einbruchsstelle nach Westen zu erweitern. 377. I.D. im Angriff zur
Bereinigung der Durchbruchsstelle. Siidl. Jelez nur schwach. Aufkl. Vorstofie.
Wetter: bedeckt, kiihl. Temp. 15 Grad.
H.Gr. Mine:
Der Feind verteidigt weiterhin mit starken Kraften und massierter Artl.
das Nordufer der Shisdra. Nach anfanglichen Erfolgen konnten eign. Krafte
den Angriff nicht fortsetzen. Wegen unbestandigem Wetter kam auch der
Einsatz der Luftw. nicht voll zur Geltung. Angriffe auf die rechte Flanke des
Angriffstreifens wurden abgewiesen. Ostw. Wjasma mufiten samtliche Feind=
606
i8. August 1942
angriffe unter schweren Verlusten eingestellt werden. Die 31. 1.D. konnte
trotz starker feindl. Gegenwehr die eign. Stellung nach Osten vorverlegen.
An der Einbruchsstelle zwischen Rshew iind Sytschewka setzte der Gegn. seine
starken, mit Artl. unterstlitzten Angriffe fort. Samtliche Angr. wurden unter
schweren Feindverlusten abgewehrt, Bereitstellungen durch Artl. zerschlagen.
Nordl. Rshew vergebl. Feindangriffe und starke feindl. Artl.=Angriffe, beider=
seitige Verluste hoch. Westl. und nordl. von Bjeloj wurden zwei russ. Angr.
abgewiesen.
H.Gr. Nord:
Nordl. Demjansk griff der Feind mit starken Kraften und Panzerunter=
stiitzung an. Nach voriibergehendem Einbruch wurde im Gegenangriff die
Lage wiederhergestellt. Nordl. und siidl. der Landbriicke siidl. Ilmensee ver=
gebl. Feindangriffe. Eign. VorstolE bei Salzy war von Erfolg, feindl. Gegen=
angriffe wurden abgewehrt. Bei SS=Polizei=Div. siidostw. von Leningrad gelang
es dem Gegner nach mehrmaligem Anrennen, die eign. Linien zu durchbrechen;
Gegenmafinahmen sind eingeleitet.
Finnland
Vor Geb.AOK 20 Fortdauer der feindl. Schanztatigkeit. An der Fischer=Halbinsel
verstarkter Nachschubverkehr des Feindes.
Panzerarmee Afrika (17. 8.)
Besondere Meldungen liegen nodi nidit vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 18. 8. 42
I. Raum um England:
Bei Tage Aufklarungstatigkeit im Seegebiet um England, bei Nacht wurde mit
geringeren Kraften Norwich (Treffer im Stadtgebiet und Brande) und mit 1 Flugzeug
Great Yarmouth (beobachtete Treffer im Zielgebiet) angegriffen.
Nordnordostlich Newcastle 21.37 Uhr 1 Zerstorer Kurs West, bei Angriff auf
diesen Zerstorer Treffer neben der Bordwand, Beschadigung erscheint jedoch fraglich.
Im Gebiet von Margate und Ramsgate lebhafte Bewachertatigkeit.
19.36 Uhr vor Ramsgate 4 Dampfer je 1 000 t vor Anker.
07.05 Uhr 8 S=Boote Dover einlaufend.
Bei der Aufklarung um 07.00 Uhr wurden die Hafen von North Foreland und
Ramsgate als unbelegt gemeldet.
An der Westspitze Insel Wight 10.28 Uhr 4 Minensuch= und Raumboote bei
Raumtatigkeit.
Bomemouth 10.25 Uhr 6 Dampfer einlaufend.
30 sm westlich Portland 18.43 LIhr 15 Dampfer, 1 Zerstorer, 5 Vorp.Boote.
Es wurden abgeschossen : An der Kanalkiiste 1 Vickers Wellington und 6 Spitfire.
Tag=Jabo=Angriffe gegen Folkestone, St. Blazey und Ventner mit Treffern in
Stadtteilen.
Am 17. 8. wurde in Qu 14 West 8515 eine Whitley abgeschossen (450 km westlidi
Bordeaux) .
607
B. Kriegstagebuch
Einfluge: Von no Einflugen etwa 90—100 ins Reichsgebiet. Davon 65—70 im
Ostteil. Bombenangriffe auf verschiedene Stadte und Ortschaften. Danzig 12—15
Sprengbomben, 3 Wohnhauser zerstort, 11 zum Teil stark beschadigt. 1 Soldat
getotet, 5 Zivilisten tot, 3 Schwer= und 3 Leichtverletzte.
Im Westteil Minenabwiirfe Gr. Belt— Kieler Bucht und Deutsche Bucht an=
zunehmen.
3 Abschiisse durch Nachtjager.
2. Mittelmeer:
Am 18. 8. wurde liickenlose Aufklarung gegen die am 17. 8. gemeldeten engl.
Streitkrafte durchgefiihrt, nichts gesichtet.
Nach FT=Oberwachung wurde Flugzeugiiberfiihrung von Jagdflugzeugen nach
Malta durchgefuhrt. „Furious" und 10 Zerstorer 18.8. in Gibraltar eingelaufen.
Bei Feindangriffen gegen Marsa Matruk und Tobruk 3 Abschiisse durch Flak.
Keine Schaden gemeldet.
Fliegerfiihrer Afrika bei Geleitschutzaufgaben 1 Feindflugzeug abgeschossen.
Aufklarung von Panzerarmee durchgefiihrt.
5. Ostfront:
71 Abschiisse.
Suchum 09.11 Uhr auf Reede : 2 Tanker 2 000 t, 1 Frachter 1 000 t, 6 Kiisten=
fahrzeuge 3 000 t, 30 Boote.
Otschemtschiri 09.19 Uhr : 1 Frachter 1 000 t, 2 Vorp.=Boote,
Poti 10.02 Uhr: 1 Schlachtschiff, 2 schwere Kreuzer, davon einer beschadigt,
5 Zerstorer, davon 2 im Dock, 1 Fahrgastschiff 7 500 t.
Batum 10.20 Uhr: Teilergebnis wegen zu starker Bedeckung: 1 schwerer Kreuzer
iiberdacht, 1 Zerstorer, 2 Tanker 10 000 t, 4 Frachter 17 500 t.
Astrachan 06.35 Uhr: 24 Frachter, 10 Raddampfer, 25 OUeichter, 5 Leichter,
10 Lastkahne, 3 Flofie, 140 Flufifahrzeuge.
Machatsch Kala 09.45 Uhr: 8 Frachter 4200 t, 1 Tanker 2000 t, 1 Raddampfer,
6 Lastkahne 7 500 t, 2 kleine Kiistenfahrzeuge, 40 kleine Boote.
An der Kuste zwischen Machatsch Kala und Astrachan morgens 9—10 Schlepp=
ziige, 4 kleine Frachter, Raddampfer, Kanonenboote auf Nord= und Siidkurs.
Gurjew 08.12 Uhr: 3 Raddampfer, 3 Frachtkahne, 2 Dlleichter und 102 Flu6=
fahrzeuge.
Ural=Miindung 08.16 Uhr: 3 Raddampfer, 7 Frachtkahne Kurs Sud, 4 Frachtkahne,
1 Schleppzug mit 3 Kahnen Kurs Nord. 16 Frachter, 2 Raddampfer, 1 Schleppzug
mit 2 Lastkahnen stilliegend.
07.28 Uhr 20—30 km stromaufwarts ein Schleppzug, 1 Raddampfer, 1 Lastkahn
Kurs Slid.
Eismeer: Etwa 30—40 sm ostsiidostwarts Langanes 06.10 Uhr 1 mittlerer, 1 kleiner
Dampfer Kurs 225 Grad. Angriff erfolglos.
In Reykjavik 15.30 Uhr 2 Fahrgastschiff e je 20 000 t, 2 Frachter, mehrere kleine
Dampfer und Kiistenfahrzeuge.
Im Hval=Fjord 15.20 Uhr 1 Schlachtschiff „King George"=Kl., 2 schw. Kreuzer,
1 leichter Kreuzer, 2 Zerstorer, 3 Tanker und 8 Frachter.
608
19. August 1942
19. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 19. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A hat der feindliche Widerstand vor der rumanischen
3. Armee und vor der 17. Armee erheblich zugenommen. Es scheint auch frag=
lich, ob das XXXXIX. Gebirgskorps stark genug ist, um bis Suchum durch=
zustofien. Bei der Ostgruppe der 1. Panzer=Armee haben das III. und das
XXXX. Panzerkorps sehr unter feindlichen Fliegerangriffen zu leiden.
Bei der Heeresgruppe B wird die 4. Panzer=Arinee, wenn ihre Treibstoff=
versorgung rechtzeitig durchgefiihrt werden kann, morgen, die noch in der
Umgruppierung befindliche 6. Armee iibermorgen den unterbrochenen Angrif¥
wieder aufnehmen. Letztere hat den auf dem ostlichen Don=Ufer nordwesthch
von Stalingrad gewonnenen Briickenkopf erweitern konnen.
Bei der Heeresgruppe Mitte ist die Lage der 3. Panzer= und der 9. Armee
nach Meldung des Generalfeldmarschalls von Kluge iiberspannt, die Kampf=
kraft und die Gefechtsstarken der Truppen haben sehr abgenommen. Das
Unternehmen „Wirbelwind'' bezeichnet der Feldmarschall als wenig aussichts=
reich, da er nicht liber ausreichende Krafte verfiige und auch keine Moglichkeit
bestunde, neue Krafte heranzufiihren, weil die Eisenbahn durch den Antrans=
port der Div. „Grolideutschland'' und der 72. Inf.Div. bis Anfang September
belegt sei. Dabei fordert der Oberbefehlshaber der 9. Armee, Generaloberst
Model, zum Abstiitzen seiner Front zwei f rische Divisionen. Der Fiihrer erklart :
wenn er Krafte hatte, so miifiten sie beim Unternehmen „Wirbelwind'' ein=
gesetzt werden. Auch die Div. „GroJSdeutschland'' gehore dorthin. Die 3. Pan=
zer= und die 9. Armee miifiten ihre Fronten auch ohne weitere Hilfe halten.
Der Fiihrer ordnet an, dali im Anschlufi an die Div. „Grofideutschland'' die
298. Inf.Div. (siehe 16. 8.) zur Heeresgruppe Mitte gefahren wird.
Westen: Heute morgen um 6.00 Uhr sind englische Truppen bei Dieppe
gelandet^. In der gestrigen feindlichen Lufttatigkeit hat sich die Landungs=
absicht des Gegners nicht abgezeichnet. Die Landung erfolgte in 30 km Breite,
bei Dieppe selbst befinden sich englische Panzer an Land, die dortigen Hohen
sind fest in eigener Hand. Die SS=Division „Adolf Hitler'' und die 10. Panzer=
Division sind dem dortigen Abschnittskommandeur, General Kuntzen, Kom=
mandierender General des LXXXI. Armeekorps, zur Verfiigung gestellt wor=
den. Der Fiihrer erwagt, die Div. „Gro6deutschland" nun doch noch nach dem
Westen abzubefordern, lafit diesen Gedanken aber wieder fallen, da der Ober=
befehlshaber West meldet, dafi man hoffe, bis zum heutigen Abend mit den
gelandeten Englandem endgiiltig fertig zu werden.
Zum brit.=kanad. Landungsversuch bei Dieppe (Unternehmen ,,Jubilee") vgl. die
auch das verfUgbare deutsche Quellenmaterial auswertende Darstellung von
Jacques Mordal, Les Canadiens a Dieppe, Paris 1962.
609
B. Kriegstagebuch
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
General Warlimont, der erst im Laufe des 19. August von seiner Dienstreise
in den Kaukasus zuriickkehrte, erhielt noch auf dem Flugplatz durch erste Berichte
seiner Mitarbeiter ein lebhaftes Bild von der Aufregung, die — trotz aller Vor=
aussicht Hitlers — der britisch=kanadisdie Vorstofi bei Dieppe im deutschen Haupt=
quartier hervorgerufen hatte.
An der unsachlichen Beurteilung der Ziele dieses von vornherein raumlich und
zeitlich eng begrenzten Landeunternehmens, die spatestens bei Eingang der er=
beuteten britischen Operationsbefehle, also lange vor der Veroffentlichung des
besonderen OKW=Berichtes am 29. August, einwandfrei erkannt waren, hatte
General Zeitzler, damals Chef des Gen.St. beim OB West, einen wesentlichen Anteil.
Die Eindriicke aus den Meldungen, mit denen er das Hauptquartier iiberschiittete,
verded<;ten bei den mafigebenden Stellen offenbar auch nachtraglich noch die Ein=
sicht in den wirklichen Hergang. Der Verfasser glaubt iiberdies annehmen zu
konnen, dafi Zeitzlers erneutes Hervortreten bei diesem Anlafi an seiner etwa
einen Monat spater folgenden Berufung in die Stelle des Chefs des Gen.St.d.H.
keinen geringen Anteil gehabt hat.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raume Kertsch ruhiger Verlauf des Tages.
Armeegr. Ruoff noch keine Meldung wegen Leitxmgsstorung. (S. Nachtr.)
AUgemeine Beurteilung: Zur Deckung des Abtransportes aus den Schwarz=
meerhafen leistet der Feind vor ganzer Front starken Widerstand. Bei i. Panzer=
armee Feindwiderstand durch das Gelande (zahlreiche Wasserlaufe) und
durch Tiefangriffe iiberlegener feindl. Luftwaffe unterstiitzt, Fortsetzung des
Abfliefiens iiber die Heeresstrafien von Prochladny nach Osten und liber Darg=
Koch nach Osten und Siidosten. 23. Pz.Div. nahm einen Ort 10 km westl.
Maiski, dort Briickenschlag begonnen. Auch gestern wieder roUende Flieger=
angriffe auf die Spitzen der vorgehenden Truppe. LII. A.K. ist mit V.=Abt.en
111. I.D. bis Budenowsk und Lewokumskoje ohne Feindberiihrung vorge=
stofien. 13. Pz.Div. an der Bahn bei Woronzewo=Alexandrowskoje. Die
370. I.D. stofit beiderseits des Manytsch nach Siidosten vor und ist im Raume
Motta=Raguli mit Masse eingetroffen. V.=Abt.en der 370. I.D. stellte Tatschin=
Zaryng feindfrei fest.
H.Gr. B:
Der am Bahnhof Abganerowo eingeschlossene Feind versucht vergeblich
auszubrechen. Angriffe zur Entlastung von Norden wurden abgewiesen. Die
24. Pz.Div. hat westl. der Seenkette siidl. Zasa den Schutz der rechten Flanke
der 4. Pz.Armee iibernommen. Starkere Panzerangriffe des Feindes gegen den
Don=Bruckenkopf nordwestl. Stalingrad waren vergeblich. Die in der Nord=
schleife des Don vorgehenden eign. Truppen konnten siidostw. Kremenskaja
Feindangriffe abwehren. Es gelang dem Gegner siidwestl. von Kremenskaja,
den Don zu iiberschreiten und die dort stehenden eign. schwachen Sicherungen
610
19- August 1942
zu durchbrechen. Er f iihrt weitere Verstarkungen an diese Einbruchsstelle heran.
22. Pz.Div. ist zur Unterstiitzung dem XI. A.K. unterstellt. An der iibrigen
Don=Front im Raume der ital. 8. Armee wurden Ubersetzversuche des Feindes
grofitenteils abgewiesen. Bei Korotojak konnte der eingedrungene Feind bis an
den Ostrand der Stadt zuruckgedriickt werden. Nach den schweren Kampfen
der letzten Tage im Raume Woronesch und slidl. Jelez ist der gestrige Tag
zum ersten Mai vollkommen ruhig verlaufen. Auch Feindbewegungen wurden
nicht beobachtet.
H.Gr. Mitte:
Trotz pausenloser ausgezeichneter Unterstiitzung durch die Luftwaffe und
hervorragenden Angriffsgeistes der Truppe ist es bisher nicht gelungen, im
Angriff nach Norden siidl. Suchinitschi wesentlich Boden zu gewinnen. Der
Feind verteidigt sich zah in stark ausgebauten Stellungen nordl. der Shisdra,
die durch starke Artl. und eingegrabene Panzer verstarkt ist. Bei den Angriffen
westl. Bjelew wurden ^yo Gefangene gemacht. Nordl. davon ist der Angriff
mit Panzern im Gange. Die auf dem linken Fliigel der Angriffsfront beim
Oberholen eingeschlossenen Feindteile wurden vernichtet bzw. gefangenge=
nommen. Hier etwa 1 000 Gefangene. Ostw. Wjasma wurden mehrere Feind=
angriff e nordl. der Bahn Wjasma— Kaluga abgewiesen. Siidl. der Rollbahn
Wjasma— Moskau wurde ein Feindangriff mit 30—40 Panzern durch Gegen=
angriff zum Stehen gebracht. Ostw. Gshatsk vergeblicher Feindvorstofi in
Kp.=Starke. Die im Raume ostw. Sytschewka angreifenden russ. Krafte, die
von massierten Panzern unterstiitzt waren, konnten iiberall abgewiesen wer=
den. Ein kleiner Einbruch bei 2. Pz.Div. wird durch Reserven beseitigt. Auch
nordl. Rshew hatten die schweren mit Panzern unterstiitzten Feindangriffe
keinen Erfolg. Verluste des Gegners hoch.
H.Gr. Nord:
Bei Bely Bor greift der Feind mit Panzerunterstiitzung die Nordostfront der
Demjansk=Stellung an. Feindvorstofie siidostw. Staraja Russa und siidl. der
Briickenstelle wurden abgewiesen. Bei einem vergebl. Feindvorstofi auf den
eign. Briickenkopf siidl. Salzy wurden 4 Feindpanzer erledigt. Eign. Vorstol?
zur Bereinigung der Einbruchsstelle siidostw. Leningrad blieb im feindl. Artl.=
Feuer liegen.
Nachtrag H.Gr. A:
Schwere Kampfe besonders bei V. und XXXXIV. A.K. an den Nordhangen
des Kaukasus. Rum. 3. Armee konnte ihre vorgeschobenen Briickenkopf e
nordl. des Kuban nach Westen erweitem. V. A.K. gewann gegen starken
Widerstand etwas Gelande nach Siiden. Im Industriegebiet von Maikop noch
zahlreiche Feindgruppen. XXXXIX. Geb.Korps stiefi weiter nach Siiden gegen
schwachen Feindwiderstand vor und hat z. T. den Hochgebirgskamm erreicht.
V.=Abt. 1. Geb.Div. nahm den von ^00 Russen verteidigten Kluchor=Pai3.
611
B. Kriegstagebuch
Finnland
Finn. Sudostfront: Westl. des Seg=Sees verier eine Feindfernstreife loo Tote.
Nordostfront (Geb.AOK 20): Aufier erfolglosen feindl. Spahtruppunternehmen
an der Murman= und Fischerhalbinsel=Front keine bes. Kampfhandlungen.
Panzerannee Afrika (18. 8.)
Keine besonderen Meldungen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 19. 8. 42
1. Raum um England:
Im Laufe des 19. wurden im Raum um England 94 Flugzeuge sicber, 30 wahr=
scheinlicb abgeschossen.
Wahrend des 19. im Gebiet Insel Wight bis Dungeness und Dieppe— Fecamp in
Zusammenhang mit Landungsunternehmung sehr lebhafter Schiffsverkehr.
Etwa 30 sm sUdlich Start Point 09.20 Uhr Geleit von 4 Dampfern, 2 Zerstorern,
1 Vorp.=Boot, Kurs West.
10 sm siidlich Landsend 10.00 Uhr 9 Dampfer, 4 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote, Kurs
130 Grad.
Vor Lowestoft 11.14 Uhr 15 Handelsschiffe und mehrere Bewacher, Kurs Siidost.
Vor Great Yarmouth 11.19 Uhr 7 kleine Dampfer, Kurs Siid.
11.43 Uhr 30 sm nordlich Cromer Geleit von 16 Dampfern und mehreren Be=
wachern, Kurs nicht gemeldet.
17.32 Uhr nordwestlich Kinnaird Head 12 Dampfer, Kurs Nordwest.
In Peterhead um 17.45 Uhr 6 grofie Schiffe.
Eigener Nachteinsatz: ^o Flugzeuge Angriff auf Portsmouth, davon 25 iiber Ziel.
13 haben Auftrag abgebrochen, iibrige Ausweichziele angegriffen.
Keine Feindeinfliige ins Reichsgebiet.
2. Mittelmeer:
Hafenbelegung La Valetta 10.05 Uhr: 4 Dampfer, 2 Tanker, 3 U=Boote, 2 Vorp.=
Boote, 2 Minensucher.
In Luftkampfen an nordafrikanischer Front 3 Spitfire und 1 Beaufighter ab=
geschossen.
3. Ostfront:
Tuapse 07.50 Uhr 2 Dampfer zus. 6 000 t, 1 Tanker, 1 Schulschiff 7 000 t. Aus
Tuapse auslaufend 1 schwerer Kreuzer.
Auf der Hohe von Adler wird der Rumpf eines schweren Kreuzers durch 4 Vorp.=
Boote abgeschleppt. .
Auf der Wolga lebhafter Schleppzugverkehr.
Hafenbelegung Astrachan 09.57 Uhr 8 Dampfer, 24 Raddampfer, 56 Lastkahne,
4 Flofie, 450 Boote; in Reparatur 2 Raddampfer, 15 Leichter.
5 sm nordwestlich Hogland gegen 09.00 Uhr ein russ. U=Boot versenkt.
Lfl. 5 klarte bei Spitzbergen ohne taktisches Ergebnis auf.
Westkiiste Spitzbergen bis Glocken=Sund eisfrei. Glocken=Sund bis Eis=Fjord
5— loVo Treibeis.
11.50 Uhr an der Nordkuste Islands insges. 11 Vorp.=Boote.
Im Hafen Reykjavik um 15.35 Uhr 10—15 grofie Fahrzeuge.
612
20. August 1942
20. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 20. August 1942
Lagevortrag:
Bei dem gestrigen englischen Landungsunternehmen bei Dieppe, das noch am
selben Tage voUig zusammengebrochen ist, ohne dafi es des Eingreifens der
beiden dem Absdmittskommando zur Verf iigung gestellten schnellen Verbande
bedurfte, sind von der Royal Air Force ca. 800 Jager imd 100 Bomber, von
deutscher Seite 610 Jager und 50 Bomber eingesetzt worden. 112 britische
Flugzeuge wurden abgeschossen, die eigenen Verluste betragen 35 Flugzeuge.
25 offene englische Funkspriiche sind bei der Landung aufgefangen worden.
Der 121 Seiten lange britische Operationsbefehl fiel mit einem kanadischen
Brigadestab in deutsche Hand.
Der Fiihrer spricht sich liber das Unternehmen folgendermajSen aus: Stalin
habe offenbar bei seinen kiirzlichen Besprechungen mit Churchill in Moskau
einen ganz starken Druck auf letzteren hinsichtlich der sofortigen Errichtung
einer „Zweiten Front'' ausgeiibt. Daher habe Churchill unmittelbar nach seiner
Riickkehr nach England das sehr unvorbereitete Unternehmen durchfiihren
lassen. Das britische Ziel sei anscheinend gewesen, Dieppe zu nehmen, um
dann entweder nach Norden gegen den Riicken der deutschen Kanalbefestigun=
gen oder nach SUdwesten gegen Le Havre vorzugehen. Der Fiihrer befiehlt,
dafi vom OKW ein zusammenfassender Bericht iiber Dieppe verfafit wird,
in welchem die britischen Absichten in Gegensatz zum tatsachlichen Verlauf
gestellt werden sollen. (Der Bericht ist am 29. 8. in der Presse veroffentlicht
worden.)
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der „zusammenfassende Bericht tiher Dieppe" ist von der Abt. WPr nach den
Richtlinien und unter starker eigener Mitwirkung des Chefs WFSt abgefafit worden.
Ob darin auch Angaben iiber die damals vom Gegner erstmals angewendete
Fesselung der Gefangenen, die ihrer Art nach bei der geringsten Bewegung zur
Selbst=Erdrosselung fiihrte, enthalten waren, entzieht sich der eigenen Kenntnis.
Es sei jedoch vermerkt, dafi die Feststellungen, die dariiber bei den am Strande
zuriickgelassenen, zeitweilig in Gefangenschaft geratenen deutschen Soldaten ge=
macht werden konnten, teilweise fiir die Repressalien nach Hitlers „Kommando=
befehl" vom 18. Oktober 1942 mafigebend gewesen sind^.
Soweit feststellbar und erinnerlich, hat die oberste Fiihrung sich s. Z. mit den
Folgerungen begniigt, die der OB West selbst aus den Erfahrungen von Dieppe
auf den Gebieten von Aufklarung und Sicherung, Nachrichteniibermittlung und
Verteilung seiner Reserven gezogen hat, zumal Zeitzler dafiir sorgte, dafi auch diese
Befehle Hitler zur Kenntnis gebracht wurden. Moglich ist es daneben, dafi einige
Fliegerverbande zusatzlich nach dem Westen verlegt wurden.
Bemerkenswert und fiir die Haltung des Generalstabes des Heeres gegeniiber
den „OKW=Kriegsschauplatzen" kennzeichnend ist es schliefilich noch, dafi der
Vorgang von Dieppe im Tagebuch Haider keinerlei Erwahnung gefunden hat.
1 Vgl, auch IMT, Bd. XV, Vernehmung Jodls, S. 345 ff., besonders S. 348 und 352.
613
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
11. Armee auf der Krim Lage ruhig.
Wetter warm, bewolkt windig.
Armeegruppe Ruoff Angriffsspitzen der rum. Kav. NO Kurtschanskaja.
Rechter Fliigel V. A.K. steht bei Krymskaja und hat siidl. Abinskaja einen
feindl. Panzerangriff abgewehrt. Siidl. Krasnodar kampfen eigene Krafte in
Linie Worjatschni— Kijutsch— Roschet. Der Feind verteidigt die Gebirgspasse;
stark. Teile der 4. Geb.Div. sind nach Siiden im Bolschajatal vorgestofien und
stehen etwa 10 km nordl. des Satschedan=Berges. Eine andere Abt. ist im
Vorgehen im Beskes=Tal. westl. davon. 1. Geb.Div. hat mit vorderen Teilen
Feindstellung siidl. des Kluchor=Passes durchbrochen und ostw. davon den
Nachar=Pafi gestiirmt. Andere Teile 1. Geb.Div. stehen siidostw. des Elbrus=
berges im Kampf mit Feindkraften. 23. Pz.Div. kampft siidwestl. Maiskij.
15. Pz.Div. hat nordl. davon Woronzowo genommen und ist im Vorgehen
nach Osten. 111. Div. hat bei Praskowaja und Wladimirowka den Kuma iiber=
schritten. Beide Briicken sind unzerstort (150 km vom Kaspischen Meer ent=
fernt). Masse der 370. Div. steht im Raume Arsgir.
H.Gr. B:
Feindl. Angriffe auf die rechte Flanke der 14. Pz.Div. wurde abgewiesen.
Die am Bahnhof Abganerowo eingeschl. Feindteile wurden vernichtet und
Pz.=Angriffe nordl. des Bahnhofes abgeschlagen. Der Briickenkopf NW Stalin=
grad wurde erweitert, die Kriegsbriicke iiber den Don ist fertiggestellt. Bei
feindl. Pz.=Vorstoi3en auf den Briickenkopf wurden 12 Pz. vernichtet. Ober=
setzversuche vor der 8. ital. Armee wurden abgewehrt. Feindansammlungen
ostw. Swoboda erkannt. Im Nordfliigel der Heeresgruppe keine Veranderungen.
Wetter: Nordl. des Kaukasus sehr schwiil, starke Gewitterregen, Wege=
zustand sehr verschlechtert. Im Donbogen teils Regenschauer, teils sonnig, im
Raume Woronesch mittags wolkenbruchartiger Regen, Wege z. T. nicht be=
fahrbar.
H.Gr. Mitte:
AUe Angriffe aus dem Raum westl. Bjelew wurden unter hohen Feind=
verlusten abgewehrt. Der Angriff gegen die stark befestigte Shisdra=Stellung
schreitet nur langsam vorwarts. Feindl. Pz.=Angriffe mit starker Artl.=Tatigkeit.
Wetter: wechselnd bewolkt, trocken, Strafien bewassert. Ostw. Wjasma
wurden alle Feindangriffe abgewehrt und Bereitstellung durch eigene Artl.
zerschlagen.
Starke Feindvorstofie auf die Eckpfeiler der Einbruchsstelle siidostw. Rshew
wurden verlustreich fiir den Feind abgewiesen und Bereitstellungen zer=
schlagen. Nach mehreren Angriffen auf die Nordfront von Rshew gelang es
614
20. August 1942
dem Gegner, mit mehreren Pz. durchzubrechen. Die durchgebrochenen Pz.
wurden z. T. vernichtet, z. T. gingen sie zuruck. An der Demjansk=Front brach
der Feind siidwestl. Ljubniza bei Bely Bor in die eigene Stellung ein. Einbruchs=
stelle abgeriegelt. Siidostw. Staraja Russa wurden mehrere Feindangriffe an
der Pola und an der Redja abgewiesen. Bei Salzy wurde Bereitstellung zer=
schlagen. Der siidostw. Leningrad bei der SS=Pol.=Div. eingebrochene Gegner
wurde zum Stehen gebracht und die Einbruchs stelle abgeriegelt.
Finnland und Afrika keine besonderen Meldungen.
Westen
Frankreich:
Am 19. 8. ab 06.05 Uhr feindl. Landungsversuch bei und um Dieppe. Um
10.00 Uhr dauerten Landungen bei Dieppe und Pourville (2 km westl. Dieppe)
noch an, bei Quiberville war die Lage xmgeklart, bei St. Aubin war anscheinend
ein weiterer Landungsversuch in Vorbereitung. Am Spatnachmittag des 19. 8.
waren die feindl. Landungsversudie Uberall mit Erfolg abgeschlagen. Kein
bewaffneter Brite mehr auf dem Festland. Der eigenen Artl. gelang es im
letzten Augenblick, noch 3 feindl. Zerst., 2 Torpedoboote, die sich nahe heran=
gewagt hatten, und mehrere Landungsboote zu versenken.
Gefangene 1 500, dabei 60 kanadische Offz.e, 28 Panzer, darunter amerik.,
vernichtet. Genaue Zahl folgt. Hohe blutige Verluste des Feindes. Erste Ge=
fangenenvernehmung erfolgt. Feind hat auf hoher See auf Landungsboote
umgeladen. Kanadier, Englander, Amerikaner und Freifranzosen.
Unternehmen stellt sich wie folgt dar: Landungsgruppe von 300—400 Lan=
dungsfahrzeugen, geschiitzt von 13—15 Kreuzern und Zerstorern und mehreren
Gruppen Jagern. Dahinter eine schwimmende Reserve von 6 Transportern
und 3 Frachtern. Zwischen Festland und England eine operative Reserve von
26 Transportern. An Land sind nach bisherigen Feststellungen etwa 3 Rgt.er
und etwa 30 Kampfwagen gewesen. Vor Hafeneinfahrt Dieppe 1 Zerstorer
(Typ Hunt) durch Jabo versenkt.
Feststellungen aus Gefangenenaussagen.
Nachgewiesen : 9. Commando, Royal Hamilton Light Infantry (2. Kan. Div.),
7 Btl.e.
Einzelaussagen: Gefangene sind in Auffanglager in Sudengland gesammelt.
18. 8. nachmittags nach einem nichtgenannten englischen Hafen transportiert,
dort in Transportschiffe geladen und 19. 8. friih zwischen 04.00 Uhr und
06.30 Uhr in Sturmmotorbooten (12 m lang) je 40 Mann umgeladen worden.
Ziel sei unbekannt gewesen.
Ausriistung: Gewehr, MG, MP und Handgranaten.
Sonderauf trag : 1 Battr. zu nehmen.
615
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 20. 8.42 - '
1. Raum um England:
Am Tage nur Aufklarung im Seegebiet, keine Angriffe auf Landziele.
Abschiisse: i Handley Page, 3 Spitfire, 1 Spitfire wahrscheinlich.
Bei Nacht Angriffe mit geringeren Kraften auf Portsmouth, Brande im Hafen=
und Werftgebiet und in der Stadt.
Nachmeldung zum 19. 8. Zusammenfassung 20. 8. 23.00 Uhr: Es waren eingesetzt
insgesamt 945 eigene Flugzeuge. Es wurden abgeschossen 128 sicher, 26 wahrscKein=
lich, davon 102 durch Jager, 6 durch Kampfflugzeuge, 20 durch Flak. Es wurden
versenkt: 1 Zerstorer, 1 Sturmboot, 5 Handelsschiffe zus. 13000 t, wahrscheinlich
versenkt 1 S=Boot, beschadigt 4 Kreuzer, 4 Zerstorer, 8 Handelsschiffe mit zus.
17 000 t. 2 S=Boote, 1 Sturm=Landeboot, 1 Schlepper, 1 Seenotboot.
Vor Ramsgate 20.14 Uhr 1 Zerstorer und 2 S=Boote Kurs Nord.
Zwischen Dover und Hastings mehrere S=Boote.
In Hastings 10.47 Uhr 2 gr. Schlepper.
Siidlich Dungeness 09.25 Uhr 2 Zerstorer, 2 Dampfer Kurs 45 Grad.
In Brighton 07.35 Uhr 3 gr. Kriegsfahrzeuge, 12 kl. Landungsboote.
Etwa 60 sm westlich Brest franz. Fischkutter durch Jabo mit Bordkanonen be=
schossen, schwer beschadigt.
Einfliige: 137, davon 8^ ins Reichsgebiet. Davon 50 im Osten und etwa 30 im
Westen. 2 Abschiisse durch Flak, 2 durch Marineflak, 1 Absturz. Im Westen Minen=
legen in der Ostsee und Ostsee=Eingangen wahrscheinlich. Keine Bombenabwiirfe.
Im Osten Schwerpunkt Warschau. 42 Sprengbomben, 2 Bomben mit Lzz., 3 Brand=
bomben. 31 Schadensstellen, darunter Hauptbahnhof, Skoda=Werke. 1 Transportzug
beschadigt. 3 Hauser beschadigt, 25 Brande. 24 Tote, 8 Schwer=, 62 Leichtverletzte.
2. Mittelmeer:
Die vom 19. zum 20. durch Strafie Gibraltar nach Osten laufend gesichteten
17 Schiffe und danach angeblich ausgelaufenen schweren Streitkrafte lassen ver=
muten, dafi erneut Versorgung Malta versucht wird. Darauf deutet besonders ge=
ringer Funkverkehr im Ost=Mittelmeer (wie vor alien grofieren Unternehmungen)
und Starke U=Bootstatigkeit im Mittelmeer. Aufklarung zur Feststellung Feind=
streitkrafte lauft.
Nach Lichtbild Malta 20. 8. 1 Zerstorer, 2 Wachboote weniger, bei La Galite mit
Kurs West und hoher Fahrt festgestellt.
5. Ost front:
Am 19. 8. 97 Abschiisse, 7 Flugzeuge am Boden zerstort.
Am 20. 8. 6^ Abschiisse.
Lichtbildaufklarung vom August ergab in Leningrad bisher 169 Schiffseinheiten,
in Kronstadt 195, darunter 29 U=Boote in den Hafen.
Auf dem Ladoga=See befinden sich 439 Einheiten, darunter 40 Kriegsfahrzeuge,
5 Hilfskriegsschiffe, 2 Torp.Boote, 32 R=Boote und Motorboote, 360 Dampfer zus.
64 000 t.
Bei Lfl. 1 wurde abgeschossen 1 MIG 3, 1 Jak, 1 Lagg 3 (nordlich Ilmen=See),
und bei Iwanowkoje. Zwei 32 t Panzer vernichtet.
Mit 136 Transportflugzeugen wurden die Truppen bei Demjansk mit Personal,
Versorgungsgut und Betriebsstoff versorgt. Leistung: 41 Mann, 272,4 t Versorgungs=
gut, 276,5 t Betriebsstoff.
Bei Angriffen auf Kriegsfahrzeuge in der Nordbucht von Lavansaari wurde ein
300 t MS=Boot versenkt, ein MS=Boot durch Nahtreffer beschadigt.
Eismeer: In 71 Grad Nord 1 Grad 25 Min. West 20.20 Uhr 1 schw. und 1 leichter
616
21. August 1942
Kreuz€ir Kurs 270 Grad, vor Reykjanes 1 Schlachtschiff, 1 vermutl. leichter Kreuzer
viele Zerstorer 14.25 Uhr Kurs Siid.
Im Hafen Reykjavik 15.20 Uhr 3 gr. Schiffe, vermutlich Fahrgaster.
14.15 Uhr Vahl=Fjord 1 vermutl. leichter Kreuzer, 2 Tanker, 8 gr. Fahrzeuge.
Am 18. 8. ergab Lichtbild Vahl=Fjord 1 Schlachtschiff King George=Kl., 2 schw.
Kreuzer Cumberland=Kl., 1 leichter Kreuzer Omaha=Kl., 2 Zerstorer, 4 Tanker
24 500 t, 8 Frachter 25 000 t.
Lichtbild Reykjavik 18.8.: 2 Fahrgastschiffe je 20000 t, 1 vermutlich Tanker
14 800 t, 16 Frachter 47 000 t, 1 amerikanischer Zerstorer, 1 amerik. Kan.Boot der
Eric.=Kl., ein Minenleger, 1 Netzleger und 1 Flugzeug=Bergungsschiff.
21. August 1942 -^ ,
Aufzeichnungen Greiners zum 21. August 1942
Lagevortrag:
Die Operationen der Heeresgruppe A im Kaukasus werden durch starke
Regen= und Schneefalle sehr behindert. Der Fiihrer ist iiber die langsamen
Fortschritte beim Kaukasus=Ubergang verargert und weist auf straffe Zu=
sammenfassung der Krafte, vor allem beim XXXXIX. Gebirgskorps, bin. Um
dessen Ansatz zu klaren, wird Hauptmann von Harbou von der Operations=
abteilung Heer des Wehrmachtfiihrungsstabes mit Auftragen des Generals
Jodl zum XXXXIX. Gebirgskorps entsandt. Der nordliche Teil der Eisenbahn
Astrachan— Machatsch Kala ist am 7. August fertig geworden, wie die Luft=
aufklarung ergeben hat (Bei der im Gegensatz hierzu stehenden Meldung
vom 13. 8. handelt es sich wahrscheinlich um ein vor dem 7. 8. liegendes Auf=
klarungsergebnis) . Uber die zwischen Astrachan und Machatsch Kala zu iiber=
querenden vier grofieren Flufilaufe fUhren Eisenbahnfahren. Der Fiihrer
stimmt der Absicht der Heeresgruppe zu, zwei motorisierte Divisionen auf
Astrachan anzusetzen. (Auf dem Wege dorthin ist am 12. 8. Elista besetzt
worden.)
Bei der Heeresgruppe B ist die 4. Panzer=Armee gestern von neuem zum
Angriff angetreten. An der Donfront macht sich eine erhebliche Aktivitat des
Gegners bemerkbar.
Bei der Heeresgruppe Mitte besteht der Eindruck, dal? sich der Feind vor
der 2. und 3. Panzer=Armee verstarkt. Beim Unternehmen „Wirbelwind'' ist
noch immer keine Bewegungsfreiheit erkampft worden. Der Angriff wird
durch das sumpfige Waldgelande sehr erschwert. Die eigene Kampfkraft ist
sehr gesunken, die Panzer=Verbande haben erhebliche Verluste erlitten. Ge=
neralfeldmarschall von Kluge hat gestern gemeldet, dafi der Angriff ohne
Zufiihrung von zwei weiteren Divisionen keinen Erfolg mehr verspreche. Der
Fiihrer halt trotzdem an der Fortsetzung des Unternehmens fest und beordert
den Generalfeldmarschall von Kluge auf morgen zu einer Besprechung der
weiteren Mafinahmen in das Fiihrerhauptquartier. Bei Rshew konnte der
Feind im Abschnitt der 256. Inf.Div. einen neuen tiefen Einbruch erzielen;
der Flugplatz von Rshew ging dabei verloren.
617
B. Kriegstagebuch
Bei der Heeresgruppe Nord wird ein groli angelegter feindlicher Angriff
gegen die Wolchow=Front erwartet^ Auf russischer Seite finden starke Eisen=
bahn=Bewegungen statt. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, General=
feldmarschall von Kiichler, soil dem Fiihrer am 23. August Vortrag iiber die
beabsichtigte Durchfiihrung des Unternehmens „Nordlicht" (Angriff auf
Leningrad) halten. Die Leitung des Unternehmens ist dem Oberbefehlshaber
der 11. Armee, Generalfeldmarschall von Manstein, iibertragen worden, der
zur Einweisung in seine Aufgabe auf den 24. August in das Fuhrerhauptquar=
tier beordert ist.
Erlauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Entsendung eines Verbindungsoffiziers des WFStabes „mit Auftragen des
Generals Jodl zum XXXXIX. Geb.Korps" erbringt nochmals einen besonders iiber=
zeugungskraftigen Beweis dafiir, wie stark der W ehrmacht=Stah damals mit der
Fiihrung im Osten befafit war. Andererseits sollten sich gerade aus den Vorgangen
im Kaukasus bald jene Entwicklungen ergeben, die zur Ausschaltung des WFStabes
von dem ostlichen Kriegsschauplatz fiihrten.
Feldmarschall v. Manstein war mit seinem Stabe bis zu dieser Zeit auf der Krim
verblieben.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Lage bei Kertsch unverandert.
Armeegr. Ruoff: Rum. Kav. hat fdl. Stellimg westl. Kurtschanskaja durch=
brochen und ist im Vorgehen nach Westen. Die in westl. Richtung siidl.
des Kuban vorgehenden Telle des V. A.K. wehrten nach Einnahme von
Krymskaja Panzerangriffe des Feindes ab und gingen in der Richtung West=
Sudwest welter vor. Auf die Angriffsspitzen der siidl. und siidostwarts von
Hitler hoffte, mit der Operation „Winkelried", Verbreiterung der Landbriicke
nach Demjansk nach Stiden, (s. 2.7. 9. ig/\2 ff.) erheblich mehr erreichen zu kdn=
nen, als die H.Gr. fiir moglich hielt. Das KTB der H.Gr. Nord berichtet dariiber:
„Chef OKH/Op.Abt. unterrichtet Chef H.Gr., dafi der Fuhrer bzgl. ,Winkelried'
die Hoffnung geaufiert hat, ob es gelingen konnte, bis zur Strajie Cholm—Dem=
jansk vorzustojien, urn damit die Basis des II. AK. zu verbreitern. Chef H.Gr.
weist darauf hin, dafi das vollig den Auffassungen des OB H.Gr. widerspridit.
Man luUrde in ein Gelande vorstojien, in dem man sich wahrend der Schlamm=
periode Uberhaupt nicht bewegen konnte (Chef Op.Abt.). Nach Chef H.Gr. sind
auch die Krafte dazu vollig unzureichend. Dafiir, dafi sich solche Moglichkeit
vielleicht im Laufe der Operation ergeben konnte, sind keinerlei Anzeidien
vorhanden. Chef Op.Abt. meint noch, dajl man vielleicht nach Vernichtung des
Feindes im Loioat=Robja=Winkel auf den fdl. Nadischubwegen in diesem Gebiet
nachstoflen konnte. Diese Gedanken k'dmen jetzt dem Fiihrer, weil immer klarer
werde, daji es mit der Operation auf Ostaschkow nichts mehr wird. Chef H.Gr.
betont, da^ eine Gelegenheit, die sich ergeben wUrde, selbstverstandlich aus=
genutzt wiirde. Man kann die Sache aber nicht von vornherein darauf abstellen"
(KTB H.Gr. Nord v. 21.8.42). '^m ^^'^I'^-^i '^--^v .-v..srjv.uj i. 1-
618
21. August 1942
Krasnodar vorgehenden Div.en feindl. Angriffe, auch von Nachhuten, sind
zuriickgeschlagen worden.
XXXXIX. Geh.Korps, mit aufiersten Westfliigel (Telle 4. Geb.Div.) nach
Siiden im Bolschaja=Tal vorgehend, wird durch mehrere zerstorte Hange=
briicken aufgehalten. Siidostw. davon stehen weitere Telle Im Kampf mlt
Felnd. Telle der 1. Geb.Div. kampf en siidl. des Kluchor=F asses Im Klydsch=Tal.
Im Elbrus=Gebirge Schneetrelben und dichter Nebel, Wege stellenwelse un=
befahrbar.
I. Pz.Armee ist mlt Siidfliigel 3. Pz.Dlv. welter nach Siiden vorgegangen.
Starker Gewltterregen hemmt die Bewegung. 2^. Pz.Div hat iiber den Owana
bei Malsklj elnen Br.=Kopf geblldet.
LIL A.K. Im welteren Vorgehen nach Siidosten.
H.Gr. B:
24. Pz.Div. Im Vorgehen nach Osten hat den Sudrand des Zaza=Sees erreidit
und geht nach Norden auf Zaza vor. Dort starkerer Felnd.
14. Pz.Div. kampjFt auf den Hohen nordwestl. Zaza und bel Bhf. Tlnguta
anschl. nach links slnd elgene und rum. Truppen welter nach Norden vor=
gekommen und haben Angriffe des Felndes zuriickgewlesen. Starkeres fdl.
Artl.=Feuer auf der Westflanke.
6. Armee: wurden gestern 10 Angriffe auf den Br.=Kopf nordwestl. Stalln=
grad abgewehrt. Am 19. u. 20. 8. wurden hler 47 Panzer zusammengeschossen.
Wetter: Bewolkt, wlndlg.
An der Don=Front zwlschen Krlgenskaja und Werchnlj=Mamon an ver=
schledenen Stellen Ubersetzversuche des Gegners, die z. groliten Tell ver=
hlndert bzw. zuriickgeschlagen werden konnten.
An der iibrigen Front kelne bes. Kampfhandlungen. Ostw. und nordl. von
Woronesch und siidostwarts von Jelez starke Pz.=Ansammlung bis zu 30 km
Tiefe. Wetter: z. T. bedeckt plus 25 Grad.
H.Gr. Mitte:
Das Waldgelande an dem Siidufer der Shlsdra, In dem um jeden Bunker
hartnacklg gekampft werden mufi, bereltet durch Sand= und Sumpfstellen fiir
das Nachzlehen der Pz. und schweren Waffen groiite Schwlerlgkelten. Der in
ausgebauten Stellg. nordl. des Ufers llegende Felnd verteldlgt slch zah unter=
stiitzt von starken Artl.=Gruppen, fdl. Vorstofie wurden abgewlesen.
3. Pz.Armee: Felndangrlffe nordl. und siidl. der Rollbahn wurden abgewle=
sen. Es wlrd vermutet, dafi der Gegner nach Umgrupplerung am 21. 8. seine
starkeren Angriffe fortsetzt. Alle fdl. Vorstofie an dem Siidostrand der Ein=
bruchsstelle ostw. Sytschewka^ Nordl. Rshew griff der Russe mlt stark mas=
slerten Pz.=Kraften und Inf. wlederholt auf der ganzen Llnle an. Mlt Aus=
1 So im Ms. Wohl zu er ganzen: „wurden abgewlesen".
619
B. Kriegstagebuch
nahme nordl. Rshew, wo einige Pz. durchstiefien, wurden alle Angriffe ab=
geschlagen. Strafien nur bedingt befahrbar, sonst Wetter sonnig warm.
H.Gr. Nord:
Die Versuche des Feindes, die Landbriicke siidostw. Staraja Russa zu durch=
brechen, wurden fortgesetzt. Angriffe siidl. der Briickenstelle und siidl. Staraja
Russa, die mit Artl. und Pz.n vorgetragen wurden, wurden abgewehrt und
z. T. im Gegenstofi zuriickgeschlagen. An der Nordostfront von Demjansk
versuchte der Gegner weiterhin, seinen Einbruch zu erweitern, Er wurde aber
im GegenstojS unter hohen Verlusten abgewiesen. Bereitstellungen ostw, des
Wolchow bei Grusino und siidl. Salzy wurden erfolgreich bekampft. Weitere
Angriffe siidostw. Leningrad waren erfolglos. Im Gegenstofi wurden 5 Pz.
erledigt.
Westen
H.Gr. D: Landungsunternehmen bei und um Dieppe
An dem Unternehmen waren beteiligt:
2 kan. Brig.en — 330 Mann Pioniere von 2. kan. I.D., 28 kan. Panzer —
2 engl. Commandos in Starke von je 150—250 Mann, 1 Marine=Commando.
Von den insgesamt 4 200 beteiligten Soldaten des britischen Heeres waren
hochstens 4—500 Englander. — Einzelne Norweger und Jugoslawen. Truppen
des amerik. Heeres waren anscheinend nicht beteiligt. Freie Franzosen nicht
bestatigt.
Moglicherweise haben amerikanische und freifranzosische Flieger teilge=
nommen.
Eigene Battr. bei Bernevale (9 km nordostw. Dieppe) wurde von engl. Com=
mando ohne jeden Erfolg angegriffen. Von diesem Commando yo Gefangene
eingebracht. Im Abschnitt Hohe dicht ostw. der Hafenmole von Dieppe bis
einschl. Pourville (3 km westl. Dieppe) haben samtliche festgestellten kana=
dischen Truppenteile angegriffen (durch Gefangene bestatigt). 1
Panzertyp „Churchiir', Fertigung Mai— Juni 42, bestiickt mit Kaliber von
4—7,5 cm. 27 Panzer nicht mehr als 20 m vom Strande ab, 1 hundert Meter
vom Strand ab, abgeschossen. 30 weitere Panzer waren auf See verblieben.
Eigene Batterie ostw. Marguerite (9 km westl. Dieppe) wurden von dem
engl. Commando angegriffen, die Geschiitze wurden z. T. von den Englandern,
z. T. von der eigenen Besatzung gesprengt. Dieses Commando ist mit wenig
Verlusten wieder entkommen, nur 1 Gefangener eingebracht.
Bcabsichtigte Operationen: In der Mitte Landung der Kanadier, mit den
Panzern und mit dem Auftrag, Hafen= und Kampfanlagen in Dieppe zu zer=
storen und den Gefechtsstand der angebl. 110. Inf.Div. in Arque=la=Bataille
(6 km siidostw. Dieppe) auszuheben. Nach Durchfiihrung dieser Mafinahme
war Riickzug vorgesehen. Gleichzeitig soUten beiderseits Dieppe die beiden
620
21. August 1942
Commandos die genannten Battr.en vernichten. Mar.=Commando soUte die
Schiffe im Hafen von Dieppe in Besitz nehmen und nach England bringen.
Samtl. Landungsversuche, an der tiefsten Stelle nur ^00 m vom Strand
entfernt, zusammengebrochen. Infolgedessen erhebl. fdl. Verluste.
Englander hatten im wesentlichen richtiges Bild der deutschen Kiistenver=
teidigungsanlagen.
Eindruck bei eigener Truppe, dafi Kanadier keine besonders gute Truppe
sind. Franz. Kanadier sind schlechter Stimmung.
Finnland
Finn. Sudostfront: Nordwestl. des Seg=Sees erneute Gefedite mit fdl. Fernstreife.
An anderen Fronten aufier Abwehr einzelne fdl. Vorstofie keine wesentlidien
Kampfhandlungen.
Nordostfront (Geb. AOK 20): Anhaltende fdl. Schanztatigkeit. Keine nennens=
werten Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (20. 8.)
Liegen keine bes. Meldungen vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 21. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Jabo=Einsatz gegen Hythe, dabei VoUtreffer im Stadt=
gebiet.
1 Spitfire bei Gravelines abgeschossen, Absturz eines Feindflugzeuges,
Bei Nad\t kein Einsatz.
08.58 Uhr 100 sm ostwarts Firth of Forth 3 dan. Trawler Kurs 280 Grad.
Vor dem Humber 08.02 Uhr etwa 30 mittlere Dampfer.
Bei Dungeness 17.17 Uhr 1 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Nordost.
Bei Portland 05.58 Uhr 3 S=Boote Kurs Nordwest.
Ausgang Georg=Kanal 09.25 Uhr dicht unter der Irischen Kiiste 1 Dampfer
5 000 t Kurs Siidwest.
Keine Feindeinfliige.
2. Mittelmeer:
Im westl. Mittelmeer angesetzte Aufklarung ergab kein Ergebnis. Es wurde kein
Sdiiffsverkehr festgestellt.
Liditbilderkundung Gibraltar wurde durdigefiihrt, Auswertung liegt nodi nicht
vor.
Auf der Hohe Korfu wurden ein ital. Tanker und ein Zerstorer durdi Lufttorpedo
getroffen, auf getroffenen Tanker operierte feindl. U=Boot. Dieses wurde durdi
Bombentreffer deutscher Sicherungsflugzeuge unter starker Explosion versenkt.
Flugzeug hatte vorher Tanker gewarnt.
Bei feindlichen Angriffen auf Geleite wurden durdi Zerst6rer=Sidierungsflugzeuge
(Me 110) 2 Abschiisse erzielt.
In der Nacht vom 20. zum 21. sdiwadier Feindeinsatz gegen Tobruk und Marsa
Matruk.
Fliegerfiihrer Afrika meldet bei freier Jagd 1 Abschufi.
Bei Lichtbilderkundung Haifa, Suez usw. wurde sehr starke Flak bis 11 500 m
Hohe und Spitfire in 12 200 m Hohe festgestellt.
621
B. Kriegstagebuch
5, Ostfront: Schwarzes Meer: 06.30 Uhr Noworossijsk 3 Dampfer, 15 Boote, 3 kl.
Kriegsschiffe einlaufend, 1 S=Boot auslaufend.
Zwischen Stalingrad und Krasny Jar 2 Schleppziige mit 5 Kahnen und 1 Tanker
stromaufwarts, 7 Schleppziige mit 16 Kahnen stromabwarts.
Um Nikolskoje 15 Schlepper mit je 1—3 Schleppkahnen stromaufwarts, 2 Schlep=
per mit je 1—3 Kahnen stromabwarts. In Nikolskoje Ausladetatigkeit.
Eismeer: Aufklarung bis Spitzbergen und Kandalakscha ergab kein Ergebnis.
Bei einem Angriff auf Flugplatz Murmaschi wurden Treffer in Baracken, Rollfeld
und Flugplatzanlagen beobachtet. Begleitschutz schofi 14 Flugzeuge ab.
Um 11.25 Uhr wurde bei einem Angriff auf Eina Guba 1 Dampfer von 300 t durch
Ju 8y versenkt.
22. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 22. August 1942
Lagevortrag:
Auf dem Westfliigel der Heeresgruppe A scheinen die eigenen Krafte etwas
auseinander geraten zu sein. Um dem abzuhelfen, soil die 125. Inf.Div. an der
Naht zwischen der rumanischen 3. Armee (die am 21. 8. in der Kuban=Nie=
derung Kurtschenskaja, 18 km siidostlich von Temrjuk, genommen hat) und
der 17. Armee (die am 20. 8. von Krasnodar her Krymskaja genommen hat)
eingesetzt werden. In dem siidostwarts anschUefienden kaukasischen Wald=
gebirge soil die 97. Inf.Div. mit einer weiteren Division auf den beiden nach
Tuapse fiihrenden Stralien zusammengefafit werden. Der Fiihrer betont im=
mer wieder, dali wir so rasch wie moglich an die Kiiste herankommen mussen,
damit dann sofort der Nachschub iiber das Schwarze Meer anlauft. Eine
Hochgebirgsgruppe der 1. Gebirgsdivision hat gestern auf dem 5633 m hohen
Elbrus die Reichskriegsflagge gehifit.
Bei der Heeresgruppe B ist die 4. Panzer=Armee auf dem Ostfliigel vorwarts=
gekommen, der nun nach Westen einschwenken soil. Der Fiihrer hat BefiJrch=
tungen, dafi der Feind von Astrachan her gegen die Ostflanke der 4. Panzer=
Armee vorgehen konnte. Er wiinscht daher, dafi die 16. mot.Inf.Div. dort
(d. h. bei und nordlich Elista) eingesetzt wird. Generaloberst Haider mochte
sie noch im Siiden bei der Ostgruppe der 1. Panzer=Armee belassen, dringt
aber damit beim Fiihrer nicht durch. Die 6. Armee hat trotz sehr starken
feindlichen Widerstandes zwei Briickenkopfe auf dem ostlichen Don=Ufer bei
Peskowatka und Wertjatschij gewonnen. Sie ist heute morgen von neuem
zum Angriff angetreten, um sich in den Besitz der Landbriicke zwischen Don
und Wolga nordlich der Eisenbahnlinie Kalatsch— Stalingrad zu setzen und von
Nordwesten her Stalingrad wegzunehmen. Starken Druck iibt der Gegner in
der noch von ihm besetzten Don=Schleife nordwestlich von Sirotinskaja aus;
daher befindet sich dort noch die Masse der 22. Panzer=Division, nur ihre
Grenadier=Brigade ist hinter die italienische 8. Armee gezogen worden. Der
Fiihrer befiehlt aber von neuem, dali die 22. Panzer=Division geschlossen hin=
ter der italienischen Front eingesetzt wird. Nach Moglichkeit soUen auch deut=
sche Truppenteile in die Front der ungarischen 2. Armee eingegliedert werden.
6zz
22. August 1942
Heeresgruppe Mitte: Der Feind mifit dem deutschen Angriff bei Suchini=
tschi offenbar grofie Bedeutung bei und fiihrt immer neue Krafte heran. Heute
morgen ist er zum Gegenangriff gegen die rechte Flanke der 2. Panzer=Armee
angetreten. Die 3. Panzer= und die 9. Armee haben in den letzten Kampfen
schwere Verluste erlitten, die 9. Armee allein y^o Offiziere und 22 000 Mann
(der Zeitraum ist in meinen Notizen leider nicht angegeben, vermutlich seit
dem 30. Juli).
Heeresgruppe Nord: Der Aufmarsch der 11. Armee zum Unternehmen
„Nordlicht'' (Angriff auf Leningrad) scheint vom Gegner erkannt zu sein.
Das ist bei dem immer noch vor sich gehenden Hineinstromen der Land=
bevolkerung nach Leningrad nicht verwunderlich. Dadurch erklaren sich wohl
auch die starken russischen Eisenbahnbewegungen. Der Fiihrer wunscht die
Verstarkung der schweren Artillerie im „Flaschenhals''.
Die heutige Besprechung des Fiihrers mit Generalfeldmarschall von Kluge
hatte folgendes Ergebnis:
Das Unternehmen „Wirbelwind'' wird eingestellt, da bei dem schwierigen
Gelande und den starken feindlichen Kraften ein durchschlagender Erfolg
nicht mehr zu erwarten ist. Die russischen Krafte sollen aber durch Vor=
tauschung der Weiterfiihrung des Angriffs an dieser Front gebunden werden,
damit sie nicht zu Angriffen gegen die anderen diinnen Fronten verwandt
werden. Hierzu erhalt die 2. Panzer=Armee jedoch keine neuen Krafte; die
9. und die 11. Panzer=Division sollen sogar herausgezogen und in die Gegend
nordlich von Kirow umgruppiert werden, um von dort aus zusammen mit der
Div. „GrojSdeutschland" in der allgemeinen Richtung Siid=Sud=Ost anzugreifen
und damit eine kleine Losung der dem Unternehmen „Wirbelwind'' gestellten
Aufgabe zu versuchen.
Verteilung der fliegenden Verbande der Luftwaffe an der Ostfront
Luftflotte 4 : 11^/3 Kampf = 6^/3 Stuka= 6 V3 Jagd= 2 Zerstorer=Gruppen
Luftwaffen=
Kdo. Don: 2 „ - „ 1 „ „
Luftwaffen=
Kdo.Ost: 11 Vs „ 3V3 „ 2/3 1 „ V3Schlachtfl.= „
Luftflotte 1: - „ - ,/ 1 „ „
Flieger=
fiihrer Nord: 2 „ 1 „ 2V3 „ 1V3 Lufttorp.= „
Insgesamt: 27 Kampf =, 10^/3 Sturzkampf=, 11 V3 Jagd=, 2 Zerstorer=,
V3 Schlachtflieger= und 1V3 Lufttorpedo=Gruppen, die Gruppe
durchschnittlich zu 20 startbereiten Flugzeugen, im ganzen
also 52^/3 Gruppen mit rund 1054 Flugzeugen.
1 Hier liegt wahrscheinlich ein Sdireibfehler in Greiners Notizen vor (vgl. die
Obersichten vom 13. und 17. 8.).
623
B. Kriegstagebuch
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Hitlers eigene Befehle iiber Auftrag und Verhalten einzelner Divisionen setzten
sich, wie die Aufzeidinungen dieses Tages emeut ergeben, in samtlidien Abschnitten
der Ostfront weiterhin fort. Die dilettantische Unzulanglichkeit dieser Art von
oberster Fiihrung, begleitet nodi von dem unablassig flieCenden, weitsdiweifigen
Gerede Hitlers, liefi die Lagebesprediungen in der dafiir eigens gebauten Holz=
baracke des Hauptquartiers, dem „Lageraum", unter der driickenden Mittagshitze
des ukrainischen Hochsommers auch fiir die nicht unmittelbar betroffenen An=
wesenden immer mehr zu einer Qual werden. Zudem standen die Spannungen
zwischen Hitler und Haider, einer Gewitterstimmung gleich, fiihlbar im Raum. Auch
Hitler litt, wie man von seiner Umgebung horen konnte, stark unter der Hitze.
Zu der Unterredung mit dem Feldm. von Kluge bleibt zu vergegenwartigen, da6
der Oberbefehlshaber der H.Gr. Mitte zu dem Angriff bei Sudiinitschi gegen seine
eigene Oberzeugung gezwungen worden war. Die neuen Richtlinien, deren kritische
Beurteilung in den Aufzeidinungen Greiners anklingt, enthalten die typischen
Merkmale der Hitlerschen Fiihrung, gemisdit aus niedrigen Charaktereigenschaften
und Verstofien gegen alle militarischen Regeln: Vorwiirfe und Abwalzen der Sdiuld
auf andere fiir selbst zu verantwortende Mi6erfolge; eigensinniges Festhalten an
als undurchfiihrbar erwiesenen Auftragen ohne Riicksicht auf schon eingetretene
und noch zu erwartende schwerste Verluste; Zuweisung unzureichender, aber doch
an anderer Stelle fehlender Mittel fiir Aufgaben, die im Hinblick auf das Ganze
unwesentlich waren.
Die in der tlbersidit der Fliegerverbdnde erneut festzustellenden AbzUge aus
dem Osten, insgesamt sowohl als auch im Hinblick auf den siidlichen Schwerpunkts=
abschnitt, legen die Vermutung nahe, dai3 einige Gruppen im Anschlufi an Dieppe
nach dem Westen iiberfiihrt worden sein konnten oder aber schon fiir den Angriff
auf Leningrad (s. 25. August) versammelt und aufgefrischt wurden.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raume Kertsch starkes Artl.=Feuer und lebhafte fdl. Fliegertatigkeit.
Die rum. Armee durchbrach die Stellungen westl. und siidl. Krymskaja und
zerschlug fdl. Angriffe. Siidl. Krymskaja geht die 9. Div. im Angriff auf
Schabsugskaja vor. Auch hier versucht der Gegner, den Eingang ins Gebirge
imter alien Umstanden zu sperren. Starker fdl. Fliegereinsatz auf die eigenen
Angriffsspitzen. Siidl. und siidostw. Krasnodar wurden alle fdl. Angriffe ab=
gewehrt. V.=Abt. der 4. Geb.Div. wehrte einen Feindangriff am Vetrin=Pa6 ab.
Telle der 1. Geb.Div. kampfen siidl. des Kluchow=Passes im Klydsch=Tal.
XXXX. Pz.Korps steht im Baksan=Tal westl. des Ortes Baksan im Kampf ge=
gen starkeren Feind. Auch hier starker fdl. Luftwaffeneinsatz. 23. Pz.Div.
sprengte an mehreren Stellen die Bahnlinie Maiskij— Naltschik, die Briicke
iiber die Urwans ist fertiggestellt. Nordfliigel steht im Kampf um Maiskij,
nordl. davon bei Prochladnij grofie Brande. LII. A.K. im Vorgehen nach Siid=
osten.
624
22. August 1942
H.Gr. B:
Rechter Fliigel VIII. Pz.Korps steht im Kampf um und nordl. Zaza. Westl.
davon sind Panzerkrafte nach Norden iiber Dubowij=Owrag vorgegangen,
nach Westen eingedreht und haben gemeinsam mit den von Siiden vorstofien=
den Teilen der 29. mot.Div. die Hohen nordl. Kamerskij genommen und gegen
starken Feind verteidigt. Auch hier starke fdl. Fliegerangriffe auf die AngrifiF=
spitzen. Auf der iibrigen Front wurden starke fdl. Angriffe abgewiesen.
6. Armee: Nordwestl. Stalingrad stieiien 2 Inf.Div.en iiber den Don nach
Siidosten vor, nahmen Poskowatka, Wertjatschij und das Hohengelande sud=
ostw. davon und wiesen mehrere mit Panzern vorgestofiene Angriffe ab. Auch
nordl. davon konnte eine weitere Inf.Div. den erweiterten Briickenkopf gegen
weitere Pz.= Angriffe halten. Siidostw. Kremenskaja wurde ein grofiangelegter
fdl. Angriff der 40. Garde=Div. unter schwersten Verlusten im eigenen Gegen=
stofi zuriickgewiesen. An der iibrigen Front wurden alle Versuche des Feindes,
den Don zu iiberschreiten, abgewehrt. Nur an der Einmiindung des Choper
in den Don ist die Lage ungeklart. Hier soil eine ital. Div. etwa 10 km zuriick=
gegangen sein. Im Raume Woronesch und nordl. davon keine Kampfhand=
lungen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Bjelew vergeblicher FeindvorstoJS. Siidl. Suchinitschi gelang es eigenen
Pz.=Kraften, den fdl. Westflugel an der Shisdra aufzureiiien und nach Norden
vorzustofien. Fdl. Gegenangriffe wurden abgewehrt. Bei Kirow— Spas=Demen=
skoje und nordostw. davon wurden fdl. Vorstofie unter hohen Verlusten fur
den Gegner abgewiesen, auch ostw. Wjasma konnte der Gegner keine Erfolge
erzielen. Fdl. Bereitstellungen in diesem Raume wurden durch eigene Flieger
zerschlagen. Bei einem Fliegerangriff auf Orel wurden von 11 fdl. Flugzeugen
10 abgeschossen. Ostw. Sytschewka wurden mehrere Versuche des Feindes, die
Einbruchsstelle nach Siiden zu erweitern, abgewehrt. Ostw. Rshew drangt der
Feind gegen die teilweise hinter die Wolga zuriickgenommenen eigenen Krafte
stark nach. Westl. Rshew wurden die Angriffe abgewehrt. Auch ein Feind=
angriff siidl. Bjeloj hatte keinen Erfolg.
H.Gr. Nord^:
Der Feind versuchte auch gestern wieder, durch mehrere Angriffe auf die
Br.=Stellung und ostw. der Front die Verbindung zum II. A.K. zu durchbrechen.
Alle Angriffe abgeschlagen, Bereitstellung nordl. der Verbindungsstelle er=
kannt. Siidostw. Staraja Russa ist nach einem fdl. kleinen Einbruch Gegenstofi
im Gange. Nordl. Nowgorod und bei Salzy wurden Feindvorstofie abgeschla=
gen, Der siidostw. Leningrad angesetzte eigene Vorstofi zur Bereinigung der
Stellung hatte Erfolg. Gegenangriffe wurden abgeschlagen.
2 Befehl der H.Gr. Nord fur die Fiihrung der Operation „Nordlicht" durch AOK 11
vom 22. August ig42.
625
B. Kriegstagebuch
Finnland
Sudostfront: Gruppe Annus: Eig. Artl. erzielte Volltreffer auf einen fdl. Eisen=
bahnzug sudwestl. Ladonoje Pole. Der Zug wurde durch Explosion vollig zerstort.
Die Fernstreife nordl. Seg=See wurde aufgerieben.
Nordostfront: Auf der Fischerhalbinsel halt der lebh. Verkehr von und zur Front
Fanzerarmee Afrika (21. 8.)
In der Alamein=Stellung wurden bisher durch deutsche und ital. Pioniere
144 000 Minen verlegt. Weitere Meldungen liegen noch nicht vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 22. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage aufier Aufklarungsfliigen Jabo=Einsatz gegen Ansammlung von Lan=
dungsbooten und Stadt Selcombe, Es wurden 7 Landungsboote versenkt, auSerdem
wurde ein Ort siidlich Poole angegriffen, ein Wohnhaus in Brand geschossen.
Bei Nacht wurden mit schwacheren Kraften Great Yarmouth, Skegness, Grimsby
und Peterbury als Ausweichziele angegriffen, Hauptziele Cambridge und Boston
wurden nidht erreicht. Erfolgsmeldung steht noch aus.
Bei Tag und Nacht nur geringe Einfliige in die besetzten Gebiete, keine Einfliige
ins Reichsgebiet. Bombenabwiirfe wurden nicht gemeldet. 4 Abschiisse.
Ostlich Kinnaird Head 18.55 Uhr 24 Dampfer Kurs Nord.
Ostwarts Yarmouth 20.00 Uhr 18 Dampfer Kurs Nord.
Ostwarts Start Point 11.10 Uhr 20 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs 70 Grad.
Vor Selcombe 19.25 Uhr 40—50 Landungsboote und ein kleines Kriegsschiff.
Angriff auf Landungsboote (s. oben).
Trevose Head 13.10 Uhr 2 Dampfer Kurs 40 Grad.
2. Mittelmeer:
Hauptsachlich Sicherungsaufgaben fiir Geleite nach Afrika. 4 Abschiisse iiber
Afrika.
Am 21. 8. wurden um 17.59 Uhr siidlich Kreta 2 Liberator (4mot. Amerikaner)
abgeschossen (von 10 ein Geleit angreifenden Liberator).
5. Ost front:
Am 22. 8. waren insgesamt 2141 Einsatze. Es wurden erzielt 122 Abschiisse,
3 Flugzeuge am Boden zerstort. Nur 3 eigene Verluste.
Kaspisdies Meer: Siidlich Astrachan 10.10 Uhr 35 mittlere und grofiere Frachter,
4 Tanker, 25 Kiistenfahrzeuge, 1 Torp.=Boot, 3 Vorp.=Boote, 1 Raddampfer mit ver=
mutlich einem U=Boot im Schlepp. In der Nahe 1 Tanker Kurs Nord.
An der Nordfront wurde ostwarts Kirishi durch Jabo ein Panzerzug angegriffen.
4 Volltreffer erzielt, Lokomotive beschadigt, leicht aufgerissen. Zug blieb liegen.
Nordmeer: Flugplatz Warlamowo wurde erneut angegriffen, Treffer in Unter=
kiinften und am Platzrand beobachtet.
23. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 23. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe B hat die 4. Panzer=Armee nur geringe Fortschritte
gemadit, was auf den Mangel an Treibstoff und Munition zuriickzufiihren ist,
626
23- August 1942
die auf den schlechten Strafien und Wegen nur langsam herankommen. Der
Fiihrer macht sich Sorgen um die Liicke zwischen der 4. Panzer= und der 6. Ar=
mee, die aber wohl durch die Erfolge der 6. Armee gegenstandlos geworden
sind. Diese hat gestern bei Peskowatka und Wertjatschij den Don iiberschritten
und stofit unter Abdeckung nach Norden mit dem XIV. Panzerkorps zur Wolga
hart nordlich von Stalingrad vor.
Bei der Heeresgruppe Mitte greift der Gegner seit gestern morgen mit star=
ken Kraften und sehr viel Panzern in ^o km Breite die Ostflanke der 2. Panzer=
Armee an. Die Erweiterung der Angriffsfront nach Norden wird erwartet.
Trotzdem wird an der beabsichtigten Herauslosung der 9. und der 11. Panzer=
Division (siehe 22. 8.) festgehalten. Schwerste feindliche Angriffe mit sehr
starken Kraften erfolgen seit dem 22. August auch wieder gegen die schwachen
Fronten der 9. Armee bei Subzoff und Rshew. Der Briickenkopf Subzoff mufite
geraumt, bei Rshew die 14. mot.Inf.Div. hinter die Wolga zuriickgenommen
werden. Mit Sorge beobachtet der Fiihrer auch die sich abzeichnende feindliche
Schwerpunktbildung gegen die sehr diinn besetzte Westfront der 9. Armee.
Hier soil gegebenenfalls die Div. „Gro6deutschland'' eingesetzt werden. Wei=
terhin fiirchtet der Fiihrer, dafi bei den Heeresgruppen Mitte und Nord wegen
der dauernden schweren Abwehrkampf e nicht genug f iir den Ausbau der Win=
terstellimg geschieht, dem er so grolie Bedeutung beimifit.
Die heutige Besprechung des Fuhrers mit Generalfeldmarschall von Kuchler
hatte folgendes Ergebnis^:
Das Unternehmen „Nordlicht'' ist vorlaufig auf den 14. September fest=
gesetzt worden. Die Luftwaffe soil schon am 4. oder 6. September mit ihren
1 Das KTB d. H.Gr. Nord beriditet iiber diese Besprechung:
Hitler „hetonte mehrfach, daji man einen Hauserkampf vermeiden miisse. AlU
gemein Hubert sich der Fiihrer iiber ,Nordlicht' dahingehend: Bei Leningrad stehe
man wie bei Sewastopol wiederum vor der Wegnahme einer Festung. Leningrad
sei aber leichter, da es gelandemdjiig gegeniiber Sewastopol langst nicht so stark
fiir die Verteidigung begiinstigt und auch ausgebaut sei. Dagegen seien die
eigenen Krafte ivesentlich starker, vor allem artilleristisch. Mit dieser starken
Artl. miisse in straffster Zusammenarbeit mit der Luftwaffe der ,grdflte Feuer=
zauber der Welt' losgelassen werden. Nur bei Verdun sei bisher in der Kriegs=
geschichte eine starkere Artl. eingesetzt worden. Bei dieser Masse — in Verbin=
dung mit der Luftwaffe — glaube er, dafl man bei scharfster Konzentration mit
einer Vorbereitungszeit von 6 Tagen (5 Tage Luftwaffe, 3 Tage Artl.) auskomme.
Diese Vorbereitung miisse alle lebenswichtigen und kampfwichtigen Stellen und
Einrichtungen mit den schweren und schwersten Kalibern der Artl. und Luftwaffe
schlagartig und Uberraschend treffen.
OB H.Gr. wendet ein, dafi gegeniiber Sewastopol bei Leningrad insofern ein
Unterschied bestehe, als aujier der im Bereich der Stadt befindl. Truppe sich noch
Hunderttausende von Arbeitern dort befinden, die, sobald die Vorbereitung des
Angriffs beginnt, zu ihren Waffen greifen und sich in die fiir sie seit Jahresfrist
vorbereiteten Stellungen begeben (Erlauterung an Befestigungskarte und Luft=
bildern).
Der Fiihrer: Umsomehr mufl die Vorbereitung schlagartig verniditend die groflen
Werke, Verwaltungs= und Befehlszentren treffen!
OB H.Gr.: Es mufi zuerst eine Terror=Wirkung auf die Fabriken und Riistungs='
betriebe, auf die Parteihduser und Gefechtsstande ausgeiibt werden, um diese
627
B. Kriegstagebuch
vorbereitenden Angriffen auf Leningrad beginnen. Der Chef des General=
stabes der Luftwaffe, Generaloberst Jeschonnek, der der Besprechung beiwohnt,
halt das aber fiir zu frlih, da die beteiligten Fliegerverbande dann beim Be=
ginn des Angriffs nicht mehr kampfkraftig genug sein wiirden. Man einigt sich
schliefilich dahin, dafi die Luftangriffe erst am lo. oder ii. September einsetzen.
Die Fhegerverbande werden dem Generalobersten Freiherrn von Richthofen
unterstellt werden.
Generalfeldmarschall von Kiichler will den Angriff von der Siidwestfront
aus nach Nordosten auf die Newa zu fiihren, diese iiberschreiten und dann
zunachst den Finnen die Hand reichen unter enger Abschliefiung von Lenin=
grad, das erst anschliefiend weggenommen werden soil. Generaloberst Haider
ganze Organisation zu zerschlagen oder zu storen und um die Arbeiter= und
Einwohnermassen zu lahmen. Hierzu sind 5 Tage erforderlich. (Der Fiihrer war
von den Luftbildern von Leningrad, die den gewaltigen Umfang der Stadt und
der Hauserblocks erkennen lassen, beeindruckt). Der Fiihrer gab zu, daji die
Lage von Sewastopol anders war und dafi es wohl richtig sei, ein umgekehrtes
Verfahren — erst Vernichtung der Stadt, dann der Befestigungsanlagen — vor=
zunehmen.
OB H.Gr. Nord bittet um Weisung iiber die Beteiligung der Finnen und deren
Mitwirkung im einzelnen. Die H.Gr. habe von sich aus mit den Finnen nodi
keine Verbindung aufgenommen.
Der Fiihrer: Gen. Heinrichs und Gen. Talvela, der als Verb.Offz. vorgesehen
ist, werden am 24. 8. zu einer Besprechung im F.H.Qu. eintrejfen. Nahere Wei=
sungen ergehen alsdann durch OKW.
Die grofite Sorge macht dem Fiihrer die Reaktion der Sowjets auf den Angriff
auf Leningrad. Die Vorbereitungen kbnnten ihnen nicht verborgen bleiben. Die
Reaktion wiirden wUtende Angriffe gegen die Wolchow=Front, aus dem Pogostje=
Einbruch und vor allem gegen den Flaschenhals Mga sein. Diese Front miisse
unter alien Umstanden gehalten werden. Die ,Tiger'=Panzer, von denen die H.Gr.
zunachst neun erhalte, seien hervorragend geeignet, um jeden Panzer einbruch
zu verhindern. Der Fiihrer sagte worth zu OB H.Gr.: ,Ich wiirde die ,Tiger'=
Panzer dort oben hinter der Front aufbauen, dann kann nichts passieren; sie
sind unangreifbar und konnen jeden fdl. Pz.=Angriff zerschlagen.' — Aujier, dafl
die Front durch schwere und schwerste Waffen ausreichend gestUtzt wird, sei
fiir diesen zu erwartenden schweren Abwehrkampf die Luftwaffe ausschlag=
gebend. Aus diesem Grunde habe er sich auch entschlossen, den ,Meister der
Fiihrung von Luftwaffenverbdnden', Gen.Oberst von Richthofen (Chef Lfl. 4), mit
der Fiihrung zu beauftragen. Wie bei Sewastopol, so werde man auch hier oft=
mals die eigene Angriffsfront fiir Stunden oder sogar einen ganzen Tag lang
von der Luftwaffe entblof^en miissen, um gegen die fdl. Angriffsfront en in zu=
sammengeballter Kraft vernichtende Verteidigungsschldge zu fiihren. Dabei
komme es darauf an, diese Schldge schon zu fiihren, ehe der Feindangriff laufe,
somit ihn moglichst schon in der Bereitstellung zu fassen. Es kam hierbei
unzweideutig aus den Worten des Fiihrers zum Ausdruck, dafl dieser wendige
Einsatz der Luftwaffe fiir Angriff und Abwehr an den verschiedenen Fronten
der H.Gr. nach den Befehlen des OB H.Gr. vorgenommen werden miisse.
Zum zweiten habe er sich entschlossen, fiihrte der Fiihrer aus, um die Zusam=
menarbeit Heer I Luftwaffe so ideal wie moglich zu gestalten, den Gen. Feldm.
von Manstein (OB AOK 11) mit der Fiihrung der Operation ,Nordlicht' zu be=
auftragen, der mit Chef Lfl. 4 in idealer Zusammenarbeit Sewastopol bezwungen
habe. Damit werde OB AOK 18 vollig frei fUr die ausschlag gebend wichtige
Aufgabe der Verteidigung der Fronten des XXXVIIL, L, XXVIIL und XXVL AK.
und damit iiberhaupt der Sicherung der Durchfiihrung von ,Nordlicht\ Die
028
23- August 1942
ist damit nicht einverstanden, er halt die Wegnahme von Leningrad schon im
ersten Abschnitt des Angriffs fiir notig, dringt aber mit seiner Auffassung
nicht durch. An Artillerie stehen 200 Batterien mit 800 Rohren zur Verfiigung;
die Masse soil an der Hauptangriffsfront, eine starkere Gruppe im „Flaschen=
hals" zur Abwehr der als sicher erwarteten feindlichen Angriffe gegen den
„Flaschenhals'' von Osten her eingesetzt werden. Die Abwehr dieser Angriffe
wird verantwortlich dem Oberbefehlshaber der 18. Armee, Generaloberst
Lindemann, iibertragen^^.
Vom 1. bis zum 22. August sind auf der Feindseite 22 Schiitzen=Divisionen,
18 Schiitzen=Brigaden, 1 Kavallerie=Division und 7 Panzer=Brigaden neu auf=
getreten.
Gesamtfiihrung von Angriff und Abwehr an der Front behalte dabei die H.Gr.
Nord.
Chef Wehrm.F.Stab aujiert sich, dajJ man die Aufgabe des AOK 11 so ausdriicken
konne: i. Leningrad in Verbindung mit den Finnen abzuschliejien, 2. dann Lenin-
grad vernichten. Mit RUcksicht auf die Aujierungen des OB H.Gr., daji man bei
Beginn des Angrijfs die Zivilbevolkerung aus der Stadt heraus in die Stellungen
treibe, betonte der FUhrer, so scharf diirfe man die Aufgabe nicht zweiteilen,
sondern der Angriff miisse mit der Vernichtung der Stadt in Einklang gebracht
werden. Anzustreben ist, die Vernichtung der Stadt mogUchst schon in die
Vorbereitung zu legen.
Chef OKW und Chef d. Gen.St.d.H. auflerten sich OB H.Gr. gegenUber (ohne
Anwesenheit des Fiihrers), daji der beabsichtigte Ansatz der Div.en zu wenig
frontal erfolge und damit eine stdndige Bedrohung der Nordflanke bestehe.
Nach ihrer Ansicht miisse der Angriff vollig frontal von Suden nach Norden
gefUhrt werden.
OB H.Gr. trug dem FUhrer nock die Munitionslage vor und gab dabei der Sorge
Ausdruck, dafi durch die Ereignisse bei H.Gr. Mitte zu viel von der fiir H.Gr.
Nord vorgesehenen Munition abgezogen wUrde."
la Bei seinem Lagevortrag im Fiihrerhauptquartier am 25. 8. 42 begriiflte Hitler den
OB der H.Gr. mit den Worten: „Mir ist ein Stein vom Herzen gef alien, als mir
gemeldet wurde, daji Sie von der Operation ,Schlingpflanze' Abstand nehmen und
nunmehr eine Verbreiterung der LandbrUcke zum II. AK. nach SUden anstreben."
In langeren Ausfiihrungen legte Hitler nochmals seine Auffassung dar, wonach
er „Schlingpflanze" als eine aujlerordentlich schwierige Operation angesehen
habe, die, in die Starke des Feindes fiihrend, angesichts der im Verhaltnis dazu
nur geringen eigenen Starke kaum Erfolg gehabt haben wiirde. Nach SUden
wUrde die Erweiterung der LandbrUcke bedeutend leichter sein, wenn es auch
nicht die ganze Losung darstelle.
DemgegenUber betonte der OB d. H.Gr., dafl er „Schlingpflanze" — dessen Dauer
er auf etwa 5 Wochen veranschlagte — habe zurUckstellen mUssen, weil zwischen
den Abwehrkdmpfen bei der H.Gr. Mitte, die die gesamte Luftwaffe der
H.Gr. Nord beanspruchten und dem Beginn von „Nordlicht" nicht so viel Zeit zur
VerfUgung gestanden hatte, um das Unternehmen „Schlingpflanze" durchfUhren
zu konnen. Dieses sei aber nach wie vor notwendig und mUsse nach „Nordlicht" ,
wenn auch in verkleinerter Form (bis zur Linie Bahn von Beglowo bis zum Lowat
und dann flufiaufwarts bis zu dessen MUndung) stattfinden. Der OB d. H.Gr.
vertrat die Ansicht, daji das Unternehmen „VJinkelried" nach RUckkehr der Luft=
waffenverbande von der H.Gr. Mitte (etwa ab 25. 8.), jedoch mit RUcksicht auf
„Nordlicht" nicht nach dem 28. 8. durchgefUhrt werden mUsse, da dann die Luft=
waffe fUr die Vorbereitung von „Nordlicht" gebraucht werde. Hitler wollte
angesichts der eigenen Krdftelage den Angriff nicht zu weit nach SUden vor=
getragen sehen (KTB H.Gr. Nord v. 25.8.42).
629
B. Kriegstagebudi
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der VorstofI der 6. Armee (XIV. Pz.Korps) iiber den Don an den Wolga=Abscknitt
nordlich Stalingrad war geeignet, die krampfhaft aufrechterhaltenen Erwartungen
in einen guten Ausgang der Offensive insgesamt neu zu starken.
Die Aufzeichnungen iiber den „Ausbau der VJ inter stellung" , dem Hitler „so
grofie Bedeutung" beigemessen haben soil, sind verstandlich. Ihre richtige Deutung
geht aus seiner Aufierung vom 25. Juni 1942 hervor, in der es heifit: „Der Vorteil
dieses Unternehmens der H.Gr. Mitte (bei Suchinitschi) liegt darin, dafi man die
Winterstellung friihzeitig gewinnen konne und ebenso eine Ausgangsstellung fiir
eine spatere Operation auf Moskau". Eine andere Art von „Winterstellung", etwa
in wesentlich verkiirzten, riickwartigen Linien, ist, soweit dem Verfasser bekannt,
nicht in Betracht gezogen worden. Sie hatte auch Hitlers Fiihrungsgrundsatzen vollig
widersprochen, ganz abgesehen davon, dali Krafte und Material zu ihrem Aufbau
fehlten und bei dem allseitigen Mangel auch nicht antransportiert werden konnten.
Die Daten, die Hitler in der Besprechung mit dem Feldmarschall von Kiichler fiir
das Unternehmen „Nordlicht" vorsah, waren gegeniiber denen der Weisung Nr. 45
vom 23. Juli 1942 (Abschnitt III) nur wenig verandert^ Auch hieraus ist zu ent=
nehmen, dafi er das Programm der Sommeroffensive durch den bisherigen Gang
der Ereignisse nicht als gefahrdet ansah. In seiner anhaltenden Unterschatzung
des Gegners trug er, wie die weiteren Erorterungen zeigen, offenbar ebensowenig
Bedenken, dem Schwerpunkt= Abschnitt der Ostfront nun auch, wie schon vorher
die Verstarkung durch die 11. Armee ^ noch eine — ungenannte — Anzahl von
Fliegerverbanden unter dem bewahrtesten Nahkampffiihrer, Generaloberst Frhr. v.
Richthofen, zu entziehen.
Haider hat in seinen Aufzeichnungen iiber die Unterredung seine von Greiner
betonte, abweichende Ansicht iiber den Ansatz des Angriffs gegen Leningrad nicht
vermerkt. Dagegen scheint aus seinem Tagebuch zu entnehmen, dafi Hitler dem
Oberbefehlshaber der H.Gr. Nord erst bei diesem Anlafi die Absicht mitgeteilt
hat, den Feldm. von Manstein mit der Fiihrung der Angriffstruppe — im Rahmen
der H.Gr. Nord — zu beauf tragen ^ — eine Mitteilung, die Kiichler — nach Er=
innerung des Verfassers — als Ausdruck des Mifitrauens in seine eigenen Fahig=
keiten nur ungern entgegennahm.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raume Kertsch Ruhe. Armeegruppe Ruoff : rum. Kavallerie im Vorgehen
von Kurtschanskaja nach SW und NW, nordlich des Kuban. Siidl. des Kuban
haben Div.en des V. A.K. Moldawanskoje und Neberdschajewskaja genommen
und sind im langsamen forts chreitenden Angriff in Richtung SW auf Nowo=
rossijsk. Siidlich Maikop stehen Telle der 97. Jager=Div. nordlich des Belore=
tschenskij=Passes (2850 m) mit feindl. Kraften, die den Pafi zu sperren ver=
2 Vgl. auch Weisung Nr. 44 vom 21. Juli 1942, Ziff. Ilia.
3 Vgl. Weisung Nr. 43 vom 11. Juli 1942.
4 Vgl. Tgb. Haider 23. August 1942 sowie Weisung Nr. 45 vom 23. Juli 1942, in
deren Abschnitt III lediglich von 5 Divisionen der 11. Armee „als Verstarkungen"
die Rede ist.
630
23* August 1942
suchen. Die iiber den Vetrin=Pa6 nach Siiden vorgestofienen Telle der 4. Geb.=
Div. haben sich mit von Osten kommenden anderen Teilen der Div. getroffen
und stehen nordl. des Santscharo=Passes. Am 21. 8. 10.00 Uhr vorm. nahm
eine Hochgebirgsgnippe unter Fiihrung des Hauptmann Groth im wechsel=
vollem Kampf mit dem Feind, in Schnee und Eis den Elbrus und hifite auf
seinem Gipfel (5 633 m) im heftigen Sdineesturm die Reichskriegsflagge.
Starke Feindangriffe auf den Briickenkopf iiber die Urwana westl. Maiskij.
Bei Baksan und Edisija und siidl. davon Bereitstellungen von Panzern und
Geb.Div. im Angriff nach Siidosten am 23. 8.
LII. A.K. stellte die Gegend Machmud— Mekteb— Plawennskij feindfrei fest
und ist im Vorgehen mit V.=Abt.en nach Siidosten.
Wetter: Im Kaukasus=Gebiet ortliche wolkenbruchartige Regenfalle, nord=
lich davon vorm. warm und heiter, nachm. Gewitterregen.
H.Gr. B:
Die von Zaza nach Norden vorgehenden Telle einer Pz.Div. nahmen
Dubowij=Owrag und stlefien mit linkem Fliigel auf die Hohen nordl. Ka=
mensklj vor, dort starker Feindwlderstand. Bahnhof Tinguta wird von Westen
und Siiden von eigenen Kraften angegriffen. Bei der 6. Armee stiefien die
Aufkl.=Abt.en am gestrigen Vormittag iiber die Briickenkopfe des Don nach
SO vor. An der Nordschleife des Don starke felndl. Angriffe, die abgewehrt
wurden; der Feind verstarkt sich hier. An der iibrigen Nordfront der Don=
Stellung versuchte der Feind immer wieder, an mehreren Stellen den FlujS
zu iiber schreiten.
An der Einmiindung des Choper in den Don ging die ital. Div., die am Tage
zuvor ihre Stellungen zuriicklegen mufite, zum Gegenangriff vor. An der
iibrigen Front aufier geringer Spahtrupptatigkeit an der Woronesch=Front
keine Kampfhandlimgen.
H.Gr. Mitte:
Am gestrigen Tage trat der Gegner gegen die gesamte Front der Angriffs=
gruppe siidl. und siidostwarts Suchinitschi zum Angriff an. Starke feindl.
Artl.=Tatigkeit. Aufier auf dem rechten Fliigel, wo der Feind einen Einbruch
erzielen konnte, der im GegenstolB bereinigt werden soil, konnten alle An=
griff e abgeschlagen werden. Mehrere Feindpanzer erledigt. Ostw. Wjasma
Starke feindl. Artl.= und Spahtrupptatigkeit, lebhafter Verkehr hinter der
russ. Front. Siidostw. und ostw. Rshew griff der Feind mit iiberlegenen Kraften
die eigenen Stellungen an und zwang die dort stehenden eigenen Krafte, den
Br.=Kopf iiber die Wolga aufzugeben, die Briicke zu sprengen und die Stellun=
gen nach riickwarts zu verlegen, mit starkeren feindl. Angriffen ist hier zu
rechnen. 72. 1.D. ist an die Einbruchsstelle vorgezogen; der Kommandeur der an
diesen harten Kampfen beteiligten 129. 1.D., Generalleutnant Rittau, ist ge=
fallen.
631
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
Vergebliche Feindangriffe auf die Nordfront der Demjansk=Stellung. Bei
Salzy am Wolchow und bei Grusino siidl. davon wurden Bereitstellungen des
Feindes durch eigene Artl. zerschlagen. Luftaufklarung stellte starken Verkehr
auf den Bahnen von Tichwin nach NW und SW fest. Durchbruchsversuche
der Russen siidostw. Leningrad wurden im Gegenstoli zuriickgewiesen.
Finnisdie Front
Keine besonderen Meldungen.
Panzerarmee Afrika (21. 8.)
Luftaufklarung stellte in der Tiefe des feindl, Gefechtsgebietes starkere Ko=
lonnenbewegungen fest, die auf Umgruppierung der Krafte schliefien lassen. Nach
zuverlassiger Nachricht ist das Heranfiihren eines neuen Verbandes in Div.=Starke
wahrscheinlich. Im ubrigen sehr rege feindliche Aufkl.=Tatigkeit, normale Artl.=
Tatigkeit und geringer Luftwaffeneinsatz.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 23. 8. 42.
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Jabo=Einsatze gegen Deal (mehrere Hauser zerstort);
Swanage (Wohnhauser zerstort. Gasometer in Brand geschossen) und bei Durnston
an der Kiiste ein Schlofi in Brand gesdiossen.
Ostwarts Flamborough Head 07.42 Uhr 5 Dampfer Kurs Siidost.
Ostwarts Humber=Miindung 07,21 Uhr 35 Dampfer Kurs Nordwest.
00,10 Uhr ostwarts Great Yarmouth ungefahr ^o Dampfer Kurs Nord, an gleicher
Stelle 20,15 Uhr 25 Dampfer Kurs Nord.
Siidlich Eastbourne 08,10 Uhr 20—25 Dampfer, 6 Vorp.=Boote Kurs Siidwest,
Westlich Beachy Head 20,35 Uhr 6 Zerstorer Kurs Siidost, 1 Zerstorer Kurs West.
Einfliige ins Reichsgebiet weder bei Tage noch bei Nacht. In die besetzten Gebiete
bei Tag und Nacht nur geringe Einfliige, Keine Bombenabwiirfe gemeldet. 1 Einflug
in Rumanien, 1 Spitfire abgeschossen.
2. Mittelmeer:
Fliegerfuhrer Afrika meldet Durchfiihrung von Sicherungs= und Aufklarungs=
aufgaben sowie freie Jagd, dabei 1 Curtis und 1 Beaufighter abgeschossen.
5. Ostfront:
Insgesamt 166 Abschiisse.
Noworossijsk 09.50 Uhr einlaufend 3 Dampfer, 2 Vorp.=Boote.
Siidlich Tuapse 07,55 Uhr 14 Dampfer, 17 Boote, 1 Vorp,=Boot Kurs Siidost.
Siidostwarts Adler 06,00 Uhr 3 Zerstorer Kurs Siidost.
In Suchum 06.00 Uhr 5 Frachter, mehrere Fahrzeuge und S=Boote.
In Anakria 1 Zerstorer, 8 Dampfer zus, 6 000 t, 18 Boote, auslaufend 1 Schlacht=
schiff, 7 Torp,Boote.
Kaspisches Meer: Vor Stalingrad 10.00 Uhr stromaufwarts 11 Schlepper, 17 Kahne,
10 Kahne einzelfahrend, 40 Boote, 4 brennende Fahrzeuge, stromabwarts 8 Schlep*
per, 19 Kahne.
632
24. August 1942
Bei Kamyschin 10.00 Uhr 6 Schlepper, 14 Leichter stromaufwarts, 3 Schlepper,
3 Leichter stromabwarts.
Nordmeer: Angriff auf Barackenlager bei Eina Guba, dabei 1 Baracke durch
Volltreffer zerstort. Aufierdem wurde Aufklarung Murman=Bahn durchgefiihrt.
Siidlich Island (Qu 26 West 9481) 5 Dampfer, 2 Korvetten Kurs 240 Grad.
4. Besonderes:
Am 22. 8. 19.40 Uhr wurde westlich Brest 1 Whitley V abgeschossen.
24. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 24. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A hat die 17. Armee im Angriff auf Noworossijsk
ortliche Fortschritte gemacht. Im iibrigen ist die Lage im Kaukasus unverandert.
Bei der Heeresgruppe B besteht eine unterschiedliche Auffassung zwischen
dem Heeresgruppenkommando und der 4. Panzer=Armee iiber das weitere
Angriffsverfahren. Letztere will, nachdem sie in den letzten Tagen den gegen=
iiberstehenden Feind geschlagen hat, zunachst vor der Front aufraumen. Die
Heeresgruppe besteht aber darauf, dafi sie den Angriff nach Norden fortsetzt.
Dies soil morgen geschehen. Bei der 6. Armee hat das XIV. Panzerkorps gestern
die Wolga nordlich von Stalingrad erreicht imd Rynok, die nordlichste Vorstadt
von Stalingrad, genommen.
Bei der Heeresgruppe Mitte hatten sich gestern die 2. Panzer=, die 3. Panzer=
und die 9. Armee wieder schwerster Angriffe zu erwehren. Der Fiihrer aufiert
hierzu: die Schwere der russischen Angriffe und die begrenzten Moglichkeiten,
ihnen noch zu begegnen, erinnerten an den vergangenen Winter. Wie damals
so hatte auch jetzt jeder Mann der Heeresgruppe zu halten, wo er stehe. Jedes
operative Absetzen lehne er ab. Jeder Gedanke an Ausweichen miisse aus der
Truppe verschwinden. Gegeniiber der Meldung des Generalobersten Model,
dafi der zugefiihrte Ersatz unbrauchbar sei, verweist der Fiihrer auf den noch
kiirzere Zeit ausgebildeten russischen Ersatz. Acht Wochen miifiten geniigen,
um eine reine Verteidigungsaufgabe zu losen. — Auch an der Westfront der
9. Armee bei Bjeloj greift der Gegner an. Die eingetroffenen Teile der Div.
„Grofideutschland" werden fiir diese Front als Reserve freigegeben.
Der im Fiihrerhauptquartier anwesende Oberbefehlshaber der 11. Armee,
Generalfeldmarschall von Manstein, erhalt folgende Anweisung fur die Durch=
fuhrung des Unternehmens „Nordlicht'' :
Der Fiihrer stellt voran, dal? das Unternehmen „Nordlicht'' nur Mittel zu
dem Zweck sei, die Ostsee freizumachen und die Karelische Landenge zu
besetzen. Das Unternehmen sei eine selbstandige Aufgabe, die nicht mit der
Abwehr im „Flaschenhals'' in Verbindung gebracht werden diirfe. Der An=
griffsplan der Heeresgruppe Nord wird Generalfeldmarschall von Manstein
nur in groiEen Ziigen mitgeteilt, ihm im iibrigen voile Freiheit gelassen. Der
633
B. Kriegstagebuch
Auftrag lautet: Tempo i: Leningrad abschliefien und Verbindung mit den
Finnen suchen. Tempo 2 : Leningrad besetzen und dem Erdboden gleichmachen.
Die Finnen soUen durch Zufiihrung von Artiilerie in die Lage versetzt werden
zu demonstrieren. Das Nahere wird morgen mit dem finnischen Generalstabs=
chef. General Heinrichs, der heute im Hauptquartier des Oberkommandos des
Heeres eingetroffen ist, besprochen werden. Der Fiihrer weist noch darauf hin,
dafi die Arbeiterschaft von Leningrad zweifellos militarisch organisiert ist
und beim Beginn des Kampfes in die Schiitzengraben stromen wird. Die Luft=
waffe wird angewiesen, die Munition fiir die Artiilerie und die Kampfverbande
der Luftwaffe bis zum 10. September anzuliefern, so dafi am 11. die dreitagige
Vorbereitung der Luftwaffe anlaufen kann. Generalfeldmarschall von Manstein
halt die Moglichkeiten fiir den Artilleriekampf nicht fiir so giinstig wie vor
Sewastopol und die Infanterie=Krafte zur Fortsetzung des Angriffs auf der
Karelischen Landenge nicht fiir sehr reichlich. Letztere soUen im Laufe des
Angriffs von anderen Fronten her verstarkt werden.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Ausfiihrungen Hitlers zur Lage bei der H.Gr. Mitte sind geeignet, den obigen
Kommentar zu Greiners Notizen iiber den Ausbau einer „Winterstellung" (s.
23. August) nachdriicklich zu bestatigen. Im iibrigen geben sie ein getreues Bild von
der Art und Weise, in der sich Hitler voller Selbstbewu6tsein bei jedwedem Anlafi
darauf berief, dafi allein seine Grundsatze in dem russischen Winter 1941/42 eine
Katastrophe der Wehrmacht verhindert hatten. Diese Uberzeugung, die auch vom
Chef WFStab nadi wiederholten Aufierungen uneingeschrankt geteilt wurde, sollte
bekanntlich das Grundrezept fiir Hitlers Fiihrung wahrend der gesamten weiteren
Dauer des Krieges werden^.
Audi die Behandlung der Meldung des Generaloberst Model, dafi die nur
8 Wochen lang ausgebildeten Ersatzmannsdiaften unbraudibar seien, zeigt Hitler in
der Rolle des vermeintlidi auf alien Gebieten militarisdien Wissens und Konnens
iiberlegenen obersten Befehlshabers, der ihm unerwiinsdite Tatbestande ohne nahere
Untersudiung, aber audi ohne wirkliches Urteilsvermogen einfach beiseite schiebt.
Sein Verhalten ist in diesem Falle besonders bemerkenswert, weil Model einer der
ganz wenigen Heeres=Generale war, die er personlich kannte und die sein besonderes
Vertrauen besafien.
Die Besprediung Hitlers mit dem Feldm. v. Manstein wird merkwiirdigerweise
bei Haider, obwohl er zugegen war, gar nicht erwahnt. Aus der eigenen Darstellung
Mansteins ist zu entnehmen, dafi er die Verwendung der 11. Armee, von der nach
der Abzweigung der 72. Inf.Div. (s. 14. August) nur noch 4 Divisionen iibrig ge=
blieben waren, fiir den Angriff auf Leningrad angesichts des Standes der Dinge
am Siidfliigel der Ostfront nicht fiir richtig gehalten hat.
1 Vgl. dazu Tgb. Haider vom gleichen Datum: „Schwerer Zusammenstofi wegen
Beurteilung der Lage bei Rshew, wo ich auf die Moglichkeit des Ausbrennens
der eingesetzten Truppe hinweise." Siehe auch Manstein, Verlorene Siege, Bonn
'iJ'. 1-955/ S. 292. '3i:(vv n-a.r^i'iri-s mi rriflf jH3lo^lim rrg^u
634
24. August 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
11. Armee: ruhig.
Wetter: kiihl.
Armeegr. Ruoff: 3. rum. Armee drang in die Stadt Temrjuk ein. V. A.K.
erreichte die Gegend Bahnschleife nordwestl. Noworossijsk und siidostw.
davon. Noworossijsk selbst liegt unter eigenem Artl.=Feuer. Slidl. Kalushskaja
(125. 1.D.) siidl. Krasnodar fiel eine fast unzerstorte Erdolbohranlage mit
angebl. 800 t Monatsforderung in unsere Hand. Im Bolcha=Laba=Tal wurde
ein Goldbergwerk unbeschadigt in Besitz genommen. Im Raume Maikop Um=
gruppierung der eigenen Krafte. Teile der 1. Geb.Div. erreichten die Gegend
nordl. Klydsch. Westl. Baksan wurde iiber den Baksan ein Br.=Kopf gebildet.
3. Pz.Div. stiefi iiber die unversehrte Lenin=Kanal=Brucke nach Siiden vor,
erreichte die Bahnlinie ostw. Mosdok und unterbrach sie an verschiedenen
Stellen.
LII. A.K. : ging weiter nach Siidosten vor.
Wetter: Im Westteil des Kaukasus wolkenbruchartige Niederschlage. Nach
Osten fortsetzende Wetterbesserung.
H.Gr. B:
Die von Siiden auf Stalingrad vorstoEende 4. Pz.Armee wehrte auf rechtem
Fliigel feindl. Angriffe ab und erreichte mit nach Nordwesten vorstofienden
Teilen die Bahnlinie beiderseits Bahnhof Tinguta.
6. Armee: stieii mit 16. Pz.Div. iiber die Bahn Stalingrad— Prolowo nach
Siidosten vor, iiberschritt die Strafie Stalingrad— Dubowka und erreichte am
23. 8. 17 Uhr die Wolga. Die Inf.Div.en gehen aus den Br.=Kopfen des Don
nach Siidosten vor. Starkere Feindteile an der Bahn siidl. der Vormarschstrafie
der 16. Pz.Div. In der Nord=2 wurden mehrere Angriffe abgewehrt. Bei
Woronesch und im Raume siidl. Jelez keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Bjelew wurden feindliche Angriffe abgewiesen. Nordwestl. davon ge=
lang dem Gegner ein Pz.=VorstoJS in die eig. Linien, der abgeriegelt werden
konnte. An der Front siidl. Suchinitschi wurden fdl. Vorstofie zuriickgeschlagen.
Eign. Pz.Div. konnte im Vorgehen nach Nordosten Gelande gewinnen. Im
iibrigen Sauberung des Gelandes von Feindresten. Im Raume ostw. Wjasma
wurden fdl. Ansammlungen zerschlagen und mehrere Angriffe zuriickgewiesen.
Auf beide Eckpfeiler der Einbruchsstelle siidostw. Rshew und nordl. Rshew
kannten fdl. Vorstofie mit dem Ziel, die Einbruchsstelle zu erweitern, abgeriegelt
werden und Bereitstellungen des Feindes mit guter Wirkung bekampft werden.
2 Fotokopie an dieser Stelle nicht zu entziffern. Vermutlich: „Nordschleife desDon".
^■55
B. Kriegstagebuch
Wetter: Im Sudteil der H.Gr. sonnig warm, Strafien gebessert, im Nordteil
bewolkt, teilw. Regen, fiir Kfz. nur bedingt befahrbar.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmensees keine bes. Kampfhandlungen. Nordl. des Ilmensees
wurde beim Br.=Kopf Salzy ein feindl. Vorstofi abgewehrt. Bei der SS=Pol.=Div.
siidostw. Leningrad gelang dem Gegner ein Einbruch in die eig. Stellungen,
Gegenmafinahmen sind eingeleitet.
Finnland
An alien Fronten keine bes. Kampfhandlungen.
Panzerarmee Afrika (22. 8.)
In der Nacht vom 21./22. 8. starkeres fdl. Artl.=Feuer (3 000 Schufi) siidwestl.
Alamein. Normale fdl. Aufklaning und Fliegertatigkeit.
Luftaufklarung bestatigte Anwesenheit eines neuen Verbandes in Div.=Starke
hinter Mitte und Nordabschnitt des Feindes.
Panzerlage: Deutsche Panzer
28 Panzer II
90 „ III
67 „ HI
8 „ IV
23 „ IV
4 Pz.Bef.Wg.
Italienisdie Panzer:
220 (gegeniiber 187 am 12. 8.)
242 (gegeniiber 173 am 12. 8.)
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 24. 8. 42
I. Raum um England:
Aufklarung und Jabo=Angriffe auf Dartmouth (Volltreffer auf dort liegenden
Landungsbooten, mehrere in die Luft geflogen und auseinander gebrodien), auf
Sandwich (Volltreffer in einer Fabrik), auf Brighton (Volltreffer in E=Werk), auf
Toroross (Volltreffer in Wohnhausern, 2—3 Hauser zerstort), Siidrand Stadt South=
ampton und Aldershot. In Dartmouth au6erdem ein getarntes Haus (Ortungs=
station?) getroffen.
Es wurden 4 Spitfire bei Fecamp und St. Valery und 2 wahrscheinlich abgeschossen.
Bei Nacht kein Einsatz.
Nordwestlich Harwich 00.45 Uhr 10—15 Dampfer Kurs Nord.
Bei Dover 16.46 Uhr 10 Dampfer stilliegend.
Siidlich Dungeness 16.45 Uhr 2 Dampfer stilliegend.
Bei Hastings 16.45 Uhr Minensuchtatigkeit.
Siidlich Worthing 14.40 Uhr 12 Schlepper mit je 2 Leichtern im Schlepp Kurs West.
Einfahrt westlich Insel Wight 18.15 Lfhr 10 Dampfer Kurs Ost bzw. Nordost.
Zwischen Portland und Insel Wight 16.45 Uhr 15 Dampfer Kurs West.
636
25- August 1942
Westlich Portland 11.31 Uhr 6 Dampfer, 2 Vorp.=Boote, Kurs 200 Grad.
Ostwarts Dartmouth 11.36 3 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs 100 Grad.
In Dartmouth 16.30 Uhr 40—50 Landungsboote, 2 Handelsschiffe. Jabo=Angriff
16.40 Uhr wie oben.
Am 24. 8. 1 Einflug auf Le Trait westlich Rouen. Bomben auf Schiffswerft.
Insgesamt 212 Einfliige, davon 150 ins Reichsgebiet. Es wurden abgeschossen
2 Feindflugzeuge durch Flak, 13 durch Jager. Eindringtiefe Bocholt— Hagen— Kassel—
Bad Orb— Weinheim— Metz. Schwerpunkt Rhein=Maingebiet.
Frankfurt a. M. 100 Sprengbomben, 2 LM, mehrere tausend Brandbomben. Treffer
in Maschinenfabrik Monus, Verwaltungsgebaude teilweise zerstort, Ausfall noch
nicht feststellbar. Eine Schuhfabrik abgebrannt. Mehrere Grofibrande. Reichsbahn=
kleiderlager in Brand, Bestande teilweise gerettet. Bahnstrecken Frankfurt/R6del=
heim nach Weifikirchen und Eschbom gesperrt. Angriffe auf Scheinwerfer und
Flakstellungen. 10 Hauser zerstort, 500 beschadigt. 2 Soldaten gefallen, 2 schwer=
und 4 leichtverletzt. 1 Zivilist tot, 19 Leichtverletzte.
Mainz 18 Sprengbomben, 2 LM, 3 500 Brandbomben, 200 Phosphorbrandbomben,
aufierdem Bordwaffenangriffe. 1 Grofibrand, 7 kleine Brande. Mehrere Hauser
zerstort und beschadigt. 2 Soldaten gefallen, 1 Zivilist tot, 1 Verletzter.
2. Mittelmeer:
Aufklarungs= und Sicherungsaufgaben.
Nach ital. Meldung vom 20. 8. laden 4 U=Boote in Gibraltar Lebensmittel fiir
Versorgung Malta.
3. Ostfront:
89 Abschiisse, 4 Flugzeuge am Boden zerstort.
Auf der Wolga zwischen Astrachan und Stalingrad 20 Schlepper, 28 Kahne,
7 Frachter stromaufwarts, 12 Schlepper, 15 Leichter stilliegend.
In Stalingrad 09.50 Uhr 20 Kahne, 2 brennende Tanker.
Eismeer: Vor Archangelsk 13.30 Uhr 5 Frachter je 3 000 t, 5 Bewacher stilliegend.
60 sm vor Archangelsk 13.40 Uhr 1 Dampfer 2 000 t Kurs auf Archangelsk.
Zwischen 10.28 und 14.00 Uhr wurden der Hafen Archangelsk und die dortigen
Flugplatze gelichtbildet.
Nachts 21 Ju 88 Angriff auf Archangelsk, bisher grofie Brande gemeldet. Naheres
fehlt.
25. August 1942
Aufzeidmungen Greiners zum 25. August 1942
Lagevortrag:
Die Lage ist im allgemeinen unverandert. Bel Suchinitschi soil nach wie vor
die 9. und die 11. Panzer=Division herausgezogen werden, ob aber zum Einsatz
nordlich von Kirow, das bleibt einstweilen noch offen. Die Div. „Grofi=
deutschland"' soil auf Antrag der Heeresgruppe Mitte nunmehr bei Sytschewka
(Ostfront der 9. Armee) zum Gegenstofi eingesetzt werden, sie darf aber nicht
in der Abwehr verbraucht werden. Dadurch ist die gestrige Absicht, sie der
Westfront der 9. Armee zuzufiihren, hinfallig geworden.
Im Anschlufi an die Lagebesprechung halt der Generalquartiermeister des
Heeres, Generalleutnant Wagner, Vortrag iiber die Versorgungslage der Ost=
637
B. Kriegstagebuch
front. Er mufi es sich dabei vom Fiihrer sagen lassen, daJS man die Versorgung
der Heeresgruppen A und B von den weit zuriickliegenden Eisenbahnend=
punkten aus wegen Treibstoff mangel nicht mit Grofilastkraftvvagen=Transport=
raum durchfiihren konne, sondern die unbeschadigten oder schon wieder=
hergestellten Eisenbahnteilstrecken ausnutzen und auf den Zwischenstrecken
Lastkraftwagen=Pendelverkehr einrichten miisse.
Bei der heutigen Besprechung mit dem finnischen Generalstabschef, General
Heinrichs, ist vereinbart worden, dali die auf der Karelischen Landenge stehen=
den finnischen Krafte durch starken Artillerie=Einsatz einen Angriff vor=
tauschen und dem weichenden Feinde nachstofien werden. General Heinrichs
hat den Wunsch geaufiert, dafi die Heeresgruppe Nord nach der Wegnahme
Leningrads Verbindung mit der finnischen Front am Swir sucht und den
gegen die Murman=Bahn angesetzten finnischen Kraften, wenn sie diese er=
reicht haben, deutsche Verbande zum Halten der Stellung zugefiihrt werden.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Erneut bleibt bei den Aufzeichnungen Greiners zum Lagevortrag Ost eine Angabe
dariiber zu vermissen, von wem die teilweise ebenso verworrenen wie merkwiirdigen
Befehle ausgegangen sind. Fiir einen standigen Teilnehmer an diesen Konferenzen
kann allerdings kein Zweifel bestehen, dafi nur Hitler selbst ihr Urheber gewesen
sein kann. Seine Anweisungen an den Generalquartiermeister des Heeres, so
schwierig ihre Durdifiihrung audi gewesen sein mag, diirften dagegen zu Redit
ergangen sein.
General Heinrichs war seit dem Eintritt Finnlands in den Krieg im deutsdien
Hauptquartier kein Unbekannter mehr. Eine starkere Unterstiitzung des deutschen
Angriffsvorhabens gegen Leningrad wurde von den Finnen, die sidi einem Vor=
gehen auf der Karelischen Landenge iiber die alte finnisch=russische Grenze hinaus
immer versagt hatten, nicht erwartet.
% Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
11. Armee: Keine bes. Ereignisse.
5. rum. Armee: brach letzten Feindwiderstand in Temrjuk und bildete westl.
der Stadt einen Br.=Kopf iiber den Kuban. Die Westgr. des V. A.K. steht in
schwerem Kampf gegen Verstarkungen des Feindes, die mit alien Mitteln ver=
suchen, das Vordringen auf Noworossijsk zu verhindern. Trotzdem gelang es,
die Hohen westl. der Stadt in erbittertem Nahkampf zu nehmen. Starke fdl.
Lufttatigkeit im gesamten Armeebereich mit Schwerpunkt bei Angriffsgruppe
Noworossijsk in einer Starke, dafi eigene Artl. zeitweilig das Feuer einstellen
mufite. Nach Gefangenenaussagen sollen sich in dem zerkliifteten Gelande im
Raume Abenskaja und siidl. davon noch 1—2 000 Partisanen auf halten. Starke
fdl. Angriffe auch auf die Stellung westl. Goriatschmi— Kljutsch und siidl.
Meftogorsk. Vor XXXXIX. Geb.Korps hat sich der Feind siidl. des Klydsch
638
25. August 1942
verstarkt. Nach Gef.=Aussagen sollen hier 2 fdl. Geb.Div.en zur Verteidigung
des Tales nach Suchum eingesetzt sein. i. Pz.Armee: erweiterte mit 2. Geb.Div.
den Br.=Kopf bei Baksan und wehrte fdl. Angriffe auf den Br.=Kopf bei
Maiskij ab. 3. Pz.Div. sauberte Mosdok von Feindresten. Hier besonders star=
ker fdl. Lufteinsatz. LII. A.K. ging welter ohne Feindberiihrung nach Sudosten
vor. Eine Fempatrouille erreichte die Bahnlinie Kisljar— Astrachan nordl.
Rastolje, unterbrach sie auf 200 m und vernichtete 10 Lokomotiven.
H.Gr. B:
Die Angriffe auf die Pz.Div. am rechten Fliigel der 4. Pz.Armee sind schwa=
cher geworden. Starkerer Feind siidl. des Wolga=Don=Kanals. AUe Angriffe auf
die Bahnlinie bei Tinguta wurden abgewehrt. Die hier eingeschlossenen Feind=
telle wurden vernichtet.
6. Armee: griff mit Siidfliigel die fdl. Stellung an und steht auf den Hohen
beiders. Demtrijowka. Um eine Hohe etwa 20 km nordostw. davon ist barter
Kampf im Gange. Die 16. Pz.Div., die die Wolga nordl. Stalingrad erreicht
hat, wird hier von Norden und Siiden z. T. mit Panzern angegriffen. Bisher
alle Angriffe abgeschlagen. Vom Bhf. Katschilino greift der Feind mit uber=
legenen Kraften besonders die 384. Div. am Br.=Kopf iiber den Don westl.
der Bahn an. An der nordl. Don=Schleife wurden fdl. Angriffe abgewiesen und
voriibergehend eingebrochene Panzer auf dem linken Fliigel durch Eingreifen
von Reserven zuriickgeworfen. Auf die Stellungen der ital. Div. en starker
Feinddruck. Erbitterter Kampf auf die zuriickgenommenen ital. Stellungen an
der Choper=Miindung. Die Stellungen konnten gegen starke Angriffe des
Feindes gehalten werden^ Auf die zuriickgenommenen Stellungen an der Don=
Schleife siidl. Werchnij=Mamon starker Feinddruck. Hier gelang es dem Gegner,
auf dem linken Fliigel der Div. Ravenna durchzubrechen. Gegenmalinahmen
sind eingeleitet. Eign. Angriff auf den noch in der Siidostecke von Woronesch
sich haltenden Feind. Auf der iibrigen Front kein bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Mine:
Die Stellungen des angreifenden XXXXI. Pz.Korps lagen gestern zeitweise
unter einem bisher noch nicht dagewesenen Trommelfeuer der Artl. und
Salvengeschiitze. Darauf griff die Inf. mit Pz.=Unterstiitzung auf der ganzen
Linie an. Samtliche Angriffe wurden unter besonders gutem Einsatz der Luft=
waffe zuriickgeschlagen. Bisher in den Kampfen siidl. Suchinitschi
17 000 Gefangene gemacht,
^^o Panzer,
385 Geschiitze,
204 Flugzeuge
1 Vgl. hierzu: Le Operazioni del C.S.I.R. e delVArmir dal Giugno 1941 alVOttobre
1942, Roma 1947, S. 154—182.
639
B. Kriegstagebuch
vernichtet bzw. erbeutet. Ostw. Wjasma griff der Gegner nach Artl.=Vor=
bereitung mit starken Pz.=Kraften die Stellung der 292. Div. an. Nachdem
mehrere Angriffe abgeschlagen waren, gelang ihm ein tiefer Einbruch mit
Panzem. Inf. und Panzerkrafte sind im Gegenangriff an der Einbruchsstelle.
Ganz besonders schwer wird bei Rshew gekampft. Nach voriibergehender
Ruhe setzte gestern von 30. und 31. russ. Armee ein noch nie dagewesenes
Trommelfeuer ein, darauf folgten mit Panzern und Inf. auf engem Raum
zusammengefaiite iiberlegene und durch starken Fliegereinsatz unterstiitzte
fdl. Angriffe auf die Stellungen bei Subzoff und nordl. Rshew. Es gelang dem
Gegner an mehreren Stellen, in die eign. Linien einzubrechen. Einbruchsstellen
wurden abgeriegelt. Nach Einsatz samtl. Reserven ist zum Gegenangriff an=
getreten. Die besonders schweren Kampfe dauern noch an. Angriffe auf die
Nordwestecke der Armee und bei Bjeloj wurden abgeschlagen.
H.Gr. Nord:
Siidl. Staraja Russa griff der Feind achtmal mit Pz.=Unterstutzung die eig.
Stellungen an und konnte im GegenstolB iiberall zuriickgeworfen werden.
Mehrere starke Angriffe mit besonderer fdl. Fliegerunterstiitzung auf Belij Bor
wurden abgewiesen. Siidostw. Leningrad konnte der Gegner nach wiederholten
vergeblichen Angriffen einen Einbruch in die Stellungen erzielen, die zur
Zuriicknahme der eign. Front fiihrten. Ubersetzversuche des Feindes unter
Zuhilfenahme von Sturmbooten wurden abgewiesen.
Finnland
Sudostfront: Rege fdl. Spah= und Stofitrupptatigkeit auf alien Fronten.
Nordfront: Im Raume nordl. Salla Wiederauftreten fdl. Streifabteilungen.
Panzerarmee Afrika (24. 8.)
Besondere Meldungen liegen nidit vor.
In Zusammenhang mit dem Uberfall am 14./15. 8. bei El Daba durch ein ge=
landetes Sabotagekommando wurde u. a. der Obit. Alexander gefangengenommen.
Bei der Gefangennahme trug er deutsche Afrikamiitze. Gegen ihn wurde ein kriegs=
geriditliches Verfahren wegen Freischarlerei eingeleitet. Alexander ist ein Neffe
zweiten Grades des jetzigen Oberbefehlshabers Mittelost, General Alexander.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 25. 8. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Angriffe gegen Luton, Wirkung wurde nidit beobachtet.
1 Wellington durch Flak abgeschossen.
Bei Nacht mit mittleren Kraften Angriff auf Ipswich, Treffer in Stadtmitte,
Hafengegend und Nordostteil der Stadt. Mehrere Brande beobachtet. AuJSerdem
wurden ein Flugplatz ostwarts Ipswich und Great Yarmouth angegriffen, Wirkung
nicht beobachtet.
Siidlich Beadiy Head 17.05 Uhr 10 Minensuchboote Kurs West.
640
26. August 1942
Siidwestlich Devonport 14.10 Uhr 5 Dampfer, 1 Zerstorer, 4 Vorp.=Boote Kurs Ost.
Einfluge: Am 25. wurde im Bezirk Koln Turnich mit Sprengbomben angegriffen,
Schadensmeldung liegt noch nicht vor. Weiterhin wurde Briiggen an der Erft an=
gegriffen, Treffer in der Grube Luise. Kohlenforderanlage und Starkstromkabel
zerstort. Geringer Gebaudeschaden, 100 Vo Produktionsausfall fiir 1—2 Tage. Meh»
rere Spreng= und Brandbomben auf Grube Anna in Alsdorf, Kesselanlage getroffen,
Starkstromkabel beschadigt.
Bei Nacht keine Einfluge ins Reichsgebiet, geringe Einfliige in die besetzten
Gebiete. Bei Terschelling Bombenabwiirfe auf unbekannte Seeziele.
2. Mittelmeer:
Aufklarungs= und Sicherungstatigkeit. 2 Abschiisse.
Malta. LB La Valetta 15.28 Uhr teilgedeckt: 1 U=Boot, 4 Frachter, 1 Tanker.
Vor Alexandrien 15.06 Uhr: 1 Laz.Schiff, 1 kL Dampfer Kurs 250 Grad, 21.30 Uhr
2 Zerstorer Kurs West.
Ostwarts Port Said 15.00 Uhr 33 Ost 3217 2 Zerstorer, 1 U=Boot Kurs Nord.
Port Sudan Lichtbild 24. 8. 11.00—11.30 Uhr: 8 Frachter 3 200 t (?), 1 Spezial=
schiff 150 m lang, 1 Hilfsschiff 50 m lang.
Alexandrien LB 23.8. 22.00 Uhr: 1 Zerstorer, 2 Geleitboote, 3 Vorp.=Boote,
17 Frachter 71 000 t, 3 Tanker 21 000 t, 1 Laz.Schiff.
Suez 23.8. 15.39 Uhr LB: 1 Kreuzer, 6 Zerstorer, 38 Frachter mit zus. 221700 t,
10 Tanker 46 400 t, 1 Laz.Schiff.
Auf dem Grofien Bittersee 1 Tanker, 2 Frachter.
3. Ostfront:
Etwa 2787 Einsatze. Es wurden abgeschossen 100 Feindflugzeuge, 2 am Boden
zerstort. 5 eigene Verluste.
Schwarzes Meer: Hafen Taman 10.00 Uhr: 4 Kan.Boote, 4 Boote.
Westlich Anapa 1 Truppentransporter, 7 Boote.
Vor Gelendshik 09.55 Uhr 2 Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
An der Kiiste starkerer Kiistenverkehr.
Kaspisches Meer: Astrachan LB 24. 8.: 1 U=Boot, 32 Raddampfer und 37 Leichter
(zus. 44 000 t), 20 Fahren, etwa 500 Boote.
Zwischen Astrachan und Stalingrad sehr starker Schleppzugverkehr und Fahr=
betrieb.
Eismeer: Angriff mit 14 Ju 88 auf Warlamowo Flugplatz. Treffer in Boxen und
Abstellplatzen. Beim Abflug 2 grofie Explosionen beobachtet, anscheinend Munition
getroffen.
Im Kanal Westfahrwasser nach Archangelsk 16.10 Uhr 5 Dampfer 25 000 t,
1 Zerstorer, 2 Vorp.Boote Kurs Siidost, im Geleit 1 Einzelfahrer Kurs Siidost,
1 Dampfer ohne Kursangabe.
In Archangelsk lagen am 24. 8. 4 Zerstorer, davon 2 im Bau, 5 Geleitboote,
28 Dampfer 105 000 t, vor dem Hafen 4 Geleitboote, 5 Dampfer 16 500 t.
Nordlich Island 10.08 Uhr 60—70 Fischer beim Fischen.
26. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 26. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A ist die Lage unverandert. Der Fiihrer befiehlt, nicht
in den Hochkaukasus einzudringen, sondern nur die beiden von Alagir und
641
B. Kriegstagebuch
Ordshonikidse nach Kutais und Tiflis fiihrenden Heerstrafien zu sperren,
zumal da sie schon Mitte September zuschneien. Das XXXX. Panzerkorps soil
auf Grosnij vorsto6en und vor allem die dortigen Bahnen in Besitz nehmen.
Bei der Heeresgruppe B leistet der Feind heftigen Widerstand mit kraftigen
Gegenstofien. Da die 4. Panzer=Armee so nicht weiterkommt, soil sie ihre
Krafte umgruppieren, namlich das IV. Armeekorps auf den rechten Fliigel
und die Panzer=Verbande auf den linken Fliigel nehmen und mit letzteren am
28. August in nordostlicher Richtung angreifen. Bei der 6. Armee hat die
71. Inf.Div. am 24. August bei Kalatsch den Don iiberschritten; sie ist im
ziigigen Vorgehen langs des Karpowka=Tales auf den Siidteil von Stalingrad.
Auf dem rechten (ostlichen) Fliigel der italienischen 8. Armee ist der Gegner
tief eingebroch^n. Das linke Fliigelkorps der 6. Armee, das XVII. Armeekorps,
hat sich zur Entlastung der Italiener nach links ausgedehnt. Der Fiihrer f ordert
abermals eindringlich, dafi die 22. Panzer=Division endlich geschlossen hinter
die italienische Front gelegt wird.
Mit grofier Ruhe, aber tiefem Mififallen nimmt der Fiihrer die Meldung
des Chefs des Generalstabes des Heeres entgegen, dafi bei der Heeresgruppe
Mitte die 2. Panzer= Armee aus eigener Initiative ihre Front bei Suchinitschi
zuriickgenommen hat. Damit ist an dieser Stelle der Druck auf den Gegner
aufgegeben worden, ohne dafi hierdurch Krafte gewonnen werden.
Bei der Heeresgruppe Nord mehren sich die Anzeichen fiir einen baldigen
russischen Angriff gegen den „Flaschenhals". Der Fiihrer wiinscht, daiS die
SS=„Totenkopf''=Division alsbald nach dem Westen abtransportiert und bei
der 18. Armee durch vier neu aufgestellte Jager=Bataillone (siehe 12. 8.) ersetzt
wird. Die nachsten vier, Ende August fertig werdenden Jager=Bataillone soUen
im riickwartigen Heeresgebiet Mitte zur Bandenbekampfung eingesetzt werden.
[Vortrag des Ob.d.M. beim Fiihrer^.]
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Auf zeichnungen Greiners lassen besonders an diesem Tage deutlidi erkennen,
dafi die Anzeichen fiir ein baldiges Festlaufen der Sommer=Offensive sich weiter
mehrten. Dabei zeigten sich neben dem zunehmenden, immer offensiver gefiihrten
feindlichen Widerstand an zwei Beispielen auch die Wirkungen des Nachlassens der
eigenen Krafte: Bei Suchinitschi hatte die 2. Pz Armee aus eigenem Entschlufi, ohne
dafi auch der Chef des GenSt.d.H. unterrichtet worden war, den Kampf abgebrochen,
und am Nordfliigel der 6. Armee — nur bei Haider vermerkt — wollte das XIV. Pz.=
Korps die Anlehnung an die Wolga nordlich Stalingrad freiwillig wieder aufgeben.
Die einzige Folgerung, die seitens der Obersten Fiihrung gezogen wurde, scheint
demgegeniiber der Verzicht auf ein weiteres Eindringen in den Hochkaukasus ge=
wesen zu sein.
Aufzeichnung Uher diesen Vortrag (Nr. 1. Ski. lb 1663/42 g.Kdos. Chefs.) in:
Lagevortrage des Ob.d.M., a. a. O.
642
26. August 1942
Ob die SS=Totenkopf=Div. noch als spate Folge von Dieppe zur Auffrischung
oder lediglich auf irgendwelche, haufig genug auftretende Sonderwiinsche der SS«
Fiihrung hin nach dem Westen verlegt werden sollte, wird nicht berichtet. Der Befehl
Hitlers verstiefi in jedem Falle offensichtlich gegen die Bediirfnisse der Ostfront
und zumal der H.Gr. Nord.
Der umfassende und in mancher Hinsicht, besonders zur Lage im Mittelmeer, fiir
den weiteren Kriegsverlauf bedeutsante Vortrag, den der Ob.d.M. an diesem Tage
(26. August) bei Hitler erstattet hat, ist bei Greiner nicht erwahnt. Es kann hiernach
angenommen werden, zumal nach dem ProtokoU kein Offizier des OKW dabei
anwesend gewesen ist, da6 der WFStab von den Ausfiihrungen und Anregungen
Raeders nichts erfahren hat.
Lagebericht OKH «
Osten
H.Gr. A:
Auf der Krim nichts Wesentliches.
Armeegr. Ruoff: 5. rum. Armee besetzte Halbinsel westl. Temrjuk. 5. rum.
K.D. setzt bei Protzkaja iiber den Kuban im Marsch nach Siiden. Bei V. A.K.
fiihrte der Gegner seit den Morgenstunden Angriffe auf die Spitzen der vor=
gehenden Truppen durch, die z. T. im Gegenangriff und erbitterten Nah=
kampfen fast iiberall abgeschlagen wurden. Siidwestl. und siidl. Krasnodar
wurden Gegenangriffe aus dem Gebirge zuriickgewiesen und der Gegner teil=
weise in das Gebirge zuriickgedriickt. Siidl. Maikop konnte eine Jg.Div. im
Vorgehen nach Siiden mehrere Hohenstellungen im PschetschaI=Tal und in
Gegend des Boloretschenski=Passes nehmen. Bei 4. Geb.Div. wurde der San=
tscharo=Pa6 von Siiden her genommen, gegen fdl. Angriffe verteidigt. Auch
der Tschumascho=Pafi ist in eigener Hand. Bei Klydsch wehrt sich der Feind
verzweifelt. Westl. Baksan warfen Geb.Jager den Feind nach Siiden zuruck.
Das Terek=Ufer ostw. Maiskij und siidl. Mosdok ist stark feindbesetzt. Angriff
hier fiir den 27. 8. festgesetzt. Hierzu 13. Pz.Div., die bis in den Raum Schef=
stoff vorgezogen ist, bereitgestellt. V.=Abt.en der ^yo Div. stiefien bei Terekli=
Mekteb auf schwachen Feind. Sudostw. der Linie Boshligan— Moskwa sind
nach Aufklarungsergebnissen Strafien und Wege fur grofiere Verbande nicht
geeignet.
Wetter: Heiter, warm.
H.Gr. B:
Nach Durchbrechen starker fdl. verminter Stellungen stielien Telle der
24. Pz.Div. auf starken Feind siidl. des Wolga— Don— Kanals. Konzentrisches
fdl. Artl.=Feuer auf die eig. vorgehende Truppe. Auf die ... .
.... 2 gefiihrte fdl. Panzerangriffe wurden abgewehrt. Nordl. Ka=
latsch ging die 71. Div. uber den Don, nahm eine Ortschaft 5 km nordl. Ka=
2 Fptokopie nicht zu entziffern.
645
B. Kriegstagebuch
latsch und stiefi nach Brechen geringen Feindwiderstandes in ostwartiger Rich=
tung vor. Angriffe des Gegners von Siiden auf die Nachschubstrafien der bis
zur Wolga vorgedrungenen Panzerdivision in Gegend siidl. Bhf. Kotluban.
Im nordl. Donbogen wurden mehrere Angriffe abgewiesen. Durch ein weiteres
Zuriickweichen der unter dem General Gariboldi kampfenden ital. Truppen
in Gegend der Einmiindung des Choper in den Don wurde die Westflanke des
XVII. A.K. stark in Mitleidenschaft gezogen. Reserven sind aus Gegend Sera=
fimowitsch, wo die eigenen Linien etwas verkiirzt wurden, zum Einsatz heran=
gezogen. Eine AIp.=Formation und i ital. Pz.Abt. sind zur Unterstiitzung der
stark bedrangten ital. Stellungen herangeholt. Auf die Einbruchsstelle siid=
ostw. Woronesch starkes fdl. Artl.=Feuer. Ein Feindvorstofi siidl. Jelez brach
im eigenen Artl.=Feuer zusammen.
H.Gr. Mine:
Bereitstellungen siidwestl. Bjelew wurden durch Einsatz eigener Flieger zu=
sammengeschlagen. Auch am gestrigen Tage konnten alle Feindangriffe siidl.
Suchinitschi z. T. im Gegenstofi abgewehrt werden. Der Feind hatte hohe
Verluste. Auch ostw. Wjasma wurden Angriffe z. T. im Nahkampf zuriick=
gewiesen. An der Einbruchsstelle, wo wiederholte Angriffe abgewiesen wurden,
konnte die Verbindung mit dem nordl. Nachbar=A.K. hergestellt werden. An=
griffe zur Wiedergewinnung der alten HKL sind eingeleitet. Auf dem Siidteil
und der Nordostecke der Einbruchsstelle siidostw. Rshew konnten Feind=
angriffe abgewehrt werden. Ein kleiner Einbruch ostw. Sytschewka wurde im
Gegenstofi bereinigt. Nach dem vorgestrigen Artl.=Massenfeuer hielt der Geg=
ner gestern auffallend mit Artl. zuriick. Bereitstellungen des Gegners zu er=
neutem Angriff konnten unter hohen Feindverlusten durch eig. Artl. zer=
schlagen werden. Bei vergeblichen Angriffen nordl. Bjeloj wurden 9 Pz. ab=
geschossen, 8 blieben bewegungslos liegen. Angriffe auf Wei. Luki und siidl.
davon wurden abgewehrt.
Wetter: teilweise bewolkt, im Raume Rshew Strafien fiir Kfz. bedingt
befahrbar.
An der iibrigen Front der Heeresgr. sonniges warmes Wetter.
H.Gr. Nord:
Ein Angriff siidostw. Schliisselburg wurde bereits in seinem Anlaufen durch
eig. Artl. zerschlagen. Ebenso konnte ein Angriff siidostw. Leningrad durch
starkeren Einsatz eig. Schlachtflieger und Artl. unter blutigen Russenverlusten
abgeschlagen werden.
Zusatz H.Gr. B, 6. Armee: Bei den Angriffen der 6. Armee liber den Don
haben die Pionierkrafte der Armee Hervorragendes geleistet. Unter der tat=
kraftigen Fiihrung des Armee=Pi.=Fiihrers, Oberst Selle, dessen zweckmafiigen
und energischen Mafinahmen die friihzeitige Fertigstellung der Ubergange mit
644
26. August 1942
zu danken ist, wurden von den tapferen Pionieren im fdl. Inf.= und Artl.=Feuer
und trotz zahlreicher Luftangriffe zunachst die stiirmende Inf. iibergesetzt
und dann bis 22. 8., 7.30 Uhr, 4 Briicken fertiggestellt, und zwar 2— 2o=t=Bmk=
ken von 225 und ^^o m, 1— i4=t=Befehlsbriicke von 400 m und 1— 4=t=Befehls=
briicke von 350 m Lange.
Finnland
Keine bes. Ereignisse.
Panzerarmee Afrika
Es liegen noch keine Meldungen vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 26. 8. 42
1. Raum um England:
Siidlich Portsmouth 06.30 Uhr 4 Dampfer Kurs Nordwest.
07.50 Uhr bei Ramsgate 2 Dampfer, 8 Boote ohne Kursangabe.
Zur gleichen Zeit in Dover 2 Dampfer stilliegend.
Siidwestlich Irland um 09.00 Uhr 30 Frachter Kurs Nordost.
Bei Dungeness 10.00 Uhr 5—10 kleine Fahrzeuge.
Siidlich Milford 14.16 Uhr 1 Zerstorer, im gleichen Seegebiet um 17.12 Uhr
3 Frachter Kurs Nordost.
Wahrend des 26. Jabo=Einsatz gegen Eastbourne, mehrere Hauser zerstort, Treffer
in Fabrikanlage.
1 Feindabsturz nordwestlich Westmalle.
Eigener Nachteinsatz: iy Flugzeuge Angriff auf Colchester, Brande im Stadt=
gebiet. Au6erdem Angriffe auf einen Ort bei Dover und Clacton sowie auf einen
Geleitzug ostwarts Harwich ohne Wirkungsbeobachtung.
50 Feindeinfliige aus dem Osten. Eindringtiefe Memel— Berlin— Torgau—Griinberg
— Gnesen— Ortelsburg. In Berlin einige Spreng= und Brandbomben auf Dahlem.
In Stettin einige Spreng= und mehrere Brandbomben, leichter Gebaudeschaden. In
Danzig 4 Sprengbomben auf Fliegerhorst Langfuhr und Giiterbahnhof. 3 Verletzte,
3—5 Vermifite. Hauserschaden. Auf Konigsberg mehrere Sprengbomben, Bahn=
strecke Konigsberg— Insterburg voriibergehend unterbrochen.
Keine Abschiisse.
2. Mittelmeer:
Aufklarungstatigkeit und Sicherung von Geleiten.
Jabo=Angriffe auf Artilleriestellungen und Kraftfahrzeugansammlungen um El
Alamein und Ruweisat mit guter Trefferlage.
5. Ostfront:
Insgesamt 54 Abschiisse, 2 Flugzeuge am Boden zerstort.
Schwarzes Meer: Hafen Taman 26.8. 10.00 Uhr: 9 Frachter, 5 Motorboote.
Gelendshik 25.8. 09.55 Uhr: 2 Kiistenfahrzeuge.
Tuapse 25. 8. 05.12 Uhr: 3 S=Boote, 3 Frachter, 1 Raddampfer, 6 Kiistenfahrzeuge,
mehrere Boote.
Sotschi 25. 8. 05.24 Uhr: 1 Frachter, 10 Minenraumboote, 20 Boote.
Suchum 25.8. 05.42 Uhr: 1 Tanker, 2 Frachter, 1 Kiistenfahrzeug, 20 Boote.
Otschemschiri : 2 Vorp.=Boote, 2 Minenraumer, 2 Frachter, 10 Boote.
645
B. Kriegstagebuch
Poti 25.8. 06.01 Uhr: 1 Kriegsschiffrumpf, 1 Schlachtschiff, 1 Schulschiff, 2 schw.
Kreuzer, 4 Zerstorer, 1 Torp.Boot, 1 Minensucher, 1 U=Boot, 4 S=Boote, 8 Frachter,
1 Tanker, 10 Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
Batum 25,8. 08.50 Uhr: 1 schwerer Kreuzer, 1 leichter Kreuzer, 1 Zerstorer,
1 U=Boot, 2 Minensucher, 3 Tanker, 13 Frachter, 1 Raddampfer, 9 Kiistenfahrzeuge.
Im Kaspischen Meer lebhafter Schiffsverkehr, auf der Wolga ebenfalls reger
Schiffsverkehr.
Eismeer: Lichtbilderkundung Archangelsk wegen Wetterlage abgebrochen.
LB Eingang Westfahrwasser 26.8. 10.45 Uhr: 5 Dampfer 10500 t, 1 Vorp.=Boot,
1 Prahm Kurs Nord.
09.35 Uhr nordwestlich Baren=Insel 3 Zerstorer Kurs West, diese 3 Zerstorer
um 15.34 Uhr etwa 260 sm westl. der Baren=Insel.
230 sm nordwestlich Baren=Insel um 14.32 Uhr 1 leichter Kreuzer und 2 Zerstorer
Kurs Siidwest.
27. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 27. August 1942
Lagevortrag:
Bel der Heeresgruppe A ist die Treibstoff=Versorgung des XXXX. Panzer=
korps so geregelt, dali dieses vom 28. August an bis Grosnij und vom 3. Sep=
tember an bis Machatsch Kala vorgehen kann.
Bei der Heeresgruppe B hat sich die Lage bei Stalingrad gut entwickelt, es
besteht aber Treibstoff=Mangel. Die 4. Panzer=Armee soil durch Vorstofi nach
Norden Verbindung mit der 6. Armee suchen und nach Nordosten in den
Festungsgiirtel nur dann vorstofien, wenn der Bachlauf zwischen Iwanowka
und Karpowka iiberschreitbar ist. Der Sperr=Riegel der 6. Armee zwischen
Wolga und Don soil nach Nordosten vorgeschoben werden. Der Fiihrer sieht
die entscheidende Gefahr bei der italienischen 8. Armee, der nunmehr zwei
deutsche Divisionen zugefiihrt werden sollen. In Aussicht genommen sind die
298. (siehe 16. 8.) und die 294. Inf.Div., die mit Lufttransport und italienischem
Transportraum herangebracht werden sollen, Ferner soil das im Anmarsch
befindliche italienische Alpini=Korps beschleunigt an die Front vorgefiihrt
werden.
Bei der Heeresgruppe Nord hat der seit langerer Zeit erwartete feindhche
Angriff gegen den „Flaschenhals'' heute morgen begonnen. Der Reichsmar=
schall, der zusammen mit dem Chef des Generalstabes der Luftwaffe dem
Lagevortrag beiwohnt, schlagt dem Fiihrer die Verlegung von Kampf= und
Jagdverbanden vom Luftwaffen=Kommando Ost zur Luftflotte 1 vor, was
genehmigt wird. Die heute bei der Heeresgruppe Nord eintreffenden ersten
vier Tiger=Panzer sollen zur Abwehr des russischen Angriffs im „Flaschenhals"
eingesetzt werden, ebenso die folgenden sechs Tiger=Panzer, die in den nach=
sten Tagen aus der Heimat nach der Ostfront abtransportiert werden. Weiter=
hin soli die 12. Panzer=Division, die sich trotz des wiederholten Befehls des
Fiihrers immer noch hinter der Leningrader Front befindet, sofort in den
„FIaschenhals'' hineingefiihrt werden.
646
27. August 1942
Bei einer anschliefienden Besprechung der Ernahrungslage f ordert der Reichs=
marschall, dafi die in den besetzten Gebieten liegenden Teile der Wehrmacht
sidi aus diesen vol! und ganz erhalten.
Eriauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Bei der Beurteilung der Lage der italienischen 8. Armee und den daraus gefolger=
ten Ma6nahmen traten die Unterschiede zwisdien Hitlers dilettantischer Fiihrungs«
manier und der in Haider verkorperten Schule des Generalstabes einmal mehr deut»
lich in Erscheinung. Wahrend dieser „die Einbruchsstelle bei den Italienern . . . nidit
als besonders gefahrlich" ansah* und offenbar bereit war, ein weiteres Risiko in
Kauf zu nehmen, verftigte Hitler sogleich die Zufiihrung von 2 deutsdien Inf.Divi=
sionen, von denen wenigstens eine, die 298., sogar dem eigenen Offensivfliigel
entnommen wurde^, Auch die Inanspruchnahme von Lufttransportraum fiir diese
Divisionen diirfte teilweise auf Kosten der angespannten Transportlage im Suden
der Ostfront gegangen sein.
Das Alpini=Korps war eine weitere zusatzlidie Kraft, die entgegen den friiheren
Planen fiir den Angriff im Kaukasus ausfiel — hier allerdings auf Intervention
der Italiener, die sich einer Aufteilung der von ihnen nach dem Osten entsandten
Armee widersetzt hatten^.
Die „V erlegung von Kampf= und Jagdverbanden vom Luftw.Kdo. Ost zur Luftfl. i"
diirfte auch den Planen zu „Nordlicht" entsprochen haben. Im iibrigen zeigt dieser
Vorschlag Gorings beispielhaft die Art und Weise, in der der Ob.d.L. ohne jede
vorherige Fiihlungnahme mit dem WFStab oder dem Gen.St.d.H. audi iiber die
taktische Luftwaffe im unmittelbaren Einvernehmen nur mit Hitler verfiigte.
Hitlers eigene Bestimmung iiber die „ersten 4 Tiger=Panzer" zeigt ihn inmitten
seines Elements. Bis in die letzten Kriegstage hinein wollte er von solcherlei Mitteln,
besonders wenn es sich um „neue Waffen" handelte, schlachtentscheidende Wir»
kungen erwarten.
Die abschliefiend angefiihrte Forderung Gorings zur Ernahrungslage erklart sich
aus seiner Eigenschaft als Leiter des „Vierjahresplans".
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Auf der Krim nichts besonders.
Armee gr. Ruoff: Auf Westfliigel der Armeegr. liefien die schweren Angriff e
des Feindes gestern nach. Vereinzelte Vorstofie auf die Spitzen des V. A.K.
wurden abgewiesen. Trotz fdl. Gegenwehr gelang es den Divisionen des
LVII. Pz.Korps, etwas nach Siiden Gelande zu gewinnen. Siidl. Maikop konn=
ten die Div.en des XXXXIV. A.K. im Pschecha=Tal gegen schwachen Feind=
widerstand weiter vordringen. Auch siidl. des Koschka=Berges und auf den
Hohen westl. davon wurde in siidl. Richtung vorgestolEen. Die Spitzen des
1 Tgb. Haider, 27. August 1942.
2 Nach den Notizen vom 30. August ist die 298. Inf.Div. zum XVII. AK. auf dem
linken Fliigel der 6. Armee gelangt.
3 Vgl. Weisung Nr. 45, Abschn. II A, Ziff. 3.
647
B. Kriegstagebuch
XXXXIX. Geb.Korps haben den Pafi nordl. des Wesyl=Flusses durchschritten
und gehen nach Brechen schwachen Feindwiderstandes in das Flufital vor.
4. Geb.Div. ging im Marusch=Tal nach Siiden vor in Ricbtung auf Maruscbki=
Pafi. Im Klydsch=Tal leistet der Feind noch zahen Widerstand. Auf die An=
griffspitzen der in diesem Geb.Tal vorgehenden V.=Abt.en starke fdl. Flieger=
angriffe. Bei 1. Pz.Armee wurden Angriffe siidl. Baksan und bei Maiskij ab=
gewehrt. Der Feind verstarkte besonders siidl. Maiskij seine Artl. und beschofi
die eigenen Stellungen. Durch Artl.=Volltreffer wurde der Div.Kdr. der 23. Pz.=
Div. (Generalmajor Mack) todlich getroffen. Vom Rgt. 128 wurden der Rgt.Kdr.
und Adjutant verwundet, 1 Btl.Kdr. fiel. Der Angriff des III. Pz.Korps hat sich
um einen Tag verschoben. Von 13. Pz.Div. wurde Ischerskaja gegen Feind=
widerstand erreicht. Starke Fliegerangriffe des Feindes auf die Angriffspitzen.
V.=Abt.en der 11. Div. stellten Bulsag Aul f eindfrei fest. Die Div.en des LII. A.K.
sind im weiteren Vorgehen nach Siidosten. 16. mot. geht mit V.=Abt.en nach
Norden vor und hat die Gegend siidl. Togorwoje und Kegulka erreicht.
H.Gr. B:
Wiederholte fdl. Angriffe auf die Stellungen siidl. StaUngrad wurden ab=
geschlagen. 1 rum. Div. wurde herausgezogen und auf schwacheren Feind,
der sudostw. des Barmanzak=Sees nach Westen vorgeht, angesetzt. Nordl.
Stalingrad wurden alle Angriffe mit z. T. starkeren Panzerkraften abgewehrt.
Von Norden wurden von den 170 angreifenden Panzern 40 abgeschossen. Alle
Angriffe auf die noch hinter dem Don stehenden Telle und die siidl. des Don=
Bogen stehenden deutschen Krafte wurden abgewehrt. An der Einbruchsstelle
der ital. Div.en wurden durch Einsetzen von Reserven Angriffe abgewehrt und
wieder nach Norden Gelande gewonnen. Nach Gef.=Aussagen soil sich die
fdl. Artl. an dieser Stelle verstarken. An der ubrigen Front wurden alle Feind=
angriffe und Versuche, den Don zu iiberschreiten, abgewehrt. An der Siidost=
ecke von Woronesch gelang es einem eig. Vorstofi, die alte HKL wiederzuge=
winnen und den Feind zum groJSten Teil aus den Vorstadthausern herauszu=
werfen. Sonst keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Mitte:
Ostw. Orel wurden Feindangriffe abgewiesen. Nach Abwehr aller mit Artl.=
Vorbereitung vorgetragenen Feindangriffe siidwestl. Bjelew gelang dem Geg=
ner ein Einbruch auf dem linken Fliigel bei einer Pz.Div., der abgeriegelt wer=
den konnte und im Gegenstofi bereinigt werden soil. Bei dem hier stehenden
Korps wurden in der Zeit vom 22.-26. 8. 127 Panzer von den Erdtruppen
einschl. Flak abgeschossen. Auf die Stellungen an der Shisdra konnten alle
Vorstofie des Feindes, die z. T. mit erheblichen Kraften durchgefiihrt wurden,
unter tatkraftiger Unterstiitzung der eig. Luftwaffe abgeschlagen werden.
Ostw. Wjasma gelang es durch Vorstofi von Norden in die Einbruchsstelle,
die alte HKL restlos wiederzugewinnen und den eingedrungenen Feind zu
648
27- August 1942
vernichten. Siidl. und nordl. Rshew wurden am gestrigen Tage alle mehr oder
weniger starken Feindangriffe abgewehrt. Das Zuriickhalten der Artl. und die
weniger schwunghaften Feindangriffe des gestrigen und vorgestrigen Tages
lassen darauf schliefien, dafi der Gegner sich umgruppiert, neue Reserven
heranholt. Die Bahnstrecken von O und N nach Rshew sind stark belegt,
so dafi mit einem weiteren verstarkten Angriff zu rechnen ist.
H.Gr. Nord:
Feindangriffe auf die Landbriicke siidostw. Staraja Russa wurden abgewehrt.
Fdl. Schlachtflieger griffen die Bttr.=Stellungen im Raume des L. A.K. an.
Finnland
Nor do St front: Fdl. Sto6truppunternehmungen zum Zvvecke gewaltsamer Auf=
klarung auf dem Siidfliigel der Murman=Front. Im iibrigen normale Spahtrupp=
tatigkeit, Anhalten der fdl. Bau= und Schanztatigkeit.
Panzerarmee Afrika (26. 8.)
Wiederholte fdl. Bombenangriffe im Frontgebiet. Lebhafte fdl. Aufklarungstatig=
keit. Der Feind verstarkt seine Stellungen weiter durch Heranfiihrung neuer Krafte.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 27. 8. 42
1. Raum um England:
Im Rauni um England 16 Absdiiisse.
Wahrend des 27. Jabo=Einsatz gegen Folkestone mit guter Trefferlage.
Eigener Nachteinsatz: 23 Flugzeuge auf Leeds, Erfolgsmeldung steht noch aus.
Siidlich der Shetlands in der Sumbugh=Bucht 15.30 Uhr 20 Dampfer, darunter
mehrere von 8—10 000 t, vor Anker.
'^5-57 Uhr bei Lizzard Head 6 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs West.
20.30 Uhr Hafenmole Hastings 3 Dampfer je 8 000 t.
20.45 Uhr Einfahrt Portsmouth 4 Vorp.=Boote vor Anker.
Ostwarts Dungeness 22.27 Uhr 6 S=Boote Kurs Ost.
2. Mittelmeer:
1 Abschufi.
Lichtbild Malta 26. 8. 10.58 Uhr: 4 U=Boote, 2 Minensudier, 2 Korvetten, 4 Damp=
fer, 1 Tanker, 1 Hafentanker.
Auf der Reede Suez 26. 8. 14.00 Uhr 40 Schiffe aller Grofien.
Zwischen Cypern und Haifa 2 Zerstorer, 2 Dampfer Kurs Siid am 26. 8. 17.05 Uhr,
im gleichen Seegebiet um 17.10 Uhr 2 Zerstorer, 2 Dampfer Kurs 150 Grad.
5. Ostfront:
101 Absdiiisse, 7 Flugzeuge am Boden zerstort.
Schwarzes Meer: In Noworossijsk zwischen 14.30—18.00 Uhr 1 kl. Kriegsschiff,
2 Frachter, 8 Boote. Nach V=Mannmeldung am 27. 8. in Noworossijsk eingelaufen
2 Kreuzer, 10 Torp.Boote, 8 U=Boote, 5 Minensucher, 18 S=Boote.
Auf der Wolga und im Kaspischen Meer lebhafter Schiffsverkehr,
Auf dem Ladoga=See bei Luftangriff am 27. 8. ein russ. Raumboot schwer be=
schadigt.
649
B. Kriegstagebuch
Eismeer: Sudlich Nowaja=Semlja in der Charabowo=Bucht 07.50 Uhr 1 Dampfer,
1 Vorp.=Boot, 3 Leichter.
4. Einfliige:
300—350 Einfliige, davon etwa 265—315 ins Reichsgebiet, Eindringtiefe nordlicb
Kopenhagen — Danziger Bucht — Stralsund — Meppen — Liineburg — Braunschweig —
Schweinfurt— Miinchen=Gladbach. Schwerpunkt Kassel. Auf Kassel Abwurf von
1 LM, 100 Spreng=, 145 Brand=, 80 Phosphorbrandbomben. Heereszeugamt brennt.
Lazarett 4 ein Block zerstort. Weitere geringere Schaden an Hindenburg=, Jager=,
Wittig= und Graf=Haeseler=Kaserne. Bei Flakartillerie Ausfall von 2 Geschiitzen. Bei
Henschel & Sohn kleiner Brand, bei Waggonfabrik Crede & Co. Montagehalle
ausgebrannt, Kfz=Lager brennt noch. Bei Opel Brand in Reparaturhalle und Ge=
bauden. Fiseler=Werk Holzlager und Kameradschaftsheim ausgebrannt. Martins=
Kirche ausgebrannt, Dom brennt. 20 Wohnhauser zerstort, 50 schwer, mehrere
hundert leicht beschadigt. 14 Tote, davon 7 Wehrmachtsangehorige, 19 Schwer=,
80 Leichtverletzte. 800 Obdachlose. Auf Duisburg 700 Brandbomben, mehrere
Sprengbomben, Hauserschaden.
28. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 28. August 1942
Lagevortrag:
Der Reichsmarschall meldet dem Fiihrer, da6 Generaloberst Freiherr von
Richthofen, der Kdr.General des VIII. Fliegerkorps ^, personlich die Lage bei
Stalingrad erkundet und dabei sowie in Riicksprachen mit den Oberbefehls=
habern der 4. Panzer= und der 6. Armee festgestellt hat, dafi von starken
feindlichen Kraften dort keine Rede sein kann. Die Luftwaffe habe bei der
Aufklarung nach Norden Miihe gehabt, in dem deckungslosen Gelande uber=
haupt feindliche Krafte zu entdecken. Der Gesamteindruck des Generalober=
sten von Richthofen ginge dahin, dafi es an einheitlicher Fiihrung fehle. Der
Fiihrer befiehlt nach Rticksprache mit Generaloberst Haider, dafi ein Fuhrungs=
stab der Heeresgruppe B weit vorn eingesetzt und der 6. Armee infanteristi=
scher Ersatz auf dem Luftwege zugefiihrt wird. Der Chef des Gen.St.d.H. mel=
det, dafi von Woronesch zwei russische Divisionen nach Stalingrad imd sechs
Panzer=Brigaden nach Suchinitschi verschoben worden sind. Er schlagt vor, aus
dem Briickenkopf von Woronesch eine Division herauszuziehen, da dort in
absehbarer Zeit wohl kein Angriff zu erwarten sei. Der Fiihrer ist damit ein=
verstanden.
Ein bei der Heeresgruppe Mitte erbeuteter russischer Befehl besagt, dafi der
deutsche Angriff bei Suchinitschi Moskau zum Ziel habe und daher in seine
Ausgangsstellung zurtickgeworfen werden miisse. Bei der 9. Armee ist fest=
gestellt worden, dafi die russischen Krafte, die zur Zeit bei Subzoff angreifen,
aus dem Raume nordlich von Rshew gekommen sind. Daraus wird geschlossen,
1 Gen.Oberst Vrhr. v. Richthofen war seit 24. 6. 1942 Chef der Luftflotte 4, der das
IV. und das VIII. Fliegerkorps unterstanden.
650
28. August 1942
dafi der Feind an dieser Front keine Krafte mehr in der Tiefe hat. Das Ober=
kommando der Heeresgruppe Mitte hat vorgeschlagen, die Div. „Grolideutsch=
land'' zum Ansatz gegen den russischen Briickenkopf bei Rshew freizugeben,
da durch diesen die von Rshew nach Wjasma fiihrende Eisenbahn bedroht sei.
Der Fiihrer lehnt den Antrag ab, da die Division nur bei sehr kritischen Lagen
und dann geschlossen eingesetzt und alsbald wieder zur Verfiigung der ober=
sten Fiihrung gestellt werden soil.
Am Abend meldet die Heeresgruppe Nord, dafi der Gegner in den Flaschen=
hals eingebrochen ist und die Lage dort gespannt ist. Der Fiihrer befiehlt
daraufhin, die auf dem Seetransport von Norwegen nach Finnland befindliche
3. Gebirgsdivision nach Reval abzudrehen und der 18. Armee zuzufiihren. —
Vom Luftwaffen=Kommando Ost sind zwei Kampfgruppen sowie eine Stuka=
und eine Jagdgruppe zur Luftflotte 1 verlegt worden.
Eriauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Anschuldigungen und Verdachtigungen von Dienststellen und Generalen des
Heeres gehorten von jeher zu den unguten Eigenschaften Gorings, der dabei be=
sonders haufig Gelegenheit fand, sich auf Richthofen zu stutzen^. Die hier ange=
fiihrte Meldung der Luftwaffe, die die schwer ringenden Armeen der H.Gr. B und
ihre Fiihrung bloCzustellen versuchte, schien — nach eigener Erinnerung — selbst
Hitler nicht recht glaubwurdig. Trotzdem kam er aber in der Folge wiederholt
darauf zuriick und gab der gespannten Stimmung im Hauptquartier damit noch
weitere Nahrung.
Das „Tauziehen" um die Div. Groftdeutschland, das nun schon einen Monat lang
anhielt, versinnbildlicht — neben anderem — erneut den ganzlichen Mangel an Re=
serven, der gleicherweise lahmend auf die Oberste Fiihrung wie auf das OKH wirkte.
Mit dem daraus folgenden „Flickwerk", wie Hitler es hier auch gegeniiber dem
feindlichen Einbruch siidlich des Ladogasees befahl, wurden nur neue Locher an
anderer Stelle aufgerissen.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Befehlshaber der Krim: Beiderseitige Artl.=Tatigkeit.
Armeegr. Ruojf: Der auiierste Westflligel des V. AK. wies 2 fdl. Angriffe
nordwestl. Noworossijsk ab. Starker Feinddruck halt weiter an. Auch sudl.
Krasnodar bei Rshet und vor Siidostfliigel auf dem Pafi siidwestl. Koschka=Berg
wurden Angriffe abgewehrt. Westgr. i.Geb.Div. imKampf um Maruschki=Pa6.
4. Geb.Div. hat Tschmaschcha=Pali genommen und Siedlung 7 km siidwestl.
davon gesaubert. Im Siidteil halten die heftigen Angriffe an. Angriffe vor
23. Pz.Div. wurden abgewehrt (nordl. Maiskij). Die Div. trat zum Angriff an.
16. mot.Div. Weitermarsch nach Norden im Raum 4. Pz.Armee. Oblinoje
feindfrei.
2 Vgl. auch Tgb. Haider, 28. August 1942.
651
B. Kriegstagebuch
H.Gr. B:
Starker Druck auf die vorgehenden Telle am rechten Fliigel der 4. Pz.Armee.
Angrlffe auf die Nordwestflanke wurden abgeschlagen. Telle der 71. Dlv. sind
in Kalatsch eingedrungen. Angrlffe auf die Nachschubstrafien der auf die
Wolga vorgestofienen Pz.= und mot.Dlv.en wurden abgewehrt. Im Nordteil
wurden 88 Pz. abgeschossen. 1 russ. Pz. lief liber, beteiligte sich an unserem
Angrlff und schofi selber 1 russ. Pz. ab. Angrlffe auf den Don=Bogen im
Raume Kremenskaja wurden abgewehrt. Serafimowltsch vom Feinde besetzt.
Felndl. Vorstofie auf die ital. Stellungen an der Chopermiindung wurden ab=
gewehrt. Auf aufiersten Nordfliigel der Heeresgr. wurden felndl. Vorstofie
abgewehrt.
Wetter: Im siidl. und mittl. Abschnitt klar, windlg, bis 25 Grad. Im nordl.
Abschnltt der Heeresgr.: bedeckt, bis 24 Grad, am Nachmittag Gewltter=
schauer.
H.Gr.Mitte:
Im Raum siidl. Suchinitschi wurden alle felndl. Angrlffe an der Shlsdra=Front
abgewehrt und Bereitstellungen zerschlagen. Wetter: Nachmittags Gewitter=
nelgung. Ostw. Wjasma hatte ein felndl. Vorstofi kelnen Erfolg.
Wetter: Gewitterregen. Wege verschlechtern sich.
Siidl. und nordl. Rshew konnte der Felnd bei seinen Vorstofien aulier einem
kleinen Einbruch ostw. Sytschewka keine Erfolge erzielen. Im Raume Subzoff
wurden 11 Pz. abgewehrt. StrajSen fiir Kfz. nur bedingt befahrbar. Bei Wei.
Luki beiderseltlges Artl.=Feuer.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmensees wurden Angrlffe auf den nordl. Tell der Landbriicke
abgewehrt. Bei Salzy und Maluksa vergebl. Feindangriffe, bei denen der Felnd
18 Pz. verlor. Zwlschen Maluksa und Schliisselburg griff der Felnd mehrfach
die eigenen Stellungen an. Es gelang ihm an 2 Stellen, die Linlen zu durch=
brechen. Die Durchbruchsstellen sind abgeriegelt.
Finnisdie Front
Bei Geb.=AOK 20 hat 2. Geb.Div. den Befehl im Abschnitt der 6. Geb.Div. iiber=
nommen. Neugebildet wurde die Kampfgr. Rosi, die den Sicherungsabschnitt Lina=
hamari und die Front an der Fischerhalbinsel umfafit.
Afrika
Es liegen nodi keine Meldungen vor.
Nachtrag: Pz.Armee Afrika vom 2J.8.42: In der Nacht vom 26. zum 27.8.
feindl. Bombenangriffe im Siidabschnitt. Im Laufe des 27. 8. lebhafte feindl. Auf=
klarungs= und normale feindl. Artl.=Tatigkeit. In den Mittagsstunden wurde ein
feindl. Vorsto6 langs des Ruweisat=Riickens abgewiesen.
Luftaufklarung stellte im Raume Kairo— Wadi el Natrun eine Vermehrung der
Kfz. auf das Doppelte (1 000 Kfz.) fest.
652
28. August 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 28. 8. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 28. im Raum um England 7 Abschiisse, aufierdem 2 Abstiirze und
2 wahrscheinliche Abschiisse.
Jabo=Angrif¥e auf Hayle, Pentewan, Bristol und Cardiff mit guter Wirkung.
Bei Harwich 19.00 Uhr 8 Dampfer Kurs Nord.
Bei Yarmouth zur gleichen Zeit Minensuchtatigkeit.
Bei Dungeness 20.08 Uhr 6 Dampfer, 3 Vorp.=Boote Kurs Nordost.
Westlich Brighton 10.20 Uhr 1 Schleppzug mit 8 Schleppern und 16 Leichtern
Kurs West, im gleichen Gebiet 6—8 Dampfer Kurs West.
Siidlich Insel Wight 10.20 Uhr 16 Dampfer, 8 Vorp,=Boote Kurs West.
Westlich Insel Wight 10.00 Uhr 12 Dampfer, 5 kleine Fahrzeuge Kurs West.
Siidlich Portland 23.45 Uhr 8 S=Boote Kurs Nordwest.
10.30 Uhr ostwarts Start Point 1 Geleit ohne Gro6en= und Kursangabe.
Siidwestlich Irland 07.32 Uhr 2 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs Nordnordwest.
Lichtbilderkundung 28. 8. 09.50 Uhr:
Portland=Harbour: 5 S=Boote, 6 grofie und 12 kleine Boote.
Cowes: 1 Zerstorer, im Dock 2 Zerstorer, im Bau 5 Minensucher, 3 Dampfer zus.
8 000 t, 25 Kiistenfahrzeuge.
Hafen Southampton: 3 Zerstorer, 1 Torp.Boot im Dock, 15 Frachter 100000 t,
250 Schuten und Kiistenfahrzeuge.
Hafen Poole: 1 Frachter, etwa 7^ kleine Boote und Kiistenfahrzeuge.
Arne Bay: 185 Schuten.
Augenaufklarung Dover 20.05 Uhr: Vermutlich 3 Dampfer.
Eigener Nachteinsatz: 21 Flugzeuge auf Sunderland, Ergebnis steht noch aus.
Einfluge: Etwa 300 Feindeinfliige. Eindringtiefe Erkelenz— Frankfurt a. M.— Pilsen—
Miinchen-rStra6burg. In Saarbriicken mehrere Spreng= und Brandbomben auf
Hallberger Hiitte. Auf Niirnberg gro6ere Anzahl Spreng= und Brandbomben. Etwa
yo Brande, u. a. bei Siemens Schuckert. Fliegerhorst Niirnberg Werkhalle ausge=
brannt. Auf Erlangen 13 Spreng= und mehrere Brandbomben. Hauserschaden. Einige
Tote und Verletzte. Auf Karlsruhe 300 Brandbomben. Auf Augsburg zahlreiche
Brandbomben, Ballonfabrik Riedinger grofie Halle durch Brand zerstort. Hauser=
schaden. Auf Miinchen mehrere Spreng= und 100 Brandbomben. Abschiisse: 8 durch
Flak, 24 durch Jager.
2. Mittelmeer:
3 Abschiisse.
Keine besonderen Meldungen.
3. Ostfront:
2 300 Einsatze. In Luftkampfen 6^ Feindabschiisse, 7 Flugzeuge am Boden zerstort.
Lichtbilderkundung 27.8. Schwarzes Meer:
Noworossijsk 08.05 Uhr: 2 Zerstorer, 2 Frachter 1400 t beschadigt, 1 Fahrgast=
schiff 4 000 t beschadigt, 2 Frachter je 4 000 t.
Gelendshik 08.00 Uhr: 2 kleine Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
Tuapse 07.45 Uhr: 1 S=Boot, 2 Frachter 3000 t, 7 Kiistenfahrzeuge, 12 Boote.
Sotschi 07.32 Uhr: 10 Minenfahrzeuge, 1 Frachter 1000 t, 20 Boote.
Gagry 07.22 Uhr: 5 Boote.
Gudauti 07.17 Uhr: 3 Boote.
Suchum 06.08 Uhr: 1 Minensucher, 1 Frachter 1 000 t, 1 Kiistenfahrzeug, 73 Boote.
Otschemschiri 05.58 Uhr: 4 U=Boote, 4 Minenraumboote, 2 Frachter je 1000 t.
Poti 05.35 Uhr: 1 Schlachtschiff, 1 Kriegsschiffrumpf, 2 schwere Kreuzer, 1 Schul=
653
B. Kriegstagebuch
schiff, 5 Zerstorer (2 im Dock), 1 Torp.Boot im Dock, 13 U=Boote (davon 2 im Dock),
14 Frachter 51 000 t, 1 Tanker 6 000 t, 7 Kiistenfahrzeuge 2 000 t, mehrere Boote.
Batum: 1 Kriegsschiffrumpf, 1 schw. Kreuzer, 1 leichter Kreuzer, 2 Zerstorer,
1 Minensuchboot, 5 U=Boote, 10 Minenraumboote, 9 S=Boote, 4 Tanker 27 500 t,
8 Frachter 25 000 t, 2 Fahrgastschiffe 13 000 t, 1 Raddampfer, 9 Kiistenfahrzeuge
3 500 t.
Kaspisches Meer: Machatsch Kala 27.8.: 21 Tanker 152000 t, grofiere Anzahl
Fahrzeuge.
Astrachan 27.8. 12.00 Uhr: 28 Tanker 220000 t, 90 Frachter 163000, mehrere
Fahrzeuge.
Auf der Wolga 05.00 Uhr lebhafter Verkehr von Stalingrad nach Nord und Slid.
Eismeer: Aufklarung ohne Ergebnis.
29. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 29. August 1942
Lagevortrag:
Der Fiihrer aufiert sich sehr unwiUig iiber den Stillstand der Operationen
bei der Heeresgruppe A, an dem er der Heeresgruppen=Fuhrung Schuld gibt.
Er befiehlt, die noch auf der Krim befindliche rumanische 3. Gebirgsdi vision
nicht iiber die Strafie von Kertsch, sondern iiber Land zur rumanischen
3. Armee heranzufiihren.
Bei der Heeresgruppe B sind die drei schnellen Verbande der 4. Panzer=
Armee nach Umgruppierung auf den hnken Fliigel heute morgen zum Angriff
angetreten und gut vorwartsgekommen.
Bei der Heeresgruppe Nord soil die zur 11. Armee gehorige, fiir das Unter=
nehmen „Nordlicht'' bereitstehende 170. Inf.Div. im „Flaschenhals'' zum Ge=
genangriff von Norden und Siiden gegen die russische Einbruchsstelle an=
gesetzt werden, zusammen mit den zur Zeit verfiigbaren drei Tiger=Panzern
(ein Tiger ist bereits kaputt). Zur Beschleunigung des Seetransports der
3. Gebirgsdi vision nach Reval wird weiterer Schiff sraum eingesetzt. Auch an
der Wolchow=Front scheint ein russischer Angriff bevorzustehen. Daher soil
je eine Panzer=Gruppe am Wolchow nordlich des Ilmensees und bei Tschudowo
bereitgestellt werden.
Im HinbUck auf die in der vergangenen Nacht erfolgten Luftangrijfe auf
Niirnberg und Miinchen wird eine Steigerung der Flakabwehr erortert. Der
Fiihrer wiinscht als Hauptgeschiitz die S,8 cm Flak. Er erwartet Luftangriffe
auch auf Linz und Wien und aufiert, dafi gegen Hohenfliige kein Kraut
gewachsen sei.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Nach den Vorgangen vom 21. August braut sich erneut der Unwille Hitlers
iiber der H.Gr. A zusammen ^ Auch hier sucht er die Schuld bei der ortlichen
1 Vgl. auch Tgb. Haider, 29. August 1942.
654
29- August 1942
Fiihrung und zeigt doch gleichzeitig als wirkliche Ursache fiir den „Stillstand der
Operationen" das Mifiverhaltnis zwischen Auftrag und Mitteln auf, die beide
allein von ihm selbst bestimmt waren, wenn er nur noch eine einzige rumanische
Gebirgsdivision aus weiter Feme heranbeordern kann (s. auch 30. August). Da6 er
aufierdem eben erst eine deutsche Inf.Div. aus dem gleichen Bereich abgezogen hatte
(s. 27. August), wurde anscheinend allseits mit Stillschweigen iibergangen.
Auch die Mafinahme Hitlers bei der H.Cr. Nord, eine zu dem eigenen Angriffs=
vorhaben bereitgestellte Division in der Abwehr zu verbrauchen, kann als weiteres
Kennzeichen einer Fiihrung gelten, die sich immer mehr in ihren Absichten iiber=
nahm, der die notwendigen Mittel dazu aber fehlten. Beispiele dieser Art lassen sich
in grofier Zahl iiber alle folgenden Jahre des Krieges hinweg auf samtlichen
Kriegsschauplatzen weiter verfolgen.
Der Zusatz Greiners in Klammern: „ein Tiger ist bereits kaputt" deutet an, wie
man im Stabe iiber die Erwartungen dachte, die Hitler an solche unzulanglidien
Mittel kniipfen wollte. Im iibrigen stellte sich heraus, dafi die Brucken grofitenteils
das Gewicht dieser Panzer nicht trugen (s. auch 30. August).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Schwacheres beiderseitiges Artl.=Feuer im Raume Kertsch.
Armeegr. Ruoff: Tatigkeit der feindl. Luftwaffe unverandert stark. Trotz
zahem feindl. Widerstand konnten die rum. Div.en und der Westfliigel des
V. A.K. Erfolge von 12 km Tiefe gewinnen. Alle Angriffe wurden abgewehrt.
Der Feinddruck halt unvermindert stark an. Eigene Artl. beschiefit Nowo=
rossijsk. Siidl. Krasnodar wurde ein starkerer feindl. Angriff unter hohen
Feind=Verlusten zuriickgeschlagen. Westl. Neftegorsk wurden feindl. Krafte,
die nordl. Shaumjan aus den Talern die eigenen Kolonnen angriff en, zuruck=
geschlagen und auf der Strafie Richtung Tuapse weiter Fortschritte gemacht.
4. Geb.Div. iiberschritt den Bsyb. Der Feind versucht weiterhin, den Vormarsch
aufzuhalten. Starker Feinddruck bei Klydsch.
2. rum. Geb.Div. hat mit 23. Pz.Div. bei Baksanok Verbindung aufgenom=
men. Starkes feindl. Artl.=Feuer hier und bei Mosdok. LII. A.K. ging mit
Vorausabteilung Richtung Kisljar vor (45 km nordwestl. der Stadt). Masse des
Korps im Raume nordostw. Mosdok. 16. mot.Div. nahm mit Teilen Tschilgir
und kampft bei Jaschkul mit schwacherem Feind. Mit Masse ist sie nach Norden
vorgestofien, hat Verbindung mit 4. rum. Div. aufgenommen und mit dieser
zusammen die Seenenge bei Malyje Derbety genommen.
H.Cr. B:
Lage siidl. Stalingrad unverandert. Feindangriffe auf die rum. Stellungen
an der Mischkowa wurden abgewiesen. Kalatsch wird vom Feinde gesaubert.
71. und nordl. Nachbardiv. gingen aus dem Raimie Dmitrewka nach O und S
vor und stiefien westl. Stalingrad auf starkeren Feind. Die Nachschubstrafie
zu den bis an die Wolga vorgedrungenen Pz.= und mot. Kraften wurde durch
655
B. Kriegstagebuch
Telle LI. A.K. freigekampft und Angrlffe von N und S unter hervorragender
Betelllgung der Luftwaife zuriickgewiesen.
Siidl. Kremenskaja wurden Pz.= Angrlffe des Feindes abgewehrt. Der Feind
erlltt hlerbei sehr hohe blutlge Verluste. An dem ostw. Tell des Donbogens
gelang es dem Gegner, iiber den Flufi heriiber In die elgenen Llnlen einzu=
brechen. Gegenangriffe sind Im Gange. Auch Im Raume westl. Seraflmowltsch
konnten elnige Pz. In die elgenen Llnlen elndringen. Die Durchbruchsstelle
wurde abgerlegelt. Gegenmafinahmen slnd im Gange. Auf rechtem Fliigel
8. Ital. Armee starker Dnick auf die Westselte der Einbruchsstelle siidl. der
Choper=Mundung. An der iibrlgen Front keine bes. Erelgnisse. Wetter: Im
Siiden der H.Gr. bewolkt, z. T. driickend warm, Wege liberall befahrbar. Im
aufiersten Norden starker Regen.
H.Gr. Mitte:
Wle erwartet erfolgte nach starker Artl.=Vorbereltung im Raume Suchini=
tschl— Bjelew unter Fiihrung von dem Befh. des mittl. Abschnitts der Russen,
Shukow, ein Groliangrlff auf breiter Front. Durch starke Luftwaffen=Verbande
in Wellen von glelchzeitlg ^o bis 60 Maschinen wurden die angreifenden
Russen unterstiitzt. Alle Angrlffe wurden bisher unter hervorragender Be=
telllgung der Luftwaffe von eigener Inf. u. Artl., die an bes. gefahrdeten Stellen
von Sturmgeschiitzabtellungen unterstiitzt waren, abgeschlagen. Elne Div.
meldete Abschufi von 30 Feindpanzern. Im Raume siidostw. Wjasma starke
feindl. Artl.=Tatlgkeit. Bel 9. Armee setzte nach starkster Artl.=Vorbereltung
und unter Einsatz zahlreicher Pz. der erwartete Angrlff auf die Nordfront
von Rshew ein. Trotz erheblicher Oberlegenhelt konnte der Gegner im allg.
abgeschlagen werden. Infolge der gesunkenen Kampfkraft der Russen glng der
grofi angelegte Angrlff bald in Elnzelkampfe iiber. Auch hler unterstiitzte die
Luftwaffe mit gutem Erfolg die eigene Verteidlgung. Bel Bjeloj und nordl.
davon vergebl. Feindvorstofie. Wetter: sonnig, klar, trocken, im Nordteil
teilw. bewolkt.
H.Gr. Nord:
Siidl. Ilmensee wurden alle Versuche des Gegners, an der Landbriicke durch=
zubrechen, verhlndert. Auch ein Angrlff auf die Nordostfront von Demjansk
hatte keinen Erfolg. Der Russe wiederholte auch gestern seine Angrlffe
siidostw. Schliisselburg. Elngedrungener Gegner wurde abgerlegelt und unter
Einsatz von starker Artl. zum Zuriickweichen gezwungen. Siidl. Leningrad
starke feindl. Artl.=Tatigkeit.
Finnisdie Front
Aufier erfolglosen feindl. Aufklarungsunternehmen auf der Landenge und bei
Gruppe Aunus keine besonderen Kampfhandlungen.
6^6
30. August 1942
Afrika
Von Panzerarmee Afrika liegen keine Meldungen vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 29. 8. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 29. 5 Abschiisse.
Jabo=Angriffe auf Brighton (2 Gasometer explodiert, Treffer in Gebauden), auf
St. Just (mehrere Hauser zerst.), Swinton (Treffer in grofieren Gebaudekomplex),
Cambridge (Wirkung nicht beobachtet).
08.32 Uhr siidl. Dungeness 10 Dampfer auf Siidkurs.
Bei Jabo=Angriff 06.47 Uhr siidl. Dungeness 2 Geleitboote beschadigt.
Siidl. Portsmouth 09.40 Uhr 1 Krz. ohne Fahrt, 3 Bewacher.
13.40 Uhr im Hafen Falmouth 5 Dampfer. Zur gleichen Zeit Falmouth einlaufend
1 Zerst. Bei Jabo=Angriff 1 Dampfer 5 000 t versenkt.
Kein eigener Nachteinsatz.
73 Feindeinfliige aus dem Osten, davon etwa yo ins Reichsgebiet. Eindringtiefe :
Grodno, Breslau, Dresden, Berlin, Stralsund. Auf Konigsberg 21 Sprengbomben,
Hauserschaden. Aufierdem auf 17 Orte in OstpreuSen Bombenabwiirfe. Ober Berlin
2 Flugzeuge, in der Umgebung Berlins 5 Flugzeuge. Bombenabwiirfe auf Friedridis*
felde, Neukolln und Schoneberg. 1 Verletzter, 1 Vermifiter.
Keine Abschiisse.
2. Mittelmeer:
Insgesamt 5 Abschiisse, darunter 1 Liberator.
Geleitsicherung.
Sonderauftrag siidl. Alexandrien durchgefiihrt.
Belegung Suez 27. 8. (Teilbild) : 1 leichter Krz., 3 Zerst. (1 im Dock), 2 Vp.=Boote,
2 Hilfsschiffe, 1 Spezialschiff (Woolwich), 7 Tanker (30 000 t), 42 Fahrzeuge 166 500 t.
Nordlich El Daba zwischen 05.30 Uhr bis 07.30 Uhr 4 Zerst., davon einer bei
Luftangriff beschadigt.
Vor Alexandrien um 12.00 Uhr 3 Zerst. mit einem Zerst. im Schlepp, Kurs Ost.
3. Ostfront:
53 Abschiisse, 2 Flugzeuge am Boden zerstort.
Lichtbild Poti 06.23 Uhr: 1 Schlachtschiff, 1 Kriegsschiffrumpf, 2 schw. Krz.,
1 Schulschiff, 4 Zerst. (davon 2 im Dock), 1 Torpedoboot im Dock, 11 U=Boote,
2 im Dock, 17 Frachter 36 000 t, 8 Kiistenfahrzeuge 2 200 t, mehrere Boote.
LB Otschemschiri 06.40 Uhr 4 U=Boote, 3 Minenraumboote, 1 Frachter 1 000 t,
2 Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
LB Suchum 06.47 Uhr: 1 Tanker 7000 t, 2 Frachter, 2500 t, mehrere Boote.
Zwischen Tuapse und Poti in den Morgenstunden lebhafter Schiffsverkehr,
meistens Siidostkurse.
In der Morje=Bucht ein Kanonenboot durch Jabo=Angriff beschadigt.
30. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 30. August 1942
Lagevortrag:
Im Gegensatz zu seiner gestrigen Anordnung drangt der Fiihrer heute, dali
die rumanische 3. Gebirgsdi vision endlich mit ihrem seit dem 10. August
vorbereiteten tlbergang iiber die Strafe von Kertsch beginnt. Bisher hat
637
B. Kriegstagebuch
dieser wegen hohen Seegangs und mangelnder Unterstiitzung durch die Luft=
waffe nicht durchgefiihrt werden konnen. Der i. Generalstabsoffizier des
Heeres im WFSt, Oberst Freiherr Treusch von Buttlar=Brandenfels, xind der
1. Admiralstabsoffizier im WFSt, Kapitan zur See Junge, werden zum Befehls=
haber Krim und zum dortigen Marine=Einsatz=Stab gesandt, um darauf hin=
zuwirken, dali die rumanische 3. Gebirgsdivision nunmehr ohne Riicksicht auf
das Wetter und gegebenenfalls auch ohne Unterstiitzung durch die Luftwaffe
iibersetzt, unter Umstanden bei Nacht, wenn es sich bei Tage als zu schwierig
erweist. Falls zu hoher Seegang den Ubergang iiber die Strafie von Kertsch
unmoglich macht, soil eine Oberfiihrung der Division iiber das Asowsche Meer
nach Jeisk erwogen werden. Die beiden Offiziere des WFSt soUen auch die
genaue Zahl der in Kertsch vorhandenen, zum Ubersetzen geeigneten Schiffs=
gefalie feststellen.
Der Fiihrer ist mit der Entwicklung der Lage bei der Heeresgruppe A sehr
unzufrieden und will morgen den Generalfeldmarschall List im Fiihrerhaupt=
quartier sprechen. Seine Vorwiirfe richten sich nicht gegen den urspriinglichen
Ansatz der Krafte, sondern dagegen, dafi die Heeresgruppe diese nicht recht=
zeitig umgruppiert hat, als sie sah, dafi sie so nicht weiterkomme. Fiir am
schlechtesten halt der Fiihrer die Erfolgsaussichten an der Strafie nach Tuapse.
Den Gedanken, das XXXXIX. Geb.Korps an der Suchumer Strafie herauszuzie=
hen und ebenf alls gegen Tuapse einzusetzen, lehnt der Fiihrer ab. Die 1. Panzer=
Armee soil mit den herankommenden Infanterie=Divisionen den Ubergang
iiber den Terek am Terek=Knie bei Prokladnenski erzwingen, auch die Panzer=
Verbande iiber den Terek vorgehen lassen, um den dort stehenden Gegner
zu umfassen. Als Ziel der noch in diesem Jahr durchzufiihrenden Operationen
der 1. Panzer= Armee nennt der Fiihrer Machatsch Kala und Astrachan. Die
Inbesitznahme von Baku soil gegebenenfalls auf das nachste Jahr verschoben
werden.
Bei der Heeresgruppe B ist die 4. Panzer=Armee siidlich von Stalingrad
weiter gut vorwartsgekommen. Die 298. Inf.Div. soil zum XVIL Armeekorps
herangezogen, die vorlaufig noch bei Serafimowitsch gebundene 22. Panzer=
Division spater bei der italienischen 8. Armee zum Gegenangriff eingesetzt
werden.
Bei der Heeresgruppe Mitte ist die Lage bei Subzoff und Rshew infolge
neuer heftiger feindlicher Angriffe wieder sehr gespannt. Der Fiihrer erklart
sich daher damit einverstanden, dafi die Div. „Gro6deutschland'' in Nacht=
marschen nach Rshew herangezogen wird, gibt sie aber zum Einsatz noch
nicht frei.
Bei der Heeresgruppe Nord hat sich die Lage an der Ostfront des „Flaschen=
halses'' nicht gut entwickelt. Bei der dort stehenden 227. Inf.Div. ist der Gegner
durch eine Liicke nach Norden vorgedrungen. Hier soil die 5. Gebirgsdivision
zum Gegenangriff eingesetzt werden. Die Tiger=Panzer, von denen nur noch
zwei verwendungsbereit sind, kommen wegen ihres grofien Gewichts auf den
658
30. August 1942
Kniippeldammen nicht heran und bleiben an nicht tragfahigen Briicken liegen.
Vom Luftwaf¥en=Kominando Ost sind bisher ein Kampfgeschwader und eine
Jagd=Gruppe zur Luftflotte 1 verlegt worden.
Am Nachmittag meldet die Heeresgruppe Mitte, dafi bei Subzoff 60 feind=
liche Panzer tief in die Front eingebrochen sind. Daraufhin gibt der Fiihrer
die Div. „Grofideutschland" zum Einsatz frei.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Wieder sind es Offiziere des WFStabes, die an eine kritisdie Stelle der Ostfront
entsandt werden und damit erneut Zeugnis geben von der weiter bestehenden
engen Verflechtung des Stabes mit diesem Kriegsschauplatz. Ihr Auftrag, den
Greiner — wohl nidit ohne Absidit — mit aller Genauigkeit wiedergibt, vermittelt
andererseits ein Bild davon, mit wekhen Einzelheiten hohe Offiziere des Stabes
sich entsprechend den Anweisungen des Obersten Befehlshabers der Wehrmadit
zu befassen hatten, und audi ein weiteres Mai, mit welcher Art kleinlidier Ma6=
nahme Hitler nodi die Lage in den weiten Raumen des siidlidien Rufiland zu
meistern versuchte.
Die Kritik Hitlers an der H.Gr. A^ bildet die Fortsetzung seiner Bemerkungen
vom Vortage und gleidizeitig den Auftakt zu den weiteren folgensdiweren Ereig=
nissen. Dafi er trotzdem nocli an seinen weitgesteckten Zielen, wenn audi unter
vorlaufiger Aufgabe von Baku, festhalten zu konnen glaubte, mag seiner eigenen
Uberzeugung entsprochen haben, gehorte aber audi zu der von propagandistisdiem
Denken bestimmten Haltung, mit der er gewohnheitsgemafi sogar seine Umgebung
bei den Lagebesprediungen zu beinflussen suchte.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Befehlshaber Krim: Nichts Wesentlidies.
Teile 3. rum. Armee haben nach Uberschreiten des Kuban Warenikowskaja
und 2 Orte ostw. und westl. davon erreicht. Die Westgr. des V. A.K. hat in
der Richtung Anapa vorgehend die Hohe ostw. Natuchajewskaja erreicht.
Das Nachziehen leichter Artl. sehr schwierig, schvy^. Artl. wegen der schlechten
Wegeverhaltnisse unmoglich. Mehrere Angriffe aus Noworossijsk wurden
abgewehrt. Auch aus Gegend Tuapse und im Pschecha=Tal wurden Angriffe
zuriickgewiesen. Feind hatte hier schwere Verluste. Teile der 4. Geb.Div. stehen
im Kampf in dem Tal nordl. Suchum und werden beim Oberschreiten des
Passes von Westen her aus dem Bsyb=Tal angegriffen. Ostw. davon stehen
Teile der 1. Geb.Div. im Kampf um den Maruschki=Pafi. Der Westfliigel der
1. Pz. Armee nach Erweiterung des Br.=Kopfes siidl. Baksan wird von starkeren
fdl. Kraften aus siidl. Richtung und aus dem Baksan=Tal von Siidwesten her
angegriffen. Auch nordl. Maiskij starker Feind. Teile der 13. imd 23. Pz.Div.
sind im Angriff nach SO vorstofiend kurz vor Tscherwlennaja auf starkeren
1 Vgl. dazu Tgb. Haider, 30. August, wonach sidi die Vorwiirfe Hitlers sdion an
diesem Tage auf die gesamte „Fuhrung der obersten Heeresstellen" ausdehnten.
659
B. Kriegstagebuch
Feind gestofien, der das Siidufer des Terek stark besetzt hat. Angriff eines
fdl. Pz.=Zuges abgewehrt. V. Abt. 370. Div. hat Kostomgaly ohne Feind=
beriihrung erreicht.
H.Gr. B:
V.=Abt.en von Teilen der 370. Div. u. 16. mot.Div. stehen vor Utta, dort
und bei Chalkuta Feind. Weitere Tie. der 16. mot.Div. sperren die See=Engen
siidl. Malyje Derbety. Im iiberraschenden Angriff konnten die Div.en der
4. Panzerarmee im Angriff nach Norden mit Tle.n den siidwestl. Bogen des
Wolga=Don=Kanals erreichen, Hohe 150 siidl. davon nehmen und sind mit
den Div.en des rum. VI. A.K. im Angriff nach Norden und Siidwesten zur
Sicherung der Westflanke. Feinddruck nordl. Stalingrad halt an. Mit erneutem
Angriff in dem Don=Bogen siidl. Kremenskaja ist zu rechnen, da hier starke
fdl. Krafte im Anmarsch gemeldet sind. Am linken Fliigel der 6. Armee siidl.
der Choper=Mundung in den Don wurden von ital. Kav. starkere Feindkrafte
in Gegend Kotowski gemeldet. Im iibrigen keine wesentl. Kampfhandlungen
in der ital. Einbruchsstelle.
Wetter: im Siiden wechselnd bewolkt, plus 25 Grad, Wege iiberall befahrbar,
in Mitte und Nord: war zeitweise Regen.
H.Gr. Mitte:
Nach starker Artl.=Vorbereitung imd mit Unterstiitzung von Schlachtfliegern
griff der Gegner beiderseits der Strafie Tula— Mzensk die eig. Stellungen an.
Mit Ausnahme eines kleinen Einbruchs nordl. der Stadt, der im GegenstoS
bereinigt wurde, wurden alle Angriffe abgeschlagen. Am gestrigen Tage setzte
der Gegner seine heftigen Angriffe gegen unsere Stellung siidwestl. Kaluga
mit Artl.= und Pz.=Unterstiitzung fort. Alle Angriffe wurden mit bes. tat=
kraftiger Unterstiitzung der Luftwaffe abgeschlagen oder blieben im kon=
zentrischen Einsatz unserer Abwehrwaffen kurz vor den Stellungen liegen.
Der Feind hatte auch hier wieder schwere blutige Verluste. Feindvorstofi ostw.
Wjasma wurde durch Einsatz eig. Artl. zum Abdrehen gezwungen. Alle Ver=
suche des Gegners siidl. und nordl. Rshew, die eig. Linien weiter zuriickzu=
driicken, wurden abgewehrt. Bei den fdl. Pz.=Angriffen blieben 51 Pz. liegen.
Wetter: Sonnig trocken, Wege im nordl. Teil wegen der voraufgegangenen
Regenfalle nur bedingt befahrbar.
H.Gr. Nord:
Angriffe auf den Br.=Kopf Salzy wurden abgeschlagen und die Stellungen
hier und siidl. davon durch eig. Vorstofi verbessert. Siidl. des Ladoga=Sees
gelang es dem Gegner nach wiederholten vergebl. Anrennen gegen die eig.
Stellungen siidl. Woronowo, einen Einbruch zu erzielen, der abgeriegelt werden
konnte. Nordl. davon wurden alle Angriffe abgewehrt. Kampf ist noch im
Gange.
660
31. August 1942
Finnland
Sudostfront: Aufier schwacheren fdl. Angriffen auf der Landenge keine nennens=
werten Kampfe.
Nordostfront (Geb.=AOK 20): Fdl. Stofitrupptatigkeit an der Murmansk=Front,
die anscheinend auf die Ablosungsbewegungen bei der Geb.Div. zuriickzufiihren
sind.
Panzerarmee Af rika
In der Nacht vom 27. zum 28. starkere fdl. Bombenangriffe im Siidabschnitt.
Bei Tage lebhafte fdl. Artl.=St6rungsfeuer und rege Aufkl.=Tatigkeit. Im Nord= und
Mittelabschnitt setzte der Feind Schanzarbeiten fort. Nach weiteren Feststellungen
durch Gefangenen=Aussagen ist mit Verstarkung beim Gegner zu rechnen. Nach
Mitteilung Fl.=Fuhrer Afrika wurde ein Teil der Tagkampf= und Jagdverbande
des Feindes am 24. u. 25. 8. in den Bereich der Flughafen am Suez=Kanal zuruck=
verlegt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 30. 8. 42
1. Raum um England:
Im Armelkanal keinen Schiffsverkehr beobachtet.
09.00 Uhr in Dover 3 Frachter.
Zwischen Dover und Beachy Head kein Schiffsverkehr, nachmittags Minenraum=
tatigkeit.
Ostwarts Pentland Firth 12.45 Uhr 1 Zerstorer Zickzackkurs.
Bei Kinnaird Head 19.14 Uhr 2 Zerstorer Kurs West.
Tagesangriff auf Romford=Siid.
Geringer Nachteinsatz auf Chesterfield und Leeds.
Keine Einfliige in das Reichsgebiet, geringe Einflugtatigkeit in die besetzten
Gebiete.
2. Mittelmeer:
Belegung Gibraltar 30.8.: 2 Kreuzer (einer im Dock), 1 Zerstorer, 6 U=Boote,
27 kleine Schiffe, 1 Hilfskriegsschiff, 1 Fahrgastschiff, 22 Frachter, 9 Tanker,
63 Flugzeuge.
3. Ostfront:
Etwa 2 000 Flugzeuge eingesetzt. 92 Abschiisse durch Jager, 16 durch Flak.
Schwarzmeer: Zwischen Tuapse und Poti am 30.8. vormittags 15 Frachter und
Tanker meistens Siidostkurs, und etwa 20 Vorp.=Boote und Bewacher.
Im Finnen=Busen lebhafter Schiffsverkehr. Auf dem Ladoga=See starkeres Auf=
treten von Kanonenbooten.
Eismeer: ^-l.i^ Uhr westlich Kanin Noss (Westfahrwasser) 5 Dampfer 19000 t,
3 Vorp.=Boote Kurs 70 Grad.
Aufklarung zwischen Island und Jan Mayen bis Ostkiiste Gronland von 05.30 bis
17.20 Uhr ohne taktisches Ergebnis.
31. August 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 31. August 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A hat die Armeegruppe Ruoff bei Anapa und Nowo=
rossijsk gute Fortschritte gemacht. Der Fiihrer wiinscht, dafi die beiden auf der
661
B. Kriegstagebuch
Krim stehenden deutschen Divisionen nach Bereinigung der Lage an der
Kiiste des Schwarzen Meeres zu anderer Verwendung herausgezogen und
durch Ersatz=Divisionen ersetzt werden, die in Festungsdivisionen umgewandelt
werden sollen. Die i. Panzer=Armee steht am Terek in schweren Kampfen.
Bei der Heeresgruppe B ist die 4. Panzer=Armee siidlich von Stalingrad in
den inneren 25 km vom Stadtrand entfernten Befestigungsgiirtel eingedrungen.
Der Fiihrer wiinscht, dafi aus den vor Stalingrad stehenden Divisionen ein
schneller Verband herausgezogen wird, sobald es die Lage erlaubt, um zum
Flankenschutz in der Donschleife nordwestlich von Sirotinskaja eingesetzt
zu werden.
Mittags tragt der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A, Generalfeld=
marschall List, dem Fiihrer seine operativen Absichten vor, die im wesentlichen
bestatigt werden^. Danach soil im westlichen Kaukasus an drei Stellen weiter
angegriffen werden, namlich: 1. bei Anapa und Noworossijsk und nach deren
Inbesitznahme langs der Kiistenstralie; hier soil die rumanische 3. Gebirgs=
division eingesetzt werden, die deshalb so bald wie moglich liber die Strafie
von Kertsch iiberzusetzen hat (Unternehmen „Bliicher IV'); 2. beiderseits der
Strafie nach Tuapse, wohin soviel Krafte zugefiihrt werden sollen, dafi dem
Angriff der Atem nicht ausgeht; 3. an der Suchtuner Strafie, wo die Haupt=
krafte des XXXXIX. Gebirgskorps zusammengef afit werden sollen unter schwa=
cher Besetzung der iibrigen weiter ostlich gelegenen Passe. Hauptaufgabe der
1. Panzer=Armee bleibt die Vernichtung des Feindes im Terek=Bogen und der
Vorstofi in das Olgebiet.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Hauptereignis dieses Tages war die Besprediung Hitlers mit Feldmarschall List.
Entgegen aller Kritik der vorangegangenen Tage fand die Ausspradie, begiinstigt
vielleicht auch durdi einige neue ortliche Erfolge, in ruhigen Formen statt, endend
mit einem Mittagessen in kleinem Kreise, bei dem sidi Hitler sogar als ungewohnlidi
freundlicher Gastgeber erwies. Die Absichten Lists, die Hitler „im wesentlidien
1 Auszug aus KTB H.Gr. vom 31. 8. ig42:
„Erwagungen: OB fliegt in Begleitung la ins FUhrerhauptquartier. Zunachst
personlidie Ausspradie unter vier Augen. Die Majinahmen der H.Gr. werden
bewilligt; lediglich ware Fiihrer riickblickend der Einsatz des Geb.K. an der
Tuapser Strajle lieber gewesen.
Dann werden hinzugezogen: der Reichsmarsdiall, Haider, Jodl, Jeschonnek.
Abschlie^end ist festzuhalten:
a) Baldiges Uberfiihren 5. rum. Geb.Div. von Kertsch nach Temrjuk.
b) Angriff unter scharfer Zusammenfassung Krafte bei Noworossijsk, an Straf^e
nach Tuapse und bei 4. Geb.Div. fortsetzen.
Die Krafte des Geb.K. sind in Gegend siidlich Adsapsh=Paji bei 4. Geb.Div.
zusammenzufassen; der Vorstofi an die Kiiste so bald wie moglich durch=
zufiihren.
Nachtraglich meldet Jodl, der Fiihrer sei einverstanden, dafl ,Bliicher W schnell
durdigefiihrt wird. Vor rum. 5. Geb.Div. sollen nur soviel Teile 46. l.D. und
rum. ig. LD. iiberfUhrt werden, wie zum Kampf notig seien."
662.
31. August 1942
bestatigte", bedeuteten im iibrigen nicht viel Neues — konnten es audi nidit, da
andere Moglichkeiten bei der gegebenen Lage nicht bestanden. Die Stimmung des
verdienten Oberbefehlshabers der H.Gr. A beim Verlassen des Hauptquartiers
mu6te, wie der Verfasser sich erinnert, den Eindruck erwecken, dafi er Hitler von
der Richtigkeit seines Vorgehens iiberzeugt zu haben glaubte.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Im Raume Kertsch lebhaf te beiderseitige Art.=Tatigkeit. Ruman. Truppen sind
nach Einnahme von Gostagajewskaja imVorgehen auf Anapa. Siidl. davon sind
Teile der Westgruppe des V. A.K. iiber Natukajewskaja hinaus nach Westen
vorgestolien. Feindangriffe von Noworossijsk her sind im Abflauen. Die Kriegs=
briicke iiber den Kuban westl. Waremkabskaja ist von den Rumanen fertig=
gestellt worden. Am Pshechafluli und am Bsybflufi wurden Feindangriffe ab=
gewehrt. Teile des XXXXIX. Geb.Korps erreichten die Hohen des Marusdiki=
Passes. Angriffe auf den Westfliigel der 1. Pz.Armee bei Baksan und nordl.
Maiskij wurden abgewehrt. Eigener Vorstofi von 1. Geb.Div. im Baksantal
schreitet gegen starkeren Feinddruck nur langsam vorwarts. Starke feindl.
Abwehr bei Tscherwlennaja nordwestl. Grosnij. Teile der 370. Div. saubem
die Gegend westl. Kisljar. Wetter: wechselnd bewolkt, strichweise Gewitter=
regen, + 25 Grad.
H.Gr. B:
Teile der 16. mot.Div. im Kampf um Chalchuta. Femaufklarung iiber Utta
auf Jenotajebsk angetreten. Andere Teile der 16. mot.Div. stehen im Kampf
mit Feind siidl. der Seenenge bei Malyje Derbety. Die Pz.Div.en der 4. Pz.Armee
haben im weiteren Vorgehen nach Brechen feindl. Widerstandes den Wolga=
Don=Kanal erreicht und einen Bruckenkopf gebildet. Feindl. Pz.=Angriffe wur=
den hier abgeschlagen. Rum. Krafte gehen weiter nach Norden und Nordwesten
zur Deckung der linken Flanke der Pz.Div.en vor. Nordl. Stalingrad liegen
keine Meldungen vor. Ostw. imd westl. der Choper=Miindung wurden Angriffe
des Feindes abgewehrt. Wetter: warm, zeitw. Regenschauer. Im Nordteil der
H.Gr. bei voUig klarem Wetter imd + 25 Grad keine Kampfhandlungen.
H.Gr. Mine:
Siidwestl. Kaluga waren einzelne eigene Vorstofie von Erfolg. Ein schwache=
rer feindl. Angriff hier und nordl. Kirow wurden abgewehrt. Ostw. Wjasma
scheiterten Ubergangsversudie des Feindes iiber die Worja. Sudwestl. Rshew
wurde bei Subzoff ein feindl. Angriff zuriickgeschlagen, wahrend es siidl.
Woronowa dem Feinde gelang, mit mehreren Pz.n in die eigenen Linien
einzubrechen.
Gegenmafinahmen sind hier im Gange. Teile der Div. „Grofideutschland" sind
hier zur Hilfeleistung eingetroffen. Nordwestl. Rshew vergebl. Feindvorstofi
663
B. Kriegstagebuch
auf die eigenen Stellungen. Wetter: Strichweise Gewitterregen, Wege haben
sich verschlechtert.
H.Gr. Nord^:
Westl. Cholm Bandenkampfe. An der Demjansk=Front wurde an der Sudost=
ecke am Seliger=See eingebrochener Feind vernichtet. Vergebl. Angriffe auf die
Landbriicke siidostvv. Staraja Russa. Ein Versuch des Gegners, gegen die
Stellung des Briickenkopfes siidl. Salzy vorzustojSen, scheiterte. Bereitstellungen
siidl. des Ladogasees siidl. Woronowa wurden durch eigene Artl. zerschlagen.
Woronowa selber ging in den gestrigen Kampfen verloren. Nordl. davon
wurden Angriffe und Bereitstellungen mit Panzern durch Teile der neu hin=
zugefiihrten 170. 1.D. zerschlagen.
Finnland
Finnisdie Sudfront: Nadi aufgefangenem Funksprudi hat der Feind die Sicherung
des Ladoga=Ufers bei More (nordl. Schliisselburg) verstarkt. Im Nordteil der finni*
schen Ostfront wurde das Bestehen zweier Partisanenbrigaden, gebildet aus mit
Landeseinwohnern aufgestellten Zerstorungsbataillonen, festgestellt. Im Abschnitt
Maselskaja fanden Sto6= und Spahtruppunternehmen statt.
Nordostfront (Geb.=AOK 20) : Im Absdinitt Murmansk starkerer feindl. Nach=
sdtubverkehr.
Afrika
Meldung der Panzerarmee Afrika liegt nodi nidit vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 31. 8. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 51. 8. nur Aufklarungstatigkeit.
Im Seegebiet Dover 05.40 Uhr 50 Handelssdiiffe und Kriegsfahrzeuge Kurs
Siidwest.
In der Themse 07.30 Uhr 25—30 Boote Kurs Siid.
Zwischen 18.30 und 21.00 Uhr an der Sud=, Ost= und Westkuste Englands und
im Ostteil des Kanals kein Schiffsverkehr.
19.30 Uhr zwischen Scilly=Inseln und Landsend 5 Vorp.=Boote.
Kein eigener Nachteinsatz.
Keine Einfliige in das Reichsgebiet. 2 Einfliige in Danemark, 4 in Noiwegen,
7 in Westfrankreich.
2. Mittelmeer:
LB Gibraltar 31. 8. 12.34 Uhr: 2 Schlachtschiffe, 2 Kreuzer, 10 Zerstorer, 1 U=
Begleiter, 4 U=Boote, 6 Tanker, 24 Frachter, 1 Wohnschiff, mehrere Schuten und
Prahme.
Bei Jaffa nadi ital. Meldung um 10.25 Uhr 1 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Siidkurs.
Aufklarung bis 18.30 Uhr im westlichen Mittelmeer bis 2 Grad West ohne
Ergebnis.
2 Operationsbefehl Nr. 1 des AOK 11 zur Operation „Nordlicht" vom 31. 8. 1942.
664
1. September 1942
Siidlich Kreta zwischen 15.00 und 21.00 Uhr 3 engl. S=Boote, verschiedene An=
griffe ohne Wirkungsbeobachtung.
Nordlich Port Said 16.39 Uhr 2 Dampfer und 2 Vorp.=Boote ohne Kursangabe.
Einsatz wahrend des 31. 8. : 428 Flugzeuge. 8 Feindabschiisse, 5 Flugzeuge am
Boden zerstort.
5. Ostfront:
74 Abschiisse, 15 Flugzeuge am Boden zerstort,
Schwarzes Meer: Im Kaspischen Meer und auf der Wolga lebhafter Schiffsverkehr.
Belegung Stalingrad 30.8. 14.50 Uhr: 43 Leichter 90000 t, 4 Schlepper.
Auf dem Ladoga=See in der Schliisselburger Bucht bis Kap Morin Noss in den
Vormittagsstunden lebhafter Schiffsverkehr.
04.50 Uhr bei Neuladoga (Wolchow=Miindung) 1 Kanonenboot, 1 Torp.=Boot.
Nordwestlich Wolchow=Miindung beim Leuchtturm Sucho 16.50 Uhr 1 Minensuch=
boot, 4 Wachboote.
Eismeer: Belegung Jokonga 31. 8. 12.50 Uhr: 7 mittlere Dampfer.
Reykjavik 12.05 Uhr: 1 Schlachtschiff, 3 Kreuzer, 1 vermutlich Trager, 12—15
Dampfer, vor Reykjavik 12.10 Uhr 5 Dampfer einlaufend. Bei Reykjanes 10 kleine
Dampfer. Siidlich Reykjavik 5 Dampfer Kurs Ost.
Aufklarung zwischen Prinz Karl=Vorland bis siidlich Baren=Insel ohne Ergebnis.
1. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 1. September 1942
Lage: Bei der Heeresgruppe A hat der rechte Fliigel der Armeegruppe Ruoff
gestern Anapa und Natuschajskaja (18 km ostlich von Anapa) genommen. Im
iibrigen ist die Lage unverandert.
Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall von
Kluge, hat sich fiir heute angemeldet, um dem Fiihrer seine weiteren Absichten
vorzutragen. In der mittags stattfindenden Besprechung wird in Ubereinstim=
mung mit den bei den taglichen Lagevortragen mehrf ach geaufierten Wiinschen
des Fiihrers entschieden, daJS siidlich von Suchinitschi die 9. und 11. Panzer=
Division freigemacht und die nordwestlich von Woronesch stehende 95. Inf.Div.
zur 9. Armee verschoben werden soil. Hinsichtlich des Einsatzes der Div. „Gro6=
deutschland'' bleibt es bei den befohlenen Richtlinien (siehe 28. und 30. Au=
gust). Die von Generalfeldmarschall von Kluge vorgeschlagene Frontabschra=
gung bei der 9. Armee lehnt der Fiihrer ab; er ordnet stattdessen die beschleu=
nigte Anlage riickwartiger Stellungen bei der Heeresgruppe Mitte an.
In Nordafrika ist die seit dem 30. Juni vor der el Alamein=Stellung liegende
deutsch=italienische Panzerarmee des Generalfeldmarschalls Rommel gestern
auf dem Siidfliigel zum Angriff angetreten^
[Weisung des OKVsI iiber die Einschaltung des zivilen Bereichs bei der Ab=
wehr feindlicher Angriff e.]
1 Bereits am 50. August abends.
663
B. Kriegstagebuch
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Bemerkung Greiners iiber eiiien Befehl Hitlers zur „Anlage ruckwartiger
Stellungen bei der H.Gr. Mitte" erscheint angesichts seiner bis dahin stets ablehnen=
den Haltung f ragwiirdig ^.
Audi die kurze Notiz iiber das Antreten der deutsch=itaUenischen Panzerarmee
zum Angriff auf El Alamein wird der Bedeutung, die sowohl im deutsdien als audi
im italienischen Hauptquartier dieser Wiederaufnahme der Offensive in Nordafrika
beigelegt wurde, nicht geredit, gingen doch die Ziele dieses erneuten Vorgehens
noch iiber Kairo und den Suez=Kanal hinaus, um letzten Endes sogar ein weiteres
Mai das Zusammenwirken der Afrika=Armee mit den deutschen Kraften im Kau=
kasus bis tief in den Mittleren Osten hinein ins Auge zu fassen.
Der Angriff hatte entgegen Greiners Notiz sdion am 30. August abends ein=
gesetzt.
Uber den Umfang der Verstarkungen fiir Nordafrika sowie den Zeitpunkt ihrer
Uberfiihrung und ihres Eintreffens besteht kein klares und vollstandiges Bild, be=
sonders audi nidit dariiber, wann die fiir Malta bereitgestellten Verbande nadi
Nordafrika abgezogen worden sind. Fiir die deutsdie Seite spridit jedodi der Brief
Hitlers an Mussolini vom 4. August 1942 dafiir, daf3 die neuen Verbande, abgesehen
also von dem laufenden Ersatz an Personal und Material, erst im August auf dem
Luftwege nadi Nordafrika iiberfiihrt wurden.
Als der deutsdi=italienisdien Panzer=Armee in der Zeit vor Beginn des letzten
Angriff s am 30. August 1942 mit Sicherheit zugewiesen konnen angefiihrt werden:
deutsch: Masse der 164. Inf.Div., grofitenteils ohne Fahrzeuge und Geschiitze,
von Kreta her,
45 000 Mann von Italien aus nur im Lufttransport, eingeredinet wahrsdieinlidi
die Fallschirmjager=Brigade Ramdke, a Flakbrigade zu 72 — &,& cm Gesdi.en, Trans=
portgruppen der Luftwaffe.
italienisdi: Fallsdi.Div. „Folgore", Div. (mot.) „Pistoia", mehrere Artl.Abtei=
lungen.
Nadi dem Schreiben Mussolinis vom 19. Juli sollten aufierdem noch die Divi=
sionen „Bologna", „Giovanni Fascisti'' und „Brennero" herangezogen werden.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr, A:
Auf der Krim keine bes. Ereignisse. Wetter: klarer Sommertag.
Armeegr. Ruoff: Telle rum. Armee nahmen unter personl. Fiihrung des OB
der Armee, Generaloberst Dumitrescu, Stadt und Hafen Anapa und einige
Orte nordl. und siidl. davon. Vor Westfliigel des V. A.K. noch Feind in Hohen=
stellungen bei Bakanski. Ostw. davon wurde eine iiberragende Stellung auf
den Hohen westl. Noworossijsk erreicht. Bei 9. I.D. nordl. Noworossijsk fiihl=
bare Entlastung durch Einsatz eigener Artl. und Flieger eingetreten. Sudl.
Krasnodar wurden feindl. Angriffe abgewiesen. In dem uniibersichtlichen
Gelande und der schwachen Besetzung der eigenen Truppe kann nicht ver=
2 Im Tgh. Haider vom 1. September heijit es ledigUch: „Frontbeschragung fiir den
Winter abgelehnt."
666
1. September 1942
hindert werden, dafi einzelne versprengte Feindteile nach riickwarts durch=
sickem. Im Gebirge siidl. Maikop Spahtrupptatigkeit. Telle der 4. Geb.Div.
gingen im Malaja=Laba=Tal ostw. Hohe 2758 nach Siiden vor. Vor Westfliigel
der 2. rum. Geb.Div. westl. Baksan halt der Feinddruck an. Nur geringer eige»
ner Gelandegewinn. LII. A.K. schlofi auf Mosdok auf. Wetter: wechselnd be«
wolkt, windig.
H.Gr. B:
Telle 16. mot. haben Chalchuta genommen. Die auf Karawanoje angesetzte
Fernaufklarung hat slch seit Standort 25 km westl. Karawanoje nicht mehr
gemeldet.
4. Pz.Armee: Auf Siidfliigel erfolgr. rum. Vorstofi auf Ungn— Terjatschi.
Terjatschi wurde genommen. Ebenso konnten Telle der 94. Dlv. Dubowij=
Owrag nehmen nordl. des Sarpa=Sees. 29. mot.Dlv. glng iiber den Briicken=
kopf hlnaus nach Norden vor. 24. Pz.Dlv. durchbrach die Stellungen nordl.
des Br.=Kopfes iiber den Kanal und erreichte 16.45 Uhr die Bahnlinie 20 km
westl. Stalingrad. Westl. davon gingen die Telle des VI. rum. Korps nach
Norden vor bei gerlngem Felndwlderstand. Auch ostw. Kalatsch hat der Feind=
druck nachgelassen. Starke Angriffe auf die mot. und Pz.Dlv.en des XIV. Pz.=
Korps nordl, Stalingrad. Ein eingebrochener Gegner konnte im konzentrischen
Gegenstoli zuriickgeworfen werden. AUe anderen Angriffe mit Pz.n wurden
abgeschlagen. Siidl. Kremenskaja in dem Donbogen griff der Felnd nach star=
ker Artl.=Vorbereitung die elgenen Stellungen an. Unter hohen blutigen Ver=
lusten wurde er zuriickgewiesen.
Bei Seraflmowltsch Feindangrlff im Gange. Vor Ital. Armee Artl.= und
Spahtrupptatigkeit. Auf der iibrlgen Front keine bes. Kampfhandlungen.
Wetter: warm, wechselnd bewolkt.
H.Gr. Mine:
Im Raum nordl. Mzensk lebhafte Felndbewegungen beobachtet. Siidostw.
Suchlnltschi feindl. Bereitstellungen gemeldet. Ein Angrlff des Feindes sud=
ostw. Kirow auf die Stellung einer unserer Pz.Dlv.en wurde abgeschlagen.
Ostw. Wjasma griff der Felnd vergebl. die elgenen Llnlen nordl. der Elsenbahn
Kaluga— Wjasma an. Siidostw. Gshatsk wurden feindl. Angriffe und Berelt=
stellungen durch zusammengefaJStes eigenes Artl.=Feuer und Gegenstofi der
elgenen Inf. zuriickgeschlagen bzw. zum Stehen gebracht. Ostw. Sytschewka
wurden Bereitstellungen des Feindes mit Pz.n durch eigene Artl. zerschlagen.
Angriffe siidostw. Rshew langs der Bahn Moskau— Rshew und beiderselts der
Wolga konnten unter hohen Felndverlusten zuriickgewiesen werden. Nord=
westl. Rshew gelang dem Felnd nach mehreren vergebl. Angriffen ein Elnbruch
in die elgenen Linlen, der abgerlegelt werden konnte. Auf der gesamten West=
front nordl. und siidl. Bjeloj schwachere feindl. Vorstofie. Wetter: Im Siidtell
der H.Gr. regnerlsch, kiihl, windig; im Nordteil bewolkt. Ohne nennenswerte
Nlederschlage.
667
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
An der Landbriicke wurden alle Versuche des Gegners, die eigenen Linien
zu durchbrechen, abgewiesen. An der Nordostfront bei Belij Bor lauft ein
feindl. Angriff. Siidl. des Ladogasees nordl. Maluksa wiesen die hier stehen=
den Div.en alle mit Pz.=Unterstiitzung und Artl.=Vorbereitungen vorgetra=
genen Feindangriffe im Gegenstofi und mit zus.gefafiter Artl. unter schweren
Feindverlusten zuriick. Dicht siidl. Ladogasee halt der starke Feinddruck an.
Durch hervorragende Tapferkeit der Inf. im Zusammenwirken mit starkem
Luftwaffeneinsatz konnten hier samtl. Angriffe abgewiesen werden.
Finnland
Zwisdien Onega=See und Seg=See rege feindl. Aufklarungstatigkeit. Vor Geb.=
AOK 20 setzte der Feind seine Schanzarbeiten und die Verminung seines Haupt=
kampffeldes fort. Sonst normaler Verlauf des Tages.
Afrika
Vorlaufig keine besonderen Meldungen*.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 1. 9. 42
1. Raum um England:
Wahrend des 1. 9. 2 Abschiisse.
Jabo=Angriff auf Dungeness (groSe Detonation mit starker Raudientwicklung) .
Etwa 240 sm siidwestlich Irland 10.35 Uhr 26 Dampfer, 4 Vorp.=Boote Kurs Nord.
Sonstige Aufklarung ohne taktisdie Ergebnisse.
Eigener Nachteinsatz: 6 Flugzeuge auf Sheffield (im Nordteil eines Werkes
Brandwirkung), auf Hull, Leeds, Mansfield und Rotherham.
Einfluge: 180 Einfliige, ins Reichsgebiet etwa 155. Eindringtiefe im Westen Kopen=
hagen— Thorn— Warschau—Riigen, im Osten Insterburg— Dt. Eylau— Warschau— Ra=
dom— Lublin. Sdiwerpunkt Warschau und Saarlautern. Auf Warschau 30 Spreng=
bomben. Zahlreiche Brande im Stadtgebiet, Schaden an Verkehrsanlagen und Bahn=
hofen. Mehrere Tote und Verletzte. Auf Saarlautern grofiere Anzahl von Spreng=
und Brandbomben. Zahlreiche Brande in Wohnvierteln.
Tagesmeldung Panzer=AOK Afrika vom 31.8.42:
„Die Angriffsgruppe der Pz.Armee warf unter tlberwindung weiterer zahlreicher
tiefer Minenf elder und Sperren bewegliche Feindkrafte (7. engl. Pz.Div.) in ostw.
und nordostw. Richtung zuriick und setzte sich bis in die Abendstunden in den
Besitz der Linie Mannaquir el Taiyara (28 km siidostw. El Alamein) — hart siidl.
Alama Mayil. Aufklarungskrafte sichern die Ostflanke in Gegend ostw. Voir el
Ragil, Luft= und VM=Aufklarung ergab, daji die in der Alamein=Stellung befind=
lichen Feindkrafte unver'dndert stehen. Bei den in der Nacht vom ^o.—^i. 8. durch=
gefUhrten Stojitruppunternehmen der Stellungsfront zwischen Bab el Kattara
und KUste wurde eine Anzahl Gefangener eingebracht. Hierdurch wurde 1. Siid=
afrikan. Div. im Stellungsraum siidl. El Alamein festgestellt. —
Nach Luft aufklarung keine grofien Bewegungen auf Strafie Kairo— Alexandria— El
Alamein und den von Kairo nach Westen fiihrenden Pisten. —
Die Luftwaffe unterstiitzte den Vorstojl der Pz.Armee durch mehrere erfolgreiche
Jagd= und Stukaangriffe auf feindl. Kfz.=Ansammlungen und Stellungen. —
Gen. der Panzertruppen Nehring, Komm. Gen. DAK, verwundet, Gen.Maj. von
Bismarck, Kdr. 21. Pz.Div. gef alien."
668
2. September 1942
2. Mittelmeer:
24 Abschiisse. Oberleutnant Marseille schofi allein 16 Flugzeuge ab und errang
damit seinen 120. Luftsieg.
Einsatz von Jabos, Stuka= und Kampfflugzeugen auf Panzer, Kraftfahrzeug*
ansammlungen und Lkw bei Alam El Haifa, Deir El Khadin (4 Brande beobachtet)
und El Hammam (10 Kraftfahrzeuge beschadigt).
5. Ostfront:
46 Abschiisse, 1 Flugzeug am Boden zerstort.
Im Kaspischen Meer reger Schiffsverkehr.
Eismeer: Jokonga 31.8.: 10 Dampfer ca. 10000 t.
Bei Kap Teriberki 06.22 Uhr 1 Frachter 2000 t, 2 Vorp.=Boote Kurs Siidost, in
Nahe Kap Teriberki 2 Vorp.=Boote mit gleichem Kurs. /
2. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 2. September 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A ist in der vergangenen Nacht das Unternehmen
„Bliicher IV — Obergang iiber die Strafie von Kertsch — angelauf en. Deutsche und
rumanische Truppen haben auf der Taman=Halbinsel Ful2 gefafit und Taman=
skaja genommen. Bei der 1. Panzer=Armee sind die 111. und die 370. Inf.Div.
zum Angriff iiber den Terek angetreten. Der Chef des Gen.St.d.H. meldet,
dafi die Heeresgruppe nach erfolgtem Ubergang iiber den Terek bis zu den
Gebirgsrandern hin keinen starkeren feindlichen Widerstand mehr erwarte.
Die 16. mot.Inf.Div. soil sich auf Anordnung des Fiihrers bei ihren weiteren
Operationen auf EHsta stiitzen.
Bei der Heeresgruppe B entwickeln sich die Kampfe um Stalingrad weiter
giinstig. Westlich von Stalingrad befindet sich kein Feind mehr. Der Fiihrer
befiehlt, dafi beim Eindringen in die Stadt die gesamte mannliche Bevolkerung
beseitigt werden soil, da StaUngrad mit seiner eine Million zahlenden, durch=
weg kommunistischen Einwohnerschaft besonders gefahrlich sei.
Bei der Heeresgruppe Mitte ist seit heute morgen wieder ein grolier feind=
licher Angriff gegen die 3. Panzer=Armee im Gange; nach Meldung des Chefs
des Gen.St.d.H. macht er der Heeresgruppe aber keine grofien Sorgen. Bei
Rshew soil eine Umgehungsbahn gebaut werden.
Bei der Artillerie=Vorbereitung zum Unternehmen „Nordlicht" soil auf An=
ordnung des Fiihrers das Verfahren vom 21. Marz 1918 (bei der grofien Friih=
jahrsoffensive in Frankreich) angewendet werden, namlich Zusammenfassung
starkster Artillerie auf engstem Raum mit nur kurzem Wirkungsfeuer un=
mittelbar vor dem Angriff.
In Nordafrika hat die deutsch=italienische Panzer=Armee ihren Angriff we=
gen Betriebsstoffmangel einstellen miissen und ist zur Abwehr iibergegangen.
Die erforderlichenTreibstoff=Verbrauchssatze sind vorhanden; ihre Zuf iihrung
auf das Gefechtsfeld macht aber grofie Schwierigkeiten.
669
B. Kriegstagebuch
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Nach der Weisung Nr. 43 vom 11. Juli 1942 hatte der Ubergang der 11. Armee
iiber die Strafie von Kertsch den Decknamen „Blucher" fiihren und „nicht spater
als Anfang August" vor sich gehen sollen. Nachdem dann mit der Weisung Nr. 44
vom 21. Juli die Bestimmung iiber die 11. Armee u. a. dahin geandert worden war,
dafi zunachst noch je 2 deutsche und rumanische Divisionen auf der Krim verbleiben
wiirden, diirfte in der Zwischenzeit — und zwar schon vor dem 10. August — der
Plan, Telle dieser Krafte nach der Taman=Halbinsel iiberzusetzen, wieder aufge=
nommen worden sein und hatte anscheinend — im Unterschied zu den friiheren,
grofieren Absichten — die Deckbezeidhinung „Blucher 11" erhalten. Nach langer
Verzogerung durch schlechtes Wetter u. a. kam der Ubergang am 2. September,
wahrscheinlich nicht ohne Zusammenhang mit der Entsendung der Offiziere des
WFStabes, endlich in Gang und fiihrte auch zu ersten Erfolgen.
Die von Greiner vermerkte Anweisung Hitlers, „da6 beim Eindringen in die
Stadt (Stalingrad) die gesamte mdnnliche Bevolkerung beseitigt werden" solle, ist
General Warlimont nicht erinnerlich und auch weder bei Haider noch in den ver=
fiigbaren Befehlen verzeichnet. Es ist aber trotzdem nicht ausgeschlossen, daJS Hitler
solche AuJSerungen getan hat.
Seine weitere Anordnung betr. die Artillerie=Vorbereitung bei „Nordlicht"
kniipfte offenbar an seine eigenen Erinnerungen aus dem 1. Weltkrieg an. Dafi die
Aussichten, das Unternehmen iiberhaupt durchfiihren zu konnen, stark im Schwin=
den begriffen waren (vgl. Tgb. Haider 30. August), blieb dabei unbeachtet.
Der von Greiner angegebene Grund fiir die schnelle Wiedereinstellung des An=
griffs in Nordafrika — Treibstoffmangel — wird den zunachst beim WFStab vor=
liegenden Nachrichten entsprochen haben, erganzt vermutlich durch Auskiinfte des
OB Slid, Feldm. Kesselring, der fiir den Nachschub nach Nordafrika verantwortlich
war. Tatsachlich haben, wie bekannt, auch noch wesentlich andere Griinde zum
Abbrechen der Offensive gezwungen.
Hitler nahm diesen Ausgang langgehegter Erwartungen scheinbar unbewegt hin
und rechnete auch — im Gegensatz zum Comando Supremo — nicht mit der M6g=
lichkeit, in absehbarer Zeit erneut antreten zu konnen. Er sah es aber als selbst=
verstandlich an, dafi die Afrika=Armee auch fiirderhin vor El Alamein verbleiben
miisse. Irgendwelche weitergehenden Folgerungen aus der Niederlage wurden nicht
in Betracht gezogen. Noch weniger liefi Hitler allem Anschein nach auch bei diesem
Anlafi den angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen naheliegenden Ge=
danken an sich herankommen, dafi man dicht vor einem allgemeinen Umschwung
der Kriegslage zu Ungunsten Deutschlands stehen konnte.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Feindl. Artl.=Feuer auf Hohen nordostw. Kertsch.
Armeegr. Ruoff: Rum. Truppen durchbrachen feindl. Stellungen siidostw.
Anapa und gingen in siidl. Richtung vor. Siidostw. davon erreichten deutsche
Truppen das Hohengelande westl. Noworossijsk. Der Feind verteidigt zah die
Gebirgstaler siidl. Krasnodar. 4. Geb.Div. erreichte mit Teilen Pafi sudwestl.
Hohe 2758. Siidwestl. Baksan scheiterten feindl. Angriffe gegen rum. Geb.Div.
Sudl. Ischerskaja stark ausgebaute tiefgegliederte feindl. Stellungen. Verstar=
670
2. September 1942
kungen der Russen von Suden und Siidwesten. Feindl. Flieger belegten Stadt
und Br.Kopf mit Bomben.
H.Gr. B:
Fernaufklarung Jandikowka stellte Gelande westl. der Bahn Astrachan—
Kisljar feindfrei fest und sprengte am Nachmittag des 31. 8. vor und hinter
einem hier haltenden Zuge von 2 Lokomotiven und 45 Wagen die Schienen
und steckte den Zug in Brand. Die Strecke ist blockiert. Westl. Astradian etwa
20 Eisenbahnziige beobachtet. Die auf Jenotajewsk angesetzte Fernaufklarung
gelangte in Gegend westl. der Wolga ohne Feindberiihrung. An der Seenkette
siidl. Malyje Derbety verstarkt sich der Gegner vor rum. Div.en. Die iiber
den Wolga=Don=Kanal in Richtung auf Stalingrad vorgehenden eigenen Div.en
stehen in hartem Kampf mit russ. Pz.=Kraften. Die von Kalatsch nach Osten
vorgehenden Telle hatten keine Feindberiihrung. Starke feindl. Pz.=Vorsto6e
nordl. Stalingrad blieben erfolglos. An der Siidostecke des Donbogens bei
Kremenskaja ging der Russe liber den Don nach NO zuriick und schanzt jetzt
auf den Hohen am ostw. Donufer. Bei Serafimowitsch voriibergehend in die
eigenen Linien eingebrochener Gegner wurde zuriickgewiesen. Auf dem lin=
ken Fliigel des Korps konnten eigene und ital. Krafte einige Orte zuruck=
gewinnen und den Feind nach Norden zuriickdriicken. Sauberungsaktion bei
Korotojak wird fortgesetzt. An der iibrigen Front feindl. Aufklarungsvorstofie.
H.Gr. Mitte:
Der Feind verhielt sich vor der Front der 2. Pz.Armee mit Ausnahme von
Ubersetzversuchen siidl. Suchinitschi, die in erbittertem Kampf zuriickgewie=
sen wurden, ruhig. Siidostw. Gshatsk wurden mehrere Feind vorstofie ab=
gewiesen. Vor den beiden Eckpfeilern der Einbruchsstelle siidostw. Rshew
feindl. Pz.=Ansammlungen erkannt. Ein Angriff von etwa 300 Mann nord=
westl. Rshew wurde unter hohen Feindverlusten zuriickgeschlagen und Be=
reitstellungen durch eigene Artl. bekampft.
H.Gr. Nord:
Siidwestl. Cholm wurden feindl. Angriffe abgewiesen. Beiderseits der Br.=
Kopf=Stellung siidostw. Staraja Russa griff der Gegner mit starkeren Kraften
und Inf .=Unterstutzung an. Z. T. wurden die Angriffe abgeschlagen, z. T. wa=
ren sie noch im Gange. Bei einem Angriff auf die Nordfront von Demjansk
gelang es dem Feind, nordl. Belij Bor in die eigenen Linien einzudringen. Auch
am Lola=Flu6 konnte der Gegner voriibergehend die eigenen Linien durch=
brechen, wurde aber im Gegenstofi wieder zuriickgeworfen. Weitere Angriffe
westl. des Flusses mit dem Ziel, die Stellimgen zu durchbrechen, wurden ab=
gewiesen. Vergebliche Angriffe des Gegners auf den Br.=Kopf bei Salzy. Siidl.
Ladogasee griff der Russe mit starken Kraften und Pz.=Unterstiitzung auf der
ganzen Front zwischen Lodwa und dem Ladogasee an. Es entstanden sehr
671
B, Kriegstagebuch
harte Kampfe, in deren Verlauf er voriibergehend in die eigenen Stellungen
eindringen konnte. Neu hereingeworfene Reserven stellten die Lage hier
wieder her. Der Feinddruck halt weiter an.
Finnland
Keine besonderen Kampfhandlungen.
Afrika^
Lage der Pz.Armee Afrika folgt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 2. 9. 42
1. Raum um England:
Keine Abschiisse, 4 eigene Verluste.
Wahrend des 2. Jabo=Angriff auf Ventnor auf der Insel Wight. Im Tiefangriff
auf Wohnviertel Volltreffer in mehreren Hausern.
Im Seegebiet Portland gegen 09.00 Uhr 2 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs Siidwest,
um 09.10 Uhr weitere 2 Dampfer und 2 Vorp.=Boote ohne Fahrt.
Siidlich Dover um 12.00 Uhr 2 Frachter Siidwestkurs, bei Dover um 19.00 Uhr
8 Frachter.
15.43 Uhr im Kanal nordwestlich Cherbourg 1 Segelkutter durch Luftangriff ver=
senkt.
Ostwarts Insel Wight 20.10 Uhr 3 Vorp.=Boote stilliegend.
Eigener Nachteinsatz: 5 Ju 88 Zerstorangriffe auf Leeds.
V '
1 Tagesmeldung 1. 9. 42:
„i. Feindgruppierung blieb im graven unverandert. Wahrend im Mittelahschnitt
aujJer Spahtrupptatigkeit keine Kampfhandlungen stattfanden, erfolgte in den
friihen Morgenstunden ein durch etwa 30 Pz. unterstUtzter Angriff von Teilen
der austr. Div. Nach voriibergehendem Einbruch in die eigene Stellung siidl.
Tel el Eisa wurde die Lage wiederhergestellt. Dabei erlitt der Feind schwere
Verluste.
2. Luftaufklarung stellte Strajle Kairo— Alexandria— Alamein sowie auf den in das
Kampfgebiet fUhrenden Pisten auch heute keine groflen Beioegungen fest.
Im Hafen Suez ist seit dem 2y. 8. eine Vermehrung des Schiffsraumes um iiber
100000 t eingetreten, so dafl Eintreffen des zu Anfang September erwarteten
Geleitzuges anzunehmen ist.
3. Pz.Armee hat sich im Laufe des 1. 9. in der gewonnenen Linie voriibergehend
zur Abwehr gegliedert, well der bis 1. 9. zugesicherte Betriebsstojf nicht einge=
troffen ist. Dampfer „St. Andrea" ausgef alien. „Abruzzi" noch auf See,
4. Mehrere fdl. Gegenangriffe, gefiihrt gegen die mot. Gruppe an dem KUsten=
abschnitt, wurden erfolgreich abgewiesen. Hierbei wurden allein vor einem
Btl.s=Abschnitt 10 Pz.=Wagen und 15 Kamionetten abgeschossen.
5. Schwerste fdl. Luftangriff e — bei Tag und Nacht laufend durchgefiihrt — haben
erhebl. personelle und materielle Ausfalle verursacht und blieben nicht ohne
Einflufi auf den Kampfgeist der Truppe. Insonderheit wirkten sich die Nacht=
angriffe sehr verlustreich aus, wobei die fdl. Flieger vor dem Bombenabwurf
von zahlreichem Bodenfeuern Gebrauch machten. Hierbei machte sich das Feh-
len deutscher ausgebildeter Nachtjager besonders unangenehm bemerkbar.
Durch Bodenabwehr wurden 4 fdl. Flugzeuge abgeschossen.
6. Die eigene Luftw. fUgte auch am heutigen Tage den fdl. Verbanden durch Ifd.
Stuka= und Jab o angriff e erhebliche Verluste zu und schoji 2^ Feindflugzeuge ab/^
672
3. September 1942
216 Feindeinfliige, davon 200 ins Reichsgebiet. Eindringtiefe Cleve— Miilheim—
Koblenz— Mainz— Freiburg— Nancy. Schwerpunkt Karlsruhe. Nahere Meldungen ste=
hen noch aus.
6 Abschiisse durch Jager.
2. Mittelmeer:
12 Feindabschusse, davon 5 durch Oberleutnant Marseille.
Kampfeinsatze zur Unterstiitzung der Panzerarmee.
Belegung Suez 1. 9. 10.30 Uhr: 1 leichter Kreuzer, 5 Zerstorer, 1 U=Boot, 4 Vorp.=
Boote, 1 Wohnschiff, 34 Frachter 189 500 t, 7 Tanker 39 000 t.
Luftbilderkundung 10.30—11.20 Uhr:
Bei Ras Adabia 1 Tanker, 1 Vorp.=Boot Nordkurs.
Bei Ras Metarma 1 leichter Kreuzer Leander=Kl., 1 Fahrgastsdiiff 30 000 t ohne
Kursangabe.
Bei Ras Abu Suweirah 2 Frachter 8 500 t, Siidkurs.
Bei Ras Azaba Raban 4 Frachter 17 000 t auf Siidkurs.
3. Ostfront:
138 Abschiisse.
Angriff auf Flugplatz Murmaschi (Brande in Boxen und Baracken beobachtet).
Durch deutsche S=Boote an der Nordostkiiste des Schwarzen Meeres versenkt
3 Tanker, 2 Frachter, 2 grofie Leichter mit zus. 15 400 t.
06.40 Uhr bei Poti 1 schwerer Kreuzer, 1 Zerstorer Kurs Nord.
Auf der Wolga lebhafter Schiffsverkehr.
Lavansaari 09.00—09.15 Uhr: 4 Minenraumboote, 7 Schlepper, 2 grofie und 10
kleine Fahrzeuge.
Auf dem Ladogasee zwischen 08.00 und 09.20 Uhr 5 Vorp.=Boote, 7 Schlepper,
etwa 12 Schleppkahne.
Eismeer: Jokonga 06.21 Uhr 1 Vorp.=Boot einlaufend.
06.33 Uhr in Westfahrwasser bei Kanin Noss 2 Frachter Kurs Sud.
In Bjeluscha siidwestl. Nowaja Semlja 10.48 Uhr 1 Frachter etwa 1000 t, 11.00 Uhr
im Hafen Bjeluscha 1 Frachter 4000 t, 1 Frachter 2000 t, 1 Frachter 1000 t, 6 Vorp.=
Boote.
4. Naditrag:
50—60 Feindflugzeuge iiber Karlsruhe. Abwurf von iiber 100 Spreng=, mehreren
tausend Brandbomben und einer LM. Ausgedehnte Brande im Zentrum und Osten
der Stadt. Ca. 230 Hauser zerstort, bis zu 500 Hauser schwer beschadigt. 40 Gro6=
brande, 95 Dachstuhlbrande. 1 Krankenhaus abgebrannt. Getroffen wurden: Deut=
sche Waffen= und Munitionswerke, Argus Motorenwerke, Flughafen, fast samtliche
Regierungsgebaude, Verkehrsanlagen, Giiterabfertigung abgebrannt, militarische
Anlagen und Flakstellungen. Personenverluste: Bisher 20 Tote, 40 Verletzte.
3. September 1942
Aufzeichnimgen Greiners zum 3. September 1942
Beim Lagevortrag meldet der Chef des Gen.St.d.H., da6 der OberbefehIs=
haber der Heeresgruppe A nach Riicksprache mit den Kommandierenden Ge=
neraleri bei der Armeegruppe Ruoff vorgeschlagen habe, das XXXXIX. Ge=
birgskorps aus dem mittleren Kaukasus herauszuziehen und bei Tuapse ein=
673
B. Kriegstagebuch
zusetzen. Der Fiihrer lehnt diesen Vorschlag ab und wiinscht, dafi sowohl in
der Richtung auf Tuapse als auch in der auf Suchum weiter angegriffen wird.
Der Fiihrer lehnt es auch ab, die Weisung Nr. 47 fiir die Durchfiihrung des
Unternehmens „Nordlicht" zu erlassen, ehe Generalfeldmarschall von Man=
stein seine Absichten vorgetragen hat, was am 5. September geschehen soil.
Am Abend meldet der Oberhefehlshaber West fernmiindlich, dafi eine eng=
lische Luftlande=Division vom britischen Festland auf die Insel Wight ver=
legt worden sei und dafi englische Landungsversuche auf der Normannischen
Halbinsel beabsichtigt seien. Der Fiihrer ordnet daher an, dafi die in der Nor=
mandie liegende 7. Flieger=(Fallschirmjager=) Division mehr nach Norden ver=
schoben wird. — Schon vor einigen Tagen hat der Fiihrer nach Vortrag des
Chefs OKW entschieden, dafi aus der Heimat sieben Ersatz=Divisionen nach
dem Westen verlegt werden soUen.
[Stellungnahme des B.d.U. zu Geleitzugoperationen^.]
Eriauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Hitlers Standpunkt gegeniiber den erneuten Vorschlagen der H.Gr. A war der
gleidie wie schon am 30. August. Abgesehen davon aber konnte es um so weniger
seine Sache sein, in sokhem MalSe in die Fiihrung der Heeresgruppe einzugreifen,
als er dieser erst an dem gleichen 30. August vorgeworfen hatte, nidit beweglidi
genug zu sein und ihre Krafte nicht reditzeitig genug umgruppiert zu haben. Im
iibrigen geniigten diese Vorgange schon, um seine Stimmung wieder gegen den
Feldmarschall List umschlagen zu lassen.
Den Erlafi der Weisung Nr. 47, die anscheinend vom WFStab ohne rechte Wer=
tung der Lage bei der H.Gr. Nord vorbereitet und vorgelegt worden war, lehnte
Hitler zweifellos zu Recht ab. Nach den verfiigbaren Unterlagen ist es auch zu ihrer
Ausgabe nicht mehr gekommen^.
Aus den Aufzeichnungen Greiners zum Westen geht die anhaltende Unruhe um
diesen Kriegsschauplatz hervor.
Bemerkenswert ist dabei auch, dafi, wie schon in Hitlers Bef ehl vom 9. Juli, auch
hier wieder die Normandie als wahrscheinliches Landungsziel auftritt. Die Ersatz=
divisionen kamen damals noch nicht an die Kiiste, sondern dienten allein der Fiil=
lung und damit der besseren Sicherung der weiten Raume des besetzten Gebiets.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Raum um Kertsch: Trotz wolkenbruchartigen Regens und heftigen Gewit=
ters mit aufkommenden stark boigen Winden erfolgten am 2. 9. gegen
02.00 Uhr planmafiig die Anlandungen. 3 Stofigruppen wurden trotz feind=
lichen Feuers am Nordufer der Halbinsel nordl. der Tamanskije=Bucht an Land
1 Lt. KTB des B.d.U. vom 3. 9. 42.
2 Eine Weisung unter der Nr. 47 erscheint erst am 28. Dezember 1942 und bezieht
sich auf Siidost=Europa (vgl. Hubatsch, a. a. O., S. 209ff.).
674
3- September 1942
gesetzt und nahmen im riicksichtslosen Vorstofi im Handstreich mehrere Orte
siidl. und siidwestl. der Landungsstelle unter dem Feuerschutz der Kampf=
fahren. Gegen 15.00 Uhr war der Nordteil der Halbinsel im eign. Besitz. Eine
Stofigruppe war bis an die Bucht Tamanskije vorgestofien. Die Anlandung
auf der Landzunge siidwestl. der Tamanskije=Bucht erfolgte planmafiig. Der
Mittelteil der Insel wurde in 1,5 km Tiefe genommen. Wetter: bedeckt, zu=
nehmender boiger Wind aus Nordost, Windstarke 6.
Armeegruppe Ruoff: Teile der rum. Kav.Divisionen stielien auf die Hohen
siidwestl. Temrjuk vor. Von Anapa aus wurde der Angriff langs der Ufer=
straiie und iiber das Hohengelande nach Siiden und Siidosten fortgesetzt.
Angriffsspitzen des V. A.K. gingen weiter gegen starken Feindangriff in Rich=
tung Noworossijsk vor. Siidl. Gorjatschi=Kljutsch Vorstofi eign. Krafte zum
Freikampfen eines vom Feinde eingeschlossenen Batl. Wetter: starke Regen=
falle, nur befestigte Strafien bef ahrbar, Hochwassergef ahr imGebirge. 111. 1.D.
bildete bei Mosdok einen Briickenkopf iiber den Terek und hielt ihn gegen
feindl. Angr, Siidwestl. Kisljar gingen Teile der ■^'jo. I.D. iiber den Terek. Auch
hier wurde der gebildete Briickenkopf gegen Feindangr. gehalten. Wetter: be=
deckt, strichweise Regen.
H.Gr, B:
Teile 16. I.D. (mot.) haben Justa feindbesetzt festgestellt. Siidwestl. Stalin=
grad sind deutsche und rum. Div.en iiber die Bahn Stalingrad— Kalatsch vor=
gestolien und kampfen nordl. und nordwestl. von dem Bahnhof Woroponowo
10 km westl. Stalingrad.
Die von Nordwesten vorstojSenden Teile stehen dicht vor dem Zusammen=
schluiS mit den von Siiden vorgehenden Kraften. Dazwischen versucht der
Feind, die sich verbindenden Krafte aufzuhalten. Angriffe nadk Norden und
Suden konnten den eign. Vorstofi nicht aufhalten.
Bei Serafimowitsch gelang dem Gegn. ein tiefer Einbruch in die eign. Stel=
lungen. 22. Pz.Div. ist auf den eingebrochenen Feind angesetzt. Bei Korotojak
halt der Gegn. immer noch den Briickenkopf gegen den Don. Eign. Krafte
zum Angriff angetreten. Sonst keine bes. Ereignisse.
H.Gr. Mitte:
Im Raume siidl. Suchinitschi sind die Kampfe wieder aufgelebt. Starke
feindl. Panzerkrafte fiihrten im Laufe des Tages mehrfach Angriffe auf die
eign. Stellungen durch, die z. T. im Nahkampf abgewiesen wurden. Der Feind
hatte auch gestern wieder in diesem Abschn. hohe blutige Verluste. Ostw.
Wjasma gelang es dem Feind mit einem Panzervorstofi, die eign. Linien zu
durchbrechen. Im eign. Angriff wurde er zuriickgeworfen, die alte HKL wieder=
hergestellt, 10 Panzer erledigt. Nordl. davon wurden feindl. Bereitstellungen
durch Artl. und Flieger zerschlagen. Bei 9. Armee griff der Gegner die Ost=
und Nordfront an. Mit Unterstiitzung von zahlreichen Panzern und Artl. ver=
suchte er immer wieder, gegen die Stellungen anzurennen. An einigen Stellen
67^
B. Kriegstagebuch
durchbrach er die eign. Linien, konnte aber in den meisten Fallen sofort wie=
der zuriickgeworfen werden. An anderen Stellen ist derKampf noch imGange.
Nordwestl. Rshew wurden starkere Bereitstellungen des Gegners von eign.
Artl. zerschlagen. Bei den Angriffen des gestrigen Tages in diesem Raum
hatte der Gegn. hohe blutige Verluste. Die Strafien sind nur bedingt befahr=
bar. Wetter: sonnig, klar.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ladogasees fanden auch gestern wieder heftige Kampfe statt.
Der Feind griff mit starken, z. T. neu herangefiihrten Kraften die eign. Stel=
lungen auf der ganzen Front zwischen Lodwa und dem Ladogasee an. Die
Angriffe waren unterstiitzt von starken Panzerkraften und Artl. Sie wurden
alle in z. T. erbittertem Nahkampf abgewiesen. An der Leningradfront stiefi
der Gegn. nach starker Artl.=Vorbereitung gestern mit Panzern und Inf. gegen
die Stellungen des L. A.K. vor. Im Gegenangriff wurden samtl. Vorstofie zum
Stehen gebracht.
Filmland (i. 9.)
An der Aunus=Front und Masalskaja=Front wurden wiederholte Angriffe kleiner
Abt.en der Russen abgewiesen.
Nor dost front: An der Nordostfront verstarkt sidi der Feind auf der Fisdierhalb=
insel. Nach Aussagen von Oberlaufern soil hier ein Angriff beabsichtigt sein.
Geb.Korps Norwegen wies einen schwacheren feindl. Landungsversuch am Siid=
ufer der Moskowski=Budit ab. Dieser wird als gewaltsames Aufklarungsunter=
nehmen mit dem Ziel, Gefangene einzubringen, angesehen.
Panzerarmee Afrika (2. 9.)
Schwerste feindl. Luftangriffe bei Tag und Nacht. Am 1. 9. wurden die gegen die
Angriffsgruppe gefiihrten feindl. Gegenangriffe erfolgreich abgewiesen. Im nordl.
Absdut. erfolgte in den friihen Morgenstunden des 1. 9. ein durch etwa 50 Panzer
unterstutzter Angriff von Teilen der 9. austr. Inf.Div. Nach vorubergehendem Ein=
bruch siidl. El Eisa wurde die Lage wiederhergestellt, Dabei erlitt der Feind schwere
Verluste. Allein im Abschnitt eines Batl. wurden 10 Panzerwagen und 15 gepanzerte
MG.=Trager abgeschossen. Luftaufklarung stellte auf Stra6e Kairo— Alexandria— El
Alamein sowie auf den in das Kampfgebiet fiihrenden Pisten auch am 1. 9. keine
grofien Bewegungen fest. Im Hafen Suez ist seit 27. 8. eine Vermehrung des Schiffs=
raumes um iiber 100 000 t eingetreten, so dafi Eintreffen des zu Anf ang September
erwarteten Geleitzuges anzunehmen ist.
Eingegangene Meldungen Generalstab LuftwafFe wahrend des 3. 9. 42
I. Raum um England:
Wahrend des 3. 2 Abschiisse, 1 wahrscheinlicher Abschufi.
Jabo=Angriffe gegen Bognor Regis (mehrere Gebaude zerstort), gegen einen Bahn=
hof in der Nahe von Portland (3 Volltreffer) und eine Stadt in der Nahe von Dart=
mouth (Einschlage in Stadtmitte).
In Solent 11.42 Uhr 2 grofie Dampfer, 15 Fahrzeuge, 3 Landungsboote, mehrere
Vorp.=Boote und Motorboote auf verschiedenen Kursen.
676
4« September 1942
Ostwarts Insel Wight 1 Dampfer, 4 Vorp.=Boote Kurs West, siidlich Insel Wight
3 Vorp.=Boote stilliegend.
Abendaufklarung litt unter Schlechtwetter, an Ost= und Siidkiiste keinen Sdu£fs=
verkehr beobachtet.
Kein eigener Nachteinsatz.
2 Feindeinfliige in das Reichsgebiet, Eindringtiefe Sudschweden— Ostsee— Brom»
berg— Thorn. Keine Bombenabwiirfe. Geringe Einflugtatigkeit in die besetzten Ge»
biete.
2. Mittelmeer:
17 Feindabschiisse bei einem eigenen Verlust.
Wirkungsvolle Kampfeinsatze zur Unterstutzung der Panzerarmee.
Belegung Gibraltar 2. 9. mittags: 2 Schlachtschiffe, 2 Kreuzer (1 im Dock), 1 Hilfs=
kriegsschiff, 5 Zerstorer, 1 Fahrgastschiff, 20 Frachter, 11 Tanker.
Nach ital. Meldung nordlich Port Said 08.15 Uhr: 1 Verband, wahrscheinlich
3 Kreuzer und 6 Zerstorer, Kurs 240 Grad.
Siidwestlich Haifa 08.45 Uhr 1 Kreuzer und 3 Zerstorer, Kurs 45 Grad.
5. Ostfront:
101 Abschiisse, 3 Flugzeuge am Boden zerstort.
Im Kaspischen Meer lebhafter Schiffsverkehr.
LB Astrachan 06.35 Uhr: 37 Tanker, 140000 t, 66 Leichter, 78000 t, 34 Schlepper,
200 Boote.
Auf der Wolga in den Vormittagsstunden lebhafter Schiffsverkehr nach Sudost
und Nordwest.
Finnen=Busen: Im Hafen Lavansaari zwischen 07.00 und 08.00 Uhr: 6 Vorp.=Boote,
1 Schlepper. Bei Lavansaari 10 Minenraumboote, 2 Fugasraumer, 1 Schlepper. Ein=
laufend Lavansaari 3 Schlepper, 2 Kahne, 10 Vorp.=Boote, 9 Minenraumboote.
Auf dem Ladogasee normaler Schiffsverkehr.
Eismeer: Im Borga=Fjord bei Reykjavik um 14.00 Uhr 1 Zerstorer.
4. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 4. September 1942
Lagevortrag:
Bei der Heeresgruppe A soil auf nochmalige Anweisung des Fiihrers die
1. Gebirgsdivision nur schwache Sicherungen an den von ihr besetzten Passen
stehen lassen, mit ihren Hauptkraften aber bei der 4. Gebirgsdivision zum
Durchstofi auf Suchum eingesetzt werden. Die zugewiesenen Hochgebirgsson=
derformationen sollen mit Ausnahme der schon beim XXXXIX. Gebirgskorps
eingesetzten Formation beim XXXXIV. Jagerkorps an der Strafie nach Tuapse
verwendet werden, ebenda auch die urspriinglich fur das Gebirgskorps be=
stimmten Ersatzbataillone.
Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte beabsichtigt, die aus der
Front siidlich von Suchinitschi herauszulosende 9. und 11. Panzer=Di vision
nicht, wie urspriinglich vorgesehen, im Raume nordlich von Kirow einzusetzen,
sondern wegen besserer Eisenbahn=Leistungen und Auslade=Moglichkeiten in
den Raum der 4. Armee zu iiberfiihren. Der Fuhrer trifft hieriiber noch keine
endgiiltige Entscheidung. Bei Sytschewka (Ostfront der 9. Armee) ist es in=
677
B. Kriegstagebuch
folge Nachlassens der feindlichen Angriffe moglich geworden. Telle der i. und
5. Panzer=Dl vision aus der Front zu Ziehen.
Bel der Heeresgruppe Nord ist der Gegner an die Ostfront des „Flaschen=
halses'" belm XXVI. Armeekorps abermals durchgebrochen und hat berelts die
Halfte des Weges bis zur Newa zuriickgelegt. Nach Meldung des Chefs des
Gen.St.d.H. hat dort neben der 170. Inf., 5. Geblrgs= und 28. Jager=Divlsion
nun auch noch die 24. Inf.Dlv. mit dem vordersten Regiment elngesetzt wer=
den miissen. Dlese Fortschritte des Gegners und das nutzlose Hineinwerfen
nun schon von vier fiir das Unternehmen „Nordllcht'' bereitstehenden Dlvi=
sionen in den Abwehrkampf erregt den heftigsten Unwillen des Fiihrers, der
sich dahin aufiert, dafi die ergriffenen Mafinahmen ein Bild willenloser Fiih=
rung zeigten. Trotz aller Krafte=Zufuhrungen bestehe nach wie vor die Ge=
fahr der Abschneldung der 227. Inf.Dlv., und das Unternehmen „Nordllcht''
werde durch den Krafteentzug undurchfiihrbar. Der Fiihrer erwagt, Bataillone
der Gruppe des Generals Meindl im „Flaschenhals'' einzusetzen, lafit dlesen
Gedanken aber auf die Einwendung des Chefs WFSt, dafi im „Flaschenhals''
genug Krafte zur Verfiigung stiinden und es nur an kraftvoller Fiihrung fehle,
wieder fallen. Er entscheidet, dafi Generalfeldmarschall von Manstein mit den
ihm zur Verfiigung gestellten Kraften einschliefilich der Heerestruppen sofort
unter Ausschaltung der Heeresgruppe Nord den Nordabschnitt der 18. Armee
iibernehmen soil. Der auf morgen angesetzte Vortrag des Generalfeldmar=
schalls von Manstein fallt daher weg. Fiir die zu erlassende Weisung Nr. 47
(Unternehmen „Nordlicht'0 stellt der Fiihrer den Grundsatz auf, dafi sie so
abgefafit werden soil, dafi sie ohne jegliche Zusatze vom Generalstab des
Heeres an die Heeresgruppe Nord weitergegeben werden kann.
Das vom Fiihrer gestern angeordnete Vorziehen der 7. Flieger= (Fallschirm=
jager)Division nach Norden ist vom Oberbefehlshaber West bereits befohlen
worden. Heute aufiert der Fiihrer, dafi in den bisherigen Raum der 7. Flieger=
Division die SS=Division „Reich'' vorgezogen werden soil, da die 7. Flieger=
Division iiber keine Panzer verfiigt. Als Eingreif=Reserven wiirden damit in
der Bretagne die Brigade „General Goring" imd die 6. Panzer=Division, in der
Normandie die 7. Flieger=Division und die SS=Division „Reich'' und ostwarts
davon die SS=Division „ Adolf Hitler'' und die 10. Panzer=Division zur Ver=
fiigung stehen.
Bei der Deutsch4talienischen Panzer=Armee Afrika wiinscht der Fiihrer die
Zufiihrung neuzeitlicher Flak fiir Panzerabwehr, schwerster Panzer, einer
unbeschrankten Zahl von Minen und der 22. Infanterie(Luftlande) Division
nach beendeter Umgliederung.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
War am Vortage im Hinblick auf die Krafteverteilung hei der H.Gr. A noch eine
konstant bleibende Meinungsaufierung Hitlers festzustellen, so ergibt sich nun«
mehr allem Anschein nach mit seinen Anordnungen zu Verstarkungen an der StraSe
678
4* September 1942
nach Tuapse ein voUiger Gegensatz zu seiner noch am 30. August geaufierten An=
sicht, nach der er „die Erfolgsaussichten an der Strafie nach Tuapse fiir am
schlechtesten" hielt. Das Durcheinander dieser sich widersprechenden Anordnungen
konnte, wie man als standiger Beobachter schon damals empfand, kaum anders als
in einem eclat enden.
Ob die Vorwiirfe Hitlers gegen die Fiihrung der H.Gr. Nord bzw. der 18. Armee
berechtigt waren, ist hier nicht zu untersuchen. Seine larmenden Eingriffe auch dort
scheinen aber umso weniger folgerichtig, als er nunmehr selbst mit dem gleichen,
d. h. den fiir den Angriff „Nordlicht" bestimmten Truppen und Mitteln, lediglich
unter neuer Fiihrung, die Lage wiederherzustellen suchte. Die — peinlich wirkende —
Zustimmung des Chefs WFSt zu Hitlers Behauptung, da6 „es nur an kraftvoller
Fiihrung fehle", steht in einem bemerkenswerten Gegensatz zu Jodls Eintreten fiir
die Fiihrung des Feldmarschall List im Kaukasus einige Tage spater (S.September).
Eine nahere Einsicht auch in die Lage bei der H.Gr. Nord hatte ihn vermutlich zu
einem anderen Urteil gefiihrt, es sei denn, dafi in beiden Fallen, wie nicht ohne
Grund vermutet, personliche Motive eine Rolle gespielt haben. Uber Zusammen=
setzung und Bestimmung „der Gruppe des Generals Meindl" ist Gen. Warlimont
nichts erinnerlich.
Der von Hitler aufgestellte „Grundsatz" zur Abfassung der Weisung Nr. 47 war
schon bei den grundlegenden Richtlinien fiir die Sommeroffensive — Weisungen
Nr. 41 und 45 — angewendet worden und hatte sich dahin ausgewirkt, da6 er den
Wortlaut gro6tenteils selbst in Form ungewohnlicher, weitschweifiger Ausfiihrungen
bestimmt hatte.
Nicht nur sein Militrauen gegen den Generalstab des Heeres, auch seine jedem
„Grundsatz" des Generalstabes widersprechende Auffassung, nicht durch Auftrage,
sondern durch alles regelnde Befehle fiihren zu wollen, kam darin zum Ausdruck.
Die als Eingreif=Reserven im Westen (Nord= und Mittelabschnitt) angefiihrten
Krafte — 4 Pz.Divisionen, 1 Fallschirmjg.Division, 1 mot.Brigade — , wenn sie auch
teilweise nicht voll verwendungsfahig gewesen sein mogen, bleiben kaum hinter
den Kraften zuriick, die vor der Invasion im Friihjahr 1944 verfiigbar waren. Nimmt
man hinzu, dafi im zweiten Halbjahr 1942 auch noch zahlreiche vollkampfkraftige
Inf.Divisionen an der Kiiste standen und dafi die Luftwaffe, wie der Tag von
Dieppe gezeigt hatte, stark genug war, um binnen kurzem 610 Jager und 50 Bomber
aufbieten zu konnen, so ergibt sich eindeutig, dafi eine solche Krafteverteilung der
deutschen Gesamtlage nicht im geringsten entsprach. Hitlers Grundsatz „Sicherheit
iiberall" war aber auch in dieser Hinsicht so dominierend, dafi eher eine weitere
Vermehrung der Verbande in Betracht gezogen wurde, als dafi ein Abzug auch nur
zur Erorterung gestellt worden ware.
Unter den fiir die Armee in Afrika vorgesehenen Verstarkungen tritt nur ein
neuer Verband auf, die von der Krim dem WB. Siidost zugewiesene 22. Inf.(Luft=
lande=)Div. (vgl. Weisung Nr. 45 vom 23.Juli 1942). Wiihrend Hitler diese in der
Folge besonders bewahrte Division bis zumHerbst 1944 auf Kreta festhalten lie6,ge=
langten auch die angefiihrten Zuweisungen an Kriegsmaterial, hauptsachlich wegen
der immer starker gestorten Transporte iiber See, nur in geringem Mafie nach
Nordafrika.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
46. LD. hat die ganze Halbinsel nordl. der Tamanski=Bucht einschl. der
Landzunge besetzt und geht nach Siiden vor. Telle des rum. Geb.Korps im
679
B. Kriegstagebuch
Vorgehen nordl. der Lagune von Kisiltaschk. Die Masse des rum. Korps und
Telle des V. AK. im Vorgehen nach Siidosten in Richtung Noworossijsk und
siidl. davon. Angriffe hier und Angriffe in die Flanke ostw. Noworossijsk wur=
den abgeschlagen. Ein stark, feindl. Angriff im Kljutschtal wurde zuriickgewie=
sen. Wetter: bedeckt, windig, Nachlassen der Regenfalle. Am Terek wurde
siidl. Mosdok und westl. davon der Br.=Kopf erweitert. Briicke bei Mosdok iiber
den Terek ist im Bau. Telle 370. 1.D., die bei Klsljar einen Briickenkopf ge=
bildet hatten, sauberten die Stadt Kisljar und wehrten feindl. Angriffe ab.
Wetter: regnerisch, Stralien stark aufgeweicht.
H.Gr. B:
Ostw. Chalchuta Angriff auf hier stehende Feindkrafte. Raum nordl. davon
feindfrei.
4. Pz.Armee wehrte Flankenangriffe des Gegners siidwestl. des Wolgaknies
siidl. Stalingrad ab. Die iiber die Bahnlinie Stalingrad— Kalatsch vorgestofienen
und in Richtung Stalingrad vorgehenden Panzerkrafte haben die feindl. Stel=
lungen durchbrochen und stehen hart westl. von Stalingrad. Auch die vom
Norden und Nordwesten vorstofienden Inf .=Krafte des LI. AK. stehen auf den
Hohen westl. Stalingrad und nahern sich den Spitzen der Panzerdivisionen.
Ein aus Stalingrad heraus nach Norden auf den Panzerriegel des XIV. AK. mit
150 Panzern vorgetragener feindl. Angriff wurde unter hohen Feindverlusten
abgeschlagen. Auf der iibrigen Front der Heeresgruppe aufier einem kleineren
feindl. Vorstofi siidwestl. Liwny keine bes. Kampfhandlungen. Wetter: sonnig,
klar, +21 Grad.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Bjelew vergebliche Feindangriffe. An der Shisdra siidwestl. Suchi=
nitschi griff der Feind mit Panzern die dort stehenden Inf.= und Panzerver=
bande an. Es gelang ihm an zwei Stellen, durch die eignen Linien durchzu=
brechen; Gegenangriffe sind im Gange. Ostw. Wjasma griff der Russe mit
starken von Panzern unterstiitzten Kraften die eignen Linien an. Nach Ab=
schlagen mehr. Angriffe konnte er an zwei Stellen mit einigen Panzern durch
die eignen Linien durchstofien. Die HKL ist fest in eigner Hand. Stark. Angriffe
auch ostw. und siidostw. von Rshew, die bisher alle abgeschlagen wurden.
2 Div.en melden den Abschufi von insgesamt 38 Feindpanzern. Erneute Feind=
angriffe im Gange. Im riickw. Gelande hinter dem linken Fliigel der H.Gr.
nimmt das Bandenwesen wieder zu. Allein in der Zeit vom 22.-25. 8. sind
22 Lokomotiven und 105 Wagen beschadigt worden. Auf der Strecke Newel—
Witebsk wurden an 14 Stellen die Gleise gesprengt, 3 Bahnbriicken, 2 StraiBen=
briicken und ein Bahnhof zerstort.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmen=Sees wurde ein Angriff bei Bely Bor (Nordostfront der
Demjansk=Stellung) zuriickgewiesen. Siidl. des Ladogasee wurden zwischen
680
4- September 1942
Lodwa und Ladogasee mehr. Angriffe mit Panzern abgewiesen. An der ehe=
maligen Einbruchsstelle siidl. des Ladogasees sind die Kampfe noch im Gange.
An der Newa= Front versuchte der Feind, mit 28 Booten iiber den Flufi zu setzen.
Die hier stehende Pz.Div. schofi 20 Boote ab, der Angriff wurde abgeschlagen.
Auch feindl. Angriffe siidl. Leningrad konnten keinen Boden gewinnen.
Finnland (2. 9.)
Finn. Sudfront: auf der Landenge sovvie zwischen Onega= und Seg=See beider=
seitige Artl.= und Aufkl.=Tatigkeit.
Nordostfront: Im Bereich der Fischerhalbinsel und an der Liza=Front verstarkte
der Gegn. seine Aufkl.=Tatigkeit. Der starke Nachschubverkehr auf der Fischer*
halbinsel lafit Angriff fiir moglich erscheinen.
Afrika (3. 9.)
Aufklarungskrafte der 7. Pz.Div. fiihlten am 3. 9. gegen eigene mot. Gruppe nur
zogernd vor. Bei ortlichen Vorstofien des Feindes wurden 4 Feindpanzer abge=
schossen. Weiterhin starke feindl. Bombenangriffe auf die mot. Gruppe bei Tage und
bei Nacht. An der Stellungsfront normale feindl. Aufklarungs* und Artillerie=
Tatigkeit.
Im Raum der 21. Pz.Div. wurden durch Luftbild iiber 300 Panzer erfafit.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 4. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Jabo=Angriffe auf versdiiedene Stadte. Folkestone
Treffer in Gleisanlagen, Ramsgate ohne beobachtete Wirkung, Sandgate Treffer
in Hauserblodcs mit grofier schwarzer Rauchwolke, Torquay Volltreffer in Fabrik=
anlagen, ein Gasbehalter in Brand geschossen, ein Personenzug zum Entgleisen ge=
bracht, Baignton mehrere Wohnhauser eingestiirzt, Bahnhofsgebaude und Gleisan=
lagen getroffen.
Bei Nacht Abwurf von Propagandamaterial auf Southampton und Portsmouth.
Vor Humber=Miindung 13.45 Uhr 6—8 Frachter Kurs Nord.
20.00 Uhr in der Themse=Miindung bei Colne Point 3 Dampfer Kurs Slid, 1 Zer=
storer und 1 Vorp.=Boot ohne Kursangabe; im Blackwater River 9 Dampfer ohne
Kursangabe.
Nordlidi Insel Wight 09.25 Uhr 5 Frachter Kurs Nordwest.
Bei Poole 20.25 Uhr 1 Frachter einlaufend.
Zwischen Brixham und Start Point ungefahr 10—12 Vorp.=Boote.
Siidwestlich Landsend 19.08 Uhr 1 Frachter 5000 t Kurs 40 Grad.
Bei Milford 11.20 Uhr 2 Frachter je 3000 t Kurs Siidost.
Einflilge: Von 176 Einfliigen 150 ins Reichsgebiet, davon 50 im Osten und 100 im
Westen. 10 Abschiisse durch Jager, 1 Absturz.
Eindringtiefe im Osten: Libau— Elbing— Kutno— Litzmannstadt— Brieg— PreJSburg.
Keine besonderen Schaden gemeldet (Es wurden Wien und Budapest angegriffen.
In Budapest 20 Tote, mehrere Verletzte).
Eindringtiefe im Westen: Miinster—Herford— Hannover— Hamburg— Amrum.
Schwerpunkt Bremen. Auf Bremen wurden abgeworfen 32 Sprengbomben, etwa
2000 Brandbomben und ungefahr 20 Phosphorbrandbomben. Die Bomben verteilten
sich auf Hafen und gesamte Stadt. Bei Weser=Flug AG eine Halle zerstort. Motoren=
werk Lembeck beschadigt. Verkehrsanlagen, Hafenanlagen und ein Krankenhaus
681
B. Kriegstagebuch
beschadigt. Zahlreiche Brandschaden. Infolge Zerstorung der Wasserleitung Loschen
der Brande besonders schwierig. Bisher 6 Schwer=, 5 Leichtverletzte.
2. Mittelmeer:
Beim Afrika=Korps Aufklarungs= und Sicherungstatigkeit sowie Unterstiitzung
der Panzerarmee. 1 Abschufi.
Bei Nacht starke Angriffe auf feindliche Panzer= und Truppenansammlungen im
nordlichen Kampfraum mit gutem Erfolg.
Flugplatz Burg El Arab wurde bei Tage angegriffen.
5. Ostfront:
Insgesamt 81 Abschiisse, 2 Flugzeuge am Boden zerstort. Oberleutnant Graf er=
rang seinen 150. Abschufi.
Schwarzes Meer: Suchum LB vom 3.9. 09.30 Uhr: 1 Tanker 7000 t, 1 Frachter
1500 t, 2 Frachter je 1000 t, 1 R=Boot, 15 Boote.
Sotschi LB 3.9. 11.10 Uhr: 1 Frachter 1000 t, 5 R=Boote, 1 Kiistenfahrzeug,
10 Boote.
Tuapse 4. 9, 04.00—14.00 Uhr im Hafen und an der Kiiste: 15 Frachter, 3 kleine
Kiistenfahrzeuge, 14 kleine Boote.
Siidlich Halbinsel Tamanskaja 4.9. zwischen 04.00 und 14.00 Uhr: 38 Frachter
und Transporter bis 3000 t, 5 kleine Kiistenfahrzeuge.
In Gaidak zwischen 04.00 und 14.00 Uhr 4.9.: 6 kleine Kriegsfahrzeuge, 8 Frach=
ter, 3 Boote.
Astrachan LB 4.9. 06.12 Uhr: 35 Frachter 125000 t, 52 Leichter 60000 t, 3 Mo=
torleichter 9000 t, 32 Schlepper, 200 kleine Boote.
Im Kaspischen Meer reger Verkehr.
Bei Lavansaari 08.20 bis 09.50 Uhr: 13 Minenraumer und Minenleger, 9 Schlepper,
5 Tankschiffe, 2 Segler.
In der Barachnaja=Bucht 6 Minenraumboote, 1 Minenleger, 1 Kiistenfahrzeug.
Auf dem Ladoga=See 08.20—09.50 Uhr bei Morin Noss 5 Vorp.=Boote, 1 Frachter,
1 Motorschiff, 15 Schlepper, 12 Kahne.
Bei Ossinovvez 1 Frachter, 6 Schlepper, 8 Kahne, im Fischerei=Hafen 4 Schlepper,
20 Fischereifahrzeuge.
Nordlich Leuchtturm Sucho 1 Hilfskan.=Boot, 2 Schleppziige, 1 Schlepper.
In der Wolchow=Miindung zwischen 10.10 und 11.30 Uhr 1 Frachter, 1 Motor=
fahrzeug, 10 Kahne.
Bei Issat 1 Tanker, 8 Schlepper, 7 Kahne, 6 Schwimmdocks, davon 4 belegt.
5. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 5. September 1942
Lagevortrag:
Der Reichsmarschall, in dessen Begleitung sich der Chef des Generalstabes
der Luftwaffe, Generaloberst Jeschonnek, und der Kommandierende General
des VIII. Fliegerkorps, Generaloberst Freiherr von Richthofen^, befinden —
letzterer, um iiber den Einsatz der Luftwaffe beim Unternehmen „Nordlicht''
vorzutragen — , meldet dem Fiihrer, dafi die auf der Halbinsel Kertsch befind=
liche Jagdgruppe, da dort entbehrlich, in den Raum der 1. Panzer=Armee zur
1 Tatsachlich: Chef der Luftflotte 4.
682
5- September 1942
Verstarkung des Luftschutzes verlegt werden wiirde. Der Fiihrer wiinscht, dafi
die 46. Inf.Div. wieder auf die Krim zuriickverlegt, dort aufgefrischt und dann
an anderer Stelle der Ostfront eingesetzt wird.
Heeresgruppe B: Fiir die Fortfiihrung der Operationen der 6. Armee befiehlt
der Fiihrer, dafi die Panzergruppe (XIV. Panzerkorps) nordlich von Stalingrad
moglichst bis zu der alten russischen Verteidigungslinie vorstoJSen und dann
nach Westen einschwenken soil, um die als angeschlagen anzusehenden Feind=
krafte vor der Don=Front zu zerschlagen. Nach Meldung des Chefs des Gen.St.
d.H. beabsichtigt die Heeresgruppe, die in der groiien Donschleife nordwestlich
von Sirotinskaja eingesetzte 100. Jager=Division herauszuziehen und dem An=
griffsfliigel der 6. Armee zuzufiihren. Die Division soil auf Anordnung des
Fiihrers durch die hinter dem linken Armeefliigel eingetroffene 298. Inf.Div.
abgelost werden. Der Reichsmarschall meldet, dafi die im Raum von Stalingrad
eingesetzten Luftwaffenkrafte dort einstweilen noch gebunden seien. Der Fiih=
rer wiinscht, dafi entbehrlich werdende Krafte baldmoglichst in den Raum der
1. Panzer= Armee verlegt werden. Generaloberst Freiherr von Richthofen regt
an, die im Bereich der Heeresgruppe B eingesetzten Luftstreitkrafte mit dem
Einsatz des rumanischen Heeresgruppenkommandos (siehe 18. August) mog=
lichst am 1. Oktober durch rumanische Luftwaffenkrafte zu ersetzen.
Generalfeldmarschall von Manstein, der, dem Oberkommando des Heeres
unmittelbar unterstellt, am 4. September den Befehl iiber den Nordabschnitt
der 18. Armee von der Eisenbahnstation Maluksa bis zum Finnischen Meer=
busen tibernommen hat, regt an, an der gesamten Front der Heeresgruppe
Nord ortliche Angriffsunternehmungen zur Bindung feindlicher Krafte durch=
zufiihren^. In seinem Armeebereich (11. Armee) wird das Generalkommando
XXX mit der 223., 170. und 24. Inf.Div. auf dem Siidfliigel, das General=
kommando XXVI mit der 28. Jager=, 5. Gebirgs= und 227. Inf.Div. im „Fla=
schenhals'', das Generalkommando LIV mit der SS=Polizei= und 121. Inf.Div.
an der Siidfront von Leningrad und das Generalkommando L mit der 215.,
58. und 225. Inf.Div. an der Siidwestfront von Leningrad und in Ingermanland
eingesetzt. Die 12. Panzer=Division wird am 7. September dem XXX. Armee=
korps unterstellt, die 250. (spanische) Inf.Div. iibernimmt am selben Tage den
Abschnitt der 121. Inf.Div. Generalfeldmarschall von Manstein beabsichtigt,
an der Einbruchsstelle nordostwarts von Mga die 170., 24., 28. (Jager=) und
132. Inf.Div. zum Gegenangriff in nordostlicher Richtung anzusetzen.
2 Das OKW/WFSt liefl am 5. 9. dem OKH folgenden Befehl zugehen, von dem die=
ses der H.Cr. Nord und dem AOK 11 Kenntnis gab: „i. Der Fuhrer hat sich die
Herausgahe einer Weisung fiir die Durchfiihrung der Operation ,Nordlicht' bis
zu einer erneuten Besprechung mit Feldmarschall von Manstein und Gen.Oberst
V. Richthofen vorbehalten.
Da die 5. Geb.Div. bei ,Nordlicht' zum Einsatz kommt, f'dllt das Unternehmen
,Lachsfang' zunachst aus. Der Zeitpunkt fiir ,Nordlicht' ist daher nurmehr von
der Bereinigung der Lage beim XXVI. AK., von der Bereitstellung der notwen=
digen Krafte und Munition sowie von der Wetterlage abhangig."
683
B. Kriegstagebuch
Der Chef des Generalstabes der Luftwaffe meldet, dafi er beabsichtige, Er=
satztruppenteile der Luftwaffe, etwa ^oooo Mann, in die durch Banden ge=
fahrdeten riickwartigen Gebiete der Ostfront zu legen. Der Fiihrer ist damit
einverstanden.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der Lagevortrag wird an diesem Tage vom „Reichsmarsdiall'' und seiner Be=
gleitung beherrscht worden sein. Wahrend Hitler, wie es seine Art war, vor dieser
Umgebung mit besonderem Behagen die Art und Weise demonstrierte, in der er die
Divisionen des Heeres an der gesamten Ostfront herumexerzierte, nahm Goring,
ohne viel Aufhebens davon zu machen, die Gelegenheit wahr, um zu melden, „da6
die im Raum von Stalingrad eingesetzten Luftwaffenkrafte dort einstweilen noch ge=
bunden seien". Offenbar machte niemand darauf aufmerksam, dafi danach der Be=
richt Richthofens vom 28. August, wonach bei Stalingrad „von starken feindlichen
Kraf ten .... keine Rede sein" konne, endgiiltig als unverantwortlidie Falsdimeldung
gekennzeidinet war.
Die Darstellung Greiners zum Bereich der H.Gr. Nord erscheint hinsiditlich der
Befehlsorganisation und der Krafteverteilung berichtigungsbediirftig (vgl. auch
V. Manstein, Verlorene Siege, Bonn 1955, S. 295 ff.).
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
46. LD. ging von der Halbinsel nordl. der Tamanskije=Bucht nach Siiden
und Siidosten vor und warf den Feind auf den siidl. Teil der siidl. der Bucht
liegenden Halbinsel zuriick. Auch rum. Kraf te stielien hier, von Osten kommend,
vor. Feind leistet auf dem siidl. Teil der Halbinsel zahen Widerstand und setzt
Verladungen der hier stehenden Krafte fort. Der konzentrische Angriff auf
Noworossijsk schreitet gegen zah kampfenden Gegner langsam vorwarts. An
der Bahnlinie nordostw. Tuapse wurden mehr. Feindvorstofie abgewiesen. Der
Br.=Kopf westl. Mosdok wurde erweitert. Ober die fertiggestellte Kriegsbriicke
stiefien eigne Krafte nach Siiden vor und durchbrachen die Feindstellungen
nordl. Wosnessenskaja. Feindl. Angriff e auf die Br.=Kopfe ostw. von Mosdok
wurden abgewiesen. Hier verstarkt sich der Gegner. Auch die Br.=Kopfe an
der Bahn nordl. Grosnij wurden nach Siiden erweitert. Vorstofie des Feindes in
Batl.=Starke auf Kisljar wurden abgewehrt.
H.Gr. B:
Starker Zugverkehr von Siiden nach Astrachan. Line Fernpatrouille beschofi
einen Eisenbahnzug bei Jandyk siidwestl. Astrachan und steckte ihn in Brand.
Mehrere Angriffe auf Chalchuta westl. Astrachan wurden abgewiesen. Bei
Prisarpa wurde eine feindl. starkere Abteilung geworfen und eine Betriebs=
stoffkolonne vernichtet. Flankenangriffe bei Owrag auf den Siidfliigel der 4.
Pz.Armee wurden abgewiesen. Starker Feind in gut ausgebauten Stellungen
664
5- September 1942
westl. des Wolga=Knies siidl. Stalingrad. Panzer= und Inf.Div.en stehen im An=
griff, von Westen kommend, am Stadtkern Stalingrad, etwa 4 km von der Wolga,
in schwerem Kampf. Die Inf.Div.en des LI. AK. haben sich dem Angriff auf
Stalingrad angeschlossen und schlugen mehrere Pz.=Angriffe der Russen ab.
Hierbei wurden von 15 angreifenden Pz.n 9 vernichtet. Die nordl. von Stalin=
grad stehenden Panzer= und mot. Verbande gingen zum Angriff vor und er=
reichten trotz starker Gegenangriffe das Hohengelande nordl. Stalingrad.
Massierte, nach Artl.=Vorbereitung vorgetragene Angriffe von Norden wur=
den unter starkem Einsatz der eign. Luftw. zerschlagen. Von 120 angreifenden
Panzern waren bis zum Nachmittag 30 erledigt. Auf der Nordf ront der 6. Armee
verhielt sich der Feind im allgemeinen ruhig. Teile des XXIV. Pz.Korps sau=
berten mit den ung. Truppen gemeinschaftlich Korotojak am Donknie siidl.
Woronesch. Siidl. Livvny griff Feind nach starker Artl.=Vorbereitung die eign.
Stellungen an und erzielte einen voriibergehenden Einbruch.
H.Gr. Mine:
Die schweren Abwehrkampfe siidl. Suchinitschi dauerten auch am gestrigen
Tage an. Der Feind griff mit starken Kraften nach Artl.=Vorbereitung die
eign. Stellungen an. Alle Angriffe wurden bisher abgewehrt und kleinere
Einbriiche bereinigt. Weitere Angriffe werden erwartet, da der Feind sich lau=
fend verstarkt. Ostw. Wjasma greifen Schlachtflieger die eign. Stellungen und
das Hintergelande an. Starke feindl. Artl.=Tatigkeit. Ostw. Gshatsk konnte der
Angriff des russ. V. Pz.Korps noch nicht zur Auswirkung kommen, da eign.
Schlachtflieger die Bereitstellungsraume stark angriffen. Teilangriffe des Geg=
ners wurden mit eign. Artl.=Unterstiitzung zerschlagen. Im Raume siidl. und
ostw. Rshew setzte der Feind seine Panzerangriffe fort. Nordostw. Rshew
sind Starke Feindkrafte im Anmarsch gemeldet. Nach massierter Artl.=Vor=
bereitung gelang es dem Gegner an verschiedenen Stellen der Front, mit mehr.
Panzern die eign. Linien zu durchstolien. Die eingebrochenen Panzer wurden
zum grofiten Teil vernichtet.
H.Gr. Nord:
Westl. Cholm im Hintergelande Bekampfung der Partisanengruppen. An=
griffe auf die Landbriicke siidl. des Ilmensees wurden abgeschlagen. Siidl. La=
doga=See verstarkt sich Feind weiter und greift an verschiedenen Stellen an.
Eign. Vorstolie zur Verbesserung der Stellung hatten Erfolg. Ostw. Leningrad
versuchte der Gegner — wie schon am Vortage — , iiber die Newa anzugreifen.
Er wurde unter schweren Verlusten zuriickgeschlagen. Bei einem Angriff siid=
ostw. Leningrad gelang es dem Gegner, die Front der hier stehenden Pol.=Div.
einige Kilometer zuriickzudriicken. Abriegelung und GegenstoJS im Gange.
683
B. Kriegstagebuch
Finnland
An der Landenge und bei der Gruppe Maselskaja wurden mehr. ortl. Angriffe
abgewiesen. Etwa 130 Russen setzten in Booten iiber den Ond=See und besetzten
den Ort Ondosero. Gegenmafinahmen sind im Gange.
Nor do St front: An der Liza=Front erhohte Spah= und Stofitrupptatigkeit.
Panzerarmee Afrika (4. 9.)^
Feind unternahm mit Teilen neuseel. Div. — verstarkt durch Panzer — im Laufe
des 4. 9. im Raume nordl. Alam Nayil mehr. Angriffe. Die Angriffe wurden unter
Verlusten fiir den Gegner abgewiesen. Mehr. 100 Gefangene wurden gemacht.
Darunter befindet sich der Kommandeur der 6. neuseel. Inf .Brig. Nach seinen Aus=
sagen wurde Generalleutnant Gott im Flugzeug durch eine Me 109 abgeschossen.
General Auchinleck soil Oberbefehlshaber in Indien geworden sein, wahrend Ge=
neral Wavell angeblich ein hoh. Kdo. erhalten hat.
Gegen die Siidostflanke der eign. Truppen fiihlte der Gegn. mit Spahtrupps und
Panzern vor. Die feindl. Lufttatigkeit war geringer als am Vortage.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 5. 9. 42
I. Raum um England:
Bei Tage wurden 10 Spitfire abgeschossen.
Jabo=Angriffe wurden durchgefiihrt auf Norwich, Southend, Brighton, Lutton und
Dover. In letzterem 2 Treffer in der Stadtmitte.
Auf der Halbinsel Portland wurden ein Werk, wahrscheinlich Flugzellenwerk
Yeovil, und der Bahnhof angegriffen. Bomben lagen zwischen abgestellten Ziigen.
Bei Nacht Flugblattabwurf iiber siidenglischen Stadten.
Ostwarts Harwich 15.45 Uhr 30—40 Dampfer Kurs Nord.
Im Hafen Hastings 19.25 Uhr 15—20 Schiffe, etwa 2—3 000 t.
Siidlich Devonport 18.46 Uhr 6 Dampfer, 1 Zerstorer Kurs Ost.
20 sm nordostw. Barfleure 20.50 Uhr 1 Dreimastsegelschoner durch Bomben
schwer beschadigt.
Einfliige: Nur geringe Kiisteneinfliige in der Ostsee und an der Kanalkiiste. Keine
Einfliige ins Reich, keine Bombenabwiirfe.
3 Tagesmeldung 4. 9. 42
„i. Feindgruppierung im graven unverandert. Nach Beutepapieren und Gefange=
nenaussagen -1^2. engl. Brig, im Verband der neuseel. IDiv. neu eingesetzt.
2. Im Laufe der letzten Nacht und des Tages wurden ostw. Bah el Quattara meh=
rere mit starker PanzerunterstUtzung gefiihrte Angriffe unter schweren Ver=
lusten fUr den Gegner ahgeschlagen. Einige 100 Gefangene, darunter der Kom=
mandeur der 6. neuseel. Brig., wurden eingehracht. Gegen die Siidostflanke der
Armee fiihlte der Gegner mit Spahtrupps und Panzern vor. Die schrittweise
Zuriicknahme der mot. Verhande wurde planmdflig fortgesetzt.
5. Wahrend der Nacht und am Tage war die Zahl der fdl. Bomhenangriffe ge=
ringer als an den Vortagen. Die eigene Luftwaffe griff in der letzten Nacht
Feindkrafte siidlich Ruweisat und am Tage Panzer und Kfz.=Ansammlungen
ostw. Alam Nayil mit guter Wirkung an.
4. Am 4. g. lief ein Dampfer mit 800 tons Betriebsstoff ein. In der Zeit vom 2. bis
4. 9. wurden wiederum 5 Dampfer mit insgesamt 500 tons Munition und
1200 tons Betriebsstoff durch Torpedoflugzeuge versenkt bzw. beschadigt. Be=
triebsstofflage weiterhin auflerst gespannt. Am 4. g. abends auf afrikanischem
Boden befindliche Bestande ermoglichen nur Durchfiihrung der Ifd. Versorgung
fiir etwa 7 Tage."
686
' 6. September 1942
2. Mittelmeer:
Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel sowie Angriffe auf Baradcenlager und
feindliche Kraftfahrzeugansammlungen.
14 Abschiisse durch Jager und Flak, 3 Flugzeuge am Boden zerstort (darunter
4 Liberator).
Lichtbilderkundung La Valetta 5. 9. 09.20 Uhr: 2 MS=Boote, 2Korvetten, iU=Boot,
4 Dampfer, 1 Tanker und 1 Hafentanker. Insgesamt 196 Flugzeuge. Demnach seit
28. 8. 4 U=Boote ausgelaufen.
3. Ostfront:
119 Abschiisse, 21 Flugzeuge am Boden zerstort.
Im Seegebiet Noworossijsk 06.45 Uhr 6 S=Boote, 4 Wachboote, 2 Kiistenfahrzeuge,
1 Schlepper mit einem Schwimmdock, Kurs Siidost. Zwischen Noworossijsk und
Otschemtshiri 5 Dampfer, 2 Bewacher, 3 Kiistenfahrzeuge Kurs Siidost, 1 Fahrzeug
Kurs Nordwest.
Bei Saratow 09.30 Uhr starke Schiffsansammlungen.
Eismeer: Bei der Insel Nowaja Semlja in Kostin Sahr 16.30 Uhr 3 Dampfer bis
3 000 t, 2 Dampfer bis 5 000 t Kurs 45°.
Barents=See und Nordmeer kein Schiffsverkehr festgestellt.
Island: 12.18 Uhr im Hval=Fjord ein Geleitzug gesammelt, bestehend aus einem
Schlachtschiff, 3 Kreuzern, 4 Zerstorern, 6 Vorp.=Booten, 6 Dampfern 8—10 000 t,
4—6 Dampfer 2 500—4 000 t, 2 Tanker 5—8 000 t.
An der Ostkiiste im Reydar=Fjord 12.30 Uhr 1 Flugzeugtrager, 2 Zerstorer,
1 Fahrgastschiff 20 000 t, 1 Dampfer 5 000 t, 1 Vorp.=Boot.
Angriff auf Hafen Murmansk mit sehr guter Brandwirkung. Durch Jagdbegleit=
schutz wurden bei einem eigenen Verlust 8 Feindflugzeuge abgeschossen.
6. September 1942
Eriauterung des Generals Warlimont
Der 6. September — bei Greiner ohne Aufzeichnungen — war nach dem Tagebuch
Haider neben der Einnahme von Noworossijsk durch die erstmalige „Abwehr sehr
schwerer Angriffe bei Stalingrad", anscheinend an der Nordflanke, gekennzeichnet.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Ober die weitere Besetzung der Tamanskaja=Halbinsel liegen noch keine
Meldungen vor. Die Noworossijsk angreifenden deutschen und rum. Truppen
haben in hartem Bunkerkampf durch die Festungszone weiter Boden gewon=
nen und sich konzentrisch auf etwa 2—4 km der Stadt genahert. Im Raume
siidl. Krasnodar keine bes. Kampfhandlungen. Nordl. Tuapse stehen die eign.
Truppen im harten Kampf mit einem starkeren Feind. 1. Geb.Div. im Angriff
auf den Maruschki=Pa6. Nordl. und westl. Maiskij wurden mehr. feindl.
Angriffe unter hohen Feindverlusten abgewiesen. Es konnte hier etwas Ge=
lande gewonnen werden. Die vorgestofienen Telle der von Mosdok nach Sii=
den angreifenden Panzertruppe halten, verstarkt durch ein weiteres Regiment,
687
B. Kriegstagebuch
die gewonnenen Stellungen nordl. Wosnessenskaja. In den Morgenstunden des
gestrigen Tages wurden mehr. Angriffe auf den Br.=Kopf Kisljar abgewiesen.
H.Cr. B:
Der Feind griff die Stellungen siidl. Chalchuta an. Nach voriibergehendem
Einbruch wurde er nach Siiden zuriickgeschlagen. Auf dem rechten Fliigel der
4. Panzer armee haben rum. Truppen den Ort Tschapurniki genommen und
verteidigen ihn gegen stark, feindl. Angriffe. Auch die siidwestl. des Don=
Bogen siidl. Stalingrad stehenden Krafte konnten im Angriff weiter Boden
gewinnen. Die auf Stalingrad angesetzten Panzer= und mot.Verbande werden
zu erneuten Angriffen umgruppiert. Nach Norden griff der Russe gestern mit
9—10 Schiitzendivisionen und ^—j Panzerbrigaden die Stellungen der hier
stehenden Panzer= und mot.Verbande an. Bei der zahlenmafiigen weiten
Uberlegenheit des Feindes gelangen ihm mehr. voriibergehende Einbriiche in
die HKL.
Unter Einsatz aller Reserven konnte am Nachmittag die Lage an der Front
wiederhergestellt werden. Der Feind hatte hier hohe Verluste. Am ostlichen
Don=Bogen wurden mehr. mit Panzern unterstiitzte Feindangriffe abgewehrt.
An der iibrigen Front aufier am auj3ersten Nordfliigel keine bes. Kampfhand=
lungen. Angriffe westl. Liwny wurden zuriickgeschlagen. Das Wetter an der
Kaukasusfront: wolkenloser, warmer Spatsommertag, Wege iiberall befahr?
bar. In der Mitte: nachm. Regenschauer, an der iibrigen Front sonnig, warm.
H.Gr. Mitte:
Westl. Bjelew griff der Feind am gestrigen Tage an mehr. Stellen der
Shisdra=Front an. Er wurde iiberall abgeschlagen. Ostw. Kirow starkeres
feindl. Artl.=Feuer, nordl. Kirow vergebl. Feindvorstofi. Ostw. Wjasma griff
der Feind gestern nicht an. Lediglich Artl.=Feuer auf die eign. Stellung. Nord=
ostw. und siidostw. von Gshatsk wurden einige Feindvorstolie zuriickgewiesen.
Auch im Raume siidl. und nordl. Rshew war die Angriffstatigkeit schwacher
als an den Vortagen. Vereinzelte Angriffe des Feindes an verschiedenen Front=
stellen wurden abgeschlagen und die eign. Stellung durch kleinere Vorstolie
bereinigt bzw. verbessert. An der iibrigen Front keine bes. Kampfhandlungen.
Wetter: sonnig, warm.
H.Cr. Nord:
Hart siidl. des Ilmensees griff Feind nach Artl.=Vorbereitung iiberraschend
die Stellung bei einem Dorf nordl. Staraja Russa an. In erbittertem Nahkampf
konnte er abgewiesen werden. Auch Feindangriffe auf den Briickenkopf siidl.
Salzy hatten keinen Erfolg. Die zwischen Salzy und Ladoga=See neu einge=
setzten Div.en des XXX. A.K. (11. Armee) zerschlugen durch Artl.=Feuer feindl.
Ansammlungen. Siidl. Schliisselburg wechselvoUe Kampfe. Eign. Vorstofi zur
Bereinigung der Stellung konnte einigen Boden gewinnen. Hier eingeschlos=
688
6. September 1942
sene Feindteile konnten weiter verengt werden. An der Leningradfront griff
Feind nach Artl.=Vorbereitung mit Unterstiitzung von Schlachtfliegern und
Panzern die Stellungen der Pol.=Div. an. Die Angriffe konnten fast iiberall
abgeschlagen werden; weitere Angriffe sind zu erwarten.
Nachtrag zur H.Cr. A:
Durch scharfes Nachstofien der 46. 1.D. nach Siiden konnte der letzte feindl.
Br.=Kopf auf der Taman=Halbinsel genommen werden. Damit ist die gesamte
Kuban=Halbinsel in deutscher Hand. Das Ubersetzen der rum. 3. Geb.Div.
von Kertsch nach Taman hat begonnen.
Finnland
Siidostfront: Lebh. feindl. Aufkl.=Tatigkeit, besonders auf der Landenge. Der am
Westufer des Ond=Sees gelandete Gegner wurde vernichtet. Er verlor hierbei 140
Tote und 6 Gefangene.
Nordfront: Keine wesentlidien Kampfhandlungen.
Panzerarmee Af rika
Keine besonderen Meldungen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 6. 9. 42
I. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Jabo=Angriffe gegen Dover — Treffer in Hausern und
Kaimauer — , Aldershot — Treffer in der Stadt.
6 Absdiiisse, davon 1 Whitley westlich Brest, 3 wahrscheinlidie Absdiiisse.
In der Nacht wurde Sunderland angegriffen, Einschlage im Stadtgebiet und in
den befohlenen Zielen mit mehreren Branden und Explosionen beobaditet. Als
Ausweichziel wurden Middlesbrough und Easton angegriffen.
Lichtbilderkundung Scapa 12.35 Uhr: 2 Schlachtschiffe King George=Kl., 1 Schl.
Rodney= oder Nelson=Kl., 1 schw. Kreuzer ansch. Cumberland=Kl., 3 leichte Kreuzer,
1 Grofizerstorer, 4 Zerstorer, Hilfsschiff „Woolwidi", 1 Schulsdiiff, 3 Dampfer
18 500 t, 1 Fahrgastschiff 7 500 t, 1 Tanker 6 000 t, 1 Schwimmdock, in der West=
budit 9 Dampfer, davon 3 8—10 000 t, 6 4—5 000 t.
Bei Deal 20.00 Uhr 2 Dampfer Kurs Nord.
Bei Dover 11.25 Uhr 3 Fraditer stilliegend, 20.05 Uhr in Dover 3 kleine Handels=
sdiiffe (kann sich um die gleidien handeln).
Sudlich Brighton 08.05 Uhr 3 kleine Frachter Kurs West.
In Portland 07.35 Uhr 14 Frachter, 4 Frachter auslaufend mit Kurs Ost.
Einfluge: 180 Einfliige, davon 130 ins Reichsgebiet.
6 Abschiisse durch Jager, 4 durch Flak.
Eindringtiefe Ostfries. Inseln— Miinster— Siegburg— Malmedy. Schwerpunkt Duis=
burg. Auf Duisburg wurden abgeworfen 100 Sprengbomben, 8000 t Brandbomben,
6 Luftminen (hauptsachlich auf Stadtmitte), 17 Grofibrande. Hauptbahnhof ge=
troffen, Durchfahrt zur Zeit gesperrt, 50—60 Giiterwagen und Eilgutschuppen in
Brand. Mehrere Eisenbahnstrecken gesperrt. Demag 2 Tage 20 Voiger Ausfall. Ge=
samtschaden bisher: 60 Hauser zerstort, 120 Hauser schwer=, 600 leicht beschadigt.
Bisher 9 Tote, 37 Verletzte.
Ferner wurden auf Diisseldorf, Kref eld, Moers, Rheinhausen Bomben abgeworfen.
Geringer Schaden und Personenverluste.
689
B. Kriegstagebudi
2. Mittelmeer:
16 Abschiisse.
Neben Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel wurde Flugplatz Burg El Arab
mit guter Wirkung angegriffen.
3. Ostfront:
^7 Abschiisse.
Gelendshik 6. 9. LB 07.15 Uhr: 5 Kiistendampfer, 12 Boote.
Bucht von Kaphardinka 6.9. 07.15 Uhr LB: 5 S=Boote, 1 Motorboot, 1 Frachter,
1 Raddampfer, 3 Kiistenfahrzeuge, 12 Boote.
Tuapse 5.9. 07.53 Uhr LB: 1 U=Boot, 5 S=Boote, 1 Tanker, 1 Frachter 2000 t,
1 Frachter 1000 t, 3 Kiistenfahrzeuge, 20 Boote.
Sotschi 5.9. 07.32 Uhr LB: 1 Frachter, 2 Kiistenfahrzeuge, 20 Boote.
Gagri 5.9. 07.09 Uhr LB: 1 Frachter, 2 Boote.
Suchum 6.9. 06.28 Uhr LB: 2 Tanker 9500 t, 3 Frachter 5 200 t, 1 Raddampfer,
20 Boote.
Otschemschiri 6. 9. 06.36 Uhr LB : 3 U=Boote, 2 S=Boote, 1 U=Bootbegleitschiff ,
6 Kiistenfahrzeuge.
Siidlich Gelendshik in den Morgenstunden: 4 Schlepper, 4 Vorp.=Boote,
1 Schwimmdock Kurs Siidost.
Bei Tuapse 4 S=Boote, 2 kl. Frachter Kurs Siidost.
Bei Suchum 1 Frachter, 1 S=Boot Kurs Siid, 3 Minensuchboote Kurs Nordwest.
Astrachan 06.27 Uhr: 35 Kahne 24000 t, 12 Tanker 43000 t, 34 Schlepper,
150 kleine Boote.
Auf der Wolga lebhafter Verkehr.
Eismeer: Im Eski=Fjord 2 Flugzeugtrager, 1 Schlachtschiff, 1 Kreuzer, 9 Zerstorer,
1 Kreuzer vor dem Eingang.
7. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 7. September 1942
Bei der Heeresgruppe A hat der rechte Fliigel der Armeegruppe Ruoff ge=
stern Noworossijsk genommen. Im iibrigen ist die Lage unverandert.
Der Chef des Gen.St.d.H. meldet die Absicht der Heeresgruppe Mitte an,
mit den ihr zugefiihrten und aus ihrer eigenen Front herauszulosenden Ver=
banden die Lage bei der 3. Panzer=Armee und im Raume siidlich von Rshew
zu bereinigen. Der Fiihrer erklart sich mit der Bereinigung der Lage im Ab=
schnitt der 3. Panzer=Armee einverstanden, behalt sich hingegen iiber den im
Raume von Rshew beabsichtigten Gegenangriff die Entscheidung noch vor,
da dort noch mit weiteren feindlichen Angriffen gerechnet werden miisse und
die Div. „Gro6deutschland'' als einzige Reserve der Obersten Fiihrung nicht
entbehrt werden konne.
Der Chef WFSt, General Jodl, hat sich auf Anordnung des Fiihrers zu
einer Rucksprache mit Generalfeldmarschall List^ iiber die weiteren Opera=
1 tlber Vorgesdiichte und Verlauf der Krise der Kaukasus=Operation lassen sich
aus dem KTB der H.Gr. A folgende Einzelheiten entnehmen:
2. 9.
Fernschreiben des OB an OKH, da^ angesichts der feindlichen tXherlegenheit im
690
7- September 1942
tionen im Kaukasus in das Hauptquartier der Heeresgruppe A in Stalino
begeben.
Raum nordlich Tuapse nicht mit schnellem Durchbruch gerechnet werden kann.
Zu erwdgen sei, ob 4. Geb.Div., die nach Umgruppierung iiber hochstens 7, zum
Teil schwache Batl.e verfugen wird, mit Riicksicht auf die langen Flanken, die
dauernden Angrijfen ausgesetzt sein diirften, zum Vorstoji auf die Kuste ange=
setzt werden solle. OB weist darauf hin, dafl Versorgung schwierig sein wird und
dauernd namhafte Krafte beanspruchen wird sowie daji eine durch die Lage ge=
forderte Zuriicknahme der Angriffsgruppe spater nicht durchfUhrbar sei. OB er=
klart Bereitschaft, diese Gedanken noch einmal dem Fiihrer vorzutragen (H.Gr. A,
la Nr. gi8/42 g.Kdos.).
Befehl an ly. Armee, sofort Bildung starker Angriffsgruppe im Raum 4. Geb.Div.
einzuteilen und zur Sperrung der Passe und Sicherung der Westflanke nur Min=
destmaji an Kraften einzusetzen (H.Gr. A, la Nr. 920/42 g.Kdos.).
5.9.
OB bittet Gen. Jodl zur Besprechung iiber weiteren Einsatz XXXXIX. Geb.K. zu
kommen.
Meldung an OKH Uber Planung des weiteren Angriffs: nadi Wegnahme Nowo=
rossijsk soil Schwerpunkt zum Stofi auf Tuapse gebildet werden. Dazu LVII. Pz.K.
die 12^. und XXXXIV. AK. die 9. l.D. zufuhren. Dem V. AK. verbleibt 73. l.D.^
dazu 3. rum. Geb.Div., wahrend V. rum Kav.Korps (5., 6. und 9. K.D.) den Ku=
stenschutz zwischen Noworossijsk und Blogoweschtschenkaja ubernehmen und
die Inf.=Sicherungen zwischen Krymskaja und Kalushskaja ablosen soil.
Zeitpunkt des Angriffs auf Tuapse wird je nach Wetter= und Betriebsstofflage
zwischen 12. und 1^. 9. liegen.
Ferner wird auf die Notwendigkeit starker Lw.=Unterstutzung hingewiesen.
e.g.
Erwagungen: Op.Abt. verstandigt, dafi OB und Kdr.Gen. XXXXIX. Geb.K. den
Durchstoji 4. Geb.Div. auf Gudauti nicht verantworten konnen.
7.9.
Besprechung OB und Kdr.Gen. XXXXIX. Geb.K. mit Gen. Jodl iiber Vorhaben
4. Geb.Div. Es wird tlbereinstimmung erzielt, dafl der Vorstojl auf Gudauti nicht
zu verantworten sei.
Begriindung: Geldndeschwierigkeiten — Angriff mufl iiber einen Gebirgspfad ge=
fiihrt werden. Versorgung iiber Strecke von 60—70 km Luftlinie mit Tragtieren,
was jeweils 6=tagigem Marsch entspricht. Von den benotigten Tragtieren fehlen
nodi igoo.
Bei Hochwasser wiirden Briicken zerstort.
Nicht gewdhrleistet, dafi Angriff bis Kiiste durchdringt. Gelingt aber der Durch=
bruch, wird Truppe dauernden Feindangriffen ausgesetzt, vor allem gegen lange
Flanken wie durch Lw.= und Seestreitkrdfte, dagegen keine Abwehrmittel vor=
handen.
Keineswegs gewdhrleistet, dafl Durchsto^ auf Tuapse und weiter so sdinell ge=
lingt, dafl noch vor Winter Verbindung hergestellt werden kann.
Unerldfllich, Fiihrer vorzuschlagen, auf diesen Angriff zu verzichten und Krafte
auf die Pdsse des Hauptkammes zuriickzunehmen und dadurch noch eine Geb.=
Div. fiir Stofl auf Tuapse freizumachen.
8.g.
Siehe nochmals Begriindung OB fiir Entsdhlufl, auf Vorstofl 4. Geb.Div. auf Gu=
dauti zu verzichten — KTB, S.61—62. Hinzugefiigt: die 4. Geb.Div. hdtte gar nicht
so weit im S gestanden, wie auf Grund bisheriger Meldungen hdtte angenommen
werden miissen. Neue Beutekarten der letzten Tage hdtten groflere Geldnde= und
Bevorratungsschwierigkeiten aufgezeigt, als bisher angenommen wurde.
g.g.
Fiihrerentscheid, den Vorstojl auf Gudauti betreffend, trifft ein: Falls H.Gr. den
Vorstofl 4. Geb.Div. zur Kiiste nicht durchfiihren zu konnen glaube, seien starke
6g-L
B. Kriegstagebuch
[GFM Kesselring spricht sich dem Duce gegeniiber dahin aus, dajl die El Ala=
mein=Stellung unter alien Umstanden gehalten und der auf Suez zielende Of=
fensivgedanke nicht aufgegeben werden solle (KTB der Ski. vom g. g. ig42).^]
Telle des Geb.K. den auf Tuapse vorstoflenden Verbanden zuzufuhren. Der Zeit=
punkt des Angriffs durfte hierdurch jedodi nicht verzogert werden."
Weisung H.Gr. A an A. Gr. Ruoff (la Nr. 191/42 g.K./Chefs.):
Ndchste Aufgabe der Armee ist der Durchstofi auf Tuapse unter Zusammenfas=
sung starkster Krdfte.
„Angriffsgruppe Tuapse" ist zu bilden aus: 2 von Noworossijsk bzw. der Krim
heranzubringenden Div.en (voraussichtlich 125. und 46. 1.D.), ig8. Div. und slow,
sdin. Div., 101. ]g. und gj. Jg.Div., der gem. 1. Geb.Div. mit mindestens 5 Btl.en
(ohne das dem XXXXIX. AK. zugefuhrte Hachgeb.Btl).
Der Angriff ist baldmoglichst zu fuhren und darf durch die Zufiihrung des Geb.
Verbandes nicht verzogert werden.
SS„Wiking" steht mit Pz.n und mot.Teilen an der Tuapser Strajle oder, je nach
Entwicklung der Lage, zu anderer Verwendung.
Die nicht bei „Angriffsgruppe Tuapse" eingesetzten Teile des Geb.K. sperren die
gewonnenen Hochgebirgspasse.
2 Meldung des Pz.AOK Afrika:
An OKH/Gen.St.d.H./Op. Abt., Gen Qm,
Dtsch. General im H.Qu. d. ital. Wehrmacht, OKW/WFSt.
1. Unter Bezugnahme auf Tagesmeldung vom 6. g. werden noch als genaue lst=
stdrken der deutsch=italienischen Truppen gemeldet.
a) deutsche Truppen Heer: 82 00oKdpfe, 11400 Kfz., 1200 Geschiitze iiber 4 cm
Luftwaffe: 12000 Kopfe, 3400 Kfz., jo Geschiitze iiber 4 cm
Marine: 1500 Kopfe, 150 Kfz.
b) unterstellte ital. Truppen (ohne Marine und Luftw., jedoch einschl. Div.
„Pavia" und Besatzung Oase Siwa):
48000 Kopfe, 2500 Kfz., 800 Geschiitze iiber 4 cm
2. Demgegeniiber sind im Monat August an V ersorgungsgiitern nach Afrika
(Bengasi und Tobruk) iiberfiihrt worden:
a) fiir deutsche Wehrmacht Heer 8 470 t,
b) fiir deutsche Wehrmacht Luftw. 8447 t,
c) fiir ital. Truppen 2^ 672 t.
Selbst wenn man annimmt, dafl etwa die Hdlfte des ital. tlberfiihrungsgutes
zur Versorgung der ital. Luftwaffe und Marine sowie der wenigen noch in der
Cyrenaika befindl. ital. Truppen und der ebenfalls an Zahl sehr geringen ital.
Bevolkerung dient, so steht die Uberfiihrungsleistung in einem krassen Mijl=
verhdltnis zu den tats'dchlichen Stdrken. Es ist fiir die deutsche Luftwaffe die
gleiche Tonnenzahl wie fiir das Heer und fiir die ital. Truppen im Verhdltnis
zu den deutschen Truppen das Dreifache iiberfiihrt worden. Dieses Mz/?=
verhdltnis entspricht nicht der seit vielen Monaten geforderten tlberfiihrungs=
leistung von monatl. 30000 t allein fiir die deutschen Truppen der Pz.Armee
(ausschliejilich Luftwaffe).
Infolgedessen muflten deutscherseits alle Vorrdte aufgebraucht werden, was zu
der mit Tagesmeldung vom 6. g. gemeldeten Versorgungskrise gefiXhrt hat. Bei
Zufiihrung weiterer Krdfte (22. Div.) wiirde sich die monatl. anzufordernde
Uberfiihrungsleistung auf 55 000 t erhohen.
3. Das gleiche Miflverhdltnis ergibt sich bei der Uberfiihrung von Kfz. So ist nach
einer vom Cdo. Supremo am 2. g. 42 herausgegebenen Aufstellung vorgesehen,
524 Kfz. fiir ital. Truppen, aber nur 162 fiir deutsche Truppen zu iiberfiihren.
Diese dauernde Zuriicksetzung der deutschen Belange ist auch in erster Linie
die Ursache fiir das lange W artenmiissen der in Italien bereitstehenden Ver=
stdrkungen.
4. Es wird gebeten, mit Cdo. Supremo die prozentual richtige und den Stdrken
entsprechende Uberfiihrungsquote zu vereinbaren."
6g2.
7' September 1942
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidhinungen Greiners
Die Entsendung des Chefs WFSt, den Hitler sonst kaum von seiner Seite liefi,
zur Rucksprache mit Feldmarschall List zeigt schon an sich die besonders gespannte
Aufmerksamkeit, mit der er die Vorgange und Fiihrungsmafinahmen im Kaukasus
verfolgte. Da auch sein standiges Drangen nidtit dahin fiihren konnte, den zahen,
durch Sperren aller Art verstarkten Widerstand des Gegners an den wenigen engen
Pafistrafien zu brechen, sollte Jodl nun in dem — noch weit zuriickhangenden —
Hauptquartier der H.Gr. A erneut die Griinde klaren und fiir Abhilfe sorgen. Ein=
zelheiten des Auftrags sind General Warlimont nicht erinnerlich.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
V. A.K.: gestern abends 18.30 Uhr wurde die Hafenstadt Noworossijsk von
Teilen der deutschen und rum. Div.en genommen. Oberleutnant Fiedler (Ritter=
kreuztrager) stiefi mit einem Batl. der 73. 1.D. als erster durch die Stadt bis
zum Hafen durch. Die Russen hatten sich der Einnahme mit alien Mitteln
widersetzt. Durch iiberlegene Artl. aller Kaliber, vor allem von den Kriegs=
schiffseinheiten, durch roUende Angriffe der Luftw. mit Schwerpunkt auf die
Angr.=Spitzen, versuchten sie immer wieder, den Angriff der verbiindeten
Truppen aufzuhalten. Auch besonders zusammengestellte Einheiten von Offi=
zieren imd Kommissaren wurden in den Kampf geworfen. In der tiefen Flanke
der eign. Divisionen versuchte der Gegner, z. T. mit Erfolg, die Nachschub=
strafie siidl. des Kuban zu sperren. Beim LVII. Pz.Korps fiihrte der Feind
vermehrte Stolitruppunternehmen im eign. Hintergelande durch. Hierbei fielen
der Kommandeur der 198. 1.D., Ritterkreuztrager Generalmajor Buck, und der
la, Maj.i.G. Buhl, auf der Riickfahrt von einem vorderen Rgt. zum Div.=Ge=
fechtsstand durch Wurf einer Handgranatenladung in den Wagen. Von 4. Geb.
Div. wurde ein Angriff in Bsyb=Tal abgewiesen. Auch im Kljutsch=Tal griff
der Gegner vergeblich an. Starke Fliegerangriffe vor den Angr.=Spitzen des
LII. A.K. siidl. des Terek. Die auf Wosnessenskaja vorstofienden Telle wur=
den von Osten und Westen angegriffen. Wetter: 25 Grad, heiter, Wege be=
fahrbar.
H.Gr. B:
Mehr. Angr. auf die westl. des Wolga=Bogens vorgehenden eign. Truppen
wurden abgewiesen. Umgruppierung der auf Stalingrad angesetzten Krafte.
Der Feind machte mehrere Ausfallversuche und griff vergeblich die von Nord=
westen vorstofienden Inf.=Batl.e auf den Hohen nordwestl. Stalingrad an. Das
XIV. Pz.=Korps griff der Gegner seit den friihen Morgenstunden laufend mit
Panzern an. Die Angriffe wurden z. gr. Teil abgewehrt. An einigen Stellen
gelang es aber dem Gegner nach Einsatz neuer Krafte, die eign. Stellungen
zu durchbrechen. Unter Einsatz aller Reserven konnten die eingebrochenen
693
B. Kriegstagebuch
Feindteile herausgeworfen und die HKL wiederhergestellt werden. Im Raume
Serafimowitsch verlor der Gegner bei einem vergeblichen Angriff iiber den
Don 400 Gefangene. Westl. davon konnten die Russen den Don nach Siiden
iiberschreiten und den linken Fliigel der Div. „Pasubio" eindriicken. Abriege=
lung im Gange. Auf der iibrigen Front keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Suchinitschi griff der Feind ohne jeden Erfolg in einem Div.=Abschn.
an. Er wurde zuriickgeschlagen. Ostw. Wjasma griff en die Russen mit uber=
legenen Kraften und starker Artl. von Siiden her die eign. Stellungen an. Es
gelang ihnen ein grofierer Einbruch, der abgeriegelt wurde. Gegenangriffe
sind im Gange. Sowohl bei Rshew wie siidl. Bjeloj nur geringe Kampftatigkeit.
Feindl. Vorstofie batten keinen Erfolg. Wetter: wechsl. bewolkt, zeitw. Regen,
kiihl.
H.Gr. Nord:
Bereitstellungen vor Ostfront von Demjansk wurden durch eign. Artl. zer=
schlagen. Ein Angriff auf die Nordostfront wurde unter hohen Feindverlusten
zuriickgeschlagen. Auch Feindvorstofie siidl. der Landbriicke waren vergeblich.
Siidl. Schliisselburg wurden die in dem Kessel eingeschlossenen Feindteile
vernichtet. Bis 150 Gefangene und ein Mehrfaches an Toten. AUe Angriffe
des Feindes, die mit Panzerunterstiitzung und Artl. vorgetragen wurden, wur=
den in dem Sumpfgelande siidl. des Ladogasees abgewiesen. Ein Angriff im
Raume Leningrad auf die Pol.=Div. konnte durch Artl.=Feuer im Anlaufen
zerschlagen werden.
Finnland
Finn. Sudostfront: An der gesamten Front beiderseitige Spahtrupp= und Artl.=
Tatigkeit. An versdiiedenen Stellen der Front wurden fdl. Aufkl.=Versudie in Starke
bis zu 2 Komp.n abgewiesen.
Finn. Nordostfront: Ruhiger Verlauf des Tages mit normaler beiders. Artl.=
Tatigkeit.
Afrika (5. 9.)
An der Front normale Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit bei geringerem Einsatz der
fdl. Luftw. als an den Vortagen.
Nadi unbestatigter ital. Auswertung von Gef.=Aussagen sollen 2 engl. Brigaden
(131 und 132) neu an der Front aufgetreten sein. Sie gehoren zur 44. engl. Inf.Div.,
die mit der 133. engl. Brig, sich noch im Nil=Delta befindet.
(6. 9.)
Vereinzelte feindl., durdi Panzer unterstUtzte Aufklarungsvorstofie wurden ab=
gewiesen. Starkes feindl. Artl.=St6rungsfeuer. Geringe Lufttatigkeit.
Eign. Erfolge in der Zeit vom 30. 8. bis 5. 9. 42:
124 Panzer= und Pz.Spahwagen vernichtet bzw. erbeutet., rund 100 Kfz., 10 Ge=
sdiiitze, 22 Pak zerstort und etwa 400 Gefangene eingebradit.
694
8. September 1942
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 7. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarungsfliige.
2 Abschiisse.
Bei Nacht Angriffe auf Bedford, Bomben lagen im Stadtgebiet; mehrere Brande
beobachtet. Als Ausweichziel wurden angegriffen Great Yarmouth, Cambridge,
Luton und Ipswich.
Bei Dungeness 08.03 Uhr 3 Torp.Boote, 4 Dampfer Kurs Siid.
Zwischen Dungeness und Dover Minenraumtatigkeit.
Bei Hastings 10.50 Uhr 4 Minenraumboote Kurs Nordost.
Bei den Faroern 11.58 Uhr 1 Frachter, 1 Vorp.=Boot, 5 Fischdampfer Kurs Siid.
Nordlich der Shetlands 08.00 Uhr 1 Frachter ohne Kursangabe.
88 Feindeinfliige, davon 5 ins Reichsgebiet. Nordlich Borkum— Norderney Minen=
abwurfverdacht.
2. Mittelmeer:
4 Abschiisse, 2 eigene Verluste.
Neben Unterstiitzung der Panzerarmee wurde der Flugplatz Abu Ogos I durch
Jabo angegriffen. Bomben lagen vor landenden Flugzeugen und zwischen Abstell=
boxen. Angriffe auf Kraftfahrzeugansammlungen und Panzerwagen mit guter
Wirkung.
3. Ostfront:
1600 Einsatze. 8y Abschiisse durch Jager, 24 durch Flak. 3 eigene Verluste.
Schwarzes Meer: Suchum LB 7. 9. 05.56 Uhr: 1 Tanker 7000 t, 3 Frachter 3500 t,
25 Boote.
Poti 6. 9. 06.38 Uhr LB: 1 Schl.=Schiff, 1 Kriegsschiffrumpf, 2 Krz., 4 Zerst., davon
2 beschadigt, 1 Torp.Boot, 10 U=Boote, 10 S=Boote, 1 Frachter 8500 t, 3 Frachter je
4000 t, 2 Frachter je 3000 t, 2 Frachter je 2000 t, 4 Frachter je 1000 t, 4 Kiistenfahr=
zeuge und eine Anzahl Boote.
Zwischen Noworossijsk und Tuapse zwischen 05.00 und 05.45 Uhr 11 S=Boote,
11 Kiistenfahrzeuge, 4 Schlepper, 2 Minenraumboote Kurs Siidost.
Kaspisches Meer: Astrachan 6.9. 12.00 Uhr: 25 Raddampfer, 15 Tanker 45000 t,
15 Frachter ^^ 000 t, 12 Fahren, 500 Boote.
Krasnowodsk 6. 9. 10.00 Uhr LB : 3 Kan.=Boote, 4 U=Boote, 6 Tanker 14 500 t,
21 Frachter 17 000 t, 7 kleine Fahrzeuge, 2 Fahren, einlauf end 3 Kan.=Boote, 2 Tanker.
Nordlich Krasnowodsk 3 Dampfer 11 000 t, 1 Schlepper, 1 Leichter, Kurs Nordwest.
30 sm siidlich Krasnowodsk 2 Frachter, 1 Tanker, 13 Kiistenfahrzeuge.
Zwischen Baku und Krasnowodsk lebhafter Schiffsverkehr.
Auf der Wolga lebhafter Schiffsverkehr.
Eismeer: Im Seydis=Fjord LB 10.20 Uhr: 1 Flugzeugtrager („Argus"), 1 leichter
Kreuzer der „Dido"=Kl., 2 ansch. amerik. Zerstorer der „Somers"=Kl., 2 Zerst. der
V= und W=K1., 1 Zerstorer der KJ=Kl., 6 Zerstorer, 1 Tanker 8000 t, 1 Frachter 1500 t.
8. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 8. September 1942
Der Chef WFSt hat sich nach seiner Beprechung mit dem Oberbefehlshaber
der Heeresgruppe A in dessen Hauptquartier Stalino am 7. September zu der
Auffassung des Generalfeldmarschalls List bekannt, dali das XXXXIX. Ge^
695
B. Kriegstagebuch
birgskorps unter Belassung von Sperrabteilungen in den Kaukasuspassen nach
Norden herausgezogen und im Raume von Maikop eingesetzt werden miisse,
damit man dort iiber zusatzliche und zum Kampf e im Gebirge geeignete Kraf te
zum Durchstofi an die Kiiste verfiige.
Der Fuhrer ist iiber diese Stellungnahme des Generals Jodl, die seiner
eigenen Auffassung diametral entgegengesetzt ist, schwer verstimmt. Er for=
dert, dafi ihm samtliche Befehlsunterlagen iiber die Fiihrung der Heeresgruppe
A seit dem Don=Ubergang vorgelegt werden.
Die I. Panzer=Armee hat zunachst auf Ordshonikidse vorzustofien, um dort
die Flanke fiir das weitere Vorgehen auf Grosnij abzudecken. Fiir die spatere
Fortfiihrung der Operation auf Machatsch Kala soUen ihr zwei weitere schnelle
Verbande zugefiihrt werden.
Der Fiihrer beschaftigt sich eingehend mit den zur Auffrischung des Ost=
heeres wahrend des kommenden Winterhalbjahres durchzufiihrenden organi=
satorischen MalEnahmen. Seine grundsatzlichen Anweisungen lauten dahin,
dafi 1. im Westen acht schnelle Verbande zum Einsatz im Mittleren Osten im
Friihjahr 1943 bereitgestellt, 2. aus dem Bereich des Oberbefehlshabers West
etwa zwolf bestausgeriistete Divisionen nach dem Osten liberfiihrt und die
dafiir nach dem Westen zu verlegenden Ost=Divisionen durch den Jahrgang
1924 aufgefrischt werden sollen.
Der Oberbefehlshaber West wird vom Fiihrer angewiesen zu priifen, ob
nach dem Vorschieben der 7. Flieger=Division nach Norden die SS=Division
„Reich'' oder wenigstens eine Kampfgruppe dieser Division nicht naher an den
gefahrdeten Kiistenabschnitt der Normandie herangezogen werden konnte, da
die 7. Flieger=Division nicht iiber Panzerkrafte verfiigt. Der Fiihrer ordnet
weiterhin an, die auf den englischen Kanalinseln befindlichen Englander so
schnell wie nioglich zu evakuieren.
Der Fiihrer beschaftigt sich im Zusammenhang mit der durch die Einstellung
der Offensive der Deutsch=italienischen Panzer=Armee Afrika geschaffenen
Lage mit der Verteidigungsbereitschaft der Insel Kreta. Er ordnet im Hinblick
auf mogliche britische Angriffe gegen die Insel an, daii die Besatzungsstarke
wieder auf die friihere Hohe, namlich zwei Festungsbrigaden, gebracht werden
soil. Uber die Durchfiihrungsmoglichkeit dieser Mafinahme werden eingehende
Untersuchungen angestellt.
[Weisung des OKVJ an die Dt. WSt.K., dajl die Verhandlungen mit frank=
reich so zu fUhren sind, ,,dajl die militarischen Beziehungen zu Frankreich
nicht abreifien, Frankreich aber bis auf weiteres nicht in den Krieg gegen Eng=
land hineingedrangt wird"^. — Weisung des FUhrers Uber einige grundsatzliche
Auf gab en der Verteidigung^.]
1 Nadi „Die Bemiihungen der Ski. . . .", a, a. O.
2 OKH/Gen. St. d. H./Op.Abt. (I) Nr. 11154/42 g.Kds. vom 8. September 1942 im
Dokumenten=Anhang Nr. 21.
696
8. September 1942
Eriauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Zu der Mission des Chefs WFSt:
1. General Jodl kam schon am 7. September von Stalino zuriick und hat noch
am gleichen Abend Hitler berichtet. Da General Warlimont dabei nicht anwesend
war, stiitzen sich seine Kenntnisse des Vorgangs insoweit nicht auf eigene Beob=
achtungen.
2. Nach aller Erinnerung an die Mitteilungen Jodls ist der Ausbruch Hitlers, der
ihn — im Gegensatz zu Keitel und Haider — erstmals personlich traf und ungewohn=
lich heftig gewesen sein mu6, nicht oder doch nicht in erster Linie, wie Greiner
schreibt^, dadurch ausgelost worden, dafi der Chef WFSt eine andere Auffassung
iiber die weitere Kampffiihrung im Kaukasusbereich geauJSert hatte. Der hauptsach=
liche Grund soil vielmehr darin gelegen haben, dafi Hitler den Vorwurf gegen den
Feldm. List erhob, da6 dieser in der Vergangenheit seine Befehle nicht befolgt und
damit den Milierfolg verschuldet habe, wahrend er — Jodl — demgegeniiber nadi=
zuweisen versucht habe, dafi List sich streng an die ihm erteilten Befehle gehalten
hatte.
3. Dieser Hergang, nach dem Hitler aus dem Bericht Jodls zumindest mittelbar
entnehmen mu6te, dafi er das Verschulden fiir die vermeintlich verfehlten Fuhrungs=
mafinahmen vor alien anderen bei sich selbst zu suchen habe, diirfte gegeniiber der
Darstellung Greiners viel eher geeignet sein, die Schwere des Zwischenfalls, seine
Folgen und deren lange Dauer zu erklaren. Es will aber auch viel eher dazu passen,
a) dafi Jodl Warlimont damals nach einwandfreier Erinnerung desselben in einer
ganz seltenen Anwandlung von Vertraulichkeit u. a. sagte, er habe eingesehen, dafi
er einen Fehler begangen habe. Man durfe einem Diktator keine von ihm verschul=
deten Irrtiimer nachweisen, da man sonst sein Selbstvertrauen, die starkste Stiitze
seiner Person und seines Handelns, beeintrachtige;
b) dafi Hitler bei oder gleich nach dem Zusammenstofi die Vorlage aller Befehle
forderte, die in den vorvergangenen Wochen an die H.Gr. A ergangen waren;
c) daS er im unmittelbaren Anschlufi an diesen Vorfall eine Anzahl von (Reichstags=)
Stenographen in das Hauptquartier beordern lie6, die von dieser Zeit ab bei alien
Besprechungen zugegen waren, um ihn, wie er meinte, davor zu bewahren, dafi man
ihm noch einmal „seine Worte im Munde herumdrehe".
4. Die weiteren Folgen des Zwischenfalls zeigten sich u. a. darin, da6 Hitler von
diesem Tage ab die seit dem Beginn des Westfeldzuges im Mai 1940 geiibte Ge=
wohnheit einstellte, bei Zusammenleben in einem Feldhauptquartier die beiden
Hauptmahlzeiten des Tages gemeinsam mit seiner engsten Umgebung aus dem
Sperrkreis I einzunehmen — mit Jodl am Tische neben sich und Keitel ihm gegen=:
iiber;
dafi er langere Zeit hindurch seine Baracke bei Tageslicht nicht mehr verliefi und
auch dort die Lagevortrage entgegennahm;
da6 er bei diesen Vortragen den Vertretern des OKW gegeniiber ein geradezu ha6=
erfiilltes Benehmen an den Tag legte, die anschliefienden Erorterungen auf das Not=
wendigste beschrankte und Jodl deswegen Warlimont aufforderte, bis auf weiteres
den Lagebesprechungen fernzubleiben (S. dazu auch Greiners Aufzeichnungen vom
9. September und seine Angaben iiber fehlende Notizen fiir die Tage vom 10. bis
13. September).
Die Beschaftigung Hitlers mit Mafinahmen zur Auffrischung des Ostheeres wah=
rend des Winterhalbjahres ergeben nach dem schon vorangegangenen Verzicht auf
Baku, dafi er allmahlich anflng, sich mit dem demnachstigen Auslaufen der Sommer=
offensive abzufinden. Dafiir steckte er aber die Ziele fiir das Friihjahr 1943 gleich
3 Vgl. auch ahnlich im Tgb. Haider, 9. September 1942.
697
B. Kriegstagebuch
umso weiter. Wenn er entgegen seiner bis dahin bekundeten Haltung nunmehr auch
bereit war, den Westen in grofierem Umfang von Kraften zu entbloCen, so nur des=
wegen, weil dort wahrend der Wintermonate mit grofieren Landeunternehmen nicht
gerechnet zu werden brauchte. Dafi vorlaufig seine Sorgen in dieser Richtung noch
nicht behoben waren, zeigen andererseits die am gleichen Tage noch einmal wieder=
holten Anweisungen an den OB West fur die Normandie. Der Krafteaustausch Ost=
West sollte im iibrigen nicht minder dazu dienen, dafi auch der Westen im Friihjahr
1943 wieder iiber mindestens die gleiche Abwehrkraft verfiigen wiirde wie bisher.
Die Evakuierung der Kanalinseln von den dort wohnenden Englandern, die nur
einen Teil der Bevolkerung ausmachen, hielt Hitler fiir notwendig, weil er die Inseln
seit ihrer Besetzung stets als besonders gefahrdet ansah. Aus der planma6igen Ver=
zogerung der AusfUhrung dieses Befehls durch den OB West, der hierbei in stillem
Einverstandnis mit dem Stellv. Chef WFSt handelte, sollten sich binnen kurzem
weitere peinliche Zusammenstofie und Untersuchungen im deutschen Hauptquartier
ergeben.
Die Insel Kreta schien Hitler deswegen neuerdings in hoherem Ma6e bedroht, weil
er die feindlichen Krafte in Agypten nach Einstellung der eigenen Offensive nicht
mehr genugend durch die Armee Rommel gebunden glaubte. In seinen Forderungen
zur Verstarkung der Insel ging er in den nachstfolgenden Tagen und Wochen noch
weit iiber das von Greiner genannte Mafi hinaus.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Bfh. Krim: Ubersetzen 3. rum. Geb.Div. verlauft planmafiig bei klarem
Spatsommerwetter. Rum. Krafte im Angriff auf die Bunkerstellungen siidl.
Noworossijsk. Deutsche Krafte saubern Stadt und Umgebung. Die Lage an
der tiefen linken Flanke, wodurch am Vortage die Nachschubstrafie bedroht
war, ist wiederhergestellt. Beiderseits des Bsyb wurden feindl. Angriffe ab=
geschlagen. Bei 1. Pz.Armee griff Gegner die Stellungen in der Westflanke
westl. Baksan an. Der Angriff wurde abgewehrt. Nordwestl. Maiskij wurden
im Hintergelande mehr. Feindgruppen vernichtet. Die auf den Br.=Kopf siidl.
Mosdok gerichteten fdl. Angriffe wurden unter hohen Verlusten fiir den Geg=
ner abgeschlagen, von 40 Panzern wurden 20 aufier Gefecht gesetzt. Wetter:
klar, trocken, heifi, Wege gut befahrbar.
H.Gr. B:
Westl. Astrachan wurde bei Chalchuta ein feindl. Angriff mit einigen Pz.n
abgewehrt. Vorstofie der Russen aus Stalingrad heraus wurden unter hohen
Verlusten des Gegn. zum Stehen gebracht und zuriickgewiesen. Auch beim
Vorgehen der eign. Infanterie iiber die Bahn westl. Stalingrad wurden meh=
rere Graben iiberrannt und fdl. Gegenangriffe zuriickgeschlagen. Auf die
Nordfront des XIV. Pz.Korps gestern nur schwachere feindl. Vorstofie. Westl.
davon gelang dem Gegn. ein kleiner Einbruch am Ostufer des Don, der ab=
geriegelt werden konnte. Auf der iibrigen Front der H.Gr. aufier einem fdl.
698
8. September 1942
Vorstoli bei Woronesch, der nach voriibergehendem Einbruch zuriickgeschlagen
wurde, keine bes. Kampfhandlungen. Wetter: bewolkt, teilw. Gewitterregen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Suchinitschi folgte der Feind iiberall nur zogernd den auf die neue
HKL zuriickgegangenen eign. Kraften. Kleinere VorstoJSe im Bereich einer
Pz.Div. wurden abgewiesen. Ostw. Wjasma konnte die Einbruchsstelle vom
Tage zuvor bereinigt werden. Die alte HKL ist in eign. Besitz. Nordl. Rshew
konnte ein voriibergehender feindl. Einbruch abgewiesen werden. Ein feindl.
Vorstol? an der Westfront nordl. Bjeloj war ohne Erfolg. Wetter im Siiden der
H.Gr. sonnig, warm, in der Mitte im Raume Wjasma— Smolensk wechselnd
bewolkt, starker Friihnebel, im Raume Rshew und westl. schon, Strafien fiir
Kraftfahrzeuge nur bedingt befahrbar.
H.Gr. Nord:
Im riickw. Gelande westl. Cholm wurden die Partisanen in dem Seengebiet
zwischen Cholm und der Eisenbahn Dno — Wei. Luki erfolgreich bekampft,
teilw. vernichtet. Bereitstellung vor der Nordwestfront von Demjansk wurde
durch Artl. zerschlagen. Siidl. Ladogasee gewannen neu eingesetzte Jager=
und mot.Verbande im Vorgehen in der Einbruchsstelle gut Boden. Mehr. fdl.
Vorstolie auf die Stellungen der SS=Pol.=Div. sUdostw. Leningrad wurden
unter schweren Feindverlusten zuriickgeschlagen. Unter den Gefallenen fand
man Kinder von 12—13 Jahren.
Finnland
Finn. Sildostfront: Bei 7. Div. am Onegasee wurden Angriffe in Starke von
2 Komp.n abgesdilagen. Der Feind setzte seine Spahtrupptatigkeit unter Einsatz
starker Streifen fort. An der Maselskaja=Front wurde ein Aufklarungsversuch des
Feindes in Starke von 2 Ziigen im Sdiutz kiinstl. Nebels vereitelt. Auf der iibrigen
Front Spahtrupptatigkeit. Ebenso im Abschnitt Louhi und Kandalakscha an der
Nordostfront.
Panzerarmee Afrika (7. 9.)
tfbergang zur Verteidigung unter Einbeziehung der in und westl. der Linie
Qaret=el=Himeimat — Deir=el=Munafid — Deir=Umm=Khababir liegenden ausge=
dehnten brit. Minenfelder.
Im Siidabschnitt fiihlte der Feind bei lebhafter Artl.=Tatigkeit mit Panzer= und
Panzerspahwagen gegen eigene Front vor. Schwachere feindl. Vorstofie gegen die
beherrschende Hohe von Qaret=el=Himeimat wurden abgewiesen.
Im Nordabschnitt normales ArtL=Feuer. Geringer Luftwaffeneinsatz. Nach VN
und Gefangenenaussagen ist 10. engl. Pz.Div. im mittleren Frontabschnitt eingesetzt.
23. engl. Pz.Brigade wurde nach ital. Meldungen ebenfalls im mittl. Frontabschnitt
festgestellt.
699
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 8. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung und Angriff auf Salcombe. Treffer in Wohnhausern und
Stra6enverkehr. Im Hafen ein Motorschiff 300 t versenkt.
8 Spitfire, 1 Beaufighter abgeschossen.
Bei Nacht Angriff auf Great Yarmouth und Bedford Stadt und Flugplatz ohne
Wirkungsbeobachtung. Aufierdem wurden iiber Poole und Salisbury Flugblatter ab=
geworfen. Uber Portsmouth und Southampton wurden Propaganda=Bomben abge=
worfen. (Vermerk: Propaganda=Bomben 10 Pakete mit Propagandamaterial.)
Ostwarts Ramsgate 07.00 Uhr 30 Dampfer Kurs Nord. Ein auf diesen Dampfer
durchgefiihrter Angriff blieb ohne Wirkung.
Zwischen Dover und Dungeness 07.50 Uhr S=Boote= und Minenraumtatigkeit.
In der Bucht Salcombe 19.00 Uhr 15—20 Landungsboote.
Siidlich Start Point 19.00 Uhr 3 leichte Kreuzer, 3 Zerstorer, 1 Vorp.=Boot vor
Anker.
Ostwarts Rockall=Inseln 21.15 Uhr 2 Handelsschiffe Kurs 320 Grad.
158 Feindeinfliige, davon 140 ins Reichsgebiet. 3 Abschiisse durch Nachtjager.
Eindringtief e : Monchen=Gladbach—Gie6en—Heilbronn— Karlsruhe— Verdun. Schwer=
punkt Riisselsheim. Zahlreiche Spreng= und Brandbomben. 160 Hauser zerstort,
iiber 300 teils schwer, teils leicht beschadigt. Opel=Werke eine Lagerhalle mit Werk=
zeugen ausgebrannt. In 5 Fabrikraumen Motorpriifstande und Fahrwerke Teilscha=
den. Abt. Motorbau Volltreffer, grofiere Schaden. Ein Kriegsgefangenenlager ab=
gebrannt. 6 Gefangene tot, 40 Gefangene verletzt. Insgesamt 26 Tote, eine groSere
Anzahl Vermifiter und Verletzter.
Auf Frankfurt a. M. 6 Sprengbomben, 2 Luftminen, 4000 Brandbomben, 500 Phos=
phorbrandbomben. Hauserschaden, ein Krankenhaus und ein Reservelazarett ge=
troffen. 1 Toter, 13 Verletzte.
Auf Mainz 70 Spreng=, 700 Brand= und Phosphorbomben. Maschinenfabrik
M.A.N, geringe Schaden. Im Bahnhof Verkehrsschaden. Mehrere Hauser zerstort,
45 schwer bzw. leicht beschadigt. 2 Tote, 4 Leichtverletzte,
Aufierdem wurden angegriffen Sulzbach— Hanau— Oppenheim— Heidesheim— Geils=
heim— Bingen. Nur wenig Bomben und geringe Schaden.
7 S=Anlagen wurden mit 66 Spreng=, iiber 2000 Brandbomben und 100 Phosphor=
kanistern angegriffen.
2. Mittelmeer:
Keine besonderen Meldungen. Unterstiitzung Afrika=Korps. 4 Abschiisse.
3. Ostfront:
121 Abschiisse.
Schwarzes Meer: Kabardinka 7. 9. 06.54 Uhr LB: 5 S=Boote, 2 Raumboote, 2 Ku=
stenfahrzeuge, 12 Boote.
Gelendshik 7. 9. 08.52 Uhr LB: 10 S=Boote, 3 Raumboote, 7 Kustenboote, 40 klei=
nere Boote.
Tuapse 7.9. 06.35 Uhr LB: 1 Torp.Boot, 1 Raumboot, 2 S=Boote, 2 Schwimm=
krahne, 1 Frachter 2000 t, 1 Raddampfer, 5 Kiistenfahrzeuge 2500 t und eine Anzahl
Boote.
Siidlich Tuapse 8.9. 09.00 Uhr: 1 Raddampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Nordwest.
Westlich Adler 8. 9. 09.00 Uhr: 1 Schwimmdock mit 3 Schleppern, 2 Vorp.=Booten
Kurs Siidost.
Poti 7.9. 15.09 Uhr LB: 1 Schl.Schiff, 1 Kriegsschiffrumpf, 2 schw. Kreuzer,
1 Schulschiff, 6 Zerstorer, davon 2 im Dock, 16 U=Boote, davon 2 im Dock, 5 Minen=
raumer, 5 S=Boote, 13 Frachter 36 000 t, 1 Raddampfer, 5 Kiistenfahrzeuge.
700
8. September 1942
Batum 7. 9. 14.04 Uhr LB : 1 Kriegsschiff rumpf , 2 Kreuzer, 1 Torp.Boot, 1 Minen=
raumboot, 4 U=Boote, 2 S=Boote, 6 Tanker je 6—7000 t, 1 Fahrgastschiff 9000 t,
1 Fahrgastschiff 4000 t, 9 Frachter 22 000 t, 1 Schwimmkran, 5 Kustenfahrzeuge,
25 Boote.
Kaspisches Meer: Sehr reger Schiffsverkehr.
Machatsch Kala 8. 9. 13.12 Uhr LB: 2 Kan.Boote, 3 Raddampfer, 1 Motorschlepper,
13 Frachter 13 200 t, 1 Tanker 1500 t, 3 Leichter 2000 t, 7 kleine Schiffe, 24 Boote.
Astrachan 7.9. 14.15 Uhr LB: 21 Raddampfer, 18 Tanker 50000 t, ^6 Frachter
64 000 t, 15 Fahren, 2 Raddampfer mit 3 Frachtkahnen im Schlepp, zus. 4 500 t,
500 Boote.
Zwischen Astrachan und Stalingrad lebhafter Verkehr.
Eismeer: Angriff mit geringen Kraften auf Murmansk. Treffer in Hafenanlagen
und Stadtmitte mit beobachteten Branden.
Kola=Bucht 12.00 Uhr: 4 Frachter je 3—4000 t, mehrere Hafenfahrzeuge.
Jokonga=Bucht 8. 9. 15.45 Uhr: 3 Frachter je 3—4000 t, 15 Kustenfahrzeuge.
Zwischen Kanin Noss und Insel Kolbujew 7. 9. 14.12 Uhr: 3 Frachter zus. 3000 t,
2 Zerstorer, 1 Vorp.=Boot Kurs Ost.
Island 16.10 Uhr im Hval=Fjord: 2 Kreuzer, 3 Zerstorer, ^—6 Dampfer je 8—
10 000 t, dabei 1 Tanker, 10 kleinere Schiffe bzw. Bewacher vor Anker.
Reykjavik 12.28 Uhr ^—6 Dampfer.
Zusammenfassende Erlauterungen von General Warlimont zu Greiners Notizen
vom 12. 8. -8. 9. 1942
1. Der Beginn eines Umschwungs der Kriegslage zu Ungunsten Deutschlands,
der schon als das wesentliche Merkmal der August=September=Wochen 1942 be=
zeichnet worden ist, wird bei einer Uberschau der Tagesereignisse besonders darin
sichtbar, dafi sich die Wehrmacht mehr und mehr in die strategische Defensive
gedrangt sah. Drohte selbst den angestrengt fortgesetzten Angriffsoperationen am
Siidfliigel der Ostfront seit einiger Zeit die grofie Gefahr einer russischen Gegen=
bewegung in Richtung auf den unteren Don, war der Plan zur Wegnahme von
Leningrad durch den feindlichen Einbruch am „Flaschenhals" so gut wie durchkreuzt
und auch die Absicht zu einem neuen Vorgehen gegen die Murmansk=Bahn in
Finnland deswegen aufgegeben worden, so hatte die Rote Armee in anderen weiten
Abschnitten des Ostens das Gesetz des Handelns bereits in hohem Mafie an sich
gebracht. Nicht minder zeigte sich auf den iibrigen Kriegsschauplatzen, in erster
Linie im Mittelmeerbereich und dort besonders nach dem vollig mifilungenen, er=
neuten Angriffsversuch in Nordafrika, aber auch im Westen, eine zunehmende
Abhangigkeit vom Gegner, die durch die Neigung Hitlers, jedem Risiko vorbeugen
zu wollen, noch erheblich vermehrt wurde. Im operativen Luftkrieg waren die Dinge
schon so weit gediehen, daS sich selbst die Verteidigung als hochst unzulanglich
erwies. Die offenkundige Schwache der Luftwaffe wirkte sich auch hemmend auf
den U=Bootkrieg aus, das einzige der Wehrmacht noch verbliebene Gebiet echter,
gro6er Erfolge^.
Die Griinde der ungiinstigen Entwicklung lagen in erster Linie in dem Mi6=
verhaltnis zwischen den Zielen und den Mitteln der deutschen Kriegfiihrung ins=
gesamt, die beide in entscheidendem Mafie, wenn nicht allein, von Hitler bestimmt
wurden, Im Bereich der obersten militarischen Stellen hatte der Chef des Gen.St.d.H.
in seinem Tagebuch schon am 23. Juli, also etwa 3 Wochen vor Beginn der hier
1 Es ist auffallend, dafi der U=Bootkrieg in Greiners Notizen zu dieser Zeit ebenso
wie auch spaterhin gar nicht erwahnt ist.
701
B. Kriegstagebuch
vorliegenden Aufzeichnungen Greiners, seinem Unbehagen iiber die Lage und die
Fiihrung Hitlers deutlichsten Ausdruck gegeben. Auch dieser selbst war sich, wie
aus den immer haufiger wiederkehrenden Zusammenstofien bei den taglichen Lage=
besprechungen hervorging, der kritisch=warnenden Einstellung Haiders bewufit-.
Der Chef des WFStabes, der ebenso wie seine Mitarbeiter die Entwicklung im Osten
als den SchlUssel zur deutschen Gesamtlage mit steigendem Mifitrauen verfolgte,
ohne jedoch diesen Gegensatz zu Hitlers betontem Optimismus offenkundig werden
zu lassen, mufite es bei Riickkehr von der H.Gr. A — wohl zu seiner eigenen Uber=
raschung — erleben, dafi Hitler auch ihm mit einem Schlage — zeitweilig — das Ver=
trauen entzog.
Seiner selbstherrlichen Art entsprechend, hat der Oberste Befehlshaber der
Wehrmacht weder die unbefriedigenden Entwicklungen an fast alien Fronten noch
die Zweifel seiner nachsten Berater zum Anlafi genommen, um sich klare Rechen=
schaft iiber die militarische Lage und die weiteren Aussichten der deutschen Krieg=
fiihrung zu geben. Auf solche Weise konnten die mafigeblichen strategischen Fak=
toren, dafi es namlich auch im zweiten Anlauf nicht gelungen war, Rufiland end=
giiltig niederzuwerfen, und dafi nunmehr die Macht der Vereinigten Staaten von
Amerika den Kriegsverlauf immer starker bestimmen mulite, ganzlich unerortert
im Hintergrund bleiben. Trotzdem hat General Warlimont damals den Eindruck
gewonnnen, dafi auch Hitler sich der schweren Krise bewufit war und h6chstwahr=
scheinlich sogar erstmals an einem giinstigen Ausgang des Krieges zu zweifeln
begonnen hat. Wenn er diesen Erkenntnissen auch auf seine Weise, wie mit Per=
sonalveranderungen an fiihrenden Stellen, Festhalten an unerreichbaren Zielen und
riicksichtslosem Bluteinsatz, zu begegnen suchte, so wollte sich doch die tiefe Er=
schiitterung seines ganzen Wesens, verbunden mit einem vollig veranderten Ver=
halten seiner Umgebung gegeniiber, kaum anders erklaren lassen.
2. Im Hinblick auf Ansatz und Ziel der Operationen am Siidflugel der Ostfront
sei noch einmal der eigenen Auffassung Ausdruck gegeben,
a) dafi die exzentrischen Tendenzen der Offensive nicht erst durch die Weisung
Nr. 45 vom 23. Juli 1942 begriindet worden, sondern von vornherein, d. h.
schon nach der grundlegenden Weisung Nr. 41 vom 5. April 1942, klar er=
kennbar gewesen waren;
b) dafi bereits diese erste Weisung den Kaukasus als „die Hauptoperation" be=
zeichnete, wahrend der Wegnahme von Stalingrad darin nur die Bedeutung
eines Flankenschutzes beigelegt worden war;
c) da6 Hitlers Eingriffe in die Krafteverteilung bei den Heeresgruppen A und B
ab Ende Juli 1942 nicht als Wechsel in der Bewertung der Ziele auszulegen,
sondern urspriinglich daraus entstanden sind, dafi er die Bewegungen in
Richtung auf den Kaukasus zunachst nur noch als eine Verfo/gwngsoperation
ansehen wollte, bei der man mit geringeren Kraften auskommen konne.
Die widerspruchsvollen Ansichten iiber diese Zusammenhange haben schon s. Zt.
zu den Gegensatzen im Bereich der Obersten Fiihrung das Ihrige beigetragen, schei=
nen aber auch bis heute noch nicht vollig geklart zu sein.
3. Die Aufzeichnungen Greiners lassen, wie schon mehrfach in den „Einzel=
bemerkungen" unterstrichen, keinerlei Zweifel daran, dafi Hitler den Chef des
WFStabes zu jener Zeit nach wie vor als seinen Berater fur samtliche Kriegsschau=
platze angesehen hat. War es doch schliefilich sogar die enge Verwicklung Jodls in
die Vorgange um Fiihrungsfragen bei der H.Gr. A, die ihn am Ende des hier be=
handelten Zeitraums in „Ungnade" fallen liefi. Entgegen seiner Aussage vor dem
IMT, bei der er die Ausschaltung des WFStabes schon mit der Befehlsiibernahme
2 Vgl. auch Manstein, a. a. O., S. 292.
702
9- September 1942
Hitlers iiber das Heer im Dezember 1941 in Verbindung bringen wollte, miissen
Greiners Notizen zu den taglichen Lagevortragen sogar den Eindruck ergeben, dafi
der Osten im Spatsommer 1942 viel zu sehr im Vordergrund der Tatigkeit des
WFStabes gestanden hat und die strategische Gesamtlage dariiber vernachlassigt
worden ist.
9. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 9. September 1942
Lagevortrag:
Der Chef Gen.St.d.H. meldet, dafi die Heeresgruppe A beabsichtige, den
Gegner zunachst gegen die Terek=Bruckenkopfe anlaufen zu lassen und dann
erst zum Angriff iiberzugehen. Der Fiihrer halt diesen Entschlufi fiir voUig
falsch, da hierbei die gewonnenen Terek=Bruckenkopfe schwer gefahrdet
wiirden, zumal der Gegner dauernd Verstarkungen zum Terek heranfiihre.
Bei der Heeresgruppe B soil die Don=Front so stark wie moglich ausgebaut
und vermint werden; ferner soUen aus dem Raume von Stalingrad Reserven
hinter die Don=Front gezogen und dort auch noch Heeresartillerie eingesetzt
werden, da der Fiihrer im kommenden Winter mit starken feindlichen An=
griff en gegen die Front der italienischen 8. Armee zum Durchstoli in der Rich=
tung auf Rostow rechnet.
Bei der Heeresgruppe Mitte hat der Feind heute morgen westlich von Sub=
zoff von neuem mit starken Kraften angegriffen. Die Div. „Grofideutschland''
wird daher vom Fiihrer zum Gegenstofi freigegeben.
Bei der Heeresgruppe Nord sind feindliche Krafte=Verschiebungen von der
Wolchow=Front nach dem „Flaschenhals'' festgestellt worden, bei Stalingrad
mehrere von der Nordfront und aus der Mitte herangefiihrte Divisionen auf=
getreten. Aus diesen Krafte=Verschiebungen schliefit der Chef Gen.St.d.H.,
dafi der Gegner im Augenblick nicht iiber operative Reserven verfugt. Gene=
ralfeldmarschall von Manstein beabsichtigt, den Gegenangriff gegen die Ein=
bruchsstelle nordostlich von Mga am 10. September mit der 24. und 121. Inf.=
Div. und der 12. Panzer=Div. unter Einsatz der verfiigbaren Tiger=Panzer in
nordostlicher Richtung zu fiihren und eine schwachere Kraftegruppe von Nor=
den nach Stidosten angreifen zu lassen.
Der Oberbefehlshaber West will die SS=Div. „Reich'' nicht nach Norden
verschieben, da sie als Eingreifreserve fur die U=Boot=Stiitzpunkte in der Bre=
tagne wie fur die Bretagne und Normandie sowie zum etwaigen Eingreifen in
den Niederlanden in ihrem jetzigen Unterbringungsraum nordwestlich von
Angers giinstiger liege.
Der Fiihrer halt die Besetzung der Kusten im siidlichen Teil Frankreichs
fiir ungeniigend, zumal die schnellen Verbande gegebenenfalls nicht rasch
genug nach diesem Teil der Kiiste herangezogen werden konnen. Er ordnet
daher an, dalE im Bereich des Oberbefehlshabers West fiinf neue, besonders
fiir den Kustenschutz gegliederte Divisionen bis zum 15. November aufge=
703
B. Kriegstagebuch
stellt werden, fiir welche die Stamme zu ^U (12 000 Mann) vom OB West und
vom Wehrmachtbefehlshaber Norwegen und zu ^/s (3 000 Mann) vom Be=
fehlshaber des Ersatzheeres gestellt werden sollen. Von der Abgabe von
Stammen sollen diejenigen West=Divisionen ausgenommen werden, die als
erste zum Austausch gegen Ost=Divisionen vorgesehen sind. Die iibrigen
Mannschaften fiir die fiinf neuen Divisionen sollen aus den aus der Riistungs=
Industrie zum 1. November freizumachenden unabkommlich gestellten Wehr=
pflichtigen gewonnen, zunachst vier Wochen im Heimatkriegsgebiet ausge=
bildet und dann dem OB West zugefiihrt werden. Die materielle Ausstattung
dieser Divisionen soil vorlaufig aus dem im Bereich des OB West vorhandenen
Beutegerat erfolgen. Ferner sollen die im Westen eingesetzten Divisionen mit
Nummern iiber 'joo zu Kiistenschutz=Divisionen umgegliedert werden.
Fiir den Austausch Ost=West im kommenden Winter ordnet der Fiihrer
folgendes an:
Die nach der Einnahme von Leningrad frei werdenden Divisionen und die
an der Ostfront befindlichen, zu Brigaden auszubauenden Luftwaffen=Feld=
einheiten sollen dazu verwendet werden, im ersten Stadium des Austausches
Ost=Divisionen zur Verlegung nach dem Westen freizumachen. Grundsatz
fiir den Austausch soil sein, dafi zunachst je zwei Ost=Divisionen gegen je
eine West=Division ausgetauscht und spater, nach Auffrischung der Ost=
Divisionen im Westen, dort je eine weitere Division herausgezogen wird. Im
Westen stehen zehn Divisionen zur Verlegung nach dem Osten zur Verfiigung.
Der Austausch soil Anfang oder Mitte Oktober mit zwei Ost=Divisionen ge=
gen eine West=Division pro Monat beginnen.
Es sollen ferner im Bereich des OB West acht schnelle Divisionen tropen=
einsatzfahig gemacht und von Januar ab nach dem Osten verlegt werden, um
im Kaukasus die Angriffsgruppe fiir den Mittleren Osten zu bilden. Im Be=
reich des OB West stehen zur Zeit sechs schnelle Divisionen und die Brigade
Goring; hinzukommen in der nachsten Zeit die neu aufzustellende 26. Panzer=
Division, die vom Osten (Heeresgruppe Nord) zu iiberfiihrende SS=Totenkopf=
Division und die motorisierte Div. „Grolideutschland''. Von diesen insgesamt
zehn Divisionen sollen acht nach dem Osten verlegt und dafiir vier schnelle
Divisionen von der Ostfront, und zwar von den Heeresgruppen Mitte und
Nord, nach dem Westen iiberfiihrt werden, so dafi dort wieder sechs schnelle
Divisionen vorhanden waren. Die vom Osten nach dem Westen abzugebenden
vier schnellen Divisionen sollen an der Ostfront durch schnelle Verbande der
Heeresgruppen A und B ersetzt werden.
Der Wehrmachtfiihrungsstab soil dem Fiihrer alsbald entsprechende Be=
fehlsentwiirfe vorlegen.
Der Fiihrer hat sich nach den gestrigen Auseinandersetzungen mit General
Jodl iiber die Fuhrung der Heeresgruppe A zur Enthehung des Generalfeld=
marschalls List von seiner Stellung als Ob erbe fehlshaber der Heeresgruppe A
entschlossen. Er tragt sich weiterhin mit der Absicht, auch in der Person des
704
g. September 1942
Chefs des Generalstabes des Heeres einen Wechsel eintreten zu lassen, da
er in den letzten Wochen in zunehmendem Mafie den Eindruck bekommen
hat, dajS Generaloberst Haider den mit seiner Stellung verbundenen seelischen
Belastungen nicht mehr im voUen Mafie gewachsen ist.
Der Fiihrer schickt daher am Nachmittag den Chef OKW, Generalfeldmar=
schall Keitel, zu Generaloberst Haider, um diesem aufzutragen, dali er den
Generalfeldmarschall List zur Niederlegung des Oberbefehls iiber die Heeres=
gruppe A veranlasse, und um ihm anzudeuten, dafi der Fiihrer auch an einen
Wechsel in der Person des Chefs des Generalstabes des Heeres denke. Als
neuen Chef des Generalstabes des Heeres hat der Fiihrer den derzeitigen Chef
des Generalstabes des Oberbefehlshabers West, General Zeitzler, in Aussicht
genommen.
Generalfeldmarschall List bittet den Fiihrer daraufhin am Abend um Ent=
hebung von seiner Stellung. Der Fiihrer gibt der Bitte statt. Er wird die Hee=
resgruppe A vorlaufig selbst vom Fiihrerhauptquartier aus fiihren. Der Chef
des Stabes, Generalleutnant von Greiffenberg, bleibt mit dem Stabe der
Heeresgruppe im Hauptquartier Stalino als Meldekopf und Befehlsiibermitte=
lungsstelle.
Die Auseinandersetzungen des Fiihrers mit General Jodl haben zu einer
Vertrauenskrise zwischen beiden gefiihrt, die eine Enthebung des Generals
Jodl wie auch des Generals Warlimont von ihren Stellungen als Chef bzw.
Stellvertretender Chef des Wehrmachtfiihrungsstabes als moglich erscheinen
lassen.
Erlauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die vom Chef des Gen.St.d.H. gemeldeten Absichten der H.Gr. A am Terek
mu6ten nach Hitlers Art sdion deswegen „vollig falsch" sein, weil er sich in seinem
Unmut inzwischen entschlossen hatte, den Feldmarsdiall List zu entlassen. Es kam
aber hinzu, da6 Hitler den Angriff aus der Nachhand („retour offensif"), wann auch
immer vorgeschlagen, stets verworfen hat.
Seine Forderung, den friihzeitig erkannten Gefahren an der Don=Front der
H.Gr. B mit Reserven „aus dem Raume von Stalingrad" zu begegnen, diirfte wohl
erst fiir einen Zeitpunkt gemeint gewesen sein, in dem die Stadt sicher in eigenem
Besitz sein wiirde. Eine ahnliche Verkennung der Lage kommt auch in den Befehlen
zu einem starken Ausbau des gefahrdeten Don=Abschnitts zum Ausdruck, da dafiir
bei der schwachen Besetzung durch italienische Truppen, bei der waldarmen Steppe
und dem Mangel an Transportmitteln alle Voraussetzungen fehlten.
Wie schon diese Anordnungen Hitlers, so stellen sich auch seine Richtlinien fiir
den Westen als Teil einer neuen, offenbar iiber Nacht gewonnenen Gesamt=Kon=
zeption dar, mit der er angesichts des vermeintlichen Versagens seiner nachsten
Mitarbeiter die weitere Fiihrung um so straffer in die eigenen Hande nehmen wollte.
Strategisch betrachtet, kommt darin bei allem Festhalten an den Zielen der Ost=
Offensive die Einsicht zum Ausdruck, daS die Wehrmacht entgegen dem grund=
legenden Kriegsplan (d. h. der Weisung Nr. 41 vom 5. 4. 1942) einem zweiten Win=
ter in Rufiland entgegensehen mufite und auch im folgenden Jahre mit der weit
iiberwiegenden Masse im Osten gebunden bleiben wiirde. Ohne sich aber offen
zu diesem Eingestandnis zu bekennen, richtet sich Hitlers Befehlstatigkeit in einer
705
B. Kriegstagebuch
fiir seine Fiihrungsmanier kennzeichnenden Weise in erster Linie darauf, neue Di=
visionen aufzustellen und andere fiir einen umfassenden Ost=West=Austausch vor=
zusehen.
Mit den „Kusten im sudlichen Teil Trankreidks" konnten zu dieser Zeit nur die
atlantischen Kiisten, etwa siidlich von der Loire=Miindung, gemeint sein, Besondere
Meldungen, die ihre verstarkte Besetzung begriinden konnten, diirften kaum vor=
gelegen haben. Man wird in dieser Mafinahme Hitlers vielmehr eine nur vorsorgliche
Ausdehnung der Befiirchtungen, wie er sie schon 2 Monate vorher wegen britischer
Landungen im Bereich zwischen den Niederlanden und der Bretagne geaufiert hatte,
auf SiidfrankreidK zu sehen haben. Vermutlidti war dabei, wenngleich unausgespro=
chen, auch an die inzwischen grofier gewordene Moglichkeiten eines amerikanischen
Eingreifens gedacht, wie es fiir den Mittelmeerraum kurz darauf in der Weisung
vom 14. September zum Ausdruck kam.
Die personellen und materiellen Grundsatze, wie Hitler sie fiir die Neuauf=
stellungen des Heeres vorsah, darunter eine Kurz=Ausbildung von nur 4 Wochen
und die Ausstattung mit „Beutegut", leiteten jene standig fortgesetzte Minderung
des Kampfwerts der Kiistenschutz=Divisionen im Westen ein — derselben, die sich
dann etwa 1^/2 Jahre spater der ^Invasion" eines mit alien neuzeitlichen Angriffs=
mitteln geriisteten Gegners gegeniiber sahen. Auch die ,,700 er Divisionen" waren
urspriinglich nur fiir Besatzungsaufgaben vorgesehen und entsprechend zusammen=
gesetzt.
Die Plane Hitlers zu einem KTa(te=„Austausch Ost=West" zeigen vor allem, dafi
selbst bei zeitweiliger, starkerer Entblofiung des Westens ein entscheidender Krafte=
zuwachs fiir die Ostfront angesichts ihrer riesigen Ausdehnung und der grofien
Verluste nicht sehr zu erwarten war. Zu Einzelheiten dieser Plane, die auch keines=
wegs voll durchgefiihrt werden konnten, sei erlauternd bemerkt:
Die „Luftwaffen=Feldeinheiten", die hiernach zu Brigaden ausgedehnt werden
sollten, verdankten ihre Entstehung gleicherweise dem MannschaftsiiberfluS der
Luftwaffe wie dem zahlenma6igen Absinken ihrer fliegenden Verbande. Sie wurden
damals noch lediglich fiir eigene Sicherungszwecke der Luftwaffe im riickwartigen
Gebiet verwendet. Die „Luftwaffen=Felddivisionen" sollten erst einige Wochen
spater daraus entstehen.
Warum die Zahl der im Westen als verfiigbar angesehenen Inf.Divisionen von
einem Tag zum anderen — vom 8. zum 9. September — von 12 auf 10 abgesunken
war, ist nicht ersichtlich.
Die Tauglichkeit der 8 Schnellen Verbande fiir „Tropeneinsatz" hielt man im
Hinblick auf die beabsichtigte Verwendung im Mittleren Osten fiir notwendig.
Ahnliche Vorbereitungen hatte das OKH im Herbst 1940 auch fiir die nach Nord=
afrika bestimmten Divisionen eingeleitet, spater aber, soweit erinnerlich, als nicht
notwendig wieder fallen lassen. Welche besonderen Bedingungen, abgesehen von
einem einwandfreien Gesundheitszustand der Soldaten, an die Tropeneinsatzfahig=
keit der Verbande gestellt wurden, ist nicht bekannt.
Der Chef OKW hat sich am Nachmittag dieses Tages, wie aus den Aufzeich=
nungen Haiders hervorgeht, seiner Auftrage zu den Personalveranderungen pflicht=
gemafi erledigt. Sollte er dabei dem Chef des Gen.St.d.H. gegeniiber auch den von
Hitler vorgegebenen Grund seiner beabsichtigten Entlassung genannt haben, so
hatte Haider mit Recht erwidern konnen, da6 die starksten „seelischen Belastun=
gen" in der militarischen Unvernunft und dem oft auch gegen jeden Anstand ver=
stofienden Benehmen Hitlers ihre Ursache hatten.
Die Absicht, General Zeitzler als neuen Chef des Gen.St.d.H. zu berufen, hat
damals allgemein iiberrascht. Auch Zeitzler selbst diirfte kaum mit dieser Berufung
gerechnet haben. . .
706
9- September 1942
Die Losung, da6 Hitler selbst auch noch die Fiihrung der H.Gr. A iibernahm,
sollte wohl ein weiteres Mai die Bedeutung unterstreichen, die er diesem Front=
abschnitt beimafi, lie6 aber in Wahrheit, wie schon seit Dezember 1941 das Heer
in seiner Gesamtheit, so nunmehr auch diese Heeresgruppe ohne die ihr allein
zugehorige und verantwortliche Spitze. Der Chef des Gen.St.d.H. mu6te sich au6er=
dem mit Hitler als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe von jeder ma6geblidKen
Einwirkung in diesem Befehlsbereich ausgeschaltet sehen.
Es ist richtig, dafi General Jodl in Verbindung mit der „Vertrauenskrise", die
damals das deutsche Hauptquartier erschiitterte, von der Stelle des Chefs des
WFStabes abgelost werden sollte. Jodl selbst schien von dieser Aussicht nicht gerade
begeistert. So aufierte er beispielsweise Warlimont gegeniiber nach dessen bestimm=
ter Erinnerung etwa: „Da kann sich der Fiihrer noch lange umschauen, bis er einen
geeigneten General des Heeres findet, der gleichzeitig ein so zuverlassiger National"
sozialist ist wie ich." General Paulus, s. Z. Oberbefehlshaber der 6. Armee, war als
Nachfolger Jodls in Aussicht genommen. Ob lediglich dessen weitere Bindung bei
Stalingrad mit alien Folgen den Wechsel verhindert hat oder ob Hitler im Laufe
der nachsten Wochen, wie es den Anschein hatte, wieder zu Jodl zuriickfand, mag
dahingestellt bleiben.
Fiir Warlimont ist die angebliche Absicht, auch ihn von seiner Stelle abzulosen,
damals, wenn iiberhaupt, nur daraus erkennbar geworden, dafi Hitler bei der ersten
Wiederbegegnung seinen Hafi und seine Abneigung kaum noch verbergen zu
konnen schien. Jedoch hat auch Keitel solche Absichten Hitlers nicht erwahnt, als
er sich in jenen Tagen dem General Warlimont in ungewohnlicher Weise anver=
traute mit der Frage, ob er es sich nicht schuldig sei, um seine Entlassung als Chef
OKW einzukommen. Die unwiirdige Behandlung, die Hitler ihm und dem Stabe
des OKW angedeihen lasse, sei fiir ihn kaum noch ertraglich. Warlimont glaubte,
die Verhaltnisse nicht hinreichend iibersehen zu konnen, um zu der Frage Stellung
zu nehmen. Folgerungen in dieser Hinsicht blieben denn auch ebenfalls aus. Irgend=
wann wurde aber bekannt, dafi Kesselring damals fiir die Nachfolge Keitels in
Betracht gezogen worden war.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Ostw. Noworossijsk weiterhin schwerer Kampf zur Inbesitznahme der be=
herrschenden Hohen. Sauberung der Widerstandsnester im Stadtgebiet.
4. Geb.Div. hat den Teil ihrer Krafte siidl. des Bsyb zuriickgenommen, um
den auf den Hohen sudl. Bsyb stehenden Feind von der Seite und im Riicken
anzugreifen und zu werfen. Am Terek beiderseits Mosdok starke feindl. An=
griffe gegen die Briickenkopfstellung und vorgeschobenen Telle sowohl nord=
ostw. Maiskij wie siidl. Mosdok. Alle Angriffe wurden unter hohen Feind=
verlusten abgeschlagen. Die in der Umgruppierung um Stalingrad stehenden
Panzer= und mot.Inf.=Verbande sind erneut zum Angriff gegen die iiberaus
stark befestigte Stadt angetreten. Siidteil der Stadt und die Wolga liegen unter
beobachtetem eign. Feuer der Artl. Der Feind versucht, durch Ausfalle in Mas=
sen das Vordringen der eign. Krafte unmoglich zu machen. Zur Entlastung
hat der Feind wieder die Nordfront der XIV. Pz.Korps an drei Stellen mit mas=
707
B. Kriegstagebuch
sierten Kraften angegriffen. Alle Angriffe wurden verlustreich fiir den Gegner
abgewiesen. An der iibrigen Front keine bes. Kampfhandlungen.
H.Gr. Mitte:
Die Zahl der seit dem ii. 8. vernichteten Panzer hat sich bis zum 8. 9.
einschl. auf 1010 erhoht (Luftw. davon 303). In dieser Zeit wurden 20 6yS Ge=
fangene gemacht. Das Heranfiihren starkerer Pz.Verbande (III. russ. Pz.=
Korps?) iiber Kaluga— Koselsk nach Siidwesten lafit auf weitere Angriffs=
absichten schliefien. Auf der gesamten Front starkes feindl. Artl.=Feuer.
2 kleine Vorstofie wurden abgewiesen. Ostw. Wjasma ist ein starker feindl.
Angriff im Gange. Bei 9. Armee hat der Feind auch gestern keine nennens=
werten Angriffe gefiihrt. 2 kleinere feindl. Vorstofie westl. Rshew wurden
abgewiesen. Wetter: Anhaltende Regenfalle, Strafien derart verschlechtert,
dafi Armee=Nachschubstra6e fiir jeden Kraftfahrzeugverkehr gesperrt wurde.
H.Gr. Nord:
Neue Trennungslinie zwischen AOK 18 (siidl.) und AOK 11 (nordl.) Tosno
an der Bahn Leningrad— Tschudowo—Maluksa. Der Feind setzte auch am ge=
strigen Tage seine Teilangriffe siidl. des Ladoga=Sees und im Raume Lenin=»
grad fort. Bereitstellungen auf dem Westufer der Newa wurden erkannt, ein
grolierer Feindangriff wird in der Nacht zum 9. 9. oder am 9. 9. erwartet.
Finnland
Au6er feindl. Artl.=Tatigkeit und Spahtruppunternehmen keine nennenswerten
Kampfe.
Panzerannee Afrika^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 9. 9. 42
1. Raum um England:
Aufklarungsfliige bei Tage und Jabo=Angriffe. Es wurde angegriffen Chelmsford
ohne beobachtete Wirkung.
Uber Nachteinsatz liegt nodi keine Meldung vor.
Bei Dungeness 07.30 Uhr 5 Dampfer ohne Kursangabe.
In Portsmouth 20.20 Uhr 2 Dampfer einlaufend, 1 Dampfer 5—8000 t vor Anker.
Meldung iiber EinflUge liegt noch nicht vor.
2. Mittelmeer:
Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel ohne besondere Meldungen.
La Valetta 8. 9. 10.15 Uhr LB: 3 MS=Fahrzeuge, 3 U=Boote, 3 Vorp.=Boote, 4 Han=
delsschiffe, 1 Tanker, 1 Hafentanker. Auf den Flugplatzen 199 Flugzeuge.
5. Ostfront:
Es wurden 111 Absdiiisse erzielt.
1 Fehlt im KTB der Ski, Tail D.
708
10. September 1942
Sdiwarzes Meer: Gelendshik zwischen 06.00 und 12.00 Uhr: 2 kl. Kriegsschiffe,
1 Frachter, 30 kl. Schiffe.
Zwischen Gelendshik und Tuapse 1 kl. Kriegsschiff, 2 Frachter, 8 Kiistenfahr-
zeuge.
Kaspisches Meer: Machatsch Kala 02.20 Uhr LB: 7 Frachter 12000 t.
Eismeer: Zu Meldungen iiber PQ 18 Berichtigung : 11.20 Uhr in 26 West 5845
1 Flugzeugtrager, 1 vermutlich Schlachtschiff, 7—10 Kreuzer oder Zerstorer Kurs
34—0 Grad. 14.20 Uhr in 27 West 6029 ein schw. Kreuzer, 1 leichter Kreuzer oder
Zerstorer, 9 Zerstorer Kurs 330 Grad.
10. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 10. September 1942
(Fiir den 10. bis 15. September liegen — abgesehen von Aufzeichnungen
liber Marine=Fragen — keine Notizen iiber die Lagevortrage und Besprechun=
gen beim Fiihrer vor, wohl well Hitler in diesen Tagen keine wichtigen Ent=
scheidungen getroffen hat. Auch die Lage blieb im grofien und ganzen un=
verandert. Bei der Heeresgruppe B erreichte der rechte Fliigel der 4. Panzer=
Armee siidlich von Stalingrad am 10. September die Wolga. Am 12. September
drangen Telle der 71. Inf.Div. (siehe 26. 8.) von Westen her in den Siidteil
von Stalingrad ein. Bei der Heeresgruppe Nord stiefi der am 10. September
begonnene Gegenangriff des Generalfeldmarschalls von Manstein gegen die
Einbruchsstelle nordostlich von Mga auf starken Widerstand und kam zum
Stehen. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, Generaloberst Frhr. von
Weichs, und der Oberbefehlshaber der 6. Armee, Generaloberst Paulus, hiel=
ten dem Fiihrer am 12., der Oberbefehlshaber der 9. Armee, Generaloberst
Model, am 13. September Vortrag iiber die Lage in ihren Abschnitten. Mit
dem Chef des Stabes der Heeresgruppe A, Generalleutnant von Greiffenberg,
besprach Hitler am Nachmittag des 12. September die Geschaftsfiihrung bis
zur Emennung eines neuen Oberbefehlshabers.)
[Bildung der Dienststelle des „Generals der Motorisierung im OKW" (vgl.
16. 2. 1943, Ed. Ill S. 136).]
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeichnungen Greiners
Die Unterbrechung in den Notizen Greiners war einerseits in dem zeitweiligen
Ausschlufi Warlimonts von den Lagevortragen bei Hitler, andererseits in dessen
„eisiger Stimmung"^ begriindet, in der er im Gegensatz zu seiner sonstigen Red=
seligkeit nur wenige, unvermeidliche Worte von sich gab. Bei der Erorterung von
Seekriegsfragen, wie Greiner sie vom 11. September berichtet — wahrscheinlich auf
Grund von Mitteilungen des Admirals Krancke an den Admiralstabsoffizier im
WFStabe, Kapitan Junge — , scheint er allerdings von seinem schweigsamen Verhalten
abgegangen zu sein.
1 Vgl. dazu Jodls eigene Darstellung in: IMT, Bd. XV, S. 330/331.
709
B. Kriegstagebuch
In diesen Tagen haben auch die Stenographen ihren Dienst im Hauptquartier
angetreten, die in der Folge bei jeder Lage= und Einzelbesprecbung Hitlers anwe=
send waren oder auch erst herbeigerufen wurden, ehe die Besprechung begann.
Lagebericht OKH
Osten
H.Cr.A':
Rum. 9. K.D. stieJS welter iiber die Hohen siidl. Noworossijsk in Richtung
Kiiste vor. Ostw. Noworossijsk dauern die harten Kampfe um die entscheiden=
den Hohen in dem durch Sperren und Bunkern festungsartig ausgebauten
Kampfgelande unter standigen Gegenangriffen des Feindes an. Eine weitere
Hohe konnte genommen werden. Siidl. Krasnodar mufite der Feind nach eige=
nem umfassenden Angriff nach Siiden und Siidosten zuriickgehen.
Nordostw. Tuapse und nordl. Kljutsch vergebl. Feindangriffe. Nordl. Mais=
kij versuchten die Russen, durch wiederholte Angriffe den Briickenkopf ein=
zudriicken. Siidl. Mosdok halt der feindl. Druck an. Wetter: wechselnd be=
wolkt, abends leichte Regenfalle.
H.Gr. B:
Im Raum Stalingrad konnten eign. Inf.= und Pz.=Verbande sich trotz stark=
ster fdl. Gegenwehr weiter an die Stadt heranarbeiten. Die von Nordwesten
her vorstofienden Inf.Divisionen nahmen nach hartem Kampf eine beherr=
schende Hohe nordl. der Stadt siidl. des Eisenbahnbogens und nahmen Ver=
bindung mit den von Norden vorstofienden mot.Kraften auf. An der Nord=
front des XIV. Pz.Korps griff der Russe an zwei Stellen mit iiberlegenen
Kraften an und wurde nach kurzem Einbruch in die Stellungen wieder zuriick=
geworfen. An der ital. Front feindl. Artl.=Storungsfeuer. SUdostw. Swoboda
schlugen ung. Truppen den Feind bei einem Versuch, den Don zu iiberschreiten,
zuriick. Nordwestl. Swoboda hatten ung. Truppen Erfolg beim VorstojS in
den Don=Bogen. Auf der iibrigen Front keine besonderen Kampfhandlungen.
Wetter: heiter, trocken + 20 Grad.
H.Gr. Mitte:
Wahrend im siidl. und mittl. Teil der H.Gr. aufier einem kleinen vergebl.
Vorstofi siidl. Suchinitschi der gestr. Tag im wesentlichen ruhig verlief, griff
der Feind nach starker Artl.=Vorbereitung im Raum von Rshew von Osten
und Norden her wiederholt mit starkeren Pz.=Kraften und Infanterie an. Bei=
derseits der Wolga aus Richtung Subzoff angreifende Feindkolonnen konnten
eine Hohe und mehrere Ortschaften westl. Subzoff nehmen. Die Einbruchs=
stellen wurden abgeriegelt. Die Angriffe nordl. und nordwestl. Rshew, die
z. T. bis zu 7 Wellen vorgetragen wurden, konnten trotz starker t}berlegen=
1 Befehl des Fiihrers betr. Vorstofi auf Tuapse und weitere Absiditen vom 10. Sep=
tember 1942 im Dokumenten=Anhang Nr. 22.
710
10. September 1942
heit des Gegn. abgewiesen werden. Ein kleiner feindl. Vorstofi bei Uswjati
nordwestl. Welish hatte keinen Erfolg. Wetter: im Bereich der H.Gr. warm,
bewolkt, im Siidteil teilw. regnerisch.
H.Gr. Nordi
Im Raume westl. und siidl. Waldai komiten Bereitstellungen des Feindes
durch eign. Artl. zerschlagen werden. An der Bahn nordl. Lodwa wurden Be=
reitstellungen erkannt. Der Feind, der siidl. des Ladogasees am Tage zuvor
in die eign. Stellungen eingedrtmgen war, wurde von der dort stehenden
Jg.Div. vernichtet. Der Feind versuchte gestern mit stark. Kraften ostw. Lenin=
grad, siidl. Schliisselburg die Newa zu uberschreiten. Der Versuch mifilang
unter schweren Verlusten fiir ihn. An der iibrigen Front verhaltnismafiig
ruhiger Verlauf des Tages.
Finnland
Vinn. Sudostfront: Keine nennenswerten Kampfe.
Geb.AOK 20: Erfolgreiches eign. Stofitruppunternehmen im Abschnitt Kanda=
lakscha.
Panzerarmee Af rika^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 10. 9. 42
I. Raum um England:
Bei Tage Aufklarung, keine Angriffe.
Bei Nadit kein Einsatz.
Vor Ramsgate 07.30 Uhr 3 S=Boote Kurs Nord, 20.00 Uhr 2 Vorp.=Boote aus=
laufend.
Dover einlaufend 20.03 Uhr 4 R=Boote.
In Dover 1 Dampfer 4000 t.
Vor Eastbourne 19.00 Uhr 4 kleine Sdiiffe Kurs Ost.
Im ostlichen SoIent=Kanal 21.28 Uhr 18 Schiffe. Naheres nicht festgestellt.
Bei Albans Head 17.30 Uhr 1 Schlepper, 4 Leichter Kurs Nordwest.
Nordostwarts Portland 07.35 Uhr 2 Vorp.=Boote stilliegend, in Portland 14.00 Uhr
3 Dampfer, 4 Bewadier, 1 Geleitboot einlaufend.
Bei Aufklarungsfliigen wurde 1 Vorp.=Boot vor Folkestone durdi Bombenwurf
besdiadigt.
Einfliige: 208 Einfliige, davon 200 ins Reichsgebiet.
Abschiisse: 15 durch Jager, 15 durch Flak, 1 durch Marineflak.
Schwerpunkt der Angriffe Diisseldorf. Es wurden abgeworfen 20 Bomben Lzz.,
300 Sprengbomten, 14 LM, 21 000 Brandbomben. Treffer im gesamten Stadtgebiet,
besonders starke Schaden in Stadtmitte und Altstadt. 400 Gro6=, 1000 mittlere und
kleine Brande. 30 Industrieanlagen getroffen. Mannesmann und Rheinmetall keine
grofieren Schaden. Hauptbahnhof 8o°/o zerstort. Bahnsteige ausgebrannt, Giiterwagen
zerstort. Franklin=Briicke beschadigt. Erhebliche Schaden an Stellwerken, Weichen
und Fernspredileitungen. Verschiedene Strecken gesperrt. Diisseldorf=Bilk Giiter=
2 Fehlt im KTB der Ski., Teil D.
711
B. Kriegstagebuch
abfertigung durch LM stark beschadigt. Bahnhof Neu6 beschadigt, Schaden noch
nicht bekannt, da Telefon gestort. i Beamter tot, i Beamter, 20 Reisende verletzt.
Diisseldorf Hafen 2 Schiffe beschadigt. 167 Wohnhauser zerstort, 747 schwer=, 8^0
mittel, 480 leicht beschadigt. Besondere Schaden Hauptpostamt, Telegrafenamt,
Hafenamt, Arbeitsamt, Verpflegungsamt u. a. Res.=Lazarett Neufi schwer beschadigt.
44 Tote, 170 Verletzte, 4000 Obdachlose. Viersen 14 Spreng=, 1000 Brandbomben.
14 grolSere Brande, 5 mittlere, 9 kleine Brande. 16 Wohnhauser zerstort, 11 schwer=,
46 leichtbeschadigt.
Wesseling Brand in Eisenbahnfabrik Grothe, Schaden noch nicht festgestellt.
Siichteln Brand in Papierfabrik, Weberei und Kinderklinik.
Schaden in weiteren Orten, z. B. Wuppertal, Monchen=Gladbach u. a.
Im siidl. Schwarzwald, Ober= und Niederbayern 30 Stor= und Propagandaballone.
2. Mittelmeer:
Im Atlantik etwa -^60 sm westnordwest Kap Finisterre (Qu 24 West 7769)
um 09.00 Uhr 1 Dampfer, 3 Bewacher Kurs 220 Grad. 90 sm westlich davon 19
Dampfer, 3 Bewacher, 3 Zerstorer Kurs Nord (11.15 Uhr).
08.40 Uhr am 9. 9. etwa 70 sm nordnordwestl. Port Said 3 Dampfer, 4 Vorp.=Boote
Kurs Ost.
Unterstiitzung des Afrika=Korps. Angriffe auf Zeltlager und Kraftfahrzeugan=
sammlungen sowie Geleitschutz.
Feindl. Luftangriff gegen Tobruk ohne Schaden.
Feindl. Lufttatigkeit iiber der Front nur gering.
Am 8. 9. wurden 2 Abschiisse mehr als gemeldet erzielt.
Vermerk: Frankreich meldet 10. 9. 04.00 Uhr starke feindliche Landungen an
Westkiiste Madagaskars bei Majunga. Widerstand wird geleistet, erscheint jedoch
wenig aussichtsreich^.
3. Ostfront:
Bisher 54 Abschiisse gemeldet.
Wolga: Bei Saratow 9. 9. 09.00 Uhr LB: Etwa 80 Schiffe verschiedener Art. Zwi=
schen Saratow und Kamyschin 14 Frachter und Leichter stilliegend, 1 Schlepper,
1 Leichter Kurs Nord.
Eismeer: Aufklarung gegen PQ 18 kein Ergebnis wegen Seenebels. Eisgrenze
10 km vor gronlandischer Kiiste: Treibeis mit Eisberg.
Ostkiiste Island wegen Schlechtwetter nur wenig eingesehen. Eingesehene Ge=
biete ohne Belegung.
Aufklarung Eis=Fjord Spitzbergen ohne besondere Mel dung.
Am 9. 9. fiihrte eine He 111 eine Landung auf Spitzbergen zur Erkundung eines
Notlandeplatzes durch. Platz bezeichnet, Platz war unbelegt.
50 sm nordnordostwarts Kanin Noss 15.00 Uhr 3 Dampfer, 1 Vorp.=Boot ohne
Kursangabe, 60 sm westlich Kanin Noss 15.56 Uhr 3 Dampfer, 3 Bewacher Kurs
West.
3 Auszug aus „Die Bemiihungen der Ski . . . .", a. a. O. :
„Am 10. 9. beginnen weitere Landungen angelsdchsischer Streitkriifte an der
Westkiiste Madagaskars. Die franzosischen Truppen leisten Widerstand, der je=
doch franzosischerseits als wenig erfolgversprechend angesehen wird. Die eng=
lische Regierung begrUndet ihr Vorgehen damit, dajl wesentliche Forderungen
des englischen Oberkommandos an den Gouverneur von Madagaskar zur Ab=
wehr von Angriffen seitens der Achsenmachte mit friedlichen Mitteln nicht er=
reicht werden konnten."
712
11. September 1942
Im Westfahrwasser bei Kap Gorodektsi 1 Dampfer 3000 t 16.50 Uhr.
In der Poney=Mundung 16.35 Uhr 2 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Siid.
Nachmetdungen zur Luftlage fur den 10. 9. 42
Kein eigener Nachteinsatz.
Einfliige: Am 9. abends 10 Feindeinfliige mit Schwerpunkt Osnabriick, dort Ge=
baudeschaden.
In Westfrankreich Angriff von 21 Feindflugzeugen bei Kanalinsel Kap de la Hague
auf deutschen Geleitzug.
In der Nacht zum 10. 127 Feindeinfliige, davon ins Reichsgebiet 115, im Osten etwa
70. Eindringtiefe im Osten: Memel— Riigen— Gablonz— Prag— Lemberg— Ungarn; im
Westen: Helgoland— Ostfries. Inseln— Skagen— Danemark. Keine Schwerpunktsbil=
dung. Geringe Bombenabwiirfe. Uber Berlin 2—3 Flugzeuge, Bombenabwiirfe iiber
Ahrensfelde bei Berlin. Keine Abschiisse.
11. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 11. September 1942
Beim Lagevortrag aufiert der Fiihrer, dafi bei der Geleitsicherung des mit
Kurs auf Archangelsk fahrenden britischen Geleitzuges PQ 18 nach den bis=
herigen Feststellungen sich anscheinend nur ein Flugzeugtrager befinde. Dies
ergebe, falls es gelinge, durch Einsatz von U=Booten und Luftstreitkraften den
Trager zu beschadigen, unter Umstanden giinstige Bedingungen fiir den Ein=
satz eigener Uberwasserstreitkrafte. Der Fiihrer weist jedoch nochmals dar=
auf hin, dafi der Einsatz der Seestreitkrafte seiner vorherigen Genehmigung
bedarf.
Die Seekriegsleitung steht, wie der Verbindungsoffizier der Kriegsmarine im
Fiihrerhauptquartier, Admiral Krancke, meldet, der Auffassung, dafi sich bei
der Geleitsicherung nur ein Trager befinde, vorlaufig noch skeptisch gegeniiber,
ist aber im iibrigen gleicher operativer Auffassung. Sie ist sich bewujSt, dafi
fiir den Einsatz der Uberwasserstreitkrafte in jedem Falle die vorherige Ge=
nehmigung des Fiihrers erforderlich ist und dajS der Einsatz iiberdies nach dem
Willen des Fiihrers nur gewagt werden darf, wenn nach menschlichem Er=
messen mit dem Verlust eigener grofierer Schiffseinheiten nicht zu rechnen ist.
Was die Stationierung von Seestreitkraften in Norwegen im Winter 1942/43
anbelangt, so wiinscht der Fiihrer, dafi im kommenden Winter dort eine mog=
lichst grofie Zahl von Uberwasserstreitkraften verbleibt. Die Aufenthalte in
der Heimat zum Zwecke der Uberholung bzw. Ausbildung soUen auf das
denkbar kiirzeste Mafi beschrankt werden. Der Oberbefehlshaber der Marine
hat dem Fiihrer bei seinem letzten Vortrag am 26. August auch hieriiber Mel=
dung gemacht. Dabei hat er sich hinsichtlich der Stationierung von Uber=
wasserstreitkraften in Norwegen von dem gleichen Gesichtspunkt leiten lassen.
Zur Zeit wird bei der Seekriegsleitung gepriift, inwieweit der Forderung des
Fiihrers noch durch weitere Verkiirzung des Heimataufenthaltes einzelner
Schiffe Rechnung getragen werden kann. Sobald das Ergebnis zu iibersehen
ist, wird es dem Fiihrer durch Admiral Krancke gemeldet werden.
713
B. Kriegstagebuch
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Die Lage hat sich gegen den Vortag nicht wesentl. verandert. Stadt und
Hafen von Noworossijsk werden weiter von Feindresten gesaubert. Auf den
Hohen ostw. Noworossijsk zahe Einzelkampfe, in der tiefen Flanke des V. AK.
siidl. Abinskaja feindl. Spahtrupptatigkeit. Siidl. Krasnodar und nordostw.
Tuapse (nordl. Hohe 1060) ebenso nordl. des Bsyb=Tales wurden fdl. Vor=
stofie abgewehrt. Auf dem Ostfliigel der H.Gr. konnten die Briickenkopfe liber
den Terek westl. Mosdok ervveitert und feindl. Angriffe zuriickgewiesen
werden. Nordl. Grosnij gelang es dem Gegner, zwischen den eign. Stellungen
einen Bahnhof zu besetzen. Wetter: bedeckt, windig, teilw. ortl. Regenschauer,
Wege iiberall befahrbar.
H.Gr. B:
Nordwestl. Astrachan stellten Fernaufklarer der 16. 1.D. (mot.) Farm Nr. 2
und 3 des Staatsgutes siidl. des Zabdyr=Sees feindfrei fest. Wiederholte An=
griffe des Russen aus Stalingrad wurden zuriickgeschlagen. Der Feind hatte
schwere Verluste. 29. 1.D. (mot.) erkampfte am friihen Morgen des gestrigen
Tages das Wolga=Ufer siidl. Stalingrad, nachdem die Stellung an der Bahnlinie
westl. davon genommen war. Nordwestl. Stalingrad gingen Inf.= und mot.=
Verbande gegen zahen Feindwiderstand nach Siiden und Siidosten vor imd
konnten eine Feindgruppe einschliefien. Angriffe langs der Wolga und auf die
Mitte der Nordfront des XIV. Pz.Korps, die in Div.=Starke vorgetragen wur=
den, konnten bis auf einen kleinen Einbruch in der Mitte der Front, der nur
voriibergehend war, abgeschlagen werden. Auch hier wieder besonders hohe
Feindverluste. Vor der ital. Front Spahtrupptatigkeit. Wechselvolle Kampfe
bei den ung. Formationen ostw. Swoboda. Nordwestl. Swoboda wurde ein
feindl. Angriff in der Don=Schleife siidl. Storoschewoje abgeschlagen und der
Ort selber z. gr. T. vom Feind gesaubert. Temp, warm, sonnig. Wege gut
befahrbar.
H.Gr. Mitte:
Im siidl. Teil aufier einem vergebl. Feindvorstofi westl. Bjelew und 2 Feind=
angriff en zwischen Spas Demenskoje und Juchnow zur Gewinnung der Roll=
bahn, die abgeschlagen werden konnten, keine bes. Kampfhandlungen. Wech=
selnd bewolktes Wetter, Strafien im Abtrocknen. Bei Rshew lebte der Angriff
wieder auf. Westl. Subzoff platzte ein eign. Vorstofi in den Feindangriff hinein.
Hier wird noch gekampft. Nordl. davon wurde ein Versuch des Gegners, iiber
die Wolga das Siidufer zu gewinnen, verhindert. Nordl. Rshew wurde ein star=
kerer Feindvorstofi abgewiesen. Nordwestl. Rshew mufite der Feind nach vor=
iibergehendem Einbruch in die eign. Stellungen bei einem eign. Vorstofi das ge=
wonnene Gelande wieder aufgeben und sich zuriickziehen. Nordostw. Rudnja
714
11. September 1942
(60 km westnordwestl. Smolensk) Bekampfung feindl. Partisanen. Wetter:
teilw. bewolkt, Strafie abgetrocknet.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmen=Sees stellte ein Spahtrupp die Gegend nordl. Staraja Russa
bis zum Lowat feindfrei fest. An Wolchow=Front Spahtrupptatigkeit.
11. Armee: Ein VorstoJS ostw. Bahnhof Mga in nordl. Richtung gewann gut
Boden. Am Nachm. wurde erneut zum Angriff (Bereinigung der Einbruchsstelle
siidl. Ladogasee) angetreten. Feindl. Versuche, ostw. Leningrad die Newa zu
liberschreiten, scheiterten.
Finnland
Siidfront: keine bes. Ereignisse.
GebAOK 20: Im Kandalaksdia=Absdin, wurde ein fdl. Vorstofi in Kp.=Starke ab=
gewiesen. Im riickw. Gefeditsgebiet der Liza=Front soil eine Ural=Div. neu einge=
troffen sein und zur Sicherung der Siidflanke eine Renntier=Skibrigade eingesetzt
sein.
An der Eismeer=Stra6e, in Gegend Nautsi, Bandentatigkeit. Eine Briidce und die
Kraftstromleitung zum Nid<^elwerk Kolosjoki wurden durdi Sprengungen besdiadigt.
Verkehr nur zeitw. behindert, Stromversorgung nidit unterbrodien.
Panzerarmee Afrika (10. 9.)
Sdiwadie feindl. Spahtrupptatigkeit, Artl.=Storungsfeuer in wediselnder Starke.
Einsatz der feindl. Luftwaffe durch Sandsturm behindert.
In der Zeit vom 30. 8. bis 9. 9. wurden insgesamt 170 feindl. Pz.Kampf= und
Pz.Spahwagen verniditet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 11. 9. 42
1. Raum um England:
6 Abschiisse durdi Flak.
Aufklarung im Seegebiet und Jabo=Angriffe auf Ashford und Bournemouth. Ober
Wirkung liegt keine Meldung vor.
Bei Nadit Minenabwiirfe an der engl. Kiiste.
Bei Sheerness 19.00 Uhr 3 Dampfer Kurs Nordost.
Bei Chatham 19.00 Uhr 1 Handelsschiff Kurs Nordost.
Im Seegebiet Dover— Dungeness 11 Vorp.=Boote, 3 S=Boote.
Im holl.=belgisdien Kiistengebiet 5 Einfliige, ins Reidisgebiet keine Einfliige.
2. Mittelmeer:
Stuka= und Jabo=Angriffe im Raum des Afrika=Korps auf Kraftfahrzeugansamm=
lungen und Batteriestellungen mit guter Wirkung. Bei einem Angriff auf den Flug=
platz Fajum Road wurden 3 Flugzeuge am Boden zerstort. 2 Abschiisse.
3. Ostfront:
81 Abschiisse.
Schwarzes Meer: Vor Gagri 13.00 Uhr 2 Frachter Kurs Nordwest, 1 Frachter,
1 Vorp.=Boot Kurs Siidost.
7-^5
B. Kriegstagebuch
Kaspisches Meer: Reger Schiffsverkehr.
Machatsch Kala ii. 9. 06.00 Uhr LB: 5 Frachter 13 000 t, 4 kleine Boote, 1 Hilfs=
kriegsschiff nach Siidosten auslaufend.
In Gurjew und in der Ural=Mundung 10.9. 13.18 Uhr LB: 62 Frachter 18500 t,
4 Kahne 3000 t, 35 Kahne ohne Tonnageangabe, 23 DUeichter 48 000 t, 36 Rad=
dampfer, 1 Schlepper, 7 Motorboote, 269 kleine Fahrzeuge, 2 Landbagger, 2 Prahme.
Eismeer: Bei Eina Guba wurde ein Barackenlager angegriffen.
Bei Pikschujew wurden ein Barackenlager und Ausladungen mit guter Treffer=
wirkung angegriffen.
Zwischen Eina und Holzbucht 07.00 Uhr 2 Kan.=Boote, 6 Kutter kreuzend.
Im Siidteil der Ura=Bucht 5 leichte Fahrzeuge vor Anker.
Island nordlich Langanes 14.28 Uhr 1 Zerstorer Kurs 10 Grad.
Aufklarung mit 6 FW 200 nordlich Island 74 Grad Nord nordl. und ostwarts
Jan Mayen ergab keine Feindsichtung. Wetter schlecht, Regen, Schneeschauer, Nebel,
Sicht 1 km.
12. September 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidl. Noworossijsk nach hartem Kampf das letzte Kiistenfort genommen.
Ein Versuch des Feindes, die ostw. Noworossijsk auf den Hohen kampf enden
eign. Truppen umfassend anzugreifen, wurde abgeschlagen. Nordostw. Tuapse
haben sich nordl. der fiohe 1060 die vergeblichen Feindangriffe gestern wieder=
holt. Westl. Mosdok gelang es einer Pz.=Sto6gruppe, die fdl. Linien siidl.
des Terek zu durchbrechen und nach Westen iiber den Kurp vorzustofien. Eine
siidl. am Kurp gelegene Stadt wurde als stark feindbesetzt festgestellt. Nordl.
Grosnij wurde ein Versuch des Feindes, mit einem Panzerzug gegen die eign.
Linien vorzugehen, durch rechtzeitige Sprengung der Gleise verhindert. Nordl.
der Eisenbahn mehrere Orte als feindbesetzt gemeldet (Beschtoff und siidl.
davon). Fernpatrouille Justa hat die Gegend Sarpa— Justa feindfrei festgestellt.
KGr. B:
Der Angriff auf Stalingrad schreitet welter fort. Siidl. Stalingrad konnte die
Landbriicke bis an die Wolga nach Siiden erweitert werden. Nordl. Stalingrad
wurde von den hier angreifenden Inf.Div.en die Verbindung mit den im Nor=
den stehenden Panzerverbanden aufgenommen. Die Vernichtung der hier
eingeschlossenen Feindteile ist noch nicht abgeschlossen. An der Nordfront der
Landbriicke wiederholte der Feind seine vergeblichen Angriffe zwischen Wolga
und Eisenbahn. Siidostw. Serafimowitsch konnte ein fdl. Angriff abgeschlagen
werden. Die Absicht des Feindes, bei Bolschoi an der Trennungslinie zwischen
der deutschen und ital. Inf.Div. durchzubrechen, wurde durch einen ital. Ge=
genstofi verhindert. Nordwestl. Swoboda konnten die ung. Div.en in der Don=
schleife weiterhin nach Osten Boden gewinnen.
716
12. September 1942
H.Gr.Mitte:
Bei 2. Pz.=, 4. und 3. Pz.Armee keine besonderen Kampfhandlungen. Westl.
Subzoff wiederholte der Russe seine Pz.=Angriffe beiderseits der Wolga und
der Strafie Subzoff— Rshew. Telle I.D. „Gr.=Deutschland'', die als Reserve ein=
gesetzt waren, konnten die Angrlffe zuriickschlagen. Mehrere Feindpanzer
wurden erledigt. Auch nordl. Rshew waren mehrere Pz.=Angrlffe der Russen
erfolglos.
H.Gr. Nordl
An der Wolchow=Front Spahtrupptatigkelt. Bei Salzy versuchte der Feind,
den Briickenkopf elnzudriicken. Unter dem Verlust von 6 Panzern mufite er
das Vorhaben einstellen. Siidl. des Ladoga=Sees griff der Feind auch heute
wleder die Stellungen der eign. Div.en an. Der starkste Angriff war auf der
Newa=Front. Alle Angrlffe wurden bisher abgeschlagen. Aufklarung bestatigte
Starke Belegung der Bahn von Wolchowstroy nach Leningrad und Marsch=
kolonnen aus dieser Rlchtung. Aufierdem wurde ein Befehl des Krlegsrats der
Wolchow=Front erbeutet, demzufolge, „koste es was es wolle'', der Feind die
Verblndung nach Leningrad erkampfen will.
Finnland
Im Abschnitt Kandalakscha wurden felndl. Angrlffe unter hohen Verlusten fiir
ihn abgewiesen. Die fdl. Aufkl.=Tatigkeit in dlesem Abschnitt 1st sehr rege. Leb=
hafter Schlffsverkehr In der Motowskl=Bucht in Rlchtung Flscherhalblnsel beob=
achtet.
Afrika
Nach Meldung des Deutsch. Generals Im H.Qu. der Ital. Wehrm. iiber die Lage
am 11. 9. um 13.00 Uhr.
Bei Marsa Matruh beschossen felndl. Flugzeuge eln deutsches Sanltatsflugzeug.
Elner In dlesem transportlerter Verwundeter wurde getotet. Weltere emeut verletzt.
Das Ital. Laz.=Schlff „Arno" wurde In der Nacht 9./10. 9. nordl. Derna von felndl.
Seeflugzeugen versenkt. Das Schlff war vollstandlg beleuchtet, wahrschelnllche Ver=
luste: '70 Mann.
Meldung der Panzerarmee liegt noch nlcht vor.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 12. 9. 42
1. Raum um England:
Bel Tage Aufklarungstatlgkelt und Jaboangriff auf Salisbury ohne beobachtete
Wlrkung. Aufierdem Vermlnung an der engl. Ostkiiste. Keln Nachtelnsatz.
Ostwarts Harwich 19.00 Uhr 4 Frachter, 3 Zerst. Kurs 200 Grad.
Hafen Brixham 15.00 Uhr 1 Frachter 4 000 t, 50 Boote.
Siidlich Portland 09.43 Uhr 2 Frachter Kurs Ost.
Hafen Plymouth 15.00 Uhr 2 Schlachtschiffe davon 1 Im Dock, 3 Krz. davon 1 im
Dock, 2 Zerst. 2 U=Boote, 1 Fahrgastschiff 15 000 t, 1 Frachter etwa 6 500 t und
ungefahr 100 kleine Fahrzeuge, 3 Wohnschlffe.
717
B. Kriegstagebuch
Hafen Dartmouth 15.00 Uhr 8 Frachter 15 000 t und 60 Boote.
In der Jyalmiindung 15.00 Uhr 15 Boote.
In besetzten Westgebieten und im Reichsgebiet keine Einfltige.
6 Durchfliige in Norwegen ohne Bombenabwurf und Schadensmeldung.
10 km nordnordostlich bei Bayeux 1 engl. Landungsboot von Infanterie be=
schossen. Boot gesunken, 3 Gefangene.
2. Mittelmeer:
Unterstiitzung der Panzerarmee Rommel und Angriffe auf Panzeransammlungen
und Kraftfahrzeuge mit guter Wirkung.
2 Abschiisse.
In der Nacht vom 11. zum 12. 9. wurde Malta durch ital. Flugzeuge angegriffen.
5. Ost front:
^7 Abschiisse.
Schwarzes Meer. Batum 11. 9. 09.19 Uhr 1 Kriegsschiffrumpf, 1 schwerer Krz.,
1 Zerst., 1 Geleitboot, 4 U=Boote, 9 Raumboote, 7 Tanker je 6—yooo t, 5 Fahrgast=
schiffe 17000 t, 11 Frachter 27200 t, 6 Kiistenfahrzeuge zus. 3000 t.
Otschemtschiri 11. 9. 08.36 Uhr 5 U=Boote, 5 Raumboote, 2 S=Boote, 1 Frachter
1000 t, 1 Kiistenfahrzeug, 10 kl. Boote, 1 Schwimmkran.
Suchum 11. 9. 07.41 Uhr 1 S=Boot, 1 Tanker 7000 t, 2 Frachter 2500 t, 1 Rad=
dampfer, 5 Kiistenfahrzeuge zus. 1000 t, 35 Boote, 1 Schwimmdock.
Sotschi 11. 9. 10.54 Uhr LB 8 Raumboote, 2 Frachter zus. 3000 t, 4 Kiistenfahr=
zeuge 1100 t und eine Anzahl Boote.
Tuapse 11. 9, 08.17 Uhr 4 S=Boote, 2 Minenraumboote, 2 Schwimmkrane.
Zwischen Gelendshik und Adler 12. 9. 07.00 Uhr 4 Handelssch. Kurs Siidost, 10
Schiffe Kurs Nordwest.
Kaspisches Meer. Machatsch=Kala 11. 9.09.55 Uhr LB 6 Frachter 4500 t, 40 Fahr=
zeuge, vor dem Hafen ein Schleppzug, 1 Olleichter 10 000 t, 3 Frachter 6700 t, 5 Leich=
ter 3000 t.
Krasnovvodsk 11. 9. 11.32 Uhr 2 U=Boote, 2 Kanonenboote, 8 Tanker 20 300 t,
^6 Frachter 49 600 t darunter 20 mit Decksladung, 4 Motorschlepper, 4 Dlleichter,
50 Boote.
Astrachan 12. 9. 06.45 Uhr 6 Tanker 15 000 t, 38 Lastkahne 42 000 t, 21 Schlepper,
150 kl. Boote vor Anker, 5 Schlepper, 3 Kahne Kurs Nord, 3 Schlepper, 1 Kahn Kurs
Sud.
Stalingrad 11. 9, 15.02 Uhr 3 kl. Dampfer, 3 Schlepper, 3 Kahne, 1 gr. Dampfer,
1 kl. Dampfer Kurs Nord.
Lebhafter Verkehr auf der Wolga.
Eismeer. Aufklarung gegen PQ 18 ist bekannt. 12.50 Uhr 17 Ost 2840, 8 Zerst.,
Kurs 240 Grad.
Kanin Noss 09.30 Uhr 5 Vorposten=Boote ohne Kursangabe, 1 Frachter 4000 t,
1 Vorposten=Boot Kurs Ost.
13. September 1942
Lagebericht OKH
[Befehl des Fuhrers betr. Ablosung abgekampfter Divisionen aus dem
Osten^.]
1 OKW/WFSt/Nr. ^^i^gi g.Kdos. Chefs, vom 13. September 1942 im Dokumenten=
Anhang Nr. 24.
718
13. September 1942
Osten
H.Gr. A:
Rum. Kav.Div.en saubern dasGelande siidl. und siidostvv. vonNoworossijsk.
Ostw. Noworossijsk noch Kampf um das Hohengelande. Angriffe des Feindes
nordl. und nordostw. von Tuapse wurden abgeschlagen. Nachdem ein fdl. An=
griJfiF nordl. des Bsyb=Tales auf die dort stehenden Geb.=Formationen vergeb=
lich war, versuchte der Gegner, im umfassenden Angriff durch die Schluchten
die Versorgungsstralie anzugreifen. Er wurde unter schweren Verlusten zu=
riickgeschlagen. Auch ein Angriff der Russen am Maruschki=PajS blieb erfolg=
los. Teile der 13. Pz.Div. im Kampf um Chamidia. Ostw. des Kurp stiefien
weitere Pz.=Kraf te nach Siiden vor, nahmen Malbogek 25 km siidsiidwestl. Mo=-
dok und hielten die Stellung gegen feindl. Angriffe. Nordwestl. Grosnij muli=
ten die eigenen Stellungen an der Bahnlinie bis an den Westrand Nekanskaja
gegen Feinddruck zuriickgenommen werden. Die Gegend nordostw. Nekan=
skaja feindfrei.
Wetter: trocken, warm, plus 25 Grad.
H.Gr. B^:
Der Angriff gegen Stalingrad schreitet gegen die zah verteidigte Befesti=
gungsanlage am Rande der siidl. Vororte langsam vorwarts. Teile der siidl. der
Bahnlinie Kalatsch=Stalingrad angreifenden Pz.= und mot.Div.en erreichten das
Fabrikgelande eines siidl. Vorortes. Hier noch harter Kampf. Auch die auf die
Mitte und den Nordteil der Stadt vorgehenden eigenen Inf.= und Pz.=Ver=
bande sind im weiteren Vordringen nach Osten und Siiden. Von Norden her
wiederholte der Feind seine vergebl. Angriffe auf die Stellungen zwischen Wol=
ga und der Eisenbahn. Auf die Naht zwischen deutschen und ital. Formationen
siidl. der Miindung des Choper=Flusses wurden Feindangriffe im Gegenstoli
zuriickgeschlagen.
Am Siidteil des Don=Bogens siidl. Mamon warfen ital. Formationen den
Feind iiber den Don zuriick. Westl. Swoboda siidl. des Don=Bogens gelang dem
Gegner ein tiefer Einbruch. Gegenstofi im Gange. In den Don=Bogen nordl.
davon konnten ungar. Formationen mehrere Hohenstellungen im Sturm neh=
men. Nordwestl. Liwny wurde ein Feindvorstofi abgewiesen.
Wetter: Klar, sonnig, plus 18 Grad.
H.Gr. Mitte:
Von Suschinitschi aus nach Siiden starker Kolonnenverkehr beobachtet. Ostw.
Wjasma wurden Feindangriffe in Batl.=Starke abgewehrt. Auch beiderseits der
Wolga bei Subzoff und siidl. davon mufite der Feind nach schweren Verlusten
seine Angriffe abbrechen. Im Raum Demidoff erfolgreiche Bekampfung der
Partisanen. Wetter: heiter, windig.
Befehl des FUhrers OKH/Gen.St.d.H./Op (I SIB) Nr. 420710/42 g.Kdos. Chefs,
vom 13. September 1942 im Dokumenten=Anhang Nr. 23.
719
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmensees: Von der Landbriicke nach Norden gefiihrte Angriffe
einer Jager=Formation batten Erfolg und warfen fdl. Gegenstofie zuriick. An
der Wolchow=Front Artl.= und Sto6trupp=Tatigkeit. Siidl. Ladoga=See wurden
die erwarteten Angriffe der Russen durcb die dort eingesetzten Div.en der
Armee von Manstein abgescblagen.
Der Russe wiederholte aucb am gestrigen Tage seine Versuche, in Booten die
Newa siidl. Scbliisselburg zu iiberscbreiten. Nacb Verlust von 8 Booten stellte
er die Angriffe ein.
Finnland
Nordostfront: In der tiefen Nordflanke des Abschnittes des Kostenga wurde ein
starkerer fdl. Aufkl.=Vorsto6 abgewiesen. Im Abschn. Kandalasdika wurde ein
Feindangriff in der Bereitstellung zerschlagen.
Panzerarmee Afrika (12. 9.)
Panzerlage: deutsch: 179 (220)
ital.: 227 (242)
406 (462)
Anmerkung: Die Zahlen in Klammern geben die Lage vom 23. 8. an. VVeitere
Meldungen der Panzerarmee bisher nicht eingetroffen.
Nachtrag (13. 9.) :
Am 12. 9, auf ganzer Front normale fdl. Artillerie= und geringe Aufklarungs=
tatigkeit. Kraftegliederung unverandert.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 13. 9. 42
1. Raiim um England:
Bei Tage nur geringe Aufklarungstatigkeit.
Bei Start Point 21.35 Uhr etwa 12 Handelsschiffe mit Ballonsperren Kurs 90 Grad.
Kein Nachteinsatz.
Emfluge: 188, davon etwa 180 ins Reichsgebiet. 7 Abschiisse durch Jager, 7 durch
Flak. Schwerpunkt Bremen. Zahlreidie Spreng= und Brandbomben iiber gesamtem
Stadtgebiet, besonders iiber Stadtmitte und Siidstadt. Bisher uniibersehbare Brande
und Schaden fast ausschliefilich in Wohnvierteln. Verhaltnismafiig wenig Schaden in
Industrieanlagen. Zahlreiche Brande in offentlicKen Gebauden, Banken, Finanzamt,
in Jutespinnerei, in Francke=Werken (Flugmotorenreparatur), Borgwardt=Werken
(Torpedobau), Europa=Hafen (TecKnische Abteilung, 1 Schuppen und 1 Speicher),
Hachez Schokoladen=Fabrik, Bremer Lagerhaus am Weserkai (Schuppen 3), Gro6=
brand in Verpflegungsamt, Brande in der Standortsverwaltung.
Flugplatz Bremen=Neulanderfeld Treffer in einer Halle mit FW 190, Brandschaden
in Dienstriiumen.
Personenverluste vermutlich sehr hoch, zahlreiche Verschtittete. Ein Hauserblock
durch LM vollkommen zerstort.
Delmenhorst mehrere Sprengbomben. Delmenhorst Flugplatz eine Halle mit Flug=
zeugen getroffen, Flugzeuge fast alle geborgen.
Bei Einfliigen im Osten geringe Bombenabwiirfe auf Konigsberg und Insterburg
ohne besondere Schaden.
720
14. September 1942
Bei einem Einflug im Raum Ploesti— Bukarest— Cernovoda— Konstanza (einzelne
Flugzeuge bis Donau) wurden einige Sprengbomben auf Bukarest Stadt abgeworfen
ohne nennenswerten Schaden.
2. Mittelmeer:
Nordostwarts Alexandria 08.35 Uhr 6 S=Boote Kurs West, 2 Dampfer, 2 V=Boote
Kurs Ost.
Stuka= und Jabo=Einsatze gegen Kraftfahrzeug= und Truppenansammlungen sowie
gegen Flugplatz Burg El Arab. 2 Abschiisse durchJagd=Begleitschutz. Ergebnisse nicht
gemeldet.
5. Ostfront:
Schwarzes Meer: Gelendshik und siidostwarts davon 16.15 Uhr 74 kleine und
mittlere Boote, 1 Frachter, 5 Wachboote.
Kaspisches Meer: Nordostwarts Machatsch Kala 05.30 Uhr 2 S=Boote Kurs Siid.
Bei Machatsch Kala 07.45 Uhr 1 Dampfer 1000 t, 1 Vorp.=Boot Kurs Siidost.
Auf der Wolga zwischen Dubowka und Krasny Jar 05.50 Uhr 1 Schlepper und
1 Leichter, 1 Schlepper und 4 Leichter Kurs Nordwest, 1 Schlepper und 1 Leichter,
1 Schlepper, 2 Leichter und 1 Schlepper Kurs Siidost.
Eismeer: Vor der Kola=Kuste 09.40 Uhr 4 Vorp.=Boote, vor der Ostkiiste Island
11.05 Uhr 2 Vorp.=Boote.
PQ 18: 10.00 Uhr 17 Ost 2837 1 Kreuzer, 5 Zerstorer Kurs 160 Grad. 11.40 Uhr
07 Ost yyyo 1 Trager, 8 Zerstorer, 37 Dampfer Kurs 70 Grad, etwa 30 km siidwest=
lich des Geleitzuges 1 Dampfer 7000 t brennend und sinkend beobachtet. Letzter
Standort 03.05 Uhr 17 Ost 5780 Kurs 90 Grad Schlechtwettergebiet.
Es wurden eingesetzt vom Fliegerfiihrer Lofoten ^y Flugzeuge, davon 20 Bomber
und 37 LT=Flugzeuge; von Fliegerfiihrer Nord (Ost) 35 Flugzeuge, davon 17 Bomber,
18 LT=Flugzeuge.
Es wurden versenkt: 9 Handelsschiffe mit 61000 t.
Wahrscheinlich versenkt 1 Tanker und 5 Handelsschiffe mit 48 000 t.
Es wurden beschadigt: Etwa 10—12 Dampfer mit ungefahr 90000 t, wobei Doppel=
zahlung moglich ist.
In der Nacht vom 13. zum 14. geringfiigiger Einsatz. Erfolgsmeldung steht
noch aus.
14. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 14. September 1942
Der Kommandierende General des XXXXIX. Gebirgskorps, General der Ge=
birgstruppen Konrad, halt dem Fiihrer Vortrag iiber die Lage bei seinem Korps
(iiber seine Ausfiihrungen und die Bemerkungen des Fiihrers liegen keine No=
tizen vor)^.
Bei der Heeresgruppe A soil die SS=Div. „Wiking'' von der 17. Armee zum
Ostfliigel der 1. Panzer=Armee und dafiir die 46. Inf.Div. zur Armeegruppe
Ruoff verschoben werden.
Bei der Heeresgruppe B scheint nach Meldung des Generalobersten Freiherrn
1 Das erste erhalten gebliebene Stenogramm einer Ftihrer=Lagebesprechung (Fraga
ment Nr. 29) ist vom 1. Dezember datiert (vgl. Heiber, a. a. O., S. 50 ff.).
721
B. Kriegstagebuch
von Richthofen der feindliche Widerstand bei Stalingrad nachzulassen. Aus
diesem Grunde und Avegen der lebhaften Feindtatigkeit im Abschnitt der
italienischen 8. Armee und auf dem linken Fliigel der 6. Armee sollen die
loo. Jager=Div. (siehe 5. 9.) und die 22. Panzer=Div. (siehe 22. und 30. 8.) in
ihren jeztigen Raumen (hinter der italienischen 8. Armee und in der Don=
Schleife nordwestlich von Sirotinskaja) belassen und nicht in den Raum von
Stalingrad verschoben werden.
Der Fiihrer mochte den von der Heeresgruppe Mitte beabsichtigten Angriff
der 3. Panzer= Armee zur Bereinigung der Lage ostlich von Wjasma so bald wie
moglich durchgefiihrt haben. Nach dem heute vom Chef Gen.St.d.H. vorge=
legten Angriffsplan sollen hierzu eine starke Nordgruppe und eine schwachere
Siidgruppe gebildet werden. Bei der 9. Armee soil die Div. „Gro6deutschland''
aus der Front gezogen werden, da die feindlichen Angriffe bei Subzoff nach=
gelassen haben. Ober den von der Heeresgruppe Mitte vorgeschlagenen Angriff
zur Bereinigung der Lage im Raume von Rshew ist die Entscheidung noch nicht
gef alien. Wird er nicht durchgefiihrt, so kame ein Herausziehen der 72. Inf. Div.
und der 14. mot. Inf.Div. aus der vorspringenden Ecke westlich Subzoff in
Frage.
Bei der Heeresgruppe Nord soil im Flaschenhals morgen der Teilangriff der
170. Inf.Div. und am 18. September der Hauptangriff mit der 170. und 24. Inf.
und der 5. Gebirgs=Div. durchgefiihrt werden.
Im Bereich des Oberbefehlshabers West soil auf Anordnung des Fiihrers die
siidwestlich von Angers stehende 7. Panzer=Division erst dann weiter nach Su=
den verlegt werden, wenn eine weitere schnelle Division im Westen eingetrof=
fen ist. Die Transporte zur Evakuierung der britischen Kanalinseln sollen am
16. September beginnen.
Kampfkrafte der Luftflotte 5 haben gestern den britischen Geleitzug PQ 18
angegriffen. Ober das Ergebnis liegen keine naheren Meldungen vor.
In Libyen wurde in der vergangenen Nacht ein britischer Landungsversuch
bei Tobruk vereitelt.
[Verfugung OKW/WFSt/Op. Nr. 00^142/42 g.Kdos. v. 14. 9. 42 betr. Ver=
starkungen (Materiallieferungen) fur Pz.Armee Afrika und Kreta.]
Eriauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Generaloberst Haider fiihrt in seinem Tagebuch als Gegenstand des Vortrags
von General Konrad „Aussprache iiber Ansatz (des) Gebirgskorps" an. Hitler be=
gann damit — und wahrscheinlich auch mit der anschliefiend von Greiner vermerkten
Krafteverschiebung- — , seine zusatzliche Aufgabe als Oberbefehlshaber der H.Gr. A
wahrzunehmen.
2 Nach dem Lagevortrag vom 15. September sollte die 46. Inf.Div. „wieder auf die
Krim zuriickverlegt" werden; Aufklarung dieser Gegensatze mangels Unterlagen
nidit moglidi.
722
14- September 1942
Die Meldungen Richthofens, obwohl erst wenige Wochen vorher (28. August) als
hochst unzuverlassig erwiesen, wurden auch hier wieder von Hitler unbesehen zum
Anlafi genommen, um in der Krafteverteilung der H.Gr. B herumzukommandieren.
Auffallend, aber aus den verfiigbaren Unterlagen nicht zu erklaren ist es aufierdem,
dafi Richthofen entgegen seiner Bestimmung zur Fiihrung der Fliegerverbande bei
Leningrad (s. 24. August und 5. September) sich offenbar noch immer im Raume
von Stalingrad aufhielt.
Hitlers Anordnungen fiir den Bereich der H.Gr. Mitte zeigen ihn erneut als „den
groSen Beweger" einzelner Divisionen, verbunden mit der Neigung, an alien mog=
lichen Stellen „die Lage zu bereinigen", statt in erster Linie Reserven zu bilden
und diese fiir den operativen Schwerpunktabschnitt der Gesamtfront bereitzustellen.
Im Westen schien diesmal Zeitzler mit der Verschiebung einer Pz.Div. nach Siiden
sogar noch schneller handeln zu wollen, als es Hitler beabsichtigt hatte (vgl. 9. Sep=
tember).
Dem Landungsversuch bei Tobruk kam nur die Bedeutung eines Kommando«
unternehmens zu.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Ostw. Noworossijsk wurde eine beherrschende Hohe gegen starken Feind=
widerstand genommen. Fdl. Angriffe am Maruschki=PaJS abgewiesen. Nordl.
des Elbrus stolit aus dem Baksan=Tal heraus eine Feindgruppe in westl. Rich=
tung vor. Gegenmafinahmen sind eingeleitet. Westl. Mosdok wurde von einer
Pz.Div. nach hartem Kampf Chamidia genommen und Feind nach Siiden zu=
riickgeworfen. Eine vveitere Kampfgruppe stieii in siidl. Richtung vor und
nahm nach hartem Kampf Nischnij Kurp. Auch ostw. davon stiefien Telle einer
Inf.Div. weiter nach Siiden vor. Auf die Spitzen der Angriffsgruppen starke
f eindl. Fliegerangriff e. An der Bahnlinie nordl. Grosnij verstarkt sich der Feind.
Nordl. der Bahnlinie bei Seliwankin fdl. Kolonnen von Osten her gemeldet.
H.Gr. B:
Siidl. der Bahnlinie bei Stalingrad drangen eign. Krafte nach Durchbrechen
der fdl. Stellungen weiter in die Vororte ein. Nordl. Stalingrad gelang es Inf.=
und Panzerverbanden, den Tatarengraben zu stiirmen und eine westl. Hauser=
gruppe von Stalingrad mit einer Kaserne zu nehmen. Von Norden her auf die
Landbriicke zwischen Wolga und Bahnlinie nur einzelne schwachere feindl.
Angriffe.
An der Donschleife bei Mamon und ostw. davon sowie ostw. Swoboda und
nordl. Woronesch wurden Feindangriffe abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
Westl. Subzoff wurden mehrere fdl. Angriffe abgeschlagen. Die feindl. Luft=
waffe griff wiederholt eigene Stellungen an. Auch ein Angriff nordl. Rshew,
der nach starker Artl.=Vorbereitung auf die Stellungen angesetzt war, hatte
keinen Erfolg. Der Feind hatte hier und bei Subzoff schwere Verluste.
723
B. Kriegstagebuch
H.Gr. Nord:
Im Demjansk=Abschnitt nordl. Bely Bor wurden Feindansammlungen durch
eign. Artl. zerschlagen. Wiederholte Angriffe auf die Stellungen siidl. Ladoga=
See wurden unter schweren Feindverlusten abgewiesen und Ansammlungen
in dieser Gegend durch Artl. zerschlagen. Vergebliche Ubersetzversuche des
Feindes an der Leningrad=Front iiber die Newa siidl. Schliisselburg.
Finnland
Siidostfront: Nadi starker Artl.=Vorbereitung und unter Einsatz von 5 Panzern
und einem Panzerzug griff der Feind einen vorgeschobenen Stiitzpunkt an und
wurde nach voriibergehendem ortl, Einbrudi wieder zuriickgeworfen. Feindverluste
etwa 1I/2 Komp.n und 1 Panzer. Ein Teil des Panzerzuges wurde zerstort.
Nordostfront: Im Abschnitt Murmansk landeten die Russen in Starke von
2 Komp.n am Siidufer der Motowski=Bud\t. Nach Zerstorung von 2 Stiitzpunkten
zog sidi der Gegn, wieder nach Eina Guba auf der Fischerhalbinsel zuriick. Nach
Gefangenenaussagen soli etwa um den 15. 9. ein Angriff von der Fischerhalbinsel
geplant sein mit dem Ziel, die Verbindung mit der Liza=Front herzustellen.
Panzerarmee Afrika (13. 9.)
Seit Mitternacht 13./14. 9. feindl. Landungsversuch bei Tobruk im Gauge. Nach
bisher vorliegenden Nachrichten handelt es sich anscheinend um Unternehmen in
kleinem Rahmen. Italienische Marine hat gemeldet^ dafi auf der Siidseite der
Tobruk=Bucht aufierhalb der Hafensperre bei Umm=el=Sciause (3 km siidostw. der
Stadt) schwache Feindkrafte, anscheinend von U=Booten, gelandet wurden. Nach
anderen widersprechenden Nachrichten hat der Gegner angeblich ein Fort genom=
men. Andererseits soil es sich bei den gelandeten Kraften nur um einen Sabotage=
trupp handeln.
Westen
Franzosische Kanalkiiste:
Am 15. 9. 00.30 Uhr Versuch eines engl. Offiziersto6trupps, in Starke von 3 Offi=
zieren und 2 Mann bei Vierville sur Mer (etwa 45 km nordostw. Caen) in einem
kleinen Boot zu landen. Der Stofitrupp hatte den Auftrag, Gefangene einzubringen.
Er wurde von der eigenen Abwehr vernichtet.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 14. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarungsfliige.
Bei Nacht kein Einsatz.
Bei Dungeness 06.17 Uhr 20 Boote Kurs Siidwest.
Einfliige: 105, ins Reichsgebiet 100. Abschiisse: 1 durch Jager, 1 durch Flak,
2 durch Marineartillerie. Eindringtiefe Helgoland— Hamburg— Bremen— Papenburg.
Schwerpunkt Wilhelmshaven. Es wurden auf Wilhelmshaven abgeworf en 100 Spreng=
bomben, 20 Lzz., 12 000 Brandbomben, 400 Phosphorbrandbomben. In der Stadt
^o Brande, davon 20 Grofibrande. Auf den Werften nur kleine Brande, bereits
geloscht. Wahrscheinlich kein Produktionsausfall. Loscharbeiten durch Ausfall
Wasserversorgung erschwert. 100 Hauser vollig zerstort, ^80 schwer, 720 leicht
beschadigt. Es wurden beschadigt Hauptbahnhof, Giiterbahnhof, 2 Gasometer
724
14. September 1942
(Gasversorgung fallt bis auf weiteres aus), Marinelazarett, 2 Krankenhauser, Gar»
nisonkirche schwer beschadigt. Bei Marineflak Batterie „Tirpitz"=Hafen durch VolU
treffer 2 10,5 ausgef alien. Flakstand Strandhalle Riistringen mit Munition explodiert.
Bei Flakunterkunft Sperrstelle 17 eine Unterkunft vollig zerstort. Personalausfalle:
3 Soldaten gefallen, 13 verletzt. 14 Zivilisten tot, 51 verletzt, etwa 50 verschiittet.
3500 Obdachlose.
Bei Angriff auf Fliegerhorst Jever eine Baracke ausgebrannt.
Bahnhof Sande beschadigt.
In Varel und einem Dutzend Orte Brandschaden.
Nachmeldung zum Angriff auf Bremen: Brande zum Teil noch nicht geloscht,
jedoch eingedammt. Focke=Wulff einige Wochen 20 Vo Ausfall. Lloyd Dynamo Tank=
anlage und einige Hallen zerstort, Maschinen erhalten, wegen Entgiftung infolge
Brandbomben einiger Produktionsausfall.
Klein=Schanzlin (Pumpen und Hilfsmaschinen fiir Marine) Fertigungshalle ge=
troffen, vorlaufig 100 Voiger Ausfall.
2. Mittelmeer:
06.37 Uhr in 23 Ost 8211 1 vermutlich leichter Kreuzer, 6 Zerstorer. Gruppe nahm
ab 11.00 Uhr von Tobruk zuriickkehrende Krafte auf.
Nordlich Alkim 08.00 Uhr 1 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote, 1 Handelsschiff Kurs 40
Grad.
Uber Tobruk wurden nachts 10 Abschiisse erzielt.
Am 14. 9. erzielte die Luftwaffe folgende Erfolge gegen die auf Tobruk angesetz=
ten Feindkrafte:
10.15 Uhr auf einem Kreuzer 9 Volltreffer (250 kg Bomben), brennend liegend
geblieben, 1 Zerstorer ein Volltreffer, mehrere Nahtreffer, Rauchentwicklung;
12.05 Uhr 1 S=Boot mit Truppen beladen versenkt;
15.00 Uhr 1 Zerstorer Volltreffer, Brandentwicklung beobachtet.
Suez 14.9. 08.00—09.30 Uhr LB (teilgedeckt wegen Wolken): Dlhafen: 5 Tanker
30 000 t, 5 Frachter 16 000 t. Port Taufie 10 Frachter 40 000 t, 1 Zerstorer, 1 Vorp.=
Boot; auf Reede Begleitschiff „Woolwich", 1 Wohnschiff, 1 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote,
28 FradKter 125 000 t, 4 Tanker 16 000 t; Timsah=See 5 Frachter 22 000 t, 1 Trans=
porter 7 900 t, 1 Hilfsschiff ; Gr. Bittersee 2 Frachter 10 000 t.
3. Ost front:
79 Abschiisse.
Schwarzes Meer: Gelendshik zwischen 05.30 und 12.10 Uhr: Im Hafen und an
der Kiiste 45 kleine Schiffe, 1 Frachter, verschiedene Kurse.
Wolga: Kamyschin 07.57 Uhr LB: 19 Lastkahne 21000 t, 5 Schlepper. Auf der
Wolga 1 Schlepper und 1 Kahn siidgehend.
Ladoga=See am 13. 9. nordlich Leuchtturm Karetscha aus einem Geleit 1 Frachter
versenkt, 2 Frachter beschadigt (keine Tonnagenangabe).
Ostwarts Neuladoga 13. 9. 1 Bewacher beschadigt, brannte.
Eismeer: Nordwestlich Jokonga 10.00 Uhr 2 Frachter, 1 Vorp.=Boot Kurs Siidost.
Hafen Jokonga 09.50 Uhr 1 Frachter 2—3000 t, 6 Kiistenfahrzeuge.
Siidlich Kanin Noss 07.26 Uhr 4 Frachter, 1 Vorp.=Boot, etwa 330—340 Grad.
Kap Woronowo 2 Frachter 2—4000 t, 1 Vorp.=Boot vor Anker.
Gegen PQ 18 erzielte die Luftwaffe gema6 Vorausmeldung am 14. 9. folgende
Ergebnisse:
Es wurden versenkt: 6 Schiffe mit 49 000 t, 1 Zerstorer, beschadigt: 3 Schiffe mit
21 000 t.
Auf Trager 1—3 LT=Treffer moglich.
7^5
B. Kriegstagebuch
15. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 15. September 1942
Die Lage an der Ostfront ist im allgemeinen unverandert. Bei der Heeres=
gruppe Nord ist der fiir heute vorgesehene Teilangriff der 170. Inf.Div. auf
morgen verschoben worden.
Auf Anordnung des Fiihrers soil der im Mittelmeer verfiigbare Schiffsraum
mit Schwerpunkt fiir die Transporte nach Kreta, in zweiter Linie fiir die Trans=
porte nach Afrika und erst in dritter Linie fiir Transporte im Schwarzen Meer
eingesetzt werden. Weiterhin soUen die in Italien stehenden deutschen Trup=
pen um zwei Drittel vermindert werden. Schliefilich befiehlt der Fiihrer noch,
dali die Flakschule nicht, wie die Luftwaffe mochte, nach Palermo, sondern
nach Bordeaux verlegt wird.
[Befehl des OKW/WFSt uber die geschlossene Unterhringung deutscher SoU
daten in den hesetzten Ostgebieten.
Besorgnis des W.B. SUdost wegen des mangelhaften Schutzes der Bauxit=
gebiete von Mostar durch ital. Krafte.]
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Aufzeichnungen Greiners iiber die Verwendung des Schiffsraumes im MitteU
meer weichen von den entsprechenden Richtlinien des erst tags vorher erlassenen
Befehls fiir die „Verstarkung Kretas und Nordafrika" insofern ab, als danach die
Transporte nach Kreta erst „in erhohtem Mafie durchzufiihren" sein sollten, „sobald
die Versorgung der dt.=ital. Panzerarmee in Nordafrika ausreichend sichergestellt"
worden sei. Da aber schon diese gewundene Ausdrucksweise einen Kompromifi
zwischen Hitlers standigem Bedacht auf die Sicherheit Kretas und den — nach
Ansicht des WFStabes — unverhaltnismafiig viel dringenderen Bediirfnissen Nord=
afrikas andeutet, ist es durchaus moglich, dafi die oben erlassenen Anordnungen
wieder geandert werden mufiten. Fiir die Transporte im Schwarzen Meer, die nach
friiheren Absichten, besonders nach Noworossijsk, nicht friih genug beginnen konn=
ten, um die Mangel des Nachschubs iiber Land auszugleichen, diirfte hiernach kaum
etwas an Schiffsraum iibrig geblieben sein, Wieder einmal durchbrach der Grund=
satz „Sicherheit iiberall" die Notwendigkeiten einer Schwerpunktbildung.
Greiners Notiz, da6 „die in Italien stehenden deutschen Truppen um zwei Drittel
vermindert werden" sollten, ist dem Verfasser nicht recht verstandlich. Da Verbande
des deutschen Heeres damals gar nicht in Italien lagen^ die Luftflotte 2 aber nach
dem mehrfach erwahnten Befehl Hitlers vom 14. September sogar noch verstarkt
werden sollte und die geringen Abstellungen der deutschen Kriegsmarine fiir die
mit dem gleichen Befehl geforderten Transportaufgaben ganz unentbehrlich waren,
konnte es sich wohl nur darum handeln, da6 die aus dem Durchgangsverkehr nach
Nordafrika entstandenen, territorialen Einrichtungen der Wehrmacht personell be=
schrankt werden sollten. Aber auch diese Anordnung ware fiir die in Italien unter=
gebrachten Nachschub= und Versorgungsdienste der Nordafrika=Armee nur insoweit
1 Die fiir den Landungsangriff gegen Malta im Friihjahr 1942 versammelten Ein=
heiten des Heeres und der Luftwaffe waren inzwischen aufgelost bzw. nach Nord=
afrika iiberfiihrt worden.
726
15. September 1942
durchfiihrbar gewesen, als etwa italienisches Personal zum Ersatz des deutschen
zur Verfiigung gestellt worden ware, Es ist moglich, da6 Mussolini aus politischen
und wirtschaftlichen Griinden ein derartiges Ersuchen an Hitler gestellt hat. General
Warlimont sind aber weder die Tatsachen als solche noch irgendwelche Folgen
daraus erinnerlich. Wie wenig eine Anordnung dieser Art den wirklichen Bediirf=
nissen der Lage im Hinblick auf die im Oktober und besonders im November 1942
eintretenden Ereignisse entsprochen haben wiirde, braucht kaum erwahnt zu werden.
Die Flakschule wollte Hitler, abgesehen von den oben erorterten Bestrebungen
zur Verminderung der deutschen Truppen in Italien und von den schwierigen Ver=
kehrsverhaltnissen nach Sizilien, sicher auch deswegen nach Bordeaux verlegt wis=
sen, well er sich davon eine zusatzliche Sicherung des siidfranzosischen Kusten=
abschnitts versprach.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Eign. Krafte im schweren Kampf um Fabrikgelande sudostvv. Noworossijsk.
Abwehr feindl. Gegenangriffe ostw. der Stadt. In der Siidflanke zunehmende
fdl. Spahtrupptatigkeit. Nordl. Suchum nordl. des Bsybtales feindl. Artl. Ein
Angriff auf den Pafi nordl. des Oberlaufes der Tschohalta wurde abgewiesen.
Siidl. des Terek konnte 13. Pz.Div. Werchnij Kurp am Oberlauf des Kurp
gegen starkere Feindangriffe halten. Nordostw. davon greift der Feind die hier
vorgehenden eign. Krafte an, wahrend bei Chamidia ein fdl. Angriff abgewie=
sen wurde. Russ. Vorstofi nordl. Ischerskaja hatte keinen Erfolg. Wetter:
wechselnd bewolkt, teilw. Regen, im Hochkaukasus Schneestiirme.
H.Gr. B:
Westl. Chanata Feind in ausgebauten Stellungen. Der Kampf um die Fe=
stung Stalingrad zeichnet sich durch besondere Zahigkeit und Verbissenheit
des Gegners aus. Die siidl. der Bahnlinie angreifende 94. 1.D. drang in die
siidl. Vorstadt ein und schlug fdl. Angriffe von der Wolga her ab. Nordl. der
Bahn gelang es einer Div., durch die Stadt durchzustofien und das Wasserwerk
am Westufer der Wolga zu erreichen. Nordl. davon konnten Telle einer an=
deren Div. gegen zahen Widerstand in die Stadt eindringen. Angriffe von Nor=
den zwischen Wolga und Bahn unter hohen Feindverlusten abgeschlagen. Der
Versuch des Gegners, auf dem linken Flugel der Div. „Pasubio'' sudostw. Ka=
sanskaja den Don zu iiberschreiten, konnte verhindert werden. In der Don=
Schleife nordwestl. Swoboda gehen eign. Pz.=Krafte zum Angriff vor. Wetter:
wechselnd bewolkt, teilweise Regenschauer.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Suchinitschi starkere Feindbewegungen. Im Raum Juchnow und siidl.
davon feindl. Kolonnen unter eign. Artl.=Feuer. Ein kleinerer Feindvorstofi
nordl. davon wurde abgewehrt. Im Raume nordostw. Gshatsk lebte das fdl.
727
B. Kriegstagebuch
Artl.=Feuer wieder auf. Siidostw. und nordl. Rshew griff Feind auch gestern
wieder mit erheblichen Kraften an. Mit Ausnahme eines Einbruchs nordl. von
Rshew in die eign. Stellungen am Stadtwald, der bereinigt werden konnte,
wurden alle Angriffe abgeschlagen. Auf den Stellungen nordwestl. Rshew liegt
starkes f dl. Artl.=Feuer. Im Zuge des Partisanenunternehmens im Raume nordl.
Smolensk gingen eign. Sicherungskrafte nach Nordosten vor.
Wetter: zeitweise bedeckt, Wege durch Regengiisse z. T. verschlechtert.
H.Gr. Nord:
Ein eign. Angriff im Raume Poroschki an der Wolchow=Front konnte eine
feindl. Stellung in 600 m Breite aufrollen. Bei Salzy und im Kessel westl.
davon vergebliche Feindvorstofie. Die bei der 28. Jg.Div. siidl. des Ladogasees
eingebrochenen Feindteile wurden eingeschlossen und verengt. Nach Erd= und
Luftaufklarung ist an der Ostfront siidl. des Ladogasees mit 60—70 russ. Bat=
terien, an der Newa=Front mit 25—30 zu recKnen. Die beiden hier eingesetzten
deutschen Korps setzten Zermurbungs= und Zerstorungsfeuer fort.
Finnland
Auf der Landenge lebhafte Sto6= und Spahtrupptatigkeit.
Nordostfront: Im riickwartigen Gebiet westl. Alakurtti versuchte eine fdl. Sto=
rungsgruppe, die Bahnlinie durch Sprengung aui2er Betrieb zu setzen. Der Spreng=
trupp wurde spater tot aufgefunden.
Panzerarmee Afrika (14. 9.)
Agypten: 22. Pz.Brig. erneut unter 10. Pz.Div. bestatigt.
Wahrend der Nadit vom 13. zum 14. 9. starkes feindl. Artl.=Feuer auf ganzer
Front. Bombenangriffe auf Marsa Matruk und El Daba.
Am 14. 9. normale beiderseitige Artl.= und Spahtrupptatigkeit sowie lebhafte
feindlidie Luftaufklarung.
Cyrenaika: Die in den Morgenstunden des 14. 9. in Tobruk gelandeten brit.
Krafte wurden bei geringen eign. Verlusten vernichtet. Hierbei wurden iiber 300 Ge=
fangene gemacht, mehrere Landungsboote sowie Waffen und Gerat erbeutet. Meh=
rere fdl. Kriegssdiiffe, Begleit= und Landungsboote wurden versenkt bzw. be=
sdiadigt.
Feststellung der Truppenzugehorigkeit der gelandeten Feindkrafte noch nidit
abgeschlossen.
Nadi vorgefundenen Beutepapieren hatte der Gegner den Auftrag, die Hafen=
anlagen zu zerstoren und die Sdiiffe im Hafen zu versenken. Nach bisher vorliegen=
den Nachrichten handelt es sich um Commando= oder Marinetruppen, die zuletzt
in Syrien und Palastina gewesen sein sollen.
Feindl. Sabotagetrupps wurden bei Bengasi und Barce durch ital. Truppen auf=
gerieben. Mehrere Gefangene eingebracht, einige Lkw vernichtet. Nach bisher vor=
liegenden Nachrichten ist es dem Gegner gelungen, auf dem Flugplatz Barce einige
Flugzeuge zu zerstoren.
Der Dt. Gen. b. H.Quartier der ital. Wehrm. meldet iiber die Lage am 14. 9. um
13.00 Uhr:
5^28
15- September 1942
Nordafrika: Nach einer beim Comando Supremo vorliegenden unbestatigten
Meldung hat der Feind bei seinem Landungsversuch in der Nacht 13./14. 9. bei
Tobruk auch Fallschirmjager abgesetzt. Z. Z. sind noch Sauberungsaktionen und
Nachsuchen nach noch an Land befindlichem Feind im Gange.
Mittelmeer: Auf zwei ital. Flugplatzen der Insel Rhodos wurden 13 ital. Flug»
zeuge durch Sabotage zerstort. 10 verdachtigte Personen verhaftet.
Italien: Bei Motta S. Anastasia (Cantania) geriet am 13. 9. 23.30 Uhr ein deutsches
Munitionslager in Brand. Nachforschungen nach der Ursache sind im Gange.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 15. 9. 42
1. Raum um England:
Aufklarungstatigkeit bei Tage.
Bei Nacht Angriff mit 20 Flugzeugen auf Boston. Erfolgsmeldung steht noch aus.
Bei Ramsgate 20.00 Uhr 32 Dampfer 6—10 000 t, mehrere Bewacher Kurs Slid.
73 Feindeinfliige, davon etwa 20 ins Reichsgebiet. Eindringtiefe Emden— Wilhelms=
haven— Bremerforde. Keine Bombanabwiirfe, vermutlich Minenabwurf.
Am Nachmittag des 15. griff en xi Boston und 24 Spitfire Cherbourg an. Es wur=
den 14 Sprengbomben abgeworfen^ 1 Dampfer 13 700 t durch 2 Volltreffer in Brand
gesetzt. Elektrizitatswerk beschadigt. 4 Hauser zerstort, 20 beschadigt. U=Boot=
Kaserne Cherbourg schwer beschadigt. 1 Douglas DB VII und 1 Spitfire abge=
schossen.
In den friihen Morgenstunden erneuter Angriff auf Cherbourg. Keine besonderen
Schadensmeldungen.
Als Besonderes ist zu melden, da6 von Flugzeugen Blinkkorper ins Wasser ge=
worfen wurden. Es wird vermutet, daS diese Schiffsansammlungen vortauschen
sollten. Die Blinkkorper gaben nach Auftreffen auf das Wasser Blinkzeichen und
blinkten 45 Minuten lang.
2. Mittelmeer :
Jagdvorstofie gegen Malta, dabei 4 Abschiisse,
Fliegerfiihrer Afrika fiihrte Jabo=Einsatze gegen Kraftfahrzeugansammlungen im
Nordabschnitt der Alamein=Front mit guter Wirkung durch. Aufierdem wurde ein
Stuka=Einsatz durchgefiihrt, um feindliche Jager herauszulocken. Der starke Jagd=
schutz schofi dabei 22 feindliche Flugzeuge sicher, 3 wahrscheinlich ab. Dabei erzielte
Oberleutnant Marseille seinen 143. bis 151. Luftsieg.
Es wurde starke Abnahme der feindl. Lufttatigkeit im gesamten afrikanischen
Raum gemeldet.
Liickenlose Aufklarung bis 4 Grad West blieb ohne Feindsichtung. OB Slid mel=
det, dafi damit V=Mannmeldung iiber Geleitverkehr erneut widerlegt ist.
5. Ostfront:
Schwarzes Meer: Vor Sotschi 07.55 Uhr 1 Dampfer 2000 t, 2 S=Boote Kurs Siidost.
Vor Gudauti 11.18 Uhr 1 Transporter 3000 t, 2 Vorp.=Boote Kurs Siidost.
Eismeer: PQ 18. Letzt gemeldeter Standort durch Flugzeuge 02.35 Uhr 47 Ost
2576, bestehend aus etwa 30 Handelsschiffen, 18 Bewachern 1 Flugzeugtrager. Dieser
Standort liegt etwa 45 sm siidlich des von U=Booten gemeldeten Standortes in
A C 3592 um 01.51 Uhr.
Am 15. 9. erzielte die Luftwaffe am PQ 18 keine Erfolge wegen Wetterlage.
Die Luftwaffe hat bisher als versenkt gemeldet:
17 Dampfer mit 116 000 t, darunter 1 Tanker.
729
B. KriegstagebucK
16. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 16. September 1942
Bei der Heeresgruppe A ist das rumanische Armeeoberkommando 3 heraus=
gezogen und nach Rostow verlegt worden.
Bei der Heeresgruppe B hat der Siidfliigel der 6. Armee in Stalingrad gute
Fortschritte gemacht. Auf Anordnung des Fiihrers soil der Kampf um Stalin=
grad einheitlich in die Hand der 6. Armee gelegt werden. Im Hinblick auf die
von ihm erwarteten feindlichen Angriffe gegen den Abschnitt der italienischen
8. Armee befiehlt der Fiihrer, daJ3 die 22. Panzer=Div. und die 113. Inf.Div.
von der 6. Armee sofort hinter den italienischen Abschnitt verschoben werden.
Der Angriff der ungarischen 2. Armee auf den russischen Briickenkopf Dawy=
dowka (60 km siidlich von Woronesch) soil eingestellt werden.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Auch Haider berichtet an diesem Tage erneut, dafi Hitlers „Sorge um die Don=
front unverandert stark" war^ Dafi es trotzdem, wie der hier noch einmal wieder=
holte Befehl ergibt, bis dahin nicht gelungen war, die 22. Pz.Div. hinter die italie=
nisdie 8. Armee zu verbringen, ist wohl nur daraus zu erklaren, dafi die Krafte der
6. Armee schon damals viel mehr angespannt waren, als die Oberste Flihrung es
erkannte.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Zahlreiche Feindvorstofie an der Uferstrafie und ostw. Noworossijsk wur=
den abgewiesen. Lebhaftes beiderseitiges Artl.=Feuer im Raum Gorjatschi=
Kljutsch. Nordl. des Bsyb=Flusses wurden mehrere Feindvorsto6e abgewiesen.
Die nordl. des Elbrus gemeldete Feindabteilung wurde von einer Jg.=Formation,
die von Chursuk nach Osten vorstiefi, geworfen und zog sich in ostUcher Rich=
tung zuriick. Auf die vordersten Telle der Pz.Divisionen bei Werchnij Kurp
siidl. des Terek starker Feinddruck. Fdl. Angriff e ostw. Ischerskaja beiderseits
der Bahnlinie wurden abgewiesen. Wetter: Im Gebirge Wetterbesserung, Wege
im Abtrocknen, in der Ebene 20—25 Grad Warme, Wege befahrbar.
H.Gr. B:
An der Stalingrad=Front erreichte die 24. Pz.Div. im Kampf gegen sich zah
verteidigenden Gegner die Gegend des Siidbahnhofes. Die von Norden und
Nordosten her angreifenden Divisionen nahmen eine beherrschende Hohe vor
Stalingrad. Die Angriffe wurden durch Sandstiirme sehr erschwert. Bei Wo=
ronesch gelang es dem Gegner, in liberraschendem Vorstofi mit starkeren
1 Tgb. Haider, 16. September 1942.
730
i6. September 1942
Kraften an der Siidostfront von Woronesch die eign. Linie zu durchbrechen.
Die Durchbruchsstelle wurde abgeriegelt, der Feind fiihrt Verstarkungen in
die Einbruchsstelle nach. Eign. Gegenangriff von Nordwesten und Siidwesten
mit Unterstiitzung von Schlachtfliegern ist angesetzt. Nordl. Woronesch wurde
ein Feindvorstofi, der voriibergehend in die eign. Linien eindrang, nach Nor=
den zuriickgeschlagen. Auf dem Nordfliigel der H.Gr. nordwestl. Liwny wurde
ein feindl. Stofitrupp, der eine Minensprengung durchgefiihrt hatte, zuriick=
geschlagen. Wetter: bedeckt, windig, + 9 Grad, einzelne Regenschauer.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Suchinitschi starkeres fdl. Artl.=Feuer. Mehrere feindl. Vorstofie sud=
ostw. Kirow wurden unter hohen Verlusten fiir den Gegner abgewiesen. An
der Front der 4. Armee und 3. Pz.Armee keine besonderen Kampfhandlungen.
Ostw. und nordostw. Sytschewka begann gestem morgen ein von zwei Pz.=
Div.en durchgefiihrter Angriff, der tief in die feindl. Linien vorstiefi. 7 feindl.
Panzer wurden dabei erledigt. Der Angriff ist noch im Gange. Im Raume
Subzoff und beiderseits der Wolga setzte der Feind gestern seine Angriffe
fort. Er stiefi in mehreren Wellen, von Panzern unterstiitzt, gegen die eign.
Linien vor. Die Infanterie wurde zerschlagen, die durchgestofienen Panzer von
eign. Sturmgeschiitzen erledigt. Bis zum Abend waren die eign. Linie fest in
eign. Hand und 43 Feindpanzer erledigt. Nordl. Rshew wurden feindl. An=
sammlungen durch Artl. zerschlagen. Ein eign. Vorstofi in den Stadtwald von
Rshew zur Bereinigung der Lage ist im Gange. Wetter teilw. bewolkt, Wege
iiberall befahrbar.
H.Gr. Nord:
Westl. Waldai wurden feindl. Angriffe durch eign. Artl. und Einsatz von
Schlachtfliegern zerschlagen. Siidostw. Staraja Russa griff der Feind beiderseits
der Redja iiberraschend an. Die Einbruchsstelle konnte noch nicht bereinigt
werden, Gegenangriff ist angesetzt. An der Wolchow=Front beschofi eign. Artl.
Schanzarbeiten und Bewegungen des Feindes. AUe siidl. des Ladoga=Sees auf
die eign. Stellungen vorgefiihrten fdl. Angriffe wurden restlos abgeschlagen.
Auch gestern wieder wurde das Vernichtungs= und Zermiirbungsfeuer der
eign. Artl. in diesem Raume fortgesetzt.
Finnland
Finn. Siidostfront und Nordostfront: Aufier lebhafter beiderseitiger Feuer= und
Spahtrupptatigkeit keine bes. Ereignisse.
Panzerarmee Afrika (15. 9.)
Agypten: Am 15. 9. auf ganzer Front normale feindl. Aufklarungs= und Artilleries
Tatigkeit.
Cyrenaica: Die Zahl der bei der Zerschlagung des brit. Angriff s auf Tobruk
gemachten Gefangenen hat sich auf ^So erhoht. Unter den gelandeten Feindkraften
731
B. Kriegstagebuch
wurden i engl. Inf.Btl. (I/A.U.S. Highlanders), a engl. M.G.Btl. (I/R Northumber=
land Fus.) und i engl. Marine Inf.Btl. (XI/Royal Marines) festgestellt, die samtlich
1941 in Tobruk eingesetzt waren.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 16. 9. 42
I. Raum um England:
Bei Tage Aufklarungsfliige und Jabo=Einsatze gegen Rye (Treffer im Siidteil der
Stadt, Hauser zerstort) und Eastbourne (eine Wagenhalle des Bahnhofs zerstort
und Bordwaffenbeschufi der Stadt).
Es wurden abgeschossen 2 Spitfire, 1 Wellington, 1 Spitfire wahrscheinlich.
In der Nacht vom 15. auf 16. wurden bei dem Angriff auf Boston Detonationen
und Brande im Stadtgebiet beobachtet. Das als Ausweichziel angegriffene Ipswich
erhielt Treffer im Stadtgebiet und in Barackenlagern.
Am 15. 9. erzielte 13./K.G, 40 in 14 West 0813 Abschu6 einer Whitley, in 14 West
9855 1 Wellington, 14 West 9885 1 Whitley.
In der Nacht vom 16. zum 17. wurden Colchester und Harwich angegriffen. Weitere
Meldungen liegen noch nicht vor.
In Dover 08.55 Uhr 6 Kriegsschiffe.
Im Hafen Folkestone 19.40 Uhr 15—20 kleine Boote.
Vor Dungeness 19.40 Uhr 4 R=Boote Kurs Nordost.
Vor Eastbourne 17.50 Uhr 1 Vorp.=Boot mit Bordwaffen beschossen, Treffer
erzielt.
In der Leyne=Bucht (siidwestl. Portland) 10.25 Uhr 2 S=Boote Kurs Siid, 12 Damp=
fer Kurs Ost.
Lichtbild vom 16.9. 10.30 Uhr vom Gebiet Torquay bis Exmouth: In Torquay
1 Frachter und etwa 70 Boote, in Teignmouth etwa 18 Boote, in Exmouth etwa
20 Boote, in Topsham etwa 20 Boote.
211 Feindeinfliige, davon etwa 200 ins Reich. Eindringtiefe Osnabriick — Lemgo —
Giefien— Wiesbaden— Wittlich. 18 Abschiisse durch Flak, 1 durch Marineflak, 17 durch
Nacht jager.
Es wurden abgeworfen:
Dortmund: 1 LM, 1 Sprengbombe, 400 Brandbomben, 5 Phosphorkanister; klei=
nere Schaden.
Oherhausen: 20 Sprengbomben, 20 Hauser zerstort, 96 schwerbeschadigt, 2 Tote,
24 Verletzte.
Bochum: 10 Sprengbomben, 15 000 Brandbomben. Grofibrande und schwere Be=
schadigung in 4 Industrieanlagen, darunter Flottmann (Bergbaumaterialien) und
Chemische Industrie Lothringen (Zweigstelle I.G. Farben), 2 Verkehrsanlagen be=
schadigt, Stellwerkhaus und Reichsbahngelande zerstort. 20 Grofibrande, 30 mitt=
lere und zahlreiche kleinere Brande. 16 Hauser zerstort, 45 schwer, 42 mittelbescha=
digt. 4 Tote, 50 Verletze, mit weiteren ist zu rechnen.
Duishurg: 2 LM, 5 Sprengbomben, 600 Brandbomben, 120 Phosphorbrandbom=
ben. 21 Hauser total zerstort, 52 schwer, 34 leicht beschadigt. 1 Gro6brand. Eine
Industrinanlage mittelschwer beschadigt, Modell=Lager der Meiderich=Hiitte bescha=
digt, 20*/o Ausfall fiir 6—7 Wochen. Im Hafengebiet ein Holzlager und 2 Lager=
hauser leicht beschadigt. 1 Toter, 4 Verletzte.
Essen: 14 LM, 90 Sprengbomben, darunter 10 Lzz., 18000 Brandbomben und
Industrieanlage mittelschwer beschadigt, Modell=Lager der Meiderich=Hutte bescha=
Starke Gebaudeschaden bei 9 Industrieanlagen, darunter Gu6stahl=Fabrikation der
Krupp=Werke. Uber Produktionsausfalle noch keine Meldung. Ein gro6es Lebens=
mittel= und Bekleidungslager der Fa. van Eupen schwer beschadigt. Waschkanne
732
i6. September 1942
einer Zeche getroffen. 1000 Berufskleider fiir Bergleute verbrannt. 32 Tote, 92 Ver=
letzte.
Wuppertal: 5 Sprengbomben, 450 Brand=, 2 Phosphorbrandbomben, 1 Phosphor^
kanister. 1 Haus total zerstort, 6 schwer, 7 leicht beschadigt. 1 Grofibrand, 4 mitt=
lere, 4 kleine Brande. 1 Holzlager der Fa. Klein & Jonas in Brand. 5 Tote, 30 Ver=
letzte. Auf weitere Orte Sprengbomben ohne besondere Schaden.
Am Abend des 16. wurde Cochem a. d. Mosel mit 3 Sprengbomben angegriffen.
6 Hauser eingestiirzt. 4 Tote, 9 Schwerverletzte.
Wetzlar a. d. Lahn 1 Sprengbombe, 4 Phosphorbrandbomben auf Bahnhof und
Bahnsteige, sofort geloscht.
Wiesbaden=Biebrich Zementwerke Dyckerhoff & Sohne 5 Sprengbomben, dar=
unter 2 Lzz. Ein Treffer auf Kohlenkahn, gesunken. Sonst keine wesentlichen Scha=
den. 4 Phosphorkanister auf Bahnhof Ost, sofort geloscht, kein Schaden.
Neuwied 4 Sprengbomben, nur Flurschaden.
Im westl. Reichsgebiet gingen 13 feindl. Storballone nieder. 3 Ballone wurden
aufgefunden und sichergestellt.
2. Mittelmeer:
Bei Jagdvorstofien gegen Malta wurden auf 2 Feindflugzeugen Treffer erzielt.
Fliegerfiihrer Afrika Jabo=Angriffe gegen Batteriestellungen im Nordabschnitt
mit guter Wirkung.
Bei Angriff auf Flugplatz Burg el Arab Treffer innerhalb abgestellter Flugzeuge.
Durch Begleitschutz wurden 3 Abschiisse erzielt.
Bei Feindangriff auf Bengasi wurde 1 Liberator abgeschossen.
Aufklarung siidlich Agedabia und Gialo keine Feindfeststellungen.
Port Said 11.20 Uhr LB: 1 leichter Kreuzer, 1 Kriegsschiff 155 m lang, 3 Zerstorer,
1 Kan.Boot, 4 Hilfskriegsschiffe, 2 Transporter 17 500 t, 4 Tanker 17 000 t, 18 Frach=
ter 96 000 t.
Alexandrien 15.9. 11.20 Uhr LB: 1 Kriegsschiff seinheit, 2 Zerstorer, 6 Geleit=
boote, 4 Vorp.=Boote, 1 Hilf skriegsschiff, 1 Transporter 9 500 t, 2 Tanker 12 000 t,
17 Frachter 84 000 t, 1 Frachter 8000 t im Dock.
3. Ostfront:
Abschiisse am 15. 9. 100 durch Jager, 18 durch Flak.
Schwarzes Meer: Bei Gelendshik an der Kiiste 17.15 Uhr 40 Boote.
Vor Tuapse 17.15 Uhr 3 Frachter, 3 Schleppkahne Kurs Siidost.
Im Seegebiet Gelendshik— Tuapse um 06.30 Uhr 1 Tanker 3000 t, 1 Frachter 2000 t,
1 Frachter 1500 t, 1 S=Boot, 5 Vorp.=Boote Kurs Siidost.
Vor Gagri 11.15 Uhr 1 Dampfer, 1 M=Boot, 2 R=Boote Kurs Nordwest.
Vor Suchum 11.04 Uhr 1 Dampfer, 1 Zerstorer, 2 R=Boote ohne Kursangabe.
Wolga: Auf der unteren Wolga geringer Verkehr, auf der oberen Wolga bis
Kamyschin geringer Verkehr.
Finnen=Busen: Im Hafen Lavansaari 10.30 1 Kan.=Prahm, 1 Schlepper, 12 Vorp.=
Boote und Ku=Raumer.
Nordl. Peninsaari 10.30 Uhr 2 Vorp.=Boote.
Ladoga=See: In der Morje=Bucht 15.30 Uhr 18 Schiffe verschiedener Grofien.
Eismeer: In der Eina=Bucht 07.20 Uhr 1 Frachter 1000 t.
In Klein Liza 07.17 Uhr etwa 30 Motorboote.
Am 15. 9. Angriff gegen S=Boote in der Pumanki=Bucht. 1 S=Boot beschadigt,
2 weitere wahrscheinlich beschadigt.
PQ 18 um 09.45 Uhr in 47 Ost 5530 mit Kurs 100 Grad gemeldet, von Marine
15.21 Uhr in AC 6366. Am 15. 9. wurde aus PQ 18 ein Bewacher versenkt.
733
B. Kriegstagebuch
QP 14 08.45 Uhr ^7 Ost 0358 Kurs 360 Grad. Weitere Meldungen liegen nicht
vor.
Nachmeldung: Am 16. 9. wurden an der Ostfront 6y Feindflugzeuge durch Jager
und 12 durch Flak abgeschossen.
Die Finnen melden: Bei einem Luftkampf iiber Mergino 1 Lag 3 und 1 MIG 1
abgeschossen.
17. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 17. September 1942
Die Lage ist im wesentlichen unverandert. Der gestrige Vorangriff der
170. Inf.Div. im „Flaschenhals'' war erfolgreich.
Besprechung des Chefs WFSt und des Stellvertretenden Chefs WFSt mit
dem im Fuhrerhauptquartier eingetroffenen Wehrmachtbefehlshaher Sudost,
Ceneraloberst Lohr:
Generaloberst Lohr berichtet, dafi sich in Kroatien die Aufstandslage ver=
scharft habe, zunehmender Zerfall der kroatischen Tnippen zu beobachten sei
und die kroatische Wehrmachtfiihrung sich gegeniiber den deutschen Vor=
schlagen fiir gemeinsame Aktionen versteife. Er schlagt vor, die kroatischen
Regimenter mit deutschen Offizieren zu durchsetzen und das zweite Regi=
ment der kroatischen Division nicht an der Ostfront einzusetzen, sondern im
Lande zu belassen. Die Versorgungslage Kroatiens bezeichnet er als schlecht.
Chef WFSt verlangt, dafi wenigstens die Versorgung der in Kroatien stehen=
den deutschen Truppen aus dem Lande sichergestellt wird. Der W.B. Sudost
wird dem Fiihrer bei seinem heutigen Vortrag die Frage vorlegen, was zu
geschehen habe, wenn die kroatische Regierung zusammenbreche. Anlafi zu
dieser Frage gibt ein in die Hand der deutschen Truppen gefallener Befehl
der Aufstandischen, aus dem sich ergibt, dali die Banden zentral von der Ko=
mintern geleitet werden.
Der W.B. Siidost beantragt, in Serbien die 714. und die 717. Inf.Div. we=
nigstens teilweise mit Gebirgsausriistung zu versehen. Die Frage der Erweite=
rung des bulgarischen Besatzungsgebietes soil auf Vorschlag des W.B. Sudost
nicht weiter verfolgt werden, da eine derartige Erweiterung auf die serbische
Bevolkerung sehr ungiinstig wirken wiirde und die Bulgaren wegen ihrer
Nichtbeteiligung am Kriege bei den Serben auch keinerlei Ansehen geniefien.
Uber die Lage in Serbien berichtet der W.B. Sudost, da6 Mihajlovic bei den
Serben als Nationalheld gelte. Daher sei einheitUche Fiihrung durch den Kom=
mandierenden General und Befehlshaber in Serbien unerlafiUch, die aber tat=
sachUch nicht bestehe, da neben General Bader der Wirtschaftsbevollmach=
tigte, Generalkonsul Neuhausen, und der Verwaltungschef, Prasident Turner,
Fiihrungsanspriiche erhoben, vor allem aber der Hohere SS= und Polizei=Fuhrer
sowohl die militarische wie die zivile Verwaltungsfiihrung beanspruche. Dieser
habe den Antrag gestellt, ihm die gesamte Zivilverwaltung zu iibertragen, und
sei im Begriff, eine eigene Verwaltung durch Einrichtung von Polizeibezirken
734
17- September 1942
aufzuziehen. Der vom Befehlshaber Serbien fiir notwendig gehaltene gruppen=
weise Einsatz der SS=Division „Prinz Eugen"' sei von ihm abgelehnt worden.
Fiir die nach Kreta zu iiberfUhrenden Truppen legt der W.B. Siidost eine
Transportiibersicht vor. Die von ihm aufgestellte Ubersicht iiber die beabsich=
tigte Krafteverteilung auf Kreta soil zunachst noch mit dem Kommandanten
von Kreta besprochen werden. Generaloberst Lohr beantragt die Zufiihrung
von Lastkraftwagen=Transportraum nach Kreta und die Verstarkung der Flak
bei Iraklion. Als gefahrlichster Punkt im Hinblick auf ein englisches Landungs=
unternehmen sei die Siidkliste bei Timbakion anzusehen, da von hier aus die
einzige durchgehende Strafie nach Iraklion und Chania fiihre.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der ungewohnliche Ausdruck „Vorangriff'', womit ein Teilangriff als Vorstufe
des Hauptangriffs gemeint ist, erscheint fiir die damit bezeichnete Kampfhandlung
bei der H.Gr. Nord auch im Tagebuch Haider (vom 16. September).
Der Bericht des WB Siidost vermittelt zunachst ein umfassendes Bild von der
Auflosung aller Ordnung in Kroatien, die sich schon knapp 1V2 Jahre nadi Besetzung
des Landes herausgebildet hatte. Merkwiirdig ist dabei, dafi die Italiener, die in
diesem Gebiet nach den Vereinbarungen der Achsenmachte in jeder Hinsicht die
Vorrangstellung einnahmen und durch ihre Anspriiche ebenso wie durch ihre mili=
tarische Untatigkeit viel zu der Unordnung beitrugen, gar nicht erwahnt werden.
Die Vorschlage des Generaloberst Lohr, den kroatischen Verbanden deutsche
Offiziere zuzuteilen, sind bei den spateren Neuaufstellungen unter deutscher Lei=
tung auch auf das Unterfiihrerpersonal ausgedehnt worden. Ebenso hat seine An=
regung, keine weiteren kroatischen Einheiten an die Ostfront zu schicken, um so
eher Beachtung gefunden, als das erste kroatische Regiment kurz darauf in den
Untergang von Stalingrad verstrickt wurde.
Die Forderung auf Gebirgsausriistung fiir die Truppen in Serbien, damals nur
Besatzungsdivisionen, ergab sich daraus, dali diese Verbande standig in Kampfe
gegen bewaffnete Banden in schwierigem Berggelande verwickelt waren.
Der Gedanke an eine Erweiterung der bulgarischen Besatzungszone in Serbien
lag nahe, da die Krafte der verbiindeten Achsenmachte immer weniger ausreichten,
um das Land zu befrieden. Hitler diirfte jedoch, abgesehen von den Einwanden
Lohrs, der als Dsterreicher ein guter Kenner des Balkans war, auch deswegen die
Absicht nicht weiter verfolgt haben, weil sie wahrscheinlich an der Ablehnung des
bulgarischen Konigs gescheitert ware. Wie dieser, auf den Hitler stets die grofite
Riicksicht nahm, sein Land nicht am Kriege teilnehmen lie6, so stellte er seine
Truppen auch fiir die Besatzungsaufgaben nur insoweit zur Verfiigung, als eigene
bulgarische Interessen an den zu besetzenden Gebieten bestanden.
Die nicht viel anders wie chaotisch zu bezeichnende Organisation der deutschen
Besatzungsbehorden in Serbien, die nicht dem OKW, sondern dem General=Quar=
tiermeister des OKH unterstand, zeigt ein typisches Bild des Durcheinanders, wie
Hitler es in alien besetzten Gebieten anrichtete: Eine Militarverwaltung, die nur
dem Namen nach bestand — hier unter General Bader — und von alien Seiten
eingeengt bzw. durchlochert wurde; „Wirtschaftsbevollmachtigte", die als Organe
Gorings in dessen Eigenschaft als Leiter des Vierjahresplans sich iiber alle mili=
tarischen Interessen hinwegsetzten; ein Verwaltungschef, der haufig mehr der „Par=
tei" gehorchte als dem Militarbefehlshaber, und „vor allem", wie Greiner schreibt,
„der Hohere SS= und Polizeifiihrer", der sich als Beauftragter Himmlers schlechthin
735
B. Kriegstagebuch
in samtliche Aufgabenbereiche einmischte, so hier auch in die Verwendung einer
nicht ihm, sondern taktisch dem Heere unterstellten Division der Waffen=SS. In
dieser Aufzahlung fehlt nur noch das Auswartige Amt, dessen Beauftragte in den
besetzten Landern, sei es aus eigenem Antrieb oder auf Geheifi ihres Ministers,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, der Wehrmacht ebenfalls in den Weg traten.
Da es zu den Grundsatzen Hitlers gehorte, die zu einer bestimmten Aufgabe be=
rufenen staatlichen Krafte nicht sorgfaltig gegeneinander abzustimmen, sondern
im Gegenteil sich gegenseitig abringen zu lassen, um, wie er meinte, auf diese
Weise Hochstleistungen zu erzielen, ist auch nach dem Vortrag des WB Siidost
nichts an den Verhaltnissen in Serbien geandert worden.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr.A:
Im Fabrikgelande ostw. Noworossijsk starke feindl. Angriffe, die im zu=
sammengefafiten Abwehrfeuer zusammenbrachen, Erneute Angriffe des Fein=
des halten an. Am Terek gingen eign. Truppen westl. Chamidia vor, nahmen
einen Ort und wehrten fdl. Angriffe ab. Starker Feinddruck auf die Stellungen
nordostw. Werchnij Kurp. Ostw. davon wurde Wosnessenskoje konzentrisch
vom Feinde angegriffen. Kampf ist noch im Gange. Der Feind verstarkt sich
laufend von Siiden her. Auch nordwestl. Grosnij halt der Feinddruck auf
Ischerskaja an. Nordl. hiervon stiefien eign. Truppen nach Osten vor und
warfen die Russen aus mehreren Orten zuriick.
H.Gr. B:
Fernaufkl. stellten nordwestl. von Astrachan ein stark besetztes feindl.
Grabensystem fest. Im Kampf um Stalingrad wurden in dem Industriegelande
im siidl. Vorort Panzervorstofie des Feindes von rum. und deutschen Truppen
abgewehrt. Der Feind widersetzt sich zah der Verbindung unserer Truppen,
die von Siiden und Norden auf das Zentrum der Stadt vorgehen. Von Siiden
her gelang es den am Siidbahnhof stehenden Inf.=Verbanden, beiderseits der
Bahn vorzustofien und die Stariza zu erreichen. Hier starker Feind vom Nor=
den und von der Wolga her. Auch in dem schluchtenreichen Gelande nordl.
der Stariza wechselvolle Kampfe. Im nordl. Teil der Stadt wurden Angriffe
nordl. des Hauptbahnhofs abgewehrt. An der Bahnlinie Stalingrad— Frolowo
verstarkt sich der Feind an der Nordfront der Landbriicke. Ein weiterer Angriff
wird hier erwartet. Siidostw. und siidwestl. von Serafimowitsch mehrere feindl.
Aufkl.=Vorsto6e, die abgewiesen wurden. Bei den starken feindl. Pz.=Angrif=
fen in der Don=Schleife nordwestl. Swoboda schlugen ung. Truppen unter
Fiihrung eines deutschen Rgt.Kdr.s alle Angriffe ab. Der Rgt.Kdr. fand hier=
bei den Heldentod. Auf die Ost= und Nordostfront von Woronesch griff der
Feind mit starken Panzern und Inf.=Kraften an. Auch nordl. Woronesch halt
der starke Feinddruck an. AulEer einem voriibergehenden Einbruch an dieser
Stelle wurden sowohl bei Woronesch wie hier samtliche Feindangriffe ab=
736
17. September 1942
gewiesen. 30 Panzer wurden bisher abgeschossen. Ostw. Woronesch verstarkt
sich der Feind welter.
H.Gr. Mitfe:
Auf der Bahnlinie siidl. Nowosil 2 Pz.=Zuge festgestellt. Nach Gefangenen=
aussagen beabsichtigt der Feind hier einen Angriff. Kleinere Vorstofie im
Raume Bjelew wurden zuriickgeschlagen. Bei den Vorstofien der deutschen
Pz.Div.en im Raume Sytschewka am vorgestrigen Tage wurden 353 Gefangene
eingebracht, 7 Pak, 23 Granatwerfer, 48 MG und 300 Gewehre erbeutet. Am
gestrigen Tage wurden Bereitstellungen in diesem Raume von eign. Artl.
zerschlagen. Bei Subzoff und nordl. Rshew griff Feind wiederholt mit stark.
Kraften und Panzern an. Sowohl an der Wolga wie am Stadtgut Rshew wur=
den samtliche Angriffe zum Teil mit Artl. und Schlachtfliegerunterstutzung
abgewiesen. 10 Panzer wurden vernichtet. Das Artl.=Feuer des Feindes halt an.
H.Gr. Nord:
Siidl. des Ilmensees wurden feindl. Vorstofie beiderseits der Landbriicke
abgewiesen. In der Einbruchsstelle nordostw. Ljuban griff der Gegner mit
4 starken Rgt.ern und Panzerunterstiitzung den Westrand der Einbruchsstelle
an. Unter hohen Verlusten wurde er abgewiesen. Siidl. Ladoga=See hatten
die Angriffe der hier stehenden Jagerdiv. zur Bereinigung der Einbruchsstelle
Erfolg. Die neugewonnenen Stellungen konnten gegen alle feindl. Angriffe
gehalten werden. Auch weiter nordl. waren Angriffe des Feindes ergebnislos.
Finnland
Finn. Sudfront: Nordwestl. des Seg=Sees Gefechtsberiihrung mit einer 300 Mann
starken fdl. Fernstreife.
Nordostfront: Bin im Westteil der Motowski=Bucht gelandeter Spahtrupp wurde
durdi dortige Feldwadie aufgerieben.
Panzerarmee Afrika (16. 9.)
Feind fiihlte am 16. 9. mit Pz. und Schiitzen im Siidabschnitt gegen eig. Front vor.
An der iibrigen Front normales Artl.=Storungsfeuer.
In der feindl. Krafteverteilung keine Veranderung bekannt.
Bisher gemeldete eign. Verluste bei der Abwehr des fdl. Angriff s gegen Tobruk:
70 Tote (1 Deutscher) und 69 Verwundete (7 Deutsche).
Uber die angebliche erneute Landung von Feindkraften westl. Tobruk liegen
noch folgende Meldungen vor.
00.10 Uhr Meldung von Koruck an Pz.AOK „Ober Feindangriff keine neue Be=
statigung. Vollige Ruhe nach Beendigung des Fliegeralarms.
00.15 Uhr Feindl. Landung hat sich nicht bestatigt. Im Benehmen mit Adm. Dom»
bardi Alarmierung aufgehoben."
737
B. Kriegstagebuch ^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 17. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage 4 Absdiusse.
Aufier Aufklarungsfliigen wurden Jabo=Angriffe gegen Harwich (Brandentwick=
lung im Stadtgebiet) und Worthing (Volltreffer in Wohnhausern und Treffer im
Gaswerk, Stichflamme mit grofier Rauchentwicklung) gefiihrt.
Bei Nacht Einsatz gegen Kingslynn und Great Yarmouth als Ausweichziel. Er=
folgsmeldung liegt noch nicht vor. Verlust: 1 Do 217.
Keine Einfliige ins Reich. 10—15 Flugzeuge Angriff im Raum Bordeaux, mehrere
Anfliige auf Hafen Bordeaux. Mehrere Brande, Gebaudeschaden und Beschadigung
von Gleisanlagen. Militarischer Schaden noch nicht festgestellt. In Lormont Brand
in Nudelfabrik, Gebaudeschaden. 1 Swordfish durch Flak abgeschossen. 10 Feind=
Flugzeuge Verminung nordlich Cherbourg.
Siidlich Dungeness 09.50 Uhr 1 Dampfer, 2 Raumboote Kurs Slid.
Siidlich Exhill 15.21 Uhr bei Jabo=Angriff 1 Vorp.=Boot versenkt.
Westlich Insel Wight 08.05 Uhr 5 Dampfer Kurs Siidwest.
Ostwarts Portland 16.35 Uhr 8 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs West.
Ostwarts Start Point 19.18 Uhr 8 Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Siidwest.
2. Mittelmeer :
Aufklarungsfliige iiber der Front und Jabo=Angriffe gegen Panzer= und Kraft=
fahrzeugansammlungen sowie gegen Batteriestellungen mit guter Wirkung. Geleit=
zugsicherung.
Jagdvorsto6 gegen Malta, dabei 1 Abschufi.
5. Ost front:
6^ Abschiisse, 2 Flugzeuge am Boden zerstort.
In Gelendshik mittags 1 Frachter, 34 Fahrzeuge, 6 kleine Kriegsschiffe,
Im Seegebiet Tuapse mittags 4 Frachter Kurs Nordwest, 2 Kan.Boote bzw. Torp.
Boote, verschiedene Kurse.
Otschemtschiri 17. 9. 06.14 Uhr LB: 3 U=Boote, 1 Minenschiff, 9 Kiistenfahrzeuge.
Batum 17.9. LB 06.45 Uhr: 1 Schlachtschiff, 3 Kreuzer, 5 U=Boote, 1 Torp.Boot,
7 Tanker 47 000 t, 13 Frachter 22 500 t, 6—8 Kiistenfahrzeuge, 47 Boote.
Ladoga=See: Am 16. 9. wurde ein Bombenangriff mit guter Trefferwirkung auf
die Funkstation auf den Selenez=Inseln durchgefiihrt.
Durch Jabo=Angriff 1 Schleppdampfer beschadigt.
Eismeer: Bjeluscha 09.23 Uhr: 7 Frachter 17000 t, 5 Bewacher. ,,
Eina=Bucht 16.00 Uhr: 4 Kiistenfrachter.
Neu Oktro (Motowski=Bucht) : 1 Vorp.=Boot, 5 Kiistenfahrzeuge.
Letzte Position PQ 18 18.9. 04.10 Uhr: 47 Ost 4071, bestehend aus etwa 28
Dampfern, etwa 20 Bewachem, Flugzeugtrager nicht mehr festgestellt.
18. September 1942 •
Aufzeichnungen Greiners zum 18. September 1942
Bei der Heeresgruppe A soil der Angriff der 17. Armee im ersten Abschnitt
am 20. September auf dem rechten Fliigel mit dem Vorstofi der rumanischen
3. Gebirgsdi vision beginnen. Die SS=Div. „Wiking" wird zur 1. Panzer= Armee
verschoben, die am Terek in den letzten Tagen feindliche Angriffe erfolgreich
abgewehrt hat.
738
i8. September 1942
Bei der Heeresgruppe Mitte ist der geplante Angriff der 3. Panzer=Armee
zur Bereinigung der Lage ostlich von Wjasma, zu dem die 9. Panzer= und die
95. Inf.Div. eingesetzt werden soUen, vvegen des zur Zeit herrschenden schlech=
ten Wetters verschoben worden.
Bei der Heeresgruppe Nord ist der fiir heute beabsichtigte Gegenangriff
im „Flaschenhals'' wegen der ungiinstigen Wetterlage ebenfalls verschoben
worden.
Der Fiihrer ordnet an, dafi im Westen die Brigade Goring, ebenso wie die
anderen schnellen Verbande des OB West, mit Panzern ausgestattet werden
soil.
Zum Nachfolger des Generalobersten Haider als Chef des Generalstabes
des Heeres hat der Fiihrer den General der Infanterie Zeitzler ernannt. An
seiner Stelle wird General Blumentritt Chef des Stabes des Oberbefehlshabers
West.
Erlauteningen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der Vermerk iiber Absiditen im Bereich der 17. Armee lafit, wie audi in den
Aufzeichnungen der folgenden Tage bestatigt, erkennen, da6 in dem bisher wenig
erfolgreidien Kampf um die Ubergange im westlichen Kaukasus und die Gewinnung
der Nordkiiste des Schwarzen Meeres nunmehr unter Hitler als Oberbefehlshaber
der H.Gr. A ein neuer Absdinitt eingeleitet werden sollte.
Die Anordnungen, die Schnellen Verbande des OB West mit Panzern auszu=
statten, ist zweifellos nicht dahin zu verstehen, dafi diese s. Z. iiber keinerlei Pz.=
Kampfwagen verfiigt hatten. Der Befehl wirft aber ein bezeidinendes Licht auf
ihren damaligen Kampfwert und damit auch auf das dem „Krafteaustausch Ost=
West" einstweilen beizulegende Gewicht.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A (Stab mit Chef=Teilen der Fiihrungs= und O.Qu.=Abteilung nadi
Woroschilowsk verlegt) :
Nachtlicher Landungsversuch siidwestl. Noworossijsk abgewiesen. Nord=
ostw. Noworossijsk wurde der Feind nach voriibergehendem Einbruch zuruck=
geschlagen. Aufklarung in der tiefen Flanke siidl. Krymskaja. An den Ge=
birgspassen westl. des Elbrus wurden ortliche Angriffe abgewiesen. Beiderseits
der Grusinischen Heerstrafie griff der Feind im Raume Maiskij vergeblich die
eign. Stellungen an. Nordl. der Eisenbahn nordwestl. Ischerskaja ist ein Pz.Rgt.
im Angriff gegen die hier noch haltenden Feindkrafte angesetzt. In der Nord=
flanke wurde eine kampfkraftige Aufklarung zur Beseitigung stark. Kav.=
Patrouillen in Marsch gesetzt. Wetter: trocken, + 20 Grad, Wege gut befahr=
bar, im Geb. noch aufgeweicht.
H.Gr. B:
In Gegend Beketowka lebhafter Fahrverkehr auf der Wolga nach beiden
Richtungen. 94. 1.D. nahm die Strafienbriicke iiber die Zariza und ostw. der
739
B. Kriegstagebuch
Eisenbahnbriicke. Westl. der Eisenbahnbriicke sauberte 24. Pz.Div. Stadtteil
und Schlucht siidl. der Zariza. Die Div. steht am Siidufer des Flusses und hat
dort mit der von Norden kommenden 71. 1.D. Verbindung aufgenommen, die
ihrerseits den Stadtteil siidl. des Kasernengelandes sowie um den Hauptbahn=
hof saubert. Nordl. davon wurde ein Angriff auf die Hohe 102,0 nordwestl.
des Eisenbahnbogens von eign. Truppen abgewehrt. Siidl. Serafimowitsch
wurden ein feindl. Vorstofi abgeschlagen und Obersetzversuche verhindert,
desgl. siidostw. Kasanskaja. Siidl. Pawlowsk gelang es 3 deutschen Kompanien,
liber den Don zu setzen und die Ortschaften ostw. des Flusses zu stiirmen
und in Brand zu setzen.
Am Siidostrand Woronesch griff der Gegner mit starken Panzerkraften in
der Richtung nach Nordwesten und Westen die ehemalige Einbruchsstelle an.
Gegenangriffe sind im Gange. Auch nordl. Woronesch am Stellungsknie
konnte ein fdl. Pz.=Angrilf im Gegenstofi zurlickgeschlagen werden. Wetter:
wechselnd bewolkt, im Siidteil der H.Gr. warm, im Nordteil kalt, in der Nacht
Frost.
H.Gr. Mine:
Der erwartete Angriff siidl. Nowosil begann gestern in den Morgenstunden
imd konnte aufier zwei kleinen Einbriichen liberall zum Stehen gebracht wer=
den. Mit Fortsetzung der Kampfhandlungen ist in diesem Raum zu rechnen.
Ostw. Wjasma rege Stofitrupptatigkeit, nordostw. Sytschewka wurde der
Feind nach voriibergehendem Einbruch von eign. Pz.=Kraften zuriickgeworfen.
Nordwestl. Rshew setzte der Feind an mehreren Stellen liber die Wolga und
wurde beim Versuch, in die eign. Linien einzubrechen, zuriickgewiesen. Das
Wetter im Siiden der H.Gr. regnerisch kiihl, Wege aufgeweicht, im Norden
Regenfalle, Strafien fur Kfz. zeitweise unbefahrbar.
H.Gr. Nord:
Am gestrigen Tage griff der Russe mit starken Kraften den Nordteil der
Demjansk=Front an verschiedenen Stellen konzentrisch an, um einen Durch=
bruch zu erzielen. Auch nordl. und siidl. der Landbriicke starke feindl. mit
Panzern unterstiitzte Angriff e. Alle Angriff e konnten bisher im Gegenstofi
zum Stehen gebracht oder abgeschlagen werden. An der alten Einbruchsstelle
nordostw. Ljuban wurden mehrere Feindangriffe auf die dort stehenden Div.en
abgewehrt. Weitere Angriffe sind im Gange. Siidl. Ladoga=See gelang dem
Gegn. ein Einbruch in die Stellungen der dort stehenden Jg.Div. Der Einbruch
wurde abgeriegelt und die 121. 1.D. mit der Bereinigung beauftragt. Wetter:
Regenfalle, tiefe Wolkenlage, Dunst.
Finnland
Finn. SUdostfront: Nadi mehr. Gefangenenaussagen fiihrt eine OUeitung von
Kobona nach Norden bis zu dem Leuchtturm in Gegend Tschemoje, dann iiber den
740
i8. September 1942
Ladogasee in westl. Richtung und trifft siidl. der Bahn ostw. Irinowka wieder auf
das Festland, um dann in Richtung Leningrad weiter zu verlaufen.
Bei Maselskaja griff der Feind mit stark. Kraften an. Vemichtung eingebrochner
Feindteile im Gange. Feindstreife nordl. Seg=See wird nach Osten verfolgt.
Nordostfront (Ceb.AOK 20): An der Motowski=Bucht reger Schiffsverkehr, am
Ostufer der Liza=Bucht Anhaufung von Ruderbooten. Cberlaufer am Liza=Abschnitt
sagen Angriff an der gesamten Front fiir den 20. 9. voraus.
Siidfliigel der Liza=Front: Vorstofiender Feind wurde durch Umfassung z. gr. Tell
vernichtet.
Panzerannee Afrika (17. 9.)
An der El Alamein=Front ruhiger Verlauf des Tages.
Im Feindbild keine Veranderung festgestellt.
Die Oase Gialo wird von stark, brit. Kraften angegriffen. Da die dortige ital.
Besatzung sehr schwach ist, ist mit ihrer Besetzung zu rechnen.
Ital. Flugzeuge griffen feindl. Kraftfahrzeuge bei El Abiar ostw. Bengasi tind
siidl. Barce an. 15 Kraftfahrzeuge und 7 Camionetten gerieten in Brand.
Bei Sauberungsaktionen wurden in der Gegend von Tobruk noch einige Eng=
lander aufgegriffen.
Siidl. El Adem stiefi eine ital. Kolonne auf fdl. Kfz. Ital. Verluste 5 Tote, darunter
ein Offizier.
Auf Rhodos wurde ein engl. Stortrupp in Starke von 1 Offz., 1 Uffz. und
2 Mann gefangengenommen, die am 6. 9. gelandet und gegen den Flugplatz Ga=
durra angesetzt waren.
(18.9.)
Agypten: Ruhiger Verlauf des Tages. In der feindl. Kraftegliederung keine Ver=
anderung erkannt.
Cyrenaika: Die Besatzung der Oase Gialo wurde am 16.9. von feindl. Kraften
angegriffen.
Nach einem Beutebefehl von L. R. D. Force ausgefiihrt, die am 13. 9. von der Oase
Kufra aus aufgebrochen sein soil. Sie setzt sich zusammen aus:
1 mot.Batl. ohne 1 Komp., 1 Zug 9,39 cm Haubitzen, je einer Gruppe Pak und
leichte Flak, einem Spahtrupp der Long Range Desert Group.
Nach letzter Meldung mu6 mit der Besetzung der Oase Gialo durch britische
Truppen gerechnet werden.
Nach einem feindl. Befehl ist die Besetzung angeblich fiir 3 Wochen vorgesehen.
Tobruk: An dem Unternehmen gegen Tobruk in der Nacht vom 13. zum 14. 9.
waren aufier den bereits bekannten brit. Truppenteilen 1 verst. Batl. (I? South
Stratfordshire), dabei eine Gruppe in deutschen Uniformen, beteiligt, die am 6. 9.
von der Oase Kufra aus aufgebrochen sein soil.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 18. 9. 42
I. Raum um England:
Aufklarungsfliige und Angriff auf Schiffe bei Dartmouth. 1 Dampfer 1500 t ver=
senkt, 2 Schiffe zu je 1000 t, 2 Schiffe zu je 800 t beschadigt. Bomben= und Bord=
waffenangriff auf Hauser in der Stadt. Ein Gebaudekomplex, anscheinend Kaserne,
mit 2 SC 250 getroffen. Mittelteil und Seitenfliigel zerstort.
Bei Nacht kein Einsatz.
In Ramsgate 19.37 Uhr 1 Dampfer 4—5000 t, 1 S=Boot.
741
B. Kriegstagebuch
In Dover 07.53 Uhr 4 Vorp.=Boote.
In Deal 19.38 Uhr 4—5 vermutl. Schnellboote.
Im Seegebiet Portsmouth 10 Vorp.=Boote, 2 U=Boote stilliegend.
Zwischen Exmouth und Start Point 12.30 Uhr bei Teignmouth 2 mittlere Dampfer
und mehrere kl. Fahrzeuge und Vorp.=Boote ohne Kursangabe, bei Torquay 4—5
Vorp.=Boote, bei Dartmouth 6 gr. Vorp.=Boote oder Zerstorer.
Etwa 140 Feindeinfliige, davon 80 ins Reichsgebiet. Eindringtiefe Skagen— Helsing=
borg—Bornholm—Pillau— Danzig— Fehmarn—Westerland—Husum — Wangeroog — Au=
rich. Mit Verminung der Ostsee=Eingange, der Ostsee bis Pillau und der Deutschen
Bucht ist zu rechnen. Ein Bombenabwurf auf Den Helder.
Bei einem Nachmittagsangriff auf Belgien und Nordfrankreich wurden durch Flak
2 Abschiisse erzielt.
2. Mittelmeer:
Insgesamt 228 Einsatze. Dabei Angriffe auf Lkw und Panzeransammlungen und
Jagd=Uberwachung der Front. 1 Abschufi.
Die Oase Gialo wurde von 25 Feindflugzeugen angegriffen.
5. Ost front:
97 Abschiisse.
Schwarzes Meer: Sotschi 06.50 Uhr: 2 S=Boote, 5 Raumboote, 1 Kiistenboot.
Tuapse 05.35 Uhr LB: 1 U=Boot, 11 S=Boote, 7 Raumboote, 2 Motorboote, 5 Frach=
ter je 1500 t, 5 Kiistenfahrzeuge zus. 2500 t.
Gelendshik 07.05 Uhr LB: 4 S=Boote, 2 Raumboote, 4 Kiistenfahrzeuge und 30
Boote.
Kaspisches Meer: Astrachan 17.9.06.47 Uhr: 20 Dampfer 86000 t, 11 Leichter
12 000 t, 16 Schlepper, 6 Flofie, etwa 100 kleine Boote.
Zwischen Gurjew und Ural=Miindung 07.52 Uhr 4 Tanker 14000 t, 36 Leichter
42 ^00 t, 4 Motorleichter 26000 t, 13 Schlepper, etwa 200 kleine Boote.
Eismeer: Angriffe auf Motorboote in der Litowska=Bucht, 2 Motorboote beschadigt.
Letzte Position PQ 18 16.15 Uhr 46 Ost 2859, Kurs etwa 190 Grad. Am 18. 9. wur=
den auf PQ 18 folgende Erfolge erzielt:
6 Schiffe 46 000 t und 1 Bewacher versenkt, 2 Schiffe mit 15 000 t schwer beschadigt,
wahrscheinlich versenkt (auf jedem Schiff je 1 1000 kg= und 1 500 kg=Bombe),
5 Schiffe 35 000 t beschadigt, 1 Zerstorer in Brand geworfen. QP 14 10.57 Uhr in 27
Ost 8785 Kurs 280 Grad. Weitere Meldungen fehlen.
Verlust: 1 He 111.
Ubersicht Uber Einsatze an der Ostfront vom 5.— 12. 9.:
Lfl.i
2996,
Feindeinsatze :
2125
Lfl.4
7507f
Feindeinsatze:
2834
Luftw.Kdo. Ost u.
Luftw.Kdo. Don
4665,
Feindeinsatze :
5586
19. September 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidl. Krymskaja Abwehr feindl. Angriffe, desgl. nordl. des MsymIa=Flusses
nordnordwestl. Suchum. An der Terekfront ostw. Maiskij konnte die 13. Pz.=
742
^g. September 1942
Div. nach schwerem Abwehrkampf eine stark ausgebaute feindl. Stellung uber=
rennen. In der Nordflanke nordostw. Mosdok stark. Feind gemeldet. GegenstolB
im Gange. Wetter: warm, trocken, Wege gut befahrbar.
H.Gr. B:
Im Stadtgebiet von Stalingrad iibernahm 29, 1.D. (mot.) den Sudabschnitt der
94. Div. und machte hiermit weitere Teile der Div. zum Angriff frei. Im harten
Hauserkampf gewann 94. 1.D. siidl. der Zariza bis zum Nachmittag auf schma=
ler Front das westl. Wolgaufer. Nordl. der Zariza sauberte 71. 1.D. den westl.
Teil der Stadt bis zur Eisenbahn. Starke feindl. Pz.=Krafte bis zu 3 Rgt.ern
durchbrachen die Landbriicke an der Bahn siidl. Kotluban und stiefien bis
Borodkin durch. Weitere Feindkrafte sind im Anmarsch von Nordwesten her.
Durch tapferes Verhalten der durch die Feindpanzer aufgeroUten aufieren Flii=
gel der beiden Div.en und nach eign. Gegenangriff mit Panzern, Sturmgeschiit=
zen und Flak konzentrisch auf die eingebrochenen Teile wurden diese vernichtet
und die alte HKL wieder fest in eigene Hand genommen. Angriffe siidl. Kot=
luban scheiterten. Im ganzen wurden bisher 106 Feindpanzer abgeschossen und
mehrere Gefangene eingebracht. Einzelkampfe hinter der Front sind noch im
Gange. Bei Woronesch griff der Feind von Siiden, Osten und Norden her nach
starker Artl.=Vorbereitung und Einsatz von Schlachtfliegern mit starken Kraf=
ten (von Norden her mehrere Div.en) die eignen Stellungen an. Nach hartem
Kampf und unter Einsatz aller Abwehrwaffen wurde der Russe unter hohen
Verlusten abgeschlagen. Auf der alten Einbruchsstelle am Ostrand der Stadt
sind noch schwere Kampfe im Gange. Auch am Stellungsknie nordl. Woronesch
griff der Feind weiter in der gestrigen Einbruchsstelle an. Ein Gegenangriff ist
fiir den 19. 9. vorgesehen. Wetter: wechselnd bewolkt, warm, windig.
H.Gr. Mine:
Mehrere Angriffe bei Nowosil und ein feindl. Vorstofi siidl. Bjelew wurden
verlustreich fiir den Feind abgewehrt. Nordostw. Sytschewka griff der Feind in
mehreren Wellen die dort stehende Pz.Div. an und wurde nach hartem Kampf
zuriickgeschlagen. Neue Angriffe sind im Gange. Auf der Rshew=Front keine
besonderen Kampfhandlungen. Nordl. Smolensk gingen eigne Truppen nach
Westen vor und konnten mehrere Ortschaften in Besitz nehmen („Spatlese'').
Wetter: regnerisch, kiihl, stiirmisch.
H.Gr. Nord:
Siidostw. Ilmen=See griff der Feind zu wiederholten Malen die Bahndamm=
stellung im Nordabschn. der Demjansk=Front vergebl. an. Ein weiterer Vorstofi
auf die linke Flanke dieser Stellung ist im Gange. Nordl. der Landbriicke wurde
ein feindl. Vorstofi zuriickgewiesen. Siidl. des Ladoga=Sees griff der Feind die
eignen Stellungen an. Kampf ist noch im Gange. An der siidl. hiervon gelege=
nen Einbruchsstelle konnte ein eigner Angriff weiter Boden gewinnen. Ein Lan=
dungsversuch zweier Feindboote am Ostufer der Newa wurde zerschlagen.
743
B. Kriegstagebuch
Finnland
Der Feind verier in den Kampfen siidl. des Seg=Sees bisher 500 Mann an Toten
und Verwundeten. Die Kampfe sind hier noch im Gange.
Nordostfront: Auf der ganzen Front lebh. Aufklarungstatigkeit.
Panzerarmee Afrika (18. 9.)
Keine besonderen Ereignisse. Die ital. Besatzung Gialo halt sich vorlaufig noch.
(19. 9.)
Feind fiihlte am 18. 9. im Siidabschnitt mit Panzern und Panzerspahwagen gegen
eigene Stellungen vor.
An libriger Front verlief der Tag ruhig.
Feindl. Kraftegliederung unverandert.
Oase Gialo noch in ital. Hand. Kfz.=Ansammlungen siidl. Gialo wurden durch
deutsche und ital. Luftwaffe bekampft.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 19. 9. 42
I. Raum um England:
Aufklarungsfliige und Jaboangriffe. Es wurde angegriffen 1 Fabrik hart nordlich
Sandwich, in Hausern und Fabrikanlage gute Trefferwirkung. Stadt Salcombe mit
Bordwaffen angegriffen.
Uber Nachteinsatz liegen noch keine Meldungen vor.
Im Seegebiet westlich Portland 19.28 Uhr 3 kl. Dampfer, 1 Zerst., 3 Vorp.=Boote
Kurs West.
Durch Jaboangriff wurden um 16.00 Uhr in der Salcombe=Bucht 3 Landungsboote
versenkt.
Einfliige: 183, davon etwa 150 ins Reichsgebiet. Abschiisse 5 durch Flak und 7
durch Jager. Schwerpunkt Miinchen. Eindringtiefe Malmedy— Niirnberg— Regensburg
— Freising— Zell am See— Konstanz— Miihlhausen.
Auf Miinchen wurden abgeworfen 1 LM, zahlreiche Sprengbomben, mehrere tau=
send Brandbomben, 7 Bomben mit LZZ. 145 Hauserschaden, vorwiegend Brande.
Schwere Industrieschaden. Es wurden beschadigt: Reichsmonopolverwaltung fiir
Branntwein, Weinbrennerei Macholl, Milchwerke Miinchen Ost, Siiddeutsche Brem=
sen AG, Druckerei Oppacher, Arbeiterlager bei Dynamit Nobel, Sagewerk Lutz u.
Sohne. Schadensumfang und Produktionsausfall noch nicht festgestellt. Neue Aus=
stellungshalle fiir Ausstellung „Neues Europa" durch Brand und Einsturz zerstort.
Hauptbahnhof 4 Schnellzugswagen ausgebrannt. Fahrleitungsstorung auf Vorort=
bahn und nach dem Ostbahnhof.
In sMG=Stellungen 1 Soldat gefallen, 10 verwundet. Die Zivilbevolkerung hatte
34 Tote, 91 Verletzte.
Bei einem Angriff auf Saarbriicken wurden etwa 1000 Brandbomben und einige
Fliissigkeitsbrandbomben zu je 112 kg abgeworfen. Brand in Maschinenhalle Haupt=
bahnhof. Einige Dachstuhlbrande. In der Burbacher Hiitte Brande in Fabrikgebau=
den, Anstreicherwerkstatt total ausgebrannt. Gefangenenbaracken zu 50V0 ausge=
brannt. Waggonfabrik Liittgens Holzlager ausgebrannt, looVo Produktionsausfall
fiir 1 Woche. 10 Verletzte.
Bombenabwiirfe auf weitere Orte ergaben nur geringe bzw. keine Schaden.
Uber Ungarn gingen am 17. 9. 42 Ballone mit Brandflaschen und Brandplattchen
nieder, am 19. 9. 10 Ballone.
Am 19. 9. iiber Holland (Scheldemiindung) viele Ballone, sehr hoch.
744
20. September 1942
2. Mittelmeer :
Fliegerfiihrer Afrika fuhrte Angriffe gegen Kraftfahrzeugansammlungen und ge-
gen Selbstfahrlafetten mit sehr guter Wirkung durch. Im iibrigen Geleitzugssiche»
rung und Jagdschutz.
Die Aufklarung stellte bei Gialo keine massierten Kampfkrafte fest. Kampfver=
bande wurden dort mit guter Wirkung gegen Kraftfahrzeugansammlungen eina
gesetzt.
Etwa 60 sm nordostw. Port Said 10.00 Uhr 1 leichter Krz., 3 Zerst. Kurs 60 Grad,
10.15 Uhr etwa 20 sm nordl. davon 1 leichter Krz., 2 Zerst. Kurs 165 Grad.
Ostfront: 61. Abschiisse, davon 2 am Boden zerstort.
Schwarzes Meer: Astrachan 18. 9. 09.50 Uhr LB 25 Frachter 28000 t, 23 Tanker
56000 t, 20 Rad=Dampfer, 250 kl. Boote, 40 4bordige Fahren, 3 Rad=Dampfer,
1 Frachter nordgehend, 3 Rad=Dampfer siidgehend.
Zwischen Stalingrad und Astrachan 18. 9. vormittags lebhafter Verkehr.
Machatsch Kala 18. 9. 16.30 Uhr LB 3 Frachter 6200 t, 1 Tanker 500 t, 14 kl. Boote.
Eismeer: In der Orlowski=Bucht 16.18 Uhr 2 Dampfer je 1000 t, 1 Vorp.=Boot Kurs
Slid.
In der Ponoy=Mundung 13.05 Uhr 1 Tanker 2000 t Kurs SW.
Bei Kap Woronowo 13.05 Uhr 2 Dampfer, davon 1 1000 u. 1 3000 t Kurs SW.
PQ 18 voraussichtlich gegen 22.30 Uhr Archangelsk eingelaufen, stand 15.30 Uhr
am NO=Eingang der Dwina=Bucht.
QP 14 19. 9. 06.45 Uhr hart siidl. Siidkap (17 Ost 7770) Kurs 300 Grad. Bestand
aus etwa 20 Dampf em, 1 Trager, 3 schweren Krz. und 23 Bewachern.
Bei einem Angriff durch 10 BF 110 auf Mishaschy Bombenwurf wegen Wetter nicht
beobachtet. Abschufi von 4 Hurricane.
20. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 20. September 1942 (19. 9. keine Aufzeichnungen)
Bei der Heeresgruppe A wird die nachste Angriffsstaffel der 17. Armee am
22. September antreten. Die Armee hat um den Einsatz starkerer Luftwa£fen=
krafte gebeten. Die 1. Panzer= Armee erhalt den Auftrag, auf dem Ostufer des
Terek weiter nach Siiden vorzustofien, um die Ausgange der Grusinischen und
Ossetischen Heerstrafie zu sperren. Das weitere Vorgehen der Armee nach
Osten in der Richtung auf Machatsch Kala kommt zunachst nicht in Frage.
Heeresgruppe B: Bei Stalingrad sollen die 24. Panzer= und die 94. Inf.Div.
herausgezogen werden, um am 22. September zur Ausraumung des Nordteils
von Stalingrad eingesetzt zu werden. Die Luftwaffen=Vorbereitung zu diesem
Angriff beginnt am 21. Bei Woronesch soil die 27. Panzer=Di vision nicht im
Hauserkampf eingesetzt werden.
Auf Antrag des Chefs Gen.St.d.H. wird die rechte Abschnittsgrenze der
Heeresgruppe Mitte weiter nach Siiden verlegt. Die Feindbeurteilung bei der
Heeresgruppe lautet dahin, dafi der Gegner durch Fortsetzung seiner Angriffe
gegen Rshew und neue Angriffe gegen den Nordwestpfeiler der 9. Armee die
Bahn Nelidowo— Rshew in die Hand zu bekommen versuchen wolle. Die Hee=
resgruppe will die 11. Panzer=Div. als Eingreifreserve hinter die Nordwestfront
der 9. Armee verschieben. Der Fiihrer ordnet hierzu von neuem die Herauslo=
745
B. Kriegstagebuch
sung der Div. „GroJSdeutschland'' und die Verschiebung der 95. Inf.Div. von
der 3. Panzer=Armee nach Norden an. Bei einem feindlichen Grofiangriff gegen
die Nordost= und Nordwestfront der 9. Armee soil eventuell auf den geplanten
Angriff bei der 3. Panzer= Armee verzichtet werden, um dort weitere Krafte zur
Verschiebung nach Norden herausziehen zu konnen.
In Danemark soil die 416. Inf.Div. auf Anordnung des Fiihrers bis zum
1. Marz 1943 angriffsfahig gemacht werden.
Der Fiihrer befiehlt weiterhin, dafi zur Verstarkung der Abwehrkraft Kretas
das hierzu bestimmte Personal mit dem allernotwendigsten Gerat im Luft=
transport iiberfiihrt wird.
Am Nachmittag trifft der Kommandeur des (in Griechenland zusammenge=
stellten und geschulten) \Musten=Sonderverhandes, General der Flieger Felmy,
zur Besprechung mit dem Chef WFSt iiber den Einsatz seines Verbandes am
Ostfliigel der Heeresgruppe A im Fiihrerhauptquartier ein (Ergebnis der Be=
sprechung siehe 21. 9.).
[Befehl des Fiihrers zur Umbildung der Heimatflak und zur Aufstellung einer
Flakmiliz aus Jugendlichen („Vlakhelfer").]
Eriauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Hitlers Aktivitat als neuer Befehlshaber der H.Gr. A bradite in jenen Tagen
— auch nach Haiders Tagebuchnotizen * — „am Terek erfreuliche Fortschritte" mit
sich. Andererseits tritt von Tag zu Tag deutlidier in Erscheinung, dafi diese Fort=
sdiritte im gesamten Bereich der deutsdien Angriffsfront ein immer langsameres
und geringeres Ausmafi annahmen. So konnte audi Haider im Gegensatz zu den
Aufzeidinungen Greiners iiber die weiteren Absiditen in Stalingrad am gleidien
Tage sogar sdireiben, da6 sich dort „das allmahliche Ausbrennen der Angriffstruppe
fiihlbar" mache.
Der Grund fUr die Verlegung der taktischen Grenzen zwischen den H.Gr. B und
Mitte ist angesichts der Kampflage bei beiden nicht ersichtlich. Vermutlich hat es
sich auch nur um eine geringe Verschiebung gehandelt.
Mit der Anordnung Hitlers, die 416. Inf.Div. in Danemark, eine Besatzungsdivi=
sion niederen Kampfwertes, bis zum Friihjahr 1943 „angriffsfahig" zu machen, sollte
wahrscheinlich eine weitere Division fiir den Krafteaustausch Ost=West oder als
Reserve der Obersten Fiihrung gewonnen werden. Die Lage in Danemark selbst war
fiir diese Absicht jedenfalls ganzlich belanglos. Anscheinend ist sie auch nicht zu=
stande gekommen, da die Division im Februar 1944 noch immer in Danemark stand
und auch, als sie dann zur Besetzung der Aaland=Inseln in Aussicht genommen
wurde, noch keinesweges als vollwertig gait-.
Hitlers Befehl, nach Kreta neben alien anderen die Insel bevorzugenden Disposi=
tionen nun auch noch Krafte im Lufttransport zu iiberfiihren, ohne dafi irgendwelche
Anzeichen einer Bedrohung vorlagen, zeigt erneut die ganze Unruhe des Mannes
an der Spitze der Wehrmacht, aber auch den Mangel jeder Riicksicht auf wichtigere
1 Tgb. Haider, 20. September 1942.
2 Vgl. KTB/OKW, Bd. IV, S. 1916 ff. „Der nordliche Kriegsschauplatz" 1. Januar bis
31. Marz 1944, Abschnitt C und Anhang.
74^
20. September 1942
Aufgaben, wenn es sich darum handelte, seinen Willen durchzusetzen. Anlafi zu
dieser verscharften Anordnung war vermutlich, dafi die „Transportubersicht", die
der WB Siidost am 17. September vorgelegt hatte, ihn nicht befriedigte.
Der „Sonderverband Felmy" war, wie aus den eigenen Ausarbeitungen des Ge=
nerals Felmy bekannt, seit dem Sommer 1941 zu dem Zweck gebildet worden, um
bei einem deutschen Eindringen in den Mittleren Osten iiber Landes= und sprach«
kundige Gruppen zu verfiigen. War urspriinglich daran gedacht gewesen, diese
Einheiten im geeigneten Zeitpunkt der Armee Rommel anzuschliefien, so hatte
neuerdings das Drangen Felmys auf baldige Verwendung in Verbindung mit den
zeitweilig besser erscheinenden AussicKten im Kaukasus den WFStab veranlafit, den
Verband dem Gen.St.d.H. zum demnadistigen Einsatz bei der H.Gr. A anzubieten.
Nachdem General Felmy am 31. August eine „Aussprache iiber Operation siidlich
des Kaukasus" mit General Haider gefiihrt und sich in der Zwischenzeit wahr*
scheinlich bei der H.Gr. A umgesehen hatte, erschien er nunmehr im Hauptquartier
des OKW, um die Verwendung seines Verbandes im Benehmen mit dem WFStab
im Rahmen der inzwischen gegebenen Lage zu erortern.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
3. rum. Geb.Div. nahm einen Ort im Abin=Tal und befindet sich im um=
fassenden Angriff auf Eriwanskaja. Im Kljutsch=Tal ist ein feindl. Angriff im
Gange. Ostwarts Maiskij stiefi die 13. Pz.Div. nach Uberwinden mehrerer
feindl. Panzergraben in westl. Richtung vor, auf dem aufiersten Ostfliigel nord=
westl. Mekanskaja ist durch Aufklarung starkerer Feind festgestellt.
H.Gr. B:
Nordwestl. Astrachan wurde bei Chasyk schwacherer Feind nach Osten
geworfen. Siidlich Stalingrad wurden zwei feindl. Angriffe abgewiesen und
6 Panzer erledigt. Die siidlich der Zariza bis an die Wolga vorgestofienen Teile
der 94. 1.D. sind im Angriff gegen den siidl. hiervon gelegenen Stadtteil. Nord=
lich der Zariza gehen Teile der 71. 1.D. zwischen Bahnhof und Flufi gegen die
Wolga vor und werden von siidl. des Flusses stehender feindl. Artl. flankiert.
Angriffe mit Panzern auf die Hohe 102,0 (Stellung der 297. 1.D.) ebenso wie
ein Angriff nordlich davon bei der 389. 1.D. wurden unter hohen Feindver=
lusten zuriickgewiesen. Siidlich und siidostwarts Kotluban ist ein feindl. er=
neuter Angriff im Gange. Westl. Kasanskaja verhinderten ital. Truppen einen
feindl. Versuch, den Don zu iiberqueren. Nordl. Woronesch griff der Feind
erneut nach starker Artl.=Vorbereitung die dortigen Stellungen an und wurde
unter schweren Verlusten abgewiesen. An dem Stellungsknie nordl. Woronesch
wechselvolle Kampfe im Gange.
H.Gr. Mitte:
Der Russe wiederholte auch am gestrigen Tage seine vergeblichen Angriffe
siidl. Nowosil nordl. der Bahn; bisher sind in diesen Kampfen 14 Panzer ab=
geschossen. Siidl. und siidwestl. von Rshew wurden mehrere Feindvorstofie
747
B. Kriegstagebuch
abgewiesen, siidl. Subzoff feindl. Ansammlungen zerschlagen und nordl. der
Wolga 6 angreifende Panzer bewegungsunfahig geschossen. Nordl. Bjeloj
starkeres feindl. Artl.=Feuer. Zwischen Demidoff und Duchowschtschina nah=
men eigene nach Norden vorstofiende Truppen mehrere Ortschaften, der
Straiienzustand hat sich durch die Regenf alle verschlechtert.
H.Gr. Nord:
Der Feind wiederholte auch gestern wieder seine aufiergewohnlich starken
Angriffe auf die Eisenbahnstellung im nordl. Demjansk=Abschnitt, die restlos
abgewiesen werden konnten. Erneute Angriffe mit Panzern, Schlachtfliegern
und ArtL=Unterstutzung sind im Gange. Auch nordl. und siidl. der Landbriicke
vergebliche Angriffe der Russen. Siidl. Staraja Russa konnten Telle einer mot.
Div. durch Vorstofi an der Red] a die Stellungen verbessern. Ebenso wurde
siidl. Salzy ein Vorstofi nach Siiden zur Begradigung der eigenen Linien erfolg=
reich durchgefiihrt. Mehrere Angriffe der Russen siidl. Ladoga=See wurden
am gestrigen Tage abgeschlagen, der Feind verlor an einer Stelle 4 Panzer;
an der Newa=Front wegen Schlechtwetterlage nur geringe Kampfhandlungen.
Finnland
Finn. Sudostfront: Feindl. Angriffe im Raum Maselskaja wurden vor der eigenen
Linie zum Stehen gebracht. Der Feind zieht Verstarkung und Artl. nadi.
Nordostfront Geb.=AOK 20: Im Raum Alakurtti verstarkte Bandentatigkeit. Nach
Uberlauferaussagen soil an der Murmansk=Front noch im September ein feindl.
Angriff beabsichtigt sein.
Panzerarmee Afrika^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 20. 9. 42
1. Raum um England:
1 Abschufi durch Flak, ein zweimot. Nachtjager in o^ Ost 0515 abgeschossen.
Bei Tage geringe Aufkl.=Tatigkeit wegen Wetterlage, keine Angriffe gegen Land=
ziele. Bei Nacht kein Einsatz.
In der Nacht vom 19. zum 20. wurde Sunderland mit guter Wirkung angegriffen.
Brande von grofier Ausdehnung im Stadt= und Hafengebiet und eine grofie Explo=
sion wurden beobachtet. Es waren 19 Flugzeuge eingesetzt.
An der Ostkiiste der Insel Wight 08.00 Uhr 3 Dampfer, 1 Vorp.=Boot stilliegend,
2 S=Boote, anscheinend Portsmouth einlaufend.
Keine Feindeinfliige ins Reichsgebiet und in die besetzten Gebiete.
Bei Kalisch wurden 15 Flaschen mit fliissigem Phosphor gefunden, der sich ent=
ziindete. In Ungarn sind 22 Storballone sichergestellt worden.
2. Mittelmeer:
Aufklarung gegen Suez und Kufra, Ergebnis liegt noch nicht vor.
Im Mittel= und Siidabschnitt des Afrika=Korps ein Stuka= und mehrere Jabo=
3 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
748
21. September 1942
Einsatze. Mehrere Brande und Volltreffer in Batteriestellungen festgestellt. Jager
erzielten 4 Abschiisse.
Bei Gialo wurde festgestellt, dafi der Gegner sich unter Zuriicklassung beschadiga
ter Panzer und Kraftfahrzeuge ins Wadi zuriickzieht, die Entsatzkolonne scheint in
Gialo angekommen zu sein.
Aufklarung und Kampfeinsatz gegen den abziehenden Gegner, dabei Angriffe
auf Lastwagen und Panzerspahwagen mit guter Wirkung.
In der Nacht vom 19. zum 20. nur geringe Tatigkeit der feindl. Lujftwaffe.
5. Ostfront:
40 Abschiisse.
Schwarzes Meer: Im Seegebiet Gelendshik 06.00 Uhr 2 kl. Dampfer, 1 Vorp.=Boot
Kurs Siidost, im Seegebiet Sotschi — Adler zwischen 06.20 und 07.50 Uhr 3 Geleit=
boote, 4 R=Boote, 4 mittlere Dampfer, 1 kl. Kiistentanker Kurs Siidost.
Siidostwarts Adler 07,45 Uhr 1 kl. Dampfer, 1 MS=Boot, 1 R=Boot Kurs Nord=
west.
Kasp. Meer: Machatsch Kala Dlhafen 08.30 Uhr: 3 Dampfer zu 6000, 3000 und
1000 t, vor Machatsch Kala 07.43 Uhr 2 Dampfer, davon 1 stilliegend, 1 Kurs Nord.
Im Bereich der Lfl. 1 wurden insges. 307 Flugzeuge eingesetzt zur Unterstiitzung
der 11. Armee. Hauptziel Bekampfung von Eisenbahnzielen siidl. des Ladoga=Sees,
auf Nachschub Rollbahn Kalkolowo— Gaitolowo und auf erkannte Feindbatterien.
Feindl. Nachschub auf der Bahn und Rollbahn nachhaltig gestort. Treffer in Feind=
batterien 1 km siidostwarts Tschomor erkannt.
Auf dem Ladoga=See Angriffe gegen Schiffsziele, dabei 1 kl. Frachter versenkt,
1 Wachboot in Brand geworfen, 1 kl. Frachter schwer beschadigt (blieb mit Schlag=
seite liegen).
Im Hafen Lavansaari 20. 9. 14.00 Uhr: 1 Kan.=Boot, 10 Vorp.=Boote und Ku=Rau=
mer, 1 Schlepper.
Zwischen Peninsaari und Lavansaari gegen 14.00 Uhr 2 Ku=Raumer, 1 Motorboot
Kurs Lavansaari.
Vermerk: Ku=Raumer sind russ. Motor=Raumboote.
Bei Leuchtturm Polli 18.10 Uhr 6 Vorp.=Boote Kurs Ost.
Eismeer: Im Glocken=Sund 2 km ostwarts Insel Axel 07.30 Uhr 1 Zerstorer,
1 Dampfer 10 000 t stilliegend.
In der Braganza=Bucht 1 Zerstorer, 1 Dampfer 8000 t stilliegend.
Glocken=Sund und Eis=Fjord eisfrei.
Vor Archangelsk an der Ostkiiste der Dwina=Bucht 07.30 Uhr 4 Dampfer, 2 Vorp.=
Boote stilliegend, am Eingang der Bucht 07.30 Uhr anscheinend in Auflosung be=
griffener Geleitzug. Hafen wegen Wetter nicht eingesehen.
Von QP 14 keine Meldung.
21. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 21. September 1942
Lagevortrag:
Heeresgruppe A: Bei der 17. Armee verzogern sich die Staff elangriffe der
rumanischen 3. Gebirgsdivision und der 125. Inf.Div. um einen Tag, beginnen
also heute bzw. am 23. September. Der Angriff der Armeemitte auf Tuapse
ist fiir den 27. September in Aussicht genommen. Als Ziel des Angriffs der
1. Panzer=Armee bezeichnet der Fiihrer Ordshonikidse. Das III. Armeekorps
749
B. Kriegstagebuch
soil hierzu beiderseits des Terek nach Siiden vorstofien, das LII. Armeekorps
den Angriff in der Ostflanke decken und das XXXX. Panzerkorps die Sicherung
nach Osten iibernehmen.
Auf den Vortrag des Chefs WFSt entscheidet der Fiihrer, dafi der Sonder=
verband Felmy am Ostfliigel der Heeresgruppe A nordlich von Grosnij zur
Sicherung eingesetzt werden soil. Es soil nur geschlossener Einsatz vorgesehen
und dabei beriicksichtigt werden, dafi die eigentliche Aufgabe des Verbandes
erst jenseits des Kaukasus liegt, der Verband daher nicht in ernsteren Kampfen
verbraucht werden darf. Anderungen im Einsatz des Verbandes sollen der
Entscheidung des OKW unterliegen.
Zur Unterstiitzung der Operationen der 17. und der 1. Panzer=Armee sind
nach Meldung des Luftwaffen=Fuhrungsstabes eingesetzt: 3 Aufklarungsstaf=
feln (12 Flugzeuge), 2 Zerstorer=Staffeln (20 Flugzeuge), 5 Jagdstaffeln {60
Flugzeuge) und 1 Kampfgruppe (20 Flugzeuge).
Nach Meldung der Heeresgruppe B ist der Angriff auf den Nordteil von
Stalingrad (siehe 20. 9.) infolge stark gesunkener Infanteriestarken zur Zeit
nicht durchfiihrbar. Der Fiihrer befiehlt daher, dafi die 100. Jager=Div. nach
Stalingrad herangefiihrt werden soil (siehe 14. 9.). Fiir die Weiterfiihrung
des Angriffs ordnet der Fiihrer an, dafi im ersten Abschnitt der Nordteil von
Stalingrad ausgeraumt, im zweiten Abschnitt das Westufer der Wolga sudlich
von Stalingrad bereinigt und im dritten Abschnitt ein Angriff nach Norden
zur starkeren Anlehnung an die Wolga gefiihrt werden soil. Es soil ferner
gepriift werden, ob die 11. Panzer=Div. nach Abklingen der feindlichen An=
griffe siidostlich von Suchinitschi wieder der Heeresgruppe B zugefiihrt wer=
den kann.
Bei der Heeresgruppe Nord ist die 11. Armee heute friih zur Beseitigung
des Feindeinbruchs nordostlich von Mga angetreten. Generalfeldmarschall von
Manstein hat gemeldet, dafi das Unternehmen „Nordlicht'' nicht vor dem
15. Oktober in Betracht komme, dafi ihm fiir die Durchfiihrung eine Division
fehle und er infolgedessen eventuell die 58. Inf.Div. aus der Oranienbaumer
Front (siehe 5. 9.) herausziehen wolle.
Der Fiihrer erklart sich damit einverstanden, dafi der befohlene Ost=West=
Austausch (siehe 9. 9.), wie vom Chef Gen.St.d.H. vorgeschlagen, mit dem
Austausch zweier Ost=Divisionen, der 161. imd 328. Inf.Div., gegen eine West=
Division mit Nr. iiber 300 beginnt. Der Oberbefehlshaber West soil melden,
welche West=Division dafiir in Frage kommt und wann der Abtransport be=
ginnen kann. Alsdann soil die Ablosung, im Westen beginnend, Zug um Zug
erfolgen.
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Der Auftrag des Sonderverbandes Felmy zur Sicherung im riickwartigen Gebiet
der H.Gr. A, wie er an diesem Tage von Hitler genehmigt wurde, sollte nur eine
Notlosung auf begrenzte Zeit darstellen. Die spatere Entwicklung der Lage im siid=
lichen Bereich der Ostfront liefi dann aber nicht nur bald „die eigentliche Aufgabe
750
21, September 1942
. . . jenseits des Kaukasus" ganzlich entf alien, sondern fiihrte entgegen alien vor=
sorglichen Anordnungen auch dahin, dafi der Verband ohne Riicksicht auf seine
besonderen Werte in ortlichen Kampfen verbraucht wurde. Als sich Anfang 1943
eine neue Aufgabe in Tunesien zu ergeben schien, standen nur noch Reste zur Ver«
fugung.
Die Notizen Greiners sowohl iiber die Luftwaffenunterstiitzung bei den Opera*
tionen der 17. Armee und der 1. Pz.Armee als auch iiber die „stark gesunkenen
Infanteriestarken" bei der H.Gr. B vermitteln einen weiteren Einblick in den ge=
ringen Stand der Angriffsfahigkeit, der dem Offensivfliigel der Ostfront noch ver=
blieben war. Wieder finden die Meldungen Richthofens ihre Widerlegung, wieder
muC auch Hitler seine daraufhin getroffenen Anordnungen widerrufen. Gleichzeitig
erlebt man aber auch erneut, wie er diesen Warnzeichen mit vollig unzulanglichen
Mitteln — eine Jager=Div. hatte nur 2 Inf.Rgt.er — zu begegnen sucht und sich mit
noch weiter ausgreifenden Planen iiber den tatsachlichen Stand der Dinge hinweg=
tauscht. Der Inhalt dieser Plane ist im iibrigen nach den Aufzeidinungen Greiners
nicht in alien Teilen klar zu erfassen.
Bei der H.Gr. Nord war nach der Darstellung Mansteins schon „bis zum 21. Sep=
tember . . . die Abschniirung des Gegners gelungen ^." Auch die Angaben Greiners
iiber den Zeitpunkt fiir das Unternehmen „Nordlicht" finden bei Manstein keine
Bestatigung^.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidwestl. Noworossijsk fdl. Landungsversuche mehr. StoEtrupps, die von
rum. Truppen abgewiesen sein sollen. Naheres steht aus. Siidostw. Noworos=
sijsk wurden fdl. Angriffe abgewiesen. An der Terek=Front wurde nach mehr=
stUndigem Kampf die Eisenbahnbriicke iiber den Terek bei Arik durch Hand=
streich unversehrt in Besitz genommen. Der ostw. Maiskij liegende Staudamm
ist ebenfalls in eign. Hand. Angriffe des Feindes in Starke von etwa 4 Batl.en
und mit Artl.=Unterstiitzung gegen Ischerskaja von Siiden und Osten wurden
unter starken Gegnerverlusten abgewiesen. Wetter: klar und sonnig.
H.Gr. B:
Ostw. Chalchuta starke Feindangriffe (mindestens 5 Batl.e und 6 Panzer)
und unter Fliegerunterstiitzung. Feind hat etwas Boden gewonnen. Weitere
Angriffsvorbereitungen von Osten her erkennbar. Eign. Reserven werden
herangefiihrt.
Am linken FlUgel der 371. 1.D. wurden mehr. feindl. Vorstofie abgeschlagen.
An der Siidfront von Stalingrad zerschlug die 14. Pz.Div. Versuche des Geg=
ners, sich an die Stellungen heranzuschieben. In Stalingrad wurden unter
schweren Kampfen beiderseits der Zariza einige befestigte Hauserblocks ge=
nommen. Die Kampfe dauern an. Siidostw. Kotluban wurden an der Nord=
westflanke der Einbruchsstelle mehr. feindl. Angriffe zuruckgeschlagen. In der
1 „Verlorene Siege", S. 296; vgl. aber auch Tgb. Haider, 21. September 1942: „v.
Manstein angetreten. Geringe Anfangserfolge."
2 Vgl. seine Darstellung dazu a. a. O., S. 297.
75^
B. Kriegstagebuch
Einbruchsstelle griff der Gegner nordostw. Borodkin mit stark. Inf.= und Pz.=
Kraften an. Ein Pz.=Gefecht um den Besitz der Hohe 154,2 ist noch im Gange.
Nordwestl. Katschalinskaja im Don=Bogen gelang es dem Gegner, zwei Orte
zu nehmen. Gegenangriffe schwacher eign. Reserven haben keinen Boden ge=
wonnen. Nordwestl. Swoboda feindl. Erkundungsvorstofie in Batl.=Starke
abgewiesen. 4 Angriffe des Feindes gegen den linken Fliigel des Br.=Kopfes
Woronesch in Starke von etwa 600 Mann ohne Pz.=Unterstiitzung sowie ein
Feindvorstofi gegen rechten Fliigel und Mitte der y^. I.D. wurden abgewiesen.
Wiederholte Angriffe des Gegners mit Pz.=Unterstiitzung am Stellungsknie
nordl. Woronesch. 8 Feindpanzer abgeschossen. Angriffe gegen Mitte und
linken Fliigel der 377. I.D. unter blutigen Verlusten fiir den Gegner abgewie=
sen. Wetter: Im Siidteil heiter und windig, im Nordteil bedeckt, sehr windig,
ortl. Regenschauer. Temp. + 16 Grad.
H.Gr. Mitte:
Siidwestl. Nowosil wurden feindl. Bereitstellungen durch Artl. bekampft.
Westl. Bjelew brach ein Feindangriff unter hohen blutigen Verlusten fiir den
Gegner zusammen. Bei der 9. Armee aufier beiderseitiger Spahtrupptatigkeit
und vereinzelten Feindvorstofien keine wesentl. Kampfhandlungen. Unter=
nehmen „Spatlese'' erzielte weiteren Bodengewinn. Die Strafien sind durch
anhaltenden Regen gesperrt.
H.Gr. Nord:
Siidwestl. Cholm Bandenbekampfung. Nordl. Lytschewka wurden feindl.
Angriffe gegen die Bahndammstellung unter schweren feindl. Verlusten ab=
gewiesen. Im Raum des XXVI. A.K. wurden mehr. Feindangriffe gegen den
linken Fliigel der 28. Jg.Div. abgeschlagen. Voriibergehend eingebrochene
Feindteile wurden aufgerieben, 5 Pz. vernichtet.
Finnland
Sudostfront: Bei Maselskaja konnten eign. Gegenangriffe gegen anhaltenden
starken Feindwiderstand noch keinen Boden gewinnen. Der Feind emeuerte seine
Angriffe. Kampfe sind noch im Gang. Der Gegner verlor bisher etwa 1 000 Tote.
Nor do St front: In der Nacht zum 18. 9. Landung stark, russ. Abt.en im Abschnitt
Murmansk am Sudufer der Motowski=Bucht. Angriff auf 2 deutsche Stiitzpunkte
an der Kiiste. Angriff war erfolglos. Gegner zog sich bei Gegenangriff um 09.00 Uhr
zuriick und schiffte sich unter starkem Feuerschutz bewaffneter Boote wieder ein.
Gegnerische Verluste: 2 Gefangene, ein Uberlaufer, etwa 50—60 Tote. Eign. Ver=
luste: 5 Tote, 21 Verwundete. Am Tage in die Liza=Bucht einfahrende feindl. Motor=
boote wurden durch Artl.=Feuer zum Abdrehen gezwungen.
Panzerarmee Af rika
Normale feindl. Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit.
Die 9. austr. Inf.Div. ist nach V.N. aus dem Nordabschn. der El Alameinstellung
abgelost worden. Es ist nicht festgestellt, durch welchen Verband sie ersetzt wurde.
Es bleibt abzuwarten, ob sie aus Agypten abtransportiert wird.
75^
21. September 1942
Nach einer Meldung vom 18. 9. 19.40 Uhr leistet die Besatzung von Gialo welter
erfolgreichen Widerstand. Deutsch=ital. Luftwaffe griff wahrend des ganzen 18. 9.
feindl. Fahrzeuge in der Umgebung von Gialo an.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 21. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage Aufklarungsfliige und Jabo=Einsatz gegen Wexhill. Mehrere Hauser
eingestiirzt, in einem Barackenlager siidwestL der Stadt Treffer beobachtet. Abschufi
einer Whitley.
Kein Nachteinsatz.
Ostwarts Kinnaird Head 17.47 Uhr 1 Dampfer 10 000 t, 1 Vorp.=Boot Kurs Siid.
Dover einlaufend 19.35 Uhr 3 S=Boote.
Siidostwarts Insel Wight 11.42 Uhr 1 Dampfer ohne Kursangabe.
Bei Albans Head 12.04 Uhr 4 Dampfer Kurs West.
11 Feindeinfliige in den Raum Danemark, 1 Einflug in den Raum Helgoland.
Keine Bombenabwiirfe gemeldet.
2. Mittelmeer:
Es wurden durchgefiihrt Angriffe auf Panzer, Lastkraftwagen und Batteriestel=
lungen, nach Wirkungsbeobachtung Trefferlage gut. 1 Abschufi, 1 eigener Verlust.
Alexandrien 20.9. 15.40 Uhr LB: 7 Zerstorer, davon 2 im Dock, 4 Geleitboote,
6 kl. Kriegsschiffe, Fahrgastschiff 8000 t, 2 Tanker 14 000 t, 8 Frachter 30 000 t, davon
1 im Dock.
3. Ost front:
Schwarzes Meer: Gelendshik 21.9. 07.00 Uhr LB: 7 S=Boote, 1 Raumboot, 5 Ku=
stenfahrzeuge, 30 Boote, vor der Bucht 5 Kiistenfahrzeuge, 40 Boote, siidlich Gelen=
dshik 25 Boote, siidwestl. Gelendshik 06.55 Uhr 1 Dampfer, 1 Vorp.=Boot Kurs
Siidost.
Tuapse 21, 9. 06.38 Uhr LB: 1 Zerstorer, 3 S=Boote, 12 Minenraum= und Minen=
suchboote, 5 Dampfer 12 500 t, 1 Schwimmkran, 5 Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
Vor Tuapse 06.45 Uhr 2 Dampfer Kurs Siidost.
Suchum 20.9. 15.41 Uhr LB: 1 Tanker 7000 t, 4 Frachter 6000 t, 25 Boote,
1 Schwimmdock.
Vor Poti 09.45 Uhr 2 Zerstorer verschiedene Kurse.
Kaspisches Meer: Machatsch Kala 21.9. 07.45 Uhr: 1 Frachter 4500 t, 1 Frachter
1000 t, mehrere Boote, 3 Schleppkahne als Anlegebriicke zusammengesetzt.
Krasnowodsk 20. 9. 10.33 Uhr — 10.55 Uhr LB: 4 Kan.Boote, 2 U=Boote, 1 Vorp.=
Boot, 1 Raddampfer, 2 Tanker, 26 Frachter 25 000 t, 8 Prahme, 45 kleine Boote, im
Dlhafen 4 Tanker 8000 t, 5 Frachter 3500 t, 6 Leichter 3000 t, auf Reede liegend
6 Tanker 7800 t, 9 Frachter 9700 t, 1 Leichter, 2 Schleppziige.
Astrachan 20.9. 09.30 Uhr: 20 Tankleichter 50000 t, 35 Lastkahne 25000 t,
18 Raddamper, 250 Boote. Auf der Wolga reger Schiffsverkehr.
Ural=Miindung 20. 9. 10.40 Uhr LB : 13 Raddampfer, 26 Tankkahne 80 000 t,
20 Frachtkahne ^6 000 t stilliegend, 3 Raddampfer, 2 Kahne Kurs Nordost, 6 Rad=
dampfer Kurs Westsiidwest.
Eismeer: Vor Archangelsk 21.9. 08.00 Uhr nach LB: 20 Handelsschiffe, 6 Be=
wacher, meist Kurs 180 Grad, etwa 50 km westlich Archangelsk 2 Vorp.=Boote.
In der Mesen=Bucht 06.35 Uhr 1 Handelsschiff Kurs Siidost.
Golf von Kandalakscha 08.45 Uhr 1 Dampfer Zickzackkurse einlaufend.
QP 14 Standort 21.9. 14.20 Uhr: 300 km nordlich Jan Mayen in 27 West 1440
westl. Kurse.
753
B. Kriegstagebuch
22. September 1942
Aufzeichnungen Greiners zum 22. September bis 4. Oktober 1942
(Fiir den 22. September bis 4. Oktober liegen — abgesehen von einer kurzen,
nachstehend wiedergegebenen Notiz vom 2. Oktober — keine Aufzeichnungen
vor. Das erklart sich zum Teil dadurch, dafi Hitler vom 27. September bis zum
4. Oktober in Berlin weilte, wahrend dieser Zeit also im Fiihrerhauptquartier
keine Lagevortrage und Besprechungen stattfanden. Am 24. September ver=
abschiedete Hitler den Generaloberst Haider, am selben Tage trat der neue
Chef des Generalstabes des Heeres, General der Infanterie Zeitzler, sein Amt
an.
In der Lage an der Ostfront traten wahrend des genannten Zeitraumes
keine wesentlichen Veranderungen ein. Bei der Heeresgruppe A vermochten
die beiden am 21. imd 23. September angetretenen Angriffs staff eln der 17. Ar=
mee (siehe 21. 9.) nur ortliche Frontverbesserimgen zu erzielen. Am 21. wurde
ein russischer Landungsversuch zwischen Anapa und Noworossijsk vereitelt.
Die 1. Panzer=Armee nahm am 23. Prischipskaja am Terek=Knie (an der Eisen=
bahn nach Ordshonikidse) und am 3. Oktober siidlich des Terek Elchotowo
und Werchnij Kurp. Bei der Heeresgruppe B wurden am 24. und 25. September
Starke russische Entlastungsangriffe gegen die Abriegelungsfront der 6. Armee
zwischen Wolga und Don abgewehrt, im Kampfe um Stalingrad am 25. grofie
Parteibauten in der Nahe des Wolga=Ufers und am 3. Oktober die nordwest=
liche Vorstadt Orlowka genommen. Bei der Heeresgruppe Mitte fanden keine
grofieren Kampfhandlungen statt. Bei der Heeresgruppe Nord machte der am
21. September eingeleitete Gegenangriff im „Flaschenhals'' nur langsam Fort=
schritte und kam nach wenigen Tagen zum Stehen.)
Erlauterungen des Generals Warlimont zu den Aufzeidinungen Greiners
Die Griinde, die Hitler s. Z. bestimmt haben mogen, das Hauptquartier in der
Ukraine, begleitet nur von seiner engeren Umgebung, fiir mehr als eine Woche zu
verlassen und sich in Berlin aufzuhalten, sind — abgesehen von der traditionellen
Rede Hitlers zur Eroffnung des Winterhilfswerkes, diesmal am 30. September im
Berliner Sportpalast — General Warlimont nicht mehr erinnerlidi. Vom militarischen
Standpunkt mufi es jedenfalls, auch wenn der Befehls= und Meldeapparat in Berlin
im grol3en und ganzen der gleiche blieb, verwunderlich erscheinen, dafi er der Ost=
front gerade dann den Riicken kehrte, als ein neuer Chef des Gen.St.d.Heeres bei
anhaltenden, schweren Kampfen seine Aufgabe am Ort des Hauptquartiers (Win=
niza) iibernahm.
Zu Greiners Aufzeichnungen iiber die Lage an der Ostfront verdient es vermerkt
zu werden, dafi auch Hitlers personliche Fiihrung der H.Gr. A zu nicht mehr als
„ortlichen Frontverbesserungen" im westlichen Kaukasus verhelfen konnte; wie sich
dadurch die Entlassung des Feldmarschalls List nachtraglich noch einmal als unge=
rechtfertigt erwies, so blieb es ebenfalls unbeachtet, dafi die in Stalingrad auf=
kommenden Strafienkampfe allmahlich alle grofieren Bewegungen in diesem Raum
erstickten.
754
22. September 1942
Uber die Art und Weise, in der die nicht unmittelbar beteiligten obersten Stellen
der Wehrmacht liber die Lage im Osten und ihre weiteren Aussichten unterrichtet
wurden, ergibt sich ein Bild aus dem vom 24. September datierten Schreiben der
Seekriegsleitung an die Marinegruppe Slid, in dem als die Ziele bevorstehender
Angriffshandlungen in siidlichen Bereich der Ostfront u. a. Batum und — nach der
Einnahme von Stalingrad — Astrachan genannt werden, letzteres mit dem Zusatz:
„Es ist noch nicht entschieden, ob die Stadt besetzt oder zerstort Vi^erden soil."
Bei seiner eigenen Aussprache mit dem Ob.d.M. und dessen Begleitung am
28. September in Berlin scheint Hitler selbst die Lage im Osten nicht beriihrt, sidi
vielmehr ausschliefilich mit Fragen des U=Bootkrieges befafit zu haben.
Uber den Vortrag Rommels, der ebenfalls in die Berliner Tage fiel, gibt die Notiz
Greiners nur einen unvollstandigen und auch leicht mi6verstandlichen Aufschlufi.
Es kann als sicher gelten, dafi Rommel an diesem 2. Oktober viel starker das Po=
sitive seiner Lage betont hat, wie er es vor allem in der inzwischen erreichten Ab=
wehrkraft der eigenen Stellung erkennen wollte. Die „Minengarten", auf die sich
diese Beurteilung wesentlich sttitzte, gingen von dieser Zeit an auch in Hitlers
Sprache ein.
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Auf Kertsch fanden 11, auf Jalta 1 Luftangriffe statt. Gegen den gestrigen
Landungsversuch siidwestl. Noworossijsk ist die Sauberungsaktion beendet.
Siidostw. Noworossijsk wurde ein feindl. Angriff nach ortlichen Stellungs=
verbesserungen abgewiesen. Der Angriff der 3. rum. Geb.Div. siidostw. Krym=
skaja gewann nur wenig Boden. Vor der 4. Geb.Div. feindl. Artl.=Tatigkeit.
Ostw. des Nachar=Passes wurde eine Feindgruppe geworfen. An der Terek=
Front wurde der Bhf. Baksan genommen. Aufierdem wurden Sarskij Doiskoje,
Tambowskij und Werch Akbasch genommen.
Die Pontonbriicke westl. Terek iiber den Terek ist vom Gegner gesprengt.
Einzelne Vorstofie gegen die Ostflanke der 13. Pz.Div. wurden abgewiesen.
Beim XXXX. Pz.Korps keine weiteren Feindangriffe. Wetter: warm, trocken,
Wege gut befahrbar.
H.Gr. B:
Bei Chalchuta ging der Feind auf Ausgangsstellung zuriick. Feind steht
jetzt in ausgebauten Feldstellungen 9 km ostnordostw. Chalchuta. Dem Feind
wurden gestern hohe Verluste zugefiigt. Im Raum um Stalingrad wies die
14. Pz.Div. einen Feindangriff gegen den rechten Fliigel ab. Der Stadtteil siid=
ostw. des Siidbahnhofes ist bis zur Wolga gesaubert. Im Getreidesilo halt sich
Feind noch zah. Nordl. der Zariza nahm die 71. 1.D. Hauserteile ostw. der
Parteigebaude bis zur Wolga in Besitz. An der Nordfront zwischen Wolga und
Don schwachere Angriffe als am Vortage. Siidostw. Bahnhof Kotluban wurde
ein mit Panzerunterstiitzung durchgef iihrter Einbruch zuruckgeschlagen. 7 Pan=
zer vemichtet. Westsiidwestl. Bhf. Kotluban wurde ein starker russ. Angriff
75^
B. Kriegstagebuch
abgewehrt. Westl. Katschalinskaja ist ein Gegenangriff nach Osten im Gang.
Russ. Vorstoiie im Don=Bogen wurden abgeschlagen. An der ital. Front wur=
den siidostw, und siidwestl. Kasanskaja feindl. Ubersetzversuche abgewiesen.
Sonst nur eign. Spahtrupptatigkeit iiber den Don. Am Donknie nordl. Woro=
nesch griff der Gegner mit Inf. und Panzern an. Inf. blieb liegen, 8 Feindpz.
vernichtet. Erneuter Angriff mit 42 Panzern im Gange. Ein Angriff gegen Mitte
der 377. 1.D. brach zusammen. SUdl. Jelez wurde ein in Stofitruppunterneh=
mungen eingebrochener Feind geworfen und fdl. Aufklarungsvorstofie abge=
wehrt. Wetter: morgens bedeckt, mittags aufklarend. Temp, um 10 Grad.
H.Gr. Mitte:
Ostw. Gshatsk eign. Spah= und Stofitruppunternehmung. Siidl. Rshew wur=
den erfolgreiche Spahtruppunternehmungen durchgefiihrt. Siidostw. Rshew
erneute Angriffe des Gegn. unter Panzerunterstiitzung teils abgeschlagen, ein=
gebrochene Panzer vernichtet oder vertrieben und ein Angriff zerschlagen.
Ein weiterer Feindangr. an der Strafie Subzoff— Rshew gewann nach Nord=
westen Raum. Lage dort ungeklart. Ortl. Reserven und Sturmgeschiitze zur
Bereinigung angesetzt. Nordwestl. Rshew griff Gegner unter starker fdl. Artl.=
Vorbereitung mit Pz.=Unterstiitzung an. Im Stadtwald Rshew gelang dem
Gegner ein Einbruch, der jedoch zum grofiten Teil bereinigt werden konnte.
4 Pz. abgeschossen. Nordl. und siidl. Bjeloj fdl. Artl.=Tatigkeit. Ostw. Demi=
doff konnten weitere Fortschritte erzielt werden. Nordl. Demidoff trat nach
langerer Zeit erstmalig schweres fdl. Artl.=Feuer auf. Bei Welikije Luki wurde
ein Feindangriff abgeschlagen, eingedrungener Gegner geworfen. Wetter: be=
deckt, keine Niederschlage, Wege gebessert.
H.Gr. Nord:
Bei 11. Armee traten eign. Krafte zum Angriff auf Gaitolowo an. Feind
leistet zahen Widerstand. Der Obergang iiber die Tschernaja wurde erzwun=
gen. Der weiter durchgefiihrte Angriff fuhrte zum Einbruch in die fdl. HKL
nordwestl. Gaitolowo. Der Feind setzte an Einbruchsstelle seine Angriffe von
Pz. unterstutzt, fort, die jedoch zusammenbrachen und abgewiesen wurden.
Finnland
Siidostfront: Stark. Artl.=Feuer auf Kraftwerk Swirstroy. Ostw. Swirstroy wurde
ein Aufkl.=Versuch des Gegners vereitelt. Nordl., norwestl. und siidostw. Maselskaja
wurden feindl. Angriffe im Gegenstofi abgewiesen. Der Feind verlor am 18. 9. etwa
300 Tote. Eign. Verluste seit 15. 9.: 41 Tote und etwa 250 Verwundete.
Nordostfront: Vor 2. Geb.Div. lebhafter Fahrzeugverkehr. An Nordflanke ist ein
Gefecht mit einem fdl. Batl. im Gange. Ein neuer Landungsversuch des Feindes mit
2 Kuttern wurde abgewiesen. Bei der Sauberung des Gelandes am Siidufer der
Motowski=Bucht wurden weitere versprengte Teile des Gegners vernichtet. In der
Motowski=Bucht reger Schiffsverkehr.
736
22. September 1942
Norwegen
In der Nacht vom 20./21. 9. veriibte ein Sabotagetrupp, vermutlich bestehend aus
6 Englandern und 1 Norweger, einen Anschlag auf das Kraftwerk Glomfjord (50 km
nordl. MO. Nordland).
Der Trupp wurde wahrscheinlich durch Flugzeug abgesetzt. Bei dem Unternehmen
sind Wasserleitungsrohre und Maschinen gesprengt worden.
Samtliche Angehorige des Sabotagetrupps wurden gefangengenommen.
Agypten
Am 21. 9. geringere feindl. Aufkl.= und Artl.=Tatigkeit.
Krdftegliederung: Luftbild vom 17. 9. ergab eine Verminderung der Kfz. um
2 000. Im Zusammenhang mit der gemeldeten Ablosung der 9. austral. Inf.Div.
erscheint die Herauslosung von Kraften in Starke etwa einer Division aus dem
Alamein=Kampf raum nicht ausgeschlossen. Unter 22. Pz.Brig. der 10. Pz.Div. eine
anscheinend aus der Heimat herangefiihrte Pz.Abt. neu festgestellt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 22. 9. 42
1. Raum um England:
Es wurden yo Flugzeuge zur Aufklarung und zu Jabo=Angri£fen eingesetzt. Es
wurde angegriffen Rye mit guter Trefferlage in Stadtmitte.
Bei Dover wurden 3 Sperrballone durch Jager abgeschossen und ein S=Boot im
Hafen ohne beobachtete Wirkung mit Bordwaffen angegriffen. Kein Nachteinsatz.
Durch Jager wurde bei Ostende 1 Boston abgeschossen, durch Flak 1 Boston und
2 Spitfire, 1 Boston wirksam beschossen, wahrscheinlich abgeschossen.
Am 21. 9. 1 Whitley bei Douamenez notgelandet sowie 1 Mustang bei Boulogne
durch Flak abgeschossen.
Vor Great Yarmouth 19.49 Uhr 27 Dampfer, 3 Vorp.=Boote Kurs Nord.
Im Seegebiet Trevose Head 19.25 Uhr 7 Dampfer Kurs Nordost.
Ins Reichsgebiet keine Feindeinfliige. In die besetzten Gebiete nur geringe Ein=
fliige. Bei 15 Einfliigen auf Petsamo wurden 43 Bomben in der Nahe des Flugplatzes
Petsamo abgeworfen, geringer Schaden.
Am 22. 9. erfolgten mehrere Angriffe auf Flakstellungen und Industrieanlagen
in Belgien. Im allgemeinen nur geringer Schaden.
2. Mittelmeer:
1 Spitfire iiber Kreta abgeschossen, Flugzeugfiihrer gefangen genommen.
Jagdvorstofie gegen Malta blieben ohne Feindberiihrung.
In mehreren Wellen (Ju 88 und Jabo) wurden Artilleriestellungen und Kraft=
fahrzeugansammlungen siidwestl. El Alamein und Deir El Raghil angegriffen. 2 Ge=
schiitze vernichtet, Explosionen beobachtet.
Au6erdem wurden die Flugplatze Abu Ogos und Hamzi mit Bomben belegt,
Wirkung wegen starker Flakabwehr nicht erkannt.
Hafen Suez wurde gelichtbildet, Auswertung folgt.
3. Ostfront:
Am 21. 9. wurden 51 Feindflugzeuge abgeschossen.
Vor Gelendshik 06.44 Uhr 2 Frachter je 1300 t, 2 S=Boote, 30 Boote Kurs Nord=
west.
Seegebiet Tuapse 06.47 Uhr 1 Frachter, 1 M=Boot, 1 Vorp.=Boot Kurs Siidost.
Zwischen Tuapse und Sotchi 07.20 Uhr 1 Frachter, 1 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote
Kurs Siidost.
Im Seegebiet Gagri 07.33 Uhr 1 Frachter, 2 Vorp.=Boote Kurs Nordwest.
757
B. Kriegstagebuch
Eismeer: Am 21.9. wurde durch 11 Ju 88 Hafen Archangelsk vermint (?).
Bei Kap Kirbey etwa 14.00 Uhr Angriff auf 2 10 000 t Dampfer ohne Wirkungs=
beobachtung.
Im Hafen Molotowsk 07.45 Uhr 7 Frachter 30 000 t, etwa 15 Leichter.
Vor Archangelsk zwischen 06.00 und 08.30 Uhr 8 Frachter, 2 Vorp.=Boote.
An der Ostkiiste der Dwina=Bucht 15.41 Uhr 6—y Dampfer, 1 Zerstorer, mehrere
Vorp.=Boote.
Im Glocken=Sund Siidausgang (Qu 17 Ost 3851) 16.45 Uhr ein Geleit, bestehend
aus 1 anscheinend Zerstorer, 2 anscheinend Torp.Booten, 1 Tanker 3—4000 t,
2 Dampfer etwa 4—5000 t.
Im Reyda=Fjord 10.05 Uhr 1 leichter Kreuzer, 3 Zerstorer.
QP 14 14.37 Uhr 27 West 2153, bestehend aus 18 Dampfern, 3 Kreuzern, 4 Zer=
storern, 10 Vorp.=Booten, Generalkurs Siidwest.
23. September 1942
[Der Fiihrer empfangt im FHQu. ..Werwolf" den stellv. ruman. Min.=Pras.
Mihai Antonescu und den kroat. Staatsfuhrer Ante Pavelic.]
Lagebericht OKH
H.Gr. A:
Siidostw. Noworossijsk trat die Westgnippe zum Angriff an. In schvverem
und verlustreichem Hauser= und Bunkerkampf wurde bisher eine gr6iiereHau=
sergruppe genommen. Nordl. davon wurde die erste Feindstellung auf dem
Hohengelande durchbrochen. Die Ostgruppe nahm unter teilw. deutscher Fuh=
rung eine Hohe westl. Schapsupskaja. Nordl. davon liegen Telle in barter Ab=
wehr stark angreifendem Feind gegeniiber. Der Waldrand siidl. Schapsugskaja
— siidwestl. Cholmskaja wurde erreicht. Nordostw. Tuapse wurde ein Feind=
vorstofi abgewiesen. Wetter: warmer Spatsommertag, Wege iiberall befahrbar.
Kampfkraftige Aufkl. stiefi am Vormittag gegen stark ausgebaute Feld=
stellungen auf Hohen westl. Gundelen vor. Die Linie nordl. Nowo Iwanoski
— Prischipskaja und Hohe 109 wurde erreicht. Telle des Gegners wurden
nordl. Beno Jurt in das Sumpfgelande abgedrangt und dort abgeriegelt. Ein
Feindvorstofi gegen einen Punkt siidl. Beno Jurt ist noch im Gange. Angriff
Ischerskaja in Starke von 4 Batl.en wurde im zusammengefafiten Abwehrfeuer
zerschlagen. Die 3. Pz.Div. steht seit dem Vormittag in schwerem Abwehr=
kampf gegen neu herangefiihrte starke feindl. Pz.=Krafte nordl. Ischerskaja.
Wetter: bedeckt, windig, strichweise Regenfalle.
H.Gr. B:
Im Kampf um Stalingrad wurden siidl. der Zariza nur einzelne Hauser=
kampf e durchgefiihrt. Telle der 295. 1.D. traten ostw. des Hauptbahnhofs zum
Angriff an. 3 schwache Angriffsspitzen drangen nach schweren Hauser= und
Bunkerkampfen bis zur Wolga durch. Der Nordfliigel wehrte Feindangriffe
erfolgreich ab. Siidostw. Kotluban griff der Feind erneut mit Inf. und Panzern
75^
23. September 1942
an, konnte ortl. Erfolge erzielen, wurde jedoch im Gegenstofi zuriickgeworfen.
Es wurden hier 7 Panzer vernichtet. Westl. Katschalinskaja hatte der ange=
setzte Gegenangriff gegen den russ. Br.=Kopf keinen Erfolg. Starke Feind=
krafte griffen nordl. davon an. Kampfe sind nock im Gange.
Siidl. Woronesch begann der eign. Angriff in der Einbruchsstelle. Es gelang,
gegen sehr zahen Feindwiderstand 300 m vorwarts zu kommen. Die harten
Kampfe dauern an. Am Donknie griff der Gegner seit den friihen Morgen=
stunden mit stark. Artl.= und Pz.=Unterstiitzung gegen Oltschowatka an und
durchbrach mit 10 Panzern die eign. HKL. Kampfe haiten an. Ein eign. Gegen=
stoii nordostw. Oltschowatka zum Entsatz einer eingeschlossenen Waldbesat*
zung blieb im feindl. Abwehrfeuer liegen. 12 Feindpanzer abgeschossen.
Westl. davon ist ein Feindangriff vom Norden im Gange. Wetter: nachts Frost,
tagsiiber warm, sonnig. Temp, um 12 Grad.
H.Gr. Mitte:
Ostw. Sytschewka wurde grofiere Feindtatigkeit als an den Vortagen fest=
gestellt. Der Gegenangriff gegen den im Stadtwald eingebrochenen Feind ist
mit PanzerunterstUtzung im langsamen Fortschreiten. Im Gebiet Demidoff
wurden weitere Fortschritte erzielt. Feind weicht nach Norden aus. Wetter:
heiter, kiihl und trocken.
H.Gr. Nord:
An der Landenge siidostw. Staraja Russa wurde ein Angriff unter hohen
Verlusten fiir den Gegner abgewiesen. Westl. Lubniza wurde ebenfalls ein
Feindangriff abgewiesen. Nordl. Nowgorod geringe beiderseitige Artl.= imd
Spahtrupptatigkeit. An der Front ostw. Schliisselburg wurde ein wichtiges
Hohengelande nordl. Totolowo genommen. Die Strafie Kelkolowo— Putilowo
nordl. Gaitolowo ist fest in unserer Hand. Mehrere Gegenangriffe wurden
abgeschlagen.
Finnland
An der Landenge und bei Aunus beiderseitige ArtI.=Tatigkeit, feindl. Spahtrupp=
und gewaltsame Aufkl.=Tatigkeit.
Bei Maselskaja erfolgte ein feindl. Angriff. Ein eign. Stiitzpunkt ostw. Rugosere
wurde zuriickgenommen.
An der Kandalakscha=Front wurden mehr. Feindvorstofie abgewiesen. Die in die
Nordflanke des XXXVI. Geb.A.K. eingedrungene feindl. Abt. wurde im konzen=
trischen Angriff zerschlagen. Feind erlitt hohe blutige Verluste und zog sich nach
Osten zuriick. Im Norden der Front wurde eine Kraftegruppe in Starke von 2 Batl.en
unter hohen blutigen Verlusten zerschlagen.
Panzerarmee Afrika
Normale Aufklarungs= und Artl.=Tatigkeit.
Z. Z. einsatzbereite Panzer: deutsch 193, ital. 133.
759
B. Kriegstagebuch
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 23. 9. 42
1, Raum um England:
Abschiisse i Spitfire durch Jager, am 22. 9. 1 Spitfire durch Flak abgeschossen.
Es wurden bei Tag keine Land= und Seeziele angegriffen.
Uber Nachtangriffe liegt noch keine Meldung vor.
Ostwarts Portland 09.25 Uhr 4 Dampfer Kurs Siid.
Haver Dover 08.34 Uhr 3—4 kl. Boote, 3 Seenotboote.
Hafen Ramsgate 08.30 Uhr 10—14 kl. Boote.
136 Feindeinfliige, davon etwa 83 ins Reichsgebiet. Abschiisse: 7 durch Flak, 1
durch Marineflak, 2 durch Jager. 8 Flugzeuge auf dem Weg Helgoland— Nordstrand—
Hadersleben— Lim=Fjord— Aalborg, 13 bis 25 Helgoland— Flensburg— Bremen— Papen=
burg, 33—50 Thyboroen—Hobro—Kopenhagen—Schwerin— Hamburg— Heide. Es wur=
den abgeworfen auf Wilhelmshaven 11 Sprengbomben, 600 Brandbomben. KMW
geringe Brandschaden in der Tischlerei, kein Produktionsausfall, mehrere Hauser
leicht beschadigt. Aarhus Brand in Dlfabrik (arbeitet nicht fiir deutsche Wehrmacht).
Flensburg 10 Spreng=, 800 Brandbomben auf neue U=Bootswerft. Kabelhalle aus=
gebrannt, Modelltischlerei erhebliche Brandschaden, kein Produktionsausfall. 4 Hau=
ser zerstort, mehrere Hauser teils schwer, teils leicht beschadigt. Hamburg 6 Spreng=
bomben ohne nennenswerte Wirkung. Wismar 20 Spreng=, 1000 Brandbomben.
Stadtwerke schwer beschadigt. Gasometer ausgebrannt, im Hafen Grofibrand im
Kohlenlager. Linker Rathausfliigel zerstort. In Zuckerfabrik Turbinenhaus elek=
trische Zentrale, Melassehaus und Zuckerverladestelle zerstort. In Lehrlingswerkstatt
Dornierwerke geringer Brandschaden. Brandschaden in einer Infanteriekaserne und
in Luftwaffenlazarett. Erheblicher Brandschaden in einem Hobelwerk und einem
Holzlager. Geringer Brandschaden in Triebwagen= und Waggonfabrik. Grofie Stadt=
schule schwer beschadigt. Auf Bahnhof mehrere Wagen verbrannt, Brande in der
Giiterabfertigung, Werkkiiche und Dllager. 16 Hauser zerstort, mehrere Hauser
schwer, zahlreiche Hauser leicht beschadigt. 30 Tote, 96 Verletzte, mehrere Ver=
schiittete.
La Pallice wurde mit Sprengbomben und Bordwaffen angegriffen ohne besondere
Wirkung.
Weitere Schadensfeststellungen laufen.
2. Mitfelmeer:
Am 14. 9. Angriff durch 14 Liberator auf Bengasi. Starke Schaden im Hafengebiet
und auf Dampfern (s. Mittelmeermeldung). In der Nacht vom 22. zum 23. erneuter
Angriff auf Bengasi. 1 Liberator abgeschossen, kein Schaden.
Bei einem Feindangriff auf Flugplatz Quasaba mehrere Ju 87 beschadigt.
Bei Jagdvorstofi gegen Malta 1 Spitfire abgeschossen. Ein Angriff auf Flugplatz
Halfar blieb ohne Wirkungsbeobachtung.
In der Nacht vom 22. zum 23. Angriff von 6 Ju 88 auf Flugplatz Mirbat ohne Wir=
kungsbeobachtung.
An Panzerfront mehrere Spitfire wirksam beschossen, 1 Spitfire iiber Suda ab=
geschossen, 1 Flugzeug auf Feindgebiet zur Bauchlandung gezwungen.
Alexandrien 11.50 Uhr LB: 6 Zerstorer, davon 2 im Dock, 3 Geleitboote, 6 kl.
Kriegsf ahrzeuge, 1 Fahrgastschiff 8000 t, 2 Tanker 14 000 t, 9 Frachter 34 000 t, davon
1 im Dock, 32 kl. Fahrzeuge 12 m lang (Landungsboote).
Suez 22. 9. LB: 07.34 bis 08.11 Uhr 10 Zerstorer, davon 2 griech., 7 Geleitboote,
2 Vorp.=Boote, U=Bootsbegleitschiff „Woolwich", 1 Werkstattschiff, 1 Transporter
36 000 t, 42 Frachter 197 500 t, 3 Tanker 20 500 t.
Ras a Dabia 08.00 Uhr: 2 Frachter je 7—8000 t, 1 Frachter 3000 t einlaufend.
Ras Abu Darak 08.00 Uhr: 2 Frachter je 2—3000 t.
760
24- September 1942
3. Ostfront:
Schwarzes Meer: Gelendshik 07.07 Uhr: 1 Dampfer 1000 t, 1 MS=Boot, 30 Ku=
stenfahrzeuge und Boote.
Tuapse 06.30 Uhr: 5 Dampfer 10000 t, vor Tuapse 06.55 Uhr 1 Dampfer 2000 t,
2 Vorp.=Boote Kurs Siidost, 4 Dampfer je 1000 t ohne Kursangabe.
Sotschi 06.16 Uhr: 2 kl. Frachter unter 1600 t, aus Sotschi auslaufer\d 1 Dampfer
1000 t.
Bei Luftangriff bei Adler 1 Dampfer 5000 t beschadigt.
Suchum 05.55 Uhr: 1 Dampfer 1000 t, 1 M=Boot, vor Suchum 09.23 Uhr 1 Damp=
fer, 1 M=Boot, 2 Vorp.=Boote Kurs Siidost.
Otschemtschiri 05.45 Uhr 3 U=Boote, 1 M=Boot, 1 Dampfer 100 t, vor Otschem=
tschiri 1 U=Boot Kurs Nordwest.
Seegebiet Anakria 05.40 Uhr: 1 R=Boot Kurs Ost.
Kaspisches Meer: Astrachan 08.20 Uhr 20 gr., 80 kl. Schiffe.
Kamyschin 07.25 Uhr: 14 Schiffe.
Saratow 07.00 Uhr: 80 Schiffe aller Grofien.
Petropawlowska : 08.05 8—10 Schiffe.
Zwischen Saratow und Astrachan 08.40 Uhr am Ufer 50 Schiffe, nordgehend
5 Schlepper, 10 Leichter, 3 Schlepper ohne Leichter, siidgehend 3 Schlepper, 6 Leich=
ter, 1 Schlepper.
Ladoga=See: Bei Schiffbekampfung wurde 1 Schleppkahn beschadigt.
In der Morje= und Wolchow=Bucht 4 Hilfskan.=Boote.
Am 22. 83 Abschiisse, davon 2 durch Flak, 1 Flugzeug am Boden zerstort, am
23. 62 Abschiisse, davon 2 durch Flak.
Eismeer: Standort QP 14 durch FW 200 13.15 Uhr gemeldet 26 West 3878 Kurs
190 Grad, anscheinend Holz fiir England an Bord der Schiffe.
24. September 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Meldungen liegen infolge Leitungsstorung nicht vor.
H.Gr. B:
Bei Chalchuta feindl. Artl.=Storungsfeuer.
Im Stadtgebiet von Stalingrad ortliche Hauserkampfe. Feindangriffe wurden
abgewiesen. In der Einbruchsstelle von Kotluban nahm der Russe seine starken
Inf.= und Panzerangriffe wieder auf. Voriibergehende Einbriiche am Tataren=
wall und westl. der Eisenbahn konnten bereinigt werden. Am Haltepunkt 564
wurden mehrere Angriffe abgewiesen. Der Feinddruck ostl. der Einbruchsstelle
mit besonders starkem Artl.=Feuer halt unvermindert an. Westl. Kotluban steht
die y6. I.D. in schwerem Abwehrkampf gegen iiberlegenen mit Panzern an=
greifenden Gegner. Nach Zufiihrung aller Reserven konnte der bis zu den
eign. Rgt.=Gefechtsstanden durchgebrochene Russe aufgefangen bzw. geworfen
werden. Erneuter Angriff mit Panzern lafit die Lage z. T. sehr gespannt er=
scheinen. Die Munitionslage ist aufierst gespannt und erschwert den Abwehr=
761
B. Kriegstagebuch
kampf. Nordwestl. Katschalinskaja ist ein eigner Angriff gegen Awilow Sa=
donski angesetzt. Nordwestl. Kletskaja wehrte die 13. rum. I.D. mehrere
Feindangriffe ab. Eigner Angriff gegen den russ. Briickenkopf bei Staro
Kletskoje seit 06.45 Uhr im Gang. Bei Raspopinskaja wurde Lage durch erfolg=
reichen Gegenangriff bereinigt. Bei Woronesch ist die Lage in der Einbruchs=
stelle unverandert. Der Feind ist allgemein ruhig. Eigne Luftw. hielt den Feind
wirksam nieder. 17 Panzer abgeschossen. Beim XIII. A.K. ist die Bereinigung
des ortl. Einbruchs nordwestl. Olschowatka noch im Gang. Ein FeindvorstoiS
westl. bei Kawerja wurde im Nahkampf abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
Im Raum siidostw. Bjelew durch Luftaufkl. 16 Feindpanzer festgestellt.
Der lebh. Kfz.=Verkehr von Suchinitschi nach Siidwesten halt an.
Im Raum der 4. Armee wurden 2 Feindspahtrupps abgewiesen. Eigne Spah=
trupps stellen starkere Feindbesetzung vor der Mitte der 331. I.D. fest. Siid=
westl. Juchnow wurde ein Feindvorstofi in Kp.=Starke abgewiesen. Nordl. da=
von wurde ein Feindeinbruch bereinigt.
Im Raum der 9. Armee sind Fallschirmjager in Starke von etwa 300—400
Mann, deren Verbleib unbekannt ist, gemeldet. Gegenmafinahmen sind im
Gange. Beim Rgt. „Gr. D.'' wurde ein Feindangriff in Batl.=Starke mit Pz.=
Unterstiitzung abgewiesen. Etwas nordl. davon bleib ein schwacher Feindvor=
stolB in Batl.=Starke vor der eignen Linie liegen.
Beim VI. A.K. wurden in der Einbruchsstelle bei Rshew ein weiteres Vordringen
des Feindes verhindert, Frontverbesserung erzielt und im Stadtwald mehrere
feindl. von einzelnen Panzern unterstiitzte VorstojSe abgeschlagen. Im Raum
um Demidoff wurden bei der Sauberung weitere durch Banden und regulare
Truppen verteidigte Ortschaften genommen. Nordl. Demidoff trat die 331. I.D.
planmafiig nach Nordosten an. Der Feind zog sich hinhaltend kampfend nach
anfanglich starkem Widerstand nach Norden und Osten zuriick. Mehrere
Orte konnten genommen werden.
H.Gr. Nord:
Bei der 8. Panzerdiv. wurde eine eigne Stellung von drei feindl. Stofitrupps
von etwa 100 Mann, ausgeriistet mit deutschen Stahlhelmen und Zeltbahnen,
iiberfallen. Der Gegner wurde unter erheblichen eignen Verlusten abgewiesen.
An der Einbruchsstelle siidostw. Schliisselburg leistet der Feind dem eignen
Angriff sehr grofien Widerstand. Es konnte daher nur wenig Boden gewonnen
werden.
Dem XXVI. A.K. gelang es mit einer Kompanie, vorbildlich durch die Luft=
waffe unterstiitzt, den Nordwestteil von Gaitolowo zu nehmen. Erneuter An=
griff auf Gaitolowo ist im Gang. Weitere Meldungen liegen noch nicht vor.
Gegen die Ostflanke der 121. I.D. fiihrte der Gegner zahlreiche vergebliche
Gegenangriffe aus ostw. und siidostw. Richtung. Z. Z. lauft aus Gegend nordl.
Gaitolowo erneuter Angriff gegen 121. I.D.
762
24- September 1942
Im Einbruchskeil wurde unvermindert starker Feindwiderstand festgestellt.
Ein Abziehen von Kraften nach Osten ist noch nicht feststellbar. Feind verhalt
sich noch ruhig.
Finnland
An der finn. Siidostfront bei der Gruppe Maselskaja nur beiderseitige Fern*
streifentatigkeit.
An der Nordostfront westl. des Ori=Sees Gefechtsberiihrung durdi eigene kampf«
kraftige Aufkl. mit der bereits gemeldeten Feindgruppe. Starkere eigne Angri£fs«
krafte zum Angriff angetreten. An der Hauptflanke des XXXVI. Geb.K. schwach.
feindl. Aufkl. =Vorst66e abgewiesen.
Fanzerarmee Af rika^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 24. 9. 42
1. Raum um England:
Aufklarung und Jabo=Angri£fe. 1 Abschufi. Jabo=Angriff auf Seafort (Treffer in
Wohngebauden und Bordwaffenbesdiufi auf Flakstellungen) ; Hastings von 7 FW
190 angegriffen, gute Trefferlage. Hauser zerstort, grofie Explosionen. Dymhurth
bei Folkestone angegriffen, Treffer in Hauserblocks, mehrstockiges Haus zerstort.
Brand beobachtet.
Nachts wurde Truro bei Falmouth angegriffen, mittlere Brande beobachtet, 1 Flug=
zeug vermifit.
In der Nacht vom 23. zum 24. Angriff auf York, Brande im Stadtkern. Aufierdem
wurde Beverly als Ausweidiziel ohne Wirkungsbeobachtung angegriffen.
Bei Hastings 13.15 Uhr 1 Handelssdiiff etwa 5000 t, gegen 19.08 Uhr 2 Vp=Boote
stilliegend.
Ostwarts Insel Wight 16.20 Uhr 2 Bewacher Portsmouth einlaufend.
45 Einfliige. Verminung der Ostsee Stettin bis Danzig und Deutsche Bucht. Bom=
benabwiirfe bisher nicht gemeldet. 1 Abschufi durch Nacht jager.
2. Mittelmeer:
Angriffe auf Batteriestellungen bei El Ruweisat, Bomben lagen im Ziel. Jabo=
Angriffe gegen Feldlager Dar El Radir, Wirkung nicht beobachtet.
5. Ostfront:
Schwarzes Meer: Im Seegebiet vor Gelendshik 1 Frachter, ^^ mittlere und kleine
Schiffe und Boote, 6 Kiistenwachboote.
Vor Tuapse 7 Frachter, 45 mittlere und kleine Schiffe und Boote, 4 kleine Kriegs=
schiffe.
4. Island:
Siidostwarts Kap Vestra Horn in 26 West 5569 5 Zerstorer, 1 Vorp.=Boot, 2 Damp*
fer 4—5000 t Kurs 200 Grad (um 12.30 Uhr).
Nordlich Island in 26 West 7878 um 18.10 Uhr 1 Zerstorer Kurs 210 Grad.
1 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
763
B. Kriegstagebuch
25. September 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Siidostw. Noworossijsk wehrte der rechte Fliigel mehrfache Angriffe ab.
Nordl. davon steht die 9. 1.D. im Kampf um eine beherrschende Hohe sud=
ostw. Neberdshajewskaja. Ortsgruppe der rum. Kav. im Hohengelande westl.
Schapsuskaja. Im Abintal und ostw. davon wechselvoUe Abwehrkampfe. Es
gelang dem Feind, eine Siedlung wiederzunehmen. Siidl. Achtyrskaja wurde
etwa 10 km Gelandegewinn erzielt. Siidl. Gorjatschi Kljutsch ist Kampf um
Hohengelande im Gange. Siidostw. Pjatigorskoje wurden Vorstofie des Geg=
ners bei einem Angriff in Rgt.=Starke abgewiesen.
An der Terek=Front wurde Kotljarewski genommen. Zwischen Terek und
Baksan noch starker Feind. An der Ostfront wurden Naidenowkoje feindfrei
gemeldet. Wetter: wechsl. bewolkt, sonnig, Wege befahrbar.
H.Gr. B:
Bei Chalchuta wurde am 23. 9. ein Feindangriff, der unter Panzerunterstiit=
zung vorgetragen wurde, abgeschlagen. Im Stadtgebiet von Stalingrad wurde
die Halfte des bisher von den Russen besetzten Nordstadtteils genommen.
Mehrere fdl. Angriffe scheiterten. Am Ostfliigel des XIV. Pz.Korps griff der
Feind siidl. Jersowka mit starkeren Kraften an, Kampfe sind noch im Gange.
Am Westfliigel des Korps nur schwache erfolglose Angriffstatigkeit. Dem
Feind gelang es siidl. Kotluban, mit 30 Panzern und aufgesessener Inf. bis zur
Nachschubstrafie 5 km nordl. Rassoschka vorzudringen. Abgesetzte russ. Inf.
und mehrere Feindpanzer vernichtet. Die Div. halt stiitzpunktartig ihre bis=
herigen Stellungen. Nordwestl. Katschalinskaja wurden russ. Vorstofie abge=
wiesen. Ostw. Raspopinskaja beim rum. V. A.K. Kampfe um eine wichtige
Hohe. Am rechten Fliigel der ital. 8. Armee scheiterte ein Feindangriff siidostw.
Kotowskij. Ein Ubersetzversuch siidl. Gigonatzkij wurde abgewiesen. Nordl.
Woronesch drang Feind in ein Waldstuck ostw. Gubarewo ein. Durch Gegen=
stoli zuriickgeworfen. Nordl. davon setzte Feind liber den Don. Angriff am
Donknie gegen Olchowatka brach zusammen. Siidl. Liwny wurden zwei Feind=
vorstofie abgewiesen.
H.Gr. Mitte:
Siidl. Nowosil wurde ein russ. Stiitzpunkt genommen und besetzt. Siid=
westl. Bjelew feindl. Stofitrupp abgewiesen. Siidostw. Gshatsk feindl. Spah=
trupps abgewiesen. Bei weiteren Feindangriffen gegen Rshew gelang dem Geg=
ner nordostl. Rshew ein Einbruch. Einbruch wurde bereinigt, weitere Angriffe
abgeschlagen. Siidostw. Rshew bei Subzoff wurde voriibergehender Einbruch
entlang der Eisenbahnlinie Stariza— Rshew bereinigt. Im Raum des XXIII. A.K.
eigene StojStrupptatigkeit. Im Raum um Demidoff wurden weitere Ortschaften
764
25- September 1942
genommen. Der gestern gemeldete Angriff nach Nordosten hat weiter Boden
gewonnen. Wege stark aufgeweicht, erneute Regenfalle.
H.Gr, Nord:
Nordl. Cholm wurde ein feindl. Vorstofi in Kp.=Starke abgewiesen. Sud=
westl. und westl. Lubniza wurden Feindangrijffe abgeschlagen. An der Land=
briicke griff der Gegner mit Panzerunterstiitzung von Norden und Siiden an.
Nach Bereinigung eines ortl. Einbruchs wurden Angriffe sowie weitere Vor=
stolie abgewiesen. Nordl. Nowgorod wurde eingebrochener feindl. Stolitrupp
geworfen. Gegen die siidostw. Schliisselburg vorgetriebenen Angriffskeile er=
folgen heftige Gegenangriffe aus ostw. und westlicher Richtung. In wechsel=
vollen Kampfen samtliche Angriffe bisher abgewiesen. Verbindung der An=
griffsgruppen Gaitolowo wiederhergestellt. Erneuter Angriff auf Gaitolowo an=
gesetzt. Siidl. Leningrad wurde ein feindl. Stofitrupp geworfen. Durch erneute
Regenfalle sind Gelandeschwierigkeiten wieder gestiegen.
Finnland
Sudost front: An der Swir=Front wurden Ubersetzversudie des Feindes iiber den
Swir vereitelt. Am Wei6meer=Ostseekanal wurden nordl. Powenez zwei Angriffe
des Feindes abgewiesen. Feind hatte hohe Verluste.
Nordostfront: An der Nordflanke des Louhi=Abschnitts wurde Angriff des Feindes
in Kp.=Starke abgewiesen. Der Feind, der in der Siidflanke des Kandalakscha=Ab=
sdinittes gemeldet war, zog sich nach Gefedit mit eignen Aufkl.=Kraften nadi Sud=
osten zuriick.
Panzerarmee Afrika
Normale beiders. Spah= und Artl.=Tatigkeit. Fiir Generalfeldmarsdiall Rommel hat
Gen. der Pz.Tr. Stumme in Vertretung den Oberbefehl iiber die deutsch=ital. Panzer=
armee iibernommen.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 25. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage nur geringer Einsatz.
Bei Nacht wurde Pencanze angegriffen. Einschlage in Stadtmitte und Bahnhofs=
gelande. 3 grofie, mehrere kleine Brande beobaditet. Brandbomben iiber gesamten
Stadtgebiet abgeworfen.
Bei Ramsgate 19.24 Uhr 2 Minenleger, 1 Vorp.=Boot, 6—8 kl. Sdiiffe stilliegend.
Vor Dover 19.18 Uhr 4 Vorp.=Boote einlaufend.
Ostwarts Portland 08.10 Uhr 7 kleine Handelsschiffe Kurs Siid.
Am 25. 9. flogen in den Raum Oslo mehrere Feindflugzeuge ein. Es wurden 2 Ab=
sdiiisse durdi Jager, 1 Abschu6 durch Flak erzielt. 7 Sprengbomben auf Stadtgebiet
abgeworfen. 3 Hauser zerstort, 6 schwer beschadigt. 2 Zivilisten tot, ^8 Verletzte.
4 Wehrmachtangehorige verwundet, 2 Angehorige der O.T. vermifit. Angriff gait
vermutlich einer auf dem Schlofiplatz stattfindenden Veranstaltung der National
Samling, Ziel wurde nicht getroffen. Besonderes: Bomben waren amerikanischen
Ursprungs.
Bei Nacht geringe Einfliige in Norwegen—Danemark— Holland— Belgien und Frank=
reich sowie bis Helgoland. Minenabwurfverdacht, keine Bombenabwiirfe.
763
B. Kriegstagebudi
2. Mittelmeer:
1 Abschu6, 1 weiterer Abschufi ohne Zeugen.
Es wurden erstmalig amerikanische Jager iiber Malta festgestellt.
Jabo=Angriffe auf Batteriestellungen bei Deir El Himar, Bomben zwischen den
Stellungen. Brande beobachtet. Tiefangriff auf Lastwagen bei Quared Sumara. 5
Fahrzeuge in Brand geschossen, mehrere beschadigt. 8 Ju Sj fiihrten einen Angriff
auf Artilleriestellungen bei El Ruweisat durch. Brand beobachtet.
La Valetta 24.9. 17.18 Uhr LB: 1 MS=Boot, 2 Korvetten, 7 U=Boote, 1 Tanker,
4 Dampfer.
Alexandrien 24. 9. 15.00 Uhr LB: 6 Zerstorer, 2 im Dock, 3 Geleitboote, 7 Kriegs=
fahrzeuge, 1 Fahrgastschiff 8000 t, 5 Tanker 20 000 t, 9 Frachter 34 000 t, 37 kleine
Fahrzeuge je 12 m lang.
Suez 24.9. 15.55 Uhr LB: 4 Zerstorer, davon 2 griech., 2 Geleitboote, 2 ansch.
Vorp.=Boote, Begleitschiff „Woolwich", 1 Werkstattschiff, 2 Tanker 6000 t, 3 Trans=
porter 46 000 t, 49 Frachter 231 000 t.
Ras a Dabia 1 Tanker 3000 t, 1 Vorp.=Boot einlaufend. 12 km sUdlich davon
1 Dampfer, 1 Geleitboot Kurs Siid.
3. Ostfront:
Am 24. 9. 30 Abschiisse, davon 7 am Boden, am 25. 9. 27 Abschiisse durch Jager,
4 durch Flak. Zahlen erhohen sich noch.
Schwarzes Meer: Vor Gelendshik 60 kl. Schiffe und Boote, 3 Kiistenwachboote.
Im Seegebiet Tuapse 9 mittlere Frachter, 2 S=Boote, verschiedene Kurse.
Auf der Wolga zwischen Saratow und Kamyschin lebhafter Schiffsverkehr. Sara=
tow 02.15 Uhr: 35 Schleppkahne, Flu6= und Schleppdampfer.
Kamyschin 12 Schleppkahne stilliegend.
26. September 1942
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Am rechten Fliigel befindet sich die West= und Ostgruppe in Abwehr fort=
laufender Feindangriffe bis zu Rgt.=Starke. Im Raum um Schapsupskaja leistet
Feind in aufiergewohnlich stark ausgebauten Waldstellungen, hervorragend
gegen Luftangriffe getamt, zahesten Widerstand.
Dem Gegner gelangen einige Einbriiche. Bei LVII. Pz.K. steht die 198. I.D.
im harten Kampf beiderseits des Weges nach Besymiannoje. Die slow. Div.
stiefi im Vorgehen nach Siiden auf starke Feindstellungen. Das XXXXIV. A.K.
ist mit der 101. Jg.Div. planmafiig zum Angriff angetreten und hat bisher in
schwerem Kampf nach Durchbruch durch starke Feindstellungen die Gegend
2 km westsiidwestl. Bhf. Chadyschenskaja erreicht.
Bei der 1. Pz.Armee bildete die 23. Pz.Div. gegen zahen Feindwiderstand
einen Briickenkopf iiber den Baksan siidl. Nowo Poltawskoje. Die 13. Pz.Div.
durchstieJS mit der rechten Angriffsgruppe in uniibersichtlichem, stark vermin=
ten Gelande die Feindverteidigung bis Planowskoje. Nach Umgehung des Ortes
Angriff von Siiden und Siidosten, im Ort schwere Kampfe. Linke Angr.=Gruppe
766
26. September 1942
nahm nach Kampf Illarinowka. Die 370. I.D. erreichte mit rechtem Fliigel den
Raum 1 km nordostw. Illarinowka, der linke Fliigel ist nach Uberwindung
feindl. Feldstellungen im Angriff auf Waldstiick siidl. Werchnij Kurp ange=
treten. Gegenangriff mit Panzern z. Z. abgewehrt. Ein gegen den linken Fliigel
der 111. I.D. durchgefiihrter Feindangriff in Batl.=Starke wurde durch eignen
Gegenstofi zerschlagen. Das verst. Pz.Rgt. 6 stiefiausdemRaumNaidenowskoje
nach Siiden vor und befindet sich im Kampf gegen von Siiden herangefiihrten
feindl. Angriff sverband. Wetter: trocken, warm, Wege gut befahrbar.
H.Gr. B:
In Stalingrad wurden im zah verteidigten Stadtteil nordl. der Zariza mehrere
befestigte Hauserblocks, darunter die Parteigebaude im Zentrum der Stadt, so=
wie mehrere Erdbunker genommen. Bei Jersowka hielten die starken russ. An=
griffe an, sie wurden abgewiesen. Siidl. Kotluban setzte der Russe wiederum
zahlreiche Panzer ein, durchfuhr an mehreren Stellen die eignen Linien. An der
gesamten Nordfront insges. 35 Panzer vernichtet bzw. bewegungsunfahig ge=
schossen. Bei Perekopka drang Gegner mit Pz.=Unterstutzung in die HKL ein.
Gegenangriff im Gang. Nordwestl. Kletskaja starkere Angriffe unter Pz.=Un=
terstiitzung abgeschlagen. Bei der Einbruchsstelle Woronesch konnte der Erfolg
eines eigenen Angriffs gegen feindl. Gegenstoli nicht behauptet werden. Bei der
387. I.D. hat sich Feind in Batl.=Starke beiderseits der Weduga=Miindung auf
dem Westufer des Don festgesetzt. Nordl. Korsum ortl. Einbruch des Feindes.
Gegenstofi im Gang. Wetter: klar und sonnig. Temp, um 23 Grad.
H.Gr. Mitte:
Nordl. Bahnlinie Wjasma— Kaluga wurden Angriffe bis zu Kp.=Starke im
Nahkampf abgewiesen. Im Raum Rshew setzte der Feind seine Angriffe nicht
fort. Nordl. Bjeloj wurde die Einbruchsstelle in erbitterten Nahkampfen be=
reinigt. Aulierdem wurden Angriffe mit Pz.=Unterstiitzimg abgewiesen. Im
Raum um Demidoff wurde weiterer Boden gewonnen. Die 330. I.D. trat erneut
aus der erreichten Linie zum Angriff an. Nach Brechen des ersten Feindwider=
standes wurden in schwungvoUem Angriff Ortschaf ten und eine Hohe erkampf t.
Siidwestl. Welish traten eigne Truppen zum Angriff an und nahmen nach
heftigem Hauserkampf zwei Ortschaf ten. Wetter: keine Niederschlage.
H.Gr. Nordl
Am Nordteil der Landbriicke erneute Angriffe des Gegners abgeschlagen.
Im weiteren eignen Angriff wurde eine Verbindung zwischen den beiden Stofi=
gruppen uber Gaitolowo hergestellt. Die Erweiterung des Siidkeils ist noch im
Gang. Die 132. I.D. ist in langsam fortschreitendem Angriff auf denTschernaja=
Abschnitt. Der Nordkeil wurde nach Westen verbreitert.
767
B. Kriegstagebuch
Finnland
An der Swir=Front hat der Gegner im Abschnitt des Elektrizitatswerkes Swirstroy
einen klaren Schwerpunkt gebildet.
Ebenso ist bei Maselskaja eine Schwerpunktbildung in kleinerem Ma6stab er=
kennbar.
Panzerarmee Afrika
An der Front lebh. Artl.=Tatigkeit als an den Vortagen. Keine nennenswerten
Kampfe.
Die ital. Verluste in der Oase Gialo: 14 Tote, 14 Verwundete.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 26. 9. 42
1. Raum um England:
Durch Jager 1 sicherer, 2 wahrscheinliche Abschiisse, durch Flak 2 Abschiisse.
Im Laufe des 26. wurde Bembridge als Ausweichziel durch Jabo angegriffen
(Wohnhauser zerstort).
An der Ostkiiste der Insel Wight gegen 16.00 Uhr 2—3 Zerstorer, 2 Vorp.=Boote
Kurs Portsmouth.
Insgesamt etwa 31 Feindeinfliige, davon ins Reichsgebiet in den Westen 25 Ein=
fliige, in den Ostraum 1 Einflug. Eindringtiefe im Westen Lim=Fjord— Randers=Fjord—
20 km nordl. Nyborg— Naswed— Siidspitze Insel Falster— nordl. Wustrow— nordl.
Itzhoe— Insel Borkum. Minenlegen im Raum der ost= und nordfries. Inseln, in der
KielerBucht und in den dan. Gewassemwahrscheinlich. Eindringtiefe imOsten 50 km
nordostwarts Warschau— sudostlich Radom— siidostl. Petrikau— Warschau— ostwarts
Sudauen. Keine Bombenabwiirfe gemeldet.
Durch Flak 1 Feindabschufi.
2. Mittelmeer:
In der Nacht zum 26. und im Laufe des 26. wurden 10 Feindabschiisse erzielt,
ferner 6 Flugzeuge am Boden zerstort.
Bei Angriff auf Fort Kufra am 25. 9. Volltreffer in Barackenlager und Zeltlager,
eine Flugzeughalle zerstort, mehrere Brande beobachtet.
Hafenbelegung Suez 25.9. 09.50—10.30 Uhr LB: 1 Kreuzer, 5 Zerstorer, davon
2 griech., 1 im Dock; 1 Geleitboot, 1 Bewacher, 1 Werkstattschiff (Woolwich),
3 Hilf sfahrzeuge, 43 Frachter 159 000 t, 2 Frachter 2500 t, 6 Tanker 17 500 t, 1 Fahr=
gastschiff 7000 t.
Auf der Hohe von Ras a Dabia 1 Frachter 4000 t Kurs Suez.
Bei Ras Leghan 1 Frachter 3000 t, 1 Frachter 7^00 t, 1 Frachter und 1 Fahrgast=
schiff zusammen 8000 t stilliegend.
Bei Ras Azabar Aban 1 mittlerer Frachter Kurs Suez.
Bei Abu Daiag 1 mittlerer Frachter Kurs Suez.
Timan=See 4 Frachter 18 300 t,
3. Ostfront:
An der Nordostktiste der Dwina=Bucht um 14.10 Uhr 14 Handelsschiffe und Be=
wacher stilliegend.
Bei Luftangriff auf Tuapse am 25. 9. 1 Schlepper 1800 t beschadigt,
Bei Luftangriff auf Sotschi am 25. 9. auf Truppentransporter von 3000 t drei
Volltreffer.
Bei Gelendshik 40 kleinere und mittlere Dampfer und Boote.
768
27. September 1942
Im Seegebiet Tuapse 07.35 Uhr 2 Dampfer und 2 M=Boote stilliegend, 1 S=Boot
und 1 kleines Kiistenfahrzeug auf Siidostkurs.
Bei Tuapse und nordwestl. davon im Laufe des Vormittags 10 Dampfer, 3 S=Boote
in beiden Richtungen fahrend.
07.00 Uhr bei Gudauti 2 kleine Dampfer, 2 Vorp.=Boote Kurs Siidost.
Im Seegebiet Suchum 07.10 Uhr 1 mittlerer Dampfer und 2 Vorp.=Boote Kurs
Nordwest.
Hafenbelegung Otschemtschiri 25.9. 11.00 Uhr LB: 3 U=Boote, 5 R=Boote,
1 S=Boot, 2 Frachter, 3 Kiistenfahrzeuge, mehrere Boote.
Poti 25.9. 11.38 Uhr: 3 Kreuzer, 2 Kriegsschiffriimpfe, 3 Zerstorer, 1 im Dock,
3 M=Boote, 5 R=Boote, 4 S=Boote, 14 U=Boote, 11 Frachter 29 ^00 t, 15 Kustenfahr=
zeuge 9000 t, 3 Schwimmkrane, mehrere Boote.
Batum 23. 9. 10.24 Uhr LB: 1 Schlachtschiff, 1 schw. Kreuzer, 5 Zerstorer, 2 Torp.=
Boote, 1 Geleitboot, 1 M=Boot, 6 U=Boote, 6 R=Boote, 2 S=Boote, 2 Fahrgastschiffe
13 000 t, 6 Tanker je 6—7000 t, 13 Frachter 30 000 t, 12 Kiistenfahrzeuge 8000 t,
2 Schwimmkrahne, mehrere Boote.
Bei Stalingrad Ubersetzverkehr in ostwartiger Richtung.
Astrachan 25.9. 07.45 Uhr: 2 M=Boote, 1 Schlepper Kurs Siid, 4 M=Boote Nord=
kurs; stilliegend 15 Tanker 39 500 t, 14 Leichter 45 000 t, 12 Schlepper, 140 Boote.
Siidostwarts Machatsch Kala 25.9. 09.15 Uhr LB: 6 Frachter 8700 t, 1 Schwimm=
kran, mehrere kleine Kiistenfahrzeuge.
Baku 25. 9. 08.24 Uhr LB: 7 Tanker 14 500 t, 18 Frachter 20 300 t, zahlreiche Kii=
stenfahrzeuge, 9 U=Boote.
Gurjew 09.35 Uhr ca. 100 grofie und mittlere Frachter und Leichter.
Vor der Ural=Miindung 09.02 Uhr 4 Frachter, 3 Raddampfer Kurs Ost, 1 Schlep=
per, 1 Tanker Kurs West, 2 Raddampfer, 1 Motorboot Kurs Siid, stilliegend 12 Tan=
ker 50 000 t, 15 Frachter 42 000 t, 2 Raddampfer, 1 Motorboot, 5 Leichter 1000 t,
15 kleine Boote.
27. September 1942
[Fiihrer in Berlin.]
[OKW/WFSt/Op. Nr. ^^16^^/42 g.K. Chefs, betr. Austausch Norw.=Div.en.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Der Angriff des Gegners nordostw. Schapsupskaja wurde durch Eingreifen
deutscher Verbande auf dem Ostflugel der rum. Geb.Div. zum Stehen gebracht.
Siidl. und sudostw. Abinskaja wurden Angriffe bzw. der Versuch, die Nach=
schubstrafie ostw. Abinskaja zu erreichen, durch Eingreifen deutscher und rum.
Aufkl.Abt.en vereitelt. Siidl. Gorjatschi Kljutsch gingen eign. Krafte beiders.
der Strafie nach Chadyschenskaja zum Angriff gegen Besymianoje vor.
V.Abt.en gingen beiderseits des Ortes auf der Strafie nach Siidosten welter
vor. Bhf. Chadyschenskaja selbst wurde von Osten her von Teil der 101. Jg.=
Div. angegriffen, weitere Telle sind im Vorgehen auf der Strafie westl. des
Bahnhofs. Siidl. Chadyschenskaja ist die 97. Jg.Div. im Angriff nach Westen
in Richtung auf die Strafie nach Tuapse. Bei dem Versuch des Feindes, siidl.
Prochladny iiber den Terek zu setzen, wurden ^^^ Gefangene eingebracht.
769
B. Kriegstagebuch
Siidostw. davon griffen 13. Pz.Div., 370. 1.D., SS „W''=Div. und 111. 1.D. nach
Siidosten an und stehen mit ihren Spitzen im Kampf in Gegend nordl. Kard=
shin— Samankul— westl. Sagotschin und erreichten mit dem aufiersten Ost=
fliigel den Bahnknick nordostw. Wosnessenskaja.
H.Gr. B:
Beiderseits der Zariza=Mundung traten 94. und 71. 1.D. gegen zahen Feind=
widerstand am friihen Morgen zum Angriff an und gewannen bis zum Mittag
das Wolga=Ufer. Der Russe halt sich noch in einzelnen Widerstandsnestern
an den Kaianlagen. Nordl. davon wurden an den Eisenbahnschleifen des
Fabrikgelandes Angriffe des Feindes abgewehrt. Durch einen Vorstofi der
16. Pz.Div. am Ostfliigel der Landbriicke zwischen Wolga und Eisenbahn wur=
den mehrere hundert Gefangene gemacht. Auf dem linken Fliigel wurden
Feindangriffe bei Kotluban abgewiesen. Desgleichen waren mehrere Feind=
angriffe zwischen Eisenbahn und Choper=Miindung vergeblich. Durch starke
Artl.=Vorbereitung und Schlachtfliegerbegleitung vorgefiihrter feindl. Angriff
auf das Stellungsknie nordl. Woronesch wurde im Gegenstofi zum Stehen
gebracht und unter schweren Verlusten zuriickgeschlagen.
H.Gr. Mine:
Im Siidteil der H.Gr. wurde der am Vortage erfolgte feindl. Angriff be=
reinigt. Nordostw. Orel gelang ein eigner Vorstofi, bei dem ein neu angelegter
feindl. MinenstoUen erledigt wurde. Vergebliche Feindangriffe ostw. Wjasma.
Nordwestl. Rshew griff gestern Vormittag unter Ausnutzung des Nebels der
Feind in Starke von etwa 2 Schiitzendiv.en, 3 aufgefiillten Pz.Brig.en und den
vorhandenen Stellungstruppen den Briickenkopf iiber die Wolga an. Durch
Panzer, von Artl. verstarkt, gelang ihm ein Einbruch, der durch Heranziehung
von ortl. Reserven imd weiteren Kraften von Rshew bereinigt werden soil.
Im Zuge des Unternehmens „Spatlese'' wurden mehrere Orte beiderseits Slo=
boda genommen.
H.Gr. Nord:
Gegen den Abschliefiungsriegel des Kessels siidl. des Ladogasees fiihrte
der Feind auch gestern wieder zahlreiche Gegenangriffe, die abgeschlagen
wurden. Bereitstellungen wurden durch zusammengefafites Feuer aller Waffen
zerschlagen. An der Newa=Front gelang es dem Feind, an mehreren Stellen im
Raum Dubrowka auf dem Ostufer der Newa Fuli zu fassen. Durch Gegenstofi
gelang es, die gelandeten Telle zu vernichten mit Ausnahme eines kleinen
feindl. Briickenkopfes siidwestl. Dubrowka, der durch eign. Panzerkrafte ab=
geriegelt wurde.
Finnland
Keine besonderen Nadirichten.
770
27- September 1942
Panzerarmee Afrika (26. 9.)
In der Nacht vom 25. zum 26. starkeres Artl.=Feuer, sonst normaler Tagesverlauf.
Kraftegliederung unverandert.
Sonstiges: Luftwaffe scho6 8 feindl. Flugzeuge ab und fuhrte Bombenangriffe
gegen die Oase Kufra mit gutem Erfolg durch.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 27. 9. 42
1. Raum um England:
Bei Tage geringe Aufklarungstatigkeit, bei Nacht kein Einsatz gemeldet.
1 Whitley bei Vermelles abgesturzt.
Am 26. 9. 2 Spitfire sicher abgeschossen.
Bei einem Jagdvorsto6 am 26. 9. zwischen 18.42 und 19.00 Uhr auf Brest und
Morlaix durch 12 Spitfire und Jabos wurden 9 Abschiisse und Abstiirze erzielt, davon
4 durch Jager, 1 durch Flak, 1 durch Marineflak; 3 Abstiirze. Die restlichen 3 miissen
iiber See abgesturzt sein, da Englander fiir alle 12 Flugzeuge Seenotmafinahmen
und Suche durchfiihrten. Daher alle 12 als vernichtet anzunehmen.
30 sm siidostwarts Start Point 14.25 Uhr 1 Zerstorer Kurs West.
Nur feindliche Kiistenanfliige, Minenabwurfverdacht.
2. Mittelmeer:
Flugplatz Heliopolis durch 10 Ju 88 angegriffen, Brande beobachtet.
AuiSerdem wurden Storangriffe ostlich El Alamein durchgefiihrt.
Am 26. 9. wurden insgesamt 8 Flugzeuge abgeschossen, davon durch Hauptmann
Marseille 7. Alle Abschiisse wurden mit neuer Me 109 G— 2 erzielt, teilweise in
iiber 8000 m Hohe. Flugzeugmuster hat sich gut bewahrt.
Alexandrien 26.9. 09.00 Uhr LB: 6 Zerstorer, davon 2 im Dock, 3 Geleitboote,
7 kl. Kriegsfahrzeuge, 1 Fahrgastschiff 8000 t, 2 Tanker 14 000 t, 11 Frachter 40 000 t,
37 kleine Fahrzeuge 12 m lang.
5. Ostfront:
Abschiisse: Am 26. ^o, am 27. 6^.
Schwarzes Meer: Hafen Gelendshik zwischen 05.00 und 14.00 Uhr 8 Frachter,
44 kleine Schiffe, 1 Tanker.
Im Seegebiet Tuapse am 26. 9. durch Bombentreffer 1 Frachter 1500 t beschadigt.
Finnen=Busen: Im Hafen Lavansaari 07.30—08.30 Uhr 29 kleinere Schiffe.
Eismeer: Es wurden 13 Abschiisse ohne eigene Verluste erzielt, davon 8 Toma=
hawk, 2 Hurricane, 2 Airakobra, 1 Lagg.
Die Kola=Bucht wurde gelichtbildet, Ergebnis liegt noch nicht vor.
Aufklarung Banak— Spitzbergen— Eis=Fjord— Glocken=Sund erbrachte kein Ergeb=
nis. Gebiet zwischen y^ und 76 Grad wegen Schneeschauer nicht liickenlos ein=
gesehen.
771
B. Kriegstagebuch ,
28. September 1942 '
[Vortrag des Ob.d.M. beim Fuhrer in der Reichskanzlei Berlin^.]
Lagebericht OKH
Osten
H.Gr. A:
Feindl. Angriffe siidl. und siidostw. Krymskaja driickten die Stellungen der
Rumanen ein und konnten durch Eingreifen deutscher Truppen zum Stehen
gebracht werden. Siidostw. Abinskaja wurden feindl. Angriffe abgewiesen.
Bei dem Angriff der 125. und 198. 1.D. im Raume Besymianoje wurden 22
Bunker genommen und der Feind beiderseits des Ortes zuriickgeschlagen. Die
von der Flanke in siidwestl. Richtung auf die Strafie Besymianoje— Bhf. Chady=
schenskaja angreifende slow. Div. steht im Kampf in hartvermintem Gelande
nordostw. dieser StralSe. 101. Jg.Div. hat im Angriff den Bhf. Chady schenskaja
genommen, westl. davon starker Feind. An der Strafie nach Tuapse siidl. des
Bahnhofs wurden starke Gegenangriffe aus den Talern heraus abgewehrt und
die Geiman=Hohe sowie der Gunai=Berg nach hartem Kampf in eign. Hand,
gebracht.
An der Terek=Front wurde der Briickenkopf westl. Maiskij erweitert. 13. Pz.=
Div. steht im Kampf an der Bahn siidl. Maiskij hart nordl. und nordostw.
Kardschin. Samankul und Sagoptschin (2 Orte nordostw. Kardschin) sind noch
stark besetzt. Ein Angriff bei Terek wurde abgeschlagen.
H.Gr. B:
Im Kampf um Stalingrad wurden beiderseits der Zariza die Hauserblocks
gesaubert, so dafi das ganze Stadtviertel bis an die Wolga in eign. Hand ist.
Nordl. davon sind die 100. Jg. und 24. Pz.Div. zum Angriff angetreten und
stehen mit Siidfliigel an der grofien Bahnschleife, mit Nordflugel am Stadtrand
hart siidl. Krasn. Oktjabr. Nordl. hiervon hat die 389. 1.D. mit dem rechten
Fliigel die Schlucht westl. Krasn. Oktjabr gesaubert und ist im Angriff auf
diesen Ort. Etwa in gleicher Hohe mit der angreifenden Pz.Div. Der Nordfliigel
der 389. 1.D. hat die Bahnschleife siidostw. Gorodischtsche erreicht.
SamtUche Angriffe auf die Landbrticke bei Kotluban konnten abgewiesen
werden. An der iibrigen Front konnten ortl. Angriffe vereitelt werden. Ein
stark. Angriff an dem Stellungsknie nordl. Woronesch wurde unter schweren
Feindverlusten zuriickgeschlagen. Das Wetter auf der ganzen Linie sonnig
und warm.
1 Aufzeichnung iiber diesen Vortrag (Anlage zu OKM 1. Ski lb 1963/42 g.Kdos,
Chefs.) in: Lagevortrage des Ob.d.M., a.a.O.
772
28. September 1942
H.Gr. Mitte:
Siidl. Nowosil brach der Feind iiberraschend in die vorgeschobenen Stel=
lungen ein. Gegenstofi im Gange. Starkere Angriffe des Russen westl. Subzoff
und nordl. der Wolga konnten bis auf einen kleineren Einbruch abgewehrt
werden. Bereitstellungen wurden rechtzeitig durch eign. Artl. zerschlagen. Auf
den Br.=Kopf nordl. Rshew gefiihrte Feindangriffe, die den ganzen Tag iiber
dauerten, hatten keinen Erfolg. Schwach. Angriffe auf die gestrige Einbruchs=
stelle nordwestl. Rshew wurden abgewehrt. Nordostw. Demidoff gingen eign.
Krafte im Raum Sloboda wieder nach Norden vor. Auch nordwestl. Welish
hatten eign. Angriffe in nordl. Richtung Erfolg. Der Ort Tscherschni siidl.
Uswat wurde genommen. Wetter: sonnig, warm.
H.Gr. Nord:
Stark, feindl. Angriffe auf die Nordfront der Demjansk=Stellung wurden
abgewehrt. Siidl. der Landbriicke siidostw. Staraja Russa traten Jager= und
Inf.=Verbande in iiberraschendem Angriff nach Westen an und konnten trotz
stark, feindl. Abwehr einige Kilometer nach Westen Boden gewinnen-. Alle
Angriffe mit dem Ziel, die Abriegelungsfront zu durchbrechen, scheiterten.
Der Kessel wurde weiter verengt. An der Newa=Front wurden nordl. Du=
browka Feindreste vernichtet. Siidl. davon griff 12. Pz.Div. mit gutem Erfolg
den feindl. Briickenkopf an.
Finnland
Am Siidfliigel der Kandalakscha=Front griff Feind mit starker Artl.=UnterstUtzung
mit etwa 1V2 Kp.n erfolglos an. An den iibrigen Fronten nur Artl.= und Spahtrupp=
tatigkeit.
Panzerarmee Af rika
Normale Aufkl. und Artl.=Tatigkeit.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 28. 9. 42
I. Raum um England:
Bel Tage Aufklarungsfliige und Jabo=Angriffe. Es wurde angegriffen Chelmsford
Kugellagerfabrik. 3 Bomben im Werk, ein grofies Wohnhaus zerstort. Frinton Sea
ohne Wirkungsbeobachtung. 1 Flakstellung bei Bridgewick ohne Wirkungsbeobad\=
tung; Aldsburgh nordl. Harwidi, Detonation beobachtet; Lawford siidl. Ipswidi,
Bombentreffer beobachtet; bei Norwich Bahnlinie und Betonbahn Treffer auf Lkw's
und Baustellen auf der Betonbahn beobachtet.
Seegebiet Cromer 11.10 Uhr 8—10 Dampfer, 1 Zerstorer, 3 5=Boote Kurs Siid.
Bei einem Angriff im Seegebiet Great Yarmouth um 10.55 Uhr auf einen Geleit
von 6 Dampfern und 2 Zerstorern wurde 1 Dampfer 1500—2000 t beschadigt.
2 Beginn des Unternehmens „WinkeIried" (27. 9.— 11, 10. — Verbreiterung der
Landbriicke nach Siiden); beteiligt: 5. Jg.Div. und 126. Inf.Div.
773
B. Kriegstagebuch
Bei Worshing 19.10 Uhr 1 Kiistenfahrzeug.
Seegebiet Portland 18.55 Uhr 10 Dampfer Kurs Ost.
Im Seegebiet Kap Finisterre wurde 16.45 Uhr bei einem Luftangriff 1 Dampfer
von 1500—2000 t wahrscheinlich beschadigt.
Kein Nachteinsatz.
Keine Einfliige ins Reichsgebiet und in die besetzten Gebiete.
2. Mittelmeer:
Bei feindl. Luftangriffen gegen Tobruk und frontnahe Flugplatze wurden in der
Nacht zum 28. 2 Abschiisse bei Tobruk, 1 Abschufi bei Qutaifya erzielt.
Im ubrigen Geleitzugsicherung und Aufklarung sowie Storfliige und Angriffe
durch 8 Ju 88 auf Schiffsziele auf Reede Suez. Bomben auf Frachter, 1 Detonation
beobachtet. Wirkung von 5 abgeworfenen LT 350 konnte nicht beobachtet werden.
Im Seegebiet Alexandrien gegen 17.00 Uhr 2 S=Boote.
3. Ostfront:
54 Abschiisse, davon 4 durch Flak.
Auf der Wolga normaler Schiffsverkehr.
An der Westkiiste des Ladoga=Sees 17.15 Uhr 1 Kan.=Boot, 1 Vorp.=Boot Kurs
Siidost, 3 Vorp.=Boote Kurs Nord.
29. September 1942
Lagebericht OKH
[Fuhrer in Berlin.]
Osten
H.Gr. A:
Der bei der 3. rum. Geb.Div. vordringende Gegner wurde beiderseits des
Abintales durch Telle der 9. 1.D. in der Linie Belizkawo=Sudrand— Abinskaja
nordl. Eriwanskij aufgefangen. 3. rum. Geb.Div. wird neu geordnet. Nord=
westl. Besymianoje wurde das Psekupo=Tal geoffnet. Vorderste Telle 3 km
nordwestl. Besymianoje. 198. I.D. im Angriff westl. Besymianoje gegen
Hohen siidwestl. des Ortes. Die Mitte der 198. I.D. steht im Angriff auf Fonar=
Berg. Vorderste Telle 1,5 km nordostw. davon. Linker Fliigel 1 km nordl.
Chatyps mit 1 Btl. der slow. Div. 101. Jg.Div. hat Hohenriicken nordl. Kurap=
skaja genommen. Nordl. Bhf. Chadyschenskaja stark. Feindangriff abge=
schlagen. 97. Jg.Div. nach Abwehr mehr. Feindangriffe im Angriff gegen bei
Nawaginski stehende Feindkrafte. Feindangriffe auf Geiman=Berg wurden ab=
gewiesen. Div. Lanz nach Abwehr feindl. Gegenangriffe im Angriff nordostw.
Gunaika, 4 km nordl. Maratuki und im Quellgebiet Prawaja Tucha. Gruppe
Bentheim im Angriff aus Tscherjakoff im Besymianka=Tal 5 km Boden ge=
wonnen. In Hochgebirgsfront Abwehr feindl. Angriffs auf Santscharo=Pa6.
An der Terek=Front durchbrach die 13. Pz.Div. die Charista=Stellung 3 km
ostw. Elchotowo und steht auf den Hohen ostw. des Ortes. Der Baksan=Br.=
Kopf wurde erweitert. Die 370. I.D. erreichte den Hohenkamm 5 km westl.
Samankul und eine Hohe sudostw. Werchnij Kurp. Der Angriff gewiimt nur
774
29. September 1942
langsam Boden. Die SS=„W"=Div. steht im Kampf um Sagopschin, die 111. 1.D.
ist in Sowjetski eingebrochen. Wetter: sonnig und warm, klare Spatsommer=
tage.
H.Gr. B:
Im Raum um Stalingrad gruppierte sich die 100. Jg.Div. um und griff in
nordostw. Richtung an. Die Div. nahm Vs des Fleischkombinats. 24. Pz.Div.
sauberte den Westteil des Metallurgischen Werkes „Krasn. Oktjabr'' und
nahm den Stadtteil siidwestl. und westl. der „Roten Barrikade'' bis etwa 500 m
nordwestl. der Eisenbahn. Der Nordwestteil drang in den Stadtteil Barrikady
ein. Die 389. 1.D. gewann mit Ostfliigel Gorodischtsche=Bach und nahm eine Ge=
hoftegruppe.
Beim XIV. Pz.Korps bereinigte die 16. Pz.Div. einen kleineren Einbruch.
Siidl. Kotluban sickerte der Feind an einigen Stellen durch die eigene Linie.
Gegenmaiinahme im Gange. Westl. Chlebny wurde ein Erkundungsvorstofi
zuriickgewiesen. Beim ital. Alp.=Korps wurde ein fdl. Landungsversuch siidl.
Pawlowsk abgewiesen. Vor der ung. 2. Armee zunehmende fdl. Spah= und
Stofitrupptatigkeit. Nordwestl. Swoboda wurden mehrere feindl. Vorstofie
abgewiesen. Nordl. Woronesch wurde bei Oltschowatka ein fdl. Vorstofi ab=
gewiesen. Wetter: heiter, sonnig, Strafien trocken.
H.Gr. Mine:
Siidostw. Orel wurde ein fdl. Gegenstofi abgewiesen. Ostw. Rshew wurden
Feindangriffe mit Pz.=Unterstiitzung abgewiesen. Der beim Br.=Kopf Rshew
erf olgte Einbruch wurde bis auf 2 Hauser bereinigt. Weitere Sauberung im
Gang. Ein Angriff zwischen Bahn und Strafie Timofejewo— Rshew wurde ab=
geschlagen. Westl. davon wurde ein feindl. Obersetzversuch ebenfalls abge=
schlagen. An der Demidoff= Front wurde der bei Rudnaja gebildete Briicken=
kopf mehrfach vergeblich angegrilfen. Beim LIX. A.K. wird zur Zeit Um=
gruppierung vorgenommen. Westl. Welish wurden feindl. Angriff e abgewie=
sen. Wetter: bedeckt, kiihl.
H.Gr. Nord:
Gruppe Generalmajor Meindl nahm im Vorgehen nach Osten mehrere Ort=
schaften. Der Angriff der Gruppe General von Knobelsdorf kommt mit Pan=
zerunterstlitzung gut nach Westen voran. Angriffe gegen die Bahnlinie bei
Lytschkowo wurden abgewiesen. Feindl. Angriffe, z. T. mit Pz.=Unterstiitzung,
gegen 132. und 121. 1.D. wurden abgewiesen. Eigner Angriff nach Westen
gewann nur imwesentlich Boden. An der Newa gelang es dem Gegner, gegen=
iiber Dubrowka auf dem Ostufer einen Landekopf in einer Breite von 2 km
und 1 km Tiefe zu bilden. Landekopf ist abgeriegelt. 12. Pz.Div. engte den
Landekopf bei Annenskoje nur wenig ein und riegelte erneuten Feindeinbruch
in etwa 200 m Breite gegeniiber Peski ab.
775
B. Kriegstagebuch
Finnland
An der finn. Siidostfront Feindspahtrupptatigkeit und gewaltsame Aufkl.=Ver=
suche des Gegners. An der Louhi=Front und am Fischerhals mehrere russ. Sto6=
truppunternehmungen erfolgreich abgewiesen.
Panzerarmee Afrika^
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 29. 9. 42
1. Raum um England:
Wahrscheinlicher Abschufi einer Wellington.
Aufklarungs= und Jabo=Einsatze. Angriff auf Fabrikanlage westl. Deal, Treffer
im Hauptgebaude beobachtet; auf Flugplatz nordwestl. Salisbury, Volltreffer in 2
Hallen; auf Industriewerk bei Frome, Volltreffer auf Kasernen= und Truppenlager
bei Maidstone, Treffer zwischen abgestellten Lkw=Kolonnen.
1 FW 200 hatte gegen 16.15 Uhr in 14 West 0466 einen Luftkampf mit einer
Whitley, gute Trefferlage beobachtet. Gegner brach Luftkampf ab.
Im Seegebiet von Torquay 19.07 Uhr 8 kleine Dampfer, 4 Bewacher Kurs Siidwest.
28 Feindeinfliige, davon etwa 20 ins Reichsgebiet. 4 Sprengbomben auf Politz.
Bomben fielen etwa 800 m ostwarts des Filtrierwerks, ohne Schaden anzurichten,
in die Oderwiesen. Bordwaffenbeschufi von 2 Scheinwerfern und einer Flakstellung
ohne Schaden.
Im iibrigen Minenabwurf in den Ostsee=Eingangen, dan. Gewassern, Gewassern
um Riigen und Stettiner Haff.
2. Mittelmeer:
Bei einem Feindangriff auf Tobruk in der Nacht zum 29. 1 Abschufi.
Aufklarung im ostl. Mittelmeer und im Raum vor Marsa Matruk ergab keine
Feindsichtung.
Bei Fliegerfiihrer Afrika wurden 1 Stuka= und 5 Jabo=Einsatze gegen LKW und
Batteriestellungen im Mittelabschnitt durchgefiihrt. Grofie Explosion und Brand
konnten festgestellt werden.
Bei Luftkampfen 2 Abschiisse, 1 wahrscheinlich.
1 Ju 88 sichtete bei Aufklarung gegen Gibraltar ein U=Boot, mehrere Vorp.=Boote.
Bei Angriff auf Vorp.=Boote starke Treffer durch Bordwaffenbeschufi festgestellt.
La Valetta 28.9. 17.05 Uhr LB: 4 U=Boote, 1 ansch. Vorp.=Boot, 6 kleine Hilfs=
kriegsschiffe, 4 Dampfer, 1 Tanker, 1 Hafentanker.
5. Ostfront:
yo Abschiisse.
Schwarzes Meer: Vor Gelendshik vorm. 68 mittl. und kl. Frachter und Boote.
Gelendshik 07.15 Uhr: 22 kl. Schiffe einlaufend.
Eismeer: 1 Ju 88 fiihrte LB=Erkundung Kiistenbatterie Kap Kanin Noss, Hafen
Jokonga und Flugplatze Kildin Land und See und von Subowkajmar durch.
9 BF 109 mittags Angriff auf Flugplatz Warlamowo, Bomben lagen am Nordost=
und Nordwestrand des Platzes in Abstellplatzen und Boxen.
Bei einem Luftkampf zwischen 29 BF 109 und 30 Feindjagern wurden 5 Abschiisse
erzielt, davon 3 I=i8 D, 1 Tomahawk, 1 MIG.
Bewaffnete Aufklarung gegen Murmansk und Archangelsk lauft. Gegen Archan=
gelsk 20 Ju 88 angesetzt.
1 Fehlt im KTB der Ski, Teil D.
776
30- September 1942
Aufklarung gegen Island— Danemarkstrafie und Ostkiiste Gronland erbrachte
kein Ergebnis. Treibeisgrenze von 37 West 4080 nach 37 West 1180.
Im Reyda=Fjord 11.48 Uhr 1 Kiistenfrachter ^00 t einlaufend, Angriff ohne Er=
gebnis.
Im Hafen Molotowsk um 07.50 Uhr etwa 45 000 t Handelsschiffsraum.
In der Dwina^Miindung um 09.03 Uhr 4 Frachter 15 000 t.
30. September 1942
Lagebericht OKH
[Fuhrer in Berlin^.]
Osten
H.Gr. A:
Am Westfliigel wiederholte FeindvorstolBe abgewehrt. An der Front siidl.
Abinskaja wurde das Hohengelande nordl. Pewkiwizina erreicht. Im Abintal
erneute feindl. Angriffe. Feind wurde iiberall zuriickgeschlagen. Bei Besym=
ianoje wurde trotz verzweifelter feindl. Gegenangriffe und Verteidigung
Durchbruch auf breiter Front erzielt und dabei starke Feindkrafte zerschlagen.
Besymianoje im Sturm genommen. Kampf um den Fonar=Berg vor dem Ab=
schlufi. Bei Chadyschenskaja wurde der Feind geworfen. Mehr. Angriffe ab=
geschlagen. Eign. Angriff langsam fortschreitend. Bei Kurinskij erbitterte Sau=
berungskampfe in den feindl. Bunkerstellungen im Gange. Siidl. des Geiman=
Berges stehen die eign. Truppen in schwerem Kampf um Feindstellungen. Bei
Angriff auf Gunaika stehen vorderste Telle einen km vor dem Ort, ostl. davon
konnte das Gunaika=Tal genommen werden. Die Gruppe Bentheim im Angriff
gegen Waldstellungen nordl. Maratuki. Im oberen Malaja=Laba=Tal wurden
fdl. Angriffe abgewiesen. Weitere Angriffe im Gang. An der Terek=Front eign.
Vorstofi unter Abwehr feindl. Gegenangriffe gegen den Tscherek in ostw.
Richtung. Briicke dort gesprengt. 13. Pz.Div. steht im schwerem Kampf um
eine weitere Hohenstellung ostw. Elchotowo. Nordl. Samankul eign. Angriff
auf eine Hohe. Der Kampf um Sagopschin ist noch im Gange. Sehr harter
Hauserkampf. Der Angriff von Norden gewann nur wenig Boden. Am Ost=
teil der Front wurde das Absetzen des Gegners iiber Alpatowo hinaus fest=
gestellt. Wetter: sonnig, klar, warm.
H.Gr. B:
Vor dem rum. VI. A.K. gelangen demGegner beiSadowoje ein Einbruch imd
die Wegnahme dieses Ortes. Gegner drehte nach Norden ein und ging auf
Tundotowo vor. Angriff wurde abgewehrt, Verteidigungsstellung im Aufbau.
Nach Wegnahme von Senkin und Zaza hat Gegner zunachst nicht wieder
angegriffen.
1 Rede zur Eroffnung des Winterhilfswerks im Berliner Sportpalast.
777
B. Kriegstagebuch
In Stalingrad wehrte die loo. Jg.Div. mehr. Feindangriffe ab, mufite Hau=
sergruppe nordl. des Fleischkombinats gegen zahlenmafiig iiberlegenen Geg=
ner aufgeben. 24. Pz.Div. stiefi westl. Brotfabrik 2 km bis zurEisenbahn vor und
nahm den in den Morgenstunden voriibergehend verlorengegangenen Stadt=
teil Barrikady nach schweren Hauserkampfen wieder in Besitz. Siidl. Goro=
dischtsche wurden mehr. russ. Angriff e erfolgreich abgewehrt. Eign. Angriff von
Westen und Nordosten gegen und iiber Orlowka hinaus gewann gut an Boden.
Gegner halt sich nordostw. Orlowka in stark verminten und befestigten Stel=
lungen. An der Nordfront wurden 2 FeindangriJFfe abgewiesen. Siidl. Kotluban
durchbrach der Feind am Vormittag mit 9 Panzern und starker Inf. die Stel=
lungen, konnte jedoch nach Einsatz von Sturmgeschiitzen wieder geworfen
werden. Siidwestl. Ilowlinskaja wurde ein Feindangriff mit Unterstiitzung von
12 Pz. erfolgreich abgewehrt, Siidostw. Sloboda gelang dem Gegner ein Ein=
bruch in die alte HKL. Durch Gegenangriff wurde Einbruchsstelle bereinigt,
bis auf kleine Feindgruppe, die sich in den Schluchten festgesetzt hat. Nordl.
Woronesch wurden Bereitstellungen des Gegners an der Weduga=Miindung
wirksam mit Artl. bekampf t. Feindvorstofie westl. Oltschowatka wurden fiir den
Gegner verlustreich abgewiesen. Weitere Aufkl.=Vorsto6e des Gegners, unter=
stiitzt durch starke Artl., noch im Gange. Wetter: heiter, windig, warm.
H.Gr. Mitte:
Nordl. Korsum Handgranatennahkampfe. Siidl. Suchinitschi brachte ein Ge=
genangriff auf die Einbruchsstelle z. gr. Teil die HKL wieder in eign. Hand.
Angriff ist noch im Gang. Im Mittelteil der Front beiderseitige Stoiitrupptatig=
keit. Nordostw. Rshew wurden feindl. Angriffe abgewiesen. Eign. Stofitrupp
zerstorte fdl. Unterstande und brachte Gefangene ein. Bei Sloboda wurde ein
Hohenzug gegen hartnackigen Widerstand und stark, fdl. Artl.=Feuer er=
kampft, dabei Bunkerstellungen genommen. Westl. Welish wurde der Gegner
angegriffen, ein Ort und Waldgelande nach Feindwiderstand genommen. Fdl.
Gegenstoii abgewiesen. Wetter: sonnig, trocken, windig.
H.Gr. Nord:
Westl. Lytschkowo gelang es dem Gegner, einen eign. Stiitzpunkt nach Aus=
fallen fast der gesamten Besatzung zu nehmen. Kampfe dauern an. Der An=
griff siidl. der Landenge von Osten her machte weitere Fortschritte. Feindl.
Gegenstofie abgewehrt. Siidl. Schliisselburg begann der konzentrische Angriff
auf den Feindkessel westl. Gaitolowo. Der Angriff macht gute Fortschritte.
Gegner wich nach Osten und Nordosten aus. Von Nordosten konnten etwa
5—600 Meter Boden gewonnen werden. Der Angriff von Siidosten und Nord=
osten gegen die Tschernaja wurde weiter fortgesetzt. Nahere Meldungen ste=
hen hier noch aus. Gegen das Verbindungsstiick im Ostteil des Kessels fiihrte
der Gegner starke Angriffe beiders. Gaitolowo und aus dem Kessel heraus.
Weitere Feindangriffe sind noch im Gange. Ein Feindangriff aus der Mitte des
77»
30- September 1942
Briickenkopfes Dubrowka brach im Abwehrfeuer zusammen. Feindeinbruch
gegentiber Peski beseitigt. Angriffe zur Beseitigung des Landekopfes bei
Annenskoje im Fortschreiten. Eign. Artl. und Luftw. bekampfen pausenlos
Feindbewegungen auf dem Ost= und Westufer der Newa.
Finnland
Sudostfront : Artl.= und lebh. Spahtrupptatigkeit.
Nordostfront: Mehr. erfolglose feindl. Spah= und Stofitruppunternehmungen.
Panzerarmee Af rika
Keine besonderen Ereignisse.
Die Meldung liber Ablosung der 9. austral. Div. hat sidi nidit bestatigt. Div.
wurde wie bisher im Raum der Festung El Alamein bestatigt.
Eingegangene Meldungen Generalstab Luftwaffe wahrend des 30. 9. 42
1. Raum um England:
Abschiisse: 2 Whitley durdi Kampfflugzeuge, 1 Wellington durch Flak.
Au6er Aufklarungsfliigen Jabo=Angriffe auf Erdziele. Es wurde angegriffen Wor=
thing, Eisenbahnausbesserungswerk getroffen; South Lancing, Volltreffer in Werk=
halle, im Nordostteil der Stadt und Gaswerk, auf Bahnhof Headdorn 2 Volltreffer
in einem Eisenbahnzug; New Romney, Volltreffer auf Funkstation, 2 Stahlmasten
eingestiirzt; Chelmsford, Bomben in Gebaudekomplex; Diss, Bomben in Stadt und
unbekannter Montagehalle; Becoles, Bomben in Stadtmitte; Ashford, Bomben in
Stadt und Bahnhof, Brand in Bahnhofsanlagen.
Ostwarts Ramsgate 19.17 Uhr 2 Handelsschiffe Kurs Siidost.
Vor Dover 19.10 Uhr 1 Torp.=Boot stilliegend.
Bei Dungeness 16.19 Uhr 5 Vorp.=Boote Kurs Nordost.
Bei Selsey Bill 08.10 Uhr 1 Vorp.=Boot, 5 Dampfer Kurs Siidost.
Im Solent Arm 19.00 Uhr 12 Dampfer, 4 Zerstorer, mehrere kl. Sicherungsfahr=
zeuge unter Dampf stilliegend.
Siidwestlich Insel Wight 08.42 Uhr 3 Vorp.=Boote ohne Kursangabe.
Kein Nachteinsatz.
Nur geringe Feindeinfluge in Westfrankreich und Holland ohne Bombenabwiirfe.
2. Mittelmeer:
Absdiufi einer Spitfire iiber Kreta, Flugzeug wurde zur Notlandung gezwungen,
Flugzeugfiihrer gefangen genommen.
Beim Afrika=Korps 19 Stuka= und 37 Jabo=Einsatze gegen Erdziele mit guter
Wirkung.
Besonderes: Hauptmann Marseille bei Riidckehr vom Feindflug todlidi verun=
gliickt, anscheinend Motorbrand. Fallschirm nach Ausstieg nicht geoffnet. Unter=
suchung ergab, dafi Fallschirm nicht gezogen war. Kopfverletzung lafit auf Auf=
schlagen beim Aussteigen schlielSen.
Alexandrien 29. 9. 09.30 Uhr LB : 1 Kreuzer im Dock, 3 Zerstorer, 4 Geleitboote,
davon 1 im Dock, 2 Hilfsschiffe, 13 Frachter mit 36 000 t, 4 Tanker 31 500 t, 1 Trans=
porter 12 000 t, 40 kl. Leichter.
Bei einem LT=Angriff in der Nacht vom 29. zum 30. durch 5 He 111 auf Dampfer
im Golf von Suez wurde auf einem Dampfer 7200 t ein Torp.=Treffer erzielt, Sirvken
nicht beobachtet.
779
B. Kriegstagebuch
5. Ostfront:
Am 29, yo Abschiisse, davon 10 durch Flak; am 30. 66 Abschiisse.
Sdiwarzes Meer: Im Seegebiet Gelendshik 11.45 Uhr 41 kl. Schiffe und Boote,
4 S=Boote mit verschiedenen Kursen.
Bei Tuapse 8 Frachter, 1 Kustenwachboot Kurs Nordwest.
Eismeer: Nordlich Island 11.00—13.00 Uhr 4 Vorp.=Boote Kurs Nordost.
Archangelsk 29. 9. LB : 1 Zerstorer Karl Marx=Kl., 2 Zerstorer Churchill=Kl.,
1 Zerstorer Lenin=Kl., 2 Zerstorer im Trockendock getarnt, 2 Geleitboote, 1 Torp.=
Boot, 47 Dampfer 137 000 t (davon 18 Dampfer iiber 4000 t zus. 91 000 t), 48 Flug=
zeuge.
Jokonga=Bucht 29. 9.: 1 Dampfer 2300 t.
Scapa konnte wegen Wetterlage nicht gelichtbildet werden.
Einsatzzahlen in der Zeit vom 16.— 25. 9. :
Lfl. 1 3 472 eigene, 2 810 feindliche
Lfl. 4 9 746 eigene, 4 589 feindliche
Lvv.Kdo. Ost und Don 3 851 eigene, 4 899 feindliche
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Germany • Wehrmacht. 1)
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Kriegstagebuch des 0^>er- G37
kommajidos der Wehrmacht. v. 2
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